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MINERALOGISCHE
MITTHEILUNGEN
GESAMMELT VON
GUSTAV TSCHERMAK.
JAHRGANG 1875.
MIT 9 TAFELN.
( Diese Mittheilungen erscheinen zugleich als Beilage zum Jahrhuche der Je. Je. geol.
Reichsanstalt.)
WLEN.
ALFRED HOLDER
Iv. K. UNIVERSITÄTS-BUCHHÄNDLER.
ROTHENTHURMSTRASSE 15.
Drack von J. C. Fischer & Comp. Wien.
Inhalt.
I. Heft. Seite
I. Ueber den Meteoriten von Lance. Von Dr. Richard v. Dräsche. (Mit
Tafel I— IV) 1
II. Wolframit ans dem Trachyte von Felsö-Bänya. Von Dr. Josef Alex.
Krenner. (Mit Tafel V) 9
III. Das Wesen der Isomorphie und die Feldspathfrage. Von Dr. Aristides
Brezina • - 13
IV. Kupferkies und Bitterspath nach Cuprit. Von Eduard Döll. (Mit Tafel VI) 31
V. N o t i z e n : Bemerkungen zur Terminologie. - Silberglanz. • — Dichroit. —
Bleiglanz. — Turmalin, schwarz, spiessig. — Bemerkung zu der
Abhandlung über die Form und Verwandlung des Labradorits von
Verespatak. — Stängeliger Ludwigit. — Chlorotil 35
II. Heft.
I. Ueber den Salit als Gesteinsgemengtheil. Von Ernst Kalkowsky • • 45
II. Ueber die chemische Zusammensetzung des Mejonits. Von Edmund F.
Neminar 51
III. Bericht über die vulkanischen Ereignisse des Jahres 1874. Von Prof.
Dr. C. W. C. Fuchs 57
IV. Ueber den Lievrit. Von L. Sipöcz 71
V. Zur Characteristik einiger auf den Pfibramer Erzgängen vorkommenden
Mineralien. Von Franz Babanek 75
VI. Ueber Gesteine von der Insel Samothrake. Von Julian Niedzwiedzki 89
VII. Notizen: Ein neuer Fundort von Pharmakosiderit. — Hyalit.h. —
Serpentin von New-Yersey. — Minerale aus dem nordwestlichen Theile
Schlesiens 109
III. Heft.
I. Krystallographische Bemerkungen zum Gyps. Von H. Laspeyres in
Aachen. (Mit Tafel VII) 113
II. Felsarten aus dem Kaukasus. Von G. Tschermak 131
III. Das Wesen der Isomorphie und die Feldspathfrage. Von Dr. Aristides
Brezina 137
IV. Mikroskopische Studien über klastische Gesteine. Von Friedrich Arno
Anger • 153
V. Beiträge zur Mineralogie des Fassa- und Fleimserthales. I. Von Dr.
C. Doelter 175
VI. Die Sei’pentine der Vogesen. Aron Bruno Weigand 183
VII. Notizen: Feldspathführender Kalkstein vom Sauer brunngraben bei Stainz.
— Minerale aus dem südöstlichen Theile Schlesiens. — Ein neuer
Fundort von Beryll. — Apatit von Unter - Sulzbach — Meteorit
von Iowa • • 207
IV
IV. Heft. Seite
I. Ueber den Pyrosmalith. Von E. Ludwig 211
II. Eine Besteigung des Vulkans von Bourbon nebst einigen vorläufigen
Bemerkungen über die Geologie dieser Insel. Von Dr. Richard v.
Dräsche. (Mit Tafel VIII) 217
III. Zur Kritik des Leucitsystems. Von Dr. J. Hirschwald, Docent a. d.
k. Gewerbe-Akademie zu Berlin. (Mit Tafel IX) 227
IV. Ueber die Entstehungsweise der Zellenkalke und verwandter Gebilde.
Von Edmund F. Neminar 251
V. Die Erbohrung von Kalisalzen bei Davenstedt. Von A. Schlönbach. 283
VI. Ueber die mineralogische Zusammensetzung der Melaphyre und Augit-
porphyre Südost-Tirols. Von Dr C. Doelter 289
VII. Notizen: Geschenke. — Anhydrit vom Semmering. — Das Krystall-
system des Muscovits. — Salze von Königsberg in Ungarn. 309
MINERALOGISCHE
MITTHEILUNGEN
GESAMMELT VON
GUSTAV TSCHERMAK.
JAHRGANG 1875,
MIT 0 TAFELN.
(Diese Mittheilungen erscheinen zugleich, als Beilage zum Jahrhuche der k. Je. geol.
Reichsanstalt.)
WIEN, 1878.
ALFIRED HOLDER
K. K. U N I Y E R S I T Ä T S - B U C II H Ä N D L E R.
R O T fl ENI' HUR MST RA SSE 1 5 .
DRUCK VON J. C. FISCHER & COMP., WIEN.
JAHRGANG 1875.
I. HEFT.
GESAMMELT VON
G. TSCHERMAK
DIRECTOR DES K. K. MINERALOGISCHEN MUSEUMS.
I. lieber den Meteoriten von Lance.
Von I) r. R i c li a r d y. I) r a s c li e.
Der Meteorit von Lance ist seit vorigem Jahre durch Ge-
schenk in den Besitz des k. k. mineralogischen Museums gekommen,
nachdem sich seinerzeit sowohl der Eigenthiimer des Bodens, auf wel-
chen er fiel, als die Gemeinde und der Finder den Besitz desselben
streitig machten.
Ueber die Erscheinungen bei seinem Falle existiren zuverlässige
und ausführliche Beobachtungen , so dass in dieser Beziehung dieser
Meteorit als einer der genauest bekannten bezeichnet werden kann.
In Folgendem ist die über diesen Meteoriten erschienene Literatur
zusammengestellt :
Chute d’un aerolithe dans la commune de Lance, canton de
Saint-Amand (Loir-et-Cher). Note de M. de Tastes, presentee par
M. Ch. Sainte-Claire Deville. Comptes rendus 1872. Juillet p. 273.
Note sur la decou verte d’une seconde meteorite tombee ie 23 Juil-
let 1872, dans le canton de Saint-Amand (Loir-et-Cher) par M. Daubree
Compt. rend. 1872, Aout, p. 308.
Examen des meteorites tombees le 23 Juillet 1872 ä Lance et
ä Authon (Loir-et-Cher) ; par M. Daubree Compt. rend. 1872, Aout,
p. 465.
Note additionelle sur la chute de meteorites qui a eu lieu le
23 Juillet 1872, dans le canton de Saint-Amand (Loir-et-Cher) ; par
M. Daubree. Compt rend. 1874, Aout, p. 277.
Notice sur le bolide du 23 Juillet 1872, qui a projete des me-
teorites dans le canton de Saint-Amand, arrondissement de Vendöme,
departement de Loir-et-Cher par M. Nouel. Vendöme 1873.
Es sei uns erlaubt in kurzen Worten die Erscheinungen beim
Falle des Meteoriten zu erwähnen ; eine sehr weitschweifige Beschrei-
bung und Zusammenstellung aller hieher gehörigen Umstände findet man
in der oben citirten Brochure von Nouel.
Mineralogische Mitteilungen. 1875. 1. Heft. (Dräsche.)
1
2
R. v. Dräsche.
[2]
Um 5 Uhr 20 Minuten Nachmittags am 23. Juli 1872 bemerkte
ein Beobachter zwischen Champigny und Brisay im Canton Saint-Amand,
arrondissement de Vendöme, am Himmel einen Feuerstreif, der sich
von Südwest nach Nordost bewegte und welcher sich plötzlich in zwei
gesonderte Theile zu trennen schien. 6 Minuten nach der Wahrneh-
mung dieser Erscheinung wurde von dem Beobachter ein kanonenschuss-
ähnlicher Schlag in der Umgebung von Tours vernommen ; zur sel-
ben Zeit wurden auch in Tours zwei leuchtende Körper am Himmel
gesehen.
Wenige Tage darauf fand man bei Lance in einem Acker einen
grossen Meteoriten, welcher 1 M. 50 Cm. tief in dem Boden eingesun-
ken war. Er war durch den Fall in 3 Theile zerbrochen.
Kurze Zeit nach diesem Funde entdeckte man in der Commune
Authon, 2 Kilometer vom Orte, auf einem Platze, Pont Loisel genannt,
einen anderen kleineren Meteoriten von genau derselben Beschaffenheit
wie der von Lance und sicher demselben Falle angehörig.
Der Punkt, wo dieser zweite Meteorit gefunden wurde, liegt ^Ki-
lometer südwestlich von demjenigen, wo der erstere fiel. Diese zwei
Punkte liegen so ziemlich in einer Linie mit Champigny, wo zuerst die
Feuererscheinung beobachtet wurde, und dürfte erstere mithin annähernd
die horizontale Projection der Meteoritenbahn auf die Erdoberfläche
darstellen.
Im Jahre 1874 wurden neuerdings in derselben Gegend vier
kleinere Meteoriten entdeckt , welche auch demselben Falle zuzuschrei-
ben sind.
Die Gewichte dieser 6 Meteoriten in Kilogrammen ausgedrückt
verhalten sich folgendermassen : 47 der Meteorit von Lance, 0'25 der
von Authon und 3‘00 , 0'620, OBOO , 0.300 die vier zuletzt ge-
fundenen.
Der Meteorit von Lance ist, wie schon früher erwähnt wurde,
beim Auffällen in drei Theile zersprungen, welche sich jedoch ganz genau
wieder zusammenfügen lassen.
Die Form des Meteoriten ist die einer abgestumpften, vierseitigen
Pyramide ähnlich. Berücksichtigt man die Zeichnungen auf der Ober-
tiäche des Meteoriten, so muss man die Abstumpfungsfläche als Brust-
seite, die Basis der Pyramide als Rückseite betrachten. Die Brustseite
ist beiläufig ein Trapez , dessen zwei längere Kanten 23 und 26 Cm.
messen, die zwei kürzeren 18 und 12- Cm. Die Kanten der Pyramide
sind alle sehr stark abgerundet.
Tafel I ist eine Ansicht des Meteoriten , der dem Beschauer die
Brustseite zuwendet. Die in dieser Figur auf der unteren Hälfte liegen-
den Kanten sind am meisten abgerundet. Die Länge dieser vier Kanten
beträgt : 16, 17, 18, 20 Cm.
Die Kanten der Pyramidenseiten mit der Basis sind scharf ; die
Basis selbst besteht aus zwei , unter einem Winkel von beiläufig 140°
geneigten Flächen. Die Seiten der Pyramide machen mit der Brust-
fläche Winkel von 120—130°. Die Brustseite sowie die Seiten der
[3]
Ueber den Meteoriten von Lance.
3
Pyramide sind mit einer schwachen , schwarzen Schmelzrinde bedeckt,
welche an vielen Stellen die graue Farbe des Meteoriten durchschei-
nen lässt.
Von der Mitte der Brustseite aus laufen sehr feine Linien, durch
Anhäufung von Schmelzrinde erzeugt, strahlenförmig aus und convergiren
so in einem Punkte, von dem aus die flüssige Gesteinsoberfläche durch
den Luftwiderstand nach den Seiten geblasen wurde. Die feinen Linien
sind ebenfalls auf den Pyramidenseiten zu verfolgen. Hier werden sie
oft senkrecht durch deutliche, sehr scharfe Linien abgeschnitten, längs
welchen eine bedeutende Anhäufung von Schmelzsubstanz stattfindet.
Solche Linien sind oft 2 — 3 hintereinander. Auf Tafel III, Fig. 1 ist
ein Theil einer Pyramidenseite dargestellt, um diese auffallenden Linien
zu zeigen. Die Linien mögen durch eine schwingende Bewegung des Me-
teoriten um seinen Schwerpunkt während des Fluges entstanden sein.
Brust- und Seitenflächen zeigen keinerlei Vertiefungen , nur bei
b) Tafel I gewahrt man drei tiefe rundliche Eindrücke , welche von
einer starken Schmelzrinde umwallt sind. An derselben Fläche finden
sich auch bei a) Tafel I mehrere längliche, ziemlich tiefe Eindrücke,
durch welche ein Sprung geht. Gegen den Rand der Rückseite zu ist
diese Fläche mit breiten, sehr schwachen Vertiefungen versehen, deren
Richtung ziemlich parallel der Pyramidenkante verläuft und welche mit
jenen Eindrücken zu vergleichen sind, welche entstehen, wenn man mit
den Fingern über plastischen Thon fährt.
Tafel II stellt den Meteoriten von der Rückseite dar. Dieselbe
ist von einer 05 Mm. dicken , schwarzen , leider etwas beschädigten
Rinde bedeckt.
Die zwei Flächen, aus denen die Rückseite besteht, sind mit Aus-
nahme einer Stelle bei n) Fig. II vollkommen eben. Eine radiale An-
ordnung von Schmelzlinien vom Mittelpunkt der Basis aus nach den
Seiten ist an manchen Stellen bemerkbar. Eine Erscheinung , welche
noch die Rinde der Rückseite bietet , ist die , dass dieselbe wie von
feinen Nadelstichen durchlöchert erscheint.
Diess dürfte von einem Entweichen von Gasen durch die noch
weiche Schmelzrinde herrühren.
Der Bruch des Meteoriten ist feinkörnig und uneben , die Farbe
frischer Bruchflächen ist grau. Schon mit freiem Auge erkennt man an
ihnen die globuläre Structur des Meteoriten, der zu Rose’s Classe der
Chondrite zu stellen ist. Die Kügelchen erreichen selten einen Millime-
ter im Durchmesser , sie sind entweder weiss oder dunkelgrau bis
schwarz und reichlich. Ausserdem beobachtet man noch eine grosse
Anzahl von weissen, oft durchscheinenden Körnern mit deutlicher Spalt-
barkeit, welche, wie es später die mikroskopischen Untersuchungen leh-
ren werden , Olivin sind. Ausser diesen zweierlei Kügelchen sind in
der tufartigen Grundmasse noch häufig Partikelchen mit metallischem
Glanze zu beobachten.
Das specifische Gewicht des Steines ist nach Daubree 3 ‘80.
Nach den Erörterungen über die äussere Form und Beschaffen-
heit unseres Chondriten schreiten wir nun zu den Ergebnissen der
mikroskopischen Untersuchungen, zu welchem Belmfe Dünnschliffe an-
gefertigt wurden.
i*
4
R. v. Dräsche.
In einer dunklen unentwirrbaren Grundmasse liegt eine ausser-
ordentliche Anzahl von kreisförmigen Durchschnitten von verschiedener
Structur, nebst einzeln zerstreuten Krystallfragmenten.
Auch dieser Chondrit entspricht mithin der Definition, welche
G. Tschermak von denselben aufstellt: (Sitzungsberichte der Wiener
Akademie, 1874, November. Ueber die Trümmerstruetur der Meteoriten
von Orvinio und Chantonay). „Chondrite sind mehr oder weniger tuffähn-
liche Massen, bestehend aus Gesteinskügelchen und einer pulverigen und
dichten, gleich zusammengesetzten Grundmasse“.
Die einzelnen Kügelchen in unserm Chondriten sind von grosser
Verschiedenheit und oft von so eigentümlicher Structur, dass sie einer
genaueren Beschreibung werth erscheinen.
a) Kügelchen, meistens mit schön kreisförmigen Durchschnitten,
weiss , durchscheinend , sie bestehen meist aus einer grossen Anzahl
scheinbar unregelmässig ungeordneter Kryställelien, oft jedoch auch aus
wenigen siminetrisch um einen Punkt gestellten Krystallen von weisser
Farbe, durchsichtig und mit deutlicher Spaltbarkeit. Ich zweifle nicht
daran, dass diese Krystalle Olivin sind, und die Olivin-Kügelchen den
schon mit freiem Auge am Meteoriten beobachteten weissen Körnchen
entsprechen. Fig. I auf Tafel IV zeigt ein solches Olivin -Kügelchen
in der dunklen Grundmasse eingebettet. Mit Anwendung von Polarisa-
tion beobachtet man, dass die drei Theile im Durchschnitte auch ver-
schiedenen Individuen angehören.
Fig. 2, Tafel IV zeigt ein aus vier grösseren Individuen nebst
einigen kleinen zusammengesetztes Kügelchen. Die einzelnen Individuen
bilden auch hier im Durchschnitte Kreissegmente.
Eine Anzahl von undurchsichtigen , kugelförmigen Körperchen
sind sowohl am Rande als in der Mitte des Durchschnittes zu be-
obachten.
Fig. 3, Tafel IV zeigt den Durchschnitt eines etwas unregel-
mässig begrenzten Kügelchens, welches aus dicht aneinander gestellten
Polygonen besteht und im Mikroskope unwillkürlich an ein facettirtes
Fliegenauge erinnert. Die einzelnen Krystalle , welche ganz unregel-
mässige optische Orientirung zeigen , sind ebenfalls dem Olivin an-
gehörig.
In Fig. 4, Tafel IV ist der Durchschnitt eines ganz merkwürdi-
gen Kügelchens abgebildet, von welcher Gattung ich nur ein einziges
Exemplar beobachten konnte. Der Durchschnitt ist vollkommen kreis-
förmig, die Substanz, aus der das Kügelchen zum grössten Theile be-
steht, ist farblos, sie zeigt jedoch bei gekreuzten Nicols keine weiteren
Erscheinungen. Von einem excentrisch liegenden Punkte strahlen sechs
lanzettförmige Leistchen unter Winkeln von 45° nach den Rändern
aus ; an dieselben heften sich wieder andere kürzere Stäbchen , eben-
falls unter 45°, in grosser Menge. Bei sehr starker, 240facher Ver-
grösserung, erscheinen dieselben hohl und theilweise mit einer dunkel-
grünen, flockigen Substanz erfüllt.
Die gleichförmige Grundmasse des Kügelchens ist von vielen
Sprüngen durchsetzt, welche ungehindert durch die Leistchen fortsetzen.
[ft]
Ueber den Meteoriten von Lance.
5
Ein anderes merkwürdiges, ebenfalls nur in einem Exemplare in
unseren Dünnschliffen vorkommendes Kügelchen stellt Fig. 5 auf Ta-
fel IV dar. Es hat einen Durchmesser von 1 Mm. und ist schon mit
freiem Auge deutlich am Präparate sichtbar. Der Durchschnitt ist schön
kreisförmig und besteht aus zwei Theilen, einem inneren Kern und
einem äusseren Ring von der Breite 1/3 radius der Kugel. Der innere
Theil ist ungefähr von Kreisform, wird aber, genau genommen, meistens
von graden, oft unter spitzen Winkeln zusammenstossenden Linien be-
grenzt. Er ist mit einer dunkelbraunen, undurchsichtigen, gegen pola-
risirtes Licht sich passiv verhaltenden Masse erfüllt, welche hie und
da Anlage zur blätterigen Ausbildung zeigt.
In diese Masse sind viele kleine, stark polarisirende, farblose
Körperchen eingebettet, welche ich für Olivin halten möchte.
Von den Ecken an der Oberfläche dieses inneren Theiles gehen
starke, gekrümmte Adern nach dem Rande des äussern Theiles und
theilen so den Ring in eine Anzahl Sectoren Der äussere Ring selbst
besteht wieder aus einem Aggregat der kleinen farblosen Krystallchen,
welches von einem dichten Netzwerk eines braunen, faserigen Minerals
durchzogen ist. Ich vermuthe , dass dasselbe aus derselben Substanz
bestehe, wie der innere Theil der Kugel.
b ) Während die sub a) aufgezählten Kügelchen grösstentheils aus
Olivin bestanden, kommen wir jetzt zu der Beschreibung von Kugeln,
welche aus einem feinfaserig, excentrisch angeordneten Minerale beste-
hen, welches wohl in den meisten Fällen Broncit sein dürfte. Schon
G. Rose (Beschreibung und Eintheilung der Meteoriten) hat, mit
damals noch unzureichenden mikroskopischen Hilfsmitteln diese Art von
Kügelchen beschrieben und abgebildet und hauptsächlich im Gegensätze
zu terrestrischen ähnlichen Gebilden die stets excentrische Structur der-
selben hervorgehoben. Von G. Tschermak besitzen wir genaue und
ausführliche Beschreibungen dieser Körper in dem Meteorit von Gopal-
pur. (Die Meteoriten von Shergotty und Gopalpur. LXV. Bd. der Sitzb.
der k. Akademie der Wissensch., I. Abth., Februar-Heft, Jahrgang
1872.)
Fig. 7, Tafel IV ist die Abbildung eines excentrischen Kügelchens
aus unserem Meteoriten. Dasselbe ist ungemein dickfaserig, so dass es
selbst im Dünnschliffe nur schwach Licht durchlassend ist.
In Fig. 6 ist ein anderes Kügelchen abgebildet, ebenfalls mit
excentrischer Anordnung von einem Punkte des Randes. Die einzelnen
Radien lösen sich bei sehr starker Vergrösserung in Flöckchen auf, so
dass es den Anschein hat, als wären dieselben eher einer radial ange-
ordneten interponirten Substanz als einer Folge innererStructur zuzuschrei-
ben. Eine Beobachtung bei gekreuzten Nicols lehrt jedoch augenblick-
lich durch die verschiedene radiale optische Stellung der einzelnen
Sectoren, dass wir es in der That mit einer radialen Structur zu tliun
haben.
Fig. 8 zeigt uns den Durchschnitt eines faserigen Kügelchens,
welcher wohl senkrecht zur Längsausdehnung der Fasern geschliffen ist.
Ausser diesen faserigen Kügelchen , welche in grosser Menge in
unserem Meteoriten Vorkommen, beobachtete ich ein Kügelchen, welches
6
R. v. Dräsche.
[6]
nur aus einem Gewirre von Broncit-Krystallen besteht. (Siehe Fig. 9,
Tafel IY in 240faclier Vergrösserung.) Die einzelnen Krystalle sind
zwar so unendlich klein, dass eine Bestimmung ihrer optischen Haupt-
schnitte unmöglich ist, jedoch die lange nadelförmige Gestalt, die Zer-
theilung der einzelnen Krystalle durch Quersprünge deuten unbedingt
auf ein Mineral der Broncitgruppe hin. Manche Nadeln sind von
ungeheurer Dünne , andere erreichen wieder verhältnissmässig ansehn-
liche Breite , stets sind sie aber ohne jedes Gesetz zu einander
gruppirt.
Meines Wissens wurde eine ähnliche Kugel noch nie in Meteori-
ten beobachtet.
Wir haben nun noch schliesslich die im Chondriten von Lance
einzeln vorkommenden Mineralien zu besprechen. Es sind dies Eisen,
Magnetkies, Broncit, Olivin.
Eisenkies und Magnetkies lassen sich bei auffallendem Lichte leicht
durch ihre verschiedenen Farben erkennen. Beide sind in grosser Menge
in unserem Meteoriten zerstreut. Ueberall, sowohl in der tufähnlichen
Grundmasse, als in den Kügelchen und einzelnen Krystallen trifft man
diese Mineralien in grosser Häufigkeit an. Theils kommen beide isolirt
vor , theils beobachtet man grössere unförmlich kugelige Massen , die
einen Kern von Magnetkies und eine Hülle von Eisen oder umgekehrt
zeigen.
Ob Chromeisen auch vorhanden ist , konnte ich nicht beobach-
ten , die Analyse von Daubree macht diess jedoch sehr wahr-
scheinlich.
Einzelne Olivin -Krystalle von ansehnlicher Grösse bis 1 Mm.
kommen sehr häufig vor. Sie zeigen oft ziemlich regelmässige, gerad-
linige Begrenzung, sind farblos-durchsichtig im Schlitte und von den dem
Olivin eigenthümlichen Sprüngen zahlreich durchsetzt. (Siehe Fig. 10,
Tafel IV.)
In allen unseren Dünnschliffen konnten wir nur einen einzigen iso-
lirten grösseren Broncit-Krystall beobachten. (Siehe Fig. 11, Tafel IV.)
Derselbe ist in der dichten Grundmasse eingebettet und zeigt sehr
deutliche Spaltbarkeit. Die Spaltungsdurchgänge sind mit einer undurch-
sichtigen Substanz erfüllt. Die optischen Hauptschnitte stehen senkrecht
zu der Spaltungs- und Längsrichtung des Krystalles ; es kann mithin
kein Zweifel an der rhombischen Natur dieses Krystalles sein. Der
Krystall selbst ist durch mechanische Gewalt, wie es scheint, bedeutend
zerstückt und zerquetscht.
Unsere mikroskopischen Beobachtungen können wir nunmehr mit
folgenden Worten kurz zusammenfassen : ln einem tufartigen Zerreibsei
liegen viele isolirte Krystalle von Olivin und hie und da Broncit, nebst
einer grossen Menge von Kügelchen von zweierlei Beschaffenheit. Dieselben
sind entweder regelmässige oder unregelmässig angeordnete Aggregate
von Olivin, oder bestehen aus excentrisch-strahlig angeordneten Bronc.it-
Nadeln.
In einem speciellen Falle bestand eine Kugel aus einem wirren
Hanfwerk von Broncit-Krystallen. Magnetkies und Eisen sind reichlich
in allen Theilen des Chondriten vorhanden.
[7]
Ueber den Meteoriten von Lance.
7
Was schliesslich die chemische Zusammensetzung des Chondriten
von Lance betrifft, so besitzen wir eine Analyse desselben von Daubree
und ich erlaube mir die darauf bezüglichen Stellen folgend in Ueber-
setzung wiederzugeben : (Siehe Examen des meteorites tombees le
23. Juillet 1872, par M. Daubree Compt. rend. Aout 1872. pag. 467)
„Mit Wasser behandelt verliert die Substanz 012 % Chlornatrium
Wenn man die Substanz der Rothglühhitze in einem Strome von
Wasserstoff aussetzt und das erzeugte Sublimat auffängt, so kann man
von Neuem die Gegenwart des Chlornatriums in demselben Verhältnisse
constatiren, als es in der wässerigen Lösung gefunden wurde. Kalisalze,
Sulfate und Hypersulfate sind nicht vorhanden. Salzsäure und Schwefel-
säure bewirken eine Entwicklung von Schwefelwasserstoffgas in grosser
Menge , aber ohne einen Absatz von Schwefel , welches anzeigt , dass
sich der Schwefel nur als Protosulfür vorfinde. Man hat sowohl die
Menge des Schwefels des entwichenen Schwefelwasserstoffgases mit sal-
petersauren Silberoxid bestimmt, als auch die Menge des entwichenen
Wasserstoffes von der Behandlung mit Schwefelsäure herrührend, und
es ist durch letztere Methode geluugen, den approximativen Gehalt an
freien Metallen zu bestimmen. Durch Behandlung mit Salpetersäure und
indem man nach der Methode von H. Saint e- CI ai re Deville vor-
ging, hat man die Gegenwart eines angreifbaren Silikates constatirt,
welches Magnesia und Eisenoxidul enthält.
Der unangreifbare Tlieil besteht aus wenigstens zwei Substanzen,
einem farblosen und einem tiefschwarzen.
Das olivinähnliche Silikat beträgt 42-36 °/0 des Totalgewichtes,
der unzersetzte Tlieil 33-44%.
Das Eisen aus dem in Salzsäure löslichen Tlieil wurde nach der
Margueritte’schen, durch Boussin gau.lt verbesserten Methode
bestimmt ; es beträgt 24-48 °/0-
Die Gegenwart des Kupfers wurde durch die Spectral-Analyse er-
kannt, ebenso die Abwesenheit von Kalk, Baryum und Strontium. Kohle
konnte nicht nachgewiesen werden. Wie gewöhnlich begleiten Kobalt und
Nickel das Eisen in diesem Meteoriten.
Folgendes ist das Resultat der Analyse :
Freies, mit Nickel und Kobalt legirtes Eisen 7 '81
Eisen u. andere Metalle an Schwefel gebunden .
Gebundener Schwefel
9-091
519/
Protosulfür
. 14-28
[
Kieselsäure
17-20 I
Durch Säuren zersetzbares |
Magnesia . .
13-86 |
. 42-41
Silikat oder Olivin J
Eisenoxidul
11-33 | '
Mangan oxidul .
0-05 |
Durch Säuren unzersetzbarer
Theil . . .
. 33-44
Chlornatrium
. 0-12
Hygroskopisches Wasser . .
. D24
99-31
Als Bestätigung füge ich hinzu, dass successive Ströme von Was-
serstoff und Chlor eine Gewichtsabnahme von 34.98 % bewirkten. Ver-
gleicht man diese Ziffer mit denen der Analyse , so kommt man zur
Ueberzeugung , dass nach dieser Operation nur mehr das unzersetz-
g R. v. Dräsche. Ueber den Meteoriten von Lance. Tg]
bare Silikat und die Kieselsäure und Magnesia des zersetzbaren Theiles
Zurückbleiben.
Abgesehen von den gewöhnlichen Bestandtheilen eines Meteoriten
wie Nickeleisen. Troilit, Olivin und unzersetzbares Silikat, enthält der
Meteorit von Lance Chlornatriura in kleiner Menge.“
Wir erkennen somit auch in der chemischen Analyse die Minera-
lien wieder, welche wir im Mikroskope beobachten konnten. Der unzer-
setzbare, nicht weiter analisirte Theil besteht nach Daubree aus
einem farblosen und schwarzen Mineral. Ersteres ist wohl Broncit, letz-
teres dürfte Chromit sein.
Die 14*28 °/0 Protosulfür werden wohl dem Magnetkies angehörig
sein, da kein Troilit von uns beobachtet wurde. Zählen wir nunmehr
die beobachteten Mineralien auf, so enthält der Chondrit von Lance
Nickeleisen, Magnetkies, Chromit, Olivin und Broncit. Troilit wurde
nicht beobachtet. Eine genaue Analyse des unlöslichen Theiles müsste
zeigen, ob in demselben nicht vielleicht auch wie im Meteoriten von
Gopalpur ein feldspathähnlicher Bestandtheil vorhanden ist.
Zum Schlüsse entledige ich mich einer angenehmen rtiieht, wenn
ich Herrn Director Dr. G. Tschermak meinen verbindlichsten Dank
ausdrücke für die Liberalität, mit welcher er mir die hiesige Meteoriten-
sammlung zu meinen Studien zur Verfügung stellte.
II. Wolframit aus dem Trachyte von Felsö-Bänya.
(Aus einem im December 1874 in der ungarischen Akademie der Wissenschaften
gehaltenen Vortrage.)
Von Dr. Josef Alex. K renn er.
(Mit einer Tafel.)
Einer der interessantesten Bergbaue Felsö-Bänyas ist der Bau
von Leves-Banya. Es ist ein grossartiger Tagbau der im ungarischen
Trachvt-Gebiete nicht seines Gleichen findet. Wie in einem riesigen
Steinbruche werden hier grosse Felsmassen abgelöst, und nach sorg-
fältiger Abscheidung des Brauchbaren, mit dem Tauben tiefere, ältere
Ausweitungen verstürzt, An der einen Seite dieses grossen Baues ist
der Trachyt zu einer feinkörnigen, röthlich grauen, nicht sehr harten
Masse zersetzt, deren zahlreiche dünne Klüftchen — wie bekannt —
mit weissen Adular-Krystallen ausgekleidet sind.
In Gesellschaft dieses oft blendend weissen Adulars sehen wir
oft Pyrit, Arsenkies, Markasit, etwas Kupferkies, und manchmal dünne
Lamellen oder Blättchen eines blau- oder violettschwarzen, undurch-
sichtigen Minerales , das sich bei näherer Prüfung als Wolframit
entpuppte.
Die krystallographische Untersuchung nämlich gab der Vermuthung
Raum, dass dieses Felsö-Bänyaer Mineral, da seine Formen sich auf
die Gestalt des Wolframit zurückführen lassen , Wolframit sei ; die
ausgezeichnete monotome Spaltbarkeit steigerte diese Vermuthung,
welche endlich durch eine nach Bunsen’scher Methode ausgeführte
qualitative Bestimmung, welche die Gegenwart von Eisen, Mangan und
Wolfram erwies, zur Gewissheit erhoben wurde.
Diese Wolframite zeigen eine ganz eigenthümliche Form, die man
sonst an dieser Mineralspecies zu sehen nicht gewohnt ist. Die Krystalle
sind dünne, nach der aufrechten Axe verlängerte Lamellen, deren Enden
durch steile, an dieser Substanz noch nicht beobachtete Hemidomen ab-
gestumpft, an die Form einseitig geschärfter Meissei erinnert. Ihre
Grösse ist nicht bedeutend, indem sie bei einer Dicke von 05— 1 Mm.
eine Breite (Orthodiagonal) von 1 — (j Mm. und eine Länge von
4 — 12 Mm. erreichen.
Sie sitzen entweder einzeln oder in kleinen Gruppen auf Pyrit
oder ragen aus dem Adular heraus.
Mineralogische Mittheilungen. 1875. 1. Heft. (Krenner.)
2
10
Dr. J. A. Krenner.
m
Es wurden an demselben folgende 12 — darunter 6 neue —
Formen beobachtet :
Endflächen : 100, 010, 001
Das Prisma: 310
Hemi-Domen : 502, 403, 102, 102, 101, und die
Pyramiden: 552, 132, 112.
Von diesen sind, ausser den 2 aufrechten Endflächen, noch die 2
steilsten Hemi-Domen die herrschenden, die Gestalt dieses Wolfra-
mits bedingenden Formen, zu welchen sich manchmal das Prisma ge-
sellt, während die übrigen der aufgezählten Formen als Seltenheiten
bezeichnet werden müssen.
Die gewöhnlichsten Combinationen stellen die Figuren :
Fig. 4, 100, 010, 502
Fig. 3, 100, 010, 502, 403 und mit dem Prisma
Fig. 9, 100, 010, 502, 403, 310 dar.
Sonderbar ist der Umstand, dass die Grundsäule (110), die an
Wolframiten anderer Fundorte sonst nie zu fehlen pflegt , an
dem unserigen nicht beobachtet werden kann , diese vielmehr immer
durch die stumpfe Gestalt (310) ersetzt ist. Die Flächen dieses Prisma
- es ist das einzige an unseren Krystallen — verursachen durch alter-
nirendes Auftreten, ihrer Flächen untereinander, oder combinirt mit der
Endfläche (100) eine Längsstreifung derselben. Letztere Endfläche kann
auch von (len Prisma-Flächen gänzlich verdrängt werden, wie Fig. 2,
welche uns die Combination
Fig. 2, 010, 310, und der seltenen 001 zeigt.
Die beiden steilen Hemi-Domen 502 und 403 sind nur bei ganz
kleinen Krystallen auseinander zu halten, bei grösseren verlaufen sie
in eine gerundete Fläche.
Fig. I stellt die Combination von 100, 010, 102
Fig. 7 diejenige von . . . .100, 010, 101, 102 und
Fig. 8 die von 100, 010, 102 dar, sie wur-
den nur einigemal beobachtet.
Die Bestimmung des Charakters der Hemi-Domen erfordert bei
dem Umstande, dass nur ganz kleine Kryställchen gut messbare Flächen
darbieten, grosse Vorsicht, ja in einem Falle ist dies mit Sicher-
heit gar nicht möglich. Es ist dies der Fall , wenn das steilste
unserer Hemi-Domen allein , mit Flächen der verticalen Zone auftritt,
wie das in Fig. 4 dargestellt ist. Das Hemi-Doma 502 kann in diesem
Falle von einem etwa vorkommenden 502 nicht unterschieden werden,
beträgt doch der Unterschied der Normalwinkel von 100, 502 kaum
0° 5", während dieser Unterschied mit der Verkürzung der Hauptaxe,
also in dem Masse wächst, als die Domen weniger steil werden.
Die Möglichkeit, dass bei dem alleinigen Auftreten unseres steil-
sten Hemi-Domas, vielleicht auch ein der positiven Hälfte angehören-
des (502) mit unterlaufen ist, ist hier um so weniger ausgeschlossen,
als bei den ganz undurchsichtigen Krystallen an eine Anwendung opti-
scher Hilfsmittel nicht zu denken ist.
[3]
Wolframit aus dem Trachyte von Felsö-Banya.
11
Von diesem Gesichtspunkte ist die durch Fig. 4 dargestellte Com-
bination zu beurtheilen. Die Annahme, dass wir hier auch das negative
502 vor uns haben, stützt sich nur darauf, dass in mehrfach domatisch
combinirten Krystallen nur diese gefunden wurde.
Die Hemi-Pyramiden , 3 an der Zahl , gehören der negativen
Hälfte an und sind sehr selten.
Am häufigsten ist noch die steile Pyramide 552, die nicht selten
als eine einzige Fläche, also mit triklinischem Habitus, und zwar dann
immer als die linke 552, wie das in Fig. 5 dargestellt ist, erscheint.
In Bezug auf diese Combination (Fig. 5), welche aus den Flächen
101, 010 und 552 zusammengesetzt ist, gelten die bei
Fig. 4 gemachten Vorbehalte. Dagegen besteht die in Fig. 10 gege-
bene bestimmt aus den Flächen
100, 010. 403 und 552 ; eben so sicher konnten die Formen des durch
Fig. 6 dargestellten Krystalles bestimmt werden. Es ist dies das Bild
eines stark gestreiften, 5 Mm. breiten und 7 Mm. langen, an seinem Ende
vierfach fa^ettirten tafelartigen Krystalles, welcher aus den Formen :
100, 010, 001, 310, 502, 403, 102, und 112, 132 besteht.
Die an den Krystallen vorgenommenen Messungen ergaben folgende
Durchschnittswerthe der Normal winkel :
100 .
102
—
62°
12-5'
100 .
102
—
62°
50-3'
100 .
101
—
43°
12'
100 .
403
35°
56-2'
100 .
502
—
21°
5'
100 .
310
—
15°
28'
010 .
112
—
69°
21'
010 .
132
—
40°
20'
100 .
552
—
42°
41'
010 .
552
—
52°
5'
403 .
552
—
40°
8'.
Zu bemerken ist, dass
die
Endfläche 001
als immer matt zu den
Messungen nicht verwendbar, und dass die Fläche 101, Fig. 8, von
nicht guter Beschaffenheit ist.
Mit Zugrundelegung der an einigen Ehrenfriedersdorfer Wolfram it-
Krystallen — mit denen die Felsö-Bänyaer noch die meiste Ueberein-
stimmung zeigen — ausgeführten Elementar -Bestimmungen wurden
obige Indiens bestimmt.
Die .sehr gut spiegelnden sächsischen Krystalle erlaubten ganz
scharfe Messungen *) und ergaben :
das Axenverhältniss a : b : c = 0'82447 : 1 : 0-86041 und die
Axenneigung von r, 90u 20' 22".
Aus diesen Elementen lassen sich für die an dem ungarischen
Minerale beobachteten Formen folgende Werthe der Normalwinkel be-
rechnen :
*) Ausführliches hierüber wird demnächst veröffentlicht werden.
12
Dr. J, A Kremier. Wolframit aus dem Tracliyte von Felsö-Bänya.
100 . 001
=
89°
39' 38
100 .
. 101
r=
43°
36-8'
100 .
102
=
62°
10*8'
100 . 502
—
21°
P2'
100 . 403
35°
49-2'
100 .
102
=
62°
42-7'
100 .
310
15°
22'
100 . 552
—
42°
20-5'
010 . 552
—
52°
21*5'
001 .
552
—
73°
45‘7'
100.
132
72°
28'
010 .
132
—
41°
5'
001 .
132
54°
23-5'
100 .
112
—
64°
38-6'
010 .
112
—
69°
4-7'
001 .
112
—
34°
9'
403 . 552
40°
3'
Diese berechneten Daten zeigen mit den an den Felsö-Bänyaer
durch Messung erhaltenen, eine — mit Ausnahme der Fläche 101 —
ganz genügende Uebereinstimmung , wodurch die Benützung der Ele-
mente des Ehrenfriedersdorfer Minerales zur Grundlage obiger Indices-
Bestimmung gerechtfertigt ist.
Was die paragenetischen Verhältnisse dieses interessanten Wol-
framites der Trachyt-Formation anbelangt, so lässt sich vorläufig fol-
gende Reihenfolge feststellen : Pyrit, Wolframit, Adular, wobei Adular
das jüngst gebildete Mineral ist. Der Pyrit zeigt 100 . 120, der Adular
die Combination von 110, 101 manchmal auch mit 001. Auf dem
Pyrit .sitzen oft dünne Blättchen von Markasit, parallel einer oder
zweier Würfelfiächen und bilden ein Gitter oder ein rechtwinklig-maschi-
ges Netz. Diese Markasitblättchen Überkrusten auch den Arsenkies, sind
also jünger als dieser. Sonst konnte über die Altersbeziehung des Ar-
senkieses, welcher in dünnen, schlanken Säulen mit 110, 101, 001,
die oft nach 011 in zierlichen, knieförmigen Zwillingsgestalten erschei-
nen, sowie über die des Kupferkieses, der eine sphenoidale Form anstrebt,
nichts festgestellt werden.
Erwähnt sei hier noch, dass der Ehrenfriedersdorfer Wolframit
auch mit Arsenkies vorzukommen pflegt.
Zum Schlüsse noch zwei Bemerkungen : 1 . Wolframit galt bisher
als ein auf die ältesten Formationen beschränktes Mineral, in welchem
es der stete Begleiter von Zinnerz zu sein pflegt, sein Auftreten in einer
geologisch so jungen Felsart, wie es die Felsö-Bänyaer Tracliyte sind,
deutet abermals auf die schon öfters betonte Analogie alter und jün-
gerer Gesteine hin ; 2. es würde nun nichts Ueberrasc.hendes mehr
haben, wenn in Felsö-Bänya auch Zinn in Form eines Zinnerzes — von
welchem in Ungarn noch keine Spur gefunden wurde — entdeckt würde.
III. Das Wesen der Isomorphie und die Feldspathfrage.
Von Dr. Aristides Brezina.
Seit Mitscherlich die Beobachtung machte, dass gewisse Sub-
stanzen von analoger chemischer Zusammensetzung in nahezu gleichen
Formen krystallisiren, sind zahlreiche einschlägige Thatsachen gesam-
melt worden, welche die ursprünglich engen Grenzen dieser Erscheinung
nach beiden Seiten, der chemischen und der krystallographischen, so
weit hinausgerückt haben, dass einerseits Substanzen mit verschiedener
Zahl von Moleciilen, von verschiedener Werthigkeit und verschiedener
Sättigung , andererseits Krystalle mit wesentlich anderer Spaltbarkeit
und mit Elementen , die nur nach Multiplication mit Brüchen wie :
2/ 3, I. * 3/4, 4/5 in einander übergeführt werden können, als isomorph be-
trachtet wurden.
Soll der Begriff der Isomorphie nicht jede theoretische Bedeutung
verlieren, so muss diesem Zustande des Schwankens ein Ende gemacht
werden ; es müssen die zum Tlieil ganz disparaten Erscheinungen, welche
gegenwärtig von den verschiedenen Autoren unter dem gemeinschaft-
lichen Namen verstanden werden, getrennt und jede auf exacte Weise
definirt werden.
Der Eintheilungsgrund soll aber nicht willkürlich sein , sondern
eine theoretische Bedeutung haben, wodurch dem Uebelstand vorgebeugt
wird, dass wie bisher die einzelnen Beobachter auf gänzlich verschiede-
nen Standpunkten stehen, was einen Ausbau der Theorie sehr er-
schweren muss.
Wir werden sehen , dass die Annahme der atomistischen Hypo-
these allein genügt, um eine solche theoretische Grundlage zu schaffen;
auf dieser Grundlage fortschreitend gelangen wir zu Unterscheidungen,
welche, wie sich ergeben wird, alle scheinbaren Widersprüche und Ab-
weichungen des Verhaltens in genügender Weise erklären.
I. Deduction aus der atomistischen Hypothese.
Wir setzen die Annahme , dass die Raumerfüllung der Körper
keine continuirliche sei, dass also die Materie aus durch Zwischenräume
von einander getrennten Theilen bestehe.
Diese von einander getrennten, entweder untereinander alle gleich-
artigen oder ungleichartigen (aus einer oder mehreren Substanzen
Mineralogische Mittheiluugen. 1875. 1. Heft. (Brezina.)
14
Dr. Aristides Brezina.
[2]
bestellenden) Theile zeigen eine Reihe von Gleichgewichts- oder Bewe-
gungs-Erscheinungen , welche man im Allgemeinen als physikalische
Erscheinungen bezeichnet, und welche naturgemäss von der gegensei-
tigen Stellung der Theilchen abhängen.
Die Beobachtung hat nun ganz allgemein gezeigt, dass in krystal-
lisirten Medien diese physikalischen Erscheinungen an allen Stellen eines
und desselben Krystalles vollständig identisch sind ; dass sie also nicht
von der absoluten Lage, sondern lediglich von der Richtung im Krystalle
abhängen ; so also, dass längs zweier Linien im Krystalle, welche einen
von 0°, 360° . . . verschiedenen Winkel mit einander einschliessen, im
Allgemeinen verschiedene physikalische Verhältnisse herrschen werden,
während zwei Linien, welche einander gleichsinnig parallel sind, gleiches
physikalisches Verhalten besitzen werden, an welcher Stelle des Krystal-
les sie auch gelegen sein mögen.
Daraus ergiebt sich mit Nothwendigkeit der Schluss, dass auch
die Vertheilung der den Krystall zusammensetzenden Partikel an allen
Stellen des Krystalles dieselbe sei.
Diese Gleichheit der Vertheilung bedingt unmittelbar, dass längs
einer geraden Linie dieselben Zustände sich in gleichen Perioden
wiederholen ').
Wenn wir daher die Centra zweier beliebiger , einander gleicher
und parallel gestellter Partikel (die zunächst als einfach oder als Molecül-
Complexe gedacht werden können) durch eine gerade Linie verbinden,
so ist diese Linie auf ihrem ganzen Verlaufe innerhalb des Krystalles
mit gleich weit von einander abstehenden, congruenten, parallel gestell-
ten Partikeln besetzt ; und eine jede ihr parallele, durch ein Partikel-
Centrum gehende Gerade zeigt die Partikel in derselben Orientirung
und mit denselben gegenseitigen Abständen.
Aus dieser Eigenschaft der gleichmässigen Vertheilung lassen sich
mit Nothwendigkeit alle diejenigen Anordnungsweisen ermitteln, welche
mit der Gleichmässigkeit, somit, weil diese eine nothwendige Folge der
atomistischen Constitution, auch mit letzterer vereinbar sind * 2).
’) Wiener, Grundzüge der Weltordnung, 1863, pag. 86, und Atomenlehre,
1869, pag. 82, hat diese Consequenz bestritten und Sohncke, Crelle-Borchardt,
LXXVI1., pag. 47, 1873, nach Wiener’s Voraussetzungen die in einer Ebene mög-
lichen Verteilungsarten aufgesucht. Es ist jedoch der Einwand Wiener’s aus zwei
Gründen nicht entscheidend; einmal, weil längs paralleler, gerader Linien Gleichheit
des physikalischen Verhaltens herrscht, folglich auch längs paralleler gerader
Linien sich derselbe physikalische Zustand wiederholen muss ; Sodann, weil, wie ich
an anderer Stelle nachweisen werde, die unter Wiener’s Voraussetzungen (einer
sich nach beliebigen, periodisch congruent gebrochenen Linien widerholenden Gleich-
mässigkeit) möglichen Complexe mit den aus unseren Prämissen erhaltenen voll-
kommen identisch sind , sich also nicht durch die Anordnung der obersten,
periodischen Gruppen . sondern lediglich durch die Beschaffenheit derselben
unterscheiden.
2) Diese allein möglichen Anordnungsweisen wurden zuerst aufgefunden und
ohne Angabe eines Beweises veröffentlicht von Frankenheim, Cohäsionslehre,
1835, pag. 311 und Nov. Act. Ac. Nat Cur. XIX. (2) 471. 1842. Frankenheim
erklärte, in die Richtigkeit der atomistischen Annahme überhaupt Zweifel zu setzen
und desshalb keinen Beweis mittheilen zu wollen. Den Beweis mit Zugrundelegung
der Annahme einer netzförmigen Anordnung gab Bravais Ec. polyt. Journal Cah.
XXXIII. vol. XIX. pag. 1. 1850, und in einer kürzeren Form, ausgehend vom Prin-
cipe der an allen Stellen eines krystallinischen Mediums gleichmässigen Vertheilung
Sohncke Pogg, Ann. CXXXII. pag 75. 1867.
[3]
Das Wesen der Isomorphie und die Feldspatbfrage.
15
Es ergiebt sich nun, dass nur 14 verschiedene Anordnungsweisen
möglich sind :
1. nach schiefwinkeligen Parallelepipeden,
2. nach schiefen, rhombischen Säulen,
3. nach geraden, rhombo'idischen Säulen,
4. nach geraden, rhombischen Säulen,
5. nach geraden, rhombischen Säulen, deren Centrum ein Par-
tikel trägt,
6. nach rechtwinkeligen Parallelepipeden,
7. nach rechtwinkeligen Parallelepipeden , deren Centrum ein
Partikel trägt,
8. nach Rhomboedern,
9. nach geraden, quadratischen Säulen,
10. nach geraden, quadratischen Säulen, deren Centrum ein Par-
tikel trägt,
11. nach geraden, regulären, dreiseitigen Säulen,
12. nach Würfeln,
13. nach Würfeln, deren Centrum ein Partikel trägt,
14. nach Würfeln, deren Flächen-Centra je ein Partikel tragen.
Eine Betrachtung dieser Complexe lehrt, dass dieselben nur zum
Theil bestimmt sind ; und zwar bleiben als zu bestimmende Constanten
(Elemente) übrig :
bei 1. 6 Elemente, nämlich drei Winkel, zwei Längenverhältnisse
und eine absolute Länge ;
bei 2. und 3. 4 Elemente, ein Winkel, zwei Längenverhältnisse,
eine absolute Länge ;
bei 4., 5., 6., 7. 3 Elemente, zwei Längen Verhältnisse , eine
absolute Länge;
bei 8. 2 Elemente, ein Winkel, eine absolute Länge;
bei 9., 10., 11, 2 Elemente, ein Längenverhältniss, eine abso-
lute Länge ;
bei 12., 13., 14. 1 Element, eine absolute Länge.
Andererseits ergiebt sich, dass diese 14 Anordnungsweisen sich
durch ihre Symmetrie- Verhältnisse unterscheiden. Wenn wir nämlich
unter einer Symmetrie- Ebene eine derartige Ebene verstehen , dass zu
beiden Seiten derselben vollständige Gleichheit der Anordnung herrscht,
so finden wir für die verschiedenen Anordnungsweisen folgendes Ver-
halten , wobei wir alle Anordnungsweisen gleicher Symmetrie als zum
selben Krystall- System gehörig bezeichnen :
1. Keine Symmetrie-Ebene. Triklines System,
2. und 3. Eine Symmetrie-Ebene. Monoklines System.
4 — 7. Drei aufeinander senkrechte Symmetrie-Ebenen. Prisma-
tisches System.
8. Drei , in einer Geraden sich schneidende Symmetrie-Ebenen,
gegenseitig unter 60° geneigt. Rhomboedrisches System,
9. und 10. \ ler, in einer Geraden sich schneidende, unter 45°
gegeneinander geneigte, und eine fünfte zu den vier ersteren
senkrechte Symmetrie-Ebene. Tetragonales System.
16
Di’. Aristides Brezina.
[4]
11. Sechs, in einer Geraden sich schneidende, unter 30° gegen
einander geneigte, und eine siebente, zu den sechs ersteren
senkrechte Symmetrie-Ebene. Hexagonales System.
12. — 14. Drei zu einander senkrechte und sechs, die Winkel
je zwei der ersteren halbirende Symmetrie-Ebenen. Tesse-
rales System.
Alle diese Reticular-Complexe sind durch eine Reihe von Eigen-
schaften ausgezeichnet, welche eine weitgehende Anwendung gestatten.
Eine jede Ebene, welche durch drei nicht in einer geraden Linie
liegende Partikel hindurchgelegt wird, ist eine mögliche Krystalllläche
des betreffenden Complexes.
Eine jede Gerade , welche durch zwei Partikel hindurchgelegt
wird, ist eine mögliche Krystallkante des betreffenden Complexes.
Construiren wir für irgend eine
Reticular-Ebene (also irgend eine mög-
liche Krystalllläche) ein solches Pa-
rallelogramm , dass die vier Ecken
durch Partikel gebildet werden und
dass ausser diesen vier Partikeln
weder im Innern, noch auf den Sei-
ten des Parallelogrammes weitere
Partikel gelegen sind (ab cd, efgli,
Iclmn ), so nennen wir ein solches
Parallelogramm ein erzeugendes , weil
wir , wenn uns ein beliebiges erzeu-
gendes Parallelogramm einer Reticu-
lar-Ebene gegeben ist, im Stande sind,
das ganze ebene Netz aus demselben
zu construiren.
Einfache geometrische Betrachtungen lehren nun den wichtigen
Satz, dass für eine und dieselbe Reticular-Ebene alle erzeugenden Pa-
rallelogramme denselben Flächeninhalt haben, also
area abed — area efgli — area Iclmn — .
Dieser Flächeninhalt ist also eine für die betreffende Ebene cha-
rakteristische Constante , welche wir die Reticular dichte dieser Ebene
nennen.
Wählen wir drei beliebige, nicht in einer Ebene gelegene Reti-
cular-Linien als Axen, und bezeichnen wir die Distanz zweier benach-
barter Partikel auf jeder dieser Axen als den Reticular- Parameter der
betreffenden Axe, so können wir eine jede Reticular-Ebene durch eine
Gleichung darstellen , welche ausser den laufenden Coordinaten noch
vier constante Grössen enthält ; drei von diesen sind ganzzahlig und für
alle untereinander parallele Reticular-Ebenen dieselben ; sie heissen die
Indices des betreffenden Systemes paralleler Ebenen ; die vierte Con-
stante ist ebenfalls ganzzahlig und für alle parallelen Ebenen verschie-
den ; sie heisst die Ordnungszahl der Ebene und giebt an, die wievielte
Parallel-Ebene die betreffende, vom Durchschnittspunkte der Axen an
gerechnet, ist, wobei die durch den Axenursprung selbst hindurchgehende
als die O-te bezeichnet wird.
Fig. 1.
[ö]
Das Wesen der Isomorphie und die Feldspathfrage.
17
Wir sind nun im Stande, für einen jeden gegebenen Complex eine
Gleichung aufzustellen, in welcher die Reticulardichte einer beliebigen
Fläche gegeben ist als Function der Indices der Reticular-Fbene und
der oben erwähnten, durch Versuche zu ermittelnden Elemente des be-
treffenden Complexes ; die Ordnungszahl der Ebene erscheint in dieser
Gleichung nicht, weil ja die Reticulardichte für alle einander parallelen
Ebenen dieselbe sein muss.
Wenn wir für irgend einen Complex diese Berechnung für jede
einzelne Fläche durchführen , so werden wir im Allgemeinen ein Auf-
steigen der Reticulardichte von den Flächen mit einfachen , niedrigen
Indices zu denen mit complicirten, grossen Indices bemerken ; nachdem
aber gleichzeitig die Erfahrung lehrt , dass sich jederzeit für die For-
men einer Substanz solche Axon wählen lassen, dass die häufigsten und
am grössten ausgebildeten Formen die einfachsten Indices erhalten, so
können wir einen gesetzmässigen Zusammenhang dieser beiden Erschei-
nungen vermuthen ; wir können sodann für einen Krystall, dessen
Krystall-System wir kennen, unter den in dem betreffenden System
möglichen Anordnungsweisen diejenige herauswählen , für die bei dem
gewählten Axen-Systeme die nach ihrer beobachteten Häufigkeit und
Ausdehnung geordneten Flächen in ihrer Reihenfolge möglichst über-
einstimmen mit den nach aufsteigender, berechneter Reticulardichte an-
geordneten.
Führen wir diese Parallelstellung an denjenigen Substanzen durch,
welche einen genügenden Flächenreichthum und eine solche Häufigkeit
des Vorkommens besitzen, dass wir ein sicheres Urtheil über die herr-
schenden und untergeordneten Flächen fällen können, so zeigt sich uns
die merkwürdige Thatsache, dass, falls die betreffende Substanz Spalt-
barkeit besitzt , die letztere immer nach der Fläche mit niedrigster
Reticulardichte oder, wenn verschiedene Spaltungsrichtungen vorhanden,
nach den Flächen kleinster Reticulardichte gerichtet sind.
Diese Erscheinung, welche innerhalb der durch äussere Störungen
(fremde Beimengungen etc.) verursachten Abweichungen regelmässig auf-
tritt, lässt eine sehr annehmbare Erklärung zu.
Wir finden nämlich auf dem Wege einfacher Berechnung , dass
für irgend ein System paralleler Reticular-Ebenen der senkrechte Ab-
stand zweier benachbarter Ebenen der Reticulardichte dieser Ebenen
verkehrt proportional ist. Setzen wir nun die sehr wahrscheinliche An-
nahme, dass zwei Partikel aufeinander eine gewisse Anziehung ausüben,
Welche mit zunehmender Entfernung derselben von einander in irgend
einem Verhältnisse abnimmt , so finden wir , dass die Partikel irgend
einer Reticular-Ebene sowohl untereinander , als auch auf die Partikel
einer Nachbar-Ebene eine Gesammtanziehung äussern , welche wir-,
erstere die tangentielle, letztere die normale Cohäsion der betreffenden
Reticular-Ebene nennen können. Je grösser nun der senkrechte Abstand
zweier Nachbar-Ebenen, desto geringer die normale Cohäsion, mit der
sie aufeinander anziehend wirken, desto leichter werden also diese
beiden Ebenen durch eine äussere Kraft von einander getrennt werden
können ; der senkrechte Abstand ist aber um so grösser, je kleiner die
Mineralogische Mittheilungen. 1875. 1. Heft. (Dr. A. Brezina.) o
18
Dr. Aristides Brezina.
[6]
Reticulardichte der betreffenden Ebenen ; also die leichteste Spaltbar-
keit muss nach den Ebenen mit kleinster Reticulardichte gerichtet sein.
Dieses Gesetz einmal als richtig erkannt , hilft uns in denjenigen
Fällen, wo die Beobachtung der Flächenhäufigkeit und Ausdehnung eine
noch mangelhafte ist, die Zugehörigkeit einer krystallisirten Substanz
zu einer der 14 Anordnungsweisen zu bestimmen.
Wir besitzen also nach dem gegenwärtigen Stande unserer Kennt-
nisse die Möglichkeit, die wirkliche Anordnung der Partikel im Krystall
für irgend eine Substanz bis auf eine Constante, nämlich die absolute
Länge oder die Längeneinheit . zu berechnen ; diese Längeneinheit ist
eine Molecular-Constante, welche aus der Beobachtung der Krystallform
und Spaltbarkeit insolange nicht ableitbar ist, als wir die letztere nicht
in ihrem absoluten Betrage ermitteln können. r)
Die Wahrnehmung nun , dass die bisher sogenannte Isomorphie
zweier Substanzen durchschnittlich zwei Bedingungen erfüllte, die Gleich-
heit der Spaltbarkeit und die Möglichkeit, die Formen beider Substan-
zen ungezwungen auf einander sehr nahestende Axen-Systeme beziehen
zu können, giebt uns ohneweiters die einzige naturgemässe Definition
des Begriffes Isomorphie :
Zwei derselben Anordnungsweise angehörige Substanzen sind
isomorph , wenn die mittelst der Spaltbarkeit , Flächenhäufigkeit und
Flächenausdehnung ermittelte Anordnung der Partikel in beiden die
für die Beobachtung freibleibenden Elemente exclusive der absoluten
Länge als nahezu gleich ergeben.
Der Betrag, bis zu welchem die analogen Elemente zweier Sub-
stanzen differiren dürfen , ohne die Isomorphie aufzuheben , lässt sich
nun allerdings nicht mit Genauigkeit angeben ; er hängt wesentlich ab
von der Anzahl unbestimmter Constanten ; während nun im tesseralen
Systeme gar keine, im hexagonalen, tetragonalen und rhomboedrischen
Winkel-Differenzen von ungefähr 1/2°, im prismatischen von etwa 1°,
im monoklinen von 1 1/2 im triklinen von 2° das ungefähre Durch-
schnittsmaass der Abweichungen zwischen den Winkeln isomorpher Sub-
stanzen bilden, müssen die gestatteten Maxima dieser Differenzen, eben-
falls steigend mit zunehmender Anzahl unbestimmter Constanten, etwa
als das Dreifache der Durchschnittsmengen genommen werden.
Die Bedingung, dass beide Substanzen derselben Anordnungsweise
angehören, schliesst die weitere Bedingung ein, dass sie dasselbe Kry-
stall-System besitzen.
') In dem Werke Exner’s, Untersuchungen über die Hjirtc an Krystall-
flächen. Preisschrift. Wien, 1873. 8°, wird der enge Zusammenhang zwischen Härte
und Spaltbarkeit nachgewiesen. Nach dem gegenwärtigen Masse der erreichbaren
Genauigkeit hängt die Härte, d. i. che Belastung, bei der eine nach einer Richtung
geführte Spitze in einen Krystall eindringt, lediglich von der Lage und Güte der
Spaltungsebenen und von einer nach allen Richtungen gleichen Molecular-Constante
ab, welche letztere jedoch so sehr durch die Oberflächen-Beschaffenheit influencirt
wird, dass die geringste Verschiedenheit des Schliffes oder der natürlichen Rauhigkeit
eine sehr bedeutende Variation derselben hervorbringt, so dass vorläufig lediglich
das gegenseitige Verhältniss der Güte zweier Spaltungsebenen annäherungsweise er-
mittelt werden kann.
[7]
Das Wesen der Isomorphie und die Feldspathfrage.
19
Ein Beispiel von Isomorphie geben uns Kassiterit , Rutil und
Zirkon , welche tetragonal , Anordnung 10 nach geraden centrirten
quadratischen Säulen krystallisiren :
Kassiterit : Spaltbar (100) und (110) a : a : c = 1 : 1 : 0-9512.
Rutil : Spaltbar (100) (110) (101) a : a: c = 1 : 1 : 0-9110.
Zirkon : Spaltbar (100) (101) a : a : c — 1 : 1 : 0’9057.
Das Quadrat der Reticulardichte einer Fläche (hkl) ist für
Kassiterit
Rutil :
Zirkon :
h + k+1 gerade
h-fk-fl ungerade
= C4 (h2+k2+l-l l2)
C2 (h2+k2+l-2 l2)
C3 (h2+k2+ 1-2 l2)
Ct .4 (h2+k2 + l-l l2)
C2 .4 (h2+k2+l-2 l2)
C3 .4 (h2+k2+l-2 l2)
worin Cj C2 C3 von hkl unabhängige Constanten sind1).
Auch der andere Fall, Aehnlichkeit der Elemente bei ungleichem
Systeme ist von Bedeutung und soll den von S c a c c h i* 2) gewählten
Namen Polysymmetrie erhalten.
Zivei Substanzen verschiedenen Systemes sind poly symmetrisch,
wenn die 'mittelst der Spaltbarkeit , Flächenhäufigkeit und Flächenaus-
dehnung ermittelte Anordnung der Partikel in beiden die für die
Beobachtung freibleibenden Elemente exclusive der absoluten Länge als
nahezu gleich ergeben , wobei ein oder mehrere unveränderliche Elemente
der höher symmetrischen Substanz ivie freibleibende zu betrachten sind.
Zwei polysymmetrische Substanzen sind beispielsweise Beryllsulfat
BeS04 + 4H.20 und Beryllseleniat BeSe04-|-4H20 , ersteres tetragonal,
Anordnung 10 nach centrirten quadratischen Säulen a : a : c = 1 :
1 : 0-9461, letzteres prismatisch Anordnung 5 nach centrirten geraden
rhombischen Säulen a : b : c = 1 : 0-9602 : 0"9025 ; beide ohne merk-
liche Spaltbarkeit.
Die Reticulardichten sind für :
Sulfalt :
Seleniat :
(h+k + 1) gerade
h + k— f-1 ungerade
= C4 [0-9 h2+ 0-9 k2+ l2]
C2 [0-8 h2+ 0-9 k2+ l2]
Cj . 4 [0-9 h2+ 0-9 k2+ l2]
C2 . 4 [0-8 h2+ 0-9 k2+ l2]
Sowohl bei unserer Definition der Isomorphie als auch der der
Polysymmetrie haben wir keinerlei Voraussetzungen über die chemi-
schen Beziehungen zwischen den beiden Substanzen gemacht, um zu-
nächst ein einfaches Factum durch einen bestimmten Namen zu be-
zeichnen ; wir werden auf diese Verhältnisse im dritten Abschnitte
zurückkommen.
Der Fall der Verschiedenheit der Elemente zweier verschiedener
Substanzen wird , als der allgemeine , regelmässige , nicht besonders
benannt.
Die Verschiedenheit der Anordnungsweise bei gleicher Substanz
wird mit dem Ausdrucke Dimorphie ( Polymorphie ) bezeichnet.
‘) Vergl. über die Art dieser Berechnung Bravais Ec. pol. Journal Cah.
XXXIV. vol. XX, pag. 156. 1851.
2) Torino Mem. Ac. Sc. 2. XXII. pag. 1, 1862. — Napoli Atti Ac. Sc. I.
Nr. 11. 1863. ibid. II. Nr. 9. 1865.
3*
20
Dr. A. Brezina.
[8]
Eine Substanz ist dimorph ( polymorph ), wenn sie zwei {mehrere )
Modificationen von gleicher procentueller chemischer Zusammensetzung
und verschiedener Anordnungsweise besitzt.
Kohlensaurer Kalle CaC03 ist dimorph als Calcit rhomboedrisch,
Anordnung 8 nach Rhomboedern E = 101 °54-/6 Spaltbarkeit nach dem
Rhomboeder (100) und Aragonit prismatisch, Anordnung 7 nach cen-
trirten rechtwinkeligen Parallelepipeden a : b : c = 1 : P6055 : 1 157 1
Spaltbarkeit (010) deutlich (110) (011) unvollkommen.
Calcit S2hkl = C, [h2+k2+P + 0-52 (kl + lh + hk)]
li+k+1 gerade h+k-gl ungerade
Aragonit S2hkl = G, [l-34h2 + OA2k2+l2] j C2) 4 [l::i4h2+()-52k2+l2].
Eine Erscheinung, welche von Groth J) als Aeusserung der von
ihm so genannten Morphotropir , des Variirens einzelner chemischer Ra-
dicale bei sonst gleichen Verbindungen definirt wird, ist die Identität
(innerhalb der für Isomorphie gestatteten Schwankungen) der Winkel
in einer Zone bei zwei Verbindungen, während die übrigen Zonen ver-
schieden sind. Diese Erscheinung, welche auch bei dimorphen Substan-
zen ausserordentlich häufig eintritt, ist im Allgemeinen nicht von einer
Uebereinstimmung der Anordnung in der betreffenden Zone, also auch
nicht von analoger Spaltbarkeit begleitet, gehört somit nicht unter die
Besonderheiten dieses Abschnittes ; sie wird im 3. Abschnitt behandelt
werden.
Zum Schlüsse dieses Abschnittes sei nur erwähnt, dass alle 14,
als möglich erkannten Anordnungsweisen auch wirklich aufgefunden
sind ; so findet sich :
I. Triklines System :
1 . Anordnung nach schiefwinkeligen Parallelepipeden. Anorthit.
II. Monoklines System :
2. Schiefe, rhombische Säulen. Amphibol.
3. Gerade, rhomboidische Säulen. Euldas.
III. Prismatisches System :
4. Gerade, rhombische Säulen. Baryt.
5. Gerade, centrirte, rhombische Säulen. Molybdänsaures
Magnesia- Ammoniak (NII4)2 Mg Mo2 08 . 2H20.
6. Rechtwinkelige Parallelepipede. Anhydrit.
7. centrirte, rechtwinkelige Parallelepipede. Markasit.
IV. Rhomboedrisches System :
8. Rhomboeder. Calcit.
V. Tetragonales System :
9. Gerade, quadratische Säulen. Idokras.
10. Centrirte, gerade, quadratische Säulen. Leucit.
VI. Hexagonales System :
11. Reguläre, dreiseitige Säulen. Beryll.
VII. Tesserales System :
12. Würfel. Galenit.
13. Centrirte Würfel. Sodalit.
14. Würfel mit Flächencentren. Fluorit.
') Groth, Berlin Ak. Ber. 1870. pag. 247.
[9]
Das Wesen der Isomorphie und die Feldspathfrage.
21
II. Schlüsse aus den Meroedrien.
Wenn wir für die in der Natur beobachteten Substanzen die im
vorigen behandelte Anordnungsweise der Partikel im Krystalle ermitteln,
so zeigt sich, dass Körper existiren, bei denen constant gewisse physi-
kalische Erscheinungen einer niedrigeren Symmetrie folgen, als der be-
treffenden Anordnungsweise entspricht.
Daraus folgt mit Nothwendigkeit , dass die nach einer der 14
Modus angeordneten Partikel selbst wiederum eine gewisse Symmetrie
besitzen, welche bei einigen Substanzen mit der Symmetrie der betref-
fenden Anordnungsweise übereinstimmt (. Holo'edrie ), bei anderen von
derselben verschieden und zwar geringer ist (. Meroedrie ).
Von dieser Meroedrie werden nicht alle physikalischen Erschei-
nungen in gleichem Masse, manche sogar innerhalb unserer gegenwärti-
gen Beobachtungsgrenzen überhaupt nicht merklich beeinflusst.
Am empfindlichsten für die Abweichung der Symmetrie der Par-
tikel von der des Complexes sind die sogenannten Aetzfiguren an
Krystallen , das ist die Form der durch auf lösende oder zersetzende
Flüssigkeiten auf den verschiedenen Flächen eines Krystalles hervor-
gebrachten Vertiefungen .
Eine andere Aeusserung der Meroedrie, welche zuerst die Auf-
merksamkeit auf dieselbe gelenkt hat, ist die ungleiche Häufigkeit und
Ausdehnung solcher Formen , welche zufolge der Symmetrie der Par-
tikular-Anordnung gleic.hwerthig wären, zufolge der Symmetrie der Par-
tikel jedoch nicht.
Gleichwertig nennen wir nämlich zwei Flächen dann , wenn sie
zu beiden Seiten einer Symmetrie-Ebene gleich gegen dieselbe geneigt
sind und mit derselben parallele Durchschnittslinien geben (wobei also
die drei Flächen tautozonal sind).
Zwei gleichwerthige Flächen haben gleiche physikalische Eigen-
schaften, treten somit auch gleichzeitig und in gleicher Ausdehnung auf.
Die Meroedrie bringt es nun mit sich, dass Formen, welche zu-
folge der Symmetrie der Partikular-Anordnung einfache sein sollten,
sich zufolge der abweichenden Symmetrie der Partikel in zwei , vier
oder acht von einander verschiedene Formen zerlegen , für welche Er-
scheinung sowohl wie für die Ursache derselben man die Bezeichnungen
Ilemiedrie, Hemisymmetrie, Hemiaxie, Dichosymmetrie, Tetartoedrie,
Tetartosymmetrie , Tetartoaxie , Gyroedrie, Hemimorphie u. a. ge-
braucht hat.
Man kann nun auf verschiedenen Wegen diese von der Complex-
symmetrie verschiedene Symmetrie der Partikel (d. h. der Anordnung der
Moleküle in den Partikeln) zu ermitteln suchen.
Bravais1) nimmt für die aus distincten Massenpunkten be-
stehenden Partikel drei Symmetrie-Elemente an, welche er folgendermassen
definirt :
‘) Bravais, Liouville Journal XIV. pag. 141. 1849.
22
Dr. A. Brezina.
[10]
Centrum der Symmetrie ist ein Punkt von der Beschaffenheit,
dass, wenn man ihn mit einem beliebigen Polyederpunkt durch eine
Gerade verbindet und diese um ihre eigene Länge jenseits des
ersteren Punktes verlängert, der Endpunkt der Geraden wieder ein
Polyederpunkt ist.
Axe der Symmetrie ist eine solche Gerade, dass so oft man das
Polyeder um dieselbe um einen bestimmten constanten Winkel a dreht,
alle neuen Punkte des Polyeders mit allen früheren Punkten desselben
co'mcidiren.
Die Ordnung der Symmetrieaxe ist gleich -
Ebene der Symmetrie ist eine Ebene von der Art, dass, wenn
man von einem beliebigen Polyederpunkt ein Lotli auf dieselbe fällt
und es jenseits derselben um seine eigene Länge verlängert, der End-
punkt wieder ein Polyederpunkt ist.
Es werden nun alle in Polyedern möglichen Combinationen von
Ebenen, Axen und Centren der Symmetrie aufgesucht, welche sich in
23 Classen bringen lassen. (1. c. pag. 179.)
Es folgt *) die Annahme, dass ein jedes solche Polyeder (Molecül)
in demjenigen Krystallsysteme krystallisirt , mit dem es die meisten
Symmetrie-Elemente gemeinschaftlich hat; falls dadurch die Wahl noch
nicht fixirt erscheint, soll das Polyeder demjenigen Systeme angehören,
das den räumlichen Elementen (Axenlängen, Axenwinkel etc.) weniger
Bedingungen auferlegt.
Auf diese Weise haben wir also unendlich viele mögliche Polyeder,
welche sich bezüglich ihrer Unterordnung unter die sieben Krystall-
systeme in 88, nach ihrer Symmetrie verschiedene Gruppen bringen
lassen.
Wenn wir nur diejenigen Symmetrie-Elemente (Ebenen, Axen,
Cent.ra) berücksichtigen, welche dem Complex von Molecülen (Partikel,
Polyeder) und dem Complexe von Partikeln (Krystall) gemeinschaftlich
sind, so vereinigen sich obige 88 Polyederarten in 41 meroedrisehe
und holoedrische Abtheilungen, und zwar: 2 trikline, 3 monokline, 3
prismatische, 5 rhomboedrische, 7 tetragonale, 16 hexagonale und 5
tesserale.
Zu erwähnen kommen hier ferner zwei Arbeiten von Möbius* 2)
worin zwar die Meroedrien nicht abgeleitet, aber eine eigentümliche
Betrachtungsweise der Symmetrie (als Anzahl von Arten, auf welche
ein Gebilde sich selbst gleich und ähnlich ist) gegeben wird.
v. Bezold3) definirt drei Symmetrie-Elemente:
Symmetralebenen erster Classe. Ebenen, welche ein räumliches
Gebilde so theilen, dass jede ihrer Normalen auf beiden Seiten in
*) Bravais, Journal de l’ec. polyt. Tome XX. Cali. XXXIV, pag. 194. 1851.
2) Möbius, Sachs. Ges. Wiss. Ber. 1849. pag. 65. Grelle J. XLIII. pag. 365.
1852. — Möbius, Sachs. Ges. Wiss. Ber. 1851. pag. 19. Crelle J. XLIV.
pag. 335. 1852.
s) v. Bezold, W. K. bair. Ak. Wiss. Sitzb. Heft II. pag. 350. 1863.
[11]
Das Wesen der Isomorphie und die Feldspath frage.
23
gleichen Entfernungen vom Fusspunkte von Flächen geschnitten werden.
Sie sind identisch mit den Symmetrieebenen Bravais’.
Symmetralebenen zweiter Classe. Ebenen, deren Zonenaxe von der
Beschaffenheit ist, dass das Gebilde durch eine Drehung um <p° um
dieselbe mit sich selbst zur Deckung gebracht werden kann und welche
(Sym. Ebenen) einen Winkel von <p° miteinander einschliessen. Die
Existenz von n solchen tautozonalen Ebenen entspricht einer Symmetrie-
'360°
axe n-ter Ordnung, wobei n = — n- nach Bravais, diese Symmetral-
ebenen selbst den axial oder direct gleichwerthigen Ebenen.
Symmetralebenen dritter Classe. Krystallonomisch mögliche Ebenen,
auf denen eine oder mehrere solche senkrecht stehen, ohne dass erstere
Symmetralebenen erster Classe sind. Sie entsprechen nach Bravais
den Symmetrieebenen eines Complexes, welche unter den Symmetrie-
elementen der Partikel des Complexes fehlen, sind also sogenannte auf-
gehobene Symmetrieebenen, welche sich nicht mehr in allen physikalischen,
wohl aber in den Eigenschaften der Lage äussern.
v. B 6z old findet nun unter Voraussetzung der Rationalität der
Indices 14 mögliche, bezüglich obiger Symmetrieelemente von einander
verschiedene Complexe , welche sich , vermittelst des Gesetzes des
Parallelismus zu 28 körperlichen Complexen entfaltet, unter die Krystall-
systeme vertheilen, wie folgt:
2 trikline, 2 dikline, 2 monokline, 5 prismatische, 3 rhomboedrische,
4 tetragonale, 5 hexagonale, 5 tesserale.
Einen anderen Entwicklungsgang verfolgt v. Lang.1) Er geht
von dem Gesetze der Rationalität der Indices aus, definirt, sodann den
Begriff von isoschematischm Ebenen (zwei Ebenen sind isoschematisch
bezüglich einer dritten, wenn diese mit ihnen tautozonal ist und ihren
Winkel halbirt), nennt einen Complex von Ebenen isosehemaüsch mit
Bezug auf sich selbst , wenn er isoschematisch bezüglich jeder seiner
Ebenen ist, und findet sodann, dass es nur 1 1 mit Bezug auf sich selbst
isoschematische Complexe geben kann, welche mit dem Gesetze von der
Rationalität der Indices verträglich sind.
Unter diesen 11 Complexen sind, eingerechnet den aus gar keiner
Ebene bestehenden, sechs verschiedene, den geometrischen Elementen
aufgezwungene Gruppen von Bedingungen vertreten, welche sechs ver-
schiedenen Krystallsystemen entsprechen. Der höchtsymmetrische Com-
plex eines jeden dieser Krystallsysteme heisst ein charakteristischer
Flächcncomplex.
Die Definition der mit Bezug auf sich selbst isoschematischen
Complexe zeigt, dass die möglichen Symmetrieebenen eines dem Gesetze
der Rationalität der Indices folgenden Körpers einem dieser isosche-
matischen Complexe angehören müssen, v. Lang betrachtet jedoch nur
die Symmetrie nach den charakteristischen Complexen, wobei wiederum
alle oder nur die Hälfte (oder wie ich2) als noth wendige Folgerung
1) v. Lang, Krystallographie. Wien 1866. pag. 56.
2) Brezina, Wien Ac. Sitzb. (1) Vol. LX. pag. 891. 1869.
24
Dr. A. Brezina.
[12]
der v. Lang’schen Schlussweise bewiesen habe, ein Vierttheil) der
bezüglich der Symmetrieebenen isoschematischen Flächen physikalisch
gleichwerthig sind; so dass er also den Satz aufstellt: Ein Krystall ist
in krystallographischer und physikalischer Hinsicht entweder holosym-
metrisch oder hemisymmetrisch (oder tetartosymmetrisch) nach allen
Flächen eines seiner charakteristischen Flächencomplexe.
Dabei muss die Anordnung der Halb- oder Viertelflächen so ge-
schehen , dass dm Symmetrie bezüglich ursprünglich gleichwerthiger
Symmetrieebenen entweder erhalten bleibe oder auf gleiche Weise
gestört werde.
Unter derselben Voraussetzung bezüglich der Erhaltung oder
gleichmässigen Störung der Symmetrie können in allen liolo-, hemi-
oder tetartosymmetrischen Gruppen wieder Hemiedrien und Hemi-
morphien auftreten, so dass wir im Ganzen 56 Gruppen erhalten, welche
sich, wie folgt, unter die Krystallsysteme vertheilen:
1 trikline, 2 monokline, 16 prismatische, wovon 12 geometrisch
selbstständige, 12 tetragonale, wovon 11 selbstständig, 20 hexagonale und
rhomboedrische, 5 tesserale.
Gadolin1) legt seiner Ableitung folgende Symmetrieelemente zu
Grunde :
Cdincidenzaxen sind Linien von der Eigenschaft, dass bei Drehung
um dieselbe um einen bestimmten Winkel alle Flächen in der neuen
Stellung mit allen Flächen der alten Stellung direct coincidiren.
Der Quotient
360°
wo cp° der Drehungswinkel , bestimmt die
Ordnung der Symmetrieaxe.
Parallel Ismus. Ein Symmetrieelement, welches die Gleichwerthigkeit
aller einander entgegengesetzter (unter 180° gegeneinander geneigter)
Richtungen bedingt.
Symmetrieebene. Je zwei mit einer Symmetrieebene tautozonale,
gegen dieselbe gleichgeneigte Ebenen sind gleichwerthig.
Splieno'idalaxc. Eine Symmetrieaxe zweiter Ordnung, verbunden mit
einer zu ihr senkrechten, immer erst nach einer Drehung von 90° um
die Symmetrieaxe wirkenden Symmetrieebene.
Die Aufsuchung aller aus obigen Symmetrieelementen möglichen,
mit der Rationalität der Indices vereinbarlichen Combinationen ergiebt
32 Gruppen, welche bezüglich der den räumlichen Elementen (Axen-
verhältnissen und — Winkel) in 6 Krystallsysteme zerfallen, und zwar:
2 trikline, 3 monokline, 3 prismatische, 7 tetragonale, 12 hexa-
gonale und rhomboedrische und 5 tesserale.
S o h n c k e 2) hat versucht unter der Annahme der für jeden
Punkt eines als unendlich gedachten Complexes gleichen Anordnungs-
weise und unter Beschränkung der Gleichheit auf eine Ebene, also der
Gleichheit nach gleichmässig periodisch gebrochenen, ebenen Linien,
die in einer Ebene möglichen Anordnungsweisen zu ermitteln.
’) Gadolin, Act. Soc. Sc. Fennic. IX pag. 1. 1867.
2) Solincke, Crelle-Borchardt LXXV13. pag. 47. 1873.
[13]
Das Wesen der Isomorphie und die Feldspathf'rage.
25
*
Führt man diese Ableitung auch für räumliche Complexe durch,
so zeigen sich die zwei wichtigen Thatsachen, dass 1. alle so erhaltenen
Complexe sich durch Zusammenfassung von Molecül-Gruppen als Com-
plexe von gleichen, parallel orientirten Molecülen betrachten lassen,
deren Schwerpunkte immer einem der 14 oben angeführten Partikel-
complexe angehören, somit Gleichheit der Anordnung nach parallelen
geraden Linien besitzen.
2. Dass die Symmetrieelemente (Axen, Ebenen, Centren) der Molecüle
mit denen der Complexe, in denen sie auftreten, im Allgemeinen auch dann
nicht zusammenzufallen brauchen, wenn diese Coincidenz möglich wäre.
Zur Beurtheilung der angeführten, theoretisch erhaltenen Gruppen
diene die nachfolgende Zusammenstellung der in der Natur bisher
beobachteten Meroedrien der verschiedenen Krystallsysteme. Wir be-
dienen uns zu ihrer Bezeichnung der Angabe der Symmetrie-Elemente,
welche die von Bravais angewendeten Symbole erhalten und zwar:
Symmetrie-Axen der r-ten Ordnung Lr, Haupt-Symmetrieaxen
der r-ten Ordnung Ar solche , welche zu allen anderen Symmetrie-
Axen senkrecht stehen.
Centrum der Symmetrie C.
Symmetrie-Ebene Pr oder 1 1, welche zu den Symmetrie-Axen Lr
oder A senkrecht sind.
Wir haben nun:
I. Triklines System :
1. oL . C . oP holoedrisch. Anorthit.
2. oL . oC . oP hemiedrisch. Essigsalpetersaurer Strontian
Sr2 N2 06 . C4 H6 0, . 2H20 Strontianbitartrat Sr C8
Hio 012 . oH20-
II. Monoklines System :
3. A2 . C . I 1 holoedrisch Augit. Amphibol.
4. A2 . oC . oP hemimorph. Bohrzucker C12 H22 On.
5. oL2 . oC . 1 1 hemiedrisch. Strychninsulfat H2 0 . C42 II44
N4 04 S03 . 7H2 0.
III. Prismatisch :
6. A2 . L2 . L'2 . C . 1 1 . P2 . P'2 holoedrisch , Aragonit ,
Anhydrit.
7. A2 . L2 . L'2 . oC . oP hemiedrisch, Chromsaure Magnesia
Mg Cr 04 . 7II2o, Tartramid N2 H4 C4 H4 04.
8. A2 . oC . P . P' hemimorph, H emimorphit.
9. A2 . oL . oP hemiedrisch , hemimorph , Milchzucker
Ql 2 H24 012.
IV. Rhomboedrisch :
10. A3 . 3L2 . C . 3P2 holoedrisch, Calcit.
11. A3 . oL2 . oC . 3P hemimorph, Pyrargyrit , Turmalin.
12. A3 . oL2 . C . oP rhomboedrische Hemiedrie , Dolomit,
Dioptas, llmenit, Phenakit.
13. A3 . oL2 . oC . oP tetartoedrisch (oder hemimorph-
plagiedrisch), Ueber jodsaures Natron Na2 J208 . 4H2 0.
Y. Tetragonal :
14. A4 . 2L2 . 2L'2 . C . II. 2P2 . 2P'2 holoedrisch, Vesuvian ,
Calomel.
Mineralogische Mittheilungen. 1875. 1. Heft. (Dr. A. Brezina.)
4
26
Dr. A. Brezina. [[4]
15. A2 . 2L2 . oC . 2P' sphenoidale Hemiedrie erster Art,
Kupferkies.
16. A_2 . 2Li2 . oC . 2P sphenoidale Hemiedrie zweiter Art,
Edingtonit , Essigsaurer Uranoxyd- Strontian Sr U4
C12 H18 016 • 6HaO.
17. A4 . oL2 . C . II pyramidale Hemiedrie, Scheelit , Mejo-
nit , Erythroglucin.
18. A1 . oL2 . oC . oP hemimorphe, pyramidale Hemiedrie,
Wulfenit.
19. A2 . oL2 . oC . 2P hemimorph , sphenoidale Hemiedrie
zweiter Art, Harnstoff C2 H8 N4 02.
VI. Hexagonal :
20. A6 . 3L2 . 3L<2 . C . II . 3P2 . 3P'2 holoedrisch, Beryll.
21. A3 . 3L'2 . oC . 11 . 3P sphenoidale Hemiedrie zweiter
Art, Natron Lithionsulfat Na Li S04.
22. A6 . oL2 . oC . 3P . 3P' Hemimorphie, Greenockit.
23. A3 . 3L2 . C . 3P2 rhomboedrische Hemiedrie erster Art,
Gmelinit.
24. A3 . 3L/2 . C . 3P/2 rhomboedrische Hemiedrie zweiter
Art, Willemit , Troostit.
25. A(i . oL2 . C . 1 1 pyramidale Hemiedrie, Apatit.
26. A3 . 3L2 . oC . oP trapezoedrische Tetartoedrie erster
Art, Quarz.
27. A3 ■ oL2 . oC . 3P hemimorphe, rhomboedrische He-
miedrie erster Art, Chlorwasserstoff- Aethylamin-Pla-
tincldorid N . C2HÖ . H2 . HCl . Pt Cl2.
VII. Tesseral :
28. 3L4 . 4L3 . 6L2 . C . 3P4 . 6I)2 holoedrisch, Magnetit ,
Fluorit.
29. 4L3 . 3L2 . oC . 6P tetraedrische Hemiedrie , Faiderz ,
Zinkblende.
30. 4L3 . 3L2 . C . 3P2 pyritoedrische Hemiedrie , Pyrit ,
Alaun , Natrium.
31. 4L3 . 3L2 . oC . oP tetartoedrisch , Natronchlorat
Na2 Cl2 06 , Salpeter sau rer Baryt Ba N2 06.
Vergleichen wir diese Meroedrien mit den von den oben erwähn-
ten Autoren abgeleiteten, so ergiebt sich Folgendes :
Bravais findet alle beobachteten, mit Ausnahme von 9., der am
Milchzucker angegebenen hemiedrischen Hemimorphie und 19. der hemi-
morphen Hemiedrie des Harnstoffes. Beide Körper sind noch wenig
untersucht, von ihren physikalischen Eigenschaften ist fast gar nichts
bekannt, wesshalb diese Bestimmungen nicht entscheidend sind.
Sollten sich diese Meroedrien bestätigen, so müsste das Bravais-
sche Unterordnungsgesetz aufgegeben werden, wonach ein Molecül nur
in dem System Vorkommen kann , mit welchem es die meisten Sym-
metrie-Elemente gemeinsam hat ; vorausgesetzt immer , dass man mit
Bravais die vollständige Abweichung der physikalischen Symmetrie
eines Körpers von der des betreffenden Complexes durch die Symmetrie
des Molecüls erklären will.
[15]
Das Wesen der Isomorphie und die Feldspathfrage.
27
In Bezold’s Ableitung fehlen die beobachteten Nummern 4., 8.,
9., 11., 13., 18., 19. und 22.
Die Methode v. Lang’s in der hier ausgesprochenen erweiterten
Fassung ergiebt alle Fälle , mit Ausnahme von 2 und 5. Um den
ersteren aufzunehmen, müsste entweder die Beschränkung der Ilemi-
inorphie auf einzelnwerthige Symmetrie-Ebenen aufgehoben oder eine
erweiterte Fassung des Begriffes Hemiedrie angenommen werden ; zur
Erklärung von 5 würde das letztere Mittel angewendet werden müssen,
durch welches also gleichzeitig beide Zwecke erreicht würden.
Die Nothwendigkeit der Trennung der hexagonalen und rliom-
boedrischen Symmetrie würde jedoch wiederum die Gruppen 1 1 und
13 unmöglich machen, zu deren Wiedereinführung dann doch die Be-
schränkung der Hemimorphie auf Symmetrie-Ebenen aufgehoben wer-
den müsste.
Manche Autoren halten zwar die Vereinigung dieser beiden
Krystall-Systeme für gestattet; allein die Verschiedenheit der Symmetrie
ihrer Partikel-Anordnung, die innerhalb eines Systemes nicht gestattet
ist, ebenso wie die davon abhängige Verschiedenheit der Symmetrie der
Spaltungsformen, die einen fundamentalen Unterschied bedingt und in
keinem anderen Falle als Consequenz der Meroedrie erscheint, entschei-
den die Frage im obigen Sinne.
Bei Gadolin fehlen, wie bei Bravais, die etwas zweifelhaften
Fälle 9 und 19.
Wir sind nun unter allen Bedingungen in der Lage, die wirkliche
Symmetrie der Partikel zwischen zwei Gränzen einzuschliessen, welche
einerseits durch die kleinste hinreichende Abweichung von der Sym-
metrie der Partikel-Anordnung , andererseits durch die niedrigste , an
irgend welchen physikalischen Eigenschaften auffindbare Symmetrie ge-
geben sind.
Es ist uns nicht möglich , die Anordnung der Moleeiile in den
Partikeln aus einer so allgemeinen Annahme abzuleiten, wie in dem
Falle der obersten Anordnung, der der Partikel im Krystalle ; es ist
aber auch keine der bisherigen Methoden zur Bestimmung der mög-
lichen symmetrischen Gruppen und deren Einordnung in die verschie-
denen Systeme genügend vertrauenerweckend, um einer Deduction zu
Grunde gelegt zu werden.
Es zeigt sich nämlich zunächst , dass alle bisher eingeschlagenen
Wege in einer Richtung einen Ueberfluss von Gruppen ergeben ; welche
Symmetrie-Elemente wir auch der Eintheilung zu Grunde legen, immer
erhalten wir für das tesserale, hexagonale und tetragonale System die
sogenannte abwechselnde Hemiedrie, welche alb1 Symmetrie-Axen und
keine Symmetrie- Ebene mit dem Complex gemeinschaftlich hat und
nicht centrirt ist.
Es ist nun auffallend, dass, während alle übrigen. Arten von Sym-
metrie-Gruppen , welche aus den hypothetischen Grundlagen abgeleitet
werden können , wenigstens in einem oder dem anderen Systeme be-
obachtet worden sind , diese Gruppen in allen drei Systemen überein-
stimmend fehlen ; und wenn auch unter allen Meroedrien diese drei
4*
28
Dr. A. Brezina.
[16]
die meiste Wahrscheinlichkeit besitzen, verborgen zu bleiben, weil bei
ihnen nur je eine Form halbflächig auftritt , alle anderen holoedrisch,
so bleibt dennoch die V ermuthung bestehen , dass diese meroedrisehen
Gruppen überhaupt nicht möglich sind ; und es müsste , bei sonst
gleichen Umständen , derjenigen Theorie der Vorzug gegeben werden,
welche keine überflüssigen Symmetrie-Gruppen ergiebt.
Bevor wir daher zur Untersuchung einer ferneren Anordnungs-
weise der Atome in den Molectilen schreiten , haben wir die einzelnen
Gruppen physikalischer Erscheinungen mit der ersten und zweiten An-
ordnungsweise zu vergleichen ; zunächst den auf die erste , numerisch
genau bestimmbar entfallenden Antheil , hauptsächlich durch die Be-
trachtung isomorpher Körper zu ermitteln und zu eliminiren und sodann
zu untersuchen , ob der noch übrig bleibende Theil und in welchem
Betrage aus einer innerhalb der erwähnten Symmetriegrenzen ‘einge-
schlossenen zweiten Anordnungsweise herrühren kann.
Dasjenige, was sodann noch an Verschiedenheiten erübrigt, wird
uns zu Schlüssen auf die dritte Anordnungsweise , der der Atome im
Molecül, veranlassen.
III. Spaltbarkeit und Härte.
Nach dem gegenwärtigen Stande unserer Beobachtungsmittel sind
Spaltbarkeit und Härte vollkommen aequivalente Begriffe ; das heisst
die Härte oder die Belastung, unter welcher eine nach einer bestimm-
ten Richtung auf einer gegebenen Fläche eines Krystalles geführte
Spitze die Oberflächen-Theilchen in einem bestimmten, für unser Auge
sichtbaren Grade von einander trennt, also bis zu einer bestimmten
Tiefe in den Krystall eindringt, hängt lediglich ab von der Orientirung
der Fläche und der Richtung auf derselben gegen die Spaltungsflächen
des betreffenden Krystalles, von der Güte derselben, das heisst von je
einer Constanten der betreffenden Spaltungsfläche und von einer Con-
stanten der Substanz ab. *)
Sind also :
a eine Molecular-Constante.
114 m2 m3 die den einzelnen Spaltungsebenen zu-
kommenden Constanten.
Ax A2 A3 die Winkel der Iü-ystallfläche mit den
Spaltungsebenen.
<p! <p2 <p3 die Winkel der Bewegungsrichtung der
Spitze mit den Tracen der Spaltungsebenen auf der
Krystallfläche (oder mit den Combinationskanten zwi-
schen den Spaltungsebenen und der Krystallfläche),
so ist die zur Erzeugung einer Ritzlinie nothwendige Belastung gege-
ben durch :
h = a -f nq sin Ax sin <px 4- m2 sin A2 sin <p2 . . . .
4- mx sin Ax cos Ax j/ sin <px 4- m2 sin A2 cos A2 "J/ sin <p2 4- ...
*) Exner, 1. c. pag. 98. ff.
Das Wesen der Isomorphie und die Feldspatb frage.
29
[17]
worin A im Sinne von der vorderen Richtung der in der Krystallfläche
liegenden Ritzlinie nach abwärts zu gezählt wird.
Die Abweichungen der beobachteten und berechneten Belastungs-
gewichte lassen keine Regelmässigkeit erkennen , welche auf die Wir-
kung einer von der obersten verschiedenen Anordnungsweise zurück-
führbar wäre.
Auf diese Weise erhalten wir durch Versuche die den einzelnen
Spaltungsebenen zukommenden Constanten m, m2 . . . . respective deren
gegenseitige Verhältnisse. Die Constante a wird in sehr hohem Grade
durch die zufällige Oberflächen-Beschaffenheit beeinflusst und kann daher
nicht weiter benützt werden.
Uebereinstimmend mit dem oben Gesagten sind die Verhältnisse
dieser Spaltbarkeits- Constanten zu einander vollkommen unabhängig von
Meroedrien, wie die Beobachtungen Exner’s an Zinkblende Gruppe 29,
Alaun 30, Chlorsaurem Natron 31, unterschwefelsaurem Blei 26, Nitro-
prussidnatrium 7, Schwefelchrom saurer Magnesia 7 und Rohrzucker 4
beweisen.
Andererseits giebt uns die Beobachtung der Flächen nach Häufig-
keit und Ausdehnung und die mit Rücksicht darauf gerechnete Reti-
culardichte für die einzelnen Flächen wiederum einen numerischen
Ausdruck für die einzelnen Spaltungsflächen, welche, wie wir erwähnt
haben , den Flächen kleinster Reticulardichte in aufsteigender Reihe
entsprechen.
Nachdem die Härte-Constanten bisher nur für sehr wenige Sub-
stanzen bestimmt sind, lässt sich noch nicht aussprechen, in welcher
Beziehung die auf die beiden Arten erhaltenen Constanten zu einan-
der stehen.
Wir sehen jedoch, dass :
1. Die Härte-Constanten für einige wenige Flächen (Spaltungs-
flächen) Werthe besitzen, welche von einander nicht sehr verschieden,
jedenfalls gleicher Ordnung sind, während für alle übrigen möglichen
Flächen diese Werthe unter das für uns wahrnehmbare Maass sinken,
also von einer anderen Ordnung der Grösse sind, als die ersteren.
2. Die Reticulardichten hingegen wachsen gleichmässig , je zwei
benachbarte sind jederzeit von gleicher Ordnung der Grösse.
3. Für isomorphe Substanzen, also Substanzen mit gleicher Par-
ticularordnung sind sowohl einerseits die Reticulardichten analoger
Flächen, als auch andererseits ihre Härte-Constanten untereinander gleich.
Für nachfolgende Substanzen sind uns die Verhältnisse der Härte-
Constanten ungleichwerthiger Krystallflächen bekannt , womit die ent-
sprechenden Reticulardichten zusammengestellt sind.
Nitroprussidnatrium prismatisch , Anordnung 4. nach geraden
rhombischen Säulen :
a : b : c = : 1 0-7650 : 0.4115 Spaltbar 110, 001
Reticulardichte Härte
110
001
0- 459
1- 000
1-00
0-41
3Ö Dr. A. Brezina. Das Wesen der Isomorphie und die Feldspathfrage. £[fs]
Baryt prismatisch, Anordnung 4 :
a : b : c = 0*8146 : 1 : 1*3127 Spaltbar 001, 110
Reticulardichte Härte
001 1*00 1
110 ' 4*33 1
Kaliumeisencyanid monoklin, Anordnung 2. nach schiefen rhombi-
schen Säulen.
Kalium-Cobalteisencyanid monoklin, Anordnung 2 :
a:b:c = 1 : 0*7766 : 0.6222 n = 90 °6 Spaltbar 110, 001
K« Fe2 Cy12
K6 Fe Co Cy12
( 110
I 001
f 110
( 001
Reticulardichte
1*03
1*00
1*03
1*00
Härte
1*00
0*66
1*00
0*62
Wir haben also die Verhältnisse der Reticulardichten und der
046 2*44
1*03 1*52
4*33 1*00.
Selbst wenn wir in diesen Zahlen Beobachtungsfehler von 1 — 2 %
annehmen, durch welche die zweite Zahl der ersten und die dritte der
zweiten Colonne kleiner als die Einheit werden können, stimmt zwar
die Reihenfolge der Grössen mit den Voraussetzungen überein, ohne
dass jedoch ein einfaches Gesetz absehbar wäre, so dass weitere Schlüsse
noch nicht möglich sind.
Härten
S2001
um) jjggY
Ni troprussid n atri u m
Kaliumeisencyanid
Baryt
(Schluss im nächsten Heft )
IV. Kupferkies und Bitterspath nach Cuprit.
Von Eduard Döll.
Mit einer Tafel.
Das Material für die vorliegende Beschreibung verdanke ich zu-
nächst dem Herrn Professor Ferd. v. Hochstetter, welcher diese
Pseudomorphose 1872 während seiner russischen Reise zu Tagilsk als
Kupferkies mit der Bemerkung erhalten hatte, derselbe sei als Seltenheit
in dem Letten der dortigen Kupfererz-Lagerstätte vorgekommen.
Ein zweites Stück bekam ich bei Gelegenheit der Wiener Welt-
ausstellung aus der Exposition des Fürsten Paul v. Demidoff durch
die Güte des Herrn Grafen Bielsky, des Präsidenten der kais. russi-
schen Ausstellungs-Commission, welchem Fürst Demidoff die ganze
Sammlung der Berg- und Hüttenproducte von Tagilsk zur freien Abgabe
an Schulen und wissenschaftliche Institute überlassen hatte. Auch hier
war diese Pseudomorphose als Kupferkies bezeichnet.
Ein drittes Stück endlich, das gleichfalls von Professor Hoch-
stetter mitgebracht ist, erhielt ich durch die Güte des Herrn Direc-
tors Tschermak aus dem kais. Hof-Mineralien-Cabinete zum verglei-
chenden Studium. In der nachfolgenden Untersuchung sind der Kürze
wegen diese Stücke der Reihe ihrer Aufzählung entsprechend mit I, II
und III bezeichnet ; die beigegebenen Abbildungen beziehen sich auf
eineu Theil des Stückes II.
Sämmtliche Stufen sind dickplattenförmig von einer mittleren
Dicke von 5 Centimeter , auf der einen Seite mit grossen Krystallen
besetzt und an den Rändern von Bruchdächeu begrenzt , die zeigen,
dass diese Stücke nur Theile von grösseren Platten sind, die man zer-
schlagen hat. Die ansehnlichen oktaedrischen Krystalle, darunter einige
von 3 Centimeter Kante , sind immer zu mehreren in paralleler Stel-
lung, wie das Kokscharow von den Tagilsker und Gumesehewsker
Cupriten angiebt. Einige Krystalle haben alle Flächen glatt , andere
ebene und tiefgestreifte Flächen , die meisten aber haben alle Flächen
parallel den Kanten gestreift , wie aus der unteren Abbildung zu er-
sehen ist. Am besten lässt sich dieser Anblick mit dem von Alaun-
Krystallen vergleichen.
Mineralogische Mittheilungen. 1875. 1. Heft. (Döll.)
32
E. Doll.
[2]
Die Oberfläche der Krystalle ist bei I und II von einer grauen
Rinde überzogen, die nicht absprengbar; hie und da erscheinen auf
oo 02
dieser Rinde sehr kleine Pyritkrystalle von den Formen — - — oder
oo 02
— — , oo Ooo , und Drusen solcher. Bei dem Stücke III, dessen Kry-
stalle kleiner sind, ist diese Rinde fast vollständig durch sehr kleine
Pyritoktaeder verdrängt, welche eine graulich speisgelbe Farbe haben
und so aufgewachsen sind, dass man unter dem Mikroskope fast immer
nur eine oder zwei Flächen sieht. Erst nach vielem Suchen gelang es,
einige Ecken wahrzunehmen und daran die Oktaederform zu constatiren.
Zu bemerken ist noch, dass sich kleine Stücke dieser Kruste absprengen
lassen.
Ueber die Bildung im Innern ersieht man an den Bruchflächen
wenig; erst auf Schnittflächen tritt die Structur deutlich hervor. Die
obere Abbildung ist von einem Schnitte gemacht, der parallel der
grösseren Ausdehnung der Platte geführt ist. Er zeigt die früher gross-
körnig zusammengesetzte Masse, welche Höhlungen hatte, in die Körner
mit O-Flächen hineinragten, als ein Gemenge, in dem Kupferkies mit
Bitterspath lagenweise parallel der oktaedrischen Theilbarkeit der
früheren Substanz abwechselt, wobei die einzelnen Schichten oft papier-
dünn sind. Die auf diese Art entstehende Zeichnung erinnert lebhaft
an die Widmanstättischen Figuren. Der Kupferkies ist meist dicht, an
einigen Stellen aber auch feinkörnig, was die Deutung dieser Bildung
als eine Perimorphöse von Kupferkies vollständig ausschliesst. Uebrigens
ist dieser Auffassung auch entgegen, dass statt des Kupferkieses zuweilen
Eisenkies auftritt. Dabei kommen Schalen vor, die ganz aus dichtem
Pyrit bestehen, andere wieder sind auf einer Strecke Pyrit und weiterhin
Kupferkies. In der Abbildung erscheinen die Pyritpartien am hellsten.
Der Bitterspath, welcher eigentlich ein Brannspath ist, hat eine
feinkörnige Textur, bei vollständigem frischem Perlmutterglanze auf den
Flächen und eine gelblichgraue Farbe. An mehr veränderten Stellen ist
er bräunlich oder gelbbraun, die Zusammensetzung verschwindet und er
nimmt eine Politur an, die ihn auf den ersten Blick verkennen lässt.
Er bildet auch die Aussenseite der Drusen von I und II, und Schnitte,
welche durch die ehemaligen Krystalle geführt wurden, lehren, dass
der Brannspath auch dort noch die frühere Form erhalten hat, wo die
unterliegenden Kupferkiesschichten Unterbrechungen zeigen, so dass die
äusserste Braunspathschiclite mit den inneren Braunspathschichten in
Verbindung steht. Man darf darum den Braunspath durchaus nicht als
eine Ausfüllung von ehemaligen Hohlräumen ansehen, sondern es muss
angenommen werden, der Braunspath habe sich gerade so wie der
Kupferkies an der Pseudomorphosirung der ehemaligen Substanz be-
theiligt, als welche, wie sich aus dem Vorhergehenden ergiebt, der
Cuprit anzusehen ist. Es liegt hiernach eine Pseudomorph ose von
Kupferkies und Bitterspath (Braunspath) nach Cuprit vor,
worin der Kupferkies in geringer Menge durch Pyrit
ersetzt ist.
[3]
Kupferkies und Bitterspath nach Cuprit.
33
So merkwürdig übrigens diese Pseudomorphose ist, so fehlt es
dennoch nicht an verwandten Erscheinungen.
Bezüglich des Auftretens von Kupferkies kann besonders an
Haidinger’s Beobachtung von Kupferkies nach Steinsalz aus dem
Salzberge von Hall in Tirol erinnert werden , wo sich nicht allein
Kupferkies neben Steinsalz gefunden, sondern sogar Steinsalz verdrängt
hat. Ein anderer Fall von Neubildung des Kupferkieses wird von
Blum1) berichtet, welcher in einer Pseudomorphose von Bitterspath nach
Kalkspath aus dem Münsterthale Kupferkies - Individuen eingewachsen
gefunden hat, so dass man deutlich sieht, letzterer ist mit jenem gleich-
zeitig entstanden. Da ist also nicht nur Kupferkies als Neubildung, sondern
auch zugleich mit Bitterspath, wie in dem vorliegenden Falle.
Auch die schalenförmige Abwechslung in der Bildung, wobei die
einzelnen Schichten so fein und so scharf begrenzt sind, dass man füglich
staunen muss über die so feine Arbeit der Natur, wie Ts eher malt
bei einer ähnlichen Betrachtung gesagt, ist schon mehrmals beobachtet
worden. So hat bereits Tschermak am unten angeführten Orte eine
Reihe solcher Bildungen namhaft gemacht, von welchen hier nur ein
schalenförmig ausgehöhlter Flussspath von Derbyshire und die durch
B 1 u m beschriebenen Eisenkiespseudomorphosen von Vlotho hervorgehoben
werden, um zu zeigen, dass Krystalle parallel ihrer mehr oder weniger
deutlichen Theilungsflächen eine verschiedene Widerstandsfähigkeit
gegen angreifende Agentien haben, die bei eintretender Pseudomor-
phosirung zu einer Bildung führen kann, wie sie hier vorliegt.
Die bisher gegebene Beschreibung ist indessen bis jetzt nicht
vollständig. Es muss erwähnt werden, dass in den Stücken I und II,
der Braunspath auch in Limonit umgeändert ist, so dass in diesem Falle
mit Sehe er er zu reden, eine bigene Pseudomorphose von Kupfer-
kies und Limonit nach Cuprit vorhanden ist. Das Stück III zeigt
auch hierin ein anderes Verhalten, als da aller Braunspath zu einer
schwarzen Masse geworden ist, die aber noch einen weissen Strich hat.
Aus dem Kupferkies ist etwas Covellin entstanden.
Weiteren Einblick in die Vorgänge bei der Bildung der vor-
liegenden Stufen gewähren ferner die in ihnen enthaltenen Höhlungen
und Klüfte. Der Hohlräume, welche dadurch entstanden sind, dass sich
Körner des ehemaligen Cuprites nicht berührten, ist gleich Anfangs
gedacht worden. Sie unterscheiden sich von den übrigen Höhlungen
durch den Parallelismus ihrer Wandungen zu den umgeänderten Schichten.
Andere Höhlungen treten in der Mitte der veränderten Körner auf und
es entsteht die Frage, ob sie bereits in dem Cuprit vorhanden waren,
oder erst später entstanden sind. Die Erwägung, dass bis jetzt derartig
ausgehöhlte Cuprite nicht bekannt geworden sind, und andererseits die
Aushöhlung im Innern bei fortschreitender Pseudomorphosirung schon
mehrfach beobachtet wurde, lässt die letztere Annahme gerechtfertigt
erscheinen, wofür auch spricht, dass der Braunspath, welcher diese
Höhlungen ausgekleidet, derselbe ist, der mit den Kupferkiesschichten
') Blum: Ueber einige Pseudomorphosen. Mineral. Jahrbuch 1868.
2) Tschermak: Einige Pseudomorphosen. Sitzungsbericht. Wien, k. k. Ale.
d. W. XL IX.
Mineralogische Mittheilungen. 1875. 1. Heft. (E. Doll.) 5
»
34
E. Döll. Kupferkies und Bitterspath nach Cuprit.
[4]
abwechselt. Eine dritte Art von Höhlungen schneidet mit ihren Wan-
dungen die Schichten der angrenzenden Körner; besonders häufig treten
sie in einem nicht abgebildeten Theile des Stückes II und bei III auf. Ihre
Entstehung fällt in die Zeit der Pseudomorphosenbildung, nach einem
Kupferkiesgang zu schliessen, der in eine dieser Höhlungen hineinragt.
Ausgekleidet sind diese Höhlen mit einer braunen Rinde, auf welcher
an einer Stelle von II eine Druse sehr kleiner oktaedrischer Blende-
krystalle sitzt, die Diamantglanz haben und fast farblos sind. Etwas
grössere Blendekrystalle, darunter Zwillinge nach 0, grau gefärbt, sitzen
vereinzelt zwischen den Krystallen des Stückes III. Nacli Allem ist diese
Blende eine Bildung, die späterer Entstehung ist.
Von den Klüften lassen sich ebenfalls 3 Arten unterscheiden, deren
eine von Kupferkies oder von Kupferkies und Eisenkies ausgefüllt ist, wobei
dann stets die beiden Kiese derart getrennt sind, dass sie auf den bis
v2 Millimeter starken Klüften hintereinander auf einander folgen. An der
Aussenseite der Stufen bilden diese Ausfüllungen Grate; besonders schön
sind dergleichen an der Unterseite des Stückes III. Diese Grate und
das Verhalten der Ausfüllungsmasse zu den von ihr geschnittenen metalli-
schen Schichten, machen es gewiss, dass diese Bildung als Ausfüllung von
Klüften entstanden ist und zwar kurz nach der erfolgten Pseudomor-
phosirung.
Einer noch jüngeren Bildung ist eine Kluft zuzurechnen, welche
ungefähr 1 — 2 Millimeter breit von der Oberfläche bis zu einer Kluft
der ersten Art niedersetzt; sie führt krystallinischen Quarz und Kupfer-
kies, ist aber damit nicht vollständig erfüllt. Die Klüfte der dritten
Art sind Sprünge, welche die Stufen nach allen Richtungen durch-
setzen und durch ihr Verhalten gegen die beiden anderen Arten zeigen
dass sie noch jünger sind als diese.
Schliesslich möge es noch gestattet sein, auf die grosse Bedeutung
dieser Pseudomorphose für die Lehre von den Erzlagerstätten hinzu-
weisen. Durch sie ist der Beweis geliefert, dass der Kupferkies nicht
immer das älteste Kupfererz auf den Lagerstätten sein muss. Speciell
für Tagilsk folgt daraus, dass der in den Letten der dortigen Kupfer-
lagerstätte vorkommende Kupferkies wirklich späterer Bildung ist als
Cuprit, wie dies Ludwig vermuthet hat, und nicht den Rest eines
ehemaligen Kupferkieslagers vorstellt, dessen Zerstörung das Material
zu den jetzigen Tagilsker Erzen gebildet haben soll. Ja es wird sogar
wahrscheinlich, dass auch das Eisenkieslager in das die Tapilsker Lager-
stätte nach unten ausgeht, denselben Enstehungsgrund hat, denn warum
sollte sich da unten der Eisenkies nicht ebenso gebildet haben, wie der
in der Pseudomorphose erscheinende. Damit sind aber auch die Haupt-
gründe für die Annahme des oben angeführten Ursprungs der Tagilsker
Lagerstätte gefallen, und es steht nichts mehr der Ansicht entgegen, dass
diese Lagerstätte, welche noch Gustav Rose räthselhaft genannt, und
welche diesen Charakter selbst durch die späteren Beobachtungen von
Wibel1) und Ludwig2) nicht ganz verloren hat, durch Infiltration
kupferhältige r Gewässer entstanden ist.
') K. Ludwig: Geogenische und geognostische Studien auf einer Reise durch
Russland. Darmstadt 1862.
2) Dr. Ferd. Wibel: Das gediegene Kupfer und das Rothkupfererz. Ham-
burg, Meissner, 1864.
V. Notizen.
Bemerkungen zur Terminologie.
J.
Die Belegstücke für Kry sta lisch a len sind in den Lehrsamm-
lungen bisweilen noch recht ärmlich und „vorläufig“ noch mittelst eines
geradschaligen oder eines verschieden gefärbten Krystallfragments ver-
treten, obwohl doch die Krystallschale nur an einem wirklichen Krystalle
oder an dem Bruchstücke eines solchen und auch da nur demonstrirt
werden kann, wenn dessen Schalen sich als solche mit deutlich erkenn-
baren Absonderungsflächen darstellen. Dass eine Krystallschale anderer-
seits nur dann vorliegt, wenn die einzelnen Schalen einen Kern in pa-
ralleler Stellung umschliessen und das so, dass die Schale unter oder
über allen Flächen des Krystalls entwickelt erscheint, ist eine ganz
irrige Behauptung, denn schon Breithaupt sagt in seiner vollstän-
digen Charakteristik des Mineralsystems, 1832, S. 227, vom Wolframit:
„nach -\-Pös und oo P schalig zusammengesetzt , auch nach anderen
Flächen“. Mit Hinzunahme derjenigen hierhergehörigen Funde, welche
ich in jüngster Zeit selbst zu machen Gelegenheit hatte *), dürften sich
die Krystallschalen wohl am Uebersichtlichsten eintheilen lassen
a) in solche, welche
a) abhebbar oder wenigstens ablösbar und in solche,
ß) deren Absonderungsflächen fest mit einander verwachsen
erscheinen ;
b) in solche, hei welchen
a) die Schalen alle Flächen des Kernes oder Kernkrystalles
in paralleler Stellung von Schale zu Schale wieder-
geben und in solche, bei welchen
ß) die Schalen nur gewissen Flächen oder Flächenpaaren
des ganzen Krystall-Individuums parallel abgelagert er-
scheinen ;
c ) in solche, welche
a) zwischen ihren Absonderungsflächen ein einer fremden
Species angehöriges Mineral, sei es in Staubform oder
in sehr feinkörnigem Zustande als eine mehr oder
‘) Die mit einem * bezeichneten.
Mineralogische Mittheilungen. 1875. 1. Heft (Notizen.)
5*
36
Notizen. [2]
weniger hautähnliche Zwischenlage führen und in
solche, welche
[i) mit einem solchen Zwischenmittel nicht ausgestattet sind.
Es liefern nun Belegstücke :
für a) zu a) :
1 . Kappenquarz von Schlaggenwald,
2. Berg kry stall von der Schafwand am Schwarzen-
stein im Zillerthale,
3. Amethyst vom Windschacht bei Schemnitz,
4. Wolframit vom sächsischen und böhmischen
Zinnwald,
*5. Ullmannit von der Grube Landesfreude bei
Lobenstein im Reussischen,
zu ß) alle übrigen Krystallschalen.
für b) zu a) :
1. 2. 3. die Varietäten des Quarzes von den genann-
ten Fundorten,
4. Ullmannit desgl.
*5. Glanzkobalt von Dunaberg in Schweden,
*6. Speisskobalt von der Grube Wachholderburg bei
Saalfeld in Thüringen,
*7. Bleiglanz von der Himmelfahrt bei Freiburg,
8. Pistazit und
9. Vesuvian von verschiedenen Fundorten;
zu ß):
1. Wolframit vom genannten Fundorte, meist nach
den Flächen Foo. o o P. ooPoo; und nach
c oP. poo.
*2. Moroxit vom Baikalsee, schalig nach einem
Flächenpaare cp P. Die Schalen sind 1 — 2-75Mm.
stark, und die eine Fläche von ceP = 2 Cm.,
2 — 4 Cm. lang. Eine blosse Zerklüftetheit
glaube ich hier nicht annehmen zu dürfen , da
sonst der Umriss des Krystalles je nach den En-
den der Schalen gleichfalls zersprungen oder
sonstwie getheilt sein müsste , während särnrnt-
liche hexagonale Flächen desselben vollkommen
glatt und eben sind.
*3. Oligoklas, graulichgrün, mit <x'P. oo P'. ooPco .
2,P,^o. ,P und zum Theil mit OP vom Silber-
berge bei Bodenmais im Baierwald ; schalig
nach ccPco .
*4. M a g n e t e i s e n e r z von Achmatowsk im Süd-Ural ;
auch hier sind die Schalen oder durchweg scharf-
kantige Platten, in welche sich die ganzen Kry-
stalle zerlegen lassen, nicht so zu sägen Hut
über Hut abgelagert, sondern sie sind lauter
Schnitte des Octaeders nach einer Octaederfläche,
[3]
Notizen.
37
welche Schnitte aber an den Aussenflächen der
Krystalle nicht sichtbar sind.
für c) zu a) :
1. Kappenquarz vom genannten Fundorte, biswei-
len mit Glimmerschuppen als Zwischenmittel.
2. Bergkry stall über Quarz vom Marienfels im
Riesengebirge mit Eisenglanz als Zwischenmittel,
3. Wolframit mit staubartigem Brauneisenerz als
Zwischenmittel ; letzteres bedeckt gewöhnlich alle
Absonderungsflächen der Schalen , es linden sich
indess auch Krystalle , bei denen sich das Zwi-
schenmittel auf die Schalen der Fläche u = lJx
beschränkt.
4. Glanz k obalt mit ccOco. 00 0 von Duna-
&
berg mit Kupferkies als Zwischenmittel.
5. Speisskobalt von oben gen. Fundorte mit durch
Kobalt rosa gefärbtem Baryt als Zwischenmittel,
hat ein bandjaspisähnliches Ansehen ; die instruc-
tivst.e Schaustufe findet, sich in der Sammlung
des Herrn geh. Ruthes Dr. Rud. F erb er in
Gera.
6. Oligoklas von oben genanntem Fundorte; die
1 — 4 Mm. starken, die Krystalle nach dem Bra-
chypinakoide durchsetzenden Schalen führen
äusserst zarte, aber ununterbrochen fortsetzende
und lebhaft glänzende Kupferkies-Schnürchen als
Zwischenlage, d. h. Kupferkieshäute, die auf den
Bruchflächen der vollkommensten Spaltbarkeit als
Schnürchen erscheinen.
zu ß) :
alle übrigen Krystallschalen.
II.
Die kostbarste und lehrreichste terminologische Sammlung, die es
überhaupt giebt, ist wohl unbestritten die im kaiserlichen Hof-Mineralien-
kabinet in der Hofburg zu Wien aufgestellte. Vor einer Reihe von
Jahren widmete ich ihr gegen einen Monat. Das Verdienst des unver-
gesslichen Paul Partsch wird nicht geschmälert, wenn da, wo er
über eine specielle Lehre mehrere Hunderte von Belegstücken mit ge-
wissenhafter Auswahl aneinanderreihte (z. B. nach seinem Schema,
Wien 1844, bei J. G. Heubner, S. 32 — 38) — und ein Neuerer
denselben Gegenstand mit einigen Dutzend Stufen für hinreichend er-
ledigt erklärt. Die Ansichten und die Kenntnisse und Frfahrungen sind
eben verschieden. Dagegen lässt sich nicht in Abrede stellen, dass auch
kleinere, zu Privatvorlesungen bestimmte Lehrsammlungen Abtheilungen
von Belegstücken enthalten, welche grosse Staatssammlungen entbehren
und die doch äusserst anregend wirken. Dahin rechne ich auch eine
am Schlüsse der Krystallsysteme angefügte Zusammenstellung von
38
Notizen.
[4]
Krystallen oder Stufen, welche daran erinnern sollen, dass den durch
sie repräsentirten Species ganz aussergewöhnliche und auffällige Er-
scheinungen eigen sind oder dass man an ihnen sonst ganz und
gar gewöhnliche Formen noch nicht hat beobachten können, wie z. B.:
1) im tesseralen Systeme:
Spinell, an ihm ist die Fläche coöco wohl äusserste
Seltenheit x) ;
Roth kupfe rer z kommt in allen 7 holoedrischen oder
plenotesseralen Formen vor, nur nicht in Zwillin-
gen u. s. w. ;
2) im tetragonalen Systeme :
Anatas ist nur krystallisirt bekannt;
Zirkon ist noch nicht mit der Basis OP beobachtet
worden ;
Mellit, die Basis kommt nur gekrümmt vor; u. s. w. ;
3) im hexagonalen Systeme ;
Smaragd, in den weit auseinandergelegenen Fundpunkten :
im Habachthai im Salzburgischen, am Flusse Tako-
waia oder zu Stretinsk, 65 Werst in NNO. von Jeka-
tharinburg in West-Sibirien und zu Kjerringöe in
Norwegen kommt er nie anders als in einem schwar-
zen, weichen Glimmer vor ;
Turmalin, nur der schwarze, spiessige vom Hörnelberge
bei Lam im Baierwald setzt einer krystallographischen
Bestimmung hartnäckig Schwierigkeiten entgegen und
steht im Rufe ausschliesslich an dem gedachten Fund-
orte vorzukommen. Breithaupt nahm steile Scalen-
oeder an. Den bis jetzt gefundenen Exemplaren schei-
nen folgende Eigenschaften gemeinsam zu sein :
a) die steilen, spiessigen Theile ruhen auf einem
Stumpf, der mit deutlichen Flächen des 1.
und 2. Prismas versehen ist, aber selten, und
da nur undeutlich eine terminale Rhomboeder-
tläche zeigt ;
ß) sie mögen Manchen an Scalenoeder erinnern;
Gerhard vom Rath nimmt verzerrte Pris-
menflächen an;
y) sie sind stets durch eine , glatte Fläche abge-
stumpft, selbst aber meist gestreift, wie es
scheint, nach R ; u. s. w. ;
4) im rhombischen Systeme :
Samarskit besteht bis jetzt stets aus einer oder zwei
dicken Krystallplatten, welche nie anders als mit theils
über- theils nebeneinander aufgelagerten kleineren und
immer kleineren Krystalltafeln derselben Form auf
einer oder auf beiden Seiten des Brachypinakoicles auf-
treten ;
') D. h. der Rubinspinell oder der Ceylonit, abgesehen vom Pleonast, aD
welchem <x()co beobachtet worden ist.
[5]
Notizen.
39
Mengit, die meisten im Granite des Ilmengebirges gebet-
teten Krystalle zeigen nacli unten eine spiessige, bis
jetzt verschieden gedeutete Form ;
Brookit, z. B. aus dem Goldsande von Slatoust ; die so-
genannten Sanduhren, d. h. die schwarzen, von oben
oder von unten, oder von oben und von unten in die
Krystalle hereinreichenden Trigone harren noch ihrer
Erklärung ; u. s. w. ;
5) im monoklinen Systeme :
Augit; mit Ausnahme des Fassait (Naumann, 9. Auf).
S. 499, Fig. 11) kommen die Augite, namentlich die
melanen oder Basalt-Augite nicht ohne r = ccP co vor;
Wolframit zeigt, wenn er im Muttergesteine nur zu einem
geringen Theile seiner Form auskrystallisirt ist oder mit
kaum begonnener Krystallbildung in derben Wolframit
übergeht, nicht die terminalen Flächen, sondern das
Prisma oben, aber mit einem Brachydoma oder einem
Theile desselben ;
Tinkal; Zwillinge an ihm sind wohl äusserste Selten-
heit u. s. w. ;
Epidot (Akantikon) hält in gewissen Varietäten sein Stre-
ben, Quersäulen zu bilden, hartnäckig aufrecht.
Ein solches „Räthselfach“ hat für eifrig Lernende einen ausser-
ordentlichen Reiz. Es liegt in der Natur des ohnehin schon Eifrigen,
die Aufmerksamkeit auf dergleichen behauptete Inedita zu verdoppeln,
und wir wissen aus Erfahrung, dass nicht immer die Meister die Fin-
der sind.
In eine solche Abtheilung können auch Belegstücke für Behaup-
tungen gebracht werden, die sich schliesslich als irrig erweisen ; das
schadet nicht ; es führt dann doch zu einer sonst schwer erreichten
Klärung. So spricht Breithaupt von einem ooOoo (H) als Spinells
(III. Bd. S. 619), sagt aber nicht, wo einmal ein mit dieser Fläche
ausgestatteter Spinell gefunden worden wäre und scheint auch keine
Sammlung einen solchen aufweisen zu können. Dasselbe gilt von Tinkal-
Zwillingen, obwohl sie Naumann als bisweilen vorkommend bezeich-
net. Dr. Krantz in Bonn versicherte mich noch kurz vor seinem
Ableben, niemals einen Tinkal-Zwilling gesehen zu haben. Was indessen
das Rothkupfererz anbelangt , so besitzt Plerr Geh. Rath Dr. Rud.
Fer her in Gera einen in der gewöhnlichen Weise von Malachit um-
hüllten Krystall von Chessy (Nr. 200), oo 0 gross, 0 klein, von 2 Cm.
Axe, an welchen mehrfach, d. h. an verschiedenen Stellen der Ober-
fläche sich ein zweiter, in diesen ein dritter Krystall eingewachsen vor-
findet und alle drei Axen des einen Krystalls stehen parallel zu den
entsprechenden drei Axen der anderen Krystalle und ebenso die
Flächen ; es ist das eine vollständig regelmässige Verwachsung ohne
Hemitropie.
40
Notizen.
[6]
Silberglanz (Argentit, Glaserz).
Herr Custos Sehr auf hat in der III. Lieferung seines Atlasses,
Tafel XXIII, Fig. 7, einen Silberglanz von Joachimsthal abgebildet,
0 o
welcher unter oo Ox> die Flächen a = -X- 0 -X- und über diesen 0 trägt.
Ich besitze von dieser Species :
a) einen Krystallstock von der Himmelfahrt bei Freiberg, dessen
Individuen die n — Fläche mit ooOco . 0. 303 zeigen, und
b) einen losen Ivrystall von der Grube Himmlisch Herr bei Anna-
berg in S., an welchem die sehr hoch entwickelten Flächen
a mit co Ox>. coö und statt 0 mit 202 coinbinirt sind.
Dichroit (Cordierit).
Von Bodenmais war bis jetzt meines Wissens noch kein Dichroit-
Zwilling bekannt. In jüngster Zeit sind mir von genanntem Fundorte
mehrere Exemplare zugekommen und zwar Zwillinge und Drillinge in
Juxtaposition , indess nur Ein Durchkreuzungs-Zwilling von 25 Cm.
Säulenhöhe nach dem Aragonitgesetze.
Bleiglanz (Galenit).
Auf einer Unterlage von Gneiss ruhen Quarz , braune Zink-
blende mit Bleiglanz und Pyrit , hellbrauner und weisser Bitterspath,
über diesen Kupferkieswarzen und Kalkspath-Scalenoeder, und zwischen
diesen eingeklemmt zwei Bleiglanz - Krystalle der Mittelgestalt von
0‘5 Cm. Axe. Die Flächen coO» sind glatt und vollkommen metallsich
und lebhaft glänzend, die mit 202 ausgestatteten Flächen 0 sehr wenig
glänzend, fast matt. Die je drei Flächen 202 sind von den drei um-
gebenden Flächen cc Öcc aus aufwärts in der Richtung nach der Mitte
von 0 zu gestreift ; 0 selbst, ein erhöhtes Trigon darstellend, ist
gleichfalls gestreift, indess parallel den drei trigonalen Kanten mit 202.
Die Stufe stammt von der Grube Himmelsfürst bei Brand unweit Freiberg.
Turmalin, schwarz, spiessig.
Auf den Etiquetten wohl der meisten Sammlungen ist als Fund-
ort ein „Hörlberg“ angegeben. Die Bezeichnung ist nicht die richtige.
Wenn man sich von dem grossen Pfarrort Lam im Baierwald (demselben,
in dessen unmittelbarer Nähe sich der aus Glimmerschiefer bestehende
Ossa 4002 Fuss hoch erhebt) nach Sommerau und von hier nach
Schneiderberg , einem nur wenige Häuser zählenden Orte wendet , so
gelangt man von letzterem in einer Viertelstunde an den Kiesbruch
(Quarzbruch) am Hörnl- oder Hörnelberg und hier auf der nörd-
lichen, steil abfallenden Seite des Berges werden die spiessigen
[7]
Notizen.
41
Turmaline gemeinschaftlich mit den gewöhnlichen in einem Granite
gefunden, in welchem ein auf den Kluftflächen hellgelber, auf frischem
Bruche grauer und weisser Feldspath vorherrscht. Möchte die hier
gemachte genaue Angabe der Gewinnungsstätte recht Viele veranlassen,
dem räthselhaften Vorkommen an Ort und Stelle nachzugehen. Der
gedachte Fundpunkt gilt für den einzigen ; es ist indessen nicht aus-
gemacht, ob nicht auch der Flarlachberg bei Bodenmais dieselben spiessi-
gen Turmaline liefert ; sein Granit ist wenig von dem erwähnten ver-
schieden, und seine Turmaline haben dieselbe Beimengung von Braun
in der schwarzen Farbe und dasselbe bröcklige Wesen wie die Hörnl-
berger. Zu dem oben (S. unter II.) Gesagtem will ich nur hinzu-
fügen, dass sich unter den Exemplaren, welche ich besitze, eine spiessige
Form, angeblich vom Harlacliberge, befindet, welche an ihrem Ende
drei kleine Flächen zeigt : zwei matte, welche man für scalenoedrische
und eine glatte, jene abstumpfende, welche man für das Breithaupt’sche
(III. Bd., S. 705) —2R nehmen könnte. Noch nennt eine sehr alte
Etiquette in der Sammlung des Herrn Geh. Rath Dr. F e r b e r einen
Quarzbruch am Stadlerhaus bei Zwiesel, der jetzt nicht mehr zugänglich
ist, als Fundort. Dass so zu sagen aus einem Fundament-Krystalle
dieselbe oder eine andere Form derselben Species nur schwächeren Um-
risses emporsteigt, kennen wir am Quarz und Kalkspath (von letzterem
besitze ich co R. — 1j2B ; aus diesem erhebt sich R3 und auf diesem
ruht wiederum crR. — 1/3 Z?), aber hier sind immer mehr oder weniger
scharfe Absätze markirt, welcher Fall bei den in Rede stehenden Tur-
malinen bis jetzt noch nicht beobachtet werden konnte.
Carl Zerrenner.
15 ein erkling zu der Abhandlung über die Form und Ver-
wandlung des Labradorits von Verespatak.
In dem genannten Aufsatze im letzten Hefte dieser Mittheilungen
wurde auf pag. 275 für den Kaliglimmer die Formel
H20 . 2 K20 . 3 A1203 . 6 Si02
angesetzt, was jedoch nicht richtig ist, denn die Formel des Kali-
glimmers lautet :
2 HaO . K20 . 3 A1203 . 6 Si02.
Sobald der letzteren entsprechend aus der Menge des Kali die
Quantität des Kaliglimmers berechnet wird, welche in dem veränderten
Labradorit enthalten ist, ergiebt sich dieselbe zu 42'34 Percent und
der Rest zeigt der Hauptsache nach die Zusammensetzung :
II20 . A1203 . 4 Si02.
Dies ist aber die Formel des Pyrophyllits. Demnach wäre anzu-
nehmen, dass die Pseudomorphose wesentlich aus Kaliglimmer und aus
Pyrophyllit bestehe, und die Daten der Analyse würden für diese und
für die in kleineren Mengen auftretenden Minerale folgendes Verhält-
niss berechnen lassen :
Mineralogische Mittheilungen. 1875. 1. Heft. (Notizen )
6
42
Notizen.
Pyrophyllit .
Kaliglimmer .
Pennin . .
Labradorit
Quarz . . .
Limonit . .
44 76 Perc.
42-34
4‘51
4-77
3-12
L35
n
r>
100’85 Perc.
[«]
T.
Stängeliger Ludwigit.
Herr A. Veszely hat vor kurzer Zeit abermals einige Stücke
von Ludwigit von Morawitza im Banat an das k. k. Museum gesendet,
die in ihrem äussern Aussehen von den im Jahrg. 1874, Heft 1, S. 59
von Herrn Direetor Tschermak beschriebenen Stücken einige Ab-
änderungen zeigen.
Die neu vorliegenden Handstücke sind von s t an gl i ehern Typus.
Die Stängel sind kurz, dünn, stabförmig, verworren oder radialstrahlig
gelagert und lassen sich nicht von einander trennen, indem sie bei
letzterem Versuche wegen Sprödigkeit zersplittern. Der Bruch ist
strahlig. Auf dem Längsbruche haben die Strahlen Glasglanz. Die
Farbe ist schwärzlichgrün mit einem deutlichen Stich in das Violette, der
Strich ebenfalls schwärzlichgrün, aber lichter als die Körperfarbe. An
den vorliegenden Stücken fehlen fremde Beimengungen — Calcit als
auch Magnetit — gänzlich.
Ohne irgend welche Prüfung könnten vorliegende Stücke ganz
leicht für Turmalin gehalten werden, aber abgesehen von der verschie-
denen Härte beider Minerale genügt zur sicheren Unterscheidung eine
einfache Probe auf das Verhalten gegen Säure. In chemischer Beziehung
linden wir an diesen Stücken ganz dasselbe Verhalten wie es an den
ursprünglich untersuchten Stücken beschrieben worden ist, und dürfte
ein kleiner Unterschied höchstens in der proc. Zusammensetzung zu
linden sein.
F. Berwertli.
Clilorotil.
Es ist schon oft in den Schneeberger Gruben ein blassgrünes
Mineral vorgekommen, welches jedoch, ungenügenden Materials wegen,
nicht gut untersucht werden konnte. In letzter Zeit jedoch lieferte die
Grube Eiserner Landgraf bei Schneeberg sehr schöne blaugefärbte Ara-
gonitsinter, Wapplerite und das erwähnte blassgrüne Mineral in grösserer
Menge. Letzteres Mineral von span- bis apfelgrüner Farbe, ist man ge-
neigt, für eine Nickelverbindung zu halten und es wurde auch wirklich
für Kerstenit (Min. Lexicon für Sachsen, 13) ausgegeben. Während
man jedoch den Kerstenit nur auf Chloanthit aufsitzend kennt, kommt
unser Mineral nur auf und in Quarz eingewachsen vor. Ausserdem liegt
keine Nickel- sondern eine bis jetzt noch unbekannte Kupferverbin-
dung vor.
43
[9]
Die chemische Zusammensetzung entspricht nämlich der Formel
8 Cu 0 . As2 06 + 6 H2 0, eine vorläufige Analyse ergab einen Gehalt
von 41 p. c. Kupferoxyd, 41 p. c. Arsensäure und 18 p. c. Wasser;
eine geringe Menge Arsensäure wird durch Phosphorsäure ersetzt.
Das Mineral tritt in zarten haarförmigen Kryställchen, parallel-
fasrigen und schönen derben Partien auf, ist seidenglänzend und sehr
weich. Die Farbe geht in den fasrigen Partien selbst in smaragdgrün
über, in welchem Falle man Malachit vor sich zu haben glaubt.
In kurzer Zeit werde ich Weiteres über das Mineral, welches ich
Chlorotil — nach Farbe und Structur — zu nennen vorschlage, zur
Veröffentlichung bringen.
A. Frenzei.
- Mit. : - .'1 ' M:- ;ü /TU : .. . ■ i
.
r Dia sclie : TTeier (Leu Meteoriten toxi Lance
Taul Schäm nach cL latdjex . n. Tith Ki- Eof-lüuistdmckem, v Inffmtein &Bösc7t. Jlr,
Tseleimalc; MineralogX Mittliellimgeii.lÖZS Heft I.
JaluQ). (L. geologX Deichsanst. B(L XXA
v. Dräsche Deher den Meteoriten ron Lance
Tal.il
Jini. Schmal nach iiLJfat. °e i . n. hth . • IChHofJimstÜTWcJern v Hei/fensUin ,f Hösch . 1 1 len
Tschermalc'. Mineralog. Mittheiluneen. 187 5. Heft I.
Jalvrl) d g'eolo^. Kcichs aiist . B(L. XIOT.
Taf HI
t. Dräsche i Heber den Meteoriten, von Lance.
I.
Md. Schämt nach eU0tfa.1t. Tith. £t Rof- Xmstdmckerei v. Rei/Jenstein k Rösch, 11 rai
TsdiermaL; : Mneralog Mittlieilun^en . 1875. Heft I
JaLrh . 1 . ^eoloäf. Heidisanst 13(1 XXY.
y. Dra solle lieber den Meteoriten Ton Lance.
Taf .IV.
1
2.
3..
Ruä- Schäm nach tl Fat p'e% . ic. I ith
0
Ä.Jc.Fof-Äunstdmchcrci v Reif feil stein ,fc lösch., Jf fm .
Tsdiennak : Mmeralog. Mittheilungen 1875 . Heft I.
Jahrl . (1 geolog Reiclisanst. Bd.HJ.
Krenner: Wolframif
Fi c/. 1
Taf.V.
Fi ff 2. Fi ff. 3.
AutOTdel. Bruck v.Tfi. Schneiders WeäPresuhn in. Graz . APresuhn.litli
G.Tscherniak .Mineral o g. Mitllveil u ngen . 1875.1. Heft .
Jahrbuch der f, /,■ geoIog.Jheichsanstalt Bd.XXX
'
/
Döll, Pseudomorphose nach Ouprit.
Tafel VI.
Tscherraak, Mineralogische Mittheilungen, 1875. 1. Heft.
Jahrbuch der k. k. geolog. Reichsanstalt, Bd. XXV.
Photographischer Pressendruck von . G-emoser & Waltl, München.
*
\
Tal' VII
l.iispcyrcü, Kr.vstallogr Dein./.. (Vyps
T.sdicnniik, Mini' l ir Mit(lii'iluni><‘,i\ 1875 llrll lil
.ftilirbtieh. t/./>\f\(/co/n</ Hcirhsan.vlaU H<t XXPi
MINERALOGISCHE
GESAMMELT VON
GUSTAV TSCHERMAK.
JAHRGANG 1875 HEFT II.
(Diese Mittheilungen erscheinen zugleich als Beilage zum Jahrhuche der lc. k. geol .
Beichsanstalt.)
WIEN, 187S.
ALFRED HOLDER
Iv. K. UNIVERSITÄTS-BUCHHÄNDLER.
ROTHEN T II ü R M S T R A SSE 1 5 .
ÖlitfCIt VON J. C. FISCHER & COMP WIEN.
JAHRGANG 1875.
II. HEFT.
GESAMMELT VON
G. TSCHERMAK
DIRECTOR DES K. K. MINERALOGISCHEN HOF-MUSEUMS.
I. lieber den Salit als Gesteinsgemengtheil.
Von Ernst Kalkows k y:
Bei der Untersuchung der Hornblendeschiefer , welche in einer
schmalen Zone am Ostrande des Riesengebirges von Kunzendorf bei
Liebau bis Kupferberg am Bober auftreten, fand sich in einigen Ge-
steinen ein Mineral, das sich mit keinem der als Gesteinsgemengtheile
auch mikroskopisch beschriebenen identificiren Hess. Nachdem auch in
Gesteinen der archäischen Formation anderer Gegenden eben dasselbe
Mineral erkannt worden war , drängte sich durch Zusammenstellung
aller ermittelbaren Eigenschaften desselben die Ueberzeugung auf, dass
es dem Pyroxen und zwar der Abtheilung der thonerdefreien, eisen-
armen Salite angehöre. Sein Auftreten als wesentlicher Gemengtheil
sehr verschiedener krystallinischer Schiefergesteine erlaubt es, ihn etwas
eingehender zu beschreiben ; die vorliegende Untersuchung ist zwar
keineswegs erschöpfend, doch schien cs geboten sie zu veröffentlichen,
um dadurch erst einmal die Aufmerksamkeit auf den Salit zu lenken.
Auf der Scheibe, westlich von Städtisch-Hermsdorf, halbwegs zwi-
schen Liebau und Schmiedeberg in Schlesien tritt ein grobkörniger
Chloritgneiss auf, der neben dem Chlorit noch ein lichtgrünes Mineral
bisweilen mit schwachem Seidenglanz in feinen Häuten auf den Schie-
ferungsflächen enthält, welches Beyrich für weissen Glimmer r) ansah.
Allein wenn man mit einer Nadel etwas davon absprengt, so erkennt
man sogleich , dass es spröde ist , keine Spur von Biegsamkeit besitzt,
dann unter dem Mikroskope, dass es nicht in Schüppchen oder Blätt-
chen ausgebildet ist, sondern in Säulchen. In Dünnschliffen quer gegen
die Schieferung, aber in der Streichungsrichtung derselben, sieht man,
dass die feinen Häute aus einem Aggregat von Quarz und vorwalten-
den Säulchen bestehen, die also dem Salit angehören sollen. Leider
haben die kleinen Prismen wie meist alle Gemengtheile der krystallini-
‘) In Roth, Erläuterungen zur geognostischen Karte von Nieder-Schlesien.
Berlin, 1867.
Mineralogische Mittheilungen. 1875. 2. Heft. (Kalkowßky.) 7
4(3
E. Kalkowsky.
[2]
sehen Schiefergesteine keine gute Krystallform, wenigstens fehlt in der
Säulenzone jede Andeutung einer bestimmten Fläche. Dagegen zeigen
die winzigen Individuen von Salit, welche, wie noch ausführlicher dar-
gethan werden wird, in ungeheurer Menge in den Feldspäthen eingebettet
liegen, oft als Endigung die halbe Pyramide. Wo dieselben etwas seltener
liegen, da kann man sie recht wohl einzeln ins Auge fassen und ihre
Form bestimmen ; es sind lange, dünne Säulchen mit Pyramiden-Endi-
gung in allmähligem Uebergang bis zu kurzen, dicken, die oft in Folge
ungleichwertliiger Ausbildung der Pyramidenflächen Sechsecke mit ab-
Die Linien, welche
die Durchschnitte durch
die Flächen der Säulen-
zone darstellen, sind oft
nicht gerade ausgebildet,
sondern ausgebuchtet und
ausgezackt. — Im Quer-
schnitt zeigen diese Mi-
krolithe meist rundliche
Figuren, oder solche, bei
denen zwei gerade Linien
einen ungefähr rechten
Winkel bilden, während
die übrige Umgrenzung
von einer Curve gebildet wird. Sehr viele Mikrolithe haben allerdings
anscheinend ganz unregelmässige Conturen.
Die Salite, die in Gneissen parallel den Schichtungsflächen dünne
Flasern zusammensetzen, erscheinen meist in längeren Säulchen, die-
jenigen , welche mit Quarz durchmengt in Gesteinen Vorkommen , die
sich dem Hornblendeschiefer anschliessen , treten dagegen meist in
Körnerform auf. Zwillinge wurden nicht beobachtet.
Vortrefflich lässt sich an den Mikrolithen , aber auch ebenso an
den grösseren Säulchen und Körnern eine Spaltbarkeit erkennen, welche
die Längsachse der Kryställchen bald gerade, bald geneigt durchquert;
manche nur 015 Mm. lange Prismen weisen 4 — 5 solcher Spalten auf.
Man wird sie für eine Absonderung nach der Basis halten müssen :
Tschermak, Rosenbusch u. A. wollen dieselbe auf eine Zwillings-
bildung zurückführen, es konnte jedoch hier keine darauf bezügliche
Beobachtung gemacht werden. Neben der Spaltbarkeit nach der Basis
ist für den Salit noch die nach dem Orthopinakoid charakteristisch ;
auch sie konnte wahrgenommen werden , besonders ausgezeichnet an
grösseren Krystallen in einem Schiefer von Waltersdorf bei Kupferberg
in Schlesien, im Malakolithfels von Ober-Rochlitz, im Hornblende-
schiefer von llaspenau bei Friedland in Böhmen. In den vorliegenden
Saliten finden sich Spalten bald nach einer , bald nach der anderen
Richtung, dort treten sie auch zugleich auf, namentlich in den dickeren
und überhaupt grösseren Individuen und erzeugen dann ein sehr cor-
rectes Spaltennetz, das nicht mit demjenigen verwechselt werden darf,
welches sich bisweilen zeigt und in seiner unregelmässigeren Ausbildung
wechselnd kürzeren Seiten darstellen.
Ueber den Salit als Gesteinsgemengtheil.
47
[3]
seinen Ursprung einer Absonderung nach den Säulenflächen verdankt;
bei diesem letzteren bildet man denn auch den Säulenwinkel des Pyro-
xens wieder.
Die absolute Grösse der Salite ist sehr schwankend; die Mikro-
lithen in den Feldspätlien haben eine durchschnittliche Länge von etwa
0'05 auf 0007 Mm. Breite; die Salite, welche asbestartige feine Häute
auf den Schieferungsflächen bilden, haben (in den beobachteten Fällen)
meist eine Länge von 0\L5 Mm. und die grössten in einem Schiefer
von Waltersdorf erreichen eine Länge und Breite von etwa 0 5 Mm.
Selbstverständlich finden sich in den einzelnen Vorkommnissen grosse
und kleine Individuen nebeneinander , doch giebt es auch einige Fels-
arten, die nur solche von einer bestimmten Grösse führen.
Der Salit ist im Schliff oft ganz farblos , meistens ganz schwach
grünlich gefärbt; andere und intensivere Farben wurden nicht bemerkt,
und nie zeigen die Salite auch nur eine Spur von Lichtabsorption oder
von Dichroismus. Wie es für die Abarten des Pyroxens erforderlich
ist, besitzen die Salite ein starkes Lichtbrechungsvermögen; sie treten
dadurch in Gegensatz besonders zu Hornblende und Chlorit. Wo ihrer
nicht gerade viele, kleine, die nicht von Schliffflächen begränzt werden, vor-
handen sind, da bieten sie sich beim Blick ins Mikroskop dem Auge
zuerst dar , bei schwacher Vergrösserung scheinen sie gleichsam aus
dem Präparate herauszutreten. Im Zusammenhänge mit dem starken
Lichtbrechungs vermögen zeigen die Salite im polarisirten Lichte grelle,
bunte Interferenzfärben, selbst wenn die Schliffe so dünn sind, dass die
Quarze nur noch graue Farbentöne bei gekreuzten Nicols aufweisen.
In einigen Gesteinen zeigen die Salite , so namentlich die Individuen
des Malakolithfels , bei gekreuzten Nicols höchst constant eine eigen-
thümliche blaue Farbe.
Da entweder die Salitkryställehen der Hauptaxe nach ausgedehnt
sind oder in anderen Fällen recht schön die der Hauptaxe parallelen
Spalten nach dem Orthopinakoid darbieten, so war die Auffindung der
Orientirung der optischen Bisectrix recht leicht; sie bildet mit der
Hauptaxe den für die Pyroxene charakteristischen grossen Winkel; der
grösste beobachtete Winkel mass circa 44 Grad.
Was das Verhalten vor dem Löthrohre anbetrifft, so schmelzen
die Salitaggregate ziemlich schwer , leuchten nicht , etwa wie der Talk
es thut, nehmen mit Kobaltsolution keine blaue Farbe an und geben
mit Flüssen die Reaction auf Eisen. In der Boraxperle lösen sie sich
völlig auf. Ihre chemische Constitution wurde annähernd auf folgende
Weise bestimmt. Helle dichte Partien aus einem Schiefer von Adlers-
ruh bei Kupferberg, die aus Salit, Quarz und sehr wenig Feldspath be-
standen , wurden qualitativ geprüft. Die Analyse ergab einen be-
trächtlichen Gehalt an Magnesia und Kalk , Spuren von Thonerde und
so viel Eisen , dass man annehmen darf , dasselbe betrage mehr als
4 Proc. in dem fraglichen Mineral. Wenn man mit Dana zum Mala-
kolith Pyroxene mit weniger als 4 Proc. FeO rechnet, so gehört das
vorliegende Mineral zu seiner Abtheilung der Magnesia-Kalk-Eisen-
Pyroxene, zum Salit Q. Auch empfiehlt sich der Name Salit im Allge-
’) Dana, System 5th Ed. pag. :!15.
7*
48
E Kalkowsky.
[4]
meinen für das hier beschriebene Mineral , weil er eine ganze Gruppe
von Pyroxenen umfasst und dann auch weil er kürzer ist als z. B.
Malakolith.
Die Salite sind noch meist recht frisch, nur in einzelnen Gestei-
nen erscheinen sie etwas getrübt; an grösseren Individuen kann man
dann wahrnehmen , dass durch die Umwandlungsprocesse entweder
körnige oder schuppige Aggregate gebildet werden, über deren chemische
Constitution sich nichts herausbringen liess.
Flüssigkeits-Einschlüsse sind sehr häutig , jedoch meist nur von
geringen Dimensionen ; sie führen lebhaft bewegliche Bläschen, sind je-
doch wohl manchmal von der Flüssigkeit ganz ausgefüllt, ebenso sind auch
dunkel umrandete Dampfporen vorhanden. Manche von diesen winzigen
Dingen werden jedoch wohl auch als Mikrolithe von Salit gedeutet
werden müssen.
Sonst umschliesst der Salit keine fremden Mineralien; selbst da
wo er der vorwaltende Gemengtheil ist, tritt er in Betreff der Lage-
rung gewissermassen in Gegensatz zu den anderen Mineralien wie
Quarz, Chlorit, Hornblende. Seinerseits wird er dagegen von vielen
anderen Gemengtheilen eingeschlossen, namentlich von Feldspäthen, dann
von Quarz, Hornblende. Er findet sich namentlich in Gesellschaft von
Chlorit und Hornblende , doch auch ohne dieselben, im Quarzit,
Erlan etc.
Gleichsam als äquivalenter Vertreter des Salites tritt der Pistazit
auf; dieser zeigt oft dieselbe Formausbildung wie der Salit, ist ihm
auch sonst in seinem ganzen Habitus ähnlich, jedoch leicht zu unter-
scheiden durch seine gelbgrüne Farbe, seinen starken Dichroismus und
die Orientirung seiner optischen Bisectrix. So findet sich der Pistazit
neben Salit z. B. in dem dichten Hornblende-Chloritgneiss vom Laub-
berg bei Pfaffendorf im Schmiedeberger Kamm in Schlesien.
In manchen Chlorit- oder Hornblende-Gesteinen von sehr feinem
Korn findet man einzeln oder in Häufchen fast farblose, stark licht-
brechende, aber sehr kleine Körnchen, so in gewissen Chlorit-, Aktino-
lith-, Aphanit- und „grünen“ Schiefern ; ob dieselben auch dem Salit
zuzurechnen sind, muss noch unentschieden gelassen werden.
Es bleibt noch übrig, einige Gesteine einzeln zu erwähnen, in
denen der Salit als Gemengtheil erscheint, wobei sich noch etwas über
die Art seines Auftretens , sowie einige Verhältnisse mittheilen lassen,
die der Ansicht von der Zugehörigkeit des fraglichen Minerales zum
Salit zur Stütze dienen.
Gleichwie der schon erwähnte Chloritgneiss von der Scheibe bei
Städtisch-Hermsdorf enthält auch ein durch Hämatit rothgefärbter Gneiss
von Neu- Weisbach in jener Gegend neben nur sehr wenig Chlorit eine
Menge von Salit , der in Säulenform dünne , seidenglänzende Flasern
bildet ; obwohl die Prismen meist sehr dünn sind , so fanden sich in
diesen Gesteinen doch auch einzelne grössere Individuen, die von zwei
Schlifffiächen begrenzt, die schiefe Orientirung der optischen Bisectrix
erkennen Hessen. In den Plagioklasen sowohl wie Orthoklasen dieser
Gneisse, sowie in den Feldspäthen des schönen Hornblendegneisses von
Petzelsdorf bei Liebau liegen nun eine Unzahl von Salit-Mikrolithen
eingebettet. Letztere sind in den einzelnen Feldspäthen meist von etwas
[5]
Ueber den Salit als Gesteinsgemengtheil.
49
verschiedener Grösse , jedocli kommen auch kleine und grosse durch-
einander in einem Feldspath vor, wo dann die kleineren bisweilen mehr
nach dem Rande zu liegen. Die Salit-Mikrolithe erscheinen überhaupt
gern haufenweise vertheilt; sie sind dann manchmal auf die Mitte der
Feldspath-Individuen beschränkt auf einen Raum, der von krystallogra-
phischen Flächen ihres Wirthes begrenzt wird. Es muss besonders
darauf aufmerksam gemacht werden , dass es höchst unwahrscheinlich
ist, dass diese Mikrolithe das Product einer chemischen Zersetzung und
Umwandlung sind und dann vielleicht auch nicht dem Salit angehören.
In weitaus den meisten Fällen gehen Zersetzungserscheinungen in den
Mineralien von Spalten aus; hier ist ein solches Verhältniss durchaus
nicht vorhanden ; die Salite liegen in gleichmässig ausgebildeten Mikro-
lithen wirr durcheinander in einer an sich vollständig pelluciden und
unzersetzten Feldspathsubstanz : allerdings müssen die Schliffe gar sehr
dünn sein, um das Gewirre deutlich auflösbar zu machen. Auch spricht
die Art der Anordnung gerade nicht für chemische Umwandlungsproducte
und andererseits lässt sich ein deutlicher Uebergang in die Salite ver-
folgen, die selbstständig am Gesteinsgewebe theilnehmen.
Auch in den Protogingneissen des St. Gotthard finden sich in den
Feldspätlien dieselben Mikrolithen und grössere, dem Salit ähnliche
Krystalle im Gesteinsgewebe, die alle gewiss nicht dem Talk angehören;
doch ist hier nicht der Ort, um auf diese Gesteine näher einzugehen.
Bei Adlersruh bei Kupferberg am Bober tritt ein Gestein auf, das
aus abwechselnd hellen und dunkeln Schichten besteht. Websky nennt
dasselbe einen Dioritschiefer Q, indem er die hellgrünen Schichten für
Plagioklas hält. Sie bestehen jedoch aus hellgrünem Salit, Quarz und
sehr wenig Orthoklas und Plagioklas * 2). Auch die dunkeln, vornehmlich
aus Hornblende bestehenden Schichten enthalten Salit. Das Gestein ist
somit ein Hornblende-Salitschiefer. Uebrigens berichtet Websky 1. c.
pag. 386, dass bei Kupferberg* in losen Blöcken Krystalle von Diopsid
vorgekommen seien ; die Blöcke gehörten wahrscheinlich einer Schale
um die Vorkommnisse von Dolomit (die in den „Dioritschiefern“ ein-
gelagert sind) in dortiger Gegend an. Auch in der Mitte der hellen
Schichten des oben erwähnten Schiefers sei bei der Grube Neuer
Adler ein Mineral vorhanden , das sehr wahrscheinlich dem Diopsid
angehöre.
Ein diesem ähnliches dichtes Gestein , das aber aus abwechselnd
hellgrünen und dunkelbraunen Schichten besteht, von Waltersdorf bei
Kupferberg ist ein dichter Salit-Glimmerschiefer. Die Salite erreichen
darin eine Grösse von 05 Mm. , kommen andererseits auch in kleinen
länglichen Krystalloiden und Säulchen vor ; sie sind sehr reich an
Flüssigkeitseinschlüssen und Hohlräumen. Ausserdem enthält das Gestein
Quarz, Biotit, Titaneisen, Talk und Vesuvian.
Die hellgrünen Schichten dieser beiden Gesteine ähneln makro-
skopisch und theilweise auch mikroskopisch ungemein dem Malakolith-
*) Zeitschr. d. D. g. G. Bd. V. 1853. Ueber die geogn. Verhältnisse der Erz-
lagerstätten von Kupferberg etc. Auch die übrigen Dioritschiefer Websky’s führen
diesen Namen mit Unrecht; es sind dichte Hornblendegneisse oder Mittelglieder
zwischen Hornblendegneiss und Schiefer.
2) Diese dichte Masse wurde zu der oben erwähnten Analyse verwendet.
50
E. Kalkowsky. Ueber den Salit als Gesteinsgemengtheil.
[6]
fels von Ober-Rochlitz am Südabfall des Riesengebirges in Böhmen.
Die typische ganz dichte Abart desselben ist ein Aggregat von winzigen
rundlichen Körnchen von Malakolith (das Gestein enthält nur 4’84 FeO).
Dass Quarz dazwischen steckt ist nicht unwahrscheinlich, aber unmöglich
zu erkennen ; jedoch enthalten die etwas gröber krystallinischen Stellen
zwischen den Malakolithen auch Quarz. Diese etwas grösseren Malako-
lithkörner haben alle Eigenschaften der beschriebenen Salite ; sie sind
überreich an Flüssigkeitseinschlüssen und Hohlräumen. Neben Quarz
und Malakolith erscheint noch an einzelnen Stellen in dünnen Säulchen
Aktinolith, der im Handstück eine graugrünliche Farbe besitzt, in Schliff
aber wie der Malakolith fast farblos ist. Beide unterscheiden sich mi-
kroskopisch sehr leicht schon durch die Gestalt ihre)- Individuen. Ueber-
dies finden sich noch einzelne Erzkörnchen.
Es mag hier erwähnt werden , dass auch die beiden aus der
archäischen Formation Nord- Amerikas beschriebenen Vorkommnisse von
Augitfels aus „Pyroxen von der Salit- Abtheilung“ bestehen (cf. Dana,
System, pag. 220).
Der Hornblendeschiefer von Raspenau bei Friedland in Böhmen
ist ein Gemenge von fast farblosem Salit und maigrüner, stark dichroi-
tischer Hornblende. Der Salit erscheint in Aggregaten und gleichmässig
zwischen der Hornblende vertheilt. Quarz fehlt gänzlich.
Der Quarzit von Haslau bei Eger in Böhmen führt (wohl nur an
einzelnen Stellen) auch Salit; in dem vorliegenden Präparate sind kleine,
ovale Körnchen sehr häufig, daneben auch grössere, hellgrüne Krystalle.
Ausser dem durch Poren ungemein getrübten Quarz ist noch Egeran
vorhanden.
Schliesslich werde bemerkt, dass der Salit (neben Pistazit) noch
einen wesentlichen Gemengtheil des Erlans von Schwarzenberg im Erz-
gebirge ausmacht, und dass er in einer kalk- und dolomitspathführen-
den , aber feldspathfreien sogenannten Hälleflinta von Dannemora in
Schweden aufgefunden wurde.
Fortgesetzte Studien werden gewiss noch viele andere krystalli-
nische Schiefergesteine kennen lehren, die den Salit als wesentlichen
oder accessorischen Gemengtheil führen , vielleicht auch noch Eigen-
thtimlichkeiten desselben ergeben, die zur genauen und leichten Erken-
nung verwerthbar sind. Ueberhaupt sind auch die krystallinischen
Schiefer für den Mikroskopiker gar nicht so uninteressant, und ganz
unverdienter Weise sind sie bis jetzt so wenig berücksichtigt worden.
II. Ueber die chemische Zusammensetzung des Mejonits.
Von Edmund F. Neminar.
Die schwankenden Angaben über die chemische Zusammensetzung
der unter dem Namen der Wernerite bekannten Minerale veranlassten
mich, auf Anregung des Herrn Directors Dr. Cf. Tsehermak, eine
neue Untersuchung des Mejonits vorzunehmen. '
Derselbe steht in einem so innigen Zusammenhänge mit dem
eigentlichen Wernerite (Skapolithe), dass schon G. Rose *) die nach
der chemischen Zusammensetzung des Mejonits aufgestellte Formel als
die Normalformel der Wernerite betrachtet wissen will.
G. vom Rath hat seiner umfassenden Arbeit über die Wernerite * 2)
gleichfalls eine Betrachtung der chemischen Zusammensetzung des Mejo-
nits vorausgeschickt. Er wält ihn als den Ausgangspunkt für die Bestim-
mung der Formel der Wernerite, weil der Mejonit, wie nach den oft
schönen wasserhellen Krystallen zu urtheilen ist , sich noch in unzer-
setztem Zustande befindet.
So versuchte ich es nun durch eine neue Analyse zur genaueren
Ivenntniss der chemischen Zusammensetzung des Mejonits insofern etwas
beizutragen, als ich bei der Untersuchung vorzüglich auf den Wasser-
gehalt, die Alkalien und Fluor Rücksicht nahm.
Sollte meine Untersuchung irgend eine Berücksichtigung verdie-
nen, so war es vor allem Anderen nöthig ein vollständig reines und
unzersetztes Material zur Analyse zu verwenden.
Mein hochverehrter Lehrer, Herr Director Tsehermak, war so
gütig mir einen Mejonit aus den Auswürflingen des Vesuv, der eine grosse
Anzahl wasserheller Krystalle darbot, zur Verfügung zu stellen. Ich
erfülle gleich liier die angenehme Pflicht, ihm für dieses kostbare Material
und die zahlreichen Rathschläge, die er mir bei dieser Arbeit ertheilte,
sowie meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Professor Dr. Ernst Ludwig,
in dessen Laboratorium ich diese Arbeit ausführte, für die gütige Un-
terstützung hiebei, meinen tiefgefühlten Dank auszusprechen.
’) G. Rose. Das krystallo-chemische Miueralsystem, pag. 83.
2) G. vom Rath, de compositione et destructione Werneritis fossilis. Disser-
tatio inauguralis. Berolini 1853.
Mineralogische Mittheilungen. 1875. 2. Heft. (Neminar.)
52
E. F. Neminar.
[2]
Die vielfachen Verunreinigungen der Mejonit-Krystalle durch oft
kaum unterscheidbare Körper, die auch wohl, wie G. vom Rath1)
erwähnt , die Ursache der so schwankenden Angaben gewesen sein
dürften, verlangten nun doppelte Vorsicht bei der Auswahl des mir zu
Gebote stehenden Materials. Es repräsentirte dieses zahlreiche kleine
Mejonit-Krystalle, die theils in Gruppen auf Massen von Augit und
Hornblende aufgewachsen erschienen , theils einzeln mit kleinen Augit-
oder Hornblendekörnchen verbunden wären.
Fast durchgehends erschienen auch die wasserhellsten Ivrystalle
mit feinen Hornblende- oder Augitkörnchen durchzogen , wobei selten
Glimmerblättchen fehlten.
Die Krystalle des Mejonits zeigten deutlich die gewöhnliche Com-
bination von 00P00 . P . ooP.
Mit besonderer Sorgfalt wurde jeder Krystall untersucht, und da
sich hier die sonst oft beobachtete Verunreinigung durch Anorthit nicht
zeigte, so war diese Mühe einigermassen erleichtert. Fast jeder Krystall
wurde zersplittert, dann wurden unter der Loupe die reinsten Theilchen
hervorgesucht, und endlich noch das ganze ausgesuchte Material mikro-
skopisch geprüft und von Beimengungen vollends gereinigt.
Auf diese Art gelang es mir erst nach geraumer Zeit so viel
völlig reine Mejonit-Krystalle zu gewinnen, als zu einer brauchbaren Analyse
erforderlich ist, wobei speciell auf den Wassergehalt , das Verhältniss
der Alkalien und das etwa vorhandene Fluor Rücksicht genommen
werden sollte. Ich hatte jedoch so die Gewissheit, dass von Seite der
Verunreinigungen des Mejonits in meine Arbeit kein Fehler gelangen
konnte, was bei den bisher bekannten Arbeiten kaum der Fall gewesen
sein dürfte.
Das specifische Gewicht dieser völlig reinen Mejonit-Krystalle ergab
sich zu 2-71<> als Mittel zweier Bestimmungen von 2*716 und 2*717.
Bei jeder dieser Bestimmungen betrug die Temperatur des verwendeten
Wassers Bi0 Celsius.
Die chemische Analyse, die nach der für Silicate gebräuchlichen
Methode ausgeführt wurde, ergab, neben den bisher gewöhnlich ange-
gebenen Bestandtheilen, noch 1*01 Proc. Wasser, sehr wenig Magnesia,
jedoch gar keine Spur von Eisenoxyd.
Zur Prüfung auf Fluor wurde eine Probe des Mejonits mit koh-
lensaurem Natron-Kali aufgeschlossen, dann im Wasser gelöst, hierauf
mit kohlensaurem Ammon behandelt, mit Chlorcalcium gefällt. Der
Niederschlag, mit Essigsäure bis zur schwachsauren Reaction versetzt,
löste sich vollständig und hinterliess nach dem Abdampfen im Wasser-
bade bei Behandlung mit Wasser nichts Unlösliches, wodurch die Ab-
wesenheit von Fluor erwiesen ist.
Von ganz besonderer Wichtigkeit war jedoch die Bestimmung des
Wassers, weil einerseits dasselbe im Mejonit als solches bisher noch
nicht nachgewiesen wurde, andererseits die als Glühverlust angeführten
Daten , in dem Falle als man sie auch für Wasser hätte annehmen
wollen , viel zu gering erschienen und somit der Vermuthung Raum
') L. c. pag. 7.
[3]
Ueber die chemische Zusammensetzung des Mejonits.
53
bieten, dass die Unvollkommenheit der hiebei angevvendeten Methoden
diesen störenden Fehler veranlasste.
Stromeyer führt in seiner Untersuchung des Mejonits ’) an, dass
derselbe bei starker Rothglühhitze im Platintiegel, nachdem er in einem
Glasrohr bei Erhitzung bis zum anfangenden Glühen keine Veränderung
erfahren hatte, auch da durchaus unverändert aus dem Feuer zurückkam,
so zwar , dass die Krystalle weder an Durchsichtigkeit etwas verloren,
noch sich irgend eine Spur von Schmelzung zeigte. Auch das Gewicht
veränderte sich fast gar nicht, denn dasselbe war nur um (>00025 Gramm
oder 0’055 Proc. vermindert worden, welchen Gewichtsverlust Stromeyer
wahrscheinlich nicht als durch das Glühen verursacht annimmt, sondern
wohl eher als Beobachtuugsfehler erklärt.
G. vom Rath nimmt in seiner Arbeit über die Wernerite * 2) bei
allen Analysen den Glühverlust dann als Wasser an, wenn nach Be-
handlung kleiner Stückchen des Minerals in einer zugeschmolzenen
Röhre Wasser sublimirte, und erklärt selbst diesbezüglich : Partes vo-
latiles numeri analysium „aquam“ indicant, si particulis mineralis in
tubo clauso tractatis aqua sublimata est.
Den Glühverlust erst dann als Wasser zu bezeichnen , wenn die
Prüfung des Minerals im Kolben Wasser angezeigt hatte , scheint mir
jedoch aus dem Grunde unstatthaft, als mehrere Minerale wie z. B.
Euklas, Lievrit und Epidot erst in starker Glühhitze ihr Wasser abge-
ben und somit die Temperatur bei der Prüfung im Kolben jedenfalls unge-
nügend war, um das chemisch gebundene Wasser abzuscheiden. Dess-
halb glaube ich aber auch, dass selbst bei den Werneriten wo G. vom
Rath einen Wassergehalt angiebt derselbe zu klein sei, indem auch
da die angewandten Temperaturen zu gering gewesen sein dürften, um
das Wasser vollständig abzuscheiden.
Der von mir untersuchte Mejonit, den ich zweimal auf seinen
Wassergehalt prüfte , verlor erst bei sehr hoher Temperatur sein
Wasser und darum möchte ich den, wenn auch noch so geringen Ge-
wichtsverlust, den Stromeyer angeführt, durchaus nicht für einen
Beobachtungsfehler beim Wägen als vielmehr für einen wirklichen Ge-
wichtsverlust des Minerals bezeichnen , der nur desshalb so gering
erscheint, weil das Glühen in dem Platintiegel zu gering gewesen sein
musste, und aus diesem Grunde dann auch die Krystalle keine merkliche
Veränderung hatten erleiden können.
Bei meiner Untersuchung erhielt ich gleich beim ersten 10 Mi-
nuten langen Glühen des Minerals im Platintiegel, in der Flamme des
Glasbläsertisches, bis zur beginnenden Weissgluth einen Glühverlust von
00132 Gr. oder 0.527 Proc., wobei sich an den Krystallen bereits eine
schwache Trübung wahrnehmen liess. Bei jedem weiteren, ebenso langen
Glühen nahm das Gewicht fast immer um 0'005 Gr. ab, und erst nach
mehrfach wiederholtem Glühen blieb dasselbe constant. Dabei nahm die
Trübung der früher wasserhellen Krystalle immer mehr zu , bis sie
0 Stromeyer, Untersuchungen über die Mischung der Mineralkörper. I. Bd.
pag. 380.
2) De compositione et destructione Werneritis fossilis. pag. 20.
Mineralogische Mittheilungen. 1875. 2. Heft, (Seminar.)
8
E. F. Neminar.
54
[4]
endlich vollständig trübe und hiebei äusserst zähe wurden, ohne jedoch
eine Spur von Schmelzung zu zeigen.
Es erhellt nun hieraus mit Evidenz , dass diese Veränderung im
Aggregationszustande, herbeigeführt durch den Glühverlust, nur in
einer Veränderung der chemischen Zusammensetzung des Minerals be-
gründet sein konnte, und dass demnach die durch das Glühen flüchtig
gewordenen Bestandtheile chemisch gebunden gewesen sein mussten.
Bei nachheriger Prüfung einer neuen Probe des Mejonits im Pla-
tinrohr direct auf Wasser nach der von E. Ludwig, in seiner be-
kannten Arbeit über „Die chemische Formel des Epidots“1), angegebenen
Methode ergab sich der Glühverlust als Wasser von P01 Proc. das somit
chemisch gebunden war und durch den Austritt die schon erwähnte Ver-
änderung im Aggregationszustande des Minerals herbeigeführt hatte.
Zwar war der nach dieser directen Bestimmungsmethode erhaltene
Wassergehalt geringer als der Glühverlust , eine zweite Bestimmung
ergab jedoch einerseits dasselbe Resultat, andererseits fand ich, da das
nach der Wasserbestimmung noch im Tigel bis zum constanten Gewichte
geglühte Material auch zu einer Alkalienbestimmung verwendet wurde,
dass durch das continuirliche starke Glühen ein Theil der Alkalien sich
verflüchtigt hatte.
Um bei dieser, für die chemische Zusammensetzung des Mejonits,
so wichtigen Bestimmung des Wassers durch directe Ermittelung auch
jedem anderen Einwande im Vorhinein zu begegnen , will ich noch
erwähnen, dass ich das feingepulverte Material erst dann zu dieser Be-
stimmung verwendet hatte, nathdem es wiederholt bei einer Temperatur
von 100° Cels. getrocknet wurde und das Gewicht constant geworden
war. Ebenso verwendete ich ein mit frischem Cldorkalcium gefülltes
Rohr zum Aufsammeln des Wassers, und begann das Mineral in dem
Platinrohr erst dann zu erhitzen , nachdem ich mich überzeugt hatte,
dass der Apparat überall vollständig schliesse.
Nach den bisher angeführten Ergebnissen meiner Untersuchung
glaube ich nun dargelegt zu haben, dass der Mejonit Wasser enthalte,
das nicht etwa ein accessorischer Bestandtheil ist, sondern die chemische
Zusammensetzung des Minerals begründe, und somit die Einreihung
des Mejonits in die Ordnung der wasserfreien Silicate eine unbegrün-
dete sei.
Es dürfte wohl dieser Behauptung, mit der ich bis jetzt nur allein
hervortrete, nicht an Gegnern fehlen, doch möchte ich gleich hier er-
wähnen, dass es schon bei mehreren Mineralen, die man früher für
absolut wasserfrei hielt, in letzterer Zeit gelungen ist, einen Wasser-
gehalt nachzuweisen, wie z. B. E. Ludwig in seiner schon erwähnten
Arbeit mit Evidenz nachwies, dass der Epidot wasserhaltig sei. Ebenso
verhält es sich auch mit dem Euklas und Lievrit.
Im Folgenden will ich nun die Ergebnisse der einzelnen Bestim-
mungen aufzählen :
') Tschermak’s Mineralogische Mittheilungen 1873. 3. Heft. pag. 188.
[5]
Ueber die chemische Zusammensetzung des Mejonits.
55
I. a) 10315 Gramm bei 100° Celsius getrockneter Substanz ga-
ben : 0"4473 Gr. Kieselsäure, 0-3311 Gr. Thonerde,
0'2217 Gr. Kalk und 0*0032 Gr. Magnesia.
b) 09047 Gr. Substanz gaben: 0*0 111 Gr. Chlorkalium und
0 0231 Gr. Chlornatrium.
c) 1 0437 Gr. bei 100° Cels. bis zum constanten Gewichte
getrockneter Substanz gaben beim Glühen im Platinrohr
0 0105 Gr. Wasser.
II. a) 11414 Gr. Substanz gaben im Platinrohr geglüht: 00116
Gr. Wasser.
b) 1-0948 Gr. derselben, aber noch bis zum constanten Ge-
wichte im Platintiegel geglühten, Substanz gaben : 0 2345 Gr.
Kalk, 0*0123 Gr. Chlorkalium und 0*0164 Gr. Chlornatrium,
also um 0 0055 Gr. Chloralkalien weniger als bei der Be-
stimmung mit ungeglühter Substanz.
In Procenten ausgedrückt geben diese Daten folgende Zusammen-
setzung des Mejonits :
Kieselsäure ■ •
I.
• • • 43*36
II.
Mittel
43-36
Thonerde • • •
- • • 32*09
—
32-09
Kalk
• • • 21*49
21*42
21-45
Magnesia • • •
• • 0-31
—
0*31
Natron • ■ • •
• • • 1*35
—
1*35
Kali • • •
• • • 0*76
—
0-76
Wasser ....
• • • 1*01
1*02
1-01
100-33
Die Daten der Alkalien von der zweiten Bestimmung konnten
desshalb nicht in Rechnung gebracht werden, weil, wie bereits erwähnt,
ein Theil derselben bei dem Glühen im Tiegel sich verflüchtigte.
Für die einzelnen Elemente ergiebt sich aus diesen Mittelzahlen:
Silicium • • •
• 20-23
Aluminium ■ •
• 17*38
Calcium -
• 15*32
Natrium • • •
• 1*00
Kalium • • •
• 0*63
Wasserstoff • •
• 0*11
Sauerstoff • •
- 45-74
Durch Rechnung findet man hieraus folgendes Atomenverhältniss :
Silicium • • • • 0‘722 oder 13
Aluminium • • • 0*632 „ 11
Calcium • • • • 0‘383 „ 7
Natrium • • • • 0 0431 .
Kalium • • • • 0*016j ”
Wasserstoff • • -0-112 „ 2
Sauerstoff • • • 2*859 „ 52
Bei der Berechnung dieser Verlniltnisszahlen habe ich Kali und
Natron als isomorph angenommen und die geringe Menge von Mag-
nesia nicht berücksichtigt, da sie wohl keine wesentliche Aenderung in
der Formel herbeifuhren könnte.
8*
56 E. F. Neminar. Ueber die chemische Zusammensetzung d. Mejonits.
Tschermak betont zwar in seiner bekannten Arbeit über die
Feldspathe *) ausdrücklich, dass bei den Feldspathen ebenso wie in
vielen anderen Fällen, Kali und Natron, obwohl von ähnlicher chemi-
scher Zusammensetzung durchaus nicht isomorph seien. Da jedoch der
Gehalt au Kali hier nur ein geringer ist, so glaube ich durch die An-
nahme der Isomorphie von Kali und Natron keinen störenden Fehler
begangen zu haben.
Ganz gewiss müsste aber die an sich ganz unbegründete Annahme
einer isomorphen Vertretung von Kalkerde, Magnesia, Eisenoxydul etc.
durch Kali, Natron eine Unrichtigkeit in der Formel hervorrufen.
Tschermak hat demnach schon in seiner oben erwähnten Ar-
beit ’j verlangt, man solle diese unrichtige Annahme fallen lassen und
später in der Arbeit „über die Aufgaben der Mineralchemie“ * 2) mit
Evidenz die Unhaltbarkeit dieser Annahme nachgewiesen.
Alle nach den bisherigen Untersuchungen des Mejonits für
diesen, und die Wernerite überhaupt, aufgestellten Formeln sind auf
Grund dieser und der von B e r z e 1 i u s’ Zeit überkommenen noch mehr
störenden Annahme, dass nämlich die den einzelnen Elementen zuge-
theilten Sauerstoffmengen in einem einfachen Verhältnisse stehen, be-
rechnet worden. Zwar zeichneten sich solche Formeln, gegenüber den
auf atomistischer Grundlage aufgestellten, durch ihre grosse Einfachheit
aus, dafür waren sie aber unrichtig.
Die nach meiner Analyse berechneten Zahlen der Atomenverhält-
nisse führen zur folgenden empirischen Formel :
26 Si02 . 11 A1203 . 14 CaO . Na20 . 2H20.
Da wie bereits erwähnt, Kalkerde durch Kali und Natron nicht
isomorph vertreten werden kann, so lässt sich diese Formel nicht ver-
einfachen. Dagegen liegt jedoch nach den Erfahrungen bei den Feld-
spathen, die, wie Tschermak gezeigt hatte, eine Mischung zweier
Silicate sind, die Vermuthung nahe, dass auch hier ein Kalk- und
Natron-Silicat isomorph gemischt sein könnten.
Wenn ich nun annehme, dass das Natron-Silicat im Uebrigen ähn-
lich zusammengesetzt wie bei den Feldspathen, jedoch wasserhaltig sei,
so würde sich meine empirische Formel folgendermassen zerlegen lassen :
2(10SiÜ2 . 5A1203 . 7 CaO) Kalksilicat,
(6Si02 . A1203 , Na20 . 2H20) Natronsilicat.
Allerdings lässt sich eine solche Vermuthung nicht durch eine einzige
Untersuchung erweisen, es müsste diese vielmehr auf ganze Gruppen
ausgedehnt werden, so wie es Tschermak in seiner umfassenden
Arbeit über die Feldspathe gethan hatte.
‘) Tschermak, die Feldspäthgruppe. Berichte der k. Wiener Akademie der
Wissenschaften. Bd. L. 1864.
2) Tschermak’s Mineralogische Mittheilungen 1871. 2. Heft
III. Bericht über die vulkanischen Ereignisse des
Jahres 1874.
Von Prof. Dr. €. W. C. Fuchs.
A. Eruptionen.
Die Eruptionsthätigkeit der Vulkane war, soviel bekannt gewor-
den, auch in dein Jahre 1874 nicht bedeutend. Unter den hinreichend
beobachteten Vulkanen war am thätigsten der
Aetna.
Schon im Anfänge des Jahres, am 6. und 7. Januar, hatte der-
selbe eine sehr kurze, aber nicht ganz unbeträchtliche Eruption, indem,
nach heftigen Erdbeben, an den genannten Tagen Lava ergossen wurde,
die sich bis in die bewohnten Regionen ausbreitete. Der Berg scheint
dann bis in den Monat Mai ruhig gewesen zu sein und darauf die Thä-
tigkeit von neuem begonnen zu haben. Die Explosionen waren zahlreich,
die glühenden Schlacken fielen aber fast alle in den Krater zurück
und erleuchteten dabei in der Nacht seine inneren Wände weithin
sichtbar.
Anfangs August hatte sich in der Mitte des grossen Kraters ein
kleiner Krater gebildet, der nach je vier Sekunden Schlacken empor-
schleuderte und bei jeder Explosion die steilen Seitenwände des Haupt-
kraters mit magischem Halblicht übergoss. Die seltsam gestalteten,
rothglühenden Lavabrocken tanzten graziös bis zu einer Höhe von 70
Fuss und fielen dann, anfangs langsam, später rascher, in den Schlund
zurück. Während dieser Vorgänge herrschte ein gewaltiger Sturm in
der Umgebung des Kraters , als wenn die Luft von dem Krater aus
radial gegen die Wände geschleudert würde. Jeder Explosion folgte ein
Windstoss, indem dadurch plötzlich die Luft verdrängt wurde.
Die Thätigkeit ging in der Nacht vom 29—30. August in eine
förmliche Eruption über.
Mineralogische Mittheilungen. 1876. 2. Heft. (Fucli6.)
58
C. W. C. Fuchs.
[2]
Um 4 Uhr Morgens wurde der Ort Randazzo und die ganze
nördliche Hälfte des Aetnagebirges unter heftigem unterirdischem Don-
ner von zwei starken Erderschütterungen betroffen. Schwarze, dichte
Rauchwolken stiegen aus dem Abhange auf, die sich von einzelnen
Stellen zeitweise als eine ganze Reihe von Rauchsäulen darstellten. Sie
überschütteten den nördlichen Theil mit Sand und Schlacken. Das Ganze
glich einer auf einmal entzündeten Masse von Feuerwerk , aus dem
eine Menge Raketen über die Glut der übrigen Feuerkörper in die Luft
stiegen.
Sieben Stunden dauerte dies schaurig erhabene Schauspiel. Von
11 Uhr an wälzten sich nur noch Rauchwolken, denen des Hauptkra-
ters ähnlich, empor. Am 2. September fiel Asche in Catania; allein
schon vom 3. September an sah man kein Feuer mehr und hörte keinen
Donner.
Bei den zwei ersten heftigen Erdstössen der Eruption spaltete sich
der Kegelmantel in einer Höhe von 2450 Meter auf eine Strecke von
fünf Kilometer; es entstand dadurch eine grosse Kluft, rechts und links
von mehreren Nebenspalten begleitet.
Dieselben liegen östlich von den Eruptionskegeln des M. Grigio
und M. Pizillo und richten sich gegen den M. nero. Die grosse Haupt-
spalte begann am Cratere ellitico , dem nördlichen Rande des Gipfel-
plateaus und zog sich in südnördlicher Richtung bis zu den alten
Eruptionskegeln der Timpa rossa. Die Kraft, durch welche die Spalte
aufsprang, wirkte ungefähr in der Mitte des gewaltigen Risses, zwischen
den Schlackenhügeln i fratelli pii und dem M. grigio am stärksten.
Hier beträgt ihre Breite 50 — 60 Meter , während sie weiter abwärts
auf 30, 20, 15, 5 und 3 Meter sich verschmälert.
An der breitesten Stelle der Spalte bildete sich auch ein Krater-
schlund, der durch Schlackenauswurf sich schnell zu einem Eruptions-
kegel aufbaute, dessen elliptischer Krater mit seiner grossen Axe in
der Richtung der Spalte liegt. Seine relative Höhe beträgt 50 Meter,
der Umfang am oberen Rande 300 und an der Basis 860 Meter. Der
mittlere Durchmesser des Kraters ist 100 Meter.
Dieser Eruptionskegel besteht aus labradorreichen Lavablöcken
von hellgrauer Farbe, die aus der vorhistorischen Thätigkeit des Vul-
kans stammen. Diese alten, hellgefärbten Lavablöcke sind zuweilen von
einer Schale neuer, augitreicher Lava umhüllt. Rings um den Krater,
bis in eine Entfernung von 500 Meter, finden sich diese Blöcke, welche
durch ihre Farbe sich sehr auffallend von den neuen dunkeln Erup-
tions-Producten unterscheiden. Der trichterförmige Schlund des Kraters
führt zu einer schachtähnlichen Spalte, deren Tiefe das Auge nicht
erreicht ; soweit man sehen kann , erblickt man übereinandergelagerte
Lavabänke.
Von dem eben beschriebenen neuen Eruptionskegel gegen Norden, also
abwärts am Gehänge , zieht sich die Spalte zunächst 500 Meter weit
durch einen alten, einer Eruption des vorigen Jahrhunderts angehörigen
Lavastrom. Auf dieser Strecke erheben sich zehn tiefe Eruptions-
schlünde , von denen die oberen einen Kraterdurchmesser von 25 bis
[3]
Bericht über die vulkanischen Ereignisse des Jahres 1874
59
30 Meter , die anderen , mehr nördlich gelegenen , einen solchen von
10 Meter besitzen.
Auf der nördlichen Fortsetzung derselben grossen Spalte haben
sich,, in fünf Gruppen geordnet, noch 25, zum Theil nur kleine Schlünde
geöffnet , aus denen Rauch und Schlucken kamen. Der neue grosse
Kegel und die Oeffnungen der vier Gruppen ergossen mächtige Lava-
ströme, gewöhnlich brachen dieselben jedoch nur in Intervallen hervor
und erreichten darum auch nicht die Wohnungen von Linguagrossa,
gegen die sie gerichtet waren.
Der Strom aus den beiden Eruptions - Oeffnungen der vierten
Gruppe ist 150 Meter lang , 60 Meter breit und 2 Meter dick. An
dem Strom von 1809 hielt er an und zersplitterte sich. Aus den
Oeffnungen der fünften Gruppe floss ein Strom 4000 Meter lang , 80
Meter breit und 2 Meter dick und sandte noch zwei Arme gegen
Westen.
Nach der Berechnung von Silvestri warf der grosse Krater des
neuen Kegels an Lava und Blöcken eine Masse von 1,269.000 Kubik-
meter aus. Die von der vierten Gruppe erzeugte Gesteinsmasse schätzt
er auf 18.000 Kubikmeter und die der fünften Gruppe auf 64.000 Ku-
bikmeter.
Die neue Lava ist schlackig, sehr augitreich, schwarz, zuweilen
von metallähnlichem Glanz und magnetisch. Das specifische Gewicht
beträgt 2\364. Die Fumarolen-Oeffnungen dieser Lava sind meist mit
zierlichen Sublimations-Producten bekleidet.
Ausser dieser radialen Hauptspalte, welche durch eine Fumarolen-
Linie bis an den Fuss des Central -Kraters sich verfolgen liess und in
ihrer nördlichen Fortsetzung auf den alten Eruptionskegel von Moja
treffen würde , entstanden sehr zahlreiche kleinere , t.heils zur Seite,
parallel der grossen Spalte , theils an den Punkten grösster Intensität
vulkanischer Kraft von derselben ausstrahlend.
Am 12. September war die Eruption gänzlich vorbei und nur
schwache Rauchsäulen stiegen noch aus den Oeffnungen auf, wachsend
und abnehmend mit dem Rauch des Central-Kraters. Dieser Central-
Ivrater beendigte seine im Mai begonnene eruptive Thätigkeit ebenfalls
mit dem Seitenausbruch vom 29. August. Der Ausbruch hatte mit
allen Anzeichen einer grossen Eruption begonnen, erlosch aber trotzdem,
sobald die vulkanischen Kräfte zum Durchbruch gelangt waren.
Vesuv.
Der Vesuv , welcher in der zweiten Jahreshälfte von 1873 in
etwas erregter Thätigkeit begriffen war , rauchte auch in den ersten
Monaten des Jahres 1874 stark. Im März bemerkte man, dass die aus
Blöcken aufgebaute Lavamauer, welche seit 27. April 1872 den grossen
Gipfelkrater in zwei Theile trennte, zusammengestürzt war und der
Krater sich dadurch fast vollständig ausgefüllt hatte, doch verhinderte
die Dampfentwicklung einen klaren Einblick in den Zustand des Kra-
ters. In der Nacht zum 18. Juli fand ein kleiner Ausbruch statt, wo-
durch man eine Zeit lang das Observatorium und das Dorf Santo Jorio
für bedroht ansehen musste.
60
C. W. C. Fuchs.
[4]
Stromboli.
Die unausgesetzte Thätigkeit des Stromboli zeichnete sich im
Juni durch besondere Lebhaftigkeit aus, indem die glühenden Schlacken
bis an die Meeresküste geschleudert wurden.
Ruwang.
Es wurde gemeldet, dass Mitte Mai unter heftigem Erdbeben ein
Ausbruch des der Insel Menado gegenüberliegenden Vulkans Ruwang
stattgefunden habe, wodurch eine ganze Negeransiedlung mit mehr als
300 Personen von dem Meere fortgerissen wurde.
Forsi yama.
In Japan fand am 8. Februar die Eruption eines Vulkanes statt.
Der Berg wird als Forsi yama bezeichnet. Es dürfte dies die locale
Bezeichnung eines besonderen Gipfels oder Kraters eines unter anderem
Namen bekannten Vulkans sein , wenn nicht der Name Fusino yama
missverstanden und verändert ist.
Mäni.
Bisher glaubte man, dass unter der Gruppe der Sandwich-Inseln
nur Ilawa'i noch thätige Vulkane enthalte. Im Jahre 1874 hat man
jedoch auch auf der Insel Mäni, welche 54 Meilen lang und 21 Meilen
breit ist und deren höchste Gipfel bis nahe zu 14.000 Fuss aufsteigen,
einen Vulkan aufgefunden, der noch gegenwärtig, wenn auch nur in
schwacher vulkanischer Thätigkeit begriffen ist. Derselbe ist im Solfa-
taren-Zustand und durch seine schwefelreichen Exhalationen ausge-
zeichnet.
Volcano.
Die bekannte Insel Volcano unter der Gruppe der Liparen hatte
zuletzt im Jahre 1786 einen aus Obsidian bestehenden Lavastrom er-
gossen und war seitdem nur in lebhafter Solfataren-Thätigkeit begriffen.
Vom 20. September bis 20. October 1873 erfolgte jedoch wieder ein
Ausbruch von Rapilli und Asche. Man sah Feuerschein aus einem neu-
gebildeten Schlunde innerhalb des grossen Kraters und hörte unter-
irdischen Donner während der Erderschütterungen. Schwächere Erup-
tions-Erscheinungen setzten sich noch bis über die Mitte des Jahres
1874 fort.
[5]
Bericht über die vulkanischen Ereignisse des Jahres 1874.
61
B. Erdbeben. *)
Die statistische Zusammenstellung der bekannt gewordenen Erd-
beben aus dem Jahre 1874 ergiebt für die einzelnen Monate folgende
Resultate :
Januar.
6. Januar. Um 4 Uhr Morgens Erdbeben in Darmstadt.
6. Januar. Viele . zum Theil sehr heftige Erderschütterungen am
Aetna. Dieselben leiteten den am 7. Januar beginnenden kleinen Aus-
bruch des Vulkans ein und wiederholten sich häufig.
6. Jan. Um 6 Uhr Morgens zu Gyorok und Kuvia in Ungarn
ein Erdbeben.
7. Jan. Heftiger Erdstoss in Campobasso (Neapel).
7. Jan. In Algier ein Erdstoss.
17. Jan. Nachts ein Erdstoss in Athen.
21. Jan. Abends HV2 Uhr in Reichenau (Niederösterreich) eine
Erderschütterung, der 8 Min. später eine zweite folgte.
22. Jan. Mehrere Erderschütterungen zu Bagneres de Bigorre, die
sich seit dem letzten Erdbeben daselbst häufig wiederholen. Wenn die
Zeitungsangabe richtig verstanden ist, so wiederholen sich die Erd-
erschütterungen an diesem Orte seit 26. November 1873 häufig.
24. Jan. Bei Nassenfuss , in der Nähe von Laibach, fand Nach-
mittags ein Erdbeben mit Donnergetöse statt und wiederholte sich spä-
ter nochmals.
25. Jan. Abermals Erdbeben zu Nassenfuss um 7 Uhr 45 Min.
und so heftig, dass die solidesten Häuser erschüttert wurden. Die Rich-
tung ging von SW. nach NO. und einige Minuten später folgten noch
zwei Stösse. Nachts 12 Uhr ereignete sich ein vierter Stoss, so stark
wie der erste.
30. Jan. Abends 6 Uhr zu Lesina und Lissa und den umgeben-
den Inseln (Dalmatien) Erdstösse 8 — 10 Sekunden lang von S. gegen
N., wellenförmig sich fortpflanzend. Gegen 8 Uhr Abends wiederholten
sich die Stösse schwächer, aber mit donnerähnlichem Getöse, wobei man
besonders drei dumpfe Schläge unterscheiden konnte.
31. Jan. Um Mitternacht vom 30 — 31. Jan. trat in Belluno ein
ziemlich heftiger Erdstoss ein.
Februar.
1. Februar. Nachts Erderschütterungen in Nassenfuss von SW.
nach NO.
2. Febr. Um 8 Uhr 15 Minuten mehrere Erderschütterungen in
Nassenfuss.
3. Febr. Abermals Erdbeben in Nassenfuss.
*) Auch in diesem Jahre verdanke ich wieder der Güte des Herrn Professor
A. Perr ey sehr schätzenswerthe Mittheilungen über die in Frankreich vorgekom-
menen Erdbeben.
Mineralogische Mitteilungen. 1875. 2. Heft. (Puchs.)
9
62
C. W. C. Fuchs. [6]
4. Febr. Morgens 6 Uhr sehr heftiges Erdbeben in Manila, das
sich um 1 Uhr, 2 und 7 Uhr Nachmittags wiederholte.
5. Febr. Fortdauernde Erderschütterungen in Manila.
8. Febr. Erdbeben in Japan in Verbindung mit dem grossen
Ausbruch.
10. Febr. Morgens 5 Uhr 20 Min. heftiger Erdstoss in Stuttgart
mit schwächeren Wiederholungen. Die starken Erschütterungen wurden
auch in Mannheim, Heidelberg, Darmstadt, Frankfurt, Saarbrücken,
Karlsruhe, Pforzheim, Tauberbischofsheim gespürt und erstreckten sich
demnach ungefähr über denselben Flächenraum, wie mehrere der letzten
starken Erdbeben des westlichen Odenwaldes.
11. Febr. Kurz vor 11 Uhr schwache Erderschütterung in Blidah
(Algier).
12. Febr. Nachts 2 Uhr 10 Min. zwei leichte, rasch aufeinander-
folgende Erdstösse in Darmstadt von SW. nach NO , je drei Sekunden
lang, mit dumpfem, dem Rollen eines Wagens ähnlichen Getöse.
15. Febr. Erdbeben in einigen Gegenden von Ober-Italien wäh-
rend 5 oder 6 Sekunden, in der Richtung von SW. nach NO.
16. Febr. Morgens 51/2 Uhr ziemlich starke Erderschütterung von
14 Sekunden in Darmstadt.
18. Febr. In der Nacht drei Erdstösse in Tübingen. Der erste
und schwächste zwischen 10 und 11 Uhr, der zweite und stärkste etwa
um 1 1 1/2 und der dritte um Mitternacht.
20. Febr. Abends kurz nach 7 Uhr ziemlich starker Erdstoss in
Zürich, so dass Bilder an den Wänden sich bewegten. Rn Thale war
zu dieser Zeit die Luft ganz ruhig; auf den Höhen, z. B. dem Uetli-
berge, herrschte rasender Föhn.
25. Febr. Morgens Erdbeben zu Camerino und mehreren Orten
Ober-Italiens von 0. nach W,
„28. Febr.“ Unter diesem Datum ward aus Athen berichtet, dass in
voriger Woche, also zwischen 15. und 22. Febr. leichte Erderschütte-
rungen auf der Insel Zante stattfanden.
März.
6. März. Morgens 9 Uhr 10 Min. ziemlich heftiger Erdstoss von
W. nach 0. in Samobor (Croatien).
11. März. Morgens 7 Uhr 55 Min. wellenförmiges Erdbeben in
Arena di Taggia (Apulien) 5 Sekunden laug ; um 8 Uhr abermals ein
Erdstoss.
16. März. Bei Laon in Frankreich mehrere Erdstösse.
17. März. Morgens 11 Uhr 38 Min. wieder zwei leichte Erdstösse
in Arena di Taggia.
20. März. Abends bald nach 10 Uhr starkes Erdbeben in Bern-
dorf (Niederösterreich) mit schwachem Donner. In Baden und Potten-
stein schwankten Luster und Bilder; in Wiener-Neustadt war die
Richtung von SW. nach NO. und die Schwankungen dauerten 4 Sek.
20. März. Um 3 Uhr 2 Min. ein zwei Sek. anhaltendes Erdbeben
in Jülich.
[7]
Bericht über die vulkanischen Ereignisse des Jahres 1874.
63
20. März. Morgens 10 Uhr 59 Min. schwache Erderschütterung
zu Abbadia bei Hendaye (Basses Pyrenees), ungefähr 12 Sekunden lang.
21. März. Morgens 8 Uhr zu St. Peter an der österr. Südbahn
und in Dornegg bei Ulyrisch-Feistritz starkes, wellenförmiges Erdbeben
mit Getöse, von S. nach N. Um 23/4 Nachmittags wiederholte sich das-
selbe schwächer.
26. März. Morgens 7 Uhr und 8 Uhr 50 Min. zwei leichte Erd-
stösse in Belluno.
27. März. Abends 10 Uhr 25 Min. abermals Erdbeben zu Dornegg
bei Ulyrisch-Feistritz.
28. März. Morgens 11 Uhr 12 Min. und 11 Uhr 20 Min. in Algier,
Cherchell, Miliannata und einem grossen Theil von Algerien zwei Erd-
erschütterungen von N. gegen S. sich fortpflanzend; die eiste Erschüt-
terung, welche stärker war, dauerte 7 — 10 Sekunden.
29. März. Abermals Erdstösse in einem grossen Theil von Al-
gerien. In Cherchell und Miliannata haben die Häuser Sprünge erhalten.
April.
9. April. Erderschütterung in Belluno.
10. April. Mehrere Erderschütterungen in Belluno.
11. April. Um Mitternacht abermals Erdbeben in Algier.
13. April. Morgens 3 Uhr in Framersheim (Rheinhessen) Erd-
erschütterung von 0. nach W. mit starkem Getöse.
13. April. Morgens 11 Uhr wiederholte Erdersckütterungen in Algier.
14. April. Nachmittags, 10 Min. vor 2 Uhr Erderschütterung in
Bonn mit Getöse verbunden , aber von sehr kurzer Dauer , jedoch so
stark, dass die Wände zitterten.
15. April. Morgens 1 Uhr abermals Erdstoss in Algier.
16. April. Erdbeben in Fünfkirchen (Ungarn); noch stärker war
dasselbe in Devecser im Baranyer Comitat.
18. April. Morgens 11 Uhr 31 Min. vier Erdstösse rasch nach-
einander in Parma.
22. April. Morgens 3 Uhr 24 Min. Erdstoss von 0. nach W. von
1 1/2 Sekunden in Eisenerz, so dass Gläser klirrten.
23. April. Nachts in Saintes und Jonzac in Frankreich ziemlich
starker Erdstoss.
29. April. Erdbeben von SW. nach NO. in Kebban - Maden
37° 51 ' n. Br., 31° 29' ö. v. F. und in der Umgebung von Diarbekir.
Dasselbe fand um 12 Uhr 45 Min. statt, war mit unterirdischem Ge-
töse gleich dem Rasseln eines schweren Wagens verbunden und wieder-
holte sich mehrfach im Laufe des Tages.
Mai.
1. Mai. Abermals Erderschütterung in Maden und Diarbekir.
3. Mai. Morgens 7 Uhr Erderschütterung in Maden und Diarbekir.
4. Mai. Wiederholte Erderschütterungen in Maden and Diarbekir,
die stärksten, welche bis dahin stattgefunden, so dass ein Dorf gänzlich
zerstört und viele andere beschädigt wurden.
9*
64
C. W. C. Fuchs.
[8]
Seit 16. Mai bewegte sich ein Theil des Hardenberges bei Mainz.
Die Predigerhöhe schob sich 3 — 4 Meter weit und der Giebel eines
Hauses wurde zerstört ; in den Vorbergen sind gähnende Spalten und
breite Risse entstanden.
Mitte Mai zahlreiche Erderschütterungen in der Umgebung des in
Eruption begriffenen Vulkanes Ruwang.
Im Mai wiederholten sich häufig Erschütterungen auf dem Abhange
des Aetna, welcher zu dieser’ Zeit in Eruption begriffen war.
19. Mai. Morgens 5 Uhr und 5 Uhr Abends Erderschütterung in
St. Peter. Die Bewegung war gegen N. gerichtet; im März war die Er-
schütterung jedoch stärker.
22. Mai. Morgens 11 Uhr 5 Min. Erschütterung von NO. nach
SW. in Darmstadt.
23. Mai. Abends Erdstoss in Alicante in der Richtung von 0.
nach W., zwei Stunden später wiederholte er sich noch stärker und
war mit Getöse verbunden; ebenso in Cartagena und Murcia.
Juni.
2. Juni. Morgens 41/a Uhr drei schwache Erdstösse in Ravenna.
6. Juni. Abends 11 Uhr 30 Min. starke horizontale Erderschüt-
terung in Lesina von SW. nach NO. mit heftigem, unterirdischem
Getöse.
10. Juni. Abends zwischen 9Xl2 und 10 Uhr ziemlich starker Erd-
stoss in Mauleon, Tardet, Oleron (B. Pyrenees) von W. nach 0. und
am stärksten in Eaux Bonnes.
26. Juni, Abends lP/j Uhr eine zwei Sekunden anhaltende, ziem-
lich heftige Erderschütterung in Konstantinopel.
27. Juni. Morgens 1 Uhr und 3V2 Uhr Erderschütter ungen in
Konstantinopel.
27. Juni. Erdbeben in Hongkong, so dass Häuser schwankten und
Möbel vom Platze gerückt wurden.
Juli.
Am 4. Juli, Nachts 3 Uhr senkte sich das Dorf Dezoin, im Be-
zirk Romnico- Volca in Rumänien, um drei Klafter mit unterirdischem
Getöse. Merkwürdigerweise blieben die Häuser stehen.
7. Juli. Morgens 9 Uhr heftiger Erdstoss von W. nach 0. in
Frederiksholm und Sarpysborg in Schweden.
13. Juli. Morgens 3 Uhr 45 Min. heftiger Erdstoss in Jugenheim
und Schönberg (westlicher Odenwald).'
28. Juli. Furchtbares Erdbeben zu Tauris in Persien , wodurch
viele Häuser zerstört wurden und viele Menschen umkamen.
Im Juli kamen wiederholt schwache Erderschütterungen am
Vesuv vor.
August.
3. August. Abends 8’/2 Uhr zwei wellenförmige Erderschütterun-
gen in Pfungstadt.
[9]
Bericht über die vulkanischen Ereignisse des Jahres 1874.
65
10. August. Morgens 7 Uhr 15 Min. in Trata bei Bischofslaak
in Krain ziemlich starkes Erdbeben , welches auch in Laibach be-
merkt wurde.
10. August. Morgens 9 Uhr Erdstoss am Hotel Diablerets (Waadt).
Um 3 Uhr 20 Min. spürte man in Bex eine Erderschütterung von
NW. nach SO., ebenso in Ollon, Aigle, Gryon und vielen Stellen des
Genfer Sees, sowie in Saanen und Ormont, Auf den Bergen war
es am stärksten und mit unterirdischem Getöse verbunden.
10. August. Abends 10 Uhr 30 Min. wellenförmiges, 3 Sekunden
anhaltendes Erdbeben in Lissa von SO. nach NW.
18. August. Abends zwei leichte Erderschütterungen in Kon-
stantinopel. ,
19. August. Erderschütterung in Konstantinopel, stärker wie am
Tage vorher.
20. August. Abermals Erderschütterung in Konstantinopel,
Morgens.
25. August. Nachts zu Wladikawkas, am Nordabhange des Kau-
kasus, Erdbeben aus drei Stössen von SW. ; in Nasram, westlich von
der Stadt, dauerte es lange und bestand aus einer grossen Zahl von
Stössen, so dass Schornsteine herabstürzten.
26. August. Erdbeben auf Portorico, welches Häuser schwanken
machte.
28. August. Nachmittags 2 Uhr und 33 4 5/4 Uhr zwei Erdstösse zu
Pannesheide bei Aachen, letzterer auch in Kohlscheid, Herzogenrath,
Kerkrade und Furth, von NO. nach SW. mit unterirdischem Getöse.
29. August, Im Monat August fanden wiederholt schwache Erd-
erschütterungen am Aetna statt. Am 29. traten zwei heftige Erdstösse
am Nordabhange dieses Vulkans ein ; in der Nacht hatte die Seiten-
Eruption bei Bronte begonnen.
30 — 31. August. Nachts ziemlich heftige Erderschütterungen zu
St. Oswald oberhalb Eibiswald in Ober-Steiermark, so dass Häuser zit-
terten und Möbel gerückt wurden.
30 — 31. August. Nachts zahlreiche Erderschütterungen am Aetna.
September.
3. September. Heftige Erderschütterungen am Aetna, besonders
bei Linguagrossa und Randazzo.
4. Sept. Die Erdstösse bei Randazzo waren seltener, doch zeich-
nete sich um 11 Uhr Morgens einer durch Heftigkeit aus.
5. Sept. Morgens 11 Uhr 5 Min. starker Stoss zu Wurm bei
Herzogenrath und Abends 9 Uhr 5 Min. ein schwächerer von N. nach
S., letzterer wurde auch in Linnich gespürt.
5. Sept. Zwei starke Erdstösse zu Pannesheide und Kohlscheid;
vielleicht ist dieses Erdbeben identisch mit dem vorher erwähnten.
11. Sept. Abends 8 Uhr zwei von NW. nach SO. gehende Erd-
stösse, wovon der erste heftig war, zu Ivraljevica in Croatien.
13. Sept. Morgens 2 Uhr Erderschütterung im westlichen
Odenwald.
66
C. W. C. Fuchs. [10]
26. Sept. Sehr heftiges Erdbeben in Randazzo am Aetna und
starkes Brausen. Die Häuser erhielten Risse.
27. Sept. Durch ein heftiges Erdbeben wurde Antigua , Stadt in
Guatemala, zerstört. Die Nachricht ist New-York den 27. Sept. datirt.
Das Erdbeben dauerte noch längere Zeit fort ; 200 Menschen wurden
getödtet. Auch in der Stadt Guatemala war es sehr stark und in drei
Dörfern am Vulkan Fuego. Das Erdbeben bestand aus einer
Menge vertikaler Stösse, zwischen denen wellenförmige Erschütterungen
vorkamen.
October.
7. October. Nachmittags 43/4 Uhr heftige Erdstösse in Florenz
und Bologna ; in Bologna war besonders einer stark und dauerte 12 Se-
kunden. Um 6 Ehr 36 Min. Abends wiederholten sie sich noch stärker
in Florenz.
8. Oct. Abends 5 Uhr schwache Erderschütterung in Florenz.
15 — 16. Oct. Nachts Erderschütterung zu Hammerstadt bei Riet-
schen, Kreis Rothenburg.
17. Oct. Heftiger Erdstoss in Malta, dem noch acht schwächere
Stösse mit Getöse folgten. Einige Gebäude wurden beschädigt.
18. Oct. Furchtbares Erdbeben in Kabul (Afghanistan), wodurch
mehr als tausend Häuser zerstört wurden und viele Menschen um-
kamen.
24. Oct. Nachts 1 Uhr 58 Min. zu Clana bei Castua in Istrien
ziemlich heftiger Erdstoss von SW. nach NO. Er setzte 3 Sekunden
lang Alles in Bewegung und lange nachher vernahm man noch unter-
irdisches Rollen.
24 — 31. Oct. Zahlreiche Erderschütterungen auf dem Observato-
rium des Vesuv.
26. Oct. Kurz nach Mitternacht heftiges Erdbeben in Chile, von
Capiapio im Norden bis Talca im Süden , 30 Sekunden lang von
0. nach W.
29. Oct. Morgens 4 ’/2 Uhr mehrere Erdstösse im oberen Po-Thale
und im Varnila-Thale von Saluzzo bis Crissolo und von dort in die Thä-
Jer von Pollice und Dora Riparia.
November.
3. November. Heftiger Erdstoss in Tübingen , Morgens zwischen
2 und 3 Uhr.
7 — 8. Nov. Erdstoss in Corvold'Orgueilleux (Nievre). Eine Mauer
wurde dadurch umgestürzt,
10. Nov. Abends 7 Uhr ziemlich starkes Erdbeben in Roveredo.
12. Nov. Gegen 2 Uhr Nachts Erdstoss in Innsbruck.
16. Nov. Morgens Erdbeben in Carnavonshire und Anglesea in
England.
16. Nov. Morgens 6 Uhr ziemlich starkes Erdbeben in Konstanti-
nopel, vielleicht in Zusammenhang mit dem Folgenden.
[11]
Bericht über die vulkanischen Ereignisse des Jahres 1874.
67
16. Nov. Morgens heftige Erdstösse in Smyrna und anderen Orten
Kleinasiens, in Anatolien und Rhodus.
16. Nov. Morgens 11 Uhr donnerähnliches Getöse in Köttse und
Nachmittags 3 Uhr schwacher Erdstoss.
17. Nov. Morgens 2 Uhr 45 Min. und 3 Uhr Erdstösse zu Scheibbs
in Niederösterreich.
19. Nov. Morgens 2 Uhr Erdbeben in Innsbruck.
20. Nov. Morgens 6 Uhr wellenförmiges Erdbeben von SO. nach
NW. zu Tarvis.
December.
2. December. Nachts 1 Uhr 52 Min. starker Erdstoss in Innsbruck
und Hall. Zuerst hörte man eine Detonation, ähnlich einem fernen Ka-
nonenschuss, gleich darauf gerieth Alles ins Schwanken.
2. Dec. Kurz vor Sonnenaufgang 5 Sekunden lang heftige Eid-
erschütterung an mehreren Orten des oberen Neutraer Comitates. Das
Centrum scheint im Bergstock Bradlo bei Bezowa gewesen zu sein,
wo die Erderschütterungen um 7 Uhr am heftigsten gespürt wurden.
Um 71/a Uhr waren die Erdstösse auch in Brunotz bei Pistyan
sehr stark.
3. Dec. Morgens 1 Uhr 25 Min. furchtbare unterirdische Detonationen
und darauf mehrere verticale Stösse in Innsbruck, so dass Mörtel von den
Wänden fiel. Die senkrechten Stösse wiederholten sich etwa IV2 Se-
kunden lang in schnellem Tempo. Gegen 7 Uhr kamen noch zwei
schwächere Stösse vor.
3. Dec. Abends 6 Uhr ziemlich starkes Erdbeben in Reichenau
(Niederösterreich). Zuerst fühlte man einen starken Erdstoss, dem ein
wellenförmiges Beben von S. nach N. folgte.
7. Dec. Zwei leichte, wellenförmige Erschütterungen in Potenza.
7. Dec. Morgens 10 Uhr im Waisenhaus zu Masans , Canton
Graubünden, starkes Erdbeben, so dass Thüren zuschlugen und Möbel
von der Stelle gerückt wurden.
9. Dec. In Isola am Liris (Italien) abermals Erdstösse , so dass
die Einwohner von Sora die Nacht im Freien zubrachten. In dem Dorfe
Posta im Gebiet von Sora sind mehrere Häuser zusammengestürzt und
Menschen umgekommen.
11. Dec. Morgens 4 Uhr 34 Min. Erdbeben in der Umgebung des
Hotels vom Pic du Midi in den Pyrenäen.
14. Dec. Abends 8 Uhr 22 Min. abermals Erderschütterung auf
dem Pic du Midi.
14. Dec. In Rom um 1 Uhr 50 Min. schwache, wellenförmige
Erderschütterung von NO. nach SW. von 30 — 40 Sekunden. In Casino
war der Stoss intensiver und soll schon um 1 Uhr 46 Min. eingetre-
ten sein.
23. Dec. Morgens 5 Uhr 15 Min. in Reichenau und Umgebung
bis Gloggnitz starker Erdstoss von 0. nach W.
68
C. W. C. Fuchs.
[12]
A» ausgedehnten Erdbeben, welche die Erdoberfläche mit zerstö-
render Kraft erreichten und wichtige Veränderungen herbeiführten, war
das Jahr 1874 arm; selbst die zahlreichen, mit den Eruptionen der in
diesem Jahre thätigen Vulkane verbundene Erderschütterungen, zeich-
neten sich nicht durch auffallende Stärke aus.
Das bedeutendste Ereigniss war das Erdbeben von Antigua in
Guatemala, welches längere Zeit im September und October anhielt und
aus einer grossen Zahl theils senkrechter Stösse, theils wellenförmiger
Erschütterungen bestand und die Ruhe der Erdmasse so sehr störte,
dass man die Erdoberfläche deutlich sich bewegen und wogen sah.
Durch die in Folge davon hervorgerufenen Zerstörungen kamen mehr
als 200 Menschen um das Leben. Das Erdbeben trat in dem Gebiete
des bekannten Vulkanes Fuego ein, welcher 1860 seine letzte Eruption
hatte und, wenn er auch 1874 nicht in förmlichen Ausbruch gerieth,
doch höchst wahrscheinlich durch seine fortdauernde Thätigkeit dieses
Erdbeben erzeugte.
Nächst dem Erdbeben von Antigua war dasjenige, welches am
18. October in Kabul in Afghanistan eintrat, das bedeutendste. Mehr
als tausend Häuser wurden zerstört und viele Menschen verloren das
Leben.
Ueber einen grossen Flächenraum erstreckte sich auch das Erd-
beben in Chile, indem der ganze Küstenstrich zwischen Copiapo im Nor-
den und Talca im Süden erschüttert wurde.
Unter den aufgezählten Erdbeben sind auch wieder die seit meh-
reren Jahren in Bewegung begriffenen Erschütterungsgebiete enthalten ;
weder dasjenige des westlichen Odenwaldes, noch das am Niederrhein
und das von Belluno sind bis jetzt zur Ruhe gekommen. In dem ober-
rheinischen Gebiet, Grossgerau-Odenwald, wo die Erdbeben im Januar
1869 begonnen haben , wurden 1874 wieder Erderschütterungen an
9 Tagen gespürt, in dem Kohlengebiet von Aachen, bei Kohlscheid und
Herzogenrath an 2 Tagen, und in Belluno, welches durch die furchtbare
Erschütterung von 1873 die Aufmerksamkeit wieder auf sich lenkte
und seitdem von Zeit zu Zeit immer wieder von Erschütterungen be-
troffen wurde, sind vier Erdbebentage in diesem Jahre verzeichnet.
Im Ganzen sind mir in dem abgelaufenen Jahre 123 Erdbeben
bekannt geworden, die an 73 verschiedenen Orten vorkamen und
aus einer grossen Anzahl einzelner Stösse oder Erschütterungen be-
standen. Sie traten an 104 verschiedenen Tagen ein und an fol-
genden Tagen fanden mehrere Erdbeben statt:
6. Januar : Gyorok. Darmstadt. Aetna.
7. Januar : Algier. Campobasso.
20. März : Jülich. Berndorf. Abbadia.
13. April : Algier. Framersheim.
16. Mai : Ruwang. Aetna. Hardenberg.
27. Juni : Konstantinopel. Hongkong.
28. Juli : Tauris. Vesuv.
10. August : Diablerets. Bischofslaak. Lissa.
30. August : St. Oswald. Aetna.
Bericht über die vulkanischen Ereignisse des Jahres 1874.
69
26. September : Randazzo. Chile.
24. October : Clana. Vesuv.
16. November : Köttse. Smyrna. Konstantinopel.
2. December : Innsbruck. Neutraer Comitat.
3. December : Reichenau. Innsbruck.
7. December : Potenza. Masans.
14. December : Pic du Midi (Pyrenäen). Rom.
Mehrere Orte wurden im Laufe des Jahres wiederholt von Erd-
beben betroffen, nämlich :
Aetna: 6. Januar ; Mai; 29., 30. August; 3., 4., 5., 26. September.
Algier: 7. Januar; 11. Februar; 28., 29. März; 14., 15. April.
Darmstadt: 6. Januar; 10., 12., 16. Februar; 22. Mai.
Athen: 17. Januar; 28. Februar.
Reichenau (Oesterreich): 21. Januar; 3., 23. December.
Nassenfuss (Krain): 24., 25. Januar; 1., 2., 3. Februar.
Lesina und Lissa: 30. Januar; 6. Juni; 10. August.
Belluno: 31. Januar; 26. März; 9. April; 10. Juni.
Manila: 4., 5. Februar.
Tübingen: 18. Februar; 3. November
Arena di Taggia: 11., 17. März.
St. Peter (Oesterreich): 21., 27. März; 19. Mai.
Maden: 29. April; 1., 3., 4. Mai.
Umgebung des Vulkans Ruwang besonders im Mai.
Konstantinopel: 26., 27., 29. Juni; 18., 19., 20. August; 16.
November.
Umgebung des VeSuv besonders im Juli und October.
Kohlscheid: 28. August; 5. September.
Florenz: 7., 8. October.
Innsbruck: 12., 19. November; 2., 3. December.
Pic du Midi: 11., 14. December.
Die 123 Erdbeben des Jahres 1874 vertheilen sich in folgender
Weise auf die verschiedenen Jahreszeiten:
Winter: 37
(Januar 12; Februar 15; December 10).
Frühling: 32
(März 12; April 11; Mai 9).
S o m m er: 25
(Juni 7; Juli 5; August 13).
H erbst: 29
(September 9; October 9; November 11).
Mineralogische Mittheilungen. 1875. 2. Heft. (Fuchs.)
10
70 C. W. C. Fuchs. Ber. über d. vulkanischen Ereignisse d. Jahres 1874. [14]
Neben den Erdbeben, welche entschieden vulkanischen Ursprungs
sind, indem sie in auffälliger Weise mit der Thätigkeit der Vulkane
im Zusammenhänge standen, wie die Erderschütterungen an der Nord-
seite des Aetna, besonders bei Randazzo, an den Vulkanen Ruwang und
Vesuv u. s. w., sind Erderschütterungen beachten swerth, die in ebenso
entschiedener Weise nur von rein mechanischen Veränderungen in der
Architectur der Erde abhingen, wie diejenigen bei Romnico-Volcu, wo
das Dorf Dezoin sich senkte, oder diejenigen am Hardenberg bei
Mainz, wo die sogenannte Predigerhöhe sich verschob und zahlreiche
Spalten entstanden, u. s. w.
In wie geringer Tiefe unter der Erdoberfläche sich in einzelnen
Fällen jene Veränderungen vollziehen können, die zu Erderschütterun-
gen Veranlassung geben, dafür hat das Jahr 1874 ebenfalls einige
interessante Beispiele geliefert.
Bei dem Erdbeben, welches am 10. August an dem östlichen
Ende des Genfer Sees, zwischen Saanen, Ormont, Aigle und Bex ein-
trat, war die Erschütterung auf der Höhe der Diablerets am stärksten
und liess deutlich erkennen, dass der Sitz des Erdbebens von dem
Berge ausging.
Das Erdbeben vom 3. December in Marsans, Canton Graubünden,
hatte einen so geringen Umfang — es wurde hauptsächlich in dem
dortigen Waisenhause beobachtet — dass seine Ursache nur eine ganz
locale und sein Sitz nur in sehr geringer Tiefe sich befinden konnte.
Noch merkwürdiger sind jedoch in dieser Beziehung die am 11.
und 14. December auf dem Pic du Midi in den Pyrenäen sehr stark
empfundenen Erdbeben , die man in den angrenzenden Thälern nicht
beobachtete. Um den Werth derartiger Beobachtungen richtig zu
schätzen, muss man berücksichtigen, dass wir nur selten in die Lage
kommen von derartigen Ereignissen Mittheilung zu erhalten , da die
höheren Gebirgsgegenden wenig oder gar nicht bewohnt sind und nur
der Zufall uns mit Vorgängen bekannt macht, die sich im Innern der
Gipfelpunkte der Gebirge vollziehen, wenn sie sich nicht auf ihre Um-
gebung und die tiefer gelegenen Massen erstrecken.
IV. lieber den Lievrit.
Von L. Sipöcz.
Die älteren Analysen des Lievrits zeigen in ihren Resultaten
geringe Uebereinstimmung, namentlich aber waren sie (lesshalb kaum
verwerthbar , da mehrere von ihnen einen Wassergehalt aufweisen,
andere dagegen nicht, und da auf diesen wichtigen Punkt kein Gewicht
gelegt wurde. So fand Strom eyer P27 Procent, R ammeisberg
P60 Procent und Tobler1) P12 Procent Wasser, nach den Analysen
von Vauquelin, Collet-Descotils, Wacker nagel und
Franke 2) wäre der Lievrit wasserfrei.
Städeler3), der im Jahre 1866 an einem sorgfältig ausgesuch-
ten und von Verwitterungskrusten gereinigten Materiale die Zusammen-
setzung des Lievrits ermittelte , erhielt bei seinen Untersuchungen
Zahlen , welche sich ungezwungen einer einfachen Formel anpassen
(was man von den älteren Analysen nicht sagen kann) und stellte zu-
gleich durch directe Bestimmung den Wassergehalt des Lievrits fest.
Nach Städeler kommt diesem Mineral die Formel:
Si4 Fe"4 Fe'"a Caa H2 018 zu.
Rammeisberg 4) hat nach der Veröffentlichung von Städeler’s
Arbeit abermals eine Analyse des Lievrits vorgenommen , er findet
einen höheren Eisenoxydulgehalt als früher und auch P65 Procent
Wasser, welches letztere er aber als das Product eines Verwitterungs-
Processes ansieht , worauf hin er den Lievrit als ein wasserfreies Mi-
neral erklärt und ihm die Formel :
*) Rammeisberg, Handbuch der Mineralchemie, 740.
2) ibid.
8) Journal für praktische Chemie XCIX, 70.
4) Zeitschrift der deutschen geolog. Gesellschaft, XXII, 897.
Mineralogische MittheUungen. 1875. 2. Heft. (Sipocz.)
io*
72
L. Sipo'cz.
[2]
Dadurch ist es nothwendig geworden, nacli reinem, ganz unver-
wittertem Materiale zu suchen, um eine endgiltige Entscheidung in der
Frage nach der Zusammensetzung des Lievrits herbeizuführen. Herr
Director Ts che rin ak gelangte in der letzten Zeit in den Besitz einer
grösseren Quantität von prächtigen Lievrit-Drusen aus Elba, und war
so gütig, mir von dieser Acquisition zahlreiche, gut ausgebildete Kry-
stalle mit spiegelnder Oberfläche , ohne jede Spur von Verwitterungs-
Producten, zu übergeben, wodurch es mir möglich wurde, mehrere Ana-
lysen auszuführen.
Da der Lievrit durch Salzsäure von gewöhnlicher Concentration,
sowie durch mässig verdünnte Schwefelsäure leicht und vollständig auf-
geschlossen wird, so bietet seine Untersuchung keinerlei Schwierigkeit
dar. Wenn man das feingepulverte Mineral mit der verdünnten Schwe-
felsäure im zugeschmolzenen Glasfohre wenige Stunden auf 120° C.
erhitzt, so ist die Zersetzung eine vollständige und das Eisenoxydul
kann durch Titriren mit Chamaeleon sehr scharf bestimmt werden.
Die Wasserbestimmung wurde nach der Methode von Professor
E. Ludwig1) durch Glühen des Minerals im Platinrohr und Wägen
des im Chlorcalciumrohre angesammelten Wassers vorgenommen. Be-
züglich der übrigen analytischen Methoden ist nichts bemerkenswerthes
zu erwähnen, nur das eine möchte ich hervorheben, dass auf die Ab-
scheidung der Kieselsäure besondere Sorgfalt verwendet und die gewo-
gene Kieselsäure jedesmal mit Flusssäure geprüft wurde, wobei sie sich
absolut rein erwies.
Das speciflsche Gewicht mit dem Picnometer ermittelt, ist 4-037-
Die analytischen Resultate ergeben sich aus folgender Tabelle :
I.
II.
III.
IV.
Mittel
Proc.
Proc.
Proc.
Proc.
Proc.
Kieselsäure ......
29-69
29 64
29-69
29-66
29 67
Eisenoxyd ......
21-50
21-32
21-06
21 17
21-26
Eisenoxydul
3271
33 22
33-33
—
3309
Manganoxydul • " • • •
—
—
0-74
—
0-74
Kalk
13-68
13-14
13-18
13-34
13-33
Wasser
—
—
2-35
2-28
2-32
10041
Werden aus den Mittelzahlen die Elemente gerechnet, so erhält
man die Zusammensetzung :
*) Mineralog. Mittheilungen, 1872, 187.
[3]
lieber den Lievrit.
73
Silicium • • 13’ 85 Proc.
Eisen (in Oxydform) • • • • 14-88 „
Eisen (in Oxydulform) • • • • 25-74 „
Mängan 0'57 „
Calcium • • * 4 9-52 „
Wasserstoff 0-26
Sauerstoff ......... 35*59 „
100-41
Ferner ergiebt sich, wenn man
das Mangan
auf
die aequivalente
Menge von Eisen in der Oxydulform
umrechnet ,
als
Verhältniss der
Atomgewichte :
Silicium
• • 0-4946
oder
4-0
Eisen (in der Oxydform)
• • 0-2657
11
21
Eisen (in der Oxydulform)
• • 0-4700
11
3-8
Calcium
• • 0-2380
11
1-9
Wasserstoff
• • 0-2600
11
2-1
Sauerstoff
• • 2-2240
11
18-0
Man sieht claraus, dass die Ergebnisse meiner Analysen zu der
von Stadel er für den Lievrit aufgestellten Formel führen.
Ich muss nochmals ganz besonders betonen , _ dass die zu meiner
Untersuchung verwendeten Lievrit-Krystalle durchgehends aus einem
frischen Materiale bestanden, an dem absolut nicht die Spur eines Ver-
witterungs-Productes zu sehen war und darum ist das bei den Analysen
gefundene Wasser als zur Constitution des Lievrits gehörig und nicht
etwa als zufällige Beimengung zu betrachten.
Dieser Umstand macht, die von Rammeisberg aufgestellte
Formel unbrauchbar, weil sie einem wasserfreien Minerale entspricht,
dann aber lassen sich auch die analytischen Ergebnisse überhaupt mit
derselben nicht in Einklang bringen, während die Formel von S tadele r
Werthen entspricht, die mit den gefundenen übereinstimmen , wie die
folgende Zusammensetzung zeigt :
Städolor’s
Formel
verlangt
Ramme ls-
berg’s
Formel
verlangt
Analyse
vou
Rammeis-
berg ')
Analyse
von
Stromeyer
')
Analyse
von
Tobler
')
Mittel der
Analysen
v.Städeler
2)
Mittel der
Analysen
von
ISipöcz
Kieselsäure
29-34
32-53
29-83
29-28
33-30
2934
29-67
Eisenoxyd
19-50
19-28
22-55
23-00
22-57
20-84
21-26
Eisenoxydul ......
35-21
34-70
32 40
31 90
24-02
34 12
33 09
Manganoxydul
—
—
150
1-43
6-78
101
0 74
Kalk
1369
13-49
12-44
13-78
11-68
12-78
13-33
Wasser ........
2-20
—
1”60
1-27
112
2-43
2-32
Ü Rammeisberg, Handbuch der Mineralehemie, 740.
2) Journal für praktische Chemie, XCIX, 70.
74
L. Sipöcz. Ueber den Lievrit.
[4]
Von den älteren Analysen wurden nur jene von Ramme leb erg,
Stromeyer und Tob ler in Betracht gezogen, da die anderen kein
Wasser aufweisen; die Analyse von To bl er zeigt allerdings einen
Kieselsäuregehalt, der mit jenem übereinstimmt, wie er aus der Rarn-
m elsberg’schen Formel berechnet wird, allein ein Blick auf diese
Analyse und der Umstand, dass To bl er als specifisches Gewicht seines
Materials 3 • 7 1 1 angiebt, während das von Städeler bestimmte 4-023
und das an meinem Materiale gefundene 4'037 ist, schliessen die Zah-
len Tobler’s von dem Vergleiche aus.
Auffallend klein erscheinen in den älteren Analysen von R am-
meisberg, Stromeyer und Tobler die Zahlen für das Wasser;
eine Erklärung dafür kann ich nur in der Voraussetzung finden, dass
diese Zahlen dem Glühverluste entsprechen, dann aber sind sie wieder
nach meinen Erfahrungen zu gross , da ich bei mehreren Versuchen
nach etwa einer Viertelstunde dauerndem Glühen vor dem Gebläsefeuer
das Gewicht constant oder sogar etwas vergrössert fand, was bei dem
grossen Gehalte des Minerals an Eisenoxydul leicht erklärlich ist. Hier
können also nur Zahlen einen Werth haben, die durch directe Wägung
des beim Glühen ausgetriebenen Wassers gewonnen wurden.
Nach einer kritischen Sichtung der Uber den Lievrit vorliegenden
Daten gelangt man, wie aus meinen Auseinandersetzungen hervorgeht,
zu dem Resultate, dass der Lievrit ein wasser Stoff haltiges
Mineral ist, und dass ihm die von Städeler aufgestellte
Formel: Si4 Fe"4 Fe'"?. Ca2 H2 018 zu kommt.
Wien, Laboratorium des Prof. E. Ludwig, 15. Mai 1875.
V. Zur Charakteristik einiger auf den Pribramer Erz-
gängen vorkommenden Mineralien.
Von Franz B a b a n e k ,
k. k. Oberbergverwalter.
Für manche Fundorte der Mineralien ist das Vorkommen gewis-
ser Species stets charakteristisch und man erkennt nach besonderen
Merkmalen , sowie nach einer gewissen Reihenfolge mehrerer gemein-
schaftlich vorkommender Mineralien in der Regel den Ort, von welchem
sie herstammen. Im Vorliegenden sollen die besonderen Eigenthümlich-
keiten einiger Pribramer Mineralien hervorgehoben und die Art und
Weise ihres Vorkommens insbesondere aus der neuesten Zeit erörtert
werden, wobei auch die Altersfolge derselben thunlichst in Berücksich-
tigung genommen wird.
Quarz, Bergkrystall (Bauchtopas, Morion).
Von den vielen Varietäten dieser Mineralspecies soll das Vorkom-
men des Bergkrystalles — Rauchtopas, Morion — hier erwähnt wer-
den. Ausgezeichnete Krystalle desselben fanden sich am oberen Schwarz-*
grübner Gange in einer weissen , krystallinischen Calcitmasse , welche
gegen das Innere einer Druse in 2 Mm. grossen Kryställchen in der
Form des -f und — R, die mit kleinen Hexaederehen von Pyrit
stellenweise besetzt waren, auskrystallisirt. Auf diesem Calcit sind die
rauchgrauen bis pechschwarzen Quarzkrystalle theils auf- theils einge-
wachsen und zerstreut. Das Prisma, welches oft bis 10 Mm. Länge
und 5 Mm. Dicke besitzt, hat an beiden Enden die hexagonale Pyra-
mide vollkommen ausgebildet. Manchmal sind die Calcitkrystalle grösser
entwickelt, die Rhomboeder flach gedrückt, mit den Spitzen aneinander
aufgewachsen und um eine verticale Achse gereiht ; mehrere solche
Säulen stehen nebeneinander und darin liegen die schwarzen Quarz-
krystalle.
Ein anderes Vorkommen von eben diesem Gange zeigt eine zu-
sammengewachsene Masse von grünlichgrau gefärbten , theils durch-
Mineralogische Mittheilungen. 1876. 2. Heft. (Babanek.)
76
F. Babaaek.
[2]
sichtigen , theils undurchsichtigen , jedoch stets glatt oberflächlichen
Quarzkrystallen mit freien Enden , stellenweise auch vollständig ent-
wickeltem Prisma mit der Pyramide. Einige von diesen Quarzen haben
letztere röthlichbraun gefärbt und häufig findet man auch den ganzen
Krystall von dieser Farbe. Wenn man dies näher betrachtet, so hat es
das Aussehen als wenn Partikelchen von rothbrauner Blende, wie sie auf
dem Schwarzgrübner Gange massenhaft vorkommt, in der Quarzmasse
eingeschlossen wäre. Offenbar hat die Bildung dieser Quarzkrystalle
früher stattgefunden und flieseiben sind von der Calcitmasse später
umhüllt worden.
Eine ähnliche Bildung beobachtete ich an einem Handstücke vom
Eusebi Gange , woselbst rauchgraue , vollkommen entwickelte Quarz-
krystalle vom jüngeren Kalkspath (Calcit III), welcher in Skalenoedern
auskrystallisirt war, deren Spitzen in grosser Menge aus der derben
Calcitmasse emporragten und wobei auch stellenweise die Quarzkrystalle
mit kleinen Zwecken (Zweckenspath) besetzt waren , umhüllt wurden.
Auch dieser Quarz hatte Prismen von durchschnittlich 10 Mm. Länge
und 5 Mm. Dicke, wie jener vom Schwarzgrübner Gange.
Ein eigenthümliches interessantes Vorkommen zeigen Handstücke
vom Adalberti Gange. Daselbst beobachtet man einzelne Partien von
Pyrit , welcher in Lillit und Pyrrhosiderit umgewandelt wurde. Diese
Partien werden von derbem Quarz umhüllt, welcher in den Drusenräu-
men in weissen , durchsichtigen Krystallen endet. Die Spitzen dieser
Krystalle sind grösstentheils bedeckt mit einer jüngeren Bildung, näm-
lich einer gelblich weissen Quarzrinde, von welcher aus kleine, äusserst
pellueide Quarzkryställchen gegen das Innere der Druse ragen und
theils auf den älteren, grösseren Quarzkrystallen aufliegen. Auch auf
der Quarzrinde findet man einzelne, wasserhelle, vollständig entwickelte
Quarzkryställchen bis 7 Mm. Länge, aufsitzend. Während das Prisma
bei dem älteren Quarze kurz und dick ist , ist es bei dem jüngeren
länglich und schmal und giebt demselben ein langsäulenförmiges Aus-
sehen. Sämmtliche Flächen dieser Quarzkrystalle sind glatt und stark
glänzend, und man hat da die Eigen thümlichkeit, dass Krystalle eines
und desselben Minerales von verschiedener Altersfolge an einem Stücke
beisammen sind.
Baryt, Schwerspat h.
Vom Johanni Gange sind die fleischrothen und weingelben, dicken,
rhombischen Tafeln (Poo . mPoo), welche Flussspathhexaedern ähnlich
sehen und dem älteren Baryt angehören, bekannt, während grosse Ta-
feln , die mit einer Braunspathkruste theilweise umhüllt sind , am .Ka-
tharina und Wenzler Gange Vorkommen. Die weissen, meist durch-
sichtigen, säulenförmigen Baryte kommen am Marien Gange häufig vor
u. zw. in der Form oo P2 . °oPoo . Poo, oft sind die Enden derselben
weingelb gefärbt. Honiggelbe bis orangegelbe, mehr tafelförmige Baryte
kamen am Johanni Gange im Mittelbau vor,., wobei sich zu obiger Com-
bination noch ein zweites rhombisches Prisma gesellt. Daselbst wurde
auch beobachtet, dass die Flächen der rhombischen Prismen zwar, glatt
Zur Charakteristik einiger a. d. l’fibramer Erzgäugen vork. Miner.
77
und stark glänzend, jedoch nicht eben, sondern convex waren und die
Kanten des zweiten Prisma abgerundet wurden ; auch braunroth ge-
färbte, auf derbem Quarze sitzende, bis 15 Mm. lange und 9 Mm. dicke
Barytkrystalle wurden am Johanni-Gange gefunden ; oft ist der Kern
derselben intensiv roth , während die Domen lichtbraun gefärbt er-
scheinen.
Die meisten gefärbten Baryte liefert neben dem Wenzler-
vorzüglich der Johanni-Gang. Ausser den bereits erwähnten gelben und
rothen Baryten mögen noch folgende angeführt werden :
a) Weisse, durchsichtige, gegen die Spitze zu gelbliche Krystalle,
säulenförmig, durch Zusammenwächsung zweier Krystalle an der Basis
breiter, sitzen auf tleischrothem, älteren, derben Baryt. Auf dem-
selben Handstücke stehen vier Krystalle vertical nebeneinander mit
ihren hinteren Flächen zu einer spiegelglatten Tafel verwachsen.
b) Grössere lauchgrüne Krystalle, säulenförmig, meist mit starker
Entwicklung einer Fläche von Po ©.
c ) Schmale, säulenförmige, bis 7 Mm. lange, weingelbe Krystalle,
grösstentheils büschelförmig angeordnet, an der Basis roth gefärbt.
d) Braunrothe Krystalle mit gelben Enden u. zw. ist gelb ooP2,
roth ooPoo. Diese Formen erscheinen in grosser Menge mit den Flä-
chen von coPco aneinander gewachsen.
e) Weisse, schmale Nadeln vom Marien-Gange, massenhaft auf-
tretend , wirr durcheinander ; manche sehen Gypskrystallen sehr
ähnlich.
/') Weisse, halbdurchsichtige, tafelförmige Krystalle von der Form
°o P2 . ooPoo . Po o . Po© mit diagonalen inwendigen Sprüngen vom
Eusehi-Gange ; manchmal fehlt Po©.
g) Dunkelfleischrothe, tafelförmige Krystalle vom Carolinen -Gange.
h) Tafeln (©o Po© . Po©) am Rande röthlich, in der Mitte was-
serhell mit einem Stich ins grünliche vom Wenzler-Gange.
i) Viele kleine, rectanguläre Tafeln, höchstens 3 Mm. lang, grup-
penformig, dicht aneinandergereiht, vom Johanni-Gange.
k) Rosenrothe, dicke, kubische, theilweise mit einer Braunspath-
kruste überzogene Krystalle von älterem Baryt,
l) Honiggelbe, säulenförmige Krystalle vom Johanni-Gange, an
der einen Seite stark, an der anderen sehr wenig entwickelte Formen,
auch tafelförmig u. zw. Po© . ooP2 . ooPoo.
m) Fleisch rothe , tafelförmige Krystalle von der Combination
Poo . oo P2 . ooPoo . Poo gleichfalls vom Johanni-Gange.
Diese angeführten Baryte sind meist in der neuesten Zeit auf den
Gängen der Anna-Grube vorgekommen, und stellen die typischen For-
men des Pribramer Schwerspathes dar. Von jenen auf den Sadeker-
Gängen vorkommenden, welche entweder weisse, stark glänzende, theils
ganz-, theils halbdurchsichtige grosse Tafeln darstellen oder als lange
Säulen wie zu einem Bündel zusammengehunden erscheinen und gleich-
Mineralogische Mittheilungen 1875. 2. Heft. (F. Babanek.) 11
F. Babanek
78
W
falls in den letzten Jahren vorgekommen sind, können die obigen leicht
unterschieden werden.
Sehr interessant sind die Pseudomorphosen nach Baryt, welche auf
den Pfibramer-Gängen gefunden werden. Professor v. Reuss beschrieb
in seiner Paragenese der Pfibramer Mineralien x) eine solche vom
Eusebi-Gange nachstehend : Grosse rectanguläre Baryttafeln zeigen die
Combination Po o . Pco . 00P00 . ooP2, an der das brachydiagonale
Doma sehr wenig entwickelt erscheint. Sie sitzen zum Theil auf klein-
krystallisirtem Calcit und sind wie dieser auf der oberen Seite mit
einer Pyritrinde, auf der unteren mit kurz- und feinstrabligem Pyrrho-
siderit (Sammtblende) überkleidet. Aber es blieb nicht bei der blossen
Ueberrindung, die Barytmasse unterlag einer allmähligen Zerstörung.
Die Krystalle sind stellenweise tief aufgefressen und durchlöchert, so
dass manchmal nur ein dünner, zerbrechlicher Rahmen übrig blieb,
der oftmals ganz in Pyrit umgewandelt wurde. Die Stelle des zerstör-
ten und hinweggeführten Barytes nahmen nun der Pyrit und das Nadel-
eisenerz ein, ersterer von oben, letzteres von unten her vordringend
und das Innere der Krystalle erfüllend, so dass manche derselben zur
Hälfte aus porösem und löcherigem Pyrit, zur anderen aus eben solchem
Nadeleisenerz bestehen.
Eine ähnliche Pseudornorphose fand ich in neuester Zeit gleich-
falls am Eusebi-Gange, sie zeigt die Combination <= oP2 . oopoo . Poo,
tafelförmige Gestalt, woselbst die Barytmasse vollständig verschwunden
und nur die Ueberrindung, bestehend inwendig aus Pyrit, auswendig
aus feinstrabligem Pyrrliosiderit übrig geblieben ist. Stellenweise ver-
blieben nur einzelne Plättchen des Pyrites und den übrigen Theil der
Kruste bildet Sammtblende.
Eine zweite interessante Pseudornorphose zeigt einen grösseren,
tafelförmigen Baryt von Braunspath umschlossen, blos die Flächen des
Brachydoma sichtbar, so dass das äussere Aussehen des Ganzen derart
ist, als wenn der Barytkrystall in einer Tasche von Braunspath sitzen
würde. Die Längskante des Brachydoma ist nicht geradlinig, sondern
zickzackartig ausgeschnitten und auch an den Flächen desselben be-
merkt man parallel der Kante zickzackige Erhabenheiten. Ausserdem
ist an den Ecken noch eine papierdünne Kruste von Braunspath be-
merkbar , welche diese Ecken umhüllt hat. Auf dem röthlich gefärb-
ten Braunspath sitzen grössere, flache Rhomboeder von jüngerem Calcit.
Schliesslich sei hier noch eine Pseudornorphose von Pyrit nach
Baryt vom Adalberti-Gange erwähnt. Die Krystallform des tafelförmigen
Barytes war das rhombische Prisma, das Brachydoma, ein Brachy-
pinakoid und ein wenig entwickeltes Makrodoma. Die Barytmasse ist
vollständig verschwunden und es nimmt der Pyrit die Krystallform des
Barytes ein, und man bemerkt stellenweise nicht nur die Pyritkruste,
sondern an einzelnen Stücken bildet Pyrit dicke Tafeln in der Krystall-
form des Schwerspathes. Einige solche Pseudomorphosen sind mit
milchweissem, säulenförmigen, jüngeren Baryt besetzt.
'-) Ueber die Paragenese der auf den Eingängen von Pfibram einbreebenden
Mineralien. Band XL VII der Sitzber. der kais. Akad. der Wissenschaften. 1863.
Zur Charakteristik einiger a. d. Pfibramer Erzgängen vork. Miner.
79
Calcit, Kalkspatli.
Eigenthümlich für Pfibram ist der sogenannte Zweckenspath
(Calcit III). Diese nagelförmigen Gestalten sind oft mehrere Millimeter
lang und in ihrem unteren, gegen die Spitze verdünnten Tlieile ska-
lenoedrisch unregelmässig ausgebildet, am oberen Ende mit drei Flächen
rhomboedrisch zugespitzt. Die Oberfläche pflegt durch sehr kleine
Rhomboeder, die sowohl untereinander als auch mit der ganzen nagel-
fönnigen Gestalt parallel angeordnet sind, feindrusig zu sein. Häufig
bildet man die Nägel in regelloser Stellung von einem jüngeren Cal-
cit (IV) umgeben, und zwar besteht derselbe meist aus flachen, neben-
einander gereihten Rhomboedern und das Ganze hat dann ein Aussehen
als wenn eine mehr oder weniger flache, tafelartige Kalkspathmasse mit
Nägeln durchgeschlagen worden wäre.
Am 20. Laufe des Eusebi-Ganges bildet der Zweckenspath eine
grosse Anzahl nebeneinander gereihter thurmförmiger Gestalten mit
dem stärkeren Ende auf grobkörnigem, derben Calcit aufsitzend. Die
Spitze wird mit den drei Flächen eines flachen Rhomboeders ab-
geschlossen.
Es sei hier auch das Vorkommen des papierdünnen , fächerartig
gereihten, oft aus aufgewundenen und gekrümmten Flächen bestehen-
den Calcites IV erwähnt.
In neuester Zeit fand man diesen Kalkspath gleichfalls am Eusebi-
Gange im Tiefbau zwischen kleinen, 2 Mm. langen, milchweissen, theil-
weise durchsichtigen Skaleonederchen von Calcit auf Pyrit sitzend. Die
Flächen der kleinen Skaleoneder waren jedoch meist rauh und nur bei
einigen wenigen Krystallen glatt ; sie stehen mit der einen Spitze auf
grobkörnigem, weissen Calcit, während die andere frei hervorragt.
Die blutroth gefärbten jüngeren Kalkspathe (IV) vom Adalberti-
Gange kommen seltener vor.
Cerussit, Weiss- und Schwarzbleierz.
Am häufigsten auf Bleiglanz, Quarz und Eisenspath, oft auch auf
einer Schicht von Bleimulin sitzend, welche derben Bleiglanz bedeckt.
Die gewöhnlichsten Formen sind Zwillinge und Drillinge der Combina-
tion ooP . oo P3 . ooPoo . P . Zwillingsebene eine Fläche von ooP,
die Farbe ist meistens weiss, aber auch graulichweiss und gelblichweiss,
gelblich bis bleigrau. Cerussit wurde auf den meisten Gängen in den
oberen Horizonten gefunden. An einem weingelben Krystalle vom
Francisci-Gange ober dem Kaiserstollen wurde nachstehende Combina-
tion beobachtet : P . oo P . ooPoo . 2Poo . 4P<x> . ooPco . J/2Poo .
OP . hiebei hatte OP eine bedeutende Ausdehnung und gab dem
Krystall ein tafelförmiges Aussehen. Auch Zwillingsbildungen obiger
Combination wurden gefunden.
Am Marien-Gange kommen häufig Krystalle derselben Form vor,
nur lassen sich da mehrere Brachydomen beobachten wodurch die lang-
. n*
80
F. Babanek.
[6]
gezogenen, theilweise säulenförmigen Krystalle das Aussehen gewinnen,
als wenn ihre Längsflächen gestreift wären. Die Farbe ist meist grau,
auch bleigrau bis schwarz (Schwarzbleierz). Die Krystalle nehmen das
Innere einer Druse ein, welche von beiden Seiten derber Bleiglanz um-
schliesst, zwischen welchem und dem Cerussit eine dünne Schichte von
Bleierde zu beobachten ist. Stellenweise sind die Krystalle mit einer dünnen
Kruste von Braunbleierz überzogen, unter welcher an manchen Punk-
ten der Cerussit verschwunden ist und auf diese Art Pseudomorphosen
von Braunblei nach Weissblei zum Vorschein kommen. Die Krystalle
des Weissbleierzes haben oft eine Grösse von mehreren Millimetern und
in der Regel einen lebhaften Demantglanz, welcher bei den dunklen
Abänderungen in einen metallähnlichen übergeht. Manchmal findet man
auch schneeweisse Krystalle von Cerussit mit einer dünnen, grünlich-
roth schillernden Pyrithaut überzogen.
Wul feil it, Gelbbleierz.
Erscheint meist in dünnen, wachsgelben, auch gelblichgrauen,
kleinen Tafeln. Die tetragonale Pyramide, sowie OP mit P in Com-
bination kommen seltener vor. In früheren Jahren war dieses Mineral
auf den Pfibramer Gängen nicht bekannt, erst durch die Inangriff-
nahme der Schwarzgrübner Baue fand man dasselbe am oberen Schwarz-
grübner Gange. Daselbst kam es nicht nur in kleinen Tafeln, sondern
auch in gelblichgrauen Pyramiden vor. die in der Mitte zu einem stär-
keren Krystall verwachsen waren und die Spitzen frei hatten, demnach
das Aussehen derart war, als ob ein grösserer Wulfenitkrystall in
mehrere Spitzen enden würde. Manchmal erscheint die Pyramide in
Combination mit einer zweiten ditetragonalen, auch wurde oo P . P .
2Po o beobachtet, wobei vorzüglich die Pyramidenflächen eine grössere
Ausdehnung haben, während die Prismenflächen weniger entwickelt sind.
Am Francisci-Gange in der Anna-Grube wurde ein einzigesmal
dieses Mineral gefunden, u. zw. in einem Firstenbaue ober dem Kaiser-
stollen Daselbst kamen kleine, dicke Tafeln von honiggelber Farbe
mit einem Stich ins orangegelbe vor , einzelne Krystalle waren auch
gelblichweiss. Es ist dies das erste Vorkommen auf den Gängen der
Grauwackensandsteinzone Pfibrams. Gemeinschaftlich mit demselben
kam auch Weissbleierz, Malachit, Pyrolusit und Limonit vor. Hiebei
war auch interessant das Nebengestein des Ganges, welches ein Grau-
wacken-Conglomerat war, wo die bis haselnussgrossen Gesteinsstücke
durch ein brauneisensteinführendes Bindemittel verbunden waren.
Pyrrhosiderit, Sammtblende, Nadeleisenerz.
Lillit.
Das Nadeleisenerz kommt auf den Pfibramer Erzgängen in zwei
Varietäten vor, u. zw. entweder strahlenförmig zu Büscheln vereinigt
schwarz, oder gelblichbraun, auch schwärzlichbraun, dann niereu- oder
Zur Charakteristik einiger a. d. Pribramer Erzgängen vork. Miner.
81
halbkugelförmig, auch traubig als sogenannte Sammtblende. Die erste
Varietät (Göthit) erscheint auch manchmal in Nadelform auskrystallisirt
und wurde in einer bedeutenden Tiefe am Wenzler-Gange gefunden,
während die letztere am häufigsten am Adalberti-, seltener am Eusebi-,
Fundgrübner- und Francisci-Gange gefunden wird. Hier soll nur die
Sammtblende in Betrachtung gezogen werden.
Nach Prof. v. Reuss steht die Sammtblende im innigsten Zu-
sammenhänge mit dem auf den Erzgängen vorkommenden jüngeren Py-
rit und ist in den meisten Fällen ein Zersetzungsproduct desselben.
Er nimmt an, dass, da eine Umbildung stattgefunden habe u. zw.
derart, dass aus dem Pyrit ein erdiges, grünes bis grünlichschwarzes
Mineral, der Lillit entstanden sei und aus diesem sich die Sammtblende
entwickelt habe ; dies folgert er vorzugsweise daraus, dass am Adalberti-
Gange kugelige und traubige Massen von Sammtblende von krumm-
schalig-faseriger Zusammensetzung einen Kern von theilweise in Lillit
zersetzten Pyrit umschliessen. Aber auch das umgekehrte Verhältniss
wurde beobachtet, indem auf Pyrit Sammtblende und auf dieser Lillit
gefunden wurde, was jedenfalls einer wiederholten Bildung zuzuschrei-
ben sein dürfte. Im Nachfolgenden sollen einige der neuern Vorkomm-
nisse der Sammtblende erörtert werden.
In der Schleppung des Widersinnigen-Ganges mit dem Eusebi
ober dem 23. Laufe bemerkt man an einzelnen Punkten einen feinen
Ueberzug von Lillit auf feinkörnigem bis dichten Calcit und theils auf
dem Lillit, theils auf dem Calcit schwarzbraune, kugelförmige Sammt-
blende, welche an vielen Stellen ein kleines Hexaederchen von Pyrit als
Kern hat. Die Bildung der Sammtblende wiederholte sich, indem auf
diese eine Kruste von lichtbrauner Sammtblende folgt, welche über die
erstere wie ausgegossen erscheint und mit Pyrithexaederchen besetzt ist.
Offenbar bestand diese Kruste früher aus einer dünnen Pyritmasse,
welche später in Pyrrhosiderit umgewandelt wurde. Man bemerkt aber
nicht nur diese Umwandlung des Pyrites in Sammtblende, sondern auch
stellenweise jene Zersetzung desselben in Lillit auf der Unterlage der
älteren Sammtblende.
Eine ähnliche Umbildung ist auf einem anderen Stücke vom
22. Laufe des Eusebi-Ganges zu sehen. Daselbst beobachtet man auf
einer Lage von körnigem, dichten Calcit, der auf derbem, schwarzen
Quarze ruht, eine 3 Mm. starke Schnur von älterem Pyrit, über dem
sich eine schwache Kruste von jüngerem Pyrit befindet. Zwischen
beiden ist eine schwache Schichte von dunkelgrünlichem Lillit zu be-
merken, während auf dem jüngeren Pyrit, welcher stellenweise kleine
Hexaeder beobachten lässt, lichtbraune Sammtblende sich befindet. Auch
zwischen den einzelnen Pyritkrystallchen sind kleine Partien von
Sammtblende zu sehen. An einer Stelle desselben Gangstückes ist letztere
mitten im Lillit zu bemerken und mit halbzersetzten Pyrittheilchen
bedeckt.
Am Adalberti -Gang wird auch manchmal eine Umwandlung des
Pyrites in Limonit beobachtet, welcher ein, lichtbrauner Sammtblende
ähnliches Aussehen hat. Ein eigenthümliches Vorkommen des Pyrrho-
siderites ist das vom Johanni-Gange. Mitten in der Gangfüllung
i
82
F. Babanelc.
[8]
erscheinen auf derber, gelblich- bis rötblichweisser Barytmasse büschel-
förmig gehäufte, stellenweise breitnadelförmige Krystalle des Pyrrhosi-
derites, welche stellenweise mit äusserst kleinen pelluciden Calcit-
krystallcben besetzt sind. Ein ähnliches Vorkommen wurde in früheren
Jahren auch am Wenzler-Gange beobachtet.
Der Lillit erscheint nicht immer, wie in dem Vorangeführten ge-
meinschaftlich mit Sammtblende, sondern tritt auch häufig ohne dieselbe
auf. So wurde am Kreuzldüfter-Gange auf derbem Braunspath Pyrit
gefunden, der gegen das Innere der Druse theils trauben- theils röhren-
förmige Formen gezeigt hat. Gegen die Oberfläche zu ist er in Lillit
umgewandelt und blos der Kern besteht noch aus nicht zersetztem
Lillit ; auch kann man ganz deutlich die allmählige Umwandlung be-
obachten.
Oft findet man Lillit unmittelbar auf Calcit ohne eine Spur von
Pyrit, in welchem Falle die vollständige Zersetzung des letzteren statt-
gefunden haben musste. Seine Farbe ist oft bis schwärzlichgrün und die
chemische Zusammensetzung nach Payer 108 Wasser, 54-7 Eisen-
oxydul und Eisenoxyd und 34 5 Kieselerde. Schliesslich mag hier noch
erwähnt werden , dass am Adalberti-Gange Sammtblende am Zwecken-
spath beobachtet wurde und demnach lässt sich die genetische Folge
dieser zwei Mineralien , nämlich des Lillites und der Sammtblende
ganz genau fixiren.
Gediegen Antimon.
Antimonit, Antimonglanz, Grauspiessglaserz.
Pyrostibit, Antimonblende, Rothspiessglaserz.
Allemontit, Antimonarsen.
Diese Mineralien sind in neuester Zeit in grosser Menge auf den
Gängen der Lillgrube vorgekommen und in einem derartigen Zusam-
menhänge, dass sie auch hier gemeinschaftlich beschrieben werden
sollen. Das gediegen Antimon erscheint in bis 3 Mm. starken, sehr
glänzenden Schalen von zinmveisser Farbe auf älterem Calcit. Kleine
Drusen werden mit kurzstrahligem oder dichtem, faserigem Grauspiess-
glaserz ausgefüllt. Stellenweise bemerkt man zwischen diesem und dem
gediegen Antimon Drusen mit dichtem, filzartigen Heteromorphit aus-
gefüllt ; auch überdecken das Antimon schwache, concentrische Schalen
von Antimonarsen, auf denen an manchen Stellen Lölingit zu sehen ist.
Die fernere Gangausfüllung neben den erwähnten Mineralien bildet noch
Siderit, Sphalerit und Calcit, welche unregelmässig vertheilt die Unter-
lage der jüngeren antimonhaltigen Mineralien bilden.
An einem Stücke vom oberen Schwarzgrübner-Gange befinden
sich in einer regellos zusammengesetzten Gangfüllung 4 Mm. starke,
grössere Schalen von Antimonarsen auf derbem Siderit in Gesellschaft
von brauner Blende und Calcit. Auf dem Allemontit bemerkt man
Partien von Lölingit und darauf bis 5 Mm. lange, schwache Nadeln von
Rothspiessglaserz büschelförmig gelagert, während an anderen Stücken
83
[9] Zur Charakteristik einiger a. d. Pribramer Erzgängen vork. Miner.
dasselbe in einem Gemenge von Antimon und Antimonarsen einge-
bettet ist.
Das gediegene Antimon erscheint oft auch klein , nierenförmig,
krummschalig abgesondert, mit ebenem und dichten Bruche. Die Ober-
fläche desselben ist häufig, die des Allemontites jedoch immer schwarz an-
gelaufen. Das Antimonarsen kommt gewöhnlich in dünneren Schalen, im
Bruche zinnweiss, stark glänzend vor und erscheint auch manchmal in
Wechsellagerung mit Grauspiessglaserz, welches dann in dünner, scha-
lenförmiger Gestalt zwischen den Allemontitlagen eingepresst ist.
Das Grauspiessglaserz dürfte jedenfalls jüngerer Bildung sein als
das Antimonarsen, indem man an einzelnen Stücken beobachten kann,
wie die Schalen des letzteren auf älterer, derber Blende ruhen und im
Inneren mit Antimonitb Uschein ausgefüllt sind. An anderen Stücken
sind auf stärkeren Schalen von gediegen Antimon dünnere Schalen des
Allemontits gelagert, auf welche dann das Grauspiessglaserz folgt. Dies
giebt auch einen guten Anhaltspunkt für die Altersfolge dieser Mi-
neralien.
Die Antimonverbindungen nehmen in der Regel die Mitte der
Ausfüllung eines Ganges ein, und man findet am häufigsten das Anti-
monarsen in grösseren — hühnereigrossen, in einer Reihe liegenden
stärkeren Schalen, welche aus mehreren schwächeren zusammengesetzt
erscheinen, ausgebildet in Gemeinschaft der anderen Antimon Verbindun-
gen und stellenweise komnft auch derbes Rothgiltigerz in kleineren
Mengen damit vor. In geringer Menge wurde auch gediegen Arsen ge-
meinschaftlich mit Antimonarsen am oberen Schwarzgrübner - Gange
beobachtet.
Steinmanit, oktaedrischer Bleiglanz.
Es sind dies kleine, höchstens 5 Mm. grosse Krystalle von Blei-
glanz , die in der Regel die Combination des Oktaeders mit dem
Hexaeder, manchmal auch mit dem Rhombendodekaeder zeigen. Auch
kleine Tiiasoktaeder wurden beobachtet. Häufig erscheint der Stein-
manit in traubenförmigen, halbkugelförmigen und nierenförmigen Ge-
stalten. Bei einigen Abänderungen findet sich eine zweite , nach der
Oberfläche der nachahmenden Gestalten gebogene krummschalige Zu-
sammensetzung, die Schalen sind dann durch eine Zwischenschicht von
Bleimulm getrennt und lassen sich ablösen. Nach Kenngott ist der
Steinmanit eine unreine Varietät des Galenites, dem SPb ist SZn und
SAs beigemengt. Prof. Zippe, welcher dieses Mineral zuerst beschrieb,
benannte es Steinmanit ; in Pfibram wird es jüngerer Bleiglanz ge-
nannt, da derselbe einer späteren Bildung angehört als der hier vor-
kommende ältere Bleiglanz, welcher gewöhnlich — wenn er krystalli-
sirt ist, hexaedrische Formen zeigt.
84
F. Babanek.
[10]
Boulangerit.
Jamesonit.
Heteromorphit, Federerz.
In dem dichten Galenit einiger Pfibramer Gänge wurde ein an-
timonhältiges Mineral beobachtet, welches eine faserige Textur und eine
stahl- bis bleigraue Farbe besitzt. Vorzüglich ist es früher am Adal-
berti- und Eusebi-Gange , später auch am Adalberti Liegend- und
Francisci-Gange gefunden worden. Nach Prof. v. Zepharovich kommt
der Jamesonit nur am Eusebi-Gange vor u. zw. da mit vorzüglich aus-
gebildeter faseriger Textur. Ich fand in neuester Zeit dieses Mineral
an zwei verschiedenen Punkten des Eusebi-Ganges, wo derselbe in
Abbau begriffen war. Uber dem 15. Laufe nächst der Francisci-Gangs-
Scharung wurden drei in früherer Zeit stehen gebliebene Firstenstrassen
in Abbau genommen, wobei dieses strahlige Mineral in grosser Menge
eingebrochen ist. In einem zweiten Firstenbaue desselben Ganges fand
sich abermals ein ähnliches Mineral vor. Ersteres hat eine feinfaserige
Textur, ist seidenartig metallglänzend, die Fasern büschelförmig ange-
ordnet und von fein- bis grobkörnigem Galenit umschlossen. Der Gang selbst
hat keine bedeutende Mächtigkeit und besteht zunächst dem Liegend-
gestein aus einer schwachen Lage von Siderit, auf den eine stärkere
Lage von feinkörnigem, schwarzen Quarze folgt, welcher stellenweise
eingesprengte Zinkblende führt. Gegen die Mitte des Ganges bemerkt
man einzelne grössere Partien brauner Blende nebst grobkörnigem
Bleiglanze. Die Mitte der Gangfüllung besteht aus dichtem Galenit,
auf welchen obiges antimonhältiges Mineral folgt, das von der anderen
Seite abermals von dichtem Bleiglanz umschlossen wird.
Von diesem Baue stammen ohne Zweifel die von Prof. v. Ze-
pharovich zur chemischen Analyse benutzten Jamesonitstücke her x),
da meines Wissens in früherer Zeit nur an diesem Punkte des Eusebi-
Ganges dieses Mineral eingebrochen ist und der oben angeführte zweite
Bau erst in neuerer Zeit eröffnet wurde. Der Pfibramer Jamesonit
enthält nach Prof. Dr. Boficky:
Schwefel .... 20-21
Antimon .... 30-81
Blei 47-17
Eisen P35
und für denselben wurde die Formel Pb2 . Sb bestimmt.
Die Fundstücke von dem zweiten Eusebi-Bau besitzen zwar ein
ähnliches Aussehen und man findet bei sorgfältiger Untersuchung und
Vergleichung den einzigen Unterschied , dass die Farbe der letzteren
mehr ins Bleigraue geneigt ; und wenn man den grösseren Bleigehalt des
') Mineralogische Mittheilungen aus dem LVI. Bde. der Sitzungen d. Akad.
d. Wissensch. 1867.
85
[11]
Zur Charakteristik einiger a. d. Pribramer Erzgängen vork. Miner
Boulangerites berücksichtiget, so dürfte es zweifellos sein, dass. wir an
jenem zweiten Punkte letzteres Mineral vor uns haben, umsomehr als
der Habitus desselben mit jenem vom Adalberti-Gange vollkommen
übereinstimmt. Auch ist die Textur mehr ins blättrige geneigt, grössten-
theils jedoch dicht oder undeutlich faserig. Von dichtem Federerz
unterscheidet sich dasselbe dadurch , dass letzteres stets eine mehr
schwärzliche Farbe hat.
Der dichte Boulangerit ist eine schwachglänzende oder matte
Masse mit flachmuscheligem oder ebenem Bruche , im Galenite Lager
oder Nester bildend. Die Lagen werden entweder von dieser Varietät
allein eingenommen oder bestehen in ganz unregelmässiger Vertheilung
aus Partien von faserigem und dichten Boulangerit. Auf mehreren
Handstücken vom Eusebi-Gange aus dem Tiefbau der Anna-Grube fin-
det man den dichten Boulangerit in einer aus schwarzem, feinkörnigen
Quarze mit fein eingesprengfem Bleiglanze bestehenden Masse. Eine
analoge Gangfüllung besitzt an manchen Stellen auch der Adalberti-
Gang und führt dann entweder dichten Boulangerit, grösst entheils aber
dichten Heteromorphit, welcher in Drusenräumen in haarförmigen oder
kurz nadelförmigen Gestalten erscheint.
Der Pribramer Boulangerit enthält nach Prof. Helmhacker:
Schwefel
• • • • 18-89
Antimon
• • • • 2P87
Blei • •
• • • • 57-69
Silber •
• • • • 0-25
Eisen
.... o-84
Für denselben wurde die Formel Pb3 . Sb bestimmt.
Die Zusammensetzung des faserigen Boulangerites vom Adalberti-
Gange ist ganz dieselbe wie jene des dichten vom Eusebi-Gange, das
äussere Aussehen unterscheidet sich wenig von dem des Jamesonites.
Der dichte Heteromorphit bildet eine graulichschwarze, feine
Masse und ist geschlämmten Graphit nicht unähnlich. In den Drusen-
räumen der Gänge oder selbst in der Gangfüllung bildet er schwache
Lagen oder Schnüre und tritt vorzüglich am Eusebi- und Adalberti-
Gange im Tiefbaue in der früher erwähnten feinkörnigen bis dichten
Quarzmasse auf, welche von ihm schwarz gefärbt erscheint.
Oft beobachtet man im dichten Heteromorphit ganz feine, kurze
Nadeln von weissem oder lichten Quarze, wie auch dieser in den
Drusenräumen , wo haarförmiger Heteromorphit in grösserer Menge
auftritt, in grösseren, durchsichtigen Krystallen erscheint. Die kurzen,
feinen Nadeln oder die längeren , haardünnen Fäden sind in den Dru-
senräumen entweder einzeln oder büschelweise ausgebildet und bilden
oft pelzähnliche Auskleidungen. Manchmal erscheinen in diesen Drusen
Krystalle von Bournonit, Schilfglaserz und Tetraedrit.
Im haarförmigen und filzartigen Federerz vom Adalberti-Gange
findet man 22-- 25 Proc. Antimon,
57 — 58 „ Blei.
Nach dem Schwefelverhältnisse resultirt für einige Federerze die For-
mel Pb6 . Sb2, für andere Pb3 . Sb, und demnach dürfte manches
Federerz als haarförmiger Boulangerit zu bestimmen sein.
Mineralogische Mittheilungen. 1875. 2. Heft. (F. Babanek.)
12
86
F. Babanek.
[L2]
Was die Entstehung des Federerzes anbelangt, so ist Professor
v. Zepharovich der Ansicht, dass sich dasselbe in den Drusenräu-
men unter denselben Verhältnissen , wie der mit dem körnigen , völlig
unversehrten Galenit wechselnde faserige und dichte Boulangerit ge-
bildet habe , und wie die letzteren nicht aus einer Zersetzung des
Galenites hervorgingen, möchte dies auch für die haarförmigen Varie-
täten anzunehmen sein.
Bournonit, Sclnvarzspiessglaserz.
Bis jetzt, ist dieses Mineral vom Adalberti-, Eusebi- und Francisci-
Gange bekannt und erscheint theils in kleineren , theils in grösseren
Krystallen, von denen man am häufigsten die Combination OP . Po= .
Poo als die einfachste Krystallform beobachten kann, obzwar sich
manchmal ooPco und <=oP hinzugesellt, welche letztere Formen jedoch
gewöhnlich die geringste Entwicklung besitzen. Stets erscheinen die
Krystalle des Bournonites in dicken , häufig vollkommen glattflächigen
und spiegelnden Tafeln , manchmal in filzartigem Federerz eingehüllt
und dann gewöhnlich mit stark glänzenden Flächen und abgerundeten
Kanten. Eine Zwillingsbildung ist nur in seltenen Fällen zu beobachten
und dann gewöhnlich nach 00P00 , wie bei den Kapniker Radelerzen.
Nach Prof. Hel in hacke r sind die Pribramer Bournonite alle silber-
haltig u. zw. wechselt ihr Silbergehalt von 0-203 his 6"907 Proc. Er
untersuchte einige Krystalle vom Adalberti-Hauptgange und fand darin *) :
Schwefel
Antimon
19-94
24-74
3937
1-69
13-52
031
0-09
Blei •
Silber
Kupfer
Eisen
Zink •
Am Eusehi-Gange ober dem 15. Laufe kam Bournonit gemeinschaftlich
mit Tetraedrit, Kupferkies und Argentit in einfachen Krystallen vor,
während am Francisci-Gange ober dem 13. Laufe ausgezeichnete Kry-
stalle desselben mit Zwillingsbildung in Gesellschaft von grösseren
Tetraedrit-Krystallen gefunden wurden. Gemeinschaftlich mit Federerz
und oft auch mit Schilfglaserz wird Bournonit am Adalberti- und Eusebi-
Gange im Tiefbaue gefunden.
In früheren Jahren war dieses Mineral auf den Pribramer Gängen
nicht bekannt , erst in den gegen die Tiefe zu vorschreitenden Bauen
des Birkenberges fand man dasselbe und ebenso auch das Schilfglaserz.
Oft ist es in kleinen Drusenräumen in einer dichten, festen, quarzigen
Masse eingeschlossen und erst beim Zerschlagen der grösseren Gang-
stücke zu finden, u. zw. theils in Krystallform, theils in derber Gestalt.
Im Allgemeinen ist Bournonit in Pfibram kein so sehr häufiges Mineral
und vorzüglich sind ausgezeichnete Krystalle desselben seltener zu be-
kommen.
') Berg- u. hüttenmännisches Jahrb. d. Bergakademien. XIII. Bd. 1864.
[13]
Zur Charakteristik einiger a. d. Pribramer Erzgängen vork. Miner.
87
Polybasit, Eugeiiglaiiz.
Kommt meistens in stark glänzenden, schwarzen, dünnen, hexago-
nalen Tafeln vor, Combination OP . P . °oP, an denen die basische
Fläche vorwaltet und stets mehr oder weniger stark triangulär oder
hexagonal gestreift ist. Häutig sind die Tafeln mit einem feinen Pyrit-
Überzug bedeckt.
Nach einer Analyse
von Tonner enthält der Pri-
bramer Polybasit :
Silber ....
• 68-55
Kupfer ...
• 3-36
Eisen ....
• 0-14
Antimon • • •
• 11-53
Schwefel • • •
• 15-55
ist demnach ein sehr reiches Silbererz.
Nach dieser Untersuchung weicht er von anderen Polybasiten we-
sentlich ab und kommt dem Freiberger am nächsten. Prof. v. Reuss
war der Ansicht, dass die abweichende chemische Beschaffenheit durch
die Beimengung einer anderen Mineralsubstanz bedingt wird und dies
hier der Stefanit sein dürfte, der mit dem Polybasit häufig zusammen
vorkommt. Von den neueren Vorkommnissen dieses Minerales seien
nachfolgende erwähnt :
a ) Dicke, hexagonale Tafeln, deren Kanten eine Länge von 3 Mm.
haben in einer Druse von Quarz, welcher stellenweise klein auskrystal-
lisirt ist und auf dem der Polybasit sitzt. Die Oberfläche des letzteren
ist graulichgelb , metallisch glänzend. Mehrere Krystalle sind neben-
einander gereiht und dazwischen bemerkt man eine kleine Partie von
röthlichgelbem Pyrit. In der nächsten Nähe des Polybasites sind mehrere
kleine kochenill- bis karmesinrothe Proustitkrystalle zu sehen.
b) An einem anderen Stücke vom Fundgrübner-Gange sind die
Polybasitkrystalle rosettenartig aneinandergereiht und sitzen auf Siderit,
im Uebrigen sind sie dem Aeusseren nach den vorhergehenden vollkom-
men ähnlich ; die Fläche OP ist mit einer dünnen Schicht von Pyrit
bedeckt.
c) Am Eusebi-Gange kommt Polybasit in Gesellschaft des jünge-
ren Bleiglanzes vor. Daselbst bemerkt man eine Kruste von zerfresse-
nem Braunspath, auf welcher die Polybasitkrystalle in grosser Anzahl
ruhen, nebeneinander und ineinander verwachsen sind. Die Täfelchen
sind klein und die wenigsten derselben bläulichschwarz, die meisten
sind mit einem lichtgrauen Lillit überzogen. Der ursprüngliche Ueber-
zug dieser Polybasitkryställchen mag Pyrit gewesen sein , der später
eine Umwandlung in Lillit erlitt.
Dieses letztere Vorkommen des Polybasites dürfte zu der jünge-
ren Bildung gehören , wie auch das Vorkommen von äusserst kleinen
Krys'ällchen des jüngeren Bleiglanzes, welcher auch auf Handstücken
desselben Vorkommens beobachtet wurde, darauf hin weist, während die
früher beschriebenen Fälle einer älteren Bildung angehören.
Hier dürfen auch die Pseudomorphosen des Pyrites nach Polyba-
sit vom Wenzler-Gange nicht unerwähnt bleiben. Ein zollgrosses Penta-
gondodekaeder von bunt angelaufenem Pyrit, den Theile eines noch
12*
gg F. Babanek. Zur Charakt. einiger a. d. Pribramer Erzg. vork. Miner.
grösseren Krystalles desselben Minerales bedecken und auf welchem
letzteren eine grosse Anzahl aneinandergereihter hexagonaler Tafeln des
Polybasites sitzen, der vollständig in Pyrit umgewandelt wurde und
stellenweise dieselben mit derber Pyritmasse im innigen Zusammenhänge
steht, kam am Wenzler-Gange ober dem 18. Laufe vor und liefert eine
ausgezeichnete Verdrängungs-Pseudomorphose des Pyrites nach Polybasit.
Ein anderes Stück von eben demselben Fundort von derbem
Pyrit ist an dem einen Ende in ein grosses Hexaeder auskrystallisirt,
während das andere Ende eine grosse Anzahl hexagonaler Pyrittafeln
zeigt, welche nichts Anderes sind als Pseudomorphosen dieses Minerales
nach Polybasit.
Das Vorkommen des Stefanites gemeinschaftlich mit dem Polyba-
site, wie es Prof. v. Reuss in seiner Paragenesis der Pribramer Mi-
neralien erwähnt, ist in der letzten Zeit nicht beobachtet worden.
Diaphorit, Seliilfglaserz.
Das in früheren Jahren in Pfibram gefundene und für Freies-
iebenit gehaltene Mineral ist bekanntlich nach den Untersuchungen von
Prof. v. Zepharovich eine selbstständige Species, welche er Diaphorit
benannte.
Der Diaphorit kommt meistens am Adalberti-Gange vor. Drusen-
räume in der Gangfüllung sind mit Krystallen älterer Mineralien aus-
gefüllt, auf denen die Diaphoritkrystalle sitzen ; häufig kommen gemein-
schaftlich mit demselben haarförmiger Boulangerit und Bournonit vor. Am
Eusebi-Gange wurde Diaphorit gleichfalls gefunden u. zw. in einer
dichten, schwarzen Quarzmasse mit fein eingesprengtem Bleiglanze,
Siderit und Blende. Die Krystalle des Diaphorites sind daselbst meist
tafelförmig, zeigen viele Formen und häufig Zwillingsbildung, die Enden
derselben sind manchmal abgebrochen. Auch lichtbraune jüngere Blende
in kleinen Krystallen kommt da öfters vor. Die Diaphorite erscheinen
durch die Cömbination der stark glänzenden stahl- bis bleigrauen
Prismen- und Domenflächen wie gestreift.
Das Vorkommen dieses Minerales ist überhaupt ein seltenes und
in Folge dessen, dass einfache Krystalle äusserst selten beobachtet wer-
den und die gewöhnlichen Formen meist kleinere Dimensionen zeigen,
übrigens öfters die Enden abgebrochen haben, eine genaue mineralogische
Bestimmung in den wenigsten Fällen möglich.
VI. Ueber Gesteine von der insei Samothrake.
Von Julian Xiedzwiedzki.
Herr R. Hoernes, Mitglied der k. k. geologischen Reichsanstalt,
hat sich der archäologischen Expedition nach der Insel Samothrake,
welche im Frühjahre 1873 unter Führung von Prof. Dr. A. Conze
vorgenommen wurde, angeschlossen und gab auf Grund seiner dort
gemachten Beobachtungen in den Denkschriften der Akademie der Wis-
senschaften zu Wien, Band XXXIII, eine Darlegung der geologischen
Verhältnisse der genannten Insel, begleitet von einer geologischen und
einer Profilkarte. Er beschreibt darin auch die vorkommenden kristal-
linischen Gesteine nach den Merkmalen , welche sich der Beobachtung
mit blossem Auge darbieten, und hat schliesslich die mitgebrachten
Handstücke mir zu einer eingehenderen mikroskopischen Untersuchung
freundlichst überlassen. Es freut mich nun hier in dieser Hinsicht eine
kleine Ergänzung zu seiner Arbeit liefern zu können.
Granit.
Vom Granit, welches Gestein in zusammenhängender Masse mehr
als ein Dritttheil der Insel einnimmt, liegen mir Handstücke vor : vom
Phonias Fall, Ag. Thekla und von Kremasto nero , doch zeigen sie
keinen wesentlichen Unterschied und weisen also auf eine und dieselbe
Gesteinsvarietät hin. Sie stellen ein körniges Gemenge dar mit einge-
wachsenen grösseren Krystallen und hiedurch bedingter granitisch-por-
phyrischer Textur. Die eingewachsenen Krystalle, 1, 2 bis 3 Cm. gross,
sind breitsäulenförmige Orthoklase, zumeist von blass röthlichgrauer
Farbe. An der Bruchfiäche des Gesteines zeigen sie alle ausgezeichnete
Spaltbarkeit mit gutem Glasglanz auf den Spaltungsflächen. Manchmal
erscheinen diese eingewachsenen Orthoklase farblos und dabei durch-
sichtig, also mehr weniger wasserhell, so dass sie sich dadurch ungemein
an den Adular annähern ; doch ist dies nur selten der Fall.
Mineralogische Mittheilungen. 1876. 2. Heft. (Niedzwiedzki )
90
J. Niedzwiedzki.
P]
Der grosse, röthlichgraue Orthoklas lässt sich durch einige Ueber-
gangsstufen in der Grösse in das körnige Gemenge hinein verfolgen,
worin er als vorwiegender Bestandtheil auftritt, im Aussehen nur so
viel geändert, dass die röthlichgraue Färbung an einigen Gesteinsstellen
nur schwach oder gar nicht hervortritt.
Das ziemlich grobkörnige Gemenge besteht ausser dem Feldspathe
noch weiters aus Quarz, Amphibol und Biotit. Als Feldspathgemengtheil
tritt aber ausser dem genannten Orthoklase noch ein Plagioklas auf.
Man bemerkt nämlich neben den ganz unregelmässigen, eckigen, röth-
lichgrauen oder farblosen, stark durchscheinenden Körnern des ersteren
viele vorwiegend prismatische Durchschnitte von milchweisser Farbe und
ganz geringem Grade von Durchsichtigkeit.
Bei genauerer Musterung mit einer starken Loupe lassen diese
Durchschnitte eine feine Zwillingsstreifung erkennen, welcher Umstand sie
in Uebereinstimmung mit dem sonstigen Habitus als Plagioklas bestimmt.
Sie erscheinen ganz gleich den „Oligoklasen“ in so vielen granitischen
und syenitischen Gesteinen. An einigen Stellen des Gesteines tritt ganz
klar die bemerkenswerthe Erscheinung auf, dass Plagioklas von Ortho-
klas eingeschlossen erscheint. Man sieht nämlich einige prismatische
Durchschnitte, worin von einer äusseren, röthlichgrauen Orthoklas-Zone
ein weisser, prismatischer Kern von Plagioklas sehr scharf absticht. Da
die Längsaxe der beiden Mineralien zusammenfällt, so ist die Verwach-
sung als eine regelmässige zu bezeichnen. Einschlüsse von Orthoklas
im Plagioklas habe ich nicht beobachtet. An Menge dürfte der Plagio-
klas im körnigen Gemenge dem Orthoklas fast gleichkommen, aber alle
etwas grösseren Körner und die porphyrartig auftretenden Krystalle
gehören dem Orthoklas an. Zusammengenommen stellen wohl die beiden
Feldspathe den vorwiegendsten Bestandtheil des Gesteines dar.
Der ihnen an Menge nächstkommende ist Quarz. Dieser erscheint
in unregelmässigen Körnern mit einem für die Granite gewöhnlichen
Aussehen. Er tritt an verschiedenen Stellen des Gesteines in verschiede-
ner Menge auf. Bald tritt er nur wenig gegen den Feldspath zurück,
bald muss er im Gemenge erst gesucht werden, hie und da drängen
sich wiederum die Quarzkörner zusammen und bilden dann kleine Nester
im Gestein.
Die weiteren Bestandtheile des Granites sind Amphibol und Biotit.
Sie treten gewöhnlich beide zusammen auf, doch in wechselndem Men-
genverhältnisse; im Ganzen aber waltet Amphibol vor. Er erscheint in
grünlichschwarzen Säulchen ; Biotit in Täfelchen oder kurzen Säulchen,
schwarz, im Durchscheinen bräunlich.
Auf dem Handstücke von Kremasto nero beobachtete ich in dem
Granitgemenge einige fremdartige Einschlüsse, im Durchschnitte nur
gegen 1 Mm. gross, die ich trotz ihrer Kleinheit durch einige überein-
stimmende Kennzeichen als Titanit bestimmen konnte. Sie sind von
gelbbrauner Farbe mit einem etwas fettartigen Glasglanz, zeigen beim
Ritzen mit einer Stahlspitze einen Härtegrad nahe an Apatit und weisen
endlich, was das Entscheidende ist, die Krystallform des Titanites auf.
Ein winziges Kryställchen erschien unter der Loupe als ein sehr Haches,
schief abgestumpftes Säulchen, bei welchem die stumpfen Säulenkanten
[3]
Ueber Gesteine von der Insel Samothrake.
91
nach einer annähernden Bestimmung mit dem Reflexionsgoniometer 136°
messen. Es stellt eine vorwiegend durch die Flächen 2I3P2 . OP (Naum.)
gebildete Gestalt aus der Formenreihe des Titanites dar. Wie unter-
geordnet auch dieser accessorische Gemengtheil auftritt, so verdient er
doch einiges Interesse, indem er einerseits nur an wenigen Punkten im
Granit auftritt, anderseits aber schon auf einer anderen Insel des
Archipels, auf Naxos, beobachtet wurde. (J. R. Blum, Lehrbuch der
Oryktognosie, p. 409.)
® Es haben sich weiters im Gemenge auch ein Paar winzige Pyrit-
körnchen vorgefunden.
Von anderweitigen makroskopischen Beobachtungen sei noch er-
wähnt, dass ein Gesteinstück, obgleich sonst nicht weniger frisch aus-
sehend wie die übrigen, viele kleine löcherige Stellen zeigt, die mit
gelblichweissem Zersetzungspulver ausgekleidet sind. Nach der Form zu
urtheilen entsprechen sie zersetztem Feldspath, wahrscheinlich Pla-
gioklas.
Bei der Untersuchung der Dünnschliffe erscheint das Gemenge
unter dem Mikroskop ungleichmässig körnig. Quarz tritt in unregel-
mässigen, oft scharfkantigen Brocken und erscheint ziemlich wasserklar
trotz der grossen Menge von Einschlüssen, die sich in ihm vorfinden.
Bei Weitem vorherrschend sind dies meist unregelmässig und zackig
begrenzte, seltener rundliche Gebilde, von denen die Mehrzahl im Innern
ein Bläschen eingeschlossen enthält. Sehr viele der letzterwähnten Bläs-
chen befinden sich in fortwährender raschen Hin- und Herbewegung,
erweisen sich also als schwankende Gas-Libellen und lassen dadurch
die sie unmittelbar einschliessenden Gebilde als Flüssigkeitseinschlüsse
bestimmen. Solche sind im Quarz in ungeheurer Menge ganz unregel-
mässig vertheilt oder an verschiedenen Stellen des Minerals in Zonen, die
keinerlei krystallographische Orientirung zeigen, zusammengehäuft. Was
ihre Grösse anbetrifft, so lässt sich davon kein Mittelmaass angeben,
da einerseits die zackig verzweigten sich oft zu einem langgestreckten
Netze vereinigen, anderseits auch bei der 560maligen Vergrösserung,
die ich noch anwenden konnte, viele Häufchen von Trübungen, die
gewiss von solchen Flüssigkeitseinschlüssen herrühren, noch nicht auf-
gelöst erschienen. Die grösseren von denjenigen mehr weniger rundlich
ovalen, die eine tanzende Libelle zeigten, haben einen Durchmesser von
circa CH302 Mm. Das Grössenverhältniss der Libelle gegenüber der sie
einschliessenden Flüssigkeit lässt sich nur ungenau bestimmen, da bei
dieser Kleinheit die Ausdehnung in der Tiefe sehr schwer zu beurthei-
len ist, dürfte aber 1 : 10 bis 1 : 20 betragen. Dies Verhältnis blieb
bei einer beweglichen Libelle, die etwa V20 des ganzen Einschlusses im
Quarze einnahm, bei einer Erwärmung über 35° C. hinaus ganz unver-
ändert. Da die eingeschlossene Flüssigkeit weiters die Wände benetzt,
so dürfte sie Wasser oder eine wässerige Lösung sein.
Ausser den Flüssigkeitseinschlüssen kommen im Quarz noch ver-
einzelte Kryställchen eingewachsen vor, die wir aber besser beim Feld-
spath, wo sie in weit grösserer Menge Vorkommen, kennen lernen
werden.
Der Feldspathbestandtheil erscheint unter dem Mikroskop bald
als Orthoklas, bald als Plagioklas, Orthoklas ist aber in dem feinkkör-
J. Niedzwiedzki
[4]
92
nigen Gemenge (1er Menge nach ganz untergeordnet. Er erscheint von
verschiedenem Habitus. Vorerst beobachtete ich mehrere ganz unregel-
mässig begrenzte Durchschnitte davon, welche kleinere, prismatische,
ziemlich wasserhelle Plagioklase und Orthoklase einschliessen, selbst aber
ganz trübe erscheinen. Die Trübung ist von graulicher Farbe und wird
durch verzweigte Haufen von winzigen Körnchen und Stäbchen gebildet,
die ganz ähnlich wie in so vielen Orthoklasen der Granite und Por-
phyre als Producte einer Umwandlung zu betrachten sind. Die Um-
wandlung zieht sich zwar an den Sprüngen intensiver hin, ergriff aber
unabhängig davon fast die ganze Masse des Feldspat hes, so dass nur
ganz kleine Stellen davon wasserhell, bloss durch einige ursprüngliche
Einschlüsse verunreinigt, erscheinen. Diese Partien gehören wohl der-
artigen Orthoklasen an, wie sie auch makroskopisch als röthlich trübe
grössere Krystalle zum Vorschein kommen. An diese trüben Partien
schliessen sich Orthoklas-Durchschnitte an, welche ebenfalls keine regel-
mässigen Conturen zeigen und gleichsam nur Zwischenräume ausfüllen,
die aber entweder nur stellenweise oder gar nicht trübe, sondern abge-
sehen von ursprünglichen Einschlüssen, ganz wasserhell, also vollkom-
men frisch erscheinen. Solche bilden den Uebergang zu prismatisch
begrenzten Orthoklasen , durchschnittlich gegen 02 Mm. breit und
0-3 Mm. lang. Deren Substanz ist, abgesehen von verschiedenartigen
Einschlüssen, die in sehr wechselnder Menge auftreten und etwa 5 — 30
Procent der Feldspathsubstanz ausmachen, vollkommen wasserhell, also
ganz frisch. Zuweilen trifft man auf Durchschnitte von Zwillingen nach
dem Karlsbader Gesetze an. Ausser dem Fehlen der Zwillingsstreifung
sind diese Orthoklase ganz ähnlich den Plagioklas-Durchschnitten in deren
Gesellschaft sie Vorkommen. Zuweilen bemerkt man innerhalb des
Orthoklases , parallel zu dessen Längsaxe ein oder mehrere sehr
schmale Leistchen , die etwa nur zur Mitte des Krystalles reichen,
interponirt.
In weit grösserer Menge als der Orthoklas tritt, wie schon erwähnt,
Plagioklas auf. Seine Conturen sind fast immer prismatisch, seine Grösse
gleich der der kleineren Orthoklase. Es folgt daraus, dass man den
Vorgang bei der Auskrystallisii ung des vorliegenden Granites in Bezug
auf den Feldspath derart annehmen muss, dass sich zuerst viele kleine
Krystalle von Plagioklas, wenige von Orthoklas ausgeschieden haben und
aus dem übriggebliebenen Magma des Orthoklas entweder die schon
vorhandenen kleineren Feldspathe zurückdrängend in grossen Krystallen
sich bildete oder letztere nur zum Theil umfassend eine regelmässige
Umgrenzung nicht erhalten konnte.
Aller Feldspath, Orthoklas und Plagioklas enthält Einschlüsse zum
Theil in noch grösserer Menge als dies beim Quarz der Fall ist. Diese
sind hier aber im Gegensätze an denjenigen im Quarz zumeist sowohl
was die Längsaxen der einzelnen als auch ihre Zusammenhäufungen
anbetrifft, nach krystallographischen Richtungen orientirt. So erscheinen
sie zum Beispiel parallel den Wachsthumslinien bei kleinerer Vergrösse-
rung als zusammenhängende dunkle Striemen. Ein grosser Theil von
diesen Einschlüssen im Feldspath sind ihrem Gesannntaussehen nach
besonders durch Vergleich mit den ähnlichen Gebilden im Quarz auch
als Füssigkeitseinschlüsse zu bestimmen. Trotz eifrigen Suchens fand
[5]
Ueber Gesteine von der Insel Samothrake.
93
ich aber in ihnen kein Bläschen. Die allermeisten von ihnen ent-
halten zweifellos keines ; hei einigen blieb ich wohl darüber im Zweifel,
mit Sicherheit konnte ich aber kein einziges Bläschen constatiren. Es
tritt also hierin zwischen dem Feldspath und dem Quarz ein sehr
scharfer Gegensatz hervor, da wie schon erwähnt, alle Durchschnitte des
letzteren (also auch die dem bläschenleeren Feldspath unmittelbar an-
liegenden) eine grosse Menge von Flüssigkeitseinschlüssen aufweisen,
die mit beweglichen Bläschen versehen sind. Dieser Gegensatz lässt
uns schliessen, dass entweder der Quarz bei einer höheren Temperatur
sich bildete als der Feldspath, oder was das wahrscheinlichere erscheint,
dass die Feldspath-Substanz nicht so hermetisch den Flüssigkeitsein-
schluss absperrte wie der Quarz, oder sich vielleicht gegen die einge-
schlossene Flüssigkeit nicht so unempfindlich und unangreifbar verhielt,
dass nothwendigerweise für -die Dauer die Masse der Flüssigkeit gleich
bleiben, also bei einer Temperatur-Aenderung sich ein Unterschied im
Volumen (Bläschen) einstellen musste. Die Flüssigkeitseinschlüsse im
Feldspath sind auch noch mehr zackig und ästig als im Quarz und
erreichen dabei sehr ansehnliche Längendimensionen. Im engsten Anschlüsse
an sie kommen ganz gleich gestaltete, aber dunkle Gebilde vor, die
wohl als Hohlräume zu deuten sind. Zuweilen scheint es als ob ein
derartiges ästiges Gebilde zum Theil ein Flüssigkeitseinschluss, zum
Theil ein Hohlraum wäre, doch kann man sich hierüber keine Gewiss-
heit verschaffen, da schon durch einen veränderten Verlauf gegenüber
der Schlifl'fläche Helle oder Dunkelheit entsteht.
Aber auch angenommen, dass hier Hohlraum und Flüssigkeit zu-
sammengehören würden, so kann man diess doch nicht mit den mit
Libellen versehenen Flüssigkeitseinschlüssen im Quarz gleichstellen, da
diese Gebilde hier zu so ausgedehnten Netzen verbunden sind, dass in
ihnen höchst wahrscheinlich auch hygroskopisches Wasser nach Capillar-
gesetzen circuliren kann.
Die dunklen Hohlräume sind es besonders, welche im Verein mit
den Flüssigkeitseinschlüssen dunkle Streifen im Feldspath erzeugen.
Ausser den besprochenen Einschlüssen kommen noch im Feldspath
sowie in geringerer Menge auch im Quarz, recht viele Einschlüsse fester
Körperchen, und zwar entweder Kryställchen oder Körnchen vor.
Der grösste Theil davon mengt sich zwischen die Flüssigkeits-
und Gas-Poren hinein und ist zu klein, als dass eine Diagnose daran
versucht werden könnte. Es treten aber auch einzelne Kryställchen
scharf aus der Feldspathsubstanz hervor. Die meisten von diesen gehören
dem Apatit an. Sie treten im gewöhnlichen Lichte recht grell gegenüber
der einschlüssenden Substanz auf, erweisen sich durch die Form ihrer
Durchschnitte als dünne, hexagonale Säulehen und sind dabei immer
ganz wasserhell, nur hie und da mit einem einzelnen Einschluss unbe-
stimmbarer Natur versehen. Sehr oft weist eine Gliederung der Pris-
men quer zur Längsaxe auf eine Spaltbarkeit parallel zu OP hin. Was
die Endigung der Säulchen betrifft, so beobachtete ich oftmals eine
dachförmige Zuspitzung mit einer horizontalen Abstumpfung, also die
Combination oo P . mP . OP . Ich habe oftmals den Winkel der ter-
minalen Abdachung gegen das Prisma gemessen , bekam aber nie
Mineralogische Mittheilungon. 1875. 2 Heft. (Niedzwiedzki.)
94
J. Niedzwiedzki.
[6]
Werthe, die auf die Pyramide P des Apatites hinweisen würden, sondern
Winkel um 120° herum, welche flacheren Pyramiden der Krystallreihe
des Apatites entsprechen. Uebrigens erscheint der meiste Apatit am
Ende zugerundet.
Was die Grösse der beobachteten Apatit-Durchschnitte anbetrifft,
so schwanken sehr viele der grösseren um 007 Mm. Länge gegen
00035 Mm. Breite herum, einzelne sind bis lOmal so gross ; vieler
Apatit geht aber bis zur verschwindenden Kleinheit herunter. Sein ziemlich
reiches Auftreten wurde auch durch einen chemischen Versuch bestä-
tigt, indem bei Behandlung des Granitpulvers mit Salzsäure und Ver-
setzung des Filtrates mit molybdänsaurem Ammoniak ganz starke Spu-
ren von Phosphorsäure zum Vorschein kamen.
Von den anderen festen Einschlüssen im Feldspath wird sehr
vieles den Feldspath-Mikrolithen zuzurechnen sein.
Amphibol und der mikroskopisch ziemlich spärlich vorkommende
Biotit zeigen das gewöhnliche Verhalten. Es sei nur erwähnt, dass beide
in höchst charakteristischer Weise vom Apatit durchwachsen (durch-
gespickt) erscheinen , der auch sonst sich in ihrer Nähe ziemlich
anhäuft.
Magnetit ist in einzelnen Körnern oder in Häufchen eingestreut.
Einige wenige sehr kleine, intensiv gelblich bis röthlichbraun
gefärbte geradlinige Durchschnitte gehören wohl dem Titanit an.
Der grösste Theil der mir ausser dem Granit von Samothrake
vorliegenden Gesteinsproben gehören dem Trachyt an, welcher im nord-
westlichen Theile der Insel mehrere Kuppen und Hügel bildet und an
welchen sich ausgedehnte Massen von vulkanischem Tuff anschliessen.
Unter diesen Gesteinen lassen sich recht scharf drei Gesteinsarten
unterscheiden : ein dunkler Quarztrachyt mit viel Plagioklas und Biotit,
ein lichter , ausgezeichnet mikroporphyrischer Quarztrachyt mit viel
Plagioklas ohne Biotit und ein Biotit-Trachyt ohne makroskopischen
Feldspath.
Natürlich ist es wohl möglich, ja wahrscheinlich, dass diese Ge-
steinsarten in der Natur durch Uebergänge mit einander verbunden sind.
Dunkler Quarztrachyt.
Dieses Gestein scheint die grösste Verbreitung zu haben, indem
es ausser kleineren Partien den ganzen Hügelzug des Brechos zusam-
mensetzt. Es erscheint im Ganzen dunkelaschgrau und zeigt makro-
skopisch eine ebenso gefärbte dichte Grundmasse und darin eingeschlos-
sen : Orthoklas, Plagioklas, Quarz, Biotit und Amphibol.
Der Orthoklas reicht weit über die Grösse der übrigen Gemeng-
theile hinaus, indem seine dick tafelförmigen oder rectangulär säulen-
förmigen Krystalle bis gegen 5 Cm. Länge erreichen. Seine Durchschnitte
weisen entweder auf die einfachen Krystalle der Form ooPo o . OP .
2P oo . ooP zuweilen noch mit <x>P3 hin, wobei ooPoo fast immer
ro
Ueber Gesteine von der Insel Samothrake.
95
stark vorwaltet und oo P sehr zurücktritt, oder auf Zwillinge dieser
Form nach dem Karlsbader Gesetze. Hörn es erwähnt auch (1. c. p. 10),
dass ausserdem noch Zwillinge nach einem bisher noch nicht beobach-
teten Gesetze Vorkommen. Es liegen mir nun unter den aus dem Tra-
chyte herausgewitterten losen Orthoklas-Krystallen zwei Stücke vor, wo
in einen grösseren, durch gleichmässige Ausbildung von OP und oo P oo
rectangulär säulenförmigen Krystall ein kleinerer, oder eingentlich blos
ein abgebrochener Stummel eines solchen schief eingewachsen erscheint
und zwar in der Art, dass man ohne genauere Untersuchung in beiden
Exemplaren einen Parallelismus, also eine Zwillingsverwachsung nach
einem neuen Gesetze annehmen könnte. Es ist aber bei dem einen
Exemplar der kleinere Krystall in den grösseren hineingewachsen durch
die Fläche ooPoo , bei dem anderen durch die Fläche OP durch, wobei,
wie erwähnt, die gegenseitige Neigung ziemlich, aber auch nur ziemlich
gleich erscheint. Man merkt aber gleich den Unterschied in der Ver-
wachsung durch ein rudimentäres Auftreten des Prisma oo P und den
Verlauf der Flasern und Sprünge. Uebrigens vermochte ich auch keinen
der einzelnen Verwachsungsfälle auf eine krystallographisch mögliche
Zwillingsfläche zurückzuführen. So bilden bei dem einen Exemplar die
beiden Flächen ooPoo einen Winkel von 118° 30' (gemessen am
Siegellack-Abdruck), wobei die beiden OP Flächen nicht ganz parallel,
sondern etwa um 2° gegen einander geneigt sind. Die Verwachsung
muss also, wenigstens an den mir vorliegenden Stücken, als unregel-
mässig bezeichnet werden.
Viel mehr Interesse bieten die Orthoklas-Krystalle dieses Trachytes
in Betreff ihrer glasigen Natur. Unter den losen, aus dem Trachyt
herausgewitterten Krystallen giebt es sowohl Sanidine als sogenannte
Orthoklase. Ebenso überzeugt man sich durch eine Musterung der im
Trachyt eingewachsenen Krystalle, dass auch unter ihnen sowohl Sanidin
als auch Orthoklas vorkommt.
Ein Theil der Krystalle erscheint nämlich vollkommen farblos und
in dünnen Splittern vollkommen durchsichtig. Seine Durchsichtigkeit in
grösseren Partien ist vorzugsweise durch vielfache Lagen von Sprüngen
und Rissen beeinträchtigt, welche Lagen zwar nicht regelmässig, aber
doch zum Theil parallel dem (nicht auftretenden) Pinakoid ooPoo ver-
laufen und dadurch auf OP und »Poo entsprechend gerichtete Flaser
hervorbringen. Das Mineral zerspringt sehr leicht in der Richtung dieser
Lagen von Rissen und dadurch ist es trotz der ausgezeichneten Spalt-
barkeit sehr schwer grössere Spaltungsflächen zu erhalten. Auf diesen
sowie auf den Sprung- und Bruchflächen erscheint starker Glasglanz.
Diese alle Merkmale zusammengenommen bestimmen den Feldspath
unzweifelhafterweise als Sanidin. Die Substanz der anderen Varietät ist
licht röthlichweiss oder röthlichgrau gefärbt und mit Ausnahme einzel-
ner Stellen gleichmässig schwach trübe. Sie erscheint, trotzdem ihr auch
Sprünge nicht fehlen, nicht rissig, zeigt grosse Spaltflächen und hat auf
Bruchflächen nur einen sehr schwachen Glanz. Dieser Feldspath ist also
ident mit dem in Graniten, Porphyren etc. vorkommenden sogenannten
gemeinen Orthoklas. Hiemit wäre hier das Zusammenvorkommen dieser
beiden Orthoklas-Varietäten constatirt. Ja noch mehr, es erscheint
hier der Unterschied zwischen ihnen durch Uebergänge sehr verwischt.
13+
96
J. Niedzwiedzki.
[8]
Nicht nur dass hier, wie auch schon öfters beobachtet wurde, einzelne
wasserhelle („adularartige“) Stellen im gemeinen Orthoklas, besonders
gegen das Centrum hin Vorkommen, sondern es treten auch Orthoklase
auf, bei denen man wegen der Zuweisung zu der einen oder der
anderen Varietät ganz im Zweifel bleibt. Es scheint daraus hervorzu-
gehen, dass man es hier nicht mit zwei Abarten des Orthoklases neben-
einander, sondern vielmehr dasselbe Mineral in verschiedenen Uimvand-
lungsstadien zu thun hat. Diese Beobachtung wie schon manche frühere,
erlaubt es nicht, das Auseinanderhalten des Sanidins von dem sonstigen
Orthoklas einerseits, dann der Orthoklase der Trachyte von denen der
Granite, Porphyre etc., anderseits als etwas scharf Durchführbares und
ausnahmslos Gütiges hinzustellen.
Fast alle Sanidine zeigen einen concentrisch polysynthetischen
Bau Bruchflächen, die annähernd senkrecht auf die klinodiagonale ver-
laufen, zeigen ein System von ineinandergeschachtelten Individuen, die
durch weisse, trübe Grenzlinien von einander geschieden sind. Diese
Trennungslinien treten besonders gegen den Rand hin, wo die Substanz
gewöhnlich reiner ist, scharf hervor; gegen der Mitte zu, welche oft
durch fremde Einschlüsse verunreinigt erscheint, verwischen sie sich
allmählig. Man kann ihrer oft 4 bis 5 nacheinander unterscheiden.
Ich habe einige der eben angeführten Orthoklase des Trachytes
in Dünnschliffen unter dem Mikroskop studiren können und werde die
charakteristischen davon etwas näher beschreiben.
In einem circa 2DCm. grossen Schliff von Sanidin, geschliffen
parallel den oben erwähnten Absonderungsflächen , also einigermaßen
parallel dem Orthopinakoid , fällt vor Allem die grosse Menge von
Sprüngen auf, die den ganzen Schliff, zum Theil zu Strängen und Bün-
deln vereiniget , son-t aber ganz unregelmässig durchziehen. Es sind
das die Sprünge , welche das makroskopische rissige Aussehen des
Sanidins bedingen Sie erscheinen unter dem Mikroskop je nach der
Lage hell oder dunkel ; längs ihnen ziehen sich Trübungen hin , die
augenscheinlich durch Neubildungen verursacht sind. Zwischen diesen
Sprüngen erscheint aber die Masse des Minerals ganz wasserhell, sofern
sie natürlich nicht durch einzelne, scharf begrenzte Einschlüsse ver-
unreinigt ist. Von einer durchgreifenden Trübung, wie sie gewöhnlich
bei den Orthoklasen der Granite vorkommt, ist hier keine Spur zu
finden. Die vordem erwähnten Wachsthumslinien erscheinen unter dem
Mikroskop durch Anhäufung von nach einer Richtung orientirten Ein-
schlüssen markirt. Linien, die der vollkommenen Spaltbarkeit angehö-
ren würden, habe ich nicht bemerkt. Unter den Einschlüssen ist der
Plagioklas vorwiegend. Bei gewöhnlichem Licht bemerkt man bloss die
wenigen grösseren Kryställchen davon , im Mittel 0’05 Mm. breit,
0‘1 Mm. lang; aber bei gekreuzten Nicols tritt eine weit grössere
Menge davon sehr schön gestreift hervor. Die kleineren Plagioklase
erscheinen mehr in quadratischen als langgestreckt rechteckigen Durch-
schnitten , aber auch dann bemerkt man immer an der Richtung der
Streifung, dass sie parallel der Hauptaxe oder der Orthodiagonale des
Wirthes gelagert sind. Während auch ganz kleine Durchschnitte von
Plagioklas immer noch ganz ausgezeichnet gestreift sind (bei einem
[9]
Ueber Gesteine von der Insel Samothrake
97
circa OOl breiten konnte ich noch ganz gut 6 Lamellen zählen), so
bemerkt man dabei auch sonst ganz ähnliche aber nicht gestreifte
Durchschnitte, welche also dem Orthoklas angehören. Solche erscheinen
besonders an den erwähnten 'Wachstlmmslinien hintereinander, aber
nicht parallel , sondern gleichsam nach rechts und links verschoben,
gelagert. Beiderlei erwähnte Einschlüsse gehen bis zur minimalen Grösse
hinunter und bilden wohl einen Theil von den ganz winzigen Körnchen,
bei denen eine Diagnose schon unmöglich ist.
Ebenso schliessen sich an ein Paar grössere Durchschnitte von
Biotit eine Menge winzige Körnchen davon au.
Der grösste Theil aber von den winzigen Körnchen, die dem
Sanidin in unzähliger Menge wohl als ursprüngliche Einschlüsse einge-
streut sind, müssen als Partikel von amorphen Glas angesehen werden.
Viele kann man nämlich mit Sicherheit als Glaseinschlüsse bestimmen,
indem sie bei scharfen, strichförmigen Conturen ihrer Tropfenform sich
optisch indifferent erweisen und ein breit dunkel umrandetes stabiles
Bläschen beherbergen. Es dürften aber auch Glaseinschlüsse Vorkom-
men, die kein Bläschen enthalten, ja auch, als Ausfüllungen regel-
mässiger Hohlräume des Wirttes, rechteckige Umrisse aufweisen. Dann
unterscheidet sie nur der Indifferentismus gegen das polarisirte Licht
von den Feldspath-Einschlüssen. Auch kommen ähnlich begrenzte aber
dunkel umrandete Hohlräume vor. Solche erscheinen also hier nicht
als eigentliche, rundliche Glasbläschen, sondein stellen durch treppen-
förmig abgesetzte und ruinenförmig vorspringende Wände begrenzte
Lücken der Sanidinmasse dar.
Die meisten der erwähnten im Feldspath eingeschlossenen Gebilde
enthalten ihrerseits wieder kleine Körnchen und Stäbchen, die oftmals
den grösseren Theil des Einschlusses einnehmen.
Wenn alle derlei Gebilde unter eine gewisse Grösse herabsinken,
daun erscheinen sie als ganz unbestimmbare kleine Stäubchen. Die Ver-
theilung dieser verschiedenartigen Einschlüsse ist eine ungleichmässige.
An einigen Stellen erscheinen sie in ungeheuerer Anzahl, während sie
andere so ziemlich frei lassen. Aber auch dort, wo sie am zahlreichsten
auftreten, trennt sie gewöhnlich ein vollkommen wasserheller Zwischen-
raum, der mehreremal so gross ist, als ihr Durchmesser. Oftmals ist
die Vertheilung der Körnchen und Stäbchen eine ganz eigenthümliche.
Sie liegen dann in zumeist geraden, seltener gekrümmten Flächen, die
den Sanidin in allen möglichen Richtungen durchziehen. Auf diesen
Flächen sind die Einschlüsse so vertheilt, dass sie in geraden oder
gebogenen Reihen hintereinander folgen, dass eine Anzahl solcher Reihen
mit einander parallel verlauft und dass derart Systeme von aus Körn-
chen gebildeter Reihen oft miteinander unter schiefem Winkel zusam-
menstossen, wodurch das Ganze an einfachere vorgedruckte Stickmuster
erinnert. Wenn sich in diesem Falle zu den Körnchen auch stäbchen-
förmige Belonite zugesellen, so sind ihre Axen nach der Richtung der
Reihe orientirt. Der Verlauf der Flächen, in welchen die Einschlüsse
in eben genannter Weise geordnet liegen, hat einige Aehnlichkeit mit
dem Verlaufe von Sprungflächen. Trotzdem haben wir es aber hier
keineswegs mit Sprungflächen zu thun, denn wenn unsere Flächen durch
die Oberfläche des Schliffes durchschnitten werden, so erscheinen sie
98
J. Niedz-wipdzki.
[10]
♦
nicht als continuirliche Linien, sondern eben nur als eine Reihe von
Pünktchen , welche von einander ganz isolirt auch nicht durch die
geringste Spur einer Sprunglinie verbunden sind. Ebenso fehlt beim
Verfolgen der genannten Flächen in die Tiefe, wenn sie geneigt auf-
steigen, jede Spur der optischen Erscheinung eines Sprunges. Es ist
hier damit ganz dasselbe Bewandtniss, wie es Zirkel (mikroskopische
Beschaffenheit der Mineralien und Gesteine, p. 47, Anm.) für Flüssig-
keitseinschlüsse gegen Vogelsang constatirt. Diese Beobachtung ist um
so weniger zweifelhaft, als auch genug Fälle Vorkommen, wo die Körn-
chen auf einer Sprungfläche vertheilt liegen, was man aber sofort er-
kennen kann.
Der Sprung muss dann als secundär, als eben durch die Anord-
nung der Einschlüsse hervorgerufen und in seinem Verlaufe bestimmt,
betrachtet werden. Dem entsprechend bemerkt man auch Sprünge be-
sonders dort, wo eine grosse Ungleichheit in der Grösse der Einschlüsse
vorkommt.
Die letztgenannten Sprünge erscheinen fast immer nur als feine
Linien und sind gar nicht zu verwechseln mit den anfangs genannten,
zum Theil dunklen Rissen des Sanidins.
Die Untersuchung eines im Gestein eingewachsenen Sanidins ergab
folgende Eigenthümlichkeiten : Makroskopisch oder hei kleinerer Ver-
grösserung bemerkt man hier ein Geflecht von weissen, trüben Linien
in einer' wasserhellen Substanz. Letztere bleibt an vielen Stellen auch
bei der stärksten Vergrösserung ganz frei von irgendwelchen Einschlüs-
sen und vollkommen farblos und durchsichtig. Die trüben Streifen ver-
laufen entweder ganz unregelmässig oder erscheinen durch annähernd
parallelen Verlauf zu Strängen zusammengeschaart, die aber wiederum
auch nicht regelmässig orientirt sind. Sie nehmen von der Mitte gegen
den Rand des Krystalles bedeutend an Menge zu und legen sich ge-
wöhnlich am Rande selbst etwas geschleift bogenförmig an. In der Mitte
bemerkt man zuweilen Convergenzen von solchen Streifen gegen einen
grösseren Einschluss des Sanidins. Bei starker Vergrösserung überzeugt
man sich, dass nur ein Theil von diesen Streifen mit Körnchen besäete
Sprünge sind, dass dagegen viele nur durch streifenartig vertheilte
Einschlüsse hervorgebracht werden. Die letzteren sind hier nicht wesent-
lich verschieden von denen im ersten Sanidin, nur kommen hier fast
gar keine Plagioklase vor. Bei diesem Sanidin bemerkt man aber an
einigen Stellen, wo Einschlüsse und Sprünge angehäuft erscheinen, auch
eine grauliche Trübung der ganzen Substanz.
Die Untersuchung mancher anderen Schliffe von Sanidin ergab
nichts wesentlich verschiedenes.
Ein Präparat aus dem Gestein von Paläopolis gab mir einen
Feldspathdurchschnitt 13 Mm. lang und 8 Mm. breit, welcher ausser
einigen kleinen Flecken in der Mitte, ganz trübe erschien. Die kleinen
Flecken innerhalb dieser Substanz sind frischgebliebene Reste, während
das Uebrige stark umgewandelt erscheint. Die frischgebliebenen Reste
sind ganz wasserhell und gleichen vollkommen in ihrer Substanz und
den Einschlüssen dem vorher beschriebenen Sanidin Sie gehen entweder
allmählig oder ganz rasch , absatzweise in eine ganz trübe und nicht
homogene Substanz über, die den bei Weitem grössten Theil des
[11]
lieber Gesteine von der Insel Samotkrake.
99
Durchschnittes einnimmt. Sie ist von einer mehlig-flockigen Trübung
erfüllt, die jedenfalls ein Umwandlungsproduct ist. Die Zersetzung ist
so weit gediehen, dass stellenweise ein Zerfallen der Masse in einzelne
Brocken zu beobachten ist. Der Umstand, dass oft eine ziemlich scharf
markirte Grenze der Umwandlung zum Vorschein kommt, ist wohl so
zu erklären, dass der Durchschnitt nicht einem einzigen Krystall ent-
spricht , sondern einem Aggregate mehrerer , oder wenigstens einem
Krystalle mit vielen kleineren, eingeschlossenen, welche nicht in gleicher
Weise der Umwandlung Wiederstand boten.
Zu dem makroskopischen Mineralgemenge des Gesteines zurück-
kehrend, finden wir in demselben neben dem Orthoklas (Sanidin),
welcher nur selten unter die Grösse von l Cm. herabsteigt, in reich-
licher Menge auch Plagioklas, dessen prismatische Durchschnitte aber
bedeutend kleiner sind, ziemlich nahe um die Mittelgrösse von 3 Mm.
Länge gegen l-5 Mm. Breite herum schwanken. Sie erscheinen zuweilen
fast vollkommen farblos mit starkem Glasglanz, zumeist aber rein weiss
bis gelblich- oder graulichweiss mit schwachem Glasglanz oder matt.
An den meisten ist eine Zwilligsstreifung mit blossem Auge zu erken-
nen. Unter dem Mikroskop bieten sie alle möglichen Stadien der Erhal-
tung dar, vom vollkommen wasserhellen Zustande an bis zum ganz
trüben. Bei den ganz farblosen und wasserhellen findet man stellen-
weise mehr oder weniger von verschiedenartigen Einschlüssen, die ihrer
Natur und ihrer Vertheilung nach mit denen im Sanidin übereinstim-
men. Mit der lamellaren Zwillingsverwachsung steht die Vertheilung
dieser Einschlüsse zumeist in gar keiner Beziehung, so dass Streifen
von Einschlüssen quer durch die parallelen Verwachsungslinien verlau-
fen; bei einem Durchschnitte beobachtete ich aber gerade das Gegen-
tlieil : hier sind die eingeschlossenen Partikel ganz bestimmt auf
mehreren nebeneinander laufenden Zwillingslinien vertheilt. Sprünge in
geringer Zahl und von ganz unregelmässigem Verlauf finden sich immer
vor. Von den frischen Plagioklasen findet ein allmähliger Uebergang
statt zu den ganz trüben, durch Zwischenglieder, bei welchen man eine
Trübung nur an den Stellen beobachtet, wo die Einschlüsse besonders
angehäuft erscheinen ; diese dürften also jedenfalls zur Zersetzung
disponiren. Letztere tritt in den vorliegenden Plagioklasen etwas ver-
schieden auf, als sie gewöhnlich in Orthoklasen beobachtet wird. Wäh-
rend bei diesen gewöhnlich Uebergänge auftreten, die nur eine leichte,
durchscheinende wie flockige Trübung zeigen, erscheint hier die Neubil-
dung gleich mehr compact und undurchsichtig. Als Endresultat bemerkt
man viele ganz opake Durchschnitte, die nur durch ihre Form sich als
zum Plagioklas gehörend erweisen. Recht oft trifft es sich, dass kleinere
Plagioklase von grösseren Orthoklasen eingeschlossen erscheinen und
umgekehrt; werden die Einschlüsse grösser, so bilden sich dadurch
Uebergänge zu unregelmässigen Aggregaten von Orthoklas und Plagio-
klas, die dann ein Feldspathkorn geben, in welchem beide Arten von
Feldspath unregelmässig durcheinander gewachsen sind. In Bezug auf
das Verhältniss von Orthoklas zu Plagioklas ist hier noch eine interes-
sante Erscheinung anzuführen, wie sie auch schon von Zirkel (1. c.
p. 134) an höchst seltenen Feldspath-Durchschnitten in Basalten be-
obachtet wurde, wie sie auch Dr. C. Doelter (Zur Kenntniss der quarz-
100
J. Niedzwiedzki.
[12]
führenden Andesite in Siebenbürgen und Ungarn. Diese Mittli. Jahrg.
1873 Nr. II. p. 58 Fig. 3) bei Feldspathen der Andesite vorfand und
die auch in dem Feldspathe des besprochenen Granites von Samothrake
schon angedeutet ist. Es treten nämlich in frischen Orthoklas-Durch-
schnitten parallel dessen Längsaxe ein oder mehrere dünne, linienförmige
Leisten eingeschaltet auf, welche Leisten nicht den ganzen Krystall durch-
setzen, sondern irgendwo in der Mitte aufhören. Bei anderen Durch-
schnitten sieht man ein ganzes System von solchen Leistchen an irgend
einer Stelle — in der Mitte, am Rande oder einer Ecke — des unge-
streiften Feldspathes auftreten, ohne dass diese Stelle auf irgend welche
Weise bei gewöhnlichem und polarisirtem Licht von dem Ganzen abge-
sondert erscheinen möchte. Die Vorkommen sind durch die augenschein-
lichsten Uebergänge mit ihrer ganzen Länge nach ausgezeichnet ge-
streiften Feldspathen verbunden, bei welchen das eine System der abwech-
selnd parallel liegenden Lamellen gegenüber dem anderen ganz dünn,
leistenförmig erscheint.
Wenn man auf den letztgenannten Umstand Gewicht legen wollte,
so könnte man die ganze Erscheinung so deuten, dass hier dem Ortho-
klase ein oder mehrere, oder ein ganzes System von ganz dünnen
Plagioklasleisten eingeschaltet sind. Einer solchen Auffassung wider-
spricht aber die Beobachtung, dass es Durchschnitte giebt, welche ein
durchgehendes System von dünnen, leistenförmigen Feldspath-Lamellen
zeigen, aber derart, «lass in der einen Querhälfte des Krystalles
ein Lamellen-System dünn, leistenförmig, in der anderen Hälfte aber
dasselbe System breit wird, indem das Verhältniss in der Mitte dadurch
umschlägt, dass die breiten Lamellen entweder stufenförmig oder keil-
förmig sich zu schmalen Leistchen verengern, während das andere
System auf dessen Kosten breit wird. Hier müssen wir also den ganzen
Krystall, die dünnen und die breiten Lamellen als Plagioklas betrach-
ten, somit auch ganz ähnlich aussehende Durchschnitte, wo aber den
ganzen Krystall regelmässig ein System von linienförmigen Leisten durch-
läuft, nicht als Orthoklas mit Plagioklasleisten, sondern ganz als Pla-
gioklas annehmen. Nach der Analogie weiter schliessend, können wir
die im Ganzen ungestreiften Feldspathe, welche aber stellenweise Leist-
chen eingeschaltet haben, jedenfalls auch zum Plagioklas rechnen, kom-
men aber alsdann durch Uebergänge zu ganz ungestreiften Plagioklasen.
Uebrigens wäre die Erscheinung auch durch die Annahme erklärt, dass
Orthoklas und Plagioklas trotz der Verschiedenheit der krystallographi-
schen Systeme miteinander zu einem Krystalle fortwachsen vermögen,
ohne dass, mit Rücksicht auf die Aehnlichkeit der Moleküle, die Sub-
stanzen durch eine sichtbare Grenzlinie abgesondert erscheinen müsste.
In diesem Falle wäre der Theil eines Orthoklases, wo die Lamellen
auftreten, als ein homöomorph aufgepropfter Plagioklas zu betrachten.
Ein weiterer makroskopischer Bestandtheil des Gesteines ist Quarz.
Er tritt gewöhnlich in unregelmässigen, seltener in geradlinig begrenz-
ten einzelnen Körnern auf, die zumeist in der Grösse um 2 3 Mm.
im Durchmesser schwanken. Nach ungefährer Schätzung fällt ein solches
Quarzkorn auf 1 Cub. Cm. Gesteinsmasse.
Seine sonst wasserhelle Substanz erscheint unter dem Mikroskop
mehr oder weniger verunreinigt durch winzige Einschlüsse, die bei
[13]
Ueber Gesteine von der Insel Samothrake.
101
kleineren Vergrösserungen nur als strich- oder Heckenweise Anhäufun-
gen bemerkbar sind. Bei stärkerer Vergrösserung erkennt man sie
zumeist als Flüssigkeitseinschlüsse, welche unregelmässig, zackig begrenzt,
zuweilen mit einem beweglichen Bläschen versehen sind. In der Form
ganz ähnliche, aber opake Gebilde sind wohl Gasporen. Einschlüsse
fester Körperchen sind ganz selten.
Die Grenze zwischen Quarz und der Grundmasse des Gesteins ist
bald ganz scharf, bald scheint der Quarz allmählig in die Glasbasis zu
verHiessen. Einige Wülste der letzteren ragen in den Quarz hinein ;
auch ganz eingeschlossene Partien kommen vor.
Schliesslich treten noch makroskopisch Amphibol und Biotit und
zwar in sehr wechselnder Menge auf. Es erscheinen entweder beide
zusammen oder es verschwindet einer von ihnen; ja an einem Gestein
sind beide makroskopisch nur spurenweise vorhanden. Amphibol erscheint
in schwarzen bis grünlichschwarzen, kleinen, prismatischen Kryställchen,
Biotit in bräunlichschwarzen Blättchen oder seltener in kurzen Säulchen
Beide gehen von der Grösse einiger (3 — 4) Millimeter bis zur mikro-
skopischen Kleinheit herunter. Unter dem Mikroskop erscheinen sie oft
ganz vollgespickt von Magnetitkörnchen und zeigen sonst das gewöhn-
liche Aussehen. An manchen Stellen des Gesteines ist sowohl Amphi-
bol als Biotit ganz zersetzt , zu grünlichem oder gelblichem Pulver
zerfallen.
Es erübrigt noch, die Grundmasse des Gesteines zu charakterisi-
ren. Selbe herrscht gegen alle Einschlüsse zusammengenommen vor
und erscheint makroskopisch dicht, aber dabei mit einem rauhen Bruche,
hie und da etwas löcherig. Ihre Farbe ist dunkel aschgrau. Unter dem
Mikroskop erscheint sie halb krystallinisch, indem sie aus einer Glas-
basis und darin eingebetteten kleinen Kryställchen besteht. Die Kry-
ställchen wiegen immer vor, so dass auch dorten, wo die Glasbasis am
reichlichsten auftritt, selbe an dünnen Rändern des Dünnschliffes nur
selten so grosse Stellen einnimmt, wie ihre Einschlüsse. In den Schliffen
der meisten hieher gehörigen Gesteine kann man sie aber mit Sicher-
heit constatiren und, nach den allmähligen Uebergängen zu vermuthen,
wird sie auch dorten, wo sie nicht beobachtet werden konnte, gewiss als
spärliche , verkittende Masse vorhanden sein. Wo sie in grösseren
Flecken auftritt , da »erscheint sie zumeist vollkommen wasserhell mit
wenigen einzelnen Pünktchen. An Gesteinsstellen, welche im Ganzen
stärker verwittert erscheinen, wo also auch die Feldspathe ganz trübe
sind, da ist die Glasbasis auch trübe und dabei gelblichgrau gefärbt.
In der Glasbasis liegen nun kleine Kryställchen von Feldspath, Amphi-
bol, Biotit und Magnetit, durch die ganze Grundmasse ziemlich gleich-
mässig, aber ganz wirre durcheinander vertheilt. Der Feldspath herrscht
bei Weitem vor und bildet Durchschnitte von zum Tlieil scharf pris-
matischen, zum Tlieil unregelmässigen und verschwommenen Contouren.
Er hält sich in der Grösse in ziemlich engen Grenzen um die mittlere
Grösse von 005 Mm. Länge gegen 0-02 Mm. Breite herum, also weit
entfernt von der Grösse der kleinsten sich an die makroskopischen
anschliessenden Feldspathen und erscheint farblos und zumeist ganz
Mineralogische Mittheilungen. 1875. 2. Heft. (Niedz'wiedzki.) 14
102
J. Niedzwiedzki.
[14]
rein , seltener durch körnige Einschlüsse verunreiniget. Er tritt im
polarisirten Lichte entweder einfärbig auf oder zweifarbig als Zwilling
nach dem Carlsbader Gesetze. Amphibol und Biotit nehmen an der
Zusammensetzung der Grundmasse in sehr wechselnden Verhältnissen
Theil ; was ihre Grösse anbetrifft, so erscheint darin im Gegensätze
zum Feldspath ein volkommener Uebergang von den kleinsten in der
Glasbasis steckenden Partikeln bis zum Makroskopischen. Sie treten
bald in regellos ausgefranzten Partien, bald in regelmässigen Durch-
schnitten mit dem gewöhnlichen Habitus. Zuweilen sind sie aber der-
massen mit Magnetitkörnern erfüllt, dass dieser den grösseren Theil
ihres Volumens einnimmt. Bei den lamellar abgetheilten Biotit-Durch-
schnitten ist dabei zu beobachten, dass der Magnetit zwischen den La-
mellen stabförmig langgezogen erscheint. Auch sonst ist der Magnetit
überall in grosser Menge regellos eingestreut. Neben seinen Körnern
oder isometrischen Durchschnitten erscheinen aber noch gleichfalls
schwarze, impellucide Gebilde mit Metallglanz, aber dünn, leistenförmig,
also als Durchschnitte von dünnen Blättchen oder Stäbchen. Da die
Dicke der breiteren davon nur ausnahmsweise über 0D16 Mm. hinaus-
reicht, dagegen sehr viele der Leistchen über die Länge von 0'03 Mm.
hinausgehen (bei einem habe ich 01 4 Mm. Länge gegen O'OOS Mm.
Breite gemessen), so hat man es hier mit stäbchenförmigen Gebilden
zu thun ; ich habe aber keine Ansicht darüber, welcher Mineralspecies
sie angehören mögen.
Schliesslich findet man mikroskopisch Apatit und zwar in solcher
Menge, dass in den meisten frischen Schliffen fast in jedem Gesichts-
felde von 0’25 Mm. Durchmesser gegen 10 Durchschnitte davon zu
finden sind. Er tritt sowohl im Gemenge der Grundmasse, als auch
den Biotit und Amphibol charakteristisch durchwachsend auf und zwar
nicht allein in dünnen, nadelförmigen, sondern auch in verhältnissmässig
breiteren hexagonalen Kryställchen , welche am Ende fast nie gerade
abgestutzt, sondern zumeist abgerundet erscheinen. Von den Feldspathen
unterscheidet sie auch eine stärkere und eigen thümliche Lichtbrechung
und eine Gliederung senkrecht auf die Längsaxe. Der Apatit ist ganz
frisch und wasserhell, hie und da mit einem einzeln eingewachsenen
Körperchen ; nur wo ringsum alles umgewandelt erscheint, da ist auch
er von einer feinkörnigen, grauen Trübung erfüllt.
Lichter Quarztrachyt.
Einige trachytische Gesteinsstücke der Suite , welche von Ag.
Sophia und Ag. Georgios herstammen , zeigen eine von der eben be-
schriebenen verschiedene Ausbildungsweise , trotzdem sie auch Quarz-
trachyte sind und die Beschaffenheit der Feldspath- Gemengtheile gleich
bleibt. Die (makroskopische) Grundmasse dieser Gesteine ist licht
grünlichgrau. In ihr stecken sehr zahlreich Feldspath , Quarz und
Amphibol. Die Feldspathe sind Orthoklase und Plagioklase, die erste-
[15]
Ueber Gesteine von der Insel Samothrake.
103
ren bald Sanidine, bald „gemeine“ Orthoklase, und auch sonst ganz
den Feldspathen des vordem beschriebenen Trachytes gleich. Der Quarz
tritt hier zumeist in Ivrystallen auf, deren Durchmesser um 4 Mm.
herum schwankt. Amphibol erscheint in scharfbegrenzten , grünlich-
schwarzen Säulchen, die von der Länge 3 Mm. durch alle Zwischen-
stufen bis zu einer Kleinheit herabsinken , wo sie als kaum sichtbare
Pünktchen die Grundmasse grünlich färben. Weiters habe ich vereinzelte
kleine Kryställchen von Titanit vorgefunden, vollkommen gleich den im
Granit eingewachsenen.
Besonders charakteristisch für das Gestein ist seine mikrosko-
pische Textur , welche in extremer Schärfe in dem Gestein von Ag.
Georgios ausgeprägt ist. Die makroskopische Grundinasse tritt im gan-
zen Schliff ungemein gleichförmig ohne jedweden Wechsel in Textur
oder Farbe auf. Bei gewöhnlichem Licht ist sie an dünnen Rändern
des Schliffes durchsichtig und farblos, aber dabei doch verworren wellig
gekräuselt. Sie enthält auch eine Menge von einzelnen gefärbten Körn-
chen, wie sie oft in glasigen Grundmassen beobachtet werden, durch
deren Anhäufung an dickeren Stellen des Präparates die Durchsichtig-
keit beeinträchtigt wird. Bei gekreuzten Nicols giebt die Grundmasse
ein licht- und dunkelgeflecktes Feld, wobei die lichten Stellen an Menge
gegen die dunklen vorherrschen, in der Grösse von circa 0-01 Mm. unter
sich und den dunklen Flecken ziemlich gleich bleiben und keine regelmässi-
gen , sondern mehr lappenförmige , oft ganz verschwommene Umrisse
zeigen. Ein Theil der dunklen Flecken wird beim Drehen in ihrer
Ebene licht , so dass nur ein geringer Rest der Grundmasse immer
dunkel bleibt.
Es liegt also hier eine eigenthümliche , übrigens schon bei man-
chen Quarzporphyren beobachtete Art der Entglasung vor, wobei der
Glasteig in unregelmässig begrenzten und verschwommenen Flecken
kry stallin isch wurde. Diese Grundmasse steht in sehr scharf ausge-
prägtem Gegensätze zu den Einschlüssen : es findet sich in ihr kein
ausgesprochen prismatischer Feldspath und kein Amphibol-Kryställchen
und es giebt keinen Uebergang in der Grösse zwischen den verschwom-
menen, erst bei gekreuzten Nicols auftretenden Elementen der Grundmasse
und ihren Einschlüssen.
Magnetit kommt aber wohl in zweierlei Grössen vor : als circa
0 002 Mm. grosse Körnchen reichlich der Grundmasse eingestreut und
einzeln , wenigstens 20mal so gross , gleichsam als Gesellschafter der
übrigen Einschlüsse. Wenn man den Schliff gegen das Licht hält, so
kann man mit der Loupe die Einschlüsse in der Grundmasse, mit
Ausnahme des kleineren Magnetites und spärlicher kleiner Apatite, fast
alle genau bis auf den letzten abzählen, so scharf ist der Gegensatz,
ähnlich wie bei vielen Felsitporphyren.
Die Einschlüsse sind, wie schon erwähnt, ausser den makroskopisch
sichtbaren : Feldspath, Amphibol und Quarz, noch Magnetit und Apatit.
Letzterer kommt nur spärlich vor. Die Feldspathe sind tlieils ganz frisch,
theils ebenso wie auch die Grundmasse stellenweise, von einer opaken
Neubildung erfüllt.
Schliffe aus dem Gestein von der Spitze Ag. Sophia , wel-
ches dem eben beschriebenen makroskopisch vollkommen gleicht,
14*
104
J. Niedzwiedzki.
[16]
zeigt mikroskopisch einige Verschiedenheit in der Weise, dass einerseits
die lappenförmigen Entglasungsflecken der Grundmasse zum Theil
grösser werden, anderseits zu ihrer Grösse auch einige wenige prisma-
tische Feldspath- und Amphibol-Kryställchen herabsinken.
Biotit ist in beiden Gesteinen nicht vorhanden.
Biotit-Trachyt.
Das Gestein, von welchem Hör ne s (1. c. p. 9, 1. 9 v. unten)
berichtet, dass es nur an einer ganz beschränkten Stelle am westlichen
Fasse des Brechos auftritt, muss als eine ganz locale Ausbildungs-
Varietät dos grauen Quarztrachytes angesehen werden. Die dunkelasch-
graue, zuweilen etwas grünliche oder gelbliche (makroskopische) Grund-
masse macht mehr als 3/4 der ganzen Gesteine aus. Feldspath tritt
makroskopisch keiner auf ; statt dessen bemerkt man ein Paar unregel-
mässig begrenzte Einschlüsse von Kaolin. Quarz ist entweder gar nicht
oder nur in vereinzelten Körnern in den Handstücken zu beobachten.
Dafür tritt Biotit in einer solchen Menge auf, dass er fast ein Viertel
der Bruchflächen einnimmt, somit für das Gestein sehr charakteristisch
ist. Seine bräunlichschwarzen Blättchen sind durchschnittlich gegen
2 Mm. breit und erscheinen ganz regellos vertheilt. Merkmale, die mit
Sicherheit auf eine secundäre Entstehung des Biotites hindeuten würden,
habe ich nicht bemerkt, doch spricht hiefiir einigermassen der Umstand,
dass dieses ganze Gesteinsvorkommen überhaupt ziemlich angegriffen
aussieht und dass ein am wenigsten frisches Stück den meisten Biotit
enthält.
Angehaucht giebt das Gestein starken Thongeruch. Trotzdem
erwiesen sich die meisten Schliffe unter dem Mikroskop noch recht
frisch. Die Grundmasse präsentirt sich ganz gleich wie die des dunklen
Quarztrachytes. Es erscheint eine mit einzelnen Körnchen versehene
amorphe Glasbasis, darin prismatische oder etwas verschwommene Feld-
spath-Mikrolithe und eine grosse Menge von Biotit-Blättchen. Grössere
Feldspathe treten nicht auf; Biotit erscheint in allen Grössen bis zum
Makroskopischen. Apatit kommt stellenweise in sehr grosser Menge vor,
Magnetit ist in Körnchen eingestreut. Opake, stäbchenförmige Gebilde
kommen hier nicht vor.
Basalt.
Einige Gesteinsstücke aus den tertiären vulkanischen Tuffen west-
lich von Palaeopolis und westlich von Brechos, zeigen eine Gesteinsart,
welche von den bisher beschriebenen total verschieden ist und welche
ihrer Zusammensetzung und der geologischen Lagerung nach zum Basalt
gerechnet werden muss, trotzdem ihr ganzes Aussehen und ihre braun-
schwarze Farbe für die Basalte etwas fremdartig ist und zum Theil
mehr an einige basaltische dichte Laven, zum Theil und zwar in etwas
verwittertem Zustande, an Melaphyre erinnert.
[in
Lieber Gesteine von der Insel Samothrake.
105
Das Gestein besteht ganz vorwaltend aus einer bräunlichschwar-
zen, äusserst dichten und harten, scharfkantig brechenden, fast felsiti-
sclien Grundmasse. In dieser stecken einzelne, glasige, lebhaft glitzernde,
prismatische Feldspath-Kryställchen, die aber gewöhnlich nicht über
1 Mm. Breite hinauskommen und von denen die grössten kaum 3 Mm.
erreichen. Beiläufig in derselben Grösse bemerkt man weiters in un-
regelmässigen Körnchen eingesprengt ein gelblichbraun durchscheinendes
Mineral, das in seinem Aussehen noch am ehesten an Olivin erinnert.
Wohl an letztgenannte Einschlüsse sind eine Menge mit rostrothem
Pulver erfüllte kleine Löcher anzureihen, von denen einige prismatische
Umrisse zeigen. Auch kleine Blättchen von Biotit sind hie und da ein-
gestreut.
Unter dem Mikroskop erscheint die Grundmasse vorherrschend
gebildet aus einer amorphen Glasbasis, welche sich optisch vollkommen
indifferent erweist. In dieser amorphen Glasbasis erscheinen aber in
grosser Menge Gebilde zweierlei Art ausgeschieden.
Vorerst sind es wiederum winzige, körnige oder keulenförmige,
gelb oder rothbraun durchscheinende Gebilde, welche die ganze Glas-
basis in einer ungeheueren Menge erfüllen. Zuweilen bilden sie auch
kleine Häufchen, ja sie vereinigen sich zu einer Art zertheilter Fläche
und man ist alsdann im Zweifel, ob man es blos mit einer braun-
gefärbten Glaspartie oder mit einem Mineralblättchen zu thun hat. Es
erscheint mir nicht unwahrscheinlich , dass man diese Gebilde als
Mikrolithe des Biotits betrachten könnte.
Ein zweites körniges Element der Glasbasis bildet der Magnetit,
der fast ebenso massenhaft wie die erstgenannten Gebilde eingestreut
ist. Ja in dem Gestein „westlich vom Brechos“ tritt er in einer solchen
Menge auf, dass er die Grundmasse stellenweise ganz undurchsichtig
schwarz macht. Fast immer sieht man die Magnetitkörnchen umgeben
von einem rothbraun gefärbten Hof und dies ist der eigentliche Grund
der braunen Färbung des Gesteines. Es finden sich aber auch genug
gelblichbraune Flecken mikroskopisch vor.
Ein weiterer Bestandtheil der glasigen Grundmasse sind lang-
gezogene, dünne, farblose Mikrolithen, die um die mittlere Grösse von
<>■04 Mm. Länge und O'OOl Mm. Breite in nicht weiten Grenzen schwan-
ken. Sie sind farblos, erscheinen bei gekreuzten Nicols als scharf-
begrenzte, lichte Leistchen, und lassen durch ihre Lagerung an manchen
Stellen deutlich eine Fluctuations-Structur der Glasbasis erkennen.
In der so beschaffenen Grundmasse eingeschlossene, zumeist schon
makroskopisch sichtbare Krystalle sind vorwiegend Feldspat.be und zwar
fast ausnahmslos Plagioklase, denn ungestreifte Durchschnitte sind sein-
selten zu beobachten. Sie sind in manchen Schliffen vollkommen farblos
und wasserhell, also frisch, enthalten aber dabei oft eine ziemliche
Menge von Einschlüssen , besonders von Klümpchen der Glasbasis mit
ihren Körnchen. In anderen Schliffen erscheinen sie wieder, besonders
bei starker Verunreinigung auch stark angegriffen.
Eine zweite Art von Einschlüssen, die auch schon makroskopisch
sichtbar sind, gehört dem Olivin an. Er steht dem Feldspath in Menge
nach und erscheint vorwiegend nur in sehr kleinen mikroskopischen
Durchschnitten von der mittleren Grösse 0 04 Mm., wenige erreichen
J. Niedzwiedzki.
[18]
106
die makroskopische Grösse. Nur ausnahmsweise tritt er mit Krystall-
contouren auf und diese weisen dann auf rhombische Formen hin. Ge-
wöhnlich sieht man nur rundlich-ovale Körner. Die frischesten von ihnen
sind ganz farblos, aber nicht ganz durchsichtig, besonders aus dem
Grunde, weil ihre Masse nicht continuirlich, sondern gleichsam in ein-
zelne Körner auseinandergefallen erscheint. Deshalb war ich auch nicht
im Stande bei Kry stalldurchschnitten das Krystallsystem optisch zu con-
statiren, indem einzelne Lappen der Durchschnitte sich optisch verschie-
den verhielten. Es ist aber nur ein geringer Theil der Durchschnitte
ganz farblos. Zumeist bemerkt man die einzelnen runden Lappen des
Durchschnittes von einer bräunlich- oder griinlichgelben Färbung um-
säumt. Letztere, offenbar eine Umwandlung anzeigend, verläuft hier
ganz ähnlich, wie die sonst bei Olivin beobachtete, sie tritt aber hier
nicht in so dunkeln Nuancen hervor. Es geht hier eben keine Serpen-
tinisirung vor, sondern es bleibt als Endproduct der Zersetzung vorzüg-
lich blos ein Kisenoxydhydrat zurück, welches auch makroskopisch zu
beobachten ist. Daraus ist zu ersehen, dass man es hier mit einem sehr
eisenreichen Olivin zu thun hat.
Schliesslich kommt noch Augit vor und zwar in langgezogenen
prismatischen Durchschnitten. Seine Bestimmung war einigermassen
schwierig, weil er nicht nur selten bis OG Mm. gross wird, zumeist
weit darunter in der Grösse bleibt, sondern auch gewöhnlich grünlich-
grau trübe erscheint und eine solche Menge von Magnetit eingeschlos-
sen enthält, dass man zumeist blos ein Netzwerk von Augitmasse, welche
Magnetitkörner verkittet, vor sich hat.
Gabbro.
Herr Hörn es hat in der Gegend der Thermen an der Nordost-
küste von Samothrake ein Gestein angetroffen , welches er unter dem
Namen Bastitfels ausgeschieden und dessen Gemengtheile er als Diallag
und Serpentin bestimmt hat. Die Benennung und Diagnose ist nicht
ganz zutreffend, aber bei einem nicht eingehenderen Studium des Ge-
steines nach dessen äusserem Habitus wohl zu entschuldigen. Es ist
ganz massig und zeigt makroskopisch zwei Bestandtheile. Vorwiegend
ist eine dunkel seladongrüne, feinkörnige bis dichte Substanz, die einiger-
massen an Serpentin erinnert, aber bedeutend härter ist, indem sie an
den meisten Stellen einen Härtegrad zwischen 5 und 6 (Mobs) zeigt.
Auch findet man sie stellenweise viel lichter gefärbt, ja an ein Paar
kleinen Stellen nicht grün, sondern milchweiss. In dieser Substanz, gegen
sie nur wenig an Masse zurücktretend, ist der andere Bestandtheil in
unregelmässig begränzten, dicken Tafeln oder breiten Säulchen einge-
wachsen, von grünlichgrauer Farbe, mit einer ausgezeichneten Spaltungs-
richtung, auf deren Flächen ein zum Theil ins silberweisse hinneigen-
der schwacher Perlmutterglanz auftritt. Senkrecht auf die Fläche der
ausgezeichneten Spaltbarkeit (oder Lamellar-Zusammensetzung) geht eine
weniger vollkommene Spaltbarkeit, die es ermöglicht, prismatisch be-
grenzte Blättchen von dem Mineral loszulösen. Die Grösse dieser Tafeln
[19]
Ueber Gesteine von der Insel Samothrake.
107
oder Säulchen reicht von 2 Cm. herab durch Zwischenstufen bis an die
Sehgrenze. Zuweilen erscheinen die Tafeln von der anderen grünen
Substanz durchwachsen, ähnlich wie dies bei dem Bast.it im Serpentin
von der Baste am Harz der Fall ist. Abgespaltene, geradlinig begrenzte
Blättchen von diesem Mineral geben im Polarisations - Apparat ein
farbiges Axenbild, wobei die Ebene der optischen Axen parallel den
Spaltungskanten erscheint. Durch dieses Verhalten in Verbindung mit
dem sonstigen äusseren und hernach zu erwähnenden mikroskopischen
Habitus ist das Mineral als Diallag bestimmt.
Unter dem Mikroskop lässt sich die lauchgrüne Substanz als ein
Aggregat von zersetztem und durch Neubildungen grüngefärbtem Pla-
gioklas erkennen. Er erscheint in prismatischen Durchschnitten, welche
bei gekreuzten Nicols ganz gut die lamellare Zwillingszusammensetzung
erkennen lassen. In der Grösse schwanken sie von P4 bis 0*1 2 Mm.
hinunter. An keiner Stelle trifft man sie ganz durchsichtig, sondern blos
durchscheinend und gleichsam in einzelne Partikeln aufgelöst. Ausser-
dem erscheinen sie durch zweierlei Zersetzung, s-Producte verunreinigt.
Erstens werden sie stellenweise von einer körnig-mehligen graulichen
Trübung erfüllt, welche Undurchsichtigkeit verursacht. Es ist das die
bei Feldspathen gewöhnliche Umwandlung , die offenbar die Kaolinisi-
rung andeutet. Weit reichlicher aber bemerkt man im Plagioklas andere,
grünliche Umwandlungs-Producte, welche er mit dem Diallag gemeinsam
hat und die deshalb besser nachher zu besprechen sind.
Von Diallag fand ich die meisten Durchschnitte so zersetzt oder
auseinandergefallen, dass sie beim polarisirten Licht nicht mehr als ein
Individuum oder ein gleich orientirtes Aggregat von solchen wirken,
also eine Constatirung des optischen Charakters nicht zuliessen. Es
trafen sich aber solche, bei denen dies vollständig möglich war.
Die der vollkommenen Spaltbarkeit annähernd parallelen Durch-
schnitte zeigten bei gekreuzten Nicols optische Hauptschnitte parallel
und senkrecht zu den Linien der zweiten Spaltungsrichtung, welche der
krystallographischen Hauptaxe parallel liegen. Von den schief oder
senkrecht zur vollkommenen Spaltbarkeit getroffenen Durchschnitten
zeigten einige unzweifelhaft, dass ihre Hauptschnitte schiefe Winkel mit
der krystallographischen Hauptaxe bilden. Dadurch ist das monokline
System des Minerals erwiesen und seine Bestimmung als Diallag sicher-
gestellt.
Die ganz frischen Stellen des Diallags erscheinen farblos oder mit
einem Stich ins grauliche. Sie sind aber nicht ganz durchsichtig wegen
der grossen Menge von Spalt- und Sprunglinien , welche das Mineral
nach mehreren Richtungen durchziehen. Bei stärkerer Vergrosserung
findet man auch winzige braune Körnchen in geringer Menge einge-
streut ; von anderweitigen Gebilden aber, die sonst im Diallag beobach-
tet wurden, habe ich hier keine Spur gefunden.
Der weitaus grössere Theil des Diallags ist entweder durchwachsen
oder ganz ausgefüllt von dem grünen Umwandlungs-Product, welches das
ganze Gestein durchdringt. Es sind das absolut dieselben Gebilde, die
in dem grünen Gabbro von Volpersdorf Vorkommen, wie diess durch
Vergleich der Schliffe auf den ersten Blick erhellt und die von G. Rose
(Ueber die Gabbroformation von Neurode in Schlesien, pag. 292),
108
J. Niedzwiedzki. Ueber Gesteine von der Insel Samothrake.
[20]
besonders aber die von Pt. Hag ge (Mikroskopische Untersuchungen
über Gabbro und verwandte Gesteine, p. 33) davon gegebene Beschrei-
bung passt auch vollständig auf die vorliegenden Gebilde. Es sind das
blassgrüne, langgezogene Stäbchen, welche seltener beiderseits geradlinig
abgestutzt sind, zumeist unregelmässig, stufenförmig, ausgefranzt oder
spissig endigen. Die Breite der einzelnen Stäbchen bewegt sich um
0 008 Mm. herum. Oft bemerkt man an ihnen einzelne Spaltungslinien
und zwar sowohl senkrecht als auch schief auf die Längsaxe, was auf
eine Spaltbarkeit parallel OP im monoklinen Systeme hinweist. Damit
steht auch das optische Verhalten bei gekreuzten Nicols, die Lage der
Hauptschnitte in Einklang. Etwas grössere Stäbchen zeigen einen ziem-
lich starken Dichroismus von gelblichgrün bis bläulichgrün.
Man bat die betreffenden Gebilde im Gabbro von Volpersdorf
bald als Amphibol, bald als Serpentin (wohl Chrysolit) angesprochen ;
ich vermag leider auch bei den vorliegenden nicht, die Frage über
ihre Natur zur Entscheidung zu bringen. Sie treten eingesprengt
ebenso im Diallag als auch im Plagioklas und dann auch zwischen
diesen beiden eingeklemmt vor ; überall erscheinen sie in ausge-
zeichneter Weise als parasitische Neubildungen. Besonders scharf
stechen sie schon im gewöhnlichen Licht im Plagioklas gegen dessen
Substanz ab. Man bemerkt hier zuweilen einzelne Stäbchen ganz isolirt
in der Eeldspathmasse, in welchem Falle dann eine Zufuhr von Substanz
auf sichtbaren Spalten nicht angenommen werden kann. Häufiger sind
die Stäbchen zu strahligen Büscheln oder zu Strängen und Knollen
gruppirt, die mit dem Rande oder mit Sprunglinien in Verbindung
stehen. Irgend eine Regelmässigkeit in der Vertheilung der Neugebilde
ist nicht zu bemerken.
Im Diallag tritt vorwiegend mehr die Erscheinung einer Umwand-
lung als die einer Neubildung auf. Er ist an den Rändern wohl in
einzelne grüne Stäbchen zerfallen und zerfasert, im Innern jedoch be-
merkt man bei gewöhnlichem Licht die Umwandlung nur durch eine
grüne Färbung einzelner Stellen, indem die neue Substanz in der Form
und der Lage der alten geblieben ist. Erst im polarisirten Lichte
bemerkt man an der bunten Färbung, dass die Substanz nicht mehr
homogen ist. Uebrigens finden sich auch genug Stellen vor, wo die neu-
gebildeten Stäbchen ganz wirre den Diallag durchschwärmen.
Ein grosser Theil des grünen Minerals liegt in unregelmässig
begrenzten Partien zwischen Plagioklas und Diallag. Diese erweisen sieb
als Aggregate der Stäbchen mit verworren faseriger Textur, sind an
den Seiten zerfasert und reichen mit strahligen Büscheln allseits in die
Umgebung hinein. Sie sind augenscheinlich auf Kosten und an Stelle
der beiden anderen Bestandteile des Gesteines entstanden.
Olivin habe ich keinen vorgefunden.
VII. Notizen.
Ein neuer Fundort von Pharmakosiderit.
Ein Vorkommen von Pharmakosiderit oder Würfelerz war bis
jetzt in Ungarn nicht bekannt, wo es nun in Königsberg bei Schemnitz
gefunden worden ist.
Durch eine gefällige Einsendung des Herrn F. Posepny an das
k. k. Museum ist dasselbe im Besitze einiger Beispiele von dem neuen
Fundorte. — Das Vorkommen besteht in sehr schönen Drusen, die
ganze Gangspalten und Hohlräume eines quarzigen Trümmergesteines
überziehen. Das Muttergestein ist stark verwittert und durch Zersetzung
der Pyritkörnchen zu Brauneisenstein, die in dichter Menge darin ein-
gesprengt sind, hat es zum Theil ein ockeriges Aussehen angenommen.
Bemerkenswerth bei der Auskleidung der Drusenräume ist die
Aufeinanderfolge dreier Bildungsreihen , wobei Brauneisenstein als
unterste schmale Schichte erscheint, worauf eine sehr dünne Lage von
Pyrit folgt, welche letztere als ein schön gelber Streifen zwischen
dem Brauneisenstein und dem grünen Pharmakosiderit scharf hervor-
tritt, dem sie als Unterlage dient. Die Druse des Pharmakosiderit ist
aus Würfeln gebildet, von denen viele zu selbstständiger Ausbildung
gelangt sind ; nicht selten tritt das Tetraeder an ihnen auf. In der
ganzen Art der Verwachsung und Nebeneinanderlagerung der Individuen
und in dem Stieben zur Bildung von Gruppenkrystallen gleicht das
ganze Aussehen einer Druse von Fluorit. Auf einzelnen Würfelliächen
kann man sogar ein welliges Aussehen wahrnehmen, wie man es an
den Flächen des Fluorits beobachtet. Die Farbe der Krystalle ist
smafagd- bis grasgrün und hie und da nimmt ein Krystall eine braune
Farbe an. Dieselben sind glasglänzend und an den Rändern sind die
ausgebildeten Individuen durchscheinend.
Hyalith.
V. v. Zepharovich giebt in seinem mineralogischen Lexicon
Königsberg in Ungarn als Fundort eines milchweissen Hyalith an. Der
mir vorliegende Hyalith aus Königsberg ist wasserhell, klein-
traubig, als Ueberzug auf der Verwitterungskruste von Augit-Andesit
aufsitzend.
Mineralogische Mitteilungen. 1875. 2. Heft. (Notizen.)
15
110
Notizen.
[2]
Serpentin von New-Yersey.
Von New-Yersey in Nord-Amerika lag mir durch die Freundlich-
keit des Herrn Egger th ein schöner, hellgrüner, durchscheinender,
edler Serpentin vor , welcher den Kern einer gelblichweissen Masse
bildete, die ihn rindenartig umschloss. — Diese Rinde war vom Ser-
pentin nicht ablösbar; sie war ziemlich spröde, besass flachniuscheligen
Bruch, liess sich mit dem Messer schaben, besass ein Volumengewicht
von 2-51 und war aus zahlreichen Schnüren feinfaserigen Chrysotils
zurchzogen. — Es lag die Vermuthung nahe, dass man, auch nach der
innigen Verbindung des Serpentins mit einer Rinde zu urtheilen, in
dieser Rinde ein interessantes Zersetzungs-Product des Serpentin anzu-
nehmen habe. Diese Voraussetzung liess die Arbeit einer Prüfung auf
die Zusammensetzung dieser Rinde als lohnend erscheinen und die Ana-
lyse, welche ich an von fremden Gemengtheilen befreitem Materiale vor-
nahm, gab mir folgende Zahlen :
Si02 A1203 FeO MgO H20.
4425 0-55 0-79 41 ’40 137G = 10075.
Aus diesen Zahlen berechnet sich die Formel 2Si02 . 3 MgO +
2H20, welche aber diejenige des Serpentin ist. Das Resultat ist über-
raschend, da statt des vermeintlichen Zersetzungs-Productes eine Modi-
tication des Serpentin anzunehmen ist, wobei noch zu erklären bliebe,
unter was für Vorgängen und welche Umstände diese physikalische
Umänderung des hellgrünen Serpentin zu dieser weissen Modification
befördert haben.
F. Berivcrth.
Minerale aus dem nordwestlichen Tlieile Schlesiens.
Anlagernd dem Granit, der in dem Friedberg- Weidenauer Gneiss-
gebiete in grösserem Zusammenhänge auftritt, findet sich südlich von
Fi'iedberg und südwestlich von Schwarzwasser über Setzdorf hinaus
körniger Kalk, der sonst spärlich nur noch an einzelnen Punkten dieser
Gegend auftritt. In diesem ist letzterer Zeit ein syenitartiges, grob-
körniges Gestein gefunden worden , das einerseits durch oft ziemlich
grobe, in Zersetzung begriffene, andererseits durch zahlreiche kleine,
frische, braune, vollständig ausgebildete Krystalle besondere Aufmerk-
samkeit erregte. Einige Stufen dieses Gesteines, die ich Herrn Professor
Suess verdanke, unterzog ich einer eingehenden Untersuchung, da
von diesem Fundorte bisher nichts Aehnliches bekannt war.
Das Gestein, in dem zahlreiche, oft 5 bis 7 Mm. lange Titanit-Kry-
stalle eingeschlossen waren, erwies sich als ein Gemenge von Orthoklas,
Quarz und zersetztem Diallag. Nach dem auf einer Seite noch spuren-
weise vorhandenen Calcit zu urtheilen, erscheinen die mir vorliegenden
Stufen als Theile eines im körnigen Kalk auftretenden Ganges. — Die
zahlreichen braunen Titanit-Krystalle , die sich leicht aus der Grund-
masse herausnehmen liessen , sind vollkommen ausgebildet und zeigen,
durch das Vorherrschen der Fläche n (213), einen geneigt säulenförmi-
[3]
Notizen.
111
gen Habitus. Ausser der Fläche n (213) sind noch die Flächen p (001),
i/(011), x (012) und r (101) deutlich ausgebildet. — Dieses Vorkommen
von Titanit in Schlesien ist neu. — An den Diallag-Krystallen, die zu-
meist stark zersetzt sich nur schwer aus der Grundmasse herausnehmen
liessen, waren die Flächen iw(110), r (100) und l (010) deutlich erkenn-
bar. Ob auch die Fläche s (111) und das Orthodoma p vorhanden war,
liess sich nicht mit Sicherheit ermitteln, obwohl ein dem Orthopinakoid
parallel durchbrochener Krystall diese vermuthen liess.
Mit den im Vorhergehenden beschriebenen Mineralen erhielt ich
auch ein Handstück eines feinfaserigen Minerals von Kaltenstein, östlich
von Friedberg. Dieses feinfaserige Mineral, das dort auf Adern und
Gängen im krystallinisch-körnigen Kalk vorkommt , bestimmte ich als
Tremolit , dessen Vorkommen in der erwähnten Gegend bisher nicht
bekannt war. Dieser Tremolit zeigt einen schönen Seidenglanz , ist
graulich weiss und durchscheinend.
In dem Berichte über die geognostischen Untersuchungen des nord-
westlichen Theiles von Schlesien (Jahrbuch der geol. Reichsanstalt 1853,
Jahrgang IV) führt Kenngott unter den in diesem Theile Schlesiens
vorkommenden Mineralen auch einen Albit von Schwarzwasser an, ohne
jedoch irgend eine Bemerkung über das Vorkommen dieses Minerals,
sowie der angeführten überhaupt zu geben. Auch seither geschah dieses
Albites von Schwarzwasser, NNW. von Freiwaldau und WNW. von
Zuckmantel, nicht mehr Erwähnung. Nach den mir vorliegenden Stufen
lässt sich nun erkennen, dass derselbe in derben gangförmigen Massen vor-
kommt und eine doppelte Textur zeigt, nämlich eine ausgezeichnete
parallel blumig-stengelige und eine geradschalige. Hie und da erscheinen
Blättchen von schwarzem Glimmer Fingesprengt. Die mir vorliegenden
Stufen , die wahrscheinlich Theile eines ziemlich breiten Ganges sein
dürften , sind von zahlreichen, durch ihre dunklere Farbe und geringere
Härte leicht erkennbaren Schichten durchzogen, längs welcher der Albit
leicht trennbar ist. Oefter wechselt das Pigment der Albitmasse zu
beiden Seiten dieser Schichten auffallend, welcher Umstand wie die
erwähnte Trennbarkeit deutlich zeigt, dass dieser Albit periodisch unter
verschiedenen Verhältnissen wuchs.
E. Neminar.
.
'
Uh ,i ■■ . ii '> / :< tl -d»».; iy
*
.
MINERALOGISCHE
GUSTAV TSCHERMAK.
JAHRGANG 1875. HEFT III.
(Diese Mittheilungen erscheinen zugleich als Beilage zum Jahrhuche der k. k. geol.
Beichsanstrdt.)
^ ~<jQ)
WIEN, 1878.
ALFRED HOLDER
K. K. U N I V E R S I T Ä '1' S - P. 1 ' C H H ÄNDLE R.
ROTHENTHURMSTRASSE 15.
l>hurk von J. C. Fischer & Co. Wien.
JAHRGANG 1875.
III. HEFT.
GESAMMELT VON
G. TSCHERMAK
D1RECT0R DES If. K. MINERALOGISCHEN HOF-MUSEUMS.
i. KrystaSlographiscbe Bemerkungen zum Gyps.
Von H. Laspcyrcs in Aachen.
Hiezu Tafel YII und 2 Holzschnitte.
Die letzte krystallographische Mittheilung über den Gyps ist be-
kanntlich die von A. Brezina1), in welcher die gesammte Literatur über
die Krystallforin des Gyps zusainmengestellt sich findet.
Es sei mir erlaubt, hieran einige Bemerkungen über Beobach-
tungen an Gypskrystallen zu knüpfen, welche ich kürzlich hei Durch-
sicht der Gypse in der Mineraliensammlung des hiesigen Polytechnikum
zu machen Gelegenheit fand.
§. 1. Gypszwillinge von Eichstädt bei Merseburg.
Dass die sogenannten Schwalbenschwanzzwillinge des Gyps nach
dessen häufigstem Gesetze : Zwillingsaxe Normale zu o©Poo (oder Hauptaxe ;
Naumann), welche in den meisten Lehrbüchern noch immer nur als
aufgewachsen in Drusen angeführt werden, auch ringsum ausgebildet
und eingewachsen (namentlich im Thongebirge) häufig sich finden, wenn
auch nicht so häufig als aufgewachsen, ist eine bekannte Thatsacke.
Trotzdem bringe ich dieselbe nochmals hier zur Sprache mit
Abbildungen , weil die Ausbildungsweise dieser Zwillinge bei beiden
Vorkommnissen durchgängig zum Tlieil verschieden zu sein scheint,
und weil Abbildungen dieser Zwillinge, besonders der eingewachsenen,
in der Literatur entweder ganz fehlen, oder sehr dürftig, oder nicht
Allen leicht zugänglich sind.
Die Veranlassung zu dieser Mittheilung gaben mir besonders
schöne und mannigfaltig ausgebildete, eingewachsene Zwillinge nach
diesem Gesetze, welche ich im vorigen Herbste auf einer geognostischen
Excursion mit den Herren v. Fritsch und Speyer in einer Thon-
grube bei dem durch die Schlacht bekannten Dorfe Eichstädt, unweit
Merseburg in der Provinz Sachsen, fand2). Sie scheinen in dem aus
') Tscliermak, Mineralogische Mittheilimgen 1872. S. 17.
-) Die Grube liegt am linken Gehänge des nach Stöbnitz sich ziehenden
Thaies gleich unterhalb des Dorfes Nieder-Eichstädt.
Mineralogische Mittheilungen. 1875. 3. Heft. (Laspeyres.)
16
H. Laspeyres.
114
[2]
Röthmergel limmatisch entstandenen Tlione dort häufig vorzukommen,
denn in kurzer Zeit hatte ich mehr als ein Dutzend gefunden.
Die aufgewachsenen Zwillinge nach diesem Gesetze sind bekannt-
lich in den meisten Fällen Juxtapositionszwillinge mit 00P00 als Berüh-
rungsfläche, wie sie in jeder Mineralogie abgebildet werden.
Seltener, aber immerhin noch häufig, legen sie sich mit ihren
rechten oder linken 00P00 an einander und dringen stets mehr oder
weniger tief in einander ein, wie die Orthoklas-Zwillinge nach dem
sogenannten Karlsbader Zwillingsgesetze, und bilden somit entweder
rechte oder linke Penetrationszwillinge. Solche Zwillinge (rechte) finden
sich nur abgebildet von Desclo i zea u x J) und H-aidinger.* 2)
Durchkreuzungszwillinge nach diesem Gesetze, wie sie nur die
Mineralogie von Naumann3) nach Oborny4) bringt, scheinen bei
aufgewachsenen Krystallen nicht vorzukommen und wohl deshalb auch
keine Juxtapositionszwillinge nach diesem Gesetze mit der nicht kry-
stallonomischen Co nt act fläche senkrecht zur Hauptaxe.
Alle diese Möglichkeiten der Juxtaposition und Penetration von zwei
Individuen nach diesem Zwillingsgesetze haben sich in der genannten
Grube bei regelmässigster Ausbildungsweise neben einfachen Krystallen
gefunden.
Unter diesen Umständen trage ich kein Bedenken, alle diese dort
gefundenen Ausbildungsweisen dieses Gesetzes möglichst naturgetreu
und zum Theil in natürlicher Grösse (meist etwas vergrössert) abzu-
bilden in parallelperspektivischer Ansicht und 00P00 als Längsfläche
zum Beschauer gerichtet. Ist es doch vielleicht manchem Lehrer der
Mineralogie und Krystallographie willkommen, seinen Schülern alle
Modalitäten dieses häufigen Zwillingsgesetzes monokliner Krystalle mit
dem Hinweis zu zeigen, dass sie sich auch alle zusammen in der Natur
finden. Den einfachen Krystall abzubilden, war natürlicher Weise nicht
nötliig.
Alle bis 4 Cm. grossen Krystalle zeigen :
f — ooP
l ~ -- P
p z ooPoo
und zwar stark verlängert nach der Kante von — P. Ilie und da
zeigen sich noch undeutliche Spuren von n = P als winzige Zuschär-
fung der scharfen Ecken von I und /'.
Taf. VII Fig. 1 zeigt vollkommenen Durchkreuzungszwilling (häufig).
Taf. All Fig. 2 zeigt rechten Penetrationszwilling (am häufigsten).
Taf. VII Fig. 3 zeigt linken ,, (sehr häufig).
’) Annales de chimie et de pliysique (3.) X. 1844. pag. 53. T. I. Fig. 12.
-) Handbuch der bestimmenden Mineralogie 1850. S. 272. Fig. 442.
:j 1874. S. 255. Fig G ohne Citat.
4) Ad. Oborny. Ueber einige Gypsvorkommnisse von Mähren, speziell das
von Koberitz und Austerlitz Brünn 1866. 8‘'. 8 S. (mir nicht zugänglich) vergl. Neues
Jahrbuch für Mineralogie u. s. w. 1867. S. 206. und v. Zepharovich Mineralog.
Lexicon II S. 145.
D) Der von Sch rauf (Sitzungsberichte d. math.-nat. Klasse d. k. Akad. der
Wissensch. zu Wien LXin. 1. S. 162) beschriebene und abgebildete (Taf I. Fig 6)
Durchkreuzungszwilling vom Harz, dürfte auch eingewachsen gewesen sein , obwohl
„die untere Seite nur die verkümmerten Spuren der beiden Krystalle zeigt“.
115
[3] Krystallographische Bemerkungen zum Gyps.
Taf. VII Fig. 4 zeigt Juxtapositionszwilling, Contactfläche senkrecht zur
Hauptaxe (selten).
Taf. VII Fig. 5 zeigt Juxtapositionszwilling, Contactfläche die Zwillings-
ebene ooPoo (ziemlich selten).
Auf Taf. VII Fig. 6 ist eine an den meisten Penetrafions- und
Durchkreuzungszwillingen wiederkehrende Erscheinung abgebildet. In
den sogenannten Schwalbenschwänzen , das heisst in den oberen oder
unteren (oder beiden zugleich) Einkerbungen steht nämlich ein nach
der Hauptaxe säuliger, kleiner Gypszwilling bald genau in der Mitte,
bald mehr links, bald mehr rechts aufgewachsen und genau anschlies-
send. Die Flächen an seinem freien Ende sind undeutlich, so dass es
zuerst den Anschein hat, als rage hier oben (unten) aus dem oberen
(unteren) Theile des Zwillings nochmal der untere (obere) Theil des-
selben säulenförmig gestreckt heraus. Allein die geringere Neigung der
die Säule abschliessenden Flächen und die Spaltbarkeit zeigen bald,
dass diese Flächen n und n‘ ■=. P sind, welchen die zweite Spaltbar-
keit folgt und welche, wie gesagt, am eigentlichen Zwillinge noch unter-
geordneter auftreten.
Diese säulenförmigen Ilerausragungen aus den Schwalbenschwänzen,
welche hei den aufgewachsenen Zwillingen des Salzgebirges äusserst
selten zu sein scheinen, sind keine localen Zufälligkeiten, denn sie linden
sich sehr häufig an den eingewachsenen Penetrationszwillingen nicht
nur bei Eichstädt,1) sondern sie liegen mir in derselben Weise, wie
dort, vor aus dem grauen, plastischen, tertiären Thone vom Fusse des
Papelsberges bei Oberdollendorf am Siebengebirge2) und aus dem ter-
tiären Thone von Lintorf bei Ratingen. :!j Diese letztgenannten Zwil-
linge bekommen nur dadurch anderen Habitus, als die von Eichstädt,
dass diese Säulen viel grösser und dicker sind, fast so gross und
dick zum Theil wie die Durchkreuzung selber, ferner dass sie durch
wiederholte parallele Aggregation in der Längsrichtung an den Kanten
ff und fp wie horizontal eingesägt erscheinen, und dass an ihnen
meist die Flächen o = 1/3Po o — wie immer gekrümmt von rechts nach
links durch Uebergang in 1l3Pm (w — 1/3P und u = PS) — sehr aus-
gedehnt sind. Durch diese Krümmung von o durch w erscheint n = P
zwischen o und /' meist wie eine Abstumpfung dieser Kante, also wie
in der Zone nf liegend. Dass diese gekrümmte Fläche aber nicht
bloss w, sondern zum Theil auch o ist, sieht man an der häufigen
Divergenz einzelner Theile der Kante on mit der regelmässig gebildeten
Kante nf. Spuren von M~ ooPoo sind ebenfalls daran zu sehen.
’) In der hiesigen Sammlung fand ich mir einige, nicht gute Fälle am Gyps
aus den Alpen, niemals an dem aus den Mansfelder Schlotten. Vergl. in gleichem
Sinne Schärft' l'eber d. Gypsspath 1871. S. 21 u. 22 Taf I. Fig. 11. Taf. II.
Fig. 54.
■) S. unten §. 2.
s) Das Vorkommen vergleiche: Gurlt Uebersic.ht des Tertiärbeckens des Nie-
derrheins Bonn 1872. S. 19.
1(3*
i
11(3
H. Laspeyres.
[4]
§. 2. Gypskrystalle vom Papelsberge am Siebengebirge.
Schöne, wasserklare, bis 16 Cm. grosse, ringsum ausgebildete
Gypskrystalle in den tertiären Thonen des Siebengebirges sind bisher
mit Sicherheit kaum gekannt und haben deshalb schon ein locales
geognostisches Interesse.
Von Dechen bespricht in seinem geognostischen Führer in das
Siebengebirge ]) die dortigen tertiären Thonlagen mit ihren Knollen
und Nieren von thonigem Sphärosiderit , welche viel gewonnen worden
sind und gedenkt der Tlione hei Oberdollendorf, „welche unter dem
Trachytconglomerate des Jungfernberges, Papelsberges und von Broich
zu liegen scheinen“. Gyps wird nicht darin erwähnt.2)
Ueber ein Vorkommen von Gyps im Tertiär des Siebengebirges
sagt, v. Dechen bloss3): „An einer Stelle unter dem Veraschungsplatze
der Bleib treu 'sehen Alaunhütte hat sich nicht allein auf den Klüften
des Eisensteins ein dünner Ueberzug von Gyps gefunden, sondern auch
eine grosse Menge von wasserhellen Gypskrystallen in dem die Eisen-
steinnieren einschjiessenden Thon. Die innere Masse des Eisensteins ist
frei von schwefelsaurem Kalk. Die Ausdehnung dieses Vorkommens
ist noch nicht vollständig nachgewiesen und daher auch die Ansicht
zweifelhaft, ob dasselbe nicht als eine Wirkung der brennenden Alaun-
halden und des aus denselben in den unterliegenden Thon eindrin-
genden schwefelsauren Wassers auf die in demselben enthaltene Kalk-
erde anzusehen ist“. Dass die Tertiärthone des Siebengebirges ebenso
wie die anderer Gegenden ihre Gypsbildungen haben, beweist die früher
Sack’sche Sammlung. Gegen 60 schöne, ringsum ausgebildete Gyps-
krystalle, vermuthlich von Sack selber gesammelt, befinden sich darin
mit der eigenhändigen Bezeichnung: „Am Fuss des Papelsberges in
der Oberdollendorfer Gemarkung bei Bonn“. Drei von diesen, wie
gleich gezeigt werden soll, leicht und sicher kenntlichen Krystallen
liegen noch im Tlione eingebettet, so dass über ihr Vorkommen kein
Zweifel aufkommen kann. Es ist diess ein fetter, zäher, bräunlich-
grauer, hell und dunkel geflammter Thon. 4)
Diese Gypskrystalle haben aber nicht bloss ein locales, geognosti-
sches Interesse, sondern einige krystallographische Absonderlichkeiten
und Ausbildungsweisen machen sie, glaube ich, interessant genug, um
mich zu dieser Mittheilung zu veranlassen.
Alle Ivrystalle sind prismatisch ausgedehnt nach der Hauptaxe
und in der Richtung der Klinoaxe bedeutend dicker, als nach der
Orthoaxe, also breitsäulenförmig narb dem Klinopinakoid.
Weitaus die meisten sind Individuen; Alle zeigen:
O'S. 269 ff.
-) Vergl. Gurlt 1 c. S. 17.
3) 1. c. S. 313.
4) Scbarff (Ueber d. Gypsspath 1871) spricht oft von Krystallen von Ober-
Cassel, ohne nähere Angabe, oh es ilas nördlich vom Siebengebirge, nicht weit von
Dollendorf gelegene ist. Da Schar ff von Ober-Cassel auf S. 31 unter den Grup-
penbauten „garbenförmiger Säulenbildungen“ gedenkt, vennutbe ich eine Identität seiner
Ivrystalle von Ober-Cassel mit meinen vom Papelsberge.
[5]
Krystallographische Bemerkungen zum Gyps.
117
f ~ oo P
P = ooPoo
1 = — p.
Viele noch n = P, in der Regel mit P=Poo, wodurch n gerundet
erscheint, ferner dazu o — 1I3P° o und w = 1/3P, beide letztem eben-
falls gern zu einer gekrümmten Fläche verfliessend , aber ebenso oft
auch völlig unabhängig von einander. An einem Krystalle war die
Kante 1 1 sehr deutlich gerade abgestumpft durch die seltene z~ — Poo.
Die Flächen der Verticalzone sind längsgestreift , sogar Oo P oo
durch Oscillation mit unbestimmbaren oo Pm und oo Pm. Sehr häufig
erscheint noch daran die ebenfalls am Gyps seltene M — ooPoo 5 welche
durch Oscillation mit den anderen Flächen der Verticalzone am meisten
gestreift und gekrümmt ist; man könnte sie oft als eine durch Oscil-
lation anderer Flächen entstandene Scheinfläche halten. An einigen
Krystallen treten die Prismenflächen fast ganz oder ganz zurück, und
die beiden Pinakoide bilden dann eine allerdings bauchige und durch
Streifung entstellte rechteckige Säule oben und unten mit Z, -n, 1\ z,
u. s. w. Man wird ganz an Diopsid erinnert, wenn man von der
Spaltbarkeit absieht. Die meisten dieser Individuen, besonders alle
grösseren, zeigen nun an den 2 stumpfen Ecken Uff der durch p
tafelartigen oder breitsäuligen Krystalle eine stets in gleicher und gesetz-
mässiger Weise wiederkehrende , von mir an keinem Gyps anderer
Fundorte wieder beobachtete , fächerartige Aggregation von zahllosen
kleineren Individuen („Subindividuen“), welche sich, wenn auch nicht
immer, so doch mit ganz sichtlicher Vorliebe so aneinander radial
stellen, dass ihre Kanten /' l“l“ u. s. w. unter sich parallel laufen,
und dass die einspringenden Kanten p:p\ p:p" u. s w. parallel den
Kanten pl und Z Z des Hauptindividuum laufen (vergl. Taf. VII Fig. 7
natürliche Grösse).
Dieser Erscheinung, welche sich stets wiederholt, sieht man es
trotz der zahlreichen Anomalien an, dass es das Bestreben der Kry-
stallisationskraft war, eine krystallographiseh gesetzmässige Aggregation
der verschiedenen Individuen zu schaffen. Einzelne Störenfriede unter
den aggregirten Individuen, welche unregelmässig das Hauptindividuum
durchkreuzen oder bewachsen , verursachen sichtlich diese Anomalien
von der gesetzlichen Stellung der anderen Individuen , sind aber nicht
im Stande, die Erstrebung der Gesetzmässigkeit stark zu hindern oder
gar aufzuheben. Da diese Aggregation eine krystallographiseh gesetz-
mässige ist und keine parallele , muss sie eine Zwillingsbildung sein
oder wenigstens anstreben. Wenn sich an den Krystallen die syme-
trisch von rechts nach links, diametral vorne = oben und hinten = unten
ganz ungestört angeordneten Fächer soweit nach rechts und links aus-
breiten , dass die äussersten der aggregirten Individuen jedes Fächers
senkrecht auf p stehen, dann ist jeder der beiden Fächer halbkreis-
förmig, und es berühren sich die beiden Fächergruppen über p des
Hauptindividuum hinfort. Die beiderseitigen äussersten Individuen
der 2 Fächergruppen haben ooPoo (p‘ und p“) gemein und liegen
umgekehrt, d. h. sie sind gegen einander um 180° um die Kante ZZ,
oder, was dasselbe sagen will, um die in der Symetrieebene liegende
Normale zu dieser Kante, bezüglich zu — Po o, gedreht, sie befinden sich
118
H. Laspeyres.
[6]
also in Zwillingsstellung nach dem zweiten Gesetze des Gyps ; die Con-
tactflächen sind aber nicht, wie sonst, die Zwillingsebene — Poo, son-
dern die der Zwillingsaxe parallele oo Poo.
Ebenso befinden sich die beiden äussersten (linken und rechten)
Individuen desselben um 180° ausgebreiteten Fächers in Zwillingsstel-
lung nach demselben Gesetze; hier aber ist — Poo die Contactfläche.
In diesem so regelmässig nie beobachteten Falle umgeben also zwei
Halbkränze von radialgestellten Individuen das Hauptindividuum in der
Richtung senkrecht zur Zonenaxe (Kante ll oder Richtung a : c), welcher
alle ihre Kanten ?/, lp parallel sind.
Man kann den Einen der Fächer nur als die Folge des Anderen
ansehen. Denkt man sich nämlich alle Ivrystalle des einen Fächers
diametral durch das Hauptindividuum fortgewachsen und an dessen
entgegengesetzter Stelle ebenso weit herausragen, so entsteht der andere
Fächer als Gegenfächer. Wenn die Individuen einmal, was selten der
Fall ist, die Breite des Hauptindividuum bekommen, so ist dieser Zu-
sammenhang der beiden Fächer an den Stufen sehr gut zu sehen.
Denkt man sich einen Gypskrystall um eine durch seinen Mittel-
punkt gehende und in seiner Symetrieebene liegende, der Kante ll
parallele Linie um 180° gedreht, so nimmt er nach und nach alle
Stellungen ein , welche ein Individuum dieser Fächer einzunehmen
vermag.
Definirt man, wie es allgemein geschieht, einen Zwilling als zwei
um eine krystallographisch mögliche Linie um 180° gedrehte Indivi-
duen, so kann man diese Fächer nicht als Zwillingsbildung, sondern
höchstens als einen Uebergang zur Zwillingsbildung bezeichnen, weil
die Drehung um die krystallographische Linie nur um x° ausgeführt
ist zwischen je zwei benachbarten Individuen. Man wird also in diesem
Falle gezwungen, ausser der parallelen und Zwillingsstellung zweier
Individuen noch eine dritte gesetzmässige Stellung fixiren zu müssen,
welche vermittelnd zwischen den beiden ersten steht, als ein Ueher-
gang der Einen in die Andere.
An denselben kritischen Punkt, zu dem mich die Papelsberger
Gypse geführt haben, wurde 1871 Sch rauf1) durch gesetzmässig
aggregirte, d. h. um GO Grad um eine krystallographische Linie (Nor-
male auf I=oo PS) gedrehte Individuen ebenfalls von Gyps und zwar
aus Shotover Hill bei Oxford geführt, wodurch Dieser veranlasst wurde,
den Begriff eines Zwillings weiter zu fassen. Er nennt in Folge dessen
Zwillingskrystalle ,.alle jene Krystallcomplexe, welche so mit einander
in Verbindung stehen, dass das Individuum II durch eine Drehung um
eine krystallographisch mögliche Linie und um einen möglichst ein-
fachen Winkel in die Stellung von Individuum I gelangt“.
Nach dieser Definition von Zwilling sind die Fächerkrystalle vom
Papelsberge wiederholte Zwillingsbildungen (Viellinge).
Bei gleichem Neigungswinkel x zwischen je 2 benachbarten Indi-
viduen desselben Fächers Hesse sich diese Fächeraggregation zurück-
führen auf ein neues Zwillingsgesetz: Zwillingsaxe die Normale auf
1) Sitzungsber. d. math.-naturw. Klasse d k Akad. d. Wissensch. zu Wien
1871. LXIH I. S. 159.
[7]
Krystallographisclie Bemerkungen zum Gyps.
119
— P1/m = — mPm , Drehung um 180°, Contactfläclie die Zwillingsebene
— Pl/m. Aus dem Werthe x Hesse sich m‘ berechnen. Da aber der
Neigungswinkel x nicht constant zu sein scheint, kann von der An-
nahme eines neuen Gesetzes nicht die Rede sein, denn sonst müsste
man mehrere Gesetze für einen Fächer ableiten.
Diese Krystalle erscheinen wie mehr oder weniger aufgeblättert
an den stumpfen Ecken der rhomboidischen Tafeln, etwa wie ein Buch
mit sogenannten Eselsohren Diese Aufblätterung zeigt sich in allen
Graden meist an beiden Ecken zugleich, bei schwachen Graden auch
wohl nur an einer. Die dazwischen liegenden scharfen Ecken Uff des
Hauptindividuum, wo gerne n, o u. s. w. auftreten , zeigen nie eine
Spur solcher Fächerstellung.
Im Uebrigen verweise ich auf die etwas schematisirte, graphische
Darstellung dieser Gypskrystalle (Taf. VII Fig. 7.).
Zwillinge nach dem ersten Gesetze des Gyps mit Juxtaposition
oder theilweiser Penetration kommen bei Oberdollendorf nach dem oben
(§. 1) Gesagten schon und gross vor, scheinen aber selten zu sein,
denn mir liegen nur 6 Stück unter 60 Krystallen vor; an ihnen sind
die Flächen o = 1/3Po o und w = 1l3P bis zum gänzlichen Verschwinden
der andern Hemipyramiden und Orthohemidomen sehr ausgedehnt.
Vier von diesen bis 9 Cm. langen , nach oo P und ooPoo breit-
säuligen, 10 — 18 Mm. dicken Zwillingen bilden ebenfalls einen Fächer
(Taf. VII Fig. 8) von etwa 30° Winkelausbreitung; sie sind circa 10°
gegen einander gedreht, um eine Linie senkrecht zur Hauptaxe c in
der Symetrieebene liegend, denn die dazu senkrechten M oo P oo ,
welche die Kante ff schwach abstumpfen, liegen in einer Richtung.
Diese Drehungslinie ist bekanntlich zugleich die Zwillingsaxe des
ersten Gesetzes des Gyps.
Nach Sch rauf wären also diese Fächer an Zwillingen ebenfalls
ein wiederholter Doppelzwilling nach dem ersten Gesetze, zuerst Drehung
2 TZ
um £tc, nacher um je Dieselbe Drehungslinie senkrecht zur Haupt-
lb
axe ist nun aber auch die Resultante von der von vorn nach hinten um
37° 3P geneigten Kante ll und von der von hinten nach vorn ebenso
stark geneigten Kante ll des Zwillings.
Dadurch treten die beiden Zwillingsgesetze des Gyps gleichsam
in gegenseitige Beziehung. Man kann sich das etwa so vorstellen:
Ein Individuum kann durch Drehung um die Kante ll einen
Fächerzwilling nach dem zweiten Gesetze bilden , wie er im Vorher-
gehenden besprochen und abgebildet (Taf. VII Fig. 7) ist. Ein Zwilling
nach dem ersten Gesetze kann aber keinen Fächer nach dem zweiten
Gesetze, sondern nur nach dem ersten bilden. Denn, wenn eine Drehung
des Zwillings um Kante ll nach rechts oder links stattfände, müsste
das Eine Individuum um eine nach vorne, das Andere um eine ebenso
stark nach hinten geneigte Linie sich drehen. Erfolgte trotzdem eine
Drehung, so kann sie nur um die Resultante der beiden Drehungslinien
erfolgen, d. h. um die Zwillingsaxe des ersten Gesetzes.
120
II. Laspeyres.
[3]
§. 3. Gjrpszwillinge von Eisleben.
Zwei unansehnliche Stücke eines grauen, dichten bis feinkörnigen
Gyps in der früher Sack’schen Mineraliensammlung, beide vom Zuver-
sichtschachte bei Eisleben — das Eine mit der näheren Bezeichnung:
Ute Gez. Str. 15 Ltr. L. v. Schachte (wohl: zweite Gezeug-Strecke
15 Lachter Länge vom Schachte) zeigen auf 2 parallelen Kluftflächen
oder aufgeblätterten Schichtungsfugen des zum Theil sehr verwitterten
und zerrissenen Gesteines zahlreiche , aber nur kleine , höchstens bis
5 Mm. grosse Kry stalle von wasserklarem Gypsspath, welche man in
ihrer gerundeten und gewölbten Form nicht besser als mit Pilzen ver-
gleichen kann , welche neben einander oder auch isolirt auf den
genannten Eugen oder Klüften , welche vom Wasser ganz ausgenagt
und zerfressen sich zeigen, ganz lose mit einer Ecke aufgewachsen sind.
Die Krystalle bilden einen mit ihren Basen an einander gelegten
Doppelkegel, von denen stets der obere sehr stumpf (circa 140 — IGO0
Scheitelwinkel), der untere , meist nur mit der äussersten Spitze auf-
gewachsene viel schärfer (circa 86 — 105° Scheitelwinkel) ist. ')
Die gemeinsame, nicht in einer Ebene liegende Basis ist in der
Regel nahezu kreisrund und dieser schwach nach oben und unten regel-
mässig undulirte Rand meist schneidig scharf (circa 45 — 67°). Der
Mantel des unteren Kegels ist stets nach demselben Sinne gekrümmt,
während derselbe des oberen Kegels zwei diametral gegenüberliegende,
radiale Falten hat, welche am Scheitel beginnen und nach dem Rande zu
immer tiefer und breiter werden und dadurch die genannte Undulation des
Randes dieses Doppelkegels hervorrufen. Die Mäntel beider Kegel sind
in der Richtung ihrer Höhenlinie, also radial vom Scheitel zum Rande,
äusserst fein gestreift.
Der scheinbar hemimorph-rhombische Habitus dieser Krystalle,
die beiden einspringenden Falten auf dem oberen stumpferen Kegel und
vor Allem die an dem klaren Gyps schön zu beobachtende Spaltbar-
keit erweisen die Krystalle sofort als Juxtapositionszwilliuge nach dem
gewöhnlichsten Gesetze : Zwillingsaxe die Normale zu M = ooPc» (resp.
die Hauptaxe), Zusammensetzungsebene M = oo P oo .
Die Rundung und Streifung dieser Krystalle ist, wie so häufig
beim Gyps, derartig, dass man au den meisten nicht zu ermitteln ver-
mag, von welchen Flächen die Krystalle begrenzt werden; allein, das
sieht man stets, dass es mehrere positive und negative Hemipyramiden
Hemiorthodomen, vermuthlich auch die seltenen Klinodomen sind, welche
wesentlich durch einfache und oscillatorische Combination die Rundung
und Streifung hervorbringen'.
Einige der kleineren Krystalle zeigen jedoch bessere Ausbildung
der Flächen, so dass man nach der Haidinger ’sclien Methode2) und
0 Ilaüy (traite de mineralogie II. ed. 1822. I. S. 545 ff. Taf. 32. Fig. 21.)
beschreibt ebenfalls schon doppelconische Gypskrystalle aus einem Mergel vom
Hospital St. Louis in Paris unter seinen formes indeterminables. Das müssen aber,
wenn auch vielleicht ähnliche, so doch andere Formen gewesen sehr, denn er gibt
die Scheitelwinkel der Doppelkegel zu circa 126" an.
’2) Sitz.-Ber. d. math.-naturw. Klass. d. k. Wiener Akademie d. Wissensch.
1855. XIV. S. 3. XVII. S. 187.
[9]
Krystallographische Bemerkungen zum Gyps.
121
auch im Reflexionsgoniometer bei Anwendung des allgemeinen Licht-
reflexes der Flächen die Kantenwinkel so annähernd richtig messen
kann, dass man mit hinreichender Sicherheit die Axenverhältnisse aller
Flächen ermitteln kann.
Nach diesen vielfach wiederholten und unter sich gut stimmenden
Messungen wurden an allen Krystallen dieselben, unten genannten, Flächen
ermittelt und die Zeichnungen (Taf. Vil Fig. 9 — 12) construirt, welche
in Fig. 10 und 12 die Zwillinge genau so darstellen, wie man sie beob-
achtet, nur ohne Krümmung und Streifung, während die Fig. 9 und 11
die entsprechenden Individuen, welche nie Vorkommen, zur Darstellung
bringen.
Um die Krystalle mit den von Hessenberg abgebildeten, analogen
Gypskrystallen von Girgenti x) besser vergleichen zu können , habe ich
die parallelperspectivische Zeichnung dieser Krystalle so construirt, dass
die Hauptaxe vertical , die Orthoaxe horizontal nach dem Beschauer
gerichtet ist. Die Symmetrieebene ist gegen die Projectionsebene um die
Hauptaxe um 18° gedreht. In dieser Stellung übersieht man am besten
diese Zwillinge.
Den folgenden Winkelberechnungen liegen theils die von Hessen-
berg in der genannten Arbeit über den
von Girgenti aus den
Descloizeaux ’ sehen Messungen unter Annahme der N a u m a n löschen
Grundform berechneten, krystallographischen Elemente (ohne Klammer)
theils die in seiner späteren Arbeit über den Gyps vom Wasenweiler2)
cörrigirten Wertlie derselben (in Klammer) zu Grunde:
C
Hauptaxe c
Klinoaxe a
Orthoaxe b
[81° 5' 18"]
[0,60306128]
[1]
[1,4509677]
ber;
80° 56' 40'
0,600282
1
1 ,45039
Die Aehnlichkeit der Krystalle von Eisleben mit den von Hessen-
beschriebenen von Girgenti, welche auf den Kluftflächen des
bekannten, mit Schwefel durchzogenen grauen Kalkmergels vorgekömmen
sind, ist allerdings gross; allein sie unterscheiden sich nicht nur in
der Grösse, welche Hessenberg bis zu 40 Mm. angibt, sondern auch
im Habitus, denn bei Eisleben sind bis jetzt Individuen dieser Art noch
nicht gefunden und die Flächen aus der Zone der Hauptaxe c fehlen
an den Eisleber Krystallen fast ganz (Taf. VII Fig 11. 12) oder treten
nur ganz selten und winzig schmal als Abstumpfungen der undulirten
Randkanten der Doppelkegel auf (Taf. VII Fig. 9 u. 10).
Ausserdem zeigen die Krystalle von Eisleben das Auftreten von
zwei Formen, welche für den Gyps neu sind.
Aus diesem Grunde, und weil es gewiss von Interesse ist, wie so
seltene Combinationen und Typen an so entlegenen Orten und bei ver-
schiedenen, wenn auch analogen, Vorkommnissen wiederkehren können,
wird diese Mittheilung meiner Beobachtungen nicht unnütz sein.
An den Krystallen von Eisleben sind zu beobachten:
p = ooPoo, meist als Spaltfläche
f oo P
') Mineralogische Notizen, neue Folge I. Heft. S. 1 ff. Taf. I. Fig. 2 u. 3.
0 Mineralogische Notizen, neue Folge VII. Heft. S. 30 ff.
Mineralogische Mittheilungen. 1875. 3. Heft. (Laspeyres.)
17
122
H. Laspeyres.
[10]
M— 00P00, nur als Zwillingsebene und Spaltfläche
l = — P
8 = d“‘,/6P2
ß — ~\-bUP 00
k = — ®/7p2/3
fr = *kPoo.
Die beiden zuletzt genannten Formen sind neu, wie aus der letzten
Veröffentlichung über den Gyps von Brezina1) hervorgeht.
Die genannten Flächen wurden auf folgende Weise ermittelt:
p = ooPoo durch die ihr parallele erste Spaltbarkeit. Ihre Strei-
fung in den Zeichnungen entspricht der faserigen Spalt-
barkeit.
f = ooP durch Messung der Winkel:
p : f = 125°, berechnet 124° 15' [124° 15']
f : f = 69°, „ 68° 30' [ 68° 30']
f:f— 111°, „ 111° 30' [111° 30']
ß = +6/9 P oo durch Messung des Kantenwinkels
ß : ß' = 100°, berechnet 159° 46' 42" [159° 20' 4"]
8 = -j-5/6P2 durch Messung des Kantenwinkels über ß
8 : d = 141°, berechnet 142° 5' 48" [141° 57' 38"]
fr = — 3/2Poo durch Messung des Kantenwinkels
ß : fr = 57° 30', berechnet 57° 4' 45" [57° 20' 7"]
l — — P durch Messung des ebenen Winkels zwischen Endkante
l : l und V : V
104° 30', berechnet 105° 0' 24" [105° — ' 24"]
und durch Messung des ebenen Winkels zwischen Endkante l : l und
der Klinodiagonalen von fr
171°, berechnet 170° 31' 44" [170° 29' 39"]
c = — g/7P2/3 liegt mit l und fr in einer Zone , denn l stumpft
an den Krystallen deutlich die Combinationskante \ : fr ab , es konnte
deshalb e bestimmt werden durch Messung der Kante
= 118°, berechnet 118° 1' 4" [118° 5' 30"].
Die Differenz zwischen den beobachteten und berechneten Win-
keln ist in Anbetracht der Methode der Messung nicht sehr gross,
wenigstens nicht zu gross, um an der Richtigkeit der Bestimmung der
Flächen zweifeln zu müssen.
Die beiden neuen Flächen \ und fr gehören zwar keiner beson-
ders hervorragenden Zone des Gyps (mit Ausnahme der Zone der Ortho-
domen an, liegen aber, wie eine Quenstedt’sche Projection rasch
zeigt, in mehreren schon bekannten Zonen,2) was ebenfalls für die Rich-
tigkeit ihrer Bestimmung spricht.
9 Tscliermak Mineralogische Mittheilungen 1872. I. S. 17 ff.
2) fr liegt in Zone der Flächen: J/3Po o, ö/9Po o, Poo, ooPoo,
— V3Po°
J? J)
ooP3/,, Pco
-P, OoP2, l
-SPS, - »UP
— P OO
1
[11]
Krystallograpliische Bemerkungen zum Gyps.
123
Die Abrundung der Combinationskanten zwischen diesen Hemi-
pyramiden und Hemidomen erfolgt wie die radiale Streifung theils durch
ihre gegenseitige Öscillation an ihren Grenzen, theils auch wohl durch
unbestimmbare, dazwischen liegende, andere Hemipyramiden. Die Run-
dung der Kante E : <)' scheint durch das am Gyps so seltene Ivlino-
dome v — Po o bei allen Krystallen sehr regelmässig wiederkehrend
gebildet zu werden ; Sicheres lässt sich aber über das Auftreten dieser
Fläche nicht sagen.
Zum Schlüsse seiner Arbeit über die Gypskrystalle von Girgenti
sagt Hessenberg:
„Zwischen — P ( l ) und + ß/cP2 (d) liegt eigentlich noch eine
Fläche, in welche — P mit Abrundung und radialer Streifung verläuft.
Sie ist aber zur Bestimmung nicht genügend gut gebildet“. In seiner
Mittheilung über die Gypskrystalle von Wasenweiler,1) welche Hessen-
berg mehrfach mit denen vom Girgenti vergleicht, und an denen
v = Po o zum Theil sehr schön auftritt, deutet Hesse nberg darauf
hin, dass diese Abrundung der Kante l : <5 an den Krystallen von Gir-
genti zum Theil durch dieses Klinodoma veranlasst werden dürfte.2)
Beim Vergleiche seiner und meiner Abbildungen möchte man glauben,
dass diese Abrundung ausserdem auch durch E hervorgerufen sein könnte.
Von ft ist aber an den Krystallen von Girgenti keine Andeutung in
Text und Bild zu finden.
!. 4. Biegsamkeit und Spaltbarkeit des Gyps.
Die sogenannte gemeine Biegsamkeit des Gyps ist bekannt, sie
wird in jeder Mineralogie angegeben meist mit den Worten : „in dünnen
Blättchen biegsam“, nur Naumann3) setzt richtig in Klammer dazu:
„doch nicht in allen Varietäten“.
Gerade so, wie es viele selbst in dünnen Blättchen nicht oder
kaum biegsame Gypse gibt, finden sich aber auch solche, welche einen
sehr hohen Grad von Biegsamkeit haben, vielleicht den höchsten, welcher
bei nicht zugleich dehnbaren oder geschmeidigen Mineralien vorkommt.
Zu solchen biegsamen Varietäten gehört der oben besprochene, in
Thon eingewachsene Gypsspath von Oberdollendorf und der bekannte
aufgewachsene von Reinhardsbrunn bei Friedrichsrode in Thüringen.
Der Biegsamkeit des Letzteren gedenkt schon 1845 II. Cred-
ner4) in einem Briefe an G. Leonhard: „Einfache sowohl, als Zwil-
lingskrystalle desselben lassen sich bei nicht zu beträchtlicher Stärke
allmählig unter einem Winkel von 60 — 90° biegen, ohne dass dabei die
£ liegt in Zone der Flächen: — 'lsPoo, ooP'/3
n » » » » 1 i
*) Mineralogische Notizen. Neue Folge. VII. Heft, S. 34.
2) Yergl. auch Scharff Ueber d. Gyps. 1871. S. 9. Taf. II fg. 40.
3) Mineralogie. 1874. S. 257.
4) Neues Jahrbuch für Mineralogie u. s. w. 1846. S. 62 ff.
124
H. Laspeyres.
[12]
Fläche des orthodiagonalen Flächenpaares aus der ursprünglichen, dem
orthodiagonalen Hauptschnitt parallelen Lage heraustritt.“ Krystalle
von Oberdollendorf bis 10 und 15 Mm. Dicke lassen sich ganz in der-
selben Weise und Stärke biegen, etwa mit der Leichtigkeit wie eine
Stange Siegellack , welche in der Sonne gelegen hat , und auch mit
demselben angenehmen Gefühle in den Fingern.
Man kann bei solchen Krystallen die gebogenen und schlangen-
förmig gewundenen Gestalten , wie sie in der Natur sowohl bei auf-,
wie bei eingewachsenen Gypskrystallen Vorkommen , künstlich nach-
machen. Letztere finden sich nicht selten in den Thonen , in welchen
sie sich gebildet haben, gekrümmt und die Ersteren sind am schönsten
wohl von Reinhardsbrunn bekannt, von wo sie H. Credner beschrieben
hat und von wo sie in allen Sammlungen zu finden sein dürften.
Bei den allermeisten — und bei allen mir bekannten — ist die
Krümmung so erfolgt, dass sie das Maximum auf p = ooPoo, ihr
Minimum (= Null) auf M = coPco zeigt, das heisst ooPoo ist gefaltet
und gerunzelt, ooPoo eine Ebene. Die künstlich gekrümmten Krystalle
verhalten sich gerade so, und man darf deshalb wohl nur annehmen,
dass die natürlich gekrümmten Krystalle ihre Krümmung auch nur
durch einen äusseren Druck bekommen haben, welcher bei den in Thon
eingewachsenen Krystallen sich leichter erklären lässt durch die ent-
gegengesetzten Kräfte der Krystallisation und des nicht vollkommen
nachgiebigen, zum Theil auch wohl sich aufblähenden Thones bei seiner
Umbildung aus Schieferthon, Mergelschiefer u. s. w. , als bei den auf-
gewachsenen, also in fast vollkommen nachgiebigem Wasser gebildeten Kry-
stallen. Die Krümmung der Letzteren möchte Credner deshalb durch
den Druck des oberen Theiles der Krystalle auf den unteren erklären.1)
Eine künstliche Biegung in einer anderen Richtung als im ortho-
diagonalen Hauptschnitte ist mir an keinem Krystalle gelungen , wohl
aber leicht eine Drehung der nach der Hauptaxe säulenförmigen Kry-
stalltafeln um die Hauptaxe um etwa 30 — 40° , so dass die Flächen
ooP co windschief oder schraubenflächig wurden, wie die Prismaflächen
an den bekannten gewundenen Rauch-Quarzen der Alpen. Nach der
Cr ed ne r sehen Notiz scheinen dieselben Windungen auch natürlich in
Reinhardsbrunn vorzukommen.
Führt man die Biegung der Krystalle sehr langsam und vorsichtig
aus , indem man zugleich darauf Bedacht nimmt , dass die biegenden
Finger die Flächen p =. ooPoo ganz und fest bedecken, so kann man
Biegungen bis zu 90 Grad vornehmen , ohne dass eine Trennung der
Molecüle in der Richtung ihrer geringsten Cohärenz stattfindet, d. h. keine
Spaltungsriclitung wird durch Einreissen sichtbar. Versucht man die
Biegung weniger vorsichtig, so wird leicht die Elasticitätsgrenze iiber-
0 Scharff (Ueber d. Gypsspath. 1871. S. 31 ff.) bespricht die gebogenen
und gewundenen Krystalle von Friedrichsrode (Reinhardsbrunn) und hält ihre
Bildung durch äusseren Druck für „Vermutbungen, welche durch Thatsachen kaum
unterstützt werden , welchen vielmehr gewichtige Bedenken entgegenstehe. Er
kann deshalb an eine künstliche Nachbildung dieser Erscheinung durch äusseren
Druck noch nicht gedacht haben. „Gebogene und gewundene Krystalle glaubt man in
den meisten Fällen einem mangelhaften Bau , das Zerbrechen oder Knicken aber
einer störenden Einwirkung von aussen zuschreiben zu müssen“ (S. 34 und 36).
[13]
Krystallographisclie Bemerkungen zum Gyps.
125
schritten und es beginnen zahllose Spaltungen einzureissen, aber ohne
den Zusammenhalt des Krystalles aufzubeben. Da die Biegung in der
Richtung der dritten Spaltbarkeit (coPoo) erfolgt , reisst diese nicht,
oder nur sehr selten ein, nur die beiden Ersten zeigen sich.
Die Entstehung zahlloser Spalten parallel p = 00P00 beim Biegen
sieht man am besten an dem plötzlichen Aufblitzen eines lebhaften,
silberweissen Perlmutterglanzes statt des bisherigen Glasglanzes auf.
00P00 , welcher mit der Stärke der Biegung an Intensität zunimmt.
Der zweite , faserige Blätterbruch macht sich zugleich sehr bemerkbar
durch seine bekannte, scharfe Liniirung der Fläche coPoo in der Rich-
tung der Endkante von n = P. Diese Linien erweisen sich unter
der Lupe als Spalten, welche von der Oberfläche von ooPoo mehr oder
weniger tief in die Krystalle eindringen, aber nicht senkrecht zu 00P00
(also nicht parallel T = Pco) , sondern schief (mithin parallel der
Fläche eines Pn , worin n meist als = 1 angenommen wird). T]
Ganz dieselbe Erscheinung zeigen auch die natürlich in dieser
Richtung gekrümmten Krystalle.
Ausser diesen 3 Spaltungsrichtungen erscheint bei diesen Bie-
gungen aber noch fast immer , sowohl an den Ivrystallen von Ober-
dollendorf, wie an denen von Reinhardsbrunn und anderen Orten, eine
vierte Spaltbarkeit, welche, wenn auch viel unvollkommener als
jene drei, doch sehr deutlich und unzweifelhaft ist. Sie erscheint wie
die zweite (sogenannte faserige) Spaltbarkeit als zarte Linien (Fig. 13
Taf. VII de und d‘c) auf p — ooPoo, welche scheinbar senkrecht zur
Hauptaxe stehen. Misst man aber die ebenen Winkel auf o=Poo , so
findet man:
Zweite Spaltlinie ah zur Hauptaxe c = 114° 30' resp. 65° 30'
Vierte „ de „ „ c = 92° 30' resp. 87° 30'
Zweite „ zur vierten Spaltlinie = 22° resp. 158°.
Diese vierte Spaltfläche liegt also in der Zone der Diagonalen
von o— VsLVo, welche mit der Hauptaxe den Winkel von 87° 31' 27"
[87° 19' 11"] bildet. In derselben Zone sind als Krystallflächen bekannt:
0 = 1/3 Poo, W — 1/3P, U = P3, P = ooPoo.
Gesetzt , sie stände , wie es den Anschein hat , senkrecht zu
p — ooPoo, so ginge diese vierte Spaltbarkeit der Fläche o — 1/3Poo
parallel.
Diese Spaltungsrichtung war dem scharfsinnigen Hauy2) nicht
entgangen; er spricht von ihr als joint surnumeraire : „Dans d’aütres-*'
lames, et en particulier dans celles de chaux sulfatee nacree que Ton
trouve ä Pesey, ancien depart. du Montblanc, on remarque ä certains
endroits des fissures dirigees, au moins ä peu-pres, dans le sens de la
perpendiculaire A1 n (Fig. 14), et qui, en supposant qu'elles s’en ecar-
tassent d’environ 2 degres, seraient paralleles ä une face secondaire
’) Yei’gl. Reusch Poggendorff’s Annalen. CXXXYI. S. 136 ff.
2) Traite de mineralogie. II. eclit. 1822. Tom. I. pg. 529 ss.
H. Laspeyres.
126
[14]
produite en vertu du döcroissement 3Cr“ (= o = 1/3Poo) und lässt sie
beim faserigen Gyps x) eine wesentliche Rolle spielen. 2)
Diese Fläche o = 1/3 Poe tritt an den Krystallen von Bex bekannt-
lich sehr herrschend auf und gerundet oder auch verdrängt nach rechts
und links durch w = Vs P und u = P3 und verdrängt die anderen,
sonst häufigen positiven Hemipyramiden und Hemidomen und zwar nicht
nur als Krystall-, sondern auch als Spaltfläche. Die schöne, mir vor-
liegende Stufe von dort zeigt kaum Spuren der zweiten Spaltfläche, 3)
sondern neben der ersten und dritten eigentlich nur diese vierte Spalt-
barkeit , welche auch faserig ist , aber grobfaserig und ohne rechten
Seidenglanz; sie hat mehr matten, feuchten Glasglanz. Betrachtet man
an den Krystallen von Oberdollendorf und Reinhardsbrunn unter der
Lupe diese Klüfte der vierten Spaltbarkeit, so wird man finden , dass
sie meist nicht tief von der Oberfläche p = 00P00 in den Krystall
eindringen , sondern bald auf einer ersten Spaltkluft parallel coPoo
plötzlich aufhören. Jeder Sprung nach der vierten Spaltbarkeit ist
desshalb von einem schmalen , perlmutterglänzenden Hofe umsäumt.
Dringt aber ein Spalt der vierten Richtung einmal tiefer in den Krystall
ein, so sieht man auch, dass diese Spaltfläche, wie bei den Krystallen
von Bex, faserig ist und nicht ganz senkrecht zu 00P00 steht. Sie ist
also dann wohl keine wirkliche Spaltfläche parallel 1/3=Po°, sondern, wie die
zweite Spaltfläche , eine Scheinfläche von zwei oscillatorischen Spalt-
flächen in der Zone der Endkante von w = 1/3P, wodurch eben ihre
Faserigkeit, wie bei der zweiten Spaltbarkeit, veranlasst wird. Unter
der Lupe hat es an den Krystallen von Bex, Reinhardsbrunn u. s. w.
nach der Beschaffenheit dieser vierten Spaltfläche ganz das Ansehen,
als sei sie keine Scheinfläche durch Oscillation von links und rechts
1l3Pn, sondern von Vä^00 mit 00P00, wodurch die resultirende Schein-
spaltfläche jede Neigung zu ooP oo annehmen kann.
Es ist somit nicht zu zweifeln, dass diese durch Biegung leicht
neben der zweiten darstellbare Spaltbarkeit mit der von Ha uy kennen
gelehrten von Bex ident ist , dass sie der Krystallfläche o = 1/3 Po°
folgt und dass sie in ihrer Richtung senkrecht zu p — 00P00 oft nur
durch Oscillation mit p = 00P00 abgelenkt erscheint als eine Schein-
fläche mehr oder weniger parallel mit w — *I3P.
Dass der ebene Winkel zwischen der Schnittlinie der vierten Spalt-
barkeit mit p — 00P00 und der Hauptaxe ( dca in Fig. 13 Taf. VII)
kein rechter ist, sieht man sehr gut an den Juxtapositionszwillingen nach
dem ersten Gesetze von Reinhardsbrunn. Gerade so wie die Klüfte der
zweiten Spaltbarkeit ( ba , b' n) an der Zwillingsgrenze ooPoo ( aacaa )
ihre Richtung ändernd ein Knie ha b ' von 131° 4L 22" [131° ID 58"]
nach unten (resp. oben) concav bilden, machen nämlich die der vierten
') Hauy 1 . c. 1. pag. 540.
2) Nachträglich sehe ich, dass Schar ff (lieber den Gypsspath. 1871. S. 17)
auch diese Spaltbarkeit etwa normal auf ooP oo u. coPoo angibt, welche er nur
an den gebogenen Krystallen von Friedrichsrode gefunden hat.
8) Die gleiche Beobachtung hat Scharff gemacht (Ueber den Gypsspath.
1871. S. 17).
[15]
Krystallographische Bemerkungen zum Gyps.
127
Spaltbarkeit an derselben Stelle ein Knie dccV in gleichem Sinne concav
gemessen von circa 174° berechnet von 175° 2' 54" [175° 39' 22"].
Auch, und vielleicht am schönsten, sieht man diese vierte Spalt-
barkeit des Gyps an den natürlich gebogenen Krystallen von Rein-
hardsbrunn , denn hier setzt sie mehrfach wiederholt als ein Sprung
oft durch den ganzen Krystall hindurch , ähnlich wie bei Bex , aber
ohne den Zusammenhalt der Krystalltheile aufzuheben. Da , wo die
Krümmung der Krystalle am stärksten ist, setzt dieser Spalt als mehr
oder minder regelmässige, faserige, aber im Ganzen der Richtung o —
ll3P°o folgende, matten, wässerigen Seidenglanz reflectirende, also oscil-
latorische Fläche durch, so dass an dieser Stelle die Krystalle leicht
entzwei brechen. Von diesen „durch Knickung entstandenen , matt-
schimmernden Zusammensetzungsflächen“ spricht auch C r ed n er1), ihm
schienen sie aber genau senkrecht zur Hauptaxe zu stehen , denn er
sagt: „Diese Zusammensetzungsflächen würden hiernach einem ortlio-
metrischen Krystallsysteme entsprechen“.
Mag nun die vierte Spaltbarkeit , deren Grad an den verschie-
denen Fundorten recht verschieden sein dürfte, der Krystallfläche o =
1l3Poo oder x\3Pn folgen , und die zweite der Fläche n — P oder
T = Po o, so bleibt es höchst auffallend, und ist meines Wissens der
erste bekannte Fall, dass zwei ungleichartige Spaltungsrichtungen so
nahe zusammenfallen, denn sie schneiden sich unter 21° 40' 46" [21°
43' 42"] auf ooPoo (Fig. 13 Taf. VII).
Um so auffallender ist es nun, dass zwischen beiden noch eine
fünfte Spaltbarkeit zu liegen scheint, nämlich die, welche Re uscli
mittelst der Körnerprobe darzustellen gelehrt hat. 2) Dieselbe bildet
nach dieser Mittheilung mit der zweiten auf oofoo circa 10° 30' und
steht senkrecht zu letzter Fläche, entspricht also der als Krystallfläche
bisher unbekannten 2/3Poo (Neigung zur Axe c = 76° 11' 14" [75°
57' 21"]), denn der zu 10° 30' gemessene Winkel beträgt in diesem
Falle 10° 20' 33" [10° 21' 22"].
Später3) gibt Reusch den genannten ebenen Winkel zu 13 — 14°
an, was mit meinen , auf verschiedene Weise wiederholten Messungen
(13 — 15°) an einer von Reusch zu Wiesbaden erhaltenen Schlagfigur
im Gyps von Nordhausen gut stimmt; corrigirt man ihn auf 14° 2' 40"
1 1 4° 4' 3"], so folgt diese fünfte Spaltbarkeit der Hessenberg’schen
Fläche ß = 6/9Poo , welche mit Axe c 79° 53' 21" [79° 40' 2"]
bildet.
Fig. 13 Taf. VII stellt einen Zwilling in e und e1 mit dieser
Schlagfigur dar; der ebene Winkel der Schlaglinie durch e und e'
beträgt 159° 46' 42" [159° 20' 4"] auf ooPo©.
Reusch, welcher die vierte Spaltungsrichtung nicht gekannt zu
haben scheint, bespricht2) das Auffällige von zwei so nahe benach-
‘) Neues Jalirbuch f. Mineralogie u. s. w. 1846. S. 64.
2) Poggendorff ’s Annalen. CXXXVI. S. 136. Dieser Blätterbruch lässt
sieb aueb nach Reusch direkt beim Spalten grösserer und dickerer Platten oder
bei vorsichtigem Abbiegen eines dünnen Blättchen nachweisen. Ulrich hat den-
selben an einer seiner Platten als spiegelnde Fläche vorgefunden.
3) Naturforscher- Versammlung zu Wiesbaden. 1873.
128 H- Laspeyres. [16]
barten Spaltrichtungen, und findet darin einen zweiten Beweis, dass
die zweite Spaltbarkeit nicht , wie früher angenommen , der Fläche
T = Poo , sondern den Flächen n - P folge , wie Phillips es
zuerst angebe.
Bei drei so wenig in ihrer Lage divergirenden Spaltungsrich-
tungen darf man wohl nicht der Frage sich verschliessen, ob sie nicht
auf zwei zurückgeführt werden könnten , indem man die mittlere —
demnach die fünfte von Keusch — als eine durch Oscillation der
beiden äusseren resultirende Scheinspaltfläche betrachtet.
Dann müssten aber:
1) diese 3 Spaltrichtungen in einer Zone liegen, und deren Axe
müsste die Orthoaxe sein;
2) müsste die fünfte Spaltbarkeit, die Reusch’sehe Schlag-
linie , bei hinreichender Vergrösserung unter dem Mikroskope nicht
schnurgerade und scharfgerissen verlaufen , sondern gezahnt bald der
Richtung der zweiten, bald der der vierten Spaltbarkeit folgen.
Was den ersten Punkt betrifft, so müsste der von Phillips
angeregten, jetzt fast allgemeinen Annahme zuwider die zweite, faserige
Spaltfläche eine Scheinfläche sein , welche durch Oscillation von T =
Poo und p — ooPco resultirt, mithin jede Lage in der Zone der End-
kante von n — P haben kann , und ebenso müsste die vierte Spalt-
barkeit, wie oben schon als wahrscheinlich angedeutet wurde, eine aus
der Oscillation von o — 1l3P<x, und p = coPoo resultirende Schein-
Hache sein, welche jede Lage in der Zone der Endkante von 1j3P haben
kann. Gegen diese Annahme würde keine bisherige Beobachtung an
der zweiten Spaltfläche sprechen.
Den zweiten Punkt kann man unter dem Mikroskope prüfen. Das
habe ich an mehreren von Reu sch erhaltenen Schlagfiguren im Gyps
von Nordhausen und an eigenhändig dargestellten am Gyps von Wester-
egeln bei Magdeburg, welcher sich vermöge seiner sehr geringen Bieg-
samkeit und grossen Sprödigkeit noch besser, als der von Nordhausen,
zur Darstellung der prachtvollsten Schlagfiguren eignet, gethan.
Alle von mir untersuchten Schlagfiguren
erwiesen sich in ihrem Aussehen gleich. Ich
beziehe mich im Folgenden auf die im neben-
stehenden Holzschnitte Nr. 1 copirte Zeichnung
der Schlagfigur von Re lisch.
Die dem zweiten und dritten Blätter-
durchgange entsprechenden Risse b c resp. Pc'
und aa‘ zeigen sich mit blossem Auge und
mit bis 1 dOtächer Vergrösserung — stärkere
wurde nicht angewendet — als äusserst scharf
und fein gerissene, continuirlich gerade Linien,
also als Durchschnitte von Ebenen, das heisst
als wirkliche Spaltflächen. Die der Richtung
5/gPoo entsprechenden Risse b b1 sehen zwar
mit blossem Auge und mit Hilfe der Lupe
als ebenso scharfe, feine und gerade Linien aus, allein bei stärkerer
Vergrösserung zeigen sie einen sägeartigen Verlauf. Vergleiche den
Nr. 1.
Krystallographische Bemerkungen zum Gyps
129
[17]
folgenden Holzschnitt Nr. 2. Man sieht mithin ganz deutlich, dass
sie keiner Spaltfläche 5,/9Po o entsprechen , sondern einer Scheinfläche,
welche aus der Oscillation zweier anderer Kluftsysteme resultirt und,
Nr. 2.
sei es zufällig , sei es aus verborgenem Grunde , mehr oder weniger
der Richtung a‘ : 5/9c folgt. Die Oscillationen dieser Scheinfläche sind
so zart, dass diese Fläche das Licht für das höchstens mit einer
Lupe bewaffnete Auge ziemlich regelmässig reflectirt.
Von diesen zwei Kluftsystemen ist das eine und herrschende die
zweite Spaltbarkeit , welche unter sehr spitzen (circa 14°) resp. sehr
stumpfen (circa 166°) Winkel den Riss parallel ö/9Po o (ß ß') durch-
schneidet und sich als zahllose, parallele, äussert zarte und feine, aber
meist nur kurz gerissene Spaltklüfte (yy') zeigt. Das zweite unter-
geordnete Kluftsystem steht nahezu senkrecht (circa 90 — 105°) zu dem
ersten und stellt nur in ganz kurzen Sprüngen 88‘ die Verbindung
zwischen zwei benachbarten Sprüngen des ersten Systems her, wodurch
die sehr regelmässige und feine Zahnung der Schlaglinie ßß' entsteht.
Niemals habe ich bemerkt, dass dieser verbindende Sprung die Risse des
andern Systems durchschneidet; ferner scheint der Neigungswinkel der
Systeme zu einander verschieden zu sein, und drittens verlaufen die
Sprünge 88' nicht so scharf und gerade, als die Spaltklüfte. Sie sind
oft deutlich gekrümmt, bald fein, bald dick, und scheinen somit keine
Spaltfläche nach einem — mPo° anzudeuten, sondern einem gemeinen
Bruche anzugehören , welcher auf dem kürzesten Wege die durch den
Schlag eingerissenen Spaltklüfte yy' der zweiten Spaltbarkeit zu ver-
binden bestrebt ist.
Soweit meine Beobachtungen ein Urtheil gestatten , ist die der
Richtung 5/gPoo nahezu entsprechende Schlaglinie bb‘ von Reu sch
keine Folge einer versteckten fünften Spaltbarkeit, wie oben angenommen
wurde , sondern ein Sprung , welcher aus einer bekannten Spalt- und
einer Bruchkluft resultirt.
Dafür spricht auch:
1) dass der Theil hh1 der Reusch’schen Schlagfigur nur ungefähr
der Richtung ö/9Po o folgt, denn in seiner ersten Mittheilung gibt Reuseh
den Winkel zwischen bc. und bb‘ zu 10° 30' resp. 169° 30', später zu
13—14° resp. 167 — 166° an, und ich habe unter 10 Messungen
Schwankungen zwischen 13 und 15° gefunden;
2) dass, wie auch Reu sch angibt, häufig, nach meinen Beob-
achtungen stets, die Schlaglinie bb ' bei b und b‘ mittelst einer Abrun-
Mineralogische Mittheilungen. 1875. 3. Heft. (Laspeyres.) 18
130
H. Lappeyves. Krystallographische Bemerkungen zum Gjrps. [18]
düng der Ecken in die Linien bc und b‘ c‘ verläuft, wodurch eben die
Schlagfigur die Gestalt eines lateinischen f bekommt.
Alle diese Punkte mögen vorläufig hier nur angeregt sein, sie
verdienen seiner Zeit eine genauere Untersuchung an zahlreichem, dazu
gesammeltem Materiale. Sie sind am besten mit der Untersuchung der
Aetzfiguren zu verbinden , welche man sehr schön und regelmässig
erhält, wenn man die Platten mit Schlagfiguren einige Zeit in Wasser
legt. Die Aetzfiguren beginnen mit Vorliebe von den Klüften der Schlag-
figur aus, wodurch diese sehr leidet.
Bringt man eine Spaltlamelle von Gyps mit der eingerissenen
vierten Spaltbarkeit unter das Mikroskop, so sieht man diese Linie wie
die der zweiten und dritten Spaltbarkeit scharfgezogen und gerade
verlaufen. Die vierte Spaltbarkeit erweist sich also auch dadurch als
eine solche, welche mit besonderer Deutlichkeit an den biegsamen Kry-
stallen (Bex, Oberdollendorf, Reinhardsbrunn, Burgörner bei Hettstedt
u. s. w.) auftritt, an denen die Schlagfigur nicht oder nur undeutlich
darzustellen ist, wie schon Re usch angibt.
Aachen, im Mai 1875.
II. Felsarten aus dem Kaukasus.
V o n U. T s c h c r m a k.
Herr Ernest Favre sandte mir die Eruptivgesteine, welche er
auf seiner zweiten Reise im Kaukasus gesammelt, zur Durchsicht und
Bestimmung. Die letztere gelang nicht immer leicht, da die Proben oft
stark zersetzt waren und manche Minerale vollständig verwandelt
erschienen.
Das Terrain, welchem die Gesteine angehören, schliesst sich an
jenes an, das Herr Favre bereits früher geologisch aufgenommen hat1)
und dessen Eruptivgesteine ich bei einer früheren Gelegenheit 2) kurz
beschrieb. Die vorliegenden Felsarten gehören dem Diabas, Diorit, Me-
laphyr, ferner dem Orthoklasporphyr zu. Einige davon zeigen eine
abnorme Mischung.
Die Gesteine bilden, wie mir Herr Favre mittheilt, zum Theile
Eruptionen längs der südlichen Kette und treten zwischen Sandsteinen
und Thonschiefern auf, welche Spuren von Pflanzen und Kohlenschmitze
enthalten und der unteren Juraformation des Kaukasus (Lias und Unter-
Oolith) entsprechen. Zu diesen Gesteinen gehören alle jene, die ich
weiter unten als Diabase bezeichne, ferner auch mehrere Porphyrgesteine.
Die anderen Proben rühren von Eruptionen her, welche die Thonschiefer
durchbrochen haben und mit Neocomschichten in Berührung stehen, die
an manchen Orten gestört zu sein scheinen. Es sind Gesteine aus den
Abtheilungen Melaphyr und Augitporphyr sowie Orthoklasporphyre.
Die Orthoklasporphyre von Simferopol und vom Kloster St. Georg
Hessen eine genauere Altersbestimmung nicht zu.
Diabas.
Deutlich gemengte mittelkörnige Gesteine, die aus weissen und
aus schwarzgrünen Partikeln zusammengesetzt erscheinen , wurden an
mehreren Punkten gefunden:
OReclierches geologiques dans la partie centrale de la chaine
du Caucase. Geneve, 1875.
2) Diese Mittheilimgen, 187?, pag. 107.
Mineralogische Mittbeilungen. 1875. 3. Heft. (Tschermak.)
18*
132
G Tschermak.
[2]
Der Diabas von Ayu dagli enthält 2 Mm. lange weisse, trübe
Plagioklaskörner, welche im Dünnschliffe breite Zwillingslamellen zeigen,
sowie Orthoklas in durchsichtigen kleineren Körnern und in geringer
Menge. Der Augit bildet grünlichbraune Körner von geringerer Grösse als
die des Plagioklases. Er zeigt eine sehalige Absonderung parallel der
Querfläche, wie der Diallag, jedoch in dickeren Platten. Im Dünnschliffe
ist er blassbräunlich gefärbt. Er ist begleitet von Hornblende, welche
hie und da mit ihm parallel verwachsen erscheint, so wie von Biotit,
welcher ebenso häufig ist als der Augit. Körner von Magnetit und Pyrit,
starke Säulchen von Apatit und Partikel von Chlorit sind in dem Gestein
allenthalben zerstreut. Braune Körper mit zuweilen schärferen Umrissen
halte ich für zersetzten Olivin.
Der Diabas von einem Punkte zwischen Aluchta und Lampat
gleicht dem vorigen, jedoch zeigt der Augit hier die Diallag-Textur noch
deutlicher. Das Gestein von Metvetgora bei Lampat zeigt ebenfalls die-
selben Bestandtheile und dasselbe Gefüge, doch tritt schon Calcit als
Product der Zersetzung auf und der Plagioklas ist vollständig undurch-
sichtig, da er in ein dichtes, bei stärkerer Vergrösserung feinschuppiges,
weisses Mineral verwandelt erscheint.
Der Diabas von Kokkoz ist noch stärker verändert, da er nur
den genannten zersetzten Plagioklas, Chlorit und wenig Magnetitkörn-
chen, dagegen keinen Augit und keine Hornblende enthält.
Kleinkörnige Diabase liegen, in geringerer Anzahl vor'
Ein Gestein von Ayu dagh zeigt eine hellgraue Farbe, matten
Bruch und verräth schon eine Tendenz zur porphyrischen Ausbildung,
da manche Plagioklaskörnchen grösser erscheinen als die umgehenden
Bestandtheile. Im Dünnschliffe erscheinen trübe Plagioklaskörner und
Kryställchen als die Hauptmasse , dazwischen durchsichtige Orthoklas-
Partikel und dunkelgrüner Chlorit Calcit und Quarz erscheinen hie und
da als Neubildungen. Westlich von Paragilmen , in der Gegend von
Lampat, wurde eine ähnliche Felsart angetroffen.
Diorit.
Ein hierher gehöriges Gestein fand sich bei Kurtzi in der Gegend
von Simferopol.
Es ist ein ziemlich kleinkörniges Gemenge von weissem Feldspath
und schwarzen Hornblendenadeln. Der Feldspath ist zum grösseren
Theile ein trüber, ziemlich stark zersetzter Plagioklas, zum geringeren
T heil ein ziemlich durchsichtiger Orthoklas. Im Dünnschliffe erkennt
man auch etwas Biotit und Magnetit sowie Chlorit, letzteren als Zer-
setzungsproduct der Hornblende.
Melaphyr.
Mehrere dichte, dunkel grünlichgraue Gesteine von mattem oder
schimmerndem Bruche sind hierherzustellen. Sie gehören tlieils zu der
älteren, tlieils zu der jüngeren Serie der Eruptivgesteine.
[3]
Felsarteu aus dem Kaukasus.
133
Das Gestein vom Cap Plaka ist grünlich-aschgrau, undeutlich
porphyrisch durch hellgraue Feldspathblättchen, im Bruche etwas split-
terig. Im Dünnschliffe erkennt man Körner von Plagioklas, der bereits
ganz trübe geworden, Körnchen von Calcit und Partikel von dunkel
braungrünem Chlorit, der zuweilen die Formen des Augits erkennen
lässt. Von Magnetit sind nur wenige Körnchen sichtbar.
Ein Melaphyr von Badrak hat dieselbe Zusammensetzung, jedoch
zeigt er eine dunkelgrünliche Grundmasse und eine porphyrische Textur
durch viele eingeschlossene Plagioklaskrystalle von ungefähr 2 Mm. Länge.
Westlich von Melas wurde eine Breccie gefunden, die aus Trüm-
mern eines matten, grauen Melaphyrs, ferner aus Bruchstücken von
T.honschiefer und aus Quarzgeröllen besteht. Der Melaphyr ist ein durch
kleine, weisse Plagioklaskrystalle porphyrisches Gestein von mattem
Bruche, dessen Grundmasse Plagioklas, Orthoklas und Chlorit erken-
nen lässt.
Der Melaphyr von Karagatsch ist tiefgrau, vollständig dicht. Die
Grundmasse besteht aus sehr kleinen Orthoklas- und Plagioklaskrystal-
len, aus Körnchen von Augit und Magnetit, sowie aus Partikeln von
Chlorit. In dieser Masse sind hie und da etwas grössere Kryställchen
von Orthoklas eingeschlossen, sowie einzelne Säulchen, welche deutlich
die Form der Hornblende zeigen, jedoch im Inneren ein Aggregat von
feinen Nadeln und Blättchen zeigen. Die äussere Kinde dieser Pseudo-
morphosen ist schwarz und reich an Magnetitkörnchen, das Innere
grünlich. In der Masse sind auch hie und da kleine Geoden eingeschlos-
sen, die aussen -aus Chlorit, innen aus Calcit bestehen.
Ein ähnliches Gestein, das in der grünlichen Grundmasse schon
dem freien Auge kleine Feldspath- und Augitkryställchen darbietet,
rührt von Ortasabla her. Die beiden letzterwähnten Felsarten gehören
zu den jüngeren Melaphyren.
Orthoklas-Augitporphyr.
Die Gesteine, welche hierher gestellt werden, zeigen eine unge-
wöhnliche Mischung, da sie vorzugsweise aus Orthoklas und Augit zu-
sammengesetzt sind. Zwar habe ich schon früher in den Augitporphyren
in Süd-Tirol x) die Gegenwart von Orthoklas beobachtet, jedoch nicht
als vorwiegenden Gemengtheil, wie es hier der Fall ist.
Das auffallendste der hierher gehörigen Felsarten wurde von
Herrn Favre bei Ivikineis angetroffen. Es ist ein schönes, graulich-
grünes Gestein mit weissen Punkten. Die Grundmasse uinschliesst viele
weisse, ungleich grosse, bis 4 Mm. lange Orthoklaskrystalle, ferner eben-
soviele dunkelgrüne Augitkrystalle, die bis 5 Mm. lang sind.
') Die Porphyrgesteiiie Oesterreichs, pag. 133.
134
G. Tseliermak:
w
Im Dünnschliffe erkennt man, dass an den grossen Orthoklas-
krystallen öfters Lamellen von Plagioklas in paralleler Stellung ange-
wachsen sind. Der Orthoklas hat viele trübe Stellen, die im auffallenden
Lichte weiss, im durchfallenden braun erscheinen. Die scharfe Sonde-
rung der völlig trüben und der klar durchsichtigen Stellen gibt dem
Mineral ein fremdartig fleckiges Aussehen. Der Plagioklas ist frei von
solchen Trübungen.
Der Äugit ist der Hauptsache nach rein und durchsichtig. Stellen-
weise enthält er aber Schwärme von feinen Dampfbläschen oder auch
gröbere, rundliche Einschlüsse von amorpher Grundmasse. Nicht selten
enthält er Zwillings-Lamellen parallel der Querfläche eingeschaltet.
Die Grundmasse besteht aus vielen winzigen Feldspath-Lamellen,
welche theils als Plagioklas, tlieils als Orthoklas bestimmt wurden,
ferner kleine Körner von Augit, von Magnetit und Pyrit. Es wurden
aber auch grössere, undeutlich faserige Körper von rhombischer Form
beobachtet, welche ein Aggregat von Zersetzungs-Producten darstellen.
Sie sind höchst wahrscheinlich veränderte Olivine. In Körnern und Adern
findet sich häufig Calcit als Neubildung. Die krystallinischen Partikel
der Grundmasse sind häufig von einem amorphen Magma umgeben,
von dem sich nicht mit Sicherheit sagen lässt, ob es ein ursprünglich
gebildetes Glas oder eine bei der Veränderung entstandene porodine
Masse sei.
Ein hierher gehöriges Gestein wurde auch zwischen Merdrin und
Pschatka gefunden. Es ist unvollkommen porphyrisch durch weisse
Feldspathkrystalle , die in einer grünlichgrauen, feinkörnigen Masse
liegen und erscheint im Bruche rauh und uneben.
Die grossen Feldspathe wurden im Dünnschliff als Orthoklas
erkannt, der theils in einfachen Individuen, theils in Zwillingen auf-
tritt. Derselbe erscheint aus Schichten aufgebaut, welche sehr ver-
schiedene Grade der Durchsichtigkeit zeigen. Man sieht wasserhelle,
farblose Schichten und solche, die im auffallenden Lichte weiss, im
durchfallenden braun sind, in bunter Abwechslung. Dass diese Erschei-
nung von einer beginnenden Zersetzung herrührt , zeigt die ganze
Umgebung der Feldspathe. Man erkennt nämlich überall viel Chlorit,
welcher Körnchen von Augit umschliesst und zugleich mit diesen die
Umrisse von Augitkrystallen wiederholt, ferner bemerkt man ein dich-
tes, serpentinartiges Mineral , welches mit Calcitkörnchen gemengt
Pseudomorphosen bildet , welche wohl von Olivin abzuleiten sind. In
der Grundmasse erscheinen übrigens auch kleine, stark veränderte
Plagioklaskrystalle, wenig Biotit, Körner und netzartige Partien von
Magnetit, kleine Mengen von Pyrit. Oft sieht man feine Adern von
körnigem Calcit.
Mit den hier erwähnten Gesteinen ist auch eine quarzführende
Felsart verwandt, welche bei Kurtzi , in der Gegend von Simferopol
gefunden wurde. Es ist eine grünlichgraue, feinkörnige Masse, die durch
eingeschlossene Ivrystalle von Quarz und von Orthoklas undeutlich por-
phyrisch erscheint. Die Quarze sind von einer dünnen, grünlichen
Schichte umgeben, die Orthoklase sind ganz trübe und zersetzt. Die
Felsarten aus dem Kaukasus.
135
[5]
Grundmasse erscheint im Dünnschliff als ein buntes Gewirre voij min-
destens acht verschiedenen Mineralen, unter welchen Körner und Kry-
stalle von Augit zufolge ihrer Grösse am meisten auffallen.
Der Feldspath ist so stark trübe, dass es sich nicht mehr mit
Sicherheit bestimmen lässt, ob ein Orthoklas oder Plagioklas vorhanden
gewesen sei, doch ist das letztere wahrscheinlich. Fan schwach dichroiti-
scher Paotit kommt in bedeutender Menge vor, ausserdem aber zeigen
sich Säulchen von dunkler Hornblende, welche starke Absorptions-
Unterschiede zeigt, ferner Körnchen von Magnetit und von Pyrit, Pseudo-
morphosen, die aus einem serpentinähnlichen Mineral bestehen, Nadeln
von Apatit und dünne Säulchen eines blassgrünlichen Minerales, das ich
für Epidot halte. Dieses Mineral bildet zugleich mit einer trüben
Feldspathmasse die grünen Hüllen um die Quarzkrystalle und bildet
ausserdem rundliche Aggregate, welche pseudomorphe Bildungen sein
dürften. Kleine Calcitkörnchen und undeutliche granulöse oder schuppige
Neubildungen, die nicht bestimmt werden konnten, zeigen sich ausser-
dem in der Grundmasse.
Orthoklasporphyr.
Die Felsarten dieser Abtheilung sind hellgraue, dichte Massen von
flachmuscheligem, etwas unebenem Bruche und unvollkommen porphyri-
scher Ausbildung.
Ein Gestein, welches dem zuletzt beschriebenen ungemein nahe
steht, ist der zwischen Petrorsk und Mamak gefundene Porphyr, der
eine aschgraue Farbe und höchst feinkörnige Grundmasse zeigt, in der
nur sparsam deutlich erkennbare Feldspathkrystalle und wenige Quarz-
krystalle porphyrisch eingeschlossen erscheinen. Der Feldspath ist vor-
zugsweise Orthoklas, in geringerer Menge Plagioklas, die Krystalle
erreichen höchstens 5 Mm., die Quarze höchstens 2 Mm.
Die Grundmasse erscheint im Dünnschliffe als ein wirres Ge-
menge, in welchem Körnchen von Orthoklas, Plagioklas und Biotit vor-
wiegen. In geringerer Menge ist aber auch Magnetit und Augit bemerk-
bar. Einzelne, bräunliche, einfach brechende Körner halte ich für
Granat. Partikel von Chlorit sind häufig. Auch in diesem Gestein kom-
men jene dünnen Rinden vor, welche die Quarze und Orthoklase
umschliessen und aus feldspathartiger, dichter Masse und aus Nadeln
bestehen, welche ich für Epidot halte. Auch rundliche Aggregate solcher
Nadeln werden wahrgenommen.
Der Orthoklasporphyr von Orta Sabla ist ein hell gelblichgraues,
dichtes Gestein mit wenigen schwarzgrünen Hornblendenadeln. Die
mikroskopische Untersuchung lässt in der Grundmasse viele grössere
Krystalle und Zwillinge von Orthoklas wahrnehmen und erkennen, dass
die Hornblendesäulchen zum grössten Theil in ein wirres Aggregat von
Biotit, Magnetit und ein nicht genauer bestimmbares, fast farbloses
Mineral verwandelt sind. In der übrigen wirr krystallinischen Masse
G-. Tschermak. Felsarten aus dem Kaukasus.
136
[6]
sind Körner von Orthoklas und Plagioklas, von Magnetit und Biotit zu
unterscheiden.
Beim Kloster St. Georg wurde ein hierher gehöriges Gestein
angetroffen, welches eine aschgraue, matte, dichte Grundmasse mit
wenigen weissen Pünktchen zeigt. Diese sind Krystalle und Zwillinge
von Orthoklas. Die Grundmasse enthält Körnchen von Orthoklas und
Magnetit, Blättchen von Biotit, Sänlchen von Apatit, auch einzelne
Nadeln von Hornblende, alles dies ungemein kleine Partikelchen bildend.
Diesem Gestein ist jener Orthoklasporphyr ähnlich, welcher westlich
von Melas gefunden wurde. Die Masse ist hellgrau, dicht, etwas
splitterig und enthält wenige kleine Orthoklaskrystalle porphyrisch
eingeschlossen.
Die Grundmasse ist ein wirres Gemenge von Feldspath-Lamellen
und Chlorit-Partikeln; dazwischen sind Körnchen von Magnetit und von
einem Schwefelkies bemerkbar. Da der letztere auch staudenförmige
Aggregate bildet, so dürfte derselbe wohl Markasit sein. Körnchen von
Calcit sind häufig. Stellenweise bilden sie pseudomorphe Aggregate mit
ziemlich scharfen Umrissen, welche auf Hornblende und Augit hindeuten.
III. Das Wesen der Isomorphie und die Feldspathfrage.
Von Dr. Aristides Brezina.
(Fortsetzung1 von pag. 30.)
IV. Isomorphie und optisches Verhalten.
In den nachfolgenden Tabellen sind einige isomorphe Gruppen
mit ihren optischen Eigenschaften zusammengestellt.
Es enthält die erste Columne den Namen der Substanz, die
zweite das Krystallsystem und den Modus; die Rubriken respective
Axenwinkel und Rhomboederwinkel geben und zwar die erstere das
Axenverhältniss für hexagonale (a : a : a : c) und tetragonale (a : a : c),
die beiden anderen die Elemente für rhomboedrische Krystalle.
Das optische Verhalten ist genügend definirt durch den von der Wel-
lenlänge unabhängigen Theil des Brechungsquotienten nach der Formel
[j. = r + yi- also durch die Constante r, zu deren bequemer Berech-
nung der Anhang l die von mir benutzten Tabellen gibt.
Für optisch einaxige Substanzen gibt die Rubrik Doppelbrechung
die Abplattung oder Verlängerung des Polarisationsellipsoides, also
wenn i E, r, die Elasticitätsaxen sind.
Für optisch zweiaxige Körper kann man analoge Ausdrücke
als ungefähres Mass der Doppelbrechung benützen.
Mineralogische Mittheilungen. 1875. 3. Heft. (Dr. Aristides Brezina.)
19
138
Dr. Aristides Brezina.
[20]
Substanz
System und
Modus
r
Substanz
System und
Modus
r
K2 Sn Cl6
Vll. 14.
1-6274
KBr
Vll. 12.
1-5340
(NH4)2 Si Fe . . . .
1-3632
KCl
1-460
KJ
1-6235
Ba N2 06
Vll. 14.
1-5470,
NH4 CI
1-617
Pb N2 06
1-7322
nh4 j
1-6535
K2 Al2 S4 Oi8 24 H20 .
VII. 14.
1-4424
Na CI
1-5259
(N1I4)2 Al2 S4 016 24 H20
1-449
K2 Fe2 S4 0,g 24 1I20 .
1-4649
(NII4)2 Fea S4 0,8 24 II20
1-4684
K2 Ala Se4 0,g 24 II20
1-4657
(K, NII4)2 (Al, Fe)2 S4
0,6 24 ILO . .
1 -4549
|
Substanz
System
und
Modus
Axen-
verhält-
niss|
CO
s
Doppel-
brechung
K2 S2 06
VI. 11.
0-6467
1-4455
1-4973
+ 0-0680
R/b2 S2 Og
0-6307
1-4472
1-4889
+ 00552
Sr S2 06 4 II20 ....
VI. 11.
1-5024
1-5138
1-5135
— 0 0004
Pg S2 Og 4 1I20 ....
1-5160
1-6069
1-6280
+ 0-0258
Ni Se 04 6 II20. . . .
V. 10.
2-6032
1-5216
1-4959
+ 00347
Zn Se 04 6 H20 . . .
2 6794
1-5119
1-4878
+ 00327
Ni S 04 6 I120 ....
2-6961
1-4962
1-4739
+ 0 0305
KH2 As 04
V. 9.
0-9380
1-5474
1-5017
— 0-0631
KH2 PO,
09391
1-4955
1-4579
— 0 0658
NH4 H2 As 04 . . . .
1-0035
1-5553
1-5052
— 0-0664
nh4 h2 P 04 ....
1-0076
1-5088
1-4682
— 0-0561
[21]
Das Wesen der Isomorphie und die Feldspathfrage.
139
Substanz
System
und
Modus
Axen-
winkel
Rliombo-
eder-
winkel
Cü
£
Doppel-
brechung
Ca C03
IV. 8.
101°
54-G'
105°
5'
1-6380
1-4769
— 0-2409
Na N03 ....
102
48-5
106
33
1-5568
1-3303
— 0-3694
K Cd Cls . . . .
IV. 8.
109
38-4
120
35
1-5690
1-5691
+ 00001
NH4 Cd Cl„ . . .
108
59-2
118
50
1-5734
1-5737
+ 00004
Cu Si F„ 6 H20 . .
IV. 8.
111
33'2
125
30
1-3996
1-3987
— 0-0013
Mg Si F6 6 H20 . .
112
91
127
15
1-3371
1-3530
+ 0-0234
Zn Si F6 6 H20 . .
112
9-5
127
16
1-3745
1-3872
+ 0-0182
Ni Si F6 6 H20 . .
112
15-4
127
34
1-3774
1-3952
+ 0-0254
Mg Sn Cl6 6 H20 .
112
236
128
0
1-5009
1-525
+ 0-0314
Mn Si F6 6 IGO . .
112
CD
6
CO
128
20
1-3487
1-3656
+ 00246
wD
£D
Ca C03
1-6585
1-4864
Ca Mg C2 06 . . .
1-6817
1-5026
Die vorstehenden Tabellen lassen folgendes erkennen:
1. Die Refractionsconstanten isomorpher Körper sind im Allge-
meinen von einander ebenso verschieden , wie die heteromorpher
Substanzen.
2. Der Betrag der Doppelbrechung und ihr Sinn zeigt bei iso-
morphen Körpern eine gewisse Uebereinstimmung, welche jedoch geringer
ist, als die Uebereinstimmung der Krystallform ; in einzelnen Fällen
steigt jedoch die Differenz, insbesondere in den weniger symmetrischen
Krystallsystemen innerhalb derselben Gruppe stetig an bis zu vollständiger
Verschiedenheit, selbst bei vollkommen analoger Zusammensetzung.
3. Die Grösse der Variation der Doppelbrechung bei Substanzen
mit analogem chemischen Bau, hängt, wie schon frühere Beobachter
bemerkt haben, von der grösseren oder geringeren Aehnlichkeit der
einander vertretenden Bestandtheile, sowie dem Verhältniss der gemein-
samen zu den verschiedenen Bestandtheilen ab.
Daraus folgt, dass das optische Verhalten nicht vorwiegend von
der Anordnung der Partikel im Krystall abhängen kann , sondern
von der der Moleclile in den Partikeln, sowie eventuell von der Be-
schaffenheit der Moleclile selbst.
Die optische Aehnlichkeit in vielen Fällen, abhängig von dem
Verhältniss der gemeinsamen zu den verschiedenen Bestandtheilen und
dem Grade der Verschiedenheit der letzteren zeigt dann, dass in jenen
19*
140
Dr. Aristides Brezina.
[22]
isomorphen Substanzen, welche eine analoge chemische Zusammensetzung
besitzen, auch eine gleiche Lagerung derjenigen Theilchen vorhanden
sein muss, welche das optische Verhalten bestimmen.
• Um die letzteren zu ermitteln, ist es nothwendig, eine andere
optische Erscheinung in Betracht zu ziehen, nämlich den somatischen
Gegensatz, welcher im Vorhandensein einer Drehung der Polarisations-
ebene des Lichtes längs Richtungen einfacher Brechung gegeben ist.
Die tcsseralcn Krys falle können in optischer Beziehung Drehung
der Polarisationsebene ebenso wie die amorphen Substanzen oder
Lösungen zeigen und in Bezug auf die Kryst allform einen somatischen
Gegensatz, eine Enantiomorphie, und zwar die Tetartoedrie 31.
Hier sind drei Gruppen beobachtet:
1. Substanz optisch activ. Krystall inactiv , Enantiomorphie nicht
beobachtet. Terecampher C20 H32. Borneocampher C20 H36 02.
2. Substanz inactiv , Krystall inactiv , Enantiomorphie in den
meisten Fällen nuclujeiviescn. Na C103- — Na Br03 — Na J03 — Na2 Sb2
S4. 18 H20 — Na2 Sb2 Se4 18 H20 — Ba N2 Oc — Pb N2 Oc— Sr N2 0G.
3. Substanz inactiv , Krystall inactiv , keine Enantiomorphie beob-
achtet. Die Mehrzahl der tesseralen Substanzen.
Die hexagonalen, tetragonalen und rhomboedrischen Körper können
in der Richtung ihrer optischen Axe Circularpolarisafion und Drehung
der Polarisationsebene, im amorphen oder aufgelösten Zustande die
letztere allein, in krystallographischer Beziehung die Enantiomorphie
zeigen, welche letztere jedoch in tetragonalen Krystallen noch nicht beob-
achtet wurde.
Im hexagonalen Systeme sind folgende Fälle nachgewiesen:
1. Substanz optisch activ, Krystall inactiv , keine Enantiomorphie
beobachtet. Menthol C2„ H4„ 02 — Campher C20 Il32 02 — Patchouli-
Campher C30 H5e 02.
2. Substanz inactiv, Krystall activ, Enantiomorphie in den
meisten Fällen beobachtet. Quarz — Benzil — Maticostearopten —
K S 03 — Rb S03 — Pb S2 Oc 4 H20 — Sr S2 06 4 H20 — Ca S2
0G 4 H20 — Zinnober.
3. Substanz inactiv, Krystall inactiv, keine Enantiomorphie. Die
Mehrzal der hexagonalen Substanzen.
Die tetragonalen Krystalle bilden drei Gruppen :
1. Lösung activ , Krystall activ. Strychninsulfat.
2. Lösung inactiv, Krystalle activ. Schwefelsaures Aetylendiamin.
3. Lösung inactiv, Krystall inactiv. Die überwiegende Mehrzal
der tetragonalen Substanzen.
Unter den optisch zweiaxigen Körpern, deren innerer Bau das
Auftreten einer Circularpolarisation überhaupt nicht zuzulassen scheint,
zeigen die prismatischen und monoklinen wiederum drei Gruppen:
1. Lösung activ. Enantiomorphie. Tartramid, Weinsäure, Rohr-
zucker.
2. Lösung inactiv. Enantiomorphie Mg Cr 04 7 H20 — Mg S
04 7 II3 0.
3. Lösung inactiv , keine Enantiomorphie. Die meisten prismati-
schen und monoklinen Krystalle.
[23]
Das Wesen der Isomorphie lind die Feldspatlifrage.
141
Nachdem ein somatischer Gegensatz durch keine der Anordnungs-
weisen 1 — 14 der Partikel im Krystalle hervorgebracht werden kann , und
dieser somatische Gegensatz, wie aus den obigen Gruppen hervorgeht,
entweder im Moleciil oder im Partikel allein oder in beiden zugleich,
durch Drehung der Polarisationsebene sich äussern kann, so zeigt sich
darin der gleichzeitige Einfluss der 2. und 3. Anordnungsweise auf die
optischen Eigenschaften.
Nun wissen wir aber, dass wie schon unsere Definition von
Isomorphie auf die Meroedrie keinerlei Rücksicht nahm, so auch die
anderweitig stets als vollkommen isomorph angesehenen Substanzen von
einander häufig in ihrer Symmetrie abweichen ; Belege hiefiir sind :
Calcit .... IV. 8. E = 101° 54' G holoedrisch rhomboedrisch
Dolomit . . . IV. 8. E = 102° 38' 2 rhomboedrische Hemiedrie
Hämatit ... IV. 8. E = 85° 42' holoedrisch rhomboedrisch
Itmenit . . . IV. 8. t, = 85° 8' rhomboedrische Hemiedrie.
In vielen anderen Fällen ist eine ähnliche Abweichung angedeutet ;
ich führe nur die obigen an, wo die höher symmetrische Substanz so
flächenreich und so genau untersucht ist, dass ihre Symmetrie mit der
erreichbaren Wahrscheinlichkeit feststeht; mit Sicherheit lässt sich eine
untere Gränze allerdings niemals angeben.
Die optische Aehnlichkeit chemisch analoger, isomorpher Sub-
stanzen verschiedener Symmetrie, wie sie durch Calcit und Dolomit
dargeboten wird, ist, wenn sie sich auch in anderen Fällen vorfindet,
eine sehr auffällige Erscheinung; immerhin Hesse sie sich in der Weise
vorstellen, dass etwa die geringere Symmetrie der einen Substanz durch
eine sehr kleine Abweichung der Stellung der Molecüle im Partikel
erzeugt wird, welche Abweichung genügen mag, um Meroedrie oder
Verschiedenheit der Aetzfiguren hervorzubringen, aber zu schwach ist,
um die Verhältnisse der Doppelbrechung in namhaftem Masse zu
alteriren.
In jedem Falle werden wir genöthigt sein, die Brechungsquotienten,
also die Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes auf die Anordnungs-
weise der Atome zurückzuführen.
Und da wir oben geschlossen haben, dass diejenigen Theilchen,
deren Anordnungsweise in den nächst höheren Complexen noch auf die
optischen Constanten einwirken, für isomorphe Substanzen analoger
Zusammensetzung gleich gelagert sind, so ergibt sich uns somit:
isomorphe Körper analoger chemischer Zusammensetzung haben analoge
Anordnung der Atome und Molecüle.
') Diese Meroedrie des Dolomites wird auch durch die Aetzfiguren bestätigt,
worüber unten ausführlicheres. Haushofer, Asterismus und Brewster’sche Licht-
figuren. München 1869. In meiner Arbeit filier die tetartosymmetrische Abtheilung
des hexagonalen Krystallsystemes, Wiener akademische Sitzungsberichte (1) LX 891,
habe ich die Aetzfiguren des Dolomits nach v. Ko bell als holoedrisch angeführt,
was hiermit berichtigt wird.
142
Dr. Aristides Brezina.
[24]
V. Isothermen und Ausdehnungscoefficienten.
Die Curven der Ausbreitung gleicher Temperatur an einer Kry-
stallfläche sind Ellipsen, welche sich als die Durchschnitte der betreffen-
den Krystallfläche mit einem für denselben Krystall constanten Ellipsoide
erweisen.
Es folgt daraus, r) dass dieses Ellipsoid für tesserale Ivrystalle eine
Kugel, für hexagonale, tetragonale und rhomboedrische ein Rotationsellip-
soid, für prismatische, monokline und trikline ein dreiaxiges Ellipsoid ist,
dessen drei Hauptschnitte in prismatischen Krystallen mit den drei
Symmetrieebenen, dessen einer Hauptschnitt im monoklinen System mit
der einzigen Symmetrieebene coincidiren und dessen Lage gegen die
räumlichen Elemente im triklinen Systeme gar keiner Bedingung
unterliegt.
In der folgenden Zusammenstellung sind dieselben Bezeichnungen
wie in der für die Brechungsconstanten angewendet, die thermische
Ellipticität einaxiger Substanzen ist die Grösse
wenn das Verhältniss des Ausbreitungsradius längs der Hauptaxe
zu dem senkrecht zu derselben bedeutet; je nachdem e positiv oder negativ
ist, unterscheiden wir thermisch positive oder negative Substanzen, ent-
gegen der Bezeichnung von Grailich* 2) und v. Lang3), welche für
Wärmeleitung ein allen anderen Symbolen entgegengesetztes anwenden.
Das Mass der optischen Doppelbrechung findet sich zum Ver-
gleiche beigesetzt.
Die isomorphe Gruppe Fe2 03, A1.2 03, Bi, Sb gehört unter die
anomalen Substanzen, deren Spaltbarkeit nicht im Einklänge mit ihren
Retieulardichten steht; es lässt sich nicht mit Sicherheit angeben, ob
diese Substanzen hexagonal oder rhomboedrisch sind, obwohl die letztere
Annahme die wahrscheinlichere ist; im ersteren Falle müsste Spaltbar-
keit nach einer Hälfte einer meroedrischen Gestalt angenommen werden;
bei dieser Gruppe sind der Rhomboederwinkel und die Spaltbarkeit als
krystallographische Definition angegeben.
’) Bezüglich der Notliwendigkeit dieser Folgerung vgl. v. Lang, Krystallo-
grapliie, pag. 138 — 145 und Brezina. Entwickelung der Hauptsätze der Krystallo-
graphie. Diese Mittheilungen 1872, pag. 27 —35.
-) Grailich, Miller’s Lehrbuch der Krystall ographie, übersetzt von Grailich,
Wien, 1850, pag. 320.
3) v. Lang. Wien. Akad Sitzungsberichte (2) LTV. 103.
[25]
Das Wesen der Isomorphie und1 die Feldspathfrage.
143
Substanz
System
und
c
therm.
Doppel-
Modus
a
Ellipt.
brechung
Apatit
VI. 11.
0-7346
— 0-04
Pyromorphit
0-7362
— 0-03
—
Ca S2 06 4 11,0
VI. 11.
1-500
— 0050
—
06 4 11,0
1-516
+ 0-014
+ 0-0258
Calomel Hg Cl2
V. 10.
2-437
— 0-32
+
Anatas Ti 02
2-513
+
— 0-0156
Si Zr 04
V. 9.
0-9056
— Oll
+
Ti 02
0-9110
— 0-25
+
Sn 02
0-9509
— 0-27
+
KH2 As 04
V. 9.
09380
+ 0-12
— 00631
KH2 P 04
0-9391
+ 0-17
— 0-0658
NH4 Ii As 04
1-0035
-f 0-16
— 00664
nh4 h2 p o4
1 0076
+ 0-12
— 0-0561
Substanz
System
und
Modus
Axen-
winkel
therm.
Ellipt.
Doppel-
brechung
CaCO,
IV. 8.
0 '
101 54*6
— 0095
— 02409
(Ca Mg) C Oa
102 38-2
+ 0-048
—
FeCO,
103 4-5
+ 0-082
—
(Mg Fe) C03
103 12 7
-f 0-061
—
Mg C03
103 21-5
+ 0-065
—
(NH4)4 Cd Cl6
IV. 8.
108 59-2
— o-o
+ 0-0004
Ii4 Cd Clg
109 38-4
— 0-07
+ o-oooi
144
Dr. Aristides Brezina.
[26]
Substanz
Rhomboeder-
Winkel
Sp altb arkei t
Therm.
Ellipt.
Doppel-
brechung
Ab 03
86° 4'
(100) (111)
— 0T1
Fe2 03
o
00
(111) (100)— (110)
(111) (212) (110) — (100) (111)
+ 0-09
Sb
CO
i>
CO
-(101)
+ 0-37
Bi
00
-4
o
©
(111)— (110)— (100) (111)
+
Die obigen Zalen lassen erkennen, dass zunächst zwischen der
Anordnung der Partikel und der Spaltbarkeit einerseits, und der Tem-
peraturausbreitungs - Constante andererseits, kein directer Zusammen-
hang besteht; die Zalen verhalten sich ganz ähnlich denen für Doppel-
brechung; auch die gleichzeitige Verschiedenheit des thermischen und
optischen Charakters bei einigen isomorphen Substanzen lässt eine
Beziehung zwischen diesen Constanten, eine Zurückführbarkeit auf die-
selbe Anordnungsweise, nämlich die der Atome annehmen.
Die Ausdehnungscoefficienten der Krystalle nach verschiedenen
Richtungen sind nur für eine geringere Anzahl Krystalle bei verschie-
denen Temperaturen bestimmt, ohne jedoch irgend eine Beziehung bei
isomorphen Substanzen erkennen zu lassen; da alle bisherigen Aus-
dehnungsformeln rein empirische sind und ihre wechselnde Form zeigt,
dass ihr Bau auch nicht entfernt der wahren Gleichung sich nähert,
wäre es überflüssig, irgend einen, dem Mass der Doppelbrechung oder
dem der thermischen Ellipticität entsprechenden Ausdruck zu berechnen.
VI. Magnetische Richtkraft.
Die Masse eines Krystalles, unabhängig von der Richtung in dem-
selben, wird von einem Magneten entweder angezogen oder abgestossen,
wonach die Krystalle in para- und diamagnetische zerfallen; die in
einem Krystalle nach den verschiedenen Richtungen ungleich grosse
magnetische Wirkung besteht wiederum aus zwei wesentlich verschie-
denen Componenten.
Der überwiegende Theil derselben lässt sich, wie P Kicker x)
gezeigt hat, auf die Wirkung eines Ellipsoides zurückführen, daä sich
ganz ähnlich wie das optische Polarisationsellipsoid verhält; in Fällen
in welchen zufolge dieser Componente gar keine Einwirkung statt-
haben dürfte, haben Knoblauch und Tyndall* 2) eine wenn auch
') Pl tick er, Phil. Trans. 1858. 543.
2) Knoblauch und Tyndall, Pogg. Ann. LXXIX. 233.
[27]
Das Wesen der Isomorphie und die Feldspathfrage.
145
schwache, doch ganz entschiedene und in einem Sinne auftretende
magnetische Wirkung constatirt.
Es wurden von demselben elf Kalkspathvarietäten untersucht ; da-
von waren
Varietät 1—5 diamagnetisch,
ß - — 11 paramagnetisch.
Daraus wurden kreisrunde Scheiben geschnitten, welche an einem
verticalen zu ihrer Fläche senkrechten Faden aufgehängt, in der Hori-
zontalebene um eine verticale Axe schwingen konnten.
Von allen elf Varietäten stellten sich nun Scheiben parallel der
Basis (111J im magnetischen Felde so ein, dass eine der Tracen der
Grundrhomboederflächen (Spaltungsebenen), also eine der Linien [Oll]
[fOl] [110] äquatorial stand.
Der auf ein Ellipsoid zuriickführbare Tlieil der magnetischen
Wirkung gibt in diesem Falle keine Componente, weil das Ellipsoid in
rhomboedrischen Krystallen ein Rotationsellipsoid ist, dessen Kreis-
schnitt mit der Basis (111) coincidirt ; in dieser Basis sind somit alle
Richtungen äquivalent.
In allen übrigen untersuchten Fällen, bei denen die Componente
der andern, auf ein Ellipsoid zurückführbaren Wirkung nicht ver-
schwand, stellten sich, dieser überwiegenden Kraft entsprechend, dia-
und paramagnetische Varietäten entgegengesetzt ein, und zwar immer
so, dass die kräftigste Wirkung längs der optischen Axe entfiel; wenn
also in dem Schema (abc) ohne Rücksicht auf dia- oder paramagnetische
Natur a >> b >> c die Reihenfolge der Stärke der Einwirkung ansdrückt,
so besitzen alle untersuchten Varietäten das Schema (cca) und zwar:
Var. 1—5, <i (cca). Var. 6 — 11 % (cca).
Es stellen sich nämlich
Scheiben parallel einer Spaltungsebene (100) mit der Richtung
der kurzen Diagonale oder [Oll] äquatorial in Varietät 1 — 5 und axial
in Varietät 6 — 11.
Beliebige, der optischen Axe parallele Scheiben (h . k . h -f- k)
mit der Richtung der optischen Axe oder [111] äquatorial in Varietät
1 — 5 und axial in Varietät 6 — 11.
Bezüglich der von der krystallograpliischen Werthigkeit abhängigen
magnetischen Wirkung lässt sich keine weitere Schlussfolgerung ziehen,
da dieselbe nur für eine einzige Substanz beobachtet ist.
Für den auf ein Ellipsoid zurückführbaren Tlieil der magnetischen
Wirkung stellen sich gewisse Beziehungen zur Isomorphie heraus, die
in der nachfolgenden Zusammenstellung ersichtlich sind.
Mineralogische Mittheilungen. 1875. 3. Heft. (Dr. Aristides Brezina.)
20
146
Dr. Aristides Brezina.
[28]
Arsen
Eisenglanz
Antimon
Wismut
jt (cca)
jt (cca)
6 (cca)
6 (aac)
ö (aac)
6 (aac)
Calcit
4 (cca) jt (cca)
6 (aac) ?
jt (aac) ?
Na N08
6 (cca)
Siderit
jt (cca)
Mg C03
jt (cca)
Zirkon
jt (cca)
Zinnstein
jt (acc) 6 (aac)
Ba S04
Sr S04
III. 4
08146 : 1 : 1 3127
0-7790 : 1 : 1-2753
6 (acb)
6 (acb)
K Na C4 H4 06. 4 H.,0
Nn4 Na C4 H4 06. 4 H20
in. 4.
0-8317 : 1 : 0'4296
C-8233 : 1 : 0-4200
6 (acb)
6 (acb)
Zu S04. 7 H20
Ni S04. 7 H20
Mg S04. 7 H30
Mg Cr 04. 7 H20
in. e.
1 : 0-9804 : 0 5651
1 : 0-9815 : 0 5656
1 : 0-9901 : 0 5709
1 : 0 9901 : 0 5735
6 (cba)
jt (cba) jt (cab)
6 (cba)
6 (abc)
Mg Cd2 dg. 12 H20
Ni Cd2 CI«. 12 H20
Co Cd2 Clg. 12 H20
III. 6.
1 : 0 9460 : 0-3040
1 : 0 9126 : 0 3431
1 : 0-9126 : 0-3431
6 (bac) jt (bac)
jt (bac)
jt (bac)
[29]
Das Wesen der Isomorphie und die Feldspathfrage.
147
Diese Beobachtungen lassen bezüglich des durch Ellipsoide dar-
stellbaren Theiles der magnetischen Wirkung genau dasselbe Verhalten
erkennen, welches das Polarisationsellipsoid, sowie dasjenige für Wärme-
leitung gezeigt haben; keine directe Beziehung zur Anordnung der
Partikel im Krystall, respective zur Spaltbarkeit, immerhin jedoch eine
gewisse Annäherung bei isomorphen Verbindungen, wenigstens in den
meisten Fällen, so dass hier wrie bei der Wärmeleitung der Schluss
mit Wahrscheinlichkeit gestattet ist, dass die magnetische Wirkung auf
der Anordnung der Atome beruht.
VII. Auflösungserscheinungen.
Wirkt ein Lösungsmittel in gleichmässiger Vertheilung während
einer sehr kurzen Zeit auf eine Krystallfläche ein, so entstehen in den
meisten Fällen viele sehr kleine Vertiefungen, die sogenannten Aetz-
figuren.
Die Orientirung und Beschaffenheit solcher Aetzfiguren kann
entweder mittelst des Mikroskopes direct wahrgenommen oder in indi-
recter Weise durch Interferenz und Beugung insofern dargestellt
werden, als alle einzelnen Aetzfiguren untereinander congruent und
gleich orientirt sind.
Lässt man das Lösungsmittel in einem continuirlichen Strahl senk-
recht gegen die Krystallfläche wäreml längerer oder kürzerer Zeit aus-
strömen, so entstehen bei einem bestimmten von der Löslichkeit
abhängigen Ausströmungsdruck grössere Figuren, welche durch mehr
oder weniger scharfe Ränder von der übrigen, umgebenden geätzten
Fläche getrennt sind, die von Fxner 1) aufgefundenen und beschriebenen
Lösungsfiguren.
Die Aetzfiguren, deren Gestalt mit wechselnder Temperatur,
Concentration der Lösung und Dauer der Einwirkung ausserordentlich
veränderlich ist, folgen zumeist in ihrer Symmetrie einer jeden am
Krystalle wahrnehmbaren Meroedrie; es ist bisher kein Fall bekannt,
wo eine bezüglich ihrer Aetzfiguren untersuchte Substanz eine sonst
auftretende Meroedrie nicht auch in diesen Erscheinungen gezeigt hätte.
Damit ist sofort nachgewiesen, dass alle Anordnungsweisen auf
die Aetzfiguren Einfluss haben, dass dieselben also von der Anordnung
der Atome abhängen. Damit stimmt auch die Thatsache überein, dass
isomorphe Substanzen, deren abweichende Bestandtheile einander chemisch
nahe verwandt sind, unter sonst gleichen Umständen auch ähnliche
Aetzfiguren zeigen.
Die Exner’schen Lösungsfiguren sind bisher an wenigen Sub-
stanzen dargestellt, doch ist mit Sicherheit die Abwesenheit einer
directen Abhängigkeit von der Anordnung der Partikel im Krystalle,
x) Exner, Wien. Akad. Sitzungsb. (2). LXIX. 6.
20*
148
Dr. Aristides Brezina.
[30]
respective von der Spaltbarkeit erwiesen. Audi die Meroedrie wurde
in den bisher untersuchten Fällen als vollkommen einflusslos befunden;
die Symmetrie der Lösungsfiguren war die der betreffenden Krystall-
systeme.
Zusammenstellung der früheren Schlüsse.
1. Unter der Annahme der atomistischen Hypothese ergibt die
Gleichheit des physikalischen Verhaltens der Krystalle längs parallelen
Geraden an verschiedenen räumlichen Stellen die gleichmässige Anord-
nung der Partikel im ganzen Krystall.
2. Das Princ.ip der gleichmässigen Anordnung ergibt als einzig
mögliche Anordnungsweisen der Partikel 14, nach ihrer Symmetrie in
7 Klassen — Krystallsysteme — zerfallende Modus.
3. Unter der Annahme, dass die Flächen kleinster Reticulärdichte
die häufigsten und ausgedehntesten sind, lässt sich die Anordnungs-
weise für die einzelnen Substanzen bis auf eine absolute Constante
berechnen.
4. Die häufige und gesetzmässige Abweichung der Symmetrie der
Flächenaustheilung und Beschaffenheit von der des Modus, zu welchem
eine Substanz vermöge ihrer räumlichen Elemente gehört, beweist die
Existenz einer eigenen Symmetrie der Partikel oder die Zusammen-
setzung der Partikel aus getrennten Theilchen, Molecülen.
5. Das Vorhandensein somatischer Gegensätze, welche durch die
Anordnung der Partikel in den Krystallen nicht hervorgebracht werden
können, in dreierlei Formen: an den Krystallen einer Substanz allein,
an ihren Partikeln — in Lösung oder Schmelzfluss — allein, oder in
beiden zugleich, beweist die Existenz einer eigenen Symmetrie der
Molectile oder die Zusammensetzung der Molectile aus getrennten
Theilchen, Atomen.
6. Substanzen mit gleichem Modus, aber verschiedenen räumlichen
Elementen sind häufig durch viele Zwischenglieder mit einander ver-
bunden, so dass die Möglichkeit anzunehmen ist, dass mit fortschrei-
tender Zahl der untersuchten Substanzen alle einem Modus angehörigen
Körper mit einander durch unmerkliche Uebergänge verbunden sein
werden.
7. In einer solchen Reihe sind jedoch gewisse Kerne vorhanden,
um welche sich eine grössere Anzahl von Körpern dicht aneinander-
schliesst, deren räumliche Elemente so nahestehende numerische Werthe
besitzen, dass sich die Formen der einen Substanz auf die Axen der
andern beziehen lassen.
8. Alle einander so nahestehenden Glieder eines solchen Kernes
nennen wir isomorph; den ganzen Kern eine isomorphe Gruppe; die
räumlichen Elemente einer isomorphen Gruppe nähern sich meist einem
Gränz- (nicht Mittel-) Werth, welcher durch Quadratwurzeln aus den
niedrigsten ganzen Zahlen charakterisirt ist.
[31]
Das Wesen der Isomorphie und die Feldspathfrage.
149
9. Sehr häufig besitzen isomorphe Körper eine ähnliche chemische
Zusammensetzung, indem ein Theil ihrer Bestandteile nach Substanz
und Anzahl der Molecüle gleich und die übrigbleibenden ungleichen
Bestandtheile in beiden Substanzen in gleicher Molecularzahl Vorkommen;
wir sagen von den letzteren, dass sie einander isomorph vertreten ; es
zeigt sich, dass sich gewisse Elemente oder Atomgruppen, Radicale,
sehr häufig vertreten, andere weniger oft, wieder andere gar nicht,
ohne dass sich zwischen diesen Fällen völlig scharfe Gränzen ziehen
lassen. Isomorphe Substanzen der ersten Art sind z. B. Ba S04 und
Sr S04. Zuweilen haben isomorphe Körper keinen Bestandteil gemein-
sam, aber sie bestehen, je aus gleichen Mengen solcher Substanzen, welche
einander häufig isomorph vertreten und gleiche chemische Valenz
besitzen. (K2 Si F6 und [NH4]2 Sn Cl6); es vertreten sich ferner
Elemente verschiedener Valenz bei gleicher Molecularzal und gleicher
II IV I II V I II II VI I II
Sättigung (Mg Si Fc. 6 H20 — Mg Nb F5 0. 6 H20 — Mg W F4 02.
6 H20), welcher Fall durch Annahme der Vertretung von Atomgruppen
die dann gleichwertig sein können, auf die beiden ersten zurückführbar
ist; und endlich finden sich isomorphe Körper, welche keinerlei
Analogie in ihrer chemischen Zusammensetzung mehr besitzen (Zn C03
und Agc As2 Sg oder Zr Si 04 und Y3 P2 08).
10. In der überwiegenden Mehrzal der Fälle geht die Spaltbar-
keit der Krystalle nach der oder den Flächen kleinster Reticulardichte.
In einigen wenigen anomalen Substanzen stimmen Spaltbarkeit, räum-
liche Elemente, Flächenhäufigkeit und Flächenausdehnung nicht mit
einander überein.
11. In zweiter und dritter Linie hängen Austeilung, Häufigkeit
und Ausdehnung der Flächen von der Anordnung der Molecüle in den
Partikeln und der Atome in den Moleciilen ab, wie schon aus dem
Vorhandensein der Meroedrien überhaupt (siehe Punkt 4) und der
Enantiomorphie, bei gleichzeitiger Existenz anderer somatischer Gegen-
sätze (Punkt 5) hervorgeht.
12. Die Härte nach einer auf einer Fläche gelegenen Richtung
ist innerhalb der Beobachtungsfehler nur abhängig von der Lage und
Güte der Spaltungsebenen und einer für alle Richtungen eines Krystalls
constanten Grösse. Das Verhältniss der Güten zweier ungleichwerthiger
Spaltungsebenen steht in keiner einfachen Beziehung zu dem Verhält-
niss ihrer Reticulardichten.
13. Die Erscheinungen des Lichtes in Krystallen konnten (Punkt 5)
nur durch die Existenz dreier Anordnungsweisen, der Partikel, der
Molecüle und der Atome, erklärt werden, woraus sich die Zurückführung
dieser Erscheinungen auf die innerste jener Anordnungsweisen, die der
Atome, ergab.
14. Die grössere oder geringere Näherung der Brechungsconstante
isomorpher Körper je nach der Aehnlichkeit der einander vertretenden
Elemente und je nach dem Verhältnisse zwischen gemeinsamen und
verschiedenen chemischen Bestandtheilen bewies, dass analog zusam-
mengesetzte isomorphe Körper gleiche Anordnung der Atome im Molecül
besitzen.
150
Dr. Aristides Brezina.
[32]
15. Die Abweichung in der Symmetrie analog zusammengesetzter
isomorpher Substanzen bei gleichzeitiger Näherung der Brechungs-
constanten lässt vermuthen, dass eine solche Abweichung durch eine
sehr geringe, aber symmetrisch ungleiche Verschiedenheit in der An-
ordnung der Molecüle in den Partikeln hervorgebracht wird.
16. Die Curven der Ausbreitung einer gleichen Temperatur auf
Kry stallflächen sind Ellipsen, welche sich als Durchschnitte der betref-
fenden Fläche mit einem für den ganzen Krystall constanten Ellipsoide
darstellen lassen. Die Vergleichung der thermischen Ellipticität iso-
morpher Substanzen zeigt die Abwesenheit einer directen Beziehung
zu der Anordnung der Partikel im Krystalle, dagegen eine grosse
Analogie mit dem optischen Polarisationsellipsoide, so dass mit grosser
Wahrscheinlichkeit die nach verschiedenen Richtungen ungleiche Wärme-
leitung auf die Anordnung der Atome bezogen werden kann.
17. Die Ausdelmungscoefficienten der Krystalle nach verschiedenen
Richtungen lassen für isomorphe Substanzen keinerlei Gesetzmässigkeit
ersehen.
18. Die magnetische Richtkraft erscheint als aus zwei Componenten
zusammengesetzt, wovon die bei Weitem überwiegende sich auf die
Wirkung eines Ellipsoides zurückführen lässt und für eine Substanz in
den meisten Fällen bezüglich der Orient! rung der Grössenfolge constant
erscheint, wenngleich der para- oder diamagnetische Charakter je nach
oft unbedeutenden Beimengungen sich ändert; und einem zweiten, mit
der krystailographischen Werthigkeit einer Richtung sich ändernden
Theil, dessen Orientirung von der Aenderung des para- oder diamagne-
tischen Charakters unabhängig ist.
19. Der auf die Wirkung eines Ellipsoides zurücltführbare Theil
der magnetischen Richtkraft zeigt bei isomorphen Substanzen dieselben
Beziehungen wie das optische Polarisationsellipsoid und das der Aus-
breitung gleicher Temperaturen und kann somit ebenfalls mit Wahr-
scheinlichkeit auf die Anordnung der Atome zurückgeführt werden.
20. Die durch die gleichmässige, kurze Einwirkung eines Lösungs-
mittels auf eine Krystallfläche erzeugten Aetzfiguren wiederholen in
ihrer Symmetrie alle symmetrischen Abweichungen der Meroedrien von
der Symmetrie der betreffenden Krystallsysteme, woraus ihre Abhängig-
keit von der Anordnung der Atome hervorgeht; wenn sie unter sonst
gleichen Umständen an solchen isomorphen Substanzen erzeugt werden,
deren abweichende Bestandteile einander chemisch nahe stehen, sind
sie meist ähnlich. Die durch senkrechte Ausströmung eines Lösungs-
mittels gegen eine Krystallfläche erzeugten Exner’schen Lösungs-
figuren lassen sich nicht durch die Anordnung der Partikel respective
die Spaltbarkeit, erklären, sind jedoch in den bisher untersuchten
Fällen von der Meroedrie unabhängig, sondern folgen der Symmetrie
des Krystallsystemes.
[33]
Das Wesen der Isomorphie und die Feldspathfrage.
151
Anhang I.
Berechnung der Refractions- und Dispersionsconstante.
Sind für zwei Wellenlängen \ und \ die zugehörigen Brechungs-
quotienten und m bekannt, so gibt die Formel
d
Fn — r + 2
An
die Werthe der Constanten
), 2
r = 0-! — ({J.2 — O.J ^
p-1 - ÜAp.
d = (;;.o — u-j)
V- V
= V A p*
Die Constanten U und V sind angegeben für die Combinationen
der Wellenlängen B C D E F G1 II untereinander und derer von Li
Na TI andererseits. Unter V ist die Grösse V. 10,000.000 = V. 107
angeführt.
BC
BD
BE
BF
BG1
u
10-520
2-796
1-432
1-004
0665
V
4966
1321
674
474
314
BH
CD
CE
CF
CG1
u
0502
4171
1-815
1-216
0-778
V
237
1798
782
524
335
CH
DE
DF
DG1
DH
u
0576
3-982
2-128
1-185
0830
V
249
1-385
740
412
289
152
Dr. Aristides Brezina. Das Wesen der Isomorphie.
[34]
EF
EG1
EII
EG1
FH
u
5-721
2-112
1-311
3-932
1-999
V
1590
587
357
930
473
G'H
Li Na
Li TI
Na TI
u
5099
4-414
2-751
5-711
V
962
1535
787
1635
(Der Schluss, die isomorphen Mischungen und die Feldspathgruppe betreffend,
erscheint im nächsten Heft.)
IV. Mikroskopische Studien über klastische Gesteine.
Von Friedrich Arno Anger.
Es ist schon lange Zeit Gebrauch, sämmtliche Gesteine in zwei
grosse Abtheilungen zu bringen, in krystallinische und klastische
Gesteine, eine Trennung, die bis heute noch vielfache Anwendung bil-
det. Es hat sich aber herausgestellt, dass für die eine grosse Gesteins-
abtheilung die Bezeichnung krystallinisch nicht mehr völlig passend ist.
Zirkel ') war es, welcher dies hervorhob und damit begründete, dass
ein grosser Theil der dazu gezählten Gesteine neben den krystalli-
nischen Bestandtheilen amorphe Materie in sich berge, einigen sogar
unkrystallinische Ausbildung eigen sei. Die Benennung „ursprünglich“
oder „protogen“ hndet er deshalb für unrichtig, weil einige der hielte r
gehörigen Gesteine zweifellose Umwandlungsproducte sind. So schlägt
er als vorläubge Aushülfe für die erste grosse Abtheilung den Namen
„nichtklastische“ Gesteine vor.
Nachdem nun die meisten Gesteine dieser Abtheilung eine gründ-
liche und eingehende mikroskopische Prüfung erfahren hatten, schien
es nicht vergeblich zu sein, auch eine grössere Anzahl verschiedener
klastischer Gesteine einer derartigen Untersuchung zu unterwerfen,
deren gewonnenes Ergebniss in vorliegender Arbeit dargelegt wer-
den soll.
Das zu diesen Studien verwendete Material stammt zum grössten
Theile aus dem mineralogischen Museum der hiesigen Universität und
wurde durch die Güte des Herrn Professors Dr. Zirkel dem Ver-
fasser übermittelt.
Bezüglich der Anordnung desselben sei noch bemerkt, dass das-
selbe sich in drei grössere Gruppen vertheilt und zwar:
1. Sandsteine nebst Grauwacken und Mergel.
‘) Mikroskopische Beschaffenheit der Mineralien und Gesteine, pag. 290, An-
merkung 1.
Mineralogische Mittheilungen. 1875. 3. Heft. (Friedrich Arno Anger.)
21
154
Friedrich Arno Anger.
[2]
2. Thonschiefer und Schieferthone.
3. Tuffe.
I. Sandsteine, Grauwacken und Mergel.
Tertiärer Meeressandstein von Butte d’Aumont bei Paris.
Dieses harte compakte Gestein liefert ein ausgezeichnetes Beispiel
eines typischen Sandsteins. Abgerundete farblose Quarzkörner sind ver-
kittet durch eine im Dünnschliff isabellfarbig erscheinende Substanz.
Alle für den Quarz der krystallinischen Gesteine charakteristischen
Eigenschaften kommen auch diesen Quarzen zu, wie dies nicht anders
zu erwarten ist, da dieselben ursprünglich Bestandteile krystallinischer
Gesteine waren und nur insofern eine Veränderung erfahren haben, als
sie während des Transportes zur neuen Bildungsstätte durch mecha-
nische Wirkung mehr oder weniger abgerundet wurden. Fast in allen
Quarzen dieses Sandsteins finden sich Flüssigkeitseinschlüsse mit beweg-
licher oder unbeweglicher Libelle, hier vereinzelt oder zu Reihen
geordnet, dort in grosser Anzahl den an sich wasserklaren Quarz wie
ein dunkelgrauer Staub imprägnirend. Als fernere nur vereinzelt vor-
kommende Einschlüsse sind zu erwähnen farblose Säulchen, nach
Analogie der im Granitquarz vorkommenden, dem Apatit angehörig,
rundliche, bisweilen annähernd hexagonal umrandete grünliche Lamellen,
schwarze, höchst dünne strichähnliche Nadeln, oft von beträchtlicher
Länge und opake scharfe Hexagone von Eisenglanz. Die Eigenschaften
der Quarze dieses Sandsteins stimmen also recht gut überein mit den-
jenigen, welche am Granitquarz zu beobachten sind, und es scheint
deshalb die Annahme gerechtfertigt, dass es ein präexistirender Granit,
Gneiss oder Glimmerschiefer gewesen sei, welcher den Hauptbestand-
teil dieses Sandsteins geliefert hat. Eine bemerkenswerthe Eigenthüm-
lichkeit ist noch die, dass jedes Quarzkorn von einer schmalen, fast
farblosen Zone rahmenartig eingefasst ist, welche ihrem optischen Ver-
halten und ihrer chemischen Constitution nach übereinstimmt mit der
angrenzenden cämentirenden Materie.
Höchst vereinzelt, gewissermassen accessorisch hinzutretend, finden
sich rundliche Fragmente von dunkelgrünem Magnesiaglimmer.
Das die klastischen Quarze innig verbindende Cäment erweist sich
seiner chemischen Natur nach als kohlensaures Eisenoxydul. Mit Salz-
säure behandelt, geht dasselbe in Lösung und ein feiner Quarzsand
bleibt als Rückstand. Dieses lichtbräunlichgelbe, an den dünnsten
Stellen des Präparates fast farblose Cäment erscheint bei schwacher
Vergrösserung als eine vollständig homogene Masse, doch offenbart sich
bei stärkerer Vergrösserung die feinkörnige Zusammensetzung desselben,
eine dichte Aggregation winziger rundlicher Partikelchen. Auch das
Verhalten im polarisirten Licht thut kund, dass hier keine völlig
amorphe Masse vorliegt, da aus den völlig dunkeln Partien andere
matt bläulich hervorleuchten. In dieser Masse liegen in wechselnder
Anzahl kugelrunde grüne Körnchen, von denen die grösseren bisweilen
ein noch kleineres dunkeh'otlies in sich bergen.
[3]
Mikroskopische Studien über klastische Gesteine.
155
Während die Quarze den eigentlich klastischen Bestandteil und
zwar den Hauptbestandteil dieses Sandsteins bilden, ist der cämen-
tirende Bestandteil betreffs seiner Entstehung eine später zwischen
die Quarzkörner eingedrungene Materie, welche sich aus einer Solution
ausgeschieden hat.
Viele der an diesem Sandstein erörterten Verhältnisse kehren bei
andern Sandsteinen wieder, namentlich gilt dies in Hinsicht auf die
Quarzfragmente, während das Cäment variirender Natur ist.
Schwarzer Blätter Sandstein von Münzenberg in Hessen.
Die Quarzkörner dieses Sandsteins tragen hinsichtlich ihrer Form
und ihrer Einschlüsse dieselben Eigenschaften zur Schau, welche wir
an denen des zuerst beschriebenen Gesteins beobachten konnten. Die
dieselben verkittende Materie, welche überhaupt verhält nissmässig
spärlich vorhanden ist, erscheint im Schliff schwarz und undurchsichtig,
nur an einigen Stellen dunkelbraun und ist ihrer chemischen Natur
nach eine Eisenverbindung. Indem sie die vorhandenen Lücken zwischen
den Quarzen ausfüllt, ist die äussere Form gegeben, doch bildet diese
Materie auch allerliebste kleine Sternchen dadurch, dass von einem
rundlichen Kerne viele winzige Stachelchen und Spiesse ausstrahlen.
Auch zeigen die Ränder der grösseren Massen des Cäments vielfach
eine stachelige Beschaffenheit.
Rother Blättersandstein von Münzenberg.
Die Quarzkörner werden durch ein eisenschüssiges Cäment ver-
bunden. Dasselbe besteht aus einer farblosen, amorphen Grundmasse,
vermuthlich einem unbestimmten Silikat angehörig, in welcher dicht
an einander gedrängt, zahllose runde, farblose Körnchen mit dunklem
Rande liegen, ferner hie und da Glimmerschüppchen und kleine grüne
Nadeln. Das Eisenoxyd, welches das Cäment innig imprägnirt, erscheint
in winzigen Partikelchen, die sich an vielen Stellen in der amorphen
Masse zu grösseren dunkeln Haufen dicht versammeln und bedingt die
ziegelrothe Färbung dieses Sandsteins.
Blättersandstein von Grindel bei Butzbach in Hessen.
Die reichlich mit Flüssigkeitseinschlüssen erfüllten Quarze liegen
sehr dicht neben einander und sind nur durch Spältchen und Lücken
getrennt, auf welchen sich winzige farblose Rhomboederchen abge-
schieden und zu Häufchen aggregirt haben. Diese kleinen krystallisirten
Gebilde von HÖ03 — 0'005 Mm. Grösse können auf Grund ihrer krystal-
lographischen und optischen Verhältnisse für Kalkspath erachtet werden.
Rother Sandstein von Hochscheid (Hundsrück).
Die Quarze sind innig erfüllt mit Flüssigkeitseinschlüssen und
mikroskopisch kleinen Hohlräumen. Das Cäment ist hier doppelter Art.
156
Friedrich Arno Anger.
[4]
Einmal ist es eine grünlichgelbe, doppeltbrechende, oft deutlich parallel-
faserige, glimmerartige Substanz, welche zumeist die Quarze unmittelbar
umgiebt. In derselben liegen in grosser Zahl runde Schüppchen und
ganz unregelmässig contourirte fetzenähnliche Lamellen von braun-
rothem Eisenglimmer, sowie grössere impellucide Massen von Eisenoxyd,
welche das rothe Aussehen des Sandsteins verursachen. Ferner beob-
achtet man an einigen Stellen innerhalb des erwähnten grünlichgelben
Minerals kurze farblose Nädelchen, vereinzelt, meist aber zu Häufchen
zusammengeschaart, welche mit den in Thonschiefern vorkommenden
übereinstimmen. Der andere cämentirende Bestandtheil, welcher die
noch vorhandenen Lücken ausfüllt, ist klastischer Natur und besteht
aus kleinen Quarzkörnchen, welche dicht aggregirt und gewöhnlich nur
durch ein dünnes Häutchen von Eisenoxydhydrat getrennt sind.
Krystallisirter Sandstein von Fontainebleau.
Dieser in Rhomboedergestalt auftretende Sandstein aus dem
Oligocän des Seinebeckens besteht aus meist abgerundeten Quarz-
körnern, welche durch Kalkspath verkittet sind. Die Quarze sind erfüllt
mit zahlreichen flüssigen Einschlüssen mit mobiler oder immobiler
Libelle. Bemerkenswerth erscheint eines der beobachteten Quarzfrag-
mente, dessen zahlreiche Einschlüsse genau die Form einer hexagonalen
Pyramide mit dem Prisma (P.ooP.) darboten. Ferner finden sich ein-
gehüllt farblose Säulchen, lange schwarze strichähnliche Nadeln, oft in
grosser Zahl die Quarze durchspiessend, spärlich grünliche Lamellen
und schwarze Eisenglanzkryställchen.
Wenn für dieses bekannte und interessante Yorkommniss bisher
die Ansicht galt, dass es der kohlensaure Kalk sei , welcher die
Rhomboederbildung veranlasse, so kann dies hier nur als das Richtige
bestätigt werden. Durchschneidet man ein solches Sandsteinrhomboeder
parallel einer Fläche, so gewahrt man schon makroskopisch auf der Bruch-
Häche eine äussere schmale Zone, welche desjenigen Glanzes entbehrt,
der dem grösseren Kerne zukommt. Es rührt dies daher, dass in der
genannten äusseren Zone der Kalkspath als solcher reichlicher vor-
handen ist, als im Innern.
Unter dem Mikroskope kennzeichnet sich der Kalkspath durch
die schiefwinkeligen Sprünge, welche seiner rhomboedrischen Spaltbarkeit
entsprechen. Ausserdem bemerkt man unabhängig von diesen Sprüngen
zwei unter schiefen Winkeln sich schneidende Parallelsysteme von
Zwillingsstreifen, welche namentlich an der Randzone des Durchschnitts
zu beobachten sind. Das Wichtigste dieser Erscheinung liegt aber darin,
dass der Verlauf der Zwillingsstreifen durch den ganzen Durchschnitt
in gleicher Richtung stattfindet. Dies beweist uns, dass der Kalkspath
nicht in einzelnen von einander unabhängigen Partien zwischen den
Quarzkörnern steckt, sondern dass er ein Einheitliches, ein Zusammen-
hängendes bildet, das nur von vielen Quarzkörnern unterbrochen ist,
gewissermassen ein grösseres Kalkspathrhomboeder, in welchem viele
Quarze eingebettet sind.
Sicher ist, dass der Quarz, obgleich er das Hauptmaterial des
Gesteins geliefert hat, sich bei dem Zustandekommen dieser Rhomboeder-
[5]
Mikroskopische Studien über klastische Gesteine.
157
formen ganz passiv verhalten hat und die Bedingungen lediglich in
der Materie des kohlensauren Kalks zu suchen sind, welcher durch
Infiltration zwischen die anfangs losen kleinen Quarzkörner gelangte
und nun unbeschadet der ihm fremdartigen Quarze seine Krystallisations-
tendenz zur Geltung brachte.
Bei gekreuzten Nicols erscheint der Kalkspath gleiehmässig dunkel-
grau, und die Quarze leuchten in den lebhaftesten Farben hervor.
Sandstein mit Glaukonit von Pirna.
* Die schon makroskopisch deutlich erkennbaren klastischen Quarz-
körner von durchschnittlich übereinstimmender Grösse bilden den vor-
wiegenden Bestandtheil. Viele derselben, im gewöhnlichen Licht ein-
heitlich erscheinend, erweisen sich im polarisirten Licht aus mehreren
abweichend gefärbten Stücken zusammengesetzt, entsprechend einem
Aggregate optisch verschieden orientirter Individuen. Die Flüssigkeits-
einschlüsse sind hier vielfach zu Reihen und Schnüren geordnet, wobei
die Eigenthümlichkeit hervortritt, dass dieselben immer bis an den
Rand des Quarzkorns laufen, eine Erscheinung, die den klastischen
Quarzen vieler anderer Gesteine eigenthümlich ist und mit ihrer Ent-
stehung, nämlich durch Zertrümmerung und Abschleifung, zusammen-
hängt. Das Cäment besteht aus kleineren Quarzpartikelchen, welche
wiederum durch kohlensauren Kalk verkittet sind. Letzterer tritt an
einigen Stellen in wirklichen farblosen Kalkspathindividuen auf, meist
aber erscheint er höchst feinkörnig, und man erkennt ihn leicht daran,
dass er sich in sehr zarten parallelen oft wellig gebogenen Zonen,
welche im polarisirten Licht irisirende Farben zeigen, um die Quarze
herumschmiegt. Dieselbe Erscheinung bietet sich dar, wo derselbe in
die Spalten des benachbarten Quarzes eingedrungen ist. Hie und da
erblickt man kugelige Gebilde, Steinkerne von Foraminiferen-Schalen,
welche im Durchschnitt runde mit einem Ringe umgebene Scheibchen
darstellen. Mehrere solcher Kügelchen hängen aneinander. Eisenglanz
in formlosen Partien und in hexagonalen Krystallen erscheint auch hier,
wie überhaupt derselbe ein constanter Begleiter des Kalkspaths ist.
Die Glaukonitkörner liefern dunkelgrüne, oft von Sprüngen durch-
zogene Durchschnitte und erweisen sich bei der Prüfung mit Einem
Nicol schwach dichroitisch. Das grüne Eisensilicat des Glaukonits ist
nicht einfach lichtbrechend, nicht im amorphen, opalartigen Zustande,
wie solches von Ehrenberg3) behauptet wird, sondern aus der Unter-
suchung im polarisirten Licht resultirt, dass es ein dichtes Aggregat
von winzigen, das Licht doppelt brechenden Schüppchen ist. Eben so
wenig kann bestätigt werden, dass diese Glaukonitkörner hier die
Formen der Steinkerne von Foraminiferenschalen nesitzen.
Genau so verhalten sich die Glaukonitkörner eines Sandsteins
aus der Kreideformation bei Dresden.
') Beitrag zur Kenntniss der Natur und Entstehung dos Grünsandes. Monats-
bericht der Berliner Akademie. 1854. 374. 384.
Ueber den Grünsand und seine Erläuterung des organischen Lebens. Berlin, 1856.
158
Friedrich Arno Anger.
[6]
Carbonischer Sandstein von Zwickau.
Kleine rundliche Quarzkorner und Glimmerfragmente sind die
zusammensetzenden Elemente, deren Zusammenhang durch kohlensauren
Kalk bewirkt wird, der wiederum mit unregelmässigen Körnern und
regelmässigen Hexagonen von Eisenglanz durchsprenkelt ist. Beide
Arten von Glimmer sind vorhanden, sowohl Kali- als auch Magnesia-
glimmer. Ersterer erscheint in farblosen schmalen Bändern mit wellig-
faserigem Gefüge, letzterer bildet grüne und hellbraune Streifen und
Lamellen, bei der Prüfung mit Einem Nicol sich stark dichroitisch
erweisend.
Der enge geologische Verband dieses Sandsteins mit Schieferthon-
schichten ist gewissermassen auch petrographisch zum Ausdruck gelangt,
indem sich darin ausser den bereits vorgelührten Bestandtheilen noch
Gesteinsmaterial vorfindet, welches an der Constitution des Schiefer-
thons den wesentlichsten Antheil hat. Dazu gehören kleine schwarze
Nüdelchen, bis zur Kleinheit von Pünktchen herabsinkend, grössere
Krystallsäulchen von Turmalin und Aggregate rundlicher Schüppchen
von schmutziggelber Farbe — Gebilde, deren nähere Beschreibung im
Theil II, „Thonschiefer und Schieferthone“ zu ersehen ist.
Dieses Thonschiefermaterial kann einen so bedeutenden Antheil
an der Zusammensetzung gewinnen , dass ein förmliches Mittelding
zwischen Sandstein und Thonschiefer herauskommt, wie dies ebenfalls
ein höchst bröcklicher Sandstein der Zwickauer Carbonschichten zu
beobachten Gelegenheit bot.
Braunkohlen Sandstein von Homberg in Hessen.
Die Quarze dieses Sandsteins liefern meist eckige Durchschnitte
und enthalten in grosser Anzahl Flüssigkeitseinschlüsse. Das fast farb-
lose, höchst feinkörnige Cäment , welches wegen seines isotropen
Verhaltens wahrscheinlich dem Opal angehört, ist erfüllt mit unzählig
vielen kleinen Gebilden, so besonders mit runden grünlichen Körnchen,
Glimmerschüppchen, kurzen grünen Nüdelchen und Stachelchen, winzigen
Pünktchen u. s. w.
Wir verzeichnen auch hier die Anwesenheit von Turmalinsäulchen
— eine in der That überraschende Erscheinung in diesem verhältniss-
mässig grobklastischen Gestein.
Es sei nun noch der sogenannten krystallinischen Sandsteine in
einigen Worten gedacht. Bekanntlich versteht man darunter solche
Sandsteine, deren Material nicht aus Quarzsand, also gerollten und
abgerundeten Quarzkörnern sondern aus mehr oder weniger vollkommen
ausgebildeten Quarzkryställchen bestehen soll.
Dem Verfasser stand hinsichtlich dieser Gesteine nur wenig
Material zu Gebote, doch lehrte die mikroskopische Untersuchung eines
solchen krystallinischen Sandsteins, der gerade als das typische Vor-
kommniss immer hingestellt wird, nämlich des Sandsteins von Maria-
schloss in der W e 1 1 e r a u , dass nicht an einem der Quarze irgend
welche Krystalltiäehen auftraten, vielmehr dass sämmtliche Quarze in
völlig abgerundeten Formen erscheinen.
Mikroskopische Stadien über klastische Gesteine.
159
[7]
Grauwacke von Falkenstein im Voigtlande.
Dieses dunkle Gestein schliesst sich hinsichtlich seiner Zusammen-
setzung und Structur enge an die- Sandsteine an. Klastische Quarz-
körner bilden den wesentlichen Bestandthe.il. Die Zwischenräume werden
ausgefüllt durch ein gelbgrünes Mineral, welches innig mit kleineren
Quarzen verwachsen und dicht mit Eisenglanz imprägnirt ist. Dieses
grünliche, das Licht doppelt brechende Mineral bildet unregelmässige
Fetzen und Lappen, lässt mehrfach lamellare Zusammensetzung erkennen,
und löst sich hie und da in kleine Schüppchen und Säulchen auf. Bei
der Prüfung mit Einem Nicol zeigt es schwachen Dichroismus. Diese
Eigenschaften gestatten die - Annahme, dass hier ein glimmerartiges
Mineral vorliege. Der Eisenglanz, in schwarzen Körnern und Partien
von ganz zufälliger Begrenzung, liefert mitunter charakteristische
dunkelrothe Durchschnitte. Ganz übereinstimmend mit diesem Gestein
verhält sich die Grauwacke von Cainsdorf bei Zwickau.
Basaltjaspis von Unkel am Rhein.
Dieses schwarze dichte Gestein enthüllt sich im Dünnschliff unter
dem Mikroskop als eine feinkörnige Grauwacke, die im Contakte mit
dem Basalt theilweise alterirt ist. Die klastischen farblosen Quarze
sind durch Sprünge und Risse zerborsten und enthalten kleine dunkle
leere Poren ; sie offenbaren ein den Quarzen in den verglasten Sand-
steinen der Gegend von Cassel völlig analoges Verhalten. Besonders
aber ist es die Zwischenmaterie, welche eine vollständige Umwandlung
erfahren hat und sich jetzt als eine dichte Anhäufung winziger farb-
loser, dunkel umrandeter Körnchen darstellt; es sind die glasigen
Erstarrungsproducte der im Schmelzfluss gewesenen ursprünglichen
Zwischensubstanz. Hie und da erblickt man noch striemenartige,
schmutzig bräunlichgelbe Bänder mit undeutlich lamellarer Textur, ent-
schieden die erhaltene Form und Struktur des ursprünglichen Glimmers,
der allerdings an den meisten Stellen gänzlich alterirt und zu glasigen
Körnerhäufchen umgewandelt ist.
Die glasige, körnige Masse zwischen den Quarzen ist stellenweise
getränkt von dunkeln, opaken, an den Rändern verschwinnnenden Par-
tien*; diese dürften ihre Entstehung dem ursprünglich anwesenden
Eisenglanz verdanken.
Man ersieht aus der Darlegung dieser Verhältnisse, dass der so-
genannte Basaltjaspis im Dünnschliff unter dem Mikroskop trotz seiner
Alteration noch recht gut seine Zugehörigkeit zu den Grauwacken
bekundet.
Grauwacke von Obernitz in Thüringen.
Die constituirenden Elemente dieses Gesteins sind Quarz, Glimmer
und Feldspath, also dieselben, aus welchen sich der Granit aufbaut,
nur dass wir es hier einerseits mit Fragmenten zu thun haben, anderer-
seits die Gesteinsstruktur eine, wesentlich verschiedene ist. Der Quarz
in grossen und kleinen mehr oder weniger abgerundeten Körnern ist
der überwiegende Gemengtheil; nächst ihm der Glimmer, welcher in
farblosen und schmutziggrünen, parallelfaserigen Lamellen und grösseren
160
Friedrich Arno Anger.
m
förmlich durchlochten Fetzen erscheint und Haufwerke von blassgrünen
Fasern und Nadeln bildet, welche meist rechtwinkelig auf die Quarz-
ränder stossen und auf diese Weise die Verbindung der Fragmente
hersteilen.
Der Feldspath ist vielfach der molekularen Umwandlung anheim-
gefallen, offenbart aber im polarisirten Licht immerhin noch recht gut
seine trikline Natur.
Vollkommen übereinstimmend mit dieser Grauwacke verhielten
sich noch mehrere andere Grauwacken verschiedener Localitäten, in
denen neben Plagioklas auch Orthoklas vorhanden ist.
Erwähnung sei noch der dichten
Grauwacke von Z sch och er bei Leipzig
gethan, welche etwas abweichender Beschaffenheit ist.
Auf den ersten Blick gewahrt man im Dünnschliff ein regelloses,
wirres Durcheinander klastischer Elemente von verschiedener Grösse
und Gestalt, unter denen man jedoch recht bald die farblosen Quarze
und die in überreicher Zahl betheiligten Glimmerfragmente unter-
scheiden kann. Der Glimmer ist theils farbloser Kali-, theils licht- und
dunkelgrüner Magnesiaglimmer und erscheint in Form von kurzen und
langen Bändern und Streifen und ganz willkürlich begrenzten Lamellen.
Diese beiden Hauptbestandtheile sind verkittet durch einen fast farb-
losen, stellenweise schmutzig gelben amorphen Grundteig, der erfüllt
ist mit einer Unzahl winziger, rundlicher Körnchen, gelber Schüppchen,
grüner Fäserchen und Häufchen von Thonschiefernädelchen — es sei
diese Bezeichnung erlaubt insofern, als diese nadelförmigen Gebilde
entschieden identisch sind mit denjenigen, welche einen Hauptbestand-
theil vieler Thonschiefer ausmachen. Nicht minder stellen sich die
dichroitischen Turmalinsäulchen ein, welche schon bei einigen anderen
Gesteinen Erwähnung fanden. Endlich sind noch schwarze Partikel
von Eisenglanz zu verzeichnen. Diese genannten Elemente, theils
klastischer, theils ächt krystallinischer Natur, in so abweichender Form
und Grösse ordnungslos durcheinandergelagert, sind es, aus welchen
sich die Grauwacke von Zschocher aufbaut.
Molasse von Genf.
Dieses an verkalkten organischen Ueberresten reiche Gestein
besteht aus Quarzkörnern, zersetztem Feldspath, sowohl Orthoklas als
auch Plagioklas, spärlichen Glimmerfragmenten und Glaukonitkörnchen,
welche Bestandteile durch ein kalkiges Bindemittel vereinigt sind.
Die Partien des kohlensauren Kalkes bestehen stellenweise aus grösseren
Kalkspathindividuen mit Zwillingsstreifung und repräsentiren dann das
Bild des Marmors, meist aber bilden sie ein feinkörniges Aggregat.
Was das Quantitätsverhältniss des kalkigen Bindemittels zu den
Fragmenten anbelangt, so ist ersteres hier vorherrschend: die Frag-
mente liegen darin gewissermassen nur spärlich verstreut.
Wir können das vorliegende Gestein als eine Mittelstufe, als einen
Uebergang zu anderen Gesteinen ansehen. Denken wir uns, dass die
klastischen Theile bis auf einzelne Quarze und Glimmerfragmente
[9]
Mikroskopische Studien über klastische Gesteine.
161
schwinden, dagegen die kalkige Materie zunimmt und überwiegt, so
resultirt im Allgemeinen das, was wir Kalkstein und Mergel nennen.
Demgemäss schliesse sich hieran die Betrachtung von mergeligen Kalk-
steinen und Mergeln.
Plänerkalk von Strehlen.
Dieses Gestein besteht der Hauptsache nach aus kleinen und
grösseren Körnern von kohlensaurem Kalk, von denen namentlich die
grösseren mit Zwillingsstreifung ausgestattet sind. Ihre Form ist meist
eine rundliche, aber nicht selten zeigen die Ränder kleine Einbuchtungen,
deren Form und Zahl sich so weit steigern kann, dass das Kalkkorn
ein förmlich zerfressenes Ansehen gewinnt. Die Körner sind ziemlich
dicht aneinandergelagert, doch ist an mehreren Stellen deutlich ersicht-
lich, dass sich eine schmutziggelbe Materie dazwischen drängt.
Erwähnt seien noch verkalkte Foraminiferen-Gehäuse, welche
kreisrunde Durchschnitte liefern, umgeben von einer klaren farblosen
Randzone und innerlich erfüllt mit Kalkspathindividuen oder Eisen-
glanzpartikeln.
An der Zusammensetzung nehmen noch folgende Elemente, aller-
dings nur in untergeordnetem Masse, theil: Quarz in abgerundeten
Körnern, Glimmer, meist in farblosen, parallelfaserigen, bandartigen
Fragmenten, seltener Fetzen von bräunlichem Magnesiaglimmer, intensiv
grüngefärbte Glaukonitkörner, endlich Eisenglanz in schwarzen form-
losen Massen und kleine Häufchen bildenden Kryställchen.
Im polarisirten Licht liefert der Dünnschliff ein buntes Mosaik-
bild ; die spärliche amorphe Zwischensubstanz erscheint dunkel.
Eine diesem Gesteine ganz analoge Zusammensetzung und Struktur
zeigen viele Mergel. Der hauptsächlichste Bestandtheil ist kohlen-
saurer Kalk in Form von eckigen und rundlichen, farblosen oder gelb-
lichen Körnern, zwischen welche sich eine amorphe, meist thonige,
schmutziggelbe oder graue Substanz drängt. Selten fehlen kleine Quarz-
körnchen. Eine untergeordnete Rolle spielen die Glimmerfragmente,
dagegen stellt sich überaus reichlich Eisenglanz ein. Hinsichtlich dieses
letzteren Minerals sei noch eines dunklen Mergels von Sotzka in
Steiermark Erwähnung gethan. In diesem Gestein erscheint der Eisen-
glanz in schwarzen opaken Kryställchen, theils zierlichen Rhomboedern,
theils scharfen Hexagonen, vereinzelt und zerstreut, namentlich aber in
kleinen Hohlräumen zu allerliebsten Krystallhäufchen vergesellschaftet.
Ebenso gehört hieher der
Kupferschiefer von Mansfeld,
dessen grössere Kalkspathindividuen an den Rändern meist wunderlich
gebuchtet und zerlappt sind. Sonderbarer Weise finden sich in dem-
selben auch kleine Haufen von Thonsehiefernädelchen. Das Gestein ist
reich an braunen und opaken bitumenhaltigen Massen nebst opaken
schwarzen Erzpartikelchen.
Mineralogische Mittheilungen. 1876. 3. Heft. (Friedrich Arno Anger.)
22
1G2
Friedrich Arno Anger.
10]
II. Thonschiefer und Schieferthone.
Die werthvollen mikroskopischen Untersuchungen silurischer und
devonischer Thonschiefer von Zirkel1) lieferten bekanntlich das uner-
wartete Ergebniss, dass diese Schiefer nicht, wie man bisher annahm,
bloss aus klastischen und dialytischen Gesteins- und Mineralelementen
bestehen, nicht lediglich den erhärteten feinst zerriebenen Schlamm
präexistirender Felsarten darstellen, sondern dass sie mikroskopische,
krystallinische und krystallisirte Gemengtheile in sich enthalten, welche
zwar mitunter nur in minderer Menge vorhanden sind, sehr oft aber
auch die hauptsächlichste Rolle bei der Zusammensetzung dieser
Schiefer spielen. Durch diese überraschende Beobachtung veranlasst,
unternahm dann später Herr Stud. Georg Rudolf Credner in
Halle weitere mikroskopische Untersuchungen von Schieferthonen und
Thonen, deren Resultate in einer Abhandlung 2) : „Die krystallinischen
Gemengtheile gewisser Schieferthone und Thone“ niedergelegt sind.
Mit Rücksicht auf das so Vorgefundene Material werden sich die
hier folgenden Studien über Schiefergesteine eng an die bereits be-
kannten Resultate und Thatsachen anschliessen.
Der Thonschiefer von C a u b am Rhein erscheint im Dünn -
schliff bei schwacher Vergrösserung als ein filziges Aggregat kurzer
schwarzer krystallinischer Nüdelchen, welche stellenweise höchst dicht,
wiederum auch spärlich und locker zusammengruppirt sind und deren
Träger eine das Licht einfach brechende homogene Materie von licht-
grünlichgelber Farbe ist. Hierin liegen verstreut grössere hellgrüne
Glimmerfragmente, die unregelmässig contourirt, an den Enden oft
gefasert und gefranzt sind und deutlich einen lamellaren Bau bekunden.
Ihre klastische Natur wird ausserdem auf das Entschiedenste durch
die Thatsache bekräftigt, dass einige dieser längeren Glimmerblätter
zum Theil verwendet und umgebogen sind, so dass ein Stück der
Unterseite mit nach oben gekehrt ist, ebenso wie man dies bei einem
unregelmässig gepressten Blatte zu beobachten Gelegenheit hat. Ferner
betheiligt sich Quarz in abgerundeten Körnern an der Zusammen-
setzung.
Im deutlichen Gegensätze zu diesen klastischen Elementen findet
man ächt krystallisirte Gebilde, begrenzt von tadellosen Kry stallflächen.
Obwohl schon mehrmals derselben im Vorhergehenden Erwähnung
gethan ist, als z. B. im Cäment einiger Sandsteine in Verbindung mit
Nüdelchen vorkommend, haben wir ihre nähere Beschreibung bis zu
dieser Stelle aufgespart. Es sind nämlich lichtgrünliche, mitunter auch
blaugraue Säulchen, deren Enden in den meisten Fällen verschiedene
Ausbildung offenbaren und zwar so, dass das eine Ende immer dach-
förmig zugespitzt, das andere aber gewöhnlich rechtwinkelig abgestutzt
ist. Durchschnittlich gewinnen sie eine Länge von 0’05 Mm. und eine
Breite von O'Ol Mm. Hin und wieder ist ein solches Säulchen zer-
brochen in zwei oder mehrere Stücke, welche nahe aneinander in einer
*) Poggendorfs Annalen. Band CXLIV. 1871. 319.
2) Zeitschrift für die gesammten Naturwissenschaften. Halle 1873.
Mikroskopische Studien über klastische Gesteine.
163
[11]
Längsrichtung liegen und ihre Zusammengehörigkeit zu einem Krystall-
individuum bekunden. Eine basische Quergliederung, welche mehrfach
an den Säulen zu gewahren ist, mag das Zerbrechen derselben noch
vor der Verfestigung des Gesteins begünstigt haben. Was die optischen
Verhältnisse der in Frage stehenden Gebilde anlangt, so sind sie jeder-
zeit das Licht doppeltbrechend und erweisen sich bei der Prüfung mit
Einem Nicol stark dichroitisch. Auf Grund dieser Eigenschaften und
der ganzen Erscheinungsweise gehören diese Krystallsäulchen ihrer
mineralogischen Natur nach dem Turmalin an. Auch diese mikros-
kopischen Turmalinindividuen bekunden (angesichts ihrer krystallogra-
phischen Verhältnisse) die Eigenschaft des Enantiomorphismus, welche
für den makroskopischen Turmalin eine bekannte Thatsache ist.
Die Säulchen liegen ebenso wie die anfangs genannten Nädel-
chen allezeit der Schieferungsebene parallel, weshalb man in den
nach der letzteren angefertigten Dünnschliffen auch keine Querschnitte
bemerkt. Doch ist ihr Vorhandensein im Verhältniss zu den Nädelchen
ein spärliches. In einem Präparate des in Rede stehenden Schiefers
erblickt man tausende von Nadeln, auf welche aber ungefähr nur
10 Turmalinsäulchen kommen.
Nach Angabe der einzelnen zusammensetzenden Gesteinselemente
wird es möglich sein, sich ein Gesammtbild des Thonschiefers von Caub
zu vergegenwärtigen, wozu noch bemerkt sei, dass kleine und grössere
opake Erzpartikel das Gestein durchsprenkeln. Im polarisirten Licht
betrachtet, wird das Gesichtsfeld zum grössten Tlieil dunkel ; es leuchten
nur hervor die Quarze, die wenigen grösseren Glimmerblätter, die
Turmaline, einzelne kräftigere Nadeln und mehrere kleine Glimmer-
fragmentchen, die man im gewöhnlichen Licht wegen ihrer Farblosig-
keit kaum gewahrt.
Diesem Thonschiefer ganz ähnlich erweisen sich diejenigen von
Schleiz, Würschnitz, Pfaffengrün, Montjoie und Zeulenroda. Auch in
ihnen ist das Vorhandensein von Turmalinkryställchen zu constatiren.
Diese weite Verbreitung in Schiefern der verschiedensten Gegenden ist
in der That überraschend.
Der Schiefer von Zeulenroda zeichnet sich aus durch die verhält-
nissmässig grossen Quarzkörner mit schönen Flüssigkeitseinschlüssen.
Der rothe Thonschiefer vom Wadrillthal ist auf das Innigste mit
braunrothen Blättchen und Schüppchen von Eisenglanz imprägnirt.
Was nun die krystallinischen Nädelchen anbelangt, welche in
allen diesen Schiefern in so hervorragender Anzahl vorhanden sind, so
stimmen die Beobachtungen bezüglich ihrer Grösse, Gestalt, Lage und
Anordnung vollkommen mit denjenigen Zirkel’s überein, und sehr
treffend vergleicht der genannte Forscher dieselben mit kurz zerschnit-
tenen oder zerhackten Haaren, welche man reichlich über eine Fläche
ausgebreitet hat. Bei starker Vergrösserung offenbaren sie meist eine
braungelbe Färbung, welche namentlich an den kräftiger entwickelten
Nadeln, sowie an den merkwürdigen, kurz knieförmigen Zwillingsgebilden
gut zu gewahren ist.
Herr G. R. Credner1) beschreibt Säulchen von 0-03 Mm.
Länge und 0005 Mm. Breite mit monoklinen Krystallenden, in welchen
) a. a. 0.
22*
164
Friedrich Arno Anger.
[12]
er die ausgebildete Krystallform der kleinen Nadeln erblickt; beide
zählt er zu einer Mineralspecies, indem er alle Zwischenstufen zwischen
den kleinsten Nädelchen und den bestkrystallisirten Säulchen beob-
achtet. Ueber die mineralogische Natur derselben spricht er sich in
folgenden Worten aus: „Konnte Herr Zirkel eine Entscheidung über
die mineralogische Stellung dieser Gebilde mit Bestimmtheit nicht
treffen, so müssen auch wir uns begnügen, dieselben als der Horn-
blende am meisten nahestehend anzusprechen, können indessen zur
Begründung dieser Ansicht noch auf die an jenen grösseren Säulchen
beobachteten, anscheinend monoklinen Krystallenden hinweisen, sowie
hinzufügen, dass gerade die grösseren Kryställchen unverkennbare
chromatische Polarisationserscheinungen zeigten.“
In dem Angeführten ist aber nicht die geringste Begründung der
Ansicht zu finden, dass hier Hornblende vorliege ; denn Längsschnitte
von Krystallsäulchen „mit anscheinend monoklinen Krystallenden“, wie
sie sich in den Schieferpräparaten ergeben, leisten zu wenig Gewähr,
um mit Sicherheit auf ein dem monoklinen Krystallsystem zugehöriges
Mineral schliessen zu können. Dass aber „'die grösseren Kryställchen
unverkennbare chromatische Polarisations - Erscheinungen zeigen“, ist
eine Eigenschaft, welche allen doppeltbrechenden Mineralien zukommt,
wesshalb diese Eigenschaft nicht als Grund für die Hornblendenatur
gelten kann.
Man könnte übrigens geneigt sein anzunehmen, Herr G. R.
Credner meine mit den grösseren Säulchen unsere Turmaline, die er
vielleicht als solche nicht erkannt habe. Diese jederzeit stark dichroi-
tischen Turmalinkrystalle sind aber in keiner Weise in Beziehung zu
setzen mit den Nädelchen, deren mineralogische Natur noch als offene
Frage zu behandeln sein wird.
Etwas abweichend von den bisher erwähnten Thonschiefern wurden
einige andere der untersuchten Präparate befunden, so z. B. die Schiefer
von Wissenbach in Nassau, Olpe und Brilon in Westphalen.
Auf den ersten Blick vermisst man den Reichthum an Krystall-
nadeln, und wenngleich dieselben nicht gänzlich fehlen, so sind sie doch
höchst spärlich und klein, kurze stachelähnliche Individuen und mehr
isolirt, als zu Häufchen vereinigt, nebst vielen Körnchen und punkt-
artigen Gebilden. Dafür tritt aber ein anderes ebenfalls krystallinisches
Element als vorwaltender Gemengtheil ein, das ist der Kalkspath.
Derselbe erscheint farblos oder meist mit einem lichtgelblichen Farben-
ton in Form von rundlichen Körnern und Schüppchen, liefert aber auch
nicht selten treffliche rhomboedrische Krystalle.
Ein solcher Thonschiefer gewährt natürlich im polarisirten Licht
ein anderes Bild, als einer der früher erwähnten. Die Kalkspath-
blättchen erscheinen in den lebhaftesten Farben; sie treten deutlich
umrandet aus der einfach brechenden Grundmasse hervor und liefern
so ein hübsches Mosaikbild.
Dass hier wirklich kohlensaurer Kalk als vorwaltender Bestand-
theil vorliegt, wird noch erhärtet durch die chemische Reaction. Behandelt
man einen derartigen Dünnschliff zur Hälfte mit Salzsäure, so bedeckt
sich der von der Säure berührte Theil bald mit kleinen Gasbläschen
von der entweichenden Kohlensäure. Betrachtet man dann nach
[13]
Mikroskopische Studien über klastische Gesteine.
165
genügender Einwirkung der Säure den Schliff wieder im Mikroskope,
so sind alle Kalkspathblättchen aus dem geäzten Theile des Schliffes
verschwunden, dagegen in dem nicht afficirten Theile wohl erhalten.
In der Lösung lässt sich Kalk nachweisen.
»
Die Betheiligung des Ivalkspaths an der Zusammensetzung der
Schiefer tritt an dem tertiären Thonschiefer von Glarus in
noch grösserem Masse auf. Die Nädelchen fehlen hier gänzlich, während
der Kalkspath in grösseren Körnern und Rhomboedern vorherrscht. Zu
ihm gesellen sich reichlich rundliche klastische Quarzkörner, zwischen
welchen sich, gewissermassen als schieierndes Element, lange farblose
Glimmerhäute hinziehen.
Demnach kann man unterscheiden solche Thonschiefer, an deren
Zusammensetzung vorzugsweise Kr y st all na dein Antheil nehmen,
und solche, bei welchen überwiegend Kalks pathkö r neben vorhanden
sind. Es gilt dies also nicht in dem Sinne, als ob sich diese zwei
verschiedenartigen Elemente gegenseitig gänzlich ausschlössen; sondern
die beiden erwähnten Gruppen führen nur die Extreme der Ausbildung
vor, welche durch mannigfache Zwischenstufen verbunden sind. So sind
z. B. im Schiefer von Müllenbach Nadeln und Kalkspathblättchen zu
gleichen Antheilen vertreten.
Dieselbe Beobachtung des Vorwaltens und Zurücktretens der
krystallinischen Nädelchen machte auch Zirkel1). Doch geschieht das-
selbe nicht auf Kosten klastischer Bestandteile, sondern nur krystal-
linischer Gebilde eines anderen Minerals. Im Thonschiefer von Plymouth
ist es nicht „eine ungeheure Anzahl von eckigen und kantigen Quarz-
splitterchen“, welche im polarisirten Licht das hübsche Mosaikbild
liefert, sondern es sind die bereits erwähnten zahlreichen Kalkspath-
blättchen.
Schliesslich sei noch bemerkt, dass wir gewisse Gesteine makros-
kopisch als Thonschiefer bezeichnen, die aber in keiner Weise mit den
hier betrachteten Schiefern zu vergleichen sind. So erweist sich z. B.
der braunrothe Schiefer von Boklweg bei Osterode als ein Aggregat
vieler kleiner Quarzkörnchen und weniger farbloser Glimmerbänder,
welche durch eine Unzahl winziger Eisenoxydkörnchen verbunden sind.
Es liegt hier einfach ein höchst feines Sandsteinmaterial in vollkommen
schiefriger Ausbildung vor.
Aus der gewonnenen Einsicht in die mikroskopischen Verhältnisse
der Thon- und Dachschiefer ergibt sich auf’s Neue, dass an der Zu-
sammensetzung einer grossen Anzahl derselben ächt krystallinisclie,
ihre Ursprünglichkeit documentirende Elemente in hervorragender
Weise Theil nehmen, dass sie die klastischen an Zahl bedeutend über-
wiegen, und dass demnach beide Bildungsprocesse, sowohl der chemische
als auch der mechanische im Vereine gewirkt haben bei der Entstehung
dieser Schiefer.
Diesen Betrachtungen mögen sich noch in Kürze einige Bemer-
kungen über Schieferthone anreihen.
') a. a. 0.
166
Friedrich Arno Anger.
[14]
Schieferthone von Zwickau, Planitz, Suhl bei Manebach,
Saalhausen bei Oschatz.
An diesen Gesteinen vermisst man meist eine charakteristische
mikroskopische Structur. Regellos und zerstreut liegen die Gemengtheile
darin und man muss sich vielfach nur mit einer Aufzählung der vor-
handenen erkennbaren Mineralien und der Art und Weise ihres Auf-
tretens begnügen.
Es treten dem Beobachter auch hier krystallinische und klastische
Elemente entgegen. Von ersteren sind zu erwähnen : Thonschiefer-
nädelchen, welche gewöhnlich zu kleinen oder grösseren Häufchen ver-
gesellschaftet sind ; sodann schöne, wohlgebildete Turmalinsäulehen,
Körner und Rhomboeder von Kalkspath, grössere isabellfarbene oder
braune Blättchen und Lamellen, welche nicht selten scharfe Eisenglanz-
hexagone einschliessen, und schliesslich Aggregate von kleinen schmutzig-
gelben Schüppchen und Blättchen. Einige Schieferthone sind besonders
reichlich ausgestattet mit den zuletzt erwähnten Häufchen, höchst wahr-
scheinlich Aggregate von Spatheisensteinblättchen, da sich dieselben
in kalter Salzsäure rasch lösen, in der Lösung aber unverkennbar
Eisen nachgewiesen werden kann. In dem Schieferthone aus dem
Ferdinandschacht gewahrt man schon makroskopische runde Kügelchen
von Eisenspath , welche sich unter dem Mikroskop in Aggregate
schmutzig-gelber Körnchen aullösen.
Als klastische Bestandtheile sind zu nennen Quarz- und Glimmer-
fragmente in variirender Grösse.
Manche Schieferthone sind besonders reich an einer schmutzig-
braunen amorphen Substanz, die bisweilen mit winzigen Körnchen und
Pünktchen erfüllt ist, so z. B. der Schieferthon von Suhl. Nur selten
fehlen opake oder braun durchscheinende unregelmässige Gebilde von
Kohle und Bitumen. Das Material ist also in vieler Hinsicht dem der
Thonschiefer ähnlich, aber in der Struktur und dem Zusammenhänge
treten unverkennbare Unterschiede auf.
Eine speciellere mikroskopische Beschreibung einzelner Vorkomm-
nisse von Schieferthonen würde nur eine stetige Wiederholung der
dargelegten allgemeinen Verhältnisse zur Folge haben. Verfasser
begnügt sich deshalb, auf den speciellen Theil der erwähnten Schrift
von G. R. Credner (S. 10) hinzuweisen, gestattet sich aber an
dieser Stelle noch einige Bemerkungen über den allgemeinen Theil
abzugeben.
Ausser den schon behandelten Krystallnadeln beschreibt Herr G.
R. Credner krystallinische Gebilde, welche der Familie der Glimmer
zuzurechnen seien. Er erwähnt hellgelbe, vollkommen pellucide,
rundliche und ausgefranzte „beim Drehen des Nicols einfache Licht-
brechung zeigende“ Schüppchen, welche dem hexagonalen Magnesia-
glimmer anzugehören scheinen. Charakteristisch sei für sie ihre Fisch-
schuppen- oder Dachziegelartige Lagerungsweise. Mit grösserer Sicher-
heit stellt er ferner die krystallinische Natur von fast farblosen, hell-
gelben Schüppchen und Blättchen von Kaliglimmer fest, an welchen
er deutlich rhombische Krystallformen erkennt.
[15]
Mikroskopische Studien über klastische Gesteine.
107
Es drängt sich wohl hierbei zunächst die Frage auf, wie eigent-
lich Herr G. R. Credner die beiden Glimmerarten unterscheidet,
denn in beiden Fällen beschreibt er hellgelbe Schüppchen und Blättchen,
welche meist in grösserer Anzahl zu Häufchen versammelt seien. So-
dann ist es aber höchst zweifelhaft, dass diese Gebilde überhaupt zur
Familie der Glimmer gehören. Es sind jedenfalls dieselben, deren
Bekanntschaft wir bereits in den beschriebenen Aggregaten von Eisen-
spathblättchen gemacht haben und farblose Durchschnitte von wohlge-
bildeten Kalkspathrhomboedern, wie diese in den Schieferthonen Vor-
kommen, hat Herr G. R. Credner geglaubt, als rhombische Krystall-
formen von Kaliglimmer deuten zu müssen.
Ferner liest man in gedachter Schrift (S. 7) bei Beschreibung des
Kalkspaths: „Ausgezeichnete Polarisation kennzeichnet diese Gebilde,
welche sich erst bei farbigem Lichte besonders scharf aus der umge-
benden Masse hervorheben.“
Es ist kaum nöthig, hinzuzufügen, dass das, was man sonst
polarisirtes Licht nennt, hier missverstandener Weise als „farbiges
Licht“ bezeichnet wird.
III. Tuffe.
Die Tuffe sind von den bisher beschriebenen klastischen Gesteinen
hinsichtlich ihrer Bildungsweise wesentlich differente Gebilde, und eine
Berücksichtigung der genetischen Verhältnisse ist unumgänglich noth-
wendig zur Einsicht und zum Verständniss ihres Wesens. Der Tendenz
dieser Arbeit gemäss, sei aber die mikroskopisch-petrographische Unter-
suchung in den Vordergrund gestellt.
Felsittuffe (Porphyrtuff, Thonstein) von G n a n d s t e i n , W o 1 f t i t z,
Mohorn, Chemnitz, Zwickau.
Diese Gesteine zeigen ein höchst ähnliches Verhalten und schlossen
sich eng an die ächten, massigen Quarzporphyre an.
Bei allen tritt überwiegend eine einfachbrechende (homogene aber
nicht glasige) mikrofelsi tische Grundmasse hervor, welche sich auch bei
stärkster Vergrösserung nicht in eigentliche Individuen auflöst. Im
Tuff von Gnandstein gewährt diese felsitische Materie den Anblick
einer fein lichtmarmorirten Fläche, welche dadurch zu Stande kommt,
dass farblose, weissliche und etwas graue, faserige Partien innig mit
einander verflösst sind. In andern Vorkommnissen ist die Ausbildungs-
weise der Grundmasse eine solche, wie sie sich stellenweise bei vielen
Quarzporphyren findet, nämlich dass sie bei gekreuzten Nicols ein
unregelmässig geflecktes oder marmorirtes Polarisationsbild liefert, welches
sich über die schwache oder fehlende optische Wirkung der mikro-
felsitischen Basis erhebt. x) Nicht selten nimmt sie auch eine radial-
*) Zirkel, Mikroskopische Beschaffenheit der Mineralien u. Gesteine. S. 281.
Friedrich Arno Anger.
[16]
108
faserige Struktur an, dringt in rundlichen Buchten in die Quarze ein
— alles Erscheinungen, welche an den ächten Quarzporphyren wahr-
zunehmen sind. Die rothe Färbung einzelner Tuffe rührt von einer
Unzahl winziger bräunlichgelber und rother Körnchen von Eisenoxyd
her, welche die Grundmasse innig imprägniren, wohl auch hie und da
kleine dichte Häufchen bilden.
In dieser Grundmasse findet sich als constanter Gemengtheil
Quarz in Form von rundlichen oder eckigen Körnern von verschiedener
Grösse, theils von scharfen Randlinien, theils weniger scharf gegen die
Umgebung abgegrenzt. Im Allgemeinen erweisen sich dieselben arm an .
Einschlüssen, nur vereinzelte grössere Glaseinschlüsse in sich bergend.
Höchst quarzreich wurde der poröse Tuff von Chemnitz befunden, da-
gegen arm an Quarzen der Tuff von Wolftitz.
Ferner stellt sich mit nicht geringerer Constanz der Glimmer ein,
theils brauner oder schmutziggrüner Biotit, theils lichter, farbloser
Muscovit, welcher Gemengtheil bis zur Kleinheit winziger Schüppchen
und Fäserchen herabsinkt.
Auffallend ist es, dass Feldspath, der in den Quarzporphyren ein
wesentlicher Gemengtheil ist, nie beobachtet werden konnte.
Die Structur dieser „Felsittuffe“ beweist deshalb nicht nur nicht
deren klastischen Ursprung, sondern widerstreitet sogar den üblichen
Ansichten über die Bildung dieser Gesteine aus zusammengeschwemmtem
Schlammmaterial. Damit steht auch im Einklang die Uebereinstimmung
der Analysen solcher Tuffe mit denen der massigen Quarzporphyre.
Andrerseits finden sich Felsittuffe, deren Struktur für die ächt
klastische Natur derselben spricht.
Der gebänderte Tuff von Gnandstein baut sich aus dünnen paral-
lelen Lagen und Schichten des beschriebenen felsitischen Materials auf.
Die zusammensetzenden Partikel sind von ausserordentlicher Winzigkeit.
Am deutlichsten wahrnehmbar ist der Quarz in Form von kleinen
scharfkantigen Splittern und rundlichen Körnern, welcher in einigen
Schichten vorherrscht und dadurch deren grössere Pellucidität bedingt.
Ebenso quantitativ verschieden sind mikrofelsitische Substanz und Eisen-
oxydkörnchen in den einzelnen Lagen vertheilt. Die Glimmerfetzen und
Fasern liegen meist parallel den Schichtungsflächen.
Eine andere bemerkenswerthe Struktur ist zu beobachten an dem
Tuff aus dem harten Bruche des Zeisigwaldes bei Chemnitz, welcher
im Dünnschliff eine innige Vereinigung vieler rundlicher Brocken er-
kennen lässt. Die Umrandung derselben ist allerdings nur eine undeut-
liche, namentlich ist es ein brauner Rand von Eisenoxydkörnchen,
welcher die Contouren der Brocken hervorhebt. Die Substanz selbst ist
mikrofelsitischer Natur, farblos und innig verflösst mit Partien einer
gelbgrünen, das Licht doppeltbrechenden strukturlosen Materie.
Der weiche Thonstein vom Raschberg aus den Schichten des
Rothliegenden von Zwickau enthält nur spärlich eine nicht individualisirte
amorphe Substanz, höchst reichlich aber Magnesiaglimmer und Quarz,
so dass dieser Tuff mehr als irgend ein anderer der hiehergeliörigen
Tuffe den Charakter eines klastischen Gesteins an sich trägt. Höchst
interessant ist aber das reichliche Vorhandensein von Turmalinsäulchen
in diesem Thonstein. Diese Kryställchen gewähren, ganz abgesehen von
[H]
Mikroskopische Studien über klastische Gesteine.
169
dem stark dichroitischen Verhalten einen so charakteristischen Anblick,
dass, wenn man dieselben einmal gesehen hat, sie jederzeit leicht
wieder erkennt.
Es ist einleuchtend, dass die dargelegten Verhältnisse bei dem
geringen Umfang des Materials und den gezogenen Grenzen dieser
Arbeit keinen Anspruch auf Allgemeinheit erheben können. Der Gegen-
stand ist auch ein zu wichtiger, als dass er nicht einer specielleren,
an umfangreicherem Material angestellten Untersuchung unterzogen
werde, wobei aber immer als eine Hauptaufgabe hingestellt werden
muss, ein möglichst sicheres Kriterium für die mikroskopische Unter-
scheidung dieser älteren Tuffe von den mit ihnen in inniger Verbindung
stehenden zugehörigen Massengesteinen aufzufinden.
Bei einer Betrachtung der genetischen Verhältnisse der Tuffe
müssen diejenigen der ältern Perioden, also z. B. Felsit- und Griin-
steintuffe, getrennt werden von den jünger n Gebilden posttertiärer Zeit.
Man würde einen falschen Begriff von einem Tuff erhalten, wollte man
annehmen, die einzelnen zusammensetzenden Elemente seien immer zu-
sammengeschwemmte Fragmente eines früheren praeexistirenden Gesteins.
Es gibt Porphyrtuffe, welche sich keineswegs aus Bruchstücken eines
zertrümmerten, ursprünglich massigen Porphyrs aufhauen.
Die meisten Tuffbildungen, namentlich der ältern Perioden,
schliessen sich eng an die ihnen entsprechenden Massengesteine an, und
ihre Entstehung fällt in gleiche Zeiten mit denselben. Das Material ist
der Hauptsache nach dasselbe, als wesentlicher Factor ihrer Bildung
trat aber das Wasser hinzu, welches dem durch Eruption gelieferten
Material eine solche Beschaffenheit verlieh, dass dasselbe schichtenweise
zum Absatz gelangen konnte.
Somit erklärt sich auch die Beschaffenheit der eingehüllten eckigen
Quarze, welche keineswegs wie die Quarzgerölle der Sandsteine einem
weiten Transport unterworfen waren.
Einfacher gestalten sich die genetischen Verhältnisse einiger
Tuffbildungen jüngeren Alters, deren mikroskopisch - petrographische
Untersuchung den Schluss vorliegender Arbeit bildet. Hier haben wir
es mit losen vulkanischen Auswürflingen , mit feinzertheilten, zer-
riebenen, dem vulkanischen Schlunde entstammenden Aschen zu thun,
unter denen sich allerdings sehr häufig ausgebildete Krystalle vorfinden.
Dieses anfangs lose Material wurde später unter Mithilfe des Wassers
und der aus demselben sich ausscheidenden Mineralsubstanzen zu zu-
sammenhängenden Massen verkittet.
Hierher gehören Basalt-, Palagonit- und Leucittuffe.
Die Basalttuffe vom Calvarienbühl bei Dettingen be-
stehen aus vollkommen abgerundeten Basaltbrocken, welche durch
Kalkspath cämentirt sind. Meist schliessen diese Brocken grössere
Olivin- oder Augitkrystalle ein, ja mitunter bildet die basaltische Materie
nur eine schmale Randzone um einen grösseren eingehüllten Krystall.
Der Basalt, überaus reich an Magneteisen, ist schon sehr zersetzt, lässt
aber noch die charakteristischen kleinen leistenförmigen Plagioklas-
durchschnitte erkennen. Ebenso ist der Olivin zum grössten Tlieil der
Metamorphose zum Opfer gefallen. Das Neubildungsproduct ist eine
grüne, serpentinähnliche Masse, welche sich an mehreren Stellen aus
Mineralogische Mittheilungen. 1875. 3. Heft. (Friedrich Arno Anger.) 23
170
Friedrich Arno Anger.
[18]
einem Aggregat radialfaseriger Kügelchen aufbaut. Die cämentirende
Masse, welche sich zwischen den kleinen Basaltkugeln angesiedelt hat,
bietet in einem der Dünnschliffe folgende Erscheinung: Zunächst schliesst
sich um den Rand der Basaltbrocken ein Haufwerk von runden Körn-
chen und wohlgebildeten Hexagonen farblosen Kalkspaths. Am Rande
dicht gedrängt, werden dieselben etwas davon entfernt vereinzelter und
isolirter, bis eine lichtgrüne Materie sie völlig von einander trennt.
Dieselbe ist übrigens identisch mit dem Umwandlungsproducte des
Olivin, und indem sie in zarten schichtenförmigen Hüllen die Ivalk-
spathkryställchen umrahmt, spricht sich auf’s Deutlichste die successive
Ablagerung derselben aus. Die hier und da noch bleibenden Lücken
sind erfüllt mit zusammenhängenden Partien von Kalkspath. In andern
Präparaten ergab sich das Zwischenmittel lediglich als ein Aggregat
eng mit einander verbundener Kalkspathindi viduen.
Basalttuff von Owen (Schwäbische Alp).
Die runden Basaltbrocken beherbergen grosse säulenförmige Feld-
spathindividuen, welche mit einer höchst zarten Parallellineatur ver-
sehen und mit feinen, dunkeln Staubtlieilchen imprägnirt sind. Neben
diesen äclit vulkanischen Auswürflingen finden sich hin und wieder
Bruchstücke eines grauwackenähnlichen Gesteins und grössere Stücke
eines dichten Mergels mit vielen winzigen Quarzen.
Interessant ist die Ausbildung des krystallinischen Cäments, welches
hier ebenfalls aus kohlensaurem Kalk besteht. Während die Haupt-
masse desselben einem Aggregate von grösseren Kalkspath individuell
entspricht, gewahrt man kleine, farblose, bisweilen gegliederte Säulchen
mit stumpf pyramidalem Ende, welche an die Ränder der Basaltstücke
angeheftet, in die Kalkspathmasse hineinragen. Nicht selten sind mehrere
derselben innig verwachsen und gleichen dann, von gemeinsamer
Basis auseinanderstrahlend, allerliebsten Krystalldrusen en miniature.
Diese Gebilde brausen ebenfalls mit Säuren und gehören ihrem Ansehen
nach dem Aragonit an. Neben ihnen liegen zierliche, farblose Calcit-
Rhomboederchen , welche beim Drehen der Mikrometerschraube als
wirkliche Körper zu sehen sind.
Basalttuff von Gutenberg in Wiirtemberg.
Die Basaltbrocken dieses Gesteins sind in hohem Grade der Um-
wandlung anheim gefallen. Fast kein darin befindlicher Krystall ist
verschont geblieben, überall hat sich der kohlensaure Kalk angesiedelt
und die ursprüngliche Substanz zum Theil oder gänzlich verdrängt.
Die meisten der Brocken gehören dem Feldspathbasalt an, einzelne
dagegen sind Leucitbasalt.
Hie und da finden sich Partien von braunem Glas, welche eine
hyaline Erstarrungsmodification des Basaltmagmas repräsentiren. Darin
eingebettet liegen trikline Feldspathe und Augite, während die zahl-
reichen blasigen Hohlräume wiederum mit Kalkspath erfüllt sind.
Einen höchst wunderlichen Anblick gewähren die in einzelnen
Plagioklasbasaltbrocken eingehüllten erratischen Quarzkörner, welche
farblos, mit glänzender Oberfläche und frei von jedweder Alteration
[19]
Mikroskopische Studien über klastische Gesteine.
171
dem Beobachter entgegentreten. Rings um dieselben fällt Theilchen für
Tliei leben der Metamorphose zum Opfer, sie aber trotzen den Angriffen
der umbildenden Agentien. Ausser diesen eingehüllten Quarzkörnern
finden sich noch in ziemlicher Anzahl freiliegende, durchzogen von
Reihen und Schnüren winziger Einschlüsse. Dicht neben ihnen liegen
Krystalle und krystallinische Körner von lichtgrünem, fast farblosem
Augit. Diese Mineralien, welche als ursprüngliche Gemengtheile von
Felsarten allemal einander ausschliessen, sind hier in diesem Schutt-
gestein zu einem Ganzen verbunden. Ebenso erweist sich der Basalttuff
von Urach als ein durch Kalkspath verkittetes Gemenge von Basalt-
brocken, Augit- und Magnesiaglimmerfragmenten und Bruchstücken von
dichtem Kalkstein.
Palagonittuffe von Gleichenberg in Steiermark.
An der Constitution dieser Tulfmassen betheiligen sich folgende
Elemente: Palagonit, Basalt, Hornblendeandesit, Plagioklas, Olivin,
Augit, Hornblende, Magnesiaglimmer und Quarz — sämmtlich durch
Kalkspath zu einem Ganzen vereinigt.
Der vorwaltende Gemengtheil ist Palagonit, meist in Form runder
Kügelchen auftretend. Bekanntlich hat diese Substanz durch Rosen-
busch1) eine eingehende mikroskopische Untersuchung erfahren, und
auch an diesem Vorkommen bestätigen sich die Beobachtungen des
genannten Forschers. Die rundlichen Durchschnitte der Palagonitbrocken
erscheinen in einer ledergelben bis kaffeebraunen Farbe und verhalten
sich absolut indifferent gegen polarisirtes Licht. Die hyaline Materie ist
stellenweise in verschiedenem Masse devitrificirt , theils liegen darin
einzelne prismatische Kryställchen, theils Haufwerke winziger Mikro-
lithen und rundlicher Körnchen, theils kleine Nüdelchen, welche sich
zu zierlichen Sternchen gruppiren. Ferner gewahrt man überaus häufig
kleine und grosse dunkelumrandete, runde, oder ganz in die Länge
gezogene Hohlräume, welche letztere ebenso wie die erwähnten prisma-
tischen Kryställchen meist parallel zu einander gelagert sind. Da, wo
die Schnittfläche solche Bläschen getroffen hat, erscheinen farblose
Hohlräume, in denen immer etwas fein zerriebener Smirgelschlannn
haften bleibt.
Vielfach enthält der Palagonit fast farblose Krystalle, von denen
viele als Olivin und Augit zu deuten sind.
Ausser den ledergelben Partien gewahrt man auch rothgelbe und
grünlichgelbe, welche sich als das Umwandlungsproduct des Palagonits
ergeben. Die Umwandlung erfolgt zum Theil von der äusseren Peri-
pherie aus nach innen fortschreitend, oder sie knüpft an die Ränder
der Hohlräume an und erzeugt dadurch eine zonale Struktur. Mit der
fortschreitenden Zersetzung auch der gelben Materie scheint eine
Neubildung von kurzen farblosen Nüdelchen Hand in Hand zu gehen,
welche sich zu dichten Häufchen und Wölkchen gruppiren.
Die Beschaffenheit und ganze Erscheinungsweise des Palagonits
in diesen Tuffen bestätigt auf’s Neue die Ansicht von Rosenbusch,
‘) Neues Jahrbuch für Mineralogie. 1872. 152 — 167.
23*
172
Friedrich Arno Anger.
[20]
dass genannte Substanz ein unmittelbares Produkt vulkanischer Thätig-
keit, ein besonders wasserreiches, glasiges Gestein sei. Die Basalt-
fragmente sind zum Theil schon vielfach zersetzt, zum Theil aber noch
recht frisch und lassen namentlich an letzteren die einzelnen Bestand-
tlieile, vornehmlich Plagioklas, Augit und Magneteisen recht deutlich
erkennen. In den Brocken von Hornblendeandesit liegen neben den
Plagioklasen einzelne grössere Hornblendekryställchen und Glimmer-
lamellen; im Uebrigen bieten sie nichts Bemerkenswerthes.
Die triklinen Feldspathbruchstücke erscheinen wasserklar und
bekunden jederzeit, namentlich gut im polarisirten Licht, die ihnen
charakteristische polysynthetische Zwillingsverwachsung.
Der Augit liefert lichtgrüne, fast farblose Durchschnitte, während
die Hornblende in bräunlichgelbem, der Magnesiaglimmer aber in
grünem und tiefbraunem Farbenton erscheint.
Endlich sei noch des Quarzes gedacht, der in directem Gegensatz
zu den angeführten vulkanischen Auswürflingen steht, und der auch
hier alle seine charakteristischen Eigenschaften vortrefflich zur Geltung
bringt. Sein Antheil an der Zusammensetzung der hier in Frage
stehenden Tuffmassen ist übrigens kein geringer, wenigstens participirt
er in einigen der Vorkommnisse mit dem Palagonit in quantitativ
gleichem Verhältnisse. Demnach sind diese Palagonittuffe als quarz-
führende zu verzeichnen, deren Vorkommen bisher noch nicht be-
kannt war.
Trass (Tuffstein, Duckstein) aus der Umgebung des Laacher Sees,
von Weibern (sogenannten Weiberstein), Rieden und aus dem
B r o h 1 1 h a 1 e.
Die mikroskopische Untersuchung dieser Trasse, in welchen man
bisher dem Bimssteintuffe sehr nahe verwandte Gesteine erblickte,
lieferte das interessante Ergebniss, dass diese Massen die schönsten
Leucittuffe rep rasen tiren.
Der Leucit, der Hauptbestandtheil derselben, tritt auf in kleinen
und grösseren wohlgestalteten Kry stallen, welche sich im Dünnschliff
dem Beobachter als farblose, achteckige Durchschnitte darbieten. Die
Grösse derselben schwankt zwischen 0-005 und 003 Mm. Im Tuff
vom Brohlthal sinkt dieses Mineral allerdings zu grösster Winzigkeit
herab und gewinnt die Form rundlicher Körnchen. Die Beobachtung
derselben gelingt auch nur in höchst dünnen Präparaten. Die Leucit-
substanz ist meist rein, nur hie und da finden sich in den grösseren
Kryställchen kleine farblose Mikrolithen eingeschlossen.
In geringer Zahl treten zu diesem Gemenge Fragmente von
farblosem Sanidin, dunkelgrünem und braunem Mägnesiaglimmer und
grünem Augit. Die Vereinigung dieser Elemente, wird durch eine
schmutziggelbe amorphe Materie bewirkt.
Ausser den genannten vulkanischen Auswürflingen finden sich
noch erratische, eingehüllte Bruchstücke fremdartigen Materials, nament-
lich Quarz, Glimmerschiefer, Thonschiefer und Partien von kohlen-
saurem Kalk, welche letztere als ein späteres Infiltrationsprodukt der
porösen Gesteinsmasse zu betrachten sind.
[21]
Mikroskopische Studien über klastische Gesteine.
173
Die Anzahl und Verschiedenartigkeit der eingehüllten Bruchstücke
ist eine noch viel grössere im Tuff vom Brohlthal. In demselben finden
sich versammelt Trümmer von Quarz, Grauwacke, Glimmerschiefer,
Thonschiefer, Feldspathbasalt und Leucitlava mit den schönsten Leucit-
krystallen.
Ein gleiches Resultat ergab die Untersuchung des sogenannten
Trasses aus dem Ries bei Nördlingen in Baiern. Auch dieser poröse,
weiche und leicht zerreibliche Tuff besteht hauptsächlich aus kleinen
und grösseren Krystallen von Leucit, welche verkittet sind durch eine
nur spärlich vorhandene lichtgelbe amorphe Materie.
Hierzu gesellen sich noch Fragmente von Augit und Magnesia-
glimmer. Auch sind hie und da kleine Trümmer von Thonschiefer ein-
geschlossen und nicht minder haben sich Partien von kohlensaurem
Kalk angesiedelt.
Diese Tuffinassen stehen im Zusammenhang mit den daselbst ,
auftretenden Leucit- und Nephelinbasalten und namentlich für sie ist
der Leucitgehalt sehr bemerkenswerth.
Man hat über die erwähnten Trasse, sowohl aus der Umgebung
des Laacher Sees, als auch vom Ries in Baiern verschiedene Ansichten
und Vermuthungen ausgesprochen und namentlich chemische Analysen
ausgeführt, um über ihre petrographische Zusammensetzung Aufschluss
zu erhalten. Die mikroskopische Untersuchung hat diese Aufgabe gelöst.
Das Vorhandensein des Leucits als Hauptbestandtheil stellt in vollem
Einklang mit dem Resultat der früher über die Trasse angestellten
chemischen Analysen. Es erklärt sich zunächst hinsichtlich des Verhält-
nisses der Alkalien der überwiegende Kaligehalt, welcher nach Schaf-
häutl und Rumpf im Trasse von Ries über 6% beträgt und sodann
auch die Thatsache, dass bei Behandlung 'der Tuffe beider Vorkomm-
nisse, sowohl des Laacher Sees, als des Ries, mit Salzsäure ein grosser
Theil in Lösung geht, indem die Leucitsubstanz von Salzsäure zer-
setzt wird.
So fand Elsner bei der chemischen Untersuchung des Trasses
vom Brohlthal 49-Oü7% lösliche und 42'980 unlösliche, wozu noch ein
Wassergehalt von 7-65ti tritt.
Schlussbetraclitungen.
Ein Rückblick auf die dargelegten Verhältnisse lässt folgende
allgemeine Einsicht gewinnen:
An dem Aufbau der klastischen Gesteine betheiligen sich sowohl
klastische als auch krystalli nisclie Bestandteile.
Quarz und Glimmer sind das constanteste klastische Material,
und unter den kristallinischen Elementen nimmt der Kalks patli die
grösste Verbreitung ein, welcher einesteils als cämentirendes Mittel,
anderntheils als ächter Gemengtheil auftritt. Nur selten fehlt bei seiner
Gegenwart der Eisenglanz.
174
Friedrich Arno Anger.
[22]
Der Turmalin tritt in mikroskopisch kleinen Kry stallen un-
geahnt häufig in Gesteinen sedimentären Ursprungs, namentlich
in Thonschiefern und Schieferthonen auf und bildet darin sogar liemi-
morphe mikroskopische Krystalle.
Der Glaukonit ist nicht amorph, sondern ein das Licht dop-
pelt brechendes Mineral.
Der bisher -als krystallinisch bezeichnete Sandstein von Maria-
schloss in der Wetterau ist ein ächt klastisches Gestein.
Der sogenannte Basaltjaspis ist eine halbgeschmolzene Grauwacke.
In den meisten Thonschiefern sind krystallinische Elemente vor-
waltend, theils bräunlichgelbe Nadeln, theils Kalkspath, und zwar beide
im umgekehrten Verhältniss zu einander sich an der Zusammensetzung
betheiligend.
Die Entstehungsweise mehrerer Felsittuffe ist als eine nicht rein
klastische zu bezeichnen.
Die Basalttuffe von Gleichenberg in Steiermark sind quarzfüh-
rende Palagonittuffe.
Der Hauptbestandtheil der Trassmassen des Laacher Sees und
des Ries bei Nördlingen ist Leucit.
Am Schlüsse dieser Arbeit fühle ich mich gedrungen, meinem
hochverehrten Lehrer, Herrn Professor Dr. Zirkel, den aufrichtigsten
Dank auszusprechen für die Hingebung, mit welcher er mich in das
Studium der Mineralogie und Petrographie eingeführt hat und für die
Unterstützung, welche er mir auch bei der Bearbeitung vorliegender
Abhandlung durch Rath und That zu Theil werden liess
V. Beiträge zur Mineralogie des Fassa- und Fleimser-
thales. I.
Von Dr. C. Doelter.
1. Epidot vom Alloclietthale.
Der Epidot ist ein am Monzoni nicht selten vorkommendes Mineral;
jedoch tritt er meist in Nadeln, nicht in deutlicheren Krystallen auf,
nicht selten zeigt er sich auch als Umwandlungsproduct des Monzonites
in den Formen des letzteren.
Krystalle von Epidot kommen aber meines Wissens nur im Allochet-
thale, in Gesellschaft von braunem Granat, Quarz, Labrador, Titanit,
auf Spalten eines verwitterten syenitischen Gesteines vor. Die-
selben zeigen schwarzgrüne Farben, einige verwitterte sind mit einer
Kruste von Eisenoxyd bedeckt; die Krystalle erreichen hie und da eine
Länge von 18 Mm., ausserdem kommen auch lichtere strahlige Varie-
täten vor.1)
Die Krystalle treten in folgenden Combinationen auf:
T n M r
ooP oo P öP P oo
die häufigste Combination, seltener tritt dazu l (2Poo).
Eine andere Combination ist folgende mit vorherrschendem Doma
r n M T
wozu auch die Fläche z (coP) noch hinzutritt.
Die Analyse eines frischen Epidotkrystalles schien nicht uninte-
ressant. Dieselbe ergab:
Si02 . .
. 37-70
A1203 .
. 24-61
Fo2 0, •
. 14-23
FeO . .
. 0-45
CaO . .
. 20-99
II20 . .
. 2-23
100-21
Spec. Gew. — 3-452
]) G. v. Rath spricht hier von einer diabasähnlichen Syenitvarietät; einen
eigentlichen Diabas haben wir hier nicht beobachtet. Die Gesteine, welche wir früher
beschrieben haben, enthalten vorwiegend beide Feldspäthe und Biotit.
Mineralogische Mittheilungen. 1875. 3. Heft. (C. Doelter.)
176
C. Doelter.
[2]
Die Analyse stimmt ziemlich mit den von Ludwig als Mittel für
den Sulzbacher Epidot angegebenen und denen von Hermann für den
Epidot von Burawa überein, nur der Kalkgelialt ist etwas geringer.
Die Analyse wurde mit reinen Stücken ausgeführt, welche keinerlei
Mineraleinschlüsse in ihrem Inneren beherbergten. Die Analyse wurde
nach den üblichen Bunsen’schen Methoden ausgeführt.
In Betreff des Wassergehaltes muss bemerkt werden, dass derselbe
als Glühverlust bestimmt werden musste, da die Methode des Prof.
Ludwig wegen Mangels geeigneter Platingefässe nicht angewendet
werden konnte.
Der von uns untersuchte Epidot gehört somit zu den Mangan-
und magnesiaarmen Kalkepidoten.
2. Chabasit, Epidot und Eisenglanz vom Mal Inverno.
Der Fundort am Mal Inverno, an welchem sich bekanntlich haupt-
sächlich Idocras, Spinell, Fassait finden, befindet sich zu beiden Seiten
des Kammes. Es setzt nämlich die grosse Kalkscholle, welche aus dem
Toal del Mason gegen das Rizzonithal hinzieht ’), unter dem Monzonit
noch bis auf die andere Seite des Kammes, wo sie jedoch nur wenig
an der senkrechten Nordseite sichtbar ist.
In der Nähe dieses Kalkvorkommens, mit welchem die genannten
Mineralien in Verbindung stehen, wurde kürzlich wieder im Syenit
Eisenglanz, schöner grüner, stängeliger Epidot und Chabasitkrystalle
gefunden.
Von letzterem Minerale fand ich ausser den erwähnten* 2) noch
an dem Abhang der Ricoletta, gegen Le Seile zu, mehrere Fundstellen,
stets kömmt dasselbe in Spalten von Monzonit vor.
Eine andere Bildung hat der Chabasit vom Palle Rabbiose, den
ich so in Verbindung mit dem daselbst vorkommenden Anorthit fand,
dass ich ihm nur eine secundäre Bildung aus letzterem Mineral zu-
schreiben kann. Den Anorthit konnte ich auch nirgends unzersetzt finden.
3. Fassait von dein südlichen Ricoletta- Abhang.
Dieser Fundort, welcher noch weniger bekannt ist, ist besonders
durch schöne, reine Biotitkrystalle, von oft bedeutender Grösse aus-
gezeichnet.
Das Muttergestein, in welchem sich die verschiedenen Mineralien
finden, besteht im Wesentlichen aus Fassait und Glimmer. Der Fassait
wurde früher nur in derben Stücken gefunden, erst in neuerer Zeit
fand man wieder Krystalle. Dieselben sind von graugrüner Farbe und
zeigen einen anderen Typus als die von den übrigen Fundorten des Monzoni.
Die Krystalle, meist Zwillinge, haben einen tafelförmigen Habitus
durch das Vorherrschen des Orthopinakoides (ooPoo), ausserdem treten
auf die Prismenflächen und eine spitze Pyramide (wohl 2P) ; somit eine
von dem gewöhnlichen Fassait ziemlich verschiedene Combination.
') Siehe die Karte meiner Arbeit: Der geologische Bau. die Gesteine und
Mineralfundstätten des Monzonigebirges in Tirol.
2) 1. c. p. 35.
Beiträge zur Mineralogie des Fassa- und Fleimserthales.
177
[3]
Mit dem Fassait und Glimmer treten noch trikline Feldspathe,
jedoch ohne deutliche Krystallformen auf. Diese Mineralien finden sich
in Drusen eines Augit-Labrador-Gesteines ; in nicht grosser Entfernung
davon findet man in demselben Gesteine kleine Schollen von verändertem
Kalke, und gehört somit dieses Vorkommen zu den, durch Contact mit
Kalk entstandenen. Ich hatte früher den Fassait noch nicht kennend,
das Vorkommen als Spaltenbildung bezeichnet. Das Vorkommen des
Kalkes bestätigt die überall am Monzoni auftretende Thatsache, dass
der Fassait stets an die Nähe von Kalk gebunden ist.
Das Eruptivgestein ist auch hier, wie fast an allen zugänglichen
Stellen, in Contact mit Kalk, stets frisch und unzer setzt, eine
sehr wichtige Thatsache für die Theorie der Entstehung dieser Mineral-
producte, und welche bis jetzt nicht berücksichtigt wurde.
Anmerkung. In vielen Abhandlungen wird der obige Fundort
mit dem vom Mal Inverno verwechselt, was daher rührt, dass die
Mineralienhändler, insbesondere der Händler Bernard in Campi-
tello die Mineralien von diesen Fundorten mit der Etiquette Toal
d e i Ri zz o n i versieht. Auf unserer Karte sind beide Fundorte angegeben,
nach nochmaliger Untersuchung ergibt sich die Vertheilung der Mine-
ralien für beide Fundorte folgendermassen :
Mal Inverno-Abhang (Nord- und Südabhang). Ricoletta-Abkang (Südseite).
Biotit.
Anorthit.
Fassait.
Titanit.
Magnetit.
Idocras.
Spinell.
Granat.
Serpentin.
Batrachit.
Magneteisen.
Fassait.
Der Anorthit, den T scher mak im Verein mit Apatit, Glimmer,
Fassait beschrieben hat1) stammt, wie uns ein Vergleich mit dem
Originalstück ergab, von dem letzteren Fundorte.
Dies zur Vervollständigung unserer früheren Mittheilungen.
4. Vorliauserit von dem Pesmedakamiu
Der von Kenn gott näher untersuchte, von Li eben er entdeckte
Vorliauserit. wurde bis jetzt für amorph gehalten. Er findet sich am
Kamm zwischen Pesmedat.hal und Toal della Foja, jedoch meistens nur
derb im kristallinischen Kalk in Verbindung mit Granat oder ein-
gesprengt.
Ich fand nun Stücke von Vorhauserit-äknlichem Mineral mit deutlich
länglich hexagonalem Durchschnitt neben den derben Mineralbruchstücken,
und endlich auch wirkliche Krystalle, welche jedoch leider nur sehr unvoll-
kommen erhalten sind, indess fand ich auch einige Krystalle mit Endflächen
und dürfte sich demnach die Krystallform an diesen Exemplaren bestimmen
lassen. Der Typus der Krystalle ist der säulenförmige mit meist vor-
*) Verhandl. der k. k. geolog. Reicksanstalt 1874, pag. 31.
Mineralogische Mittheilungen. 1875. 3. Heft. (D. C. Doelter.) 24
178
C. Doelter.
[4]
herrschenden Klinopinakoid und mehr untergeordneten Prismen und hat,
soweit ich es aus der flüchtigen Betrachtung an Ort und Stelle ersehen
konnte, Aehnlichkeit mit den an demselben Punkte vorkommenden
Fassait- oder Olivinkrystallen, welche bekanntlich lange Zeit mit einan-
der verwechselt wurden und scheint es mir auch der Beschaffenheit der
betreffenden Stücke nicht ganz unwahrscheinlich, dass der von Oel-
lacher analvsirte Vorhauserit, welcher seiner Zusammensetzung nach
dem Serpentine nahe steht, vielleicht nur Pseudömorphosen einer der
beiden erwähnten Mineralien sei. Die mikroskopische Untersuchung
ergab, dass der Vorhauserit besteht aus einem das Licht nicht polari-
sirenden Mineral und Augit.
Der Vergleich mit einem Liebener’schen Originalstück bestätigte
wenigstens dem Aeusseren nach die Identität der fraglichen Stücke mit
dem Vorhauserit.
An demselben Fundorte finden sich auch mit Fassait Calcitkrystalle,
Skalenoeder mit mehreren Rhomboederflächen.
5. Dolomit vom Rodellaberg.
In einem dichten, aschgrauen, zwischen Dolomit und Magnesia-
hält igem Kalksteine finden sich grössere Rhomboeder von Dolomit ohne
Beimengung, dessen chemische Zusammensetzung nach Herrn John
folgende ist:
Ca C03 . . 56-88
Mg C03 . . 45-12
100-00
6. Quarz vom Viesena.
Lieb euer1) beschreibt Amethystkrystalle von der Vette di Viesena
in der Gestalt des Hexagon-Dodecaeders von hyacinthrother Farbe. Die
in letzterer Zeit gefundenen zeigen die Combination P . oo P (letztere
Fläche sehr untergeordnet) und sind theils farblos, theils hyacinthroth ;
Grösse bis 9 Mm.
Das Muttergestein derselben ist ein Melaphyr, welcher jedoch
ganz zersetzt ist, nicht Granit wie Li eben er glaubt, letzteres Gestein
kommt überhaupt an der Vette di Viesena gar nicht vor.
Hier sei noch des Vorkommens des Pyrite s in grossen Würfeln,
sowie auch von Pseudomorpliosen von Brauneisen nach Pyrit erwähnt,
welche bis jetzt nicht verzeichnet wurden. Sie finden sich in einer
eigenthümlichen Breccie aus Kalkbruchstücken mit Melaphyrbindemittel,
ähnlich jener, welche ich vom Monzoni beschrieben habe.2) An einer
anderen Stelle finden sie sich auch im Kalksteine.
7. Fluorit von der Cima d’Asta.
Auch dieses Vorkommen, welches an einer Stelle am Nordostab-
liange der Cima d’Asta gegen Caoria nicht selten ist, war bisher unbe-
kannt; die Krystalle finden sich im Granit in Drusenräumen; sie haben
5 Mineralien Tirols p. 217.
2) 1. c. p. 32.
[5]
Beiträge zur Mineralogie des Fassa- und Fleimsertliales.
179
bis 8 Mm. im Durchmesser, sind durchsichtig, sehr schwach grünlich
gefärbt und zeigen die Combination
QO 0 OO . OO 0 . und ein sehr flacher 48flächner
oder seltener oo 0 oo . oo 0 . 0 .
8. Horiiblendekrystalle im Melaphyr hei Roda.
Während in letzterer Zeit ziemlich allgemein angenommen wurde,
dass die Melaphyre zum grössten Theil Pyroxengesteine seien, und dies
auch für die Südtiroler Gesteine galt, nachdem in der That die für
das Gegentheil aussagenden Beweise v. Richthofen’s zum grössten
Theil als nicht stichhältig sich erwiesen, *) hat sich nun durch meine
Untersuchungen herausgestellt, dass die Hornblende in vielen Melaphyren
nicht nur untergeordneter, sondern vorherrschender Bestandtheil sei,
ja dass in einigen Augit ganz fehlt.
Diese Resultate, welche an einer sehr grossen Anzahl von Süd-
tiroler Melaphyren erzielt worden waren, wurde durch die mikroskopische
Untersuchung erkannt, und es ergaben sich dabei nicht uninteressante
Beziehungen zwischen tektonischem Auftreten und mineralogischer
Zusammensetzung der einzelnen Gesteine ; wir werden in einem eigenen
Aufsatze in nächster Zeit die von uns erreichten Resultate vorlegen,
haben übrigens schon für die am Monzoni vorkommenden Melaphyre
zum Theil Hornblende nachgewiesen.* 2 3)
Es war daher von grossem Interesse, die auf dem Wege der
mikroskopischen Gesteinsuntersuchung nachgewiesenen Daten durch das
Auffinden grosser makroskopischer Horiiblendekrystalle mit Endflächen
im Melaphyr bestätigt zu finden.2)
Das Vorkommen stammt von einem bis jetzt unbekannten Mela-
phyrgange am rechten Ufer des Avisio zwischen Predazzo und dem
Dorfe Roda, derselbe streicht gegen NNW. und hat eine Mächtigkeit
von circa 8 M.
Mikroskopisch lässt das Gestein Plagioklas und Hornblende als
Hauptgemengtheile erkennen, daneben treten Orthoklas, Augit, Magnetit,
Calcit auf.
Das Gestein ist oft verwittert und enthält Calciteinschlüsse. Die
Grundmasse ist vollkommen dicht und pechschwarz. Die Hornblende-
krystalle sind porphyrartig darin eingesprengt und ist ihr Vorkommen
der Art, dass eine secundäre Bildung derselben absolut ausgeschlossen
erscheint.
Am häufigsten zeigen sich dünne sehr lange Säulen co P . oo P o© .
deren Endfläche jedoch meist nicht gut beobachtet werden kann. Die
Länge derselben beträgt oft über 2 Cm. bei nur 6 Mm. Dicke.
Jedoch gelang es mir einige schöne Krystalle herauszupräpariren.
') Tschermak, Porphyrgesteine Oesterreichs, p. 124.
2) 1. c. p. 18.
3) Dass Hornblende im Melaphyr verkömmt, wurde indess bekanntlich schon
durch Klipstein, Richthofen, Tschermak nachgewiesen.
24*
180 C. Doelter. [6]
Der schönste ist ungefähr 14 Mm. lang, mit vorherrschendem
Klinopinakoid, er zeigt die Combination
ooP . ooPoo . P . oP . 2Poo
(M) (x) (r) (p) (e)
Die Flächen r, p, s, sind sehr regelmässig ausgebildet.
Ein anderer 18 Mm. langer 8 Mm. dicker Krystall zeigt dieselbe
Combination mit weniger gut ausgebildetem Klinopinakoid und an den
Endflächen vorherrschender Pyramide.
Endlich ist noch eines kleinen Zwillingskrystalls nach dem gewöhn-
lichen Gesetze zu erwähnen, der eine kleine der Fläche (s) entspre-
chende Abstumpfung zeigt.
Ausserdem kommen auch grössere krystallinische Partien von
Hornblende mit deutlicher Spaltbarkeit, sowie auch kleine Augite vor.
9. Feldspath aus dem Val di Madonna bei Val floriana.
Ich habe nun den Fundort der von Lieben er und Vor hause r
angegebenen Orthoklaskrystalle besucht; derselbe findet sich nicht, wie
letztere Autoren angeben, im Cadinothal, sondern in einem Seitenthale
des Val floriana, dem Val di Madonna, welches von dem Nordabhange
des Berges Zocchi alti, der Wasserscheide zwischen Cadino- und Flo-
rianathal ausgeht.
Die Feldspathe finden sich im Quarzporphyr; letzterer unterscheidet
sich von dem dort allgemein vorkommenden Porphyr durch seine
Structur; es ist eine feinkörnige Masse, aus Feldspath, Quarz, Glimmer
bestehend, in welcher nun die verschiedenen Feldspathkrystalle, sowie
auch Quarzkrystalle (dihexagonale Pyramide) von bedeutenden Dimen-
sionen eingeschlossen sind.
Die Feldspathkrystalle sind in der Grundmasse meist nur locker
eingebettet und wittern bei der Zersetzung des Gesteines heraus. Das
Vorkommen derselben, ihre gleichmässige Vertheilung in der Gesteins-
masse schliessen eine spätere secundäre Bildung aus; aber alle Umstände
sprechen dafür, dass diese Feldspathkrystalle, ähnlich wie dies bei jün-
geren Eruptivgesteinen der Fall ist, in der Masse präexistirt haben,
was auch für die grossen Quarzkrystalle und Körner wahrscheinlich ist.
Die Orthoklase sind von weisser Farbe, oft rissig, sehr dem Sanidine
ähnlich, jedoch werden sie bei der Verwitterung ziegelroth.
Viele der Krystalle zeigen sehr schöne schalenförmige Structur
parallel den Umrissen. Neben dem Orthoklas kömmt auch plagio-
klastischer Feldspath vor, der sich durch seine Verwitterung in ein
grünes Mineral von dem ersteren unterscheidet.
Frische Bruchflächen des Gesteines erinnern lebhaft an manche
Quarz-Andesite Siebenbürgens.
Das Vorkommen des Porphyrs dürfte, so weit sich bei der fast
allgemeinen Culturbedeckung der Felsmassen überhaupt etwas sagen
lässt, ein gangförmiges, im älteren Quarzporphyr aufsitzendes sein.
Was die Krystalle selbst anbelangt, so sind es theils einfache
Krystalle, theils Zwillinge nach dem Karlsbader Gesetze ; beide kommen
zusammen in einem und demselben Handstücke vor.
Beiträge zur Mineralogie des Fassa- und Fleimserthales.
181
[^]
Die einfachen Krystalle sind säulenförmig durch das Vorherrschen
der Basis und des Klinopinakoides (P, M), wozu die Prismen oo P,
oo Po {TI, z) , das Doma 2 P oo (y), die Hemipyramide P (o),
selten das Hemidoma P oo (x) hinzukommen. Die einfachen Krystalle
haben im Allgemeinen glatte Flächen, sind kleiner als die Zwillings-
krystalle, obgleich ausnahmsweise auch Individuen bis 3 Cm. Länge
Vorkommen.
Die Zwillingskrystalle sind tafelförmig ausgebildet durch Vor-
herrschen von M. Es lassen sich zwei Typen unterscheiden ; bei dem
einen werden die Enden gebildet durch die Flächen P und y, während
bei dem anderen wesentlich die Hemipyramiden o und y vorherrschen,
wozu untergeordnet P tritt; einfache Krystalle von diesem Typus sind
selten. Die Grösse dieser Krystalle ist im Allgemeinen beträchtlich
und linden sich Individuen bis 4 Cm. Länge.
Verzeieliniss der am Monzoni vorkommenden Mineralien.
Ich habe dieses Verzeichniss nach nochmaligem Besuche der Fund-
stellen *) mit Berücksichtigung der neuesten Funde zusammengestellt
und hoffe, dass dasselbe dem jetzigen Standpunkte entsprechen möge.1 2)
Da es von Wichtigkeit erscheint, anzugeben, ob ein Mineral im
Contact mit Kalk oder auf Spalten im Monzonit vorkömmt, so habe
ich in der ersten Colonne erstere Fundstellen, in der zweiten letztere
gegeben.
Zu den von mir früher angegebenen Fundorten gesellt sich noch
einer oberhalb des Le Seile Sees gegen die Punta d’Allochet am Con-
tact von Monzonit und Kalkstein; derselbe wurde früher nicht erwähnt.
Fassait
Augit,
Amphibol 3)
Olivin
Idocras
Toal della Foja (4 Fund-
orte).
Spitze des Mal Inverno.
Südseite der Ricoletta.
Monzonithal unter der Ri-
colettascliarte.
Abhang des Allochet gegen
den Le Seile See (3 Fund-
orte).
Monzonithal. Nord-
Abhang der Ricoletta.
Le Seile, oberer Fundort.
Toal dei Rizzoni gegen die
Mal Inverno Spitze.
Pesmeda.
Mal Inverno Spitze.
Le Seile See.
1) Bei meinen diesjährigen Touren.
-) Die in Drusenräumen des Monzonits hin und wieder auftretenden accesso-
rischen Mineralien wie : Turmalin, Epidot, Pyrit, Biotit etc. konnten natürlich hier
nicht aufgezählt werden.
3) Dieses Vorkommen bedarf noch einer näheren Untersuchung.
C. Doelter. Beitr. zur Mineralogie d. Fassa- u. Fleimserthales.
[8]
182
Granat
Gehlenit
Skapolith
Turmalin
Glimmer
Epidot
Axinit
Prehnit
Titan it
Chabasit
Serpentin
Yorhauserit
Orthoklas
Anorthit
Quarz
Spinell
Magnetit
Eisenglanz
Zirkon
Kupferkies
Eisenkies
Thomsonit
Le Seile (2 Fundorte).
Le Seile See.
Le Seile (oben). *)
Toal del Mason.
Toal della Foja (3 östlichere
Fundorte).
Sttdl. Ricolettaabhang.
Mal Inverno.
Toal della Foja (oben).
Pesmeda.
Mal Inverno.
Monzonithal.
Allochet gegen den See.
Pesmeda (2 Fundorte).
Südabhang der Ricoletta.
Pesmeda.
Ricoletta Südabhang.
Toal della Foja (4 Fund-
orte).
Mal Inverno Spitze.
Le Seile.
Mal Inverno.
Le Seile (oben).
Le Seile (oben).
Le Seile (oben).
Palle Rabbiose 8)
Allochet.
Nordabhang des Mal In-
verno.
Allochetthal.
Allochetspitze.
Ricolettascharte.
Ricolettascharte.
Allochetthal.
Ricolettascharte.
Monzonithal.
Nordabhang des Mal Inverno.
Allochetthal. 2)
Allochetthal.
j Monzonithal (links).
Abhang des Mal Inverno
gegen die Monzonialpe.
(Nach Rath im Allochet-
thale.)
Schlucht in der Ricoletta
(Nordseite gegen das Mon-
zonithal).
*) Nach Liebener, Zepharovich, Richthofen.
3) Der trikline Feldspath vom Allochetthal ist noch nicht chemisch
untersucht.
®) Nach Liebener und Zepharovich.
VI. Die Serpentine der Vogesen.
Von Bruno Weigand.
Der Serpentin nimmt unter den gesteinsbildenden Mineralien eine
bevorzugte Stelle ein und ist vielen hervorragenden Forschern ein
ergiebiges Feld von Untersuchungen und interessanten Entdeckungen
geworden ; in der That muss seine so häufig beobachtete Entstehung
aus anderen Verbindungen die Aufmerksamkeit auf ihn lenken zu einer
Zeit, da man mehr und mehr zu der Einsicht gekommen ist, dass
viele der krystallinen Gesteine nicht in ihrer jetzigen Gestalt aus
feurigem Flusse erstarrt sind oder sich aus wässerigen Lösungen abge-
schieden haben, sondern durch säculare chemische Processe die durch-
greifendsten Veränderungen erfahren haben, so dass die Art ihrer
Entstehung, so wie ihre frühere Beschaffenheit für uns meist noch
ungelöste Räthsel sind. Bei dem Serpentin ist das Studium der Genese
besonders erleichtert, da derselbe dasjenige der sicher umgewandelten
Gesteine ist, von welchem man die frühere Beschaffenheit, so wie den
Process der Umwandlung, am genauesten kennt, ja bei welchem man
beide noch heutzutage durch die Analyse nachweisen und mittelst des
Mikroskops die verschiedenen Stadien des Ueberganges beobachten kann.
Die Geschichte der Meinungen über ihn ist sehr wechselvoll.
Durch vielfache Pseudomorphosen schon früh als ein Product der Meta-
somatose bekannt, wurde er zuerst von Quenstedt1) in der Krystall-
form des Olivin (von Snarum) genauer untersucht und als Zersetzungs-
product des letzteren unwiderleglich nachgewiesen. Trotzdem wurde
das Ergebniss dieser Untersuchung von mehreren Seiten2) angefochten.
Als aber Gustav Rose, auf sehr gutes Material gestützt, sich für
dieselbe erklärte, 3) verliess man die frühere Ansicht, dass jene Sna-
rumer Krystalle ursprüngliche Serpentinkrystalle seien, und adoptirte
die zugleich von Rose ausgesprochene Vermuthung, dass der Serpentin
ein allgemeines Endproduct der Zersetzung der Gesteine sei, und dass
daher wahrscheinlich alle mit ihm vergesellschaftet angetroffenen Gesteine
das Material zu seiner Bildung geliefert hätten.
J) Pogg. Ami. 1835.
2) Tamnan, Böbert, Sclieerer, Herrmann.
3) Berl. Monatsb. 1851.
Mineralogische Mittheilungen 1876. 3. Heft. ("Br. Weigand.)
184
Bruno Weigand.
[2]
So sprach man von seiner Entstehung aus Diabas, Granulit u. s. w.
und stand damit vor einem scheinbar unlöslichen chemischen Räthsel.
Auch hier, wie in so vielen Fragen der Petrographie, brachte
das Mikroskop Licht und Klarheit. Sandberger1) hatte bereits con-
statirt, dass das Auftreten des Olivinfels ein ziemlich verbreitetes sei,
und in Folge dessen, auf die Untersuchungen Quenstedt’s gestützt,
für alle diejenigen Serpentine, welche die gleichen accessorischen Mine-
ralien, wie jenes Gestein, führen, die Entstehung aus demselben in
Anspruch genommen, während er für andere Serpentine die Entstehung
aus irgend anderen sie begleitenden Gesteinen zuliess. Tschermak2)
untersuchte nun mikroskopisch eine ganze Reihe von Serpentinen und
führte aus den Verhältnissen ihrer Mikrostructur den strengen Beweis,
dass sie in der That Zersetzungsproducte des Olivin seien, dessen
weite Verbreitung in verschiedenen Gesteinen, in denen er bis dahin
übersehen worden war, zugleich von demselben Forscher in einer zweiten
Abhandlung 3) in überraschender Weise nachgewiesen wurde.
Schien so, nach der Erfahrung wenigstens, die Erzeugung des
Serpentin in grösseren Massen, als Gestein, dem Olivin allein eigen zu
sein, so vindicirte jenem Roth4 *) ausserdem vom Standpuncte des
Chemikers aus die thonerdefreien Hornblenden und Augite als mög-
liche Muttermineralien, während er, wegen der Schwerbeweglichkeit
der Thonerde in den Gesteinen, in Betreff der Bildung des thonerde-
freien Serpentin alle thonerdehaltigen Mineralien a priori ausschliessen
zu müssen glaubte. Ob sich dieses von Roth aufgestellte Gesetz in
der Petrogenese besser bewahrheiten werde, als so manche andere
Abstractionen der Chemie, blieb abzuwarten. Was den Serpentin speciell
anbelangt, so konnte an ihm dasselbe schon deshalb bisher nicht geprüft
werden, weil noch nicht durch mikroskopische Untersuchung constatirt
war, dass überhaupt Serpentin als Gestein sich aus anderem Material,
als dem Olivin, gebildet hat. Dagegen hat R. v. Dräsche6) in jüngster
Zeit nachgewiesen, dass gewisse, bisher für Serpentin gehaltene Gesteine
mit diesem Nichts zu thun haben, und es steht zu erwarten, dass
noch manche andere Vorkommnisse, deren Entstehung, da man sie
für Serpentin hält, räthselhaft scheint, von diesem Gesteine zu tren-
nen sein werden.
Die geschilderten Verhältnisse machten es wünschenswerth, grössere
Reihen von Serpentinen zu untersuchen, um durch mikroskopische und
chemische Prüfung die Lösung der noch offenen Fragen anzubahnen.
Von Herrn Prof. Rosen husch auf die mannigfachen Vorkomm-
nisse des Serpentins in den Vogesen aufmerksam gemacht, deren nähere
Kenntniss neue Aufschlüsse über die angeregten Fragen zu geben ver-
sprach, unternahm es der Verfasser, jene Gesteine genauer zu studiren.
Für die ihm bei dieser Untersuchung gewordene vielfache Unterstützung
') Neues Jahrb. 1866 p. 385, 1867 p. 171.
-) Sitzungsber. d. k. Akademie d. Wissenscb. 56, 1867. „Ueber Serpentin-
bildung.“
3) Sitzungsb. d. k. Akademie d. Wissensch. 1867. Beob. über d. Verbreitung
des Olivin in den Felsarten.
4) Ueber den Serpentin. Berlin 1870.
3) Tschermak. Min. Mittbeil. 1871. I.
[3]
Die Serpentine der Vogesen.
185
spricht derselbe seinem genannten verehrten Lehrer, so wie den Herrn
Prof. Ben ecke und Prof. Grotli seinen Dank aus.
Die chemischen Analysen führte der Verfasser im Laboratorium
des mineralogischen Institutes der Universität aus.
Die vogesischen Serpentine sind schon früh von den französischen
Geognosten beachtet worden; so finden sich Notizen über dieselben in
Hogard, Systeme des Vosges und Puton, metamorphoses des roches
des Vosges. Auch sind die Vorkommnisse meist auf den geologischen
Karten des dep. des- Vosges von de Billy und des dep. du Haut-Rliin
von Köchlin-Schlumberger und D e 1 b o s angedeutet , endlich
widmete ihnen Delesse1) in den Annales des mines eine ziemlich
umfangreiche Monographie, in welcher er besonders die im dep. des
Vosges gelegenen Vorkommnisse untersuchte und die accessorischen
Mineralien in denselben kennen lehrte. Von letzteren sind dann einzelne
auch durch andere Forscher untersucht worden; so der Bronzit des
Bluttenberges, franz. Bressoir, von Damour. 2)
Serpentin findet sich in den Vogesen an drei Punkten, an jedem
derselben grössere Gruppen mit vielen einzelnen Partien des Anstehenden
bildend. Zwei dieser Gruppen, diejenigen, welche uns vornehmlich
beschäftigen sollen, liegen auf deutscher Seite, beide im Obereisass
nahe der Landesgrenze. Die dritte dagegen befindet sich mehrere Meilen
westlich, beginnt bei Gerardmer im Osten und erstreckt sich bis Remire-
mont im Südwesten und Jussarupt im Nordwesten. Sie nimmt bei
weitem den grössten Flächeninhalt ein, scheint aber petrographisch sehr
einförmig zu sein, worauf wir später zurückkommen werden.
Die beiden ersterwähnten Gruppen sind nun nach ihrem ganzen
Vorkommen, ihrer Lagerung, wie ihrer Beschaffenheit, gänzlich von
einander verschieden und müssen daher getrennt betrachtet werden.
Es sind :
1. die Serpentine des Bluttenberges oder Bressoir, im Norden;
2. die Serpentine des Amarinerthales im Süden des Obereisass.
Das nördliche Vorkommen; Die Serpentine des Blutten-
berges.
An die Vogesengrauwacke, welche den südöstlichen Theil des
Gebirges bildet und sich dort zu den höchsten Gipfeln desselben, wie
dem Gebweiler Belchen, erhebt, grenzt auf den südlichen Abhängen
des Münsterthaies ein Granitmassiv, welches sich weit nach Norden
erstreckt und sowohl die Wasserscheide des Gebirges bildet, auf welcher
die Landesgrenze verläuft, wie auch den Ostabfall, in welchen im Ober-
Ann. d. m. 1850, XVIII, p. 309.
2) Descloizeaux, manuel, p. 45.
Mineralogische Mittheilungen 1875. 3. Heft. (Br. Weigand).
25
186
Bruno Weigand.
[4]
elsass ausser dem Münsterthale die Thäler der Weiss und der Leber
eingeschnitten sind. Die beiden letzteren verlaufen jedoch nur in ihrem
unteren Theile im Granit; dagegen liegen die Oberläufe derselben im
Gneiss; denn dieselben befinden sich in einem grossen Längsthaie, von
hohen Granitrücken umgeben, während die Thalsohle und die, sanfter
ansteigenden, unteren Theile des Gehänges von Gneiss gebildet werden.
Dieser Gneiss, in steil aufgerichteten Schichten nach Nordosten streichend,
bildet ein nach eben dieser Richtung sich erstreckendes, langes, schmales
Gebiet, welches von dem westlich der Landesgrenze liegenden, grösseren
Gneissterrain durch die bereits erwähnte Wasserscheide getrennt wird.
In diesem Gneisse nun, der an der Ostseite des gedachten Längs-
thaies von dem Granitzuge des Bluttenberges abfällt, findet sich der
Serpentin an mehreren Punkten, auf einem Gebiete von ungefähr einer
halben Quadratmeile Ausdehnung. Auch hier, wie so oft in andern
Gegenden, bildet er wegen seiner Widerstandsfähigkeit gegen die Atmo-
sphärilien an einigen Stellen grosse Felsen mit grotesken Formen, eine
im Uebrigen in diesem alten Gebirge seltene Erscheinung.
Der beschränkte Raum, auf welchen sich hier am Bluttenberge
die Serpentine zusammendrängen, sollte nun vermuthen lassen, dass
dieselben auch ihrer Entstehung und Beschaffenheit nach eng zusammen-
gehören. Merkwürdiger Weise ist dies aber keineswegs der Fall, wie
die Untersuchung ergab ; vielmehr lassen sich drei gänzlich verschiedene
Vorkommen mit Schärfe sondern; wir wollen dieselben als Serpentine
1. von Bonhomme, 2. von Starkenbach, 3. des Rauenthaies, getrennt
betrachten.
1. Serpentine von Bonhomme.
Das schon mehrfach erwähnte Längsthal wird durch einen vom
Bluttenberge sich abzweigenden Gneisskamm in zwei Theile getheilt,
einen kleineren südlichen, das Quellengebiet der Weiss, mit dem Markt-
flecken Bonhomme als Hauptort, — und einen grösseren nördlichen,
das Leber- und parallel dazu das Rauenthal, die sich bei Eckkirch
vereinigen, mit Markirch. Die Strasse von letzterem Orte nach Bon-
homme überschreitet den Kamm am niedrigsten Punkte, beim Col du
marechal. Kurz vorher trifft man, von Markirch aus aufsteigend, noch
im Leberthaie, links an der Strasse durch den Bau derselben auf-
geschlossen, Serpentin an, den Gneiss durchsetzend. Oben auf der Pass-
höhe steht er dann sowohl nach dem Leber-, wie nach dem Weissthale
zu, in grossen Felsen an, immer zur linken Seite der Strasse, welche,
sich nach Bonhomme hinunter senkend, ihn, indem sie Bögen nach
links macht, noch zweimal aufdeckt; so kurz vor dem Dorfe Bonhomme.
Alle diese Punkte des Anstehenden und zwischen ihnen noch mehrere
andere, von der Strasse nicht getroffene, liegen in einer genau geraden
Linie, wie man besonders gut erkennt, wenn man, das Anstehende
kennend, die gegenüberliegende (westliche) Thalwand erklettert und
nun das ganze Vorkommen mit einem Blicke überschaut. So lässt sich
der Serpentin in einem bis 50 Meter breiten Bande etwa zwei Kilo-
[5]
Die Serpentine der Yogesen.
187
metev weit verfolgen. Die Richtung seines Streichens fällt genau mit
dem Streichen des Gneisses zusammen. Dies lässt sich dadurch gut
feststellen, dass die Serpentinmasse durch eine besonders schwer ver-
witternde und daher riffartig über den Rasen hoch vorspringende Gneiss-
schicht in zwei parallele Bänke getheilt ist, und diese Schicht genau
in der Längsausdehnung des Serpentinanstehenden verläuft; der letztere
lässt sich auf eine weite Strecke hin, zu beiden Seiten constatiren.
Das Gneissriff documentirt sich als Schicht durch die Streichrichtung,
wie durch die mit dem steilen Fallen des Gneisses — 85° nach Süd-
ost — übereinstimmenden ebenen Begrenzungsflächen hinlänglich. Der
Gneiss ist hier ein hellrother, sehr feinkörniger und fester Granatgneiss
(Leptynit), dessen Parallelstructur bei fast fehlendem Glimmerminerale
durch die Vertheilung des Quarzes hervortritt. Er grenzt überall scharf
gegen den Serpentin ab.
Der Serpentin ist im frischen Zustande im Allgemeinen von
schwärzlichgrüner Farbe ; er zeigt auf dem splitterigen und sehr rauhen
Bruche ein ziemlich lebhaftes Glitzern unzähliger feiner Pünktchen, die
sich aber unter der Loupe nicht weiter von dem dunkeln Grunde ab-
heben. (Olivin.) Er ist zum Theil von vielen schwarzen Adern durch-
zogen, erscheint im Uebrigen homogen ; in dünnen Splittern ist er
heller grün und durchscheinend.
, Er wird beim Glühen braun, löst sich grösstentheils in Salzsäure
unter Abscheidung von Kieselsäure, und ergab bei der Analyse: (I.
i.
II.
III.
IV.
Si02
41*13
41*1
43*48
42-86
MgO
41*88
42*8
43-48
57-14
CaO
Spur
MnO
NiO
??
FeO
Fe203
2- 77
3- 86
6-37
A1203
0-84
0*06
h2o
10-88
13-04
Cr2Os
1
Na20
/ Spur
K20
1
100*50
100-00
100-00
Die Controlbestimmungen unter II. hatte Herr U n g e r die Freund-
lichkeit auszuführen. Ferner ist unter Nummer III. die von der Formel
H2Mg3Si208 + aq geforderte Zusammensetzung eines normalen Ser-
pentins zum Vergleiche daneben gestellt, ebenso unter IV. die Zusam-
mensetzung des Olivins nach der Formel Mg2Si04.
Der Eisengehalt zeigt, dass ein Theil desselben als Oxydul eine
entsprechende Menge Magnesia vertritt; dieses hat natürlich bei dem
grösseren Atomgewichte des Eisens ein Herabdrücken des Si02-Gehaltes
zur Folge, wie ein solches in der That sich zeigt. Ferner ist der
Wassergehalt für einen Serpentin zu gering, die Menge der Basen
gegen die Kieselsäure zu bedeutend, denn die MgO und das FeO
erfordern nach der Formel 42*59 Proc. Si02. Es liegt daher nahe,
Olivinreste in dem Serpentine zu vermuthen, da diese im Stande sind,
25*
Bruno Weigand.
188
[6]
diese Abweichungen zu erklären. IV.) In der That bestätigt die mikro-
skopische Untersuchung diese Vermuthung.
Im Schliffe von demselben Handstücke, welchem das Material zur
Analyse entnommen war, — es war ein möglichst frisches Stück gewählt
worden, — zeigt sich das Gestein als ein typischer Olivinserpentin mit
noch ziemlich vielem frischen Olivin, welcher in der von T scher mak
a. n. 0. beschriebenen Weise von Serpentin adern durchzogen wird;
dieselben verlaufen ganz unregelmässig, entsprechend der Zerklüftung
des Olivins, wie man sie auch aus dem Lherzolith und anderen Vor-
kommnissen von Olivingesteinen kennt.
Da diese Adern die Durchschnitte von Hüllen um die einzelnen
Olivinkerne sind, so erklärt es sich, dass das Gestein die Anwesenheit
dieses Minerals makroskopisch nicht erkennen lässt. Die Olivinkörner
sind im Schliffe wasserhell, vollkommen homogen und frisch, wie sich
durch das einheitliche Polarisiren jedes einzelnen Kernes und die gleich-
mässigen lebhaften Interferenzfarben zeigt. Durch gleiche optische
Orientirung geben sich auch noch die einzelnen Bruchstücke als Theile
grösserer Krystallindividuen zu erkennen, die oft genug die Umrisse
der Olivinkrystalle zeigen. An Einschlüssen ist der Olivin sehr arm;
es zeigen sich nur bei sehr starken Vergrösserungen kleine, meist
unregelmässig begrenzte Partikel, die braun durchsichtig sind; es ist
vielleicht Picot.it. Zirkel fand diesen in Olivinen der Basaltgesteine;
auch scheint es ja ein steter Begleiter der olivinführenden Gesteine zu
sein. Auch die Beobachtung von Zirkel, dass der Picotit im völlig
zersetzten Olivin noch frisch und unversehrt war, fand ich für die in
Rede stehenden Einschlüsse bestätigt: sie finden sich in den ganz
serpentinisirten Theilen des Schliffes anscheinend unverändert. Ihr opti-
sches Verhalten würde gleichfalls unserer Annahme nicht widersprechen.
Der Picotit wird uns übrigens noch einmal begegnen.
Das Gestein ist nicht überall von der gleichen Beschaffenheit.
An einigen Punkten, besonders über dem Leberthaie, zeigt es eine
dunkelbraunrothe Farbe und auf den Bruchflächen rundliche Erhaben-
heiten, auf Granat deutend, der aber im frischen Zustande selten ist.
Auf den Klüften hat sich der Serpentin, wie schon D eiesse beob-
achtete, als sogenannter edler Serpentin ausgeschieden, von hellgrüner
bis dunkelblaugrüner Farbe, muscheligem Bruche und vollkommen
homogenem Aussehen; da bei der Art der Bildung eine Verunreinigung
durch das Muttermineral ausgeschlossen war, so schien eine Analyse
erwünscht. Herr Schmidt hatte die Güte, dieselbe auszuführen und
fand: I.
i.
II.
Si02
— 39-96
39-96
MgO
= 37-41
37-41
CaO
= 0-26
FeO
= 6"66
5'26
A1203
= 0-63
Na20
= 0-72
Ka0
= 0-24
h2o
- 16"85
102-73
11-99
[7]
Die Serpentine der Yogesei
189
Leider konnte wegen der geringen Menge Materials, die zur Ver-
fügung stand, die Bestimmung der relativen Mengen von Oxyd und
Oxydul nicht vorgenommen werden. Auch zeigt sich durch den hohen
Wassergehalt als wahrscheinlich, dass andere wasserreichere Mineralien
sich mit dem Serpentine ausgeschieden haben.
Die Zahlen unter II. geben an, wie gross die von der Serpentin-
formel geforderten Mengen von Eisenoxydul und Wasser sind, wenn
man die Annahme macht, dass sämmtliche Kieselsäure und sämmtliche
Magnesia in der Verbindung sich befinden. Die Differenz des geforder-
ten von dem gefundenen Wassergehalte beträgt also fast fünf Procent.
Eine Prüfung mittelst» des Mikroskops ergab über die Natur der Bei-
mengungen keinen Aufschluss, da sich nur ein äusserst feines und
ungeregeltes Aggregat zeigte, in welchem individualisirte Mineralien
nicht hervortreten.
Ausser diesen Klüften mit edlem Serpentine fanden sich selten
makroskopische Chrysotilschnüre, und stets nur von winzigen Dimen-
sionen, im Schliffe bieten sie sich dagegen oft genug dar.
An einigen Punkten ist die Serpentinisirung weiter fortgeschritten;
das Gestein hat seinen Glanz verloren, ist speciflsch leichter geworden,
— die Bestimmung ergab 2'609 gegen 2 7 13, das specilische Gewicht
des frischesten Gesteins, — und zeigt eine mehr violette Farbe, ist
auch viel weicher. Im Schliffe zeigen sich dann die Olivinkerne in meist
parallelfaserige Aggregate, Chrysotil, verwandelt. Die Maschenstructur
tritt dadurch bei gekreuzten Nicols in Folge der Aggregatpolarisation
sehr deutlich hervor; bei gewöhnlichem Lichte dagegen ist sie oft nur
durch das beim Anfänge der Serpentinisirung ausgeschiedene opake
Mineral, welches man wohl als Magneteisen gedeutet hat, erkennbar.
Ob die letztere Bestimmung in allen Fällen, auch wo man, wie im vor-
liegenden, keinerlei Krystallformen sieht, richtig ist, dürfte, wie Rosen-
buseh1) andeutet, zweifelhaft sein. Man könnte hier vielleicht an eine
wasserhaltige Eisenoxydverbindung denken, zumal an gewissen Stellen,
wo dieses Mineral sehr fein, fast dilut, vertheilt ist, dasselbe braun-
röthlich durchscheinend wird. Auch die Prüfung mit dem Magnetstabe
führte zu keinem Resultate, da derselbe Nichts aus dem gepulverten
Gesteine auszog.
Schon Tschermak2) hat eine maschenförmige Anordnung dieses
Erzes im Serpentine beobachtet und zum Theil darauf seine drei
Stadien der Serpentinbildung basirt, in deren erstem allein die Aus-
scheidung von Erz vor sich geht. Eine Hauptbedingung scheint nun
dabei eine gewisse Grösse der Klüfte zu sein, welche den oxydirenden
Reagentien den Zutritt verschaffte, wenigstens findet man an den das
Gestein durchsetzenden, also im Verhältniss besonders grossen Spalten
das Erz in verhältnissmässig weit bedeutenderer Menge ausgeschieden
und sich liier nicht an das erste Stadium haltend, sondern die ganzen
Maschen des Serpentingeflechtes erfüllend.
Von accessorischen Mineralien finden sich im Schliffe unregel-
mässig begrenzte , gelbbraun bis roth durchsichtige Durchschnitte,
9 Mikr. Physiographie, p. 157.
2) Ueber Serpentinbildung, p. 7.
190
Bruno Weigand.
[8]
welche sich als regulär erweisen und daher auf Picotit oder Granat
deuten, denn diese beiden Mineralien pflegen in Olivingesteinen und
im Serpentin vorzukommen. In der That scheinen beide vorhanden zu
sein. Leider ist ihr Vorkommen in unserem Gesteine so spärlich, und
die Dimensionen, in welchen sie auftreten, so winzig, dass eine chemische
Prüfung nicht möglich war. Indess sprechen doch mehrere Umstände
für das Vorkommen beider.
Was nun zunächst den Granat betrifft, so ist sein Vorhandensein
unzweifelhaft. Derselbe findet sich im nordöstlichen Theile des Serpentin-
vorkommens auf der Höhe des Col du Marechal. Die Verwitterungs-
flächen zeigen hier oft eine Menge von warzenartigen, bis erbsengrossen
Erhabenheiten, wie sie bei andern Serpentinvorkommen, z. B. von
Zöblitz, den Granat verrathen, auch der Bruch des Gesteines deutet,
wie schon erwähnt, auf dieses Mineral hin. Indessen zeigt sich makro-
skopisch keine Granatsubstanz, vielmehr bietet sich auch im Innern der
Warzen die dunkle Farbe des Serpentin dar. Frisch trifft man den
ersteren selten, und dann nur auf Klüften ausgeschieden, also als Neu-
bildung an, von ausgeschiedenem Serpentin umgeben. Im Schliffe dieses
Gesteines zeigt sich, dass in scharf vom Serpentin abgegrenzten rundlichen
Stellen, welche die Durchschnitte jener Warzen darstellen, nur geringe
Trümmer rothbrauner Durchschnitte vorhanden sind, während der übrige
Raum dieser rundlichen Felder theils von grösseren Hornblendeindividuen,
durch Spaltungsrichtungen und Dichroismus kenntlich, theils von Sten-
geligen, von den Granattrümmern in der Mitte ausstrahlenden Aggre-
gaten eines farblosen bis bräunlichen Minerals erfüllt wird. Dieses letztere
möchte ich wegen seines Vorkommens auch zur Hornblende rechnen.
Jedenfalls spricht hier die ganze Lage der drei, resp. zwei Mineralien
zu einander für eine Umbildung des Granates in Hornblende. Eine
Association des Granates und der Hornblende ist ja oft beobachtet
worden. Fine genauere Beschreibung eines solchen Falles gab R.
v. Dräsche1) bei der Untersuchung gewisser Eldogite, in denen
anscheinend unversehrte Granatkrystalle von grossen Hornblendekrystallen
umwachsen waren, also in irgend einer Weise die Bildung jener beein-
flusst zu haben scheinen, ohne selbst Material zu derselben geliefert zu
haben. In unserem Serpentin nimmt aber die Hornblende den Platz des
Granat ein, ist also in dem sonst thonerdefreien Gesteine wohl Umwand-
lungsproduct aus jenem. Einen unter ganz ähnlichen Verhältnissen vor-
kommenden, aber noch frischen Granat von Narouel untersuchte Del esse2)
und fand darin u. A. 20% A1203, 22% MgO, 10% Fe203 und
4% CaO, ein Verhältniss, welches sich hinreichend demjenigen gewisser
Hornblenden nähert, um eine solche Umwandlung als wahrscheinlich
erscheinen zu lassen. Sicher ist, dass der Granat zum Theil zerstört
wurde, und wahrscheinlich, dass die Thonerde, ihrer Schwerlöslichkeit
wegen, zur Bildung einer neuen Verbindung an Ort und Stelle Ver-
anlassung gab.
Eine Veränderung etwas anderer Art hat der oben erwähnte, auf
Klüften ausgeschiedene Granat zum Theil erfahren, derjenigen ähnlich,
9 Ts eher male, Min. Mitth. 1871, II., p. 87.
2) Ann. des mines, XVIII, 1850,
[9]
Die Serpentine der Vogesen.
191
welche Del esse1) von Pertuis genau beschrieben hat: nämlich in ein
chloritisches Mineral, welches mit hellgrüner Kruste den frischen Granat-
kern umgiebt.
Nach dem Dorfe Bonhomme zu wird der Granat im Serpentin
seltener und scheint selbst ganz zu verschwinden. Dagegen zeigt der
Schliff hier jene andern Durchschnitte, welche mir Picotit zu sein
scheinen. Einmal nämlich treten die beschriebenen Umwandlungserschei-
nungen an demselben nicht auf, andererseits findet sich auf den Klüften
des Picotit, wie auch um ihn her opake Substanz in grosser Masse
ausgeschieden, was auf die Zersetzung eines sehr eisenreichen Minerals,
wie es' der Picotit ist, deutet.
Ferner ist der Picotit, abgesehen von dieser Erscheinung, übrigens
selbst im ganz zersetzten Serpentine noch vollkommen frisch, selbst da,
wo letzterer vollständig gebleicht und alles Erz aus ihm entführt ist,
Granat also der Wahrscheinlichkeit nach gleichfalls von der allgemeinen
Zersetzung ergriffen worden wäre. 2)
Ueberhaupt trägt das Gestein, besonders nach dem Dorfe Bon-
homme zu, den Charakter eines Olivinserpentins; neben dem Picotit
finden sieb accessorisch nur noch wenige Blättchen eines Plornblende-
minerals; in gleicherweise enthält z. B. der Olivinfels von Karlstetten
nach Tschermak nur wenig Picotit und Smaragdit neben dem Olivin.
Noch grössere Analogie zeigt der Bonhommer Serpentin mit dem Vor-
kommen von Gurhof3) wo ebenfalls der typische Olivinfels von gleicher
Zusammensetzung in granatreichen Olivinfels übergeht, dessen Granat
eine ganz ähnliche Umwandlung erfahren zu haben scheint, wie der
oben geschilderte der Vogesen. Das eine Extrem der Ausbildung des
bei Gurhof beobachteten Vorkommens, nämlich Eklogit, durch völliges
Zurücktreten des Olivin und durch Ueberhandnehmen des Granat und
Smaragdit auf Kosten jenes Minerals gebildet , welches Gestein die
Analogie, wenn es sich fände, vollkommen machen würde, scheint aller-
dings in den Vogesen zu fehlen.
Was nun die Lagerungsverhältnisse des Serpentins von Bonhomme
betrifft, so geht aus der Schilderung hervor, dass derselbe dem Gneisse
welcher in seiner Nähe ziemlich senkrecht einfällt, concordant eingelagert
erscheint, daher ist das Vorkommen als ein Lagergang oder Lager zu
bezeichnen.
Ein ganz dem beschriebenen in petrographischer Hinsicht ähnliches
Vorkommen von granatreichem Serpentine findet sich ausserhalb der
allgemeinen Streichrichtung, bei Heycot-Ferme. Ferner schliessen sich
demselben alle oder fast alle diejenigen Serpentine an, welche icli aus
der westlichen Gruppe nach Handstücken zu untersuchen Gelegenheit
hatte; nämlich die Serpentine von Cleurie, Chandray, Narouel und
St. Etienne. Alle diese sind Olivinserpentine. Sie führen auch Granat,
der oft noch sehr frisch ist, aber auch ganz zersetzt in ihnen vorkommt
1) Annales des mines, XVIII., 1850.
2) Allerdings ist der Granat von einigen Orten als sehr widerstandsfähig
bekannt: so die Meronitzer Pyrope, um welche herum nach Doelter (Min. Mitth.
I., 1873) oft der Serpentin ganz durch Kieselsäure ersetzt ist, ohne dass jene ver-
ändert wären. Dies ist jedoch sicher auf locale Einflüsse zurückzuführen.
8) Tschermak, Verbreitung des Olivin p. 18.
192
[10]
Bruno Weigand.
und sich dann in äusserst feinfaserige Aggregate umgewandelt zeigt,
deren einzelne Fasern zu sehr zierlichen fiederförmigen Büscheln ange-
ordnet sind, welche vom Mittelpunkte ausstrahlen. Die Farbe dieser
Pseudomorphosen ist ein schmutziges Violett. Ihre ausserordentliche
Feinheit verhinderte jegliche optische Untersuchung.
2. Serpentine von Starkenbach.
Oestlich von dem beschriebenen Vorkommen, etwa zwei Kilometer
entfernt, und vom Steilabfalle des Bluttenberges nur durch ein kleines
Thal getrennt, steht auf dem südlichen Abhange des Querk'ammes
zwischen Weiss- und Leberthal, über dem Dorfe Starkenbach (Faurupt)
ein Serpentingestein an, welches von dem ersteren wesentlich ver-
schieden ist.
Das Gestein erscheint hier mattschwarz und enthält eine Menge
von Krystallen eines sehr leicht nach einer Richtung theilbaren, braun-
gelben Minerales, zum Theil mit Messingglanze. Dasselbe zeigt theils
gerundete, theils deutlich sechsseitige Umrisse und erweist sich als ein
Glied der rhombischen Pyroxengruppe, der Enstatitreihe. Wir besitzen
von demselben eine Analyse durch Damour, der die Localität in
folgender Weise schildert: II se trouve en rognons engages dans une
Serpentine brune ä la base occidentale du rnont Bresouars sur Färbte
qui separe le Bonhomme de la vallee de Liepvre (Descloizeaux manuel,
pag. 45).
Nach seiner Analyse enthält der Broncit — denn als ein solcher
ist das Mineral wegen seines Eisengehaltes von 7’7°/0 zu bezeichnen —
Si02 = 5(F60 Prob.
MgO = 33-63 „
FeO = 7-72 „
A1203 = 0-60 „
ILO = 1-04 „
99-59 Proc.
Die durch den Gehalt an MgO FeO nach der Formel (Mg, Fe)
Si 03 geforderte Kieselsäure beträgt 5ß-880/0. Unter der Voraussetzung,
dass alles Eisen als Oxydul in der Verbindung ist, stimmt also das
Ergebniss der Analyse genau mit der Formel überein.
Ein Schliff aus einem möglichst grossen und homogenen Individuum,
senkrecht zur Verticalaxe geführt, diente zum Messen des Winkels der
optischen Axen, welcher sich in Oel zu 92° 28' als Mittel vieler Ab-
lesungen ergab, die innerhalb eines Grades schwankten. Leider misslang
die Anfertigung von tauglichen Durchschnitten senkrecht zu der optischen
Axenebene und parallel der Verticalaxe, also nach dem Makropinakoid
in der Bezeichnung von Rosenbusch, der Fläche (010) bei Ts che r-
mak, da gewisse noch zu besprechende störende Veränderungen ein-
zelner Partien der Krystalle gerade in dieser Richtung ihren Einfluss
ausüben. Daher ergaben sich keine direkten Zahlen zur Einreihung
unseres Bronzites in die Reihe, welche Tschermak nach dem Winkel
der optischen Axen geordnet hat ; denn daselbst sind die negativen
Axenwinkel benutzt, in der Fläche 010 gemessen. Rechnet man nach
den von Decloizeaux gegebenen Daten den hier gefundenen Axen-
[11]
Die Serpentine der Vogesen.
193
winkel um, so ergibt sich für den scheinbaren Winkel in Luft circa
78°; also für den Supplementswinkel 102° und für den negativen Axen-
winkel in Oel circa 122°.
Demnach wäre der Broncit von Starkenbach zwischen dem
Winkel in Oel Fe O-Gelialt
Bronzit von Leiperville mit 123° 38' 5'77 Proc.
und dem Bronzit von Ujadersoat 114° 14' 1P14 „
einzureihen, und zeigt mit dem Gesetze, dass der Eisengehalt mit der
Zunahme des optischen Axenwinkels wächst, eine genügende Ueberein-
stimmung, zumal in Anbetracht der Schwankungen, welchen dasVerhält-
niss zwischen den beiden Vergleichsdaten auch in den anderen Gliedern jener
Reihe bei Tschermak unterworfen ist. Wohl mit Recht hebt derselbe
hervor, dass der Grad der Zersetzung eine ziemliche Abweichung darin
hervorbringe. Auch für unseren Bronzit ist dies sicher der Grund der
nicht genauen Uebereinstimmung.
Im Schliffe zeigt derselbe die auch von andern Fundorten bekannten
Eigenschaften: die oft geschilderte treppenförmig rauhe Oberfläche bei
Schnitten mehr oder weniger schief zur Verticalaxe; vor Allem aber
eine feine Streifung parallel dieser Axe; ferner durch Sprünge ange-
deutete Spaltbarkeit nach dem Augitprisma und ebenso nach den Pina-
koiden, wenn auch nach dem Makropinakoid seltener und weniger
deutlich. Alle diese Spaltungsrichtungen sind auch makroskopisch als
solche wahrnehmbar. Die Streifung giebt sich bei starken Vergrösserungen
als durch sehr feine farblose Nadeln oder Röhren gebildet zu erkennen,
welche fast immer in bestimmten Ebenen parallel nebeneinander gelagert
sind, die wiederum einander und der Verticalaxe parallel den Krystall
durchsetzen und nach ihrer Lage zu den Auslöschungsrichtungen und
zu der prismatischen Spaltbarkeit derjenigen Absonderungsrichtung ent-
sprechen , welche wir oben als Brachypinakoid bezeichnet haben.
Tschermak1) hebt hervor, dass in dieser Richtung eine eigentliche
Spaltbarkeit wohl nicht zu bemerken sei, sondern die leichte Absonderung
wahrscheinlich durch die massenhaften Einlagerungen von dünnen Blätt-
chen parallel (100) bewirkt werde, die er regelmässig bei den Bronziten,
wie bei den Hypersthenen beobachtete. Auch Rosenbusch2) deutet an, dass
die verschiedenen Angaben über die pinakoidale Spaltbarkeit wohl durch
mehr oder weniger massenhaftes Auftreten von Interpositionen hervor-
gerufen worden seien.
Bei dem vorliegenden Bronzit ist nun die Spaltbarkeit durch die
scharfen in Richtung des Brachypinakoids hindurchsetzenden Sprünge
vollkommen gut angezeigt. Auch scheinen im Allgemeinen keine eigent-
lichen Interpositionen vorhanden zu sein ; wenigstens sind die sehr
langen feinen geradlinigen Gestalten, welche, wie schon gesagt, in
Ebenen parallel dem Brachypinakoid gelagert sind und oft sehr regel-
mässig in annähernd gleichen Zwischenräumen zu je 4 bis 6 Ebenen,
zwischen je zwei ihnen parallelen Spalten angeordnet sind, meist ganz
farblos, wie der Wirth, ferner sieht man bei Krystallindividuen, welche
durch den Schliff nahezu senkrecht zu der Verticalaxe getroffen wurden,
*) Mineral. Mittli. L, 1871.
2) Mikroskopische Physiographie p. 254.
Mineralogische Mittheilungen 1875. 3. Heft. (Br. Weigand.)
26
194
Bruno Weigand.
[12]
bei denen also auch diese Interpositionen nahe senkrecht stehen, mittelst
starker Vergrösserungen und besonders beim Aendern der Focaldistanz
durch Auf- und Niederschrauben, dass die Interpositionen cylindrisch
sind und oben kreisförmige Querschnitte haben. Nimmt man dazu, dass
ihre Begrenzung sehr scharf ist, so liegt der Gedanke nahe, dass es
holde Röhren seien, um so mehr, als dadurch dann auch eine andere
eigenthümliche Erscheinung ihre Erklärung findet.
Es erscheinen nämlich an den das Gestein durchsetzenden Sprüngen
und wiederausgefüllten Klüften, auf denen sich ein opakes Mineral,
vielleicht Magneteisen, ausgeschieden hat, in den auf die Spalte mün-
denden Röhrensystemen die einzelnen Röhren auf gewisse Entfernung
hin von jenem Minerale in unregelmässiger Weise erfüllt, als hätte
sich dasselbe von den Klüften aus in ihnen abgesetzt. Eine ähnliche
Erscheinung beobachtete Hagge1) beim Bastit, resp. Bronzit des Harz-
burger Schillerfels. Oft lässt sich beobachten, dass die Röhren nur zum
Theil und in einzelnen getrennten Partien von dem Erze erfüllt sind;
dadurch gewinnen sie den Anschein von Reihen einzelner Körner,
zwischen denen aber die verbindende Streifung zu sehen ist. Diese
feinen Röhren kommen nun am gewöhnlichsten in dem Brachypinakoid
parallelen Ebenen vor; sie finden sich aber auch in solchen, welche,
wie es scheint, zum Prisma gehören. Auch dann behalten sie der Ver-
ticalaxe parallele Lage bei.
Daher zeigt die Streifung stets eine Hauptschwingungsrichtung des
Krystalles an, und es tritt Dunkelheit ein, wenn bei gekreuzten Nicols
die Streifen einem Nicolhauptschnitte parallel liegen. Die Dispersion der
optischen Axen war eine so geringe, dass bei der schlechten Beschaffen-
heit des Materials die Natur derselben nicht festgestellt werden konnte.
Die Bestimmung des Axenwinkels geschah mittelst einer Natronflamme.
Neben dem Bronzit zeigt sich, meist nur spärlich, in einigen Schliffen
aber auch in grösserer Menge, bis ungefähr ein Viertel des Raumes
einnehmend, Olivin. Derselbe ist, je nach dem Zustande des Gesteins,
zum Theil sehr frisch, zum Theil in verschiedenen Stadien der Zer-
setzung begriffen, mit den bekannten Erzschnüren auf der ersten Zer-
setzungszone, während dieselben beim Bronzit gänzlich fehlen. Dann
tritt sparsam der Picotit auf, ebenfalls von Erz umgeben, und etwas
Hornblende (SmaragditV) in winzigen Blättchen.
Zwischen allen diesen Mineralien zieht sich nun der Serpentin
hin, in manchen Fällen nur sehr spärlich in dünnen Adern, den Olivin
und Bronzit umrahmend — das Gestein ist dann als Bronzitolivinfels
zu bezeichnen — in andern Schliffen dagegen mehr und mehr überhand
nehmend und den Bronzit, wie den Olivin, ersetzend, und zwar in einer
Weise , dass über die Umwandlung beider in ihn kein Zweifel
obwalten kann.
Auch in den Bronzit dringt er oft auf Spalten ein, wie in den
Olivin. Zugleich aber scheint die Serpentinisirung oft die ganzen Krystalle
an allen Theilen zugleich anzugreifen, auf allen Punkten im Innern
gleichzeitig zu beginnen, während sie von Aussen nach Innen vorrückt,
so dass oft grosse Krystallindividuen gänzlich zu einer grünen Masse
*) Mikroskopische Untersuchung über Gabbros. 1871, p. 27.
[13]
Die Serpentine der Vogesen.
195
umgewandelt sind mit noch erhaltener feiner Streifung und ohne die
Zonen des Olivin, die Spuren einer schrittweisen Umwandlung zu zeigen.
Diese Pseudomorphosen sehen dann dem Bastit von Todtmoos sehr
ähnlich, zeigen auch die rhombische Natur noch, im Uebrigen aber bei
gekreuzten Nicols das bunte Farbengemisch der Aggregatpolarisation.
Es scheint demnach, dass hier, wie Tschermak1) die gleiche Erschei-
nung bei dem aus Protobastit entstandenen Bastit erklärt, sich zwischen
dem Zersetzungsproducte noch Bron zitsubstanz in hinreichender Menge
und Vertheilung befindet, um der Masse den Anschein eines optisch
individualisirten Körpers zu verleihen, während das secundäre Product
sich als sehr schwach doppeltbrechend (aber keineswegs als amorph')
verhält. Die oben beschriebene Röhrenstructur gewährt ohne Zweifel
die Möglichkeit und damit die Erklärung einer derartigen viele Theile
im Innern des Krystalles zugleich angreifenden Umwandlung. In der
That zeigt sich oft bei Individuen, welche annähernd der Basis parallele
Durchschnitte darbieten, und in denen daher die Röhrensysteme, stark
verkürzt erscheinend, zwischen sich einen grösseren Raum compacter
Krystallmasse lassen, diese letztere noch frisch und homogen, während
die jenen ersteren benachbarte Substanz bereits durch Farbenspiel und
Hellbleiben zwischen gekreuzten Nicols und bei Parallelstellung, zeigt,
dass hier die Zersetzung bereits ihren Anfang genommen hat. Diese
selben Krystalle würden darnach sicher, nach dem Pinakoid getroffen,
die oben beschriebene Structur zeigen, da sich dann Schichten frischer
und umgewandelter Substanz decken. Noch eine Erscheinung will ich
anführen, die ebenfalls damit in Einklang steht. Bei Dunkelstellung
anscheinend homogener Krystalle sieht man oft scharfe helle Linien
parallel der Streifung: es sind die von der Zersetzung bereits ergrif-
fenen Umgebungen einzelner Röhren; da dieselben Linien niemals dunkel
werden, so ist es nicht wahrscheinlich, dass sie durch Krystal Inadeln
oder ähnliche Einlagerungen bewirkt werden.
Wie es scheint, giebt der Bronzit zu Bildung von Erz trotz seines
hohen Eisengehaltes nicht Veranlassung; denn während der Olivin, wie
erwähnt, die Erzschnüre regelmässig zeigt, sind im selben Schliffe die
Bronzitindividuen gänzlich frei davon. Wo dagegen dasselbe sich auf
Klüften ausgeschieden hat und in der bereits besprochenen Weise in
die Hohlräume der Bronzite eingedrungen ist, findet es sich auch noch
nach der vollständigen Serpentinisirung in genau derselben Lage vor
und giebt den betreffenden Stellen des Schliffes ein sehr regelmässig
dunkel schraffirtes Ansehen, dessen Entstehung ohne die angeführten
Beobachtungen räthselhaft wäre. Der Picotit ist auch hier von Erz in
grosser Menge umgeben. Er zeigt denselben Habitus, wie bei Bon-
homme und oft Einschlüsse von regelmässig sechs- und vierseitigem
Umrisse, die bei der intensiv rothbraunen Färbung des Wirthes ohne
wahrnehmbare Eigenfarbe sind. Da dies auch hinsichtlich der grössten
der Fall ist, ihre Umrisse sehr dunkel, und sie selbst, je kleiner, desto
dunkler sind, so dürften es Hohlräume, negative Krystalle, sein, womit
sich die Formen wohl vereinigen lassen.
‘) Tscher mak’s Mineralogische Mittheiluugen, 1871, Heft 1, p. 21.
26*
196
Bruno Weigand.
[14]
Mau bemerkt nun noch zuweilen kleine unregelmässige. Durch-
schnitte mit scharfer, ziemlich gleichmässiger und dichter Streifung,
welche bei gekreuzten Nicols Dunkelheit zeigen, wenn die Streifen etwa
45° mit den Nicolhauptschnitten machen; dies deutet auf ein mono-
klines Mineral hin, auf Diallag, welcher ja in dieser Vergesellschaftung
keine ungewöhnliche Erscheinung mehr ist. Derselbe findet sich unter
Anderm zusammen mit Bastit und Olivin auch im Todtmooser Serpentin ;
mit Bronzit und Olivin in gewissen Forellensteinen.
Schliffe von gänzlich umgewandeltem Gesteine zeigen nun eine
den obigen Beobachtungen entsprechende Structur: einzelne Partien,
durch Chrysotil unregelmässig gegittert und ein Netz von Erz ent-
haltend, lassen auf ihre Entstehung aus Olivin schliessen; andere Theile,
den grössten Raum im Schliffe einnehmend, bilden ein regelloses Durch-
einander parallelfaseriger Aggregate, von amorph scheinenden, also sein-
schwach doppeltbrechenden Partien durchsetzt: der Rest des Bronzit.
Irgend welchen andern Unterschied von dem Umwandlungsproducte des
Olivins, aus welchem man auf zweierlei Substanzen schliessen müsste,
zeigt dieser Rest aber nicht; Serpentin ist hier das Endproduct beider
in so verschiedenen Verhältnissen zusammengesetzten Mineralien.
Der Serpentin von Starkenbach erscheint demnach entstanden aus
einem Gesteine, welches hauptsächlich aus Bronzit und in geringerer
Menge Olivin zusammengesetzt war und sich noch daselbst findet, mit
Pieotit, Hornblende und Diallag als accessorischen Mineralien, welches
sich demnach an gewisse Forellensteine, bis auf den fehlenden Anorthit,
anschliesst. Hagge a. a. O. schildert Harzburger Gesteine, die damit
Uebereinstimmung zeigen. Der Zusammensetzung nach scheint ihm auch
der von Dräsche beschriebene Bronzitfels von Heiligenblut und
Matrey nahe zu stehen. Derselbe scheint aber allerdings ganz anders
ausgebildet zu sein, so dass er im Schliffe einen andern Anblick dar-
bietet.
Jedenfalls werden sich unter den Serpentinen anderer Fundorte
ähnlich ausgebildete Gesteine finden. So scheinen gewisse Serpentine
von Todtmoos aus Bronzitfels entstanden zu sein.
Das Starkenbacher Vorkommen, local ganz beschränkt, liegt im
Gneiss, wie der Serpentin von Bonhomme. Da aber der letztere zum
grössten Theile aus Olivin, einem Singulosilikat, ersterer dagegen aus
einem Bisilikat entstanden ist, so ist ein genetischer Zusammenhang
der primären Gesteine, etwa ein gleicher Heerd der Eruption, nicht
wahrscheinlich, trotz der geringen Entfernung beider.
3) Tschermak, Mineralogische Mittheilungen, I., 1871.
[15]
Die Serpentine der Vogesen.
197
3. Der Serpentin des Kauenthals.
Im Rauenthale, welches sich nach Nordosten öffnet und sich um
das Granitmassiv des Bluttenberges auf der Nordwestseite desselben
herumzieht, reicht der Gneiss an der rechten Thalwand bis etwa zu
zwei Dritteln der Höhe hinauf, ein sanftes Gehänge bildend ; bedeutend
steiler erhebt sich von da an der Granit. Das Streichen des Gneisses
fällt ungefähr mit der Richtung des Thaies zusammen ; sein Fallen vom
Granit ab, also nach Norstwesten, beträgt etwa 30 bis 50°. An der
Grenze von Gneiss und Granit, in ungefähr gleichbleibender Höhe an
der Thalwand hinstreichend, findet sich in einem Seitenthälchen über
dem Dorfe Fanoux Serpentin anstehend. Seine Spuren finden sich am
Bache entlang als Blöcke weithin zerstreut und führen von unten
herauf sicher zum Anstehenden. Die geologische Karte des Haut-Rhin
von Köchlin-Schlumberger gibt als Serpentingebiet ziemlich genau
das Verbreitungsgebiet der Blöcke an, während nur die südöstliche
Grenze des dort eingezeichneten Gebiets das Anstehende trifft. Die
grösste Breite des Serpentinanstehenden ist ungefähr 30 Schritte, während
die Längenausdehnung an 500 Schritte beträgt.
Der Gneiss zeigt auch hier zum Theile jene schon beschriebene
leptynitartige Ausbildung, besonders unten im Thale. Mit den so aus-
gebildeten Lagen wechseln dann aber andere, in denen theils Glimmer,
theils Hornblende auftritt; diese letztere gewinnt nach und nach die
Oberhand und führt so das Gestein durch Amphibolgneiss in reinen
Hornblendefels über, der aber die Schichtung des Gneisses beibehält.
Dieser Amphibolit, meistens schwärzlich wie die Hornblende im Gneisse
selbst, nimmt in der Nähe des Serpentins ein anderes Aussehen an :
er zeigt sich von hellerer Farbe, schön grün, die einzelnen Individuen
blätterig und halbmetallisch glänzend. In diesem Gesteine finden sich
nun kleinere und grössere Fetzen von Serpentin ein, die mattschwarz
und gegen die Hornblende undeutlich abgegrenzt sind. In wieder andern
Stücken gewinnen dieselben die Oberhand und so bieten sich alle mög-
lichen Uebergangsstadien zu dem vollkommen reinen Serpentin dar.
Der Serpentin unterscheidet sich in seinem Aeusseren in wesentlichen
Punkten von den bereits beschriebenen: er zeigt nämlich deutlich eine
stengelig plattige Absonderung, grosse Weichheit, und ist ganz durch-
schwärmt von winzigen, matt silberglänzenden Blättchen oder Schüpp-
chen ohne deutliche Umrisse. Dieselben sind gleichfalls sehr weich und
theils parallel angeordnet und zu grösseren Schichten gruppirt, so dass
sie dem Gesteine ein geschichtetes Aussehen verleihen, theils durch-
dringen sie auch ganz regellos die Masse. Die mikroskopische Unter-
suchung hatte nun festzustellen, ob hier eine Umbildung des Amphibolit
in Serpentin vorliegt oder ob ein Gemengtheil des Amphibolit die
Bildung des Serpentins veranlasst habe.
Im Schliffe bietet der letztere ebenfalls einen von dem gewohnten
gänzlich abweichenden Anblick dar. Bei gewöhnlichem Lichte zeigt er
sich als eine fast homogene, hellgrüne, von Erzschnüren gänzlich freie
Masse, in welcher sich schmale, wasserhelle, längliche Durchschnitte,
ferner dergleichen grössere, rundliche Partien befinden, beide stets mit
198
Bruno Weigand.
[16]
opaker Masse, besonders an den Rändern, aber auch in der Mitte,
bedeckt. Dieses Erz findet sich in der grünen Masse nicht in regel-
mässiger Anordnung, sondern zu grösseren Mengen angehäuft und
andere Stellen frei lassend.
Andere parallelbegrenzte, gleichfalls wasserhelle Durchschnitte sind
frei von Erz und zeigen eine Structur, welche wohl am besten durch
den Vergleich mit einem Fenster bezeichnet wird: sie sind nämlich nach
zwei aufeinander senkrechten Richtungen von jener grünen Masse, dem
Serpentin, in schmalen, gerade verlaufenden Streifen durchdrungen. Die
Streifen der einen dieser Richtungen sind einander sehr genähert, laufen
der Längsrichtung der Durchschnitte parallel und setzen durch den
ganzen Krystall hindurch. Die andern dagegen, unregelmässiger, ver-
binden meist nur je zwei von jenen. Es wird dadurch ein Bild
geschaffen, welches äusserst charakteristisch ist, zumal es sich stets in
gleicher Weise wiederholt. (Fig. 1.)
Fig. l. Fig. 2.
Im polarisirten Licht bei gekreuzten Nicols zeigt sich dieselbe
gitter- und fensterförmige Structur über das ganze Gesichtsfeld ver-
breitet, (Fig. 2) und zwar durch helle Streifen, die aus dunklem Grunde her-
vorleuchten. Wir sehen jetzt, dass wir es mit einem Serpentin zu thun
haben; die Gitter werden durch Chrysotiladern gebildet, welche sich
wegen der parallelen Lagerung der einzelnen Fasern wie Durchschnitte
von Krystallindividuen verhalten. Sie umrahmen andere, wenig Licht
durchlassende, also durch unregelmässige Anordnung feiner Aggregate
schwach doppeltbrechende Massen, wie dasselbe bei den serpentinisirten
Olivinkernen der Fall ist. Die wasserhellen Durchschnitte erweisen sich
als zweierlei Natur: die langen Leistchen und breiten Flächen mit aus-
geschiedenem Erze gehören Einem Mineral an, nämlich jenen makro-
skopisch sichtbaren, hellen, glänzenden Blättchen. Da die ersteren dieser
Durchschnitte bei Stellung parallel einem der Nicolhauptschnitte dunkel
werden, die anderen bei gekreuzten Nicols stets dunkel bleiben, so ist
das Mineral einaxig. Dies zusammen mit den bereits erwähnten Eigen-
schaften deutet auf Chlorit.
[17]
Die Serpentine der Vogesen.
199
Um die Richtigkeit der Bestimmung chemisch zu prüfen, wurde
eine Partialanalyse versucht, indem das gebeutelte Pulver mehrere Tage
lang der Einwirkung einer sehr verdünnten Salzsäure ausgesetzt wurde.
Von 3 • (1 7 8 Gramm der Substanz ergab sich ein Rückstand von 0-2599
Gramm (also ungefähr Q15 der angewendeten Menge), der durch sein
glänzendes Aussehen vermuthen liess, dass er aus jenen hellen Blättchen,
wenn nicht ganz, so doch zum grössten Theile bestehe. Auch eine
Schätzung nach der makroskopischen und mikroskopischen Betrachtung
würde einen ähnlichen Gehalt des Gesteins an jenem blätterigen Mineral
ergeben. Lösung wie Rückstand wurden für sich analysirt und ergaben
in der That eine wesentlich verschiedene Zusammensetzung.
Die Analyse ergab:
I. Lösung.
II. Rückstand.
Si02
37.706
31.098
MgO
36.602
26.714
CaO
1.677
5.470
NiO
Sp.
Sp.
Fe203
10.428
8.847
A1203
0.201
12.701
Differenz
10.386
15.170
100.000
100.000
das Ergebniss der Bauschanalyse hinzu-
36.944
36.022
1.393
3.956
6.868
1.353
13.089
99.625
Dieses Ergebniss gestattet, bei der Partialanalyse die Differenzen
lediglich als Wassergehalt in Anschlag zu bringen. Bedenkt man, dass
der Rückstand etwa Vis der gesammten Quantität beträgt, so sieht
man, dass beide Serpentinanalysen genügend übereinstimmen. Ferner
ergibt sich bei Vergleichung mit anderen Chloritanalysen eine genügende
Uebereinstimmung für die Zusammensetzung des Rückstandes (II), um
die Bestimmung als Chlorit als sicher zu betrachten. Dagegen erscheint
eine genaue Berechnung der Formel wegen der immerhin unvollkommenen
Trennungsmethode, sowie wegen des Mangels einer Eisenoxydulbestim-
mung zwecklos.
Da beim Glühen in Kaliglas die anwendbare Hitze nicht ausreicht,
um das Wasser ganz aus dem Serpentine zu treiben, so wurde der
Glühverlust bestimmt, das zur Oxydation des Eisenoxyduls nöthige
Quantum Sauerstoff mit in Rechnung gebracht und so der wegen jener
Oxydation zu klein gefundene Wassergehalt corrigirt.
Man sieht, dass die Thonerde des Gesteines zum grössten Theile,
wenn nicht ganz, dem chloritischen Minerale angehört. Mit dem Kalk
ist dasselbe der Fall. Kalk in Vertretung der Magnesia ist, wenn auch
Zur Vergleichung sei
gefügt:
Si02
MgO
CaO
FeO
Fe203
A1203
HoO
200 Bruno Weigand. [lg]
beim eigentlichen Chlorit in dieser Menge nicht bekannt, so doch in der
Glimmergruppe nicht ungewöhnlich.
Berechnet man, die ganze Menge der Si0.2 und MgO als zum
Serpentin gehörig angenommen, die zur Ergänzung nöthige Menge FeO
und H20 nach der Formel H2Mg3Si208 + aq., aus dem Resultat (I)
der Partialanalyse, so erhält man folgende Zahlen, wobei nach dem
Resultate der Bauschanalyse das FeO = 3-95Ö°/0 angenommen ist :
Lösung.
Berechnet.
I.
II.
Si02
—
37.706
37.706
MgO
—
36.602
36.602
CaO
—
1.677
FeO
—
3.956
1.9836
Fe203
6.032
ai2o3
—
0.201
ii2o
13.386
11.3121
Die Analyse zeigt also in Uebereinstimmung mit der mikrosko-
pischen Untersuchung eine grosse Menge Eisen, welches nicht im Ser-
pentinmolekül enthalten , sondern als Magneteisen und wasserhaltige
Eisenoxydverbindungen im Gesteine vertheilt ist.
Das zweite individualisirte Mineral im Serpentin, jene wasserhellen,
parallelbegrenzten Krystalle mit Gitterstructur, erweisen sich vom Chlorit
verschieden; denn sie werden zwischen gekreuzten Nicols dunkel, wenn
die geradlinigen Begrenzungen, weiche seine Längsausdehnung bestimmen,
einen Winkel von 15 — 20° mit dem Hauptschnitte eines Nicol machen;
ferner zeigen sie sehr lebhafte einheitliche Interferenzfarben. Endlich
finden sich auch, wenngleich seltener, Durchschnitte, die von zwei gleicli-
werthigen Systemen jener grünen , gerade verlaufenden Adern, u. zw.
unter einem Winkel von circa 55°, resp. 125° durchsetzt werden. Dem-
nach ist dieses Mineral Hornblende. Die Längsspalten, auf denen der
Serpentin eingedrungen ist, gehören der prismatischen Spaltbarkeit an;
die querlaufenden, kurzen, verbindenden Adern entsprechen der bei
hellen, stark nach der \rerticalaxe ausgebildeten Hornblenden, wie dem
Strahlstein, häufig beobachteten Absonderung senkrecht zu jener Axe.
Die zuletzt beschriebenen Durchschnitte sind Schnitte annähernd senk-
recht zu derselben Axe, und zeigen deshalb durch die Richtung der
Spaltung den Prismenwinkel von 124°.
Es sind also die Hornblende-Individuen auf den Spalten von Ser-
pentin, und zwar von Chrysotil durchzogen. Wie beim Olivin ist letzterer
das erste Product der Umwandlung ; auf den ersten Klüften und Spalten
fand er den nöthigen Raum, dessen er bedurfte, um seine Fasern zu
bilden. Wir haben schon geschildert, dass man im Serpentine selbst
mittelst des polarisirten Lichtes den Chrysotil in derselben Anordnung
überall wiederfindet, wie in der Hornblende, nämlich in parallelfaserigen
Aggregaten, welche sich unter rechten Winkeln und Winkeln von circa
124° schneiden. Aus diesem Verhältniss von Serpentin und Hornblende
zu einander, aus der Structur des Serpentins, wie sie sich in allen
Schliffen wiederholt, geht unzweifelhaft hervor, dass der letztere das
Umwandlungsproduct aus der ersteren ist, dass wir also hier einen in
[191
Die Serpentine der Vogesen.
201
grossen Massen auftretenden Serpentin haben, der aus -.Amphibolit ent-
standen ist. Auch lassen sich alle Zwischenstadien von der frischen
Hornblende an bis zu der vollständigen Pseudomorphosirung beobachten.
Ebenso wird die makroskopische Beschaffenheit dieses Serpentins, wie
sie pag. 197 geschildert ist, durch diese Entstehungsart erklärlich.
Vom Olivinserpentin unterscheidet er sich durch mehrere wichtige
Kennzeichen. Einmal fehlen hier gänzlich Erzschnüre und damit ver-
schieden gefärbte Zonen. Dann aber sind hier die einzelnen von Chry-
sotil umrahmten Kerne, die aus einem verworren faserigen, schwach
doppeltbrechenden Gemenge von Serpentinfasern bestehen, stets parallel-
epipedisch, da sie dem Prisma mit der dazu senkrechten Ebene ent-
sprechen, während sie beim Olivin durch unregelmässige Sprünge ent-
standen sind und daher ein ganz regelloses Maschenwerk bilden. Ferner
fehlen hier im Hornblendeserpentin gänzlich die für den Olivinserpentin
so charakteristischen accessorischen Mineralien, über die bei den vor-
her beschriebenen Serpentinen gesprochen wurde.
Es erschien nun von Interesse, einige Klarheit über diese Umwand-
lung und die dabei stattgehabten Processe zu gewinnen Leider liess
sich die Hornblende aus den Stücken, in welchen ihr bereits Serpentin
beigemengt war und sie daher augenscheinlich das Material zur Ser-
pentinbildung darbot, nicht hinreichend isoliren, um eine Analyse mit
reinem Material zu gestatten. Es wurde daher jenes hellgrüne Horn-
blendegestein, welches sich nur in der Nähe des Serpentins fand und
selbst Spuren von letzterem Mineral zeigte, analysirt und ergab: 1 und II.
Mittel
I.
II.
III.
IV.
Si02
40.133
46.681
46.407
MgO
26.168
26.336
26.252)
CaO
10.254
11.03
10.642 1
1.7512
FeO
2.107
2.107
2.107)
-
Fe,03
4.854
4.445
4.649
1.7448 X 2
A1,03
6.727
6.727
h20
3.584
3.584
99.827
100.369
Die Zusammensetzung entspricht also einer Mg O-reichen Horn-
blende. Der Wassergehalt deutet auf die auch makroskopisch beobachtete
Umwandlung hin, da derselbe höher ist, als die geringe Menge Wassers,
welche die Hornblende-Analysen meist ergeben. Unter IV sind die
Zahlen berechnet, welche sich für die MgO, CaO und FeO einerseits,
Si02 und A12Os andererseits als Sauerstoffverhältniss ergeben. Das
Eisenoxyd ist zum Theil wohl als ausgeschiedenes Erz in Rechnung zu
bringen, wie sich solches in der Tliat im Schliffe zeigt, zum Theil ver-
tritt es eine äquivalente Menge A1203. Eine genauere Berechnung ist
wegen der erwähnten Umbildung und Beimengung nicht thunlich. Jeden-
falls zeigen die Zahlen, dass wir es in der Tliat mit einem Körper der
Amphibolgruppe zu thun haben, wie dies ja auch die optische Unter-
suchung und die übrigen physikalischen Eigenschaften bewiesen.
Mineralogische Mittheilungen 1875. 3. Heft. (Br. Weigand.) 27
202 Bruno Weigand. [20]
Was nun den Umwandlungsprocess in Serpentin betrifft, so ergibt
eine Gegenüberstellung behufs Vergleichung
Serpentin
mit Chlorit ohne Chlorit
Hornblende
Si02
36*94
37-71
46-41
MgO
36-02
36-60
26-25
CaO
1-39
1-68
10-64
FeO
3-96
3-96
2-11
Fe203
6-87
6-03
4-65
ai2o3
1-35
0-20
6-73
h20
13-09
13-39
3-58
zuerst, dass im Verhältniss der Gehalt an Kieselsäure abgenonnnen, der
Magnesiagehalt dagegen zugenommen hat. Was die Abnahme des Kalk-
gehaltes betrifft, so führt Roth (a. a. 0. pag. 351) Beobachtungen von
Schee rer an, wonach bei der Umwandlung des Diallags von der Baste
in Serpentin mittelst der Analyse nachgewiesen wurde, dass der ungefähr
20 Proc. betragende Gehalt an Kalk im Laufe des Processes ganz ver-
schwindet. Ebenso gehen die 10 Proc. Kalk der Hornblende ganz fort
bei der Serpentinbildung, denn die Analyse des Chlorites, welcher
5-5 Proc. Kalk enthält, zeigt, dass der Kalk des Gesteines fast ganz
dem Chlorit angehört.
Der Chlorit ist aber entschieden eine Neubildung in dem Ser-
pentine; er hat sich während des Umwandlungsprocesses gebildet; dafür
spricht sein ganzes Vorkommen im Gestein, seine unversehrten scharfen
Umrisse, sein Auftreten auf Absonderungsflächen, verglichen mit dem
Fehlen desselben im Hornblendegesteine. Auf eine spätere Bildung
deutet auch die ihn stets begleitende Erzausscheidung. Der Kalk ging
also bei der Umwandlung, so weit er nicht fortgeführt wurde, zum
grossen Theile in den Chlorit über; ein Gleiches ist von dem Verhalten
der Thonerde zu sagen. Die Hornblende enthält über 6 Proc. A1203,
der Serpentin 0'2 Proc., der Chlorit an 13 Proc. Es scheint demnach,
dass die Thonerde wegen ihrer Schwerlöslichkeit zur Bildung des
Chlorites, eines thonerdereichen Silicates, Anlass gegeben hat. Immerhin
ist damit nur erst der Verbleib eines kleinen Theiles derselben nach-
gewiesen. Es bleiben daher nur zwei Möglichkeiten der Erklärung:
entweder ist durch besonders günstige Umstände die übrige Thonerde
in der That fortgeführt worden, dafür würden gewisse Anhäufungen des
Chlorites sprechen, die sich zerstreut als Kluftausfüllungen im Serpentin
Anden ; oder der analysirte Serpentin entstand aus einer thonerdeärmeren
Hornblende, resp. würde die analysirte Hornblende einen chloritreicheren
Serpentin liefern. In der That erscheint es nicht unwahrscheinlich,
dass, so wie die analysirte Hornblende bereits einen verhältnissmässig
geringen Thonerde-, grossen Magnesiagehalt aufweist, sich dort Schichten
befunden haben, in denen erstere in noch geringeren Mengen vorhanden
war und die dann ein für die Serpentinbildung noch mehr geeignetes
Material darstellten. Vielleicht spricht für eine solche Annahme der
[21]
Die Serpentine der Vogesen.
203
Umstand, dass die mit dem Serpentin verwachsene Hornblende im Aus-
sehen zum Verwechseln den thonerdefreien Gliedern der Pyroxenreihe,
wie dem Eustatit, gleicht, wenngleich der Prismenwinkel von 124° und
die optischen Eigenschaften sie unter die monoklinen Amphibole ver-
weisen. Aus der Thatsache, dass die Thonerde der Hornblende gänzlich
in den Chlorit übergegangen ist, ergibt sich eine interessante Bestäti-
gung der Ansicht, dass die scharfe Trennung des thonerdefreien Ser-
pentins von den ähnlich aussehenden , aber thonerdehaltigen Hydraten
der Magnesiasilicate, wie dem Pseudophit u. s. w., eine naturgemässe ist.
Die bereits geschilderten Lagerungsverhältnisse des Serpentins
stehen mit seiner Entstehung im besten Einklänge; er liegt im Amphi-
bolit und im Streichen des Gneisses, er ist also ein umgewandelter
Schichtencomplex von Hornblendefels. Es steht mit Sicherheit zu erwar-
ten, dass Serpentine ähnlicher Entstehung sich in Gneissgebieten in
Menge finden werden ; wenigstens entspricht bei vielen Vorkommen, von
denen wir eine Schilderung der Lagerungsverhältnisse besitzen , diese
letztere in frappirender Weise dem hier geschilderten Falle.
Um nur ein Beispiel zu erwähnen , so schildert G ti m b e 1 *) in
der Beschreibung des ostbayerischen Grenzgebirges die Serpentine fast
stets als im Gneisse mit Hornblendegestein, Chlorit und Talk vor-
kommend, so dass es scheint, als befänden sich dort solche Serpentine
wie der eben geschilderte.
Wie wir somit gesehen haben, bietet das Serpentingebiet um den
Bluttenberg Serpentine sehr verschiedener Entstehung und Ausbildung
dar, denen nur die Lagerung im Gneisse gemeinsam scheint. Durch
letztere unterscheiden sie sich sogleich wesentlich von dem Serpentine
des südlichen Vorkommens, zu dem wir uns nun wenden.
Serpentine des Amariner Thals.
Das Amariner Thal wird von der Thur durchflossen. In seinem
oberen Laufe fliesst dieser Bach auf der Grenze von Granit rechts und
Grauwacke links hin und tritt dann kurz vor dem Flecken Odern in
das Gebiet der letzteren ein. Hier findet sich der Serpentin, nahe dem
Granit, im Uebergangsgebirge an mehreren Punkten: auf der rechten
Seite ein kleines Vorkommen am Felleringer Kopf auf der Landesgrenze
und ein sehr bedeutendes auf dem Thalhorne, einem Berge, an dessen
Fusse der Flecken Odern liegt; auf der linken Seite ein sehr unbedeu-
tendes Vorkommen am Trehkopfe.
‘) Ostbayerisches Grenzgebirge, 1868.
27*
204
Bruno Weigand.
[22]
Dieser letztere Serpentin enthält Bronzit und erweist sich bei
der mikroskopischen Untersuchung als verschieden von den andern
beiden, dagegen petrographisch eng verwandt dem Serpentine von Star-
kenbach; auch liegt er vielleicht im Gneiss, da sich in der Nähe
Blöcke von letzterem Gesteine finden. Er wird uns daher nicht weiter
beschäftigen.
Das Thalhorn bei Odern, von dem Köchlin-Schlumbe r g e r Q
ein Profil gibt, besteht in seinem nordwestlichen Tlieile aus Granit, im
Uebrigen aus Grauwacke , die aber mehrfach von Granitgängen durch-
setzt ist. Der ganze Berg ist mit Felsen und grossen Blöcken wie
besäet, und zwar zeigen diese einen sehr wechselnden petrographischen
Charakter, eine in dem sonst sehr einförmigen Gebiete auffallende Tliat-
sache; theils sind es Granit-, theils sehr verschiedenartig ausgebildete
Grauwackenblöcke, bald Gabbro oder Serpentin, dann wieder grobe
Conglomerate und talkige Schiefer, Leptynit und hornfelsartige Gesteine,
so dass es nicht leicht ist, sich von den wirklichen Verhältnissen dieser
verschiedenen Felsarten zu einander ein richtiges Bild zu machen.
Der Gabbro und der Serpentin von Odern sind von Delesse
ausführlich in den Annales des mines beschrieben worden, und wir
besitzen Analysen des Feldspath, des Diallag und des Chrysotil von
ihm. Delesse schilderte, den Anschauungen seiner Zeit gemäss, den
Serpentin als entstanden aus dem Feldspathe.
Sicher ist, dass der Serpentin im engsten Zusammenhänge mit
dem Gabbro steht, denn man findet beide nicht nur local stets zusammen,
sondern sie enthalten auch dieselben Mineralien. So trifft man in jedem
derselben grosse Individuen von Diallag und von zersetztem Feld-
spathe an.
Der Gabbro, welcher nach der Grenze gegen die umgebende Grau-
wacke hin oft Einschlüsse von Geschieben anderer Gesteine zeigt, ist
zum Theil ein grobkörniges Gemenge von Feldspath, Diallag und Quarz,
gewöhnlich aber gesellt sich dazu eine graue Substanz, in der jene
Mineralien wie in einer Grundmasse eingebettet liegen, und zwar in
sehr wechselndem Verhältniss, so findet man theils den Diallag weit
vorherrschend , theils den Feldspath allein. Endlich können beide
Mineralien verschwinden und jene Substanz bildet dann allein das
Gestein, von Quarz durchwachsen. Das Mikroskop bestätigt, dass der
Feldspath sehr zersetzt ist; es zeigt ferner, dass der Diallag auch hier
die bekannte feine Streifung und in Ileihen geordnete, unregelmässig
begrenzte, opake Interpositionen enthält. Die graue Substanz erweist
sich als ein verfilztes Durcheinander von Krystallnadeln, deren optische
Eigenschaften, da sie sich wegen ihrer Feinheit nicht isoliren dessen,
nicht mit Sicherheit festgestellt werden konnten. Indessen spricht das
ganze Aussehen und die Ausbildung dafür, dass wir es hier mit einer
amphibolitischen Verbindung zu tlmn haben. Leider war eine Isolirung
der mit Quarz imprägnirten Substanz nicht möglich.
') Desei', geol. et min. du dop. du Haut-Rhin, Fig. 31.
[23]
Die Serpentine der Yogesen.
205
Diese feinfaserige Hornblende scheint es nun zu sein, welche hier
das Material zur Serpentinbildung geliefert hat. Einmal nämlich findet
sich der Serpentin ganz in derselben Weise wie jene, grosse Krystalle
von Diallag enthaltend, wie oben geschildert; dann findet man auch
den Amphibolit mit dem Serpentin verwachsen und von Adern desselben
durchzogen. Makroskopisch wie im Schliffe ist dann wegen der Feinheit
der Amphibolnadeln einerseits, des Serpentinaggregats andererseits eine
scharfe Grenze nicht wahrzunehmen. Die Mikrostructur unterstützt
unsere Annahme, denn der Serpentin zeigt nirgends mit Ausnahme der
serpentinisirten Diallagkrystalle, charakterisirt durch die meist erhaltenen
Interpositionen, Verhältnisse, die auf eine Entstehung aus grösseren
Krystallindividuen hinwiesen, wie etwa die vorhergeschilderten Serpen-
tine. Diese Thatsache macht es allerdings unmöglich, hier ebenso wie
dort aus der Mikrostructur den strengen Beweis der Entstehungsart
zu führen. Allein in Verbindung mit den angeführten anderweitigen
Umständen ergibt sich aus derselben wohl mit einiger Wahrscheinlich-
keit die oben angedeutete Art der Bildung des Serpentins. Jedenfalls
ist sie, schon wegen der vollkommeneren kristallinischen Ausbildung des
Amphibolits, wahrscheinlicher als die entgegengesetzte Annahme. Auch
das massenhafte Auftreten des Serpentins — das Vorkommen ist bei
weitem das bedeutendste im Eisass — steht unserer Annahme nicht
entgegen, da ganz in derselben Weise, wie oben geschildert, ausgebil-
deter Amphibolit vom Gabbro unabhängig felsbildend auf dem Thalhorn
auftritt. Merkwürdig bleibt das Verhältniss beider Gesteine zu einander.
Leider gestatten die ungenügenden Aufschlüsse nicht, darüber iiTs Klare
zu kommen.
Als sicher ist wohl das interessante Resultat anzusehen, dass hier
nicht, wie man nach Analogie anderer, besonders von Tschermak
a. a. 0. geschilderter Verhältnisse vermuthen sollte, der Serpentin, da
er in Verbindung mit Gabbro steht, sich aus dem letzteren beige-
mengtem Olivin bildete. In der That zeigt sich von Olivin keine Spur,
im Gabbro eben so wenig wie in dem Serpentine. Schliesslich theile ich
noch eine Analyse des letzteren mit (I):
I.
II.
Si02
39.171
39.171
MgO
37.033
37.033
FeO
4.000
3.853
Fe203
4.056
ai203
1.797
h2o
13.722
11.751
99.779
II gibt wieder die von der Serpentinformel geforderten Mengen
von Fe O und H2 0 an, wenn man die ganze Menge der Si 02 und der
Mg 0 als in der Verbindung enthalten annimmt. Es ergibt sich auch
hier, entsprechend der mikroskopischen Beobachtung, eine ziemliche
Menge ausgeschiedenen Erzes. Es ist dies, wie man sieht, ein Umstand,
der allen Serpentinen der Vogesen gemeinsam ist. Die Analyse bestätigt,
dass wir es auch hier mit einem typischen Serpentine zu thun haben.
206
Bruno Weigand. Die Serpentine der Vogesen.
[24]
Fassen wir nun die Resultate der vorliegenden Beobachtungen
zusammen, so sehen wir, dass die Hypothese von Roth sich voll-
kommen bestätigt hat: nicht allein der Olivin ist im Stande, den
Serpentin zu erzeugen, sondern auch die anderen gesteinsbildenden,
thonerdearmen Magnesiasilicate, Bronzit und Amphibol, können unter
Umständen dasselbe stabile Hydrat als Zersetzungsproduct liefern.
VII. Notizen.
Feldspatlifükrender Kalkstein vom Sauerbruiingraben bei
Stainz.
Unter den Gesteinen und Mineralen, welche das steiermärkische
Landesmuseum den Mitgliedern der geologischen Section der soeben
abgehaltenen Naturforscher- Versammlung zur Disposition stellte, ist
besonders ein Vorkommen aus dem Plattengneiss-Bezirke des Ostfusses
der Koralpe hervorzuheben. Es sind körnige Kalksteine, welche ein
Lager im wohlgeschichteten, gneissartigen Schiefergesteine bilden, und
neben Muscovit, Quarz, Turmalin, Granat, etc. auch einen grosskrystal-
linischen, natronreichen Feldspat h führen.
Dieser Feldspath,1) bereits ein Gegenstand weiterer Untersuchungen,
tritt so reichlich eingestreut und nicht selten auch in ergiebiger Menge
von den übrigen Mineralien begleitet im krystallinisc.h-kürnigen Kalke
auf, dass letzterer dadurch mehr oder weniger deutlich lineare Parallel-
textur annimmt.
Dieser wegen der Feldspathführung ausgezeichnete Marmor erregt
aber nicht bloss ein hohes mineralogisches Interesse, sondern verspricht
auch durch seine Beziehung zum völlig abnorm entwickelten Platten-
gneiss Resultate zu liefern, welche für die geologische Deutung dieses
dem Urgebirge angelagerten, eminent krystallinischen Schieferzuges von
Belang sein dürften. J. Rumpf.
Minerale ans dem siid-östliclien Theile Schlesiens.
Die Sphärosiderite, die in den blauen Mergelthonen der eocenen
Schichten der Nordkarpathen Vorkommen, begleitet ein Mergelschiefer,
in dem schon an mehreren Punkten Spuren von Pyrit beobachtet
wurden. In einem solchen Schiefer zeigte sich bei Kozakowitz, östlich
von Teschen, ein reicheres Auftreten von Pyrit. Derselbe kommt hier
theils in Kugeln von 2 bis 4 Cm. Durchmesser vor, theils in deutlich
ausgebildeten Ivrystallen von der Combination 00O0© und 0. Die
Iirystalle erreichen oft die Grösse von 7 bis 8 Mm. und bilden schöne
Drusen, die einzelne Stücke des schieferigen Mergels manchmal nahezu
ganz umschliessen.
‘) Wurde schon von Prof. Dr. K. Peters in den Verhandlungen der k. k.
geologischen Reichsanstalt, Jahrg. 1870, pag. 201 citirt.
Mineralogische Mittheilungen. 1875. 3. Heft. (Notizen.)
20«
Notizen.
[2]
In den eocenen Schichten von Leskowetz, nordwestlich von Friedek,
linden sich auf Aeckern und Wiesen stellenweise Rasenerze, die t.heils
mit vertorfenden Pflanzenresten, theils mit einer dichten Erdkrumme
bedeckt sind und zumeist isolirte Lager von geringer Mächtigkeit bilden.
Die Poren dieser Rasenerze sind grossentheils von einem erdigen
Vivianit ausgefüllt. Dieses Vorkommen von Vivianit ist da ein ziemlich
ausgebreitetes und in dieser Gegend, ebenso wie der Pyrit von Ivoza-
kowitz, noch nicht bekannt. E. Neminar.
Ein neuer Fundort von Beryll.
In dem Granit von Neumarkt bei Freistadt in Oberösterreich fand
Herr Professor E. Urban in losen Blöcken grobkörnigen Granites
Beryll-Krvstalle.1) Einige Stufen hievon, die Herr E. Urban dem k. k.
mineralogischen Hof -Museum überschickte, zeigten die Beryllkrystalle
— oft in ziemlich grosser Anzahl — vollkommen ausgebildet in dem
grobkörnigen Granit eingeschlossen. Die Krystalle sind säulenförmig,
glasglänzend, selten durchsichtig, meist durchscheinend oder undurch-
sichtig, und erscheinen bald grünlich-weiss, bald strohgelb oder wachs-
gelb gefärbt. Oft erreichen sie eine Länge von 4- — 5 Cm. bei einem
Durchmesser von 3 — 8 Mm. und zeigen meist die Combination der
Flächen m (1100) und p (0001); seltener nur ist auch noch die Fläche
n (1220) deutlich ausgebildet. An einem losen Krystalle war auch eine
parallele Verwachsung zweier Individuen nach der Fläche m (1100)
deutlich wahrnehmbar. Von besonderem Interesse ist bei diesen Beryll-
krystallen der Umstand, dass die gegliederten Säulen an ihren Gliede-
rungsstellen stets geknickt , oft auch vollkommen gebrochen sind und
die hiebei entstandenen Risse zumeist mit Quarz oder Glimmer aus-
gefüllt erscheinen. Es ist dies ein Beweis, dass in den Gebirgsmassen
oft Verschiebungen Vorkommen und dass hier nach der vollendeten
Krystallisation des Berylls eine Verschiebung in den Granitmassen statt-
gefunden haben musste. E. Neminar.
Apatit von Unter-Sulzbach.
Im letzten Sommer wurden bei der ferneren Ausbeutung des
schönen Epidotvorkommens nicht nur viele flächenreiche Krystalle und
Zwillinge von Epidot, sondern auch mehrere Apatitkrystalle von unge-
wöhnlicher Grösse aufgefnnden. Dieselben enthalten gewöhnlich zahl-
reiche feine Hornblendenadeln eingeschlossen, sind jedoch im übrigen
völlig farblos und wasserhell. Die Form ist durch Vorherrschen der
Endfläche tafelförmig. Einer dieser an das Museum, gelangten Krystalle
hat eine Breite von 5 Cm. Ein zweites Stück stellt eine 8 Cm. breite
Tafel dar, welche aus zwei parallel verwachsenen Individuen besteht.
T.
’) Dieser Fund wurde von Herrn Prof. Urban in dem 6. Jahresberichte des
Vereines für Naturkunde in Oesterreich ob der Enns gemeldet.
[3]
Notizen.
209
Meteorit von Iowa.
Das k. k. Museum erhielt von Herrn G. Hinrichs in Iowa City
ein vollständiges Exemplar von den in Iowa County (Nord- Amerika) am
12. Februar 1. J. um 10 Uhr 30 Min. Abends niedergefallenen Meteor-
steinen als Geschenk, für welches dem Geber hier der verbindlichste
Dank ausgesprochen wird. Der Stein hat ein Gewicht von 28(32 Grm.,
ist mit einer schwarzen Rinde überzogen, nur sehr wenig an den Ecken
verletzt und zeigt von der flacheren Seite gesehen einen ungefähr
rechteckigen, von der Seite gesehen einen trapezoidalen Umriss. Durch
die Erwerbung vieler vollständiger Meteoriten dieses Falles und durch
die freigebige Ueberlassung derselben an die Museen hat sich Herr
G. Hinrichs um die Meteoritenkunde das grösste Verdienst erworben.
T.
Mineralogische Mittheilungen. 1875. 3. Heft. (Notizen.)
28
*
-
MINERALOGISCHE
GUSTAV TSCHERMÄK.
JAHRGANG 1875. HEFT IV.
(Diese Mittheilungen erscheinen zugleich als Beilage zum Jahrhuche der k. k. geol.
Reichsanstalt.)
WIEN, 1878.
ALFRED HOLDER
K. K. UNIVERSITÄTS-BUCHHÄNDLER.
ROTHENTHURMSTRASSE 15.
JAHRGANG 1875.
IV. HEFT.
GESAMMELT VON
G. TSCHERMAK
DIRECTOR DES K. K. MINERALOGISCHEN HOF-MUSEUMS.
I. Ueber den Pyrosmalith.
Von E. Ludwig.
Von den bis jetzt bekannt gewordenen drei Analysen des Pyro-
smalithes ist nur eine vollständig, nämlich die von Lang1) 1861
ausgeführte; Hisinger,2) welcher den Pyrosmalith zuerst analy-
sirte, hat die Bestimmung des Wassers unterlassen und nicht fest-
gestellt, in welcher Oxydationsstufe das Eisen in dem Minerale ent-
halten ist. Auch Wühler3) hat das Wasser nicht direct bestimmt,
sondern aus der Differenz berechnet; für das Eisen ergab ihm ein
qualitativer Versuch, dass beide Oxydationsstufen desselben im Pyro-
smalith Vorkommen , eine quantitative Bestimmung derselben hat er
nicht vorgenommen. Lang konnte nur eine geringe Menge von Eisen-
oxyd (0-79 Proc.) nachweisen; er ist der Ansicht, dass diese durch
spätere Oxydation entstanden oder auf einen Versuchsfelder zurückzu-
führen ist, und dass der unveränderte Pyrosmalith das Eisen
nur als Oxydul resp. Chlorür enthält.
Die numerischen Resultate der drei angeführten Analysen weichen
mit Ausnahme der Zahlen für die Kieselsäure ' so bedeutend von ein-
ander ab, dass jeder Analyse eine andere Formel entspricht. Die bisher
gebräuchlichen Formeln des Pyrosmaliths sind auch nicht aüs dem
Mittel der vorharfdenen Analysen hervorgegangen, sondern jede der-
selben entspricht einer willkürlich herausgegriffenen Analyse; so hat
Haushofe r 4 5) die Analyse von L a n g benützt, S a f a f i k 6) dagegen
der Analyse von Wühler den Vorzug gegeben, übrigens Formeln nach
Lang’s und Wühler’ s Analysen gerechnet.
Durch diese Verhältnisse veranlasst, hegte ich seit lange den
Wunsch, den Pyrosmalith neuerdings sorgfältig zu untersuchen und da
Herr Director G. Tschermak vor einigen Wochen eine beträchtliche
Zahl der schünsten Pyrosmalith -Stufen aus Nord marken
erworben hatte, von denen er mir einige zur Verfügung stellte, konnte
*) Journal für praktische Chemie, Bd. 83, 424.
2) Rammeisberg, Handbuch der Mineralchemie. I. Aufl. pag. 875.
3) Annalen der Chemie und Pharmacie. Bd. 156, 85.
4) Die Constitution der natürlichen Silicate auf Grundlage ihrer geologischen
Beziehungen etc. von Dr. K. Haushofer, Braunschweig 1874, pag. 140.
5) Ueber die Constitution der natürlichen chlor- und fluorhaltigen Silikate von
Dr. A. Safafik, Abhandl. der k. böhm. Gesellsch. der Wissenschaften. VI. Folge,
7. Bd. 1874.
Mineralogische Mittheilungen. 1876. 4. Heft. (E. Ludwig.)
29
212
E. Ludwig.
[2]
ich mit frische m, un/verwitterten Materiale die beabsich-
tigte Arbeit unternehmen. Dieses Material bestand aus wohl ausgebil-
deten, ziemlich grossen hexagonalen Säulen, die an der Oberfläche
glänzend, ohne Spur von Verwitterungsproducten waren. Vom Mutter-
gesteine abgebrochen, wurden die Krystalle zertrümmert und unter
Zuhilfenahme einer starken Loupe nur die ganz reinen Stücke aus-
gesucht.
Bei der qualitativen Analyse wurden gefunden: Kieselsäure,
Eisenoxydul, M angan oxydu 1, Kalk, Magnesia, Wasser und
Chlor. Die Prüfung auf Eisenoxyd ergab bei einem mit aller Sorg-
falt angestellten Versuche ein negatives Resultat; die Abwesenheit des
Eisenoxydes geht auch aus den quantitativen Bestimmungen hervor,
aus den später anzuführenden Zahlen wird nämlich ersichtlich, dass
die Resultate der Bestimmung des Gesammteisens von denen der Eisen-
oxydulbestimmung nur um Grössen differiren, die innerhalb der Grenzen
der Beobachtungsfehler liegen.
Als specifisches Gewicht des Pyrosmaliths wurde in zwei
Versuchen, für welche 3-3361 Gramm und 3’8055 Gramm des grob-
körnig zerkleinerten Minerales verwendet wurden, 3157 und 3-149,
im Mittel also 3- 153 gefunden, welche Zahl mit der von Lang ermit-
telten [3*17 1] stimmt.
Die Ergebnisse meiner quantitativen Bestimmungen sind folgende :
I.
II.
III.
IV.
V.
Kieselsäure .
34-54
34-86
34-59
—
—
Proc.
Eisenoxydul .
27-43
26*96
26-72
27-07
27-08
33
Manganoxydul
—
25-40
25-81
—
—
33
Kalk . . .
0-48
0-61
046
—
—
Magnesia . .
0-93
0-97
0-88
—
—
33
Wasser . .
8-33
8-48
—
—
—
Chlor . . .
—
—
—
—
—
33
VI.
VII.
VIII.
IX.
X.
Wasser . .
. —
—
—
8-11
—
Proc.
Chlor . . .
. 4-77
4-78
5-47
4-92
5-07
33
Mittel
Kieselsäure
. 34"66
Proc.
Eisenoxydul .
. 27-05
5?
Manganoxydul
. 25-60
33
Kalk .
0-52
Magnesia
. 0-93
33
Wasser
. 8-31
Chlor .
. 4-88
33
10P95
Davon ist abzuziehen die dem Chlor
äquivalente Sauerstoffmenge . . . 1*10
100-85
Es stand mir von dem Minerale so viel zur Verfügung, dass die
einzelnen Bestimmungen mit so grossen Quantitäten ausgeführt werden
konnten, wie sie bei den Silicatanalysen gebräuchlich sind.
Ueber die analytischen Methoden, welche in der vorliegenden
Arbeit zur Anwendung kamen, sei folgendes bemerkt:
[3]
Ueber den Pyrosmalith.
213
Für die Bestimmung der Kieselsäure und der Metalloxyde wurde
das Mineral mit kohlensaurem Natron-Kali aufgeschlossen, da bei der
Aufschliessung mit Salzsäure die Kieselsäure kaum rein zu erhalten
ist. Nachdem der grösste Theil der Kieselsäure abgeschieden war,
wurde aus der sauren Auflösuhg nach Zusatz von Chlorammonium mit
kohlensäurefreiem Ammoniak gefällt; im Niederschlage wurde die kleine
Menge der in Lösung gegangenen Kieselsäure bestimmt, Eisen und
Mangan entweder mit kohlensaurem Baryt oder mit bernsteinsaurem
Natron getrennt ; aus dem Filtrate wurden Mangan, Kalk und Magnesia
in üblicher Weise bestimmt.
Die gewichtsanalytische Bestimmung der Gesammtmenge des Eisens
wurde nach der soeben beschriebenen Methode in den Analysen I., II.,
III. vorgenommen, in IV. und V. wurde das Mineral mit Schwefelsäure
im zugeschmolzenen Glasrohre unter Einhaltung der nöthig^n Vorsieh ts-
massregeln aufgeschlossen und in der erkalteten Flüssigkeit ‘durch über-
mangansaures Kalium das Eisenoxydul titrirt. Die Uebereinstimmung
der nach diesen beiden Methoden gewonnenen Zahlen beweist, dass,
wie schon früher erwähnt wurde, der Pyrosmalith das Eisen nur
in der Oxydulform enthält.
Zur Clorbestimmung wurden drei verschiedene Wege eingeschlagen:
Zweimal (VI. und VII.) wurde das gepulverte Mineral in einem Strome
von feuchtem Wasserstoffgase geglüht, die entweichenden Gase und
Dämpfe durch chlorfreie Natronlauge geleitet und das von derselben
absorbirte Chlor gewichtsanalytisch bestimmt.1) Zweimal (IX und X)
wurde das Mineral mit kohlensaurem Natron-Kali aufgeschlossen und
in der entsprechend vorbereiteten Lösung der Schmelze das Chlor durch
Titriren nach dem von Volhard2) angegebenen Verfahren bestimmt.
In der Analyse VIII. wurde mit kohlensaurem Natron-Kali aufgeschlossen,
die geschmolzene Masse nach dem Erkalten mit Wasser ausgekocht,
das Filtrat mit verdünnter Salpetersäure angesäuert, mit salpetersaurem
Silber gefällt und der Niederschlag gewogen. Das Resultat dieser Ana-
lyse weicht auffallend stark von den übrigen ab; bei der Untersuchung
des gewogenen Niederschlages erwies sich derselbe kieselsäurehaltig und
man wird desshalb den Zahlen für das Chlor aus den Analysen VI.,
VII., IX. und X grösseren Werth beizulegen haben, als der Zahl aus
der Analyse VIII.
Das Wasser kann im Pyrosmalith selbstverständlich wegen des
Chlorgehaltes nicht aus dem Glühverluste bestimmt werden, auch durch
Wägen der beim Glühen entweichenden Dämpfe ist die Wasserbestim-
mung nicht zulässig, weil neben den Wasserdämpfen auch Salzsäure
und Chloreisen fortgehen. Wird die Wasserbessimmung durch Glüheu
des mit Bleioxyd gemengten Minerals und Wägen des in einem Chlor-
calciumrohre angesammelten Wassers vorgenommen, so ist das Material
für weitere Bestimmungen verloren, was bei seltenen Substanzen, die
dem Chemiker nur in geringen Mengen zur Verfügung stehen, ein
grosser Uebelstand ist. Ich habe daher für die Bestimmung des Wassers
*) Der Glührückstand war in beiden Fällen fast clilorfrei, eine Lösung des-
selben in verdünnter Salpetersäure, sowie eine nach vorausgegangener Aufschliessung
f mit kohlensaurem Natron-Kali bereitete salpetersaure Lösung lieferten auf Zusatz
von salpetersaurem Silber nur eine leise Trübung.
2) Journal für praktische Chemie, Neue Folge, Bd. 9, 217.
29*
214
E. Ludwig.
M
eine neue Methode in Anwendung gebracht, welche gute Resultate
liefert und gestattet, die zur Wasserbestimmung verwendete Quantität
des Minerals auch für die Bestimmung der Kieselsäure und der Metall-
oxyde zu benützen, indem das Wesen der Methode darin besteht,
dass das Mineral mit kohlensaurem Natron-Kali in einem ausgebauchten
Platinrohre aufgeschlossen wird und gleichzeitig ein trockener Luft-
strom die entweichenden Wasserdämpfe in ein gewogenes Chlorcalcium-
rohr führt. Das Detail der Ausführung ist folgendes: In den bauchigen
Theil A des in Fig. 1 im Querschnitte gezeichneten, ziemlich dick-
i tfi a
Fig-. 1 (natiirl. Grösse).
wandigen Platinapparates bringt man aus einer entsprechend weiten,
an einem Ende zugeschmolzenen Glasröhre die abgewogene Menge des
kohlensauren Natron-Kali’s, indem man die Röhre durch a oder a‘
soweit einführt, dass ihre Mündung bis in die Mitte von A reicht; bei
einiger Uebung kommt nichts von dem kohlensauren Natron-Kali in
die cylindrischen Theile a h oder a‘ b1. Bei a und a‘ werden etwa
10 Ctmtr. lange, dicht schliessende Glasröhren in den Platinapparat
gesteckt und diese ganze Vorrichtung in passender Höhe auf zwei
Gabelstative gelegt, so dass man unter A mit einer Bunsen’schen
Gaslampe bequem operiren kann, durch einen Kautschukschlauch wird
a mit einem Trockenapparate und einem Luft enthaltenden Gasometer
verbunden. Während man aus dem Gasometer einen massigen Luft-
strom durch den Apparat streichen lässt, wird A durch die Flamme
eines in entsprechender Höhe angebrachten Bunsen’schen Brenner’s
während 10 bis 15 Minuten soweit erhitzt, dass das kohlensaure Alkali
alles Wasser verliert, ohne dass dasselbe zu schmelzen beginnt. Nach
dem Abkühlen des Apparates wird der Luftstrom etwas beschleunigt,
(um das Eindringen der äusseren feuchten Luft durch et' bei den fol-
genden Operationen zu verhindern,) die in a‘ 1/ befindliche Glasröhre
herausgezogen und bei fortdauerndem Luftstrome aus einem engen
Wägeröhrchen die abgewogene Menge des gepulverten Minerales in A
vorsichtig eingetragen. Mittelst eines spiralig gewundenen Platindrahtes
wird eine innige Mischung des Minerals mit dem kohlensauren Alkali
vorgenommen, hierauf in a‘ das Glasrohr wieder dicht eingefügt und
in diesem durch einen Kork ein gewogenes Chlorcalciumrohr befestigt.
Nachdem man den Luftstrom verlangsamt hat, wird mit einer unter A
gestellten Gaslampe die Aufschliessung des Minerals und die Austrei-
bung des Wassers bewerkstelligt. Ist die Operation beendet, so hat
man das Chlorcalciumrohr zu wägen und aus dem Platinrohre mit
heissem Wasser und Salzsäure die aufgeschlossene Masse für die wei-
teren Bestimmungen zu entfernen.
Die Reaction des Wassers, welches aus dem Pyrosfnalith nach dem
eben beschriebenen Verfahren abgeschieden wurde , war neutral, beim
Verdampfen desselben blieb kein Rückstand, es war somit rein.
[5]
Ueber den Pyrosmalith.
215
Für die Analyse der chlor- und fluorhaltigen Silicate wird das
Verfahren der Wasserbestimmung durch Aufschlüssen der Minerale mit
kohlensaurem Natronkali im Platin rohre besonders dann von Werth sein,
wenn es sich um seltene Objecte handelt, die nur in geringer Menge
zur Verfügung stehen.
Werden die Resultate aller bis nun ausgeführten Analysen des
Pyrosmaliths mit einander verglichen, so ergiebt sich, dass nur in den
Zahlen für die Kieselsäure Uebereinstimmung zu finden ist; die Bestim-
mungen von Eisenoxydul und Manganoxydul zeigen schon erhebliche
Abweichungen, welche bei Chlor und Wasser noch viel bedeutender
werden. Am besten stimmen meine Resultate und die von Lang mit-
getheilten überein; die qualitativen Differenzen bezüglich des Vorhanden-
seins oder Fehlens der kleinen Mengen von Thonerde und Magnesia
sind unwesentlich, die quantitativen Differenzen in den beiden Chlor-
bestimmungen sind dadurch erklärlich, dass nach verschiedenen Methoden
gearbeitet wurde, die von Lang angewandte Methode kann leicht ein
zu kleines Resultat geben.
Der bequemen Uebersicht wegen lasse ich eine Zusammenstellung
aller besprochenen analytischen Resultate folgen ; die für Eisen und
Mangan in den Analysen von Hi singer und Wühler enthaltenen
Angaben habe ich auf Oxydul umgerechnet und auch die Summen von
Eisenoxydul und Manganoxydul beigefügt , da nur diese vergleich-
bar sind :
H
i s i n g e r
L a n g
Wöhler
I
u d w i g
Kieselsäure .
35’ 85
35-43
35-76
34*66
Eisenoxydul .
Manganoxydul
31931 . , .
22-97/ 04 9
30-721
21-01/
Ki ,0 31-81/
51/3 22-43/
54-24
27-051
25*60 j
Kalk . . .
P21
0-74
—
0-52
Magnesia
—
—
—
0-93
Thonerde
—
0-24
—
—
Wasser . .
—
7-75
—
8-31
Chlor . . .
3-77
3-78
6-38
4-88
Für die Berechnung der chemischen Formel habe ich die analy-
tischen Daten von Lang und von mir verwendet ; nach diesen wird die
chemische Zusammensetzung des Pyrosmaliths ausgedrückt durch die
empirische Formel:
Si8 Fe5 Mn5 H14 032 Cl2.
Wie weit die durch die Analysen gefundenen Zahlen mit denen
aus dieser Formel berechneten übereinstimmen, zeigt folgende Zusammen-
stellung:
Berechnet
Analyse von
Analyse von
Lang
Ludwig
Kieselsäure . .
34-88
35-43
34-66
Proc.
Eisenoxydul . .
26461
30-721 _
27*051, „„
Manganoxydul .
25-80/51 96
2i-oi r1-70
25-60] o2'b5
Wasser . . .
9-16
7 '75
8-31
Chlor . . . .
546
3-78
4-88
Hält man den 8 Atomen Silicium die 14 Atome Wasserstoff und
die 10 Atome der zweiwerthigen Metalle gegenüber, so ergiebt sich, dass
die Constitution des Pyrosmaliths von 8 Molekülen normaler Kiesel-
säure abzuleiten ist. Von den 32 Wasserstoffatomen, welche diesen
216
E. Ludwig.
[6]
8 Molekülen der vierbasischen Säure entsprechen, sind im Pyrosmalith
noch 14 vorhanden, an die Stelle der übrigen 18 sind 10 Atome Eisen
(resp. Mangan) in der Oxydulform getreten, welche von ihren 20 Sät-
tigungseinheiten zwei durch Chlor sättigen, während sie 18 zur Ver-
tretung der 18 Wasserstoffatome verwenden. Der Zusammenhang der
Kieselsäuremoleküle kann durch die jetzt wohl allenthalben angenom-
mene Verkettung der Eisenatome gedacht werden.
Diese Annahmen finden in der folgenden graphischen Darstellung
Ausdruck :
(OH), (OH), (OH), (OH),
Fe-O-Si— 0— Fe— O—Si— O—Fe— O-Si— O—Fe— O—Si— O—Fe
II— 0. — II II II — -O — II
Fe— O-Si— 0— Fe— 0— Si— O-Fe— 0— Si— O-Fe— 0— Si— 0— Fe
OH (OH), (OH), OH |
CI CI
Das Chlor erscheint hier in der Form eines Eisenoxychlorürs
( — 0 — Fe— CI), sie ist analog derjenigen, in welcher das Chlor im
Apatit vorkommt; beim Apatit (P3 Oia Ca5 Cl) haben wir drei Moleküle
der dreibasischen Phosphorsäure zu Grunde liegen, diesen stehen 5 Atome
Calcium gegenüber, von deren 10 Sättigungseinheiten 9 zur Vertretung
von 9 Atomen Wasserstoff in Anspruch genommen werden, die letzte
wird durch l Atom Chlor gesättigt.
0 0 0
P— 0— Ca-O— P— 0— Ca— 0— P
00
0
00
\/
\f
Ca
Ca
Ca
Cl
Es wurde schon erwähnt, dass in der letzten Zeit von Haus-
hofer und von Safafik1) Structurformeln für den Pyrosmalith auf-
gestellt worden sind. Haushofer geht von der Analyse Lang ’s aus
und kommt zu der empirischen Formel Si:8 Fe14 Mn10 H24 071 Cl2.
Safafik hat durch Rechnung aus den Analysen von Lang und Wühler
die folgenden vier empirischen Formeln abgeleitet und in Structurformeln
umgesetzt :
SiG 022 Fe4 Mn3 H7 Cl
Sic 021 Fe4 Mn3 Hr, Cl
Si4 014 Fe3 Mn, H2 Cl
Si4 014 Fe3 Mn2 H3 Cl
Alle diese Formeln weichen bezüglich des relativen Verhältnisses
der Elemente bedeutend von meiner Formel ab, die aus ihnen gerech-
neten Werthe zeigen auch in Bezug auf die Analysen, aus denen sie
hervorgegangen sind, wie ich glaube, zu grosse Abweichungen.
‘) 1. c.
II. Eine Besteigung des Vulkans von Bourbon nebst
einigen vorläufigen Bemerkungen über die Geologie
dieser Insel.
Von Dr. Richard y. Dräsche.
(Mit Tafel VIII.)
Vorliegender Aufsatz mag der Anfang einer Reihe von Berichten
über meine geologische Reise nach Ost-Asien sein. Was unter dem
frischen Eindrücke des Gesehenen während einer Reise geschrieben ist,
hat seine Schattenseiten. Man möge hier keine correcten Bestimmungen
von Gesteinen suchen; dazu reichen mir weder Zeit noch Hilfsmittel
aus ; Höhenzahlen und Distanzen, soweit selbe nicht schon bekannt
sind, können auch nur beiläufig angegeben werden; und wie sehr die
anfänglichen Ansichten über die Geologie eines Gebietes oft geändert
werden müssen, nachdem man dasselbe in allen seinen Richtungen
durchwandert hat, weiss jeder Geologe zur Genüge. Eine vollständige
Arbeit über meine Beobachtungen am Ende meiner Reise wird , so
hoffe ich, diese Uebelstände, wenn auch nur theilweise, beseitigen.
Die beigefügten Zeichnungen und Kärtchen machen keinen Anspruch
auf künstlerische Ausführung, sie sollen blos zur leichteren Orientirung
und zum besseren Verständniss des Mitgetheilten dienen.
Bourbon oder Ile de Reunion, die grösste der Maskarenen, kann
auch wohl unbedingt die Interessanteste genannt werden. In ihren
Höhen bis über 9000 Fuss die glühende Hitze der Tropen mit der
Kälte des Nordens verbindend, erreicht ihre Vegetation eine erstaun-
liche Fülle von Mannigfaltigkeit. Anders bietet sich die Insel dem
Geologen dar. Sie besteht, wie alle Maskarenen, ausschliesslich aus
jung-vulkanischen Gesteinen, und zwar mit wenigen Ausnahmen aus
olivinreichen Basaltlaven. Die Insel zerfällt in ein älteres und jüngeres
vulkanisches Massiv. In jenem erscheinen uns die grössten Höhen , in
diesem erhebt sich der thätige Vulkan. Drei grosse , 'kesselartige,
aneinandergrenzende Einsenkungen befinden sich im Herzen der Insel ;
sie sind durch hohe Berge getrennt. Es sind die „Cirques“ von Salazie,
Riviere de Galet und Cilaos; ein bedeutend kleinerer Circus tritt uns
im Quellgebiete des Bras de la Plaine entgegen. Diese drei Gebiete
218
Dr. Richard v. Dräsche.
[2]
sind die Quellbezirke von drei ansehnlichen Flüssen, welche sich als
Riviere du Mät, Riviere des Galets und Riviere de St. Etienne nord-
östlich , nordwestlich und südlich dem Meere zuwenden. Alle Höhen,
welche diese grossen Senkungsgebiete der westlichen Hälfte unserer
Insel zuwenden, fallen in stetiger Neigung von 15 — 20° dem Meere zu,
welches sie, entweder schmale Ebenen vorausschickend oder, wie zwischen
St. Denis und la Possession, in hohen schroffen Felsen abstürzend,
erreichen. In diesen Mantel von vulkanischen Gesteinen haben sich
nun eine grosse Anzahl von Gebirgsbächen und Flüssen eingegraben,
welche, den Piton des Neiges zum Mittelpunkt genommen, radienförmig
dem Meere zueilen , gleich den tiefen Barancos auf den javanischen
Vulkanen. Das Gebiet dieser von einem gemeinschaftlichen Centrum
divergirenden Flüsse gibt uns wahrscheinlich die ursprünglichen Abhänge
des ersten grossen Vulkans von Bourbon an ; es sind jetzt die Abdachun-
gen des Mazerin, die Plaine des Fougeres, die Plaine des Chicots, der
Brule de St. Paul , der Grand Benard , die Plaine des Merles und das
Gebirge zwischen dem Bras de Cilaos und Bras de la Plaine. Man
sieht, dass die Insel ihre nach Südost verlängerte Gestalt dem Hervor-
brechen eines neuen Vulkans in dieser Gegend verdankt und ihre
ehemals nahe kreisrunde Form dadurch verändert wurde; die Fluss-
läufe auf der östlichen Hälfte unserer Insel müssen nothgedrungen
jüngeren Datums sein. Oestlich von dem alten Vulkanmassiv finden
wir zwei sich einestheils nach Südwest, anderntheils nach Nordost
abdachende Ebenen, von denen die erstere, bedeutend höher gelegene
— die Plaine des Caffres — durch einen plötzlichen Absturz von
500 Met. mit der andern — der Plaine des Palmistes — verbunden ist.
Im äussersten Osten befindet sich endlich das Gebiet des thätigen
Vulkans; auch vom Centrum dieses Gebirges strahlen die Flüsse radien-
förmig nach Osten und Süden. Verbindet man die beiden Centren der
Insel, den Piton des Neiges und den Vulkan, mit einer Linie, so ist
dieselbe auch zugleich die Wasserscheide für die Insel.
Die Besteigung des Vulkans wurde von mir von Hell-Bourg, im
Circus von Salazie gelegen, unternommen. Ein Aufenthalt von beinahe
14 Tagen , obwohl in diesen Gegenden stets von Regen und Nebel
begleitet, erlaubte mir, den Kessel nach verschiedenen Richtungen zu
durchstreifen. Er ist rings von hohen, fast senkrechten Wänden begrenzt,
die aus olivinreichen, oft in schöne Prismen abgesonderten Basaltlaven
bestehen. Rund um den Circus lassen sich die etwas nach Nordost
fallenden Schichtungslinien der Laven verfolgen. Eine auffallende Erschei-
nung, auf welche mich Herr Dr. med. Cassien, ein genauer Kenner der
ganzen Insel, den ich seiner vielen und lehrreichen Winke wegen, die
er mir gab, nicht genügend dankend erwähnen kann, aufmerksam machte,
ist folgende: Längs der ganzen östlichen Wand des Kessels vom Dorfe
Salazie angefangen bis nach Hell-Bourg sieht man in stets gleicher,
beiläufig Zweidrittel- Höhe des Berges oberhalb einer mächtigen, stets
deutlich erkennbaren Lavabank eine grosse Reihe von Wasserfällen aus
dem Berge heraustreten. Sie verdanken wohl alle ihre Entstehung
einem gemeinsamen unterirdischen Bassin, das seine Nahrung durch
Spalten aus einer Mulde nimmt, die sich jenseits der Bergwand hin-
zieht und der Riviere du Bras de Cav'erne ihren Ursprung gibt. Das
[3]
Eine Besteigung des Vulkans von Bourbon.
219
Innere des Circus besteht aus einer grossen Anzahl vielfach zerklüfteter
und von Gebirgswässern durchbrochener Hügel, welche aus Gebirgsschutt
und grossen Felstrümmern der umliegenden Abhänge aufgebaut sind.
Eine einzige Berggruppe, der Piton d’ Encheine, besteht aus
massiven, deutlich gelagerten Basaltlaven mit südlichem Einfallen unter
25 — 30°. Dieser abnormen Stellung, sowie seinem Bestände aus festem
Gestein mag das isolirt dastehende Gebirge (1351 m.) wohl seine
Erhaltung von den zerstörenden Wassermassen verdanken.
Die Riviere du Mät mit ihren zahlreichen Zuflüssen, Riviere des
trois bras, Bras d’Amale, Ravine Bai-labot etc., durchströmt den Kessel
und bricht sich in einer langen, von senkrechten Wänden begrenzten
Enge im Nordosten ihren Ausweg. Ueberall, wo die Wasserläufe sich
tiefe Spalten eingerissen haben, findet man anstehendes Gestein, und
zwar nicht mehr blos basaltischer Natur, sondern Trachyte, Hornblende-
Plagioklas und Diallag-Olivin-Gesteine.
Man versichert mich , dass im Flussbette der Riviere du Mät
Obsidian gefunden wurde; ich habe vergeblich darnach gesucht.
Es scheint mithin, dass die ältesten Ausbrüche des Vulkans von
Bourbon mehr sauerer Natur waren als die späteren. Zwischen den übrigen
Gesteinen des alten und neuen Vulkans lässt sich jedoch fast gar kein
Unterschied finden.
Alte Laven, die auf der Höhe der Plaine des Chicots geflossen
sind, gleichen täuschend den neuesten Strömen des thätigen Vulkans.
Beifolgendes Profil wurde von mir Schritt für Schritt im Fluss-
bette der Riviere du Mät gezeichnet; Es ist dem Mittellauf des Flusses
von der Cascade du trou blanc an bis zur Pont volant entnommen.
Fig. 1.
Cascade
du trou blanc.
A. Weisser Trachyt mit wenigen zersetzten Feldspathen.
B. Hornblende-Plagioklas-Gestein, syenitähnlich, schön geschichtet,
meistens stark zersetzt, auf den Kluftflächen serpentinartige Zersetzungs-
producte.
C. Braunes, vollkommen zersetztes Gestein mit zahlreichen Man-
deln von Kalkspath durchbricht die meisten andern Gesteine in mäch-
tigen, schönen Gängen. In der Riviere des fleures jaunes ist Gestein 0
in schönen Prismen abgesondert.
D. Sehr zersetztes Gestein; besteht ans viel Olivin und Diallag (?);
gangförmig.
Mineralogische Mittheilungen. 1875. 4. Heft. (Richard v. Dräsche.)
30
220
Dr. Richard v. Dräsche.
[4]
E. Vulkanischer Tuff, bestellt aus kleinen rotlien Rapillimassen, in
welchen kleinere und grössere Brocken des Gesteines F eingeschlossen sind.
F. Gestein mit dunkelgrauer Grundmasse und zahlreichen, 5 — 6 Mm.
grossen glasigen Feldspathen; gangförmig.
Gr. Schwarzes, vollkommen verwittertes Gestein.
H. Lichtgraues, homogenes, splitteriges Gestein; gangförmig.
I. Durch den Fluss geschichtete Schutt- und Trümmermassen.
K. Basalt.
Schliesslich habe ich noch vom Circus von Salazie der heissen
Quellen (28 — 30° C.) zu erwähnen, welche an einigen Orten hervor-
brechen. Sie enthalten Eisen und Natronsalze.
Es ist schwer, über die Entstehung des Circus von Salazie eine
Theorie aufzustellen, die allen Entgegnungen Stich hält. Ich glaube
der Wahrheit am nächsten zu sein, wenn ich die drei grossen Kessel
für durch vulkanische Kräfte erzeugte Senkungsgebiete halte. Ein
bemerkenswerther Umstand bleibt jedenfalls, dass der Piton des Neiges,
in welchem alle drei Ringwälle zusammenstossen, an seiner Spitze eben-
falls aus Lavaströmen zusammengesetzt ist , welche mit allmäliger
schwacher Neigung bis zur Plaine des Salazes zu verfolgen sind. Der
Gipfel des Piton selbst soll mit vulkanischen Bomben bestreut sein.
Die schon von B o r y de St. Vincent ausgesprochene Ansicht , dass
man in der Nähe des Piton des Neiges den alten Krater suchen müsse,
verdient um so grössere Beachtung, als die Lavaschichten in allen von
uns früher als alte Kraterabhänge bezeichneten Gebirgen vom Piton
des Neiges aus nach aussen abfallen. Ein jeder der vielen Flussein-
schnitte an der westlichen Hälfte der Insel lässt die Richtigkeit dieser
Behauptung erkennen. Suchen wir die ursprüngliche Stelle des alten
Kraters, indem wir die alten Abhänge nach innen verlängern , so
gelangen wir zu einem Punkte, der ziemlich genau über dem heutigen
Piton des Neiges, aber um ein Bedeutendes höher zu liegen kommt.
Die Thatsache, dass auf der Höhe des Piton des Neiges vulka-
nische Bomben Vorkommen, beweist, dass wir in dem Piton des Neiges
und seinem, Plaine des Salazes genannten, sanften Abhange nach Osten
ebenfalls einen Theil des ehemaligen Vulkans zu suchen haben, der,
früher mit dem Mazerin vereinigt, sich von demselben losgetrennt und
gesenkt hat.
Um von Ilell-Bourg aus zum Fusse des Vulkans zu gelangen,
sind zwei gute Tagesmärsche nothwendig. Man steigt an der östlichen
Basaltwand des Kessels empor und tritt, eine Scharte (la fenetie)
passirend, in die dicht bewaldete Ebene von Salazes. Dieselbe wird
von der Riviere des Marsouins und ihren Zuflüssen durchströmt. In
ihren Betten findet man stets basaltische, ziemlich poröse Laven auf-
geschlossen. Südlich von der Ilette de Patience steigt man zur Plaine
des Palmistes hinunter, welche man jedoch bald verlässt, um auf der
Grande Montee zur Plaine des Caffres emporzuklimmen.
Hier, wie auf der Plaine des Palmistes trifft man stets dieselben
basaltischen Laven an. Eine Reihe von vulkanischen Kegeln wie die
Pitons de Dumesnil, Villers, des Forges, sind auf der Ebene zerstreut,
die aus abwechselnden Schichten von Basaltlava und Rapilli-Schichten
[5]
Eine Besteigung des Vulkans vun Bourbon.
221
besteht. Man erreicht endlich den Ursprung der Ri viere des Remparts,
einen tiefen Kessel mit wohl 300 M. hohen senkrechten Wänden. Um
ihn herum im Kreise stehen sechs grössere und kleinere theilweise zer-
störte Schlackenkegel, von welchen der Mont des Sables der auffallendste
ist. Er besteht aus abwechselnden Schichten von hochrothen Schlacken-
auswürflingen und vulkanischer Asche. Von ihm aus geniesst man eine
gute Aussicht auf die westliche Hälfte der Insel und auf das Meer zu
beiden Seiten.
Ueberschreitet man die Haine des Remparts in östlicher Richtung,
so gelangt man zum ersten Kraterwall oder „Enclos“, der sich senk-
recht zu einer weiten ringförmigen Ebene der Haine des Sables herab-
stürzt. Der Kraterwall besteht aus einem feldspathreichen, olivinhältigen
Gestein. An der Stelle, wo die Haine des Sables durch einen plötzlichen
Absturz die Cascade de la Eivierc de l’Est bildet, springt der Abhang
in einer Nase vor, und ist hier in sechs übereinander liegenden Stock-
werken in prachtvollen Säulen abgesondert. Knapp au dem Abhange
entspringt die Riviere de l’Est und setzt ihren Lauf in nordwestlicher
Richtung fort. Der Untergrund der Haine des Sables besteht aus
ziemlich frisch aussehenden basaltischen Laven, die jedoch meist dicht
mit haselnussgrossen, braunen, bimssteinartigen Auswürflingen bedeckt
sind. Ausser diesen, in grosser Mächtigkeit auftretenden Massen, findet
sich noch in einzelnen Streifen und Höhlungen ein grober Sand, der
ausschliesslich aus Olivinkrystall-Fragmenten und etwas Augitkry stallen
besteht. Aus der Haine des Sables selbst erheben sich einige bedeu-
tende Schlackenkegel.
Nachdem man nun diese gegen 3 Kilom. breite Ebene über-
schritten hat, gelangt man nach einem sanften Aufstieg endlich an den
Rand des zweiten „Enclos“, zum „Pas de Bellcomb“. Von hier aus bietet
sich ein prachtvoller Anblick dar. Weit nach rechts und links erstreckt
sich die steile Wand, mit senkrechten gegen 1000 Fuss hohen Wänden
fällt sie gegen das unendliche Meer von erstarrter Lava ab, aus welchem
sich mit sanft geneigten Abhängen der Vulkan erhebt. Knapp an dem
obersten Rande des „Enclos“ befindet sich eine ausgehöhlte Lavabank,
in welcher man, ohne Schutz gegen Nässe und eisigen Wind, sein
Nachtlager aufschlagen muss ; ein jäher Pfad führt von hier zum Lavafeld.
Zwei verschiedene Arten von Laven konnte ich hauptsächlich an dieser
Seite (der nordwestlichen) des Vulkans beobachten. Die erste Art ist
von lichtgrau heller Farbe, die sonderbarsten Gestalten imitirend, meist
tauförmig gewunden und einen grossen Grad von Zähigkeit verrathend,
die glänzende Oberfläche löst sich leicht von dem tiefergelegenen Theile
ab und lässt dann eine blasig olivinreiche Lava erkennen.
Besonders ausgezeichnet ist die Lava durch hohle Röhren, die sie
mit Vorliebe bildet. Ich konnte deren beobachten, die eine Länge von
12 M. und einen Durchmesser von 1 M. hatten. Die obere dünne Wand
ist meist eingebrochen, so dass man in das Innere der Röhre sehen
kann, auf deren Boden sich gewöhnlich eine tauförmig gewundene Lava
fortgewälzt hat. Ausgezeichnet ist diese Lava-Art durch die von ihr
gebildeten- grossen Höhlen.
Ein merkwürdiges Beispiel einer solchen Höhle sah ich am nörd-
lichen Fusse des Vulkans. Mehrere grosse Lavaschollen stützen sich
30*
222
Dr. Richard v. Dräsche.
[G]
gegenseitig in der Form einer Kuppel , welche jedoch an einer Stelle
eingebrochen ist. Man sieht nun in ein gegen 4 M. tiefes Gewölbe
hinunter. Von der unteren Seite einer Lavascholle hängt ein lang-
gezogener, ungeheurer Lavatropfen herab, der mit seiner Verdickung
den Boden berührt. Der Grund der Höhle war mit Karren bewachsen
und enthielt merkwürdiger Weise Wasser. Die Höhle ist in big. 2 in
groben Umrissen wiedergegeben.
Fig. 2.
Alle die verschiedenen Formen und Gestalten zu beschreiben, die
diese merkwürdig zähe Lava nachahmt, kann hier nicht der Gegenstand
weiterer Ausführung sein.
Ein Lavafeld der zweiten Art bietet täuschend den Anblick eines
frisch umgepflügten Ackers; tiefbraune poröse Schollen, wild und lose
übereinander gehäuft, fast ungangbar.
Beide Arten von Lava laufen oft streng begrenzt nebeneinander;
einen durchgehenden Altersunterschied derselben konnte ich nicht con-
statiren.
Eine genaue mikroskopische Untersuchung muss zeigen, ob diese
äusseren Verschiedenheiten der Laven in ihrer mineralogischen Zusam-
mensetzung begründet sind oder ob dieselben nur einem verschiedenen
Grade von Flüssigkeit im Momente ihrer Eruption zuzuschreiben sind.
Von der Caverne am Pas de Bellcomb aus lässt sich der Vulkan
am kürzesten und bequemsten besteigen. Man hat zwar am Schlüsse
eine ziemliche Steigung zu überwinden, passirt aber stets die erste, gut
zu überschreitende Lava-Art. Am Fusse des Grand Enclos“ angelangt,
passirt man einen kleinen Schlackenkegel, „Formica leo“ genannt. Sein
Krater, von einigen 15 Schritten im Durchmesser, ist nur wenige Meter
tief. Schreitet man nun gerade dem Gipfel des Vulkans zu, so gelangt
man nach einer halben Stunde zu einer Anzahl von kleinen Kratern,
welche alle aus hochrothen Schlackenauswürflingen aufgebaut sind. Alle
Krater liegen mit dem Formica leo und dem Vulkangipfel in einer
Linie; sie befinden sich wohl alle auf einer den ganzen Vulkan durch-
m
Eine Besteigung des Vulkans von Bourbon.
223
laufenden Spalte, welche von Nordwest nach Siidost verläuft. Fig. 3
gibt ein kleines Kärtchen dieser Krater. Die Krater 1 und 2 sind von
ziemlich gleicher Grösse, beiläufig 50 Schritte im Durchmesser. Ihre
Wände sind gegen 5 M. hoch und bestehen aus rothen Schlackenaus-
würflingen. Beide Krater sind an zwei entgegengesetzten Seiten von
später ergossener Lava durchbrochen, welche ihr Inneres erfüllt hat.
Krater 3 besteht ebenfalls aus rothen
Schlackenauswürflingen. Die dem Vulkan
zugewandte Seite ist nur halb so hoch
als die andere, welche gegen 10 M. hat,
und von einem Mantel von dicken Lava-
strängen bedeckt ist. Das Innere des
Kraters ist mit schönen, kleinen, weissen
Gypskrystallen ausgekleidet. Aus manchen
Spalten kann man Gypsmehl mit vollen
Händen herausnehmen. Im Kraterboden
selbst befindet sich nochmals eine Oeffnung,
welche tief nach unten führt.
Wenige Schritte vom Krater 3 auf-
wärts befinden sich zwei „Felsparthien“, von
welchen die linke Nr. 4 la Chapelle ge-
nannt wird. Selbe ist eine im Innern gegen
4 M. hohe Grotte, deren Gewölbe und
Wände mit rosafarbigen Lavastalaktiten
bekleidet sind. Dieselben strahlen alle von
einem gemeinsamen, dem höchsten Punkte
der Grotte aus. Das Gewölbe der Grotte
wird sonst aus einem porösen Lavagesteine
gebildet, über welchem sich eine hohe
Decke von rothen Schlackenauswürflingen
befindet. Die Grotte hat gegen Nordosten
einen bequemen Eingang, und auch auf
der südlichen Seite eine kleine Oeffnung
nach Aussen. Der Felsen 5, welcher sich
gegenüber der Kapelle befindet, zeigt
genau dieselbe Struktur, wie dieselbe, ist
jedoch nur eine allein dastehende Wand.
Zwischen 4 und 5 wälzt sich von einem
etwas erhöhten Punkte ein Lavastrom mit wulstigen Formen herab, der
offenbar die beiden nicht zusammenhängenden Theile von einander
trennte. Die Grotte mag ihre Entstehung einer blasenförmigen Auf-
treibung der Lava zu verdanken haben, welche bei der Eruption der
Krater 1, 2 und 3 mit dichten Schlacken bedeckt und später durch
einen Lavastrom theilweise zerstört wurde.
Von der Kapelle angefangen fängt die Neigung des Vulkankegels
stärker zu werden an; beiläufig in 2/3 der Höhe beginnen kleine Aus-
würflinge den Boden zu bedecken an. Es sind eckige aussen oft stark
verglaste und mit Poren bedeckte Bruchstücke eines ungemein olivin-
reichen Basaltes, ganz ähnlich jenem, welcher die Abhänge zwischen
St. Denis und la Possession zusammensetzt. Je mehr man sich dem
Fig. 3.
224
Dr. Richard v. Dräsche.
[8]
Gipfel nähert, desto grösser und häufiger werden diese Auswürflinge.
Eine Viertelstunde vor Ersteigung des Gipfels hören die Lavaströme
auf und statt ihnen stellen sich die schon in der Plaine des Sables beob-
achteten bimssteinartigen Rapilli ein. Man erreicht endlich den höchsten
Punkt, den erloschenen Krater Bory (2625 M.), von welchem man eine
ausgezeichnete Aussicht auf die beiden grossen Wälle, auf die Plaine
des Sables mit ihren Kegeln, und auf das altvulkanische Massiv geniesst.
Figur 4 möge einen Theil dieser interessanten Aussicht etwas ver-
sinnlichen.
Fig. 4.
4. Plaine des Chicots. 10. Cratere Formica leo.
5. Mazerin. 11. Plaine des sables.
6. Pr. Enclos. 12. Plaine des Salazes.
Der Krater Bory ist von gegen 30 m. hohen senkrecht abfallenden,
die Schichtung der Lava schön zeigenden Wänden begrenzt. An der
Südseite sind dieselben eingestürzt und man kann bequem in die Tiefe
hinuntersteigen. Unten befinden sich zwei kleinere aus Rapilli aufgebaute,
theilweise eingestürzte Eruptionskegel, sonst ist der ganze Boden mit
den gewöhnlichen, bimssteinartigen Rapillis und mit grossen Blöcken des
olivinreichen Basaltes bedeckt. Weder Fumorolen noch irgend welche
Gasexhalationen sind zu beobachten.
Etwas südöstlich und tiefer gelegen (2515 M.) befindet sich der
noch bis in kürzester Zeit thätige „Cratere brülant“, der „Cratere Dolo-
mieu“ von Bory St. Vincent. Derselbe ist noch von einem dritten kleinen
Enclos umgeben, der gegen Nordost von Laven durchbrochen ist. Aus
ihm erhebt sich der flache Eruptionskegel des Cratere brülant. ln zwei
Drittheil seiner Höhe befindet sich eine nahe horizontal verlaufende
Spalte, aus welcher die neuesten Laven geflossen sind, an der west-
[9]
Eine Besteigung des Vulkans von Bourbon.
225
liehen Seite jedoch vom Enclos aufgehalten wurden. Fig. 5 stellt den
Eruptionskegel des Cratere brillant dar, wie er sich bei meiner Erstei-
gung zeigte. Er ist etwas kleiner als der Cratere Bory; da er rings
Fig. 5.
von senkrechten Wänden umschlossen ist, so ist ein Hinabsteigen, aus-
genommen mit Stricken, die mir nicht zu Gebote standen, unmöglich.
Seine Wände sind stark von Gasexhalationen gefärbt und zersetzt.
Die Abhänge des Enclos und auch Theile des Kegels sind über
und über mit grossen Basaltauswürflingen bis zu 20 Cm. bedeckt. Die-
selben bestehen alle aus demselben Gesteine. Einige vulkanische Bomben
über Kopfgrösse aus schwarzer, zelliger Lava konnte ich sammeln;
Dr. Cassien versicherte mich, dass er grosse, nur aus Olivin bestehende
Auswürflinge gefunden habe. Wir können aus der Einförmigkeit der Aus-
würflinge schliessen, dass der ganze Vulkan von Bourbon sich durch das
Uebereinanderfliessen stets petrographisch gleicher Laven aufgebaut hat,
Laven, welche mit jenen des alten Vulkans fast identisch sind. Dass
jedoch die auf der Insel auftretenden ältesten Laven theilweise trachy-
tischer Natur waren, beweisen uns nicht nur die Aufschlüsse in der
Riviere du Mat, sondern auch die Thatsache, dass ich auf der Höhe
der Plaine des Chicots, einem alten Abhange, Auswürfe von Sanidinit
fand, welcher dem in der Eifel gefundenen sehr ähnlich ist.
Oestlich von den beiden Hauptkratern setzt sich nun der Abhang,
südlich und nördlich vom zweiten Enclos begleitet, in schwacher Neigung
10 Kilom. weit in stets östlicher Richtung zum Meere fort. Diese
ganze schiefe Ebene, „le grand Brule“ genannt, ist ein ungeheures Lava-
feld. Mir selbst wurde leider die Aussicht nach Osten durch dichten
Nebel vollständig abgeschnitten, und musste ich den Besuch dieser
interessanten Gegend auf eine andere Zeit verschieben, wo ich den
Vulkan von der Meeresseite aus besteigen will.
Zum Abstiege wählte ich die nördliche Richtung um einige hier
am Russe des Vulkans gelegene Kegel zu besuchen. Man schreitet auf
dieser Seite die erste halbe Stunde stets in glasartigen, grün und blau
schillernden Schlackenauswürflingen, die bei jedem Schritte knirschend
und klirrend in tausend Scherben zerbrechen. Weiter unten beginnt die
schollenförmige Lava, die das ganze Terrain bis zu den Kegeln be-
herrscht und den Weg ganz ungemein beschwerlich und gefährlich macht.
220
Dr. R. v. Dräsche. Eine Besteigung Des Vulkans von Bourbon.
Fjg. 6 stellt 4 dieser Kegel von dem Vulkan-Abhange aus gesehen
dar. Der Kegel rechts in der Zeichnung ist auffallend regulär gebildet.
Alle bestehen blos aus Schlacken und Rapillimassen. Ein einziger auf
der Zeichnung sichtbarer Kegel hat eine Seiteneruption von Lava
Fig. 6.
gehabt. Bis zum „Nez coupe“, einem Vorsprunge des Enclos, hält die
schollige Lava an. Obwohl ich noch eine ziemliche Anzahl von kleineren
und grösseren Kratern passirte, zwang doch der Nebel und die Dunkel-
heit, dieselben unbesichtigt zu lassen.
Mein von den Laven vollkommen unbrauchbar gewordenes Sclmh-
werk nöthigte mich meinen Rückmarsch über die Plaine des Palmistes,
wo ich einen Wagen erhalten konnte, nach St. Denis zu nehmen.
Hell-Bourg, Reunion, im August 1875.
III. Zur Kritik des Leucitsystems.
Von Dr. J. Hirschwald,
Pocent a. d. k. Gewerbe-Akademie zu Berlin.
Mit Tafel IX.
Die Untersuchungen des Herrn G. vom Rath über das Ivrystall-
system des Leucits,1) haben diesem Mineral ein hervorragendes Interesse
verliehen. Nicht allein, dass eine Krystallspecies, welche bisher als
eine der vorzüglichsten des regulären Systemes galt, bei näherer Unter-
suchung, namentlich ihrer aufgewachsenen Individuen, eine zum Theil
sehr bestimmte quadratische Entwicklung der Kantenwinkel und darauf
basirende polysynthetische Zwillingsverwachsung erkennen lässt; es
zeigt der Leucit dessenungeachtet eine so durchgreifende und ausnahmlos
reguläre Ausbildung seiner Combinationsverliältnisse sowohl, als auch
seiner gesammten äusseren Erscheinungsweise, dass ein derartiger
Mangel in der Uebereinstimmung der goniometrischen und habituellen
Entwicklung, nach unserer bisherigen Kenntniss, ohne Analogie erscheint.
Zwar fehlt es nicht an Beispielen, dass mit der Annäherung der
goniometrischen Werthe einer Krystallspecies an die Winkelverhältnisse,
insbesondere des regulären und hexagonalen Systems, auch die Flächen-
combination eine dem entsprechende Ausbildung erlangen könne; keines
der bezüglichen Minerale hat aber bei der Häufigkeit der Ivrystallbil-
dung des Leucits und der Verschiedenheit seiner paragenetischen Ver-
hältnisse, eine solche Constanz der in Rede stehenden Combinations-
entwicklung aufzuweisen, wie sie dem Leucit, trotz des Variirens seiner
Kantenwinkel, eigen ist.
Ueberdies hat Scacchi, dem ein vorzüglich reichhaltiges Material
an Krystallen dieser Species, aus der Neapeler Sammlung zu Gebote
steht, unter Anerkennung der v. Rath’schen Bestimmungen für die
aufgewachsenen Krystalle, die Vermuthung ausgesprochen,2) dass der
Leucit „poly symmetrisch“ sei, da die eingewaschenen Individuen der
Monatsberichte der Akad. der Wissenscli. zu Berlin. 1S72 , und Poggen-
dorff’s Annalen 1873 Ergänzungsbd. VI, S. 198.
2) Contribuzioni mineralogiche, Atti R. Accad. scienze, Napoli 1872.
Mineralogische Mittheilungen. 1875. 4. Heft. (Dr. J. Hirschwald.) 31
228
Dr. j. Hirschwald.
[2]
vesuvischen Laven, keine Spur einer quadratischen Winkelausbildung
erkennen lassen.
Bei alledem kann es nicht befremden, dass über die Stellung des
Leucitsystems eine Unsicherheit sich geltend macht, welche, vermehrt
durch die schwankenden Winkelverhältnisse dieser Species, auch die
herrschende Ansicht über die Integrität des Krystallsystems im Allge-
meinen, nicht unberührt lässt. Es dürfte demnach wünschenswerth
erscheinen, die bisher über den Leucit bekannt gewordenen Erhebungen
unter gemeinsamen Gesichtspunkten zusammenzufassen, und durch Auf-
suchung etwa vorhandener partieller Analogien, die Frage nach dem
Krystallsystem dieses merkwürdigen Minerals einer möglichst umfas-
senden Prüfung zu unterziehen.
1. Die goniometrisclieii Verhältnisse des Leueits.
Wenden wir unsere Aufmerksamkeit zunächst den Winkelverhält-
nissen des Leueits zu , so ergibt sich aus den angeführten Arbeiten
von v. Rath und Scacchi, dass nur in seltenen Fällen Krystalle mit
jener Regelmässigkeit der goniometrischen Entwicklung gefunden werden,
welche mit völliger Prägnanz den Charakter des Systems zum Aus-
druck bringen. Ja es zeigen selbst die an vorzüglichen Krystallen aus-
geführten Messungen ein so bedeutendes Schwanken der Kantenwinkel
eines und desselben lndivids, wie es nur ausnahmweise , bei unvoll-
kommener Ausbildung, an anderen Krystallspecies constatirt worden
ist. Nachfolgende Zusammenstellung der bemerkenswerthesten Messungen,
die durch G. v. Rath an aufgewachsenen Leuciten ausgeführt worden
sind, mag einen Ueberblick über diese Verhältnisse gewähren.
(Poggendorff’s Annalen a. a. 0.)
[3]
Zur Kritik des Leucitsystems.
229
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31*
230
Dr. J. Hirschwald.
[4]
Es lassen demnach die Winkel selbst an vorzüglich ausgebildeten
Krystallen, wie die oben angeführten es in der That sind, sehr namhafte
Differenzen erkennen. So beträgt die Maximalschwankung an theoretisch
gleichwerthigen Kanten eines und desselben Ivrystalls 35 Minuten, die-
selbe erreicht an den angeführten Individuen 60 Minuten, während eine
Abweichung von den berechneten Werthen um 33'5 Minuten sich
ergiebt. Weniger präcise ausgebildete Krystalle und solche mit vor-
herrschend polysynthetischem Bau, zeigen dagegen schon bei weitem
grössere Differenzen, wie nachstehende, ebenfalls von v. Rath ausgeführte
Messungen darthun.
Krystall VII.
Fig. 9 a. a. 0.
133° 15'
Zwillings-
indiv. I.
133° 5'
Zwillings-
indiv. II.
146° 27 5'
146° 16'
146° 23'
Krystall VIII.
Fig. 10 a. a. 0.
130° 10'
130° 6'
131° 54'
132° 30'
146° 19'
145° 58'
132° 49'\zwiii.-
130° 56'/ind. I.
132» 40'{“;
146° 20'
Variiren der Winkel an
demselben Krystall um
nebenstehende Werthe
10'
2° 24'
21'
1° 53'
7'
Maximaldifferenz der
gemessenen und be-
rechneten Winkel
53'
1
2° 28'
18'
25’5'
21'
Hiernach variiren die gleichwerthigen Winkel desselben Individs
bis um 2° 24' und weisen eine Maximaldifferenz mit den berechneten
Werthen von 2° 28' auf. Aber selbst jene Krystalle gehören keineswegs
zu den unregelmässigsten Bildungen ; vielmehr erscheinen die meisten
der aufgewachsenen Leucite von solcher Entwicklung, dass es nicht
einmal möglich ist, den Charakter der einzelnen Kanten, im Sinne des
quadratischen System’ s zu entziffern.1) Solche Individuen zeigen alsdann
das Bestreben, welches bereits an den Krystallen VII und VIII bemerkbar
ist, in noch höherem Grade, eine dem regulären Ikositetraeder möglichst
nahestehende Form zu bilden, indem die sämmtlichen Partialindividuen
des polysynthetischen Ivrystalls, ihre dioktaedrischen Kanten nach Aussen
kehren.2) Wenngleich derartige Aggregationen häufig zu beobachten
sind, so reicht die Voraussetzung derselben doch nicht hin, um aus der
polysynthetischen Bauweise auch das Auftreten solcher, mit dem
regulären Ikositetraeder fast genau übereinstimmenden Winkehverthe zu
erklären.
Eine solche Uebereinstimmung mit der regulären goniometrischen
Entwicklung zeigen aber insbesondere die eingewachsenen Leucite der
vesuvischen Laven, und es dürfte als ein Uebergangsglied hierzu, hin-
sichtlich gewisser Kantenwinkel, der von Scacchi gemessene, rundum
0 G. v. Rath, a. a. 0. S. 208.
2) Ebendaselbst, S. 226.
[5]
Zur Kritik des Leucitsystems.
231
ausgebildete Krystall, ein Auswürfling des Vesuvs vom Jahre 1845, zu
betrachten sein, der nach der Ansicht jenes Autors, ein Beispiel für den
regulären Charakter der eingewachsenen Leucite geben soll. Die Scac-
c hi’ sehen Messungen liefern folgendes Resultat, wobei aa\ bb1, cc1 die
an den Enden der Axen liegenden Ecken bezeichnen, während sich
die Winkel auf die vier , in jeder dieser Ecken zusammenstossenden
Kanten beziehen.
a
= 134°
ID
131°
57'
133°
11'
134°
8'
«i
= 133°
3'
133°
32'
133°
16'
133°
31'
b
— 132°
10'
132°
49'
133°
3'
133°
2'
h
= 132°
5'
131°
44'
133°
43'
133°
29'
c
= 134°
9'
134°
15'
131°
46'
130°
57'
= 132°
11'
131°
44'
131°
20'
131°
21'
Es zeigt dieser Krystall demnach, ohne jede Andeutung einer
quadratischen Ausbildung, Winkeldifferenzen bis zu 3° 18', während
einzelne seiner Kanten eine sehr nahe Uebereinstimmung mit den
bezüglichen Werthen des regulären Ikositetraeder (131° 49') aufweisen.
Eine völlig reguläre Entwicklung lassen dagegen die eingewachsenen
Krystalle der praehistorischen Sommalaven erkennen. Schon v. Rath
führt an, dass sich diese Leucitkry stalle mit einer scheinbar so voll-
kommenen Ikositetraedergestalt herauslösen, „dass man bei ihrem Anblick
nur schwer den Glauben an ihre reguläre Natur wird aufgeben können“.
Auch Hessenberg schreibt in einem Briefe an v. Rath x), hinsichtlich
eines 20 Mm. grossen Krystalls, „dass man sich mittelst des Anlege-
goniometers vollkommen überzeugen kann, dass er isometrisch krystallisirt
sei, und nirgends Kanten von 133° 58' mit andern von 130° 3', also
um beinahe 4° ditferirend, besitzt“.
Um jedoch geuauere Resultate der Messung an solchen Krystallen
zu erhalten, bediente ich mich der Methode, die Flächen ausgewählter
Individuen mit kleinen, dünnen Glasplättchen zu belegen, und so den
Krystall mittelst des Reflexionsgoniometers zu messen. Um einen Anhalt
über die Grösse der hierdurch möglichen Fehlerquelle zu gewinnen,
wurde zuvor eine Anzahl von Gontrollmessungen an geeigneten Krystallen
anderer Species ausgeführt, welche das Resultat ergaben, dass bei völlig
glattflächigen Individuen, die Winkeldifferenz zwischen den natürlichen
und den mit Glasplättchen belegten Flächen, meistens nicht grösser
als 1 — 2 Minuten ist, und dass die Abweichung selbst bei matten
Flächen, an sonst präcise gebildeter Krystallen, 20 Minuten nicht
übersteigt.2)
Von den auf diese Weise vorgenommenen Messungen mögen die
zweier besonders glattflächig gebildeten Krystalle aus den Sommalaven,
hier aufgeführt, werden.
0 A. a. 0. S. 223.
2) Man wählt, das Deckgläschen nicht zu gross, etwa 2 — 3 Mm., und über-
zeugt sich, ob dasselbe überall gleich aufliegt, was an der Formveränderung des
dünnflüssigen Klebmittels leicht zu erkennen ist. Grössere Krystall flächen belegt, man
mit mehreren Gläschen, um so controlirende Messungen an ein und derselben Fläche
ausführen zu können.
232
Dr. J. Hirschwald.
[6]
Kryst. I. Grösse 20 Mm. von sehr regelmässiger Ausbildung.
Es bedeuten: a die sogenannten oktaedrischen, b die hexaedrischen Kanten,
wobei die Reihenfolge der Indices die Zusammengehörigkeit der um einen Axen-
endpunkt herumliegendeu Kanten anzeigt.
a =. 131° 44' \
1 _ 10,0 I Normalwinkel des regulären Ikositetraeder = 131° 49'
2 _ i'oio xq-; Minimaldifferenz = 5 Minuten
J gg/ j Maximaldifferenz =13 „
h — 1 40° 30' 1
/ _ iiqo io/ | Normalwinkel w. o. = 146° 27'
20' ( Minimaldifferenz = 7 Minuten
y _ , qg0 3g/ I Maximaldifferenz = 21 „
Kryst. II. Grösse 13 Mm. lässt eine Aggregation aus drei Indi-
viduen erkennen.
= 131° 25' l Minimaldifferenz = 22 Minuten
,f2 __ ,390 uz | Maximaldifferenz =53 „
b2 = 147° 0' ] Minimaldifferenz = 33 Minuten.
l> 3 = 148° 17' J Maximaldifferenz = 1° 50'
Grössere Abweichungen von den Winkeln des regulären Ikosi-
tetraeders zeigen die vom Vesuv im Jahre 1845 ausgeworfenen Leucite.
Ein derartiger Krystall von 11 Mm. Grösse, gab folgendes Resultat:
Kryst. III.
«1
« 2
«3
«4
«6
132°
130°
132°
130°
132°
48'
30'
25'
39'
Minimaldifferenz
Maximaldifferenz
\ = 145° 52' i
b2 = 146° 35' I
h3 = 145° 48' ! Minimaldifferenz
bi = 145° 5' j Maximaldifferenz
b5 = 145° 1'
b6 = 146° 30')
16 Minuten
1° 19'
3 Minuten
1° 26'
Man ersieht aus diesen Messungen, zieht man die Methode der-
selben und die immerhin nur bis zu einem gewissen Grade ebene
Beschaffenheit der Flächen in Betracht, dass die ein gewachsenen
Leucite der Sommalaven zum Theil eine durchaus präcise
reguläre Entwicklung auf weisen, während die bedeutenderen
Winkelabweichungen, welche S ca cc hi an losen Auswürflingen constatirt,
bis zu einem gewissen Grade durch die obigen Beobachtungen bestätigt
werden. Da somit die eingewachsenen Leucite neben den völlig regulär
gebildeten, auch solche Formen aufweisen, deren Kantenwinkel Abwei-
chungen in demselben Umfange, rücksichtlich der goniometrischen Werthe
Zur Kritik dos Leucitsystems.
233
[7]
des Ikositetraeders zeigen, wie die aufgewachsenen Krystalle der Ivalk-
auswürffinge, so scheint ein specifischer Unterschied beider Vorkomm-
nisse nicht zu bestehen; vielmehr überzeugt man sich, dass die gesammte
goniometrische Entwicklung des Leucitsystems, bei völlig gleichbleibender
Gestaltung seiner Combinationsverhältnisse, eine continuirliche Reihe von
Uebergängen darstellt, mit dem präcise regulären Typus beginnend und
fortschreitend bis zu den mehr oder weniger prägnant ausgebildeten
quadratischen Formen der aufgewachsenen Krystalle. Dabei wiederholen
sich oftmals die maximalen Winkelabweichungen in ihrem ganzen
Umfange an ein und demselben Individ, selbst der eingewachsenen Leucite,
so dass theoretisch gleich werthi ge Kanten desselben Krystalls nicht
selten eben so grosse Winkeldifferenzen aufweisen, wie sie den beiden
extremen Gliedern der ganzen Krystallreihe eigen sind.
Hiernach kann von einer Dimorphie des Leucits , nach der
gebräuchlichen Auffassung dieses Begriffes, nicht wohl die Rede sein;
es wird vielmehr die Entscheidung über das Krystallsystem dieser
Mineralspecies , rücksichtlich ihrer goniometrischen Verhältnisse , an
folgende Vorstellung anknüpfen müssen: Entweder es ist der Leucit
regulär, mit sehr variablen Winkelwerthen, und in seiner poly synthe-
tischen Verwachsung doeumentirt sich das Bestreben, die vorhandenen
Anomalien wieder auszugleichen; oder aber, es liegt hier eine dem
regulären System ausserordentlich nahe stehende quadratische Mineral-
species vor, welche durch das bezügliche Wachsthumsgesetz sich der
regulären Entwicklung zu accommodiren bestrebt ist.
Es ist eine bekannte Thatsache, dass selbst äusserlich präcise
gebildete Krystalle, nicht selten kleinere Winkelabweichungen theoretisch
gleichwerthiger Kanten erkennen lassen, ja dass gewisse Krystallspecies
durch recht erhebliche Winkelanomalien charakterisirt sind. Breit-
haupt hat wohl zuerst auf diesen Umstand aufmerksam gemacht,
indem er zeigte, dass die Grundformen mehrerer quadratischer und
hexagonaler Mineralien keineswegs überall die vorausgesetzte Gleichheit
ihrer Polkanten besitzen, und dass selbst bei manchen tesseralen Formen
ähnliche Anomalien Vorkommen. Es bedarf kaum des Hinweises, dass
mit der Constatirung solcher individuellen Abweichungen, die Gesetz-
mässigkeit der Ivrystallbildung im Allgemeinen nicht in Frage gestellt
werden kann; vielmehr ist es erklärlich, dass jene Bedingungen, welche
zu einer ungestörten Entwicklung der krystallogenetischen Kräfte
erforderlich erscheinen, nur selten in der Natur gegeben sind, und so
findet man auch nicht häufig Krystalle mit so tadelloser Flächenaus-
bildung, wie sie aus der präcisen Wirkung des genetischen Axensytems
hervorgehen müssten. Insbesondere ist es die als „facettirt, geknickt
oder parquettirt“ bezeichnete, aggregate Beschaffenheit der allermeisten
Krystalltiächen, welche zum Theil einen directen Beweis für die mangel-
hafte Uebereinstimmung der Flächenlagen jener Subindividuen ’) abgiebt,
Ich nehme keinen Anstand, die von A. Sadebeck (Zeitschr. d. d. geol.
Gesellsch., Jahrg. 1874, S. 647 : Ueber die Krystallisation des Bleiglanzes) gewählte
Bezeichnung „Subindividuum“ in obigem Sinne zu accept.iren, ohne dadurch die
Benennung „Singularindividuum“ aufzugeben, welche thatsächlieh nicht mit jener
zusammenfäll t. Wie Sadebeck selbst hervorhebt, erweisen sich die Subindividuen
wiederum aus kleineren Individuen geeinigt, und es bleibt demnach für die theore-
234
Dr. J. Hirschwald.
[8]
aus denen der Krystall, durch gesetzmässige Einigung, sich aufgebaut
erweist.1) Es verdient aber ausdrücklich hervorgehoben zu werden, dass
nicht allen Krystallspecies in gleichem Grade eine Inconstanz ihrer
Winkelverhältnisse zukommt, und es lässt sich wohl annehmen, dass
derartige Anomalien häufiger, ja vielleicht mit einer gewissen Stetigkeit
bei solchen Species auftreten werden, welche a priori ein geringeres
Mass stabilen Gleichgewichts ihres krystallogenetischen Axensystems
besitzen. Da aber solche Abweichungen ihren Grund nicht anders, als
in dem anomalen Intensitätsverhältniss dieser Axen selbst haben können,
so erscheint es zweifellos, dass hierdurch ein Hinüberspielen
in die Symmetrieverhältnisse anderer Krystallsy steme
her vorgerufen werden muss, so dass selbst in diesen Ano-
malien eine Gesetzmässigkeit rücksichtlich der symme-
trischen Ausbildung, sich geltend machen wird.
Diese Erscheinung ist es, welche Scacchi als „Polysymmetrie“,
Des Cloizeaux als „Pseudodimorphie“ bezeichnet haben.2)
Wollte man demnach den Leucit als eine Mineralspecies von
„polysymmetrischer“ Entwicklung auffassen, so Hesse sich hiergegen
vielleicht der Einwand erheben, dass für eine so bedeutende Schwankung
von fast 4°, wie sie die Winkel des Leucits an den verschiedenen
Vorkommnissen aufweisen, sich kaum eine Analogie hinsichtlich der
tische Betrachtung erwünscht, den Begriff des absoluten Einzelindivids, des Trägers
eines singulären centralen Axensystems, durch eine prägnante Bezeichnung zu fixiren.
(Hirschwald, Grundzüge einer mechanischen Theorie der Krystallisationsgesetze ;
diese Mitthlg. Heft 3, 1873.)
Q Die hierdurch entstehenden Unebenheiten der Krystallflächen lassen sich
folgendermassen classiticiren : 1. Regelmässige Vertiefungen, hervorgerufen durch
Aggregation subindividueller Flächen. Diese polyedrischen Hohlräume werden beim
Fortwachsen des Krystalls meistens ausgefüllt, doch so, dass häufig die Contouren
derselben noch deutlich hervortreten; Beispiel: Pyramide des Quarzes. 2. Regel-
mässige polyedrische Erhebungen, gebildet durch combinirte vicinale Flächen der
Subindividuen; Beispiel: Würfelfläche des Bleiglanzes mit hervortretenden Ecken
eines sehr stumpfen Ikositetraeders. 3. Mehr oder weniger unregelmässige Knickungen,
wie sie an vielen Kry stallen, z. B. am Apophyllit. an den Oktaederflächen des Blei-
glanzes, am Analcim, Coelestin etc. Vorkommen. (Scacchi’s Polyedrie.)
Diese letztere Erscheinung ist es vorzugsweise, welche man auf Rechnung
anomaler Kristallbildung setzen darf, deren Ausgleichung die Aggregation erstrebt.
Die Spiegelbilder solcher geknickter Flächen differiren oft um mehrere Grade, und
man würde durch genaue Bestimmung dieser Differenzen einen Massstab für die
Grösse derartiger subindividueller Anomalien gewinnen.
2) Es bedarf insofern einer Klärung dieses Begriffes , als S c a c c h i sowohl,
als auch Des Cloizeaux. die ähnliche krystallographische Entwicklung chemisch
analoger Verbindungen ebenfalls unter der obigen Bezeichnung vereinigen. Da es
sich hierbei jedoch um ganz verschiedene ursächliche Bedingungen der Krystallaus-
bildung handelt, so möchte ich mir den Vorschlag erlauben, als „polysymmetrisch“
oder „pseudodimorph“ nur diejenigen Species zu bezeichnen, welche bei absoluter
Identität ihrer chemischen Natur eine variable krystallographische Ausbildung im
Sinne der Symmetrieverhältnisse verschiedener Systeme aufweisen, womit naturgemäss
eine mehr oder weniger bedeutende Schwankung der Kantenwinkel verbunden sein
wird. Dagegen wird man sich der Benennung „Homöosymmetrie“ bedienen können,
falls die analoge krystallographische Ausbildung durch das Eintreten vicarirender
Bestandtheile in die chemische Constitution bedingt wird. In diesem Sinne „poly-
symmetrisch“ sind: Doppelt weinsteinsaures Strontium (klinorhombisch und anor-
thisch), doppelt traubensaures Natrium (orthorhombisch und hexagonal); „homöo-
symmetrisch“: Schwefelsaures Kalium und schwefelsaures Natrium, Orthoklas und
Albit, Harmotom und Phillipsit.
[9]
Zur Kritik des Leucitsystems.
235
bekannten polysymmetrischen Species nachweisen Hesse. Es darf jedoch
nicht übersehen werden, dass bei der Beurtheilung der Winkelverhält-
nisse des Leucits die Resultate jener Untersuchungen volle Berücksich-
tigung verdienen, welche zuerst von Mitscherlich,1) später von Pfaff2)
über die durch Temperatursteigerung bewirkte Aenderung der Kanten-
winkel an Krystallen angestellt und von Neumann 3) einer eingehenden
Discussion unterzogen worden sind.
Hiernach dehnen sich die meisten Krystalle durch die Wärme
dermassen aus, dass der Ausdehnungscoeflicient, wie z. B. am Gyps,
grösser als der irgend eines Metalles sich erweist (siehe Pfaff a. a. 0.).
Was die damit in Zusammenhang stehende Abänderung der Kanten-
winkel betrifft, so zeigen Gypskrystalle bei einer Temperatur von 80° R.
eine Abweichung gegenüber den gewöhnlichen Winkelwerthen von 10' 50".
Im Allgemeinen lehren diese Untersuchungen aber, dass die ungleichen
Axen anisometrischer Krystalle unter dem Einfluss der Wärme einen
Ausgleich ihrer ursprünglichen Intensitätsdifferenz erstreben, wodurch
die Kantenwinkel der verschiedenen Zonen sich allmälig einander nähern.
Es müssen daher andererseits solche bei sehr hoher Temperatur
gebildeten Krystalle nach ihrem Erkalten namhaft grössere Winkel-
differenzen ihrer verschiedenen Zonen aufweisen, als ihnen an und für
sich genetisch zukommen. Genau dasselbe wird für reguläre Krystalle
gelten müssen, welche eine anomale Ausbildung im Sinne eines aniso-
metrischen Systems besitzen. Berücksichtigt man demnach, dass der
Leucit bei einer Temperatur gebildet wurde, welche kaum unter 1500° C.
anzunehmen ist, so dürfte es wohl wahrscheinlich sein, dass eine
ursprünglich geringe Abweichung der Winkel sich unter der Abkühlung
zu einer Differenz von mehreren Graden steigern könne.4)
Dass aber die eingewachsenen Leucite thatsächlich sehr bedeutende
und ungleichmässige Contractionen erfahren haben, dafür liefern die
Krystalle der alten Sonnnalaven einen interessanten Beweis. Erreichen
nämlich die Leucite eine gewisse Grösse, so zeigt es sich häufig, dass
die Krystalle nur mit den Flächen bestimmter Zonen an der sie um-
gebenden Lava anhaften, während die übrigen Krystallflächen oftmals
bis um 1 Mm. von dem Gestein entfernt sind, doch so, dass man den
scharfen Flächenabdruck noch deutlich in der Lava wahrnimmt. Dabei
überzeugt man sich mit aller Bestimmtheit, dass der Abdruck nicht
mehr der Krystallfläche parallel geht, eine Erscheinung, welche beson-
ders auf den Schliffflächen solcher Gesteine in prägnanter Weise her-
vortritt. Diese Thatsache liefert den Beweis, dass die Leucite eine
stärkere Contraction durch Abkühlung erfahren haben, als die sie
umgebende Lava und dass diese Contraction nach gewissen Zonen
differenzirt war, womit die beobachtete Abweichung in der ursprünglichen
*) Poggendorff’s, Annalen, Bd. 41, 213.
2) Ebendaselbst Bd. 104, 171; Bd. 107, 151.
3) Ebendaselbst Bd. 103, 240.
4) Es ist zwar bis jetzt kein Gesetz ermittelt worden, nach welchem die
Aenderung der Kantenwiukel bei Steigerung der Temperatur stattfindet; nimmt mau
aber beispielshalber an, dass diese Aenderung proportional der Temperatur erfolge,
so würde der Gyps bei 1500° eine Abweichung seiner Prismenwinkel um 3'5°
erleiden.
Mineralogische Mittheilungen. 1875. 4. Heft. (Dr. J. Hirschwald.)
32
236
Dr. J. Hirschwald.
[10]
Flächenlage in Zusammenhang steht. Es dürften sich somit die Schwan-
kungen der goniometrischen Verhältnisse des Leucits, genetisch auf
ein namhaft geringeres Mass reduciren lassen , und es würde damit
zugleich die Auffassung einer polysymmetrischen Entwicklung dieses
Minerals, eine nicht unwesentliche Stütze erhalten.
Da aber der variablen Ausbildung polysymmetrischer Species stets
ein einheitliches Krystallsystem zu Grunde liegt, worin der specifische
Unterschied jener und der dimorphen Ausbildung beruht, so wird es
im gegebenen Falle darauf ankommen, die polysymmetrische Entwicklung
auf ihren Grundcharakter, auf das normale Krystallsystem der Species
zuriickzu führen.
Hinsichtlich des Eeucits, scheint vor Allem der Nachweis völlig
regulär gebildeter Krystalle, ferner die Inconstanz der goniometrischen
Verhältnisse seiner quadratischen Typen, so wie die ausnahmlos reguläre
Entwicklung seiner Combinations- und Zwillingsverhältnisse *) auf den
regulären Charakter hinzudeuten, und es werden auch die optischen Unter-
suchungen weitere Motive für diese Anschauung darbieten.
2. Die Streifung der Krystallfläclien und ihr Zusammenhang
mit den polysynthetischen und optischen Charakteren der
Krystalle.
Die erste Anregung zur Entdeckung jener merkwürdigen Ver-
hältnisse des Leucitsystems erhielt G. v. Rath durch die Beobachtung
der durch polysynthetische Verwachsung entstehenden Zwillingsstreifen,
welche parallel der symmetrischen Diagonale auf den Flächen des Ikosi-
tetraeders, bei den meisten der aufgewachsenen Krystalle Vorkommen.
Es ist leicht ersichtlich, dass eine derartige Streifung, welche
eine Polvsynthesie parallel den Flächen des Dodekaeders documentirt,
durch Verwachsung präeise gebildeter regulärer Ikositetraeder nicht
entstehen kann, so dass dieselbe als ein vollgültiger Beweis für die
Abweichung der Winkelverhältnisse, seitens der regulären Krystallform
angesehen werden muss. Mit dieser rein mathematischen Deduction ist
aber, wie in Vorstehendem erörtert wurde, die Frage nach dem Kry-
stallsystem des Leucits nicht als erschöpft zu betrachten, da, ins-
besondere bei der thatsächlichen Inconstanz der goniometrischen Ver-
hältnisse dieser Mineralspecies, jene Flächenstreifung a priori sehr wohl
als Folge einer Anomalie der Kantenwinkel der regulären Krystallform
gedeutet werden könnte. Ist diese Auffassung zutreffend, so darf man
wohl voraussetzen, ähnliche Erscheinungen aus gleicher Ursache auch
bei andern Species und zwar verschiedener Krystallsysteme sich wieder-
holen zu sehen.
Um nach dieser Richtung eine Lösung der vorliegenden Frage zu
erzielen, wird es wünschenswert!! erscheinen, insbesondere solche Krystall-
’) Ueber den Nachweis dieser, siehe Abschn. 3.
[11]
Zur Kritik des Leucitsystems.
237
species, deren System unzweifelhaft feststellt, die sich aber dennoch durch
ein Variiren ihrer Kantenwinkel auszeichnen, auf ihre Wachsthums-
erscheinungen und etwa vorhandene Analogien bezüglich der polysyn-
thetischen Ausbildung des Leucits, zu prüfen. Den hierauf gerichteten
Untersuchungen mögen folgende allgemeine Erläuterungen vorausgeschickt
werden.
Man unterscheidet im Allgemeinen zweierlei Arten von Flächen-
streifung:
1. Durch oscillatorische Combination gebildete, kurzweg Combina-
tionsstreifung genannt, und
2. solche, welche einer vielfach sich wiederholenden Zwillings-
verwachsung ihre Entstehung verdankt.1)
Die Streifung der ersteren Art tritt, nicht minder als die Zwillings-
streifung, auf bestimmten Flächen vieler Krystallspecies mit solcher
Gesetzmässigkeit und Stetigkeit auf, dass man hieraus auf einen innigen
Zusammenhang auch dieser Erscheinung mit den Gesetzen des Krystall-
wachsthums wird schliessen dürfen.
Bei Herstellung künstlicher Krystalle aus wässerigen Lösungen
hat man häufig Gelegenheit zu beobachten, dass die ausgeschiedenen
Krystalle als eine parallele Aggregation vieler Subindividuen erscheinen,
so dass durch oscillatorische Combination oftmals, eine treppenförmige
Ausbildung der Krystallflächen entsteht, die in gewissen Stadien des
Wachsthums als Streifung der Flächen sich erhält. Beobachtet man die
weitere Fortbildung solcher Individuen, so macht man im Allgemeinen
die Bemerkung, dass der Krystall nicht gleichmassig an Volumen zu-
nimmt; vielmehr erscheint seine Hauptthätigkeit darauf gerichtet zu
sein, die durch die lamellare Aggregation entstandenen einspringenden
Winkel auszugleichen und es findet erst mit der Erreichung dieses
Zieles, ein conformes Fortwachsen statt.2) Wenn jedoch die einzelnen
Subindividuen eine völlig parallele Anordnung in den ersten Stadien
der Ivrystallbildung nicht erlangt hatten , macht sich eine Abweichung
von dieser Wachsthumserscheinung geltend, indem der Krystall die
ursprünglich aggregate Beschaffenheit seiner Flächen stetig fortbildet
Von dieser allgemeinen Regel sieht man aber nicht selten Aus-
nahmen der Art, dass selbst da, wo eine Unregelmässigkeit der parallelen
Aggregation nicht zu constatiren ist, sich dennoch ein hartnäckiges
Bestreben geltend macht, die aggregate Structur des Krystalls auch
J) Es^wird gewöhnlich noch insofern ein Unterschied zwischen diesen beiden
Kategorien der Flächenstreifung gemacht, als man die Zwillingsstreifung mit einer
polysynthetischen Structur des Krystalls in Verbindung denkt, während man die
Combinationsstreifung als blosse Oberflächenerscheinung auffassen zu können glaubt.
Diese letztere Anschauung ist schon um deswegen unhaltbar, weil die inneren und
äusseren Verhältnisse eines Krystalls untrennbar auf ein und dieselben ursächlichen
Bedingungen gegründet sind, so dass die Eigentümlichkeiten der Krystalloberfläche
den äusserlich wahrnehmbaren Ausdruck der inneren Structur- und Cohärenzverhält-
nisse bilden. Als rein äusserlich werden daher nur diejenigen Erscheinungen auf-
zufassen sein, welche ihre Entstehung solchen von der Krystallbildung selbst unab-
hängigen Verhältnissen verdanken.
2) Pasteur hat ähnliche Erscheinungen von solchen Krystallen beschrieben,
die äusserlich mechanisch verändert, insbesondere abgebrochen worden waren.
32*
238
Dr. J. Hirschwald.
[12]
äusserlich zum Ausdruck zu bringen. Es zeigen alsdann jedoch jene
Discontinuität der Entwicklung nur ganz bestimmte Krystallflächen,
während an anderen Flächen desselben Individs ein schneller Ausgleich
der aggregaten Beschaffenheit stattfindet.
Diese Erscheinung, welche man an vielen künstlichen Krystallen
in ihren successiven Veränderungen beobachten kann, kehrt auch an
den natürlichen Mineralien wieder, und es ist desshalb die gesetzmässige
Streifung bestimmter Krystallflächen, da, wo sie auf eine polysynthetische
Zwillingsbildung nicht zurückführbar erscheint und somit lediglich der
parallelen Aggregation zugeschrieben werden müsste, als eine sehr
bemerkenswerthe Thatsache zu betrachten, zumal in solchen Fällen, in
welchen an einen Substanzmangel zur weiteren Fortbildung nicht wohl
gedacht werden kann. So sind beispielsweise die Streifungen des Quarz-
prismas, sowie auch die dreiseitigen Vertiefungen auf den Dihexaeder-
flächen, welche ja zu derselben Kategorie der Wachsthumserscheinungen
gehören,1) oft von bedeutender Tiefe, und es gehören völlig glatte
Prismenflächen bekanntlich zu den seltenen Vorkommnissen dieser
Krystallspecies.
Die horizontale Streifung des Quarzprismas wird durch oscilla-
torische Combination einer Fläche der Pyramide mit der Prismenfläche
bedingt, und wie wenig die Anschauung gerechtfertigt ist, dass man es hier
lediglich mit einer Oberflächenerscheinung zu thun habe, dürften die
schönen Versuche von Leydolt2) zur Genüge erhärten. Da aber die
Quarzpyramide in zwei krystallographisch differente Rhomboeder zerfällt,
so wird es die parallele Aggregation der Subindividuen mit sich bringen,
dass die einspringenden Winkel der Streifung im Allgemeinen von
differenten Dihexaederflächen gebildet werden. Es liegt demnach die
Vermuthung nahe, dass die horizontale Streifung vielleicht wesentlich
nur durch die Differenz der abwechselnden Dihexaederflächen bedingt
werde , so dass dieselbe durch Verwachsung vollständig verschwinden
würde, wäre das Quarzdihexaeder eine holoedrische hexagonale Pyramide.
Das Unvermögen, diese von differenten Flächen gebildeten einspringenden
Winkel durch fortgesetztes Wachsthum auszufüllen, würde alsdann mit
der gleichartigen Erscheinung an polysynthetischen Zwillingskrystallen
auf demselben Wachsthumsgesetz beruhen.
Ist diese Auffassung richtig, so muss die Streifung der hexagonalen
Säule bei allen dihexaedrisch ausgebildeten Species, als eine constante
Erscheinung auftreten, während sie den vollflächig hexagonal ausgebil-
deten Systemen durchaus fremd sein wird. Es trifft diese Voraussetzung
in der That zu ; man findet die horizontale Säulenstreifung beim Korund
und Hämatit wieder, während dieselbe beim Apatit und Beryll, den
ausgezeichnetsten Vertretern des holvedrisch-hexagonalen Typus, voll-
ständig fehlt.
Dagegen macht sich bei den letzteren beiden Species eine verticale
Streifung der Säule auffallend bemerkbar und wollte man die obige
’) ‘Hirschwald: Ueber die auf den Flächen und Schliffflächen der Quarz-
krystalle künstlich hervorgebrachten und natürlichen regelmässigen Vertiefungen. —
Poggendorff’s Annalen 1869, 548.
2) Leydolt, Sitzungsbericht der Wiener Akad. XV, 1855, 59.
[13]
Zur Kritik des Leucitsystems.
239
Auffassung auch auf diese Erscheinung übertragen, so müsste man
annehmen, dass die einspringenden Winkel der verticalen Säulenstreifung
ebenfalls differenten Flächen ihre Entstehung verdanken, was nur unter
der Voraussetzung denkbar wäre, dass die hexagonale Säule gewisse
Winkelanomalien aufweise, zu deren Ausgleich eine, der Zwillingsbildung
analoge Aggregation, parallel der Prismenfläche, stattfände. Da nun der
Apatit in der That durch die Inconstanz seiner goniometrischen Ver-
hältnisse ausgezeichnet ist (der Kantenwinkel der Pyramide schwankt
von 80° 12' bis 80° 3C\ nach Breithaupt sogar von 80° bis 81°),
so werden sich derartige Anomalien auch auf die Winkel des Prismas
übertragen müssen und es würde alsdann die verticale Streifung eine
Aggregation in ähnlichem Sinne, wie die Horizontalstreifung des Quarz-
prismas documentiren, hier bedingt durch die hemiedrische Ausbildung
der hexagonalen Pyramide, dort, durch eine Anomalie der goniometrischen
Entwicklung.
Eine Bestätigung dieser Ansichten musste sich bei Betrachtung
derartiger Krystallscldiffe im polarisirten Licht ergeben, vorausgesetzt,
dass die Abweichung der einzelnen Subindividuen von der präcisen
hexagonalen Ausbildung gross genug angenommen werden durfte, um
wahrnehmbar verschiedene optische Reactionen hervorzurufen. Die in
dieser Hinsicht gehegten Erwartungen wurden durch das Ergebniss des
Versuchs weit übertroffen.
Ein 4 Mm. grosser, bläulich gefärbter Apatitkrystall von Schlacken-
walde in Böhmen, der die Verticalstreifung des Prismas ziemlich deutlich
zeigte, wurde parallel der Fläche des digonalen Prismas zu einem
Plättchen von kaum 0-5 Mm. Stärke geschliffen und unter Einschaltung
eines empfindlichen Gypsblättchens (violett 2. Ordnung) unter dem
Polarisationsmikroskop untersucht.1) Es traten bei gekreuzten Nicols,
parallel der verticalen Prismenkante Streifen Systeme in scharf markirten
Polarisationsfarben auf, wie solche Fig. I. Taf. IX möglichst getreu
dargestellt sind. Diese Erscheinung liefert den Beweis, dass
der Apatit eine polysynthetische Verwachsung parallel
der Säule darstellt, deren Subindividuen das Licht in
namhafter Weise ungleich polarisiren, wodurch sich
sowohl eine Abweichung von der präcisen hexagonalen
Ausbildung, als auch eine zwillingsartige Aggregation
documentirt. 2) Dieselbe Verwachsung zeigte der Beryll im polarisirten
Licht. Um zu untersuchen, ob diese Erscheinung auch in anderen
Systemen auftritt, wurde zunächst ein Vesuviankry stall von Aren d a 1
‘) Es ist für diese und die nachfolgenden Untersuchungen eine Collection
solcher Gypsblättchen von verschiedener Stärke erforderlich, ln den meisten Fällen
wird man jedoch mit folgenden Nummern ausreichen: Violett 2. Ordnung. Roth
2. Ordnung, Violett 3. Ordnung. Da, wo Gypsblättchen in Folge ihrer Empfindlich-
keit ein schwer entwirrbares Bild geben, bedient man sich nebenbei zur Aufklärung
mit Vortlieil der Glimmerblättchen, doch bedarf man auch von diesen mehrerer
Nummern.
2) Eine differente anomale Ausbildung ohne zwillingsartige Verwachsung würde
nicht wohl im Stande erachtet werden können, eine solche Verschiedenheit der Sub-
individuen rücksichtlich ihrer Einwirkung auf polarisirtes Licht hervorzurufen, wie
sie der Apatit und die nachfolgend angeführten Mineralspecies thatsächlich aufweisen.
240
Dr. J. Hirschwald.
[14]
welcher ebenfalls durch eine vert.ieale Prismenstreifung charakterisirt
war, parallel der Säulenfläche zu einem Plättchen geschliffen. Das
Präparat Hess wiederum scharf markirte Polarisationsstreifen parallel
der verticalen Axe erkennen, nur waren dieselben nicht bandförmig,
wie beim Apatit, sondern mehr linienartig und allmälig verlaufend, wie
sie Fig. II Taf. IX darstellt. Dagegen traten an einem derartigen
Schliff eines brasilianischen Topases ebenfalls jene breiten, bandartigen
Streifen des Apatits auf.1) Für das Verständniss der Krystallaggregation
und der sogenannten Combinationsstreifung erscheint diese Thatsache
als sehr bemerkenswerth und sie musste sich ebensowohl im regulären
Krystallsystem geltend machen, falls ihr eine allgemeine Bedeutung für
das Krystallwachsthum zugesprochen werden durfte.
In Betreff der rein äusserlichen Verhlätnisse gestreifter Krystall-
flächen, sind insbesondere die Ikositetraederflächen des Granats, durch
ihre scharf markirte Streifung parallel der symmetrischen Diagonale auf-
fallend, eine Erscheinung, welche vorzugsweise an den schön gebildeten
Ikositetraedern des Grossular von Orawicza im Banat und des
M e lan i t von L o n g bans h y 1 1, a n in S chweden, in prägnanter Weise
hervortritt und durch ihre äussere Analogie mit den Zwillingsstreifen
des Leucits ein erhöhtes Interesse erregt. Ein Krystall des Grossular,
ein modellähnliches Ikositetraeder von 2 Cm. Grösse mit glänzenden
Flächen, zeigte einen schichtenartigen Bau parallel der äusseren Begrenzung
und man erkannte durch Ablösen der einzelnen Lamellen, dass die
schaff markirte Streifung durch den ganzen Krystall mit gleicher Prä-
cision hindurchging. Diesem Umstande entsprach auch eine poly-
synthetische Structur parallel der Dodekaederfläche, welche sich beim
Durchschlagen des Ivrystalls, auf dem Bruch in Streifensystemen der
betreffenden Lage geltend machte. Dabei ist die Streifung der Flächen
im Allgemeinen keineswegs eine sporadische; dieselbe tritt vielmehr so
vollkommen herrschend auf, dass die Ikositetraederfläche eigentlich
nur durch ein- und ausspringende Winkel zusammengesetzt erscheint.
Bei der glänzenden Beschaffenheit der die Streifung bildenden Flächen-
elemente, gelang es, die ausspringenden Winkel derselben mittelst des
Reflexionsgoniometers annähernd zu messen ; dieselben schwankten von
109 — 178 Grad, was einer Abweichung gegenüber der Lage der Ikosi-
tetraederfläche von 3‘5 — fr5° entspricht. Da es hiernach nicht angänglich
erscheint, die Streifung einer Oscillation der Dodekaederkante zuzu-
schreiben, so wird man annehmen müssen, dass dieselbe ihren Grund
in der anomalen Lage vicinaler Ikositetraederflächen hat, welche die
äussere Begrenzung der einzelnen Lamellen der polysynthetischen
Krystalle bilden.
Zur optischen Untersuchung wurden die schönen Vorkommnisse
des Kan eist, ein von der Mussa-Alp verwendet, welche die gestreiften
Ikositetraederflächen in Combination mit dem Dodekaeder zeigten. Ein
Krystall von vorzüglicher Klarheit und Homogenität, parallel der Oktaeder-
fläche zu einem 05 Mm. dicken Plättchen geschliffen, liess unter dem
') Von den vielen Ivrystallspecies, welche in der angegebenen Richtung unter-
sucht wurden, führe ich nur die obigen Beispiele an, und behalte mir vor, Weiteres
über diesen Gegenstand in einer späteren Arbeit mitzutheilen.
[15]
Zur Kritik des Leucitsystems.
241
Polarisationsmikroskop bei Güfacher Vergrösserung und Einschaltung
eines empfindlichen Gypsblättchens (violett 2. Ordnung) jene ausge-
zeichnet polysynthetische Structur erkennen , wie sie Fig. III Taf. IX
wiedergiebt. Die einzelnen Subindividuen, scharf von einander abgetrennt,
durchlaufen die ganze Skala der Polarisationsfarben, ein Umstand, der
zur Beurtheilung ihrer differenten Beschaffenheit einen Massstab liefert.
Wie Fig. III zeigt, ist die Aggregation eine dodekaedrische und es
lassen die grösseren Subindividuen wiederum einen polysynthetischen
Bau nach demselben Gesetz erkennen.
Die polarisirende Wirkung regulärer Krystalle ist schon seit lange
namentlich von Brewster, Biot und Marbach zum Gegenstand
eingehender Untersuchungen gemacht worden; man beschränkte sich
jedoch wesentlich darauf, die Helligkeitsunterschiede bei veränderter
Stellung des Nicols zu constatiren, ohne die bei weitem präciseren
Erscheinungen einer näheren Untersuchung zu unterziehen, welche bei
Anwendung empfindlicher Gypsblättchen in so überraschender Weise
hervortretcn. Nachdem die Bi ot’sche Erklärung des merkwürdigen Ver-
haltens isotroper Medien gegen polarisirtes Licht, als eine Wirkung
lamellarer Structur, schon längst nicht mehr als befriedigend angesehen
werden konnte und namentlich durch die Ausführungen von Re lisch1)
eine treffende Widerlegung erfahren hat, stellt Reu sch selbst a. a. 0,
eine andere Erklärung auf, die an eine Ansicht H. Marbach ’s
ankniipfend, diese Erscheinung als eine Folge tangentialer Spannung
zu deuten sucht, welche auch die krystallisirten Medien, ähnlich den
Colloiden (Gelatine, Collodium etc.), bei ihrem Uebergange aus dem
flüssigen in den festen Aggregatzustand erleiden sollen.
So sinnreich diese Erklärung auch ist, so geht sie doch, entgegen
der allgemeinen Anschauung von dem Wesen des Krystallisations-Pro-
cesses, von der Voraussetzung aus, dass die Aenderung des Aggregat-
zustandes keine plötzliche, sondern eine successive, durch den lialb-
fftissigen Zustand der Materie vermittelte, sei. Ein directer Beweis gegen
jene Ansicht von Re uscli dürfte aber in der Thatsache liegen, dass
Krystallschliffe regulärer Mineralien, welche die obigen Polarisations-
wirkungen zeigen, nach ihrer Zertrümmerung keinerlei Aenderung ihrer
diesbezüglichen Erscheinungen erkennen lassen, was doch nothwendiger
Weise der Fall sein müsste, falls diese einer inneren Spannung ihre
Entstehung verdankten.
Im Allgemeinen scheinen alle bisherigen Erklärungsversuche unter
dem Einfluss jener hergebrachten Auffassung über die absolute Isotropie
regulär krystallisirender Medien zu stehen, welche die naheliegende
Interpretation, als mit dem Wesen des regulären Systems anscheinend
unvereinbar, von der Hand weisen musste. Seitdem man aber durch
genaue Messinstrumente in der Lage ist, sich von den vielfachen Ab-
weichungen der gonioinetrischen Verhältnisse der Krystalle zu über-
zeugen, die ihrerseits mit der Cohärenz in engster Beziehung zu denken
sind, wird man nicht anstehen dürfen, die Polarisationswirkung regulärer
Monatsber. der k. Akad. d. Wiss. zu Berlin 1867, 424.
242
Dr. J. Hirschwald.
[16]
Medien, auf Rechnung ihrer anormalen Dichtigkeitsverhältnisse zu
setzen, um so mehr, als sich das polarisirte Licht als ein sehr empfind-
liches Reagenz gegen jene Anomalien erweist. So ist nach Pf aff1)
z. B. die Wärme des Fingers ausreichend, um mittelst der hierdurch
bewirkten Ausdehnung eines Gypsblättchens, eine Farbenänderung im
polarisirten Licht hervorzurufen, und man darf in der Tliat annehmen,
tlass so geringfügigen Differenzen entsprechende Anomalien in der Aus-
bildung regulärer Krystalle, zu den ganz gewöhnlichen Erscheinungen
gehören. Demnach kann es nicht Wunder nehmen, dass die meisten
regulären Species wenigstens Spuren einer Reaction gegen polarisirtes
Licht zu erkennen geben, während viele derselben, so namentlich Stein-
salz, Zinkblende, Analcim, Flussspatb, Sodalith, Hauyn, Nosean, gemein-
hin eine scharf ditferenzirte Aggregation zeigen, deren Subindividuen
eine namhaft verschiedene Polarisationswirkung ausüben.
Einige charakteristische Beispiele dieser Art liefern folgende
Krystall Vorkommnisse :
Analcim von Zalesl in Böhmen. Die Krystalle dieses Fund-
ortes sind von ausserordentlicher Reinheit; die Flächen lassen jedoch
unter der Loupe eine regelmässige polyedrische Ausbildung mit rhom-
benförmigen Facetten erkennen, deren Seiten den kürzeren Kanten des
Ikositetraeders parallel gehen.
Ein Schliff parallel der Oktaederfläche zeigte unter dem Polari-
sationsmikroskop, bei Anwendung empfindlicher Gypsblättchen 2) eine
dodekaedrische Verwachsung, deren Subindividuen sich durch scharf
unterschiedene Farben von einander abgrenzen. Fig. IV. Taf. IX. Schon
Brewster3) gibt an, dass die Polarisationsintensität des Analcim
parallel den centralen Dodekaederflächen am geringsten sei, ein Umstand,
der sich in dem gegebenen Bilde durch dunkle Lamellen der betref-
fenden Lage documentirt.
Flussspatb von Stoib erg im Harz. Krystall einer sehr
reinen Abänderung mit facettirten Würfelflächen und matter Oktaeder-
combination. Ein Schliff parallel der Würfelfläche zeigte im polarisirten
Licht rechtwinklig sich schneidende Linien parallel der Würfelkante,
Fig. V, Taf. IX, die sowohl als eine Aggregation parallel der Würfel-
fläche, als auch der Dodekaederfläche gedeutet werden konnten. Zur
Entscheidung dieser Frage, wurde ein Schliff parallel der Oktaeder-
fläche angefertigt; derselbe gab jedoch nur Spuren einer Polarisations-
erscheinung ohne scharfe Begrenzung der Subindividuen, so dass das
Wachsthumsgesetz des Flussspath’s hieraus nicht zweifellos erkannt
werden konnte.
Zinkblende von Bagneres in den Pyrenäen. Aus einem
grösseren Spaltungsstück jener bekannten klaren, gelben Abänderung,
Poggendorff’s Annalen, Bd. 104, S. 173.
-) Särnmtliche der angeführten Erscheinungen setzen die Einschaltung solcher
Gypsblättchen voraus.
s) Edinb. phil. Journ. 10, 255.
[17]
Zur Kritik des Leucitsystems.
243
wurde ein Schliff parallel der Dodekaederfläche hergestellt. Ausser den
regelmässigen Streifensystemen Fig. VI. zeigten sich unregelmässig
verlaufende Adern, welche sich auch im gewöhnlichen Licht durch eine
etwas dunklere Farbennuance verriethen. Die regelmässige Lamellar-
streifung geht der Dodekaederfläche parallel.
Es mögen diese Beispiele genügen, um die Ansicht zu recht-
fertigen, dass die polarisirende Wirkung des Leucits keineswegs als
ein Beweis für den anisometrischen Character dieser Species gelten
darf, und dass im Allgemeinen alle regulär krystallisirenden Medien,
eine mehr oder weniger deutliche Reaction auf polarisirtes Licht aus-
üben, welche in innigem Causalzusammenhang steht mit der polysyn-
thetischen Bauweise der Krystalle, wie solche sich andererseits in der
„gestreiften“ oder „polyedrischen“ Beschaffenheit der Krystallflächen
documentirt.1) Dass selbst äusserst glattflächige Krystalle im polarisirten
Licht oft sehr bemerkbare Anomalien ihrer Subindividuen erkennen
lassen, dürfte als ein Beweis für das Accommodationsvermögen der gene-
tischen Kräfte gewisser Species dienen, dem zu Folge ein völliger äus-
serer Ausgleich der ursprünglichen Anomalien denkbar wäre. Dieser
Eigenschaft ist es auch wohl zuzuschreiben, dass die Krystalle, trotz
der unregelmässigen Ausbildung ihrer Subindividuen, im Allgemeinen
eine so bewundernswürdige Constanz ihrer Winkelverhältnisse aufweisen;
ja es erscheint diese Beständigkeit der Winkel wesentlich durch die
zwillingsartige Aggregation bedingt zu sein. Denn es ist eine solche
Ausgleichung subindividueller Winkelanomalien, welche sich ihrerseits
durch eine Oscillation ein- und ausspringender Winkel kennzeichnen
müsste, nur denkbar, durch Erstrebung einer Tangentialfläche zu diesen
Winkeloscillationen, welche offenbar mit der theoretisch normalen Lage
der Krystallfläche zusammenfallen muss. Wir besitzen daher in dem,
mit empfindlichen Gypsblättchen combinirten Polarisationsmikroskop ein
schätzbares Instrument, um die Gesetze der Krystallaggregation selbst
da zu ergründen, wo sie sich äusserlich, durch die Beschaffenheit der
Krystallflächen nicht mehr zu erkennen geben.
') Diesem Verhalten der regulären Mineralien gegenüber war es von Interesse,
zu untersuchen, ob in der That, wie mehrfach angegeben worden ist, Leucite ohne
Spur polarisirender Wirkungen Vorkommen. Eine grosse Anzahl von Leuciten,
welche ich hierauf prüfte, zeigte ausnahmlos selbst in den kleinsten Individuen eine
deutliche Reaction. Auch Herr Prof. Zirkel, welcher auf meine Bitte die Freund-
lichkeit hatte, seine Präparatensammlung hierauf durchzusehen, bestätigte mir dieses
Ergebniss; am geringsten polarisirend erwiesen sich ihm die Leucite vom Capo di
Bove, doch geben auch diese, wie ich mich später überzeugte, bei Einschaltung von
Gypsblättchen noch sein' deutliche Erscheinungen.
Mineralogische Mittheilungen. 1875. 4. Heft. (Dr. J. Hirschwald.)
33
244
Dr. J. Hirschwald.
[18]
3. Die Zwillingsverwachsung und die optischen Eigenschaften
des Lencits.
Nach dem vorhergehenden sind, bezüglich ihrer ursächlichen
Bedingungen, drei Arten polysynthetischer Zwillingsverwachsung zu
unterscheiden, hervorgerufen :
a) Durch die, in der Entwicklung des Krystallsystems selbst liegende
Asymmetrie (Albit, Anorthit);
b) durch hemiedrische Ausbildung (Quarz, Kalkspath);
c) durch anomale goniometrische Entwicklung der Subindividuen
(Vesuvian, Apatit, Granat, Flussspath, Steinsalz, Zinkblende).
Geht man die Reihe der bekannten polysynthetischen Bildungen
durch, so findet man das unter a) angeführte Gesetz ausschliesslich im
monoklinen und triklinen System ausgebildet.1) Dagegen tritt das zweite
Wachsthumsgesetz vorzugsweise im hexagonalen und regulären System
auf, während das dritte Gesetz alle Krystallsysteme beherrscht.
Hinsichtlich des Leucits lässt sich daher ebenso wenig wie für
das Zwillingsgesetz parallel der nächst schärferen Pyramide, ein Bei-
spiel für die polysynthetische Verwachsung überhaupt innerhalb des
quadratischen Systems anführen, während eine völlige Analogie betreffs
der bezüglichen Bildungen der regulären Krystallspecies, namentlich
des Granat, Analcim, Zinkblende etc. obwaltet. Nach G. v. Rath sind
jedoch nicht alle Flächen der aufgewachsenen Leucitkrystalle in gleicher
Weise gestreift; es fehlen vielmehr die der quadratischen Säule ent-
sprechenden Zwillingslamellen, welche die Polysynthesie im Sinne einer
regulären, dodekaedrischen Aggregation ergänzen würden. Nichts desto
weniger werden jedoch a. a. 0. Krystalle desselben Fundortes beschrie-
ben, an denen die dodekaedrische Streifung vollzählig auftritt, und es
wird diese Erscheinung aus der vielfachen Verwachsung abgeleitet,
deren die Subindividuen fähig sind, so dass die, diese Vertikalstreifung
tragende Pyramide, in Wirklichkeit ebenfalls durch die Flächen der
Dipyramide gebildet, zu denken wäre.
Der Nachweis, ob diese Erklärung, welche gewiss an manchen
Krystallen ihre volle Berechtigung hat (vergl. Kryst. VII u. VIII, S. 4),
ausschliesslich zutreffend ist, wovon begreiflicherweise zum nicht geringen
Theil die Entscheidung über das Krystallsystem des Leucits abhängig
erscheint, lässt sich goniometrisch, in Folge der schwankenden Winkel-
verhältnisse nicht wohl führen; dagegen wird die Untersuchung ent-
sprechender Krystallschliffe im polarisirten Licht, wodurch eine secun-
däre Aggregation sich auf den ersten Blick durch scharf hervortretende
') Harmotom und Phillipsit, die eine scheinbare Ausnahme machen, sind nach
Des Cloizeaux nicht oi’thorhombisch, sondern monoklin.
[19]
Zur Kritik des Leucitsystems .
245
Demarkationslinien verräth, einen unzweifelhaften Anhalt für die Be-
urtheilung des Zwillingsgesetzes liefern müssen.
Den bezüglichen Untersuchungen hierauf mögen zunächst die
Beobachtungen an eingewachsenen Leuciten vorausgehen.
Zur Herstellung der erforderlichen Schliffe wurde aus einer der
Sommalaven, ein sehr präcise gebildeter Krystall von 15 Mm. Grösse
ausgewählt und aus demselben zunächst je ein Plättchen parallel der
Würfel-, Dodekaeder- und Oktaederfläche geschnitten. Die Bilder, welche
die betreffenden Schliffe im polarisirten Licht, unter Einschaltung eines
Gypsblättchens (Violett. 2 Ordng.) gaben, sind in Fig. VII — IX dar-
gestellt. Dieselben zeigen eine durchaus vollzählige dodekaedrische Zwil-
lingsverwachsung, ohne dass auch nur eine Spur secundärer Gruppen-
einigung sich bemerkbar machte. Zwei fernere Würfelschnitte , welche
nunmehr die Beobachtung nach den drei Hauptaxen ermöglichten, gaben
genau dasselbe Bild wie Fig. V, ohne dass eine nennenswerthe Inten-
sitätsdifferenz der Polarisationswirkung wahrnehmbar war; gewiss ein
vollgiltiger Beweis für den regulären Charakter der eingewachsenen
Leucite.
Es verdient jedoch hervorgehoben zu werden, dass die Vollzählig-
keit der dodekaedrischen Wachsthumsrichtungen, wenngleich sie sich im
Allgemeinen in prägnanter Weise documentirt, doch nicht in jedem
Punkt des Krystallinnern als durchgreifend sich erweist. So sieht man
in Fig. VIII die verticale Streifung am oberen Rande fast vollständig
verschwinden, während an anderen Stellen die Querstreifung ausfällt.
Noch schärfer tritt jener Umstand in Fig. IX hervor, wo nur in wenigen
Punkten eine Vollzähligkeit der sich unter 60° schneidenden Lamellen
zu beobachten ist. Dieses Verhalten findet in der Auffassung seine
völlige Erklärung, dass die polysynthetische Zwillingsbildung den Aus-
gleich subindividueller Winkelanomalien erstrebt, was naturgemäss nur
durch eine partielle Ausbildung der Wachsthumsrichtungen in einem
der goniometrischen Asymmetrie entgegengesetzten Sinne erreichbar
erscheint. Wie wenig dieses Verhalten aber zur Annahme einer ausser-
halb des regulären Systemes liegenden Tendenz der Aggregation berech-
tigt, dafür gibt die Abbildung des Granatschliffes in Fig. III einen
genügenden Beweis. Auch hier wiederholt sich die partielle Ausbildung
der Zwillingsverwachsung innerhalb der grösseren Subindividuen in sehr
charakteristischer Weise , ohne dadurch den regulären Charakter der
Aggregation im Geringsten zu beeinflussen.
Wenn es demnach als unzweifelhaft gelten darf, dass die ein-
gewachsenen Leucite dem regulären System angehören und dass ins-
besondere die partielle Ausbildung der Wachsthumsrichtungen in der
oben angeführten Weise als ein Beweis für den anisometrischen Charakter
der Aggregation nicht betrachtet werden kann, so würde das Fehlen
der Zwillingsstreifung auf gewissen Flächen , vorausgesetzt , dass es
nicht ein durchgreifendes Charakteristikum der aufgewachsenen Kry-
stalle bildet , eine völlige Analogie in den soeben geschilderten Ver-
hältnissen der eingewachsenen Leucite finden. Würde sich aber iiber-
33*
246
Dr. J. Hirschwald.
[20]
dies bei der optischen Untersuchung der aufgewachsenen Krystalle der
Nachweis einer vollzähligen dodekaedrischen Wachsthumsentwicklung,
bei völliger Abwesenheit secundärer Gruppeneinigung führen lassen , so
wäre damit ein directer Beweis völliger Identität beider Leucitvorkomm-
nisse, hinsichtlich ihrer Zwillingsbildung, erbracht.
Dieses ist nun aber thatsächlich der Fall; ja, die vollzählige
dodekaedrische Polysynthesie zeigte sich an den Krystallen zweier mir
zu Gebote stehenden verschiedenen Kalkauswürflinge, als eine vollkommen
regelmässige Erscheinung.
Auswürfling I. Krystallinisch - körniger , blaugrauer Kalk mit
klaren, aufgewachsenen Leuciten und sehr zierlichen Augitkryställchen.
Der Leucit bildet zum Theil krystallinisch e Aggregate von undeutlicher
kugeliger Begrenzung bis 13 Mm. Grösse; dazwischen liegen kleinere,
gut ausgebildete Individuen mit glänzenden Flächen , die stellen-
weise wie angefressen erscheinen.
Auswürfling II. Krystallinisch - körniger , grauer Kalk mit
weissem Kalkspath durchwachsen. Auf einer Rinde von Idokras sitzen
zierliche, 4 Mm. grosse Leucitkrystalle von eigenthümlich graugrüner
Farbe und opakem Ansehen, ähnlich dem gewisser Oligoklase. Die
Individuen sind ersichtlich mit einer zarten Schmelzrinde umgeben,
welche jedoch die Zwillingsstreifung noch deutlich erkennen lässt.1)
Dieselbe zeigt sich an den in Rede stehenden Krystallen auf sämmt-
lichen Flächen, so dass eine Differenz der einzelnen Ikositetraederflächen
nicht bemerkbar ist.
Von beiden Stücken wurden die vorzüglichsten Krystalle aus-
gewählt und aus ihnen Schliffe parallel der Oktaederfläche angefertigt.
Sämmtliche Präparate zeigten eine vollzählige dodekaedrische Polysyn-
thesie, genau so, wie es in Fig. V von den eingewachsenen Krystallen
dargestellt ist; nicht der geringste Unterschied liess sich constatiren,
weder betreffs der Intensität der Polarisationserscheinung der einzelnen
Lamellensysteme, noch hinsichtlich ihrer Vollzähligkeit. Man darf diese
Thatsache wohl als einen vollgiltigen Beweis für den regulären Charakter
der Zwillingsbildung der aufgewachsenen Leucite betrachten, und wenn
auch nicht daran zu zweifeln ist, dass Individuen Vorkommen, an denen
eine partielle Ausbildung des regulären Wachsthums sich geltend macht,
wie das vielfach auch an den eingewachsenen Krystallen zu beobachten
ist, so kann diese Erscheinung nur die Annahme bestätigen, dass ein
’) Gegenüber der allgemeinen Annahme , dass der Leucit unschmelzbar sei,
mag hier die Bemerkung eine Stelle finden, dass man sich unschwer von dem Gegen-
tbeil überzeugen kann. Das feine Pulver, auf Kohle oder Platinblech zn einem
Scheibchen zusammengefrittet und mittelst der Pincette in eine gute Löthrohrflamme
gebracht, zeigt schon nach wenigen Secunden Spuren von Schmelzung; auch an
dünnen Splittern gelingt der Nachweis leicht.
[21]
Zur Kritik des Leucitsystems.
247
über die „polysymmetrische“ Entwicklung hinausgehender specifischer
Unterschied beider Leucitvorkommnisse nicht existirt.
Bemerkenswerth ist es übrigens, dass die eingewachsenen Krystalle
der Laven, trotz der gleichen polysynthetischen Ausbildung, keine Spur
jener an den aufgewachsenen Leuciten scharf markirten Zwillings-
streifung erkennen lassen, so dass hier ein vollkommener äusserer Aus-
gleich der Winkelanomalien, unterstützt durch den langsameren Bildungs-
process, stattgefunden zu haben scheint. Bei dem Bemühen, auf den
Flächen der eingewachsenen Leucite Spuren etwaiger Zwillingsstreifen
zu entdecken, wurde ich auf jene mehret wähnten Krystalle aufmerksam,
welche bei der Eruption am 22. März 1845 vom Vesuv ausgeworfen
wurden. Dieselben sind rundum ausgebildet, bis 20 Mm. gross und
von modellähnlicher Form. Fig. IX, Taf. IX gibt ein Bild eines solchen
Krystalls; die Flächen sind mattglänzend und zeigen sehr scharf hervor-
tretende , breite, hellere Bänder, welche anscheinend oktaedrischen
Lamellen entsprechen. Besonders auffallend ist die ausserordentliche
.Regelmässigkeit dieser Streifen , die in den Kanten des Krystalls auf’s
Genaueste correspondiren und auch in den Ecken stets vollzählig zusam-
menstossen. Die Streifung selbst markirt sich bei näherer Betrachtung
mit der Loupe durch einspringende Winkel, welche gewissermassen
durch oscillatorischeCombination der Ikositetraederfläche mit der Oktaeder-
fläche gebildet werden. Wenngleich diese Erscheinung unzweifelhafte
Spuren einer Erosion trägt und zum Theil erst durch die Wirkung der
letzteren entstanden sein dürfte, so wird sie doch nichtsdestoweniger
einen weiteren Anhalt für das Studium der Cohäsionsverhältnisse dieses
Minerals gewähren. Einmal hierauf aufmerksam geworden, findet man
eine Andeutung dieser oktaedrischen Streifung, durch scharfe Sprünge
markirt, an vielen der grösseren Lavaleucite wieder Mehrere Schliffe
solcher Krystalle wurden im polarisirten Licht untersucht; sie zeigten
jedoch die völlig normale dodekaedrische Aggregation, so dass die oben
erwähnte Erscheinung in keinerlei Beziehung zu der polysynthetischen
Natur und dem optischen Charakter der Leucite zu stehen scheint
Da selbst in schnell erkalteter Lava sich noch ansehnliche Leucite
ausscheiden, so war es von Interesse, zu versuchen, ob nicht durch
Umschmelzen wiederum derartige Krystalle zu erhalten seien. Gelang
dieses, so blieb die Möglichkeit, dass solche unter immerhin etwas ver-
änderten Bedingungen entstandene Leucite diese oder jene Erscheinung
der natürlichen Krystalle, vielleicht in etwas prägnanterer Weise, zum
Ausdruck bringen würden. Es wurde hierzu eine Leucitlava gewählt,
welche durch zahlreiche, schön gebildete Augitkrystalle ausgezeichnet
war, und die Schmelzung in einem kleinen Graphittiegel mittelst eines
F letsch er’ sehen Gasofens bewerkstelligt. Bei einstündiger Feuerung
kam die Lava in vollständigen Fluss und nach dem Erkalten zeigte die
Oberfläche eine stark blasige Beschaffenheit, während sich im unteren
Theil des Tiegels in einer glasigen, homogenen Grundmasse eine grössere
Anzahl sehr schön gebildeter Leucitkrystalle bis zu 2'5 Mm. Grösse
in scharfen Ikositetraedern ausgeschieden hatten. Die optische Unter-
suchung zeigte eine sehr fein differenzirte polysynthetische Structur nach
248
Dr. J. Hirschwald.
[22]
den Flächen des Dodekaeders, ohne jedoch irgend welche Unterschiede
gegenüber den gleichartigen Erscheinungen der natürlichen Krystalle
erkennen zu lassen.
Fassen wir zum Schluss die aus den vorstehenden Abschnitten
sich ergebenden Resultate in Kürze zusammen , so gelangen wir zu
folgender Charakteristik des betreffenden Krystallsystems :
1. Der Leucit zeichnet sich insbesondere durch seine variable
goniometrische Entwicklung aus, welche an theoretisch gleichwerthigen
Kanten eines und desselben Individs oftmals Winkeldiflferenzen in dem-
selben Umfange hervorbringt, wie sie andererseits Krystalle verschiedenen
Vorkommens aufweisen.
2. Die eingewachsenen Krystalle der Sommalaven zeigen zum Theil
eine sehr präcise reguläre Ausbildung; daneben finden sich nicht selten
Individuen von äusserst unregelmässiger, im Allgemeinen aber isometri-
scher Entwicklung, deren Winkelverhältnisse auf eine Polysynthesie
mehr oder weniger quadratisch ausgebildeter Subindividuen schliessen
lassen.
3. Die aufgewachsenen Krystalle der vesuvischen Kalkauswürflinge
bewahren dagegen oftmals trotz ihres synthetischen Baues sehr ent-
schieden quadratische Winkelverhältnisse; doch finden sich auch hier
häufig genug Krystalle , welche durch polysynthetische Verwachsung
ihren quadratischen Charakter vollständig eingebüsst haben.
4. Im Allgemeinen lässt der Leucit rücksichtlich seiner Kantenwinkel
eine Reihenentwicklung erkennen, deren äusserste Glieder die präcise
gebildeten regulären Krystalle der Sommalaven einerseits, die aufge-
wachsenen quadratischen Individuen der vesuvischen Kalkauswürflinge
andererseits bilden. Zwischen diesen extremen Gliedern giebt es eine
Anzahl der verschiedensten Uebergänge, die weder den Charakter des
regulären noch den des quadratischen Systems mit Bestimmtheit erkennen
lassen.
5. Diese Uebergangsglieder gehören sowohl den Krystallen der
Laven, als denen der Kalkblöcke an, und es lässt sich ein specifischer
Unterschied beider Vorkommnisse hinsichtlich ihrer goniometrischen
Entwicklung nicht feststellen.
6. Die mannigfach verschiedene Winkelausbildung hat keinerlei
Einfluss auf die Fläckencombination der Krystalle; dieselbe ist aus-
nahmlös die des regulären Systems , dem auch der ganze äussere
Habitus und die Zwillingsbildung entspricht.
7. Im polarisirten Licht verhalten sich die Leucite analog den
meisten regulären Ivrystallspecies , wie namentlich Granat, Analcim,
Flussspath, Zinkblende. Entsprechend der variablen goniometrischen
Entwicklung, macht sich eine mehr oder weniger hervortretende Aniso-
tropie derart bemerkbar, dass die einzelnen Subindividuen des polysyn-
[23]
Zur Kritik des Leucitsystems.
249
thetischen Krystalls, eine namhaft verschiedene Einwirkung gegen
polarisirtes Licht ausüben.
8. Ein optischer Unterschied zwischen den Leuciten der Laven
und den aufgewachsenen Krystallen , lässt sich nicht erweisen ; beide
Vorkommnisse zeigen vielmehr eine durchaus vollzählig reguläre, poly-
synthetische Zwillingsbildung.
Nach alledem ist die Existenz regulärer und quadratisch ent-
wickelter Individuen , auf eine dimorphe Ausbildung des Leucits nicht
zurückführbar; vielmehr erhält die Vermuthung Scacchi’s, dass der
Leucit polysymmetrisch sei, durch den Nachweis zweifellos regulär
gebildeter Krystalle, ihre völlige Bestätigung.
Es wird somit der Leucit als eine reguläre Krystall-
species mit poly symmetrischer Entwicklung, im Sinne
des quadratischen Systems zu betrachten sein. Nach dieser
Auffassung erscheint die Entdeckung der quadratischen Ausbildung der
aufgewachsenen Krystalle, als einer der werthvollsten Beiträge zur
Befestigung der Scacchi’schen Lehre der „Polysymmetrie“, die berufen
sein dürfte, ein tieferes Verständniss für eine Anzahl bisher unauf-
geklärter krystallographischer Erscheinungen anzubahnen.
Erklärung der Abbildungen auf Taf. IX.
Fig. I. Apatit, bläulich gefärbt, von Schlackenwalde in Böhmen ;
Schliff parallel einer Fläche des digonalen Prisma’s; Polarisationser-
scheinung bei 30facher Vergrösserung. Das Polarisationsmikroskop mit
einem Gypsblättchen violett 2. Ordnung combinirt.
Fig. II. Vesuvian von Arendal. Schliff parallel der Prismentiäche
Polarisationserscheinung bei SOfacher Vergrösserung; Gypsblättchen:
violett, 3. Ordnung.
Fig. III. (Granat) Kanalstein von der Mussa-Alp, Schliff parallel
der Oktaederfläche; Polarisationserscheinung bei öOfacher Vergrösserung :
Gypsblättchen; violett, 2. Ordnung.
Fig. IV. Analcim von Zahlesl in Böhmen. Schliff parallel der
Oktaederfläche; Polarisationswirkung bei SOfacher Vergrösserung; Gyps-
blättchen: violett, 2. Ordnung.
Fig. V. Flussspath von Stolberg am Harz. Schliff parallel der
Würfelfläche, w. o.
Fig. VI. Zinkblende von Bagneres in den Pyrenäen. Schliff parallel
der Dodekaederfläche; w. o.
250
Dr. J. Hirschwald. Zur Kritik des Leucitsystems.
[24]
Fig. VII. Leucit aus einer Lava vom Monte Somma. Schliff
parallel der Würfelfläche; bei 60facher Vergrösserung; Gypsblättchen :
violett, 2. Ordnung.
Fig. VIII. Dgl. parallel der Dodekaederfläche.
Fig. IX. Dgl. parallel der Oktaederfläche. Sämmtliche drei Schliffe
von demselben Xrystall.
Fig. X. Leucitkrystall. Auswürfling des Vesuv bei der Eruption
am 22. März 1845. Mit oktaedrischer Flächenzeichnung. Grösse 20 Mm.
IV. Ueber die Entsteiuingsweise der Zellenkalke und
verwandter Gebilde.
Von Edmund F. Neminai*.
Einleitung.
Unter den zahlreichen Fragen der Geologie über die Bildung
sedimentärer Gesteine, hat wohl selten eine zu so vielfachen Erklärungen
Veranlassung gegeben als die über die Bildung des Dolomits und dessen
Verhältnis zum Kalkstein. Wenn auch durch einfache Kriterien eine
scharfe Unterscheidung zwischen Kalkstein und Dolomit nicht leicht
möglich ist, so war man doch stets bestrebt ihre Unterscheidungsmerk-
male deutlich hervorzuheben. Anders als mit den unveränderten Ge-
steinen verhielt es sich jedoch mit den zelligen Gebilden derselben, die
man, ohne Rücksicht auf das Gestein aus dem sie entstanden, gewöhn-
lich unter den Namen Rauch wacke zu subsumiren pflegte, und
darunter bald cavernöse Kalke, bald cavernöse Dolomite verstand wie
z. B. Zirkel.1)
Da jedoch, wie ich später zu zeigen Gelegenheit haben werde,
die cavernösen Dolomite auf eine andere Weise entstehen als die zelligen
Kalke, so wäre es angemessen, mit dem Ausdruck Rauch wacke, oder
besser Rauh wacke, jenes zellige Gebilde zu bezeichnen, das aus Kalk-
stein entsteht, und durch seine meist krystallinischen Zellen ausgezeich-
net ist , die ziemlich regelmässig angeordnet entweder hohl oder mit
einer staubartigen Masse ausgefüllt sind. Treffender jedoch als mit dem
Ausdruck Rauh wacke könnte dieses Gebilde mit „Zellenkalk“
bezeichnet werden. Analog der Benennung Zellenkalk müsste man dann,
je nach den Gesteinen, die eine zellige Struktur zeigen, einen Zel-
lendolomit, Zellenquarz u. s. w. annehmen. Auf diese Art würde
dann durch jede dieser Bezeichnungen nicht allein der Begriff des jewei-
ligen zelligen Gesteines vollkommen ffxirt sein, sondern auch jede Ver-
wechslung mit andern Gesteinen vermieden werden.
Die unrichtigen älteren Ansichten über die Umwandlung des
Kalksteines in Dolomit und noch mehr über die des Dolomits in Kalk-
stein mussten zur natürlichen Folge haben, dass man die Zellen-
kalke bald als Umwandlungsprodukt des einen, bald des anderen
Gesteines hielt oder gar als eine Vereinigung beider unter verschiedenen
Verhältnissen.
‘) F. Zirkel. Lehrbuch der Petrographie I. Bd., pag 233.
Mineralogische Mittheilungen. 1875. 4, Heft. (Edmund F. Neminar.)
34
252
Edmund F. Neminar.
[2]
Aber nicht allein die Materie, aus der man die Zellenkalke ent-
standen wissen wollte, war eine verschiedene, auch der Habitus wurde
mitunter als grundverschieden bezeichnet. So spricht Morlot J) von einer
vollendeten und einer z e 1 1 i ge n Rauhwacke, wobei er sich unter
vollendeter Rauhwacke eine dichte Kalksteinmasse denkt, die auf eine
bestimmte Art aus Dolomit entstand. Dass eine solche Scheidung der
Zellenkalke schon aus dem sehr einfachen Grunde unmöglich ist, als dann
folgerichtig jede dichte Kalkmasse , deren Entstehungsweise auf eine
andere Art , als die von Morlot bei der vollendeten Rauhwacke ange-
gebene, nicht genau erwiesen ist, als vollendete Rauhwacke bezeichnet
werden könnte, ist evident.
Nach dieser kurzen Erörterung will ich noch, bevor ich die
Bildungsweise der Zellenkalke selbst bespreche, vorerst auf die petro-
graphischen Verhältnisse im Auftreten der Zellenkalke, die mir für
meine Untersuchungen das nöthige Material boten, näher eingehen.
Petrographisches.
Die Kalkablagerungen im Randgebirge des Wiener Beckens, die
in einer Richtung von W. nach NO. hinziehend bei dem Orte Mauer
ihren nordöstlichsten Punkt erreichen, zeigen in ihrem Auftreten oft
sehr mannigfaltige Verhältnisse. Vor Allem war es der rasche Wechsel
älterer und jüngerer, durch oft zahlreiche typische Versteinerungs-
formen vollkommen charakterisirter Bildungen, der die Beobachtung
der Geologen an sich zog.
So hatte denn auch K. M. Paul* 2) die Verhältnisse eines Theiles
dieser Ablagerungen besprochen und auch einige charakteristische Ver-
steinerungsformen angeführt. Eingehender noch besprach Toula3) die
durch Versteinerungsformen charakterisirten Tlieile dieses Gebietes.
Einzelne Tlieile jedoch, die wohl nur petrographisches Interesse
boten, blieben mehr oder weniger unberücksichtigt, und einen solchen
Theil bildet jenes Gebiet des Kalkgebirges, das sich in Kalksburg am
linken Ufer des Gutenbaches von N. nach S., und am rechten Ufer der
reichen Liesing in gerade südwestlicher Richtung von dem Jesuiten-
collegium in Kalksburg gegen den Ort Kaltenleutgeben hinzieht, und
in dem grossen Steinbruche bei der Waldmühle endet.
Dieses Gebiet, das wohl nur in dem Tlieile des Gutenbachthaies
durch mehrere Steinbrüche, dann aber nur noch durch den grossen
Waldmühl-Steinbruch in Kaltenleutgeben aufgeschlossen erscheint, ist
durch ein reichhaltiges Auftreten von Zellenkalken vorzugsweise charak-
terisirt. Die Aufschlüsse, die am linken Ufer des Gutenbaches in der
Richtung von N. nach S. gegen die Kalksburger-Strasse hin in geringen
Zwischenräumen aufein anderfolgen , gestatteten auch ihrer leichten
Zugänglichkeit wegen eine genaue Beobachtung der Bildungsverhältnisse
der Zellenkalke in der Natur selbst, und so will ich im Folgenden die
Profile derselben, die ich an Ort und Stelle aufgenommen, wiedergeben.
Haidinger’s Berichte der Freunde der Naturwissenschaften. III. Bd., p. 81.
2) Ein geologisches Profil aus dem Randgebirge des Wiener Beckens. Jahrb.
d. k. k. geolog. Reichsanstalt 1859. pag. 257 — 262.
s) Beiträge zur Kenntniss des Randgebirges der Wiener Bucht bei Kalksburg
und Rodaun. Jahrb. d. k. k. geol. Reichsaustalt, 1871, p. 437 — 450.
lieber die Entstehungsweise der Zellenkalke u. verwandter Gebilde. 253
Am westlichen Ende des Ortes Kalksburg bildet der Gutenbach
in dem Kalksburg im Norden begrenzenden Kalkgebirge ein anmuthig
reizendes Thal. Dieses an der Kalksburger- Strasse , von wo aus der
Gutenbach im alluvialen Gebiete iliesst, nur schmale Thal durchzieht
in nordwestlicher Richtung das Kalkgebirge, und öffnet sich allmählig
immer mehr, bis es seine nahezu grösste Ausdehnung mit dem Austritte
aus der Kalkzone erreicht.
Dieser Punkt, wo sich das Kalkgebirge in den Wiener Sandstein
verflacht, wäre nun als nordwestlichste Grenze des Kalksteins, der hier
in NNW. -Richtung unter den Wiener Sandstein einfällt, zu bezeichnen.
Von diesem Punkte im Gutenbachthale zurück gegen Kalksburg gehend,
findet man hart an der Strasse, die in nahezu nord-südlicher Richtung
angelegt ist, eine Reihe von grösseren Aufschlüssen, die ich nach ihrer
Aufeinanderfolge von Nord nach Süd mit Aufschluss I, II . . . be-
zeichnen will. Fig. l.
R. Zellenkalke. K. Hellgrauer Kalkstein. Kr Gelber Kalkstein, durch Eisenoxyd-
hydrat oft stark geröthet. M. Hellgrauer Mergel mit undeutlichen Pflanzenresten.
Hart an der Strasse von wo dieser Aufschluss I. aufgenommen
ist findet man, gleichsam die Basis dieses Steinbruches bildend, einzelne
Schichten eines dunkelgrauen dichten Kalksteins (Guttensteiner Kalk)
anstehend, denen die hellgrauen und gelben Kalke K und K, discordant
überlagert erscheinen. Dieser dunkelgraue Kalkstein findet sich stark
zerklüftet in der tiefst aufgeschlossenen Lage des nächsten Aufschlusses
wieder , und tritt in dem der Kalksburger-Strasse zunächst liegenden
Aufschluss abermals als dichter grauer Kalk (Guttensteiner Kalk zu Tage.
Diesem Kalksteine discordant übergelagert liegen nun die grauen und
gelben Kalke K und Kx, welche von SW. — NO. mit Stunde 15
streichen und mit 40° nach SO. einfallen. Den mitunter ziemlich
mächtigen Schichten K und Kx dazwischen gelagert fand ich im süd-
lichen Theile des Aufschlusses einen hellgrauen Mergel M mit undeut-
lichen Pflanzenresten. Der hellgraue Kalkstein K ist stark dolomitisch
mit 13-12 Pct. kohlensaurer Magnesia, während die gelben Kalke Ii,
nur einen geringen Magnesia-Gehalt aufweisen. In den oberen Theilen
des Steinbruches wird die Schichtung durch Risse und Spalten, die mit
Calcitkry stallen dicht besetzt sind, allmählig undeutlicher, bis endlich
in den der Erdkruste angrenzenden Lagen absolut gar keine Schichtung
wahrnehmbar ist. Es ist dies die Lage der Rauhwacken, wo die zellige
Bildung der dichten Kalke am meisten ausgesprochen ist. Die Zellen-
34*
251
Edmund F. Neminar.
W
kalke sind hier bald grau bald gelb, je nach der Farbe der Schichten,
denen sie übergelagert erscheinen. Für meine Untersuchungen wählte
ich aus diesem Aufschlüsse einen grauen Zellenkalk , deren Grundmasse
der oben erwähnte stark dolomitische Kalkstein ist, und bezeichnete
diesen in der Analyse mit Zellenkalk I.
Mit dem eben beschriebenen Aufschlüsse in nahezu direkter Ver-
bindung liegt der Aufschluss II.
Fig. 2.
R. Zellenkalke. K. Gelber frischer Kalkstein. K,. Gelber stark zerklüfteter Kalkstein
G. Hellgrauer Kalkstein, vollkommen mürbe.
Der in dem Aufschlüsse I. dem Guttensteiner Kalk discordant
überlagerte hellgraue Kalkstein erscheint an der Basis dieses Auf-
schlusses in so vollkommen mürbem Zustande, dass er sehr leicht zu
einem Pulver zerfällt (G). Diesem ist ein gelber Kalkstein K über-
lagert, der stark zerklüftet ist und in den höheren Lagen den Zellen-
kalk R bildet. Nach der Beschaffenheit einzelner noch frisch erhaltenen
Theile Kx zu urtheilen, wäre dieser Kalkstein mit dem gelben Kalk Kx
im Aufschlüsse I. als identisch zu betrachten. Im Allgemeinen bietet
dieser Aufschluss das reichhaltigste Auftreten von Zellenkalken, und
dem entsprechend ist auch hier keine deutliche Schichtung bemerkbar.
Die Beschaffenheit der Zellenkalke ist, abgesehen von der intensiv
gelben Färbung, von denen im Aufschlüsse I. etwas verschieden , indem
sich hier einerseits deutlich krystallinische Zellen finden, andererseits
die dazwischenliegende lockere Masse nicht mehr einen Staub reprä-
sentirt, sondern ein mehr thonartiges Aussehen hat. Ich wählte dem-
nach für meine Untersuchungen auch von hier einen Zellenkalk und
bezeichnete diesen in der Analyse, dem Aufschlüsse entsprechend, mit II.
Geht man von dem Aufschlüsse (II) die Strasse in südlicher
Richtung hinab, so gelangt man alsbald zu dem letzten Aufschlüsse
der am Eingänge in das Gutenbachthal der Kalksburger-Strasse zu-
nächst liegt, und durch einen deutlich geschichteten Guttensteiner Kalk
ausgezeichnet ist. Die Schichten streichen SWW. — NOO. mit Stunde
17 und fallen mit 50° gegen SW. ein. Im südlichen Theile des Stein-
bruches zeigen die Schichten ein viel steileres Einfallen nach SW. und
erscheinen in der Höhe geknickt. Die durch die Verschiedenheit des
Fallens leicht unterscheidbaren Schichten erscheinen noch durch eine
braune Mergellage, die hier mehrfach dem Kalkstein dazwischen ge-
lagert ist, getrennt. Dieser Mergel, den Herr Felix Karrer zu unter-
[ö] lieber die Entstehungsweise der Zellenkalke u verwandter Gebilde.
255
suchen die Güte hatte, erwies sich als völlig versteinerungsleer. Dem
Guttensteiner Kalk ist ein zerklüfteter grauer Kalkstein überlagert,
der zwar keine Schichtung zeigt, den ich aber, da er dem Guttensteiner
Kalk zunächst überlagert erscheint und überdies auch dem hellgrauen
Kalke K im Aufschluss I. sehr ähnlich sieht, zu diesem zählen möchte.
Fassen wir nun die bisher geschilderten Lagerungsverhältnisse
zusammen, so ergiebt sich, dass wir hier zwei verschiedenen Bildungen
begegnen, die durch ihre Schichtung deutlich von einander geschieden
sind; einer älteren die — durch den Guttensteiner Kalk repräsentirt
— die Basis unserer Aufschlüsse bildet, und einer jüngeren, die dem
Guttensteiner Kalk discordant überlagert durch hellgraue und gelbe
Kalke charakterisirt wird. Diese Lagerungsverhältnisse lassen sich
auch weiter in nordöstlicher Richtung von unseren Aufschlüssen ver-
folgen.
In dem Theile des von mir oben bezeichneten Kalkgebirges, das
sich vom rechten Ufer der reichen Liesing in gerade südwestlicher
Richtung gegen den Ort Kaltenleutgeben hinzieht, finden sich nur
wenige Aufschlüsse, und von diesen bietet nur der grosse Waldmühl-
Steinbruch in Kaltenleutgeben zur Beobachtung interessante Anhalts-
punkte.
Fig. 3. Waldmühl-Steinbrucli iu Kaltenleutgeben.
Durch mehrere Dislocationen dieser verschieden gefärbten bald
sehr mächtig, bald sehr dünn geschichteten Kalke ist das Verständniss
der Lagerungsverhältnisse äusserst erschwert. Die hellgrauen und
gelben Kalke, die auch nach ihrer Lagerung mit den jüngeren Bildungen
von Kalksburg in Verbindung gebracht werden könnten, reichen bald
tief zwischen den dunkelgrauen Kalkstein (Guttensteiner Kalk) hinab,
bald erscheinen sie wieder in den obersten Theilen des Steinbruches
den Schichtenköpfen des dunkelgrauen Kalksteins mächtig überlagert,
sind oft stark zerklüftet und bilden ebenso wie in Kalksburg eine
reichliche Zone von Zellenkalken. Von besonderem Interesse erscheint
hier eine starke Verwerfung, die, nahezu in der Mitte des Steinbruches,
den dunkelgrauen Kalkstein in zwei leicht unterscheidbare Theile
tlieilt. Während nämlich im östlichen Theile des Steinbruches die
Schichten NWW. — SOO. mit Stunde 19 streichen und mit 70° nach
256
Edmund F. Neminar.
[6]
SW. einfallen, zeigt sich in dem westlichen Theile ein so abweichendes
Streichen uncl Fallen, dass sich da die Schichten an den ersteren
förmlich auskeilen. Uebrigens ändert sich die Physiognomie des Stein-
bruches bei seiner grossen Ausdehnung durch den fortwährend starken
Abbau so sehr, dass eine genaue Uebersicht desselben nahezu unmöglich
ist. Für meine Untersuchungen wählte ich auch von hier einen Zellenkalk,
da derselbe in seinem Aussehen dem von Kalksburg (II) vollkommen glich.
In den jüngeren Kalken von Kalksburg und Kaltenleutgeben
finden sich nun, wie nach den beigefügten Zeichnungen zu ersehen ist,
die Zellenkalke stets in den der Erdkruste zunächst gelegenen Schichten,
wo sie auch am schönsten ausgebildet sind, während die angrenzenden
Kalksteine der tieferen Schichten meist nur zerklüftet erscheinen. Nur
selten finden sich Zellenkalke auch in tieferen Schichten, und ist dies
der Fall, wie z. B. im Waldmühl-Steinbruche, so sind einerseits die
darüber gelagerten Kalke stark zerklüftet, andererseits erscheinen die
Zellenkalke nur unvollkommen ausgebildet. Niemals lässt sich in solchen
Fällen eine zellige Structur weit in das Innere des frischen Gesteines
verfolgen, und gewöhnlich findet man schon nach der Entfernung der
oft kaum 1 Centimeter hohen Zellwände reinen dichten Kalkstein.
Dieser Umstand, sowie das erwähnte gewöhnliche Auftreten der
Zellenkalke in den der Erdkruste zunächst gelegenen Schichten und
der in den tieferen Lagen allmählig stattfindende Uebergaug in festes
Gestein, deutet darauf hin, dass bei der Bildung der Zellenkalke
äussere Agentien eine sehr wesentliche Rolle spielen müssen, und dass
demnach in denjenigen Schichten, wo diese Agentien nur mehr in
geringem Maasse einzudringen vermögen, auch nur eine ganz unvoll-
kommene Zellenkalkbildung vor sich gehen wird, bis endlich durch
Verbrauch der Agentien auch die letzte Spur einer Einwirkung unter-
bleibt und sich dort wieder unverändertes frisches Gestein findet.
Es erklären uns wohl diese nur angedeuteten Bildungsverhält-
nisse zur Genüge, dass die Zellenkalke und ebenso auch andere zelligen
Gesteine keine ursprünglich selbstständigen Gebilde sein können, sondern
dass sie aus ursprünglichen dichten Gesteinen entstanden sein mussten
und somit als secundäre Gebilde derselben zu betrachten sind. Selbst-
verständlich kann dann auch von einem Zellenkalke als selbstständigem
Gesteine, das, wie z. B. Paul in seiner Arbeit (1. c.) angeführt hatte,
anderen Gesteinen untergelagert irgendwo zu Tage tritt, ebenso wenig
die Rede sein, als wenn man die Zellenkalke für gewisse Ablagerungen
charakteristisch bezeichnen oder ihre Bildungsweise einer bestimmten
geologischen Periode, wie z. B. Morlot der Miocänperiode, angehörig
annehmen wollte. Die Zellenkalke werden an jedem Kalkstein ent-
stehen können, wenn die nothwendigen Bedingungen zu ihrer Bildung
gegeben sind.
Diese Bedingungen sowie den ganzen Prozess der Umwandlung
zu erläutern, ist der Zweck vorliegender Arbeit, und machte es zur
Nothwendigkeit zu zeigen, dass dort, wo Zellenkalke auftreten auch
wirklich die im Folgenden näher bezeichneten Bedingungen der Bildungs-
weise gegeben waren.
Zahlreich und sehr verschieden sind die Bedingungen, unter denen
die Umwandlung der Gesteine vor sich geht ; stets ist jedoch das
lieber die Entstehungsweise der Zellenkalke u. verwandter Gebilde.
257
Agens, das die Umwandlung veranlasst, der chemischen Zusammen-
setzung der betreffenden Gesteine entsprechend. Eines der mächtigsten
und zugleich auch gewöhnlichsten Agentien, die leicht Umwandlungen
hervorrufen, ist die Kohlensäure, die bei der Bildung und Umwandlung
sedimentärer Gebilde überhaupt eine wichtige, den Carbonaten gegen-
über aber die wichtigste Rolle spielt. Weit verbreitet, sowohl in der
Athmosphäre und demnach auch in den Meteorwässern, die die Erde-
rinde durchsickern, als auch in Quellen, Flüssen und Meeren vermag
die Kohlensäure die grossartigsten Veränderungen hervorzubringen.
Bald wirkt sie auf den einen Theil der sedimentären Gebilde — die
Carbonatgesteine — auflösend und fortführend, bald wieder auf den
anderen — die Silicatgesteine — zersetzend ein.
Allerdings ist die Menge der in den Meteorwässern enthaltenen
Kohlensäure nur eine geringe. Nach Baumert1) enthält Regenwasser,
welches nach mehrstündigem Regnen aufgefangen wurde und 9" R.
warm war, nach Volumtheilen :
Sauerstoff 33-76
Stickstoff 64*47
Kohlensäure .... U77
100,00
und Bischof2) wies nach, dass der Kohlensäuregehalt der im Regen-
wasser absorbirten Luft nur J/19 des Sauerstoffes beträgt. Indessen absor-
biren die Meteorwässer aus den Vegetabilien der Erdkruste, die fort-
währender Fäulniss ausgesetzt sind, auch und noch viel mehr Kohlen-
säure, können dann umso kräftiger auflösend und fortwährend auf die
der Erdkruste zunächst gelegenen Ablagerungen einwirken und im
Laufe der Zeit die grossartigsten Veränderungen hervorrufen.
Ist nun das Meteorwasser durch die capillaren Zwischenräume,
oft mit unbewaffnetem Auge gar nicht unterscheidbare Spalten und
Risse, in die Gesteine eingedrungen, so verliert es, nachdem die obersten
Lagen zumeist am stärksten umgewandelt wurden, alsbald Kohlensäure
und Sauerstoff, die Hauptfactoren der Umbildung, und kann dann in
den tieferen Lagen wohl nur weniger umbildend wirken. Daraus ist
nun leicht erklärlich, dass die grössten Veränderungen an den der
Erdoberfläche zunächst gelegenen Gesteinen stattfinden werden , indem
die Umbildung mit der Abnahme der Kohlensäure in direktem Ver-
hältniss steht.
Kohlensäure und Sauerstoff verhalten sich jedoch gegenüber den
verschiedenen chemischen Verbindungen in den Gesteinen nicht gleich,
und desshalb verliert auch das Meteorwasser nicht sobald seine zer-
setzende Kraft, denn während die Kohlensäure auf die Kalk-Carbonate
und Silicate stark zersetzend und umbildend wirkt, ist ihre Einwirkung
auf die Magnesiacarbonate eine geringere. Hat aber das Meteorwasser
seine Kohlensäure abgegeben, so wirkt es dann viel stärker auf die
Magnesiacarbonateein, und Bischof3) wies auch nach, dass die kohlen-
saure Magnesia in reinem respektive kohlensäurefreiem Wasser bei
9 Annal. d. Chem. u. Pharm. Bd. LXXXVIII , pag. 17.
2) Lehrbuch der chem. u. phys. Geologie. I. Bd., pag. 204.
«) L. c. Bd. I„ pag. 214.
258
Edmund F. Neminar.
[8]
weitem löslicher ist, als der kohlensaure Kalk. Um dieses zu erläutern,
brachte Bischof auf ein Gemenge von Magnesia alba, kohlensauren
Kalk , Eisenoxydhydrat und Kieselsäurehydrat destillirtes Wasser,
welches leicht bedeckt mehrere Wochen gestanden hatte, und liess das
Ganze in einem verschlossenen Gefässe mehrere Tage unter öfterem
Umschütteln stehen. Das filtrirte Wasser wurde dann eingedampft, der
Rückstand untersucht und es ergaben sich in 10000 Theilen Wasser:
Kieselsäure 0-0130
Eisenoxydhydrat mit Thonerde . . 0-0389
Kohlensaurer Kalk 0-0908
Kohlensäure Magnesia 2*4462
2*5889
Nach diesen analytischen Daten sieht man sofort, dass die kohlen-
saure Magnesia sich in dem destillirten Wasser viel leichter gelöst hat
als der kohlensaure Kalk. Auf diese Weise wird es nun auch erklärlich,
warum wir oft in der Natur Umwandlungsprodukte finden, die, obwohl
ihrer Beschaffenheit nach einander sehr ähnlich, doch manchmal einen
nahezu entgegengesetzten Umwandlungsprozess durchgemacht haben.
Dass diese Prozesse für die Bildung zeitiger Gesteine von weit-
tragender Bedeutung sind, ist wohl kaum zu bezweifeln und es verdanken
auch die Zellen kalke , wie wir aus den im Folgenden angeführten
Analysen ersehen werden, diesen Prozessen allein ihre Entstehung.
Zellenkalk von Kalksburg (II.).
Durch zahlreiche deutlich krystallinische oft sehr regelmässig
angeordnete Zellen ausgezeichnet, zeigt dieser Zellenkalk eine dem hier
in tieferen Lagen meist noch im unveränderten Zustande vorhandenen
hellgelben Kalke gleiche Farbe. Von besonderem Interesse sind hier
die Zellwände, die oft 2 — 3 Millimeter dick sind und öfter schon mit
freiem Auge deutlich wahrnehmbare Calcitkrystalle zeigen. Diese gehen
von zwei entgegengesetzten Seiten aus und vereinigen sich endlich in
der Mitte, welcher Umstand beweist, dass die krystallinischen Zell-
wände nicht etwa als freie aus dem Kalkstein hervorgehende Bildungen
zu betrachten sind, sondern dass sie sich aus dem ursprünglich dichten
Gestein in dessen Rissen und Spalten gebildet haben, indem die Kry-
stallisation von beiden Seiten einer solchen Spalte ausging. Jede
dieser Zellwände lässt die Vereinigungslamelle des von entgegengesetzten
Seiten ausgehenden krystallinischen Kalkcarbonates wahrnehmen und
sich daselbst leicht spalten, wobei man oft, an den Punkten wo sich
mehrere solcher Spalten vereinigt hatten, zu grösseren Krystallen ge-
langt, die das vorhin Gesagte augenscheinlich bestätigen. Zwischen
diesen Zellwänden liegt eine lockere thonige Masse, die ich bei der
Analyse mit Asche bezeichnen will.
Um nun die Verhältnisse der Umbildung verfolgen zu können,
verwendete ich zur Analyse stets den dichten Kalkstein, aus dem der
zellige entstand und dann die den Zellen zwischengelagerte Asche.
Die Zellwände wurden nur dann einer Analyse unterworfen, wenn
[9]
Feber die Entstehungsweise der Zellenkalke u. verwandter Gebilde. 259
sie nicht eine deutlich krystallinische Structur zeigten. Unter Mikro-
skop zeigte ein Dünnschliff des frischen, dichten Gesteines bei 720-
maliger Vergrösserung helle und dunklere Körnchen , die ich für
Calcit und Dolomit hielt ; an den krystallinischen Zellwänden waren
Spaltungslinien deutlich wahrnehmbar.
Die Analyse des frischen Kalksteines und
der Asche e
gende Resultate :
Frischer Kalkstein (1)
Asche (2)
Kalk . . .
49-24
17-10
Magnesia .
1-71
L25
Kohlensäure
39-13
1341
Eisenoxyd .
1-88
4-85
Thonerde .
0-42
1-87
Wasser . .
0-89
3*50
Unlöslicher
Rückstand:
Kieselsäure
4-47
22-58
Thonerde .
. • . . . 1-93
34-41
Eisenoxyd .
..... 0-24
0-37
99-91
99-34
Werden nach
den aus diesen analytischen
Daten ber
Atomzahlen Kalk und Magnesia als Carbonate gerechnet, Eisenoxyd als
Limonit und die Thonerde mit der Kieselsäure als ein wasserhaltiges
Thonerde-Silicat angenommen, so ergiebt sich folgendes Resultat:
Kohlensaurer Kalk .
Kohlensäure Magnesia
Eisenoxydhydrat . .
Thonerde-Silikat . .
(i)
(2)
87-92
3053
3-58
2-62
2-48
6-10
7-35
61-48
101-33
10073.
Vergleicht man nun die analytischen Daten dieser beiden Analy-
sen, so ergiebt sich, dass das Kalk-Carbonat in grösserem Maasse auf-
gelöst und fortgeführt wurde als das Magnesia-Carbonat, und dass die
Magnesia in die Zellenkalke nicht erst eingeführt wird, wie es bisher
oft angenommen wurde und wie es auch Morlot in seiner Arbeit (1. c.)
annimmt, sondern dass sie gewöhnlich schon in dem Kalkstein vorhan-
den ist und dadurch, dass sie von kohlensäurehaltigen Gewässern nicht
leicht gelöst wird, oft in der Asche eines Zellenkalkes in weit grösserem
Maasse vorhanden sein wird als in dem zugehörigen dichten Kalkstein.
Auf diese Art wird es aber auch erklärlich, dass in der Asche der
Zellenkalke die unlöslichen Bestandtheile , wie Kieselsäure, Thonerde
und Eisenoxyd in grösserer Menge vertreten sein können als in der
dichten Masse, und demnach die zurückbleibende Asche oft einen Mer-
gel repräsentiren kann.
Allerdings hatte sich bei der Analyse ein Tlieil der als unlöslich
angeführten Bestandtheile in kochender, concentrirter Salzsäure gelöst,
berücksichtigt man jedoch, dass in der Natur das Lösungsmittel nur
kohlensäurehaltiges Wasser ist, das bei geringer Temperatur wirkt, so
Mineralogische Mittbeilungen. 1875. 4. Heft. (Edmund F. Neminar.) 35
260
Edmund F. Nemiriar.
[10]
ist es wohl erklärlich, dass diese Bestandteile als unlöslich angenom-
men werden konnten und somit in unseren Zellenkalken bei der Be-
rechnung des Löslichkeits-Quotienten einerseits der in kohlensäurehalti-
gen Gewässern lösliche Kalkspath und Dolomit, andererseits der in
diesen Gewässern unlösliche Rückstand in Betracht zu ziehen sein wird.
Auf diese Weise gerechnet ergiebt nun die Analyse :
(i)
(2)
Kalkspath
83-65
27-41
Dolomit
In kohlensäurehaltigem Wasser unlös-
7-85
5-74
lieber Rückstand
9-83
67-58
101-33
100-73
Wenn wir nun, um den Umbildungsprocess genauer zu erläutern,
nach diesen letzten analytischen Daten den Löslichkeits-Quotienten zwi-
schen dem in der dichten Masse und der Asche enthaltenen Kalkspath
und Dolomit auf Grund der im kohlensäurehaltigen Wasser unlöslichen
Bestandteile berechnen, und hiebei im Allgemeinen die percentische
Menge des in der dichten Masse enthaltenen Kalkspates mit Af, des
Dolomites mit D und die Menge des unlöslichen Rückstandes mit B
bezeichnen, ferner dem entsprechend in der Asche den Kalkspath mit
7c, den Dolomit mit d und den Rückstand mit r, so entspricht dem
Verhältniss in der dichten Masse unseres Zellenkalkes
K : D : R
83-65 : 7-85 : 9-83
in der Asche das Verhältniss
Je : d : r
27-41 : 5-74 : 67-58.
Nimmt man nun an, dass die Menge des im kohlensäurehaltigen
Wasser unlöslichen Rückstandes constant geblieben sei, so ergiebt sich :
K _Z)
R : ~B
1 und
1
in unserem speciellen Falle
8-509 : 0'798 : 1 und 0-405 : 0'084 : 1 ;
hieraus die Menge des aufgelösten Kalkspates
K Je
r, — — = X, speciell /. = 8-104,
K r
die Menge des aufgelösten Dolomites
— — = <?, speciell <5 = 0-714,
Jt i
folglich der Löslichkeits-Quotient = 11-35.
Aus der Berechnung dieses Löslichkeits-Quotienten ersieht man,
dass bei der Umwandlung unseres dichten Kalksteines in den Zellen-
kalk in gleichen Zeiten und unter sonst gleichen Umständen ll"35mal
soviel Kalkspath aufgelöst und fortgeführt wurde als Dolomit.
111
Ueber die Entstell uugsweise der Zeilenkalke «. verwandter Gebilde.
26 1
Nahezu dieselben Verhältnisse zeigen sich auch bei dein
Zellenkalk von Kaltenleutgeben.
Dem Vorigen durch die Beschaffenheit seiner krystallinischen
Zellen sehr ähnlich, bot dieser Zellenkalk ein ausgezeichnetes Material,
um auch durch ein Experiment die schwerere Löslichkeit der krystal-
linischen Zellwände gegenüber dem dichten Kalkstein nachweisen zu
können. Zu diesem Zwecke schnitt ich aus dem dichten Gestein ein
Stück heraus, das von zahlreichen krystallinischen Adern durchzogen
war. Nachdem ich es an den Seiten vollkommen glatt geschliffen hatte,
tauchte ich dasselbe in verdünnte Salzsäure und lies diese 24 Stunden
auf das Präparat einwirken. Als ich darauf das Präparat untersuchte,
konnte ich schon mit freiem Auge bemerken, dass die dichte Kalkstein-
masse angeätzt sei, während an den glänzenden krystallinischen Adern
keine Spur von Einwirkung wahrzunehmen war. Hierauf lies ich die
Säure 48 Stunden einwirken und fand, als ich jetzt das Präparat unter-
suchte, an den Adern zwar eine Einwirkung, aber von der dichten
Kalkmasse war schon so viel weggeätzt, dass die Adern von den
ursprünglich glatten Flächen bereits etwas hervorstanden und sich somit
auch viele früher nicht bemerkbare Adern zeigten. Als ich hierauf die
Säure noch acht Tage einwirken lies, fand ich die Adern schon deut-
lich hervorstehen und in der verdünnten Salzsäure fand sich ein
gelbes Pulver, das nach dem Trocknen vollkommen der lockeren thoni-
gen Masse glich, die den Zellenkalk ausfüllte. Hieraus ergiebt sich
nun mit Evidenz , dass die krystallinischen Adern in der Salzsäure
schwerer löslich waren als die dichte Kalksteinmasse, und dass auf
diese Weise mit der Zeit ein ähnliches zelliges Gebilde entstanden
wäre, wie es die Natur im Zellenkalke hervorgebracht hat. Dass aber
die Kohlensäure respective die kohlensäurehaltigen Gewässer wohl viel
langsamer aber doch nicht im anderen Sinne gewirkt hätten als die
verdünnte Salzsäure, ist selbstredend.
Dieses eben besprochene Verhalten der krystallinischen Adern
fand ich auch bei dem folgenden Versuche bestätigt. Um nämlich zu
ermitteln, ob die schon früher unter Mikroskop beobachteten helleren
und dunkleren Körner wirklich Calcit und Dolomit wären, ätzte ich
einen Dünnschliff des dichten Kalksteines, der ebenfalls unter Mikroskop
hellere und dunklere Körner zeigte, vorerst mit kalter verdünnter Salz-
säure. Als ich hierauf das Präparat unter Mikroskop brachte, bemerkte
ich, dass alle hellen Körner weggeätzt und nur die dunkeln und die
krystallinischen Adern übrig geblieben waren. Nun ätzte ich mit er-
wärmter Salzsäure und bemerkte jetzt unter Mikroskop, dass auch die
dunkleren Körner und grossentheils auch die krystallinischen Adern
verschwunden waren. Es ergiebt sich hieraus, dass die hellen Körner,
die sich schon in kalter Säure lösten, als Calcit, die dunkeln, die erst
von erwärmter Säure gelöst wurden, als Dolomit anzusehen wären und
dass die krystallinischen Adern in der That viel schwerer löslich sind
als die Calcit- und Dolomitkörner, die hier den dichten Kalkstein
bilden.
Bei diesem Zellenkalk ergab die Analyse:
35*
262
Edmund F. Neminar.
[12]
Frischer Kalkstein (8)
Asche (4)
Kalk
5301
32-24
Magnesia
1-90
2-78
Kohlensäure
42-35
26-54
Eisenoxyd
0-41
4-68
Thonerde
0-18
1-17
Wasser
0-44
3-25
Unlöslicher Rückstand:
Kieselsäure
1-02
16-63
Thonerde
0-48
11-62
Eisenoxyd
Spur
0-38
99-79
99-29
Diese Zahlen ergeben’, hier auf dieselbe Weise
wie bei
hergehenden Zellenkalke gerechnet :
(3)
(4)
Kohlensäuren Kalk . . .
94"66
57-57
Kohlensäure Magnesia . .
3-99
5-83
Eisenoxydhydrat ....
0'47
5-91
Thonerde-Silicat ....
2-06
31-82
10118
101-13.
' Berechnet man hieraus die percentische Menge von Kalkspath,
Dolomit und dem in kohlensäurehaltigen Gewässern unlöslich gebliebe-
nen Rückstand und ermittelt nach der oben angegebenen Formel den
Löslichkeits- Quotienten , so ergiebt sich hier * = 10-95.
Es wird also bei diesem Zellenkalke, der doch hinsichtlich der
chemischen Zusammensetzung der Asche von dem vorhergehenden ver-
schieden ist. Kalkspath und Dolomit nach nahezu demselben Verhält-
niss gelöst und fortgeführt wie bei dem ersteren.
Hält man nun die analytischen Resultate dieser beiden Zellen-
kalke zusammen, so findet man bei beiden, wie aus der nachfolgenden
Tabelle leicht ersichtlich ist, dieselbe Gesetzmässigkeit der Umbildung
ausgesprochen.
Kalk
s b u r
g
Kaltenleutgeben
Frischer Kalkstein
Asche
Frischei-
Kalkstein
Asche
Kohlensaurer Kalk . .
. 87-92
3053
94-66
57-57
Kohlensäure Magnesia
. 3-58
262
3 99
5-83
Eisenoxydhydrat . . . .
. 2-48
6-10
0-47
5-91
Thonerde-Silicat . . . .
. 7-35
61-48
2-06
31-82
101-33
100-73
101T8
101T.3
[13] Ueber die Entstehungsweise der Zellenkalke n. verwandter Gebilde. 263
In beiden Fällen zeigt sich, den Löslichkeits-Quotienten entspre-
chend, bei der Asche, im Verkältniss zum frischen Kalkstein, eine Ab-
nahme des Kalk-Carbonates , dagegen eine bedeutende Zunahme an
unlöslichen Bestandtheilen und im zweiten Falle auch an Magnesia-
'Carbonat.
Neben dieser Bildungsweise, wobei der schwerer lösliche krystal-
linische Kalk die Zellen und somit die typische Form der Zellenkalke
bildet, zeigt sich auch noch eine andere wesentlich verschiedene. Die
auf diese Weise entstandenen Zellenkalke sind nicht mehr durch
deutlich krystallinische, regelmässig angeordnete Zellen charakterisirt,
sondern zeigen ein ganz unregelmässiges Zellgewebe mit bald dickeren
bald dünneren Wänden, zwischen denen keine thonig lockere, sondern
eine vollkommen pulverförmige Masse liegt, die zumeist stark dolo-
mitisch ist. Diese Zellenkalke lassen sich wieder in solche theilen, die
aus ursprünglich dichtem Kalkstein entstanden sind und in solche, die
ihre Entstehung von einer Breccie herleiten. Erstere fand ich in Kalks-
burg im Aufschlüsse (I), letztere in den Atlitzgräben bei Schottwien.
Zellen kalk von Kalksburg (I).
Um vielleicht durch die Structur- Verhältnisse des dichten Gesteins
für die Bildungsweise des zelligen Anhaltspunkte zu gewinnen, unter-
suchte ich vorerst einen mikroskopischen Schliff. Bei aufmerksamer
Beobachtung konnte man schon mit der Loupe zahlreiche äusserst feine
helle Streifen bemerken, die ganz unregelmässig das Präparat durch-
zogen. Bei 720maliger Vergrösserung traten diese Streifen deutlich
hervor und zeigten einen Zusammenhang von kleinen kristallinischen
Körnern, die gleichsam feine Adern bildeten.
Von dieser Thatsache ausgehend glaubte ich nun annehmen zu
dürfen , dass sich diese feinen krystallinischen Streifen vielleicht mit
den zumeist sehr dünnen Zellwänden selbst in irgend eine Verbindung
bringen Hessen und untersuchte nun auch die Zellwände unter Mikro-
skop. In der That zeigten sich auch da nicht allein die deutlich
krystallinischen Körner wieder, sondern sie waren auch mit zahlreichen
dunkleren Körnchen, die ich für Dolomit hielt, vermengt.
Waren die Zellwände wirklich krystallinischer Kalk und Dolomit,
so wäre es wohl erklärlich, dass sie den Einflüssen athmosphärischer
Gewässer länger Stand zu halten vermochten als die übrige dolomitische
Kalksteinmasse, die nach der Umwandlung als normaler Dolomit im
pulverförmigen Zustande die Zellen erfüllte. Allerdings müsste eine
pulverförmige Masse, die nach der Analyse die Bestandteile eines
Dolomites ergiebt, nicht immer auch wirklich Dolomit sein, da ja ein
Gemenge von Calcit und Magnesit dieselben analytischen Daten liefern
könnte ; bei unseren Zellenkalken prüfte ich jedoch stets dort, wo die
Analyse einen Dolomit ergab, die Asche auf ihre Löslichkeit in kalter
verdünnter Säure und fand, dass sie stets Dolomit war.
Um nun jeden Zweifel über die Beschaffenheit der Zellwände zu
beseitigen, ätzte ich auch hier ein Präparat erst mit kalter, dann mit
264
Edmund F. Neminar.
[14]
erwärmter Salzsäure, wobei sich die schon bei dem Zellenkalke von
Kaltenleutgeben beschriebenen Erscheinungen deutlich zeigten. Das von
In ostranze ff Q bei den von ihm untersuchten Kalksteinen und Do-
lomiten angegebene Unterscheidungsmerkmal zwischen Calcit und Dolomit,
wonach Spaltungslinien an den Calcitkörnern Vorkommen und auch noch
eine Zwillingsstreifung ersichtlich ist, während sich an den dunkleren
Körnern zwar Spaltungslinien , aber absolut keine Zwillingsstreifung
wahrnehmen lässt , hatte ich an keinem der von mir untersuchten
Kalksteine bemerkt, obwohl eine 720malige Vergrösserung bei absolut
nicht feinkörnigem Kalkstein unmöglich als zu gering betrachtet werden
kann, und die von In ostranz eff beobachtete Erscheinung doch wohl
auch an anderen dolomitischen Kalksteinen als den von ihm untersuchten
wahrgenommen werden müsste. Der Umstand jedoch, dass die dunkleren
Körner sich erst in erwärmter, die helleren jedoch schon in kalter
verdünnter Säure lösen und stets dort zunehmen, wo sich durch die
Analyse ein grösserer Gehalt an kohlensaurem Kalk ergiebt, beweist,
dass in den Kalksteinen die helleren Körner Calcit sind, während die
dunkleren als Dolomit anzusehen wären. Es beweist aber auch das in
dolomitischen Kalken stets beobachtete Vorhandensein solcher heller und
dunkler Körner, dass die Dolomitisirung der Kalksteine nicht in einer
theilweisen isomorphen Vertretung des kohlensauren Kalkes durch
kohlensaure Magnesia begründet sei, sondern in einer Beimengung von
Dolomitsubstanz bestehe. Somit wird bei der Bildung der Zellenkalke
auch dann, wenn die Asche ein normaler Dolomit ist, die Dolomitsub-
stanz nicht erst von aussen hinzugeführt, sondern sie ist stets schon
in dem zum Zellenkalke umgebildeten Kalkstein vorhanden.
Eine Analyse des dichten Gesteines, der Zellwände und der Asche
dieses Zellenkalkes ergab :
Frischer Kalkstein (5)
Zellwände (6)
Asche (7)
Kalk
. 48-53
46-08
30-91
Magnesia
. 6-25
8-57
20-96
Kohlensäure ....
. 43-86
43-42
45-33
Wasser
. 0-31
055
0-77
Unlöslicher Rückstand
. 0-35
0-61
2-06
99-30
99-23
100-03
Und hieraus :
(5)
(6)
(7)
Kohlensaurer Kalk
. 86-66
82-28
55-19
Kohlensäure Magnesia
. 13-12
18-00
44-01
Unlöslicher Rückstand
. 0-66
1-16
2-83
100-44
101-44
102-03
Auf dieselbe Weise wie in den früheren Fällen gerechnet ergiebt
sich hier der Löslichkeits-Quotient zwischen dem Kalkspath und Dolomit,
des frischen Gesteines und der Asche mit 1 1 *26, also den beiden
*) Tschermak’s mineralogische Mittheilungen. 1872. I. Heft. — Unter-
suchungen von Kalksteinen und Dolomiten als Beitrag zur Kenntniss des Metamor-
phismus.
[15] Ueber die Entsteh ungsweise der Zellenkalke u. verwandter Gebilde. 265
früheren Quotienten nahezu gleich, obwohl hier die chemische Zusam-
mensetzung sowohl des dichten Kalksteines als auch der Asche eine
wesentlich verschiedene ist.
Nach diesen Ergebnissen sieht man sofort, dass hier dieselbe
Grundbedingung der Bildung obwaltet wie bei der ersten Art von Zellen-
kalken. Auch hier wird das leicht lösliche Kalk-Carbonat von den
Meteorwässern in grösserer Menge aufgelöst und als Bicarbonat fort-
geführt als das schwerer lösliche Kalk-Magnesia-Carbonat, das als fein-
körnige Asche, die einen normalen Dolomit repräsentirt , zurückbleibt.
Vergleicht man die analytischen Daten der Zellwände mit denen
des dichten Kalksteines so ergiebt sich eine auffallend proportionale
Substitution der Carbonate. Der kohlensaure Kalk hat abgenommen,
dafür aber die kohlensaure Magnesia um nahezu ebensoviel zugenom-
men, welches Ergebniss auch vollkommen der Annahme : „die Zellwände
sind ein inniges Gemenge von krystallinischem Calcit und Dolomit“ ent-
spricht. Nimmt man noch hiezu die Zunahme an unlöslichen Bestand-
theilen und erwägt hiebei , dass die Zellwände stets nur sehr dünn
sind, so ergiebt sich die Bildung der Zellwände etwa auf diese Art,
dass sich in den Rissen und Spalten des Kalksteines zugleich mit dem
gelösten Kalk-Carbonat auch ein Theil der in den kohlensäurehaltigen
Gewässern unlöslich gebliebenen Bestandtheile und etwas Magnesia-
Carbonat abgesetzt hätte. Darnach bestanden dann die Zellen aus einem
Kalkstein, der zwar in Folge seiner Bestandtheile eine geringere Lös-
lichkeit zeigte als die dichte Kalksteinmasse, aber den Einflüssen der
Meteorwässer bei weitem nicht so lange Widerstand zu leisten vermochte
als die vollkommen krystallinischen Zellen anderer Zellenkalke. Es er-
scheinen demnach die Zellen meist auch nur äusserst fein und über-
gehen sehr rasch in jene pulverförmige Masse, die als normaler Dolomit
die Zellen ausfüllt.
Allerdings ist bei unseren Betrachtungen die dichte Kalksteinmasse
ebenfalls krystallinischer Kalk, und so sollte also diese durch eine ebenso
geringe Löslichkeit ausgezeichnet sein als die krystallinischen Zellen.
Indessen ist hier die Löslichkeits - Differenz darin begründet , dass
bei den phanerokrystallinischen Zellen die einzelnen Individuen viel
grösser sein müssen als die der krypt.okrystallinischen Kalksteinmasse,
und demnach den Einflüssen der Gewässer eine kleinere Oberfläche
bieten und somit auch nur in geringerem Masse aufgelöst werden
können als die dichte Kalksteinmasse, deren krystallinische Individuen
viel kleiner sind und weil eben in viel grösserer Anzahl vorhanden,
den Einwirkungen der Meteorwässer auch eine grössere Oberfläche dar-
bieten müssen.
Im Allgemeinen sieht dieser Zellenkalk einem Zellendolomite sehr
ähnlich und der Umstand, dass sich aus stark dolomitischen Kalken
meist Zellenkalke bilden, deren Asche ein normaler Dolomit ist, mag
wohl der Grund gewesen sein, warum man oft Zellenkalke und Zellen-
dolomite unter einem Namen — dem der Rauhwacke — begriff und
warum man früher die Rauhwacke als dolomitisches Gebilde hielt,
woraus unter Umständen auch ein dichter Kalkstein werden konnte.
266
Edmund F. Neminar.
[16]
Von diesem Grundgedanken geht auch Morlot1) bei der Erklä-
rung der Rauhwackenbildung aus und versucht, von der Ansicht
Haidin ger’s befangen, der sich auch die Rauh wacken nur aus
Dolomit entstanden dachte, diese Bilduugsweise selbst in dem Falle
noch aufrecht zu erhalten, wo er in einer Grundmasse von gelblicher
Rauhwacke grosse Brocken eines weissen unveränderten Kalkes fand.
„Dieses Vorkommen, sagt da Morlot2), ist etwas räthselhaft, denn
wenn die Rauhwacke von Dolomit entstanden ist, wie kann sie Brocken
von körnigem Kalk umschliessen ? Es scheint als ob die Rauhwacke-
partien unmittelbar aus dem körnigen Kalk entstanden wären!“ Obwohl
diese Erscheinung, die sich auch öfter bei den Zellenkalken von den
Atlitzgräben zeigt, der beste Anhaltspunkt für eine richtige Erklärung
der Zellenkalkbildung gewesen wäre, so leitet doch Morlot die Ent-
stehungsweise von einem Dolomit ab. Wie grundlos diese seine Erklä-
rung der Rauhwackenbildung ist, werde ich in der Folge klarzulegen
versuchen.
Zellenkalk aus den Atlitzgräben bei Schottwien.
Au die schiefrigen Gesteine des Thaies von Schottwien schliesst
sich ein mächtiger Zug hellgefärbter, bald mächtig bald dünn geschich-
teter, oft stark dolomitischer Kalke, die den Atlitzgräben entlang blos-
gelegt erscheinen und an zahlreichen Punkten starke Zerklüftungen
zeigen. In den oberen Schichten linden sich häufig Breccien, an denen
sich öfter eine zellige Structur zeigt. Häufig übergehen auch diese
Kalkstein- Breccien in vollkommene Zellenkalke, die hier gegen die Ober-
Hache allgemein verbreitet sind. Nicht selten erscheinen an den den
grösseren Klüften zunächst gelegenen Theilen der Kalksteine ebenfalls brec-
cienartige Gebilde, an denen oft der Uebergang in Zellenkalke deutlich er-
sichtlich ist. An den demselben Zuge gehörigen Kalken bei Reichenau fand
Tschermak 3) eine reichliche Zone von Zellenkalken und bei der Ruine
Klamm sind nach F. v. Hauer4) die Kalksteine in den oberen Lagen
auch in Zellenkalke umgewandelt. Südlich von dieser Kalksteinzone
erscheinen die dem Quarzit von Otter berg übergelagerten Kalke in
den oberen Schichten ebenfalls im Zellenkalke übergehend. Auch an
anderen Punkten der silurischen Gebirgszone der Nordalpen finden sich
die Zellenkalke unter denselben Verhältnissen, so dass kein Zweifel
obwalten kann, dass hier ebenso wie an anderen Orten dieselben Be-
dingungen ihrer Bildung vorhanden gewesen sein mussten.
Von den bisher besprochenen Zellenkalken zeigt der aus den
Atlitzgräben, entsprechend seiner Entstehungsweise von einer Breccie,
') Haidinger’s Berichte der Freunde der Naturwissenschaft. Bd. VII. p. 81.
a) L. c. pag. 89.
3) 6. Tschermak: Die Zone der älteren Schiefer am Semmering. Verhandl.
der k. k. geol. R.-A. 1873, pag. 62.
4) Die Geologie und ihre Anwendung auf die Kenntnisse der Bodenbeschaffen-
heit von Oesterreich-Ungarn, pag. 219.
[17]
Ueber die Entstehmigsw'eise der Zellenkalke u. verwandter Gebilde. 267
ein Bild grösster Unregelmässigkeit. Die Zellen sind von einer weissen
pulverigen Masse ausgefüllt, und zeigen nach Entfernung derselben
Formen die es ausser allem Zweifel setzen, dass hier ursprünglich scharf-
kantige Bruchstücke festen Gesteines eingebettet lagen. Man sieht
hieraus sofort, dass man es hier mit einem Umwandlungsproducte einer
Breccie zu thun habe, wobei sowohl die Bruchstücke als die sie ver-
bindende Masse Kalkstein sind.
Ich unterzog nun den gelben dichten Kalkstein,
der die Zellen
bildete, sowie die weisse pulverige
Masse, welche dieselben ausfüllte,
einer Analyse und fand :
Zellwände (8)
Asche (9)
Kalk .......
. . 4U46
30-61
Magnesia
. . 9-96
20-14
Kohlensäure
. . 42-98
45-34
Eisenoxyd
. . 0-85
Spur
Thonerde
. . 0-39
0-26
Unlöslicher Rückstand :
Kieselsäure
. . 2-08
116
Thonerde
. . 1-62
1-56
Daraus ergiebt sich :
99-34
99-07
(8)
(9)
Kohlensaurer Kalk . . .
. . 74-03
54-66
Kohlensäure Magnesia . .
. . 20-92
42-29
Thonerde-Silicat ....
. . 4-94
2-98
' 99-89
99-93
Nach diesen Zahlen ist ersichtlich, dass die Zellen dolomitischer
Kalkstein sind, die weisse pulverige Masse jedoch normaler Dolomit ist.
Erwägen wir nun den Umstand, dass das Kalk-Magnesia-Carbonat
in kohlensäurehaltigem Wasser viel schwerer löslich ist als das Kalk-
Carbonat, erinnern wir uns an die im Vorhergehenden berechneten
Löslichkeits-Quotienten zwischen Kalkspath und Dolomit, so wird es
uns unzweifelhaft erscheinen, dass die weisse pulverige Masse dieses
Zellenkalkes in ihrer Entstehungsweise unmöglich mit dem die Zellen
bildenden gelben, dichten Kalkstein in irgend einer Verbindung stehen
kann ; denn wäre dieses der Fall und wäre hier derselbe Process
geltend, wie bei der früheren Art von Zellenkalken, dann hätten ja
eben die Zellwände, welche hier nur dichter, dolomitischer Kalkstein
sind, den Meteorwässern nicht länger Stand zu halten vermocht als
der Kalkstein, aus dem die Asche entstand. Ueberdies ist hier dieser
ebenfalls dolomitischer Kalk, der, nach der chemischen Zusammen-
setzung der Asche zu urtheilen, noch mehr Dolomitsubstanz enthalten
haben wird, demnach sogar einen geringeren Löslichkeits-Quotienten
gehabt haben musste als der die Zellen bildende gelbe Kalkstein.
Es spricht somit dieser Umstand für eine Bildungsweise, wornach
der Kalkstein, aus dem die pulverige Masse entstand, länger den Ein-
flüssen der Meteorwässer ausgesetzt sein musste als der die Zellen
bildende. Eine solche Bedingung ist jedoch nur bei einer Breccie oder
Mineralogische Mittheilungen 1875. i. Heft. (-Edmund P. Neminar.) 36
268
Edmund F. Neminar.
[18]
einem Conglomerate möglich, denn da ist es wohl mit der Erfahrung
vereinbar, dass Kalkstein- oder auch Dolomitbrocken dann durch eine
neu gebildete Kalksteinmasse verkittet worden sind, als sie selbst schon
ein Zersetzungsstadium durchgemacht hatten und demnach auch bei
weiterer Einwirkung von Meteorwässern rascher zersetzt werden mussten
als der sie verkittende frisch gebildete Kalkstein.
Diese Bildungsverhältnisse finden sich in ausgezeichneter Weise
an den Zellenkalken aus den Atlitzgräben bei Schottwien ausgesprochen,
indem einzelne noch vollkommen erhaltene Breccien , die durch gelben
dichten Kalkstein verbundenen grauen Kalkstein-Bruchstücke in bereits
etwas zersetztem Zustande zeigen, während man an anderen die Um-
wandlung in jene erwähnte weisse pulverförmige Masse verfolgen kann.
Durch weiteres Fortschreiten des Zersetzungsprocesses verliert diese
Masse immer mehr ihren Zusammenhang und so entsteht endlich ein
Zellenkalk, dessen aus dichtem Kalkstein bestehende Zellen bald leer,
bald mit einem pulverigen Dolomit ausgefüllt erscheinen.
Bildun gsverMltnisse.
Nachdem durch die angeführten Analysen einerseits einzelne
Processe der Zellenkalkbildung erläutert wurden, andererseits klargelegt
worden ist, dass die Zellenkalke als secundäre Gebilde zu betrachten
sind und im Vorhergehenden gezeigt worden war, dass die Kohlensäure
eines jener Agentien ist, die in sedimentären Gesteinen leicht Umwand-
lungen veranlassen können, wird es wohl nicht schwer erklärlich, dass
bei der Zellenkalkbildung kohlensäurehaltige Gewässer die Umbildung
veranlasst hatten und hiebei im Allgemeinen folgender Process statt-
gefunden haben kann.
Die Meteorwässer, welche die verhältnissmässig dünne Erdkruste
leicht durchdringen, wirken als starke Zersetzungsmittel auf die Kalk-
steine ein, durchziehen die feinen Risse und Sprünge derselben und
lösen hiebei kohlensauren Kalk allmählig auf. Dadurch , dass die
Gewässer durch die in den Rissen ihnen gleichsam gebahnten
Canäle leicht weiter hinab dringen und die unlöslich gebliebenen Be-
standtheile fortführen können, vermag der aufgelöste reine kohlen-
saure Kalk zur Krystallisation zu gelangen, und so sind nach
einiger Zeit die. zahlreichen feinen Spalten und Risse mit krystallini-
schem Kalk-Carbonat ausgefüllt. Bei weiterer Einwirkung der Meteor-
wässer werden dann die den krystallinischen Adern zwischenliegenden
Theile des Kalksteines von der Umbildung zunächst ergriffen, das leicht
lösliche kryptokrystallinische Kalk-Carbonat aufgelöst als Bicarbonat
grösstentheils fortgeführt, das etwa vorhandene im kohlensäurehaltigen
Wasser schwerer lösliche Kalk-Magnesia-Carbonat aber, sowie etwa vor-
handene unlösliche Bestandtheile — Quarz oder Thon — als eine
lockere Masse zurückgelassen, während die Adern, die als phanero-
krystallinischer Kalk, der bekanntlich einer der schwer löslichsten Kalk-
Carbonate ist , den Einwirkungen der Kohlensäure länger Stand zu
halten vermögen, erhalten bleiben und die Zellen bilden, in denen sich
die lockere Masse befindet. Durch fernere Einwirkung der Gewässer
schreitet diese Umbildung nach der bezeichneten Weise immer weiter,
[19] Ueber die Entstellungsweise der Zellenkalke u. verwandter Gebilde. 269
die krystallinischen Zellwände werden im Verhältnis zur dichten Kalk-
steinmasse nur wenig aufgelöst und es entstehen endlich jene schon im
Eingänge besprochenen Zellenkalke, die durch zahlreiche, oft ziemlich
regelmässig angeordnete krystallinische Zellen ausgezeichnet sind.
Durch zahlreiche Versuche bezüglich der Löslichkeit des krystal-
linischen und dichten Kalk-Carbonates in kohlensäurehaltigem Wasser
erwies Bischof Q, dass der rhomboedrische Kalkspath das schwer
löslichste Kalk-Carbonat ist. Es ergab sich nach seinen Untersuchun-
gen, die er mit Kreide und Kalkspath in der Weise ausgeführt hatte,
dass er stets 24 Stunden lang in das destillirte Wasser, worin das
gepulverte Kalk- Carbonat suspendirt war, Kohlensäure einleitete, hierauf
die filtrirte Lösung wog, darauf eindampfte und das Gewicht des Rück-
standes bestimmte, dass folgende Quantitäten des mit Kohlensäure
gesättigten Wassers nöthig waren, um ein Theil des Kalk-Carbonates
aufzulösen :
1. Kreide 1000 Theile;
2. Kreide nach einstündigem Durchleiten der Kohlensäure 990
Theile ;
3. Kreide nach zweistündigem Durchleiten der Kohlensäure 1099
Theile ;
4. Kreide nach dreistündigem Durchleiten der Kohlensäure 989
Theile ;
5. Kalk-Carbonat dargestellt aus Chlorcalcium durch Kali-Carbo-
nat 2221 Theile ;
6. Kalkspath 3149 Theile.
Aus diesen Zahlen schloss nun Bischof, dass in gleichen Zeiten
und unter gleichen Umständen vom amorphen Kalk-Carbonat dreimal
soviel aufgelöst und fortgeführt wird als vom krystallinischen.
* Nach diesen Untersuchungen ist es wohl zur Genüge erwiesen,
dass die vorhin bei der Erklärung unserer Zellenkalke gemachte An-
nahme, der Kalkspath sei eines der schwer löslichsten Kalk-Carbonate,
vollkommen begründet sei und somit die Zellen, die eben aus Kalkspath
bestehen, den kohlensäurehaltigen Gewässern länger widerstehen können
als die dichten Kalk- oder Magnesia-Carbonate.
Nicht minder als diese für die Erklärung der Zellenkalkbildung
gemachte Annahme findet auch die andere , nämlich das leichte Ein-
dringen der Meteörwässer in die Kalksteine, durch das gewöhnliche
Auftreten der Zellenkalke in den der Erdkruste zunächst gelegenen
Schichten ihre Bestätigung.
Durch diese eben erläuterte Bildungsweise der Zellenkalke ist
jedoch die Theorie im Allgemeinen nicht erschöpft, denn da wir Zellen-
kalke mit einem von dem bisher beschriebenen wesentlich verschiedenen
Habitus kennen gelernt haben, so ist mit Recht anzunehmen, dass ihre
Bildungsweise wohl eine andere sein müsse. Wie wir bereits oben
gesehen hatten, sind diese Zellenkalke durch die unregelmässige An-
ordnung ihrer Zellen und die meist normal dolomitische Asche besonders
’) Lehrbuch, der chemischen und physik. Geologie. Band II, pag. 111.
36*
270
Edmund F. Nemiuar.
[20]
chai akterisirt. Die eine Alt derselben, die sich aus ursprünglich dichtem
Kalkstein bildet, unterscheidet sich, wie wir bei der Analyse des Zellen-
kalkes von Kalksburg (I) gesehen hatten, in ihrer Bildungsweise von
den Zellenkalken mit krystallinischen Zellen nur sehr wenig ; wesentlich
anders gestaltet sich aber die Entstehungsweise der Zellenkalke, die
ihre Bildung einer Breccie verdanken. Hier ist der Bildungsprocess im
Wesentlichen der, dass bald grössere bald kleinere, durch chemische oder
mechanische Einflüsse entstandene Kalkstein- oder auch Dolomittrümmer,
die eine Zeit lang den Einflüssen athmosphäriseher Gewässer ausgesetzt
waren, in einem Zustande wo sie, obwohl verändert, die Cohäsion ihrer
Theilchen doch noch nicht ganz eingebiisst hatten, durch eine frisch ge-
bildete Kalksteinmasse verbunden werden. Es entsteht auf diese Weise
eine Breccie, deren Bestandteile den Einflüssen der Atmosphärilien nicht
gleich widerstandsfähig sind und von denen somit die einen viel früher
als die anderen ihren Aggregationszustand vollkommen verändern und
hiebei eine pulverige Masse bilden, die von dem erhalten gebliebenen
Kalkstein umschlossen wird. Diese Umbildung, die sich zuerst an der
Oberfläche wahrnehmbar macht, schreitet nun rasch weiter, die pulverige
Masse verliert alsbald ihre Consistenz vollständig und die Gewässer, die
jetzt noch viel leichter das Innere einer solchen oft sehr grossen Breccie
durchdringen können, verursachen nun im Inneren au den schon zer-
setzt gewesenen Kalksteinbrocken sehr leicht dieselben Veränderungen,
so dass wir endlich einem cavernösen Kalk begegnen, dessen Zellen oft
ganz abgeschlossen erscheinen, die mannigfaltigsten Formen zeigen und
ohne jede Symmetrie angeordnet sind.
Eine ähnliche Erscheinung wie diese eben erläuterte Art von
Zellenkalken bieten uns auch die von Haidinger1) beschriebenen
hohlen Geschiebe aus dem Leithagebirge, die ganz ähnlichen Processen
wie der eben angedeutete ihre Entstehung verdanken. Auch hier sind,
wie aus den im Folgenden angeführten Analysen leicht ersichtlich sein
wird, die festen Geschiebe sowie die sie umgebende Masse dolomitischer
Kalkstein , während das Pulver derselben Dolomit ist. In seiner Arbeit
(1. c. pag. 12) erwähnt Haidinger:
„Die Grundmasse in der die dunkelgrauen Geschiebe liegen, ist
ein gelblich grauer Kalkstein wovon hundert Theile enthalten :
Unlöslichen Rückstand . U29 ist zum Theile Quarz,
Kohlensäuren Kalk . . 98 -00
Kohlensäure Magnesia . 050
Eisenoxyd Spur
99-79
Ein ganz festes Geschiebe von dunkelgrauer Farbe, krystallinisch,
feinkörnig, enthielt in hundert Theilen :
Unlöslichen Rückstand . . . 042
Kohlensäuren Kalk .... 98-33
Kohlensäure Magnesia . . . 0‘80
99 '55
9 Die hohlen Geschiebe aus dem Leithagebirge. Wien, 1856. Sitzungsberichte
der k. k. Akademie der Wissenschaften, Bd. 21, 1856.
[21] Ueber die Entstehungsweise der Zellenkalke u. verwandter Gebilde. 271
Die äussere Schale eines im Inneren zu Pulver zerfallenen Ge-
schiebes ergab in hundert Theilen :
Kohlensäuren Kalk .... 87 ‘26
Kohlensäure Magnesia . . . 12-00
9-9-26
Das Pulver aus dem Inneren eines Geschiebes enthielt in hun-
dert Theilen :
Unlöslichen Rückstand . > . Spur
Kohlensäuren Kalk .... 62-52
Kohlensäure Magnesia . . . 36- 75
99-277
Aus diesen analytischen Daten ersieht man, dass hier ebenso wie
bei dem von mir beschriebenen Zellenkalke von den Atlitzgräben, das
Bindemittel kohlensaurer Kalk, das Pulver Dolomit ist. Ueberdies
hatte das Bindemittel als kohlensaurer Kalk mit einem sehr geringen
Gehalt an Dolomitsubstanz einen grösseren Löslichkeits-Quotienten als
das Geschiebe selbst. Auch hier konnte also kein anderer Process
stattgefunden haben, als dass das Kalk-Carbonat von kohlensauren Ge-
wässern fortgeführt wurde , während das Kalk - Magnesia - Carbonat
meistentheils zurückblieb. Haidinger nimmt auch hiebei dasselbe
Agens und dieselben Verhältnisse zwischen den Geschieben und ihrem
Bindemittel an, wie ich es bei den Zellenkalken wirksam dachte und
voraussetzte, denn er sagt diesbezüglich Q : „Ohne Zweifel geschieht
aber eine solche Veränderung durch die in dem natürlichen Zustande
stets die Gesteine durchströmende Gebirgsfeuchtigkeit, bei welcher es
vielleicht genügt vorauszusetzen, dass sie mit einem Gehalt an Kohlen-
säure eintritt und dem Aequivalentgewicht entsprechend mehr kohlen-
saure Kalkerde als kohlensaure Magnesia in sich aufnimmt. Kohlen-
saurer Kalk aber, der nun in den Räumen der Geschiebe fehlt, findet
sich in der umgebenden Kalksteinmasse als Kalkspath, als Bindemittel
frisch abgesetzt. Gewiss unterliegen die Geschiebe dann vorzüglich der
Veränderung, wenn sie eine von der umgebenden Masse verschiedene
chemische Zusammensetzung besitzen.“
Gümbel* 2) schreibt auch die Entstehung der in den Alpen weit
verbreiteten breecienartigen Rauhwacken analogen Ursachen zu , wie
bei den hohlen Geschieben in den diluvialen oder tertiären Conglome-
raten, und Beyrich3), der die breecienartigen Rauhwacken in der
Zechsteinformation am südlichen Harzrande beobachtet hatte, nimmt an,
dass eckige Bruchstücke von Dolomit durch ein kalkiges Bindemittel
verbunden seien, das, wie Gümbel bei ähnlichen Erscheinungen an-
nimmt, ein Sintergebilde sei, für welches die das aufsteigende dolo-
mitische Gestein durchziehenden oder theilweise auflösenden Gewässer
das Material lieferten. Diese Dolomitbrocken lösen sich zu Dolomitsand
auf, dieser fällt heraus und so entstehen die luckigen Gesteine, welche
kein Dolomit sind.
*) L. c. pag. 13.
2) Zeitschrift der deutsch-geologischen Gesellschaft. 1866. pag. 391.
8) Ebendaselbst.
272
Edmund F. Neminar.
[22]
Auch Morlot1) führt in seiner Arbeit an, dass sich bei Raibl
ein rauhwackenartiges Gebilde in Verbindung mit einem dichten
Kalkstein gezeigt hatte, wobei manche von den eingeschlossenen Kalk-
brocken im Inneren — gerade wie bei den tertiären Geschieben so
häufig der Fall ist — zerstört und zu Kalkmehl zerfallen sind. Diese
Erscheinung, die ebenso wie die vorerst angeführten Beobachtungen der
sprechendste Beweis für die von mir aufgestellte Theorie der Bildungs-
weise breccienartiger Zellenkalke ist, schien Morlot von so grosser
Eigenthümlichkeit, dass er sie für die Erklärung der Bildungsweise der
Zellenkalke durchaus nicht in Betracht ziehen zu müssen glaubte.
Indessen scheint es schon bei einfacher Ueberlegung gar zu unwahr-
scheinlich, ja unmöglich, dass bei einer Bildungsweise der Zellenkalke,
aus Dolomit oder selbst Kalkstein, so wie es sich Morlot gedacht
haben mochte, ein Theil des dichten Kalkes, in dem sich die Hohl-
räume befinden, länger den Meteorwässern widerstehen sollte als der
andere, aus dem man dann das Dolomitpulver herleiten wollte. Bei
genauer Untersuchung findet man jedoch, wie es sich auch bei dem
Zellenkalke von Kalksburg (I) zeigte, dass die anscheinend nur dichten
Kalkstein repräsentirenden Zellwände einerseits jüngere Gebilde sind als
die übrige Kalksteinmasse, andererseits ein feines krystallinisches Ge-
füge haben , welches , in Verbindung mit vorherrschend unlöslichen
Bestandtheilen des Kalksteines , eine grössere Widerstandsfähigkeit
besitzt als der zwischenliegende dichte Kalk. Sind aber die Zellen
wirklich nur dichter Kalkstein, dann ist, wie wir vorhin gesehen, ihre
Entstehung mit dem die pulverige Masse bildenden Kalke durchaus
keine gleichzeitige. In jedem dieser Fälle ist die Bildungsweise der
Zellenkalke den chemischen Wirkungen der bei der Umwandlung sedi-
mentärer Gesteine thätigen Gewässer vollkommen entsprechend, schwer-
lich Hesse sich jedoch eine solche Uebereinstimmung zwischen Ursache
und Wirkung bei einer Bildungsweise der Zellenkalke aus Dolomit
herausfinden.
Bei dieser Bildungsweise wird der Dolomit, wie Morlot in
seiner Arbeit (1. c.) angeführt, nach allen Richtungen von Sprüngen
durchsetzt, von denen aus seine Umwandlung in kohlensauren Kalk
beginnt; das so gebildete Kalkadernetz erweitert sich dann immer mehr
auf Kosten der eingeschlossenen Dolomitbruchstücke, während secundäre
Sprünge entstehen, von denen aus dasselbe geschieht, bis sich endlich,
wenn die Umbildung lange genug angedauert hat, eine dichte Kalk-
masse bildet , die man vollendete Rauhwacke nennen kann. Wird
dagegen diese Umbildung zu früh unterbrochen, so bleibt die zellige
Rauhwacke mit noch eingeschlossenen grösseren oder kleineren Brocken
des ursprünglichen Dolomites übrig.
„Mit der auf diese entwickelte Weise, sagt Morlot weiter, vor-
anschreitenden concentrischen Veränderung der Dolomitbrocken von
aussen nach innen, muss auch gleichzeitig die Aufhebung ihrer inneren
Cohäsion und ihr Uebergang in den pulverförmigen Zustand verbunden
sein, da man diesen in noch nicht durch Zellen zertheiltem Dolomit
’) L. c. pag. 90.
Ueber die Entstelnmgsweise der Zellenkalke u. verwandter Gebilde. 273
vermisst. Es muss zugleich dieser Uebergang ziemlich plötzlich geschehen,
da man auch in den grösseren Zellen mit nur dünnen Zwischenwänden
keinen festen, harten Kern in ihrer Mitte, sondern nur das ganz gleich-
förmige, wie blosser Staub so feine Pulver findet.“
Eine solche Zellenkalkbildung ist nach den bekannten chemischen
Wirkungen der Meteorwässer geradezu unmöglich, denn nehmen wir an,
dass die auf den Dolomit einwirkenden Gewässer kohlensäurehaltig
waren, dann wäre es wohl schwer erklärlich, wieso sich aus einem nor-
malen Dolomit in den Sprüngen stets nur Kalk-Carbonat, das doch in
kohlensäurehaltigem Wasser leicht löslich ist und von demselben auch
leicht fortgeführt wird, absetzen könnte, während das Kalk-Magnesia-
Carbonat, das wohl hier zu gleicher Zeit mit dem Kalk in Lösung
gewesen sein musste, stets fortgeführt wird. Im Gegentheil müsste, der
Erfahrung gemäss, das leichter lösliche Kalk-Carbonat fortgeführt wer-
den, das schwerer lösliche Kalk-Magnesia-Carbonat aber Zurückbleiben.
Aus dem Bicarbonat des Kalkes und der Magnesia kann doch wohl
nicht ein Kalk-Carbonat entstehen das endlich, wie es sich Morlot
bei der vollendeten Rauhwacke dachte, dasselbe Volumen hätte als
früher das Bicarbonat. Und dann — wo wäre das Kalk-Magnesia-
Carbonat hingekommen, wenn es nicht fortgeführt wird? Von kohlen-
säurehaltigen Wässern kann es jedoch nicht früher fortgeführt werden,
als das Kalk-Carbonat, das in unserem Falle die Zellwände bilden soll.
Ferner ist es ebenso schwer zu erklären, wieso die übrig gebliebenen
Dolomitbrocken, bei einer con centrisch von aussen nach innen fort-
schreitenden Veränderung, gleichzeitig mit dieser Veränderung und
plötzlich in einen pulverförmigen Zustand übergehen sollten.
Wollten wir uns jedoch statt der kohlensäurehaltigen Wässer
kohlensäurefreie einwirkend denken, dann müssten wir von dem bisher
beobachteten Auftreten der Zellenkalke in den der Erdkruste zunächst
gelegenen Schichten oder an der Oberfläche von frischen Kalken voll-
kommen absehen und die Zellenkalke in tieferen Schichten suchen, wo
die eindringenden Meteorwässer ihre Kohlensäure bereits grösstentheils
abgegeben haben.
Cavernösev Dolomit.
Ganz verschieden von dieser im Vorhergehenden klargelegten
Bildungsweise der Zellenkalke ist die der cavernösen Dolomite, die so
häufig auch unter dem Namen „Rauhwacke“ begriffen werden. Das
dolomitische Aussehen so mancher Zellenkalke, der normale Dolomit,
der oft die Asche bildet, war wohl die Veranlassung, dass so viele
Forscher, die Rauhwacken aus Dolomit entstanden wissen wollten, ohne
zu berücksichtigen , dass bei den typischesten Rauhwacken der Ueber-
gang in dichten Kalkstein augenfällig ist. Allerdings lässt sich Kalk-
stein vom Dolomit durch einfache Kriterien nicht hinlänglich scharf
scheiden, indessen wollen wir bei unserer Betrachtung stets einen normalen
Dolomit in’s Auge fassen, da wohl die meisten Kalksteine, und auch die
unserer Beobachtungen, mehr oder weniger dolomitisch sind.
274
Edmund F. Neminar.
[24]
Wenn wir nun nach der Bildungsweise der Zellendolomite fragen,
dann drängt sich uns auch unwillkürlich vorerst die Frage nach der
Bildungsweise der Dolomite auf. Diese Frage jedoch, die zu fast ebenso
vielen Theorien Veranlassung gab als es Verhältnisse giebt, unter denen
der Dolomit auftritt, endgiltig zu beantworten, ist bisher noch nicht
gelungen, obwohl die ausgezeichnetsten Forscher sich mit derselben
beschäftigten. Von den zahlreichen Hypothesen der Dolomitbildung sind
aber die von Gr. Bischof1) und die von Nauck2) und später auch
von Pf aff3) ausgesprochenen die plausibelsten und auch vorzugsweise
geeignet die Bildung cavernöser Dolomite zu erklären.
Nach der Nauck’ sehen Hypothese besteht die Dolomitbildung
darin, dass eine Solution von kohlensaurer Magnesia in kohlensäure-
haltigem Wasser auf einen Kalkstein einwirkt, hiebei aus demselben
kohlensauren Kalk extrahirt und hiefiir ein Kalk-Magnesia-Carbonat
allmählig absetzt.
Nach Bischof wird durch kohlensäurehaltige Gewässer entweder
aus dolomitischem Kalkstein allmählig so viel Kalk-Carbonat extrahirt,
bis die Carbonate in gleichen Aequivalenten vorhanden sind, oder es
führen kohlensäurehaltige Gewässer einem Kalkstein so lange doppelt
kohlensaure Magnesia zu, bis die Aequivalenz beider Carbonate eintritt
und somit Dolomit entsteht.
Bringen wir nun mit diesen chemischen Processen, deren Grund-
bedingung ein fortwährendes Auflösen und Fortfuhren der einzelnen
Carbonate ist, noch den Umstand in Betracht, dass bei der Dolomiti-
sirung der Kalksteine nicht eine theilweise isomorphe Vertretung des
Kalk-Carbonates durch das Magnesia-Carbonat stattfindet, sondern eine
Beimengung von Dolomit-Substanz, wie es auch nach den Untersuchun-
gen des Kalksteines von Kalksburg (I) ersichtlich ist, so ergiebt sich
die Bildungsweise der cavernösen Dolomite ungefähr auf folgende Art :
Durch Einwirkung kohlensaurer Gewässer auf dolomitischen Kalk-
stein wird in den Sprüngen und Rissen, womit die Kalksteine gewöhn-
lich durchzogen sind, fortwährend Dolomitsubstanz abgesetzt, indem
einerseits aus dem Kalkstein selbst Kalk-Carbonat extrahirt, anderer-
seit von aussen Magnesia-Carbonat hinzugeführt wird. Bei diesem Pro-
cesse entsteht in dem Kalkstein allmählig ein Netz von Dolomitadern,
oder es bilden sich, wenn die Klüfte in dem Kalkstein grösser waren,
ganze Dolomit-Complexe, zwischen denen Kalksteinbrocken eingeschlos-
sen sind, wie sie sich auch häufig an in Dolomit metamorphosirten
Kalksteinen zeigen. Wirken nun die kohlensäurehaltigen Gewässer
weiter, dann unterliegt, dem Löslichkeits-Quotienten entsprechend, der
noch erhaltene Kalkstein früher den Einflüssen derselben als die frisch
gebildeten Dolomitadern, es entsteht eine pulverige Masse, die reiner
Dolomit ist und wir haben endlich ein Gebilde vor uns, dessen Zel-
len sowohl als auch die sie ausfüllende Asche Dolomit sind — einen
cavernösen Dolomit.
!) Lehrbuch der chemischen und physik. Geologie. HI. Band, pag. 79.
2) Poggendorf’s Annalen. Band 75 (1843), pag. 149.
s) Poggendorf’s Annalen. Band 85, pag. 465.
Ueber die Entstehungsweise der Zellenkalke u. verwandter Gebilde. 275
Der Habitus solcher cavernöser Dolomite ist jedoch von dem der
typischen Zellenkalke sehr verschieden und zeigt uns eine Aehnlichkeit
mit dem der breccienartigen Zellenkalke. Niemals finden sich Dolomite
mit den die Zellenkalke vorzugsweise charakterisirenden ebenflächigen
Zellen, immer sind es hier nur Hohlräume, die zumeist von starken
Partieen dichten Dolomites gebildet sind. Ueberdies sind auch eigentliche
Zellendolomite nur selten zu finden und zumeist erweisen sich solche,
dem blossen Aussehen nach, cavernösen Dolomiten ähnliche Gebilde bei
genauerer Untersuchung als breccienartige Zellenkalke ; dort jedoch, wo
sich bei einem dolomitähnlichen Gestein ebenflächige Zellen finden,
kann man stets schon im Vorhinein annehmen, dass dies ein Zellen-
kalk sei.
Die im Vorhergehenden erläuterte Bildungsweise cavernöser Dolo-
mite, obwohl der der Zellenkalke anscheinend ähnlich, ist doch von der-
selben sehr verschieden, denn während bei den Zellenkalken die ganze
Umbildung in dem Gestein selbst durch Einfluss von Meteorwässern,
ohne wesentliche Volumveränderung des ursprünglichen Gesteines vor
sich ging, führen hier die Gewässer noch Magnesia-Bicarbonat hinzu,
und da zugleich eine Dolomitisirung eintritt, so findet auch eine Volum-
veränderung statt, die wohl auch der Grund sein dürfte, warum bei
Dolomiten Zerklüftungen viel häufiger und auch viel stärker erscheinen
als bei Kalksteinen.
Analoge Bildungen.
Wenn schon die chemische Analyse verbunden mit der Beobach-
tung im Auftreten und der Umwandlung eines Gesteines oder Minerals,
dessen Genesis uns zur Genüge erläutern kann, so gewinnt die auf
dieser Grundlage aufgebaute Hypothese bedeutend an Werth, wenn wir
nach analogen genetischen Verhältnissen anderer Gesteine oder Minerale
durch unsere Schlüsse auch auf ganz entlegenen Gebieten einen Zusam-
menhang der Erscheinungen nachweisen können.
Für die Bildungsweise der Zellenkalke finden wir nun bei mehre-
ren Mineralen analoge Erscheinungen und von diesen sind die Verhält-
nisse im Auftreten des Galmeis die sprechendsten Beweise für die oben
gegebene Erklärung der Zellenkalkbildung.
Bekanntlich zeigen unsere Galmei-Erzlagerstätten in ihrem Vor-
kommen eine seltsame Analogie ihrer Bildungsverhältnisse. Ob wir nun
die der Triasformation gehörigen Galmei-Erzlagerstätten von Kärnten,
Ober-Schlesien oder Polen mit denen der Devonformation der Rhein-
provinz und Westphalens, denen der Kreideformation gehörigen von
Spanien oder auch mit ‘denen der Silurformation angehörenden von Sar-
dinien vergleichen, überall sind es, wie bekannt, Kalksteine oder Dolo-
mite, in denen der Galmei auftritt. Aber auch die Art und Weise
seines Auftretens ist, von geringen Unterschieden abgesehen, eine
nahezu gleiche.
Mineralogische Mittheilungen. 1875. 4. Heft. (Edmund F. Neminar.)
37
276
Edmund F. Neminar.
[26]
Der Galmei der Erzlagerstätte von Tarnowitz in Ober-Schlesien
erscheint nach Krug v. Nidda1) bald in oolithischen Körnern und
Concretionen, häufig hohl oder mit Letten ausgefüllt, bald in Krystall-
drusen, bald in tropfstein-, nieren- und traubenförmigen Ausfüllungen
von hohlen Räumen. „Sehr häufig, sagt Krug v. Nidda, umschliesst
das Galmeilager Schichten und Bruchstücke des Sohlenkalksteines auf
dem es aufliegt, die dann gewöhnlich mit Beibehaltung der Form in
Galmei umgewandelt sind. In solchen metamorphosirten Sohlenstein-
bänken finden sich zumeist noch die Einschlüsse von wohlerhaltenen
Muschelschalen des Sohlensteines in Galmei umgewandelt.“ — Dieser
Umstand sowie die dem Galmei angrenzenden metamorphosirten Theile
des Sohlenkalksteines liessen nun mit Sicherheit annehmen, dass der
Galmei hier eine metamorphosische Bildung des Dolomits sei.
„Einer der lehrreichsten Aufschlüsse über die Umwandlung des
Dolomites in Galmei zeigt sich, nach Krug v. N i d d a, in der Scharley-
grube in Tarnowitz. Der durchfahrene Dolomit ist hier vielfältig bis zu
zollstarken Klüften zerspalten, die mit kieselsaurem oder kohlensaurem
Zinkoxyd, zuweilen auch mit Zinkblende ausgefüllt sind. Je näher dem
Galmeilager, desto mehr solcher Klüfte, so dass das Gestein zu einem
wahren Trümmergestein wird. Von den Klüften aus, in denen die
wässerige Zinksalzlösung circulirt hat, ist hier unverkennbar die Um-
wandlung des Nebengesteines erfolgt. Zunächst über dem Sohlenkalk-
stein, in dessen wasserdichte Schichten die Gewässer nicht eindringen
konnten, zeigt sich in der Regel die Umwandlung am vollständigsten,
der Galmei also am reinsten und reichsten. Die ungleiche Zerklüftung
und Porosität des Dolomits musste auf diese Erzbildung von wesent-
lichem Einflüsse gewesen sein. Einzelne Schichten und Partieen des
Dolomits widerstanden den Gewässern, andere wurden gänzlich metamor-
phosirt. Häufig besteht eine und dieselbe Schichte an einer Stelle aus
Dolomit, an einer anderen aus Galmei.“
Nahezu dieselben Bildungsverhältnisse der Galmei-Erze, wie sie sich
in Tarnowitz zeigen, hatte ich in den Galmeigruben von Boleslav
und Olkusz in Polen zu beobachten Gelegenheit gehabt. Die Galmei-
Erze von Boleslav und Olkusz liegen im triassischen Dolomit und
sind durch eine Sanddwüste, die sich von Nord nach Süd ausbreitet, von
einander getrennt. Der Galmei , dessen Abbau erst seit Kurzem , wo
die seit dem Ende des 17. Jahrhundertes unter Wasser befindlichen
alten Bleierzgruben von Boleslav entwässert wurden, in etwas ausge-
dehnterer Weise betrieben wird, kommt hier in Nestern vor und zeigt
zumeist stark cavernöse Formen, die in den Hohlräumen oft noch frisch
erhaltene Dolomitbrocken enthalten. In der Ulysses-Grube in Boleslav
fand ich, bei einem etwa 10 Meter tieferen Bau als das frühere Niveau
des Wassers war, die Bildungsverhältnisse am deutlichsten ausgesprochen.
Während nämlich in den oberen Schichten, wo das Eindringen und die
Circulation der Gewässer bedeutend grösser war als in den tieferen,
der Galmei ganz zellig ist, mit oft noch frischen Dolomitbrocken, er-
') Ueber die Erzlagerstätte des oberschlesischen Muschelkalkes. Zeitschrift der
deutsch-geol. Gesellschaft. Band II, pag. 206.
[27] lieber die Entstehungsweise der Zellenkalke u. verwandter Gebilde. 277
scheint in den tieferen Lagen, wo die Spalten und Risse im Dolomit
allmählig abnahmen und somit die Einwirkung der Gewässer in den
hier noch vorhandenen Spalten eine coristantere war, die Umwandlung
viel vollkommener. Die vom Galmei eingeschlossenen Dolomitbrocken
sind nun häufig ganz verschwunden und an ihrer Stelle findet sich eine
pulverförmige galmeihaltige Masse, so dass das ganze Gebilde in seinem
Aussehen den breccienartigen Zellenkalken vollkommen gleicht. Nicht
selten findet man dann auch ganze Platten von anscheinend reinem
Galmei, die grössere Klüfte in dem Dolomite ausfüllen und oft an zwei
Seiten schöne Abdrücke von Calcitskalen oedern zeigen, die mitunter die
Seiten solcher Klüfte bedecken.
Berücksichtigt man alle diese Verhältnisse, so kann kein Zweifel
obwalten, dass wir es hier ebenso wie in Tarnowitz mit metamorphi-
schen Bildungen nach Kalkstein oder Dolomit zu thun haben und diese
Bildungsweise der Zellenkalkbildung analog ist.
Anschliessend an diese Bildungsweise des Galmeis wären noch die
Pseudomorphosen der Lagerstätte von Ober-Schlesien zu erwähnen und
hievon ein Galmei mit pseudomorphosirtem Calcit, aus der Elisabeth-
Grube von Bob reck bei Beuthen, der sich im k. k. mineralogischen
Hof-Museum befindet, besonders hervorzuheben. Rings um die Calcit-
Pseudomorphosen findet sich nämlich ein vollkommen cavernöses Ge-
bilde mit unregelmässig vertheilten Hohlräumen, die ein krystallinisches
Gefüge zeigen und entweder hohl oder mit amorphen Galmeimassen
ausgefüllt sind, die selbst wieder eine zellige Structur haben. Es unter-
liegt wohl keinem Zweifel, dass diese zellige Structur eine Abformung
der Spaltungsrichtungen des Calcites ist , auf dem die Stufe lag,
indem die einzelnen Zellen rhomboedrische Hohlräume repräsentiren.
Vergleichen wir nun mit den Bildungsverhältnissen in Tarno-
witz, Boleslav und Olkusz die Beobachtungen Posepny’s an
der Galmei- Erzlagerstätte von Raibl in Kärnten1), so finden
wir , dass hier ebenfalls die von Grubenwässern aufgelösten Zinkver-
bindungen sich vorerst in den Klüften und Spalten des Kalksteines
abgesetzt und so ein Adernnetz von Zink-Carbonat gebildet hatten,
worauf durch weitere Einflüsse der Gewässer der dazwischenlie-
gende Kalkstein verdrängt wurde und sich hiefür allmählig das Zink-
Carbonat in seiner charakteristisch traubigen Form abgesetzt hat.
Waren schon die Bildungsverhältnisse der Galmei-Erze von Ober-
Schlesien und Polen eclatante Analogien mit der Zellenkalkbildung,
so sind es in noch grösserem Masse die Galmei-Erze dieser Lagerstätte,
die bald den Typus breccienartiger Zellenkalke, bald den mit krystal-
linischen Zellen zeigen. Aber nicht allein der Habitus im Allgemeinen
ist’s, der die grosse Aehnlichkeit mit den Zellenkalken bedingt, auch
die Structur und Anordnung der Zellen, ihre bilaterale Ausbildung
zeigt unzweifelhaft, dass hier ganz dieselbe Art der Umbildung statt-
gefunden haben musste wie bei den Zellenkalken, deren krystallinische
Zellen sich ebenfalls von den Spalten aus gewöhnlich nach zwei Seiten
') Posepny: Die Blei- und Galmei-Erzlagerstätte von Raibl in Kärnten.
Jahrbuch d. k. k. geolog. Reichsanst. 1873. 4. Heft.
37*
278
Edmund F. Nemiuar.
[28]
gleichmässig ausgebildet hatten. An vielen Galmeistufen dieser Lager-
stätte fand sich diese Erscheinung ganz deutlich ausgesprochen, aber
eine Stufe von Zinkblüthe, die sich in der Sammlung des mineralogisch-
petrographischen Institutes der Universität befindet, bestätigt vollkom-
men die oben ausgesprochene Ansicht, den Galmei als metamorphische
Bildung von Kalkstein und Dolomit zu betrachten, und zeigt auch auf
eine unzweideutige Weise, dass der Process hiebei ganz derselbe sei
wie bei der Zellenkalkbildung. Diese Zinkblüthe zeigt nämlich eine
den Zellenkalken insofern auffallend ähnliche Structur, dass von einem
frischen grauen Kalkstein, an dessen einer Seite sich das Zinksalz ab-
gesetzt hat, freie Zellwände aus Zink-Carbonat hervorstehen, die sich
in den frischen grauen Kalk verfolgen lassen, den sie als weisse Adern
durchziehen und somit keinen Zweifel übrig lassen, dass in dem Kalk-
stein ursprünglich Spalten vorhanden waren, in welchen sich hier die
Zinksalzlösung wie bei einzelnen Zellenkalken das krystallinische Kalk-
Carbonat abgesetzt hat.
Nicht wesentlich anders als die Bildungsverhältnisse der Galrnei-
lager von Tarnowitz und Raibl, sind auch die von Wiesloch
am Westrande des Schwarzwaldes und die von Aachen. Dafür
sprechen auch die zahlreichen Pseudomorphosen, die wohl nicht weniger
als der Uebergang eines Gesteines in das andere den Umwandlungs-
process erläutern. So fand v. Monheim an einer Pseudomorphose
von Zinkspath nach Kalkspath, von Nirm bei Aachen1), einen Um-
bildungsprocess ausgesprochen, der an den des Galmei aus Kalkstein
sehr erinnert.
Diese Zinkspath-Pseudomorphosen waren entweder hohl oder es
befanden sich in denselben Kryställchen derselben Masse. Dem Haupt-
bestandtheile nach waren sie kohlensaures Zinkoxyd, enthielten aber
auch noch kohlensaures Eisenoxydul und etwas kohlensauren Kalk und
kohlensaure Magnesia. Zwischen diesen hohlen Krystallen lagen einige
Kalkspath-Krystalle von derselben Form wie die holden. Dieses berech-
tigte Monheim zu dem Schlüsse, dass jene hohlen Krystalle Zink-
spath-Pseudomorphosen nach Kalkspath sind, die wohl auf diese Weise
entstanden sein mochten, dass kohlensäurehaltiges Wasser, welches
kohlensaures Zinkoxyd nebst etwas kohlensaurem Eisenoxydul und
wenig kohlensaure Magnesia aufgelöst enthielt, zu diesen Kalkspath-
Krystallen kam und den viel auflöslicheren kohlensauren Kalk aufzu-
nehmen suchte. Dadurch musste sich das schwerer lösliche kohlensaure
Zinkoxyd aussclieiden und lagerte sich dasselbe, etwas von den anderen
kohlensauren Salzen aufnehmend, auf dem isomorphen kohlensauren
Kalk ab. Da nun das Ivalk-Carbonat bei weitem löslicher ist als das
Zink-Carbonat, so ist es begreiflich, dass aller kohlensaure Kalk sich
aus dem Inneren entfernt hatte.
Eine noch interessantere Erscheinung als diese von Monheim
beobachtete Pseudomorphose bot mir eine Zinkspath-Pseudomorphose
von Derbyshire in England, die sich im k. k. mineralogischen Hof-
Museum befindet. Es ist diese ein deutlich ausgebildetes, hohles Zink-
’) Verhandlungen des naturhistorischen Vereines der preussisclien Rhein-
land. 1849, 2., pag. 49.
[29] Ueber die Entstehungsweise der Zellenkalke u. verwandter Gebilde. 279
spathskalenoeder, in dem noch das ursprünglich vorhandene Calcit-
skalenoeder als Kern erhalten ist. Diese Umhüllungs-Pseudomorphose,
die wohl auf diese Art, wie sie Monheim entwickelte, entstanden sein
dürfte, zeigt an ihrer inneren ganz rauhen Fläche vielfach deutlich
hervorstehende Zellen, die eine rhomboedrische Form haben und sich
in die an dem Calcitkern vorhandenen, der Spaltungsrichtung vollkom-
men entsprechenden Risse fortzusetzen scheinen. Offenbar hat sich hier
die Zinkspathlösung zuerst in den feinen Klüften und Rissen des Calcits
abgesetzt, hierauf das Skalenoeder ganz umhüllt und scheint dann die
Verdrängung des Calcites nur eine kurze Zeit lang veranlasst zu haben,
so dass der Calcitkern noch theilweise erhalten blieb und hiedurch den
Zusammenhang der Umbildung ausser allem Zweifel setzt.
Ebenso wie diese Pseudomorphosen in ihrer Bildungsweise als
Analogon für die Bildungsverhältnisse der Zellenkalke zu betrachten
sind, können auch die von Blum in den Galmei- Lagerstätten von
Wies loch beobachteten Pseudomorphosen den Process der Zellenkalk-
bildung bestätigen. Es kommen hier nämlich Zinkerze, Zinkspath und
Zinkblüthe, in der oberen Abtheilung der Muschelkalkformation vor,
zumeist zwischen Dolomit und dichten Kalkstein in unregelmässigen
Lagen, doch auch besonders in ersterem nesterweise, gewöhnlich auch
von Brauneisenstein begleitet. Das Gebirge ist sehr zerklüftet und es
konnten die Gewässer dasselbe leicht durchdringen und auch im Stande
sein, besonders da ihnen die Kohlensäure nicht fehlte, viele Verände-
rungen und Translocationen in diesem Gebirge, zumeist bei den in
demselben vorkommenden kohlensauren Salzen hervorrufen. Dieses be-
weisen auch die Pseudomorphosen, die sich in Drusen von Erzen befan-
den , welche aus einem Gemenge von Zinkspath und Brauneisenstein
bestehen. Die pseudomorphen Krystalle sind an der Oberfläche drüsig,
die Kanten und Ecken sind etwas zugerundet; inwendig erscheinen sie
mehr oder weniger hohl, indem sie mit einem zelligen, porösen Aggre-
gat von Zinkspath erfüllt sind.
Auch in den der Silurformation in Sardinien angehörenden Galmei -
lagern finden sich die oben angedeuteten Bildungsverhältnisse durch
zahlreiche Pseudomorphosen deutlich ausgesprochen. In interessanter
Weise zeigt eine im k. k. mineralogischen Hof-Museum befindliche
Zinkspath-Pseudomorphose nach Calcit — eine klingende Scholle bildend
— von Giovanedda bei Iglesias in den mitunter 10 Centimeter
langen, hohlen Skalenoedern eine ausgezeichnet feine zellige Structur,
wobei die hervorstehenden Zellen deutlich den Spaltungsrichtungen des
ursprünglich vorhanden gewesenen Calcites entsprachen. Was also bei
der Zellenkalkbildung die Spalten und Risse waren, das sind hier die
der Spaltungsrichtung entsprechenden Sprünge des Calcites, — sie beide
sind die Vorbedingungen einer zelligen Structur.
Sowie der Galmei bietet uns auch der Zellenquarz eine dem
Zellenkalke analoge Bildungsweise und erscheint öfter in seiner Structur
gleichsam als Abformung eines Zellenkalkes. Häufig findet sich auch
’) Zweiter Nachtrag zu den Pseudomorphosen des Mineralreiches. Heidelberg,
1852, pag. 112.
280
Edmund F. Neminar.
[30]
an den einzelnen Zellen anhaftend kohlensaurer Kalk, der, ebenso wie
der Umstand, dass manchmal Zellenquarze, wie z. B. an der Weinzettel-
wand bei Schottwien an der Grenze zwischen Kalkstein und Phyllit,
einem Kalkstein, in dessen Spalten und Rissen die Zellwände liegen,
überlagert auftreten, beweist, dass in manchen Fällen, wo kieselsäure-
haltige Gewässer in Kalksteinen circuliren, sich Zellenquarze nach ganz
denselben Verhältnissen wie die Zellenkalke bilden können. Der chemische
Process ist auch hier kein anderer als dass sich die in Lösung befind-
liche Kieselsäure in den Spalten der Kalksteine oder Dolomite absetzt
und dann den dazwischenliegenden Kalkstein oder Dolomit verdrängt.
Dass diese Verdrängung sehr leicht eintreten kann, beweist die grosse
Anzahl von Verdrängungs-Pseudomorphosen des Quarzes nach den ver-
schiedensten Mineralen.
Hatten uns Quarz und insbesondere Galmei in ihrem Auftreten
sehr ähnliche ja oft mit den Zellenkalken ganz analoge Bildungsverhält-
nisse gezeigt, so finden wir dieselben nicht weniger auch an den Braun-
eisensteinen ausgesprochen. Neben den zahlreichen Pseudomorphosen
von Rotheisenerz und Limonit nach Kalkspath, bietet das Auftreten
von Zellen im Galmei, die aus Limonit bestehen, der Ansicht Raum,
dass wir auch hier in gewissen Fällen metamorphischen Bildungen nach
ganz analogen Processen wie bei der Zellenkalkbildung begegnen, wobei
sich hier die Limonitadern aus Siderit oder Ankerit gebildet hatten. In
den Galmei-Erzlagerstätten von Boleslav in Polen finden sich ebenso
wie an vielen anderen Lagerstätten häufig Stufen, wo die Zellen caver-
nöser Gebilde von Brauneisenstein gebildet werden und mitunter so
vollkommen ausgebildet und regelmässig angeordnet sind, dass sie dem
ganzen Gebilde, dessen Zellen Limonit, die zwischenliegende Masse aber
Galmei ist, oft das Aussehen der typischesten Zellenkalke geben. In
ganz analoger Weise finden sich auch die Brauneisensteine in den Gal-
mei-Erzlagerstätten von Raibl. Auch hier bilden sie entweder für sich
allein vollständig cavernöse Gebilde, oder in Verbindung mit Galmei
und bieten dieselben Erscheinungen wie die eben erläuterten von Boleslav.
Alle im Vorhergehenden besprochenen analogen Bildungen waren
an leicht lösliche Carbonate gebunden, indessen kennen wir Minerale,
deren ausgezeichnet zellige Structur auch durch andere chemische Pro-
cesse hervorgerufen wurde. Dahin gehören vorzugsweise die z eiligen
Markasite, bei denen die Anordnung der Zellen eine äusserst regel-
mässige ist und deren Bildungsweise nach den in den Zellen oft
noch erhaltenen Bleiglanzbrocken unzweifelhaft in den Grundprincipien
mit der Zellenkalkbildung übereinstimmt.
Eine Stufe eines zelligen Markasites von Freiberg in Sachsen, die
sich im k. k. mineralogischen Hof-Museum befindet, zeigte deutlich, dass
sich vorerst im Bleiglanz der noch theilweise die Zellen ausfüllt, feine
Lamellen von Markasit nach der Spaltungsrichtung des Bleiglanzes
gebildet hatten, von denen aus die weitere Auslaugung des Bleiglanzes
und Substituirung des Markasites stattfand. Eine solche Stufe beschrieb
auch Blum1) als Pseudomorphose von Strahlkies nach Bleiglanz. An
]) Die Pseudomorphosen des Mineralreiches. 3. Nachtrag, pag. 248.
lieber die Entstehungsweise der Zellenkalke u. verwandter Gebilde. 281
der ursprünglichen Lamelle hatten sich bei dem weiteren Processe zu
beiden Seiten oft Kryställchen angesetzt und so erscheinen die Zellen,
ebenso wie bei dem Zellenkalk mit krystallinischen Wänden, durch
diese Lamelle gleichsam in zwei Tlieile getheilt, und beweisen , dass
hier die Umbildung von den centralen Theilen der Zellwände aus-
ging. Die Anordnung der Zellen ist genau nach der Spaltungsrichtung
des Bleiglanzes, öfter finden sich auch Zellwände, welche Gleitflächen
entsprechen. Manchmal ersetzt auch Quarz den Markasit und bildet,
an den Seiten mit Markasit-Kryställchen bedeckt, nach ganz derselben
regelmässigen Anordnungsweise Zellen.
Wohl noch andere Minerale Hessen sich anführen , die ganz
ähnliche Verhältnisse in ihrem Auftreten zeigen, es dürften jedoch schon
die analogen Bildungsverhältnisse der angeführten Minerale genügen, um
zu zeigen, dass der oben erläuterte Process der Zellenkalkbildung auch
auf anderen Gebieten des Mineralreichs seine Bestätigung findet.
Schlussfolgerungen.
Jsfach der Erläuterung der verschiedenen Processe, die bei der
Entstehungsweise zelliger Gebilde stattfinden, gelangen wir nun zu fol-
genden, die Zellenkalkbildung charakterisirenden Sätzen :
I. Die Zellenkalke sind, ebenso wie alle anderen metamorphischen
Bildungen, secundäre Gebilde, die überall entstehen können, wo Kalk-
steine den Einflüssen atmosphärischer Gewässer ausgesetzt erscheinen,
und sind für keine Formation charakteristisch.
II. Nach dem Aussehen und der Bildungsweise zerfallen die Zel-
lenkalke in zwei Gruppen, und zwar in solche mit krystallinischen,
ebenflächigen, und solche mit ganz unebenflächigen, von dichtem Kalk-
Carbonat gebildeten Zellen.
III. Die Bildung der Zellenkalke wird stets durch Einwirkung
kohlensäurehaltiger Gewässer veranlasst, indem entweder in den Spal-
ten und Rissen der Kalksteine sich krystallinische Zellwände bilden
und dann der dazwischenliegende dichte Kalkstein ausgelaugt wird,
oder indem das in den circulirenden Gewässern aufgelöste Ivalk-Carbonat
durch seinen Absatz einzelne Trümmer einer Kalkstein-Breccie verbin-
det, die dann früher, weil schon länger den Einwirkungen kohlensäure-
haltiger Gewässer ausgesetzt, dem Auslaugungsprocesse unterliegen, als
das sie verbindende dichte Kalk-Carbonat.
IV. Die die Zellen ausfüllende pulverförmige Masse kann , der
chemischen Zusammensetzung des ursprünglichen Kalksteines entspre-
chend, auch ein normaler Dolomit oder selbst ein Mergel sein.
V. Bei der Bildung der Zellenkalke steht die Menge des aus-
gelaugten Kalkspathes zu der des Dolomites stets in einem bestimmten
Verhältniss; in unserem Falle im Verhältniss 11:1.
VI. Niemals wird aus einem Zellenkalke, durch weitere Einwir-
kung der Gewässer, wieder ein dichter Kalkstein.
282 E. F. Neminar. Ueber d. Entstehungsweise d. Zellenk. u. verw. Gebilde.
Diese die Bildungsweise vollkommen charakterisirenden Sätze
linden auch, wie wir oben gesehen hatten, an zahlreichen analogen
Bildungen, wie Galmei, Kieselzinkerz, Zinkblüthe, Limonit,
Quarz, Markasit u. A., die oft in ihrem Aussehen metamorphischen
Zellenkalken gleichen, ihre vollste Bestätigung.
Zum Schlüsse dieser Arbeit erfülle ich noch die angenehme
Pflicht, meinem hochverehrten Lehrer, dem Herrn Director Dr. Gustav
Tschermak, der mich zu dieser Arbeit anregte, mich hiebei durch
viele Unterweisungen bereitwilligst unterstützte und mir die für diese
Arbeit nöthigen Behelfe zugänglich machte, meinen tiefgefühlten Dank
auszusprechen.
Wien, Laboratorium des mineralogisch-petrographischen Univer-
sitäts-Institutes.
V. Die Erbohrung von Kalisalzen bei Davenstedt.
(Aus einem Briefe an Director Tschermak.)
Von A. Sclilöiibacli,
Ober-Salinen inspector zu Salzgitter.
In der Nähe (1 Stunde) von Hannover, westlich von der Vorstadt
Linden, dicht bei den Dörfern Badenstedt und Davenstedt, besteht
seit etwa 45 Jahren eine nach dem bekannten Industriellen Eges-
torff, deren Gründer, benannte Saline Egestorffshall, welche anfäng-
lich eine schwache, durch ein Gradirwerk concentrirte Soole verarbeitete,
später aber in etwa 100 — 150 Meter Tiefe eine nahezu gesättigte
Soole durch Bohrung erzielte und danach ihre jährliche Salzproduction
bis zn 300 — 350.000 Centner steigerte. Eine Analyse dieser Bohrlochs-
soole findet sich im 80. Bande des E r dm ann’ sehen Journals für prakt.
Chemie v. J. 1860, pag. 407, durch Lenssen angestellt, deren Resul-
tate in der anliegenden Tabelle angeführt sind. Zu Anfang dieses Jahr-
zehends wurde diese Saline von den Egestorf f’schen Erben zu einem
anscheinend hohen Preise (dem Vernehmen nach über 1,000.000 Rthlr.)
an eine Actiengesellschaft verkauft, wodurch andere Gesellschaften an-
geregt wurden, in der Nähe jener grösseren Saline Bohrungen nach
Salz anzustellen, um wo möglich mit einem geringeren Actiencapital dort
die Salzproduction zu betreiben.
In kaum 10 Minuten Entfernung von den Bohrlöchern der Eges-
torff’schen Saline, zwischen dem Benther-Berge und Linden, wurde
das Bohrloch angesetzt. Die Resultate dieser Bohrung sind in mehr-
facher Hinsicht von Interesse, sie haben mir specieller Vorgelegen und
bin ich deshalb in der Lage, Ihnen davon Mittheilung machen zn
können. Bei der Egestorff’schen Saline hatte man — unsicheren
Angaben zufolge — nach Durchbohrung der mehrere 100 Fuss mäch-
tigen Diluvialschichten das Salzlager im bunten Sandstein angetroffen
(vid. auch Herrn. Credner in Zeitschrift d. d. geol. Gesellsch. B. XVI,
H. 2, 1860, pag. 199); eine neuere Angabe des Dr. Gurlt (vid. Sitz.
Ber. der niederrhein. Gesellschaft für Natur- und Heilkunde in Bonn
vom 1. März 1875, pag. 76); nach welcher das dortige Steinsalz dem
Keuper-Gyps angehören soll, beruhet wohl auf einem Irrthum, da Keuper
dort meines Wissens nicht gefunden ist; auch die weitere Angabe, dass
Mineralogische Mittheilungen 1875. 4. Heft. (A. Schlönbach). 38
284
A. Sehlönbäch.
[2]
das Steinsalzlager bei Sülbeck dem mittleren Keuper angehöre, ist ent-
schieden irrig. Nach den mir vorliegenden Bohrregistern hat man zu
Sülbeck (zwischen Eimbeck und Northeim), wie auch bei der nur
V2 Stunde davon entfernten Saline zu Salzderhelden, das Salzlager erst
nach Durchbohrung des Muschelkalkes von resp. 186 und 93 Meter
Mächtigkeit im Gyps und Anhydrit des oberen bunten Sandsteines bei
312 resp. 283 Meter Teufe angetroffen, und diese Salzlager bis zur
Teufe von resp. 402 und 393 Meter aufgeschlossen. Das Vorkommen
von wirklichem Steinsalz im Keuper kann man aber ferner noch
bei der von Dr. Gurlt angeführten Saline zu Grone bei Göttingen
immerhin als nicht völlig constatirt betrachten, da man dort im
Keuper wohl eine fast gesättigte Soole erbohrt, aber, soviel ich ver-
nommen, wirkliches Steinsalz nicht erschroten hat.
Die Annahme, dass man nach den Vorkommnissen des Steinsalzes
bei Sülbeck, Salzderhelden, Liebenhalle und Schöningen, auch bei Daven-
stedt dasselbe im bunten Sandstein antreffen werde, war nicht
ohne Berechtigung, zumal — wie ein Blick auf die Credner’sche Karte
der Umgegend von Hannover (Hannover 1865) ergiebt — diese For-
mation am Benther-Berge (kaum 3/4 Stunde entfernt) mit einem flachen
Einfallen nach der Richtung des gewählten Bohrpunktes auftritt, die
das Thal erfüllende Diluvialbildung aber bis an den Fuss des genann-
ten Berges sich hinanzieht. Die im Sommer 1872 begonnene und
beendigte Bohrung ergab jedoch ganz andere Resultate. Schon in ge-
ringer Tiefe zeigte sich Triebsand wechselnd mit thonigen Zwischen-
schichten. Bei 17 ‘5 Meter Teufe kam man auf einen graublauen,
thonigen Sand, welcher bei etwa 45 Meter Teufe in thonigen
Grünsand überging, gemengt mit grösseren oder kleineren abgerun-
deten Stücken von Hornblende und Quarz, oft harte, zusammenge-
kittete Conglomerate bildend, welche in der Teufe von 57 Va bis
59 Meter als eine feste Bank auftraten. Hiernächst wurde der grün-
lichgraue, thonige Sand bei 76 Meter wieder gleichmässiger und
schloss bei 86V2 — 87 3/4 Meter Teufe ein Braunkohlenlager ein. Bei
103 V2 Meter zeigten sich die ersten Spuren von Gyps, von da an immer
zunehmend bis zur Teufe von 122 Meter, wo der Bohrschlamm mit
krystallinischem Salze gemengt war, aber vorwaltend noch aus
demselben thonigen Quarzsand bestand, welcher letztere beim Aus-
waschen einen weissen, krystallinischen Quarz ergab. Bei dem trotz der
vielfachen Verrohrungen unausgesetzt sich zeigenden Nachfall gelang es
erst bei 131 V2 Meter Teufe mittelst eines besonders construirten Sool-
fängers unvermischte Soole vom Ort heraufzuholen. Dieselbe zeigte
ein specifisches Gewicht von D238 bei 15° R. Schon dieses bedeutende
speciffsche Gewicht deutete auf eine nicht unbeträchtliche Beimischung
von fremden Salzen zu dem Kochsalz, da eine zur Kochsalzproduction
dienliche gesättigte Soole gewöhnlicher Art nur D205 bis 121 2
specifisch schwer ist, eine gesättigte Auflösung von reinem Kochsalz
nur D2022.
Indessen wurde die Bohrung ungeachtet des verstärkten Nachfalls
bis zu 147 -5 Meter Teufe fortgesetzt, der Bohrschlamm blieb
constant wie bisher , nur etwas vermehrten Gyps- und Salzgehalt
zeigend.
[3]
Die Erbohrung von Kalisalzen bei Davenstedt.
285
Die Resultate dieser Bohrung sind nun insofern von geologischem
Interesse, als hier ein Salzlager aufgeschlossen ist, welches in oder
unmittelbar unter dem Tertiärgebirge auftritt, ohne dass zuvor eine der
gewöhnlich vorkommenden Formationen : Kreide, Jura, Keuper oder
Muschelkalk sich gezeigt hätte und selbst vom bunten Sandstein , der
in hiesigen Gegenden am häufigsten salzführenden Bildung, hat die
Bohrung bis dahin nicht die leiseste Spur ergeben, keine Andeutung
von rothgefärbten Thonen oder Sanden; die constant bleibende, schmutzig
dunkel grünlich- graue Färbung Hess sich im Salzgyps bis zur Tiefe
von 147‘5 Meter verfolgen. Ist nun hiermit auch nicht erwiesen, dass
diese Salzbildung zur Tertiärformation zu rechnen ist, welcher unzweifel-
haft das Dachgebirge angehört, so ist ebensowenig ihre Zugehörigkeit
zu einer der genannten älteren Formationen constatirt oder irgendwie
wahrscheinlich gemacht. Foraminiferen oder sonstige Versteinerungen
— ausser einigen nicht entscheidenden Fischzähnen — waren in den
Bohrproben nicht bemerkbar.
Das Interesse, welches diese Bohrung in geologischer Hinsicht
in Anspruch zu nehmen geeignet ist, erhöht sich noch durch die Er-
gebnisse der chemischen Untersuchung der Bestandtheile der
geschöpften Soole und des Bohrschlamms. Zur besseren Uebersicht habe
ich die Resultate der diesfallsigen Untersuchungen in der anliegenden
Tabelle zusammengestellt und zur Vergleichung Analysen einiger
anderen z. Th. ähnlichen Soolen beigefügt.
Die Davenstedter Soolen wurden von verschiedenen Chemikern
untersucht und erlaube ich mir zur Erläuterung einige Bemerkungen
daran zu knüpfen.
Die Soolen, resp. Bohrschlämme sub 1, 2, 3, 7 und 8 sind so,
wie sie der Soolfänger und der Löffel gefördert haben, der Analyse
unterworfen. Die Soolen Nr. 4 und 5 hatten sich nach längerem Stehen
auf dem Bohrschlamm in einem Eimer gebildet und zwar Nr. 4 noch
später als Nr. 5. Der Bohrschlamm Nr. 6 war der Rest nach dem
Abgiessen der Soole von Nr. 5.
Die Analyse der Bohrschlämme Nr. 7 und 8 bezieht sich nur auf
die löslichen Bestandtheile, der fast die Hälfte der ganzen Masse aus-
machende Gehalt an Gyps, Thon und Kieselerde wurde unberücksich-
tigt gelassen.
Der Schlamm Nr. 9 ist aus einem später in etwa 10 Minuten
westlicher Entfernung niedergestossenen Bohrloche entnommen , in
welchem schon bei 14 Meter Teufe krystallinischer Gyps, aber erst bei
122’5 Meter Teufe das Salzlager angetroffen wurde. Auch von diesem
Bohrloch ist mir nicht bekannt geworden, ob man Spuren älterer Bil-
dungen als der Tertiärformationen hier gefunden hat. Ueber die Soole
Nr. 10 habe ich mich schon oben ausgesprochen. Das diesfallsige
Bohrloch liegt kaum 1000 Schritt in südlicher Richtung von Nr. 1 — 8
und dient, wie ein anderes, welches nur etwa 500 Schritt östlich von
Nr. 1 — 8 sich befindet, seit lange zur Salzproduction für die Eges-
torff’sche Saline.
38*
286
A. Schlönbach.
[4]
i.
2.
3.
4.
5.
Davenstedter Bohrlochssoole
Davenstedter Soole
jl
Aus
131’5 und
146 Meter
Teufe
Analysirt
von
Dr. Stromeyer
in
Hannover
vom
Bohrschlamm
nach längerem Stehen
abfiltrirt.
Analysirt von
'
gemischt.
Analysirt
im
Göttinger
L ab or a -
to rium
Aus
131*5 Meter
Teufe
Spec. Gew.
bei 16° R.
1*238
Aus
146 Meter
Teufe
Spec. Gew.
1*235
Ö u g o
in Leopolds-
hall.
Aus
146 Meter
Teufe
Spec. Gew.
29° Beaume
Dr. de H a e n
in
Hannover.
Aus
146 Meter
Teufe
Spec. Gew.
1*2784
I. In Procenteu der
Soole.
1. Chlornatrium
20- 11
21-00
20-56
19-20
16-32
2. Chlorkalium
2-61
3-18
2-47
6-41
5-27
3. Chlormagnesium
1 07
0-29
0-48
5-96
3-28
4. Schwefelsaures Natron • •
—
—
—
—
—
5. Schwefelsäure Magnesia •
471
4-78
4-41
5-87
7-47
6. Schwefelsaurer Kalk • • •
—
0-02
002
055
—
7. Sonstige Bestandtheile • •
—
—
—
—
Summa fester Bestandtheile
28-50
29-27
27-94
37 99
32-34
II. Auf Procente der festen
Salze reducirt.
1. Chlornatrium
7056
71-75
73-59
50-54
5046
2. Chlorkalium
9-16
10-86
8-84
1686
1630
3. Chlormagnesium
3-76
0-99
1-72
1570
1014
4. Schwefelsaures Natron • •
-
—
—
—
—
5. Schwefelsäure Magnesia • •
16-52
16-33
15-78
15-44
23-10
6. Schwefelsaurer Kalk • • •
—
007
0-07
1-46
—
7. Sonstige Bestandtheile • •
—
—
—
—
—
Summa der festen Salze •
100-00
100-00
100-00
10000
10000
r
[5]
Die Erbohrung von Kalisalzen bei Davenstedt.
287
6.
7- i
8.
9.
10.
11.
12.
13.
Davenstedter Bohrschlamm
Bohr-
schlämm
aus einem
anderen
Bohrloch
n der Nähe
von
Davenstedt.
Analysirt
von
Dr. Trau t-
m a n n
aus
122*5 Meter
Teufe
B o
ll 1- 1 o c
ll S S 0 0
1 e
Zurückge-
bliebener
Schlamm,
nachdem
Nr. 5
abfiltrirt.
Analysirt i
•von
3r. de H a e n
in
Hannover
Analysirt
von
Dr. Stromeyer
in
Hannover
von
Egestorffs-
hall.
Analyse
von
Lenssen
Spec. Gew.
1-207
von
Salzderlielden.
Analysirt
von
Dr. Streng
(Giessen)
von
Oelsburg
bei
Peine.
Analysirt ;
im
Hildes- 1
h e i m e r |
Labora-
torium |
au6
217-4 Meter
Teufe
Aus
131-5 Meter
Teufe
Aus
146 Meter
Teufe
Aus
300-5 Meter
Teufe
Spec. Gew.
1*2053
Aus
393 Meter
Teufe
Spec. Gew.
1*246
25-32
25'45
10-10
24-71
0 36
027
4-69
1-69
0-15
0 19
1084
0-20
043
0*26
319
—
0-29
0-34
—
0-39
—
004
0-34
0 06
26 55
26'55
29-16
27 05
51-47
53-50
6564
96-81
95-38
95-85
34-63
91 37
1051
20-74
910
—
1-37
102
1609
6-25
—
—
2-07
025
056
0-71
3718
0-72
1-42
—
—
—
—
—
—
—
25 38
21-03
1740
—
161
0 99
10-94
—
11-22
4-73
5-79
2-94
1-08
1-26
—
1-43
—
—
—
—
! —
0-17
1-16
0-23
10000
100 00
100-00
100-00
10000
100-00
10000
10000
ll
1 1
1
288
A. Schlönbach. Die Erbohrung von Kalisalzen bei Davenstedt.
[6]
Es hat sich hiernach die auffallende Erscheinung ergeben, dass
ganz in der Nähe jenes reichhaltigen Kalisalzlagers, und
zwar ziemlich in gleichem Niveau, an drei Seiten durch
Bohrungen Kochsalzablagerungen aufgeschlossen sind,
welche nur ganz geringe Mengen von Kalisalzen ent-
halten.
Eiine gleichfalls interessante Erscheinung bot die in den Jahren
1856/59 ausgeführte Bohrung nach Steinsalz zu Salzderhelden dar.
Dort traf man schon bei 3'5 Meter Teufe auf Muschelkalk, sodann bei
96 Meter die rothen Thone des oberen bunten Sandsteines mit einge-
sprengtem Gyps unter allmähliger Verbesserung des Salzgehaltes der
Soole. Bei 283 Meter Teufe erreichte man eine 2 Meter mächtige
Anhydritdecke und hierauf graues und weisses Steinsalz , in welchem
man bis 393 Meter Teufe weiter bohrte ohne das Liegende des Stein-
salzlagers anzutreffen.
Bei der Untersuchung der Bohrlochssoolen ergab sich hier das
auffallende Resultat, dass bis zu 375 Meter Teufe die Soole in dem
Steinsalz constant ein specifisches Gewicht von D207 behielt, von da
an aber allmählig bis D250 bei 393 Meter Teufe zunahm, ein Beweis,
dass — entgegen den sonstigen Erfahrungen — die Bei-
mischung der die specifische Schwere vermehrenden Salze (namentlich
der Magnesia - Salze) nach der Tiefe erheblich zugenommen haben
musste, wie solches die Resultate der Analysen Nr. 11 und 12 bestä-
tigten. Der dadurch constatirte bedeutende Chlorkaliumgehalt der Soole
aus 393 Meter Teufe gab später — im Jahre 1872 — einer Berliner
Gesellschaft Veranlassung zu einer dortigen Tiefbohrung nach diesen
Kalisalzen. Nachdem aber das mittelst Dampf- und Seilbohrung bis
zu 191 Meter Tiefe abgesunkene Bohrloch verunglückt und zudem
inzwischen für den Absatz der Kalisalze in E'olge der Ueberproduction
zu Stassfurt eine ungünstige Conjunctur eingetreten war, gab man den
Versuch wieder auf. Die dortige Saline bezieht inzwischen ihren Bedarf
an gesättigter Soole aus den oberen Teufen des Salzlagers.
Die eingetretene ungünstige Conjunctur war auch der Grund,
weshalb die Bohrung bei Davenstedt bis jetzt noch nicht weiter zur
Benützung gekommen ist, wie dies auch bei der sub Nr. 13 der Ta-
belle angeführten Bohrung bei Ölsburg, über welche in der Preuss.
Zeitschrift für Berg-, Hütten- and Salinenwesen, 23. Band, 1. und 2.
Lieferung, 1875, pag. 41 — 44, Mittheilung gemacht ist, der Fall
sein dürfte.
VI. Ueber die mineralogische Zusammensetzung der
Melaphyre und Augitporphyre Südost-Tirols.
Von Dr. C. Doclter.
Einleitung.
Kein Gestein hat so sehr den Bemühungen der Gesteinsforscher
gespottet wie der Melaphyr.
Treffend sagt in dieser Hinsicht Girard: „er erschien wie ein
schwarzes Gespenst auf der Bühne der Wissenschaft, ohne dass ihn
Jemand bestimmt zu fassen vermochte.“
Kaum glaubte man eine passende Definition für dieses Gestein
gefunden zu haben, als neue Forschungen dieselbe wieder umstiessen;
so schien es doch während einiger Zeit fast festgestellt zu sein, dass
Augit ein Hauptbestandteil sei , Hornblende dagegen nur selten im
Melaphyr vorkommt, und trotzdem werden wir einer älteren Meinung
beipflichtend, letzteres Mineral als einen nicht unwesentlichen Gemeng-
theil der betreffenden Gesteine nachweisen.
Daher erscheint der Melaphyr immer noch ein sehr schwer
definirbares Gestein; von dem Principe ausgehend, dass das Wesen der
Petrographie mehr darin liegt, die mineralogischen und chemischen
Elemente der Gesteine zu erforschen, als Definitionen einzelner Typen
zu geben, wird unser Streben mehr darauf gerichtet sein, die minera-
logische Zusammensetzung der uns vorliegenden Gesteine, und zwar
der Südtiroler sogenannten Melaphyre zu erkennen, als den Begriff
eines Melaphyrs überhaupt fixiren zu wollen, eine Aufgabe, der wir
und vielleicht die meisten Gesteinsforscher kaum gewachsen sein
dürften.
Doch gehen wir etwas näher ein auf die bis jetzt vorliegenden
Untersuchungen unserer und ähnlicher Gesteine.
Alexander Brogniart war es, der zuerst den Namen Melaphyr
einführte; er definirt ihn als1) „Pate noire d’amphibole petrosilicieux
enveloppant des cristaux de Feldspath“.
‘) Journal des Mines. XXXIX. pag. 40.
Mineralogische Mitteilungen, 1875. 4. Heft. (C. Doelter.)
290 C. Do eltei’. [2]
Dieser Name wird von L. v. Buch auf Südtiroler Gesteine aus-
gedehnt, sowie auf die Gesteine des Harzes.
Melaphyre nennt Del esse Gesteine aus den Vogesen und Nor-
wegen, an deren Zusammensetzung wesentlich Labrador, Hornblende,
Augit theilnehmen sollen.
Richthofen war es, der die Kenntniss der Melaphyre in ein
neues Stadium brachte 1). Während man bis dahin die Melaphyre und
Augitporphyre zusammengeworfen hatte, theilt Richthofen die süd-
tiroler schwarzen Porphyre in Hornblendegesteine (Melaphyre) und
Augitgesteine (Augitporphyre).
Demnach besteht der Melaphyr aus Orthoklas und Hornblende.
Im Jahre 1858 veröffentlichte Senft eine Abhandlung über die
Melaphyre des Thüringerwaldes, in denen die Melaphyre eingetheilt
werden in Hornblende-Melaphyre , Glimmer-Melaphyre und Delessit-
Melaphyre.
Seitdem hat sich Girard gegen die Ansichten Richthofen’s
ausgesprochen , und sieht in den Melaphyren hauptsächlich Augit-
gesteine.
Zirkel definirt in seinem Lehrbuch der Petrographie 2) den
Melaphyr als ein Gestein, welches aus Oligoklas (oder einem verwand-
ten Feldspath), Augit, Titaneisenerz oder titanhaltigem Magneteisen
besteht.
Durch die wichtigen Untersuchungen T s ch ermak’s 3) wurde für
viele Südtiroler, und auch für die siebenbürgi sehen und böhmischen
Melaphyre Augit als wesentlicher Bestandtheil, daneben auch Orthoklas
und Olivin, in manchen auch Hornblende nachgewiesen.
Zirkel gibt in seinem äusserst werthvolleu und wichtigen Werke
über die Basalte 4) ebenfalls einige interessante Daten über den Mela-
phyr; er constatirte mikroskopisch Augit, Olivin und Glasbasis in man-
chen als Melaphyr bezeichueten Gesteinen.
Die neuesten Untersuchungen über Melaphyre verdanken wir
H aarmann. 5)
Ausser dem Augit und Plagioklas, welche die Hauptgemengtheile
des Melaphyrs ausmachen, wurde von Haarmann noch Olivin, Orthoklas
und Glasmasse in vielen Melaphyren nachgewiesen, ausserdem aber
ergibt sich, dass manche Melaphyre gar keinen Augit enthalten.
Die Abwesenheit des Augites und die Anwesenheit von Orthoklas
haben wir in Melaphyren des siebenbürgischen Erzgebirges ebenfalls
constatirt 6), ferner am Monzoni das Vorkommen von hornblendeführen-
den Melaphyren 7).
5 Geognostische Beschreibung der Umgegend von Predazzo etc. — Gotha, 1860.
2) Bonn, 1866.
3) Porphyrgesteine Oesterreichs. — Wien, 1869.
4) Bonn. 1870.
5) Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft. — 1873.
G) Jahrb. der k. k. geol. Reichsanstalt. 1874, 1. Heft.
7) Ibid. 2. Heft.
[3] Ueber d. min. Zusammens. d. Melaph. u. Augitporph. Südost-Tirols. 291
In folgender Mittheilung sollen sowohl Hornblende als Orthoklas
in vielen Melaphyren nachgewiesen werden.
Wir werden zuerst die Bestandtheile der Melaphyre besprechen
und sodann einige Gesteine näher beschreiben.
Bevor wir jedoch zu dieser Arbeit schreiten , müssen wir unsere
Ansicht in Betreff der Vereinigung von Melaphyr und Augitporphyr
rechtfertigen.
Zirkel hält aus chemischen Gründen die Trennung beider bis
1866 *) noch aufrecht, Tschermak hat auf Zirkel hinweisend, eine
Trennung noch beibehalten, spricht sich aber auch dahin aus, dass
sämmtliche Gesteine eine continuirliche, durch Uebergänge verbundene
Reihe bilden.
Lapparent macht keinen Unterschied zwischen beiden.
In seiner neuesten Uebersicht* 2) hat Zirkel eine Trennung der
beiden Gesteine nicht mehr durchgeführt.
Wir werden diesem Beispiele folgend, sämmtliche Gesteine unter
dem Namen Melaphyr zusammenfassen und zusammenbetrachten, obwohl
wir die besonders augitreichen Varietäten noch unter dem Namen Augit-
porphyr anführen.
Eine scharfe Trennung beider Gruppen lässt sich auf dem jetzigen
Standpunkte unserer Untersuchungen weder vom mineralogischen und
viel weniger noch vom geologischen Standpunkte durchführen, obgleich
eine solche vom Standpunkte der Chemie aus, wie Tschermak schon
bemerkt hat, nicht ungerechtfertigt erscheinen würde.
Die mineralogischen Bestandtheile sind nun bei beiden Gesteinen
dieselben, obgleich es möglich wäre, dass in den Melaphyren der Feld-
spath ein mehr basischer ist als bei den Augitporphyren.
Die Verschiedenheit der chemischen Zusammensetzung wird wahr-
scheinlich bedingt durch das häufigere Vorkommen des Orthoklases in
den Melaphyren, durch das Zurücktreten des Augites und das Vorherr-
schen der glasigen Grundmasse.
Im Allgemeinen scheinen auch die hornblendehältigen Gesteine
etwas saurer zu sein ; somit liegt auch in der von uns gemachten Ein-
theilung eine weitere Berechtigung.
Wir haben die Melaphyre in hornblendehältige und augithältige
eingetheilt, welche letztere zum Theil den Augitporphyr genannten Ge-
steinen entsprechen ; als Unterabtheilung des Melaphyrs erscheint daher
der Name Augitporphyr nicht unzweckmässig, während wir dagegen
fundamentale Unterschiede zwischen beiden Gesteinen , so wenig wie
Tschermak und andere frühere Forscher zu erkennen vermochten.
Dieses Resultat scheint insbesondere auch aus der geologisch-
tektonischen, ebenso wie aus der mineralogischen Untersuchung hervor-
zugehen.
Es lässt sich in der That nirgends ein technischer Unterschied
beider Gruppen erkennen. Die Augitporphyre sind meistens mit Tuff-
') Lehrbuch der Petrographie.
2) Die mikroskopische Beschaffenheit der Mineralien und Gesteine, pag. 245.
Mineralogische Mittheilungen. 1875. 4. Heft. (C. Doelter.) 39
292
C. Doelter.
[4]
und Breccienbildungen verbunden, aber dasselbe findet auch bei den
Melaphyren statt, wie eine genaue Untersuchung zeigt. Beide bilden
überdies sowohl Gänge als auch Decken und zeigen überall gleiches
Verhalten, daher wird es sehr schwer zu sagen, was Melaphyr und was
Augitporphyr sei.
Aus diesen Gründen werden wir alle schwarzen Porphyre Süd-
tirols unter dem Namen Melaphyr zusammenfassen und nur die basi-
scheren, augitreichen können allenfalls als Augitporphyre bezeichnet
werden, wobei jedoch ohne chemische Analyse und bei den Zwischen-
gliedern auch dann nicht eine solche Trennung überhaupt möglich
erscheint.
Was die Verbreitung der einzelnen Gesteine anbelangt, so ist der
Augitporphyr hauptsächlich in dem nördlicheren Theile des Gebietes
zwischen dem oberen Fassathale und dem Grödnerthale, der augitarme
und augitfreie Melaphyr hauptsächlich in den Kalkgebirgen der Marmo-
lata, Fedaja, Ombretta, Fucchiada verbreitet, während der Hornblende-
Melaphyr sowie die verbindende zweite Abtheilung ihre grösste Verbreitung
in der Umgebung von Predazzo, an den Bergen Viesena, Mulatto,
Malgola, Cornon haben.
Mit Bezug auf das Vorhergehende werden wir also die Melaphyre
Südost-Tirols eintheilen in :
1. Augit-Melaphyre:
a) Augitporphyr (augitreicher Melaphyr),
b) Augitarme Melaphyre, und Augit-Hornblende-Melaphyre.
2. Hornblende-Melaphyre.
3. Augit- und Hornblendefreie Melaphyre.
Der Uralitporphyr kann nicht als besondere Gesteinsgruppe aus-
geschieden werden , sondern gehört zu den Augit - Hornblende - Mela-
phyren.
Die Gesteine der 2. und 3. Gruppe müssten vom mineralogischen
Standpunkte, der jetzigen Definition des Melaphyrs nach, eigentlich
abgetrennt und als Porphyrite bezeichnet werden; da jedoch die
Uebergänge in den wirklichen Melaphyr, sowie das Vorkommen in
der Natur nicht gerade dafür sprechen, so haben wir diese Gesteine,
ohne jene Frage entscheiden zu wollen, noch vorläufig zum Melaphyre
gezählt.
Den Namen Augitophyr, den Gümbel für den Augitporphyr
substituiren wollte, haben wir nicht angewandt, da wir dafür den Na-
men Augit-Melaphyr im weiteren Sinne gebrauchen ; vielleicht wäre der-
selbe jedoch nicht gerade unpassend für die erste Gruppe.
Ueber d. miu. Zusammens. d. Melaph. u. Augitporph. Südost-Tirols. 293
Gemengtheile der Melaphyre.
Die Hauptbestandtheile der hier zu betrachtenden Gesteine sind:
Plagioklas, Orthoklas, Augit, Hornblende, Magnetit ; untergeordnet :
Olivin, Apatit; dazu treten als secundäre Producte : Epidot, Calcit,
Delessit, Chalcedon, Eisenkies, verschiedene Pseudomorphosen nach
Augit und Olivin. In einigen Gesteinen wird der Augit durch Uralit
vertreten.
Da das makroskopische Verhalten der einzelnen Bestandtheile
durch die früheren Arbeiten, insbesondere durch Tscherm ak’s *)
wichtige Untersuchungen genügend bekannt sind, so beschränken wir
uns vorwiegend auf die mikroskopische Charakteristik der einzelnen Be-
standtheile.
Plagioklas. Ein constanter ßestandtheil der Melaphyre; ma-
kroskopisch zeigt er sich in Krystallen und Körnern , in einigen
Varietäten zeigt er sich in grösseren Partien, meist aber nur in kleinen
Leisten.
Mikroskopisch zeigt sich derselbe meistens trübe und etwas ver-
ändert, selten wasserhell. In Bezug auf die Zahl der Lamellen herrscht
grosse Unregelmässigkeit , einige Krystalle sind nur aus drei bis vier
Lamellen , andere aus einer grossen Anzahl zusammengesetzt ; häufig
reichen die Lamellen nur bis zur Mitte oder nicht ganz bis zu der-
selben ; oft besteht ein Durchschnitt aus einem einfärbig im polarisirten
Lichte erscheinenden Theile, während der andere aus zahlreichen La-
mellen besteht.
An Einschlüssen ist der Plagioklas reich, hauptsächlich Grund-
masse und Glaseinschlüsse sind ungemein häufig; Flüssigkeitseinschlüsse
konnte ich dagegen nirgends mit Sicherheit erkennen. Von eingeschlos-
senen Mineralien erwähnen wir : Magnetit, Augit, Apatit. Der Plagioklas
zeigt hie und da mikroskopische Umwandlungen zu Epidot.
Ueber die chemische Zusammensetzung des Plagioklases liegen
fast keine Daten vor; nur ein einziger veränderter Plagioklas vom
Mulatto wurde von Rath als Oligoklas bezeichnet; die Kleinheit der
Individuen verhindert wohl meistens die Analyse derselben.
Orthoklas. Derselbe wurde von Tscherm ak* 2) zuerst im
Melaphyr beobachtet. Nimmt man an, dass einfache Feldspath-
Individuen dort, wo sie im Dünnschliff in grösserer Anzahl Vor-
kommen, dem Orthoklas angehören, was äusserst wahrscheinlich ist, so
bildet dieses Mineral einen häufigen, aber nie vorherrschenden Bestand-
theil der hier zu betrachtenden Gesteine. Seine Mikrostruetur ist ähn-
lich der des triklinen F eldspathes ; bemerkt muss werden, dass einfache
Orthoklas-Individuen nicht selten parallele Einlagerungen trikliner La-
mellen enthalten.
') Tschermak 1. c. pag. 125 und 135.
2) L. c. pag. 126 und 133.
39*
294
C. Doelter.
[6]
Augit. Der Augit, der in einem grossen Theil der Melaphyre
häufig vorkommt, erscheint in weingelben bis farblosen, meist ein-
fachen Krystalldurchschnitten oder Körnern von verschiedenen Dimen-
sionen. Er zeigt zahlreiche Risse, welche oft dem Pinakoid 00P00
parallel sind und ist meist recht frisch; hie und da ist er in eine
Grünerde-ähnliche Substanz oder in Epidot umgewandelt. Derselbe ist
sehr reich an Glaseinschlüssen sowie an Einschlüssen der Grundmasse;
ferner enthält er Magnetit und Apatit.
Grasgrüner Uralit wird in Dünnschliffen einiger Melaphyre be-
obachtet; derselbe ist meist schwach dichroitisch.
Die Hornblende, die in einigen Melaphyren makroskopisch, in
Prismen, Krystallen oder kleineren Partien beobachtet wurde, ergab sich
bei mikroskopischer Untersuchung als ein sehr häufiger Bestandtheil
gewisser Melaphyre.
Die Unterscheidung von Augit gründet sich auf die dichroitischen
Eigenschaften der beiden Mineralien.
Um uns zu überzeugen, dass dieses von T scher mak angegebene
Mittel wirklich allgemein anwendbar sei, haben wir Krystalle von Augit
und Hornblende aus dem Melaphyr im Dünnschliff untersucht und es
ergab sich, dass gefärbte Augite nie, Hornblenden immer Absorptions-
Unterschiede zeigen.
Uebrigens lässt sich meistens schon ohne Anwendung dieses Mit-
tels die Hornblende erkennen , da sie meist in kleinen , gelbbraunen
Durchschnitten erscheint ; dieselbe ist meistens sehr frisch ; sie enthält
Magnetit, Apatit und Glaseinschlüsse, jedoch nicht in so grosser Zahl
wie der Augit.
Magnetit kommt in den Melaphyren meist in ungemein reich-
licher Menge vor; derselbe ist titanhaltig; rhomboedrisches Titan-
eisenerz konnte nicht beobachtet werden.
Olivin kommt in einigen Augitporphyren vor, derselbe findet
sich stets in grösseren Körnern und sinkt nie zur mikroskopischen
Kleinheit herab.
Als secundäre Producte treten auf: Calcit, Pyrit, Epidot, De-
lessit, Chalcedon, verschiedene Pseudomorphosen nach Hornblende,
Augit, Olivin.1)
Die Grundmasse der Melaphyre besteht hauptsächlich aus Feld-
spatli mit Magnetit, seltener Augit und Hornblende.
In vielen tritt mehr oder weniger auch Glasbasis meist braun
gefärbt und mit Opacit erfüllt, hervor.
') Sielie Tschermak 1. c. pag. 134.
[7] Ueber d. min. Zusammens. d. Melaph. u. Augitporph. Südost-Tirols. 295
1. Augit-Melaphyre.
a) Augitporpliyre (augitreiclie Melaphyre).
Dieselben zeigen meist Porphyr-Structur, sie enthalten in einer
dichten, feinkörnigen Grundmasse Augit- und selten Feldspath-Krystalle.
Diese Gesteine treten besonders auf der Seisser-Alpe, im Duron-
thale und am Bufaure auf. Der Kiesel Säuregehalt dieser Gesteine be-
trägt 49 bis 45 Procent. J)
Augitporphyr vom Molignon (Seisser-Alpe).
Dieses Gestein bildet Gänge in den Tuffen.
Harte, dichte, pechschwarze Grundmasse mit Augiteinsprenglingen ;
selten sind Feldspath, Magnetit und Olivin.
Unter dem Mikroskop im Dünnschliff sieht man lange, schmale
Leisten von triklinem Feldspathe; dieselben sind aus zahlreichen La-
mellen zusammengesetzt und zeigen undeutliche Begrenzung, so dass
auch die schmalen Leisten an den kleineren Seiten des Rechteckes
zickzackförmige Begrenzung zeigen. Auch sieht man nicht selten die
Leisten in der Mitte des Krystalles endigen.
Einschlüsse von braunem Glas und Magnetit sind in sehr grosser
Zahl in den Feldspath-Krystallen vorhanden. Von Interesse sind in
diesem Gesteine auftretende, sich durchkreuzende Feldspath-Individuen ;
ob diese Durchkreuzung einem krystallographischen Gesetze folgt, lässt
sich nicht entscheiden wegen der zu unregelmässigen Begrenzung der
betreffenden Individuen.
Der Augit ist weniger häufig, kommt aber durchgehends in grös-
seren Individuen, die theils Krystalle, theils Körner sind, vor. Er zeigt
weingelbe Farbe und ist von zahlreichen Rissen durchsetzt, im Allge-
meinen recht frisch ; Einschlüsse von braunem Glas sowie von Magnetit
sind häufig. Der Olivin ist nur selten im Dünnschliff sichtbar.
Von Hornblende sah ich einen Kry stall von dunkelbrauner Farbe,
deutlich dichroitisch. Die Grundmasse besteht aus wirr durcheinander-
liegenden, meist einfachen Feldspathleisten. Magnetit ist darin häufig,
Glasmasse konnte nicht gefunden werden.
Augitporphyr aus dem Duronthal.
Das Gestein wurde oberhalb der Duron-Alpe am linken Thalufer
gesammelt. Es bildet prächtige Gänge und sieht in grösseren Blöcken
tuflfartig aus.
‘) Siehe Tschermak. Analysen von Augitporphyren von St. Christina und
Predazzo, pag. 137 und 138. — Der von Kjerulf untersuchte Augitporphyr aus
dem Travignolothal ist wohl kein wirklicher „Augitporphyr“.
296
C. Doelter.
[8]
Die feinkörnige Grandmasse ist nicht sehr vorherrschend, sie
enthält viele Einsprenglinge von Augit, Feldspath, sowie auch seltener
von Olivin. Der Augit zeigt unter dem Mikroskope graue, blassgelbe
Durchschnitte. Der Feldspath ist zum grössten Theil ein trikliner. Die
Grundmasse besteht zum Theil aus einem braunen , durchsichtigen
Glase , welches an manchen Stellen dunkle Flecken zeigt ; ausserdem
zeigt sie zahlreiche Feldspathleisten.
Hornblende ist im Dünnschliff nicht zu sehen.
Augitporphyr von der Tschierer- Alpe bei St. Christina.
Schwarzbraune, dichte Grundmasse mit häufigen Augiteinspreng-
lingen, hie und da sieht man auch ein Feldspathkorn, oder Magnet-
eisen in Blättchen.
Unter dem Mikroskop sieht man sehr viele Augite von blassgelber
oder blassgrüner Farbe, keinen Dichroismus zeigend ; dieselben liegen
gewöhnlich an einzelnen Stellen in grösserer Anzahl um einen Punkt
herum ; sie sind durch Glas- und Magnetit-Einschlüsse verunreinigt und
zeigen zahlreiche Risse, in der Nähe derselben sind oft Umwandlungs-
erscheinungen zu beobachten.
Der Feldspath ist gewöhnlich nicht mehr ganz frisch, etwas trübe,
neben dem Plagioklas kommt auch Orthoklas vor.
Die Grundmasse besteht aus unregelmässig durcheinanderliegen-
den Feldspath-Krystallen.
Augitporphyr von der Giumella-Alpe.
Dieses Gestein bildet mächtige Gangmassen ; es wurde zwischen
der Giumella-Alpe und dem Bufaureberg gesammelt.
Die dichte, pechschwarze Grundmasse enthält zahlreiche Augit-
krystalle, sonst aber wenig Einsprenglinge.
Unter den grösseren ausgeschiedenen Gemengtheilen herrscht der
blassgelbe, von zahlreichen Rissen durchzogene Augit vor , dessen
Mikrostructur dieselbe, wie die der vorhin beschriebenen Gesteine ist.
Einzelne Hornblende-Durchschnitte von brauner Farbe und deutlichem
Dichroismus kommen ebenfalls vor.
Unter den Feldspathen ist der Orthoklas keine Seltenheit; er
zeichnet sich durch besondere Unregelmässigkeit seiner Durchschnitte
aus; Orthoklas sowohl als Plagioklas zeichnen sich durch zahlreiche
Einschlüsse von Grundmasse, braunem Glas und Magnetit aus.
Die braune Grundmasse enthält viele Plagioklas- und Orthoklas-
leisten, ausserdem aber auch Glasmasse.
Melaphyr vom Ciamol.
Basaltähnliches Gestein; dichte, rabenschwarze Grundmasse mit
kleinen Feldspath- und grösseren Augit-Einsprenglingen. Die Grund-
masse herrscht bei weitem vor.
Ueber d. min. Zusammens. d. Melaph. u. Augitporph. Südost-Tirols. 297
Der Augit ist auch mikroskopisch sehr reich vertheilt ; er ist fast
farblos mit einem Stich ins gelbliche; ausser den gewöhnlichen Glas-
einschlüssen enthält er auch noch eine staubartige, undurchsichtige
Substanz.
Unter den Feldspathen bemerkt man nicht selten einfache Kry-
stalle ; beide sind ziemlich trübe, etwas zersetzt.
Glasgrundmasse ist hier nicht nachweisbar.
Augitporphyr vom Monte Campo.
Dieses Gestein wurde am Abhange gegen das Val Surda gesam-
melt, es gehört einem Strome, der den ganzen Monte Campo und den
Toazzo bedeckt, an.
Feinkörnige Grundmasse mit zahlreichen Augit- und Feldspath-
Krystallen. Im Dünnschliff sieht man grössere, blassgelbe Augite mit
zahlreichen Rissen; sie sind alle ziemlich unrein, enthalten viel Glas-
einschlüsse, Magnetit und Apatit. Der Feldspath, welcher auch hier
wieder der Hauptgemengtheil ist, gehört meist dem triklinen an, Ortho-
klas ist ziemlich selten.
Hornblende fehlt gänzlich, dagegen ist Olivin zu beobachten; die
im Dünnschliff blassgrün oder farblos erscheinenden Durchschnitte
zeigen den Anfang der Serpentinbildung ; Magnetit ist häufig ; Glas-
masse fehlt.
Die Grundmasse des Gesteines besteht hauptsächlich aus Feldspath.
Gestein vom Bufaure.
Es ist dies der bekannte Augitporphyr, welcher durch die einge-
schlossenen, wohlausgebildeten Augite ausgezeichnet ist, die schon
früher ihrer Form nach beschrieben worden sind ; es sind säulenförmige,
kurze Krystalle, die wir wohl krystallographisch zu kennzeichnen hier
unterlassen können. J) Bemerken wollen wir jedoch, dass Zwillinge und
auch Drillinge neben den einfachen Krystallen Vorkommen.
Makroskopisch hat das Gestein tuffartiges Aussehen, die fein-
körnige Grundmasse zeigt grössere Feldspathkörner und Augite; selten
sieht man Olivin.
Unter dem Mikroskop ist man überrascht, im Dünnschliff verhält-
nissmässig so wenig Augit zu sehen, während das makroskopische Vor-
kommen doch auf einen sehr bedeutenden Augitreichthum schliessen
lassen könnte. Man kommt zur Vermuthung, dass jene Augitkrystalle
eigentlich mehr Einschlüsse seien als zu dem Gesteine selbst gehörende
Bestandtheile, ähnlich, wie man in Tuffen, Hornblende und Augitkry-
stalle eingeschlossen findet.
Der im Dünnschliff sehr reichlich vertretene Bestandtlieil ist der
Plagioklas, neben welchem nur wenige einfache Feldspath-Durchschnitte
‘) Siehe Liebener und Vorhauser. Die Mineralien Tirols, pag. 32.
Zepharovich. (Miner. Lexicon p.)
298
C. Doelter.
[10]
erkennbar sind; sie enthalten viel Glas- und Grundmasse-Einschlüsse,
ebenso wie die neben ihnen vorkommenden weingelben Augite, unter
denen in drei Dünnschliffen nirgends Zwillinge zu sehen waren, die
doch makroskopisch Vorkommen. Die Grundmasse enthält viele Feld-
spathleisten und Magnetit, dazwischen braune Glasbasis.
Augitreicher Melaphyr von Mezzavalle.
Dieses Gestein, welches deckenförmig auftritt, wird bei Mezzavalle
von Orthoklasporphyr durchbrochen; das untersuchte Stück wurde in
unmittelbarer Nähe dieses Ganges gesammelt.
Dichte , schwarzgrüne Grundmasse mit Augit- und Feldspath -
Einsprenglingen ; hie und da sieht man umgewandelten Olivin.
Die mikroskopische Untersuchung zeigt, dass dieses Gestein nicht
mehr ganz frisch sei. Die Augite sind blassgelb, sie enthalten wenig
Einschlüsse und sind meist einfache Individuen, seltener Zwillinge.
Der Feldspath ist nur zum Theil Plagioklas; Orthoklas ist häufig,
beide zeichnen sich durch ihr trübes Aussehen aus. Magnetit ist in dem
Gesteine häufig.
Die Grundmasse besteht zum grössten Theil aus Feldspath.
Melaphyr zwischen St. Valentin und Theiss.
Harte , dichte Grundmasse mit kleinen Feldspath- und Augit-
Krystallen.
Der am meisten vorherrschende Bestandtheil ist, wie die mikro-
skopische Untersuchung zeigt, der Feldspath, der fast durchgehends ein
trikliner ist; der Augit enthält hier weniger Einschlüsse als sonst und
ist ganz farblos. Hornblende fehlt gänzlich.
Die Grundmasse löst sich zum grössten Theil in Krystallgemeng-
theile , hauptsächlich Feldspath , von denen die meisten , auch die
kleineren Leisten polysynthetische Zwillinge sind, auf; an einzelnen
Stellen lässt sich jedoch auch Glasbasis beobachten.
Melaphyr aus dem Thalkessel von Le Seile in der Nähe
des Kupferkies-Fundortes. *)
Das Gestein bildet einen schmalen Gang. Dichte Grundmasse mit
sehr kleinen Feldspath-Einsprenglingen ; der äussere Habitus des Ge-
steines ist tuffartig.
Unter dem Mikroskop sieht man sehr viele Augitkryställchen, sehr
frisch , mit zahlreichen Glaseinschlüssen ; Feldspath ist in weniger
reichem Masse vorhanden; zum Theil ist es Orthoklas.
Magneteisen in grossen Körnern ist ein wesentlicher Bestandtheil
des Gesteines, ebenso wie auch Glasbasis reichlich vertreten ist.
’) Siehe: C. Doelter. Der geologische Bau, die Gesteine und Mineralfund-
stätten des Monzonigebirges ; Jahrbuch der k. k. geol. Reichsaustalt, 1875, pag. 235.
Ueber d. min. Zusammeus. d. Melaph. u. Augitporph. Südost-Tirols.
299
b) Augitarme Melapliyre und Augit-Hornblende-Melapliyrc.
Es finden sich hier solche Gesteine beschrieben, die wegen des
allzu spärlichen Vorkommens des Augites nicht als Augitporphyre be-
zeichnet werden können, fernerhin diejenigen Gesteine, in denen neben
dem Augit auch in geringerer Quantität Hornblende vorkommt.
Diese Gesteine sind in Süd-Tirol ziemlich häufig , besonders im
Duronthal , in dem Zug Canazei-Caprile und im Bufaure-Giumella-
Gebirge.
Ganggestein von der Malgola.
Dieses Gestein bildet einen schmalen Gang in den Werfener-
Schichten an der Malgola.
Die feinkörnige Grundmasse enthält häufig Augitnadeln und Feld-
spathkrystalle.
Das Gestein ist nicht sehr verschieden von dem deckenförmig auf
dem Gipfel der Malgola vorkommenden. Auch hier wieder einige
grössere, blassgelbe Augitdurchschnitte ; daneben kleine, braungelbe
Hornblendedurchschnitte.
Das Gestein besteht vorherrschend aus triklinem Feldspath; als
Orthoklas sind wohl die in der Grundmasse vorkommenden einfachen,
neben den polysynthetischen Zwillingen auftretenden Feldspathleisten
zu betrachten.
Gestein von dem Mesolapass.
Das Gestein kommt in Verbindung mit Breccien vor.
Es hat porphyrartige Structur und zeigt in einer dichten, schwar-
zen Grundmasse grössere Feldspathkry stalle, welche sich zum Theil
schon bei makroskopischer Betrachtung als Plagioklas erkennen lassen.
Die mikroskopische Untersuchung zeigt, dass die grösseren Feld-
spathe in der That zum grössten Theil dem triklinen angehören; die-
selben haben trübes Aussehen und bestehen zum Theil nur aus wenigen
verzwillingten Lamellen; hie und da auch besteht ein solcher Krystall
aus zwei ungleichen Theilen, von denen der eine einfärbig erscheint,
während der andere aus zahlreichen feinen Lamellen besteht; häufig
auch reichen die Lamellen nur bis zur Mitte des Krystalles; anderer-
seits sieht man auch Durchschnitte, welche zum grössten Theil einfärbig
im polarisirten Lichte erscheinen und nur einige trikline Lamellen
parallel eingelagert enthalten. Augit ist in diesem Gesteine nicht
häufig ; derselbe ist sehr zersetzt und in eine Grünerde-ähnliche Sub-
stanz umgewandelt.
Die Grundmasse besteht aus einer braunen Glasmasse mit zahl-
reichen Feldspath-Körnern und Leisten und Magnetit.
Mineralogische Mittheilungen. 1875. 4. Heft. (C. Doelter.)
40
300
C. Doelter.
[12]
Melaphyr vom Ombrettap ass.
Dieses Gestein, von Tuffbreccien begleitet, bildet einen Gang
im Kalk.
Dichte, graublaue Grundmasse mit Feldspath- Einsprenglingen;
Grundmasse vorherrschend.
Augit ist nicht selten, er kommt in vereinzelten, frischen Durch-
schnitten vor; Hornblende fehlt; am meisten herrscht der Feldspath,
der ziemlich trübe ist, vor; neben triklinem Feldspath zeigt sich auch
Orthoklas.
Zersetzter Olivin findet sich nicht gar selten. Die Grundmasse des
Gesteines enthält viel Magnetit und braune Glasbasis.
Gestein vom Campo di Stelva.
Bildet schmale Gänge im Kalk. Etwas zersetztes Gestein; in
einer dunklen, dichten Grundmasse liegen bis 6 Mm. lange Feldspath-
Krystalle, welche oft umgewandelt sind.
Unter dem Mikroskop erscheinen grosse, umgewandelte Augit-
durchschnitte von grasgrüner Farbe mit Magnetit-Einschlüssen, seltener
kleine, gelbbraune oder gelbgrüne Hornblende-Durchschnitte ; der Feld-
spath ist ein trikliner und bildet längliche, unregelmässig begrenzte
Individuen.
Orthoklas ist nicht vorhanden. Die Grundmasse besteht aus Feld-
spathkörnern und Magnetit. Neubildungen treten sehr häufig auf.
Gestein aus dem Yal Fredda.
Im Val Fredda kommen zweierlei Gesteine vor, die auch schon
makroskopisch sich unterscheiden.
Das eine enthält in einer dichten, pechschwarzen Grundmasse
zahlreiche Feldspath-Krystalle , seltener Augitpartien. Mikroskopisch
zeigt sich, dass diese Krystalle zum Theil aus Orthoklas, zum Theil aus
Plagioklas bestehen ; in den grossen Orthoklasen zeigen sich hie und
da trikline Lamellen. Der Augit kommt in gelben, nicht häufigen, an
Glaseinschlüssen reichen Durchschnitten vor. Auch Olivin zeigt sich.
Die Grundmasse enthält Feldspathleisten, Opacit, Glasbasis.
Das zweite Gestein , welches im unteren Theile des Val Fredda
gesammelt wurde, ist feinkörnig und enthält nur selten kleine Feld-
spath-Ausscheidungen.
Im Dünnschliff zeigt es prächtige Plagioklase, neben dem weniger
häufig vorkommenden Orthoklase, feine, grüne, zersetzte Augitpartien
und zahlreiche kleine, gelbbraune Hornblendenadeln und viel Magnetit.
Die Grundmasse ist ganz krystallinisch und besteht hauptsächlich
aus Feldspath.
Ueber <1. min. Zusammens. d Melaph. u. Augitporpb. Siidost-Tirols. 301
Melaphyr von der Sforzella.
Dieses Gestein bildet die den Monzonit von Predazzo bedeckende
Decke ; es unterscheidet sich wesentlich von dem gangbildenden Gesteine
am Canzacoli.
Die Grundmasse ist dicht, hart, bläulichschwarz und enthält viel
Feldspath- sowie auch Augit-Einsprenglinge.
Unter dem Mikroskop im Dünnschliff sieht man einzelne, recht
frische Augitdurchschnitte von grüngelber Farbe mit zahlreichen Glas-
einschlüssen, ferner Feldspath-Krystalle, der häufigste Einsprengling;
dieselben gehören zumeist dem Plagioklas an ; selten ist Orthoklas.
Die Grundmasse besteht zum grössten Theil aus wirr durch-
einanderliegenden Feldspathleisten und Magnetit ; dazwischen kommt
braune Glasbasis vor.
Melaphyr aus dem Val Sur da.
Dieses Gestein bildet einen schmalen Gang im Kalk unweit der
Malga di Val Surda.
Blaugraue, vorherrschende Grundmasse mit kleinen Augiten,
Grössere Einsprenglinge erscheinen im Dünnschliff nur selten, es
sind dies trübe Plagioklas-Krystalle. Die Hauptmasse des Gesteines
besteht aus wirr durcheinanderliegenden Feldspathleisten, zum Theil
einfachen Individuen, zum Theil aber auch polysynthetischen Zwillingen.
Der Augit tritt nur in kleineren Individuen auf und ist stets in
eine grünerdeähnliche Substanz umgewandelt.
Magnetit ist ungemein reichlich in diesem Gesteine vorhanden;
Glasbasis scheint ganz zu fehlen.
Melaphyr vom Gipfel der Malgola.
Dieses Gestein hat basaltähnliches Aussehen ; in der dichten, blau-
grauen Grundmasse sieht man kleine Feldspathe und selten Augit-
nadeln.
Im Dünnschliff sieht man vereinzelte grasgrüne Augite mit Mag-
netit- und hie und da auch Apatit-Einschlüssen, sowie auch zahlreiche
kleine Hornblendepartien von gelbbrauner Farbe mit deutlichem Dichrois-
mus ; der Feldspath scheint im Allgemeinen ein trikliner zu sein, Ortho-
klas kommt wohl nur selten in grösseren Einsprenglingen, dagegen
häufiger als Bestandtheil der Grundmasse, mit Magnetit vor; Glasbasis
scheint hier ganz zu fehlen.
40*
302
C. Doelter.
[W1
Gestein vom Mulatto.
Die dunklen, basaltähnlichen Gesteine auf dem Rücken, der sich
vom Viesena gegen die Mulattospitze hinzieht, sind augitarm ; selten
tritt Uralit in ihnen auf und vermittelt den Uebergang zum Uralit-
porphyr. In der dichten, bläulichschwarzen Grundmasse sieht man ge-
wöhnlich nur wenig Feldspath -Ausscheidungen.
Unter dem Mikroskop im Dünnschliff sieht man sehr viel triklinen
Feldspath, seltener dagegen einfache Individuen, Augit ist im Allgemei-
nen sehr selten zu sehen; in einem Dünnschliff sah ich Uralit; Horn-
blende bildet hier keinen wesentlichen Gemengtheil des Gesteines,
kommt aber als Einschluss vor ; hie und da tritt Epidot als Neubildung
auf. Die Grundmasse besteht zum grössten Theil aus Feldspath , hie
und da tritt aber auch zwischen den einzelnen Leisten Glasbasis auf.
Im Ganzen sind die Gesteine sehr augitarm.
Gestein vom Agnelloberg.
Dieses Gestein bildet einen Gang im Kalk; am Contact beobach-
tet man nicht selten Umwandlungen des Kalksteines.
Die blaugraue Grundmasse enthält nicht wenig Einsprenglinge,
unter denen der Feldspath (Plagioklas) am häufigsten ist, daneben
kommen vor : Augit, Hornblende, Magnetit.
Im Dünnschliff erscheint sowol Augit als Hornblende; ersterer in
zersetzten, grasgrünen Durchschnitten, letztere in sehr zahlreichen,
kleinen, gelbbraunen Krystallen, deutlich dichroitisch.
Der Feldspath ist auch hier trübe, unter den grösseren Einspreng-
lingen ist fast nur Plagioklas zu sehen.
Die Grundmasse besteht hauptsächlich aus Feldspath; Magnetit
ist in ungemein reichlicher Menge vorhanden; Glasbasis fehlt.
Dieses Gestein vermittelt somit den LTebergang zu den Horn-
blende-Melaphyren.
Gestein aus dem unteren Sacinathal.
Dieses Gestein gehört der grossen Melaphyrdecke an, die den
Abhang des Sforcella-Berges bedeckt.
Die blaugraue Grundmasse enthält Feldspath-, selten Augit-Ein-
sprenglinge.
Unter den ausgeschiedenen grösseren Einsprenglingen herrscht im
Dünnschliff der Augit vor, der in blassgelben, grossen, zersetzten Indi-
viduen vorkommt ; daneben kommt in kleineren, aber sehr zahlreichen
Individuen die braungelbe, deutlich dichroitische, recht frische Horn-
blende vor.
lieber d. min. Zusammens. d. Melaph. u. Augitporph. Südost-Tirols. 303
Der Plagioklas sowie der nicht seltene Orthoklas sind recht trübe
und zersetzt. Magnetit ist in diesem Gesteine ungemein reichlich ver-
breitet. In der Grundmasse erscheint er in zahlreichen kleinen Körnern
mit Feldspathleisten und Hornblende-Krystallen.
Der Uralitporphyr vom Viesena, der hielier gehört, wurde
schon öfters beschrieben, neuerdings von Möhl1) mikroskopisch unter-
sucht ; wir brauchen daher nicht weiter darauf zurückzukommen.
Hornblende-Melaphyre.
Unter diesem Namen verstehen wir Gesteine, welche mit triklinem
Feldspathe (seltener Orthoklase), hauptsächlich Hornblende mit unter-
geordnetem Augit führen. Die Hornblende kommt makroskopisch in
einigen vor und hat im Dünnschliff einen so vom Augit verschiedenen
Habitus, dass es leicht ist, dieselben zu unterscheiden.
Diese Gesteine kommen hauptsächlich bei Predazzo : am Mulatto,
Sforzella, Malgola, an der Fucchiada und am Monzoni vor. Durch
Ueberhandnehmen des Augites werden Uebergänge in die Augit-Horn-
blende-Melaphyre vermittelt.
Melaphyr von Forno.
Dieses Gestein stammt von der grossen Melaphyrdecke, am Mulatto
und wurde zwischen Mezzavalle und Forno gesammelt.
Dasselbe ist dicht, von blaugrauer Farbe und zeigt nur selten
kleine Feldspath- Ausscheidungen, Hornblende oder Augitnadeln.
Auch im Dünnschliff sieht man selten grössere Feldspath-Aus-
scheidungen ; der am meisten vorherrschende P>estandtheil ist Horn-
blende, die in braunen Krystall-Leisten auftritt; daneben zeigt sich nur
selten ein Augitkrystall ; auch Olivin sieht man in einigen Dünn-
schliffen.
Die Grundmasse besteht aus Feldspathleisten (zum Theil triklinen)
und Magnetit.
Melaphyr von der Cima di Costabella.
Dieses Gestein bildet einen langgestreckten, mächtigen Gang von
dem Camozzaio bis in das Yal Fredda.
Die Grundmasse dieses Gesteines ist hart, dicht und ist gegen-
über den Einsprenglingen vorherrschend, letztere bestehen aus kleinen
Feldspath-Krystallen, Hornblende- und Augitpartien.
Neues Jahrbuch, 1875, 7. Heft
304
C. Doelter.
[16]
Unter dem Mikroskop erkennt man eine lichtbraune Grundmasse
mit sehr viel Magnetit, in der man kleine Feldspathleisten und Körner
erkennt, der Rest scheint glasiger Natur zu sein. Die Hornblende, die
in grösseren, grünen, etwas zersetzten, dichroitischen Partien vorkommt,
herrscht gegenüber dem Augit vor, letzterer erscheint oft in Epidot
umgewandelt, beide enthalten sehr viel Magnetit; der orthoklastische
Feldspath ist reichlich vorhanden , beide Feldspathe sind ziemlich
zersetzt.
Sie zeichnen sich durch die Unregelmässigkeit ihrer Begrenzung
aus ; häufig sind es Krystallbruchstücke, welche verschiedenartige Zer-
reissungen durch die Grundmasse zeigen; sehr reich sind sie an Ein-
schlüssen letzterer und an Magnetit. Die Grundmasse ist der am
meisten vorherrschende Theil des Gesteines ; man erkennt in ihr zahl-
reiche einfache, seltener polysynthetische Zwillings-Individuen, die ohne
Anordnung eingestreut sind ; ausser diesem am zahlreichsten vorhande-
nen Bestandteile zeigt sich auch viel Magnetit und Glasbasis von
brauner Farbe.
Gestein von Roda.
Ueber dieses Gestein habe ich schon früher einige Notizen ge-
geben. *)
Es ist durch grosse Hornblende-Krystalle ausgezeichnet; das Vor-
kommen dieses Minerales ist ein dreifaches. Am häufigsten erscheinen
Hornblendeprismen ohne Endflächen (<x>7J . 00P00), deren Länge zwi-
schen 6 M. und 2 Cm. schwankt ; sehr häufig finden sich auch grössere
krystallinische Partien von Hornblende, es sind dies Einschlüsse, die
mit jenen vom Vesuv verglichen werden können und oft von sehr be-
trächtlicher Grösse sind; man kann bei denselben sehr gut die für die
Hornblende charakteristische Spaltbarkeit erkennen.
Ausser diesen Hornblendeprismen und Einschlüssen finden sich
aber auch in einigen Stücken wohl ausgebildete Krvstalle, welche zu-
meist die Combination :
oo p . ooPoo . P . OP . ,2Poo
(M) (x) (r) (p) (»
repräsentiren.
Augit tritt nur sehr selten auf; ausser diesen Einschlüssen ent-
hält das Gestein noch sehr häufig, besonders bei verwitterten Stücken,
Calcit-Einschlüsse, sowie auch Feldspath -Krystalle. Die Grundmasse
dieses Gesteines ist vollkommen dicht und pechschwarz.
Unter dem Mikroskop im Dünnschliff sieht man sehr viele läng-
lichbraune Hornblende-Durchschnitte, in kleine Säulen gegliedert, stets
’) Beiträge zur Mineralogie des Fassa- und Fleimserthales. Diese Mittbeil.,
1875, 3. Heft.
Ueber d. min. Zusammens. d. Melaph. u. Augitporph. Südost-Tirols. 305
einfache Individuen mit deutlichem Dichroismus, Apatit, Magnetit und
Glaseinschlüsse enthaltend, meist ziemlich frisch. Augit konnte in zwei
Dünnschliffen gar nicht beobachtet werden.
Der Feldspath zum Theil Plagioklas, zum Theil Orthoklas, tritt
nur selten in grösseren Krystalldurchschnitten auf; meistens sieht man
nur Körner oder längliche, schmale Rechtecke. Derselbe bildet den
Haupttheil der Grundmasse, in der Glasbasis indess nicht selten ver-
treten ist. Magnetit ist in diesem Gestein weniger häufig als in den
Augitporphyren. Zu erwähnen ist noch eines grossen Feldspath-Ein-
schlusses, welcher sich im Dünnschliff als Orthoklas erwies.
Gestein vom Lusiaberg.
Am Nordabhang dieses Berges, an dem Wege von Panaveggio
nach Moena, durchbricht dieser Melaphyr den Quarzporphyr, in dem er
einen nicht sehr mächtigen Gang bildet.
Dieses Gestein hat eine feinkörnige bis dichte , rabenschwarze
Grundmasse und zeigt nur wenig Ausscheidungen — kleine Feldspath -
Krystalle; hie und da erscheinen jedoch auch bis 8 Mm. lange Horn-
blendeprismen (00P00 . ooP).
Im Dünnschliff sieht man zahlreiche lange Hornblendenadeln von
gelbbrauner, seltener gelbgrüner Farbe mit deutlichem Dichroismus, hie
und da Apatit oder Magnetit enthaltend , ferner zahlreiche kleine
Feldspathleisten, zum Theil einfache Individuen, zum Theil polysyn-
thetische Zwillinge.
Augit tritt in einigen Dünnschliffen gar nicht auf, in anderen
erblickt man hie und da blassgrüne Durchschnitte , welche keinen
Dichroismus zeigen.
Lichtgrüne, etwas dichroitische Durchschnitte mit ähnlichen For-
men wie der Augit, gehören vielleicht dem Uralit an ; die Unterschei-
dung von Augit und Hornblende ist auch hier selbst ohne Zuhilfenahme
der Absorptions - Unterschiede sehr leicht; die Untersuchung ergibt,
dass Hornblende ein sehr wesentlicher Gemengtheil des Gesteines ist,
und Augit nur sehr untergeordnet vorkommt.
Auch Calcit sieht man im Dünnschliff. Die Grundmasse besteht
aus Feldspath, Hornblende, Magnetit.
Gestein vom Südabhang des Mulatto.
Dieses Gestein bildet schmale Gänge im Granit. Die blaugraue,
dichte Grundmasse enthält nur sehr selten kleine Feldspath-Einspreng-
linge; als secundäre Bildung tritt hie und da Calcit auf.
Unter dem Mikroskop sieht man nur sehr selten grössere Ein-
sprenglinge von triklinem Feldspath, sowie einzelne, grössere, blassgelbe,
C. Doelter.
[18]
306
mit Neubildungen oft erfüllte Augite ; sehr zahlreich sind dagegen die
kleinen, gelbbraunen, jedoch nicht mehr ganz frischen Hornblendenadeln.
In der Grundmasse ist viel Feldspath (zum Theil wohl Orthoklas),
sowie Hornblende und Magnetit zu sehen.
Melaphyr vom C an za coli.
Sehr harte und dichte Grundmasse , in welcher nur sehr selten
ein Feldspath-Krystall oder kleine Nadeln von Augit zu sehen sind.
Im Dünnschliff zeigt dieses Gestein prächtige, nicht sehr zersetzte
trikline Feldspathe mit sehr unregelmässiger Vertheilung der Lamellen,
daneben auch einige Orthoklas-Krystalle ; Augit fehlt ganz, dagegen
findet man häufig kleine, braune, deutlich dichroitische Hornblende-
Krystalle und sehr viel Magnetit ; in der Grundmasse zeigt sich haupt-
sächlich Feldspath.
Dieses Gestein bildet kleine Gänge in der Nähe des Steinbruches
in den Werfener-Schichten.
Als Hornblende-Melaphyre sind noch zu bezeichnen :
Gesteine vom Camozzaio und
Gesteine vom Le Selle-Pass,
die ich in meiner Arbeit über den Monzoni beschrieben habe. *)
Augit- und hornblendefreie Gesteine.
Wir haben in diese Gruppe solche Gesteine eingereiht, welche
theils nur äusserst sporadisch, theils gar nicht Augit oder Hornblende
enthalten, und daher nicht in die beiden anderen Gruppen eingereiht
werden können; sie haben indess nur eine geringe Verbreitung, so
dass es auch nicht wünschenswerth erscheinen würde , sie vom Mela-
phyr ganz abzutrennen , wogegen auch das Auftreten in der Natur
sprechen würde.
Gestein von der Spitze des Sasso di Cap eil.
Dichtes, tuffähnliches Gestein mit einzelnen Feldspath-Krystallen ;
Augit ist makroskopisch nirgends sichtbar.
') L. c. pag. 224.
[19] Ueber d. min. Zusammens. d. Melaph. u. Augitporph. Südost-Tirols. 307
Auch unter dem Mikroskop sieht man nur sehr selten einen
Augitdurchschnitt. Hornblende fehlt ganz. Der Feldspath, der in grossen,
etwas trüben Individuen erscheint, hat öfters eine Umwandlung in eine
grasgrüne , dichroitische Substanz erlitten , welche wohl Epidot sein
dürfte ; Orthoklas ist in dem Gesteine nicht gar selten. Die Grund-
masse enthält Glasbasis.
Melaph yr von dem Abhange des Sasso di Capell
oberhalb Pinia.
Basaltähnliches Gestein mit dichter, vorherrschender, pechschwar-
zer Grundmasse, welche kleine Feldspath-Krystalle, sehr selten Augit-
partien enthält.
Das Gestein bildet in den Tuffbreccien eine nicht unbedeutende
Gangmasse.
Die mikroskopische Untersuchung bestätigt , dass Augit nur ein
sehr seltener, sporadischer Einsprengling ist; in drei Dünnschliffen
dieses Gesteines war nur ein einziger Augit-Krystall zu erkennen.
Die grösseren Feldspath-Einsprenglinge sind zum Theil trikline,
zum Theil monokline.
Gestein vom Monte delle Donne.
Dasselbe tritt in der Natur in Begleitung von Melaphyr-
tuffen auf.
In der blaugrauen, dichten Grundmasse sieht man Feldspath-
Kryställchen, Augit dagegen nur in sehr wenigen Stücken; Calcit als
Neubildung tritt hin und wieder auf.
Unter dem Mikroskop im Dünnschliff sieht man weder Augit
noch Hornblende.
In der Grundmasse sieht man grössere Feldspath-Durchschnitte,
zum Theil einfache Individuen und ausserdem zahlreiche kleinere, die
hie und da Neigung zur parallelen Anordnung zeigen. Die Grundmasse
selbst ist ein braunes, an Opacit sehr reiches Glas.
Gesteine vom Bufaure,
Neben dem typischen, Augit-Krystalle enthaltenden Melaphyr fin-
den sich nicht allzuweit von jenem Vorkommen entfernt Gesteine,
welche fast ganz augitfrei sind.
Mineralogische Mittheilungen. 1875. 4. Heft. (C. Doelter.)
41
308 C. Doelter. Ueber d. min. Zus. d. Melaph. u. Augitporph. Südost-Tirols. [20]
Diese Gesteine zeigen in einer graubraunen, feinkörnigen Grund-
masse Feldspath-Krystalle und hie und da Olivinkörner.
Unter dem Mikroskop sieht man viele Feldspath-Krystalle, dar-
unter auch Orthoklas, ferner Olivin , welcher ganz in Zersetzung be-
griffen ist.
Die braune Grundmasse enthält viele Feldspathleisten, Magnetit
und Glasbasis.
VH. Notizen.
Geschenke.
In der letzten Zeit wurden von dem Herrn Heinrich Ritter v.
Dräsche- Wart inberg in Wien an das Hof-Museum eine Anzahl
höchst werthvoller Geschenke übergeben, darunter zwei Schaustufen
von Aragonit von Herrengrund jeder von 0’4 Meter Länge mit schönen
farblosen und weissen Drillingskrystallen, die bis 4 Cm. Dicke erreichen,
ferner eine prächtige Stufe von 0-2 Meter Länge vom selben Fundorte,
welche die Verwandlung des Aragonits in Calcit bis etwa zur Hälfte
gediehen darstellt, ferner einen tafelförmigen Apatitkrystall von Sulz-
bach im Pinzgau von 8 Cm. Breite, das grösste und schönste der
bisher gefundenen Exemplare — endlich einen Meteoreisenblock aus
der Wüste Bolson de Mapini bei Santa Rosa in Mexico von ausgezeich-
neter Form und 198 Kilogramm Gewicht. Es ist das grösste Exemplar
unter allen Meteoreisen, welche die Wiener Sammlung gegenwärtig
besitzt.
Anhydrit vom Semmering.
Zwischen den Schiefergesteinen am Semmering in Niederösterreich,
welche dem Silur zugezählt zu werden pflegen, treten an mehreren
Punkten Gypslager auf, die von Thonschiefern, von Quarzit und auch
von Kalkschiefern begleitet sind. In diesem Gyps, welcher meistens
sehr rein und weiss ist und nur hie und da kleine Trümmer von Kalk-
stein einschliesst, wird öfter auch Anhydrit in rundlichen Blöcken an-
getroffen. Dieser Anhydrit ist mittelkörnig bis grobkörnig, zeigt eine
unvollkommen ausgesprochene Schichtung und enthält, so wie der Gyps,
öfter kleine Kalksteinstückchen eingeschlossen. Seine Farbe ist grünlich-
oder blaulich-weiss. Gegen den Gyps sind die Blöcke scharf abgegrenzt.
T.
Das Krystallsystem des Muscovits.
Krystalle aus dem unteren Sulzbachthal im Pinzgau lassen er-
kennen, dass die Ebene der optischen Axen, welche beim Muscovit
parallel der längeren Diagonale der Basis, nicht genau senkrecht zu
der letzteren Fläche sei, sondern im Sinne der gewöhnlichen Aufstel-
lung der Krystalle sich oben nach rückwärts neige. Für gelbes Licht
Mineralogische Mittheilungen. 1876. 4. Heft. (Notizen.) 41*
310
Notizen.
[2]
wurde der scheinbare Winkel, den die Axenebene mit der Fläche der
vollk. Spaltb. einschliesst, zu 88° 15' gefunden. Auch vorzügliche Spal-
tungsplatten eines Muscovits aus Bengalen erlaubten eine Messung,
welche für gelbes Licht 88° 20' gab. Aus diesen Beobachtungen folgt
für den Muscovit ein monoklines Krystallsystem, wie es die Form der
Krystalle längst vermuthen liess.
T.
Salze von Königsberg in Ungarn.
Das Vorkommen von Sulfaten, besonders Eisensulfaten, als secun-
däre Bildung auf den alten Zechen und Strecken des aufgelassenen im
Rhyolithgebiete befindlichen Goldbergbaues in Königsberg in Ungarn
ist schon seit Jahren bekannt. x) Besonders wird für Keramohalit
Königsberg als bedeutender Fundort angeführt. Unter einigen von
Herrn Bergrath Posepny aus Königsberg mitgebrachten Mineralien,
befanden sich denn auch mehrere Stücke von Salzen, von welchen
zwei sich durch blättrig-schuppige Ausbildung auszeichneten, als Kera-
mohalit bezeichnet, im Gegensatz zu den Stücken fasriger Natur. Eine
Untersuchung beider Salze erschien mir als wünschenswert^ da von
dem Königsberger Keramohalit seit 1847* 2) meines Wissens keine Ana-
lyse bekannt geworden ist und im fasrigen Salze etwas Unbekanntes
vorlag. Ich will hier noch bemerken, dass mir über das Vorkommen
und den genauem Fundort des von Jurasky analysirten Iveramoha-
lites nichts bekannt ist, wegen Unzugänglichkeit der Originalarbeit. An
vielen Orten findet man nämlich auch Rudain bei Königsberg als Fund-
ort angegeben; ich habe nicht in Erfahrung bringen können, ob diese
nähere Bezeichnung des Ortes mit unserem Fundorte übereinstimmt.
Das Resultat der chemischen Untersuchung führte in beiden
Fällen auf keine individualisirten Verbindungen. Unter Nr. I will ich
daher im Folgenden das Salz von blättriger und unter Nr. II das von
fasriger Zusammensetzung bezeichnen.
I. Das Material zur Untersuchung des blättrigen Salzes lieferte
ein compactes Stück, welches dem Eintreiben des Meisseis einen ziem-
lich grossen Widerstand bot. Die Masse theilte sich nach der breiten
Seite der Blätter; die Spaltflächen zeigten lebhaften Perlmutterglanz,
auf welchem die Härte zwischen dem Grade 1 und 2 schwankt. Durch
strahlige Anordnung der krystallinisclien Blättchen ist die Neigung zur
Ausbildung nierförmiger Formen gegeben und durch das Fortwachsen
der einzelnen Blättchen über die Begrenzungsebene erhält die Ober-
fläche ein zelliges Aussehen. Letztere zeigt durch schwache röthliche
Färbung die Spuren begonnener Zersetzung. Der Strich des reinen
Materiales war weiss, in das grauliche neigend. Die qualitativen Proben
waren gleich denen iu den Lehrbüchern für den Keramohalit angegebe-
nen. Im Wasser löste sich das Pulver leicht, ohne Rückstand zu hinter-
lassen. Die Lösung reagirte sauer. Die nachstehende Analyse leidet
nur insoweit an Vollständigkeit, als die nachgewiesenen Alkalien nicht
J Verhandl. d. geol. Reiclis-Anst. 1867. S. 108.
2) Ramm elsb erg. Mineralchemie S. 269.
[3]
Notizen.
311
quantitativ bestimmt wurden. Die Zahlen sind das Resultat mehrerer
Einzelbestimmungen :
Schwefel- Thonerde Eisen- Magnesia Alkalien Wasser Summe
säure oxydul ' — '
34-27 17-06 0-92 Sp. 45 ’05 = 98-30.
Die Analyse weicht besonders im Schwefelsäuregehalte von allen
übrigen Keramohalitanalysen ab, welche sämmtlich von nahezu 36 bis
40 Proc. Schwefelsäure ausweisen.
Aus meiner Analyse lässt sich die Keramohalitformel nicht ab-
leiten, welche ein neutrales Salz verlangt. Nach meinen Zahlen stellt
sich das Verhältniss der Bestandtheile wie 1:3: 16, das ist:
(A1203) 3 (S08) 16 (H20).
Die Annahme dieses Verhältnisses als Formel erlauben aber die
daraus berechneten Zahlen nicht, welche zur Bildung dieser Formel
4 Proc. Schwefelsäure mehr erfordern. Der geringere Wassergehalt
käme nicht in Betracht, da schon Keramohalite mit 15 Theilen Wasser
bekannt sind. Da sich die Keramohalitformel aus den gegebenen Zahlen
nicht ableiten lässt, so verlangt das analytische Resultat eine andere
Deutung. Wie schon gesagt worden, reagirte die Lösung sauer. Nehme
ich nun das Salz als ein saures an, wobei ein entsprechender Theil
des Wassers als basisch gebundenes Wasser erscheint, so stellt sich ein
Verhältniss heraus, nach welchem auch die berechneten Zahlen mit
den gefundenen sich nahezu in Uebereinstimmung befinden, bis auf die
unvermeidlichen Arbeitsfelder.
Das Krystallisationswasser will ich in der nachfolgenden Darstel-
lung des Zahlenverhältnisses als Aqua bezeichnen. Nach der gemachten
Annahme hat man:
(Ala03)2 (S03)5 (H,0) (Aq)31.
Nach diesem letzten erklärenden Versuche wird das untersuchte
Salz als eine Mischung verschiedener Salze anzusehen sein.
Ein zweites Stück gleicht dem besprochenen Salze bis auf eine
lockerere und zartere Ausbildung vollkommen und erscheinen blos
deutlichere Trauben und Ausblühungen einzelner Blättchen daran. Auf
seine Zusammensetzung wurde es nicht geprüft.
II. Von dem faserigen Salze lagen mir 3 Stücke vor, die sich in
ihrer äusseren Erscheinung vollkommen gleich waren. An ihrer Oberfläche
trugen sie das Aussehen schon ziemlich weit vorgeschrittener Zersetzung.
Das reinste Material zur Untersuchung war von dem langfaserigsten
Stücke zu erhalten. Es war ein Aggregrat von bis 4 Cm. langen
geschmeidigen Fasern, welche parallel lagen, weiss waren und Seiden-
glanz besassen. Vor der Flamme schmolz das Salz in seinem Krystalli-
sationswasser, färbte sich roth, blieb vor dem Löthrohr weiter unver-
ändert und verbreitete strahlende Weissgluth. Das graulich weisse Pul-
ver hatte anfänglich vitriolischen, später zusammenziehenden Geschmack
und ging nach längerem Liegen an der Luft in ein rothes Pulver über.
Im Wasser war das Pulver auf löslich. Nach längerem Kochen schied
sich ein basisches Salz aus, welches nach Zusatz von Salzsäure gleich
Notizen.
312
[4]
schwand. Als Rückstand in der Lösung blieben blos einige Körnchen
zurück, welche sich als Quarz erwiesen.
Von der angewendeten Menge der Substanz wurde das Gewicht
derselben abgezogen. Die Zusammensetzung dieses Salzes ist:
Schwefelsäure .
. 36-60 Proc.
Eisenoxyd . .
. 1-56
Thonerde . . .
. 7-17
J)
Eisenoxydul . .
. 11-83
n
Magnesia . . .
Sp.
Kali ....
. 0-18
?)
Natron . . .
. 0-23
Wasser . . .
. 43-14
Summe
. 100-71
Proc.
Diese Zusammensetzung erweist sich als neu; sie lässt sich mit
keinem bekannten Salze vergleichen, will man nicht den Eisenoxydul-
alaun als eine mögliche Verbindung ansehen. Die gefundene Zusammen-
setzung lässt die Aufstellung einer einfachen Formel nicht zu und man
ist genöthigt, denselben Schluss, wie im vorigen Falle zu ziehen. Das
Salz, als ein saures betrachtet, wird in seinen Hauptbestandtheilen
durch folgendes Verhältniss dargestellt erscheinen müssen :
(SO,)» (A1203)3 (FeO)6 (H20)2 (Aq.)104.
Man wird also kaum fehl gehen, wenn man in diesem, nach seiner
Zusammensetzung neuen Salze, eine gleichzeitige Bildung verschiedener
Salze sieht. Man wird es nur als Glied in einer langen Reihe von
ähnlichen Salzen betrachten dürfen, und ich glaube auch in diesen
beiden Fällen daran festhalten zu wollen, dass man abstehen muss,
jedes Vorkommen, welches nicht als Individuum in der Natur erscheint,
in eine bestimmte Formel zu kleiden. Speciell bei den natürlichen
Salzen, welche zu den unbeständigsten Verbindungen in der Natur
gehören und in ruheloser Wanderschaft sich befinden, wird man vielleicht
einst, wenn die Untersuchungen sich vermehren, Normalsalze aufstellen
können, an welche sich die schwankenden Glieder reihen und eine
fortlaufende Reihe durch einzelne Gruppen bilden würden.
F. Berwerth.
Errata.
Dies. Jakrg. pag. 24, Zeile 8 v. u. nach Winkel) lies auferlegten Bedingungen.
Ibid. pag. 25, Z. 24 v. u. statt 5 H,0 lies 5 H, 0.
)t J? >! )! „ „ „ / H.2u „ 7 Ho 0.
„ „ 145 „ 3 v. o. „ demselben lies denselben.
Tafel VIII.
Lith.Anst.<.R Koke in Wien.
J. I!ü\si,l.xvvratd, Zur Kritik des Lueiixws t<‘ms. TaflX
T.s'diei'iua k, Min era locji sch o Mitllicilimiifii. IST.*. Ifen.TV
Jahvbnrh der (jad o.j.JienhsnU.itdlt , Iid.XX V.
t
MINERALOGISCHE
MITTHEI LUNGEN
GESAMMELT VON
GUSTAV TSCHERMAK.
JAHRGANG 1876.
Mit 13 Tafeln.
(Diese Mittheilungen erscheinen zugleich als Beilage zum Jahrhuche der k. k. geol.
Beichsansta.lt.)
<3U
WIEN, 1876.
ALFRED HOLDER
K. K. HOF- UND UNIVERSITÄTS-BUCHHÄNDLER.
ROTHENTHURMSTRASSE 15.
Druck von J. C. Fischer & Comp. Wien.
Inhalt.
I. Heft.
Seite
I. Analyse der Harkänyer Therme. Von Karl Than 1
II. Pyrit von Waldenstein in Kärnthen. Von R. Helmhacker. Mit Tafel I.
und II.) 13
III. Mineralogische Beobachtungen aus dem östlichen Böhmen. Von
R. Helmhacker 25
IV. Weitere Bemerkungen über die Geologie von Reunion und Mauritius.
Von Dr. Richard v. Dräsche. (Mit Tafel III. bis VII.) 39
V. Ueber einige ankeritähnliche Minerale der silurischen Eisensteinlager
und der Kohlenformation Böhmens und über die chemische Constitution
der unter dem Namen Ankerit vereinigten Mineralsubstanzen. Von
Prof. Dr. Em. Boricky 47
VI. Die Krystallform des Barytocölestins. Von Dr. Edmund F. Neminar 59
VII. Notizen. Verwandlung von Grammatit in Talk bei Gegenwart von
Olivin. — Ueber Leucit. — Note zu Laspeyres’ Abhandlung: Krystallo-
graphische Bemerkungen zum Gyps. — Ueber die Wirkung verdünnter
Essigsäure auf dolomitische Kalke 65
II. Heft.
I. Bericht über die vulkanischen Ereignisse des Jahres 1875. Von
Professor Dr. C. W. C. Fuchs. 71
II. Ueber grüne Schiefer Niederschlesiens. (Mit Tafel VIII). Von Ernst
Kalkowsky 87
III. Ueber Beryll von Eidsvold in Norwegen. Von M. Websky .... 117
IV. Chemische Analyse der Darkauer jodhaltigen Salzsoole. Von E. Ludwig 119
V. Ueber vulkanische Gesteine derGalopagos-Inseln. Von F rank A. Gooch 133
VI. Notizen. Regelmässige Verwachsung von Eisenkies mit Eisenglanz. —
Minerale aus dem nordwestlichen Theile Schlesiens 141
III. Heft.
I. Die Eruptivgesteine der Gegend von Banow in Mähren. Von Dr.
Edmund F. Neminar 143
II. Einige Worte über den geologischen Bau von Süd-Luzon Von Dr.
Richard von Dräsche. (Mit Tafel IX — XHI.) 157
III. Ueber die mikroskopische Unterscheidung von Nephelin und Apatit.
Von A. Streng. 167
IV. Analyse des Wassers vom „Mare morto“ auf der Insel Lacroma. Von
Dr. W. F. Loebisch und L. Sipöcz 171
V. Ueber das Verhalten des Eisenoxydes bei hohen Temperaturen. Von
Wilhelm Sui da. 175
VI. Notizen. Bemerkungen über die Pechsteine von Arran. — Biotit-
Zwillinge vom Vesuv. 185
IV
IV. Heft. Seite
I. Ueber einige Grünschiefer des sächsischen Erzgebirges. Von Dr.
Eugen Geinitz in Göttingen 189
II. Die petographische Beschaffenheit der im Grazer Devon vorkommenden
Tuffe. Von Joh. Terglav 207
III. Felsarten aus der Gegend von Rosignano und Castellina marittima,
südlich von Pisa. Von Dr. Friedrich Berwerth 229
IV. Notizen: Geschenke. — Der Stern von Este. — Entstehung einer
schaligen Textur im Steinsalze durch Schlag. — Sulfuricin und
Melanophlogit. 241
Verzeichniss der Tafeln.
Tafel Seite
I — II zu : R. Helmhacker. Pyrit von Waldenstein in Kärntken. I. Heft. 13
III — VII „ Dr. Richard von Dräsche. Weitere Bemerkungen über die
Geologie von Reunion und Mauritius. I. Heft. 39
VIII „ Ernst Kalkowsky. Ueber grüne Schiefer Niederschlesiens.
II. Heft. 87
IX — XIII. „ Dr. Richard von Dräsche. Einige Worte über den geologischen
Bau von Süd-Luzon. III. Heft. 157
MINERALOGISCHE
MITTHEILUNGEN
GESAMMELT VON
GUSTAV TSCHERMAK.
JAHRGANG 1876. HEFT I.
( Diese Mittheilungen erscheinen zugleich als Beilage zum Jahrhuche der k. k. geol.
Reichsanstalt.)
WIEN, 1876.
ALFRED HOLDER
K. K. UNIVERSITÄTS-BUCHHÄNDLER.
ROTHENTHURMSTRASSE 15.
JAHRGANG 1876.
I. HEFT.
GESAMMELT VON
G. TSCHERMAK
DIRECTOR DES K. K. MINERALOGISCHEN HOF-MUSEUMS.
I. Analyse der Harkänyer Therme.
Von Carl Tlian.1)
Im Bäranyäer Comitate, in der Nähe der Ortschaft Harkäny,
wurden schon im Jahre 1823 mehrere Thermalquellen entdeckt. Von
diesen Quellen ist diejenige, welche südlich von dem obgenannten Orte
liegt, als die eigentliche „Harkänyer Quelle“ bezeichnet. Diese Quelle
war es, welche die im Jahre 1845 von dem Grafen Casimir Batthyäny
errichtete Badeanstalt mit Wasser versah. In der Nähe dieser Quelle
nun gelang es dem Herrn Bergingenieur Wilhelm Zsigmondy, auf
Grund einer tiefsinnigen Combination im Jahre 1866 eine artesische
Quelle zu eröffnen, welche den Erwartungen nicht nur vollkommen
entsprach, sondern dieselben in vieler Hinsicht sogar iibertraf, so dass
das Resultat zu den gelungensten ähnlicher Unternehmungen gerechnet
werden kann. Mit der chemischen Untersuchung dieser, sowohl in prak-
tischer als wissenschaftlicher Beziehung interessanten Quelle, wurde ich
noch im October des Jahres 1866 betraut, konnte aber dieselbe, meiner
anderweitigen zahlreichen Beschäftigungen wegen, erst vor einigen
Monaten zum Abschluss bringen. Im Folgenden sind die bei der Unter-
suchung gewonnenen Resultate zusammengestellt.
Besonders interessant für mich war die Analyse dieser Quelle aus
dem Grunde, weil ich darin ein bis dahin unbekanntes, schwefelhaltiges
Gas, das Kohlenoxysulfid, entdeckte, welcher Umstand mich später auch
zu der Darstellung dieses Gases führte. Zu Beginn des Jahres 1866
machte ich mehrere Versuche dieses Gas darzustellen, wovon einer
darin bestand, dass reines Kohlenoxyd mit überschüssigem Schwefel-
dampf durch eine schwach glühende Röhre geleitet wurde, wobei sich
nach der Gleichung
CO + s = cos
Kohlenoxysulfid bilden konnte. Das Kohlenoxysulfid bildete sich auch
wirklich, es gelang aber auf keine Weise dasselbe von dem überschüs-
sigen Kohlenoxyd zu befreien.
Dass sich bei dem eben beschriebenen Versuch unzweifelhaft
Kohlenoxysulfid gebildet hatte, ging daraus hervor, dass das mit
b Auszug aus dem der ungarischen Akademie am 13. Juli 1868 vorgelegten
Aufsatz.
Mineralogische Mittheilungen. 1876. 1. Heft. (Carl Than.)
1
2
Cai’l Tlian.
[2]
Schwefeldampf behandelte Kohlenoxyd einen eigenthümlichen aromati-
schen Geruch besass, welcher, wenn das Gas mit Wasser in Berührung
kam, auch ihm mitgetheilt wurde. Bei dem Verbrennen des Gases ent-
stand schwefelige Säure, woraus hervorgeht, dass das Gas schwefelhaltig
war. Die wässerige Lösung des Gases gab mit angesäuerter Silberlösung
keinen Niederschlag, wohl aber mit ammoniakalischer, welcher aus
Schwefelsilber bestand. Kalkwasser wurde getrübt. — Wenn die wässerige
Lösung 5 — 6 Stunden lang gestanden hatte, entstand darin sehr stark
der Geruch nach Schwefelwasserstoff. Alle diese Reactionen setzten es
ausser Zweifel, dass bei obigem Versuch sich Kohlenoxysulfid bildet, wie
dieses durch die später festgestellten Eigenschaften des reinen Kohlenoxy-
sulfids vollkommen bestätigt wurde.
Im October des Jahres 1866 reiste ich nach Harkäny, um die
Vorarbeiten zur Untersuchung des Wasser’s an der Quelle vorzunehmen.
Ich war nicht wenig überrascht, als sowohl das abgekühlte Wasser als
auch die der Quelle entströmenden Gase mit saueren Lösungen von
Cadmium und Silber keinen Niederschlag gaben, trotz des Schwefel-
gehaltes der Quelle. Der Niederschlag entstand nur bei Anwendung
von alkalischen Lösungen der genannten Metalle. Dieses eigenthümliche
Verhalten verursachte mir anfangs einige Verlegenheit, da weder das
Wasser noch das Gas einen Schwefelwasserstoff“- Geruch besass und ich
nicht wusste, in welcher Form der Schwefel vorhanden sein könne. Ich
vermuthete, dass der Schwefel in der Quelle möglicherweise in der
Form von Kohlenoxysulfid enthalten sein könnte, welche Vermuthung
auch dadurch unterstützt wurde, dass der Geruch der Quelle an den
Geruch des bei dem oben beschriebenen Versuch erhaltenen Gases
lebhaft erinnerte.
Diese Erfahrungen veranlassten mich zunächst die Versuche zur
Darstellung des reinen Kohlenoxysulfids wieder aufzunehmen. Die Resul-
tate dieser Versuche, welche zur Entdeckung des Kohlenoxysulfids
führten, habe ich am 8. Juli des vorigen Jahres der k. ungarischen
Akademie vorgelegt.1)
Nachdem die Haupteigenschaften des Gases und die Methoden
zur quantitativen Bestimmung festgestellt worden, war es leicht das
Gas in dem Harkänyer Thermal- Wasser und in dem der Quelle ent-
strömenden nachzuweisen ; sowie dasselbe nach weiter unten mitgetheil-
ten Methoden zu bestimmen.
Zu diesem Zwecke reiste ich im April dieses Jahres abermals
nach Harkäny. Die geologischen Verhältnisse beabsichtigt Herr Wilh.
Zsigmondy ausführlich zu beschreiben. Ich beschränke mich daher
bei dieser Gelegenheit darauf, nur einzelne Bruchstücke aus einem
von Herrn Wilh. Zsigmondy in der Sitzung vom 6. Februar 1867
der ungar. geolog. Gesellschaft gehaltenen Vortrage mitzutheilen.
„Die Bohrung geht 120 Fuss tief. Bis zu dieser Tiefe hat man
folgende Schichtenreihe: zu oberst liegt 1' Humuserde, darunter 3'
dichter grauer Thon, dann eine 29* 1" mächtige Sandschichte, unter
welcher eine 17' 1" mächtige Schichte von hellgrauem Thon lagert;
weiter folgen 3' grauer, sandiger, mit Glimmer vermischter Thon, dann
l) In deutscher Uebersetzung in Liebig’s Annal., V. Suppl. Bd., Pag. 236.
[3]
Analyse der Harkänyer Therme.
3
6' ähnlicher Thon nur mit feinerem Sand, ferner eine Schicht von 12'
10 ' grobkörnigem, glimmerhaltigen Sand mit wenig Thon gemischt,
dann 16' 6" bräunlicher, sandiger Thon mit Glimmer und zuletzt eine
graue thonige Sandlage mit Glimmer, welche bis zu der Sohle des
Brunnens anhält. Nur in der Tiefe von 16° tritt eine 2' und in der
Tiefe von 17° ein 1' 5" dicke Schicht von Thon auf; die erstere ist
bräunlich, die letztere grau gefärbt. Der aus den zwei untersten Klaf-
tern hervorgeholte Sand enthielt nuss- bis faustgrosse scharfkantige
Stücke von Lias und Quarzgerölle, unter welchen hie und da braun-
gefärbte Bruchstücke von Knochen und ein meerschaumähnliches Stein-
stück vorkamen.
„Nach dem Schlämmen aller Bohrproben konnte ich nur in denen
aus der Tiefe von 11° und 19° hervorgeholten Proben dem Lignit ähn-
liche Holzstücke entdecken, welche ihrem Aeusseren nach aber zu den
Gerollen zu zählen sind. Nach dem Schlämmen des Thones bleibt Sand
zurück, welcher mit dem Sande der durchbohrten Sandschichte voll-
kommen identisch ist, nur dass er kleine Mengen von Eisenkies ent-
hält. Die vorkommenden scharfkantigen Kalksteinstücke weisen darauf
hin, dass wir es hier mit einer quaternären Formation zu thun haben.“
„LTnter den durchbohrten Schichten kommen drei Sandschichten
vor, welche zufolge ihrer Beschaffenheit für das Wasser sehr durch-
lässig sind und von einander durch wasserdichte Thonschichten getrennt
sind. In Folge dessen sind alle diese drei Schichten Wasserreservoirs
und zwar enthält das oberste das locale einsikernde Wasser, das zweite
liefert Wasser von 44° R. und das dritte solches von 50° R. Es ist
aber wahrscheinlich, dass eine neue Bohrung in der Nähe des jetzigen
Brunnen nur eine einzige wasserhaltige Schicht treffen würde; vor dem
Herstellen des Brunnens nämlich brachte das unter einem enormen
Druck sich befindliche Thermal-Wasser die Risse hervor, aus welchen
früher das Thermal-Wasser hervorquoll, welches sich auf seinem Wege
mit dem Wasser der 2. Schicht gemischt und dessen Temperatur
erhöhte. Die Temperatur der Hausbrunnen in Harkäny wird durch die
Temperatur des Thermal- Wassers beeinflusst, wie aus den folgenden
Beobachtungen die an einem Tage an 24 Brunnen gemacht wurden,
hervorgeht. Die Temperatur der gewöhnlichen Brunnen beträgt:
von der Quelle 6° entfernt 23° R.
16°
iU 55
14°
11° „
10° „
Gleiche Temperaturen zeigten die Brunnen, welche gegen das Gebirge lagen.
An dem während des Bohrens zu Tage geförderten Schlamme
wurden folgende Temperaturen beobachtet:
in
der
Tiefe
von
6°
23*5°
R.
??
99
99
j)
8°
3'
38°
99
))
99
99
99
9°
4'
6"
40°
99
»
99
n
r>
11°
2'
6"
44-5°
99
n
»
»
13°
3'
48°
99
5)
99
n
17°
0'
3"
48-5°
99
J)
n
?)
n
18°
5'
9"
50°
99
100°
200°
300°
480°
l*
4
Carl Thau.
W
Die Temperatur des Wassers nahm nicht in demselben Verhält-
nisse zu; als der Schlamm schon 33’5° R. erreicht hatte, zeigte das
Wasser nur 24-5° R. und neben einem Schlamm von 48° R. Wärme
hatte das Wasser blos 28° R. Erst in der Tiefe von 18°, als das
Wasser sich schon zu heben begann, erreichte es die Temperatur von
38° und nach einer halben Stunde, nach dem Ausbruch der Quelle,
stieg die Temperatur auf 50° R. „Von der neunten Klafter angefangen
bedeckte die Oberfläche des Wassers während der ganzen Bohrung
ein brauner Schaum von 2 — 3" Höhe, welcher wenn er entfernt wurde,
sich wieder bildete und nach seinem Gerüche beurtheilt, aus Petroleum
bestand. Von der 18. Klafter angefangen, von wo sich das Wasser bis
zu der Erdoberfläche erhob und in einen Graben ausfloss, zeigte die
Oberfläche des Wassers ein Irisiren.“
Die Mündung der Quelle ist in eine aus Tannenholz gefertigte
Röhre, deren äusserer Durchmesser 22' und ihr innerer 18' beträgt,
eingefasst.
Acht Tage nach dem Ausbruche wurde die Menge des ausflies-
senden Wassers gemessen und gefunden, dass in einer Secunde
1532 Cubikfuss oder in 24 Stunden 73.536 Eimer geliefert wurden.
Es wurde jetzt eine 2'5° lange Röhre aufgesetzt. In derselben stieg
in 6 Secunden das Wasser 10' und in 17 Secunden 15' hoch. Darnach
erhielt man in 24 Stunden unten 36.768 Eimer, oben 24.512 Eimer
Wasser.
Die Tiefe der Quelle beträgt 20°, der Durchmesser an der Mün-
dung 18". Das Wasser quillt aus der Quelle kräftig hervor und befindet
sich durch die grosse Menge mitemporsteigender Gase wie in sie-
dender Bewegung. Die ausströmenden Gase können unmittelbar an-
gezündet werden und brennen dann in Gestalt umherhüpfender Flammen
auf dem Wasser. Gegenwärtig ist das Wasser, wegen einer Turbine,
die es treibt, in einer weiten Röhre auf etwa 10' — 12' Höhe über das
Erdniveau gehoben. Oberhalb dieser Röhre ist ein blecherner Trichter
umgekehrt angebracht, welcher die Gase ansammelt und sie durch
2 engere Röhren entweichen lässt, wo sie angezündet mit Flammen
verbrennen, welche mehrere Zoll breit und einige Fuss lang sind. Die
Flammen sehen der Flamme des nicht leuchtenden Bunsen’schen Brenners
ähnlich mit einem Stich in’s gelbliche. —
Die Temperatur der Quelle ist ausserordentlich hoch; an der
Oberfläche sowohl, als auch in einer Tiefe von 20° beträgt sie 62.6° C.
Nach anderthalb Jahren hatte sich die Temperatur nicht geändert. —
Das Wasser ist vollkommen durchsichtig ; es reisst Sandpartikel mit,
die sich bei der Ruhe zu Boden setzen.
Das ausströmende Wasser überzieht die Rinnen und andere darin
längere Zeit verweilende Gegenstände mit einer Kruste, welche so viel
freien Schwefel enthält, dass die Kruste angeziindet, mit einer bläulichen
Flamme brennt, wobei sich der Geruch nach schwefeliger Säure ver-
breitet.
Das spec. Gew. des Wassers bei 20° C = 1 -0007 6. Das spec.
Gewicht des in der Quelle enthaltenen Wassers von 62,6° C verglichen
mit dem des auf 20° abgekühlten Wassers beträgt = O^ööl.
[5]
Analyse der Harkänyer Therme.
5
Qualitative Untersuchung des Wassers.
Das Wasser hat unmittelbar nach dem Schöpfen einen nicht un-
angenehmen, harzartigen Geruch, welcher vollkommen verschieden ist
von dem Gerüche des Schwefelwasserstoff. Auch unmittelbar nach dem
Abkühlen kann derselbe noch wahrgenommen werden. Der Geruch
gleicht auf das Entschiedenste einer Lösung von Kohlenoxysulfid in
Wasser. Die der Quelle entströmenden Gase besitzen denselben Geruch.
Empfindliches Lacmuspapier wird von dem Wasser geröthet, welche
Färbung aber nach dem Eintrocknen wieder verschwindet; ein Beweis,
dass die sauere Reaction von der freien Kohlensäure herrührt. Cur-
cumapapier zeigt nur nach dem Eintrocknen eine schwache Bräunung.
Die Gegenwart von Kohlenoxysulfid wurde auf folgende Weise nach-
gewiesen :
1. Das aus der Quelle geschöpfte Wasser entwickelt bei dem
Kochen nicht unbeträchtliche Mengen von Gas, deren Geruch dem aus
der Quelle entströmenden ähnlich ist. Nach längerem Kochen wird es
trübe, verliert den Geruch und zeigt eine entschieden alkalische Reaction.
2. Das abgekühlte frische Wasser gibt mit Silberlösung eine weisse
Trübung, ohne dass dadurch die Flüssigkeit ihren charakteristischen
Geruch verliert. — Durch einige Tropfen Ammoniak verschwindet die
weisse Trübung und es entsteht statt dessen ein schwarzer Niederschlag
von Silbersulfid. Aehnliche Reactionen zeigen die Cadmium — und Blei-
salze nur dann, wenn die Flüssigkeit alkalisch gemacht wird.
3. Auf Zusatz von Kalihydrat verschwindet der Geruch des
Wassers augenblicklich. Wird diese Flüssigkeit mit verdünnter Schwefel-
säure versetzt, so entwickelt sich Schwefelwasserstoff. Das mit Kalilauge
versetzte Wasser zeigt alle Eigenschaften der Schwefelalkalien.
4. Nitroprussidnatrium bewirkt in dem abgekühlten Wasser keine
Veränderung. Nach Zusatz eines Tropfens Kalilauge oder Ammon ent-
steht aber augenblicklich die charakteristisch röthlich - veilchenblaue
Färbung.
Aus diesen Versuchen geht unzweifelhaft hervor, dass in dem
Wasser das Kohlenoxysulfid in Lösung enthalten ist.
Da das Wasser nach dem Ansäuern mit Chlorbaryum keine Trü-
bung gibt und da keine Spuren von schwefligsaueren oder unter-
schwefligsaueren Salzen nachweisbar sind, — so folgt hieraus, dass die
gesammte Menge des Schwefels als Kohlenoxysulfid im Wasser vor-
handen ist. Diese Folgerung wird auch noch durch den folgenden Ver-
such bethätigt. Nachdem durch das abgekühlte Wasser 5 Stunden lang
•reines Wasserstoftgas geleitet wurde, erzeigte eine ammoniakalische
Lösung von Chlorcadmium einen weissen Niederschlag, welcher mit
Salpetersäure und chlorsauerem Kali oxydirt in der abfiltrirten Lösung
mit Chlorbaryum keine Trübung gab, folglich auch keinen Schwefel
enthalten konnte.
Wird das Wasser heiss in Flaschen gefüllt und dann abgekiihlt,
so zeigt es nach 1 — 2 Stunden noch den charakteristischen Geruch.
6
Carl Tlian.
[ö]
Nach längerem Stehen in offenen Flaschen, etwa nach 10 — 12 Stunden
nimmt es den Geruch nach Schwefelwasserstoff an, zu Folge der Zer-
setzung des Kohlenoxysulfid’s durch Wasser :
COS -f- H20 = C02 + H2S.
Aus der grossen Zahl der Flaschen, welche wohl verschlossen
nach Pest gesandt wurden, hatten die wenigsten bei dem Aufmachen
den charakteristischen Geruch des Kohlenoxysulfid’s und nur wenige
den des Schwefelwasserstoffes.
Bei dem Kochen trübt sich das Wasser und setzt einen Nieder-
schlag ab, welcher aus kohlensauerem Kalk, kohlensauerer Magnesia
und Kieselsäure besteht. Mit verdünnter Schwefelsäure angesäuert, wird
bei dem Kochen das Wasser nicht getrübt. Es zeigt den Geruch des
Kohlenoxysulfid’s, welcher aber nach einiger Zeit verschwindet.
Die Aufsuchung der in grösseren Mengen vorkommenden Bestand-
theile übergehend, erwähne ich hier nur der Methoden, mittelst welchen
die in kleinen Mengen vorkommenden Bestandtheile aufgefunden wurden.
Zu diesem Zwecke wurden ungefähr 10 Liter Wasser unter Zusatz von
reinem kohlensauern Kali eingedampft. Die zurückbleibende Masse
wurde bei dem Glühen bläulich- schwarz und entwickelte einen theer-
artigen Geruch. Aus diesem Rückstände wurde nach den bekannten
Methoden festgestellt, dass von den in geringeren Mengen vorkommenden
Bestandtheilen Jod, Brom, Borsäure, Lithium, Strontium und Mangan in
wägbaren Mengen vorhanden sind. Eisen, Phosphorsäure und organische
Verbindungen konnten ihrer minimalen Menge halber und wegen dem
unbestimmten Verhalten der letzteren nur qualitativ nachgewiesen
werden.
Unter den Fettsäuern wurde Ameisensäure in grösserer Menge
entschieden erkannt, auch ist die Gegenwart geringer Spuren höherer
fetten Säuren, wahrscheinlich Buttersäure oder Valeriansäure constatirt
worden. Ausserdem scheint eine andere organische Säure vorhanden zu
sein, deren Natur nicht festgestellt werden konnte. Fluorverbindungen
und salpetersaure Salze konnten auch qualitativ nicht nachgewiesen
werden.
Es ist bemerkenswert!], dass der durch Eindampfen mit Salzsäure
gewonnene Rückstand Ammonsalze enthält. Das durch Kalk aus diesem
Niederschlage entwickelte Ammoniak war aber nicht rein, sondern zeigte
auf das entschiedenste einen Geruch, welcher an die Basen der Picolin-
reihe erinnerte.
Die Resultate der quantitativen Analyse sind in der folgenden
Tabelle zusammengestellt. Die einzelnen Bestandtheile sind nach den
bekannten Methoden bestimmt worden. Das in Wasser gelöste Kohlen -
oxysulfid wurde durch ammoniacalische Silberlösung in Schwefelsilber
verwandelt; der so erhaltene Niederschlag wurde oxydirt und der
Schwefel als schwefelsaurer Baryt gewogen.
[7]
Analyse der Harkänyer Therme.
7
Zusammensetzung der Harkänyer Thermal - Schwefelquelle.1)
Wasser
Procente
Natrium
0-1610
59-35 Na
Calcium . .
0-0552
23*40 Caa/2
Kalium
0-0386
8-36 K
Magnesium
0-0097
6‘85 MgV2
Strontium
0-0052
1-01 Sl’Vj
Lithium
0-0004
0-53 Li
Mangan (Spur von Fe u. Al)
0-0016
0-50 MnV2
In den kohlen-
Kohlenstoff ......
0-0363
•51-34 (C03)
saueren Salzen
Sauerstoff
0-0968
Chlor
0-1199
28-67 CI
In den kiesel-
' Silicium
0-0298
18-03 (Si03)
saueren Salzen
Sauerstoff
0-0510
In den bor-
Bor
0-0018 1
■ 1-34 Bo02
saueren Salzen
Sauerstoff
0-0051
Jod
0-0071
0-47 J
Brom
0-0014
0-15 Br
Summe der fixen Bestandtheile
0-6693
Freie und halbgebundene Kohlensäure . . .
0-3782
145-75 C02
Gelöstes Kohlenoxysulfid
Control versuche.
0-0241
6-81 COS
1) 202-3452 Gr. Wasser wurden mit reinem ausgeglühten kohlen-
sauern Natron eingedampft und der Rückstand bei 130° C. getrocknet.
Der Rückstand betrug 0vl528 Gr.
Dieser Rückstand wurde vorsichtig so lange geglüht, bis die verkohlte
Masse wieder weiss geworden. Das Gewicht betrug jetzt 01370 Gr.
Die Differenz ist annähernd die Menge der organischen Substanzen
0-0158 Gr.
Die direct gefundene Menge der fixen Bestheile betrugen
in 1000 Tbl. 0-6.71 Gr.
Die Summe der einzeln bestimmten Bestandtheile beträgt 0"6693 Gr.
2) 154-114 Gr. Wasser wurden mit Schwefelsäure eingedampft.
Der schwach geglühte Rückstand wog 0-1360 Gr.
Die direct gefundene Summe der schwefelsaueren Salze, des Bor und
der Kieselsäure ist 0-8825 Gr.
Die aus den einzelnen Bestandtheilen berechnete Summe ist 0-9039 Gr.
Um die gefundenen Resultate nach dem üblichen Verfahren in
der Form von Salzen zusammenstellen zu können, wurden 997-409 Gr.
Wasser 1 Stunde lang unter Ersatz des verdampfenden Wassers gekocht.
Das in Lösung gebliebene Calcium gab CaO 0-022 Gr.
Diesem entspricht Ca 0 0158 „
') Ueber die Art dieser Zusammenstellung vgl.: C. Than, Ueber die Zusam-
menstellung der Mineralwasser -Analysen, Sitzungsber. d. Wiener Akad., Bd. LI, 1865.
8
Carl Than.
[8]
Aus derselben Flüssigkeit wurde, nachdem der Kalk abgeschieden war,
die in Lösung gebliebene Magnesia als pyrophosphorsaure Magnesia
gewogen ; ihr Gewicht war 0 053 Gr.
Dieser Menge entsprechen 0"0093 Gr. Mg.
Auf Grund der beiden letzten Angaben können die einzelnen Bestand-
theile zu Salzen combinirt werden. Obwohl nun, wie ich a. a 0. schon
nachgewiesen habe, eine solche Art der Zusammenstellung vom wissen-
schaftlichen Standpunkte nicht gerechtfertigt ist aber die wahre chemische
Zusammensetzung durch obige Zusammenstellung richtiger wird, so will
ich dennoch die Zusammenstellung nach dem gewöhnlich befolgten
Verfahren auch mittheilen, da sie besonders dem praktischen Arzte
geläufiger ist.
Zusammensetzung der Harkänycr Thermalquelle.
In 1000 Tlil.
In 1 Pfd.
Wasser
Wasser
Kohlensaures Natron ....
Na2C03
0-2061
1-583
Gran
Kieselsaures Natron ....
Na2Si03
0-1297
0996
55
Borsaures Natron
Na2Bo3
0-0105
0-081
55
Chlornatrium
NaCl
0-0483
0-371
55
Chlorkalium
C1K
0-0735
0-564
55
Chlorlithium
CILi
0-0027
0-021
55
Chlorcalcium
CaCl2
0-0437
0-336
55
Chlormagnesium
MgCl2
0-0341
0-262
55
Jodmagnesium
MgJ2
0-0077
0-059
55
Brommagnesium ......
MgBr2
0-0016
0-012
55
Kohlensäure Magnesia ....
MgCOa
0-0007
0-005
n
Kohlensaurer Kalk
CaC03
0-0986
0-757
55
Kohlensaures Strontian ....
SrC03
0-0088
0-068
55
Kohlensaures Mangan ....
MnC03
0-0033
0-025
» .
Summe der fixen Bestandteile .
0-6693
5-140
Gran
Organische Substanz ....
0-0150
0-121
57
Freie und halbgebundene Kohlensäure
191-75 cc.
5*88 K.-Zoll
Gelöstes Kohlenoxysulfid . . .
6-81 „
0-27
55
Die hier angeführten Gase sind im Wasser in gelöstem Zustande
enthalten. Wenn man das Wasser nach dem Abkühlen längere Zeit
stehen lässt, setzt sich das Kohlenoxysulfid mit dem Wasser in ein
gleich grosses Volumen Schwefelwasserstoff um. Die Reaetion des
Wassers auf Pflanzenfarben ist neutral und nur nach dem Eintrocknen
alkalisch.
Die Harkäny’er Quelle ist der Analyse zufolge unter die schwefel-
haltigen Thermalquellen zu zählen. Besonders charakteristische Bestand-
teile sind das Kohlenoxysulfid und die relativ überwiegende Menge
von kohlensauerem Natron ; ferner ausser dem kieselsauren Natron der
Jod- und Bromgehalt, welch beide letztem P5 °/0 des gesammten Salz-
gehaltes ausmachen. — Es ist auffallend, dass keine Spur von Schwe-
felsäuresalzen in dem sonst schwefelhaltigen Wasser vorkommt.
[9]
Analyse der Harkänyer Therme.
9
Analyse der ausströmen den Gase.
Der Quelle entströmt, wie oben erwähnt, eine grosse Menge Gas,
welches angezündet mit gelblich blauer Flamme verbrennt. In diesem
Gase sind folgende Bestandtheile enthalten : Kohlenoxysulfid, Kohlen-
oxyd, Kohlensäure, Stickstoff und Sumpfgas.
Das aufgesammelte Gas hat einen eigenthümlichen, nicht unan-
genehmen, aromatischen Geruch, welcher dem des Kohlenoxysulfid’s
vollkommen ähnlich ist, und wahrscheinlich rührt er von diesem allein
her. Das Gas strömt an der Peripherie der im Lichten 18" betragenden
Oeffnung am stärksten hervor, während in der Mitte bedeutend weniger
entweicht. Um die Menge der ausströmenden Gase annähernd zu be-
stimmen, wurde die Zeit gemessen, welche erforderlich war, um einen
V2 Liter fassenden Kolben mit einer 2 cm. weiten Oeffnung mit dem
ausströmenden Gase anzufüllen. Der Kolben füllte sich in der Mitte
der Quelle in 3 M. 28 Sec., an der Peripherie in 1 M. 21 Sec.
Die Bestimmung des mit den Gasen entweichenden Kohlen-
oxysulfid’s geschah in folgender Weise:
Es Avurde ein grosser Trichter umgekehrt im Wasser befestigt,
so dass der konische Theil desselben unter Wasser getaucht war. Die
aufsteigenden Gase sammelten sich in dem Trichter und nachdem die
Luft verdrängt war, wurde der Trichter mittelst einem Kautschuckrohr
mit einem Glasrohr verbunden, welches mit einem Pettenkofer’schen
Rohr communicirte. Dieses war mit einem mit Wasser angefüllten
Aspirator luftdicht verbunden. In dem Pettenkofer’schen Rohr befand
sich Kalilauge, durch welche das Gas streichen musste, sobald der
Hahn des Aspirators geöffnet wurde.1) Das Kohlenoxysulfid wurde von
der Kalilauge absorbirt und nach Beendigung des Versuches die Lösung
in eine Flasche mit eingeriebenem Glasstöpsel übergegossen und solange
Silberlösung zugesetzt, als noch ein Niederschlag von Schwefelsilber
entstand. Die luftdicht verschlossene Flasche hob ich zur Aveiteren
Arbeit auf, nachdem das Volumen des durch die Kalilauge gestrichenen
Gases, (Avelches sich ungefähr auf 20° abgekühlt) mit Wasser auscali-
brirt war. Der aus Ag20 und Ag2S bestehende sclnvarze Niederschlag
wurde mehreremale mit Essigsäure ausgekocht, gut ausgewaschen mit
Salpetersäure oxydirt und aus der Lösung nach Entfernung des Silbers
durch Salzsäure, die Schwefelsäure mit Chlorbaryum gefällt und als
schwefelsaurer Baryt gewogen. Nach diesem Verfahren erhielt man
aus 2073 cc. Gas, welches sich im Aspirator ansammelte, 0-069 Gr.
scliAvefelsauren Baryt. Diesem entsprechen 0'0178 Gr. Kohlenoxysulfid
und dessen Volum G’625 cc. ist. In 100 Volumen des ausströmenden
Gases sind demnach enthalten Kohlenoxysulfid 0-46 Vol.
Zur Ermittelung der anderen Bestandtheile des ausströmenden
Gasgemenges wurden mehrere Glasröhren mit demselben gefüllt, abge-
') Da die Kalilauge das Kohlenoxysulfid nur langsam absorbirt, muss man das
Gas in sehr kleinen Blasen durch dasselbe streichen lassen. Wie ich später beob-
achtete, lässt sich ammoniakalische Silberlösung zur Absorption des neuen Gases viel
besser verwenden. Es muss dabei nur Sorge getragen werden, dass das durch den
Lu ft ström fortgetragene Ammoniak von Zeit zu Zeit ersetzt wird.
Mineralogische Mittheilungen. 1876. 1, Heft. (Carl Than.)
2
10
Cai’l Than.
[10]
schmolzen und im Laboratorium nach den Methoden von Bimsen analysirt.
Einige der Böhren waren mit feuchtem, andere mit durch Chlorcalcium
getrocknetem Gase gefüllt. Die Köhren mit dem feuchten Gase wurden
nach 3 — 6 Wochen geöffnet, in welchem Zeitraum sich das Kohlen-
oxysulfid mit dem Wasser in Schwefelwasserstoff zerlegt hatte. Das
trocken aufgehobene Gas liess den Schwefelwasserstoff'gerueh auch erken-
nen, aus dem Verhalten des Gases gegen Reagentien liess sich aber
mit grosser Wahrscheinlichkeit schliessen, dass auch unzersetztes Koh-
lenoxysulfid vorhanden war. Die Bildung von Schwefelwasserstoff in
diesen Röhren lässt sich dadurch erklären, dass trotz des Trocknens
Feuchtigkeit in den Röhren zurückblieb.
Die Analyse des Gasgemenges gab folgende Resultate:
1. Bestimmung der durch Kali absorbirbaren Gase:
v p t r0>)
Zur Analyse genommenes Gas, feucht 166-6 0-7006 1 7*7 0 109-60
Nach der Absorption mit Kali . . . 133-7 0-6934 18"2° 89'10.
Es wurden also von dem Kali 20"5 Volum absorbirt. Dieses sind
in Procenten ausgedrückt 18-70
hievon die Procente des Kohlenoxysulfids abgezogen . . 0-46
bleiben Kohlensäure . 18"24 Proc.
2. Bestimmung der durch Kalihydrat nicht absorbirbaren Bestand-
theile :
V
p
t
K
Zur Analyse verwendetes Gas .
102-5
0-1892
18-5°
18-17.= a
Nach Zusatz von Knallgas . .
144-3
0-2405
18-7°
32-48 = b
„ „ „ Sauerstoff . .
211-8
0-2899
19°
57-40 = c
„ „ „ Luft ....
439-5
0-5417
18-8°
222-80 = d
„ der Explosion ....
„ „ Absorption der Kohlen-
394-8
0-4949
18-5°
183-00 = e
säure
376-4
0-4886
19-6°
171-60 = f
„ Zusatz von Wasserstoff .
„ der Explosion und dem
520-2
0-6270
20-7°
307-30 = g
trocknen
405-7
0-5170
21-4°
194-50 = li
Da das mit Kalihydrat behandelte Gas geruchlos war, so lässt
sich vorausetzen, dass das Gas keine complicirten Kohlenwasserstoffe
enthält. Nach der Behandlung des Gases mit einer mit rauchender
Schwefelsäure getränkten Coakskugel und nachher mit einer Kalikugel,
änderte sich das Volum des Gases nicht. Demnach konnten keine Koh-
lenwasserstoffe von der Formel CnII%n darin enthalten sein. Da das
Kohlenoxysulfid bei höherer Temperatur in Schwefel und Kohlenoxyd
ff V — das beobachtete Volum,
P = Tension,
t — Temperatur,
Vo — das auf 0° und 1 Meter Druck reducirte Volum.
[11]
Analyse der Harkänyer Therme.
11
zerfällt, so war bei der hohen Temperatur der Quelle anzunehmen, dass
das Gas auch Kohlenoxyd enthalte. Die Richtigkeit dieser Annahme war-
um so wahrscheinlicher, da die Incrustation der Quelle freien Schwefel
enthält. In dem durch Kali nicht absorbirbaren Gase konnten daher vor-
handen sein: Sumpfgas, freier Wasserstoff, Kohlenoxyd und von den
nicht verbrennlichen Gasen Stickstoff. Die Menge des in dem Gase
enthaltenen Stickstoffs = n, ergibt sich aus den obigen Beobachtungen,
wenn man von der Menge des nach der Verbrennung zurückgebliebe-
nen Gases = 7r, die Menge des mit der Luft eingeführten Stickstoffes
- — O7904 (d — c). und die nach der Verbrennung zurückgebliebene
Menge des Wasserstoffs = (g — f) — 2/3 (g — /<) abzieht. Man erhält
also folgende Menge des Stickstoff nach der Gleichung:
n = h — (g — f) — 2/3 (g — li) — 0'7904 (d — c)
n = 4"60.
Diese Zahlen auf die ursprünglichen Gase bezogen geben Stick-
stoff in Procenten N2 = 2Q-58.
Zur Berechnung des Sumpfgases, des freien Wasserstoffes und des
Kohlenoxydes bezeichnen wir mit:
A = die Summe der Volume dieser Gase (a — 4'GO) A = 13-57,
B = die Contraction d—e — Qi — a) = d + a—b — c B = 25-49,
C = das Volumen der bei der Verbrennung gebildeten Kohlensäure
(e — f) C = 11-40,
D = die Menge des zur Verbrennung verbrauchten Sauerstoffs (c — b)
+ 0-2096 {d—e) — V, {g—h) D = 23-31.
Es sollen ferner x, y, z die Mengen von Methylwasserstoff, Was-
serstoff und Kohlenoxyd bedeuten. Wir erhalten dann die folgenden
vier Gleichungen :
x + y + 0 = A 1.
2 x + D5 y + 0-5 z — B .. . 2.
Oß | - g — (J 9
2 x 4- 0'5 y + 0'5 z = D ... 4.
Berechnet man sich aus diesen Gleichungen die 3 Unbekannten
und substituirt die Werthe von A, B, C, D . . so erhält man:
x = 11-02
y = 2‘17
e — 0-38.
In 18-17 Volum Gas sind demnach enthalten:
Methylwasserstoff = 1D02
Wasserstoff = 2" 17
Kohlenoxyd = 0"38
Stickstoff = 4-60
18-17.
Bezieht man diese Zahlen auf die ursprüngliche Gasmenge, so
berechnet sich die
2*
Carl Than. Analyse der Harkänyer Therme.
12
[12]
Procentischc Zusammensetzung der aus der Scliwefel-Thermal-
Quelle zu Harkany ausströmenden Glase:
Kohlenoxysulfid . . .
. COS
=0 0-46
Vol.
Kohlenoxyd ....
. CO
= 1-70
Wasserstoff ....
. H2
= 0-71
j)
Kohlensäure ....
. co2
= 18-24
»
Stickstoff
. Na
= 20-58
5)
Methylwasserstoff . .
. CH,
= 49-31
J?
100-00 Vol.
*) Die ausserordentlich enei’gischen physiologischen Wirkungen dieses Gases
sind von Prof. C. Balagh im „Orvosi hetilap“ 1868, Nr. 42 beschrieben.
II. Pyrit von Waldenstein in Kärnthen.
Von II. Helmliaeker.
(Mit Taf. I und II.)
Waldenstein liegt im nordöstlichen Kärnthen, im oberen Lavant-
thal am Waldensteiner Bache, einem linksseitigen Zuflusse des Lavant-
baclies.
Bei Waldenstein verflachen die Glimmerschiefer, in denen krystal-
linischer Kalk eingelagert ist, nach Süden. Im Glimmerschiefer wird
auf Sideritlager Bergbau getrieben. Im körnigen Kalk, nahe an dessen
Liegenden gegen Glimmerschiefer zu, findet sich an einem Orte blättrig
(schuppiger) Haematit (Eisenglimmer), welcher stockförmig bis in einer
Mächtigkeit von über 30 Meter Vorkommen soll. Gegen das Liegende
zu sind in dem Haematiterzstock, auf dem der Pulverthurmstollen nahe
beim Schloss Waldenstein, am linken (südlichen) Waldensteinbach an-
getrieben ist, Glimmerschieferbrocken, in deren Nähe eingewachsene
Pyrite zum Vorschein kommen.
In dem ziemlich grossblättrigen, gebogenflächigen, schuppigen
Haematit (Eisenglanz), der nur selten als dunkelkirschrother Eisen-
glimmer vorkommt, sind lichter Glimmerschiefer, häufiger weisser
Ankerit, und entweder kry stallin isclie Körner reichlicher, oder ganzer
Krystalle von Pyrit spärlicher eingewachsen. Auch im glimmerschiefer-
artigen Gneiss finden sich Pyritkörner und Pyritkrystalle neben Ankerit-
schnürchen und Haematitschuppen.
Der Haematit hat keine bedeutende Festigkeit und blättert sich
etwas weniges ab.
Der Ankerit r) ist im frischen Zustande weiss, schwach durch-
scheinend, sonst aber lichtgelblichgrau bis gelbbräunlich, sehr gut spalt-
bar, im Kolben erhitzt, gänzlich und heftig zu winzigen Spaltungsrhom-
boederchen zerspringend, die sich schwarzbraun bis schwarzgrau färben.
Das spec. Gewicht desselben beträgt 3'0533 (mit L24 Gramm bestimmt)
oder 3-0437 (aus 213 Gramm).
Die eingewachsenen Pyrite sind meistentheils krystallisirt und
durchwegs Grupp, enkrystalle ; ihre Grösse ist vom kaum erbsengrossen
bis faustgross. Die Krystallfläcken zeigen sich immer rauh, oder schwach
glänzend genarbt und uneben auch undeutlich parkettirt, die Combina-
tionskanten nicht scharf, die kleineren Krystallflächen abgerundet und
ineinander verschwommen, — sobald dieselben im blättrigen oder
‘) Vivenot, Beiträge zur mineral. Topographie von Oesterreich (im Jahrb.
der geolog. Reichsanstalt 1869, 19. Bd. pag. 605, und daraus in Zepharovich.
Min. Lexikon Oesterreichs 1873, 2. Bd., pag. 190) nennt ihn Magnesit.
Mineralogische Mittheilungen 1876. 1. Heft. (R. Helmhacker.)
14
11. Helmhacker.
[2]
schuppigen Haematit eingewachsen erscheinen. Doch sobald die Kry-
stalle den Ankerit berühren, sind sie glatt, ziemlich eben, stark glänzend,
deutlich parquettirt mit scharfen Kanten und nicht selten mit so starker
Spiegelung, dass selbst mikroskopisch kleine Flächen eine nähere Unter-
suchung zulassen. Da der Haematit vorherrscht, der eingewachsene
Ankerit untergeordnet auftritt, erklärt es sich daraus, dass solche rein
ausgebildeten schönen glänzenden Krystalle weniger häufig sind, als
die schwach glänzenden, unebenflächigen, narbigen. Oft sind an einem
Krystalle nur jene Flächen deutlich erkennbar, an denen dasselbe von
Ankerit berührt wurde.
Der 'Ankerit zersetzt sich und wird ausgelaugt; dann entstehen
im Haematit kleine Hohlräume, in welchen glänzende Pyritkrystalle
halbfrei, nur von dünnen Krusten von aus der Zersetzung des Ankerites
entstandenen Limonites begleitet, zum Vorschein kommen.
Es ist eine häufige Erscheinung zerborstene und klein wenig an
den Bruchstellen von einander geschobene Krystalle zu finden; bei
manchen Krystallen ist der Bruch lose, bei manchen aber durch
erneuerten Absatz von Pyrit gänzlich ausgeheilt. Da der Pyrit keine
besonders deutliche Richtung der Spaltbarkeit besitzt, so sind die
Bruchspalten in Pyriten unregelmässig.
Nur selten wurde in den Spalten krystallinischer Ankerit als
deren Anfüllung beobachtet.
Das specifische Gewicht des Pyrites ist ö'OOOO (mit 1-4G Gramm
bestimmt).
An den untersuchten Krystallen von Waldenstein wurden folgende
Combinationen beobachtet :
Combination
Zahl
1
201
201
201
201
201
201
201
201
201
201
201
201
201
201
201
201
201
201
201
201
201
201
201
201
201
1
3
2
9
111
111
111
111
111
211
111
111
111
211
111
111
111
111
111
111
111
111
111
111
111
111
111
211
3
110
212
211
212 211
111 1152?
211 321
212 110
211 110
212 111 110
212 211 321
211 322 212
212 211 403
211 212 100
211 212 421
211 212 323
211 212 11.52?
211 110 403
211 212 120
211 212 110 430
211 212 421 110
211 212 100 110
212 211 322 110
111 212'. 403 110
2
2
4
41
1
1
4
1
25
3
3
5
2
5
6
2
1
1
1
1
18
5
4
10
Pyrit von Waldenstein in Kärnthen.
15
C o
m b i u a t i
0 11
Zahl
201
211
in
212
403
100
1
201
211
in
212
323
403
1
201
111
211
212
321
403
1
201
111
211
212
522
433
1
201
211
212
111
110
411
1
201
322
211
111
110
403
2
201
211
212
111
322
433
1
201
111
212
211
433
110
2
7
201
212
211
111
100
110
403
6
201
110
211
111
212
421
403
2
201
111
211
322
212
110
403
3
201
111
211
212
421
100
323
1
201
211
421
212
111
110
100
1
201
231
111
211
212
421
110
1
201
211
111
212
110
421
11 52?
1
201
111
212
211
110
322
433
1
201
111
211
212
110
323
433
1
201
111
321
110
211
421
120
1
201
212
111
211
110 13-73
14 11 10
1
201
211
212
111
321
110
403
1
201
111
212
211
110
403
411
2
201
111
211
212
411
311
110
i
201
211
212
111
110
14 11 10
321
i
8
210
111
211
212
110
403
323
421
i
210
211
111
321
403
212
110
432
i
210
212
211
111
110
432
100
403
i
210
111
212
211
110
403
322
13-73
i
210
212
in
211
110
100
430
433
i
9
201
211
in
212
323
403
110
421
100
i
201
211
m
212
110
421
411
522
311
i
201
111
211
212
322
110
403
100
323
i
10
201
111
211
212
421
110
403
522
311
411
i
201
111
211
421
212
110
522
411
311 13-73
i
201
211
212
111
432
110
403
13 73 13-96
321
i
201
211
212
432
111
100
421
110
403
411
i
201
211
212
421
111
110
403
433
314
532
i
201
111
212
110
211
403
433
321 13-73 13 96
i
201
211
111
212
411
110
421
323 13-73
522
i
11
201
111
211
321
212
433
532
403
100
742
323
i
201
111
211
212
110
322
532
742
433
321
421
i
201
111
211
212
321
522
311
411
532
110
100
i
12
201
421
211
212
111
110
403
323
322
522
411
432
i
201
211
111
522
433
212
321
532
110
403
311
411
i
13
201
211
212
111
841
801
110
403
904
421
411
522 311
i
201
212
211
421
111
110
403
13-73
100
433
432
321 13 96
i
Die
Zahl
der beobachteten
Krystalle beträgt .
202
An
diesen
Kry stallen wurden
die
Flächen
leobaclitet :
201
beobachtet
202
Mal
411
beobachtet 1 3
Mal
14 11
10 beobachtet
2 Mal
111
57
201
5)
522
•5
9
57
120
57
0
“ 57
211
r>
189
57
433
57
11
57
314
57
1 „
212
»
187
57
323
57
10
57
742
57
1 „
110
57
126
57
13 7 3
• 7?
7
57
180
57
1 »
430
57
67
57
311
57
7
5?
841
5)
1 „
421
57
26
57
432
57
6
57
904
57
1 „
100
57
26
77
532
77
5
77 .
231
57
1 „
321
57
15
57
13 96
57
3
5?
322
»
18
11-52?
57
3
5?
16
R. Helmhacker.
[4J
Die Waldensteiner Pyritkry stalle sind für Winkelmessungen mit-
telst der Reflexionsgoniometer zu gross; für weniger genaue Messungen
mit dem Anlegegoniometer zu klein, oder als Gruppenkrystalle nicht
immer recht geeignet. Doch Hessen einige Flächen dennoch Messungen
zu und zwar ist der Kantenwinkel von :
(100) (110) 135°, 136°, 136°, 135°, 135 V . . . (statt 135°),
(110) (210) 162V, 160°, 161°, 162V, 160° . . ( „ 161° 34'),
(110) (021) 129°, 130V ( „ 129° 14),
(111) (211) 161°, 159V 160V, 161°, 161V
162°, 160° ( „ 160° 32'),
(111) (212) 164°, 164° ( „ 164° 12),
(111) (321) 157°, 158° ( „ 157° 48 ),
(211) (102) 137V, 138V ( „■ 136° 55),
(211) (210) 156°, 155V 1542/3 ( „ 155° 56'),
(221) (210) 154° ( „ 153° 26'),
(522) (210) 160V ( „ 159° 6'),
(522) (102) 133V ( „ 134° 29'),
(430) (210) 170°, 169V ( , 169° 42'),
(430) (021) 123V ( „ 122° 27'),
(430) (010) 127 V, 126V *• ( „ 126° 52 ),
(430) (212) 159°,
(430) (211) 143V
Die Flächen von (201) zeigen ausser der polysynthetischen Zu-
sammensetzung und der dadurch bedingten Drusigkeit oder groben bis
zarten Parquettirung in nicht häufigen Fällen Streifung. Entweder sind
dieselben parallel zu den Combinationskanten zwischen (201) und (211)
fein gerieft (Tab. I, Fig. 6) oder aber parallel zu (201) (110) oder
(201) (403) demnach horizontal oder vertikal fein gestreift. Diese
letztere Art der Streifung tritt nur in der Nähe der Kanten (210) (110)
oder (201) (403) auf, und verliert sich durch zarter werdende Striche
endlich gänzlich. (Tab. II, Fig. 12.)
Die Flächen (111) zeigen verschiedene Beschaffenheit; entweder
sind sie ganz eben, glänzend, insbesondere dann, wenn sie recht unter-
geordnet ausgebildet sind, oder aber hexagonal oder parallel zu (111)
(211) und (111) (212), oder trigonal nur zu (111) (212) gestreift.
Insbesondere die Streifung, welche durch oscillatorische Combination
der (211) Flächen mit den (111) Flächen bewirkt wird, erscheint stärker
und deutlicher als die andere.
Auch treten die (211) Flächen so deutlich auf, dass die (111)
Flächen häufig treppenförmig erhöht erscheinen, Tab. I, Fig. 6 auf
(111) angedeutet. Nicht selten wird durch eine grosse eingeschobene
(211) Fläche die (111) Fläche in zwei Hälften getheilt, wie auf Tab. I,
Fig. 6 auf (111) ersichtlich ist. Manche zarte trigonale Streifung der
(111) Flächen lässt sich auf die oscillatorische Combination (323)
zurückführen.
Die Flächen (211) sind in den meisten Fällen sehr stark gerieft
oder seltener schwächer gestreift, parallel zu den Kanten (211) (111);
meistens sieht man an den (211) Flächen, dass die Riefung durch
[5]
Pyrit, vou Waldenstein in Kärnthen.
17
oscillatorische Combination mit (111) bewirkt wird, da oft ausgedehnte
Flächen von (1 1 1) darauf zum Vorschein kommen.
Tab. I, Fig. 6 auf (211), Tab. I, Fig. 8 ebenso. In einigen
Fällen sieht man auch eine Streifung parallel zu (211) (212).
Die Kanten zwischen (102) und (210) erscheinen, wie dies auf
Tab. I, Fig. (3 ersichtlich gemacht ist, eingekerbt durch (211) und
(110), manchesmal erscheint (211) dadurch parallel zu (211) (110)
gestreift.
Die Flächen (433), (322) (522), (311) (411) sind, die ersteren
zwei immer, sehr fein zu den Combinationskanten (111) (211) die
letzteren häufig zu dieser Kante gestreift. Häufig sind diese Gestalten
auch nur mit unvollzähligen Flächen entwickelt, wie allenfalls Tab. I,
Fig. 9 bei (433) (232) darstellt.
Die Fläche (212) ist in den meisten Fällen glatt, eben, glänzend,
weniger häufig, zart, parallel zu (111) (212) gestreift; noch seltener
sieht man auf diesen Flächen einzelne (111) Flächen, Tab. I. Fig. 6.
welche die Streifung bewirken. Auch erscheinen die Kanten (212) (102)
eingekerbt durch Flächen (111) (101), wie auf Tab. I, Fig 6 auf (212).
Ebenso ist (323) zart gestreift, parallel zur Kante (212) (111).
Die Flächen (101) und (304) sind meist glänzend und bieten
keine Eigenthümlichkeiten dar, ausser dass (101) oscillatorisch auf den
Kanten zwischen (210) (210) auftritt und dieselben einkerbt. Tab. I, Fig. 6,
Die (421) Flächen meist glatt und ebenglänzend sind nicht selten
unvollzählig.
(100) ist nur als schwache Kantenabstumpfung zwischen (210)
(210), demnach sehr untergeordnet und nicht auf allen Kanten bekannt,
dabei aber nicht immer auf der ganzen Kante laufend, sondern ab-
sätzig Tab. I, Fig. 6; manchesmal durch (101) schwach horizontal oder
vertikal gestreift.
Die Flächen von (904) sind ganz eben und höchst zart parallel
zu (904) (201) gestreift; die Streifung erscheint erst bei günstiger
schiefer Beleuchtung auf diesen Flächen.
Die Flächen (11*52)? sind immer uneben, runzlig, schwach glän-
zend, desshalb die Unsicherheit in ihrer Bestimmung.
Alle anderen seltener auf Pyrit zum Vorschein kommenden Flächen
sind meist klein, unvollzählig und häufig eben, glatt, glänzend.
Die bei Pyrit am häufigsten vorkommenden Flächen konnten
durch Messung mit dem Anlegegoniometer oder nach dem Verlaufe der
Kanten erkannt werden.
Die kleineren Flächen Hessen keine Messung der Kantenwinkel
zu, weil die Krystallflächen wegen der Kleinheit die Anwendung des
Anlegegoniometers, die Grösse der Krystalle aber den Gebrauch von
Reflexionsinstrumenten ausschliessen. Es mussten aus ebenen Winkeln
die einzelnen Kry stallgestalten construirt werden. Die Messung geschah
bei den meist mikroskopisch kleinen Flächen unter dem Mikroskope.
Kleine zwischen (101) und (102) liegende Flächen mit parallelen
Combinationskanten Hessen keine sichere Bestimmung zu, desshalb
wurde der ebene Winkel der beiden Combinationskanten (304) (212)
Mineralogische Mittheilungen. 1876. I. Heft. (R. Hclmhacker.) • >
R. Helmhacker.
18
[6]
und (304) (212) mit etwa 45° 9' gemessen, was dem Pentagonal-
dodekaeder (304) entspricht.
Auch (411) wurde ähnlich bestimmt: Diese Flächen liegen in der
Zone (111) (211) sind also jedenfalls ein Leucitoeder. Der Winkel
zwischen den Kanten
(411) (102) mit (411) (4ll) ist etwa 36° 12'
(411) (101) „ (411) (411) „ „ 108° 19'
(411) (102) „ (411) (101) „ „ 33° 14'
177° 45' (statt 180°).
Die winzig kleinen, nicht ganz gerade Kanten bildenden Flächen
sind also (411).
Die Flächen (311) liegen zwischen (411) und (211); die von
(522) zwischen (311) und (211) und sind nach dem Combinations-
kantenverlauf zu erkennen.
Die neue Fläche (322) liegt in der Zone zwischen (211) (111)
und bildet mit (102) eine Zone, in welcher (212) liegt, wornach sie
bestimmt ist.
Die neue Fläche (433) wurde aus dem Zonenverbande (211) (111)
und (212) (221) oder aus der Zone (322) (111) und dem Verlauf der
Combinationskanten bestimmt.
Die neuen Flächen (532) und 742) liegen erstere in der Zone
(322) (210), letztere in (532) (210) und bildet mit (421) leicht be-
stimmbare Combinationskanten.
Die Fläche (1D52)? konnte wegen ihrer Unebenheit nur fraglich
bestimmt werden.
Die Fläche (314) tritt als enger Streifen die Kanten (102) (212)
abstumpfend auf.
Die Fläche (432) liegt in der Zone (212) (221) und (111) (321),
wonach dieselbe erkannt wurde.
Das Pentagondodekaeder 801 wurde darnach erkannt, dass dessen
oberer Winkel zwischen den Kanten (801) (411) und (801) (41 1) mit
etwa 53 V20 gemessen werden konnte.
Das Pentagondodekaeder 940 liess die Messung des ebenen Win-
kels der Kanten (841) (940) und (841) (940) mit etwa 45 V/ zu,
woraus die Bestimmung geschah.
Die Gestalt (14 11 10) liegt in der Zone zwischen (212) (221).
Die Combinationskanten mit (111) und (211) convergiren gegen (212)r
Der ebene Winkel, gebildet durch die Kanten (14 11 10) (212)
und (14 11 10) (221) beträgt etwa 293/4°, was mit dem Winkel, den
diese Form mit den beiden erwähnten Combinationskanten bildet, recht
gut, trotz der mikroskopischen Kleinheit der gemessenen Fläche über-
einstimmt.
Die neue Form (13*73) bildet mit (211) (221) (210) folgende
ebene Winkel. Die Kante
(13.73) (211) mit (13.73) (221) etwa 112°
(13.73) (221) „ (13.73) (210) „ 53°
(13.73) (211) „ (13.73) (210) „ 15°
[7]
Pyrit von Waldenstein in Kärnthen.
19
Das Diploid (13-96) liegt zwischen (13-73) und (432) dann zwi-
schen (211) und (221). Die Kanten (432) (13'96) und (13'96) (321)
convergiren gegen (221) mit einem Winkel von 39°. Die Kanten (13-96)
(432) und (13-96) (221) bilden 66°; (13 96) (221) und (13-73) (13-96)
aber 75°.
Ausserdem liegt zwischen (221), (13-73) und (13*96) das Diploid
(321), dessen Kante (221) (321) in einer Zone mit den Kanten zwi-
schen (142) (121) (221) zu denen sie parallel ist, liegt. Die ebenen
Winkel betragen:
Die Kante (321) (211) mit (13*73) (321) misst 6° 20'
„ „ (13-73) (321) „ (13-96) (321) „ 117° 20'
„ „ (13-96) (321) „ (321) (221) „ 56° 20'
Nach diesen Winkelmessungen ergehen sich die neuen Formen
als (13-73) und (13-96). Dieselben sind nur unter dem Mikroskope
deutlich sichtbar und stimmen die gefundenen Winkel bedeutend mit
den durch Construction erhaltenen. Auf Tab. II, Fig. 1 1 sind dieselben
dargestellt.
Die Fläche (231) liegt in der Zone (102) (210), indem sie die
Kanten abstumpft. Schmale Flächen wurden nur selten aufgefunden.
Alle diese Formen sind mit Ausnahme von (231) und den zwischen
(321) und (111) auftretenden Flächen (432) auf Tab. I und II dar-
gestellt.
Die sehr flächenreichen Krystalle von Waldenstein haben vor-
herrschend die Gestalt von (210), auf der alle andern Formen unter-
geordnet zum Vorschein kommen.
Zwillinge sind an Waldensteiner Pyriten noch nicht beobachtet
worden.
Eine halbe Stunde Wegs von Waldenstein, ebenfalls am linken
oder südlichen Ufer des Waldensteinbaches, ist die Koch- (einst Eduard-
bau) Zeche auf grobkörnigen Siderit bauend, welcher gestört gela-
gerte Lager im Glimmerschiefer bildet. In dem Siderit kommen auf
mit Siderit ausgekleideten Spalten aufgewachsen oder im Siderit selbst
Bournonite (Wölchit) vor. Auf Spalten des Siderit.es, die oberflächlich
etwas gelblichbraun und erdig zersetzt sind, finden sich recht nette,
mehr als erbsengrosse Pyritkrystalle aufgewachsen. Dieselben zeigen
keine solche Formenmannigfaltigkeit wie die vom Pulverthurmstollen
im Haematit eingewachsenen.
Beobachtet wurden ganz ebenflächige Formen von:
(111) (102); die Flächen (111) matt, rauh, zart drüsig (102)
stark glänzend; oder
(102) (111) sämmtliche Flächen glänzend; oder
(102) (111) (321) recht nett entwickelte Formen.
Ueber Pyrit im Allgemeinen.
Die Fundorte von flächenreichsten Pyritkrystallen sind Brosso und
Traversella bei Ivrea in Piemont und die Insel Elba. Aus dem Materiale
von 5603 einzelnen Pyritkrystallen dieser Fundörter, welche im Turiner
3*
20
R. Helmhacker.
[8]
naturwissenschaftlichen Museum und in dem mineralogischen Kabinet
der Turiner Ingenieuranstalt aufbewahrt sind, ist die vollständigste
Monographie des Pyrites hervorgegangen. (Giovanni Struever, Studi
sulla mineralogia italiana; Pirite del Piemonte e dell’Elba 1869, ent-
halten in Memorie della Pieale Accademia delle Scienze di Torino
Serie II, Tome XXYI.)
Struever führt 54 Formen an, welche am Pyrit bekannt sind,
zu denen Zepharovich (Mineral. Mittheilungen IV, Ullmanit und Pyrit
aus der Lölling in Kärnthen, Sitzungsber. Acad Wiss. Wien, mat.
nat. Classe 1869, Bd. 60, 1. Abtheil., pag. 814, 815) noch drei un-
sichere Formen hinzufügt.
An den untersuchten 202 einzelnen Krystallen von Waldenstein
wurden 28 einfache Krystallgestallten nachgewiesen, von denen 10 neu
sind. Würde das untersuchte Materiale bedeutender gewesen sein, so
wäre die Zahl der Formen möglicherweise noch ansehnlicher geworden sein.
Hier folgt die Uebersicht aller bisher am Pyrit beobachteten
Formen :
Zahl
Bezeichnung nach
Vorkommen
in Brosso,
Traversella
oder auf
Elba
Vorkommen
in Waiden-
Neue
Miller
Naumann
stein
(Kärnthen)
Formen
1
(100)
oo 0 co
X
1
2
* (710)?
oo 0 7
+ _ 2~
X
3
jt (920)
oo 0 |
2
X
4
x (410)
oo 0 4
+ 2
X
5
x (720)
■ oo 0 \
' 2
6
x (10-30)
^ 10
°°ö7
2
X
7
* (310)
oo 0 3
+ 2
X
8
x (1140)
x (520)
L “
X
9
^ 2
oo 0 1
' 2
X
10
x (940)
, OO o f
2
2
neu
11
x (210)
oo 0 2
+ 2
X
3
[9]
Pyrit von Waldenstein in Ivärnthen.
21
Zahl
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
Bezeichnung nach
Miller
24
25
26
27
28
29
30
x (530)
x (320)
x (750)?
x (430)
7t (540)?
x (11-90)
x (650)
(HO)
x (780)
x (670)
x (560)
x (450)
x (340)
x (230)
x (120)
x (250)
x (180)
(331)
(221)
N au mann
+
+
+
oo 0
5
2
oo O g
oo 0 4
+
OO 0
2
OO o -
OO 0 §
2
oo 0
oo O f
~2_
°° 0 -6
2
oo 0 f
2
oo 0 |
co 0 |
2
oo 0 2
2
°° o I
2
oo 0 8
2
3 0
2 0
Vorkommen
in Brosso,
Traversella
oder auf
Elba
Vorkommen !
in Waiden- | Neue
stein ; Formen
(Ivärnthen)
neu
22
R. Heinihacker.
[10]
Zahl
Bezeichnung nach
Vorkommen
in Brosso,
Traverselia
oder auf
Elba
Vorkommen
in Waiden-
Neue
Miller
Naumann
stein
(Kärnthen)
Formen
31
(332)
1 o
X
9
32
(111)
0
X
10
33
(655)? 0
|0|
34
(433) *)
i 0 1
11
neu
35
(322)
f 0 1
12
neu
36
(211)
2 0 2
X
13
37
(11 55)
¥ o ¥
X
38
(944)
I 0 |
X
39
(522)
1 0 t
X
14
40
(311)
3 0 3
X
15
41
(411)
4 0 4
X
16
42
(911)
9 0 9
43
* (421)
•hl
X
17
44
x (841)
+ [*¥]
X
18
45
* (10.5 1)
+ [io».]
46
x (632)
+ [¥2]
X
47
x (432)
X
19
48
* (321)
+ [¥J]
X
20
49
x (531)
+ m
50
x (532)
+[%o1]
21
neu
*) (433) ist als neu angeführt. Zepharovich (1. c. p. 844) sagt selbst:
„die Angabe der beiden letzteren Formen (nämlich Nr. 33 und 34 (655),
(433), welche am Pyrit neu wären, beruht auf sehr unsicheren Messungen.“
Ebenso unsicher scheint Nr. 62, (12'65) zu sein. Die Flächen (744) sieht
Zepharovich selbst als nicht selbständige Form an, desshalb dieselben hier
in der Uebersicht fehlen.
[11]
Pyrit von Waldenstein.
23
Zahl
Bezeichnung nach
Vorkommen
in Brosso,
Traversella
oder auf
Elba
Vorkommen
in Waiden-
Miller
Naumann
stein
(Kärnthen)
51
* (742)
R oil
22
L 2 J
52
* (13-73)
+ 1
'¥ 0 V]
23
2 J
53
jt (851)
+
X
54 ;
7t (10.61)
+ [
10 0^1
x
55
jt (932)
+
L-P]
X
56
jt (11. 5 2)
+
'VOt
24
2
'
57
jt (10. 8 7)
+
-1» n s"
7 ° i
2
58
* (16-63)
+
-16 n 8'
2 .
X
59
jt (14. 11. 10)
+
-iA 0 11
1« U 11
2 .
JO
60
jt (13-96)
+
'1* 0 —
6^0
26
2
61
| jt (12 65)?
+
_Jr o 2
2
62
jt (231)
—
~3 0 f
o
X
27
63
jt (342)
—
~2 0 f
2
X
64
* (453)
—
i i
fcO o
1 1
X
65
* (241)
'4 0 2"
2
66
jt (314)
—
r 4 o f
2 J
28
Neue
Formen
neu
neu
neu
24
R. Helmhacker. Pyrit von Waldenstein in Kärnthen
[12]
Im Ganzen sind jetzt am Pyrit bekannt :
1 Hexaeder,
1 Octaeder,
1 Rhombendodekaeder,
10 Leucitoeder,
3 Galenoi'de,
17 Pentagonaldodekaeder, j^ositive,
9 „ verwendete,
19 Diploide, positive,
5 „ verwendete,
Am Waldensteiner Pyrit bekannt:
1 Hexaeder,
1 Octaeder,
1 Rhombendodekaeder,
6 Leucitoeder,
2 Galenoide,
3 Pentagonaldodekaeder, positive,
2 „ verwendete,
10 Diploide, positive,
2 „ verwendete,
Schliesslich muss bemerkt werden, dass die Krystalle zur Unter-
suchung aus der reichen Krystallsammlung des Herrn Hüttendirectors
Gejka in Niklasdorf bei Leoben, aus den Sammlungen der Herren Med.
Dr. v. Ferstl in Liesing bei Wien, Assistenten Ad. Hofmann und
k. k. Bergakademie-Professors Schöffel stammen und mit anerken-
nenswerther Zuvorkommenheit geliehen worden sind, wofür den genann-
ten Herren der Dank ausgesprochen wird.
Erklärung der Tafeln.
Tab. I. 1. Die Combination (210) (211) (111) (212) (101);
„ „ 2. „ „ (210) (111) (421) (211) (212) (13. 7 3) (10 52)?;
„ 3. „ „ (210) (111) (211) (212) (213) (421) (101) (532) (742);
„ „4. „ „ (210) (211) (111) (323) (212) (522) (101) (304) (411) (311);
„ „ 5. „ „ (210) (211) (212) (111) (433) (304) (101) (201);
„ „ 6. ,, „ (210) (111) (101) (211) (212) (304) (100)
mit den auf den Flächen an verschiedenen Krystallen zum Vorschein
kommenden, durch oscillatorische Combination bedingten Eigenthümlich-
keiten;
„ „ 7. Die Combination an einer Ecke von: (210) (211) (111) (212) (411) (101)
(433) (322);
8. Die Combination an einer Ecke nebst den auf (211) oscillatoriscb auf-
tretenden (111) Flächen: (210) (221) (211) (111) (14 11 10) (13 7 3),
die letzte Form nicht vollzählig;
„ „ 9. Die Combination an einer Ecke (210) (111) (211) (212) (101) (13 7 3)
(433) (232) (314), die Formen (433) und (232) unvollzählig.
Tab. II. 10. Die Combination an einer Ecke: (210) (111) (211) (212) (433) (13 7 3)
(13 9 6) (213);
„ „ 11. Die Combination an einer Ecke: (210) (211) (212) (101) (421) (304)
(111) (13 7 3) (433) (432) (13 9 6) (213);
„ „ 12. Ein unvollständiger Krystall mit allen durch oscillatorische Combination,
sowie durch ungleiche Centraldistanz der Flächen bedingten Eigen-
thümlichkeiten : (201) (101) (430) (211) (111) (212) (841) (801) (411)
(940) (522) (311).
Die sphärische Projection aller am Pyrit bekannter 66 Formen; die in Wal-
denstein auftretenden Gestalten sind dick, die sonstigen dünn beschrieben. -
Alle gezeichneten Gestalten sind wo möglich naturgetreu, nur sind die kleinen,
manchesmal erst hei bedeutender Vergrösserung deutlich sichtbaren Flächen unver-
hältnissmässig grösser gezeichnet.
III. Mineralogische Beobachtungen aus dem östlichen
Böhmen.
Von 11. Helinhacker.
Die geologischen Orientirungsreisen in den Vorbergen des böhmisch-
mährischen Grenzgebirges im östlichen Böhmen ergaben eine Fülle von
neuen Beobachtungen und von bisher unbekannt gewesenen Mineral-
fundstätten, welche noch vor dem Erscheinen der einschlägigen Arbeiten
m ittbeil ungswerth sin d.
Einige der neu aufgefundenen Mineralfundstätten sind :
I. in der Gegend südlich von Bojanov. Die Umgebung von Bo-
janov, welches VU Myriameter südwestlich von Chrudim und kaum 7
Kilometer westlich von Nassaberg (Nasavrky) am Chrudfmka - (Ohebka)
Bache liegt, gehört der südöstlichen Fortsetzung des Eisengebirges an
und besteht theils aus Graniten, mit untergeordneten, meist gangförmig
auftietenden Syeniten und Dioriten und aus Gneissen.
Am rechten Chrudfmka-Ufer, demnach südlich von Bojanov herr-
schen Granitgneisse mit Biotit und undeutlicher Schichtung vor, welche
nach 19V2u mit 60° zu verflachen scheinen. In diesen Gneissen sind
stock- und gangförmig Aplite eingelagert.
Die Aplite bestehen vorherrschend aus weissem ziemlich grob-
körnigem Orthoklas, sehr wenig Quarz und noch weniger Biotit, statt
dessen aber auch hexagonale Täfelchen von schmutzig licht graugrünem
Talk auftreten. Diese Pegmatitaplite haben auch oft keinen Glimmer,
statt dessen aber kurze Säulchen von schmutzig grünem Amphibol. In
denselben ist immer Titanit in kleinen, nur wenige Millimeter langen
Kryställchen der gewöhnlichen Form eingewachsen.
In dem Granitgneiss treten an mehreren Orten krystallinische
Kalke von mittelkörniger Textur uud rein weisser Farbe zum Vorschein,
deren Lagerung wegen nicht hinreichend deutlichen Aufschlüssen un-
bestimmt ist ; es ist nicht sicher erwiesen, ob diese krystallinischen
Kalke Lager oder Gänge sind.
Solche krystallinischen Kalke sind östlich von Bojanov, im nörd-
lich fallenden Gehänge des rechten Bachufers, westlich von Polanka
und nördlich von Chlum im Walde Ochoz, durch alte verlassene Stein-
brüche aufgeschlossen. Die Kalke treten stellenweise als Ophiocalcit auf
und dürften nach den unregelmässig vertheilten Gruben zu schliessen,
Mineralogische Mitteilungen. 1876. 1. Heft. (R. Helmhacker.) 4
26 R Helmhacker. [2]
eine ziemlich verworrene Lagerung haben, die auch schon der überall
zum Vorschein kommende weisse Pegmatitaplit andeutet.
Ein anderer Ort, wo krystallinische Kalke bekannt sind, ist im
Walde (Schlucht) Dehetm'k südöstlich von Polanka. Die Schlucht De-
hetm'k, welche nach Nordwest sich neigt, mündet gegenüber von
Bojanov in den Chrudfmkabach ; in derselben ist am rechten Gehänge
ein ebenfalls verlassener Steinbruch auf einem, möglicher Weise als
Lager auftretenden, mittelkrystallinischen Kalk angelegt. Dieser Stein-
bruch ist eine reiche Fundstätte von vielen Mineralien, deren Zahl wahr-
scheinlich noch grösser wäre, wenn die Brucharbeit noch betrieben würde.
Es sind in der Detnfker Schlucht bekannt :
1. Calcit als mittelkrystallinischer weisser Kalk im Granitgneiss
möglicher Weise als Lager von nur wenigen Decimetern Mächtigkeit
nach 3h mit 60° verflachend und sehr verworren gelagert, was durch
Gänge von dem oberwähnten weissen Pegmatit bedingt erscheint, welcher
an zahlreichen Stellen im Steinbruch zum Vorschein kommt Ausser
dem weissen körnigen Kalk flndet sich der Calcit noch in derben, grob
krystallinischen, durchscheinenden Massen als Begleiter der andern
Mineralien, meist an den Contactstellen mit dem Granit. Diese kry-
stallinischen Calcite sind immer stark zwillingsartig nach ( — ’/ 2 R.)
gestreift.
2. Quarz. Im Pegmatit ist nicht selten, meist aber an der
Gränze mit dem Nebengestein (Gneiss und körniger Kalk) Quarz in
derben Massen von blass milchweisser Farbe ausgeschieden.
3. Talk. In diesem Quarz sind dünne, unreine, licht grünlich-
grau gefärbte Tafeln OP oo F von Talk eingewachsen. Die Talktäfelchen
haben bis 2 cm. im Durchmesser und sind auf der vollkommensten
Spaltungsrichtung OP etwas runzlig.
4. Orthoklas. Am Contacte der Granitgänge mit dem Kalk
sind nicht selten kurze, durch Orthoklas angefüllte Klüfte nicht un-
mittelbar im Kalk, sondern durch eine bis zwei Finger dicke Lage
eines innigen körnigen Gemenges von Amphibol (Tremolitnadeln) und Kalk
von demselben getrennt und auf derselben aufgewachsen. Der Ortho-
klas ist rein weiss im Bruche. Stellenweise finden sich Drusen, die aus
parallel an einander gereihten, bis bohnengrossen Krystallen bestehen,
die Klüfte überziehend. Die an der Oberfläche etwas glänzenden, schwach
bräunlich- oder gelblichweiss gefärbten Orthoklaskrystalle zeigen den
Adulartypus, entweder stellen sie die Form <x>P.0P.°oP<x> oder ° °P.0P
ooPoo . opoo . 00P3 . — Po o vor. Die Prismenflächen sind schwach ver-
tikal gestreift, manche durchsichtigen zeigen parallel zu OP Schalen-
bildung. Die grösseren Krystalle sind sämmtlich polysynthetische Bil-
dungen. Ausserdem finden sich noch grössere, bis kopfgrosse, grob-
krystallinische Massen in derbem, weissem Orthoklas ausgeschieden.
5. In den krystallinischen weissen Orthoklasnestern wurde als
Seltenheit Rhodonit, in kleinen mehr als mohngrossen Körnern ein-
gesprengt beobachtet.
6. Skapolith. Im körnigen Orthoklas und Aplit ist Skapolith
häufig, entweder in langgezogenen undeutlichen Säulen, oder in grob-
krystallinischen, derben bis kopfgrossen Nestern innig eingewachsen.
Mineralogische Beobachtungen aus dem östlichen Böhmen.
27
[31
Der Glanz, die Durchscheinenheit, sowie der Grad der Spaltbarkeit und
die schwach rissige Beschaffenheit der Spaltungsflächen und die etwas
mehr zersetzte Oberfläche von Bruchstücken, welche lange Zeit an der
Luft lagen, lassen dieses Mineral leicht vom ebenfalls weissen Orthoklas
unterscheiden.
Es gehört der Skapolith hier keineswegs zu den gar seltenen
Vorkommnissen. Vor dem Löthrohr schmelzen kleine Splitter unter
Aufschäumen zur durchscheinenden Perle. Die Härte ist 5V2. Das
spec. Gew. ist 2'6945 (aus 09 Gramm bestimmt). Im Wasser entwickelt
das Mineral eine grosse Menge von Luftbläschen.
Skapolith ist ein für Böhmen neues Mineral, welches sich auch
auf ähnliche Art wie an andern Orten mit krystallinischem Kalk ver-
gesellschaftet findet.
7. Titanit. Im Orthoklas des Pegmatites oder in dem kry-
stallinischen Skapolith sind kleinere bis grössere Krystalle von braunem
glänzendem Titanit der Form a/3 P2.0P. eingewachsen. Kleinere Krystalle
sind keinesfalls selten ; nicht häufig aber sind Krystalle von der Breite
bis SU cm. und der Länge von über 1 cm., welche ihrer Grösse nach
an die Vorkommnisse dieses Minerals in Arendal in Schweden erinnern.
8. Im Orthoklas des Aplites ist als Seltenheit Apatit von blass
grüner Farbe und von höchstens Rabenfederkieldicke als °°P einge-
wachsen aufgefunden worden.
Auf kleinkrystallisirtem blassgrünlichem Amphibol (Actinolit), wel-
cher die Orthoklaskrystalle trägt, sind kleine, höchstens l1^ mm. dicke,
kurze Säulen °oP. OP als Gruppenkrystalle entwickelt, von blass berg-
grüner Farbe beobachtet worden.
Der Apatit ist sehr selten anzutreffen; er täuscht der Färbung
nach mit Beryll. Die Härte ist jedoch diejenige des Apatites, auch ist
er in Säuren löslich.
9. Epidot ist im grosskrystallinischen zwillingsartig -gestreiften
Calcit, welcher am Contact des Pegmatites mit dem körnigen Kalk
zum Vorschein kommt und auch, wiewohl seltener, im Orthoklas oder
Skapolith eingewachsen. Die Krystalle sind jedoch nur etwa 1 — 2 mm.
breit, zeigen im Querbruch den muschligen, diamantartig glasglänzenden
Bruch und Begränzungen von den Flächen OP, — Po o, o©Poo. Die
dunkelpistaciengrüne Farbe, der Glanz und das Verhalten vor dem
Löthrohr lassen dieses hier seltene Mineral erkennen.
10. Granat. Als Seltenheit fand sich auf verworren kurzfaserigem
Amphibol (Actinolit) in Begleitung der vorerwähnten Mineralien in
dessen Klüften Granat in kleinen gelbbraunlichgrünen Krystallen °o 0
aufgewachsen. Derselbe ist als Grossular zu bezeichnen.
11. Amphibol ist ein gemeines Mineral. Derselbe bildet den
Contact zwischen Granit und körnigem Kalk. Die Contactstellen, die
nicht scharf geschieden sind, bestehen aus kurzfaserigem Amphibol
(Tremolit) von verworrener körniger Textur und licht graulichgrüner
bis satt graulichgrüner Farbe (Actinolit). Die Spaltungsflächen glänzen
bedeutend und ist das körnige, schwach durchscheinende Gewirre von
Tremolit oder Actinolit gänzlich mit körnigem Kalk durchdrungen, der
gegen den körnigen Kalk zu vorherrscht und die Scheidung zwischen
4*
28
R. Helmhacker.
M
der Kalklagerstätte und dem nur einige Finger mächtigen Contact-
gestein nicht scharf macht. In diesem Mineral ist nun die Fundstätte
des Adulars, Apatites, des späthigen Calcites, des Epidotes, Granates.
Dass das regellos körnig stängliche Mineral wirklich Actinolit ist,
lehrt seine vollkommene Spaltbarkeit und das Aufblähen vor dem
Löthrohr. Wenn das Mineral in seinen an den Kanten durchscheinenden
Varietäten feinkörniger wäre, so würde man darin einen Uebergang
in den (dichten) Nephrit erblicken können.
12. Pyroxen. Im kleinkörnigen Actinolit des Contactes ist ausser
den vorerwähnten Mineralien noch Pyroxen als Diopsid anzutreffen.
Entweder bildet der licht-grünlichweisse oder graulichweisse, an den
Kanten schwach durchscheinende Diopsid krystallinische Parthien zu-
gleich in dem Actinolit, von dem er sich durch die Färbung, den ge-
ringeren Glanz auf den nur vollkommenen Spaltungsflächen, sowie durch
die geringeren Grade der Durchscheinenheit unterscheidet ; oder aber
ganze Stengel bis mehr als fingerlange und mehr als fingerdicke individua-
lisirte Aggregate, die durch die lichtere Farbe vom Amphibol abstechen.
Diese individualisirten Diopsidaggregate lassen, wenn sie deut-
lich erscheinen, eine Spaltungsrichtung nach °°Po o die einen schwachen
Perlmutterglanz zeigt, erkennen. Doch ergiebt sich bei näherer Beob-
achtung diese Richtung der Theilbarkeit als weniger vollkommene
Schalenbildung nach der Fläche °°P°° oder als Zwillingszusammen-
setzungsebene [ooPo o}. Diese Fläche erscheint horizontal gestrichelt in
Abständen, die im Mittel 1/3 Mm. entfernt sind. Dieser Strichelung nach
ist das Mineral ebenfalls theilbar und ergiebt sich diese zweite Theil-
barkeitsrichtung leicht als Schalenbildung nach OP. Weil ein jeder
Strich der die Schalen nach OP trennt, eine wiewohl sehr geringe,
aber doch bemerkbare Dicke besitzt, so ist die Vermuthung nahe, ob
nicht die Schalentextur nach OP durch interponirte verwendete Pyro-
xenlamellen bedingt sei. Die schalige Zusammensetzung nach OP ist
übrigens bei Diopsid nicht neu erkannt, da von derselben Tscher-
mak (Mineralogische Mittheilungen 1871, p. 22, Ueber Pyroxen und
Amphibol) Erwähnung macht.
Der Winkel der Fläche (OP) zu (ooPoo) beträgt 105° 30', was
dem Winkel C im monoklinen System von 74° 30' (C = 74° 1 1 beim
Pyroxen) entspricht. Die geringe Differenz im Winkel C erklärt sich
durch die Art der Messung (unter dem Mikroskop) an nicht ganz
ebenen, spiegelnden Flächen.
An einem Individuum, welches nach ooPoo gespalten ist, erkennt
man diese Fläche als Juxtapositionsfläche, weil von derselben die schalig
gebildeten OP Lamellen abfallen, indem sie mit einander den Winkel
149° bilden.
Um sich gänzlich von der Diopsidnatur des Minerales zu über-
zeugen, wurde es vor dem Löthrohr untersucht ; das spec. Gewicht des-
selben wurde zu 34992 (aus 141 Gr.) gefunden und eine unvoll-
ständige Analyse durch Adjunct E. Donath ausgeführt :
SiOo = 5L73
CaO = 26-24
MgO — 18-15
[5]
Mineralogische Beobachtungen aus dem östlichen Böhmen.
29
Der Diopsid zeigt vermöge seiner lamellar -schaligen Zusammen-
setzung nach OP und auch nach °o/Joo jedoch etwas weniger deutlich,
die vollkommene Spaltbarkeit nach °oP nur in solchen Individuen, die
weniger deutlich schalig sind. Die lamellar- schalige Zusammensetzung
verhindert die Hervorbringung von Spaltungsflächen nach <=op bedeutend.
Einige Individuen des Diopsids bestehen in gewissen Theilen am
Rande aus grünlichen, feinen parallelen Fasern von anderem (stärkerem)
Glanze, welche Actinolit sind und die eine allmählige anfangende
Pseudomorphosirung des Diopsides in Actinolit darstellen.
13. Columbit. In dem körnigen Kalke fand sich, jedoch nur
ein einziges Mal, demnach als Seltenheit, ein eingewachsenes, zerbro-
chenes Individuum von den Flächen °oPoo deutlich und vielleicht auch
von °oP begränzt. Im Querbruch beinahe eisenschwarz, ganz schwach
bräunlich, halb metallisch glänzend, undurchsichtig, von der Härte (i,
einen kirschrothen Strich etc. Vor dem Löthrohr unschmelzbar, nicht mag-
netisch werdend und eine sehr deutliche Manganreaction gebend. Mehr
Proben Hess das Mineral nicht zu. Es ist nach diesem als Columbit zu
erkennen.
Das Mineral ist für Böhmen neu, und ist wegen des verhältnissmässig
reichlichen Mitvorkommens von Titanit dessen Vorhandensein erklärlich.
Ausser diesen Mineralien sind im Dehetniker Steinbruch noch
andere, welche sich der näheren Bestimmung entziehen.
So werden manche körnige Amphibole von Adern eines dem edlen
Serpentin nicht unähnlichen , durchscheinenden Minerals durchzogen,
das sich aber fettig anfühlt, beim starken Druck mit dem Fingernagel
ritzen lässt und auf dichten Talk (Steatit) oder Kaolin (Steinmark)
hindeutet. Es ist jedoch vor dem Löthrohr schwer schmelzbar, demnach
möglicher Weise kein reines homogenes Mineral, etwa Talk mit irgend
einer anderen Beimengung.
Im weissen, körnigen Kalk sind Adern eines dichten lichtgelb-
lichgrauen, gewiss aus dem Kalkstein durch Imprägnationen entstan-
denen Minerals, vom Kalk nicht ganz scharf getrennt, in welchem
kleine Körner von honiggelber Farbe, mattem Glanz im dichten Bruch
und geringer Härte eingewachsen erscheinen. Diese Körner entziehen
sich ihrer geringen Menge wegen der näheren Untersuchung, sie machen
aber den Eindruck der vielen durch Zersetzung des Cordierites ent-
standenen Mineralien von nicht stabiler Zusammensetzung.
II. In der Umgebung von Mladotic ist der Fundort von einigen
recht interessanten Mineralien, welche hier erwähnt werden sollen.
Von Cäslav 1 Myriameter ostostsüdlich liegt in der sehr flach -
hügeligen Ebene, westlich vom Rücken des Eisengebirges Ronov am
Doubravkaflusse (bache). Von Ronov bachaufwärts, in der Richtung
südost, 2 Kilometer entlegen, liegt in einem Tliale zwischen steil ab-
fallenden Ufergehängen das Dorf Mladotic.
Von Ronov bis Mladotic herrscht körniger Amphibolgneiss mit
ziemlich grossen Granaten (Almandin) als accessorischen Gemengtheilen,
in welchem der Doubravkabach zwischen steilen Wänden fliesst Nur
untergeordnet sind im Amphibolgneiss Schichten von ebenflächichem
Biotitgneiss eingelagert. Durch Mladotic geht etwa die Grenze zwischen
30
R. Helmliacker.
[6]
dem liegenden Amphibolgneiss und dem auf demselben aufgelagerten
Biotitgneiss. Das Verflachen der Gneissvarietäten ist nach 4Qah bis
über 5 l/2h mit 20° bis 40° gerichtet.
In dem Amphibolgneiss findet sich im Dorfe Mladotic selbst, im
rechten Bachufergehänge knapp unter der Mühle, ein Serpentinstock
mit nicht deutlich sichtbarer Begränzung vom Gneiss.
1. Der Serpentin des Stockes ist lichtgraugrün, grob bankförmig
abgesondert und unter dem Rasen ziemlich zersetzt. Derselbe führt
noch kleine Körnchen von
2. Olivin, ist demnach ein Olivinserpentin, in welchem auch
3. Bronzit (Enstatit) in kleinen krystallinischen Körnern wie in
allen Olivinserpentinen, sowie auch
4. Chrom it in sehr kleinen Körnchen eingewachsen.
Der unter dem Rasen etwas mehr zerklüftete umgewandelte Ser-
pentin ist in den Klüften von schwachen Krusten oder Ueberzügen von
5. Magnesit weiss angeflogen.
Stellenweise sind im Serpentin und zumal im etwas frischeren bis
fingerdicke Adern von späthigem
6. Calcit, eines im Serpentin nicht sehr häufigen Minerales,
zu finden.
Andere Klüfte sind bis mehr als fingerdick mit
7. Gymnit von licht schmutzig gelblichgrauer Farbe ausgefüllt.
Der Gymnit, welcher hier zum erstenmale in Böhmen nachgewiesen
wurde, ist sehr schwach an den Kanten durchscheinend, schimmernd,
fettglänzend, ziemlich leicht zerbröckelnd und unvollkommen nuiscklig
brechend. Er ist durchaus mit dünnen Klüften durchzogen und an den-
selben schwarz durch
8. Psilomelan gefärbt.
Manche der erwähnten körnigen Calcitadern im etwas frischeren
Serpentin enthalten in der Mitte eine wenige Millimeter schwache Lage
von grünlichgrauem Gymnit, der demnach erst nach der Calcitbildung
die Adern ausfüllte.
Dieser Gymnit ist stark mit mikroscopisehen Poren durchzogen,
da er im Wasser bedeutende Mengen von Luftbläschen entwickelt. Das
spec. Gew. der ganz rein ausgesuchten Stückchen, ohne jede Psilo-
melanfärbung (L23 Gramm) beträgt 2.4400, ist demnach gegenüber
den sonst als spec. Gew. angegebenen Zahlen etwas gross. Bei einem
nicht krystallisirten Mineral, das zudem noch ein Zersetzungsproduct
ist, darf dies nicht auffallen.
Unter dem Rasen ist stellenweise der Serpentin ganz in einen
gymnitischeu zersetzten Serpentin umgewandelt, in welchem kleine
Nester von weissem
9. Quarz eines im zersetzten Serpentin so seltenen Minerales
aufgefunden worden sind. An den Berührungsstellen mit den Quarz-
nestern und an Klüften finden sich in dem zersetzten Serpentin grüne
Schuppen, die man als
10. Chlorit zu bezeichnen pflegt, welche aber auch grüner Talk
sein könnten.
Am linken Ufer des Doubravkabaches zieht sich das Dorf
einen etwas sanfteren Hügel in einzelnen Hütten aufwärts. An dem
[7]
Mineralogische Beobachtungen aus dem östlichen Böhmen.
31
Hügel südlich von der Mühle, etwa 1000 Schritt entfernt, ist im
Gneiss, (wahrscheinlich in dem Biotit- wie im Amphibolgneiss) ein Stock
eines an den Begränzungsflächen nicht recht aufgeschlossenen diorit-
ähnlichen Gesteins eingelagert, welches zufällig in einer Grube am
Felde frisch entblösst und unzersetzt anzutreffen war. *) Das Gestein
besteht aus groben bis beinahe grossen, grobkörnigen Aggregaten von
weissem durchscheinendem Feldspath und lichtgrünen, grob aber kurz-
faserigen, stellenweise etwas verworrenfaserigen Amphibolaggregaten.
Der Feldspath ist
11. An orthit. Derselbe ist glasglänzend, in hohem Grade durch-
scheinend, an den sehr deutlichen Spaltungsflächen schwach perlmutter-
glänzend und nur an wenigen solchen Flächen zwillingsartig gestreift,
meist ohne Streifung. Zufälliger Weise fand sich in dem Gestein eine
Ausscheidung, in welcher der Anorthit gegenüber dem Amphibol sehr
vorherrschte, und beinahe bis nussgrosse, ganze, reine Anorthitaggregate
zu schlagen erlaubte.
Diese ganz reinen körnigen Anorthitaggregate werden in Klüften
matt, an den Stellen, an welchen Witterungseinflüsse sich geltend
machten, weiss undurchsichtig. Dünne Klüfte erscheinen dann mit
weissen, sehr feinkörnigen bis erdigen dünnen Calcitkrusten überzogen ;
ein Beweis, dass man es hier mit einem leicht zersetzbaren Feldspath
zu thun hat.
Wenn in dem Gestein der Amphibol dem Anorthit das Gleich-
gewicht hält, und wenn dasselbe durch die Witterungsverhältnisse ober-
flächlich zersetzt erscheint, so bilden die Amphibolkörner wenig ver-
änderte Höcker und hervorstehende grössere Narben oder Hervor-
ragungen auf der zersetzten Gesteinsoberfläche, während die Anorthit-
körner schmutzigweisse, erdige, undurchsichtige Vertiefungen und kleine
Gruben bilden ; ebenfalls ein Beweis wie leicht der Anorthit gegenüber
dem Amphibol zersetzbar ist.
Die Härte und das Verhalten vor dem Löthrohr zeigt der Anorthit
wie alle Feldspäthe, er schmilzt schwer zu einer wenig blasigen, durch-
sichtigen Kugel. Das für denselben wenig charakteristische spec. Gewicht
(aus 1 Gramm) beträgt 2V202.
Kleine Spaltungsstücke zeigen eine schalige (zwillingsartige ?) Zu-
sammensetzung nach der Fläche OP. Auf OP eine schwache Zwillings-
streifung parallel der Kante (OP) (ooPoo). Der Winkel der Spaltungs-
flächen (OP) (ooPoo) wurde unter dem Mikroskope mit 85° 26' (statt
85° 50') gefunden. Die Winkeldifferenz erklärt sich leicht bei Messun-
gen unter dem Mikroskope, wo mit der Hand eingestellt wird und wo,
wenn die zu messende Kante nicht genau parallel der Richtung der
Mikroskopachse gestellt ist, der Winkel immer kleiner ausfällt.
In eoncentrirter Salzsäure ist das Pulver leicht unter Abscheidung
von pulverförmiger Kieselsäure löslich.
') Auf der durch die geologische Reichsanstalt vorgenommenen Kartirung
dieser Gegend ist am linken Ufer Serpentin eingezeichnet. Das Dioritgestein ist noch
nicht ausgeschieden.
32
R. Helmhacker. [gj
Eine unvollständige Analyse von Stud. Rob. Ulilig ausgeführt ergab:
Si02 42"34 darin 0 . . . 22-6 oder das Verhältnis 4-00
A1203 35-50 „ „ 16-6 „ „ „ 2‘94
CaO 18-70 „ „ 2 „ „ „ '4
Alkalien unbestimmt unbestimmt unbestimmt
9(3-54
Das Verhältnis des 0 von Si02 : A1203 ist 4 : 2"94, also sehr nahe
4 : 3 wie beim Anorthit. Würden die Mengen der Alkalien bekannt
sein, so wäre das Verhältniss des Ö von CaO und der Alkalien auch
beinahe 1.
Doch reicht diese Analyse völlig hin, um die Bestimmung des Mi-
nerales als Anorthit zu bestätigen.
Der Anorthit ist ein für Böhmen neues und an dieser Localität
recht deutlich auftretendes, zudem nicht seltenes Mineral.
Das Gestein, welches den Anorthit und den grünen Amphibol,
der nur seltener schmutzigbräunlich ist, führt und in welchem, dem
blossen Anblick nach, wenn es typisch entwickelt ist, beide Gemeng-
theile so ziemlich im Gleichgewichte vorhanden sind, ist ein für Böhmen
neues Anorthitgestein :
Der Corsit, Dieses Gestein ist regellos körnig, grob bis mittel-
körnig, auffallend durch die leichte Zersetzbarkeit des Anorthites. Bei
Mladotic findet sich ausser dieser Varietät noch eine andere, bei der
die Amphibole unregelmässig nach einer Richtung parallel angeordnet
erscheinen.
Mit diesem Fundort wird die geringe Zahl der Stellen, an denen
der Corsit bekannt ist, vermehrt.
Die körnigen Corsite sind bisher nur vom Konsekovskoj Kamen
bei Bogoslovsk im Ural und im Yamaska-Mountain in Canada erkannt
worden ; die Corsite mit kugelförmiger Textur sind nur von Sarthene
auf Corsika und von Forsjö bei Calmar in Schweden bekannt.
Doch mit diesem Fundort des Corsites bei Mladotic ist das Vor-
handensein dieses sonst nicht häufigen Gesteins nicht abgeschlossen.
An manchen andern Stellen findet sich dasselbe.
Erwähnenswerth ist der mächtige Stock von Corsit im Eisen-
gebirge selbst, in Hrbokov mitten zwischen Bojanov und Väpenny Podol,
8 Kilometer südlich von Her manu vmöstec, wo in demselben beide Ge-
mengtheile, weil er grob bis mittelkörnig erscheint, gut erkennbar sind,
der Anorthit jedoch keine grösseren Ausscheidungen bildet.
In dem Hrbokover Corsit sind auch kleine Körnchen von Pyrit
eingewachsen.
Das Alter des Corsites in Böhmen kann weder zu Mladotic noch
bei Hrbokov bestimmt werden; allein es gibt noch andere Fundörter, von
diesem typischem Gesteine im Eisengebirge, aus denen auf dessen Alter
geschlossen werden kann.
In der Nähe mancher Corsitstöcke des Eisengebirges finden sich
phyllitähnliche metamorphosirte Grauwackenschiefer und Quarzite mit
Lagern von krystallinischem Kalk. In den Quarziten und dem kry-
stallinisclien Kalk sind aber seltene Reste von Versteinerungen, nach
Mineralogische Beobachtungen aus dem östlichen Böhmen.
33
[9]
denen man mit Sicherheit auf ein unterpalaeozoisches Alter und mit
Wahrscheinlichkeit auf die Silurformation schliessen kann.
Die Stöcke des Corsits erscheinen jünger als das Silur; an einem
Orte selbst sind sie deutlich , freilich mit hoch metamorphosirtem
Grauwackenschiefer in Berührung.
Es scheinen überhaupt die Corsite an andern Orten ebenfalls
ziemlich alt zu sein, wahrscheinlich auch palaeozoisch , die andern
Anorthitgesteine, nämlich die Teschenite, dagegen sind jung mesozoisch.
Der Corsit, obwohl ein für Böhmen neues Gestein, ist also kein
seltenes Vorkommen, und dürfte dasselbe zum Typus dieser körnigen
Gesteine werden.
Die näheren Mittheilungen über dieses Gestein werden bei Bear-
beitung der Geologie des Eisengebirges in dem Archiv für Landes-
durchforschung von Böhmen enthalten sein.
Südlich von Ronov ist am Doubravkabach eine grosse Mühle,
genannt na koreönikäch. In der nächsten Nähe der Mühle, in der
Richtung nach SW etwa 200 Schritte, ist im Biotit-Amphibolgneiss,
welcher mit Biotitgneiss wechsellagert und nach 5h mit 26° verflacht
ein nicht mächtiger (einige Schritte) Pegmatitgang eingelagert. Derselbe
besteht aus reinweissem, grosskörnigem Orthoklas, lichtrauchgrauem,
sehr grobkörnigem, halbdurchsichtigem Quarz und grösseren, wiewohl
spärlicher auftretenden Tafeln von schwarzbraunem Biotit.
Dei- Gang ist noch ziemlich frisch und fest; derselbe streicht
unter der Korecnik-Mühle und kommt nahe an der Mühle unter der
Strasse, zwischen der Mühle und der Ronover Friedhofskirche „zum
heiligen Kreuz“ zum Vorschein.
Der Ausbiss des Ganges ist sehr zerbröckelt, der Orthoklas in
röthlichgrauen Kaolin umgewandelt, der Quarz unversehrt und der
12. Biotit in bis thalergrossen und noch grösseren, bis 1 cm.
dicken, unvollkommen hexagonalen, ebenen oder schwach gebogenen
Platten, daraus leicht zu gewinnen. Der Biotit hat aber keine rein
schwarzbraune Farbe wie im frischen Pegmatit, sondern er ist
schwarzgrün.
Es scheint, dass an diesem Orte der Pegmatit an grösseren, sonst
doch nicht gar so häufigen Biotitplatten, reich gewesen ist.
III. In der Richtung zwischen Skuc und Hlinsko zieht sich eine
Phyllitparthie von NO nach SW zwischen Gneiss (SO) und Granit
(NW) eingezwängt. Die Phyllitinsel ist ein zusammengeballter, ver-
schobener Rest eines altpalaeozoischen, wahrscheinlich sibirischen Schich-
tencomplexes, welcher das nahe Eisengebirge zusammensetzt und von
demselben durch jüngeren als sibirischen Granit getrennt ist.
In der Phyllitinsel ist das Einfallen der Schichten ungemein
wechselnd, bald nach NO oder 0 vorherrschend, weniger häufig nach
NW, ja selbst nach andern Richtungen unter verschiedenen Neigungs-
winkeln.
Bei Skuc und Richenburg sind die Schichten als schwarzgraue,
körnige Grauwacke entwickelt, bei Kladne 7 Kilometer südlich von
Skuc oder 5 Kilometer ostostnördlich von Hlinsko wechsellagern einige
Schichten von Kieselschiefer und selbst eine körnige Quarzitschicht mit
Phyllit, bei Hlinsko sind nur Phyllite bekannt.
Mineralogische Mittheilungen. 1876. 1. Heft. (R. Helmhacker.)
5
34
R. Helrahacker.
[10]
Diese zu Phyllit metamorphosirten, wahrscheinlich silurischen Thon-
schiefer und Grauwackenschiefer erinnern an die in der Nähe von
Graniten an andern Orten bekannten metamorphischen Phyllite und
zeigen mancherlei Eigenthümlichkeiten.
Ein Kilometer westlich von Kladne südlich und nördlich von der
nach Hlinsko führenden Reichsstrasse ist ein Bruch im gegen 3h mit
30° verflachenden Phyllit, dessen Bruchstücke in den Schluchten beim
nahen Dorfe Ranna ebenfalls häufig anzutreffen sind.
Der Phyllit ist grau, ziemlich ebenschiefrig, dünnschiefrig, an den
Bruchflächen und Schichtungsflächen seidenglänzend, häufig eine Streckung,
welche durch schwache Fältelung angedeutet ist, zeigend, oder schwach
gebogen, faltig, unregelmässig nach einer Richtung gestreckt.
In diesem Phyllit ohne alle Quarzrester oder Quarzausscheidungen
sind insbesondere in Bruchstücken, welche lange den Witterungsein-
flüssen ausgesetzt waren, entweder winzig kleine mikroskopische schwarze
Pünktchen oder kleinwinzige Körnchen, oder kurze, höchstens 3/4mm.
breite und bis 2 mm. lange, schwarze Säulchen zahlreich eingewachsen.
In manchen Stücken so zahlreich, dass der zur Schieferung pa-
rallel gehende Bruch zart genarbt erscheint.
Diese kleinen Säulchen sind Krystalle von
1. Staurolith. Die deutlichsten Körnchen sind schwarz, un-
durchsichtig, glasglänzend und zeigen manche, trotz ihrer Kleinheit,
unter dem Mikroskope eine wenn auch nicht sehr deutliche Spaltbarkeit
nach ooP°o. Die Kryställchen ritzen Quarz, haben demnach die Härte
von 7Va.
Aus dem Phyllit herausgekratzte Kryställchen zeigen die Form
OO P • Po O • OOjPoo • OP.
Wenn nicht alle, so erweisen sich doch die meisten Kryställchen
als Zwillinge dieser einfachen Form nach (3/2 ^3/2).
Die Flächen sind nicht gänzlich eben, wenig glänzend.
Unter dem Mikroskop gemessene Kantenwinkel sind :
(ooP) (ooPoo) vorne 113° 45' (statt 115° 17')
(ooP) (ooPoo) hinten 113° 12' „ „ „
dann (°°P) (°oP) vorne 132° 59' (statt 129° 26')
(°o P) (ooP) hinten 132° 30
Die Abweichung der gemessenen Werthe von den richtigen ist
im Vergleich zur Unebenheit und Kleinheit der Flächen eine nur un-
bedeutende zu nennen.
Vor dem Löthrohr bleibt das Mineral unverändert.
Nach diesen Angaben sind die schwarzen Körnchen oder Säulchen
nur Staurolith und dürften die mikroskopisch kleinen schwarzen Körn-
chen, ebenfalls diesem Mineral angehören.
Diese Phyllite, in denen der Staurolith als häufiger accessorischer
Gemengtheil vorkömmt, sind trotz der Neuheit des Vorkommens in
Böhmen als Staurolithschiefer schon längere Zeit in den Pyrenäen be-
kanntem Bareges-Thal, bei Coadrix und Coray, bei Rosporden im Finistere.
Bei Hlinsko, insbesondere bei der Bahnhofstation, sowie in
den Eisenbahneinschnitten bei Hlinsko sind im grauen, gleichartig
[11]
Mineralogische Beobachtungen aus dem östlichen Böhmen.
35
dichtem, schwach runzlig, wellenförmig gefalteten Phyllit, der nur
schwachen Seidenglanz zeigt, Krystalle von
2. Andalusit (Chiastolith) eingewachsen. Dieselben sind im
Phyllit nicht so zahlreich wie das bekannte Mineral von Gefrees im
Fichtelgebirge, nichtsdestoweniger aber doch ziemlich häufig. Die Säulen,
selten farblos, häufiger von blass rosenrother Farbe, starkem Glasglanz
an der mehr als vollkommenen Spaltungsrichtung °oP, sind durch-
sichtig und erreichen selbst die Länge von über 1 ctm. bei einer Breite
von 1/3 ctm. Gemeiniglich sind sie aber viel kleiner. Quer auf die
Länge brechen die Krystalle nicht so häufig als sie sich spalten und
zeigen dann das Schieferkreuz.
Dass die Spaltbarkeit mehr als vollkommen ist, vielleicht beinahe
sehr vollkommen , sieht man am Irisiren mancher Spaltungsstücke
parallel der Richtung der Spaltbarkeit. Je vollkommener die Spaltbar-
keit bei Mineralien, desto häufiger das Irisiren auf Spaltungsklüftchen
parallel zu derselben.
Die Chiastolithe von Hlinsko sind ziemlich unzersetzt, worauf ihre
Durchsichtigkeit und vollkommene Spaltbarkeit, sowie der Glanz hin-
deuten; nichtsdestoweniger erreichen sie die Härte des frischen Anda-
lusites 7 — 7V2 nicht, sondern sind nur so hart, wie die Chiastolithe.
Der Winkel der Spaltungsflächen, unter dem Mikroskop gemessen,
war etwas weniger grösser als 90°, ohne genauer bestimmt worden
zu sein.
Obzwar Andalusit, in Zwilligen oder Vierlingen als Chiastolith, für
Böhmen neu ist, gerade so wie der Andalusitschiefer, so ist er nicht
selten zu nennen.
Die böhmischen Andalusitschiefer geben einen neuen Beleg dafür,
wie gleichartig in den verschiedenen Gegenden die Thonschiefer in der
Nähe von jüngeren Graniten metamorphosirt sind.
Mit diesen Schiefern ist die Reihe der metamorphischen Schiefer
nicht geschlossen.
Es finden sich sehr stark kurzrunzlige schiefrige Phyllite, in wel-
chen schwarzgraue, korngrosse, dicht zusammengesetzte Körner ein-
gewachsen sind. Diese Körner stehen meist senkrecht auf der Richtung
der Streckung, welche durch die starke Runzelung angedeutet ist und
ziehen sich die Runzeln bei jedem solchen Korn zusammen.
Solche Schiefer führen den Namen Fruchtschiefer, die schwarz-
grauen Körner hält man für Concretionen eines fahlunitähnlichen Minerals
oder für unfertige Staurolithe oder Andalusite. Es kann hier nur das
wiederholt werden, was über dieses Mineral schon bekannt ist; neue
Anhaltspunkte gab das Mineral keine. Die Körner zeigen keine Krystall-
flächen, im Bruch sind sie dicht, jedoch gewiss nicht homogen, da in
denselben unter dem Mikroskope Glimmerblättchen glitzern. An den
Kanten sind sie schwach durchscheinend, ritzen Calcit, sind demnach
hart 3V2 (Fahlunit H = 2 1/2 — 3), an den Kanten schwer und schwach
sehmelzbar. In concentrirter Salzsäure beinahe gar nicht löslich, nach
vorhergegangenem Glühen gänzlich unlöslich.
Etwas näheres zur Kenntniss der fahlunitähnlichen Körner hat
der Fund der Fruchtschiefer bei Hlinsko nicht geliefert. Auch die
Fruchtschiefer sind keineswegs selten.
36
R Helmhacker.
[12]
Alle diese Phyllite bilden Uebergänge in einander, da sie eigent-
lich verschiedene Zustände von metamorphosirten, wahrscheinlich siluri-
schen Grauwackenschiefern sind.
Es ist durch dieses neue Vorkommen von Staurolith-, Andalusit-
und Fruchtschiefern bei Hlinsko, die aber mit wahren Grauwacken bei
Skuc und Richenburg Zusammenhängen, neuerdings ein Beleg für die
Häufigkeit eines solchen Vorkommens gegeben, wie Rosenbusch neu-
estens eben auch darauf hinweiset. (Neues Jahrbuch f. Miner, etc.
1875, p. 849 etc.)
IV. In der Umgebung von Pfibislav herrscht Biotitgneiss von
dunkler Farbe vor, welcher kurzflasrig und ziemlich vollkommen schiefrig
ist. Oestlich von Pfibislav kommen in dem gemeinen, biotitreichen
Gneiss langgezogene, linsenförmige Nester oder selbst ganze nicht be-
sonders mächtige Schichten eines lichtgefärbten, weissen, grobkörnigen
Gneises untergeordnet und wechsellagernd vor.
In diesem Gneiss östlich von der Stadt (dem Schloss) Pfibislav
eine ganz kurze Strecke, zwischen dem Schloss und der Spiritus-
brennerei an der nördlichen Seite der Strasse (alles am rechten Säzava-
ufer) ist in dem Gneiss eine Schicht von
Haelleflinta eingelagert. Das Haelleflintlager verflacht wie der
Gneiss nach 5h mit 65° und tritt im Ausbiss deutlich zu Tage, wo
dessen Mächtigkeit gegen U/2 Meter beträgt.
Das Haelleflintlager ist allmählig mit dem Gneiss verbunden, in
der Mitte ist es dicht, nahe den beiden Schichtflächen gegen den Gneiss
zu, ist es erst sehr feinkörnig, dann feinkörnig bis beinahe körnig.
Die Farbe ist lichtgrau, bis lichtgrünlichgrau, der Bruch beinahe
eben, sehr feiusplitterig, matt glänzend ; an den Kanten durchscheinend
und in scharfkantige Bruchstücke nicht schwer zerfallend.
Parallel zur Schichtung zeigen die meisten Handstücke sehr
dünne, verschieden intensiv grau, graugrün gefärbte Lagen, welche eine
unvollkommen, bis dickschiefrige Textur bedingen.
Inmitten des Lagers zeigt das dichte Gestein keine fremdartigen
Mineralien, weder Quarz noch Chlorit oder Biotit, sondern es ist ganz
rein homogen dicht.
Das Gestein, welches für Böhmen neu ist, stimmt genau mit dem
in Skandinavien ebenfalls in Gneiss eingelagert vorkommenden Gesteinen
dieses Namens überein.
Sehr dünne Splitter schmelzen vor dem Löthrohr stark an den
Kanten zu schwach blasigem, halbdurchsichtigem Email wie der Orthoklas.
Unter dem Mikroskop zeigt sich das Gestein aus wasserhellem Orthoklas
bestehend, der sich deutlich im polarisirten Lichte erkennbar und als
frei von Quarz und andern Beimengungen erweiset.
Sonst nimmt man an, dass die Haelleflinta aus einem dichten
Gemenge von Orthoklas mit wenig Quarz besteht, worauf auch die
Analysen hindeuten. Das böhmische Gestein scheint nur aus Orthoklas
allein zu bestehen ; obwohl dies noch durch keine Analyse bestätigt ist.
V. Die Fundörter des Succinites in Böhmen.
Der Succinit ist in Böhmen in zwei Formationen bekannt im
neogenen Tertiaer und in der Kreideformation.
[13]
Mineralogische Beobachtungen aus dem östlichen Böhme n.
37
Im Neogenen bildet derselbe im Lignit kleinere oder grössere
Nester von honig- bis bräunlich-hyacinthrother Farbe und nicht beson-
ders grosser Festigkeit. So zu Grünlas bei Elbogen, Boden bei Fal-
kenau. Auch in Mertendorf bei Wernstadtl wird er erwähnt; doch ist
nicht ein jedes Harz, zumal wenn es nicht in Knollen oder Nestern,
sondern in dünnen Lamellen im Lignit vorkommt, als Succinit an-
zunehmen.
Spärlicher sind die Fundstädten in der Kreideformation.
Es sind bis jetzt drei solche Fundörter bekannt geworden :
1. Bei Skuticko 2 Kilometer nordwestlich von Skuc (Chrudimer
Kreis) erhebt sich in deutlicher Terrasse ein Plateau, dessen Fuss aus
Sandsteinen von grösserer oder geringerer Festigkeit besteht, in welchen
thonige und merglige Sandsteine, auch sandige Schieferthone zu unterst
zum Vorschein kommen, die ein Kohlenschmitz oder Kohlennester
führen. Diese kohlenführenden Schichten gehören der tieferen Stufe
des Cenomans an und sind limnischer Bildung (sogenannte Perucer
Stufe). Die Kohle ist eine schwarze, der Schwarzkohle sehr ähnliche,
reine Braunkohle (Pechkohle) mit erhaltenen Holzstrünken. In dem
Kohlenschmitz kamen, als man vor Jahrzehnten darauf schürfte, halb-
durchsichtige, dunkelhoniggelbe bis hyacinthrothe, kindskopfgrosse Knol-
len von Succinit von ziemlicher Festigkeit vor.
Die untere Stufe des Cenomans wird von der oberen Stufe, die
marin ist, überlagert (Ivorycaner Stufe) und diese endlich von dem
unteren Turon (Pläner) bedeckt, welcher das ebene Plateau bildet.
2. Ein anderer Fundort ist bei Chorousek (zwischen Mseno und
Mladä Boleslav (Jung-Bunzlau) 4 Myriameter nordwestlich von Prag,
wo kleine Knollen von Succinit im Ober -Turon (dem Isersandstein)
1874 vorgefunden worden sind.
3. Weiter fand man das Mineral in kleinen Knollen im Eisen-
bahneinschnitte bei Antonienhöhe südlich von Rumburg (im nördlichsten
Böhmen) im obersten (böhmischen) Senon der sogenannten Chlomeker
Stufe vor.
An allen drei genannten Orten finden sich mit den Knollen
Pflanzenreste vor, welche auf Stengel oder Strünke hindeuten aber
wegen ihrer schlechten Erhaltung keine Deutung erlauben.
4. In diesem Jahre 1875 wurde ein vierter Fundort dieses Mi-
nerales bekannt. Das Dorf Peldo liegt am Zdobnice-Bach, einem Zuflusse
der wilden Adler, in welche derselbe unter Wamberg mündet. Zu dem
Dorfe Peklo gehören die Einschichten Pekelec am rechten Zdobniceufer,
4 Kilometer östlich von Wamberg (Wamberg liegt 4 Myriameter ost-
ostsüdlich von Königingrätz) und 6 Kilometer nordwestlich von Potten-
stein. Bei Pekelec bildet der Zdobnice-Bach einen Bug unter rechtem
Winkel von Süd nach West und in dem Bug am rechten Ufer an der
Anhöhe ist ein Mühlstein-Bruch angelegt.
Der Sandstein des Bruches ist der tiefste, weisse, ziemlich grob-
körnige Quarzsandstein des unteren (limnischen) Cenomans (der Perucer
Stufe), der in dieser Gegend, auf Gneiss schwach geneigt aufruht und
mit sandigem, grauem Schieferthon wechsellagert.
38 R Helmliacker. Mineralog. Beobachtungen aus dem östlichen Böhmen. [14]
Der sandige Schieferthon enthält kleine, verkohlte, unbestimmbare
Pflanzenreste in geringer Menge, hie und da auch ein winziges Nest-
chen oder Schnürchen schwarzer Kohle.
In einer etwas thonigen Sandsteinlinse von etwa flacher Kopfgrösse
wurde bei a ein Nest Succinit, von Faustgrösse vorgefunden. Der
Succinit ist hyacinthroth, halbdurchsichtig und sehr spröde, zerbröckelbar.
Die Zeichnung stellt
die Steinbruchswand vor,
s der Sandstein, sch der
sandige Schieferthon, bei
a der Succinit, dessen
V orkommen daneben
noch vergrössert ist.
Die Pflanzenreste
des Schieferthons lassen
keine Deutung zu, um
auf den Ursprung des
Succinites schliessen zu
können. Jedoch finden
sich, wiewohl selten, im
Sandstein des unteren
Cenomanes in anderen nahe gelegenen Steinbrüchen Zapfen von Dam-
marites alhens Presl. (Sternb. Flora d. Vorwelt n. p. 203, Tab. 52,
Fig. 11, 12), welche möglicher Weise auf die Mutterpflanze des Suc-
cinites hindeuten könnten.
VI. Der Fichtelit ist in den Torflagern von Mazice bei Bor-
kovic bei Vesely zuerst aufgefunden worden.
Ein anderer Fundort dieses interessanten Minerales ist in den
Torflagern an der böhmisch-mährischen Gränze.
Von Vojnomestec 3 Kilometer südlich liegt das Dorf Radostin ;
südwestlich von Radostin sind Torflager, welche einst mit ausgedehnten
Teichen in Verbindung standen. In einem der jetzt ausgebeuteten
Torflager sind im Torfe neben Stammstücken von Betula alha L.
Stämme von der jetzt noch auf moorigem Boden dort wachsenden Pinus
uliginosa Neum. ( Pinus obliqua Suter ) bekannt. Die wenig nach ge-
dunkelten Stammstücke von Pinus enthalten im Wurzelstock oder im
untersten Stamm theile in den Klüften, welche meist den Jahresringen
nachgehen, lamellenartige krystallinische Krusten von weissem, bis
grauliehweissem Fichtelit.
IV. Weitere Bemerkungen über die Geologie von Reunion
und Mauritius.
Von Dr. Richard v. Dräsche.
(Mit Tafel III bis VII.)
Seit meinem letzten Berichte von Bourbon habe ich noch eine
Reihe geologischer Excursionen unternommen und während eines drei-
wöchentlichen Aufenthaltes auf Mauritius auch diese Insel durch-
wandert.
Ein zweiter Ausflug zum Vulkan von Bourbon, diesmal von der
Meeresseite aus, vervollständigte meine Beobachtungen bei der ersten
Besteigung, welche von Salazie aus unternommen wurde. Zur besseren
Orientirung füge ich eine in Curven gleicher Höhe gelegte Skizze des
Vulkans bei. Die Grundlage zur selben bot mir die Karte von Mail-
lard. (Taf. III.)
Unter dem Namen Grand Brule erreicht der östliche Abhang des
Vulkans unter geringem Neigungswinkel in einer Breite von 8 Kilometer
die Meeresküste. Von beiden Seiten ist dieses riesige Lavafeld von
steilen Remparts begrenzt, welche schliesslich am Fusse des eigent-
lichen Vulkankegels in den zweiten Kraterwall übergehen.
Während der ersten vier Stunden Anstieges verfolgt man am
besten jene Lava, welche bei dem grossen Ausbruche von 1862 aus
einem in 2/3 Höhe des Vulkans entstandenen Krater entströmte und
ihren Lauf bis zum Meere fortsetzend, dort ein kleines Cap erzeugte.
Die Lava ist von schwarzer Farbe und noch wenig zersetzt; sie hebt
sich merkwürdig ab von den älteren Laven, welche durch eine voll-
ständige Bewachsung mit Lichen weiss erscheinen.
Nachdem man zur rechten Hand einige mit Palmen bewachsene,
inselförmig aus dem Lavafeld hervorragende Hügel passirt hat, gelangt
man zum Fusse des Piton de Crac (1360 Meter), einem steilen, mit
Vegetation bedeckten Felsen, welcher aus mächtig übereinander gela-
gerten Lavaströmen mit Einfallen nach Osten, besteht. Nördlich von
diesem Berge befindet sich eine ausgedehnte, vollkommen horizontale
Lavafläche, auf welcher nach Dr. Cassien einige sehr interessante
Kratere vorhanden sein sollen; sie wird die Plaine d’Osmond genannt.
Um vom Fusse des Piton de Crac zum eigentlichen Vulkankegel
zu gelangen, hat man einen äusserst steilen, über 600 Meter hohen
Mineralogische Mittheilungen. 1876. 1. Heft. (Richard v. Dräsche.)
40
Richard v. Dräsche.
[2]
Abhang zu erklimmen, der sich fast in gleicher Steilheit vom Piton
de Crac bis zu einem Vorsprung des zweiten Enclos, dem nez du boeuf
liinzieht. Südlich vom Piton ist diese charakteristische Terrainstufe
etwas weniger steil, endet aber auch hier in einem Vorsprunge des
zweiten Enclos.
Man verfolgt nun auch hier beim Aufstieg am besten die neuesten
schwarz aussehenden Laven, welche sich hier gegen zwei Meter mächtig
über einen Abhang von circa 25 Grad heruntergewälzt haben.
Betrachtet man die auf beiden Seiten des Enclos auftretenden
Vorsprünge dort wo die Terrainstufe beginnt, das plötzliche Auftauchen
des Piton de Crac und einiger kleiner Palm-Inselchen, so kann man
sich kaum des Gedankens entschlagen, dass diese Hervorragungen Reste
des einst auch im Osten vorhandenen zweiten Enclos sind. Ich gebe
in Fig. 1 einen Durchschnitt des Vulkans von Ost nach Westen.
Fig. l.
B. Krater Bory. 6. Grand Brule.
Es muss jedenfalls als eine ganz eigenthümliehe Erscheinung her-
vorgehoben werden, dass alle drei Enclos gegen Osten oben sind und
zwar wie ich vermuthe durch den Druck fliessender Lava. Es ist klar,
dass die westlichen Theile der Enclos dem Drucke der Laven einen
bedeutenderen Widerstand entgegengesetzt haben müssen, als die östlichen,
da erstere so zu sagen als Gegenpfeiler die ganze hochgelegene Masse
der Plaine des Caifres und Plaine des Remparts haben.
Fassen wir das ganze Innere des zweiten Enclos als einen
erstarrten Kratersee auf, der im liquiden Zustande seinen östlichen
Rand durchbrechend, sich ein breites tiefes, von senkrechten Wänden
begrenztes Bett in dem Abhange des Enclos ausgegraben hat, so finden
wir so eine einfache Erklärung des Grand Brule, in dem nur die Errosion
einer flüssigen Masse, zwei so stetig parallele Wände schaffen konnte.
Bei meinem Rückwege erstieg ich den zweiten Enclos bei der
caverne du Pas de Belcomb und setzte dann meinen Weg südlich,
stets am Rande des Enclos fort. Die Lavaschichten fallen stets parallel
mit dem Abhange des Enclos 12 — 15° nach Aussen.
Sie sind mit vielen kleineren und grösseren vereinzelt stehenden
Schlackenkegeln bedeckt.
Nach fünfstündiger Wanderung von der caverne du Pas de Bel-
comb gelangt man zu einer Gruppe ganz ausgezeichneter Kratern,
welche ziemlich nahe an einander stehen; es sind die crateres Ramond.
[3] Weitere Bemerkungen über die Geologie von Reunion und Mauritius. 41
Sie bestehen alle aus lockeren Anhäufungen von schwarzer, poröser
Schlacke, nur wenige haben wirklich Lava ergossen.
Etwa drei Wegstunden von diesen Ivrateren, in südöstlicher Rich-
tung liegt auf einem Plateau eine andere ebenfalls sehr charakteristische
Gruppe von Vulkankegeln; der höchste von ihnen zeichnet sich durch
einen in drei Theile zerspaltenen Gipfel aus. Ein vollständig undurch-
dringlicher Urwald, der sich vom Rande des Einclos bis zu diesen Kra-
teren zieht, machte es mir unmöglich, dieselben zu besuchen und ver-
hinderte mich auch meinen beabsichtigten Weg weiter fortzusetzen.
Ich war gezwungen die steilen Remparts hinunterzuklettern und den
Rückweg im Grand Brule zu nehmen.
Fig. 2 auf Taf. IV soll eine Vorstellung von dieser zweiten Gruppe
von Kegeln geben.
Auf Taf. V reproducire ich eine von Herrn Dr. Cassien ent-
worfene und mir von ihm auf meine Bitte zur Benützung übergebene
Skizze, welche den nördlichen Theil des Grand Brule mit dem Piton
de Crac und dem früher erwähnten steilen Abhang zeigt, wie er sich
von der route de ceinture aus producirt.
Schon in meinem ersten Berichte habe ich erwähnt, dass drei
grossartige Senkungsgebiete: die Circus von Salazie, Cilaos und Mafatte
das Innere des westlichen Theiles der Insel prächtig aufgeschlossen
haben.
Ich habe seit dieser Zeit auch noch die Circus von Cilaos und
Mafatte besucht. Ich verweise behufs Orientirung auf meine Karten-
skizze im vorigen Hefte dieser Mittheilungen.
Alle drei Circus sind nach denselben Principien gebaut, ein weiter
rundlicher Kessel mit senkrechten Wänden, der seine Gewässer in
einem langen, engen und tiefen Schlund dem Meere zuführt. Die Wände
bestehen stets aus olivinreichen, basaltischen Gesteinen, wechsellagernd
mit vulkanischen Breccien und Lagern von vulkanischen Auswürflingen,
alles vielfach von Gängen durchkreuzt; die Schichten fallen allseitig
vom Centrum des alten Vulkangebietes nach Aussen. Im Circus von
Cilaos konnte ich ähnliche Gesteine beobachten, wie in der riviere du
Mat, jedoch weniger schön aufgeschlossen.
An der Quelle des bias rouge am Fasse des Gros Morne beob-
achtet man vollkommen zersetzte Basaltgesteine, die gelblich weiss und
mit den Fingern zerreiblich sind. In den Spalten findet man kleine gut
ausgebildete Berg-Krystalle, das Gestein selbst ist dicht mit Schwefel-
kies-Krystallen imprägnirt. Quellen, welche aus demselben entspringen,
setzen bedeutende Quantitäten von Eisenoxydhydrat ab.
Ich möchte diese Zersetzungs-Erscheinungen der Einwirkung von
schwefligsauren Gas-Exhalationen zuschreiben. Die heissen Quellen beim
Orte Cilaos dürften wohl ihren Gehalt an Eisen- und Alkalisalzen aus
ähnlichen zersetzten Gesteinen entnommen haben. In der riviere des
Galets bei Mafatte treten stark schwefelwasserstoffgashaltige Quellen auf.
Die ungemein engen, langen und tiefen Schlünde, in welchen die
Flüsse riviere des Galets, riviere du Mät und bras de Cilaos ihren
Weg zum Meere zueilen, könnten zur Vermuthung verleiten, dass wir
es hier mit grossen Spalten zu thun haben, welche durch eine Erd-
erschütterung plötzlich entstanden sind. Dem widersprechen jedoch
Mineralogische Mittheilungen. 1876. 1. Heft. (Richard v. Dräsche ) 6
42
Richard v. Dräsche.
[4]
sehr schöne Terrassenbildungen in dem Thale der riviere des Galets.
Etwa eine Stunde unterhalb Mafatte sieht man auf beiden Flussufern
schön horizontal geschichtete Bänke von Flussgeröll, wechsellagernd mit
Schichten feinen Flussschlammes, oft viele hunderte von Fussen über
dem jetzigen Niveau des Flusses. Diese Lager sind oft durch die
Erosion des Wassers in Pfeiler, Nadeln und festungsartige Gebilde
verwandelt. Die horizontale Ausdehnung dieser Lager ist meist sehr
gering, manchmal hängen sie nur wie angeklebt an den hohen, senk-
rechten Basaltwänden des Flussbettes. Diese Terrassenbildungen bewei-
sen nun klar , dass die tiefen Flussbette das Resultat der erodirenden
Kraft des Wassers sind, und nicht durch ein plötzliches Ereigniss ent-
standen sein können.
Die riviere du Mat, im Kessel von Salazie, beschreibt einmal
einen weiten Bogen um einen Stock harten Trachytgesteines auszu-
weichen; ebenfalls eine Thatsache, welche mit der früher widerlegten
Ansicht nicht vereinbar ist.
Ich habe während meiner Excursionen auf Reunion eifrig nach
Markzeichen stattgehabter Hebungen gesucht und schliesslich an der
Südwestküste der Insel deutliche Beweise von solchen gefunden. Von
St. Paul bis St. Louis konnte ich jedoch Hebungs-Erscheinungen bis
80 Meter über dem Meere constatiren. Die hier über eine engl. Meile
breite, flache Küste ist tief mit Sand bedeckt, der an manchen Stellen
aus abgerundeten Olivinkryställehen, Magneteisenkörnern und kleinen
abgerollten Lavabröckchen besteht.
Man gibt sich in Reunion grossen, aber wie ich glaube unbe-
gründeten Hoffnungen, über die Verwerthung dieser Magneteisensand-
Lager hin, Mangel an Brennmaterial werden ihr stets hindernd im
Wege stehen, au eine Verschiffung der Erze nach Europa ist des weiten
We ges wegen (5300 Seemeilen über Suez) nicht zu denken.
An vielen Stellen tritt jedoch das Magneteisen aus dem Gemenge.
Diese sables mouvants bestehen blos aus Olivin und Lavabröcken.
Eine Anzahl von bis 80 Meter hohen vulkanischen Kegeln befindet sich
nun unweit der Küste und ist hoch mit diesem Flugsande bedeckt, in
welchem ich eine ziemliche Anzahl abgerollter Muscheln (Tridacna,
Harpa, Cardium) und Korallen fand. Die vulkanischen Ausbrüche aus
diesem Kegel müssen mithin submarin gewesen sein.
Ich will nun versuchen auf Grundlage der beobachteten That-
saclien eine historische Skizze der Insel Reunion zu entwerfen :
Die ersten Eruptionen waren jedenfalls submarin, bis endlich der
Vulkankegel durch fortwährende Lavaergüsse die Oberfläche des Meeres
erreichte. Die frühesten supramarinen Eruptionen waren Trachytlaven,
andesitische Laven und gabbroartige Gesteine, bis endlich die olivin-
reichen Basaltlaven ausschliesslich ergossen wurden.
So baute sich schliesslich der grosse Vulkan von Bourbon auf,
dessen Krater in horizontaler Richtung nicht weit vom heutigen Piton
des Neiges entfernt, jedoch bedeutend höher als derselbe war. Zu
dieser Zeit hatte die Insel eine kreisrunde Gestalt. Die einzelnen
Eruptionen des Vulkans waren oft durch lange Zeiträume getrennt.
Man findet oft zwischen den einzelnen Lavabänken erdige Lager mit
Resten von verkohlten Farrenstämmen. Die Abhänge des Vulkans waren
Weitere Bemerkungen über die Geologie von Reunion und Mauritius.
43
damals mit einer grossen Anzahl kleinerer und grösserer Eruptions-
kegeln besetzt, deren Reste noch heute überall zu sehen sind.
Nachdem die Thätigkeit des grossen und ersten Vulkans erloschen
war, entstand im Südosten der Insel eine neue vulkanische Oeffnung
und es baute sich ein dem jetzigen Vulkane an Umfang und Höhe
überlegener Vulkan auf, der seinen Krater nach der Concentricität der
Enclos zu urtheilen horizontal nicht weit entfernt vom heutigen Krater
Bory hatte. Wir finden die spärlichen Reste dieses Vulkanes im ersten
Enclos, sein Kegel wurde wahrscheinlich durch einen Paroxismus in
die Luft gesprengt. Aus der Mitte dieses Enclos erhob sich bald ein
neuer Kegel, der endlich demselben Schicksale verfiel, wie der erste,
das grosse, regelmässige zweite Enclos und der Piton de Crac sind
seine Reste.
Innerhalb des zweiten Enclos entstand nun der jetzige Vulkan-
kegel, zuerst jedoch nur von einem Krater gekrönt und von regulärer,
konischer Form. Erst am Ende des vorigen Jahrhunderts bildete sich
südöstlich vom Krater Bory in 1 Kilometer Entfernung ein neuer
Krater, dessen Eruptionsproducte den früheren Kegel zu einem scharfen
nach Ost abfallenden Rücken umstalteten.
Der Druck der flüssigen Lava zerstörte den zweiten Enclos auf
der Seite seiner geringsten Festigkeit und die fliessende Lava höhlte
sich schliesslich am östlichen Abhang ihr Bett aus.
Bei einer der neuesten Eruptionen wurde nun der zweite Krater-
kegel zerstört; es entstand wieder ein dritter Enclos, dessen östliche
Hälfte von den Laven durchbrochen ist und aus dessen Mitte der
neueste Kegel mit dem crater brülant entstand.
Es ist unmöglich zu sagen, in welche Zeit man die Bildung der
drei grössten Senkungsgebiete im Westen der Insel versetzen soll; sie
hatten jedenfalls zu ihrer Vollendung einen gewaltigen Zeitraum noth-
wendig.
Diejenige Linie, welche den muthmasslichen Ort des alten Kra-
ters im Westen der Insel mit dem Gipfel des jetzigen Vulkanes ver-
bindet, ist durch eine bedeutende Terrainstufe (la grande montee) an-
gedeutet; längs ihr treten auch eine grosse Anzahl von Vulkankegeln
auf, wie der Piton de Tortue, Piton Marabou, die Kegel um den
Ursprung der riviere des Remparts etc. Diese charakteristische Linie
bildet auch, wie wir schon einmal bemerkten, die Wasserscheide der
Insel und gibt die Richtung an, nach welcher die Ausbruchsöffnungen
der vulkanischen Kraft, letztere in immer abnehmender Intensität,
voranschritten.
130 Seemeilen nordöstlich von Reunion liegt das etwas kleinere
Eiland Mauritius. Die Form der Insel ist ähnlich jener von Reunion,
die Hauptaxe hat jedoch eine nordöstliche Richtung. Während die
Schwester-Insel Höhen bis über 9000 Fuss aufweist, besteht Mauritius
aus einem von der Meeresküste langsam aufsteigenden, mit niedrigen
Hügeln besetzten Plateau, das bei Cur-Pipe seine grösste Erhebung
6*
44
Richard v. Dräsche.
[6]
(1800 Fuss) erreicht. Die nördlichsten Theile der Insel: die Cantone
des Pamplemousses, de la riviere du Rempart und de Flacq sind eine
nur durch wenige niedrige vulkanische Hügel unterbrochene flache
Lavaebene, von welcher besonders die mit dem Namen Plaine des
Koches bezeiclmete Gegend sich durch ein Chaos von untereinander
geworfenen Lavaschollen auszeichnet. Betrachten wir einen Moment
dieses Flachland als Meeresgrund, so ergibt sich die Regel, dass in
Mauritius eigentliche Bergketten nur am Rande der Insel auftreten,
und dass die Steilabfälle meistens gegen das Innere der Insel gerichtet,
und die relativen Höhen hier geringer sind, als auf der entgegen-
gesetzten Seite.
Ferner beobachtet man die merkwürdige Thatsache, dass alle
Abzweigungen der Gebirge von dem Hauptrücken einseitig sind und
dem Meere zulaufen. Um diese merkwürdige Art des Gebirgsbaues
anschaulich zu machen, gebe ich in Figur 2 einen Durchschnitt des
Fig. 2.
Mont du Rempart. Tron an Cerfs. Cur-Pipe.
Gebirges von der Tamarinbay bis Cur-Pipe und in Tafel VI ein vom
Trou au Cerfs aufgenommenes Panorama im Westen und Norden der
Insel. Alle Profile, welche vom Meere aus gegen das Innere der Insel
gezogen werden, sind in ihren Hauptzügen einander ähnlich.
Die Gebirgsketten und Berge, welche am Rande der Insel auf-
treten sind: die Kette des Peter Botte (2847 Fuss) und Pouce (2707
Fuss), der Corp de Gardes (2525 Fuss), die Gruppe des steilen Mont
des Remparts (2710 Fuss) und der trois Mamelles (2340 Fuss), welche
sich mit den Bergen der riviere de Tamarin und denen der riviere
noire verbinden. (La montagne de la riviere noire mit 2902 Fuss ist
der höchste Punkt der Insel.) Die Berge der Savanna im Süden, und
die Gebirge um den Grand Port im Osten mit der Montagne du Bam-
bou (2204 Fuss).
Auf dem Plateau selbst befinden sich einige deutliche Kratere,
von denen der Trou au Cerfs der regelmässigste ist. Er befindet sich
an der Spitze eines flachen, eine Viertelstunde von Cur-Pipe gelegenen
Hügels. Seine Wände sind senkrecht, die Oeffnung beinahe vollkommen
kreisrund, mit einem Durchmesser von circa 250 Fuss und einer Tiefe
von etwa 300 Fuss; einige dieser ehemaligen Kratere sind jetzt, wie
z. B. der Grand Bassin, mit Wasser ausgefüllt. Fast in der Mitte des
Plateau erhebt sich plötzlich ein zweizackiger Berg, der Piton du
Milieu (2067 Fuss). Er erweist sich bei näherer Betrachtung als ein
senkrechter, tafelförmiger, in Tausende von Säulen abgesonderter Gang.
Weitere Bemerkungen über die Geologie von Reunion und Mauritius.
45
Die Prismen liegen fast alle horizontal, also senkrecht zu (len beiden
parallelen Bergwänden.
Tafel YII gibt eine Skizze dieses merkwürdigen Berges. Man
sieht, dass an einer Stelle die Prismen sich grabenförmig ausbreiten.
Die relative Höhe des Piton vom Plateau aus gerechnet, mag kaum
mehr als 800 Fuss betragen; um so viel musste also die Umgebung
des Ganges höher als jetzt gelegen sein, zur Zeit als er injicirt wurde.
Das den Piton zusammensetzende Gestein ist ein Dolerit, mit schönen
grossen Plagioklas-Krystallen.
Die Insel Mauritius ist blos aus basaltischen Laven zusammen-
gesetzt; ich konnte kein anderes Gestein, nicht einmal Rapilli- oder
Tuff-Massen entdecken. Die Feldspathe herrschen im Ganzen weit mehr
vor als in Reunion, der Olivin tritt mehr zurück, dafür konnte ich
aber in manchen Laven grosse Augitkrystalle beobachten. Die Laven
des Plateau sind ziemlich horizontal gelagert; sie enthalten oft Höhlen
von bedeutender Ausdehnung mit unterirdischen Wasserläufen; jene
welche die Gebirge am Rande der Insel zusammensetzen, zeigen in
den meisten Fällen Neigungswinkel von 10 — 15° mit einem Einfallen
gegen das Meer zu. Die Schichten der Berge um den Grand Port
haben einen zu geringen Neigungswinkel um etwas Bestimmtes über
ihr Einfallen äussern zu können.
Die ganze Insel ist von grossen Korallriffen umgeben, während
Reunion nur am südwestlichen Tlieile solche aufzuweisen hat. Eine
ziemliche Anzahl von kleinen Inseln, welche vom Festlande durch
schmale Untiefen getrennt sind, umgibt Mauritius; im Norden ragen
in grösserer Entfernung noch 5 Inseln aus dem Meere.
Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass Mauritius der spärliche
Rest eines grossen Vulkans ist, und stütze diese meine Ansicht haupt-
sächlich auf die merkwürdige Stellung der Berge am Rande der Insel,
sowie auf die Neigung ihrer Lavabänke nach Aussen. Dass die Insel
im Laufe der Zeiten bedeutend an Höhe verloren hat, beweist uns die
Gegenwart eines gegen 800 Fuss über die jetzige Oberfläche hervor-
ragenden Ganges des Piton du Milieu.
Wenn wir schliesslich die Frage aufstellen, ob wohl die beiden
Eilande Reunion und Mauritius einst vereinigt gewesen sein mögen, so
möchte ich diese Frage im verneinenden Sinne beantworten, da keine
Thatsache uns berechtigt, diess vorauszusetzen, umsomehr als die öst-
lichen Theile Bourbons, also jene Mauritius am nächsten gelegenen
entschieden jünger sind, als die westlichen und folglich wohl auch als
Mauritius selbst.
Es ist bekannt, dass Mauritius der Fundort von Dronte-Skeleten
(Didus ineptus) ist, welche noch von den ersten Entdeckern der Insel
in Massen lebend gesehen wurden. Seit dieser Zeit ist dieser Vogel
und sind auch die früher auf Mauritius in grosser Menge vorkom-
menden Landschildkröten ausgestorben. Skelete von Dronten wurden
vor Jahren in den Sümpfen der Umgebung des Port gefunden. Im
Canton Flacq ist eine grosse Anzahl ähnlicher sumpfiger Stellen. Ich
liess bei Argy am Gute des Herrn Dali et in einem dieser Teiche
nachgraben und es wurde eine grosse Anzahl von Knochen und Schild-
46 R v. Dräsche. Weitere Bemerk, üb d. Geologie von Reunion u. Mauritius. [g]
kröten-Panzern zu Tage gefördert. Monsieur Dali et fand einige
Wochen vor meiner Ankunft in einem derartigen Tümpel ein vollständig
erhaltenes Hirschskelet.
Der Rand vieler dieser „Mares“ besteht aus einer Ivnochenbreccie
mit kalkigem Bindemittel. Eine nähere Untersuchung dieser Knochen,
von denen ich mitnahm, wird wohl zeigen, welchen Thieren sie an-
gehörten.
Ceylon, im November 1875.
V. lieber einige ankeritähnSiche isneraSe
der silurischen Eisensteinlager und der Kohlenformation
Böhmens und über die chemische Constitution der unter
dem Namen Ankerit vereinigten Mineralsubstanzen.
Von Prof. Dr. Ein. Bofick^.
Unter dem Namen Ankerit wird in den meisten Handbüchern der
Mineralogie eine Gruppe von Carbonaten angeführt, die, dem Dolomit
am nächsten stehend, sich vom Letzteren durch einen grösseren oder
geringeren Gehalt an Eisenoxydulcarbonat unterscheiden; allein der
Mangel an einer einheitlichen chemischen Formel, die in den Quanti-
tätsverhältnissen bedeutend differirenden Analysen , die schwankenden
Angaben über das specifische Gewicht und über die Kantengrösse des
Grundrhomboeders scheinen zu verrathen, dass unter dem Namen
Ankerit entweder mehrere Mineralsubstanzen oder auch mehrere Um-
wandlungsstadien einer oder mehrerer Mineralsubstanzen vereinigt sind.
Die meisten Ankeritanalysen stimmen darin überein, dass sie fast
genau die stöchiometrische Hälfte Kalkcarbonat aufweisen, während
Eisenoxydul- und Magnesiacarbonat in schwankenden Verhältnissen auf-
treten; daher bezeichnet Rammeisberg1) die Braunspathsubstanzen
(Ankerit) als „isomorphe Mischungen von Kalk- und Magnesiacarbonat
mit grösseren Mengen Eisenoxydulcarbonat,, und schreibt allgemein ihre
Mg'
chemische Formel CaC
Fe
C. In gleicher Weise fasst auch Dana2)
die Ankeritsubstanzen auf, indem er mit Berücksichtigung der gewöhn-
lich kleinen Mengen Manganoxydul ihre chemische Formel CaC + (Mg,
Fe, Mn) C festsetzt. Und beiden schliesst sich Naumann3) an, indem
er die Zusammensetzung des Ankerit als etwas schwankend, doch
wesentlich als eine Verbindung der Carbonate von Kalk (50 Proc.),
Eisenoxydul (32 — 35 Proc.), Magnesia (8 — 16 Proc.) und Mangan-
oxydul (3 — 5 Proc.) bezeichnet. Abweichend ist die chemische Formel
(5 CaC + 5 FeC + 2 MgC), welche Reiben schuh4) aus seinen
') Mineralchemie, pag. 216.
2) A System of mineralogy, pag. 685.
s) Elemente der Mineralogie, 1871, pag. 270.
4) Verkandl. d. k. k. geol. Reichanstalt, 1867, pag. 330.
Mineralogische Mittheilungen. 1876. 1. Heft. (Boricky.)
48
Em. Boricky.
[2]
drei Analysen der Ankeritkrystalle vom Erzberge bei Vordernberg in
Steiermark ableitet. Und ebenso abweichend ist die chemische Formel
FeC + CaC (53'7 Proc. FeC und 46 3 Proc. CaC), welche v. Ivobell x)
für den Ankerit annimmt.
Wiewohl meines Wissens eine der v. Kobell ’schen Formel ent-
sprechende Verbindung in der Natur für sich nicht vorkömmt, so
scheint sie doch für jede der unter dem Namen Ankerit und Braunspath
vereinigten Mineralsubstanzen eine constante Grundlage zu bilden; denn
mit Ausnahme von 6 Braunspath-Analysen lassen sich alle Uebrigen
durch die allgemeine chemische Formel
+ x (CaC 4- MgC) oder { x q* 066 }
Die v. Kobell’sche
Formel für den Ankerit.
darstellen, worin x die Werthe V2, 1, 4/3, 3/2, 6/3, 2, 3, 4, 5, 10
haben kann.
Von diesen, durch die variable Grösse x unterschiedlichen 10 Ver-
bindungen erlaube ich mir die ersten fünf, in denen x = x/2, 1, 4/3,
31 2, 6/s als Ankerit, die Uebrigen als Parankerit zu benennen, die ein-
fachsten zwei
Ca Fe C2 Oc
Ca Mg C2 0G
und
Ca Fe C2 0,
2 Ca Mg C, 0
'•}
als Normal- An-
kerit und Normal-Parankerit hervorzuheben und die übrigen Glieder
durch Beifügen von griechischen Buchstaben zu bezeichnen.
Normal-Ankerit.
Vor mehreren Jahren habe ich den aus dem sibirischen Eisen-
steinlager vom Giftberge bei Komorau stammenden Braunspath analy-
sirt, als Ankerit* 2) beschrieben und mit dessen specifischem Gewichte
(3"06 — 3"07) das der Ankerite von Zajecov und Chrbina als überein-
stimmend gefunden. Um mich von der Uebereinstimmung der chemi-
schen Beschaffenheit völlig zu überzeugen, veranlasste ich in jüngster
Zeit Herrn Assistenten B fielt eine chemische Analyse der winzig
kleinen, schwach gelblichweissen, durchscheinenden Ankeritkryställchen
von Zajecov auszuführen. Diese Analyse ergab in Procenten :
Ca C03 = 50’70
Fe C03 = 29-87
Mg C03 = 21 -66
102-23.
Die chemischen Analysen des Ankerites vom Giftberge und von
Zajecov führen auf die einfache Formel 2 Ca C03 -f- Fe C03 -f Mg C03
oder | yjir (V q“ |- Und diese einfache Formel für den Ankerit,
’) Mineralogie, 1871, pag. 241.
2) Sitzungsber. d. k. Akad d. Wissensch. in Wien, 1869. Zur Entwicklungs-
geschichte der in dem Schichtencomplex der sibirischen Eisensteinlager Böhmens
vorkommenden Minerale. Sep.-Abdr. pag. 25.
Ueber einige ankeritähnliche Minerale etc.
49
[3]
deren ich bereits in einem Vortrage in der königl. böhm. Gesellscb. d.
Wissensch. J) Erwähnung gethan, nimmt auch Weisbach* 2) an (und
schreibt dieselbe Ca2 Mg Fe CD).
Von anderen mir bekannten Analysen der Ankerite sind es nur
zwei, die mit dem Ankerite der böhmischen silurisclien Eisenerzlager-
stätten übereinstimmen, nämlich: Lubolt’s Analyse des Ankerites von
Lobenstein3) und Schmid’s Analyse des Ankerites von der Grube
Bleialf bei Call in der Eifel. 4 5 6)
Die paragenetischen Verhältnisse der den Ankerit der silurisclien
Eisenerzlagerstätten Böhmens begleitenden Minerale habe ich a. a. O.3)
bereits erläutert.
Normal-Parankerit.
Vor einigen Jahren erhielt das böhmische Museum vom Herrn
Bergrathe Wala zwei schöne Haarkiesstufen (aus dem Kohlensandstein
von Rapic bei Kladno), auf denen sich ein ankeritälmliches Mineral
als Unterlage des Haarkieses befand. Das mit dem Ankerite der böh-
misch - silurisclien Eisensteinlager nicht übereinstimmende specifische
Gewicht des Rapicer ankeritähnlichen Minerales gab die Veranlassung
zur weiteren Untersuchung des Letzteren und lenkte meine Aufmerk-
samkeit auf ähnliche Minerale der Kohlenformation. Etwa ein Jahr
später übergab dem böhmischen Museum Herr Dr. 0. Feistmantel
ankeritähnliche Stufen mit äusserst spärlichen und zarten Haarkies-
büscheln aus dem Kohlensandstein von Schwadowitz und ähnliche mit
aufsitzenden Pyritkryställchen von Lubna bei Rakonitz. c) Und bei
einem mit dem Herrn Collegen Dr. Fric in der Umgegend von Lahna
unternommenen Ausfluge fanden wir dasselbe ankeritähnliche Mineral
in der Schieferkohle des Maxmilianschachtes bei Ploskov und auf der
Halde eines verlassenen Schachtes westlich bei Lahna vor. Und da sich
das ankeritähnliche Mineral aus allen den bezeichneten Localitäten als
eine constante, von dem Ankerit der silurischen Eisenerzlager Böhmens
abweichende Mineralmischung erwies, so unternahm ich noch einen
Ausflug nach Rapic, wo es mir durch die Liberalität der Herren Berg-
beamten des kais. und des der Prager Eisenindustrie-Gesellschaft ge-
hörigen Bergreviers gelang, eine schöne Suite von ankeritähnlichen
Mineralstufen für das böhmische Museum zu acquiriren.
0 Juli 1875.
2) Synopsis mineralogica. Freiberg, 1875, pag. 29.
3) Poggendorf’s Annalen, CII, päg. 455 und Rammelsberg’s Mineral-
cliemie pag. 2 IG.
4) N. Jahrb. f. Min. etc. 1875, pag. 89.
5) Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wissenscb. in Wien, 1869. Zur Entwicklungs-
geschichte etc.
6) Diese neuen Mineralfundorte habe ich bereits in meinen, von Herrn Prof.
R. v. Zepharovich in das mineralog. Lexikon des Kaiserthums Oesterreich auf-
genommenen Notizen namhaft gemacht.
Mineralogische Mittheilungen 1876. 1. Heft. (Em. Borick^.)
7
50
Em. Boficky.
[4]
Der Parankerit bildet Drusen von farblosen, weissen, gelblich oder
rötblich gefärbten, zuweilen an der Oberfläche mit Eisenoxyd impräg-
nirten Rhomboedern, deren Flächen meist drüsig und schwach perl-
mutterglänzend, seltener glatt und glasglänzend erscheinen. H. = 3Va-
Spec. Gewicht = 2-965 (als Mittel von fünf Bestimmungen, deren
Minimum und Maximum = 2-956 — 2-974). Die aus mehreren, ziemlich
genau übereinstimmenden Analysen des Parankerites von Rapic bei Kladno,
von Ploskov bei Lahna, von Lubna bei Rakonitz und von Schwadowitz
abgeleitete chemische Formel
3 Ca CO, + 2 Mg CO, + Fe CO, oder { 2 g* c) o‘ }'
Der Parankerit löst sich in kalter mässig verdünnter Salzsäure (unter
Aufbrausen) langsam, aber vollkommen auf.
ci. Parankerit von Rapic.
In dem sehr feinkörnigen, von Carbonaten stark imprägnirten
Kohlensandsteine des — der Prager Eisenindustrie-Gesellschaft gehöri-
gen — Hoffnungsschachtes in Rapic bei Kladno bildet der Parankerit
kleinkörnige, weisse, röthlich oder graulichweisse Schnüre und Adern
und kleidet, zarte Drusen bildend, die Wandungen der Höhlungen aus.
Die Parankeritdrusen pflegen mit winzig kleinen Chalkopyrit-, Pyrit-
und spärlichen Galenitkryställchen bestreut, zuweilen auch mit präch-
tigen, strahlig oder büschelförmig oder verworren aggregirten Millerit-
nadeln *) besetzt zu sein.
Das specifische Gewicht des Parankerites von Rapic (vom Herrn
Bilek bestimmt) = 2-974. Und die von mir und Herrn Bi'lek aus-
geführten chemischen Analysen ergaben in Procenten:
Unlöslichen Rückstand =
Fe C03 = 1
Mn C03 = j
Mg C03 =
Ca C03 =
I.
H.
III.
—
0-177
0-405
18-830
20-11
19-877
1024
29-12
29-308
—
51-30
—
50-946
100 53.
b. Parankerit von Lubna.
In gleicher Weise, wie in dem Kohlensandstein von Rapic, erscheint
der Parankerit in dem glimmer- und sandkörnerreichen Kohlensandstein
von Lubna bei Rakonitz, pflegt aber nur von aufsitzenden (zuweilen
') Die paragenetische Folge der dem Ankerit aufsitzenden Minerale ist :
a. Chalkopyrit, b. Millerit, c. Galenit; denn der Chalkopyrit bildet oft das Centrum,
von welchem aus die Milleritnadeln strahlig auslaufen. Und auf diesen pflegen steck -
n adelkopfgrosse Galenitkryställchen aufgewachsen zu sein. Die Pyritkryställchen sind
vereinzelt zerstreut und weit spärlicher als der Chalkopyrit. Der Millerit konnte
wegen Mangel an Material nur qualitativ untersucht werden, wobei neben vorwalten-
dem Schwefelnikel eine nicht unbedeutende Menge Schwefeleisen nachgewiesen wurde.
[5]
Ueber einige ankeritähnliche Minerale etc.
51
nach der tetragonalen Achse säulenförmig verlängerten) Pyritkryställc’nen
(ooöoo) begleitet zu sein. Die meist weisse Farbe, trübe Beschaffenheit
und merklich geringere Härte dieses Parankerites spricht dafür, dass
sich derselbe im Beginn einer chemischen Umwandlung befindet. Das
specifische Gewicht desselben (vom Herrn Bflek bestimmt) = 2‘956.
Die von mir und Herrn Bflek ausgeführte chemische Analyse
ergab in Procenten:
Unlöslicher Rückstand = 0"22
Fe CO3 = 18-14
Mn CO3 = 0-46
Mg CO3 = 30-27
Ca CO3 = 50-10
99-19.
Aus der chemischen Analyse erhellt, dass die oberwähnte Um-
wandlung dieses Parankerites in der Abnahme des kohlensauren Eisen-
oxydul und in der Zunahme der kohlensauren Magnesia besteht.
c. Parankerit von Schwadowitz.
Die Schnüre und Adern des Parankerites in dem bräunlich grauen,
feinkörnigen Kohlensandstein aus dem Erbstollen von Schwadowitz sind
gröber körnig und die bräunlichen, röthlichen und gelblichen Drusen
der Hohlräume bestehen aus Individuen, welche die Grösse eines Cen-
timeters erreichen. Sowohl die kleinen gelblichen, als auch die grös-
seren bräunlichen Krystalle haben stark gekrümmte und drüsige Flächen
und letztere pflegen noch mit kleineren Kryställchen besetzt zu sein.
An den Bruchstücken der bräunlichen Krystalle bemerkt man ein weis-
ses, graulich- oder gelblichweisses Innere und eine dünne, vom Innern
scharf abgegrenzte, röthlichbraune Aussenschale. Ueberhaupt zeigt die
bräunliche Färbung der Krystalldrusen und der Zusammensetzungsflächen
in den Adern und Schnüren, dass sich der Schwad owitzer Parankerit in
einer ähnlichen chemischen Umwandlung befindet, wie der Parankerit
von Lubna; allein während an letzterem Fundorte kohlensäurehältige
Gewässer einen geringen Antheil des kohlensauren Eisenoxydul aus dem
Parankerit ausgelaugt und entfernt haben, fand in dem Scliwadowitzer
Kohlensandstein die Einwirkung von kohlensäure- und sauerstoffreichen
Gewässern statt, wodurch ein Theil des ausgelaugten kohlensauren
Eisenoxydul in Form von Eisenoxyd und Eisenoxydhydrat an Ort und
Stelle (in den Aussenschalen und zwischen den Krystallkörnern) zum
Absatz gelangte.1)
Das specifische Gewicht der möglichst gereinigten, nur mit spär-
lichen Partikelchen von Eisenoxydhydrat gemengten, schwach gelblich-
weissen, durscheinenden Fragmente dieses Parankerites (vom Herrn
Bflek bestimmt) = 2-970. Und die mit gleicher Probe von mir und
') Ausser eleu äusserst seltenen und zarten Milleritbüscheln und spärlichen
Pyritkryställchen wurde auf diesem Parankerit kein anderes Mineral bemerkt.
7*
Em. Boricky.
52
[6]
Herrn Assistenten B fiele ausgeführten chemischen Analysen ergaben
in Procenten:
I.
II.
Fe
CO, z
= 18-38 1
18-44
M11
CO3 :
= Spur j
Mg
C03 =
= 29-12
29-53
Ca
C03 =
= 52-20
51-39
99-70
99-36.
d. Parankerit von Ploskov (Maxmilianschacht) bei Lahna.
In der steinigen Varietät der aus dem schwachen Kohlenflötze
bei Ploskov stammenden Schieferkohle erscheint der körnige Parankerit
in Schnüren, Adern und Putzen. Und die kleinen Hohlräume der Kohle
sind von schönen, weissen oder schwach gelblich oder röthlichweissen
Parankeritdrüsen ausgekleidet. Auf dem Parankerite sind entweder
winzig kleine Chalkopyrit-, Pyrit-, zuweilen auch vereinzelte Galenit-
kryställchen x) oder — jedoch weit seltener — in Ermangelung der
Schwefelverbindungen dünne, farblose oder graulichweisse Baryttäfelchen* 2)
aufgewachsen.
Das specifische Gewicht der reinen halb durchsichtigen und durch-
scheinenden, nur mit einem Stiche ins Rosenrothe versehenen Frag-
mente dieses Parankerites (vom Herrn Bilek bestimmt) = 2-955.
Und die mit gleicher Probe von mir und Herrn Bilek ausgeführte
chemische Analyse ergab in Procenten:
Fe C03 = 19-84
Mn C03 = Spur
Mg C03 = 28-40
Ca C03 = 50-73
98-97.
Von den chemischen Analysen, die Ramm eis her g in seinem
Handbuche der Mineralchemie, 1. Aull., pag. 216 und 217 anführt,
stimmen mit unserem Parankerite drei ziemlich überein, nämlich:
Berthier’s Analyse des Parankerites von Corniglion bei Vizille in
Frankreich (Ann. Mines VII, 316, II. Ser., III); v. Hauers Analyse
des Parankerites aus dem Dientner Thale im Pinzgau (15 a.) (Jahrb.
der k. k. geolog. Reichsanstalt in Wien, IV, 827) und Ettling’s
Analyse des Parankerites von Beinhausen bei Gladenbach in Oberhessen.
9 Die zarten Pyritkryställchen (00O00 . 0) sind zuweilen nach der tetra-
gonalen Achse derart verlängert, dass die Länge die anderen Dimensionen 10 — 20
Mal übertrifft; nicht selten sind die zarten Säulchen plattgedrückt, so dass sie das
Aussehen rhombischer Krystallnadeln haben. Ausgezackte Kanten, die man an einigen
Pyritsäulchen bemerkt, weisen wahrscheinlich auf eine Zwillingsbildung hin. In einem
Galenitkryställchen fand sich ein Chalkopyritkörnchen als Einschluss vor.
2) Die graulichweissen Barytkryställchen stellen dünne Täfelchen von octa-
gonalen Umrissen dar (00P00 . ooPöo • Po o • oP) ; die farblosen Kryställchen er-
scheinen als äusserst dünne längliche Blättchen von meist rektangulären Umrissen.
m
Ueber einige anberitähnliche Minerale etc.
53
Von den Analysen, welche Dana in seiner Mineralogie (A System
of min., pag. 685) anführt, stimmt ausser den aus Rammelsberg’s
Handbuche citirten noch Jackson ’s Analyse des Parankerites von
Neuschottland mit unserem Parankerit überein.
Endlich nähern sich nach Bischof’s Bemerkung1) einige Dolomite
aus Oberschlesien der Zusammensetzung 3 Ca C03 + 2 Mg C03 + Fe C03,
so dass sie auch wahrscheinlich unter die Parankerite einzureihen wären.
Aus den chemisch-analytischen Ergebnissen erhellt zur Genüge,
dass der Normal-Parankerit eine konstante Mineralmischung darstellt,
die weit häufiger vorkömmt, als die des Normal-Ankerits und die —
ebenso wie die des Ankerits — durch chemische Einflüsse, vornehmlich
durch kohlensäure- und sauerstoffreiche Gewässer leicht Aenderungen
erleidet, welche die chemische Constitution mehr weniger schwankend
erscheinen lassen.
Dass der Ankerit durch Verlust der Kalk- und Magnesia-Carbo-
nate eisenreicher wird und bei gleichzeitiger Oxydation endlich in
Brauneisenerz übergeht, darauf hat schon Haidinger aufmerksam
gemacht und als Beispiele solcher Pseudomorphosen den Rathhausberg
bei Böckstein, Eisenerz und Gollrad genannt. 2) Bei dem Parankerite
findet durch Verlust des kohlensauren Eisenoxydul (Manganoxydul) der
entgegengesetzte Umwandlungsvorgang statt (siehe Analysen des Par-
ankerits von Lubna und Schwadowitz). Und diese einander entgegen-
gesetzten Umwandlungsvorgänge scheinen vorwiegend durch die petro-
graphischen Verhältnisse, namentlich durch den Reichthum oder durch
die Armuth der Muttergesteine (und der sie durchdringenden Gewässer)
an Carbonaten von Eisenoxydul und Manganoxydul bedingt zu sein.
Während die mir bekannten Fundorte des Ankerit Lagerstätten von
Siderit oder von Roth- oder Brauneisenerz sind, beschränkt sich das
Vorkommen des Parankerit auf eisenärmere Gesteine, namentlich auf
Kohlensandsteine und auf jene Schieferkohle, deren steinige Beschaffen-
heit eben von dem Parankerite herrührt.
Ein Gemenge von 1 Mol. Ankerit und 1 Mol. Parankerit,
2 Ca Fe C2 0
3 Ca Mg C2 0
bezeichnet als Ankeri
Durch diese chemische Formel kann das auf dem Sphärosiderite
des Franz Joseph-Schachtes von Duby bei Kladno vorkommende Kalk-
Eisen-Magnesia- Carbonat ausgedrückt werden. Dasselbe erscheint in
grösseren (2 — 6 Mm. D.) graulich weissen, minder pelluciden, meist
drüsigen und zwillingsartig verwachsenen Rhomboedern, die zu kleinen
Häufchen vereinigt, wenig zusammenhängende Drusenpartien bilden.3)
b Lebrb. d. cbem. u. phys. Geol., pag. 130.
2) v. Zepharovich. Min. Lex. II, 16.
3) Die Kryställchen des Ankerit y haben zuweilen deutliche Sckalenstructur,
indem in denselben graulichweisse, halbdurchsichtige mit weissen, fast impelluciden
Schalenzonen abwechseln. Der dichte, matte Sphaerosiderit ist stellenweise schimmernd.
Und diese schimmernden Partien erscheinen unter der Loupe als änsserst zarte
Drusen von linsenförmigen Sideritkryställchen. Ausserdem fanden sich ein Berg-
54
Em. Boi'icky.
[8]
Das specifische Gewicht (von Herrn Bilek bestimmt) = 2*976
und die von mir und Herrn Bilek ausgeführte chemische Analyse
ergab in Procenten :
Ca C03 == 50*98
Mg C03 = 25*16
Fe C03 = 23*32
99*46.
Uebersicht sämmtlicher Analysen der ankeritähnlichen
Minerale.
Anker it a.
Die chemische Formel:
{ 2 c!a Mg % 066 } oder 3 Ca C°3 + MS C°3 + 2 Fe C03
erfordert in Procenten: 48*7 Ca C03, 13 64 Mg C03 und 37*66 Fe C03.
1. *Admont, Steiermark (Friedau) 47*59 13*73 34*74 u. 2*13 Mn C03.
2. *Hohe Wand, Steierm. (Schrötter) 50*11 11*84 35*31 „ 3 08 „ „
Normal-Ankerit.
Die chemische Formel:
{ Ca Mg § 0* ) oder 2 Ca C°3 + M§ c°3 + Fe C03
erfordert in Procenten: 50 Ca C03, 21 Mg C03 und 29 Fe C03.
Specifisches Gewicht — 3*06 — 3*07 (nach meinen Bestimmungen);
3*01 (nach Lubolt).
Ca C03
Mg C03
Fe COs, Mn C03
spec. Gew.
3. Giftberg b. Komorau, Böhmen
/ 50*5
19*3
30-2
} 3*072
(Boficky)
\ 49-4
18*2
31*6
4. Zajecov, Böhmen (Bilek) .
50*7
21*6
29*9
3*063
5. *Lobenstein (Lubolt) . .
51*61
18*94
27*11 2*24
3*01
6. **Call, Eifel (Schmid) . .
51*53
18*93
25*56 6*26
krystall und wenige Sphaleritkryställchen vor, die — so wie der Siderit — von dem
Ankerite y stellenweise bedeckt waren. Jünger als der Ankerit y erscheinen zarte,
aufgestreute Chalkopyrit- und Pyritkryställchen oder (selten) strahlige Barytaggregate
oder reichliche, perlmutterglänzende, aus zarten Schüppchen bestehende oder weisse
erdige Nakritsubstanz.
*) Rammelsberg’s Handbuch der Mineralchemie, 1875.
**) N. Jahrh. f. Min., 1875, 89.
[9]
Ueber einige aukeritähnliche Minerale etc.
55
Ankerit (3.
Die chemische Formel:
jo Ca Fe C2 0C1 2 mol. Ankerit J4 Ca C03 -f- 2 Mg C03 -j- 2 Fe C03
(4 Ca Mg C2 OJ od- 1 „ Parank. \3 Ca C03 + 2 Mg C03 + Fe C03
erfordert in Procenten: 50"6 Ca C03, 24-3 Mg CC3 und 25-l Fe C03.
Ca C03 Mg C03 Fe C03
7. Dientner Thal, Pinzgau (v. Hauer) . . 49-40 24-31 26'29.
Ankerit y.
Die chemische Formel:
/ 2 Ca Fe C2 Oß 1 ,1 mol. Ankerit f 2 Ca C03 + Mg C03 + Fe C03
1 3 Ca Mg C2 Ofi / 0(i- 1 „ Parank. { 3 Ca C03 + Mg C03 + Fe C03
erfordert in Procenten: 50-8 Ca C03, 25’6 Mg C03 und 23-6 Fe C03.
Ca C03 Mg C03 Fe C03 spec. Gew.
8. Franz Joseph-Schacht, Duby b. Kladno
(Boricky, Bilek) 50'979 25-1(37 23-318 2-976
Ankerit S.
Die chemische Formel:
|3 Ca Fe C2 Ocl 1 mol. Ankerit f 2 Ca C03 + Mg C03 -f- Fe C03
{5 Ca Mg C2 0G| 0( ' 2 „ Parank. { 6 Ca C03 -j- 4 Mg C03 + 2 Fe C03
erfordert in Procenten: 5P0 Ca C03, 26-8 Mg C03 und 22-2 Fe C03.
Ca C03 Mg C03 Fe C03 Mn COs
9. Golrath, Steiermark (Bert hier) . 51 1 25-7 20"0 3'0.
Noi-mal-Parankerit.
Die chemische Formel:
{ 2 Ca Mg c[ Ol } 0,lel' 3 Ca C0» + 2 C°s + Fe CO,
erfordert in Procenten: 5P4 Ca C03, 28-8 Mg C03 und 19-8 Fe C03.
10. Rapic b. Kladno, Böhmen
(Boricky, Bilek) . .
11. Lubna b. Rakonitz, Böhmen
(Boricky, Bilek) . .
12. Schwadowitz , Böhmen
(Boricky, Bilek) . .
13. Ploskov b. Lahna, Böhmen
Boricky, Bilek) . .
14. *Corniglion b. Vizille, Frkr.
(Berthier) ....
Ca C03
Mg C03
Fe C03 Mn C03
spec. Gew.
51-30
29-12
20-11 1
|
50-95
—
18-83 P02
2-974
29 31
19-88 )
1
50-10
30-27
18-54 0-46
2-956
51-39
29-53
18-44 ]
[ 2-970
52-20
29-12
18-38
50-73
28-40
19-84
2-956
50-9
29-0
18-7 0-5
*) Rammelsb er g’s Handb. d. Mineralchemie.
56
Em. Boi'icky.
[10]
15. *Dientner Thal, Pinzgau
(v. Hauer) . . . .
16. *Belnhausen (Ettling) .
17. **Neu-Scliottland (Jack-
son)
Ca C03
Mg C03
Fe C03 spec. Gew.
Mn C04
R.
49-2
30
20-8
51-24
27-32
21-75 3-006
106° 6
49 2
30-2
20-3
Aum er kling. Ausserdem wären kieker jene von Karsten analysirten Dolo-
mite aus Okerscklesieu einzureiken, deren Zusammensetzung nack Bisckof’s An-
gake (Lekrk. d. ckem. und pkys. Geol. 1864, 2. Bd , pag. 130) der ckem. Formel
unseres Normal-Parankerites entsprickt.
Pärankerit ß.
Die chemische Formel:
( Ca Fe C2 06) 1 mol. Parankerit f3 Ca C03 -(- 2 Mg C03 -f- Fe C03
[3 Ca Mg C2 06| 01 - 1 „ Dolomit [ Ca C03 -f- Mg C03
erfordert in Procenten: 52-l Ca C03, 32’8 Mg C03 und 15*1 Fe C03.
Ga C03 Mg C03
18. "Traversella (Hirzel) 52’ 71 33*46
19. *Mühlen , Graubündten )
(Bert hier) . . .
20. *Schams, Graubündten
21. *Vizille, Frankreich
(B e r t h i e r) . . .
22. ^Siegen (Schnabel) .
23. *Schneeberg (Kühn) .
„ (Seger) .
Fe C03 Mn C03 sp. Gew. R.
52*8
5P6
53*0
32*2
3D2
32*6
50- 0 34-0
5P34 35-55
51- 50 33-02
11-3
14-0
14-8
14-2
2-84
0-4
0-4
0-5
2-919 106° 20'
13-26 2-57
13-90 1-41
15-38 2-36 (röthl. Var.)
Annähernd reiht sich hieher auch Ettling’s chemische Analyse
des Parankerit von der Grube.
Ca C03 Mg C03 Fe C03 Mn C03
24. ""Beschert Glück b. Freib. 49-07 33"28 14"89 2-09, scheint jedoch
auf eine umgewandelte oder mit Siderit gemengte Probe hinzu-
weisen.
Parankerit y.
Die chemische Formel:
f Ca Fe C2 0G1 1 mol. Parankerit f3 Ca C03 2 Mg C03 + Fe C03
[4 Ca Mg C2 06J ocL 2 „ Dolomit [2 Ca C03 + 2 Mg C03
erfordert in Procenten: 52f5 Ca C03, 35‘3 Mg C03 und 12-2 Fe C03
Ca C03 Mg C03 Fe C03 Mn C03
25. Schneeberg, Sachsen (Kühn) 52-64 36-35 12-4 0’34
*) Rammelskerg’s Handb. d. Mineralckemie.
**) Dana, A System of mineralogy.
[11]
Ueber einige ankeritälmliche Minerale.
57
Parankerit ö.
Die chemische Formel:
f Ca Fe C2 06 ) 1 mol. Parankerit 13 Ca C03 -|- 2 Mg C03 + Fe C03
\5 Ca Mg C2 Oti j od‘ 3 „ Dolomit [3 Ca C03 + 3 Mg C03
erfordert in Procenten: 52‘82 Ca C03, 36-97 Mg C03 und 10'21 Fe C03.
Ca C03 Mg C03 Fe COa
26. *La Valenciana, Mexico (Roth) . . 53"18 34"35 10-46
Diesem Parankerite wäre der rothe Bitterspath von
Ca C03 Mg C03 Co C03 Fe C03
27. *Pfibram (Gibbs) .... 56’77 3570 7 -42 2'03
anzureihen, worin der grösste Tlieil Fe durch Co ersetzt ist.
Parankerit s.
Die chemische Formel:
1 Ca Fe C2 061 1 mol. Parankerit) 3 Ca C03 -f- 2 Mg C03 -|- Fe C03
\10 Ca Mg C2 OJ oc * 8 „ Dolomit J8 Ca C03 -f- 8 Mg C03
erfordert in Procenten: 53-50 Ca C03, 40-86 Mg C03 und 5'64 Fe C03.
Ca COs Mg C03 Fe C03
28. *Wermsdorf, Mähren, (Grimm) . . 53-25 38-84 5-33
29. *Lettovitz, Mähren (Friedler) . . . 54"21 39-55 G* 1 3
Unter die allgemeine Formel der ankeritähnliclien Minerale fällt
auch der von Reiben schuh analysirte
30. **Ankerit vom Erzberge bei Vordernberg in 1 5 Ca Fe C2 06 )
Steiermark ( Mg Mg C2 06 ]’
wobei die Vertretung des Dolomit durch Magnesit angenommen werden
muss. (Reib enschuh’s Analyse ergibt in Procenten: 43‘59 Ca C03,
12-77 Mg C03, 4D0 Fe C03 und 2‘75 M11 C03; R. [nach v. Zeplia-
rovich] = 106° 7')-
Abweichend erscheinen die chemischen Formeln von 6 Braun-
späthen, die sich als Gemenge des Ankerit oder Parankerit mit Calcit
oder Magnesit erweisen.
Der von Schmidt analysirte Braunspath von
31. *Fr eiberg (56-45 Proc. Ca C03, 18"89 Mg C03, 15‘94 Fe C03 und
10"09 M11 C03) ist ein mit Calcit gemengter Normal-Ankerit
I . 1 Ca Fe C2 Ofi I
Ca Mg C2
Ca Ca C2
06
0,
Der von Zwick analysirte Braunspath von
32. *Schemnitz (54-68 Proc. Ca C03 , 24’15 Mg C03 und 23-2 6 Fe C03)
(12 Ca Fe C2 06 I
ist ein mit Calcit gemengter Ankerit y < ^ \ 3 Ca Mg C2 06 } und
I Ca Ca C2 Oc )
*) Ramm elsb erg’s Ilandb. d. Mineralckemie.
**) Ber. Akad. Wien, 1867 und v. Zepliarovicb, Verb, der k. k. geolog.
Reichsanstalt in Wien, 1867, 330.
Mineralogische Mittheilungen. 1876. 1. Heft. (Ein. Boricky.)
8
58
Em. Boricky.
[12]
der von Jackson analysirte Braunspath von
33. *Acadian Iron mines, Neuschottland (44-89 Proc. Ca C03, 30"80
Mg C03, 23-45 Fe C03 und 0-8 Mn C03) ist ein mit Magnesit
I t 2 Ca Fe C2 06 I
gemengter Ankerit y •, \ 3 Ca Mg C2 06 [.
| Mg Mg C2 06 )
Der von Schweizer analysirte Braunspath von
34. *Tinzen in Graubtindten (46'4 Proc. Ca C03, 26-95 Mg C03,
25-40 Fe C03)
| 8 Ca Fe C2 06 |
führt zur Formel 2 Ca Mg C2 06 [, nähert sich somit den Anke-
| 5 Mg Mg C2 06 J
riten, während der von Köhler analysirte Braunspath von
35. *Ingelberg bei Hofgastein (60‘84 Proc. Ca C03, 3P62 Mg C03 und
I t Ca Fe C2 06 1
6-67 Fe C03) < ^ [ 6 Ca Mg C2 06 • und der von Berthier ana-
I 3 Ca Ca C2 06 |
lysirte Braunspath von
36. *Villefranche, Dep. Aveyron (60-9 Proc. Ca C03, 303 Mg C03,
I . f 2 Ca Fe C2 06 |
6 Fe C03 und 3 Mn C03) 4 [ 9 Ca Mg C2 06 [den eisenärmsten
lll Ca Ca C2 0, )
Parankeriten angereiht werden können.
*) Rammelsberg’a Handb. d. Mineralchemie.
VI. Die Krystallform des Barytocölestins.
Von Dr. Etlmimd F. Ncminar.
Als durch die Untersucliungen Thomson’s die chemische Zu-
sammensetzung des Barytocölestins von Drummond Island im Eriesee
annähernd ermittelt war, zeigte sich nach weiteren Untersuchungen
alsbald, dass die einzelnen isomorphen Bestandteile in keinem con-
stanten Verhältnisse stehen, sondern dass sich die chemische Zusam-
mensetzung bald durch das Vorwalten des Baryumsulphates mehr dem
Baryte nähere, bald wieder durch den grösseren Gehalt an Strontium-
sulphat mehr dem Cölestin entspreche. Dieser variablen chemischen
Zusammensetzung entsprechend schien auch eine Schwankung in kry-
stallographischer Hinsicht sehr wahrscheinlich, da doch bei einzelnen
Mineralen die Veränderung der Krystallgestalt durch eine Beimengung
isomorpher Körper vollkommen erwiesen ist, und somit hier eine ähn-
liche Erscheinung erwartet werden durfte.
Durch einzelne Messungen Hugard’s an Krystallen vom Eriesee1)
und vom Binnenthal2) in Ober-Wallis (Schweiz) schien sich die An-
nahme zu bestätigen, indem die Winkel, bald mehr, bald weniger, denen
des Baryts oder Cölestins entsprachen, stets aber zwischen diesen
beiden Grenzen variirten. A. Breithaupt3), der den Barytocölestin
von Jocketa im sächsischen Voigtlande untersuchte, fand zwar eine
dem Baryt und Cölestin isomorphe Krystallform, gab jedoch keine
Messungen an, und erklärte andererseits, dass der vom Binnenthal
bekannte Barytocölestin ein einfacher Baryt, der von der Insel Drum-
mond im Eriesee ein Cölestin sei. Da nun IIu gar d bei den Messungen
seiner Barytocölestine keinerlei chemische Untersuchungen anführt, so
erscheint es sehr zweifelhaft, ob seine Messungen wirklich am Baryto-
cölestin ausgeführt sind, oder ob ihm nicht vielmehr in einem Falle
vielleicht ein Baryt, im anderen ein Cölestin Vorgelegen habe.
Allerdings würde sofort jeder Zweifel beseitigt sein, wenn sich
die Untersuchungen Auerbach’s4) über den so innigen Zusammenhang
‘) Hugard. Etüde cristallographique de la strontiane sulfatee et description
de plusieurs formes etc. Ann. des Mines (4) XVIII, pag. 3.
2) Comptes rendus XL VI, pag. 1263.
3) A. B reitli aupt, Berg- und Hüttenmännische Zeitung XXIV, 1865, p. 319.
4) A. Auerbach, Krystallographische Untersuchung des Cölestins. Sitzungs-
bericht d. k Akad. d. Wissensch. Bd. LIX, 1869.
Mineralogische Mittheilungen. 187C. 1. Heft. (Edmund F. Neminar.)
8*
60
Edmund F. Neminar.
[2]
zwischen isomorpher Beimengung von Baryt zu Cölestin und den dadurch
bedingten Winkelschwankungen bestätigt hätten, denn dann würde bei
allen früheren Beobachtungen an fraglichen Barytocölestinen, bei denen
sich eine Winkelschwankung im gewissen Sinne gezeigt hatte, noth-
wendig eine Beimengung von Baryumsulphat vorausgesetzt werden
müssen. Indessen wies Arzruni1) auf das Eclatan teste nach, dass
beim Cölestin gar kein bestimmter Zusammenhang zwischen Winkel-
Schwankungen und isomorphen Beimengungen bestehe, dass ferner
Schwankungen in den Winkeln ebensogut durch Beimengung von Cal-
ciumsulphat als durch das früher gewöhnlich angenommene Baryum-
sulphat bedingt werden, indem oft bei Krystallen, deren Winkelschwan-
kungen man direct auf eine Beimengung von Baryumsulphat zurück-
geführt hatte, wie z. B. beim Cölestin vom Eriesee, der nach Auer-
bach so viel Baryum enthalten soll, dass er eigentlich Barytocölestin
genannt werden sollte, eine chemische Analyse gar keinen Gehalt an
Baryum erwies.
Unter solchen Verhältnissen erscheinen nun auch die wenigen
Beobachtungen am Barytocölestin ganz und gar unzuverlässig und eine
neue eingehendere Untersuchung um so dringender geboten.
Mit umso grösserer Bereitwilligkeit folgte ich demnach der Auf-
forderung meines hochverehrten Lehrers, des Herrn Directors T Seher-
in ak, an einem ausgezeichnet ausgebildeten Barytocölestin-Krystall
von Imfeld im Binnenthale in Ober- Wallis (Schweiz), eine neue Unter-
suchung vorzunehmen. Für dieses kostbare Material, sowie die lehr-
reichen Rathschläge, die er mir bei dieser Arbeit zu Theil werden
liess, mag es mir gestattet sein, ihm gleich an dieser Stelle meinen
besten Dank auszusprechen.
Die, durch die starke Ausbildung zweier Pyramiden nahezu
spitzigen, prismatischen Barytocölestin-Krystalle von Imfeld treten
in Begleitung von Zinkblende und zahlreichen kleinen, oft langsäulen-
förmigen Quarzkrystallen im Dolomit auf.
Auf dem mir zu Gebote stehenden Dolomithandstück befand sich
leider nur ein einziger grösserer Barytocölestin-Krystall, und so musste
denn eine genaue quantitative chemische Analyse, so wünschenswerth
dieselbe auch erscheinen mochte, unterbleiben. Um aber jedem Zweifel,
ob nicht auch hier etwa der untersuchte Krystall ein Baryt oder ein
Cölestin sei, zu begegnen, machte ich genaue spectroscopische Unter-
suchungen und fand, dass sowohl Baryum als Strontium vorhanden
waren. Das den Baryten und Cölestinen sonst häufig als isomorpher
Bestandtheil beigemengte Calcium fand ich hier nicht. Bei diesen Unter-
suchungen, bei denen ich auch auf die Intensität der beiden Spectra
besondere Rücksicht nahm, zeigten sich dieselben stets mit nahezu
gleicher Intensität, so dass man einigermassen zu der Annahme berech-
tigt sein könnte, dass das Baryum und Strontium in dem von mir
untersuchten Barytocölestin-Krystall in ziemlich äquivalenter Menge
vorhanden gewesen sei.
’) Arzruni. üeber den Einfluss isomorpher Beimengungen auf die Krystall-
gestalt des Cölestins. Zeitschr. d. deutsch, geolog. Gesellsch. Berlin. Bd. XXIV,
pag. 484.
[3]
Die Krystallform des Barytocölestins.
61
Der Barytocölestin-Krystall war deutlich ansgebildet, an den meisten
Flächen glänzend, wasserhell mit einem schwach bläulichen Stich.
Im Folgenden gebe ich nun die Abbildung und Projection des-
selben, mit der Bemerkung, dass alle Flächen bis auf die Längsfläche a
und das Prisma m messbar waren, und die meisten hievon eine Mes-
sung mit ausgezeichneter Sicherheit zuliessen.
b
Was die Aufstellung des Krystalls anlangt, so habe ich die Stel-
lung beibehalten, welche schon durch das nach der Richtung der läng-
sten Axe prävalirende Wachsthum der Krystallc gegeben erscheint.
Es ist somit der Krystall so gestellt, dass die längste Axe aufrecht
steht.
Die in der Figur angegebenen Flächen sind, wie bereits erwähnt,
alle bis auf die Flächen a und m , von denen a sehr schmal und matt,
m rauh und matt ist, messbar, und verhalten sich in ihrer Beschaffen-
heit folgen dermassen:
o =110 — ist stark glänzend und ermöglicht demnach eine sehr
genaue Messung, die auch als Fundamental-Messung der
Berechnung zu Grunde liegt.
d =201 — glänzend, jedoch etwas rauh und schwach gestreift.
dx = 401 — glatt und meist stark glänzend.
d2 = 601 — ist ebenfalls glatt, jedoch sehr klein, weil sie aber stark
glänzend ist, so war eine Messung möglich.
a = 100 — sehr schmal und matt, zur Messung unbrauchbar.
m = 011 — stark matt und rauh, somit zur Messung unbrauchbar.
62
Edmund F. Neminar.
[4]
z =111 — stark glänzend und vollkommen glatt, oz liess eine sein-
genaue Messung zu; wurde somit zur zweiten Fundamen -
tal-Messung benützt.
y =221 — glatt, schwach damascirt.
<p =211 — glatt, jedoch zumeist stark matt, die Messung also nur
approximativ.
Die gemessenen und berechneten Winkel sind folgende:
Gemessen:
Berechnet :
00 =
110 : 110
—
74°
54'
30"
—
oz - =
110 : 111
=
44°
4'
30"
—
oy ~
110 : 221
—
26°
23'
10"
26°
26'
59"
dy =
201 : 221
=
45°
28'
45°
17'
45"
rZcp =
201 : 211
=
25°
40'
(appr.) ’)
24°
25'
48"
t/cp =
221 : 211
=
20°
5'
(appr.)
20°
51'
57"
VH —
221 : 221
=
90°
52'
30"
90°
35'
30"
dd =
201 : 201
100°
35'
101°
25'
40"
dd, =
201 : 401
—
16°
43'
50"
17°
2'
20"
d i dy =
401 : 601
—
6°
41'
50"
6°
59'
30"
dd2 =
201 : 601
—
23°
25'
30"
24°
1'
50"
az =
100 : 111
=
—
55°
47'
24"
bz =
010 : 111
• —
—
64°
5'
45".
Das aus den Fundamental - Messungen oo = 110: 110 und
oz = 110: 111 berechnete Axenverhältniss ergibt:
a:b: c = 0-81992 : 1 : 1-25596.
Um nun die Winkelverhältnisse des Barytocölestins mit denen
des Baryts und Cölestins vergleichen und die Schwankungen genauer
übersehen zu können, sind im Folgenden die als die besten und dem-
nach als zur Berechnung des Verhältnisses der Parameter angeführten
Messungen am Baryt und Cölestin mit denen des Barytocölestins zu-
sammengestellt.
00
oz
dd
Baryt . . j
Barytocölestin
Cölestin . ]
74° 36'
74° 37'
74° 54'
75° 59'
75° 58'
53"
30"
44° 23' 58"
44° 4' 30"
45° 19' 50"
102° 17' (Dana).
102° 20' 57" (Helmhacker).
100° 35' (Neminar).
101° 11' (Auerbach).
101° 23' 30" (Arzruni).
') Die mit (appr.) bezeichnten Winkel sind als approximative Messungen zu
betrachten.
Die Krystallform des Barytocölestins.
63
[=>]
Vergleicht man nun diese Messungen, so ergibt sich, dass die
Winkel des Barytocölestins durchaus nicht, wie man es bisher annahm,
zwischen den Grenzen des Baryts und Cölestins schwanken, sondern
dass sie, wie in diesen, so auch in anderen Winkeln oft ganz bedeutend
die Grenzen überschreiten.
So ist z. B. beim Barytocölestin der Winkel dd um mehr als
IV20 kleiner als beim Baryt, während andere Winkel die äusserste
Grenze des Cölestins erreichen oder dieselben selbst noch überschreiten.
Im Allgemeinen sollten die Winkel des Cölestins als Grenze im posi-
tiven, die des Baryts als solche im negativen Sinne mit Rücksicht auf
die Winkel des Barytocölestins betrachtet werden.
Nun aber überschreiten die Winkel des Barytocölestins die Grenze
des Baryts zumeist noch im negativen Sinne, wie z. B. dd, zö, yy , und
fallen somit ganz ausserhalb der bestimmten Grenzen, was sich auch,
wie wir später sehen werden, beim Axenverhältniss deutlich zeigt.
Hieraus ist nun deutlich ersichtlich, dass die Winkel des Barytocölestins
durchaus nicht zwischen denen des Baryts und Cölestins schwanken,
und dass somit die Annahme, der Barytocölestin sei in krystallographi-
scher Hinsicht zwischen den Baryt und Cölestin zu stellen, eine irrige
sei. Allerdings wird man nicht annehmen dürfen, dass die Krystallform
des Barytocölestins stets Winkelverhältnisse im vorliegenden Sinne
bieten wird, denn da die chemische Zusammensetzung eine variable
ist, so ist es leicht erklärlich, dass je nach der chemischen Zusammen-
setzung auch die Winkelverhältnisse variiren werden, und somit ein
Barytocölestin, dessen chemische Zusammensetzung ein anderes Ver-
hältniss der isomorphen Bestandtheile bieten wird, als der von mir
untersuchte, auch andere Winkelverhältnisse zeigen muss.
Natürlich werden diese Schwankungen in keinem bestimmten pro-
portionalen Verhältniss zu der isomorphen Beimengung stehen, denn
das beweist einerseits das ganze regellose Verhältniss der oben ange-
führten Winkel des Barytocölestins zu denen des Baryts und Cölestins,
andererseits hat schon P. Grotli1) nachgewiesen, dass sich die Ein-
wirkung der Beimengung einer isomorphen Verbindung auf die drei
irrationalen Axen durchaus nicht proportional äussere, und ebenso hat
Arzruni2) durch Vergleich der Axenverhältmsse von Cölestinen ver-
schiedener Fundorte mit einem variablen Calciumgehalt deutlich nach-
gewiesen, dass kein einfaches Verhältniss zwischen isomorpher Beimen-
gung und Winkelveränderung herrscht.
Vergleicht man das Axenverhältniss des Barytocölestins mit denen
des Baryts und Cölestins, so wird noch deutlicher als beim Vergleich
der Winkel seine Beziehung zum Baryt und Cölestin klar werden.
*) P. Grotli: Beiträge zur Kenntniss der übcrclilorsauren und übermangan-
sauren Salze. Poggendorf’s Annal. Bd. XIII, pag. 193. 1868.
2) 1. c.
04
Edmund F. Neminar. Die Krystallform des Barytocölestins.
[6]
a
b
c
081391
1
1-31188
(Dauber).
Baryt . . <
0-81412
1
1-31575
(Dufrenoy).
0’81456
1
1-31268
(Quenstedt).
0-81459
1
1-31207
(Dana).
Barytocölestin
0-81992
1
1-25596
(Neminar).
0-76964
1
1-25506
(Arzruni).
0-77895
1
1-27530
( „ )•
Cölestin . . <
0-78165
1
1-28468
(Auerbach).
0-78244
1
1-28415
(Arzruni).
. 0-78750
1
1-28300
(Websky).
Nach diesem Vergleich, zu dem ich Baryt- und Cölestin-Krystalle
wählte, deren Axenverhältnisse sich am meisten dem von mir für den
Barytocölestin berechneten näherten, sieht man, dass die Axe a beim
Barytocölestin grösser ist, als die von den Cölestin- und auch Baryt-
Krystallen, die Axe c jedoch innerhalb der Grenzen derselben liegt. Es
fällt somit eine Axe innerhalb der Grenzen von Baryt und Cölestin,
die andere aber ganz ausserhalb.
Hält man nun das Ergebniss dieses Vergleiches mit dem des
Vergleiches der Winkel zwischen Barytocölestin, Baryt und Cölestin
zusammen, so gelangt man zu dem Schlüsse, dass die Krystallform des
Barytocölestins als eine selbstständige, in den Winkelverhältnissen nur
von der chemischen Zusammensetzung abhängige und durchaus nicht
zwischen Baryt und Cölestin schwankende Krystallform zu betrachten ist.
Wien, Laboratorium des mineralog.-petrogr. Universitäts-Institutes.
VII. Notizen.
Verwandlung von Grammatit in Talk bei Gegenwart von Olivin.
Es ist schon lange bekannt, dass Strahlstein, Grammatit, Tremolit
zu Talk verändert werden können, doch ist der vorliegende Fall der
Begleitung wegen merkwürdig. Herr Dr. Fuchshofer fand am West-
abhang der Koralpe in Kärntlien, an dem Wege, welcher von Wolfsberg
auf die Koralpe führt, eine Stelle, an der ein ungewöhnliches Mineral-
gemenge ansteht. Letzteres ist aus weissen und schwärzlichgrünen
Theilen zusammengesetzt, wovon die ersteren Talk und Calcit, die
letzteren Olivin sind. Die Grundmasse des Gemenges ist ein feinkörniger
Calcit, der bald weiss bald mehr grau erscheint und nicht mehr als
ein Drittel des Ganzen ausmacht.
Der Talk erscheint in schönen, stark perlmutterglänzenden, stän-
geligen Partieen, die bis 6 Cm. Länge haben. Die Stängel sind aus
lang gestreckten ebenen Blättchen zusammengesetzt, die unter constan-
ten Winkeln gegen einander geneigt sind. Die äussere Form der Stängel
und die Zusammenfügung der Blättchen lässt sogleich erkennen, dass
eine Pseudomorpkose vorliege, zu deren Bildung ein Amphibol den
Anlass gab. Es finden sich aber hie und da auch Stängel von Talk,
welche im Innern noch eine kleine Menge des unzersetzten Minerales
enthalten. Das letztere ist von licht bräunlichgrauer Farbe und stimmt
nicht nur bezüglich der Zahl und Richtung der Spaltflächen, sondern
auch nach der Schmelzbarkeit und dem optischen Verhalten vollkommen
mit Tremolit oder Grammatit überein.
Der Vergleich des frischen Minerals und der Pseudomorphose
lässt erkennen, dass die Verwandlung von aussen begann und sich
durch die Spaltungsrisse verbreitete, indem sich neugebildete Talkblätt-
chen parallel den Krystall- und den Spaltflächen ansiedelten, bis das
ursprüngliche Mineral ganz aufgezehrt war.
Das dunkle Mineral, welches an Menge den Talk übertrifft, kommt
in seinen Eigenschaften mit dem „schwarzen Olivin“ überein, welcher
im Olivingabbro und im Forellenstein bei Neurode in Schlesien vor-
kömmt. Schon durch die Loupe erkennt man grüne, glasglänzende bis
ff S. Blum. Dritter Nachtrag zu den Pseudomorphosen des Mineralreiches,
pag. 137.
Mineralogische Mittheilungen. 1876. I. Heft. (Notizen.) 9
Notizen.
[2]
66
fettglänzende Körnchen, welche sich ziemlich deutlich von dem schwar-
zen Hintergründe ahheben. Im Dünnschliffe sieht man jene Textur,
welche für Olivine charakteristisch ist, in deren Spalten die Serpentin-
bildung begonnen hat1), ein maschiges Gewrebe, in dem der Olivin
weitaus überwiegt und von feinen schwarzen Adern durchzogen erscheint.
In den weniger häufigen breiteren Adern ist der Serpentin nicht gänzlich
von dem schwarz färbenden Magnetit verdeckt; sondern tritt mit blass-
grüner Farbe hervor.
An manchen Stellen sieht man in dem schwarzgrünen Olivin auch
schon mit freiem Auge feine Adern von hellgrünem Serpentin.
Neben dem beschriebenen Mineralgemenge fand Herr Dr. Fuchs-
hofer auch Grammatit anstehend, welcher verworren stänglige Aggre-
gate von graulicher oder blass bräunlicher Farbe darbietet.
Die Beobachtung einer totalen Umwandlung von einem Amphibol-
mineral in Talk neben der erst beginnenden Umsetzung des Olivins
in Serpentin ist etwas ungewöhnliches, da sonst der Olivin als das am
leichtesten veränderliche Mineral erscheint; sie hat aber ohne Zweifel
eine Bedeutung für die Hypothese der Serpentinbildung im Grossen aus
Amphibolmineralen.2) Man hat bisher noch niemals deutliche Pseudo-
morpliosen von Serpentin nach einem Amphibol gefunden, bei deren
Entstehung die Einwirkung von Olivin mit Sicherheit ausgeschlossen
gewesen wäre. In dem beschriebenen Gemenge, in welchem die beiden
Minerale räumlich getrennt waren, hat sich aus jedem derselben ein
anderes Umwandlungsproduct gebildet.
Es ist mir nicht unwahrscheinlich, dass aus Amphibol- (und Augit-)
Mineralen nur dann Serpentin entstand, wann sie innig mit Olivin
gemengt waren.
lieber Leucit.
Die Leucitkrystalle bestehen, wie bekannt, aus einem höchst
feinen Gewebe von Zwillingslamellen, so dass es meistens nicht möglich
ist, ein Blättchen zu erhalten, das sich optisch wie ein Individuum
verhielte. Die klarsten aufgewachsenen Krystalle gaben mir kein Prä-
parat, welches nicht an jeder Stelle unzählige feine Zwillingstäfelchen
enthielte. Daher zeigt sich in allen diesen Fällen im Polarisations-Instru-
mente kein Axenbild. Ich fand bisher nur ein einziges Vorkommen, das
ein minder feines Gewebe darbietet. Es ist ein derber Leucit, der in
der Lava von Acquacetosa bei Rom eingesprengt vorkömmt. Ein Stück,
das von Herrn Dr. Brezina gesammelt wurde, zeigte einen etwas
gelblichen durchsichtigen Leucit, von ungefähr 2 Cm. Länge in der
grauen Lava.
Es Hessen sich Trennungsflächen erkennen, welche von der Zwil-
lingsverwachsung herrühren. Durch Berücksichtigung derselben konnte
ein Schnitt normal zur Hauptaxe geführt und ein Blättchen erhalten
') Vergl. meine Abhandlungen über Olivin, Sitzungsber. der Wiener Akad.
Bd. 56, Abth. 1, pag. 261 und über Serpentinbildung, ibid. pag. 283.
2) Vgl. Roth. Abh. d. Berliner Akad. 1869, pag. 329 und Weigand, diese
Mittheil. 1875, pag. 183.
[3]
Notizen.
67
werden, das im parallelen polarisirten Lichte fast ganz dunkel erschien.
Im convergenten Lichte zeigte sich ein Kreuz und bei der Prüfung
mit dem Glimmerblättchen wurde erkannt, dass diesem Leucit eine
negative Doppelbrechung zukömmt.
Um zu ermitteln, ob derselbe die normale Zusammensetzung habe,
unternahm Herr Dr. F. Berwerth eine Analyse, welche ergab:
55-18
23-65
0-83
0-32
19-40
Kieselsäure
Thonerde
Kalkerde
Natron .
Kali .
99-38. !)
Daraus ist zu ersehen, dass dieser Leucit fast genau so zusam-
mengesetzt ist, wie der in aufgewachsenen klaren Krystallen am Vesuv
auftretende, für welchen G. v. Rath die Zahlen SiC)2 55-21, A1203 23'70,
CaO 0*43, Na20 P21, K20 19-83 erhielt. T.
Note zu Laspeyres’ Abhandlung : Krystallographiselie Bemer-
kungen zum Gyps.
„In den mineralogischen Mittheilungen (1875, Heft III, S. 127
bis 130) sucht Herr Laspeyres nachzuweisen, dass der von mir
durch die Körnerprobe am Gyps hergestellte Sprung W (Fig. 1, S. 128)
nicht dem He ssenb erg’ sehen ß entspreche, sondern „eine Schein-
fläche sei, welche aus einer bekannten Spalt- und Bruchkluft resultire“.
Aus der Fig. 2, S. 129, muss ich aber schliessen, dass Herr Las-
peyres den Sprung W entweder nicht richtig, oder keinen richtigen
Sprung gesehen hat; in meinen Präparaten sehe ich mit massigster
Vergrösserung nicht bloss die Katheten der Säge oder Treppe, sondern
auch die Hypothenuse. Wie überhaupt jene Treppe (Fig. 2) den opti-
schen Effect eines klaren , wenigstens in der Nähe der Schlagstelle
geradlinigen, zum Plättchen senkrechten Sprungs von ziemlich con-
stanter Richtung hervorbringen könnte, ist nicht einzusehen.
Zur raschen Orientirung am Gyps ist die Körnerprobe oder besser
ein feiner Nadelschlag auf recht dünne Plättchen ein gewiss brauch-
bares Mittel; um aber den Sprung W (Fig. 1) direct hervorzufen,
habe ich in den letzten Tagen eine andere Methode angewendet.
Ein Plättchen von härterem Gyps (Montmartre, Nordhausen), nicht
über einige Zehntelmillimeter dick, wird zwischen zwei gleichen sich
deckenden Holzlinealen so eingeklemmt, dass die hervorragende Partie
ungefähr längs der Fläche ß (welche vorher durch einen Nadelriss
bezeichnet sein kann) aus den Linealen hervortritt; mit einem dritten
Lineal, das hinter dem Plättchen an die Kante von einem der erst-
genannten Lineale angelegt wird, übt man einen kurzen knickenden
Druck aus, und erhält so nach einiger Uebung schöne lange Sprünge,
9 Nebst Spuren von Esien und Magnesia.
9*
68
Notizen.
W
wobei der nahe Faserbruch nur wenig anspricht. Den Winkel guter
geradliniger Sprünge mit der Spur t (fOl) des Faserbruchs habe ich
um so weniger verschieden von 14° gefunden, je reiner sich der Sprung
unter dem Mikroskop erwies. Allerdings trifft es sich, dass dieser
Winkel vielfach noch kleiner und bis 13° und weniger herabgehend
gefunden wird, während er selten über 14° hinausgeht; ich glaube
aber die Ursache dieser Tendenz zur Verkleinerung jenes Winkels
gefunden zu haben. An einem Gyps von Bologna, den ich dem Herrn
Baron Dr. J. Schwarz in Salzburg verdanke, traf ich sehr regelmäs-
sige, glänzende natürliche Sprünge von constanter Richtung , deren
Spur mit der Spur t einen Winkel von nahezu 11° 30' machte; die
Ebene der Sprünge war sichtbar geneigt gegen den Hauptblätterbruch, was
man im Mikroskope beim Einstellen auf die obere und untere Fläche
der 1 Mm. dicken Tafel deutlich sehen konnte. Feine Risse und Sprünge
von gleicher Richtung sieht man fast auf jeder Spaltfläche des Nord-
hauser Gypses, wenn man die zufälligen feinen Risse im Sinne des
Faserbruches verfolgf. Ich vermuthe, dass dieser Sprung einer durch
die Zonen ßn und tw bestimmten Fläche - (7 2 11) entspricht und
dass die Flächen des rhombischen Prisma {7 2 1 1 } unter gewissen
Umständen als Klüftungsflächen auftreten können. Hierdurch aber kann
der Bruch längs ß leicht nach tz und von da nach dem Faserbruch
n (1 11) übergeleitet werden. Früher war ich geneigt, die S-förmige
Krümmung der Schlaglinie W blos mit dem nahen Faserbruch in Zu-
sammenhang zu setzen; durch die Fläche tt wird aber die Sache noch
verständlicher.
Herr Laspeyres bespricht noch eine „vierte Spaltbarkeit“,
welche Haiiy als „joint surnumeraire“ bezeichnet habe und welche
ich nicht gekannt zu haben scheine. In dieser Beziehung muss ich auf
eine Arbeit über den Gyps verweisen, mit deren Redaction ich seit
einiger Zeit beschäftigt bin; dort werde ich zeigen, dass es in der
Medianebene des Gypses zwei ausgezeichnete Kni ckungsrichtun gen
gibt, die eine parallel d (101), die andere senkrecht zu a (100), also
nicht mit einer krystallographischen Richtung zusammenfallend. Die
erste spielt eine Rolle bei den Zwillingen nach d , die andere bei denen
nach a. Daraus , dass bei dem letzteren in beiden Individuen die
Knickungsrichtungen zusammenfallen, erklärt sich in ungezwungener
Weise die Thatsache, dass die Krümmung der weichen Krystalle in der
Hauptsache um eine in der Medianebene liegende zu a senkrechte Axe
erfolgt, wie ich das an allen mir zu Gesicht gekommenen Thüringer
Gypsen gesehen habe. Etwas Aehnliches hat wohl Haüy vorgeschwebt,
wenn er von einem „joint“ d. h. von einer Articulation, einem Gelenke
spricht. Die Nähe von c (103) ist allerdings verführerisch, aber wenn
man zwischen den Linealen einen Bruch nach c herzustellen sucht, so
gelingt das niemals, dagegen spricht selbst in dieser ungünstigen Lage
des Plättchens zwischen den Linealen, der Bruch ß mit Leichtigkeit an.“
Tübingen, 20. Jänner 1876.
E. Beusch.
[5]
Notizen.
69
lieber die Wirkung verdünnter Essigsäure auf dolomitische
Kalke.
Die Herren Do eit er und Hoernes fanden1) in dem dolomi-
tischen Kalk der Marmolata 84-82 Proc. Ca C03 und 13-94 Proc. Mg
C03, 0’64 Proc. Fe2 03, unlöslichen Rückstand 0*03 — 99"43 Proc.
Als sie 2"355 Gr. des Gesteins mit verdünnter Essigsäure behandelten,
fanden sie gelöst: P6980 Gr. Ca C03 und 0-1566 Gr. Mg C03. Sie
schlossen, dass wahrscheinlich ein Gemisch von Kalk und Magnesia-
carbonat vorliege.
Aus dem Versuch geht mindestens ebenso wahrscheinlich hervor,
dass ein dolomitischer Kalk vorliegt, dessen Dolomit aus 3 Ca CC)3 +
2 Mg C03 besteht. Dafür spricht auch das Verhalten gegen Kohlen-
säure, die zunächst nur Kalkcarbonat löst. 2 ‘355 Gestein enthält an
Ca C03 und Mg C03, da von Fe2 03 und dem Unlöslichen an die ver-
dünnte Essigsäure nichts abgegeben ist, im Ganzen 2-3258 =
Ca C03 P9975 und Mg C03 03283. Zieht man ab als gelöst
0-1566, so bleibt ungelöst
Ca C03 0'2995 und Mg C03 0*1717, d. h. 0"4712 Dolomit ent-
sprechend der Formel 3 Ca C03 + 2 Mg C03.
Berechnet man das Gestein nach seinem Magnesiagehalt auf
einen solchen Dolomit und auf Kalk, so enthalten 2-3258 dolomitischer
Kalk an Ca C03 P4113
an Dolomit 0-9145
2-3258.
Blieben von 0-9145 Dolomit ungelöst 0-4712, so wurden gelöst
Ca C03 1*4113 und 0-4430 Dolomit. Der letztere enthält
„ „ 0-2842 „ 0-1591 Mg C03. Die Lösung sollte also enthalten
Ca C03 U6955 und 0*1591 Mg C03. Sie enthielt
Ca C03 1*6980 und 0"1566 Mg C03. Es wurde also der ganze Gehalt
an Ca C03 und von dem Dolomit 51 "5 Proc. gelöst.
Dass dolomitischer Kalk, bestehend aus 9 Ca C03 + 8 Mg C03
an verdünnter Essigsäure 5 Ca C03 -f- Mg C03 abgibt, während
Normaldolomit (Ca C03 + Mg C03) ungelöst bleibt, habe ich in der
Zeitschr. d. geol. Gesellsch., 4, 565 gezeigt.
Berlin. J. Roth.
‘) Jalirb. d. geol. Reiclisanstalt, 1875, 319 ff.
Berichtigungen.
12 voii unten statt: „dieses“ Hess: „desselben.“
7 „ oben „ „wenigsten“ liess : „meisten.“
10 „ unten „ „des Bor“ liess: „der Borsäure.
9 ., oben „ „aber“ liess „und.“
Helmhacker, Pyrit v.WaMensfem
Tafl.
ft^hrmbacher lifh. Conitr HtMiackei . Diuckv. Jr,s WagnerlnWier.
Tsdier’Jialc.Mineralog Mittheihmyen U!76.Ueft L
Jahrb d qa/l.Ueiehxanstalt, Bd JOB7/
R.vrDrasclle .Bourbon itMaurilius .
Tafel HL
/. Cra te r B ory
7- Crate/' Chisny
/o . Oe spalten er Crater
Z . J^JLnclos
8. " " Ifubert
Pf. Jioitte de Ceinture
3. Cr ater brillant
9 " " de VJEnclos
15. Pilo w de Freie
/t. Formicaj le.o
IO. Plaine des Soldes
16. Palmen Inseln
6. Chapt'lle
II. Drittes Judos
/V. Grand. Pride
6. Zweites Udos
HZj. Cra tcre s Hu rn ond
Iinu te von DF v Dräsche
Tschermäk. , Mineralogische MLUhcilurigen . 1876 . Heft 1 .
Jahrbuch der geöloq . Jtcichs einst all BdJXYI .
R.v.Di'asche Bourbon u. Mauritius
Taf IV.
Pi(| I.
Crateres Ramond
Fig.Z.
Gruppe des gespaltenen Kraters
Tschermak , Mineralogische MiUheiluu|en 1Ö(G lieft 1.
Jahrbuch der tjeoloij. TfcicJi&'anslall BdXXl'/ .
du &oi»
Tscherniak , Alinefulogische AIiUheilun.öen 1876. Heft I .
Jahrbuch der geolog . Tfeichsansta It JhcLXSYJ
IWDrasrllo . Bourbon uJHaunlius.
’J'afel V!
Ce \^o
Tschcrmok , AI im? ru logische Alil theiluntji-n IJJ7G. Ilefl I .
Jahrbuch t!*r yroJoif. ffticJuin ns/a tl //</ YJV/
HvrDrasrhe : Bourbon u.Mauritius. Tafel VII.
=3
Tschermak , .Al ijieralogisclie eihui^eji . 1876. Heft I.
Jahrbuch der g colo q . Reichsanstalt ’Bd.XXJJ .
MINERALOGISCHE
MITTHEILUNGEN
GESAMMELT VON
GUSTAV TSCHERMAK.
JAHRGANG 1876. HEFT II.
MIT 1 TAFEL.
{Diese Mittheilungen erscheinen zugleich als Beilage zum Jahrhuche der k. Ic. geol.
Reichsanstalt.)
WIEN.
ALFRED HOLDER
K. K. HOF- UND UNIVERSITÄTS-BUCHHÄNDLER.
Rothenthurmstrasse 15.
I
JAHRGANG 1876.
II. HEFT.
GESAMMELT VON
G. TSCHERMAK
DIRECTOR DES K. K. MINERALOGISCHEN HOF-MUSEUMS.
I. Bericht über die vulkanischen Ereignisse des
Jahres 1875.
Von Professor Dr. C. W. C. Fuchs.
In dem nachfolgenden Berichte veröffentliche ich, wie alljährlich 3)
die mir im Laufe des Jahres bekannt gewordenen Eruptionen und
Erdbeben. Die Statistik ist für das Studium der vulkanischen Erschei-
nungen von grosser Wichtigkeit und ich glaube in verschiedenen meiner
Publikationen über Vulkane und Erdbeben wesentliche Ergebnisse daraus
mitgetheilt zu haben. Darum scheint es mir bedauerlich, dass nicht
von wissenschaftlichen Staatsinstituten, denen mehr Mittel wie mir zu
Gebote stehen und die leicht durch ihre Verbindungen mit ähnlichen
Instituten anderer Länder, einen viel höheren Grad von Vollständigkeit
erreichen könnten, derartige Zusammenstellungen publicirt werden. Auf
diesem Wege allein, wäre vielleicht eine solche Genauigkeit in den
Angaben (Zeitdauer, Richtung u. s. w.) zu erreichen, dass damit wis-
senschaftliche Berechnungen ausgeführt werden könnten, was gegenwär-
tig nur ganz unzuverlässige Resultate ergeben würde. Einstweilen
werde ich, wie seit 12 Jahren, mit der Sammlung derartiger Tlnatsachen
fortfahren, um auch diesen Zweig geologischer Forschung wenigstens
nach Kräften zu fördern.
A. Eruptionen.
Aetna.
Nachdem der Aetna die letzte heftige, aber nur sehr kurz dau-
ernde Eruption, die am 29. August 1874 begonnen, im Anfang Sep-
tember desselben Jahres beendigt hatte, beharrte er in vollkommener
Ruhe. Im Anfang des Monates Januar 1875 schien seine Thätigkeit
sich neu zu beleben, denn rasch nacheinander erfolgten zahlreiche Erd-
erschütterungen auf dem Berge. Am 8. Januar waren sie sogar von
*) Von 1865 — 1871 im Neuen Jabrb. f. Min., Geog. etc.; von 1872 — 1875 in
diesen Mittbeilungen.
Mineralogische Mittheilungen. 1876. 2. Heft. (Fuchs.)
io
72
C. W. C. Fachs.
[^]
solcher Stärke, dass sie bei Acireale bedeutenden Schaden anrichteten.
Es erfolgte jedoch weiter kein Zeichen gesteigerter Thätigkeit und selbst
die Erderschütterungen verschwanden wieder.
Erst zehn Monate später gerieth, unter schwachen Erderschütte-
rungen, ein Nebenkrater am südlichen Abhange des Berges in Thätig-
keit. Vom 19. December an sah man auf dieser Seite Rauch mit
röthlichen Dämpfen vermischt aufsteigen und in Acireale erblickte
man sogar Feuerschein.
Vesuv.
Der Vesuv, welcher mit Ausnahme eines unbedeutenden Aus-
bruches am 18. Juli, im Jahre 1874 nur Rauch ausgestossen hatte,
war gegen Ende des Jahres sogar vollkommen ruhig geworden. Ohne
alle Folgen blieben Erderschütterungen und Getöse, welche man vom
3. bis 6. Januar 1875 an dem Vulkane wahrnahm. Die Ruhe blieb
ungestört, bis im December 1875 die Neigung zur Thätigkeit wieder-
zukehren schien. Im Innern des grossen Kraters der letzten Eruption
war gegen Siidosten ein Theil eingestürzt und dicker, schwarzer Rauch
strömte dort aus. Am 20. Dezember zeigte sich zuerst Feuerschein im
Krater ; es war also Lava in denselben eingetreten und die übrigen
Erscheinungen nahmen von da an ebenfalls an Lebhaftigkeit zu, ohne
dass es bis zum Schluss des Jahres zu einer Eruption gekommen wäre.
Island.
Die bedeutendste Eruption des Jahres 1875 ereignete sich im
nördlichen Island. Sie bestand in einer ganzen Reihe grossartiger Aus-
brüche, die einander rasch folgten, aber an verschiedenen Stellen ihren
Ausweg suchten. Das Ereigniss spielte sich in einem unbewohnten und
wüsten Landstrich ab und nur von einigen vereinzelten Höfen konnte
man ein paarmal bis in die Nähe der vulkanischen Thätigkeit Vor-
dringen.
Die erste Eruption scheint ein Seitenausbruch des Vatna gewesen
zu sein, jedoch aus einem neuen Krater, entfernt von dem eigentlichen
Vulkan und den Krateren der letzten Eruptionen von 1872 — 1873 und
18G7.
Eine Woche vor Weihnachten 1874 begannen heftige Erd-
erschiitterungen mit lautem Getöse in dem nördlichen Island. Von den
mehrere Tagereisen nördlich vom Vatnajökul liegenden Höfen, My-
vatnsveit und Myvatnsbygden sah man gegen Süden Rauch aufsteigen.
Unterdessen nahmen die Erderschütterungen immer mehr zu, so dass
sie am 2. Januar 1875 ununterbrochen vom Morgen bis zum Abend
andauerten. Am 3. Januar sah man gegen SO. einen breiten Feuer-
schein, bei dessen Beginn die Erdbeben sogleich nachliessen. Die Erup-
tion dauerte bis in die zweite Hälfte des Februar fort. Einzelne Per-
sonen, welche sich dem Vulkane zu nähern versuchten, fanden, dass in
den aus Lava bestehenden Hochebenen „Dyngjufjelden“ ein grosser
Krater gebildet worden war, aus dem unter starkem Dröhnen und
Donnern eine hohe Rauchsäule aufstieg und glühende Schlacken aus-
[3]
Bericht über die vulkanischen Ereignisse des Jahres 1875.
73
geworfen wurden. Der grosse Krater war von kleinen Kesseln umgeben,
aus deren einem ein kleiner Lavastrom zu Üiessen schien, während
andere kochendes Wasser ergossen. Der aus Lava bestehende Boden
war weit umher tlieils eingesunken, tlieils zerklüftet.
Ungefähr um die gleiche Zeit, wo die eben beschriebene Eruption
beendigt war, begann eine zweite, an einem anderen Punkte. Am
18. Februar sah man von Grimstadir aus einen hellen Feuerschein in
den Bergen zwischen Myvatnsbygden und Jökulsau. Anfangs schien er
von mehreren Stellen auszugehen, die sich später zu einem grossen
Flammenmeere vereinigten. Der neue Vulkan liegt innerhalb einer der
grössten vorhistorischen Lavadecken, dem „Odarhaun,“ deren Grösse
etwa der der Insel Seeland gleichkommt. In dem östlichen Theile eines
Lava-Plateaus befindet sich ein p2 Meile im Durchmesser haltender
Thalkessel, von steilen Felsen umschlossen. Darin liegen eine ganze
Anzahl Kratere. Der Hauptkrater, welcher diesen Bauch ausstiess, war
nur von einem niederen Lavakranz umgeben; die Eruptionen erfolgten
daraus stosswreise mit schrecklichem Getöse und wechselnder Heftigkeit.
Die Mehrzahl der Schlacken fiel wieder in den Krater zurück. West-
lich davon schien eine bedeutende Senkung stattgefunden zu haben
und darin w'ar ein kleiner Krater, in dem es ruhig brodelte und aus
dem ein kleiner Lavastrom ausfloss. Ein zweiter kleiner Krater rauchte
nur und viele nicht mehr dampfende Löcher waren ringsumher zerstreut.
In der Nähe des grossen Kraters dauerten lebhafte Erderschütterungen
fort. Am Anfänge hatte sich auch ein bedeutender Aschenregen über
Kelduverfet verbreitet.
Ein dritter Ausbruch erfolgte am 10. März, nördlich von dem
vorigen, auf derselben Hochebene. Am Abend des genannten Tages
sah man von Bygden aus gegen Osten einen Feuerschein während der
ganzen Nacht und am folgenden Tage verdeckte eine gewaltige Rauch-
wolke den grössten Theil des Himmels. Ungefähr IG kleine Kratere
warfen unaufhörlich glühende Schlacken aus. Weiter westlich hatte sich
ein grosser neuer Lavarücken gebildet, dessen Arme sich weit gegen
N., S. und 0. erstreckten. Die Lava war an der Oberfläche schwarz
und erstarrt, aber eine fast weissglühende Masse strömte unter dieser
Decke hin. Wo die flüssige Masse durch die Decke hindurchbrach, bil-
dete sich doch stets wieder rasch eine dunkle Rinde. Vor der Ankunft
der Beobachter, denen wir diese Nachrichten verdanken, muss die
Eruption noch viel grossartiger gewesen sein. Hierauf deutet der ge-
waltige Strom und die Schlacken, die in einer Entfernung von 300
Faden lagen.
Die vierte Eruption machte sich fast auf ganz Island bemerklich.
In Reykjavik sah man den Himmel gegen Osten von Rauch bedeckt
und in den Arnes- und Rangarvalla-Syssels hörte man am ^9. März,
dem Tage des Ausbruches, lautes Krachen und Donnern. In dem Ge-
höfte Mednudal erblickte man eine mächtige Rauchsäule südlich vom
Herdubreid und östlich von den Dyngjufjelden, dem Anscheine nach in
der Nähe des Vatna. Da die Stelle dieser Eruption sich sehr weit von
der nächsten Wohnstätte befindet, so liegen keine Berichte von Augen-
zeugen vor. Am bemerkenswerthesten war ein ungeheurer Aschenregen.
Im Oesterland war er so dicht, dass die Sonne nicht durchdringen
io*
74
C. W. C. Fuchs.
[4]
konnte und man Licht anzuzünden genöthigt war; die Fähre am
Yökulflusse konnte mehrere Tage wegen der Masse schwimmender Bims-
steine nicht übersetzen. Die durch die Asche hervorgebrachte Finster-
niss dauerte im Yökuldal 5 Stunden, in Fljotrdal 3 und in Seydisfjörd
2 Stunden. Der Westwind führte die feinsten Ascbentheile weit hinweg.
Auf einem Schiffe, das sich gerade bei Brönö, unter G51/2 n. Br. befand,
fiel am 27., 28. und 29. März Asche nieder und in der Nacht zum
30. März erreichte dieselbe Skandinavien, wo sie sich auf einem unge-
heueren Flächenraum niederliess. Auf Ona (63° n. Br.) fiel schon am
29. März zwischen 8 — 10 Uhr Abends ein schlammiger Regen und
bald darauf bedeckte sich der Schnee in der Umgebung des Storfjörds
mit einer braungrauen, feinen Staubschicht. Derselbe Staub wurde noch
in Röros (Amt Gedemarken) an der schwedischen Grenze und tief nach
Schweden hinein constatirt, also in einer Entfernung von dem Erup-
tionspunkte, die wohl 200 geographische Meilen betragen mag. Die
Asche, welche in Söndmör in Norwegen gesammelt wurde, ist eine
Bimsstein- und Obsidianmasse, die nach der Untersuchung von G. vom
Rath aus Fäden (V2 Mm. gross) mit röhrenartigen Poren besteht.
Bemerkenswerth ist der gänzliche Mangel irgend einer krystallinischen
oder mikroskopischen Ausscheidung in dem Glas. Mit diesen Fäden
sind einzelne kleine Augite, sehr wenig Sanidin und Spuren von Olivin,
Glimmer und Magneteisen gemengt.
Die chemische Zusammensetzung gibt folgende Werthe :
SiO2
68-0
A103
13-4
FeO
8-0
CaO
3-6
MgO
1-3
K20
1-4
Na20
4-2
Glühverlust . . .
0-3
100-8
Darnach ist die Asche viel basischer, wie die meisten isländischen
Trachyte. G. vom Rath schliesst aus dem ansehnlichen Kalk- und
Eisengehalt, wohl mit Recht, dass basaltische Massen durchbrochen und
beigemengt wurden.
Am Abend des 4. April erblickte man in Laxardal einen mäch-
tigen Feuerschein etwas südlich von dem Punkte der vorhergehenden
Ausbrüche. Man suchte die neue Eruptionsstelle auf und fand sie süd-
lich vom Burfell. Schon in grosser Entfernung hörte man ein heftiges
Getöse, das an Stärke bald zu, bald abnahm. Aus drei Schlünden, die
in einer Linie von Süd nach Nord aneinandergereiht waren, erfolgten
die Explosionen. Der nördliche Krater war der grösste und in seiner
Umgebung hatte eine beträchtliche Senkung und Zerklüftung des Bo-
dens stattgefunden. Dorthin war auch die Lava geflossen, während
später der südlichste Krater einen Strom gegen SW. sandte. Hohe
Garben glühender Schlacken stiegen an 20 — 30 Stellen auf. Inmitten
des Getöses, welches von der brodelnden Masse in dem Krater her-
rührte, hörte man zuweilen einen starken Knall, dem eine bläuliche
Bericht über clie vulkanischen Ereignisse des Jahres 1875.
75
[5]
Dampfsäule folgte. Im Laufe der folgenden 10— 12 Tage brachen immer
neue Kratere aus, bald mehr südlich, bald mehr nördlich, aber immer
parallel mit dem Yökulflusse.
Ein weiterer Ausbruch, nach Angabe der Isländer der achte, trat
zwischen dem 20. bis 24. April ein in den sogenannten Osterbergen.
Die Schlacken sollen ausserordentlich hoch emporgeschleudert worden
sein und Lavamassen überströmten die Gegend in einer Länge von
3 Meilen und einer Breite von 800 — 2000 Meter.
Aus Nachrichten, welche am 6. August nach Kopenhagen gelang-
ten, geht hervor, dass sich gegen Ende Juni abermals ein neuer Krater
im Kirchspiel Thingö, zwischen Vivatn und der Yökulsau bildete. Er
ergoss mehrere Lavaströme.
Viel bedeutender war die Eruption am 15. August. Eine hohe
Rauchsäule erhob sich, umgeben von sechs kleineren. Am folgenden
Tage zählte man sogar 20 Rauchsäulen. Nach heftigem unterirdischem
Getöse erfolgte ein Ausbruch von glühenden Schlacken und ein grosser
Lavastrom wurde ergossen. Derselbe soll diesmal basaltisch gewesen
sein und grosse Feldspath-Einsprenglinge enthalten haben.
Kloe’t.
Dieser zu den wenigst bekannten Bergen der Insel Java gehö-
rende Vulkan hatte, Nachrichten vom 3. Februar 1875 zufolge, eine
grosse Eruption, die furchtbare Verwüstungen anrichtete. Ein gewaltiger
Lavastrom, auf Java eine Seltenheit, zerstörte Blikar,
Ceboruco.
Der Ceboruco liegt in Mexiko unter 21° 25' n. Br. Der 480 M.
über die Ebene aufsteigende Berg (absolute Höhe 1525 M.) galt seit
Entdeckung von Amerika als erloschen, bis er 1870 seine erste histo-
rische Eruption hatte. Am 11. Februar 1875 erfolgte wieder ein
grosser Ausbruch, verbunden mit furchtbaren Erdbeben, die besonders
S. Cristobal und Guadalaxara heimsuchten. Am 10. Abends fiel ein
Aschenregen nieder und während der Nacht stieg eine hohe Feuer-
garbe auf.
Mauna Loa.
Ein Krater auf dem Gipfel des Mauna Loa, Mukunweoweo ge-
nannt, hatte am 11. August eine Lava-Eruption, über die jedoch nichts
Näheres bekannt ist. Es ist das derselbe Krater, welcher jenen feinen
fadenförmigen Obsidian liefert, der unter dem Namen „Haar der Göttin
Pele“ gleich den Fäden der Herbstspinne zuweilen über ganz Havai
verbreitet wird. Ob mit der neuen Eruption wieder die Bildung dieses
seltenen Productes verbunden war, wird nicht angegeben.
76
C W. C, Fuchs.
[6]
Tongariro.
Der Tongariro auf Neu-Seeland war in der zweiten Hälfte des
Jahres 1875 in Thätigkeit und warf von Zeit zu Zeit Lava und
glühende Schlacken aus. Damit waren grossartige Geisyr-Eruptionen
verbunden. Mehr als fünfzig heisse Wasserstrahlen, umgeben von dich-
ten Dampfwolken stiegen in Zwischenräumen auf.
Santorin.
Seit der letzten Eruption ist die Fumarolenthätigkeit auf Santorin
sehr stark. Fouque fand am 10. October 1875 am Hauptkrater zahl-
reiche trockene Fumarolen, deren Gase nicht wesentlich von denen der
Luft abwichen. In der Nacht waren sie leuchtend und die Steine an
ihrer Mündung glühten. Eine zweite Gruppe von Fumarolen lieferte
schweflige Säure, Salzsäure und Kohlensäure, und ihre Temperatur
schwankte zwischen 110° und 310° C. Andere Fumarolen, eine dritte
Gruppe, hatten nur eine Temperatur von 90 — 99° und lieferten Kohlen-
säure, Schwefelwasserstoff und Wasserdampf.
B. Erdbeben.
Folgende Erdbeben haben sich in den einzelnen Monaten dieses
Jahres zugetragen :
Januar.
1. Januar. Morgens 4 Uhr heftiger Erdstoss in Altkirch (Eisass),
wellenförmig gegen Norden. Thüren und Fenster krachten, Möbel wur-
den gerückt.
Ununterbrochene Erdbeben begleiteten im Monat Januar die vul-
kanischen Eruptionen, welche um diese Zeit im nördlichen Island be-
gannen. Am 2. Januar waren die Stösse am stärksten und wiederholten
sich ohne Aufhören vom Morgen bis zum Abend.
Seit dem Anfang des Jahres wiederholten sich Erderschütterungen
am Aetna ziemlich häufig ; in Ripasto schienen dieselben am stärksten
zu sein.
6. Januar. Die Umgebung des Vesuv ward seit mehreren Tagen,
besonders aber am 6. Januar, durch schwache Erdbeben beunruhigt,
welche mit einem dumpfen Getöse im Innern des Berges verbunden
waren.
8. Januar. Die Erderschütterungen am Aetna erreichten in der
Nacht vom 8. bis 10. Januar eine solche Stärke, dass in einem kleinen
Orte bei Acireale mehrere Häuser einstürzten, wodurch acht Personen
getödtet wurden.
10. Januar. Morgens 9 Uhr 20 Min. starkes Erdbeben in Nordby
und dem Kirchspiel Aas in Norwegen, schwächer in Christiania und
[7]
Bericht über die vulkanischen Ereignisse des Jahres 1875.
77
Romerike. An ersterem Orte geriethen einige Häuser ins Schwanken.
Ein dumpf rollendes Getöse ging der Erschütterung voran.
12. Januar. Nächst 11 Uhr 46 Min. Erdbeben mit Getöse in
Kadarkut.
14. Januar. Erdbeben bei Ronsdorf, Rheinprovinz. Dasselbe be-
schränkte sich merkwürdigerweise auf eine Fläche von 1 — l.J/2 Ar, die
Umgebung eines Steinbruches. Es dauerte einige Sekunden und richtete
in den Waldungen bedeutende Verwüstungen an. Die Arbeiter im
Steinbruch spürten eine schaukelnde Bewegung und sahen eine Hütte
und andere Gegenstände 2 — 3 Meter weit sich fortschieben, dann
stürzten Steine und Erde massenhaft herab. Der Boden wurde durch
breite Spalten zerklüftet.
16. Januar. Schwacher Stoss von West nach Ost in Bayonne
(Basses Pyrenees).
20. Januar. Morgens 10 Uhr mehrere Erdstösse von Nord nach
Süd in Tlälat (Algier).
21. Januar. Erdbeben aus drei Stössen bestehend in den Orten
Eningen und Kniebis in Würtemberg.
21. bis 22. Januar. Nachts zu Gottschee in Krain zwei Erder-
schütterungen.
22. Januar. An diesem Tage spürte man in Söderham in Schwe-
den eine Erderschütterung, welche in südöstlicher Richtung sich fort-
pflanzte. Auch in mehreren angrenzenden Kirchspielen wurde dieselbe
wahrgenommen.
25. Januar. Morgens 8V4 Uhr schwaches Erdbeben in Rudolphs-
werth, Krain, das sich zweimal in kurzen Zwischenräumen wiederholte
und horizontale Schwingungen hervorbrachte.
29. Januar. Morgens 10 Uhr während einiger Sekunden Erd-
erschütterung in Sicli-bel- Abbis in Algier.
Februar.
I. Februar. Mittags 10 Uhr 20 Min. starkes Erdbeben, 3 Sekun-
den lang, zu Sitten in der Schweiz.
9. Februar. Morgens 2 Uhr 55 Min. mehrere Erderschütterungen
zu Kranichberg bei Gloggnitz und in Kirchberg. An letzterem Orte
scheint der Sitz des Erdbebens gewesen zu sein, indem dasselbe am
Fusse des Wechsels besonders auffallend war. Es bestand hier zuerst
aus einem dreimaligen, schnell folgenden Pochen, worauf eine drei Se-
kunden dauernde, anscheinend verticale Erschütterung folgte.
Anfangs Februar ereigneten sich zahlreiche Erderschütterungen
auf Java in Verbindung mit dem Ausbruch des Vulkans Kloet,.
II. Februar. Abends 7a/2 Uhr Erdbeben in Mexiko, eines der
grössten, welche in diesem Jahre vorgekommen sind. In Guadalaxara,
wo es um die angegebene Stunde beobachtet wurde, erfolgte zuerst
unter heftigem Getöse eine starke Erschütterung, die in ein zehn Se-
kunden anhaltendes Zittern des Bodens überging. Vier Minuten später
wiederholte sich die Erschütterung ebenso heftig und mit furchtbarem
Getöse, so dass die erschreckten Bewohner flohen. Die Universität, die
78
C. W. C. Fuchs.
[8]
Kirchen S. Loreto und Merced de Jesus und das Lyceum wurden be-
schädigt. Das Erdbeben erstreckte sicli bis Leon östlich, nördlich bis
Chalchihuitta, westlich zum grossen Ocean und südlich bis Zacoalco.
Am meisten litt das Städtchen S. Cristobal an der Mündung des
Guichpila in den Rio grande de Santiago ; fast alle Häuser wurden
zerstört und 70 Menschen kamen dadurch um das Leben. Um 8 Uhr
25 Min. hörte man in S. Cristobal ein rollendes Getöse, welches sich
bald wiederholte und von Schwankungen des Bodens in der Richtung
von NO. nach SW., dann von 0. nach W. gefolgt wurde. Die Bewe-
gung war so stark, dass Menschen umgeworfen wurden und der Fluss
hohe Wellen schlug. Das Erdbeben ging von dem Ceboruco aus, der
um diese Zeit in Eruption gerieth und in seiner Nähe war es auch am
heftigsten.
19. Februar. In Skara (Schweden) und Umgegend ziemlich hefti-
ges Erdbeben. Dasselbe war von einem Kanonenschuss ähnlichen
Knall begleitet , Thüren sprangen auf und die Bilder fielen von den
Wänden.
26. Februar. Morgens 3 Uhr Erdbeben an der unteren Donau,
besonders in Rustschuk, Varna und Schumla.
März.
3. März. Mittags 4x/2 Uhr mehrere heftige Erderschütterungen
in Kufstein.
4. März. Abends 9 Uhr 20 Min. Erderschütterung von West nach
Ost in Bagneres de Bigorre.
10. März. Um 4 Uhr 20 Min. drei Erdstösse in Dortmund.
13. März. Morgens 9 Uhr 55 Min. und 2 Uhr 15 Min. Abends
zwei Erdstösse in Bagneres de Bigorre.
14. März. Mitternachts vom 13. bis 14. März und 15. Morgens
9 Uhr abermals Erdbeben in Bagneres.
15. März. Abends 9 Uhr 26 Min. wiederholte Erderschütterungen
von W. nach 0. mit Geräusch in Bagneres.
17. März. Um 8 Uhr Erderschütterung in Belluno und Sarmade,
Provinz Treviso.
18. März. Morgens 1 Uhr 25 Min. zwei Erdstösse in Nizza.
18. März. Morgens 2 Uhr 30 Min. Erdbeben in Belluno.
Mit dem vorhergehenden Erdbeben ist wahrscheinlich ein weit-
verbreitetes Erdbeben identisch, das ungefähr um dieselbe Zeit in Ober-
Italien und an der nördlichen Küste des adriatischen Meeres gespürt
wurde. Besonders werden die Städte Pola, Triest, Camerino am unteren
Po, Rimini, Ancona und Urbino genannt. In Rimini wurden dadurch
Häuser beschädigt und Kamine stürzten ein.
26. März. Morgens 3 Uhr 28 Min. abermals Erdstoss in Bagneres
de Bigorre von West nach Ost.
28. März. Erdbeben in Lifu, der grössten der Loyalitäts-Inseln.
Am folgenden Tage waren die Stösse schwächer, aber am 30. wieder
stärker. Viele Dörfer wurden beschädigt. Eine hohe Woge, die dem
[9]
Bericht über die vulkanischen Ereignisse des Jahres 1875.
79
Erdbeben folgte, schwemmte drei Dörfer weg , deren Einwohner meist
umkamen.
Ende März, besonders am 29., zahlreiche Erderschütterungen
im nördlichen Island.
April.
4. April. Morgens 7 1/2 Uhr ziemlich starkes Erdbeben von Nord
nach Süd, fünf Sekunden lang, in Bludenz und Umgebung.
9. April. Nachts 1 V2 Uhr, 45 Sekunden lang heftiges Erdbeben
in der Stadt Truxillo an der Nordküste von Peru, wodurch viele Häu-
ser Risse erhielten.
14. April. Nachmittags 4 Uhr 18 Min. sehr heftiges Erdbeben in
Judenburg (Steiermark); um 4 Uhr 20 Min. (wenn die Zeitangabe
genau ist) in Komorn. An letzterem Orte dauerte es 2 — 3 Sekunden
und ^ bestand aus drei starken und vier bis fünf schwächeren Stössen.
In O-Gyalla war es wellenförmig und erfolgte zweimal.
20. April. Um 8 Uhr 35 Min. wellenförmiges Erdbeben in Ra-
venna und Umgebung ; in Cesenata wurden mehrere Gebäude beschä-
digt, die schon durch das Erdbeben vom 18. März gelitten hatten.
20. bis 24. April. In diesen Tagen erneuerten sich die Erd-
erschütterungen in Island mit besonderer Stärke.
26. April. Breslauer Zeitungen brachten die Nachricht von Erdbeben
in Ober-Schlesien. An diesem Tage nämlich stürzte bei Kattowitz das
Sattelflötz, zwischen dem Krug- und Erbreichschacht zusammen. Das-
selbe war 28 Fuss mächtig und 800 Fuss unter der Oberfläche. Die
Erschütterung war so heftig, dass die Häuser in Königshütte schwank-
ten, Möbel gerückt wurden und Mörtel von den Wänden fiel. Es war
noch nicht ab gebaut, so dass viel Kohle verschüttet wurde.
28. April. Die Barke Red Deer, am 30. Juni von Currachi in
Ostindien in England angekommen, spürte am 28. April von 5V2 bis
8V2 Uhr Nachmittags an der Westküste von Afrika unter 90° s. Br.
und 14° w. L. nicht weniger als 35 Seebeben, einzelne so stark, dass
man nicht auf dem Verdeck gehen konnte.
29. April. In Kiparissa (Morea) furchtbares Erdbeben. Die Kirche
stürzte gerade während der Messe zusammen und begrub 47 Per-
sonen unter ihren Trümmern.
Mai.
3. bis 5. Mai. Heftige Erdbeben in Klein-Asien, deren Sitz an
den Quellen des Mäander, südlich von Uschak und Afium Karahissar
zu sein schien. In Ischikli hat das Erdbeben furchtbare Verwüstungen
angerichtet, tausend Häuser zerstört und mehrere tausend Menschen
getödtet. In dem Dorfe Yvril steht kein Haus mehr und dort allein
gab es 450 Todte. Nicht weit davon sind grosse Spalten entstanden,
aus denen heisse Quellen hervorbrachen. Auch in dem Dorfe Yaka
blieb kein Stein auf dem andern.
Mineralogische Mittheilungen» 1876. 2. Heft. (Fuchs.)
11
80
C. W. C. FuOis.
[10]
12. Mai Morgens wieder grosses Erbeben in der Umgebung der
Stadt Uschak. Viele Dörfer wurden auch diesmal zerstört und viele
Menschen getödtet. An diesem Tage spürte man in Smyrna drei Stösse.
IG. Mai. Nachmittags 51/2 Uhr ziemlich heftiger Stoss in Neu-
Granada, besonders in der Stadt S. Jose de Cucuta 7° 30' n. Br.
und 72° 10' w. L. an der Grenze von Venezuela, wodurch viele Häuser
beschädigt wurden.
17. Mai. Morgens GV2 Uhr abermals Erdbeben in Cucuta, ebenso
stark wie an dem vorhergehenden Tage und 30 Meilen weit spürbar.
18. Mai. Morgens 1 1 1/2 Uhr in einem grossen Theile von Neu-
Granada und Venezuela furchtbares Erdbeben. Dasselbe begann mit
grauenvollem Getöse, worauf ein so starkes Schwanken des Bodens
folgte, dass man sich nicht auf den Füssen halten konnte. Na-
türlich mussten furchtbare Verwüstungen angerichtet werden und in
der That wurde die 5000 Einwohner zählende Stadt Cucuta zum
grössten Theil in einen Schutthaufen verwandelt und mehr als die
Hälfte der Einwohner verlor ihr Leben. Die Orte Bosario, S. Antonio,
Capacho, Guasimo, S. Juan de Verena, Seberatina la Grila sind gänz-
lich zerstört; Chinacota, Chapo, Sampalona, Cucutilla, Ardeba, San-
tiago, Gallindo und Granalote haben sehr gelitten. Von der Bevölke-
rung des betroffenen Landstriches, die auf 35.000 geschätzt wird, sollen
gegen IG. 000 umgekommen sein. In Bogota war der Erdstoss noch
deutlich und schwach in Barranguilla.
20. Mai. Morgens 2 Uhr kam wieder in dem Erdbebengebiete
des westlichen Odenwaldes, das sich in letzter Zeit ziemlich ruhig ver-
halten, ein bedeutendes Erdbeben vor. Dasselbe schien von dem Rohr-
berge auszugehen und wurde in Rohrdorf und Ober-Ramstadt als hef-
tiger Stoss mit unterirdischem Rollen gespürt. In Mörlenbach, Jugen-
heim und dem ganzen westlichen Odenwald wurde das Ereigniss eben-
falls beobachtet. In Darmstadt nahm man auch das Rollen wahr.
21. Mai. Erdbeben in Spezzia.
23. Mai. Die seit Januar in Unter-Italien sich wiederholenden
Erdbeben, die, wie es scheint, mit dem Zustande des Vesuv in Zusam-
menhang standen, waren am 23. Mai so stark, dass in Calabrien an
mehreren Orten Häuser einstürzten.
29. Mai. An diesem Tage zeichneten sich die Erdbeben in
Island wieder durch Heftigkeit aus.
Juni.
7. Mittags I2V2 Uhr ziemlich bedeutendes Erdbeben in der Ge-
gend von Sudovec, Ivreuzer-Comitat. Die von S. nach N. fortschreitende
Bewegung dauerte 10 Sek.
12. Juni. Nachts 11 Uhr 40 Min. Erdbeben zu Sieghartskirchen,
Rekawinkel und Dürrwien. Es war ein heftiger Stoss mit naclischwin-
gender Bewegung und begleitet von unterirdischem Rollen. Er wurde
auch in Leopoldsdorf und Pürkersdorf gespürt. Nach einer Angabe der
k. k. Akad. d. Wiss. zu Wien hatte dieses Erdbeben dieselben Gren-
zen, wie das grosse Erdbeben von 1590 und das kleine vom 3. Jan.
1873. Die äussersten betroffenen Punkte der Hauptlinie sind Raabs im
[11]
Bericht über die vulkanischen Ereignisse des Jahres 1875.
81
Norden, Ivlausen-Leopoldsdorf im Süden. Bei Sessenberg, Atzenbruck
und allen Orten bis Neulengbach, besonders östlich von Altlengbach,
war die Bewegung am heftigsten und pflanzte sich bis Hütteldorf und
Salmannsdorf quer über den Wienerwald fort und soll in einzelnen der
höchsten Stockwerke Wiens empfunden worden sein.
12. Juni. Starker Erdstoss zu Neumarkt in Krain.
13. Juni. Wiederholter Erdstoss zu Neumarkt.
14. Juni. Abermals Erdstoss in Neumarkt.
IG. Juni. Abends 10 Uhr wieder drei Stösse in Bagneres de
Bigorre.
17. Juni. Morgens 2 Uhr abermals ein Erdstoss von 8 Sek. Dauer
in Bagneres.
18. Juni. Morgens heftiges Erdbeben im südwestlichen Ohio und
in Indiana, wodurch bedeutender Schaden angerichtet wurde. In Chi-
cago spürte man mehrere Stösse, die jedoch ohne Schaden abliefen,
dagegen waren sie in Jeffersonsville, Vinzennes, Anderson und in
Indiania so heftig, dass Schornsteine herabgeworfen wurden.
19. Juni. Morgens in Manila] und Umgebung und in Flekkefjorcl
(Norwegen) heftige Erdstösse.
Ende Juni bildete sich zwischen Myvatn und Yökulsau in Island
ein neuer Krater, ein Ereigniss, das mit zahlreichen Erderschütterun-
gen verbunden war.
.1 uli.
3. Juli. Erdbeben in Gamstad und Flekkefjord in Norwegen, wie
am 19. Juni.
13. Juli. Um 4 Uhr 50 Min. fand ein beträchtliches Erdbeben
in einem Tbeile von Würtemberg statt. In Hechingen war es mit
donnerähnlichem Getöse verbunden und setzte mehrere Sekunden die
Erde von SW. gegen NO. in Bewegung. In Tübingen unterschied man
zwei schnell aufeinander folgende Stösse, von denen besonders der
zweite heftig war, so dass die Häuser erzitterten. Aehnliche Beobach-
tungen wurden aus Leonberg, Ohmenhausen bei Reutlingen und Balin-
gen gemeldet.
15. Juli. Wenige Minuten vor 11 Uhr Abends erfolgte ein hef-
tiger senkrechter Erdstoss in Kaub.
20. Juli. Kurz nach 6 Uhr Morgens heftige Erderschütterung von
NW. her in Vaihingen (Würtemberg).
23. Juli. Nachts lx/2 Uhr Erderschütterung mit dumpfer Deto-
nation in Liestal.
25. Juli. Morgens 6V2 Uhr zuerst dumpfer Lärm, dann furcht-
barer erderschütternder Stoss in Sebastopol, so dass Schornsteine
herabfielen und mannigfacher Schaden angerichtet wurde.
August.
1. August. Morgens 3V2 Uhr Erdbeben in Glarus.
5. August. Abends 7x/2 Uhr Seebeben an der Westküste von
Süd-Amerika zwischen Cobija und den Lobos-Inseln, welches auf dem
82
C. W. C. Fuchs.
[12]
englischen Dampfer S. Rosa gespürt wurde. Auf dem Festlande be-
merkte man die Erschütterung in Pabellon de Pico, südlich von Iquique
(von Plerrn Dodt, einem der Reisenden mitgetheilt).
11. August. Erdbeben am Mauna Loa, der an diesem Tage in
Eruption überging.
15. August. Während des grössten der zahlreichen Ausbrüche im
nördlichen Island kamen an diesem Tage ungewöhnlich starke Erd-
beben vor.
17. August. Nachmittags 4 Uhr 50 Min. ziemlich starkes Erd-
beben im nordöstlichen Galizien in drei rasch folgenden Stössen, im
Ganzen etwa 3 Sek. lang. Besonders stark war es im Kreise Hrubbiez-
zono (Lublin) und bei Doehobyczow, wo zwei Häuser zerstört wurden
und die Dauer U/2 Min. betrug. In Lemberg, Brody und Zloczow war
es ebenfalls bedeutend und auch in einem Theile der Bukowina, be-
sonders in Czernowitz.
September.
3. September. Erdbeben von 15 Sekunden in Irkutsk.
9. September. Morgens 2 Uhr im Gueret (Meuse) drei Erdstösse
in Zwischenräumen von 5 Minuten.
17. September. Erdbeben in Martinique.
October.
16. October. In Kingston auf Jamaika heftiges Erdbeben.
17. October. Um 2 Uhr 45 Min. Erdbeben in Fünfkirchen (Un-
garn) ; anfangs rollende Bewegung dann stossartig.
November.
12. November. Morgens 2 Uhr ein von W. nach O. gehender
Erdstoss in Knoxville in Kentucky, welcher 10 Sek. anhielt und die
Häuser stark erschütterte.
13. November. Zwischen 6 und 7 Uhr Abends spürte man in
Rönne und Umgebung auf der Insel Bornholm einige Sekunden lang
eine Erderschütterung, die von gewaltigem unterirdischem Getöse be-
gleitet war.
22. November. Nachts heftiges Erdbeben in Constantinopel.
23. November. Nachts 10 Minuten vor 1 Uhr wurde im säch-
sischen Voigtlande, in der Gegend von Reichenbach, Auerbach, Oelsnitz
und Plauen eine Erderschütterung wahrgenommen. An letzterem Orte
war die Bewegung wellenförmig von 0. nach W., dauerte etwa 2 Sek.
und war von starkem Getöse begleitet. Die Erschütterung war stärker,
wie die am 5. März 1872 und bestand aus zwei Stössen. Der Thürmer
auf der Hauptkirche wurde so heftig hin und hergeschüttelt, dass er
den Einsturz des Thurmes befürchtete.
24. November. Abends 6 Uhr und 10 Uhr 16 Min. heftige Erd-
stösse in Klein-Reifling (Steiermark).
[13]
Bericht über die vulkanischen Ereignisse des Jahres 1875.
83
25. November. Morgens 5 Uhr 24 Min. abermals Erdstösse in
Klein-Reifling.
25. November. Abends 6 Uhr 35 Min. schwache Erderschütterung
von 15—20 Sek. Dauer in Lyon.
28. November. Abends 9 Uhr heftiger Erdstoss in Blidali und
Medea (Algier).
Deeember.
4. Deeember. Morgens 1 Uhr 15 Min. erfolgten in Leipzig 10 — 11
Erdstösse mit je 4 Sek. Pause, wodurch die Häuser zitterten.
6. Deeember. Nachts 3 Uhr 24 Min. Erdbeben in der Umgebung
Neapels , anfangs wellenförmig , dann ein starker Stoss , zusammen
18 Sek. Es war dies seit Jahren der stärkste Stoss in Neapel, so dass
sich die Strassen mit erschreckten Menschen füllten. Die Richtung ging
von N. nach S. und die Heftigkeit nahm gegen den Vesuv hin ab, so
dass der Vulkan dabei nicht im Spiele schien. Am stärksten war die
Erschütterung in Gaeta, Salerno, der ganzen Basilikata, Amalfi,
Caserta, Potenza, Foggia und Bari. In S. Marco in der Capitanata
waren es drei Stösse und in Barili dauerte ein Stoss sogar 1 Min. 35 Sek.
Der Mittelpunkt schien bei Puglia zu sein. Uebrigens waren schon
mehrere Tage vorher wiederholt schwache Erderschütterungen am Vesuv
eingetreten, die sich auf den Berg und Resina beschränkten.
11. Deeember. Morgens 6V2 Uhr stossartige, über 1 Sek. anhal-
tende Erderschütterung in Feldkirch.
12. Deeember. Furchtbares Erdbeben in Labore und Peschawar
in Indien, wodurch viele Menschen getödtet wurden.
13. Deeember. An mehreren Orten des Bodensees, besonders in
Radolfszell, fand um 9 Uhr eine Erderschütterung statt.
13. bis 14. Deeember. Erdbeben in Jassy und Bukarest.
Im Deeember ereignete sich ein grosses Erdbeben an der ganzen
Nordküste von Java; besonders in Koeningan (Cheribon) wurde erheb-
licher Schaden angerichtet und 1053 Wohnungen zerstört.
19. Deeember. An diesem Tage begann der Aetna eine schwache
Thätigkeit und bei Acireale spürte man wellenförmige Erderschütte-
rungen.
20. Deeember. Abends 7 Uhr ziemlich heftiger Erdstoss in
Bukarest.
21. Deeember. Ein Erdbeben zerstörte die Stadt Arecibo auf
Portorico, so dass nur 2 Kirchen und G Häuser stehen blieben.
22. Deeember. Abends mehrere heftige und einige schwache Erd-
stösse in Richmond und einigen anderen Orten Virginiens.
Gegen Ende des Jahres 1875 trat im südlichen Theile der Insel
Luzon ein Naturereigniss ein, wodurch 2000 Menschen getödtet wurden.
Aus dem unklaren, bis jetzt bekannt gewordenen Bericht geht nicht
deutlich hervor, ob es ein Erdbeben gewesen oder ein grosser Bergsturz.
In der Umgebung des Tongariro auf Neu-Seeland, der sich gerade
in Eruption befand , erfolgten im Deeember wiederholte Erderschütte-
rungen.
84 ' C. W. C. Fuchs. [14]
In vorstehender Zusammenstellung sind 97 verschiedene Erdbeben
enthalten, die an 100 verschiedenen Tagen eintraten.
Dieselben vertheilen sich in folgender Weise:
Winter: 34.
(Januar 15, Februar 7, December 12).
Frühling: 28.
(März 12, April 7, Mai 9).
Sommer: 21.
(Juni 10, Juli 6, August 5).
Herbst: 14.
(September 3, October 2, November 9).
Von 52 Stössen, deren Eintritt genauer angegeben ist, erfolgten
36 in der Nacht (von 7 Uhr Abends bis 7 Uhr Morgens) und 16
am Tage.
An folgenden Tagen fanden mehrere Erdbeben statt :
1. Januar : Altkirch. Island.
21. Januar : Kniebis. Gottschee.
18. März: Nizza. Belluno.
28. März : Lifu. Island.
20. April : Ravenna. Island.
12. Juni : Sieghartskirchen. Neumarkt.
24. November : Constantinopel. Reifling.
25. November : Reifling. Lyon.
4. December : Leipzig. Peru.
13. December: Radolfszell. Bukarest.
Wiederholt, wurden folgende Orte von Erdbeben betroffen:
Aetna. Sehr häufig, besonders im Januar und December.
Vesuv. Häufig, besonders im Januar, Mai und December.
Island. Von Januar bis December sehr oft.
Ivloet. Im Februar mehrmals.
Bagneres de Bigorre am 4., 13., 14., 15., 24. März.
Ravenna. 18. März. 20. April.
Uschak. 3. — 5. Mai. 12. Mai.
Calabrien. Wiederholt in den vier ersten Monaten.
Neumarkt. Am 7., 13., 14. Juni.
Mauna Loa. Während der Eruption.
Constantinopel. 22., 24. November.
Klein-Reifling. 24., 25. November.
Bukarest. 13., 20. December.
Tongariro. Während seiner Eruption.
Das Jahr 1875 war reich an grossen und verheerenden Erdbeben.
Das furchtbarste war jenes von Cucuta, vom 16. bis 18. Mai, wodurch
mehrere Städte und zahlreiche Ortschaften gänzlich zerstört und Ver-
[15]
Bericht über die vulkanischen Ereignisse des Jahres 1875.
85
Wüstungen in sehr weitem Umkreise veranlasst wurden. Ihm steht
zunächst das Erdbeben von S. Cristobal und Guadalaxara am 11. Febr.,
das sich in Mexiko von den Küsten des grossen Oceans bis nach Leon
erstreckte. Sehr bedeutend sind auch die Erdbeben vom 28. März auf
der Insel Lifu, vom 3. bis 5. und 12. Mai bei Uschak, vom 12. De-
cember in Labore und vom 21. December auf Portorico gewesen. Der
Schaden, welcher durch diese Erdbeben angerichtet wurde, ist ein un-
gewöhnlich grosser und wenn die Angaben nicht allzu sehr übertrieben
sind, so muss man den Verlust an Menschenleben doch mindestens auf
einige zwanzigtausend schätzen.
Eine bedeutende Anzahl der stärkeren Erbeben war unzweifelhaft
vulkanischer Natur. Folgende Erdbeben standen im deutlichen Zusam-
menhang mit der Thätigkeit benachbarter Vulkane:
1. Erdbeben in Island, welche von Beginn des Jahres bis Ende
August, während der Eruptionsperiode in der Nähe des Vatna in sehr
zahlreichen, nicht genau bekannten Erschütterungen auftraten und
jedesmal an Intensität Zunahmen, wenn ein neuer Ausbruch erfolgte.
2. Erdbeben am Aetna, in Acireale, Pliporto u. s. w., welche im
Januar und December, gleichzeitig mit den Anzeichen wiedererwachen -
der Thätigkeit des Aetna, besonders auffallend waren.
3. Erdbeben in Unter-Italien. Die stärksten und am weitesten
verbreiteten Erschütterungen machten sich jedesmal an demselben Tage
geltend, wo die Thätigkeit des Vesuv an Energie zunahm.
4. Die Erdbeben auf Java begleiteten im Monat Februar die
Eruption des Kloet.
5. Das furchtbare Erdbeben von S. Cristobal und Guadalaxara
fiel mit dem Wiederbeginn der Eruption des Ceboruco zusammen.
Ebenso gaben sich die Erdbeben
6. auf Hawa'f im August und
7. auf Neu-Seeland im December als Folgen der Eruptionen der
Vulkane Mauna Loa und Tongariro zu erkennen.
Andere Erdbeben waren ebenso unzweideutig nichtvulkanischer
Natur. Unter diesen verdient das Erdbeben von Ronsdorf (14. Januar)
desshalb einer besonderen Erwähnung, weil man daraus entnehmen
kann, wie trotz der relativen Stärke der Erschütterung, die Ausbreitung
doch von der grösseren oder geringeren Tiefe bedingt wird, in welcher
die Veranlassung dazu liegt. Das Erdbeben von Kattowitz zeigt deutlich
die Folgen einer rein mechanischen Aenderung in der Architectur der
Gesteinschichten. Da der ganze Vorgang durch die menschliche Thätig-
keit, den Abbau des Kohlenflötzes nämlich, veranlasst wurde, so ist er
im strengsten Sinne nicht zu den Erdbeben zu zählen, aber er unter-
scheidet sich durch gar nichts von ähnlichen Ereignissen, welche allein
durch die Einwirkung der chemischen und mechanischen Processe, die
sich im Erdinnern abspielen, hervorgerufen werden.
36 C. W. C. Fuchs. Bericht über die vulk. Ereignisse des Jahres 1875.
Vulcano.
Ueber die in meinen früheren Berichten erwähnte Eruption von
Vulcano, die am 7. September 1873 begann, sind genauere Nachrich-
ten eingegangen, welche ich hier nachträglich folgen lasse.
Nachdem im August 1873 eine Zunahme der gewöhnlichen Sol-
fataren-Thätigkeit bemerkt worden war , begann die Eruption am
7. September mit einem Aschenregen von schneeweisser Farbe. Später
wiederholten sich öfter Asclienfälle von vulkanischem Sand und Schla-
ckenauswürfe. Die bedeutendste Thätigkeit entwickelte der Vulkan am
19. October, sank aber bald darauf in Solfataren-Thätigkeit zurück.
Unter heftigen Erderschütterungen bildete sich am 22. Januar 1874
eine neue Fumarole, aus der mit bedeutendem Getöse Dämpfe und
Flammen hervorbrachen. Vom Februar an nahm die Thätigkeit ab ;
nur am 15. Juli und am 2. August schienen unterirdisches Getöse und
mehrere hundert Erdstösse einen neuen Ausbruch anzukündigen, allein
der Vulkan ging trotzdem allmälig in seinen gewohnten Zustand zurück.
Die Schlacken sowohl wie die graue Asche bestehen aus Liparit
mit reichlichem Quarz, Sanidin und Hornblende. Diese Mineralien fin-
den sich auch nebst Magneteisen in den Hohlräumen ausgebildet.
Einzig in ihrer Art ist jedoch die weisse Asche, die zu 94V4 Proc. aus
Kieselsäure besteht. Nach der einen Angabe wäre es eine fast reine
Tridymit- Asche, nach anderen, wahrscheinlicheren Untersuchungen ein
durch Säuren ausgelaugtes Liparitpulver.
El. lieber grüne Schiefer Niederschlesiens.
Von Ernst Kalkowsky.
Nördlich von dem flachen und breiten Thale des Bober bei Hirsch-
berg am Fusse des Riesengebirges erbebt sich ein selbstständiges
Gebirge, das aus krystallinischen Thonschiefern besteht, und aus Ge-
steinen, die Gustav Rose als grüne Schiefer beschreibt.1) Letztere
seien graulichgrüne , meist ganz dichte, wenig schiefrige Gesteine, in
denen sich nur bisweilen Augit und (?) Feldspäthe erkennen Hessen .
Unsere Unkenntniss von der mineralogischen Zusammensetzung dieser
Gesteine, das Vorkommen von Augit in denselben, das Auftreten ähn-
licher Schiefer im Taunus, im sächsischen Erzgebirge, in den Alpen,
auf Elba, im Ural, welche letzteren Zirkel in seinem Lehrbuch
der Petrographie stets mit sehr ominösen Anführungszeichen versieht,
mussten um so mehr zur erneuten Untersuchung der grünen Schiefer
Niederschlesiens anregen, als sich hier nach den Ansichten der Geologen,
die diese Gegenden durchforscht haben, bei Kupferberg und Rudels-
stadt grobkörnigere Gesteine finden, in welche die grünen Schiefer
an den Bleibergen übergehen. Die Hornblende führenden Schiefer von
Kupferberg gehören aber zu der Zone von Hornblende-Chlorit-Gesteinen,
die sich von dort aus bis Kunzendorf bei Liebau in südlicher Richtung
ausdehnen und zum Tlicile an Granitit grenzen , zum Theile aber auf
den Glimmerschiefern aufruhen , welche die Gipfel und den südlichen
Abfall des Riesengebirges zusammensetzen. In dem südlichsten Theile
dieser Zone Kupferberg-Kurizendorf erscheinen selbst grobkörnige Chlorit-
und Hornblende-Gneisse. Es musste also zugleich die Aufgabe sein,
zu untersuchen, ob die grünen Schiefer nur dichte Abarten solcher
Gesteine sind, oder ob sich beim Aufsteigen in der hier sehr einfachen
Schichtenfolge mit der Veränderung des Korns auch andere Gemeng-
theile und Structurverhältnisse einstellen.
Ich habe diese Gegenden im August 1874 zehn Tage lang durch-
streift; die Schwierigkeiten bei der Untersuchung, namentlich der grünen
Schiefer, gestatten mir jedoch erst jetzt, Ostern 1876, eine •Veröffent-
lichung der nicht uninteressanten Resultate.
!) In Rotli: Erläuterungen zur geogn. Karte von Niedersclilesien etc. Berlin
1867, pag. 42 — 44.
Mineralogische Mittheilungen. 1876. 2. Heft. (Kalkowsky.)
12
88
E. Kalkowsky.
[2]
Ueber die Gesteine und die Architectur der Zone Kupferberg-
Kunzendorf liegen bereits zwei Abhandlungen vor, die eine von Beyrich
in Roth, Erläuterungen pag. 93 — 98 und die andere von Websky,
Zeitschrift der deutschen geol. Gesellschaft Bd. V, pag. 373, die sich
nur auf die Gegend von Kupferberg bis zum Querjoche des Scharlach-
berges bezieht; beide Forscher stimmen jedoch in ihren Ansichten über
die Constitution mehrerer Gesteine nicht überein.
Während die grünen Schiefer fast stets nach Nord-Osten ein-
fallen, ändert sich die Streichrichtung von Kupferberg an, wo sie noch
dieselbe Richtung wie die grünen Schiefer inne halten, allmählig bis
sie in den südlichen Theilen bei Petzelsdorf und Städtisch-Herrnsdorf
nach Süd-Osten einfallen; sie liegen also im Allgemeinen mantelförmig
um das Ostende des Granititmassivs des Riesengebirges herum.
Als unterstes Glied der hier zu betrachtenden Schichtenfolge
tritt im Südende der Zone auf der Scheibe, westlich von Städtisch-
Herrnsdorf halbwegs zwischen Liebau und Schmiedeberg, ein grobkörniger
Chloritgneiss (Beyr. A. 1. b.)1) auf; derselbe besteht aus „reichlichem
Quarz in Körnern bis 1/2 Zoll gross, aus weissem Glimmer in kleinen,
in Flasern verlliessende Schuppen, aus Chlorit, der in schuppig-körnigen
Partien von unregelmässiger Gestalt bis 1/2 Zoll Grösse zerstreut liegt
und aus feinkörnigem Feldspath“ (Beyrich). Das Mikroskop wies nun
auch den Quarz, Plagioklas, Orthoklas und Chlorit nach, allein von
dem vermeintlichen Glimmer stellte es sich heraus, dass er Salit sei.2)
Die Quarze sind in sehr grossen Individuen, oft aber auch in fein-
körnigen Aggregaten ausgebildet, deren Körnchen manchmal nach der
Schieferungsrichtung in die Länge gezogen sind. Flüssigkeitseinschlüsse
meist von sehr geringen Dimensionen, aber mit beweglichen Bläschen
sind ungemein häufig; sie sind auch in Reihen gruppirt, die dann oft
durch mehrere Quarzindividuen, die nicht gleichmässig krystallographisch
angeordnet sind, ohne Aenderung ihrer Richtung und ohne Discontinuität
fortsetzen. Die Quarze enthalten auch vereinzelte Mikrolithen von
Chlorit und Salit, Die Feldspäthe gehören vorwaltend dem Plagioklas
an; er besitzt eine sehr feine Zwillingsstreifung, nur selten sind die
Lamellen dick. Orthoklas in Carlsbader Zwillingen und in Einzel-
krystallen ist auch vorhanden. Beide Feldspäthe sind von absolut
frischer und pellucider Masse, nur sehr wenig von Umwandlungsvor-
gängen heimgesucht, aber übermässig mit Mikrolithen von Salit erfüllt
(cfr. 1. c. pag. 48). Der Salit, der sonst am Gesteinsgewebe mit
wenigen Quarzkörnchen durchmengt theil nimmt, ist in bis 015 Mm.
langen Säulchen ausgebildet , doch kommen auch einzelne grössere
Individuen vor, in denen man kleine Flüssigkeitseinschlüsse mit lebhaft
mobiler Libelle gewahrt. — Der Chlorit endlich bildet kurzschuppige
mit wenig Salit durchmengte Aggregate; er ist ausgezeichnet dich-
') Bezieht sich auf die petrographische Eintheilung Beyrichs a. a. 0.; ich
führe sie nur da an, wo die Identität der beschriebenen Gesteine feststeht.
2) Ich habe das Vorkommen und die Eigenschaften des Salit bereits in
Tschermak’s Min. Mitth. 1875, pag. 45 ausführlich geschildert, und daselbst auch
mehrere der hier im geognostischen Zusammenhänge zu erwähnenden Gesteine kurz
beschrieben.
[3]
lieber grüne Schiefer Niederschlesiens.
89
roitiscb, etwa wie der des bekannten Chloritschiefers aus dem Pfitsch-
thal in Tirol; seine Farben sind hell gelblichgrün und trüb grasgrün.
Die eigenthümliche feine Faserung, die man bei manchem Chlorit u.
d. M. zu beobachten in der Lage ist, findet sich hier nicht. Von Horn-
blende unterscheidet sich der Chlorit dadurch, dass seine opt. Bisectrix
mit der Hauptaxe , deren Richtung durch zahlreiche senkrecht gegen
dieselbe stehende Spalten nach der Basis angedeutet wird, stets zu-
sammenfällt, ferner durch sein schwächeres Lichtbrechungsvermögen, in
Folge dessen die Aggregate bei gekreuzten Nicols auch bei einer
Drehung des Präparates immer recht dunkel sind; die Schnitte parallel
der Basis bleiben natürlich stets ganz schwarz.
Ein anderer Chloritgneiss tritt bei Neu- Weisbach an der östlichen
Grenze der Zone, westlich vom Felsitporphyr zwischen Alt- und Neu-
Weisbach auf; er ist feinkörniger, enthält nur wenig Chlorit und nur
Orthoklas, der sehr vorherrscht, aber auch völlig von Salit-Mikrolithen
strotzt. Der röthliche Farbenton des Gesteines wird durch eine Menge
von Eisenglanz in rothen Schüppchen bis opaken Körnern erzeugt. Das
Gestein ist ziemlich dünnschiefrig und die Spaltungsflächen sind wieder
mit dünnen Häuten von fast weissen , schimmernden Salitsäulchen
bedeckt.
Auf dem Chloritgneiss der Scheibe liegt ein dichtes, scheinbar
massiges Gestein, das an den obern Häusern von Städtisch-Herrnsdorf
in schroffen Felsen ansteht. Aeltere Forscher scheinen dieses Gestein
gemeint zu haben, wenn sie von einem grünen Schiefer vom Westende
von Städtisch-Herrnsdorf sprechen. Ausser einigen kleinen, porphy rischen
Krystallen von Quarz, Orthoklas und Plagioklas sind keine Gemeng-
theile in dem graulichgrünen Gestein zu erkennen. Das Mikroskop
zeigt, dass es besteht aus vorherrschendem, feinkörnigen Quarz, dessen
Individuen etwa 0-02 — O'Oo Mm. im Durchmesser haben und aus gras-
grünen, stark dichroitischen Hornblendenadeln von etwa 0'15 Mm.
Länge auf 0'02 Mm. Dicke. Letztere rufen eine ausgeprägte Parallel-
structur hervor. Salitkörnchen von nur 0-01 Mm. Durchmesser sind
durch das ganze Gestein passim vertheilt; Magneteisen findet sich an
einzelnen Stellen der Präparate ziemlich häufig. Die porphyrischen
Krystalle gehören theils dem Quarz, theils dem Feldspath an und sind
entweder Plagioklas oder Orthoklas, beide vollkommen frisch und mit
verliältnissmässig wenigen kleinen Salitmikrolithen erfüllt. In der dichten
Gesteinsgrundmasse ist durchaus kein Feldspath vorhanden. Der Name
Hornblendeschiefer passt für dieses Gestein nicht, denn wenn die Horn-
blendeschiefer auch sehr oft etwas Quarz führen, so ist doch hier der
Quarz der vorwaltende Gemengtheil; es ist jedoch nicht zweckmässig,
einen neuen Namen einzuführen: die Bezeichnung als „quarziger Horn-
blendeschiefer“ genügt.
Etwa in demselben Niveau wie dieses Gestein tritt auf der Scheibe
selbst ein dichter Hornblendegneiss auf. Er besteht aus Plagioklas,
sehr wenig Orthoklas, feinkörnigem Quarz, Magneteisen in Krystallen
und Kry stallgruppen und aus Hornblendesäulchen und Salit. Letzterer
steht der Hornblende an Quantität nur wenig nach und erscheint in
kleinen Körnchen, die sich meist zu Haufwerken aggregiren. Die
Plagioklase sind von ungemein frischer Substanz und nur wenig von
12*
90
E. Kalkowsky.
[4]
Salit- lind Hornblende-Mikrolithen durchdrungen ; sie haben durch-
schnittlich eine Länge von Hl Mm., sind dabei aber nicht etwa
„leistenförmig“ ausgebildet; mit dem feinkörnigen Quarz und den Horn-
blendesäulchen sind sie ohne eigene ausgeprägte Form aufs Innigste
verwachsen.
Die Benennung dieses Gesteines als dichter Hornblendegneiss soll
später gerechtfertigt werden.
Auf diesen Gneiss folgt am Abhange der Scheibe nach Petzelsdorf
zu ein lichter Hornblendeschiefer von etwas gröberem Korn. Vorherr-
schende hell grasgrüne Hornblende, etwas Quarz und ziemlich viel
Epidot, oft in dicken, intensiv gelbgrün gefärbten Säulcken bilden ein
gleichmässiges Gemenge mit Parallelstructur. Opake Erze fehlen fast
gänzlich und Plagioklas ist nur ganz vereinzelt vorhanden. Der Epidot
tritt hier als Aequivalent des Salites auf.
Nordöstlich von Petzelsdorf, östlich von der Scheibe ragt aus den
Feldern ein Hügel hervor, auf dem als letztes Glied dieser archäischen
Schichtenfolge ein ausgezeichneter Hornblendegneiss (Beyr. A. 1. a.)
ansteht. Die Grösse der Gemengtheile beträgt etwa 1 — 3 Mm. Die
Quarze haben eine ziemlich intensiv blaue Färbung, die beim Glühen
vor dem Löthrohr nicht verschwindet. Die Feldspäthe, fast allein dem
Orthoklas angehörig, sehen gelblichweiss und recht zersetzt aus, sind
aber in Wirklichkeit ganz frisch; die weisse Farbe wird eben wieder
durch eine Unzahl von Salitmikrolithen hervorgerufen. Die Hornblende
ist im Dünnschliff dunkelgrün mit einem Stich ins Bräunliche ; doch
führt sie recht charakteristisch oft lichte, nur schwach gefärbte Flecke,
die entweder mit der übrigen Masse zu einem Individuum gehören
oder auch seltener aus einem vorworren faserigen Aggregate bestehen.
Solche aktin olithartige Hornblende nimmt auch in selbstständigen Ivry-
stallen mit Quarzkörnchen durchmischt am Aufbau des Gesteines theil
Der Quarz tritt überhaupt bisweilen in die Polenden der Hornblenden
ein, die sich dann in Mikrolithen auflösen. Ausserdem finden sich
noch etwas Chlorit, Salit und Eisenglanz als Gemengtheile. Auf der-
selben Höhe tritt noch ein anderer Gneiss auf, der aus bei weitem
vorwaltendem Feldspath von graulichgrüner Farbe, vereinzelten kleinen
blauen Quarzkörnern und wenigen Chloritschuppen nebst einigen bräun-
lichen Hornblendesäulchen besteht. Der Feldspath ist ganz übermässig
mit Salit-Mikrolithen erfüllt, so dass keine Möglichkeit vorhanden ist
zu erkennen, ob er monoklin oder triklin ist.
Weiter nach Norden von dem eben beschriebenen Profil ver-
schmälert sich bei Neu-Weisbach die Zone Kupferberg-Kunzendorf und
namentlich bei Pfaffendorf verliert sie durch Vordringen des Grau-
wackengebirges am Terrain. Hier tritt am Laubberge zwischen Pfaffen-
dorf und Colonie Eventhai ein „Gestein mit grünsteinartigem Habitus“
(Beyr. B. 3) auf. Es hat ein sehr massiges Aussehen, jedoch erkennt
man, dass die Knauern von Quarz und Feldspath einer nordsüdlichen
Streichungsrichtung nach eingelagert sind. Das Gestein ist ein dichter
Chlorit-Hornblende-Gneiss. Die Unterscheidung von Chlorit und Horn-
blende erfordert einige Aufmerksamkeit, da beide fast genau dieselbe
grasgrüne Farbe besitzen und dabei gleich stark dichroitisch sind. Dem
Chlorit gehören zunächst alle grösseren, nach der Basis ausgedehnten
[5]
Ueber grüne Schiefer Niederschlesiens.
91
Blättchen an ; sie erscheinen bei gekreuzten Nicols vollständig dunkel,
auch wenn sie nicht genau mit der Basis parallel der Schlifffläche
liegen ; charakteristisch ist übrigens für sie, dass sie eine dunkelviolette
Farbe zeigen, wenn die Schwingungsrichtungen des Nicols ungefähr
einen Winkel von 80 — 85° mit einander machen. Die Querschnitte
von Chloritblättchen, die natürlich im zerstreuten Licht, hell gelblich-
grün gefärbt sind, lassen sich an der Lage der Bisectrix erkennen.
Die Hornblende mit ihrem stärkeren Lichtbrechungsvermögen tritt hier
vornehmlich fast nur in ziemlich dünnen, langen Mikrolithen und Nadeln
auf, die oft von einem etwas grösseren Individuum divergirend aus-
einander strahlen. Fast ebenso häufig wie Hornblende und Chlorit
ist der Salit in kurzen, dicken Kryställcken ohne Formentwickelung;
er steckt gleichmässig zwischen den übrigen Gemengtheilen und wird
zum Theile durch Epidot vertreten. Sonst enthält das Gestein noch
Quarz und Orthoklas, dann Plagioklas, Hämatit in kleinen blutrothen,
rundlichen Schüppchen und Kalkspath und Dolomitspath. Die Feld-
späthe enthalten Mikrolithen von Hornblende und Salit und sind meist
etwas trübe , namentlich die Orthoklase ; Plagioklase sind überhaupt
selten. Die Kalkspäthe mit Zwillingsstreifung und die Dolomitspäthe
ohne solche liegen in enger Verbindung mit den anderen Gemengtheilen,
enthalten jedoch keinerlei Mikrolithen , scliliessen überhaupt keine
anderen Gemengtheile ein und kommen nur stellenweise vor; gleichwohl
müssen sie als primär betrachtet werden.
Noch weiter nach Norden, etwa bei Reussendorf, breitet sich die
Zone der Hornblendegesteine wieder nach Osten etwas aus, und über-
schreitet man die Wasserscheide bei Wüst-Röhrsdorf, so hat man ein
kleines aber interessantes Gebiet vor sich, das im Westen von der
Höhe des Ochsenkopfs und dessen Ausläufern bis Kupferberg, im
Süden von dem Scharlachberge, im Osten von dem Rohnauer Rücken
und im Norden von dem Höhenzuge der Bleiberge jenseits des Bobers
begrenzt wird. In diesem Gebiete weisen die Schichten bei fast saigerer
Stellung eine ziemlich schnelle Veränderung ihrer Streichrichtung auf;
leider ist gerade, wie Websky anführt, die nordöstliche Ecke, in der
man genaueren Aufschluss über die architectonischen Verhältnisse er-
warten dürfte, von Grauwacken bedeckt. — Ich will nun zwei von
Websky angegebene Profile verfolgen, um die höchst mannigfaltigen
Gesteine vorzuführen und daran auch einige Bemerkungen über den
Schichtenbau zu knüpfen.
Das erste Profil durchscheidet nach Osten zu die Schichten vom
Ochsenkopf bis über den Rohnauer Rücken, gleich nördlich vom Schar-
lachberge. Auf dem Ochsenkopf selbst tritt ein Gestein auf, das
Beyrich als Glimmerschiefer, Websky als Dichroitgneiss anführt.
Es enthält in der That schönen Cordierit Q und auch Feldspath. Der
Cordierit führt eine grosse Menge von abgerundeten, opaken Körnern
von Eisenglanz und Blättchen von weissem Glimmer (?); auch die für
ihn charakteristischen Mikrolithen sind, wenn auch nur selten, vorhanden.
9 Auch das Gestein des Schwarzen Berges hei Schreiberhau ist, wie Websky
1. c. angiebt, ein Cordieritgneiss, wenn es auch mit diesem nicht < ganz übereinstimmt.
E. Kalkowsky.
92
[6]
Dem Quarz fehlen alle diese Einschlüsse, dagegen ist er bisweilen in
Form von kleinen Körnern mit Biotitschüppchen durchmischt.
Oestlich vom Cordieritgneiss steht auch noch auf dem Ochsenkopf
ein durchaus homogenes, dunkles Gestein an, das Websky einen
Dioritschiefer nennt. Der vorwaltende Gemengtheil ist sehr licht ge-
färbte, aber doch noch deutlich dichroitische Hornblende; sie bildet
meist dickere Krystalle, die sich bisweilen in Mikrolithen auflösen,
oder selbstständige dickere und dünnere Mikrolithen; doch haben
letztere nie die langgestreckte Nadelform. Neben der Hornblende ist
am häufigsten Plagioklas in frischen Kryställchen von etwa 015 Mm.
Durchmesser mit schöner lamellarer Verzwillingung; sehr oft durch-
kreuzen sich zwei Systeme von Lamellen. Seltener sind Orthoklase in
einfachen Krystallen oder Carlsbader Zwillingen; sie zeigen schon eine
beginnende Zersetzung. Beide Feldspäthe enthalten nur vereinzelte
Hornblende-Mikrolithen , jedoch werden sie nicht selten von grösseren
Hornblendesäulchen durchbrochen. Stellenweise treten in dem Gestein
Schüppchen von braunem Glimmer auf, welche bewirken, dass die
Plagioklase seltener werden.
Ausserdem konnte noch unzweifelhaft Quarz nachgewiesen werden,
ja derselbe überwiegt oft die Feldspäthe an Menge: das Gestein setzt
dem Schleifmaterial einen sehr hartnäckigen Widerstand entgegen. Die
Unterscheidung von Quarz und Orthoklas ist schwieriger, als man
glauben möchte. Da in diesen Felsarten ein solcher Wirrwarr von
Hornblendenadeln und Chloritschüppchen, Glimmerblättchen und Salit-
körnchen vorliegt, so muss den Schliffen eine Dünne gegeben werden,
bei welcher die Quarze durchaus nicht mehr im polarischen Lichte
bunte Interferenzfarben und den sonst erwähnten Farbenkranz auf-
weisen; sie zeigen nur dieselbe Abstufung von farblos durch grau in
schwarz, wie die Orthoklase. Letztere erkennt man nun als solche,
wenn sie als Carlsbader Zwillinge ausgebildet sind, wenn sie deutliche
parallele Spalten haben, wenn sie durch molekulare Veränderung eine
Trübung erlitten haben. Dass bei so frischen Gesteinen wie die vor-
liegenden vielleicht mancher Orthoklas für Quarz angesehen wird, lässt
sich nicht vermeiden.
Saht erscheint stellenweise sehr spärlich in sehr winzigen Körnchen
und Aggregaten, die nur Bekanntschaft mit deutlicheren Vorkommnissen
und deren Uebergängen als Salit erkannt werden können. Die fast
schwarze Farbe verdankt das Gestein einer Menge von opaken Eisen-
glanzkörnern bisweilen mit schönem, sechsseitigen Durchschnitt.
Unter den krystallinischen Schiefergesteinen führt die Verbindung
von Quarz, Feldspäthen und Glimmer oder einem Vertreter des letzteren
im Allgemeinen den Namen Gneiss. Auch bei diesem Gestein vom
Ochsenkopf ist der Name Gneiss anwendbar, dagegen wird wohl eine
Bezeichnung, die mit massigen, eruptiven Gesteinen in solchem Connex
steht, wie „Dioritschiefer“ besser vermieden. Da auch die anderen
Gesteine, die Websky als Dioritschiefer anführt, eine von der ver-
mutheten abweichende Zusammensetzung haben, so bezeichne ich dieses
Gestein vom Ochsenkopf als „dichter Hornblendegneiss“. Auch dem
von Beyrich benutzten Namen Hornblendeschiefer kann man nicht
beistimmen, wenngleich alle diese Schiefer entschieden zur Glimmer-
m
Ueber grüne Schiefer Niederschlesiens.
93
Schieferformation gehören. Der Feldspath ist hier zu häufig, um als
accessorischer Gemengtheil betrachtet werden zu können und anderer-
seits ist der Name Hornblendeschiefer noch zur Bezeichnung anderer
Gesteine von Nöthen.
Die einzelnen Gesteine des Profils werden nun von einander durch
grob- oder feinkörnige Glimmerschiefer oder Quarzschiefer getrennt;
sie bestehen aus Quarz und weissem Glimmer in wechselnden Ver-
hältnissen, daneben enthalten sie Eisenglanz, Hornblende und Chlorit,
aber nie Saht, in der Nähe der durch diese Mineralien vornehmlich
charakterisirten Gesteine. Die Glimmerschiefer zeigen u. d. M. sonst
nichts, was an dieser Stelle zu erwähnen angebracht wäre.
Bei Colonie Neu-Röhrsdorf findet sich ein zweites Lager von
Websky’s „unterm Dioritschiefer“ ; auch dieses Gestein ist ein Gneiss,
ein dichter Salit-Hornblende-Gneiss: seine Gemengtheile sind Quarz,
Plagioklas, Orthoklas, Hornblende, Salit, und wenig opakes Eisenerz,
das wohl seiner Form nach dem Eisenglanz zuzurechnen ist. Die hell-
grüne Hornblende erscheint meist in langen, dünnen Säulchen; mit
fast gleichviel blassgrünem Salit in dicken, kurzen Säulchen durch-
mengt, ziehen sie sich bündelweise um die Quarze und Feldspäthe.
Das Gestein zeigt im Handstück abwechselnd helle und dunkle Lagen;
in den ersteren, die nach Websky aus einem dichten triklinen Feld-
spath bestehen sollten, fehlt die Hornblende fast ganz, sie sind aus
verbältnissmässig grossen Saliten , aus Quarz und Feldspäthen zu-
sammengesetzt.
Weiter nach Osten folgt nun , wieder durch Glimmerschiefer
getrennt, Websky’s oberer Dioritschiefer, dem die Lagenstructur
fehlt. Die betreffenden Stücke wurden etwas nördlich vom Profil auf
der Höhe zwischen Waltersdorf und Rohnau geschlagen. Das Gestein
kann als Hornblendeschiefer bezeichnet werden. Hornblendesäulchen
von durchschnittlich 015 Mm. Länge und 0-0 1 5 Mm. Dicke, die im
Querschnitt oft sehr schön die Säulen- und Klinopinakoidflächen erkennen
lassen, machen den bei weitem grössten Theil des Gesteines aus.
Gleichsam eine Grundmasse bildet der feinkörnige Quarz; Salit scheint
gänzlich zu fehlen, während Biotit nur fleckenweise auftritt. Orthoklas
und Plagioklas sind so selten, dass sie als accessorische Gemengtheile
angesehen werden müssen.
Als letzte Glieder der Schichtenreihe folgen mm die Gesteine des
Rohnauer Rückens, die in den citirten Abhandlungen und auf der
Uebersichtskarte des niederschlesischen Gebirges von Roth als grüne
Schiefer angeführt werden.
Das Muttergestein der Rohnauer Kiese ist wie B e y r i c h anführt
(Beyr. C. 2) ein talkiger Schiefer. Der Talk ist im Dünnschliff sein-
schwer von weissem Kaliglimmer zu unterscheiden; namentlich in
Querschnitten zeigt er dieselben brillanten Interferenzfarben, wie der
Muscovit, dagegen erscheinen die Blättchen parallel der Basis immer
nur hell oder dunkel, wohl in Folge der schwachen Doppelbrechung.
Besser ist er an seinen Formen erkennbar. Rosenbusch sagt1):
Der Talk bildet in den Gesteinen blätterige und schuppige Aggregate
ff Rosenbusch, Pkysiograpkie pag. 274,
94
E. Kalkowsky.
[8]
oder einzelne krummflächige Schüppchen, deren Querschnitte gewunden
faserig aussehen.“ So auch hier. Neben dem blassgrünlichen Talk
findet sich in grosser Menge noch ein hellbraunes (die Farbe ist
namentlich im auffallenden Lichte zu erkennen), stark doppelbrechendes
Mineral in kleinen Körnchen, vielleicht Vesuvian. Die meist grossen
Krystallen von Eisenkies zeigen einige bemerkenswerthe Eigentüm-
lichkeiten. Wie Zirkel1) von den Quarzen des Talkschiefers vom
Kitzbüchel in Tyrol berichtet, so sind liier die Pyritkrystalle bisweilen
zerbrochen und die Klüfte mit Talkschüppchen erfüllt, ebenso stehen
auch hier die Talkschüppchen manchmal senkrecht auf den Flächen
der Pyrite. Letztere sind als Würfel ausgebildet, doch treten die
Krystal Machen mit ihrer charakteristischen Streifung nur senkrecht
gegen die Schieferungsebene auf; in dieser zeigen die Pyrite nur eine
rauhe, nicht spiegelnde Oberfläche, die gleichsam die Eindrücke der
Talkschüppchen erkennen lässt. Es scheint dieser Umstand darauf
hinzuweisen, dass die Pyrite sich bei ehemaliger Horizontalität der
Schichten unter einem gewissen Drucke ausbildeten, der die Krystalli-
sationskraft der Verbindung Fe S2 nur in einer Richtung nicht aufzu-
heben vermochte.
Beyrich erwähnt von diesem Rohnauer Rücken einen Chlorit-
gneiss, derselbe wurde leider nicht aufgefunden, dagegen sind seine
„chloritischen grünen Schiefer“ (C. 1.) zum Theile dichter Cldoritgneiss.
Neben dem schuppigen, stark dichroitischen Chlorit sind nur wenig
Hornblende-Mikrolithen vorhanden, und auch der Salit erscheint nur
sehr spärlich in winzigen Körnchen. Der Quarz tritt meist als fein-
körnige Masse auf, durchmischt mit winzigen Chloritschüppchen. Da-
gegen treten die fast immer kurzleistenförmigen Plagioklase und die
Orthoklase, die gegen erstere an Menge zurückstehen, recht schön und
deutlich hervor. Die Plagioklasse enthalten nur wenige Lamellen,
die Orthoklase sind alle Carlsbader Zwillinge; beide Feldspäthe sind
etwas getrübt, . doch will es bei starker Vergrösserung scheinen, als
werde die Trübung eher durch winzige Dampfporen, Flüssigkeitsein-
schlüsse und Mikrolithen bedingt, als durch molekulare Veränderungen.
Regelmässig durch das Gestein verbreitet ist ein opakes Erz mit
häufigen quadratischen Durchschnitten; da dieser dichte Cldoritgneiss
recht stark magnetisch ist, so gehört das Erz wohl dem Magnet-
eisen an.
Noch weiter nach Osten tritt ein hellgrünes Gestein auf, das aus
Chlorit, Hornblende, Salit und Quarz nebst blutrothen Eisenglanz-
blättchen besteht. Die drei ersten Mineralien sind fast gleich häufig
vorhanden ; der Gegensatz zwischen flächenhaften Chloriten und dünnen
Hornblendenadeln ist ebenso schön ausgebildet, wie in dem dichten
Chlorit-Hornblende-Gneiss vom Laubberge bei Pfaffendorf. Dies Gestein
von Rohnau ist ein dichter Chlorit-IIornblende-Schiefer. Es ist wahr-
scheinlich der ganze Bergrücken bis gegen Prittwitzdorf hin nicht zu
dem Gebiet der grünen Schiefer zu rechnen, vielmehr zu dem, dass
durch die Glimmerschiefer und Hornblendeschiefer als mittlere Etage
der archäischen Formation charakterisirt ist.
’) Mikrosk. Beschaffenheit, pag. 471.
[9]
Ueber grüne Schiefer NiederscMesiens.
95
Ein dichter Chloritgneiss, dem kurz zuvor beschriebenen sehr
ähnlich, tritt auch auf dem Südostabhang des Scharlachberges gegen
Reussendorf hin auf; er enthält nur etwas mehr Hornblendenadeln und
Salit. Das Gestein vom Gipfel des Scharlachberges und nach Wüst-
Röhrsdorf zu, das Be y rieh als Quarz- oder Felsitschiefer (B. 4. b.)
mit untergeordneter Hornblende und Chlorit bezeichnet, ist ganz wie
dieser Forscher vermuthete, ein Gemenge von feinkörnigem Quarz (auch
seltenere porphyrische Quarze sind vorhanden) und Feldspath, der vor-
waltend dem Plagioklas angehört. Beide Feldspätlie sind schwach
erfüllt von recht winzigen Schüppchen von Chlorit oder von Hornblende-
Mikrölithen. Auf den Schichtungsflächen liegen feine Häute von blass-
grünem Chlorit mit ziemlich vielen Saliten, letztere verdrängen in
manchen Präparaten den Chlorit vollständig. Auch dieses Gestein ist
somit eigentlich ein Gneiss, der nur im Gegensatz zu den bis jetzt
beschriebenen dichten Chloritgneissen sehr arm ist an Chlorit. Den
Namen Felsitschiefer muss man jedenfalls ablehnen, um nicht unnöthiger
Weise, wie oben angedeutet, Worte, die bei der Bezeichnung eruptiver
Gesteine ihre Anwendung finden, auf schieferige zu übertragen.
Die zweite Profillinie, die Webs ky vom Ochsenkopf nach Norden
zieht, trifft noch zwei von den erwähnten verschiedene Gesteine. Am
Südende von Waltersdorf tritt eine Felsart auf, die aus abwechselnden
ganz blassgrünen und dunkelbraunen Schichten besteht. Es ist ein
dichter Salit-Glimmerschiefer. In den blassgrünen Schichten erreichen
die Salite eine Länge und Breite von 05 Mm. Sie sind von zahlreichen,
scharfen Spalten durchzogen und enthalten eine Menge von Dampf-
poren und Flüssigkeitseinschlüssen mit beweglicher Libelle. Der Quarz
tritt gegen den Salit zurück. Von Feldspäthen konnten nur vereinzelte
Orthoklase wahrgenommen werden. Die braunen Streifen bestehen aus
Schüppchen von Biotit von circa 008 Mm. Basisdurchmesser und Quarz
in noch kleineren Körnchen. Daneben tritt bisweilen Chlorit auf. Noch
zwei andere Mineralien sind in beiden Arten der Schiefermasse recht
häufig vorhanden; erstens Eisenglanz und dann ebenso wie dieses
schichtenweise auftretend ein im Schliff lichtröthliches Mineral in läng-
lichen abgerundeten Kryställchen von nur etwa 002 Mm. Länge. An
einigen grösseren, die von Schliffflächen begrenzt werden , kann man
erkennen, dass sie das Licht doppelt brechen, die optische P.isectrix
fällt anscheinend mit der Längsrichtung der Kryställchen zusammen.
Websky berichtet von dem Vorkommen von Kolophonit aus der
Gegend von Kupferberg, der wahrscheinlich einer Silicate führenden
Schale um die dortigen Dolomite zugehöre. Auch die vorliegenden
Präparate enthalten noch ausser wenigen Talkblättchen einige Körner
von Kalk- oder Dolomitspath : man darf demnach mit grosser Wahr-
scheinlichkeit annehmen, dass die kleinen Kryställchen in diesem Salit-
Glimmerschiefer dem Vesuvian angehören. Wichmann hat neuerdings
nachgewiesen, dass gerade der typische Kolophonit nicht zum Granat,
sondern zum Vesuvian gehört (Pogg. Ann. Bd. 157, pag. 289).
Zwischen Colonie Neustadt und Kupferberg wurde ein Gestein
gesammelt, das Websky als untern Dioritschiefer bezeichnet und für
identisch hält mit dem oben beschriebenen dichten Salit-Hornblende-
Gneiss von Colonie Neu-Röhrsdorf. Dies ist allerdings auch ein Salit-
Mineralogische Mittheilungen. 1876. 2. Heft. (Kalkowsky.) 13
96
E. Kalkowsky.
[10]
Hornblendegestein, aber doch deutlich von letzterem Gneisse verschie-
den. Eisenerze fehlen dem Gestein von Col. Neustadt ganz; die Salite
haben eine intensivere Farbe, die hellen Schichten bestehen aus bei
weitem vorherrschendem grobkörnigen Salit mit Quarz, Orthoklas und
vereinzelten Plagioklasen; in den dunklen Streifen bildet die Horn-
blende bündel- oder garbenförmige Aggregate, die sich um einzelne
Salite oder von Salit-Mikrolithen ganz erfüllte feinkörnige Quarzmassen,
herumziehen : in dem Röhrsdorfer Gestein waltet die Hornblende in
diesen Schichten weit mehr vor und zieht sich stets um einzelne
grössere Krystalle von Salit, Quarz oder Feldspath. Dies Neustädter
Gestein hat überhaupt ein weniger klares Gefüge, es ist unter dem
Mikroskop schwerer in seine Componenten auflösbar. Dazu ist der Ge-
halt an Feldspath gering, der Plagioklas, der im Röhrsdorfer Gestein
vorherrscht, fehlt fast ganz, so dass das Neustädter Gestein schon
besser als Salit - Hornblendeschiefer mit accessorischem Feldspath be-
zeichnet werden muss. Es ist allerdings bekannt, wie schwankend sich
die Zusammensetzung dichter Felsarten unter dem Mikroskop erweist,
zeigen doch oft Präparate von demselben Block eine Abweichung in
den Gemengtheilen oder der Structur. Allein hier tritt die Verschieden-
heit doch in so grossen Zügen aus mehreren Präparaten hervor , dass
man nicht im Zweifel ist, dass der Neustädter Schiefer von dem Röhrs-
dorfer Gneiss verschieden ist, und dass ersterer überdies eine Structur
besitzt, wie man sie für ein Gestein, das der Grenze der grünen Schie-
fer näher liegt, erwarten kann. Ich komme auf solche Structurverschie-
denheiten weiter unten nochmals zurück.
Wenn ein Problem der architectonischen Geologie sich haupt-
sächlich auf die petrographische Beschaffenheit der Gesteine stützt, so
muss wohl in einem solchen Falle eine directe Anwendung der mikro-
skopischen Untersuchung auf Geognosie gestattet sein. Es mag daher
entschuldigt werden , dass hier ein solcher Versuch gewagt wird.
Websky nennt das zweite Profil ein abnormes, indem hier im Gegen-
satz zu der normalen Aufeinanderfolge der Schichten in dem ersten
Profil in Folge einer Mulden- und Sattelbildung dieselben zwei- resp.
dreimal zu Tage ausgehen. Er stützt seine Annahme bei den immerhin
„unklaren Verhältnissen“ hauptsächlich auf die Identität der Gesteine
von Col. Neustadt und Col. Neu-Röhrsdorf und auf die Zusammenge-
hörigkeit der Gesteine des Rohnauer Rückens mit den grünen Schiefern
der Bleiberge. Da die fast saigere Stellung der Schichten das Einfällen
derselben nicht in Betracht zu ziehen erlaubt, so müsse die merkwürdig
schnelle Aenderung der Streichrichtung von Rohnau ifii Bogen bis
Kupferberg für wichtiger gehalten werden. Ueberdies deute eine in den
Grubenbauen aufgeschlossene Lettenkluft die Gegend an, wo die Schich-
ten der beiden Profile auf einander stossen müssten.
Nach den oben angeführten mikroskopischen Beobachtungen fällt
aber die Identität der auch in Handstücken etwas verschiedenen „unte-
ren Dioritschiefer“ weg; ebenso gehören die Gesteine des Rohnauer
Rückens nicht zu den grünen Schiefern, wie sie auf dem Siidabfalle
der Bleiberge Vorkommen ; sie sind vielmehr nach ihren Gemengtheilen
und ihrer Structur den Gesteinen von Adlersruh und Col. Neustadt voll-
kommen gleichwerthig. Dass hier in der Streichrichtung bald Chlorit,
[11]
Ueber grüne Schiefer Niederschlesiens.
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bald Hornblende und Salit, herrschen, ist nicht weiter auffällig; es ist
dies vielmehr ein Verhältnis, das wir überall in der Zone Kupferberg-
Kunzendorf wiederfinden. Sind doch .die grobkörnigen Chlorit- und
Hornblendegneisse von Petzelsdorf geognostisch gleichwerthig den dich-
ten Schiefern von Kupferberg. In einem Gebiet krystallinischer Schiefer,
wo so viele Gesteine auf kleinem Piaume auftreten, da sind es keines-
wegs sich weithin erstreckende Schichten , die dasselbe zusammen-
setzen , sondern vielmehr kleine , sich bald auskeilende Lager von
abweichender Beschaffenheit, aber mit Uebergängen untereinander.
So liegt nach der petrographisclien Beschaffenheit der Gesteine
hier kein Grund zur Annahme einer abnormen Schichtenfolge vor, und
die Lettenkluft, die überdies gerade da auftritt, wo die Streichungs-
richtung der Schichten sich um das Nordost-Ende des Granititmassivs
des Riesengebirges am schnellsten ändert , deutet doch wohl nur
auf eine mit der normalen Schichtenfolge sehr wohl vereinbare „Haupt-
bruchlinie“ oder vielleicht Verwerfungsspalte hin. Es sind ja auch sonst
in der archäischen Formation auf dem Nordabfalle des Riesengebirges
analoge Fälle einer starken Schichtenspaltung nicht bekannt.
Uebersclireitet man bei Rudelsstadt oder Kupferberg den Bober,
so kommt man aus dem Gebiet der kristallinischen Gneisse, Glimmer-
und Hornblendeschiefer in das der „grünen Schiefer.“ Schon am Süd-
fusse der Bleiberge und sonst oft sieht man die grünen Schiefer mit
Phylliten wechsellagern; ja im Westen des Gebietes der grünen Schie-
fer herrscht ganz allein der Phyllit : so z. B. entwickelt sich derselbe
auf einer sehr kurzen Strecke in schön aufgeschlossenem Uebergange
bei Matzdorf aus dem Gneiss und behält dann seinen Charakter als
Phyllit, als Urthonschiefer, bis er bei Waltersdorf vom Rothliegenden
bedeckt wird 1). Nach Osten zu dagegen haben Varietäten des grünen
Schiefers entschiedenes Uebergewicht über die Phyllite , bis die
ganze Formation unter der Diluvialdecke bei Freiburg verschwindet;
ja noch weiter ostwärts taucht am Fusse des Zobten nochmals der
grüne Schiefer auf. Gegen Süden werden die grünen Schiefer von der
Hirschberger Ebene und dem Granitit, gegen Norden von discordant
überlagernden jüngeren Formationen begrenzt.
G. Rose2) giebt eine kurze Schilderung der grünen Schiefer und
einige allgemeine Andeutungen über ihre petrographische Zusammen-
setzung. Die mikroskopische Untersuchung wird sehr erschwert durch
die Umwandlungsprocesse, denen die grünen Schiefer, sowie man sie
jetzt auf den felsigen Berggipfeln, in Steinbrüchen oder kleineren Auf-
schlüssen am Wege sammeln kann, unterworfen gewesen sind. Dieser
Umstand macht es mir auch unmöglich, die von 16 verschiedenen
Fundpunkten gesammelten Gesteine in irgend einer geogn.-geogr. Reihen-
folge zu beschreiben. Es muss erst die mineralogische Zusammen-
setzung derselben genauer ermittelt, die Frage nach der primären oder
secundären Natur der Gemengtheile entschieden werden, ehe einige
geognostisehe Momente, die sich bei der vergleichenden Untersuchung
*) cfr. Roth, Erläuterungen, pag. 33.
2) In Roth ’s Erläut. pag. 42.
13*
E. Kalkowsky.
[12]
98
zu erkennen gaben, Berücksichtigung finden können. Die folgenden
Zeilen bezwecken daher vor Allem eine petrographische Schilderung
mehrerer Varietäten, von der ich hoffe, dass sie auch für eine spätere
geognostische Aufnahme nicht ohne Nutzen sein wird. Ueberdiess ge-
statten die Untersuchungen von Rud. Credner1) einen Vergleich der
schlesischen grünen Schiefer mit einigen sächsischen Vorkommnissen,
welche letzteren von den ersteren ziemlich weit verschieden sind.
Ich verlasse daher vorläufig den Uebergang der Gesteine von
Kupferberg in grüne Schiefer und wende mich zuerst zur Schilderung
von Vorkommnissen, die am besten über die Natur der einzelnen pri-
mären Gemengtheile und ihre Zersetzungsproducte Auskunft zu geben
vermögen. Eine ausgezeichnete Varietät von grünem Schiefer ist die,
welche ich auf dem Abhang der Hölle, westlich von Ludwigsdorf antraf.
Dieselbe ist vor Allem durch die grossen porphyrischen Augite ausge-
zeichnet, die in einer deutlich schieferigen, graulichgrünen, ziemlich
dichten und weichen Masse eingebettet liegen. Rose führt schon von
mehreren Stellen Augite von höchstens 1 x/2 Linien Länge an, ja sogar
Uralite. Die Augite des Ludwigsdorfer Gesteines erreichen eine Länge
von 10 Mm. bei 3 — 4 Mm. Stärke. Krystallfiächen habe ich an diesem
Vorkommnisse nicht wahrgenommen; am Russe der Hukulge finden sich
dagegen auch wohlbegrenzte Augite; sie besitzen in der Säulenzone die
Flächen der Säule und beide Pinakoide, an den Pol-Enden die Hemi-
pyramide. Unter dem Mikroskop haben die im Handstück schwarzen
Augite eine ganz lichtbräunliche Farbe, stellenweise findet man dunk-
lere Farbentöne und zwar in Zonen parallel den äusseren Contouren
der Individuen, also ganz dasselbe Verhältnis, wie es bei den Augiten
vieler Basalte, z. B. der Laven von Niedermendig beschrieben ist. 2)
Ein Dichroismus ist nicht wahrzunehmen. Die Masse der Augite ist bis
auf die gleich zu erwähnenden Einschlüsse vollkommen rein und pellu-
cid, Sprünge ohne krystallographische Orientirung und Spalten nach den
Säulenflächen sind nicht gerade sehr häufig.
An Einschlüssen führt der Augit sehr schlecht charakterisirte
Flüssigkeits-Einschlüsse; sie sind oft fetzenartig, verzerrt oder höchst
winzig. Doch gelang es, sie ohne Zweifel als Flüssigkeits-Einschlüsse
zu erkennen. Viele führen ein Bläschen, das meist schon bei geringer
Veränderung der Focaldistanz undeutlich ist; in ein oder zwei Fällen
wurden langsam bewegliche Bläschen wahrgenommen. An Mineralien
schliesst der Augit nur ganz vereinzelte opake Eisen glanz-Krystalle ein,
ausserdem führt er aber die höchst wunderbarlichen Gebilde, wie sie
durch Fig. 2, Taf. VIII wiederzugeben versucht wurden. Da ihre durch-
schnittliche Grösse nur 0005 Mm. beträgt, so liegen viele mitten im
Präparate; beim Drehen der Stellschraube verschwinden einige, andere
treten hervor, so dass man deutlich wahrnehmen kann, dass sie im
Augit eingebettet liegen; tiberdiess stehen sie meist mit keinem Spält-
chen in Verbindung und lassen sich nur in der frischen Augitsubstanz
9 Das Grünschiefer-System von Hainichen, Zeitschr. f. d. ges. Naturrv. Halle
1876. Inaugural-Dissertation.
2) Zirkel, Basaltgesteine, pag. 22.
[13]
Ueber grüne Schiefer Niederschlesiens.
99
auffinden : sie müssen also nothwendig von dem Augit bei seiner Ent-
stehung eingehüllt worden sein. Die meisten dieser Einschlüsse haben
eine rundliche oder annähernd rhombische Gestalt, jedoch sind sie nie
scharf begrenzt, sie lösen sich vielmehr gleichsam an den Rändern auf
in Zacken, Haken, Körnchen, starren Spitzen u. dgh, von denen manche
offenbar in ihrer Lage von der Augitsubstanz beeinflusst werden : die
meisten langen Spitzen liegen in der Richtung der Hauptaxe der Augite.
Manche Partikeln liegen auch ganz frei, ohne Zusammenhang mit der
Hauptmasse der Einschlüsse. Aus dieser Vertheilung lässt sich schliessen,
dass diese bei der Betrachtung im durchfallenden Lichte gänzlich
opaken Einschlüsse aus einem Aggregate von Körnchen etc. bestehen.
Im auffallenden Lichte erkennt man, dass wenigstens zwei Substanzen
vorhanden sind, eine schwarze, impellueide und durchsichtige, vielleicht
farblose Mikrolithen. Welchen Mineralien diese Substanzen angehören,
ist nicht möglich zu entscheiden. Diese Einschlüsse sind regellos in den
Augiten zerstreut, bisweilen angehäuft, zu Linien gruppirt, bisweilen
nur sehr spärlich vorhanden.
Von den Spalten aus, welche den Augit durchziehen, ist nun
dessen Zersetzung vor sich gegangen; hierbei ist zu bemerken, dass
chemische Umwandlungsvorgänge auf Spalten noch gar nicht eingetre-
ten sind, von anderen aus dagegen so stark um sich gegriffen haben,
dass nun die Augite in einzelne Körner zertheilt sind, die nur durch
ihre gleiche optische Orientirung zu erkennen geben, dass sie einem
Individuum angehören. Wenige schmälere Spalten, erfüllt von Zer-
setzungs-Substanz, bilden den Uebergang von den Spalten ohne Um-
wandlung zu den anderen breiten mit Zersetzungsproducten ; sie lassen
erkennen, dass letztere nicht etwa aus anderem Material hervorgegan-
gen sind, trotzdem dass immer vollkommen frische Augitsubstanz an
die Zersetzungsproducte angrenzt. Letztere sind Chlorit und Epidot.
Der Chlorit tritt in undeutlich büschelförmigen Aggregaten auf;
er ist dichroitisch, wird zwischen gekreuzten Nicols sehr dunkel, hat
grüne und gelblichgrüne Farbe und gehört zu jener Abart, die schon
oft als Zersetzungsproduct von Augit und Hornblende beschrieben wor-
den ist; ihre Auflöslichkeit in Salzsäure lässt vermuthen, dass man es
nicht mit jenem Chlorit, wie er oben als primärer Gemengtheil von
Gneissen erwähnt wurde, zu thun habe. Der Epidot, grünlichgelb,
dichroitisch, tritt ohne bestimmte Krystallform in Körnern auf, er fin-
det sich nur im Chlorit eingelagert und gibt sich dadurch als secun-
därer Gemengtheil zu erkennen. Ein dritter Bestandtheil der Zer-
setzungsmassen des Augites sind pyramidale und säulenförmige, anschei-
nend farblose Kryställchen. Sie lösen sich weder in kalter noch in
kochender Schwefelsäure auf, so dass sie keinem Carbonate angehören,
und dann besitzen sie ein so strarkes Lichtbrechungsvermögen, dass
man sie wohl auch dem Epidot zurechnen muss, zumal da sich diese
Körnchen in allen grünen Schiefern stets und nur in Verbindung mit
Epidot Anden. Fig. 1 Taf. VIII stellt eine Partie mitten aus einem
Augitkrystall dar.
Die Augite finden sich nur in grösseren oder kleineren porphyri-
schen Individuen, an der Constitution der Grundmasse, der Hauptmasse
des Gesteines nehmen sie nicht theil. Diese besteht vielmehr aus einem
100
E. Kalkowsky.
[14]
Gewebe oder Aggregate von Hornblendenadeln, durchmischt mit wenig
Quarz und Orthoklas oder Kalkspath, oder aus Kalkspath mit wenig
Hornblendenadeln.
Die Hornblendenadeln sind scharf begrenzt in der Säulenzone,
ohne dass sich jedoch irgend wie Krystallflächen erkennen Hessen; die
Pol-Enden sind meist nicht wahrzunehmen. Die Hornblenden sind grün
und stark dichroitisch ; viele Individuen und namentlich stärkere be-
sitzen dagegen eine ausgezeichnet blaue Farbe, auch sie sind dichroi-
tisch; ausser dem rein blauen Farbenton, der keineswegs nur ein mo-
dificirtes Grün ist, zeigen sie violette oder lichtbräunliche Farbe. Da
manche Hornblende-Individuen an einem Ende grün, am anderen blau
sind, so ist die Bestimmung der blauen Nadeln als Hornblende sehr
leicht. Für den Pargasit ist unter anderen die blaue Färbung charak-
teristisch; ich habe jedoch nicht Pargasite zu sehen Gelegenheit gehabt,
die so intensiv blau waren, wie diese höchstens zwei Hundertstel Mm.
dicken Kryställchen.
Die Hornblendenadeln bilden entweder allein ein filziges Gewebe,
oder sie sind, wie erwähnt, mit wenig Quarz oder Kalkspath durch-
wachsen, beide durch ihre optischen und krystallographischen Eigen-
schaften wohl von einander unterscheidbare Mineralien. Von Feldspäthen
finden sich in diesem Gestein nur wenige Orthoklase.
Auch die Hornblende fällt der Zersetzung anheim, und zwar zu
eben den Substanzen, wie die Augite. Während jedoch die grösseren
Augite stets nur von Aussen oder von einzelnen Sprüngen aus der
Umwandlung anheimfallen, geht die Zersetzung der Hornblendenadeln
durch die ganze Masse der Aggregate gleichmässig vor sich, wohl weil
letztere eben aus Einzelkörpern zusammengesetzt sind. Zwischen den
frischen Hornblende- Aggregaten und den völlig zersetzten findet sich
demnach ein Uebergangsstadium, indem in der halbwegs chloritisirten
Masse noch einzelne scharfe Hornblendenadeln wahrzunehmen sind ;
die Betrachtung zwischen gekreuzten Nicols lässt diese Verhältnisse noch
besser hervortreten.
Der Kalkspath tritt in grösseren, mit Zwillingsstreifung versehe-
nen Körnern auf, meistens aber auch nicht in einzelnen Individuen,
sondern in Aggregaten, die von Hornblendenadeln und Quarzkörnchen
durchwachsen sind. Die frischen Hornblendenädelchen namentlich lassen
erkennen, dass der Kalkspath als primärer Gemengtheil vorhanden ist;
jedoch lässt seine leichte Löslichkeit in den atmosphärischen Wässern
vermuthen, dass einzelne Partien sich auf secundärer Lagerstätte be-
finden. Dies ist in der That der Fall : der Kalkspath findet sich auch
auf Aederchen, die bisweilen Augite und ihre Umwandlungsproducte
durchsetzen, oder in Partien, die Epidotkörner umschliessen, ein Mine-
ral, von welchem nachgewiesen wurde, dass er ein secundärer Gemeng-
theil dieses grünen Schiefers ist, in dem er sich als primärer Gemeng-
theil nicht findet, wie dies in anderen der Fall ist.
Eisenerze sind in diesem Ludwigsdorfer Schiefer sehr spärlich
vorhanden und gehören theils dem Eisenglanz, theils dem Eisenkies an.
Ob schliesslich alle die pelluciden Körnchen, die sich recht deutlich
als Umwandlungsproducte zu erkennen geben und oft zu weisslichen
[15]
Ui- ber grüne Schiefer Niederschlesiens.
101
Massen aggregirt sind, einem und demselben Mineral, dem Epidot, an-
gehören, vermag ich nicht zu bestimmen. — —
Im unteren Thal der Seife bei Kauffungen an der Katzbach bil-
det man Felsen und lose Blöcke eines an porphyrischen Augiten sein-
reichen grünen Schiefers. Die 2 — 3 Mm. grossen Augite sind im Hand-
stück auch hier sehr dunkel gefärbt, auch zeigen sie keine deutlichen
Krystalldächen. Im Dünnschliff haben sie fast denselben Farbenton, wie
die des Ludwigsdorfer Gesteines, doch sind sie mehr von Spalten,
augenscheinlich nach den Säulenflächen, durchzogen, dabei aber doch
weniger der Zersetzung anheimgefallen. Diese hat einen anderen Ver-
lauf, als beim Ludwigsdorfer Gestein; das Endproduct ist Chlorit,
Epidot und die farblosen Kryställchen fehlen : dagegen entwickelt sich
der Chlorit nicht gleich aus der Augitsubstanz, sondern diese setzt sich
zunächst in Hornblende um. Es liegen also hier der Uralitisirung
fähige Augite vor; Rose berichtet ja schon von deutlichen Uraliten
von Fundpunkten, die ich leider nicht besuchen konnte. Die Umwand-
lung von Augit zu Hornblende ist hier jedoch immer nur ein Zwischen-
stadium; man findet nur selten Partien, an denen man die abweichende
Lage der optischen Bisectrix in Augit- und Hornblende -Substanz nach-
zuweisen im Stande ist; doch unterscheiden sich die kleinen Uralit-
massen noch immer recht deutlich durch ihre Farbe sowohl wie durch
ihre Faserung von dem büschelförmigen Chlorit, der als Endpunkt der
Zersetzung auftritt.
Neben den Augiten sind grosse Krystalle (1 — 2 Mm.) von Titan-
eisen, ein wohl erkennbarer Gemengtheil, der sich durch sein weisses
Zersetzungsproduct bemerklich macht. Nicht selten nimmt man eine
sechsseitige Umgrenzung der Durchschnitte wahr; parallel den Kanten
verlaufen die weissen Balken, die als Zersetzungsproduct des Titan-
eisens schon oft beschrieben und für dieses Mineral so überaus cha-
rakteristisch sind. Hier sind die Krystalle schon so der Zersetzung
anheimgefallen, dass man nur noch hin und her ein schwarzes, impel-
lucides Körnchen zwischen den sich in drei Richtungen kreuzenden
Balken findet. Diese weisse Substanz ist zum Theil durchscheinend;
da wo sie sich über andere Gemengtheile auskeilt, nimmt man wahr,
dass sie aus kleinen, farblosen, rundlichen Körnchen zusammengesetzt
ist. Bei der leichten Zersetzbarkeit, die diese grossen Titaneisen-Kry-
stalle besitzen, wird man vielleicht nicht fehl gehen, wenn man we-
nigstens einen Theil der winzigen, farblosen Körnchen, namentlich die
zu Häufchen aggregirten, als Zersetzungsproducte von Titaneisen auf-
fasst. Meine früher ausgesprochene Vermuthung ]), es könnten diese
Körnchen dem Salit angehören, muss ich jetzt nach der genaueren
Untersuchung für diese grünen Schiefer als irrthümlich bezeichnen.
Ein dritter Gemengtheil des grünen Schiefers aus dem unteren
Thal der Seife sind Feldspäthe, diese, durchwachsen von Hornblende-
nadeln, bilden einen Hauptbestandthe.il der Grundmasse, in welcher die
Augite und Titaneisenerz-Ivrystalle eingebettet liegen. Unter den Feld-
*j Ueber d. Salit 1. c. pag. 48.
102
E. Kalkowsky.
[16]
späthen herrscht der Orthoklas bedeutend vor, gestreifte Plagioklase
sind nur selten. Welcher Species die letzteren angehören mögen, weiss
ich nicht; auf Klüften kommen in den grünen Schiefern Albite vor,
allein aus dermassen secundär ausgeschiedenen Krystallen darf man
nicht auf die Constitution der primären Plagioklase zurückschliessen ;
ebensowenig führt eine sehr willkührliche Berechnung von Analysen
derartiger Gesteine zur Erkenntnis'? der Feldspath-Species — Die Or-
thoklase sind sehr oft als Carlsbader Zwillinge ausgebildet; ist dies
nicht der Fall, so kann man aus dem gleichen Lieh tb rechungsvermögen
der Körner, aus ihrer Zerklüftung, bisweilen aus der Gruppirung der
eingeschlossenen Hornblendenadeln auf die Orthoklasnatur derselben
schliessen ; eine Verwechslung mit Quarz ist auch hier oft nicht zu vermei-
den. Als Erkennungsmerkmal mag noch ferner die grössere Härte des
Quarzes dienen : befreit man das Präparat vom Deckglas und bedecken-
dem Balsam, so wird man oft die kleinen Quarze in der matteren
Orthoklasmasse durch spiegelnden Glanz erkennen ; das stärkere Licht-
brechungsvermögen des Quarzes dient im polarisirten Lichte nur bei
einer gewissen Dicke der Schliffe zur Erkennung: in manchen Präpa-
raten zeigen die Quarze bunte Interferenzfarben, während die Feld-
späthe nur hell und dunkel erscheinen. Ferner ist zu beachten, dass
Quarze viel eher deutliche Flüssigkeitseinschlüsse führen, als Feldspäthe.
Nach diesen Kriterien muss ich die weitaus grösste Menge der farblosen
Körner der Grundmasse für Orthoklase halten, die wie die Plagioklase
nur sehr wenig von den Atmosphärilien gelitten haben; ein Gehalt an
Quarz dürfte jedoch dem Gesteine nicht ganz abzusprechen sein.
Die Feldspäthe schliessen, wie schon erwähnt, Hornblendenadeln
ein ; dieselben haben eine sehr hellgrüne Färbung und sind der Menge
nach sehr unregelmässig in den Feldspäthen vertheilt, sonst jedoch oft
büschelförmig oder einander parallel angeordnet. Sie sind neben weni-
gen Kalkspathkörnern der letzte zu erwähnende primäre Gemengtheil
dieses grünen Schiefers. Schon wo sie an einzelnen Stellen ziemlich
dicht in den Feldspäthen eingebettet liegen, gewahrt man, dass sie zu
Chlorit und Epidot zersetzt werden. Selbstständig nehmen an der Con-
stitution des Gesteines, sowie es jetzt vorliegt, Hornblendenadeln nicht
mehr theil. Man ist wohl berechtigt, den gesummten Gehalt an Chlorit
und Epidot, soweit ersterer nicht von den Augiten abstammt, für ein
Zersetzungsproduct von Hornblendesäulchen zu halten. Die Epidotkörner
enthalten aber selbst wieder — für den Epidot eine sehr auffällige
Erscheinung — Hornblendenadeln, secundären Ursprungs natürlich, ein-
geschlossen. Die Deutung dieser etwas complicirten Verhältnisse stützt
sich vornehmlich auf folgende Beobachtungen :
1. Hornblendenadeln sahen wir schon in dem Ludwigsdorfer Ge-
stein als primären Gemengtheil, dort fanden sie sich in Kalkspath ein-
gebettet, hier in Feldspath; in beiden Gesteinen ist eine Zersetzung
derselben zu Chlorit und Epidot zu erkennen. Im Ludwigsdorfer Ge-
stein nimmt Hornblende selbstständig am Gesteinsgewebe theil, ist aber
bisweilen zersetzt ; hier in dem grünen Schiefer aus dem unteren Thal
der Seife finden wir fast immer nur die Zersetzungsproducte Chlorit
und Epidot als Gemengtheile der Grundmasse; da ist dann doch wohl
der Schluss gestattet, dass auch diese von Hornblendenadeln abstammen,
Ueber grüne Schiefer Niederschlesiens.
103
[17]
Es ist dieses Verhältniss übrigens auch liier direct zu beobachten ;
doch kann man an den wenigen derartigen Stellen im Zweifel sein,
ob die Hornblendenadeln wirklich selbstständig auftreten , oder ob
der sie einschliessende Feldspath nur durch Chloritblättchen ver-
hüllt wird.
2. In Uebereinstimmung mit obigem Schlüsse sehen wir den Epi-
dot meist in Begleitung von Chlorit in Körnerform auftreten, jedoch
kommt er auch zwischen Orthoklasen vor, ohne unmittelbar von Chlo-
rit begleitet zu sein. Allein derartige Körnchen von Epidot gleichen
ihrem Habitus, ihrer Substanz, ihrer Farbe nach so vollkommen den
im Chlorit eingelagerten, dass man auch sie für secundären Ursprungs
halten muss, wenn man sich auch nicht klar Rechenschaft zu geben
vermag, wie die Epidote sich zwischen den klaren Feldspäthen heraus-
gebildet haben.
3. Viele der in Chlorit eingelagerten Epidote, namentlich die
grösseren, die sich bisweilen zu Haufen concentrirt haben, sind von
langen, dünnen Säulen durchspickt, die man der Hornblende zurechnen
muss. Doch sind auch diese secundären Ursprungs und wohl unter-
schieden von den Hornblendenadeln in den Feldspäthen. Die primären
Hornblendenadeln sind nämlich grün, ohne erkennbare Flächen in der
Säulenzone und besitzen eine mehr oder minder parallele Anordnung,
entsprechend der Schichtung der grünen Schiefer und vielleicht auch
einer jetzt nicht mehr wahrnehmbaren Streckung derselben. Die Horn-
blenden der Epidote dagegen sind blassgrau, haben ein schilfartiges
Aussehen, . sind in der Säulenzone von den Flächen des Prismas begrenzt,
wie die sehr scharfen rhombischen Durchschnitte mit dem Amphibol-
säulenwinkel erkennen lassen, und sind endlich wirr durcheinander in
den Epidoten vertheilt, so dass man in einem Epidotkrystall Säul-
chen, die parallel der Schlifffläche des Präparates neben solchen, die
senkrecht stehen, findet.
In einem Bruche an dem flachen Hofberge, östlich von Ober-
Berbisdorf, steht ein grüner Schiefer an, der durch zahlreiche kleine
porphyrische Knötchen ausgezeichnet ist. Dieselben sind von weisslicher
Farbe oder durch Eisenoxyd gefärbt und machen den Eindruck von
zersetzten Feldspäthen. Sie sind auf den Schichtungsflächen nur selten
zu beobachten, treten dagegen auf dem Querbruch sehr gut hervor ; sie
machen überhaupt einen grossen Theil des Gesteines aus, stellenweise
wohl die Hälfte. Ihre Grösse beträgt dabei 05 — 1 Mm. Die genauere
Untersuchung ergab, dass es Quarzkörner sind, übermässig erfüllt von
winzigen Mikrolithen oder Stachelchen. Zum Nachweis, dass die klare
Substanz in den Schliffen nicht etwa Orthoklas sei, was schon durch
das gänzliche Fehlen von Zwillingen unwahrscheinlich gemacht war,
wurde ein Schliff blosgelegt und mit einer scharfen Quarzspitze geritzt.
Da die porphyrischen Körner, wie durch diesen Versuch hervorging,
mindestens die Härte des Quarzes besitzen und auch sonst das Ver-
halten unter dem Mikroskop für Quarz spricht, welches Mineral auch
einen Hauptbestandtheil der Grundmasse bildet, so wird man die Deu-
tung als Quarz für berechtigt erklären müssen : der feldspathähnliche
Mineralogische Mittheilungen. 187G. 2. Heft. (Kalkowsky.)
14
104
E. Kalkowsky.
[18]
Habitus, den diese Körnchen, meist einzelne Individuen, zum Theil
jedoch auch aus 2—4 Individuen bestehend, im Handstück haben, wird
jedenfalls durch die eingelagerten Mikrolithen bewirkt.
Was nun die Form dieser Körner betrifft, so zeigt es sich unter
dem Mikroskop, dass die Quarze der Begrenzung durch Krystallflächen
entbehren, es sind so unregelmässige Körner, wie sie fast stets in dem
Gefüge krystallinischer Schiefer angetroffen werden. Auch haben die
Quarzkörnchen keine gleichrnässige krystallographische Stellung in die-
sem grünen Schiefer, wie man nach den gleich zu besprechenden Ag-
gregationsformen der Mikrolithen vermuthen könnte. Diese letzteren
sind meistens gerade, stachelförmige oder nadelförmige Körperchen von
weniger als O'OOt Mm. Dicke und von R01 Mm. Länge, durchschnitt-
lich. Nur selten sind diese Nüdelchen etwas gekrümmt, meist liegen sie
starr und steif, einzeln oder wie es scheint unregelmässig verwachsen
in den Quarzen eingebettet. Sie finden sich in allen diesen porpliy ri-
schen Quarzkörnern in grosser Menge eingelagert, wohl viele Tausend
in jedem Quarzkorn, und dabei in schlierenartigen Streifen angeordnet.
Obwohl die Mikrolithen anscheinend farblos sind, erscheinen sie wegen
ihrer geringen Grösse bei schwächerer Vergrösserung als schwarze
Linien (im auffallenden Lichte natürlich weiss); die dunklen Strichelchen
setzen, einander ziemlich parallel angeordnet, Stränge zusammen von
bald dichterem, bald lockerem Gefüge und alle diese Stränge verfolgen
dieselbe Richtung, welche krystallographische Orientirung auch immer
ihre Wirthe besitzen; sie deuten eine für das blosse Auge im Hand-
stück nicht wahrnehmbare Streckung des Gesteines an. Die Stränge
sind oft so dicht, dass man die einzelnen Mikrolithen nicht mehr zu
unterscheiden vermag, oft aber liegen letztere auch lockerer, dabei
jedoch noch immer einander parallel angeordnet, abgesehen von den
schwachen Windungen, welche die ganzen Stränge fast immer machen.
Bisweilen sind jedoch auch die Mikrolithen wirr durcheinander gelagert.
Es ist nicht zu verkennen, dass sowohl die Windungen der Stränge,
als auch ihre Grösse und Ausdehnung von der Form ihres Wirthes ab-
hängig sind. Dies gibt sich namentlich dadurch zu erkennen, dass die
Mikrolithen fast nie in den randlichen Partien der Quarzkörner Vor-
kommen, wie z. B. in Fig. 3. In Fig. 4, Taf. VIII, zeigt sich die stärkste
Windung und Verdrückung der Stränge gerade da, wo die randliche
Quarzmasse am breitesten ist. In Fig. 5, einem der selteren Fälle,
sehen wir eine völlige Zusammenfaltung oder Umbiegung der Stränge.
Die in der Figur von rechts oben heruntergehenden Stränge biegen sich
durch die Mitte des Quarzkornes um, um auf der anderen Seite empor-
zusteigen : in der mittleren Partie sind dabei die Stränge lockerer,
gleich als wenn sie auseinandergezerrt wären, und viele Mikrolithen
sind dabei conform mit der Biegung gekrümmt.
Die einen höchst überraschenden Anblick gewährenden Stränge
erinnern, da sie immer etwas gewunden sind, ungemein an die Erschei-
nungen der Mikrofluctuations-Structur. Hier sind zwar die Windungen
der Stränge nicht auf ihrer „Strömung“ entgegenstehende, bereits ver-
festigte Körper zurückführbar, die Mikrolithen haben dagegen auch
keine Anordnung nach krystallographischen Verhältnissen: es ist jedoch
eine so in die Augen fallende Beeinflussung der Anordnung der Mikro-
[19]
Ueber grüne Schiefer Niederschlesiens.
105
lithen durch mechanische, nicht moleculare Einwirkungen zu erkennen,
dass man sich kaum dem Eindruck verschliessen kann, als seien die
Kieselsäure-Moleküle nach ihrer stellenweisen Ansammelung noch gegen
einander verschiebbar gewesen. Der Einfluss der Schwerkraft und mo-
lekulare Anziehung scheinen nicht auszureichen, um solche Windungen
zu erklären, wie sie Fig. 5 darstellt. Doch bin ich andererseits weit
entfernt davon, diese Verhältnisse irgendwie zu Gunsten einer Erup-
tivität dieser Schiefer deuten zu wollen.
Die Anordnung dieser Mikrolithe in den Quarzen ist um so auf-
fälliger, als dieselben nicht auf die porphyrischen Quarze beschränkt
sind, sondern auch als ein überall vorhandener Gemengtheil im ganzen
Gesteinsgewebe auftreten und hier meist nicht in solchen Strängen,
sondern in lockeren, wirren Aggregaten. Die Grundmasse des Gesteines
besteht nämlich aus Quarz, Hornblende und primärem Chlorit, ersterer
überwiegt noch die beiden anderen zusammen an Menge. Die Mikro-
lithe liegen hier sowohl in den drei Mineralien (die Hornblende viel-
leicht doch ausgenommen), als auch zwischen ihnen. In den Chlorit-
blättchen sind die Mikrolithe oft mit einander verwachsen, es lässt sich
dabei nicht verkennen, dass letztere meist mit Winkeln von annähernd
60 oder 120° aufeinander treffen (cfr. Fig. 6, Taf. VIII), doch kommen
auch unregelmässig Verbundene und schwach gebogene Mikrolithen
darin vor. Diese Anordnung wird hier augenscheinlich durch die kry-
stallographischen Verhältnisse der Chloritblättchen bedingt, indem in
je einem Blättchen die Mikrolithe meistens nur nach drei Richtungen
einander parallel angeordnet sind. In den Chloritblättchen sind die
Mikrolithen oft geknickt oder in wenige Glieder aufgelöst, Verhältnisse,
die jedoch auch in den porphyrischen Quarzen zu beobachten sind.
Bei der Winzigkeit der Mikrolithen kann man aber auch mit noch
grösserem Rechte die sogenannte Knickung und Auflösung in Glieder
als zufällige Formen der Aggregation erklären; der Deutung als me-
chanische Zerstückelung stehen überdies die schon angeführten geboge-
nen Mikrolithe entgegen.
Die kleinen Quarze der Grundmasse dieses grünen Schiefers und
ebenso die porphyrischen Quarze fuhren sehr kleine Flüssigkeitsein-
schlüsse mit winzigen Bläschen ; die Beweglichkeit der letzteren konnte
in einigen Fällen beobachtet werden. Die Hornblenden sind auch in
diesem Gestein in Form von Nadeln vorhanden und stets mit Chlorit
aggregirt. Dieser Chlorit ist hier jedoch kein Zersetzungsproduct der
Hornblende. Er tritt nicht in büschelförmigen Aggregaten auf, sondern
in grösseren einzelnen Blättchen von reiner Substanz (abgesehen von
den Mikrolithen). Er ist ziemlich stark dichroitisch und von Horn-
blende bisweilen nur im polarisirten Lichte zu unterscheiden; von ihm
gelten die oben pag. 92 beim Gneiss vom Laubberg bei Pfaffendorf an-
geführten Unterscheidungsmerkmale. Chlorit, Hornblende und Quarz
bilden ein gleichmässiges Gemenge; nur der letztere zieht sich stellen-
weise zu grösseren Partien zusammen, die dann meist frei sind von
Mikrolithen und sich dadurch wie durch ihre viel feinkörnigere Zusam-
mensetzung von den porphyrischen Quarzen unterscheiden. Als ganz
vereinzelt wurde ein hexagonaler Durchschnitt eines Minerales beobach-
tet; dasselbe ist im Centrum blau, in der Peripherie hellbraun; das
14*
106
E. Kalkowsky.
[20]
Hexagon wird zwischen gekreuzten Nicols dunkel. Es liegt hier wohl
eine kleine senkrecht gegen die Hauptaxe durchschnittene Turmalin-
säule vor , die Farben haben die diesem Minerale eigenthümliche
„Unreinheit.“
Feldspäthe, Kalkspath, Titaneisen, Epidot, secundärer Chlorit und
pellucide Körnchen fehlen diesem Gesteine gänzlich. Der einzige einer
Zersetzung unterworfene Gemengtheil sind wenige opake Erzpartikeln,
die wohl meist dem Eisenglanz angehören. Dann sind noch einzelne
zum Theile mit Eisenoxyd erfüllte Hohlräume mit rhombischem Quer-
schnitt vorhanden, die vielleicht einer Zersetzung von primärem Eisen-
oxydulcarbonat ihre Entstehung verdanken.
Auf dem Stangenberg , nordwestlich von Berbisdorf steht ein
grüner Schiefer an, der mit dem eben beschriebenen relativ identisch
ist; er unterscheidet sich von ihm nur dadurch, dass er neben Quarz
auch etwas Orthoklas und Plagioklas führt. Im übrigen ist aber
namentlich der Chlorit in schönen grossen Blättchen ausgebildet, so
dass man gerade an diesem Vorkommniss recht den Habitus des pri-
mären Chlorites und seine Verbindung mit Hornblendenadeln studiren
kann. Interessant wird dieses Gestein aber auch ganz besonders
dadurch, dass die Mikrolithen zwar nicht so zahlreich vorhanden sind,
wie in dem vorigen Schiefer, dafür aber oft in kleinen dicken Säulchen
ausgebildet sind, die eine nähere Bestimmung ihrer Eigenschaften
gestatten.
An der Identität dieser kleinen Kryställchen mit den Mikrolithen
in dem eben beschriebenen Schiefer vom Hofberg kann kein Zweifel
bestehen : nicht nur dass sich in dem Schiefer vom Stangenberg ein
Uebergang von den Kryställchen zu Mikrolithen in allen möglichen
Stadien findet, die Kryställchen sind auch hier in den porphyrischen
Quarzen und Feldspäthen wirr durch einander oder in Strängen ein-
gelagert und zwar gerade in der Mikrolitkenform, während die dickeren
Säulchen mehr in dem Gesteinsgewebe und namentlich im Chlorit ein-
gclagert sind. Hier finden sich dann auch wieder die nämlichen sog.
Knickungen und auch Verwachsungen, wie sie oben beschrieben wurden.
An den dickeren Säulchen kann man nun folgende Beobachtungen
anstellen. Was zunächst ihre Form betrifft, so sind die Säulchen
meistens ungefähr 4 — 6mal so dick als lang, ihre durchschnittliche
Länge beträgt 0'03 Mm. An den Polenden sind sie meistens nicht
mit Krystallflächen versehen, sondern sie zertheilen sich in kleinere
Individuen, von denen die einen länger sind, als die andern ; die trüben
Längsspalten, die nirgends fehlen, könnten vielleicht die Vermuthung
erzeugen, dass hier bündelförmige Aggregate von Mikrolithen vorliegen;
da jedoch oft in den mittleren Partien der Kryställchen die Spalten
fehlen und sie in ihrer Substanz daselbst ganz homogen sind, so muss
man die Kryställchen als einzelne Individuen auffassen, die eine Spalt-
barkeit parallel der Hauptaxe besitzen, und sich an den Enden meist
dismembriren (cfr. Fig. 7, Taf. VIII). Die Winkel, die man an den
Polenden bisweilen zu messen in der Lage ist, haben oft an einem
Individuum so schwankende Grösse, dass man dieselben nicht weiter
verwerthen kann. Die Farbe der Kryställchen ist ziemlich hell gelblich-
[21]
Ueber grüne Schiefer Niederschlesiens.
107
braun; bei den kleinsten Mikrolithen ist auch in diesem Vorkommniss
eine Färbung nicht zu beobachten. Dichroismus und Absorption sind
nicht wahrzunehmen, dagegen besitzen die Kryställchen ein starkes
Lichtbrechungsvermögen; sie treten zwischen gekreuzten Nicols mit
grellbunten Farben hervor und da, wo sie in parallel der Basis durch-
schnittenen Chloritblättchen eingelagert sind, kann man deutlich erkennen,
dass stets die optische Biseetrix mit der Hauptaxe zusammenfällt; sie
gehören also wohl einem orthobasischen Mineral an; die nähere Be-
stimmung soll weiter unten versucht werden.
Es ist noch zu bemerken, dass dies Gestein vom Stangenberg
mehr Eisenglanz führt als das vom Hofberg; der Eisenglanz ist ent-
weder an seiner Form oder bei grosser Dünne der Blättchen an der
blutrothen Farbe derselben zu erkennen; jedoch auch dickere unregel-
mässigere Körper von Eisenglanz lassen sich in den krystallinischen
Schiefern oft mit Bestimmtheit als solche erkennen und zwar an
einer meist vortrefflichen Spaltbarkeit nach den Bhomboederflächen. In
Folge derselben sind die Eisenglanzkörner in den Präparaten oben sehr
oft nicht von einer Schlifffläche begrenzt, sondern wenigstens theilweise
von stark spiegelnden Spaltungsflächen (oder vielleicht bisweilen Kry-
stallflächen), die ein eigenthümlich bläuliches Licht reflectiren. — Der
Epidot fehlt diesem Gestein ebenfalls gänzlich, und ebenso aber auch
die kleinen pelluciden Körnchen, die also um so mehr auch als Epidot
aufzufassen sind. — —
Das letzte Gestein, das einer eingehenderen Beschreibung bedarf,
da es noch einen besonderen Typus vorführt, ist ein grüner Schiefer
vom Kieferberg bei Grunau, nördlich von Hirschberg. Dieser Schiefer
ist sehr stark magnetisch und enthält auch eine grosse Menge von
Magneteisenoctaedern bis zu 0-5 Mm. Durchmesser als accessorischen
Gemengtheil. Alle anderen grünen Schiefer zeigen keine Spur von
Einwirkung auf eine leichtbewegliche Magnetnadel. — Das Bemerkens-
werthe an diesem Schiefer ist , dass er neben Hornblendenadeln und
primärem Chlorit in schönen grossen Blättchen auch primären Epidot
in grösseren Körnern führt. Daneben erscheinen aber auch eine grosse
Menge von fast farblosen Körnchen, die hier nicht zu sehr grosser
Winzigkeit herabsinken : dieselben sind also, wie zu wiederholten Malen
gezeigt wurde, stets an das Vorkommen deutlicher Epidote gebunden;
wir werden daher wohl kaum fehlgehen, wenn wir sie überall, wo sie
in grünen Schiefern Vorkommen, als Epidot deuten, mit Ausnahme
derer etwa, die mit zersetztem Titaneisen in irgend welcher Bezie-
hung stehen.
Die primäre Natur der Epidote wird dadurch nachgewiesen, dass
dieselben in die Quarze, Orthoklase und Plagioklase dieses Gesteines
eingewachsen Vorkommen, nicht selten in grösseren Kryställchen; stets
jedoch sind diese drei wasserklaren Mineralien erfüllt mit einer Menge
Epidotkörnchen in regelloser Vertheilung (Pög. 8, Taf. VIII). Hier
kann man auch gut das starke Lichtbrechungsvermögen derselben durch
Prüfung mit gekreuzten Nicols erkennen, doch sind sie immer noch zu
klein, oder zu schwach gefärbt, um Dichroismus wahrnehmen zu lassen,
was übrigens auch bei manchen grösseren Epidoten wegen zu schwacher
Färbung nicht möglich ist. Die primäre Natur des Epidots wird ferner
108
E. Kalkowsky.
[22]
bewiesen durch das Fehlen von secundärem Chlorit. Von letzterem
ist der secundäre Epidot auch insoweit abhängig, als er nie den secun-
dären Chlorit an Menge zu übertreffen scheint. In den grünen Schiefern
mit primärem Epidot ist die Menge desselben von allen anderen Ge-
mengtheilen unabhängig; so tritt an den Bleibergen bei Rudelsstadt
ein grüner Schiefer auf, der neben primärem Epidot gar keinen Chlorit
enthält.
Mikrolithen und Eisenglanz fehlen diesem Schiefer. — —
Die Hauptmasse der eigentlichen grünen Schiefer, d. h. der
matten, graulich-grünen, dichten Schiefer besteht der Hauptsache nach,
aus Orthoklas, einem Eisenerz und Hornblende, letztere sich stets in
Chlorit, und Epidot zersetzend; die übrigen Gemengtheile Quarz, Pla-
gioklas, Kalkspath und Augit sind zum Theile accessorische Bestand-
teile, zum Theile wenigstens von keinem Einfluss auf den Gesammt-
habitus der Schiefer. Die Gemengtheile sind u. d. M. nach einiger
Bekanntschaft mit den Gesteinen sehr leicht zu unterscheiden, bis auf
den Orthoklas und Quarz; hier bleibt die grösste Menge der farblosen
Mineralien durch das Mikroskop direct unbestimmbar. Die chemische
Zusammensetzung anderer ähnlicher Gesteine, namentlich die der grünen
Schiefer von Glatz, die Härte oder der geringere Widerstand, den sie
dem Schleifmaterial leisten und dergl. Verhältnisse müssen als Kriterien
verwendet werden, ausser eben der Beobachtung von Zwillingsbildungen,
von Spalten , Zersetzungserscheinungen u. s. w. Ich habe in der
folgenden Tabelle in Betreff der Bestimmung von Quarz und Orthoklas
mein Möglichstes zu leisten gesucht. — Was den Plagioklas dieser
Schiefer anbetrifft , so halte ich ihn trotz den auf Gängen vor-
kommenden Albiten nicht für reinen Natronfeldspath ; die Species-
Bestimmung ist jetzt noch rein unmöglich, da das unsichere Kriterium
der grösseren oder geringeren Zersetzbarkeit in Säuren hier auch nicht
einmal in Anwendung kommen kann, da der Plagioklas nur ein sehr
spärlich vorhandener accessorischer Gemengtheil ist. Und andererseits
halte ich in Uebereinstimmung mit den tausenden beobachteten Fällen
nur solche Feldspäthe für Plagioklas, die eine polysynthetische Zwil-
lingsstreifung aufweisen.
Wenn alle derartigen Gesteine zu einer Species zu vereinigen
sind, so gehören dagegen die Schiefer mit primärem Chlorit einer
andern Species an, die wiederum in zwei Varietäten zerfällt, nämlich
solche mit und solche ohne primären Epidot. Die Verschiedenheiten
in der Zusammensetzung der Schiefer geben sich am besten in folgender
Tabelle zu erkennen, in der die einzelnen Vorkommnisse nach ihren
Gemengtheilen angeordnet sind. Ich muss ausdrücklich bemerken, dass
ich aus dieser Tabelle nicht etwa Vorkommnisse weggelassen habe,
die nicht hineinpassen; sie enthält vielmehr sämmtliche hierhergehörige
Gesteine, die ich zur Untersuchung gesammelt und präparirt habe.
Uebersicht über die mineralogische Constitution „grüner Schiefer“ Schlesiens.
[23]
Ueber grüne Schiefer Niederschlesiens.
109
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110
E. Kalkowsky.
[24]
Ehe ich auf die Gesetzmässigkeiten, die sich in der Tabelle zu
erkennen geben, aufmerksam mache, muss ich noch auf Regeln näher
eingehen, die bei den Gemengtheilen krystallinischer Schiefer zu beob-
achten sind. — Man stellte früher gewisse Gesetze auf, welche die
Aggregation verschiedener Mineralien in den massigen Eruptivgesteinen
beherrschen sollten ; eines der bekanntesten war das, dass Augit und
Quarz einander ausschliessen sollten. Die Forschungen des letzten
Jahrzehnts haben diese „Gesetze“ zu blossen Regeln herabgedrückt,
die oft genug nicht zum Ausdruck gelangen. Diese Regeln beziehen
sich namentlich auch auf die chemische Constitution der Mineralien.
Derartige chemische Regelmässigkeiten finden sich nun aber auch bei
den krystallinischen Schiefern, jedoch haben sie hier bei weitem weniger
Kraft als bei den Massengesteinen ; sie sind somit auch seltener und
noch weniger ist bis jetzt die Aufmerksamkeit darauf gelenkt gewesen;
fehlt es doch gar sehr an mikroskopischen Untersuchungen krystalli-
nischer Schiefer. Als solche chemische Regelmässigkeiten und gegen-
seitige Abhängigkeits-Verhältnisse sehe ich etwa folgende an. In den
Gesteinen der Zone Kupferberg-Kunzendorf tritt der Salit stets in
Begleitung von Chlorit oder Hornblende auf. Die zwischen gelagerten
Glimmerschiefer führen wohl Chlorit und Hornblende als accessorische
Bestandteile, nicht aber Salit. In den krystallinischen Kalken finden
wir, dass sich bei weitem die meisten accessorischen Mineralien durch
Kalkgehalt auszeichnen. Andalusit ist als accessorischer Gemengtheil
in Glimmerschiefern bekannt, nicht in Hornblendeschiefern. Die Magnet-
eisenerzlager Schwedens und des sächsischen Erzgebirges z. B. sind
mit Granat, Vesuvian, Hornblende und andern schweren, basischen
Mineralien vergesellschaftet, nicht mit Quarz und Orthoklas. Es ist
doch wohl unschwer, aus derartigen Fällen eine gewisse Abhän-
gigkeit in der chemischen Constitution der Gemengtheile
von e i n a n d e r zu erkennen.
Aehnliche Verhältnisse zeigen sich nun in der obigen Tabelle.
Die ersten 11 Vorkommnisse gehören dem eigentlichen grünen Schiefer
an; man sieht, dass sie wie schon erwähnt zusammengesetzt sind aus
Orthoklas, selten zum Theile durch Quarz und Plagioklas vertreten,
aus Hornblende und aus einem Eisenerz; nur in zwei Fällen finden
sich zwei verschiedene Eisenerze zusammen, nämlich Eisenkies und
Eisenglanz. Ein Theil der Hornblende ist stets zersetzt zu Chlorit
und Epidot, in Nr. 8 ist die gesammte Hornblende zersetzt. Soviel
sich aus den Durchschnitten durch das Gestein, wie sie in Dünnschliffen
vorliegen, urtheilen lässt, halten sich secundärer Chlorit und Epidot
meistens das Gleichgewicht, doch überwiegt scheinbar manchmal auch
der eine den anderen, was vielleicht darauf hindeutet, dass die Horn-
blenden nicht alle gleich zusammengesetzt sind. Der Kalkspäth, bis-
weilen in grosser Menge dem Schiefer beigemischt, auch ohne dass
dieser aus der Nähe von Kalklagern stammt, ist für den eigentlichen
grünen Schiefer ein charakteristisch accessorischer Gemengtheil: in
fünf Fällen unter sieben finden wir neben Kalkspath, wenn auch nur
spärliche Plagioklase , Kalknatronfeldspäthe. Dieses Abhängigkeits-
verhältniss tritt namentlich auffällig hervor bei den beiden Vorkomm-
nissen von Gipfel der Hukulge; Nr. 4 von etwas dunklerer Farbe ist
L25]
Ueber grüne Schiefer Niederschlesiens.
111
nur wenige Schritte von der Kalkspath und Plagioklas führenden
Varietät Nr. 3 geschlagen. Die Augite scheinen in ihrem Auftreten
nicht an bestimmte andere Gemengtheile gebunden zu sein; sie be-
wahren sich stets den Charakter als accessorische Gemengtheile, indem
sie nie etwa in zahlreichen kleinen Individuen in das Gesteinsgewebe
eiutreten. Die Schiefer Nr. 9 und 10 aus dem untern Thal der
Seife und vom Kammerberg von Kammerswaldau haben trotz der
gleichen Zusammensetzung (der Gehalt an Kalkspath und Plagioklas
in dem ersteren Schiefer ist gar sehr unbedeutend) ein sehr verschie-
denes Aeussere, denn in dem letzten Gestein treten die auch kleineren
Augite lange nicht so deutlich porphyrisch hervor, wie in dem oben
pag. 101 näher beschriebenen ersteren. Auch ist das Gestein vom
Kammerberg im Ganzen heller gefärbt , es besitzt einen geringeren
Gehalt an Eisenoxyden. Dies ist nun aber wiederum an allen drei
eisenführenden Gemengtheilen gleichmässig offenbart: die Augite und
Hornblenden sind beide sehr blass, ebenso ihre Zersetzungsprodukte,
und das Titaneisen ist in geringerer Menge und kleineren Individuen
vorhanden. Auch hierin zeigt sich die Abhängigkeit der Gemengtheile
von einander in Bezug auf die chemische Constitution.
Im Grossen und Ganzen zeigen jedoch diese „eigentlichen grünen
Schiefer“ eine solche Uebereinstimmung in der Zusammensetzung, dass
sie alle einer Species zugerechnet werden müssen, ein in der That
ganz unerwartetes Resultat. Die porphyrischen schwarzen Augite, die
Schiefern ein erhöhtes Interesse verleihen, können leider nicht als
Eintheilungsprincip benutzt werden. Die Bezeichnung als „eigentliche
grüne Schiefer“ ist für diese Gesteine vorläufig ausreichend, man
kommt zur Belegung mit besonderm Namen Zeit genug, wenn alle
übrigen „grünen Schiefer“ besser bekannt sein werden.
Im Unterschiede von diesen Gesteinen nenne ich die folgende
Gruppe „chloritische grüne Schiefer“, nach der Haupteigenthümliehkeit
derselben, ihrem Gehalte an primärem Chlorit, der nur einmal in dem
an primärem Epidot reichsten Gesteine fehlt. Beyrich hat bereits
diese Benennung für einige Gesteine des Rohnauer Rückens gebraucht,
die, wie oben pag. 94 erwähnt, auch wirklich Chlorit führen, aber
doch nicht zu den „grünen Schiefern“ gehören. Ich übertrage daher
denselben Namen nur auf Gesteine, die wirklich eine solche Zusammen-
setzung haben, wie sie Beyrich vermuthete.
Während für die erste Gruppe der Gehalt an Orthoklas charak-
teristisch war, finden wir hier stets den Quarz als Gemengtheil. Der-
selbe herrscht allerdings nur in den drei Schiefern aus der Umgegend
von Berbisdorf vor dem meist sogar fehlenden Orthoklas vor, während
in den Epidot führenden chloritischen grünen Schiefern wieder der
Quarz von den Feldspäthen in den Hintergrund gedrängt wird. Cha-
rakteristisch für alle chloritischen grünen Schiefer ist es, dass sie nie
Kalkspath, nie accessorisclien Augit enthalten. Ebenso fehlt ihnen
bisweilen jedes Eisenerz. Sie bestehen also aus Quarz-Orthoklas,
Hornblende, primärem Chlorit und aus Epidot oder aus Eisenglanz
und Mikrolithen. Für die Hornblende tritt einmal der in krystalli-
Mineralogisolie Mittheilungen 187C>. 2. Heft. (Kalhowsl y.)
15
112
E. Kalkowsky.
[26]
nischen Schiefern ihr gleichwerthige Kaliglimmer ein; der Schiefer
erhält dadurch auch im Aeussern etwas den Habitus eines Glimmer-
schiefers. Auffällig ist es, dass diese in Gesellschaft von primärem
Chlorit auftretende Hornblende nicht die Neigung zur Zersetzung
besitzt, wie die der eigentlichen grünen Schiefer. In beiderlei Gesteinen
sind die Orthoklase oft ganz pellucid und unversehrt durch die Atmos-
phärilien geblieben, und doch ist in dem einen Schiefer die Hornblende
stark zersetzt, im andern gar nicht. Man wird unter solchen Umständen
berechtigt sein, den Hornblenden eine verschiedene chemische Zusam-
mensetzung zuzuschreiben.
Unter den chloritischen grünen Schiefern finden wir eine durch-
gehende Verschiedenheit darin, dass sie neben dem primären Chlorit
entweder Epidot oder Eisenglanz und Mikrolithen enthalten. Die Com-
bination der letzteren beiden Substanzen findet sich noch bei mehreren
den grünen Schiefern eingelagerten Phylliten wieder, auf die ich noch
später zurückkomme. In den drei Varietäten von Berbisdorf ist zu
beobachten, dass Mikrolithen und Eisenglanz im umgekehrten Ver-
hältnis der Menge vorhanden sind; es mag dies ein Zufall sein, aber
wenigstens geht doch daraus hervor, dass Eisenglanz und Mikrolithen
nicht in constantem Verhältnis auftreten. Ein Blick auf die Tabelle
zeigt, dass Epidot einerseits und Eisenglanz und Mikrolithen anderer-
seits stets einander ausschliessen, oder aber, wie man das Verhältnis
auch auffassen 'kann , dass sie einander ersetzen. Man erinnere sich
nun der Abhängigkeit der chemischen Constitution der Gemengtheile
von einander. Der Epidot ist ein Thonerde-Kalk-Eisenoxyd-Silicat;
ist in dem Gestein ein Eisenoxydgehalt vorhanden, der nicht in eine
Silicatverbindung eintritt , vielleicht weil er nicht in der richtigen
stöchiometrischen Menge vorhanden ist, so scheidet sich derselbe als
Eisenglanz aus und es bleibt ein Thonerde-Kalk-Silicat übrig — die
Mikrolithen. Diese besitzen (cfr. oben pag. 106) nach ihrem ausge-
zeichneten Vorkommen in dem grünen Schiefer vom Stangenberg bei
Berbisdorf folgende Eigenschaften: die betreffende Mineralspecies, zu
der die Mikrolithen und Kryställchen gehören, müsste orthobasiseh
sein, eine Spaltbarkeit parallel der Hauptaxe besitzen und sich, ohne
bei ziemlich intensiver Färbung dichroitisch zu sein, durch ein starkes
Lichtbrechungsvermögen auszeichnen. Ein Thonerde-Kalk-Silicat, das
allen diesen Anforderungen auf das Genaueste entspricht ist der Zoisit.
Der Zoisit findet sich hauptsächlich als accessorischer Gemengtheil in
krystallinischen Schiefern, wie es scheint auch gerade gern in Verbin-
dung mit Chlorit und Hornblende. Die von Rosen busch angeführten
Eigenschaften derselben x) stimmen alle mit denen der Mikrolithen
überein, und da sich auch die durch Speculation gewonnenen Resultate
über die chemische Constitution der letzteren mit der elementaren
Zusammensetzung* 2) des Zoisites decken, so muss wohl die Deutung
*) Physiographie pag. 269.
2) Auch die vom chemischen Standpunkt vorhandene Beziehung des Zoisit zu
Epidot, die ja das gleiche Sauerstoffverhältniss besitzen, tritt in dem gegenseitigen
Ersetzen hervor.
[27]
Ueber grüne Schiefer Niederschlesiens.
1 13
der Mikrolithen als Zoisit als wold unterstützt betrachtet werden,
wenigstens lässt sich keine widersprechende Thatsache auffinden. — —
Von den Phylliten, die mit den grünen Schiefern wechsellagern,
habe ich nur wenig Material gesammelt; doch genügt dasselbe, um
über einige hervorragende Eigenthümlichkeiten derselben zu berichten.
Trotzdem sie in so enger Verbindung mit den grünen Schiefern stehen,
fehlt ihnen die Hornblende gänzlich, gleichwie ja auch die Glimmer-
schiefer bei Neu-Röhrsdorf, Waltersdorf, Rohnau derselben entbehren.
Dagegen stellt sich in manchen Phylliten lichtgrüner Talk in grosser
Menge ein , so z. B. bei Mittel-Kauffungen. Eisenglanz , ähnliche
Mikrolithen, wie sie aus den chloritischen grünen Schiefern beschrieben
wurden und kohlige Substanz sind in den meisten Phylliten vorhanden,
von denen manche noch den eigentlichen grünen Schiefern im äussern
Habitus gleichen, trotzdem sie aus ganz andern Gemengtheilen bestehen.
Feldspäthe waren nirgends zu finden, dagegen führen manche Kalk-
spath, während zahlreiche rhomboedrische Hohlräume in andern am
wahrscheinlichsten auf zersetzten Spatheisenstein zurückzuführen sind.
Manche Phyllite ähneln sehr den von Rud. Credner als violette Sericit-
schiefer beschriebenen Gesteinen enthalten jedoch Talk, nicht Sericit1)
neben dem Eisenerz, das jedenfalls hier und wohl auch in den sächsischen
Phylliten dem Eisenglanz angehört, nicht dem Brauneisenerz. Ausser
den Phylliten wechsellagern mit den grünen Schiefern noch Kalke,
Talkschiefer, quarzige Schiefer u. s. w., die ich zwar zum Tlieile auch
untersucht habe, ohne jedoch in ihnen irgend welche Beziehungen zu
den grünen Schiefern zu finden. — —
Es wurde oben versucht, die 18 untersuchten Varietäten von
grünen Schiefern in zwei Gruppen zu theilen, von denen die eine sich
vor der andern durch den Gehalt an primärem Chlorit auszeichnet.
Sucht man die geognostisch-geographische Lage der in der Tabelle
angegebenen Fundpunkte auf, so wird man nicht verkennen, dass die
chloritischen grünen Schiefer einem tiefem geognostischen Niveau
angehören, als die eigentlichen grünen Schiefer. Wir finden die ersteren
auf den Bleibergen an der Grenze eines zur Glimmerschiefer-Formation
zu rechnenden Gebietes. Bei Grunau bei Hirschberg und bei Berbis-
dorf tritt diese Gruppe ebenfalls möglichst nahe an der südlichen vom
Diluvium gebildeten Grenze des Schiefergebirges auf. Wenn sich auch
der eigentliche grüne Schiefer vom Kalkofen bei Kammerswaldau in
demselben tiefen Niveau findet, so ist dies nicht störend; es wurde ja
q L. c. pag. 68. Uebrigens enthalten auch Credner’s „violette Sericitschie-
fer“ gar keinen Sericit; die als solcher beschriebenen rhombischen Blättchen sind
Kalkspath.
114
E. Kalkowsky.
[28]
oben darauf hingewiesen, wie auch in der Zone Kupferberg-Kunzendorf
die Varietäten im Streichen sich verändern ; dagegen treten doch die
eigentlichen grünen Schiefer mit den Vorkommnissen von der Hukulge,
Ludwigsdorf, Kauffungen hauptsächlich in einem hohem Niveau auf.
Die petrographische Sonderung der grünen Schiefer schliesst sich somit
möglichst eng an die geognostische an.
Die Betrachtung der Tabelle zeigt, dass zwischen den eigentlichen
und den chloritischen grünen Schiefern ein petrographisch verbindendes
Glied fehlt. Es mögen auch irgendwo in schmalen Uebergangszonen
derartige Gesteine anstehen, aber im Grossen giebt sich doch ein
plötzlicher Wechsel in den Gemengtheilen zu erkennen. Dasselbe Ver-
hältnis finden wir nun auch bei Kupferberg und Rudelsstadt, wo die
hornblendigen Schiefer in die grünen übergehen sollen. Während in
den Gesteinen von Petzelsdorf und Pfaffendorf doch manchmal Epidot
neben Saht vorhanden ist, so konnte in dem Gebiet von Kupferberg
bis zum Scharlachberge in keinem Gliede der an Varietäten reichen
Gesteinsreihe neben Salit auch Epidot aufgefunden werden. In schar-
fem Wechsel enthalten nun die Schiefer der Bleiberge zahlreiche
Epidote, aber keinen Salit. Ferner wurde oben constatirt, dass die
meisten der an Chlorit reichen Gesteine der Zone Kupferberg-Kunzen-
dorf auch Plagioklas führen, ja dass derselbe sogar meist vor dem
Orthoklas vorwaltet; in den chloritischen grünen Schiefern existirt diese
Abhängigkeit des Feldspathes vom Chlorit nicht; von sieben Schiefern
enthalten nur drei Plagioklas, ein Mineral, das gewiss leicht zu erkennen
ist. Eine andere Eigentümlichkeit, durch die sich die grünen Schiefer
und die dazu gehörigen Phyllite von den glimmerschieferartigen Ge-
steinen unterscheiden, ist der Umstand, dass letztere nie derartige
winzige Mikrolithe führen, wie erstere, bei den die mineralogische
Bestimmung nur durch besonders günstige Umstände gelang. Schliesslich
besitzt wohl auch die Hornblende, die allen hier betrachteten Gesteinen,
welche bathrologische Stellung sie auch einnehmen, gemeinsam ist,
in den grünen Schiefern eine andere Zusammensetzung und zwar einen
grösseren Reichthum an Thonerde. Dies geht theils aus der leichten
Zersetzbarkeit der Hornblende in den eigentlichen grünen Schiefern zu
zwei thonerdehaltigen Mineralien, theils aus dem häufigen Vorkommen
von strahlsteinartiger Hornblende in den Gesteinen der Zone Kupferberg-
Kunzendorf hervor. Ebenso finden wir ja den Salit nördlich vom Bober
durch thon erdehaltigen Epidot vertreten. Durch chemische Analysen
wird man dies Verhältnis wohl nicht mit Bestimmtheit darlegen
können, so lange man nicht die Hornblende auf chemischem Wege aus
d'esen Gesteinen zu isoliren vermag.
[29]
Ueber grüne Schiefer Niederschlesiens.
115
Ausser der Verschiedenheit in Gemengtheilen erscheint auch noch
eine Verschiedenheit der Structur zwischen grünen Schiefern und Horn-
blendeschiefern. Diese Structurverschiedenheit bezieht sich allerdings
nur auf den mikroskopischen Habitus und offenbart sich auch hier in
so schwachen Zügen, dass es schwer hält, dem Leser diese Verhältnisse
klar zu machen. Im Allgemeinen ist es namentlich die Formausbildung
der Hornblende und die Verwachsung der Gemengtheile, die in Betracht
kommen. Die Hornblende erscheint in den grünen Schiefern nie in
dickeren Krystallen, an denen man z. B. eine Spaltbarkeit nach den
Säulenflächen, sei es im Längsschnitt oder im Querschnitt wahrnehmen
könnte; immer sind es nur lange dünne Nadeln ohne alle erkennbare
Krystallflächen. Wie in vielen krystallinischen Schiefern überhaupt die
Gemengtheile nicht sowohl neben einander, als vielmehr durch einander
oder in einander gelagert sind, so kommt in den grünen Schiefern
gerade das letztere Aggregations-Verhältniss im höchsten Grade zum
Ausdruck: überall liegen Hornblendenadeln in den Feldspäthen, Feld-
späthe in den Quarzen, Epidote im Chlorit, Chloritblättchen zwischen
Hornblendenadeln: es ist ein schwer auflösbarer Wirrwarr kleinster
Körperchen, ein wahrer Filz. In den Hornblendeschiefern liegen auch
noch die Gemengtheile in einander, aber man erhält durch gute Schliffe
doch ein schönes klares Bild; pellucide Hornblendesäulchen, Chlorit-
blättchen, Orthoklaszwillinge, kurz alle Gemengtheile liegen so, dass
fast ein jeder Krystall auf seine optischen Eigenschaften näher geprüft
werden kann. Solche Structurunterschiede treten u. d. M. gerade bei
den grünen Gesteinen des Rohnauer Rückens im Vergleich mit den
grünen Schiefern der Bleiberge so frappant hervor, dass oben erstere
als nicht zu den grünen Schiefern gehörig bezeichnet werden konnten.
Ich gebe gern zu, dass soche Unterschiede ohne genauere Unter-
suchung nicht erkennbar sind, aber dennoch haben sie nicht nur petro-
graphischen, sondern auch geognostischen Werth; ist doch eine Gliede-
rung der archäischen Formation überhaupt nur auf Grund der petro-
graphischen Verhältnisse möglich.
Die „grünen Schiefer“ nördlich vom Riesengebirge in Nieder-
Schlesien sind nicht geradezu die dichte Ausbildung der grobkörnigen
Hornblende- und Chloritgneisse, wie sie z. B. bei Petzelsdorf anstehen ;
sie sind vielmehr nur Gesteine der höchsten Etage einer durch Horn-
blende und derartige basische, eisenreiche Mineralien charakterisirten
Facies der archäischen Formation des Riesengebirges. Beim Aufsteigen
in der Schichtenreihe nimmt die absolute Grösse der Gemengtheile ab,
jedoch nicht stetig, die Sonderung derselben wird geringer, ihre che-
mische Constitution ändert sich und in je einem Profile trifft man
116
E. Kalkowsky.
[30]
einzelne Gemengtheile nur in bestimmten Niveaus. In dem Profil vom
Ochsenkopf nach Kupferberg, dann über die Bleiberge durch das obere
Thal der Katzbach bis an die Nordgrenze des Schiefergebirges in
Mittelkauffungen findet man zuerst Gesteine, die neben Hornblende
durch Salit charakterisirt sind , dann tritt an den Bleibergen Chlorit
und Epidot, im obern Katzbachthal schwarzer Augit ein, und die
phyllitartigen Schiefer in Mittelkauffungen endlich enthalten keines
dieser Mineralien, auch nicht Hornblende, sondern nur Talk.
III. Ueber Beryll von Eidsvold in Norwegen.
Von M. Websky.
Es kommen gegenwärtig lioch smaragdgrüne Berylle, in Feldspath,
Quarz und Glimmer eingewachsen, in den Handel, welche in einem
Steinbruche in der Nähe des Bahnhofes von Eidsvold am Südende des
Mjösen-See’s in Norwegen gefunden werden sollen.
An einem — aus der Niederlage von Pech in Berlin bezogenen
Exemplar schliesst ein gedrängtes Aggregat von 1 — 2m starken Säulen
eine Partie dunkel-violetten, blättrigen Flussspath ein, in welchen die
Beryll-Krystalle in sauber ausgebildeten Endigungen hineinragen. Man
erkennt an Flächen:
M — ooP = (a : a : ooa : ooc) — m (A. des Cloizeaux)
P — dP=( ooa: ooa: ooa: c)= p
s = 2P2 = (a : Va a : a : c) = a1
t— P — (a:a:ooa:c) = b1.
Ein losgetrennter Ivrystall gab für Kante s | P den Winkel 135° 2' 525"
(Norm. Bog. = 44° 57' 7’5"), wonach Einheit der Nebenaxen a :
Einheit der Verticalaxe c = 2,0033478: 1 = 1: 0,49916435; Kok-
scharow nimmt für Beryll 1:0,498860 an.
Auf der Kante M\s erscheint ein von symmetrisch zwölfseitigen
Pyramiden hervorgerufene Abstumpfung, welche einiges Interesse dar-
bietet.
Die Reflexe einer 7 Meter entfernten Flamme präcisiren sich erst
bei Verkleinerung des Gesichtsfeldes und zwar folgt auf den Reflex
von M, Pos. 1. der folgenden Tabelle ein kürzerer Lichtbogen, Pos. 2.
bis Pos. 4., mit einer Culmination des Lichtes in Pos. 3., dann eine
Reihe sehr naher Reflexe zwischen Pos. 5. und Pos. 6., ferner ein
langgezogener Lichtbogen von Pos. 7. bis Pos. 10. mit einer wenig
präcisirten, aber starken Culmination des Lichteffectes in Pos. 8.; bei
Pos. 9. starker Abfall der Lichtstärke, die von da bis Pos. 10. nur
schwach fortsetzt; schliesslich tritt in Pos. 11. der Reflex von s in
das Gesichtsfeld.
Mineralogische Mittheilungen. 1876. 2. Heft. (Websky.)
118
M. Websky.
[2]
Gemessen
Berechnet
Normalen Bogen
Normalen Bogen
Pos.
1.
0° 0'
= M.
Pos.
2.
8° 39'
y (Kok.) =
14 P 14/i3
8° 11'
53/ p 63 /
/ 4 r 749
8° 39'
erster
13 P 1 S/i2
8° 49'
Licht-
Pos.
3.
9° 37'
w (Kok.) =
12 P>»/u
9° 34'
bogen.
Pos.
4.
11° 39'
10 P10/9
llu 32'
Pos.
5.
13° 53'
25/ P25/
/ 3 ^ / 22
13° 54'
v (Kok.) =
8P8/7
14° 30'
Pos.
6.
16° 30'
7P7o
16° 36'
Pos.
7.
17° 16'
27/ p 27/
/ 4 / 23
13/2P13/u
17° 13'
zweiter
1 Licht-
bogen
Pos.
8.
18° 2'
1 (mihi) =
17° 55'
Pos.
9.
18° 47'
25/ P 26/
/ 4 ^ / 21
18° 38'
Pos.
10.
22° 3'
21/ p 21 /
/ 4 x / 19
22° 12'
Pos.
11.
52° 15'
s =
2P2
52° 19'
Der
stärkste Reflex
der ganzen
Reihe ist der
von Pos. 8. ; man
kann wohl das demselben entsprechende Symbol
13
/a
p 13
in die Zahl der am Beryll nachgewiesenen Flächen aufnehmen.
IV. Chemische Analyse der Darkauer jodhaltigen
Salzsoole.
Von E. Ludwig.
Im Jahve 1863 wurden auf Veranlassung des Herrn Georg
Freiherrn von Beess in der Nähe von Darkau, einem an der
Kaschau- Oderberger Eisenbahn in österr. Schlesien gelegenen Dorfe,
Bohrversuche auf Kohlen angestellt; bei einem solchen Versuche wurde
an einer Stelle, welche ungefähr 900 Meter west-südwestlich vom Dorfe
Darkau und 2200 Meter südlich von der Stadt Frei stadt entfernt
ist, in einer Tiefe von 110 bis 130 Metern unter der Erdoberfläche
eine Quelle entdeckt, welche auf Veranlassung des k. k. Finanz-
Ministeriums von Professor J. Re dtenbach er auf ihre wichtigsten
Bestandteile untersucht und von demselben nach den Ergebnissen
der Analyse in einem durch die medicinische Facultät in Wien am
1. Juli 1865 abgegebenen Gutachten als eine jod- und bromhaltige
Salzsoole erklärt wurde. Das k. k. Finanz-Ministerium gestattete auf
Grund dieses fachmännischen Gutachtens die Benützung der Quelle zu
Heilzwecken.
Eine umfassendere Untersuchung der Darkauer Salzsoole wurde
1869 von Dr. Josef Barber im Laboratorium Prof. Redten backe rs
vorgenommen, die Resultate derselben sind im 40. Bande der Sitzungs-
berichte der kaiserl. Akademie der Wissenschaften in Wien veröffent-
licht. a)
Herr Baron von Beess baute im Jahre 1870 in Darkau ein
geräumiges Badehaus und machte es dadurch möglich, dass während
der Sommermonate das Wasser der Darkauer Quelle von zahlreichen
Kranken als Heilmittel angewendet werden kann; im Winter wird das
Wasser nach Zusatz einer entsprechenden Menge von kohlensaurem
Natrium abgedampft und dadurch ein jod- und bromhaltiges Salz-
’) Um Irrthümer zu vermeiden, muss ich bemerken, dass die Analyse von
Dr. Barber und die vorliegende Analyse auf das Wasser derselben Quelle sich
beziehen; Dr. Barber verlegt in seiner Publication die Quelle nach Roy, ein Nach-
bardorf von Darkau, während sie thatsächlich, wie bereits erwähnt, auf dem Ge-
meindegebiete von Darkau entspringt.
Mineralogische Mittheilungen. 1876. 2. Heft. (Ludwig.)
16
120
E. Ludwig.
[2]
gemenge gewonnen, welches unter dem Namen „Darkauer Jodsalz“ in
den Handel kommt und ähnliche Verwendung findet, wie das Haller
Jodsalz.
Als ich im Herbste des verflossenen Jahres ersucht wurde, die
Analyse des Darkauer Wassers vorzunehmen, entschloss ich mich zu
dieser Arbeit, da es mir von Interesse schien, zu erfahren, ob die
Zusammensetzung des Wassers seit der letzten Analyse unverändert
geblieben ist und da Dr. Barber, der, meines Wissens das Wasser
für die Analyse zugeschickt erhielt , in seiner Publication nichts über
die in der Quelle frei aufsteigenden Gase mittheilt, von deren Existenz
ich durch Herrn Dr. Wilhelm Sperber, Badearzt in Darkau, Nach-
richt erhielt.
Am 23. December 1875 begab ich mich nach Darkau , um die
äussere Beschaffenheit der Quelle kennen zu lernen, die nöthigen Vor-
arbeiten auszuführen und das für die Analyse erforderliche Wasser zu
schöpfen.
Das weithin ebene Terrain , auf dem die Quelle zu Tage tritt,
besteht der Hauptmasse nach aus dem von Suess mit dem Namen
Schlier bezeiclmeten, blauen, tertiären Tlione, welcher sich in be-
trächtlicher Ausdehnung in Schlesien vorfindet und von hier einerseits
weit nach Galizien, anderseits durch Mähren bis nach Niederösterreich
fortsetzt.
In eisernen Röhren, welche in das verticale Bohrloch eingesetzt
sind, steigt das Wasser empor und wird an der Erdoberfläche von
einem Bassin aufgenommen , in dessen Mitte das obere Ende der
eisernen Röhren mündet; dieses Bassin ist 3*79 Meter tief und von
kreisrundem Querschnitt, der Bodendurchmesser beträgt L74 Meter,
nach oben verjüngt es sich bis zu einem Durchmesser von L58 Meter.
Die Wand des Bassins wird durch eine dichte Holzauskleidung gebildet,
hinter welcher nach aussen hin eine mächtige Schichte von festge-
stampftem Lelnn angebracht ist, um die Tageswässer abzuhalten; ein
nahe dem oberen Ende des Bassins seitlich angebrachtes Rohr ge-
stattet dem Wasser den Abfluss; eine Bretterhütte umschliesst das
Bassin.
Die Quelle liefert nach wiederholt vorgenommenen Messungen
constant in 24 Stunden ungefähr 11000 Liter Wasser; mit dem Wasser
steigen aus der Tiefe bedeutende Mengen eines brennbaren Gases auf;
kleine, hirsekorngrosse Gasbläschen sieht man fortwährend in dem
Wasser des Bassins emporsteigen, in Zwischenräumen von ungefähr
5 Minuten werden grössere Gasmassen in faustgrossen Blasen empor-
getrieben. Leider besass ich bei meiner Anwesenheit in Darkau nicht
die erforderlichen Apparate, um die Gasmengen, welche die Quelle
liefert, auch nur näherungweise bestimmen zu können, ich schätze
dieselben auf mehr als 1000 Liter für einen Tag.
Die Temperatur des Wassers fand ich am 23. December 1875
1L750 C. bei der gleichzeitigen Lufttemperatur von + 6° C.
Das Wasser ist, frischgeschöpft, klar, farblos, geruchlos, von stark
salzigem Geschmacke, es reagirt auf Lacmusfarbstoff neutral; nach
längerem Stehen bei Zutritt der Luft scheiden sich in Folge des Eisen-
gehaltes spärlich rostfarbene Flocken aus.
[3]
Chemische Analyse der Darkauer jodhaltigen Salzsoole.
121
Die qualitative Analyse ergab an gelösten Bestandteilen :
Kohlensäure
Kieselsäure
Borsäure
Salpetrige Säure
Chlor
Brom
Jod
Organische Substanz
Kalium
Natrium
Lithium
Ammonium
Baryum
Strontium
Calcium
Magnesium
Eisen
Grubengas
Stickstoff.
Strontium und salpetrige Säure wurden, da sie in sehr geringer
Menge vorhanden sind, nur qualitativ nachgewiesen, von den übrigen
Bestandteilen konnten durchwegs quantitative Bestimmungen vorge-
nommen werden. Für die letzteren kamen die gebräuchlichen Methoden
in Anwendung; alle gewogenen Verbindungen wurden auf ihre Reinheit
geprüft.
Da die Zahlen für Jod und Brom von besonderem Interesse sind,
so mag in Kürze das Verfahren beschrieben werden, welches zur Be-
stimmung dieser beiden Bestandteile in Anwendung kam. Das mit
kohlensaurem Natrium bis zur stark alkalischen Reaction versetzte
Wasser wurde so weit eingedampft, dass ein grosser Theil des Koch-
salzes auskrystallisirte , die heiss abfiltrirte Mutterlauge , sowie das
von den ausgeschiedenen Kochsalzkrystallen J) erhaltene Waschwasser
wurden mit verdünnter Salzsäure schwach angesäuert, und da sich die
Flüssigkeit dabei in Folge von ausgeschiedenem freien Jod gelb färbte,
eben bis zur Entfärbung mit einer verdünnten wässerigen Lösung von
schwelliger Säure versetzt, hierauf mit Palladiumchlorür gefällt; das
Jodpalladium wurde abfiltrirt, gewaschen und im Wasserstoffstrome bis
zum constanten Gewichte geglüht.
Aus dem Filtrate vom Jodpalladium wurde das im Ueberschusse
zugesetzte Palladium durch Wasserstoff abgeschieden und durch Filtra-
tion entfernt, die Flüssigkeit mit kohlensaurem Natrium übersättigt,
zur Trockene verdampft, der trockene Rückstand behufs Zerstörung
der organischen Substanz gelinde geglüht, nach dem Erkalten im
Wasser gelöst und in der filtrirten, schwach angesäuerten Lösung das
Brom mit titrirtem Chlorwasser bestimmt, indem man so lange ab-
wechselnd Chlorwasser zusetzte und das ausgeschiedene Brom durch
Kochen entfernte, bis sich die Flüssigkeit auf weiteren Zusatz von
Chlorwasser nicht mehr gelb färbte.
Zur Controlle der Analyse wurden gewogene Wassermengen mit
Schwefelsäure im Ueberschusse versetzt , abgedampft und bis zum
constanten Gewichte geglüht; das Gewicht des so erhaltenen Rück-
standes wurde dem aus den Einzelbestimmungen berechneten gegenüber-
gestellt.
‘) Das Waschen des auskrystallisirten Kochsalzes war bei allen Versuchen
so lange fortgesetzt worden, dass sich die ganze Krystallmasse bei der Untersuchung
frei von Jod und Brom zeigte.
16*
122
E. Ludwig.
Das specifische Gewicht des Wassers wurde mit dem Picnometer
ermittelt und in drei Versuchen bei 16° C. D0186, P01866 und
D01869, also im Mittel T01865 (bezogen auf destillirtes Wasser von
16° C. als Einheit) gefunden.
Die auf die quantitativen Bestimmungen der Bestandteile des
Wassers bezüglichen Zahlen sind in den folgenden Tabellen zusammen-
gestellt.
Kohlensäure.
Wassermenge
in
Grammen
Durch Salzsäure
aus dem Baryt-
Niederschlage
entwickelte
Kohlensäure
Entsprechend für
10000 Theile
Mittel
508-8
0 078
1-533
508 8
0-078
1-533
1 523
508-8
0-079
1-552
508 8
0 075
1-474
Kieselsäure.
Wassermenge
in
Grammen
678-46
619-7885
Kieselsäure
00083
00076
Entsprechend für
10000 Theile
0 1223
0-1226
Mittel
0-1225
Borsäure.
Wassermenge
Borsäure
Entsprechend
in
und
Magnesia
Borsäure
für
Grammen
Magnesia
10000 Theile
2035 1
0-2613
02321
0-0292
0-1435
[5]
Chemische Analyse der Darkauer jodhaltigen Salzsoole.
123
Jod.
Wassermenge
in
Palladium
Entsprechend
Jod
Entsprechend
für
Mittel
Grammen
10000 Theile
4070-22
0-0380
0-09106
0-2237
4070-22
00390
0-09345
0-2296
0 2256
407022
0-0381
0-09130
0 2243
203511
00191
0-04580
0-2249
Br om.
Wassermenge
in
Grammen
Verbrauchtes
Chlorwasser
in Cubik-
centimetern
1 Cubik-
centimeter
Chlorwasser
entsprechend
Brom
Brom
für
10000 Theile
Mittel
1017-55
23
0-00488
1-103
1017.55
23
0-00488
1103
1017-55
22-9
0-00484
1-089
i uy (
101755
23
0-00484
1094
Chlor, Brom und Jod.
Wassermenge
in
Grammen
Chlorsilber
Bromsilber
Jodsilber
Entsprechend
für
10000 Theile
Mittel
28-2569
1-7592
622-57
30-0384
1-8709
622-83
622-58
35-6376
2-2179
622 35
Chlor.
Chlor-, Brorn-
und Jodsilber
in
10000 Th eilen
Jodsilber
in
10000 Theilen
Bromsilber
in
10000 Theilen
Chlorsilber
in
10000 Theilen
Chlor
in
10000 Theilen
622-58
0-5951
2-5779
619-407
153142
124
E. Ludwig.
[6]
Kalium, Natrium und Lithium.
Wassermenge
in
Grammen
Chlorkalium
Chlornatrium
Chlorlithium
Entsprechend
für
10000 Theile
Mittel
100-4115
2-2278
221-867
102-5875
2-2814
222-380
221-924
100-6522
2-2297
221-525
Kalium.
Entsprechend für 10000
Theile
Wasser-
menge in
Grammen
Kalium-
platinchlorid
Entsprechr.
Chlorkalium
Chlorkalium
Mittel
Entspr.
Kalium
100-9088
102-5875
0 0416
00439
0-01268
0-01387
1-257
1-305
1-281
0-6718
L i t h i u m.
Entsprechend für 10000 Theile
Wassermenge
in
Grammen
phosphorsaures
Lithium
Entsprechend
Lithium
Lithium
Chlorlithium
1017-55
0-0262
00047
0 0466
0-283
N a t r i u m.
Chlorkalium
Clilornatium
Chlorlithium
für 10000 Theile
Chlorlithium
-}- Chlorkalium
in 10000 Theilen
Chlornatrium
in
10000 Theilen
Entsprechend
Natrium
.
221-924
1-564
220-36
86-6819
m
Chemische Analyse der Darkauer jodhaltigen Salzsoole.
125
Ammoniak.
Wassermenge
in
Grammen
Verbrauchte
Normalsäure
in Cubik-
centimetern
Entsprechend
Ammoniak
Entsprechend
für
10000 Theile
Mittel
1017-55
3-4
0-0578
0-568
0-577
1017-55
3-5
0-0595
0-585
Calcium.
Wassermenge
in
Grammen
Kalk
Entsprechend
für
10000 Theile
Mittel
Entsprechend
Calcium
245-991
0-2388
9-708
9-7005
69289
619-7885
0-6009
9-693
Baryum,
Wassermenge
in
Grammen
Schwefelsaurer
. Baryt
Entsprechend
Baryum
Entsprechend
für
10000 Theile
1017-55
0-0265
00156
01533
M a g n e s i u m.
Wasser-
menge in
Grammen
Pyrophos-
pliorsaure
Magnesia
Entspr.
Magnesia
Entspr.
für
10000 Thl.
Mittel
Entspr.
Magnesium
245-991
0-293
0-1056
4-2928
4-3104
25862
619-7885
0-7444
0-2683
4-3280
126
E. Ludwig.
[8]
Eisen.
Wassermenge
in
Grammen
Eisenoxyd
Entsprechend
für
1Ö000 Theile
Mittel
Entsprechend
Eisen
678-46
0-004
0-0590
0-0594
0-0416
619-7885
0-0037
0-0597
Summe der fixen Bestandteile als Sulfate bestimmt
Wassermenge
Entsprechend
in
Sulfate
für
Mittel
Berechnet
Grammen
10000 Theile
188-626
5-7653
305-65
305-65
306-38
172-5965
5-2755
305-65
Organische Substanz.1)
Wassermenge
in
Grammen
Glühverlust
des
Abdampfrück-
standes
Entsprechend
für
10000 Theile
Mittel
203-5
0-0137
0-6730
0-6264
203-5
00118
0-5798
‘) Die Menge der in dem Wasser gelösten organischen Substanzen wurde
approximativ bestimmt, indem man gewogene Wassermengen mit etwas Aetznatron
und kohlensaurem Natron im Ueberschusse versetzte, den entstandenen Niederschlag
abfiltrirte, das Filtrat zur Trockene verdampfte, den trockenen Rückstand bei 140° C.
bis zum constanten Gewichte trocknete und den Glühverlust ermittelte.
[9]
Chemische Analyse der Darkauer jodhaltigen Salzsoole.
127
Zusammenstellung der analytischen Resultate.
10000 Theile des Wassers gaben:
Analyse v. Ludwig
Analyse v. Barber
Kohlensäureanhydrid
1-5230
1-7450
Kieselsäureanhydrid
0-1225
0-5540
Borsäureanhydrid
0-1435
—
Salpetrige Säure
geringe Mengen
—
Jod
0-2256
0-2913
Brom
1-0970
0-8831
Chlor
153-1420
153-7550
Kalium
0-6718
1-0790
Lithium
0-0466
—
Natrium
86-6819
86-3720
Ammoniak
0-5770
—
Calcium
6-9289
7-7060
Baryum
0- 1533
—
Strontium
Spuren
—
Magnesium
2-5862
2-6390
Eisen
0-0416
0-2440
Organische Substanz
0-6264
0-4320
Summe der festen Bestand-
theile (berechnet)
254-0414
253-7120
Specifisches Gewicht
1-01865
1-01824
Ein Vergleich der Resultate beider Analysen ergiebt, dass die
Zusammensetzung der Darkauer Salzsoole seit dem Jahre 18G9 unver-
ändert geblieben ist; salpetrige Säure, Borsäure, Baryum, Strontium,
Lithium und Ammoniak, welche ich in dem Wasser fand, sind selbst-
verständlich auch früher darin schon vorhanden gewesen und es wurde
gewiss nur unterlassen, darauf zu prüfen.
Werden die aufgezählten Bestandtheile zu Salzen gruppirt, so hat
man für 10000 Theile des Wassers:
Chlorkalium
1 -2833
Chlornatrium
220-4735
Chlorlithium
02829
Chlorbaryum
0-2327
Chlorammonium
1-7738
Chlorcalcium
19-2277
Chlormagnesium
6-5923
Brommagnesium
1-2615
Jodmagnesium
0-2469
Borsaures Magnesium
02665
Kohlensaures Magnesium
2-3142
Kohlensaures Eisen
0-086 1
Strontium, salpetrige Säure
Spuren
Organische Substanz
0-6264
Freie Kohlensäure
0-2781
Mineralogische Mittheilungen. 187C. 2. Heft. (Ludwig.)
17
128
E. Ludwig.
[10]
Analyse der aus dem Wasser durch Auskochen erhaltenen Gase.
Das an der Quelle in Ballons mit eng ausgezogenem Halse
gefüllte Wasser wurde im Laboratorium unter Zuhilfenahme einer
G eissl er’schen Pumpe ausgekocht; die qualitative Analyse des erhal-
tenen Gasgemenges ergab als dessen Bestandtheile : Kohlensäure, Gru-
bengas und Stickstoff. Durch Prüfung mit rauchender Schwefelsäure,
mit Chromsäure1) und mit pyrogallussaurem Kalium wurde die Abwe-
senheit von Kohlenwasserstoffen der Reihe Cn H211, von Kohlenoxyd,
Wasserstoff und Sauerstoff festgestellt. Die Ergebnisse der quantita-
tiven Analyse sind folgende:
Wasser menge: 923’25 Grm.
I. Analyse im A b s 0 r p t i 0 n s r 0 h r.2)
Y. t. P. V0.
Gesammtmenge des ausgekochten Gases 135-5 17-5°C. 0-6496 82-72
Nach Absorption der Kohlensäure 105-2 17'5°C. 0-6221 61 "51
demnach 21 -21 Vol. oder 25-64 Troc. Kohlensäure.
II. Analyse im Eudiomete r.
V.
t.
P-
v0.
Von Kohlensäure befreites Gas
93-9
17-2° C.
0-2697
23-83
Nach Zugabe von Sauerstoff
200-8
17° C.
0-385
72-78
Nach Zugabe von Luft
382-2
16-5° C.
0-5751
207-35
Nach der Explosion
344-8
15-7° C.
0535
174-45
Nach Absorption der Kohlensäure
319-6
17-1° C.
0"5248
157"85
Nach Zugabe von Wasserstoff
429-2
17° C.
0-6349
256"54
Nach der Explosion
2743
15-4° C.
0-4822
125-21
Für 23‘83 Vol. des von Kohlensäure befreiten Gases ergeben
sich somit:
32 "90 Yol. Contraction
16'60 „ Kohlensäure
33-38 „ verbrauchter Sauerstoff.
Aus diesen Daten geht zunächst hervor, dass ausser dem Gruben-
gase kein anderes brennbares Gas vorhanden ist und es lassen sich
für die Bestimmung der relativen Mengen des Grubengases und des
Stickstoffes folgende vier Gleichungen aufstellen, in denen mit x die
J) Vergl. „Ueber die Einwirkung der Chromsäure auf Kohlenoxyd, Wasser-
stoff, Grubengas und Aethylen“ von E. Ludwig, Annalen der Chemie u. Pharmacie,
Band 162, pag. 47.
2) V bedeutet das abgelesene nach der Calibrirung corrigirte Volumen, t die
Temperatur, p den Druck in Mtr. einer Quecksilbersäule, V0 das für 0° und 1 Mtr.
Druck berechnete Volumen.
[11]
Chemische Analyse der Darkauer jodhaltigen Salzsoole.
129
unbekannte Menge des Grubengases und mit n die unbekannte Menge
des Stickstoffes bezeichnet sind:
x + n = 23-83
2 x = 32-90
x = 16'60
2 x = 33’38
Für die Menge des Grubengases hat man folgende Werthe:
Aus der bei der Verbrennung entstandenen Kohlensäure l(3-60
Aus der Contraction 16‘45
Aus dem verbrauchten Sauerstoff 16-69
Im Mittel 16-58
Die procentische Zusammensetzung des durch Auskochen aus dem
Wasser erhaltenen Gasgemenges ist somit folgende:
Kohlensäure 25-64
Grubengas 51 -74
Stickstoff 22-62
100-00
923’25 Grin. Wasser gaben beim Auskochen 82*72 Vol.1) ent-
sprechend 20’58 Cubikcent. Gas (bei 0° und 1 Meter Quecksilberdruck
gemessen), 10000 Grm. des Wassers liefern demnach durch Auskochen
305-92 Cubikcent. Gas von der Quellentemperatur 1D750 C. und unter
dem Drucke von 760 Mm. u. z. :
Kohlensäure 78*44 Cubikcent.
Grubengas 158-28 „
Stickstoff 69-20 „
305-92
Analyse der in der Quelle frei aufsteigenden Gase.
Die Gase wurden in Röhren aus leicht schmelzbarem Glase auf-
gefangen und die Röhren nach dem Füllen sofort zugeschmolzen.2)
9 Eine solche Yolumseinlieit der Absorptionsröhre, in welcher das Gas ange-
sammelt wurde, entspricht 0'2488 Cubikcent.
2) Zum Ansammeln der in Quellen frei aufsteigenden Gase benütze ich seit
vielen Jahren mit grossem Vortheile das von Bimsen (Gasometrische Methoden,
pag. 2) empfohlene Verfahren mit einer Abänderung, durch welche das Zuschmelzen
der Röhren wesentlich erleichtert wird. Die Sammelröhren fertige ich aus Röhren
von leicht schmelzbarem Thüringer Glase, die eine Wandstärke von ungefähr 1'5
bis 2 Mm. und einen inneren Durchmesser von 10 bis 12 Mm. besitzen. Die Füllung
geschieht in derselben Weise, wie dies Bimsen 1. c. beschreibt; wenn das Gas die
Röhre bereits bis unter die Verengung erfüllt, dann wird Trichter und Stöpsel unter
dem Niveau des Quellbassins herausgezogen und ein Kautschukstöpsel eingeführt,
in dessen Bohrung ein zweischenkliges Glasrohr steckt, das mit dem Wasser der
Quelle gefüllt wurde; in diesem Zustande, welchen die umstehende Figur 1 zeigt,
kann das Rohr aus der Quelle entfernt und über der Flamme einer Weingeistlampe
mit Leichtigkeit zugeschmolzen werden; es ist empfehlens werth, die Lampe mit
einem dichten Dochte von geringem Durchmesser zu versehen, damit die Flamme
keine zu grosse Ausdehnung erlange und nur ein kurzer Theil der Röhren-
17*
130
E. Ludwig.
[12]
Die Zusammensetzung des Inhaltes verschiedener Röhren wurde bis
auf unbedeutende Differenzen gleich gefunden. Ich lasse die Resultate
der Analysen von dem Inhalte zweier solcher Röhren unter 1. und II.
folgen :
I.
a. Analyse im Absorptionsrohre.
V. t.
P
v0.
Ursprüngliches Gas
162-8 11-5°C.
0-7174
112-08
Nach Absorption der Kohlensäure
162-1 1 2* 1 0 C.
0-7167
111-25
Kohlensäure 0"83 Vol. entspr. 0-74 Proc.
b. Analyse im Eudiometer.
V. t.
P-
v„.
Von Kohlensäure befreites Gas
128-4 11-3°C.
0-1873
23-10
Nach Zugabe von Sauerstoff
452-5 1U6
0-512
222-25
Nach der Explosion
402-0 11-6
0*4614
17793
Nach Absorption der Kohlensäure
377 3 13-1
0-432
155-54
Contraction : 4P32 ; daraus
berechnetes Sumpfg
as 22-16
Kohlensäure: 22‘39 „
)? 15
22*39
Mittel
22-28
Stickstoff 0"82
II.
a. Analyse im Absorptionsrohre.
V. t.
P
v„.
Ursprüngliches Gas
170-6 15° C.
0"6955
11248
Nach Absorption der Kohlensäure
169-2 14-3° C.
0-6957
111-86
Kohlensäure 0‘62 Vol. entspr. 0’55 Proc.
Verengerung erhitzt werde. Da die drückende Wassersäule in dem zweischenkligen
Rohre nur einige Millimeter beträgt, wenn die Dimensionen gut gewählt sind, so
ist das Aufblasen der Röhre
Figur i. beim Zuschmelzen nicht zu
befürchten, kann aber beson-
ders daun nie Vorkommen, wenn
man beim Ausziehen der Sam-
melröhre dafür gesorgt hat,
dass die verengte Stelle dick-
wandig genug blieb. Ich habe
schon zahlreiche Röhren auf
diese Weise gefüllt und zuge-
schmolzen und das Verfahren
wiederholt demonstrirt; niemals
ist mir die Operation des
Zuschmelzens misslungen. Die
ausgezogene Röhre wird, wie
es die Figur 2 versinnlicht, mit
ihrem dünnen Ende in einen durchbohrten Kork gesteckt, dessen Bohrung oben
noch durch ein cylindrisches Stück Kork verschlossen ist, das nicht ganz bis zur
Röhrenspitze reicht; auf diese Weise geschützt, lassen sich dann die Röhren ohne
Gefahr transportiren.
Chemische Analyse der Darkauer jodhaltigen Salzsoole- 131
b. Analyse im Eudiometer.
V.
t.
p-
v„.
Von Kohlensäure befreites Gas
70-3
15-7° C.
0-2403
15-97
Nach Zugabe von Luft
297-9
15-7
0-4832
136-13
Nach Zugabe von Sauerstoff
355‘5
15"6
0-5436
182-82
Nach der Explosion
318-8
16-2
0-5054
152-11
Nach Absorption der Kohlensäure
299-0
16-2
0-4839
136-59
Nach Zugabe von Wasserstoff
502-6
16-3
0-6688
317 22
Nach der Explosion
373-8
17-2
0-5489
19303
Contraction 30‘71 ;
daraus berechnetes
Grubengas 15 36
Kohlensäure 15-52
3?
37
77
15-52
Verbrauchter Sauerstoff 30’48
7)
33
33
15-24
Mittel
15-37
Stickstoff
0-60
Aus diesen analytischen Ergebnissen wird durch Rechnung
folgende
procentische Zusammensetzung für
die zwei
Gasproben gefunden.
I.
II.
Kohlensäure
0-74
0-55
Grubengas
95-73
95-7 1
Stickstoff
3*53
3-74
100-00
100-00
Die Darkauer Salzsoole ist nach den vorausgegangenen Resultaten
der Untersuchung unter die bekanntesten jodhaltigen Mineralwässer
einzureihen, ihr Jodgehalt ist kleiner, als der des Haller Wassers,
nahezu gleich dem der Adelheidsquelle zu Heilbrunn, bedeutend
grösser, als der der Wässer von Lu hat sc ho witz in Mähren, Lippik
in Slavonien und Ivouicz in Galizien; im Gehalte an Brom wird das
Darkauer Wasser von keinem der genannten erreicht.
Die grösste Aehnlichkeit in der Zusammensetzung hat das Wasser
von Darkau mit dem von Hall, von den Wässern der übrigen ge-
nannten Quellen unterscheidet sich das Darkauer Wasser dadurch, dass
es kein kohlensaures Natrium enthält.
In der folgenden Tabelle habe ich die Bestandtheile der oben
angeführten jodhaltigen Wässer zusammengestellt, die analytischen
Resultate sind für je lOOOO Theile Wasser so umgerechnet, dass eine
directe Vergleichung möglich wird.
132
E. Ludwig.
[14]
Heil-
brunn3)
Adel-
heids-
quelle
Ivonicz 3)
d
* S3
Luhatscliowitz5)
Darkau
Hall1)
Karls-
quelle
Ama-
lien-
quelle
.-ajg
►—3 d
in
O
Yincenz-
Brunnen
Louisen-
quelle
Kohlensäureanhydrid
1-5230
4-366
3-4810
24-8836
22-7287
14 960
69-526
63 239
Kicselsäurcanhydrid .
0 1225
0-249
0-1916
0-1874
0-1905
0-500
0-515
0-620
Schwefclsäiireanhydrid
—
—
00351
—
—
2-086
—
—
Bo rsänreanhy drid . .
0-1435
—
—
Spur
Spur
—
• —
—
Phosphorsiiuroanhydrid
—
—
Spur
Spur
Spur
—
0-008
0014
Salpetrige Säure . .
Spuren
—
—
—
—
—
—
—
Chlor
153-142
79-689
30-0935
51-7744
48-2617
3-984
19-6942
27-4448
Brom
1097
0-508
0-3720
0-1793
0T783
—
0-2586
0090
Jod
0-2256
0-390
0-2423
0-1390
0-1310
0 033
0T465
0-2006
Fluor
—
—
—
—
—
—
0-009
0-0060
Kalium
0-6718
0-2016
0 1237
0-5015
0-4772
0868
1-2261
1-1055
Natrium
86-6819
47-848
23T725
40-7666
38-1349
8-5026
25-2987
41-6170
Lithium
0-0866
—
—
0-0206
00199
Spur
0-0023
00030
Ammoniak
0-5770
0-2354
—
0-0668
0-0636
—
—
—
ßaryum
0 1533
—
—
0-1346
0T263
—
0-064
00612
Strontium
Spuren
—
—
0-0054
0-0052
—
00723
0-1102
Calcium
6-9289
1-445
0-3042
0-9704
0-9047
0-529
2-4490
32200
Magnesium
2-5862
0-7464
0-0535
02432
0-2195
0156
0-1571
0-3177
Eisen
00416
00233
00452
0-0202
0-0947°)
jo-0337)
0-0700
0 11689)
Aluminium
—
0-0782
0099
Spur
Spur
0-0201
0038
Organische Substanz .
Summe der festen Bo-
0-6264
—
02146
0 1586
0-1487
—
—
—
standtheile . . .
2540414
130715
60-1501
106-927
99-999
25-117
71-398
109-980
Grubengas 8) ....
115-3
—
167-1
413-9
374-2
—
—
—
Stickstoff
52-0
—
136 3
87-2
78-8
—
—
—
Sauerstoff
28-7
Das Auftreten von in der Quelle frei aufsteigenden Gasen ist von
Pettenkofer für die Adelheidsquelle und von Torosiewicz
sowie von Alexandrowicz für die Quellen in Ivonicz angegeben;
die Untersuchung ergab auch in diesen Fällen einen grossen Gehalt
an Grubengas.
’) Analyse von A. Kauer, Sitzungsberichte der kaiserl. Akademie der Wissen-
schaften in Wien, 37. Bd. pag. 27. 2) Analyse von Pettenkofer, Annalen der
Chemie u. Pharmacie, Bd. 77, p. 183. 3) Analyse von Alexandrowicz, Krakau,
Buchdruckerei der k. k. Universität 1867. 4) Analyse von A. Kauer, Sitzungsbericht
der Wiener Akad. d. Wiss. 47. Bd., pag. 101. “) Analyse von J. v. Ferstl, Jahrb.
der k. k. geolog. Reichsanstalt in Wien, Jakrg. 1853, pag. 683. °) Nebst 0 0074,
resp. 0 0342 Mangan. T) Eisenoxyd und Thonerde zusammen. 8) Die Zahlen für
die Gase bedeuten Cubilcccnt. (bei 0° und 760 Mm. Druck). 9) Nebst 0-0227 resp.
0 016 Mangan.
V. lieber vulkanische Gesteine der Galopagos- Inseln.
Von Frank A. Goocli
aus Cambridge Mass.
Die geologische Beschaffenheit der Galopagos-Inseln, welche im
stillen Ocean unter dem Aequator fünf- bis sechshundert Meilen von
der Westküste Südamerikas entfernt liegen, bildet den Gegenstand
eines besonderen Kapitels von Charles Darwin’s Werke „Geological
Observations on the Volcanic Islands visited during the Voyage of
H. M. S. Beagle.“
Nach Darwin’s Schilderung wird der Galopagos-Archipel von
fünf grösseren und mehreren kleinen Inseln gebildet, die vulkanischen
Ursprungs sind und zusammen der Area nicht aber der Ausdehnung
des Landes nach die Grösse Siciliens mit Einschluss der jonischen
Inseln erreichen. — Zwei Krater wurden in voller Thätigkeit gesehen
und auf mehreren Inseln scheinen die Lavaströme neuen Ursprungs zu
sein. Die Zahl der Krater, welche bald nur die Grösse von Löchern
zeigen, bald einen Umfang von mehreren Meilen erreichen, beträgt
wahrscheinlich mehr als zweitausend; sie bestehen zum Theile aus
Schlacken und Laven, zum Theile aus braunem Tuff, welcher wahr-
scheinlich durch die Zerreibung basaltischer Laven in dem Inneren
thätiger submariner Krater entstand.
Die basaltischen Laven enthalten nach Darwin glasigen Feld-
spath in grossen zerbrochenen Krystallen , deren Durchmesser von
2'5 Mm. bis D25 Cm. variirt , und welche von Lava eingehüllt, ge-
rundet und durchdrungen sind, wie Fragmente fremder Gesteine in
einer Trappmasse.
Die basaltischen Laven der nördlichen Inseln scheinen mehr
Feldspath zu enthalten als die der südlichen Inseln, und der Feldspath
selbst zeigt immer die Spaltbarkeit von Plagioklas mit Ausnahme
einiger Krystalle von einem Theile der James-Insel, welche wie Ortho-
klas spaltbar waren. Olivin wurde in Gesellschaft von Plagioklas
getroffen, Krystalle von Augit oder Hornblende aber nur in einigen
Fragmenten, welche von einem kleinen Krater auf der James-Insel
ausgeworfen wurden; diese Fragmente bestehen aus Zwillingen von
Plagioklas und halbgerundeten Körnern eines stahlblauen Augits, der
durch Winkelmessungen bestimmt wurde.
Mineralogische Mittheilungen. 1876. 2. Heft. (Frank A. Gooch.)
134
Frank A. G-ooch.
[2]
Lagen von Asche und weit ausgeworfene Schlacken kommen nur
äusserst selten vor; echter Trachyt-Obsidian oder Bimsteine wurden
nicht beobachtet.
Durch die besondere Güte des Herrn Directors G. Tschermak
bot sich mir die Gelegenheit, einige Gesteine des Galopago-Archipels
mikroskopisch zu untersuchen , deren Beschreibung ich in den nach-
folgenden Zeilen zu geben versuche.
Lava-Schlacken.
Eine schwarze glasartige Schlacke von der Insel Bindloe ist von
glänzender Oberfläche und sowohl auf der Bruchfläche als auf der
Aussenseite irisirend; sie enthält hie und da makroskopische Frag-
mente von glasigem Feldspath, — ein Fragment in dem mir vorlie-
genden Handstücke hat beispielsweise einen Durchmesser von beiläufig
4 Mm. Die Bruchfläche eines zweiten Stückes von demselben Fund-
orte zeigte an Theilen des Inneren , welche zunächst an die Aussen-
fläche grenzten , eine gelbe Färbung. Von diesem zweiten Stücke
wurden Dünnschliffe angefertigt.
Die dunkleren Theile der Lava bestehen aus einer undurchsich-
tigen Grundmasse, welche kleine nadelförmige Krystalle von Plagioklas
enthält, die glänzende Pölarisationsfarben und charakteristische Zwil-
lingsformen zeigen. Hie und da kommen auch kleine Theilchen von
Olivin vor, der durch die. glänzenden Farben im polarisirten Lichte
und durch die rauhe Beschaffenheit der Umrisse leicht zu erkennen
ist. Wenn die Grundmasse ins Gelbliche übergeht , erscheinen die
krystallinischen Bestandtheile zahlreicher in dem durchsichtigen Glase.
Das klare gelbe Glas, welches die gelben Theile des Bandstückes
bildet, ist ausser dem Plagioklas und Olivin, auch reich an Mikrolithen,
die deutlich an der Bildung grösserer Krystalle theilnehmen. Die
Ränder der Poren sind häufig, doch nicht immer von einer rothen
eisenhaltigen (vielleicht chloritischen) Materie eingefasst, welche zuweilen
aber viel seltener in runden Flecken im Inneren des Glases vorkommt
und wahrscheinlich auch dann in Verbindung mit Poren stand, welche
aber im Dünnschliffe nicht erscheinen.
Eine dunkle Lava-Schlacke, äusserlich von matter Bleifärbung an
allen Stellen, in welchen sie ihren Glanz bewahrt, und eine dunkel-
rothe Schlacke von derselben Localität (Bindloe-Insel) zeigt unter dem
Mikroskope eine opake Grundmasse, welche nirgends durchsichtig wird,
und einige wenige kleine Krystalle von Plagioklas und noch seltener
Olivin enthält.
Eine dunkle Schlacke von Abingdon, braun, glänzend und zuweilen
irisirend ist in mikroskopischer Beziehung letzterer ganz ähnlich.
In der rothen Lava bemerkte ich keine makroskopischen Krystalle,
wohl aber kommt in jeder der beiden anderer Feldspath vor, wenn-
gleich er nur selten mit freiem Auge erkennbar ist.
Eine ziegelrothe Schlacke von Puerto de los Cuevos auf der
Charles-Insel zeigt im Dünnschliffe grosse Krystalle von Olivin in einer
halbdurchsichtigen glasartigen Grundmasse eingebettet. Der Dünnschliff
Ueber vulkanische Gesteine der Galopagos-Iuseln.
135
[•-]
enthielt keinen Plagioklas, obwohl dieses Mineral an dem Handstücke
in kleinen makroskopischen Krystallen vorkam.
Leicht zerbrechliche Lapilli von Bindloe bis zn 2 Cm. im Durch-
messer, von dunklem, glänzenden Aeusseren unterscheiden sich in der
äusseren Erscheinung nur wenig von der zuerst beschriebenen Schlacke
derselben Localität. Die Dünnschliffe zeigen ein gelbes Glas reich an
Gasporen mit hie und da zerstreuten Glaskörnchen in einem Anfangs-
stadium von Krystallisation und selten vorkommende winzige krystalli-
nische Fragmente, die wahrscheinlich Feldspath sind. Die Lapilli sind
ausserordentlich leicht zerbrechlich und es ist daher sehr wahrscheinlich,
dass die krystallinischen Bestandtheile ungeachtet ihres Vorhandenseins,
während des Dünnschliffes ausfielen.
Eine Lava-Schlacke von Charles-Insel ist auf der Aussenseite von
einer ziemlich festen grauen glasigen Rinde umgeben. Unter dem
Mikroskope sieht man in den dunklen porösen Theilen der Lava eine
dunkle Grundmasse, welche Olivin enthält. Die Olivin-Bestaudtheile
sind oft sehr gross , bis zu 2 Mm. im Durchmesser, und umschliessen
Partikeln von Glas. Die helleren Theile der Lava enthalten gleichfalls
Olivin, dessen Structur sehr eigenthümlich ist, indem die Masse Körner
einer glasigen Materie in beträchtlicher Zahl enthält. Winzige Mikro-
lithen, die Plagioklas zu sein scheinen, kommen im hellen Glase vor.
Basalt -Laven.
Mehrere Stücke der basaltischen Lava von Bindloe und Abingdon
sowie ein Exemplar unbekannten Fundortes, sind einander sehr ähnlich
und mögen unter einer gemeinschaftlichen Beschreibung zusammen-
gefasst werden.
Die Gesteine sind sehr grob porös und die Zwischenmasse besteht
halb aus einer dichten Grundmasse halb aus krystalliriischem Plagioklas.
Besonders bemerkenswert!! ist an diesen Basalten die immense Grösse,
welche der Feldspath erreicht; — ein Krystall in einem Stücke von
Abingdon hat zum Beispiel einen Durchmesser von 3 Cm. in der einen
und von 2‘5 Cm. in der anderen Richtung.
Dünnschliffe von diesen Gesteinen zeigen grosse Krystalle von
Plagioklas in einer Grundmasse eingebettet , welche aus Plagioklas,
Olivin, Augit und einer dazwischen gelagerten Masse zusammengesetzt
ist, welche letztere zum grossen Theile aus Magnetit (oder Titaneisen)
theilweise vielleicht aus Resten ursprünglichen Glases besteht.
Die Grundmasse des Basaltes von Abingdon ist von allen dreien
am besten individualisirt und besteht zum grösseren Theile aus grossen
Fragmenten von Augit, ferner aus Plagioklas und Olivin in ungefähr
gleichen Verhältnissen; Magnetit in geringerer Menge als die übrigen
bildet den Restbestandtheil.
Der Augit in der Grundmasse des Basaltes von nicht näher be-
zeichnetem Fundorte ist kleiner und der Magnetit allgemeiner zerstreut
als in den übrigen, während in dem Basalte von Bindloe gut charak-
terisirter Augit selten vorkommt und Plagioklas so wie Olivin in einem
braunen Glase liegt , welches Magnetit in grosser Menge vertheilt
Mineralogische Mittheilungen. 1876. 2 Heft. (Frank A. Gooch.) 18
13G
Frank A. Goocli.
[4]
enthält. Von den krystallinischen Bestandteilen dieses Basaltes gehört
der Augit einer violetten Varietät an und enthält Glaseinschlüsse,
Magnetit und mikrolithfschen Plagioklas. Der Olivin zeigt Glasein-
schlüsse und ist ohne Ausnahme mehr oder weniger von Chlorit be-
gleitet. Der Plagioklas erscheint in der Regel im polarisirten Lichte
schön gestreift und die grösseren Krystalle desselben, besonders die in
dem Basalte von Bindloe, zeigen sehr oft die beiden charakteristischen
Zwillingsrichtungen auf demselben Krystalle. In letzterem Falle ist
nur die eine der beiden Streifenreihen häufig mit diagonalen feinen
Spaltlinien markirt, während die andere keine ähnliche Erscheinung
zeigt. In beinahe jedem grossen Krystalle von Plagioklas kommen
Glaseinschlüsse vor, welche theilweise krystallisirt und reich an Ma-
gnetit sind und oft in beträchtlicher Menge sowie in bedeutender Grösse
auftreten.
Ein dichter grauer Basalt von Bindloe , ist porphyrisch und
reich an Krystallen von Plagioklas, welche, obgleich kleiner als in den
früher beschriebenen Basalten, dennoch einen Durchmesser von etwa
1 Cm. erreichen. Die Grundmasse ist besser individualisirt als in den
anderen Basalten und die krystallinischen Gemengtheile sind ausnahms-
weise scharf abgegrenzt. Der Augit ist von blasser Farbe, der Olivin
stets von Chlorit begleitet, und kleine Flecken von hellrothem Eisen-
glanz kommen gelegentlich mit Magnetit vor, der überaus häufig
erscheint.
Ein röthlicher compakter Basalt von der Insel Hood besteht aus
Plagioklas und Augit in kleinen Krystallen, aus Olivin in zuweilen
ziemlich grossen Fragmenten (z. B. 2 Mm. im Durchmesser) und in
Begleitung von Chlorit, Magnetit in reicher Menge und ein bräunlich
weisses Glas, welches verhältnissmässig rein ist, füllen die Zwischen-
masse aus.
Ein dichter Basalt von unbestimmtem Fundorte enthält Plagioklas
und Augit in einer Grundmasse von Fragmenten aus Augit und Ma-
gnetit. Olivin und Glas wurde nicht entdeckt.
Ein mandelsteinartiger Basalt von der Charles-Insel, dessen Grund-
masse sehr dicht ist, enthält makroskopischen Augit, Olivin und Pla-
gioklas. In dieser Grundmasse sind Plagioklas-Krystalle eingeschlossen,
welche zuweilen sehr gross sind und P5 Cm. im Durchmesser erreichen.
Der Dünnschliff zeigt eine Masse von kleinen Plagioklas - Krystallen mit
Olivin-Fragmenten, welche in einem reich mit Magnetit besetzten Glase
liegen; zuweilen kommen grosse Fragmente von Olivin und Augit vor.
Ein sehr poröser Basalt von der Hood’s-Insel, dessen Poren
schichtenweise liegen, enthält Olivin, Plagioklas, Augit und etwas Glas.
Zwei andere Basalte von unbestimmtem Fundorte zeigen Plagio-
klas, Olivin und Augit. In dem einen Stücke ist der Augit sehr weiss
und von Olivin schwer durch die Farbe zu unterscheiden, in dem
anderen aber violett. Beide enthalten Magnetit in reichlicher Menge.
In dieser Reihe von Laven ist der Grundsatz, welchen Haarman’s1)
mit Bezug auf Melaphyre nachgewiesen hat, dass nämlich die Entwicklung
’) Mikroskopische Untersuchungen über die Structur und Zusammensetzung
der Melaphyre. Leipzig 1872.
[5]
lieber vulkanische Gesteine der Galopagos-Inseln.
137
des Augit im umgekehrten Verhältnisse zur Menge des eingestreuten
Glases stehe, in auffallender Weise illustrirt, denn wo immer gut ent-
wickelter Augit in der Grundmasse vorkommt, ist entweder kein oder
nur wenig Glas zu finden.
In keinem dieser Gesteine ist Nephelin beobachtet worden, obwohl
dies keineswegs auf vollständigen Mangel desselben schliessen lässt,
denn die Beschaffenheit der Grundmasse ist oft, insbesondere bei den
zuletzt beschriebenen Basalten , eine derartige, dass Nephelin, wenn
nur in winzigen Formen anwesend, kaum aufgefunden werden könnte.
Die Bimssteine , welche auf Indefatigable und Abingdon Vor-
kommen, scheinen von Darwin während seines Besuches dieser Inseln
übersehen worden zu sein, und zeigen im Dünnschliffe die gewöhnliche
Structur einer glasigen Masse mit in einander geflochtenen Fäden,
welche viele Dampfporen enthält. Die beiden mir vorliegenden Bims-
steinstücke von den genannten Inseln enthalten kleine Stückchen von
Feldspath, wahrscheinlich Orthoklas, in beträchtlicher Menge, und in
dem Dünnschliffe des Exemplares von der Insel Indefatigable fand ich
zwei grosse Fragmente von Orthoklas , eines von Plagioklas, mehrere
von einem grünen Augit (sehr schwach dichroitisch) und eines von
Olivin. In der Zerbrechlichkeit des Materiales mag vielleicht der Grund
für die Abwesenheit ähnlicher Mineralien in dem Bimsstein von Abingdon
zu suchen sein. Die chemische Analyse des Bimssteines von Indefati-
gable gibt in dem luftgetrockneten Gesteine 1 2*45 Perc. Verlust an
Wasser und organischen Bestandtheilen durch Erhitzung, 61 ‘48 Perc.
Kieselsäure.
Ein Auswürfling von c. 2 Cm. im Durchmesser von der Charles-
Insel ist ein körniges Gemenge von Olivin und Bronzit mit wenig
Picotit, sehr ähnlich den Auswürflingen von Olivinfels aus der Eifel
und von Kapfenstein in Steiermark.
Eine Breccie von Indefatigable besteht aus Resten von Muscheln,
welche durch ein Kalkcement verkittet worden sind, und enthält kleine
gerundete Körner von Lava von circa O'l — 1‘00 Cm. im Durchmesser.
Die Beschaffenheit dieser Lava ist im Allgemeinen der der vorherbe-
schriebenen Basalte ähnlich, nämlich eine Masse von Augit, Plagioklas,
Olivin und einer chloritischen Materie. In frischen Körnern zeigt der
Plagioklas im polarisirten Lichte die farbigen Streifungen der gewöhn-
lichen Zwillingsstructur ; die Polarisation ist aber oft sehr schwach.
Fragmente von ziemlich frischem Olivin in Begleitung von etwas
Chlorit, violettfärbiger Augit und Magnetit in reichlicher Menge kommen
gewöhnlich vor. In vielen Fällen aber blieb von der ursprünglichen
Lava nichts anderes übrig als einige nadelförmige Ivrystalle von Pla-
gioklas, die noch Streifungen aber kein Farbenspiel im polarisirten
Lichte zeigen, ein oder zwei Körner von Olivin und eine Masse von
bräunlichem bisweilen sehr dunklem Chlorit. Zwischen diesen beiden
Extremen gibt es zahlreiche Abstufungen und es ist eigenthümlich,
dass man Augit nur selten findet, selbst wenn Plagioklas und Olivin in
ziemlich unzersetztem Zustande reichlich vorhanden sind. In jedem
Korne kommt ohne Ausnahme eine Substanz vor, die wie Feldspath
aussieht, aber zwischen gekreuzten Nicols mehr oder weniger die
18*
13 S
Frank A. Gooch.
[6]
Eigenschaften eines einfach brechenden Minerales zeigt, indem sie
dunkel bleibt; gewöhnlich aber kann man schwache Spuren einer
longitudinalen Streifung in Weiss und Schwarz finden, und in der
dunklen Lage jedes Streifens ist dessen Richtung zur Polarisationsebene
geneigt. Es lässt sich nicht zweifeln, dass diese Substanz durch die
mehr oder weniger vollständige Zersetzung des ursprünglichen Plagio-
klases entsteht, der zuweilen kaum mehr erkennbar ist.
Hier haben wir somit einen sedimentären Kalkstein vor uns,
welcher Lavatheilchen in jedem Grade der Zersetzung umschliesst und
das Hauptinteresse bei demselben liegt in seiner Beziehung zur Frage
über den Ursprung des Glaukonits der Kreideformation.
Ehrenberg1) versuchte zuerst eine Erklärung über den Ur-
sprung des Glaukonits der Kreideformation zu geben, wenngleich
Man teil2) früher schon die Ausfüllung der Kammern der Polythalmien
mit Kreide, Feuerstein und Eisensilicate bemerkte, und schreibt sein
Vorkommen der Ausfüllung organischer Zellen, die in der Regel aber
nicht immer Polythalmien angehören, nach Art einer Steinkernbildung
durch natürliche Injection zu, welche oft so vollständig ist, dass die
feinsten Canäle der Zellenwände und der verbindenden Tuben getrennt
dargestellt werden.
Bailey3) fand Grünsand, welcher Hohlräume von Corallen und
Stacheln der Echini ausfüllte und Abdrücke von Röhren bildete, welche
den Löchern bohrenden Spongien (Cliona) und Würmern glichen, und
schloss aus Pourtales sowie aus eigenen späteren Beobachtungen, dass
die Bildung des Grünsandes bis zur Gegenwart in oceanischen Sedi-
menten fortdauere; er dachte sich den Ursprung dieser rundlichen
Körperchen sowohl jener, welche keine erkennbare organische Form
haben und oft ganze Strata bilden, sowie jener, welche wohl abgegrenzte
Abdrücke bilden , im Zusammenhänge mit organischen Wesen, und
betrachtete die Ablagerung von rothen und grünen Eisensilicaten und
von nahezu reiner Kieselsäure als in wesentlicher Verbindung mit der
Zersetzung organischer Materie stehend.
Hunt4) beschreibt den Ersatz der Sarcode in dem jüngst ent-
deckten Eozoon-Canadenre durch weissen Pyroxen, einen blassgrünen
Serpentin und durch ein dunkles Thon-Magnesia-Silicat, welches er für
Loganit hält. Serpentin und Pyroxen kommen mit einander selbst in
einer und derselben Kammer vor und es scheint, als ob sie in der
Regel zu verschiedenen Zeiten eines continuirlichen Processes abgelagert
worden wären.
Aus seinen Beobachtungen schliesst Hunt, dass die Silicate,
welche jetzt Pyroxen, Serpentin und Loganit bilden, direct in Gewässern
abgelagert worden wären, in denen jetzt Eozoon entweder noch wächst
oder erst kürzlich zu wachsen aufgehört hätte, und dass diese Silicate
die kalkartige Structur desselben genau in derselben Weise durch-
dringen, umhüllen und preserviren, wie es Kalkcarbonat gethan hätte.
') Monatsber. d. Bert. Akad. 1854, p. 874, 384.
2) Phil. Trans. 1846, p. 466.
s) Ainer. Jour. Science (2) XXII, 280.
4) Quart. Jour. XXI, 67.
[7]
Ueber vulkanische Gesteine der Galopagos-Inseln.
139
Die Verbindung dieser Silicate mit Eozoon hält er für zufällig und
schreibt die Bildung der mächtigen Lager von Serpentin und die grossen
Massen von Pyroxen derselben Ursache zu, welche die Ausfüllung
organischer Formen veranlasste. Es ist wahrscheinlich, sagt er, dass
Glaukonit durch chemische Reactionen im Schlamme am Grunde des
Meeres gebildet worden ist, wenn die aufgelöste Kieselsäure mit Eisen-
oxyd in Berührung kommt, welches von organischer Materie löslich
gemacht wurde. Die daraus sich entwickelnden Silicate setzen sich in
den Hohlräumen der Muscheln und an anderen leeren Orten ab. Ein
in seinen Resultaten diesem analoger Process hat die Kammern der
laurentinischen Foraminiferen mit anderen Silicaten gefüllt, aber wegen
der verhältnissmässig seltenen mechanischen Verunreinigungen der
Silicate dürften letztere in reinem Wasser abgesetzt worden sein. Thon-
erde und Eisenoxyd nehmen an der Zusammensetzung von Loganit1) wie
von Glaukonit Theil, doch in anderen stellvertretenden Mineralien, wie
Pyroxen und Serpentin, kommen nur Kalk- und Magnesia-Silicate vor;
diese wurden wahrscheinlich durch die directe Einwirkung von Alkali-
Silicaten, welche entweder durch atmosphärisches Wasser oder durch
submarine Quellen aufgelöst wurden, auf Kalk- und Magnesiasalze des
Seewassers gebildet.
Gümbel,2) Robert Hoffman3) und Dawson4) haben in ähn-
licher Weise injicirte organische Formen bemerkt; Hoffman beschreibt
ein grünes Magnesia-Mineral , welches mit Picrosmin , ein braunes
Mineral, welches nicht magnesiahältig und mit Fahlunit oder näher
mit Jollyit verwandt ist, als das impregnirende Mineral, und Dawson
ein dem Jollyit ähnliches Mineral.
Da nun kein Unterschied zwischen der Grünerde, die in Hohl-
räumen der vulkanischen Gesteine vorkommt, und dem Glaukonit der
Kreideformation existirt, da beide in der chemischen Zusammensetzung
ausserordentlich variiren, so folgt daraus, wie Hunt bemerkt, dass
Glaukonit und die verwandten Silicate , oder richtiger gesagt, die
Mischungen von Silicaten , beider Formationen aus einem ähnlichen
Processe entstehen. Dass aber dieser Vorgang eine Zersetzung in situ
von vorher existirenden Mineralien und nicht eine Ablagerung einer
Auflösung sei , scheint mir eine eben so gut begründete Voraussetzung
zu sein. Denn die so oft vorkommenden Pseudomorphosen des Augit,
welche mit Grünerde gefüllt sind, so wie der Uebergang des Olivin in
grüne Zersetzungsprodukte, wie sie Darwin auf der Insel St. Jago
des Capverdiselien Archipels beobachtet hat, auf welcher er eine voll-
ständige Gradation von Olivin bis zur Grünerde verfolgen konnte,
führen zu diesem Schlüsse, und das Mikroskop, welches ein unzwei-
deutiges Zeugniss dafür ablegt, dass Serpentin, Chlorit und ähnliche
Silicate aus der Zersetzung von Mineralien, welche vulkanischen Ur-
sprunges sind, entstehen, stellt die Frage ausser allen Zweifel.
Nach Dana’s Mineralogie ein umgewandelter Amphibol.
2) Monatsber. d. k. Akad. zu München 1866, p. 25.
3) Jour, für Prakt. Chem. Mai 1869.
4) Amer. Jour. Science (3) I, 379 und (3) II, 57.
140
Frank A. Gooch
[8]
In der Breccie von Indefatigable sehen wir Glaukonit oder eine
ähnliche Substanz thatsächlich in dem Processe der Bildung und so
scheint es, dass Glaukonit und ähnliche Silicate im Allgemeinen, ob
sie nun in vulkanischen Gesteinen oder in sedimendären Ablagerungen
Vorkommen, die Zersetzungsprodukte der vulkanischen Bestandtheile
seien. In beiden Fällen ist die Einwirkung atmosphärischen Wassers,
welches Kohlensäure im aufgelösten Zustande mit sich führt, vollkommen
hinreichend, diese Veränderung zu veranlassen; Augit, Olivin, Feldspath
etc. würden unter Abgabe von Kieselsäure in Form des Chalcedon,
der so oft Glaukonit begleitet, zersetzt werden, Kalk und Magnesia
verlieren und Kali behalten , so wie thonartige Erden Kali behalten
und Kalk und Magnesia unter ähnlichen Umständen verlieren.
Dass diese Zersetzung bei Mineralien, welche in Kalkstein einge-
schlossen sind, stattfinden kann, zeigt die uns vorliegende Breccie (von
Indefatigable). Dlb Thatsache endlich, dass Glaukonit seltener in Kalk-
stein als in sedimentären Sandsteinformationen vorkommt, ist ganz in
Uebereinstimmung mit der Theorie seiner Bildung.
Von dem eigenthümliclie Krater bildenden Plagioklas- Tuff, welcher
von Darwin beschrieben, von Bimsen chemisch analysirt und von
Rosen husch mikroskopisch untersucht wurde, stand mir kein Exem-
plar zur Untersuchung zu Gebote.
Schliesslich halte ich es für meine Pflicht , Herrn Director
Tschermak, welcher mich nicht nur in liberalster Weise durch Ueber-
lassung reichhaltigen Materiales unterstützte, sondern auch durch Auf-
munterung und Rath wesentlichen Antheil an der Ausführung und
Vollendung dieser Arbeit nahm, meinen verbindlichsten Dank öffentlich
auszusprechen.
Wien, Laboratorium des mineralog.-petrograph. Universitäts-Institutes.
Regelmässige Verwachsung von Eisenkies mit Eisenglanz
habe ich an einem Eisenkies-Krystall von Elba beobachtet. Der Ivry-
stall zeigt herrschend den Würfel, schwach gestreift nach dem Pyritoeder,
sowie untergeordnet Oktaeder und das Deltoiddodekaeder '-1
Drei in einer Ecke zusamrnenstossende Würfelflächen sind fast
ganz mit einer dünnen Schicht von Eisenglanz bedeckt, welche deutlich
kleine dreieckige Zeichnungen , und zwar gleichseitige Dreiecke , er-
kennen lässt. Diese Dreiecke, projicirten Eisenglanz-Rhomboedern ent-
sprechend, sind erstens in .jeder Schicht parallel unter sich gruppirt,
und zweitens läuft eine ihrer drei Seiten parallel einer Wurfeikante
des Eisenkieses, und zwar immer derjenigen, nach welcher die Streifung
nach dem Pyritoeder geht.
Strassburg i. E., März 187G. Dr. C. Hintze.
Minerale aus dem nordwestlichen Tlieile Schlesiens.
Im 2. Hefte des letzten Jahrganges dieser Mittheilungen berichtete
ich von einigen Mineralen aus dem nordwestlichen Tlieile Schlesiens,
ohne jedoch den Entdecker derselben angeben zu können. Letzterer
Zeit hat nun Herr A. Müller, Forstmeister in Friedeberg in Schlesien,
der mit seltener Umsicht die dortige Gegend durchforscht, und auch der
Entdecker der oben erwähnten Minerale ist, dem mineralogisch-petro-
graphischen Universitäts-Institute eine Suite von Mineralen übermittelt,
deren Vorkommen in dieser Gegend Schlesiens zum Theil noch nicht
bekannt ist, und demnach von einigem Interesse sein dürfte.
Das bekannte Vorkommen von Granat am Gotthausberge bei
Friedeberg, durch grosse schön ausgebildete Krystalle besonders aus-
gezeichnet, bietet auch öfter Krystalle von ungewöhnlicher Combination.
M. Bauer hat auch in seiner Arbeit über „die selteneren Krystall-
formen des Granats“ (Zeitschrift der deutschen geolog. Gesellschaft in
Berlin, Bd. XXVI., pag. 119) die Krystalle vom Gotthausberge ange-
führt, und die Combination der Flächen d (110), t (211), s (321),
142
Notizen.
[2]
n (320) und s (332) angegeben. Das Auftreten eines zweiten Hexa-
kisoktaeders von dem Index (431) schien ihm auch an den Krystallen
von Friedeberg wahrscheinlich, da dieselben denen von der Vallee de
St. Nicolas am Monte Rosa, welche dieses zweite Hexakisoktaeder
zeigten, sehr ähnlich sahen; durch Messung konnte jedoch diese Fläche
nicht mit Sicherheit ermittelt werden. Nun fand Herr A. Müller auch
in Kaltenstein, südöstlich von Friedeberg, unter ähnlichen Verhält-
nissen wie am Gotthausberge, sehr deutlich ausgebildete braunrothe
Granatkrystalle in oft grossen Drusen auf einem Gemenge von körnigem
Granat, Augit, Quarz und Calcit, welche gewöhnlich die von M. Bauer
angegebene Combination der Krystalle vom Gotthausberge zeigen, da-
bei aber auch statt des Ikositetraeders öfter ganz deutliche vicinale
Flächen eines Ilexakisoktaeders auftreten.
Südöstlich von Friedeberg findet sich in Kaltenstein auf Gängen
und Adern im Granit häufig Vesuvian. Es sind säulenförmige Kry-
stalle von der verschiedensten Grösse, öfter auch 2 bis 3 Centimeter
lang, die zumeist regelmässig nach den Säulenflächen durch Quarz,
Calcit und körnigen Granat zu grösseren Aggregaten verbunden sind.
Manchmal sind mehrere grössere Krystalle nach der Richtung der
Säulenflächen zu grösseren 5 bis 6 Centimeter langen und nahezu
ebenso breiten Massen verwachsen. Gewöhnlich ist jedoch die Ver-
wachsung der einzelnen Individuen nicht regelmässig und dann an
der Divergenz der Streifung leicht erkennbar. Die Krystalle sind theils
kolophonbraun, theils olivengrün, glasglänzend, an den Bruchflächen
fettglänzend, und zeigen die Combination der Flächen: d (110),
m (100), c (111), o (Oll) und p (001). Die Endfläche^ ist vorherrschend,
so dass c und o stark zurücktreten.
In dem Glimmerschiefer von Nied er -Lindewiese, westlich
von Freiwaldau, kommen auf Adern von Quarz deutlich ausgebildete
Staurolithkrystalle vor. Die Krystalle sind in den Quarzadern
eingewachsen, zeigen kurze dicke Säulen, und siud häufig noch grossen-
theils von Glimmerschiefer bedeckt. Sie sind schwarzbraun, wenig glän-
zend, gewöhnlich in der Grösse von 5 bis 15 Millimetern und zeigen
die Combination der Flächen: m (110), o (100) und p (001); seltener
tritt auch noch das Prisma r (Oll) auf. Oetter zeigen sich auch die
am Staurolith gewöhnlichen schiefwinkligen Durchkreuzungszwillinge.
Neben dem bekannten Magnetit- Vorkommen in Schlesien, das
dem krystallinischen Schiefergebiete angehört, findet sich auch in
Grenzgrund westlich von Friedeberg und südöstlich von
Wildschütz im Chloritschiefer Magnetit, gangförmig in meist fein-
körnigen, krystallinischen Massen.
E. N eminar.
Tafel VIII.
Fig. 1 stellt eine Partie mitten aus einem Augit des grünen Schiefers von der
Hülle bei Ludwigsdorf dar. Die schwarzen Körner stellen Eisenglanz dar,
die schattirten kleinere und grössei’e secundäre Epidote und die hellen
die Ueberreste des Augites; alle diese sind von der (gleichfalls unschattirten)
secundären Chloritmasse umgeben. Cfr. pag. 99.
Fig. 2 stellt die sonderbaren Einschlüsse aus obigem Augite dar, wie sie im
durchfallenden erscheinen; ihre Vertheilung in den Augifresteu ist in
Fig. 1 durch Pünktchen angedeutet. Cfr. pag. 98.
Fig. 3, 4 und 5 sind Quarzkrystalle mit Mikrolithen-Strängen aus dem chloritischen
grünen Schiefer vom Hofberg bei Berbisdorf. Cfr. pag. 104.
Fig. 6 zeigt die Aggregationsformen derselben Mikrolithen in dem primären Chlorite
desselben Gesteins. Cfr. pag. 105.
Fig. 7 sind grössere Kryställchen von der Natur der Mikrolithen aus dem primären
Chlorit des Schiefers vom Stangenberg bei Berbisdorf. Cfr. pag. 106, ihre
Deutung als Zoisite pag. 112.
Fig 8 ist ein von Epidotkörnchen erfüllter Plagioklas aus dem chloritischen grünen
Schiefer vom Kieferberg bei Grunau. Cfr. pag. 107.
Kalkowsky: Grune Schiefer Siederschlesiens
Tafel VIR
Gez.r.Yerfasser Litk v.P. Xöke, Wien
Tschermak Mineralogische Mitteilungen 1876 Heft II .
Jahrbuch der qeolocj Reichsanstalt, Bd JIYi
MINEKALOGISCHE
M I T T H E 1 l/UNGEN
GESAMMELT VON
GUSTAV TSCHERMAK.
JAHRGANG 1876. HEFT III.
Mit 4 Tafeln und einer Karte.
( Diese Mittheilungen erscheinen zugleich als Beilage zum Jahrbuche der k. k. gcol.
Reichsanstalt.)
WIEN, 1876.
ALFRED HOLDER
K. K. HOF- UND UNIVERSITÄTS-BUCHHÄNDLER
ROTHENTHURMSTRASSE 15.
JAHRGANG 1876.
III. HEFT.
GESAMMELT VON
G. TSCHERMAK
DIRECTOR DES K. K. MINERALOGISCHEN HOF-MUSEUMS.
I. Die Eruptivgesteine der Gegend von Banow
in iähren.
Von Dr. Edmund F. Neminar,
Docent an der Universität Wien.
Das Trachytgebirge der Gegend von Banow, das sich in nordost-
südwestlicher Richtung von dem Schlosse Swietlau — nächst Boikowitz —
an dem Markte Banow vorbei bis Suchalosa erstreckt, stellt nach
Tschermak1) einen mehr als eine Meile langen, in seinen Erhebungen
massigen Höhenzug dar, der südwestlich von der Kuppe Stary-Swietlau
Zweige nach Norden gegen Nezdenitz und nach Süden gegen Komnia
entsendet. Diese dem Trachytgebirge angehörenden Hügel stehen mit
einander in inniger Verbindung, und nur an wenigen Punkten begegnet
man ganz isolirten trachytischen Bergkuppen, wie z. B. bei Hrosenkau,
Wollenau, bei Zaharovitz, oder am Nordende von Banow (Berg Hrad).
Von besonderem Interesse erscheinen, nach Tschermaks Angaben
(1. c.), die Kraterbildungen bei Ordjeow durch ihre Laven und die
Schlacken-Bildungen, welche darauf hinweisen, dass hier eine wiederholte,
wenn auch nicht bedeutende eruptive Thätigkeit stattgefunden habe.
Die trachytischen Gesteine, deren Empordringen nach der Bildung
des Wiener Sandsteins, dessen Schichten sie stets durchbrochen hatten,
erfolgte, bilden zumeist die Berggipfel, treten aber auch öfters an den
Abhängen der Berge auf und bilden zahlreiche für sich abgeschlossene
Gesteins-Partien von mitunter ganz undeutlicher Begrenzung wie bei
Nezdenitz und Neuhof. An manchen Orten ist die Grenze zwischen den
Eruptivgesteinen und dem Sandstein, durch die Veränderungen, welche
das sedimentäre Gestein erfuhr, deutlich ausgesprochen. Der Sandstein
erscheint dann gefrittet, seine Mergelschichten zeigen ein jaspisähnliches
Aussehen, und bilden eine homogene weisslichgraue Masse von musche-
ligem Bruch, die sich auch häufig, bald in Form von kleinen Knollen,
bald in grösseren oder kleineren Trümmern in manchen Augit-Andesiten
findet, wie z. B. in denen vom rothen Berg bei Ordjeow, von Wollenau
') Das Trachytgebirge bei Banow in Mähren. Jahrbuch der k. k. geologischen
Reichsanstalt 9. Jahrgang 1858.
Mineralogische Mittheilungen. 1876. 3. Heft. (Neminar.)
19
Edmund F. Neminar.
144
[2]
und dem Hornblende-Andesit von dem der Kuppe von Stary-Swietlau
zunächst gelegenen Hügel.
Nicht minder interessant als jene eben erwähnten durch Contact-
metamorphismus veranlassten Umbildungen der stedimentären Gesteine
dieses Trachytgebirges, erscheint das oft nicht unbedeutende Auftreten
von Neubildungen der verschiedensten Minerale, wie Calcit, Siderit,
Pyrit, Brauneisenstein, Quarz, Natrolith u. a., in vielen der oft an-
scheinend vollkommen frischen Eruptivgesteine wie z. B. in denen von
Neuhof, vom Berge Hrad (bei Banow), von Wollenau und anderen
Localitäten.
Ist schon diese Frage nach der Neubildung so vieler verschiedener
Minerale in diesen oft vollkommen frischen Gesteinen von solcher Wich-
tigkeit, dass seine mikroskopische Untersuchung derselben, die hier nur
allein alle Bedenken beseitigen konnte, lohnend erschien, so gewann
diese Untersuchung noch dadurch an Interesse, dass die Eruptivgesteine
dieser Gegend bisher überhaupt noch nicht mikroskopisch untersucht
worden sind. Ich fühle mich demnach meinem hochverehrten Lehrer,
dem Herrn Direktor Tschermak, durch dessen Güte mir eine reichhal-
tige Collection dieser Gesteine zur Verfügung stand, zu um so grösse-
rem Danke verpflichtet.
IIornblende-Andesit von Swietlau.
Das dichte dunkelgraue Gestein mit flachmuscheligem Bruche zeigt
schon makroskopisch oft 2 Mm. lange Feldspathkrystalle, zahlreiche 5
bis 8 Mil. lange Hornblendsäulen und öfters auch kleine Augitkrystalle.
Gegenüber diesen Einsprenglingen herrscht die Grundmasse vor, in der
nicht selten grössere und kleinere Körner von Calcit und Eisenspath
als Neubildungen auftreten.
Die mikroskopische Untersuchung ergab in einer feinkrystallinischen,
netzartig aussehenden Grundmasse vollkommen durchsichtige Plagio-
ldaskrystalle von ausgezeichnet lamellarer Zusammensetzung, zuweilen
zu grösseren fächerartigen Aggregaten vereinigt, hin und wieder Sanidin
in einzelnen Körnern oder grösseren Krystallen. Sowohl die Plagioklas-
leisten als auch die Sanidine zeigen Einschlüsse von kleinen Hornblende-
oder Augit-Körnern, und öfters auch von Mikrolithen. In etwas gerin-
gerer Menge als der Feldspath ist die Hornblende vertreten, deren
grosse braune Durchschnitte häufig Zwillingsbildungen, nach dem Ge-
setze Zwillingsaxe die Hauptaxe, Zwillingsfläche die Querfläche (010),
zeigen. Zuweilen hat die Hornblende einen starken schwarzen Körner-
saum und Interprositionen von feinen Feldspathlamellen, häufiger um-
schliesst sie aber einzelne Plagioklasleisten, oder es füllen grössere,
bereits etwas trübe Feldspathaggregate und Mikrolithe das Innere der
Krystalle aus. Neben der Hornblende findet sich auch in nicht unbe-
deutender Menge, ziemlich regelmässig vertheilt, Augit. Auch dieser
zeigt wie die Hornblende öfter Zwillingsbildungen nach dem am Augit
gewöhnlichen Gesetze, Zwillingsfläche die Querfläche (010), enthält
ebenfalls vielfache Einschlüsse, zeigt ausgezeichnete Spaltbarkeit und
meist blassgrüne Farben. Das Ganze ist von Magnetitkörnern durch-
Die Eruptivgesteine der Gegend von Banow in Mäliren.
145
[3]
schwärmt, und untergeordnet finden sich auch lange Apatitnadeln und
Körnchen von Calcit und Eisenspath.
Die Grundmasse ist ein Gemenge von feinen Plagioklasleistchen,
Sanidinkörnern, Hornblende- und Augit-Partikeln. Dazwischen sind Mag-
netitkörnchen in reichlicher Menge verstreut, und zuweilen finden sich
auch Partikeln eines isotropen amorphen Minerals. Dieser isotrope Körper
ist bald mehr, bald weniger trübe, zeigt in der Regel keine oder nur
selten Einschlüsse von Luftbläschen und findet sich auch bei anderen
dieser Gesteine gewöhnlich nur dann in der Grundmasse, wenn dieselbe
bereits etwas verändert erscheint. Aus diesen Gründen halte ich diesen
isotropen Körper als das Produkt der partiellen Umwandlung einiger
Bestandtheile der Grundmasse, und bezeichne ihn deshalb mit dem
Ausdrucke „amorphes Mineral“, welche Bezeichnung ich bei den
folgenden Untersuchungen stets dort beibehalte, wo sich ähnliche Er-
scheinungen, wie die hier angeführten, zeigen. Den Ausdruck „Glas“
wende ich in der Folge nur bei solchen isotropen Körpern an, die we-
niger trüb erscheinen, mitunter Entglasungen und in der Regel eine
grössere Anzahl von Gasbläschen zeigen, welche Umstände eben auf
einen hyalinen Ursprung hinweisen.
Gesteine vom Schlosse Swietlau zeigen ein von den eben beschrie-
benen etwas verschiedenes Aussehen. Sie sind lichtgrau, bereits etwas
zersetzt, zeigen hier und da kleine Klüfte und Drusenräume die mit
winzigen Quarz-Eisenspath- und Calcit-Kryställchen, häufig aber auch
mit Brauneisenstein ausgekleidet sind. Die Feldspathkrystalle erreichen
in diesen Gesteinen oft die Grösse von 7 Mm., sind jedoch meist schon
etwas trübe, dagegen sind die Hornblende- und Augit-Krystalle frisch
aber bedeutend kleiner als in den vorigen Gesteinen. Aus der Grund-
masse gelingt es mitunter vollkommen ausgebildete Hornblende- und
Augit-Krystalle herauszunehmen, von denen die Hornblende die Combi-
nation der Flächen in (110), b (010), a (100), c (001) und r (111);
der Augit die gewöhnliche Combination von m (110), b (010), a (100)
und s (111) zeigt.
Im Dünnschliff erscheinen im Allgemeinen dieselben Verhältnisse,
wie bei den vorigen Gesteinen. Hervorzuheben wäre nur, dass auch
hier Augit neben der Hornblende in ziemlich grosser Menge auftritt,
dagegen in der Grundmasse sich nur selten Hornblende- und Augit-
Blättchen finden. Viel stärker als in den vorigen Gesteinen sind bei
diesen in der Grundmasse, die hier eine deutliche Fluidalstruktur der
winzigen Plagioklasleistchen zeigt, Magnetitkörner und Partikeln eines
amorphen Minerals vertreten.
Mornbleiule-Aiidesit von Stary-Swietlau.
Südwestlich von dem Schlosse Swietlau bildet die Bergkuppe
„Stary-Swietlau“ den höchsten Punkt des ganzen Trachytgebirges, und
zeigt mit ihrem benachbarten Hügel Gesteine, die von denen des Schlosses
Swietlau wesentlich verschieden sind. Die Kuppe bietet lichtgraue
Gesteine in deren feinkrystallinischer Grundmasse kleine, meist schon
etwas trübe Feldspathkrystalle, und selten grössere, zumeist nur kleine
Hornbleudesäulchen ausgeschiedeu sind.
la*
146
Edmund F. Neminar.
t4j
Unter dem Mikroskop erweist sich der Feldspatk zum grössten
Theil aus Plagioklas von ausgezeichnet lamellarer Zusammensetzung
und schaliger Struktur. Mitunter kommen parallele Verwachsungen einer
Reihe von grösseren Plagioklaskrystallen vor, manchmal wieder bilden
sie, wie bei den Gesteinen von Swietlau, förmliche fächerartige Aggre-
gate. Gewöhnlich sind die Plagioklase etwas trüb, und ebenso wie die
wohl nur ganz untergeordnet auftretenden Sanidine mit Einschlüssen
von Mikrolithen und Magnetit, vorzugsweise aber mit Grundmasse so
erfüllt, dass die Krystalle von der Grundmasse ganz unscharf abgegrenzt
erscheinen. Nicht selten finden sich auch die Einschlüsse parallel den
Krystallumrissen in mehrfachen Zonen angeordnet. Die Hornblende tritt
meist in kleinen Ivrystallen auf und nur selten finden sich grössere
Fragmente die überdies häufig zersetzt erscheinen. Augit tritt in diesen
Gesteinen fast ganz zurück, und nur hin und wieder deutet eine
Pseudomorphose auf dessen Vorhandensein. Neben diesen Bestandtheilen
finden sich noch hier und da kleine Biotitblättchen, Apatitnadeln und
Magnetit; letzterer aber auch nicht in dieser Menge wie bei den Ge-
steinen vom Schlosse Swietlau.
Die feinkrystallinische Grundmasse ist ein wirres Gemenge von
Plagioklasleistchen, Mikrolithen, Hornblendeschüppchen und Magnetit-
körnchen.
Ein anderes in seinem Habitus von dem eben beschriebenen
wesentlich verschiedenes Gestein von dunkelgrauer Farbe, nahezu splitt-
rigem Bruch und vielen Einschlüssen von Porzellanjaspis, findet sich an
dem der Kuppe Stary-Swietlau benachbarten Hügel. In einer dunkel-
grauen dichten Grundmasse gewahrt man, neben jenen eben erwähnten
Einschlüssen, nur kleinere Feldspathe und zuweilen auch einige Horn-
blendekrystalle.
Im Dünnschliff zeigt sicht eine grosse Anzahl kleiner Plagioklas-
leisten die vollkommen durchsichtig und stellenweise parallel angeordnet
sind, ferner eine reichliche Menge von kleinen Hornblendesäulchen und
Magnetitkörnern. Augit findet sich nur äusserst selten, und dann auch
nur in winzigen Kryställchen.
Die Grundmasse zeigt ein dichtes Gemenge von Mikrolithen,
winzigen Hornblendeblättchen, Magnetitkörnchen und Glaspartikeln.
IIoriiI)leii(le-Aii(lesit von Neuliof.
Die Gesteine von Neuhof, die den von der Kuppe Stary-Swietlau
westlich gelegenen Hügeln des Trachytgebirges angehören, zeigen ein
bräunlich graues Aussehen, ein krystallinisches Gefüge und flachmu-
scheligen Bruch. In der feinkrystallinisclien Grundmasse sind grosse
schwarze Hornblendekrystalle, und in grosser Anzahl deutlich gestreifte
Plagioklaskrystalle ausgeschieden. Neben diesen wesentlichen Bestand-
theilen kommen auch Calcit- und Siderit-Körner vor. In etwas umge-
wandelten Gesteinen finden sich Brauneisenstein-Partikeln, welche letztere
dann durch das ganze Gestein fein vertheilt sind und so dessen bräun-
liche Farbe verursachen.
Einsprenglinge und Grundmasse befinden sich nahezu im Gleich-
gewichte.
[5]
Die Eruptivgesteine der Gegend von Banow in Mähren.
147
Im Dünnschliff zeigen die grossen Plagioklaskrystalle in ausge-
zeichneter Weise ihre charakteristische Zwillingsstreifung, enthalten
vielfache Interpositionen von Mikrolithen und Magnetitkörnchen, die
bald wie ein netzartiges Gewebe die Krystalle durchziehen, bald wieder
in Gemeinschaft mit Mikrolithen parallel den Krystallumrissen ange-
ordnet sind. Häufig zeigen auch hier die Plagioklaskrystalle eine deutlich
ausgesprochene sehalige Struktur. Sanidin ist ganz untergeordnet zu-
meist in kleinen Körnern, seltener in Ivrystallen, und dann in Zwillingen
nach dem Karlsbader Gesetze vorhanden. Die Hornblende ist seltener
vollkommen frisch und zeigt öfter Einschlüsse von Plagioklasleistchen
und Magnetitkörnchen. In viel frischerem Zustande finden sich die
grünen Augitdurch schnitte, deren Menge jedoch gegen die Hornblende
stark zurücktritt. Magneteisen findet sich in grösseren Körnern, die
häufig in Brauneisenstein umgewandelt sind.
Die Grundmasse besteht aus einem filzartigen Gemenge von Feld-
spathleistchen und zumeist stark umgewandelten Hornblende- und Au-
git-Blättchen mit einer grossen Anzahl eingestreuter winziger Magne-
titkörner.
Hornblende- Andesit von Nezdenitz.
Die äusserste Grenze des Vorkommens von Eruptivgesteinen der
von der Kuppe Stary-Swietlau nördlich gelegenen Hügel bilden die Ge-
steine von Nezdenitz, welche in zwei, ihrem Habitus nach ganz verschie-
dene Gruppen zerfallen. Während nämlich die Gesteine vom Sauerbrunnen
in einer feinkrystallinischen lichtgrauen Grundmasse, grössere oft 2 bis
3 Mm. lange Plagioklaskrystalle und kaum 1 bis 2 Mm. lange Horn-
blende- und Augit-Säulen ausgeschieden enthalten, zeigen die Gesteine
südlich von Nezdenitz in einer wohl ebenfalls feinkrystallinischen aber
bräunlichen Grundmasse, neben verhältnissmässig kleinen Plagioklaskry-
stallen ein äusserst reichhaltiges Auftreten von ungewöhnlich grossen
Hornblende- und Augit-Krystallen, so dass das ganze Gestein eine Art
porphyrischen Typus zeigt. Es finden sich hier öfter Hornblendekrystalle
von P5 Cent. Länge und 7 Mm. Breite, und nicht selten Augitsäulen
von nahezu derselben Länge. Die Hornblende tritt hier gewöhnlich in
der Combination der Flächen m (110), a (100) 1 (101) und c (001),
der Augit in der Combination von m (110), b (010), s (111) und
p (Oll) auf.
Unter dem Mikroskop zeigen die Plagioklaskrystalle, sowie in den
Gesteinen von Stary-Swietlau, öfter parallele Verwachsungen grösserer
Individuen. Sanidin ist in reichlicherer Menge vertreten als bei den
bisher beobachteten Gesteinen. Auch Glassubstanz kommt hier häufig
vor, und ist entweder in den Plagioklaskrystallen neben vielen anderen
Einschlüssen enthalten, oder bildet mitunter grössere Partikeln die häufig
schon eine theilweise Entglasung zeigen. Hornblende und Augit, die in
manchen Präparaten nahezu gleich stark vertreten erscheinen, sind von
seltener Frische, vereinigen sich mitunter zu grösseren Aggregaten,
zeigen jedoch nur äusserst selten Zwillingsbildungen. Biotitblättchen
kommen häufiger vor als in den Gesteinen von Stary-Swietlau, Magneteisen
Edmund P. Neminär.
148
[6]
ist wohl spärlich jedoch in grösseren Körnern vertreten, und der Apatit
fehlt fast vollends.
Die lichtgraue feinkrystallinische Grundmasse, die eine deutliche
Fluidalstruktur zeigt, besteht aus schmalen Plagioklasleistchen, Horn-
blende-Mikrolithen, Augitblättchen und Glas mit allgemein verstreuten
winzigen Körnchen von Magneteisen. 4
Hornblende-Andesit von Komnia.
Von den Gesteinen der von Stary-Swietlau nördlich und westlich
gelegenen Hügel in ihrem Habitus einigermassen verschieden sind die
Gesteine, welche den südlichen und östlichen Hügeln angehören und
in grösserem Zusammenhänge bei Komnia auftreten. Sie sind tlieils
dunkelgrau, tlieils hellgrau, enthalten in einer mehr oder weniger fein-
krystallinischen Grundmasse eine grosse Anzahl meist kleiner Feldspath-
krystalle, Hornblende mitunter in grossen (10 Mm. langen und 5 Mm.
breiten) Krystallen, und Augit in geringer Menge. Pyrit ist durch das
ganze Gestein versprengt, und erscheint in grösserer Menge zumeist
in den grossen Hornblendekrystallen, die zuweilen durch den Pyrit
theilweise verdrängt sind. Von besonderem Interesse ist endlich das
wohl nur seltene Auftreten von kleinen Quarzkörnern in diesen Gesteinen.
Quarz kommt auch als Auskleidung der kleinen Hohlräume solcher
Gesteine vor und ist zuweilen mit Natrolith bedeckt.
Im Dünnschliff erscheinen die Feldspathe fast durchgehends als
Plagioklas, nur selten findet sich auch Sanidin in Karlsbader Zwil-
lingen. Die Plagioklaskrystalle sind öfter so stark mit Grundmasse, Mi-
krolithen und Hornblendeblättchen erfüllt, dass sie dann nur von der
Grundmasse wenig abgegrenzt erscheinen. Die braunen Hornblende-
durchschnitte zeigen neben der gewöhnlichen Zwillingsbildung nach der
Domenfläche auch noch eine Zwillingsbildung nach dem Gesetze, Zwil-
lingsaxe die Hauptaxe, Zwillingsfläche die Querfläche (010), sind entweder
vollkommen frisch und enthalten sehr wenig Einschlüsse, oder es ist
die Hornblende fast ganz durch Pyrit und Magnetit verdrängt. Sowie
die Hornblende zeigt auch der Augit nur wenige Einschlüsse, ist in
seinen Durchschnitten hellgrün und ziemlich stark dichroitisch, was wohl
durch die äusserst dunkle Farbe der Krystalle begründet erscheint.
Magnetit ist in grösseren Körnern reichlich vertreten, und Apatit findet
sich nur in wenigen nadelförmigen Krystallen.
Die feinkrystallinische gut individualisirte Grundmasse besteht aus
Plagioklasleistchen, Partikeln eines amorphen Minerals, Magnetitkörnchen
und zumeist schon etwas zersetzten Hornblendepartikeln.
Hornblende-Andesit von der Einsiedelei bei Banotv.
Die Gesteine der nächsten Umgebung von Banow, welche füglich
als der Mittelpunkt des von dem Trachytgebirge und den dazu gehörigen
isolirten Kuppen bedeckten Areals betrachtet werden kann, bilden zwei,
Die Eruptivgesteine der Gegend von Banow in Mähren.
149
[7]
einerseits schon durch die Localität ihres Auftretens gesonderte, an-
dererseits auch durch ihren Habitus verschiedene Gruppen. Es kommen
hier nämlich die Gesteine von der „Einsiedelei“, welche in dem
Hauptzuge des Trachytgebirges südöstlich von dem Markte Banow liegt,
und die von dem Berge „Ilrad“, der sich mit noch einer anderen
isolirten Kuppe am Nordende von Banow erhebt, in Betracht.
Die Gesteine von der Einsiedelei sind von grünlichgrauer oder
aschgrauer Farbe, haben flachmuscheligen Bruch und zeigen eine fein
krystallinische Grundmasse, in der schmale Hornblendekrystalle massiger
Grösse, oft zu sternförmigen Gruppen vereinigt, und kleine Feldspathe
ausgeschieden sind. Häufig findet sich auch in den Gesteinen Calcit,
häufiger noch ein gelblich braunes Mineral, das durch das ganze Ge-
stein in ganz ungleichförmigen Partikeln vertheilt erscheint, und schon
makroskopisch eine radialfaserige und zugleich schalige Textur erken-
nen lässt. Diese im Maximum kaum l-5 Mm. grossen Mineralpartikeln
zeigten rhomboedrische Spaltbarkeit, liessen sich mit dem Messer schaben,
wurden vor dem Löthrohr schwarz und dann magnetisch, und lösten
sich bei Einwirkung von Wärme in Salzsäure mit Brausen, welche Lö-
sung mit Ammoniak ein starkes Praecipitat von Eisenoxydul-Hydrat
ergab. Alle diese Reactionen sprechen nun deutlich dafür, dass das
vorliegende Mineral ein Eisenspath ist.
Die Plagioklaskrystalle, die makroskopisch nur selten wahrnehmbar
sind, erscheinen unter dem Mikroskop in meist kleinen vollkommen
durchsichtigen Krystallen reichlich vertreten, nur hin und wieder zeigen
sich auch grössere Krystalle, die aber meist etwas trüb sind. Die Horn-
blende erscheint in bald grösseren, bald kleineren Krystallen, fast ohne
jeglichen Einschluss, oder es sind mehrere Individuen zu grösseren
Aggregaten vereinigt. Augit kommt zumeist in kleinen, selten in grösse-
ren Krystallen nur untergeordnet vor, oder er ist bei den grünlich-
grauen Gesteinsvarietäten dieser Localität in winzigen Blättchen durch
das ganze Praeparat vertheilt. Magnetit ist hier in meist grossen Körnern,
dafür aber nur spärlich vertreten. Von besonderem Interesse erscheint
der Eisenspath, der hier in grösserer Menge als Neubildung vorkommt.
Die hellgelben Durchschnitte zeigen ein ausgezeichnet radialfaseriges
Gefüge, sind manchmal ziemlich stark dichroitisch, zeigen mitunter eine
deutliche rhomboedrische Spaltbarkeit, und bei gekreuzten Nicols das
bei radial-faserigen oder stängeligen Mineralen charakteristische Kreuz.
Häufig zeigen die Durchschnitte eine Art, zumeist wohl nur fragmen-
tarisch erhaltener, Kugelschale von der aus neben den etwas gröberen
radialen Fasern noch äusserst feine braungelbe Nüdelchen hervorschiessen,
die gegen die Kugelschale hin immer dichter auftreten, bis sie in einen
dunkel-braunrothen Saum übergehen, der eben diese Kugelschale bildet
und der sich bei starker Vergrösserung in ein Gewirre solcher feiner
Nüdelchen auflöst.
Die Grundmasse, die ein netzartiges Gewebe darstellt, besteht aus
Plagioklasleistchen, amorphen Mineralpartikeln und Blättchen von Horn-
blende mit nur spärlich eingestreuten Magnetitkörnern.
150
Edmund F. Neminar.
[8]
Hornfolende-Andesit vom Berge Hrad bei Banow.
In ihrem Habitus von den eben beschriebenen Gesteinen von der
Einsiedelei verschieden sind die Gesteine vom Berge „Hrad“ am
Nordende von Banow. In einer feinkrystallinischen fast dichten dunkel-
grauen Grundmasse liegen hier viele grosse, zuweilen D5 Cent, lange
und 05 Cent, breite Hornblendekrystalle, mitunter auch grosse Augite
und in reichlicher Menge grössere und kleinere Feldspathe. Neben
diesen Bestaiultheilen zeigen sich in dem vollkommen frischen Gestein
sehr häufig mandelsteinartige Neubildungen von Calcit, und häufig
erscheinen auch die grösseren Hornblendekrystalle mit Calcitadern durch-
zogen, die schon mit der Loupe deutlich wahrnehmbar sind, nach
wenigem Aetzen mit Säuren aber ganz scharf hervortreten.
Im Dünnschliff erweisen sich die Feldspathe fast durchgehends als
Plagioklaskrystalle von ausgezeichnet lamellarer Zusammensetzung und
exquisiter Reinheit. Sanidin findet sich nur stellenweise. Die frischen
braunen Hornblende-Durchschnitte zeigen in diesem Gestein fast gar
keine Zwillingsbildungen und sind längs der Spaltungsrichtungen oft
von Calcit durchzogen. Der Augit erscheint in hellgrünen Durchschnitten,
zeigt ausgezeichnete Spaltbarkeit, und ist mitunter mit der Hornblende
zu grösseren Aggregaten vereinigt.
Die Grundmasse stellt ein grobes netzartiges Gewebe von Plagio-
klasleistchen dar, zwischen denen Partikeln von Hornblende und Mag-
netitkörnchen in reichlicher Menge vorhanden sind.
HornMende-Andesit von Ordjeow.
Den weitaus interessantesten Punkt des ganzen Trachytgebirges
bildet die nächste Umgebung von Ordjeow, welches südöstlich von Banow
und nordöstlich von Suchalosa liegt. Ganz abgesehen von den bereits
oben erwähnten Kraterbildungen, die, wenn auch nur in ihren letzten
Resten erhalten, denn doch noch in ihrer Beschaffenheit vieles Interessante
bieten, erscheinen auch die, sowohl in ihrem Habitus als auch in ihrer
Zusammensetzung, so verschiedenen Gesteine dieser Focalität ganz be-
sonders bemerkenswert!!. Während nämlich der nördliche Kraterwall in
seinen noch vorhandenen Resten, neben den Schlacken, Laven und
Sandsteintrümmern, vorzugsweise aus einem grauen dichten Gestein
besteht, das flachmuscheligen Bruch zeigt und in einer feinkrystallinischen
Grundmasse triklinen Feldspath, grössere und kleinere Hornblendesäulen
und zuweilen auch Augitkrys falle enthält, sich somit in die Gruppe der
Hornblende-Andesite einreihen lässt, sind die Gesteine, welche
sich zum Theil an den beiden Hügeln im Krater, vorzugsweise aber
an dem sogenannten „rothen Berg“ am Ordjeower Hof und dann an
der Ordjeower Mühle finden, einerseits Augit-Andesite, andererseits
echte Basalte.
Der bereits näher bezeichnete Hornblende-Andesit von Ordjeow,
bei dem die Grundmasse den Einsprenglingen gegenüber bedeutend vor-
herrscht, zeigt unter dem Mikroskop meist kleine Plagioklaskrystalle
mit deutlicher Zwillingsstreifung und nur wenigen Einschlüssen von
Mikrolithen, nur selten einige Sanidinkörner, meist grössere braune
Die Eruptivgesteine der Gegend von Banow in Mähren.
151
[9]
Hornblendedurchschnitte, die häufig kleine Plagioklasleistchen umschlies-
sen und in der Regel mit einem schwarzen Körnersaum umgeben sind,
und untergeordnet auch Augite in Krystallen und Körnern. Grössere
Magnetitkörner sind durch das ganze Praeparat vertheilt.
Die Grundmasse besteht aus einem wirren Gemenge von feinen
Plagioklasleistchen, Mikrolithen, Hornblendepartikeln, Magnetitkörnchen
und Theilen eines amorphen Minerals.
Augit-Andesit von Ordjeow.
Sowohl an den oben erwähnten Hügeln im Krater, als auch auf
dem rothen Berge in Ordjeow finden sich Gesteine, welche in ihrem
Aussehen, von den bisher beschriebenen Gesteinen nur denen von dem
Hügel nächst der Kuppe Stary-Swietlau zur Seite gestellt werden könnten.
Es sind grauschwarze dichte Gesteine mit splittrigem Bruch, in deren
Grundmasse mitunter grössere Krystalle von Plagioklas und Augit ein-
geschlossen sind. In reichlicher Menge finden sich auch in dem Gestein
kleine und grosse, häufig 2 bis 4 Cent, lange und 1 bis 2 Cent, breite
Trümmer und Knollen von Porzellanjaspis.
Im Dünnschliff erscheinen in der dichten Grundmasse zahlreiche
Plagioklasleistchen, neben denen mitunter auch grosse vollkommen durch-
sichtige Plagioklaskrystalle mit ihrer charakteristischen Zwillingsstreifung
und einer äusserst seltenen Reinheit Vorkommen, ferner viele, bald
grössere, bald kleinere Augitdurchschnitte, die keine Spur einer Um-
wandlung zeigen und öfter zu grösseren Gruppen vereinigt sind. Neben
diesen Bestandtheilen findet sich auch in ziemlich reichlicher Menge
Hornblende, theils in grösseren Krystallen theils in kleinen Partikeln,
ferner Durchschnitte von jenem oben erwähnten Porzellanjaspis, und nur
sehr selten einige grössere Magnetitkörner.
Die Grundmasse ist ein dichtes filzartiges Gewebe von Mikrolithen
und feinen Augitpartikeln, zwischen denen Glassubstanz und zahlreiche
äusserst feine Magnetitkörnchen vertheilt sind.
Lava-Schlacke von Ordjeow.
Nächst dem oben beschriebenen Hornblende- Andesite der zum
Theil das Material des Kraterwalles von Ordjeow bildet, finden sich
sowohl an diesem als auch am rothen Berge in Ordjeow oft stark-
schaumige Schlacken von bald schwarzgrauen, bald rothbraunen Farben.
Häufig finden sich hier auch fein poröse Lavatrümmer mit oft grossen
Blasenräumen und noch mitunter deutlich erkennbaren Hornblendekry-
stallen. Zuweilen enthält die Schlacke auch grössere Trümmer von Por-
zellanjaspis eingeschlossen, zeigt an ihrer Oberfläche mitunter eine
glasige zerborstene Kurste und Blasenräume mit sehr dünnen Zellwänden.
Unter dem Mikroskop zeigt die Schlacke eine grosse Anzahl meist
kleiner Plagioklasleistchen, öfter ziemlich grosse hellgrüne Augit-
durchschnitte, die manchmal netzartig von Magneteisen durchzogen sind,
hin und wiederauch Hornblende-Fragmente, und häufig grössere Magne-
tit-Aggregate.
Mineralogische Mittheilungen. 1876. 3. Heft. (Neminar.)
20
152
Edmund F. Neminar.
[10]
Die Grundmasse zeigt eine deutliche Fluidalstruktur, und besteht
aus feinen Plagioklasleistehen, winzigen Augitblättchen, zahlreichen Mag-
netitkörnchen und Glassubstanz.
Augit-Andesit von Wollenau.
Eine jener schon im Eingänge erwähnten isolirten Kuppen, die
durch ein reichliches Auftreten von Eruptivgesteinen ausgezeichnet sind,
ist die von Wollenau, welche dem Hauptzuge des Trachytgebirges an-
gehört und den südwestlichsten Punkt des Vorkommens von Eruptiv-
gesteinen dieses Gebietes bildet. Die Gesteine sind den Augitandesiten
von Ordjeow sehr ähnlich, sind ebenso wie diese vollkommen frisch,
von grauschwarzer Farbe und splittrigem Bruch, und zeigen ebenfalls,
wenn auch nicht so häufig wie die Gesteine von Ordjeow, Einschlüsse
von Porzellanjaspis.
Makroskopisch ist nur hier und da ein grösserer Augitkrystall und
öfter eine grössere Anzahl kleiner weisser Körnchen zu bemerken, die
mit Säuren benetzt, stark brausen und auf Calcit oder ein ähnliches
Carbonat deuten.
Unter dem Mikroskop bemerkt man eine grosse Anzahl meist kleiner
Plagioklasleisten, die ebenso wie einzelne grössere Plagioklaskrystalle
vollkommen durchsichtig sind und gar keine Einschlüsse zeigen. Der
Augit kommt in reichlicher Menge vor, meistentheils aber nur in kleinen
Krystallen, die ebenfalls vollkommen frisch sind. Hornblende findet sich
nur spärlich in kleinen Kryställchen und einzelnen Körnern. Weit häu-
figer als Augit und Hornblende finden sich im ganzen Gestein bald
grössere, bald kleinere Geoden von meist 1 bis 2 Mm. im Durchmesser
vertheilt, die mit Clacit und Eisenspath ausgefüllt erscheinen und manch-
mal von der Peripherie gegen die Mitte fortschreitende Schalen bilden.
Die Grundmasse ist ein dichtes Gemenge von Mikrolitlien, win-
zigen Augit-Partikeln, Magnetitkörnchen und Glassubstanz.
Berücksichtigt man, in Anbetracht dieser verhältnissmässig noch
sehr frischen Grundmasse und der vollkommen unzersetzten Gesteins-
bestandtheile, die grosse Anzahl der, wrenn auch nur kleinen, Geoden,
respective Neubildungen, so kann kein Zweifel obwalten, dass dieselben
nicht erst Umwandlungsprozessen in diesen Gesteinen selbst ihre Entstehung
verdanken, sondern auf Infiltration von den Nachbargesteinen zurück-
zuführen sind, wobei man füglich einen ähnlichen Prozess wie bei den
Mandelsteinen voraussetzen könnte.
Basalt von Ordjeow.
Neben den bereits beschriebenen Gesteinen von Ordjeow sind noch
diejenigen, welche fast ausschliesslich nur bei der Ordjeow-Mühle Vor-
kommen insofern von besonderem Interesse, als sich sonst in dem ganzen
Trachytgebirge nur noch bei Hrosenkau Gesteine dieser Gruppe finden.
Es sind schwarze, dichte, äusserst zähe Gesteine, in deren Grund-
masse man in reichlicher Menge bald grössere bald kleinere hellgelbe,
glasglänzende Olivinkrystalle und nur sehr selten einige Augitkrystalle
wahrnehmen kann.
Die Eruptivgesteine der Gegend von Banow in Mähren.
153
[11]
Im Dünnschliff zeigen sicli in der dichten Grundmasse hellgelbe,
häufig auch fast vollkommen weisse, grössere und kleinere Olivindurch-
schnitte von einer Reinheit, wie sie sich nur in den seltensten Fällen
findet.
Selbst die grossen, äusserst scharf begrenzten Krystalle, welche,
nach den verschiedensten Schnitten zu urtheilen, die Combination der
Flächen s (110) a (100) h (102) und e (122) zeigen, sind so voll-
kommen frisch, dass nirgends, auch nicht an den einzelnen Sprüngen
die sie durchziehen, nur eine Spur einer Umwandlung zu entdecken ist.
Hin und wieder finden sich kleine vollkommen frische Augitkrystalle,
während der Plagioklas fast ganz zurücktritt.
Was die Grundmasse anbelangt, so konnte dieselbe wegen der
ungemein grossen Schwierigkeit — ich möchte sagen Unmöglichkeit —
ein hinreichend dünnes Präparat anzufertigen, indem das Gestein schon
bei ziemlicher Dicke äusserst leicht abbröckelt, nicht vollkommen auf-
gelöst werden. An den vielen Präparaten, die hievon angefertigt wurden,
gelang es mir nur festzustellen, dass die dichte Grundmasse zum Theil
aus Mikrolithen, Glas und Magnetitkörnchen besteht. Ob auch Olivin
und noch andere Minerale Bestandtheile derselben sind, ob vielleicht
eine Mikrofiuctuationsstruktur vorhanden ist, liess sich nicht ermitteln.
Basalt von Hrosenkau.
Sowie die Gesteine von Wollenau, die einer isolirten Kuppe ange-
hören, den südwestlichsten Punkt des Vorkommens von Eruptivgesteinen
dieser Gegend bilden, so ist der östlichste Punkt dieses Trachytgebirges
durch die Gesteine der isolirten Kuppe von Hrosenkau genau gekenn-
zeichnet.
Es sind schwarzgraue Gesteine mit ausgesprochenem porphysischen
Typus, in deren krystallinischer Grundmasse kurze, dicke, oft 1 Cent,
lange Augitkrystalle in grosser Anzahl ausgescliieden sind, neben denen
sich nur äusserst selten makroskopisch bemerkbare Feldspathkrystalle
finden. Öfter zeigen sich auch grössere gelblich-grüne Partikeln, die
wie Olivin aussehen. Einsprenglinge und Grundmasse stehen nahezu im
Gleichgewichte.
Unter dem Mikroskop zeigt das Gestein eine grosse Anzahl meist
kleiner Plagioklasleisten, grosse, äusserst helle Augitdurchschnitte von
seltener Reinheit und ausgezeichnet ausgesprochener Spaltbarkeit, mit-
unter eine Zwillingsbildung nach dem Gesetze, Zwillingsfläche die Quer-
fläche (010) zeigend, ferner ziemlich häufig bald grössere bald kleinere
Durchschnitte jenes schon erwähnten gelblich grünen Minerals.
Diese Durchschnitte zeigen deutlich die Krystallumrisse des Olivins,
sind von zahlreichen Sprüngen und Adern durchzogen, zwischen denen
sich ein eigentümliches krystallinisches Aggregat von Nadeln und
Blättchen findet, die im polarisirten Licht ganz die Eigenschaften des
Serpentins zeigen. Öfter finden sich Durchschnitte in denen eine parallele
Anordnung der Blättchen deutlich erkennbar ist, und dann bemerkt
man zwischen diesen noch einzelne feine Streifen, welche ebenso wie
die einzelnen Körner, die sich in den Durchschnitten finden, welche ein
mehr netzartiges Gewebe zeigen, schön polarisiren und nach der Rauheit
20*
154
Edmund F. Neminar.
[12]
der Oberfläche einzelner dieser grösseren Körner zu urtheilen als Olivin
anzusehen sind. Die feinen Adern, welche diese Durchschnitte durchziehen,
zeigen oft dieselbe Erscheinung wie das Adernetz eines zu Serpentin
umgewandelten Olivins, welcher Umwandlungserscheinung überhaupt
dieses eben beschriebene, jedenfalls etwas eigenthümliche Gebilde im
Allgemeinen ähnlich ist. Wenn auch dieses vorliegende Umwandlungs-
produkt nicht in jeder Richtung mit einem zu Serpentin umgewandelten
Olivin übereinstimmt, so deuten doch die Krystallumrisse und die vor-
handenen Olivinkörnchen deutlich auf Olivin, und somit auch auf dessen
Umwandlungsprodukt den Serpentin. Neben diesen Bestandtheilen finden
sich nur selten einzelne kleine Hornblendesäulchen und Magnetitkörner.
Die Grundmasse stellt ein grobes Netz von Plagioklasleistchen
und Augitblättchen dar, zwischen denen sich Magnetitkörnchen und
oft ziemlich viel Glas findet. Selten zeigen sich auch einige Mikrolithe.
Uebersielit der vorhandenen Analysen.
Vergleicht man die vorliegenden mikroskopischen Untersuchungen
dieser Eruptivgesteine mit den chemischen Analysen einiger derselben,
so findet man, dass die aus den Analysen sich ergebenden Folgerungen
auf die ßestandtheile der Gesteine durch die mikroskopische Untersu-
chung vollkommen bestätigt erscheinen. In beistehender Tabelle führe
ich nun von einigen dieser Gesteine die chemischen Analysen an, welche
sämmtlich mit Ausnahme des Hornblende- Andesites vom Berge Hrad (V.)
den A. Streng analysirte, von Tschermak ausgeführt wurden, und die
auch seiner schon oben erwähnten Arbeit entnommen sind.
I.
II.
III.
IV.
V.
VI.
VII.
Kieselsäure
58-92
53-03
52-14
50-74
53-85
56-47
51-32
Thonerde
2U24
18-14
20-09
15-36
1795
20-60
19-11
Eisenoxydul
7-63
9-55
10-30
10-78
6-94
11-15
10-80
Manganoxydul
—
—
Spur
Spur
—
—
Spur
Kalk
G-79
10-07
9-68
8-81
8-33
642
10-11
Magnesia
0*81
6-65
2-66
6-90
6-47
1-80
2-91
Kali
Natron
M21
2-56
1-27
1-84
0-92
1-341
3-50
2-94
2-20/
1-91
1-91 j
Kohlensäure
—
—
0-98
1-72
0-44
—
Spur
Wasser
1-11
—
1-40
3-12
2-55
—
2-81
Schwefel
—
—
Spur
—
—
—
—
Kupfer
—
—
Spur
Spur
—
—
—
99-82
100-00
100-36
100-26
99-78
99-94 1
1
100-00
[13]
Die Eruptivgesteine der Gegend von Banow in Mähren.
155
I. Hornblende-Andesit von Stary-Swietlau.
II. Hornblende-Andesit von Nezdenitz.
III. Hornblende-Andesit von Komnia.
IV. Hornblende-Andesit von der Einsiedelei bei Banow.
V. Hornblende-Andesit vom Berge Hrad bei Banow.
VI. Lava-Schlacke von Ordjeow.
VII. Augit-Andesit von Wollenau.
Ohne näher aut den speziellen Vergleich der mikroskopischen
Beobachtung mit diesen oben angeführten Zahlen einzugehen, sieht man,
dass z. B. das in diesen Gesteinen beobachtete Vorkommen von Sanidin
neben dem Plagioklas, der durch den Kalk-Natrongehalt dieser Analysen
hinlänglich charakterisirt ist, stets auch durch den Kaligehalt, den
die einzelnen Gesteine aufweisen, gekennzeichnet erscheint. Von weitaus
grösserem Interesse erscheint aber der Zusammenhang zwischen den
bei einzelnen dieser Gesteine beobachteten Neubildungen, wie z. B. bei
denen von der Einsiedelei, von Komnia, Hrad, Wollenau u. a. und
dem verhältnissmässig grossen Gehalt von Kohlensäure und Wasser,
welche entschieden auf secundäre Mineralbildungen hinweisen.
Wenn nun bei einigen dieser makroskopisch frisch aussehenden
Gesteine, wo die chemische Analyse auf Neubildungen hinweist und die
mikroskopische Untersuchung diese ausser allen Zweifel setzt, zugleich
aber auch Anhaltspunkte für die Entstehung solcher secundärer Minerale
bietet, indem einige Gesteiusbestandtheile mehr oder minder stark
zersetzt erscheinen, so bleibt doch bei jenen Gesteinen, deren vollkommen
frischer Zustand, insofern von einem solchen überhaupt die Rede sein
kann, auch mikroskopisch erwiesen erscheint und sowohl die chemische
Analyse als die mikroskopische Untersuchung auf zahlreiche secundäre
Mineralbildungen hinweist, wie z. B. bei den Gesteinen von Wollenau,
Neuhof, vom Berge Hrad, keine andere Annahme zur Erklärung
dieser oft so zahlreichen Neubildungen plausibel, als dass diese secun-
dären, mitunter wohl nur winzigen, Mineralgebilde ihre Entstehung
der Infiltration von dem sedimentären Nachbargesteine verdanken.
Berücksichtigt man noch hiebei, dass in vollkommen frischen Ge-
steinen solche secundäre Mineralbildungen gerade dort in grösserem
Masse Vorkommen, wo auch der Zusammenhang zwischen eruptivem und
sedimentären Gestein ein recht inniger ist, so zwar, dass, da die Grenze
zwischen beiden nicht scharf hervortritt, wie z. B. bei den Gesteinen
156
Edmund F. Neminar.
[14]
von Neuhof, Wollenau, Ordjeow, vom Berge Hrad. in denen die mi-
kroskopische Untersuchung und chemische Versuche eine grössere Menge
von Eisenspath, Natrolith, Calcit in mandelsteinartigen Gebilden, und
andere Minerale nachgewiesen, so dürfte dieser Umstand doch wohl mit
Recht der Anschauung als Stütze dienen, dass bei unseren frischen Ge-
steinen die secundären Mineralbildungen mindestens zum grössten Theil
durch Einfluss des Nachbargesteins vermittelt werden konnten.
Wien, Laboratorium des mineralog.-petrograph. Universitäts-Institutes.
II. Einige Worte über den geologischen Bau von
Süd-luzon.
Von Dr. Richard von Brasche.
(Mit 4 Tafeln und 1 Karte.)
Während eines mehr als fünfmonatlichen Aufenthaltes auf Luzon
bereiste ich Central- Luzon, den Nordwesten und Süden der Insel und
bin so in den Stand gesetzt, von den von mir bereisten Theilen ein
geologisches Bild entwerfen zu können. Eine grosse Anzahl von Hand-
stücken und Versteinerungen, welche ich gesammelt, werden mich nach
meiner Rückkehr befähigen dieses Bild spezieller auszuarbeiten. In vor-
liegendem kleinen Aufsatze in wenigen Worten das Wesentlichste der
Geologie Süd-Luzons. Zur Erläuterung füge ich eine Karte dieses Landes
hinzu, welche nach jener in Jagor’s Reisen in den Philippinen“ pub-
lizirten gezeichnet ist und wie diese auch die Coello’sche Aufnahme zur
Grundlage hat.
Wenn wir einen Blick auf die beigegebene Uebersichtskarte der
Philippinen werfen, so fällt uns gleich in’s Auge, dass Luzon naturge-
mäss in zwei Theile zerfällt. Vom äussersten Norden der Insel bis zur
Laguna de Bay bemerken wir ein entschieden nordsüdliches Streichen
der Insel, welches weiter nach Norden sich noch in der Inselreihe der
Batanes und der vorherrschenden Ausdehnung der Insel Formosa er-
kennen lässt. Im Süden der Laguna wendet sich die Insel bedeutend
verschmälert plötzlich nach Siid-Ost und behält diese Richtung bis an
den äussersten Süden bei. Es ist eine auffallende und wie ich glaube
nicht genug hervorzuhebende Thatsache, dass längs jener Linie, in
welcher die Streichungsrichtungen zusammenstossen, sich das emi-
nent vulkanische Terrain des Südens der Laguna befindet. Die erlo-
schenen Vulkane Majajai und Maquiling, der Sosoucambing und Mala-
rayat, das vuleanische Gebirge reich an kleinen Krateren bei Sampaloc
und schliesslich der thätige Vulkan Taal, sind hier dicht auf einen
kleinen Raum zusammengedrängt.
Verfolgen wir die Hauptrichtungen der übrigen Inseln der Philip-
pinen, so beobachten wir, dass die in Süd-Luzon herrschende SO. NW.
Richtung allmälig auf Negros, Cebu, Paragua etc. in eine entschieden
Mineralogische Mittheilungen. 1876. 3. Heft. (v. Dräsche.)
158
Richard v. Dräsche.
m
NO. SWliche übergeht und sich so der Archipel naturgemäss an die
Jolo-Inseln und Borneo anreilit. Wenn einst die geologische Natur aller
übrigen Inseln der Philippinen erkannt sein wird, kann es vielleicht
gelingen, dieses merkwürdigen Verhalten im Sinne der neuen Suess’schen
Theorie (siehe: die Entstehung der Alpen, Wien 1875) zu erklären;
jetzt wäre ein solcher Versuch verfrüht.
Betrachten wir jetzt etwas näher die Vulkane jener „Bruchlinie“.
Der gewaltigste unter ihnen ist der 6500 engl. Fuss hohe Majajai,
dessen Laven sich bis über Tayabas beobachten lassen. Der nach Jagor
gegen 700' tiefe Krater ist an seiner Südseite gespalten. Am nördlichen
Fusse des Berges beobachtete ich bedeutende Tuffmassen. Beim pracht-
vollen Wasserfall von Butucau steht eine eigenthümliche aus Tuff- und
Obsidianmassen gebildete Breccie an. Der Berg hatte im Jahre 1730
seine letzte Eruption, seine Laven sind doleritisch. An seiner Westseite
erhebt sich ein domförmiger Berg, der Monte San Cristobal. Westlich
von diesem erhebt sich der weithin sichtbare von mir bestiegene erlo-
schene Vulkan Maquiling. Der gegen 4000 Fuss hohe bis an seinen
Gipfel dicht bewaldete Berg, besteht aus Sanidintrachit. Er besitzt einen
ganz immensen Krater, dessen Wände jedoch an der Südseite fast bis
zu seinem Fusse eingebrochen sind. An seinem Fusse entspringen zahl-
reiche Thermen, von welchen die von „los Bannos“ und die der „tierra
blanca“ wohl die bedeutendsten sind. Erstere an der Laguna gelegen,
strömen theils in theils neben einem Bache mit Gewalt siedendheiss,
reich mit Schwefelwasserstoffgas beladen hervor.
Eine Viertelstunde von diesen Quellen, von der Laguna nur durch
einen niedern Wall getrennt, befindet sich der kreisförmige Kratersee
Dagatan. Sein Niveau ist höher als jenes der benachbarten Laguna, er
ist von Kaimans bewohnt. Angleich interessanter sind die am Siul-Fusse
des Maquiling von mir besuchten Schlammquellen der „tierra blanca“
(oder lupang puti). Dieselben liegen in jenem schon früher erwähnten
Barranco. Auf einem Flächenraum von crc. 200 F]0 ist der Boden von
zahlreichen Fumarolen durchwühlt und von einer grossen Anzahl kleiner
Bassins bedeckt, welche schlammiges, heftig aufkochendes Wasser ent-
halten. Von Zeit zu Zeit werden Schlammassen und Steine unter hef-
tigem Geräusch in die Luft geworfen. Alle Gesteinsmassen sind voll-
kommen zu einer thonigen Masse zersetzt. In den Spalten findet man
prachtvolle Schwefelkrystalle, bedeutende Quantitäten von verschieden
gefärbten Gyps, Kieselsäurehydrat, und ähnliche Producte.
Südöstlich vom Maquiling, in der Umgebung von Caluav, finden sich
eine grosse Anzahl kleiner Kraterseen, deren Wälle von Rapilli und
Tuffen gebildet werden.
Südwestlich vom Maquiling endlich trifft man die schöne Laguna
de Taal oder den See von Bombon, aus dessen Mitte sich die Vulkan-
insel Taal erhebt.
Im Nord westen wird der See von einem gegen 600 Fuss hohen
ringförmigen Wall umgeben, der sich nach Aussen sanft abdacht und
dessen Abhänge die Provinz Cavite zusammensetzen. Im Osten erhebt
sich mit fast senkrechten Wänden gegen den See abfallend der weithin
sichtbare Macolog. Im Süden und Südwesten ist der See blos durch
einen niedrigen, kaum eine legua breiten Damm vom Meere getrennt
[3]
Einige Worte über den geologischen Bau von Süd-Luzon.
159
und stellt hier durch den seichten trägen rio de Pansipit mit ihm in
Verbindung. Sowohl das oben erwähnte Gebirge von Cavite als auch
der Macolog und die flachen Ufer bestehen aus Tuffen. Am Monte
Macolog konnte ich deutlich ein Fallen der Tuffschichten nach Aussen
konstatiren. Nach dem bisher Gesagten, sind wir wohl berechtigt den
See von Bombou für den grossen Krater des nach Süden eingestürzten
ehemaligen colossalen Vulkans zu halten, dessen Wände wir noch im
Gebirge Cavile und im Monte Macolog erhalten finden.
Schon im Jahre 1859 äusserte F. von Ilochstetter dieselbe An-
sicht in einem an Alex, von Humboldt gerichteten in den Sitzungsbe-
richten der Wiener Akademie (36. Band, Seite 121) abgedruckten
Schreiben. Der See zeigt nach Coello’s Karte an seiner Ostseite Tiefen
bis 109 Faden, sein Grund ist mithin an einigen Stellen fast 600 Fuss
unter dem Niveau des Meeres.
Der jetzt thätige Vulkan befindet sich im Centrum der dreiecki-
gen Insel. Er dürfte kaum mehr als 600 Fuss über das Niveau des See’s
ragen. Seine Abhänge werden von Tuffen zusammengesetzt, in welchen
sich vielfach eckige Lavatrümmer und Schlacken finden, einen zusam-
menhängenden Lavastrom konnte ich, obwohl ich fast den ganzen Berg
umgangen, nicht entdecken. Die allseitig vom Berge hinabfliessenden
Gewässer, haben ausserordentlich tiefe Barrancos in die weichen Tuff-
massen gerissen, welche ein Umgehen des Kraters unglaublich mühsam
machen. An dem Westabhange des Berges, beobachtete ich zahlreiche
Fumarolen. Der im Verhältniss zur Höhe des Berges immense Krater
mag fast eine englische Meile im Durchmesser haben, seine Wände, an
welchen man die Schichtung der Tuffmassen ausgezeichnet verfolgen
kann, sind ausserordentlich steil. In Fig. 1 gebe ich eine flüchtige
Skizze der Kraterwände, in Fig. 2 eine Skizze des Krater-Innern. An
der Westseite des Kraterbodens befindet sich der Ueberrest eines gegen
Ost eingestürzten, aus Rapilli bestehenden Kraterwall’s. Innerhalb des-
selben erhebt sich ein kleiner Aschenhügel. Weiter nach Osten sind
zwei kleine, heftig rauchende und Dämpfe von schwefliger Säure aus-
stossende, tiefblaue Seen, deren Wasser eine concentrirte Lauge von
Eisenvitriol ist. Der übrige lockere Kraterboden ist vielfach von sauren
Fumarolen durch wühlt, welche natürlich in den umliegenden Gesteinen
die bekannten Zersetzungsphänomene hervorgerufen haben.
Schreitet man vom Vulkan Taal, auf der kahlen Insel nach Nord-
west, so passirt man zwei in einander geschachtelte, nach Siidwest ein-
gestürzte, aus Rapillinmassen bestehende Kraterwälle, am äussersten
Westende der Insel erhebt sich endlich der kegelförmige, den Taal an
Höhe überragende Binintiang grande mit grossem Krater (siehe Fig. 3).
An der Südspitze der Insel existirt noch eine andere erloschene Erup-
tionsöffnung. Der Binintiang chiquito. C. Semper (Die Philippinen und
ihre Bewohner, 6 Skizzen, Würzburg 1869) schreibt über die Ausbrüche
dieser Vulkane: „Zwei zweifelhafte Ausbrüche werden in den Jahren
1634 und 1645 erwähnt, ohne Angabe des Kraternamens, von 1707 —
1733 wechselten die beiden Binintiang’s mit einander ab, bis endlich
1749 der mittlere Krater zum Ausbruch kam, der jene beiden zum
Schweigen bringend, von nun an bis in neuere Zeit hinein, die Rolle
übernahm.“
Mineralogische Mittheilungen. 1876. 3. Heft. (v. Dräsche.)
21
160 Richard von Dräsche. £4]
Bei dem grossartigen Ausbruch 1754 wurden die Dörfer Taal,
Lipa, Tanauan und Sala verschüttet.
Eine entschieden merkwürdige Thatsache ist, dass bei keinem
Ausbruche Lavaergüsse erwähnt werden, und ich auch vergeblich auf
der ganzen Insel nach zusammenhängenden Strömen suchte.
Das Vorkommen von marinen Fischen in dem See von Taal, so-
wie der Salzgehalt des Wassers, deutete entschieden darauf hin, dass
einst das Meer ähnlich wie auf Insel St. Paul in das Innere des ulten
Kraters drang und erst später nach dem Aufbau der jetzigen Insel, durch
wiederholte Ascheneruptionen die Communication aufgelöst, und der See
durch die Tagwasser ausgesüsst wurde. Die ganze Provinz Cavite, die
reiche Provinz Batangas und die Umgebung von Manila, bestehen aus
den Eruptionsprodukten des Taal. Aehnlich wie der Pansipit den Was-
seriibertiuss des Sees von Bombon nach dem Meere leitet, entwässert der
schöne rio Pasig die Laguna de Bai.
Die Ufer dieses Flusses bestehen ausschliesslich aus Bimsstein-
tuffen mit reichlichen Pflanzenresten. Diese Tuffe konnte ich bis Ma-
riquina und S. Francisco del Monte im Norden von Manila verfolgen.
Bei Guadalupe am Pasig, sind bedeutende Steinbrüche an denselben
zum Bau der während des Erdbebens 1863 eingestürzten Domkirche ange-
legt. Der Niveau-Unterschied zwischen der Laguna und dem Meere ist
ein so geringer, dass die Fluth bis nahe vor der ersteren im Pasig zu
bemerken ist. Sollten wir nicht vermuthen, dass die Laguna nichts an-
deres, als eine durch die Eruptionen des Taal vom Meere abgetrennte
seichte Bucht sei? Eine genaue Untersuchung ihrer Fauna dürfte viel-
leicht auch hier über diese Frage Aufschluss geben.
(Semper [a. a. 0.; S. 97] erwähnt eines Sägehai in der. Laguna.)
Nördlich von der Laguna befindet sich noch das ausgezeichnet
vulkanische Gebiet der Halbinseln Binangouan und Jalajala und der
Insel Talim, dessen Centrum nach F. von Ilochstetter (a. a. 0. S. 17)
in der tiefen Bucht von Binconada liegen soll ; ich habe dieses Terrain
leider nicht besucht.
Auf Tafel N gebe ich ein Panorama des Vulkandistrikts vom
Taal, von der Spitze des Maquiling gezeichnet.
Verlassen wir nun das Süd-Ufer der Laguna und mit ihm jene,
durch die Vulkane markirte Bruchlinie, und betrachten wir die Glieder
jener langen Eruptionsspalte, welche parallel mit der Küste sich vom
Monte Labo bis zum thätigen Vulkan von Bulusan in einer Ausdehnung
von 20 deutschen Meilen erstreckt.
Das nördlichste vulkanische Gebiet ist jenes des sogenannten
Volcan de Labo und der Sierra de Colasi. Ersterer bildet eine iso-
lirte, vielfach zerklüftete, wohl 4000 Fuss hohe, aus schönem Horn-
blende-Andesit bestehende Bergmasse. Südöstlich von ihm erhebt sich
ein schmaler, vielzackiger Gebirgszug, die Sierra (Säge) von Colasi,
welche in schroffen Felsen sich in die Bai von San Miguel stürzt. Sie
besteht ebenfalls aus ausgezeichnetem Hornblende-Andesit. Bis weit über
Daet im Norden hinaus und im Süden bis gegen Ragay sind diese
Andesitgesteine zu verfolgen. Bei letzterem Orte konnte ich deutlich
eine Auflagerung derselben auf einem mürben, conchylienreichen Kalk-
stein nackweisen, und so durch spätere paläontolgische Untersuchungen,
[5]
Einige Worte über den geologischen Bau von Süd-Luzon.
161
eine Altersbestimmung dieses Gesteines sichern. Im Flusse von Sipocot
selbst, dessen Ufer aus grauen vulkanischen Tuffen bestehen, beobach-
tete ich eine mächtige schwefelwasserstoffführende kalte Quelle; ebenso
entdeckte ich zwischen Colasi und Daet, im Gebiete der Gezeiten einen
ungemein reichen Kohlensäuerling. Wenn ich auch sehr geneigt bin,
den M. Labo für den Ueberrest eines Vulkans zu erklären, so
möchte ich für die Sierra Colasi, die Entstehung durch Erguss flüssiger
Gesteinsmasse aus einer SO— NW laufenden Spalte, ohne vulkanisches
Gerüst, für wahrscheinlich halten.
Am östlichen Ufer der Bay von S. Miguel, erhebt sich genau in
einer Linie mit M. Labo und Sierra Colasi, der nach Jagor’s Messun-
gen 1966m hohe Vulkan Ysarog (in der Bicol-Sprache bedeutet dieses
Wort „der Eine“) der nach J. Roth (Geologie der Philippinen, Anhang
zu Jagor’s „Reisen in den Philippinen“ S. 347) aus Hornblende-Andesit
bestehende Vulkan, ist an seiner Ostseite durch die tiefe Schlucht von
Rungus gespalten. Ich habe den Berg nicht besucht, da ein längerer
Aufenthalt dazu gehört hätte, um die seit neuerer Zeit wieder ziemlich
feindlichen wilden Stämme, die den Berg bewohnen, zu friedlichem Ge-
leite zu bewegen. Etwa 4 geogr. Meilen südöstlich vom Ysarog, steht
am westlichen Ufer des Lago de Buhi, der nach Jagor 1212m hohe
Vulkan Iriga, den ich vom Orte Iriga aus bestieg. Der Berg wird ganz
aus doleritischen Laven zusammengesetzt. Die ganze Ostseite des Ber-
ges ist eingestürzt und seine Trümmer liegen in riesigen Blöcken, und
Hügel bildend am Südufer des Sees. Es ist offenbar, dass der einst
am Ostufer des Vulkans vorüberfliessende Bach durch die Schuttmassen
zu einem See aufgestaut wurde, der endlich durch den rio de Buhi
seinen Abfluss in den Bicol fand. Von seiner Ostseite zeigt der Berg
ein Bild, welches mich vielfach an jenes erinnert, wenn man von der
Meeresseite aus, das ebenfalls im Osten zerstörte grand enclos des
Vulkans von Bourbon betrachtet. An den fast senkrechten Wänden
sieht man ausgezeichnet den Verlauf der Laven, welche mit Rapilli-
Schichten abwechseln. Steigt man im Krater zu einem kleinen Negrito-
Haus, so gelangt man in wenigen Minuten zu einem an der südlichen Wand
gelegenen, Bito genannten Abgrund, dessen Boden nach meinemErm essen
noch unter dem Niveau des Buhi-Sees gelegen sein muss. Am südlichen
Fusse des Iriga bis mehr als eine Stunde weit, gegen Polangni, fand
ich mächtige Bimssteintuffe anstehend, in welchen Bruchstücke von
Sandinlaven Vorkommen. Sollten vielleicht einige Eruptionen des Iriga
saurer Natur gewesen sein? Oestlich vom See Buhi, befindet sich der
erloschene Vulkan Malinao. Von seiner Westseite wird man keines
Kraters gewahr, von Tibi aus sieht man jedoch deutlich, den nach
Osten vielfach zerrissenen und gespaltenen grossen Krater, der dole-
rische Laven ergoss. An seinem Fusse, nahe am Meere, befinden sich
die Thermen von Tibi oder Naglebeng. Sie sind zweierlei Art, die einen
sind Solfataren, die andern kieselsäurehaltige Thermen. Die ersteren
treten längs und in einem Bachbette auf, sprudeln kochend und schlam-
mig zwischen den Steinen hervor und gleichen jenen der Tierra blanca
am Fusse des Maquiling. Wenige Schritte von dieser gegen das Meer zu,
sind die Kieselquellen. Aus kleinen von Kieselsinter-Platten gebildeten
Kratern strömt klares kochendes Wasser.
21*
162
Richard von Dräsche.
[6]
Nur einer der Krater war bei meinem Besuche thätig. Bemer-
kenswerth ist eine, mit scheinbar tiefblauem Wasser angefüllte Vertie-
fung, (gegen 6m) welche ihr Niveau mit den Gezeiten ändern soll. Das
gegen 72° C. heisse Wasser schmeckte sehr salzig, so, dass eine Com-
munication mit dem nahen Meere mir wahrscheinlich erscheint.
Ausser diesen Quellen beobachtete ich am Fusse des Malinao
noch eine grosse Anzahl eisenhaltiger Thermen.
Südlich vom Vulkan Bulii, erhebt sich der doleritische 1354m
hohe Mazaraga, auf welchem nichts von einem Krater zu sehen, dessen-
ungeachtet erscheint er auf den Karten als „Vulkan“. Wenn auch der
Uebergänge zwischen einem thätigen Vulkane, und jenem Grade der
Zerstörung, wo sowohl Krater als lose Auswürflinge vollkommen ver-
schwinden und nichts mehr übrig bleibt, als ein isolirter Lavastumpf —
vielfache sind, so scheint es doch oportun, nur jene Berge mit dem
Namen Vulkan zu bezeichnen, an denen wir noch Spuren eines Kraters
oder mindestens von einem Punkte, allseitig nach Aussen abfallende
Laven beobachten können. In diesem Sinne ist es unrichtig, die Insel
Corregidor, Pico Loro, Insel Talini, Malarayat, Labo, Sierra Colasi,
Mazaraga und Pocdol als Vulkane zu bezeichnen, wie es F. Jagor in
seiner Uebersichtskarte der Philippinen tliut.
Im Süden des Mazaraga, ragt nun der fast symmetrische Kegel des
herrlichen, stets rauchenden Vulkans Mayon, oder Volcan de Albay, in
die Lüfte. Der Fuss des Vulkans nimmt einen Flächenraum von fast
4 geografischen Quadratmeilen ein. Der Berg selbst ist bis 1 Vierttheil
seiner Höhe mit Vegetation bedeckt, an der östlichen Seite etwas höher
hinauf, alles Uebrige bis zum Gipfel ist ein öder Schutthaufen. Ich
habe den Berg von seiner Südseite aus bestiegen. Die erste Hälfte des
Berges kommt man, einen doleritischen Lavastrom benützend, der sich
tief in die Rapillinmassen eingewühlt, ziemlich gut vorwärts, dann wird
aber der Neigungswinkel so gross (32°) und ist so wenig festes Gestein
vorhanden, dass man weit über die Knöchel in den Aschenmassen ein-
sinkend und sich nur auf Händen und Füssen ungemein mühselig weiter-
bewegen kann. In dieser Art kriecht man 4 Stunden bis zur Spitze.
Ein ungemein heftiger Ostwind trieb uns den scharfen Sand stets
in's Gesicht, und löste von oben Steine los, welche mit rasender Ge-
schwindigkeit an uns vorbeiflogen. Eine halbe Stunde vor Erreichung
des Kraters, beobachtete ich östlich von uns, einen Complex von über-
einander geschlossenen Laven, welche eine mehr als 100 Meter lange
continuirliche Decke mit einem Fallwinkel von 32° bilden.
Diese Laven sehen sehr jung aus und dürften dem letzten Ausbruche
von 1871 angehören. Etwas unterhalb des Gipfels, an der nordwest-
lichen Seite, ragt ein riesiger, wohl 30m hoher Doleritpfeiler, in die
Höhe, der mit gutem Auge, selbst von Daraga aus sichtbar ist. Der
Gipfel selbst wird von einem grossen Steinhaufen gebildet. Zwischen
den meist eckigen Trümmern strömen ungemein zahlreiche Dampfstrahlen,
reich an schwefliger Säure, zischend hervor. Soweit ich sehen konnte,
besteht der Gipfel nur aus dieser wüsten Stein-Ebene, in welcher sich
einzelne grössere Einsenkungen befinden, aus welcher grosse Dampf-
wolken hervorbrachen. Nach einer eigentlichen Krater-Oeffnung suchte
ich vergebens. Dieselbe scheint bei der letzten Eruption, durch die
[7]
Einige Worte über den geologischen Bau von Süd-Luzon.
163
erwähnten eckigen Auswürflinge verstopft worden zu sein. Ich fand so
die Verhältnisse ganz anders als Jagor, der im 1859 den Berg bestieg
und (a. a. 0. S. 70) schreibt:
„An einer tiefen breiten Schlucht, wo die Dampfentwicklung be-
sonders heftig und massig war, machten wir Halt; wahrscheinlich standen
wir am Rande eines Kraters, doch konnte man keine klare Uebersicht
der Verhältnisse erlangen, da die Dichtigkeit der aufsteigenden Dampf-
wolken es unmöglich machte, die Breite der Klüfte zu übersehen. Die
Kuppe bestand aus etwa zwei Fuss mächtigen Bänken, festen Gesteines
unter einer von schwefliger Säure gebleichten Schlackenkruste. Viele
regellos umherliegende prismatische Blöcke zeigten, dass der Gipfel
früher höher war.“
In Fig. 4 Taf. XI., gebe ich ein Bild des Vulkangipfels wieder, wie
ihn Jagor von Daraga aus, durch ein Fernrohr sah.
In Fig. 5 Taf. XI., den Gipfel im Jahre 1876, einige tausend
Schritte unterhalb der Spitze gezeichnet.
Am Albay scheinen im Grossen und Ganzen wenig Lavaergüsse
stattzufinden, Aschen- und Steinregen sind wohl die häufigsten Erup-
tionsphänomene. Augenzeugen, an deren guter Beobachtungsgabe ich nicht
zweifeln kann, berichteten mir, dass wenn man auch sehe, (was in der
Nacht am besten), dass vom Gipfel des Berges ein continuirlicher La-
vastrom ergossen werde, derselbe sich jedoch bei seinem weiteren Fort-
bewegen in einzelne glühende Massen auflöse, welche den Berg hinun-
terrollen. Damit stimmen auch meine Beobachtungen überein; nur we-
nige Ströme konnten von mir beobachtet werden ; die Hauptmasse bilden
lose Stein-Mengen,
Sollten wir den Grund dieses merkwürdigen Phänomens in der
grossen Neigung oder dem geringen Flüssigkeitsgrade der Laven suchen?
Ein anderes hervorzuhebendes Faktum ist, dass man an den Abhängen
und am Fusse des Berges vergeblicher nach secundären Eruptionsöff-
nungen sucht. Ein einziger bei Daraga gelegener Hügel, dürfte als solche
zu deuten sein.
Die Höhe des Berges wird von Jagor zu 2374m angegeben. In
dem an den gröbsten Irrthümern überreichen Vulkan-Verzeichniss, welches
G. Poulett Scrope seinem Werke (Ueber Vulkane, übersetzt von G. A.
von Klöden Berlin 1872) beigibt, schreibt letzterer p. 424 jedoch:
„In Luzon oder Manila (! !) der nördlichsten Insel, ist der Mayon
der grösste Vulkan. Er wird als vollkommen kegelförmig beschrieben,
und ist 3200 engl. Fuss hoch.“
Weiter lesen wir pag. 425: „Auf der kleinen Insel Mindoro,
südlich von Manila befindet sich ein Vulkan in unaufhörlicher Thätig-
lceit“, obwohl die Insel über 250 geografische Quadratmeilen gross ist,
und weder einen erloschenen noch einen thätigen Vulkan besitzt.
Grosse Zerstörungen und Terrain- Veränderungen bewirken fast
jährlich die meistens im Herbste rasenden Typhone. Die auf dem
Berge wolkenbruchartig niederstürzenden Wassermassen wälzen Asche
und Steine verderbenbringend weit in die Ebene. Die radial vom Mayon
strömenden Bäche wachsen zu reissenden Flüssen an und verheeren
ganze Dörfer. Am 30. Oktober 1875 Nachts, brach ein solcher Typhon
Richard von Dräsche.
164
[8]
über die Provinz Albay; sein Centrum war in der Nähe des Mayon
selbst, so dass er furchtbare Verheerungen anrichtete.
Im Süden des Mayon, genau in der Verlängerung der Linie, welche
den Inga, Mazaraga und Mayon durchschneidet, tritt ein letzter thätiger
Vulkan, der Vulkan von Bulusan auf. Er hatte im Jahre 1875 eine
Eruption. Wegen Zeitmangel konnte ich ihn nicht besuchen.
Nach der Betrachtung der vulkanischen Gebiete Süd-Luzons, wenden
wir uns zu dem Complex von krystallinischen Schiefern, welche, wie es
scheint, die Grundlage der ganzen Insel Luzon bilden. Im Norden von Lu-
zon, in der Sierra de Zambales und hauptsächlich im Caraballo Sur
und der grossen Cordillere, wo die vulkanischen Gesteine mehr zuriick-
treten, setzen sie in Verbindung mit Syeniten, Hypersteniten und Ser-
pentin die höchsten Gebirge zusammen.
Dem ersten Streifen von diesen Schiefern, und zwar Talkschiefern
begegnet man, wenn man von Antimonau nach Laguimanoc geht. (Siehe
Profil I, Tafel XII.) Weiter östlich wird das ganze Terrain zwischen
Indang und Capolonga von Talk-, Chlorit-, Thon-Schiefern und verwit-
terten Gneisslagern zusammengefast. Die Laven des Labo mögen im
Norden auf diesen Gesteinen ruhen. Der hohe zackige M. Calungung
besteht wohl auch aus krystallinischen Schiefern. Ich versuchte verge-
bens durch dichte Urwälder an seinen Fuss zu gelangen. Die berech-
neten Erzlagerstöcke von Mambulao und Paracali, treten in jenen
Gesteinen auf. Zwischen Indang und Paracali, stehen an der Küste
hornblendereiche Schiefer an, das gebirgige Terrain zwischen Paracali
und Mambulao wird aus apfelgrünen Talkschiefern und Protogingneiss
ähnlichen Gesteinen zusammengesetzt. In diesen kommen Quarzgänge
vor, welche reich an Bleiglanz, Zinkblende, Gold und Covellin sind.
Südwestlich von Mombulao, ist das erst seit einem Jahre in Be-
trieb stehende Bergwerk Dumbaga. Das Gold kommt hier sehr reich-
lich in Quarzgängen in einem grauen Thonschiefer vor, und wird theils
in kleinen Schächten, theils durch Waschen gewonnen. Bei meinem
Besuch waren gegen 700 Indier mit dieser Arbeit beschäftigt.
Bei Labo und Paracali findet man in den Quarzgängen Rothbleierz.
Vom Berge Malaquit sah ich sehr schöne und grosse Magneteisen-
Erzstücke.
Weiter im Süden treffen wir wieder bei Pasaco, einen kleinen
Streifen krystallinischen Schiefers an. (Siehe a. a. 0. Roth. p. 348.)
Nach einigen verwitterten Gesteinsproben aus den verlassenen Kupfer-
rinnen, von der Halbinsel Comaman dürften dort ebenfalls Hornblen-
deschiefer auftreten. Weiter südlich ist mir nichts mehr von dem Auf-
treten krystallinischer Schiefer bekannt.
Die dritte in Siid-Luzon beobachtete Formation sind die Koral-
lenkalke.
Schon bei Laguimanoc bemerkt man einzelne Fetzen von kry-
stallinischem Kalk, reich an Korallenresten, welcher den dem Majajai
entstammenden Tuffen aufgelagert ist.
Von Rogay angefangen aber kann man bis an den äussersten
Süden Luzons, einen aus Korallenkalken bestehenden, der Westküste
stets parallel laufenden Gebirgszug verfolgen. Bei Pasaco verschwindet
dieser Gebirgszug für eine kurze Strecke und gestattet so dem Stulan
Einige Worte über den geologischen Bau von Siid-Luzon.
165
PJ
seinen Lauf zum Meere. Die beiden, fast in einer Linie liegenden, aber
nach entgegengesetzten Richtungen strömenden Flüsse von Sipocot und
Bicol, haben ihr Bett fast stets an der Grenze des Korallenkalk-Zuges
und der vulkanischen Formation.
Man versucht neuerdings den Bicol mit dem Stulan durch einen
Kanal zu verbinden, um die in der Regenzeit die grosse Ebene von
Libmanan und Naga überschwemmenden Gewässer nach beiden Mee-
ren abzulenken. Die Erhebung ist hier eine so geringe, dass der grösste
Durchstich 8m Tiefe hat.
Bei Libmanan kommen am Fusse des Jamtik zahlreiche Höhlen
in diesem Kalkstein vor. Die Höhle von Calopnitan welche ich besuchte,
steht der Adelsberger kaum an Grösse und Schönheit der Stalactiten-
Bildung nach. Am Westabliange dieses Kalk-Gebirges fand ich 5 Stun-
den von Batu dem Kalke einen Complex von Gypsmergeln mit Ala-
baster-Scliniiren und Sandsteinen aufgelagert, welcher schmale Flötze
eines schlechten schwefelkieshaltigen Lignites führte. (Siehe Profil IV,
Tafel IV.) Weiter im Süden bei Bacou und Sorsogau, treten unter ganz
ähnlichen Verhältnissen mächtige Kohlenlager auf. Ich kann leider
über dieselben nichts näheres anführen, da ich die südlichste Halbinsel
von Luzon nicht bereiste.
Zu den entschieden jüngsten Bildungen Luzons gehören horizontal
geschichtete mürbe Muschelkalsteine, welche die niedre Landenge von
Calivac zusammensetzen und auch bei Ragay auftreten (siehe Profil II,
Tafel XII).
Die jetzt zusammenhängende Masse von Siid-Luzon bestand einst
aus einem Complex von Inseln, deren älteste wohl der aus krystalli-
nischen Schiefern bestehende, westliche Theil der Provinz Camarin
Norte und die jetzige Halbinsel Caramuan, gewesen sein mögen. Durch
stetige Hebungen, sowie durch die vulkanischen Ergüsse*) wurden diese
Inseln mit einander verbunden. Die Landungen von Calivac und Pasacao
dürften wohl die am kürzesten, dem Meer entstiegenen Landtheile sein.
Eine neuerliche Senkung von Siid-Luzon um 100 Fusse würde genügen,
Tayabas von Camarin Norte und dieses von Camarin Sur zu trennen.
An allen Küsten Süd-Luzons sind Hebungs-Erscheinungen zu be-
obachten. An der Küste von Camarin Norte bemerkte ich viele Fuss
über dem Meere gehobene Korallenriffe, welche in Verbindung mit le-
benden unter dem Meeresspiegel standen.
Die riesigen Rhizophoren-Wälder, welche dort, wo brackisches Wasser
sich vorfindet, die Küsten und Flussmündungen einrahmen, lassen, wenn
man die Lagerungsweise des zwischen Gypsmergeln und auf Korallen-
kalk ruhenden Lignites von Batak erwägt, auf den Gedanken kommen,
diese seien aus jenem Filzwerk von Aesten und Wurzeln hervorgegangen.
Manila, im Mai 1876.
*) Siehe Hochstetter a. a. 0. p. 15.: „Er (der Isarog) nimmt den ganzen
Jsthmus zwischen der Bai von S. Miguel und dem Busen von Lagonoy in einer
Breite von 18 Seemeilen ein, hat eigentlich den Isthmus erst gebildet, indem er die
Insel, welche ohne Zweifel einst die Sierra de Caramuan bildete, mit Süd-Cama-
rines verband.
Richard von Dräsche.
[10]
166
Erklärung der Tafeln.
Tafel IX.
Tafel X.
Tafel XI.
Tafel XII.
Tafel XIII
Karte von Sild-Luzon, nach der auf RrundTage der Coello’schen Karte zu
Jagor’s Reise von Kiepert gezeichneten ausgefUhrt und mit Angabe
der Reisetouren R. v. Drasche s versehen.
Panorama des Taal-Gehietes von der Spitze des Maquiling
Fig 1. Vulcau Taal. Partie des inneren Kraterrandes.
Fig. 2. Skizze des Kraters.
Fig. 3. Kartenskizze des Iiinitiang gründe.
Fig. 4. Gipfel des Mayon nach Jagor 1850
Fig. 5. Gipfel des Mayon, April 187ö.
I. (juerprofil Laguimanoc-Antiinouan.
II. „ Guinayangan-Calavac.
III. „ Ragay-Rarcelonetta.
IV. „ Durch die Seen Dato und Rubi.
Ucbcrsicht der Philippinen mit den Streiehungsliuicn und der Bruch-
linie.
laiumagiiajv
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Cnbrnt
deBondot]
Macotoe
KARTE
tBagalao
SUD -LUZQN
nach der auf Grundlage der
COELLO'scHEH KARTE zu F.JAGOK’ REISE
\Jacinto
von giepert gezeichneten.
<Av iDxtwcfu-* «Souicn
Mafsstab in f7ö“öö;oöö
Spaai.reJie Leguas 20 — /'
Ttujttpulu l
Rv Dräsche Ceolo« Bau von «Sml-I.ozon
TschermakuMincnilo^ischr iMitlheilungm , I87G Hcfl II
Jahrbuch der <|Coloij . nrirhaanilall , Bd IB1 .
Ri- rasche . »eolo|.Bau V. Süd-Luzon.
Tafel X
Panorama des Taal- Gebietes .
von der Spitze des M a q u 1 1 1 n g .
Utfc. Arvst. v. p Kö)ce Wien .
1 . Vulcan Taal.
6. Laguna de Bomben.
2. Binintiang grande. 3. Macolog . 4. Pu n ta Santiago , 5. Rio Pansipil
7. Meer. 8, Reis Ebene. 9. Monte Sungay 10. Insel Corregidor
11. Mariveles .
Jfac\ d. jVat . gez . v. H . Dräsche.
Tschermak -.Mineralogische Mitteilungen ,1876.HeftlII
Jahrbuch der geolog.Reichsan.staU JBd .XXVI .
R.Y.DraschetGroloj». BauvSüdLuzon.
Fig. 2.
Tafel XI.
a=hÖGhsteT Punkt b= niederster Punkt
C = falaue Seen d = e ingebrochener Wall
a = Binintian i> § ran
b, e = einge stürzte
Gipfel des Mayon, April 1876
lith.Anstv.F. Koke in Wien.
Tschermak:Mmera]oeiscl\e Mittheilungen , 1876. Heft HI .
Jahrbuch 3er cjeo]o(j.lteichsanstalt/iBd,XXH_.
^P-
R v Dräsche Geolog. Bau t .Süd Luzon .
Tafel XII
Profil 1 .
CVaavSoc ?aulö«e(ra,
a braune tuffahnhdie qul qesduchtete Gesteine . Str OW , Fallen S
b. Korallenkalkstein
C, Talteschzefer Str SO. FT. Hr Fallen. IS 0
d Sandstein.
Profil II
SO NW
tnunai/ an qa n
C\vw\, ^ Vox Ooeow
a „ Sumpfqelnet des Rio de Tinas
b = „ „ „ „ Calavac
- horizontal qescluohteter Muschelkalkstein
Calanac
Profil Ul
'Wao S\\»ocot
C\vwvSee
cl = Korallen und Muschelkalk
b =. Andesitlaven
NO
BaireloTLetta
— p- — t
l\xc.\? Oteoxv
Profil IV.
b = KoraRenhaTk. d = Bimssteintuff'
Tsch er m ak: M I ne ra Io i>i .sehe Miulieilmioeii 1876.Heft UI
<J o
Jahrbuch der tjeoloq.Reichsanslak , BOIYL
R.v.DraSChe : Geolog. Bau v. SüdLuzojt .
Formosa
Tafel Xlll.
Tschermak.Mmeraloösche Mitth.eiliin.£eai 1876, Heft III .
o D
Jahrbuch der geolog.Reichsanstah , BdXW!
III. Ueber die mikroskopische Unterscheidung von
Nephelin und Apatit.
Von A. Streng.
Apatit und Nephelin sind zwei farblose, hexagonal krystallisirende
Mineralien, welche in Folge dessen unter dem Mikroskope keine
charakteristischen Unterscheidungsmerkmale bieten. Man hat sich daher
bis jetzt mit zufälligen Eigenthümlichkeiten der beiden Mineralien be-
holfen, die vielleicht in den meisten Fällen zutreffen werden, die uns
aber keine Garantie einer richtigen Bestimmung bieten. So führt man
als Eigenthümlichkeit des Apatit an, dass er vorzugsweise lange,
schmale Nadeln der Combination 00P.0P bildet, zu der selten P hin-
zutritt, dass er also entweder in sehr langen, schmalen Rechtecken
oder in kleinen, scharf umgrenzten Sechsecken auftritt, dass er ferner
durch mehrere Mineralien hindurchsetzt. Häufig ist er sehr rein, oft
aber auch mit Nädelchen oder einem feinen Staube erfüllt, der im In-
nern stärker angehäuft ist, so dass ein trüber Kern und ein heller
Rand unterschieden werden können. Der Nephelin erscheint entweder
auch in sechsseitigen oder in kurz rechteckigen Durchschnitten der
Form ooP . oP, zu der sich nur selten noch P gesellt. Er enthält
theils sehr feine, nadelförmige, den Umrissen parallel laufende Mikro-
lithen, theils einen feinen Staub, der mitunter auch im Innern sich
anhäuft. Er theilt mit dem Apatit die Eigenschaft, zu den ältesten
Ausscheidungen der Gemengtheile krystallinischer Gesteine zu gehören.
Alle diese Eigenschaften beider Mineralien bieten keine charakteristi-
schen Unterscheidungsmerkmale dar. Auch die optische Unterschei-
dung, wonach der Apatit bei der Drehung des Polarisators eine merk-
liche Absorption zeigt, die beim Nephelin fehlt, ist zu subtil, als dass
sie überall zu einem sichern Resultate führen könnte.
Bei der Untersuchung einer Reihe von nordamerikanischen Ge-
steinen war ich oft in der Lage, ein sicheres Erkennungs- und Unter-
Mineralogische Mittheilungen 187G. 3. Heft. (Streng.) 22
168
Ä. Streng.
[2]
scheidungsmittel beider Mineralien schmerzlich zu vermissen, da ich
oft im Zweifel war,, welches der beiden Mineralien vorlag. Bei langen,
dünnen Nadeln war ich nicht zweifelhaft, wohl aber bei kurzen, dicken,
mehr oder weniger rechteckigen Durchschnitten. So hatte z. B. ein
solcher rechteckiger Durchschnitt eine Länge von 0*8 Mm. und eine
Breite von 04 Mm., und erwies sich doch bei genauerer Untersuchung
als ein Apatit. Diese Ausbildung war aber keine zufällige, denn alle
übrigen Apatite desselben Gesteins zeigten sich in ähnlicher Weise
ausgebildet, so dass das oben erwähnte zufällige Unterscheidungs-
merkmal hier nicht zutrifft. Charakteristische Unterschiede beider
Mineralien lassen sich nur auf chemischem Wege finden, denn hier ist
die Verschiedenheit allzu gross, als dass bei Anwendung geeigneter Rea-
gentien eine Verwechslung möglich wäre. Zwar lösen sich beide Mine-
ralien in Säuren, allein der Nephelin gelatinirt, und in dieser an sich
nicht erkennbaren Gelatine bemerkt man keine Bewegung der Flüssig-
keit, während der Apatit sich vollständig löst und in dem Hohlraume,
den er hinterlässt, häufig eine Bewegung der verschieden dichten Flüs-
sigkeiten beobachten lässt. Indessen auch dieser Unterschied ist nicht
scharf genug, um darauf eine sichere Erkennung zu gründen.
Es ist bekannt, dass wenn man eine salpetersaure Lösung eines
phosphorsauren Salzes mit einer salpetersauren Lösung von molybdän-
saurem Ammoniak im Ueberschuss versetzt, ein gelber Niederschlag von
lOMo 03 + P 04 (N H4)3 entsteht, welcher nur 3*6°/0 Phosphorsäure
enthält. Diese Reaction ist eine sehr empfindliche und charakteri-
stische. Sie gelingt aber nur bei Ueberschuss des Reagenses, während
bei Anwesenheit grösserer Mengen von Phosphorsäure eine Reaction
nicht erfolgt. Versetzt man nun auf einem Glastäfelchen ein sehr
kleines Tröpfchen der verdünnten Lösung eines phosphorsauren
Salzes mit einem grossen Tropfen einer concentrirten salpetersauren
Lösung von molybdänsaurem Ammoniak und bringt das Gläschen unter
das Mikroskop, so beobachtet man, dass sich sehr bald zahlreiche
gelbe Körnchen ausscheiden, welche sich allmählig vergrössern und ent-
weder die Form regulärer Octaeder, deren gleichseitige Dreiecke er-
kennbar sind, oder diejenige regulärer Rhombendodecaeder an nehmen.
Im polarisirten Lichte verhalten sich diese gelben Körnchen wie regulär
krystallisirende Körper. Bei weiterem Wachsen werden die Krystalle
oft drüsig oder sie überziehen sich mit nierenförmigen oder traubigen
Massen derselben Substanz. Mitunter beobachtet man auch Durchkreu-
zungszwillinge. Das Aussehen dieser Körnchen ist so überaus charak-
teristisch, dass sie gar nicht zu verkennen sind.
Nimmt man nun den Dünnschliff eines apatithaltigen Gesteines
und bringt eine solche Stelle desselben unter das Mikroskop, bei wel-
cher ein Apatitkrystall die obere Schlifffläche schneidet, und setzt nun
mittelst einer kleinen Pipette oder eines dünnen Glasstabes einen Tropfen
einer concentrirten salpetersauren Lösung von molybdänsaurem Am-
moniak hinzu, so dass der ganze, unter dem Mikroskope befindliche
Theil des offenen Dünnschliffs damit benetzt ist, so kann man beob-
achten, wie sich der Apatit von oben nach unten allmählig in der Sal-
petersäure des Reagenses löst, und wie im ganzen Gesichtsfelde die
[3] Ueber die mikroskopische Unterscheidung von Nephelin und Apatit. 169
gelben Kryställchen der phosphorsäurehaltigen Verbindung in grosser
Menge entstehen, nur nicht an der Stelle, an welcher sich der Apatit-
Krystall befindet, weil hier die Phosphorsäure in solchem Ueberschusse
vorhanden ist, dass kein Niederschlag entstehen kann. Es bildet sich
also rings umher in dem Maasse, wie die phosphorsäurehaltige Flüssig-
keit in dem Reagens diffundirt, und zwar an denjenigen Stellen, wo die
Molybdänsäure im Ueberschusse vorhanden ist, ein breiter, aus zahl-
losen gelben Kryställchen bestehender Kranz. Schon durch diese Reac-
tion wird man meistens im Stande sein, einen Krystall mit Sicherheit
als Apatit zu erkennen.1) Da man aber unter Umständen zweifelhaft
sein kann, ob nicht die Reaction von einem andern, nicht im Gesichts-
felde liegenden Krystall von Apatit herrührt, so wird man gut thun, noch
eine zweite bestätigende Reaction an einem andern Krystall von der-
selben Beschaffenheit auszuführen. Man behandle diesen zunächst mit
einem Tröpfchen Salz- oder Salpetersäure und warte, bis ein grosser
Theil desselben sich gelöst hat. Dann füge man ein Tröpfchen Schwe-
felsäure hinzu. Man wird dann nach einiger Zeit bemerken, dass
namentlich rings um den Krystall oder in dem Hohlraume desselben
faserige, weisse Ivrystallaggregate von Gyps entstehen, welche die
Anwesenheit von Kalk anzeigen. Mit diesen beiden Reactionen hat
man also die Anwesenheit von Apatit zweifellos gemacht.
Endlich kann man einen dritten Krystall unter dem Mikroskope
mit schwach verdünnter Schwefelsäure behandeln, man wird dann
sehen, dass er sich darin nicht löst; es bildet sich nämlich ein sehr
dünner Ueberzug von Gyps, der den übrigen Theil des Krystalls vor
der zersetzenden Wirkung der Schwefelsäure schützt.
Was die chemische Erkennung des Nephelin anbetrifft, so erhält
man bei den für den Apatit angeführten Reactionen negative Resul-
tate, namentlich erhält man bei dem Behandeln mit wenig verdünnter
Schwefelsäure eine wenn auch nur sehr langsam fortschreitende Zer-
setzung des Minerals. Aber auch eine sehr schöne positive Reaction
lässt sich auf Nephelin anwenden. Wenu man einen in einem Gesteine
eingewachsenen Nephelinkrystall auf einem Dünnschliff unter dem Mikro-
skope mit stark concentrirter Salzsäure behandelt, so sieht man zu-
nächst, wie der Krystall sich löst, d. h. sich zersetzt; nach einiger
Zeit bemerkt man nun, dass sich in dem Raume des Krystalls kleine
farblose Würfelehen bilden, die aus Chlornatrium bestehen und vor-
trefflich zu erkennen sind. Diese Krystalle entstehen durch die Ein-
wirkung der Salzsäure auf das Natrium-Silikat und durch die Schwer-
löslichkeit des Kochsalzes in concentrirter Salzsäure. Diese Reaction
kann bei Apatit nicht eintreten, so dass dieselbe auch als eine nega-
tive Reaction auf diesen angewandt werden kann.
Auf diese Art gelingt es, Apatit und Nephelin mit grosser Sicher-
heit von einander zu unterscheiden. Diese und ähnliche Reactionen
‘) Die gelben Körnchen lassen sich am leichtesten durch Ammoniak von dem
Dünnschliffe wieder entfernen.
22*
1 70 Ueber die mikrosk. Unterscheidung v. Nephelin u. Apatit. A, Streng.
[4]
sind zwar schon öfter zur Erkennung gewisser Mineralien benützt wor-
den, allein man hat sich meines Wissens bisher darauf beschränkt, die
auf dem Dünnschliffe erhaltene Lösung auf ein Uhrgläschen zu bringen
und hier die chemische Reaction auszuführen. Die vorstehend beschrie-
benen Reactionen haben nun den Vorzug, dass sie es gestatten, ein
bestimmtes, unter dem Mikroskop eingestelltes Mineral auf seine che-
mischen Eigenschaften zu untersuchen.
Giessen, den 26. Juli 1876.
IV. Analyse des Wassers vom „Mare morto“ auf der
Insel Lacroma.
Von Dr. W. F. Loebiscli und L. Sipöcz,
Assistenten am Laboratorium für medicinische Chemie in Wien.
Herr Dr. J. Jacob ovits, Besitzer der Insel Lacroma, hat uns
im Herbste 1875 ersucht, das Wasser des Mare morto zu analysiren,
und zu diesem Zwecke das im Monate November geschöpfte Wasser in
gut verkorkten Flaschen hieher gesendet; über das sogenannte Mare
morto theilt er uns Folgendes mit:
Das Mare morto liegt auf einem felsigen Vorsprung der Ostseite
der Insel Lacroma, ist umgeben an der Nord- und Ostseite theils von
sehr alten Pinien, theils von Steineichen, im Süden und Westen aber
von nackten Felsen. Das Mare morto selbst bildet ein beinahe kreis-
förmiges Becken, dessen Durchmesser ungefähr 45 Meter beträgt, die
südlichen Wände desselben reichen 9 Meter, die übrigen 6 — 7 Meter
über das Niveau. Bei genauerer Untersuchung bemerkt man eine
tunnelartige Communication zwischen dem Mare morto und dem offenen
Meere. Dieser Tunnel verliert in seinem weiteren Verlauf gegen das
Meer zu, seine obere fast bis an das Niveau des Meeres hinabreichende
Wand und verwandelt sich auf diese Weise in eine in den Felsen
eingeschnittene 8 Meter breite, 16 Meter tiefe und 50 Meter lange
Spalte (kleine Bucht). Da der Fels sich an der Südseite 12 Meter über
das Niveau des Meeres erhebt, so kommen von der im ganzen 16 Meter
betragenden Tiefe der Felsspalte 4 Meter unter das Niveau des Meeres.
Der Tunnel selbst, 50 Schritte lang, verläuft schwach gekrümmt und
hat an seiner dem Meere zugewendeten Mündung eine Tiefe von 5V2
Meter, an seiner dem Becken zngewendeten Mündung die Tiefe von
P8 Meter. Die obere Wand dieses Tunnels ist durch eine 7 Meter
lange bis zu 0'6 Meter breite Spalte durchbrochen, aus welcher bei
bewegter See, durch das Spiel der Wellen veranlasst, stossweise Luft
mit feinzerstäubtem Meerwasser herausgetrieben wird. Der Bewegungs-
zustand im Mare morto, verglichen mit jenem des offenen Meeres, zeigt
eine kaum bemerkbare Differenz. Das Mare morto ist vom Schlosse
Lacroma kaum 165 Meter weit entfernt.
Das uns überschickte Wasser war vollkommen klar und zeigte
selbst nach längerem Stehen in den verschlossenen Flaschen keinen
Bodensatz; das specif. Gewicht, mittelst des Picnometers ermittelt, ist
bei 17-6 0 C. 1*0245.
Die Analyse wurde nach den gebräuchlichsten Methoden durch-
geführt, die Resultate der einzelnen Bestimmungen haben wir in den
folgenden Tabellen zusammengestellt:
Mineralogische Mittheilungen. 1876. 3. Heft. (W. F. Loebisch u. L. Sipöcz.)
172
W. F. Loebiscli u. L. Sipöcz.
[^]
Schwefelsäure.
Wassermenge
in
Grammen
Schwefelsaures
Baryt
Entsprechend
Schwefelsäure
Entsprechend
für
10.000 Theile
Mittel
510-0080
29882
1 0260
20-1173
20 1206
510-4355
2-9917
1-0272
20 1240
Chlor und Brom.
Wassermenge
in
Grammen
Chlorsilber
Bromsilber
Entsprechend
für
10.000 Theile
Mittel
26-0900
25 1338
1-8401
1-7707
705-3008
704-5016
704-9012
B r o in.
Wasser-
menge in
Grammen
Verbrauch-
tes Chlor-
wasser in
Kubikcenti-
metern
1 Kubik-
centimeter
Chlorwasser
entsprechend
Brom
Ent-
sprechend
Brom
Brom
für
10.000 Theile
Mittel
409-36
10-8
000315
0-03404
0 8315
0-8391
409-36
110
000315
0-03467
0-8468
Chlor.
Chlorsilber
Bromsilber
in
10.000 Theilen
Bromsilber
in
10.000 Theilen
Chlorsilber
in
10.000 Theilen
Chlor
in
10.000 Theilen
704-9012
1-9719
7029293
173-8954
[3]
Analyse des Wassers vom „Mare morto“ etc.
173
Calcium.
Wassermenge
Entsprechend
in
Kalk
für
Mittel
Grammen
10.000 Theile
255-3
01406
5-5072
5-5327
255-3
0-1419
5-5582
Magnesium.
Wassermenge
in
Grammen
Pyrophos-
phorsaure
Magnesia
Entsprechend
Magnesia
Entsprechend
für
10.000 Theile
Mittel
255-30
1-3892
0-5006
196087
19-6052
255 30
1-3887
05004
196017
Kalium und Natrium.
Wassermenge
in
Grammen
Chlorkalium
Chlornatrium
Entsprechend
für
10.000 Theile
Mittel
101-7268
101-5280
2-5759
2-5781
253-2174
253-9300
253-5737
Kalium.
Wassermenge
Kalium-
Entsprechend für 10.000 Theile
in
Grammen
platinchlorid
Chlorkalium
Mittel
Kali
101-7268
101-5280
0-2190
0-2284
6-5611
6-8560
6-7086
4-2322
174
W. F. Loebisch u. L. Sipöcz.
Natrium.
Chlorkalinm
Chlornatrium
für
10.000 Theile
Chlorkalium
für
10.000 Theilen
Chlornatrium
in
10.000 Theile
Entsprechend
Natron
253 5737
6-7086
246-8651
130*8174
Summe der fixen Bestandteile als Sulfate bestimmt.
Wassermenge
in
Grammen
Sulfate
Entsprechend
für
10.000 Theile
Berechnet
205-7875
7-7656
377-3601
379-3852
10.000 Theile des Wassers geben:
Schwefelsäure 20* 1206
Brom 0-8391
Chlor 173-8954
Kohlensäure, gebunden *) 1-6676
Kalk 5"5327
Magnesia 19-6052
Kali 4-2322
Natron 130-8174
Summe der festen Bestandtheile (berechnet) 317-4386
Specifisches Gewicht (bei 17-6 0 C.) T0245
Werden die aufgezählten Bestandtheile zu Salzen gruppirt, so hat
man für 10.000 Theile des Wassers:
Brommagnesium 0-9650
Kohlensaures Magnesium 3" 1835
Schwefelsaures Kalium 7-8340
Schwefelsaures Natrium 29-3204
Chlornatrium 222-7060
Chlormagnesium 42-4634
Chlorcalcium 10"9663
Wien, Laboratorium für medic. Chemie des Prof. Dr. E. Ludwig.
September 1876.
*) berechnet.
V. Ueber das Verhalten des Eisenoxydes bei hohen
Temperaturen.
Von Wilhelm Suida.
H. Rose x) machte vor langer Zeit die Beobachtung, dass Eisen-
oxyd zum Tlieile in Eisenoxydul übergeht, wenn man es längere Zeit
der Hitze des Porzellanofenfeuers aussetzt; er fand nämlich, dass so
stark erhitztes Eisenoxyd mit Salzsäure behandelt, eine Lösung liefert,
welche mit Kaliumeisencyanid einen blauen, mit Ammoniak nicht einen
rothbraunen, sondern einen dunkeln Niederschlag gibt.
Ramm e 1 sb erg * 2) hat in den letzten Jahren- bei Gelegenheit der
Untersuchung des Sulzbacher 'Epidotes festgestellt, dass der Eisen-
oxydulgehalt dieses Silikates durch Schmelzen mit Borax vergrössert
wird, dass also ein Theil von dem Eisenoxyde des Epidotes bei diesem
Schmelzprocesse unter Sauerstoffabgabe in Eisenoxydul übergeht.
Bekanntlich hat Hermann3) für die Bestimmung des Eisen-
oxydules in -solchen Silikaten, welche das Eisen sowohl als Oxydul,
wie als Oxyd enthalten, eine Methode der Aufschliessung angegeben,
Avelche darin besteht, dass das zu untersuchende Silikat mit Borax in
einem Kohlensäurestrome geschmolzen wird. Hermann hat diese
Methode bei verschiedenen Mineralanalysen angewendet, in jüngster Zeit
wurde dieselbe auch von Bodewig4) bei der Untersuchung des
Glauköphans von Zermatt benützt.
Da Rammeisberg nur das Ergebniss einer einzigen nach
der Methode von Hermann ausgeführten Eisenoxydulbestimmung mit-
theilt, so schien es für die Beurtheilung der Brauchbarkeit dieser
Methode von Werth, durch eine grössere Anzahl von Experimenten,
welche mit der nöthigen Vorsicht angestellt sind, den Einfluss von
schmelzendem Borax auf reines Eisenoxyd und auf Eisenoxyd enthaltende
Silikate zu studiren.
Da ferner das Verhalten des Oxydes im Schmelzflüsse auch bezüg-
lich des Auftretens von Magnetit und der Abwesenheit von Eisenglanz
in den Laven von grossem Interesse ist, so sollten die Versuche auch
nach dieser Richtung ausgedehnt werden. Ich folgte daher gerne der
*) Pharmaceutisclies Centralblatt 1848, 488.
2) Zeitschrift der deutsch, geolog. Gesellsch., Jahrgang 1872, pag. 69.
3) Handbuch der analytischen Chemie von Heinrich Rose, 6. Auflage, heraus-
gegeben von R. Finken er, II. pag.. 699.
4) Poggendorff, Annalen der Physik und Chemie, Band 158, pag. 224.
Mineralogische Mittheilungen. 1876. 3. Heft. (Suida.) 23
W. Suida.
176
[2]
Aufforderung des Herrn Dir. Tscherraak und des Herrn Prof. Ludwig
zu dieser Arbeit.
Ich habe demnach Versuche mit Eisenoxyd und Sulzbacher
Epidot bei verschiedenen Temperaturen und bei verschiedener Zeit-
dauer ausgeführt, ferner bei ähnlichen Versuchen den Borax durch
leichtschmelzbares Thüringer Glas ersetzt, und schliesslich Eisenoxyd
und Epidot für sich allein hohen Temperaturen unterworfen und die
in allen diesen Fällen auf das Eisenoxyd bezüglichen Veränderungen
untersucht. Es wurden folgende Versuchsreihen ausgeführt:
I. Eisenoxyd wurde im bedeckten Platintiegel in der Flamme des
Gasgebläses erhitzt.
II. Eisenoxyd wurde im Stickstoffstrome in einem Porzellanrohr
durch Kohlenfeuer zur beginnenden Weissgluth erhitzt.
III. Epidot wurde im Porzellanrohr wie bei II erhitzt.
IV. Ein Gemenge von Eisenoxyd und Borax wurde im Stickstoff-
strome in einer schwerschmelzbaren Glasröhre bei der Hitze des
Glas er ’s che n Verbrennungsofens geschmolzen.
V. Ein Gemenge von Eisenoxyd und Borax wurde im Stickstoff-
strome in einem durch Kohlenfeuer zur beginnenden Weissgluth erhitzten
Porzellanrohre geschmolzen.
VI. Ein Gemenge von Epidot und Borax wurde wie bei IV be-
handelt.
VII. Ein Gemenge von Epidot und Borax wurde wrie bei V behandelt.
VIII. Ein Gemenge von Eisenoxyd und leichtschmelzbarem Thüringer
Glas wurde wie bei V behandelt.
IX. Ein Gemenge von Eisenoxyd und Borax wurde im Sauerstofif-
strome, im Uebrigen wie bei IV behandelt,
X. Ein Gemenge von Eisenoxyd und Borax wurde im Platintiegel
in der Flamme des Gasgebläses erhitzt.
XI. Gemenge von Eisenoxyd und Borax, sowie von Epidot und
Borax wuirden im Platintiegel in der Flamme des Gebläsefeuers erhitzt,
und während dessen ein Kohlensäurestrom durchgeleitet.
Bei den Versuchsreihen II, III, IV, V, VI, VII, VIII wurde die
Erhitzung in einem Strome von reinem Stickstoff vorgenommen, um
jedem Einwande, bezüglich reducirender Gase zu begegnen; es wurde
alle Sorgfalt auf die Reindarstellung des Stickstoffes verwendet, und
ebenso für vollkommen dichten Schluss der verwendeten Apparate gesorgt.
Ich verfuhr bei diesen Versuchsreihen in folgender Weise: In einer
grossen Glasglocke wurde die darin enthaltene Luft, welche durch
Wasser abgesperrt war, durch brennenden Phosphor von der Hauptmenge
ihres Sauerstoffes befreit, das resultirende Gas in einen 20 Liter fassenden
Gasometer übertragen, und diese Operation so oft wiederholt, bis der
Gasometer mit dem Gase angefüllt war. Von diesem Gasometer aus
wurde ein langsamer Gasstrom in jene schwerschmelzbare Glasröhre,
respective Porzellanröhre geleitet, in welchen die in Platinschiffchen
befindlichen Substanzen erhitzt wmrden 1). Bevor das Gas in diese Röhre
*) Das Erhitzen in Glasröhren wurde in einem Glaser’schen Verbrennungsofen,
das Erhitzen im Porzellanrohr in einem kleinen Schmelzofen mittelst Kohlenfeuer
vorgenommen.
177
[3] lieber das Verhalten des Eisenoxydes bei hoben Temperaturen.
eiritrat, musste dafür gesorgt werden, dass die letzten Reste von Sauer-
stoff, so wie etwa vorhandene Spuren reducireuder Gase, entfernt
werden. Zu diesem Zwecke wurde das Gas nach seinem Austritt aus
dem Gasometer durch ein Rohr geleitet, welches eine 03 Meter lange
Schicht von Kupferoxyd enthielt, und im Verbrennungsofen zur Roth-
gluth erhitzt war, dann durch mit Aetzkali und Chlorcalcium gefüllte
Röhren endlich in eine Röhre, welche in einer Länge von 07 Meter
mit einer Spirale aus Kupferdrahtnetz angefüllt war, die im Verbrennungs-
ofen zur Rothgluth erhitzt wurde. Von hier aus kam der reine Stick-
stoff in die Glühröhren ; am Ende derselben war eine kleine mit Schwefel-
säure gefüllte Waschflasche angebracht, welche den Zweck hatte, die
Dichtheit des Apparates zu controliren. Bei allen Versuchen wurde die
Kupferspirale höchstens in einer Länge von 5 Centimetern oxydirt. Das
durch den Reinigungs-Apparat gegangene Gas wurde im Eudiometer
untersucht und vollkommen rein befunden. Der Gasstrom wurde während
der ganzen Dauer des Glühens und nach Beendigung desselben bis zum
Abkühlen unterhalten, dann wurde das die geglühten Substanzen enthal-
tende Platinschiffchen aus dem Glührohr herausgenommen und mit der
nöthigen Menge verdünnter Schwefelsäure, respective Flusssäure, in eine
Glasröhre eingeschmolzen, aus der die Luft durch Kohlensäure verdrängt
war. Durch Erhitzen der Röhre im Wasserbade oder, wenn nötliig, im
Luftbade bei 120° C., wurde die Aufschliessung der geglühten Masse
bewerkstelligt, nach welcher die Bestimmung des Eisenoxydules mit
einer titrirten Chamäleonlösung vorgenommen werden konnte.
Ueber die zu den Versuchen verwendeten Substanzen ist folgendes
zu bemerken : Das Eisenoxyd war einmal aus reinem Eisenchlorid durch
Fällen mit Ammoniak, andauerndes Waschen des Niederschlages. Trocknen
und Erhitzen vor dem Bunsen’schen Brenner, das anderemal aus
reinem Eisendraht durch Auflösen in Salpetersäure, Eindampfen und
Glühen vor dem Bunsen’schen Brenner, dargestellt; es wurde bei der
Prüfung frei von Eisenoxydul befunden.
Der Epidot stammte von Sulzbach; die Analyse desselben
ergab einen Gehalt von 14-69 Proc. Eisenoxyd und 0'52 Proc. Eisenoxydul.
Der Borax wurde durch Entwässern und Schmelzen reiner Krystalle
in einer Platinschale und Zerreiben nach dein Erkalten für die Ver-
suche vorbereitet.
Die zum Aufsehliessen verwendete Schwefelsäure bestand aus einer
Mischung von 1 Theil reiner destillirter Säure und 2 Theilen Wasser.
Die Flusssäure war durch Destillation aus einer Platinretorte, nach
Zusatz eines Ueberschusses von übermangansaurem Kalium gereinigt
worden.
Selbst sehr kleine Verunreinigungen des Materiales und das beim
Aufsehliessen in Glasröhren in Lösung Gegangene, konnte bei den
verhältnissmässig grossen Quantitäten, die zur Verwendung kamen,
immerhin einen merklichen Verbrauch von Chamäleonlösung bedingen,
wodurch dann die Eisenoxydulbestimmungen zu gross ausgefallen wären.
Um diese Fehler zu eliminiren, wurden parallel den eigentlichen Ver-
suchen, Control-Versuche angestellt, bei welch letzteren die gleichen
Mengen der zum Glühen verwendeten Substanzen und der zum Auf-
23*
178
W. Suida.
[4]
schliessen verwendeten Säuren, in einer Glasröhre von möglichst gleicher
Grösse, unter denselben Bedingungen der Temperatur und Zeitdauer,
in Lösung gebracht wurden ; die beim Titriren in diesen Control-Ver-
suchen verbrauchte Menge der Chamäleonlösung, welche in der Mehrzahl
der Fälle 02 Cc., im Maximum 0’4 Cc. betrug, wurde in Rechnung
gebracht.
Ich lasse nun die Resultate der einzelnen Versuchsreihen folgen.
Die Art, wie die Versuche dieser 11 Reihen ausgeführt wurden, ist
bereits früher angegeben worden.
I. Versuchsreihe.
1) 1'093 Gr. Eisenoxyd 1/i Stunde geglüht, brauchten 0.6 Cc.
Chamäleonlösung. (1 Cc. entspricht 0-0056 Gr. Eisen1). Es wurden
demnach 0'443 Proc. Eisenoxyd in Eisenoxydul umgewandelt.
2) 0‘980 Gr. Eisenoxyd 1/i Stunde geglüht, brauchten 1 Cc.
Chamäleonlösung. Menge des veränderten Eisenoxydes 0"83l Proc.
3) P0118 Gr. Eisenoxyd x/4 Stunde geglüht, verbrauchten 0-6 Cc.
Chamäleonlösung. Menge des veränderten Eisenoxydes 0’482 Proc.
4) 0’9975 Gr. Eisenoxyd Stunde geglüht, brauchten P6 Cc.
Chamäleonlösung. Menge des veränderten Eisenoxydes P291 Proc.
II. Versuchsreihe.
0M865 Gr. Eisenoxyd 1 1/2 Stunden im Porzellanrohr geglüht,
brauchten 0'2 Cc. Chamäleonlösung. Menge des veränderten Eisenoxydes
0'332 Proc.
IIP Versuchsreihe.
P0212 Gr. Epidot V/2 Stunden im Porzellanrohr geglüht,
brauchten l-7 Cc. Chamäleonlösung; davon entfallen nach dem Control-
Versuche auf das im Epidot enthaltene Eisenoxydul 0 • 7 Cc.
Eisenoxydulgehalt des Epidotes vor dem Glühen r= R52 Proc.,
nach dem Glühen = l-244 Proc.
Es wurden von 100 Theilen des Eisenoxydes 5-48 Theile in Eisen-
oxydul verwandelt.
IV. Versuchsreihe.
1) 0'5261 Gr. Eisenoxyd mit 3 5 Gr. Borax 4 Stunden im schwer-
schmelzbaren Glasrohre geschmolzen, verbrauchten 6'2 Cc. Chamäleon -
lösung. Menge des veränderten Eisenoxydes 9 '543 Proc.
2) 0'5308 Gr. Eisenoxyd mit 3 '5 Gr. Borax 81/2 Stunden erhitzt,
brauchten 10'6 Cc. Chamäleon. Menge des veränderten Eisenoxydes
16173 Proc.
3) 0'4903 Gr. Eisenoxyd und 3 '5 Gr. Borax 4 Stunden erhitzt,
brauchten 4.6 Cc. Chamäleon. Menge des veränderten Eisenoxydes
7'597 Proc.
4) 0"4996 Gr. Eisenoxyd und 3'5 Gr. Borax 4 Stunden erhitzt,
brauchten 2G Cc. Chamäleon. Menge des veränderten Eisenoxydes
3-405 Proc.
9 Der Titer der Chamäleonlösung wurde während der Dauer der Versuche
zu wiederholtenmalen bestimmt, er zeigte keine Veränderung.
179
[5]
Ueber das Verhalten des Eisenoxydes bei hohen Temperaturen.
5) 04975 Gr. Eisenoxyd und 3‘5 Gr. Borax 4 Stunden erhitzt,
brauchten 12'8 Cc. Chamäleon. Menge des veränderten Eisenoxydes
20-858 Proc.
6) 0'5415 Gr. Eisenoxyd und 3‘5 Gr. Borax 4 Stunden erhitzt,
brauchten 4'0 Cc. Chamäleon. Menge des veränderten Eisenoxydes
5-982 Proc.
V. Versuchsreihe.
1) 0-5019 Gr. Eisenoxyd mit 3’5 Gr. Borax lx/2 Stunden im
Porzellanrohr erhitzt, brauchten 2 Cc. Chamäleon. Menge des veränder-
ten Eisenoxydes 3"226 Proc.
2) 0-5065 Gr. Eisenoxyd mit 3'5 Gr. Borax 2 Stunden erhitzt, brauchten
0‘8 Cc. Chamäleon. Menge des veränderten Eisenoxydes 1-273 Proc.
3) 0'5138 Gr. Eisenoxyd mit 3"5 Gr. Borax lVa Stunden erhitzt,
brauchten l-4 Cc. Chamäleon. Menge des veränderten Eisenoxydes
2"206 Proc.
4) 0’5023 Gr. Eisenoxyd mit 3"5 Gr. Borax 2 Stunden erhitzt,
brauchten 1 Cc. Chamäleon. Menge des veränderten Eisenoxydes
P605 Proc.
5) 0-6843 Gr. Eisenoxyd mit 3"5 Gr. Borax 2 Stunden erhitzt,
brauchten 07 Cc. Chamäleon. Menge des veränderten Eisenoxydes
0-818 Proc.
Die durch Zusammenschmelzen des Eisenoxydes mit Borax erhal-
tene Masse war sowohl bei den im Porzellanrohr, als bei den im
schwerschmelzbaren Glasrohr ausgeführten Versuchen von dunkelbrau-
ner Farbe, durchsichtig und von kleinen Gasbläschen durchsetzt; das
Aufschlüssen der Masse durch verdünnte Schwefelsäure im zugeschmol-
zenen Glasrohr ging nur langsam vor sich, besonders schwierig waren
kleine glitzernde Blättchen in Lösung zu bringen, welche in der Flüs-
sigkeit zum Vorschein kamen, sobald die Aufschliessung begann. Diese
Blättchen zeigten bei der mikroskopischen Untersuchung das Aussehen
des krystallisirten Eisenoxydes; die Bildung desselben beim Zusammen-
schmelzen von Eisenoxyd mit Borax wurde schon von C. v. Hauer1)
beobachtet.
VI. Versuchsreihe.
P0023 Gr. Epidot mit 2-5 Gr. Borax 4 Stunden im schwer-
schmelzbaren Glasrohr erhitzt, brauchten 3-2 Cc. Chamäleon; davon
entfallen nach dem Control-Versuche auf das im Epidot enthaltene
Eisenoxydul 07 Cc.
Eisenoxydulgehalt des Epidotes vor dem Glühen = 0"52 Proc.,
nach dem Glühen 2-337 Proc.
Es wurden von 100 Theilen des Eisenoxydes 13" 74 Theile in
Eisenoxydul verwandelt.
VII. Versuchsreihe.
1) 1-0466 Gr. Epidot mit 2‘5 Gr. Borax 1V2 Stunden im Por-
zellanrohr erhitzt, brauchten 2 Cc. Chamäleon; davon entfallen nach
dem Control- Versuche auf das im Epidot enthaltene Eisenoxydul 0'7 Cc.
9 Jahresbericht über die Fortschritte der Chemie von Liebig und Kopp,
Jahrgang 1854, pag. 362.
180 W. Saida. [6]
Eisenoxydulgehalt des Epidotes vor dem Glühen = 0-52 Proc.,
nach dem Glühen P405 Proc.
Es wurden von 100 Theilen des Eisenoxydes 6*84 Theile in
Eisenoxydul verwandelt.
2) P0306 Gr. Epidot mit 2-5 Gr. Borax llU Stunden im Por-
zellanrohr erhitzt, brauchten 0-9 Cc. Chamäleon; davon entfallen nach
dem Control-Versuche auf das im Epidot enthaltene Eisenoxydul 0'7 Cc.
Eisenoxydulgehalt des Epidotes vor dem Glühen == 0’52 Proc.,
nach dem Glühen 0'661 Proc.
Es wurden von 100 Theilen des Eisenoxydes l-068 Theile in
Eisenoxydul verwandelt.
VIII. Versuchsreihe.
1) 0'505 Gr. Eisenoxyd mit 3-3343 Gr. Thüringer Glas 2 Stun-
den im Porzellanrohr erhitzt, verbrauchten P38 Cc. Chamäleon. Menge
des veränderten Eisenoxydes 2-202 Proc.
2) 0-5153 Gr. Eisenoxyd mit 3-476 Gr. Thüringer Glas 2 Stun-
den erhitzt, verbrauchten 3'2 Cc. Chamäleon. Menge des veränderten
Eisenoxydes 5-006 Proc.
3) 0'5136 Gr. Eisenoxyd mit 3-5157 Gr. Thüringer Glas 2 Stun-
den erhitzt, verbrauchten 3 Cc. Chamäleon. Menge des veränderten
Eisenoxydes 4-709 Proc.
Bei den eben erwähnten Versuchen der VIII. Reihe musste selbst-
verständlich die geschmolzene Masse sehr fein zerrieben werden, um
eine vollständige Aufschliessung durch Schwefelsäure und Flusssäure zu
erzielen, und da bei diesem Zerreiben bedeutender Substanz-Verlust
unvermeidlich ist, so wurde das Gewicht der geschmolzenen Glasmasse
bestimmt, indem das Platinschiffehen einerseits leer, andererseits mit
der geschmolzenen Masse gefüllt, gewogen wurde.
Nach der letzten Wägung wurde das Schiffchen sammt seinem Inhalt
stark erhitzt und durch Eintauchen in kaltes destillirtes Wasser plötz-
lich abgekühlt, es gelang dann leicht, die nach allen Richtungen zer-
klüftete Glasmasse aus dem Schiffchen zu entfernen ; sie wurde im
Achatmörser auf das feinste gepulvert, getrocknet, gewogen und nach-
dem unter den bereits beschriebenen Vorsichtsmassregeln mit Schwefel-
säure und Flusssäure im zugeschmolzenen Glasrohr ihre Aufschliessung
bewerkstelligt war, wurde mit Chamäleon titrirt. Die für die gewogene
Quantität der Schmelze erhaltenen Werthe wurden auf die Gesammt-
menge des in Arbeit genommenen Materiales umgerechnet.
IX. Versuchsreihe.
0"5119 Gr. Eisenoxyd mit 3"5 Gr. Borax 2 Stunden, im schwer-
schmelzbaren Glasrohr, im Sauerstoffstrome erhitzt, verbrauchten 0'2 Cc.
Chamäleon. Menge des veränderten Eisenoxydes 0-315 Proc.
X. V er suchsreihe.
1) 0"4975 Gr. Eisenoxyd mit 3'5 Gr. Borax 1/i Stunde im
bedeckten Platintiegel vor dem Gasgebläse erhitzt, verbrauchten 0"6 Cc.
Chamäleon. Menge des veränderten Eisenoxydes 0976 Proc.
2) 05045 Gr. Eisenoxyd mit 3"5 Gr. Borax 1/2 Stunde im be-
deckten Platintiegel vor dem Gasgebläse erhitzt, verbrauchten 0 2 Cc.
Chamäleon. Menge des veränderten Eisenoxydes 0-321 Proc.
lieber das Verhalten des Eisenoxydes bei hohen Temperaturen.
181
XI. Versuchsreihe.
Die Versuche dieser Reihe wurden zu dem Zwecke angestellt, die
Grösse der Fehler kennen zu lernen, welche bei Bestimmungen des
Eisenoxydules nach der Methode von Hermann erwachsen, wenn
unter Bedingungen gearbeitet wird, wie dieselben bisher von jenen
Analytikern eingehalten wurden, welche sich dieser Methode bedienten.
Es kamen Eisenoxyd und Epidot zur Verwendung. Die Mischung
dieser Körper mit Borax wurde in ein kleines Platintiegelchen von
geringem Durchmesser gebracht, das Tiegelchen mit einer Kappe aus
dünnem Platinblech gut bedeckt, in einen zweiten grösseren Tiegel ein-
gesetzt, die seitlichen Zwischenräume mit Magnesia ausgefüllt; dieser
zweite Tiegel gleichfalls bedeckt, wurde in einen dritten Platintiegel
gesetzt, auch hier wurden die seitlichen Zwischenräume mit Magnesia
ausgefüllt. Auf den äusseren, grössten Platintiegel, wurde ein durch-
bohrter Deckel aus Porzellan gelegt, durch die Bohrung ein passendes
gebogenes Porzellanrohr eingesetzt, welches mit einem continuirlich
wirkenden Kohlensäureapparate in Verbindung stand. Die Platintiegel
wurden in passender Höhe über der Flamme des Gasgebläses ange-
bracht und während der ganzen Dauer des Erhitzens und des Abküh-
lens ein langsamer Strom von trockener Kohlensäure durch den Apparat
geleitet. Nach dem Erkalten wurde der innerste kleinste Tiegel sorg-
fältig aus der Magnesia-Einbettung hervorgeholt, sammt der zur Auf-
schliessung erforderlichen Schwefelsäure in ein Rohr eingeschmolzen,
aus dem alle Luft durch Kohlensäure verdrängt war, und nun wurde so lange
erhitzt, bis die in dem Tiegel befindliche Masse vollständig aufgeschlossen war.
In derselben Weise hat auch Bodewig1) tlie Bestimmungen des
Eisenoxydules io dem Glaukophan von Zermatt ausgeführt.
1) 05298 Gr. Eisenoxyd mit 2 Gr. Borax 1/2 Stunde erhitzt, ver-
brauchten 05 Cc. Chamäleon. Menge des veränderten Eisenoxydes 0*754 Proc.
2) 0*8662 Gi*. Epidot mit 4 Gr. Borax 1 /2 Stunde erhitzt, ver-
brauchten 1 Cc. Chamäleon ; davon entfallen nach dem Control-Ver-
suche auf das im Epidot enthaltene Eisenoxydul 0*6 Cc.
Eisenoxydulgehalt des Epidotes vor dem Glühen = 0*52 Proc.,
nach dem Glühen = 0*851 Proc.
Es wurden von 100 Theilen des Eisenoxydes 2*51 Theile in
Eisenoxydul verwandelt.2)
3) 0*9898 Gr. Epidot mit 4 Gr. Borax 1/2 Stunde erhitzt, ver-
brauchten 1*8 Cc. Chamäleon; davon entfallen nach dem Control-
Versuche auf das im Epidot enthaltene Eisenoxydul 0*7 Cc.
Eisenoxydulgehalt des Epidotes vor dem Glühen = 0*52 Proc.,
nach dem Glühen = 1*32 Proc.
Es wurden von 100 Theilen des Eisenoxydes 6*05 Theile in
Eisenoxydul verwandelt.
Die numerischen Resultate aller Versuche sind der besseren
Uebersicht wegen, in ihren wesentlichsten Punkten in der folgenden
Tabelle zusammengestellt.
9 l. c.
2) Die geschmolzene Masse war bei diesem Versuch, selbst nach längerem
Erhitzen nicht vollständig aufgeschlossen, trotzdem ersieht man aus den Resultaten
der Titrirung doch eine Zunahme des Eisenoxyduls durch das Glühen,
182
W. Saida,
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[9] Ueber das Verhalten des Eisenoxydes bei hohen Temperaturen.
Die Ergebnisse meiner Versuche lassen sieh in folgenden Punkten
zusammenfassen :
1. Beim Glühen des Eisenoxydes hei der Hitze des Bunsen’schen
Brenners entsteht kein Eisenoxydul, wenn die Wirkung reducirender
Substanzen ausgeschlossen ist.
2. Beim Glühen von Eisenoxyd so wie von Eisenoxyd-haltigen
Silikaten bei lebhafter Bothgluth oder beginnender Weissgluth tritt Bil-
dung von Eisenoxyclul auf, auch wenn die Glühung im Strome von
reinem Stickstoff bei Ausschluss reducirender Substanzen vorgenommen
wird.
3. Beim Zusammenschmelzen von Eisenoxyd so wie Eisenoxyd-
haltigen Silikaten mit Borax oder Glas wird ein Tlieil des Eisenoxydes
in Oxydul verwandelt, auch dann, wenn das Erhitzen in einem Strome
von reinem Stickstoff oder Kohlensäure vorgenommen wird.
4. Wenn Eisenoxyd mit Borax in einer Atmosphäre von Sauer-
stoff geschmolzen wird, so ist die Bildung von Eisenoxydul sehr gering.
Aus meinen Versuchen geht in Uebereinstimmung mit Rammeis-
berg1) ferner hervor, dass die von Hermann vorgeschlagene Methode
der Bestimmung des Eisenoxydules in Silikaten, nach welcher die
letzteren durch Schmelzen mit Borax aufgeschlossen werden, nicht ver-
wendbar ist, indem die nach derselben erhaltenen Werthe für das
Eisenoxydul zu gross ausfallen; der Eisenoxydulgehalt eines Silikates,
welches neben Eisenoxydul auch Eisenoxyd enthält, kann, wie aus
meinen Versuchen mit dem Epidot ersichtlich ist, nach dem Schmelzen
mit Borax sogar mehr als das Dreifache desjenigen betragen, welcher
in dem Mineral enthalten ist.
Bei solchen Silikaten, welche durch Erhitzen mit Schwefelsäure
oder Salzsäure nur äusserst schwierig, oder wohl gar unvollständig
aufgeschlossen werden, wird man gut thun, die für die Eisenoxydul-
Bestimmung erforderliche Aufschliessung mit einem Gemenge von
reiner Flusssäure und mässig verdünnter Schwefelsäure im zuge-
schmolzenen Rohre aus böhmischem Kali-Glas vorzunehmen, wie diess
in neuerer Zeit vielfach geschieht. Bei der Anwendung der Flusssäure
muss man, wie schon von verschiedenen Seiten hervorgehoben wurde,
auf die schädlichen Verunreinigungen derselben Rücksicht nehmen ; und
die rohe käufliche Säure ist nach Zusatz von übermangansaurem Kalium
im Ueberschuss, aus einer Platinretorte zu destilliren und jedenfalls
nur dann in Verwendung zu nehmen, wenn dieselbe Chaniäleonlösung
nicht entfärbt. Es wird sich zur Erzielung genauer Resultate empfehlen,
neben der eigentlichen Aufschliessung einen Versuch anzustellen,
der darin besteht, dass man die zur Aufschliessung verwendeten
gleichen Quantitäten von Flusssäure und Schwefelsäure in einer dem-
selben längeren Stücke entnommenen Glasröhre, von näherungsweise
9 l. c.
Mineralogische Mittheilungen. 1876. 3. Heft. (Suida.)
24
184
W. Suida.
[10]
denselben Dimensionen, wie die der Aufschliessröhre, neben der letzte-
ren gleich lange erhitzt, und dann ermittelt, wie viel Chamäleon bis
zum Eintreten der Eothfärbung des Röhreninhaltes verbraucht wird;
diese Quantität des Chamäleons, welche nur wenige Zehntel Kubikcenti-
meter betragen darf, ist von derjenigen abzuziehen, welche zum
Titriren des aufgeschlossenen Silikates erfordert wird.
September 1876. Wien, Laboratorium des Prof. E. Ludwig.
VI. Notizen.
Bemerkungen über die Peclisteine von Arran.
Allport bemerkt in dem ersten seiner beiden Aufsätze über die
Gesteine von Arran, dass die Peclisteine, die von dieser Localität zu seiner
Kenntniss kamen, niemals Hornblende enthielten. Das grüne säulen-
förmige Mineral, welches Zirkel und Vogelsang früher zu dieser Art
gezählt hatten, bezieht er auf Augit, weil es keinen Dichroismus zeige
und er an einer durchgeschnittenen Säule die Winkel 132°, 137°, 87°
beobachtet habe.
Auf dieses Zeugniss hin gab Zirkel seine frühere Ansicht auf,
aber mit der Bemerkung, dass der reichliche Augitgehalt in einem
glasigen Gestein mit (33*5O0/o Kieselsäure eben so auffallend sei wie
der Umstand, dass hier der Augitgehalt alle jene gabelförmigen, aus-
gefranzten Prismen und Mikrolithen bilde, welche sonst niemals diesem,
sondern allemal nur der Hornblende eigen sind.1)
In einer Sammlung von Dünnschliffen aus Gesteinen von Arran,
die durch die Güte des Herrn Directors Tschermak zu meiner Ansicht
gelangten, befinden sich nebst anderen zwei Stücke von Pechstein,
die Hornblende enthalten.
Der Dünnschliff eines Pechsteines von Lamlash zeigt eine Grund-
masse von farblosem Glase, in welchem schöne grosse, säulenförmige
Belonite eingebettet liegen, welche in Betracht ihrer Dünne einen
stark markirten Dichroismus zeigen. Bei stärkerer Vergrösserung er-
scheinen diese Belonite in gabelförmig ausgefranzten prismatischen
Formen, welche zuweilen ein Korn von Magnetit enthalten.
Ein Pechstein von Clachland Point zeigt im Dünnschliff bei 240-
maliger Vergrösserung eine helle farblose Grundmasse, welche dicht
mit kleinen grünen Beloniten besäet ist. Hie und da sammeln sie
sich um einen grösseren prismatischen Belonit und lassen einen Baum
in der Grundmasse offen. Die grösseren Belonite sind dichroitisch und
bei stärkerer Vergrösserung erscheinen sie unter der Structur von
Hornblende wie die ähnlichen Vorkommnisse in dem Peclisteine von
Lamlash.
*) F. Zirkel, die mikrosk. Beschaffenheit der Mineralien und Gesteine, p. 376.
24*
186
Notizen.
[2]
Wenn der Grad des Dichroismus als Hauptunterscheidungs-Merkmal
zwischen Hornblende und Augit gilt, so sind die Belonite in dem
Pechsteine von den beiden erwähnten Localitäten zweifellos als Horn-
blende zu deuten. In den von mir untersuchten Pechsteinen aller
übrigen Localitäten besitzen die Belonite eine andere Structur, keinen
Dichroismus und sind bestimmt Augit.
Die Sphaerulithe und Globulithe, welche in diesen Gesteinen,
insbesondere in jenem von Lamlash, Vorkommen, sind noch einiger
Betrachtung werth. Die ersteren sind klein, in der Farbe von dem
Glase, in welchem sie liegen, kaum zu unterscheiden und von ausgezeich-
net strahlenförmiger Structur; sie zeigen Farben im polarisirten Licht
und ein stationäres schwarzes Kreuz, wenn der Dünnschliff zwischen
gekreuzten Prismen gedreht wird. Eine ganze Pieihe von Formen
führt von dem Sphaerulith zu eomplicirten Globulithen, welche nur eine
geringe Neigung zu einer radialen Structur zeigen.
Mehrere einzelne Sphaerulithe kommen zuweilen in Contact mit
einander vor, und das Aggregat derselben erscheint durch eine gelbliche
eisenhaltige Masse ein wenig getrübt. Zuweilen verlieren diese Formen
ihre radiale Structur und stellen eine centrale Masse von Mikrolithen
vor, welche nach ihrem allgemeinen Aussehen und ihrem Ver-
halten im polarisirten Lichte Feldspath zu sein scheinen, und
von einer Schichte einer braunen, halbopaken Materie umgeben
sind. Eine complicirtere Form von Globulithen besitzt ein centrales
halbkrystallinisches gelbliches Sphäroid in Quarz eingeschlossen, welcher
letztere selbst von Schichten einer abwechselnd braunen undurchsichti-
gen und weissen Materie von schwach krystallinischer Structur umgeben
ist. Die complicirteste Form endlich ist ein Globulith, in welchem man
ein Centrum von Quarz sieht, der innerhalb dreier aufeinanderfolgenden
Schichten liegt, von denen die mittlere von Feldsphathmicrolithen, die
beiden übrigen aber von einem bereits früher erwähnten braunen Ma-
teriale zusammengesetzt zu sein scheinen.
Zuweilen fällt das Ausstrahlungscentrum eines Sphaerulithen mit
dem Durchschnittspunkt zweier oder mehrerer Belonite zusammen,
aber eben so häufig trifft es sich, dass diese den Sphaerulithen kreuzen
ohne Rücksicht auf eine radiale Anordnung. Auch in den Globulithen
liegen die Belonite mit Bezug auf die Richtung genau wie im äusseren
Glase, sind aber in der Regel mehr zersetzt, insbesondere jene, welche
in der Nähe des Centrums eines Globulithen sich befinden, und inner-
halb des Quarzes bleibt nur wenig mehr von den Beloniten übrig als
Spuren ihrer ursprünglichen Form, welche durch Magnetit erhalten wird.
Aus dem Vorhergehenden scheint sich zu ergeben, dass die Bil-
dung der Globulithe später als die der Belonite erfolgt und von der
Zerstörung der letzteren begleitet sei; ferner, dass diese Bildung von
Globulithen durch eine secundäre Einwirkung auf nassem Wege ent-
standen, obwohl die Grundmasse keine Risse zeigt.
Zum mindesten scheint es unmöglich, auf eine andere Weise die
Zersetzung der Belonite innerhalb der Globulithen zu erklären, da sie
doch in der Grundmasse vollständig erhalten sind.
Frank A. Gooch.
[3]
Notizen.
187
Biotit-Zwillinge vom Yesuv.
Herr G. vom Rath beschreibt in Pogg. Ann. Bd. 158, pag. 420,
Krystalle von Biotit, welche aus zwillingsartig verbundenen Individuen
bestehen. Die letzteren erscheinen um 120° gegen einander verwendet.
Derlei Krystalle vom Yesuv und auch complicirter gebildete sind mir
schon seit längerer Zeit bekannt, doch gebe ich die genauere Beschrei-
bung erst nach Abschluss meiner Arbeit über die Glimmergruppe.
Mittlerweile gestatte ich mir jedoch die Bemerkung, dass nach meinen
Beobachtungen aller Biotit vom Vesuv dem monoklinen Systeme ange-
hört. Die optische Untersuchung eines Biotitkrystalls, welche C. Hintze
ausführte, ergab zwar schon für diesen ein monoklines System, doch
hält v. Rath einstweilen noch an dem rhomboedrischen Systeme fest
und sieht sich daher genöthigt, ein Zwillingsgesetz mit einer Drehung
von 120° anzunehmen, welches Gesetz, wie ich glaube, mit den heutigen
Anschauungen nicht leicht in Einklang zu bringen wäre.
Es ergibt sich jedoch aus den Beobachtungen G. v. Rath’s und
aus den meinigen ein dem monoklinen System entsprechendes Zwillings-
gesetz mit einer Zwillingsfläche, die auf der Endfläche fast genau senk-
recht ist und die Indices 331 erhält, wofern die Flächen M und o als
in und 111 angenommen werden. Aehnliche Zwillinge zeigt auch
der Muscovit vom Gotthardt und aus dem Zillerthal, doch ist die
Zwillingsfläche in diesem Falle eine andere Fläche derselben Pris-
menzone.
T.
JAHRGANG 1876.
IV. HEFT.
G.
GESAMMELT VON
TSC H ERM AK
DIRECTOR DES IC. K. MINERALOGISCHEN HOP-MUSEUMS.
lieber einige Grünschiefer des sächsschen Erzgebirges.
Von Dr. Eugen Gfeinitz in Göttingen.
Die als Grün schiefer bezeichneten Gesteine treten in so man-
nigfaltiger und dabei meist für das blosse Auge so undeutlicher Ausbil-
dungsweise auf , dass man früher die verscliiedentlichst gemengten
derartigen — theils dichten, theils grobkörnigen, schiefrigen oder fast
massigen — Gesteine mit dem allgemeinen Namen Grünschiefer, Griin-
steinschiefer oder auch Grünstein zusammenzufassen gezwungen war.
Eine genaue petrographische Charakteristik der einzelnen Vorkommnisse
und in weiterer Folge eine Eintheilung und Gruppirung der als Grün-
schiefer bezeichneten Gesteine kann aber lediglich auf Grund einer
mit genauer Berücksichtigung der geologischen Verhältnisse eng ver-
bundenen mikroskopischen Analyse der Gesteine aus den einzelnen
Gebieten erfolgen. Bis jetzt existiren nur erst zwei solcher Arbeiten,
über die Grünschiefer von Hainichen in Sachsen ’) und über schlesische* 2),
durch welche sich ziemlich grosse Verschiedenheiten in den Vorkomm-
nissen der beiden Gebiete herausgestellt haben.
Die nachfolgenden Untersuchungen sollen einen kleinen Beitrag zur
Kenntniss einiger Grünschiefer des sächsischen Erzgebirges liefern. Das
Material dazu wurde möglichst vollständig bei wiederholten Begehungen
der durch den Bahnbau ausgezeichnet aufgeschlossenen Profile im
Muldenthale zwischen Aue und Schloss Stein, an der Zwickau-Sehwar-
zenberger Bahn gelegen, sowie der bei Tharandt und Herz ogs wald a
bei Wilsdruff, (westlich von Dresden) befindlichen Aufschlüsse ent-
nommen. Leider war es mir wegen der Kürze der Zeit und wegen des
Mangels einer genauen Specialkarte unmöglich, eine detaillirte geologi-
sche Aufnahme und Gliederung in dem bereits durch Naumann3)
bekannten Gebiete vorzunehmen.
h R. Credner, das Grünschiefersystem von Hainichen, Zeitsclir. f. ges. Nativ.
Halle, 1876.
2) E. Kalkowsky, Ueber grüne Schiefer Niederschlesiens, Min. Mittheil.
1876. II. p. 87.
s) Naumann, Erläuterungen der geogn. Karte von Sachsen, Sectiou XV.
pag. 275; X. pag. 73.
Mineralogische MittheiUmgen. 1876. 4. Heft. (Geinitz.)
25
190
Eugen Geinitz.
[2]
I.
Verfolgt man von Aue aus die Bahnstrecke nach der Station
Nieder-Schlema, so gelangt man aus dem den Granit umgebenden
Glimmerschiefer in den mit letzterem durch Uebergänge eng verbundenen
archäischen Phyllit (Thonschiefer). Beide zeigen ein übereinstimmendes,
im Allgemeinen nordwärts gerichtetes Einfallen von ca. 40° bis 45°.
Man beobachtet hier in den Uebergangspartien sehr verschiedene
Schiefervarietäten, Quarzitschiefer, Fleckschiefer-ähnlichen Phyllit, glim-
merreichen Phyllit, letztere beide durch das Vorhandensein mikrosko-
pischer Turmalinkrystalle bemerkenswerte Der Grünschiefer bildet, wie
bereits Naumann erwähnt1), meist scharf abgegrenzte Einlagerungen
in dem Thonschiefer, in der Kegel ohne jeden Uebergang.
An einzelnen Stellen besitzt er bei fast massiger Absonderung
für die makroskopische Untersuchung auch das Ansehen eines grob-
körnigen Diorits, wesshalb er früher theilweise für ein Eruptivgestein
angesehen wurde. An vielen Stellen ist die unmittelbare Grenze des
Grünschiefers und des Phyllits nicht mehr zu beobachten, da der Phyl-
lit der Erosion zum Opfer gefallen und nur der härtere Grünschiefer
in vorspringenden Klippen stehen geblieben ist.
Die erste Grünschiefer-Einlagerung, welche man bei Verfolgung
des Protiles von Aue aus trifft, ist nach dem Kilometerstein 125, etwa
bei 12-55 Ivilom. gelegen 2), wo in dem quarzreichen Phyllit eine 6
Meter mächtige, scharf vom Phyllit abgegrenzte Masse eines mittel-
körnigen Gesteins auftritt, das massig abgesondert, nur an dem nörd-
lichen Ende der Einlagerung grob schiefrig ist und welches sich durch
seinen Reichthum an Biotitblättchen auszeichnet. Dieser Grünschiefer
nimmt durch seinen Glimmerreichthum eine gesonderte Stellung vor
den übrigen hier auftretenden Grünschiefern ein. Seine Hauptbestand-
theile sind: Strahlsteinartige Hornblende, deren kurze Säulen, oft
büschelförmig zu grösseren, mehr oder weniger scharf begrenzten Partien
aggregirt, mit kleinen, dunkleren Glimmerblättchen und einzelnen Pyrit-
und Magnetitkörnchen verwachsen sind, während andere lange, nadel-
förmige Säulen strahlenartig von einzelnen Punkten auslaufen. Neben
den Nadeln finden sich auch grössere in der Säulenzone ausgebildete
Ivrystalle, deren Querschnitte die stumpfwinklige Spaltung deutlich er-
kennen lassen. Eng mit der Hornblende verknüpft ist der Biotit.
Dieser tritt in grösseren, rundlich ausgebuchteten Blättchen von lebhaft
brauner Farbe auf. Dieselben sind ausgezeichnet durch die massenhafte
Einlagerung von Mikrolithen, wie sie in gleicher Weise bereits in den
Glimmern der Kersantone, sowie der krystallinischen Schiefer Nord-
amerikas 3) und des sächsischen Erzgebirges, ferner in dem Epidot
führenden Gneiss von Dissentis in der Schweiz und im Gabbro von
’) Erläuterungen, Section XV. pag. 275.
2) Anmerkung: Eine genaue Bezeichnung der einzelnen Fundpunkte, welche
auch im Folgenden angewendet werden soll, ist durch die auf der Bahnstrecke befind-
lichen Kilometersteine ermöglicht. Hierbei bedeutet z. B. die Zahl 134 den Stein,
welcher die Stelle 13,4 K.-M. bezeichnet.
3) Zirkel, Die Zusammensetzung des Kersantons, Ber. d. Sachs. Ges. d.
Wiss. 1875. p. 202.
[3]
Ueber einige Grii nscliiefer des sächsischen Erzgebirges.
191
Leprese im Veltlin *) bekannt sind. Diese inmitten des ganz frischen
Glimmers gelegenen Gebilde sind nicht etwa als das Resultat einer
Umwandlung des Glimmers, sondern jedenfalls als ursprüngliche Ein-
lagerungen anzusehen. Die Mikrolithen erscheinen zwar bei schwacher
Vergrösserung nur als schwarze Striche, welche sich stets unter dem
Winkel von 60° kreuzen, doch erweisen sie sich bei stärkerer Vergrös-
sprung als farblose, stark lichtbrechende, winzige Säulchen, ohne Längs-
faserung, oft mit pyramidaler, stumpfwinkliger Zuspitzung. (Tafel XIV,
Fig. 1.) Sie sind meist nur im Innern der Lamellen vorhanden, wäh-
rend sie nach dem Rande hin verschwinden. In den quer durchschnittenen
Lamellen erscheinen diese Einlagerungen natürlich nur als wenig
charakteristische, punktförmige Körner oder bei schiefen Schnitten als
kurze, stachelartige Säulchen.
Nicht selten finden sich in den Glimmern ferner noch Körnchen,
oft scharf rhombisch begrenzt, in reihenweisen Schaaren angeordnet.
Dieselben Körnchen scheinen sich auch ausserhalb der Glimmer zu
ziehen, indem die Glimmerlamellen oft von einem Kranze solcher kleiner,
stark polarisirender Körner umgeben sind, von dem sich einzelne Schaaren
in das Innere des Glimmerkrystalles erstrecken.
Rufen die Säulenmikrolithen eine Aelmlichkeit mit Hornblende
hervor, so scheinen andererseits die Körner eher dem Epidot anzuge-
hören. Mit den von Kalk owsky* 2) als Zoisit beschriebenen Mikrolithen
aus dem Chlorit des Grünschiefers vom Hofberg bei Berbisdorf in
Schlesien, sind die eben genannten Mikrolithen nicht identisch. Der
Körnerkranz um die Glimmer findet sich auch bei den quer geschnit-
tenen Lamellen dieses Minerals, so zwar, dass es auf den ersten An-
blick hin oft scheinen will, als seien diese Körnchen, deren zahlreiches
Auftreten oft ein gewisses trübes Aussehen bedingt, aus einer Um-
wandlung hervorgegangen.
Die zwischen diesen beiden Gemengtheilen liegende , farblose
Masse, in der zahlreiche Einlagerungen von Hornblendekrystallen, Hohl-
räumen und Ferrit bemerkbar sind, besteht aus Quarz, Orthoklas
und zurücktretendem Plagioklas. Als untergeordnete Erscheinung treten
Chlorit schuppen auf, als Zersetzungsprodukt der Hornblende; Pyrit,
Eisenoxydblättchen und Apatit gehören zu den accessorischen Bestand-
theilen dieses Grünschiefers, welchen man nach seiner Zusammenset-
zung demnach als Biotit führenden Hornblende - Grünschiefer bezeich-
nen kann.
Ein interessanter accessorischer Gemengtheil ist noch der Salit,
welcher in wenigen grossen, fast farblosen Ivrystallen auftritt, an den
Rändern in Strahlstein umgewandelt und auf den Sprüngen durch Zer-
setzung getrübt. Farblose Körnchen, welche meistens die hellen Strahl-
steinpartien umgrenzen, und die oft durch grössere Zusammenhäufung
trübe Massen bilden, gehören offenbar dem Epidot an.
Auf den Phyllit , welcher die eben besprochene, glimmereiche
Einlagerung enthält, folgt bei dem Steine Nr. 126, gegenüber dem
9 Francke, Studien über Cordillerengesteine, Apolda 1875. p. 37.
2) a. a. 0. p. 105, tab. VIII. fig. 6.
25*
192
Eugen Geinitz.
[4]
Wehre, ein mächtiges Profil eines gebänderten Grünschiefers , mit
W.-N.-W. Einfallen von 40° bis 45°. Es sind feste, dichte, dunkelgrüne
Schiefer, welche mit dünnen, lichtgrünen Lagen vielfach wechseln und
auf deren Schichtungsflächen manchmal grössere Hornblendekrystalle zu
beobachten sind.
Die hellen Lagen erhalten durch die Verwitterung eine noch
hellere Färbung und lassen die kleinen Schichtenstörungen, welche un-
abhängig von der im Allgemeinen sehr constanten Lagerung vorhanden
sind, sehr deutlich hervortreten. Oefters stellen sich Quarzlinsen ein, die
auch zu dünnen Zwischenlagen verflösst sein können.
Dieser ausgezeichnete „gebänderte Grünschiefer“ hat zwar ein
sehr ähnliches makroskopisches Aussehen, wie der von Pt. Credner
aus der Gegend von Hainichen beschriebene Q, und seine dunklen
Lagen haben auch dieselbe Zusammensetzung (Hornblende, Epidot, Eisen-
erz, Feldspath — hier noch Quarz), dagegen tritt in der Zusammen-
setzung der hellen Lagen ein bemerkenswerther Unterschied auf:
Während die hellen Lagen der gebänderten Grünschiefer von Hainichen
aus einem Epidot-, Plagioklas-, Orthoklas-, Kalkspath-Aggregat be-
stehen, wird in den hellen Lagen unseres Schiefers die helle Farbe
durch Vorwalten von Salit bedingt. Hierdurch schliesst sich dieses
Vorkommen eng an den sogen. Aphanitschiefer von Berggieslnibel
im Erzgebirge an.
ln den dunklen Lagen waltet grasgrüne Hornblend e vor, deren
lange, dünne, vielfach längsgefaserte Säulen oft büschelförmig gruppirt
sind, während sie mit ebenso gefärbten, regelmässig conturirten, schup-
penähnlichen Blättchen eng verbunden sind, welche bei gekreuzten
Nicols meist ziemlich dunkel bleiben, die man jedoch wohl in den
meisten Fällen als zur Hornblende gehörig ansehen muss, während
man zunächst hiebei auch an Blättchen von Chlorit denken könnte.
Gleichwohl ist es nicht unwahrscheinlich, dass einzelne dieser Blättchen
dem Chlorit angehören. Dieselben sind eng mit den Quarz- und
Feldspathkörnern der Grundmasse verwachsen und zeigen überdies meist
nicht die für den secundären Chlorit oft bezeichnende büschelförmige
Aggregation, so dass man die meisten der für Chlorit anzusehenden
grünen Blättchen wohl für primäre Gemengtheile halten muss.
Uebrigensist eine sichere und genaue Unterscheidung von Hornblende
und Chlorit in den Grünschiefern oft eine sehr schwierige Aufgabe und
lässt sich in manchen Fällen bei der übereinstimmenden Aehnlichkeit
der beiden Mineralien, welche oft in gleicher Farbe und gleicher Form
(als büschelförmige Aggregate oder schuppenartige, unregelmässig lappig
begrenzte Blättchen) mit einander innig verwachsen Vorkommen, auch
bei der Betrachtung im polarisirten Lichte für den einzelnen Fall
nicht mit Bestimmtheit durchführen. Noch schwieriger wird es oft, den
primären Chlorit, welcher als ursprünglicher Gemengtheil auftritt, von
dem secundären, d. h. solchen, der sich aus Hornblende oder Augit
erst secundär gebildet hat, zu unterscheiden. Man ist hiebei oft nur
auf die allgemeinen Beziehungen der einzelnen Gemengtheile zu einander
9 a. a. 0. p. 48.
[5]
Ueber einige Grünschiefer des sächsischen Erzgebirges.
193
angewiesen, auf die Alt der Verwachsung mit der Grundmasse oder
anderen ursprünglichen Mineralien, auf das etwaige Vorkommen des
Chlorits in Form von Einschlüssen und andererseits auf den deutlichen
genetischen Zusammenhang von — in diesem Falle meist blättrig-
fasrigen — Chloritaggregaten mit Hornblende etc. Ausserdem haben
die dünnen Schuppen oder Blättchen, welche zwischen den einzelnen
Quarz- oder Feldspathkörnern als feiner Hauch liegen, oft auch
grosse Aehnlichkeit mit Sericitlamellen, deren Vorhandensein jedoch in
diesen Grünschiefern bis jetzt sehr zweifelhaft und unsicher erscheint.
Der Hornblende an Menge bedeutend nachstehend finden sich
kleine, farblose Epidotkörner und Tit an eisen; erstere erweisen sich
durch den Umstand, dass sie auch neben Hornblende als Einschlüsse
in den Feldspäthen Vorkommen, als primären Ursprungs.
Der wasserhelle Grund, welcher zwischen den genannten Gemeng-
theilen steckt, besteht aus Quarz, Orthoklas und sehr zurücktre-
tendem Plagioklas. Da die Feldspäthe in allen Grünschiefern von
ungewohnter Frische sind, so war es mir oft schwierig, Quarz und Feld-
spath zu trennen, wenn nicht die Zwillingsstreifung eine Bestimmung
ermöglichte. Doch ist anzunehmen, dass viele der farb-
losen Körner dem Orthoklas und nicht blos dem Quarz angehören.
(Vergl. hierüber die Bemerkungen von Kalkowsky, a. a. 0. p. 108).
Als accessorische Bestandtheile dieser dunklen Schiefer sind
folgende zu nennen: Kaliglimmer in einzelnen grösseren Blättchen
auftretend, wenig Brauneisenerz, endlich Salit in grösseren Ivry-
stallen oder kleineren Körnern, auch mit Hornblende verwachsen,
ferner als Mikrolithen in den Feldspäthen. Apatit fehlt in den Prä-
paraten.
Durch allmähliches Vorwalten des Salites gehen die dunklen
Lagen in die hellen über, ohne eine scharfe Grenze zu zeigen. Diese
hellen Lagen bestehen hauptsächlich aus Salit in grösseren, typischen
Krystallen mit zahlreichen Einschlüssen, oder in Körnchen, welche sich
durch ihren Zusammenhang mit den deutlichen Krystallen ebenfalls als
Salit zu erkennen geben. Einer quarzigen Grundmasse sind ein-
zelne grosse Kaliglimmerblättchen und Holzblendekrystalle accessorisch
beigemengt, letztere treten namentlich an der Grenze nach den dunk-
len Schieferlagen zu wieder häufiger auf. Trübe, zersetzte Titaneisen-
körnchen treten reihenförmig angeordnet hinzu.
In dem Präparate eines Stückes der hellen Lagen finden sich
mit dem Salit verwachsen, grössere hellgelbe Krystalle, welche eine
Längsspaltung zeigen und oft eine eigenthümlich zonenartige Ausbildung
besitzen. Dieselben polarisiren ziemlich lebhaft, dabei aber oft mit eigen-
thümlich rasch abwechselnden, verschwommenen Farben, die man viel-
leicht auf Spannungsverhältnisse zurückführen darf, und zeigen ausser-
dem in den zonenartigen Partien abwechselnd helle und dunkle
Streifen als Theile von unvollständigen regulären Sechsecken, welche
ebenso wie bei den von Wichmann beschriebenen1) Granaten in
l) Pogg. Annal. Bd. 157. p. 286.
194
Eugen Geinitz.
[6]
ihren abwechselnden Feldern zugleich verschieden hell oder dunkel er-
scheinen. Man wird dieses Mineral, welches sich auch auf den Schiefe-
rungsflächen in grösseren Krystallaggregaten vorfand, wohl als (doppel-
brechenden) Granat ansehen können, da es für den Egeran zu wenig
lebhafte Polarisationserscheinungen zeigt.
Wie bereits erwähnt, haben diese gebänderten Grünschiefer eine
gleiche Zusammensetzung, wie die gleichfalls aus dichten, abwechselnd
hell- und dunkelgrünen Lagen bestehenden, dichten sogen. Aphanit-
schiefer von Berggie sh übel im sächs. Erzgebirge, welche mit dem
dortigen mächtigen Magneteisenerzlager in Verbindung stehen. Dieselben
zeigen in den dunklen Lagen ebenfalls ein Gewirr von Hornblende,
mit etwas Chlorit in einer Quarz- und Feldspathmasse, mit wenig
Epidot und zersetztem Titaneisen, während ihre hellen Lagen aus Salit
bestehen, der mit Quarz verwachsen ist. Es kann demnach der Name
Aphanitschiefer, welcher die aphanitisclie Ausbildung eines Diabas-
schiefers bedeutet, für dieses Vorkommen eines echten (Salit- Horn-
blende) Grün scliiefers nicht mehr zu Rechte bestehen.
Der beschriebene Grünschiefer erstreckt sich sehr mächtig von
dem Stein 126 bis über 127; in dem Wäldchen am Wärterhause
Nr. 10 hndet er sich ebenfalls noch, daneben Phyllit und etwas Fleck-
schiefer. Nach einer Partie von Phyllit tritt an dem Abhange und
darauf in dem Einschnitte dicht vor der Brücke, also zwischen circa
130 bis über 132 derselbe dichte, gebänderte Grünschiefer auf, mit
einzelnen Quarz- und Kalkspathschmitzen, dessen helle Lagen z. B.
weniger häufig auftreten, als bei der Einlagerung von 126.
Diese dichten, dunklen, blaulichgrünen Schiefer zeigen in mehre-
ren Präparaten von den verschiedenen Stellen vor Allem Hornblende
in frischen, licht- oder dunkelgrünen Nadeln und Säulen, welche oft
sternförmig gruppirt oder verfilzt und auch mit Chloritblättchen ver-
wachsen sind.
Neben den Nadeln finden sich auch grössere Krystalle, stets nur
in der Säulenzone ausgebildet, welche deutlich die Spaltung nach den
Säulenflächen erkennen lassen. Chlorit tritt in grösseren, unregel-
mässig begrenzten Blättchen oder Schuppen auf, mit den farblosen
Quarz- oder Feldspathkörnern eng verwachsen und ist daher hier wohl als
primärer Gemengtheil anzusehen. Farblose Körner von primärem
Epidot, Quarz und sehr frischer Orthoklas, letzterer oft in
Karlsbader Zwillingen auftretend, beide mit vielen Einschlüssen von
Hornblendemikrolithen und wohl auch Epidotkörnchen, Titaneisen mit
seinen Zersetzungsproducten, accessorischer, meist fein vertheilter
Pyrit und dessen Umwandlungsproduct Brauneisenerz bilden neben
Apatit die übrigen Bestandtheile, unter denen der Plagioklas gänzlich
vermisst wird.
Es sind demnach diese dichten, dunkel blaugrünen Schiefer
ein feinkörniges Gemenge von Hornblende, Chlorit, Titaneisen,
Epidot mit Quarz — Orthoklas, wozu Apatit, Pyrit und Brauneisenerz
accessorisch hinzutreten. Die grosse Aehnlichkeit mit den dichten
Grünschiefern aus der Gegend von Hainichen ist namentlich durch das
Vorwalten der Hornblende bedingt.
Ueber einige Grünschiefer des sächsischen Erzgebirges.
195
[7]
Eine ähnliche Zusammensetzung zeigt auch der dichte Griin-
schiefer, welcher in einem circa 150 Meter mächtigen Profil bei 143
oberhalb der Station Nieder-Schlema aufgeschlossen ist, in welchem
jedoch die Hornblende gegen den primären Chlorit sehr zurücktritt.
Bei einem derartigen Vorwalten der Hornblende in diesen Ge-
steinen muss es um so mehr auffallen, dass in scheinbar sehr nahem
Zusammenhänge mit denselben an dem rechten Abhange unterhalb der
Brücke vor Nieder-Schlema, circa gegenüber dem Kilometerstein 134
dort anstehende Schieferfelsen sich nach der mikroskopischen Unter-
suchung als reine Chlorit-Epidot-Grünschiefer ergaben.
Dieselben besitzen ein dichtes, seidenglänzendes Aussehen, von
grüner Farbe und lassen zahlreiche, kleine, dunkel erscheinende Kör-
ner erkennen, welche ihnen das Aeussere eines Knotenschiefers
ertheilen. Dünnschliffe lassen eine grüne, chloritische Hauptmasse
erkennen, in welcher zahlreiche weisse Flecken liegen, welche zunächst
an Ivalkspath-Aggregate erinnern, die sich jedoch bei Behandlung mit
Salzsäure nicht auflösen. Unter dem Mikroskope erkennt man mit zu-
rücktretendem Quarz (auch Orthoklas?) verwachsen den Chlorit
und ferner sehr zahlreiche Körner von farblosem oder nur wenig ge-
trübtem, gelblichem Epidot, welcher in reihenförmige Schaaren grup-
pirt die bei auffallendem Lichte weissen Flecke bildet. Oft sind solche
kleine, aneinander gereihte Epidotkörner sehr zierlich kranzförmig, in
Kreisen oder Ringeln gruppirt. (Taf. XIV, Fig. 2.)
In dieser Masse treten noch sehr eigenthümliche porphyrische
Ivrystalle auf von deutlicher Spaltbarkeit nach der Längsaxe, auch mit
Quersprüngen, die sich unter stumpfen Winkeln schneiden. Diese farb-
losen Krystall- Säulen, an denen oft eine stumpfwinklige pyramidale
Zuspitzung auftritt, welche in lebhaften Farben polarisiren, haben zwar
eine gewisse Aehnlichkeit mit Salit, doch glaube ich sie eher für
Epidot ansehen zu müssen, da man an einzelnen Stellen einen
Uebergang derselben in die trüben Krystallkörner erkennt, und von
diesen, die oft zersprungen sind, in Aggregate von kleinen Epidot-
körnern, wie sie in der übrigen Masse zerstreut liegen. — Viele der
grösseren Krystalle besitzen einen scharf abgegrenzten, meist dunkleren
Kern, welcher optisch anders orientirt ist, aber doch nicht ein etwa
von Chlorit erfüllter innerer Hohlraum des Krystalles zu sein scheint.
Dieser Kern ist ziemlich genau der Längsaxe nach erstreckt und rings
von dem ziemlich farblosen Epidot umgeben, oft ist er quer unter-
brochen durch die Epidotmasse; auch quer durchbrochene und ge-
trennte, oder unter Winkeln aneinander gewachsene Epidotkrystalle
besitzen meist einen derartigen Kern. (Taf. XIV, Fig. 3.)
Ueberschreitet man bei circa 132 die Eisenbahnbrücke oberhalb
Nieder-Schlema, so trifft man direkt am linken Muldenufer zunächst
noch dichten, dunklen (Hornblende-) Grünschiefer, während man weiter-
hin, bei 135, einzelne hervorragende Felsblöcke gewahrt, welche aus
gröberen, steil nach Norden einfallenden Schichten eines hell grau-
grünen Schiefers bestehen, welcher von den vorigen etwas abweichend
struirt, einen schönen Typus der gröberkörnigen Grünschiefer darstellt
und mit welchem eine neue, obere Schichtenreihe von gröberkörnigem,
196
Eugen Geinitz.
[8]
Plagioklasführenden Grünschiefer zu beginnen scheint. Auch in ihnen
waltet die Hornblende vor, in fast farblosen Säulen und Nüdelchen,
sowie in grösseren Krystallen auftretend, welche sich in Chlorit
umsetzen. Einzelne Hornblendekrystalle zeigen die Eigentümlichkeit,
dass sie, dunkel gefärbt, nach aussen plötzlich ohne scharfe Grenzen
in lichten Aktinolith übergehen. Einzelne zurücktretende Chlorit-
schuppen mögen vielleicht auch primärer Natur sein; der Epidot ist
nicht allzu häufig. Quarz und Plagioklas sind vielfach von Flüssig-
keitseinschlüssen und Hornblendenadeln erfüllt.
Als ein weiterer wesentlicher Bestandteil dieser Grünschiefer,
welcher ausser bei der untersten Einlagerung von 125, in allen den
zahlreichen untersuchten Grünschiefern dieses Gebietes auftritt, ist das
Ti tan eisen zu nennen, welches hier an Stelle des Magneteisens
aufzutreten liebt.
Dasselbe findet sich zwar meist nicht in sehr deutlichen Krystall-
formen, ist aber stets sehr leicht an der Begleitschaft seines Umwand-
lungsproductes zu erkennen. Letzteres umzieht meist die Titaneisen-
körner mit einem weisslichen, opak erscheinenden Körnerkranz, welcher
auch oft regelmässig durch die unzersetzte Substanz begrenzte Aus-
läufer oder parallele Streifen in das Innere des Krystalles entsendet.
Die einzelnen Körner erscheinen in dünnen Schliffen farblos und be-
dingen lediglich durch ihr enges Zusammengehäuftsein das opake
Aussehen. Sie sind stark lichtbrechend und zeigen im polarisirten
Lichte sehr lebhafte Farben, ganz ähnlich dem Verhalten kleiner
Epidotkörner, mit denen man sie auch leicht verwechseln könnte. Zu-
weilen löst sich die ganze Titaneisensubstanz in solche Körner auf,
oder es bleibt noch ein geringer Best. Hierbei lassen sich zwei Fälle
unterscheiden :
Zumeist ist der innere Theil, oder auch die ganze Masse durch
Brauneisenerz gebräunt, so dass man zweierlei Zersetzungsproducte,
die farblosen Körnchen und die färbende Eisenoxydhydratsubstanz
unterscheiden muss; in dem anderen Falle löst sich das Erz nur in
die farblosen Körner auf, ohne jeden Gehalt an Brauneisen, so dass
man oft wohl bei flüchtiger Betrachtung ein angegriffenes und zer-
stückeltes Epidotkorn zu sehen vermeint. Welche chemische Zusam-
mensetzung dieses Zersetzungsproduct des Titaneisens hat, liess sich
bis jetzt noch nicht ergründen; die Ansicht Cohens1), dass es reine
Titansäure ist, scheint wol plausibel, um so mehr, als man auch oft
durch das Vorhandensein von Brauneisenerz über das Schicksal des
ursprünglichen Eisens belehrt wird.
In der Nähe dieser Körnchen liegen meist noch Epidotkörner,
da es der Epidot zu lieben scheint, sich um die Titaneisenkrystalle
herum zu lagern. Es ist daher oftmals schwierig, im speciellen Falle
ein Epidotkörnchen von einem solchen Zersetzüngproducte zu unter-
scheiden. Durch Abblendung des Lichtes des unteren Spiegels am
Mikroskope sieht man in derartigen Fällen die schwarzen Titaneisen-
*) Jaliresb. d. geogr. Ges. zu Hamburg. 11. p. 225. Vergl. auch Wich mann,
amerikanische kryst. Schiefer, in lit und Kalkowsky, a. a. 0. p. 101.
[9] lieber einige Grünschiefer des sächsischen Erzgebirges. 197
Partien von eigentümlich opaken, weissen, flockigen Massen umgeben,
welche das Zersetzungsproduct darstellen, welches in das Bereich des
Titaneisenkornes gehört, während oft scharf davon abgetrennt die
Epidotkörnchen sich als selbstständige Individuen zu erkennen geben.
Die Körnchen von Epidot und dem Zersetzungsproduct des
Titaneisens sind es zusammen, welche in reihenweisen Schwärmen
gruppirt, bei mikroskopischer Betrachtung eines Handstückes oder Dünn-
schliffes im auffallenden Lichte die einzelnen graulichen oder grünen,
schwarmartig vertheilten Flecken in dem Schiefer bilden.
Zu den fast beständigen Gemengtheilen der grünen Schiefer ge-
hört ferner der Apatit, welcher wol in keinem Präparate fehlt, oft
in grösserer Anzahl an einzelnen Stellen angehäuft. Er bildet grelle,
farblose, verhältnissmässig grosse Säulen, die meist gerade abgestumpft,
seltener mit stumpfer Spitze endigend erscheinen.
Dass diese farblosen, in charakteristisch blauen Tönen polari-
sirenden Säulen zum Apatit gehören, ergiebt sich aus dem gleichzeiti-
gen, wenn auch in den parallel der Schieferung angefertigten Schliffen
selteneren, Auftreten von scharfen Sechsecken derselben Substanz,
welche bei gekreuzten Nicols dunkel bleiben. Seltener als in Säulen
findet sich der Apatit der Grünschiefer auch in farblosen, grell leuch-
tenden, unregelmässig zersprungenen Körnern, welche im gewöhnlichen
Licht auch das Ansehen von Granat besitzen, jedoch bezeichnende
Polarisationserscheinungen aufweisen. Die Apatitsäulen sind vielfach
quergegliedert und zerbrochen, wobei dann die einzelnen Stücke oft
von einander verschoben sind und theils in gerader Linie, theils in
Bogen oder Winkeln, auch wol einzelne Stücke aus der Pieihe gerückt,
hintereinander liegen.
Eine analoge Erscheinung zeigt auch die vielfach zu beobachtende
Zerfaserung, Biegung und Auseinanderblätterung, welche viele der
Hornblendesäulen in den grünen Schiefern erfahren haben, und welche
nirgends besser hervortritt, als in dem Präparate eines dünnschiefri-
gen, mittelkörnigen Grünschiefers von dem rechten Einschnitte der
Seitenbahn von Nieder-Schlema nach Schneeberg, unmittelbar am An-
fänge dieses Einschnittes geschlagen.
Hier sind die ziemlich grossen, stark längs gefaserter Säulen von fast
farblosem Aktinolith vielfach quergegliedert, zerrissen und geknickt,
in der Weise, dass auf den Querbruchflächen die einzelnen Fasern
der beiden Hälften sich genau entsprechen, ähnlich wie die Fasern
eines quer zerrissenen Bastfadens.
Ein eigenthümliches Schwanken zeigt sich in dem Auftreten des
Feldspathes in den Grünschiefern dieser Einlagerungen. Während
die übrigen Bestandtheile dieselben sind, und höchstens in der Art
und Weise ihres Auftretens und in ihren quantitativen Verhältnissen
unbedeutende Variationen aufweisen, ist der Feldspath in den einen
Schiefern vorwaltend Orthoklas, in den andern dagegen Plagioklas,
ohne dass man einen weiteren, sonst bemerkenswerthen Unterschied finden
könnte.
So besitzt der Grünschiefer bei 135 Plagioklas in grossen Kry-
stallen, während in dem ähnlichen Gesteine von 137 grosse Karlsbader
Mineralogische Mittheilungen. 1876. i. Heft. (Geinitz.) 26
198
Eugen Geinitz.
[10]
Zwillinge von Orthoklas vonvalten, der Plagioklas dagegen sehr zu-
riicktritt und auch bei dem Einschnitt der Bahn Schlema-Schneeberg
ein Grund von Quarz und Orthoklas zu constatiren ist.
Bei Nieder-Schlema finden sich mehrere gleichförmige Grün-
schiefereinlagerungen in dem Phyllit. Während man den eben ge-
nannten Schiefer an der Zweigbahn als einen Aktinolith-Grünschiefer
bezeichnen muss, tritt in dem feinkörnigen Grünschiefer, welcher hinter
der Maschinenfabrik von Nieder-Schlema ansteht, mehr der Chlorit
hervor, in welchem einzelne Hornblendenadeln und Epidotkrystalle
liegen; Quarz, Orthoklas und der zurücktretende Plagioklas sind alle
sehr frisch und erfüllt von Hornblende-Mikrolithen und -Körnchen.
Indem man unterhalb der Station Nieder-Schlema das rechte Thal-
gehänge längs der Bahn verfolgt, findet man wieder grosse Aufschlüsse
von z. Th. glimmerreichem Phyllit. Bei 172 tritt uns dann eine circa
10 M. mächtige Einlagerung eines grosskörnigen und grobschiefrigen,
lichtgrünen Schiefers zwischen dem dünngeschichteten Phyllit entgegen.
Dieser Grünschiefer besteht aus grossen deutlichen Säulen von Horn-
blende, die in den äusseren Theilen des Krystalles oft licht gefärbt
sind und sich in Chlorit umsetzen, ferner Epidot, Quarz, Orthoklas,
Titaneisen und Apatit.
In dem folgenden Phyllit tritt bei 179 — 180, 1/2 Stunde oberhalb
Stein, eine ziemlich mächtige Einlagerung von grobkörnigem, sein-
grob schiefrigem, hartem, dunkelgrünem Gestein auf. Man erkennt da-
rin Hornblende und einzelne Feldspathkrystalle, sowie Chlorit und
Pyrit, ferner viele Adern von Epidot. Es ist dies ein Gestein, welches
bei blos makroskopischer Betrachtung wohl eine Auffassung desselben
als „eruptiven Grünstein“ verzeihen lässt.
U. d. M. zeigt dieser ausgezeichnete Grünschiefer folgende Eigen-
thümlichkeiten : Die Horn bien dekrystalle sind nie an den Polenden
ausgebildet, sondern nur in der Säulenzone. Sie wird stark zerfasert,
grasgrün bis bräunlich, viele aber zeigen blaue Flecken, theils im
Inneren, theils an einer äusseren Stelle und zwar so, dass die blaue
Farbe ziemlich rasch in die grüne gewissermassen verwaschen über-
geht. Diese blauen Stellen sind zwar ebenfalls dichroitisch, doch zeigen
sie meist im polarisirten Licht dunklere, weniger intensive Farben, als
die grünen Stellen, nämlich meist violette Töne, ähnlich wie sie oft
am Chlorit beobachtet werden.
Dieselbe blaue Hornblende wurde auch von Kalkowsky aus
dem Grünschiefer von Ludwigsdorf in Schlesien beschrieben Q, ferner
wurde intensiv blaue Hornblende in dem Diorit von Berum in Nor-
wegen aufgefunden. Man könnte sie als Glaukophan bezeichnen, welcher
auch neuerdings als Gesteingemengtheil von L ü d e c k e bekannt ge-
worden ist 2).
Die Hornblende geht hier sehr deutlich in Chlorit über, welcher
sich in büschelförmigen Aggregaten zwischen die einzelnen Fasern,
9 a. a. 0. p. 100.
2) Der Glaukophan und die Glaukophan führenden Gesteine der Insel Syra
(Zeitschr. d. d. geol. Ges. 1876). — Vergl. auch Bodewig, in Pogg. Annal. 158.
(1876). p. 224.
[11]
lieber einige Grünscluefer des sächsischen Erzgebirges.
199
eines grösseren Krystalles ansiedelt; feine Chloritblättchen ziehen sich
auch in die Sprünge der Feldspäthe hinein.
Vielfach im Chlorit liegend linden sich streifenartige Schwärme
von Epidot, welcher theils in Körnern, theils in grösseren, deutlichen
gelben Kry stallen auftritt, die öfters vielfach zersprungen sind. Auch
in reihenförmigen Gruppen ziehen sich kleine Epidotkrystalle um die
einzelnen Feldspathkrystalle herum und zeichnen dadurch recht deutlich
und zierlich die Grenzen der einzelnen wasserklaren Krystalle in grob-
punktirten Linien. Einzelne braune, büschelförmig gruppirte Biotitla-
mellen schliessen sich meist eng an die Hornblendekrystalle an. Als
sehr constanter Gemengtheil ist das Titaneisen anzuführen, mit seiner
ihn umsäumenden trüben, grauen Umwandlungssubstanz, welche hier
nicht gebräunt, sondern nur durch einzelne beigemengte, noch unzer-
setzte schwarze Körnchen öfters dunkler erscheint. Weitere wichtige
Gemengtheile sind grosse Feldspathkrystalle, vorwaltend Plagioklas,
doch auch vielfach Orthoklas. Dieselben 'sind wie die meisten Feld-
späthe in unseren Grünschiefern, auffallend frisch, oft ganz wasserklar,
nur in ihrem Inneren getrübt durch eine ausserordentlich grosse Menge
fremder Einschlüsse, welche theils regellos zusammengehäuft, theils
parallel der Längsaxe angeordnet sind. Es sind meist farblose oder
hellgrüne Körner und Nadeln von Epidot und Hornblende, die oft
Aehnlichkeit mit den Salit-Einschlüssen verschiedener Vorkommnisse Q
haben. Auch Flüssigkeitseinschlüsse, z. Th. mit beweglicher Libelle,
sind ziemlich häufig.
Quarz nimmt hier nur die Rolle eines accessorischen Bestand-
theiles ein, da er in seinen klaren Körnern sehr gegen die Feldspäthe
au Menge zurücktritt. Zwischen den Feldspäthen liegen einzelne Körner
von Kalkspath, welcher sich durch sein Auftreten als primärer Gemeng-
theil erweist.
In viel auffallenderer Häufigkeit erscheint der Apatit; derselbe
tritt in grellen, ziemlich farblosen, oft gegliederten Säulen auf. Vielfach
zeigen die Apatite in diesem Vorkommniss die von Zirkel* 2) von den
Apatiten der Kersantone mitgetheilte Eigenthümlichkeit, dass sie oft
nach dem einen Ende zu verschmälerte Prismen bilden, die oftmals
reine Keilform annehmen. Dabei sind diese Keile auch noch quer ge-
gliedert und die einzelnen Theile an einander verschoben.
Einzelne Pyritpartien bilden accessorische Bestandmassen, welche
eine ziemliche Verbreitung in allen Grünschiefern besitzen.
Dicht neben diesem eigenthümlichen, fast massigen Grünschiefer
finden sich am Abhange bei 181 Blöcke von hellerem, schiefrigem bis
flasrigem Grünschiefer, in welchem der grüne Bestandtheil nicht Horn-
blende, sondern Chlorit ist, der in dunkelgrasgrünen, oft parallel flasri-
gen und blättrigen Aggregaten auftritt, welche innig mit der Quarz-
grundmasse verwachsen sind. Sie werden bei gekreuzten Nicols ziemlich
dunkel, nur einzelne Stränge leuchten in etwas helleren Farben aus der
‘) Kalkowsky, Salit als Gesteinsgemengtheil. Mineralog. Mittheil. 1875.
II. p. 46.
2) a. a. 0. p. 205.
26
200
Eugen" Geinitz.
[12]
dunkelvioletten Umgebung hervor. In dem Chlorit liegen schaarenweise
vertheilte Massen von gelbem, grell polarisirendem Epidot, theils in
Körnern, theils in rhombisch begrenzten Krystallen.
Hornblende findet sich in selbständigen Krystallen nicht, sondern
nur als Mikrolitheneinschlüsse in den Feldspäthen. Grosse Krystalle von
Orthoklas und an Menge gegen diesen zurücktretendem Plagioklas sind
wiederum ganz frisch und unzersetzt, nur erfüllt von zahlreichen Ein-
schlüssen, welche auch im Quarze vorhanden sind.
Titaneisen, in gelblich weisse oder ganz farblose Körner und
Brauneisenerz umgewandelt, ist ziemlich häufig; daneben finden sich
auch Rotheisenerzkrystalle. Apatit fehlt auch diesem Schiefer nicht.
Auf diese Grünschieferpartie folgt wieder, in mehreren Anschnitten
der Bahn blosgelegt, der Phyllit. In diesem gelangt man bis zum
Schlosse Stein. Dasselbe steht auf steilen Schichten eines harten,
graugrünen, grobkörnigen Grünschiefers, in welchem man neben Horn-
blende und Feldspath lichtgelbliche Epidotkörner, sowie röthlich glän-
zende Erzpartikel erkennt.
U. d. M. zeigt sich derselbe zusammengesetzt aus schöner, oft
etwas bläulicher Hornblende (aus welcher deutlich Chi orit hervor-
geht), Epidot-Körnern und Krystallen, Titaneisen, Plagioklas
von Hornblendemikrolithen und Flüssigkeitseinschlüssen erfüllt, und zu-
rücktretendem Quarz. Hierzu gesellt sich Magnetit und secundärer,
mit Chlorit verwachsener Kalkspath.
Mit diesem Gesteine in Zusammenhang trifft man an den etwas
oberhalb des Schlosses gelegenen Felsen am Wärterhaus Nr. 16 einen
flasrigen Grünschiefer, in welchem hauptsächlich Chlorit in grösseren,
dunkelgrünen, fettglänzenden Flasern zu sehen ist.
U. d. M. zeigt sich auch vorwaltend Chlorit, während Horn-
blende nur in Einschlüssen in den Orthoklas auftritt. Quarz und
Plagioklas treten zurück. Ti tan eisen, Kalkspath und eigen -
thümliche Apatit krystalle, Brauneisenerz sind weitere Gemengtheile,
unter denen auch ein Zirkonkrystall Erwähnung finden mag.
Die Apatitsäulen zeigen in diesem und auch in manchen anderen
Vorkommnissen in sehr eigenthümlicher Weise ihr Inneres in einer
unregelmässig begrenzten Partie, welche sich der Längsaxe nach durch
den Krystall erstreckt, gleichsam ausgefressen und mit fremder, undeut-
licher Substanz erfüllt, meist so, dass sich der Krystall an seiner oberen
und unteren Begrenzung vollständig schliesst. Diese letztere Bemerkung
macht man auch bei solchen Säulen, deren einzelne Glieder an einander
gereiht oder verschoben sind, wobei der innere Kern nicht bis an das Ende
des Stückes reicht; der erwähnte Umstand spricht gegen die Annahme,
dass die grösseren Ivrystallsäulen erst später zerbrochen seien. — Dieser
Grünschiefer zeigt das eigenthtimlich rasche Schwanken der wesent-
lichen Gemengtheile in ganz benachbarten Vorkommnissen.
Das bei Stein einmündende kleine Thal zeigt bei Hartenstein
den nach Norden einfallenden Phyllit (Thonschiefer), während im unteren
Ende des Dorfes Thier feld am linken Thalgehänge in einem Bruche
neben dem sehr feinkörnigen, an Pyritwürfeln reichen Phyllit echter
Grünschiefer mit dunklen Chloritflasern und lichten Epidotkörnern vor-
[13]
Ueber einige Grünschiefer des sächsischen Erzgebirges.
201
kommt. Der erwähnte feinkörnige graugrüne Phyllit zeigt in der Quarz-
Glimmer- Grundmasse fleckenartig vertheilte Brauneisenerzpartikel, ver-
einzelt braune Turmaline und ferner gelbbraune Säulenmikrolithen von
ziemlicher Stärke, mit starkem Lichtbrechungsvermögen, die längsge-
fasert sind und vielleicht als Epidot betrachtet werden können ; dieselben
haben grosse Aehnlichkeit mit den von Kalkowsky r) aus dem Grün-
schiefer vom Stangenberg als Zoisit beschriebenen, gelbbraunen Mikrolithen.
Dasselbe Mineral findet sich auch in einem herzförmigen Zwilling, dessen
beide Hälften dieselbe Längstreifung zeigen ; derartige Zwillinge kommen
auch nach einer gütigen Mittheilung des Herrn Professor Zirkel
ausserordentlich häufig in einem Schiefer aus der Gegend vonOttrez
vor. Der in demselben Bruche auftretende Grünschiefer besteht nach
der mikroskopischen Analyse aus primärem Chlorit, viel Epidot
(Körner und säulenförmige Krystalle), frischem Plagioklas und Orthoklas
mit viel Einschlüssen von Hornblende, Titaneisen, Quarz, Apatit, Kalk-
spath und Pyrit.
Oberhalb dieses Bruches tritt wieder auf beiden Thalseiten
Phyllit auf. In der Mitte des Dorfes finden sich auf dem linken Ge-
hänge mehrere Brüche von demselben schiefrigen bis flasrigen Grün-
schiefer. Das Gestein aus dem letzten dieser Brüche, am oberen Ende
des Dorfes gelegen, besitzt ein ähnliches Aeusseres, besteht aber haupt-
sächlich aus Hornblendenadeln, die vielfach in Chlorit und Epi-
dot umgesetzt sind, Titaneisen, Quarz und Feldspäthen.
Es zeigt sich auch hier wieder in den dort sehr benachbarten
Zügen von Grünschiefereinlagerungen eine so auffallende Verschieden-
heit der Zusammensetzung, dass man sich fast versucht halten möchte,
den Chlorit des Gesteins aus dem unteren Ende von Thierfeld für
secundär, aus ursprünglicher Hornblende hervorgegangen, anzusehen :
doch spricht gegen eine solche Annahme das Auftreten des Chlorits in
Formen und Verwachsungen, wie sie nur bei primärem Chlorit ge-
wöhnlich sind. — —
Man ersieht aus den einzeln angeführten obigen Untersuchungen,
dass die aus diesem Gebiete des sächsischen Erzgebirges untersuchten
Grünschiefer bestehen aus: Hornblende, Chlorit, Epidot, Ti-
tan eisen, Quarz, Orthoklas, Plagioklas, wozu sich als acces-
sorische Gemengtheile gesellen: Apatit, in bemerkenswerther Häufig-
keit, Pyrit, Göthit, Salit, Kali- und Magnesiaglimmer, Kalkspath.
Diese Mineralien treten nun in verschiedener Ausbildungsweise
auf und bedingen dadurch einen ziemlich verschiedenen Gestein-Habitus
der einzelnen Vorkommnisse. Die Hornblende findet sich theils licht
fast farblos, als Strahlstein (Aktinolith), und theils grün oder braun als
gemeine Hornblende, theils auch blau (als Glaukophan?) entweder in
dünnen Säulen oder Nädelchen, büschelförmig gruppirt oder filzartig
verwebt, oder in grösseren, dickeren Krystallen, deren Säulenzone
scharf ausgeprägt ist und bei denen man sehr deutlich die Spaltbarkeit
nach den Säulenflächen wahrnehmen kann, genau wie in vielen der
krystallinischen Hornblendeschiefer der verschiedensten Gegenden. Eine
>) Griinschiefer Schlesiens, p. 10G Tab. VIII. Fig. 7.
202
Eugen Geinitz.
>
[14]
Structurverschiedenheit zwischen echten Hornblendeschiefern und
Grünschiefern, wie sie für die niederschlesischen Schiefer von Kalkowsky
behauptet wird Q, lässt sich demzufolge für unser Gebiet nicht fest-
halten.
Eine fernere verschiedene Ausbildung bietet uns der Quarz
und die Felds päthe dar. Einmal in feinen, kaum von einander zu
unterscheidenden Körnern ganz verwachsen, eine Grundmasse bildend, in
welcher die übrigen Gemengtheile in ihrer verschiedenen Ausbildungsweise
eingebettet oder filzartig verwachsen liegen, treten sie — namentlich die
Feldspäthe — andererseits wieder in grösseren Krystallen auf. Auf-
fallend ist in beiden Fällen die ungewohnte Frische der Feldspäthe.
Dieselben sind ganz wasserklar, durch keine Zersetzung getrübt, zeigen
jedoch in den meisten Fällen eine ausserordentlich grosse Menge von
Einschlüssen, (Hornblende- und Epidot-Krystalle, Chloritblättchen, oder
Flüssigkeitseinschlüsse), oft parallel ihrer Längsaxe angeordnet, z. Th.
nur im Inneren angehäuft und nach aussen zu den Krystall freilassend.
Das Titaneisen mit seinem farblosen Umwandlungsproduct
bildet einen wesentlichen, sehr reichlich vorhandenen Bestandtheil
unserer Grünschiefer. Es findet sich in grösseren Körnern oder in der
Länge verzogenen Krystallen, seltener in Haufwerken von kleinen,
unregelmässigen Körnern. Beachtung verdient das häufige Auftreten
von Säulen oder Körnern des Apatits, welcher in fast keinem Prä-
parate vermisst wurde und welcher fast die Rolle eines wesentlichen
Bestandtheiles zu spielen scheint.
Der Epidot findet sich theils in gelblichen, oder ziemlich farb-
losen Körner zu Flecken oder Schwärmen gruppirt, selbst in Adern
auftretend, theils in grösseren Krystallen am Gesteinsgemenge Theil
nehmend, theils in Einschlüssen in den Feldspäthen, theils auch im
Chlorit liegend und im letzteren Falle mit jenem zusammen, entweder
als primär oder als secundär anzusehen. In der Mehrzahl der Fälle
wird man den Epidot als einen wesentlichen, primären Gemengtheil
anzusehen haben, in anderen jedoch zweifellos als secundären Ursprungs.
Das für die Bestimmung schwierigste Mineral in unseren Grün-
schiefern ist der Chlorit. Derselbe tritt theils in faserähnlichen,
schuppigen Aggregaten, theils in unregelmässig conturirten, einheit-
lichen Blättchen auf, und zeichnet sich stets durch seine schwache Po-
larisition aus, indem er meist nur in dunklen, violetten, eigenthümlich
verschwommenen Tönen erscheint. In vielen Fällen lässt sich ein Ueber-
gang von Hornblendesäulen oder -Nadeln in fasrigen Chlorit sehr
deutlich wahrnehmen, wobei dann z. Th. auch Epidot als ferneres
Umwandlungsproduct erscheint, oder es lässt sich wegen des engen
Verwachsenseins von Chloritblättchen mit der Grundmasse, oder wegen
ihres Vorkommens als Einschlüsse im Feldspath, auch die primäre
Natur solcher Chloritmassen ziemlich zweifellos constatiren ; in anderen
Fällen jedoch ist man ziemlich verlassen von allen Indicien in Un-
sicherheit über die primäre oder secuiuläre Natur des Chlorites * 2).
*) a. a. 0. p. 115.
2) Vergl. auch Kalkowsky, a. a. 0. p. 90, 102, 105 etc.
[15]
Ueber einige Griinscbiefer des sächsischen Erzgebirges.
203
Der Biotit nimmt nur in dem eigentliiimlidien Grünschiefer von
125 einen 'wesentlichen Antheil an der Gesteinszusammensetzung, in
dem von 179 findet er sich accessorisch ; lichter Kaligimmer tritt
in dem gebänderten Grünschiefer von 126 in typischer Ausbildungs-
weise auf.
Der Salit spielt ebenfalls nur eine untergeordnete Bolle, als
accessorisches, aber doch durch sein Vorkommen interessantes Mineral.
Er tritt meist in grösseren porphyrischen Krystallen auf, welche oft an
ihren Rändern und auf Sprüngen einer Umwandlung erlegen sind. Nur in
den hellen Lagen des gebänderten Grünschiefers von 126 und von dem Apha-
nit vonBerggieshübel ist Salit der wesentliche und vorwaltende Gemengtheil.
Der Kalkspath tritt in grösseren verzwillingten Körnern zwi-
schen den Feldspäthen als ursprüngliches Mineral eingeklemmt auf,
oder trübe und reich an eingeschlossenen Chloritblättchen als secun-
däres Product. Sein Vorkommen ist ziemlich beschränkt, er scheint
mehr in den durch Chlorit ausgezeichneten Grünschiefern vorzukom-
men. Als letztes, accessorisches Mineral ist noch der leicht — nament-
lich bei auffallendem Lichte — zu erkennende Pyrit hervorzuheben,
welcher in Körnchen oder kleinen Krystallen, oft in Brauneisenerz
umgewandelt, ziemlich häufig ist. —
Nach dem Vorwalten von Hornblende oder von primärem Chlorit
und ihrer Verbindung mit den übrigen Gemengtheilen könnte man
vielleicht analog der Eintheilung der schlesischen Grünschiefer ]) die
Grünschiefer des untersuchten Gebietes eintheilen in solche mit vorherr-
schender Hornblende (eigentliche oder Hornblende-Grünschiefer) und solche
mit vorwaltendem Chlorit (chloritische G.) Doch sind die Verschiedenheiten
in den meisten Vorkommnissen nicht so bedeutend und ferner stehen
diese beiden Gesteine meist in so engem geologischen Zusammenhang,
dass man wol von einer derartigen Trennung abstehen muss.
Wir haben also die meisten Grünschiefer aus dem Muldenthale
von A u e — N i e d e r-S c h 1 e m a — S t ei n im Erzgebirge als durch H orn-
blende, Epidot, Titaneisen, Quarz, Orthoklas, Plagioklas,
und z. Th. Chlorit charakterisirte Gesteine kennen gelernt, für deren
Bezeichnung vorläufig der Name Hornblende-Grünschiefer aus-
reichen dürfte, während durch das Vorherrschen von (primärem)
Chlorit an einzelnen Punkten die Bezeichnung Chlorit-Grün-
schiefer angemessen erscheint.
Ein Vergleich mit den Grünschiefern aus der Gegend von Haini-
chen weist uns einige, wenn auch nicht sehr wesentliche Unterschiede
auf. Der „eigentliche Grünschiefer“ von Hainichen besteht nach
Credner* 2) aus Hornblende, Epidot, Magneteisen und einem Natron-
feldspath ; dazu treten accessorisch Quarz, Pyrit, Göthit und Chlorit,
welcher allgemein von Credner als Zersetzungsproduct der Hornblende
angesehen wird. In unseren Grünschiefern dagegen bildet das Titan-
eisen einen wesentlichen Bestandtheil, welcher demnach der Vertreter
des Magneteisens in den Grünschiefern von Hainichen ist. Ferner ist
’) Kalkowsky a. a. 0. p. 108 und 111.
2) a. a. 0. p. 51.
204
Eugen Geinitz.
[16]
die „Grundmasse“ der Schiefer ein Gemenge von Quarz und Ortho-
klas, z. Th. auch mit Plagioklas, so dass der Quarz nur in den Fällen,
wenn er in grösseren Körnern auftritt, als accessorischer Bestandtheil
anzunehmen ist. Auf den Umstand, dass in unseren Schiefern der
Chlorit theils als Zersetzungsproduct der Hornblende, theils als pri-
märer Gemengtheil aufgefasst werden muss, möchte ich wegen der
grossen Schwierigkeit der Bestimmung und des darum weniger werth-
vollen Unterschiedes gegenüber den Crednerschen Angaben nicht allzu.'
viel Gewicht liegen. Das ausserordentlich häufige Auftreten des Apa-
tites, welchem man fast den Charakter eines wesentlichen Gemeng-
theiles beiliegen möchte, und der scheinbar gänzliche Mangel derselben
in den Hainichener Grünschiefern ist ein weiterer Unterschied. Da-
durch, dass die Hornblende oft als Strahlstein auftritt, ist eine Aehn-
lichkeit der Gesteine beider Gebiete gegeben.
II.
Aus dem Gebiete der „Grünstein “-Einlagerungen im Schieferge-
birge des linken Elbufers, welche sich in Naumanns Erläuterungen
zur Section X. der geologischen Karte Sachsens p. 75 und 76 auf-
geführt finden, wurden einige Profile bei Tharandt und Herzogswalda
— Helbigsdorf, westlich von Dresden gelegen, untersucht. Dabei haben
sich diese Grünsteine, welche in regelmässigen Einlagerungen im Thon-
schiefer auftreten, theils als Hornblende - Grünschiefer, theils als
echte Diabase herausgestellt.
In Herzogswalda findet sich das Profil einer mächtigen Grün-
schiefereinlagerung in dem feinkörnigen Phyllit an der „hohen Strasse“,
welche an dem Gasthause zu Herzogswalda vorbei nach Dresden führt.
Der blaugraue oder lichtgrüne, feinkörnige, Phyllit, in welchem der
Grünschiefer, ohne Uebergänge aufzuweisen, völlig concorclant einge-
lagert ist, zeigt sowohl im Hangenden als im Liegenden dieser ziemlich
bedeutenden Einlagerung gleiche petrographische Beschaffenheit, indem
sich zu dem Glimmer bei gänzlichem Mangel an Hornblende einige
dunklere Blättchen von Chlorit gesellen, während ausserdem Kalkspath,
Apatit und zahlreiche dunkle Flecken von Brauneisenerz in dem Ge-
steine zerstreut sind.
Die grünen Schiefer bilden hier ein mittelkörniges, lichtgrünes
Gestein, welches in der Feldspathgrundmasse dunklen, glänzenden
Chlorit, oder Hornblendefiasern, Epidot und Pyriteinsprenglinge deutlich
erkennen lässt. U. d. M. treten zunächst die zahlreichen, lichtgrünen
Hornblendesäulen hervor, welche theils in langen, dünnen, oft quer-
gegliederten und wirr durcheinander liegenden Nadeln, theils in grös-
seren, längsgefaserten Krystallen auftreten. Dieselben setzen sich
deutlich in Chlorit-Schuppen und Blättchen um.
Epidotkörnchen liegen meist in Chlorit, z. Th. jedoch auch zwischen
Hornblendesäulen und scheinen wenigstens z. Th. ebenfalls secundären
Ursprungs zu sein. Titaneisen, in langgestreckten und stets sehr stark
in farblose, polarisirende Körnchen umgewandelt, tritt vielfach im Zu-
sammenhang mit Epidot auf, und bildet neben der Hornblende den
Hauptbestandtheil dieses Gesteines. Quarz und Orthoklas bilden die
[17]
Ueber einige Grünschiefer des sächsischen Erzgebirges.
205
Grundmasse des Schiefers, welcher noch zahlreiche quergegliederte
Apatituadeln und Pyritkörner enthält.
Unterhalb Herzogsw alda, an der Strasse nach Freiberg finden
sich zahlreiche, concordant in dem circa 30° NO. einfallenden Phyllit
eingelagerte, wenig (circa P5 M.) mächtige, scharf vom Phyllit abge-
grenzte Bänke von Grünschiefer.
Die Phyllite weisen keine bemerkenswerthen Eigenthümlichkeiten
auf, sie enthalten viele der bekannten Thonschiefermikrolithen. — Die
Grünschiefer, deren Untersuchungsmaterial aus fünf verschiedenen Ein-
lagerungen an der Freiberger Chaussee und an dem Fusswege von
Herzogswalda nach Helbigsdorf am rechten Thalgehänge entnommen
wurde, sind fast dichte, oder meisteps mittelkörnige, dunkle Gesteine, in
denen grüne Hornblende und Chlorit, gelbgrüne Epidotkörner, Feldspath,
Pyrit und zahlreiche Kalkspathadern hervortreten. Es sind Horn-
blende-Grüns chiefe r. Ihre Hornblende tritt meistens in dünnen
Säulen und Nadeln von grüner Farbe auf, welche sich vielfach in
Chlorit umsetzen. In einigen Gesteinen findet sich die Hornblende nur
noch als Einschlüsse im Feldspath vor, während die Hauptmasse dersel-
ben in Chlorit umgewandelt ist. Epidot tritt theils im Chlorit oder in
den secundären Kalkspathadern liegend als secundäres Zersetzungspro-
duct , theils im Feldspath und Quarz und mit ihnen verwachsen
als primärer Gemengtheil auf. Titaneisen mit sehr typischen, farblosen
oder etwas durch Eisenoxydhydrat gefärbten Zersetzungskörnchen ist
ein überaus häufiger Bestandtheil. Quarz, Orthoklas und Plagioklas,
die beiden letzteren stets sehr frisch und in wechselnden quantitativen
Verhältnissen auftretend, oft mit vielen Einschlüssen von Flüssigkeit,
Hornblende und Epidotkrystallen, finden sich ebenfalls stets vor. Dazu
tritt als stetiger Begleiter Apatit, in oft vielfach gegliederten Säulen,
deren einzelne Theile dann zum öfteren verschoben und in geraden
oder gebogenen Linien aneinandergereiht sind. Pyrit und Kalkspath
sind fast nie fehlende, accessorische Mineralien dieser Grünschiefer.
Diese Grünschiefer besitzen meist eine körnige, aber wenig
schiefrige Structur, weshalb sie auch früher oft z. Th. als Diabas be-
zeichnet wurden. Wenn sich nun derartige, an Titaneisen sehr reiche
Gesteine als echte Grünschiefer erwiesen haben, so findet sich trotz-
dem in den oberen Partien dieses Gebietes von Grünschiefereinlage-
rungen auch echter Diabas. So wurde bei Helbigsdorf, an dem
rechten Thalgehänge in einem Bruche bei einem verlassenen Kalkofen
grobkörniger, sehr frischer, typischer Diabas in Verbindung mit einem
Lager von krystallinischem Kalke gefunden.
Neben den gleichmässig körnig gemengten Grünschiefern trifft
man am Anfänge des Fussweges von Herzogswalda nach Helbigsdorf
noch einen ausgezeichnet flaserigen Grünschiefer, in welchem lichter
und dunkler grüne, seidenglänzende Hornblendeflasern sich um grössere,
schmutzig bräune, rundliche Knollen schmiegen. Im Dünnschliffe zeigen
sich abwechselnde grasgrüne und lichte, fast farblose Schmitzen oder
Flasern, die aus einem Gewirre von feinen Hornblendenadeln bestehen,
welche in den dunklen Lagen grasgrün ist, sich z. Th. in Chlorit und
Epidot umsetzend, in den hellen dagegen lichter Aktinolitli. In den
Mineralogische Mittheilungen. 1876. 4. Heft. (Geinitz.)
27
206
Eugen Geinitz.
[18]
dunklen Lagen ziehen sich Stränge von Epidot hin, welche z. Th.
auch noch in die secundären Kalkspathadern hinein ragen. Dazwischen
findet sich eine spärliche Quarzgrundmasse, viel Apatit und zersetztes
Titaneisen. Einzelne porphyrische, krystallähnliche Einsprenglinge —
die trüben braunen Knollen im Handstück — sind stark in braune,
opake Körnchen und chloritische Schuppen zersetzt, zwischen denen
mehr oder weniger helle Querstreifen einer fasrigen Substanz verlaufen
und auch noch Theile von scheinbar frischer, farbloser Substanz vor-
handen sind. Ob diese Partien als stark zersetzte, porphyrische Augite
oder Orthoklase, oder als trüb zersetzte Partien der Hornblende-
flasern anzusehen sind, liess sich nicht sicher feststellen. —
Eine eigentümliche Verknüpfung verschiedener Gesteinsarten
bieten die Grünschiefer resp. Grünsteine, welche in dem sogenannten
Thalgrund bei Tharandt im Phyllit eingelagert sind. Es finden sich
hier Gesteine von sehr abweichender Beschaffenheit in verhältniss-
mässig sehr enger Nachbarschaft vor.
Die Grünschiefer bilden vorstehende Felsen auf beiden Gehängen,
während der sie umgebende, weichere Phyllit meistens weggewittert ist.
Ein präcises Profil liess sich nicht wohl geben, wir werden daher
einige der Einlagerungen einzeln besprechen, indem wir uns talauf-
wärts von Tharandt nach Hintergersdorf bewegen.
Vor und etwas nach der Stelle, wo ein Steg über den kleinen
Wasserfall führt, finden sich mächtige Einlagerungen eines sehr festen,
mittelkörnigen, fast massigen Grünschiefers, welcher aus lichten, ver-
filzten Hornblendenadeln, primärem Epidot, Titaneisen, Quarz und
frischen Plagioklaskrystallen besteht. Die Hornblende zersetzt sich in
Chlorit, der Plagioklas und der ihm an Menge nachstehende Ortho-
klas ist erfüllt von Einschlüssen von Hornblende und Epidot. Apatit
ist ziemlich häufig.
Der darauf folgende Phyllit enthält viel Turmalinkryställchen.
Etwas weiterhin finden sich auf halber Höhe des rechten Ge-
hänges im Walde einzelne Felsen eines sehr festen, zähen, mittelkörni-
gen Gesteins, in welchem grosse Feldspathkrystalle, Pyrit, Quarzadern
und zersetzte Augitkrystalle hervortreten. In einem Präparate, welches
einem echten Grünschiefer angehört, finden sich Hornblende, secundärer
Chlorit, Epidot, Titaneisen, Apatit, Quarz, Orthoklas, grosse frische
Plagioklase; ausserdem noch grössere scharf begrenzte, lichte Partien
von viriditähnlichem Chlorit, mit Epidot und Hornblende.
Ein anderes Präparat von derselben Localität ist noch durch
zahlreiche, grosse Augitkrystalle ausgezeichnet. Der Augit ist sehr hell,
auf Sprüngen in Chlorit, Hornblendefasern, Epidot und Kalkspath
umgewandelt.
In weiterem Verlaufe trifft man vor der Thalmühle in tieferem
Niveau noch mehrfach festen Grünschiefer, welcher deutliche Feldspath-
leisten erkennen lässt und dieselbe Zusammensetzung, wie die oben
erwähnten Schiefer besitzt.
Im Liegenden dieser Einlagerungen findet man am unteren Ende von
Hintergersdorf grobkörnigen, echten Diabas, wie man ihn analog auch
an dem Kirchsteig zwischen Fördergersdorf und Spechtshausen antrifft.
Nachtrag zur Abhandlung über die petrograph. Beschaffenheit
der im Grazer Devon vorkommenden Tuffe.
Diese Mittb. 1876. p. 206.
Auf Seite 208 sind zwei Illustrationen ausgeblieben, welche hier folgen.
Fig. 1.
Profil (combinirt) von Gösting und Plawutsch.
Fig, 2.
Ferner ist noch auf
Seite
Zeile
zu lesen
statt
209
21
V. u.
Kramenzel-,
Kramengel-
212
6
»
nun
nur
213
19
J)
bisweilen
nur
215
6
T)
In manchen
grösseren
Partien
statt Es sind
etc.
216
6
V. 0.
Ballen „
Balken
219
13
V
„als solches“
zu streichen
rein grüner Substanz sind etc.
91. Die petrographische Beschaffenheit der im Grazer
Devon vorkommenden Tuffe.
Von Jolu Terglav.
Als Fortsetzung der hohen Tauern zieht sich eine Hauptkette
aus krystallinischem Gestein , die Wasserscheide zwischen der
oberen Mur und der Drau bildend, an der Grenze zwischen Steier-
mark und Kärnthen in östlicher Richtung hin. Wo die Grenze dieser
beiden Länder nach Süden umbiegt, gabelt sich die Kette in eine süd-
östlich streichende, die Koralpe, an deren südlichem Ende ihr der
Bacher quer vorliegt, und eine nordöstliche, die Kleinalpe und die
Mürzthaleralpen, die mit dem Wechsel, an der Grenze von Niederöster-
reich, Steiermark und Ungarn endigt. Die Mürzthaleralpen entsenden
einige niedrige Ketten nach Südost, die sich allmählig in der Ebene
verlieren.
Durch die Koralpe, die Gleinalpe, und die Mürzthaleralpen und
die Nebenketten der letzteren wird eine S.-O. offene Mukle umschlossen,
welche von einem mächtigen Schichtencomplexe aus Thonschiefer,
Quarzit und Kalkstein ausgefüllt ist, die F. Unger schon im Jahre
1839 in Folge der Bestimmung einer Anzahl von Petrefacten vom
Kamme des Plawutschberges bei Graz als devonisch erkannte. Graz
liegt an der südlichen Grenzlinie desselben, und der Grazer Schlossberg
mitten in der Stadt besteht aus dolomitischem Kalk, welcher am nörd-
lichen Fusse zahlreiche Krinoiden und in den höheren Schichten Spuren
derselben Korallen enthält, die am Plawutseh gefunden wurden. Im
Süden wird diese Formation vom Tertiär und Alluvium begrenzt, mit
Ausnahme einer kleinen Strecke beim Bad Radegund, n.-ö. von Graz,
wo am Fusse des Schock el das krystallinische auch im Süden auftaucht.
Dieses Devon ist mächtig entwickelt und reich gegliedert, aber,
besonders in seinen tieferen Schichten sehr arm an Petrefacten.
Es beginnt mit Schiefern und Kalksteinen, auf diesen lagern
Quarzite, hierauf an manchen Punkten Tuffe und Diabase. Die oberen
Glieder sind Kalksteine, die öfter Korallen mit sich führen. Am Stein-
berg südwestlich von Graz erscheint als höchste Stufe ein Clyme-
nienkalk.
Mineralogische Mittheilungen. 1876. 4. Heft. (Terglav.)
27*
208
Joh. Terglav.
[2]
Die schwierig erkennbaren Tuffe im Devon der Umgebung von
Graz sind Gegenstand der vorliegenden Arbeit. Herr Director Tscher-
mak, der die paläozoischen Tuffe schon seit längerer Zeit verfolgt, und
schon früher am Semmering, später in der Umgebung von Graz, die
hierher gehörigen Gesteine einer Untersuchung unterwarf, betraute
mich nun mit der genaueren Prüfung der Grazer Tuffe, welche ich
auch an ihrer Lagerstätte aufsuchte. Für diese Anregung und für die
überaus freundliche Unterstützung, welche mir Herr Director Tschermak
während dieser Arbeit im petrographischen Universitätsinstitute zu Wien
angedeihen liess, erlaube ich mir nun meinen wärmsten Dank auszuspre-
chen. Auch seinem Assistenten Herrn Dr. Neminar bin ich für dessen
bereitwillige Hülfeleistung sehr verpflichtet. Bei der Ausarbeitung des
geologischen Theiles wurde ich endlich von Herrn Professor Peters in
Graz bestens unterstützt, wofür ich ihm hier den innigsten Dank zu
sagen mir erlaube.
Geologische Uebersiclit.
Das untersuchte Material stammt vom Plawutsch- und Gösting-
berge in der unmittelbaren Nähe von Graz. Hier kommen Lager eines
Tuffes vor, der zuerst von Herrn Prof. Peters aufgefunden und als
Diabastuff' angesprochen wurde.
Die Lagerungsverhältnisse werden sich am besten durch ein
schematisches Profil, Fig. 1, combinirt vom Plawutsch- und Gösting-
berge, erläutern lassen. J) Die Schichtenreihe beginnt mit einem grau-
grünen Thonschiefer, dem Semriacher Schiefer (a), nur am Göstingberg
sichtbar. Dann kommt eine wenig mächtige Schichtenreihe ( b ), als
tiefstes am Plawutsch in grossen Steinbrüchen schön aufgedeckt, der
Kalkschiefer. Er besteht aus schwarzen, manchmal ganz dünnen Kalk-
schichten, durch schwarze, graphitische Schieferblätter von einander ge-
trennt. Hie und da führt er Krinoidenstiele. Darauf folgt die mächtige
Dolomitstufe, eine Wechsellagerung von feinkörnigem Quarzit (c) und
dünn geschichtetem, dunklem, dolomitischen Kalk ( d ) in zahlreichen
Lagen, im Profil nur schematisch angedeutet. Der schwer verwitternde
Quarzit bildet auf dem gedehnten Rücken des Göstingberges zwei vor-
springende Felszacken, von denen der erste, der Jungfernsprung, in
wilden Abstürzen fast senkrecht zur Mur abfällt, der zweite aber die
Ruine Gösting trägt. Auf diese Stufe folgt auf beiden Bergen eine
schwache Einsattlung, in welcher, obwohl sehr von Vegetation und
Humus verdeckt, ein Tuff ( e ) ansteht.
Darauf folgt an beiden Orten ein steiler Hang aus dunklem
Kalk. Am Gipfel des Plawutsch ist in diesem eine Korallenbank (^) ent-
blosst, welche die meisten und schönsten Petrefacten, besonders Ko-
rallen geliefert hat. Von diesen sind am häufigsten Arten von Favo-
sites, Astraea, Heliolitis, besonders H. porosa M. Ed. et H. Hier fand
sich auch Pecten grandaevus , schon von Unger in seinem Verzeich-
') In der Bezeichnung der Schichten folge ich Clar, der in den Verh. d. geol.
Reichsanst. 1874. Hft. 3. Eine Gliederung der steirischen Devonformation versuchte.
[3] Die petrographische Beschaffenheit der im Grazer Devon vorkommd. Tuffe 209
nisse der Plawutschpetrefacten angeführt, und 1875 von Grazer Stu-
direnden neuerdings gefunden.
Von Brachiopoden werden von Stur (Geol. der Steiermark)
Durchschnitte von Orthis angeführt. In jüngster Zeit fand ich Spuren,
die wahrscheinlich einem Spirifer angehören. Auf einem in der Fürsten-
warte, einer Steinpyramide am Gipfel des Plawutsch, eingemauerten
Stein fand sich ein dreieckiger Abdruck mit einer Furche von einem
Eck (Schloss) zur Mitte der gegenüberliegenden Seite (Schalenrand),
so, dass das Ganze gut zu einem Abdruck der flachen Deckelschale
eines Spirifer stimmt. An einem andern Stein fand ich einen gerieften
Schalenrand, der auch von einem Spirifer sein könnte. Ein im Sep-
tember 1875 von Herrn Hofrath R. v. Hauer gefundener Steinkern
hat mit der im Bleiberger Kohlenkalkschiefer häufigsten Art Productus
latissimus Sow. eine auffallende Aehnlichkeit. Doch kann wohl durch
einen einzigen Rest die bisher massgebende Formationsbestimmung
nicht in Frage gestellt werden.
An anderen Stellen desselben Bergzuges, dessen nördliches Ende
der Plawutsch bildet, stecken im Kalk zahlreiche Spuren eines grossen
Zweischalers, die als weisser Kalkspath im dunklen Kalk trefflich her-
vortreten und ihm in Verbindung mit weissen Kalkspathadern ein
marmorirtes Ansehen geben. Dies Petrefact hat nach der Meinung des
Herrn Prof. Peters die grösste Aehnlichkeit mit Megalodus cucullatus.
Daneben finden sich spärliche Reste von Orthoceras reguläre und Clar
entdeckte die Spur eines Trilobiten. In gewissen thonschieferigen
Zwischenmitteln der Kalkschichten sind zahlreiche Cypridinen enthalten.
Von Plawutsch durch ein mit Tertiär ausgefülltes Thal getrennt,
steht westlich, bei Steinbergen (recte am Steinberg) ein Kalk an mit
Clymenia laevigata, der also das oberste Glied des Devons repräsen-
tirt, gleich den rheinischen Kramengelkalken.
Oestlich von Plawutsch ragt aus dem Alluvium knapp am rechten
Murufer ein Thonschieferfelsen heraus, der Kalvarienberg am nörd-
lichen Ende von Graz, und diesem gegenüber am linken Murufer
erhebt sich der Rainerkogel, derselbe Thonschiefer, der weiterhin ge-
gen Osten vom Tertiär bedeckt ist, auf der Platte aber wieder an-
steht. Diese offenbar zusammengehörigen Schiefermassen sind Clars
Semriacher Schiefer. Oestlich von der Platte, 1/2 Meile östl. von Graz
hei Maria Trost steht noch der „Schöckelkalk“ an. Seine stratigra-
phische Stellung ist noch fraglich, und seine künftige Einbeziehung
zur obern Silurformation möglich.
Wir haben also bei Graz mit Ausnahme des „Grenzphyllits“ das
ganze Devon von den ältesten Gliedern im Osten bis zu dem Clyme-
nienkalk im Westen vor uns, wie es in Fig. 2 schematisch ver-
sinnlicht ist.
-s Schöckelkalk.
th Thonschiefer.
b Kalkschiefer.
d Dolomitstufe.
Fig. 2.
e Tuff.
c Kalk mit Corallen.
cl Clymenienkalk.
t Tertiär.
a Alluvium.
210
Joh. Terglav.
[4]
Durch Petrefacten sind nur der Korallen führende Kalk über dem
Eruptivgestein als Mitteldevon (durch Heliolites porosa und der Cly-
menienkalk als Oberdevon charakterisirt. Die unteren Glieder enthalten
höchstens Krinoidenstiele (Kalkschiefer und Schöckelkalk) und gelten
vorläufig als Repräsentanten des untern Devon. Das Eruptivgestein
bildet also die Grenze zwischen dem unteren und mittleren Devon.
Die Sehichtfolge bei Graz würde demnach mit Ausnahme des Diabas
mit der rheinischen und mitteldeutschen übereinstimmen, und es könnte
füglich gedacht werden, dass das Eruptivgestein in den Alpen früher
als am Rhein und wie es scheint, in der paläozoischen Zeitperiode zu
wiederholten Malen zum Durchbruch gelangt wäre. Man kennt es
bislang nur vom Hochlantsch, wo es am nördlichen Gehänge (Teich-
alpe) in grossen Blöcken, an der Südseite (Breitenau) in normaler
Lagerung gefunden wird.
Auf Felsarten von der Teichalpe, welche mit den- Nassauer
„Aphaniten“ von der Weilburg grosse Aehnlichkeit haben, bezieht sich
eine Notiz von Clar. Eine genauere mikroskopisch-chemische Unter-
suchung derselben steht noch zu erwarten; hier soll nur vom schief-
rigen Gestein gehandelt werden, welches als Tuffablagerung mit jenem
in Verbindung zu stehen scheint.
Was die Lagerung des Tuffes anbelangt, so liegt derselbe am
Plawutsch und Göstingberg, unmittelbar auf Quarzit. Am Plawutsch
lässt sich dies in einem Wasserriss unmittelbar beobachten ; auf Gösting
aber fand ich in den Trümmern der Ruine einen Block, an welchem
dem Tuff ein Streifen Quarzit anhängt, und es liess sich davon ein
Handstück schlagen, welches halb aus Quarzit, halb aus Tuff besteht.
Hiedurch ist der Contact dieser beiden Gesteine auch auf Gösting
sichergestellt.
An beiden Orten steht der Tuff in einer kleinen Einsattlung an,
hinter welcher sich das Kalkgehänge steiler emporhebt. Die Einsatt-
lung an der Stelle des Tuffs ist wohl nur eine Folge der leichteren
Verwitterung desselben. Seine Mächtigkeit ist im Verhältnis zu
den übrigen Gliedern jedenfalls gering, lässt sich aber wegen Mangel
an vollständigen Aufschlüssen nur annähernd schätzen und dürfte
20 M. kaum übersteigen.
Petrographische Beschaffenheit des Tuffes.
Das wohlgeschichtete Gestein erscheint in seinen unzersetzten Be-
standtheilen zumeist braun, mitunter in ziemlich dunkeln Nuancen, zeigt eine
grosse Festigkeit, ist äusserst zäh und dabei milde. An diesem Gestein
bemerkt man bald ein gesprenkeltes Aussehen. Es stecken nämlich in
der aus dem feinsten Schlamm abgesetzten Bindemasse braun bis
schwarz gefärbte Trümmer. Diese sind meist abgerundet, viele gerade-
zu kugelförmig von den kleinsten bis zur Faustgrösse schwankend.
In gewissen Lagen kommen nur kleine , etwa hanfkorngrosse
Trümmer vor, wobei sich, durch wechselnde Lagen von kleineren und
[5] Die petrographische Beschaffenheit der im Grazer Devon vorkommd. Tuffe. 211
grösseren, eine Art Schichtung bildet. Eine andere bemerkenswerthe
Varietät enthält nur einzelne Trümmer von der grössten Art in der sonst
gleichartigen Bindemasse eingeschlossen.
Ellipsoidische Einschlüsse liegen mit der Flachseite der Schichtung
parallel und bewirken eine Art Parallelstructur, wie sie Conglomeraten
eigenthümlich ist. Das Mengenverhältniss der Bindemasse und der Ein-
schlusstrümmer ist sehr wechselnd, da bald die erstere, bald die letz-
teren überwiegen. In der Regel herrscht die Bindemasse vor. In selte-
nen Fällen trifft man auch ein kleines Quarzgeschiebe an.
Die Farbe der Trümmer ist bei den einen schwarz, bei den
anderen braun. Diese beiden Arten zeigen ausser der Farbe auch einen
andern, dem blossen Auge auffallenden Unterschied. Die schwarzen
sind gewöhnlich porös, mögen sie auch sehr klein sein, und in frischester
Bindemasse stecken. Die Poren sind bis hirsekorngross und an den
Wänden stets mit gelbem Ocker bekleidet. Hiedurch verrathen sich
auch die kleinsten dieser Art, da man in dem Gestein Haufen von
ockergelben Poren sieht, und dadurch aufmerksam gemacht sehr leicht
erkennt, dass sie den schwarzen Trümmern angehören. Diese Poren
rühren wahrscheinlich von zersetzten und weggeführten Bestandtheilen
her. Die braunen Trümmer sind compact, aber von einzelnen Sprüngen
durchsetzt, ähnlich den Linsenknollen im Septarienthon. Die Sprünge
haben ungefähr die Richtung des kleineren Ellipsoiddurchschnittes, sind
unter einander parallel, klaffen in der Mitte am meisten und keilen
sich gegen die Oberfläche des Ellipsoids aus. Daher bemerkt man am
unversehrten Einschluss keine Sprünge, beim Zerschlagen aber zerfällt
er am leichtesten nach den vorhandenen Spalten. Die Spaltwände sind
von einer dünnen Ockerkruste bedeckt. Wohl nicht alle, aber gewiss
die meisten der braunen Trümmer, die nicht allzu kleine Dimensionen
haben, sind in dieser Art zerklüftet.
In der dichten Grundmasse der Einschlusstrümmer bemerkt man
porphyrisch ausgeschiedene Kryställchen, die leicht als Feldspathe zu
erkennen sind. In den schwarzen Trümmern sind sie viel häufiger und
grösser, als in den braunen, fallen aber durch ihr mattes Aussehen
und eine grünlichweisse Farbe auf, was auf Zersetzung ihrer Substanz
deutet. In den braunen sind sie oft so klein, dass sie nur durch den
Glanz der Spaltfläche als feine Leisten dem blossem Auge Sichtbar-
werden. So viel man mit freiem Auge beurtheilen kann, wird man sie,
wegen vollständigen Mangels einer Riefung ihrer Spaltflächen für Or-
thoklas halten.
Die Bindemasse hat eine nach dem Zersetzungsstadium, in dem
sie sich befindet, wechselnde Beschaffenheit. In den frischesten Varie-
täten ist sie dunkelrothbraun, dunkler als die braunen Einschluss-
trümmer. Sie ist meist gefleckt durch kleine Trümmer, und nur ge-
wisse Schlieren sind einfärbig, weil frei von Einschlüssen. Sie ist mild,
von geringer Härte und lässt sich leicht mit dem Messer 'schaben. Die
Lagen von reiner Bindemasse kommen in welligen, bald auskeilenden
Schlieren vor, an welchen eine beginnende Zersetzung am leichtesten
bemerkbar ist. Diese giebt sich durch eine Farbenänderung kund. Die
unzersetzte Masse ist dunkel, fast schwarz, aber jedenfalls mit einem
212
Joh. Terglav.
[6]
Stich ins Braune. Im ersten Stadium der Zersetzung zeigt die Masse
ein dunkles, schmutziges Graugrün. Ist die Zersetzung weiter vorge-
schritten, so geht die Farbe in ein lichtes, weissliches Grün über, die
Masse wird ganz weich und erhält ein talkähnliches Aussehen. Die
eingeschlossenen Trümmer aber behalten noch lange in der zersetzten
Bindemasse ihr charakteristisches Aussehen bei. Endlich werden sie
auch weisslich und verfliessen mit der zersetzten Bindemasse. In
diesem Stadium der Zersetzung zeigt sich am deutlichsten eine Bände-
rung auf dem Querbruch. Da die Zersetzung in den einzelnen Lagen
ungleich vorschreitet, so treten weichere und härtere, helle und dunkle
Streifen auf, indem sich die Schichten sehr auffallend von einander
abheben.
Die Streifen ziehen sich wellig um die Trümmer, stauen sich
an ihnen, verschmälern sich zwischen einzelnen nahe liegenden Trüm-
mern, um sich jenseits derselben in ihrer ursprünglichen Breite fort-
zusetzen. Ein solches Gestein gewährt in seiner typischen Ausbildung
den Anblick, als wären die einzelnen Lagen in Teigconsistenz mit den
festen Trümmern über einander geschichtet und hierauf beschwert
worden, wodurch sie sich etwas gestreckt und wellige Formen ange-
nommen hätten, aber deutlich beeinflusst durch die festen Trümmer.
Das Endstadium der Zersetzung ist eine structur- und scliichtungs-
lose weisslichgrüne Masse, ähnlich dem Agalmatolith oder einem grünen
Speckstein. In der schmutzigfarbigen Hauptmasse stecken kleine linsen-
förmige Partien einer rein apfelgrünen, durchscheinenden Substanz,
unter einander parallel und wohl die einzigen Zeichen einer ehemali-
gen Schichtung.
Krystalle in der Bindemasse.
In der Bindemasse sind porphyrartig Krystalle eingebettet, deren
Spaltflächen auf dem Bruch stark glänzend hervortreten. Man erkennt
sie unschwer als Feldspathkrystalle Sie sind nicht sehr zahlreich. In
einer talkähnlichen Varietät mit ausgezeichneter Schichtung, in der die
Trümmer bis auf geringe Spuren vermischt sind, erhielten sich die
Feldspathe noch grossentheils frisch, und heben sich grell fleischroth
von der grünen Masse trefflich ab.
Diese Feldspathe sind immer makroskopisch, wenn nicht schon am
derben Stück, doch am Schliff deutlich hervortretend. Der grösste der
gefundenen Krystalle stammt von Gösting und ist einen Centimeter
breit und eben so lang. Die Farbe der ganz frischen ist intensiv fleisch-
roth, bei eintretender Zersetzung aber verblasst sie.
Der vollständige Mangel einer Riefung auf der Spaltungsfläche
weist schon auf Orthoklas hin. Auf Gösting fanden sich nur einige
grössere Kryställchen, die auf der Spaltungsfläche nach (001) sehr
deutlich den Karlsbader Zwilling zeigen. Sie sind in der Bindemasse
eingewachsen und in der Prismenzone vollständig mit den Flächen
(101) und dem Klinopinakoid (010), nach welchem sie tafelförmig
ausgebildet sind. Mit blossem Auge zu urtheilen sind daher die Feld-
[7] Die petrograp lösche Beschaffenheit der im Grazer Devon vorkommd. Tuffe. 213
spathe entweder einfach oder Karlsbader Zwillinge, somit Orthoklas.
Auch die stets fleischrothe Farbe spricht sehr für Orthoklas.
In der specksteinartigen Varietät bemerkt man Spuren von Pyrit,
zumeist jedoch schon in Limonit umgewandelt.
Mikroskopische Beschaffenheit der Bindemasse.
An der Bindemasse sind einerseits die porphyrisch ausgeschiede-
nen Feldspathe, anderseits die Grundmasse zu unterscheiden.
Der Feldspath.
Die vollkommen frischen Feldspathkrystalle haben eine im allge-
meinen wasserhelle Substanz, die aber bei geringer Vergrösserung von
wolkigen Flecken und geraden oder etwas gekrümmten Streifen ge-
trübt erscheint. Selten ist der ganze Querschnitt trüb, sondern es be-
steht der grösste Theil eines Feldspathschnittes aus absolut wasser-
heller Substanz. Die Streifen stehen mit den Wolken häufig in Ver-
bindung, als mündeten sie in dieselben. Bei starker Vergrösserung
lassen sich die trüben Stellen in ein Haufwerk von Stäbchen und
Punkten auflösen, an denen eine schwarzbraune Farbe deutlich wahr-
nehmbar ist. Die Punkte sind wohl nichts anderes, als senkrecht auf
dem Gesichtsfelde stehende Stäbchen. Sie können füglich nichts anders
als eine Eisen Verbindung sein, und ihre Farbe und Stäbchenform
deutet auf Goethit.
Die Feldspathe kommen in krystallographisch begrenzten Indivi-
duen eingewachsen vor und erweisen sich im polarisirten Licht ganz
übereinstimmend mit dem Ergebniss, welches man mit freiem Auge
erzielt, als einfach oder als Karlsbader Zwillinge. In manchen Krystallen
sind die Pigmentstreifen dem Rande parallel eingelagert, wodurch eine
Schalenstructur bewirkt wird. Nur bemerkt man, dass diese Streifen
längs einer den Schnitt halbirenden Linie gegen einander verschoben
sind. Auf der einen Seite hört der Streifen wie abgeschnitten auf, und
in seiner Fortsetzung kommt ein heller. Das Centrum des Durchschnittes
findet man auf der einen Seite hell, auf der anderen getrübt, und die
trübe Wolke an der Mittellinie scharf und geradlinig abgeschnitten.
Im polarisirten Licht stellt sich diese Scheidungslinie als Zwillingsgrenze
heraus. In diesem Falle kann man also einen Zwilling auch im gewöhn-
lichen Licht erkennen, da sich die beiden Zwillingsindividuen durch die
ungleiche Streifung kenntlich machen.
In den zersetzten Varietäten findet man oft Krystalle mit unregel-
mässigen Sprüngen und vielen parallelen Spaltlinien, die indess den
frischen Krystallen in frischer Grundmasse fehlen.
Ihre Vertheilung in der Bindemasse ist ungleichförmig. Gewöhn-
lich sind sie um so häufiger und grösser, je häufiger die kleinen
Trümmer sind. Doch kann man in den ganz homogenen Schlieren Feld-
spathe eingewachsen finden. In den Fällen, wo die Bindemasse sehr
viele und sehr kleine Brocken enthält, sind die Feldspathe am grössten
und zahlreichsten, und bilden wohl ein Viertel der Gesammtmasse.
Mineralogische Mittheilungen. 1876. 4. Heft. (Terglav.) 28
214
Joh. Terglav.
[8]
Die Grundmasse.
Die Grundmasse der ganz frischen, schwarzbraunen Bindemasse
besteht aus einer völlig structurlosen, wasserhellen Substanz mit ein-
facher Lichtbrechung. In diese sind die theils schwarzen, theils rothen
Mineralpartikel eingebettet, so klein, dass sie bei geringer Vergrösse-
rung nur als Staub erscheinen. Bei starker Vergrösserung stellen sich
die schwarzen Partikel als kuboinische Körnchen dar, die rothen aber
zeigen vielzackige Formen, als ob sie zerzupft wären. Die ersteren sind
als Magnetit, die letzteren als Hämatit anzusehen. Diese beiden Mine-
ralien sind nicht gleichmässig vertheilt, sondern bald sind die einen
bald die anderen im Uebergewicht, und hiernach wechselt auch die
Farbe. Ausserdem sind die rothen fast immer zu Wolken im Schliff
vereinigt, daher schon mit freiem Auge im Präparat dunklere Flecken
bemerkbar sind.
Im polarisirten Licht bemerkt man bei gekreuzten Nicols einzelne
helle, nur bei starker Vergrösserung schärfer hervortretende Leistchen,
deren Langseiten von parallelen Linien begrenzt werden, und die eine
sehr grosse Polarisations-Intensität zeigen. Wo die Feldspathe nur ganz
schwache Färbung haben, sind die Leistchen vollkommen hell und zei-
gen allerlei grelle Farben.
Bei aufmerksamer Beobachtung sieht man auch breitere Blättchen,
die ähnlich, aber schwächer polarisiren. Zwischen den breitesten Blätt-
chen und den schmälsten Leisten gibt es alle Zwischenstufen. Demnach
ist das Mineral, das hier wie ein Mikrolith die einfach brechende Sub-
stanz durch schwärmt, in feinen Schüppchen ausgeschieden, wobei die
Leistchen als senkrecht auf der Bildfläche stehende Schüppchen anzu-
sehen sind. Sie gehören höchst wahrscheinlich einem Mineral der Glimmer-
familie an. Je mehr die Bindemasse zersetzt ist, um so mehr häufen
sich die polarisirenden Schüppchen und zugleich tritt eine grünliche
Farbe auf. Der Farbe nach werden sie einem chloritartigen Mineral
angehören.
Man hat also als Bestandtheile der Bindemasse porphyrische
Feldspathe, kleine klastische Quarzkörner, eingelagert in einer wasser-
hellen einfach lichtbrechenden, durch Magnetit und Häihatit gefärbten
Grundmasse, in welcher nach Art von Mikrolithen Schüppchen einer
individualisirten Substanz ausgeschieden sind.
Zersetzte Bindemasse.
Das erste Zersetzungsstadium besitzt eine graugrüne dunkle Farbe.
Die Grundmasse hat zahlreichere polarisirende Schüppchen, die an
vielen Stellen Haufen bilden und die formlose Substanz verdrängen.
Unter den färbenden Füttern bemerkt man wenig rothe und schwarze,
die meisten sind opakgrün. Hie und da ist das ganze durch Limonit
ockergelb gefärbt. Bei vollendeter Zersetzung ist die ganze formlose
Grundmasse in die Schüppchen verwandelt worden und zeigt Aggregat-
[9] Die petrographischc Beschaffenheit der im Grazer Devon vorkommd. Tnffe. 215
Polarisation. Dieses raikrokrystallinische Aggregat ist nicht mehr
wasserhell, sondern hellgrün.
Der Magnetit und Hämatit, sowie die opakgrünen Flitter des
ersten Stadiums sind verschwunden. Die Färbung ist also hier an die
Grundmasse selbst gebunden und ist auch dort am reinsten, wo die
Grundmasse am reinsten ist. Es gibt nämlich unter den parallelen
Bändern, wie sie vorhin beschrieben wurden, gewisse rein apfelgrüne
zwischen den übrigen verschiedentlich weisslichgrünen, welche im Schliff
ganz durchsichtig werden und nur aus der grünlichen schuppigen Sub-
stanz bestehen. Dieselbe Substanz findet sich auch sonst nicht selten
in isolirten oder zusammenhängenden Partien, zwischen den übrigen
Bestandteilen zersetzter Varietäten, und zeigt im Mikroskop immer die
gleiche Beschaffenheit. Die weisslichgrünen Partien bestehen aus der-
selben Grundmasse, in die jedoch ein opakweisser Staub eingelagert ist.
Daher liefert das Gestein um so undurchsichtigere Schliffe, je mehr
im auffallendem Lichte das Weiss vorherrscht. Ganz weisse Partien
sind ganz undurchsichtig.
Zwischen dem eben beschriebenen Stadium der vollendeten Zer-
setzung und dem der beginnenden giebt es für die Färbung noch ein
mittleres, in welchem sich der weisse Staub neben dem ursprünglichen
grünen, rothen und schwarzen einstellt, wodurch verschiedene Ab-
stufungen von weiss, grün und braun entstehen.
Das Mikroskop zeigt es klar, dass die oben makroskopisch be-
schriebene Bänderung nur durch die nach den Schichten wechselnde
Dichte der opaken, weissen und dunklen Staubmassen bewirkt wird.
Hierbei ist vorzugsweise der weisse Staub betheiligt, der eine im
Mikroskop auf den ersten Blick auffallende, stromartige Textur her-
vorbringt, die allerdings hier nur Folge der Schichtung und nach-
folgende Quetschung der Schichten ist.
Eine andere Varietät mit wenig ausgeprägter Paralleltextur zeigt
eine andere Textur. Sie besteht aus etwa erbsenogrossen Trümmern,
viel Feldspathkrystallen und der apfelgrünen Masse, welche letztere
mit den beiden ersteren Bestandtheilen so verbunden ist, als ob die
Zwischenräume dieser mit jener ausgegossen worden wären. Selbst-
verständlich hat diese Art von Stromtextur nicht das geringste
mit der Mikrofluctuationstextur gemein; sie ist vielmehr eine eigen-
artige, aber nichts desto weniger deutlich ausgesprochene Fluidaltextur,
bei deren Bildung der Druck auf eine geschichtete, theilweise plasti-
sche Masse und ausserdem Zersetzungsverhältnisse mitwirkten.
In der steatitartigen Varietät ist die Lagentextur ganz verwischt.
Die weisse, trübende Masse ist in Flocken verstreut, die mit einander
durch Ausläufer Zusammenhängen und ein Adefnetz bilden, dessen
Maschen von reiner grünlicher, schuppiger Substanz eingenommen werden.
Es sind die Schuppen der einen Hälfte zwillingsartig gegen die
der anderen gestellt, in jeder Hälfte aber die Individuen unter einan-
der gleich orientirt. Vielleicht ist dies die Folge der Umwandlung
eines Karlsbader Zwillings, bei welcher sich die entstandenen Schüpp-
chen zu den Theilchen des ursprünglichen Krystalls gesetzmässig
orientirten.
28*
216
Joh. Terglar.
[10]
Ausser dieser hellgrünen, durchsichtigen, feinschuppigen Substanz,
welche überall die Hauptmasse der zersetzten Bindemasse bildet,
erscheint ziemlich häufig noch ein schwach trübgrün durchscheinendes,
im auffallenden Licht schwefelgelbes bis schmutziggrünes Zersetzungs-
product. Es erscheint in rundlichen, hie und da Haufwolken ähnlichen
Balken und bogenförmigen Streifen und bildet oft einen Saum um kleine
Einschlüsse und Feldspathe. Es ist meist von schwarzen und rothen
Streifen durchzogen, und manchmal vollkommen schwarz und undurch-
sichtig in gewissen Partien. In sehr zersetztem Gestein enthalten die
rundlichen Haufen dieser Masse in einiger Entfernung vom Rande ein
schmales rothes Band, das dem Rande und allen Ein- und Ausbuchtun-
gen desselben parallel folgt. Ausserhalb desselben ist der Saum der
Ballen etwas lichter, also auch die Masse verschieden von der inner-
halb des Bandes. Dieses ist demnach die Grenze einer zweiten von
aussen nach innen fortschreitenden Zersetzungszone.
In einigen Fällen erscheint diese Masse in Krystallumrissen,
bildet also Pseudomorphosen. In einigen braunen Trümmern trifft man
dunkle Stängel, die aus derselben Masse bestehen, durchzogen von
unregelmässigen Streifen von rother und brauner Farbe. Diese Pseudo-
morphosen konnten sich unmöglich nach Feldspath gebildet haben,
obwohl sie dessen Umrisse zu haben scheinen, da sie neben ganz
frischen Feldspathen Vorkommen, und da auch die übrige Grundmasse
unzersetzt ist. Sie können aber ganz gut metamorphosirte Hornblende
sein, um so mehr, als in ähnlicher Weise unverkennbare Hornblende-
spuren Vorkommen. An einer Stelle hat diese Masse die Umrisse eines
Krystalles, die sich als Augit deuten liesse, die Deutung ist aber wegen
des vereinzelten Falles unsicher. Der äusserste Rand ist hier ganz
schwarz, dann kommen zwei Zonen, die an einem der schmalen Enden
am breitesten sind, an den beiden Langseiten sich verschmälernd fort-
ziehen und auskeilen. Die äussere, zugleich breitere ist schwach röth-
lich, die innere intensiv roth, worauf das übrige die grünliche Masse
einnimmt.
Dies Zersetzungsproduct kommt auch noch in anderen Formen
vor, die hin und wieder eine sehr feine parallele Streifung zeigen und
theilweise geradlinig begrenzt sind. Die Streifung verräth uns einen
Glimmer, der noch die Spur seiner Lamellarstructur beibehalten hat.
Diese ist nur an den dunklen Stellen zu erkennen, an den grünen ist
alles verwischt, was zugleich zeigt, dass die grüne Farbe ein weiteres
Zersetzungsstadium kennzeichnet, als die schwarze.
Es ist demnach wahrscheinlich, dass Pseudomorphosen von Horn-
blende und Glimmer, vielleicht auch von Augit in dieser opakgrünen
bis schwarzen Masse Vorlagen.
Zersetzung der F e 1 ds p a thkry s t a 1 1 e.
Die Feldspathe zeigen in der zersetzten Grundmasse alle Stadien
der Umwandlung. Die von der Zersetzung ergriffenen liefern ein von
dem der Grundmasse nicht unterscheidbares Zersetzungsproduct, näm-
lich die schuppige, aggregatpolarisirende Masse. Wie es scheint wider-
1 11] Die petrographische Beschaffenheit der im Grazer Devon vorkommd. Tuffe. 217
stehen die von Klüften freien, den zersetzenden Einflüssen länger, als
die zerklüfteten. Bei ersteren fängt die Umwandlung an den Rändern
an, von wo aus sie gegen das Innere fortschreitet. Die zersetzte Masse
verfliesst so vollständig mit der Umgebung, dass die ehemaligen Um-
risse des Ivrystalles absolut verwischt werden. Die Begrenzung der zer-
setzten und der frischen Partie ist jedoch stets ganz scharf, ohne das
mindeste bemerkbare Uebergangsstadium.
Nicht selten trifft es sich, dass die Umwandlung an einer oder
mehreren Stellen rascher fortschreitet, wodurch der noch frische Theil
einen buchtigen Umriss erhält. Die Zersetzung geht weiter und endlich
wird der Krystall in mehrere isolirte, rundliche oder unregelmässige
Körner zerlegt, die aber ganz gleiche Polarisationsfarben zeigen, und
so den ehemaligen Zusammenhang erweisen. In zerklüfteten Kry-
stallen stellt sich die Zersetzungsmasse vorzüglich in den Klüften ein
und bildet ein Netz, in dessen Maschen die frischen Theile stecken.
Solche Krystalle behalten lange ihre Umrisse deutlich bei. Man sieht
eben in dem von ihnen eingenommenen Raume viele getrennte Körner
mit übereinstimmender Farbenwandlung, die je nach dem Stande der
Zersetzung von schmalen oder breiten Netzstreifen getrennt werden.
Man sieht übrigens auch im gewöhnlichen Licht die Grenze der
frischen Substanz deutlich als schwarze Linie, die Folge verschiedener
Lichtbrechung, und gerade dies zeigt, dass der Uebergang der frischen
in die zersetzte Masse ein unvermittelter ist.
Bei Zwillingen hat man gewöhnlich die merkwürdige Erscheinung
vor sich, dass die beiden Individuen ungleich angegriffen werden. Man
findet solche, bei denen der eine Theil bis auf winzige Reste frischer
Substanz verschwunden, der andere aber noch unversehrt ist. Die Zer-
setzungsgrenze schneidet an der Zwillingsebene scharf geradlinig ab.
Mitunter, aber selten, findet man die Feldspathe auch anders
umgewandelt. In der oben als frisch beschriebenen Bindemasse be-
merkt man Feldspathumrisse, die man im gewöhnlichen Licht ohne
weiteres für frische Feldspathe halten würde. Im polarisirten Licht
zeigt sich aber, dass sie sich einfachbrechend, also der wasserhellen
Grundmasse vollkommen gleich verhalten und sogar die kleinen pola-
risirenden Stäbchen führen, mit einem Wort also nichts anderes sind,
als jene Grundmasse ohne färbende Partikel.
Daneben trifft man noch andere Feldspathe, die in eben dieser
Art von Umwandlung begriffen sind. Man sieht nämlich bei gekreuzten
Nicols auf dem Raum eines Feldspathkrystalls helle und dunkle Partien.
Die hellen gehen allmählig in die dunklen über. Bei gewöhnlichem
Lichte aber erscheint der ganze Krystall gleichartig. Durch diesen
Zersetzungsprocess wird also der Feldspath in eine, der frischen Grund-
masse vollkommen gleiche, wasserhelle, einfach brechende Masse ver-
wandelt.
Apatit, Biotit, Magnetit.
In einem einzigen Falle wurde Apatit im Glimmer beobachtet. In
einem Schliff von sehr zersetztem Gestein steckt ein schwarzes Korn,
218
Joh. Terglav.
[12]
welches man, mit freiem Auge beobachtet, für ein Magnetitkorn halten
möchte. Das Mikroskop aber enthüllt eine fein lamellare Zusammen-
setzung desselben, und völlige Undurchsichtigkeit bis auf wenige, braune
durchscheinende Stellen, an denen die Lamellen wellig gebogen sind.
Dies Korn ist von mehreren wasserhellen, rundlichen Körnchen durch-
brochen; das grösste unter ihnen ist aber vollkommen regelmässig
sechseckig. Im polarisirten Licht werden alle gleichmässig hell und
dunkel, und sind bei gekreuzten Nicols ganz unbemerkbar in der dunk-
len Umgebung. Sie haben daher alle die Eigenschaften eines hexago-
nalen, senkrecht auf die Prismenzone geschnittenen Minerals, das füg-
lich nur Apatit sein kann. Dass es nicht blosse Löcher sind, ist durch
schiefe Beleuchtung leicht zu constatiren, da man hiebei an ihnen
eine rauhe Oberfläche bemerkt. Diese Krystalle sind daher alle parallel
unter einander in Glimmer eingewachsen, und liefern daher auch ein
Beispiel gegenseitig orientirter Verwachsung zweier Mineralien. Be-
merkenswerth ist es, dass der Apatit noch keine Spur von Zersetzung
zeigt.
Grössere Magnetitkörner trifft man gelegentlich an, doch sind sie
in der Bindemasse selten. In der zersetzten werden sie, besonders in
der Mitte, braun durchscheinend, also in Limonit verwandelt.
Die unzersetzte Bindemasse enthält sonach in einer structurlosen,
wasserhellen, einfach brechenden Grundmasse porphyriseh ausgebildete
Feldspathe eingewachsen und ist durch färbende Minerale roth bis dunkel-
braun gefärbt. Die fleischrothen Feldspathe sind einfach oder Karlsbader
Zwillinge, daher Orthoklas. Ihre Farbe ist durch mikroskopische braune
Stängelchen bedingt, die als eine Eisenverbindung, etwa Goethit, ge-
deutet worden.
In der Grundmasse sind noch höchst feine Schüppchen eines
lebhaft polarisirenden Minerals eingewachsen, die sich meist als Leist-
chen darstellen, und wahrscheinlich einem chloritartigen Mineral ange-
hören. Der Zersetzungsprocess durchläuft folgende Stadien: 1. Die
Schüppchen mehren sich und bilden zusammenhängende Gruppen,
während zugleich ein grünes färbendes Mineral auftritt. 2. Die Grund-
masse ist ganz in eine grünliche, aggregatpolarisirende Masse umge-
wandelt. Dunkel färbende Flitter sind verschwunden, dafür aber stellt
sich ein unbestimmter, weisser Staub ein. Feldspathe zeigen hier alle
Stadien der Zersetzung, und liefern dadurch dieselbe schuppige Masse,
wie die Grundmasse. Eine ungleiche Vertheilung des opakweissen
Staubes entwickelt oft eine ausgezeichnete Bänderung. Neben der hell-
grünen ist oft noch eine opakgrüne, durch Eisenverbindungen roth und
dunkelbraun gestreifte Masse vorhanden. 3. Es erscheint eine Steatit-
artige Masse mit Spuren von eingewachsenem Pyrit. Alle Spuren von
Trümmern und Feldspathen sind mehr oder weniger verwischt, keine
Schichtung und Streifung mehr sichtbar. Alle Zersetzungsstadien zeigen
mitunter durch Limonit tingirte Flecken, selbst mikroskopische Den-
driten. In einem einzigen Falle wurde Apatit in einem Glimmer einge-
wachsen gefunden.
[13] Die petrographische Beschaffenheit der im Grazer Devon vorkommd. Tuffe. 219
Die Trümmer wurden vorhin als schwarze und braunrothe unter-
schieden. Die Untersuchung unter dem Mikroskop rechtfertigt diesen
nach der mikroskopischen Beobachtung gemachten Unterschied als einen
in der mikroskopischen Beschaffenheit begründeten.
Mikroskopische Beschaffenheit der schwarzen Trümmer.
Um eine Anschauung von ihnen zu geben, seien hier drei von
schwarzen Trümmern gefertigte Schliffe beschrieben.
Der erste derselben stammt von Gösting, aus ziemlich zersetzter
Bindemasse. Mit freiem Auge gewahrt man im Schliff viele porphyrisch
ausgebildete kleine Feldspathe und Magnetite. Das Mikroskop zeigt
aber sofort , dass die grünlichen „Feldspathe“ meist total zersetzt
sind, und zwar aus derselben schuppigen Masse bestehend, die uns
als solches bei der Bindemasse überall begegnet war. Nur geringe
Bieste von frischer Feldspathsubstanz sind in dem Raume eines Kry-
stalls noch verstreut, die nach der gleichartigen Lichtbrechung zu
urtheilen einem Individuum angehören. Ihre Umrisse bilden längli-
che Parallelogramme, oft Rechtecke. Oft trifft man stufenartige Ge-
bilde, indem an einem längeren zwei bis drei kürzere parallel unter-
einander angewachsen sind. Auch Karlsbader Zwillinge wurden be-
merkt, indem die Feldspathreste in den beiden Hälften verschiedene
Polarisationsfarben zeigen. Sehr gewöhnlich ist die Zwillingsebene der-
selben durch einen schwarzen Streifen reihenartig geordneter Magnetit-
stäbchen angedeutet. Auch parallel den Längsseiten der Parallelogramme
sind dicht am Rande oft Streifen von Magnetitstäbchen eingelagert.
Diese Stäbchen sind gerade und mit aus ihnen hervorragenden Würfeln
besetzt, sie gleichen daher knotigen Stäben. Gerade im Bereich dieser
Magnetitstreifen ist die Feldspathsubstanz unversehrt geblieben, wenn
auch der ganze Innenbau zersetzt ist. Die Magnetitkörner sind eckig
und geradlinig begrenzt, also Ivrystalle.
Ausser den Feldspathen gibt es noch andere helle, schwach grün-
liche Durchschnitte. Sie unterscheiden sich auffallend von den stets
viereckigen länglichen Feldspathen durch ihre kürzere, gedrungene
Form und durch abgestutzte Ecken, wodurch sie einen achteckigen Um-
riss bekommen. Allerdings sind sie fast alle zersetzt. Ihr Zersetzungs-
product unterscheidet sich aber insoferne von dem der Feldspathe, als
es in letzteren stets durch opakweise Flocken getrübt ist, in den acht-
eckigen Formen aber ganz rein, durchsichtig erscheint. Hiedurch geben
sich diese Formen deutlich als einem andern Mineral, nicht dem Feld-
spath angehörend zu erkennen.
Die achteckigen Umrisse stimmen gut mit senkrecht auf das
Prisma geschnittenen Augiten überein. Eines dieser Achtecke ist sogar
noch frisch erhalten und polarisirt das Licht viel lebhafter, als Feld-
spath, stimmt also hierin auch mit Augit. Die Farbe der Substanz ist
schwach grünlich. Die Deutung als Augit gewinnt noch an Wahr-
scheinlichkeit dadurch, dass in der Nähe der Achtecke und mit ihnen
verwachsen grosse Magnetitkörner vorkonnneu.
220
Job. Terglav.
[14]
Neben diesen Bestandtheilen kommt sehr viel Magnetit vor. Die
grösseren Körner sind ziemlich zerstreut, manchmal in Gruppen zu
drei bis vier beisammen. Mikroskopische aber sind massenhaft in der
Grundmasse eingelagert, und bedingen die schwarze Färbung des
Ganzen.
Die Grundmasse besteht beinahe ganz aus wasserhellen Feld-
spathleisten, die eine ausgezeichnete Mikrofluctuationstextur zeigen.
Diese unterscheidet sich aber bestimmt von der in jungen Eruptivge-
steinen gewöhnlich vorkommenden.
Der ganze, ziemlich grosse Schliff bildet gleichsam einen Strom,
während in den jüngeren die Ströme schmal und vielfach gewunden
sind. Im alten Gestein fügen sich die porphyrischen Feldspathe auch
der Strömung, während sie in den jüngeren als Hindernisse derselben
erscheinen. Daher bemerkt man schon mit freiem Auge eine Parallel-
textur an den makroskopischen Feldspathen. Ausserdem herrscht dort
im ganzen Strom eine auffallende Paralleltextur, während hier die
mikrolitischen Bestandteile des schmalen Stroms, in allen Winkeln
gegen den Strom geneigt sind.
Die kleinen Feldspathleisten zeigen keine Spur von Farben-
streifung und man müsste sie darnach für Orthoklas erklären. Ihre
Umrisse sind etwas verschwommen. Einige scheinen ziemlich deutlich
den Karlsbader Zwilling zu zeigen. Eine Zersetzung, wie bei den gros-
sen, wurde bei keinem bemerkt, vielmehr hat jedes Leistchen einheit-
liches Verhalten gegen das Licht, was auch für ihre Frische spricht.
Die Zwischenmasse zwischen den Lamellen ist so sehr durch Mag-
netit getrübt, dass man fast nichts von ihr bemerkt. Ilie und da treten
unregelmässig zackige Flocken der chloritischen Zersetzungsmasse auf,
ganz unabhängig von der herrschenden Stromtextur. Sie ist gleich jener
in den Augitformen ganz frei von Trübung.
Wir haben somit hier eine Mischung von Orthoklas, Magnetit
und Augit. Der Orthoklas ist hier befremdend in Verbinduug mit den
beiden anderen Mineralien, doch ist er unzweifelhaft vorhanden, wenn
der un gestreifte Feldspat h als Orthoklas gedeutet wird, was
bisher in der That in allen petrographischen Arbeiten üblich war.
Allerdings aber sind die grösseren porphyrischen und zersetzten, und
die kleinen wasserhellen Leisten als die gleiche Feldspathart zu be-
trachten, da sie sich nur durch die ungleiche Frische von einander
unterscheiden, die aber nach den obigen Auseinandersetzungen nicht
als Argument für verschiedene Arten gelten kann.
Ein zweiter Einschluss aus sehr zersetzter Bindemasse hat viel
grössere Feldspathkrystalle, die im Mikroskop deutlich eine Art Strei-
fung zeigen. Meist herrscht die zersetzte Masse vor, in derselben aber
sind Reihen von frischer Substanz, parallel mit zwei Randlinien der
Krystalle eingelagert.
Diese frischen Reste haben nun in dem Raume eines Krystalles
ganz gleiche Polarisationsfarben. Die Krystalle sind also einfache Feld-
spathe. Die Streifung entstand wohl dadurch, dass die Zersetzung den
Spaltklüften gefolgt ist. Auch hier zeigen sie, wie im vorigen Präparat,
Streifen von Magnetit den Rändern entlang. Neben diesen Krystallen,
| 15] Die petrograpliische Beschaffenheit der im Grazer Devon vorkommd. Tuffe. 221
die nach allen Merkmalen für Feldspath zu halten sind, bemerkt man
Augitformen, wie im vorigen Präparat in der Nähe von grossen Mag-
netiten. Sie sind hier meist rundlich und haben, wie dort, ganz reine
Zersetzungsmasse. Daneben begegnet man Formen von Olivin, die im
gewöhnlichen Licht wasserhell sind, im polarisirten aber in ein Aggre-
gat von Sphäroiden sich auflösen. Es giebt viele kleine wasserhelle
Körner, die im polarisirten Licht dasselbe zeigen, aber keine kry-
stallographischen Umrisse haben. Sie sind wohl die Spuren rundlicher
Olivinkörner. Das aus dem Olivin entstandene Zersetzungsproduct ist
also krystallinisch feinfaserig und zu mikroskopischen Sphäroiden
aggregirt.
In der Grundmasse sind nur spärliche, wasserklare Feldspath -
leisten vorhanden. Die Hauptmasse bildet die chloritische Masse, mit
sehr viel feinsten Magnetitkörnchen vermengt. Von stromartiger Textur
ist hier keine Spur.
Dieses Gestein ist etwas vom vorigen verschieden, indem hier
deutlich Olivin zu bemerken, ist jedoch keine Stromtextur. Bis auf
den Mangel des Olivins in ersterem Gesteine liesse sich doch noch
alles auf dasselbe Gestein beziehen. Vielleicht wurde dort der Olivin
ganz unkenntlich gemacht. Im übrigen ist dies Präparat einem durch
und durch zersetzten Gestein entnommen, und hieraus mag sich wohl
die Verschiedenheit der Grundmasse in den beiden erklären.
Ein drittes Präparat zeigt einen schwarzen Einschluss mit porphyrisch
ausgebildeten Krystallen, die entschieden Plagioklas sind. Die frischen
Reste in den neben einander liegenden Streifen haben deutlich ver-
schiedene Polarisationsfarben. An den Enden hat man ein- und aus-
springende Winkel, an deren Ecken die Grenzlinien zweier Farben
ansetzen, ebenso wie in den Plagioklasen jüngerer Gesteine. Die schon
mit freiem Auge im Präparat bemerkbaren ockergelben Flecken lassen
sich unter dem Mikroskop als Spuren von Olivin erkennen. Allerdings
ist jetzt an dessen Stelle nur eine mit Ocker gelb tingirte Zersetzungs-
masse. In einigen Fällen ist der Krystallraum nur theilweise ausge-
füllt, das übrige ist weggeführt. Dies lässt vermuthen, dass ein grosser
Th eil der Poren, wenn nicht alle, in den schwarzen Trümmern durch
Wegführung des Olivins entstanden ist. Ausser den ockergelben Flecken
hat man auch hellgrüne, rundliche Partien, wie sie vorhin als Augit-
krystalle beschrieben wurden, die auch hier meist in der Nähe von
grossen Magnetiten Vorkommen.
Als einzig in allen Präparaten ist ein Gang von Calcit hier zu
verzeichnen. Ein wasserhelles Mineral zieht sich vom Rand bis etwas
über die Mitte des Einschlusses , welches ausgezeichnete Spaltlinien
in zwei sich kreuzenden Parallelsystemen zeigen.
In der Grundmasse ist viel feinkörniger Magnetit und Feldspath-
leisten mit unvollkommener Stromtextur.
Abgesehen von dem offenbar später eingedrungenen Calcit haben
wir hier als Bestandtheile dieses Einschlusses Plagioklas, Augit, Olivin,
Magnetit. Er stammt aus halbzersetzter Bindemasse und man kann
daher annehmen, dass er das Mineralgemenge am deutlichsten er-
kennen lässt. Es ist das des Melaphyrs.
Mineralogische Mitthellungen 1876. 4. Heft. (Terglav.)
29
222
Joli. Terglav.
[16]
Die vielen kleinen, unzersetzten schwarzen Trümmer zeigen nichts
Neues. In den meisten hat man die beim ersten Präparat beschriebene
Stromtextur deutlich vor sich. In den frischesten sind die mikroskopi-
schen Feldspathe wasserhell, und ganz scharf begrenzt. Der Magnetit
ist so dicht zwischen ihnen, dass es bei allen den Anschein hat, als
wäre ein Magnetitkorn von F eldspath ganz durchspickt. Man sieht
nämlich nur vollkommen schwarz und wasserhell. Diese kleinen Trümmer
enthalten nie etwas anderes, als Magnetit und Feldspath.
Diese Trümmer fallen nun auch der Zersetzung anheim, welche
sich in zweierlei Art zu vollziehen scheint. In dem einen Falle ver-
schwinden alle krystallini sehen Elemente, so dass keine Spur von
Krystallumrissen von Feldspath und der mit ihm vergesellschafteten
Minerale bleibt. Alles ist die hellgrüne schuppige Masse geworden,
durchzogen von einem schwarzen Adernetz von Magnetitstaub. Das
zweite der oben beschriebenen Präparate zeigt diese Zersetzungsweise
schon halb ausgebildet. Im andern Falle hat sich der Magnetit zersetzt,
indem in zersetzter Bindemasse Trümmer mit deutlichen Feldspathleisten
und vorzüglicher Stromtextur Vorkommen , die aber statt des Magne-
tits als Farbstoff einen grauen Staub enthalten. Im ersten Falle bleiben
die Trümmer schwarz, verlieren aber alle Ivrystalle, im zweiten bleiben
die Feldspathe, aber der Magnetit hat sich umgewandelt, und mit ihm
die Farbe.
Nach dem Vorhergehenden können als Mineral-Bestandtheile der
schwarzen Trümmer angegeben werden: Feldspath, und zwar meist
Orthoklas, in einem Falle Plagioklas, dann Magnetit, Augit, Olivin. Die
beiden letzteren sind fast ganz zersetzt, man kann sie daher nur aus
den Krystallumrissen erkennen. Die dritte Art der beschriebenen Trüm-
mer entspricht in ihrer Mineralmischung ganz dem Melaphyr, die ande-
ren können als Varietäten von Orthoklasporphyr angesehen werden.
Die braunen Trümmer.
Diese unterscheiden sich im Dünnschliff von den typischen schwar-
zen durch die grosse Seltenheit von phorphyrisch ausgeschiedenen Be-
standteilen. Es gibt ihrer mehrere und grosse, die so feinkörnig sind,
dass sie mit freiem Auge keinen krystallinischen Bestandteil erkennen
lassen. Im folgenden gebe ich ihre Charakteristik durch die Beschrei-
bung einiger Abarten.
Vor allen erwähne ich hier einen schwarzen Einschluss, der aber
in seinen Bestandteilen und seiner Structur ganz mit den braunen
übereinstimmt, und wohl nur zufällig keinen Hämatit als färbendes
Mineral enthält. Die wenigen Feldspathe sind tafelförmig, einfach oder
Karlsbader-Zwillinge, teilweise in die grünliche, schuppige Masse zer-
setzt. Die Grundmasse enthält nur undeutliche, verschwommene Feld-
spathleisten, die noch deutliche Stromtextur aufweisen.
Der grösste Raum des Schliffes wird von der einfach brechenden,
wasserhellen Masse eingenommen, wie sie bei der frischen Bindemasse
beschrieben ist, und die hier genau dieselben polarisirenden Mikrolithen
enthält wie dort, also mit ihr identisch ist.
[17] D‘e petrographische Beschaffenheit der im Grazer Devon vorkommd. Tuffe. 223
Hier kann man deutlich sehen, dass diese Masse aus der Um-
wandlung der mikroskopischen Feldspatldeisten entstand. Diese werden
um so undeutlicher, je stärker jene hervortritt, und sie machen den
Eindruck, als wären sie in Auflösung zu einer amorphen Masse be-
griffen.
Schon mit freiem Auge bemerkt man einige Körner und Stängel,
die im Schliff wie Spiegel glänzen und sofort als Magnetit kenntlich
sind. Ihre Umrisse jedoch sind die der Hornblende, was erst im Mi-
kroskop auf das evidenteste hervortritt. Dieses belehrt uns auch, dass
die Stängel nicht von compacter Substanz erfüllt sind, sondern von
sehr dicht gedrängten Magnetitkörnchen, Diese bilden dicht gesäet um
jeden Stängel einen schwarzen Hof, und nehmen immer lockerer werdend
nach und nach den in der Grundmasse gewöhnlichen Abstand an. Mit-
unter stossen strahlend mehrere Stängel in einem Punkt zusammen,
mit grösster Genauigkeit die Aggregation der Hornblende in jüngeren
Eruptivgesteinen nachahmend. Erwägt man die Fülle von Beispielen in
jüngeren Gesteinen, in denen die Hornblende durch Zersetzung, succes-
sive durch Magnetit ersetzt wird, so ist es als sicher anzunehmen, dass
man hier ebenfalls Hornblendespuren vor sich hat.
Der Magnetit ist in mikroskopischen Körnchen und knotigen
Stäbchen gleichmässig vertheilt. Dass er auch secundär eingelagert
vorkommt, ist an diesem Präparat durch einen mit Magnetit ausgefüll-
ten Gang deutlich bewiesen. Dieser geht mitten durch einen Feldspath,
der die Klüftung modificirte, indem mehrere kleine Zweige entstanden,
während sich darauf in der ursprünglichen Art der Gang fortsetzt.
Wir haben also hier Orthoklas, Hornblende und Magnetit, und
keine Spur anderer Bestandtheile.
Die diesem Schliff ähnlichsten Präparate enthalten neben Magnetit
auch Hämatit, wodurch ihre Farbe schwarzbraun wird. Einer ist durch
seine vielen phorphyrisch ausgeschiedenen Krystalle bemerkenswert. Er hat
auch mehr Feldspathe, als jeder andere unter den braunen, aber nicht so
zahlreiche als die schwarzen. Daneben viele unverkennbare Hornblende-
spuren von der so eben beschriebenen Art. Ausserdem bemerkt man
mehrere Körner, die in der Mitte noch einen Rest frischer, grünlich-
gelber, unregelmässig zerklüfteter Substanz haben, deren Rand von
einer breiten Zone von Magnetit gebildet wird. Die unregelmässige
Klüftung schliesst Hornblende aus, stimmt jedoch ganz mit Olivin, der
in diesem Gestein nirgends so deutlich zu treffen ist, als hier. Horn-
blende und Olivin sind mit breiten dunklen Höfen von dicht gehäuftem
Magnetit und Hämatit umgeben, so dass selbst am Bruch des Gesteins
schwarze Flecken erscheinen.
Um manche Körner zieht sich zuerst ein lichter, dann ein dunkler
Hof, worauf erst die gewöhnliche Vertheihmg der Eisenmineralien folgt.
Diese Verhältnisse sind deswegen interessant, weil sie zeigen, wie die
Eisenoxyde durch Umwandlung ihre Stelle gewechselt haben und
gleichsam vom Olivin und der Hornblende angezogen wurden. Der
Olivin durchläuft hier eine andere Metamorphose, als in den schwarzen
Trümmern , in denen er eine wasserhelle Masse mit sphäroidaler
29*
224 Joh Terglav. [18]
Structur lieferte. Die Grunclmasse ist einfach brechend mit geringen
Spuren von Leisten.
Dies wäre nun wieder eine ungewöhnliche Mischung, indem zu
Orthoklas und Hornblende der Olivin tritt. Diese Art Trümmer müssen
jedoch selten sein, da mir dieser als einziger Fall vorgekommen ist,
während sich die anderen Varietäten wiederholt fanden. Hornblende-
spuren trifft man in den meisten braunen Trümmern, wo sie fehlen,
sind sie wahrscheinlich zufällig nicht vom Schliff getroffen worden, da
sie immerhin selten sind, zu zwei oder drei in grösseren Präparaten.
Der Magnetit ist in mikroskopischen Körnchen und Würfelchen
eingestreut. Der Hämatit bildet zackige zerrissene Formen, wie in der
Bindemasse. Er ist oft wolkig gehäuft, während der Magnetit gleich-
mässig vertheilt ist. Die Grundmasse ist einfach brechend, mit vielen
polarisireiulen Flitterchen, so dass dickere Schliffe im polarisirten Licht
immer hell bleiben. Darin bemerkt man hie und da noch Feldspath-
leisten, mit undeutlichen Umrissen, als würden sie zur amorphen Masse
zerffiessen.
Diese Abart der braunen Trümmer, die ich die schwarzbraunen
nennen möchte, zeichnet sich durch theilweise zersetzte Orthoklase,
Hornblende, Magnetit, in einem Falle Olivin aus. Ihre Grundmasse
zeigt deutliche Spuren von Feldspathleisten mit Stromtextur, ist aber
meist in die formlose Masse umgewandelt.
Eine andere Varietät hat entschieden rothbraune Färbung. Bei
dieser sind die Feldspathe noch viel spärlicher, indem mancher grosse
Schliff keinen makroskopischen Krystall enthält. Mikroskopische Feld-
spathleisten zeigen manchmal Paralleltextur, meist jedoch sind die
schmalen und langen Leisten verworren gruppirt. Manche unter ihnen
zeigen eine auffallende Länge. Nie sind sie zersetzt, sondern wasser-
hell. Magnetit ist nicht in allen vorhanden, sondern in einigen nur ein
Hämatitstaub. Manchmal erscheint er in grossen Krystallgruppen, por-
phyrisch hervortretend. Die Grundmasse besitzt vorzugsweise zweierlei
Beschaffenheit. Die eine Hauptform zeigt sich in einem Schliff, der
wegen seiner auffallenden Beschaffenheit hier besonders beschrieben
wird.
Der grosse Schliff zeigt sehr wenige Feldspathe, die sich als
Krystallgruppen erweisen. Daneben enthält er einige grosse Magnetite.
Neben dem Feldspath erscheint noch ein anderes Mineral, wasserhell,
ohne krystallinische Umrisse und von bogigen Sprüngen durchzogen,
während der Feldspath entweder winkelig gebrochene oder gerade Sprünge
hat, und immer trübende Beimengungen enthält, wenn er nicht gar zu
schmale Leistchen bildet. Die Lichtbrechung ist bei dem fraglichen
Mineral viel auffallender, als beim Feldspath, aber doch geringer, als
bei den mikroskopischen Leistchen, welche die amorphe Grundmasse
durchschwärmen. Auf den ersten Blick hat es viel Aehnlichkeit mit
Quarz, aber der Mangel jeglicher Krystallumrisse machte die Deutung
unsicher. Fast stets ist in dem Mineral ein Magnetitkorn eingeschlossen,
so klein, dass es mit freiem Auge noch nicht gut kenntlich ist.
[19] Die petrographische Beschaffenheit der im Grazer Devon vorkommd. Tuffe. 225
In der amorphen Grundmasse sind Büschel und Stränge von
Feldspathleisten eingeschlossen, die man auf den ersten Anblick mit
Eisblumen am Fenster vergleichen wird. Die Leisten sind hier so klein,
dass man sie erst bei starker Vergrösserung deutlich wahrnimmt. Sie
sind im Allgemeinen parallel gruppirt und bilden hie und da lange,
federartige Züge, von denen seitlich andere fiederförmig abzweigen.
Anderswo bilden sie Garben und Büschel, oder strahlen von einem
Centrum, welches meist das obige helle Mineral bildet, nach allen
Seiten radial aus. Meist sind diese Strahlen etwas gekrümmt. Die fär-
benden Hämatitflitter sind zwischen den Kryställchen ebenfalls zu gera-
den und krummen Strahlen gruppirt, und dadurch wird eben diese Textur
sehr auffallend und deutlich. An der Grenze gegen die formlose Grund-
masse strahlen die Büschel mit feinen kurzen Spitzen aus. Das Ganze
ist einer mit Wasser überzogenen Glastafel ähnlich, auf welcher die Eis-
bildung eben im Gange ist. Diese Textur ist nicht selten, auch in ganz
kleinen Partien zu beobachten. Es hat ganz den Anschein, als wären dies
secundäre Concretionen und Krystallbildungen in der schon amorph gewor-
denen Grundmasse. Durch die Krystallisation des Feldspathes wären
die Hämatitblättchen ebenso zu Reihen gruppirt worden wie im Wasser
enthaltener Staub durch das Gefrieren.
Die andere Hauptform, welche nur ganz schmale, wasserhelle
Feldspathleisten führt, besitzt eine mit Hämatit intensiv rothbraun ge-
färbte Gruudmasse. Der feine Hämatitstaub bildet ein Adernetz und
ist an den Durchkreuzungspunkten der Stränge zu rundlichen Haufen
gehallt. Die unregelmässig polygonalen Maschen enthalten eine wasser-
helle Masse, die in einzelnen Maschen intensive Polarisation zeigt, in
anderen aber amorph ist. Im gewöhnlichen Licht sind sich alle Maschen
gleich. Bei starker Vergrösserung bemerkt man, dass die polarisirenden
Maschen durch und durch mit den schon oft erwähnten, polarisirenden
Schüppchen erfüllt sind, während sie den übrigen fehlen.
Von Augit oder Olivin ist bei diesen keine Spur zu entdecken
gewesen. Seltene trübgrüne Stängel gehören wohl der Hornblende an.
Wir haben somit bei den braunrothen Trümmern drei Hauptva-
rietäten zu unterscheiden: 1. Schwarzbraune mit Hornblende-, auch
Olivinspuren und in Zersetzung begriffenen Feldspathen; 2. Braune,
mit eisblumenähnlichen Feldspathconcretionen ; 3. Intensiv rothbraune,
mit einem Maschennetz von Hämatitstaub, winzigen und spärlichen
Feldspathen. Dass in den meisten derselben keine Hornblende vorkommt,
deutet auf ihre Seltenheit in dieser Varietät.
In allen diesen ist die wasserhelle formlose Masse in der Grund-
masse zu beobachten. Sie hat oft so viele polarisirende Schüppchen,
dass der Schliff nur etwas dünn schon Aggregatpolarisation zeigt. Sie
sind aber auch wasserhell, und also hier doch von denen verschieden,
welche endlich als hellgrünes Zersetzungsproduct jedes Bestandtheils
erscheinen. Es ist dies an manchen Präparaten leicht kenntlich, die
zersetzte Feldspathe und an Schüppchen reiche Grundmasse enthalten.
Das Zersetzungsproduct des Feldspathes ist deutlich grünlich, während
die Grundmasse wasserhell ist, wenn auch so mit Schüppchen erfüllt,
Joh. Terglav.
226
[20]
dass Aggregatpolarisation auftritt. Dünnere Stellen desselben Präparates
aber zeigen die Schüppchen in der amorphen Grundmasse.
Wie schon angedeutet, scheint die amorphe Grundmasse aus der
Zersetzung der mikroskopischen Feldspathleisten der Grundmasse her-
vorzugehen. In der schwarzbraunen Varietät, die nach allen Merkmalen
die frischeste und ursprüngliche zu sein scheint, sieht man nämlich
oft verschwommene Leisten noch schwach polarisirend in der Grund-
masse, die sich nach und nach ganz aufzulösen scheinen. Die zweite
und dritte Varietät ist wahrscheinlich Folge neuer Krystallisation in
der amorphen Masse.
Das Vorwalten des Hämatits und Zurücktreten des Magnetits
deutet hier auf eine stärkere Umwandlungsstufe. Die hier sichtbaren
Feldspathe sind unregelmässig gelagert und vollkommen wasserhell,
während die verschwommenen Leisten dort auf das deutlichste eine
Stromtextur zeigen. Ueberdies zeigen viele kleine Trümmer aus sehr
zersetztem Gestein nur die letzte Art, nämlich das Maschennetz mit
der amorphen, oft an Schüppchen sehr reichen Grundmasse ohne einen
Feldspath.
Neben den schwarzen und rothen kommen noch in vereinzelten
Fällen andere Trümmer vor, die erst unter dem Mikroskop als solche
erkennbar sind. Dem freien Auge erscheinen sie als helle Stellen,
werden daher für grosse Feldspathe gehalten. Unter dem Mikroskop
aber lösen sie sich in ein Aggregat länglich viereckiger Stäbchen mit
Parallelstructur, neben welchen spärliche, quadratische, mikroskopische
Magnetite auftreten. Die hellen Kryställchen sind wohl nichts als Feld-
spathe, es spricht wenigstens nichts dagegen, sie als Feldspathleistchen
anzusehen. Sie sind bis auf den sehr spärlichen Magnetit mit den
schwarzen unzersetzten Trümmern gleich.
Lässt man diese letzteren, sehr untergeordneten, bei Seite, so
zeigen sich die eingeschlossenen Trümmer in zweierlei, in ihrem äusse-
ren Aussehen ebenso wie in ihrer Mikrostructur verschiedenen Formen,
als schwarze und braune, ln den ersteren sind in unzweifelhaften
Spuren Feldspath (Orthoklas und Plagioklas) Magnetit, Augit, Olivin, (Calcit
als Intiltrationsproduct) enthalten. Die braunen führen spärliche por-
phyrisch ausgeschiedenen Orthoklase, weniger Magnetit, Hornblende und
Olivin. Im Gestein liegen schwarze und braune dicht neben einander
aber weit häufiger die braunen als die schwarzen. Diese Verschieden-
heit bei dem nachbarlichen Vorkommen deutet jedenfalls auf die ur-
sprüngliche Verschiedenheit des Materials, von dem sie stammen, mögen
noch so viele Umwandlungsprocesse vor sich gegangen sein. Beide
Arten standen doch unter gleichen Einflüssen, konnten also durch die-
selben nicht zu so constant verschiedenen Phasen gebracht werden.
Nun steht in der Grazer Devonformation ein Eruptivgestein nur
am Hochlantsch in Gängen an, welches allgemein als „Grünstein“ spe-
ciell Diabas angesehen wird. Welche von den beiden Varietäten, oder
ob überhaupt eine mit dem Lantscher „Grünstein“ in Verbindung zu
bringen sei, ist nicht zu entscheiden. Ich hatte wohl durch die Güte
des Herrn Professors Dölter Gelegenheit Schliffe, eines „porphyrartigen
Diabases“ vom Lantsch zu vergleichen. Dieser ist jedoch in seinem
i
[21] Die petrograpliisclie Beschaffenheit der im Grazer Devon vorkommd. Tuffe. 227
gegenwärtigen Zustande längst kein Diabas mehr, sondern ein undefi-
nirbares Gemengsel von Zersetzungsproducten. Man erkennt nur die
undeutlichsten Reste von Feldspathen, schöne Magnetite, Quarzkörner,
sehr selten, endlich eine grasgrüne, einfach brechende Masse in unre-
gelmässigen Fetzen als färbendes Mineral. Die grossen, porphyrischen,
opakweisen „Feldspathe“ sind es längst nicht mehr, sondern ein aggre-
gatpolarisirendes Zersetzungsproduct. Daraus lässt sich durchaus kein
Schluss auf die ursprüngliche Beschaffenheit des Gesteins machen.
In einigen schiefrigen Exemplaren dieser „Grünsteine“ bemerkt
man aber klastische Quarzkörner. Man sieht daraus, dass diese Ge-
steine noch weniger einen Schluss auf ihre ursprüngliche Beschaffenheit
ziehen lassen, als die Trümmer des Tuffs. Leider standen mir nur
wenige Handstücke zur Untersuchung zu Gebote, so dass sich vorläufig
kein allgemeines Urtheil fällen lässt. Von den hier untersuchten
Trümmern deuten aber die schwarzen auf Melaphyr, die braunen auf
Porphyr.
Die Feldspathe der Bindcmassc.
Wichtig ist die Frage nach der Herkunft der Feldspathkrystalle
in der Bindemasse. Sie unterscheiden sich entschieden von denen der
Trümmer. Sie sind fleischrot h, die der Trümmer, so weit frisch, immer
wasserbell. Ihre Krystalle sind ziemlich gleichmässig kubisch, die der
Trümmer tafelförmig. Sie widerstehen viel besser der Zersetzung, und
man findet in der, den Trümmern anhängenden Bindemasse noch
frische oder doch nur von aussen angegriffene, während die der Trüm-
mer vollkommen in die schuppige Masse verwandelt sind. In vielen
Trümmern, den schwarzbraunen, trifft man mitten in der Grundmasse
zersetzte Feldspathe, während in zersetzter Bindemasse frische Feld-
spathe liegen. Sie sind viel häufiger und grösser in der Bindemasse,
als in den Trümmern. Hiernach ist es wohl gewiss, dass sie entschieden
nicht von demselben Material herrühren, wie die Trümmer. Ihre in
frischem Zustande stets deutlichen Krystallumrisse sprechen sehr dage-
gen, dass sie Reste von zerstörtem Gestein seien, denn wie hätten sie
sich so herausschälen können mit Beibehaltung ihrer Ecken und Kan-
ten? Dabei sind sie oft auch tafelförmig und mit deutlichen Flächen
in der Prismenzone. Dazu kommt, dass in ihrer Gesellschaft klastische
Quarzkörner Vorkommen. Wie aber hätten sich die zerbrechlichen Feld-
spathe unversehrt erhalten können, wo Quarz in feinen Sand zerrieben
und die eingeschlossenen Gesteintrümmer kugelförmig abgerollt wurden?
Alles dies spricht gegen deren ursprüngliche Einschliessung, und für
ihre Neubildung aus der Bindemasse.
Entstehung der amorphen Substanz in der ßindcinasse und den
braunen Trümmern.
Die einfach brechende Substanz , die in der Bindemasse und
in den braunen Trümmern so beständig und gleichmässig auch mit den
mikrokrystallinischen Ausscheidungen getroffen wird, ist offenbar Folge
228
Job. Terglav.
[22]
eines Umwandlungsprocesses. Dass Feldspathe sich in dieselbe umbil-
den, sieht man sowohl an grösseren Krystallen der Bindemasse, die
diese Umwandlung durchgemacht haben, als auch an den schwarz-
braunen Trümmern, welche oft noch Spuren einer aus Feldspathleisten
bestehenden Grundmasse zeigen. In halb zersetzter Grundmasse erschei-
nen sie wie an der Oberfläche gequollene Gummikörner, umflossen von
der amorphen Masse, und an vielen Präparaten lässt sich der Ueber-
gang bis zur gänzlichen Umwandlung verfolgen. Da nun die braunen
Trümmer ein grosses Uebergewicht über die schwarzen bilden, und
ihre Grundmasse nach den gefundenen Spuren fast ganz aus Feldspath-
leisten bestand, so war auch die Bindemasse ursprünglich wesentlich
ein Zerreibsei des braunen Gesteins, also ein Feldspathschlamm, und
hatte im Allgemeinen dieselbe chemische Zusammensetzung wie die
braunen Trümmer. Sie konnte sich daher in dasselbe Product umwan-
deln, wie die Trümmer und aus diesem konnten sich auch wieder die
porphyrischen Feldspathe bilden. Ich habe auch schon bei der Bespre-
chung der dritten, rothbraunen Varietät der braunen Trümmer einige
Anzeichen hervorgehoben, welche dafür sprechen, dass die hier enthal-
tenen Feldspathe aus dem Zersetzungsproduct neugebildet seien.
Aus dieser Darstellung ergibt sich, dass der untersuchte Tuff aus
mehreren Eruptivgesteinen entstand, welche theils dem Melaphyr, theils
dem Porphyr entsprechen. Es ereigneten sich also gleichzeitig im Be-
reiche dieser Formation Eruptionen verschiedener Gesteine, welche
aber jetzt nicht anstehend gefunden werden. Das Tuffgestein erlitt
nun eine durchgreifende Umwandlung, besonders die Bindemasse, in
welcher ausser Quarzkörnern keine Spur eines klastischen Minerals vor-
kommt. Die Bindemasse wurde dadurch amorph und wasserhell, pyg-
mentirt mit Eisenoxyden. Hierin schieden sich porphyrische Feldspathe
als Neubildung aus. Diesem analog ist wohl auch die Neubildung der
Feldspathe in der sogenannten Arkose, welche als klastisches Gestein
neben Quarzbruchstücken und Gerollen Feldspathkrystalle führt. Es
hat somit die ausgesprochene Ansicht nichts Unwahrscheinliches. Mit
der Umwandlung der braunen Trümmer war ein Substanzverlust ver-
bunden, denn nur dadurch lässt sich die Klüftung derselben erklären.
Wien, Laboratorium des mineralogisch -petrographischen Universitäts-
Institutes.
III. Felsarten aus der Gegend von ßosignano und Ca-
stellina maritima, südlich von Pisa.
Von Dr. Friedrich Berwertli.
Bei Durchführung des Studiums der Tertiärablagerungen des
Mittelmeerbeckens hat Herr Custos Theodor Fuchs während seiner An-
wesenheit in Italien, neben anderen auch einige der Grünsteinfamilie
angehörige Felsarten gesammelt. Das gesammelte Material der letzt-
genannten Gruppe iiberliess mir derselbe freundliehst zur Durch-
sicht. Die Gesteine sind Proben von Diabas, Gabbro und Serpentin.
Fundort der genannten Gesteine ist ein Aufschluss an der Strasse von
Rosignano nach dem Bahnhofe und ein Aufschluss an der Strasse in
der Nähe von Castellina maritima. Beide Orte befinden sich südlich
von Pisa.
Das Auftreten der sogenannten Grünsteine, deren Studium vor
anderen Gesteinsgruppen ein erhöhtes petrographisehes Interesse bean-
sprucht, bis dass wenigstens dieser Collectivname entbehrlich gemacht
wird, ist hier wesentlich verschieden von dem an anderen Orten. Die
Grünsteine durchbrechen nämlich an den genannten Punkten eine Schichte
des Tertiär, den sogenannten Macigno, welcher zum grossem Theil der
Kreide, zum kleinern der ältern Tertiärformation angehört. Hiernach
erscheinen die Grünsteine an diesen Orten zeitlich weit entfernt von
der sibirischen und devonischen Stufe, in welche Perioden die haupt-
sächlichsten bekannten Grünsteineruptionen fallen. Das Erscheinen der
Grünsteine in verhältnissmässig so jungen Bildungen ist aber hier in
Oberitalien nicht vereinzelt, und die an den Ufern des Mittelmeeres
bei Castellina maritima und Rosignano auftretenden Grünsteinkuppen
sind als Glieder der langen Grünsteinkette aufzufassen, die sich von
dem Fusse der Alpen herunterzieht, bei Genua unter das Meer taucht,
um an dem mittelitalischen Ufer in den bezeichneten Formen wieder
hervorzutreten. Nach den Beobachtungen von S tu der lassen sie sich
auch als Punkte des eruptiven Terrains ansehen, auf welchem die Ser-
pentine dieser Gegend in Gestalt einer Ellipse vertheilt sind, deren
Mineralogische Mittheilungen. 1876. 4. Heft. (Berwertli.)
30
230 Friedrich Berwerth. [y>J
lange Axe parallel der apenninischen Halbinsel läuft und sich vom
Cap Argentaro, mit ihrem Mittelpunkt in Genua, bis hinauf nach
Martigny in der Schweiz erstreckt. Nach St u der1) liegen die Ser-
pentine dieses Gebietes alle im Macigno , welchen er in seiner
Gesammtheit dem älteren Tertiär zuzählt. Was nun hier für den
Serpentin gilt, dürfte auch für alle Grünsteine dieser Gegend Gel-
tung haben, da bei der nahen Verwandtschaft beider selten in dieser
Gegend Serpentin ohne Gabbro etc. oder umgekehrt auftreten dürfte,
welcher Schluss um so mehr erlaubt ist, da man als erwiesen annehmen
kann, dass der Serpentin nicht ein fertig emporgekommenes, sondern
ein in langer Zeitdauer entstandenes, secundäres Product ist. — Ganz
analoge Erscheinungen, wie die im Vorhergehenden geschilderten, wo
die Grünsteine und Serpentine in inniger Verbindung mit Gesteinen
jüngeren Datums auftreten, sind uns vorzüglich aus Griechenland durch
Gau dry in seiner „Geologie de l’Attique“ bekannt geworden undun-
längst hat auch Fuchs2) über analoge Verhältnisse von Ivumi auf
Euböa berichtet.
a. Gabbro.
b. Diabas, theilweise porpbyriscb (verde aatico).
c. Serpentin.
Nach dem vorstehenden Durchschnitt, welchen Herr Fuchs einem
Aufschlüsse bei Rosignano entnommen, alterniren schief aufgerichtete
Schichten von Diabas (theilweise Diabasporphyr), Gabbro und Serpen-
tin miteinander. Eine Altersbeziehung derselben untereinander lässt
sich nicht feststellen. —
Die vorliegenden Gesteinsproben sind alle an der Oberfläche ge-
sammelt. Mit Ausnahme des Diabases tragen sie die Spuren begon-
nener Zersetzung. In den nachfolgenden Zeilen will ich es nun ver-
suchen, von den mir übergebenen Probestücken eine kurze Beschrei-
bung zu geben. Wo der Fundort nicht angegeben ist , bezieht er
sich auf Castellina maritima.
I) i a b a s.
Nach seiner Ausbildungsweise ist der Diabas als feinkörniger
Diabas und als Diabasporphyr zu beschreiben, woran stark zersetzte
Proben sich anreihen.
f) Bulletin de la soc. geol. t. XII. 1841. p. 284.
2) Sitzungsb. d. Akad. d. Wissensch. 1876. Bd. LXXIII. H. 4 u. 5. pag. 338.
Felsarten aus der Gegend von Rosignano.
231
Feinkörniger Diabas. Die feinkörnige Struktur grenzt nahe-
zu an den dichten Zustand und ist die Erkennung der Gemengtheile
nur auf dem frischgeschlagenen Bruche oder noch deutlicher auf einer
polirten Fläche möglich. Die Farbe ist auf dem frischen Bruche grau-
grün mit einem durch die Plagioklasnädelchen hervorgerufenen weissen
Schimmer. Auf einer polirten Fläche erscheint eine schwarzgrüne matte
Grundmasse . aus welcher unzählige kleine Plagioklasleistchen mit
schwachem Glanze hervorschimmern. Das feine Gewebe der Plagioklas-
leistchen, welche gleichmässig das Gestein zusammensetzen helfen, aus-
gefüllt durch die grüne Substanz, macht das Gestein sehr widerstands-
fähig und zähe. Der Bruch ist uneben bis splittrig. Die Härte ist
gleich 6. —
Unter dem Mikroskop im Dünnschliffe löst sich das nahezu
dichte Gestein zu einem Aggregat von Tlagioklas und Augit mit glei-
chen Theilen auf. Beide Gemengtheile sind von hellem frischem Aus-
sehen und es existirt nur eine auffällig geringe Menge chloritischer
Substanz, welche in der Regel die echte Diabasmasse in grossen
Schwärmen durchweht.
Die Plagioklase, von graulichweisser Farbe, sind kleine kurze
Leistchen, welche oft in die unregelmässigsten Formen übergehen.
Die charakteristische Plagioklasnatur ist im einfachen Lichte selten
zu erkennen und verrathen sie ihre trikline Natur nur im pola-
risirten Lichte. An Einschlüssen sind die Plagioklase sehr arm.
Neubildungs-Producte in Form trübender Häufchen, die sich aus
feinen Punkten zusammensetzen, sind selten. Ist letzteres der Fall,
so sind sie meistens nach der Längsseite der Leistchen geordnet oder
folgen sie der Richtung haarfeiner Risse, die sich besonders in unge-
formten Partien des Plagioklases finden. Ausgeschieden findet sich auch
ein grösserer Plagioklas. Derselbe zeigt viele parallel der Längsseite
laufende, zuweilen scharf absetzende Risse, von denen häufig schmälere
normal zu ihnen auslaufen. In diesem Krystall hat sich auch chloritische
Substanz in sackförmigen Verästelungen angesammelt. Dieser Name auf
das schuppige und faserige Zersetzungsproduct des Augit angewandt,
dürfte der Wahrheit am nächsten stehen. Wo sich diese im Feldspath
angesiedelt, bildet sich um diese fremde Substanz ein trüber Hof.
Diese Trübung zeigt sich deutlich zwischen dem gekreuzten Nicol, wo-
bei man stets auch längs der Risse eine begonnene Zersetzung
wahrnimmt.
Der Augit ist im durchfallenden Lichte graugrün bis lichtbräun-
lich. Es fehlen ihm alle scharf ausgebildeten Grenzflächen. Seine Con-
touren sind ganz unregelmässig, hauptsächlich durch die begonnene
Umwandlung an den Rändern. Höchst selten lassen hie und da verein-
zelte Schnitte auf augitische Form schliessen. Der schwache Dichroismus
ist noch gut erkennbar. Selbst an sonst unversehrt aussehenden Theilen
sind Pünktchen fremder Substanz zu bemerken. An haarfeinen Rissen
häufen sich dieselben und befördern von hier aus die Auflösung der Augit-
substanz. Manche Augitpartien sind ganz übersäet mit Punkten des
Zersetzungsproductes , von wo aus ganze Augitpartien rasch ihrer
30*
232
Friedrich Berwerth.
[4]
Auflösung entgegengeben, um ganz von chloritischer Substanz ersetzt
zu werden. In dem letzten Stadium werden dem neuen Körper die
alten Grenzen zu enge und mit der Auflösung derselben schwärmt die
chloritische Masse nach allen Richtungen aus und nimmt dann in
grösseren und kleineren Partien als Einschluss auch im Feldspath
Besitz.
An wenigen Punkten, am häufigsten da wo der Augit in Arme
und Fäserchen ausläuft, finden sich kleine Schüppchen manchmal mit
schwach erkennbaren parallelen Rissen von grosser Helle und bläulich-
grüner Farbe. Ich halte diese Schüppchen für Chlorit.
Magneteisen findet sich in massiger Menge in Form von Körnchen
und Leistchen durch die ganze Masse zerstreut. Es ist immer an
Augit gelagert.
Calcit konnte mikroskopisch nicht ermittelt werden. Ebenso ent-
wickelten sich an einem in verdünnte Salzsäure gelegten Stückchen
nur einzelne Gasblasen; es hat somit eine bemerkenswerthe Kalkim-
prägnation noch nicht stattgefunden. Nach einer Aetzungszeit von 24
Stunden hatte das Stückchen eine tiefer grüne Farbe angenommen und
sah von dem angegriffenen Feldspath wie überzuckert aus. Aufge-
löst hatte sich überwiegend Eisen (Magneteisen).
Serpentin findet sich in mikroskopisch erkennbaren Schnürchen
in die Diabasmasse eingeführt. Von deren Rändern aus ist auch die
nächste Nachbarschaft damit imprägnirt. Bei gekreuzten Nicols tritt
von den Serpentinäderchen aus die Helligkeit im Plagioklase nur all-
mählig wieder ein.
Accessorische Begleiter als Apatit, Magnesiaglimmer etc. konnte
ich nicht entdecken, ebenso fehlt der Quarz als Bestandteil, welcher
nur auf Absonderungsflächen als Rückstand in feinen Krusten zurück-
geblieben ist. Glasbasis als auch Flüssigkeitsporen fehlen gänzlich.
Diabasporphyr. Er ist ein echtes Porphyrgestein. Der grelle
Farbeneontrast zwischen dem in schwarzer Grundmasse ausgeschiedenen
weissen Plagioklase macht ihn zu einem der schönsten Gesteine. Die
Italiener fassen ihn auch unter dem Namen „porfido verde antico.
Von dem vorstehend beschriebenen Normaldiabas unterscheidet
sich der Diabasporphyr nur durch die in bedeutender Menge ausge-
schiedenen bis zu 2 Cm. grossen Plagioklaskrystalle und die häufig
auftretenden Plagioklasschnüre.
Die ausgeschiedenen Plagioklasindividuen sind von graulichweisser
Farbe, säulenförmig, selten auch tafelförmig ausgebildet. Die basische
Spaltrichtung ist vollkommen; die Spaltflächen haben Glasglanz. Auf
denselben ist die durch den triklinen Zwillingscharakter bedingte Riefung
in fast allen Fällen deutlich zu erkennen. Nach (100) ist die Spaltbar-
keit weniger vollkommen; sie geht leicht in den splittrigen Bruch über.
Auf dieser Fläche herrscht Fettglanz. Das Karlsbader Zwillingsgesetz
findet sich sehr häufig. Durch Einschluss von schwarzer Grundmasse
sind fast durchgängig besonders die grösseren Individuen punktirt und
gefleckt. Das Gestein nimmt eine sehr schöne Politur an.
Unter dem Mikroskop zeigt die Grundmasse frischeres Aussehen als
die feinkörnige Varietät. Die chloritische Substanz mangelt fast gänzlich.
[5]
Felsarten aus der Gegend von Rosignano.
233
Die ausgeschiedenen Plagioklase zeigen deutliche Streifung zum
grösseren Theile nur im polarisirten Lichte. Sie sehen etwas getrübt
aus, wie ciselirt. Die auch makroskopisch sichtbaren Einschlüsse chlo-
ritischer Substanz vermehren sich unter dem Mikroskop um das viel-
fache. Auf Sprüngen und Rissen hat sie sich allenthalben in Körnchen
abgesetzt. Manchmal wachsen sich solche chloritische Ansammlungen
zu Canälen und Schläuchen aus. Einzelne Plagioklase sind am Rande
oft frei von jedweder fremden Substanz. Dieser Rand bildet dann einen
hellen weissen, durchsichtigen Rahmen um die punktirte Plagioklas-
substanz. Legt sich ein kleineres Individuum an ein grösseres, so tritt
immer Augitsubstanz als Scheidewand der beiden Berührungsebenen
auf. Serpentinsubstanz, welche sich in wulstförmigen und gewundenen
Formen in feinen Streifen durch die Substanz zieht, tritt oft in mehre-
ren Armen, die sich auch wieder vereinigen, in die Plagioklase, während
andere Schnüre, nur im polarisirten Lichte unterscheidbar, von derber
Plagioklassubstanz gebildet sind.
Sonst herrschen dieselben Verhältnisse wie im feinkörnigen Diabas.
Zersetzter Diabasporphyr. An den beschriebenen frischen
Diabasporphyr reiht sich ein Gestein, das auf den ersten Blick durch-
aus keine Gleichartigkeit mit demselben erkennen lässt. Von zwei
vorliegenden Stücken ist das eine aschgrau, das andere tiefer grau ge-
färbt. In beiden ist die dichte Grundmasse durch schwarzgrüne, meist
rundliche Flecken gesprenkelt, welche im aschgrauen Stücke zahlreicher
auftreten. In zweiter Reihe gewahrt man erst auch ausgeschiedene
Plagioklase, die wegen ihrer Farbenähnlichkeit mit der Grundmasse und
da auch bei näherer Betrachtung ihnen alle scharfen Contouren fehlen,
sich sehr schlecht abheben. Sie haben ein mattes fettiges Aussehen
und haben auch auf der basischen Spaltfläche ihren Glanz verloren.
Die grünen Flecken lassen sich in einzelnen Fällen auch makroskopisch
sicher als Serpentin erkennen. Wo nämlich der Kern dieser Flecken
eine grün durchscheinende Substanz ist, lässt sich derselbe als Serpen-
tin bestimmen. Legt man ein Stückchen von diesem Gestein in ver-
dünnte Salzsäure, so hat nach der Aetzung die Grundmasse ihr dich-
tes Aussehen verloren. Sie ist lichtgrau geworden und erscheint aus
feinen Schüppchen und Härchen zusammengesetzt. Mit der Loupe lassen
sich ein weisser (feldspathiger) Bestandtheil und drei grüne (Augit,
Chlorit, SerpentinJ Bestandtheile erkennen. Die porphy rischen Plagio-
klase sind angegriffen und treten markirt aus der Grundmasse hervor.
Besser gekennzeichnet erscheinen auch die grünen Flecken. In ihrem
Mittelpunkt erscheinen sie dichter, schwarz und schattiren sich nach
der Peripherie in lichtgrün. Ausser einigen Feldspathadern kommen
bei dem Aetzen auch mehrere Chrysotilschnüre zum Vorschein. Die
Anwesenheit von Calcit verräth sich durch Emporsteigen zahlreicher
Blasen von der Oberfläche des Stückchens bei dem Einlegen in Salz-
säure. Die Imprägnation mit Kalk dürfte auch die Ursache des dichten
Aussehens des Gesteines sein.
Die Absonderungsflächen des Gesteines fühlen sich fettig an und
haben stellenweise deutlich serpentiniges Aussehen. Kalkspath findet
sich in Häufchen und als Anflug auf diesen Flächen.
234
Friedrich Berwerth.
[6]
Erkennt man am ganzen Gestein eine begonnene und ziemlich
weit vorgeschrittene Zersetzung, so lässt sich dieselbe unter dem Mi-
kroskop bis in das kleinste verfolgen. Das ganze Bild ist sehr trübe,
es sieht verwischt aus. Am besten haben sich die ausgeschiedenen
Plagioklase erhalten, weniger gut die die Grundmasse zusammen-
setzenden Leistchen. Der augitische Gemengtheil ist verdrängt durch
ganze Schwärme chloritischer Substanz. Neu hinzugekommen ist Calcit,
Serpentin und serpentinähnliches Mineral.
Die trikline Natur der ausgeschiedenen Plagioklase ist nur an
den grösseren derselben zu erkennen, und sehen sie dann zwischen den
Nicols rinnenartig durchfurcht aus von der streifenartigen Lagerung der
die Masse trübenden Punkte. Eingesprengt finden sich im Plagioklas
auch einige Chloritblättchen. Zwischen dem gekreuzten Nicol wechselt
ihre Farbe zwischen hell und tiefbraun, während andere wieder zwischen
hell und dunkel mit einem Stich in das bläuliche wechseln.
Augitische Substanz ist nicht mehr mit Sicherheit zu erkennen.
Die chloritische schmutziggrüne Substanz ist an ihre Stelle getreten
und ist das ganze Bild schleierartig von ihr überdeckt. Calcit findet
sich in Partikeln über den ganzen Schliff ausgesäet. Häuft sich in der
Nähe einer Calcitader eine grössere Menge desselben an, so ist er
kenntlich gegittert von Serpentinadern. — Das Magneteisen ist gänzlich
verschwunden.
Erwähnung verdient aus dieser Abtheilung noch ein Gestein,
welches man bei flüchtigem Ansehen als Serpentin bezeichnen möchte.
Es ist von sehr feinem Korn, etwas splittrigem Bruch und hat auf der
letzteren Fläche eine graue stark in das Grüne neigende Farbe. Theilt
es sich in der Richtung einer Absonderungskluft, so ist es auf dersel-
ben schwarzgrün. Mit der Loupe lassen sich sehr feine Schüppchen
erkennen, die auch etwas Glanz besitzen und in einer dunklen Grund-
masse liegen. Letztere ist auch mit wenigen feldspathigen Bestandtliei-
len untermengt.
In einem schmalen Fugenraume sassen mehrere tiefgrüne Chlorit-
blättchen. Auf einer polirten Schlifffläche bemerkt man schon mit
unbewaffnetem Auge glänzende Partien, die in Adern und Flecken oft
deutlicher hervortreten , dunkelgrün und dem Serpentin zugehörig
sind. Sonst aber wird der Serpentin zurückgedrängt durch einen
Gemengtheil, der keinen Glanz besitzt und nur in rauh aussehenden
Vertiefungen, die im Sonnenlichte lichtgrün gefärbt sind, sich charakte-
risirt. Es wird sich herausstellen, dass dieser Gemengtheil ein Zer-
setzungsproduct des Augit ist. Sehr getrübte Plagioklaskörnchen
kommen ferner auf dieser Fläche deutlich zum Vorschein. Auf
seinen Absonderungsflächen und einer Reibungsfläche fühlt sich dieses
Gestein fettig an und ist mit einer serpentinischen Schicht überzo-
gen. Das Gestein ist nicht fest und trägt auch äusserlich durch die
ganze Masse den Charakter der Auflösung.
Das mikroskopische Bild gleicht dem des feinkörnigen Diabases.
Es finden sich aber nur mehr die äusseren Formen der dort beschrie-
benen Minerale; in die erhalten gebliebene Form hat sich ein neuer
Inhalt eingedrängt. Bei der weit vorgeschrittenen Zersetzung ist das
Felsarteü aus der Gegend von Rosignano.
235
[7]
ganze Gesichtsfeld sein- trübe. Die Plagioklase sind mit wenigen hellen
Resten, die aher auch immer getrübt sind, der Zersetzung total erlegen
und serpentinisirt. Die Augittheile haben ohne Ausnahme ihren opti-
schen Charakter verloren. Sie haben begonnen sich aufzufasern, ohne
aber mit dem Charakter der grünen Zersetzungssubstanz in Schwarm-
massen das Gestein zu durchdringen. Von Magneteisen ist keine Spur
übrig geblieben.
Gr a 1) I) r o.
In dieser Abtheilung ist ein echter Gabbro mit zwei in der Ver-
witterung verschieden fortgeschrittenen Proben desselben zu besprechen.
Gabbro. Das Vorkommen ist durch ein ausserordentlich grob-
körniges Gemenge der wesentlichen Bestandtheile von Diallag und
derbem Plagioklas (Saussurit) ausgezeichnet. Olivin ist nicht zu ent-
decken, ebenso andere Beimengungen. Plagioklas und Diallag treten
ungefähr zu gleichen Theilen auf und erscheint der Plagioklas nur
durch die grossblättrige Ausbildung des Diallag zurückgedrängt. An
frischem Aussehen haben die vorliegenden Proben etwas verloren und
betrifft eine Veränderung in seiner Beschaffenheit hauptsächlich den
Plagioklas.
Der Tlagioklas findet sich in grosskörniger Masse, worin der
Diallag eingelagert erscheint. Von einer krystallinischen Structur ist
nichts wahrzunehmen ; auf keiner Bruchfläche ist auch nur eine An-
deutung einer Spaltfläche zu ersehen, womit auch das Suchen nach
der charakteristischen Streifung entfällt. Er erscheint ganz dicht; er
ist auf seinem Bruche uneben bis splittrig und besitzt eine graue bis
bläuliehweisse Farbe. Ferner hat er fettigen Glanz und ist an den Kan-
ten durchscheinend. Die Härte ist etwas über den Grad 6. Vor dem
Löthrohr schmilzt er an den scharfen Kanten ziemlich leicht zu einem
Glase unter gelbrother Färbung der Flamme. Bei einer Probe auf
nassem Wege erhält man relativ viel Kalk. Nach den mineralogischen
Eigenschaften und nach der Probe auf Kalk wäre dieser Feldspath als
Saussurit oder allgemein als kalkreicher Plagioklas zn bezeichnen.
Der Diallag findet sich in plattigen bis zu 3 Cm. grossen Indi-
viduen ohne regelmässige Begrenzung, und nur an kleineren Individuen
stellt sich nach der breiten Fläche ein unvollständig begrenztes längliches
Sechseck dar. Diese Krystallplatten, welche oft eine bedeutende Dicke
erreichen, lassen sich leicht nach ihrer lamellaren Schichtung theilen,
die bekanntlich nach der Fläche (100) stattfindet. Auf dieser dem Dial-
lag ausgezeichnet zukommenden Theilungsfläche hat derselbe tombak-
braune Farbe — welche auf den andern Flächen lauchgrün ist — mit
metallartigem manchmal perlmutterartig schillernden Glanz, während
die übrigen Flächen matt erscheinen. In der Richtung der längeren
Kanten sind sie auf der Tlieilungsebene dicht gestreift. Diese Streifung
entspricht der ziemlich vollkommenen Spaltrichtung, welche nahezu
normal auf der Fläche (100) stellt. Eine dritte Spaltrichtung, welche an
einigen Bruchstellen unvollkommen hervortritt und sich bei sehr ge-
nauer Betrachtung auf der Fläche (100) auch durch eine überaus feine
236
Friedrich Berwerth.
[8|
Linierung kennzeichnet, schneidet die beiden erstgenannten in einem
spitzen Winkel und dürfte dieselbe einer steilen Pyramide zukommen.
Die Härte ist auf der Fläche (100) nahe 5. Diinne Spaltblättchen sind
durchscheinend; im Polarisationsmikroskop geben sie ein deutliches
Axenbild. Blättchen und Splitter runden sich vor der Löthrohrflamme
leicht ab und schmelzen zu einer grünen Kugel. An stark zersetzten
Stellen ist der Diallag der Umwandlung in Serpentin verfallen mit
Beibehaltung der Structur. Viel rascher geht die Zersetzung des kalk-
reichen Plagioklases vor sich. Er färbt sich anfänglich etwas grün und
nimmt serpentinisches Aussehen an. Magnetit findet sich nicht.
Zersetzter G a b b r o. An den echten Gabbro anschliessend
sind hier zwei verwitterte gabfiroähnliche Gesteine zu erwähnen, die
äusserlich wenig mehr den Gabbrotypus erkennen lassen.
Das eine Stück ist ein ziemlich stark angegriffener Plagioklas,
Ueberreste von Diallag führend. Seiner Form nach zu urtheilen gehört
das Stück einem Plagioklasgang oder einer Ader im Gabbro an. Aussen
mit einer gelblichen Verwitterungsrinde (Eisenoxyd) bedeckt, zeigt es
im Innern auf seinem Bruche noch einige schwach glänzende Spaltflä-
chen. Wasser ist schon reichlich aufgenommen. Die Farbe ist tiefgrau.
Neben der Zersetzung des Plagioklas geht die Bildung von Serpentin
aus Diallag vor sich, welcher Process sich stellenweise deutlich er-
kennen lässt.
Im Dünnschliffe zeigt sich die Plagioklasmasse, wie zu erwarten
war, sehr getrübt. Individualisirte Theile lassen sich vereinzelt im
polarisirten Lichte erkennen. Ihre Contouren sind dann mit Streifen
oder Linien einer grünen Substanz gerändert. Diese grüne Substanz
hat ferner in allen Spalten und Ritzen Platz genommen, in Folge
dessen die zersetzte Plagioklasmasse in Felder getheilt erscheint. Diese
grüne Substanz häuft sich an einigen Punkten des Dünnschliffes an
und stellt sich in hellgrünen Flecken dar, die deutlich dichroitisch
sind. Ich wage es nicht diesem Producte einen Namen zu geben, so
wie ich bei der folgenden Erscheinung es dahin gestellt sein lasse, ob
man Hornblendemikrolithen anzunehmen hat oder nicht. Bei 240facher
Vergrösserung gewahrt man nämlich an einer Stelle des Schliffes einen
sehr hellen Kreis, um welchen sich als um einen Mittelpunkt ein
Schwarm von mikroskopischen Nadeln und Leistehen lagert. In diesem
verworrenen Gewebe lassen sich helle Durchschnitte von rhomboidischer
Form bemerken; sie dürften als Querschnitte der genannten Leistchen
und Nadeln gelten.
Nahe einer Stelle der Peripherie dieses Mikrolithenringes findet
sich ebenfalls eine massenhafte Ansammlung dieser Mikrolithen in einen
Knoten vereinigt. Erscheint das Centrum dieses Knotens durch die
dichte Anhäufung der Nadeln gleich dunkel, so gewahrt man dagegen
an den von diesem Ivuotenpunkt ausstrahlenden Nadeln gleich denen,
die den hellen Kreis einrahmen, eine schwach grüne Färbung. Der
Mikrolithenkranz um das helle Feld ist an seiner Iunenseite dunkel
schattirt. Aus diesem dunklen innern Ringe ragen vereinzelte Nadeln
in das weisse Feld, erreichen aber nie die Mitte desselben. Ich bin
geneigt diese Gebilde als Hornblendemikrolithen aufzufassen. Dafür
Felsarten aus der Gegend von Rosignano.
237
[9]
spricht ihre Gestalt und ihr scharf ausgesprochener Dichroismus. Die
Substanz des hellen Kreisfeldes charakterisirt sich als Serpentin. Fliissig-
keitsporen habe ich im Plagioklas keine entdekt.
Der Diallag findet sich nur spärlich in bräunlichen fetzenartigen
Partien. Sein Zustand trägt starke Zersetzungsspuren. Auf allen Spalten
hat sich Kalkspath und Serpentinsubstanz eingedrängt. Hornblendebil-
dung hat im Innern und am Rande begonnen. Einzelne kleine Läpp-
chen sind schon ganz zu Hornblende umgewandelt. An Einschlüssen
führt er nichts bemerk enswerthes.
Fast ganz verwittert ist das zweite Stück dieser Reihe. Es ist
ein stark zersetzter Gabbro von breccienartigem Aussehen. Der Plagio-
klas ist schmutziggrün; die Spaltbarkeit nicht mehr erkennbar. Der
Diallag ist schwarzgrün ohne allen Glanz. Einzelne Partien desselben
sind mit Erhaltung der Structur serpentinisirt. Das Gefüge des Ge-
steines ist ganz locker.
Das mikroskopische Bild passt ganz in den Rahmen des am vori-
gen Stücke gezeichneten. Der Plagioklas ist nur mehr trüber, der
Diallag etwas reichlicher vorhanden, aber mehr zersetzt und vielfach in
Hornblendebildung begriffen. Magneteisenkörner finden sich vielfach von
Hornblende eingeschlossen. Zum Schlüsse sei erwähnt, dass auch die
Serpentinbildung bedeutend mehr an Umfang gewonnen.
Serpentingestein.
Unter diesem Namen führe ich ein Gestein an, welches als sol-
ches gut charakterisirt erscheint und aus Serpentin, Diallag und Mag-
netit zusammengesetzt ist. Ausser mikroskopischen Kalkspathkörnern
und Partikeln von Eisenoxyd tritt kein anderes Mineral hinzu, welches
diesem Gemenge einen Anschluss an eine bekannte Felsart geben
würde. Man kann das Gestein als einen Serpentin ansehen, in welchem
Diallag porphyrisch eingeschlossen ist. Da aber der Diallag frisch ist
und 1li bis 1/3 Theil des Serpentines ausmacht, so ziehe ich es vor
dieses Gemenge selbstständig unter obigem Namen zu beschreiben.
Die Hauptmasse dieses Gesteins ist von Serpentin gebildet. Er ist
von schwarzgrüner Farbe, selten heller lauchgrün; dicht und dann mit
muschligem Bruch. Die dichten Partien erscheinen meist in Adern und
Strängen als das Gerüste des Gesteins, welches die weniger dichten,
nahezu feinkörnigen Serpentinfelder zusammenhält. Die letzteren sind
heller und etwas braun gefärbt.
Der Diallag tritt in kleinen, bis 1 Cm. grossen Blättern auf. Die-
selben sind durchgängig wellig gebogen und in vielen Fällen geknickt.
Der Zustand des Diallag ist ziemlich frisch. Er trägt nur an der Ober-
fläche des Gesteins Spuren begonnener Zersetzung. Seine Farbe ist lauch-
grün mit metallischem Glanze auf der breiten Spaltfläche. Streifung
fehlt. Feldspath ritzt, er ist aber härter als Apatit. Vor dem Löthrohr
schmilzt er in Blättchen leicht zu einem grünen Glase. Mit der Loupe
erkennt man in einzelnen Blättchen schwarze Körnchen von einge-
schlossenem Magnetit.
Mineralogische Mittheilungen. 1S76. 4. lieft. (Bcrwerth).
31
238
Friedrich Berwerth.
[10]
Magnetitkörnchen sind in den dichten Serpentinpartien fadenartig
angeordnet.
Auf einer angeschliffenen Fläche treten die genannten Eigenschaf-
ten noch deutlicher hervor. Man unterscheidet auf derselben ein Haupt-
adernetz von Serpentin mit Nebenverzweigungen. Die mächtigem
Adern sind schwarzgrün bis lauchgrün; nach ihrer Längsrichtung durch-
ziehen sie eisengrau gefärbte Magnetitschnüre. Diese Hauptadern um-
schliessen immer den Diallag. und die lichter gefärbten Serpentinfelder,
in welchen das Netz detaillirter und von den feinsten Fasern gebil-
det wird.
Um zu controliren ob sich zwischen den dunklen Serpentinpar-
tien vielleicht nicht Olivin verberge und übersehen worden sei, liess
ich ein geeignetes Stückchen zwei Tage in verdünnter Salzsäure liegen.
Diese Probe gab keinen Anhaltspunkt für makroskopisch vorhandenen
Olivin. Der Diallag war nach der Aetzung gebleicht, ebenso der Serpentin,
letzterer durch Auflösung der Magnetftkörner. Die schwarzen Magnetit-
fäden in den dichten Adern waren verschwunden und an deren Stelle
weisse Chrysotilschnüre sichtbar geworden.
Unter dem Mikroskop gesellt sich zu den genannten Bestandthei-
len, wie schon oben erwähnt, Kalkspath und Eisenoxyd. Irgendwelche
plagioklastische Körper fanden sich nicht vor. Die Diallagblättchen
haben zur Hälfte ein frisches, zur andern aber ein trüberes Aussehen.
Die Streifung ist ebenfalls zweierlei Art. Einige Blätter zeigen ein
sehr feines Liniensystem auf der Fläche, während die Streifung an
andern Individuen gröber ist, wodurch der Diallag leistenförmig zu-
sammengefügt erscheint. Die feingestreiften Diallage bestehen fast
ausnahmlos aus dunkleren und helleren Partien. Die dunkleren Theile
sehen dann lauchgrün und die Streifung verwischt aus. Diese Erschei-
nung deutet auf begonnene Veränderung und Umwandlung. Den
Knickungen und Krümmungen folgt die Streifung jedes Blättchens ge-
nau. Man erhält hiedurch oft ein prächtiges, die Wellenform nach-
alnnendes Bild. An bemerkenswerthen Einschlüssen stellen sich nur
Magnetitpartikel ein und ein kugliges Gewebe einer grünen Substanz.
Nicht selten bemerkt man sehr helle Spalten parallel der Streifung, die
man für durch Spannung enstandene Sprünge ansehen kann. Dieselben
sind durch zugeführte Serpentinsubstanz erfüllt. Mehrfach durchqueren
auch balkenähnliche Zerklüftungen den Diallag, auf denen jedesmal
Serpentin in den Diallag eingedrungen ist. Eine bisher wenig beobach-
tete Streifung am Diallag, deren Beziehung zur Krystallstructur des-
selben so gut wie gar nicht erforscht ist, will ich hier, wie ich dieselbe
an 2 Diallagdurchschnitten gesehen, kurz beschreiben.
Diese überhaupt selten auftretende Streifung sah ich an stark
grün gefärbtem, aus breiten Lamellen zusammengesetztem Diallag. Die-
selbe ist in zarten Füttern angedeutet, deren Richtung in einem sehr
spitzen Winkel zur charakteristischen Hauptstreifung liegt. Die breiten
Streiflinien erscheinen hiebei als Träger dieser Flitter, welche nie die
nächste parallele Streiflinie erreichen, sondern etwas über die Mitte
jeder Lamelle hinaus sich verjüngen und endigen. Durch streng regel-
mässige Wiederholung dieses Bildes in jeder einzelnen Lamelle erscheint
Felsarten aus der Gegend von ßosignano.
239
tH]
diese Streifung als charakteristische und specifische Eigenschaft dieses
Diallagblättchens. Die hier in höchster Unvollkommenheit vorgezeichnete
Spaltrichtung dürfte bei genauerem Studium, an ausgewählten Proben
angestellt, sich vielleicht als eine Spaltungsfläche nach einer Pyramide
erweisen.
Die Umwandlung von Diallag zu Serpentin lässt sich an mehreren
Beispielen deutlich verfolgen. Man findet vom Beginne der Umwand-
lung an Uebergänge bis zu Partien von Serpentin mit der vollkommenst
bewahrt en Diallagstructur.
Der Serpentin in seiner Hauptmasse ist durch förmliche Stränge
von Magnetitkörnern, von denen Nebenadern abzweigen, in grünliche und
weissgefärbte Felder getheilt. Magnetitkörnchen sind auch vereinzelt
über den Serpentin gesäet; manchmal schaaren sie sich in lockeren
Haufen zusammen. Compacte Magnetitpartien finden sich nicht. Eisen-
oxyd findet sich fleckenartig als wahrscheinliches Absonderungsproduct
des Diallag. Kalkspathkörner treten fast regelmässig in der Nachbar-
schaft von Diallagpartien auf. Durch magnetitführende Serpentinäderchen
im Kalkspath wird das Bild ein verworren netzartiges. Chrysotilschnüre
finden sich allenthalben im Präparate.
S c r p e n t i n.
Der Serpentin ist erfahrungsgemäss regelmässiger Begleiter der
oberitalischen Grünsteine. Auch wir haben ihn schon auf fast allen
Fugen und Klüften des Diabases und Gabbros gefunden. In grösserer
Masse finden wir ihn in zwei Schichten abgelagert. Beide Schichten
tragen sowohl nach ihrer Lage als nach dem aus ihnen entnommenen
Material verschiedenen Charakter. Das eine dunkelgefärbte Serpentin-
lager von breccienartiger Natur ist von einer Schichte des beschriebenen
Serpentingesteins überlagert, die andere Serpentinmasse erscheint als
ziemlich mächtiger Gang in einer Schichte von Diabas. Auf dem gege-
benen Profil ist nur das letztere Verhältniss wiedergegeben, während
die erstere Lagerung von Herrn Fuchs an einem andern etwas ent-
fernter gelegenen Aufschluss beobachtet wurde.
Belegstücke aus diesen beiden Schichten der Aufschlüsse von
Rosignano fand ich unter dem mitgebrachten Materiale keine vor. Nach
einem schwarzen Serpentin aus Castellina zu urtheilen, herrscht dort
aber ganz dasselbe Verhältniss. Es stimmen nämlich die auf der an
Ort und Stelle aufgenommenen Skizze gemachten Bemerkungen mit
den Serpentinhandstücken aus Castellina überein. In dem dunkeln,
etwas violett und grünlich gefärbten Handstück von Castellina entdekt
man bei genauer Betrachtung noch Reste von Diallag, welche manch-
mal sogar ihren metallischen Glanz bewahrt haben. Meist sind sie aber
schon schwarz geworden und entziehen sich dem ersten Blicke des
Auges. Mit solchen Diallagresten ist die ganze Masse des Serpentines
durchspickt, ferner von einem grossen Netz von Magnetitstriemen und
*) Tschermak, Min. Mitth. 1871. Heft 1. S. 25. f.
31*
240
Friedrich Berwerth.
[12]
Adern durchzogen, welche mit ihren Ausläufern die feinsten Gitter
bilden. Unter dem Mikroskop stellt sich das makroskopische Bild
nur mehr detaillirter dar. Magneteisen ist in Pünktchen über den
ganzen Schliff gesäet. Die Diallagüberreste sind stark zersetzt, sie
polarisiren das Licht kaum merklich und ist ihre Strüctur durch feine
nach der Streifrichtung aneinander gereihte Magnetitkörnchen erhalten.
Nebst einigen Chrysotilschnüren finden sich noch mehrere Flecken von
Eisenoxyd. — Ein zweites Stück von Serpentin, ebenfalls von Castel-
lina und aus derselben Schichte ist von etwas lichterer Farbe und
vou einem ganzen System paralleler Chrysotilschnüre durchzogen.
Um über die Art und Weise etwas zu sagen, wie dieser Serpen-
tin als auch der im Diabas auftretende, von welchem ich keine Probe
besitze, zur Abscheidung gelangt sind, fehlen mir die Beweismittel. Es
liegen mir keine Gesteinsproben vor, welche eine Untersuchung auf die
Entstehung des Serpentines zugelassen hätten, ob derselbe in dem einen
Falle von Diallag oder im andern von den Bestandtheilen des Diabases
sich ableiten lasse. Es bleibt interessant an Orten von gleichem geolo-
gischen Bau solche Gesteinsproben zu sammeln, welche versprechen
würden, bei der chemischen Untersuchung ein beweiskräftiges Resultat
zu liefern , für den genetischen Zusammenhang des Serpentines mit
dem Diallag, resp. Diabas.
Schliesslich sei noch einiger Neubildungen Erwähnung gethan.
Als solche finden sich unter den beschriebenen Felsarten, Serpentin-
asbest, Gymnit und berglederartige Substanz. Interessant ist eine schälig
zusammengesetzte Kugel, welche aus zersetztem Diabasgrus besteht.
Diese Kugeln werden aus Diabaskugeln abzuleiten sein, wie solche im
Diabasgrus liegende Kugeln 0. Schilling aus der Sandgrube zwischen
Braunlage und Elend im Südharz beschreibt 1).
Von tuffartigen Gebilden gehört ein solches dem Gabbro an.
b 0. Schilling. Die ckem. min. Constitution der Grünstem genannten Gesteine
des Südharzes. Göttingen 1S69. S. 31 — 32.
8V. Notizen.
Geschenke.
Das k. k. Hof-Mineraliencabinet erhielt in der letzten Zeit von
Herrn Heinrich Ritter von Drasche-Wartinberg eine Reihe ausge-
zeichneter Minerale zum Geschenke, darunter zwei grosse Prachtexem-
plare von Apophyllit mit Desmin von Poonah, schöne Cölestine von
Herrengrund und von Bristol. Von Herrn Dr. Heinrich Ritter v. D rasch e-
W artinberg erhielt das Museum die von ihm auf seiner Weltreise
gesammelten Kupfererze von Mancayan, sowie zwei prächtige Exemplare
des Amazonits von Pikes Peak, eines davon mit vielen begleitenden
Albitkrystallen.
Der Stern von Este.
In dem Schatze weil, des Erzherzogs Franz V., Herzogs von
Modena, welcher Schatz durch Erbschaft in den Besitz des Herrn Erz-
herzogs Franz Ferdinand von Oesterreich-Este, ältesten Sohnes Seiner
k. k. Hoheit des Herrn Erzherzogs Karl Ludwig übergegangen ist,
findet sich ein Brillant von ungewöhnlicher Grösse und Schönheit. Der-
selbe bildet derzeit den Bandhälter eines Toison-Ordens. Er hat eine
Breite von 19, eine Länge von 21 und eine Dicke von 10‘3 Mm.
Seine Form wird durch beistehende
Figur angegeben. Er ist vollkommen
farblos, wasserhell, zeigt bei sorgfäl-
tigster Untersuchung mit der Loupe
auch nicht den geringsten Fehler
und hat einen vollkommen regel-
rechten Schliff. Nach der von den Herren P. J. Packeny und
C. F. Rothe im Jahre 187(3 vorgenommenen Wägung besitzt er ein
Gewicht von 25l3/32 Wiener-Karat oder 5232 Mg., und es wurde sein
Werth von den beiden genannten Sachverständigen auf 64,600 H. ge-
schätzt. Diese Schätzung entspricht den gegenwärtigen Preisen. Bril-
lanten von derselben Grösse, die sich unter den französischen Krondia-
manten fanden, wurden bei der Schätzung im Jahre 1791 auf 200,000
bis 250,000 Francs geschätzt.
Der beschriebene Brillant, welcher den Namen „Stern von Este“
erhalten hat, ist demnach ungefähr halb so schwer wie der „Sancy“ und
wie der grosse Brillant der Kaiserin Eugenie. Trotzdem ist aber der „Stern
Mineralogische Mittheilungen. 1876. 4. Heft. (Notizen.)
242
Notizen.
[2]
von Este“ nur um sehr Weniges kleiner, als der „Sancy“ und als der
Brillant der Kaiserin Eugenie, und diess ist eben ein Beweis für die
Proportionalität seiner Verhältnisse und für die Regelmässigkeit seines
Schliffes. Wenn daher der „Stern von Este“ unter den grossen Dia-
manten auch nicht an Grösse einen ersten Rang einnimmt, so gebührt
ihm ein solcher doch unbedingt durch seine vollendete Schönheit, welche
ihn als einen Schmuckstein erscheinen lässt, wie ein zweiter von glei-
cher Schönheit unter den bekannten grossen Diamanten kaum ge-
funden werden dürfte.
Entstellung einer sclialigen Textur im Steinsalze durch
Schlag.
In einer Serie von Steinsalzproben, welche Herr Ed. Preis ig
damals zu Szlatina in der Marmaros an das Hof-Mineraliencabinet ein-
sandte, befanden sich auch kleine, napfähnliche Steinsalzkörper, auf
die der Einsender besonders aufmerksam machte.
Die Näpfchen sind solchen Stellen im Steinsalze entnommen,
welche den heftigen Schlag eines eindringenden Eisens erfuhren. Sie
zeigen daher sämmtlich im Inneren den vierseitigen Abdruck des
spitzen Eisens.
Herr Preisig schreibt hierüber: „Bei der früheren Gewinnungs-
methode des Steinsalzes wurde dasselbe in die Form rechtwinkeliger,
bankförmiger Blöcke gebracht. Nachdem jede dieser Salzbänke an
fünf Seiten freigemacht war, erfolgte die gänzliche Ablösung in der
Art, dass der Häuer mit einem 15 bis 17 Pfund schweren Aufschlag-
eisen längs der Bank unter dem Kopfe derselben bei a in 8- bis 12-
Ansickt
Durchschnitt
zölligen Distanzen 1 bis 2 Zoll tiefe Löcher einschlug und in diese
wechselweise einzelne schwere Schläge führte, bis die Loslösung vom
Salzkörper erfolgt war. Das Steinsalz, welches die Wände des Loches
bildet, nimmt bei den rasch auf einander folgenden Schlägen eine
schuppig-schalige Textur an, und es entstehen an solchen Stellen, wo
die Ablösung schwierig ist und viele Schläge in Anspruch nimmt, die
Salznäpfchen“.
Die letzteren sind weiss und bestehen aus ganz dichtem
Steinsalz. Sie haben eine ausgezeichnete , concentrisch schalige
Textur, indem jedes derselben aus vielen auf einander folgenden
dünnen Schichten besteht, welche sich von einander absprengen lassen.
Fig. 4 auf Taf. XIV zeigt ein solches Näpfchen, an dem noch etwas
körniges Steinsalz haftet. Man sieht eine ganz scharfe Grenze zwi-
schen dem letzteren und dem Näpfchen. Fig. 5 liefert die Seitenan-
sicht eines vom umgebenden körnigen Steinsalz befreiten Näpfchens,
ebenfalls in natürlicher Grösse. Die schief abgestutzte Form ist zu
Entstellung einer sclialigen Textur im Steinsalz etc.
243
bemerken. Fig. 6 gibt den Querschnitt eines Näpfchens in halber
Höhe des letzteren.
Das Gewicht eines solchen Näpfchens wurde bis zu 11 Gramm
gefunden.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass die schalige Textur durch den
gleitenden Druck entstanden ist, ähnlich wie bei den Versuchen Dau-
bree’s, welche mit plastischen Körpern angestellt wurden, um die Ent-
stehung der Schieferung in den Gesteinen zu erklären. Das Merkwür-
digste ist nur der Umstand, dass ein völlig starrer und fester Körper,
wie das Steinsalz, sich hier wie eine plastische Masse verhält. Es
ist aber nicht zu übersehen, dass durch den heftigen Schlag eine
bedeutende Menge von Wärme entwickelt wird, durch welche die Tem-
peratur des direct getroffenen Steinsalzes bedeutend erhöht und dessen
Plasticität erheblich gesteigert wird.
Der Herr Einsender sprach sich dahin aus, dass vielleicht eine
vollständige Schmelzung des Steinsalzes eingetreten sei. Dazu dürfte
aber die mechanische Arbeit doch nicht hinreichen. Die 11 Gramm
Steinsalz, welche ein Näpfchen bilden, erfordern, wofern der Schmelz-
punkt bei Kothgluth, also ungefähr bei 1000° C., angenommen und die
mittlere specifische Wärme mit Oo angesetzt wird, 3-3 Wärme-Ein-
heiten, um sich bis zur Schmelztemperatur zu erwärmen. Dem ent-
spricht eine Arbeit von 1400 Kilogramm-Metern, die wohl viel zu
gross ist, als dass sie durch einen solchen Schlag geleistet werden
könnte. Es kömmt aber zu berücksichtigen, dass immer nur ein Theil
der entwickelten Wärme dem getroffenen Steinsalze zu Gute kömmt,
während der übrige Theil durch das Eisen und die andere Umgebung
in Anspruch genommen wird. Demnach dürften erst viele und mit
sehr grosser Geschwindigkeit folgende Schläge im Stande sein, die
Schmelzung hervorzurufen.
Auch die Textur der Salznäpfchen spricht nicht dafür, dass eine
völlige Schmelzung stattgefunden habe, denn geschmolzenes Steinsalz
erstarrt, wie bekannt, zu einer durchscheinenden, schön krystallinischen
Masse, während die Näpfchen eine dichte Masse darstellen, welche,
nach ihrer weissen Farbe zu schliessen, feinporös ist.
Tschermak.
Sulfuricin und Melanoplilogit.
Im Jahre 1874 hat Guyard (Hugo Tamm) im Bulletin de la
societe chimique de Paris nouv. ser. tome XXII, pag. 61 die Analyse
eines neuen Minerals aus Griechenland gegeben, welches er als einen
weissen, porösen, stellenweise mit Schwefel imprägnirten Kiesel von
sehr ausgesprochenem sauren Geschmacke beschrieb; die Analyse
lautet:
244
Notizen.
[4]
Freie Schwefelsäure • •
• • 6-80
Schwefel
• • 4-10
Wasser
• • 6-10
Kieselsäure
• • 80-38
Kalk
• • 1-25
Thonerde
• • 0-43
Eisenoxyd
• • 8-57
Magnesia
• • 0-37
100-00
Da die Summe der obigen Zahlen 108-00 beträgt, liegt die Ver-
muthung nahe, dass durch einen Druckfehler 8'57 statt 0'57 Eisen-
oxyd gesetzt wurde.
Diese Zusammensetzung kommt sehr nahe der des Melanophlogit,
welchen v. Lasaulx im Beginne dieses Jahres in Leonhard, Jahrb.
175, bekannt gemacht hat, und welcher sich in kleinen Hexaedern
mit Cölestin, Schwefel, Kalkspath und Quarz' auf Stufen von Girgenti
vorfand; die erste Untersuchung ergab 86‘5 Procent Kieselsäure, ganz
geringe Mengen von Eisenoxyd, Kalk und Strontian, ferner Wasser.
Eine spätere (ebendas, pag. 250) Untersuchung ergab die Zusam-
mensetzung der durch Glühen geschwärzten Substanz:
Si02 •
Fe203 )
A1203 j
SrO •
S03 •
h2o •
86-29
0-7
2-8
7-2
2-86
99-83
wovon Strontian und die entsprechende Menge Schwefelsäure als Cölestin-
beimischung gedeutet werden.
Interessant wäre wol die Untersuchung des Sulfuricin bezüglich
der Erscheinung des Schwarzbrennens; der Melanophlogit andererseits
gab keine saure Pieaction. A. Brezina.
Tafel XIV.
Erklärung der Abbildungen.
Fig. 1. a ) Biotit mit Einlagerungen von Körnchen und sich unter 60° kreuzenden
Mikrolithen ;
b) dieselben farblosen Mikrolithen (Krystallnadeln) stärker vergrössert, aus
dem Grünschiefer vom Am (116).
Fig. 2. a) Epidot-Krystalle mit innerem Kern anderer Beschaffenheit;
b) ringförmige Gruppirung kleiner Epidotkörner aus dem Chlorit-Epidot-
Grünschiefer oberhalb Nieder-Schlema (134).
Fig. 3. a) Apatitnadeln mit innerem Kern, in verschobener Reihenfolge aneinander-
gereiht;
b) an einem Ende zugespitzte, quergegliederte Apatitsäule (p. 199).
Fig. 4 u. 5. Salznäpfchen.
Fig. 6. Horizontal-Durchschnitt eines Salznäpfchens.
Tafel. XIV.
Tschermak: Mineralogische Mittliei hinten 1870 Heft IY
Jalirbueli flcc yeolog. Reiclisanstalt, Bd.XXH.
MINERALOGISCHE
MITTHEILUNGEN
GESAMMELT VON
GUSTAV TSCHEBMAK.
JAHRGANG 1877.
Mit 12 Tafeln.
{Diese Mittheilungen erscheinen zugleich als Beilage zum Jahrbuch der k. k. geol.
Reichsanstalt.)
WIEN, 1877.
ALFRED HOLDER
K. K. HOF- UND UNIVERSITÄTS-BUCHHÄNDLER
ROTHENTHURMSTRASSE 15.
Druck von J. C Fischer & Comp. Wien
Inhalt.
Seite
I. Heft.
I. Gold von Sysertsk am Ural. Von R. Helmliacker. (Mit Taf. I u. II.) 1
II. Ueber Diabas von Almaden und Melapbyr vonHankock. YonR. Helm-
backer 13
III. Untersuchungen über die Einwirkung des kohlensäurehältigen Wassers
auf einige Mineralien und Gesteine. Von R. Müller 25
IV. Bemerkungen über die japanischen Vulcane Asama-Yama, Jaki-Yama,
Iwa-wasi-Yama und Fusi-Yama. Von Dr. Richard v. Dräsche. (Mit
Tafel III— IX.) 49
Y. Nachtrag zur chemischen Analyse des Mejonits. Von Dr. E. Neminar 61
VI. Beiträge zur Mineralogie des Fassa- u.Fleimser-Thales. Von C. Doelter 65
VII. Bericht über die vulcanischen Ereignisse des Jahres 1876. Von
C. W. C. Fuchs 83
VIII. Notizen: Zur Kenntniss der Mineral- Vorkommen von Kalusz. — - Si-
monyit von Ischl. — Künstliche Darstellung der Pseudomorpliose von
Malachit nach Atacamit. — Leonhardit aus dem Floitenthale. — Grund-
form des Vesuvian. — Ein neuer Barytfeldspath. • • 95
II. Heft.
I. Ueber den Glaukodot von Hakansboe und den Danait von Franconia.
Von Friedrich Becke 101
II. Untersuchung zweier Magnesia-Glimmer. Von Dr. Fr. Berwerth* • 109
III. Ueber die Krystallisation des Struvits. Von A. Sadebeck. (Mit Taf. X.) 113
IV. Die Porphyre und Grünsteine des Lenne-Gebietes in Westphalen. Von
H. B. Mehner 127
V. Ueber einige Quarzporphyre und Diorite aus dem Silur von Böhmen.
Von R. Helmhacker 179
VI. Augit-Andesite des Smrekouz-Gebirges in Süd-Steiermark. Von Dr.
F. Kreutz 205
VII. Ueber Miargyrit und Kenngottit. Von L. Sipötz 213
VIII. Notizen: Nachtrag zu A. Sadebeck, über die Krystallisation des
Struvits. — Sand aus der Sahara 221
III. Heft.
I. Die Grünsteine des Pfibramer Erzreviers. Von Carl Vrba 223
II. Ueber die Krystallform des Zinnsteins. Von Friedrich Becke. (Mit
Tafel XI— XII.) 243
III. Die optischen Eigenschaften des Rohrzuckers. Von Friedr. Becke 261
IV
Seite
IV. Analysen aus dem Laboratorium des Herrn Professors E. Ludwig. (Oli-
goklas, Skapolith, Leonhardit, Muscovit, Glaukonit, Sablit, Chondrodit,
Fahlerz, Copalin, Trachyt, Gabbro, Paläopikrit) 265
V. Zur Kenntniss der chem. Zusammensetzung des Augits. Von C. Doelter 279
VI. Mineralogisches aus dem Ostindiscben Archipel. Von A. Frenzei • • • 297
VII. Notizen. Vermehrung der Meteoritensammlung des Mineralogischen
Hofmuseums bis Ende September 1877. - — Krystallisirter Vivianit
in Säugethierknochen aus dem Laibacher Torfmoor. — Bemerkung
zu den Beiträgen zur Mineralogie des Fassa- und Fleimserthales. • • 309
IV. Heft.
I. Der Meteorstein von Hungen. Von 0. Büchner in Giessen .... 313
II. Anhang zu der vorstehenden Mittheilung. Von G. Tschermak • - 315
III. Mineralogisch-petrographische Notizen aus Siebenbürgen. Von Professor
Dr. A. Koch in Klausenburg 317
IV. Untersuchung der Lithionglimmer von Paris, Rozena u. Zinnwald. Von
Dr. Fr. Berwerth 337
V. Ueber den Milarit. Von E. Ludwig • • • • 347
VI. Notizen: Winkel des Glaukodot von Hakansboe. — Jamesonit von
Wiltau. — Neue Serie der Mineralogischen Mittheilungen. 353
Register zu den Jahrgängen 1871 — 77. 357
Verzeichniss der Tafeln.
Tafel
I. u. II. zu: R. Helmhacker. Gold von Sysertsk am Ural. I. Heft. • • • 1
III — IX. „ Dr. Richard v. Dräsche. Bemerkungen über die japanischen
Vulcane Asama-Yama, Jaki-Vama, Iwa-wasi-Yama und Fusi-
Yama. I. Heft 49
X. „ A. Sadebeck. Ueber die Krystallisation des Struvits. II. Heft 113
XI — XH. „ Friedrich Becke. Ueber die Krystallform des Zinnsteins.
III. Heft 243
JAHRGANG 1877.
X. HEFT.
GESAMMELT VON
G. TSCHERMAK
DIRECTOR DES R. K. MINERALOGISCHEN HOF-MUSEUMS.
I. Gold von Sysertsk am Ural.
Von R. Helmhacker.
Trotz der ungemein zahlreichen Arbeiten, die über Gold überhaupt
geliefert worden sind , umfassen die meisten die Zusammensetzung
desselben, viele das Vorkommen und nur die geringste Zahl derselben
haben die Krystallgestalt des Goldes zum Gegenstände. Die beste Arbeit
von Gustav Rose (Ueber die Krystallformen des Goldes und des Silbers.
Poggendorf, Annal. der Physik und Chemie 23. Band, 1831, pag. 196
u. f.), gilt jetzt noch als die umfangreichste, welche wir über dieses
Mineral besitzen. Eine andere Arbeit über Gold von Rath: „Einige
Beobachtungen in den Gokldistricten von Vöröspatak und Nagyag im
siebenbürgischen Erzgebirge. Bonn, 1876“, liegt mir leider nicht vor.
In derselben werden Goldkrystalle von Siebenbürgen (Vöröspatak,
Boitza und Abrudbänya), Brasilien und dem Ural beschrieben und ab-
gebildet.
Wiewohl Gustav Rose den Ural bereiste, erwähnt derselbe von
dem Sysertsker Golde nichts näheres und die einzige Kenntniss, die
wir über dieses uralische Gold haben, betrifft dessen Zusammensetzung,
in einer andern Arbeit dieses gelehrten Mineralogen und Che-
mikers (G. Rose: Ueber die chemische Zusammensetzung des gedie-
genen Goldes, besonders des Goldes vom Ural, Poggend. Ann. d. Phys.
u. Chem. 1831, Bd. 23, pag. 167 u. f.). Rose gibt nämlich die Zu-
sammensetzung des Sisersker x) geschmolzenen Goldsandes mit Au =
9P78°/o und Ag = 8‘22°/o an, was er aus der Tabelle des Goldgehaltes
des eingelösten Goldes, das vom 1. Juli 1828 bis 1. Jänner 1829 ge-
schmolzen wurde, nach der Zusammenstellung des damaligen Münzpro-
bierers Weitz in Katharinenburg, entnommen hat.
Um so erwünschter fand ich es, dass mir etwa 110 einzelne, meist
lose Goldkrystalle vom Juzel(j)sky log (Juzel(j)sker-Schlucht) bei Sysertsk
zur Untersuchung Vorlagen, welche Hofrath Tunner, der auf seiner
') Die Schreibart Sisersk oder gar Sissersk ist unrichtig, der Ort am Ural
führt den Namen Sysertsk.
Mineralogische Mittheilungen. 1877. 1. Heft. (Helmhacker.) 1
2
11. Helmliacker.
[2]
ural’schen Reise vor 5 Jahren auch die Sysertsker Goldwäschen be-
suchte und mitbrachte , und welche mir derselbe mit besonderer
Bereitwilligkeit zur Beschreibung überliess , wofür ich mich mit Dank
verpflichtet fühle.
Ausser einigen in einer Ebene ausgebreiteten, strauchartigen und
gestrickten kleinen Blechen als Krystallaggregaten, waren die Krystalle
lose und vorherrschend von der Form (111). Die ganz deutlich ausge-
bildeten Formen hatten 1 bis 2, ja selbst einige wenige Millimeter
Länge in der Richtung einer Achse. Einige Krystalle sassen auf sehr
verzerrten durchsichtigen Quarzkryställchen und umhüllten dieselben
theilweise, andere hatten in sich noch kleine Quarzkörnchen stecken,
an andern jedoch waren nur unregelmässige tiefe Grübchen oder eben-
flächige Vertiefungen und tiefgehende Eindrücke zu bemerken, welche
von Quarz herrührten, auf dem die Krystalle als jüngere Bildungen auf-
gewachsen sein mochten. Die grösste Zahl von den Kryställchen war
ziemlich gut ausgebildet. Einige Krystalle stacken in einer Rinde von
dichtem Limonit als jüngerem Minerale.
Was an den Goldkrystallen sogleich auffiel, war ihre Farbe. Ein
Theil der Kryställchen hatte oberflächlich die rein goldgelbe Farbe;
andere zeigten jedoch eine bräunlich goldgelbe, ja selbst beinahe bronce-
gelbe Farbe.
Um die Ursachen dieser verschiedenen Oberflächenfarbe kennen
zu lernen, wurden sowohl von den rein goldgelben als den bräunlich
goldgelben Krystallen die specifischen Gewichte bestimmt.
36 goldgelbe Kryställchen durchwegs 111 oder 111, 311, oder
111, 110, 311, 117 Gramm schwer, gaben ein specifisches Gewicht
von 1 7'36 1 1 ; 24 bräunliche Kryställchen, durchwegs beinahe nur 111
oder 111, 110, D32 Gramm schwer, hatten ein specifisches Gewicht
von 17-3698.
Die Dichte der oberflächlich goldgelben und bräunlich goldgelben
Kryställchen ist beinahe die gleiche, die Zusammensetzung demnach
auch dieselbe, ihre Farbe auf der Oberfläche ist demnach keineswegs
auf die verschiedene Zusammensetzung derselben zurückzuführen.
Am naturgemässesten erklärt sich die bräunlich goldgelbe, bis bei-
nahe broncegelbe Oberflächenfarbe mancher Goldkrystalle durch einen
überaus schwachen Ueberzug von Limonit. In Säuren hätte sich ein solches
bräunliches Gold aufhellen müssen, weil der dünne Limonit-Ueberzug
gelöst worden wäre; es wurde dies aber nicht gemacht, weil an der
Natur des Ueberzuges als Limonit kein Zweifel gehegt wurde.
Wenn angenommen wird, dass diese Goldkryställchen nur aus
Gold und Silber bestehen, was der Wahrheit jedenfalls sehr nahe liegt,
und wenn ausserdem die Dichte des Au mit 19-37 , die des Ag mit
10-52, beides nach den Angaben von G. Rose, angenommen wird, so
ergibt sich für das Gold von der Dichte 1 7*361 1, und 17-3698 folgende
Zusammensetzung :
Für ersteres: Au = 0774
Ag = 0-226
1-000
[3]
Gold von Sysertsk am Ural.
3
Für das zweite: Au = 0775
Ag = 0225
1-000
Beide haben demnach völlig gleiche Zusammensetzung und die
ganz geringen Abweichungen können füglich auf die geringe Menge der
zur Dichtenbestimmung angewendeten Substanz zurückgeführt werden,
welche bei jedem andern specifisch leichteren Minerale hinreichend
wäre; bei dem so schweren Golde aber schon einen etwas fühlbaren
Beobachtungsfehler herbeiführen kann.
Sämmtliche Goldkrystalle sind oberflächlich matt glänzend, nur
ziemlich eben, und mit nicht scharfen, sondern abgerundeten Kanten
und nicht ganz spitzen Ecken. Doch kann dieses als keine Abreibung
der Krystalle angesehen werden, ja dieselben zeigen, trotzdem, dass
sie aus einer Wäsche stammen, keinerlei bemerkbare durch Reibung
hervorgebrachte F ormveränderungen.
Die beobachteten Formen sind an den Kryställchen folgende:
Häufig ist 111 ; die kleinsten Krystalle sind ebenflächig, die grösseren, ins-
besondere wenn die Achsenlänge etwa 2 Millimeter und darüber erreicht,
haben beinahe durchwegs rauh drüsige Flächen.
Häufig ist auch 111, 110; die Combinationskanten zwischen 111
und 110 sind nicht immer scharf, sondern etwas abgerundet.
Auch 111, 311 und 111, 110, 311 finden sich nicht gar so
selten vor. Dass die Flächen 311 wirklich das sind als was sie hier
bezeichnet erscheinen und nicht der gemeinen Form 211 ange-
hören, wurde durch Messung der Neigung zwischen 111, 113 unter
dem Mikroskope nachgewiesen. Der Winkel soll 150° 30' betragen,
durch Messung wurden Werthe gefunden, die auf wenige Grade, ja selbst
auf einen Grad gut übereinstimmen, was eine hinlänglich gute Ueber-
einstimmung ist bei Messungen von kleinen unebenen Flächen, die zu-
dem nur mit der Hand unter dem Mikroskope eingestellt werden
können.
Auch die Combinationen 111, 201 konnten, wiewohl selten beob-
achtet werden.
Nur einmal aber fand sich die Form 100, 201 vor.
Die Zahl der beobachteten Combinationen und einzelnen Formen
ist demnach keine bedeutende.
Sehr häufig sind jedoch die Verzerrungen der Krystalle. Die
Octaeder sind entweder in der Richtung einer trigonalen Achse verkürzt
wie Taf. I, Fig 4 eine solche Form zur Darstellung bringt, oder haben
dieselben einen rhombischen Typus, indem sie in der Richtung einer
rhombischen Achse verlängert erscheinen.
Das Hexaeder erscheint in der Richtung einer quadratischen Achse
verlängert.
Häufig ist die ungleich grosse Entwicklung von Flächen zu bemerken
und das gänzliche Verschwinden einiger derselben anzutreft'en, wie auf
Taf. I, Fig. 7 an der Combination 111, 110, 311, 100, wo neben der un-
gleichen Centraldistanz der Flächen 311 auch die Flächen 100 und 110
unvollzählig sind. In Taf. I, Fig. 2 fehlen wohl einige der ungleich gross
entwickelten Flächen von 311 als auch von 100. Dass solche Krystalle
l*
4 R. Helmhacker. [4]
in ihrer Verzerrung nicht sogleich auf den ersten Blick zu deuten sind,
davon gibt die Zeichnung den hinreichenden Beweis.
Die Un Vollzähligkeit mancher Flächen ist auf Subindividuen
zurückzuführen, wie auf Taf. I, Fig. 1, wo das ungleiche Erscheinen
von 201 nur auf je drei Würfelflächen, durch das Auftreten von Sub-
individuen in parallel orientirter Lage gedeutet werden könnte.
Bei manchen Octaedern ist statt einer Kante eine Rinne vorhan-
den, wie auf Taf. I. Fig. 11; auch diese Rinne erklärt sich dadurch,
dass das Octaeder aus zwei Subindividuen besteht, welche sich mit
ihren Kanten und Flächen sonst überall, nur nicht in den Kanten, welche
die Rinne begränzen, decken.
Auch deutlich entwickelte Grupp enkry stalle konnten einmal
beobachtet werden, wie die Taf. II, Fig. 12 dies veranschaulicht. Hier
findet man nach einer quadratischen Achse sehr verzerrte Individuen
der Form 110, 111, 100, in der Richtung der verkürzten quadratischen
Achse so aufeinander gebaut, dass sich die Individuen je weiter nach
oben auch nach den beiden andern quadratischen Achsen in dem Ver-
hältniss verjüngen, dass der dadurch hervorgebrachte Treppenkrystall
mit seinen Treppenkanten der Form 201 sich anpasst.
Solche aus verzerrten, noch häufiger aber aus nicht verzerrten
Subindividuen bestehende Gruppen oder Treppenkrystalle, deren Form
an 201 erinnert, sind beim Fluorit häufig beobachtet worden. Für
diesen hier abgebildeten Treppenkrystall dürfte wohl eine Analogie
fehlen, weil derselbe unten von einer ebenen 00 1 Fläche begrenzt ist,
die oben an der Spitze gänzlich fehlt.
Etwas ähnliches könnte man nur an den treppenförmigen Halit-
skeletten beobachten, welche sich künstlich an der Oberfläche von
Steinsalzlösungen schwimmend bilden, und bei denen die treppenförmige
Vertiefung die durch parallele Gruppirung der langgezogenen Hexaeder
in der Richtung einer quadratischen Achse entsteht, einer negativen,
also in die Flächen eines Hexaeders eingelassenen Pyramide des Fluo-
roides 201 entspricht.
Die Streifungen der Krystallflächen sind verschiedener Art:
Die Flächen des Rhombendodekaeders sind nicht selten parallel
zu den kürzeren Diagonalen der Rhombuse oder parallel den Combi-
nationskanten mit dem Hexaeder gestreift. Die Ursache dieser Streifung
ist leicht nachzuweisen, weil oft Flächen von 110 angetrofi’en werden,
welche durch oscillatorisch erscheinende (100) Flächen gekerbt sind,
wie in Taf. I, Fig. 7, 9. Die Streifung rührt demnach von oscillatori-
scher Combination von 110 mit 100 her.
An den Octaederflächen sind oft einzelne Striche parallel zu den
Octaederkanten zu bemerken. Diese Riefung der Octaederflächen rührt
von verschiedenen Ursachen her.
Entweder ist bei sehr grober Riefung oder bei sehr breitem
Streifen die Ursache des Striches das oscillatorische Auftreten einer
Fläche von 311, wie dies auf der Fläche 111 in Taf. I, Fig. 5 er-
scheint, die als Fig. 6 in der Ebene der Octaederfläche dargestellt ist;
auch auf Fig. 8 rechts tritt ein solcher Streifen auf. Die Octaeder-
[5]
Gold von Sysertsk am Ural.
5
fläche erscheint dann treppenförmig abgesetzt. Ein sehr enger Streifen
von 311 bedingt dann die Streifung.
Oder tritt manche rohe Riefung parallel zur Octaederkante nicht
als flache Stufe sondern als Rinne auf, wie dies auf Taf. I, Fig. 8 oben
dargestellt ist. Eine solche Rinne wird durch das oscillatorische Auf-
treten von 311 und 110 hervorgebracht.
Durch Interferining von Streifen, die zu zwei oder gar drei Octa-
ederkanten parallel laufen, wie auf der Fläche 111 oben in Taf. I,
Fig. 9, entsteht eine federartige oder unter einem Winkel zusammen -
stossende Streifung.
Auch die Hexaederflächen erscheinen parallel zu den Kanten ge-
streift. Diese Streifung erklärt sich nach Ansicht der Fig. 1 auf Taf. I
einfach durch das oscillatorische Auftreten der Flächen von 021 auf 010.
Auch die Schalenbildung ist bei dem Sysertsker Golde eine
häufige Erscheinung, nur tritt dieselbe meist rudimentär auf, indem
die Schalen sozusagen als Schalenskelette auftreten.
Solche Schalenskelette erscheinen auf den Octaederflächen als
Platten, wie die treppenartige Platte auf der Fläche 111, Taf. I, Fig. 11,
welche nach oben zu von der Fläche 113, seitlich aber und in der
Stufe, die rinnenförmig vertieft ist, von 201 begrenzt wird. Wegen
dem Auftreten der Rinne könnte diese Schale als eine doppelte be-
zeichnet werden. Eine andere derartige plattenförmige Schale bedeckt
theilweise die Fläche 111 auf Taf. I, Fig. 9; dieselbe wird von den
Flächen 113 und 111 begränzt.
Das Octaeder Fig. 9 zeigt dort, wo keine Rhombendodekaeder-
Flächen auftreten, statt den Kanten Rinnen, welche sich auf die Art
erklären lassen, dass die Octaederflächen sämmtlich Schalen tragen,
deren Dicke die Tiefe der Rinne bestimmt. Das eben erwähnte
Octaeder bestärkt die Richtigkeit dieser Erklärungsweise noch dadurch,
dass es noch zur Bildung einer zweiten Schale kam, welche aber nur
rudimentär nicht die ganze Fläche 111 bedeckt, sondern nur als Ske-
lettstreifen auftritt, der ausserdem nur auf 2 jäeiten von 111 begrenzt
wird, auf den zwei andern Seiten aber die 113 Flächen trägt.
Wiewohl noch eine Erklärungsweise durch Zwillingsbildung mög-
lich ist, kann diese Auslegung der Rinnenbildung auch genügen. Uebrigens
ist dieser Fall bei dem wirklich vollflächig tesseral krystallisirenden
Cuprit und auch beim Quarz schon beobachtet worden (A. Las au 1.x,
Mineralogisch-krystallographische Notizen; Neues Jahrbuch f. Miner.
Geol. u. Paläont. von Leonhard und Geinitz 1876. p. 264 bis 276).
Aber nicht nur über Octaederflächen , auch über dessen
Ecken treten Schalen auf, wie über dem oberen Eck in Fig. 11 der
Taf I, wo eine Schale, die durch die Flächen von 311 begrenzt er-
scheint, über demselben eine Kappe bildet, deren unterer Rand parallel
zu den Octaederkanten läuft und in flacher Stufe abfällt. Bei der
Kleinheit des Krystalles und der regelmässigen Begrenzung der über
dem Ecke aufsitzenden Kappe wäre ein Irrthum leicht möglich, dies
auf den ersten Blick für die Flächen irgend eines Adamantoides zu
halten, welches mit dem Octaeder zu den Kanten desselben parallel
6
R. Helmliacker.
[6]
laufende Combinationskanten bildet. Dass dies wirklich eine Kappe, also
eine Schale ist, lehrt die Neigung der Flächen 131, 311, 311, 131
etc., welche spitzer zulaufen als das Octaedereck selbst, dasselbe dem-
nach nie zuspitzen könnten, wie ein Adanrantoid, dessen Eck stumpfer
sein muss als das Octaedereck selbst.
An den Octaederflächen treten auch Schalen auf, wie in Fig. 8,
Taf. I, in der Mitte, welche von den Flächen 311 aber ausnahmsweise
auch von 101 begränzt erscheinen. Die Art der Schalenbildung könnte
jedoch auch durch parallel orientirte, etwas hervorragende Subindividuen
auf den Octaederflächen, demnach als Drusigkeit erklärt werden.
Die trigonal begrenzten Schalen dieser Art erscheinen auf Octaeder-
flächen häufig so nahe aneinander gedrängt, dass sie nur dort, wo sie
sich nicht berühren, von den Flächen 311, die flach stufenförmig ab-
fallen, begrenzt werden, wie dies auf Fig. 10, Taf. I, dargestellt ist.
Auf der dargestellten Octaederfläche ist der punktirte Flächentheil der
Schale um die Schalendicke höher, als die nichtpunktirten durch die
schieftällende Stufe 311 oder 110, die zu den Octaederkanten parallel
lauft, getrennten, tiefer liegenden Octaederflächen. Die schiefe Stufe
lauft aber nicht immer stumpfwinkelig und geradlinig, sondern bogen-
förmig, wie es auch an derselben Figur oben dargestellt ist, und die
Octaederflächen erhalten durch diese Art der unterbrochenen Schalen-
bildung ein landkartenartiges Aussehen. Bei den allermeisten unterbro-
chenen Schalen dieser Art verlauft der Rand der Schalenrudimente
nicht ganz geradlinig, die landkartenartige Zeichnung ist demnach eine
vollkommene.
Solche parallelepipedische Plättchen , die als Schalenrudimente
aufzufassen wären, und deren Formen auf Fig. 11, Taf. I, auf der
Fläche 111 ganz rein und scharf begrenzt auftreten, werden oft recht
dünn, zu blossen Streifen oder Bändern, die entweder zu einer Octa-
ederkante oder zu allen drei Kanten, indem sie sich winklig biegen
oder winklig verzweigen, parallel laufen.
Wenn solche Schalenbänder auf Octaederflächen auftreten, erschei-
nen dieselben wie mit Schriftzeichen in bas-relief bedeckt, wie auf
der Fläche 111 Taf. II, Fig. 14, auf welcher derlei unterbrochene
Schalenbildungen deutlich zum Vorschein kommen.
Manche dieser Schalenplättchen erlangen eine bedeutende Dicke,
sie werden dann stabähnlich und treten zu den Octaederkanten parallel
auf, wie auf den Flächen 111 und 111 in Taf. II, Fig. 15. Oder wenn
solche Stäbe selbst in den Octaederkanten liegen, verstärken sie die-
selben als Rippen bedeutend, Taf. II, Fig. 13, 15 und könnten schon
als Krystallskelettkanten gelten.
In den vertieften Krystallflächen, die an Krystallskeletten zu be-
obachten sind, erscheinen die Vertiefungen dadurch bedingt, dass eine
oder mehrere übereinander liegende Krystallschalen von bedeutender Dicke
sich nicht völlig schliessen wie auf Tafel II, Fig. 13, der Fläche 111.
Auch laufen die Skelettrippen nicht immer streng parallel zu
einer Octaederkante, erscheinen auch nicht scharf, sondern wulstig ge-
rundet oder angeschwollen wie auf der Fläche 111, Tafel II, Fig. 13.
[7]
Gold von Sysertsk am Ural.
7
Drüsige Flächen sind an Gold-Octaedern von Sysertsk, be-
sonders an den grösseren, die in irgend einer Richtung über 2 mm.
messen, eine häufig zu beobachtende Erscheinung. Nur ist die
Deutung der Drusigkeit wegen der verzerrten und unregelmässigen
Ausbildung derselben nur an wenigen Krystallflächen mit völliger
Sicherheit durchführbar.
In vielen Fällen ist die Drusigkeit der Octaederflächen bedingt
durch kleine, parallel orientirte Krystallflächen von 311 oder 311,
111, zu denen auch wohl 110 hinzutritt. Auf der Fläche 111, Taf. I,
Fig. 5 und 6 ist ein einzelnes Eck des Deltoidikositetraeders 311
parallel zur Octaederfläche orientiert.
Auf Tafel II, Fig. 14 zeigt die Fläche 111, die durch Ecken
von 311 und auch von 311, 111 hervorgebrachte Drusigkeit recht
deutlich; diese Drusigkeit wird aber undeutlich auf der Fläche llf
derselben Figur oder auf den Flächen lll und 111 der Taf. II,
Fig. 15. Auch negative drüsige Flächen oder orientirte Eindrücke
in Krystallflächen wie auf lll oben in Taf. II, Fig. 14 lassen sich
bemerken und können dieselben auch als Vertiefungen, wrelche durch
eine Krystallschale nicht ausgefüllt wurden, gedeutet werden, wie
denn überhaupt der Begriff der Drusigkeit der Flächen auch in ge-
wissen Fällen an die Schalenbildung erinnert.
Manche drüsigen Flächen zeigen halb verwachsene parallel orientirte
Krystallflächen 311, lll wie die Fläche lll auf Taf. II, Fig. 15,
welche Erscheinungen an Aetzfiguren auf Krystallflächen erinnern, ob-
wohl damit in diesem Falle keine wirkliche Aetzfigur, im wörtlichen
Sinne der Entstehung nach gemeint ist.
Grössere Goldkrystalle zeigen sehr charakteristisch die Skelett-
bildung; meist sind es die Rhombendodekaederflächen also die
Octaederkanten, wo die Anhäufung der Masse des Krystalles stattfand,
während die Octaederflächen selbst vertieft erscheinen, Taf. II, Fig. 13, 15.
Ueber den vertieften Octaederflächen breiten sich Balken meist parallel
zu einer Octaederkante aus und versteifen so zu sagen das Kanten-
krystallskelett, Taf. II, Fig. 15, Fläche 111. Manche solche Balken
oder Bänder wenn sie dünner sind, erscheinen unausgebaut, indem sie
von einer Octaederkante ausgehen aber nicht zu einer zweiten reichen ;
als wenn ihr Bau plötzlich aufgehört hätte, wie Fig. 15, Fläche lll
links zeigt. Von manchen Kanten sieht man im Wachsthum begriffene
solche Querbalken ausgehen , welche kaum im Aufbau begriffen schon
plötzlich spitzwinklig enden, Fig. 15, die zwei Kanten, welche die
Fläche lll begränzen.
Auch verlaufen solche Balken, die sonst parallel zu einer Octaeder-
kante, bei regelmässigem Aufbau der Krystallflächen gerichtet sind,
in gebogenen Linien, insbesondere an den grösseren Krystallen, und
bilden ein lockeres Maschenwerk, Taf. II, Fig. 13, Fläche lll; wie
denn überhaupt die grösseren Krystalle die Eigenthümlicbkeit haben,
alle an kleineren Krystallen nachgewiesenen Regelmässigkeiten und
geraden Kanten nur in Zerrformen und in wulstiger Rundung zu zei-
gen. Dass sich solche Balken oder Bänder der Skelette auch als
8
R. Helmhacker.
[8]
Krystallschalen auffassen Hessen, wurde früher sclion erwähnt, wie
denn viele krystallographischen Erscheinungen sich verschiedenen Er-
klärungsweisen gefügig zeigen.
Als Skelettbildung können auch die treppenfönnigen vertieften
Flächen aufgefasst werden, wie dieselben auf Taf. II, Fig. 14 auf der
Fläche 111 ersichtlich sind. Die Treppen vertiefen sich nicht gegen
den Kern des Krystalles zu, womit die eigentliche Treppenbildung be-
zeichnet wird, sondern sie laufen reihenförmig nur zu einer Kante
parallel, wie in der Zeichnung angedeutet ist. Die Treppen, deren
Bildung durch das Auftreten der Flächen von 110 und OOL hervor-
gebracht wird, erscheinen nach oben zu selbst stufig und absätzig und
interferiren mit undeutlich drüsigen Bildungen. Diese wenigen Stufen
sind an der Octaederfläche sehr deutlich ; oft haben die Octaederflächen
in einer Reihe verlaufende Stufen in ziemlicher Anzahl aufzuweisen,
deren Regelmässigkeit durch die starke Kerbung derselben senkrecht
auf ihre Längenrichtung etwas beeinträchtigt wird.
Alle diese Erscheinungen, wie die Schalenbildung, landkarten-
artige Zeichnung, Bänder, rauhe Drusigkeit, Treppenbildung, vertiefte
Flächen, verschwommene Drusigkeit, die an Aetzfiguren erinnert, kommen
nicht nur für sich an einem Krystall vor, sondern nicht selten zeigt
eine jede Octaederfläche ein anderes Aussehen wie dies der genau
nach der Natur gezeichnete Krystall, Taf. II, Fig. 14 auch Fig. 15
versinnlicht, wo jede Fläche auf andere Art ausgebildet erscheint.
Auch regelmässige Verwachsung zeigen die Goldkrystalle
in deutlichem Grade.
Häufig findet man verzerrte Octaeder, welche mit einer 111
Fläche parallel an einander angewachsen sind, wo bald beide Individuen
ziemlich gleich gross erscheinen oder das eine dem andern an Grösse
nachsteht. Taf. I, Fig. 4, 5. Oder sind ziemlich regelmässig ausge-
bildete Octaeder so aneinander gewachsen, dass ihre Achsen parallel
laufen, Taf. I, Fig. 3; oder sind die Octaeder in der Richtung einer
quadratischen Achse aneinandergereiht wie auf derselben Figur 3. er-
sichtlich ist. Grössere Octaeder, die sich in der Richtung einer qua-
dratischen Achse regelmässig aneinanderreihen, Taf. II, Fig. 13 werden
immer undeutlicher; der oberste Krystall ist der deutlichste, die tieferen
desto undeutlicher, je tiefer sie liegen und die untersten erscheinen
bloss knollig verzerrt.
Dass auch der auf Taf. II, Fig. 12 dargestellte treppenförmige
Gruppenkrystall sich an diese regelmässige Aneinanderwachsung in der
Richtung einer quadratischen Achse anschliesst, ist keiner näheren Er-
klärung bedürftig.
Von den bei Gold so häufig beobachteten Zwillingsbildungen
des Octaeders, Hexaeders, des Deltoidikositetraeders 311, Tetrakis-
hexaeders 210 oder des Rhombendodekaeders, welche als Juxtapositions-
zwillinge eine Fläche des Octaeders gemeinschaftlich haben, ist mit
Sicherheit nichts beobachtet worden. Vielen dieser Zwillinge kommen
an gewissen Kanten einspringende Winkel oder Winkel, die grösser
sind als 180° zu, ausser sie wären nach einer Achsenrichtung verkürzt
oder verzogen (Rose 1. c. Poggendorf, Annalen 1. c. ; Friedr. Hessen-
[9]
Gold von Sysertsk am Ural.
9
berg Mineralogische Notizen 7. Heft, Tab. 3, Fig. 35, 36. Abhandlung
der Senkenbergischen Gesellschaft in Frankfurt, Band 6).
Dafür aber kommen am Sysertsker Golde häufig Zwillinge vor,
an denen zwei Flächen von trigonaler Gestalt vorherrschen und die
dadurch das Aussehen kurzer trigonaler Platten oder bei unbedeutender
Dicke von trigonalen Blechen erlangen. An solchen Zwillingen sind
einspringende Winkel meist nicht zu beobachten. Diese Zwillings-
krystalle erlangen in ihrer grössten Ausdehnung 1 bis 5 Millimeter;
mit zunehmender Grösse derselben wird die Deutlichkeit unbedeutender.
Solche trigonale Platten lassen sich als Octaeder-Juxtapositions-
zwillinge, an denen die Berührungsebepe eine Fläche des Octaeders
ist, erklären. In Fig. 16, Tafel II ist ein Octaeder-Zwilling nach der
Fläche 111 in Juxtaposition gezeichnet und mit dünnen Linien ausge-
zogen. Wenn man aus den Flächen des Octaeders, welche der Be-
rührungsebene parallel laufen und gegen einander umgekehrt liegen,
Platten bildet, wie dieselben mit dicken Linien angedeutet sind und
dieselben an den Ecken anwachsen lässt, wie dies die dicken Punkte
anzeigen, und wenn man ausserdem die so erhaltenen zwei Platten, die
umgekehrt liegen, sich mit der Octaederfläche, welche zur Berührungs-
ebene parallel ist, berühren lässt, so dass sie beiden gemeinschaftlich
wird, so erhält man diese bei Sysertsker Gold beobachteten Zwillinge.
Wiewohl die gegebene Erklärung der Zwillingsbildung dieser Art
hinreichend ist, so erscheint dieselbe doch gezwungen, da so manches
vorausgesetzt werden muss.
Viel einfacher wird diese Art der Zwillingsbildung erläutert, wenn
das Gold als geneigtflächig hemitesseral krystallisirend angenommen wird.
Wenn beide aus einem Octaeder durch Zerlegung desselben er-
haltenen Tetraeder in ihrer ersten (+) und zweiten ( — ) Stellung so an-
einander gefügt werden, dass sie eine Tetraeder-(Octaeder)fläche gemein-
schaftlich haben, wie es in Fig. 17, Tab. II dargestellt ist, wo die
Fläche 11 1 des ersten Tetraeders in die Fläche lll des zweiten Te-
traeders fällt, so fallen die trigonalen Achsen beider Tetraeder, welche
durch die beiden gemeinschaftliche Octaederfläche zum gegenüberliegen-
den Eck gehen und wie dieselben in Fig. 17 durch dicke Linien
punktirt erscheinen, nicht in eine Linie. Wenn das vordere, erste
oder positive Tetraeder unverändert gelassen, das zweite, oder andere
oder negative Tetraeder aber in der, beiden gemeinschaftlichen Octaeder-
(Tetraeder)-Fläche um 180° gedreht wird, so fallen die trigonalen Achsen
dieser beiden umgekehrt liegenden Tetraeder in eine Linie, Fig. 18, Taf. II.
Tritt nun noch zu jedem Tetraeder eine Octaederfläche lll und
111 hinzu, so stellen diese Gestalten Fig. 18 die am Golde von Sysertsk
vorkommenden Zwillinge vor.
Das Gesetz würde für diese Juxtapositions-Zwillinge heissen: Das
erste und zweite Tetraeder haben eine Tetraederfläche und die auf der-
selben senkrecht stehende trigonale Achse gemeinschaftlich und liegen
demnach umgekehrt.
Da sich diese Zwillingsbildung durch Annahme der tetraedrischen
oder geneigtflächig hemitesseralen Krystallform des Goldes so leicht er-
Mineralogische Mittheilungen. 1877. 1. Heft. (Helmhacker.) 2
R. Helmhacker.
10
[10]
klären lässt, muss wohl für das Gold die hemiedrische Krystallaus-
bildung angenommen werden.
Betreff der tetraedrischen Krystallgestalt des Goldes ist es hier
nicht zum Erstenmale, dass darauf hingewiesen wird, denn schon Avdejov,
der uralisches Gold analysirte, nennt in seinem Aufsatze (Ueber das
krystallisirte Gold vom Bergingenieur-Capitän Avdeeff1) in Poggendorf
Annal. d. Physik und Chemie Band 53, 1841 auf pag. 159) „zwei
zusammengewachsene Tetraeder von 0-986 Gramm Gewicht, deren speci-
fiscbe Schwere im ausgestreckten Zustande 16 03 war“ und deren
Zusammensetzung er angibt. Näheres ist von Avdejov über diese
zusammengewachsenen Tetraeder von Gold, welche von den Gruben in
Berezov im Jekaterinburger Bergamtsdistrict herstammen, nicht ange-
geben, und wenn die Verwachsung dieser analysirten Krystalle der-
jenigen ähnlich gemeint war, wie sie hier als Zwillingsgesetz ausge-
sprochen wurde, so würde diese Art der Verwachsung schon lange auf-
gefallen sein. Es ist anzunehmen, dass die Angabe der tetraedrischen
Krystallgestalt des Goldes wie sie Avdejov angibt, richtig ist, denn als
Probirer in Jekaterinburg stammte er aus der berühmten mineralogi-
schen Schule der Bergakademie von Petersburg; ausserdem hat der
treffliche Mineralog General Cevkyn diese Mittheilung an G. Bose über-
mittelt und dadurch die Richtigkeit der Angaben des Aufsatzes anerkannt.
Die Dicke beider verkehrt liegenden Tetraeder ist nur in den
selteneren Fällen gleich, wie auf Fig. 18, Taf. II, meistens sind die-
selben ungleich dick, wie auf Fig. 19 und 20, wo das dickere in der
Zeichnung nach Yorne zu gerichtet ist. Die Zwillinge sind entweder
dick oder dünn plattenförmig, Fig. 19.
Wie bei einfachen Krystallen sind die Flächen der Zwillinge
gestreift; die trigonale Fläche trigonal, Fig. 19, Taf. II, die Ränder
aber scharf gestrichelt, Fig. 20, Taf. II.
An den Randflächen erscheinen oft in vielfacher Wiederholung,
also oscillatorisch, die Flächen von 211 als absät.zige schwach geneigte
Stufen, wodurch die Streifung der Ränder ihre Erklärung erhält.
Schalenbildungen sind an den trigonalen Flächen nicht selten;
so erscheint in Fig. 20, Taf. II auf der Fläche 111 eine ziemlich dicke
Schale, welche Streifung trägt und trigonale Vertiefungen besitzt.
Auch unvollkommene Schalenbildung ist zu beobachten, wie in
Fig. 21, Taf. II, wo die Schalen nur als breite Platten die unten einen
Winkel von 60° bilden, auf der Fläche 111 erscheinen und zwei trigo-
nale Kanten verstärken.
Deutliche Drusigkeit oder Skelettbildung, sowie andere Eigenthüm-
lichkeiten der Flächen wurden auf den Zwillingsgestalten nicht beobachtet.
Ausser diesen einfachen Gestalten treten auch Combinationen an
Zwillingsformen dieser Art auf.
Die Flächen des Hexaeders, Taf. II, Fig. 21, erscheinen mit
3 Flächen 100, 010, 001 als Abstumpfungen der Kanten, welche durch
zwei Tetraederflächen gebildet werden; die Flächen 001, 100, 010 aber
’) Ausgesprochen Avdejov, demnach auch so zu schreiben.
[11]
Gold von Sysertsk am Ural.
11
bilden eine Rinne im Zwillingskrystalle, welche die Zusammensetzungs-
fläche dann recht deutlich erkennen lässt.
Neben dem Hexaeder tritt aber auch das Deltoidikositetraeder
211 auf, welches auf Zwillingen dieses Gesetzes recht leicht erkannt
werden kann, ohne dass man nöthig hätte dasselbe zu messen. Es
stehen nämlich die Flächen dieser Gestalt auf einer der Octaeder-
flächen, folglich auch auf einer der Tetraederflächen senkrecht. Auf
der Fläche 1 11 oder 1 1 1 stehen in den Ecken der Flächen senkrecht :
121, 211 und 112; auf denselben Flächen stehen in der Richtung der
Kanten senkrecht : 112, 211, 121. Es stehen demnach auf dieser
Tetraederfläche 111 sechs Flächen dieses Deltoidikositetraeders senk-
recht; und weil diese Tetraederfläche die Zusammensetzungsfläche ist,
so müssen auch diese sechs Flächen des andern in umgekehrte Lage
gebrachten Tetraeders auf der Berührungsfläche senkrecht stehen, dem-
nach diese sechs Flächen des Zwillinges nach der Drehung des einen
Tetraeders in eine Ebene zusammenfallen. Es entstehen demnach keine
einspringenden Winkel, was bei einem jeden anderen Deltoidikosite-
traeder der Fall sein würde, weil bei keinem Deltoidikositetraeder nur
bei 211 die Flächen auf den Octaederflächen senkrecht stehen. Diesen
Zwilling zeigt Taf. II, Fig. 22. An demselben Zwilling treten auch
nur 3 Hexaederflächen auf; die drei andern Hexaederflächen könnten
nur in dem zarten Strich (als feiner Rinne) zwischen den, in der Rich-
tung der Zusammensetzungsebene liegenden drei Flächen 112, 211, 121
und den mit denselben in eine Ebene fallenden 3 umgekehrt liegenden
vorhanden sein.
Nachdem die tetraedrische Ausbildung der Goklkrystalle nachge-
wiesen ist, kann die auf Taf. I, Fig. 9 auf Octaedern auftretende Ker-
bung der Kanten ohne bedenkliche Hindernisse, die dagegen sprechen
würden, auch auf die Art erklärt werden, dass in solchen Krystallen
eigentlich zwei sich durchdringende beinahe im Gleichgewicht ent-
wickelte Combinationen des ersten (+) und des zweiten ( — ) Tetrae-
ders vorliegen. Der Krystall Fig. 9 wäre demnach ein Penetrations-
Zwilling , obwohl , wie oben angeführt , die Kantenfurchung auch
durch Schalenbildung ihre Erklärung finden würde.
Um möglicher Weise auf den Zusammenhang der tetraedrischen
Krystallgestalt mit der Zusammensetzung zu kommen, wurde das speci-
fisehe Gewicht aller dieser verfügbaren eigenthiimlichen Zwillinge des
Goldes von trigonaler Form im Gesannnt-Gewichte von 0-50 Gramm
(11 Stück) mit 16’416 bestimmt.
Es kann jedoch aus der Dichte kein weiterer Schluss gezogen
werden, ausser dass möglicher Weise das Gold der Zwillinge silber-
hältiger ist, wenn auf die Richtigkeit der Dichtenbestimmung bei der
geringen Menge eines so sehr schweren Minerales, wie es das Gold ist,
ein besonderes Gewicht zu legen wäre. Im äussersten Falle ist das
specif. Gewicht der Zwillinge demjenigen der Octaeder sehr nahe.
An diesem Orte sei es gestattet die Beobachtung Avdöjov’s hier
einzuschalten; dass die Gold-Rhombendodekaeder die goldreichsten sind
und am Ural nie unter 9 1 °/0 Au enthalten, während die Octaeder und
2*
R. Helmhacker.
12
[12]
Tetraeder ärmer an Au sind; die Tetraeder aber wieder goldreicher
als die Octaeder erscheinen.
Diese zweite Angabe, dass die Tetraeder goldreicher als die
Octaeder wären, hat keine allgemeine Geltung, denn .da nur ein ein-
ziger solcher Versuch bei Avdejov gemacht wurde, ist er nicht zu ver-
allgemeinen; unsere Tetraederzwillinge wiedersprechen dem aber be-
stimmt. Der bedeutende Reichthum an Gold in Krystallen der Form von
Rhombendodekaedern gegenüber dem Goldgehalte anderer Krystall-
gestalten des Goldes bewährt sich aber und findet an den Rhomben-
dodekaedern des Goldes von Eule in Böhmen, die gegen 98% Au ent-
halten, seine nochmalige Bestätigung.
Auch einer anderen wichtigen Eigenschaft des Goldes, die in den
Handbüchern meist vermisst wird und die Avdejov nachwies, sei hier
erwähnt; nämlich der Zunahme des specifischen Gewichtes, welches
das krystallisirte Gold erleidet, wenn es ausgewalzt wird. Das krystalli-
sirte Gold hat nicht das Maximum der Dichte des Goldes. Avdejov
wies dies durch vielfache Versuche nach, indem er die Dichte von
Goldkrystallen bestimmte, dann dieselben verwalzte und die Goldstengel
wieder auf die Dichte untersuchte.
Zum Schlüsse seien hier noch die bisher am Gold beobachteten
einfachen Krystallgestalten angeführt:
1) 100 Hauy 7) 321 Lang2)
2) 111 „ 8) 421 Rose
3) 110 „ 9) 19, 11, 1 ? Rose3)
4) 210 Rose 10) x 111 Avdejov4)
5) 211 Dufrenoy1) 11) x 111 „
6) 311 Rose
Es ist demnach, trotzdem dass das Gold ein so gemein verbrei-
tetes Mineral ist, welches auch nicht gar so selten krystallisirt ange-
troffen wird, die Zahl der an demselben beobachteten Flächen eine
unbedeutende, was der Kleinheit der Formen der Krystalle, noch mehr
aber ihrer verzerrten Ausbildungsweise zuzuschreiben ist.
]) Die Form 211 findet man selten in Lehrbüchern, oder als zweifelhaft
angeführt, obwohl sie Dufrenoy Comptes rendu 29, 193 am Golde von der Provinz
Goyaz in Brasilien angibt. Diese Form, deren Vorkommen hier unzweifelhaft nach-
gewiesen ist, scheint wirklich nicht gemein zu sein.
Mohs gibt im „Grundriss der Mineralogie“ 1824 p. 510 am Golde an: H 100,
0 111, D 110, C2 211, welches er richtig in Tom. I Fig. 30 abbildet. Bei Gold-
zwillingen gibt er an die Zwillingsbildung C2 nach 0, die er auf Fig. 153 Tom. II
zeichnet und auf pag. 729 als C2 j-^-J erklärt. Die Zeichnung Fig. 153 stellt aber
nicht die Form C2 sondern diejenige von C3 311 vor, so dass man schliesslich nicht
sicher ist was wichtiger erscheint, ob der Text oder die Zeichnung?
2) Nach Lang, Jahresbericht für Chemie 1863, pag. 791 soll am Gold diese
Form 30f Vorkommen. Es scheint also diese Gestalt am Golde nicht gänzlich
sichergestellt zu sein.
3) Diese in Poggendorf Annalen Band 23, 1831 p. 199 besprochene Form
vereinfacht Quenstedt (Mineralogie 1863 p. 556) zu 3a : fa : ~a = 15, 9, 1.
4) Avdejov gehört die Priorität für diese Formen, da er (1. c. p. 159) von
denselben spricht.
Lieber Diabas von Almaden und Melaphyr von Hankock.
Von R. Helmliacker.
1. Diabas von Almaden (Spauien).
Die Stadt Almaden liegt in dem Kreise Ciudad-Real in der Pro-
vinz la Manche in Spanien. In der Umgebung der Stadt treten sibirische
und devonische Schichten auf, wie dies von Barrande und Verneuil
nachgewiesen wurde, in deren ersteren die reichen Cinnabarit - Lager-
stätten zum Vorschein kommen.
Die Gesteine bestehen aus schwarzen, bräunlichen oder weissen
Grauwacken schiefem mit Versteinerungen und aus meist weissen oder
röthlichen, theilweise mit weissen Adern durchzogenen feinkörnigen
Quarziten, welche in der Nähe der Schiefer schwarzgrau werden.
Ein Vorkommen, welches an gewisse untersilurische Schichten in
Böhmen, insbesondere an den unteren Theil der Etage D errinnert.
Mit diesen Gesteinen kommt ein anderes vor, welches den Namen
„Frailesca“ führt, und das im Grauwackenschiefer mächtige Lager zu
bilden scheint, welche in der Nähe der im Quazit auftretenden Cinna-
barit - (Lager) Imprägnationen auftreten. Ob sich dieses Gestein im
Hangenden oder Liegenden der Erzlager befindet, erscheint nach den
Grubenkarten bei dem steilen und selbst beiderseitigen Verflachen der
Schichten unentschieden, weil die Lager am Ausbiss nach 75 — 80°
gegen Nord in der Grube aber am 9. und 10. Lauf nach Süden ein-
fallen.
Der San Teodoroschacht ist in dieser Frailesca bis zwischen dem
10. und 11. Lauf niedergeteuft.
Die beste Beschreibung von den wenigen, die über Almaden’ s
Quecksilber-Bergbau bekannt sind, ist diejenige vom Bergwerks-General-
inspector Jose de Monasterio y Correa, welche sich unter dem Titel:
Mineralogische Mittheilungen. 1877. 1. Heft. (Helmhacker.)
14
R. Helmhacker.
[2]
„Notice sur les mines de mercure d’Almaden (Espagne)“ in der Revue
universelles de mines, de la metallurgie etc. von Cuyper; Tome 29,
I. Semestre 1871, auf pag. 1 — 26 vorfindet.
Monasterio y Correa beschreibt nun dieses Gestein, welchem die
Bergleute den Namen von „frailesca“ oder „franciscana“ wegen seiner
Aehnlichkeit mit der Farbe des Kleides der Franciscaner, (Cordeliers
— frailes franciscos), welche dasselbe oft besitzt, gegeben haben, fol-
gendermassen (pag. 8. 1. c.) :
„Diese Gebirgsart hat eine schiefrige breccienartige Structur mit
Bruchstücken von schwarzem Schiefer, mit dem Bindemittel von dolo-
mitischem lichtgrauen Kalk, und ist untermischt mit kleinen Sand- und
Quarzitkörnchen. Sie ist sehr hart und an der Luft sehr widerstands-
fähig, zwei Umstände, welche dieselbe zum Abteufen der Schächte in
Almaden recht geeignet machen, welche dadurch weder Zimmerung
noch Mauerung bedürfen.
Die Frailesca begleitet die Schichten, welche die Cinnabaritlager-
stätte bilden, folgt ihren Biegungen, obwohl sie auf den ersten Blick
den Anschein einer Art Insel hat, die inmitten der Quarzite und
Schiefer ruht.“
Das zeugt nun für die Lagernatur dieses Gesteines.
Weiter heisst es hier: „Die plutonischen Felsarten des Gebietes
von Almaden sind ziemlich zahlreich und gehören ohne Zweifel ver-
schiedenen Zeiträumen an.“
„Wir erwähnen bloss die Melaphyre, die trachytischen Porphyre
und die Granite; da es unser Zweck war nur eine Idee der allgemeinen
Verhältnisse der Gegend zu geben, in welcher die Gruben sich befinden.“
Auf der Grubenkarte, die den neunten Lauf im Grundriss dar-
stellt, ist ein solches mit dem Namen Porphyr bezeichnetes Gestein
verzeichnet, an dem das San Nicolas - Lager im östlichen Grubentheil
schief absetzt und welches demnach einen Stock oder Gang bilden
würde, wenn nicht vielleicht eine Verwerfung vorliegt, worüber auszu-
sprechen es hier unmöglich ist.
Mit einer Suite das Erzvorkommen von Almaden auf der Wiener
Weltausstellung 1873 vorstellend, erhielt ich Kenntniss von diesen
beiden Gesteinen: dem Gestein, welches man in Almaden „Porphyr“
und „Frailesca“ nennt. Dieselben sollen hier nicht nur aus der Ursache
beschrieben werden, weil das Vorkommen des Erzes dort eines der
interessantesten ist, sondern weil diese sibirischen Gesteine bis zum
Verwechseln an böhmische Vorkommnisse erinnern.
Das unter dem Namen Porphyr von Almaden angeführte Gestein
ist Diabas. Derselbe ist von den frischeren Diabasen von Sedlec bei
St. Ivan und Radotm in Böhmen, welche in den oberen Schichten der
Etage Dd5 Lager (gewesene Decken) bilden, kaum zu unterscheiden,
nur dass er etwas frischer erscheint, eben weil er aus der Grube
stammt. Der nur wenig zersetzte spanische Diabas zeigt auf einer an-
geschliffenen Fläche deutlich bis 1V2 mm. breite und bis 8 mm. lange
[3]
Ueber Diabas von Almaden.
15
Querschnitte von Plagioklas neben schmutzig dunkelgrünen andern Ge-
mengtheilen.
Im Bruche sind die Spaltungsflächen des Plagioklases (Labradorites)
glänzend, ziemlich deutlich, und die meisten auf 001 gestreift; selbst Kry-
stallflächen von 001 und 010 lassen sich beobachten. Die Neigung dieser
zwei freilich nicht gänzlich ebenen Flächen von 1 mm. Breite wurde
unter dem Mikroskope durch Einstellen mit der Hand 93° 32' (aus
mehreren Messungen) bestimmt. Die weissen Krystalle des Labradorites
erscheinen stellenweise schmutzig grünlich durch staubartig eingedrun-
genen Chlorit gefärbt, manche erscheinen wie gebrochen und mit wolkig
vertheiltem Chlorit verbunden.
Mit dem Labradorit der Menge nach ziemlich im Gleichgewichte
stehend ist der Augit. Derselbe zeigt keine deutlich begrenzten Krystall-
flächen, auch keine deutliche Spaltbarkeit, sondern einen unebenen
Bruch und dunkelbraune Farbe. Er scheint sich mit seinen Formen
mehr den früher krystallisirten Plagioklasen angeschmiegt zu haben.
In geringerer aber doch hervortretender Menge tritt der Chlorit
in sehr feiner Vertheilung auf, welcher theilweise in grösseren Partikel-
chen ausgeschieden ist, aber als grünfärbendes Mineral im weissen
Labradorit besonders auffällig wird.
In geringster Menge finden sich kurze höchstens 1li mm. dicke
Plättchen von eigentümlich eisenschwarz glänzendem Ilmenit.
In besonders günstigen Fällen lassen sich dessen nicht ganz pa-
rallel verwachsene Gruppenkrystalle 0001, 1011? und 1010 schon mit
der Loupe erkennen. Dass dieses Mineral wirklich Ilmenit und nicht
Magnetit ist, zeigen dessen Bruchformen, die parallelepipedisch sind;
ausserdem aber wurde dasselbe vor dem Löthrohr als Ilmenit bestimmt.
Hie und da zerstreut finden sich Körnchen oder Gruppen von
Pyrit in ziemlich untergeordneter Menge.
Der wenig zersetzte Diabas enthält keinen Calcit als Zersetzungs-
product des Plagioklases, indem derselbe in verdünnter Chlorwasser-
stoffsäure keine Gasblasen entwickelt, ja der Labradorit sich gar nicht
mit Bläschen von Kohlensäure bedeckt.
Im Dünnschliff zeigt das Gestein folgende Eigenthümlichkeiten
unter dem Mikroskope:
Die Plagioklase erscheinen bei starker Vergrösserung nicht gänz-
lich durchsichtig, obwohl sie im polarisirten Lichte recht deutlich
wenige Zwillingslamellen zeigen. Entweder in der Richtung einer Spal-
tungsfläche, oder ohne alle Regel zeigen sich in derselben kleine Chlorit-
schuppen: stellenweise sind inmitten der Labradoritmasse nur sehr
wenige, theilweise übereinander geschobene solche Schüppchen anzutreffen.
Ausser diesen Chloriteinschlüssen sind in den Plagioklaskrystallen stel-
lenweise sehr zahlreich hexagonale lange Apatitnadeln eingewachsen.
Die Nadeln sind alle ziemlich gleich dick, etwa x/6 0 mm.
Der Augit zeigt unter dem Mikroskope eine licht gelblichbraune
Farbe und ziemlichen Grad von Durchsichtigkeit; derselbe ist von
16
R. Helmhacker.
[4]
zahlreichen dicken Sprüngen in allen Richtungen durchsetzt, innerhalb
welcher die Augitsubstanz im polarisirten Lichte lebhafte Farben zeigt,
entgegen den schwachen chromatischen Erscheinungen des Augites, des
Diabases aus der Tiefe von 1000 m. des Adalberti - Liegendganges in
Pribram. Die Ränder des Augites, obwohl scharf, sind dennoch nicht
scharfkantig. Nur bei bedeutenden Vergrösserungen von 400—500 be-
merkt man, dass sich in manchen Klüften des Augites etwas Chlorit
angesiedelt. hat.
Wenn aber sonst am frischen Augit Chloritschuppen zu sehen
sind, so lassen sich dieselben eher als selbstständige Aggregate als im
Augit eingewachsene Parthien deuten. Starke Vergrösserungen lassen
im Augit zahlreiche Flüssigkeitseinschlüsse bemerken. Fremdartige
Einschlüsse, insbesondere aber Apatit, sind im Augit abwesend.
Der Chlorit, obwohl nach Plagioklas und Augit das in geringerer
Menge auftretende Mineral, ist durch reine gelblichgrüne, oder bräunlich
grüne, meist aber lebhaft saftgrüne Farbe, wo er aus zahlreichen Schup-
pen bestehende selbstständige Parthien bildet, auffällig. Die im Plagio-
klas eingewachsenen, oder auch etwas loser gehäuften Schuppen sind
mattgrünlich.
Immer ist aber ihr Dichroismus bedeutend und zeigen dieselben
auch chromatische Erscheinungen im polarisirten Lichte, wiewohl in
schwachen Graden. Die nicht schuppig zusammengesetzten Chlorite
zeigen bei starker Vergrösserung Flüssigkeitseinschlüsse.
Der Ilmenit fällt durch seine Undurchsichtigkeit auf; Schliffe in
der Richtung quer auf eine hexagonale Nebenachse lassen ihn als
langgezogene Rechtecke zum Vorschein kommen. Häufig liegen solche
Rechtecke, also die ursprünglichen Krystalle so nahe an einander, dass
zwischen denselben nur ein so enger Zwischenraum stattfindet, der
gegenüber der Dicke der Krystalle unbedeutend ist. Die Dicke der
Umenitkrystalle schwankt zwischen Vio bis Vs mm- Manche Krystalle
dieses Minerales bilden im Schliffe netzförmig sich kreuzende Aggregate.
Der Menge nach mit dem Ilmenit wohl übereinstimmend, oder
nur unbedeutend zahlreicher sind kleine Quarzkörnchen von 3/ö bis
3/10 mm. Breite, die sich den Untersuchungen des Diabases mit der Loupe
gänzlich entziehen und nur durch den bedeutenden Grad ihrer Durchsich-
tigkeit, die wenig langgezogene, vielmehr gerundete Form, dann durch
die zahlreichen Flüssigkeitseinschlüsse, welche sie bei starken Vergrös-
serungen zeigen, sowie durch ihre starke Farbenveränderung im polari-
sirten Lichte unter dem Mikroskope auffallen. Die Quarzkörnchen lieben
besonders die Nähe des Plagioklases.
Calcit, sowie irgend welche amorphe Glasmasse, ist nicht nachge-
wiesen worden.
Schwarze gehäufte Körner lassen sich als Pyrit erkennen.
In einem an Chlorit anstossenden Quarzkörnchen stacken vom
Chlorit aus büschelförmig verlaufend einige kurze am Ende schief ab-
geschnittene Kryställchen von etwas bedeutenderer Dicke als die Apa-
[5]
Ueber Diabas von Almaden.
17
titkryställchen und von bläulich grüner Farbe. Da der Dichroismus der-
selben ziemlich bedeutend war, so dürften dieselben als Amphibol zu
deuten sein!
Das specif. Gewicht des Diabases wurde mit 2-874 (mit 2'42
Gramm) bestimmt.
Nicht nur die äussere Erscheinungsweise, sondern auch das Ver-
halten unter dem Mikroskope dieses Diabases von Spanien stimmt auf-
fällig mit den Diabasen von Böhmen, die aber als etwas zersetzt Calcit
einschliessen. Frische Diabase von Böhmen dürften auch des Calcites
entbehren.
Das zweite, in Almaden als Lager vorkommende Gestein, die
„Frailesca“ ergibt sich als Diabastuffschiefer (oder Schalstein-
schiefer) und hat mit manchen in der tiefsten Zone der Etage D und
zwar in Ddi in Böhmen auftretenden Gesteinen, die auch mitunter
ziemlich haltbar sind, eine bedeutende Aehnlichkeit.
Das Gestein ist grobschiefrig, im Bruche unebenschiefrig und
besteht aus einer schwarzgrauen, grauwackenschieferartigen feinkörnigen
Masse, in welcher scharfkantige kleine bis höchstens haselnussgrosse
Bruchstücke, mit der platteren Seite zur Schieferung parallel gelagert,
von schmutzig lichtgrauer oder gelblichgrauer Farbe zahlreich einge-
bettet sind.
Diese scharfkantigen Trümmer erweisen sich als ein zusammen-
gesetztes im hohen Grade zersetztes Gestein, vielleicht als Diabastuff.
Sowohl die schwarzgraue schiefrige Grundmasse als auch die Brocken
sind mit dem Messer ritzbar, angehaucht geben sie einen starken Thon-
geruch von sich, und sind quer auf die Richtung der schiefrigen Textur
mit dünnen, höchstens Millimeter dicken Calcitklüftchen, welche sowohl
durch die Grundmasse als die eingebetteten Brocken durchgehen, spär-
lich durchsetzt.
Sowohl die Grundmasse als die Brocken entwickeln in kalter
verdünnter Chlorwasserstoffsäure keine Bläschen, wohl aber in erwärmter,
zum Beweise, dass sie durch Dolomit oder dolomitischen Kalk im-
prägnirt sind.
Mit dem Mikroskope kann man solchen hoch zersetzten Trümmer-
Gesteinen nicht beikommen, es entscheidet da mehr die Aehnlichkeit
mit andern schon gut bekannten Gebilden und da muss die zum Ver-
wechseln grosse Aehnlichkeit von manchen (unter)-silurischen Gesteinen
in Böhmen und Spanien auffallen.
Durch die Munificenz des hohen Ministeriums für Landescultur
und Bergwesen wurden die demselben untergeordneten Bergakademien mit
einer Suite von Almadener Erzen und Gesteinen, welche auf der Wiener
Weltausstellung Vorlagen, betheilt, und dadurch diese Arbeit ermöglicht.
Mineralogische Mittheilungen. 1877. 1. Heft (Helmhacker )
3
18
R Helmhacker.
[6]
2. Melaphyr von Hankock (Michigan U. S.)»
Die Melaphyre des Iveweenaw-Point im Lake Superior, Michigan
U. S. bilden mächtige Lager im Untersilur und zwar in der Potsdam-
Gruppe, welche aus Sandsteinen und Conglomeraten bestellt. Früher
wurden diese in Amerika als Trapp (Diabas) bezeichneten Gesteine
der Permformation zugezählt, haben sich aber als untersilurische Mela-
phyre, welche durch ihre reichen Lagerstätten von gediegen Kupfer
und Silber berühmt geworden sind, erwiesen. Schon Geinitz bezeich-
nete ein ihm übermitteltes Gesteinsstück aus der Kupferregion des
Superior-Sees sogleich als Melaphyr.
Schon lange war es mir sehr erwünscht, diese untersilurischen
Gesteine zu erlangen und Prof. Kupelwieser erfüllte dies Jahr meine
Bitte, indem er mir zwei Brocken des Eruptivgesteines mitbrachte,
wofür ich demselben dankbar bin.
Diese Gesteine stammen von der Quincy-mine, nördlich in der
Stadt Hankock, welche im südlichen Theil von Keweenaw- Point am
Lake Superior, Michigan U. S. liegt.
Der eine Brocken ist vom Hangenden, der andere vom Liegenden
der Kupfer- Lagerstätte.
a) Melaphyr des Kupfer-Hangende n.
Das Gestein im Hangenden der Lagerstätte von gediegen Kupfer
ist kleinkörnig und schon mit freiem Auge erkennt man in demselben
zwei Gemengtheile; einen blass fleischrothen spaltbaren, welcher in den
grösseren Körnchen lichtgrünlich verblasst ist und den man auf den
ersten Blick für Orthoklas halten könnte, wenn nicht andere kleinere
stabähnliche Ivrystalle unter der Loupe eine oder höchstens zwei Fur-
chen auf einigen der Spaltungsflächen zeigen würden. Weil dieses dem
Orthoklas ähnliche Mineral im Dünnschliffe die Zwillingsstreifung nicht
so deutlich zeigt als es wünschenswerth erscheinen würde und in welchem
man wohl dann Orthoklas vermuthen könnte, wurde ein Bröckelchen,
an welchem die Spaltungsrichtungen 001 und 010 ersichtlich waren,
unter dem Mikroskope eingestellt und der Winkel beider Spaltungsrich-
tungen aus 12 Beobachtungen im Mittel mit 86° 50' (Gränzwerthe von
84° 10' bis 88° 20') bestimmt. Weil aber die Gränzwerthe zu weit
auseinander fielen, was wegen der nicht vollkommenen Ebenheit der
Haltungsflächen erklärlich erscheint, wurde ein anderer etwas grösserer
gegen 2 mm. langer Krystall herausgelöst und zerbrochen und der
Winkel der Theilungsflächen nochmals aus 7 Beobachtungen mit 93° 10'
(zwischen den Gränzwerthen von 92° 20' und 94° 10') bestimmt. Die
Uebereinstimmung beider Beobachtungen bestätigt also das Vorhanden-
sein eines Plagioklases.
Der andere Gemengtheil ist tief dunkelgrün, wenig glänzend, dicht,
uneben brechend ; derselbe ist weder Olivin, weil er nicht dessen Härte
besitzt, noch Serpentin, weil er sich mit Calcit leicht zu einem grün-
[7]
Gtolcl von Syiel-tsk am Ural.
19
liehen Pulver schaben lässt und dabei milde ist. Das Mineral würde
man am ehesten noch für dichten Chlorit oder ein demselben ähnliches
Mineral zu halten geneigt sein.
Mehr Mineralien sieht man mit freiem Auge in dem Gesteine nicht.
Im Dünnschliff zeigt das Gestein eine mannigfaltigere Zusammen-
setzung als diejenige, welche sich dem freien Auge darbietet.
Vorherrschend erscheinen unter dem Mikroskope langgezogene
Stäbe von Plagioklas von gegen J/l0 mm. Breite, durch deren parallele
Verwachsung mit ihren längeren Seiten aber breitere, an den Ecken
rechtwinklig stufig abgesetzte, oder nicht gebrochenlinig begränzte
parallele Verwachsungen entstehen. Die Farbe ist licht fleischroth,
doch nur stellenweise ; ein Dritttheil bis die Hälfte der Plagioklasdurch-
schnitte ist unregelmässig meergrün gefärbt. Die meergrüne Färbung,
obwohl auch im Krystallinnern unbestimmt begränzt auftretend, nimmt
meist die Enden oder Ränder der rechteckigen Querschnitte ein, so
dass dieselbe als eine secundäre aufzufassen ist. Bei starken Vergrösse-
rungen von 300—400 erweiset sich ein Theil der licht lleischrothen
Farbe als von zarten, schmutzig röthlichbraunen, durchscheinenden
Schuppen, wahrscheinlich von Haematit herrührend, während die Ur-
sache der meergrünen Färbung nicht zu ergründen ist. Im gewöhn-
lichen Lichte zeigen sich spärliche Zwillingsstreifen beinahe etwas
deutlicher als im polarisirten, weil das Farbenspiel der Plagioklase ein
undeutliches ist. Die frischeren fleischrothen Parthien zeigen andere,
bald blässere bald deutlichere Farben im polarisirten Lichte als die
meergrünen, welche Aggregatpolarisation zeigen und sich als wenig
spaltbar, demnach als fein krystallinisch, bei sehr schwacher Vergrösse-
rung als dicht ergeben. Wegen der undeutlichen Erscheinungen, welche
auf wiederholte Zwillingsbildung, also auf einen Plagioklas deuten
würden, wurden die früher angegebenen Winkel der Spaltungsgestalten
bestimmt; ein Fingerzeig, wie leicht man den Plagioklas mit Orthoklas
verwechseln könnte.
Die kleineren Rechtecke des Plagioklases sind bis auf unbedeu-
tende Parthien schon gänzlich meergrün gefärbt.
Das zweite Mineral, nach dem Plagioklas das häufigste, tritt in
ziemlich grossen, gerundet eckigen, lebhaft saftgrünen Massen auf, welche
als ein Zersetzungsproduct des Olivins zu deuten wären. Dichroismus
zeigt das saftgrüne Mineral wohl, aber nicht sehr bedeutend ; im polari-
sirten Lichte zwischen beiden Nikols zeigt es deutliche Farbenände-
rungen von gelblich, gelblichgrün , grünlichbraun bis dunkeiblattgrün
und erweiset sich in den meisten Fällen als ein schuppiges Aggregat
mit Aggregatpolarisation. Zersprungene Parthien sind nicht häufig zu
beobachten; einige haben einen ganz deutlichen Rand; andere, aber nicht
die meisten, besonders die kleineren wurden am Rande von röthlich-
braunen durchscheinenden auch in’s Innere reichenden schuppigen Fetzen
von Haematit eingefasst, welche am äussersten Rande durch einen
schwarzen undurchsichtigen, wohl aus Ilmenit bestehenden Saum ver-
stärkt werden.
3*
20
R. Helmhacker.
[8]
Manche dieser saftgrünen Körner werden von einer Zone von
Ilmenit eingefasst; besonders die kleineren zeigen dies deutlich, ohne
dass diese schwarze Umrandung als Zersetzungszone zu deuten wäre.
Manche kleinere grüne Körner bestehen beinahe ganz aus Haematit-
fetzen. Andere Ausscheidungen oder eingewachsene Mineralien sind
in dem grünen Mineral nicht zu finden, ausser etwa von Plagioklasen,
welche die grösseren Körner durchwachsen.
Neben diesen zwei häufigsten Mineralien tritt in ziemlich grossen
aber nur zerstreut auftretenden Brocken, von nicht deutlich geradlinig
begränzten Umrissen der Augit auf. Derselbe zeigt seine in Dünn-
schliffen charakteristische Farbe, ist netzförmig zersprungen und jedes
zwischen den Sprüngen eingeschlossene Augitstückchen zeigt deutliche
Polarisationsfarben. Ausser wenigen Körnchen von Magnetit sind in
demselben keine anderen Einschlüsse zu bemerken.
Häufig sind in dem Gemenge Stäbchen von Ilmenit von etwa Vas
bis V20 mm. Breite und bis Sfacher Länge zerstreut; dieselben sind
aber nicht in anderen Mineralien eingewachsen, sondern lagern an den
Gränzen zwischen den verschiedenen sich gegenseitig ganz oder mittelbar
berührenden Gemengtheilen.
Den zwischen den Gemengtheilen noch erübrigenden, sehr beschränk-
ten Raum nimmt eine homogene, chokolade- bis graulichchokoladefärbige
halbdurchsichtige Glasmasse ein , in welcher sich kleine zahlreiche
Magnetitpunkte, oder zu rechtwinklig auf einander stehenden gekörnelten
Stäbchen gruppirte Magnetitoctaeder, oder auch dünnere Stäbchen von
Ilmenit ausgeschieden linden. Diese Glasmasse erscheint manchesmal
in den Plagioklaszwillingen, theilweise parallel zur Zwillingsebene als
dünne Schicht mit ausgeschiedenen Magnetitkörnern eingedrungen.
Nur selten ist auch ein einzelnes grösseres Korn von Magnetit
in der saftgrünen Olivinpseudomorphose zu sehen.
Apatit wurde mit Sicherheit nicht beobachtet.
Das specilische Gewicht des Hangend-Melaphyres wurde aus 2-64
Grammen mit 2’827 bestimmt.
b) M e 1 a p h y r vom Kupfer-Liegenden.
Dieser Melaphyr ist von chocoladebrauner Farbe und dicht. In
demselben glitzern kleine Krystallspaltungsflächen von kaum Mohngrösse;
sowie sich auch in der dichten Grundmasse kleinwinzige schwarzgrüne
matte Mineraltheilchen erkennen lassen. Nur ausnahmsweise ist ein
bis erbsengrosser Krystall eines Plagioklases in dem Gestein von klein-
porphyrartiger Textur eingewachsen. Solche grössere sehr spärliche Kry-
stalle zeigen oberflächlich bei mehr oder weniger deutlicher Spaltbarkeit
ein etwas verändertes, steatitähnliches Ansehen, ein Beweis des Ange-
griffenseins derselben.
Die haardünnen Klüfte, denen nach das Gestein abgelöst erscheint,
sind entweder mit einem bläulichweissen oder schmutzig rothbraunen
[9]
Heber Diabas von Almaden
21
Hauch von Kaolin und Haematit überzogen. Andere Klüfte von der
Dicke von wenigen Millimetern sind striemig gefurcht und bestehen aus
einem schmutzig dunkelgrünen Mineral, wahrscheinlich Chlorit, in wel-
chem Plättchen, wahrscheinlich von Orthoklas von fleischrother Farbe,
eingelagert erscheinen.
Im Dünnschliff unter dem Mikroskope erscheint der Melaphyr
gleichfalls von porphyrartiger Textur, indem in einer verworren klein-
krystallinischen Grundmasse grössere Krystalle eingewachsen erscheinen.
Die eingewachsenen durchsichtigen farblosen Krystalle sind ent-
weder einzelne Individuen von 1/1Q bis Vis mm. Breite und einer 3- bis
ßfachen Länge, oder Krystallaggregate, entstanden durch rechtwinklige
Verwachsung in Form von L oder durch Anreihung der Krystallindi-
viduen den Längenseiten nach, wodurch sie auch mit stufenförmig
gebrochenem Rande erscheinen, oder ganz regellose Anhäufungen bilden.
Die L-förmigen Verwachsungen könnten Zwillinge sein, weil dieselben
eine von der Ecke des L ausgehende Zwillingsfurche gegen beide Indi-
viduen etwa gleich geneigt (45°) zeigen. Die kleinen Zwischenräume,
in denen sich die Krystalle in den Aggregaten nicht berühren, sind mit
gefärbter Grundmasse erfüllt, welche auch inmitten der Krystall-
substanz wiewohl recht spärlich in kleinwinzigen Häufchen eingeschlos-
sen erscheint. Die Krystalle, welche die phorphyrartige Structur
bedingen, zeigen im polarisirten Lichte Zwillingsstreifung, jedoch weniger
häufig, auch nicht so zahlreich und auch weniger scharf als man dies
sonst bei ganz frischen Plagioklasen zu sehen gewohnt ist. Das etwas
weniges veränderte Aussehen der grossen eingewachsenen Krystalle
scheint dieses zu erklären, denn die allererste Aenderung, welche die
Plagioklase durch die anfangende Zersetzung erleiden, ist das Undeutlich-
werden, wenn nicht der gänzliche Verlust der Zwillingslamellen.
Ausser diesen Plagioklaskrystallen und deren Aggregaten bemerkt
man noch Körner des vordem beschriebenen Olivinzersetzungsproductes
von grasgrüner Farbe, welches nur schwachen Dichroismus zeigt und
der Grösse nach den Orthoklaskrystallen bedeutend nachsteht. Polari-
sationsfarben zeigt es lebhafte von gelblichgrün bis tief blaugrün.
Die Grundmasse ist ein Gewirre von Gemengtheilen, von denen
ganz regellos zerstreut liegende kurze Stäbchen von durchsichtigem
farblosen Plagioklas den Hauptgemengtheil bilden. Die Plagioklas-
stäbchen zeigen constante Grösse, indem sie bei der Länge von Vs
bis Vg mm. die Breite von 1/i0 mm. besitzen. Dieselben zeigen im
polarisirten Lichte nur einerlei Farbe, oder höchstens inmitten die
Andeutung eines Zwillingsstriches, was nicht hindert dieselben für Pla-
gioklas zu halten, da die Breite derselben ohnehin geringer ist als
die Breite der wenigen Zwillingslamellen, aus welchen die phorphyr-
artig eingewachsenen Krystalle zusammengesetzt sich zeigen.
Nebst den Plagioklaskrystallen ist in der Grundmasse der Menge
nach gleich häufig das grüne Zersetzungsproduct des Olivins und
Magnetit.
22
R. Heinihacker.
[10]
Das grüne Mineral bildet unregelmässige Körner von gleicher
lichtgrasgrüner Farbe und nur stellenweise mit sich an dieselben an-
legendem Magnetitkranz umrandet.
Der Magnetit bildet einzelne Körner, welche die Breite der Plagio-
klasstäbchen erreichen, oder noch häufiger aus wenigen Körnchen
bestehende Aggregate.
In diesem Gewirre finden sich ziemlich deutliche gelbrothe Flitter
von Haematit ohne alle Regel zeitheilt ; dieselben dürften wohl, obwohl
nicht als vorherrschender Gemengtheil der Grundmasse auftretend, die
Farbe derselben zum Theil bestimmen.
Zwischen allen diesen Gemengtheilen der Grundmasse ist nun
noch eine gelbbräunliche amorphe Masse (Glas), in der winzige Magne-
titkörnchen sich ausgeschieden finden.
Von allen den Gemengtheilen der Grundmasse, insbesondere
aber vom Magnetit, dem grünen Mineral und der Glasmasse wohl auch
die Haematitflitter mitgerechnet, finden sich auch, wiewohl spärlich, in
den einzelnen wohlausgebildeten porphyrartig ein gewachsenen Krystallen
kleine Parthien eingewachsen; etwas grössere Einschlüsse bilden sie
jedoch in den eingewachsenen Krystallgruppen.
Die beiden Melaphyre, welche das Hangende und das Liegende
der gangförmig auftretenden Ausscheidungen von gediegen Kupfer bilden,
zeigen eine verschiedenartige Zusammensetzung. Dieselben sind dem-
nach entweder verschiedenen Alters oder verschieden ausgebildete Theile
eines Stromes. Ihre Berührungsstelle dürfte also deutlich angedeutet
gewesen sein und die Ausscheidung des gediegen Kupfer in derselben
begünstigt haben. —
Das gediegen Kupfer kommt in den Gängen der Gruben bei Han-
kock verschieden vor.
Ein solches Vorkommen ist an Melaphyrtuff gebunden. In einem
licht graulichgrünen matten Melaphyrtuff, in welchem dunkelsclnnutzig-
grüne Flecke von etwas weniger weit zersetztem Melaphyr enthalten
sind, erscheinen Körner bis beinahe Linsengrösse von schön ölgrünem
Olivin und hie und da kleinere oder grössere Ausscheidungen von
durchsichtigem Quarz. In der Nähe der Quarznester oder in denselben
bildet das gediegen Kupfer zahnförmige, eckig drahtförmige, kleinere
oder grössere Parthien. Innerhalb der ganzen Tufl’masse ist das Kupfer
in dendritischen Plättchen richtungslos gewissen Klüftchen nach vertheilt.
Ein anderes Kupfervorkommen ist merkwürdig. Die Gangmasse
ist eine Breccie von rothbraunem Felsitporphyr, welcher in seinen scharf-
kantigen Bruchstücken gegen aussen immer blässere Farben annimmt
und vom fieischrothen bis zum ziegelrothen gefärbt erscheint. Kleinere
Felsitporphyrbruchstücke sind nur fleisch- oder licht ziegelroth. Nur
hie und da erscheint ein röthlich chokoladebraunes scharfkantiges Bruch-
stück von etwas zersetztem Melaphyr nebst einigen zermalmten Olivin-
körnern. Das Bindemittel der Breccie ist eine körnig zerdrückte Trümmer-
masse von etwas gebleichter Farbe, zwischen welcher kleine Nester von
[11]
Ueber Diabas von Almaden.
23
späthigem, lichtweissem durchscheinenden Calcit zum Vorschein kommen.
Das gediegene Kupfer ist in der Nähe des Calcites, oder im Calcit selbst
in körnig zahnförmigen und zackigen kleinen Blechen angehäuft, welche
mit die Stelle des Cementes der Breccie einnehmen.
Der frische Felsitporphyr mit vorherrschender dichter braunrother
Grundmasse enthält zahlreiche rundliche bis beinahe erbsengrosse durch-
sichtige Quarzkörner; offenbar die in Porphyren vorkommenden bekannten
Quarzkrystalle mit gerundeten Kanten. Einige Quarzkrystalle schliessen
einen rundlichen Kern von der dichten Felsitgrundmasse ein. Nebst
dem Quarz erscheinen in der felsitischen Grundmasse fleischrothe Ortho-
klase eingewachsen, welche gegen den lichter gefärbten Rand der scharf-
kantigen Felsitporphyrbruchstücke entweder durch Zersetzung gänzlich
ausgehöhlt erscheinen oder den Spaltungsflächen nach regelmässige, wie
durch Aetzung hervorgegangene Hohlräume zeigen, wobei sie freilich
etwas von ihrem ganz frischen Aussehen schon eingebüsst haben. Im
ersteren Falle sind dann solche Orthoklashohlräume am Rande der
Brocken mit undeutlichen Kupferkörnchen als verzerrten Krystallgruppen
bedeckt; oder wenn von der Orthoklasmasse nicht alles verschwunden
ist, sind die Hohlräume derselben mit kleinwinzigen röthlich stahlgrauen
Haematitkryställchen ausgekleidet.
Weniger häufig als der Orthoklas treten in der Grundmasse weisse,
deutlich gestreifte Krystalle von Oligoklas zum Vorscheine.
Der in den Felsitporphyrb rocken am wenigsten häufige Gemeng-
theil, welcher nur spärlich in kleinen vereinzelnten Körnchen zum Vor-
schein kommt, ist Olivin, meist frisch, gegen den Rand der Trümmer
aber zersetzt; ein Mineral, welches in Felsitporphyren bisher noch nicht
nachgewiesen worden ist.
Die mikroskopische Zusammensetzung des Felsitporphyres, insbe-
sondere der Felsitgrundmasse ist eine merkwürdige, da von Orthoklas-
und Oligoklaskrystallen, sowie von Olivin in einem ziemlich kleinen
Dünnschliff nichts zur Beobachtung gelangen konnte.
Entgegen den meisten Felsitporphyren ist die felsitische Grund-
masse unter dem Mikroskope in ihre Gemengtheile zerlegbar. Sie
besteht aus einem regellosen Gewirre von durchsichtigen, kurzen (etwa
V 20 mm. langen und 1/so bis 1/100 mm. breiten) Stäbchen und mehr
minder zusammenhängenden gelbrothen Schuppen von Ilaematit. In
dieser krystallinischen Grundmasse finden sich spärlich Kryställchen von
Magnetit ausgeschieden, deren Breite bald kleiner, bald aber bedeutend
grösser ist als die Breite der Orthoklasstäbchen. Noch spärlicher aber
enthält die Grundmasse Körnchen von einem lichtgrünen Mineral ein-
geschlossen, welches, da dasselbe keine säulenförmigen Querschnitte
besitzt und nicht bedeutend dichroitisch ist, kaum Amphibol sein dürfte
aber auch nicht zu Olivin gezählt werden kann, da es schwache, oder
besser beinahe keine Polarisationsfarben zeigt. Möglich dass dies
Chlorit ist.
Im polarisirten Lichte aber erweisen sich die Stäbchen als Ortho-
klas und erst unter diesen Umständen erkennt man die in dem krystal-
24
R. Helmhacker.
[12]
linischen Gemenge häufig eingewachsenen rundlichen etwa Vöo nim.
breiten Körnchen von Quarz, welcher durch seine lebhaften Polarisa-
tionsfarben sich deutlich abhebt.
Die in der felsitischen Grundmasse ausgeschiedenen grösseren
Quarze zeigen zahlreiche Flüssigkeitseinschlüsse.
Die Felsitgrundmasse zeigt demnach eine deutliche Mengung von
Orthoklas, Quarz, Haematitschuppen und ein im Felsitporphyr selten
anzutreffendes Mineral, den Magnetit.
III. Untersuchungen über die Einwirkung des kohlensäure-
haltigen Wassers auf einige Mineralien und Gesteine.
Von Richard Müller.
Es ist jetzt allgemein angenommen, dass das kohlensäurehaltige
Wasser in der Natur den grossartigsten Antheil an der Zersetzung der
Felsarten und Mineralien nimmt. Man hat dies nicht nur durch zahl-
reiche Analysen von Quellwassern nachzuweisen vermocht, sondern das
durch den Gebrauch des Mikroskops erweiterte Studium der Pseudo-
morphosen und die mannichfachsten Untersuchungen in chemischen La-
boratorien haben auch bereits die wichtigsten Gesetze ermittelt, nach
welchen die Gesteine und Mineralien Veränderungen durch das kohlen-
säurehaltige Wasser unterworfen sind. Um sich aber von der Bedeutung
und dem Umfange eines solchen Umwandlungsprocesses, von dem man
weiss, dass er in der Natur ununterbrochen vor sich geht, vollständig
Rechenschaft zu geben, ist es nicht allein genügend zu wissen, welche
Substanzen hierbei Veränderungen erleiden, und welche neue Bildungen
entstehen, es ist auch unbedingt nöthig, die absolute und relative Quan-
tität derselben genau zu kennen. Sonderbarerweise hat man der Frage
nach der Quantität der durch das kohlensäurehaltige Wasser löslichen
Substanzen bisher wenig Beachtung geschenkt. Man hat wohl gefunden,
dass z. B. Orthoklas, Oligoklas, Labrador, Hornblende, Augit und Olivin
die in ihrer Zersetzung einflussreichsten Mineralien sind, hat aber nicht
dabei gefragt, wieviel die genannten Mineralien unter bestimmten Bedin-
gungen bei der Einwirkung von kohlensäurehaltigem Wasser abgeben,
oder in welchem Verhältniss die in Lösung gegangenen einzelnen chemi-
schen Bestandtheile untereinander stehen. Um aber einigermassen sichere
Vergleiche zwischen den einzelnen Substanzen ziehen und überhaupt
erst das Detail jener Vorgänge erfassen zu können, erscheint es un-
erlässlich, den letzteren Fragen näher zu treten.
Aus diesem Grunde wurden die unten folgenden Versuche über
die Einwirkung des kohlensäurehaltigen Wassers auf einige Mineralien
Mineralogische Mittheilungen. 1877. 1. Heft. (Müller.) 4
Richard Müller.
26
[2]
angestellt, welche zu den wesentlichen Gemengtheilen der Gesteine
gehören.
Bevor dieselben näher ins Auge gefasst werden, sei es gestattet,
die hierauf bezüglichen Arbeiten und deren Resultate, soweit sie der
Oeffentlichkeit übergeben sind, kurz anzuführen.
Schon in den vierziger Jahren haben mehrere Chemiker bereits
darauf aufmerksam gemacht, dass ein kieselsaures Alkali durch koh-
lensäurehaltiges Wasser zersetzt wird. Es wird dies bestätigt von
Doveri1). Auch Liebig2) sagt, dass die löslichen Silicate durch
Kohlensäure vollkommen zersetzt würden.
Ausführlichere Untersuchungen über die Löslichkeit der Mineralien
und Gesteine durch kohlensäurehaltiges Wasser hat alsdann Struve3)
angestellt. Er liess mit Kohlensäure gesättigtes Wasser unter gleich-
zeitigem Druck auf Pulver von Basalt, Phonolit, Gneiss, Granit, Thon-
schiefer und Porphyr bei gewöhnlicher Temperatur einwirken und fand,
dass vor allem Kalk, Natron und Kali, alsdann kleine Mengen Kiesel-
erde, Kochsalz und ein geringes Quantum Chlorcalcium (bei Gneiss,
Granit und Thonschiefer) in Lösung gegangen waren.
In ähnlicher Weise haben die Gebrüder Rogers4): Feldspath,
Serpentin, Chlorit, Actinolith, Hornblende und noch mehrere andere
Mineralien mit kohlensäurehaltigem Wasser bei gewöhnlicher Temperatur
behandelt, und es ergab sich, dass von den abgewogenen Substanzen
04 bis Ol Theile in Lösung gingen, welche letzere aus Kalk, Magnesia,
Eisenoxyd, Thonerde, Kieselerde und Alkalien bestand.
Zu gleicher Zeit hat Bischof5) kohlensäurehaltiges Wasser auf
künstlich hergestellte Lösungen von kieselsauren Alkalien einwirken
lassen. Er fand dabei folgende Gesetze:
„Die Silicate der Alkalien und alkalischen Erden, des Eisen- und
Manganoxyduls werden durch die Kohlensäure bei gewöhnlicher Tem-
peratur zersetzt. “
„Es scheidet sich hierbei keine, oder doch nur eine ganz geringe
Menge Kieselsäure aus.“
„Magnesiasilicat wird nicht durch Kohlensäure zersetzt, wenn es
nur im Wasser suspendirt ist.“
„Da sich Kohlensäure nicht mit Thonerde verbinden kann, so ist
klar, dass Thonerdesilicat nicht durch diese Säure zersetzt werden
kann.“
Phosphorsaurer Kalk wird in wässriger Kohlensäure aufgelöst.“
„Die Silicate von Zink-, Kupfer-, Nickel- und Silberoxyd werden
durch Kohlensäure zersetzt.“
’) Liebig u. Kopp, Jahresber. 1847 u. 48, pag. 400.
2) Liebig, Agriculturchem. 6. Aufl. pag. 112.
3) Struve, „Geber die Nachbildung der natürlichen Heilquellen.“
4) Americ. Jour, of Scienes a. Arts; May 1848.
5) Bischof, Lehrbuch der chem. u. phys. Geologie. I., pag. 38.
[3]
Untersuchungen.
27
Bezüglich der Löslichkeit der Kieselsäure in kohlensäurehaltigem
Wasser erhielt C. Struckmann1) ein von Bischof abweichendes
Resultat. Er fand, als er Tage lang durch eine verdünnte Lösung
eines künstlich hergestellten Kali-Natronsilicats Kohlensäuregas leitete,
dass das alkalische Silicat von der Kohlensäure vollständig zersetzt
und die Kieselsäure ausgeschieden wurde. Er zieht hieraus folgende
Schlussfolgerungen :
„In Kohlensäuerlingen kann ebenfalls freie Kieselsäure gelöst
Vorkommen.“
„Bei der langsamen Zersetzung der alkalischen Silicate im Boden,
an der die Kohlensäure jedenfalls einen bedeutenden Antheil nimmt,
wird die Kieselsäure, wenn ein hinreichender Ueberschuss an freier
Kohlensäure vorhanden ist, stets als freie Kieselsäure ausgeschieden.“
Höchst schätzenswerthe Untersuchungen hat Dittrich2) angestellt.
Er fand, dass kohlensäurehaltiges Wasser fast die doppelte Wir-
kung des reinen Wassers auf die Gesteine ausübt, und dass Lehmboden
und Porphyr vorzüglich alkalische Erden, Basalt hauptsächlich Alka-
lien an das kohlensäurehaltige Wasser abgeben. Diese Versuche müssen
später noch einmal herangezogen werden.
Haushofer3) bestätigt Dittrichs Versuche. „Wasser, welches bei
0° mit Kohlensäure gesättigt war, extrahirte unter fast gleichen Ver-
hältnissen etwa die doppelte Menge Alkali, wie reines Wasser.“ Der
feingepulverte Granit, resp. sein Feldspath gab in 8 Tagen an die
25fache Gewichtsmenge reines Wasser 0,03 — 0.04°/0 Alkalien ab.
M. Daubree4) unterwarf 2 Kilogr. gut abgerundeten Kiesel,
übergossen mit 3 Liter kohlensäurehaltigem Wasser, 10 Tage lang der
Rotation. Er erhielt das Resultat, dass Kali und Kieselsäure in Lösung
gegangen waren, dass also die Gegenwart der Kohlensäure die Zer-
setzung des Feldspathes in bedeutendem Grade bewirken hilft.
Ueber die Löslichkeit des kohlensauren Kalkes in kohlensäure-
haltigem Wasser und über den zersetzenden Einfluss des Wassers hat
Alfons du Cossa5) verschiedene Versuche angestellt. (Richerche di
Chim. miner. Udine. 1868.) Er liefert folgende Resultate :
„Vom weissen zuckerkörnigen Marmor von Carrara lösten 1000
Theile mit Kohlensäure geschwängertes Wasser unter 753 Mm. Druck
1,181 Theile zwischen + 7,5° und 9,5°. “ Es werden dann noch ver-
schiedene Gesteine angeführt. Feldspath, Granit, Gneiss, Syenit, Tra-
chyt und Basalt hat er mit dem 25fachen Gewicht frisch destillirten
Wassers 10 Tage lang bei + 17 — 18° in Berührung gelassen. Es er-
gab sich beim Abdampfen des Filtrats ein wägbarer Rückstand.
H. Lud wig6) fand, dass fein zerriebener Feldspath, Granit,
Trachyt, Porphyr an Wasser etwas Alkali und Kieselsäure abgeben.
9 Wöhler u. Liebig, Ann. d. Chemie. 1855. pag. 337.
2) Journ. f. prakt. Chem. Bd. 74., pag. 129 ff.
s) Journ. f. prakt. Chemie, Bd. 103, pag. 131 ff.
4) Jahresbericht über die Fortschritte auf dem Gesammtgebiete der Agri-
culturchemie. 1867. pag. 10.
5) Journ. f. prakt. Chemie. Bd. 103, pag. 125 u. Bd. 106, pag. 381.
6) Archiv d. Pharmacie. Bd. 91, pag. 147.
4*
28
Richard Müller.
W
Die umfassendsten Untersuchungen über die Einwirkung des
kohlensäurehaltigen Wassers bei chemischen Zersetzungen hat G. Rose1)
in Poggendorffs Annalen veröffentlicht. Es kamen jedoch hierbei künst-
lich hergestellte Lösungen von kohlensauren Salzen in Anwendung; es
können daher diese Untersuchungen, die noch vielfach mit den unten
folgenden in keiner Beziehung stehen, übergangen werden.
In neuerer Zeit hat noch F. Hoppe-Seyler2) in Strassburg
hierher gehörige Versuche angestellt. In Platinröhren mit Kohlensäure
und Wasserdampf gefüllt, wurden: Olivin, Augit, Frischschlacke, Broncit,
Enstatit, Magnesiaglimmer, Oligoklas und Anorthit, nachdem man die-
selben in kleine eckige Körner geschlagen hatte, auf 180—200° erhitzt.
Es hatte sich kein einziges von den genannten Mineralien weder im
äusseren Ansehen, Glanz, Durchsichtigkeit etc., noch an Gewicht (mit
Ausnahme des Magnesiaglimmers) verändert, ein Ergebniss, welches in
Anbetracht der früheren, oben angeführten Resultate sehr auffallend ist.
Struve beschleunigte die Wirkung des kohlensäurehaltigen Wassers
durch Druck, während Hoppe-Seyler durch Temperaturerhöhung seine
Resultate zu erlangen suchte. Da der Druck die Absorptionsfähigkeit des
Wassers bedeutend erhöht, so schien die Anwendung desselben am ge-
eignetsten. Während Bischof und Struckmann zu ihren Versuchen künstlich
hergestellte Lösungen von alcalischen Silicaten benutzten, haben Struve,
Dittrich, Haushofer, Daubree, Ludwig und Hoppe-Seyler Kohlensäure
und Wasser direct auf die gepulverten, natürlichen Mineralien und
Gesteine wirken lassen.
Um zuverlässigere Schlussfolgerungen ziehen zu können, hielt ich
das letztere für zweckmässiger; ich verdanke der Güte des Herrn Prof.
Dr. Zirkel folgende Mineralien und Gesteine, die zur Untersuchung
verwendet wurden:
1. Adular von St. Gotthard.
2. Oligoklas v. Ytterby i. Schweden.
3. Hornblendefels v. Altenburg.
4. Magneteisen v. Greiner (Zillerthal).
5. Magneteisenerz vom Kaschberg (Böhmen).
6. Moroxit v. Hammond, St. Lawrence Cty.
7. Apatit v. Katharinenburg.
8. Spargelstein v. Chili.
9. Olivinfels aus dem Ultenthal (Tyrol).
10. Edler Serpentin v. Snarum (Norwegen).
Diese Mineralien und Gesteine wurden sämmtlich gepulvert,
gebeutelt, getrocknet und sofort nach der Wägung in vorher sorgfältig
gereinigte Flaschen, welche ungefähr 1100 gr. Wasser fassten, gebracht.
Um eine möglichst grosse Oberflächenwirkung zu erzielen, wurde
auf die Pulverisirung besondere Sorgfalt verwendet. Beispielsweise
sei hier das Ergebniss zahlreicher mikroskopischer Messungen der
') Poggendorffs Annalen. Bd. 83, 84, 85.
2j Zeitschrift d. deutsch geol. Gesellsch. 1875, pag. 515.
[5]
Untersuchungen.
29
Adularstäubchen, an denen man bei stärkerer Vergrösserung vielfach
graulich linienähnliche Striche und mit Flüssigkeit erfüllte oder leere
Hohlräume zu beobachten Gelegenheit hat, angeführt. Die grössten
Stäubchen hatten einen Durchmesser von 0,014 Mm., die kleinsten
0,002 Mm.
Das chemisch reine kohlensäurehaltige Wasser hat mir Herr Dr.
Struve in Leipzig, dessen Name, wie bekannt, mit der Erzeugung
künstlicher Säuerlinge rühmlichst verknüpft ist, darstellen lassen. Es
befand sich in einem vorher vollständig gereinigten Ballon unter 31/4
Atmosphären Druck bei gewöhnlicher Temperatur (ungefähr + 12°).
Die das gepulverte Material enthaltenden Flaschen wurden nun unter
Anwendung der grösstmöglichsten Vorsicht mit dem kohlensäurehaltigen
Wasser gefüllt, fest verkorkt, versiegelt und alsdann in einem Keller-
raum aufbewahrt, in welchem die Temperatur keinen grossen Verände-
rungen unterlag. Von Zeit zu Zeit, wenn möglich täglich, wurden die
Flaschen geschüttelt.
Die nächste Aufgabe war nun, zu ermitteln, was für Bestand-
theile und wie viel derselben durch die Einwirkung des kohlensäure-
haltigen Wassers von den obengenannten Substanzen in einer bestimm-
ten Zeit löslich werden. Es wurde daher jede Substanz auf 2, resp. 3
Flaschen vertheilt und jeder Theil abgewogen. Zur Ermittelung der
relativen Menge des Gelösten wurden alsdann diejenigen Flaschen be-
nutzt, von denen man am bestimmtesten annehmen konnte, dass bei
ihrer Füllung mit kohlensäurehaltigem Wasser sämmtliche Vorsichts-
massregeln Berücksichtigung gefunden hätten. Die zur quantitativen
Untersuchung der in Lösung gegangenen Substanzen bestimmten
Flaschen blieben vom 12. December 1875 bis 2. Februar 1876, resp.
vom 24. April 1876 bis 12. Juni 1876 liegen, während welcher Zeit
die zur Untersuchung verwendeten Materialien quantitativ analysirt
wurden.
Quantitative Bestimmung der zur Untersuchung verwen-
deten Materialien und der durch das kohlensäurehaltige
Wasser gelösten Substanzen.
A. Allgemeines.
Alle kleinen Vorsichtsmassregeln anzuführen , welche hierbei
beachtet wurden, dürfte hier zu weit führen; es möge daher nur Fol-
gendes erwähnt sein.
Bei denjenigen Mineralien, welche durch Salzsäure und Salpeter-
säure beim Digeriren in offenen Gefässen nicht zerlegt werden, wurde
die Kieselsäure durch Aufschliessung mit kohlensaurem Kali-Natron
30
Richard Müller.
[6]
von den Basen getrennt und alsdann unter genauer Berücksichtigung
der von Fresenius1) angegebenen Behandlungsweise als reine Kiesel-
säure gewogen. Bei der Untersuchung der in Lösung gegangenen Sub-
stanzen konnte die Kieselsäure direct bestimmt werden, indem durch
Abdampfen und Trocknen die lösliche Modification in die unlösliche
übergeführt wurde.
Die Thonerde wurde im reinen Zustand gewogen, nachdem sie
in der von Fresenius2) angegebenen Weise vom Eisenoxyd getrennt
worden war.
Kali wurde als Kaliumplatinchlorid bestimmt.
Natron wurde als Natriumplatinchlorid durch Weingeist vom
Kaliumplatinchlorid getrennt, das Filtrat verdampft, der Rückstand im
Wasserstoffstrom zum gelinden Glühen erhitzt, mit Wasser ausgezogen
und das in Lösung gegangene Chlornatrium gewogen.
Kalk wurde mit oxalsaurem Ammoniak gefällt und bei Adular,
Oligoklas, Hornblendefels und Magneteisenerz als kohlensaurer Kalk,
bei den Apatiten als reiner Kalk gewogen.
Magnesia konnte durch phosphorsaures Natron gefällt und als
pyrophosphorsaure Magnesia bestimmt werden.
Eisenoxyd wurde als Hydrat ausgefällt, getrocknet, geglüht
und gewogen.
Eisenoxydul wurde als Eisenoxyd bestimmt.
Phosphor säure wurde nach vorausgegangener Fällung durch
Molybdänsäure- Ammon als pyrophosphorsaure Magnesia bestimmt.
Wie bei dem Füllen der Flaschen mit kohlensäurehaltigem Wasser
musste auch beim Oeffnen derselben die grösstmöglichste Vorsicht in
Anwendung kommen. Dieselben wurden, nachdem sie vom Siegellack
vollständig befreit waren, mittelst eines Sicherheitshahnes geöffnet, der
Inhalt durch doppeltes Filter (bei Adular und Oligoklas von schwedi-
schem Filtrirpapier gefertigt) filtrirt und das Filtrat über dem Wasser-
bade in einer Porzellanschale (Adular und Oligoklas in einer Platin-
schale) abgedampft. Die Rückstände, die sich in Salzsäure oder Sal-
petersäure gewöhnlich unter Brausen lösten, wurden alsdann analysirt.
B. Specielles.
1. Adular v. St. Gotthardt.
Die Analyse dieses farblosen, starkglänzenden, halbdurchsichtigen
Feldspaths ergab in 100 Theilen
Si09 = 65,24
A1203 = 18,15
CaO = 1,28
lv20 — 14,96
FeO = Spur
99,73
ff Fresenius, Quantitative Analyse, pag. 460 ff.
2) Dasselbe, pag. 574.
m
Untersuchungen.
31
Merkwürdig erscheint es hierbei, dass kein Na20 vorhanden war.
Es wurden zur Ermittelung der relativen Menge des Gelösten
10,0715 gr. verwendet; diese enthielten demnach
Si02 = 6,5706 gr.
A1203 = 1,8279 „
CaO = 0,1289 „
K20 = 1,5081 „
FeO — Spur
10,0355 gr.
Der nach der 7 wöchentlichen Einwirkung des kohlensäurehaltigen
Wassers erhaltene Rückstand des zur Trockne eingedampften Filtrats
brauste fast nicht mit Salzsäure. Er enthielt
Si02 = 0,0102 gr.
A1203 = 0,0025 „
CaO = Spur
lv20 = 0,0204 „
Fe203 = Spur
0,0331 gr. =
0,328 °/0 der angewendeten Menge.
Von 100 Theilen sind demnach in Lösung gegangen
Si02 = 0,1552
A1203 = 0,1368
Ka0 = 1,3527
CaO = Spur
FeO = Spur.
2. Oligoklas v. Ytterby in Schweden.
Dieser Feldspath zeigt an der betreffenden Localität, wie auch
die in den verschiedenen Sammlungen aufbewahrten Stücke desselben
erweisen, so gleichmässige Substanz von so charakteristisch überein-
stimmender Ausbildung, dass von einer quantitativen Analyse abgesehen
und die Berzelius’sche Analyse als auch auf das zur Untersuchung
erhaltene Stück sich beziehend ohne Bedenken verwendet werden konnte.
Nach Berzelius enthält der Oligoklas von Ytterby in 100 Theilen
Si02 = 61,55
A1203 = 23,80
Fe2Os = Spur
CaO = 3,18
MgO = 0.80
Na20 =: 9,67
K20 = 0,38
99,38
Zur Untersucbung wurden 8,906 gr. verwendet. Diese enthielten
demnach :
32
Richard Müller.
[8]
Si02 = 5,4826 gr.
A1203 = 2,1196 „
Fe203 = Spur „
CaO = 0,2832 „
MgO = 0,0712 „
Na20 — 0,8612 „
K20 = 0,0338 „
8,8516 gr.
Der ebenso wie beim Adular behandelte Rückstand brauste sein-
wenig mit Salzsäure und enthielt:
Si02 = 0,013 gr.
A1203 = 0,005
FeO =r Spur „
CaO = 0,0091 „
Na20 = 0,0204 „
K20 = Spur
0,0475 gr. = 0,533°/0 der
wendeten Menge.
Von 100 Theilen Oligoklas sind demnach gelöst worden:
Si02 = 0,237
A1203 = 0,1713
FeO = Spur
CaO = 3,213
Na20 = 2,367
K20 = Spur.
ange-
3. Hornblendefels von Alten bürg.
Dieses vollständig frisch aussehende Gestein war von zahlreichen
dicken Quarzadern durchzogen, die bei der Zerkleinerung möglichst
entfernt werden mussten, um ein reines Hornblendepulver zu erhalten.
Die Analyse desselben ergab
Si02 = 49,12
A1203 = 9,004
Fe203 = 14,62
FeO = 10,305
CaO = 8,761
MgO = 5,92
Na20 = 2,13
99,860
Zur Untersuchung wurden 10, 2 gr. verwendet. Diese enthielten:
Si02 = 5,0102 gr.
A1203 = 0,9184 „
Fe203 = 1,4912 „
FeO = 1,0511 „
CaO = 0,8936 „
MgO = 0,6038 „
Na20 — 0,2172 „
10,1855 gr.
[9]
Untersuchungen.
33
Von diesen waren durch das kohlensäurehaltige Wasser in Lösung
gegangen :
Si02 = 0,021 gr.
FeO = 0,0594 „
CaO = 0,0762 „
A1203 = Spur
Na20 = Spur (wägbar)
MgO — Spur
0,1566 gr. = 1,536 °/0 der ange-
wendeten Menge. Der Rückstand brauste, als er mit Salzsäure in Be-
rührung gebracht wurde. Von 100 Theilen wurden gelöst:
Si02 = 0,419
FeO = 4,829
CaO = 8,528
A1203 = Spur
Na20 = Spur
MgO = Spur
4. Magnet eisen vom Greine r (Zillerthal).
Zur Untersuchung wurden 6 aus dem Chloritschiefer herausge-
löste Krystalle verschiedener Grösse in der Octaederform verwendet.
Diese wogen fein gepulvert:
13,0626 gr.
Nach Rammeisberg1) besteht das Magneteisen aus
Fe203 = 67,59
FeO = 32,54
100,13
Es kommen demnach auf 13,0626 gr:
Fe203 = 8,8290 gr.
FeO = 4,2505 „
13,0795 gr.
Nach der Einwirkung des kohlensäurehaltigen Wassers wurden in
dem Rückstand des eingedampften Filtrats gefunden:
Fe203 = 0,0445 gr. =
0,04005 gr. FeO — 0,307 °/0 der angewendeten Menge.
Da die oxydirende Wirkung der Luft nicht zu beseitigen war,
konnte, wie auch bei dem Hornblendegestein, die Eisenverbindung nicht
als Eisenoxydul, als welches dieselbe in Lösung gegangen sein muss,
bestimmt werden.
Es waren also von 100 Theilen Magneteisen in Lösung gegangen :
FeO = 0,942.
5. Magneteisenerz vom Kaschberg in Böhmen.
Das gepulverte Gestein erwies sich, obschon es dem blossen Auge
als ganz reines und homogenes Erz erschien, unter dem Mikroskop als
ein Gemenge von Augit und Magneteisen. Da es hier, wie auch bei
0 Handbuch der Mineralchemie.
Mineralogische Mittheilungen. 1877. 1. Heft. (Müller.)
5
34
Richard Müller.
[10]
Nr. 4 vor allem galt zu ermitteln, ob und wie das kohlensäurehaltige
Wasser auf reines Magneteisen einwirke, wurde erst durch den Magnet,
alsdann durch Schlämmen versucht, das Magneteisen von dem augiti-
schen Gemenge zu entfernen. Es blieben aber — wie das Mikroskop
zeigte — immer noch kleine Stäubchen des letzteren an den Magnet-
eisenkörnchen hängen, welche die Ermittelung eines genauen Resultates
nicht gestattet hätten. Aus diesem Grunde wurde das gepulverte Mag-
neteisenerz ohne vorherige Trennung des augitischen Gemenges von
dem Magneteisen zur Untersuchung verwendet. Die Analyse desselben
ergab :
Si02 = 1,0655
Fe203 = 61,14
FeO = 33,2164
CaO — - 3,507
A1203 = 0,4815
99,3104
Angewendet wurden 11,205 gr. Diese enthielten:
Si02 = 0,1193 gr.
Fe203 = 6,8507 „
FeO = 3,7208 „
CaO = 0,3929 „
A1203 = 0,0539 „
11,1376 gr.
Die Analyse der durch das kohlensäurehaltige Wasser gelösten
Mengen ergab:
Fe203 = 0,0901 gr. = 0,0811 gr. FeO
CaO = 0,114 „
Si02 = Spur (gering)
0,2041 gr. — 1,821 °/0 der angewen-
deten Menge.
Von 100 Theilen waren demnach gelöst werden :
FeO — 2,428
CaO = 29,015.
Der Rückstand des zur Trockne eingedampften Filtrats brauste
stark, als Salzsäure hinzu gebracht wurde.
6. Moroxit von Hammond (N. Amerika).
Von dieser bläulichgrünen Apatitvarietät wurde ein Krystall von
der Form oo P. P. oo P2 pulverisirt, der sich durch den Glasglanz auf
den Krystallflächen und durch den Fettglanz auf den Spaltungs- und
Bruchflächen besonders auszeichnete. Die Analyse ergab:
Po05 = 44,088
CaO = 53,319
Fe203 = 1,065
CI = 0,283
98,755
Unters ucliungen.
35
tu]
Angewendet wurden 8,774 gr. In diesen waren enthalten:
P205 — 3,8682 gr.
CaO = 4,678 „
Fe.,03 = 0,0934 „
CI = 0,0248 „
8,6626 gr.
Hiervon wurden durch das kohlensäurehaltige Wasser gelöst:
PA = 0,0548 gr.
CaO = 0,0794 „
0,1342 gr. = 1,529% der ange-
wendeten Menge.
Von 100 Theilen wurden demnach gelöst:
Po05 = 1,417
CaO = 1,696.
Von den folgenden Apatitkrystallen konnte wegen Mangel an hin-
reichender Substanz keine quantitative Analyse vor der Einwirkung des
kohlensäurehaltigen Wassers ausgeführt werden. Es wurde deshalb
wenigstens der Gehalt an Phosphorsäure und Kalk berechnet, und zwar
auf folgende Weise:
Rammeisberg1) unterscheidet bei den Apatiten 2 Grundver-
bindungen :
1. Chlorapatite:
CI = 6,82
P206 = 40,92
CaO = 53,80
101,44.
Das Mittel aus beiden ergiebt:
P2Ö5 = 40,92
P206 = 42,26 =
83,18
2. Eluorapatite :
Fl = 3,77
P305 = 42,26
CaO = 55,55
101,58
41,54 P206.
CaO = 53,80
CaO = 55,55 = 54,68 CaO.
109,35
Diese Zahlen können ohne Bedenken als der Phosphorsäure- und
Kalkgehalt der folgenden Apatite angenommen werden, da die Abwei-
chungen nicht von allzugrosser Bedeutung sein können.
7. Apatit von Katharinenburg.
Zur Untersuchung wurden verwendet: 12,95 gr. Diese enthielten
nach der oben berechneten Formel:
PA = 5,3794 gr.
CaO — 7,081 „
12,46 gr.
') Handbuch der Mineralchemie.
5*
86
Richard Müller.
[12]
Durch das kohlensäurehaltige Wasser wurden gelöst:
P206 = 0,098 gr.
CaO = 0,1535 „
0,2515 gr. = 2,01 8 °/0 der ange-
wendeten Menge.
Von 100 Theilen wurden demnach gelöst:
P206 = 1,822
CaO = 2,168.
8. Spargelstein von Chili.
Angewendet wurden: 13,626. Diese enthielten nach der oben be-
rechneten Formel:
P206 = 5,6602 gr.
CaO = 7,4506 „
Hiervon waren gelöst worden:
P206 = 0,12 gr.
CaO = 0,145 „
FeO = Spur
0,265 gr. = 1,976% der ange-
wendeten Menge.
Von 100 Theilen sind demnach gelöst worden:
P206 = 2,12
CaO = 1,946
FeO = Spur.
9. Olivinfels aus dem Ultenthal.
Die Analyse dieses Gesteins ergab in 100 Theilen:
Si02 = 40,60
A1203 = 0,86
MgO = 45,81
FeO = 12,35
CaO = Spur
CuO — Spur
99,62.
Zur Untersuchung wurden 10,0065 gr. verwendet, in denen sich
also befanden:
Si02 = 4,067 gr.
A1203 = 0,086 „
MgO = 4,583 „
FeO = 1,2207 „
CaO = Spur
CuO = Spur
9,9567 gr.
Hiervon waren in Lösung gegangen:
[13]
Untersuchungen.
37
Si02 = 0,0355 gr.
MgO = 0,0692 „
FeO = 0,1066 „
CaO = Spur
CuO : Spur
0,2113 gr. = 2,111 °/0 der angewen-
deten Menge.
Es sind demnach von 100 Theilen gelöst worden:
Si02 = 0,873
MgO = 1,291
FeO = 8,733
CaO = Spur
CuO = Spur.
Der Rückstand brauste, als er mit Salzsäure übergossen wurde.
10. Edler Serpentin von Snarum.
Die Analyse ergab:
Si02 = 40,82
MgO = 36,78
A1203 = 2,19
FeO = 6,01
H20 13,48
99,28
Merkwürdig erscheint hierbei der Thonerdegehalt. Jedoch fand
Schee rer1) in einem Serpentin von Snarum 2,39 °/0 A1203. Es wurde
auf die Trennung der Thonerde von dem Eisenoxyd besondere Sorgfalt
verwendet; eine Ungenauigkeit liegt daher kaum vor.
Angewendet wurden; 13,08 gr.
Diese enthielten:
Si02
= 5,3392
gr.
MgO
= 4,8108
= 0,2865
r>
ai2o3
57
FeO
- 0,7861
h2o
= 1,772
T>
12,9946 gr.
Nach 7 wöchentlicher Einwirkung des kohlensäurehältigen Wassers,
waren in Lösung gegangen :
Si02 = 0,0189 gr.
A1202 — Spur
FeO = 0,012 „
MgO = 0,1275 „
0,1584
deten Menge.
Es wurden demnach von 100 Theilen
gr. = 1,24 °/0 der angewen-
gelöst :
0 Poggendorff. Annalen, Bd. 68, pag. 328.
38
Richard Müller.
[14]
Si02 = 0,354
AL03 = Spur
FeO = 1,527
MgO = 2,649.
Ausser deu obengenannten Mineralien wurden noch einige mit
kohlensäurehaltigem Wasser behandelt, von denen die in Lösung gegan-
genen Substanzen aber nur qualitativ bestimmt werden konnten:
1. Kali gl immer aus dem Ural.
Wie die höchst vollkommene Spaltbarkeit dieses Minerals, das
dem Drusenraume eines granitischen Gesteins entstammt, schon beim
Pulverisiren besondere Schwierigkeiten bereitete, verhinderte später,
beim Füllen der Flaschen mit kohlensäurehaltigem Wasser, ein nicht
vorhergesehener Unfall die quantitative Bestimmung der gelösten Sub-
stanzen. Eine der mit dem Pulver des Kaliglimmers gefüllten Flaschen
zersprang, wahrscheinlich des allzuhohen Druckes wegen. Da an dem-
selben Tage und auch in derselben Woche die Füllung einer neuen
Flasche nicht gut möglich war, so konnte nur eine Flasche zur Unter-
suchung verwendet werden. Nach Verlauf von 4 Wochen fänden sich
in dem zur Trockne abgedampften Rückstände:
K20, CaO, Fe203 und Spuren von Si02.
Das sämmtliche Eisenoxydul des abgewogenen Materials schien
in Lösung gegangen zu sein. Es fand sich wenigstens in dem von dem
kohlensäurehaltigen Wasser nicht angegriffenen Rückstände kein Eisen-
oxydul mehr, während es sich bei der Analyse des Minerals deutlich
gezeigt hatte.
2. Kobaltblüthe aus dem Puchersehacht bei Schneeberg.
Auch hier konnte die relative Menge des Gelösten nicht bestimmt
werden. Wollte man die pfirsichblüthrothen, haarförmigen Krystalle
von den Quarzkrystallen, auf denen dieselben sassen, trennen, so ergab
dies zu wenig Substanz. Es wurden daher die Quarzkrystalle sammt
der Kobaltblüthe gepulvert und zu diesem Gemisch das kohlensaure
Wasser gebracht. Der durch Eindampfen des Filtrats erhaltene Rück-
stand zeigte eine hellrothe Farbe; er brauste beim Zusatz von Salz-
säure und wurde grün; bei fernerem Zusatz von Wasser färbte er
sich dunkelbraun. Es fanden sich darin:
Co, Ni, Fe203 und deutliche Spuren von Si02.
3. Nickel bl tithe v. Schneeberg.
Dieselbe konnte von dem Kobalterz, auf welchem sie sich befand,
ebenfalls nicht getrennt werden. Im Rückstand, der ebenfalls mit Salz-
säure brauste, wurden gefunden:
Ni, Co und Fe203.
[15]
Untersuchungen.
39
4. Wolframit v. Zinnwald.
Dieser war in eine Quarzmasse eingesprengt, von welcher man
ihn nicht trennen konnte, ohne dass Quarztheilchen an demselben
hängen blieben. Der Rückstand brauste mit Salzsäure und enthielt:
MnO, Fe203 und Si02.
Es sei hierbei bemerkt, dass schon bei diesen 4 Mineralien die
von Bischof aufgestellten Sätze bezüglich der Löslichkeit der alkali-
schen Silicate vollständig bestätigt gefunden wurden. Dass, wie Bischof
so oft hervorhebt, Magnesiasilicat von kohlensäurehaltigem Wasser nicht
zersetzt werden kann, möchte hier schon angezweifelt werden ; es wird
dieser Zweifel bei Besprechung des Serpentin noch seine nähere Be-
gründung erhalten.
Unwillkürlich drängte sich bei diesen Untersuchungen die Frage
auf: ob nicht auch das Glas der verwendeten Flaschen von dem kohlen-
säurehaltigen Wasser angegriffen würde. Um dies genau ermitteln zu
können, wurden 6 Flaschen nur mit kohlensäurehaltigem Wasser ge-
füllt. Nach Verlauf von 2 Monaten wurde der Inhalt eingedampft.
Es zeigte sich dabei kein Rückstand, ein Beweis, dass das Glas der
verwendeten Flaschen, welches nach einer brieflichen Mittheilung des
Herrn Glasfabrikanten Friedrich Siemens in Dresden aus einem Ge-
menge von
700 Gewichtstheilen Granit
150 „ Kalk und Mergel
25 „ Flussspath
130 ,, Glaubersalz
dargestellt ist, nicht angegriffen wird.
In nachstehender Tabelle sind die in Lösung gegangenen Sub-
stanzen, nach Procenten berechnet, zusammengestellt worden, um die
gewonnenen Resultate einer näheren Betrachtung unterwerfen zu können.
Materialien
SiOo
AbOs
ILO
Na„0
MgO
CaO
FeO
Summa
Ad iilar
0,1552
0,1368
1.3527
—
—
—
—
Spur
O,328°/0
Oligoklas ....
0.237
9,1713
—
2,367
—
3,213
—
Spur
0,5330/0
Hornblemlefels . .
0,419
Spur
Spur
—
—
8,528
—
4,829
1,536%
Magneteisen . . .
—
—
—
—
—
—
0,942
0,307%
Magneteisenerz . .
Spur
—
—
—
■ —
—
2,428
1,821 o/0
Moroxit
—
—
—
1,696
1,417
—
1,529%
Apatit
—
—
—
—
2,168
1,822
—
2,018%
Spargelstein . . .
—
—
—
—
—
1,946
2,12
Spur
1,976 %
Olivin
0,873
Spur
—
—
1,291
Spur
—
8,733
2,111%
Serpentin ....
0,354
—
—
—
2,649
—
—
1,527
1,211 %
Es muss zunächst constatirt werden, dass die in der Einleitung
angeführten Resultate früher angestellt er Versuche zum grössten Th eil
ihre Bestätigung Anden. Es hat sich der Nachweis ergeben, dass das
40
Richard Müller,
[16]
kohlensäurehaltige Wasser im Stande ist, von den obengenannten Mine-
ralien und Gesteinen die wesentlichsten Bestandtheile, als da sind:
Si02, A1203, K20, Na20, CaO, MgO, FeO, NiO, CoO, P205, MnO
zu lösen.
Die Tabelle zeigt ferner, dass Kalk und Eisenoxydul am meisten,
Kieselsäure und Thonerde am wenigsten von dem kohlensäurehaltigen
Wasser angegriffen werden. Dies stimmt mit dem Erscheinen des
kohlensauren Kalkes und des kohlensauren Eisenoxyduls in der Natur
vollkommen überein. Unter allen kohlensauren Salzen sind neben Mag-
nesiacarbonat diese in grösster Menge vorhanden. „Es ist daher un-
zweifelhaft“, sagt Bischof1) mit Recht, „dass der kohlensaure Kalk
bei weitem in den meisten Fällen auf nassem Wege krystallisirt, und
dass bei weitem das meiste kohlensaure Eisenoxydul durch Zersetzung
der Eisenoxydsilicate mittelst kohlensauren Wassers entstanden ist.“
Es darf ferner mit Bischof2) wohl behauptet werden, dass die im
Mineralreiche, in Quellen und in allen Gewässern vorkommenden Carbo-
nate meist durch Zersetzung der ihnen entsprechenden Silicate ent-
standen sind.“
Was nun die beiden Feldspathe:
Adular und Oligoklas
anbelangt, so ist bei ihnen durch den quantitativen Nachweis der in
Lösung gegangenen Substanzen der zuerst von Werner3) und Bischof
aufgestellte Satz, „dass Kohlensäure und Wasser die Zersetzung des
Feldspaths bedingen“, hinreichend bewiesen. Ferner hat sich hier das
Struckmann’sche4) Resultat: „In Kohlensäuerlingen kann freie Kiesel-
säure gelöst Vorkommen“ , durch den quantitativen Nachweis der
gelösten Kieselsäure vollkommen bestätigt und kann daher die Ansicht
Bischofs5): „Man könne nicht annehmen, dass die ausgeschiedene Kie-
selsäure, als solche, neben dem ursprünglichen kieselsauren Alkali auf-
gelöst sei“, nicht getlieilt werden.
Ob die Kieselsäure als kieselsaure Thonerde oder als Hydrat in
Lösung gegangen ist, lässt sich nicht mit Bestimmtheit feststellen.
Jedenfalls ist das letztere wahrscheinlicher. Man kann auch nicht
annehmen, dass das kohlensaure Kali, was sich zunächst gebildet haben
muss, in so verdünnter Lösung die Bildung von kieselsaurem Kali ver-
anlasst hat; unter diesen Verhältnissen ist die Kieselsäure nicht im
Stande, die Kohlensäure auszutreiben. Es bleibt vielmehr wahrschein-
licher, dass die Kieselsäure ausgeschieden wurde und als solche in
Lösung ging.
J) Bischof, ehern. Geol. II, pag. 136.
2) Bischof, chem. Geol. I, pag. 31.
3) Werner, Neue Theorie von der Zersetzung der Erzgänge, pag. 130.
4) Ann. d. Chemie v. Wöhler u. Liebig. Bd. 94, pag. 344.
5) Bischof, chem. Geol. I, pag. 32.
[17]
Untersuchungen.
41
Ebenso muss auch von der Thonerde angenommen werden, dass
sich Thonerdehydrat gebildet und direct gelöst hat. Dieses Resultat
widerspricht der Behauptung der meisten Lehrbücher der Chemie, wie
von Graham-Otto1) u. a., „dass Thonerde in Wasser und kohlen-
säurehaltigem Wasser unlöslich sei“; auch stimmt es nicht mit dem
von Bischof aufgestellten Satz überein: „Da sich Kohlensäure nicht
mit Thonerde verbinden kann, so ist klar, dass Thonerdesilicat nicht
durch diese Säure zersetzt werden kann.“ Es wird jedoch von den
Gebrüdern Rogers und von Dittrich2) bestätigt, dass kohlensaures
Wasser im Stande ist Thonerde, wenn auch in geringen Mengen, zu
lösen. Letzterer hat gefunden, dass
Humushaltiger Lehmboden 0,29 %
Geglühter Lehmboden Spur
Thonsteinporphyr 0,007%
Basalt 0,003%
Eisenoxydul und Thonerde an das kohlensäurehaltige Wasser abgeben ;
erstere führen unter den gelösten Substanzen bei der Einwirkung von
kohlensäurehaltigem Wasser auf Hornblende, Actinolith, Epidot, Ser-
pentin, Chlorit und Feldspath, auch Thonerde an.
Der quantitative Nachweis der in Lösung gegangenen Thonerde
vom Adular und Oligoklas stellt daher fest, dass das kohlensäurehaltige
Wasser im Stande ist, aus dem Feldspath geringe Mengen Thonerde
zu lösen.
Betrachtet man die Summe der gelösten Substanzen vom Adular
= 0,328%, so ergibt ein Vergleich mit Dr. Carl Haushofers3) Resultat,
nach welchem die 25fache Gewichtsmenge reines Wasser aus fein
gepulvertem Granit bei gewöhnlichen Temperatur- und Druckverhält-
nissen in 8 Tagen 0,03 °/o Alkali extrahirt, Folgendes: Die zur
Untersuchung angewendeten Flaschen fassten eine Wassermenge von
ca. 1000 gr. Beim Adular wurden 10,035 gr. zur Untersuchung
verwendet. Es kam daher auf letzteren ungefähr die lOOfache Ge-
wichtsmenge Wasser. Bei gewöhnlichem Druck hätte nach Haushofer
der Adular an reines Wasser 0,12% Alkali abgeben können. Da nun
kohlensäurehaltiges Wasser, nach Dittrich und Haushofer, fast die
doppelte Wirkung des reinen Wassers auf die Gesteine ausübt, so würde
der Adular bei gewöhnlichem Druck 0,24% abgeben können. Berechnet
man hierzu den erhöhten Druck und die längere Zeitdauer, so liess
sich erwarten, dass vom Adular mehr als die erhaltene Menge 0,328 %
hätte gelöst werden müssen. Beachtet man jedoch, dass das zur Unter-
suchung verwendete Stück vollständig frisch erhalten war, und dass
bei den hiesigen Versuchen die Zeit nicht eine so grosse Rolle spielt,
als man erwarten sollte, — wie es ein bei der Hornblende erhaltenes
Resultat zeigen wird, — so stellt sich eine ziemliche Annäherung des
beim Adular erhaltenen Resultates mit dem Haushofers heraus.
0 Graham-Otto, Lehrt», d. Chem. Bd. II, Abthl. II, pag. 55.
2) Erdmann, Journ. f. pr. Chemie. Bd. 74. pag. 137.
s) Journal f. prakt. Chemie. Bd. 103, pag. 131.
Mineralogische Mittheilungen. 1877. 1. Heft. (R. Müller.)
6
42
Richard Müller.
[18]
Dass Oligoklas leichter zersetzbar sei als Adular, konnte schon
aus dem Kalk- und Natrongehalt des ersteren erwartet werden. Es
hat sich dies vollkommen bestätigt. Ein Vergleich der Summen der
in Lösung gegangenen Substanzen vom Adular und Oligoklas beweist
es hinreichend.
♦ Im Allgemeinen stellen nun die bei diesen beiden Feldspathen
erhaltenen Resultate fest, was Zirkel1) bei der Besprechung des Kaolin
über die Zersetzung der Feldspathe sagt. Es heisst daselbst: „Die
Verwitterung der einzelnen Feldspathspecies geht jedenfalls mit ver-
schiedener Schnelligkeit vor sich ; so widerstehen die kieselsäurereicheren
Feldspathe länger der Zersetzung als die kieselsäureärmeren und die
kalireichen werden ungleich schwieriger zersetzt als die natron- und kalk-
reichen.“ Hieraus erklärt sich auch die verschiedene Zusammensetzung
der Kaoline, die, wie Werner, Forchhammer, Fuchs und Bischof zuerst
nachwiesen, unbedingt als Zersetzungsproducte der Feldspathe anzusehen
sind. Ferner ist die Erscheinung, dass viele Granite, Syenite, Gneisse
und Felsitporphyre nicht selten von der Oberfläche her in viele Fuss
tief zu einer krusigen Masse aufgelöst sind, der Wirkung des kohlen-
säurehaltigen Wassers zuzuschreiben, indem dasselbe die Zersetzung
der in jenen Gesteinen befindlichen Feldspathe bedingt. Auch ist es,
nach Naumann2), dieser Zersetzuugsprocess, welcher hauptsächlich das
Material zur Bildung der Arkose oder feldspathreichen Sandsteine
geliefert hat.
Delesse3) unterscheidet zwei Stadien in der Zersetzung der Feld-
spathe: die Rubifaction und die Kaolinisation und sagt, dass die
Röthung um so lebhafter sei, je mehr Eisen die Feldspathe ent-
hielten. Es kann dies durch das erhaltene Resultat der Einwirkung
des kohlensäurehaltigen Wassers auf das Eisenoxydul, welches sowohl
in dem Adular als auch in dem Oligoklas enthalten war, bestätigt
werden. Obgleich das durch das kohlensäurehaltige Wasser gelöste Eisen-
oxydul nicht quantitativ bestimmt wurde, so konnte doch bei beiden
Feldspathen beobachtet werden, dass das Pigment am leichtesten löslich
sei. Es fand sich in der vom kohlensäurehaltigen Wasser nicht ange-
griffenen Feldspathsubstanz kein Eisenoxydul mehr.
Die Umwandlung des Eisenoxyduls in kohlensaures Eisenoxydul
und schliesslich in Eisenoxydhydrat wird darum wohl auch in der
Natur als erstes Zeugniss der Zersetzung zu bemerken sein.
Bei dem Hornblendegestein konnte schon während des Abdampfens
der Lösung über dem Wasserbad deutlich bemerkt werden, dass auf
dasselbe das kohlensäurehaltige Wasser bedeutend mehr eingewirkt
habe, als auf die obengenannten Feldspathe. Die quantitative Analyse
des zur Trockene eingedampften Rückstandes, der mit Salzsäure brauste,
bewies dies deutlich.
*) Zirkel, Petrographie. Bd. II, pag. 609.
2) Naumann Geognosie. I, pag. 725.
3) Bull. d. la soc. geol. VI. pag. 396.
[19]
Untersuchungen.
43
Es stellte sieh ferner heraus, dass Kalk und Eisenoxydul am
leichtesten extrahirt werden, indem sie in bedeutenderen Mengen, als
alle übrigen Bestandtheile der Mineralien und Gesteine als doppeltkoh-
lensaurer Kalk und als kohlensaures Eisenoxydul in Lösung gehen.
Die Kieselsäure hat sich höchst wahrscheinlich, wie bei Adular
und Oligoklas, als Hydrat gelöst.
Aus dem grossen Einfluss, welchen das kohlensäurehaltige Wasser
auf die Hornblende ausübt, lassen sich die zahlreichen Pseudomorphosen
nach derselben erklären, welche namentlich von Blum und Bischof
vortrefflich beschrieben sind. Ebenso muss die tiefeingreifende Zerstö-
rung derjenigen Gesteine, in welchen die Hornblende als vorwaltender
Gemengtheil auftritt, der leichten Zersetzbarkeit der letzteren durch koh-
lensäurehaltiges Wasser zugeschrieben werden.
Was Bischof1) von der Umwandlung der Hornblende sagt, kann
aus dem hier erhaltenen Resultate ebenfalls gefolgert werden: „Tritt
die Kalkerde ganz und das Eisenoxyd mehr oder weniger aus der Mi-
schung der Hornblende: so entsteht Chlorit. Scheidet sich gleich-
zeitig die Thonerde aus: so entsteht Serpentin. Treten ausser der
Magnesia alle Basen aus der Mischung: so entsteht Speckstein oder Talk.“
Die Hornblende, wovon reichliches Material vorlag, gab Gelegen-
heit, den Einfluss der Zeit auf den Grad der Zersetzung zu ermessen.
Ausser der 7 wöchentlichen Einwirkung wurde auch noch eine 3wöchent-
liche vorgenommen. Es stellte sich dabei folgendes Resultat heraus:
Nach Swöchentlicher Einwirkung des kohlensäurehaltigen Wassers
waren von 9,015 gr. feingepulverter Hornblende gelöst worden
Si02 == 0,019 gr.
CaO" = 0,0705 „
FeO — 0,0514 „
A1303 = Spur
0,1237 gr. = 1,359% der ange-
gewendeten Menge.
Nach 7wöchentlicher Einwirkung wurden 1,536% gelöst, also nur
0,175% mehr, als nach Swöchentlicher Einwirkung.
Es darf hieraus geschlossen werden, dass bei den in Rede ste-
henden Versuchen die längere Zeitdauer verhältnissmässig wenig Ein-
fluss ausgeübt hat, dass es vielmehr der stärkere Druck gewesen ist,
welcher die Wirkung des kohlensäurehaltigen Wassers erhöhte.
Da das Magneteisen bei der mikroskopischen Untersuchung selbst
sehr zersetzter krystallinischer Massengesteine, z. B. Diabase, Melaphyre,
so oft neben stark umgewandelten anderen Gemengtheilen vollkommen
frisch und scharf umgrenzt erscheint, und da sich andererseits oft
genug nachweisen lässt, dass die mikroskopischen Magneteisenkörner,
welche bei dem Wachsthum der übrigen grösseren Gemengtheile eines
Gesteins eingeschlosssen wurden, keineswegs secundäre Producte sein
können, so konnte nicht erwartet werden, dass das kohlensäurehaltige
Wasser, sofern demselben die Hauptrolle bei der Zersetzung der
‘) Bischof, chem. Geol. II., pag. 686.
6*
44
Richard Müller.
[20]
Felsarten zufällt, verhältnissmässig ebenso auf das Magneteisen ein-
wirke, wie es die Salzsäure thut, eine Vermuthung, welche Zirkel1) bei
Besprechung des Apatit folgendermassen ausspricht:
„Es scheint demnach, dass man aus dem Verhalten der Felsarten-
gemengtheile gegen Salzsäure nicht ohne weiteres auf deren Angreif-
barkeit durch natürliche kohlensäurehaltige Gewässer schliessen dürfe,
ein Punkt, welchem die Beschaffenheit des Magneteisens in den Fels-
arten zur Unterstützung gereicht.“
Der quantitative Nachweis des vom Magneteisen gelösten Eisen-
oxyduls stellt nun fest, dass das Magneteisen zwar ebenfalls vom
kohlensäurehaltigen Wasser angegriffen wird, dass aber der Zersetzungs-
process langsamer vor sich geht, als bei allen übrigen Gemengtheilen
der Gesteine. So löst z. B. das kohlensäurehaltige Wasser von Oligo-
klas O,535°/0, vom Magneteisen unter den gleichen Verhältnissen nur
die Hälfte. Die Hartnäckigkeit, mit welcher das Magneteisen den zer-
setzenden Einflüssen des kohlensäurehaltigen Wassers widersteht, ist
höchst wahrscheinlich in der grossen Verwandtschaft des Eisenoxyduls
zum Eisenoxyd zu suchen. Bischof2) führt hierzu eine Analogie an
und zwar in der Legirung des Silbers mit Gold, wenn Letzteres mehr
als den dritten Theil beträgt. Er sagt: „Sowie in einer solchen Legirung
das Silber gegen die oxydirende Wirkung der Salpetersäure durch das
Gold geschützt wird, so wird im Magneteisen das Eisenoxydul gegen
die oxydirende Wirkung des Sauerstoffs durch das Eisenoxyd geschützt.“
Dass das untersuchte Mageteisenerz bedeutend mehr Eisen-
oxydul abgeben würde als reines Magneteisen, durfte bestimmt gehofft
werden, da es, wie schon oben bemerkt worden ist, unter dem Mikro-
skop als ein Gemenge von Augit und Magneteisen erschien. Die Tabelle
der gelösten Substanzen zeigt, dass das kohlensäurehaltige Wasser von
diesem Gestein noch einmal so viel Eisenoxydul gelöst hat, als vom
reinen Magneteisen.
Wenn nun nach dem Vorhergehenden der' ausgezeichnete Erhal-
tungszustand des Magneteisens in den Gesteinen mit der geringen An-
griffsfähigkeit durch das als Hauptumwandlungsagens vorausgesetzte
kohlensäurehaltige Wasser wohl übereinstimmt, so bietet der Apatit in
dieser Hinsicht ganz abweichende Verhältnisse dar. Von den Apatiten
sagt Zirkel3) „Sie gehören trotz ihrer Löslichkeit in Salzsäure zu den
Gemengtheilen, welche den die Zersetzung bewirkenden Agentien am
längsten Widerstand leisten; selbst in beträchtlich umgewandelten Ge-
steinen, und wo sie in durch und durch molecular veränderten Horn-
blenden und Augiten sitzen, haben sie ihre Klarheit und Grelligkeit oft
noch gar nicht eingebüsst“. Der Annahme, dass der Apatit ein späteres
Product der Bildung eines Gesteins sei, widerspricht ganz entschieden
die Beobachtung, dass er oft gleichförmig durch alle Gemengtheile
Zirkel, mikrosk. Beschaffenheit d. Min. u. Gesteine, pag. 224.
2) Bischof, ehern. Geol. II., pag. 935.
3) Zirkel, mikr. Besch, d. Min. u. Gest , pag. 224.
Untersuchungen.
45
[21]
eines Gesteins sich stecknadelartig in dichten. Schwärmen oder vereinzelt
hindurchzieht.
Die Analyse der vom Moroxit, Apatit und Spargelstein durch das
kohlensäurehaltige Wasser gelösten Substanzen hat nun ergeben, dass
die Apatite keineswegs im Stande sind, den zersetzenden Einflüssen des
kohlensauren Wassers besonderen Widerstand zu leisten. Vielmehr hat
letzteres auf die Apatite sogar stärker eingewirkt, als auf Feldspath
und Hornblende. Es hat sich Kalk als doppeltkohlensaurer Kalk aus-
geschieden, während Phosphorsäure als solche gelöst wurde, was man
aus dem Verhältniss der äquivalenten Mengen ersehen kann.
Vom Moroxit sind z. B. gelöst:
p206 = 1,417%
CaO = 1,696%
In den neuen Atomgewichten ausgedrückt, ist die Formel für
Apatit: 3 CaO + P205 oder 168 : 142.
Dies stimmt mit den gelösten Mengen überein.
Der Apatit von Katharinenburg verhält sich ähnlich wie der Mo-
roxit von Hammond. Merkwürdiger Weise hat sich beim Spargelstein
von Chili mehr Phosphorsäure als dieser entsprechender Kalk gelöst.
Eine directe Lösung des phosporsauren Kalkes ist nicht denkbar.
Wie nun auch die Apatite unter dem Mikroskop erscheinen mögen,
so ist doch hier gewiss der Schluss gestattet, dass auch in der Natur
die Apatite den zersetzenden Einflüssen des kohlensäurehaltigen Wassers
nur geringen Widerstand zu leisten vermögen. Es sprechen hierfür noch
folgende Thatsachen:
Berzelius1) wies in den heissen Quellen Carlsbads phosphor-
sauren Kalk nach. Bischof2) fand, dass 1 Theil Apatit nach starkem
Schütteln sich in 96570 mit Kohlensäure gesättigtem Wasser löste.
Ferner berichtet Bischof3) von dem Wasser eines artesischen
Brunnens zu Wildegg im Canton Argau in der Schweiz, in welchem
sich fast 5mal so viel phosphorsaure Salze (phosphorsaurer Kalk und
phosphorsaure Magnesia) finden, als in Carlsbads Sprudel. Er schliesst
hieran die Bemerkung: „Ohne dass es durch Analysen nachgewiesen
zu werden braucht, ergibt sich von selbst die Noth wendigkeit von der
Gegenwart des phosphorsauren Kalkes in allen Gewässern, welche dem
Meer zufliessen.“
Auch ist es nach Lassaignes4) Untersuchungen, deren Resultat
Dumas bestätigt, kohlensäurehaltiges Wasser, welches phosphorsauren
Kalk den Pflanzen zuführt.
*) Gilberts Annalen Bd. 74, pag. 136.
2) Journ. f. pr. Chemie. Bd. 74, pag. 31.
3) Bischof, chem. Geol. Bd. II, pag. 241.
4) Journ. cbim. med. T. IV., pag. 534.
46
Richard Müller.
(22]
Schliesslich mag noch darauf hingewiesen werden, dass nach der
Ansicht Sandbergers die mächtigen Phosphoritlagerstätten Nassaus von
der Zersetzung der Apatite herrühren, welche ursprünglich in den be-
nachbarten Diabasen und Schalsteinen eingewachsen waren und bei der
Alteration dieser in Lösung geriethen.
Wenn aber abe obigen Erfahrungen sich zu der Anerkennung
des Satzes vereinigen, dass Apatit verhältnissmässig sehr leicht durch
kohlensäurehaltiges Wasser gelöst wird, so wird die Frische der Apa-
titdurchschnitte in den zersetzten Gesteinen dadurch nur um so ver-
wunderlicher; ja, man wird fast zu dem Glauben gedrängt, dass es in
solchen Gesteinen kein kohlensäurehaltiges Wasser gewesen sein kann,
wodurch die Alterationserscheinungen der anderen begleitenden Mine-
ralien herbeigeführt wurden.
Vom Olivin haben hereits zahlreiche mikroskopische Untersuchun-
gen nicht nur ergeben, dass er von den die Zersetzung der Felsarten
bewirkenden Agentien stark angegriffen wird, sondern auch das gesetz-
mässige Detail dieser Processe kennen gelehrt. „Bemerkenswerth ist
es,“ sagt Zirkel1) bei Behandlung des Olivin, „wie oft der Olivin
in den Felsarten so stark alterirt erscheint, ohne dass die benachbarten
Gemengtheile besonders hervorstehende Merkmale der Verwitterung
offenbaren, selbst diejenigen nicht, welche sonst als ziemlich angreif-
bar gelten.“ Es muss hier ebenfalls bestätigt werden, dass der Olivin
von den zur Untersuchung verwendeten Mineralien und Gesteinen am
meisten vom kohlensäurehaltigem Wasser angegriffen wird, indem in
beträchtlichem Maasse Kieselsäure höchst wahrscheinlich als Hydrat,
Magnesia als kohlensaure Magnesia und Eisenoxydul als kohlensaures
Eisenoxydul in Lösung gegangen sind. Es darf hieraus mit Recht
geschlossen werden, „dass diejenigen Gesteine, in welchen Olivin selbst
in seinen mikroskopischen Individuen die ursprüngliche Beschaffenheit
noch besitzt, wesentlichen Zersetzungsprocessen bis jetzt nicht unter-
worfen gewesen sind.“
Wie sich in der Natur und unter dem Mikroskop die Serpentini-
sirung des Olivin oft genug nachweisen lässt, so kann man, da aus
dem Olivin das meiste Eisenoxydul durch kohlensäurehaltiges Wasser
fortgeführt wird, auch mit Sicherheit behaupten, dass der Olivin zur
Bildung des Magneteisens und der Eisenoxydhydrate die meiste Veran-
lassung gibt.
Fasst man das procentuelle Verhältniss der aus dem Olivin durch
Lösung entfernten Bestandtheile ins Auge, so erkennt man, dass in dem
Rest Kieselsäure und Basen ungefähr in der gegenseitigen Proportion
stehen, wie sie der Serpentin (abgesehen von seinem Wassergehalt)
’) Zirkel, mikr. Besch, d. M. u. Gest., pag. 217.
2) Ibid. pag. 218.
[23]
Untersuchungen.
47
besitzt; es steht daher von chemischer Seite nichts im Wege, sich die
Umwandlung des Olivin in Serpentin als durch kohlensäurehaltiges
Wasser erfolgt vorzustellen.
Wie schon beim Olivin, so zeigte sich auch beim Serpentin der
von Bischof aufgestellte Satz : „Magnesiasilicat wird nicht durch Kohlen-
säure zersetzt“, auf diese beiden Mineralien nicht anwendbar. Im
Gegentheil hat die quantitative Analyse der vom Serpentin durch
kohlensäurehaltiges Wasser gelösten Substanzen ergeben, dass Magnesia-
silicat zersetzbar ist.
Es ist nicht wahrscheinlich, dass die Lössung der Magnesia hier
nur eine Wirkung des hohen Druckes gewesen ist. Jedenfalls geht der-
selbe Process, wenn auch langsam, in der Natur vor sich. Es ist auch,
wie aus zahlreichen Analysen hervorgeht, in sehr vielen Serpentinvarie-
täten etwas Kohlensäure nachgewiesen worden, welche mit Magnesia
verbunden sein dürfte.
Der im Mineralreich weit verbreitete Process der Serpentinisirung
kann daher nicht als Endziel der Verwitterungsprocesse in der Natur
angesehen werden. Es lässt sich vielmehr der Schluss ziehen, dass
auch die Mineralien der letzten Umwandlungsprocesse nicht eine ewige
Dauer haben, sondern in den Kreislauf zurückkehren, der sich im
ganzen Mineralreich zeigt.
Im Folgenden sind die hier erhaltenen Resultate zusammen-
gestellt:
1. Sämmtliche obengenannten Mineralien und Gesteine werden
vom kohlensäurehaltigen Wasser zersetzt.
2. Hiebei werden folgende Substanzen, die wesentliche Bestand-
teile der Mineralien und Gesteine bilden, in Carbonate umgewandelt:
CaO, FeO, MnO, CoO, NiO, K20, Na20.
3. Bei der Einwirkung des kohlensäurehaltigen Wassers auf alkali-
haltige Silicate, wie Adular, Oligoklas etc, gehen stets geringe Mengen
Kieselsäure, höchst wahrscheinlich als Hydrat, in Lösung.
4. Selbst Tbonerde wird in ganz geringen Mengen gelöst.
5. Adular widersteht den zersetzenden Einflüssen des kohlen-
säurehaltigen Wassers bedeutend länger als Oligoklas.
6. Die Röthung der Feldspathe kann als erstes, die Kaolinisirung
als zweites Stadium der Zersetzung angesehen werden.
7. Hornblende wird leichter zersetzt als Feldspath.
8. Der stärkere Druck erhöht die Wirkung des kohlensäurehalti-
gen Wassers mehr als die längere Zeitdauer.
9. Aus dem Verhalten des Magneteisens gegen Salzsäure kann
nicht auf seine Zersetzbarkeit durch kohlensäurehaltiges Wasser ge-
schlossen werden. Von allen hier genannten Mineralien und Gesteinen
wird es am wenigsten angegriffen.
10. Der Apatit löst sich bedeutend leichter in kohlensäurehal-
tigem Wasser, als man nach seinem Erscheinen unter dem Mikroskop
erwarten kann.
48
Richard Müller.
[24]
11. Olivin wird unter den untersuchten Silicaten am leichtesten
von kohlensäurehaltigem Wasser zersetzt, ungefähr noch einmal so
leicht als Serpentin.
12. Magnesiasilicat wird von kohlensäurehaltigem Wasser ange-
griffen ; die Serpentinisirung kann nicht als Endziel der Umwandlungs-
processe im Mineralreich angesehen werden.
Zum Schluss fühle ich mich gedrungen, den Herren Professoren
Zirkel und Wiedemann, die mich bei dieser Arbeit sowohl, als
auch in meinem Studium der Mineralogie und Chemie in der liebens-
würdigsten Weise wesentlich gefördert und unterstützt haben, meinen
herzlichsten Dank auszusprechen.
Vita.
Unterzeichneter wurde am 12. März 1853 zu Kamenz in der Oberlausitz
geboren, erhielt seine Vorbereitung zum Lehrerberuf auf dem Seminar zu Bautzen,
fungirte nach bestandener Abiturientenprüfung 2 Jahre als Lehrer zu Hauswalde bei
Grossröhrsdorf, unterzog sich Ostern 1874 der Wahlfähigkeitsprüfung und besuchte
alsdann die hiesige Universität, wo er die Vorlesungen der Herren Professoren Credner,
Heinze, Hofmann, Hankel, Kolbe, Leuckhardt, Masius, Schenk, Strümpell, Wiedemann
und Zirkel gehört hat und im chemischen Laboratorium des Herrn Professor Wiede-
mann, sowie im mineralogischen Institut bei Herrn Professor Zirkel praktisch thätig
gewesen ist.
Julius Richard Müller.
IV. Bemerkungen über die japanischen Vulkane Asama-
Yama, Jaki-Yama, Iwa-wasi-Yama und Fusi-Yama.
Von Dr. Richard von Dräsche.
(Mit 7 Tafeln.)
Während eines dreimonatlichen Aufenthaltes in Japan besuchte
ich die Vulkane des nördlichen Theiles von Nipon und gebe hier mit
einigen Worten meine Resultate.
Asama-Yama.
Ich beginne die Reihe der von mir bestiegenen Vulkane mit dem
thätigsten. Man erreicht ihn am besten von Yokohama aus, wenn man
auf der grossen Strasse „Nakaseiulo“ bis Takasaki1) fährt. Man durch-
schneidet so in südost-nordwestlicher Richtung die grosse mit Reis und
Gemüsen bepflanzte Ebene. Die bedeutende Stadt Takasaki selbst liegt
am Russe des Gebirges, das wir nun besteigen müssen. Die Strecke
von Yedo nach Takasaki legt man in dem seit Kurzen verkehrenden
Post-Omnibus in 12 bis 14 Stunden zurück.
Von Takasaki aus ist der Weg nur mehr für Fussgänger oder
Pferde gangbar; bis Sakomoto kann man sich indess noch zweirädriger
von Menschen gezogener Karren, jinriksha genannt, bedienen; man
verfolgt so stets aufwärts den weissen Usuigava. An der rechten Seite
des Baches stehen schöne vulkanische Breccien an.
Im Vordergründe sehen wir das zackige Gebirge Megoi-dan, die
richtige Sierra der Spanier.
Im Hintergründe erblicken wir den stets rauchenden Kegel des
Asama-Yama (s. Taf. IV).
Von Sakomoto aus führt nun der Weg ungemein steil den Berg
hinauf. Derselbe trägt den Namen Haneishi-Yama; die Strasse wird
Usue-toge genannt. Der Berg besteht aus einem schön pfeilerförmig,
b Ich benütze bei der Schreibweise japanischer Wörter die von J. Hepburn
angegebene Orthographie.
Mineralogische Mittheilungen. 1877. 1. Heft. (Dräsche.)
7
50
Richard von Dräsche.
[2]
abgesonderten, doleritischen lichtgrauen Gestein, dasselbe Gestein, dem
wohl das Megoi-dan-Gebirge seine zackigen Formen verdankt. Der
höchste Punkt des Berges, den man in einer Stunde erreicht, heisst
Togematshi und ist nach J. A. Lindo (Transactions of the asiatic society
of Japan. Bd. III. 1874) 3300 Fuss hoch. Von hier aus führt der Weg
langsam bergab in südwestlicher Richtung. Schon am Fusse des Haneishi-
Yama bemerkte man häufige Bimssteinlager, welche nun aber in der
Mächtigkeit bedeutend zunehmen. In einer Stunde erreicht man das
Dorf Tamanaka-mura und in einer weiteren Togeitslia, von wo aus man
steil in die Ebene heruntersteigt, aus welcher sich der Vulkan erhebt.
Von Kalisawa aus schreitet man fast eben in 2 Stunden bis
Oiwake, am südlichen Fuss des Asama.
Die Ebene ist viele Meter hoch mit weissen Bimsstein- Auswürflin-
gen bedeckt.
Eine halbe Stunde von Oiwake sieht man endlich schwarze
schlackige Laven die Bimsstein-Schichten überlagern.
Zu unserer rechten Hand erhebt sich ein steiler, wohl circa 800
Fuss hoher Berg, dessen Spitze von einem Krater durchbohrt sein soll.(?)
Es ist der Hanale-Yama (siehe Fig. 1).
An den niederen Ge-
birgen, welche die Ebene im
Osten einsäumen, sind zwei
schöne hervorragende Gänge
zu beobachten. Von Oiwake
aus stellt sich der Vulkan als
ein stark abgeplatteter rau-
chender Kegel dar. An seiner
= westlichen Seite, von ihm
durch einen tiefen Abgrund getrennt, erhebt sich ein gegen den
Vulkan steil, nach Aussen sanft abdachender Berg, der „Kengamine“.
Nach Osten verflacht sich der Kegel langsam und steht dann mit anderen
Gebirgen in Verbindung.
Der Vulkan ist bequem in einem Tage zu besteigen. Man schrei-
tet zuerst gegen zwei Stunden sanft ansteigend durch Nadelwälder und
überschreitet schliesslich den kleinen Bach Tshinoike-gawa, der eine
hübsche Cascade über schwarze vulkanische Breccien bildet, die durch
den Eisenreichthum des Wassers mit rothen Krusten überzogen sind.
Am linken Ufer dieses Baches befindet sich in der Breccie eine geräu-
mige Höhle, in welcher sich die Statue eines Buddha-Heiligen befindet.
Von hier an fängt der eigentliche Aufstieg an, der jedoch nicht
sehr beschwerlich ist , da die plattenförmigen Lavaschollen eine Art
Stufen bilden; wir sind nun aus der Wald-Region heraus ; bald passiren
wir linker Hand einen steilen Hügel, der sich inselförmig aus dem
Lavameer erhebt; es ist der „Shekisan“. Je mehr man sich dem Vulkan
nähert, desto mehr verschwindet seine kegelförmige Gestalt; wir er-
kennen bald die schöne nach Aussen geneigte Schichtung des Kenga-
mine und halten ihn wohl nun mit Recht als den alten, jetzt durch
ein tiefes Thal getrennten Abhang des Vulkanes.
Fig. l.
[3]
Bemerkungen über die japanischen Vulkane.
51
Wie mich die Ansicht des Berges von seiner westlichen Seite
lehrte, umgibt der Kengamine in einem Viertelkreise den jetzigen Vul-
kan (s. Karte des Vulkans Taf. VIII). Der Shekisan dürfte ein Ueber-
rest des südlichen Abhanges sein; ebenso zeigt eine gewaltige Kluft
an der südlichen Seite des Berges, welche von dem „Biobuish“ genann-
ten Abhange gebildet wird, dass hier einst grosse Störungen stattge-
funden haben.
Figur 2 soll eine Idee geben, wie sich der Berg von seiner Mitte
aus von Süden gesehen präsentirt. Theile der Ostseite der alten Ab-
Fig. 2.
Kengamine Shekisan Bioboißh
hänge dürften noch vorhanden und von den neueren Laven und Aus-
würflingen des Vulkans bedeckt sein, das Thal, was im Westen vorhan-
den, wurde im Osten von denselben angefüllt.
Die vorwaltende östliche Ausdehnung des Berges scheint anzu-
deuten, dass die neueren Ausbrüche hauptsächlich nach dieser Seite
hin stattfanden. Der Biobuish zeigt so wie der Kengamine sehr schöne
Lava-Schichtung. Das letzte Stück bis nach a (Fig. 2) ist gegen 31°
geneigt und wegen der grossen Massen Rapillis ziemlich schwer zu
erklimmen. Hie und da findet man faustgrosse und noch grössere Aus-
würflinge des Vulkans, welche an der Oberfläche schön verglast sind;
nur ein einziges Bimssteinstück fand ich und dieses war von schwarzer
Schlacke theilweise umhüllt. Ausserdem findet man noch meist kleine
weisse scheinbar felsitische Auswürflinge zerstreut. Hat man den Punkt
a erreicht so befindet man sich in einem engen ringförmigen Thale, im
Osten gebildet von dem letzten Eruptionskegel, im Westen von einer
senkrechten Mauer, welche circa den 6. Theil eines Kreises darstellt,
mit dem jetzigen Krater als Centrum; sie ist der übrig gebliebene
Theil einer nach Osten vollkommen durchbrochenen Krater-Umwallung.
Diese Wand ist stellenweise in schöne Säulen zerklüftet, die
wieder von Rapilli-Schichten bedeckt werden.
Wenn man den Rapillihügel erklommen hat, befindet man sich
am Rande des brausenden Kraters, der heftige Dampfwolken aufwirbelt,
die sich zu weissen Massen zusammenballen. Die senkrechten Krater-
wände sind stark gebleicht, oft mit Schwefel incrustirt, bald überhangend,
bald furchtbar zerklüftet; aus jeder Spalte sieht man heisse stark ge-
7*
52
Richard von Dräsche.
[4]
spannte Dämpfe hervordringen; den Boden des Kraters zu sehen ist
unmöglich, da bloss von Zeit zu Zeit die dichten Dampfwolken einem
eine nur geringe Aussicht in den Krater erlauben.
Der Krater dürfte einen Durchmesser von circa 1000 Meter haben;
seine Höhe über dem Meere ist nach früheren Messungen gegen 2340
Meter1). Ich konnte den Krater leider nicht in seiner ganzen Ausdehnung
umgehen, da ein heftiger Südwind den Aufenthalt auf der nördlichen
Seite unmöglich machte.
Gegen Osten ist, wie schon früher erwähnt der Asama-Yama be-
deutend verlängert. An seinem Fusse befindet sich hier ein kleiner
Eruptionskegel, der Ko-Asama (Sohn des Asama; Asama-Yama = Rauch-
berg), der Einzige, welchen der Vulkan aufzuweisen hat. Dieser Kegel
ist nur circa 300 Fuss hoch, und an seiner Spitze von einem Krater
durchbohrt, ein kleiner Lavastrom hat sich aus ihm ergossen. Die
ganze Umgebung ist viele Meter hoch mit Bimssteinen bedeckt. Diese
Auswürflinge verschwinden jedoch bald, wenn man vom Ko-Asama aus
sich gegen Norden wendet. Die neueren Lava- Ausbrüche des Asama-
Yama haben alle an der Nordost- und Ost-Seite des Berges stattgefun-
den. Der bedeutendste unter ihnen nimmt seinen Ursprung auf drei
Viertel der Bergeshöhe, verbreitert sich sehr schnell und theilt sich
schliesslich in zwei kurze Arme.
An einem Punkte der Nordseite des Vulkanes, beiläufig in seiner
Hälfte sah ich eine Fumarole. Der Weg von O'iwake nach Osasa im
Norden des Vulkans führt durch einen Nadelwald, welcher auf einem
ganz ausserordentlich durcheinandergeworfenen Lavastrom Wurzel ge-
fasst hat; hier sieht man haushoch aufeinander gethürmt Schollen,
Taue, Riesen-Platten, Grotten etc. und überall hat die Vegetation
Wurzel gefasst. Dieser Lavastrom soll nach Dr. Rein (Petermanns Mit-
theil. 1875, S. 221) vor 200 Jahren dem Krater entflossen sein. Auf
Taf. III ist der Vulkan skizzirt, wie man ihn von Norden aus, 1 Stunde
von Osasa, sieht. Zur Rechten bemerkt man den Kengamine mit tief
eingeschnittenen Wasserläufen, dem Beschauer zugewendet ist der grosse
schwarze Lavastrom, dessen frisches Gestein sich schön von den schon
verwitterten älteren Laven abhebt. Zur Linken haben wir schliesslich
den kleinen Kegel Ko-Asama.
Die Laven des Asama-Yama sind doleritischer Natur; in einer
fein krystallinischen Grundmasse liegen kleine Krystalle von Plagioklas,
Augit und Magneteisen. Der Augit tritt überall mehr zurück, grössere
Plagioklase findet man häufiger. Es ist zu bemerken, dass die Augite
sehr oft jene Zwillinge nach dem Orthopinakoide zeigen , welche
Dr. Brezina beschrieb.
Das Gestein, welches die Säulen bei a Fig. 2 zusammensetzt, ist
von lichtgrauer Farbe und vorwiegend feldspathfiihrend. Im Dünn-
schliffe sieht man Plagioklas-Krystalltrümmer in der feinkrystallinischen
Grundmasse liegen, welche auch in den Feldspath selbst stellenweise
eingedrungen ist. Die verglasten Auswürflinge sind nicht allein äusser-
Ö Meine sämmtlichen Messinstrumente waren durch den Sturz meines Lastpferdes
auf Luzon unbrauchbar geworden; auch gelang es mir nicht mehr neue verlässliche
zu erhalten,
[5]
Bemerkungen über die japanischen Vulkane.
53
lieh mit einer dünnen lichtgrauen Schmelzrinde bedeckt: die Versinte-
rung scheint auch im Innern Platz gegriffen zu haben. Man erkennt
zwei scharf von einander geschiedene Substanzen, eine weisse feldspa-
thige und eine perlgraue pechsteinartige; beide Substanzen zeigen Ten-
denz zu regelmässiger Anordnung nach einer Richtung. Ausser diesen
Auswürflingen sieht man auf den Abhängen noch spärliche kleine,
weisse, eckige Sternchen, die aus felsitischer fast quarzharter Grund-
masse bestehen, öfters Quarzkrystalle enthalten und durch stellenweise
Anhäufung eines blauen , nur mit dem Mikroskop erkennbaren, in
Durchschnitten rectangulär erscheinenden Minerals blau gefleckt aus-
sehen. Ich behalte mir eine nähere Untersuchung dieser merkwürdigen
Auswürflinge vor.
Es war mir unmöglich etwas näheres über stattgehabte Eruptionen
des Asama-Yama zu erfahren; die Leute sprechen sehr oft von Stein-
regen u. s. w. ; aber alles reducirt sich schliesslich auf heftige Gewitter,
bei welchen Steine von den Abhängen herunterrollten. Herr Dr. Naumann
in Yedo soll jedoch in alten japanesischen Tempelschriften Eruptionen
des Berges erwähnt gefunden haben, und dürfte wohl in nächster Zeit
etwas darüber veröffentlichen. Poulette Scrope (Ueber Vulkane S. 422)
erwähnt, dass der Asama-Yama im Jahre 1783 einen heftigen Ausbruch
gehabt habe.
Jaki-Yam a.
Dieser erloschene Vulkan liegt an der Westküste Japans in
36° 33' N. B., zwei Tagreisen südlich von Niigata, einem der Vertrags-
häfen. Der Vulkan wird in den meisten Vulkan- Verzeichnissen als thä-
tiger angeführt.
Obwohl ich aus den japanesischen Karten seine beiläufige Lage
ersehen konnte, gelang es mir doch nur nach vielen fruchtlosen Wegen
ihn aufzufinden; der Zufall führte mich nämlich in einem Theehaus
mit einem Manne zusammen , der jahrelang auf seinen Abhängen
Schwefel gewann. Für spätere Reisende, welche 'sich für diesen Vulkan
interessiren sollten, führe ich den Weg an, den ich zu ihm einschlug.
Von Osasa, einem Weiler am nördlichen Fusse des Asama-Yama übersetzt
man den in vulkanischer Breccie strömenden Mansa-gawa und passirt
stets über welliges aus zersetzten Laven bestehendes Gestein, lässt
linker Hand den Shirani Yama, ein erloschener Vulkan, dessen Laven
wohl mit denen des Asama - Yama wechsellagern. Nach ßstündiger
Wanderung erreicht man endlich den berühmten Badeort Kusatzu
(sprich Ksatz).
Aus Spalten in vulkanischen Breccien treten hier ausserordentlich
mächtige heisse Schwefelwasserstoffquellen auf, welche in grossen höl-
zernen, zolldick mit Schwefel inkrustirten Bassins gefangen werden.
Diese Quellen sind wohl die mächtigsten Schwefelquellen Japans und
haben einen grossen Ruf weit und breit unter den Japanern (Trans-
actions of the asiatic society of Japan 1874. A journey from Yedo to
Kusatzu). Von Kusatzu erreicht man in einem starken Tagesmarsch Shibu,
indem man den gegen 5000' hohen Shibutoge (Slnbu-Pass) überschreitet.
54 Richard von Dräsche. £ß]
Man lässt linker Hand den erloschenen Shirani und Moto-shirani, an
deren Gipfel Schwefel gewonnen wird.
Der ganze Weg geht fort und fort in den doleritischen Laven
des Shirani, von denen auch einige hornblendeführend sind. Unter ihnen
fällt besonders auf ein lichtgraues äusserst lockeres Gestein, das aus
viel schönen glasigen Plagioklas und Augit besteht; gewiss unter dieser
Form ein seltenes Mineral -Aggregat. Dieser manchmal sogar ins bims-
steinartige übergehende „ Augit-Andesit“ erscheint in mächtigen Lava-
strömen.
Bevor man nach dem Orte Shibu hiuabsteigt, passirt man einige
kleine tiefblaue Seen; die Abhänge des Passes bestehen überall aus
übereinandergeflossenen Laven. In Shibu selbst treten wieder zahlreiche
warme Quellen auf. Etwa eine halbe Stunde vom Orte strömt aus
einer kleinen Oeffnung im vulkanischen Gesteine hochgespannter Dampf
brausend hervor. Die Japaner nennen diese Stelle jigoku (d. h. Hölle).
Von Shibu aus kommt man bald in das Thal des Tshigugo-gawa, den
man auf sein linkes Ufer nach I-Yama übersetzt und von dort sich über
den aus vollkommen zersetzten weissen Laven bestehenden Tomikura
nach Nagasawa begibt. Von diesem Orte steigt man in 5 Stunden über
Arai nach dem grossen Orte Takadä. Von hier aus erreicht man nach
weiteren 6 Stunden meist längs der Meeresküste in weissem schon ge-
schichtetem Tuffgestein wandernd Kagayashiki den Punkt, von welchem
man am besten den Vulkan ersteigt.
Kagayashiki liegt am Ausfluss des kurzen Flusses Haya-gawa, der
m südnördlicher Richtung fliessend, von den Abhängen des Yaki-Yama
seinen Ursprung nimmt.
Das anfangs breite Thal verschmälert sich bald und nach Sstiin-
diger Wanderung erreicht man die Häusergruppe Odeira-mura, welche
am Eingänge in eine enge Felsenschlucht liegt, durch welche der Haya-
gawa sich durchbricht. Bei Odeira-mura treten lauwarme, etwas schwe-
felwasserstoffhaltige Quellen auf.
Die Ufer des Flusses werden zusammengesetzt aus lichtgrauen,
schön geschichteten vulkanischen Tuffen , welche häufig undeutliche
Pflanzenreste führen; dazwischen befinden sich Lagen von schwarzen
sandsteinartigen Gesteinen. Die Schichten sind stark verworfen und ge-
knickt, was sich an vielen vom Wasser blosgelegten Flächen schön
sehen lässt.
Die Lagen haben ein abwechselndes Fallen von 8—65° W. Bald
wendet man sich an das linke Ufer des Flusses und betritt nun eine
kleine Fläche, von welcher man zuerst den Anblick des Jaki-Yaina ge-
niesst. Der Berg ist fast bis zu seinem Gipfel bewaldet.
Unendlich tiefe Barancos, die vollkommen kahl und mit Schnee
erfüllt sind, durchfurchen seine Abhänge. Der Berg selbst hat eine
konische Form mit abgeflachtem stark zerrissenen kahlen Gipfel. Er
ist allseitig mit anderen niederen Bergen in Verbindung.
Auf Tafel VII habe ich eine flüchtige Skizze desselben wiederge-
geben. In den Barrancos findet man den inneren Bau des Berges schön
aufgeschlossen. Vorherrschend ist eine lichtgraue äusserst poröse Lava,
mit schönen Plagioklasen und grossen Hornblendekrystallen ; ausserdem
[7]
Bemerkungen über die japanische Vulkane.
55
treten noch dichte, feinkörnige Varietäten auf; stets besteht aber die
Grundmasse aus einem Gemenge von Plagioklas, Augit und Hornblende ;
in dieser liegen dann meist einzelne grössere Hornblendekrystalle; das
Gestein dürfte somit den Namen Hornblende-Augit-Andesit verdienen.
Der letzte Tlieil des Abhanges ist von Rapilli und Felstrümmern
bedeckt. An vielen Stellen sind dieselben mit Schwefel inkrustirt. Etwa
200 Fuss unter dem Gipfel befindet sich ein Loch, aus welchem heisse
Luft strömt. Meine Führer versicherten mich, dass noch vor wenigen
Jahren aus demselben Schwefeldämpfe strömten. Die Wände der
Höhlung sind auch durch und durch mit Schwefel imprägnirt. Die
Spitze des Berges ist ein vollkommen in sich eingestürzter Krater.
Riesige Felsentrümmer bedecken den ehemaligen Kraterboden, dessen
Wände nur mehr hie und da in einzelnen hochaufstrebenden Pfeilern
stehen geblieben sind. Nahe am Gipfel fand ich Quarz- Trachyt- Aus-
würflinge mit weisser poröser Grundmasse, in welcher sich kleine Quarz-
krystalle und zersetzte Feldspathe vorfinden.
Ich schätze die Höhe des Berges auf mehr als 7000 Fuss; von
Eruptionen ist nichts bekannt, es dürfte wohl seit seinem letzten Paro-
xismus ein grosser Zeitraum verstrichen sein.
Iwa-wasi-Yama.
Wenn man auf jener Hauptstrasse Japans, welche von Awomori,
der Hafenstadt im äussersten Norden Nipons bis nach Yedo führt, und
„Naka-Kaido“ genannt wird, durch die eintönigen Tufl’landschaften
wandert, so erblickt man unweit von Morioka (7 Tagesreisen von Yedo
mit jinriksha) im Westen einen hohen kegelförmigen Berg, den Iwa-
wasi-Yama (das heisst wörtlich Türkischer Waitzen-Stein-Berg).
Er liegt circa 39° 50' N. B. Man erreicht seinen Fuss in 4 Stun-
den von der grossen Stadt Morioka aus, indem man den nord-südlich
strömenden Kita-no-gawa übersetzt und durch junge Nadelwaldungen
langsam ansteigend bis zum Tempel Kakisawa geht. Der Berg steht
unter dem Schutze eines Buddha -Priesters, der bis zur Spitze eine Art
Weg angelegt hat und von jedem Wallfahrer 2 eens erhebt. Da den
„heiligen Berg“ jährlich Tausende von Pilgern besteigen um auf seiner
Spitze gutes Wetter für die Saaten zu erflehen, so macht diese Steuer
eine hübsche Summe aus. Von der Regierung ist jedoch dem Buddha-
Priester ein Controlls-Beamter beigegeben , welcher einen aliquoten
Theil der Einkünfte für den Staat eincassirt.
Von diesem Tempel aus kann man bequem in einem Tage den
Gipfel des Vulkanes besteigen und Nachts wieder in Morioka sein.
Von Kakisawa präsentirt sich der Berg, sowie ich ihn auf Taf. VI
wiedergegeben habe.
Es wird dem Beschauer sogleich klar, dass wir zwei verschiedene
altersungleiche Theile unterscheiden müssen. Der Hauptkegel, mit stark
abgestumpfter Spitze, ist bis oben mit Gestrüpp bewachsen.
Aus diesem erhebt sich etwas nördlicher ein höherer kahler
Aschenhaufen, der die nördlichen Abhänge des grossen Kegels weit über
die Hälfte mit seinen Eruptionsproducten überschüttet hat, auf denen
56
Richard von Dräsche.
[8]
noch keine Vegetation Wurzel fassen konnte. So einfach scheinbar die
Verhältnisse liegen, so überraschend verwickelt stellen sie sich dar,
wenn man den Gipfel des Berges erreicht hat. Von Kakisawa aus über-
schreitet man zuerst eine 1 Stunde breite sanft ansteigende Grasebene.
Linker Hand passirt man einen kleinen Rapilli- Hügel, der noch nahe
beim Tempel ist, weiter oben einen grösseren Hügel von unregelmäs-
siger Form.
Nach einstündigem scharfen Anstieg durch Nadelwaldung steigt
man einen tiefen Barranco hinunter, in welchem ein kleines Bächlein
fliesst. Der Boden ist hier so glatt und’ lehmig, dass zum Anhalten
der Hände ein Seil gespannt ist. Auf der anderen Seite erklimmt man
wieder die Wand und wandert nun auf steilem Pfade längs des Ab-
hanges hin. Im Barranco sind die übereinander gelagerten Lavaströme
und Rapilli-Massen schön aufgeschlossen.
Sie besitzen hier eine Neigung von 33°. Nach östündigem sehr
beschwerlichen Anstieg kömmt man auf den Gipfel des alten Kegels.
An seinem südlichen Abhang erhebt sich eine steile Lavamauer, der
Rest einer ehemaligen Krater-Umwallung.
Nördlich von dieser befindet sich nun ein steiler Rapilli-Hiigel,
der die Kratermauer um ein Bedeutendes überragt. Die Terrain-Ver-
hältnisse sind bis jetzt vollkommen ähnlich denen des Asama-Yama.
Hat man den Rapilli-Hiigel erstiegen , so eröffnet sich eine über-
raschende Aussicht; man befindet sich auf dem Rande eines Circus,
aus dessen 2 — 300 Fuss tiefen Grunde sich ein zweigipfliger Aschen-
liiigel erhebt; ersterer dürfte einen Durchmesser von circa 500 Meter
haben. Die südliche Seite der zweiten Ringmauer ist zum Theile ein-
gestürzt, so dass man bequem auf den Boden gelangen kann. An der
nördlichen Kraterwand stehen schöne Säulen an. Der höchste Punkt
des Walles und des Vulkanes selbst liegt im Westen ; ich schätze seine
Höhe auf mindestens 7000 Fuss, Am südwestlichen Fusse des mittleren
Rapillihügels gewahrt man den jüngsten nun erloschenen Krater. Er
ist gegen 30 Meter tief und circa 80 Meter im Durchmesser; seine
südliche Wand ist eingestürzt , keinerlei Anzeichen seiner Thätigkeit
sind mehr vorhanden ; seine Wände sind von sauren Dämpfen zersetzt
und gebleicht.
Die einzigen Spuren der unterirdischen Wärme konnte ich im
Westen des Rapillihügels finden. Hier strömt aus Spalten des vulkani-
schen Gesteines stark erwärmte Luft. — In Figur 3 gebe ich einen
von Süd nach Nord geführten Durchschnitt des Vulkanes.
Fig. 3.
Als ich den Rand der westlichen Kraterwand erklommen, war
der ganze Westen in dichten Nebel gehüllt. Nach und nach zertheilte
[9]
Bemerkungen über die japanischen Vulkane.
57
sich derselbe jedoch und ich sah zu meiner höchsten Ueberraschung zu
meinen Füssen sich ein grosses von senkrechten Wänden begrenztes
Thal öffnen — einen vierten Kraterboden.
Da die Nebelmassen sich jedoch nur theilweise hoben und andere
Parthien wieder verdeckt waren, so konnte ich mir in dem steten
Spiele der Wolken nur nach und nach ein dennoch unvollständiges Bild
dieses Thaies verschaffen, welches ich hiemit in Kurzem geben will.
Die erste Ringmauer verlässt bei Z (siehe Karte des Krater Iwa-wasi-
Yama, Tafel IX) plötzlich ihre Richtung und biegt sich wieder zurück,
um in weitem Halbkreis ein westlich gelegeneres Centrum zu umgürten.
Aus den Nebelmassen konnte ich indessen bei m Bruchstücke des
gegenüberliegenden Halbkreises wahrnehmen, so dass kein Zweifel ist,
dass auch hier einst eine geschlossene Ringmauer vorhanden war. Der
Grund dieses Thalkessels ist mindestens 500 Fuss tiefer als der Krater-
boden, aus dem sich der erste Rapillihügel erhebt.
In ersterem liegt an der Südseite ein kleiner tiefblauer See, der
im Süden von einem halbkreisförmigen Walle umgeben ist; es ist somit
ein Kratersee.
An einer Stelle bei l strömen aus der Kraterwand Dämpfe her-
vor. Zieht man einen Durchschnitt von g über /', e, /«, k nach l so
erhalten wir beiläufig folgendes Profil (s. Fig. 4): Der ganze Krater
Fig. 4.
ist mit dichten Wäldei’n bedeckt; mein Plan, dieses Gebiet näher zu
untersuchen, wurde leider durch dicht hereinbrechenden Nebel verhin-
dert. Es ist mir somit unmöglich zu sagen, in welcher Art sich der
Vulkan nach Westen abschliesst und ob er nicht mit jenen hohen Ge-
birgen in Verbindung ist, welche ich durch den Nebel erblicken
konnte.
Sowie der Asama-Yama sein Eruptionscentrum stets nach Osten
vorrückte und wir alle Ringwälle nur im Westen erhalten finden,
so scheint der Iwa-wasi-Tami vorzüglich gegen Norden seine vulkani-
schen Kräfte zu äussern, gegen welche Weltgegend die meisten Circusse
offen sind. Am nördlichen Abhang bemerkt man auch einen neueren
Lavastrom.
Die Laven des Iwa-wasi-Yama sind alle doleritisch, öfters werden
sie jedoch feinkörnig und gehen so in Anamesite über, welche häufig
Tachylit in sich eingeschlossen führen.
Mineralogische Mittheilungen. 1877. 1. Heft. (Dräsche.) 8
58
Richard von Dräsche.
[10]
F u s i - Y a in a.
Der der Hauptstadt Yedo am nächsten gelegene Vulkan und zu-
gleich der höchste Berg Japans ist der weltberühmte heilige Fusi-Yama
(wörtlich Feuerberg), besser Fusi-no-yama.
Sein Fuss ist von der Stadt aus bequem in zweiundeinhalb Tagen
zu erreichen. Man fährt am besten längs des Tokaido in 5 Stunden
bis Odawara am Meere.
Hier ergiesst sich der Hägakawa-Bach ins Meer. Der Hägakawa-
Bach entspringt aus dem Hakone-See ; kurze Zeit nachdem er densel-
ben verlassen hat, biegt er plötzlich in rechtem Winkel um, und eilt
nun in südöstlicher Richtung dem Meere zu. Dort wo er die scharfe
Biegung macht, treten die Berge an seinem linken Ufer in weitem
Bogen zurück, um ihn bald mit immer steileren Ufern einzuengen. In
diesem engen Thale, an dessen Wänden man die übereinandergelagerten
Lavamasseu verfolgen kann, brechen eine Anzahl von Thermen hervor,
so bei Imotto, Tanasawa, Mianoshta, Sokokura, Iviga u. s. f. Nicht
weit von Imotto trifft man schön weisse, zerreibliche Tuffe an, weiter
höher stehen vulkanische Breccien an, welche von Gängen durchsetzt
werden, die doleritisch und reich an grossen Feldspäthen sind.
Am rechten Ufer des Flusses bei Senkoku unweit seiner Krüm-
mung erbebt sich der merkwürdig gestaltete Komoriga-take (Fleder-
maus-Berg, s. Taf. VII.), der nach Dr. Rein eine Höhe von 1285
Meter besitzt. Er ist ein zweigipfliger Berg mit einem tiefen Ein-
sturz in der Mitte; an seinem Gipfel und Abhängen wird Schwefel
gewonnen; einige rauchende Fumarolen sieht man aus der Ferne; ich
halte aus diesen Gründen den Berg für einen erloschenen Vulkan.
Längs den steilen Abhängen, welche sich im Bogen um die Fluss-Bie-
gung ziehen, sieht man horizontal die Schichtungslinien der Laven
verlaufen; dort wo diese Gehänge am niedersten sind, führt der Weg
zum Fusi-Yama in das Himmelsthal. Der Aufstieg ist ermüdend und
steil, hat man jedoch den Gipfel erreicht, so eröffnet sich nun ein
überraschender Anblick. Tief unten breitet sich ein weites, reich be-
bautes Thal aus, welches langsam ansteigt und schliesslich in die zu-
erst bewaldeten, dann kahlen und zuletzt mit Schnee bedeckten Ab-
hänge des grossen Vulkanes übergeht. Der Fusi-Yama hat vom Otomi-
toge (dies ist der Name des Ueberganges) aus gesehen, keine rein
konische Form, wie sie die Japaner gern in allen ihren Zeichnungen
und Malereien darstellen.
Seine Spitze wird von einer sanft geneigten Ebene gebildet.
Im Süden gegen das Meer zu hängt der Vulkan an seinem Fusse
mit einem anderen Berg zusammen, dem Ashinga-Yama, der sicher auch
vulkanischen Ursprungs ist.
Die Abhänge des Otomitoge nach dem Himmelsthale, die aus einem
porösen, grauen, Plagioklas-Augit führenden Gesteine bestehen, sind ziem-
lich sanft. Ist man unten in Goten angekommen, so sieht man eine
Ebene, die ganz aus schwarzem Rapilli mit weissen Bimssteinlagen besteht,
bis zum Dorfe Subashiri, von wo ich den Vulkan bestieg. Drei Wege führen
auf den Berg, einer von Süden, ein nördlicher und ein östlicher ; ich
[11]
Bemerkungen über die japanischen Vulkane.
59
wählte den letzteren. Von Subashiri bis zum Ruheplatz Omagaishi —
2 Ri Weges — schreitet man noch stets in den Rapilli-Massen, erst
von hier an nimmt die Steigung bedeutend zu und treten Lavaströme
auf. Von hier bis zur Spitze des Vulkans führt der Weg im Zick-Zack
steil über Laven ; man kann den Gipfel von Omagaishi aus wohl in
6 Stunden erreichen. An 10 verschiedenen Punkten befinden sich an
diesem Wege von Stein erbaute Hütten, in welchen die jährlich in
enormen Massen auf den Berg wandernden Pilger ausruhen.
Diese Hütten sind von den Monaten Juli bis September von Leuten
bewohnt, welche Thee, Reis, Wasser etc. verkaufen ; den ganzen übrigen
Theil des Jahres wird der Berg der hohen Schneemassen wegen nicht
bestiegen.
In meiner Begleitung befand sich Herr Baron R. Stillfried, der
sich die mühevolle Aufgabe gestellt hatte, den Krater des Vulkans zu
photographiren.
Wir hatten somit ein Gefolge von 20 Mann, um die Apparate
hinauf zu schleppen; wir mussten in der 5. Station übernachten und
gelangten erst den andern Mittag auf die Spitze des Berges bei stür-
mischem und regnerischem Wetter. Oben befinden sich kleine Tempel
und schlechte Hütten zur Aufnahme der Pilger. Erst den nächsten
Morgen lichtete sich das Wetter, die Nebel hoben sich und ich konnte
sowohl den Krater umgehen und Beobachtungen machen, als auch ge-
lang es Herrn Baron R. Stillfried vier höchst gelungene Ansichten des
Kraters photographisch aufzunehmen. Um ermüdende Beschreibungen zu
vermeiden, gebe ich in Tafel IX eine Karte des Fusi-Yama-Kraters.
Seine Höhe wurde verschieden angegeben, ja die Messungen va-
riiren zwischen 10.500 und 14.200'. Lieutenant Robinson gibt neuerdings
die Höhe des Berges zu 14.177 Fuss an, das Mittel aus einer Anzahl
ausgewählter barometrischer Höhenmessungen von verschiedenen Beob-
achtern ist 12.200 englische Fuss. Der Krater des Berges ist fast kreis-
rund »und dürfte eine Tiefe von 7 — 800' haben. Im Norden und Nord-
westen wird der Krater in einiger Entfernung von einer steilen Mauer
begrenzt, welche wohl der Ueberrest eines alten Kraterwalles sein dürfte.
Der Raum zwischen ihm und den jetzigen Krater wird durch eine
Anzahl Rapillihügel ausgefüllt, deren höchste Punkte sich an den alten
Wall anlehnen. Im Westen befindet sich ein nach Osten offener
kleiner Krater, dessen Wände von oben bis unten von einem Gange
durchsetzt werden. Die Lava- und Rapilli-Schichten im Süden und
Osten neigen sich gegen das Centrum des Kraters, fällen aber dann
natürlich nach Aussen wieder parallel den Abhängen.
Der jetzige Krater dürfte früher
bedeutend kleiner gewesen sein, da man
noch bei a (siehe die Karte) einen ste-
hen gebliebenen Pfeiler antrifft , der
vollkommen isolirt aus dem Krater steigt
und dessen Schichtung demselben zu-
fällt (siehe Fig. 5). Grosse Schuttmassen,
welche den Kraterboden bedecken, deu-
ten auf stattgehabte Einstürze hin. Der
8*
Fig. 5.
60
Richard von Dräsche.
[12]
Vulcan ist vollkommen erloschen, keine Dämpfe, keine Schwefel-Anflüge
sind mehr vorhanden. Die letzte Eruption fand im Jahre 1707 statt.
Die Tradition erzählt, der Berg sei in einer Nacht entstanden und
zur selben Zeit habe sich bei Miaco ein See (der Bivao) gebildet.
Die Aussicht vom Fusi-Yama muss bei heiterem Wetter (was
übrigens sehr selten sein soll) überwältigend sein; wir waren leider
nicht so glücklich selbes anzutreffen. Die japanesische Karte zeigt, dass
am Nordfuss des Fusi 5 Seen, von denen einer ziemlich bedeutend,
auftreten. Späteren Forschern bleibt es überlassen, diese geologisch
ganz unbekannte Gegend zu erforschen.
Die Laven des Fusi-Yama sind doleritisch, jene jedoch, welche
die Kraterwände zusammensetzen, sind Anamesite, in welchen nur hie
und da ein Feldspathkörnchen sichtbar ist. Bimsstein hat der Vulkan
in der letzten Zeit nicht mehr ausgeworfen; seine den Kegel bedecken-
den Auswürflinge sind nur schwarze blasige Schlacken. Bei ihm sowie
beim Asama-Yama scheinen die Bimssteine den älteren Eruptionen an-
zugehören.
Unsern Rückweg nach Yokohama traten wir über Atami, Hakone
und Odawara an. Man steigt von Subaschiri aus ein gutes Stück das
reich mit Rapilli bedeckte Himmelsthal hinunter und übersetzt dann
südöstlich einen langgezogenen Gebirgsrücken, der aus doleritischem
Gestein besteht; so erreicht man den knapp am Meere liegenden Geysir
von Atami, der seine Ausbrüche Gmal in 24 Stunden hat. Otto Kunze
hat in den „Mittheilungen der deutschen Gesellschaft für Natur und
Völkerkunde Ostasiens, Juni 1875“ eine ausführliche Schilderung dieser
periodischen Quelle gegeben.
Von Atami aus führt der Weg über mit hohem Gras bewachsene,
langgezogene Rücken nach Hakone am gleichnamigen See, der im
Osten von einigen kegelförmigen aus Dolerit bestehenden Bergen be-
grenzt wird. Unweit davon befinden sich auch die heissen Schwefel-
quellen von Ashinoju. Hakone liegt nach Dr. Martin 700 Meter hoch,
Ashinoju 836 Meter.
Von Hakone aus gelangt man über den niederen Hakone -Pass in
4 Stunden wieder nach Odawara.
Die ganze Gegend zwischen dem Himmelsthale, Atami, Hakone
und Hatta wird von grauen, porösen doleritischen Laven zusammenge-
setzt, welche sich sowohl ihrem Aeussern als ihrer petrographischen Eigen-
tümlichkeit nach, auf grosse Strecken vollkommen gleich bleiben.
V. Nachtrag zur chemischen Analyse des Mejonits.
Von Dr. Edmund Neminar
Docent au der Universität Wien.
In meiner Arbeit „Ueber die chemische Zusammensetzung des Me-
jonits *)“ hob ich hervor, dass beim continuirlichen starken Glühen des
Mejonits ein Theil seiner Alkalien sich verflüchtige. Es zeigte sich
nämlich, dass der durch Glühen des Mejonits bis zum constanten Ge-
wichte bestimmte Gewichtsverlust weit grösser war, als der nach einer
direkten Bestimmungsmethode ermittelte Wassergehalt, dagegen jedoch
die percentische Menge der aus dieser bis zum constanten Gewichte
geglühten Substanz bestimmten Alkalien geringer, als die aus unge-
glühter Substanz ermittelte. Dieser Umstand setzte es nun allerdings
ausser allen Zweifel , dass beim continuirlichen starken Glühen des
Mejonits Alkalien sich verflüchtigen, und dass somit der gegenüber dem
Wassergehalt zu gross erscheinende Gewichtsverlust zum grossen Theil
durch die Verflüchtigung der Alkalien hervorgerufen wird, bot aber
auch dem Gedanken Raum, ob nicht etwa einerseits, schon bei dem
für die direkte Wasserbestimmung erfolgten Glühen des Mejonits im
Platinrohre, ein Theil der Alkalien zugleich mit dem Wasser ausge-
trieben wurde, andererseits ein bei den bisherigen analytischen Unter-
suchungen des Mejonits nicht bestimmter Körper, an den die Alkalien
theilweise gebunden gewesen sein dürften, sich bei dem Glühen eben-
falls verflüchtigte, und bei meinen früheren Bestimungen übersehen
worden war.
Durch die Untersuchung einer Reihe von Skapolithen, mit denen
sich auch Herr Direktor Tschermak in letzterer Zeit eingehend beschäf-
tigte, zeigte es sich nun, dass sich in dem Skapolith nächst den bisher
bekannten Bestandtheilen auch Kohlensäure und Chlor befindet,
welches letztere durch starkes Glühen in der Form von Chlor alkalien
und theilweise auch als Eisenchlorid ausgetrieben werden kann.
Nach diesem Ergebnis bei den Mineralen der Skapolithfamilie
*) Diese Mittheilungen. Jahrgang 1875. Heft II, pag. 51.
Mineralogische Mittheilungen. 1877. 1. Heft. (Neminar.)
62
Edmund Neminar.
[2]
lag es nun nahe anzunehmen, dass im Mejonit, der wie bekannt in
innigem Zusammenhänge mit dem Skapolithe steht, ebenfalls Kohlen-
säure und auch Chlor vorhanden sein dürfte, das sich möglicher-
weise, zugleich mit der Kohlensäure, schon bei der direkten Wasser-
bestimmung, wenn auch nicht als Eisenchlorid, da der Mejonit keinen
Eisengehalt ergab, so doch in der Form von Chloralkalien, verflüchtigt
hatte, und hiedurch in Folge seiner Aufnahme durch das zur Wasser-
aufnahme vorgelegte Chlorcalcium einen verhältnismässig zu grossen
Wassergehalt des Mejonits verursachte.
Diese Erwägungen veranlassten mich nun den Mejonit, von dem
mir durch die Güte des Herrn Direktors Tschermak der Rest jenes
exquisiten Materials mit dem ich meine früheren Untersuchungen durch-
geführt hatte, zur Verfügung stand, nachträglich auf Kohlensäure
und Chlor zu prüfen, und die Wasserbestimmung nochmals, jedoch
nach einer Methode durchzuführen, die wol ebenfalls eine direkte Be-
stimmung erlaubte, wobei jedoch kein Fehler durch gleichzeitiges Aus-
treiben des Chlors oder der Alkalien zu befürchten stand.
Diese Bedingungen bei der Wasserbestimmung zu erfüllen eignete
sich am besten die vom Professor E. Ludwig in seiner Arbeit „Ueber
den Pyrosmalith 1)“, bei welchem Mineral das Wasser, des Chlor-
gehaltes wegen, ebenfalls nicht durch einfaches Glühen im Platinrohr
bestimmt werden konnte, angegebene Methode, nach welcher der
Mejonit in einem ausgebauchten Platinrohr mit kohlensaurem Natron-
Kali aufgeschlossen und das in Dampfform entweichende Wasser von
einem trockenen Lu'ftstföm in ein vorgelegtes gewogenes Chlocalcium-
rohr überführt wurde.
Für die Chlorbestimmung wurde der feingepulverte Mejonit in
einem Platinrohr, durch welches gleichzeitig ein feuchter Luftstrom ge-
leitet wurde, geglüht, das entweichende Chlor in mit chlorfreier Natron-
lauge gefüllten Röhren aufgefangen und hierauf nach der gewöhnlichen
gewichtsanalytischen Methode bestimmt. Gewöhnlich wird wol das
Glühen bei dieser Methode der Chlorbestimmung in einem Strome
feuchten Wasser stoffgases vorgenommen, Parallelversuche jedoch die
bei der Chlorbestimmung von Skapolithen bald mit einem Strome von
feuchtem Wasserstoffgas, bald mit feuchter Luft angestellt wurden, er-
gaben gar keine Differenz der Resultate.
Die Kohlensäure endlich wurde durch Glühen des Mejonits im
Platinrohr ausgetrieben und durch einen gleichzeitig durch das Platin-
rohr streichenden, vorerst aber durch ein System von Natronkalk-
Aetzkali und Chlorcalcium-Röhren geleiteten Luftstrom in ein gewoge-
nes mit Aetzkali gefülltes Röhrchen überführt, nachdem noch früher
das entweichende Wasser in einem mit concentrirter Schwefelsäure gefüll-
ten Röhrchen aufgefangen worden war.
Die nach diesen kurz angedeuteten Methoden angestellten Unter-
suchungen des Mejonits auf Wasser, Chlor und Kohlensäure
lieferten nun folgendes Ergebnis:
‘) Diese Mittheilungen Jahrg. 1875. Heft IY. pag. 211.
[3]
Nachtrag zur chemischen Analyse des Mejonits
63
1. a) 1-0015 Gramm Substanz, bei 100° Cel. bis zum constanten
Gewichte getrocknet, ergaben 0'0028 Gr. Wasser.
b) 1'0142 Gr. Substanz gaben 0-00144 Gr. Chlor.
2. a) 1-0215 Gr. Substanz gaben 0'0026 Gr. Wasser und 04)074 Gr.
Kohlensäure.
Fügt man diese Daten an die bereits bei meinen früheren Unter-
suchungen des Mejonits gewonnenen, unter Hinweglassung der früheren,
in Folge der gleichzeitigen Verflüchtigung von Chloralkalien und Koh-
lensäure, zu gross erscheinenden Wasserbestimmung, was im vorliegen-
den Falle, wo die Nachtragsbestimmungen mit einem Theile desselben
Materials ausgeführt wurden wie die früheren, ohne weiteres statthaft ist,
so ergibt sich nun für den Mejonit folgendes Gesammtresultat:
I. a). D0315 Gr. bei 100° Cels. getrockneten Substanz gaben :
0-4473 Gr. Kieselsäure, 0-3311 Gr. Thonerde, 0-22l7 Gr. Kalk
und 0-0032 Gr. Magnesia.
b) 0-9047 Gr. Substanz gaben: 0011 1 Gr. Chlorkalium und
0-0231 Gr. Chlornatrium.
II. ci) D0948 Gr. einer bis zum constanten Gewichte im Platintiegel
geglühten Substanz gaben: 0-2345 Gr. Kalk, 04)123 Gr. Chlor-
kalium und 0-0164 Gr. Chlornatrium, also um 0-0055 Gr.
Chloralkalien weniger als bei der Bestimmung mit ungeglühter
Substanz.
III. a) U0015 Gr. Substanz gaben 0"0028 Gr. Wasser.
b) P0142 Gr. Substanz gaben 0-00144 Gr. Chlor.
IV. a ) P0215 Gr. Substanz gaben 0"0026 Gr. Wasser und 0-0074 Gr.
Kohlensäure.
Werden diese Zahlen in Procenten ausgedrückt, so ergibt sich
nachstehende Zusammensetzung des Mejonits :
I.
II.
III.
IV.
Mittel
Kieselsäure • • • •
• • • • 43-36
—
—
—
43-36
Thonerde ....
• • • • 32-09
—
—
—
32-09
Kalk
• • • • 2P49
21-42
—
—
21-45
Magnesia ....
• • • • 0-31
—
—
—
0-31
Natron
—
—
—
1-35
Kali
• • • • 0‘76
—
—
—
0-76
Wasser
—
0-28
026
0-27
Chlor
—
014
—
0-14
Kohlensäure • ■ •
—
—
0-72
0-72
100-45
Nach diesen analytischen Resultaten erweist sich der Wasser-
gehalt wol geringer als bei meinen früheren Bestimmungen, indessen
erklärt sich dieses Verhältnis leicht dadurch, dass sich bei der frühe-
ren Wasserbestimmung zugleich mit dem Wasser jedenfalls sowol die
Kohlensäure, als auch das Chlor und mit diesem auch die dem Chlor-
gehalt aequi valente Menge der Alkalien in der Form vom Chloralkalien
verflüchtigt hatte, und hiedurch den Wassergehalt bedeutend grösser
erscheinen Hess als er thatsächlich war. Wird aber die percentische
Menge jener erwähnten Bestandtheile in Verbindung gebracht, so ergibt
ß4 Edmund Neminar. [4]
sich nahezu dieselbe Zahl die ich bei den früheren Untersuchungen
als Wasser gefunden hatte.
Hält man nun dieses endgültige analytische Ergebnis des Mejonits
seiner von mir berechneten empirischen Formel entgegen, so ergibt
sich einerseits, dass das Wasser als selbstständiger Factor der Formel ent-
schieden nicht bestehen kann, andererseits aber, dass der verhältnis-
mässig unbedeutende Kohlensäuregehalt ebenso wie die geringe Menge
von Chlor den übrigen Theil der Formel im Allgemeinen nicht alte-
riren wird.
Wien, Laboratorium des Herrn Prof. Dr. E. Ludwig.
VI. Beiträge zur Mineralogie des Fassa- und Fleimser-
Thales.
Von €. Doelter.
II.
Im Folgenden setze ich meine im Jahrgange 1875, III. Heft be-
gonnenen Mittheilungen fort; dieselben enthalten ausser chemischen
Studien über den Fassait noch die Beschreibung neuer Funde, nament-
lich von Magnetit, Fassait, Granat, Adular, Pyrit etc.
10. Ueber die chemische Zusammensetzung des Fassaits.
Der Fassait, krystallographisch gut bekannt, ist es viel weniger in
Bezug auf seine chemische Constitution. Bis vor Kurzem war eine
Analyse des Südtiroler Fassaits gar nicht ausgeführt worden, und von
anderen ähnlichen Fassait-Vorkommen war nur der Fassait aus dem
Zillerthal von Bart he analysirt worden.
Die von v. Rath vor circa 2 Jahren publicirte Analyse bezieht
sich auf die in Formen von Monticellit auftretenden Bildungen, nicht
auf die reinen Krystalle dieses Minerals. Sowohl dieser als auch der
von Barth e ausgeführten Analyse fehlt die so wichtige Trennung
der beiden Oxydationsstufen des Eisens.
Es schien mir daher zweckmässig bei dem Umstande, dass die
Zusammensetzung des Fassaits als thonerdehältiger Augit und wegen
der eigenthümlichen genetischen Verhältnisse derselben von einiger
Wichtigkeit ist, neue Untersuchungen anzustellen.
Ich habe desshalb drei Analysen von Fassait ausgeführt.
Was die Methoden anbelangt, die zur Ausführung der Unter-
suchung angewandt wurden, so sind es im Allgemeinen die gewöhnlich
üblichen.
Das Mineral wurde mit kohlensaurem Natronkali aufgeschlossen.
Zur Bestimmung von Kieselsäure, Thonerde, Eisenoxyd, Magnesia
und Kalk; Thonerde und Eisenoxyd wurden durch kohlensäurefreies
Ammoniak gefällt und durch reines Aetznatron getrennt. Zur Wasser-
bestimmung wurde grobes Pulver angewandt.
Mineralogische Mittheilungen. 1877. 1. Heft. (C. Doelter.)
9
66
C. Doelter.
[2]
Ganz besondere Sorgfalt wurde beobachtet bei der Bestimmung
von Eisenoxydul; ich gehe auf diese Untersuchung etwas näher ein:
Die am meisten jetzt angewandte Methode zur Trennung von
Eisenoxydul und Eisenoxyd besteht darin, dass man das Mineralpulver
mit Flusssäure und Schwefelsäure bei Ausschluss von Luft in einer
zugeschmolzenen Röhre von Kaliglas erhitzt.
Bei dieser Methode vermeidet man namentlich die Reduction von
Eisenoxyd, welche bei einer anderen oft gebrauchten Methode, der
Aufschliessung durch Borax eintrifft- l)
Ein kleiner Nachtheil ist jedoch auch bei dieser Methode vor-
handen, indem meist die Flusssäure, sogar solche, die als rein gilt,
Chamaeleon entfärbt; eine solche Entfärbung des Chamaeleon tritt ein
sowohl bei direct aus Flussspath und Schwefelsäure hergestellter Säure,
als auch bei solcher, die durch Reinigung von roher Flusssäure
gewonnen wird, ebenso bei Anwendung von Fluorammonium und
Schwefelsäure.
Um diesem Uebelstand abzuhelfen, ist es nach E. Ludwig vor-
theilhaft, die Säure mit Chamaeleon zu destilliren, und stets einen
Nebenversuch mit Flusssäure ohne Anwendung des Minerals zu machen.
Durch verschiedene Versuche ergab sich mir, dass die Differenzen,
welche man erhält, bei Anwendung von Flusssäure, ohne Zusatz von
Chamaeleon und von solcher , der früher bis zur Entfärbung Chamaeleon
zugesetzt wurde, keine gar kleinen sind; in letzterem Falle erhält
man stets zu wenig Eisenoxydul.
Ich habe desshalb noch eine andere Methode angewandt, und
zwar habe ich, dem Rathe Professor Pebal’s folgend, die Flusssäure
vor der Titrirung zu verjagen gesucht; dies wurde in einer Atmosphäre
von Kohlensäure ausgeführt, indem die Substanz mit Flusssäure und
Schwefelsäure in einen hohen Platintiegel gebracht wurde, welcher in
ein hohes cylindrisches, oben spitz endigendes Gefäss gegeben wird 2),
dann wird dieses Gefäss mit Kohlensäure angefüllt und dieses Gas
ununterbrochen von oben in den Apparat geleitet, während der Tiegel
von unten schwach erhitzt wird; bei gutem Scbliessen des Apparates
von unten kann keine Luft in denselben dringen und es kann alle
Flusssäure verjagt werden ohne Gefahr einer Oxydation des Eisen-
oxydul; nur ist es nöthig schon zu Beginn der Operation genug
Schwefelsäure zuzusetzen, um eine wiederholte Einfüllung zu vermeiden,
da dieselbe umständlich ist (zum Einfüllen kann man sich eines dünnen,
wenig breiten Trichterrohres bedienen, das oben eingeführt wird.)
Dass keine Oxydation dabei entsteht wird schon dadurch be-
wiesen, dass ich bei Versuchen etwas mehr Eisenoxydul erhielt bei
Anwendung letzgenannter Methode als bei der ersten, indess sind die
erhaltenen Resultate nicht sehr von einander abweichend.
*) Suida, in diesen Mittheilungen 1876, III. Heft.
2) Das cylindrische Gefäss wird auf einen eisernen runden Teller gesetzt
und so verschlossen, dass keine Luft von unten in dasselbe eindringen kann.
[3]
Beiträge zur Mineralogie des Fassa- und Fleimser-Thales.
67
Ob diese Methode von allgemeinerer Anwendung sein wird, ver-
mag ich noch nicht zu sagen und bin ich noch mit Versuchen über
den Erfolg derselben beschäftigt.
Ich will nur die Resultate einiger Versuche erwähnen, welche
zum Vergleich der Methoden angestellt wurden.
1. 0'239gr- Eisendraht wurden mit Schwefelsäure im Kohlensäure-
strom gelöst, dieselben erfordern 45,5CC- der Chamaeleonlösung.
2. Dieselbe Quantität Eisendraht wird auf dieselbe Weise gelöst ;
vor der Titration jedoch circa 2CC- concentrirter reiner, aus reinem
Flussspath und Schwefelsäure bereiteter Flusssäure hinzugesetzt; die-
selbe Quantität Eisen erfordert hier 46’1CC- derselben Lösung.
3. Dieselbe Menge Eisen wird in Schwefelsäure gelöst, hierauf
mit circa 2CC- derselben Flusssäure in einen Platintiegel gebracht und
in dem vorhin beschriebenen Apparat eingedampft; zur Titration sind
dieses Mal 45-7cc- der Chamaeleonlösung erforderlich.
4. Dieselbe Menge Eisen in Schwefelsäure gelöst wird mit Fluss-
säure versetzt, der früher 04cc- Chamaeleon zugesetzt war, das Ganze
dann in einer zugeschmolzenen Glasröhre erhitzt und titrirt.
Erforderlich sind 44:'6CC- der Lösung. x)
Zur genauen Prüfung werden allerdings noch weitere Versuche
nothwendig sein; vorläufig ergibt sich nur, dass die Resultate der
beiden Methoden also nicht sehr abweichend sind und sich gegenseitig
controliren können.
Ich gehe nun über zu den Daten, die die drei ausgeführten
Analysen ergaben.
Der Fassait kommt in Südtirol fast nur am Monzoni vor, mit
Ausnahme des von mir heuer aufgefundenen Fundortes auf der Nord-
seite der Malgola; ausser in Krystallen kommt er noch in krystalli-
nischen Massen vor; die wichtigsten Fundorte sind Toal della Foja,
Südabhang der Ricoletta und Nordabhang des Mal Inverno.
I. Analyse des krystallisirten Fassait vom Toal
della Foja.
Es ist diess der älteste, am meisten bekannte Fundort des
Fassait; er kommt hier am Contact des Kalksteines mit Monzonit vor
in Begleitung einer grossen Anzahl von Mineralien, die an anderen
Orten wiederholt angeführt wurden.
Die Krystallform der Fassaite aus dem Toal della Foja ist hin-
länglich bekannt, so dass sie einer Erwähnung hier nicht bedarf; die
Krystalle sind zum Theil säulenförmig ausgebildet, oft ist auch ihr
Horizontaldurchschnitt mehr länglich.
*) Die Summe der zuerst angewandten Menge 0’4CC* Chamaeleon und der
zur Titration nothwendigen ist also nicht genau gleich der theoretisch nothwen-
digen 45'5CC-
9*
68
C. Doelter.
[4]
Die Auswahl der Krystalle war keine leichte, da die meisten
derselben matt und mit einer grauen oder bräunlichen oberflächlichen
Rinde bedeckt sind, die auf eine beginnende Umwandlung des Fassaits
hindeuten, die frischen Krystalle zeigen Glasglanz und sind von grüner
Farbe und durchscheinend.
Die zur Analyse verwendeten Krystalle waren ganz frisch und
rein, es waren Zwillinge der Combination o oP. 00P00, 2P. P. 2Poo.
Das grobe Mineralpulver wurde sorgfältig untersucht, um jede
Verunreinigung zu entfernen; übrigens zeigen die frischen Krystalle
nur wenig Beimengungen.
Schliffe solcher Krystalle zeigen im Polarisationsapparat für
paralleles Licht sehr lebhafte Interferenzfärben; mit einem Nicol auf
Absorption untersucht, zeigen sie nur unmerkliche Absorptionsunter-
schiede. Die Substanz ist rein und enthält keinerlei Beimengungen.
Die Analyse, zu der ungefähr für die Bestimmung von Si02,
AL/203, Fe203, CaO , Air/O, lgr- angewandt wurde, ergab folgende
Resultate :
SiO a
43-81
Ä1203
9-97
Fe203
7-01
Feü
1-52
MgO
12-51
CaO
25-10
ICO
0-51
100-43
Spur von Manganoxydul und Alkalien.
Das Eisenoxydul wurde durch folgende 3 Versuche bestimmt :
Durch Aufschliessen mit HFl und Schwefelsäure im Glasrohr
erhielt ich
1) für 0-821gr- Mineralsubstanz 1’40 Perc.
2) für 0-735gr- Mineralsubstanz 1-55 Perc.
Durch Aufschliessen im Platintiegel in einer Kohlensäureatmosphäre
erhielt ich:
Bei Anwendung von 0-775gr- Mineral 1-61 Perc.
Als Mittel der drei Bestimmungen ergibt sich 1-52 Perc.
Der Wassergehalt, den die Analyse nachweist, ist wohl kein
ursprünglicher, derselbe verhindert jedoch die Aufstellung einer Formel
für diesen Fassait, da er schon auf eine beginnende, wenn auch unbe-
deutende Zersetzung hinweist.
Die Analyse ergibt einen etwas auffallend hohen Thonerdegehalt,
so wie auch einen bedeutenderen Eisenoxydgehalt gegenüber dem
geringen Gehalt an Eisenoxydul.
[5]
Beiträge zur Mineralogie des Fassa- und Fleimser-Thales.
69
II. Analyse des krystallinischen F a s s a i t vom T o a 1
d e 1 1 a F o j a.
An derselben Stelle wie der krystallisirte Fassait kömmt auch der
krystallinische, grössere Massen bildend vor; er zeigt ein krystallinisch-
körniges Gefüge; in Hohlräumen kommen Krystalle von Fassait vor mit
pyramidalem Habitus. In grösseren Stücken sieht man hin und wieder
blauweisse Calcitkörner regelmässig eingestreut; besonders gegen den
Contact mit dem vorkommenden Kalksteine zu, nimmt die Menge des
Calcites überhand und geht der Fassait allmählig in den Calcit über.
Die Farbe des krystallinischen Fassait ist grasgrün, viel inten-
siver als die des krystallisirten Fassait; auch ist letzterer meist ganz
frisch im Gegensatz zu den häufig angegriffenen Krystallen.
Ein dünner Schliff eines solchen Fassaites bietet unter dem
Mikroskop ein Bild, welches einigermassen erinnert an das, welches
Partien von Augit aus krystallinischen Gesteinen liefern ; es zeigt
nämlich eine Zusammensetzung aus zahlreichen selbstständigen Fassait-
individuen, nicht etwa aus einem einzigen.
Im Fassait sieht man hie und da wieder ein gestreiftes Calcit-
korn. Der Fassait ist von zahllosen Sprüngen durchzogen, nach einer
Richtung zeigen diese Sprünge oder Risse eine gewisse parallele An-
ordnung, die wohl hervorgebracht wird durch die unvollkommene
Spaltbarkeit nach dem Klinopinakoid.
Im parallelen polarisirten Licht untersucht, zeigt der Fassait sehl-
lebhafte Interferenzfarben, welche, wenn der Schliff überall gleichmässig
dick ist, dieselben für die ganze Fläche des Schliffes sind und auf eine
gleiche Orientirung der Fassaitindividuen schliessen lässt.
Dichroismus zeigt sich fast gar nicht, ebenso wenig wie beim
krystallisirten Fassait; die Farbe im Schliff ist lichtgelb bis lichtgrün.
Unter dem Mikroskop zeigen sich ausser dem erwähnten Calcit
keine weiteren Einschlüsse, auch ist das Mineral ganz frisch ohne
jede Trübung.
Zur Analyse wurden die Stücke selbstverständlich genau unter-
sucht, um die Calcitkörner zu entfernen, was bei einiger Sorgfalt nicht
allzu schwer fällt, da dieselben nie sehr klein sind und durch die ver-
schiedene Farbe von dem Fassait zu unterscheiden sind.
Die Analyse ergab folgende Resultate :
Si 09j
44-06
Äl203
10-43
Fe203
5*91
FeO
1-67
MgO
13-10
CaO
25-20
h20
0-15
100-52
Spec.-Gewicht = 2-965 bei 16° C.
Ausserdem fand sich eine Spur von Manganoxydul.
70
C. Doelter. [0]
Die Eisenoxydulmenge wurde auch hier durch drei Versuche
bestimmt.
Durch Aufschlüssen mit Flusssäure und Schwefelsäure im zuge-
schmolzenen Glasrohre waren bei den beiden Versuchen erforderlich :
1) 2■5CC• bei Anwendung von 0'64ST-
2) 2‘7CC- bei Anwendung von 0'532gr-
was in Percenten ausgedrückt, P52 und P61 Perc. ergab.
Bei dem Aufschliessen im Platintiegel in der Kohlensäure-
atmosphäre ergaben sich :
bei Anwendung von 0‘799gr- Substanz P87 Perc.
wozu 5-8cc- Chamaeleonlösung erforderlich waren. *)
Bemerkt sei noch, dass sowohl hier als bei der ersten Analyse
die Versuche 1 und 2 mit verschiedener Flusssäure angestellt wurden
und zwar Versuch 1 mit aus Fluorammonium und Schwefelsäure
erzeugter, Versuch 2 mit aus Flussspath und Schwefelsäure direct
hergestellter Säure.
Als Mittel der drei Versuche ergibt sich demnach:
D67 Perc.
Der Eisenoxydgehalt ist etwas geringer bei dem krystallinischen
Fassait als bei den Fassaitkrystallen ; der Magnesiagehalt um ein
unbedeutendes höher.
Im Uebrigen ist die Uebereinstimmung dieser Analyse mit der
der Fassaitkrystalle ersichtlich.
III. Analyse des Fassait vom Nordabhang des
Mal I n v e r n o.
Der Fassait findet sich hier im Calcit, mit Serpentin zusammen,
im Contact von Monzonit und Kalkstein. * 2)
Die Krystalle haben pyramidalen Habitus.
Sie sind von grasgrüner Farbe und scheinen auf den ersten Blick
recht frisch zu sein, was jedoch nicht der Fall ist, wenigstens war es
mir nicht möglich, ganz frische Krystalle aufzufinden.
Zur Analyse wurden Krystalle angewandt, die ziemlich frisch dem
Aussehen nach waren.
Die Methode der Analyse war dieselbe wie bei den eben gege-
benen, nur wurde das Eisenoxydul hier nur einmal bestimmt, durch
Aufschliessen mit Flusssäure und Schwefelsäure im zugeschmolzenen
Glasrohre.
') Selbstverständlich einer anderen Lösung als bei dem ersten Versuche; zur
Titration wurden Mohr’sche Glashahn-Buretten mit E r dm ann’schem Schwimmer
verwendet.
2) Vergleiche C. Doelter, Jahrbuch der geologischen Reichsanstalt 1875,
2. Heft.
[7]
Beiträge zur Mineralogie des Fassa- und Fleimser-Thales.
71
Die Analyse ergab:
Si02
41-97
Al203
10-63
FeJh
7-36
FeO
0-55
MgO
10-29
CaO
26-60
IkO
2-70
100-10
Vergleichen wir diese Analyse mit den beiden vorhin angeführten,
so ergeben sich einige Unterschiede, die der Zersetzung, welche bei den
zuletzt genannten Krystallen bereits begonnen hat, zuzuschreiben ist.
Der Kieselsäuregehalt ist um 2 Perc. niedriger, der Kalkgehalt
bedeutend höher, während weniger Magnesia vorhanden ist; der Wasser-
gehalt ist schon ziemlich beträchtlich. Die Umwandlung scheint darin
zu bestehen , dass auf Kosten des Fassait sich ein Magnesiasilicat
bildete, welches weggeführt wurde, dagegen Kalk und Wasser auf-
genommen wurden.
Gehen wir nun etwas näher ein auf die chemische Constitution
des Fassaits, dessen Zusammensetzung namentlich durch die Analyse
des krystallinischen Fassaits ersichtlich ist; und vergleichen wir die-
selbe mit den übrigen bisher vorhandenen und den hier zuerst gege-
benen Analysen.
Zur besseren Uebersicht stellen wir alle diese ausgeführten
Analysen zusammen.
I. Analyse des Fassait vom Zillerthal (Bart he). Dana’s
Mineralogy, 5 Ed.
II. Analyse des in der Form von Monticellit auftretenden Fassait
vom Monzoni (Rath), Sitzungsber. d. Berliner Akad. 1874.
III. Analyse der Fassaitkrystalle vom Toal della Foja (Do eite r).
IV. Analyse des krystallinischen Fassait von demselben Fundort
(D o e 1 1 e r).
V. Analyse der Fassaitkrystalle vom Nordabhang des Mal
Inverno (Doelter).
I.
II.
III.
IV.
V.
Kieselsäure •
• 48-47
47.69
43-81
44-06
41-97
Thonerde
• 8-22
7-01
9-97
10-43
10-63
Eisenoxyd •
—
—
7-01
5-91
7-36
Eisenoxydul
• 4-30
3-62
1-52
1-67
0-55
Kalk • • •
• 15*59
16-10
12-51
13-10
10-29
Magnesia
• 21-96
24-57
25-10
25-20
26-60
Wasser • •
• 0-73
105
0-51
0-15
2-70
99-27 l)
99-94 J)
100-43
100-52
lOOTO
') Glühverlust.
72
C. Doelter.
[8]
Vergleichen wir zunächst unsere Analysen, namentlich (III) und
(IV), die mit frischem Material angestellt wurden, mit den früheren
Analysen, so ergibt sich, was die Analyse II anbelangt, kein sehr
bedeutender Unterschied. Frisches Material muss, nach dem Wasser-
gehalt zu schliessen, der Analyse II nicht zu Grunde gelegen haben,
auch ist nicht zu vergessen, dass dieselben sich auf eine pseudomorph
nach einem anderen Mineral vorkommende Substanz bezieht, daher
auch nicht an ganz reinem Material ausgeführt wurde.
Der Kieselsäuregehalt erscheint an jener Analyse um etwas
höher, ebenso der Magnesiagehalt. Der Eisengehalt ist dagegen um
2 Perc. geringer.
Da bei dieser Analyse keine Eisenoxydulbestimmung vorliegt, so
lässt sich, was diesen wichtigen Punkt anbelangt, kein Vergleich
anstellen.
In Betreff der von Barthe ausgeführten Analyse, ist nicht ganz
erwiesen, ob wirklich Fassait vorliegt; diese Analyse unterscheidet sich
von III und IV nur durch höheren Kieselsäuregehalt, auch hier liegt
leider keine Eisenoxydul- und Eisenoxydtrennung vor.
Betrachten wir nun zu welchen Resultaten die Analysen III und
IV führen, indem wir namentlich die letztere als am frischesten
Material angeführte ins Auge fassen, so ergibt sich vor Allem, dass
der Fassait keineswegs, wie noch Descloizeaux anzunehmen geneigt ist,
zum Diopsid zu rechnen ist, die chemische Zusammensetzung ist von
der jenes Minerals gründlich verschieden.
Am meisten Analogie in dieser Hinsicht zeigen mit dem Fassait
die Thonerde-Augite, zu denen man dieselben zu stellen wohl am
meisten geneigt wäre.
Jedoch erlaube ich mir auf einige Differenzen aufmerksam zu
machen, die keineswegs auf rein analytische Resultate zurückzu-
führen sind.
Vor Allem erscheint der Eisenoxydgehalt und namentlich das
Verhältniss desselben zu der geringen Quantität von Eisenoxydul
wesentlich verschieden von dem der Thonerde-Augite; bei allen jenen in
Rammeis berg’s „Handbuch der Mineralchemie“ angeführten Analysen
ist der Gehalt an Eisenoxyd ein beträchtlich geringerer als der des
Eisenoxyduls, während hier das Gegentheil der Fall ist; aus seiner
Uebersicht ist ersichtlich, dass nur äusserst selten bei Thonerde- Augiten
der Eisenoxydgehalt beträchtlich höher ist als der Oxydulgehalt, wie
diess bei dem Fassait der Fall ist; eine andere Frage ist nur die, ob
dieser Gehalt an Oxyd ein ursprünglicher ist; der Frischheit des ange-
wandten Materiales, besonders bei Analyse IV, wäre diese Frage zu
bejahen, obgleich sich diess nicht direct nachweisen lässt.
Es müsste diese Frage gelöst werden an vulkanischem, neu
gebildeten Fassait. Q
‘) Fouque (Comptes Rendus 1875) analysirte ein grünliches Mineral, das
er Pyroxene Fassaite nennt, und in Auswürflingen von Santorin wo es mit
[9]
Beiträge zur Mineralogie des Fassa- und Fleimser-Tliales.
73
Ein weiterer Unterschied, der hervortritt, ist der bedeutende
Kalkgehalt, der den Magnesiagehalt beträchtlich übersteigt, während
sonst (siehe Tschermak, Pyroxen und Amphibol, pag. 31) das
Gegentheil der Fall ist. Berechnet man die Verbindungsverhältnisse
von Ca und Mg , so ergibt sich, dass bei Fassait- Analyse IV, 12 CaO
und 10 MgO vorhanden sind, also ein auffallendes Resultat; ich kann
jedoch kaum glauben, dass hier eine bedeutende Zersetzung vorliegt.
Wenn man also annimmt, dass, wie es sehr wahrscheinlich ist,
und durch die mikroskopische Untersuchung und jene im polarisirten
Lichte bestätigt wird, ein frisches Material den Analysen III und IV
zu Grunde liegt, so kann man den Fassait nicht gut zu den Thon-
erde-Augiten stellen, da dieselben in Betreff des Eisen-, Kalk- und
Magnesiagehaltes zu bedeutende Abweichungen von unserem hier
untersuchten Mineral geben.
Der Fassait *) hat also chemisch eine ziemlich selbstständige
Stellung.
11. Neuer Fundort von Contaetmineralien an der Malgola im
Travignolo - Thale.
Bis jetzt war der Fassait und seine charakteristischen Begleiter
nur am Monzoni bekannt. Im Sommer 1876 fand ich nun auch an
der Malgola ähnliche Vorkommen und zwar an einem bisher unbe-
kannten Fundorte von Mineralien, nicht weit von der Boscampobriicke
bei dem Fundort des Liebenerit, am Nordabhang der Malgola gegen
das Travignolo-Thal. 2)
Der Monzonit, hier aus triklinem Feldspath, Orthoklas, Hornblende,
Biotit, etwas Augit bestehend, tritt in dem Kalk gangförmig auf. Am
Contact treten wie am Monzoni, Canzocali und an dem Westabhang
der Malgola Contaetmineralien auf und sind die Verhältnisse ganz
analog denen jener bekannten Fundstellen.
Wollastonit und Granat vorkömmt. Die Analyse ergab ihm :
Si02
46-8
Al2Os
10T
FeO
104
CaO
24-9
MgO
68
99 0
Diese Analyse weicht von den vorhin genannten durch äusserst geringen
Magnesiagehalt ab ; gerade hier wäre eine Trennung der Oxydationsstufen des
Eisens nothwendig gewesen; übrigens könnte der Analyse vielleicht nur ein grüner
Augit zu Grunde liegen.
‘) d. h. der Tiroler Fassait, der hier untersucht wurde; eine erneute Analyse
der übrigen verwandten Vorkommen scheint wünschenswerth.
2) Derselbe mündet bei Predazzo in das Avisiothal,
Mineralogische Mittheilungen. 1877, 1. Heft. (C. Doelter.)
74
C. Doelter. [10]
Die Mineralien, welche ich hier auffand, sind bis jetzt folgende :
Fassait.
Granat.
Brandisit.
Spinell.
Serpentin.
Calcit.
Es unterliegt keinem Zweifel, dass es mit der Zeit gelingen wird,
die Analogie mit dem Monzoni durch Auffindung weiterer Contact-
mineralien zu vervollständigen.
a) Fassait.
Kömmt nur in Ivrystallen vor; man findet meistens dieselben
Combinationen wie am Toal della Foja.
1. Krystalle von rectangulär-säulenförmigem Habitus, die die
Combination ooP. ooPoo P 2P zeigen, es sind zum Theil einfache
Krystalle zum Theil Zwillinge.
2. Krystalle von lang säulenförmigem Habitus, dieselbe Combina-
tion zeigend.
3. Krystalle von pyramidalem Habitus, zum Theil Zwillinge, zum
Theil einfache Krystalle, sie zeigen die Combination :
ooP. 2P.P. 2Poo und
OO P. ooPoo . 2P.P.
b) Spinell.
Kömmt mit dem eben erwähnten Fassait vor und zeigt selten
schöne Krystallformen , meist nur das Octaeder ; häufig sind auch
Zwillinge nach dem bekannten Gesetze.
c) Granat.
Derselbe kommt in wohlausgebildeten bis 7mm dicken Krystallen
vor und zwar in der Combination des Rhombendodecaeders, das vor-
herrscht, mit einem Ikosi-Tetraeder
oo 0. 202
Die Krystalle sind von blassgrüner Farbe.
Der Brandisit kömmt mit Fassait zusammen vor und zeigt sich
nur in Blättchen.
Der Serpentin bildet auch hier grössere Massen; Calcit ist
weniger häufig.
12. Magnetit vom Mulatto.
In den Verhandlungen der k. k. geologischen Reichsanstalt J)
habe ich eine vorläufige Bemerkung über dieses Vorkommen gemacht.
Der Fundort ist nicht, wie ich ursprünglich glaubte, an dem
Berge Viezena, er liegt bereits an dem Mulattoberg und zwar am
') Jahrgang 1875, N. W.
Beiträge zur Mineralogie des Fassa- und Fleimser-Thales.
75
[11]
Ostabhang desselben gegen das Yal di Viezena zu. Das früher von
Liebener und Vorhauser *) erwähnte Vorkommen von Viezena, welches
nach Richthofen * 2) Titaneisen sein soll, steht mit unserem in keinem
Zusammenhang, der Fundort ist mir fremd geblieben.
Jenes soll am Contact zwischen Melaphyr und Granit Vorkommen.
Auch in den Sammlungen habe ich jenes Titan- oder Magneteisen
nicht vorgefunden.
Am Westabhange des Mulatto gegen das Val di Viezena 3)
findet sich eine stockförmige Masse von derbem Magneteisen, auf
welches früher Bergbau getrieben wurde. (Auch heute noch lässt
der Eigenthümer D. Rizzoli in Cavalese hie und da noch daselbst
arbeiten.)
Das Erz besteht aus fast ganz reinem Magneteisen ; bis vor
kurzem waren Krystalle noch ganz unbekannt, erst vor zwei Jahren
wurde ich auf Krystalle von diesem Fundort aufmerksam gemacht.
Es finden sich dieselben auf derbem Magneteisen aufsitzend; die
Krystalle haben einen Durchmesser von 5 — 8nim.
Die erste Stufe, die ich davon acquirirte, sandte ich an Herrn
Oberbergrath von Zepharovich, der die Flächen nach Messungen
bestimmte. Derselbe bestimmte die Combination :
oo 0. 505l3 303. 0
Zepharovich vergleicht die Krystalle mit den von K o k s c h a. r o w
aus Achmatowsk beschriebenen und in Taf. 46, Fig. 9 seines Atlas
abgebildeten, bei denen jedoch noch ooOoo zu beobachten ist.
In dieser ersten Stufe waren die Krystalle hin und wieder ver-
zerrt und zwar durch Vorherrschen einer Fläche von coO oft tafel-
förmig. —
An den anderen Krystallen, die ich im Sommer 1876 erhielt, ist das
Rhombendodecaeder mehr regelmässig ausgebildet; auch zeigt sich bei
diesen Streifung der Dodecaederflächen , was bei den Krystallen der
ersten Stufe nicht der Fall ist.
Auch .zeigen die später gefundenen Krystalle die Combination :
oo 0. 303 506/3. 0
es herrscht das Ikositetraeder vor, während bei den ersteren das
Hexakisoctaeder gegenüber dem Ikositetraeder vorherrscht; es nähern
sich also die letzteren Funde noch viel mehr den Achmatowsk-Krystallen,
bei denen bekanntlich ebenfalls das Hexakisoctaeder mehr gegen das
Ikositetraeder zurücktritt.
’) Mineralien Tirols, p. 100.
2) Sitzungsberichte der k. Akademie, Bd. 27.
a) Dieses Thal mündet in das Travignolothal ein.
10*
76
C. Doelter.
Das Octaeder tritt bei den letzterwähnten Krystallen vom Mulatto
nur klein auf. Die Krystalle haben hie und da über lcm Durchmesser.
Bis jetzt wurden von dem Vorkommen nur 4 bis 5 Stufen
vorgefunden.
Im letzten Jahre gelang es mir Stufen zu erhalten, die noch von
einer anderen Stelle herrühren. Hier kömmt der Magnetit mit derbem
Magneteisen, ferner noch mit Quarz in Nestern im Turmalingranit vor;
das Gestein ist in der Nähe der Fundstätte sehr verändert und etwas
verquarzt.
Die Krystallform dieser Krystalle ist eine etwas andere als die
der erwähnten Krystalle; es tritt hier nur das Rhombendodecaeder
auf, es ist sehr verzerrt und tafelförmig, oft auch etwas in die
Länge gezogen.
Sehr hübsch sind kleine Zwillinge dieser Rhombendodecaeder
nach dem Spinellgesetz.
Ich kann wohl behaupten, dass die vorliegenden Vorkommen zu
den schönsten gehören, die in den Ostalpen und in Oesterreich über-
haupt sich vorfinden.
Denn nach den Daten, welche uns das werthvolle Lexikon von
Zepharovich gibt, wären in Oesterreich, was den Reichthum an
Flächen anbelangt, nur die von Pfitsch noch zu nennen, welche von
Kenngott beschrieben wurden; jene Krystalle sind von octaedrischem
Habitus und zeigen vorherrschend 0, daneben 303. ooöoo. oo 0.
Auch von anderen europäischen Vorkommen dürften wenige
dem Unseren an Schönheit gleichkommen; ich erlaube mir desshalb
auf dieses Vorkommen speciell näher aufmerksam zu machen.
13. Contactmineralien an der Costa di Viezena.
An der Costa di Viezena (auch Vitte di Viezena genannt), jenem
Rücken, der sich von der Spitze des Viezena zum Mulattogipfel hin-
zieht, findet sich tlieils Melaphyr, der deckenförmig vom Mulattogipfel
hin nördlich sich ausdehnt, theils Kalkstein.
Letzterer wird nun durch mehrere Gänge, die eine Mächtigkeit
von 3 — 5m besitzen, durchbrochen.
Am Contact mit dem Melaphyr ist der Kalkstein in ein grünes
Silicat umgewandelt, das mit Calcit gemengt auftritt; ähnliche Vor-
kommen finden sich am Canzacoli und anderen Punkten bei Predazzo
im Contact mit Monzonit.
In diesem von Silicaten erfüllten Kalksteine finden sich die ver-
schiedenen zu nennenden Mineralien.
Damit ist wohl der Nachweis geliefert, dass auch der Melaphyr
seine Contactproducte hat, ebenso gut wie der Monzonit.
[13]
Beiträge zur Mineralogie des Fassa- und Fleimser-Thales.
77
Uebrigens finden wir auch im Val di Ref, einem Seitengraben
des Sacinathales , den dichten Kalkstein in der Nähe von Melaphyr-
gängen umgewandelt, wobei sich in dem krystallinisch-körnigen Kalk-
stein Lagen von grünen Silicaten finden. Ich lege auf diese Vor-
kommen, die die Analogie mit den durch Monzonit hervorgebrachten
Contactmineralien nachweisen, einigen Werth, weil von anderer Seite
das Vorkommen von Mineralien am Contact von Melaphyr bestritten
wurde. *)
Das häufigste Contactproduct ist der Granat; derselbe zeigt
sich in kleinen, 2 — 3mm grossen honiggelben Rhombendodecaedern
(ooO) ohne andere Flächen, er sitzt auf Calcit oder auf dem an
grünen Silicaten reichen Kalksteine direct auf. Ausser dem Granat
zeigen sich noch :
Spinell. Octaeder, einfache Krystalle oder Zwillinge, auch derb
und in rundlichen Massen.
Ur alit-Krystalle. Dieselben zeigen keine Endflächen, sondern
nur die Combination des Prisma mit dem Orthopinakoid.
Endlich kommen noch vor: Epidot, Quarz und blaugrauer
krystallinischer Calcit.
Endlich sind noch zu erwähnen von einem anderen Orte, eben-
falls am Contact von Melaphyr und Kalkstein (weit und breit kommt
kein anderes Eruptivgestein vor) folgende Mineralien :
Strahliger Amphibol mit Eisenglanz in Blättchen und
Calcit, ganz so wie ich ihn von Le Seile beschrieben habe, (ersteres
Mineral wurde auch von John analysirt und hat derselbe seine Zuge-
hörigkeit zum Amphibol dargethan. * 2)
Es zeigten also diese Funde, dass am Contact von Melaphyr-
gängen grösserer Mächtigkeit ebenso Contactmineralien Vorkommen,
wie am Contact des Monzonit mit Kalkstein, wie ich früher schon
gezeigt habe. 3)
Einen weiteren Fall bringe ich unten.
14. Epidot von Viezena.
Dieses Mineral kommt an mehreren Stellen der Costa di Viezena
vor, meist jedoch nicht in guten Krystallen. Man findet sie in Hohl-
räumen des Melaphyrs oder auch in Begleitung von Granat, Spinell etc.
Meist sieht man nur lange Nadeln, die die Combination :
ooPco. oP. Poo
(P) (M) (r)
zeigen; Endflächen sind nicht sichtbar.
3 Rath Verhandl. der k. k. geolog. Reichsanstalt 1875, Nr. 14.
2) Verhandl. der k. k. geolog. Reichsanstalt 1876, Nr. 1.
3) Jahrbuch der geolog. Reichsanstalt 1875, 2. Heft.
78
C. Doelter.
[14]
An einem Stücke fand ich jedoch Krystalle mit Endflächen; hier
findet sich der Epidot auf einer Gesteinskluft, es sind kurze dicke
Säulen meist ohne Endfläche, sie zeigen die Comhination der Domen
und des Orfhopinakoides und sind stark gerieft; einige zeigten jedoch
ausserdem Endflächen und zwar tritt hier die Comhination auf :
cof* CO. oP. P oo. 2P oo. OO P. P. Poo
(P) (M) (r) (2) (e) (n) (o)
Von den Endflächen herrscht oo P gegenüber den 2 anderen
Flächen P und Poo bedeutend vor.
15. Magneteisen und derber An orthit vom Monzoni.
In dem Allochetthale, das als Fundstätte von Epidot und Granat
bekannt ist, findet sich auch krystallisirtes Magneteisen, das noch nicht
erwähnt wurde; es sind dies Octaeder-Krystalle von 5mm Länge, die
häutig in Brauneisen umgewandelt sind.
Ausser den von Rath entdeckten Anorthit-Krystallen von Pesmeda
findet man an dem höchsten Fundort von Pesmeda auch derben
Anorthit, der der Beachtung werth erscheint. Derselbe bildet daselbst
mit grünem Glimmer und etwas Fassait grössere blassrothe Massen.
Die mikroskopische Untersuchung desselben ergab eine vollkommene
Analogie des Schliffes mit denen von derbem Orthoklas; der ganze
Schliff besteht aus einem Individuum, nicht etwa, wie man vielleicht
erwarten könnte, aus mehreren verzwillingten Individuen.
16. Magneteisen als Contactproduct am Monte Comon.
Südlich vom Satteljoch am Wege aus dem Val Sacina gegen den
Monte Comon tritt im Kalkstein ein 3 — 4m mächtiger Melaphyrgang
auf, der wiederum von einem schmäleren Gange von Orthoklasporphyr
durchbrochen wird.
Am Contact von Melaphyr und Kalkstein ist letzterer in gross-
blättrigen Calcit umgewandelt und finden sich darin grössere Partien
von derbem Magneteisen.
Es ist dies wiederum ein schönes Beispiel der Contactwirkungen
des Melaphyr; wenn man die zahllosen Gänge letzteren Gesteines, die
in dieser Gegend auftreten , etwas näher untersucht in Bezug auf ihre
Contactwirkungen, so findet man, dass diejenigen Gänge, welche
keinerlei Einwirkungen auf das Nebengestein gehabt haben , schmale
Gänge sind, meist solche, die einfach aus grösseren Gangmassen her-
vorgegangen sind und als Ausfüllung von bestehenden Spalten zu
betrachten sind, dagegen haben sehr viele der grösseren, mächtigeren
Gänge ebenso Veränderungen des Kalksteines hervorgebracht wie der
Melaphyr, wenngleich, was die Zahl der Contactmineralien und die
Ausdehnung der Producte anbelangt, jene ungleich bedeutender und
wichtiger sind.
[15]
Beiträge zur Mineralogie des Fassa- und Fleimser-Thales.
79
17. Pyrit von Viezena.
Der Pyrit kommt an drei Punkten in verschiedenen Formen vor.
a) Auf dem Soracrep.
Hier kommen 4 — 8mm dicke Pyritkrystalle , die die Combination :
oo
Ooo
oo 02
zeigen, vor; sie sitzen in einer Breccie, die aus Kalksteinbruchstücken
durch Melaphyrtuff cementirt, bestellt.
b) Mit dem eben erwähnten Granat:
An der Costa di Viezena, auf einem an Silicaten reichen grünen
Kalkstein sitzen kleine Octaeder mit
untergeordnetem
oo 02
2
in
Brauneisen umgewandelt; auch Zwillinge kommen häufig vor.
Endlich ebenfalls auf umgewandeltem Kalk am Contact von
Melaphyr mit Calcit :
Pentagondodecaeder, zum Theil einfache Krystalle, zum Theil
Durchkreuzungszwillinge.
Auch diese Krystalle sind ganz in Brauneisen umgewandelt.
18. Pyrit vom Monzoni.
Auf Le Seile bei dem Fundorte des strahligen Amphibols und
Eisenglanzes findet sich, wie bekannt, auch Pyrit; in dem gross-
blättrigen Marmor, der dort im Contact mit Melaphyr vorkommt,
fanden sich neulich Pyritkrystalle, die ziemlich reichliche Combinatonen
bieten; leider sind dieselben meist abgerundet, was die Messungen
erschwert.
Die Dicke der Krystalle beträgt 1 — 5mm, die meisten derselben
sind oberflächlich, zum Theil auch vollständig in Brauneisen uin-
gewandelt.
Die am meisten vorkommenden Combinationen sind :
,Oc
30*/,
CO Ooo
oo 02
303j q
2
oder
0
303/2
oo 0 oo
oo 02
~~2
und zwar oft mit vorherrschenden Dyakisdodecaeder oder auch häufig
mit Würfel und Dyakisdodecaeder ziemlich im Gleichgewicht ausgebildet.
[Aehnlich wie Fig. 36 und 19 bei Strüver.] *)
Die Krystalle sind oft etwas verzerrt.
l) Pyrite del Piemonte etc. — Turin 1869.
80
C. Doelter.
[16]
Für denjenigen, der die Mineralogie Oesterreichs, speciell der
Alpenländer verfolgt, mag dieser Fund wohl insoferne nicht uninter-
essant sein, als jene Combination überhaupt nur selten, in Tirol gar
nicht vorgekommen ist, wie sich aus Zeph arovich’s Uebersicht
ergiebt. —
19. Mineralien aus dem Melaphyr vom Mulatto.
In Hohlräumen des Melaphyrs vom Mulatto, der deckenförmig
an diesem Berge auftritt, findet man eine Reihe von Mineralien, unter
denen früher hauptsächlich der derbe Kupferkies bekannt war, welcher
auch in älteren Zeiten in grösseren Massen vorgekommen sein soll so,
dass darauf Bergbau getrieben wurde.
Mit dem derben Kupferkiese konnte ich nun noch einige andere
Mineralien entdecken, worunter ich nenne :
Krystallisirter Kupferkies.
Adular.
Lievrit.
Apatit.
Pyrit.
a) Kupferkies.
Kommt in 5 — 10mm dicken Ivrystallen vor, die die gewöhnliche
P P
Combination — — — zeigen mit einem vorherrschenden und
einem untergeordneten Sphenoid.
b) Adula r.
Kommt in einfachen Ivrystallen und in Zwillingen vor.
Die Krystalle sind von blassgelber Farbe, vollkommen durch-
sichtig und wohl ausgebildet; sie zeigen alle einen kurz säulenförmigen
Habitus; ihre Länge schwankt zwischen 4 — 8mm.
Die einfachen Krystalle, die auch die häufigsten sind, zeigen
die Combination :
oo P. Poo . oP
(TI) (X) (P)
oder auch
CO P. Poo. öP ooPoo
(T,l) (X) (P) (M)
Die Zwillinge sind etwas seltener als die einfachen Krystalle,
sie sind nach dem Bavenoer - Gesetze verzwillingt und zeigen die
Combination :
OO P. oP. oo Poo Poo
c) Apatit.
Kommt in langen Säulen
Pentagondodecaedern — -
/V
wandelt sind.
ooP. oP vor; der Pyrit tritt in
auf, die auch hier in Brauneisen umge-
[17]
Beiträge zur Mineralogie des Fassa- und Fleimser-Thales.
81
Der Lievrit zeigt sich nicht in Krystallen, nur in strahligen
Massen.
20. Mineralien aus dem Turmalingranit des Mulatto.
In Drusenräumen des Mulatto fanden sich kürzlich folgende
nennenswerthe Mineralien :
a ) Orthoklas.
1— 2cm lange tafelförmige Krystalle der Combination :
oojPoo ooJP oo P3 2Poo 2P oo OP. P
Daneben findet man auch Krystalle von säulenförmigem Habitus
bis 2cm lang der Combination :
CjoPoo . OP 2Poo oo P
b) Orthoklas mit Quarz als Ausfüllungsmassen von Hohl-
räumen des Granits :
4cm lange Vs — 3/*cm dicke säulenförmige Krystalle der Combination:
OP. oojPoo. oo P
wozu verhältnissmässig sehr klein dazutreten :
oo P3 2Poo 2Poo. P
c ) Turmalin (krystallisirt).
Kömmt mit Quarz und Albit zusammen vor, in Nestern des
Granits.
Ausser strahligem Turmalin findet man noch ziemlich häufige
undurchsichtige Krystalle von dick säulenförmigem Habitus, die die
Combination :
ooJJ — 21i. R
zeigen; Länge ungefähr 6mm.
d ) Albit.
Kleine Zwillinge von 1 — 2mm Länge, die die Combination:
oo P oo. oo tPJ OP. P oo
zeigen.
Graz, 3. Januar 1877.
Mineralogische Mittheilungen. 1877. 1. Heft. (C. Doelter.)
11
82 C. Doelter. Beiträge zur Mineralogie des Fassa- und Fleimser-Thales. [18]
Berichtigungen.
In dem ersten Theile der Arbeit (Mineralogische Mittheilungen 1875, 3. Heft)
sind folgende Fehler zu berichtigen :
Pag. 175, Zeile 4 lies: in den Formen des Feldspathes.
„ 178, „ 19 nach Kalksteine lies: stehenden Gesteine.
„ 178, „ 26 lies: Quarz statt Amethyst.
„ 181, „ 3 nach 23?oo lies: 2£ oo.
„ 182, „ 15 nach Titanit lies: siidl. Ricolettaabhang.
VII. Bericht über die vulkanischen Ereignisse des
Jahres 1876.
Von C. W. C. Fuchs.
In dem Jahre 1876 ist der seltene Fall eingetreten, dass wir
von keiner grösseren Eruption zu berichten haben. Immerhin ist die
Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass trotzdem ein oder der andere
in letzter Zeit ruhige Vulkan in eruptive Thätigkeit überging, denn
wir müssen wiederholt auf die mangelhaften Nachrichten hinweisen,
die uns aus den vulkanreichsten Gegenden der Erde, z. B. dem Süd-
osten Asiens, dem ehemaligen russischen Nordamerika und selbst von
einzelnen Theilen Süd-Amerika’s zukommen. Aus all den genannten
Ländern dringen der Regel nach über die dort so häufigen vulkanischen
Eruptionen nur dann Nachrichten zu uns, wenn sie in aussergewöhn-
licher Heftigkeit auftreten und ungeheure Verwüstungen nach sich
ziehen. Der Mangel an Nachrichten rechtfertigt darum nur bis zu
diesem Punkte gehende Schlüsse. Dagegen waren die Erdbeben in
diesem Jahre ziemlich zahlreich, wenn auch keines dieser Ereignisse
in der furchtbaren Stärke auftrat, von der fast jeder meiner Jahres-
berichte ein oder das andere Beispiel aufzuführen hat.
A. Eruptionen.
Vesuv.
Der Vesuv verharrt noch immer in der, seit der kurzen und
heftigen Eruption im Frühjahre 1872 eingetretenen und nur einmal,
im Juli 1874, etwas gestörten Ruhe. In vollständiger Unthätigkeit
ist er dagegen nur zeitweise und durch Rauch und Erderschütterungen
gibt er meist Anzeichen von dem im Innern fortwirkenden Kampfe.
Gegen Ende des Jahres 1875 schien, meinem vorjährigen Berichte
zu folgen, die Neigung zur Thätigkeit sich von neuem geltend zu
machen, indem der dicke, schwarze, aus der südöstlichen Ecke des
grossen Kraters der letzten Eruption ausströmende Rauch bisweilen
von Feuerschein hell erleuchtet wurde.
Mineralogische Mittheilungen. 1877. 1. Heft. (Fuchs.)
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C. W. C. Fuchs.
[2]
Von dem 22. Januar 1876 an belebte sich die Thätigkeit noch
mehr. Sie war um diese Zeit periodisch stärker und schwächer und
die Schwingungsapparate des Observatoriums geriethen in so lebhafte
Bewegung, dass Palmieri gegen Mitte Februar den Beginn einer
Eruption glaubte Voraussagen zu können. Besonders seit den ersten
Tagen des Februar waren die Erderschütterungen sehr zahlreich und
obgleich die den Ginfel bedeckende Rauchwolke jede Annäherung ver-
hinderte, war doch aus dem Widerschein zu schliessen, dass schon
Lava das Innere des Kraters ziemlich hoch anfüllte.
Statt der erwarteten Eruption trat jedoch grössere Ruhe ein,
bis in der Nacht zum 18. März die Thätigkeit abermals zunahm. Der
Rauch entströmte dem Vulkane mit grosser Gewalt und hatte röthliche
Farbe; der Reflex des Feuers liess sich deutlich unterscheiden und die
seismischen Apparate waren sehr unruhig.
Die folgenden Tage dauerten diese Erscheinungen an und in der
Nacht vom 3 — 4. April erfolgte sogar ein kleiner Aschenauswurf, dem
reichlich Ammoniaksalze beigemischt waren.
Noch einmal schien sich der Vulkan zu beleben, indem er gegen
Ende Juli ab und zu Rauch unter lebhaftem Getöse ausstiess. Damit
verschwanden aber die Anzeichen einer bevorstehenden Eruption und,
abgesehen von der Rauchentwicklung, herrschte bis zum Schluss des
Jahres verhältnissmässig Ruhe.
Aetna.
Rauch und Feuerschein zeigten sich seit Mitte December 1875
am Aetna und dauerten auch im Anfang des Jahres 1876 fort. In
der ersten Hälfte des April verstärkten sich diese Erscheinungen noch
mehr und der Seismograph wurde durch leichte Erderschütterungen
in unaufhörlicher Bewegung erhalten. Weitere Folgen traten aber
auch in diesem Jahre nicht ein.
Mauna Loa.
Am 11. August 1875 hatte an dem Gipfelkrater des Mauna Loa,
Mokunweoweo genannt, eine Lavaeruption begonnen. Nach den neuesten
Berichten aus Hawai, welche von Mitte März 1876 datiren, dauerten
zu dieser Zeit die Eruptionserscheinungen noch fort und hatten auch
die auf der südlichen Abdachung des Berges gelegene Kilauea ergriffen.
Die Eruption des vorhergehenden Jahres setzte sich also fort und hatte
an Ausdehnung zugenommen.
Schlammvulkane.
Nahe dem westlichen Ufer des caspischen Meeres ist einer der
bekanntesten, dort so zahlreichen Schlammvulkane, die Insel Löss.
Im Beginn des Jahres 1876 hatte sie eine grosse Eruption. Stunden-
lang war die Insel vollständig von Rauch verhüllt, dann erhob sich,
[3]
Bericht über die vulkanischen Ereignisse des Jahres 1876.
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leuchtend im Feuerschein , eine mächtige Rauchsäule und grosse
Schlammströme ergossen sich nach verschiedenen Seiten. Die Schlamm-
massen waren so reichlich, dass die Grösse der Insel durch sie
erheblich vermehrt und ihre Gestalt gänzlich verändert wurde. Nach
der Eruption lag die Längenaxe der Insel in der Richtung von West
nach Ost, während sie sich früher von Nord nach Süd erstreckte.
B. Erdbeben.
Folgende Zusammenstellung enthält die mir bekannt gewordenen
Erdbeben.
Januar.
4—5. Januar. Nachts furchtbares Erdbeben in Peru, wodurch
die Stadt Abencay zerstört wurde. Im Departement Apurimac ereigneten
sich zwischen 71/2 Uhr Abends und 6 Uhr des andern Morgens
30 Erderschütterungen ; der heftigste Stoss , durch welchen die Mehr-
zahl aller Häuser zerstört wurde, trat um 9V2 Uhr ein.
5. Januar. 12 Uhr Nachts schwacher Erdstoss in Innsbruck.
6. Januar. Abends 10 Uhr 3 Minuten in Adelsberg (Krain)
zwei Erdstösse von Süd nach West in der gesammten Dauer von
7 Secunden.
15. Januar. Gegen 4 Uhr Morgens in Marmaros-Sziget dumpfes
Getöse, dem sofort drei Erderschütterungen folgten, so dass Fenster
klirrten und Bilder an den Wänden schwankten. Gegen 6 Uhr wieder-
holte sich das Erdbeben schwächer.
16. Januar. Mehrere Erdstösse zu Comrie, unweit Krieff in
Pertshire (England), von denen 2 gegen 3 Uhr Morgens, der dritte
Mittags erfolgte.
20. Januar. Morgens 9 Uhr verticaler Erdstoss in Constantine
(Algier) von 2 Sekunden Dauer.
22. Januar. Schwache, aber anhaltende Erderschütterungen auf
dem Vesuv.
27. Januar. Kurz nach Mitternacht und um 5 Uhr Morgens
mehrere Erdstösse in Ravenna.
Zeitungsberichten zu folgen soll im Januar in Davos ein Erd-
beben beobachtet worden sein, dessen Datum ich jedoch nicht fest-
stellen konnte.
Ende Januar fanden in Copiapo eine Anzahl Erderschütterungen
statt , anfangs schwach, später heftig.
Februar.
5. Februar. Nachts l3/4 Uhr Erdbeben von Süden her in
Bourg-madame, 2 Secunden anhaltend.
6. Februar. Abends 6V2 Uhr Erdstoss von einigen Secunden
mit dumpfem Getöse in Coutances und an der Küste von Calvados.
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C. W. C. Fuchs.
[4]
In cler ersten Woche des Februar wurden die Apparate des
Observatoriums auf dem Vesuv von leisen 'Erderschütterungen in fast
ununterbrochenen Schwankungen erhalten.
9. Februar. Morgens gegen 3 Uhr zwei Erdstösse von NW.
nach SO. und 1/2 Secunde dauernd in Chambery.
12. Februar. An diesem Tage traf die Nachricht ein, dass auf
der Insel Arhamoede (Caspisclies Meer) durch ziemlich heftige Erd-
beben mehrere Dörfer zerstört worden seien.
15. Februar. Auf derselben Insel Morgens wieder mehrere Erd-
stösse von 2 Secunden Dauer.
24. Februar. Abends 7 Uhr zu Wartmannstätten und Neuen-
kirchen in Niederösterreich 2 — 3 Secunden lang Erderschütterungen.
25. Februar. Nachts 11 Uhr 50 Minuten zwei starke Erd-
stösse in Ragusa, die sich über Mostar, Metlovic, Slano und Jagnina
erstreckten.
26. Februar. Nachts 1 Uhr 26 Minuten abermals, aber schwächere
Erderschütterungen in den angegebenen Bezirken Dalmatiens und der
Herzegowina.
Die Eruption der Insel Löss war mit zahlreichen Erderschüt-
terungen in der näheren Umgebung verbunden.
März.
2. März. Abends und Nachts wiederholte Erdstösse im Süden
Dalmatiens und in der Herzegowina, besonders in Mostar, Metlovic,
Sigu, Ragusa u. a. 0.
Anfangs März traten abermals Erderschütterungen in Philippeville
und Djigelly in der Provinz Constantine ein.
5. März. Morgens 7 Uhr 50 Minuten Erdstoss auf dem Pic du
Midi in den Pyrenäen.
10. März. Abends 51/i Uhr zwei schwache Erdstösse in St. Martin
de Hink (Landes), der erste von S. nach N., der zweite von N. nach S.
10. März. Abermals Erclerschtitterung in Mostar und Umgebung.
12. März. Schwache Erderschütterung in demselben Gebiete,
wie am 2. und 10. März bei Mostar.
12. März. Abends 9J/2 Uhr in Leonberg (Würtemberg) drei
wellenförmige Erdstösse von SW. nach SO., 5 — 6 Secunden lang,
während eines heftigen Orkans.
12. März. Der bei dem vorhergehenden Erdbeben erwähnte
Orkan hatte im westlichen Deutschland eine grosse Ausbreitung.
Während desselben will man auch in Düren am Niederrhein zwei
Erdstösse gespürt haben.
17. März. Morgens 5 Uhr 10 Minuten wieder ein leichter Erd-
stoss auf dem Pic du Midi von 0. nach W.
Die Eruptionsthätigkeit des Mauna Loa erschütterte im Laufe
des Monates März wiederholt den Boden. Die Bewegung beschränkte
sich jedoch meist auf die Masse des Berges.
18. März. Die Apparate auf dem Observatorium des Vesuv
zeichneten sich an diesem Tage durch ungewöhnliche Bewegung aus.
[5]
Bericht über die vulkanischen Ereignisse des Jahres 1876.
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18. März. Kurz vor 4 Uhr Morgens heftiger Erdstoss in Kesmark.
29. März. Heftiges Erdbeben auf der Insel Chios. Sechs Stösse
waren so heftig, dass die Einwohner flohen.
Ende März fanden zu Blidah, Medeah und Cherchell in Algier,
dem „Petit Journal“ zu folgen, zwei Erdstösse statt, deren Datum
jedoch nicht angegeben ist.
April.
2. April. Morgens 5 Uhr 55 Minuten starkes Erdbeben von 0.
nach W. in Neufclnatel. Dasselbe erstreckte sich einerseits bis Twann
und Erlach im Canton Bern, andererseits in das Depart. du Doubs,
besonders nach Pontarlier und Umgebung.
3. -4. April. Nachts verstärkte Erderschütterungen auf dem
Vesuv, gleichzeitig mit dem Aschenauswurf.
Anfangs April waren auch die Apparate auf dem Aetna in unauf-
hörlicher Bewegung.
6. — 7. April. In dem Dorfe Guarasi bei Cefalu in Sicilien hörte
man in dieser Nacht ein so heftiges unterirdisches Getöse, dass alle
Einwohner auf die Strasse flohen. Sogleich begann der Boden sich
zu senken und nach zwei Stunden waren zehn Häuser gänzlich ver-
schwunden, die anderen waren eingestürzt.
20. April. Morgens 10 Uhr 25 Minuten sehr schwaches Erd-
beben in Kronstadt in Siebenbürgen.
22. April. Um Mitternacht in der Stadt Corleone (Sizilien) heftiges
Erdbeben.
28. April. Morgens 7 Uhr in Corleone abermals Erdbeben.
28. April. Gegen 7 Uhr Morgens Erdbeben in Rom.
Mai.
2. Mai. Morgens 8 x/2 Uhr Erdbeben in Neufchatel.
4. Mai. Abends 37a Uhr schwache Erderschütterung zu Medeah
in Algier.
7. Mai. Abends 872 Uhr ziemlich starker Erdstoss in Reichenhall.
22. Mai. Abends 7 Uhr leises Erdbeben in Innsbruck.
23. Mai. Morgens 3 Uhr weniger 3 Minuten starker Erdstoss
in Innsbruck.
23. Mai. Erdbeben in Canea auf Kreta.
27. Mai. Morgens 4x/2 Uhr abermals ziemlich heftiges Erdbeben
mit unterirdischem Gepolter in Innsbruck. Man konnte mehrere
verticale Stösse unterscheiden.
Juni.
4. — 5. Juni. In der Nacht um 12 Uhr 30 Minuten erfolgte in
Podgoriza eine so heftige Erderschütterung, dass viele Personen aus
den Betten geschleudert wurden. Einige Minuten später bewegte sich
nochmals eine leichte Erderschütterung von N. nach S.
88
C. W. C. Fuchs.
[6]
7. Juni. Die Erdbeben, welche am 22. April bei Corleone be-
gonnen hatten, nahmen am 7. Juni an Heftigkeit so zu, dass die
Kathedrale zusammenstürzte. Dabei breiteten sie sich auch über einen
grösseren Raum aus und wurden in Palazzo, Adriano, Missimari und
sogar in Messina gespürt.
7. Juni. Nach Zeitungsnachrichten soll an diesem Tage im
Etschthale eine Erderschütterung stattgefunden haben.
8. Juni. Morgens 3 Uhr 45 Minuten im Süden von Dalmatien
6 Secunden lang ein ziemlich starkes Erdbeben. Es waren mehrere
Stösse, von denen besonders Ragusa, Cattaro und Budua betroffen
wurden.
25. Juni. In Pitten bei Neuenkirchen in Niederösterreich ziemlich
heftiges Erdbeben. Von den beiden Stössen war der erste mit rollendem
Geräusch verbunden. Der zweite, welcher um 11 Uhr 35 Minuten
Morgens eintrat, war sehr stark, aber ohne Geräusch.
Vom 18. — 26. Juni heftige Erdstösse in Korinth, die auch in
Athen , auf Euböa und in Volo, sowie auf Cephalonia gespürt
wurden. Sieben Dörfer bei Korinth, besonders das aus 300 Häusern
bestehende S. Georgios wurden sehr beschädigt.
Auch vom 26.-29. Juni dauerten die Erderschütterungen in
dem bezeichneten griechischen Distrikte fort, waren jedoch viel schwächer,
als in den vorhergehenden Tagen und erstreckten sich von W. gegen 0.
Juli.
9. Juli. Abermals starkes Erdbeben zu Korinth; mehrere Häuser
und Felsen stürzten zusammen.
9. Juli. Abends 4 Uhr 35 Minuten zwei Erdstösse in Nizza von
NO. nach SW. zwei Secunden lang.
Anfangs Juli erfolgte wieder in Darmstadt und Umgegend eine
Erderschütterung zwischen 5 und 6 Uhr Abends.
17. Juli. Erdbeben zu Simlah am Fusse des Himalaya und in
Mussurieh.
17. Juli. Nachmittags 1 Uhr 22 Minuten heftiges Erdbeben in
Wien, aus drei von NO. nach SW. sich bewegenden Stössen bestehend,
die 6 — 8 Secunden dauerten. Stühle und Tische schwankten, Gläser
klirrten und mehrere Schornsteine, darunter der der Universität, stürzten
zusammen, auch erhielten einzelne Häuser Risse. Die Verwirrung und
der Schrecken waren gross; die Börse leerte sich rasch und die
Geschäfte hörten auf. In den oberen Stockwerken war die
Empfindung der Bewegung eine noch stärkere, als in den
unteren. Der zweite Stoss war der heftigste. — Die Erderschütterung
breitete sich über einen sehr grossen Raum aus. Ziemlich ganz Nieder-
österreich und Mähren, sowie angrenzende Theile von Steiermark,
Oberösterreich, Böhmen (bis Prag) und Ungarn wurden davon betroffen.
Im Donauthal erstreckte sie sich von Passau bis über Pressburg. Als
äusserste Grenzen der Erschütterung werden angegeben: im Norden
Wittingau, Schelletau, Budweis, Trebitsch, Tischlowitz und Prerau; im
Süden Oedenburg, Kindberg und die Norischen Alpen. Das Centrum
[7]
Bericht über die vulkanischen Ereignisse des Jahres 1876.
89
soll im westlichen Niederösterreich bei Scheibbs gelegen haben, wo
drei Stösse in der Dauer von 10 Secunden viele Gebäude erheblich
beschädigten. — Unter den nicht allzu seltenen, aber doch gewöhnlich
sehr schwachen Erdbeben, von denen Wien betroffen wird, soll dieses
eines der stärksten der bisher beobachteten gewesen sein. Die heftigsten
der in Wien vorgekommenen Erdbeben ereigneten sich in folgenden
Jahren: 1201, 1267, 1348, 1442, 1590, 1679, 1711, 1763, 1766,
1873, 1876, und unter diesen zeichnete sich wieder das Erdbeben
von 1590 durch besondere Stärke aus.
Eine eigenthümliche Erscheinung meldete die „Neue freie Presse.“
Im Golf von Kradasura soll sich nämlich das Wasser erhitzt und
Schwefelwasserstoff ausgestossen haben. Die Erscheinung war von
ungleicher Intensität, indem sich das Wasser nur zeitweise von
Schwefel trübte und eine ungewöhnliche Wärme besass. Nichts deutet
auf eine vulkanische Thätigkeit an dieser Stelle hin , sondern es
scheint ein zeitweiliger Durchbruch heisser Schwefelquellen auf dem
Meeresboden gewesen zu sein.
19. — 20. Juli. Nachts heftiges Erdbeben in Ogulin in Croatien.
28. Juli. In Vajnasalva (Siebenbürgen) Erdbeben, dessen Schwin-
gungen über 3 Secunden anhielten.
Die Apparate des Vesuv waren in den letzten Tagen dieses
Monates noch in grösserer Bewegung, als in den vorhergehenden
Monaten.
August.
5. August. Kurz nach 2 Uhr heftiger Erdstoss in Darmstadt
und der ganzen Umgebung, besonders im Reichenbacher Thal. Der
Felsberg scheint wieder der Ursprung des Erdbebens gewesen zu sein.
17. August. Abends nach 10 Uhr senkrechter Erdstoss in
Kitzingen.
Aus Konina (Iconium) eingegangene Nachrichten ]) erzählen von
einer Vulkanbildung auf dem Berge Kuju-Pinar, in der Nähe des
Dorfes Tiganköi (Provinz Konia). Nach einem etwa zwölftägigen
gewaltigen unterirdischen Rollen öffnete sich dort ein Krater, welcher
grosse Felsstücke und Baumstämme ausschleuderte (? vielleicht eine
Gasexplosion).
24. August. Nachmittags gegen 3 Uhr heftiger Erdstoss mit
donnerähnlichem Getöse, während einer Secunde wellenförmig von
SSW. nach NNO. sich fortpflanzend, bei Ilolienwang und Langenwang
im Mürzthal.
Im Monat August fand auch ein nicht näher bestimmtes, jedoch
so heftiges Erdbeben in Patras statt, dass mehrere Häuser einstürzten.
September.
7. September. Erderschütterung im hessischen Odenwald. Die
schwankende Bewegung dauerte 1V2 Secunden. Gleichzeitig soll auch
im unteren Maingebiet eine Erderschütterung gespürt worden sein.
’) „Augsburger Allgemeine Zeitung.“
Mineralogische Mittheilungen 1877. 1. Heft. (Fuchs.)
12
90
C. W. C. Fuchs.
[8]
11. — 12. September. Nachts 1 1 s/4 Uhr starkes Erdbeben in
Oberkrain, besonders im Gebiete von Fliscli und im Trentathale und
Tolmain im Görzischen.
12. — 13. September. Nachts ziemlich heftiges Erdbeben im Osten
der Balkanhalbinsel und an den Küsten des ägäischen Meeres, am
stärksten in Salonichi.
12. — 13. September. Nachts heftiges Erdbeben in Sicilien (z. B.
in Messina sehr stark) in der Dauer von 20 Secunden. Auch in Reggio
stürzten mehrere Häuser ein. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass
dieses Erdbeben zu dem vorher erwähnten in der Türkei gehört.
Im September traten auch in Essen wieder Bodenbewegungen
ein, wodurch mehrfach innerhalb der Stadt Senkungen einzelner Stellen
erfolgten.
27. September. Morgens 7 Uhr Erdstoss zu Digne, Departement
Basses Alpes.
Die seit April häufigen Erderschütterungen in Corleone dauerten
vom 22. September an fast ununterbrochen fort, so dass unterirdisches
Getöse und Erschütterungen fast ohne Zwischenräume auf einander
folgten.
October.
6. October. Morgens 5 Uhr 35 Minuten heftiger Erdstoss von
N. nach S. auf dem Pic du Midi. Man spürte ihn in dem ganzen,
von Bagneres de Bigorre nach Cap Vern sich erstreckenden Gebirgs-
zuge sehr stark. Die heisse Quelle von Salies stieg von 51° auf 58° C.
12. October. Unter diesem Datum ward aus Zakany an der
Drau telegraphirt, dass in Sura seit 12 Stunden ununterbrochen Erd-
erschütterungen von NO. gegen SW. andauern, fast alle mit unter-
irdischem Getöse verbunden. Heftige Stösse folgten in Pausen von
einer Secunde (einer der heftigsten um 8 Uhr), so dass Thüren und
Fenster aufsprangen und Möbel gerückt wurden. Die Erdstösse wieder-
holten sich von da an lange Zeit täglich und hauptsächlich der
21. October zeichnete sich dadurch aus. In Gross-Kanisza machte
sich das Erdbeben vom 12. October Nachts kurz nach 12 Uhr durch
dumpfes Getöse bemerklich, dem sogleich Schwankungen des Bodens
folgten, die sich eine halbe Stunde später und besonders um 8 Uhr
Morgens wiederholt einstellten.
13. October. Abends 8V2 Uhr Erdstoss von N. nach S., etwa
3 Secunden lang, in Neuenweg und Schopfheim (Baden).
14. October. Morgens 11 Uhr 10 Minuten ziemlich starkes
Erdbeben in Kehl von W. nach 0., begleitet von dumpfem, donner-
ähnlichem Getöse.
17. October. Morgens 2 Uhr 5 Minuten im westlichen Theile
von Dortmund starke Erderschütterung, am heftigsten in der Linden-
strasse. Hie und da stürzten Schornsteine herab. In der Kampstrasse
und am Westenhallwege wurde die Erschütterung nicht gespürt, wohl
aber in der Heinrichs-, Josef- und Friedrich-Strasse und jenseits der
Bahnen in der Sedanstrasse.
[9]
Bericht, über die vulkanischen Ereignisse des Jahres 1876.
91
17. October. Einige Minuten nach 11 Uhr Vormittags heftiger
Erdstoss in Strassburg.
20. October. Um 10 Uhr 21 Min. zwei Sec. anhaltendes Erdbeben
von SW. nach NO. mit dumpfem Dröhnen in Petrinja (Kroatien).
21. October. Erdbeben in Legrad und Nagy-Kanisza.
22. October. Morgens 4 Uhr 22 Min. heftiger Erdstoss von N. nach
S. in Knin in Dalmatien. Derselbe dauerte unter donnerähnlichem Rollen
3 — 4 Secunden und wurde auch in Kopreiwitz beobachtet.
22. October. Vormittags 9 Uhr 12 Minuten Erdbeben in Pontafel
(Kärnthen). Um dieselbe Zeit fanden auch Erderschütterungen in
Saifnitz und Hermagor statt.
28. October. Morgens 7 Uhr 12 Minuten abermals Erdstoss in
Pontafel, in 3 Intervallen von SW. nach NO.
Im Monat October hielten die Erdersclnitterungen bei Corleone
ebenfalls noch an.
31. October. Vormittags 11 Uhr 50 Minuten in Werder bei
Potsdam zwei Erdstösse von SW. nach NO., von denen der zweite
so stark war, dass Möbel merklich schwankten.
November.
11. November. Abends 10 Uhr zu Weichselboden in Steiermark
ziemlich heftiger Erdstoss.
11. — 12. November. Nachts 11 Uhr 20 Minuten ziemlich heftige
Erdstösse von N. nach S. in Galatz.
25. November. Morgens heftiger Erdstoss mit vorhergehendem
unterirdischen Getöse in Sarmede, Provinz Treviso.
30. November. Vormittags IOV2 Uhr ein mehrere Secunden
dauerndes Erdbeben in Gross - Kanisza, welches alle andern dieses
Jahres daselbst an Heftigkeit übertraf.
30. November. Abends 7x/2 Uhr starker Erdstoss in Yverdon
(Schweiz).
December.
1. December. Nachts 12 Uhr 24 Minuten in Mitterdorf in
Steiermark Erdbeben mit donnerähnlichem Getöse 3 Secunden lang
von 0. nach W. Die Erscheinung war so heftig, dass Uhren an der
Wand schwankten und Bahnwärter ihre Hütten verliessen, weil sie
deren Zusammensturz fürchteten. In Langenwang wurde die Erschütterung
ebenfalls gespürt.
2. December. Nachmittags 1 1/2 Uhr Erdstoss in Friedrichshafen.
6. December. Morgens 9 Uhr zwei heftige Erdstösse von NO.
nach SW. in Mohäcs in Ungarn. Mehrere Mauern bekamen Risse
und Schornsteine stürzten herab. Das Erdbeben muss weit verbreitet
gewesen sein, da um dieselbe Zeit auch in Villany eine Erderschütterung
gespürt wurde.
11. December. Heftiges Erdbeben in Chile 50 — 60 Secunden
lang. Besonders stark und mit Getöse verbunden war es in Santiago,
Illapel, La Serena, Vallenar und Los Andes. Schon mehrere Tage
vorher waren wiederholt schwache Erderschütteruugen vorgekommen.
12*
92
C. W. C. Fuchs.
[10]
12. December. Nachts 12 Uhr 35 Minuten Erdbeben mit unter-
irdischem Getöse in einem Theile von Croatien, 6 Secunden lang,
worauf um 1 Uhr 48 Minuten noch eine schwächere Erschütterung
folgte. Nachrichten über die Beobachtung dieses Naturereignisses sind
aus Velesver, Kloster Iranic, Sissek, Kostajnica, Dawuwar und a. 0.
eingegangen. Die Bewegung pflanzte sich von SO. nach NW. fort,
an einigen Orten umgekehrt, von SW. nach NO. Seit 1861 soll
keine so feste Erderschütterung mehr in dieser Gegend vorgekommen sein.
20. December. Abends 7 Uhr 40 Minuten drei ziemlich starke
Erdstösse in Taschkend.
21. December. Abends gegen 5 Uhr leichtes Erdbeben in Cannes,
im Quartier Croisette. Dasselbe bestand aus einem Stosse, dem Zittern
des Bodens folgte. Das Ganze dauerte nur eine Secunde.
21. December. Nachmittags 3Q2 Uhr leichter Erdstoss in Algier.
25. December. Unter diesem Datum brachte das Pariser „Petit
Journal“ die Nachricht von zwei leichten Erderschütterungen in den
Cantonen Severac und Vezieres (Aveyron), ohne genaue Zeitangabe.
• \
In der vorhergehenden Zusammenstellung der Erdbeben des
Jahres 1876 sind
104 solche
Naturereignisse aufgezählt.
Dieselben
vertheilen sich in
folgender Weise auf die einzelnen Monate:
Januar • •
10
Juli
• 8
Februar • •
10
August
• 5
März • • •
14
September
• 7
April • • •
8
October
• 14
Mai ....
7
November
Juni • • •
7
December
• 9
oder im Frühling (März, April, Mai) 29
„ Sommer (Juni, Juli, August) 20
„ Herbst (September, October, November) • • • • 26
„ Winter (December, Januar, Februar) 29
Diese 104 Erdbeben traten an 95 verschiedenen Tagen ein und an
folgenden Tagen ereigneten sich mehrere Erdbeben an verschiedenen Orten :
5. Januar : Abancay in Peru. Innsbruck.
10. März : St. Martin (Landes). Mostar.
12. März : Mostar. Leonberg. Düren.
18. März: Vesuv. Kesmark.
28. April : Corleone. Rom.
23. Mai : Innsbruck. Canea.
7. Juni : Corleone. Etsch thal.
25. Juni : Neuenkirchen. Korinth.
9. Juli : Korinth. Nizza.
17. Juli : Simlah. Wien.
12. September: Krain und Görz. Salonichi.
1 7. October : Strassburg. Dortmund.
22. October : Knin. Pontafel.
11. November: Weichselboden. Galatz.
21. December: Cannes. Algier.
Bericht, über die vulkanischen Ereignisse des Jahres 1876.
93
[11]
Von 65 Erdstössen, deren Eintritt genauer angegeben ist, er-
folgten 44 in der Nacht (von 7 Uhr Abends bis 7 Uhr Morgens) und
21 am Tage.
Mehrmals im Laufe des Jahres wurden folgende Orte von Erd-
beben betroffen :
Vesuv. 22. Januar. 1 — 8. Februar. 18. März. 3. April, im
Juli sehr oft.
Innsbruck. 5. Januar. 22. und 23. Mai, 27. Mai.
Mostar. 25. und 26. Februar. 2. März, 10. und 12. März.
8. Juni.
Neuenkirchen. 24. Februar. 25. Juni.
Constantine. 20. Januar. Anfang März.
Pic du Midi. 5. März, 17. März. 6. October.
Corleone. 28. April. 7. Juni. Vom 22. September an mehrere
Tage fast ununterbrochen und im October sehr oft.
Neufchatel. 2. April. 2. Mai.
Medeah. Ende März. 4. Mai.
Korinth. 18. — 29. Juni. 9. Juli.
Hessischer Odenwald. 5. August. 7. September.
Gross-Kanisza. 25. Februar. 2., 10. und 12. März. 8. Juni.
12. October, 30. November.
Das bedeutendste Erdbeben des Jahres war das vom 4. zum
5. Januar in Peru, welches die Stadt Abencay fast ganz zerstörte.
Eine besondere Aufmerksamkeit, trotz ihrer geringen Stärke,
verdienen die Bodenbewegungen in Essen. Man wird sich erinnern,
dass in früheren Jahren mehrfach von dort ähnliche Erscheinungen
mitgetheilt wurden, indem die Stadt der Schauplatz häufiger leiser
Erderschütterungen und kleiner Senkungen war, besonders in den
Jahren 1867 (am stärksten am 15. April) und 1868, und dass, nach
der in diesen Berichten ausgesprochenen Ansicht, die Ursache davon
in den Kohlenflötzen jener Gegend zu suchen ist. (Siehe meine Berichte
in Jahrb. f. Min. 1868, S. 433 und 1869, S. 686). Gegenwärtig
scheint die Ueberzeugung von der Richtigkeit dieser Erklärung
allgemein durchgedrungen zu sein. Ob dem Betriebe der Gruben
jedoch dabei ein Verschulden zugeschrieben werden könnte , wie eine
damals an mich gerichtete Anfrage zu wissen wünschte, lässt sich
heute sowenig, wie damals vom rein wissenschaftlichen Standpunkte
entscheiden. Die chemischen Veränderungen in den Kohlen können
allerwärts solche rasch sich bemerkbar machende Folgen haben, nur
kann der Bergbau auch unvermeidlich zu deren Beschleunigung da-
durch beitragen, dass in Folge des damit verbundenen Luftzutrittes
die chemischen Processe unterhalten und verstärkt werden. Im
Wesentlichen unterscheiden sich aber diese Vorgänge nicht von einer
ganzen Reihe analoger Erderschütterungen nicht-vulkanischen Ursprungs.
Während z. B. die Bodenbewegungen, durch welche ein Theil des
Dorfes Guarasi am 7. April versank, in gleichartigen, wenn auch nicht
durch Kohlenflötzen hervorgerufenen Processen begründet sind, ist das
Erdbeben vom 17. October in Dortmund, das ebenfalls dieser Classe
94 C. W. C. Fuchs. Bericht über die vulkanischen Ereignisse des Jahres 1876. [12]
angehört, wohl ebenso sicher, wie das von Essen, auf die Kohlen-
ablagerungen zurückzuführen. Obgleich die Arbeiter in der Grube
„Westphalia“ die Erderschütterung nicht bemerkt hatten (eine bei
Erdbeben schon häufig bestätigte Erscheinung) liegt darin doch kein
Grund, die Ursache der Bewegung anderswo, als in den chemischen
Veränderungen der Tiefe zu suchen. Die durch solche chemische
Veränderungen hervorgerufenen mechanischen Bewegungen sind eben so
minimal, dass sie in der Tiefe keine merklichen Veränderungen er-
zeugen und dass ihre Schwingungen nur in den der Erdoberfläche
nahen Schichten sich zu merkbaren Erschütterungen verstärken.
VIII. Notizen.
Zur Kenntniss der Mineralvorkommen von Kalusz.
Von der Kalisalz-Lagerstätte in Kalusz (Ostgalizien) erhielt ich
vor einiger Zeit, knapp vor der Schliessung des dortigen Bergwerks-
Betriebes, eine Suite von Mineralien, welche einiges bemerkenswerthe
Neue enthielt.
Vorerst fand sich eine für das Steinsalz überhaupt neue Kry-
stallform vor. Man beobachtete nämlich bis jetzt bekanntlich am
Steinsalz von Krystallformen neben den so häufigen Hexaedern nur
noch ganz selten das Octaeder und Rhombendodekaeder. An dem
Kaiuszer Steinsalz tritt nun mit dem Hexaeder auch der Pyramiden-
Würfel oo02 auf. Eine solche Combination zeigen eine Anzahl abge-
brochener Steinsalzkrystalle von 4— 24mm Grösse, welche aus den
Haufen von durcheinander gewachsenen Steinsalz-, Gyps- und Syngenit-
Krystallen herstammen, die in einer nun verschütteten Seitenstrecke
des Bergbaues vor einigen Jahren als letzte Neubildungen angetroffen
wurden. Die genannten Steinsalzkrystalle, obgleich nur zum kleinern
Tlieil regelmässig ausgebildet, lassen doch die erwähnte Combination
ganz augenfällig erscheinen, indem wenigstens an einem Eck ein Paar
der Flächen von oo 02 und zwar oft in gleicher Grösse mit den Hexa-
eder-Flächen zum Vorschein kommen. Ein kleiner Krystall (4mra im
Durchmesser) erscheint sogar fast vollflächig rundum ausgebildet, indem
seine Anwachsstelle kaum zu sehen ist; er erscheint aber durch sehr
ungleiche Grösse der Flächen ganz unregelmässig verzogen. Die
Krystallflächen selbst sind ziemlich glatt und glänzend, bei beiden
Gestalten der Combination gleich; die Kanten recht scharf. Eine
Anzahl Messungen ergaben mir für beiderlei Kanten des Pyramiden-
Würfels Winkelwerthe zwischen 142° 56' und 143° 12', so dass es
zweifellos ist, dass wir es hier mit der (isogonalen) Form oo 02 zu
thun haben, welcher der Kantenwinkel 143° 7' 48" entspricht.
Weiters ist unter den Kaiuszer Vorkommnissen das Auftreten
eines faserigen Sylvins hervorzuheben. Es liegen mir nämlich mehrere
kleine Thonstücke vor, welche durchwachsen erscheinen von plattigen
Adern von feinstängligem Sylvin. Die Adern sind bis 2cm dick, ver-
laufen etwas gekrümmt, gabeln sich und keilen sich aus. Die Fasern
sind zum Theil farblos, vorwiegend jedoch blau und blass violett
Mineralogische Mittheilungen 1877. 1. Heft. (Notizen.)
96
Notizen.
[2]
gefärbt; sie stehen bald senkrecht auf der Begrenzungs-Fläche, bald
etwas schief, sind auch zuweilen etwas gebogen. Das Ganze zeigt
überhaupt ein Analogon des faserigen Gypses, welcher so oft salz-
führende Thone durchschwärmt.
Beim ersten Anblick habe ich geglaubt faseriges Steinsalz vor
mir zu haben ähnlich jenem von Bochnia, doch überzeugte mich also-
gleich der bitterlich-salzige Geschmack, dass hier Sylvin vorliegt. Ich
untersuchte einzelne von verschiedenen Stellen herausgelöste Fasern
in der Flamme und erhielt immer Kalium- und Natrium-Färbung. Dem
entsprechend ergaben auch einige quantitative Bestimmungen in ver-
schiedenen Proben dieses Fasersalzes einen Gehalt von 60 — 8O°/0 Chlor-
kalium gegen 20—40% Chlornatrium, so dass letzteres hier dem
ersteren in verschiedenen Mengen isomorph beigemengt zu sein scheint.
Was den näheren Fundort der erwähnten Stücke anbetrifft, so
habe ich leider darüber nichts erfahren können, doch ist so viel sicher,
dass sie aus unmittelbarer Nähe der Nester des gewöhnlichen grob-
und grosskörnigen Sylvins herstammen , da ein solcher , roth gefärbt,
stellenweise dem Thon anhaftet.
Bekanntlich nimmt Anhydrit an der Zusammensetzung des
Stassfurter Salzlagers einen wesentlichen Antheil und tritt dort in
zweierlei Weise auf. Vorerst, in ansehnlicher Menge — circa 3% des
Salzkörpers ausmachend — in den 3 unteren Regionen des Salzlagers
entweder in dünnen Schichten von dichter Textur und ziemlich rein
oder im körnigen Gemenge mit Kieserit und Carnallit. Dieser Anhydrit
ist jedenfalls bei der ursprünglichen Ausscheidung des unteren Salz-
lagers entstanden und wir können ihn mit Sicherheit als primär
bezeichnen. Zu diesem Auftreten des Minerals steht in vielfacher
Beziehung im Gegensätze das der Menge nach ganz unbedeutende
Vorkommen in den obersten Lagen des Stassfurter Salzlagers. Es
findet sich dort nämlich „nahe am Hangenden der obersten Abtheilung“
(Bischof F. D. Steinsalzwerke b. Stassfurt. 2. Aull., p. 50) innerhalb
der Zone der secundären Umwandlungsproducte (vor allem Sylvin)
Anhydrit in eingewachsenen recht vollkommen ausgebildeten Krystallen
von bis lcm Grösse, farblos oder von blass violettblauer Farbe.
Das Auftreten des Anhydrites nun innerhalb des Ivaluszer-Salz-
lagers ist bis jetzt nur ganz nebenbei und flüchtig durch v. Kripp
(Verhdl. d. geol. R.-A. 1868, pag. 32) notirt, so dass das Vorkommen
nicht einmal in das so vollständige mineralogische Lexicon von
Zepharovich aufgenommen erscheint. Ich war desshalb sehr
erfreut, in den Besitz eines Ivaluszer Anhydrites zu gelangen und mich
über die Art des Vorkommens zu belehren, umsomehr als sich dieses
nicht nur morphologisch ganz eigenthümlich, sondern auch für die
Paragenese der Kalisalze wichtig darstellt. Der Kaluszer-Anhydrit —
durch alle charakteristischen, physikalischen und chemischen Kenn-
zeichen mit Sicherheit als solcher bestimmt — bildet blass violblaue
oder grauliche fest aneinander gewachsene Kugeln von 3 — 4cm Durch-
messer, welche wieder für sich eine ausgezeichnete dünnstänglig
concentrische, zum Theil dabei auch eine concentrisch schaalige Textur
aufweisen. Abgesprengte Stängelchen, oft lmm breit, erscheinen
[3]
Notizen.
97
halbdurchsichtig und sonst Splittern von Krystallen des Minerals ganz
gleich. Die erwähnten Kugeln stossen nicht immer, sich gegenseitig
abflachend, unmittelbar an einander, sondern lassen oft Zwischenräume
zwischen sich und diese werden vollständig vom gewöhnlichen gross-
späthigen Sylvin, zum Theil mit eingeschlossenem blauen Steinsalz,
ausgefüllt in einer Weise, die darüber keinen Zweifel aufkommen lässt,
dass beide Mineralien unter Einem entstanden sind. Wenn nun mit
grosser Wahrscheinlichkeit vorausgesetzt wird, dass Sylvin eine Neu-
bildung aus Carnallit ist , so muss jedenfalls der kuglig-stänglige
Anhydrit von Kalusz und vielleicht auch analoger Weise der krystalli-
sirte aus den obersten Lagen bei Stassfurt zu den secundären Um-
wandlungsproducten der Kalisalzlager gerechnet werden und bei Er-
klärung der Bildungsweise jener mitberücksichtigt werden.
J. Niedzwiedzki.
Simonyit von Ischl.
Nach einem Berichte der Herren Prinzin g er und Aigner in
Ischl wurden in der letzten Zeit an der linken Ulm des Puethaler
Sinkwerkes bei Ischl ein grünes Salz entdeckt, welches von grauem
Anhydrit, sowie von weissem und rothem körnigem Steinsalz begleitet
ist. Selten kommen honiggelbe Körner von Löweit vor. Jenes grüne
Salz stimmt in allen seinen Eigenschaften mit dem Simonyit überein,
welcher vor mehreren Jahren bei Hallstadt gefunden wurde (Sitzungs-
berichte der Wiener Akademie 1869, Band LX, pag. 718.)
Künstliche Darstellung,- der Pseudomorph ose von Malachit
nach Ataeamit.
Bei einer früheren Gelegenheit wurde von mir gezeigt, dass
gepulverter Ataeamit durch eine Lösung von doppelt kohlensaurem
Natron bei gewöhnlicher Temperatur binnen wenigen Tagen in Malachit
verwandelt wird. J) Zugleich wurde bemerkt, dass Krystalle von
Ataeamit während einer so kurzen Zeit keine Veränderung erfahren.
Um eine Verwandlung von Krystallen herbeizuführen, wurden
mehrere gut ausgebildete Prismen des Atacamits von Wallaroo, welche
bis 1*2 Millimeter Dicke hatten, längere Zeit in einer Lösung von
doppelt kohlensaurem Natron liegen gelassen. In Zeiträumen von je
einem Jahre wurde nachgesehen und durch Zerbrechen eines ein-
zelnen Krystalles der Fortgang der Verwandlung verfolgt. Nach vier
Jahren war der Process vollendet und waren alle Prismen von der
angegebenen Dicke in vollständige Pseudomorphosen verwandelt.
T.
’) Diese Mitth. 1873, pag. 41.
Mineralogische Mittheilungen. 1877. 1. Heft. (Notizen.)
13
98
Notizen.
[4]
Leonhardit aus dem Floitenthale.
Während der Jahre 1865 — 1871 wurde das Floitenthal in allen
seinen Theilen auf Mineralien ausgebeutet, wodurch eine Sammlung
von beiläufig 3000 Stück vorwiegend Adular, Periklin, Quarz, Apatit,
Sphen, Leonhardit, Desmin, Epidot, Pyrit, Amphibol — sowie je in
einem Exemplare, Na.trolit und Oligoklas — zusammengebracht wurde,
welche im nächsten Hefte ausführlich beschrieben werden wird. Vorläufig
seien nur die Leonhardite kurz erwähnt, welche im untersten Theile
der Baumgartkarklamm in theils mit Chlorit gemengten, theils innen
chlorithaltigen, aussen reinen, bis zu 4cm langen, 2cm breiten, lcm dicken
Krystallen in Gruppen und Drusen sich vorfanden.
Die Krystalle zeigen nur die Combination 110. 001, sind zu-
weilen büschel- und kammförmig, in seltenen Fällen auch kugelförmig
gehäuft und gleichen vollkommen den von Lieben er und Vor haus er,
seinerzeit von Pfitsch — ohne näheren Fundort — beschriebenen,
von denen sie sich nur durch ihre Grösse und Schönheit unterscheiden ;
es liegt die Annahme nahe, dass jenes ältere Vorkommen ebenfalls
der hier angegebenen Localität entstamme.
Die sämmtlichen Stücke sind bis auf einige wenige nur von fein-
schuppigem Chlorit und tafelförmigem Kalkspath begleitet; auf einzelnen
Stücken sitzen die ziemlich vereinzelten, 2 — 3mm langen, Laumontit
ähnlichen Krystalle auf grossen Quarzkrystallen auf.
Brezina.
Grundform des Vesuvian.
Die von Breithaupt an vielen Substanzen gefundene Abweichung
ihrer wirklichen Symmetrie von ihrer scheinbaren wurde neuestens
von Mallard aus den Reticularanordnungen der Krystalle auf ein-
fache Weise erklärt und als eine sehr allgemeine Erscheinung nach-
gewiesen. Beobachtungen an Vesuvian hatten schon lange und auch
in Mallard’s Arbeit die Zweiaxigkeit ergeben, ohne eine befriedigende
Schärfe der Untersuchung zu gestatten. Nun bot mir ein etwa 5cm langer,
2 und P5cm dicker klarer Manganidokras von Ala, Gelegenheit, die
optischen Verhältnisse genau zu bestimmen.
Der Krystall ist innen tief weingelb, nach aussen zu durch con-
centrische tief hyacintrothe Schichten dunkler erscheinend; besteht aus
10 grösseren und vielen kleineren parallel der Hauptaxe nebeneinander-
gelagerten, einander nicht umhüllenden Individuen in Zwillingstellung
nach Flächen der Prismenzone, also mit parallelen aufrechten Axen;
alle Individuen haben constanten Axenwinkel — scheinbar in Luft
62° 25' für roth (nahe Li) 62° 47' für gelb ( Na ) und deutliche
geneigte Dispersion, so dass also die Symmetrie höchstens eine mono-
kline sein kann.
Die eingehende optische und krystallographische Untersuchung
dieses und eines andern äusserst regelmässig auskrystallisirten derartigen
Krystalles wird seinerzeit publicirt werden.
Brezina.
[5]
Notizen.
99
Ein neuer Barytfeldspath.
(Briefliche Mittheilung an Dr. B r e z i n a.)
Paris, 22. März 1877.
In einer Schachtel mit Spaltungsstücken fand ich 5 oder 6 Stücke
ohne Localität, farblos, wasserhell oder einfach durchscheinend, welche
ziemlich ähnlich der schönen Albitvarietät von St. Yincenz, Steiermark,
aussahen. Allein der Winkel der 2 Hauptspaltungsrichtungen 2}(j\ so-
wie der einspringende Winkel, der durch die breiten Streifen der
Basis gebildet wird, sind sehr nahe denen des Labradorit pg4 = 86° 37',
pp = 173° 14', während die Orientirung der optischen Axenebene und
der beiden Mittellinien, die gewöhnliche sowie die gekreuzte oder
horizontale Axendispersion , kurz alle optischen Eigenschaften der
Doppelbrechung gleichzeitig denen des Albits und des Oligoklases
nahestehen, dabei doch ein vollkommen selbstständiges Ganzes bildend.
Die Analyse ergab denn auch eine neue Plagioklasart mit 55%
Kieselsäure, 7-3% Baryt, 74 % Natron mit einem Yerlust in Weiss-
gluth von 3*7°/0 ; also chemisch als Barytlabradorit zu bezeichnen, so
wie der Hyalophan ein Baryt-Orthoklas ist; und obwohl das Sauer-
stoffverhältniss genau 1:3:8 ist, wie im monoklinen Hyalophan
und im Andesin, besteht doch gar kein Zusammenhang zwischen
letzterem — wo pg 4 = 86° 4' und die optischen Eigenschaften die des
Oligoklases — und dem neuen Feldspath.
6. April 1877.
Da das Aussehen der Substanz, ihre Durchsichtigkeit, der Perl-
mutterglanz und die breiten Cannelirungen der Basis, sowie die mikro-
skopische Untersuchung im parallelen Lichte mich im Zweifel liessen,
zwischen einem Oligoklas (es finden sich ähnliche in Mineral Hill) und
einem Albit, untersuchte ich zwei Platten, welche als Abstumpfungen
der spitzen und stumpfen Kante pg4 unter Winkeln von 101° bezie-
hungsweise 112° gegen p geschnitten waren. Da beide zur Axenebene
stark geneigt waren, dachte ich sofort, nicht an eine Anomalie, sondern
an eine neue Varietät oder Species.
Die am genauesten zur Axenebene senkrechten Platten werden
erhalten, wenn man die spitze Kante pg4 durch eine etwa 91° 30'
gegen p geneigte Fläche abstumpft. Die stumpfe positive Bisectrix
ist dann nahezu senkrecht zu diesen Platten; ich fand nämlich an
zweien von ihnen in Oel:
rechte Hyperbel zur Plattennormale 51° 58' 52° 46
linke „ „ „ „ 49 30 47 48
2 //„ = 101° 28' 100° 34
In der Hyperbelstellung ist die eine Hyperbel von lebhaften
Farben, röthlichgelb aussen, blau innen, die andere von kaum wahr-
nehmbaren Farben, aber mit derselben Anordnung, begränzt; es ist
also p <C v und die geneigte Dispersion kräftig.
13*
100
Notizen.
[6]
In der Kreuzstellung ist der Balken des 1. Systemes von kaum
wahrnehmbaren, der des 2. im Gegentheil von sehr lebhaften Farben
begränzt; dieser Gegensatz zwischen den Ringsystemen bei den zwei
Stellungen deutet auf schwache gekreuzte verbunden mit starker
geneigter Dispersion. (In den Oligoklasen hat man im Gegentheil um
die positive Bisectrix starke gekreuzte und schwache geneigte Disper-
sion mit p <C v.)
Die spitze negative Bisectrix ist beinahe parallel g1 und senk-
recht zu Flächen, welche mit der Basis Winkel von 87° ungefähr
bilden. —
Ich fand in Oel :
rechte Hyperbel zur Plattennormale 44° 17
linke „ „ „ „ 47 45
2 Ha = 92° 2'
(Die Platte war also nicht genau senkrecht zur Bisectrix, jedoch
sehr nahe normal zur Axenebene.)
Die eine Hyperbel hat bedeutend lebhaftere Farbensäume, als
die andere: p>>'c; schwache horizontale Dispersion verbunden mit
ausgesprochener geneigter. (Am Oligoklas haben die negativen Platten
ebenfalls p >> v, jedoch die horizontale Dispersion ist in beiden Systemen
fast gleich stark, die geneigte somit schwach.)
Durch dünne Platten parallel der Basis findet die Auslöschung
wie beim Labradorit in einer um 5° gegen die Kante pg‘ geneigten
Richtung statt; auf Platten parallel g1 im Mittel unter 7° 30' gegen
diese Kante (eine gegen die Oligoklase und Andesine sehr grosse Zahl).
Die genauen Zahlen der Analyse von Pisani sind:
ßiO,
55*10
H/)z
23-20
Fc203
0-45
BaO
7-30
CaO
1-83
MgO
0*56
NaO
7-45
KO
0-83
flüchtig
3-72
Dichte 2-835. 100-44
Der Verlust bei Weissgluth ist für eine anscheinend so reine
Substanz sehr beträchtlich; wir konnten uns noch nicht versichern,
ob diess ausser Wasser noch einer andern Substanz zuzuschreiben ist.
Das Verhältniss 1:3:8 scheint der Anwesenheit des Baryt zuzu-
schreiben zu sein , denn es ist dasselbe wie im Hyalophan, der
vollständig das Aussehen eines homogenen Orthoklases besitzt; und
ich sehe eben, dass Herr Carl Hebenstreit barytische Orthoklase
der Formel 1 : 2‘6 : 9 findet, welche er einer noch eigenthümlicheren
Varietät Knop’s vom Verhältniss 1 : 2*3 : 7’5 mit 2-27 Baryt nahestellt.
Ich würde gern diese Orthoklase optisch untersuchen, die viel-
leicht zur Analyse nicht vollständig rein ausgesucht wurden.
A. Des Cloizeaux.
Helmhacker Gold von Sysertsk
Taf.I.
Tschermak: Mineralogische Mi tt hei langen 1877
Jahrb. d. f^eol Reichsaustalt ßd XXYll
C o n ctr . v. R Hel mha cken
Lilh Inst v f. Koke .Wien
Heimhacker Gold von Sysertsk
Taf.II.
Constr. v.K Helmhacker
Tschermak. Mineralogische Mittheihmgan 1877
Jalnl). d £eol Reichsaustalt Bd 1XY1I
R.v Dräsche: Japanische Vulkane
Tafel m
Asama-yama von Norden .
Tschenmak: Mineralogische Mittheilungen 1877 Heft I.
Jahrb. d. geol. Reichsanstalt Bd XXVII.
R » Dräsche Japanische Vulkane
Tafs! \!
Tichermak. Mineralogische Mittheilungen 1877 Heft l.
Johrb. d. geol. Reichsanstalt Bd XXVII
.*
R v. Dräsche = Japanische Vulkane
Q_
pcL.
Tschermak Mineraloq ische Mittheilunqen 1877, Heft I
'■U-p
T4L WZ- '
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5^
Tschermak Mineralogische lYiütheilungen 1877, Heftl.
Jahrb. d qeol. Reichsanstalt Bd. XXVII
Tafel VII
-5" ■
Tschermak: Mineralogische M i tth e i I u n g e n 1877 H e Ft 1
Jahrb. d. g eol. Reichsanstalt Bd XXVII
Tafel IX
JAHRGANG 1877.
II. HEFT.
GESAMMELT VON
G. TSCHERMAK
DIRECTOR DES K. K. MINERALOGISCHEN HOF-MUSEUMS.
I. Ueber den Glaukodot von Hakansboe und den Danait
von Franconia.
Von Friedrich Beeke.
Der Glaukodot kommt gewöhnlich nur in derben spaltbaren Massen
wie bei Huasko in Chile oder in grossen krummflächigen Krystallen
vor, die z. B. an der Fundstätte bei Hakansboe bis 4 Centimeter gross
werden. Diess mag wohl auch die Ursache sein, dass man über die
Winkeldimensionen dieses Minerales viel weniger weiss, als über die
seiner nächsten Verwandten, des Danaits und des Arsenkieses. Ueber
den Glaukodot von Huasko findet sich eine Angabe bei Miller (Phillips
Elementary Introduction in Mineralogy; new edition by Brooke and
Miller, pag. 189) der den Prismenwinkel mit 67° 24' anführt. An
den sehr schönen und grossen, aber namentlich am Prisma krumm-
flächigen Krystallen von Hakansboe, deren das Wiener Mineralien-
Cabinet eine bedeutende Anzahl besitzt, hat Herr Director Tschermak
vor einigen Jahren mit dem Anlegegoniometer Messungen ausgeführt
und in den Sitzungsberichten der kaiserl. Academie der Wissenschaften
in Wien 1866, LV. Bd., pag. 447 veröffentlicht. Er war es auch, der
zuerst ausdrücklich auf die grosse Aehnlichkeit mit dem Arsenkies
hinwies.
Vor einiger Zeit hatte Herr Director Tschermak die Güte, mir
zwei kleinere Glaukodot-Krystalle von dem mehrfach genannten Fund-
orte zu übergeben, um zu sehen ob sie vielleicht eine genauere Mes-
sung, eventuell eine Bestimmung des Axenverhältnisses gestatteten. Es
sei mir erlaubt, Herrn Director Tschermak für die vielfältige Unter-
stützung, die er mir bei der Arbeit angedeihen liess, meinen ergebensten
Dank auszusprechen.
Bevor ich indess zu den Resultaten der Messung übergehe, muss
ich einiges über das Aussehen der Krystalle vorausschicken. Wie bereits
bemerkt, sind die Krystalle von Hakansboe meist sehr gross, oft 5 bis
6 Centimeter, sie sind meist ringsum ausgebildet und zeigen die rhom-
Mineralogische Mifctheilungen. 1877. 2. Hell. (Becke.)
102 Friedrich Becke. [2]
bischen Formen des Arsenkieses. Es sind folgende Gestalten zu beob-
achten :
a m l su e
(100) (110) (011) (012) (021) (101)
Fig. 1. Fig. 2.
Glaukodot, Glaukodot,
einfacher Krystall. Zwilling nach dem Doma (101).
Die häutigsten Combinationen sind : m . s , m s Z, a m s, a m s l
(Fig. 1), m s l u.
Die Fläche a (100) erscheint meist sehr gekrümmt, so dass man
sie oft kaum mehr als Krystallfläche ansprechen kann, indem die beiden
Prismen allmählig in einer sanft geschwungenen Fläche verlaufen, so
dass die Kante wie abgerollt aussieht. Das Prisma m (110) ist meist
sehr stark glänzend und in der Ptegel convex gekrümmt, seltener etwas
matt, dann aber ziemlich eben. Die Domen Z, s und u sind sämmtlich
stark brachy diagonal gerieft, am auffallendsten s, das unter allen
anderen Domen prävalirt, u (021) ist eine Seltenheit. Das Prisma m
(110) und das Doma s (012) geben zusammen eine Combination, die
auffallend an das Oktaeder erinnert, diess ist bemerkenswert!], da die
der Eisen-Verbindung isomorph beigemengte Kobaltverbindung in ihrem
unvermischten Vorkommen im tesseralen System krystallisirt. Selten
beobachtet man lang säulenförmige, nach dem Prisma m gestreckte
Gestalten.
Sehr charakteristisch ist die häufige Zwillingsbildung. Die Zwil-
linge sind nach zwei Gesetzen gebaut:
1. Zwillingsfläche m (110) (Fig. 3).
2. Zwillingsfläche e (101) (Fig. 2).
Ueber den Glaukodot von Ilakansboe und den Danait von Franconia. 103
Beide Gesetze sind auch am Arsen-
kies bekannt. Bei der ersten Art ist das
eine Individuum meist grösser und über
die Zwillingsfläche hinaus ausgebildet.
Diese Zwillinge haben, von der einen
Seite besehen, eine gewisse Aehnlich-
keit mit den bekannten Spinellzwillingen.
Die Zwillinge der zweiten Art sind häufig
mit übergreifenden Rändern ausgebil-
det. Einfache Krystalle sind selten.
Bekanntlich unterscheidet sich der Glau-
kodot der Form nach vom Arsenkies
wesentlich durch die deutliche basische
Spaltbarkeit, die sich auch an Stellen,
wo die Krystalle abgebrochen sind, deut-
lich zeigt.
Von den beiden Kry stallen, die
der Messung unterzogen wurden, war
der eine ein Zwilling nach m der Com-
bination m s, er zeigte alle Untugenden,
die eine Messung der Glaukodot- Kry-
stalle so schwer machen: das Prisma krumm, das Doma stark gerieft
und, wie diess häufig vorkommt, von Kupferkies- Krystallen unterbrochen.
Grösse P5 Centimeter. An diesem Krystall wurde nur der einsprin-
gende Prismenwinkel approximativ bestimmt.
Der zweite Krystall zeigte die Combination in (100), s (012),
l (Oll) und u (021), er war verhältnissmässig klein — 1 Centimeter —
und hatte auf der einen Seite ziemlich glänzende, glatte Flächen, die
eine Messung mit dem Wollaston’schen Goniometer gestatteten;
namentlich war das Prima günstig ausgebildet, indem die Flächen
zwar etwas matt aber eben waren. Auch dieser Krystall zeigt Zwillings-
bildung nach dem Doma, die Ränder theilweise übergreifend.
Die folgenden Messungen sind das Resultat von je 30 Einzel-
Beobachtungen, indem in der Regel sechsmal repetirt und die ganze
Messung fünfmal wiederholt wurde. Die mit einem Stern bezeichneten
Winkel wurden der Rechnung zu Grunde gelegt. Zum Vergleich sind
die von Tschermak gefundenen Winkel, dann die aus Miller’s
Angaben berechneten Winkel des Arsenkieses angesetzt.
Fig. 3.
Glaukodot,
Zwilling nach dem Prisma m (110).
Glaukodot
Arsenkies
Becke
Tschermak
Miller
Beobachtet | Berechnet
l .1* Ueber die
Seitenkante
u . 1
l . s
Krystall II.
80° 7-5' —
17° 17' 17° 155'
19° 11-9' 19° 123'
19°
80° 8' *
17° 15-5'
19° 12-2'
14*
104
Friedrich Becke.
W
Gl auko d o t
Arsenkies
Becke
Tschermak
Miller
Beobachtet
Berechnet
Krystall II.
—
61° 297'
62°
61°
27 6'
—
99° 525'
—
99°
52'
—
114° 23-5'
—
114°
23'
68°
4'
68° 96'
69 V,0
68°
48'
68°
8'5'
—
73°
21-5'
—
73°
73°
13-4'
64°
312'
64° 362'
—
64°
23-2'
58°
49'
58° 53-9'
—
58°
37 3'
—
(59° 16-3')
—
59°
22'
Krystall I.
40°
50'
43° 40-8'
—
42°
24'
s s.
lh i
u u2 }
m m,
| Ueber die
Polkante
m s
*
m . I
m . u
(e . e )
m . m entsprin-
gender Winkel
Wie man sieht, stimmen meine Messungen nur beim Prisma nicht
mit denen von Tschermak; diess ist auch sehr erklärlich, wenn man
bedenkt, wie störend die bedeutende Krümmung der Prismenflächen bei
grossen Krystallen ist. Aus derselben Ursache erklärt sich auch die sehr
bedeutende Differenz zwischen Rechnung und Messung beim Krystall I.
Uebrigens ergibt sich aus den angeführten Messungen unzweifel-
haft die Isomorphie zwischen Glaukodot und Arsenkies. Bei Gelegenheit
der Durchsicht der einschlägigen Literatur behufs einer näheren Ver-
gleichung des Glaukodots mit seinen Verwandten stiess ich in Bezug
auf den Danait von Franconia auf so abweichende Angaben, dass es
mir angemessen schien, die Danaite des k. Hof-Mineralien-Cabinets
durchzusehen. Ich fand auch einige zur Messung taugliche Krystalle.
Einer derselben war etwa 3 Mm. gross und zeigte die Combination :
m l s r e e v
(110) (Oll) (012) (031) (001) (101) (211)
m und e parallel ihrer Combinationskante tief gerieft, s und r, sowie
die Basis c, die am Danait bis jetzt noch nicht beobachtet wurde,
stark brachydiagonal gestreift. I glatt und glänzend, v sehr schmal.
Die beiden anderen Krystalle waren kaum 0*5 Mm. gross und
zeigten bloss das aufrechte Prisma m und das Brachydoma l.
In allen bis jetzt besprochenen Verhältnissen: in dem Auftreten
der Basis c, in der charakteristischen Streifung auf m und e, in der
Reichhaltigkeit der Combination bei grösseren Krystallen, der Einfach-
heit bei kleineren Krystallen, stimmt der Danait von Franconia mit
den von Rumpf beschriebenen Krystallen des Arsenkieses von Leyer-
schlag überein (Tschermak, Mineralogische Mittheilungen 1874,
3. Heft. pag. 5), ein Factum, das um so auffallender ist, als der Danait
von Franconia nach der Analyse von Ilayes 6 Proc. Kobalt enthält,
während der Arsenkies von Leyerschlag nach Rumpf’s eigener Analyse
kein Kobalt, sondern nur 0-29 Ni enthält.
Ueber den Glaukodot von Hakansboe und den Danait von Franconia. 105
Als Grundmessungen benützte ich zwei Winkel, die ich an dem
grösseren Krystall mit ziemlich grosser Genauigkeit messen konnte, da
die Flächen glatt und eben waren und ganz scharfe Fadenkreuze lie-
ferten. Es waren diess die Winkel:
011 : 011 = 80° 13-3'
110: 110 = 67° 54b
Am selben Krystall erhielt ich für das Supplement zur ersten
Messung :
011 .011 = 99° 45-5'.
Ich hätte nun beide Messungen auf 180° corrigiren können, allein
ich unterliess es, da die letzte Messung wegen geringerer Vollkommen-
heit der zweiten Fläche weniger genau war. An den zwei anderen
Krystallen erhielt ich:
011 .011 = 80° 9-9' und 80° 9'6'
011 .011 = 99° 42' „ 99° 5F7'
110. 110 = 67° 494'.
Die ausserordentliche Kleinheit der verfügbaren Krystalle (kaum
0-5 Mm.) und in Folge dessen die schwache Reflexion der Flächen,
macht diese Abweichung wohl erklärlich, und ich glaube nicht berech-
tigt zu sein, dess wegen ein Schwanken der Winkelwerthe in dieser
Zone annehmen zu dürfen.
Uebrigens erhielt ich am ersten, grösseren Krystall noch folgende
Messungen, die mit denen von Kenngott (Sitzungsber. d. k. Acad.,
Bd. IX, 1852, pag. 552) und von Tesche macher (nach Dana System
of Mineralogy 1872, pag. 78) zusammengestellt sind.
Becke
Kenngott
Teschemacher
Beobachtet
Berechnet
m . m *
67° 54'
m . »i‘
—
112° 6'
112° 33'
112°— 112° 1'
l.l*
80° 13-3'
—
80° 6'
l.l,
99° 45-5'
99° 46' 42"
99° 54'
100° 15'
e . e
121° 15'
120° 52' 52"
121° 20'
121° 30'
rn . 1
64° 43 9'
64° 42' 53"
l.e
71° 317'
71° 28' 7"
l . e über m
108° 40-9'
108° 31' 53"
m . e
44° 0-3'
43° 49'
l.s
19° 17'
19u 11' 52"
19° 7'
l . t apr.
27° 55'
28° 18' 2"
28° 10'
1 . c apr.
49° 14'
49° 38' 21"
e . c apr.
G0° 53'
60° 26' 26"
Man sieht, dass meine Messungen mit denen von Kenngott
nicht sehr gut übereinstimmen, besonders auffallend ist die Abweichung
bei dem Prisma m und bei dem Querdoma e.
Man kann diess aber begreiflich finden, wenn man neben den
von mir angeführten Messungen den Prismenwinkel einmal mit 111°
47' findet, oder den Winkel des Querdomas mit 58° 42-3', wie mir
Friedrich Becke.
[6]
106
das thatsächlich geschehen ist. Es zeigt diess eben, dass bei Mineralien,
die äusseren Einflüssen so zugänglich sind , wie es beim Arsenkies der
Fall ist, vereinzelte Messungen nicht massgebend sind, und dass nur
eine grosse Zahl von Messungen verlässliche Resultate liefern wird.
Leider stand mir für die Ausdehnung der Messungen kein taugliches
Material mehr zu Gebote. Jedenfalls dürfte aber Kenngott einen
extremen Krystall gemessen haben, während die von mir angeführte
Messung m .m =. 111° 47' dem anderen Extrem nahe liegt. In der
That steht diese Messung bei mir ganz vereinzelt da, nirgends wird die
Uebereinstimmung zwischen Rechnung und Beobachtung besser, wenn
man diesen Werth einführt. Daher dürften die von mir der Rechnung zu
Grunde gelegten Winkel dem wahren Mittelwerthe ziemlich nahe kommen.
Man scheint bisher der Meinung gewesen zu sein, dass es der
Kobaltgehalt sei, der bei der Gruppe der Arsenkiese einen grösseren
Flächen-Reichthum und eine Verkürzung der Brachydiagonale hervorrufe,
wie diess Scheerer ausdrücklich ausspricht. (Poggendorff, Annalen,
42. Bd., 1837, pag. 546.) Die folgende Tabelle, in der ich die Grund-
winkel, das Axenverhältniss und den Kobaltgehalt einer Reihe von
Arsenkiesen, Danaiten und des von mir gemessenen Glaukodots zusam-
mengestellt habe, mag zeigen, in wie weit diese Ansicht berechtigt ist.
Die eingeklammerten Zahlen sind blos berechnet und an den betreffenden
Varietäten nicht beobachtet worden. Ausser dem Axenverhältniss für
£
b — 1 ist zum leichteren Vergleich auch das Verhältniss - angegeben.
110 . ho
011 : 011
101 : 101
a : b : c
c
a
Co
Glaukodot v. Hakans-
boe
68°9 6'
80° 7-5'
(59° 16-3')
0 6765 : 1 : P1891
1-7577
16-061)
Danait von Skutterud.
68° 20'
(78° 42')
58° 30'
0 6830 : 1 : P2196
1 7856
| 6-50
> bis
Scheerer2) • • •
Danait von Franconia,
67° 58'
(79° 26-4')
58° 30'
0-6740: 1 : P2036
1-7856
j 901
Kenngott - • • •
Becke
67° 27'
67° 54'
80° 6'
80° 13 3'
o
0 6679 : 1 : 1-1896
0-6732 : 1 : P1871
1-7810
1-7577
} 6-45
Arsenkies von Leyer-
schlag, Rumpf3) •
Arsenkies v.Walchern,
67° 37'
80° 18'
58° 55-5'
0 6696 : 1 : 1-1854
1-7702
0-29 Ni
kein Co
Zepharovich4) •
68° 48'
80° 16 2'
59° 59 9'
o
05
GO
►F-
00
05
1-7322
—
Arsenkies v. Freiberg4)
Arsenkies von Breiten-
68° 33'
—
—
0 6815:1 —
—
—
brunn in Sachsen4) •
68° 31'
80° 24'
59° 5P7'
0-6811 : 1 : 1-1834
1-7374
—
Arsenkies, Eisenerz4)
68° 16'
—
—
0-6779 : 1 —
—
—
Arsenkies, Miller5)
68° 47'
80° 8'
59° 51-6'
0-6845 : 1 : P1889
1-7370
—
*) Nach einer Analyse von Prof. E. Ludwig, welche Tschermak a. a. 0.
veröffentlichte.
2) Scheerer, Ueber zwei norwegische Kobalterze von Skutterud. Pogg. Ann.
42. Bd. 1837, pag. 546.
3) J. Rumpf, lieber Minpickel von Ley erschlag in Tschermak ’s Min.
Mittheil., 1874, 3. Heft, pag. 5.
4) Zepharovich, Min. Mitth. Sitzungsber. d. Akad. d. Wissensch., LYI. Bd.,
1867, I. Abth., pag. 39 u. ff.
5) Miller, Elementary introduction, pag. 188.
Ueber den Glaukodot von Hakansboe und den Danait von Franconia. 107
Aus der vorstehenden Tabelle geht schlagend hervor, dass die
Abweichungen in den Winkeln dem Kobaltgehalt nicht proportional
sind. Man könnte darin eine Bestätigung der in neuerer Zeit wieder-
holt ausgesprochenen Ansicht sehen, dass isomorphe Mischungen nicht
immer in Formen krystallisiren, die zwischen beiden Endgliedern mitten
inne liegen.
Allein dem widerspricht der Umstand, dass ganz kobaltfreie Arsen-
kiese (Ley erschlag) Formen zeigen, die von den normalen Arsenkiesen
(Erzgebirge, Walchern) mehr abweichen als der Glaukodot, ja sogar
mehr als die meisten Danaite. Vergleicht man die Axenverhältnisse
der angegebenen Formen, so sieht man, dass die Abweichungen in dem
£
Verhältnis — , das ist in der Zone der Brachydomen am geringsten
sind. Die Maximaldifferenz beträgt 0-0362. Dieselbe wird noch geringer,
wenn man die Zahlen für den Danait von Skutterud nicht berücksich-
tigt; dieselben sind nämlich nicht wie bei den übrigen Formen aus den
direct gemessenen Winkeln berechnet, sondern aus den beiden anderen
Abmessungen. Man erhält dann die Maximaldifferenz zwischen 1-1896
(Danait von Franconia, Kenngott) und D1834 (Arsenkies von Breiten-
brunn, Ze pharo vich) per 0-0062; also eine verhältnissmässig geringe
Abweichung.
Viel bedeutender ist die Maximaldifferenz in der Prismenzone
zwischen 0-6679 (Danait von Franconia, Kenngott) und 0-6847 (Arsen-
kies von Walchern, Zepharovich) = 0'0168. Am stärksten sind
aber die Differenzen in der Zone des Makrodomas: P7856 (Danait von
Skutterno, Scheerer) und P7322 (Arsenkies von Walchern) Zepha-
rovich) = 0-0534. Berechnet man diese Differenzen in Procenten
der grösseren Zahl, so erhält man:
I. für die Brachydomen 053 Proc. ;
II. für das Prisma 2-30 Proc. ;
III. für das Makrodoma 3‘00 Proc.
Und zwar kommt die grössere Zahl bei I. den Danaiten zu, bei
II. den normalen Arsenkiesen, bei III. wieder den Danaiten. Dem-
nach haben die normalen Arsenkiese weniger verschiedene Axen als
die Danaite, bei denen im Allgemeinen eine Verkürzung der Brachy-
diagonale eintritt. Alles diess gilt auch von dem Arsenkies von Leyer-
schlag, der kein Kobalt enthält.
Eine eigenthümliche Stellung nimmt dagegen der Glaukodot ein,
Qj C
indem derselbe bezüglich der Verhältnisse T und — fast genau die Mitte
b a
hält zwischen der Gruppe der Danaite und den normalen Arsenkiesen;
£
nur in dem Verhältnis ^ in welchem übrigens die Abweichungen über-
haupt viel geringer sind, steht er den Danaiten ziemlich nahe.
Bemerkt man nun, dass alle jene Formen, welche in dem Ver-
d C
hältniss -r und — bedeutend abweichende Zahlen haben, auch durch
b a
einen viel bedeutenderen Flächenreichthum ausgezeichnet sind, so scheint
108
Friedrich Becke.
[8]
wohl der Schluss nicht ganz unberechtigt, dass es eine allen diesen
Formen gemeinsame Ursache sein müsse, welche diese Erscheinungen
bedingt; und diese kann dann nicht der Kobaltgehalt sein, da eben
diese Erscheinungen bei sehr kobaltreichen Verbindungen (Glaukodot)
fehlen, dagegen bei kokaltfreien Verbindungen (Arsenkies von Leyer-
schlag) in ganz eminenter Weise auftreten.
Anmerkung. Das specifische Gewicht des von mir gemessenen
Glaukodot-Krystalles ist 5'915, also nahezu übereinstimmend mit dem
von Ludwig analysirten, der 5-973 hatte. Vor Kurzem hat Herr
W. J. Lewis in London in dem 1. Hefte der von Groth heraus-
gegebenen „Zeitschrift für Krystallographie“ pag. 67 einige Beobach-
tungen über den Glaukodot von Hakansboe veröffentlicht. Er führt
ausser den von mir angegebenen Flächen auch zwei Pyramiden an :
(111) und (212). Ausserdem wird der Winkel des Prismas mit 69° 40',
der des Querdomas mit 118° 592/3' angegeben.
II. Untersuchung zweier IVSagnesiaglimmer.
Von Di*. Friedrich Berwertli.
Die Untersuchung der beiden Glieder der Glimmergruppe — des
Glimmers von Edwards und eines Glimmers vom Vesuv — steht im
Zusammenhang mit den gleichfalls im Laboratorium des Herrn Prof.
E. Ludwig durchgeführten Untersuchungen der ganzen Reihe der
Glimmer-Minerale, deren analytische Resultate in diesen Mittheilungen
zum grössten Theile bereits niedergelegt sind. Obgleich die Analysen
der verschiedenen Arten aus der Glimmerfamilie nicht alle von Einem
Chemiker ausgeführt wurden, so ist der Nutzen, den eine einheitliche
Prüfung ähnlicher Körper besitzt, doch annähernd ganz erreicht, da in
allen Fällen mit gleicher Genauigkeit und Strenge dieselben Trennungs-
Methoden in Anwendung kamen, so dass bei gleicher Operation even-
tuell auch immer derselbe Fehler begangen wurde. Die hohe Bedeutung
systematisch angestellter chemischer Untersuchungen, besonders der
complicirter zusammengesetzten Silikatverbindungen, tritt heute haupt-
sächlich darin hervor, dass vorzugsweise mittelst einer Revision aller
älteren Analysen die Chemie sich in ihrer Führerrolle, die ihr in der
Classification der Mineralien nicht mehr streitig gemacht werden kann,
behaupten wird. Als eine weitere Vorarbeit zu den Studien des Herrn
Director Tschermak über die Glimmergruppe gedenke ich demnächst
auch einige Analysen von lithiumhaltigen Glimmern mitzutheilen, bei
deren schwieriger Zerlegung die versuchsweise angewandten Methoden
einiges Interesse bieten dürften.
Meinen hochverehrten Lehrern Herrn Director Tschermak und
Prof. Ludwig sei aber auch an dieser Stelle mein aufrichtigster Dank
gesagt für die Förderung- meiner im Gebiete der Mineral-Chemie be-
gonnenen Studien.
Barythaltiger Plilogopit von Edwards.
Aus der Gegend von Edwards, St. Lawrence Co., N. Y. hat Craw1)
drei Phlogopite von verschiedenem Habitus analysirt. Zu meiner Unter-
suchung dienten braune durchscheinende Tafeln, welche Herr Director
Tschermak von Herrn J. D. Dana in Newhaven erhalten hatte, und
welche vom selben Fundorte herrühren. Nach der Beschreibung, welche
Craw von seinem zur Analyse angewandten Materiale gibt, hatten ihm
zu seiner Analyse Nr. I Glimmertafeln von gleicher Beschaffenheit ge-
dient. Ich habe aber die Zusammensetzung dieses Glimmers wesentlich
anders gefunden, als Craw. Im Laufe der Untersuchung wurde näm-
lich die Anwesenheit von Baryterde in der Verbindung constatirt,
ö Am. J. Sc. II. X. 383.
Mineralogisohe Mittheilungen. 1877. 2. Heft. (Berwerth.)
15
Friedrich Berwerth.
[2]
1 10
deren Entdeckung hauptsächlich den gefundenen Alkaliengehalt beein-
flussen musste, weil nach den angewandten analytischen Methoden bei
der Bestimmung der Alkalien das Uebersehen der Baryterde einen
Fehler erzeugen musste, welcher im hohen Alkaliengehalte seinen Aus-
druck fand. Mit der Nachweisung der Baryterde in diesem Phlogopit
ist in der Reihe der magnesiaführenden Glimmer ein correspondirendes
Glied gefunden für den unter den Kaliglimmern als Oellacherit bezeich-
neten Barytglimmer. Seitdem J. Oellacher die Analyse des von
Li ebener als Margarit ihm zugestellten Barytglimmers aus demPhtsch-
tluale nächst Sterzing in Tirol Kenngott1) mittheilte und mit dem
gleichen Materiale auch Rammeisberg2) eine unvollständige Analyse
anstellte, ist von einem anderweitigen Vorkommen eines barythaltigen
Glimmer nichts bekannt geworden. Die Behauptungen, welche Brush3)
laut werden liess, dass der von Oellacher analysirte Margarit vom
Ptitschthal keinen Baryt enthalte, fanden durch eine Anmerkung von
Krantz4) in Bonn ihre Widerlegung.
Mein Arbeitsmaterial bestand aus elastischen, glänzenden Tafeln,
deren Aussehen vollkommen frisch war. Fremdartige Beimengungen
waren auch mikroskopisch nicht zu entdecken. Die mikroskopische
Prüfung war auch mit dafür entscheidend, dass der Baryt nicht als
Schwerspath im Gefüge der Glimmerblätter vorhanden sei.
Bei den angestellten Versuchen kamen die jetzt gebräuchlichen
quantitativen Methoden in Anwendung. Der Gehalt des Eisenoxyduls
wurde durch Titrirung mit übermangansauerem Kalium in dem mit
Schwefelsäure und Flusssäure im zugeschmolzenen Glasrohr aufgeschlos-
senen Minerale ermittelt. Die zur Verwendung gekommene Flusssäure
war durch Zusatz von übermangansauerem Kalium und Destillation voll-
kommen gereinigt worden.
Das Baryumoxyd wurde nur einmal direct gefällt und zwar nach
Abscheidung der Kieselsäure in der schwach salzsaueren Lösung. In
den zwei anderen Fällen wurde aus dem unlöslichen Rückstände des
schwefelsaueren Baryums in der flusssaueren Aufschliessung das Baryum-
oxyd berechnet. Es unterliegt fast keinem Zweifel, dass Craw diesen
unlöslichen Rückstand in der fiusssaueren Aufschliessung, welchen er
bei Anwendung dieser Methode ebenfalls erhalten musste, ohne ihn
auf seine Eigenschaften zu prüfen, als unaufgeschlossenes Mineral von
der Menge der in Arbeit genommenen Substanz in Abzug gebracht
hat. Diese Vermuthung wird dadurch gestärkt, dass Craw’s Analyse
eine hohe Summe von Alkalien angibt und wenn ich den unauflöslichen
schwefelsaueren Baryt von meiner angewandten Substanz als solche
abziehe, in meiner Analyse sich der Alkaliengehalt annäherend zu der
Menge der Alkalien in Craw’s Analyse erhebt. In einem besonderen
Versuche wurde mittelst eigens zu diesem Zwecke auf ihre Reinheit
geprüften Reagentien die vollständige Abwesenheit der Schwefelsäure
in der Verbindung erwiesen.
h Kenngott’s Uebers. 1860. 49. — 1862, 135.
3) Ztschr. Geol.-Gesellscb. XIV., 763.
3) Am. J. Sc. II. XXXIV. 216.
4) Am. J. Sc. II. XLIV. 256.
[3]
Untersuchung zweier Magnesiaglimmer.
111
Zur Bestimmung des Wassers wurde die Substanz nach der
Methode des Herrn Prof. E. Ludwig1) im ausgebauchten Platinrohre
im getrockneten Luftstrome mit entwässertem kohlensaueren Natron-Kali
aufgeschlossen und das in das Chlorcalciumrohr übergeführte Wasser ge-
wogen. Aus Mangel an Substanz war es mir nicht möglich einen Parallel-
versuch anzustellen. Die Methode leidet aber an keinen Mängeln und ist
ihre exacte Durchführung in vielen Versuchen schon erprobt worden. Einen
wesentlichen Dienst wird diese Methode überall dort leisten, wo Fluor
und Chlor neben Wasser, in einer Verbindung zur Bestimmung kommen,
oder wo zur Analyse kein reichliches Material vorhanden ist.
Das Fluor wurde nach der von Rose verbesserten Methode ab-
geschieden. Der Niederschlag gab deutliche Fluor-Reaction.
Die einzelnen Bestimmungen gaben folgende Resultate:
1. 0'8756 Gramm Substanz bei 105° C. getrocknet gaben: 03525
Gramm Kieselsäure, 01362 Gramm Thonerde, 00268 Gramm Eisen-
oxyd, 0-6733 Gramm pyrophosphorsauere Magnesia, welche Menge 0-2426
Gramm Magnesia entspricht. — 0-5160 Gramm Substanz im zuge-
sclunolzenen Glasrohr mit Schwefelsäure und Flusssäure aufgeschlossen,
verbrauchten 0-9 Cubc. Chamaeleon (1 Cubc. Chamaeleon entsprach
0-00343 Eisen) entsprechend 0-003969 Gramm Eisenoxydul.
2. 0-7892 Gramm Substanz ergaben: 0-3190 Gramm Kieselsäure,
0-0316 Gramm schwefelsaueren Baryt, entsprechend 0'02074 Gramm
Baryumoxyd, 0’6188 Gramm pyrophosphorsauere Magnesia, entsprechend
0-222 Gramm Magnesia.
3. 1-0995 Gramm Substanz ergaben: 0"0359 Gramm schwefel-
saueren Baryt, entsprechend 0-0235 Gramm Baryumoxyd, 0-4360 Gramm
Kaliumplatinchlorid, entsprechend 0-0838 Gramm Kaliumoxyd, 0-0567
Gramm Chlornatrium, entsprechend 0"0300 Gramm Natriumoxyd.
4. 10828 Gramm Substanz gaben: 0-0438 Gramm schwefelsaueres
Baryumoxyd, entsprechend 0'0287 Gramm Baryumoxyd, 0"3670 Gramm
Kaliumplatinchlorid, entsprechend 0'0706 Kaliumoxyd, 0-0502 Gramm
Chlornatrium, entsprechend 0"0266 Gramm Natriumoxyd.
5. 0-9545 Gramm Substanz gaben: O'OlöO Gramm Fluorcalcium,
entsprechend 0-00779 Gramm Fluor.
6. 0-8727 Gramm Substanz gaben: 0-0280 Gramm Wasser.
Aus diesen Zahlen ergibt sieb folgende procentische Zusannnen-
Setzung des Glimmer
von Edwards :
I.
II.
III.
IV.
V.
VI.
Mittel
Fluor . . . . .
—
—
—
—
0-82
—
0-82
Kieselsäure . . .
40-26
40-42
—
—
—
—
40-34
Thonerde ....
15-14
—
—
—
—
—
15-14
Eisenoxyd ....
2-20
—
—
—
—
—
2-20
Baryumoxyd . . .
—
2-62
2-13
2-65
—
—
2-46
Eisenoxydul . . .
0.77
—
—
—
—
—
0-77
Magnesiumoxyd . .
27-71
28-24
—
—
—
—
27-97
Kaliumoxyd . . .
—
—
7-62
6-52
—
—
7-07
Natriumoxyd . . .
—
—
2-72
2-45
—
—
2-58
Wasser .....
—
—
__
—
—
3-21
3-21
9 Min. Mitth. 1875. 213.
15*
112
Friedrich Benverth.
M
Das specifische Gewicht wurde mit 1-6431 Gramm Substanz in
Blättchen im Pyknometer bei 16° C. zu 2-959 bestimmt.
Glimmer youi Vesuv,
Zur Verwendung kam ein schwärzlicher, in dünnen Blättchen
lauchgrüner, in sechsseitigen Tafeln ausgebildeter Glimmer, dessen
Blätter mit gelben Idokraskry stallen oft sehr innig verwachsen waren.
Er scheint ursprünglich die Wände eines grossen Hohlraumes eines
Kalkauswürflings bekleidet zu haben. Mit den bisher analysirten Vesuv-
glimmern x) lässt er sich nicht vergleichen. Seine Blättchen besitzen
geringe Elasticität. Vor dem Löthrohr werden dieselben matt und
schmelzen schwer zu einem eisenschwarzen Glase. In Arbeit wurden
nur gewissenhaft auf ihre Reinheit geprüfte Blättchen genommen. Die
Methoden waren die gleichen, wie die bei dem Phlogopit angewendeten.
Das Fluor wurde im Niederschlage nachgewiesen.
Die einzelnen Bestimmungen gaben folgendes Resultat:
1. 013906 Gramm Substanz bei 105° C. getrocknet gaben : Kiesel-
säure 0-2714 Gramm, Thonerde 01171 Gramm, Eisenoxyd 0-0636
Gramm, Manganoxydul 0-00409 Gramm, Calciumoxyd 0-0057 Gramm,
pyrophosphorsauere Magnesia 0-4196 Gramm, entsprechend 0-1512
Gramm Magnesiumoxyd.
2. 0-4934 Gramm Substanz im zugeschmolzenen Glasrohr mit
Schwefelsäure und Flusssäure aufgeschlossen, verbrauchten 3"3 Cubc.
Chamaeleon (1 Cubc. Chamaeleon entsprach 0'00915 Fe), entsprechend
0‘0388 Eisenoxydul.
3. 0'7645 Gramm Substanz gaben: 0"3094 Gramm Ivaliumplatin-
chlorid entsprechend 0-0596 Gramm Kaliumoxyd, 0U071 Gramm Chlor-
natrium entsprechend 01)038 Gramm Natriumoxyd.
4. 0*8265 Gramm Substanz gaben: 0-0152 Gramm Fluorcalcium,
entsprechend 0-007405 Gramm Fluor.
5. 0-7805 Gramm gaben: 0‘0314 Gramm Wasser.
Aus diesen Zahlen ergibt sich folgendes procentische Mengen-
verhältniss :
Fluor . .
Kieselsäure
Thonerde . .
Eisenoxyd . .
Eisenoxydul
Manganoxydul
Calciumoxyd .
Magnesiumoxyd
Kaliumoxyd
Natriumoxyd .
Wasser . . .
0-89
39-30
16-95
0-48
7-86
0-59
0-82
21-89
7-79
0-49
4-02
Summe 10P08
Das specifische Gewicht bei 16° C. im Pyknometer mit zerschnit-
tenen Blättchen im Gewichte von 3*3224 Gramm bestimmt, ist 2-864.
‘) Pogg. Arm. LV. 112. — Pogg. Ann. LXI. 381. — - Pogg. Aun. LXXXVI. 1. —
J. pr. Chem. LXV. 190.
III. Ueber die Krystallisation des Struvits.
Von Alexander Sadebeck.
Als nach dem grossen Brande in Hamburg im Jahre 1845 beim
Grundbau der Nicolaikirche in einer aus Viehmist gebildeten Moorerde
prachtvolle Krystalle von Ammonium - Magnesiumphosphat gefunden
wurden, entspann sich ein heftiger Streit, ob diese Krystalle dem Mine-
ralreich zuzuzählen seien oder nicht. Für den Krystallographen ist
diese Frage ohne jegliche Bedeutung, da sich derselbe mit allen Kry-
stallen, mögen es natürlich gebildete oder in Laboratorien gezogene
sein, zu beschäftigen hat, um eine allgemeine Kenntniss der Krystall-
formen und ihrer Beziehungen zu einander zu erlangen.
Herr Dr. Ulex hat sich um die Förderung der Kenntniss, der
von ihm „Struvit“ genannten Krystalle besonders verdient gemacht
und alles darauf bezügliche in einer Schrift niedergelegt: „Contro verse
über die Frage: Was ist Mineral Species? veranlasst durch die im
Herbste 1845 beim Grundbau der St. Nicolaikirche in Hamburg ent-
deckten Krystalle, nebst einer Charakteristik des Struvits in Hinsicht
seines Vorkommens, seiner Krystallisation, seiner chemischen, physi-
schen, optischen Verhältnisse etc. Von C. Marx, Hamburg 1846. Eine
spätere Mittheilung gibt Ulex im Neuen Jahrb. f. Mineral, etc., 1851,
S. 51. Ueber die Krystallformen des Struvits hielt Herr Dr. L. Meyn
auf der Versammlung Deutscher Naturforscher und Aerzte in Kiel 1847
einen Vortrag, welcher im „Amtlichen Bericht“ S. 246 abgedruckt ist.
Ueber ein neues Vorkommen von Struvit in Hamburg berichtet
J. H. C. A. Meyer in der Zeitschr. d. Deutsch, geol. Gesellsch. Bd. VI,
S. 641, ohne jedoch nähere krystallographische Angaben zu machen.
Die Beziehung des schon von Marx betonten Hemimorphismus
des Struvits zur Pyroelektricität wurde von Hausmann klargelegt,
Nachr. d. G. A. Uiiiv. u. d. Königl. Ges. d. Wissensch. zu Göttingen,
1846, S. 121. Ausser den Hamburger Krystallen beschreibt Marx
noch kurz solche, die beim Ausbringen der Abzugscanäle einer Caserne
in Dresden gefunden wurden und in der Form den Hamburgern sehr
ähnlich sind.
Mineralogische Mittheilungen. 1877. 2. Heft. (A. Sadebeck.)
114
A. Sadebeck.
[2]
Tesche mach er hat grosse, messbare Krystalle im Guano der
Küste von Afrika, Saldanha Bey gefunden und Guanit genannt, ein
kurzer Bericht darüber findet sich im LTnstitut, I. Sect., T. IY, Paris
1846, Nr. 628, die Winkelangaben und eine Krystallskizze stehen im
Philosophical Magazine, III. Sir., XXVIII., 1846, pag. 546.
Neuerdings hat Herr Ottmer, N. Jahrb. f. Miner., 1873, S. 400,
Kunde von Krystallen gegeben, die in einer verschütteten Düngergrube
bei Erbauung der Synagoge in Braunschweig gefunden wurden. Einige
dieser Krystalle hatte er die Güte mir für das mineralogische Museum
der Universität Kiel zu verehren.
Es ist eine längst bekannte Thatsache, dass sich aus alkalischem
Harn mikroskopische Krystalle des Ammonium - Magnesium - Phosphates
ausscheiden, von den Medicinern Tripelphosphat genannt und an der
Sargdeckelform erkennbar, sie finden sich vielfach abgebildet z. B. in
dem Atlas zu Robin und Verdeil, Traite de chimie anatomique et
physiologique, Paris 1853; Neubauer und Vogel, Anleitung zur
qualitativen und quantitativen Analyse des Harns etc., Wiesbaden 1876,
S. 132, Taf. II, Fig. 3 und 5; Schmidt, krystallonomische Unter-
suchungen, Metau und Leipzig 1846 etc.
Kürzlich hat Herr Dr. C. Stein in Göttingen die Krystalle des
Tripelphosphats wieder künstlich dargestellt und in dem Deutschen
Archiv für klinische Medicin 1876, S. 207 beschrieben: „Ueber alkali-
schen Harn, bedingt durch Ueberschuss von fixem Alkali etc.“
Das Studium der Struvitkrystalle von Braunschweig veranlasste
mich die wegen des Hemimorphismus so interessanten Krystalle über-
haupt einer eingehenderen Untersuchung zu unterwerfen. Durch schöne
Hamburger Krystalle, welche ich der Güte des Herrn Dr. Z i m m e r-
mann und Dr. L. Meyn verdanke, war ich in der Lage genaue Mes-
sungen mit dem Repetitionsgoniometer anzustellen, während bisher nur
das einfache Reflexionsgoniometer angewendet worden war.
Ferner handelte es sich darum, die einzelnen Typen zu fixiren
und die Zwillingsverwachsungen genau zu bestimmen.
Dann machte ich Aetzversuche, um die Beziehungen der Flächen
zu den beiden Enden der hemimorphen Axe kennen zu lernen und
untersuchte überhaupt die Veränderungen, denen die Krystalle durch
die Aetzung unterliegen, um die Gestalt der Subindividuen, sowie den
Bau der Krystalle zu bestimmen.
1. Krystallformen des Stmivits.
Nach dem Vorgänge Hausmann’s und in Uebereinstimmung
mit dem Kieselzinkerz empfiehlt es sich am meisten, die pyroelek-
trische Axe als Hauptaxe c anzunehmen und das positive Ende, also
den antilogen Pol, als das obere, das negative, den analogen Pol, als
das untere Ende zu betrachten. Für die Bezeichnung der Flächen sollen
im Folgenden die von Marx eingeführten Buchstaben angewendet
werden.
Es springen nun zunächst bei der Mehrzahl der Struvit-Krystalle
zwei Flächenräume in die Augen, o die Längsfläche und r die Endfläche.
[3]
Ueber die Krystallisation des Struvits.
115
Nach Marx sind die Krystalle nach der Längsfläche am deutlichsten
spaltbar, während er eine Theilbarkeit nach der Endfläche nicht als
Spaltbarkeit, sondern als die Folge sehaliger Zusammensetzung auf-
fasst. Bei genauerer Betrachtung jedoch erweist sich gerade die letztere
Theilbarkeit als die deutlichste Spaltbarkeit, welche auch häufig in
Form von Bissen und Spalten im Innern des Krystalles zur Erscheinung
kommt, die Spaltbarkeit nach der Längsfläche ist zwar vorhanden, aber
nie so deutlich. Demgemäss sind auch die Angaben in den Lehrbüchern
über die Spaltbarkeit des Struvits umzuändern.
Die Längsfläche o kann durch den Ilemimorphismus nicht beeinflusst
werden, erscheint also an beiden Enden der b- Axe, sie ist uneben,
häufig gewölbt, trübe, nur selten glänzend. Die Unebenheit rührt von
Subindividuen her, welche theils nach einer Richtung, parallel der
«-Axe angeordnet, eine unterbrochene Streifung auf den Flächen her-
vorrufen (Fig. 7), theils auch abgerundete niedrige Ecken bilden, deren
Form (Fig. 9) weiterhin besprochen werden soll. Die Wölbung, welche
wie die Streifung, in der Zone der a- Axe liegt, führt nach oben zu
den Flächen des Hauptlängsprismas m . («=«:&: c) (Fig. 1) und ist
an der Combinationskante am stärksten, so dass man zuweilen eine
nur wenig gegen o geneigte Abstumpfung der Combinationskante m/o
zu sehen glaubt, welche Naumann1) als (<« a:b: 4c) angibt. Diese
flache Abstumpfung erweist sich jedoch bei näherer Betrachtung als
Scheinfläche, hervorgerufen durch die Intermittenz von m und o. Da
die Einigung der Subindividuen in o keine vollkommene und gleich-
mässige ist, so erscheint die Combinationskante m/o vielfach gebogen
und geknickt. Die Flächen m gehören nur dem positiven Ende der
Hauptaxe an und lassen dadurch den Hemimorphismus deutlich her-
vortreten; sie sind glatt und glänzend, und geben bei Messungen gute
Reflexe.
An der entgegengesetzten Seite von o sind bei vielen Krystallen
keine weiteren Flächen vorhanden (Fig. 1), sondern o tritt direct an
die untere Endfläche — r heran, bei anderen liegen zwischen r und o
noch die Flächen eines Längsprismas h = (°o a : b : 2 c), welche am
oberen Ende fehlen (Fig. 2).
Die Endfläche r ist an den beiden Enden der Hauptaxe ver-
schieden ausgebildet, am oberen Ende erscheint sie zuweilen als schmale
Abstumpfung der Kante m/m , welcher parallel sie auch fein gestreift
ist, so dass sie in die durch die «-Axe bestimmte Zone gehört, im
Uebrigen ist sie ziemlich eben und glänzend. Häufiger ist sie am
unteren Ende, wo sie in nur verhältnissmässig seltenen Fällen fehlt, hier
ist sie auch grösser, aber meist uneben und wenig glänzend. Die Un-
ebenheit rührt von unregelmässigen Erhöhungen her oder von Sub-
individuen, welche, parallel der b- Axe angeordnet, eine unterbrochene
Streifung hervorrufen und häufig eine Wölbung der Fläche bewirken.
Die Wölbung geht über in die Flächen eines Querprismas u
(Fig. 1), die in demselben Sinne, wie r gestreift (Fig. 4) eigentlich
9 Naumann, Elemente der Mineralogie.
116
A. Sadebeck.
[4]
nur Scheinflächen sind und als solche, so wie durch die Wölbung in der
Zone der b- Axe keine sichere Bestimmung gestatten ; zuweilen scheinen
sie dem Hauptquerprisma (a : °o b : c) anzugehören, einzelne Messungen
mit dem Anlegegoniometer führten auf (ct : °o b : a/2 c) und nach N au-
mann auf (a : °o b : 1/3c). Ueber ihnen liegt mehr oder weniger aus-
gedehnt das obere Querprisma s = (a : b : c), dessen Flächen glatt
und glänzend zu goniometrischen Messungen gut geeignet sind. Oben
stossen sie mit den m-Flächen in einer oktaedrischen Ecke zusammen
und unten erkennt man ihre Reflexe auf den Scheinflächen u, in denen
sie mit der unteren Endfläche intermittiren.
Es sind also die Flächen aus der Zone der a- und b- Axe hemi-
morphisch ausgebildet.
Vollflächig erscheinen die Flächen p aus der verticalen Zone
(Fig. 11), deren Zeichen (a : a/2 b : c) ist, so dass ihre stumpfe Kante
durch die Längsfläche gerade abgestumpft wird; sie sind glänzend und
messbar.1
Marx gibt noch oktaedrische Flächen t am unteren Ende an,
welche in die Diagonalzone von p und u fallen sollen, so dass ihr
Zeichen ( a : 1/2 b : c) sein müsste, auch sollen sie nicht vollflächig, son-
dern tetraedrisch auftreten, eine Angabe, welche Meyn und R am-
meisberg wiederholen. An kleinen Krystallen habe ich Andeutungen
derartiger Flächen gesehen und zwar in Intermittenz mit p und u, von
dem hemiedrischen Auftreten konnte ich mich jedoch nicht überzeugen.
Es ist nicht unmöglich, dass bei einzelnen Krystallen gerade nur die der
Hemiedrie entsprechenden Flächen herrschend auftreten ; dem liegt aber
kein Gesetz zu Grunde, da sonst auch andere Oktaederflächen der
Hemiedrie unterliegen müssten. Derartige Flächen a (Fig. 6) kommen
zwischen s(u) und r vor, so dass die Combinationskanten mit r an o spitze
Winkel bilden (Fig. 10). Die Flächen sind mit griechischen Buchstaben
bezeichnet, dass es vicinale Flächen sind. Sie treten auch an den auf r
erscheinenden Subindividuen auf, so dass auf r Streifen erscheinen,
welche einen Rhombus bilden. Derartige Streifen sind mit einer Hemiedrie
durchaus unverträglich. Da die Flächen selbst gestreift und etwas
gewölbt sind, war eine Ermittelung ihres krystallographischen Zeichens
nicht ausführbar.
Damit ist die Zahl der bis jetzt beim Struvit beobachteten Formen
erschöpft.
2. Winkel des Struvits.
Zu scharfen Winkelmessungen konnte ich nur die Hamburger
Krystalle benutzen und zwar besonders kleine lichtgelbe Krystalle. Bei
den Messungen wurde der Websky’sche Spalt angewendet. Gut mess-
bar waren die Flächen des Hauptquer- und Längsprismas m und s,
ich fand:
s/s = 63° 41' in c.
s/m = 112° 56' 30"
m/m = 95° 16' in c.
Ueber die Krystallisation des Struvits.
117
t53
Von diesen drei Messungen waren die zuverlässigsten die ersten
beiden, wesshalb ich aus diesen den Winkel m/m zur Controle berech-
nete und auch gleich dem gemessenen fand. Es wurde jedoch der
Winkel von 95° 16' genau nur dann gemessen, wenn der Spalt senk-
recht gegen die zu messende Kante gestellt war, war dagegen der Spalt
parallel der Kante gestellt, so erhielt ich schwankende Werthe.
Die Erklärung dafür ist leicht. Steht der Spalt parallel der Kante,
parallel welcher auf den zu messenden Flächen eine Intermittenz von
vicinalen „Flächen stattfindet, also parallel der Flächenstreifung, so
werden bei verschiedenen Messungen verschiedene Flächentheile die
deutlichsten Reflexe geben; steht der Spalt dagegen senkrecht gegen
die Streifung, so werden die einzelnen Reflexe in einen mittleren Reflex
vereinigt und der gemessene Winkel bezeichnet die mittlere Lage der
Flächen. Dies Verhalten darf man bei goniometrischen Messungen
überhaupt nicht ausser Acht lassen.
Bei einem Instrument mit horizontalem Kreise ist das Einstellen
auf einen, von horizontalem Spalt herrührenden Reflex bei einfachem
Fadenkreuz schwierig, da man die Entfernung der Enden vom Mittel-
punkt nur taxiren kann, wesshalb es sich dann empfiehlt, mehrere
verticale Fäden anzubringen.
Auch grössere dunklere Krystalle gestatteten Messungen mit dem
Repetitionsgoniometer, welche bei Stellung des Spaltes parallel der
Kante m/m Winkel von 95° G' bis 95° 18' für mim ergaben.
Ausser den drei Winkeln konnte ich noch an einem kleinen wein-
gelben Krystall h/h = 57° 16' messen, dagegen waren die Flächen p
zu scharfen Messungen nicht recht geeignet, zeigten aber doch Winkel,
welche den berechneten entsprachen.
In der folgenden Uebersicht sind neben den von mir gemessenen
und den nach meinen Messungen berechneten die von Marx, Meyn
und Rammeisberg gemessenen Winkel zusammengestellt.
Winkel nach A. Satlebeck
Marx
Meyn
Rammeisberg
berechnet
m/m in c
95°
IG'
95° 10'
95° 14'
95° 6'
m Io
—
—
132° 40'
132° 37'
plp in a
83° 10'
83° 12'
—
82° 54' 20
plo
—
—
138° 52'
138° 33' 50 1
h/h
57°
16'
57° 10'
57° 15'
—
57° 27' 50
s/s
63°
4P
63° 30'
63° 29'
—
—
m/s
112°
56' 30"
—
—
—
—
3. Stellung der Struvit- Krystalle.
Da die Flächen m und s am + Ende der pyroelektrischen Axe am
häufigsten Vorkommen und zu Messungen am besten geeignet sind, so
empfiehlt es sich am meisten, Naumann und Quenstedt zu folgen
und diese Flächen der Berechnung des Axenkreuzes als Hauptlängs-
und Querprisma zu Grunde zu legen.
Meyn und Rammeisberg nehmen das verticale Prisma p als
verticales Hauptprisma an und betrachten m als Hauptquerprisma.
Mineralogische Mittheilungen. 1877. 2. Heft. (Sadeheck.) lb
118
A. Sadebeck.
[6]
Marx stellte die Fläche o als Basis, das Prisma p als Haupt-
längsprisma, aber h als Hauptquerprisma. Es ist dann die optische
Mittellinie Hauptaxe und die pyroelektrische Axe die a- Axe.
Derselben Stellung schliesst sich Dana1) an, mit dem Unter-
schiede jedoch, dass er dem Axenkreuze statt h die Flächen m = 1 1
zu Grunde legt.
Folgende Tabelle zeigt die verschiedenen Bezeichnungen der
Flächen und die von den einzelnen Autoren angegebenen Verhältnisse
der Axen in der Reihenfolge, dass die 1. Axe die ist, welche bei den
Krystallen keine Normalfläche hat, die 2. Axe die Normale von o und
die 3. diejenige von r.
A. Sadebeck und Naumann
Axen:
Meyn und Rammeisberg
a:b:c = 0-6213 : 1-0964 : 1
C
1 : 0-8878 : 0-81202
1-2319 : 1-0931 : 1
Flächen
u u. s
= (« : oob : c ) = P°° ■
(oo« ; b : 2c)
m
= (°o« :b : c) — Po o
(a : c ob : c)
h
~ (oo a : b : 2c) = 2Po£ ■
(a : oob : 2c)
0
)8
8
II
8
(a : oob : °°c)
r
= (oo« : <x>b : c) — OP • •
(o ofl : oob : c)
V
= (« : 1!^b : coc) — oo pY
(a : b : °oc)
t
= (a : 1 /2b : c ) = 2IJ2 •
(a:b: 2c)
Marx
1-127 : 1 : D835 • • •
Dana
0-614 : 0-544 : 1 • • •
} • • • L2283 : 1-0400 :
u u.
rr (V2a : b : °oc) ....
irl
VI
= (x/2 et : ooi : c) • • • •
1 i
h
= ( a : o ob : c)
Vai
0
— (oo« : °°b : c) • * • •
0
r
= ( a : oob : °oc) ....
. . . ... . . . ii
P
= (°°a :b : c)
17
t
II
CH
1 2
4. Typen tler Struvit - Krystalle.
a) Hamburger Struvit.
Als I. Haupttypus, oktaedrischen (Fig. 1) kann man die
grossen dunklen Krystalle betrachten, welche an dem positiven Ende
der c-Axe eine oktaedrische Endigung zeigen, gebildet vom Hauptquer-
und Längsprisma, an dem negativen Ende dagegen unvollkommener
ausgebildet sind, indem hier nur die Flächen des Querprisma’s u auf-
treten. Diese Flächen sind stark gestreift und bilden theils allein die
9 Dana, a System of mineralogy, New-York und London 1872.
[7]
Ueber die Krystallisation des Struvits
119
Endigung (Fig. 4), theils gehen sie in die bauchige Endfläche über.
Die Längsflächen o sind sich mehr oder weniger genähert, ihr senk-
rechter Abstand ist aber meist kürzer, als die Hauptaxe; die über
ihnen liegenden Flächen des Längsprismas m sind häufig stärker ent-
wickelt, als die des Querprismas s, so dass die Krystalle im Allgemei-
nen eher in der Richtung der a- Axe, als der der 6-Axe ausgedehnt
sind und so übergehen in den
II. Haupttypus, den prismatischen (Fig. 13), bei welchem am
-fl-Ende das Längsprisma m stark ausgedehnt ist, das Querprisma s
dagegen zurücktritt. Auf seine Kosten erweitern sich die Flächen des
untern Querprismas u und gehen nach unten in die bauchige Basis
über. Ein eigenthümlicher Subtypus von dreieckiger Gestalt (Fig. 8)
entsteht durch starke Ausbildung der Flächen u, denen unten die Basis
ganz fehlt; die Längsflächen o sind einander sehr genähert. Die diesem
II. Typus angehörigen Krystalle sind gross und übertreffen häufig die
des I. an Grösse, die Flächen sind aber bei den grösseren Krystallen
vielfach zerfressen und überhaupt ungleichmässig entwickelt.
Den III. Haupttypus, welcher am meisten die dem Struvit
eigenthümliche Sargdeckelform zeigt (Fig. 6, 7 und 10), bilden grössere
bernsteingelbe Krystalle. Dieser Typus ist charakterisirt durch die Aus-
dehnung nach der &-Axe, also durch die vorwiegende Entwicklung des
Querprismas.
Die Flächen des Längsprismas m sind meist nur klein, so dass
die Krystalle seitlich hauptsächlich von den Längsflächen begrenzt sind.
Die oberen Flächen s herrschen vor, darunter u und zuweilen
auch die schon erwähnten vicinalen Oktaeder fr (Fig. 6). Die untere
Endfläche ist ziemlich eben, nicht so bauchig, wie bei dem I. u. II. Typus.
Der IV. Haupttypus (Fig. 2) ist bezeichnet durch das Auf-
treten der Flächen des verticalen Prismas p und des unteren Längs-
prismas h, auch sind Andeutungen des von Marx angegebenen Oktae-
ders t vorhanden. Die Krystalle sind tafelförmig nach der Längsfläche
und nähern sich zuweilen durch Ausdehnen in der Richtung der o-Axe
dem II. Typus. Sie sind vollkommen wasserhell oder lichtgelb, erreichen
aber keine so bedeutenden Dimensionen, wie die Krystalle der ersten
drei Typen; zu Messungen sind sie am besten geeignet.
Schon Ul ex macht auf die verschiedenen Typen in verschiedenen
Lagen des Fundortes aufmerksam. Nach ihm finden sich zu oberst in
einer Tiefe von ungefähr 3 Meter, also ungefähr 6 Meter unter der
Oberfläche die trüben, schwärzlichen, vielfach verunreinigten Krystalle
des II. Typus. Hier liegen auch die klaren Krystalle des IV. Typus,
aber in einer besonderen, eigentümlichen, pechschwarzen, glänzenden
Masse, welche in der Nähe von stark verfaulten Holzfragmenten gefunden
werden soll.
Tiefer liegen die Krystalle des I. Typus, welche am +Ende klar
und durchsichtig die deutliche Spaltbarkeit nach der Basis schön er-
kennen lassen, am — Ende dagegen durch fremdartige Beimengungen
trübe und schwarz sind. Schliesslich in einer Tiefe von 10 Meter ist
in einer Lettenschicht die Lage der Krystalle des III. Typus, welche
der ganzen Masse nach klar sind und von bernsteinartiger Farbe.
16*
120
A. Sadebeck.
[8]
Die Vollkommenheit dieser Kvystalle erklärt Ul ex daraus, dass
die Bildung hier, in der grösseren Tiefe ruhiger vor sich ging, da die
von aussen eindringenden Sickerwässer keinen schädlichen Einfluss aus-
üben konnten.
b) Braunschweiger Struvit.
Unter den mir vorliegenden Krystallen ist der IV. Typus am
häufigsten, nach der Längsfläche tafelförmige Krystalle (Fig. 11 und 12),
die Streifung auf der Längsfläche führt auch hier nach dem Längs-
prisma m, auf welches sie sich fortsetzt, während die Flächen des ver-
ticalen Prismas p glatt und glänzend sind. Bei einigen Krystallen tritt
der Hemimorphismus sehr zurück und ist zuweilen gar nicht wahr-
nehmbar, so stellt Fig. 11 einen Krystall dar, bei welchem die Flächen
m oben und unten erscheinen. In den meisten Fällen jedoch ist am
unteren Ende eine etwas bauchige Endfläche ausgebildet mit unter-
geordneten Flächen u, am oberen Ende s mit glänzenden Flächen.
(Fig. 12.)
Tritt das verticale Prisma sehr zurück, so sind die Flächen u,
welche allmählig in r übergehend eine gekrümmte Fläche darstellen
und oben von s abgelöst werden, meist stark ausgebildet. Herrscht s
vor, so sind die Krystalle den Hamburgern des III. Typus vergleichbar,
unterscheiden sich aber wesentlich dadurch, dass sie, nach der Längs-
fläche tafelförmig, ihre Hauptausdehnung in der Richtung der a- Axe
haben. Krystalle von der Gestalt (Fig. 13), denen s fehlt, entsprechen
genau dem II. Hamburger Typus, und nähern sich dem triangulären,
unterscheiden sich aber dadurch, dass die Flächen u am negativen
Ende keine Kante, sondern eine Wölbung bilden. Diese Ausbildung ist
häufig bei den Zwillingen (Fig. 14, 16 und 17).
Den eigentlichen III. und I. Typus der Hamburger Krystalle habe
ich nicht gesehen.
c) Guanit Tesche'macher’s.
Nach der im Philos. Magaz., III. Ser., Bd. XXVIII von Tesche-
macher gegebenen Krystallskizze und Liste der gemessenen Winkel
haben die Krystalle am meisten Aehnlichkeit mit dem IV. Hamburger
Typus. Der Prismenwinkel m/m, von 57° 30' stimmt gut zu dem Winkel
h/h, Teschemac her’s Fläche f mit r, h mit o überein. Diese Flächen
aus der Zone der n- Axe sind die herrschenden, sie werden begrenzt
von den Flächen e und c, von denen die ersteren einem Oktaeder an-
gehören. Krystallskizze und Winkelangaben sind zu unvollständig, als
dass man weitere Vergleiche anstellen könnte.
d) Mikroskopische Krystalle des sogenannten Tripel-
phosphates.
Roh in und V erd eil (s. o.) bilden auf Taf. VII eine Reihe von
Krystallen des Tripelphosphates ab, welche nach der eigenthümlichen
[9]
Ueber die Krystallisation des Struvits.
121
Sargdeckelform am meisten mit dem I. und III. Hamburger Typus
vergleichbar sind, einzelne eigenthümlich dreieckige Formen (III. c),
entstanden aus dem Urin eines Pferdes, gleichen gewissen Formen des
II. Hamburger Typus.
Die von C. Stein (s. o.) dargestellten Sargdeckelformen stimmen
mit denen aus dem Urin überein, sie liegen mit einer breiten Fläche
auf und entsprechen den auf o projicirten Krystallen (Fig. 11), sind
also Oblongoktaeder in Combination mit einer Basis. Die "Winkel, welche
die auf die Basis projicirten Kanten des Oblongoktaeders mit den Com-
binationskanten bilden, hat C. Stein u. d. M. gemessen und gefunden:
a = 120—121°, d = 147—151°.
Die analogen Winkel bei Fig. 11 sind a = 121° 9' 40", d =
148° 50' 20", also den Stein’schen nahestehend. Nimmt man nun
aber an, dass die Basis der Oblongoktaeder der wirklichen Basis r,
nicht der Längsfläche o entspricht, und das Oblongoktaeder selbst ge-
bildet wird von den Flächen m und s, so werden die Winkel a =
119° 31' 40" und b — 150° 28' 20" sein. Auch diese Winkel stimmen
mit den Stein’schen. Im ersteren Falle würden die Krystalle dem IV.,
im letzteren dem I. Hamburger Typus angehören. Der Umstand, dass
Stein nichts von Hemimorphismus erwähnt, macht das letztere wahr-
scheinlicher, da mit der Basis auf liegende Krystalle die hemimorphe
Ausbildung nicht erkennen lassen, welche bei solchen mit der Längs-
fläche aufliegenden kaum fehlen würde.
5. Zwillinge des Struvits.
Zwillinge, ganz entsprechend denen des Kieselzinkerzes, sind schon
von Marx beschrieben. Das Gesetz lautet: „Zwillingsaxe eine Neben-
axe“, wobei es gleichgiltig ist, ob man die a- oder b- Axe als Zwillings-
axe betrachtet. Die beiden Individuen des Zwillings haben vollkommen
parallele Axen, aber das positive Ende der c- Axe des einen liegt da,
wo das andere das negative hat und umgekehrt. Zusammensetzungs-
fläche ist die Basis und je nachdem dieselbe dem oberen oder unteren
Ende angehört, kann man zwei Arten von Zwillingen unterscheiden;
bei den Hamburger Zwillingen (Fig. 5) ist — r die Zusammensetzungs-
fläche, bei den Braunschweiger (Fig. 13) dagegen +r. In beiden Fällen
wird durch die Zwillingsbildung der Hemimorphismus ausgeglichen und
die Zwillinge zeigen holoedrische Symmetrie.
Fig. 5 stellt einen Hamburger Zwilling dar, dessen Individuen
dem prismatischen II. Typus augehören, die Längsflächen fallen an der
Zwillingsgrenze in eine Ebene und die Flächen u bilden einspringende
Winkel, Wären an Stelle von u nur die Flächen s vorhanden, so
würde der einspringende Winkel fortfallen und die Flächen s ein voll-
flächiges Querprisma bilden.
Bei den Braunschweiger Zwillingen dagegen stossen die s-Flächen
an der Zwillingsgrenze unter einspringenden Winkeln zusammen (Fig. 15),
desgleichen die «»-Flächen, eine schmale Rinne bildend (Fig. 14), an
welcher die Zwillingsgrenze auf den in eine Ebene fallenden Längs-
122
A. Sadebeck.
[10]
flächen leicht zu erkennen ist. Die Flächen s fehlen häufig ganz und
es sind nur die negativen Flächen u vorhanden, welche mit der End-
fläche intermittirend eine gewölbte Fläche bilden (Fig. 17), so dass der
Zwilling an beiden Enden der Hauptaxe von den gewölbten Flächen
begrenzt ist.
Von der vollkommen regelmässig gedachten Ausbildung weichen
die natürlichen Zwillinge zunächst darin ab, dass die beiden Individuen
eine verschiedene Grösse haben, dann aber zuweilen auch darin, dass
sie gegen einander verschoben sind, so dass die der Zusammensetzungs-
fläche entsprechende Basis des einen Individuums über die des anderen
herausragt und umgekehrt (Fig. 16).
Unter den mikroskopischen Krystallen des Ammonium-Magnesium-
Phosphates erwähnt Stein eigentümliche Andreaskreuz-ähnliche Formen,
welche sich von den einfachen, rechteckig tafelförmigen Kryställehen
dadurch unterscheiden, dass an den Mitten aller vier Seiten des Recht-
eckes einspringende Winkel zur Erscheinung kommen. Diese Formen
könnten eventuell Durchwachsungszwillinge sein, erklären sich aber
auch leicht durch parallele Verwachsung und unvollkommene Ent-
wicklung.
6. Aetzung der Struvite von Hamburg.
Es wurden Krystalle des I. Typus mit stark verdünnter Essig-
säure behandelt, welche schon nach fünf Minuten deutlich eingewirkt
hatte. Auf den vorher glatten Flächen m erscheinen parallel der Kante
mim mikroskopisch feine Streifen, auf s winzige Vertiefungen, von
kleinen glänzenden Flächen gebildet. Nach weiteren fünf Minuten wurden
schiefe Abstumpfungen der Kanten m/s sichtbar, welche mit m den
stumpfen Winkel bildeten, aiso vicinalen Oktaedern v angehörten, deren
stumpfe Endkante über m lag. Bei fortgesetzter Aetzung wurden die
Flächen immer grösser und flacher gegen m geneigt. Der Umstand,
dass sie an allen Kanten gleichmässig zur Erscheinung kamen, beweist,
dass der Struvit nicht tetraedrisch ist.
Da die Sectionslinien der Flächen v in den Kantenzonenpunkten
m/s liegen, also durch die Zonenpunkte x = a, y = b gehen, so ist
das allgemeine Zeichen der Oktaeder:
(m a : , b : c.)
Die Unbekannte m lässt sich aus dem Winkel, welchen v mit
der Fläche m bildet, berechnen. Dieser Winkel wurde mit Lichtreflexen
gemessen und betrug nach 1. Aetzung 163°, nach 2. 172°. Demnach
wird das Zeichen für
v n. d. 1. Aetzung = (2l/4 «• : 21/ 17 b : c) oder abgerundet ( 5 a : ö/4 b : c)
„ „ „ 2. „ = (21/2 a : 21/19 b:c) „ „ (\\a: u/10 b : c)
Die durch weitere Aetzung erhaltenen Flächen waren gewölbt, so
dass keine irgendwie zuverlässigen Messungen angestellt werden konnten.
Zugleich änderten die Flächen m und s selbst ihre Neigung gegen-
einander, die Winkel der Kanten mjm und s/s in c wurden stumpfer.
[11]
Uebei' die Krystallisation des Struvits.
123
Diese Veränderungen bei starker Aetzung mathematisch zu bestimmen
war wegen der trüben Beschaffenheit der geätzten Flächen nicht möglich.
Ausser an den Kanten m/s bildeten sich auch an ojs und s/'u Ab-
stumpfungsflächen, jedoch weniger scharf und gewölbt.
Ferner wurden Krystalle geätzt, an denen eine Fläche +r ange-
schliffen war. Die angeschliffene Fläche erhielt zunächst Streifen parallel
der Kante m/m. Diese Streifen lösten sich unter dem Mikroskop in
Rechtecke (Fig. 3) auf, deren längere Seiten der a-Axe parallel waren.
Bei stärkerer Aetzung trat eine deutliche Wölbung der angeschliffenen
Basis ein und zwar parallel der b- Axe. Die auf der Wölbung sichtbaren
Hauptreflexe wurden von der c-Axe nach s hin gemessen = 173°, 153°,
143°, 133°, daraus wurde das Zeichen der vicinalen Querprismen w
berechnet = (13 a: °°b : c)
(3 a : : c )
(2a: °°b : c)
(F5 a : °°b : c).
Das letzte Zeichen gibt die Veränderung an, welche die Fläche s
selbst in ihrer Lage erlitten hat, also die Fläche er, da der Reflex der
unveränderten Fläche mit einem Winkel von 121° 50' 30“ nicht mehr
zur Erscheinung kam. Die natürlichen Kanten und die Kanten r\m sind
bedeutend weniger angegriffen, als rjs. Dies ist ein ganz analoges Ver-
halten zu der Art des Aufbaues von mechanisch verletzten Krystallen, da
auch bei solchen, wenn man sie in eine Mutterlauge hängt, die Anlagerung
der Subindividuen vornehmlich an den verletzten Stellen vor sicli geht,
gewissermassen um die dem Krystall fremden Flächen zu entfernen.
Die Combinationskanten von er mit « sind nicht geradlinig, indem
noch vicinale Oktaeder hinzutreten, welche den unteren Oktaeder-
flächen & entsprechen. Auf einer angeschliffenen Endfläche — r erscheint
keine Streifung parallel der Kante mit o, überhaupt werden die
künstlichen Kanten wenig angegriffen, was sich leicht daraus erklärt,
dass die angeschliffene Fläche eine in dem Formenkreis des Struvits
häufige ist.
Die Einwirkung des Aetzmittels fand nicht nur an der Oberfläche
statt, sondern ging von ihr aus auch in das Innere des Krystalls. Es
bildeten sich hohle Canäle von nahezu geradlinigem Verlauf, welche in
der Nähe von -\-r nahezu parallel der Kante m/o liefen, von — r nach
u hin convergirten, aber nahezu der Kante u\r parallel. Je mehr sich
diese Canäle ausdehnten und je zahlreicher sie wurden, desto mehr
erhielten die Krystalle ein zerfressenes Aussehen und verloren zuletzt
ganz ihre äussere Form.
Die Auflösung der Struvit-Krystalle erfolgt also in ganz ähnlicher
Weise, wie die Umwandlung z. B. der Olivinkrystalle in Serpentin,
welche man in verschiedenen Entwicklungsstadien leicht u. d. M. beob-
achten kann.
7. Gestalt der SuMndividiien.
Wie bei den Krystallen überhaupt geben uns auch hier die Aetz-
erscheinungen einen Einblick in die Gestalt der Subindividuen niederer
124
A. Sadebeck.
[12]
Stufe. Die deutlichsten Aetzeindrücke, die auf der angeschliffenen Fläche
+r, sind gebildet von vicinalen Quer- und Längsprismenflächen, von
denen die ersten stärker ausgebildet auch auf den Flächen m wieder
zur Erscheinung kommen, während die Querprismenflächen kleiner, sich
mit Sicherheit auf s nicht nachweisen liessen. In den Aetzeindrücken
spiegelten Flächen mit den Aetzflächen ein, welche die Abstumpfungs-
flächen der Kanten m/s sind, somit sind auch vicinale Oktaederflächen
als Flächen der Subindividuen zu betrachten, dasselbe gilt von den
Abstumpfungen der Kanten s/o.
Die Flächen w und n sind vicinale Scheinflächen und lassen den
Aufbau aus Subindividuen deutlich erkennen.
Auf den frischen Flächen kann man nur in seltenen Fällen deut-
liche Flächen an den Subindividuen wahrnehmen, da dieselben meist
in Form von verschwommenen Höckern und Schmissen zur Erscheinung
kommen. Einzelne Hamburger Krystalle sind jedoch durch gut aus-
gebildete Subindividuen niederer Stufe ausgezeichnet.
1. Auf den Flächen o kommen, abgesehen von den parallel der
«-Axe verlaufenden Schmissen, welche von vicinalen Längsprismen her-
riihren, Subindividuen von der Fig. 9 gezeichneten Gestalt vor. Die-
selben sind begrenzt von einem oberen vicinalen Längsprisma p., einem
desgleichen unteren p, einem nach s hinüberführenden, vicinalen
Oktaeder c und einem desgleichen t, welches in die Zone der Kanten
o/u fällt.
Da die vicinalen Längsprismen herrschen, so ist die Zone der
a-Axe als die tektonische Hauptzone zu betrachten.
Diese Zone ergibt sieb auch aus den Aetzerscheinungen, indem
die ihr augehörigen Flächen auf der angeschliffenen Endfläche +r
herrschen. Auf der ungeschliffenen Fläche — r trat diese Zone nicht
hervor, es ist also eine Zone, welche vom positiven Ende ausgehend,
nach dem negativen hin verkümmert, so dass man sie als charakteri-
stisch für das positive Ende betrachten muss. Damit in Zusammenhang
steht auch das verhältnissmässig seltenere Auftreten des unteren Längs-
prismas h.
2. Auf — r erscheinen zunächst einfache Streifen parallel der
Kante mit w, welche sich auch auf u fortsetzen, indem r und u viel-
fach intermittiren, es herrscht also die Zone der b- Axe. Bei den grossen
bernsteingelben Krystallen des III. Typus treten auf r und u vicinale
Oktaeder auf, welche vicinalen Zonen der 7>-Axe angehören (Fig. 6).
Diese Flächen begrenzen die s-Flächen in scharfen Kanten und sind
nach r hin verschwommen, so dass letztere Fläche gewölbt erscheint.
Die Flächen s liessen keine bestimmteren Subindividuen erkennen
und auf der angeschliffenen Fläche +r treten die vicinalen Querprismen
sehr zurück. Die Zone der b- Axe gehört also zumeist dem negativen
Ende an und verkümmert nach dem positiven hin, gerade umgekehrt
wie die Zone der «-Axe, die obere Basis fällt somit in die Zone der
«-Axe, die untere in die der b- Axe. Damit stimmt auch das Verhalten
der Krystalle mit angeschliffener positiver Basis bei Aetzung überein.
Da diese Fläche der Zone der b- Axe fremd ist, so treten an ihrer
Stelle vicinale Querprismen auf, welche sich aus dem Bestreben, die
[13]
Ueber die Krystallisation des Struvits.
125
Fläche verschwinden zu lassen, erklären ; vicinale Längsprismen dagegen
kommen nicht oder mehr untergeordnet zur Erscheinung, weil die obere
Endfläche in ihre Zone gehört.
8. Bau der Krystalle.
Nimmt man an, dass durch Einigung der Subindividuen niederer
Stufe sich zunächst die Flächen m und s am +Ende bildeten, so wird
eine Fortbildung in der Zone der ö-Axe sich hauptsächlich auf das
negative Ende erstrecken, eine in der Zone der a-Axe dagegen auf das
positive. Bei den sehr vollkommen ausgebildeten Krystallen des II. Typus,
welche nach Ul ex ihre Entstehung einer ruhigen Bildung verdanken,
war die tektonische Hauptaxe die b-Axe und die Zone dieser Axe
gelangte am negativen Ende durch — r, als tektonische r-Fläche, zum
Abschluss, wobei sich zugleich Flächen aus vicinalen Zonen bildeten.
Die «-Axe ist hier als tektonische Nebenaxe zu betrachten, die Flächen
ihrer Zone sind durch die der Zone der ö-Axe getrennt, die Längsfläche
ist die herrschende und macht sich als tektonische Fläche geltend.
Auch bei den reinsten Krystallen, denen des IV. Typus, ist die Längs-
fläche tektonische Fläche und zwar tektonische Hauptfläche, die Zone
der «-Axe herrscht, dann folgt die der c-Axe und die der 5-Axe tritt
zurück.
In letzterer Hinsicht stimmt die Tektonik mit den Krystallen des
II. Typus, welche sich aus sehr unreiner Mutterlauge gebildet haben
und zwar rasch, da sie reichlich Tlieile derselben einscliliessen. Das
Zurückbleiben der Bildung in der Zone der b- Axe thut sich schon
dadurch kund, dass die Flächen s häufig Vertiefungen zeigen, und ein-
gefallen erscheinen (Fig. 4), diese Vertiefungen setzen sich auch auf u
fort, welche Flächen am — Ende keine scharfen Kanten bilden, sondern
gewissermassen ausgehöhlt erscheinen, wobei im Innern der Höhlung
— r zur Erscheinung kommt. Am meisten macht sich die ct-Axe als
tektonische Hauptaxe und die Längsfläche als tektonische Hauptfläche
bei den dreiseitigen Krystallen des II. Typus (Fig. 8) geltend, bei
welchen die Flächen aus der Zone der a- Axe fast ganz verdrängt
werden und die Subindividuen in o zu Schalen geeinigt sind, die sich
vielfach hypoparallel bedecken. Von diesen Krystallen sagt Ul ex, dass
sie, als zu oberst liegend, den meisten Störungen ausgesetzt waren,
woraus sich ihr vielfach zerfressenes Aussehen erklärt.
Schliesslich bei den Krystallen des I. Typus scheinen beide tek-
tonische Zonen ungefähr gleichmässig zur Ausbildung gelangt zu sein,
obwohl öfters ein Zurückbleiben der Fortbildung in der Zone der ö-Axe
wahrnehmbar ist, und zwar an unvollkommener Ausbildung der s-Fläche,
welche darin besteht, dass entweder die Mitte der Fläche rauh ist oder
an der Kante sjm Vertiefungen vorhanden sind, wie es Fig. 4 zeigt.
Mineralogische Mitteilungen. 1877. 2. Heft. (A. Sadebeck.)
17
126
A. Sadebeck.
[14]
9. Resultate.
Als die wichtigsten Resultate sind folgende her vorzuh eben :
1. Die Hauptspaltbarkeit geht parallel der Basis, eine zweite
Spaltbarkeit parallel der Längsfläche ist unvollkommener.
2. Die Gestalt der direct zur Erscheinung kommenden oder durch
Aetzung erhaltenen Subindividuen beweist, dass der Struvit nicht
tetraedrisch ist.
3. Die Winkel der Krystalle sind veränderlich und zwar am
meisten in der Zone der «-Axe, weniger in der der b- Axe.
4. Durch Aetzung entstehen nicht nur Eindrücke auf den Flächen
und Abstumpfungsflächen der Kanten, sondern die Flächen selbst ändern
ihre Lage.
5. Der Struvit hat dreierlei tektonische Zonen, welche durch die
drei Grundaxen bestimmt sind. Von diesen sind in zweien, denen der
a- und b- Axe die Flächen hemimorphisch entwickelt, in der Art, dass
die Flächen der «-Axe vorwiegend dem negativen Ende angehören, die
der ö-Axe dagegen dem positiven, die Zone der e-Axe hat ringsum
gleiche Beziehungen.
IV. Die Porphyre und Grünsteine des Lennegebietes
in Westphalen.
Von Hermann Bruno Mehner.
I. Allgemeines, Historisches und Geologisches.
Das in vorliegender Arbeit einer Untersuchung unterworfene Mate-
rial gehört einer Gegend an, deren geologische Verhältnisse und deren
Gesteine seit der ausgezeichneten Abhandlung des Herrn Oberberg-
hauptmanns v. Dechen über jenes Gebiet das höchste Interesse der
Geognosie in Anspruch nehmen. Letzteres wird besonders hervorgerufen
durch gewisse Gesteine, welche ihrer Zusammensetzung und ihrem
ganzen Habitus nach entschieden zu den Eruptivgesteinen zu gehören
scheinen, dieser Annahme aber durch die zu beobachtenden geologischen
Verhältnisse und Beziehungen, theils durch das ausgezeichnet lagerhafte
Auftreten zwischen den entschieden sedimentären Schichten des Neben-
gesteins, theils durch einen allmähligen Uebergang in die Schichten
des devonischen Schiefergebirges vollständig zu widersprechen scheinen.
Diese Verhältnisse sind zum Angelpunkt einzelner für die Geognosie
sehr wichtiger Theorien geworden. Namentlich die Gegner des Pluto-
nismus haben jene Vorkommnisse mit mehr oder weniger Erfolg sich
zu nutze und zum Stützpunkt ihrer Hypothesen zu machen versucht.
Begegnen wir daher in fast allen geognostischen Werken einer mehr
oder weniger ausführlichen Besprechung dieser Verhältnisse, so ist doch
trotzdem in den letzten Jahrzehnten seit den ersten, sehr speciellen
Forschungen seitens des Plerrn Oberberghauptmannes v. Dechen in
jener Gegend wenig oder eigentlich gar nichts weiter in der Unter-
suchung jener Gesteine und ihrer Beziehungen zu den Nachbargesteinen
geschehen, was in erster Linie seinen Grund in der grossen Unzugäng-
lichkeit jener Gegend Westphalens haben mag, welch’ letztere zugleich
eine der unwirthlichsten von ganz Deutschland ist.
Es sei gestattet, zur näheren Orientirung eine kurze Schilderung
der in Betracht kommenden geologischen Verhältnisse und der Art
und Weise des Auftretens der Eruptivgesteine der Lennegegend hier
Mineralogische Mittheilungen. 1877. 2. Heft. (Mehner.) 1 * *
128
H. B. Mehner.
[2]
folgen zu lassen, wie sie der gründlichste Kenner jener Gegend, Herr
Oberberghauptmann v. Dechen geboten hat. ]) Derselbe sagt darüber :
„In dem Bereiche der Grauwackengruppe (Devonformation) treten in
gewissen Zügen plutonische Gebirgsarten auf, die in einer näheren
Beziehung zu den sie umgebenden Schichten stehen. Grosse Theile
dieses Gebirges sind ganz frei davon, während andere damit erfüllt
sind. So treten diese plutonischen Gebirgsarten in dem Umfange der
unteren Grauwacke (Unterdevon) nur allein in der nordöstlichen Spitze
bei Birkelbach und Schameder an drei Punkten auf; in dem ganzen
übrigen Raume ist aber nichts davon bekannt. Dagegen finden sie sich
in dem der mittleren Abtheilung der Grauwackengruppe (Mitteldevon)
angehörenden Lenueschiefer sehr zusammengedrängt, auf der Nordseite
der unteren Abtheilung und südlich von dem mit der oberen Abthei-
lung erfüllten Becken zwischen Schönhalthausen und Meggen, welcher
Raum durch die Endpunkte Iseringhausen , südwestlich von Olpe,
Schmallenberg und Rospe bezeichnet wird.* 2) Sehr zerstreut kommen
dieselben plutonischen Gebirgsarten auf der Nordseite desselben Beckens
zwischen Niedergenkel und Hagen, südlich von Allendorf vor. So wird
das Becken von Schönholthausen und Meggen auf beiden Seiten von
Zügen dieser plutonischen Gebirgsarten begleitet. Ara wichtigsten ist
der Zug, den sie auf der Grenze der mittleren und oberen Abtheilung
der Grauwackengruppe und innerhalb dieser letzteren von Oberberge
bis Giershagen bilden. Diese Gesteine folgen hier vielfach dem Streichen
der Gebirgsschichten. Das Vorkommen derselben im Allgemeinen ist
ein sehr verschiedenes; sie bilden (doch selten) Gänge, indem sie bei
geringer Mächtigkeit die Gebirgsschichten durchsclmeiden ; oder Durch-
brüche, wo sie in kleineren Partien und in grösseren Massen unabhän-
gig von den Schichten auftreten; oder endlich Lager, die, soweit die
Beobachtung zu urtheilen verstattet, sich dem Verbände der Schichten
einfügen. Die Längenerstreckung beinahe aller dieser Partien stimmt
wesentlich mit dem Streichen der Gebirgsschichten überein.“
Auch der Porphyr der Bruchhausener Steine am Isenberge zwi-
schen Bruchhausen und Elleringhausen gehört hierher. 3) Dieses Vor-
kommen ist am weitesten gegen NO. vorgeschoben und ziemlich ent-
fernt von allen übrigen. Der Porphyr ragt an dieser Stelle in fünf
grossen Felsmassen bis zu 500 Fuss Höhe aus dem umgebenden Thon-
schiefer hervor. Die Schichten des letzteren schneiden an dem Porphyr
ab, welcher sich gangförmig oder wie ein Durchbruch verhält. Sehr
merkwürdig sind aber grosse Keile von Thonschiefer, welche in diesem
Porphyr so eingeschlossen sind, dass sie eine mit der umgebenden
’) Verhandlungen des naturhistorischen Vereines d. pr. Rheinlande und West-
phalens. 2. Heft. 1855. pag. 190. — Karsten’s und v. Dechen’s Archiv f. Min.
u. Geognosie. Bd. XIX. pag. 367 ff.
2) Zur Orientirung diene die dem XIX. Bd. des Archivs beigegebene Karte.
Ferner: „Geologische üeb er sichtskarte des Rheinlandes und Westphalens“, von
Dr. v. Dechen.
s) Noeggerath, Die Bruchhauser Steine am Isenberge, im Regierungsbezirk
Arnsberg. Karsten’s Archiv. IH. Bd. pag. 95 ff. — Noeggerath, Das Gebirge
von Rheinland und Westphaleu. III. Bd. 1824.
Die Porphyre und Grünsteine des Lennegebietes in Westphalen.
129
Masse übereinstimmende Schieferung zeigen. In diesem Thonschiefer
stellen sich viele kleine Punkte und Flecke, sowie grössere Partieen
von Feldspathsubstanz, beziehentlich Porphyrmasse ein, die nach und
nach überwiegend werden. Je mehr sie überhand nehmen, um so
höckeriger und unebener werden die Schieferungsflächen des Thon-
schiefers. „Indem sie näher nach dem Porphyr zu an Menge und Grösse
zunehmen, gewahrt man deutlich an dem Querbruch, dass der Thon-
schiefer gar nicht mehr der vorwaltende Theil des Gesteins ist: weisse,
eckige, scharfkantige und fragmentähnliche, sowie rundliche, längliche
Massen von der Grösse mehrerer Linien nehmen bis zu drei Viertel
der ganzen Bruchfläche ein. Das Gestein ist noch schiefrig und sieht
auf den Schieferungsflächen ganz thonschieferartig aus. Diese Einschluss-
massen werden allmählig zu zoll- bis fussgrossen Brocken von solcher
Häufigkeit, dass die schwarze Masse des Schiefers nur noch als schwache
Streifen, als Adern und Trümmer darin erscheint, bis sich zuletzt
auch diese verlieren und damit der Uebergang in Felsitporphyre voll-
endet ist.“
Mit Recht hebt v. Dechen das hohe Interesse hervor, welches
ein derartiger Uebergang eines allem Anschein nach eruptiven Gesteins
in die geschichteten Ablagerungen eines zweifellos sedimentären Gesteins
mit Bezug auf die Bildungsverhältnisse des ersteren haben muss. Der-
artige Uebergänge in Sedimentärgesteine wurden vor Allem für die
schiefrigen Feldspathporphyre und für die als Schalsteine bezeichneten
Gesteine festgestellt.
Es soll nun zunächst auf die Untersuchung der Porphyre einge-
gangen werden, auf welche sodann die Beschreibung der Schalsteine
und Grünsteine folgen wird.
v. Dechen scheidet sämmtliche Porphyre der Lennegegend hin-
sichtlich ihrer Structur in drei Abtheilungen : Ein Theil derselben zeigt
„im Kleinen und Grossen ein massiges nach allen Richtungen gleiches
Gefüge; ein Theil dagegen ein deutlich schiefrigflasriges Gefüge und
die Hauptmassen zwischen Brachthausen und Oberhundem vorzugsweise
ein versteckt schiefriges Gefüge, welches bisweilen nicht bemerkt werden
würde, wenn die deutlichen Abänderungen nicht vorlägen, und welches
sich durch ein verschiedenes Ansehen des Querbruchs zu erkennen
gibt.“ Während in denjenigen Gesteinen, welche nur Feldspathaus-
scheidungen, aber keine solche von Quarz enthalten, das schiefrige
Gefüge sehr ausgeprägt ist, tritt es in denjenigen, welche ausser Feld-
spath auch Quarz porphyrisch ausgeschieden zeigen, sehr zurück. Ein
grosser Theil der Porphyre, vor Allem der schiefrigflaserig ausgebilde-
ten, enthält zahlreiche Fetzen und Bruchstücke von Schiefer einge-
schossen. Dieselben nehmen hin und wieder so überhand, dass der
Porphyrhabitus des Gesteins nahezu verwischt wird und man es mit
einer Arkose zu thun zu haben glaubt, v. Dechen sagt darüber: „Bei
weitem die wichtigste Erscheinung unter den hier betrachteten Gebirgs-
arten sind die schiefrigen Abänderungen einer dichten Feldspatbgrund-
masse, theils mit krystallinischen Ausscheidungen von Quarz und Feld-
spath, theils nur von Quarz, theils nur von Feldspath, mit Partien von
130
H. B, Mehner.
[4]
gewöhnlichem Schiefer, wie er in der Nähe das Grauwackengebirge vor-
zugsweise zusammensetzt ; glänzende Ueberzüge auf der Schieferungs-
fläche, welche aus Thonschieferinasse zu bestehen scheinen, finden sich
ganz besonders und beinahe immer in derjenigen Abänderung, welche
nur krystallinische Ausscheidungen von Feldspath, mit Ausschluss von
Quarz, enthält. In den Abänderungen dagegen, worin Feldspath und
Quarz ausgeschieden sind, fehlen gewöhnlich diese Schieferpartieen und
Flasern, sie kommen nur an einigen Punkten darin vor.“
Häufig tragen die Partien und Flasern von Schiefer ein derartiges
Gepräge, dass sie durchaus nicht ohne Weiteres als Bruchstücke eines
Schiefers bezeichnet werden können; es sind oft „dünne Flasern mit
gezahnten und sich verlaufenden Rändern, keineswegs in Formen, wie
sie der Schiefer bildet, der so häufig als Bruchstück an dem Quarz
oder Spatheisenstein der Gänge dieses Gebirges vorkommt. Wenn die
Form dieser Partien irgend mit einer Entstehungsart derselben in Ver-
gleich gestellt werden sollte, so würde nur etwa anzuführen sein, dass
die Reste des Schiefers so aussehen dürften, wrelche in irgend ein Auf-
lösungsmittel getaucht worden wären.“
Bezüglich der Bildungs weise dieser Porphyre spricht sich v. Dechen
dahin aus, dass bei den massigen Porphyren, wie z. B. bei denen von
Olpe, Pasel, Wipperfurt, Ahlbaumer Ley etc., keine einzige Beobach-
tung vorzuliegen scheine, welche der Ansicht widerspräche, dass die-
selben aus grösseren Erdtiefen lange nach der Bildung der Schichten
der Devonformation in diese eingedrungen wären, wenn sie auch nicht
gerade deutliche Beweise dieses späteren Eindringens in die umgebenden
Gebirgsschichten zur Schau tragen. Wenn sich nun aus diesen massigen
Porphyren schiefrige Gesteine durch allmählige Uebergange entwickeln,
welche Quarz- und Feldspath- Ausscheidungen enthalten, so bleibt hier
die grosse Schwierigkeit vorhanden, zu entscheiden, wie weit für diese
gelten soll, was für die massigen Porphyre nach guten und sicheren
Gründen angenommen werden kann. Dagegen sind nach v. Dechen’s
Ueberzeugung die schieferigen Porphyre nur mit Feldspath-Ausschei-
dungen oder nur mit Quarz-Ausscheidungen, welche bestimmt von den
massigen getrennt erscheinen und bei denen kein Uebergang in diese
erkannt werden konnte, andere Bildungen und ist nach ihm eine Aus-
dehnung der Ansicht über die Entstehung der massigen auf diese
nicht gerechtfertigt. Bezüglich des höchst interessanten Vorkommens
bei Schameder, wo bekanntlich in solch’ einem schieferigen Feldspath-
porphyr das Schwanzschild eines Homalonotus gefunden wurde, von
welchem ausdrücklich betont wird, dass es keineswegs in einem im Por-
phyr eingeschlossenen Schieferfragment enthalten sei, urtheilt v. Dechen,
dass es ausser allem Zweifel stehe, dass dieses Gestein „nicht in einer
hohen Temperatur aus der Erdtiefe gekommen und hier erstarrt“ sein
könne, da dann das Auftreten des organischen Restes in demselben
keine Erklärung finde.
Genannter Forscher ist nun der Meinung, dass nur folgende zwei
Ansichten möglich seien, diese beobachteten eigenthümlichen Erschei-
Die Porphyre und Grünsteine des Lennegebietes in Westphalen.
131
nungen an den geschichteten, nur Feldspath oder nur Quarz führenden
Porphyren zu erklären : t)
1. Der schieferige Porphyr ist durch Umwandlung aus gewöhn-
lichen Schichten der Devonformation lange nach der Ablagerung dieser
Gebirgsschichten und wohl gleichzeitig mit dem Eindringen der massi-
gen Porphyre in die devonischen Schichten enstanden.
2. Der schieferige Porphyr ist gleichzeitig mit den darunter und
darauf liegenden Schichten des Devon unter solchen Verhältnissen ent-
standen, dass Meeresorganismen darin eingeschlossen und ihre Reste
darin enthalten bleiben konnten.
Die Ansicht eines späteren massenhaften Eindringens des schiefe-
rigen Porphyrs ist seiner Meinung nach vollständig zu verwerfen. Die
obige zweite Auffassung, von der gleichzeitigen Entstehung der schiefe-
rigen Porphyre mit den Schichten des Devon, nach welcher die ersteren
(da er von einer submarinen, plutonischen Bildung dieser Gesteine
ebenfalls absehen zu müssen glaubt) wohl nur als eine Conglomerat-
bildung aufzufassen seien, erklärt v. Dechen dadurch wieder für ent-
kräftet, dass die porphyrischen Gemengtheile dieser Gesteine weder
Bruchflächen, noch an ihrer Oberfläche die Wirkung einer Reibung
zeigen, also weder den Charakter von Bruchstücken, noch von Geschieben
zeigen. Gegen die erstere Ansicht (Entstehung der schieferigen Por-
phyre aus Thonschiefern durch Umwandlung) werden von ihm zwar
ebenfalls sehr gewichtige und gerechtfertigte Einwendungen, vor Allem
solche localen Charakters* 2) gemacht, doch scheint ihm diese doch noch
die grösste Wahrscheinlichkeit für sich zu haben.
Lossen theilte nicht nur diese letztere Ansicht hinsichtlich der
schieferigflaserigen Porphyre, sondern er ging noch weiter, er setzte
auch Zweifel in die eruptive Natur der massig ausgebildeten, mit keiner
deutlichen oder mit versteckter flaseriger Structur und ohne Schiefer-
flasern. Auf die Bemerkung v. Dechens, dass diese letzteren Gesteine
genau dieselben Massen wie die Elvangänge im Killas von Cornwall,
wie die Porphyrgänge im Gneisse von Freiberg seien, und wenn sie
auch nicht die deutlichen Beweise ihres späteren Eindringens in die
umgebenden Gebirgsschichten wie diese an sich trügen, sich doch aus
der Analogie dasselbe schliessen lasse, da das Gegentheil durch nichts
begründet sei, entgegnet Lossen3), dass er sich dieser Ansicht nicht
anschliessen könne, „da der durch v. Dechen selbst hervorgehobene,
allerwärts zu beobachtende innige petrographische Zusammenhang zwi-
schen den massigen und den versteckt, d. h. nur der Structur nach
oder den durch eingemengte Thonschieferflasern schieferigen Porphyr-
*) Bergmeister Schmidt bezeichnete diese Gesteine als „einen, dem Schal-
stein sehr nahe stehenden Thonschiefer, vollständig in Feldspathporphyr übergehend.“
Der Oberbergrath Erbreich spricht von Thonschiefer innig mit Feldspath durch-
zogen und „von einer Durchdringung des Schiefers mit der Grundmasse des Por-
phyrs.“ Archiv Bd. XIX.
2) Zu deren speciellerer Kenntniss muss hier auf das Werk selbst verwiesen
werden. Archiv Bd. XIX.
3) Zeitschr. d. D. geolog. Gesellsch. 1867. XIX, pag. 671 ff.
H. B. Mehner.
132
[6]
lagern doch ein so schweres Gewicht in die Waagschale des Gegen-
theils werfe.“
Er stellt die Frage auf, „ob diese Gesteine nicht vielmehr por-
phyrartig entwickelte Gneissgesteine, aus der Verwandtschaft der Hälle-
flinte“ seien. Um an die Eruptivität dieser Gesteine glauben zu kön-
nen, fordert Lossen den Nachweis eines deutlichen Porphyrganges
für dieselben.
Da die schieferigflaserigen Porphyre der Lennegegend sowohl in
ihrem äusseren Habitus, als auch hinsichtlich ihrer Lagerungsverhält-
nisse grosse Aehnlichkeit mit den in anderen Gegenden ebenfalls zwi-
schen devonischen Schichten auftretenden Gesteinen von gleichfalls
porphyrartigem Aussehen haben, für welche Lossen bekanntlich den
Namen „Porphyroid“ vorschlug, so haben sie in neuerer Zeit wohl
auch selbst diese Bezeichnung erfahren. Auf Grund der mikroskopischen
Untersuchung dieser Flaserporphyre der Lennegegend soll später nach-
zuweisen versucht werden, ob eine solche Identilicirung derselben mit
den sogenannten Porphyroiden anderer Gegenden, die übrigens Cred-
ner als „feldspathführende Phyllite“ bezeichnete1), gerechtfertigt ist.
Noch sei hier hinzugefügt, dass kurz vor der Vollendung dieser
Abhandlung durch den Sectionsgeologen Herrn Rothpletz auch in
Sachsen Gesteine nachgewiesen worden sind, die in Folge ihrer Lage-
rungsverhältnisse, ihrer Structur und ihres makroskopischen Aussehens
wesentlich mit den Porphyroiden anderer Gegenden übereinstimmen
sollen, und darum auch von ihm mit demselben Namen belegt wurden.2)
Diese Gesteine treten zwischen Colditz und Altenburg am nordwest-
lichen Abhange des sächsischen Mittelgebirges auf, regelmässig den
Schichten des Devon eingelagert. Als Ergebniss makroskopischer und
mikroskopischer Untersuchungen erklärt Herr Rothpletz dieselben
als Diabastuffe und knüpft daran die Vermuthung, dass sich vielleicht
auch noch andere, als Porphyroide bezeichnete Gesteine als Grünstein-
tuffe ergeben dürften. Für die hier untersuchten „Porphyroide“ muss
diess, wie hier vorgreifend erwähnt sein mag, in Abrede gestellt
werden, damit jedoch nicht, dass dieselben zum Theil Tuffbildungen
überhaupt seien.
Da nun seit langer Zeit, vor Allem seit Verwerthung des Mikro-
skops in der Petrographie nie wieder an der Untersuchung dieser
höchst interessanten Gesteine der Lennegegend gearbeitet worden ist,
und die mikroskopische Untersuchung eines Gesteines im Stande ist,
nicht nur über die Zusammensetzung, sondern in vielen Fällen auch
über die Bildungsverhältnisse einen Aufschluss zu geben oder wenigstens
einigen Anhalt zu bieten, so schien eine Untersuchung dieser Gesteine
mit Hilfe des Mikroskopes eine lohnende Arbeit zu sein. Diese Unter-
suchung ist in Folgendem versucht worden. Das Material dazu erhielt
Verfasser zum grossen Theil durch gütige Vermittlung seines verehrten
Lehrers, des Herrn Prof. Zirkel, vom Herrn Oberberghauptmann
v. Dechen in liebenswürdigster Weise zugestellt, theils wurde es dem
’) Sitzungsberichte d. d. geolog. Gesellsck. 1875.
2) Sitzungsberichte d. Naturf.-Gesellsch. zu Leipzig. Sitz. v. 12. Dec. 1876.
Die Porphyre und Grünsteine des Lennegebietes in Westphalen.
133
hiesigen mineralogischen Museum entnommen, wohin dasselbe in früheren
Zeiten ebenfalls durch Güte des Herrn v. Dechen gelangt ist. Die
Aufgabe dieser Zeilen wird sein, darzulegen, ob wir es in diesen Por-
phyren der Lennegegend, auch in den schieferigen Varietäten mit
wirklichen Porphyren zu thun haben, oder ob sich die letzteren Ab-
arten nur als Tuffe oder gar nur als metamorphosirte Schiefer erweisen,
und zugleich, aus welchen Gemengtheilen sich diese Gesteine zusam-
mensetzen. Daran soll sich die Untersuchung der als Schalsteine,
Hyperite und Grünsteine bezeichneten Gesteine schliessen.
Untersucht wurden folgende Gesteine:
Rot her Porphyr vom Berg Löh bei Bracht hausen.
In der röthlichgrauen bis violetten Grundmasse liegen zahlreiche
röthliche, zum Theil scharfkantige Feldspathkrystalle, mit glänzenden
Spaltungsflächen; in noch bedeutenderer Anzahl durchsichtige, wasser-
helle Quarzkörner, welche theilweise die Pyramidenform erkennen lassen.
Gefüge ist vollkommen massig ; echte Porphyrstructur. Grössere Schiefer-
einschlüsse fehlen. Kleine dunkle Schüppchen und Blättchen scheinen
fremde Einschlüsse zu sein.
Porphyr vom Stückenbruch zwischen Brachthausen und
Ahlbaum.
Grundmasse lichtgrau bis gelblich, in derselben porphyrisch aus-
geschieden zahlreiche röthlichgelbe bis erbsengelbe Feldspathkrystalle,
zum Theil bereits stark zersetzt; ferner Quarz in hirsekorn- bis erbsen-
grossen Körnern in bedeutender Menge. Ausgezeichnet massiges
Gefüge. Nach v. Dechen kommen mit der Grundmasse fest verwach-
sen kleinere und grössere Punkte und stumpfeckige Partien vor, die
einer feinkörnigen Grauwacke ähnlich sehen.
Rother Porphyr von Altenhundem (aus dem Mitteldevon).
Grauviolette Grundmasse, mit porphyrischen, weisslichen und gelb-
lichen, dem Anscheine nach bereits kaolinisirten Feldspatken und un-
regelmässig begrenzten Feldspathpartien, und zahlreichen zierlichen
Hornblende-Individuen, meist langsäulenförmig ausgebildet und stark
umgewandelt. Quarz nur in sehr feiner Vertlieilung vorhanden, makro-
skopisch schwer zu erkennen. Selten schwarzer Magnesiaglimmer. Gefüge
massig; von Schieferung keine Spur. Bei Betupfen mit Chlorwasser-
stoffsäure braust das Gestein an den meisten Stellen in geringem
Maasse.
Porphyr von Eich er t bei Eichhagen und Porphyr vom
Hohenstein (linkes Ufer der Günze, Mitteldevon).
Grundmasse in beiden hellgrau, dunkelgrau gefleckt und geadert,
in derselben porphyrisch ausgeschieden kleine Individuen von Eeld-
spath und Quarz, beide in nur sehr geringer Anzahl. Von Schieferung
ist nichts zu bemerken, vielmehr ist die Structur in beiden Gesteinen
vollkommen massig, richtungslos.
Mineralogische Mittheilungen. 1877. 2. Heft. (Mehner.)
18
134
H. B. Mehner.
[8]
Porphyr von Ruenhardt (Gemeinde Ebbelinghagen, Ebbegebirge).
Graulichweisse, sehr harte Grundmasse, von feinsplittrigem Bruch,
raub anzufühlen. Porphy risch ausgeschiedene Individuen selten und
sehr klein (Feldspath und Quarz). Structur im Handstück durchaus
massig, doch soll das Gestein im Grossen nach v. Dechen platten-
artige Absonderung zeigen.
Schieferiger Porphyr vom Langeneier Kopf, unweit
Altenhundem.
Sehr feste lichtgraue Grundmasse, in derselben zahlreiche kleine,
röthliche bis gelbe Feldspathkrystalle mit glänzenden Spaltungsflächen.
Ausserdem röthlichgelbe Feldspathflecken. Quarz ist makroskopisch
nicht erkennbar. Durch die ganze Grundmasse zerstreut liegen zahl-
reiche, schwarzgefärbte Schieferfragmente, von kleinen Pünktchen an
bis zu 2 Centimeter grossen, starkglänzenden Schieferblättchen. Diese
scheinen zum grossen Theil parallel gelagert zu sein und zeigen häufig
die früher erwähnte eigentümliche Ausfransung der Ränder. Die Schie-
ferung des Gesteins ist eine versteckte und ähnelt dasselbe in seiner
Structur mehr den massigen Porphyren.
Schieferiger Porphyr von Altenhundem.
Grundmasse grau bis grünlichgrau. Porphyrisch ausgeschiedene
fleischrothe bis gelbe Feldspathe, bis zu 5 Centimeter Grösse, zahl-
reich. Quarz makroskopisch nicht erkennbar. Beschaffenheit der sehr
zahlreich eingelagerten Schieferfragmente wie vorher. Structur eben-
falls noch ziemlich massig, nur versteckt flaseriges Gefüge.
Schieferiger Porphyr von der Bigge, zwischen Olpe und
Rüblinghausen.
Grundmasse dunkelgrau bis grünlichgrau, bereits ziemlich stark
zersetzt. Durch eine reichlich abgeschiedene, wesentlich wohl aus Eisen-
oxydhydrat bestehende Substanz ist das ganze Gestein gelblichbraun
gefärbt; ausserdem noch weissliches, kaolinartiges Zersetzungsproduct.
Die kleinen porphyrisch ausgeschiedenen Feldspathe zeigen nur selten
regelmässige Begrenzung. Eingelagerte Schieferfragmente klein, aber
sehr häufig. Die Structur ohne deutliche Schieferung, mehr massig-körnig.
Schieferiger Porphyr vom Bratschkopf bei Olpe.
Gestein mit dunkelgrauer Grundmasse; die porphyrisch ausge-
schiedenen Gemengtheile sind von sehr geringer Grösse, treten nur
undeutlich als gelblichweisse bis weisse kleine Flecken aus der dunklen
Grundmasse hervor, und scheinen wesentlich kaolinisirte Feldspäthchen
zu sein. Quarz ist makroskopisch als Gemengtheil nicht zu beobachten.
Im Handstück zeigt das Gestein nicht gerade sehr deutliche Schiefe-
rung. Nach v. Dechen ist das Auftreten desselben ein ausgezeichnet
lagerhaftes; es fällt 60° gegen Nord ein, das Liegende desselben ist
ein kalkhaltiger Schiefer, welcher Versteinerungen führt, das Hangende
wird von einem dünnblättrigen Schiefer gebildet.
Die Porphyre und Grünsteine des Lennegebietes in Westphalen. 135
Porphyr von Nöckel bei Iseringhausen.
Gestein von lichtgrauer Grundmasse; in nicht bedeutender Anzahl
erbsengelbe Feldspathe, ausserdem unregelmässig begrenzte Feldspath-
partien. Quarz ist makroskopisch nicht wahrzunehmen. Structur aus-
gezeichnet schieferig, auf dem Querbruch des Gesteines ausserdem
zumeist eine abwechselnde Färbung "einzelner Lagen beobachtbar. Ein-
geschlossene Schieferfragmente nur wenig und diese von nur geringer
Grösse. Beim Betupfen mit Chlorwasserstoffsäure brausen zahlreiche
Partien des Gesteins.
Schieferiger Porphyr von Steimel bei Schameder.
In diesem Gestein wurde das Schwanzschild des Homalonotus
gefunden, ohne dass es indess, trotz vielfachen Suchens gelungen wäre,
irgend einen andern organischen Ueberrest darin zu entdecken. Das
Gestein ist ausgezeichnet schiefrig; in der dichten, grünlichen, bis
grünlichgrauen Grundmasse, welche auf den Spaltungsflächen einen
matten Fettglanz zeigt, liegen zahlreiche fleischrothe Feldspathkrystalle
(bis zu 0‘5 Centimeter Grösse). Die eingeschlossenen Schieferfragmente
sind theils nur hauchdünne Häutchen und Blättchen, welche eigentlich
den Namen Fragment kaum verdienen, theils sind sie wirklich eckige
Bruchstücke oder auch Körner von schwarzer Farbe, v. Dechen sagt,
dass er an jener Localität auch Schieferplatten von bedeutender Grösse
(von mehreren Zoll Durchmesser) im Gestein eingeschlossen gefunden
habe. Quarz ist als porphyrischer Gemengtheil nicht vorhanden.
Schieferiger Porphyr von Niederdresselndorf bei Haiger
in Nassau.
Dieses Gestein stammt aus dem südlichst streichenden Zuge der
schieferigflaserigen Porphyre, welcher weder dem Flussgebiet der Lenne,
noch dem unteren Mitteldevon, wie die Lenneschiefer, angehört, son-
dern in den Coblenzschichten an der preussisch-nassauischen Grenze
vom Burbacher Grunde über Haiger bis gen Simmersbach aufsetzt. J)
Die Art und Weise des Auftretens, wie auch der petrographische
Habitus dieses Gesteins bringen es in die nächste Beziehung zu den
Lenneporphyi’en, was auch v. Dechen (Archiv Bd. XIX, pag. 440)
constatirte, und soll es daher auch hier im unmittelbaren Anschluss an
dieselben beschrieben werden.
Von einigen Forschern (Stifft, Sand her ge r) als Grauwacke
mit scharf ausgebildeten Feldspathzwillingen charakterisirt, muss erklärt
werden, dass im Handstück das hier untersuchte Gestein von Nieder-
dresselndorf nichts weniger als einer Grauwacke gleicht, vielmehr einen
durchaus porphyrartigen Habitus an sich trägt.
In der grauen bis grünlichgrauen Grundmasse, welche wiederholt
durch eisenoxydhaltige Substanzen in Streifen rothbraun gefärbt ist,
liegen röthliche Feldspathe, oder, wie es mehr scheint, Feldspathfrag-
mente, sodann unregelmässige, glasglänzende Körnchen von Quarz und
>) Z. d. D. g. G. Bd. XIX, pag. 672.
18*
136
H. B. Mehner.
[10]
sehr vereinzelt kleine, silberglänzende Glimmerblättchen. Die Structur
ist ausgezeichnet schieferig, so dass sich das Gestein beim Zerschlagen
in sehr dünne Blättchen, allerdings meist mit unebenen Spaltungsflächen
zerlegen lässt. Die eingeschlossenen Fragmente sind meist nur sehr
kleine, dunkelgraue oder grünliche, glänzende oder endlich bräunliche
Schüppchen; nur ein einziges grösseres Schieferfragment von circa
3 Centimeter Durchmesser war zu beobachten.
Porphyr vom Weinberg bei Brachthausen.
Nach Angabe v. Dechens führt dieser „Porphyr“ Stielglieder
von Enkriniten. Er ist ein feinkörniges Gestein von dunkelrothbrauner
Farbe. Die Gemengtheile sind vorherrschend theils dunkle, theils wasser-
klare, abgerundete Quarzkörnchen, zwischen denen sich einzelne gelb-
liche, grünliche, bräunliche und schwärzliche Schüppchen und Körnchen
eingelagert befinden. Von einer zwischen den erkennbaren Gemeng-
theilen auftretenden Felsitgrundmasse ist nichts wahrzunehmen. Das
Gestein ist ungemein innig mit Eisenoxydhydrat imprägnirt, welches
sich auf den Klüften zu gelben, erdigen Massen angehäuft hat. Schon
makroskopisch keineswegs einem Porphyr gleichend, ergibt sich das
Gestein durch die mikroskopische Untersuchung, wie bereits hier vor-
ausgeschickt sein mag, als ein feinkörniger Sandstein.
II. Mikroskopische Untersuchung.
Der Begriff der felsitischen Grundmasse oder des Felsits, welcher
bei der Beschreibung der makroskopischen Beschaffenheit der unter-
suchten Gesteine wiederholt Verwendung fand, soll hier ganz in der
Weise aufgefasst werden, wie ihn Zirkel in seiner „Mikroskopischen
Untersuchung der Mineralien und Gesteine“ darlegt. Es ist darunter
die dem blossen Auge homogen erscheinende, dichte Masse zu ver-
stehen, welche in diesen Porphyren die makroskopische Grundmasse
für die ausgeschiedenen Krystalle bildet. Um Verwechslungen und Miss-
verständnissen vorzubeugen, sei hier noch einmal auf den Unterschied
zwischen Felsit und Mikrofelsit aufmerksam gemacht. Letzterer ist die
Bezeichnung für eine mikroskopische Structurausbildungsweise, und ist
darunter eine, als solche nur unter dem Mikroskop erkennbare, amorphe,
das Licht einfachbrechende Entglasungsmasse, aus nicht wirklich indi-
vidualisirten Theilchen zusammengesetzt, zu verstehen. Beide Begriffe
können also unter Umständen zusammenfallen, wenn nämlich die Grund-
masse unter dem Mikroskop sich als mikrofelsitisch erweist, doch tritt
dieser Fall bei Porphyren verhältnissmässig selten ein.
Auf die verschiedenen Ansichten über die Zusammensetzung und
Structur der felsitischen Grundmasse, welche bis in die jüngste Zeit
aufgestellt worden sind, näher einzugehen, dürfte hier nicht am Platze
sein, dieselben scheinen einen endgiltigen Abschluss durch die mikro-
skopischen Untersuchungen von Zirkel und K a 1 k o w s k y nach dieser
Richtung gefunden zu haben. Nach diesen Forschern zeigt die felsitische
Grundmasse der Quarzporphyre u. d. M. theils ein deutlich körniges
Die Porphyre und Grünsteine des Lennegebietes in Westphalen.
137
Gefiige, theils enthält sie eine unauflösliche Basis, welche wieder mikro-
felsitisch oder glasig sein kann.
Die vom Verfasser an den Porphyren der Lennegegend angestell-
ten Untersuchungen ergaben, dass dieselben, soweit sie überhaupt Por-
phyre sind, sämmtlich eine in der zuerst genannten Weise ausgebildete
Felsitgrundmasse besitzen : alle zeigen ein körnigkrystallinisches Gefüge,
welches bei einigen sehr deutlich, bei anderen allerdings weniger deut-
lich ausgeprägt ist. Sinken die Körnchen der Grundmasse an einzelnen
Stellen der Gesteine auch bis zu sehr geringer Grösse herab, so dass
sie alsdann ein so inniges Gewirr bilden, dass die einzelnen Individuen
nur noch sehr schwer zu erkennen und zu unterscheiden sind, so kann
doch auch für diese Stellen keineswegs die Bezeichnung Mikrofelsit in
Anwendung gebracht werden, da eben eine Individualisation auch hier
stattgefunden hat, wofür auch das lebhafte Polarisiren dieser Stellen
spricht, welches bekanntlich beim Mikrofelsit nicht zu beobachten ist.
Mikrofelsitisch ist also die Grundmasse keiner dieser Porphyre aus-
gebildet. Ebenso wenig konnte die Anwesenheit einer glasigen Grund-
masse oder eines ersten Umwandlungsproductes derselben constatirt
werden. Eine grüne, schwachdichroitische und schwachdoppelbrechende,
feinfaserige Materie, die sich zwischen den Gemengtheilen der felsiti-
schen Grundmasse in fast allen geschichteten Porphyren wiederfindet
und auch von Kalkowsky in einigen sächsischen Porphyren beob-
achtet wurde, ist wohl kaum, wie von diesem für möglich gehalten
wird, mit dem Umwandlungsproduct der Glasmasse in Diabasen, Basal-
ten etc. zu identificiren ; vielmehr sprechen verschiedene Umstände
dafür, dass es eine gleichzeitig mit den übrigen Gemengtheilen des
Felsites in der vorliegenden Structurweise ausgebildete Substanz ist.
Das dunkelrothbraune, an Quarzkörnchen ungemein reiche und
ebenfalls als „Porphyr“ aufgeführte Gestein vom Weinberg bei Bracht-
hausen, in welchem Enkriniten-Stielglieder gefunden worden sind, und
welches schon makroskopisch einen Zweifel an seiner Porphyrnatur
gestattet, erweist sich unter dem Mikroskop als ein vollkommen kla-
stisches Gestein : es ist ein aus abgerundeten Quarzkörnchen und eben-
falls abgeschliffenen Gesteinsfragmenten zusammengesetzter Sandstein.
Das Vorkommen organischer Reste in diesem vermeintlichen Porphyr
stösst daher auf keine Schwierigkeit mehr. Die mikroskopische Unter-
suchung dieses Gesteins wird im Anschluss an die Porphyre noch aus-
führlicher dargelegt werden.
Nach diesen vorausgeschickten allgemeinen Bemerkungen soll nun
auf die Zusammensetzung und Structur der felsitischen Grundmasse spe-
cieller eingegangen werden. Während nun in einigen Gesteinen das kry-
stallinische Gefüge in ziemlich gleichmässiger, einförmiger Weise durch
die ganze Grundmasse zu beobachten ist, zeigt es in anderen sehr auf-
fällige, durch abweichende Grösse und Anordnung der die Grundmasse
zusammensetzenden Individuen hervorgerufene Abwechslung, die beson-
ders bei Anwendung des Polarisations-Apparates in ausgezeichneterWeise
hervortritt. Die erstere Ausbildungsweise ist durchgängig denjenigen
Porphyren eigen, welche sich schon makroskopisch im Handstück als
echte, massige Quarzphorphyre zu erkennen geben, während die letztere
138
H. B. Mehner.
[12]
stets bei den deutlich schieferigflaserigen Porphyren wiederkehrt. Da
diese beiderlei Porphyre auch sonst noch wesentlich von einander ab-
weichen, so dürfte es angemessen sein, sie getrennt von einander zu
betrachten.
1. Die vollkommen massig ausgeMldeten Porphyre.
Dazu gehören:
Der rothe Porphyr vom Berg Löh bei Brachthausen, der lichte
Porphyr vom Stückenbrucb, der an Hornblende reiche Porphyr von
Altenhundem, die Porphyre vom Hohenstein und vom Eichhagen bei
Olpe und von der Ruenhardt bei Ebbelinghagen.
A. Felsitische Grundmasse.
Die Gemengtheile der krystallinischen Grundmasse sind von sehr
abweichender Grösse, theils bilden sie ziemlich grosse Körnchen, so dass
von ihnen nahezu ein Uebergang zu den porphyrisch ausgebildeten
Individuen stattfindet, theils sinken sie entgegengesetzt zu solcher
Winzigkeit herab, dass es oft schwer fällt, bei dem meist verschwom-
menen Charakter eines so dichten Gewirrs, die einzelnen Gemengtheile
von einander zu trennen und zu unterscheiden. Im gewöhnlichen Lichte
erscheint die Grundmasse obengenannter Porphyre zumeist sehr trübe,
was zunächst in der reichlichen Einlagerung höchst kleiner dunkler
Pünktchen und Körperchen, sowie in der durch vorgeschrittene Um-
wandlung verursachten Trübung gewisser zur Grundmasse gehöriger
Gemengtheile, und endlich wohl auch in der sehr feinkörnigen Zusam-
mensetzung des Felsits begründet liegen mag.
Von der krystallinischen Zusammensetzung ist im gewöhnlichen
Lichte nichts wahrzunehmen, die ganze Grundmasse erscheint vielmehr
als eine graue, homogene Masse, aus welcher nur einzelne wasserhelle
Gemengtheile, wie z. B. Quarz, hervortreten.
Die Untersuchungen über Zusammensetzung und Structur des
Felsits müssen daher immer im polarisirten Lichte vorgenommen werden.
Die krystallinische Beschaffenheit der Grundmasse fällt dabei sofort in
die Augen. Das Präparat bietet stets ein ausgezeichnetes, lichtmarmorirtes
Bild eines innigen Gemenges kleiner Körnchen, Blättchen und Schüpp-
chen dar. Diese Gemengtheile sind jedoch nur selten scharf gegen ein-
ander abgegrenzt, sondern zeigen meist verschwommene Ränder, dass
es häufig fast den Anblick gewährt, als seien dieselben ausgefranst,
oder sogar, als gingen sie in einander über. Diese Verschwommenheit
hat zum grossen Theil ihren Grund in der Kleinheit der Individuen,
welche bedingt, dass man, auch bei grosser Dünne des Schliffes, nie
eine einzige, einfache Schicht der Gemengtheile, sondern letztere stets
in einer Übereinandergreifenden Lagerung erblickt, wodurch dann selbst-
redend die Begrenzungslinien der einzelnen Individuen verwischt werden.
Die Grundmasse aller dieser Porphyre erlangt dadurch im polarisirten
Lichte ein eigenthümlich fleckiges Aussehen; helle und dunkle Stellen
wechseln in ihr ab. Bei gleichzeitiger Drehung beider Nicols oder beim
Drehen des Präparats zwischen gekreuzten Nicols zeigen die früher
Die Porphyre und Grftusteine des Lennegebietes in Westphalen. 139
dunklen Stellen auch Polarisation und erweisen sich gleichfalls als aus
einzelnen Individuen zusammengesetzt. Lebhafte, bunte Farben zeigt
diese dichte, fleckige Grundmasse niemals, die Gemengtheile wechseln
nur zwischen schwach milchigblauer und gelber Farbe. Nur einzelne
etwas grösser ausgebildete und alsdann meist scharfbegrenzte Individuen
zeigen in polarisirtem Lichte Farben höherer Ordnung.
Die den Felsit zusammensetzenden Gemengtheile sind Quarz und
Feldspath, in einigen Porphyren betheiligt sich auch noch Glimmer in
sehr feiner Vertheilung an der Zusammensetzung desselben. Einige
andere Gemengtheile, welche später Erwähnung finden werden, treten
hie und da noch hinzu. Auch in den Gesteinen, in welchen Glimmer
als wesentlicher Gemengtheil auftritt, ist derselbe an Menge sehr unter-
geordnet. Nach oberflächliger Taxirung, welche hier allein nur möglich
ist, sind Quarz und Feldspath in den meisten dieser Porphyre ungefähr
im Gleichgewicht vorhanden, höchstens könnte für die Porphyre vom
Hohenstein und vom Eichhagen, vielleicht auch für diejenigen des
Stückenbruchs und von Altenhundem ein Vorwiegen des Quarzes con-
statirt werden. Der Feldspath der Grundmasse ist fast nur Orthoklas.
Trotzdem, dass unter den porphyrischen Feldspathen der Plagioklas in
all’ diesen Porphyren reichlich auftritt und daraus sein Vorhandensein
auch in der Grundmasse vermuthet werden sollte, konnten trikline
Feldspathe als Gemengtheile derselben nur für die Porphyre vom Stücken-
bruch und von der Ruenhardt nachgewiesen werden. Sie sind meist
von sehr geringer Grösse und treten im Gegensatz zum Orthoklas stets
in Leistenform auf; die trikline Streifung lässt sie leicht und sicher
als Plagioklase erkennen. Der Orthoklas zeigt niemals an regelmässige
Krystallformen erinnernde Begrenzungsflächen, im Gegentheil ist der
unregelmässige, gefranste, verschwommene Rand für den Orthoklas der
Grundmasse dieser Porphyre geradezu charakteristisch. Gegenüber dem
ebenfalls unregelmässig aber scharflienig begrenzten Quarz zeichnet sich
der Feldspath durch seine grössere Trübheit aus. Ursachen dieser
Trübung können sein: Flüssigkeitseinschlüsse, sowie Einschlüsse winziger,
solider, lamellarer oder punktförmiger Körperchen, die wiederholt be-
obachtet wurden, und endlich Umwandlungsvorgänge, tlieils molekularer,
tlieils chemischer Natur, durch welche der Feldspath eine eigentüm-
liche, die klare Substanz trübende Faserung oder Längsstreifung erfährt,
die ihn vom Quarz ziemlich deutlich unterscheidet. Sehr bedeutend ist
sämmtlicher Feldspath im rothen Porphyr von Altenhundem umgewan-
delt. Wie ein Schluss von den grossen Quarzen auf die kleineren schon
vermuten lässt, führen auch diese, wie jene wiederholt Einschlüsse.
Diese sind zumeist Flüssigkeitseinschlüsse; als solche geben sie sich
in den etwas grösser ausgebildeten Quarzen der Grundmasse, wo sie
nicht schwer aufzufinden sind, deutlich zu erkennen ; wiederholt wurden
dabei bewegliche Libellen in den Einschlüssen beobachtet. Die Ein-
schlüsse zeigen teils kreisrunde, tlieils ovale, teils vielfach verzweigte
Formen. Etwas dunkler gerandete Einschlüsse lassen sich als Dampf-
poren erklären, in denen gewissermassen die Libelle den Einschluss
vollständig ausfüllt. Im Porphyr von Altenhundem wurden in zwei,
einigermassen gross ausgebildeteu Quarzen der Grundmasse auch Glas-
140
H. B. Mehner.
[14]
einschlüsse nachgewiesen. Eine auffällige Erscheinung bieten noch zu
kleinen, zusammenhängenden Partien vergesellschaftete Quarze in dem
mehrfach erwähnten rothen Porphyr von Altenhundem dar. Sie unter-
scheiden sich durch ungemein trübe Beschaffenheit, welche durch sehr
zahlreiche Flüssigkeitseinschlüsse und durch Einlagerung vieler kleiner,
dem Anscheine nach compacter Fäserchen und Körperchen hervor-
gerufen wird, ganz wesentlich von den übrigen, isolirt in der Grund-
masse liegenden kleinen Quarzen. Dabei ist die Beziehung unverkenn-
bar, in welcher diese kleinen, trüben Quarzpartien zu den sehr bedeu-
tend zersetzten, porphyrisch ausgeschiedenen Feldspathen stehen, in
deren nächster Nähe sie zumeist auftreten. Allem Anschein nach sind
besagte Quarze secundärer Entstehung und vermuthlich ein Zersetzungs-
product der Feldspathe.
Wie schon früher erwähnt, nimmt auch Glimmer in einigen dieser
Porphyre hervorragenden Antheil an der Zusammensetzung der Grund-
masse. Im Porphyr vom Stückenbruch ist derselbe jedoch nur in geringer
Menge zu beobachten und im röthlich-violetten Porphyr vom Berg Löh
fehlt er in der Grundmasse vollständig, was hier um so auffälliger ist,
als in diesem Gestein Glimmer in grossen Blättchen als makroporphyri-
scher Gemengtheil auftritt. Die Beschaffenheit des Glimmers in den
übrigen Porphyren ist eine eigenthümliche ; er kommt nämlich nur höchst
selten in Gestalt kleiner Blättchen und Schüppchen vor, sondern fast
immer in feinen Nüdelchen, die bei geringer Breite oft eine ansehnliche
Länge erreichen, sowie in zugespitzten Fäserchen und Schmitzchen.
Diese kleinen Gebilde liegen zumeist richtungslos durch die ganze
Grundmasse zerstreut und finden sich sowohl in den feinkörnigen, als
auch in den gröberen Partien wieder. Häufig sind diese Nüdelchen und
Schmitzchen zu zierlichen Büscheln und Haufwerken vereinigt, und
treten dann um so deutlicher hervor. Solche Aggregate finden sich
besonders in grobkörnigen Partien, wo sie zwischen Quarz- und Feld-
spathkörnern auftreten. Im gewöhnlichen Lichte ist dieser Glimmer
nur schwer zu erkennen, da er fast farblos, nur ganz schwach licht-
grünlich gefärbt ist, und die Nüdelchen, wegen ihrer sehr geringen
Grösse nur wenig aus der meist trüben Grundmasse hervortreten. Um
so mehr fällt er aber im polarisirten Lichte auf, da er darin, vor
Allem, wo die Fäserchen kleine Büschel und Haufwerke bilden, in leb-
haften, leuchtenden Farben erscheint, die auch dann noch zu beobachten
sind, wenn wegen grosser Dünne des Schliffes der Quarz nur noch
ganz matte, bläulichweisse Farbe zeigt. Im Porphyr von der Ruenhardt
und vom Stückenbruch treten neben den kleinen Nüdelchen auch noch
kleine Schüppchen und langgezogene Blättchen desselben Minerals, aber
nur in geringer Anzahl auf. Alle diese Gebilde sind entschieden als
Kaliglimmer oder doch als ein diesem sehr nahe verwandtes Mineral
in mikrolithartiger Ausbildung aufzufassen. Ivalkowsky beobachtete
dieselben ebenfalls in einigen sächsischen Porphyren, in einem Frei-
berger Gangporphyr von der Grube Himmelfahrt in besonders grosser
Menge. Mehrere Präparate sächsischer Porphyre, die dem Verfasser
zum Vergleich freundlichst überlassen wurden, zeigten hinsichtlich des
Glimmers vollständige Uebereinstimmung mit den hier untersuchten
Die Porphyre und Grtinsteine des Lennegebietes in West.phalen.
141
Porphyren. In den Porphyren der Ruenhardt und vom Eichhagen
wurden derartige kleine Glimmerfäserchen im Quarz eingeschlossen
vorgefunden.
Von diesem feinvertheilten Glimmer, der ohne Zweifel gleich bei
Festwerdung des Gesteinsmagmas aus diesem ausgeschieden wurde, ist
eine in Folge ihrer ebenfalls feinfaserigen und schuppigen Ausbildung
und ihrer optischen Eigenschaften ihm ungemein gleichende secundäre
Substanz zu unterscheiden, welche später unter den Umwandlungs-
und Zersetzungsproducten dieser Porphyre beschrieben werden wird.
Dunkler Magnesiaglimmer wurde niemals als Gemengtheil der
Felsitgrundmasse beobachtet. Ferrit findet sich in den Porphyren vom
Eichhagen, vom Hohenstein und von der Ruenhardt als Gemengtheil
der Grundmasse nicht vor, nur auf Klüften des Gesteins ist er wieder-
holt reichlich abgesetzt. Im Porphyr vom Stückenbruch liegt er in
röthlichbraunen bis gelbbraunen Körnchen von unregelmässiger Form
durch die ganze Grundmasse zerstreut, oft zu kleinen Haufwerken
zusammengelagert.
Am reichsten an Ferrit erweisen sich die Porphyre vom Berg
Löh und von Altenhundem, was beide Gesteine, auch schon durch die
violette, röthliche Farbe im Handstück verrat.hen. Im Porphyr vom
Berg Löh ist derselbe durch die ganze Grundmasse in sehr feiner Ver-
theilung in kleinen, unregelmässig begrenzten Schüppchen und Körnchen
verbreitet, die bei gehöriger Dünne blutrothe bis rothbraune Farbe
zeigen. Nur selten treten dieselben zu grösseren Haufwerken zusammen.
Wiederholt sind die Körnchen linienartig aneinander gereiht, und diese
Reihen büschelförmig, mit radialer Anordnung der Strahlen, vereinigt;
oder die Körnchen sind durch versteckt sphärulitische Structur der
Grundmasse zu bogen- und halbkreisförmigen Linien angeordnet.
Im Porphyr von Altenhundem tritt Ferrit in ganz ähnlicher Weise
auf. Leicht zu unterscheiden von diesem feinvertheilten Ferrit, der als
ursprünglicher Gemengtheil der Grundmasse aufzufassen ist, sind kleine
Anhäufungen von röthlichbraunem Eisenoxydhydrat in diesen Gesteinen,
die entschieden theils Zersetzungsproducte, theils Absätze circulirender
Gewässer sind.
Ausser den bisher behandelten Gemengtheilen der felsitischen
Grundmasse sind nun aber in allen Porphyren in reichlicher Menge
noch kleine, oft zu ungeheuerer Winzigkeit herabsinkende, bei geringer
Vergrösserung sämmtlich dunkel erscheinende Pünktchen zu beobachten.
Ein Theil derselben ist ohne Zweifel für Flüssigkeitseinschlüsse, be-
ziehentlich Dampfporen in den die Grundmasse zusammensetzenden
pelluciden Gemengtheilen zu erklären, sie bleiben auch bis zur stärksten
Vergrösserung vollkommen dunkel. Viele jener Pünktchen erweisen sich
anderntheils aber entschieden als solide Körperchen ; sie zeigen bei
starker Vergrösserung entweder eine farblose, wasserhelle oder auch
eine schwach gelblich, bis bräunlich gefärbte Mitte mit äusserem dunk-
len Rande. Dieselben sind zum grossen Theile abgerundet, während
einige auch vielseitige, unregelmässige Umgrenzung zeigen. Sie finden
sich unter den ersterwähnten Flüssigkeitseinschlüssen in reicher Menge
durch die ganze Grundmasse wieder und sind am besten da zu unter-
Mineralogische Mittheilungen. 1877. 2. Heft. (Mehner). 19
142
H. B. Mehner.
[16]
suchen, wo die Grundmasse über einen schräg zur Schlifffläche liegenden
pelluciden Quarz hinweggreift. Auch in den Einbuchtungen und Ein-
schlüssen von Grundmasse in den Quarzen sind sie stets zu beobachten.
Eine Erklärung über die Natur dieser kleinen soliden Gebilde abzu-
geben ist sehr schwierig. Sie sämmtlich mit den in andern Gesteinen
häufig zu beobachtenden Globuliten zu identificiren, dürfte gewagt er-
scheinen. Ein grosser Theil scheint mit weit mehr Wahrscheinlichkeit
durch Bearbeitung der Thonschiefereinschlüsse, die sich in den meisten
dieser Gesteine finden, in die Grundmasse, als sie noch plastisch war,
gekommen und durch dieselbe verbreitet worden zu sein, welche An-
sicht dadurch unterstützt wird, dass sich in den eingeschlossenen
Gesteinsfragmenten derartige winzige Gebilde in ungemein grosser
Menge vorfinden, und sodann, dass sich in der nächsten Umgebung
derselben die Grundmasse stets als ganz besonders reich an jenen
kleinen Körnchen erweist. Die Präparate und Handstücke zweier dieser
Porphyre (ob diese überhaupt, muss unentschieden gelassen werden)
sind frei von eingeschlossenen Gesteinsfragmenten, trotzdem waren in
der Grundmasse derselben ebenfalls die genannten kleinen Körnchen,
wenn auch in weit geringerer Menge zu beobachten.
Was nun die Structur Verhältnisse dieser Porphyre betrifft,
so ist schon vorgreifend angedeutet worden, dass die Grundmasse bei
einigen eine vollkommen gleichartige, einförmige, körnige Structur zeigt,
so vor Allem in den Porphyren vom Stückenbruch, vom Berg Löh und
von Altenhundem. In dem ersten der angeführten drei Gesteine finden
sich ausserdem noch an zwei Stellen die Gemengtheile der Grundmasse
derartig gruppirt, dass eine Fluctuationsstructur deutlich hervortritt.J
Wiederholt geht die körnige Structur durch das gegenseitige
Uebereinandergreifen und das dadurch bedingte verschwommene Aus-
sehen der Körnchen in die weiter oben bereits beschriebene flecken-
artige Ausbildung über, welche besonders in den Porphyren vom Hohen-
stein, von der Ruenhardt und vom Eichhagen zu beobachten ist. End-
lich zeigen zwei der untersuchten massigen Porphyre eine ausgezeich-
nete sphäruli tische Structur, indem inmitten der fleckig-körnig
ausgebildeten Grundmasse kleine concentrische und radiale Kugelbil-
dungen auftreten, durch welche diesen Gesteinen sofort beim ersten
Blick in’s Mikroskop der Stempel eines echten Porphyrs aufgedrückt
ist. Am ausgezeichnetsten zeigt die Sphärulite der Porphyr vom Eich-
hagen, in geringerer Anzahl derjenige vom Hohenstein. In den Sphäruliten
erfährt die Grundmasse eine derartige Anordnung, dass ganz dichte
und trübe Masse den Kern des Kugelschnittes bildet, der in der Regel
von einem Quarzring allseitig umgeben ist, welcher sich durch seine
Pellucidität von der trüben Grundmasse nach innen und aussen, beson-
ders im polarisirten Lichte, deutlich abhebt. Dieser Quarzring ist häufig
ein Individuum, was sich aus der einheitlichen Farbe im polarisirten
Lichte ergibt; hin und wieder wird er aber auch von mehreren Indi-
viduen in verschiedener Lage gebildet, was sich zwischen den Nicols
durch die verschiedene Färbung derselben ergibt. Durch den lichten
Quarz verlaufen übrigens häufig radiale Strahlen von der Mitte nach
dem Umfang der Sphärulite; sie sind theils durch aneinandergereihte
Die Porphyre und Grünsteine des Lennegebietes in Westphalen.
143
Flüssigkeitseinschlüsse, theils durch linear gelagerte solide Körperchen
gebildet. Anderntheils finden sich aber auch Sphärulite vor, die eine
entgegengesetzte Anordnung der Substanzen zeigen, indem bei ihnen
die trüb beschaffene, dichte Grundmasse den äusseren Ring bildet,
während die Mitte von lichtem Quarz eingenommen wird. Bei diesen
Sphäruliten scheinen in dem äusseren Ringe kleine Nädelchen von
Glimmer, wie sie früher beschrieben wurden, besonders vorzuherrschen.
Eine scharfe Grenze zwischen beiderlei Sphäruliten ist nicht zu ziehen,
vielmehr findet ein allmähliger Uebergang zwischen ihnen statt. Ein
Polarisationskreuz ist in denselben nur selten, und dann nur in ver-
schwommener Weise zu beobachten. Wiederholt sind Sphärulite nur
zum Theil, als einzelne Kugelsegmente ausgebildet.
B. Porpliy rische Gemengtheile.
Einige dieser massigen Porphyre sind sehr reich an porphyrischen
Gemengtheilen, andere zeigen deren nur wenige, wie schon aus der
makroskopischen Beschreibung zu ersehen ist. Reich daran sind z. B-
die Porphyre vom Stückenbruch, vom Berg Löh und der rotlie, horn-
blendeführende Porphyr von Altenhundem, arm daran diejenigen vom
Hohenstein und Eichhagen, sowie von der Ruenhardt. Die makrosko-
pischen Gemengtheile der ersteren zeichnen sich auch noch durch ihre
Grösse gegenüber denjenigen der letztgenannten Gesteine aus.
Als porphyrische Gemengtheile treten vor Allem Quarz und
F eidspat h auf. Die Gestalt der Quarze ist ziemlich verschieden, und
zwar nicht nur bezüglich der einzelnen Gesteine untereinander, sondern
auch in ein und demselben Gestein zeigt sich der Quarz in sehr ab-
wechselnden Gestalten. Zum Theil lassen die Individuen deutlich die
Krystallform des Quarzes erkennen. Die Ecken und Kanten sämmt-
licher Formen sind nie scharf ausgebildet, sondern immer mehr oder
weniger abgerundet, welche Eigentümlichkeit wohl eher als die Folge
des die Ivrystallisation hemmenden Einflusses der umgebenden Grund-
masse anzusehen, als auf eine Abschmelzung der Kanten und Ecken
in dem gluthflüssigen Magma zurückzuführen ist. Neben diesen einiger-
massen regelmässig begrenzten Quarzen finden sich zahlreiche andere,
die nur selten einzelne, geradlinig verlaufende Ränder zeigen. Endlich
treten noch ganz unregelmässig begrenzte, splitterartige Formen auf.
Fast sämmtliche grösseren Quarze, sowohl diejenigen mit Ivrystallgestalt.,
als auch diejenigen von abgerundeter Körnerform, führen kleine Massen
der umgebenden Grundmasse in sich eingeschlossen. In auffallend
reichem Maasse zeigen diess die Quarze der Porphyre vom Stücken-
bruch und vom Berg Löh. Die Grundmasse dringt theils in stumpf-
eckigen oder rundlichen, bimförmigen Buchten oder in breiten Spalten
oft tief in das Innere der Quarzdurchschnitte ein, theils bildet sie
kleine abgerundete oder auch genau die Form der hexagonaleu Doppel-
pyramide wiedergebende, isolirt im Quarz erscheinende Flecken. Letz-
tere können angesehen werden, entweder als Querschnitte oben be-
schriebener Einbuchtungen, die in der Richtung der Mikroskopaxe im
Quarz verliefen und daher als isolirte Einschlüsse nur erscheinen, oder
19*
144
H. B. Mehner.
[18]
als solche Einschlüsse, welche wirklich als allseitig von der Quarzsub-
stanz umschlossen zu erkennen sind; letzterer Art sind namentlich die
Einschlüsse von der Form der Doppelpyramide. Mehrfach sind ferner
in den Porphyren zerborstene und zertrümmerte Quarze zu beobachten,
theils mit nur geringer, theils mit bedeutender Verrückung in der Lage
der einzelnen Splitter. Ist im ersteren Falle die ursprüngliche Zusam-
mengehörigkeit der Theile leicht zu constatiren, so ist dieses bei einer
grösseren Verschiebung oft schwierig, ja geradezu unmöglich, wenn
nicht besonders charakteristische Formen diese Arbeit erleichtern. Von
den oben erwähnten unregelmässigen, oft splitterförmigen Quarzen ist
entschieden ein grosser Theil als dergleichen Fragmente anzusprechen,
doch wäre es gewiss zu weit gegangen, wollte man alle unregelmässig
begrenzten Querdurchschnitte in diesen Porphyren auf Trümmerstücke
zurückführen, vielen ist vielmehr entschieden Ursprünglichkeit zuzuer-
kennen. Der verstümmelnde Einfluss der umgebenden Grundmasse, der
bereits als Ursache der Abrundung der Ecken bei den regelmässigen
Quarz individuell hingestellt wurde, konnte auch ein so bedeutender
sein, dass Individuen, von lauter unregelmässigen Druckflächen begrenzt
hervorgingen. Den augenscheinlichen Beweis für die letztere Ansicht
liefert z. B. der Porphyr vom Eichhagen. Grössere, regelmässig begrenzte
Quarze gehören in ihm zu den Seltenheiten, dagegen ist er an kleinen
Quarzen ungemein reich. Diese letzteren zeigen sämmtlich jene unregel-
mässig begrenzte Splitterform und zugleich eine eigenthümliche Anord-
nung, sie sind fast stets zu 2, 3, 4 oder mehr hintereinander gelagert,
so dass dadurch jedesmal ein schmaler Quarzstreifen im Dünnschliffe
gebildet ist, der sich gewöhnlich nach den beiden Enden allmälig aus-
spitzt. Im gewöhnlichen Lichte einheitlich erscheinend, gibt sich der-
selbe im polarisirten Lichte sofort als aus einer Anzahl von Individuen
zusammengesetzt zu erkennen. Diese letzteren sind durchaus keine
Trümmerstücke, sondern entschieden ursprüngliche Gebilde, die nur
durch die umgebende Grundmasse verhindert wurden, sich in regel-
mässigen Formen des Quarzes auszuscheiden. Diese langgezogenen
Streifen von Quarz, die allem Anschein nach Querschnitte dünner,
parallelverlaufender Lamellen sind, deuten übrigens auf eine Fluctua-
tion der Porphyrmasse, beziehentlich auf einen auf dieselbe ausgeübten
Druck hin. Aehnliche Bildungen des Quarzes, wie die eben beschrie-
benen des Porphyrs vom Eichhagen kommen noch in den Porphyren
vom Hohenstein und von der Ruenhardt vor.
Ausser durch die zahlreichen Einbuchtungen und Einschlüsse von
Felsitmasse geben sich die ausgeschiedenen Qarze auch dadurch noch
als echte Porphyrquarze zu erkennen, dass sie neben zahlreichen Flüs-
sigkeitseinschlüssen auch mehr oder weniger Glaseinschlüsse führen.
Ein bestimmtes Quantitätsverhältniss zwischen beiderlei Einschlüssen
lässt sich nicht nachweisen. Am reichsten an Glaseinschlüssen sind die
Quarzdurchschnitte der Porphyre vom Berg Löh und vom Stücken-
bruch; zugleich sind sie hier am grössten ausgebildet. Auch die übrigen
massigen Porphyre führen sämmtlich in ihren Quarzen Glaseinschlüsse,
doch sind dieselben bei ihnen etwas seltener. In einem Quarzdurch-
schnitt des Porphyrs vom Eichhagen befindet sich ein kreisrunder
Die Porphyre und Grünsteine des Lennegebietes in Westphalen. 145
Durchschnitt von eingeschlossener, sehr dichter Felsitmasse, in welcher
wieder ein nahezu ebenso grosser hyaliner Einschluss mit Bläschen
sitzt, so dass die Felsitmasse nur noch einen ganz schmalen Ring um
den Glaseinschluss bildet. Daraus geht hervor, dass die Einschlüsse
feinkörniger Felsitmasse, die so häufig in den Porphyrquarzen wieder-
kehren, keineswegs erst durch Umwandlung von Glaseinschlüssen secun-
där entstanden sind,1) sondern dass von den Quarzen bei ihrer Bildung
sowohl amorphes Glas, als auch bereits krystallinisch gewordene Felsit-
masse umschlossen wurde. Auf den Werth des Nachweises von Glas-
einschlüssen in den Gemengtheilen eines Gesteins für die Deutung der
Bildungsweise desselben aufmerksam zu machen, dürfte unnöthig sein;
auch wird später nochmals darauf zurückgekommen.
Flüssigkeitseinschlüsse sind in den porphyrischen Quarzen in un-
gemein reicher Anzahl vorhanden, nur hin und wieder finden sich
Quarzkörner oder einzelne Stellen in den Individuen, die ziemlich frei
davon sind. Theils sind die Flüssigkeitseinschlüsse zu Strängen oder
breiten Streifen angeordnet, welche den Quarz nach verschiedenen
Richtungen durchlaufen, theils sind sie auch in einfacher Reihe hinter-
einander angeordnet, oder liegen endlich richtungslos in dem Quarz
zwischen jenen Linien und Streifen zerstreut. Die Formen der Ein-
schlüsse sind wie gewöhnlich sehr wechselnd. Ein Bläschen, oft in zit-
ternder Bewegung, war in den meisten derselben wahrzunehmen.
Die Beobachtung, dass die Grösse des Flüssigkeiteinschlusses
zur Grösse der in demselben befindlichen Libelle durchaus in keiner
Beziehung steht, kann hier nur bestätigt werden. Dicht neben grossen
Einschlüssen mit kleiner Libelle, finden sich kleine Einschlüsse, in denen
das Bläschen fast den ganzen Raum ausfüllt. Derartige Einschlüsse, in
denen nur noch wenig Flüssigkeit, oft blos noch in den feinen Aus-
spitzungen und Ausschweifungen, neben dem Bläschen enthalten ist,
bilden den Uebergang zu den wirklichen Dampfporen, die sich neben
den Flüssigkeitseinschlüssen ebenfalls in reichlicher Menge in den Quar-
zen finden und an ihrem breiten dunklen Rand erkennbar sind. Die
Gestalt derselben ist ebenfalls sehr wechselnd, doch scheint eine läng-
liche, abgerundete Form, auf einer Seite oder auf zwei Seiten mit Aus-
spitzung, vorzuherrschen.
Kleine nadelförmige, farblose Mikrolithe fanden sich nur einige
Male im Quarz eingeschlossen vor.
Wie die Quarze, so sind auch die porphyrisch ausgeschiedenen
Feldspathe in einigen Porphyren sehr reichlich vorhanden, während
sie in anderen nur vereinzelt auftreten. Viele makroskopische Feld-
spathe führen die auch an Quarzen reichen Porphyre vom Stücken-
bruch und vom Berge Löh, ferner der rothe, hornblendeführende Por-
phyr von Altenhundem; auch der Porphyr von der Ruenhardt enthält
deren noch eine ziemlich bedeutende Anzahl, während die Gesteine
vom Eichhagen und vom Hohenstein arm daran sind.
Neben Orthoklasen finden sich Plagioklase in grosser Anzahl,
doch ohne das Uebergewicht über erstere zu erlangen. Im Porphyr
*) Eine Auffassung, welcher Vogelsang besonders das Wort redete.
146
H. B. Mehner.
[20]
von der Ruenhardt scheinen beide ungefähr in gleicher Menge vorhan-
den zu sein. Dass auch im rothen Porphyr von Altenhundem neben
Orthoklasen Plagioklase vorhanden waren, lässt sich wohl vermuthen,
aber nicht feststellen, da der sehr weit vorgeschrittenen Zersetzung
wegen trikline Streifung nicht mehr zu beobachten ist. Vielfach zeigen
die Feldspathe sehr regelmässig begrenzte Formen oder es sind wenig-
stens mehrere Seiten und Winkel der einzelnen Individuen regelmässig
und scharf ausgebildet. Daneben treten aber auch vollständig unregel-
mässig begrenzte, zum Theil abgerundete, sowie splitterförmige auf,
welche, wie beim Quarz, als Bruchstücke aufzufassen sein dürften.
Dass übrigens eine theilweise Zertrümmerung der Feldspathe in den
Porphyren factisch stattgefunden hat, als die Grundmasse noch plastisch
war, ist mehrfach, besonders ausgezeichnet aber an einem Präparat
des rothen Porphyrs vom Berg Löh zu beobachten. In demselben be-
findet sich ein grosser Feldspath, der in mehrere unregelmässige Stücke
zerborsten ist, welche aber nur eine geringe Verschiebung erfahren
haben, so dass einige derselben im polarisirten Lichte noch mit gleichen
Farben erscheinen, also ihre gemeinsame optische Orientirung mit Bezug
auf die Axe des Mikroskopes bewahrt haben. Die Zwischenräume zwi-
schen den einzelnen Fragmenten sind durch felsitische Grundmasse
ausgefüllt, die vollständig mit der den Feldspath umgebenden Grund-
masse übereinstimmt und bei Zerberstung des Feldspaths in die Lücken
zwischen den Fragmenten eingedrungeu ist, ein Zeichen, dass die por-
phyrischen Feldspathe bereits fertig ausgebildet waren, als die übrige
Grundmasse sich noch in plastischem oder sogar flüssigem Zustande
befand.
Die monoklinen als auch die triklinen Feldspathe sind meist als
sehr breite Individuen ausgebildet. Lange, schmale Leistenformen, wie
sie sonst dem Plagioklas eigen zu sein pflegen, sind hier nur höchst
selten zu beobachten. Eine Zwillingsverwachsung der Orthoklase nach
dem Karlsbader Gesetz war vereinzelt in den Porphyren vom Stücken-
bruch, vom Berge Löh, von der Ruenhardt und vom Eichhagen, dagegen
eine solche nach dem Bavenoer Gesetz nur in einem einzigen Falle,
in einem Präparate des rothen Porphyrs von Altenhundem nachzuweisen.
Wiederholt finden sich in Orthoklasen der untersuchten Porphyre
Lamellen eines triklinen Feldspathes eingewachsen. Belege dazu bieten
die Porphyre vom Berge Löh, vom Stückenbruch und von der Ruen-
hardt. Die dem Orthoklas eingeschalteten triklinen Lamellen verlaufen
meist mit der Hauptaxe des Orthoklases parallel, doch sind sie auch
mehrfach senkrecht zu derselben eingelagert. In einzelnen Fällen ver-
laufen sie in einem und demselbem Individuum auch nach beiden Rich-
tungen. Die eingeschlossenen triklinen Feldspathe sind nur selten gut
ausgebildet, vielmehr besitzen die einzelnen Lamellen häufig ganz ver-
schiedene Länge.
Auch Verwachsungen trikliner Feldspathe unter sich sind nicht
selten zu beobachten. Dieselben sind einestheils in der Weise erfolgt,
dass die Lamellen der verwachsenen Individuen in ihrer Richtung voll-
ständig übereinstimmen, dass sie aber an den schmalen Seiten, wo sie
sich berühren, in scharfen Linien gegeneinander abgegrenzt sind, was
[21] Die Porphyre und Grünsteine des Lennegebietes in Westphalen. 147
durch die häufig ganz abweichende Breite und durch die meist andere
Färbung der in die fortgesetzte Richtung einer Lamelle zu liegen
kommenden anderen Lamelle besonders auffallend hervortritt. Die andere
Art der Verwachsung, welche die LameJJen der verwachsenen Individuen
in nahezu senkrechter Stellung zu einander zeigt, ist nach dem zuerst
von Stelzner1) dargelegten Periklingesetz (86° 40') erfolgt.
Nur wenige der porphyrischen Feldspathe sind klar und vollkom-
men pellucid, vielmehr zeigen fast sämmtliche eine grössere oder
geringere Trübung. Diese rührt her theils von einer stattgefundenen
molekularen Umwandlung, wie sie bei den Feldspathen der Granite und
Syenite häufig zu beobachten ist, anderntheils aber und zwar zumeist
wird dieselbe durch eine bedeutende Menge von Einschlüssen in der
Feldspathsubstanz hervorgerufen. Diese Einschlüsse sind häufig durch
den ganzen Feldspath gleichmässig verbreitet, mitunter aber auch nur
auf einzelne Partien desselben beschränkt, während andere fast frei
davon sind, wodurch bei geringer Vergrösserung eine wolkenartige Trü-
bung solcher Feldspathe entsteht. Die zwischen den verdunkelnden
Einschlüssen liegende Feldspathsubstanz ist pellucid und polarisirt
zumeist noch lebhaft. Die Einschlüsse selbst sind theils Flüssigkeits-
einschlüsse, theils Dampfporen, wie aus dem breiten dunklen Rand
zu schliessen ist, theils endlich feste Körper, die meist in Gestalt läng-
licher, oft stäbchenartiger Blättchen und Lamellen von gewöhnlich
dunkler Farbe und geringer Durchsichtigkeit auftreten, und fast immer
parallel zur Längsaxe des Feldspathes gelagert sind. Ueber die Natur
der eingelagerten Körperchen lassen sich eine Menge Vermuthungen
aufstellen, ohne damit aber ein Resultat zu erzielen.
Die chemische Umwandlung, welche an allen porphyrischen Feld-
spathen, wenn auch in verschieden starkem Maasse zu beobachten ist,
liefert vollkommen pellucide Zersetzungsproducte. Hinsichtlich des
Grades der Zersetzung sind in einigen Porphyren die Feldspathe noch
gut erhalten, indem das Zersetzungsproduct nur auf Spalten des Indi-
viduums oder in einzelnen Punkten in der Masse zerstreut zu beob-
achten ist; Beispiele liefern zahlreiche Feldspathe der Porphyre vom
Stückenbruch, vom Berg Löh, Eichhagen und Hohenstein, sowie von
der Ruenhardt. Daneben finden sich häufig in einem und demselben
Präparat solche Feldspathe, in welchen nur noch geringe Theile der
Feldspathsubstanz erhalten gebliehen sind, und endlich sogar auf solche,
in welchen von dieser nichts mehr wahrzunehmen ist; letzterer Fall ist
am häufigsten im rothen Porphyr von Altenhundem. Die Umwandlungs-
producte der Feldspathe sind theils Kaolin, theils die bereits früher
bei Beschreibung des durch die Grundmasse feinvertheilten Glimmers
erwähnte und diesem sehr ähnliche Substanz, theils endlich kohlen-
saurer Kalk, womit jedoch keineswegs gesagt sein soll, dass letzterer
in eben derselben Weise aus der Feldspathsubstanz hervorgegangen
sei, wie wir es für Kaolin und den Glimmer anzunehmen gute Gründe
haben ; der kohlensaure Kalk ist vielmehr entschieden durch circulirende
Gewässer als doppeltkohlensaurer Kalk nach dieser Stelle geführt und
’) Berg- und Hüttenmännische Zeitung. 1870. Bd. XXIV, pag. 150.
H. B. Mehner.
148
[22]
hier bei Zersetzung der Feldspathsubstaiiz als einfach kohlensaurer
Kalk an Stelle jener abgesetzt worden.
Alle drei Zersetzungsproducte sind im gewöhnlichen Lichte nut-
schwer zu erkennen, da sie pellucid und vollständig oder doch nahezu
farblos sind.
Das erstgenannte der drei Umwandlungsproducte bricht das Licht
nur sehr schwach, gibt sich bei sehr heller Beleuchtung als ein fein-
körniges, verschwommenes Aggregat zu erkennen, welches zwischen
den Nicols ziemlich schwer eine schwach milchigbläuliche Farbe wahr-
nehmen lässt und ist in diesen Eigenschaften vollständig identisch mit
dem Zersetzungsproduct des Feldspaths in dem vollständig kaolinisirten
Porphyr von Rasephas bei Altenburg, von welchem dem Verfasser zur
Vergleichung ein Präparat zu Gebote stand. Dieses Umwandlungs-
material ist, trotzdem die Feldspathe der untersuchten Porphyre in
den Handstücken ganz den Anschein der Kaolinisirung darbieten, in
auffallend geringem Maasse u. d. M. zu beobachten. Viel häufiger
findet sich die zweite Substanz; diese bildet meist kleine, in der Feld-
spathsubstanz liegende Fäserchen und Nüdelchen oder nach beiden
Enden zugespitzte schmale Blättchen und Schüppchen, welche theils
farblos sind, theils einen ganz lichtgrünlichen bis lichtgelblichen Schein
zeigen, starkes Lichtbrechungsvermögen besitzen und sieb häufig zu
kleinen faserigen Büscheln vereinigt haben. Auch durchsetzt dieses
Umwandlungsproduct die Feldspathe in schmalen und breiten Streifen,
so dass zu erkennen ist, dass es den Zerklüftungen der Feldspathe
folgt und von diesen dann weiter in die Masse eindringt. Ausserhalb
der Feldspathe füllt diese feinfaserige Materie häufig durch die Grund-
masse verlaufende schmale Spältchen aus, in denen dann die Fäserchen
meist eine senkrechte Stellung zu den Salbändern bewahren. Bei der
auffallenden Uebereinstimmung dieses Umwandlungsproductes mit dem
in einigen Porphyren beobachteten feinvertheilten Glimmer der Grund-
masse ist man von vornherein geneigt, auch dieses als Glimmer, oder
mindestens als ein glimmerartiges Mineral aufzufassen. Kalkowsky,
der dasselbe Zersetzungsproduct in zahlreichen sächsischen Porphyren
beobachtete, bezeichnete es auch als solches, welcher Auffassung ja auch
nichts entgegen steht. Trotzdem muss die Möglichkeit zugegeben werden,
dass diese Substanz doch vielleicht nur Kaolin in kryptokrystallinischer
Ausbildung ist. In den Feldspathen kommt dieses zweite Zersetzungs-
product theils allein, theils mit dem ersten, theils mit dem sogleich zu
beschreibenden dritten, oder mit beiden zugleich vor. Während in den
Porphyren vom Stückenbruch, vom Berg Löh und v. a. 0. nur verein-
zelte Feldspathe einer sehr vorgeschrittenen oder vollständigen Um-
wandlung unterlegen gewesen sind, zeigt sich in dem rothen Porphyr
von Altenhundem die Substanz fast sämmtlicher Feldspäthe vollstän-
dig durch das Umwandlungsproduct verdrängt. Da aber trotzdem die
Gestalt der Feldspathe vollkommen ei’halten geblieben ist, liegen hier
vollständige Pseudomorphosen dieses glimmerartigen Minerals (Kaolin?)
nach Feldspath vor.
Wie neben den beiden beschriebenen Zersetzungsproducten auch
Kalkspath die frühere Stelle der Feldspathsubstanz einnimmt, ist in
[23] Die Porphyre und Grünsteine des Lennegebietes in Westpbalen. 149
ausgezeichneter Weise ebenfalls an dem rothen Porphyr von Alten-
hundem zu beobachten. Der kohlensaure Kalk überragt hier häufig das
glimmerähnliche Zersetzungsproduct bedeutend an Menge. Im gewöhn-
lichen Lichte nur schwer erkennbar, tritt er im polarisirten Lichte durch
seine ziemlich grelle, irisirende Farbe in sehr auffälliger Weise hervor.
Er bildet theils zusammenhängende Partieen, theils Haufwerke kleiner
Individuen, welche ab und zu die Rhomboedergestalt erkennen lassen.
Bei Behandlung eines Dünnschliffes mit HCl wurden diese Partien unter
heftigem Auf brausen vollständig aufgelöst und dabei beobachtet, dass
sich kohlensaurer Kalk auch durch die ganze Grundmasse sehr ver-
breitet findet, aber meist in so feiner Vertheilung, dass er bei der blos
optischen Untersuchung dem Beobachter leicht entgeht.
Ausser Quarz und Feldspath tritt als porphyrischer Gemengtheil
noch Glimmer auf und zwar in den Porphyren vom Stückenbruch,
vom Berg Löh, und im rothen Porphyr von Altenhundem in reichlicher
Menge, dagegen in denen vom Hohenstein und vom Eichhagen nur
ganz vereinzelt in kleinen Blättchen, während er endlich im Porphyr
von der Ruenhardt vollständig fehlt, trotzdem gerade in diesem Gestein
Glimmer als Gemengtheil der Grundmasse sehr reichlich vorhanden
ist. Die Porphyre vom Stückenbruch, vom Berg Löh, vom Eichhagen
und Hohenstein führen nur lichten Kaliglimmer, dagegen der Porphyr
von Altenhundem durchaus keinen solchen, sondern nur dunklen stark
dichroitischen Magnesiaglimmer (Biotit).
Der Kaliglimmer (Muscovit) bildet farblose oder schwachgelbliche
oder grünlich angehauchte Blättchen von nur selten scharfer Um-
randung. Dieselben sind zum Theil langgezogen und zeigen alsdann
häufig wellenförmige Windungen und Knickungen. Deutlich tritt zumeist
ihre lamellare Zusammensetzung hervor. Die Ränder, welche parallel
zur Faserung verlaufen, sind meist scharf begrenzt, während die übri-
gen vielfach zerfranst und zerfetzt sind. Im Porphyr vom Berg Löh
zeigt der vollkommen pellucide Muscovit im durchfallenden Lichte stets
eine gelbliche Umrandung, die im auffallenden Lichte intensiv weiss
erscheint. Desgleichen durchlaufen von den schmalen Rändern der
Glimmerblättchen aus, parallel zur Spaltungsrichtung, zahlreiche Bänder
und Streifen dieselben, welche ganz "die Beschaffenheit des trüben
Randes zeigen. Sie durchsetzen die Blättchen theils vollständig, theils
nur stückweise, sind nach den Enden zu häufig ausgespitzt und fügen
sich vollständig den wellenförmigen Biegungen und Knickungen der
Glimmerlamellen an. Bei stärkerer Vergrösserung ergeben sich diese
trüben Ränder und Streifen aus unzählig vielen kleinen, runden Körn-
chen zusammengesetzt, welche im durchfallenden Lichte einen dunklen
Rand und schwachgelbliche, pellucide Mitte erkennen lassen, im auf-
fallenden Lichte aber intensiv weiss aussehen. Die Natur dieser kleinen
Körnchen ist schwer zu bestimmen, sie als Umwandlungsproducte des
Glimmers aufzufassen, scheint keineswegs statthaft zu sein, da die
Glimmersubstanz zwischen den einzelnen Körnchen noch lebhaft ein-
heitlich polarisirt. Vielmehr scheinen dieselben bei der Ausscheidung
des Glimmers von diesem umschlossen und in die eigene Krystallform
20
Mineralogische Mittheilungen. 1877. 2. Heft. (Mehner.)
H. B. Mehner.
150
[24]
mit hineingezogen worden zu sein. Auch der Muscovit des Porphyrs
vom Stückenbruch zeigt zum Theil eine solche Beschaffenheit.
Der Biotit im Porphyr von Altenhundem ist nur in wenigen
Exemplaren noch leidlich erhalten; meist ist er bereits einer sehr be-
trächtlichen Zersetzung unterworfen gewesen, so dass zwischen den
Umwandlungsproducten nur noch wenige kleine Schmitzchen erhalten
sind oder endlich gar vom Glimmer nichts mehr wahrzunehmen ist,
und nur die Umgrenzung des Umwandlungsaggregates verräth, dass
früher Glimmer an der betreffenden Stelle gesessen hat. Die noch un-
zersetzten Lamellen des Biotits, von gelblichbrauner bis brauner Farbe,
sind stark dichroitisch. An einem bräunlichgelben Glimmerblättchen
war eine unzweifelhafte Durchwachsung von Lamellen des farblosen
Muscovits zu beobachten. Ausserdem umschliesst der Biotit wiederholt
Apatit, der in regelmässigen, lichten Sechsecken aus dem dunklen
Glimmerhintergrund deutlich hervortritt.
Neben Biotit führt dieser Porphyr von Altenhundem auch noch
Hornblende, oder besser gesagt, hat sie geführt, denn in sämmt-
lichen angefertigten Präparaten ist von Hornblendesubstanz auch nicht
eine Spur mehr wahrzunehmen, dieselbe hat, wie einzelne Glimmer-
blättchen, eine vollständige Zersetzung erfahren, so dass hier ebenfalls
nur die äussere Umgrenzung des Zersetzungsproductes, die stets sehr
scharf erhalten ist, das frühere Vorhandensein der Hornblende nach-
weist. Die Umwandlungsproducte der Hornblende und des Glimmers
sind ganz ähnliche, nämlich vor Allem eisenoxydhaltige Substanzen.
Dieselben umgeben die Ränder der noch unzersetzten Glimmerlamellen,
theils in einzelnen Körnchen, theils in breiten Zonen, oder sie dringen
längs der Spalten in die Glimmerblättchen ein oder liegen endlich als
Körnchen innerhalb derselben unregelmässig zerstreut. Wo die Zer-
setzung schon weiter vorgeschritten ist, wie bei einzelnen Glimmer-
blättchen und bei der Hornblende, da bilden die Ferritverbindungen
meist einen dunklen Rand, der die Form der Krystalle wiedergibt und
in dessen Mitte die übrigen Körnchen des Zersetzungsproductes in
regellosem Gewirr durcheinander liegen. Die Zwischenräume zwischen
diesen einzelnen Körnchen und Haufwerken derselben werden ausser
von noch erhaltenen Glimmerlamellen von kohlensaurem Kalk und von
einer sehr schwach polarisirenden feinkörnigen Masse ausgefüllt, welche
viel Aehnlichkeit mit Kaolin hat und vermuthlich durch circulirende
Gewässer an Ort und Stelle abgesetzt wurde.
Magneteisen findet sich in den Porphyren nur sehr selten, so
z. B. hin und wieder in den Porphyren vom Stückenbruch und Berg
Löh, am häufigsten noch im Porphyr von Altenhundem. Am äusseren
Rande sind die Körner und grösseren Massen schon bedeutend in Eisen-
oxydhydrat umgewandelt.
Entgegengesetzt zum Magneteisen tritt Titaneisen in einigen
der untersuchten Porphyre in ziemlich reicher Menge auf. Bekanntlich
sind Magneteisen und Titaneisen, beide im vollkommen frischen, un-
zersetzten Zustande, ohne Prüfung ihrer Löslichkeit in Chlorwasserstoff-
säure, nur schwer von einander zu unterscheiden, wenn nicht eine
regelmässige Krystallform derselben den Ausweis liefert.
Die Porphyre und Grünsteine des Lennegebietes in Westphnlen.
151
Um so leichter lassen die gewöhnlichen Umwandlungsproducte
beider eine solche Unterscheidung zu. Das im auffallenden Lichte schnee-
weisse bis gelblichweisse Zersetzungsproduct des Titaneisens liefert
stets einen untrüglichen Anhalt, dass letztgenanntes Erz vorliegt. Auch
in diesen Porphyren tritt das Titaneisen niemals mehr vollständig frisch
auf, sondern ist entweder zum Theil oder auch vollständig in jenes
weisse Mineral umgewandelt. Theilweise umgewandeltes Titaneisen ist
z. B. im Porphyr vom Stückenbruch zu beobachten; das schwarzglän-
zende Erz wird hier von einem Saume seines weissen Zersetzungs-
productes umgeben, welches sich ausserdem auch auf seiner Oberfläche
wolkenartig ausbreitet. Im Porphyr vom Berg Löh ist das Zersetzungs-
product sehr zierlich angeordnet, es bildet schmale Streifen, die in
derselben Richtung wie die Spaltbarkeit in Kalkspathkörnern verlaufen
und sich gegenseitig unter spitzem Winkel (60°) durchschneiden, zwi-
schen sich dunkelgraue, schwachdurchscheinende Massen einschliessend.
Aehnliche Bildungen sind in Diabasen sehr häufig zu beobachten. Das
reichliche Auftreten des Titaneisens in einigen dieser Porphyre erscheint
um so erwähnenswerther, als bis jetzt, soviel dem Verfasser bekannt,
das Vorkommen dieses Erzes in Quarzporphyren noch nie constatirt
worden ist. Regelmässige Umrisse besitzt das Titaneisen in keinem
dieser Gesteine. Noch reichlicher als in den beiden genannten Porphyren
treten ganz ähnliche weisse Körnchen im Porphyr von der Ruenhardt
auf, ohne dass indess im ganzen Gestein noch eine Spur von unzer-
setztem Titaneisen zu entdecken wäre. Da auch kein einziges dieser
Körner die oben beschriebene, charakteristische Streifung erkennen lässt,
so ist nicht mit voller Sicherheit anzugeben, ob die weissen Massen in
diesem Porphyr wirklich auch Zersetzungsproduct des Titaneisens sind.
Zum Theil sinken die weissen Körnchen zu sehr geringer Grösse herab,
liegen jedoch dann häufig in so bedeutender Anzahl in der Grundmasse
zerstreut, dass sie in derselben trübe Wolken bilden, die bei auffal-
lendem Lichte intensiv weiss erscheinen. Was jenes weisse Zersetzungs-
product des Titaneisens seiner Natur nach sei, ist bekanntlich noch
unentschieden. Kohlensaures Eisenoxydul ist es auf keinen Fall, da
nach anhaltendem Liegen eines Präparats in heisser Salzsäure durch-
aus keine Veränderung an der weissen Substanz wahrzunehmen war.
Apatit findet sich nur im rothen Porphyr von Altenhundem, und
auch in diesem nicht gerade häufig, theils in langer Säulenform mit
der charakteristischen Quergliederung, theils in kurzen Rechtecken,
theils endlich in Hexagonen.
Aus allen dargelegten Beobachtungen geht hervor, dass wir in
diesen bisher ausführlicher behandelten Gesteinen echte Quarzporphyre
vor uns haben, die sich, ausser durch die mehrfach wiederkehrende
sphärulitische Structur, vor Allem durch die Glaseinschlüsse in den
Quarzen unzweifelhaft als Eruptivgesteine zu erkennen geben. In
porphyrartig entwickelten Gneissgesteinen, für welche, wie früher er-
wähnt, Lossen diese Gesteine halten zu dürfen glaubte, würde man
vergeblich nach dergleichen Einschlüssen suchen. Aus den gewonnenen
Resultaten geht also nicht allein die Unrichtigkeit dieser Ansicht Los-
sens hervor, sondern es erweisen sich auch die Zweifel an der Erupti-
20*
152
H. B. Mehner.
[26]
vität dieser Gesteine überhaupt, die Lossen den Auseinandersetzungen
von D echen’s gegenüberstellte, als ungerechtfertigt, denn die Glasein-
schlüsse in den Gemengtheilen dieser Gesteine sprechen für die Erupti-
vität derselben ebenso unzweifelhaft wie die von Lossen verlangten
Gänge.
2. Schieferig-flaserige Porphyre.
Wie schon früher hervorgehoben wurde, unterscheiden sich diese
schieferig-flaserigen Porphyre von den bisher betrachteten, schon im
Handstück als echte, massige Porphyre zu erkennenden Gesteinen
durch ihr schieferig-flaseriges Gefüge im Handstiick, als auch im Dünn-
schliff u. d. M. durch die eigenthiimliche Anordnung der Gemengtheile
der Grundmasse.
Die Porphyre vom Langeneier Kopf, von Altenhundem, von Nöckel
bei Iseringhausen, von der Grube Birkenstrauch bei Olpe, von Schameder,
vom Bratschkopf bei Olpe und von der Bigge bei Olpe, welche sämmt-
lich hierher gehören, liefern im Dünnschliff u. d. M. ein entschieden
anderes Bild als die bisher beschriebenen Gesteine. Wie diese besitzen
sie allerdings auch eine deutlich krystallinische Grundmasse, doch sind
die dieselbe zusammensetzenden Gemengtheile in eigenthümlicher, sofort
in die Augen fallender Weise angeordnet, was in besonders ausgeprägter
Weise bei den Porphyren vom Langeneier Kopf, von Altenhundem, von
der Grube Birkenstrauch bei Olpe und von Schameder hervortritt,
während in den übrigen obengenannten Gesteinen diese Structur etwas
versteckter und seltener ist. Von der Beschreibung dieser eigenthiim-
lichen Structur sei nochmals auf die in diesen Gesteinen auftretenden
Schiefereinschlüsse zurückgekommen.
Wie schon im Handstück zu erkennen ist und bei der makro-
skopischen Beschreibung hervorgehoben wurde, sind sämmtliche schie-
ferigen Porphyre sehr reich an solchen Schiefereinschlüssen, die auch
unter dem Mikroskop durch ihre dunkle Beschaffenheit aus der lichten
Grundmasse deutlich hervortreten. Zum Theil sind es scharfbegrenzte
abgerundete Stücke, zum Theil unregelmässig begrenzte, lappenförmige
Gebilde, mit vielfach zerfetzten und zerrissenen Bändern, an denen
man noch deutlich die erlittene Bearbeitung seitens der umschliessenden
Porphyrmasse wahrzunehmen im Stande ist. In nächster Umgebung
dieser Schiefereinschlüsse finden sich die die Einschlüsse zusammen-
setzenden kleinen Gemengtheile oft in ungemein hoher Anzahl in der
Grundmasse des Porphyrs zerstreut, mit der Entfernung vom Schiefer-
einschluss allmählig abnehmend und häufig durch die später zu be-
sprechende Fluctuation der Porphyrgrundmasse zu langen Streifen und
Leihen angeordnet. Ferner sind die Schiefereinschlüsse wiederholt von
Porphyrgrundmasse durchbrochen. Die meisten dieser eingeschlossenen
Partien von Schiefermaterial liefern den Anschein, als seien sie nicht
als Fragmente eines bereits erhärteten Schiefers von der Porphyrmasse
umschlossen worden, sondern als noch weicher, plastischer Thonschiefer-
schlamm. In ihrer Zusammensetzung stimmen sie wesentlich mit Thon-
schiefern von Olpe und Brilon, die in Dünnschliffen behufs Vergleichung
Die Porphyre und Grünsteine des Lennegebietes in Westplialen. 153
zur Untersuchung herangezogen wurden, überein. Sie bestehen vorherr-
schend aus kleinen, durchsichtigen, dunkelumrandeten, kurzen Säulchen
und Körnchen, sowie aus unzählig vielen punktartigen Gebilden; in
geringerer Anzahl finden sich die in anderen Thonschiefern oft so
häufigen braun-schwarzen Nüdelchen. In sehr reichlichem Masse bethei-
ligt sich sodann lichter Glimmer in Gestalt kleiner länglicher Schüpp-
chen und Nüdelchen an der Zusammensetzung dieser eingeschlossenen
Schieferpartien. Er erscheint im gewöhnlichen Lichte fast farblos bis
schwach grünlich und tritt zwischen den Nicols mit den charakteristi-
schen, leuchtenden Farben des Glimmers hervor. Namentlich sind die
Schiefereinschlüsse im Porphyr vom Langeneier Kopf sehr reich an
Glimmer. Während in den untersuchten anstehenden Thonschiefern von
Olpe und Brilon Kalkspath theils in Körnchen und Schüppchen, theils
in trefflichen, rhomboedrischen Kryställchen in sehr bedeutender Menge
vorhanden ist, fehlt er in den Thonschiefereinschlüssen in diesen Por-
phyren vollständig.
A. Felsitische Grundmasse der schieferig-flaserigen
Porphyre.
Im gewöhnlichen Lichte ist von der krystallinischen Ausbildung
der Grundmasse dieser Gesteine ebenfalls kaum etwas zu bemerken.
Am leichtesten ist dieses noch möglich bei den stark zersetzten Gesteinen,
deren Gemengtheile sich durch verschieden starke Trübung besser von
einander abheben und unterscheiden lassen. Durch die ganze Grund-
masse verbreitet, finden sich in allen diesen Gesteinen in noch viel
reicherer Anzahl als in den früher beschriebenen massigen Porphyren
höchst winzige, bei durchfallendem Lichte dunkelerscheinende Körnchen,
beziehentlich Pünktchen. Die Beschreibung derselben soll gleich hier
folgen, da sie in allen diesen Gesteinen mit schieferiger Structur eine
sehr wichtige Rolle spielen. Die Natur der kleinen Gebilde lässt sich
ihrer ungemein geringen Grösse wegen nur schwer erforschen, doch
können die meisten derselben mit Sicherheit als solide Körperchen
erklärt werden. Bei nahezu 900facher Vergrösserung vermag man bei
heller Beleuchtung die grössten derselben als pellucide, farblose Körn-
chen zu erkennen, die weder dichroitisch sind, noch polarisiren. Wie
alle kleinen, durchsichtigen, abgerundeten Körperchen zeigen sie bei
der sehr bedeutenden Vergrösserung einen breiten dunklen Rand. Die
übrigen, kleineren Körnchen, die auch bei stärkster Vergrösserung immer
noch als dunkle Pünktchen erscheinen, darf man demnach wohl als
identisch mit jenen, auch als pellucide Körnchen auffassen, die nur
ihrer geringen Grösse wegen dunkel aussehen. Für die Auffassung,
dass wir es hier wirklich mit Körnchen und nicht etwa mit Flüssig-
keitseinschlüssen oder Dampfporen zu thun haben, spricht auch noch,
dass dieselben bei auffallendem Lichte dasselbe in ziemlich bedeutender
Weise zurückwerfen, so dass sie in der übrigen dann dunkel erschei-
nenden Grundmasse mit weisslichgrauer Farbe recht deutlich hervor-
treten, was besonders an den Stellen auffallend ist, wo sie in grösserer
Menge in Häufchen vereinigt oder zu Streifen angeordnet auftreten.
154
II. B. Mehner.
[28]
In den Porphyren von der Bigge bei Olpe und vom Bratschkopf, sowie
im Porphyr von Niederdresselndorf kommen diese kleinen dunklen
Körnchen in so ungemein reicher Anzahl vor, dass sie der ganzen
Grundmasse ein vollständig trübes Aussehen verleihen. Die kleinen
Körnchen sind in ihnen fast gleichmässig in regellosem Gewirr und
dichter Aneinanderlagerung durch die ganze Grundmasse verbreitet,
nur stellenweise lässt sich eine reihen- oder streifenartige Gruppirung
derselben beobachten. Im Porphyr von Niederdresselndorf ist eine der-
artige Anordnung nirgends zu bemerken, so dass dieser vor Allem, in
minderem Maasse aber auch die übrigen zwei, unter d. M. mehr das
Aussehen eines Porphyrtuffes als eines Porphyrs erhält. In den Por-
phyren vom Langeneier Kopf, von Altenhundem, von der Grube Birken-
strauch, von Schameder und von Nöckel bei Iseringhausen, in welchen
diese kleinen Körnchen, wenn auch noch recht reichlich, so doch in
etwas geringerer Menge auftreten, liegt nur ein Theil derselben regel-
los durch die Grundmasse zerstreut, während die meisten jene linien-
und streifenartige Aneinanderreihung zeigen. Am ausgeprägtesten ist
eine derartige Anordnung im Porphyr vom Langeneier Kopf. Die dunk-
len Linien und Streifen, welche aus solchen kleinen Körnchen zusam-
mengesetzt sind, laufen stets in sich zurück und umschliessen somit
stets einen Theil der lichten Grundmasse, wodurch die mannigfaltigsten
und vielgestaltigsten Figuren entstehen, und die ganze Grundmasse ein
marmorirtes bis breccienartiges Ansehen gewinnt. Meist zeigen diese
Figuren die Form langgezogener Schlieren, die bald gerade verlaufen,
bald Bogen beschreiben, oder mannigfache schlangenartige Windungen
und Verzerrungen besitzen. Hin und wieder bilden sie auch kreisrunde
oder elliptische Formen, oder Dreiecke, oder Rechtecke, Vielecke mit
eingebogenen Seiten oder wohl auch hammer- und knochenförmige
Gestalten.
Hinsichtlich der Natur dieser eigenthümlich gruppirten Körnchen
liegt vor Allem nahe, sie als identisch mit den sogenannten Globuliten
Vogelsang’s aufzufassen, jenen kleinen Gebilden, welche so häufig
die glasige Basis der Basalte und Melaphyre devitrificiren. Dieser Auf-
fassung gemäss, der nichts zu widersprechen scheint, hätten sich diese
Globuliten aus dem gluthflüssigen Magma zuerst ausgeschieden, ohne
dass sie sich jedoch zu wirklicher Individualisation zu erheben ver-
mochten. Durch die in der übrigen, noch beweglichen flüssigen Grund-
masse stattfindende Strömung wurden diese Globuliten in der oben
geschilderten Weise angeordnet, so dass jene, mit so mannigfachen und
eigenthiimlichen Umrissen erscheinenden Partieen der Grundmasse nichts
anderes sind, als Durchschnittsflächen durch Schlieren der Grundmasse,
die bei der Strömung der Grundmasse entstanden und an ihrem Um-
fange von den kleinen schon festgewordenen Körnchen begrenzt worden
sind, indem letztere an den Reibungsflächen der verschieden gerichteten
Ströme zur Ablagerung und streifenartigen Anordnung gelangten.
Um etwaigem Irrthum hinsichtlich des in Folgendem oft wieder-
kehrenden Begriffs Schliere vorzubeugen, sei hier darauf aufmerksam
gemacht, dass hier unter Schliere nicht die von den kleinen Körnchen
gebildeten äusseren Begrenzungsflächen der durch ihre Structur von
155
[29] Die Porphyre und Grünsteine des Lennegebietes in Westphalen.
einander abweichenden Partien der Grundmasse, sondern diese Partien
selbst, also nicht flächenhafte, sondern körperliche Gebilde zu ver-
stehen sind.
Die oben gebotene Erklärung über den Ursprung der Körnchen
kann, wenn sie auch für den grösseren Theil derselben Geltung haben
mag, doch nicht auf alle erstreckt werden. Ein Theil derselben ist viel-
mehr ganz entschieden anderen Herkommens, nämlich durch mechanische
Bearbeitung des in sämmtlichen Porphyren reichlich auftretenden Thon-
schiefermaterials in die Grundmasse gekommen. Die scharfbegrenzten
Schieferfragmente, sowie auch die wie Schlammmassen erscheinenden
Thonschieferpartien führen nämlich, wie früher bereits erwähnt, der-
artige kleine Körnchen in ungemein reicher Anzahl, ja werden hin und
wieder wesentlich aus ihnen zusammengesetzt. Bestätigt wird die Rich-
tigkeit dieser letzteren Auffassung noch dadurch, dass sich an der
Zusammensetzung der die Grundmasse durchlaufenden Streifen und
Linien ausser den kleinen Körnchen auch häufig Schüppchen und Nüdel-
chen eines glimmerartigen Minerals, sowie kleine Blättchen und Körnchen
von Ferrit betheiligen, die sämmtlich in reichlicher Menge in den ein-
geschlossenen Schieferpartieen vorhanden sind. Im Porphyr von Nöckel
bei Iseringhausen enthalten die eingeschlossenen Schieferfragmente viele
opake Körnchen, oft von regelmässiger quadratischer Umgrenzung,
welche bei auffallendem Lichte sich zum Theil als Eisenkies, zum Theil
als Zersetzungsproduct desselben zu erkennen geben. Beide Mineralien
finden sich nun in diesem Gestein auch in bedeutender Menge in den
Streifen und Linien zwischen den übrigen zum Theil durchsichtigen
kleinen Körnchen wieder.
Daraus geht zur Genüge hervor, dass das Thonschiefermaterial
bei der Einschliessung seitens der noch beweglichen Masse des Por-
phyrs eine Bearbeitung erfuhr, dass es dadurch zum Theil in höchst
feiner Zertrümmerung in die Grundmasse überging und, dass es in der-
selben in Gemeinschaft mit den Globuliten an der Aussenseite der
Schlieren abgelagert wurde. Damit steht die schon früher erwähnte
Beobachtung in Uebereinstimmung, dass in der nächsten Umgebung der
Schiefereinschlüsse jene kleinen Schüppchen und Körnchen meist in
sehr reichlicher Menge zerstreut liegen, während mit der Entfernuug
von diesen ihre Zahl abnimmt. Etwa alle jene kleinen zu Streifen an-
geordneten Körnchen aus der Zertrümmerung fremder Einschlüsse her-
zuleiten, ist durchaus nicht gerechtfertigt. Schon die ungemein grosse
Anzahl derselben müsste eine solche Annahme zweifelhaft erscheinen
lassen. Zudem finden sich ähnliche kleine Körnchen, wenn auch in weit
geringerer Zahl, auch in den von Thonschiefereinschlüssen freien, mas-
sigen Porphyren. Ein Theil, vielleicht die vorwiegende Anzahl der
kleinen Gebilde scheint demnach doch, wie zuerst hervorgehoben wurde,
als Globuliten gedeutet werden zu müssen.
Im polarisirten Lichte ist zu erkennen, dass die Anordnung der
kleinen Körnchen in der innigsten Beziehung zur Structur der Grund-
masse steht. In denjenigen Gesteinen, in welchen sie in regellosem
Gewirr fast gleichmässig durch die ganze Grundmasse verbreitet liegen,
ist auch die Structur der letzteren fast durchgängig eine gleichförmige
156
H. B. Melmer.
[30]
(Porphyre vom Bratschkopf, von der Bigge und von Niederdresseln-
dorf); wo die Körnchen dagegen in der oben beschriebenen Weise an-
geordnet sind, zeigen die von ihnen alsdann umschlossenen Partieen,
also die eigentlichen Schlieren, eine von der übrigen Grundmasse ab-
weichende Structur. Man erkennt deutlich, dass durch das Einschliessen
gewisser Partieen der Grundmasse vermittelst der Körnchen ein bestimm-
ter Einfluss auf die umschlossenen Massen ausgeübt wurde. Dieser
gibt sich sowohl in der abweichenden Grösse der ausgeschiedenen
Individuen, — indem dieselben inmitten der Schlieren stets gröber
ausgebildet sind, als in der umgebenden übrigen Grundmasse, — als
auch in der besonderen Gruppirung der Individuen in den Schlieren
zu erkennen. Auf ganz ähnliche Erscheinungen in Ryolithen aus Nord-
amerika machte mich während meiner Untersuchungen mein hochver-
ehrter Lehrer Herr Prof. Zirkel aufmerksam. In diesen Gesteinen
waren unter dem Mikroskop ebenfalls meist zahlreiche braungesäumte
Schlieren zu beobachten, welche im Innern ganz dieselbe Structur, wie
die hier beschriebene zeigten, nur mit dem Unterschiede, dass in ihnen
nicht deutlich erkennbare Individuen, sondern immer nur feine Nüdel-
chen vorhanden waren, die aber, wie jene, theils eine radiale, theils
eine rectangnläre Stellung zu den Grenzen der Schlieren aufwiesen.
Aus dieser in den Porphyren zu beobachtenden abweichenden
Structur einzelner Partien der Grundmasse und der abweichenden
Grösse des Korns der dieselben zusammensetzenden Individuen von den
Gemengtheilen der übrigen Grundmasse geht ferner für diese Gesteine
hervor, dass die Individualisirung der Masse nicht in toto, nicht gleich-
zeitig und in gleicher Weise, sondern für die einzelnen Partien zu ver-
schiedenen Zeiten geschah. Dabei ist wieder als am wahrscheinlichsten
anzunehmen, dass die Individuen in den Schlieren, also in den von
den Körnchen umschlossenen Partieen sich zuerst ausgeschieden haben,
während dies für die übrige Grundmasse erst später erfolgte.
Durch die Schlieren erhalten die Gesteine ein Aussehen, welches
sehr an die Fluctuations-Structur anderer Eruptivgesteine erinnert; am
auffallendsten ist diese Structur in den Porphyren vom Langeneier
Kopf, von Altenhundem und von der Grube Birkenstrauch, in ihnen
erlangen die Schlieren gegenüber der übrigen Grundmasse sogar das
Uebergewicht, und letztere ist dann nur noch als bescheidener Ueber-
rest zwischen den gewundenen Schlieren zu beobachten. Auch der Por-
phyr von Schameder zeigt eine durch solche Schlieren ausgeprägte
Structur, nur sind bei ihm die die Schlieren zusammensetzenden Gemeng-
theile in der Individualisation nicht so weit vorgeschritten, wie es in
den übrigen Porphyren der Fall ist. Der eruptive Charakter wird dadurch
auch für das Gestein von Schameder sehr wahrscheinlich gemacht, was
hier von erheblichem Interesse ist, weil man des darin Vorgefundenen
organischen Piestes wegen von Anfang an geneigt ist, dasselbe für
einen umgewandelten Schiefer zu halten, vor Allem, da das makrosko-
pische Aussehen des Gesteins einer derartigen Deutung nicht gerade
zu widersprechen scheint.
Noch ist hier hinzuzufügen, dass in einem Dünnschliff vom Por-
phyr des Langeneier Kopfes sich eine grössere Partie der Grundmasse
157
[31] Die Porphyre und Grünsteine des Lennegehietes in Westplialen.
durch sehr ausgeprägte sphärulitische Structur ausgezeichnet. Fast
sämmtliche Sphärulite zeigen vollkommen deutliche Polarisationskreuze.
Die Partie liegt keineswegs scharf abgegrenzt in der übrigen schlieren-
reichen Grundmasse, sondern geht nach allen Richtungen allmälig in
dieselbe über.
Aus welchen Gemengtheilen wird ausserdem die fel-
sitische Grundmasse dieser schieferig-flaserigen Por-
phyre zusammengesetzt?1)
Vornehmlich sind es wiederum Quarz und Feldspath, welche
die Grundmasse dieser Gesteine zusammensetzen ; dieselbe erscheint
eben daher, wie erwähnt, im gewöhnlichen Lichte ziemlich farblos und
durchsichtig, liefert dagegen im polarisirten Lichte ein buntes, mosaik-
artiges Bild. Oft ist es bei der stellenweise ungemein feinkörnigen
Ausbildung nicht möglich, Quarz- und Feldspathindividuen mit Sicher-
heit von einander zu unterscheiden. Bei Partien von gröberem Korn
kann man dies jedoch immer, demnach vor Allem innerhalb der Schlie-
ren, welche sich fast sämmtlich, wie bereits erwähnt, durch die grös-
sere Ausbildung ihrer Individuen auszeichnen.
Quarz und Feldspath scheinen zumeist an Menge circa im Gleich-
gewicht vorhanden zu sein. In den Porphyren von der Grube Birken-
strauch, von der Bigge bei Olpe und vom Bratschkopf ist indess der
Feldspath im Uebergewicht vorhanden; vor Allem gilt das für das
Innere der Schlieren, welches im ersteren Gestein oft vorherrschend,
in den letzteren beiden häufig vollständig von Feldspathindividuen
gebildet wird. Im Porphyr von Nöckel scheint entgegengesetzt der Quarz
etwas vorzuherrschen.
Die Quarze zeigen niemals eine regelmässige Form, weder in
den grobkörnigen Schlieren, noch in den übrigen feinkörnigen Partien
der Grundmasse. In ersteren, wo sie hin und wieder eine recht an-
sehnliche Grösse erreichen, wie z. B. in den Porphyren vom Langen-
eier-Kopf, von Altenhundem und von der Grube Birkenstrauch, sind
sie zum grössten Theil in Keil- und Splitterform ausgebildet. Sie stehen
dann fast immer senkrecht zum Rande der Schlieren und ragen in
radialer oder rectangulärer Richtung in das Innere derselben hinein,
im letzteren Falle häufig mit den Spitzen kammartig in einander
greifend.
Ausserhalb der Schlieren zeigen alle kleinen Quarze unregelmäs-
sige, mehr abgerundete Körnerform. Sämmtliche Quarze der Grund-
masse, soweit sie überhaupt eine Untersuchung nach dieser Richtung
zulassen, führen Einschlüsse; manche sind arm daran, während andere
damit auffällig überhäuft und dadurch getrübt sind. Die Einschlüsse
liegen theils wirr durcheinander, theils sind sie zu Reihen und Linien
angeordnet, wie es für den Quarz charakteristisch ist. Sie scheinen
wesentlich Flüssigkeitseinschlüsse zu sein, die grössten derselben liessen
‘) Der Porphyr von Schameder weicht bezüglich der Zusammensetzung seiner
Grundmasse so wesentlich von den übrigen schieferig-flaserigen Porphyren ab, dass
dei’selhe später besonders besprochen werden soll.
Mineralogische Mittlieilungen. 1877. 2. Heft. (Meliner.)
21
H. B. Mehner.
158
[32]
wiederholt bewegliche Libellen erkennen. Glaseinschlüsse sind nirgends
zu beobachten.
Die Feldspathe der Grundmasse sind theils monoklin, theils tri-
klin, und zwar treten die letzteren nicht etwa nur vereinzelt, sondern
in sehr reichlicher Anzahl auf, den monoklinen häufig an Menge nahezu
gleich. In den meisten Porphyren polarisiren die Feldspäthchen der
Grundmasse noch sehr lebhaft, so dass sie hin und wieder beinahe die
leuchtenden Farben des Quarzes erlangen. Die Zwillingsstreifung der
kleinen Plagioklase tritt daher auch sehr leicht erkennbar hervor.
Viele Feldspathe bilden im Gegensatz zum Quarz ziemlich regelmässige
Gestalten, meist breite Leistchen, von denen wenigstens immer die
Seitenlinien parallel zur Hauptaxe scharf und geradlinig ausgebildet
sind. Derartig gestaltete Feldspäthchen treten vor Allem in den Schlieren
zumeist zwischen den keilförmigen Quärzchen auf, mit denen sie als-
dann Stellung und Richtung gemein haben, so dass sie auch wie jene
in’s Innere der Schlieren hineinragen. Hin und wieder füllen die Feld-
spathe mit Quarzen oder auch allein inmitten der Schlieren den freien
Raum zwischen den vom Rande her einschiessenden Individuen aus
und sind alsdann gewöhnlich vollständig unregelmässig. Die P'eldspathe
in der ausserhalb der Schlieren sich ausbreitenden Grundmasse sind
alle sehr klein und ebenso wie die Quarze an diesen Stellen von voll-
ständig unregelmässiger, etwas abgerundeter Form, so dass die Grund-
masse daselbst das früher erwähnte, einförmige, fleckige Aussehen
erhält. Plagioklase gehören in diesen Partien der Grundmasse zu den
Seltenheiten. In zahlreichen ganz frischen Feldspathen finden sich kleine,
dunkle, punktförmige, als auch längliche, nadelförmige Gebilde einge-
schlossen. Mehrfach sind in diesen Gesteinen auch Schlieren zu beob-
achten, an deren Zusammensetzung der Quarz nur geringen Antheil
nimmt, die vielmehr wesentlich aus Feldspath gebildet sind, ja endlich
auch solche, die lediglich aus Feldspathen zusammengesetzt sind. Der-
gleichen quarzarme Schlieren sind wiederholt und zwar unmittelbar
neben quarzreichen in den Porphyren vom Langeneier-Ivopf und von
Altenhundem zu sehen. Die Feldspathe darin sind wiederum theils
monokline, theils trikline.
In den Porphyren der Grube Birkenstrauch, vom Bratschkopf
und von der Bigge bei Olpe nimmt Quarz überhaupt nur in unter-
geordneter Weise an der Zusammensetzung der Schlieren Theil; die
wesentlich oder nur aus Feldspath gebildeten Schlieren gehören hier
zur Regel; in den übrigen Partien der Grundmasse dieser Gesteine
hält Quarz dagegen dem Feldspath das Gleichgewicht. Die Schlieren
dieser drei Porphyre unterscheiden sich auch in anderer Hinsicht nicht
unwesentlich von denen der übrigen Porphyre. Sie werden in der Regel
aus nur einer sehr geringen Anzahl von Feldspathindividuen, oft nur
drei oder vier, zusammengesetzt, die dem entsprechend grösser sein
müssen. Föne so zierliche Gruppirung, wie in den Schlieren der anderen
Porphyre ist daher hier von vornherein ausgeschlossen. Die erwähnten
Feldspathe sind fast nur Orthoklase; dieselben sind in der Regel, wie
auch fast die sämmtlichen, in der übrigen Grundmasse zerstreuten
Feldspathe, von trüber Beschaffenheit, welche ebensowohl Folge theils
Die Porphyre und Grünsteine des Lennegebietes in Westphalen.
159
molekularer, tlieils chemischer Umwandlung ist, als sie auch andern-
theils durch die reichliche Menge von Einschlüssen in den Feldspathen
verursacht wird.
In den Porphyren von der Bigge und vom Bratschkopf gibt sich
die sehr vorgeschrittene Zersetzung des Gesteins vor Allem in der sein-
bedeutenden Umwandlung der Feldspathe der Grundmasse deutlich
wieder zu erkennen. Viele derselben sind zum Theil, zahlreiche bereits
vollständig umgewandelt. Das Product der Umwandlung ist ein inniges
Gemenge kleiner Nüdelchen und Körnchen, die im gewöhnlichen Lichte
vollkommen farblos erscheinen, zwischen gekreuzten Nicols aber mit
bläulichweisser Farbe lebhaft aus dem Hintergründe hervortreten. Das
Zersetzungsproduct ist durch die ganze Grundmasse häufig wieder-
zufinden, ausserhalb der Schlieren meist in feiner Vertheilung, da hier
die Feldspathe zerstreut liegen und von geringer Grösse sind, im Innern
der Schlieren dagegen oft in grossen Haufwerken, zuweilen einen gros-
sen Theil der Schlieren ausfüllend. Jedenfalls ist das Aggregat, wenn
nicht Kaolin selbst, doch eine kaolinartige Masse.
In grosser Häufigkeit findet sich ausserdem in fast sämmtlichen
dieser schieferigen Gesteine eine grüne, schwachdichroitische und
schwachdoppelbrechende, feinfaserige Materie, welche einige Aelmlich-
keit mit dem Viridit in Diabasen zeigt, und der Kürze halber hier
auch so bezeichnet werden mag, ohne dass damit ausgedrückt sein
soll, dass dieser Viridit dasselbe sei wie jener. Am häufigsten tritt
derselbe inmitten der Schlieren zwischen den Feldspathen und Quarzen
auf, theils in zusammenhängenden Partien, theils nur in geringer Aus-
breitung scheinbar als Ausfüllungsmaterial zwischen jenen Gemeng-
theilen. Andererseits kommt diese grüne Substanz auch am Rande
der Schlieren vor, oft einen vollständigen Kranz um die nach der Mitte
einschiessenden Quarz- und Feldspathindividuen bildend. Auch kleine
radial-strahlige Aggregate werden von diesem Viridit zusammengesetzt;
dieselben liegen theils vereinzelt, theils zu Haufwerken vereinigt oder
zu Reihen angeordnet in der Grundmasse, innerhalb als auch ausser-
halb der Schlieren.
In den Partien der Grundmasse ausserhalb der Schlieren tritt
die grüne, faserige Substanz allerdings vorherrschend in feiner Ver-
theilung, in vereinzelten kleinen Nädelchen und Fäserchen auf, und
erinnert in solcher Gestalt an den früher beschriebenen feinvertheilten
Glimmer in den massigen Porphyren, lässt sich aber im polarisirten
Lichte sehr leicht von jenem unterscheiden, da diese Nädelchen zwi-
schen den Nicols durchaus nicht die lichten, grellen Farben der kleiner.
Glimmerblättchen zeigen, sondern das Licht nur ganz schwach doppel-
brechen. Ganz dieselbe grüne Materie beobachtete Kalkowsky, wie
bereits a. a. 0. erwähnt, in einigen sächsischen Porphyren unter ganz
ähnlichen Verhältnissen und musste es unentschieden lassen, ob die-
selbe „als Zersetzungsproduct einer hyalinen Masse oder nur als Aus-
füllungsmaterial primärer Hohlräume“ aufzufassen sei. Auch hier kann
nicht mit voller Sicherheit darüber entschieden werden, doch sprechen
verschiedene Beziehungen und das ganze Auftreten dieser Substanz mit
21*
H. B; Mehner.
160
[34]
grosser Entschiedenheit dafür, dass sie weder das Eine, noch das
Andere, sondern mit Feldspath und Quarz gleichzig gebildet sei.
Glimmer tritt als wirklicher Gemengtheil der Grundmasse nur
in den Porphyren von der Bigge, vom Bratschkopf und von Nieder-
dresselndorf in kleinen, fast farblosen, lichtgrünlichen Schüppchen und
Nüdelchen, aber auch nicht gerade häufig auf. In der Grundmasse der
übrigen Porphyre finden sich zwar auch hin und wieder, vor Allem in
der Nähe der Schiefereinschlüsse, kleine Glimmerblättchen, doch ist
für dieselben mit fast vollkommener Sicherheit anzunehmen, dass sie
sämmtlich dem Schiefermaterial zugehören. Die noch unzerstörten
Schieferpartien sind durchgängig reich an diesen Glimmerschüppchen.
Im Porphyr von Altenhundem findet sich Kalkspath wiederholt
als Ausfüllungsmaterial von Hohlräumen, derselbe zeigt mehrfach aus-
gezeichnete Zwillingsstreifung. Auch die Grundmasse des Porphyrs von
Nöckel ist reich an Haufwerken erdigen, kohlensauren Kalkes.
Ferrit findet sich als secundäre Substanz in röthlichbraunen bis
gelblichen Massen in allen diesen Porphyren auf Klüften und in Hohl-
räumen, sowie vor Allem in der Umgebung grösserer zersetzter Feldspathe.
Da der „Porphyr von Schameder“ sich bezüglich seiner
Grundmasse wesentlich von den übrigen flaserigen Porphyren unter-
scheidet, so soll derselbe hier anhangsweise, wenigstens zum Theil,
noch besonders geschildert werden. Wie schon früher erwähnt, zeigt
er ebenfalls wie jene, eine an Fluctuation erinnernde Structur. Gleich-
falls wird dieselbe hier durch die zahlreichen, in der Grundmasse ver-
laufenden Schlieren erzeugt, die ebenso von Reihen und Streifen kleiner
Körnchen eingefasst sind und sich durch die Ausbildung und Anord-
nung des sie zusammensetzenden Materials von der übrigen Grundmasse
abheben, wie es von den übrigen bisher betrachteten flaserigen Por-
phyren beschrieben wurde.
Die Schlieren des Porphyrs von Schameder erscheinen im gewöhn-
lichen Lichte alle fast farblos und sehr pellucid, während die übrige
Grundmasse, die in diesem Gestein an Quantität weit hinter den
Schlieren zurücksteht und ein inniges Gemenge höchst winziger Körn-
chen, Schüppchen, dunkler Blättchen und Nädelchen ist, — sehr trübe
Beschaffenheit zeigt, so dass die lichten Schlieren bereits im gewöhn-
lichen Lichte sehr deutlich zu erkennen sind. Im Gegensatz zu den
übrigen schieferigen Porphyren werden die Schlieren hier niemals von
Quarz und Feldspath zusammengesetzt, sondern von einem Gewirr höchst
feiner Nädelchen, das im gewöhnlichen Lichte bei geringer Vergrösse-
rung seiner grossen Pellucidität wegen leicht als homogene Masse auf-
gefasst werden kann, sich aber bei stärkerer Vergrösserung eben als
aus lauter feinen Nädelchen zusammengesetzt erweist. Diese Nädelchen
sind theils vollkommen farblos, theils mit einem lichtgrünlichen Schim-
mer behaftet und besitzen starkes Lichtbrechungsvermögen, was sich
schon im gewöhnlichen Lichte zu erkennen gibt. Im polarisirten Lichte
zeigt dieses Gemenge von Nädelchen sehr lebhafte Farben, ähnlich
denen des Kaliglimmers, und zwar in der Weise, dass stets viele neben-
einander liegende Nädelchen in derselben Farbe erscheinen, die aber,
allmälig verschwimmend, in die Farbe der nächsten Partie übergeht,
161
[35] Die Porphyre und Grünsteine des Lennegebietes in Westphalen.
so dass dadurch die ausgezeichnetste Aggregatpolarisation hervortritt.
Diese feinfaserig ausgebildete Grundmasse innerhalb der Schlieren kann
keineswegs als mikrofelsi tisch bezeichnet werden, ist vielmehr als eine
sehr feinkrystallinische Masse aufzufassen, deren Gemengtheile sich
jedoch nicht zu wirklicher Individualisation zu erheben vermochten.
Was die Nädelchen ihrer mineralogischen Natur nach seien, lässt sich
nicht mit Bestimmtheit angeben. Auch ausserhalb der Schlieren sind
deutlich ansgebildete Individuen von Quarz und Feldspath nur in
grosser Seltenheit vorhanden. Nur hin und wieder waren einige neben-
einander liegende, unregelmässig begrenzte Quarzkörnchen und noch
seltener dergleichen Feldspäthchen zu beobachten. Reichlich sind im
Gestein kleine, unregelmässig begrenzte, hell- bis schmutziggrüne
Partien vertheilt, die häufig faserartig zusammengesetzt sind und dann
grosse Aehnlichkeit mit dem Sericit, in Sericitschiefern und Sericit-
gneissen besitzen. Ob sie wirklich identisch mit diesem sind, konnte
nicht bestimmt entschieden werden. Diese feinfaserige, grüne Masse
scheint es übrigens zu sein, welche im Handstück als grünliches, fett-
glänzendes, dünnes Häutchen die Spaltungsflächen des Gesteins stellen-
weise überkleidet und ihm dadurch die grosse Aehnlichkeit mit einem
Sericitschiefer verleiht.
Im Anschluss daran sei noch erwähnt, dass auch in den Por-
phyren von Altenhundem, von der Bigge und vom Bratschkopf bei Olpe
einzelne Schlieren Vorkommen, die ganz oder theilweise so ausgebildet
sind, wie die eben beschriebenen im Porphyr vom Steimel bei Schameder.
Aus dieser Schilderung der Grundmasse des Gesteins von Scham-
eder mag sich ergeben, dass diese sehr abweichend von derjenigen der
übrigen flaserigen Porphyre beschaffen ist; trotzdem muss das Gestein
als letzteren sehr nahestehend und engverwandt bezeichnet werden,
was sich, abgesehen von dem ganz gleichartigen geologischen Auftreten,
namentlich in der vollkommenen Uebereinstimmung der mikroskopi-
schen Structur beider ausspricht.
B. Porphyrische Gemengtheile der schieferig-flaserigen
Porphyre.
Ueber die porphyrischen Gemengtheile dieser Gesteine lässt sich
nur wenig sagen. Auffällen muss es entschieden, dass in sämmtlichen
schieferig-flaserigen Porphyren, mit Ausnahme desjenigen von Nieder-
dresselndorf, Quarz niemals als porphyrisch ausgeschiedener Gemeng-
theil zu beobachten ist. Wie schon bei der Betrachtung dieser Gesteine
im Handstück zu erkennen ist, tritt in ihnen der Feldspath am häufig-
sten porphyrisch ausgeschieden auf. Reich an dergleichen Feldspath en
sind z. B. der Porphyr vom Steimel bei Schameder und derjenige vom
Langeneier Kopf; auch die Gesteine von Altenhundem und von Nöckel
bei Iseringhausen führen eine nicht gerade geringe Anzahl; dagegen
sind die Porphyre vom Bratschkopf, von der Bigge, von der Grube
Birkenstrauch bei Olpe und von Niederdresselndorf arm daran.
Die Feldspatlie sind theils Orthoklase, theils Plagioklase; in den
Porphyren vom Langeneier Kopf und vom Steimel bei Schameder
162
H. B. Mehner.
[36]
erlangen letztere sogar das Uebergewicht über die Orthoklase. In ihren
Eigenschaften stimmen die Feldspathe wesentlich mit den früher be-
schriebenen der massigen Porphyre überein. Vollständig regelmässige
Formen zeigen die Durchschnitte nur verhältnissmässig weniger Feld-
spathe, dieselben sind vielmehr häufig nur theilweise geradlinig oder
auch vollständig unregelmässig begrenzt. In den Gesteinen von Nieder-
dresselndorf, vom Bratschkopf und von der Bigge scheinen nur Frag-
mente von Feldspathen vorhanden zu sein. Mit wenig Ausnahmen sind
die porphyrisch ausgeschiedenen Feldspathe von sehr breiter Gestalt.
Im Porphyr von Schameder sind dieselben im gewöhnlichen Lichte
tiefgrau und vollständig trübe und heben sich dadurch aus der lichteren
Grundmasse hervor. Diese Trübung wird, abgesehen von einer theil-
weisen molekularen Umwandlung bei einigen, durch dunkle Einschlüsse
hervorgerufen, an welchen diese Feldspathe, monokline wie trikline,
ungemein reich sind. Bei geringerer Vergrösserung als dunkle Punkte
und Striche erscheinend, zeigen viele derselben bei starker Vergrös-
serung eine lichte Mitte. Der grösste Theil davon erweist sich als Flüs-
sigkeitseinschltisse, beziehentlich Dampfporen, doch ebenso sicher aridere
auch als lamellare, solide Körper. Aehnliches zeigen die Feldspathe
der übrigen Gesteine.
Hinsichtlich der chemischen Umwandlung und Zersetzung der
Feldspathe zeigen sich diejenigen des Porphyrs von Schameder am
wenigsten angegriffen. Das Umwandlungsproduct ist hier wiederum die
früher erwähnte glimmerähnliche, faserige Substanz (mikrokrystallinischer
Kaolin?); dieselbe findet sich in kleinen Nädelchen und Schmitzchen,
welche sich wiederholt zu kleinen Büscheln vereinigen, zerstreut in der
Feldspathsubstanz vor. Dasselbe Umwandlungsproduct des Feldspathes,
aber in grösserer Menge zeigen die Porphyre vom Langeneier-Kopf,
von der Grube Birkenstrauch, von Niederdresselndorf, vom Bratschkopfe
und von der Bigge. Bei letzteren beiden tritt ausserdem noch Kaolin
in seiner gewöhnlichen Ausbildung als Zersetzungsproduct auf. In den
Porphyren von Altenhundem und Nöckel ist das glimmerähnliche
Material als Umwandlungsproduct des Feldspaths merkwürdiger Weise
niemals vorhanden; an Stelle der zersetzten und hinweggeführten Feld-
spathsubstanz tritt hier vielmehr (wie theilwmise in den zersetzten Feld-
spathen des früher beschriebenen rothen Porphyrs von Altenhundem)
immer kohlensaurer Kalk auf. In dem erstgenannten der beiden Ge-
steine ist er in Körnern und kleinen Haufwerken im Innern der Feld-
spathe abgelagert; in dem Gestein von Nöckel ist er bedeutend reich-
licher vorhanden, so dass oft von grossen Feldspathen nur noch w'enig
Substanz erhalten, oder diese vollständig von ihm verdrängt ist. In
beiden Porphyren findet sich ausserdem kohlensaurer Kalk auch durch
die ganze Grundmasse verbreitet, theils als Ausfüllungsmaterial schmaler
Klüfte, theils in zusammenhängenden Massen, im Porphyr von Alten-
hundem häufig Hohlräume ausfüllend.
In fast sämmtlichen Porphyren ist um die Feldspathe ein Prnnd
von Eisenoxydhydrat gebildet, und ausserdem dringt dasselbe auch noch
auf Klüften und Spältchen in das Innere derselben ein.
[37] Die Porphyre und Grünsteine des Lennegebietes in Westphalen. 163
Der Quarz, der mit Ausnahme des Porphyrs von Schameder, in
allen diesen Gesteinen als wesentlicher Gemengtheil der Grundmasse
auftritt, findet sich, wie bereits erwähnt, als porphyrisch ausgeschiede-
ner Gemengtheil nur im Porphyr von Niederdresselndorf; in diesem
überwiegen die Quarze die Feldspathe an Zahl bedeutend. Sie bieten
wenig Auffälliges dar. Vollständig unregelmässig begrenzt, sind viele
arm an Einschlüssen, nur in wenigen treten letztere in bedeutender
Anzahl auf. Diese sind wieder theils Einschlüsse von felsitischer Grund-
masse, — welche allerdings nur spärlich auftreten und theils in eckigen
Gestalten die Form des Quarzes andeuten, theils abgerundet sind, —
theils sind es Flüssigkeits-Einschlüsse. Glas-Einschlüsse wurden nicht
darin beobachtet.
Lichtgrünlicher, fast farbloser Glimmer findet sich ebenfalls mehr-
fach ausgeschieden, doch sind die faserigen, lamellar zusammengesetzten
Blättchen desselben meist so klein, dass sie kaum den porphyrischen
Gemengtheilen zuzuzählen sind.
Eisenkies ist ungemein reichlich im Porphyr von Nöckel vorhan-
den, meist in kleinen Körnchen ausgebildet, die häufig die Würfelform
deutlich erkennen lassen ; anderntheils bildet er auch grössere, unregel-
mässige Haufwerke. Im auffallenden Lichte zeigt er die charakteristische
messinggelbe Farbe. Da die in diesem Porphyr eingeschlossenen Schie-
ferfragmente sich ungemein reich an Eisenkiespartikelchen erweisen, so
hat die Annahme, dass der in der Porphyrgrundmasse liegende Eisen-
kies erst durch Bearbeitung der Schiefereinschlüsse in jene gekommen
sei, grosse Wahrscheinlichkeit für sich. Ausserdem findet sich in dem-
selben Gestein in grosser Häufigkeit jene Substanz, welche im Porphyr
von der Ruenhardt beschrieben wurde, welche bei auffallendem Lichte
intensiv weiss erscheint und grosse Aehnlichkeit mit dem Zersetzungs-
product des Titaneisens besitzt. Es scheint diese Substanz im Porphyr
von Nöckel aber in einer gewissen Beziehung zum Eisenkies zu stehen ;
in grösseren Massen und Haufwerken dieser weissen Substanz findet
sich wiederholt in der Mitte oder am Rande frischer Eisenkies einge-
lagert, so dass die weisse Masse um ihn den Anblick eines Zersetzungs-
productes von ihm gewährt. Ausserdem tritt die weisse Substanz häufig
in sehr scharfumgrenzten, regelmässigen Vierecken und vollständigen
Würfeln auf, die auf eine Pseudomorphose nach Eisenkies schliessen
lassen. Ihrer Natur nach muss diese Substanz leider ebenso räthselhaft
bleiben, wie diejenige des Zersetzungsproductes des Titaneisens.
Aus diesen an den schieferig-flaserigen Porphyren gemachten
Beobachtungen ergibt sich, dass dieselben mit Ausnahme des Gesteins
vom Steimel bei Schameder und vielleicht auch desjenigen von Nieder-
dresselndorf, wenn sie auch, sowohl in der Structur als in ihrer Zu-
sammensetzung, vor Allem in Folge des durchgängigen Fehlens porphy-
risch ausgeschiedenen Quarzes nicht unwesentlich von den massigen
Porphyren abweichen, doch als wirkliche Porphyre aufzufassen sind;
doch veranlassen uns die Unterschiede anzunehmen, dass die Ent-
stehungsweise der schieferig-flaserigen Porphyre — wenn sie auch
ebenso wie die massigen Porphyre Eruptivgesteine sind — eine andere
gewesen sein mag, als die der massigen. Worin diese Abweichung
164
H. B. Mehner.
[38]
bestehe, und welches überhaupt die Art und Weise der Entstehung
wirklich sei, muss hier unentschieden gelassen werden, und muss es
genügen, an der Hand der mikroskopischen Untersuchung die Erupti-
vität und Porphyrnatur dieser Gesteine constatirt zu haben. Für das
Gestein von Schameder ist aber auch dieses Letztere nicht einmal
möglich, denn eine derartige Erklärung stösst wegen des in diesem
Gestein Vorgefundenen Abdruckes eines Organismus auf bedeutende
Schwierigkeiten. Ein metamorphosirter Schiefer, für den man es halten
zu dürfen glaubte, ist dieses Gestein ganz entschieden nicht, wie auch
aus der Beschreibung desselben hervorgegangen sein wird. Weicht es
auch bezüglich des Materiales einigermassen von den übrigen flaserigen
Porphyren ab, so zeigt es doch in seiner Structur, wie in seinem ganzen
Auftreten grosse Aehnlichkeit und Uebereinstimmung mit denselben.
Es fragt sich nun: Sind wir berechtigt, die eruptive Entstehung, die
wir den übrigen flaserigen Porphyren zugeschrieben haben, auch auf
das Gestein aus der Nähe von Schameder auszudehnen? Das heisst mit
anderen Worten : Dürfen wir annehmen, dass die Art und Weise der
Bildung eines solchen schieferig-flaserigen Porphyrs, die, wie bereits
erwähnt eine von derjenigen der massigen Porphyre abweichende sein
musste, eine derartige gewesen sei, dass von demselben das Schwanz-
schild eines Homolanotus umschlossen und der Abdruck desselben
erhalten bleiben konnte? Bei Verneinung dieser Frage bleibt nichts
übrig, als dieses Gestein als submarine Tuffbildung eines Eruptivgesteins,
und zwar eines Porphyrs aufzufassen. Bekanntlich hat Anger in seinen
„Studien über klastische Gesteine“ ]) bezüglich der Tuffe dargethan,
dass es falsch ist, die einzelnen zusammensetzenden Elemente der Tuffe
immer als zusammengeschwemmte Fragmente eines früheren, prae-
existirenden Gesteins aufzufassen, dass es auch Porphyrtuffe gibt, welche
sich keineswegs aus Bruchstücken eines zertrümmerten, ursprünglich
massigen Porphyrs aufbauen. „Die meisten Tufifbildungen, namentlich
der älteren Perioden, schliessen sich eng an die ihnen entsprechenden
Massengesteine an, und ihre Entstehung fällt in gleiche Zeiten mit den-
selben. Das Material ist der Hauptsache nach dasselbe, als wesentlicher
Factor ihrer Bildung trat aber das Wasser hinzu, welches dem durch
Eruption gelieferten Material eine solche Beschaffenheit verlieh, dass
dasselbe schichtenweise zum Absatz gelangen konnte.“
Auch bezüglich der Structur der Porphyrtufife sagt Anger, dass
dieselbe wiederholt mit derjenigen der Porphyre nahezu oder vollstän-
dig übereinstimme. J. C. Ward* 2) gelangte durch seine Untersuchungen
zu gleichem Resultat, dass nämlich sowohl feingeschichteter als auch
grobkörniger Tuff, wenn er in hohem Grade verändert ist, in seiner
mikroskopischen Structur von einer unzweifelhaften Felsitgesteinslava
nicht zu unterscheiden ist, dass höchstens hin und wieder die Umrisse
einzelner Fragmente die wahre Natur des Gesteins erkennen lassen.
*) Min. Mittheil. 1875. 3. Heft.
2) J. C. Ward. Vergleichende mikroskopische Gesteinsstructur einiger älterer
und neuerer vulk. Gebilde. (Quart. Journ. of the Geol. Soc. XXXI. Nr. 123.) Neues
Jahrb. f. M. 1876, pag. 211.)
165
[39] Die Porphyre und Grünsteine des Lennegebietes in Westphalen.
Daraus geht hervor, dass in gewissen Fällen die Unterscheidung zwischen
Porphyren und Porphyrtuffen im Dünnschliff u. d. M. sehr schwierig,
ja geradezu unmöglich werden kann. In jedem solchen Fall ist es daher
nicht nur billig, sondern geradezu nothwendig, die geologischen Be-
ziehungen und Verhältnisse des betreffenden Gesteins mehr als je zu
berücksichtigen und ihnen bei Beurtheilung der Natur und der Ent-
stehungsart des Gesteins den überwiegenden Einfluss gegenüber den
Folgerungen aus der mikroskopischen Beschaffenheit zuzuerkennen. Das
Gestein von Schameder scheint ein derartiges Beispiel zu bieten, und
es wird daher nur gerechtfertigt sein, wenn wir den Lagerungsverhält-
nissen des Gesteins und namentlich dem Vorkommen eines organischen
Restes in demselben Rechnung tragen und die Möglichkeit zugeben,
dass dieses Gestein vom Steimel bei Schameder ein Porphyrtuff sei.
Dass das Gestein so wesentlich mit den übrigen schieferig-flaserigen Por-
phyren übereinstimmt, spricht nach den Anger’schen und Ward’schen
Entwicklungen nicht gegen diese Auffassung; jedoch muss entschieden
die eigenthümliche, durch Schlieren hervorgerufene und an die Fluc-
tuationserscheinungen echter Eruptivgesteine erinnernde Structur dieses
Gesteins dann auffallen, die keineswegs mit der von J. C. Ward er-
wähnten, durch Metamorphismus hervorgerufenen, scheinbaren Fluctua-
tion einer chloritischen Substanz um die grösseren Fragmente iden-
tisch ist.
Wenn Lossen bei Erörterung der Frage nach Bildung und Ent-
stehung der von ihm untersuchten Porphyroide die Auffassung der
letzteren als submarine Tuffbildungen von Eruptivgesteinen für unan-
nehmbar erklärt, so geschah diess, weil ihm einestheils für die Por-
phyroide des Taunus, der Ardennen und des Ostharzes die zu einer
solchen Erklärung nöthigen Eruptivgesteine fehlten (im letzteren Orte
wenigstens kein Porphyr, sondern nur Diabas), und anderntheils, weil
die flaserigen Porphyroide eine andere Ausbildung als die sonst beob-
achteten, echten Porphyrtuffe, Thonsteine zeigen.“ Verliert der zuletzt
angeführte Grund durch die Anger’schen und Ward’schen Darlegun-
gen schon an und für sich an Bedeutung, so fällt für das Gestein von
Schameder auch das zuerst angeführte Hinderniss insofern weg, als
dieses Gestein in naher Beziehung zu massigen Porphyren, wenn auch
räumlich getrennt von denselben auftritt. Der Annahme einer submari-
nen Tuffbildung betreffs dieses Gesteines scheint also nichts entgegen-
zustehen. Damit soll nun keineswegs eine gleiche Art der Bildung der
obenerwähnten Porphyroide Lossen’s angedeutet werden, vielmehr
dürfte daraus nur hervorgehen, dass das Gestein von Schameder, wie
überhaupt die schieferig-flaserigen Porphyre der Lennegegend ganz
andere Gesteine sind als jene, und sich durchaus nicht auf gleiche
Art und Weise der Bildung zurückführen lassen.
Wenn auch die Porphyrnatur des Gesteins von Niederdresselndorf
andeutungsweise als etwas zweifelhaft bezeichnet wurde (pag. 95), so
geschah es, weil dasselbe u. d. M. infolge des gänzlichen Fehlens der
Schlieren, sowie durch die reichliche Vermengung der porphyrischen Masse
mit Thonschiefermaterial und das fragmentartige Aussehen der grösseren
Mineralogische Mittheilungen. 1877. 2. Heft. (Mehner.) 22
H. B. Mehner.
166
[40]
porphyrischen Gemengtheile, mehr wie ein Porphyrtuff als wie ein
echter Porphyr erscheint.
III. Porphyrtuffe.
Als entschiedener Porphyrtuff erweist sich zunächst ein Gestein
von den Bruchhausener Steinen in Westphalen. Die Untersuchung unter
dem Mikroskop lässt nicht den geringsten Zweifel dagegen aufkommen.
Das Gestein besteht ungefähr zur Hälfte aus feinzertheiltem porphyri-
schen Material (porphyrischer Asche?), zum andern Theil aus Thon-
schieferschlamm; ersteres bildet zahlreiche, unregelmässige, im Dünn-
schliff durchsichtige bis durchscheinende Partien, während das Thon-
schiefermaterial als grüne bis grünlichbraune Masse jenen Partien
zwischengelagert ist. Meist sind die Grenzen zwischen diesen beiderlei
Partien ziemlich scharf, andernfalls tritt aber auch an den Rändern
häutig eine Vermengung des beiderseitigen Materiales ein, was vor-
nehmlich durch den schlammartigen Zustand des Schiefermaterials be-
dingt gewesen zu sein scheint. Im polarisirten Lichte liefern die im
gewöhnlichen Lichte fast einheitlich erscheinenden, lichten Partien des
Gesteins ein sehr buntes, mosaikartiges Bild und ergeben sich dadurch
als aus einer ungemein grossen Summe sehr kleiner, unregelmässiger,
vielseitiger, spitzer und splittriger Individuen zusammengesetzt. Die-
selben polarisiren mit sehr lebhaften Farben und scheinen vornehmlich
dem Quarz anzugehören, doch betheiligt sich auch Feldspath an der
Zusammensetzung dieser Partien; derselbe ist nur selten deutlich vom
Quarz zu unterscheiden, mit voller Sicherheit nur da, wo er sich durch
regelmässige Form als solcher zu erkennen gibt.
Die dunklen Partien von Thonschiefermasse zeigen grosse Aehn-
lichkeit mit dem Thonschiefer von Brilon, von dem ein Dünnschliff zur
Vergleichung zugezogen wuirde. In einer das Licht einfachbrechenden,
homogenen, fast farblosen Materie liegen unzählige kleine, schwarze,
krystallinische Nädelchen, welche, richtungslos durcheinander gelagert,
den Partien ein filzartiges Aussehen verleihen. Zwischen diesen feinen
Nädelchen, die nur in den seltensten Fällen, bei grösserer Ausbildung
eine lichte Mitte erkennen lassen, liegen kleine Schüppchen, Blättchen
und Fäserchen eines lichtgrünlichen Glimmers von schwachem Dichrois-
mus richtungslos zerstreut. Sie sind von unregelmässiger Gestalt und
an den Rändern meist gefranst und zerfasert. Zwischen gekreuzten
Nicols tritt dieser Glimmer mit hellleuchtenden Farben stark hervor.
Endlich betheiligt sich auch Quarz in untergeordneter Weise an der
Zusammensetzung der Thonschieferpartien. Dagegen ist kohlensaurer
Kalk, der im Thonschiefer von Brilon in sehr reichlicher Menge auf-
tritt, hier nicht zu beobachten.
Grössere makroskopische Individuen finden sich in ziemlich
reicher Anzahl durch das ganze Gestein und zwar sind es Quarz und
Feldspath. Dieselben treten sowohl inmitten des porphyrischen Mate-
rials als auch inmitten des Thonschieferschlammes auf. Der Quarz ist
an Menge überwiegend vorhanden, zeigt vollständig unregelmässige
167
[41] Die Porphyre und Griinsteine des Lennegebietes in Westphalen.
Umrisse und hat meist das Aussehen von Bruchstücken und Splittern.
Während einige derselben reich an Flüssigkeitseinschlüssen sind, führen
viele andere nur auffallend wenige derselben. Glaseinschlüsse waren
nicht in ihnen zu beobachten, dafür aber in einigen derselben die für
die Quarze der Porphyre so charakteristischen Einschlüsse von fein-
körniger, felsitischer Grundmasse. Auch die Feldspathe sind fast sämmt-
lich nur unregelmässig gestaltete Bruchstücke grösserer Individuen. Da,
wo ihre rectanguläre Gestalt noch ziemlich deutlich an die des Feld-
spaths erinnert, sind doch die Ecken stets bedeutend abgerundet und
die Ränder mehr oder weniger alterirt. Sie sind sämmtlich einer sehr
bedeutenden Umwandlung unterlegen gewesen, so dass sie, mit Aus-
nahme weniger kleiner Partikel und Schmitzchen in grösseren Feld-
spathen, gar nicht mehr polarisiren, vielmehr eine sehr trübe, bräun-
liche, mehlige Masse darbieten, die von wenigen lichten, meist paral-
lelen Linien durchsetzt ist, ähnlich wie es bei zahlreichen Orthoklasen
in Syeniten, Graniten und Gneissen zu beobachten ist, und welches
namentlich auf eine molekulare Umwandlung der Feldspathsubstanz
zurückgeführt wird. Im auffallenden Lichte zeigen diese Feldspathe
eine weisse bis weisslichgelbe Farbe.
Das Material, das zu dieser Untersuchung vorlag und welches
der Verfasser ebenfalls durch die Freundlichkeit des Herrn Professor
Zirkel erhielt, trug noch die ursprüngliche Etiquette: „Thonschiefer
im Beginn der Metamorphose zu Porphyr, Bruchhäuser Steine, West-
phalen.“ Bereits im Anfänge dieser Abhandlung wurde dieses Porphyrs
der Bruchhäuser Steine und des interessanten Uebergangs desselben
in Thonschiefer gedacht. Hier sei in Kürze nochmals darauf zurück-
gekommen, dass sich daselbst „in der Nähe des Porphyrs im Thon-
schiefer viele kleine Punkte und Flecke, sowie grössere Partien von
Feldspathsubstanz, beziehentlich Porphyrmasse einstellen, die nach dem
Porphyr zu an Menge und Grösse zunehmen, so dass schliesslich der
Thonschiefer gar nicht mehr der vorwaltende Theil des Gesteins ist,
vielmehr weisse, eckige, scharfkantige und fragmentähnliche, sowie
rundliche Massen von der Grösse mehrerer Linien bis zu drei Viertel
der ganzen Bruchfläche einnehmen. Das Gestein ist dabei noch schie-
ferig und sieht auf den Schieferungsflächen ganz thonschieferartig aus.
Diese Einschlussmassen werden allmälig zu zoll- bis fussgrossen Brocken
von solcher Häufigkeit, dass die schwarze Masse des Schiefers nur
noch als schwache Streifen, als Adern und Trümmer darin erscheint,
bis sich zuletzt auch diese verlieren und damit der Uebergang in
Felsitporphyr vollendet ist.“ Diesen Uebergang hat man, wie auch die
oben angeführte Bezeichnung des Gesteins besagt, durch die Annahme
einer Umwandlung des Thonschiefers zu erklären versucht. Lossen
sagt darüber x) : Es scheinen echte Eruptivporphyre porphyrartige Um-
bildungen im Thonschiefer bewirkt zu haben und überdiess Breccien
den falschen und echten Porphyr zu verbinden. Die mikroskopische
Untersuchung lässt dagegen, wie eben dargethan, mit aller Entschieden-
heit erkennen, dass wir es in diesem Gestein nicht mit einem umge-
') Zeitschrift, d d. g. G. 1869, pag. 322.
22*
168
H. B. Mehner.
[42]
wandelten Schiefer, sondern mit einem Porphyrtuff zu thun haben.
Dass bei einem solchen in der Richtung nach dem Porphyr hin das
porphyrische Material, in der Richtung nach dem Thonschiefer hin aber
das Material des letzteren vorherrschen kann, ja muss, ist selbstver-
ständlich und bedarf darum keiner weiteren Worte. Die Annahme der
Umwandlung des Thonschiefers zur Erklärung des allmäligen Ueber-
ganges ist infolge dessen gar nicht mehr nöthig. Das speciell hier
untersuchte Gestein entspricht jener Zwischenstufe, wo porphyrisches
Material und Thonschiefermasse ungefähr im Gleichgewichte stehen und
bedauert Verfasser nur, dass ihm nicht auch noch Proben von anderen
Stufen des allmäligen Ueberganges zur Verfügung standen.
Die als „Schalsteine“ bezeichneten Gesteine von der Grube
Victor bei Assinghausen in zweierlei Vorkommnissen und vom Stollen
der Grube Grönebach bei Elpe sind ebenfalls ohne allen Zweifel Por-
phyrtuffe. An die Schalsteine erinnert nur der in ihnen abgelagerte
kohlensaure Kalk, der bei einigen derselben in sehr bedeutender Menge
vorhanden ist. Von Material, welches den Gemengtheilen der Grünsteine
entspräche (was doch zum Begriff’ der Schalsteine unbedingt gehört)
ist keine Spur wahrzunehmen: weder Augit, noch Hornblende, noch
Magneteisen, noch deren Umwandlungsproducte ; trikliner Feldspath
nur in seltenen Fällen. Da diese Gesteine wesentlich auch aus einer
dichten, feinkörnigen Masse bestehen, in welcher einzelne grössere
Krystalle, Körner und Bruchstücke, vornehmlich von Quarz und Feld-
spath auftreten, so empfiehlt es sich, auch hier, wie in den Porphyren,
die feinkörnige Masse zunächst zu betrachten, um dann zur Beschrei-
bung der gröberen Gemengtheile überzugehen. Damit soll jedoch keines-
wegs gesagt sein, dass hier ein ähnlicher Gegensatz, respective eine
ähnliche Beziehung wie in den echten Porphyren zwischen Grundmasse
und porphyrisch ausgeschiedenen Mineralien herrsche; ebensowenig
soll, wenn die dichte Masse dieser Tuffe, der Kürze des Ausdrucks
wegen, im Fernern zuweilen mit „Grundmasse“ bezeichnet wird, diese
dadurch als identisch mit der porphyrischen Grundmasse erklärt werden.
Unter dem Mikroskop zeigen diese Gesteine in ihrer Beschaffen-
heit nur unbedeutende Abweichung von dem früher beschriebenen Por-
phyrtuff' von den Bruchhäuser Steinen. Sie sind nämlich ebenfalls aus
porphyrischem Material und aus Thonschiefermasse zusammengesetzt,
doch ist in diesen Gesteinen eine derartige Sonderung des Materials,
wie sie in jenem Gestein fast durchgängig zu beobachten war, nicht
durchgeführt. Die beiderseitigen Massen gehen eine viel innigere Ver-
mischung ein ; eine factische Durcheinandermengung derselben hat statt-
gefunden. Daneben sind allerdings auch in untergeordnetem Maasse
Partien nur aus den Bestandtheilen des Thonschiefers aufgebaut, und
wiederum andere, welche nur aus porphyrischem Material zusammen-
gesetzt sind, zu beobachten. Die grösste Menge von Thonschiefermate-
rial findet sich in dem einen Tuff von der Grube Victor; daher zeigt
auch derselbe im Handstück, vornehmlich auf den Spaltungsflächen,
grosse Aehnlichkeit mit einem grobflaserigen, weichen Thonschiefer. In
den beiden andern Gesteinen (von der Grube Grönebach und in einem
zweiten Vorkommen von der Grube Victor) ist das Porphyrmaterial
169
[43] Die Porphyre und Grünsteine des Lennegebietes in Westphalen.
zum Theil überwiegend vorhanden und ähneln diese Gesteine im Hand-
stücke daher schon mehr einem Porphyr; trotzdem sind sie noch aus-
gezeichnet geschichtet und nach einer Richtung leicht spaltbar. In dem
einen Porphyrtuff von der Grube Victor wechseln im Handstück dünne
Schichten von grosser Spaltbarkeit und mit weisslich glänzenden Spal-
tungsflächen, die wieder durch zwischengelagerte Theilchen von Eisen-
oxydhydrat hellröthlich marmorirt und punktirt sind, mit Partien von
mehr massigem Gefüge und körnigem Bruche ab, welche sich u. d. M.
vorwiegend aus feinkörnigem, porphyrischen Material zusammengesetzt
erweisen.
Das Material, welches dem Thonschiefer angehört, ist genau das-
selbe wie beim Tuff von den Bruchhäuser Steinen. Dieselben kleinen,
schwarzen, krystallinischen Nüdelchen, welche dort beschrieben wurden,
liegen hier ebenfalls in reicher Anzahl richtungslos durcheinander, doch
treten sie an Menge hinter denen des Tuffes der Bruchhäuser Steine
zurück. Dafür ist in den hier beschriebenen Gesteinen ganz lichter bis
farbloser Glimmer in reichem Maasse vorhanden; auch der Quarz tritt
häufiger als Gemengtheil der Thonschieferpartien auf. Kohlensaurer
Kalk ist hier unter dem Thonschiefermaterial auch nicht zu beob-
achten.
Wie bereits erwähnt, zeigt die Hauptmasse dieser sogenannten
Schalsteine eine innige Vermengung von Thonsehiefer- und Porphyr-
material. Sie ist folgendermassen zusammengesetzt: der Hauptgemeng-
theil ist Quarz, dessen Körnchen bis zu grosser Kleinheit herabsinken ;
nur selten sind dazwischen auch Feldspathpartikel mit Sicherheit nach-
zuweisen, wenn gleich zu vermuthen steht, dass Feldspath ebenfalls
Antheil an der Zusammensetzung nimmt. Glimmer ist ebenfalls in
bedeutender Menge vorhanden, derselbe bildet nur selten grössere
Blättchen, als vielmehr kleine Nüdelchen, Schmitzchen und Fäserchen,
die in der Grundmasse zerstreut liegen, im gewöhnlichen Lichte fast
farblos sind, nur einen schwach grünlichen Schein zeigen, im polari-
sirten Lichte aber mit hellleuchtenden Farben hervortreten. Es sind
ganz dieselben Gebilde, welche früher als Gemengtheile der Thon-
schieferpartien beschrieben wurden und ist daraus, sowie aus dem Um-
stande, dass die reinen Porphyrpartien vollständig frei von Glimmer
sind, zu entnehmen, dass der gesammte Glimmer der Gesteine dem
Thonschiefermaterial zugehört. Die kleinen Fäserchen und Nüdelchen
von Glimmer sind meist richtungslos durch die Grundmasse zerstreut,
so vor Allem in dem einen Gestein von der Grube Victor. In dem
andern und in demjenigen von der Grube Grönebach sind diese Glimmer-
partikel stellenweise in paralleler Lagerung zu grösseren, unregelmässigen
Haufwerken vereinigt; diese zeigen ausgezeichnete Aggregatpolarisation
und stimmen in ihrer Gesammtrichtung im Wesentlichen überein ;
dadurch erhält das Gestein von der Grube Grönebach mehr als die
übrigen u. d. M. stellenweise ein sehr schieferiges Aussehen. In den
meisten untersuchten Präparaten war ferner noch an den Rändern
zahlreicher grösserer Quarz- und Feldspathkörner, sowie in der Um-
gebung der in der Grundmasse liegenden Haufwerke von kohlensaurem
Kalk eine parallele Anordnung zahlreicher Glimmerblättchen in senk-
170
H. B. Mehner.
[44]
rechter Stellung zu den Rändern jener Individuen und Haufwerke zu
beobachten. Als Gemengtheile der Grundmasse treten ausser Quarz,
Feldspath und Glimmer endlich noch jene schwarzen, krystallinischen
Nädelchen auf. Am häufigsten sind dieselben in dem einen Tuff von
der Grube Victor zwischen das porphyrische Material eingelagert, wo-
durch die Grundmasse an diesen Stellen ein trübes, staubartiges Aus-
sehen erhält. In d^m anderen Tuff von der Grube Victor und in dem
von der Grube Grönebach treten dagegen besagte dunkle Nädelchen an
Zahl sehr zurück und bedingen dadurch ein lichteres Aussehen und
grössere Pellucidität der Gruudmasse dieser Gesteine.
Wie im Porphyrtuff von Bruchhausen liegen auch in der dichten
Masse der hier beschriebenen Tuffe viele grössere Quarze, welche,
ihrer unregelmässigen Begrenzung nach zu schliessen , erst wieder
grösstentheils durch Zertrümmerung anderer Quarze entstanden sein
dürften. Dieselben sind meist arm an Flüssigkeitseinschlüssen, nur
einige macheil davon eine Ausnahme. Glaseinschlüsse wurden in den
Quarzen dieser Tuffe ebenfalls nicht beobachtet, dagegen waren wieder-
holt Einschlüsse feinkörniger Grundmasse darin nachzuweisen. Ver-
einzelte Quarze in dem einen Tuff von der Grube Victor zeigen merk-
würdiger Weise eine vollständig abgerundete Gestalt, während alle
übrigen sich durch sehr scharfe Ecken auszeichnen. Neben dem Quarz
tritt auch Feldspath in grösseren Individuen auf, doch niemals in gros-
ser Häufigkeit, am zahlreichsten in dem einen Tuff von der Grube
Victor und hier wieder vornehmlich in den oben erwähnten quarz-
reichen, durch Eisenoxydhydrat rothbraun gefärbten Partien. Immer
kommen die Feldspathe in der Form ganz unregelmässig begrenzter
Bruchstücke vor; kein einziger regelmässiger Krystalldurchschnitt konnte
beobachtet werden. Die meisten von ihnen enthalten eine grosse Menge
von Einschlüssen ; diese sind grösstentheils dunkle, lamellare oder
nadelförmige, beziehentlich punktförmige Gebilde, neben welchen ausser-
dem noch Flüssigkeitseinschlüsse und Dampfporen in geringerer Anzahl
Vorkommen. In vielen der Feldspathfragmente sind die dunklen Ein-
lagerungen in solcher Menge vorhanden, dass erstere im gewöhnlichen
Lichte bei geringer Vergrösserung sehr trübe aussehen. Die Feldspath-
substanz scheint nur wenig umgewandelt zu sein, wenigstens polarisirt
sie grösstentheils noch mit sehr lebhaften Farben.
Glimmer ist als porphyrischer Gemengtheil nicht vorhanden, ein-
zelne grössere Blättchen desselben rühren augenscheinlich mit aus dem
Thonschiefermaterial her. Der kohlensaure Kalk, der sich in allen
diesen Tuffen reichlich vorfindet und wohl eben zur Bezeichnung dieser
Gesteine als Schalsteine die Veranlassung gegeben hat, bildet, abge-
sehen von den in einzelnen Feldspathen und sonst hie und da auf-
tretenden kleinen Partikelchen, meist grössere, zusammenhängende,
unregelmässig begrenzte Massen, die nur in den seltensten Fällen einem
einheitlichen, aus einer Anzahl von Zwillingslamellen zusammengesetzten
Kalkspathkörper entsprechen, als vielmehr meist Haufwerke grössten-
theils unregelmässig gestalteter Kalkspathkörnchen von trüber Beschaf-
fenheit sind, die in Folge dessen ein erdiges Aussehen besitzen. Hin
Die Porphyre und Grünsteine des Lennegebietes in Westphalen. 171
und wieder finden sich inmitten solcher Kalkpartien Theile von Feld-
spathen vor, so dass es dadurch, wenigstens für diese, den Anschein
gewinnt, als seien sie an Stelle allmälig zersetzter Feldspathe im Gestein
abgesetzt worden; trotzdem müssen wir wohl dem grössten Theile
dieser umschlossenen Partien von kohlensaurem Kalk Ursprünglichkeit
zuerkennen. Die Kalkspathmassen werden wiederholt von schmalen
Klüften durchsetzt, die mit einem feinfaserigen, lichtgrünlichen, stark
doppelbrechenden, glimmerartigen Mineral ausgefüllt sind, welches mit
jenem früher erwähnten, senkrecht an dem Rande grösserer Individuen
angesiedelten Minerale vollständig übereinstimmt; das Mineral in den
kleinen Klüften ist entschieden secundär und ist daher wohl auch für
das andere ein gleicher Ursprung anzunehmen. Das Eisenoxydhydrat,
welches sich in einzelnen Lagen des einen Tuffes von der Grube Victor
sehr reichlich vorfindet, hat sich auf zahlreichen Klüften des Gesteins
in schmalen Streifen und in grösseren Haufwerken von lockerer Beschaf-
fenheit abgesetzt.
Anhangsweise folge hier die Beschreibung des sogenannten „Por-
phyrs“ vom Weinberg bei Brachthausen, welcher Enkriniten führt und
sich, wie bereits erwähnt, unter dem Mikroskop sofort als typischer,
feinkörniger Sandstein zu erkennen gibt. Derselbe besteht wesentlich
aus unregelmässigen, mehr oder weniger abgerundeten Quarzkörnern.
Diese sind fast sämmtlich sehr reichlich mit Flüssigkeitseinschlüssen
erfüllt, welche durchgängig nur geringe Grösse besitzen, zum Theil
sogar zu sehr bedeutender Winzigkeit herabsinken und zumeist in
langen Reihen hintereinander angeordnet liegen. Diese Reihen verlaufen
häufig vollständig durch das ganze Quarzkorn von einem Rande des-
selben zum anderen, an den Rändern plötzlich abgeschnitten, woraus
sich ebenfalls die klastische Natur dieser Quarzkörner erkennen lässt.
Viele der Quarze sind von Flüssigkeitseinschlüssen in so beträchtlichem
Maasse angefüllt, dass sie durch dieselben ganz trübe und grau gefärbt
erscheinen. Die ganze Beschaffenheit der Quarze spricht dafür, dass
sie nicht aus Porphyren, sondern aus älteren Gesteinen stammen, was
durch das gänzliche Fehlen der Einschlüsse von Glas und felsitischer
Grundmasse bestätigt wird.
Zwischen den Quarzkörnern befinden sich sodann auch Fragmente
zusammengesetzter Gesteine. Die Klüfte zwischen den Quarzkörnern
und Gesteinsfragmenten sind mit braunem Eisenoxydhydrat erfüllt,
wodurch das Gestein die dunkelbraune Farbe erhält, die im Handstück
hervortritt.
172
H. B. Mehner.
[46]
IV. Grünsteine (Diabase).
(„Hyperite“ und „Labradorporphyre“ v. Dechens.)
1. Geographisches und Geologisches.
Die durch v. Dechen als Hyperit oder Hypersthenfels bezeich-
neten Gesteine treten nach seiner Beschreibung l) in schmalen Zügen,
die in ihrer Richtung dem Streichen der Gebirgsschichten entsprechen,
in der mittleren Abtheilung des Devon (D. Lenneschiefer) unter ähn-
lichen Verhältnissen wie die Porphyre auf. Am häufigsten ist das Vor-
kommen ganz in der Nähe der Grenze des Fürstenthums Waldeck,
südlich von der Stadt Brilon, in der Gegend des oberen Laufes der
Ruhr, zwischen Wiemeringhausen, Siedlinghausen, Silbach und Hiltfeld.
Ausserdem tritt „Hyperit“ noch vereinzelt bei Olsberg und ganz gegen
Westen bei Altena und Breckerfeld auf, von welch’ letzterem Punkte
ein Vorkommen von der Ennepe östlich von Rüggeberg zur Untersuchung
vorlag. In der Gegend der oberen Ruhr unterscheidet v. Dechen
sechs hauptsächliche Züge dieses Gesteins, von denen der erste stellen-
weise eine Mächtigkeit von 70 — 100', der zweite eine solche bis zu
500' erlangt; in letzterem sollen sich übrigens wiederholt grosse Partien
des Nebengesteins eingeschlossen finden, welche aus einem hellgrauen,
harten Schiefer von splittrigem und unebenen Bruch bestehen.
Die übrigen Grünsteine, durch v. Dechen als „Labradorpor-
phyre“ bezeichnet2), bilden zunächst Züge in der Gegend von Brilon,
wo sie sich von Oberberge bis östlich gegen Giershagen hin erstrecken,
sodann treten sie südlich davon im Ruhrthale in Gemeinschaft mit
jenen „Hyperiten“ auf, wo wiederholt ein allmäliger Uebergang aus
dem einen Gestein in das andere zu beobachten sein soll; und endlich
bilden sie noch ebenfalls nur vereinzelte Vorkommen weiter gegen
Westen, an der Volme, in der bereits genannten Gegend von Breckerfeld.
Zur Untersuchung lagen Gesteine aus der Gegend von Nieder-
feld, vom Rimberg am oberen Laufe der Ruhr und aus der Gegend
von Breckerfeld, von der Volme vor. Zur bequemeren Namhaftmachung
seien dieselben hier gleich nach einander aufgezählt und mit Nummern
versehen.
1. „Hyperit“, zwischen Wiemeringhausen und Niederfeld, rechte
Ruhrseite, zweites Lager.
2. „Hyperit“ von der Ruhr, oberhalb Niederfeld, viertes Lager,
3. „Grünstein“ vom Rimberg bei Niederfeld an der Ruhr.
4. „Grünstein“ vom Rimberg bei Niederfeld an der Ruhr (anderes
Lager).
5. „Hyperit“ von der Ennepe, östlich Rüggeberg.
’) Verhandlungen des naturhistor. Vereines d. preuss. Rheinlande und West-
phalens. 12. Jahrg., 2. Heft, pag. 194 und Karsten’s und v. Dechen’s Archiv.
Bd. 19, pag. 486 ff. und pag. 503 ff.
2) A. a. 0. pag. 196 und Bd. 19 pag. 456.
Die Porphyre und Grünsteine des Lennegebietes in Westphalen.
173
6. „Grünstem“ von der Volme, oberhalb Breckerfeld, (Nummer-
stein U76).
7. „Grünstein“ von der Volme, oberhalb Breckerfeld, (Nummer-
stein 1*97 — 1 *96).
Die Grünsteine 3, 4, 6 und 7 wurden auch als Labradorporphyre
bezeichnet; freilich sind in den vorliegenden Stücken makroskopische
Feldspathe nicht ausgeschieden.
2. Mikroskopische Untersuchung.
Nachdem in jüngster Zeit durch die optische und mikroskopische
Untersuchung des augitischen Gemengtheils viele bis dahin als Hyperite
aufgefasste Gesteine ihres Charakters als solche entkleidet wurden und
sich als Gabbro, oder als Diabase oder Diorite erwiesen, gestatteten
auch die als Hyperite aufgeführten Gesteine der Ruhr- und Volme-
gegend von vorn herein einigen Zweifel an ihrer Hypersthenitnatur.
In Wirklichkeit ergab denn auch die mikroskopische Untersuchung, wie
hier gleich vorausgeschickt sein mag, dass sämmtliche als Hyperite
bezeichneten Gesteine, gleich den übrigen, Grünsteine und Labrador-
porphyre genannten, nur Diabase sind.
Alle diese Diabase zeigen im Handstück zwar verschiedene Ab-
stufungen in der Grössenausbildung ihrer Gemengtheile, indem einige
sehr dicht, andere von gröberem Korn sind, weichen auch bezüglich
des Vorherrschens des einen oder anderen Gemengtheils, sowie durch
den verschiedenen Grad der Zersetzung von einander ab, doch sind
die dadurch hervorgerufenen Unterschiede so wenig charakteristisch
und eingreifend, dass von einer makroskopischen Beschreibung dieser
Gesteine hier füglich abgesehen werden kann und sofort die Resultate
der mikroskopischen Untersuchung folgen sollen.
Als Gemengtheile dieser Diabase treten auf: Plagioklas, Augit
und sein Zersetzungsproduct, der Viridit, Magneteisen, Titaneisen,
Epidot und Apatit; daran schliessen sich noch einige Zersetzungspro-
ducte. Die Plagioklasdurchschnitte sind, wie das für die Diabase über-
haupt charakteristisch ist, sämmtlich in langer Leistenform ausgebildet
und durchgängig von regelmässiger, scharfumgrenzter Gestalt, welche
im Dünnscliliff auch dann noch meist deutlich zu erkennen ist, wenn
die Feldspathsubstanz bereits vollständig der Umwandlung anheimge-
fallen ist. Eine Umwandlung haben übrigens die Feldspathe dieser
sämmtlichen Diabase erfahren, doch ist dieselbe in den verschiedenen
Gesteinen verschieden weit vorgeschritten. Am frischesten sind die
Plagioklase noch in den Diabasen Nr. 7 und 5. Bei fast sämmtlichen
derselben ist daher die Zwillingsstreifung noch sehr deutlich zu erken-
nen, nur bei wenigen ist dieselbe verwischt; die einzelnen Zwillings-
lamellen polarisiren mit lebhaften Farben. Vorgeschrittener in der Zer-
setzung sind die Feldspathe in den Diabasen Nr. 2, 3, 4 und 6, so
dass sie durch Umwandlungsproducte und andere an Stelle der Feld-
spathsubstanz abgeschiedene Massen sehr getrübt sind und die Zwil-
lingsstreifung dadurch unterbrochen ist; doch zeigen die erhaltenen
Reste der Feldspathsubstanz noch lebhafte Polarisation. Endlich ist bei
Mineralogische Mittheilungen. 1877. 2. Heft. (Mehner). 23
174
H. B. Mehner.
[48]
dem Diabas Nr. 1 die Umwandlung eine so bedeutende, dass nur in
den allerseltensten Fällen und dann auch nur stückweise eine Zwillings-
streifung an den Plagioklasen zu beobachten ist. Ueberhaupt ist bei
diesem Gestein einheitliche Feldspathsubstanz durchgehends fast gar
nicht mehr wahrzunehmen.
Dass das augitische Mineral in diesen Gesteinen niemals Hyper-
sthen, sondern stets Augit ist, erkennt man im Dünnschliff sofort an
dem Verlauf der Spalten und Sprünge in demselben, der durchaus
nicht demjenigen entspricht, welchen wir im Hypersthen zu beobachten
gewohnt sind, für den Augit aber geradezu charakteristisch ist; auch
zeigt das Mineral niemals Dichroismus. Der Augit tritt, auch wo er
noch sehr frisch erhalten und von scharfen Rändern begrenzt ist, nie-
mals in regelmässigen Formen auf, sondern bildet vollständig unregel-
mässige, vielgestaltige, durch zahlreiche eckige Einbuchtungen der
übrigen Masse zerrissene Partien, was sich häufig bis zur vollständigen
Abtrennung kleiner Partien von der Hauptmasse fortsetzt, so dass der
Augit, abgesehen von der Masserihaftigkeit desselben in einigen dieser
Gesteine, wiederholt als Ausfüllungsmaterial zwischen den regelmässig
ausgebildeten Feldspathkry stallen erscheint. Es geht daraus hervor,
dass der Augit sich später verfestigte als der Feldspath. Ist der Augit
schon einer theilweisen Zersetzung unterlegen gewesen, so sind natür-
lich die Umrisse vor Allem stark alterirt. Die Umwandlung des Augits
in den verschiedenen Gesteinen geht keineswegs immer Hand in Hand
mit derjenigen des Feldspaths. Im Gegentheil findet sich in solchen
Diabasen mit sehr stark, ja vollständig zersetzten Feldspathen noch
durchgängig ganz frischer Augit; der Diabas Nr. 1 liefert dazu einen
ausgezeichneten Beleg.
Die Verwitterung und Umwandlung des Feldspaths gibt sich im
gewöhnlichen Lichte durch starke Trübung desselben zu erkennen,
unter dem Polarisationsapparate erweist sich das Zersetzungsproduct
als ein kurzfaseriges, buntstrahliges, eisblumenähnliches Aggregat. Hand
in Hand mit der Umwandlung erfolgt zumeist eine Ansiedelung der
Zersetzungsproducte des Augits im Innern der Feldspathe. Zunächst
erfolgt dieselbe auf Spalten zwischen den Zwillingslamellen, bei weiter
vorgeschrittener Zersetzung durchziehen diese Massen die Feldspath-
substanz nach allen Richtungen und verdrängen dieselbe in Gemein-
schaft mit deren eigenem Umwandlungsproducte schliesslich vollständig.
Die Umwandlungsproducte des Augites sind vor Allem Viridit, kohlen-
saurer Kalk und vielleicht auch Magneteisen. Der Viridit tritt in den
meisten dieser Diabase in reichlicher Menge auf, theils in grösseren
Aggregaten, theils in feiner Vertheilung innerhalb der Feldspäthe oder
zwischen denselben. Er stimmt in seiner Beschaffenheit und in seinem
ganzen Auftreten vollständig mit der Beschreibung überein, welche
Dathe in ausführlicher Weise in seiner Abhandlung „über Diabase“
geliefert hat1), und kann daher hier auf jene verwiesen werden; nur
sei noch bemerkt, dass ein Vorkommen des Viridits in Form kleiner
Schüppchen niemals zu beobachten war, vielmehr bildet derselbe stets
’) Mikroskopische Untersuchungen über Diabase von Fr. Ernst Dathe.
Die Porphyre und Grünsteine des Lennegebietes in Westphalen.
175
lange Nädelchen und zugespitzte Fäserchen. Kohlensaurer Kalk findet
sich in sämmtlichen Diabasen, in einigen nur in geringer Menge, als
Ausfüllungsmaterial kleiner Spältchen und Hohlräume (Gesteine Nr. 1,
3 und 7), in anderen (Nr. 2 und 5) reichlicher und endlich in den
Gesteinen Nr. 4 und 6 in ungemein reichem Maasse; in Nr. 4 beträgt
er mindestens 50 Proc. des ganzen Gesteins. Es kann hier der früheren,
jüngst noch von Dathe näher begründeten Ansicht, dass der kohlen-
saure Kalk in den Diabasen secundär sei, nur beigepflichtet werden,
fortgesetzt gibt sich derselbe als neuangesiedeltes Mineral zu erkennen.
Theils findet er sich inmitten grösserer Viriditpartien, theils bildet er
schmale Gänge durch’s Gestein, welche die Gemengtheile (Augit, Feld-
spath, Magneteisen etc.) durchsetzen. Besonders schön sind dergleichen
Gänge in Diabas Nr. 7 zu beobachten. Dieselben stehen häufig wieder
mit anderen Partien und Körnchen von kohlensaurem Kalk, die im
Gestein zerstreut liegen, in Verbindung, so dass für diese die gleiche
Art der Entstehung angenommen werden muss. Der kohlensaure Kalk
scheint in erster Linie aus der Zersetzung des Augits hervorgegangen
zu sein, womit übereinstimmt, dass sich in den Gesteinen mit noch
ziemlich frischem Augit die geringsten Mengen kohlensauren Kalkes
finden, während in den beiden Gesteinen Nr. 4 und 6 mit vollständig
umgewandeltem Augit der Kalkgehalt ein ungemein hoher ist. Der
kohlensaure Kalk hat sich indessen keineswegs immer an Stelle des
Augits, sondern zumeist sogar an anderen Orten im Gestein abgeschie-
den, so z. B. auch häufig innerhalb zersetzter Feldspathe. Noch sei
erwähnt, dass im Gestein Nr. 5 sich mehrfach grössere Massen
kohlensauren Kalkes, allseitig von Veridit umschlossen, vorfinden, die
ihrerseits wiederum mehrere unregelmässig gestaltete, farblose Kör-
ner eines einfachbrechenden Minerals umschliessen, welches allem An-
schein nach Granat sein dürfte. Dass Magneteisen bei Zersetzung des
Augits sich ebenfalls gebildet habe, hat wohl in einzelnen Fällen viel
Wahrscheinlichkeit für sich, lässt sich jedoch nicht mit voller Sicherheit
constatiren. In den Gesteinen Nr. 4 und 6, in welchen gar keine un-
zersetzte Augitsubstanz mehr zu finden ist, tritt ausser Viridit noch
ein anderes Umwandlungsproduct des Augits in grosser Menge auf.
Dasselbe bildet meist grössere, zusammenhängende, unregelmässige
Massen, von zum Theil scharfliniger Begrenzung, so dass sie noch sehr
auffällig an die unregelmässigen, aber sehr leicht wieder zu erkennenden
Formen der Durchschnitte des Augits erinnern. Zum Theil kommt das
Zersetzungsproduct auch nur in lockeren Haufwerken vor, die nach
dem Rande zu verschwommen sind und sich allmälig auflösen. Im durch-
fallenden Lichte erscheinen diese Partieen braun, im auffallenden grau-
lich- bis grünlichweiss. Bei starker Vergrösserung ist zu erkennen, dass
sie namentlich aus einer Summe höchst kleiner, abgerundeter Körnchen
mit trüber, bräunlichdurchscheinender Mitte und dunklem Rande be-
stehen, welche das Licht einfach brechen. Zwischen diesen liegen in
ebenfalls reicher Menge andere kleine, farblose, das Licht doppel-
brechende Körnchen, welche sich bei starker Vergrösserung zwischen
gekreuzten Nicols als kohlensaurer Kalk erweisen. Diese innige Impräg-
nirung der braunen Partieen mit kohlensaurem Kalk erklärt es, dass
23*
176
H. B. Meliner.
[50]
dünne Stellen derselben im polarisirten Lichte in der Regel einiger-
massen leuchtend hervortreten. In einem mit Chlorwasserstoffsäure län-
gere Zeit behandelten Präparate war daher eine solche Doppelbrechung
nicht mehr zu beobachten. Beide Substanzen, sowohl kohlensaurer Kalk
als auch die kleinen, trüben Körnchen sind entschieden durch Zer-
setzung des Augits direct aus diesem hervorgegangen. Was die kleinen
Körnchen ihrer Natur nach sind, ist nicht zu entscheiden; nach lang-
anhaltender Einwirkung von Chlorwasserstoffsäure unter starker Erwär-
mung zeigten sie nicht die geringste Veränderung.
Von Erzen finden sich in den untersuchten Diabasen zunächst
Titaneisen und Magneteisen, ersteres an Menge bedeutend vor-
wiegend. Beide Mineralien lassen niemals regelmässige Formen erken-
nen; eine Unterscheidung derselben im frischem Zustande würde dadurch
ungemein erschwert sein. Das Titaneisen gibt sich jedoch immer durch
sein bekanntes, charakteristisches, graulichweisses Zersetzungsproduct
zu erkennen, in welches es zum Theil oder auch vollständig überge-
gangen ist. Im Diabas Nr. 3 ist das schwarze Erz noch in Linien und
Streifen zwischen der weissen, ausgebreiteten Substanz vorhanden. Diese
schwarzen Linien laufen theils parallel, theils durchkreuzen sie sich
(in der früher bei Beschreibung des Titaneisens einiger Porphyre be-
sprochenen Weise). In den übrigen Diabasen bilden das noch erhaltene
Erz und sein Zersetzungsproduct nur unregelmässige Massen. In Nr. 4
ist sämmtliches Erz der Umwandlung anheimgefallen und nur das
weisse Product derselben noch zu beobachten. Das Magneteisen steht,
wie erwähnt, an Menge hinter dem Titaneisen zurück. Im Diabas Nr. 4
ist keine Spur von demselben zu entdecken ; in Nr. 1 tritt es ebenfalls
sehr spärlich auf. Dass ein Theil des Magneteisens, namentlich, wo es
inmitten des Augits vorkommt, möglicher Weise aus diesem durch Zer-
setzung desselben hervorgegangen sein dürfte, wurde bereits angedeutet.
Ein anderer Theil des Magneteisens gehört aber ganz entschieden den
ursprünglichen Gemengtheilen dieser Diabase zu. Hin und wieder hat
eine theilweise Umwandlung des Magneteisens in Eisenoxydhydrat statt-
gefunden.
Ausser Titaneisen und Magneteisen findet sich in allen diesen
Diabasen, wie auch schon im Handstück zu erkennen ist, in geringer
Menge Eisenkies. Er gibt sich im auffallenden Lichte durch seine
gelbe Farbe und durch den starken Metallglanz zu erkennen. Niemals
zeigt derselbe eine Umwandlung zu Eisenoxydhydrat, vielmehr hat er
stets ein sehr frisches Aussehen. Von ihm umschlossene kleine Feld-
späthchen sind vor der Umwandlung ebenfalls bewahrt geblieben, und
zeichnen sich demgemäss durch ihre grosse Frische aus. Epidot ist
verhältnissmässig wenig in diesen Gesteinen enthalten; am reichsten
daran ist das mit Nr. 3 bezeichnete, ausserdem enthalten dieses Mine-
ral noch in geringer Menge die Vorkommen Nr. 1, 2 und 5. Dasselbe
tritt in kleinen, unregelmässig begrenzten Körnchen von lichtgrünlicher
bis gelblichbrauner Farbe auf, welche meist pellucid sind und das Licht
stark doppelbrechen. Im polarisirten Lichte treten sie daher mit leuch-
tenden Farben hervor. Die meisten dieser Körnchen, wenn nicht sogar
sämmtliche, mögen secundärer Entstehung sein; wiederholt fanden sich
Die Porphyre und Grünst eine des Lennegebietes in Westplialen.
177
dieselben in secundären Partieeu von Kalkspath und von Viridit ein-
gelagert oder auch inmitten zersetzter Feldspathe abgeschieden.
Apatit ist in auffallend geringer Menge in diesen Diabasen vor-
handen; eiuigermassen reichlich tritt er nur in den Varietäten Nr. 3
und 7 auf.
Olivin ist in sämmtlichen untersuchten Dünnschliffen aller dieser
Diabase niemals zu beobachten gewesen.
Resultat.
Die untersuchten „Porphyre“ der Lennegegend, sowohl die mas-
sigen, als auch die schieferigen erweisen sich mit Ausnahme derjenigen
vom Steimel bei Schameder und vom Weinberg bei Brachthausen, als
wirkliche eruptive Porphyre.
Sämmtliche Porphyre besitzen krystallinisch ausgebildete Grund-
masse.
Der makroskopische Unterschied zwischen den massigausgebildeten
und den schieferigen Porphyren gibt sich auch mikroskopisch wieder
zu erkennen. Die massigen Porphyre führen eine durchaus gleichmässig
ausgebildete Grundmasse, welche in einigen sphäruli tische Structur zeigt.
Die schieferigen Porphyre zeichnen sich durch sehr abweichende Grösse
und Anordnung des Korns einzelner Partieen der Grundmasse aus.
Durch den schlierenartigen Verlauf dieser abweichend ausgebildeten
Partien in der übrigen Grundmasse wird fast sämmtlichen dieser schie-
ferigen Porphyre eine ausgezeichnete Fluctuationsstructur aufgedrückt.
Die massigen Porphyre führen sämmtlich porphyrische Quarze,
von denen die meisten Glaseinschlüsse besitzen.
Die schieferigen Porphyre enthalten, mit Ausnahme desjenigen
von Niederdresselndorf, niemals Quarz als porphyrisch ausgeschiedenen
Gemengtheil. In den Quarzen der Grundmasse sind keine Glaseinschlüsse
zu beobachten.
Einige der massigen Porphyre führen eine Anzahl eingeschlossener
Thonschieferfragmente.
Die schieferigen Porphyre sind sämmtlich sehr reich an einge-
schlossenem Thonschiefermaterial. Dasselbe lässt fast immer eine starke
Bearbeitung durch die porphyrische Masse erkennen; es tritt theils in
scharfbegrenzten Fragmenten, theils in verschwommenen Partieen auf,
die das Aussehen haben, als seien sie als weiche Schlammmassen ein-
geschlossen worden; theils ist es in höchst feiner Vertheilung durch
die ganze Grundmasse dieser Gesteine verbreitet. Die Structurverhält-
nisse der Grundmasse schliessen indessen die Ansicht aus, als ob diese
schieferigen Porphyre Tuffgesteine seien, welche den Schalsteinen der
Diabase zu vergleichen wären.
Diese Gegensätze führen auf die Vermuthung, dass die Entstehungs-
weise der massigen und der schieferigen Porphyre — wenn sie auch
beide Eruptivgesteine siud — doch eine etwas abweichende war.
Die Identificirung dieser flaserigen Porphyre der Lennegegend mit
den Porphyroiden des Taunus, der Ardennen etc. und die Bezeichnung
der ersteren als solche ist demnach nicht gerechtfertigt.
178 H. B. Mehner. [52]
In einigen Porphyren tritt Titaneisen und sein Zersetzungsproduct
reichlich auf.
Glimmer ist nur selten als makroskopischer Gemengtheil vorhanden.
In dem Gestein von Schameder ist die Grundmasse abweichend
von derjenigen der übrigen schieferigen Porphyre beschaffen, sie ist
fast vollständig aus kleinen, krystallinischen, farblosen Nüdelchen zu-
sammengesetzt. Das Gestein ist entschieden kein umgewandelter Schiefer.
Die Porphyrnatur desselben ergibt sich aus der mikroskopischen Unter-
suchung zwar als wahrscheinlich, kann jedoch nicht mit voller Sicher-
heit festgestellt werden, vielmehr muss die Möglichkeit, dass dieses
Gestein ein Porphyrtuff sei, zugegeben werden.
Die mikroskopische Beschaffenheit des Gesteins von Niederdres-
selndorf rechtfertigt die Deutung desselben als Porphyrtuff.
Der vermeintliche Porphyr vom Weinberg bei Brachtbausen, welcher
Stielglieder von Enkriniten führt, ist ein feinkörniger Sandstein.
Der „in Porphyr übergehende Schiefer“ von den Bruchhäuser
Steinen ist ein wirklicher Porphyrtuff und besteht aus einer Vermen-
gung von Partieen klastischen porphyrischen Materials mit Thonschiefer-
material.
Die untersuchten sogenannten „Schalsteine“ der Lennegegend sind
ebenfalls Porphyrtuffe, die sich nur durch einen bedeutenden Kalkgehalt
auszeichnen.
Die „Hyperite“ und Grünsteine („Labradorporphyre“) der Ruhr-
und Volmegegend sind Diabase.
Am Schlüsse dieser Arbeit möge es dem Verfasser gestattet sein,
seinem hochverehrten Lehrer, Herrn Prof. Zirkel den wärmsten, auf-
richtigsten Dank auszusprechen für die Hingebung, mit welcher er den
Verfasser in das Studium der Mineralogie und Petrographie eingeführt
hat, für die freundliche Vermittlung und Ueberlassung des Materials
zu dieser Arbeit und die liebenswürdige, bereitwillige Unterstützung,
die er ihm bei den Untersuchungen selbst durch Rath und That stets
zu Theil werden liess.
V. Ueber einige Quarzporphyre und Diorite aus dem
Silur von Böhmen.
Yon R. Helmhacker.
In der central- und westböhmischen Silurformation finden sich
viele eruptive Gesteine von gleichem Alter mit dem Silur, oder auch
jüngerer als silurischer Bildung. Dieselben wurden jetzt einer Unter-
suchung unterzogen, in erster Reihe aber sind alle Eruptivgesteine
untersucht worden, welche in den Rahmen der geologischen Karte der
Umgebung von Prag fallen.
Diese geologische Karte, welche der Vollendung nahet, umfasst
einen Raum von 20 Quadratmyriameter und kommen auf derselben
folgende Gesteine eruptiver Bildung zur Darstellung. Granit, welcher
jünger ist als das Untersilur, Quarzporphyr untersilurisch und auch
etwas jünger; Diorit jünger als das Untersilur oder untersilurisch;
Corsit jünger als das oberste Untersilur, (Etage Dd&); Minette vom
jüngsten Untersiluralter (Etage Ddh ); Diabas im unteren Obersilur
(Etage Eex) und im Untersilur mit diesen Schichten von gleichem
Alter, nebst noch einigen seltenen Gesteinen (Basalte etc.).
Aus dieser für das Archiv der Landesdurchforschung von Böhmen
bestimmten Arbeit seien hier, noch vor dem Erscheinen derselben,
welches noch einige Zeit währen dürfte, besonders zwei Gesteine, die
Quarzporphyre und Diorite, beschrieben. Aus diesen Beschreibungen
wird die grosse Mannigfaltigkeit dieser Eruptivgesteine ersichtlich sein
und wird dadurch der classische Silurboden nur noch in erhöhtem
Maasse das Interesse erwecken.
$
1. Quarzporphyr von Vran, südlich von Prag.
In den nach NNW. verflachenden, feinkörnigen Grauwacken und
festen Grauwackenschiefern von grauer und dunkelgrauer Farbe, welche
dem Untersilur, und möglicherweise der Primordialetage angehören,
finden sich südlich von Prag in den schroffen Moldauufer-Gehängen
zahlreiche Quarzporphyrlager, insbesondere schön südlich von Zbraslav
Mineralogische Mittheilnngen. 1877. 2. Heft, (Helnthacker.)
180
R. Helmhacker.
[2]
(Königsaal) (etwas über IV2 Myriameter südlich von Prag) entblösst,
wo auf dieselben Steinbrüche angelegt sind. Eines der liegendsten
dieser Porphyrlager, welche schief über die Moldau von einem Ufer
auf das andere hinübersetzen, ist am linken Moldauufer etwas weniges
südlich von Yran (am rechten Ufer) und Skochovic bei der Einschicht
Vyr durch einen Steinbruch aufgeschlossen. Der Bruchstein dient als
Pflasterstein bei Navigationsbauten.
Die Mächtigkeit des Lagers von Quarzporphyr beträgt sehr viele
Meter und ist derselbe im Steinbruche ziemlich frisch.
Das Aussehen des Quarzporphyres ist am Ausbisse des Lagers
ein derartiges, dass daraus die Structur dieses Gesteines nicht zu ent-
räthseln wäre, da die Feldspäthe kaolinisirt, theilweise aus der Ge-
steinsmasse gänzlich herausgelöst sind, wodurch diese ein poröses bis
kleinzelliges Aussehen, bei einer schmutzig weissen oder bräunlichen
Farbe darbietet.
Das am frischesten aussehende Gestein, welches grob bankförmig
oder dick geschichtet ist, erscheint grau. Bei näherer Betrachtung er-
scheinen in einer grauen felsitischen Grundmasse zahlreiche, weisse,
spaltbare Feldspäthe, welche dieselbe stellenweise ziemlich zurück-
zudrängen scheinen; weniger häufig scheinen dem blossen Ansehen
nach die tief rauchgrauen Quarztheilchen zu sein. In diesem Gemenge,
dessen einzelne Individuen bis zu 2 1/2 Mm. grösster Länge, seltener
wohl noch etwas darüber erreichen, sind einzelne, bis 1 Mm. breite
Körnchen von Pyrrhotin als accessorisches Mineral eingewachsen. Nur
verhältnissmässig seltener ist der Pyrit in noch etwas kleineren Körn-
chen nachzuweisen; in manchen Handstücken lässt sich derselbe neben
dem Pyrrhotin gar nicht nachweisen.
Der als accessorischer Gemengtheil auftretende Pyrrhotin ist hier
zum ersten Male im Quarzporphyr bekannt geworden, denn man findet
dieses Mineral in Quarz- und Felsit- oder Orthoklasporphyren nirgends
angeführt.
In diesem Mineralgemenge von porphyrartiger Textur mit vor-
herrechenden ausgeschiedenen Krystallen und untergeordneter felsitischer
Grundmasse finden sich stellenweise scharf begrenzte Partieen der
Felsitgrundmasse, bis zur Haselnussgrösse und darüber, von re'in grauer
oder etwas dunkelgrauer Farbe. Unter der Loupe zeigt diese Felsit-
ausscheidung ausser dem splittrigen Bruch noch in vielen Fällen winzige
Körnchen von Pyrrhotin in geringer Menge eingesprengt.
Jetzt erklärt es sich von selbst, warum die Klüfte des Quarz-
porphyrs von Limonit braun gefärbt erscheinen und warum das Gestein
bei anfangender Zersetzung sich bräunt und selbst kleine Partikelchen
erdigen Limonites, offenbar die Stelle des zersetzten Pyrrhotines ein-
nehmend, enthält.
Mit verdünnten Säuren behandelt, entwickeln nur gewisse Stel-
len in der Nähe der Feldspäthe etwas Bläschen, während sich das
übrige Gestein kaum mit anhaftenden Bläschen bedeckt. Es ist also
nur in gewissen Feldspäthen eine Calcitimprägnation vorhanden.
Die mikroskopische Untersuchung des Quarzporphyrs ergibt Fol-
gendes:
[3] Ueber einige Quarzporphyre und Diorite aus dem Silur von Böhmen. 181
Selbst bei schwächerer Vergrösserung fällt es sogleich auf, dass
man es mit einem Quarzporphyr zu thun hat, dessen sogenannte aus-
geschiedene Krystalle eigentlich keine Krystalle, sondern Krystallbruch-
stiicke sind. Es erscheint diese Art von Porphyren nicht selten, nach-
dem Michel Levy in seiner mit ausgezeichnet ausgeführten Tafeln ge-
zierten Abhandlung (Memoire sur les divers modes de structure des
roches eruptives etudiees au microscope au moyen de plaques minces,
Paris 1875) die aus Krystalltrümmern bestehenden Quarzporphyre viel-
fach beschreibt.
Die Zertrümmerung zeigt der Quarz in hohem Grade; von grös-
seren Quarzkrystallen finden sich nur einzelne von unebenen Flächen
(Linien im Mikroskope) begrenzte, oft scharfkantige Bruchstücke, nicht
selten ganz vereinzelt, oder noch aneinander gefügt und durch eine
mehr oder minder dicke Schicht eingedrungener Grundmasse getrennt,
dass ihr ursprünglicher Zusammenhang wahrscheinlich wird.
Andere Quarze, und zwar nicht die grössten, zeigen sich durch
Spalten gerissen, und theilweise noch zusammenhängend; die Spalten
mit Grundmasse ausgefüllt. Andere sind nur zersprungen; die kleinsten
sind ganz und zeigen die Querschnitte der den Porphyren überhaupt
eigenthündichen Doppelpyramiden unversehrt. Selbst die nur zerklüfte-
ten oder gespaltenen Quarzkrystalle sind nicht selten klein wenig ver-
schoben, da nicht alle durch die wenigen Klüfte getrennten Quarz-
theilchen im polarisirten Lichte gleichzeitig die gleichen chromatischen
Erscheinungen zeigen.
Der Feldspath zeigt ähnliche Erscheinungen wie der Quarz; auch
diese Krystalle sind mehr oder weniger zerrissen, jedoch scheinen die
Feldspäthe mehr geschont worden sein, da sie etwas mehr ebenflächig
(geradlinig) begränzt sind. Dieses ist aber nur scheinbar, da die Spalt-
barkeit diese mehr geradlinige Begränzung bedingt, während beim
Quarz die unregelmässigen Bruchflächen vorherrschen. Die kleineren
Pyrrhotine erscheinen unregelmässig begränzt, wohl auch aus Körnern
zusammengesetzt, jedoch nie zerbrochen.
Auch die etwas grösseren, zertrümmerten und wenig aus dem
Zusammenhänge gebrachten Feldspathkrystalle, meist die Orthoklase,
welche recht oft durch neu gebildeten Orthoklas verkittet sind, zeigen
in ihren Trümmern im polarisirten Lichte gleichzeitig nicht gleiche
Farben.
Während bei der Untersuchung des Quarzporphyrs im Bruche
die weissen Feldspath-Spaltungsflächen über die Quarze vorzuwalten
schienen, zeigen Dünnschliffe, dass das Gestein aus etwa gleichen
Mengen von eingewachsenem Quarz (Bruchstücken und Krystallen) und
Feldspath besteht.
Vom Quarz ist nichts besonderes zu erwähnen, er fällt durch
seine bedeutendere Durchsichtigkeit, Reinheit und die überhaupt dem-
selben zukommenden, so oft schon nachgewiesenen Eigentliümlich-
keiten auf.
Mineralogische Mittheilungen. 1877. 2. Heft. (Helmhacker.)
24
182
R. Helmhacker.
[4]
Der Feldspath, der dem blossen Ansehen nach als Orthoklas auf-
zufassen wäre, besteht zur Hälfte aus Orthoklas, und zum andern
Theile aus Plagioklas (Oligoklas) da er sehr deutliche Zwillingsstreifung
zeigt. In keinem Oligoklas erscheinen die Zwillingslamellen jedoch in
einer bedeutenden Zahl.
Die grösseren Pyrrhotinkörner nehmen den Platz in der Nähe der
eingewachsenen Krystalle (Bruchstücke) ein.
Die dichte felsitische Grundmasse löst sich unter dem Mikroskope
in ein deutlich krystallinisches Gemenge von Orthoklasmikrolithen auf,
zwischen denen sehr spärlich auch ebenso kleine vereinzelte Quarze,
natürlich nur im polarisirten Lichte nachgewiesen werden. Der Ortho-
klas der mikrokrystallinischen Grundmasse erscheint etwas frischer als
die Masse der eingewachsenen grösseren Krystallbruchstücke, welche
weisslich getrübt ist.
In der mikrokrystallinischen Grundmasse sind zahlreiche Pyrrho-
tinkörnchen zerstreut, welche, wenn dieselben nicht schon makroskopisch
als zu diesem Mineral gehörig nachgewiesen worden wären, auch als
Magnetit gedeutet werden könnten. Vielleicht wäre die Deutung solcher
schwarzer Körnchen in manchen Quarzporphyren als Magnetit nach
dieser hier gemachten Erfahrung anzuzweifeln.
Ausser diesen Pyrrhotinkörnchen zeigen gewisse Stellen der Felsit-
grundmasse kleine, aber scharf begränzte grüne Schuppen, die allge-
mein, wohl mit Recht, als Chlorit gedeutet werden. Wahrscheinlich
verdankt die Grundmasse denselben die graue Farbe, wenn dieselbe
nicht besser als eine Folge der Textur der weissen Mikrolithe aufzu-
fassen wäre.
Dünne Klüfte, welche unter dem Mikroskope den Dünnschliff sehr
spärlich durchsetzen, sind mit Chloritschuppen ausgekleidet und er-
scheinen als Chloritstränge.
2. Quarzporphyr von Radosovic.
Der Ort Radosovic liegt OS. von Prag 2V4 Myriameter an der
Prag-Kuttenberger Reichsstrasse, wenig nördlich von Rican. Nördlich
von Radosovic zieht sich eine Schlucht „Prestavlckä rokle“ genannt,
in welcher ein schöner Aufschluss eines 3 bis 4m mächtigen, nach
10 h steil verflachenden Lagerganges oder Lagers, was noch nicht sicher
nachgewiesen ist, von Quarzporphyr ansteht. Die Quarzporphyr-Lager-
stätte ist dem Streichen nach gegen WS. auf etwa 1 Myriameter Ent-
fernung bekannt, doch nur bei Radosovic am frischesten anstehend.
Die Lagerstätte ist in unteren Untersilurphylliteu oder festen Grau-
wackenschiefern eingelagert.
An den Klüften, oder längere Zeit der Witterung ausgesetzt, wird
der Quarzporphyr gelbgrau, im frischen Bruche aber ist er licht gelb-
lichgrau, von deutlich porphyrartiger Textur. Die Grundmasse und die
eingewachsenen Krystalle erscheinen dem Auge in ziemlich gleichem
Maasse zur Zusammensetzung des Gesteins beizutragen.
Ueber einige Quarzporphyre und Diorite aus dem Silur von Böhmen. 183
Am Bruche fallen sogleich die dunkelrauchgrauen durchsichtigen
Quarzkrystalle in Doppelpyramiden auf, deren grösste Formen in der
Richtung der Hauptachse bis 6mm Länge erreichen. Ausser Quarz
enthält die Grundmasse höchstens halb so lange, weisse, nur kanten-
durchscheinende Feldspäthe mit deutlichen Spaltungsflächen. Der Feld-
spath scheint neben dem Quarz trotz seiner geringeren Grösse in etwas
grösserer Menge aufzutreten.
Als accessorische Gemengtheile treten nur sehr spärlich wenige
Millimeter lange, hexagonale, grünlichbraune Biotitkrystalle, mit sehr
unebener, oder nie durch einseitigen Druck wellig gebogener oi?-Fläcbe
zum Vorschein, welche etwas weniger fettglänzend erscheinen und auf
eine Vertalkung hinzuweisen scheinen. Dann erscheint noch Pyrit in
höchsten 1 Mm. grossen Körnchen. Oberflächlich sind manche Hand-
stücke in kleinen Hohlräumen unregelmässig kleinluckig und bräunlich
gefärbt, jedenfalls in Folge des verwitterten Pyrites.
Die licht gelblichgraue Felsitgrundmasse ist feinsplittrig sehr fest,
wodurch das ganze Gestein fest verbunden und schwer zersprengbar
erscheint.
In verdünnten Säuren erweisen sich die frischen Brocken des
Quarzporphyres als Calcitfrei; die etwas weniger frischen minder zähen
entwickeln spärliche Bläschen, ihr Feldspath ist demnach zersetzt und
mit etwas Calcit durchdrungen.
Unter dem Mikroskope zeigen sich die Quarze durchsichtig, ganz
rein, und bei einigen, bei denen der Schnitt ein hexagonaler, folglich
auf der Hauptaxe ein senkrechter war, konnte mit einiger Wahrschein-
lichkeit die Linksdrehung beobachtet werden.
Die Orthoklase sind selbst in den dünnsten Präparaten meist
weiss, getrübt, schwach durchscheinend und mit äusserst feinen hellen
Linien parallel zu einer Richtung gänzlich oder unterbrochen durch-
zogen, welche sich als Spaltungsfugen deuten Hessen. Andere jedoch
zeigen sich frischer, weil sie im polarisirten Lichte starke Farben
zeigen, sind jedoch gänzlich mit anderen Kryställchen durchspickt,
welche vermuthlich als Orthoklase in anderer Orientirung sich deuten
Hessen. Andere zeigen deutliche Aggregatpolarisation. Oligoklas Hess
sich mit Sicherheit nur an gewissen Durchschnitten nachweisen. Auch
Verwachsungen von Oligoklas mit dem als Orthoklas gedeuteten Feld-
spath sind ersichtlich.
In einigen Orthoklasquerschnitten zeigten sich einige Quarzkry-
ställchen eingewachseu.
Das als Biotit erwähnte Mineral ist eine Pseudomorphose, viel-
leicht nach Biotit. Dasselbe ist licht gelblichgrünlich durchsichtig, wahr-
scheinlich Chlorit und mit dünnen kurzen, meist nach einer Richtung
orientirten Nadeln, entweder spärlich oder reichlich durchwachsen. Der
Krystallform und den sonstigen Eigenschaften nach, erinnern dieselben
an Amphibol. Nebstdem sind diese Glimmerpseudomorphosen dunkel-
braun getüpfelt, was von Limonit herrührt und hie und da auch mit
gelblich hyacinthrothen Fetzen von Haematit begleitet.
24*
184
R. Helmhacker.
[6]
Die Pyritkörnchen zeigen nicht selten einen dunkelbraunen, wol-
kigen Hof von Limonit, welcher, wiewohl selten, auch im Orthoklas
und Oligoklas und um denselben kleine Wölkchen bildet, oder nach
zufällig vorhandenen Klüftchen in denselben eindringt.
Die dichte Grundmasse besteht aus deutlichen Mikrolithen und
erweist sich bei stärkerer Vergrösserung aus kurzen, dicken Stäbchen
von Orthoklas zusammengesetzt. Da sich im polarisirten Lichte einige
stärker gefärbte Punkte in derselben zeigen, so dürften dieselben auf
Quarz zurückzuführen sein, für dessen Anwesenheit in der Grundmasse
übrigens kein anderer besserer Beweis erbracht werden kann.
Zahlreiche, zu kleinen Wolken gehäufte, schmutzig dunkelbraune
Limonitpartikelchen in der Felsitgrundmasse, sowie spärliche Schüppchen
von Chlorit scheinen die Ursache der licht gelblichgrauen Farbe der-
selben zu sein. Zugleich sind sie ein Hinweis für die nicht gänzlich
frische Natur dieses festen Quarzporphyrs, da sie als secundäre Mine-
ralien fehlen sollten. Für die nicht gänzliche Frische ist ausserdem
auch der getrübte Orthoklas und Oligoklas ein Beleg.
3. Quarzporphyr Ton Letek.
Das Dorf Letky liegt am linken Moldauufer in gerader Richtung
12 Kilometer, nördlich von Prag. Zwischen Podmofan und Letek ist
die den unteren Untersilurschichten angehörige, dunkelgraue, feinkörnige
Grauwacke, welche beim Schlagen klingt, von einigen schwachen Gän-
gen von Quarzporphyr durchsetzt. Aus einem solchen Gange, von
Va Meter Mächtigkeit, südlich von Letek, einige Schritte vom Moldau-
ufer entfernt, wurde diese Probe entnommen.
Der Quarzporphyr ist ausnahmsweise frisch und unzersetzt, trotz-
dem dass ihn hie und da sehr dünne Klüftchen von krystallinischem
Calcit durchsetzen, und dass reine Bruchstücke desselben in verdünnten
Säuren eine unbedeutende Menge von Bläschen entwickeln.
Im frischen Bruche herrscht die deutlich splittrige, licht gelblich-
graue Felsitgrundmasse bedeutend über die in derselben eingewachse-
nen, grauen, fettglänzenden Quarzkrystalle vor, deren grössten die
Dimensionen von 2mm kaum übersteigen. In einzelnen Handstücken
sind Pyritkörnchen der Form °oO°°, kaum 1/3 mm Kantenlänge be-
sitzend, einzeln oder gehäuft eingewachsen. Die verblasste Oberfläche
zeigt schwache Limonitschnürchen und Pünktchen.
Unter der Loupe gewahrt man am Bruche ausserdem noch kleinere,
spärlich auftretende, durchsichtige, deutlich gestreifte Plagioklaskry-
ställchen von frischem Aussehen.
Unter dem Mikroskope zeigt sich die Felsitgrundmasse gegenüber
den eingewachsenen Krystallen ebenfalls vorherrschend.
Der Quarz tritt sehr deutlich zum Vorschein und einige Durch-
schnitte, welche wahrscheinlicher Weise senkrecht zur Hauptachse des-
selben geschnitten wurden, gehören dem links drehenden Quarze an.
Die Quarzkrystalle sind entweder unmittelbar in der Grundmasse ein-
[7] Ueber einige Quarzporphyre und Diorite aus dem Silur von Böhmen. 185
gewachsen, oder sind dieselben zum Theil oder gänzlich von einem
Pyritkranze umhüllt, welcher, wenn er nicht etwa in einzelnen grösse-
ren Körnchen sehr spärlich in der Grundmasse eingewachsen erscheint,
sich nie an die Feldspäthe, sondern nur an den Quarz anlehnt.
Das zweite Mineral, der Oligoklas, zeigt sich unter dem Mikro-
skope häufiger als dies vermuthet werden könnte und er steht der
Menge nach dem Quarz nur wenig nach. Das frische Mineral von etwas
kleineren Dimensionen als der Quarz, zeigt sehr deutliche Zwillings-
lamellen, jedoch meist nur in beschränkter Menge. Der an Zwillings-
lamellen reichste Querschnitt zeigte 12 farbige Bänder im polarisirten
Lichte ; meist erscheinen deren aber ungleich weniger. Einzelne
Krystalle von Orthoklas kommen nur in ziemlich spärlicher Menge
vor, so dass sie beinahe als accessorisches Mineral gedeutet werden
könnten.
Accessorisch sind auch trübe, aus Längsfasern bestehende Säulchen
anzutreffen, deren Deutung nicht gelang. Sie erinnern an Muscovite
oder Talkquerschnitte, womit aber keinesfalls eines dieser Mineralien,
am wenigsten der Talk, gemeint sein kann.
Die Grundmasse ist deutlich krystallinisch und in derselben zeigen
sich wohl spärliche aber deutliche Quarzkörnchen. Dieselbe wird vor-
herrschend als aus Orthoklas bestehend gedeutet, da keine Beobach-
tung die Anwesenheit von Plagioklas bestätigt. Um so auffallender ist
es in dieser mikrokrystallinischen, vorherrschend aus Orthoklas und
auch aus Quarz bestehenden Grundmasse Quarz und Oligoklas in grös-
seren Krystallen ausgeschieden zu finden.
Die Grundmasse besteht aus hellen Partien, in welcher grauliche
wolkige Trübungen sich netzförmig durchschlingen. Diese trüben Stellen
machen den Eindruck als wäre die Trübung durch das vordem erwähnte,
an Muscovit oder Talk erinnernde Mineral, hervorgebracht worden. Um
die eingewachsenen ausgeschiedenen Krystalle bildet die helle Grund-
masse einen von der wolkigen Trübung umsäumten Hof.
An anderweitigen Einschlüssen lässt sich in den ausgeschiedenen
Krystallen nichts bemerken. Der Quarzporphyr ist vollkommen frisch,
da demselben alle Limonit- und Chlorit-Trübungen fehlen.
4. Quarzporphyr von Libsic.
Libsic liegt am linken Moldauufer, 1V3 Myriameter in gerader
Richtung, nördlich von Prag. Nördlich von Libsic schneidet die Prag-
Dresdener Eisenbahn in einen steilen Abhang des linken Ufers ein,
durch welchen ein Quarzporphyrgang in das entgegengesetzte Ufer
unter dem Fluss hindurchstreicht. In dem Quarzporphyrgange von
mehreren Metern Mächtigkeit, welcher Grauwackenschiefer des unteren
Untersilurs durchsetzt, wird ein kaum metermächtiger, deutlich körniger
Minettegang, denselben quer durchsetzend, erkannt, dessen Haltbarkeit
aber wegen seiner fortgeschrittenen Zersetzung keine bedeutende ist.
186
R. Helmliacker.
[8]
Der Quarzporphyr nördlich von Libsic ist ziemlich zähe, fest und
frisch. Manche Handstücke erscheinen mit schwachen, höchstens feder-
kieldicken oder noch schwächeren, Quarzklüftchen durchzogen. Die
Farbe rein lichtgrau, die angegriffene Oberfläche licht rostbraun.
In der deutlich splittrigen vorherrschenden Felsitgrundmasse sind
Quarzkrystalle von bis 21/2mm Breite, ziemlich reichlich eingewachsen.
Nur unter der Loune erkennt man die spärlich auftretenden, viel klei-
neren, deutlich gestreiften weissen Oligoklaskrystalle.
In verdünnten Säuren brausten frische Brocken nur unter Ent-
wicklung von unbedeutenden Bläschen auf.
Zum Dünnschliffe wurde ein Brocken verwendet, durch welchen
eine 1 Millimeter mächtige Quarzkluft hindurchging.
In manchen ganz reinen, durchsichtigen Quarzkrystall-Querschnit-
ten zeigten sich Einschlüsse von Felsitmasse, entweder als grösserer
Kern inmitten des Krystalles, oder mit der äusseren Umgebung durch
einen dicken Canal communicirend, je nach der Richtung des Schliffes.
Sonst aber zeigten sich die Quarze frei von Einschlüssen.
Oligoklase erscheinen in der Grundmasse spärlich, ebenso Ortho-
klase; im Vergleich zum Quarz beinahe als unwesentlich anzusehen.
Die Grundmasse ist selbst bei geringerer (GOmaliger) Vergrösserung
deutlich krystallinisch ; im polarisirten Lichte mit stark färbigen Körn-
chen, die als Quarz zu deuten wären, ziemlich reichlich versehen. In
der Grundmasse finden sich hie und da Chloritschuppen; dünne Klüft-
chen in derselben sind ebenfalls mit Chloritschuppen ausgefüllt.
Das Quarzklüftchen zeigte sich aus reinem durchsichtigen Quarz
zusammengesetzt, in welchem sich dickere Lagen von Chloritschuppen
in einzelnen Nestern von grasgrüner Farbe ausgeschieden vorfanden.
Der Quarzporphyr ist beinahe ganz frisch, da sich in demselben
erst die ersten Anfänge von Zersetzungs- und Infiltrationsmineralien,
von denen der Chlorit eines ist, zeigen.
5. Felsit von Jenerälka.
Jenerälka liegt 4Q2 Kilometer NW. von Prag im Särkathal.
Einige hundert Meter nördlich davon, knapp an der nach Horomeric
führenden Strasse, befindet sich in Silurschichten, welche entweder
Ober-Primordial oder wohl noch etwas unbedeutend jünger sind, dem-
nach im mittleren Untersilur, ein etliche wenige Meter mächtiger Felsit,
an dieser Stelle als Lagergang entwickelt und nach SSO. verflachend.
Der Felsit ist frisch, im Aussehen licht fleischroth, an den Kanten
stark durchscheinend, deutlich splittrig. In demselben treten sehr spär-
lich bis 2 n,m grosse Quarzkrystalle zum Vorschein, von denen auf
etwa 1 1/2 Quadrat - Centimeter Bruchfläche nur einer entfällt. Noch
seltener sind dünne, kurze, frische, weisse, gestreifte Oligoklasbruch-
flächen zu bemerken; auf etwa 10 Quadratcm. Fläche entfällt ein Oligo-
klaskryställchen. Man kann desshalb der sehr vorherrschenden Grund-
[9] Ueber einige Quarzporphyre und Diorite aus dem Silur von Böhmen. 187
masse gegenüber den spärlichen eingeschlossenen Krystallen nicht den
Namen von Qüarzporphyr geben, sondern muss dieselbe als Felsit
bezeichnen.
Manche Handstücke zeigen kurze, sämmtlich nach einer Richtung
gestreckte, seltener bis halbfingerdicke Streifen, von kirschrother Farbe,
welche sich unter der Loupe aus Haematit (Eisenrahm) zusammenge-
setzt erweisen, indem dessen Schuppen regellos gehäuft erscheinen.
Diese Streifchen, welche von der Felsitmasse scharf getrennt sind,
erinnern an die in den Granuliten (Fleckengranuliten) von Gloggnitz
auftretenden schwarzen Flasern, kommen jedoch nicht zahlreich zum
Vorschein.
Das Gestein ist ausserdem durchzogen mit bis messerrückendicken
Klüftchen von späthigem halbdurchsichtigem Calcit und Quarz und
bedeckt sich in verdünnten Säuren mit kleinwinzigen Bläschen von
Kohlensäure.
Unter dem Mikroskope zeigen sich die spärlichen Quarzkrystalle
ganz rein, die bei Betrachtung des Bruches so seltenen Feldspäthe
sind jedoch bei Vergrösserung des Dünnschliffes in kleinen Krystallen
etwas reichlicher als der Quarz anzutreffen ; sie sind sowohl Oligoklas
mit wenig zahlreichen Zwillingslamellen, als auch Orthoklaskryställchen
oder Zwillinge des Carlsbader Gesetzes. Die Orthoklase scheinen gegen-
über dem Oligoklas etwas weniger vorzuherrschen. In den Feldspäthen
sind häufig wenige, aber deutlich regelmässig hexagonal oder verzogen
hexagonal begränzte, hyacinthroth durchscheinende Schüppchen von
Haematit eingewachsen anzutreffen. Neben denselben ein, oder sehr-
wenige undurchsichtige schwarze Körnchen, die als Pyrit zu deuten
wären. Eine an gestellte Messung eines dieser kleinen Haematitschüpp-
chen von deutlicher hexagonaler Form, ergab für dessen Breite V70 mm
und dessen Dicke Vs oommj doch sind die Schüppchen auch noch etwas
kleiner oder grösser.
Die Felsitgrundmasse, welche das Gestein beinahe zur Gänze zu-
sammensetzt, besteht aus einem deutlich mikrokrystallinischen Gemenge
von kurzen Orthoklasnadeln und Quarzkörnchen, was durch polarisirtes
Licht gut aufgelöst wird. Die Orthoklasnadeln zeigen sich so ziemlich
nach einer Richtung mit ihren Längenachsen orientirt, dieselben haben
demnach Mikrofluctuationsstructur. Um die Quarzkrystalle aber legen
sie sie kranzförmig bis zu einer geringen Entfernung von denselben
an. Die Quarzkörner inmitten der Orthoklasleistchen sind grösser als
die Breite der Orthoklase und in ziemlicher Menge vorhanden, gegen
den vorherrschenden Orthoklas aber dennoch untergeordnet.
Die mikrofelsitisch krystallinische Textur ist so deutlich, dass die
Orthoklasleistchen, von denen manche als Carlsbader Zwillinge erschei-
nen, selbst im gewöhnlichen Lichte bei stärkerer Vergrösserung, von
140—160 Mal, deutlich zum Vorschein treten.
Die grössten dieser Leistchen, an den Enden mitunter als aus
kleineren aufgebaut sich erweisend, haben bei einer Länge von 1/li mm,
eine Breite von V 8omm; die kleineren, im gewöhnlichen Lichte sicht-
188
R. Helmhacker.
[10]
baren, messen in der Länge V23 mm, in der Breite aber Vuo mm. Iin
polarisirten Lichte jedoch erkennt man deutlich noch viel kleinere
Leistchen von Orthoklas.
In der Grundmasse zerstreut finden sich sehr spärlich und ver-
einzelt die kleinen Haematitschuppen, welche die blass fleischrothe
Farbe des Felsites keineswegs bedingen, da ihre Menge eine ganz un-
bedeutende ist. Die Farbe ist dem Orthoklas eigen und nicht auf
mechanische Einschlüsse zurückzuführen.
Diejenigen Partien des Felsites, welche kirschroth geflasert er-
scheinen, zeigen ziemlich grosse Haematitfetzen, denen die hexagonalen
Umrisse angesehen werden und Leistchen von Orthoklas im regellosen
Gewirre. Um die Haematitfetzen ist die Grundmasse mit ziegelrothem
bis hyacinthrothem Haematitstaub, der sich stellenweise wolkig anhäuft,
getrübt. Der Haematitstaub findet sich in den Orthoklasleistchen als
Einschluss regellos oder den Umgrenzungsflächen folgend, er wurde
selbst als die Zwillingsfläche eines Zwillinges kennzeichnend beobachtet.
Der Haematit ist mit dem Felsit ursprünglicher Bildung, denn im
Präparat wird derselbe durch ein haarfeines Quarzklüftchen, welches
sich zertrümmert, durchzogen und um die Klüftchenbreite getrennt;
derselbe ist also nicht Infiltrationsmineral. Quarzklüftchen, welche
andere Stellen durchsetzen, zeigen sich ganz rein ohne Chloritabschei-
dungen. Dass dieselben Flüssigkeitseinschlüsse zeigen, muss wohl nicht
immer erwähnt werden, da dieses eine constante Quarzeigenschaft ist.
Chloritschuppen lassen sich in dem ganz frischen Felsit ebenfalls
keine nachweisen.
6. Diorit von Podliof.
Genau 5 Kilometer nördlich von Prag, in gerader Linie gerechnet,
im steilen Gehänge des rechten Moldauufers am nördlichen Ende der
zerstreuten Häuschen, die den Namen Podhor führen, sind einige, etliche
Meter mächtige Gänge in unteren Untersilur-Grauwackenschiefern be-
kannt. Einer dieser Gänge ist schmutzig lichtgrau, oberflächlich rost-
gelb imprägnirt, und mit Calcitschnürchen durchzogen und vollkommen
dicht, dünnsplittrig. Man würde denselben sogleich als Felsit bezeichnen,
wenn er nicht unter der Loupe kleine, schmutzig grüngraue Fleckchen
und sehr spärlich schmutzig weisse, kleine Feldspath-Querschnitte von
dichter Zusammensetzung und einem etwas talkartigen Aussehen zeigen
würde. Diese Feldspäthe dürften einmal Oligoklas gewesen sein.
Unter der Loupe sind deutlich eingesprengte Pyritkörnchen zu
bemerken.
Unter dem Mikroskope löst sich die felsitisehe Masse sogleich in
zahlreiche, richtungslos verworrene Leistchen von Oligoklas, von ziem-
lich bedeutenden Dimensionen auf. Die grössten Oligoklasleisten haben
bei Q4mm Breite bis 1 V2 "im Länge ; die kleinsten sind etwa Vs sogross
wie die grössten. In geringerer Menge treten schmutzig dunkelgrüne
oder dunkelgrünbraune Amphibole zum Vorschein, denen man ihren
nicht mehr ganz frischen Zustand bei geringeren Graden von Durch-
Ueber einige Quarzporphyre und Diorite aus dem Silur von Böhmen. 189
sichtigkeit sogleich ansieht. Die Amphibole sind bedeutend kleiner als
dis kleinsten Oligoklase und der Menge nach so untergeordnet, dass
sie beinahe den Namen eines unwesentlichen Gemengtheiles verdienen
würden.
Die dichte Grundmasse besteht demnach nur aus Oligoklas, zu
dem ganz geringe Mengen von Amphibol hinzutreten.
Die Oligoklase sind im polarisirten Lichte nur schwach gefärbt,
nur theilweise durchsichtig, fleckenweise getrübt, wie überhaupt die
zersetzten Plagioklase, da ihre Farben im polarisirten Lichte durchaus
einerlei Art sind.
Da das Gestein in verdünnten Säuren ziemlich lebhaft kleine
Bläschen entwickelt, so ist es mit Calcit reichlich imprägnirt. Nach
dem Behandeln in schwacher Säure zeigen die Oligoklassäulen entweder
Löcher von herausgeätztem Calcit, aber noch besser helle, durchsich-
tige, im polarisirten Lichte schwach farbige, unzersetzte Kerne und
wolkige, weisse, kaum durchsichtige Flecken, welche diese Kerne um-
hüllen.
Als accessorische Gemengtheile kommen undurchsichtige, schwarze
Pyritkörnchen, dann blassgrüne Aggregate von Chlorit spärlich zum
Vorschein. Am spärlichsten sind jedoch zwischen den regellos sich kreu-
zenden Oligoklasleisten einzelne, etwa 1/20 mm, höchstens 1/X2 mm breite
Quarzkörner, nach den starken chromatischen Erscheinungen im polari-
sirten Lichte leicht erkennbar, eingewachsen.
Die dichte Grundmasse dieses Gesteins ist demnach ausserordent-
lich deutlich mikrokrystallinisch.
Das beinahe dichte Gestein, welches auch einem Porphyrit näher
gerückt werden könnte, ist möglicherweise in der Fortsetzung des auf
dem andern linken Ufer zum Vorschein kommenden Dioritganges Nr. 13
beschrieben enthalten, jedoch viel mehr zersetzt. Für die Bestimmung
des Oligoklases sind ausser dem starken Zerfressensein desselben und
der Imprägnirung mit Calcit und der Analogie mit anderen zersetzten
Plagioklasen keine deutlicheren Belege beizubringen.
7. Quarzführender Dioritporphyr von Cenkov.
Zwischen den drei Dörfern Vodolka im SW., Cenkov im SO. und
Kopec im N., streichen zwei Kuppen von Süd nach Nord, indem sie
inmitten eine kurze Depression bilden, in welcher der Ort Kopec am
nördlichen Ausgange derselben liegt. Diese zwei Hügelkuppen, von
denen die östlich gelegene Cenkovberg heisst, sind in ihrer Mitte von
Prag, nördlich in gerader Richtung, genau 17 Kilometer entfernt. Die
Hügelrücken sind aus eruptiven Gesteinen zusammengesetzt, durch-
brechen tief untersilurische Schichten, und werden von obercenomanen
Schichten umschlossen.
Es sind das durchwegs dioritische Gesteine, welche die beiden
Rücken zusammensetzen, und welche eine verschiedenartige Textur
zeigen.
Mineralogische Mittheilungen. 2. Heft. 1877. (R. Helmbacker.)
25
190
R. Helmhacker.
[12]
Der quarzführencle Dioritporphyr stammt vom Cenkov.
Oberflächlich ist derselbe bräunlichgrau, mit deutlichen bräunlich-
weissen, undurchsichtigen, etwa halberbsengrossen Feldspäthen und
spärlichen, in Doppelpyramiden krystallisirten, rauchgrauen Quarzen.
Die 4V2 bis 5mm breiten Quarzkrystalle kommen so spärlich vor,
dass auf der Oberfläche auf 7 bis 8 Quadratcentimeter derselben erst
ein Quarzkrystall entfällt. Dem Vorkommen von porphyrartig ausge-
schiedenen, wirklichen Quarzkrystallen der Form von Doppelpyramiden
wird hier bei diesem Diorit zum ersten Male begegnet, sonst hat man
in Dioriten nur immer Quarze in Körnerform angetroffen. Die Ober-
fläche zeigt wenige Lücken, wahrscheinlich negative Hohldrücke von
zersetzten Mineralien, vielleicht von Calcit, von denen nur sehr wenige
(oder nur einer), kurze bis lmm breite Quarzkrystalle der gemeineu
Form ooP . R — R sich angesiedelt haben.
Im frischen Bruch erscheint die sehr klein- bis feinkrystallinische
Grundmasse grau und die in derselben eingewachsenen Feldspäthe
weiss, halbdurchsichtig, noch ziemlich gut spaltbar, jedoch die meisten
ohne deutlich wahrnehmbare Streifung auf den Spaltungsflächen. In
der Grundmasse sind kleine Pyritkörnchen zerstreut.
Nach Durchmusterung einer bedeutenden Reihe von ausgeschie-
denen Feldspathkrystallen findet man bei einigen eine durch Zwillings-
lamellen hervorgebrachte Streifung, ja selbst Zwillinge, die nach dem
Carlsbader Gesetze gebildet erscheinen. Ein solcher Zwilling zeigte
deutlich die durch die beiden oP-Flächen gebildete Rinne mit dem
einspringenden Winkel, der nur etwas grösser ist als 180°, welcher aber
durch den Lichtreflex beider oP-Flächen recht gut zu beobachten war.
Die eine Zwillingshälfte zeigte sich überdiess noch sparsam gestreift.
Daraus ergibt sich für den Feldspath der Charakter eines Plagioklases
(Oligoklases). Mit verdünnten Säuren behandelt, entwickelt der Quarz-
diorit wenige Bläschen, derselbe ist demnach mit feinen Calcitpartikel-
chen imprägnirt.
Im Dünnschliffe ist die Zusammensetzung des Quarzdiorites ganz
deutlich. Die ausgeschiedenen Oligoklaskrystalle sind oberflächlich ge-
trübt, im Kerne aber ganz klar und einige solche Kerne zeigen Zwil-
lingslamellen im polarisirten Lichte. Die Umwandlung der Oligoklase
ist eigentlich keine bedeutende zu nennen, trotzdem dass die klaren
Kerne derselben nicht gross erscheinen, wenn mitgetheilt wird, dass
zum Schliffe Gesteinssplitter nicht tief unter der verwitterten Oberfläche
genommen worden sind. Aus dem noch etwas frischeren Inneren
mancher Handstücke wären dieselben noch weniger zersetzt gewesen.
Von den grösseren Quarzkrystallen fiel keiner in den Dünnschliff.
Die Grundmasse ist ganz deutlich regellos körnig. Dieselbe be-
steht in erster Reihe aus ebenfalls nicht gänzlich klaren, sondern stel-
lenweise etwas getrübten Oligoklasleisten von ziemlich gleichbleibender
Grösse. Die kleineren dieser Leisten hatten bei einer Länge von 1/i mm
eine Breite von 1/20 mm. Trotz dieser sehr geringen Dimensionen, bei
der die meisten Plagioklase nicht immer deutliche Zwillingsstreifung
zeigen, wurden doch an einzelnen Oligoklasleisten eine Zwillingsnaht in
Ueber einige Quarzporpliyre uncl Diorite aus dem Silur von Böhmen. 191
der Mitte, ja selbst zwei solche Zwillingsnähte, die drei Zwillingslamellen
entsprechen, sehr deutlich bemerkt.
Der Amphibol scheint in eben derselben Menge wie der Oligo-
klas aufzutreten, die kleinsten Säulchen desselben sind bei einer Länge
von 1/3 mm etwa x/25 mm breit. Andere sind viel breiter und auch viel
länger, wie denn der Amphibol in seinen Dimensionen mehr wechselt
als der Oligoklas. Er zeigt sich säulenförmig, aus parallelen Fasern
zusammengesetzt oder erscheint er auch lappig weniger faserig, manchem
Biotit oder Chlorit ähnlich, ohne es aber zu sein.
Neben diesen, die feinkrystallinische Grundmasse bildenden zwei
Gemengtheilen, finden sich in derselben reichlich kleine Körner von
schwarzer Farbe zerstreut, welche nie staubförmig werden. Dieselben
können keinesfalls als Magnetit gedeutet werden, sondern sind Pyrit,
welcher die Grundmasse fein durchdringt, wie das am frischen Bruche
bei starker Vergrösserung sichtbar ist. Neben undurchsichtigen schwar-
zen Körnern sind auch meist x/7 mm lange und 1/50 mm breite, ebensolche
Stäbchen zu bemerken; auch dieselben sind kein Magnetit; am ehesten
könnten sie als Emenit gedeutet werden, obwohl dafür kein Beweis
erbracht werden kann. Würde man dieselben als Pyrit deuten wollen,
so müsste man allerdings sehr langgezogene verzerrte Pyritkryställchen
annehmen.
Obwohl die schwarzen Körner und Stäbchen überall eingewachsen
erscheinen, zeigen sie sich doch vorwiegend in den Amphibolpartien.
In den Zwischenräumen zeigen sich ausserdem durchsichtigere
Partien, welche nach dem Behandeln mit schwachen Säuren einen Hohl-
raum hinterlassen, demnach Calcit sind, und kleine Körner von Quarz,
die im polarisirten Lichte besonders auffällig erscheinen.
Bei stärkerer Vergrösserung, von mindestens 140 Mal, zeigen sich
besonders in den Oligoklasen, stellenweise ziemlich reichlich, lange
Nadeln von der gleichbleibenden Dicke zwischen x/60 bis 1/170inm , welche
als Apatit anzusprechen sind. Manche solche Nadeln lassen trotz ihrer
geringen Breite noch einen ihrer Hauptachse nach gehenden, grauen,
feinen Strich erkennen, wie dies bei diesem Minerale in seinen mikro-
skopischen Kryställchen hinlänglich bekannt ist.
8. Porpliy rartiger Diorit von Vodolka.
Derselbe stammt von der westlichen Kuppe, von Vodolka nicht
weit entfernt. Ein frischeres Handstück ist kleinkörnig, schmutzig-
graugrün, und mit nur spärlich eingewachsenen, grösseren Krystallen,
von denen die grössten kaum 2 mm breit und etwa 5 mm lang erscheinen.
Trotzdem dass der zähe Diorit in verdünnten Säuren etwas
weniges auf braust, folglich mit Calcit imprägnirt ist, erscheint derselbe
im Bruche frisch. Das Oligoklas in den porphyrartig ausgeschiedenen
Krystallen ist frisch, stark glasglänzend und zeigt sämmtlich Zwillings-
bildung' nach dem Carlsbader Gesetze.
192 R. Helmhacker. [14]
Sonst ist an dem Gestein bei gewöhnlicher oberflächlicher Betrach-
tung nichts besonderes zu sehen.
Im Dünnschliffe zeigt er regellos körnig-stengelige Textur. Die
nicht zahlreichen Oligoklase, wenn sie nicht etwas getrübt erscheinen,
zeigen nebst der mittleren Zusammensetzungs-Ebene, welche sie als
Carlsbader Zwillinge erkennen lässt, noch auf beiden Krystall-Indivi-
duen die zwillingsartige Streifung. Von fremdartigen Einschlüssen sind
die Krystalle meist frei.
In der Grundmasse bemerkt man die auffallend grösseren Oligo-
klasleisten, die kleineren, etwas unregelmässiger gestalteten Amphibol-
säulen und Fetzen und die in ziemlicher Menge zum Vorschein kom-
menden, schwarzen, undurchsichtigen Punkte als alleinige Gemengtheile
derselben.
Die Oligoklase sind deutlich leistenförmig, einige von den kleinsten
Prismen sind etwa 1/30 mm breit und V7 mm lang, und durchwegs Zwil-
linge nach dem Carlsbader Gesetze. Im polarisirten Lichte zeigen sie
demnach zweierlei Farben. Einige wenige jedoch verrathen sich als
Plagioklase durch ihre wenigen Zwillingslamellen, welche sie ausser
der Hauptberührungs-Ebene zeigen. Meist sind dieselben ziemlich frisch.
Die Amphibole treten in zahlreichen, jedoch kleineren, zart fase-
rigen Krystallen oder unregelmässigen Formen von blass grasgrüner
bis ölgrüner Farbe, je nach der Richtung des Durchschnittes, zum
Vorschein und werden der Menge nach dem Oligoklas wohl das Gleich-
gewicht halten. Bei bedeutenderen Vergrösserungen bemerkt man jedoch
auch einzelne oder der Längenseiten nach gruppirte Amphibolfasern
in den Oligoklasen spärlich richtungslos eingewachsen. Einige der
zarten Amphibolmikrolithe Hessen sich als Leistchen von V60 mra Länge
und Ve oo mm Breite von scharfer Begränzung deutlich messen. Dieselben
würden an Apatitnadeln erinnern, wenn ihre blassgrüne Farbe nicht
dagegen sprechen möchte.
Die schwarzen undurchsichtigen Punkte sind meist in einer Rich-
tung verlängert oder stabförmig, demnach es nicht recht gut thunlich
ist, dieselben auf Magnetit zurückzuführen ; eher könnte man dieselben
für Ilmenit halten. Viele der deutlichen, demnach wahrscheinlich aus
Umenit bestehenden Stäbchen hatten bei einer Länge von etwa 1l8mm
die Breite von Qioo bis Viao mm- Die recht zahlreich eingewachsenen
schwarzen Körperchen lieben insbesondere die Nähe des Amphiboles.
Dass das Gestein Calcit enthält, wurde schon früher erwähnt;
Quarz und Apatitnadeln konnten jedoch nicht nachgewiesen werden.
9. Dioritporphyr von Vodolka.
Derselbe ist vollkommen porphyrartig und stammt nordöstlich von
Vodolka, von der westlichen Kuppe her. Trotz der Zähigkeit von klei-
neren Gesteinsbruchstücken sind grössere Brocken nicht unschwer zer-
sprengbar, da das Gestein ziemlich kurzklüftig ist.
[15] Ueber eiuige Quarzporphyre und Diorite aus dem Silur von Böhmen. 193
In einer graugrünen aphanitischen Grundmasse stecken reichlich
weisse Krystalle ; auf 1 Quadratcentimeter kann man deren 8 — 9 zählen.
Die beinahe kreideweissen, undurchsichtigen, kleinsplittrig im Bruche
erscheinenden Feldspathkrystalle sind entweder Einzelnkrystalle oder
Krystallaggregate ; die kleinsten messen etwa V2 mm in der Breite und
lmm in der Länge, die grössten sind bis achtmal so gross. Der Mangel
jeder Spaltbarkeit, die völlige Undurchsichtigkeit lassen die eingewach-
senen Oligoklase, die übrigens ziemlich frei von Einschlüssen sind, als
gänzlich zersetzt erkennen.
Die sehr feinsplittrige, aphanitische Grundmasse von mattem
Glanze lässt bei sehr günstiger Beleuchtung, besonders unter der Loupe
die zartesten Pyritkörnchen als Einsprenglinge erkennen.
Stellenweise durchziehen das Gestein papierdünne, weisse Klüft-
chen, wahrscheinlich von Oligoklas, denen nach das Gestein klüftig ist
und in denen sich auch Pyritkörnchen spärlich eingewachsen finden;
selbst Pyritkryställchen der Form <=oOoo mit ungemein starker Riefung
parallel den Kanten sind spärlich bemerkt worden.
Behandelt man das Gestein in verdünnter Säure, so bemerkt
man, dass sich an der Aphanit-Grundmasse nur kleine Bläschen an-
setzen, die zersetzten Oligoklaskrystalle jedoch zahlreichere Bläschen
entwickeln, demnach mit Calcit ziemlich imprägnirt sind.
Im Dünnschliff zeigt sich der zersetzte Oligoklas nur halbdurch-
sichtig oder durch stellenweise wolkige Trübung nur stark durchschei-
nend, bis auf einzelne Körnchen, welche dem in demselben reichlich
eingewachsenen Calcit angehören und nach der Aetzung in den Kry-
stallen scharfeckige Hohlräume hinterlassen.
Im polarisirten Lichte zeigt die Substanz Aggregatpolarisation.
Dass diese Krystalle ursprünglich Oligoklas waren, daran kann wohl
kein Zweifel erhoben werden, da dieses Gestein mit dem vorbeschrie-
benen durch Uebergänge verbunden erscheint.
Die Aphanitgrundmasse zeigt im Dünnschliffe wesentlich einen
doppelten Charakter. Entweder halten die Oligoklasmikrolithen den
Amphibolmikrolithen so ziemlich das Gleichgewicht, oder herrschen die
Amphibole über den Oligoklas vor.
Im ersteren Falle bemerkt man die regellos gelegenen Nadeln
des Oligoklases ziemlich durchsichtig und anscheinend ziemlich frisch
in den weniger deutlich begränzten Amphibolkryställchen oder unregel-
mässigen Fetzen desselben. Die Oligoklasmikrolithe sind so ziemlich
constant in ihrer Länge und Breite; meist sind die nadelförmigen
Krystalle etwa x/s mm lang und Veo bis 1/80 mm breit und trotz dieser
geringen Breite zeigen die meisten eine deutlich gefärbte, graulich-
grüne Zwillingslinie in ihrer Mitte. Im polarisirten Lichte zeigen wohl
die meisten einfache Färbung, manche Zwillinge sind jedoch zweifarbig;
um weitere Zwillingslamellen zu zeigen, dazu sind wohl ihre Dimen-
sionen gar zu gering.
Im zweiten Falle herrschen der Grösse nach nur etwas kleinere
Amphibolnadeln von längsfaseriger Zusammensetzung vor, welche ohne
alle Regel vertheilt erscheinen.
194
R. Helmhacker.
[16]
Nebstdem zeigen die Aphanit-Grundmassen auch noch Stränge
von Pyritstaub oder Klüfte von mikrokrystallinischem Oligoklas, jeden-
falls spätere Bildungen.
10. Diorit von Cenkov.
Das Gestein stammt von demselben Orte her, wie Nr. 7, also von
der östlichen „Cenkoberg“ genannten Kuppe, nördlich vom Dorfe Üen-
kov und westlich von Yelkä ves.
Die Zusammensetzung ist kleinkörnig, der Oligoklas graulichweiss,
der Amphibol schmutzig dunkelgrün, sehr faserig zusammengesetzt.
Das Gestein enthält reichlich kurze, dünne bis federkieldicke Oligoklas-
adern, in denen sich spärlich etwas Pyritkörnchen zeigen. Mehr kann
man an dem ziemlich kurzklüftigen Gesteine nicht entnehmen.
In dem Diorit herrschen die der Länge nach sehr faserigen, im
Dünnschliff lichtgrasgrün sich ausnehmenden Amphibole, die bis bei-
nahe 2mm ausgedehnt sind, sehr vor, und erweisen sich trotz der be-
deutenden Zerfaserung und nicht geradliniger Begränzung als recht
frisch.
Der Oligoklas bildet eigentlich keine Krystalle oder sehr verzerrte
Individuen wie der Amphibol, sondern der Raum zwischen den Amphi-
bolen wird durch ein regelloses Gewirre von kleinen Oligoklasleistchen
erfüllt, an denen eine polysynthische Zusammensetzung nicht zu ent-
nehmen ist. In diesem mikrokrystallinischen Aggregat von Oligoklas-
leistchen sind mehr oder weniger zahlreiche schwarze, undurchsichtige
Körner eingewachsen, die als Pyrit zu deuten wären, da sich hie und
da bei aufmerksamer Beobachtung des Bruches Andeutungen von diesem
Mineral zeigen.
Die schwarzen Pyritkörnchen meiden jedoch die reinen, keine
Einschlüsse enthaltenden Amphibole gänzlich.
Manche Partien sind unter dem Mikroskope mikrokrystallinisch
theilweise milchig getrübt; das sind entweder die Oligoklasäderchen
oder die von ihnen etwas weiter ausgehenden Imprägnationen des
Diorit mit Oligoklas.
Der wmisse Feldspath wird nach der Analogie des Vorkommens
als Oligoklas bezeichnet; trotzdem aber kein anderer Anhaltspunkt
dafür erbracht werden kann, dürfte an der Plagioklasnatur desselben
kaum zu zweifeln sein.
In verdünnten Säuren entwickelt das Gestein, insbesondere aus
dessen weissem Mineral Bläschen in geringer Menge, Beweis für die
geringe Menge von Calcit, welche den Plagioklas durchdringt.
11. Dioritaplianit von Cenkov.
Das Gestein stammt vom südlichen Theil der Öenkovkuppe zwi-
schen den Dörfern Cenkov und Doluvky. Das kurzklüftige Gestein ist
Ueber einige Quarzporphyre und Diorite aus dem Silur von Böhmen. 195
zähe, völlig dicht, dunkelgrau bis grünlichgrau; beide Farben oft als
Flecken oder scharfe Begränzung an einem Handstücke erscheinend.
Unregelmässige kurze Aederclien von spathigem Calcit von weisser Farbe
und ebensolche lichtgraue Aederchen von Oligoklas durchziehen das
Gestein. Pyritkörnchen in Reihen geordnet, äusserst dünnen Klüftchen
nachgehend, sind nicht selten. Die angeschliffene Fläche zeigt ausser-
dem noch wolkige, lichtgrünliche oder grauliche Trübungen von Oligo-
klas-Imprägnationen.
Der ganz reine Aphanit zeigt unter dem Mikroskope eine sehr
deutliche, wiewohl äusserst kleinmikrokrystallinische Textur. In der
Grundmasse herrschen deutliche Amphibolmikrolithen als Leistchen von
etwa */ 40 mm Länge und 1/300 mm Breite vor, und erscheinen dieselben
regellos gelagert. Ihre schmutzig lichtgrasgrüne Farbe verräth dieselben
sogleich; dazwischen liegen ebenso unregelmässig zerstreut die durch-
sichtigen Plagioklasleistchen, deren Oligoklasnatur freilich im Mikro-
skope bei dieser Kleinheit nicht nachgewiesen werden kann. Das
Gemenge ist frei von Pyritkörnchen.
Dazwischen sind hie und da weisse, wolkige Trübungen zu sehen,
insbesondere in der Nähe von haardünnen, mit durchsichtigem Calcit
oder Plagioklas, welcher Aggregat-Polarisation zeigt, ausgefüllten Klüft-
chen, so dass dieselben nur als Infiltrationen von Plagioklas zu deuten
waren.
Solche Infiltrationen von wolkig getrübtem Plagioklas, welcher
aus undurchsichtigen, durchscheinenden und durchsichtigen Aggregaten,
die auf polarisirtes Licht schwach einwirken, besteht, nehmen oft ziem-
lich überhand, und dann erscheint der Aphanit in denselben in Bruch-
stücken und Trümmern eingeschlossen. Dann findet man in den mikro-
krystallinischen Plagioklas-Infiltrationen hie und da Körnchen von Pyrit;
die eingeschlossenen Aphanittrümmer aber mit schwarzen eigenen Klüft-
chen nachgehenden Färbungen durchzogen, welche auf Psilomelan als
Infiltrationsmineral, das feinen Haarrissen gefolgt ist, zurückzuführen
sind. Manche solche Psilomelan enthaltende, feine Haarspalten gehen
sowohl durch den Infiltrations-Plagioklas, als durch die in demselben
eingeschlossenen Aphanittrümmer hindurch, gerade so wie durch den
Infiltrations-Plagioklas auch dünne Plagioklasäderchen durchsetzen.
Ein anderes Handstück des Dioritaphanites nördlich vom Dorfe
Cenkov, der Cenkov-Kuppe entnommen, zeigte in der dunklen, dichten
Masse eben solche kurze, weisse Klüftchen oder lichte Trübungen,
besonders an der angeschliffenen Fläche des dunkelgraugrünen Gesteins.
Im Dünnschliffe zeigte das im Bruche oder auf einer Schlifffläche
ziemlich gleichförmig gefärbte Gestein eine ausgezeichnet breccienartige
Trümmertextur. Zahlreiche eckige Schollen des Aphanites von der vor-
dem erwähnten mikrokrystallinischen Textur zeigten sich in ihren Län-
genrichtungen ziemlich parallel gelagert und nicht weit von einander
verschoben. Der Raum zwischen den Bruchstücken erscheint ausgefüllt
mit Infiltrations-Plagioklas von lichter Farbe und den vordem erwähnten
Eigenschaften, in welchem stellenweise ganze Pyrithäufen stecken. Zur
196
R. Helmhacker.
[18]
Hauptrichtung der Schollenaxen gehen nun unregelmässig wellige, sich
zertrümmernde und wieder vereinigende dünne Klüftchen, welche gleich
einem parallelen Geäder sich fortziehen und mit Psilomelan erfüllt sind.
Die schwarzen Klüftchen halten sich besonders in den Aphanit-
schollen. Dass dieselben wirklich Psilomelan enthalten, davon geben
die Bruchflächen des Dioritaphanites bei günstiger Beleuchtung und
Betrachtung mit der Loupe stellenweise Anhaltspunkte.
Das ganze Trümmerwerk erscheint durch dünne, quergehende,
gangähnliche, mit Plagioklas erfüllte Spältchen, die in geringer Zahl
auftreten, nochmals zerklüftet, welche demnach jünger als die Plagio-
klas- und Psilomelan-Infiltrationen erscheinen.
Diese eigenthümliche Trümmertextur des sonst ganz homogen
dichten Dioritaphanites erscheint bei scharfer Beleuchtung besonders
deutlich.
Sämmtliche diese Dioritvarietäten setzen die beiden Kuppen zu-
sammen und bilden demnach einen bedeutend mächtigen Stock. Die-
selben sind durch alle möglichen allmäligen und auch ziemlich plötz-
lichen Uebergänge mit einander verbunden, stellen also nur verschiedene
Structurverhältnisse eines Gesteines vor.
12. Diorit von Dolan.
Dolany liegt am linken Moldauufer, etwas unbedeutend mehr als
15 Kilometer nördlich in gerader Richtung von Prag entfernt.
Südlich von Dolan beim Eisenbahn-Wächterhäuschen ist in dem
steilen Ufer, in welchem die Eisenbahn einen Einschnitt bildet, ein
etwas über meter-mächtiger Dioritgang in tieferen Untersilur-Grau-
wackenschiefern eingelagert.
Der Diorit ist grau, ziemlich kleinkörnig, nur hie und da zeigen
sich in demselben wenige, etwa 1 mni breite und etwas längere Oligo-
klaskrystalle, an deren frischen Spaltungsflächen man mit der Loupe
die Streifung erkennt. Auch einzelne, kaum 1 mm breite Quarzkryställ-
chen in Doppelpyramiden finden sich ausgeschieden vor, jedoch so
spärlich, dass auf etwa 1 Quadratcentimeter der Bruchfläche erst ein
Quarzkrystall entfällt.
Unter der Loupe erkennt man den weissen, sehr vorherrschenden
Plagioklas und wenig zahlreiche, äusserst dünne und kurze Amphibol-
säulchen von schwarzer Farbe.
Im Dünnschliff wird die Zusammensetzung des Diorites sogleich
deutlich. Die Oligoklas- und Amphibolkrystalle zeigen sich in ziemlich
gleicher Menge im regellosen Gemenge; weil aber der Oligoklas grös-
sere Krystalle bildet als der Amphibol, so herrscht er dadurch bedeu-
tend vor. Während die mittlere Grösse der Oligoklasleisten 1/10 mm
in der Breite und 1/3 mm in der Länge beträgt, messen die kleinsten
Amphibolsäulchen nur 1/80 und 1/10 mm, die grössten aber 1/li und 1/i mm
in der Breite und Länge.
Ueber einige Quarzporphyre und Diorite aus dem Silur von Böhmen. 797
Die sonst schwarzen Araphibolsäulchen werden im Dünnschliff
unrein lichtgrünlich und erscheinen faserig; die Oligoklase sind jedoch
unbedeutend verändert, nur stellenweise in kleineren Flecken wolkig
getrübt und zeigen die meisten die polysynthetische Zusammensetzung
aus wenigen Zwillingslamellen recht deutlich. Sie sind nur einfache
polysynthetisch zusammengesetzte Krystalle; Zwillinge nach dem Carls-
bader Gesetze aber selten zu sehen.
Nur sehr spärlich sieht man auch Körner von etwa halber Grösse
der Oligoklaskrystalle zum Vorschein kommen, welche ganz rein sind
und durch ihre starken, chromatischen Erscheinungen als Quarz ge-
deutet werden müssen. Ebenso spärlich sind kleine, schwarze, undurch-
sichtige Körnchen von etwa 1h2mm Grösse, welche auf Pyrit zurückzu-
führen sind.
In einem Handstück, welches aber nicht mikroskopisch unter-
sucht wurde, zieht sich eine papierdünne Kluft durch, welche mit Oligo-
klas erfüllt ist, und in welcher Pyrit kleine, langgezogene Nesterchen
bildet; jedenfalls spätere Bildungen vorstellend.
Trotz dem frischen Aussehen entwickelt das Gestein in verdünn-
ten Säuren dennoch wenige Bläschen, es enthält demnach Calcit in
feiner Vertheilung.
13. Diorit von Selc.
Selc liegt 52/3 Kilometer in gerader Richtung von Prag am linken
Moldauufer. Nördlich davon ist aus einem 2 Meter mächtigen Gange,
der in ähnlichen Gesteinen wie der von Dolan eingelagert ist, das
Gestein entnommen, welches, wenn es völlig frisch wäre, mit dem
vorigen verwechselt werden könnte.
Der graue Diorit zeigt nur deutliche Pyritkörnchen, jedoch in
spärlicher Menge, wahrscheinlich in der Form °oOo o5 wie nach den
Querbrüchen zu schliessen ist, und den Oligoklas mit einem Stich in’s
blass fleischfarbene, stellenweise etwas wie speckig glänzend. Bis auf
das etwas weniger lebhaftere Aufbrausen in Säuren ist der Diorit ganz
dem vorhergenannten ähnlich.
Ebenso zeigt derselbe unter dem Mikroskope im Dünnschliff die-
selbe Zusammensetzung wie der vorhergegangene, nur mit dem Unter-
schiede, dass die Pyritkörnchen in der Nähe des Amphiboles etwas
reichlicher auftreten. Die Dimensionen der einzelnen Gemengtheile stim-
men ebenfalls mit der früheren Probe gut überein.
So anscheinend ähnlich beide Diorite auch erscheinen, so zeigt
sich die ganz geringe, und auf den ersten Blick kaum bemerkbare
Umwandlung des Oligoklases, im Dünnnschliffe ganz auffallend. Die
kleineren Oligoklasstäbe sind wohl im polarisirten Lichte trotz ihrer
geringen Klarheit matt, färbig, jedoch ohne Zwillingsstreifen. Die grös-
seren Krystalle sind jedoch nur noch im Kerne klar und zeigen in
demselben Zwillingslamellen, während die den Kern umhüllende Kruste
beinahe undurchsichtig getrübt erscheint und kaum auf das polarisirte
Mineralogische Mittheilungen. 1877. 2. Heft. (Helmhacker.) 26
R. Helruhacker.
198
[20]
Licht von Wirkung ist. Nur die ziemlich seltenen Quarzkörnchen zeigen
lebhafte Farben, Der Amphibol ist beinahe unverändert.
14. Diorit von Podbaba.
Podbaba liegt 4V4 Kilometer nördlich in gerader Richtung von
Prag am linken Moldauufer. Etwas nördlicher davon, knapp an der
Moldau streicht ein mehrere Meter mächtiger Dioritgang in tieferen
untersilurischen Grauwackenschiefern.
Der Diorit von schmutzig grüner Farbe, feinem Korn, zeigt unter
der Loupe lichtgrünliche Leistchen, die hie und da gestreift sind und
dem Oligoklas angehören. Amphibol ist undeutlich sichtbar; dafür aber
erglänzen eisenschwarze, längliche Körnchen in ziemlicher Anzahl in
demselben.
Der Bruch desselben zeigt ein ganz frisches Aussehen; dennoch
aber entwickelt das Gestein lebhaft C02 in verdünnten Säuren.
Im Dünnschliffe erweiset sich derselbe ebenfalls als gänzlich
frisch. Im, wie es den Anschein hat, vorherrschenden, ziemlich lebhaft
grasgrün gefärbten Amphibol, der meist unregelmässige, lappige Mas-
sen, seltener kurze Säulchen mit Faserung und grünlichbräunlicher
Farbe bildet, liegen ohne alle Regel ziemlich lange, ganz frische, deut-
liche polysynthetische Zusammensetzung zeigende Oligoklasleisten. Einige
mittelgrosse hatten bei einer Länge von 1 mm und 1 -3 mm, die Breite
von Vs mm und Vio mm gezeigt.
Länglich«*, undurchsichtige, schwarze Körner, von denen die
grössten etwa V 3 mm lang und Vs mm breit sind, und deren kleinste
Querschnitte stabförmig sind und etwa 1/i mm Länge und 73omm Breite
besitzen, lassen sich ungezwungener als Ilmenit deuten. Dieselben
kommen in ziemlicher Zahl zum Vorschein; an manchen haften ein
oder wenige Läppchen von hyacinthrother Farbe und ziemlicher Durch-
scheinheit, jedenfalls Haematit in dünnen Schüppchen als wahrschein-
liches Zersetzungsproduct desselben.
Quarzquerschnitte, an Krystalle erinnernd, bis 1/3 mm Breite, sind
schon viel seltener in dem deulichen Mineralgemenge anzutreffen. Aus-
serdem aber finden sich noch etwas grössere Körner wie der Quarz,
welche nur auf Calcit bezogen werden können. Es ist das lebhafte
Aufbrausen des Gesteines demnach nicht die Folge des in Zersetzung
begriffenen Oligoklases, sondern der Calcit in dem frischen Gestein
trägt die Ursache.
Diorite von frischer Zusammensetzung mit eingewachsenen Calcit-
körnern dürften wohl unter die selteneren Vorkommnisse gehören.
In der ganzen Masse spärlich vertheilt, am häufigsten jedoch noch
in den Calcitkörnern treten schwarze, undurchsichtige, einzelne, quadra-
tische Körnchen von 1I30 bis 1I60 mm Kantenlänge zum Vorschein, die
zu Magnetit zu stellen wären. Die grösseren Körnchen sind in dem
krystallinischen Gemenge des Diorites nur ganz spärlich zerstreut,
während die kleineren den Calcit reichlicher durchsetzen.
[21]
Ueber einige Quarzporphyre und Diorite aus dem Silur von Böhmen.
199
Innerhalb der Amphibollappen kommen recht spärlich scharfkantig
begränzte Körnchen von V4 mm Breite und blass gelblichbräunlicher
Farbe zum Vorschein, welche sich am naturgemässesten als Titanit
deuten Hessen.
Bei stärkeren Vergrösserungen lassen sich keine Apatitnadeln
entdecken; Pyrit fehlt dem Gestein gänzlich.
15. Diorit von Lilbsic.
Im westlichen Ende des Dorfes, in der Nähe des Friedhofes,
erheben sich aus verkieselten, unteren Untersilur-Grauwackenschiefern
kleine Kuppen von Diorit, der ziemlich kurzklüftig erscheint, und durch
Quarz- und Calcitadern durchsetzt wird. Die schmutzigbräunlichen oder
grauschwarzen, kurzklüftigen Bruchflächen lassen den frischen Bruch
des Gesteines nicht leicht zum Vorschein kommen. Im frischen, klein-
körnigen Bruche ist er grau, aus anscheinend vorherrschenden, weissen
und dunkel ölgrünen Nädelchen in wirrem Durcheinander bestehend.
In verdünnter Säure zeigt derselbe kaum die Spur eines Auf-
brausens.
Im Dünnschliffe erscheint der blassgrüne Amphibol als vorherr-
schender Gemengtheil und die Oligoklasleisten heben sich von demselben
auffallend ab. Dieselben sind auf grünlichem, durchsichtigem Grunde
als weisse, kaum durchscheinende bis undurchsichtige Stäbe von der
Länge bis etwas über 1 mm und von der Breite von 1/16 bis x/8 mm nach
allen Richtungen zerstreut. Der Amphibol, welcher bei bedeutenderer
Vergrösserung, von etwa 260 Mal, sich als sehr zart parallelfaserig
und im polarisirten Lichte deutliche Farben zeigend, überhaupt als
unzersetzt erweiset, sticht bedeutend von den weissen Oligoklasstäben ab,
welche weder auf polarisirtes Licht einwirken, noch weniger aber Zwil-
lingsstreifung erkennen lassen.
Diese Umwandlung des Oligoklases bei Anwesenheit von unzer-
setztem Amphibol ist um so auffallender, als die weissen Plagioklas-
leistchen am Bruche noch ziemliche Spaltbarkeit erkennen lassen und
auch in Säuren nicht aufbrausen.
Vielleicht sind die Zersetzungsmineralien desselben der Quarz
und Calcit, welche in den das Gestein durchziehenden Klüften ent-
halten sind.
Spärlich sind in dem Gemenge, meist in den Winkeln der sich
Übereinanderlegenden Plagioklasstäbchen, kleine körnige Aggregate von
Magnetit zu finden, welche aus winzigen Octaedern aufgebaut zu sein
scheinen. Viel seltener sind einige aus wenigen deutlichen, verzogenen,
hexagonalen Schüppchen von hyacinthrother Farbe bestehenden Aggre-
gate von Haematit, wahrscheinlich ein Zersetzungsproduct des Mag-
netites.
Das Gestein wird durch rissige Ktüftchen von besonderer Zart-
heit durchsetzt, welche bei schwächerer Vergrösserung vielfach rissig
200
R. Helmliacker.
[22]
unterbrochen erscheinen und mit schwarzen Psilomelanpartien ausge-
füllt sind, in denen nur ganz vereinzelt kleinwinzige Pyritkörnchen
oder Gruppen von verwachsenen Haematitschüppchen stecken. Nach
diesen Psilomelanldüftchen bricht der Diorit so leicht. Manches Mal
sind die Pyrite in einer braunen Wolke von langgezogener Form ein-
gehüllt, was der aus demselben durch Umwandlung entstandene Limo-
nit ist, welcher ebenfalls an manchen Klüftchen als Anflug erscheint.
Bei stärkerer Vergrösserung erweist sich, dass die rissigen Spalten
Stränge, oder vielmehr wolkig gehäufte Punkte von Psilomelan ent-
halten, welche sich oft zu häufigen Aggregaten sehr zusammendrängen.
Eines der undurchsichtigen Psilomelanköruer, jedoch nicht das kleinste
mass a/soo mm, so dass die kleineren als wolkig gehäufter Staub auf
Viooo mm Breite veranschlagt werden können. Bei dieser Vergrös-
serung gewahrt man auch, wie die zu einer Schicht dicht gedrängten
Psilomelanstäubchen in einige Amphibole und Plagioklase als Infiltra-
tionsmineral gewissen Spaltungsrichtungen nach selbst ziemlich tief
eindringen.
Apatit und Pyrit konnten im krystallinischen Gemenge nicht nach-
gewiesen werden. —
Ausser im westlichen Centralböhmen finden sich Gesteine, welche
wahrscheinlich ebenfalls dem Silur, und zwar vorherrschend, wenn
nicht gänzlich dem Untersilur angehören, im Eisengebirge, insbesondere
in dessen nordöstlicher Abdachung in bedeutenderer Ausdehnung, ab-
gesehen von den zahlreichen in Granit eingeschlossenen, grossen Schol-
len untersilurischer Gesteine des östlichen Böhmens.
Diese wahrscheinlich untersilurischen Gesteine werden von jün-
geren oder selbst ein sibirisches Alter besitzenden Eruptivgesteinen wie
Graniten, Quarz- und Orthoklasporphyren, Syeniten, Minetten, Corsiten,
Diabasen und Dioriten durchsetzt.
Von diesen Gesteinen, die für die Beschreibung der Gegend be-
arbeitet sind, soll hier nur ein Theil der Diorite, und zwar die Ab-
theilung der Olivin-Diorite Platz finden, weil diese Art von Dioriten
in Böhmen bisher noch nicht nachgewiesen worden ist und dieselben
demnach ein erhöhtes Interesse darbieten.
Es sollen hier Olivin-Diorite von zwei Fundörtern beschrieben
werden.
IG. Olivindiorit yoii Präcov.
Der Ort Präcov liegt 8V2 Kilometer südlich von Chrudim, am
linken Ohebka(Chrudi'mka)-Ufer. Unter der Präcover Kirche ist eine
Wehre, von welcher aus nördlich dem rechten Bachufer entlang, zwi-
schen der Wehre und der darunter liegenden Mühle von Svidnic, ein
etwa 10 bis 12 Meter mächtiger Gang von Diorit, steil nach Süden
fallend, an der Grenze zwischen aufgelösten, metamorphischen Schiefern
und nicht mehr frischem Porphyr, also als Contactgang in ziemlich
frischer Erhaltung ausbeisst.
[23] Ueber einige Quarzporphyre und Diorite aus dem Silur von Böhmen. 201
Der Dioritgang besteht aus ziemlich kleinkörnigem und feinkörnigem
Gestein. Im ziemlich kleiukörnigen Olivin-Diorit von schmutzig grau-
lichgrüner Farbe sind mit dem scharfen Auge, noch besser mit der
Loupe, diese vier Gemengtheile zu erkennen: schwarzgrüne Säulchen
von Amphibol, weisse Leistchen von Plagioklas mit nicht recht wahr-
nehmbarer Streifung auf einer der Spaltungsflächen, ölgrüne Körnchen
von Olivin und Pyritkörnchen, diese letzteren in geringster Menge als
accessorischer Gemengtheil.
Dass das ölgrüne Mineral wirklich Olivin ist, wurde durch dessen
Unschmelzbarkeit vor dem Löthrohr nachgewiesen.
Ebenso gut zeigt sich die Zusammensetzung an einer angeschlif-
fenen Fläche.
In verdünnten Säuren entwickelt der Olivin-Diorit nur unbedeu-
tend wenig Gasblasen.
Im Dünnschliff sticht der Olivin sogleich vom Amphibol durch
seine lichtölgrüne Farbe ab, wenn das Plättchen noch etwas dicker
erscheint; in ganz dünnen Plättchen hellt sich die Farbe des dunkel
grasgrünen Amphiboles mehr auf und die Farbenunterschiede des liclit-
ölgrünen und licht grasgrünen sind nicht mehr so schroff.
Es hat den Anschein, als wenn Amphibol und Oligoklas im Gleich-
gewichte vorhanden wären, die grösseren deutlichen Säulen des meist
in unregelmässigen Formen erscheinenden Amphiboles von faseriger
Zusammensetzung sind beinahe 1 mm lang und etwa 1/B mm breit, kleinere
Säulen sind jedoch ebenfalls zu bemerken.
Der Oligoklas tritt besonders im polarisirten Lichte in regellos
gelegenen Säulen von ziemlicher Frische und sehr deutlicher Zwillings-
streifung zum Vorschein. Die meisten Leisten messen in der Länge
kaum 1 mm, in der Breite etwa l/6 """. Die unbedeutenden, etwas
getrübten Fleckchen desselben verhindern nicht die Erscheinungen der
Polarisation.
In geringerer Menge tritt der Olivin auf, seine Form ist meist
regellos begränzt, obwohl auch rectanguläre, kurze Säulen und selbst
hexagonale Querschnitte beobachtet werden können. Das Mineral, welches
in der Zusammensetzung des Gesteines als wesentlich und nicht als
accessorisch zu betrachten ist, erscheint ganz klar ohne Einschlüsse
und demnach trotz seiner zahlreichen Sprünge ganz frisch und deut-
liche Farben im polarisirten Lichte zeigend, indem auch die Rissig-
keit desselben besonders gut zum Vorschein tritt. Selbst an den Rän-
dern zeigt es keine Anfänge von Umwandlung.
In ziemlich wahrnehmbarer Menge treten schwarze Erzkörner
zum Vorschein. Die kleineren, in den bei einem Oktaeder möglichen
Querschnitten, die grösseren als Aggregate von wenigen kleineren. Es
ist dies Magnetit, der sich am Bruch wegen seiner Kleinheit nicht
gezeigt hat. Die grössten einfachen Magnetitkrystalle, meist als Qua-
drate im Schliffe zum Vorschein kommend, messen 1j6 mm; die Aggre-
gate von kleineren sind natürlich noch etwas ausgedehnter. An manchen
Magnetit- Aggregaten haften wenige, unregelmässig hexagonale Schuppen
202
R. Helmliacker.
[24]
von hyacintlirother Durchscheinheit, also Haematit. Die Art des Vor-
kommens des Haematites lässt der Vermuthung Raum, dass derselbe
ein Zersetzungsproduct des Magnetites sein könnte.
Den Magnetit findet man sehr spärlich im Oligoklas eingewachsen,
häufiger im Amphibol, am häufigsten aber an den Amphibolrändern
und in denselben haftend; dass der Olivin ganz frei von Einschlüssen,
demnach auch frei von Magnetit erscheint, wurde schon oben erwähnt.
Sehr spärlich finden sich auch kurze (V 12 mm lange, V6o mm breite)
Stäbchen von schwarzem Erz, welche wohl auf Ilmenit zurückzuführen
wären.
Ausserdem sind auch sehr wenige regellos geformte Aggregate
von Pyrit zu bemerken.
Bei stärkerer Vergrösserung erscheinen ziemlich zahlreiche, etwa
1hoomm breite und bis 1/3.mm lange Apatitnadeln in dem Gemenge,
meistens im Oligoklas zerstreut. —
In dem feinkörnigen Diorit sieht man am Bruche bis auf den
Olivin dieselben Gemengtheile wie in dem andern. In verdünnten Säuren
entwickelt das Gestein etwas weniger Kohlensäurebläschen und ins-
besondere aus den Oligoklaskörnchen.
Im Dünnschliffe zeigt sich das Gestein ganz ähnlich wie das vor-
hergehende zusammengesetzt, nur sind die Oligoklasleisten halb so
gross wie früher, der Amphibol noch bedeutend kleiner als die Hälfte
und der Magnetit ebenfalls etwas kleiner als vordem.
Der Oligoklas herrscht vor und die Leisten desselben zeigen
deutliche Zwillingsstreifung im polarisirten Lichte, obwohl sie ziemlich
kleintleckig getrübt erscheinen. Kur die grösseren Oligoklase sind ziem-
lich bedeutend wolkig getrübt und dürften besonders der Sitz des Cal-
cites sein, welcher das Aufbrausen in verdünnten Säuren bedingt.
Der Magnetit und Amphibol, die in geringerer Menge als der
Oligoklas vorhanden sind, halten sich der Menge nach das Gleich-
gewicht. Die Magnetitkörner sind an die grünen Amphibole gebunden
und immer in denselben, oder ihrem Rande nahe.
Etliche hexagonale Körner von etwa Vs mm Breite, völliger Durch-
sichtigkeit und Homogenität, nur manche mit kleinen Sprüngen, mit
lebhaften Farbenerscheinungen im polarisirten Lichte lassen sich als
Olivin deuten.
Einige Erzkörnchen sind Pyrit, jedoch im Vergleich zum Mag-
netit sehr spärlich.
Noch kleinere, sehr spärliche, rissige Körnchen von Olivin treten
in diesem Gestein beinahe ganz in Hintergrund. Apatitnadeln konnten
nicht nachgewiesen werden.
Ueber einige Quarzporphyre und Diorite aus dem Silur von Böhmen. 203
17. Olivin-Diorit von Bnkovan.
Bukovany liegt beinahe in der Mitte an der Reichsstrasse zwi-
schen Chrudim und Cäslav; von Chrudim 16 Kilometer gegen Westen
gerechnet. Am südöstlichen Ende von Bukovan erhebt sich ein Hügel
von diesem Gestein, dessen Blöcke hier zahlreich herumliegen; dasselbe
bildet einen Gang-Stock in wahrscheinlich tiefen Untersilurgrauwacken.
Entweder bricht das Gestein unregelmässig polyedrisch, oder
haben manche Bruchstücke eine Tendenz zum unvollkommen grob-
schieferigen. Die Farbe ist schmutzig grünlich, im Bruche ist es sehr
feinkörnig. Mit der Loupe besehen löst sich das feinkörnige Gemenge
schwierig in dunkelgrüne und weisse Punkte auf. Man könnte dem
Gesteine auch den Namen eines Aphanites geben, denn die Textur
steht nahe der Grenze zum dichten.
In diesem sehr feinkörnigen Gesteine finden sich deutliche Körn-
chen von Olivin, von ölgrüner Färbung, stellenweise bis zur Hanfkorn-
grösse zerstreut.
Verdünnte Säuren bleiben ohne Wirkung auf das einem Block
entnommene Handstück.
Macht man aus dem Gestein Dünnschliffe, so erkennt man, in
nicht völlig dünn geschliffenen Proben unter dem Mikroskope, in dem
nicht ganz deutlichen Gemenge von Amphibol und Oligoklas' sogleich
die hexagonalen oder rechteckigen Querschnitte von rissigem, deutlich
durchsichtigem, lichtölgriinem Olivin. Die grössten hexagonalen Olivin-
querschnitte deuten auf bis über */ 2rara breite, und dem entsprechend
lange Olivinkrystalle.
In ganz dünnen Schliffen ist die Textur eine mikrophyrartige.
Grössere Krystalle von ganz frischem Olivin sind in einer kleinkrystal-
linischen Masse eingewachsen.
Die Grundmasse besteht aus einem regellosen Gemenge von un-
förmlichen Amphibol-Querschnitten von grasgrüner Farbe, unter denen
einzelne gut begränzte Amphibolleistchen zu bemerken sind, mit eben-
solchen Leistchen von Plagioklas, wahrscheinlich Oligoklas.
Die messbaren Leistchen von Amphibol und Oligoklas, welcher
frisch ist, sind gleich gross, etwa V12 mm lang und V60 mm breit.
Die Oligoklasleistchen zeigen im polarisirten Lichte nur einerlei
Farbe, da sie zu eng sind, um Zwillingsstreifen zeigen zu können.
Zwischen dem Gemenge sind nun schwarze Magnetitkörnchen in
mehreren sich vielfach biegenden Reihen zerstreut, so dass dadurch
eine Fluctuationstextur angedeutet erscheint. Die kleineren Körner, von
denen viele deutlich quadratisch begränzt sind, haben etwa Vsso mm
Oktaederkantenlängen, obwohl dies nicht die kleinsten sind.
Selbst an den Leistchen der beiden anderen Gemengtheile bemerkt
man, einmal auf die Textur aufmerksam gemacht, dass dieselben sich
204
R. Helmliacker.
[261
mit ihrer Längenrichtung den zeilenweise gerichteten, zerstreuten Mag-
netiterzkörnchen anzupassen scheinen und dadurch die Mikrofluctuations-
textur mit bedingen helfen.
Die Olivinkrystalle bleiben gänzlich von den Einschlüssen frei.
Pyrit und Apatit konnten nicht nachgewiesen werden.
Trotz der Rissigkeit der Olivinkrystalle sind dieselben durchaus
ganz; nur in einem Falle wurde ein gesprungener und in seinen
beiden Trümmern klein wenig von einander geschobener Olivinkrystall
bemerkt.
VI. Augit - Andesite des Smrekouz- Gebirges in Süd-
Steiermark.
Von Dr. Felix Kreutz.
Die tertiären Eruptivgesteine von Süd-Steiermark sind bereits
mehrfach beschrieben und ein grosser Theil derselben ist auch ein-
gehend mikroskopisch und chemisch untersucht worden. Die gesammte
bezügliche Literatur ist in der letzten in dieser Zeitschrift (J. 1873,
Heft 1) über die Eruptivgesteine von Steiermark veröffentlichten Ab-
handlung von Dr. Richard v. Dräsche angegeben. Aus dieser wich-
tigen Arbeit ersieht man, wie mannigfaltig die Zusammensetzung der
Andesite in diesem beschränkten Gebiete ist, indem darin ausser einem
Quarztrachyt und verschiedenen Hornfelstrachyten Quarz-Hornblende-
Andesit, Hornblende-Augit-Andesit, Augit-Andesit, Diallag-Andesit und
Hypersthen-Andesit *) angeführt werden.
Sehr ähnlich diesen Gesteinen sind auch die Gesteine des Smre-
kouz-Gebirges (von welchem v. Dräsche auch einen Diallag-Andesit
beschreibt), welches an der Grenze von Steiermark und Kärnthen über
die übrigen Eruptivmassen hervorragt, verdienen aber ein besonderes
Interesse, da dieses Gebirge als die Haupteruptionsstelle derselben
bezeichnet wird.
Die fünf untersuchten Gesteinsstücke verdanke ich der Güte des
Herrn Prof. Dr. Eduard Suess, welcher sie selbst an Ort und Stelle
geschlagen und deren Vorkommen in den Verhandlungen der k. k. geo-
logischen Reichsanstalt vom J. 1868, Nr. 2, geschildert hat; es sind
durchwegs Augit-Andesit e, obgleich sie sich untereinander auffallend
unterscheiden.
‘) Niedzwiedzki, Andesit von St. Egidi in Süd-Steiermark. Mineralogische
Mittheilungen 1872, 4. Heft.
Mineralogische Mittheilungen. 1877. 2. Heft. (Kreutz.)
27
206
Felix Kreutz.
[2]
1. Grestein vom Kamen Verch.
Das grünlich braune, dicht weissgesprenkelte Gestein vom Kamen
Verch (unter dem Gipfel) besitzt einen sehr unregelmässigen Bruch
und zerfällt bei jedem Versuch, Splitter vom Handstück abzuschlagen,
in grosse Brocken. Mit freiem Auge kann man im Gestein nur eine
dicht aussehende, grünlichbraune, schwach fettglänzende Grundmasse,
welche sich leicht in unregelmässige Körner absondert und sehr reich-
lich in derselben eingebettete, rauhe, weisse Feldspathkryställchen von
1-3”"“ Grösse unterscheiden.
Im Dünnschliff erscheint bei bedeutender Vergrösserung die Grund-
masse als dichtes Gemenge feiner, lichtgrüner Augitmikrolithe, in wel-
chem regelmässig, aber nicht besonders reichlich, kleine Magneteisen-
körnchen vertheilt sind; sehr spärlich sind dem Augitmikrolithen-
Gemenge feine, farblose (Feldspath ?)-Mikrolithe eingestreut. Bei sehr
starker Vergrösserung gewahrt man zwischen den Mikrolithen etwas
lichtgrünliches, beinahe farbloses Glas.
In dieser Grundmasse liegen in grosser Menge schön krystallisirte
Feldspathe, spärlicher Augitkrystalle und schwarze, opake Körner. Rost-
braune Streifen, welche wahrscheinlich von einem Zersetzungsproduct
des Eisenerzes herrühren, umgeben als schmale Zone beinahe alle aus-
geschiedenen, grösseren Feldspath- und Augit-Krystalle und ziehen
sich an Rissen und Spalten in dieselben hinein.
Der Feldspath ist deutlich krystallisirt und ziemlich klar; er
ist vorwiegend Plagioklas und nur in geringer Menge tritt daneben
auch Sanidin auf. Die den Plagioklas zusammensetzenden Leisten sind
häufig von verschiedener Länge, wodurch die polysynthetischen, läng-
lichen Krystalle an ihren Enden ausgezackt und tief eingesägt erschei-
nen. Der Sanidin in regelmässig ausgebildeten, einfachen Krystallen
und (karlsbader Zwillingen zeigt sehr deutlich einen schaligen Bau, die
einzelnen Schalen haben eine sehr verschiedene Dicke. Kleine Ein-
schlüsse von Grundmasse häufen sich meist in der Mitte der Feld-
spathkrystalle an, farblose nadelförmige Mikrolithe, sowie winzige Magnet-
eisenkörnchen finden sich hingegen nur sehr spärlich in denselben vor.
Die in der Grundmasse ausgeschiedenen Augitkrystalle stehen
an Menge den Feldspathkrystallen bedeutend nach, erreichen jedoch
die Grösse derselben, da sie aber mit der Grundmasse, welche dieselbe
Farbe wie die Augite besitzt, innig verwachsen sind, so kann man sie
mit freiem Auge im Gestein kaum herausfinden. Die meisten Augit-
krystalle besitzen abgerundete Ecken, viele jedoch haben sehr regel-
mässige, scharfe Formen. Mehrere Querschnitte nach der Basis durch
Augitkrystalle im Dünnschliff erscheinen wegen herrschenden Pinakoiden
fast quadratisch oder rectangulär mit schmal durch die Säulenflächen
abgestumpften Ecken.
Im polarisirten Licht treten einige schöne Augitzwillinge deutlich
hervor; es sind längliche, dem orthodiagonalen Hauptschnitt entspre-
chende Krystalldurchschnitte, in welchen mehrere (4 — 12) feine, ver-
schiedenfarbig erscheinende Leisten parallel zu einer der zwei, den
[3]
Augit-Andesite des Smrekouz-Gebirges in Süd-Steiermark.
207
Säulendurchschnitt an den beiden Enden begrenzenden Linien liegen.
Der Winkel, welchen die zwei den langgezogenen Säulendurchschnitt
an beiden Enden zuspitzenden Linien einschliessen, wurde- mit dem
Ocularmikrometer in einem derselben auf 121°, in einem zweiten auf
122° bestimmt. Diese sehr häufig an den Enden länglicher Augitdurch-
schnitte auftretenden Linien sind demnach wohl Durchschnittslinien
durch die Flächen der gewöhnlichen Hemipyramide P mit einem Winkel
von 120° 48' und da Zwillinge nach dieser Fläche nicht bekannt sind,
so ist es wahrscheinlich, dass die besprochenen Zwillingslamellen nicht
dieser Fläche vollkommen parallel, wie es den Anschein hat, sondern
der Fläche der Hemipyramide P2 entsprechend eingelagert sind.
Eine solche Interponirung von Zwillingslamellen in den Augiten,
in welchen, wie mir scheint die Fläche der P2, keineswegs aber das
Orthopinakoid, als Zwillingsfläche anzusehen ist, habe ich auch in
vielen Augit-Andesiten vom Vihorlat-Gutin-Gebirge beobachtet; es ist
demnach eine in den Augit-Andesiten ziemlich häufige Erscheinung.
In den Augiten sind hin und wieder Feldspathkörnchen, feine
Augitmikrolithe, sowie Magneteisenkörnchen und gelblichbraune Körn-
chen mit verwaschenen Umrissen von zersetztem Magneteisen einge-
schlossen. In den meisten Augitkrystallen wimmelt es auch stellenweise
von winzigen ovalen Glaseinschlüssen mit und ohne Bläschen.
Die ausgeschiedenen opaken Körner sind zum Theil Magneteisen,
zum Theil scheinen sie, namentlich die grösseren, welche mit einer
weisslichen Substanz, die auch ihre Umrisse verwischt, bedeckt sind,
Titaneisen zu sein.
2. Gestein von St. Nicolai.
Ein bei St. Nicolai ober Laufen einen Lagergang bildendes graues,
weiches Gestein von ebenem, etwas feinerdigem Bruch, besteht aus
einer grünlich grauen Grundmasse und reichlich in derselben ausge-
schiedenen 2— 4mm grossen, stark zersetzten Feldspath-Krystallen, ihre
Durchschnitte auf den Bruchflächen des Gesteins sind meist rechteckig.
An der Oberfläche ist das Gestein in Folge der Auswitterung des
Feldspathes stellenweise stark porös und zellig. Mit Salzsäure benetzt,
braust das Gestein, namentlich der Feldspath, in demselben sehr stark
und anhaltend.
Die Feldspathe erscheinen im Dünnschliff trüb und staubig, doch
kann man im polarisirten Lichte Plagioklase und Carlsbader Zwillinge
unterscheiden, obgleich die Grenzlinien der verzwillingten Individuen
undeutlich und verwaschen erscheinen, an vielen kann man jedoch die-
selben nicht erkennen und es bleibt zweifelhaft, ob es Orthoklase oder
sehr zersetzte Plagioklase sind. Ein im polarisirten Lichte deutlich im
Ton der schwachen Färbung sich unterscheidender, pai’allele Streifen
zeigender Plagioklas, in welchem kein Kalkspath zu erkennen war,
wurde bei Benetzung des Dünnschliffs mit Salzsäure unter Aufbrausen
beinahe vollkommen aufgelöst, so dass nur etwas gelblicher Staub am
Glase zurückgeblieben ist. In den meisten Feldspath-Krystallen sind
27*
208
Felix Kreutz.
[4J
Einschlüsse der Grundmasse von rechteckigem oder unregelmässigem
Umriss in der Mitte des Krystalls angehäuft, in vielen ist die Grund-
masse auch zonenförmig eingeschlossen. Kleine, gelblichbraune Flecke
in den Feldspathen rühren von der Zersetzung kleiner Magneteisen-
körnchen her. Winzige, wasserhelle Körnchen, welche hin und wieder
in der matten Feldspathmasse liegen, sind Kalkspath, der grösste
Theil des kohlensauren Kalkes scheint sich jedoch als feiner Staub in
den Poren der zersetzten Feldspathe abgesetzt zu haben.
Die schmutzig grünlichgraue, thonig verwitterte Grundmasse ist
dicht erdig, mit wenigen farblosen und gelblichen, undeutlich begrenzten
Mikrolithen und zerstreuten, mit einem gelblichbraunen Saum umgebe-
nen Magneteisenkörnchen, ausserdem liegen in der Grundmasse grös-
sere, meist rundliche Partieen einer gelblichgrünen, wahrscheinlich
durch Umwandlung von Augit entstandenen Substanz. In einem aus
einem kleinen Brocken des Gesteinsstückes angefertigten Dünnschliff
liegen ziemlich klare Sanidine und Plagioklase, sowie einige Augit-
körner, wie solche in zwei grösseren Dünnschliffen dieses Gesteines
nicht zu finden waren.
3. Gestein von Fortance Staue am Kamen Verch.
Das dem Felsit oder noch mehr einigen Porphyriten ähnliche,
braunrothe, dichte Gestein, mit wenigen Einsprenglingen von weissen,
meist gegen lmm grossen, kaolinisirten Feldspathkörnchen , besitzt
matten Glanz und beinahe Quarzhärte. Dünne, sehr scharfkantige
Splitter lassen sich leicht vom Handstück, welches eine weisslichgraue
Chalcedonader durchzieht, absprengen.
Bei grosser Feinheit des Dünnschliffs und starker Vergrösserung
ersieht man, dass das Gestein aus einer amorphen, farblosen, dichten,
von röthlichgelben Globulithen erfüllten Masse und wenigen darin ein-
gebetteten, kleinen Feldspath-Kry Ställchen und Augitkörnern, sowie ein-
gestreuten Magneteisenkörnchen besteht.
Der Feldspath ist sehr trüb und erscheint im polarisirten Licht
nur sehr schwach gefärbt, an den länglichen Säulen kann man meist
keine Zwillingsbildung erkennen, hin und wieder kann man jedoch einen
Carlsbader Zwilling und einige schwach gestreifte Plagioklase unter-
scheiden.
Spärlicher noch als Feldspath ist der Augit; er ist klar, gelblich-
grün und von Sprüngen nach allen Richtungen durchsetzt und schliesst
immer ein oder auch mehrere Magneteisenkörnchen ein.
Kleine, schwarze Körner, welche in der Basis vertheilt liegen,
sind Magneteisen; undurchsichtige, schmutzig braune, dicht von röth-
lichen Globulithen umgebene Körner oder Blättchen sind wahrschein-
lich Eisenglanz.
In Salzsäure gelegt wird das dunkle, braunrothe Gestein lichtgrau.
Nur 5'5 Proc. des Gesteins sind in Salzsäure löslich, die Auf-
lösung enthält Fe und Ca.
[5]
Augit-Andesite des Smrekouz-Gebirges in Süd-Steiermark.
209
Der Kieselsäure-Gehalt des Gesteines beträgt 69‘13 Proc., das
specifische Gewicht ist 2-64.
Ich stelle dieses Gestein, welches Stur ’s Hornfelstrachyten ent-
spricht, zu den Andesiten, weil es, wenn auch spärlich Augit und neben
Orthoklas auch Plagioklas führt und sein speciiisches Gewicht dem der
quarzführenden Augit-Andesite vollkommen entspricht, für einen Liparit
aber zu hoch ist.
In dem sogen. Hornfelstrachyt an der Pireschitz fand v. Dräsche
nur Plagioklas ohne Orthoklas und das specifische Gewicht des Horn-
felstrachytes von Tüffer hat er sogar zu 2‘75 gefunden.1) (Das
specifische Gewicht des quarzfreien Hypersthen-Andesites von St. Egidi
ist nach Niedzwiedzki 2‘72.)
Der hohe Kieselsäure-Gehalt dieses Gesteines ist wohl auffallend,
doch widerstreitet er nicht der Annahme, dass es ebenso den quarz-
führenden Andesiten, wie die Lithoidite den Quarztrachyten entspricht.
Gesteins-Einschlüsse im Tuff von Kamen Yerch.
Zwei Gesteinsstücke, welche im Tuff unter dem Gipfel von Kamen
Verdi eingeschlossen waren, besitzen ein von den beschriebenen Ge-
steinen verschiedenes, für Augit-Andesite überhaupt fremdartiges Aus-
sehen ; sie sind den Tescheniten täuschend ähnlich, führen jedoch keine
Zeolithe.
4. Das eine dieser Gesteinsstücke ist durchaus körnigkrystallinisch;
es besteht nur aus rissigen, länglichen, ziemlich frisch aussehenden, glän-
zenden Plagioklaskrystallen und schwärzlichbraunen, langen Augitsäul-
chen. In concentrirte Salzsäure gelegt, zerfallen die Stücke des Gesteins
in einigen Stunden zu Grus.
Die langsäulenförmigen Plagioklase herrschen im Gestein bedeu-
tend über den Augit vor und sind meist in Häufchen verwachsen. Im
Dünnschliff erscheinen sie, obgleich makroskopisch glasig und ziemlich
frisch aussehend, stark zersetzt, porös und trübe, doch zeigen sie sehr
schön und deutlich ihre polysynthetische Zusammensetzung. Die Pla-
gioklassäulen sind nicht wie gewöhnlich ausgezackt, sondern regelmässig
umgrenzt. Ausser dem Plagioklas findet man im Dünnschliff nur einige
kleine, feine, im polarisirten Licht einfarbig erscheinende Feldspath-
säulchen, welche wahrscheinlich Sanidin sind.
Die aus dem Gestein in grösserer Anzahl herausgelösten Feld-
spathkrystalle lösten sich in concentrirter Salzsäure mit Zurücklassung
eines leichten, feinen, weissen Staubes (Schüppchen) von Kieselsäure
auf, einige kleine Feldspathkörnchen wurden jedoch nicht aufgelöst.
Der Plagioklas ist demnach Anorthit, die wenigen ungelösten Feldspath-
körnchen gehören dem, auch mikroskopisch nachgewiesenen obgleich
sehr spärlichen Sanidin an.
Der Augit bildet schön ausgebildete, lange Säulen mit Pyramiden-
flächen. In jedem Schliff findet man mehrere solcher Augitsäulen-Durch-
') Diese Mittheil. 1873, S. 7 u. 9.
210
Felix Kreutz.
[6]
schnitte mit, dem Augenschein nach parallel zu einer der den Säulen-
durchschnitt an den Enden begrenzenden Linien, interponirten Leisten
von verschiedener Dicke und Anzahl, wie in dem unter 1. beschriebenen
Gestein vom Gipfel des Kamen Verch. In einem Schliff liegen noch
zwei Contact-Zwillinge nach demselben Gesetz (Zwillingsebene eine
Fläche der Hemipyramide P2?).
Neben diesen Zwillingsbildungen kommen im Gestein auch Augit-
krystalle mit nach dem Orthopinakoid interponirten Lamellen vor.
Die Augite sind klar, die meisten enthalten nur stellenweise
Schaaren von winzigen, elyptischen Glaseinschlüssen mit und ohne
Bläschen, spärliche, grössere, schwarze Einschlüsse von rundlicher Form
erweisen sich bei starker Vergrösserung als mit feinem, schwarzem
Staub erfülltes Glas. Die meisten Augite enthalten auch ein kleines
Magneteisenkörnchen eingeschlossen. Feldspath dringt hin und wieder
von der Seite in die Augitkrystalle, welche auch Körner desselben
umschliessen, ein.
In einigen Augiten sieht man noch bei sehr starker (800maliger)
Vergrösserung schwarze, undurchsichtige, feine, nadelförmige (den
schwarzen Stäbchen in den Labradoriten ähnliche), parallele Mikrolithe,
welche von einem zweiten System solcher paralleler Mikrolithe unter
einem spitzen Winkel (die Messung mit dem Ocular-Goniometer ergab
74°) durchkreuzt werden, wie man sich jedoch durch Drehen der
Mikroskopschraube überzeugt, liegen die einzelnen Mikrolithen- Systeme
nicht in einem Niveau, sondern in übereinander liegenden parallelen
Ebenen. Wegen der zur Beobachtung dieser Stäbchen nöthigen, starken
Vergrösserung, bei welcher die Umrisse des sie einschliessenden Kry-
stalls ausserhalb des Gesichtsfeldes liegen, konnte die Lage der Mikro-
lithe im Ivrystall nicht bestimmt werden.
5. Das zweite im Tuff von Kamen Verch eingeschlossene Gesteins-
stück ist ebenfalls vollkommen krystallinisch und besteht aus einem
Gemenge kleiner, weisser Feldspathkörnchen, in welchem stark glän-
zende, grüne Augitsäulchen liegen. In Salzsäure gelegt, zerfallen die
Stückchen des bröcklichen Gesteins bald in Grus.
Im Dünnschliff erscheint das Gestein als ein Aggregat klarer,
kleiner, gut ausgebildeter Kryställchen von Plagioklas und Sanidin,
zwischen denen klare Augite, sowie einige kleine, makroskopisch nicht
erkennbare Quarzkörnchen eingestreut sind, stellenweise drängen sich
wieder mehrere Augitkrystalle, zwischen welche Feldspathe und Quarz-
körnchen gleichsam eingeklemmt sind, zusammen.
Der Feldspath herrscht im Gestein über den Augit bedeutend
vor, ob aber Plagioklas über den Sanidin vorwaltet, ist schwierig zu
entscheiden.
Der Augit bildet scharfkantige Säulchen, die jedoch vielfach zer-
brochen sind, so dass häufig die zwei Hälften derselben ein Knie bil-
den, manche sind wie zerdrückt und ganz zerbröckelt.
Der Quarz kommt nur in kleinen, eckigen, unregelmässigen Körn-
chen, welche die Lücken zwischen den Feldspath- und Augitkrystallen
ausfüllen, untergeordnet vor, winzige Glaseinschlüsse in demselben
beweisen seine Ursprünglichkeit im Gestein.
Augit-Andesite des Smrekouz-Gebirges in Süd-Steiermark.
211
P]
Die gegenseitige Lage der Feldspathkryställclien, sowie der häufig
zerbrochenen Augitsäulchen ist eine solche, wie sie lose, auf einen
Haufen zusammengeschobene Kryställchen haben würden.
Diese eigenthümliche, erst im Dünnschliff sichtbare Structur des
Gesteins könnte auf die Vermuthung führen, dass seine Gemengtheile
ehemals lose angehäuft waren, dagegen sprechen jedoch der ganze rein
krystallinische Habitus des Gesteins, die Schärfe der Umrisse der Feld-
spathkrystalle und der Augitsäulen und deren Fragmente, welche keine
Abrundung der Ecken und Kanten zeigen, sowie der Umstand, dass
zwischen den Krystallen und den auseinandergedrängten Fragmenten
der Augitkrystalle keine zerriebene Mineralmasse vorhanden ist und
theilweise auch die Glasführung der Quarzkörnchen.
Mir scheint es wahrscheinlich, dass dieses (quarzführende Augit-
Andesit.) -Gesteinsstück bei einer Eruption fortgerissen und herausge-
worfen worden ist, wobei es eine starke, die Verschiebung der Gemeng-
theile desselben bewirkende Pressung erleiden konnte. Da das oben
beschriebene, ebenfalls vollkommen krystallinische Anorthit-Gesteins-
stiick in demselben Tuff eingeschlossen war, so ist es nicht unwahr-
scheinlich, dass es auch ein vulkanischer Auswürfling sei. *)
Die Tuffrinde, welche dieses Gesteinsstück umhüllt, ist von dem-
selben scharf getrennt, lässt sich aber schwer absprengen. Sie besteht
aus einer dichten Masse von Gesteinsstaub, in welcher kleine Brocken
von allen hier beschriebenen Gesteinen, hauptsächlich von dem harten,
dichten unter Nr. 3 angeführten kieselsäurereichen Gestein von For-
tance Stane, sowie Krystall-Fragmente, hin und wieder auch ganze
Kryställchen von Sanidin, Plagioklas und Augit liegen.
Die Mannigfaltigkeit der Zusammensetzung und Structur der
Andesite, welche einer Reihe von verschiedenen, älteren Eruptivgestei-
nen entsprechen, scheint eine Erweiterung ihres Begriffes zu verlangen,
da aber Hypersthen oder Diallag führende Andesite nur untergeordnet
neben den Augit-Andesiten auftreten, so ist es angezeigt, diese Gemeng-
theile nur als Vertreter von Augit zu betrachten; die Art-Verschieden-
heit der Plagioklase in den Andesiten kann nur zur Aufstellung von
Unter- Abtheilungen berechtigen.
Als eine zwischen den Trachyten und Basalten stehende Gesteins-
gruppe gehen die Andesite scheinbar in diese Gesteine über, so dass
man versucht sein könnte, die Hornblende-Andesite den trachytischen
Gesteinen zuzutheilen und die Augit-Andesite, welche ja dieselben
Gemengtheile wie die Basalte besitzen, mit diesen zu vereinigen, da
man den fast constanten Mangel an Olivin, sowie das häufige Eintreten
von Sanidin und Hornblende in den Augit-Andesiten nicht als deren
entscheidendes Merkmal ansehen kann. Die Zutheilung der Hornblende-
Andesite zu den Trachyten und der Augit-Andesite zu den Basalten
würde jedoch ihrem Wesen nicht entsprechen, da hierdurch diese beiden
ff Auffallend ist der Umstand, dass jüngere Anorthitgesteine häufig nur in
losen Blöcken gefunden werden.
212
Felix Kreutz.
[8]
Andesit-Arten oder eigentlich Varietäten, welche denselben charakteri-
stischen, ebenso von dem der Trachyte als dem der Basalte verschie-
denen Habitus besitzen, in der Natur meist zusammen Vorkommen und
in einander übergehen, ungebührlich weit auseinander gerissen würden.
Die Andesite lehnen sich wohl an die Trachyte einerseits und die
Basalte andererseits durch ihre Endglieder an, so dass die Entscheidung
über die Einreihung derselben bei Handstücken manchmal schwierig
sein kann, da sie in der Zusammensetzung und dem Aussehen den
Gesteinen der angrenzenden Gesteinsgruppe nahe stehen, ihr wirkliches
Uebergehen in Trachyte und Basalte scheint mir jedoch nicht vollkom-
men zweifellos zu sein, da, so viel mir bekannt ist, nicht festgestellt
ist, dass irgendwo ein Gesteinslager sich in einem Theil als unzweifel-
hafter Andesit, in einem anderen aber als unzweifelhafter Basalt er-
wiesen hätte.
Die Verschiedenheit des Habitus verschiedener Gesteinsarten von
ähnlicher mineralischer Zusammensetzung und Structur wird nur durch
den Unterschied des Quantitäts-Verhältnisses ihrer Gemengtheile be-
wirkt, namentlich ist der Unterschied des Quantitäts- Verhältnisses des
Feldspathes (mit Quarz) zu dem basischeren Gemengtheil (dem Augit
oder der Hornblende mit Glimmer, Olivin, Magneteisen, Titaneisen,
Eisenglanz, gediegen Eisen, Kies) der verschiedenen Gesteine meist
auffallend und charakteristisch. So unterscheidet man z. B. Syenit von
Diorit gewöhnlich auf den ersten Blick darnach, dass ersterer feldspath-
reicher ist, wenn auch das Quantitäts-Verhältniss von Plagioklas zu
Orthoklas in den verglichenen Gesteinen sehr nahe steht; ebenso unter-
scheidet sich Sanidin-Plagioklas-Trachyt von Hornblende-Andesit. Angit-
Andesit unterscheidet sich auch durch die grössere Quantität von Feld-
spatli gegenüber den basischeren Gemengtheilen von Basalt, in welchem
den letzteren, namentlich durch grösseren Eisenerzgehalt, eine bedeu-
tendere Rolle zukommt.
Die Art und das relative Mengen-Verhältniss der Gemengtheile
der Gesteine bedingen die Grösse ihres specifischen Gewichtes, dieses
ist demnach ein sehr wichtiges Unterscheidungs-Kennzeichen ähnlich
zusammengesetzter Gesteine, wenn man dabei ihre Ausbildung (körnig,
halbkrystallinisch, glasig), welche ebenfalls das specifische Gewicht be-
•einflusst, berücksichtigt.
Ist ein wirklicher Uebergang von Andesit in Basalt vorhanden,
d. i. kommen Ströme oder Lager von Augit-Plagioklas-Gesteinen vor,
welche in einem Theil Andesit, in einem anderen Basalt sind, so wäre
das einzige Unterscheidungs-Merkmal der Endglieder dieser Gesteine
nur im specifischen Gewicht zu suchen.
VII. lieber Miargyrit und Kenngottit.
Von L. Sipöcz.
Ueber die chemische Zusammensetzung des Miargyrites sind bis-
her nur zwei Untersuchungen bekannt geworden; die eine bezieht sich
auf das Mineral von dem Fundorte Bräunsdorf bei Freiberg, sie wurde
von H. Rose1) ausgeführt, die zweite, welche von R. Helm hack er2)
herrührt, ist unvollständig und bezieht sich auf das im Adalberti'
Hauptgange zu Pfibram gefundene Mineral.
Es konnte daher eine neue Untersuchung des Miargyrites von
einem anderen Fundorte nur willkommen sein und ich führte desshalb
eine solche aus, als ich vor Kurzem von Herrn Dr. A. Brezina,
Custos am k. k. Hof-Mineralien-Cabinet, ein mit grosser Sorgfalt aus-
gesuchtes, in jeder Beziehung tadelloses Material erhielt. Herr Dr.
A. Brezina theilt mir über dasselbe folgendes mit: „Auf einem ober-
flächlich mit feiudrusigen Quarzkryställchen bedeckten Stücke eines
zersetzten quarztracbytischen Gesteines sitzen von unten nach oben
Sphalerit, Miargyrit und Schilfglaserz, die letzteren beiden
zum Theil noch von gleichzeitiger Bildung. Als Fundort des Stückes
ist mit grosser Wahrscheinlichkeit Felsöbänya anzusehen.“
Die qualitative Analyse ergab als Bestandtheile des Minerales
Schwefel, Antimon, Silber, Blei, Kupfer und Eisen; die Probe auf
Arsen ergab ein negatives Resultat.
‘) H. Rose, Ueber die in der Natur vorkommenden nicht oxydirten Verbin-
dungen des Antimons und des Arseniks. Poggendorff, Annalen der Physik und
Chemie. Bd. XV, S. 469.
2) R. Helmhacker, Berg- und Hüttenmännisches Jahrbuch der Berg- Aka-
demien zu Leoben und Schemnitz und der Montan-Lehranstalt zu Pi'ibram. Bd. XIII,
S. 379; ferner A. Kenngott, Uebersicht der Resultate mineralogischer Forschungen
in den Jahren 1862 — 1865, S. 311.
Mineralogische Mittheilungen. 1877. 2. Heft. (Sipöcz.),
28
214
L. Sipöcz.
[2]
Zur quantitativen Bestimmung der einzelnen Bestandteile wurde
die von Berzelius und H. Rose1) angegebene Behandlung des er-
wärmten Minerals mit Chlor angewendet, die Trennungen und Einzel-
bestimmungen wurden nach den gebräuchlichen Methoden ausgeführt.
In der Anordnung des Apparates zur Aufschliessung im Chlor-
gase habe ich eine Modification vorgenommen, die sich als recht zweck-
mässig erwiesen hat; das gepulverte Mineral befand sich in einem
Porcellanschiffchen und dieses in einem Verbrenuungsrohre, das an
einem Ende ausgezogen, nach abwärts gebogen und in entsprechender
Weise mit einem Pettenkof er’schen Absorptionsrohre von 12 mm
innerem Durchmesser in Verbindung stand; diesem Rohre war noch
ein kleiner P eligot’scher Absorptions- Apparat angefügt. Die beiden
Absorptions-Apparate waren mit einer Mischung von wässeriger Salz-
säure und Weinsäurelösung gefüllt. Die Anwendung des einen Absorp-
tions-Apparates genügt, wie die Erfahrung lehrte, nicht, um alle bei
der Einwirkung des Chlors auf die Schwefelverbindung entstehenden
Producte vollständig aufzunehmen, denn obgleich das von mir verwen-
dete Pettenkof er’sche Rohr eine Länge von nahezu einem Meter
hatte, so gingen doch aus demselben, selbst bei sehr mässig geleitetem
Chlorstrome, noch weisse Nebel fort; dieselben wurden erst in dem
Peligot’schen Apparat vollständig zurückgehalten.
Diese Einrichtung hat sich mir viel besser bewährt als wenn ich
zwei Peligot’sche Apparate nebeneinander an wandte, in welchem
detzteren Fall gewöhnlich noch etwas von unabsorbirten Nebeln entwich.
Die Bestimmung des specifischen Gewichtes mit dem Picnometer
ergab bei zwei Versuchen 5'273 und 5-322, im Mittel 5'298. Breit-
haupt gibt in seiner „Charakteristik des Mineralsystems“ 1832, S. 281
für den Miargyrit von Bräunsdorf das specifisclie Gewicht zu 5"333
bis 5'34 an. R. Helmhacker2) fand für den Miargyrit vom Adal-
berti Hauptgange zu Pribram das specilische Gewicht 5'3. Nach
A. W ei ss b ach3) haben die Miargyrite von verschiedenen Fundorten
folgende specifischen Gewichte („reducirt auf den thermischen Nullpunkt
und den leeren Raum“): der sächsische 5-236, der spanische 5-230,
der mexikanische (von Potosi) 5 -229.
Bei der quantitativen Analyse wurden folgende Resultate erhalten :
I. 0-5912 Gramm Miargyrit gaben: 0-9319 Gramm schwefelsaures
Baryum, entsprechend 0*128 Gramm Schwefel, 0'3050 Gramm antimon-
saures Antimonoxyd, entsprechend 0‘2416 Gramm Antimon, 0-2468
Gramm Chlorsilber und 0-0078 Gramm metallisches Silber, entsprechend
0-1935 Gramm Silber, 0 0342 Gramm schwefelsaures Blei, entsprechend
q Handbuch der analytischen Chemie von Heinrich Rose, 6. Aufl., herausg.
von R. Finken er. Bd. II, S. 479.
2) 1. c.
s) A. W ei ss b ach, Beitrag zur Kenntniss des Miargyrits. Poggendorff,
Annalen der Physik und Chemie. Bd. 125, S. 455.
[3]
Ueber Miargyrit und Kenngottit.
215
0-02336 Gramm Blei, 0-0037 Gramm Kupferoxyd, entsprechend 0-00296
Gramm Kupfer und 0'002 Gramm Eisenoxyd, entsprechend 0-0014
Gramm Eisen.
II. 0-5818 Gramm Miargyrit gaben: 0’9296 Gramm schwefelsaures
Baryum, entsprechend 0H276 Gramm Schwefel, 0-2975 Gramm antimon-
saures Antimonoxyd, entsprechend 0-23565 Gramm Antimon, 0’250
Gramm Chlorsilber und 0*0027 Gramm metallisches Silber, entspre-
chend 0-19085 Gramm Silber, 0-0347 Gramm schwefelsaures Blei, ent-
sprechend 0-0237 Gramm Blei, 0-0038 Gramm Kupferoxyd, entspre-
chend 0 00303 Gramm Kupfer und 0-0012 Gramm Eisenoxyd, ent-
sprechend 0-00084 Gramm Eisen.
Aus diesen beiden quantitativen Analysen ergibt sich für den
untersuchten Miargyrit folgende procentische Zusammensetzung:
I.
H.
Mittel
Schwefel
. . 21-65
21-94
21*80 Proc
Antimon
. . 40-86
40-50
40-68
Silber
. . 32-74
32-80
32-77
n
Blei . .
. . 3-95
4*07
4*01
3)
Kupfer .
. . 0-50
0-52
0*51
3)
Eisen
. . 0-23
0*14
0-19
33
99-93
99-97
99*96
33
Die Analysen von II. Rose und R. II elmhack er haben für
den Miargyrit bis auf den Bleigehalt näherungsweise dieselben Resul-
tate geliefert wie aus der folgenden Zusammenstellung ersichtlich wird:
H. Rose1)
R. Helmhacker2)
L. Sipöcz
Schwefel .
. 21*95
20-86
21*80
Antimon .
. 38-61 3)
38-42
40-68
Silber . .
. 36-40
34*87
32-77
Blei . . .
—
—
4-01
Kupfer . .
. 1-06
—
0*51
Eisen . .
. 0-62
—
0-19
98*64
94*15
99-96
Eine erhebliche Differenz besteht nur in den Zahlen, welche den
Silbergehalt ausdrücken, und diese ist darin zu suchen, dass in dem
von mir untersuchten Minerale eine nicht unbedeutende Menge von
Blei enthalten ist, während der von H. Rose, sowie der von R. Helm-
hacker untersuchte Miargyrit kein Blei enthielt. R. Helmhacker
') l. c.
2) 1. c. Helmhacker hat nur Schwefel, Silber und Antimon quantitativ
bestimmt, Angaben über die anderen Bestandtheile fehlen.
8) In der Abhandlung von Rose ist für das Antimon die Percentzahl 39’ 14
angegeben, dieselbe ist unter Zugrundelegung des Atomgewichtes von Antimon =
129 erhalten ; wird das jetzt gütige Atomgewicht des Antimons = 122 angenommen,
so ergibt sich die obige Percentzahl.
28*
216
L. Sipöcz.
[4]
hat zwar keine vollständige quantitative Analyse des Miargyrites ge-
liefert, er führt aber doch das Blei überhaupt nicht unter den Bestand-
teilen desselben auf.
H. Rose sagt in seiner classischen Arbeit: „Ueber die in der
Natur vorkommenden nicht oxydirten Verbindungen des Antimons und
des Arseniks“ Q bezüglich des Vorkommens von Blei in den Verbin-
dungen der schweien Metalle mit Schwefel folgendes: „Die Schwefel-
basen, mit welchen Schwefelantimon und Schwefelarsenik zusammen
Vorkommen, sind folgende : Schwefelblei, Schwefelsilber, Schwefelkupfer,
Schwefelzink und Schwefeleisen. Alle diese kommen nie, wenigstens in
den Verbindungen, die ich analysirt habe, zusammen vor, doch finden
sich häufig die vier letzten zugleich in Verbindungen, z. B. in den
Fahlerzen. Ich habe nie gesehen, dass Schwefelblei mit den übrigen
Schwefelbasen zusammen vorkommt, ausgenommen mit dem Schwefel-
kupfer und manchmal mit kleinen Quantitäten von Schwefeleisen, die
jedoch so klein sind, dass sie nicht wesentlich zur Zusammensetzung
der Verbindungen zu gehören scheinen. Die Verbindungen, die kein
Schwefelblei enthalten, sind völlig frei von Blei, auch wenn sie mit
Bleiglanz umgeben sind, oder ihre Krystalle in denen des Bleiglanzes
sitzen. Ich fand ferner, dass Schwefelblei nur mit Schwefelantimon,
nie aber mit Schwefelarsenik Verbindungen bildet, während die übrigen
Schwefelbasen mit beiden verbunden Vorkommen.“
Diese Angabe von H. Rose ist durch spätere Untersuchungen
nicht bestätigt worden; ich erinnere nur an den Jordan it, von
welchem ich nachgewiesen habe* 2), dass er nach der Formel As2 Vb^ S7
zusammengesetzt ist. Auch der vorliegende Fall entspricht nicht den
Erfahrungen H. Rose’s, der nie Schwefelblei neben Schwefelsilber in
einer Verbindung mit Schwefelantimon oder Schwefelarsen gefunden hat.
H. Rose hat die Zusammensetzung des Miargyrits nach seiner
Analyse durch die Formel Sb Ag S2 (jetzige Atomgewichte) ausgedrückt;
dieser Zusammensetzung entspricht nach der jetzt gebräuchlichen
Nomenclatur die Benennung sulfantimonigsaures Silber oder Silbersulf-
an timonit. 3)
Der von mir untersuchte Miargyrit entspricht derselben Formel,
wenn man die Annahme macht, dass ein Theil des Silbers durch das
Blei isomorph vertreten ist und zu dieser Annahme ist man wohl
berechtigt, man braucht nur an die silberhaltigen Bleiglanze zu denken.
Rechnet man nämlich aus den Resultaten meiner Analysen das
Verhältniss der Atomgewichte, so ergibt sich (wenn man die geringen
Mengen von Kupfer und Eisen unberücksichtigt lässt und 1 Atom Blei,
2 Atomen Silber gleichwerthig setzt) dasselbe für Schwefel : Antimon :
: Silber = OBS 13 : 03334 : 0‘3422, welches sehr näherungsweise auf
‘) Poggendorff, Annalen der Physik und Chemie, Bd. XY, S. 454.
2) Jordanit von Imfeld im Binnenthal, von L. Sipo'cz. Tschermak’s Min.
Mittheil. 1873. S. 29 und 132.
3) Yergl. Geuther, Lehrbuch der Chemie 1870. S. 515.
[5]
Ueber Miargyrit und Kenngottit.
217
die Formel S2 Sb Ag passt. Die mittleren analytischen Resultate stim-
men, wie die folgende Zusammenstellung zeigt, recht gut mit den aus
dieser Formel berechneten Werthen. Die 4-01 Proc. Blei sind in die
äquivalente Menge Silber, d. i. 4'18 Proc. umgerechnet, Kupfer und
Eisen nicht berücksichtigt:
Berechnet Gefunden
S2 . 64 21 77 21-80
Sb . 122 41-50 40-68
Ag . 108 36-73 36’95
294 100-00
Nachdem ich durch die eben beschriebene Untersuchung des
Miargyrites von Felsöbänya dessen Zusammensetzung ermittelt hatte
und mit dieser das über die chemische Zusammensetzung des Kenn-
gottit’s Bekannte verglich, schien es mir sehr wahrscheinlich, dass
diese beiden Minerale identisch oder doch mindestens sehr nahe ver-
wandt mit einander sein müssten. Kenngott1) macht über die Eigen-
schaften des nach ihm von Haidinger2) benannten Minerales fol-
gende Angaben: Es schmilzt vor dem Löthrohr auf der Kohle leicht
zu einer schwarzen glänzenden Kugel und hinterlässt in der Reduc-
tionsflamme zuletzt ein Silberkorn (etwa 30 Proc. betragend); ausser
Silber enthält es noch Blei, Antimon und Schwefel als wesentliche
Bestandtheile.
A. Weissbach3) zieht aus seinen krystallographischen Unter-
suchungen am Miargyrit und Kenngottit den Schluss, dass wenn die
beiden Minerale nicht identisch, so doch mit einander isomorph sein
dürften. Er sagt (1. c. Seite 457) bei Gelegenheit der Besprechung des
Vorkommens vom Miargyrit: „Endlich würde zu den angeführten fünf
Localitäten noch Felsöbänya als sechster Fundort des Miargyrits hin-
zugefügt werden müssen, falls eine genauere Analyse eine wesentliche
Verschiedenheit in der chemischen Zusammensetzung zwischen Kenn-
gottit und Miargyrit nicht ergeben sollte.“
Um eine definitive Entscheidung zu ermöglichen, musste nun
zunächst daran gedacht werden, die quantitative Zusammensetzung
des Kenngottit’s zu ermitteln, da eine vollständige quantitative Analyse
dieses seltenen Minerals bisher nicht ausgeführt worden war. Ich wen-
dete mich desshalb an Herrn Director Tschermak mit der Bitte,
') A. Kenngott, Beschreibung eines neuen Minerals von Felsöbänya in
Ungarn. Poggendorff, Annalen der Physik und Chemie. Bd. 98, S. 165.
2) M. W. Haidinger, Der Kenngottit, eine neue Mineralspecies von Felsö-
bänya. Sitzungsber. d. matkem.-naturwiss. Classe der Academ. d. Wissenschaft, zu
Wien. Bd. XXII, S. 236.
3) 1. c.
218
L. Sipöcz.
[6]
er möchte diese Untersuchung durch Ueberlassung einer genügenden
Menge von Kenngottit ermöglichen. Herr Director Tschermak hatte
die Güte, meiner Bitte zu entsprechen, indem er mir einige Krystalle
des in Rede stehenden Minerals gab ; ich erfülle eine angenehme Pflicht,
indem ich ihm dafür meinen innigsten Dank ausspreche.
Zunächst bestimmte ich an dem Kenngottit das specifische Gewicht
und fand dasselbe in zwei Versuchen 5-3822 und 5-2918, im Mittel
5-337.
Als Bestandtheile ergab die qualitative Analyse genau so wie
beim Miargyrit: Schwefel, Antimon, Silber, Blei, Kupfer und Eisen.
Die quantitative Analyse wurde genau so ausgeführt, wie die des
Miargyrits, ich erhielt folgende Zahlen:
0-4813 Gramm Kenngottit gaben: 0-7299 Gramm schwefelsaures
Baryum, entsprechend 0-10024 Gramm Schwefel, 0-2417 antimonsaures
Antimonoxyd, entsprechend 0-1915 Gramm Antimon, 0-2165 Chlorsilber
und 0 0082 Gramm metallisches Silber, entsprechend 0-1712 Gramm
Silber, 0'0125 Gramm schwefelsaures Blei, entsprechend 0-00854 Gramm
Blei, 0-0030 Gramm Kupferoxyd, entsprechend 0’0024 Gramm Kupfer
und 0-0017 Gramm Eisenoxyd, entsprechend 0’0012 Gramm Eisen.
Daraus folgt als procentisehe Zusammensetzung für den Kenn-
gottit:
Schwefel .... 20-66 Proc.
Antimon 39"46 „
Silber 35-28 „
Blei 176 „
Kupfer 0'50 „
Eisen 0-25 „
97-91 Proc.
Der etwas grössere Verlust bei dieser Analyse ist theilweise
darauf zurückzuführen, dass die verwendeten Kenngottit-Krystalle an
der Oberfläche ein wenig verwittert und demnach mit einer dünnen
Oxydschichte bedeckt waren. Ich konnte mich begreiflicherweise nicht
dazu entschliessen, die oberflächliche Schichte mechanisch zu entfernen,
weil ich dadurch zu grosse Verluste an dem ohnediess spärlichen
Material erlitten hätte.
Das Verhältniss der Atomgewichte von Schwefel : Antimon : Silber
ist hier (1 Atom Blei wieder 2 Atomen Silber gleich werthig gesetzt)
= 0*6456 : 0 3234 : 0"3437 und aus diesen geht die kleinste Formel
S2 Sb Ag hervor. Die Uebereinstimmung der analytischen Daten, mit
den aus dieser Formel berechneten Zahlen ist aus Folgendem er-
sichtlich :
berechnet
gefunden
64
= 21-77 •
• • 20-66
Sb
122
= 41-50 •
• • 39-46
Ag
108
= 36-73 •
• • 3712
294
100-00
[7]
Ueber Miargyrit und Kenngottit.
219
Auch hier habe ich die gefundene Bleimenge in die äquivalente Silber-
menge umgerechnet, sowie Kupfer und Eisen nicht berücksichtigt.
Der bequemen Uebersicht wegen habe ich noch in der folgenden
Tabelle sämintliche, von mir für den Miargyrit und Kenngottit erhal-
tenen Mittelzahlen, sowie die von H. Rose für den Miargyrit von
Bräunsdorf gefundenen Zahlen und endlich die aus der Formel Sb Ag S,
berechneten Werthe zusammengestellt:
berechnet für
Miargyrit
Miargyrit
Sb A g S,,
von Bräunsdorf
von Felsöbänya
Schwefel
• • 21-77
21-95
21-80
20-66
Antimon
• • 41-50
38-61
40-68
39-46
Silber •
• • 36-73
36-40
32'77 1 .
35-28
Blei • •
. . —
—
4‘01 1 )
1-76
Kupfer •
. . _
1-06
0-51
0-50
Eisen •
• • —
062
0-19
0-25
10000
98-64
99-96
97-91
Specifisches Gewicht •
• • 5-336
5-298
5-337
37121)
Aus meinen Untersuchungen geht demnach hervor, dass der
Miargyrit von Felsöbänya und der Kenngottit ebenso nach
der Formel Sb Ag S, zusammengesetzt sind, wie der Miargyrit von
Bräun sdorf und Pf ihr am, ein Theil des Silbers ist in den von
mir untersuchten Mineralen durch Blei ersetzt. Man wird demnach den
Kenngottit als bleihaltigen Miargyrit aufzufassen haben, d. i. als
eine isomorphe Mischung der beiden Verbindungen Sb, Ag, und
Sb. j Pb * S^, von denen nach den Untersuchungen von H. Rose die
erstere als Miargyrit von Bräunsdorf, die zweite als Zinckenit
bereits bekannt ist.
Die natürlichen Antimonverbindungen: Antimonglanz, Miargyrit,
Kenngottit, Zinckenit, Brogniartit und dunkles Rothgültigerz lassen
sich so in eine Reihe anordnen, wie das Antimonigsäure-Anhydrid und
dessen drei theoretisch mögliche Hydrate:
Sb , 03
Antimonigsäure-Anhydrid
Sb 0 ( OH)
erstes Hydrat.
Sb , 0, (OH),
erstes Hydrat (2 Moleküle).
Sb, s3
Antimonglanz.
Sb S (SAg)
Miargyrit.
Sb, S, ( S,Pb )
Zinckenit.
') Das Blei ist hier auf die äquivalente Menge Silber umgerechnet worden.
20
Sb2 0 (OH)i
zweites Hydrat.
Sb (OH) 3
drittes Hydrat.
L. Sipcicz.
Sb2 S (ÄgS)2 ( PbS2 )
Brongniartit.
Sb (SArj%
dunkles Rothgültigerz.
[8]
Wien, Laboratorium des Prof. E. Ludwig. April 1877.
VIII. Notizen.
Nachtrag zu A. Sadebeck, über die Krystallisation des Struvits.
Ulrich beschreibt in „Contributions to the Mineralogy of Vic-
toria, Melbourne 1870“ Krystalle aus dem australischen Guano, welche
in den Skipton caves bei Ballarat gefunden wurden. Dieselben haben
im Wesentlichen den IV. Typus und lassen den Hemimorphismus etwas
zurücktreten, indem derselbe hauptsächlich nur durch den Unterschied
der obern und untern Basisfläche erkennbar ist. Alle sieben, schon von
Marx beobachteten Formen sind vorhanden und die Winkel stimmen
gut mit denen der Hamburger Krystalle überein :
m/m Ulrichs o/o = 95° 20'
p\p „ n/n = 83° 24'
p/o „ n/m = 138° 12'
hjh „ plp = 58°
s/s „ t/t = 63° 20'.
Ulrichs oktaedrische Flächen scheinen mit t identisch zu sein
und sollen auch Neigung zur hemiedrischen Ausbildung haben.
Sand aus der Sahara.
Zu der hier erwähnten Untersuchung dienten Sande von folgenden
Punkten:
1. Von den grossen Dünen bei Tuggurt.
2- n >)
n
„ Temain, Gegend von Ziona.
3- „ „
n
„ Souf bei El-Goub.
4. „ „
n
n
„ Sidi-Rachel, Strasse nach Tuggurt
an der Grenze des Schott Melgirh.
5. Von den kleinen Dünen an der Grenze des Oued-Retem, Pla-
teau von Harkath.
Von diesen Sandproben wurden von jeder gleich viel genommen
und wurde das Ganze gemischt, um annähernd die Zusammensetzung der
Oberfläche jener grossen Sahara-Depression zu erhalten, welche sich
von Elgouath bis Gdamie und bis an den Fuss des Djebel-Hogar erstreckt
und deren Mittelpunkt die grosse Schott-Megrirh ist. Die Sande gleichen
sich übrigens und haben dasselbe Aussehen, sowie dieselbe fahle Farbe
(Algerische Sande).
Mineralogische Mittheilungen. 1877. 2. Heft. (Notizen.)
29
222
Notizen.
[2]
Der Sand enthält vorwiegend weisse, durchsichtige Körner von
Quarz, dagegen keinen Feldspath, jedoch Körnchen von eisen- und
thonerdehaltigem Gyps und auch von reinem Gyps.
Unter den Körnern des letzteren sieht man oft solche, die theil-
weise ihr Wasser verloren haben. Die Blättchen sind voll von weissen
undurchsichtigen Pünktchen, welche die Stellen angeben, wo der Anhy-
drit gebildet wurde. Die Erscheinung rührt wohl von glatten Quarz-
körnern her, welche in der Sonne als Brenngläser wirkten.
Graue körnige Partikel im Sande bestehen aus Kalk- und Mag-
nesia-Carbonat. Man findet auch abgerollte Körnchen von Eisenoxyd,
welche aus Eisenkies entstanden sind, dessen Krystallform zuweilen
noch erkannt werden kann.
Die Analyse ergab :
Kieselsäure, in kochendem Königswasser löslich 2*29
„ unlöslich 70*57
Thonerde, in kochendem Königswasser löslich • • 0*30
„ unlöslich 3*06
Kalkerde 7*06
Magnesia 0*33
Eisenoxyd 0*63
Schwefelsäure 9*78
Wasser und organ. Substanz (Glühverlust bei dunkler Rothgluth) 4*92
lüm
Die Sande geben oft an das Wasser kleine Mengen von Chlor-
natrium und von schwefelsaurem Natron ab. In einem Falle war die
Menge beider ungefähr 0*085 Proc. Hievon abgesehen, kann man die
mineralogische Zusammensetzung folgender Art berechnen:
Kieselsäure f ^ .... , ) 72*86
Thoneide • { Quarz und Thon Wdeud ) 3 06
Gyps (enthaltend 4*15 Wasser) 19*84
Schwefelsaures Eisenoxyd 0*95
Schwefelsäure Thonerde 0*54
Kohlensaurer Kalk 1*07
Kohlensäure Magnesia 0*70
Organische Substanz 0*77
99*79
Genf, März 1876.
J. Brun.
:a • ' - ... • '
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. ' - - ' • .
Erklärung der Tafel X
Fig. 1. Struvit von Hamburg, I. Typus. S. 115, 118.
Fig. 2. „ „ „ IV. Typus. S. 119.
Fig. 3. „ „ „ I. Typus mit angeschliffener positiver Endfläche und
geätzt. S. 123.
Fig. 4. Struvit von Hamburg, I. Typus, projicirt auf die Querflächen, Vertiefungen
auf den Flächen. S. 125.
Fig. 5. Struvit von Hamburg, Zwilling. S. 121.
Fig. 6. „ „ „ III. Typus. Projection auf die Querfläche. S. 119.
Fig. 7. „ „ „I. Typus. Projection auf die Längsfläche. S. 119.
Fig. 8. „ „ „ I. Typus. Projection auf die Längsfläche. S. 125.
Fig. 9. „ „ „ Subindividuum auf der Längsfläche o. S. 124.
Fig. 10. „ „ „ III. Typus. Projection auf r. S. 119.
Fig. 11. Struvit von Braunschweig ohne Hemimorphismus. S. 120.
Fig. 12. „ „ „ IV. Typus mit hemimorpher Ausbildung. S. 120.
Fig. 13. „ „ „ II. Typus. S. 119, 120.
Fig. 14 — 17. Struvit von Braunschweig, Zwillinge. S. 120, 121, 122.
Sadebeck : Struvit . Taf. 10 .
Jahrb. d. geol, Reitlisanstalt.BdJ0.ViL
JAHRGANG 1877.
III. HEFT.
GESAMMELT VON
G. TSCHERMAK
DIRECTOR DES K. K. MINERALOGISCHEN HOF-MUSEÜMS.
I. Die Grünsteine des Pribramer Erzrevieres.
• Von Carl Vrba.
Die Pribramer Schiefer und Sandsteine — Barrande’s Etage B
des böhmischen Silurs — sind an vielen Stellen von Grünsteinen durch-
brochen, die bald gangförmig, bald stockförmig oder als Gangstücke
auftreten und mannigfache Störungen und Verwerfungen in der Schich-
tenlagerung verursacht haben, wie die zahlreichen unterirdischen Auf-
schlüsse des nach allen Richtungen durchgekutteten Erzrevieres dar-
thun. Wenn der Grünstein zu Tage tritt, bildet er isolirte Kuppen.
Die sämmtlichen Grünsteine kann man als zwei mächtigen Zügen an-
gehörig betrachten, welche sich von Süden nach Norden in nahezu
paralleler Richtung erstrecken; der eine von den beiden Zügen beginnt
zwischen Bohutin und Tisov, zieht sich über den Franz- und Segen-
gottes-Schacht gegen den Birkenberg, seine Fortsetzung findet man
beim Ferdinand- und Strachen-Schachte und die nördlichsten Ausläufer
lassen sich bis oberhalb Lhota verfolgen. Der zweite Grünsteinzug tritt
im Hatür Gebirge südlich von Pfibram auf, setzt östlich vom heiligen
Berg gegen Norden über den Gerichtsberg und bildet die Anhöhen
östlich vom Kvetna-Berge. Zwischen diesen beiden Hauptzügen fand
man noch isolirte Grünsteinstöcke im Martins-Stollen des Johannis-
Berges, dann am Certovy Pahorek und in den Jalovciner Anhöhen. J)
Oberbergrath J. Grimm hat sich während seiner langjährigen
Thätigkeit als Professor und Director der Pribramer Berg-Akademie
mit dem Studium der Grünsteine eingehend beschäftigt und zum grossen
Theil die Abhängigkeit der Erzführung von dem Auftreten der Grün-
steingänge klar nachgewiesen, indem er erkannte, dass die Grünstein-
gänge fast immer in grösserer oder geringerer Entfernung die Erz-
gänge begleiten und ihr geologisches Alter grösser ist als jenes der
letzteren; nur selten wurde beobachtet, dass der Erzgang vom Grün-
stein durchsetzt wird, somit letzterer entschieden als jüngeres Gebilde
’) Der Silber- und Blei-Bergbau zu Pfibram. Wien 1875, 56.
Mineralogisch© Mittheilungen. 1877. 3. Heft. (Vrba,)
30
224
K. Vrba.
[2]
aufzufassen ist. Grimm’s Forschungen hatten nicht blos das geologische
Auftreten der Grünsteine des genannten Districtes, sondern auch deren
mineralogische Zusammensetzung zum Gegenstände. Sorgfältige Unter-
suchung frischer Bruchflächen der Gesteine, sowie eine grosse Reihe
von Lösungsversuchen bestimmten Grimm einen grossen Theil der
fraglichen Grünsteine entgegen der bislang üblichen Ansicht, für Diabas
zu halten, während er andere als Diorite ansprechen zu müssen glaubte.1)
Nachdem der augitische Bestandtheil der untersuchten Gesteine von
feinkörniger bis fast dichter Ausbildung, zumal sich dieselben schon
meist in einem weiteren Stadium der Zersetzung befinden, mit alleiniger
Handhabung der Loupe nicht mit genügender Sicherheit zu constatiren
war, finden wir die Pribramer Grünsteine wieder sämmtlich als Horn-
blende-Grünsteine oder Diorite angeführt.
Beim Abteufen des Adalbert-Schachtes hat man in 1000 Meter
Teufe als Begleiter des Adalbert-Liegendganges im Liegenden desselben
einen Grünstein angefahren, von dem ich durch Herrn Sectionschef
Freiherrn von Schröckinger Proben zur Untersuchung erhalten
habe, die als Bestandtheile Plagioklas, Augit, Quarz, Calcit, impellucides
Erz und eine chloritische Substanz ergab, Hornblende wurde unzwei-
deutig nur sehr selten beobachtet. 2) Nachdem diese Grünsteine aus
dem Adalbert -Schachte entschieden als Diabase aufgefasst werden
müssen (und ihres Quarzgehaltes wegen als Quarzdiabase zu bezeichnen
wären) schien mir eine Untersuchung der sämmtlichen Grünsteine des
Erzreviers sehr wünschenswert!]. Durch die Güte des Herrn Hofrathes
F. Ritter v. Jeschke in Pfibram ist mir eine grosse Collection von
Grünsteinen zugekommen, die auf seine Veranlassung von den Herren
Werksbeamten in der Grube geschlagen und mit wichtigen Angaben
über ihr Auftreten und ihre Verhältnisse zum Erzgange versehen
wurden. Es ist mir eine angenehme Pflicht, sowohl Herrn Hofrath
v. Jeschke als auch den Herren Bergverwaltern Auer, Babänek,
Broz, Hozäk und Nömeöek für ihre freundliche Unterstützung
den besten Dank zu sagen.
Die Proben gehören, wie die Untersuchung gelehrt hat, dem
Diabas, Diorit und einem Gesteine au, das manchen Minetten in vieler
Hinsicht sehr ähnlich ist und wegen des hohen Augit-Gehaltes neben
dunklem Glimmer als Augit-Minette zu bezeichnen wäre.
Diabas.
Die überwiegende Mehrzahl der Pribramer Grünsteine sind Plagio-
klas-Augit-Gesteine, sie wurden nachstehend (in süd-nördlicher Reihen-
folge) angeführten Orten entnommen :
1. Von der Hügelreihe zwischen dem Franz- und Stephans-
Schacht (Pfibram SO.).
’) Berg- und Hüttenmännisches Jahrbuch der k. k. Montan-Lehranstalten.
1866. XV. 231.
2) Oesterr. Ztschrft. f. Berg- u. Hüttenwesen, 1875. December.
[3]
Die Grünsteine des Pribramer Erzrevieres.
225
2. Vom Feldorte an der Dislocationsspalte „Lettenkluft“ am Kaiser-
stollen, 2. Lauf des Stephans-Schachtes in Bohutin. (Pribram SSO.)
3. Vom Clementi-Hauptgang, nördliches Feld, 7. Lauf, Stephans-
Schacht, Bohutin.
4. detto vom 8. Lauf.
o. „ „ 9. „
6. „ „ 10. „
7. Von der Anhöhe beim Franz-Schacht, Bohutin.
8. Von dem Hügel beim Segengottes-Schacht in der Ortschaft
Hochofen. (Pribram SO.)
9. Von Segengottes-Liegendtrumm am Kaiserstollen, Segengottes-
Schacht, Hochofen.
10. Vom Segengottes-Hauptgang, 3. Lauf, Segengottes-Schacht,
Hochofen.
11. Vom Querschlag, Morgenschlag, Kozicin. (Pribram OSO.)
12. Vom Wolfgange, 2. Lauf, August-Schacht.
13. Vom 13. Laufe, Abendschlag, August-Schacht.
14. Vom Mariahilfer Gange am Kaiserstollen, August-Schacht.
15. 20. Lauf, Hangend und Liegend vom Adalbertgang, Maria-
Schacht, Birkenberg.
16. Vom 17. Lauf, Abendschlag, Prokopi-Schacht, in der Nähe
des Mariaganges, Birkenberg.
17. Vom Abendschlag aus dem Liegenden des Liegendganges
Liegendtrumm, Adalbert-Schacht, Birkenberg.
18. Vom Abendschlag im Liegenden des Liegendganges, 23. Lauf,
Adalbert-Schacht.
19. Vom Hangenden des Liegendganges, 26. Lauf, Adalbert-
Schacht.
20. detto vom 29. Lauf.
21. „ „ 30. „
22. Vom 17. Lauf, Abendschlag beim Fundgrubner Gang, Anna-
Schacht.
23. Vom Mittagsort des Fundgrubner Ganges, 17. Lauf vom Pro-
kopi-Schächter Abendschlage im äussersten südlichen Felde, Anna-
Schacht.
24. Vom 17. Laufe beim Prokopi - Schachte in der Nähe des
Mariaganges, Anna-Schacht.
25. Vom oberen 18. Laufe, 13. nördliche First des Fundgrubner
Ganges, Anna-Schacht.
26. Vom Hangendschlag vom Francisci- Gange am 22. Laufe,
Anna-Schacht.
27. Vom Francisci -Liegendtrumm am 23. Laufe, südlich vom
Abendschlag, Anna-Schacht.
28. detto 23. Lauf.
29. Vom 9. Laufe, Mitternachtsort, Lill-Schacht.
30. Vom 16. Laufe, Abendquerschlag, Lill-Schacht.
31. Vom 5. Laufe, Abendquerschlag, Kvötna-Schacht.
Die sämmtlichen untersuchten Gesteine besitzen, seltene Fälle
ausgenommen, eine feinkörnige Structur (1, 3, 6, 8, 9, 11, 12, 13,
30*
226
K. Yrba.
[4]
28, 29 etc.1), oft sinkt das Korn so weit, dass dieselbe dicht (4, 14,
16, 21, 27 etc.) genannt werden kann. Mitunter sind die Gesteins-
elemente winzige Lamellen , die im wirren Gefüge durcheinander
gewachsen sind und im Querbruche scheinbar dichte Massen darstellen.
Wenn auch scheinbar die meisten Proben ganz frisch aussehen,
so ist doch schon stets eine Zersetzung ihrer Elemente bedeutend vorge-
schritten und Umbildungs-Produkte in reichlicher Menge ausgeschieden
Ein sorgfältiges Stadium einer grossen Anzahl von Schliffen (über
150) hat dargethan, dass nicht ein Bestandtheil seinen ursprüng-
lichen Charakter bewahrt hat. Besonders ist es der Augit, der oft
einen sehr weit vorgeschrittenen Grad der Umwandlung bekundet.
Durch vielfache Zwischenstufen sind mit dem in beginnender Zersetz-
ung begriffenen Gesteinen andere verbunden, die keinen ihrer Bestand-
teile zweifellos erkennen lassen und ohne vorhergehende Untersuchung
der weniger veränderten Vorkommnisse, sowie ohne ihren Zusammen-
hang mit letzteren, kaum als Grünsteine erkannt werden könnten (2,
4, 5, 25).
Die Farbe der weniger zersetzten Diabase ist auf frischen Bruch-
flächen graugrün, ihre Härte etwa gleich jener des Feldspathes, ihr
Bruch splittrig; die in einem weiteren Stadium der Umwandlung
begriffenen Gesteine zeigen dunklere schwärzlich grüne Farben und
geringere Härte; ganz zersetzte Varietäten erweisen sich oft licht ge-
färbt, schmutzig gelblich- und grünlichgrau, ihre Härte ist unbedeutend,
(oft lassen sie sich mit einem Fingernagel ritzen), ihr Bruch erdig.
Die Dichte ist bei verschiedenen Proben 2'61 bis 2'83 gefunden worden.
Unter dem Mikroskop lösen sich die sämmtlichen Diabase in ein
körniges Aggregat von Plagioklas und Augit in sehr wechselnden
Mengen auf, desgleichen ist auch die grüne chloritische Substanz, die,
wie zuletzt Dathe dargethan hat2), vorzugsweise als ein Neubildungs-
product des Augites aufzufassen ist, bald sehr reichlich (1, 4, 6, 9,
10, 11, 12, 13, 15, 17, 18, 19, 22, 23, 27), bald nur in geringerer
Menge vorhanden (3, 7, 14, 16, 20, 24, 28, 30, 31). Neben diesen
Gemengtheilen ist noch impellucides Erz in allen, Quarz, Calcit und
Apatit in den meisten Schliffen erkannt worden, und konnten noch
Hornblende, dunkler Glimmer, Epidot, Pyrit und Eisenglanz nachge-
wiesen werden. Eine, die einzelnen Bestandtheile verkittende Grund-
masse, wie solche in verschiedenen Diabasen beobachtet wurde, tritt in
unseren Gesteinen nicht auf, sie besitzen stets eine rein krystallinische
Ausbildung 3).
Die Feldspäthe sind in den meisten Fällen rectangulär begrenzt
und erreichen höchstens 6mra Länge und 2 bis 3mm Breite, sinken
aber auch bis zu wahrhaft mikroskopischer Kleinheit herab. Nur in
verhältnissmässig wenigen Fällen sind dieselben frisch und fast unzer-
setzt (8, 9, 10, 29, in 28 mitunter ganz frisch und vollkommen pellucid ;
‘) Die Zahlen beziehen sich auf die Nummern der Fundorte.
9 Zeitschrift d. deutsch, geolog. Gesellsch. 1874, 11.
s) Grundmasse hat Cohen in einem afrikanischen Diabas, Neues J. f. M.
1874, 474, ich in Grönländischen Gesteinen, Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wissensch.
in Wien, 1874, Bd. 69, I. Abth. 115.
[5]
Die Grünsteine des Pfibramer Erzrevieres.
227
weitaus häufiger verrathen dieselben durch den Mangel an Glanz
Abgang der Pellucidität und milchweisse, graulich- oder gelblichweisse
Farbe einen mehr oder weniger vorgeschrittenen Grad der Umwandlung.
Auf Spaltflächen zeigen selbst die grösseren Feldspath-Individuen, mit
einer starken Hartnack’schen Loupe betrachtet, selten die für Pla-
gioklase charakteristische Zwillingsriefung, unter dem Mikroskope lassen
sie dieselbe stets, wenn sie auch schon bedeutend umgewandelt sind,
deutlich erkennen und ausserdem in vielen Fällen auch noch eine con-
centrisch-schalige Structur wahrnehmen, zumal recht häufig die grösseren
Individuen. First wenn der Plagioklas ganz in eine feinkörnige, weisse,
graue oder röthlichgelbe Masse umgewandelt ist, und selbst in sehr
dünnen Schliffen kaum durchscheinend wird, ist der polysynthetische Bau
nicht mehr nachzuweisen. Die Zersetzung der F'eldspäthe ist oft nur
eine partielle, so dass ein Theil derselben noch Zwillings-Riefung, der
andere aber Aggregat-Polarisation zeigt. Die partielle Zersetzung folgt
häufig der Peripherie und muss wohl unterschieden werden von oft
massenhaften Anhäufungen von Einschlüssen, die gleichfalls nicht selten
beobachtet werden und dessgleichen recht häufig die peripherische
Zone erfüllen, so dass dieselbe fast undurchsichtig erscheint. In anderen
Fällen sind die Einschlüsse central gehäuft, und die Randzone mehr
oder minder frei von denselben.
Ausserordentlich zahlreich nimmt man in fast jedem Feldspath
kleine rundliche Schuppen und nadelförmige Kryställchen von licht-
bläulichgrüner Farbe wahr, letztere häufig zu radialfaserigen Aggre-
gaten verbunden, erstere zu ganzen Klumpen und Strängen vereint.
Mit Vorliebe folgen sie den Sprüngen und Klüften im Feldspath, sind
aber auch sehr oft von vollkommen compacter Feldspathsub stanz ganz
umschlossen, ohne dass ein Sprung oder wie immer gearteter Hohl-
raum mit denselben in Verbindung stehen würde. Für die letzteren,
von Feldspathmasse ganz umschlossenen Partien ist die Annahme ihrer
Bildung aus dem Augit, wie diess Dathe versucht hat1), schon auch
aus dem Grunde nicht ganz über allen Zweifel erhaben, weil dieselben
oft reichlich im Feldspath anzutreften sind, während der Augit noch
ziemlich frisch oder doch nur wenig zersetzt erscheint (30). Auch
Dathe beobachtete reichlichen „Viridit“ in FVldspäthen der Diabase
von Neustadt bei Stolpen und Wiesa bei Camenz in Sachsen , deren
Augit nicht bedeutend zersetzt war. Dessgleichen hat Sen ft er in
Feldspäthen des Diabases von Gräveneck bei Weilburg wolkige Nester
von chloritischer Substanz wahrgenommen, während Augit nur wenig
verändert war2). Die Annahme einer Umbildung des Feldspathes in
„Chlorit“ scheint mir nicht ungerechtfertigt, zumal pseudomorphe Bil-
dungen von dichtem Pennin aus Feldspath makroskopisch bekannt sind.3)
Der dichte Pennin von Plaben und von Ökyn in Böhmen zeigt oft
zum Nachweis seiner Entstehung eine deutliche Plagioklas-Structur, so
>) A. a. 0.
2) Neues Jalirb. f. Min. etc., 1872, 682.
s) R. v. Dräsche, Tschermak Min. Mittheil. 1873, 125 und v. Zepharo-
vich, ebendas. 1874, 7.
228
K. Vrba.
[6]
dass man in Dünnschliffen im polarisirten Lichte die Zwillingsbildung
in vieleu Fällen deutlich nachweisen kann. Das Auftreten des Viridit
auf Sprüngen im Quarz ist keineswegs überzeugend genug, um seiner
Parasitennatur das Wort zu reden, es ist fraglich, ob er auf Sprüngen
eingedrungen ist und nicht vielmehr von dem Quarz dessen secundäre
Bildung mir nach Durchsicht von mehr als Hundert Dünnschliffen
höchst wahrscheinlich erscheint, bei seiner Bildung umschlossen worden
ist, und vielleicht zur Bildung des Sprunges Veranlassung gegeben hat.
An Einschlüssen sind die Plagioklase im Allgemeinen nicht reich,
meist sind es Apatitnadeln, impellucide Erztheilchen und dunkelbraun
durchscheinende Partikel, denen man begegnet, nur in selteneren Fällen
häufen sich dieselben, wie schon erwähnt, in grösserer Menge im
Inneren des Krystalles oder erfüllen seine peripherische Zone.
In paragenetischer Hinsicht scheint in den körnigen Diabasen
der Plagioklas ausnahmslos früherer Bildung zu sein als der Augit, da
der letztere häufig den Plagioklas einschliesst und umgekehrt nur ein-
mal unter den zahlreichen durchgemusterten Feldspäthen sich ein Augit
als Einschluss im Plagioklas gefunden hat. In den aphanitischen Ge-
steinen scheinen beide Hauptgemengtlieile von gleichzeitiger Bildung
zu sein, da weder Plagioklas noch Augit frei entwickelte Formen zur
Schau tragen.
Die Versuche, den Plagioklas in genügender Quantität zum Behufe
der Ermittelung seines Eigengewichtes und für eine quantitative Ana-
lyse die von hohem Interesse wäre, da Liebe1) drei, Sen ft er2) zwei
verschiedene Plagioklase in den von ihnen untersuchten Diabasen ange-
nommen haben, aus dem Gesteine rein zu isoliren, scheiterten an der
Kleinheit der Lamellen und an der Zähigkeit des noch halbwegs fri-
schen Gesteines.
Feine Splitter Hessen vor dem Löthrohr eine intensive Natrium-
färbung der Flamme constatiren, wobei dieselben deutlich an den Kan-
ten geschmolzen erschienen. Gegen Chlorwasserstoffsäure verhält sich
der Plagioklas ungleich. Von allen untersuchten Proben wurde ein
Schliff kurze Zeit geätzt und unter dem Mikroskop untersucht, dann
die Aetzung fortgesetzt. In manchen Schliffen wurde derselbe nach
kurzer Einwirkung der Säure merklich angegriffen, in anderen bewirkte
selbst eine tagelang andauernde Behandlung mit Säure keine merkliche
Veränderung. Nachdem jedoch die mehr frischen Pagioklase gegen die
Säure sich sehr widerstandsfähig erwiesen und die deutliche Zersetzung
mehr die bereits in weiterem Stadium der Umwandlung begriffenen
betroffen hat, ist der Feldspath mit grosser Wahrscheinlichkeit als ein
Glied der Oligoklas-Reihe anzusehen, da ja die weit basischeren La-
bradorite doch meist von Säure merklich angegriffen werden3). Ob sich
auch der monokline Orthoklas an der Zusammensetzung unserer Ge-
steine betheiligt, ist nicht mit Sicherheit zu entscheiden, obwohl der
’) Neues Jahrb. f. Min. etc. 1871, 395.
2) Ebend. 1872, 698.
3) Dathe entschied sich a. a. 0. für den Oligoklas, Senfter nahm gleich*
falls die Oligoklas-Mischung für die Feldspäthe der von ihm untersuchten Diabase
an. Neues Jahrb. f. Min. 1872, 673.
[7]
Die Grünsteine des Pribramer Erzrevieres.
229
Kaligehalt, den die meisten Diabasanalysen aufweisen, diese Annahme
unterstützen würde. Auf optischem Wege ist die Frage nicht zu ent-
scheiden, zumal die für Plagioklase charakteristische Zwillingsriefung nicht
immer vorhanden ist und dieselben auch nur einfache Individuen der dem
Karlsbader Orthoklase analogen Zwillinge bilden, wie ich solche in den
Augit-Laven von den Kaimenen fast ausschliesslich beobachtet habe1).
Der zweite Hauptbestandteil der Diabase, der Augit, bietet, wie
auch Dathe ausdrücklich hervorhebt, die meisten Schwierigkeiten, da
er selbst in verhältnissmässig frischem Gesteine eine meist bedeutende
Umwandlung erfahren hat, in zersetztem Gesteine aber oft ganz ver-
schwunden ist und an seine Stelle Neubildungen der verschiedensten
Art eingetreten sind2). Diese letzteren bezeichnet Dathe durchwegs
mit dem von Vogelsang3) vorgeschlagenen Collectiv-Namen „Viridit“,
obzwar er die schuppigen mit Chlorit, die faserigen mit Serpentin iden-
tificiren zu können glaubt. Nach Vogelsang’s Vorschläge sollte man
nur die näher nicht bestimmbaren Eisenoxydul-Magnesia Silicate
von grünlicher Farbe und schuppigem oder faserigem Gefüge, die sich
als Umwandlungsproducte von Hornblende, Augit, Olivin u. s. w,
ergeben, mit „Viridit“ bezeichnen.
In den meisten Fällen bildet der Augit unregelmässig begränzte
Körner, seltener sind seine Durchschnitte regelmässig gestaltet und
verweisen auf eine den Augiten der Basalte ähnliche Form. Ihre Farbe
ist im durchfallenden Lichte meist röthlichgelb, licht bräunlichgelb oder
schmutzig graulichgelb, seltener nelkenbraun. Letztere Farbe kommt
nur ganz frischer Substanz, die nur in 30 beobachtet wurde, zu ; meist
erscheinen die Augite schon bedeutend verändert und mit Mühe gelingt
es in einem Haufwerke von Neubildungs-Producten einen Augit-Rest zu
entdecken, oft ist aber auch dieser verschwunden. Die Umwandlung
scheint stets mit einer Bleichung begonnen zu haben, unter gleichzei-
tiger Ausscheidung von kleinen, schwach braun durchscheinenden Par-
tikelchen, die nach Vogelsang’s Vorgänge als Ferrit zu bezeichnen
wären.
Ein weiteres Stadium der Umwandlung besteht darin, dass sich
der Augit peripherisch und längs der Sprünge und Spaltklüfte in eine
gelblichgrüne, schuppigfaserige Masse verändert hat (sehr schön in 20
zum Theil mit wohlbegränzten Krystall-Durchschnitten versehen). Diese
Ausbildung erinnert lebhaft an in der Zersetzung begriffene Olivine
der Basalte. Eine fortschreitende Veränderung giebt sich an einer Fase-
rung des Augitkernes zu erkennen, während gleichzeitig die umgewan-
delte peripherische Hülle und die von derselben längs der Sprünge
sich fortziehenden Partien eine grasgrüne bis dunkelgrüne Färbung
und oft deutliche Faserung angenommen haben. Die Umwandlungs-
producte, die früher gar nicht oder ganz unbedeutend dichroitisch
waren, offenbaren nun einen sehr lebhaften Dichroismus und bilden
') Lotos. 1875, 17.
2) Vergl. auch H. Möhl, Neues Jahrb. f. Miu. etc. 1874. 791 u. E. Cohen
ebene!. 1874, 475.
®) Zeitschrift d. deutsch, geol. Gesellsch. 1872. 529
230
K. Vrba.
[8]
Mikrolithe, die oft ziemlich gross werden und mit ihrer Längsrichtung
den Spaltklüften des Augitrestes oder, wenn dieser ganz verschwunden
ist, der Faserung parallel gelagert sind; die Augit-Pseudomorphose
erscheint dann durch dieselben an den beiden Enden ruinen- oder
kammartig eingezackt (1, 9, 11, 13). Diese äussere Umwandlungszone
besteht aus Hornblende, für welche Annahme nicht nur der sehr leb-
hafte Dichroismus und die Orientirung der Hauptschwingungs-Richtun-
gen, sondern, und vornehmlich, auch Querschnitte dieser säulenförmigen
Kryställchen sprechen , die den Amphibolwinkel mit Sicherheit zu
bestimmen gestatteten; grössere derselben lassen sogar manchmal eine
Spaltrichtung, die der äusseren Umgrenzung parallel verläuft, erkennen.
An der Grenze der Amphibolzone und des schwach dichroitischen
faserig-schuppigen Zersetzungs-Productes erfolgte in der Regel eine
theils schwach bräunlich
Beistehende Zeichnung
stellt in 340facher Ver-
grösserung einen Augit in
dem geschilderten Stadium
der Umwandlung dar, wie
er in 1 beobachtet wurde.
A der faserige Augitrest
mit bräunlich durchschei-
nenden Ferrit -Ausschei-
dungen, C faserig- schup-
pige, schwach dichroitische
Masse, H Hornblendekranz,
an dessen Gränze sich
gleichfalls impellucide oder
nur schwach durchschei-
nende Körnchen ausgeschie-
den haben. Seitlich ist der
Hornblendekranz mit einem
Aggregat von Hornblende-
Nadeln und Säulchen in
Verbindung, die zwischen zwei Feldspäthen eingeschlossen liegen.
Wenn Dathe zweifellose Hornblende niemals neben Augit in Diabasen
beobachtete, so kann diess wohl nur von ursprünglichen Amphibol-
Ausscheidungen gelten, dass aber die Hornblende als Zersetzungsproduct
des Augites in Augitgrünsteinen auftritt, ist aus dem Angeführten
klar; noch deutlicher ist jedoch diese Umwandlung besonders in 7
und 8 zu beobachten. Die hier nicht selten polygonal begränzten Augite
besitzen einen breiten Amphibol-Mantel; hat der Schnitt den Krystall
senkrecht zur Spaltbarkeit getroffen, so sieht man in demselben die
Spaltrichtungen unter 124°, in dem Augitrest aber unter 87° zu-
sammenstossen. In 3 habe ich einen Durchschnitt beobachtet, der vom
Augitprisma, der Quer- und Längsflächen begränzt war, aber die Spalt-
barkeit der Hornblende zeigte, indem der Augit ganz verschwunden
war. In diesem Falle liegt also eine Pseudomorphose vor, die G. Rose
Ausscheidung von winzigen theils opaken ,
durchscheinenden Partikelchen.
m
Die Grünateine des Pribramer Erzrevieres.
231
mit dem Namen „Uralit“ bezeichnete *). Die nicht regelmässig begrenz-
ten Augitumwandlungen lösen sich häufig in einen Bart von Horn-
blende-Mikrolithen auf.
Das Gestein vom Querschlag in Kozicin (11) weicht schon makro-
skopisch von den übrigen ab, die Structur ist deutlich körnig, hervor-
gebracht durch den augitischen Bestandteil, der einen seidenartigen
Glanz, dunkelbraune Farbe und lamellare Structur zeigt. Im Dünn-
schliff zeigt der genannte Gemengtheil eine Structur , die jener der
Diallage aus dem Gabbro ganz ähnlich ist, schliesst aber fast immer
einen Kern von gewöhnlichem Augit ein. Ich habe schon auf die mit-
unter vollkommen diallagartige Beschaffenheit der Augite der Quarz-
Diabase des Adalbert-Schachtes aufmerksam gemacht* 2), im vorliegenden
Gestein tritt die Aehnlichkeit noch mehr hervor. Die diallagähnlichen
Partien sind oft mit dunkel durchscheinenden Lamellen reichlich
versehen und übergehen nach Aussen in eine dünne Hornblendezone,
die ihre Fortsätze weiter zwischen die Feldspäthe ausschickt3). Ver-
muthlich ist auch die diallagartige Beschaffenheit des Augites ein
Stadium seiner Umwandlung ein weiteres Product derselben der
Hornblendekranz.
In vielen der untersuchten Proben sind die von Dathe erwähnten
lichtgelblichen Gebilde wahrzunehmen, die er als Epidot deutet. In
dem stark zersetzten Nr. 17 sind reichlich Viridit, Hornblende-Nädelchen
und lichtgelblichgrüne Epidotpartien wahrzunehmen, besonders häufen
sich dieselben an der Grenze von zahlreichen das Gestein durchziehen-
den Quarzadern. Ein Scherben, den ich der Contactstelle des Ganges
entnommen habe, bestand fast nur aus Quarz, in dem sehr reich Epidot,
mitunter winzige und gut ausgebildete Kryställchen, enthalten war.
Chlorophoeit konnte in keinem der untersuchten Schliffe nachgewiesen
werden.
Zu den Einschlüssen der Augite unserer Grünsteine, die als Pro-
ducte der Umwandlung angesehen werden können, ist noch Eisenglanz
zu rechnen, der jedoch nur selten beobachtet wurde; schöne, scharfe,
blutroth durchscheinende Hexagone dieser Substanz, gleich jenen im
Sonnensteine von Tvedestrand und im Carnallit von Stassfurt, sind in 8,
doch nicht zahlreich vorhanden. Magnetit und vielleicht auch Titan-
eisen sind in Augiten oft sehr reichlich eingeschlossen, oft fehlen
dieselben fast ganz , letzteres ist namentlich häufig in frischeren
Augiten der Fall. Selten nur häuft sich das impellucide Erz zu einem
centralen Kern oder einer Randzone. Plagioklasleistchen sind sehr
häufig, mitunter von bedeutender Grösse, so dass mehrere Zwillings-
Lamellen gezählt werden konnten, als Einschluss vorhanden; Apatit
tritt seltener von Augit umschlossen, häufiger hingegen und mitunter
in ansehnlichen Säulchen, in der Gesteinsmasse auf.
') Poggendorff, Ami. 22, 342.
2) A. a. 0.
3) Schilling hat in Diabasen neben Augit auch Diallag erkannt. Die chem.
min. Z. d. Grünsteine d. Südharzes. Göttingen 1869.
Mineralogisch© Mittheilungen. 3. Heft. 1877. (Vrfcrn.)
31
232
K. Yrba.
[10]
In sämmtlichen untersuchten Gesteinsproben sind impellucide
Erzpartikel reichlich vorhanden, sie gehören theils dem Magneteisen,
theils dem Titaneisen, theils dem Pyrit an. Die meisten Proben wirken,
wenn einige auch nur unbedeutend, auf die Magnetnadel und aus allen
lässt sich mit dem Magnetstabe Magnetit herausziehen. Der Pyrit ist
meist in grösseren Einsprenglingen vorhanden, im Gestein sehr ungleich-
massig und verhältnissmässig spärlich vertheilt (eine quantitative Be-
stimmung ergab Schwefel = O'OOl Proc.).
Das Titaneisen wurde in 28 durch eine intensive violette Färbung
der Solution des mit saurem schwefelsaurem Kali geschmolzenen Gesteins-
pulvers in Chlorwasserstoffsäure unter Zusatz von Zink nachgewiesen.
Auch spricht für die Anwesenheit des Titaneisens der Umstand, dass
durch mehrtägige Behandlung des Gesteinspulvers mit Salzsäure nicht
alles schwarze Erz entfernt wird, sondern ein grosser Theil desselben
ganz intact bleibt.
Das Magneteisen tritt theils in Form von Kryställchen, theils in
unregelmässig geformten Körnchen auf; selten nur sind grössere An-
häufungen derselben wahrgenommen worden, meist ist es im Gesteins-
gewebe gleichmässig vertheilt. Zierliche gestrickte Gruppirungen sind
mitunter beobachtet worden, wie solche in anderen Diabasen und
namentlich in Basalten häutig auftreten. Obwohl das Magneteisen in
sämmtlichen Gemengtheilen constatirt werden konnte, ist es doch stets
am reichlichsten in den Zersetzungsproducten des Augites vorhanden
und zwar in desto grösserer Menge, je weiter die Umwandlung des
letztgenannten Bestandtheiles vorgeschritten ist.
Frische oder nur ganz unbedeutend veränderte Augite erweisen
sich, wie schon oben bemerkt wurde, mitunter ganz frei von demselben.
Dieser Umstand gibt der Vermutkung Raum, dass der Magnetit, wenn
auch nicht durchwegs, so doch zum grossen Theile erst secundären
Ursprunges ist. Auch die Magnetite haben häufig eine Veränderung
erfahren, indem ein brauner Hof von Eisenoxydhydrat dieselben umgibt.
Das Titaneisen tritt meist in kolbenförmigen Gebilden auf, die
mannigfaltige, oft zierliche Aggregate zusammensetzen, nicht selten
kann man aber auch deutliche, polygonal begrenzte Durchschnitte, meist
Drei- und Sechsecke oder Rhomboide wahrnehmen. Im durchfallenden
Lichte ist es gleich dem Magneteisen vollkommen opak, bei auffallender
Beleuchtung hingegen zeigt es einen eigentkümlichen bläulichweissen
oder gelblichweissen Schimmer und ist sehr häufig von weissen, meist
geradlinig verlaufenden Partien unterbrochen, die gleich dem Erze,
vollkommen undurchsichtig sind; häufig kann man auch eine periphe-
rische, weisse, fast impellucide Zone wahrnehmen; in vielen Fällen ist
sogar die weisse Masse ganz vorherrschend und wird nur von wenigen
schwarzen Strichen und Punkten von Titaneisen durchspickt. Diese
weisse Masse, offenbar ein Umwandlungsproduct des Titaneisens —
vermuthlich ein Titan-Silicat, — charakterisirt unter dem Mikroskop,
wie Dathe1) ganz richtig bemerkt, dasselbe im Gegensatz zu dem
Magnetit, der sich, wie oben angeführt, in eine braune Substanz ver-
') A. a. 0. 26.
[11]
Die Grünsteine des Pfibramer Erzrevieres.
233
ändert. Während der Magnetit sich fast immer in den Gemengtheilen
der Gesteine, so namentlich in den Zersetzungsproducten des Augites,
eingeschlossen findet, ist das Titaneisen, besonders grössere Brocken
desselben, zwischen die Gesteinselemente zwischengeklemmt, selten fand
ich dasselbe unzweifelhaft eingeschlossen.
Der speisgelbe Pyrit ist, wie angeführt worden, in den Gesteinen
uugleiclimässig vertheilt, oft fehlt er ganz. Nur selten wurden Durch-
schnitte beobachtet, die eine regelmässige Umgrenzung anzunehmen
gestatten, meist sind dieselben regellos. Die Grösse der Körnchen ist
in der Regel eine so ansehnliche, dass man dieselben schon mit unbe-
waffnetem Auge wahrnehmen kann und ihre Anzahl durch Anwendung
des Mikroskopes kaum gesteigert wird; sie bilden theils selbstständige
Einsprenglinge, theils sind sie mit dem Magnet- und Titaneisen innig
gemengt und verwachsen. Ausser im Gestein eingesprengt, trifft man
den Pyrit auch als ziemlich dicken, zusammenhängenden Anflug auf
Kluftflächen (28). Auch dieser offenbar jüngere Bestandtheil blieb von
einer weiteren Umwandlung nicht verschont; in vielen Fällen deutet
eine dunkelbraune oder schwarze Randzone auf eine stattgefundene
Veränderung in Brauneisen hin.
Ein Bestandtheil der meisten untersuchten Diabase ist der Quarz,
den man bis in die neueste Zeit in diesem Gesteine übersehen hatte,
wiewohl er schon früher in den verwandten schottischen Trappen be-
kannt war. Behrens bemerkt in seiner Abhandlung, dass er in den
von ihm untersuchten Grünsteinen nicht viel Quarz gefunden habe,
übrigens seien jene Körnchen, die er für Quarz halten zu müssen
glaubt, schwer vom glasigen Feldspath zu unterscheiden Q. Ich habe
Quarz in ansehnlicher Menge in grönländischen* 2) und Dathe in zahl-
reichen sächsischen Diabasen gefunden 3). In den Pfibramer Grünsteinen
wurde von Grimm nur in dem Gesteine aus der Drkolnower Grube
makroskopisch Quarz beobachtet4) und von mir die Diabase aus dem
Adalbert-Schacht als quarzführend erkannt. Die mikroskopische Unter-
suchung hat den Quarz in fast allen durchmusterten Diabasen des
Pfibramer Erzrevieres deutlich nachgewiesen, meist gab er sich schon
bei der Herstellung der Dünnschliffe an der bedeutenden Härte der
Gesteine zu erkennen; dessgleichen zeigen angeschliffene und polirte
Scherben feine nadelstichgrosse Pünktchen, die einen ungleich höheren
Grad des Glanzes annehmen und unter dem Mikroskop als Quarz er-
kannt werden; nie erreichen dieselben lmm Durchmesser.
Die Begränzung der Quarze ist im Allgemeinen eine regellose zu
nennen , im durchfallenden Lichte ist er ganz farblos und seine
Mikrostructur gleich jener der Quarze in alten Massengesteinen.
Einzelne Körnchen erweisen sich, wie die Betrachtung im polari»
sirten Lichte lehrt, oft aus mehreren ungleich orientirten Individuen
zusammengesetzt, die lebhafte chromatische Polarisations-Erscheinungen
!) Neues Jahrb. f. Min. etc, 1871, 463.
5) A. a. 0. 118.
3) A. a. 0.
4) Jahrb, d. Berg-Akademie zu Pfibram und Leoben. XY. Bd. 1866, 221,
31*
234
K. Yrba.
[12]
zeigen und deren Ränder die bekannte buntfarbige Interferenzstreifung
zu erkennen geben. Nur sehr selten konnten unter den zahlreichen
Quarzen einige wenige entdeckt werden, deren Durchschnitte mehr oder
minder gut ausgebildete Hexagone gewesen sind; sie wurden stets in
stärker zersetzten Partien und meist von den Neubildungs-Producten
des Augites allseits umschlossen gefunden (12, 13, 22, 26). Mitunter
sind die Quarze, namentlich die kleinsten ziemlich frei von Einschlüssen
fremder Substanzen, häufiger sind sie aber reichlich mit denselben
imprägnirt.
Flüssigkeits-Einschlüsse mit beweglichen Libellen, Apatitsäulchen,
Hornblendenädelchen und graulichgrüne, schmutzige, staubartige Masse
wechseln an Menge und Anordnung mit einander. Sehr schöne Ein-
schlüsse von Flüssigkeit, ein Negativ der Quarzpyramide darstellend,
sind in einem hexagonalen Quarzdurchschnitt (8) beobachtet worden,
derselbe Durchschnitt liess auch zweifellos eine radiäre Anordnung der
eingeschlossenen Hornblende - Säulchen erkennen. Wenige gerundete
Hexagone von bräunlicher Farbe, die vom Quarz umschlossen beobach-
tet wurden, dürften dunkler Glimmer sein (28). Erztheilchen, Magnet-
und Titaneisen scheinen als Einschluss im Quarz ganz zu fehlen oder
doch nur sehr selten vorzukommen; die wenigen ganz undurchsichtigen
Einschlüsse im Quarz, welche beobachtet wurden, Hessen die Frage
ganz ungelöst. Längs der Sprünge im Quarz sieht man oft Infiltrat.ions-
Producte von gelber, brauner, rother und grüner Farbe, die nicht
selten eine moireeartige Zeichnung an den Kluftwänden hervor-
bringen.
Ausser die eben beschriebenen körnigen Einsprenglinge bildet der
Quarz in vielen der untersuchten Gesteine Ausfüllungen von Spalten,
die er entweder allein, oder in Gesellschaft von Calcit ausgeklei-
det hat.
Die Menge des Quarzes in den verschiedenen Proben ist sehr
variabel, in verschiedenen Schliffen von einem Handstücke ist sie oft
wechselnd. Dathe bemerkt, dass in Gesteinen, in denen sich der Quarz
an der Zusammensetzung betheiligt, derselbe fast dem Feldspath an
Menge das Gleichgewicht hält, (Diabas von Klunst und Kottmar bei
Ebersbach, Kunnersdorf) oder ihn sogar übertrifft. (Neustadt bei
Stolpen, Jackwitz bei Bautzen, Keltershaus bei Ehrenbreitstein.) In den
von mir untersuchten Gesteinen tritt der Quarz gegen den Feldspath
stets stark zurück. Im Allgemeinen wurde aber constatirt, dass die Menge
des Quarzes mit der Zersetzung des Gesteines zunimmt. Während die
secundäre Bildung des auf Spalten und Klüften ausgeschiedenen Quarzes
ausser Zweifel ist, erfordert die Frage nach der Entstehung der kör-
nigen Einsprenglinge dieses Gemengtheiles im Gesteine eine sorgsame
Prüfung. Wir haben gesehen, dass die Quarze mit seltenen Ausnahmen
regellos begränzt sind, dass die regelmässig begränzten Individuen stets
in dem Neubildungs-Produet des Augites eingeschlossen Vorkommen,
dass ferner der Quarz Hornblende-Nadeln einschliesst und im Allge-
meinen seine Quantität mit der Zersetzung des Gesteines zunimmt.
Bekanntlich pflegt der Quarz in Porphyrgesteinen, zu denen wir
auch den Diabas zählen , stets als ursprünglicher Gemengtheil in
[13]
Die Grünsteine des Pfibramer Erzrevieres.
235
Krystallen aufzutreten, diese sind aber in unseren Gesteinen grosse
Seltenheiten, und wenn auch ein hexagonaler Durchschnitt angetroffen
wird, so ist derselbe in der secundär gebildeten chloritischen Substanz
eingeschlossen.
Wäre es geglückt, einen derartigen Quarz im frischen Augit als
Einschluss wahrzunehmen, so wäre wohl die Annahme seiner ursprüng-
lichen Bildung gerechtfertigt; nachdem jedoch in keinem der zahlreichen
frischen Augite ein wie immer begränztes Quarzkorn wahrgenommen
werden konnte, erlaubt die Annahme seiner secundären mit jener der
chloritischen Masse etwa gleichzeitigen Entstehung eine befriedigende
Lösung der Frage nach seinem Ursprung. Eine wesentliche Stütze für
diese Annahme bieten die oben erwähnten Hornblende-Nadeln, von
denen früher gezeigt wurde, dass sie als entschiedene Zersetzungs*
producte des Augites aufgefasst werden müssen. Wie sollen nun diese
unzweifelhaften Neubildungs-Producte in den Quarz gelangt sein, wenn
sich derselbe aus dem Diabasmagma direct bei seinem Uebergang in
den krystallinischen Zustand ausgeschieden hätte! Es wäre auch durch-
aus unerklärlich, dass gerade die zersetzteren Varietäten die quarz -
reichsten sein sollten. Diese sämmtlichen Beobachtungen scheinen mir
überzeugend genug zu sein , um die secundäre Bildung des Quarzes
aus dem Feldspath unumstösslich darzuthun, zumal es eine bekannte
Thatsache ist, dass bei der Umwandlung der Feldspäthe in ihre Zer-
setzungs-Producte (Kaolin etc.) stets Kieselsäure sich ausscheidet. Die
hier ausgesprochene Ansicht soll zunächst für die Pfibramer Diabase
gelten, keineswegs soll aber behauptet werden , dass aller Quarz in
allen Diabasen secundären Ursprunges ist. In einem Diabas vom Zu-
fluchtsfjord auf Südgrönland beobachtete ich Quarzkörnchen von oft
bedeutender Grösse, die von einem Mikrolithenkranz umgeben waren,
der zarte Apophysen in die Quarzmasse entsendete; für diese ist eine
ursprüngliche Bildung oder die Annahme wahrscheinlich, dass dieselben
von der Diabasmasse umschlossen wurden1).
Hand in Hand mit der Ausscheidung der Kieselsäure aus der
Zersetzung von kalkerdehaltigen Silicaten durch kohlensäurehältige
Wässer geht die Bildung von kohlensaurem Kalk vor sich; wir treffen
daher auch den Calcit in sämmtlichen untersuchten Gesteinen, bald
ausserordentlich reich, bald spärlicher. Manche Proben sind von reich-
lichen Calcitadern und Schnüren kreuz und quer durchsetzt und
schliessen diesen Bestandtheil in zahlreichen kleinen Nesterchen ein,
andere, namentlich die aphanitischen, lassen denselben weder makro-
skopisch noch mikroskopisch wahrnehmen, brausen aber doch stets mit
Säure. Die ganz zersetzten Varietäten allein lassen weder mikro-
skopisch noch durch chemische Reagentien einen Gehalt von Kalkcarbo-
nat nachweisen, offenbar ist derselbe aus den erdigen porösen, den
circulirenden Wässern leicht zugänglichen Gesteinen ganz ausgelaugt
worden. Die klaren ganz durchsichtigen Calcitpartien zeigen stets die
bekannte Zwillingsstreifung, die nach zwei sich unter spitzem Winkel
schneidenden Richtungen verläuft. Eingeschlossen finden sich in den-
*) A. a 0.
236
K. Yrba.
[14]
selben sämmtliche Zersetzungsproducte des Augites und der andern
Gemengtheile, sehr häufig Quarzkörnchen.
Ein Gemengtheil unserer Diabase , der wenn auch stets nur
mikroskopisch, so doch fast immer erkannt wurde, ist der Apatit
(apatitfrei 9, -arm 11, 12). Seine schlanken, oft zugespitzten und ge-
gliederten Säulchen sind zu bekannt, als dass wir eine Beschreibung
derselben folgen lassen müssten. Biotit bildet kleine und dünne hexa-
gonale Schüppchen, die oft gerundet erscheinen, scharfe, winzige, blut-
rothe Hexagone liefert der Eisenglanz; beide Minerale sind jedoch
selten zu treffen und schon früher erwähnt worden.
Herrn Dr. G. H. Dietrich, k. k. Probir-Adjunkt in Pfibram,
verdanke ich die Mittheilung nachstehender Analysen von 21 ; A bezieht
sich auf einen feinkörnigen, quarzführenden Diabas, dessen Dichte =
2- 79 bestimmt wurde, B auf eine aphanitische Varietät von der
Dichte = 2'86.
A
B
Si02
58-61
51-56
ai2oz
10-12
13-72
Fe203
4-03
3-52
Mrto Ö3
— • —
0-08
FeO
7-10
6-92
CaO
9-43
8-03
MyO
4-12
7-62
k2o
0-97
1-21
Na20
1-86
1-94
P*Oü
0-98
0-60
co2
1-32
1-91
h20
1-62
2-82
100-16 99-93
Eine approximative Berechnung der einzelnen das Gestein zusam-
mensetzenden Mineralien, in runden Zahlen ausgedrückt, würde ergeben
in Percenten : für A Calcit 3, Apatit 2, Magnetit 6, chloritische
Substanz 16, Kali-Feldspath 6, Natron-Feldspath 31, Augit 19, Quarz 17;
für B Calcit 4V2, Apatit V/2, Magnetit 5, chloritische Substanz 32,
Kali-Feldspath 6, Natron-Feldspath 38, Quarz 13, was mit dem mikro-
skopischen Befunde ziemlich im Einklänge stehen würde.
Diorit.
Unzweifelhafte Hornblende-Plagioldas-Gesteine sind in dem ge-
nannten Erzreviere nicht häufig. Ein schöner Diorit ist das Gestein
aus dem Sadeker Schachte; der Grünsteingang begleitet den nach h
22 streichenden 30 Centimeter in Spatheisenstein und Fahlerzen mäch-
tigen Sadeker Gang bald im Liegenden, bald im Hangenden auf eine
Erstreckung von 100 Meter, bewirkt eine Hebung der Grauwacken-
Schichten und bildet ober Tags eine ansehnliche Kuppe. Ein zweiter
Diorit tritt stockförmig zwischen dem Schwarzenberg- und August-
Schacht im Kaiserstollner Flügelschlage auf und bildet in seiner Fort-
[15]
Die Grünsteine des Pfibramer Erzrevieres.
237
Setzung die Anhöhe beim Zdabofer Schachte in der Nähe vom August-
Schachte.
Das Sadeker Gestein ist gleichmässig feinkörnig, hart und zähe,
besitzt splittrigen Bruch und ein Eigengewicht = 2*83 ; seine Farbe
ist dunkel grünlichgrau, schmutziggelb gesprenkelt. Mit der Loupe lässt
sich auf frischen Bruchflächen deutlich der graulichgelbe Feldspath von
dem dunklen Bestandtheil unterscheiden, selten sind die Spaltflächen
glänzend und mit Zwillingsriefung versehen, auch ist die Begrenzung
der Plagioklase häufiger eine regellose als eine rectanguläre. Hornblende
lässt sich mit der Loupe, wenn auch starkglänzende, winzige Spalt-
flächen häufig wahrzunehmen sind, nicht zweifellos constatiren. Der
Zdabofer Diorit ist lichter grünlichgrau, weniger hart als der vorher
beschriebene, jedoch ebenso zähe, sein Bruch uneben, das Eigengewicht
bestimmte sich = 2*78. Frische Bruchflächen unter der Loupe betrachtet,
zeigen eine dichte Grundmasse, in welcher reichlich kleine, bis 4mm
lange und ebenso breite Plagioklas-Kryställchen mit ausgezeichneter
Riefung eingeschlossen sind. Mit Ausnahme einer papierdünnen, graulich-
weissen Randzone sind die Plagioklase stark glas- bis fettglänzend,
erstere jedoch matt, selten wurden Fortsätze derselben nach dem inneren,
frischen Feldspathkern verlaufend wahrgenommen; von Hornblende ist
keine Spur wahrzunehmen. Eine Eigenthümlichkeit des Zdabofer Gestei-
nes, sowohl des in der Grube gebrochenen, als auch des ober Tags
gesammelten, ist eine kugelförmige Absonderung, die besonders bei ein-
getretener Umwandlung sehr deutlich hervortritt.
Das Mikroskop löst beide genannten Gesteine in ein Aggregat
von Plagioklas und Hornblende auf, zu denen sich noch Quarz und
dunkler Glimmer in reichlicher Menge gesellen, Calcit, im Sadeker
Gesteine eine häufige Erscheinung, ist im Zdabofer Diorit mikroskopisch
nicht wahrzunehmen und seine Gegenwart nur durch ein äusserst
spärliches Brausen mit Säure zu constatiren. Apatit ist in geringerer
Menge, dafür aber in grösseren Kryställchen vorhanden, Erztheilchen
— wohl ausschliesslich nur Magneteisen — sind in äusserst beschei-
dener Anzahl vorhanden, dessgleichen ist die grünliche, faserig schuppige
Substanz, der wir in den Diabasen so massenhaft begegneten, nur sehr
spärlich und nur stellenweise vorhanden; von Augit ist selbstverständ-
lich keine Spur wahrzunehmen. Das mikroskopische Bild ist, wie leicht
einzusehen, von jenem der früher beschriebenen Gesteine ein total ver-
schiedenes.
Der Plagioklas im Sadeker Diorit überwiegt nur wenig an Menge
die Hornblende; er ist stets bedeutend verändert und lässt im polari-
sirten Lichte eine körnige oder eisblumenartige Structur wahrnehmen,
immer sieht man aber noch seine lamellare Zusammensetzung, in vielen
Fällen deutlicher, wenn ein Gypsblättchen eingeschaltet wurde. Ein-
schlüsse birgt der Plagioklas, mit Ausnahme spärlicher Hornblende-
und Apatit-Säulchen, keine.
Die Plagioklase im Zdabofer Gesteine sind, wie oben erwähnt,
theils porphyrisch ausgeschieden, tlieils Elemente der scheinbar dichten
Grundmasse, letztere gewöhnlich mit den Hornblende-Individuen innig
regellos verwachsen. Die ersteren, vollkommen klar und durchsichtig,
238
K. Vrba.
[16]
besitzen stets einen milchweissen, trüben Rand. Neben der prachtvollen
Zwillingsstreifung lassen die grösseren Individuen einen ausgezeichneten
zonalen Aufbau, besonders schön im polarisirten Lichte erkennen.
Die milchweisse Zone ist nicht allein in Folge einer beginnenden
peripherischen Zersetzung entstanden, sondern wird vorzugsweise durch
reichliche Einlagerung von Hornblende, Biotit. Apatit, winzigen, kaum
0'0003 mm grossen Flüssigkeits-Einschlüssen mit beweglichen Bläschen
und mitunter scharfer, rectangulärer Begrenzung x) und anderen fremd-
artigen Substanzen hervorgebracht, die im centralen Theile des Krystal-
les entweder nur sparsam vorhanden sind oder auch ganz vermisst
werden. In einigen vollkommen wasserklaren, grösseren Plagioklasen
wurden lange, kaum durchscheinende Mikrolithe nach drei Raumrich-
tungen parallel eingeschlossen gefunden, ganz ähnlich jenen, die in
ungleich grösserer Anzahl und Kleinheit die Plagioklase vieler Gabbro
durchspicken. Diese Nädelchen sind so orientirt, dass ein System
parallel der Zwillingsriefung des Plagioklases, das zweite nahe senkrecht
zu derselben verläuft, während das dritte sich in einer nahezu senk-
rechten Richtung zu den erstgenannten befindet und in Form von kleinen
Punkten projicirt erscheint.
Die Hornblende bildet im Diorit aus dem Sadek-Schachte mit-
unter deutliche Krystalle von der Form °o P . o oP<>= . P (oP scheint
zu fehlen), ihre Farbe ist im durchfallenden Lichte dem starken
Dichroismus entsprechend licht bis dunkelbraun, je nachdem der Kry-
stall vom Schnitte getroffen wurde.
Häufig hat sich um einen Kernkrystall von brauner Farbe eine
grüne Schale gebildet, jedoch stets unter Wahrung eines vollkommenen
Parallelismus. Einschlüsse in der Hornblende beschränken sich auf im-
pellucide Partikel — vermuthlich Magneteisen — wenig Apatit und
Feldspath. Die Hornblende in dem Zdabofer Gesteine ist stets nur
grün gefärbt, die Individuen mit seltenen Ausnahmen mikroskopisch
klein, jedoch stets mehr oder minder scharf polygonal begrenzt. Ein
grösserer Durchschnitt, senkrecht zur Spaltrichtung gestattete eine
genaue Bestimmung des Amphibolwinkels, ein zweiter Schnitt parallel
den Spaltrissen ergab eine Neigung der Hauptschwingungsrichtung zur
Prismenkante gleich 15 Grad. Ausser Apatit und wenig Magneteisen
sind Einschlüsse keinerlei Art wahrgenommen worden.
Im Allgemeinen hat die Hornblende im scharfen Gegensatz zu
den früher beschriebenen Augiten in beiden Gesteinen ein vollkommen
frisches Aussehen, ihre Contouren sind scharf, ihre Masse erweist sich,
von den Einschlüssen abgesehen, im polarisirten Lichte homogen; nur
ganz vereinzelt hat die Umwandlung einen oder den andern Krystall
bereits ergriffen, eine Faserung und Bleichung hat sich an den beiden
Polen eingestellt und in der nächsten Umgebung desselben ein licht-
bläulich grünes Zersetzungsproduct abgelagert ; häufiger kann man diese
Erscheinung in dem Sadeker als im Zdaborer Gesteine beobachten.
*) Prachtvolle, regelmässig begrenzte Flüssigkeits-Einschlüsse habe ich in dem
Plagioklas des Diorites von der Patursokbai in Westgrönland beobachtet. Sitzungs-
bericht d. k. Akad. d. Wissensch. Wien, 69. Bd., I. Abth., 1874, 119.
[17]
Die Grünsteine des PfiJiramer Erzrevieres.
239
In beiden Gesteinen tritt, die Hornblende vertretend, dunkler
Glimmer recht häufig auf; selten regelmässig begränzt, ist er meist in
Form von fetzen- oder lappenartigen Gebilden im Gestein vertheilt. Seine
ausgezeichnete Spaltbarkeit, der starke Dichroismus und die Richtung
seiner optischen Hauptschnitte unterscheiden denselben scharf von der
braunen Hornblende.
Der vollkommen wasserhelle Quarz ist nie in Krystalldurchschnit-
ten beobachtet worden, stets sind es regellos begränzte Körnchen, die
im Gesteine ziemlich gleiclnnässig vertheilt erscheinen; mitunter trifft
man kleine Klüfte im Gestein ganz von körnigen Quarzindividuen
erfüllt. Seine Mikrostructur gleicht genau jener der Quarze in den
früher beschriebenen Diabasen. Der Abgang einer regelmässigen Um-
gränzung, sein häufigeres Auftreten im Sadeker Gesteine, dessen Feld-
späthe stark verändert sind und sein selteneres Vorkommen im Diorit
vom Zdabofer Schachte, der fast ganz frische Plagioklase einschliesst,
erfordern auch für die Quarze der Diorite von den beiden Fundorten
eine Annahme seiner secundären Bildung. Mit dieser Auffassung steht
auch das häufige und ansehnliche Vorkommen des Calcites im erstge-
nannten, das fast gänzliche Fehlen desselben im Zdabofer Gesteine im
Einklänge.
Apatit und Magneteisen gleichen vollkommen jenen in den
Diabasen; Pyrit wurde nicht wahrgenommen, dessgleichen konnte auch
Titaneisen nicht constatirt werden.
Anhangsweise möge hier noch ein Gestein erwähnt werden, das
am 3. Clementi-Liegendgange am Kaiserstollner-Laufe des Stephans-
schachtes in Bohutin angefahren wurde; es tritt in Gemeinschaft mit
Diabas gangförmig auf. In einer dunkelgrünen dichten Grundmasse
sind sehr reichlich blass fleischrothe Feldspath-Krystalle eingesprengt,
die unter der Loupe keine Zwillingsstreifung, wohl aber häufig eine
Zwillingsbildung nach dem Karlsbader Gesetze erkennen lassen. Das
ganze Gestein wird von feinen licht pistaziengrünen Adern durchsetzt,
in denen zahlreiche Pyritkryställchen, die sonst im Gesteine ganz ver-
misst werden, eingeschlossen sind.
Im Dünnschliff löst sich das Gestein in ein Gemenge von zer-
setzten Felspath-Krystallen und faserigen Hornblende- Aggregaten auf,
die von Feldspäthen umschlossene Nester bilden und zwischen dieselben
eindringen. Die Feldspäthe selbst enthalten Hornblende-Nädelchen in
sehr grosser Anzahl eingeschlossen. Zu den genannten Gemengtheilen
tritt noch spärlich Quarz und sehr selten Magneteisen hinzu; Calcit
ist sehr untergeordnet vorhanden.
Im polarisirten Lichte erweisen sich die Feldspäthe als ein kör-
niges Aggregat, nur selten ist noch die trikline Natur derselben deut-
lich wahrzunehmen. Die rothe Farbe wird wahrscheinlich durch Eisen-
oxyd hervorgerufen , das in Form winziger Partikelchen in der
zersetzten Feldspathsubstanz eingeschlossen und aus Magneteisen her-
vorgegangen ist. Man sieht nämlich häufig ein schwarzes opakes Korn,
Mineralogische Mittheilungen, 3. Heft. 1877. (Vrba.) 32
K. Yrba.
240
ns]
(las peripherisch in die rothe Masse verändert ist, von der sich dann
die Färbung in’s Innere des Krystalles weiterzieht.1)
Ob die Hornblende in diesem Gesteine sich ursprünglich als
solche ausgeschieden habe, oder ein Umbildungs-Product ist, kann man
nicht sicher entscheiden, wahrscheinlicher scheint das erstere der Fall
zu sein, wiewohl das Zusammenvorkommen dieses Grünsteines mit ech-
tem Diabas und der Uebergang in denselben für die letztere Annahme
sprechen würde. Jedenfalls erscheint es richtiger, dasselbe als Diorit
zu bezeichnen, nachdem weder Augit noch seine Zersetzungs-Producte
constatirt werden konnten, das Gestein aber von Hornblende und Pla-
gioklas zusammengesetzt ist.
Augit-Minette.
Im Kaiserstollen des Augustschächter Grubenbaues bei Pfibram tritt
ein sehr zähes Gestein auf, das in einer dunkel grünlichgrauen dichten
Grundmasse sehr reich Schuppen und Blättchen von bräunlich- oder
grünlichschwarzem Glimmer porphyrartig ausgeschieden enthält. Eine
genaue Untersuchung frischer Bruchflächen mit der Loupe lässt keinen
weiteren Gemengtheil makroskopisch wahrnehmem, dessgleichen geben
auch angeschliffene und polirte Gesteinsstückchen keinen weiteren Auf-
schluss über die Zusammensetzung der Grundmasse. Der Habitus des
Gesteines gleicht in vieler Hinsicht jenem der bretonischen Kersantone,
von denen es jedoch durch den gänzlichen Mangel des Plagioklases
und durch Anwesenheit von Augit verschieden ist2 3 *) ; letzterer Gemeng-
theil unterscheidet dasselbe von den Minetten, denen es jedoch durch
den Orthoklasgehalt neben dem porphyrisch ausgeschiedenen dunklen
Glimmer nahesteht8) und jedenfalls als eine augithältige Minette-Varietät
aufgefasst werden kann , die man passend mit dem Namen Augit-
Minette bezeichnen könnte.
Die Grauwacke ist im Contacte mit dem genannten Gesteine voll-
kommen dicht und sehr quarzreich; zwischen den mikroskopischen
Quarzkörnchen sind trübe Feldspath-Individuen, Magneteisen-Kryställchen
und Körnchen nebst winzigen Glimmerschüppchen, letztere in deutlich
paralleler Lagerung eingeschlossen; die sämmtlichen Elemente sind
durch ein quarziges Cement zu einer sehr compacten und spröden
Gesteinsmasse verkittet. In grösserer Entfernung vom Gange besitzt
die Grauwacke ihren gewöhnlichen Charakter.
Unter dem Mikroskop löst sich die Grundmasse der Augit-Minette
in ein Gemenge von Augit- und Biotit-Kryställchen, Chloritschüppchen,
Apatit-Nädelchen, Magneteisen-Körnchen und nur selten regelmässig
umgränzten Feldspath auf, letzterer vertritt, wie bei den Minetten fast
allgemein, auch hier die cementirende Grundmasse, die übrigens nicht
‘) Vergl. über die Färbung der Feldspäthe Laspeyre’s Zeitschr. d. deutsch,
geol. Gesellsch. XVI, 1864, 431 und Zirkel ebendort XXIII, 1871, 47.
9) Grimm führt Kersantite aus dem Lill-Schacht und der Drkolnower Grube
an. A. a. 0. 229.
3) Möhl fand Augit als Gemengtheil der Minette von Seifersdorf in Sachsen.
Neues Jahrb. f. Min. etc. 1874, 794.
119)
Die Grünsteine des Pfibramer Erzreviere®.
241
ganz zu fehlen scheint, da wiederholt zwischen den krystalliniseh aus-
geschiedenen Gemengtheilen kleine Partien einer isotropen Glasbasis
beobachtet wurden. Reichlich kommt als secundäres Product Calcit in
kleinen Nestern und Schnürchen in der Gesteinsmasse vertheilt vor.
Der dunkle Glimmer bildet oft hexagonale Täfelchen, von denen
die porphyrisch ausgeschiedenen bis 5mm Durchmesser und lmm Dicke
erreichen; nur die kleinen Kryställchen zeigen eine scharfe Umgren-
zung, die grösseren erweisen sich aus mehreren kleineren, in mehr
oder weniger paralleler Stellung befindlichen Individuen zusammen-
gesetzt. Querschnitte der grösseren Glimmertäfelchen erscheinen daher
selten als Rechtecke, sondern sind an beiden Enden rinnenartig aus-
gezackt. Die meisten Glimmerplättchen besitzen einen sehr dunklen
Rand, der in eine schuppige, grüne Zone von chloritischer Substanz
übergeht und in die feldspathige Grundmasse verschwimmt. x) Von der
letzteren aus ragen sehr zarte Nüdelchen oft bis zur Hälfte in die
dunkle Glimmerzone hinein, oft erfüllen sie dieselbe sogar ganz, wäh-
rend das Innere des Glimmers fast immer von denselben vollkommen
frei zu sein pflegt. Oft enthält der Glimmer mehr oder minder centrisch
einen grünen Kern oder umschliesst eine Partie farbloser Feldspath-
masse, die meist regellos begrenzt, selten nur den Glimmerumrissen
parallel orientirt ist. Die meisten und namentlich die grösseren Glim-
mertäfelchen sind mannigfach geknickt und gewunden, oft zerborsten
und fächerartig aufgeblättert, zwischen die einzelnen Theile ist Feld-
spathmasse eingedrungen und hat dieselben verkittet. Nicht selten ist
das Glimmersäulchen in zwei Theile gespalten, die gegen einander ver-
rückt sind und von einer zarten Spaltlamelle, die sich von einer zur
anderen Hälfte hinzieht, verbunden und durch Feldspath verkittet werden.
Die kleinen Glimmerblättchen, sowie die anderen mikrolithischen Aus-
scheidungen zeigen eine deutliche Fluctuations-Structur.
Nächst dem dunklen Glimmer ist der reichlichste Gemengtheil
Augit; seine Individuen zeigen meist eine regelmässige Begrenzung,
sind in der Richtung der Vertikalaxe stark gestreckt und rissig. Die
Farbe derselben ist eine sehr schwach schmutziggelbliche, der Pleochrois-
mus und Absorption kaum merklich. An der Peripherie und längs der
Sprünge hat den Augit die Umwandlung in eine dunkelgraugrüne, erdige
Masse ergriffen, nie ist aber dieselbe tiefer in das Innere vorgeschritten.
Von Einschlüssen erweist sich der Augit ganz frei.
Die chloritische Substanz gleicht jener in den früher besprochenen
Diabasen, öfter zeigt dieselbe Schüppchen, die meist scharfe sechsseitige
Umrisse zu erkennen geben.
Magneteisen und Apatit, letzterer recht zahlreich und zum Theil
in ansehnlichen Kryställchen, zeigen die gewöhnliche Entwicklung.
Der Feldspath ist nur selten individualisirt wahrgenommen worden,
in der Regel bildet er einen, die früher genannten Gesteinselemente
verbindenden Grundteig.
■) Eine ähnliche Bildung hat Zirkel im Kersanton von Brest beobachtet.
Ber. d. sächs. Gesellsch. d. Wissensch. Math. Phys. Classe. 1875. 202.
32*
242
K. Vrba.
m
In wenigen Fällen ist, namentlich deutlich im polarisirten Lichte,
eine schalenförmige Structur der grösseren Feldspathindividuen beob-
achtet worden ; eine lamellare Zwillings-Zusammensetzung ist in Ueber-
einstimmung mit der chemischen Zerlegung des Gesteines, die fast
kein Natron aufweist, nie wahrgenommen worden, daher man wohl
berechtigt ist, den feldspathigen Gemengtheil lediglich für Orthoklas
zu halten. Die Zersetzung hat den Feldspath fast gar nicht, oder doch
nur unbedeutend ergriffen, indem derselbe fast ganz wasserhell, oder
nur schwach getrübt und gewölkt erscheint, wobei sich Spuren einer
Faserung kenntlich machen.
Calcit lässt sich als reichlicher, zarte Spalten ausfüllender, sekun-
därer Gemengtheil, sowohl unter dem Mikroskope als auch durch
Salzsäure nachweisen, von Quarz, den wir in den früher beschriebenen
Gesteinen stets mit Calcit vergesellschaftet gefunden, ist im vorliegenden
Gesteine nicht eine Spur zu finden.
Das Eigengewicht des Gesteines wurde (mit 2147, l-368, P943
Gramm) übereinstimmend = 2-675 ermittelt; die Analyse, welche ich
Herrn Prof. Th. Morawski verdanke, ergab:
Si02
Al203
Fe203
FeO
CoO
MnO
CaO
MgO
K20
Na20
C02
Ti02
I\0h
h20
44-94
10-77
6-95
6-61
Spur
Spur
9-96
10-39
5-17
0-43
2-47
Spur
0-93
2-68
101-30
Eine annähernde Zusammensetzung des Gesteines würde, in Pro-
centen ausgedrückt, sein: Calcit 5 xl2, Apatit 2, Magneteisen 61/3, Kali-
und Natron-Feldspath 34, Biotit 27, Augit 22, Chlorit 3, ein Ergebniss,
das mit der mikroskopischen Beobachtung gut tibereinstimmt.
II. Ueber die Krystallform des Zinnsteins.
Von Friedrich Kecke.
(Mit 2 Tafeln.)
Die Krystallform des Zinnsteins hat von Hauy bis auf die
Gegenwart zahlreiche Bearbeitungen erfahren. Die aus früherer Zeit
stammenden leiden jedoch an einer leicht erklärlichen Unvollständigkeit,
die jüngeren Arbeiten beziehen sich meist nur auf einzelne Fundorte
und entbehren somit jener umfassenden Allgemeinheit, die nothwendig
ist, um ein vollständiges Bild der Krystallisationsform einer Mineral-
species zu bieten.
Der Hauptzweck des vorliegenden Aufsatzes ist nun, das zerstreut
in der Literatur vorknmmende Materiale zu einem Gesammtbilde zu
vereinigen. An geeigneter Stelle werde ich sodann auch das anführen,
was ich selbst zu beobachten Gelegenheit hatte.
Dass mir nun diese Gelegenheit nicht mangelte, verdanke ich vor
allem meinem verehrten Lehrer, Herrn Director Dr. G. Tschermak,
der mir nicht nur die reichen Schätze des k. k. Hof-Mineralien-Cabinets
zugänglich machte, sondern mich auch bei diesem Erstlingsversuch mit
Rath und That kräftigst unterstützte; sodann Sr. Exc. dem Herrn Staats-
rath Freiherrn v. Braun und dem Herrn Franz Eggerth, die mir in
liberalster Weise die interessanten Zinnsteine ihrer reichen Sammlungen
zum Studium überliessen. Es sei mir gestattet, den genannten Herren
gleich an dieser Stelle meinen aufrichtigsten und ergebensten Dank
abzustatten.
Geschichtliches und Literatur. Die älteren Autoren bis
Levy weichen in der Aufstellung von Miller und den neueren ab.
Bei Hauy,1) Mohs,2) Breithaupt3) erscheint das. was gegenwärtig
als verwendete Pyramide bezeichnet wird, als Grundpyramide, unsere
‘) Hauy, Traite de Mineralogie sec. edition, 1822. IV. etain oxyde.
5) Mohs, Grundriss der Mineralogie. II, pag. 422.
s) Breithaupt, Handb. d. Mineralogie III.
Mineralogische Mitteilungen. 1877. 3. Heft. (Becke.)
244
Friedrich Becke.
[^]
heutige Grundpyramide ist dann eine steilere, verwendete Pyramide,
entsprechend sind auch die Bezeichnungen des Prisma’s erster und
zweiter Ordnung zu vertauschen. Erst bei Levy1) findet man unsere
Grundpyramide mit a 1 bezeichnet und Miller2) hat diese Aufstellung
beibehalten und der ganzen Betrachtungsweise zu Grunde gelegt. Dieser,
wie mir scheint, natürlicheren Aufstellung sind auch alle neueren
Autoren gefolgt.
Miller ist auch der erste, der nebst einer grösseren Zahl von
Einzelformen (12) genauere und umfassendere Messungen veröffent-
lichte.
Der Zeit nach folgen zunächst die Beobachtungen A. Gadolin’s3)
am Zinnstein von Pitkäranta in Finnland, welche von A. E. Norden-
skiöld4) fortgesetzt wurden. Vereinzelte interessante Mittheilungen
findet man in Hessenberg’s Mineralogischen Notizen.5) In Bezug
auf Zwillingsbildung und Beschaffenheit der Oberfläche hat Sadebeck6)
den Zinnstein mehrfach als Beispiel citirt und auf interessante Verhält-
nisse desselben aufmerksam gemacht.
Axenverhältniss, Einzelformen. Miller führt als Grund-
messung den Winkel 101.001 mit 33° 55’2' an7); daraus berechnet
sich für die verticale Axe der Werth:
c = tang 33° 55-2' = 0'67247.
Einen etwas abweichenden Werth fand Norde ns kiöld am
fiunländischen Zinnstein:
c = tang 33° 53-5' = 0'67176.
Ich fand an einem ausgezeichneten Krystall von Graupen der
Combination 110.111. Die Combinationskante dieser Gestalten gleich
46° 26' 40", daraus ergibt sich:
e = tang 33° 54' 50" = 0-67232
also ein Werth, der zwischen den beiden angeführten, aber dem ersteren
viel näher liegt.
Von Einzelformen des Zinnsteins sind bisher folgende 26 beob-
achtet worden :
*) Levy, Atlas zu Description d’une collection de Mineraux. Londres 1838.
T. 71 und 72.
2) Phillips, Elementary introduction in Mineralogy new. edition by Brooke
and Miller. 1852. pag. 231.
3) A. Gadolin in Verhandlungen der k. russ. mineral. Gesellschaft. 1855
bis 1856, pag. 161.
4) A. E. Nordenskiöld in Poggendorff’s Annalen, 101, pag. 637 und
Finnländische Mineralien, 162, 1855; 26, 1863.
5) Hess enb erg, Mineralog. Notizen I, pag. 28 u. VI, pag. 18.
6) Rose-Sadebeck, Krystallographie II.
’) Bei Miller steht (offenbar ein Druckfehler) 35° 55’2'.
[3]
lieber die Krystallform des Zinnsteins.
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246
Friedrich Becke.
[4]
In der vorstehenden Tabelle sind die bis jetzt beobachteten
Flächen mit ihren gebräuchlichen Signaturen, ihren krystallographischen
Zeichen und ihren Winkelelementen, die nach dem Axenverhältniss
c — tang 30° 54' 50“ berechnet sind, zusammengestellt. Es bezeichnet
(p den Winkel, den der die betreffende Fläche mit a (100) verbindende
Bogen am Pole 001 umspannt. L ist die Mittelkante, K die normale,
F die diagonale Polkante. Es sind die halben Winkel angeführt, weil
diese durch die Rechuung erhalten werden und bei weiteren Rechnungen
bequemer sind als die ganzen Winkel.
c (001) findet sich nicht besonders häufig. Regelmässig und domi-
nirend an den finnländischen Krystallen, selten an den böhmischen, da
hier wegen fortgesetzter Zwillingsbildung die Enden selten ausgebildet
sind. (Siehe übrigens den schönen, einfachen Krystall von Schlacken-
wald aus dem Wiener Hof-Mineralien-Cabinet. Fig. 1.)
a (100) gehört zu den gewöhnlichsten Formen; in der Regel sehr
glatt und glänzend, aber meist gegen m an Ausdehnung zurücktretend.
Eine Ausnahme hievon machen die Zwillinge von Graupen.
m (110). Ist immer vorhanden an den säulenförmigen und wenig-
stens in Andeutungen an den flach pyramidalen Gestalten. Meist ge-
streift, gekrümmt, durch Subindividuen unterbrochen.
h (210). Ist sehr häufig; stumpft gewöhnlich mit a die Kanten
von m ab. Scheint am Zinnstein von Pitkäranta zu fehlen.
r (320). Sah ich nur als Begleiter von h, dessen Combinationskaute
mit m dieses Prisma abstumpft. Nach Gadolin tritt es am Zinnstein
von Pitkäranta auch selbstständig auf.
7\ (430). Wird von Gadolin und Nordenskiöld am finnländi-
schen, von Hessenberg am cornischen Zinnstein beschrieben. (Hes-
senberg, Min. Not. VI, pag. 18, gibt dieser Fläche die Signatur k ,
diese muss jedoch der älteren von Gadolin weichen.)
(14, 13, 0). Kommt nach Gadolin am Zinnstein von Pitkä-
ranta vor.
e (101). Ist sehr häufig namentlich an den böhmischen Krystallen;
meist gestreift parallel mit den Kanten zu s (111).
tv (501). Wird von Miller ohne weitere Angabe angeführt.
7i (771) und 5p (551) finden sich nach Gadolin und Nordenskiöld
am Zinnstein von Pitkäranta. Erstere Fläche sah ich auch an schönen
cornischen Krystallen aus der Sammlung von Staatsrath Braun (Fig. 8).
Am selben Krystall findet sich auch die sonst ziemlich seltene Fläche
i (552) die ebenso wie
y (335) für das cornische Nadelzinnerz charakteristisch ist.
s (1 1 1). Kommt wohl an allen Zinnsteinkrystallen vor, manchmal
tritt es sogar selbstständig auf (z. B. an den Krystallen von Penouta
in Galizien).
[5]
Uebei' die Krystallform des Zinnsteins.
247
x (114). Findet sich nur an den Zinnsteinen von Pitkäranta und
vertritt hier bisweilen die Endfläche.
z (321). Ist die häufigste der achtseitigen Pyramiden. Sie beherrscht
die typischen Formen des Nadelzinnerzes, findet sich aber auch an
böhmischen und finnländischen Krystallen.
t (313) tritt seltener auf als die vorige, hauptsächlich an
böhmischen Krystallen; an englischen habe ich diese Fläche nicht
gesehen.
Die Flächen v (21. 14. 18), ux (7. 4. 2), u2 (17. 13.- 6), us (9.
4. 2), u (19. 16. 7), '( (3. 1. 12) wurden bis jetzt nur von Gadolin,
letztere auch von Nordenskiöld am Zinnstein von Pitkäranta nach-
gewiesen.
u liegt in den zwei Zonen zz und srx. ux und % liegen tautozo-
nal mit z und dem nächsten a. u2 endlich liegt in einer Zone mit z
und u. v liegt in der Zone zc, '( bildet mit x eine Zone, die in ihrer
Verlängerung a treffen würde. (Siehe die Projection.)
v (752) wurde bisher noch nicht beobachtet. Ich bestimmte diese
Fläche an kleinen englischen Krystallen, die sich in dem Besitze von
Staatsrath Freih. v. Braun befinden. Sie sind kurz säulenförmig und zeigen
die Combination mhsz. An den Kanten zwischen 2 und in tritt nun die
neue Pyramide als äusserst schmale Fagette auf. Es ist daher auch die aus-
geführte Messung der Kante Z'i ziemlich unsicher, doch stimmt sie
noch am besten mit der angegebenen Formel.
\ (761) wurde von Hessenberg gleichfalls an cornischen Krystallen
aufgefunden und liegt wie v in der Zone z m. (Das von Hessenberg
gewählte Zeichen x musste geändert werden, da es von Gadolin schon
früher für die Pyramide 114 gebraucht worden war.)
Betrachtet man die Vertheilung dieser Flächen auf der Projec-
tion Fig. 9, so fallen zwei Momente besonders auf; die Anhäufung
der zahlreichen achtseitigen Prismen um die Fläche m, und die Gruppe
achtseitiger Pyramiden die z zu ihrem Mittelpunkte hat.
Zu dem ersterem Umstand ist noch zu bemerken, dass Gadolin
ausser den angeführten Prismen noch acht andere bestimmte , die
sämmtlich zwischen 320 und 110 liegen. Ich glaubte dieselben über-
gehen zu dürfen, da sie nach ihres Autoren eigenem Ausspruche „un-
sicher bestimmt“ sind. Kein einziges Prisma ist bekannt, welches sich
der Fläche a mehr näherte als h (210). Die Sache wird dadurch noch
auffallender, dass a in der Regel weit vollkommener ist als die anderen
Prismen, sowie, dass parallel mit a die vollkommenste Spaltbarkeit
herrscht. Fast macht es — um ein Bild zu gebrauchen — den Ein-
druck, als habe man es hier mit den Schichtenköpfen von Spaltungs-
lamellen zu thun. Ebenso auffallend ist die Flächengruppe, die um z
herum liegt. Manche dieser Flächen sind 2 so nahe, dass man sie
gewiss zu den Vicinalflächen zählen würde, wenn sie statt z oder auf z
Mineralogische Mittheilungen. 3. Heft. 1877. (Becke.)
33
248
Friedrich Becke.
[6]
auftreten würden, wie diess z. B. bei den Vicinalflächen der Pyramide
s (111) so gewöhnlich ist; allein sowohl nach den Zeichnungen Gado-
lins als nach meinen Beobachtungen treten sie immer als schmale
Kantenabstumpfungen auf, und öfter räumlich ziemlich getrennt von z.
An zahlreichen Krystallen von böhmischen, sächsischen und engli-
schen Fundorten wurden folgende Messungen und zwar mit einem mit
2 Fernrohren versehenen Reflexionsgoniometer nach Mitscherlich
ausgeführt :
m . s
beobachtet
46° 26' 40"
berechnet
Grundmessung.
a . m
45°
45°
a . h
26° 38'
26° 33' 51"
a . r
33° 42'
33° 41' 24"
m . h
18° 30-7'
18° 26' 9"
e . m
66° 44-5'
66° 45' 51"
a . e
56° 2-5'
56° 5' 10"
a . s
60° 50-9'
60° 50' 27"
s . s
58° 20'
58° 19' 6"
Ueber die Polkante.
h . s
49° 6-6'
49° 10' 46"
s . t
26° 30'
26° 33' 54"
s . z
25° 43'
25° 41' 40"
z . z
20° 53-5'
20° 53' 23"
üeber die diagonale j po|kan(e
Ueber die normale J
z . z
61° 39-5'
61° 41' 47"
Z . V
3° 18'
3° 45' 20"
Zwillingsbildung. Die Zwillingsbildung ist beim Zinnstein so
häufig, dass einfache Krystalle viel seltener sind als Zwillinge. Das
Gesetz ist immer dasselbe: Zwillingsfläche ist eine Fläche der verwen-
deten Pyramide e (101).
Die Hauptaxen bilden hiebei Winkel von 112° 10' 20" und 67°
49' 40".
An Zwillingskrystallen v
beobachtet
berechnet
m . w,
46° 26'
46° 28'
46° 28* 25"
a . «j
67° 48'
67° 51'
67° 49' 40"
S . Si
38° 25'
38° 29' 4"
e.e1
43° 57'
44° 40"
a . e-L
11° 45-5'
11° 44' 30"
m . sx
18° 20'
18° 19' 20"
1
Einspringender Winkel.
Die Zwillinge sind sowohl Appositions- als Penetrationszwillinge.
Die Ausbildung ist je nach dem Typus der Combination eine ziemlich
mannigfaltige. Die besonderen Ausbildungsweisen sind daher bei den
Combinationen besprochen.
Combinationen. Die Combinationen des Zinnsteins leiden an
einer gewissen Eintönigkeit der Flächen, die sie zusammensetzen. Es
m
Ueber die Krystallform des Zinnsteins.
249
ist nur eine geringe Anzahl von häufiger vorkommenden Flächen
(nämlich s, x, e, g, a, m , h , r, c) die mit Ausnahme der Pyramide
x (114), die dem Kassiterit von Pitkäranta eigenthümlich ist, immer
wiederkehren und mehr durch ihr gegenseitiges Grössenverhältniss als
durch ihr Auftreten oder Fehlen den Typus der Combination bestimmen.
Alle anderen Gestalten sind zu selten , als dass sie auf das Aussehen
der Krystalle einen Einfluss nehmen könnten. Man kann im Allgemeinen
3 Haupttypen feststellen :
I. Typus der böhmischen und sächsischen Zinnerze (Zinngraupen,
Visirgraupen). Ziemlich grosse, dicke Krystalle von mässiger Längen-
ausdehnung. In der Prismenzone m (110) in der Endigung s (111) und
c (101) vorherrschend, a (100) und h (210) sind sehr häufig, r (320)
ziemlich selten. Von achtseitigen Pyramiden findet sich g (321) ziem-
lich häufig als Abstumpfung der Kanten s . li, t (313) zwischen s und e,
aber seltener, c (001) tritt wegen fortgesetzter Zwillingsbildung sehr
selten auf. Ueberhaupt der flächenärmste Typus. Fig. 1—5.
Bei diesem Typus sind Zwillinge die herrschende Kegel. Ich habe
einen einzigen grösseren, einfachen Krystall aus den böhmischen Zinn-
lagerstätten gesehen. Es ist der in Fig. 1 abgebildete Krystall von
Schlackenwald im Besitze des Wiener Hof-Mineralien-Cabinetes; und
selbst dieser auch durch das Auftreten der Endfläche ausgezeichnete
Krystall zeigt an den beiden oberen Ecken, so wie an der Prismen-
fläche deutliche Spuren , dass Zwillingslamellen seine Masse durch-
setzen.
Die regelmässigste Form, in der die Zinnsteine aus dem Erz-
gebirge auftreten, ist die, bei welcher beide Individuen mit ihren freien
Enden aufgewachsen, die verwachsenen aufwärts gekehrt sind. An dieser
Stelle bilden die Pyramidenflächen s (111) und e (101) einspringende Win-
kel, die den Krystallen den Namen Visirgraupen eingetragen haben. Dieses
Visir ist oft einseitig ausgebildet, so dass die Flächen e und s des
einen Individuums unmittelbar mit a und in des zweiten Zusammen-
treffen. (Fig. 3.) Diess kommt besonders häufig bei den Krystallen von
Graupen vor, wo a und e über m und s das Uebergewicht erlangen.
Hier tritt das Visir öfter ganz zurück und es entstehen dann kurze
quergestreckte Säulen. Seltener verschwindet das Visir vollständig bei
vorherrschendem Prisma in, wodurch dann Gestalten entstehen, ähnlich
den Speerkiesen des Markasits.
Nicht immer sind blos zwei Individuen nach dem Zwillingsgesetz
verbunden, ja mehrfache Zwillinge sind sogar die Regel. Meist wieder-
holt sich die Zwillingsbildung in einer Ebene; dann entstehen stern-
förmige Aggregate, die bis zu fünf Individuen umfassen könnten; da
jedoch die Krystalle immer aufgewachsen sind, so gelangen meist nur
drei zur Ausbildung. Oft wiederholt sich die Zwillingsbildung auf jeder
Fläche der Pyramide c (101) eines grösseren Krystalls, so dass neun
oder genauer fünf Individuen einen solchen Zwillingskrystall bilden,
da zu jedem der vier oberen Individuen ein unteres parallel steht.
Hesse nberg hat einen derartigen Krystall als Z Wölfling abgebildet
33*
250
Friedrich Becke,
[8]
und beschrieben (Min. Not. VI., S. 18). Oft sitzen auch noch mehr
Individuen oder besser gesagt selbstständig ausgebildete Partieen eines
Individuums auf den Flächen der Pyramide e auf, so dass nun ganze
Reihen von einspringenden Winkeln auf einer Fläche zu sehen sind;
dadurch dass jedes dieser kleineren Individuen selbst wieder seine
Zwillingsparasiten trägt, wenn dieser Ausdruck erlaubt ist, entstehen
oft recht wirre und complicirte Gestalten. Uebrigens finden sich solche
vielfach combinirte Zwillingsbildungen nur an solchen Krystallen, welche
deutliche Spuren einer gestörten Bildung zeigen, oder deren Masse von
anderen Substanzen unterbrochen wird. Ein dritter Fall der wieder-
holten Zwillingsbildung ist endlich der, dass bei reihenförmiger Anlage-
rung der Einzelkrystalle die Ebene, welche die Hauptaxe beider Zwil-
lings-Individuen enthält, von Fall zu Fall ganz unregelmässig wechselt.
Es kommen hiedurch oft sehr complicirte Gestalten zum Vorschein, die
aber bei dem gänzlichen Mangel jeder weiteren Gesetzmässigkeit kein
Interesse haben.
Zu dem eben beschriebenen Typus gehören ausser den böhmischen
und sächsischen Zinnsteinen die Zinnerze von Gallicien in Spanien (hier
auch sehr flache Krystalle, die fast blos s zeigen), die sibirischen von Ner-
tschinsk, dann alles was ich von Zinnsteinen aus Peru und Quito sah.
Auch manche englische Zinnsteine müssen hieher gerechnet werden,
doch verrathen sich diese gewöhnlich durch die Ausbildung deutlicher
Endigungen, wodurch sie sich an den 2. Typus anlehnen, andererseits
erinnern sie durch das häufigere Auftreten der Endfläche c an die
Krystalle von Pitkäranta und bilden so ein Mittelglied, das Uebergänge
in alle drei Haupttypen aufweist.
II. Der eigentliche Typus der englischen Zinnerze ist indess der
des Nadelzinnerzes, der in seiner ausgeprägten Form durch iangsäulen-
förmige, einfache Krystalle mit freier Endigung charakterisirt ist. Die
Spitze wird meist durch die Combinationen sz, se , sez gebildet, doch
finden sich auch andere Pyramiden als: i (552), y (335), v\ (771),
\ (761), v (752), sowie die Endfläche c. Unter den Prismen, die
indess bei diesen Krystallen auffallend unvollkommen und gestreift sind,
ist a (100) seltener als bei den vorigen, h und r finden sich ziemlich
häufig, rx (430) fand Hessenberg. (Fig. 6, 7, 8.)
Hierher gehören die schönen Krystalle von Cornwallis, die indi-
schen von Malacca und Banca, ferner auch Krystalle von Potosi. Eigen-
thümlich sind die einfachen Krystalle von einem anderen Fundorte in
Bolivia, die ich an einer Stufe sah, die sich im Besitze des Herrn
Staatsrathes Freih. v. Braun befindet. Es sind einfache Krystalle von
der Combination ms von Säulenform, die aber von ähnlichen englischen
Formen dadurch abweichen, dass sie mit liegender Hauptaxe aufge-
wachsen sind.
Zum Typus des Nadelzinnerzes gehören auch jene strahligen
und radialfaserigen, mikrokrystallinischen Vorkommnisse, welche unter
dem Namen Holzzinnerz, Cornischzinnerz bekannt sind. Gewöhnlich
bekommt man von dieser Varietät nur aus ihrem Muttergestein
herausgelöste, abgerollte Stücke zu sehen, die freilich von einer
[9]
lieber die Krystallform des Zinnsteins.
251
Krystallform nichts mehr erkennen lassen. Im Wiener Hof-Minera-
lien-Cabinet befindet sich indessen eine ausgezeichnete Stufe, welche
die Untersuchung dieser Varietät an ihrer ursprünglichen Lager-
stätte erlaubte. Makroskopisch bemerkt man in einer körnigen Quarz-
masse zahllose, radialfaserige Kugeln und Kugel-Aggregate, die einen
dunklen Kern und einen lichten, seidenglänzenden Hof zeigten. Im Dünn-
schliff (s. Fig. 12 au. b) erscheinen diese Kugeln aus strahlenförmig gestell-
ten Nadeln zusammengesetzt, die in der umgebenden Quarzmasse prachtvoll
auskrystallisirt sind. Der Durchmesser der Nadeln variirt von 1h50mm bis
etwa 1/eomm • Wo sie der Quere nach getroffen sind, zeigen sie vier-
seitige Umrisse, wenn sie horizontal liegen, eine pyramidale Endigung.
Jede Nadel ist gegen die Spitze heller gefärbt als gegen das dunkelbraune
Centrum. Manche der Kugeln zeigen eine undeutlich concentrisch-schalige
Zusammensetzung, indem dunkler und heller gefärbte Ringe abwechseln.
Die Krystallkugeln liegen in einer grosskörnigen Quarzmasse; die ein-
zelnen Quarzindividuen lassen sich im polarisirten Lichte bis tief zwi-
schen die Nadeln hinein als gleichförmig gefärbten Grund verfolgen.
Gegen das Centrum berühren sich die Nadeln und sind zu einer com-
pacten strahligen Masse verbunden, die blos aus Zinnerz besteht. Wo
eine Kugel über oder unter ihrem grössten Querschnitt getroffen wurde,
erscheint das Centrum körnig und ist in Folge des lockeren Zusam-
menhanges häufig ausgefallen. Ausserdem kommen hin und wieder
grössere Körner von Zinnerz vor, die braun, sehr schwach dichroitisch
und von unregelmässigen Sprüngen durchzogen sind. Dann finden sich
kleine Krystalle und strahlig-faserige Aggregate eines grünlichen Mine-
rals, das sehr stark dichroitisch ist und hie und da Spuren von mono-
klinen Umrissen zeigt; wahrscheinlich ist es Hornblende.
An einigen stärkeren Nadeln wurde eine Messung der Kante
zwischen der auftretenden Pyramide und dem Prisma versucht. Es
musste dabei berücksichtigt werden, dass die Hauptaxe der Nadel
möglichst horizontal liege, dann, dass die zu messende Kante senkrecht
sei auf der Bildebene. Es zeigte sich, dass nur zwei stärkere Krystalle
diesen Forderungen ziemlich annähernd entsprechen. An diesen wurde
für die Combinationskante zwischen Pyramide und Prisma gefunden:
I.
47-1°
II.
47-8°
Der Winkel zwischen m und s wurde an anderen Krystallen ge-
messen mit 46° 26' 40". Die Abweichung beträgt somit bei I. 39',
bei II. 81'. Diess sind aber Fehler, die sich bei der Schwierigkeit, mit
welcher sich die Fäden des Fadenkreuz- Goniometers auf sehr kurze
Kanten einstellen lassen, wohl noch erklären lassen.
Jedenfalls hat das Holzzinnerz dieselbe oder doch nahezu dieselbe
Krystallform, wie das gewöhnliche Zinnerz, und die Radialfasern des-
selben zeigen, wenn sie frei auskrystallisiren können, einfache Combi-
nationen, die dem Typus des Nadelzinnerzes angehören.
252
Friedrich Becke.
[10]
Auch die bekannten Pseudomorphosen von Kassiterit nach Ortho-
klas sind in den cornischen Stücken zu diesem Typus zu zählen.
Wenigstens vermochte ich bei einigen Exemplaren mit Hilfe der Loupe
die langsäulenförmige Gestalt der einzelnen Individuen zu erkennen.
Uebrigens beobachtete ich derartige Gebilde noch eingewachsen in das
Muttergestein auch an einer Stufe von Zinnwald, nur waren die ein-
zelnen Individuen grösser und lockerer mit einander verbunden, als in
den cornischen Pseudomorphosen, sonst von rundlichem Umriss ohne
erkennbare Krystallgestalt. In beiden Fällen wird übrigens der Raum,
den früher der Orthoklas einnahm, von einem Gemenge von Zinnstein-
körnern und Quarzkörnern ausgefüllt.
Zwillinge sind bei diesem Typus viel seltener als beim vorigen und
unterscheiden sich von den böhmischen und sächsischen Visirgraupen
auch durch die Stellung. Das Knie, das nämlich bei diesen frei und
durch das Auftreten des einspringenden Winkels ausgezeichnet ist, ist
bei den englischen Zwillingen aufgewachsen, die Spitzen der Krystalle
ragen frei unter einem stumpfen Winkel von der Unterlage empor.
(S. Fig. 8.) Auch Penetrationszwillinge von der Form Fig. 6 kommen
vor. Kur das eine Individuum ist über die Zwillingsgränze hinausge-
wachsen, das andere als eingeschaltete Zwillingslamelle ausgebildet.
Mehrfache Zwillinge kommen nicht vor. Merkwürdig ist es auch, dass
die Zwillingsbildung auf jene Fälle beschränkt scheint, wo die Fläche
s (111) über 2 (321) entschiedenes Uebergewiclit hat. Zwillinge von
Krystallen wie Fig. 7 sah ich nicht, einen einzigen Fall ausgenommen.
Dieser betrifft eine interessante Stufe aus der Sammlung des Herrn
Eggerth. Bei oberflächlicher Betrachtung bemerkt man zahllose
spiessige Krystalle die beiläufig dieselbe Combination zeigen wie Fig. 7,
nur tritt z noch mehr hervor. Sieht man genauer zu, so bemerkt man
bald, dass je eine Anzahl von Krystallen parallel stehen und zu einem
Krystallstock verwachsen sind; ja noch mehr: je zwei dieser Krystall-
stoeke stehen gegeneinander in Zwillingsstellung in der Weise, wie es
bei den cornischen Zwillingen gewöhnlich ist; das Knie nach abwärts,
die Spitzen des als Individuum gedachten Krystallstockes nach aufwärts
gekehrt. Ich kann mir diese sonderbare Erscheinung nur so erklären,
dass ursprünglich zwei Krystalle in Zwillingsstellung gebildet wurden;
später müssen dann Verhältnisse eingetreten sein, welche bewirkten,
dass die Ausbildung des Zwillings unterblieb, dafür wuchs jedes Indi-
viduum in zahlreiche selbstständige Spitzen aus, die eine Form zeigen,
die wir an Zwilliugskrystallen nicht gewohnt sind.
Der III. Typus ist durch das Vorherrsehen der Endfläche c und des
achtseitigen Prisma’s r (320) ausgezeichnet. (S. Fig. 10.) Nebst c treten an
der Endigung auf: s (111), x (114), 2 (321); anschliessend an z eine
grosse Reihe achtseitiger Pyramiden. Obzwar dieser Typus, der durch
die von A. E. Nordens kiöld und A. Gadolin beschriebenen
Krystalle von Pitkäranta in Finnland repräsentirt wird, der tlächen-
reichste von allen ist, scheinen ihm doch mehrere Flächen des corni-
schen Zinnsteins zu fehlen. Die Pyramiden y (335), w (501), v (752),
c(761); merkwürdigerweise auch das sonst so häufige Prisma h (210).
[11]
Heber die Krj'stallform des Zinnsteins.
253
Zwillinge sind bei diesem Typus sehr selten. Wenn sie auftreten,
haben sie stets die Form, dass an einem grösserem Individuum seitlich
ein kleineres ansitzt, eine Ausbildungsweise, die man hie und da auch
an englischen Krystallen sehen kann.
Vielleicht ist es mehr als ein blosser Zufall, dass gerade bei
jenem Typus, bei welchem die Zone s e, die die Zwillingsfläche ent-
hält, am stärksten hervortritt und fast ausschliesslich die Endigungen
beherrscht, dass gerade bei diesem Typus die Zwillinge so häufig sind,
während sie bei anderen Krystallen , bei denen diese Zone anderen
Flächen, namentlich der Pyramide z (321) und der Endfläche c Platz
macht, so selten sind.
Spaltbarkeit. Die Spaltbarkeit des Zinnsteins ist eine ziemlich
unvollkommene; doch sind mehrere Spaltungsrichtungen vorhanden. Am
deutlichsten ist die parallel dem verwendeten Prisma a (100); eine
zweite minder vollkommene entspricht der Pyramide s (111). Auch
parallel der Fläche m (110) erhielt ich Spaltungsflächen, doch wäre es
nicht unmöglich, dass dies nur eine Folge des eminent schichtenförmi-
gen Baues, also eine Art lamellarer Absonderung sei. Parallel zu
e (101), in welcher Richtung gleichfalls eine Spaltbarkeit angegeben wird,
erhielt ich keine Spaltflächen; möglich übrigens, dass sie in Spuren
vorkommt, da der Grad der Spaltbarkeit beim Zinnstein überhaupt ein
sehr variabler ist. Es erübrigt noch auf einen eigenthümlichen Zusam-
menhang zwischen der Spaltbarkeit und der Oberflächen-Beschaffenheit
des Zinnsteines hinzuweisen. Es zeigt sich nämlich, dass diejenigen
Flächen, die in der Richtung eines Blätterdurchganges liegen, stets
viel glatter und glänzender sind, als andere Flächen derselben Zone.
So ist in der Prismenzone a (100) stets viel vollkommener als m
(110). In der Zone s e ist s zwar häufig durch Subindividuen und
Vicinalflächen unterbrochen, doch sind diejenigen Flächenstückchen,
welche wirklich die Fläche s zeigen, stets stark glänzend , während e
immer matter ist, ja häufig so stark gestreift ist, dass es oft kaum
einen Schimmer zeigt.
Nicht immer sind die Krystalle des Zinnsteins so vollkommen,
dass sie der Theorie genau entsprechen. Häufig finden sich an den
Flächen, namentlich an gewissen Flächen Unvollkommenheiten, Abwei-
chungen, die sich dann auch im Resultate der Messung manifestiren.
Diese Abweichungen lassen sich in zwei Kategorien bringen: Entweder
sind statt der normalen Fläche oder auch neben derselben andere
Krystallflächen vorhanden, deren Indices nur wenig von denen der
normalen Fläche sich unterscheiden (Vicinalflächen nach Websky in
Verhandlungen der deutschen geologischen Gesellschaft Bd. XV,
p. 677); oder zweitens es sind Störungen der Structur vorhanden, die
sich dann auch an der Oberfläche in einer entsprechenden Abweichung
der Flächen von der normalen Lage offenbaren.
Was nun die Vicinalflächen des Zinnsteins betrifft, so sind die-
selben sehr häufig zu beobachten, namentlich an der Grundpyramide s
und dem zugehörigen Prisma in. An den Flächen e (101) und a (100)
254
Friedrich Becke.
[12]
fehlen sie gänzlich. Sie sind gewöhnlich von einer jede Messung illuso-
risch machenden Krümmung begleitet und verrathen sich häufig, wenn
sie auch nicht deutlich ausgebildet erscheinen, durch eine Streifung auf
der zugehörigen Normalfläche.
Besonders zahlreich treten sie an der Fläche m auf; sie liegen
hier hauptsächlich in der Zone parallel der Hauptaxe. Eine stetige
Krümmung, oft auch durch oscillatorische Combination unterbrochen,
verbindet oft das Prisma 110 mit 210. Dazwischen liegen alle mögli-
chen Prismen, von denen nur 320 und vielleicht auch 430 eine gewisse
Selbstständigkeit behaupten. Gadolin gibt zwischen r (320) und
m (110) nicht weniger als 11 verschiedene Prismen an, die offenbar
in die Kategorie der Vicinalflächen gehören, dagegen kein einziges
zwischen r (320) und a (100). An den böhmischen und englischen
Zinnsteinen ist die Zone bis h (210) entwickelt, hier aber durch eine
stets scharfe Grenze von a (100) geschieden.
Seltener bemerkt man an m schief gestellte, schmale und hohe
Dreiecke, die auf sehr steile achtseitige Pyramiden hinweisen.
Interessanter und mannigfaltiger gestalten sich die Verhältnisse
auf der Fläche s (111). Hier liegen die Vicinalflächen nach 3 Zonen
orientirt ; die erste Zone s . c umfasst lauter stumpfere tetragonale
Pyramiden, deren allgemeines Zeichen somit h h l ist, wobei l>h.
Sie ist am seltensten ausgebildet und oft nur durch eine schwach
markirte Streifung angedeutet (S. den einfachen Krystall von Schlacken-
wald Fig. 1). Eine zweite Zone führt zur Fläche e (101) hinüber. Sie
ist die häufigste von allen, eine ihr entsprechende Streifung ist fast
immer vorhanden , eine Krümmung der Fläche s in diesem Sinne
gehört namentlich bei den grossen Visirgraupen zu den gewöhnlichsten
Erscheinungen. Das allgemeine Zeichen der in dieser Zone liegenden
Vicinalflächen ist JilcJi, h^> Je.
Eine 3. Reihe von Vicinalflächen liegt unterhalb der vorigen ;
sie würde eine Zone bilden mit der Fläche m des benachbarten Qua-
dranten. Diese Flächen, welche wie die vorigen achtseitige Pyramiden
sind, erscheinen namentlich bei grösseren englischen Zwillingskrystallen
des 1. Typus oft sehr schön und wie ächte Krystallflächen ausgebildet;
nur der geringe Neigungswinkel gegen s und die Krümmung der Flächen
verräth ihren wahren Charakter.
Dass derartige Vicinalflächen einen störenden Einfluss auf die
Messung haben können, liegt auf der Hand; einmal dadurch, dass
mehrere Reflexionen erzeugt werden, wenn die Vicinalflächen neben
der Normalfläche auftreten. Noch schlimmer ist es aber, wenn die
Normalfläche ganz verschwindet und an ihrer Stelle eine der Vicinal-
flächen vorwaltet, wie diess namentlich im „Visir“ an der Grund-
pyramide s nicht selten vorkommt. Ein sonst sehr regelmässiger Kry-
stall von Schlackenwald der Combination a m s t e zeigte an den
Flächen des Visirs folgende Abmessungen:
[13]
Ueber die Krystallform des Zinnsteins.
255
a . s
59° 45' 30"
statt 60° 50' 27"
Differenz
1° 4'
57"
s . s1
57° 50' 30"
„ 58° 19' 6"
7)
- —
28'
s . e
29° 43'
„ 29° 9' 33"
91
+
32'
Aus diesen Messungen ergiebt sich, dass statt s eine
Fläche
aus-
gebildet
war, welche
um mehr als einen
Grad näher
an
a lag,
also
eine Vicinalfläche der 3. Zone. In Folge dessen war auch die Fläche
e um ein bedeutendes aus der Zone s . sx nach oben gerückt.
Subindividuen. Eine Erscheinung, die mit den Vicinalflächen
oft zugleich vorkommt, ist das Auftreten von Subiudividuen, d. i. kleiner
mehr oder weniger individualisirter Partien eines grösseren Krystalls,
des Hauptindividuums. (Rose-Sadebeck, Krystallographie II.). Derartige
Subindividuen finden sich gleichfalls am häufigsten auf s und in% dann
auf c. Auf e und a treten derartige Partien nicht auf.
Auf der Grundpyramide erscheinen sie in der Form gleichschenk-
liger Dreiecke, die entweder der Pyramidenfläche s ähnlich oder steiler
sind, je nachdem als seitliche Begränzung e oder eine Vicinalfläche der
Zone s . e oder aber eine Vicinalfläche der 3. Zone auftritt. An der
gegen c (001) gerichteten Spitze des Dreieckes findet man bisweilen
eine Vicinalfläche der 1. Reihe als Begrenzung des halberhabenen
Dreieckes. An grossen Ivrystallen sind diese Subindividuen oft mehrere
Millimeter dick, namentlich wenn e oder gar eine der benachbarten
Pyramidenflächen s als seitliche Begränzung auftritt; oft ist aber auch
nur eine wenig erhabene Damascirung aus lauter kleinen Dreieckchen
bestehend wahrzunehmen. Im Allgemeinen tritt die Erscheinung häufiger
bei stark entwickelten Pyramidenflächen und flachen Krystallen auf,
als bei lang-säulenförmigen. Sie ist daher eine Specialität des ersten
Combinationstypus und charakteristisch für die böhmischen und sächsi-
schen Zinnsteine.
Auf der Fläche in treten Subindividuen weniger häufig auf als
auf s. Die einzelnen Subindividuen zeigen seitliche Begränzungen, die
der Fläche h (210) angehören, wenn sie schön ausgebildet sind. Dann
kann man sehen, wie die seitliche Begränzung der äussersten am
Rande liegenden Subindividuen zusammenfällt mit der Fläche h des
Hauptindividuums. Sonst treten auch gekrümmte Flächen auf, die in
den Bereich der oben erwähnten Vicinalflächen der Prismenzone gehö-
ren. Oben und unten findet man bei regelmässiger Entwickelung eine
Pyramide, die gegen in nahezu gleich stark geneigt ist wie ~h\ denn
die oft recht deutlich erkennbare Kante zwischen der seitlichen und
oberen Begränzung fällt mit den als Quadrat gedachten Stückchen der
Fläche in ungefähr in eine Richtung; diess entspricht somit der Pyra-
mide i (552). mi beträgt 22° 49' mli 18° 26'. Indess sind die Subindi-
viduen selten so scharf begränzt, wie diess z. B. die Zeichnung
Sadebecks zeigt; gewöhnlich sind die Umrisse mehr oder weniger
unbestimmt und verwaschen. Auch diese Subindividuen finden sich fast
ausschliesslich an den böhmischen Visirgraupen. (S. Fig. 2.)
Auch auf der Fläche c (001) finden sich Subindividuen und zwar
von ziemlich verschiedener Form, je nach dem Fundorte. So beschreibt
Mineralogische Mittheilungen. 1877. 3. Heft. (Becke.) 34
256
Friedrich Becke.
[14]
schon Miller eine drüsige Beschaffenheit der Fläche c mit einem
Lichtschimmer in der Richtung von e (101). Ich habe dieselbe Beob-
achtung an mehreren Stufen aus Cornwall gemacht. Eine ähnliche
Erscheinung beschreibt Gadolin am Zinnstein von Pitkäranta; jedoch
gibt er als seitliche Begrenzung der herausstehenden Spitzen die acht-
seitige Pyramide z (321) an.
An den böhmischen Zinnerz-Krystallen kommt die Fläche c in
Folge der vorherrschenden Zwillingsbilduug selten zum Vorschein; doch
zeigt der mehrfach erwähnte, einfache Krystall von Schlackenwald auf
der hier ausnahmsweise ausgebildeten Endfläche ein sehr interessantes
Vorkommen von Subindividuen. Die ganze Fläche erscheint nämlich
aus viereckigen Flächenstückchen zusammengesetzt, die — im Gegen-
satz zur Begrenzung der Endfläche durch die Combinationskanten mit
c (101) — an den Seiten durch schmale Fagetten der Grundpyramide
a (111) begrenzt sind. (S. Fig. 1&.) Diese Subindividuen sind in zwei-
facher Hinsicht interessant. Erstens ist dieses Vorkommen ein weiterer
Hinweis auf das Verhältniss der Flächen s (111) und e (101) des
Zinnsteins. Es zeigt sich nämlich, dass in allen jenen Fällen, wo un-
günstige Verhältnisse oder irgend welche Störungen das regelmässige
YVachsthuni der Krystalle hinderten, zwar immer die Fläche s, nicht
aber e auftritt. So zeigen die oben besprochenen Krystalle des Holz-
zinnerzes keine Spur von e, wohl aber ganz gut entwickelte Flächen
von s. Die Subindividuen auf der Endfläche des einfachen Sehlacken-
walder Krystalles sind seitlich von s, nicht von e begrenzt, wie die
Endfläche des Hauptindividuums. Es ist hier der Ort, auf jene so häufig
bemerkbare Streifung der Fläche e aufmerksam zu machen, welche
ihre Entstehung der oscillirenden Combination der benachbarten Pyra-
midenflächen verdankt. Es ergibt sich hieraus, dass die Zone m s c
eine tektonische Hauptzone des Zinnsteins ist.
Man kann ganz deutlich das Entstehen der Fläche e durch das
Zusammenrücken der Rinnen, welche oft die Flächen s bilden, beob-
achten von dem einen Extrem, wo an Stelle der Fläche e eine einzige
grosse Rinne vorhanden ist und der Krystall oben in zwei getrennte
Spitzen auskrystallisirt ist (s. den Krystall von Penouta in Gallicien,
Fig. 4) bis zum anderen Extrem, wo die Rinnen gar nicht mehr wahr-
genommen werden und sich nur in dem schwächeren Glanze der
Reflexion verrathen. Es ist diess ein ganz ähnliches Verhältniss, wie
zwischen dem Oktaeder und Rhombendodekaeder des Magnetits, und
daher hatte Miller vollständig recht, wenn er abweichend von den
älteren die Pyramide s zur Grundpyramide, e zur zugehörigen, verwen-
deten Pyramide machte.
Ein zweiter Umstand, der Beachtung verdient, ist der, dass die
Subindividuen genau den Symmetrie-Verhältnissen eines holoedrisch tetra-
gonalen Krystalls folgen. An ihnen müsste sich jede Spur einer Hemie-
drie, ähnlich wie bei den Aetzfiguren verrathen. Da diess nicht der
Fall ist, müssen wir den Zinnstein als ein holoedrisch tetragonales
Mineral betrachten, wie diess auch schon die Ausbildungsweise seiner
Combinatiouen verlangt.
[15]
lieber die Krystallform des Ziimsteins.
257
Eine zweite Art von Abweichungen in der Lage der Krystall-
fiächen hat ihren Grund in Störungen der Structur. Auch diese Ab-
weichung spielt beim Zinnsteine eine Rolle. Wenn man eine Platte
aus einem Kassiteritkrystall herausschneidet, senkrecht auf die Haupt-
axe, so fällt zuerst der eminent schichtenförmige Bau der Krystalle auf.
(S. Fig. 11.) Diese Schichtung zeigt sich nicht nur bei den grossen böhmi-
schen Krystallen, sondern auch bei den haarfeinen Krystallen des Holzzinn-
erzes. Auch bei diesen lässt sich, wo eine Nadel im Dünnschliff senk-
recht durchschnitten wurde, ein dunklerer Kern und ein hellerer Saum
unterscheiden. Die äusseren Schichten sind überhaupt immer lichter
gefärbt als die inneren, was auf eine allmälige, jedoch nicht stetige
Abnahme des Gehaltes der Lösung an färbenden Bestandteilen hin-
weist, aus der sich der Krystall bildete.
Den regelmässigen, schichtenförmigen Bau durchsetzen nun Zwil-
lingslamellen von scharfem, aber unregelmässigem Umriss (a, b). Sie ver-
raten sich durch die anders gerichtete Schichtung, welche die Schichten
des Hauptindividuums unter einem Winkel von 45° durchschneidet, durch
die dunklere Färbung die dadurch zu Stande kommt, dass bei einiger
Dicke der Platte, in Folge des schiefen Neigungswinkels der Schichten
gegen die Ebene der Platte mehrere dunkle Schichten übereinander
liegen, und die helleren, dazwischen liegenden, sich nicht geltend machen
können, während man bei den senkrecht getroffenen Schichten des
Hauptindividuums jede Schichte in senkrechter Richtung erblickt, so
dass die helleren von den dunklen unbedeckt zum Vorschein kommen.
Endlich zeigen die senkrecht durchschnittenen Partieen des Hauptindivi-
duums im polar isirten Licht das schwarze Kreuz, die schief getroffenen
Zwillingslamellen nicht. Diese Lamellen befinden sich nicht sämmtlich
in einer Stellung und man kann einzelne beobachten, die äusserlich an
dem Krystall gar nicht zu sehen waren.
Die zwischen diesen Zwillingslamellen eingekeilten Partieen des
Grundindividuums zeigen nur an manchen Stellen eine ziemlich bedeu-
tende Abweichung von der herrschenden Schichtung des Hauptindivi-
duums (c). Diese Abweichung beträgt einige Grade und gehört wirklich
Partieen des Hauptindividuums an, denn dieselben zeigen gleichfalls
das schwarze Kreuz. So lange nun solche Partieen, von parallel ge-
schichteten nicht bedeckt, die Oberfläche erreichten, musste sich diese
Structurstörung auch an der Oberfläche an der Fläche m (110) zeigen.
In diesem Falle hat man es also mit einer Abweichung von der nor-
malen Lage einer Fläche zu thun, die in einer Störung der inneren
Structur ihren Grund hat, also eine Erscheinung, auf welche W e b s k y
a. a. 0. den von Sacchi vorgeschlagenen Ausdruck Polyedrie be-
schränkt wissen will. Das störende Moment ist in unserem Falle die
Unterbrechung des Zusammenhanges durch eingeschobene Zwillings-
lamellen.
Diese Störuug der Structur fällt so ziemlich mit dem zusammen,
was Sadebeck mit dem Ausdrucke Hypoparallelismus bezeichnet, nur geht
Sadebeck von den Subindividuen aus, denen er die Fähigkeit zu-
schreibt, ihre Stellung durch eine Drehung entweder um eine Axe
34*
258
Friedrich Becke.
[16]
(partieller H.) oder um zwei auf einander senkrechte Axen (totaler H.)
innerhalb gewisser Gränzen ändern zu können. Unser Fall wäre von
diesem Gesichtspunkte aus ein Beispiel von partiellem Hypopa-
rallelismus, wobei Drehungsaxe die Hauptaxe ist.
Manche Unregelmässigkeit der Oberfläche namentlich in der
Prismenzone dürfte wohl durch derartige Structurstörungen hervorge-
rufen werden, und es wird gewiss das Vorhandensein von Zwillings-
lamellen nicht die einzige Ursache sein. Es ist aber schwer zu sagen, ob
eine bestimmte Abweichung durch Vicinalflächen oder durch irgend-
welche Störung der Structur hervorgerufen sei; hier kann dann nur
die Untersuchung einer senkrecht auf die Hauptaxe geschnittenen
Platte Aufschluss geben.
Eingeschaltete Zwillingslamellen rufen auch andere Erscheinungen
an der Oberfläche der Krystalle hervor. Hieher gehört die schiefe
Streifung auf der Fläche m (110), die auch der mehrfach erwähnte
einfache Krystall von Schlackenwald zeigt. Die Streifung ist aber
manchmal viel dichter und oft nach zwei sich kreuzenden Pachtungen
aber immer entsprechend dem Zwillingsgesetz ausgebildet. Eingescho-
bene Zwillingslamellen sind es auch, die eine eigenthümliche Zeichnung
am Prisma m (110) hervorrufen, dort wo es an der Zwillingsgrenze
unter einem einspringenden Winkel mit der Fläche e (101) des anderen
Individuums zusammentrifft, und von der Fig. 3 b ein Bild gibt. Die
kleinen scharf begrenzten aus der Fläche herausstehenden Dreieckchen
gehören offenbar dem Grundprisma kleiner Individuen an, die sich zu
der anstossenden Fläche e des unteren Individuums in Zwillingsstellung
befinden. Man könnte diese Erscheinung auch als einen besonderen,
durch das Zwillingsgesetz hervorgerufenen Fall von Hypoparallelismus
auffassen, wenn man die kleinen Partien als Subindividuen des oberen
Krystalls auffasst, die durch die Nachbarschaft des unteren Individuums
veranlasst, sich nicht in paralleler Stellung zu ihrem Hauptindividuum,
sondern in Zwillingsstellung zur nächsten Fläche e (101) des unteren
Zwillingsindividuums ansetzten.
Ueberhaupt scheint die Nachbarschaft der Zwillingsgränze auf
alle derartigen Unregelmässigkeiten Einfluss zu nehmen. Wir haben
oben gesehen, wie im „Visir“ anstatt der Fläche s (111) eine Vicinal-
fläche auftrat, die eine Verflachung des einspringenden Winkels veranlasste.
Auch alle Streifungen treten in der Nähe der Zwillingsgränze viel
deutlicher hervor ; so namentlich die parallele Streifung auf der Fläche
e (101), wenn sie im Visir auftritt. Die einzelnen Riefen der beiden
Flächen, die hier in einem einspringenden Winkel Zusammentreffen,
scheinen sich gegen die Zwillingsgränze hin zu erhöhen, und treffen
unter einem stumpferen Winkel zusammen, als es die Flächen eigent-
lich sollten. Sadebeck hat auf ähnliche Erscheinungen an anderen
Mineralien aufmerksam gemacht, die auf ein stärkeres Wachsthum
längs der Zwillingsgränze hinzuweisen scheinen.
Die optischen Eigenschaften des Zinnsteins scheinen seit
Brewster nicht untersucht worden zu sein; wenigstens beruft sich
|T7]
Ueber die Krystallform des Zinnsteins.
259
Des Cloizeaux (Annales des Mines 1857 p. 300), der den Zinnstein
unter den einaxigen und positiven Stoffen aufführt, auf Brewster. Es
wurde zur Untersuchung der optischen Eigenschaften ein Querschnitt
senkrecht auf die Hauptaxe des einen Individuums eines Zwillings-
kry stalls von Schlacken wähl benüt zt, dessen eingeschaltete Zwillings-
lamellen auch eine Untersuchung auf Dichroismus gestatteten.
Im Polarisationsmikroskop zeigte sich in weissem Lichte ein
dunkles verwaschenes Kreuz, jedoch ohne eine Andeutung von farbigen
Ringen, obzwar die Platte immerhin 1 mm dick war. Durch Anwendung
eines zweiaxigen Glimmerplättchens wurde dasselbe in zwei Hyperbeln
aufgelöst, deren grosse Axe senkrecht steht auf dem optischen Haupt-
schnitt des Glimmerplättchens. Der Zinnstein ist somit einaxig und
positiv.
Die Zwillingslamellen, die im Polarisationsmikroskop selbstverständ-
lich kein Kreuz zeigten, wurden mit der Haidinger’schen Loupe unter-
sucht und erwiesen sich in sehr geringem Grade dichroitisch; die
beiden Bilder zeigten einen kaum merklichen Unterschied in der Nuance
der braunen Farbe, und zwar erschien das eine mehr sattbraun mit
einem Stich ins Rothbraune, das andere erschien etwas matter mit
einem etwas grünlichen Schimmer.
Die chemische Zusammensetzung des Zinnsteins ist bekannt. Er
besteht aus Zinnoxyd mit sehr geringen Mengen verunreinigender Sub-
stanzen; als solche waren bis jetzt bekannt; Kieselsäure, Titansäure,
Tantalsäure, Eisenoxyd, Manganoxyd. Auch Kalkerde fand sich bei der
Analyse eines Schlackenwalder Zinnstein die ich im Laboratorium und
unter Leitung des Herrn Professors Dr. E. Ludwig ausführte, wofür
ich dem genannten Herrn meinen ergebensten Dank abzustatten mir
erlaube.
Die qualitative Analyse ergab: Zinnoxyd, Kieselsäure, Eisenoxyd
und Kalkerde. Die Untersuchung auf andere Metallsäuren, namentlich
Titan-, Tantal- und Wolframsäure sowie auf Manganoxyd ergab nega-
tive Resultate.
Da das Mineral weder durch saures schwefelsaures Kalium, noch
durch kohlensaures Natron-Kali, noch durch schmelzendes Alkali zur
Lösung gebracht werden konnte, wurde folgender Weg eingeschlagen:
Das pulverisirte Mineral wurde in einer Glasröhre unter hoher
Temperatur der Einwirkung von Wasserstoff ausgesetzt. Die reducirte
Masse wurde mit Salzsäure gelöst und ein paar Tropfen Salpetersäure
hinzugefügt. Zinn, Eisen und Kalkerde gingen in Lösung und wurden
nach den gewöhnlichen Methoden bestimmt. Im Rückstand wurde die
Kieselsäure durch Behandlung mit Schwefelsäure und Flusssäure aus
dem Gewichtsverluste bestimmt. Ein kleiner Rückstand gab mit Kupfer-
oxyd in der Boraxperle und — nach der Reduction mit Cyankalium und
Lösung in Salzsäure — mit Quecksilberchlorid Zinnreaction und wurde
daher als Zinnoxyd gerechnet. Die Ergebnisse der Analyse waren folgende:
260
Friedrich Becke.
[18]
Zinnoxyd . . 98'740/0
Kieselsäure . . 019
Eisenoxyd . . 012
Kalkerde ♦ . 0’41
Summe 99’46
Auffallend ist bei dem Umstande, dass der betreffende Krystall
sehr dunkel gefärbt war, der geringe Gehalt an Eisen, dem sonst in
der Regel die Färbung zugeschrieben wird.
III. Die optischen Eigenschaften des Rohrzuckers.
Von Friedrich Becke.
Eine vollständige Bestimmung der optischen Constanten des Rohr-
zuckers fehlte bis jetzt, obzwar sich in der Literatur vereinzelte An-
gaben vorfinden. So gibt Miller1) den Winkel der optischen Mittel-
linie mit der Hauptaxe c c mit 22° 12', den mittleren Brechungsquo-
tienten mit L57, den scheinbaren Axenwinkel mit 79° 1' an uud
berechnet daraus 2 V mit 47° 16'.
Descl oizeaux 2) bestimmte den scheinbaren Axenwinkel 2E —
78° 45'; später3) veröffentlichte er weitere Beobachtungen, nach welchen
2E = 79° 18'— 77° 53' für roth,
79° 55' — 79° 5' für violett.
In einer dritten Abhandlung4) beschreibt Descloizeaux die
Aenderung des scheinbaren Axenwinkels bei einer Temperatursteigerung.
Nach seinen Beobachtungen nimmt der Axenwinkel für Roth bei einer
Steigerung der Temperatur von 17 — 121° C. zu von 78° 35' bis 84° 40'.
Diess ist so ziemlich alles, was über die optischen Eigenschaften des
Rohrzuckers bekannt war. Eine vollständige Bearbeitung des Rohr-
zuckers in optischer Hinsicht erschien daher wünschenswerth.
» Während ich auf Anregung meines verehrten Lehrers, des Herrn
Director Tschermak, mit dieser Arbeit beschäftigt war, erschien
eine Abhandlung von Herrn Calderon in Strassburg5), welche den-
selben Gegenstand behandelte. Die Publication meiner Beobachtungen
könnte daher überflüssig erscheinen. Allein da ich einige Bestimmungen
ausführte, welche Herr Calderon theils gänzlich überging, theils aus
‘) Miller, Krystallograpliie übers, von Grailich, pag. 311.
2) Annales des mines, tome XI, 1857, pag. 336.
3) Annales des mines, tome XIY, 1858, pag. 416.
4) Nou veiles Recherches, pag. 170.
“) Groth, Zeitschr. f. Krystallographie, I. Bd., 1. Heft, pag. 73.
Mineralogische Mittheilungen. 1877. 3. Heft. (Becke.)
262 Friedrich Becke. |2]
älteren Angaben benützte, so glaubte ich gleichwohl meine Arbeit der
Oeffentlichkeit übergeben zu dürfen.
Ich bestimmte zunächst die Lage der Mittellinien an drei der
Symmetrieebene parallel geschliffenen Platten und erhielt für Natrium-
licht folgende Werthe:
I II III Mittel
cc = 23°27' 23° 39' 23° 4' 23° 23' ca = 66° 37'.
Die Bestimmung geschah mittelst des Polarisations-Mikroskopes
durch Einstellung auf Dunkelheit. Platte I und II wurden mit der
Kante zu (100) parallel einer eingerissenen Linie aufgeklebt. Platte III
wurde getheilt und ein künstlicher Zwilling nach (100) gemacht. Die
Doppelbrechung ist negativ, Axenebene ist die Symmetrieebene.
Der Axenwinkel für Luft beträgt:
Roth ... 78° 11'
Gelb ... 78° 26'
Grün ... 78° 54'.
Bei diesen, wie bei allen folgenden Bestimmungen, wurde gelbes
Licht durch Natrium erzeugt, für Roth und Grün wandte ich mono-
chromatische Gläser an. Die Dispersion der Axen ist sehr gering v >> p.
Die von der Theorie geforderte geneigte Dispersion zeigt sich nur in
einem sehr geringen Intensitäts - Unterschiede der farbigen Säume,
welche die Hyperbeln umgeben, was auch Descloizeaux angibt.1)
Allerdings erhielt ich auch einen Unterschied der Ablesungsmittel
der beiden Axen für die verschiedenen Farben, nach welchem die
Dispersion der Mittellinien für Roth und Grün 6' betragen würde, in
dem Sinne, dass der Winkel c c für Roth um 6' grösser wäre, als für
Grün; doch dürfte diese Zahl in Folge von Versuchsfehlern etwas zu
gross ausgefallen sein.
Den wahren Axenwinkel bestimmte ich durch Beobachtung des
spitzen und des stumpfen Axenwinkels in Oel. Ich erhielt:
Spitzer Winkel
für Oel
Roth . 50° 54'
Gelb . 51° 0'
Grün . 51° 9'
Stumpfer Winkel
für Oel
152° 44'
152° 30'
152° 11'
Daraus berechnet
2V
47° 42' 30"
47° 48' 20"
47° 57' 56".
Als Dispersion der Mittellinien für Roth und Grün erhielt ich
bei der Beobachtung des spitzen Winkels 3‘5', beim stumpfen Winkel 8',
im selben Sinne, wie bei der Bestimmung des scheinbaren Axenwinkels
für Luft.
‘) Annales des mines, t. XIV, 1858, pag. 412.
[3]
Die optischen Eigenschaften des Rohrzuckers.
263
Zur Bestimmung der Brechungsquotienten wurden drei Prismen
geschnitten, deren Kanten parallel den Mittellinien orientirt waren.
I. Kante parallel a
68° 4P
Roth a — P5351
Gelb 1-5371
Grün 1 -5404
II. Kante parallel b
42° 52' 46"
ß = 1-5630
1-5653
1-5687
III. Kante parallel c
70° 17'
y = 1*5679
1-5705
1-5737
Calderon erhielt mit zwei Prismen Werthe die erst in der vierten
Stelle im Maximum um zwei Einheiten differiren. Seine Messungen
ergaben :
Lithium
Natrium
Thallium
1-5379
1-5397
1-5422
ß
1-5639
1-5667
1-5685
y
1-5693
1-5716
1-5734
Berechnet man den wahren Axenwinkel aus dem scheinbaren
Axenwinkel für Luft und ß, dann aus den drei Brechungsquotienten,
so erhält man folgende Zahlen, neben die ich die aus der Beobachtung
in Öhl gerechneten nochmals ansetze :
I. Aus der Beobachtung in Öhl.
Roth 47° 42' 30"
Gelb 47° 48' 20"
Grün 47° 57' 56"
II. Aus 2 E. und ß.
47° 35' 14"
47° 38' 46"
47° 47' 20"
III. Aus a, ß, y
44° 39' 53"
45° 27' 36"
5'
Die Uebereinstimmung der Zahlen iu I und II ist eine ganz be-
friedigende. In III erscheinen die Werthe für Roth und Grün zu klein
im Yerhältniss zu der Zahl, die ich für Natriumlicht erhielt. Es ist
diess leicht erklärlich, da die reciproken Quadrate der Brechungs-
quotienten sich erst in der zweiten respective dritten Decimale unter-
scheiden, derart, dass eine kleine Aenderung in der dritten oder vierten
Decimalstelle der Grössen 4, -4-, Aenderungen von einigen Graden
a" ß- y
im Axenwinkel bewirkt. Die vierte Decimale dieser Grössen wird aber
durch einen Fehler von 1 bis 2 Minuten bei der Beobachtung der
Ablenkung sehr bedeutend alterirt. Ein Beispiel mag diess illustriren.
Für grünes Licht war die Rechnung folgende:
Brechende Kante a
I. Prisma
68° 41' 0“
Ablenkung
8 =. 51° 59' 43'
a = 1-54038
1 0-4214454
= 0-0176703
II. Prisma
42° 52' 46"
27° 5' 41"
ß — 1-56869
: 0-4063730
i_ l
ß2 r
i
J 1
III. Prisma
70° 17' 0"
59° 35' 22"
y = 1-57373
= 0-4037751
l
0-0025979
9-5836926 — 10 = log sin 22° 32' 48"
2F= 45° 5' 36"
Mineralogische Mittheilungen. 1877. 3. Heft. (Becke.)
35
264
Friedrich Becke.
[4]
Nimmt man bei ß statt <5 = 27° 5' 41" ö — 27° 4' 41" was
noch innerhalb der Beobachtungsgränzen liegt (Maximum 27° 7' 10";
Minimum 27° 4' 0"), so erhält man:
ß = 1-56835; ~ = 0-4065420; ^ — ~ = 0-0027669
l i
t £ = 9-5973782 — 10 = log sin 23° 18' 30"
\ — 4- 2 V — 46° 37"
a2 y2
Ein Beobachtungsfehler von einer Minute bewirkt also eine Aencle-
rung im Resultate von mehr als ll/2 Graden. Es ist einleuchtend,
dass unter diesen Verhältnissen eine genauere Uebereinstimmung zwi-
schen Beobachtung und Rechnung nicht erwartet werden kann. Ueber-
haupt hat der aus den Brechungsquotienten berechnete Axenwinkel nur
dann einen Werth, wenn die Bestimmung der ersteren auf fünf bis
sechs Stellen genau erfolgen kann. Diess ist aber bei der gewöhnlichen
Methode mittels des Fadenkreuz-Goniometers und bei Anwendung far-
biger Gläser, die immer ein mehrere Minuten breites, verwaschenes
Theilspectrum liefern, nicht zu erreichen. Calderon, der Lithium-,
Natrium- und Thalliumlicht anwandte, fand :
2 V. aus 2 E. und ß 2 V. aus a, ß, y
Lithium 47° 56' 48° 53'
Natrium 48° 0' 48° 22'
Thallium 48° 8' 47° 52'
Zum Schlüsse verweise ich bezüglich der Orientirung noch auf
die beistehende Figur, welche die Vertheilung der optischen Linien im
Zucker-Krystall zu versinnlichen sucht.
Man ersieht aus derselben, dass die
eine Axe beinahe normal ist zur Fläche
(100). Da parallel zu dieser zugleich
die vollkommenste Spaltbarkeit herrscht,
so erhält man bei Untersuchung einer
Spaltungslamelle im Polarisations-Instru-
ment die eine Axe im Mittelpunkte des
Gesichtsfeldes.
Die zweite Axe bekömmt man am
Rande des Gesichtsfeldes zu sehen, wenn
man durch einen kleineren, durchsich-
tigen Krystall normal zu (001) durch-
sieht. Da die Krystalle des Rohrzuckers parallel zu dieser Fläche
häufig eine falsche Spaltbarkeit zeigen, die wahrscheinlich durch paral-
lele Interpositionen hervorgerufen wird, so gelingt es auch nicht selten,
dünnere Platten zu erhalten, die diese Erscheinuqg deutlicher zeigen,
als die meist allzudicken Krystalle. Eine ähnliche plattenförmige Ab-
sonderung, wenn auch nicht so deutlich wie parallel zu (001) zeigt
sich manchmal auch parallel mit (100). Auch hier dürfte die Ursache
die gleiche sein: das Auftreten von zahlreichen, parallel angelagerten
Flüssigkeits-Einschlüssen.
Wien, Mineralogisch-Petrographisches Universitäts-Institut, Juli 1877.
IV. Analysen aus dem Laboratorium des Herrn
Professors E. Ludwig.
(Oligoklas, Skapolith, Leonhardit, Muscovit, Glaukonit, Sahlit,
Chondrodit, Fahlerz, Copalm, Traehyt, Gabbro, Paläopikrit).
Plagioklas von Soboth in Steiermark.
Von Arthur Smita, stud. phil.
Ein wasserheller Plagioklas, der mit Orthoklas und Muscovit ein
grobkörniges Gemenge bildet, und schöne bis 7cm lange Individuen
bildet, wurde nach sorgfältiger Auswahl der durchsichtigen Partikel der
Analyse unterworfen. x)
Sp ec. Gewicht 2-62.
Kieselsäure • • •
• • 64-75
Proc.
Thonerde • • • •
• • 22-25
Kalk
• • 2-67
1?
Kali
• ■ 0-37
Natron
• • 10-17
100-21
V)
Nach diesen analytischen Resultaten entspricht das untersuchte
Mineral im Sinne der T schermak’schen Feldspath-Theorie einem
Gemenge von 15 Proc. An orthit und 85 Proc. Albit. Ein solches
Gemenge verlangt nach der von Bunsen* 2) gegebenen Tabelle folgende
Werthe:
Kieselsäure 64-74 Proc.
Thonerde 22-21 „
Kalk 3-01 „
Natron 1004 „
100-00
b Das Material zu den folgenden Analysen wurde, wofern nicht das Gegen-
theil bemerkt ist, von dem Herrn Director Tschermak übergeben.
2) Annalen der Chemie und Pharmacie, VI. Suppl.-Bd. pg. 188.
Mineralogische Mittheilungen. 1877. 3. Heft. (Ludwig.)
35*
266 Analysen aus dem Laboratorium des Herrn Professors E. Ludwig.
Skapolith von Rossie, New-York.
Von L. Sipöcz.
Blassgrünliche durchscheinende, im Bruche fettglänzende Säulen,
mit dunkelgrünem Augit und Lederit verwachsen. Das zur Analyse
verwendete Material war in Splittern sorgfältig ausgewählt.
Das spec. Gewicht wurde hei zwei Bestimmungen 2-7302 und
2-7317, demnach im Mittel 2-731 gefunden. Die chemische Analyse
lieferte folgende Zahlen:
I.
II.
III.
IV.
Mittel
Kieselsäure
46-16
—
—
—
46-16 Proc.
Thonerde
28-05
—
—
—
28-05
3)
Eisenoxydul
0-31
0-28
—
—
0-30
33
Kalk
18-50
—
—
—
18-50
3)
Magnesia
Spur
—
—
—
Spur
33
Kali
0-74
—
—
—
0-74
33
Natron
2-91
—
—
—
2-91
33
Wasser
0-61
0-54
0-59
0-66
0-60
33
Kohlensäure
2-84
2-92
3-25
—
3-00
33
Chlor
0.14
0-11
—
—
0-12
100-38
V
Dem Chlor äquiv. Sauerstoffmenge
0-03
100-35
Nach Abzug des der Kohlensäure entsprechenden kohlensauren
Calciums (6'82 Proc.) resultirt ein Rest von der folgenden procentischen
Zusammensetzung :
Kieselsäure
Thonerde •
Eisenoxydul
Kalk • • •
Kali • • •
Natron • •
Wasser • •
Chlor • • •
49-40 Proc.
30-02
0-32
15-62
0-79
3-11
0-64
0-13
33
y)
n
33
3?
100-03
Dem Chlor äquiv. Sauerstoffmenge 0.03
100-00
Analysen aus dem Laboratorium des Herrn Professors E. Ludwig. 267
Skapolith. von Boxborough, Massachussets.
Von Friedrich Beeke.
Das Mineral bildet weisse dicke Säulen von deutlicher Spaltbar-
keit, welche stellenweise glatte Krystallflächen erscheinen lassen und
mit Actinolith und Biotit verwachsen sind.
Spec. Gewicht 2-7204.
Die Analyse ergab folgende Zusammensetzung:
Kieselsäure
• 4712
Proc.
Thonerde
• 27.33
Kalk
• 15-94
Eisenoxydul •
• 0-46
))
Magnesia
• 0-43
Natron
• 3-65
Kali
• 1-15
Wasser
• 0-50
)J
Kohlensäure . . .
• 2-73
?5
Chlor
• 0-20
99-51
M
Dem Chlor entspr. Sauerstoff •
• 005
99*46
Zieht man die der gefundenen Kohlensäure entsprechende Quan-
tität von kohlensaurem Calcium, nämlich 6"2 Proc. ab, so ergiebt sich
für den Rest die folgende procentische Zusammensetzung:
Kieselsäure
Thonerde • •
Kalk
Eisenoxydul
Magnesia
Natron ••••••■•••
Kali
Wasser
Chlor
Dem Chlor entspr. Sauerstoff
50*53 Proc.
29-31
13-37
0-49
0- 46
3-91
1- 23
0-54
0-21
n
))
5)
5)
»
100-05
0-05
100-00
268 Analysen aus dem Laboratorium des Herrn Professors E. Ludwig.
Leonhardit aus dem Floitenthale. J)
Von Arthur Smita, stud. philos.
Das Material zu der vorliegenden Untersuchung wurde von Herrn
Dr. A. Brezina, Custos am k. k. Hof-Mineraliencabinet übergeben.
Es bestand aus schonen, weissen Prismen, die mit der grössten Sorgfalt
ausgesucht waren, so dass nichts von fremden Beimengungen anhaftete.
Das specifische Gewicht der lufttrockenen Krystalle wurde mit
dem Pyknometer bestimmt und bei Anwendung von 2-3828 Grm. des
Minerales 2'374 gefunden.
Zur Analyse dienten, sofern die Bestimmung der Gesammtmenge
des Wassers vorgenommen wurde, ganze Krystalle in lufttrockenem
Zustande, sonst wurde das über Schwefelsäure bis zum constanten
Gewichte getrocknete und einmal das geglühte, also wasserfreie Mineral
verwendet.
Die Analyse (I) des geglühten Minerals ergab:
Kieselsäure 60 15 Proc.
Thonerde 25-91 „
Kalk 14-19 „
100-25
Bei der Analyse (II) des über Schwefelsäure bis zum constanten
Gewichte getrockneten Minerales wurden folgende Resultate erhalten:
I. II. Mittel
Kieselsäure • • • 52*92 — 52’92 Proc.
Thonerde • • • 22‘44 — 22'44 „
Kalk 12-23 — 12-23 „
Wasser .... 12-42 12.34 12-38 „
99-97
Diese Zahlen führen für die wasserfreie Substanz zu der kleinsten
Formel Si4 Al2 Ca 012; für die wasserhaltige, über Schwefelsäure bis
zum constanten Gewichte getrocknete Substanz ergeben sie die für den
Leonhardit allgemein gebräuchliche Formel SiA Äl2 Ca H6 ö16.
Die folgende Zusammenstellung macht den Grad der Uebereinstimmung
der gefundenen und berechneten Wer the ersichtlich; aus der Analyse II
ist auch die Zusammensetzung der wasserfreien Substanz gerechnet
worden :
A. Wasserfreie Substanz
berechnet
4 Si 02 240-0 — 60-18
A\ 03 102-8 - 25-78
Ca 0 56-0 — 14-04
398-8 — 100-00
Proc.
35
33
gefunden
l„ I, I
I. II.
60-15 — 60-42 Proc.
25-91 - 25-62 „
14-19 — 13-96 „
100-25 — 100-00
J) Herr Dr. Brezina bat über das Vorkommen dieses Minerals berichtet in
diesen Mittheilungen, 1877, pag. 98.
Analysen aus dem Laboratorium des Herrn Professors E. Ludwig. 269
B. Wasserhaltige Substanz.
berechnet gefunden
4 Si 02
240
— 53-00
Proc.
52-92
Äl2 03
102-8
— 22-70
3?
22-44
Ca 0
56-0
— 12-37
12-23
3 H, 0
54-0
— 11-93
3)
12-38
452-8
— 100-00
99-97
Die älteren Analysen vom Leonhardit haben Resultate geliefert,
welche mit den aus der gebräuchlichen Formel dieses Minerales
berechneten Werthen nicht in wiinschenswerther Weise übereinstimmen;
man kann sich davon durch die folgende Zusammenstellung überzeugen.
Kieselsäure
berechnet
53.00
Delffs l)
56-128
Babo 2)
55-00
G. 0. Barnes 3)
I. II. '
55.96 55-04
Thonerde
22-70
22-980
24-36
21.04
22-34
Kalk
12-37
9-251
10-50
10-49
10-64
Wasser
11-93
11-641
12-30
11.93
11-93
Die Wasserbestimmungen in diesen Analysen beziehen sich auf
das bei 100° getrocknete Mineral. Das lufttrockene Mineral efgab
Delffs beim Glühen 13-807 und 13-547 Proc. Wasser; ich erhielt
beim Glühen von lufttrockenen Krystallen 13’7 und beim Glühen des
lufttrockenen gepulverten Minerals 13-83 Proc. Wasser.
R a m m e 1 s b e r g 4) führt den Leonhardit als einen Laumontit
auf, der 1 Mol. Wasser verloren hat. Die Formel des Leonhardits
Sit Al 2 Ca H6 015 verlangt 1P93 Proc., die des Laumontits
SC Äl2 Ca H8 Oie verlangt 15-3 Proc. Wasser. Die Annahme
Rammelsberg’s gilt somit nach den bisherigen Untersuchungen nur
für den durch Trocknen über Schwefelsäure oder bei 100° C. theilweise
entwässerten Leonhardit ; für das unveränderte Mineral hat dieselbe
nicht strenge Giltigkeit.
Ich habe mit dem Materiale, das mir von den Analysen übrig
geblieben war, noch Versuche darüber angestellt, in welchen Quantitäten
der Leonhardit unter bestimmten Bedingungen Wasser abgibt; be-
kanntlich sind in dieser Richtung von Malaguti und Durocher0)
Untersuchungen über den Laumontit angestellt worden. Diese Forscher
gelangten zu folgenden Resultaten : Der Laumontit verliert ein Viertel
seines gesammten Wassers, wenn er längere Zeit in einer durch Schwefel-
säure trocken erhaltenen Atmosphäre oder bei 100° C. erhalten wird,
bis sich sein Gewicht nicht mehr ändert, das zweite Viertel des
Wassers entweicht, wenn das Erwärmen bis auf 300° gesteigert wird
und die letzten zwei Viertel gehen erst beim gelinden Glühen fort.
Nach den von mir mit dem Leonhardit vorgenommenen Versuchen
') Poggendorff Arm, der Physik und Chemie, LIX, 339.
a) ibidem
3) Sillirn. Am. Journ. of Science II. Ser. XV, 440.
*) Mineralchemie, II. Aufl. 622.
“) Annales des mines IV. Ser. T. IX, 325,
270 Analysen aus dem Laboratorium des Herrn Professors E. Ludwig.
verlor dieses Mineral beim Erwärmen auf 100°, sowie beim Stehen
über Schwefelsäure in zwei Versuchen U7 und U9 Proc. Wasser; die
trockene Substanz hatte nun die Zusammensetzung des bei 100° getrock-
neten Laumontits, dessen vonMalaguti und Durocher beobachtetes
Verhalten sie nun auch weiter zeigte. Beim Erwärmen auf 300° ging
aus der trockenen Substanz ein Drittel des Wassers fort, die zwei
übrigen Drittel wurden erst beim Glühen ausgetrieben.
Der bei 300° getrocknete gepulverte Leonhardit wurde in eine
mit Wasserdampf gesättigte Atmosphäre gebracht; nach etwa 12 Stunden
war so viel Wasser aufgenommen worden, dass der nunmehrige Wasser-
gehalt etwas grösser erschien, als er für die entsprechende Menge von
Laumontit hätte sein sollen; liess man nun die Krystalle etwa
1 Stunde lang an freier Luft liegen, so erfolgte eine mässige Gewichts-
abnahme und eine vorgenommene Wägung ergab, dass nun sehr
näherungsweise der Wassergehalt des Laumontits erreicht sei. Als ich
bei einem zweiten Versuche lufttrockene Leonharditkrystalle in eine
mit Wasserdampf gesättigte Atmosphäre brachte und einen Tag lang
darin verweilen liess, nahmen dieselben so viel Wasser auf, dass ihr
Wassergehalt ebenfalls etwas grösser als der des Laumontits wurde;
nachdem die Krystalle etwa 1 Stunde an freier Luft gelegen waren,
war eine Gewichtsabnahme eingetreten, der zufolge die Krystalle jetzt
fast genau den Wassergehalt des Laumontits besassen.
Durch häufig angestellte Wägungen konnte nun constatirt werden,
dass beim längeren Liegen an der Luft der Wasserverlust sich so lange
fortsetzte, bis das ursprüngliche Gewicht der lufttrockenen Substanz
erreicht war ; dies dauerte ungefähr 24 Stunden ; nun zeigte sich selbst
nach 2 Tagen keine Gewichtsabnahme mehr.
Der bei 300° getrocknete Leonhardit wird durch Salzsäure, sowie
im lufttrockenen Zustande leicht und vollständig aufgeschlossen ; wird
die getrocknete, feingepulverte Substanz mit Salzsäure erwärmt, so
gesteht das ganze nach wenig Augenblicken zu einer Gallerte; das
geglühte Mineral dagegen wird durch Salzsäure nicht mehr vollständig
aufgeschlossen. Als ich das geglühte Mineral einigemale hintereinander
mit concentrirter Salzsäure zur Trockene verdampfte, und den beim
Auflösen der trockenen Masse in Salzsäure zurückgebliebenen, gut
gewaschenen Puickstand mit Flusssäure und Schwefelsäure behandelte,
blieben, auf die geglühte Substanz berechnet, 40°/0 zurück.
Aus den bisherigen Untersuchungen über den Laumontit und
Leonhardit lassen sich demnach folgende Schlüsse ziehen:
1. Der Laumontit enthält zwei Moleküle Krystall wasser (die
Formel A l2 Ca H8 Ol6 zu Grunde gelegt), deren eines in .trockener
Luft allmälig, bei 100° rasch entweicht, während das zweite erst bei
300° vollständig fortgeht; die beiden anderen in der Glühhitze ent-
weichenden Wassermoleküle sind sogenanntes Constitutionswasser, d. h.
sie sind in dem Minerale als Hydroxylgruppen vorhanden.
2. Der Leonhardit ist. soweit die Untersuchungen bis jetzt
reichen, ein Laumontit, der einen Theil (etwa die Hälfte) des ersten,
bei 100° entweichenden Moleküls Krystallwasser verloren hat, er ent-
spricht daher in dem Zustande, wie er in der Natur gefunden wird,
Analysen aus dem Laboratorium des Herrn Professors E. Ludwig. 271
nicht der Formel Sit AL2 Ca i/6 016, sondern genügt dieser erst dann,
wenn er durch längeres Liegen an trockener Luft oder in einem auf
100° erwärmten Raume einen Theil seines Wassers verloren hat.
Muscovit von Soboth, Steiermark.
Von Dr. W. F. Löbisch.
Hellbraune durchsichtige Tafeln, welche mit grossen Individuen
von Oligoklas und Orthoklas einen Pegmatit bilden und zuweilen
Krystallflächen zeigen, gaben das spec. Gewicht = 2-7745 und liefer-
ten bei der Analyse:
Kieselsäure 48’76 Proc.
Thonerde 29-91 „
Eisenoxyd 4*24 „
Eisenoxydul 0’41 „
Magnesia 2'63 „
Kalkerde 033 „
Kali 6*83 „
Natron 2'31 „
Wasser 4*60 „
100-02
Der relativ bedeutende Natrongehalt zeichnet diesen Muscovit vor
vielen anderen aus, auch der Gehalt an Kieselsäure ist grösser als
gewöhnlich.
Das physikalische Verhalten dieses Glimmers ist von Herrn
Director Tschermak beschrieben ').
Glaukonit von der Insel Gozzo.
Von E. v. Bamberger, stud. med.
Aus einem Glaukonitsande, welchen Herr Th. Fuchs auf Gozzo
antraf und welcher zwischen dem Leithakalk und Schlier Lager bildet,
wurden die dunkelgrünen Körnchen rein ausgesucht.
Spec. Gew. 3-314.
Ergebnisse der quantitativen Analyse:
Kieselsäure • • •
Proc.
Thonerde
n
Eisenoxyd
j?
Kalk
V
Magnesia
M
Eisenoxydul
2-64
J?
Natron
19
Kali
V
Wasser
..... 4-71
n
99-93
*) Sitzungsbericht d. k. Akademie in Wien. 1877. Juliheft.
Minerulogische Mittheiluugen. 1877. 3. Heft. (Ludwig»)
36
272 Analysen ans dem Laboratorium des Herrn Professors E. Ludwig.
Das Wasser wurde durch Glühen der Substanz im Platinrohre
ausgetrieben, im Absorptionsrohre aufgesammelt und gewogen.
Die Zusammensetzung des Glaukonits von Gozzo nähert sich
einigermassen derjenigen, welche K. Haushofer1) für den Glaukonit
des Kressenberges bei Traunstein und für den Glaukonit von Ro di ng
fand, wie die folgende Zusammenstellung zeigt:
Kieselsäure
Kressenb e rg
49-6
Roding
49-0
Gozzo
46.91
Eisenoxyd
21-3
20-1
23-06
Thonerde
3-4
7-3
7-04
Kalk
• —
—
2-95
Magnesia
0-3
—
4-40
Eisenoxydul
6-9
3-9
2-64
Kali
7-8
5-8
7-31
Natron
—
—
0-91
Wasser
9-6
12-8
4-71
Die auffallendste Differenz ist die in den Wassergehalten.
Haushofer fand in den von ihm untersuchten Glaukoniten von
7’7 bis 14-7 Procent Wasser.
Chondrod.it von Pargas.
Von Dr. Fried. Berwerth.
Fast alle Analysen des Chondrodits und des Humits ergeben
einen bedeutenden Verlust, der bisher nicht aufgeklärt war. Die Summe
der Analyse gibt wohl nahezu hundert Procent, aber nur deshalb, weil
die oft über 3 Procent betragende Sauerstoffmenge, welche dem Fluor
entspricht, hinzugerechnet ist. Um die Ursache dieser Erscheinung zu
ermitteln, wurde eine vorläufige Analyse ausgeführt, welche den gelben
körnigen Chondrodit von Pargas zum Gegenstände hat, der aber nicht
rein war, sondern etwas Phlogopit beigemengt enthielt. Das Resultat
sollte keineswegs dazu dienen, die Formel dieses Minerales zu ermitteln,
sondern nur eine Vorarbeit für eine später an reinem Material auszu-
führende Untersuchung bilden.
Das spec. Gewicht war 3-216 und das Ergebniss der Analyse:
Fluor 8’62
Kieselsäure 29 -56
Thonerde 0'77
Eisenoxyd 3"06
Eisenoxydul 5-09
Magnesia 51-01
Kali 1-31
Natron 2-11
Lithion Spur
Wasser 1-58
103-11
Dem Fluor äquival. Sauerstoffmenge • • 3-62
Summe • • 99-49
') Journal für prakt. Chemie, Bd, 97, pg. 363,
Analysen aus dem Laboratorium des Herrn Professors E. Ludwig. 273
Da die Menge der Alkalien grösser ist, als die vorhandene Thon-
erde und das Eisenoxyd erfordern, um Phlogopit zu bilden, so ist zu
schliessen, dass ein Theil der Alkalien dem Chondrodit angehört. Da
nun die Bestimmung der Alkalien vielfach unterblieb, so dürfte sich
die obenerwähnte Thatsache durch diese Unterlassung erklären.
Salit von Albrechtsberg in Niederösterreich.
Von E. y. Bamberger, stud. med.
Das weisse Mineral bildet Individuen, welche bis 12 om Länge
haben. Dieselben bilden Aggregate im körnigen Kalk, welchen sie
gangförmig oder in Gestalt von Adern durchziehen.
Das spec. Gew. wurde 3'167 gefunden. Die Analyse ergab:
Kieselsäure 55 60 Proc.
Thonerde ...... 0'16 „
Eisenoxydul 0-56 „
Kalk 26-77 „
Magnesia 18-34 „
Diese Zahlen entsprechen, wenn man von der ganz unbedeuten-
den Menge der Thonerde absieht und statt des Eisens die äquivalente
Menge Magnesium in Rechnung zieht, bis auf den etwas zu hoch ge-
fundenen Kalkgehalt, sehr gut der Formel des Salits Si2 06 Mg Ca,
welche verlangt:
Kieselsäure 55-56 Proc.
Magnesia 18 '52 „
Kalk . • 25-92 „
100-00
Fahlerz vom Kleinkogel bei Brixlegg in Tirol.
Von Friedrich Becke.
Dieses Fablerz, welches in schwarzen Krystallen eingewachsen in
blättrigem Baryt vorkommt, wurde bereits analysirt von Herrn Un tchj x)
in Graz. Derselbe erhielt folgende Resultate.
Schwefel
25*59 Proc.
Kupfer •
...... 39-37 „
Eisen • •
3-26 „
Zink • •
4-43 „
Arsen • •
6-96 „
Antimon
...... 20-44 „
100-05
Berechnet man aus diesen Zahlen das Verhältniss der Atom-
gewichte für Schwefel einerseits, für die Metalle, die theils als ein-
‘) Mittheilungen des naturwissensch. Vereines für Steiermark 1872. p. 60—63.
36*
274 Analysen aus dem Laboratorium des Herrn Professors E. Ludwig.
werthig, theils als zweiwerthig anzusehen sind, andererseits, indem man
die Summe der Atomgewichte von Arsen und Antimon gleich 2 setzt,
so erhält man folgende Verhältnisszahlen:
S 6-16
As 1 o
Sb ] w
Cu
Fe } 5-76
Zn I
Diese Zahlen stimmen mit der aus den besten Fahlerz-Analysen
abgeleiteten Formel, nach welcher für Schwefel 7, für die übrigen Metalle 6
herauskommen sollte, nicht genügend überein. Eine neuerliche Unter-
suchung dieses Fahlerz-Vorkommens schien daher nicht ohne Interesse.
Herr Director Tschermak hatte die Güte, mir ein reichliches
Material von Brixlegger Fahlerz zu übergeben. Die Krystalle waren
dunkel gefärbt, aussen etwas oxydirt und mit rauher Oberfläche, im
Innern dagegen frisch und glänzend.
Das specifische Gewicht ausgesucht frischer Stücke ergab sich
zu 4-721. Die qualitative Untersuchung ergab: Schwefel, Arsen,
Antimon, Kupfer, Eisen, Zink, Silber und eine Spur von Kobalt.
Die quantitative Analyse wurde nach H. Rose mittels Aufschlies-
sung mit Chlorgas vorgenommen, wobei jene Modificationen in An-
wendung kamen, die L. Sipöcz in der Abhandlung „Ueber Miargyrit
und Kenngottit“ (Tschermak, Mineralogische Mittheilungen 1877,
2. Heft. p. 214) angegeben hat. Dabei wurden folgende Zahlen er-
halten :
Schwefel • • •
Arsen
• • ■ 8-50 „
Antimon • • •
• • • 15-80 „
Silber
• • • 0-23 „
Kupfer . • • •
■ • • 40-84 „
Eisen
• • • 1-44 „
Zink
• • • 6-26 „
99-62
Berechnet man aus diesen Zahlen das Verhältniss zwischen
Schwefel, Arsen und Antimon, und den übrigen Metallen, so erhält
man :
S
As
Sb
Cu
Ag
Fe
Zn
welche Zahlen mit den durch d
einstimmen.
6-84
■ 2
> 6-33
Theorie geforderten genügend über-
Analysen aus dem Laboratorium des Herrn Professors E. Ludwig. 275
Copalin von Lunz, Niederösterreich,
von Gustav Hornung.
Das in der Gesammtmenge von ungefähr 15 Gramm vorliegende
Harz war mir von Herrn Director Tschermak übergeben, welcher
es von Herrn Haberfellner in Lunz erhielt. Es kommt in rundlichen,
bis 2’5 Cm. langen Stücken in einem dunklen Schieferthon vor, welcher
ungemein reich an Blattabdrücken ist. Auch an der Grenze zwischen
der lockeren Braunkohle und dem Schieferthon finden sich zuweilen Harz-
stücke. Dieselben sind honiggelb und durchsichtig bis dunkelbraun und
undurchsichtig, im letzteren Falle durch ein beigemengtes kohlenartiges
Mineral verunreinigt. Zur Untersuchung diente das reine gelbe Mineral.
Das specif. Gewicht wurde mittels des Pyknometers zu 1’109 bestimmt.
Der Schmelzpunkt liegt zwischen 1959 und 200° C. Das Harz ist
spröde, geruch- und geschmacklos, brennt mit leuchtender, russender
Flamme unter Verbreitung eines angenehmen Geruches, beim Reiben
wird es stark elektrisch.
Gegen Lösungsmittel zeigt das Mineral folgendes Verhalten : In
kaltem und heissem Wasser ist es fast ganz unlöslich, nur eine Spur
von Gelöstem zeigte sich nach dem Abdampfen der filtrirten Flüssigkeit,
In kaltem und heissem Alkohol ist es ebenfalls fast unlöslich.
In conc. Schwefelsäure löste sich die Substanz grösstentheils zu
einer schwarzen Flüssigkeit auf und wurde durch Zusatz von Wasser
schwarz und flockig gefällt. Dieser Niederschlag abfiltrirt, löste sich
theilweise in Aether und in Chloroform zu einer gelben Flüssigkeit.
Mit conc. Salpetersäure mehrere Tage hindurch im Wasserbade
erhitzt, löste sich nur ein Theil des Harzes zu einer rothbraunen,
stark färbenden Flüssigkeit, während der andere Theil aufgequollen,
gelblich gefärbt, ungelöst blieb. Dieser ungelöst gebliebene Theil
löste sich beinahe vollständig in Alcohol, Aether, Chloroform,
Ammoniak und Natronlauge zur braunen Flüssigkeit, in Kalilauge zu
einer schwarzen auf.
Der Theil, welcher sich in der Salpetersäure gelöst hatte und
nach Entfernung derselben zurückblieb, löste sich leicht in Wasser und
Salzsäure. Die wässerige Lösung färbte sich auf Zusatz einer Lösung
von Cyankalium tiefer roth, was auf Pikrinsäure hinweist. Oxalsäure
liess sich in der wässerigen Lösung nicht mit genügender Sicherheit
nachweisen.
In Aether löst sich ein bedeutender Theil der Substanz zu einer
gelben, neutral reagirenden Flüssigkeit, der übrige Theil bleibt aufge-
quollen. Der Abdampfrückstand der ätherischen Lösung zeigt sich als
eine gelbbraune, amorphe, spröde und rissige Masse, die sich in
Ammoniak nicht löst.
In Benzol löst sich schon bei gewöhnlicher Temperatur ein grosser
Theil des Harzes zu einer gelben, neutral reagirenden Flüssigkeit,
der andere Theil bleibt aufgequollen. Der Abdampf- Rückstand ist
glasartig, gelblich, durchsichtig.
276 Analysen aus dem Laboratorium des Herrn Professors E. Ludwig.
In Chloroform löst sich ein Theil der Substanz zu einer gelblichen
Flüssigkeit. Der Abdampf-Rückstand ist eine braune, glänzende, spröde
und rissige Masse, die sich nicht in Ammoniak löst.
In Schwefelkohlenstoff löst sich ein geringer Theil der Substanz.
Der Abdampf-Rückstand ist weiss und löst sich weder in Ammoniak,
noch in Kalilauge, noch in concentrirter Schwefelsäure.
In heissem Terpentinöl löst sich das Harz ziemlich leicht und
vollständig auf. Die Lösung trübte sich auf Zusatz von Alcohol.
In süssem Mandelöl löst sich ein Theil der Substanz ; beim
Erhitzen trübt sich die Lösung. Von Aether wird die Lösung sofort
aufgenommen und beim Zusatz von Alcohol milchig getrübt.
In conc. Kalilauge löst sich das Harz nicht.
In conc. Ammoniak löst sich das Harz nicht.
Bei der trockenen Destillation des Harzes in einer Eprouvette
Hess sich mit Bleizuckerpapier ganz deutlich Schwefelwasserstoff nach-
weisen, wodurch der Schwefelgehalt des Harzes constatirt ist. Dieser
ist übrigens nur gering. Zur Bestimmung des Gehaltes, der Substanz
an Kohlenstoff und Wasserstoff wurden möglichst reine, lichtgelbe,
durchsichtige Harzstücke verwendet und ergaben 2 angestellte Ver-
brennungs-Analysen folgende Resultate:
I. 0,2745 gr- bei 100° C. getrockneter Substanz gaben : 0,8403 gr-
C02, 0,2507 gr- H2 0 und hinterliessen 0.0041 gt- Asche.
II. 0,3176 gr> bei 100° C getrockneter Substanz gaben: 0,9673 gr-
C02, 0,2956 gr- H2 0 und hinterliessen 0,0050 gr- Asche.
Daraus ergibt sich:
Kohlenstoff •
Wasserstoff
Asche • • •
I. II.
• . 84,75°/0 84,38%
• • 10,30% 10,50%
• • 1-49% 1-57%
Die Asche löste sich theilweise in verdünnter Salzsäure und
wurden in der Lösung Kalk, Eisenoxyd und Schwefelsäure nachgewiesen ;
von der Salzsäure ungelöst blieb ein braunroth gefärbter Sand.
Das untersuchte Harz nähert sich in seinen Eigenschaften und in
seiner Zusammensetzung dem Copalin Hausmanns.
Quarztrachyt von Gleichenberg (Schaufelgraben).
Von Hugo Frisch, stud. med.
Das weisse Gestein besteht aus einer matten, etwas porösen
Grundmasse und darin liegenden Partikeln von Sanidin sowie Quarz-
körnern. Es wurde von Herrn Prof. J. Rumpf gesammelt.
Analysen aus dem Laboratorium des Herrn Professors E. Ludwig. 277
Die Analyse dieses Gesteines ergab die folgenden Zahlen:
I.
II.
III.
Mittel
Kieselsäure
73-21
—
73-57
73-39 Proc.
Thonerde
14-07
14-171
1412 „
Eisenoxyd
0-77
-
16-13
0-77 „
Eisenoxydul
0-67
- I
0-67 „
Kalk
1-25
—
—
1-25 „
Magnesia
0-29
—
—
0-29 „
Kali
4-47
—
—
4-47 „
Natron
3-66
—
—
3-66 „
Wasser
1-22
—
—
1-22 „
99-84
Bei der Aufschliessung des fein gepulverten Gesteines mit Fluss-
säure und Schwefelsäure blieben 27-14 Procent der angewendeten
Substanz ungelöst; dieser unlösliche Theil erwies sich bei der näheren
Untersuchung als Quarz.
Trachyt von Gleichen berg.
Von Arthur Srnita, stud. phil.
Dieses Gestein tritt im Norden des Curortes Gleichenberg auf
und steht mit den Trachyten der Gleichenberger Kogel im Zusammen-
hänge. Es wurde vom Herrn Director Tschermak gesammelt.
Ergebnisse der Analyse:
Kieselsäure • • •
Thonerde • • •
■ • • 17-08
n
Eisenoxyd • • • ■
• • • 3-67
JJ
Eisenoxydul • • •
• • 2-42
M
Kalk
• • 6-21
n
Magnesia • • • •
• • 1-14
n
Kali
■ • • 3-86
»
Natron • • • • «
■ • • 4-06
Wasser
• • • 2-04
10192
Trachyt von Gleichenberg (Villa Schuh).
Von Jos« Utscliik, stud. phil.
Dieser Trachyt enthält eine kleine Menge von Siderit in sparsam
verstreuten winzigen Hohlräumen, ist aber im Uebrigen dem vorigen
Gestein gleich.
278 Analysen aus dem Laboratorium des Herrn Professors E. Ludwig.
Resultate der Analyse:
Kieselsäure • •
Thonerde • • •
Eisenoxyd • • •
Eisenoxydul • •
Kalk
Magnesia • • •
Kali
Natron • • • •
Wasser ....
Kohlensäure • •
61-54 Proc.
15-97
1- 93
2- 98
5-52
0-82
4-55
4-48
1- 39
2- 43
101-61
J)
n
11
))
ii
Gabbro von Langenlois.
Von Friedrich Becke.
Im Norden von Langenlois in Niederösterreich findet sich ein
hellgefärbter Gabbro theils anstehend, theils in losen Blöcken. Er
enthält weissen Feldspath und dunkelgrünen Diallag.
Die Analyse ergab:
Kieselsäure 48-99 Proc.
Thonerde 16-92
Eisenoxyd 0-81
Eisenoxydul 5*56
Kalk ■ ' 16-69
Magnesia 10-76
Kali 0-16
Natron 1-44
Wasser 1-16
102-49
n
ii
n
T)
n
Paläopikrit von Ottenschlag, Nieder Österreich.
Von Alois Gfamroth, stud. phil.
Am genannten Orte kommen zahlreiche grosse Blöcke eines
schwarzen Gesteines vor, das ausserordentlich zähe ist und welches
nach der Bestimmung des Herrn Directors Tschermak zum Paläopi-
krit zu stellen ist.
Die Analyse lieferte:
Kieselsäure
• • • • 45-93
Proc.
Thonerde
• • • • 15-09
))
Eisenoxyd
• • • • 1-87
n
Eisenoxydul
.... n-45
ii
Kalk
• • • • 8-92
i)
Magnesia
• • • • 14-82
ii
Kali
• - • • 0-22
ii
Natron
• • • - 1-93
n
Wasser
.... 0-58
»
100-81
V. Zur Kenntniss der chemischen Zusammensetzung
des Augits.
Von C. Doelter.
Nach der Anzahl der vorhandenen Analysen zu schliessen, würde
man kaum glauben, dass Uber so manche Mineralien der Silicatgruppe
noch so grosse Unsicherheit herrscht in Betreff ihrer chemischen
Constitution.
So hat sich denn in Bezug auf eine Reihe von Silicaten die
Nothwendigkeit erwiesen, neue Analysen zur Richtigstellung ihrer
Formeln auszuführen, und ich brauche hier nur auf die Arbeiten von
Ludwig, Tschermak, Rammeisberg u. A., die in den letzten
Jahren veröffentlicht wurden, hinzuweisen.
Was die Glieder der Pyroxengruppe anbelangt, so ist die Zahl
der bezüglichen Analysen überhaupt eine sehr beträchtliche, die der,
zur Berechnung brauchbaren, eine geringe. Ich setze die Gründe hier
näher auseinander, denen die Unbrauchbarkeit so vieler Analysen zu-
zuschreiben ist.
1. Bei den meisten älteren und auch bei vielen neueren Unter-
suchungen fehlt die Trennung der beiden Oxydationsstufen des Eisens ;
bei manchen dürfte auch letztere nicht ganz richtig ausgeführt sein,
da die Bestimmung des Eisenoxyduls in manchen Fällen vermittelst
mangelhafter Methoden durchgeführt wurde ; ich komme darauf später
zurück.
2. Manche ältere Analysen sind überhaupt nach mangelhaften
Methoden ausgeführt; aber es dürften die wenigsten Untersuchungen
aus diesem Grunde oder wegen eines anderen analytischen Fehlers
unbrauchbar sein.
3. Sehr viele Analysen sind mit unreinem Material ausgeführt,
es sei nun, dass die betreffenden Mineralien zersetzt waren, oder
dass sie Einschlüsse enthielten; letzteres ist bekanntlich bei den
vulkanischen Mineralien, also bei sehr vielen analysirten Augiten
der Fall.
Namentlich ist dies bei solchen Analysen häufig, bei welchen das
Material nicht von einem Mineralogen stammt; in früherer Zeit wurden
Mineralogische Mittheilungen. 1877. 3. Heft. (Dölter.) 37
280
C. Doelter.
[2]
die Krystalle oder krystallinischen Aggregate einfach zerschlagen und
verarbeitet, ohne einer genaueren Untersuchung unterworfen zu werden.
In neuester Zeit wird allerdings in vielen Fällen eine mikroskopische
Besichtigung des zu verarbeitenden Minerals vorgenommen, und nur
solches Material zur Analyse benützt, welches unzersetzt und frei von
Einschlüssen ist; jedoch geschieht dies noch nicht immer, manche
Forscher analysiren nach wie vor zersetztes und unreines Material.
Die Analyse von solchem ist dann wohl nicht ohne Nutzen, wenn man
über die Art der Zersetzung und der Natur der Einschlüsse orientirt
ist; ist dies nicht der Fall, so ist die Analyse nicht nur unnöthig,
sondern sie schadet, indem sie über die chemische Constitution des
betreffenden Minerals nur unrichtige Begriffe verbreitet. Wie leicht
wäre oft die chemische Formel eines Minerales festzusetzen, wenn
man wüsste, welche unter den vielen Analysen mit reinem Material
ausgeführt wurden.
Denn man kennt allerdings die Zersetzung in einigen Fällen
an den Resultaten der Analyse wohl selten aber die Verunreini-
gung durch andere Mineralien; andererseits konnte man ganz reine
Mineralien als verunreinigt darstellen, wenn die analytischen Re-
sultate mit unseren üblichen Anschauungen nicht stimmen wollten;
manche Controversen über die chemische Natur eines oder des anderen
Minerals sind nur desshalb möglich gewesen, weil neben guten Analysen
auch so viel schlechte Vorlagen und jede Ansicht dadurch scheinbar
auf eine Reihe von Analysen sich stützen konnte; daher kömmt es nun
auch, dass eine grosse Anzahl von Mineralien neu analysirt werden
muss ; es scheint aber geboten, dass in Zukunft jeder Analytiker ausser
der analytischen Methode auch angebe:
a ) ob das betreffende Mineral hei der mikroskopischen Unter-
suchung sich als frei von Einschlüssen erwiesen hat oder nicht;
b) ob dasselbe unzersetzt war, und wenn nicht, welches der Grad
der Zersetzung;
c) ferner zur näheren Bestimmung des betreffenden Materials die
Krystallform und womöglich das Vorkommen.
Auf diese Weise wird sich dann leicht das gute Material zu
erkennen geben.
In Betreff der unrichtigen Analysen scheinen die meisten Fehler
durch mangelhafte Trennung der beiden Oxydationsstufen des Eisens,
so wie auch wegen des unreinen Materials hervorgerufen zu werden ;
dies dürfte speciell für den Augit gelten.
Von diesem Mineral, speciell von dem Tlioner deaugit, sehen
wir in Rammelsberg’s Handbuch *) eine Reihe von Analysen, von denen
aber nur etwa die Hälfte in Betracht kommt, da die anderen keine
Bestimmung des Eisenoxyduls enthalten; leider haben wir aber nur
für die wenigsten der analytisch brauchbaren die Gewissheit, dass sie
an reinem Material ausgeführt worden sind, so dass bei der Wichtigkeit
des Gegenstandes es sehr wünschenswerth erschien, eine Reihe von
*) Berlin 1875.
[3]
Zur Kenntniss der chemischen Zusammensetzung des Augits.
281
Analysen zu erneuern, worauf sowohl Tschermak x) als auch Rammeis-
berg* 2) aufmerksam machten.
Von den vorliegenden Analysen sind nur einige ganz neu, andere
wurden an früher schon untersuchtem Material ausgeführt. Da aber die
nähere Bestimmung, welche unter 3. c vorhin angedeutet wurde, nicht
immer vorlag, so war die Identität manchmal zweifelhaft.
Ausser 7 Analysen von Thonerde-Augiten habe ich noch zwei
Diopsidanalysen ausgeführt, um den Unterschied zwischen farblosem und
grünem Diopsid kennen zu lernen, ferner noch eine Fassaitanalyse als
Ergänzung meiner schon früher gegebenen.
Vor Allem gebe ich hier den Gang der Analyse; es ist dies
der fast allgemein übliche; Aufschliessung mit kohlensaurem Natron-
Kali, Trennung von Thonerde und Eisenoxyd mit reinem Aetznatron, etc.
Nur in Betreff des Eisenoxyduls mache ich einige Bemerkungen:
Es hat sich ergeben, dass die vielfach früher angewandten
Methoden, namentlich die des Zusammenschmelzens mit Borax, unrichtig
seien 3), daher auch in letzterer Zeit von sehr vielen Analytikern das
Mineral mit Flusssäure aufgeschlossen ward ; dies geschieht meist unter
Zusatz von Schwefelsäure durch Behandlung des Materials in einer
zugeschmolzenen Röhre bei mehrstündiger Erhitzung. Dazu muss
jedoch die Flusssäure vollkommen rein sein, da sich sonst nicht unbe-
deutende Differenzen ergeben; es kann dies nur durch Flusssäure
geschehen, die bei Zusatz von übermangansaurem Kali in einer Platin-
retorte destillirt wurde. Setzt man einfach der gewöhnlichen Säure
vor dem Gebrauche übermangansaures Kali hinzu, so erhält man keine
ganz genauen Resultate, wovon ich mich überzeugt habe. Da mir
jedoch eine solche Platinretorte nicht zu Gebote stand, habe ich mich
einer von mir schon früher angedeuteten Methode bedient, deren
Princip von Prof. v. Pebal mir mitgetheilt wurde.
Dieselbe besteht darin, das Mineral mit Flusssäure in Schwefel-
säure zu behandeln und mit übermangansaurem Kali zu titriren, vorher
aber die Flusssäure zu verjagen; dazu bedarf es nur einer geringen
Temperaturerhöhung und muss selbstverständlich die Operation bei
Luftabschluss vollzogen werden.
Das Mineral wird in einem Platintiegel mit Flusssäure und
Schwefelsäure aufgeschlossen; es handelt sich nur darum dasselbe bei
Luftausschluss zu behandeln, dazu wird eine Kohlensäure-Atmosphäre
verwendet. Das Mineral wird im Platintiegel auf einen eisernen Teller
gebracht, der von unten schwach erhitzt wird, am besten auf einem
Wasserbade. Auf diesem Teller wird ein grosses Becherglas mit dem
offenen Theil gegen den Teller zu gesetzt. Der Boden des Becherglases
ist durchbohrt. Die Kohlensäure wird durch ein Glasrohr in den
unteren Theil des Gefässes geleitet, so dass die Röhre über dem
*) Mineral. Mittheil. 1871. 1. Heft.
2) Loc. cit. p. 409.
3) Siehe Mineral. Mittheil. 1876, 4. Heft.
37*
282
C. Doelter.
[4]
Platintiegel endigt; der eiserne Teller trägt an seinem Rande eine
Rinne und in diese wird der Rand des Becherglases gesetzt; es wird
nun entweder durch Sand, Quecksilber oder ein anderes Mittel das
Gefäss von unten so verschlossen, dass keine Luft in dasselbe eindringen
kann; am besten dient dazu Quecksilber, welches in die Rinne des
eisernen Tellers gebracht wird und somit hermetisch die Luft von dem
Inneren des Glasgefässes abschliesst; da die Temperatur zur Vertreibung
der Flusssäure keine sehr bedeutende ist, so ist auch der Gebrauch
von Quecksilber ohne Schaden.
Nach circa zweistündiger Erhitzung ist die Substanz vollkommen
aufgeschlossen und die Flusssäure verjagt, ohne dass während des
Versuches Nachgiessen von Flusssäure nothwendig wäre ; ebenso ist es
auch überflüssig, wenn man einen grossen Platintiegel gebraucht
Schwefelsäure nachzugiessen.
Ich gebe nun diejenigen Versuche, welche ich angestellt habe, um
mich zu überzeugen, dass weder eine Reduction noch eine Oxydation
während der Operation stattfindet.
1. 0-8343gr- schwefelsaures Eisenoxydul- Ammoniak wurden in
Schwefelsäure und Wasser gelöst. Dieselben erfordern 119cc5 der
sehr verdünnten Chamaeleonlösung; diese Operation wird noch zweimal
wiederholt, und es ergibt sich als Titer der Flüssigkeit
cc 1 = 0000985 Fe.
2. 0-705gr- schwefelsaures Eisenoxydul-Ammoniak werden in einer
Platinschale mit Schwefelsäure in Wasser 2 Stunden lang in dem eben
beschriebenen Apparat bei Erhitzung über dem Wasserbad digerirt; die
Titration ergiebt ;
100cc, 4.
Dieser Versuch wird mit 043 lgr- wiederholt; es ergibt sich
62cc, 1.
3. 0235gr- schwefelsaures Eisenoxydul-Ammoniak werden auf
dieselbe Weise behandelt, vorher aber etwas Flusssäure zugesetzt. Es
ergibt sich 34'3CC .
Man sieht, dass die Resultate gut stimmen, indem man bei den
verschiedenen Versuchen folgende Abweichungen von den theoretisch-
nothwendigen Mengen hat.
2. a — 05cc
2. b + 0-4cc
3. + 0-7cc
Dass geringe Abweichungen bei einer so verdünnten Lösung
Vorkommen, kann wohl hier nicht in Betracht kommen.
Ich glaube, dass diese Versuche in Verbindung mit den früheren1)
genügen, um die Zuverlässigkeit der Methode nachzuweisen.
Ich gehe nun über zu den Resultaten der einzelnen Analysen.
') Diese Mittheilungen 1877, 1. Heft.
[5]
283
Zar Kenntniss der chemischen Zusammensetzung des Augits.
1. Schwarzer Augit vom Vesuv.
In einet Bombe aus Sanidin finden sich Krystalle von Augit
4— 12mm lang frei aus den Hohlräumen herausragend. Die Form ist
die gewöhnliche Augitform
CO P . CO Poo ooPooP.
Die Krystalle erwiesen sich als ganz rein und nur an den
Stellen , wo sie aufgewachsen sind , von dem Gestein der Bombe
begleitet; mit der Zange durch Entfernung letzterer Bruchstücke
ergibt sich ganz reines Material. Ungefähr l-5gr-, wovon 0’9 gr- zur
Bestimmung von Si 02, A l2 03 Fe2 03 Ca 0, Mg 0 verwendet wer-
den, während 0’6 gr- zur Bestimmung des Eisenoxyduls verbraucht
werden; letztere wird in der Kohlensäureatmosphäre im Platintiegel
durchgeführt.
. s = 3-275.
Die Analyse ergibt:
Si02 • •
■ • • • 46-95
CaO • •
• • • • 19-02
MgO • •
• • • • 16-04
FeO ■ •
.... 4-09
Fe2 03 •
.... 4-47
Al20z
.... 9-75
100-32
Der Kieselsäuregehalt ist hier etwas niedriger als bei den Vesuv-
augiten, und Eisenoxyd und Eisenoxydul in gleichen percentualen
Mengen vertreten.
2. Dunkelgrüner Augit vom Vesuv.
Ebenfalls in einer Sommabombe aus Nephelin, Sanidin bestehend.
Es war dies ein einziger 25 mm langer und 15 mm dicker Krystall
von dunkelgrüner Farbe.
Krystallform wieder die gewöhnliche
OoPoO CoPcO OOP P
s = 3-203
Beim Zerbrechen des Krystalls ergaben sich makroskopische Ein-
schlüsse von Nephelin, von denen vor dem Zerbrechen keine Spur
sichtbar war; dieselben sind jedoch leicht von der dunkelgrünen Augit-
substanz zu trennen, daher auch hier reines Material erhalten wird,
was auch durch die mikroskopische Untersuchung bestätigt wird.
Zur Aufschliessung mit kohlensaurem Natron-Kali werden 0-9gr-
verwendet und zur Bestimmung von Eisenoxydul in zugeschmolzenem
Glasrohre 0-7gr- zur Bestimmung vermittelst Flusssäure in der Kohlen-
säureatmosphäre 0-65gr- Es ergibt sich aus der Bestimmung
I., 3’06 perc. FeO\
nach der zweiten Methode erhält man
3-34 FeO ;
Mittel aus beiden Bestimmungen
3-16.
284
C. Doelter.
[6]
Die Resultate der Analyse sind:
SiO a . • •
• • • 51-01
CaO ■ ■ •
• • • 20-80
MgO ■ • •
• • • 16-58
FeO • • •
- • • 3-16
Fe2Oz • •
• - • 3-51
H/203 • •
• • • 4-84
99-90
Wie in dem erstgenannten
schwarzen Augit ist auch
hier die
Menge des Eisenoxyds in Percenten fast gleich oder nur um
weniges
höher als die des Eisenoxyduls.
Von dem Augit vom Vesuv,
der dem unserem nahe zu
kommen
scheint, erwähne ich die von Wedding, welche jedoch an Material aus-
geführt wurde, das aus der Lava selbst stammt; der Eisenoxydul-
Gehalt ist darin beträchtlich grösser als bei uns, ebenso
auch der
Kalkgehalt.
Ich gebe hier anhangsweise
diese Analyse:
Si02 • • •
• • • 48-86
Äl203 • •
• • • 8.63
Fe203 • •
• • • 2-73
FeO • • •
• • • 4-55
CaO • • •
• • • 20-62
MgO - ■ •
• • . 14-00
99-39
Siehe die Berechnung dieser Analyse bei Tschermak (Pyroxen
und Amphibol) Mineralogische Mittheilungen 1871.
3. Gelber Augit vom Vesuv.
Stammt ebenfalls aus einer Sommabombe, wo sich in Hohlräumen
kleinere Krystalle 2 — 8mm lang befinden. Die Bombe besteht aus
Nephelin, Sanidin, Biotit, Spinell und schwarzem Augit.
Die gelben Augitkrystalle zeigen die Form
oo P • ooPoo oo Poo P 2 P.
Sie sind rein im Innern, müssen jedoch von der anhängenden
Substanz der Bombe getrennt werden, was namentlich für Spinell und
Glimmer ziemlich viel Zeit erfordert.
Angewandt wurden zur Aufschliessung mit kohlensaurem Kali-
Natron 0"85 zur Bestimmung des Eisenoxyduls vermittelst Flusssäure
in der Kohlensäureatmosphäre 0-58.
s — 3-298.
[7]
Zur Kenntniss der chemischen Zusammensetzung des Augits.
285
Die Resultate der Analyse sind folgende:
Si02 •
50-41
CaO •
• • • • • 22-75
31g 0 *
12-92
FeO •
6-78
PCoOq
1-09
Äh03
6-07
100-02
Wir haben hier, wie man sieht, sehr wenig Eisenoxyd im Ver-
hältniss zu den früher ergebenen Daten.
Anhangsweise erwähne ich noch, dass auch G. v. Rath eine
Analyse eines gelben Augites ausgeführt hat; derselbe ist jedoch nicht
ident mit dem unseren, wie schon aus der Krystallform hervorgeht,
welche bei unserem eine einfache ist, während G. v. Rath Krystalle
der Combination
P, 2 P, 2 Poo , Poo, CO P, coP3, ooPoo, OP
untersuchte ; auch finden sich letztere zusammen mit röthlichem Augit,
Glimmer und Humit, also in einem anderen Aggregate J).
4. Augit von Lipari.
Es waren zwei Krystalle der gewöhnlichen Form;
co P • co P oo • ooPco • P.
ungefähr lcc gross, der eine davon war ein Zwilling nach dem bekann-
ten Gesetze:
Zwillingsehene oo P oo
Die Krystalle erwiesen sich unter dem Mikroskope als rein; der
Fundort derselben ist die Insel Lipari, wo sie als Auswürflinge Vor-
kommen sollen.
Es stand mir im Ganzen l'4gr Substanz zu Gebote. Die Bestimmung
des Eisenoxyduls wurde im Platintiegel mit Flusssäure vorgenommen.
Die Resultate der Analyse sind :
Si02 48'45
CaO 20-30
McjO 14-35
FeO 6"94
Fe203 3-57
Äl203 6-68
100-29
Spec. Gewicht = 3-225.
]) Die Analyse ergab (Pogg. Annalen Bd. 158, p. 413.)
Kieselsäure ....
53-2
Thonerde ....
1-5
Eisenoxydul . . .
23
Kalk
23'4
Magnesia ....
19-3
Glühverlust ....
. 0’2
99 9
286
C. Doelter.
[8]
5. Augit Ton Ouglieri.
Diese Augite stammen aus einer basaltischen Lava, die sich bei
Cuglieri auf der Insel Sardinien findet ; die Krystalle haben eine Grösse
von 1 — 2cm, sind von dick säulenförmigem Habitus und repräsentiren
die öfter genannte gewöhnliche Combination, und sind zum Theil
einfache Krystalle, zum Theil Zwillinge ; sie kommen mit Biotit und
Hornblende-Krystalien zusammen vor.
Dieselben sind rein ohne bemerkenswerthe Einschlüsse, wie unter
dem Mikroskope sich ergab.
Die Eisenoxydulbestimmung wurde zweimal ausgeführt, beidemal
im Platintiegel mit Flusssäure.
Die beiden Resultate waren:
1. 5-09 perc. Fe 0
2. 5-02 perc.
stimmen also sehr gut überein.
Die Resultate der Analyse sind:
Si02 • •
■ • • 45-65
CaO • •
• • • 21-09
MgO • •
• • • 13-60
FeO • •
• • • 505
Fe203 ■ ■
• • • 6-32
Al203 • •
• • • 8-61
100-32
Spec. Gewicht = 3-299.
Der Thonerdegehalt ist hier ein sehr beträchtlicher, desgleichen
der Eisenoxydgehalt, sowie der Eisengehalt überhaupt.
6. Augit von Greenwood Fournace.
Zur Analyse lagen vor säulenförmige längliche Krystalle, welche
das Prisma und die beiden Pinakoide ohne Endflächen repräsentiren
und 6— 12mm lang waren. Dieselben waren zwar etwas auf der
Oberfläche braun, was auf eine Zersetzung schliessen lässt, im Innern
jedoch ganz frisch und von lichtgrüner Farbe, so dass auch hier
reines Mineral erzielt werden konnte; zur Analyse lagen vor l-8er.
Der Eisenoxydulgehalt wurde im Platintiegel mit Flusssäure bestimmt.
Die Analyse ergab :
SiO% • •
• • • 49-18
CaO • •
• • • 20-62
MgO • •
• • • 16-83
FeO ■ •
• • • 2-55
Fe203 ■ •
• • • 5-05
Äl203 • •
• • • 5-09
99-32
Spec. Gewicht = 3-295.
Bei dieser Analyse ist der etwas hohe Gehalt an Eisenoxyd zu
constatiren gegenüber einem viel geringeren Gehalte an Oxydul, was
[9]
Zur Renntniss der chemischen Zusammensetzung des Augits
287
jedoch bei mehreren der von uns ausgeführten Analysen der Fall ist,
und auch bei einigen älteren Analysen vorkommt, so namentlich bei
den Analysen in Rammelsberg’s Verzeichnisse.
Bei den meisten älteren Analysen dagegen ist der Gehalt an
Eisenoxydul sonst grösser als der an Oxyd, was jedoch hei manchen
vielleicht an einem analytischen Fehler liegen könnte. J)
7. Augit vom Bufaure.
Vorliegende Analyse wurde an Krystallen ausgeführt, die aus dem
Melaphyr vom Bufaureberge in Südtirol stammen und schon öfters
beschrieben wurden. Sie kommen porphyrartig eingesprengt vor in
einem dichten Augit-Plagioklas-Melaphyr und erreichen oft beträchtliche
Grösse. Die mir vorliegenden Krystalle zeigen die Combination
ooP . ooPoo . ooPoo . P. O P | Poo
und sind 8— 14mm gross von dicksäulenförmigem Habitus. Einige im
Innern vorkommende Einschlüsse von Feldspath können mit einigem
Aufwand von Mühe entfernt werden.
Die Bestimmung des Eisenoxyduls wurde ausgeführt I. im zu-
geschmolzenen Glasrohre mit reiner Flusssäure, II. und III. im Platin-
tiegel mit Flusssäure.
Die Versuche ergaben :
I. angewandt wurden 0512 Gramm 7-71 perc. Fe 0
II.
„ 0-634
7-63 „
III.
„ 0701 „
7-87 „
Als Mittel erg
ibt sich 7 ‘74 perc.
,
Die Analyse ergab
Si02 ....
• 49-01
CaO ....
• 20-01
MgO ....
• 14-55
FeO ....
• 7-74
Fe203 ....
• 3-77
äi2o3 ....
• 5-09
10017
Spec. Gewicht
= 3-299.
Bei diesem Augit ist also die Menge des Eisenoxyduls bedeutend
grösser als die des Eisenoxyds. Wahrscheinlich von demselben Material
wurde die Analyse ausgeführt, welche
von Kudernatsch am
Augit
vom Zigolonberge gegeben wurde. Es
stimmen die Resultate
beider
nicht gar schlecht.
Jedoch fehlt der Analyse Kudern atsch’s die
Eisen-
oxydulbestimmung 2)
.
‘) Für den Fundort dieses Augits siehe Dana’s Mineralogy p. 600.
~) Die Resultate dieser Analyse sind nach Rammelsberg’s Handbuch
p. 409.
Si02 ....
. 5012
CaO ....
. 2005
MgO ....
. 13-76
FeO ....
. 11-60
Fe203 ....
. — • —
Al.2Os ...
. 4-20
99-67
Mineralogische Mittheilungen. 1877. 3. Heft. (Dölter
.) 38
288
C. Doelter.
[10]
8. Fassait.
In meinen Beiträgen zur Mineralogie des Fassa- und Fleimser-
thales habe ich drei Analysen von Fassait gegeben, hier gebe ich nun
eine weitere, welche ich an sehr frischem Material ausgeführt habe,
es lagen mir Krystalle der früher unter II angeführten Varietät vor,
die sich in körnigem Fassait in Hohlräumen desselben vorfanden.
Die Analyse ergab:
SiOz 44-76
CaO ..... • 24-90
MgO 13-65
FeO 2-09
jFc203 5'01
Äl203 1010
100-51
Specifisches Gewicht = 2‘979.
Man sieht, dass diese Analyse gut stimmt mit der früher an der
Varietät II angeführten.
Diopsid von Ala.
Die folgenden Analysen wurden unternommen, um den Unterschied
zwischen farblosem und gefärbtem Diopsid kennen zu lernen, und um
zu constatiren, ob der kleine, bei den Diopsiden oft constatirte Thon-
erdegehalt blos einer Verunreinigung zuzuschreiben ist oder nicht;
dazu war vor Allem ganz reines Material nothwendig. Ich hatte mehrere
grüne und farblose durchsichtige Diopside von Ala von säulenförmigem
Habitus zur Verfügung, die 2 — 3 Cm. lang waren und die Combination
ooPoo . QO_Poo . OOP . 2 P • OP • Poo . 2 P°o
zeigten.
Am besten geeignet zur Analyse schien ein grosser Krystall, der
am oberen Ende farblos, am unteren Ende dunkelgrün war; es wurden
zur ersten Analyse Stücke des dunkelgrünen Diopsids gewählt, zur
zweiten solche des farblosen, beide waren ganz rein.
9. Dunkelgrüner Diopsid.
Zur Analyse wurden gebraucht 0"9 Gr. für die Aufschliessung
mit Natron-Kali, 05— 0-7 Gr. für die Bestimmung des Eisenoxyduls;
letztere wurde einmal im Platintiegel in der Kohlensäure, das zweite
Mal in der zugeschmolzenen Piöhre ausgeführt, die Versuche ergaben:
I • . . 1-96
II • • • 1-88
Zur Kemitniss der chemischen Zusammensetzung des Augits.
289
Die Resultate der Analyse sind:
Si02 54*28
CaO • 25-04
MgO 17-30
FeO 1-91
Fb203 0‘98
Al2Os ..... 0-51
100-02
10. Farbloser Diopsid.
Es wurden zwei Analysen ausgeführt, das Eisenoxydul in einem
Falle im Platintiegel bestimmt, im anderen als Eisenoxyd gew'ogen.
Die Analysen ergaben:
I.
II.
Mittel
Si02 • . •
• 54-99
54-48
54-74
CaO • • •
• 25-88
26-16
26-03
MgO ■ • •
• 16-95
17-10
17-02
FeO • • >
. 2-99
2-82
2-91
100-81
100-56
100-70
Berechnung der Analysen.
Ich werde nun zeigen, welche Folgerungen aus dem früher erhal-
tenen Resultate sich ergeben.
Bekanntlich herrschen über die Constitution der Augite, speciell
der Thonerde-Augite zwei Ansichten, wovon die eine von Tschermak,
die andere von Rammeisberg vertreten wird.
Gestützt auf die Wahrnehmung, dass bei den Thonerde-Augiten
Ca <i Mg + Fe
ist, während bei thonerdefreien Augiten
Ca = Mg + Fe
und dass die Menge der Kalkerde und Thonerde gleich der der Mag-
nesia sei, hat Tschermak die Ansicht aufgestellt, dass Thonerde
und Eisenoxyd als Silicate gebunden an Mg Vorkommen und zwar
glaubt er, dass diesen Silicaten möglicherweise die Formeln
Mg Al Al Si06 und Mg Fe Fe S106
zukämen.
Rammeisberg dagegen hält alle Augite, seien sie thonerdefrei
oder nicht, für normale Silicate RSiOs , denen Thonerde und Eisenoxyd
nur isomorph beigemengt seien ; nach Rammeisberg spricht haupt-
sächlich gegen die Tschermak’sche Ansicht die Thatsache, dass bei
manchen Thonerde-Augiten
Ca = Mg -f- Fe
und dass bei thonerdefreien Augiten
Ca nicht immer gleich Mg + Fe sei,
38*
290 0. Doelter. [12]
Aus meinen Analysen ergibt sich, dass bei reinen unzersetzten
Augiten, die Thonerde und Eisenoxyd enthalten
Ca <( Mg + Fe
während allerdings Si = Ca + Mg + Fe in den meisten Fällen ist,
sonach scheinbar Al und Fe nur beigemengt erscheinen können.
Die Thatsache aber, dass bei den meisten aus reinem Material
bestehenden Augiten, die der Analyse unterworfen wurden
Ca <C Mg -f- Fe
lässt auf eine gewisse Gesetzmässigkeit schliessen, und die Ansicht
berechtigt erscheinen, dass Thonerde und Eisenoxyd als Silicate vor-
handen sind, wenn auch vielleicht die endgiltige Formel letzterer noch
nicht festgestellt werden kann.
Ich gebe nun hier die einzelnen Analysen und habe unter I. die
aus der Analyse berechneten Mengen, unter II. die Quotienten jener
Mengen durch die Atomgewichte, ainter III. das approximative Atomen-
verhältniss gesetzt.
1. Schwarzer Augit vom Vesuv.
I.
II.
III.
Sauerstoff
Silicium ....
• 21.91
0.783
28
56
Calcium ....
• 13.57
0.339
12
12
Magnium • • • •
• 9.60
0.400
14
14
Eisen (als Oxydul)
• 3.17
0.056
2
2
Eisen (als Oxyd) •
• 3.13
0.056
2
3
Aluminium • • •
• 5.19
0.189
6
9
Sauerstoff • • • •
• 43.43
2.714
97
96
Es ergibt sich die Formel :
Si28 Ca12 Mg14 Fe2 fe Alz 096, wenn wir die 2 Fe als Oxyd
mit fff bezeichnen.
Zwischen dem Sauerstoff der aus der Differenz berechneten und
dem für die Mengen von Si, Ca, Mg nothwendigen ergibt sich eine
Differenz von 1.
Die Analyse führt also zu dem Resultate :
28 Si02, 12 CaO, 14 MgO, 2 FeO, Fe203, 3 Äl3Os.
Man bemerkt, dass hier
Ca : Mg : Fe
0.339 0.400 0.056
also Ca Mg + Fe
Wenden wir die von Tschermak gegebene Deutung an, indem
wir uns Al als
MgO, AkOASiO«
denken, ferner Fe203 als
Mg0,mFc203 Si02
291
[13]
Zur Kenntniss der chemischen Zusammensetzung des Augits.
das übrige als Diopsid, so haben
wir
10 (CaO
MgO
2 Si02)
2 (CaO
FeO
2 Si02)
3 (MgO
ai2os
Si02j
1 (MgO
Fe2Os
Si02 )
2. Dunkelgrüner Augit
vom Vesuv.
I.
II.
III.
Silicium ....
• 23-81
0-850
39
Calcium ....
• 14-85
0-371
18
Magnium ....
• 9-95
0-414
19
Eisen (als Oxydul)
• 2-46
0-045
2
Eisen (als Oxyd) •
• 2-43
0-043
2
Aluminium • • •
• 2-58
0-094
4
Sauerstoff ....
• 43-93
2-746
125
Die Menge der aus den gefundenen
stoffmenge ergibt sich
Zahlen
berechneten
für Si • * •
• 78
Ca • • •
• 18
Mg- ■ •
• 19
Fe • • •
Fe ■ ' •
• 3
M • • •
• 6
126
Sauer-
Bezeichnet man das als Oxyd, Eisen als fa, so erhält man die
Formel:
Si39 Ca18 Mgls Fe2 fy Ah 0,26 oder auch
39 SiOa 18 CaO 19 MgO 2 FeO Fe2Os 2 Äl203
welche, wenn’ man annimmt, dass und M als Magnesiasilicate vor-
handen sind, geschrieben wird
16 ( CaO MgO 2 SiO 2)
2 ( CaO Fe 0 2Si02)
MgO Fe2Oz Si02
2 (MgO Al,Oz SiOz )
Man sieht, dass auch hier
Ca : Mg : Fe wie
0.371 : 0.414 : 0.045 oder
9 : 9.5 : 1 dass also
Ca <[ Mg + Fe
und ferner dass hier:
Si >> Mg + Ca M Fe da
0.851 > 0.371 -f 0.414 + 0.045.
292
C. Doelter. [14]
3. Gelber Augit vom Vesuv.
I.
II.
III.
Silicium ....
• 23.52
0.840
120
Calcium ....
• 16.25
0.406
58
Magnium ....
• 7.76
0.324
46
Eisen (als Oxydul)
• 5.28
0.095
14
Eisen (als Oxyd) •
• 0.76
0.014
2
Aluminium • • •
• 3.22
0.118
16
Sauerstoff ....
• 43.19
2.700
386
Die Differenz zwischen dem aus dem Verluste berechneten Sauerstoffe
und dem, welcher sich aus den verschiedenen analytisch gewonnenen
Mengen berechnet, ist gleich 1, da für die oben erhaltenen Atomver-
hältnisse die nothwendige Zahl von Sauerstoff 385 ist. Auch hier hat
man Ca << Mg -f Fe, jedoch ist der Unterschied ein auffallend
geringer, eine einfache Formel auf Grund der früher angewendeten
Hypothese isomorpher Silicate lässt sich nun aus den erhaltenen Zahlen
nicht ganz zwangslos berechnen, da die Mengen von Ca und Mg zu
sehr von einander verschieden sind.
4. Augit von Lipari.
I.
II.
III.
Silicium ....
• 22.61
0.808
36
Calcium ....
• 14.50
0.362
16
Magnium ....
• 8.61
0.359
16
Eisen (als Oxydul)
• 5.39
0.096
4
Eisen (als Oxyd) •
• 2.51
0.045
2
Aluminium • • •
• 3.56
0.127
6
Sauerstoff ....
• 42.80
2.676
119
Die aus der Berechnung sich ergebende Menge von Sauerstoff ist
also etwas geringer als die für die durch die Analyse enthaltenen
Mengen nothwendige.
Wir haben hier wiederum :
Ca : Mg : Fe
0.362 : 0.359 : 0.096
8:8:2
also auch hier
Ca <( Mg + Fe
Wenn wir wiederum Fe 3 als Oxyd mit fl# bezeichnen, erhalten
wir die Formel :
<8*36 0«16 Mg16 Fei fe Äh 01% 0 oder auch
36 Si02 1 6 CaO 16 MgO 4FeO a Fea03 3^,0*
Zur Kenntniss der chemischen Zusammensetzung des Augits.
293
[15]
was wir auf folgende Weise schreiben können
12 ( MgO CaO 2 Si09)
4 (. FeO CaO 2 SiOa)
1 (MgO Fe2 03 S/.(\)
3 (MgO AkOs Si02)
5. Augit von Cuglieri.
I
II
III
Silicium •
• • • • 21-30
0-768
44
Calcium
• • • • 15-06
0-376
21
Magnium
• • • • 8-16
0-340
19
Eisen (als Oxydul) • • •
■ • • • 3-93
0-070
4
Eisen (als Oxyd) • • •
• • • • 4-41
0-078
4
Aluminium
0-168
10
Sauerstoff
2-659
152
Es kann also das Resultat der Analyse ausgedrückt werden durch
die Formel:
Sin Ca 21 Mg10
Fe,
oder auch
44
Si02
21
CaO
19
MgO
4
FeO
2
Feä ü.
5
A\0Z
Wir haben hier
Ca : Mg : Fe
0-376 : 0-340 : 0070
5-3 : 4-8 : 1
Also auch hier Ca -< Mg + Fe, wenngleich die Differenz in
diesem Falle keine sehr grosse ist; bemerkens werth ist, dass hier sehr
wenig Magnesia vorhanden ist gegenüber dem höheren Kalkgehalt;
desshalb führt auch die Analyse zu keiner einfachen Formel unter
Annahme der früher gebrauchten Formeln für die isomorphen Silicate.
6. Augit von Greenwood.
I
II
III
Silicium .......
• . » . 22-95
0-820
47
Calcium .......
• • • • 14-72
0-368
21
Magnium
• • • • 10.09
0.420
24
Eisen (als Oxydul) > • •
■ • • • 1-98
0-035
2
Eisen (als Oxyd) • • •
• • • • 3-54
0-063
4
Aluminium
• • • 2-72
o-ioo
6
Sauerstoff
• • • 44-00
2-751
156
294
C. Doelter.
[16]
Daraus ergibt sich das Verhältniss
Siiv C$21 ^24 Ätz Ft?2 Fe 2 01BG
wobei die aus dem Verluste berechnete Sauerstoffmenge 157 ist, also
von den für die einzelnen Mengen von Si, Ca , Mg etc. um 1 Atom
differirt; die Formel lässt sich auch schreiben
47 Siö2
21 CaO
24 MgO
2 FeO
2 Fe2 ()>
3 AUO,
Wir können diese Verbindung betrachten als
19 ( MgO , CaO 2 Si02)
2 (CaO, FeO , 2 /SiOä)
2 (O203, %0, &'02)
3 (Äl203, MgO , Ä»02)
Wir bemerken, dass hier
Ca : Mg : Fe sich verhält wie
0368 : 0"420 : 0035 oder wie
11-5 : 12 : 1
Dass also auch hier
Ca < Mg + Fe.
7. Augit von Bufaure.
I
II
III
Silicium
■ • • • 22-87
0-817
71
Calcium
■ • • • 14-29
0-357
30
Magnium
■ • • • 8*73
0-363
32
Eisen (als Oxydul) • • •
• • • • 6-02
0106
9
Eisen (als Oxyd) • • • ■
■ • • • 2-64
0-046
4
Aluminium
■ • • • 2-71
0-099
8
Sauerstoff
• • • 42-74
2-671
232
Die aus der Differenz berechnete Menge weicht von der aus den
erhaltenen Mengen für die einzelnen Elemente um 1 Atom ab.
Es ergibt sich die Formel:
71 Si02 30 CaO 32 MgO 9 FeO 2 Fe2(K 4 Al203
Bemerkenswerth ist, dass hier Ca um ein sehr Beträchtliches
geringer ist, als Mg -f- Fe , was hier mehr als bei allen anderen
Augiten stattfindet.
Zur Keimtniss der chemischen Zusammensetzung des Augits.
295
Die Darstellung, wie sie für die übrigen Analysen gegeben wurde
unter Annahme isomorpher Silicate, ist hier nicht so einfach, da zu
wenig Kalkerde vorhanden ist.
8. Grüner Diopsid von Ala.
I
II
III
Silicium ........
• • • • 25-33
0-904
180
Calcium .......
• • • • 17-89
0-447
89
Magnium ........
• • • • 10-39
0-431
86
Eisen (als Oxydul) • • •
. . . . i-48
0-026
5
Eisen (als Oxyd) • • • ■
. . . . o-69
0-012
2
Aluminium
■ • • • 0*28
o-oio
2
Sauerstoff
■ • • • 43-94
2-74
549
Man sieht also, dass selbst bei dem kleinen Thonerde-Gehalt
von 051
Ca : Mg : Fe
0-447 : 0-431 : 0*026
17-4 : 17-2 : 1
Also auch in diesem Falle ist die Menge von Ca <; Fe -f- Mg ;
ich glaube also, dass hier keine blosse Verunreinigung vorliegt, und
dass auch in diesem Falle die Thonerde als Silicat vorhanden sein
könnte.
Die Berechnung ergibt unter Annahme der T scher mak’schen
Daten °
84 (MgO, CaO , 2 SiOa)
5 (FeO, CaO , 2 Si02)
(MgO, Ä1.20,, SiOO
( MgO , Fe,03, SiO 2
9. Farbloser Diopsid.
Diese Analyse stimmt so ziemlich mit den Mengenverhältnissen
überein, welche Tschermak berechnet hat, für eine lOproc. Bei-
mengung von Hedenbergit zu dem normalen Diopsid MgO, CaO , 2 Si02,
nur ist bei unserer Analyse eher etwas zu viel Kalk vorhanden.
Aus diesen Berechnungen ergibt sich, dass bei allen Analysen
die Menge der Kalkerde geringer ist, als die der Magnesia und des
Eisenoxyduls zusammen; ferner dass die obige Differenz in manchen
Fällen eine sehr bedeutende ist, und nur selten, wie bei dem gelben
Vesuv-Augit, eine geringe: die meisten unserer Thonerde-Augite lassen
sich bei Annahme isomorpher Silicate auf einfache Formeln zurück-
führen, und nur bei zweien (III u. V) lässt sich diess auf zwangslose
Weise nicht leicht durchführen, da eben bei letzteren die Differenz
zwischen Kalkerde und Magnesia- Eisenoxydul eine geringere war.
Mineralogische Mittheilungen. 1877. 3. Heft. (Doelter.) 39
296
C. Doelter.
[18]
Ferner ergibt sich, dass auch bei jenen Diopsiden, die wenig
Thonerde beigemischt enthalten, deren Thonerde-Gehalt nicht immer
als einfache Verunreinigung betrachtet werden kann, sondern dass mit
dem Erscheinen der Thonerde auch eine Verminderung des Kalk-
gehaltes gegenüber der Summe von Eisenoxydul und Magnesia eintritt;
alles dieses lässt die Annahme von Thonerde- und Eisenoxyd- Silicaten
im Augit nicht unberechtigt erscheinen, wenngleich die definitive Zu-
sammensetzung letzterer noch nicht ganz sicher ermittelt ist.
Mineralogisches aus dem Ostindischen Archipel.
Von A. Frenzei.
Herr Dr. A. B. Meyer, Director des k. zoologischen Museums zu
Dresden, bereiste in den Jahren 1870 — 1873 den Ostindischen Archipel
inclusive Neu-Guinea behufs zoologischer, anthropologischer und ethno-
graphischer Forschungen. Die bei dieser Reise selbst gesammelten und
sonst zusammen gebrachten Mineralien und Gesteine *) sind mir von
Demselben zur Bestimmung anvertraut worden und lasse ich hiermit
im Nachstehenden, die Mineralien nach den Fundorten zusammen-
gestellt, die Ergebnisse meiner Durchsicht folgen.
1. Borneo.* 2)
Vorherrschend Antimon-Mineralien und Zinnober aus dem west-
lichen Borneo, dem Reich Sarawak.
Antimonit kommt am häufigsten und auch in grossen Massen
vor, es finden sich grosse Blöcke — wovon zwei Exemplare Vorlagen —
theils ganz, rein, von breitstänglicher, faseriger bis dichter Structur,
theils mit Quarz verunreinigt und von der Oberfläche aus umgewandelt
in Antimon ocker. Eine Prüfung auf einen etwaigen Goldgehalt
ergab ein negatives Resultat. Als nähere Fundorte waren die Orte
Tambusan und Tagui bezeichnet. Indessen ist Schwefelantimon an
vielen Punkten im Districte des Sarawakflusses gefunden worden. Nach
F. Gröger3) ist jedoch das Terrain, in welchem bis jetzt reiche
Funde von Antimonglanz gemacht und ausgebeutet worden sind, nicht
von grosser Ausdehnung. Das Terrain bildet ein wellenförmiges Hügel-
') Dieselben werden an das k. mineralogische Museum in Dresden abgegeben.
2) Die Borneo-Objecte wurden Dr. Meyer theilweise von dem Beherrscher
Sarawaks, dem Radja Brooke übergeben.
3) Verhandlungen der k. k. geologischen Reichsanstalt 1876, Nr. 4 und Oester.
Ztschr. f. Berg- und Hüttenwesen 1866, 118.
Mineralogische Mittheilungen. 1877. 3. Heft. (Frenzei.)
39*
298
A. Frenzei.
[2]
land und besteht aus einem System von Thonschiefer, wechselnd mit
Sandsteinbänken, das theilweise von einem dunkeln Kalke unterlagert
wird. Einzelne aus dem Hügellande sich bis zu 200 Mr. erhebende
Berge sind theils aus einem ähnlichen Kalke, theils aus Porphyr zusam-
mengesetzt. Der Porphyr tritt auch, namentlich in der Nähe seiner
Massenausbrüche gangförmig auf und nicht selten findet man das
Antimon im Contacta mit Porphyrgängen. Ausserdem findet man Durch-
brüche von quarzitischen Gesteinen; fast stete Begleiter der Antimon-
Vorkommnisse. An einigen Punkten sind reiche Anbrüche aufge-
schlossen worden, die den Kalksteinschichten parallel eingebettet
erscheinen ; auch die Höhen der Kalkberge sind theilweise von Antimon-
glanzgängen durchzogen. Das Erz wird vorzugsweise in grösseren
Blöcken auf und in der Nähe des Fusses der Berge und Hügel und
auf dem Ausgehenden der Quarzitgänge gefunden. Das Ausgehende
solcher Gänge zeigt sich hier und da erweitert, an verschiedenen Stellen
offen; die in diesen höhlenartigen Bildungen aufgefundenen Erzstücke
sind die Reste der zerstörten Erzadern und nicht selten theilweise in
Antimonoxyd umgewandelt; vereinzelt wird hier auch metallisches
Antimon gefunden.
Seit den letzten 20 Jahren beträgt die durchschnittlich jährliche
Production von Schwefelantimon 25.000 Centner.
Antimon ocker ist neben Schwefelantimon schon seit längerer
Zeit nach Europa gekommen, soll jedoch von den Antimon-Fabrikanten
vielfach als werthlose Gangart weggeworfen worden sein. x) Man ver-
hüttet jetzt auch diesen Ocker, welcher in der reinsten Form bis
65 Proc. Antimon ergibt; auch wird das geröstete Mineral jetzt als
gelblichweisse Farbe zu Anstrichen benützt, und es soll diese Farbe
so gut decken, als Bleiweiss, ohne jedoch giftig zu sein.
Der Antimonocker wird gleichfalls in grossen Blöcken gefunden,
und ist durchgängig ein Oxydationsproduct des Schwefelantimons. Mit-
unter, ja zum grössten Theile, erkennt man noch die faserige Structur
des Antimonglanzes, und sehr gewöhnlich enthalten die Antimonoxyd-
stücke im Innern noch unzersetzte Theile von Schwefelantimon, andern-
theils sind auch grosse Blöcke durch und durch oxydirt.
Bekanntlich werden drei verschiedene Mineralien unter dem Tri-
vialnamen „Antimonocker“ verstanden. Der eigentliche Antimonocker
Sb208 -f- H20* 2) existirt vielleicht gar nicht, wenigstens nicht von
dieser Mischung. Breithaupt nennt das Mineral Gelbantimonerz,
und besteht dasselbe nach einer Untersuchung Plattner’s in der
Hauptsache aus antimonsaurer Kalkerde. Borneo wird als Fundort
dieses Minerals nicht aufgeführt, und ich habe es auch nicht auffinden
können. Dagegen findet man Borneo angegeben als Fundort der
andern beiden Antimonocker, des Stiblith und Cervantit, wovon der
erstere wasserhaltiges, letzterer wasserfreies antimonsaures Antimon-
oxyd ist; vom Stiblith wird das specifische Gewicht 5'28, vom Cer-
vantit 4*08 angegeben. Von dem vorliegenden Ocker konnten aller-
9 Dingler’s Polytecbn. Journ. 173, 152.
2) Blum und Delff’s, Jabrb. f. Min. 1847, 256.
[3]
Mineralogisches aus dem Ostindischen Archipel.
299
dings zwei Varietäten unterschieden werden, die eine in langfaserigen
Aggregaten von poröser Beschaffenheit, strohgelber Farbe, Härte 3
und dem niederen specifischen Gewicht 2*7 — 2*8 ; die andere von röth-
lichgelber Farbe, kurzfaserig, porös, Härte 5 und specifischen Gewicht
5-09. Die leichte Varietät bleibt vor dem Löthrohr fast unverändert,
während die schwere sich bis auf einen geringen Rückstand verflüch-
tigen lässt, ohne zu schmelzen oder ein Metallkorn zu geben. Die
Analyse des leichten Ockers ergab folgende Zusammensetzung:
Sb204 • . .
• • • 72-30
Si02 • • •
• • • 5-20
CaO • • •
• • • 7-85
MgO • • •
• • • 0-03
Fe203 • • •
• • • 5-24
h2o . • •
• • • 9-24
99-86
Das Eisen ist als Brauneisenerz beigemengt x), dasselbe daher in
Abzug zu bringen. Bezüglich der Kieselsäure war ich lange im Zweifel,
ob sie dem Mineral eigenthümlich oder nur beigemengt sei; durch ver-
schiedene Versuche kam ich schliesslich zu dem Resultat der Bei-
mengung. Nach Abzug dieser Beimengungen ergibt sich folgende Zu-
sammensetzung :
Sb204 • • •
CaO • • •
• • • 8-85
MgO - • •
• • • 0-03
h2o • . •
• • • 9-43
99-86
Dieser Ocker ist somit jedenfalls eine Verbindung von antimon-
saurem Antimonoxyd, antimonsaurer Kalkerde und Wasser; der Anti-
monsäure-Gehalt lässt sich leider nicht direct bestimmen, das Mineral
ist unlöslich in Säuren.
Die schwere Varietät verhält sich, wie gesagt, ganz anders; sie
löst sich zum Theil in Säuren, verraucht fast vollständig auf Kohle
und wird nach dem Glühen, wobei nur ein ganz geringer Verlust statt-
findet, rein weiss. Als Mischung wurde gefunden:
Sb204 98-00
CaO 2-10
MgO 015
H20 0-70
100-95
Dieser Ocker ist also wasserfreies, antimonsaures Antimonoxyd
oder Cervantit, obwohl das specifische Gewicht mehr dem Stiblith
entspricht.
‘) In manchen Stücken mit blossem Auge erkennbar.
300
A. Frenzei.
[4]
Phipson analysirte schon einen Antimonocker von Borneo, wel-
chen er für ein Hydrat erklärte, die Zusammensetzung sei entspre-
chend der Formel Sb204 + H20 , allein Dana und Brush haben
das Mineral für Cervantit angesprochen, und mit Recht. Der geringe
Wassergehalt kann bei der grossen Menge fremder Bestandtheile nicht
in Betracht kommen ; Phipson fand nämlich :
Sb204 65-00
Fe203, A1203 • • • 10-00
SiOo, etc (!) • • • 21-25
H2Ö _3(75
100-00
Brush fand Brauneisenerz und Kaolin beigemengt, bekanntlich
wasserhaltige Mineralien.
Heisse Quellen sollen Schwefelantimon zu Antimon reducirt
haben, das gediegene Antimon wird aber gleichfalls in grösseren,
bis pfundschweren Stücken gefunden, es ist sehr rein, zeigt starken
Glanz, rein zinnweisse Farbe und läuft nicht an, von körnig-blättriger
Structur; frei von Gold. Das Antimon von Borneo ist ein sehr schönes
Vorkommen, jedenfalls das schönste nach dem von Sala.
Als Oxydationsproducte des Antimons finden sich in Hohlräumen
grösserer Stücke
Valentinit, in schönen, diamantglänzenden, rein weissen, büschel-
förmigen Partien und
Antimonblende, gleichfalls in büschelförmigen Gruppen.
In Hohlräumen des Antimon finden sich ferner winzig kleine,
diamantglänzende Kryställchen, dieselben sind farblos, häufiger noch
weingelb bis grünlichgelb gefärbt, durchsichtig, sehr weich. Die Kry-
ställchen, die mir Vorlagen, waren bei ihrer ausserordentlichen Klein-
heit nicht mit Sicherheit zu bestimmen, sie sind sehr flächenreich und
die Kanten gerundet. Es ist bemerkenswerth, dass diamantglänzende
Mineralien so häufig an Kanten und Flächen gerundete Krystalle zeigen,
wie z. B. Diamant, Eulytin, Pucherit, Cerussit etc. Die in Rede
stehenden Kryställchen halte ich übrigens für tetragonal, indessen kann
ich nicht anders sagen als „wahrscheinlich tetragonal“. Das Mineral
verflüchtigt sich vollständig, der Hauptbestandtheil ist Antimon, den
zweiten, gleichfalls flüchtigen Bestandtheil, konnte ich nicht sicher er-
mitteln ; das Mineral ist wasserfrei und dürfte wohl eine Chlorantimon-
Verbindung sein.
Trotz der wenigen Beobachtungen, die ich an dem Minerale an-
stellen konnte, ist doch sicher dasselbe ein neues, welches ich unter
dem Namen
Sarawakit einführen will. Gern hätte ich diese geringen Notizen
für mich behalten, allein der Umstand, dass der Sarawakit zu unseren
schöneren Mineralien gehören dürfte, bewog mich zur Veröffentlichung,
welche vielleicht auch zu grösserer Aufmerksamkeit und gründlicher
Bestimmung des Minerales anregt.
[5]
Mineralogisches aus dem Ostindischen Archipel.
301
Gediegen Arsen tritt in zwei Varietäten auf, einmal in
krummschaligen, nierenförmigen Massen, welche sich von unsern erz-
gebirgischen Vorkommnissen nicht unterscheiden lassen; dann aber
auch in einer merkwürdigen, körnig bis kurzblätterigen Abänderung,
welche ungemein rasch, augenblicklich mit tief schwarzgrauer Farbe
anläuft; diese Abänderung stammt von Gading. Als Begleiter des
gediegenen Arsens treten Antimonglanz, Realgar und Quarz auf. Der
nähere Fundort des krummschaligen Arsen war nicht verzeichnet1),
dessgleichen auch nicht der Fundort schöner Krystalle von gemeinem
Quarz. Diese Quarzkrystalle sind von guter Ausbildung und aus-
gezeichnet durch ihre Grösse; die Pyramidenkanten erreichen eine
Länge von 12 Cm.; sie zeigen die einfache Combination ooR.R. — R.
Sehr interessant und vielleicht von grosser bergmännischer Wich-
tigkeit ist das Auftreten von
Zinnober auf Borneo, von dem in Deutschland bis jetzt fast
nichts bekannt war. Zwei Notizen hat Grog er2) gegeben. Nach
Demselben ist das Vorkommen von Quecksilbererzen erst seit dem
Jahre 1868 bekannt geworden. Der Hauptfundort ist Tegora, ein
anderer Fundort Gading, beide im Reiche Sarawak. Die Gesteine, in
denen der Zinnober auftritt, bestehen aus Thonschiefer, welche in ver-
schiedenen Horizonten Einlagerungen von Sandsteinbänken enthalten;
dieses Gesteinssystem wird überlagert von einem mächtigen System
von Sandsteinbänken. Das Erzvorkommen gehört dem ersteren System
an, welches den circa 600 Fuss hohen Berg Tegora bildet, aus wel-
chem eine bei 500 Fuss lange und 200 Fuss breite Bergspitze hervor-
ragt, die im Wesentlichen aus denselben Gesteinen besteht, und welche
Masse der Träger des Erzes ist. Ein Nebengestein besteht aus einer
dichten felsitischen Masse von weisser Farbe. Die Ränder der vorlie-
genden Stücke befinden sich in angehender Verwitterung und zeigen
graue Farbe; das Gestein enthält Einsprenglinge von Magnetkies und
führt auf Kluftflächen neben Zinnober noch Kupferkies und Malachit.
Die chemische Zusammensetzung des frischen weissen Gesteins ist die
folgende:
Kieselsäure • •
• 69-05
Thonerde • • •
• 19-70
Kalkerde • • •
• 2-85
Magnesia • • •
• 0-46
Kali und Natron •
■ 4-37
Glühverlust • •
• 3-57
100-00
Die Hauptmasse des Zinnobers findet sich indessen eingesprengt
in einem dichten, grauen, thonigen Gestein, welches durch und durch
mit Eisenkies und Leberkies imprägnirt ist, dieses Muttergestein lässt
') Nach Gröger wird Arsen nur an einem einzigen Punkte in Kalkstein
gefunden.
3) Fr. Gröger, Verhandl. der k. k. geolog. Reichsanstalt 1876, Nr. 3 und
Oesterr. Zeitschr. f. Berg- u. Hüttenwesen 1876, 118.
302
A. Frenzei.
[6]
sich daher auch nicht näher bestimmen. Der Eisenkies oder wahr-
scheinlicher der Leberkies, vitriolescirt sehr leicht und die Stücke sind
oft mit einer weissen oder grünen Efflorescenz bedeckt. Ausserdem
enthält das Gestein Partikelchen eines weissen weichen Minerals, wahr-
scheinlich Schwerspath. Der Zinnober führende Sandstein ist stark
eisenschüssig, eine Probe enthielt :
Kieselsäure • • • • 76'0
Eisenoxyd 20’ 1
Wasser 3-9
Togo
Das sind 76 Proc. Quarzsand und 24 Proc. Brauneisenerz. .
Ausser in Tegora findet man Zinnober auch noch an andern
Orten, er kommt mehrorts in der Dammerde und den Flussbetten vor;
ein sehr schönes und grosses Geschiebe liegt vor.
In Höhlungen des Eisenkiesreichen Muttergesteins finden sich
kleine zierliche Kryställehen von
Kalome 1, gebildet von der einfachen Combination P. oP , stark
glänzend und wasserhell.
Aus dem Süden von Borneo, von Banjermassin, liegt prächtige
Braunkohle vor. Diese Kohlen werden nach Singapore ver-
schifft, wo sie, mit englischen Kohlen vermischt, von den Dampfschiffen
verbraucht werden.
Die Kohle hat ganz das Aussehen der Steinkohle *) ; es ist eine
schöne pechschwarze Kohle, schieferig bis dicht, z. Th. mit musche-
ligem Bruch (Gagat). Die Kohle gibt indessen braunes Strichpulver
und mit Kalilauge eine braune Lösung. Sie führt ferner auf Klüften
ein schönes, bernsteinartiges Harz, das leider ungenügenden Materials
wegen nicht näher untersucht werden konnte. Das Harz dürfte entweder
Retinit oder Sch raufit sein; mit letzterem schönen Mineral
hat es grosse Aehnlichkeit.
2. Philippinen.
a ) Luzon.
Von der Insel Luzon lagen Erzproben von den bekannten Kupfer-
erzgängen zu Mancayan im Districte Lepanto vor. Die Erze sind
Enargit, Luzonit und Kupferkies.
Enargit kommt derb und krystallisirt vor. Die Krystalle —
entweder kleine, gut ausgebildete und stark glänzende oder grosse
rauhe und zerrissene — sitzen auf Luzonit und Eisenkies auf und zeigen
dieselben Formen, wie der bekannte Enargit von Morococha in Peru;
J) In der Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft 1, 307 werden
sie auch als Steinkohlen aufgeführt.
[7] Mineralogisches aus dem Ostindischen Archipel. 303
ausserdem finden sich als Begdeiter Quarz, Schwerspath und Pseudo-
morphosen von Quarz nach Schwerspath.
Luzonit, gleichfalls derb und krystallisirt, die Krystalle sind
indessen winzig klein und dazu so ungünstig aufgewachsen, dass sich
die Formen nur schwer ermitteln lassen; auch haben die Krystalle
durchaus nicht so schöne ebene und glänzende Flächen, wie die kleinen
Enargitkrystalle, sondern sie sind uneben, gerieft und die Krystalle
überhaupt auch undeutlich ausgebildet. Wenn man den Luzonit jedoch
nur als eine Varietät des Ena.rgit betrachtet, wie es hin und wieder
noch geschieht, so ist man im Irrthum, der Luzonit ist unzweifelhaft
eine selbstständige Species. Er ist überhaupt nicht rhombisch kry-
stallisirt, sondern monoklin, vielleicht selbst triklin, die Krystalle
erinnern an gewisse Epidotformen. Aber auch an eine Vereinigung
mit dem Clarit darf nicht gedacht werden, und es ist somit die Gruppe
Enargit-Luzonit-Clarit zu einer der interessantesten im Mineralreich
geworden. Wenn auch nicht mit Sicherheit, so lässt sich doch mit
höchster Wahrscheinlichkeit sagen, dass der Famatinit isomorph mit
dem Luzonit, und somit gleichfalls monoklin krystallisiren dürfte.
Kupferkies nur derb und verwachsen mit Buntkupferkies.
Dessgleichen lagen eine Anzahl
Hütten producte vor, als : Kupferstein mit schönem haar-
förmigen Kupfer, sowie Arsenikalien, Realgar, derb und krystallisirt,
und Arsenige Säure in schönen grossen Octaedern.
Zwischen Lukban und Bilukan auf Luzon tritt ein schöner
Phonolith auf, welcher säulenförmige Absonderungen zeigt.
Das Gestein ist von dunkelbräunlich- bis grünlichgrauer Farbe und
lässt in der feinen Grundmasse Sanidintäfelchen erkennen.
b) Camiquin.
Von Camiquin sind zwei Laven von dem Ausbruch im Jahre 1872,
kurz nach welchem Dr. Meyer sich nahe dabei auf der Insel Negros
aufhielt, mitgebracht worden, wovon die eine von brauner Farbe und
porös ist, mit weissen Einsprenglingen von glasigem Feldspath, die
andere ist von blaugrauer Farbe und mehr dichter Beschaffenheit.
Ueber die Zusammensetzung dieser Laven siehe weiter unten Laven
von Celebes.
c) Ne gr os.
Holz stein, ein schönes Stammstück und einige Splitter, von
Valentia. Hr. Dr. Conwentz in Breslau hatte die Gefälligkeit, einen
Dünnschliff bezüglich der Natur des ursprünglichen Holzes mikrosko-
pisch zu untersuchen, leider waren die organischen Gewebe vollständig
durch Kieselsäure verdrängt und nur an einer einzigen Stelle noch
Zellen wahrzunehmen, welche auf einen Dicotylenstamm schliessen lassen.
Von demselben Orte lag aus einer Solfatare eine weisse, glän-
zende, krystallinisclie Masse vor. Dieselbe konnte nach äusseren Kenn-
Mineralogiache Mittheilungen. 1877. 3. Heft. (Frenzei.) 40
A. Frenzei.
304
[8]
Zeichen nicht sofort bestimmt werden, und die desshalb vorgenommene
Analyse ergab, dass ein seltenes Mineral,
Mag ne sia- Alaun, vorlag. Die chemische Zusammensetzung
ist folgende:
Schwefelsäure
• • 37-76
Thonerde • •
• • 12-60
Magnesia • •
• • 3-52
Kalkerde • •
• • 091
Wasser • • •
• • 45-21
100*00
Das Mineral von Negros hat somit gleiche Zusammensetzung mit
den amerikanischen und afrikanischen Vorkommnissen, nur ist es frei
von Manganoxydul. Es stammt aus einer vulkanischen Gegend — auf
Negros sind noch thätige Vulcane — und es hat sich daher gebildet
durch Einwirkung von schwefligsauren Dämpfen auf Thonerde- und
Magnesia-haltige Gesteine.
Indem in der krystallinisch-blätterigen Masse sich auch lang-
faserige, seidenglänzende Partieen vorfanden, hielt ich das Mineral
zunächst für Keramohalit. Um nun vielleicht über die Krystallform
des vermeintlichen Keramohalit etwas beobachten zu können, betrachtete
ich feines Pulver unter dem Mikroskop, ohne indessen das Mindeste
von Krystallformen zu sehen; die Substanz zeigte sich sogar apolar.
Ich löste desshalb das Pulver in einigen Tropfen Wasser, liess dasselbe
verdunsten, und siehe da — es bildeten sich kleine schöne Octaeder-
chen mit abgestumpften Ecken!
d) C e b u.
Von verschiedenen Fundorten dieser Insel brachte der Reisende
zehn Nummern Mineralien metallischen Inhalts mit, hauptsächlich
Bleiglanz und Eisenkies. Der Bleiglanz derb, der Eisenkies theils derb,
co 0 2
theils krystallisirt in der Form °°0°° • — - — . Das Mitvorkommen von
Zinkblende und Quarz deutet auf Gangvorkommnisse und da der Blei-
glanz sehr silberarm ist, findet sich vielleicht die kiesige Bleiformation
auf Cebu vor. Auf Cebu ist schon viel Bergbau getrieben worden,
welcher jetzt jedoch darnieder liegt. Es fand sich ausserdem auch
noch Eisenkies derb und eingewachsen in einem Aphanit, vergesell-
schaftet mit grünem Granat, welches Vorkommen vielleicht analog
unsern obererzgebirgischen Lagergängen sein könnte. Ausserdem wird
auf Cebu auch Glanzeisenerz in schuppigen und körnigen Massen
gefunden.
3. Molukken.
a) T e r n a t e.
Es wurden zwei grosse, prächtige Stücke Bimsstein mitgebracht,
welche von einem noch thätigen Vulcane und zwar von einer Eruption
[9]
Mineralogisches aus dem Ostindischen Archipel.
305
im Jahre 1872 stammen; der Bimsstein ist von rein weisser Farbe
und schöner, schaumiger Beschaffenheit. Ferner einige, aber nur kleine
Bröckelten von Lava, in welcher tafelartige Krystalle des glasigen Feld-
spathes zu erkennen waren.
Sonderbarerweise befanden sich unter den Sachen von Ternate
zwei Stücke, von welchen es sich nicht mit Sicherheit behaupten lässt,
ob es Natur- oder Kunstproducte sind, es sind das ein Stück arsenige
Säure und ein Stück Sublimat (Quecksilberchlorid). Ich hielt dieselben
ohne Frage für chemische Präparate, allein Dr. Meyer gibt an, dass
dieselben an Orten gefunden worden seien, die fern von aller mensch-
lichen Thätigkeit liegen. Es handelte sich also eventuell um wirkliche
Naturproducte und diese Ansicht könnte eine Stütze darin finden, dass
das Stück arsenige Säure mit etwas Lava verwachsen ist. Weit ent-
fernt, arsenige Säure und Quecksilberchlorid etwa mit Bestimmtheit
als Producte vulcanischer Thätigkeit ausgeben zu wollen, glaubte ich
jedoch die Sache nicht verschweigen zu dürfen. Kennen wir doch schon
die Chlorverbindungen von Ammonium, Kalium, Natrium, Calcium,
Magnesium, Aluminium, Eisen, Blei, Kupfer als Producte des Vulcanis-
mus,1) warum könnte nicht auch einmal Quecksilber und Arsen gefun-
den werden?
b) Batjan.
Von der Nordostspitze^) Geschiebe von schön rothem Jaspis und
Karneol.
4. Timor und Flores.
Schon seit langer Zeit kennt man die Kupfererze von Timor.
Man machte wiederholt Anstrengungen, um die Erze zu gewinnen,
indessen immer ohne Erfolg. Jedenfalls sind die Erze nicht zu arm,
wie man mitunter angibt, sondern die Schwierigkeiten liegen in dem
grossen Wassermangel der Insel und den Feindseligkeiten der Ein-
wohner. Die Erze sind gediegen Kupfer, Rothkupfererz, Kupferglanz,
Arsenkupfer, Malachit, Kupferlasur, Kieselkupfer, ferner Ziegelerz und
Brauneisenstein.
Es lagen von der Kupfermine Usu, Makonar in Kupang, kleine,
bohnerzähnliche Kugeln vor, welche im Innern aus Rothkupfererz
bestehen, äusserlich aber in Malachit und Kupferlasur umgewandelt
sind. Diese Kugeln befinden sich in 1 Fuss Tiefe. In 4 Fuss Tiefe
finden sich ähnliche Bildungen, indessen sind diese nicht mehr kugel-
förmig, sondern langgestreckte Stücke. In 8 Fuss Tiefe finden sich
wiederum langgestreckte Kupfererzfragmente vor, und tritt ausser
Rothkupfererz, das z. Th. in kleinen Oktaedern krystallisirt vorkommt,
auch gediegen Kupfer und Arsenkupfer auf, vergesellschaftet mit Mala-
chit und Braunspath. Leider konnte ungenügenden Materiales wegen
das Arsenkupfer nicht näher bestimmt werden, es war zu sehr ver-
unreinigt mit Kupfer und Rothkupfererz.
An einem anderen Fundorte, Atapupo in Makonar, treten auf
Malachit, dicht, traubig, zum Theil mit Magneteisenerz vergesellschaftet.
J) vom Rath: Verhandl. d. N. V. Jahrg. 34, 144.
40*
306
A. Frenzei.
[10]
Kieselkupfer und zwar Kupfergrün und Kupferblau, derb, traubig und
eiugewachsen in einem Serpentin von grünlichgrauer Farbe, welcher
noch sehr kleine, schwarze Glimmerblättchen enthält. Ferner Kalkspath
und ein Kaliglimmer von lichtgrünlichgrauer Farbe.
Als Hüttenproduct lag eine Legirung von Zinn und Kupfer von
Rokke auf Flores vor.
5. Singapore.
Von Singapore sind zwei schöne Granite mitgebracht worden,
ein feinkörniger, aus grauem Quarz, weissem Orthoklas und schwarzem
Glimmer bestehend ; der andere, ein grobkörniger Granit oder Pegmatit,
ist ein sehr schönes Gestein, bestehend aus weissem Orthoklas, weissem
Kaliglimmer und rothem Granat, Quarz tritt nur untergeordnet auf.
Ferner derbe und krystallisirte Quarze, der derbe Quarz ist theils von
dichter Beschaffenheit, theils stänglich und sogenannter Sternquarz,
letzterer hat das specifische Gewicht 2-60; mitunter sitzt auf Klüften
des Sternquarzes gemeiner krystallisirter Quarz auf, die Stengel laufen
indessen nicht in Krystallspitzen aus. Grosse, leider unregelmässig
ausgebildete Quarzkrystalle tragen auf den Rhomboederflächen Auf-
lagerungen von Albit und stammen jedenfalls aus oben erwähntem
Pegmatit.
6. Ceylon.
Von Point de Galle ist ein einziges, sehr kleines Gneisstückchen
mitgebracht worden, das zweierlei Glimmer, von schwarzer und grauer
Farbe, und wenig Quarz enthält ; merkwürdig ist darin ein braunes
Mineral, das man den Spaltungsflächen nach als Orthoklas bestimmen
möchte, das im Uebrigen aber weit mehr dem Dichroit gleicht.
7. Neu-Guinea.
Ueber die Geologie von Neu-Guinea ist äusserst wenig bekannt,
ein Geolog war wohl überhaupt noch nie im Lande der Papuas.
William Macleay von Australien sammelte an den Küsten geogno-
stische Handstücke und Versteinerungen aus dem Tertiär und C. S.
Wilkinson beschrieb dieselben in „The Annals and Magazine of
Natural History, Vol. 18, p. 190.“ Was Dr. Meyer mitbrachte, führe ich
im Nachstehenden auf, es wird das freilich keine „Geologie von Neu-
Guinea“, man betrachte es nur als gelegentlich aufgerafftes Material
eines Zoologen! Vielleicht werden es. doch einige Bausteine für das
Werk des späteren Geologen von Neu-Guinea.
Von Kordo auf der Insel Mysore stammen die Nummern 1 — 8.
1. Grauer Quarzschiefer, durchsetzt von weissen Quarztrümchen;
an vorliegendem Specimen ist zu erkennen, dass dasselbe einem ge-
schichteten Gesteine angehörte, welches ausgelaugt wurde, wobei die
Quarzmasse unangegriffen blieb.
2. Derselbe, mit etwas mehr Quarz und mit Faserkiesel.
3. Quarzfels, aus weissem und grauem Quarz bestehend, letzterer
ist etwas zerfressen, porös.
4. Reiner Quarz von weisser Farbe.
[11]
Mineralogisches aus dem Ostindischen Archipel,
307
5. Total zersetztes Gestein, lässt sich als Gelberde bestimmen,
ist ganz weich, thonig, boiartig, von ockergelber Farbe, mit einzelnen
rothen Punkten von Eisenoxyd; ist das Umwandlungsproduct eines
Schiefers, da die Schieferung noch deutlich erkennbar ist.
6. Ein graulichweisser, dichter, unreiner Kalkstein, mit splittrigem
Bruch.
7. Schöner, dichter Korallenkalk von gelblichweisser Farbe, in
Drusenräumen mit Krystallbildungen von Kalkspath, welche an die
Iberger spitzen Rhomboeder erinnern.
8. Einer kleinen vulcanischen Bombe vergleichbar, von 15 mm
Durchmesser, wurde im Magen einer Gourn Victoriae (Krontaube)
gefunden. Das Specimen ist äusserlich blaugrau und wenig weicher
geworden, im Innern gelblichgrau und sehr hart, es ist ein poröser Quarz.
9. Von Ansus auf der Insel Jo bi in der Geelvinksbai.
Ein Flussgerölle, ist ein Grünstein von sehr fester Beschaffenheit,
das Gestein ist dem Diabas von Kupferberg in Baiern sehr ähnlich.
10. Aus dem Rubiflusse in der Südspitze der Geelvinksbai
auf Neu-Guinea. Bruchstück, von einem haushohen Block abgeschlagen,
ist ein Granit aus weissem Quarz, weissem Orthoklas und schwarzem
Glimmer bestehend.
11. Geschiebe aus dem Gerolle des Rubiflusses.
Ein sehr feinkörniges bis fast dichtes Gestein von lichtblaugrauer
Farbe, ein Sandstein, jedenfalls der ältesten Formation angehörig, also
ein Grauwackensandstein. Derselbe hat folgende Zusammensetzung:
Kieselsäure
Thonerde •
Eisenoxydul
Kalkerde •
Magnesia •
Glühverlust
92-15
3-75
2-03
1-10
0-28
1-25
100-56.
12. Inwiorage (Nappan) auf Neu-Guinea. Anstehendes Gestein,
aus grosskörnigem Granit, Pegmatit bestehend. Das Gestein zeigt grosse,
weisse Quarzpartien und grosse Blätter silberweissen Kaliglimmers mit
wenig Feldspath und ist in den vorliegenden Handstücken frei von
accessorischen Gemengtheilen.
13. Von Passim („Red steep point“) auf Neu-Guinea in der
Geelvinksbai.
Acht bis zehn in das Meer verlaufende Vorgebirge, aus Schiefer-
thon bestehend. Der Schieferthon ist weich, schön geschichtet, ganz
ähnlich dem Röthel von Saalfeld. Er enthält in 100 Theilen:
Kieselsäure
Thonerde •
Eisenoxyd •
Eisenoxydul
Alkalien •
61-10
23-45
7-81
0-79
2-10
4-75
Glühverlust
100-00.
308
A. Frenzei.
[12]
14. Jerakobe. Anstehend am Strand. (Ausgangspunkt der
Kreuzungstour Dr. Meyer’s nach dem Mac-Cluer-Golf). Die ganze
Küstengegend besteht aus diesem Gestein. Das Gestein ist ein Kalk-
stein von schwarzer Farbe und von weissen Kalkspathtrümmern durch-
zogen. Das Gestein gleicht durchaus dem Grauwackenkalkstein des
Fichtelgebirges und Thüringerwaldes. Es hat folgende Zusammen-
setzung :
Kohlensäure 43‘00
Kalkerde 54'80
Magnesia 1*24
Eisenoxydul 0'21
Kieselsäure und Kohle • 2-10
TÖD35:
15. Mesmeri. Ein circa 1000 Fuss hoher Trümmerberg, welchen
Dr. Meyer auf dem Wege von der Geelvinksbai nach dem Mac-
Cluer-Golf passirte, besteht aus einem körnigen Kalkstein von blau-
grauer Farbe.
16. Mac-Cluer-Golf. Eine hohe weisse Felsenwand am rechten
Ufer des Jakati, besteht aus einem Mergel von dichter Beschaffen-
heit und hellgrauer Farbe.
Aus dem 6 — 8000 Fuss hohen Arfakgebirge, im Nordwesten
Neu-Guinea’s liegt vor.
17. Granit, grosskörnige Ausscheidungen, enthaltend weissen
Quarz , weissen Orthoklas und weissen Kaliglimmer (Katzensilber),
sowie wenig rothen Granat, also wiederum Pegmatit.
18. Grauer Gneis, schön geschichtet, mit dunkelgrauem Glimmer.
Die nächsten Nummern sind von der Artrolabebai, im Nord-
osten von Neu-Guinea und es sind dieselben von den Officieren eines
russischen Kriegsschiffes von dorther mitgebracht und Hrn. Dr. Meyer
übergeben worden.
19. Jaspis, mit splittrigem Bruch, feuersteinartig, graugelb.
20. Aphanit, ein grünlichgrauer, ganz dichter Grünstein.
21. Holzstein, ein Flussgerölle, langfaserig, schön erhalten. Nach
der gefälligen Bestimmung des Herrn Dr. Conwentz in Breslau dürfte
die Versteinerung einem Laurineenholze angehören.
22. Zweiundzwanzig Stück Flussgeschiebe aus dem Artrolabebai-
Flusse. Darunter befinden sich ein dichter, grünlichgrauer Kalkstein,
welcher sehr unrein ist, beim Auflösen hinterbleibt viel Rückstand, von
chloritischer oder hornblendiger Natur. Handstückchen weissen Kalk-
steins, durchaus ähnlich einem weissen Jurakalkstein ; desgleichen eines
grauen und eines rothen Mergels. Ferner einige Quarze, Flusskiesel,
Jaspis, Hornstein. Dann Glimmerschiefer, grauer, sehr glimmerreicher
Gneis und Quarzschiefer. Ein Melaphyrmandelstein mit Kalkspath und
Grünerde, sowie dichte, rothe Felsitporphyre, durchzogen von Kalk-
spath- und Quarzadern. Endlich Triplit, welcher leider wegen Unrein-
heit nicht analysirt werden konnte.
(Fortsetzung folgt.)
VII. Notizen.
Vermehrung der Meteoritensammlung des Mineralogischen
Hofniuseuins bis Ende September 1877.
Als Ergänzung des Verzeichnisses, welches in diesen Mittheilungen
1872, pag. 165 abgedruckt ist, gebe ich im Folgenden eine Aufzählung
der seither erworbenen Meteoriten. Die Zahl der neuerdings hinzu-
gekommenen Exemplare beträgt 87. Unter diesen sind Steine von zwölf
bis dahin noch nicht vertretenen Fallorten und Eisen von acht neuen
Localitäten.
Die Sammlung hat am Gewichte bedeutend zugenommen und
zwar beträgt die Zunahme bei den Steinen 78 Kilo, bei den Eisen
263 Kilo. Zusammen 341 Kilo. Diese Vermehrungen erhielt das Museum
als freundlichst dargebrachte Geschenke des Herrn Heinrich Ritter
v. Drasche-Wartinberg in Wien (zusammen 247 Kilo), des Herrn
Gust. Hinrichs in Iowa, der Naturforschenden Gesellschaft in Pest,
ferner im Wege des Austausches von den Herren Prof. v. Baumhauer
in Harlem, Prof. L. Smith in Louisville, Baron v. Schilling in Reval,
Prof. Brio in Charkow, Prof. Shepard in Amhei’st. Ausserdem wurden
54 Exemplare von verschiedenen Seiten käuflich erworben und zwei von
mir als Geschenk dargebracht.
Durch Ankauf des vierten Stückes ist der grosse Stein von
Knyahinya completirt worden, so dass jetzt sein Gesammtgewicht
293 Kilo beträgt. Von den ganzen und vollständig umrindeten Exem-
plaren sind die Steine von New-Concord mit 1-12 Kilo, die beiden
grossen Steine von Pultusk mit 7-l und von 2'1 Kilo, ferner der Stein
von Iowa mit 2’8 Kilo hervorzuheben. Die bedeutendste Erwerbung
ist der grosse, schöne Stein von Lance mit 47 Kilo. Unter den Eisen
ist eine 33 Cm. hohe Platte von Toluca mit 21*3 Kilo, welche die
Widmannstädten’schen Figuren in grosser Vollkommenheit darbietet,
besonders zu erwähnen. Das photographische Bild des letzteren, 20 Cm.
hoch, wird vervielfältigt und kann auf Verlangen abgegeben werden.
Der Meteorit vom Janacera-Pass ist ein vollständiges Exemplar ohne
erkennbare Rinde. Das grösste Exemplar unter den Meteoreisen ist
nunmehr der Block aus der Wüste Bolson de Mapini mit 198 Kilo.
Das Eisen von Ovifak ist noch unter dem Meteoriten aufgezählt, ob-
gleich den Berichten über das Vorkommen desselben zufolge die tellu-
rische Herkunft wahrscheinlich geworden.
Mineralogische Mittheilungen. 1877. 3. Heft. (Notizen.)
310
Notizen.
[2]
Jahr
Monat und Ta?
Geographische Nachweisung
Gewicht
in Gramm
1728
1808
1808
1808
1812
1814
1843
1843
1849
1852
1852
1858
1859
1860
1866
1868
1868
1868
1869
1869
1869
1871
1871
1872
1872
1872
1872
1873
1874
1875
1875
1784
1801
1827
1844
1847
1861
1861
1862
1863
1864
1866
1867
1868
1868
1869
1869
1870
1871
1872
1872
22. Juni
19. April
22. Mai
3. September
5. August
15. Februar
2. Juni
12. Novemb.
31. October
4. September
13. October
9. December
28. März
1. Mai
9. Juni
30. Jänner
27. Novemb.
5. December
24. Mai
19. Septemb.
6. October
21. Mai
10. December
28. Juni
23. Juli
31. August
22. Septemb.
12. Mai
12. Februar
31. März
Steine.
Plosckkowitz, Leitmeritz, Böhmen
Parma (Casignano. Borgo San Donino), Italien •
Stannern, Iglau, Mähren
Lissa, Bunzlau, Böhmen
Chantonnay, Vendee, Frankreich
Backmut Jekaterinoslaw, Russland
Utrecht (Zwarte Water), Niederlande
Wercline Tschirskaja Staniza. Land der Donischen Kosaken, Russland
Cabarras County, Nord-Carolina, N.-A. • •
Mezö-Madarasch, Marosch, Siebenbürgen • • -
Borkut, Marmarosck, Ungarn
Aussun, Haute Garonne, Frankreich
Harrison Cty, Indiana, N -A.
New Concord, Muskingum Cty, Ohio, N.-A. • •
Knyahinya, Ungkvar, Ungarn, Hauptexemplar •
„ „ „ 26 kleinere Stücke
Pultusk, Sielce Nowy, Polen, Hauptexemplar • •
„ „ „ „ 2 kleinere Stücke
Danville, Alabama, N.-A.
Francfort, Alabama, N.-A.
Cleguerec, Bretagne, Frankreich
Tjabe, Pandangan, Java •
Stewart Cty, Georgia, N.-A.
Searsmont, Waldo Cty, Maine N.-A.
Bandong, Java
Tennasilm, Turgel, Esthland
Lance, Orleans, Frankreich
Orvinio, Rom, Italien
Waconda, Mitchell Cty, Kansas, N.-A. • • • • •
Khaipur, Mooltan, Indien
Belgorod, Tula, Russland
Iowa Cty (Amana) Iowa, N.-A.
Zsadany, Temeser Comitat, Ungarn
Eisen
Toluca, Mexiko, grosses Exemplar
„ „ kleineres Exemplar
Capland, Afrika
Atacama, Bolivia, S.-A.
Arva Szlanicza, Ungarn
Braunau, Hauptmannsdorf, Böhmen
Robertson Cty, Tennessee, N.-A.
Rittersgrün, Königreich Sachsen
Sierra de Chaco, Wüste Atacama, S.-A.
Janacera-Pass, Wüste Atacama
Südöstl. Missouri, N.-A.
Prambanan, Sokracarta, Indien
Milwaukee, Wisconsin, N.-A.
Auburn, Macon Cty, Alabama, N.-A.
Bolson de Mapini, Cohahuila, Mexiko, ein Exemplar
Tueson Ainsa, Sonora, Mexiko
Trenton, Washington Cty. Wisconsin, N.-A. ....
Ovifak, Godhavn, Disco Grönland, ein Exemplar • •
„ „ „ „ kleines Exemplar
Rockingham Cty, Nord-Carolina, N.-A.
Howard Cty, Indiana, N.-A.
Nenntmannsdorf, Pirna, Königreich Sachsen • • • •
2
183
25
360
119
384
203
94
84
83
66
290
7
1- 125
13700
2- 483
7-150
2-374
19
32
604
37
10
18
113
614
47000
575
47
8
18
22
2-860
2P370
291
191
113
41
20
140
54
28
1-518
21
24
72
17
198-000
9
700
41-000
78
56
14
10
[3]
Notizen.
311
Zu den Meteoreisen wäre noch eines von unbekanntem Fundort,
aus der Sammlung des Herrn Geheimrathes v. Wohl er herrührend,
eines mit der Angabe Sibirien und ein zweifelhaftes mit der Angabe
Brasilien hinzuzufügen.
Die Zahl der in der Sammlung vertretenen Localitäten ist gegen-
wärtig 308. Im Jahre 1819 betrug diese Zahl 36, im Jahre 1843
schon 94, im Jahre 1862 stieg sie auf 176 und war Ende 1868 bei
244 angelangt. Durch das Interesse, welches v. Schreibers dem
Gegenstände widmete und durch den Eifer, mit welchem Parts ch,
Haidinger und Hörn es an der Vermehrung der Sammlung thätig
waren, ist dieselbe zu solchem Umfange gediehen.
Während der Zeit meiner Verwaltung von 1869 bis jetzt hat die
Zahl der vertretenen Localitäten um 64 zugenommen. Das Gesammt-
gewicht ist in diesem Zeiträume von 570 Kilo auf 1025 Kilo gestiegen.
T schermak.
Krystallisirter Vivianit in Säugethierknoclien ans dem Laübacher
Torfmoor.
Durch Herrn Dr. Deschmann, Custos am Museum in Laibach,
erhielt das k. k. Mineralogische Hof-Museum vor Kurzem einige Knochen-
fragmente, welche bei Gelegenheit der letzten Ausgrabungen in den
Pfahlbauten des Laibacher Torfmoores gefunden wurden. Nach der
Bestimmung des Herrn Custos Th. Fuchs gehören drei derselben einem
Hirsch, das vierte einem Rinde an. Das für den Mineralogen interes-
sante liegt indess in den Krystallen von Vivianit, welche sich in und
auf den Knochen gebildet haben. Derselbe tritt theils in tafelförmigen
Aggregaten von parallel verwachsenen Individuen auf, theils in kleinen
nadelförmigen Kryställchen, die selten grösser als 2—3 mm werden und
bisweilen die Combination 100 . 010 . 110 . 111 . 101 erkennen lassen,
theils endlich in radialfaserigen, schwach seidenglänzenden Büscheln.
Letztere finden sich namentlich auf der Aussenseite der Knochen, die
deutlicher krystallisirten im Inneren; die reichlichste Bildung von
Vivianit fand an jener Stelle statt, wo die äussere compacte Knochen-
masse an das innere zellige Gewebe gränzt.
Die Krystalle und Krystall-Aggregate haben auf 010 einen deut-
lichen Perlmutterglanz, die übrigen Flächen sind, wo sie überhaupt
deutlich sichtbar werden, gestreift und matt. Im auffallenden Lichte
zeigen sie eine schöne indigoblaue Farbe; im durchfallenden Lichte
werden sie fast farblos mit einem intensiver gefärbten Saum ; ein Zeichen,
dass die Blaufärbung noch nicht tief in das Innere eingedrungen ist.
Das Vorkommen von Vivianit, namentlich der erdigen Varietäten, Blau-
erde, in Knochen wurde öfter beobachtet; seltener fand man ihn kry-
stallisirt.
Ein dem vorliegenden sehr ähnliches Vorkommen beschreibt
J. Rumpf in den Mittheilungen des naturwissenschaftlichen Vereins
Mineralogische Mittheilungen, 1877. 3. Heft. (Notizen.) 41
312
Notizen.
[4]
für Steiermark 1871, pag. 402 aus dem Hangend-Thone des Lignit-
flötzes von Köflach. Die Bedingungen zur Yivianitbildung sind bei dem
vorliegenden Falle so klar zu erkennen, dass sie wohl nicht erst er-
örtert werden müssen. F. Becke.
Bemerkung zu den Beiträgen zur Mineralogie des Fassa- und
Fleimsertliales.
In der Tabelle, welche die verschiedenen Analysen des Fassaits enthält, ist
statt Kalkerde Magnesia gesetzt und umgekehrt.
Der Fundort der Mineralien im Contact zwischen Melaphyr und Kalkstein
heisst richtiger Cor non statt Comon. C. Doelter.
Becke. Zinnsteiji
Tafel. 1.
B e cJce de I . Lifh y. F. Kölce , Wi e n .
Tschermak: Mineralogische Mrttheilim^eji, 1877 Heft 1H
Jahrbuch der jeolotj' Beichsanstalt, BcLEffil .
Becke: Ziansteia
Tafel . II .
Becke del Xith v B Koke , Wi en .
Tschermak-.Mnieralo^tscke Mittheikm&eri, 1877. lieft Hf .
Jahrbuch ier (jeolog. Reichs anstatt, Bd.IXVTI .
JAHRGANG 1877.
IV. HEFT.
GESAMMELT VON
G. TSCHERMAK.
i. Der Meteorstein von Hungen.
Von 0. Büchner in Giessen.
Zum erstenmal wurde im kleinen Grossherzogthum Hessen ein
Meteorsteinfall wirklich beobachtet. Derselbe ereignete sich am 1 7. Mai
1877 Morgens 7 Uhr in der Provinz Oberhessen im Walde zwischen
Steinheim und Borsdorf, 5 Km. von Hungen. Das gewöhnlich einem
Meteoritenfall vorausgehende donnerähnliche Getöse wurde an ver-
schiedenen Orten der Nachbarschaft, selbst in Langsdorf wahrgenommen.
Zufällig ging gerade der Schreiner Herr Scharmann von Steinheim auf
dem Weg nach Borsdorf, auch er hörte das Donnern gerade über sich,
ohne eine Spur von Wolke zu sehen; dann beim Eintritt in den Wald
hörte er ein Brausen, Zischen, Pfeifen, als wenn viele Steine durch den
Wald flögen. Da schlug unmittelbar neben ihm ein Stein gegen eine
Fichte, brach einen fingerdicken Ast ab und fiel ihm vor die Füsse.
Der Mann war so sehr erschrocken, dass er erst nach einiger Zeit und
nachdem er sich überzeugt hatte, dass es nichts Lebendiges sei, den
Stein aufnahm. Er war kalt.
Doch gab der Stein nur zu Wirthshausgesprächen für die Bauern
Veranlassung. So hörte ich erst Ende August von dem Ereigniss; da
ich den grössten Theil des September abwesend war, konnte ich erst
nach der Rückkehr an Ort und Stelle die Thatsachen feststellen. Durch
ungünstiges Wetter verhindert konnte ich dann erst am 15. October
mit einer kleinen Anzahl von Collegen und Schülern nochmals an den
Fallort gehen und waren wir gleich beim Beginn der Suche so glücklich,
noch einen kleinen Stein von 26 Gr. zu finden ; das weitere 21/2stündige
Abtreiben des Waldes war aber fruchtlos; das frischgefallene Laub
verhinderte das Auffinden weiterer Steine, die ohne Zweifel noch
gefallen sind.
In der Richtung von NW. — SO., in welcher das Getöse vielfach
gehört wurde, müssen nach Aussage des Zeugen und nach dem Augen-
schein auch die Steine geflogen sein. Der erste gefundene Stein wog
über 86 Gr. Doch brach der Finder ein oder einige kleine Stücke
davon ab ; eins von 3‘32 Gramm konnte ich noch von ihm erhalten.
Mineralogische Mittheilungen. 1877. 4. Heft. (Büchner.) 42
314
0. Büchner.
[2]
Um eine politurfähige ebene Stelle zu erhalten, liess ich ein kleines
Eckchen von 10 Grm. absägen, und so wiegt der Hauptstein jetzt
73-26 Grm. Er ist in die Mineraliensammlung der Universität Giessen
übergegangen. Derselbe hat eine unregelmässig dreieckige, platten-
förmige Gestalt, ist 6*8 Cm. lang, 4-3 Cm. breit, er hat 2 Cm. an der
dicksten und 12 Cm. an der dünnsten Stelle. Es scheint, dass kaum 1/4
des ganzen Steines abgebrochen ist. Sonst ist er ringsum mit einer
matten, dünnen, schwarzen Schmelzrinde überzogen; Orientirungsleisten
fehlen. Einzelne Eisenkörnchen sind auch in der Rinde sichtbar.
Die Bruchfläche zeigt eine graue, stellenweise bräunlich gefärbte
Grundmasse. Besonders auffallend aber ist ein quer durch den Stein
und schief zu den Plattenseiten gestellter, schwarzer, glänzender, sehr
dünner Blätterdurchgang, der auch bei dem zweiten, 5 Monate nach
dem Fall gefundenen Stein vorhanden ist, obgleich dieser offenbar nicht
von dem Hauptstein abbrach. Eine andere kleinere Stelle auf dem
Bruch des Hauptsteins zeigt einen ähnlichen Gang parallel mit dem
Vorigen, aber weniger schwarz und weniger graphitartig glänzend. Mit
der Lupe erkennt man eine ähnliche schwarze faserige Masse, die
überlagert ist von glänzendem, graugelbem Troilit in feinen, aber zahl-
reichen Körnchen. Sie zieht sich als feine schwarze Linie durch den
ganzen Stein.
Der Chondritcharakter des Steins lässt sich selbst mit der Lupe
auf der Bruchfläche nur schwer erkennen; sie erscheint gleichmässig
grau mit sehr zahlreichen Einlagerungen von Eisen und Troilit, die
namentlich auf der polirten Fläche deutlich hervortreten. Auf derselben
durch Säure Aetzfiguren zu erzeugen, misslang, es wurden die dünnen
Partikelchen aufgelöst, aber Figuren entstanden nicht.
Doch treten die chondritischen Kügelchen schon mit der Lupe
deutlich hervor. Zahlreiche undurchsichtige Partien bestehen aus deutlich
erkennbarem Eisen, schwer davon zu unterscheidendem Troilit, andere
aber sind schwarz und undurchsichtig wie die Rindenmasse und in
grösserer Menge vorhanden; kleine schwarze Körnchen mögen wohl
Magnet- und Chromeisen sein.
Die mikroskopische Prüfung zeigt, dass die Rinde etwa zur Hälfte
aus Eisen besteht und sehr wenige durchsichtige Partikelchen (Olivin)
einschliesst. Die Grundmasse des Steins ist farblos und durchsichtig
und nach allen Richtungen hin von zahlreichen Sprüngen durchzogen ;
ich halte sie für Olivin. Nur an wenigen Stellen sind einzelne Partien
schwach bräunlich gefärbt, namentlich in der Nähe von Eisen, doch
enthält Pultusk diese braunen Stellen weit zahlreicher. Deutlich sind
einige Olivinkugeln unterscheidbar, die theilweise von der erwähnten
schwarzen Masse, theilweise auch von metallischem Eisen eingefasst
sind. Bei sehr wenigen deutet eine geradlinige Umgrenzung auf ein
Krystallindividuum.
Eine zweite Art von kugeligen Einschlüssen besteht aus parallel-
oder radial-strahligen Krystallmassen , denselben, die Tschermak1)
bei den Meteoriten von Shergotty und Gopalpur als Bronzit erkannt
‘) Sitz.-Bericht. Ac. Wien I. B. 65, 1872, Feb.
[3]
Anhang zu der vorstehenden Mittheilung.
315
hat. Endlich finden sich noch Kügelchen aus einer gleichmässig grau
durchscheinenden, nicht oder kaum von Rissen durchzogenen Masse.
Auch hier erinnern selten vorkommende geradlinige Umgrenzungen an
einer oder zwei Seiten an Krystallbildung.
Im Ganzen genommen erscheint also der Meteorstein von Hungen
als zu den häufigst vorkommenden Meteoriten gehörig, und doch lässt
er sich nicht mit Agen, Girgenti, Buschhof, N. Concord, Knyahinya,
Ensisheim, Pohlitz, Vouille, Bremervörde, Krähenberg, Seres und
Pultusk verwechseln, mit welchen ich ihn verglich.
II. Anhang zu der vorstehenden Mitteilung.
Von G. Tscliermak.
Von dem Meteoritenfall zu Hungen hat Herr 0. Büchner in
Giessen ein vollständiges Exemplar von 25*8 Grm. an das k. k. Hof-
Mineraliencabinet als Geschenk übergeben und hat auch einen Dünn-
schliff dieses Meteorsteines beigefügt. Diese Gabe, werthvoll durch die
Seltenheit des Meteoriten, ist ein schönes Erinnerungszeichen, welches
die Wiener Sammlung von dem Autor jenes Werkes erhält, das die
Erforschung der Meteoriten so wesentlich förderte.
Der genannte Stein ist tief schwarz, hat eine beiläufig fünfseitige
Form, eine stark gewölbte Vorderseite (Brustseite) und eine flachere
Rückenseite. In der Form und der schwach angedeuteten Orientirung
gleicht er manchen Steinen von Pultusk. Die Rückenseite ist an der
glatteren Rinde und an dem blasigen Schmelz, welcher sich dem Rande
zu anhäuft, zu erkennen. An einer kleinen Stelle der Vorderseite
erscheint als Unterbrechung eine rauhe Fläche, die von einer blasigen
Rinde überzogen ist, während die Vorderseite im übrigen von einer
homogenen matten Rinde ohne Unebenheiten gebildet wird. Jene Stelle
verdankt ihre Rauhheit ohne Zweifel dem Abspringen eines Splitters.
Am Rande ist ausserdem eine Stelle zu bemerken, die gleichfalls auf
ein solches Abspringen zurückzuführen ist. Sie erscheint aber nicht
ganz mit Rindenschmelz überzogen, sondern der letztere greift nur an
den Umrissen der entblössten Stelle hinein. Auf der Rückenseite
erscheint die Form des Steines gleichfalls in der Weise gestört, dass
die Abtrennung eines kleinen Stückes angenommen werden muss. Die
Stelle ist, wie auch Herr 0. Büchner bemerkt, mit einem Harnisch
d. i. mit einer ziemlich glatten, gerieften, metallisch glänzenden Fläche
bedeckt. Die Trennungsfläche war also schon durch das Gefüge des
Meteoriten gegeben. Da der Harnisch nun an den Umrissen einen
übergreifenden Schmelzanflug zeigt, so dürfte die Abtrennung des
Stückes erst spät, also kurz vor dem Niederfallen geschehen sein. Das
Auftreten von Harnischen wird auch an manchen anderen Meteoriten
beobachtet, besonders häufig an den Steinen von Pultusk.
42*
316
G. Tsckermak.
[2]
Die schwarze Rinde ist ungewöhnlich dick, viel dicker als an dem
Meteorstein von Pultusk. Der Dünnschliff des Steines zeigt bis R5 Mm.
grosse Partikel von Eisen, wenige kleine Körner von Magnetkies, beide
in einer aus grösseren und kleineren Fragmenten und nicht häufigen
Kügelchen bestehenden Masse. Diese enthält vielfach kleine undurch-
sichtige Körnchen ohne Metallglanz, die wol als Chromit oder Picotit
zu denken sind.
Die durchsichtigen Minerale sind nach meinem Dafürhalten von
dreierlei Art. Das eine ist zuweilen durch Krystallumrisse und im
übrigen stets durch die unvollkommene rechtwinklige Spaltbarkeit bei
entsprechender optischer Orientirung als Olivin gekennzeichnet. Derselbe
zeigt nur wenige Einschlüsse, die aus Nadeln und aus Körnern eines
wasserhellen Minerals, ferner aus einem staubartig vertheilten undurch-
sichtigen Mineral — wohl Chromit — bestehen. Der Olivin bildet im
Uebrigen kleine und grössere eckige Splitter, zuweilen auch etwas abge-
rundete Körnchen, doch trägt er zur Bildung von Kügelchen wenig bei.
Häufiger als jene Splitter und Körner sind Körnchen und Krystall-
aggregate die ich auf Bronzit beziehen möchte. Die einzelnen Körner
lassen zuweilen eine prismatische Spaltbarkeit bei entsprechender
optischer Orientirung erkennen. Die Aggregate erscheinen parallel-
stänglig oder radialstängelig, zuweilen auch verworrenstängelig. Diese
Aggregate bilden die meisten Kügelchen in der an Kügelchen ziemlich
armen Gesteinsmasse. Der Bronzit enthält oft feine braune Nadeln,
auch braune Körnchen als Einschlüsse, ebenso die staubartigen als
Chromit gedeuteten Partikel. Ein fast ganz trübes Mineral, welches hie
und da Körner oder Kügelchen bildet, möchte ich ebenfalls zum
Bronzit zählen. Es zeigt Spuren einer radialfaserigen Textur.
Ein braunes Mineral von feinschaliger Textur, welches durch
seine tiefere Färbung und das Gefüge von den anderen absticht, ist
auch in der optischen Orientirung davon verschieden. Es bildet eckige
Körnchen. An einem grösseren Durchschnitte wurde der Winkel
zwischen einer Auslöschungszurichtung und der Richtung der parallelen
Blättchen zu 38° bestimmt. Daraus lässt sich nur entnehmen, dass das
Mineral nicht dem rhombischen Systeme angehört. Ich möchte dasselbe für
einen diallagartigen Augit halten. Nach meinen Beobachtungen ist die
Abweichung der einen Äuslöschungsrichtung von der Kante des auf-
rechten Prisma in der Ebene 010, bei den Mineralen der Diopsidreihe
38° 54' bis 45° 56', bei den Augiten, 36° bis 44° 30'. Da nun die
Schiefe des Schnittes gegen 010 diesen Winkel verkleinert, so ergibt
sich, dass obige Beobachtung meiner Deutung nicht widerspricht.
Ausser den genannten Erscheinungen ist noch das Auftreten fein-
körniger Aggregate hervorzuheben, welches sich durch ein sehr gleich-
förmiges Korn und eine gleichförmige Vertlieilung jenes als Chromit
angesprochenen Minerales auszeichnen. Das letztere kommt darin theils
in Körnern, theils in würfligen Krystallen vor und seine Individuen
sind grösser als im übrigen Meteoriten. Im ferneren bestehen die
Aggregate theils aus Olivin, theils aus dem braunen für Augit gehaltenen
Mineral. Ihr Umriss ist immer eckig, nicht kugelig.
III. Mineralogisch -petrographische Notizen aus
Siebenbürgen.
Cölestin. — Glaubersalz. — Steinsalz. — Adular. — Einschlüsse
des Repser Basalttuffes. — Gesteine und Minerale des Csicsöberges.
— Eläolith und Sodalith von Ditro.
(Aus einer im Februar 1877 der uDg. Akad. d. Wissensch. vorgelegten Abhandlung.)
Von Prof. Dr. A. Koch in Klausenburg.
1. Neue Fundorte des Cölestin in Siebenbürgen.
Der Cölestin wird in Ackner’s „Mineralogie Siebenbürgens“
S. 153 bestimmt blos von einem Fundorte erwähnt, und dieser ist
Dobring (Reussmarkter St.), wo das Mineral faserig in Gypslagern vor-
kömmt. Belegstücke dieses Vorkommens habe ich in keiner Sammlung
gesehen. Bei Kl. Kapus (Koloscher Gesp.), welches Ackner als wahr-
scheinlichen Fundort angibt, konnte ich keinen auffinden.
Im vergangenen Jahre lernte ich in der Nähe Klausenburgs zwei
neue Vorkommen kennen, der eine Fundort befindet sich hei dem
Dorfe Bäcs nächst Klausenburg, in der sogenannten „Bäcsi torok“
(Bäcser Schlucht), in deren Steinbrüchen das Mineral ziemlich häufig
ist, und wo es mein Schüler, Herr M. Töth entdeckte; der andere
Fundort ist hei Gyalu der Berg Namens Szölöalja, wo mein
Assistent, Herr A. Kürthy einige Stücke an der Oberfläche fand.
Die näheren Umstände des Vorkommens am letzteren Orte sind unbe-
kannt; die abgerundeten Stücke lagen am Rücken des Berges unter
den unzähligen Versteinerungen von Nummulites perforata , Ostreen
und Gryplmea Eszterlidzyi Päv ., es ist also wahrscheinlich, dass der
Cölestin hier in der Nummulitenbreccie mit rothem Thon-Bindemittel
schmale Gänge bildet. Die gefundenen Stücke sind stängelig-faserig,
durch die Sonne gebleicht, bläulich weiss. und an der Oberfläche haftet
noch rother Thon. Die Fasern sind 6 Cm. lang, das wäre also auch
die Breite des Ganges, von welchem das Stück stammt.
Den Cölestiufundort bei Bacs hingegen untersuchte ich eingehend
und sammelte reiches Material zur genaueren Prüfung des Minerals.
Ich will die Resultate meiner Untersuchung kurz mittheilen.
Mineralogische Mittheilungen 1877. 4. Heft. (Koch.)
318
A. Koch.
[2]
Umstände des Vorkommens des Bäcser Cölestin. Der
Cölestin findet sich in zwei Steinbrüchen der Bäcser Schlucht, im ersten
wenig, im zweiten ziemlich viel. Eine Skizze des zweiten Steinbruches
(Taf. 13, Fig. 1) stellt das Vorkommen genau dar.
1. Alluvialer und diluvialer Schutt, d. i. gelber
Mergelschlamm, erfüllt mit erdigen Stücken von Grobkalk 1 — 2 Meter
2. Darunter an der linken Seite des Steinbruches
tafelig - schieferiger Ostreakalk mit Ostr. multicostata ,
Vulsella legumen , Anomga tenuistriata 1 — 2 „
3. Gelblichbrauner Tegel mit hellen bläulichgrauen
Zwischenschichten 1 „
4. Hell bläulichgrauer, sehr zerklüfteter Tegel, durch
welchen der Cölestin gang ( x — y ) streicht 4 „
5. Dicktafeliger und bankiger Grobkalk (Eocän).
Der Cölestingang (x—y), wie in der Skizze ersichtlich, streicht
quer durch die Schichtung des Tegels und nimmt abwärts immer mehr
eine verticale Richtung. Sowohl abwärts als auch aufwärts lässt sich
aber die Auskeilung des Ganges verfolgen, so dass die ganze vertikale
Ausdehnung kaum mehr als 3 Meter beträgt. Der Gang gabelt sich
ferner in seinem Verlauf mehrmal, indem der Tegel sich zwischen
beiden Zweigen einschiebt, und diese sich bald wieder vereinigen. Die
grösste Breite des Ganges beträgt nicht mehr als 25 Mm. Etwa
30 Decim. weiter verlauft ein zweiter, noch dünnerer Gang parallel
mit dem Hauptgange, keilt sich aber bald papierdünn aus. Beide
Cölestingänge werden von Krystallgruppen und verästelten Nachahmungs-
gestalten des Gyps begleitet (in der Skizze durch schwarze Punkte
bezeichnet), welche beiderseits an die Flächen der Gänge sich an-
schmiegen. Der Tegel ist ferner in der Nähe der Gänge erfüllt mit
Limonitnestern, dessen innerster Kern oft noch aus Pyrit besteht, und
diese sind sphaeroradial durch Gypskrystalle umgeben. Der Cölestin-
gang reicht aus dem bläulichgrauen Tegel in den hangenden braunen
Tegel hinein, wodurch man genau bemerken kann, dass der Gang eine
kleine Verwerfungsspalte ausfüllt, deren Länge etwa 30 Cm. beträgt.
Die oberhalb des Cölestinganges befindliche Tegelmasse gleitete in der
Richtung des Pfeiles hinab, wie es deutlich auch an der Structur des
Ganges zu sehen ist.
Die Structur des Cö lesti n gan ges. Die grösste Breite des
Ganges beträgt 25 Mm., doch bekommt man die meisten Stücke mit
10 bis 20 Mm. Dicke. Die Structur ist grobfaserig bis stängelig, hie und
da bemerkt man auch Spaltungsflächen nach der Richtung der Fasern
(nach P°o). Viel vollkommener aber ist die Spaltungsrichtung senk-
recht auf die Fasern, wodurch man kleine, glänzend glatte Flächen
erhält. Da dies die Hauptspaltungsrichtung (ooPoo nach Naumann)
ist, so ist es klar, dass die Fasern als nach der Makrodiagonale sehr
verlängerte, unvollständige Krystalle betrachtet werden müssen. Die
Fasern stehen in Folge der Verwerfung grösstentheils schief und ge-
krümmt auf der Oberfläche des Ganges. In der Mitte entlang zieht
sich eine papierdünne Schichte von rostbraunem Limonit, dies ist die
[3]
Mineralogisch - petrograpliische Notizen aus Siebenbürgen.
319
Medianebene, wo die von den Kluftflächen beginnenden Cölestinfasern
zusammenstiessen. In dickeren Partieen des Ganges befindet sich
gewöhnlich noch eine Tegelschichte in der Mitte. An beiden Flächen
des Ganges begrenzen wieder papierdünne braune Limonitschichtchen
den faserigen Cölestin und auf diesen sitzen dann dünne Schichten
von Cölestin-Kryställchen. Die Farbe des faserigen Cölestins ist smalte-
oder weisslichblau, gegen die Aussenflächen des Ganges übergeht sie
oft in’s röthlichweisse in Folge von etwas Eisenoxyd- Gehalt.
Die Cölestin-Kryställchen sind in zwei Schichtchen auf
die Aussenflächen des Ganges angewachsen. Die untere Schichte besteht
aus bläulichgrauen oder weingelblichen, fettglänzenden Kryställchen,
welche ohne Ausnahme mit der Fläche 00P00 (100) aufgewachsen, und
parallel neben einander gelagert sind. Die Kryställchen sind also mit
den, die Unterlage bildenden unvollständigen Krystallen (Fasern) in
paralleler Stellung. Die Grösse der Krystalltäfelchen beträgt gewöhnlich
nur 1 Mm. in der Länge und 1/3 — Va Mm. in der Breite, es finden
sich aber auch 6 — 12 QMm. grosse Täfelchen. An den dünnsten
Stellen des Ganges bekam ich ein 16 □Mm. grosses Täfelchen, an
welchem die Kantenwinkel mittelst Anlegegoniometer gemessen wurden.
Auf dieser unteren Krystallschickte folgt eine, oft unterbrochene
zweite Schichte, welche aus graulichen oder gelblichweissen, manchmal
mit Eisenoxydhydrat überzogenen, weniger gut ausgebildeten Kryställ-
chen besteht, deren Flächen ausgefressen und matt, und die meistens
zu rundlichen Gruppen verwachsen sind. Diese Kryställchen und Kry-
stallgruppen haften weniger fest an der unteren Schichte und können
leichter ausgelöst werden. Einzeln zerstreute, besser ausgebildete Kry-
ställchen sind mit der Fläche °°P2 (210) oder P°° (101) schwach
angewachsen und können beinahe unversehrt abgelöst werden. Diese
zweite Schichte von Cölestinkryställehen bildete sich wahrscheinlich
hineinragend in den Tegel, da ich einzelne, ganz freie Kryställchen
aus dem daran heftenden Tegel wirklich herausschlemmte.
Die Kryställchen zeigen die einfachsten Combinationen des Cöle-
stins. Nach der Aufstellung Naumann’s ist an ihnen ausgebildet:
»Pco (100); <*>P2 (210) und P°° (101). Dies bestätigen die mit
dem Anlegegoniometer erzielten Winkelwerthe:
101: 100 ergab 127° bis 129°, im Mittel 128° (genau 127° 35')
210 : 100 „ 138° 30' „ 142° 40', „ „ 140° ( „ 140° 36').
Die allgemeine Form betreffend sind die Kryställchen dünne
Tafeln, wenn die 100 Flächen stark entwickelt sind, oder sargähnlich,
wenn die Flächen 210 und 101 besser ausgebildet sind, oder endlich
tafelig-säulenförmig, wenn sie nach der Brachydiagonale verlängert
sind. Sehr häufig ist die treppenförmig parallele Verwachsung und An-
einanderlagerung.
Das specifische Gewicht des faserigen Cölestins fand ich zu 3'968,
jenes der Kryställchen aber nur 2-78. Das kleinere Gewicht der letz-
teren weist darauf hin, dass das Material nicht ganz rein war, wahr-
scheinlich waren winzige Gypskryställchen untermengt.
320
A. Koch.
[4]
Chemische Zusammensetzung des faserigen Cölestins.
Es wurde zur Analyse 0-9511 Grm. Cölestinpulver genommen und
folgendes Resultat erzielt:
SOz 43-476
SrO 53-769
CaO 1-682
Fe203 0-210
Glühverlust 0-420
99 -557.
Bildung des Bäcser Cölestins. Die Bildung lässt sich aus
den genauen Umständeu des Vorkommens ziemlich gut erklären. In
dem mit Eisenkies- Knollen erfüllten eocänen Tegel bildeten sich in
Folge der Hebung Risse und Klüfte, worauf die circulirenden CO 2-
haltigen Grundwässer ihre Einwirkung beginnen konnten. Die C02-hal-
tigen Wässer lösten den Kalk und auch die Strontia, welche wahr-
scheinlich im Tegel und im Grobkalk selbst als einfach kohlensaure
Verbindung fein vertheilt war; zugleich zersetzte sich durch Einwir-
kung der Atmosphärilien der Eisenkies und es bildete sich einerseits
pseudomorphes Brauneisenerz, andererseits IPSO*, welche sich sogleich
mit dem Ca und Sr verband und CO 2 frei machte. Wegen der Un-
löslichkeit des SrSO 4 ist es aber noch wahrscheinlicher, dass die Klüfte
auf diese Weise zuerst mit faserigem Gyps angefüllt wurden, und dass
erst nach der Verwerfung, welche die weichen Gypsfasern krümmen
konnte, SrCOz in Lösung durch die Gypsgänge sickerte, und somit
der Gyps durch wechselseitige Zersetzung allmälig in Cölestin umge-
wandelt wurde. Dafür würde auch der ganze Kalkgehalt des Cölestins
sprechen.
2. Auswitterungen von Glaubersalz und glaubersalzhältige
Wässer bei Klausenburg.
Als ich im Frühjahre des verflossenen Jahres eine Excursion in
das Kajantöer Thal, auf den Berg Szt. György und auf die Szenafüvek
(Heuwiesen) machte, fiel mir an unzähligen Stellen, meistens an kahlen
Gehängen und in Vertiefungen, an den Rändern der vielen Pfützen
und Tümpel, ja sogar am Ufer und an den Gerollen des Kajantöer
Baches, eine rein weisse Salzauswitterung auf, aus welcher man auf
den reichen Salzgehalt jener Wässer schliessen kann. Für den ersten
Augenblick ist man geneigt, diese Auswitterung für Kochsalz zu halten,
da thatsächlich der sogenannte Salzthon, welcher nämlich die Sieben-
bürgischen Salzlager in sich birgt, hier den Grund bildet, und ganz
nahe, bei Szanosfalva, wirklich Salzquellen vorhanden sind. Der
Geschmack des Salzes ist anfangs der des Kochsalzes, doch etwas
kühlend, der Nachgeschmack aber ist bitter, wodurch die Möglichkeit
des Kochsalzes sogleich ausgeschlossen wurde. Ich sammelte eine
genügende Menge des Salzes, und indem ich es zu Hause auskrystal-
lisiren liess, bekam ich sehr schöne gelblich durchsichtige, flächenreiche,
tafelige Krystalle, deren grösster 3 Cm. lang, 2 Cm. breit und 5 Mm.
[5]
Mineralogisch - petrographische Notizen aus Siebenbürgen.
321
dick wurde. An der Luft verloren die Ivrystalle sogleich Krystallwasser
und es bildete sich ein weisser Pulverüberzug an ihnen. Der Geschmack
und die Form dieses Salzes Hess sogleich auf Glaubersalz schliessen,
was auch durch eine Analyse bestätigt wurde.
Die Form der Krystalle weicht von den bisher bekannten Formen
des Glaubersalzes nicht ab. Es sind folgende Flächen an ihnen aus-
gebildet:1) o = P (111); o' = — P (111); ~ = 1liP (112);
= — 1/2P(112);p = ooP(llO); g = P°° (011); r‘ = — Poo (fOl);
Y = x/2 P°° (102); a = ooPoo (100); b = ooPoo (010); c = oP (001).
Die Krystalle sind nach den Flächen 001 minder oder mehr tafelig,
und die in der Lösung freistehende Seite stets besser ausgebildet.
Die allgemeine Form ist entweder hexagonal tafelig durch proportio-
nirte und herrschende Ausbildung der Flächen 110 und 100, oder sie
ist eine nach der Orthodiagonale verlängerte Tafelform.
Die chemische Analyse des Salzes ergab folgendes Resultat:
Im ausgeglühten Salze Im Ivrystallsalze
Krystallwasser aus dem
Glühverlust nach zwei
Bestimmungen • • • •
• 56-46
In 0'1975 Grm. In
0-8565 Grm.
CI • • 0-0006 Grm.
—
0-30 Proc.
0-13
CaO • —
0-0019 Grm.
0-22 „
o-io
MgO • —
0-0150 „
1-75 „
0-76
SO3 • —
0-4789 „
55-92 „
24-35
Na20 • —
0-3578 „
41-77 „
18-19
0-8536 Grm.
99 "96 Proc.
99‘99
Wenn man aus diesen Bestandteilen
die Salze eonstruiren wollte.
so könnte man am wahrscheinlichsten folgende Gruppirung annehmen:
CINa + CaS0\2H20 + MgSO\ 7IPO + Na2SO\ 10H20: und wenn
man obige Werthe darnach umrechnet, so bekommen wir folgende
Procente dieser Salze:
CINa 0’22 Proc.
CaSO\ 2PPO ■ • • • 0-13 „
MgSO\ 7PPO .... 3-46 „
Na2SO\ 10H2O • ••• 91-82 „
wobei noch restiren:
Na20 0-40 „
PPO 3 94 „
Der Rest des NarO ist Fehler der Analyse, der Rest des Pl10
aber kommt auf das durch die Krystalle mechanisch gebundene Wasser
(d. i. Einschlüsse und anhaftende Feuchtigkeit).
') Siehe Rammeisberg, Handb. d. krystallogr. Chemie, pag. 84, Fig. 97 u. 98.
Mineralogische Mittheilungen. 1877. 4 Heft. (Koch.) 43
322 A- Kocb- [6]
Aus diesen Eesultaten geht hervor, dass das auswitternde Salz
unreines Glaubersalz sei.
Was die Menge dieses auswitternden Glaubersalzes betrifft,, so
ist selbe, wenn wir den grossen Flächencomplex betrachten, auf dessen
unzähligen Stellen das Salz dicht auszuwittern pflegt, sehr bedeutend
zu nennen, und gewiss könnte man an mehreren Stellen durch Graben
eines seichten Brunnens oder eines Beckens das glaubersalzhältige
Wasser einsammeln und für Heilzwecke, besonders als Bäder benutzen.
Sehr wahrscheinlich ist auch das Wasser des Nadas-Flusses reich an
Glaubersalz und verdankt demselben die Heilwirkung, welche man dem-
selben als Badewasser zuschreibt.
Was endlich die Bildungsverhältnisse dieses Glaubersalzes
betrifft, so meine ich, dass es — ausgenommen das CINa — nicht
fertig im neogenen Tegel vorkomme, sondern sich allmälig und fort-
während bilde. Der im Tegel fein vertheilte Eisenkies und die mit
den Tegelschichten wechsellagernde Quarzandesittuffe liefern die Haupt-
bestandteile, die IPSO 4 und das Na20 , welche in Folge der langsamen
Zersetzung fortwährend frei werden und sich verbinden müssen; der
CaO-, MgO- und C/iVa-Gehalt des Tegels aber liefert die verunreini-
genden Bestandtheile. Jedenfalls kann aber das Glaubersalz auch dadurch
entstehen, dass H‘1SOi , welche durch Zersetzung des Pyrites frei wird,
auf das CINa des Salztegels einwirkt und sich mit dem Na zu Glau-
bersalz verbindet. Vielleicht bildet sich auf beiden Wegen fortwäh-
rend Glaubersalz und ist somit Ursache, warum der neogene Tegel durch
die Grundwässer nicht schon längst ausgelaugt ist.
3. Krystallotektonik eines Steinsalz-Vorkommens von
Maros-Ujvär.
Im verflossenen Jahre erhielt die Mineralsammlung des sieben-
bürgischen Museum-Vereines von Herrn Salinenverwalter Franz Juch 6
in Maros-Ujvär eine prachtvolle Krystallgruppe von neugebildetem Stein-
salz, an welchen die bisher sogenannte unvollständige Ausbildung, nach
A. Sadebeck1) die krystallotektonischen Verhältnisse sehr schön ent-
wickelt sind. Es sei mir erlaubt, darüber kurz zu berichten.
Diese Krystallgruppen bildeten sich an den Wänden eines alten,
verlassenen Schachtes, indem sie die Holzverzimmerung überkrusteten.
Die Oberfläche der Salzkrystalle ist oft durch Eisenoxydhydrat gelb
gefärbt, das Innere ist aber stets durchscheinend, milchweiss gefärbt,
und diese Farbe bemerkt man auch an den durch Wasser aufs Neue
abgeleckten Krystallen.
In der ganzen ziemlich grossen Gruppe sieht man keinen einzigen
vollständig ausgebildeten grösseren Würfel, diese befinden sich alle in
den Stadien des Aufbaues. Die Subindividuen (jedenfalls nur zweiter
Ordnung) sind ohne Unterschied kleine Würfel, und aus diesen bauen
sich nach bestimmtem Gesetz die grösseren unvollständigen Würfel auf.
') Siehe in seiner „Angewandten Krystallographie“ das Capitel über Krystallo-
tektonik.
m
Mineralogisch - petrographische Notizen aus Siebenbürgen.
323
Die tektonischen Axen, nach welchen die Subindividuen über einander
gelagert sind, sind die trigonalen Axen, woraus folgt, dass von
einem Mittelpunkte ausgehend, der Aufbau der Steinsalz-Krystalle nach
acht Richtungen vorschreiten kann, und alle Fälle dieses Aufbaues
wurden durch unsere Krystallgruppe prachtvoll illustrirt. Unter den
verschiedenen Fällen will ich stufenweise vorschreitend die Auffallendsten
und Häufigsten kurz beschreiben.
1. Die Subindividuen sind nach einer trigonalen Axe übereinander
gelagert. Dadurch entstehen Streitkolben- ähnliche Gestalten, nämlich
ein kürzerer oder längerer gerundeter Stiel und am Ende desselben
anstatt des Knopfes ein gut ausgebildeter grösserer Würfel (Fig. 3).
2. Auf einzelnen Subindividuen solcher einfachen Aeste, wachsen
Nebenäste in der Weise heraus, dass andere Subindividuen in den
Richtungen der geneigten trigonalen Axen über einander lagern. Dadurch
entstehen hübsche verästelte Gruppen (Fig. 4).
3. Die Subindividuen lagern sich von einem Mittelpunkte aus-
gehend in den Richtungen aller 4 trigonalen Axen, jedoch blos gegen
eine Seite zu über einander, wodurch ein quadratisch trichterförmiges
Skelett des Sextanten eines Würfels entsteht. Die einzelnen Sub-
individuen der vier trigonalen Halbaxen senden seitlich gegen einander
abermals Aestchen, wodurch auch die Seiten des quadratischen Trichter-
chen ausgefüllt werden (Fig. 5).
4. Die beschriebenen Trichterchen kommen in einander einge-
schachtelt vor, wobei die den Trichterchen entsprechenden vollständigen
Würfel abermals nach einer seitlichen trigonalen Axe aneinander gereiht
sind (Fig 6).
5. Die Subindividuen lagern sich, ausgehend vom Mittelpunkte,
in allen acht Richtungen der trigonalen Axen über einander, und indem
sie auch seitlich Aestchen aussendend, die Ebenen des Axenskeletes
ausfüllen, entstehen die längst bekannten trichterförmig vertieften Würfel,
welche in einer Richtung wieder über einander gelagert erscheinen
(Fig- 7)-
6. Die Subindividuen bilden nach der ersten Art über einander
gelagert einen Stiel, aus welchem am einen Ende seitlich nach drei
Richtungen (der geneigten trigonalen Axen) parallel neue Reihen an-
wachsen und sich zu Flächen ergänzend, einem dreiblätterigen Streit-
kolben ähnliche Form hervorbringen (Fig. 8).
Alle diese sechs Fälle sieht man in schönsten Abänderungen und
Uebergängen an der genannten Steinsalz-Krystallgruppe vertreten, und
bilden selbe insgesammt die auffallend zierlichsten Formen, welche
durch eine Gesammtabbildung kaum so übersichtlich dargestellt werden
könnten, als durch die isolirte Vorführung der einzelnen Fälle.
4. Ueher den Adular von Verespatak.
In der Mineraliensammlung des siebenbürgischen Museum-Vereines
(Erdelyi Müzeum-Egylet) ist das Gold Vorkommen von Verespatak durch
viele, und einige recht schöne Stücke vertreten. Bei der Durchsicht,
dieser fielen mir an vier Exemplaren hübsche Adularkrystalle auf, und
43*
324
A. Koch.
[8]
besonders an der Stufe Nr. 20 fand ich sie so schön und die
paragenetischen Beziehungen der damit ausgebildeten Mineralien so
lehrreich und deutlich, dass ich es nicht für überflüssig erachte, eine
kurze Beschreibung davon zu geben. Ueber den Adular von Veres-
patak finden wir zwar mehrere Notizen in der Literatur, so z. B. von
Posepny Q und dann von Prof. J. Szabö * 2), diese aber enthalten zu wenig
auf diese Mittheilung bezügliches.
Das Muttergestein unserer Goldstufe ist der Quarz-Orthoklas-
Trachyt des Kirnik mit kaolinisirter Grundmasse und Ortlioklaskrystallen,
dann mit grossen Quarzdipyramiden. Die eine Fläche wird durch eine
4 Mm. dicke Gangader bedeckt, deren Ausfüllung bilden : wasserklarer
Bergkrystall, milchweisser Adular, gelblichweisse, kugelige Braunspath-
gruppen, feinfädiges, moos- und blechartiges und auch theilweise krystalli-
sirtes Gold und Pyritkryställchen von der Form °oO°o oder ooOco. co 02.
Die an den 1 — 2 Mm. dicken und 4 Mm. breiten Adularkrystallen
zu beobachtenden Flächen sind: I = °°P (110); x — P° o (101);
P = oP (001); M — “ofoo (010). Die M.-Flächen sind sehr unter-
geordnet, die x Fläche besitzt horizontal parallele Combinationsstreifen.
Die Krystalle sind mit der Fläche x oder P angewachsen und nach
der Fläche °oPoo (101) parallel in Reihen geordnet. Die Folgenreihe
der Ausbildung dieser Mineralien ist:
1. Wasserhelle Kryställchen von wenig Quarz, welche durch die
übrigen Mineralien hindurchragen. 2. Adular. 3. Gerundete Krystall-
gruppen von gelblichem Braunspath. 4. Gold und Pyrit neben einander.
5. Die Mineral- und Gesteins-Einschlüsse der Basalte des
Persänyer Gebirges.
In den Basaltstuffen und Lapilli’s des Repser Schlossberges, des
Freythumes, dann der Umgebungen von Heviz und Hidegküt, sind schon
vor längerer Zeit verschiedene interessante Mineral- und Gesteins-Ein-
schlüsse aufgefallen. Blum beschreibt in Bronn’s und Leonhards
Jahrb. f. Min. 1851, S. 660, einen auffallend grossen Olivinkrystall aus
der Umgebung von Reps, welcher sich in der Mineralsammlung der
Universität zu Heidelberg befiudet. M. Ackner in seiner „Mineralogie
Siebenbürgens“ erwähnt Olivinkugeln, an denen man bis 4Q'" grosse
Krystallflächen beobachten kann, und zählt aus den Basalttufien des
Repser Freythum’s noch folgende Mineralien auf: Leucit, Amphibol,
Hyalith und schwarze Biotit-Täfelchen.
G. Tschermak in seinem Werke: „Die Porphyrgesteine Oester-
reichs etc.“ S. 223 bestimmte die Mineralien der Olivinbomben, an
welchen oft noch Schmelzrinden und Basaltschaum anhaften, als gelbe
Olivinkörner und dunkelgrünen Bronzit.
Fr. Herb ich beschrieb in den „Jahrbüchern des siebenb. Mus.-
Yereines (Erdelyi Müzeum-Egylet evkönyvei) VI Bd., S. VII, (deutscher
*) Verhandl. der k. k. geol. Reichsanst. 1875 S. 97.
2) Földtany Közlöny (Geologischer Anzeiger) 1874 S. 210.
[9]
Mineralogisch -petrographische Notizen aus Siebenbürgen.
325
Auszug) aus der Umgebung von Heviz und Hidegküt Basaltobsidian,
d. i. Tachylith.
Ich selbst besuchte letztere Orte im Sommer 1875 in Gesellschaft
des Herrn Prof. G. vom Rath, und sammelte neues Material ; ausserdem
stand mir das durch Hrn. Custos Fr. Herbich eingesammelte
reiche Material zur Verfügung. Die Untersuchung dieses Materiales
führte zu folgenden Resultaten.
a) Die Mineralien der Gesteinseinschlüsse des Ba-
saltes. 1. Olivin findet sich ausser den, unwesentlichen Gemengtheil
bildenden Körnern nach Herbich in Einschlüssen (Bomben) bis zu
2 — 3' Durchmesser. Die Farbe wechselt von gelb durch alle Grade
des ölgrüns bis zu dunkelbraun. Nahe zur Oberfläche ist er gewöhnlich
sehr zersetzt und bröckelig. In den Bomben findet er sieb stets mit
wenigen kleinen Körnern eines grasgrünen Minerales gemengt, welches
ich für Omphacit bestimmte.
In den Blasenräumen des sogleich näher zu beschreibenden derben
Omphacits kann man an den aufgewachsenen Olivinkörnern manchmal
einzelne kleine, glänzende Krystallflächen beobachten. Nur an einem,
kaum 1 Mm. breiten, zur Hälfte angewachsenen Kryställchen sah ich
mehrere glänzende Flächen, deren Verhältniss zu einander wohl genau
zu entnehmen ist, die Neigungswinkel aber nicht gemessen werden
konnten. Ich glaube folgende Flächen beobachtet zu haben : ooPoo (010);
°°P (110); P (111); P°° (011) und oP (001). Es ist also wohl
möglich, dass man bei genauer Durchforschung des Grüju Berges
bei Hidegküt, von welchem Orte Herr Herbich das beschriebene
Exemplar mitbrachte, auch schönere und besser ausgebildete Kryställchen
bekommen würde.
2. Omphacit kommt in lichter oder dunkler grasgrünen,
krystallinisch körnigen Stücken bis zur Nussgrösse, stets in Begleitung
von Olivinkörnern, und seltener auch mit anderen Mineralien vor. An
den grösseren Stücken kann man zwei Spaltungsrichtungen wahrnehmen,
die Spaltungsflächen sind aber derart uneben und splitterig, dass ich
mittelst Anlegegoniometer sehr abweichende Winkelwerthe bekam. An
Dünnschliffen senkrecht auf die beiden Spaltungsrichtungen aber konnte
ich leicht die regelmässigsten Spalten wählen und mittelst Mikrogonio-
meter öfters messen. Ich bekam Werthe zwischen 82 und 88°, welche
dem durch R. v. Dräsche1) gefundenen Winkelwerthe von 87° der
Omphacite von Karlstätten und der Saualpe ziemlich nahe kommen.
Das Mineral ist im Uebrigen stark glasglänzend, stellenweise zum
Fettglanze neigend ; der dem Bronzit und Enstatit eigenthümliche
seidenartige Perlmutterglanz und die welligen Unebenheiten der
Spaltungsflächen zeigen sich nirgends. Härte 5'5, Spec. Gew. 3'25.
Ein dünner Splitter des Minerales schmolz während einer Minute in
5 Mm. Höhe der Gasflamme blos an den Ecken und Kanten, im
Schmelzraume in einer Minute zeigte sich auch an den Flächen ein
Schmelzüberzug, das Korn schmilzt aber nicht zur Perle, bleibt grün,
J) Ueber die mineralogische Zusammensetzung der Eklogite. Tschermak’s
„Miner. Mitth.“ 1871 Heft II. S. 85—91.
326
A. Koch.
[10]
durchsichtig und enthält kleine Bläschen. Der Schmelzgrad ist also
2—3 nach Prof. Szabö’s Schmelzprobe. a) Das feine Pulver des Minerales
stand 6 Monate lang der Salzsäure ausgesetzt, ohne zersetzt zu werden,
blos etwas Fe 2 O3 wurde ausgezogen.
Ein Dünnschliff gelang auf die beiden Spaltungsrichtungen nahezu
senkrecht. (Siehe Fig. 2.) Dieser Dünnschliff ist durchsichtig, besitzt
eine licht grasgrüne Farbe; die eine Spaltungsrichtung zeigt gerade,
ununterbrochene und parallele Spaltenlinien, während die andere
Richtung quer darauf weniger regelmässige Linien bildet. Bei Drehung
des unteren Nikol’s zeigt sich schwacher Dichroismus (bläulich- und
gelblich grün) ohne Lichtabsorption. Zwischen gekreuzten Nikols ist
der Dünnschliff stets in solchen Stellungen dunkel, wenn die Spaltungs-
richtungen quer auf die Nikolschnitte stehen, welches Verhalten auf
das mono- oder triklinische System hinweist. Alle diese Eigenschaften
stimmen mit jenen des Omphacites überein und schliessen die Möglich-
keit des Bronzites aus.
3. Muscheliger Augit kommt in Gesellschaft des Olivin und
Omphacit, in glasig aussehenden, pechschwarzen Körnern bis zu nuss-
grossen Stücken, mit vollkommenem muscheligem Bruche vor. Härte 6‘5,
Spec. 3-28. Dünne Splitter davon sind durchscheinend, gelblich oder
grünlich rauchgrau. In der Gasflamme schmolz es 5 Mm. hoch in
einer Minute kaum, im Schmelzraume aber während einer Minute leicht
zu einer bouteillegriinen, durchscheinenden Perle. Salzsäure zersetzte
das Pulver auch nach längerem Digeriren nicht, blos wenig Fe 2 0 3
wurde ausgezogen. Ein Dünnschliff verhielt sich in Allem ebenso, wie
Augit, zwischen gekreuzten Nikol’s zeigen sich prachtvolle Interferenz-
farben.
Aus allem dem ist es zweifellos, dass wir es mit muscheligem
Augit zu thun haben und nicht mit Basaltobsidian, d. i. Tachylith,
für welchen es Herr Herb ich hielt.
4. Pyrop kommt in 4 — 10 Mm. im Durchmesser betragenden
runden, im Innern sehr zerklüfteten Körnern von schöner blutrother
Farbe, in Gesellschaft der obigen Mineralien vor. Die Klüfte und
Spalten werden von gelber oder grüner serpentinartiger weicher Sub-
stanz erfüllt. Dass es wirklich Pyrop sei, dafür sprechen alle Versuche,
die ich anstellte. Dünne Splitter schmelzen 5 Mm. hoch in der Gas-
flamme kaum, im Schmelzraume aber blos zu grünlichbrauner Schlacke,
nicht zur vollständigen Perle (2 Schmelzgrad Pr. Szabö’s). Lange
geglüht bekommt man zuletzt eine braune glänzende, undurchsichtige
Perle. Bis zur Rothgluth erhitzt, wird das Mineral grün, nimmt
während dem Auskühlen eine ganz dunkle Farbe an, und übergeht
allmählig wieder in das Blutroth. Mit Borax und Phosphorsalz gibt
es die Reaction auf Chrom, indem die Perle eine schöne graugrüne
Fa^-be bekömmt.
Andere Mineralien fand ich in den Einschlüssen des Basaltes nicht.
0 Ueber eine neue Methode, die Feldspathe auch in Gesteinen zu bestimmen.
Budapest 1876. S. 19.
[11]
Mineralogisch -petrographische Notizen aus Siebenbürgen.
327
b) Was ferner die Association dieser Mineralien betrifft, ist diese
folgende:
1. Die Olivinkugeln (Bomben) bestehen gewöhnlich aus viel
gelben, ölgrünen bis grünlichbraunen Olivinkörnern, und wenig sehr
kleinen, grasgrünen Omphacitkörnern, wozu seltener auch etwas
muscheliger Augit hinzukommt.
2. Körner von Omphacit, Pyrop, Olivin und muscheligem Augit
bilden zusammengemengt ein etwa faustgrosses Stück, welches Herr
Herbich nur in einem einzigen Exemplar mitbrachte.
3. Am häufigsten findet man das Gemenge von Ophacit, Olivin und
muscheligem Augit, wobei die Olivinkörner (und zuweilen auch Kryställ-
chen) untergeordnet sind.
Aus der Gegenwart des Omphacites und des Pyrop’s kann
man schliessen, dass ausser dem Olivingestein auch Eklogitartige Ge-
steinsfragmente durch die Basaltlava eingeschlossen wurden ; was aber
den muscheligen Augit betrifft, ist es am wahrscheinlichsten, dass
derselbe sich aus dem Basaltmagma ausschied, und sich zwischen die
Mineralien der eingeschlossenen älteren Gesteinsfragmente hineindrängte.
Unter den Olivin-, Enstatit- und Bastithältigen Gesteinen des Alth-
durchbruches ist also das Vorkommen des Eklogites, oder eines
ähnlichen Gesteines sehr wahrscheinlich, wenn selbes überhaupt auf die
Oberfläche gelangte, wie die übrigen.
6. Geologische Verhältnisse, Gesteine und Mineralien des
Csicsöberges im Norden Siebenbürgens.
Der im Szolnok-Dobokaer Comitat, NNW. von Retteg sich
erhebende Csicsöberg ist seines rauhporösen und zelligen Gesteines
wegen, aus welchem die Bewohner der umliegenden Ortschaften ausge-
zeichnete Mühlsteine machen, in Siebenbürgen weit berühmt. In
Hauer und Stach e’s „Geologie Siebenbürgens“ sind die geologischen
Verhältnisse dieses Berges nach dem Tagebuch von Parts ch kurz
beschrieben. Part sch vergleicht das Gestein mit dem Verespataker
Csetatye - Gestein und nennt es einen porösen-zelligen Trachyt mit
eingesprengten, kleinen Quarzkörnern und Feldspathkryställchen. Dr.
Stäche rechnet das Gestein zu den Rhyolithen mit rauher, bims-
steinartiger Grundmasse und hielt den glasigen rissigen Feldspath noch
für Sanidin.
Im vergangenen Sommer besuchte ich in Gesellschaft des Herrn
K. Torma diesen Berg, diesen Sommer abermals, untersuchte ihn und
sein Gestein eingehend und kam zu folgendem Resultate.
Der Berg erhebt sich nicht aus eocäuen Schichten, wie es die
Uebersichtsaufnahme Siebenbürgens angibt, denn sowohl in dem Csicsö-
Györgyfalvaer, als auch im Läbfalvaer Thale, von wo aus ich den Berg
bestieg, finden sich blos neogene Tegel-, Sand- und wenig Sandstein-
Schichten, und diesen eingelagert grüne, tafelig schieferige Trachyttuffe
aufgeschlossen. Selbst die eruptive Masse des Berges erhebt sich aus
328 A. Koch. [12]
der Hülle ähnlicher grüner Trachyttuffe, welche gegen das massige
Gestein vorherrschend sind.
Diesen grünen Trachyttuff bezeichneten die Wiener Geologen mit
dem ungarischen Namen „Palla“ (richtig geschrieben; pala) was freilich
hier zu Lande ein allgemeiner Audruck ist, da man nicht blos dieses, son-
dern ein jedes schieferiges Gestein „pala“ nennt und damit blos die Struk-
tur bezeichnet. Das Verhältniss dieses grünen Tuffes zu der Salzformation,
und zu den neogenen Schichten überhaupt haben die Wiener Geologen
richtig hervorgehoben, aber die Beziehung zu irgend einem eruptiven
Gestein nicht bestimmt ausgesprochen. Am Csfcsöberge sieht man nun ganz
deutlich und klar, dass diese Tuffe und der eruptive Trachyt des
Berges zusammengehören und die Produkte gemeinsamer submariner
Eruptionen sind. Der zeitig poröse verwitterte, rhyolitische Trachyt
bildet den Kern des Berges, aber man sieht auch deutlich, dass massige
Lager, oder vielmehr Ströme davon mit Schichten eruptiver Breccie
und der erwähnten Tuffe wechsellagern, stellenweise alle diese Gesteine
durcheinander geworfen sind. Der eruptive Trachyt schliesst ferner aus
den ringsum liegenden neogenen Schichten, Sandstein- und Thonbrocken,
ferner auch Stücke seines eigenen Tuffes in grosser Menge ein. Alle
diese Umstände weisen darauf hin, dass wir es hier mit einem Strato-
Trachytvulkan zu thun haben, welcher aus dem neogenen Meere sich
erhebend, lange Zeit hindurch thätig war und somit in seiner Umgebung
allmählig viele Eruptionsprodukte zur Ablagerung kamen. Solche Trachyt-
vulkane mussten entlang dem westlichen Rande des siebenbürgischen
Reckens in der neogenen Zeit an vielen Punkten thätig sein, denn
überall findet man liier inmitten der neogenen Schichten ähnlich zu-
sammengesetzte Tuffe und Breccien und nicht selten bis kopfgrosse,
gerundete Blöcke des Csfcsöer-Trachytes, welche aus den Trachyt-
conglomeraten stammen. Ausser dem Csicsöberg kenne ich noch keinen
Ort, wo das eruptive Gestein aus der Hülle seiner deuterogenen
Bildungen hervortritt; aber zwischen Dees und Klausenburg sind die
Formen der aus den grünen Tuffen und Breccien bestehenden Berge
oft so auffallend, dass man auf einen festen Kern schliessen könnte.
So z. B. die bei Sölyomkö sich erhebende steile Kuppe und mehrere
andere gegen Dees zu. In der nächsten Umgebung von Klausenburg
ist der hieher gehörige Trachyttuff so häufig, dass man die tafeligen
Schichten desselben als Baustein gewinnt. Weiter am Rande des
siebenbürgischen Beckens aber glaube ich den Sätor Berg bei Sztöjka-
falva, den Värhegy bei Mojgräd und den Köveshegy zwischen Gyerö-
Väsärhely und Kis-Kapus hieher rechnen zu können. Am östlichen
Rande des Beckens kenne ich keine Eruptionsstelle dieses Trachytes ;
aber auch hier findet man die grünen Tuffe desselben, welche nach
Dr. Herbich’s Beobachtungen den neogenen Schichten entsprechend
unter den sarmatischen Schichten liegen und älter sind, als die groben
Breccien und Conglomerate des Hargita Gebirges, welche der sarmatischen
und theihveise sogar der pontischen Stufe angehören.
Das geologische Alter der Eruption des Csicsöberges lässt sich
genau bestimmen. Südöstlich vom Berge findet man nämlich entlang
des Csicsö-Hagymäser Baches eine untere und eine obere Ablagerung
[13]
Mineralogisch- petrograpbische Notizen aus Siebenbürgen
329
von diesen grünen Tuffen, dazwischen thonige und mergelige Schichten
mit ziemlich vielen neogen marinen Versteinerungen, von welchen ich
etwa 40 Arten genau bestimmte Q, und aus welchen hervorgeht, dass
die Schichten der zweiten mediterranen Stufe angehören. Bei Klausen-
burg am Berge Höja und im Bekaf Bache sind die Tuffe zwischen
Tegel- und Thonmergelschichten gelagert, welche in grosser Menge
Foraminiferen des Badener Tegels enthalten. Dazu gerechnet die
Beobachtungen Dr. Herbich’s in Ostsiebenbürgen, kann man also
den Beginn der Eruption dieses Trachytes auf den Anfang der zweiten
mediterranen Stufe setzen und die Dauer der Thätigkeit bis zur
sarmatischen Stufe verfolgen.
Ich übergehe nun zur Beschreibung des C s i c s ö - T r a chy t e s
und der darin vorkommenden Mineralien.
Der rhyolitisc.he Trachyt ist grösstentheils Beudant’s sogenannter
Mühlsteinporphyr mit der bezeichnenden rauhporös- und zellig schlackigen
Textur, welche hier sicherlich eine Folge der Verwitterung und theil-
weise einer Umwandlung ist. Es finden sich aber auch noch frische,
unveränderte Gesteinskerne darin, welche den ursprünglichen normalen
Zustand des Trachytes anzeigen.
Diese frischen Trachytkerne haben eine dunkelgraue, sehr dichte,
perlitisch glänzende Grundmasse, aus welcher porphyrisch ausgeschieden
sind: wasserhelle, glasglänzende, rissige Feldspathkryställchen (Andesin),
kleinere und grössere Quarzkörner oder auch Krystalle, und glänzend
schwarze, oft hexagonale Biotitblättchen. Der Feldspath ist keineswegs
Sanidin, sondern ein der Oligoklas-Reihe nahe stehender Andesin, die
Prüfung nach Professor Szabo’s Methode, eine theilweise quantitative
Analyse und auch die Zersetzungsprodukte weisen sicher darauf hin.
Das geringe spec. Gew. — 2*51 1 — des Gesteines weist auf einen
grossen Kieselgehalt hin.
Unter dem Mikroskop sieht man bei schwacher Vergrösserung
eine wasserklare Grundmasse erfüllt mit kreisförmig gruppirtem, braunen
Staube und welligen schwarzen Streifen, welche stellenweise eine
deutliche Fluidalstruktur erzeugen. Bei etwa 400facher Vergrösserung
löst sich dieser Staub in dunkle Opacitpunkte und Flecken, in trichit-
artige Ivrystallit - Gebilde, endlich in Luftporen und wurmartig ge-
wundene Canälchen auf. Im polarisirten Licht zeigte die Basis
Aggregatpolarisation, indem sie ein Aggregat von sehr kleinen,
abwechselnd dunkeln und hellen bläulichen Körnern bildet; wirklich
apolares Glas bemerkte ich wenig dazwischen.
Ausgeschieden sieht man in dieser Basis: d) scharf abgegrenzte
Krystallschnitte des wasserhellen Quarz, b) ebenfalls wasserhelle, regel-
mässige Plagioklas-Schnitte mit parallelen Spaltungsrichtungen und c)
weniger regelmässige Biotit-Schnitte. Magnetit und Amphibol bemerkte
ich in meinem Dünnschliff nicht.
Das Gestein ist somit ein Quarz-Biotit-Andesit in rhyoliti-
scher Modifikation.
') Das Verzeichntes dieser Arten gedenke ich nächstens in einer besonderen
Studie über die Tertiärbildungen Siebenbürgens mitzutheilen.
Mineralogische Mittheilungen. 1877. 4. Heft. (Koch.)
44
330
A. Koch.
[14]
An den Rändern dieser unveränderten, frischen Andesitkerne kann
man stufenweise die einzelnen Momente des Verwitterungsprocesses
verfolgen, in Folge dessen das Gestein seinen fettigen Glanz verlor,
eine hell aschgraue, durch Eisenrost gefleckte Farbe bekam, und
alltn ählig die rauh-poröse-zellige Textur erlangte. Die Auswitterungs-
höhlen variiren von den kleinsten Poren angefangen bis zu faustgrossen
Höhlungen; am häufigsten sind die bis haselnussgrossen Zellen. Die
Zellen und Höhlungen sind erfüllt mit einem rostgelben, thonigen
Pulver, in welchem freie Biotitblättchen, Quarz-Kryställchen und
Andesi n-Krystallgruppen eingebettet sind, theilweise aber noch an den
Wänden der Höhlung haften. Die Wände dieser Höhlungen sind mit
einer dünnen Schichte von traubigem, aschgrauen Chalcedon oder
Hyalit überzogen, und auf dieser Schichte findet man häufig kleine
Heulandit-Kryställchen in Gruppen angewachsen. Die eingeschlossenen
Sandsteinbrocken sind gewöhnlich von menilitischem Opal durch-
drungen, die Tegel- und Mergelbrocken aber grösstentheils in Horn-
stein umgewandelt. Endlich findet sich auch etwas Obsidian in
kleinen rissigen Körnern und Adern fest mit dem Gestein verschmolzen,
welchen bereits Ackner in seiner „Mineralogie Siebenbürgens“ erwähnt.
Ich will die hier aufgezählten krystallisirten Mineralien etwas
genauer beschreiben.
1. An des in in milch weissen durchscheinenden, mehr oder minder
glänzenden, tafeligen Kryställchen und häufiger noch zu Gruppen ver-
wachsen, kommt ziemlich häufig in den Höhlungen vor. Die grössten
erreichen bis 6 Q Mm. Grösse, gewöhnlich sind sie aber bedeutend
kleiner. Die Flächen sind wohl ausgebildet, doch nicht glänzend genug,
um mit dem Reflexionsgoniometer gemessen werden zu können. Ich
beobachtete an ihnen;
M =
oo /'co
(010);
y
— 2,P,o°
(201);
P =
oP
(001);
0
= Pr
(111);
T =
oo /P
(110);
P
= rP
(in);
l =
° oP/
(HO);
n
= 2‘P° o
(021);
z =
oo/P3
OO P/3
(310);
(310);
e
= 2, Po o
(021);
Die Kryställchen sind nach den Flächen M mehr oder minder
tafelig ausgebildet.
Einfache Krystalle kommen gar nicht vor, blos Zwillinge, und
zwar nach folgenden zwei Gesetzen verwachsen:
1. Zwillingsaxe die Normale. Nach diesem Gesetze entstehen den
Karlsbader Zwillingen ähnliche Verwachsungen. Kommt sehr häufig vor.
2. Zwillingsfläche il/, Zwillingsaxe die Normale darauf. Nach
diesem Gestze sind die Krystalle polysynthetisch verwachsen, was sich
durch parallele Riefen auf der Fläche P verräth.
Behufs einer chemischen Analyse wurden möglichst reine Kryställ-
chen genommen, wobei aber doch nicht vermieden werden konnte, dass
[15]
Mineralogisch - petrographische Notizen ans Siebenbürgen.
331
etwas Quarz eingewachsen mitanalysirt wurde. 03651 Gr. davon ergab
folgendes Resultat:
0
SiO 2
• 61-62
32-86
Al2Üz
• 25-47
11-87
CaO
• 5 72
2-491
Na20 (Differenz)
• 6-31
1 *63 J
Glühverlust • • •
• 0-88
0 Proportion
SiO 2 :
ACO*
: BO
8-56 :
3
: 102
4.12
Unser Feldspath steht also sehr nahe der Zusammensetzung des
typischen Andesins, indem die grössere Menge der SiO2, wie erwähnt,
wahrscheinlich von etwas freiem Quarze herrührt.
Das spec. Gewicht konnte der geringen Menge wegen nicht genau
ermittelt werden.
2. Der Quarz kommt in ringsum ausgebildeten Kryställchen vor,
an welchen ausser den Flächen P untergeordnet auch °oP entwickelt
ist. Die Krystalle sind trübe, milchweiss, durchscheinend, rissig ; die
Kanten sind zwar etwas gerundet, aber nicht in dem Maasse, wie jene
des Verespataker Kirnik-Trachytes. Es finden sich aber auch ganz
durchsichtige, wasserhelle oder gelbliche, scharfkantige Kryställchen.
Die grössten erreichen die Höhe von 5 Mm. bei einer Breite von 4 Mm.
3. Heulandit kommt in höchstens 1 Kub. Mm. grossen
Kryställchen vor, welche durchscheinend sind, stark glänzende Flächen
und eine bläulich oder grünlich graue Farbe besitzen. Oft sieht man
den Perlmutterglanz der Flächen ooPoo (010). Bei schwachem Drucke
theilen sich die Kryställchen nach ooPoo (010) in dünne Blätter. In
der Gasflamme wurden sie nahe der Rothglühhitze dunkel, bei stärkerem
Erhitzen blätterten sie sich und blähten sich stark auf, schmolzen zu
einem weissen Email, nach längerem Erhitzen aber zur durchsichtigen
Perle, wobei die Flamme die röthlichgelbe Farbe des Ca zeigte. An
den Kryställchen beobachtete ich folgende Flächen:
P — oP (001); N — ooPjo (100);
M = ooPoo (010); T — P°o (101);
s — 2P (221).
Nach allem dem glaube ich das Mineral sicher erkannt zu haben.
Ausser den Kryställchen sieht man auch graugelbliche, brombeeren-
ähnliche Kügelchen einzeln aufgewachsen, welche ebenfalls demselben
Zeolithe angehören dürften.
Aus dem Vorkommen dieser Mineralien lässt sich nun bestimmt
behaupten, dass der rauhporöse-zellige Quarzandesit diese Textur nur
in Folge der Verwitterung erlangte und diese sich nicht schon bei der
Erstarrung bildete. Der Verwitterungsakt wirkte am meisten an solchen
Stellen, wo der Andesit und Quarz in grösseren Krystallen und am
dichtesten ausgeschieden war. Die felsitisclie Grundmasse sammt den
44*
332
A. Koch
[16]
kleineren Andesinkryställchen wurden allmählig zersetzt und in Folge
dessen wurde einerseits freie SiO 2 in Form von Chalcedon und Hyalith
ausgeschieden, welche die Wände der Höhlungen bekleidete und die
Einschlüsse durchdrang; andererseits wurde ein Kalkzeolith abgesetzt
und es blieb Kaolin mit Eisenoxydhydrat zurück, welche jetzt die Höh-
lungen locker ausfüllen, und in welchen jetzt die von der Verwitterung
verschonten Quarz- und Andesinkrystalle frei eingebettet sind oder
hineinragen.
Was die mineralische Zusammensetzung der mit diesen rhyolithi-
schen Quarzandesiten verbundenen grünen Tuffe anbelangt, so bestehen
diese, wo immer ich sie bisher untersuchte, aus eckigen Bruchstücken
von herrschendem Quarz, untergeordneten Andesin und häufigen kleinen
schwarzen Biotitblättchen, welche in einer grünlichen, bläulichen oder
auch weisslich grauen, kaolinartigen Grundmasse eingebettet sind. Herr
Herbich brachte aus dem Persänyer Gebirge solche Quarzandesittuffe,
in welchen man spärlich ganz kleine Sphaerulitkügelchen bemerkt, und
welche analysirt bei 72 °/0 SiO2 Gehalt ergaben. Wahrscheinlich sind
alle diese Tuffe so sauer, worauf auch schon das auffallend geringe
Gewicht des Gesteines hinweist.
Bemerkenswerth ist noch, dass sowohl in diesen Quarzandesit-
Tuffeu selbst, als auch in den Contaktschichten, besonders im neogenen
Sandstein, die sicheren Spuren von SiO2 Ausscheidung sich zeigen,
indem die Tuffe oft grössere Nester von Menilith und Hyalith enthalten,
der neogene Sandstein aber, auch in der Nähe Klausenburg, bis 2—3'
weit weg von amorpher SiO2 durchdrungen, also opalisirt wurde. Es
ist kaum zu bezweifeln, dass der sich fortwährend zersetzende Andesin
des Tuffes die SiO2 liefert. Dieser opalisirte Sandstein diente dem
prähistorischen Menschen des nordw. Siebenbürgens als Werkzeugsmate-
rial, indem in den Koloser und Szoluok-Dobokaer Comitaten eine grosse
Menge Messer und Splitter davon, mit geschliffenen Steinwerkzeugen
zusammen gefunden werden.
7. Ueber den Eläolith und Sodalith von Ditrö.
Im Sommer 1875 besuchte ich in Gesellschaft des Herrn Professors
G. vom Rath den durch seine prachtvollen Gesteine wohlbekannten
Syenitstock von Ditrö, und sammelte unter Andern bis faustgrosse
Eläolithbrocken. Zugleich beobachteten wir Q, dass Eläolith und
Sodalith in den dortigen Gesteinen sich gewissermassen ergänzen,
indem der Eläolith in grosser Menge allein den Hauptgemengtheil des
Miascites oder Eläolith- Syenites, der Sodalith aber neben Eläolith den-
selben des Ditroites (Sodalith-Syenit) bilden, in welch’ Letzterem je
mehr Sodalith vorhanden ist, desto weniger Eläolith und umgekehrt.
') Siehe 6. vom Rath: Das Syenitgebirge von Ditro. e. c. 1. Zwei Vorträge.
Sitzungsberichte d. nied.-rhein. Ges. f. N. u. H. Kunde. Jahrg. 1875. Sep. Abdr. p. 6-
Mineralogisch - petrographische Notizen aus Siebenbürgen.
333
Wir sammelten auch solche Diorite, in welchen die grauen oder grün-
lichen Eläolith-Ausscheidungen durch blauen Sodalith umrandet oder
eingefasst sind. Aus diesen Umständen schlossen wir, dass der Soda-
lith ein Umwandlungsprodukt des Eläolithes sei, hervorgebracht durch
Einwirkung CUVa-hältiger Lösungen, ebenso wie Cancrinit, es ist hervor-
gebracht durch die Einwirkung GaüfU-hältiger Lösungen. Wenn dieser
Schluss richtig ist, so muss die chemische Zusammensetzung des
Eläolithes, Sodalith’s und Cancrinit’s von Ditro nahe übereinstimmend
sein. Indem ich die vorhandenen Analysen dieser drei Mineralien
zusammenstellte, zeigte es sich, dass jene des Sodalith’s und Cancrinit’s
wirklich nahe übereinstimmen, die des Eläolith’s aber sehr abweicht.
Sodalith.
Eläolith.
Cancrinit.
Analys.
v. Fleischer.1)
Analys. v. Fellner2)
Anal. v. Tschermak3)
SiCP ■
38-66
52-71
37-2
APO 3
31-81
27’64 (Spur.
v. FeO) 30-3
CaO •
0’95
1-79
5-1
MgO
—
0-06
—
Na20
13-281
11-221
Na
3-97 18-93 UR20) — 16.07
17-4
K20
104)
4 85)
H20
2-36
1-99
4-0
CI .
6-08
—
—
CO'2
—
—
5-2
Spec.
Gew. •
2-324
2-582
2-42
Nach Fellners Analyse stimmt die Zusammensetzung des Eläolithes
mit keiner der bekannten Nepheline, da wegen dem grossen &‘02-Gehalt
die O-Proportion = 1:3: 6'55 ist, während jene der Nepheline blos
1 : 3 4'5 ist. Fellner nimmt daher an, dass der Eläolith von Ditro
nicht rein sei, sondern ein Gemenge aus Nephelin normaler Zusammen-
setzung und aus dem, im Ditröer Miascite enthaltenen Oligoklas sei,
und berechnet aus den O-Proportionen, dass beide Mineralien zu
gleichen Theilen im Eläolithe enthalten sind. Er weist ferner durch
Analyse und Berechnung nach, dass zwischen Oligoklas und Eläolith
alle möglichen Gemengsübergänge vorhanden seien.
Wenn dies der Fall ist, dann muss man diese Vermengung auch
unter dem Mikroscope wahrnehmen können. Ich stellte Dünnschliffe
aus dem möglichst reinsten Eläolithe her, welcher aus der Mitte eiues
nussgrossen Stückes genommen wurde. Dieser war grünlich- bis
bläulichgrau, uneben bis splitterig im Bruche, fettglänzend. Stellenweise
sah man das Flimmern von winzigen Spaltungsflächen und hie und da
auch Einschlüsse von schwarzen, glänzenden Biotitschüppchen. Die Härte
beträgt nicht ganz 6, indem es das Glas ritzte, den Adular aber nicht,
') Abhand. d. ungar. Akad. d. Wissv 1876, VII Bd. Nr. I. (Ertekezesek e. c. 1).
Deutsch publiz. in Prof. G. vom Ratb’s. „Das Syenitgebirge von Ditro e. c. 1.“
Sep. Abr. S. 6.
2) Verhandl. d. k. k. g. Reicksanst. 1867. S. 170.
®) Sitzungsber. d. k. k. Akademie d. Wiss. Wien. Bd. 44. Abth. 2. S. 134 — -136.
A. Koch.
334
[18]
Spec. Gew. 2’583. Ich muss noch erwähnen, dass auch Rosenbusch x)
den Eläolith von Ditrö mikroskopisch untersuchte.
Bei 30facher Vergrösserung bemerkt man zweierlei Substanzen
im Dünnschliffe (Fig. 9), eine durch unregelmässige Sprünge in
rundlichen Feldern getheilte wasserhelle Substanz mit wenigen Ein-
schlüssen, und eine gelbliche, durchscheinende Substanz, erfüllt mit
feinen staubförmigen Einschlüssen, und durchzogen von regelmässigen
Spalten, welche man für Spaltungsrichtungen nehmen darf. Die wasser-
helle Substanz ist gegen die Letztere sehr untergeordnet und füllt blos
die Zwischenräume derselben aus. Die mit feinem Staube erfüllte
gelbliche Substanz bildet im Allgemeinen Schnittformen, welche auf
Prismen schliessen lassen, grenzt sich ziemlich scharf von der wasser-
hellen Substanz ab und fällt besonders durch die regelmässigen
Spaltungsrichtuugen auf, welche quer durch die Prismenschnitte gehen
und sich niemals in die wasserhelle Substanz fortsetzen. Es ist kaum
zu bezweifeln, dass man es hier mit den Längsschnitten des krystalli-
sirten Nephelin zu thun habe, und selten kann man sogar an den
Endigungen einzelner besser abgegränzten Prismen schnitten, obgleich
nur gerundet und verwischt, die Spuren von P ( L 1 1) und oP (001)
beobachten. (Siehe die Abbild. 9.) Auch das Verhalten im polarisirten
Lichte weist mit Bestimmtheit auf Nephelin, dessen Schnitte dann
besonders scharf hervortreten. Das wasserhelle Mineral zeigt lebhafte
Interferenzfarben, der Nephelin erscheint blos im lichter oder dunkler
blauen Lichte, bei Dunkelstellung aber fallen die Prismenschnitte alle
nach ihrer Längenaxe mit einem der Nikolschnitte zusammen. Einzelne
Felder des wasserhellen Minerales zeigen gewöhnlich blos eine Inter-
ferenzfarbe, nur hie und da bemerkte ich auch einige von synthetischer
Zwillingsbildung herrührende gebänderte Felder. Da wegen geringerer
Härte des Eläolithes der Quarz ausgeschlossen ist, kann das wasserhelle
Mineral blos Feldspath sein, herrschend wahrscheinlich eher Orthoklas,
als Plagioklas.
Die feinen staubförmigen Einschlüsse der Nephelin- und der
Feldspathsubstanz wurden bei 350facher Vergrösserung untersucht. Es
zeigten sich da, in beiden gleich, unregelmässig begrenzte Höhlungen,
Luftporen und wurmartig gewundene Canälchen, untergeordnet auch
dunkle Opacitkörner. Bei GOOfacher Vergrösserung endlich bemerkte
ich ziemlich häufig Flüssigkeitseinschlüsse mit beweglicher Libelle,
welche auch Zirkel* 2) in Eläolithen anderer Fundorte gefunden hat. Die
auffallenden Einschlüsse des Biotit zeigen sich schon bei sehr schwacher
Vergrösserung und sind selbe gewöhnlich in der Nephelinsubstanz,
obgleich sie seltener auch in der Feldspathsubstanz nicht fehlen. Zirkel
fand in den norwegischen Eläolithen Partikelchen und Kryställchen von
Amphibol eingeschlossen und schreibt diesen die Ursache des eigen-
thümlichen fettähnlichen Glanzes der Eläolithe zu. Im Eläolith von
r) Mikroskopische Physiographie der petrographisch wichtigsten Mineralien.
1873. S. 233.
2) Die mikroskopische Beschaffenheit der Mineralien und Gesteine. 1873.
S. 146.
[19]
Mineralogisch- petrographisclie Notizen aus Siebenbürgen
335
Ditrö kann vielleicht die Verwachsung des Nephelins mit Feldspath-
substanz, dann die vielen staubartigen Einschlüsse im Nephelin die
Ursache davon sein, da die Biotit-Einschlüsse sehr untergeordnet sind.
Die Folgerung Fellner’s also, dass im Ditröer Eläolithe Feld-
spathsubstanz mit Nephelin gemengt sei, ist wirklich richtig; nur dass
der von mir untersuchte Eläolith viel weniger Feldspath enthält, als
jener durch Fellner analysirte, folglich ist mein Material jedenfalls
reiner und muss der Zusammensetzung des reinen Nephelines näher
stehen.
Eine von mir durchgeführte theilweise Analyse bezeugt dies zur
Genüge. Die Aufschliessung des Eläolithes geschah blos durch Salz-
säure, wodurch die Feldspathsubstanz wahrscheinlich zur SiO 2 kam und
dessen Menge vermehrte. Aber trotz diesem verfehlten Verfahren
bekam ich bedeutend weniger SiO 2 als Fellner, welches beweist, wie
unrein das Material Fellner’s gewesen sein mag. Ich bemerke noch,
dass die Alkalien direkte nicht bestimmt worden, folglich die Differenz
auf sie bezogen wird. Das Resultat dieser Analyse ist:
0
SiO 2
43*20
23 04
Äl2Oz
3F00
14*45
CaO
1 10
0-31)
MgO
0-48
0-19J
Alkalien (Differenz)
22-23
5*74
Glühverlust • • •
1-99
100-00
0. Proportion = 1 : 2 32 : 3-7.
Dieses Ergebniss steht also bedeutend näher zur Zusammensetzung
des reinen Nephelines, wegen Unvollständigkeit der Analyse aber ist
es nicht geeignet, die Frage zu entscheiden, ob der Sodalith aus dem
Eläolith hervorgegangen sei, und leider konnte ich noch nicht dazu
kommen, eine neue vollständige Analyse vorzunehmen.
Zugleich untersuchte ich Dünnschliffe von S o d a 1 i th (Fig. 10.)
um mich zu überzeugen, ob die mikroskopische Zusammensetzung keinen
Aufschluss in Betreff' dieser Frage gibt. Auch die reinsten Stellen des
Sodalith sind voll von Interpositionen. Er behält an den dünnsten
Stellen noch die Spur seiner blauen Farbe und grenzt sich scharf, aber
unregelmässig ausgezackt, gegen die grauliche Feldspathsubstanz ab,
zwischen welche der Sodalith eingebettet ist. Eine Substanz greift in
die andere tief hinein, doch wird auch die Feldspathsubstanz oft in
Kryställchen oder krystallinischen Körnern durch den Sodalith einge-
schlossen. Die Feldspathsubstanz bestellt vorherrschend aus kleineren
Plagioklas- Kryställchen, welche wirr neben und durcheinander liegen
und im polar. Lichte durch ihre bunten Zwillingsstreifen auffallen ; es
zeigen sich aber auch einfach gefärbte Schnitte, welche auf Orthoklas
hinweisen. Der Sodalith verhaltet sich zwischen gekreuzten Nikol’s in
allen Stellungen dunkel.
336
A. Koch.
[20]
Ausser den Feldspatheinschlüssen kommen Biotit-Einschlüsse in
Form von grösseren oder kleineren, oft winzigen Fetzen, in solcher
Menge vor, dass man kaum eine kleine Stelle ohne Biotit finden kann.
Man sieht ferner feine, unregelmässige Risse und bei oberer Beleuchtung
weisse, wolkige Flecken. Letztere erweisen sich bei 350- und 600faeher
Vergrösserung ganz als dieselben Gebilde, welche im Nephelin erwähnt
worden sind, nämlich als Höhlungen, Luftbläschen, Canälchen und
Flüssigkeitseinschlüsse.
Auf Grund der mikroskopischen Untersuchung ist es also wohl
möglich, dass der Sodalith wirklich aus dem Eläolith entstand; beide
aber ursprünglich vielleicht Plagioklas waren, dessen SiO 2 Ueberschuss
(gegen Eläolith und Sodalith) mit ZrO2 und TiO 2 zu Zirkon und
Titanit sich vereinigte. Eine neue sorgfältige Analyse des Eläolithes
dürfte diese Fragen gewiss noch entscheiden.
IV. Untersuchung der Lithionglimmer von Paris, Rozena
und Zinnwald.
Von Dr. Fritz Berwertli.
Die lithiumführenden Glimmer sind wiederholt Gegenstand der
chemischen Analyse gewesen. Zu einem übereinstimmenden Resultate
haben aber alle angestellten Untersuchungen bisher nicht geführt,
obgleich Analytiker, aus deren Händen nur anerkannt gute Arbeiten
hervorgegangen sind, Mühe und Fleiss auf die Feststellung der rich-
tigen Zusammensetzung der Lithionglimmer verwendet haben. Nach
Klaproth wurde durch Ch. Gmelin, Turner, Kralovanzky,
R e g n a u 1 1, in R o s e’s Laboratorium durch Lohmayer und Ros a-
les, Stein und in neuerer Zeit durch Rammeisberg und Co o per
in Bunsen's Laboratorium die Lösung dieser Aufgabe versucht. Die
Differenzen, welche in den älteren Analysen in der Kieselsäure, Thon-
erde und dem Eisengehalte hervortraten, scheinen durch die neueren
Arbeiten zu schwinden, während in den Angaben über den Gehalt der
Alkalien insbesondere den des Lithiums und zum Theile den des Fluor
noch wesentliche Abweichungen bestehen, welche Differenzen auf den
Mangel guter Trennungsmethoden zurückzuführen sind, an welchem
Mangel in erster Reihe} die Lithiumbestimmung in erheblicher Weise
leidet. Ich habe das Lithium als phosphorsaures Salz abgeschieden,
da nach einer Prüfung vonJTFr esenius diese Methode brauchbare
Resultate liefert und den Methoden, das Lithium als kohlensaures oder
schwefelsaures Salz und der indirecten Methode zu bestimmen, vorzu-
ziehen ist. Mit welchen Mitteln den für eine quantitative Bestimmung
nachtheiligen Eigenschaften des phosphorsaurenl Lithrms begegnet
wird und welche Vorsicht bei der Wahl der Reagentien übt werden
muss, will ich bei der Darstellung des experimentellen Tb eiles aus-
führen. Bis dass vollkommene Methoden gefunden werden, zählen
die Lithionglimmer daher auch fernerhin zu den schwierig zerlegbaren
Silicaten.
Auch diesesmal verdanke ich der Güte des Herrn Prof. E. Lud-
wig die Begünstigung, die Untersuchung dieser Glimmer in seinem
Mineralogische Mittheilungen. 1877. 4. Heft. (Berwerth.) 45
338
Fritz Berwerth.
[2]
Laboratorium ausführen zu können. Das Material, welches mit grosser
Sorgfalt ausgesucht und auf seine Reinheit geprüft war, wurde mir von
Herrn Prof. G. Tschermak, der mich zu dieser Arbeit veranlasste,
übergeben.
Angewandte Methoden.
Gmelin Ch., Gilb. Ann. IV. 371. 1820.
dto. dto. Pogg. „ III. 43. 1825.
dto. dto. „ „ VI. 215. 1826.
Hagen Robert, Pogg. Ann. XLVIII. 361. 1839.
Rosales (II. Rose), Pogg. Ann. LVIII. 154. 1843.
Rammeisberg, Pogg. Ann. LXXXV. 544. 1852.
dto. „ „ LXXXIX. 144. 1853.
Diehl K., Ann. d. Chem. u. Pharm. CXXI. Januar-Heft. 93. 1862.
Fresenius R., Zeitschr. f. analyt. Chem. I. 42. 1862.
Schrötter, Sitz.-Ber. d. W. Ak. 2. Abth. L. Juli 1864.
Da das Lithium wegen seines niederen Atomgewichtes die che-
mische Formel sehr beeinflusst, so ist die möglichst genaue Bestimmung
desselben in allen seinen Verbindungen der wichtigste Theil solcher
Analysen, somit auch im gegenwärtigen Falle. Ich halte es daher für
empfehlenswerth, die angewandten Methoden etwas eingehender, als
sonst üblich, darzulegen.
Die Trennung der Alkalien von der Kieselsäure, Thonerde und
dem Eisengehalte wurde auf drei verschiedenen Wegen versucht. Zwei-
mal wurde mit über permangansaures Kali destillirter Flusssäure auf-
geschlossen, das drittemal mit kohlensaurem Natron-Kali; in der alka-
lischen Aufschliessung sollte nur das Lithium gewonnen werden. Bei
sämmtlichen Analysen kamen nur Platin- und Glasgefässe in An-
wendung.
I. In der ersten flusssauren Aufschliessung (Glimmer von Maine)
wurde zur Entfernung der Schwefelsäure, Thonerde und der Eisen-
spuren aus der salzsauren Lösung Baryt angewendet, um die Alkalien
nach der allgemein gebräuchlichen Methode auszuscheiden. Nachdem
der Barytniederschlag, bei welchem sich auch der überschüssige, mit
kohlensaurem Ammon gefällte Baryt befand, mit einer für gewöhnlich
genügenden Menge heissen Wassers durch Decantation und am Filter
ausgewaschen worden war, hielt ich es für gut, die ausgewaschenen
Baryt niederschläge auf allenfalls von ihnen zurückgehaltenes Lithium
vor dem Spectralapparat zu prüfen, dessen Flammenreaction im Spec-
troskop bekanntlich bis auf eine Spur von 9/i,0oo*ooo Milligr. erkennbar
ist. Als ich zu diesem Versuche auf einem dünnen Platindraht eine
Spur des Barytniederschlages in die Bunsen’sche Flamme brachte,
wurde zu meiner Ueberraschung der ganze Mantelsaum der Flamme
roth gefärbt. Statt der vermutheten erst spectroskopisch erkennbaren
Spur von Lithium war bei dem Barytniederschlage nach Massgabe der
energischen Reaction ein Rest von Chlorlithium zurückgeblieben, dessen
Menge die erlaubten Fehlergrenzen gewiss überschritt. Die Auswaschung
Untersuchung der Lithionglimmer von Paris, Rozena u. Zinnwald. 339
mit heissem Wasser wurde hierauf wieder begonnen und in längeren
Pausen der Niederschlag auf die Anwesenheit des Lithium geprüft. Als
nach mehrtägigem fortgesetzten Aufgiessen von heissem Wasser die
Lithiumreaction im Barytniederschlage nicht schwächer wurde — es
waren circa 20 Liter Waschwasser zum Durchlauf gebracht worden —
stellte ich den Versuch, das Chlorlithium aus dem Barytniederschlage
mittelst Wasser auszusaugen, als erfolglos ein. Die gleichen Erfah-
rungen hatte auch Dielil gemacht. — Abgesehen von den nachthei-
ligen Folgen so bedeutender Quantitäten Wasser für die Analyse, waren
die Abdampfungsrückstände während der mehrere Tage dauernden
Abdampfung in der Laboratorium-Atmosphäre sehr unrein geworden.
Ich gab daher nach der gemachten Erfahrung die weitere Ausführung
dieser Analyse auf und stellte die Alkalien nach Vertreibung des Chlor-
ammoniums zur späteren Prüfung auf Rubidium und Cäsium bei Seite.
— Während der Prüfung des Barytniederschlages im Spectroskop
erschienen auch die Kaliumlinien mit schwacher Intensität regelmässig,
welche bei dem fortgesetzten Waschen immer rascher aus dem Gesichts-
felde schwanden; sie blieben aber nie ganz aus.
Die gemachten Beobachtungen ergeben nun als Richtschnur für
zukünftige Arbeiten, dass bei der Analyse der Lithionglimmer und über-
haupt lithiumhaltiger Minerale der Baryt als Reagens auszuschliessen
ist, sobald an die Lithiumbestimmung strenge Anforderungen gestellt
werden.
II. Zum audernmale wurde in der salzsauren Lösung des durch
Flusssäure aufgeschlossenen Minerals die Thonerde und das Eisen durch
Ammon, Mangan durch Schwefelammon, die äusserst geringen Spuren
von Kalk und Magnesia durch oxals. Ammon und Quecksilberoxyd
gefällt. Diese Methode hat sich zur vollständigen Gewinnung der Alka-
lien, als die am meisten empfehlenswerthe gezeigt; ein Verlust an
Lithium war während der Analyse nicht zu constatiren. Vorsorge muss
nur bei der Fällung der Thonerde getroffen werden, da dieselbe bei
dem Ausfällen ebenfalls Lithium mit niederreisst, also zu ihm ein ana-
loges Verhalten zeigt, wie zur Magnesia. Ich fand, dass bei viermal
wiederholter Auflösung und Fällung derselben im vierten Niederschlage
sich vor dem Spectroskop nur eine ganz schwache Spur zu erkennen
gibt und dass nach einer fünften Auflösung und Ausfällung aus diesem
Niederschlage die letzte Spur des Lithium verschwunden ist. Dieses
Verhalten der Thonerde und des Lithiums fand ich in vier Fällen
constant.
Die Alkalien wurden als Chloride gewogen. Die Ueberführung
derselben in ein anderes Salz erwies sich als überflüssig, da ich be-
weisen konnte, dass bei gut angewandten Vorsichtsmassregeln eine
Gewichtzunahme durch Anziehen von Luftfeuchtigkeit, welche Eigen-
schaft das Lithium vorzüglich besitzt, nicht zu befürchten ist. Diesem
Uebelstande beugte ich vor, indem der noch heisse Tiegel mit den
Alkalien in ein getrocknetes, im Exsiccator aufbewahrtes, luftdicht ver-
schlossenes Glasfläschchen mit weiter Halsöffnung gestellt und sammt
demselben gewogen wurde. Ich habe gefunden, dass die Chloralkalien,
auf diese Weise geschützt, während mehrerer Stunden keine Gewicht-
45*
340
Fritz Berwertli.
[4]
Zunahme erfahren, man also nach der gewohnheitsmässigen halbstündigen
Abkühlungszeit bei der Waage keinen Fehler macht. Zweimal wog ich
die Chloralkalien vierundzwanzig Stunden nach der Erhitzung, und ich
fand, dass im gleichen Zeiträume die Gewichtzunahme bis in die vierte
Decimale gleich war. Den Unterschied im Gewicht bei einer Wägung
nach V211 und nach 24h zeigen folgende Zahlen:
a/2h nach dem Glühen gewogen = 182-5825 Gr.
24h „ „ „ „ = 182-584 1 „
Die Gewichtvermehrung betrug nach 24h somit 0"0022 Gr. Nahm
ich die Wägung zwei bis drei Stunden nach dem Glühen vor, so war
eine Zunahme an Gewicht nicht zu erweisen. Aus dem Vorstehenden
erhellt, dass das Chlorlithium bei Abhaltung des Luftzutrittes sich zur
Wägung eignet.
Nachdem in der stark eingeengten Auflösung der Chloralkalien
das Kalium mit Platinchlorid niedergeschlagen worden, zeigte es sich,
dass der Kalium-Platinniederschlag lithiumhaltig war. Eine Gewinnung
des Lithiums daraus wurde aber nicht versucht. Im Filtrate des
Kalium-Platinchlorids wurde das überschüssige Platinchlorid mittelst
Wasserstoffgas reducirt, vom Platin abfiltrirt und in dieser Flüssigkeit
nach Zusatz von wenig Aetznatron das Lithium mit phosphorsaurem
Natron gefällt.
Im Nachstehenden übergebe ich einige Beobachtungen, die ich
bei der Ausführung von fünf Lithiumbestimmungen machte, und sehe
ich in der Mittheilung derselben einen kleinen Beitrag über das Ver-
halten der Löslichkeit des phosphorsauren Lithium. Wenn die zur
Fällung vorbereitete Flüssigkeit mit phosphorsaurem Natron versetzt
wurde, zeigte sich in derselben vorerst keine Veränderung. Erst nach
geraumer Zeit trat während der Abdampfung auf dem Wasserbade all-
mälig Trübung ein, welcher rasch eine bockige Abscheidung des phos-
phorsauren Lithium folgte. Es wurde immer zur Trockne eingedampft,
die rückständige Salzmasse mit einer Mischung, zu gleichen Theilen
aus Ammoniak und Wasser bestehend, übergossen und zur Abschei-
dung des Niederschlages zwölf Stunden stehen gelassen. Der jedesmal
flockig ausgeschiedene Niederschlag wurde auf dem Filter mit Ammoniak-
wasser ausgewaschen. Diese ganze Operation musste noch zweimal
wiederholt werden und es stellte sich in den successive abgeschiedenen
Portionen die Löslichkeit des phosphorsauren Lithiums folgender-
massen dar:
1. Ausfällung = 0-0503 Gr. P2053Li20.‘
2. „ = 00148
3. „ = 0-0052
n
v
Im vierten Filtrate war, nachdem es wie oben angegeben behandelt
worden, nur eine sehr schwache Trübung wahrzunehmen.
Bei der zweiten Aufschliessung des Glimmer von Paris fand ich
das phosphorsaure Lithium schon nach zwei Abdampfungen gänzlich
ausgeschieden, und zwar in folgendem Verhältnisse:
1. Ausfällung = 0-0799 Gr. P2055Z?20.
2. - 0-0122 „
Untersuchung der Lithionglimmer von Paris, Rozena u. Zinnwald.
341
Die Prüfung des dritten Filtrates auf P20b3Li20 gab ein nega-
tives Resultat.
In der Aufschliessung des Zinnwaldit geschah die Ausfällung
wieder in drei Portionen, und zwar in folgendem auffälligen Ver-
hältnisse *
1. Ausfällung = O0634 Gr. P20b3Li20.
2. „ = 0-0149 „
3. „ = 0 0151 „
Man sieht aus dieser Zahlenreihe, dass aus dem zweiten Filtrate
etwas mehr als die Hälfte der ganzen Menge P20b3Li20 in das
dritte Filtrat übergegangen ist. Diese Anomalie kehrte auch bei der
Ausfällung des Lithium im Roznaer Glimmer wieder. Die einzelnen
Portionen schieden sich nicht annähernd im Sinne einer bestimmten
Proportion ab. Diese Unregelmässigkeit in der Löslichkeit dürfte
ausser in der Temperatur in der verschiedenen Menge des zugegebenen
Natronsalzes zu suchen sein. In den zwei Aufschliessungen des Glim-
mer von Rozena summirte sich die Gesammtmenge des P20b3Li20
aus folgenden Portionen:
A. B.
1. Ausfällung = 0-1202 Gr. 0T060 Gr. P20b3Li20.
2. u. 3. „ = 0-0394 „ 0-0122 „
4. „ = 0-0136 „ 0-0671 „
5. „ - - 0-0109 „
Unter fünf Fällen verhielt sich die Löslichkeit des phosphorsauren
Lithium nur zweimal gesetzmässig zu der Anzahl der Fällungen, wäh-
rend in den drei anderen die Abscheidung des Niederschlages gegen
die Regel stattfand. Aus den gefundenen Thatsachen geht für jetzt
so viel hervor, dass eine Prüfung auf gelöstes phosphorsaures Lithium
im vierten, eventuell auch fünften Filtrate vorzunehmen ist.
III. Um das Lithium ohne Verlust in der fällbaren Lösung zu
erhalten, wurde ein dritter Versuch angestellt. Hierbei wurde mit
lithiumfreiem kohlensaurem Natron-Kali aufgeschlossen. Die mit Wasser
aufgeweichte Schmelze wurde ausgewaschen und der Rückstand auf
das Filter gebracht. In diesem Rückstände waren nach zwölfmaligem
Aufgiessen von Wasser noch immer Spuren von Lithium zurückge-
blieben. Im Filtrate wurde die Thonerde mit Ammoniak gefällt und
bis zur Erhaltung der Alkalien wie im Falle II. verfahren. — Die
trockenen Chloralkalien wurden in ein Kölbchen gebracht und mit
absolutem Alkohol digerirt. Der Alkohol, an dessen Stelle ich zum
Schlüsse Aether-Alkohol anwendete, wurde zur Digestion oft erneuert.
Die zusammengegossenen Filtrate wurden abgedampft und in der wäs-
serigen, alkalisch gemachten Lösung wie früher das Lithium gefällt.
Während der Auslaugung der Alkalien mit Alkohol brachte ich von
Zeit zu Zeit eine Probe derselben vor das Spectroskop, in welchem
die Lithiumlinie aber immer ungeschwächt auftrat. Da das Chlor-
lithium selbst nach einer langwierigen Digestion durch einfache Lösung
von dem Chlorkalium und Chlornatrium nicht zu trennen war, kann
ich die hierbei erhaltene Lithiummenge nicht in Rechnung stellen. —
Dieser Versuch wurde einmal am Glimmer von Rozena gemacht.
342
Fritz Berwerth.
[6]
IV. In der Mittheilung der Analyse des Glimmers von Juschakowa
macht H. Rose die Bemerkung, dass das Natron in den Lithionglim-
mern ganz gewiss in vielen Fällen übersehen worden sei. Es wird
nachher aber nicht angegeben, ob Rosales, welcher diese Ana-
lyse ausführte, das Natron auch wirklich in irgend einer Form zur
Controle gewogen hat. Ich wage es zu behaupten, dass in vielen Ana-
lysen der Natrongebalt verschwinden würde, wenn man versucht, den-
selben direct nachzuweisen. Besonders Baryt schleicht sich sehr leicht
in die Lösung der Alkalien, unter denen er dann unbemerkt mittelst
Differenz für Natron genommen wird.
Im Glimmer von Rozena habe ich einmal versucht, das Natrium im
Falle seiner Anwesenheit direct nachzuweisen. Durch die wirkliche
Bestimmung desselben konnte ich ja auch das Resultat der Lithium-
bestimmung controliren. Zu diesem Behufe setzte ich zu der Lösung, in
welcher ich das Natrium bestimmen sollte, einige Tropfen Schwefelsäure.
Hierbei erhielt ich einen Niederschlag von schwefelsaurem Baryt, dessen
Gewicht 0‘0105 Gr. betrug. Ich brachte diesen Niederschlag, auf Chlor-
baryum umgerechnet, von der Gesammtmenge der Alkalien in Abzug.
Im Filtrate dieses Niederschlages konnte ich nunmehr O’OOIO Gr. Rück-
stand wägen, welche Menge nach einer so langwierigen Arbeit nicht
als positives Resultat genommen werden kann. Indem hiermit die Ab-
wesenheit des Natron im Lepidolith von Rozena constatirt ist, gewinnt
zugleich die Lithiumbestimmung einen Beweis mehr für ihre Richtig-
keit. Wird nämlich nach der Abscheidung des Kalium der ganze Rest
des Chloralkalis auf Lithion gerechnet, so ergeben sich daraus 6*0 6°/0,
während aus dem gewogenen phosphorsauren Lithium sich 6*16°/0
ergeben. Die gute Uebereinstimmung dieser Zahlen erhöht den Werth
der Lithionbestimmung.
V. Auf die Fluorbestimmung wurde ebenfalls grosse Sorgfalt ver-
wendet. So oft ich an einem und demselben Mineral die Fluorbestim-
mung wiederholt habe, sind die Resultate immer gut übereinstimmend
ausgefallen, und ist die Verlässlichkeit der angewandten Methode (Ber-
zelius-Rose), welche ich kurz angebe, durch verschiedene Versuche
im Laboratorium bestätigt worden. Nachdem mit kohlensaurem Natron-
Kali aufgeschlossen, die alkalische Schmelze mit Wasser aufgeweicht
und gut ausgewaschen war, wurde das Filtrat mit kohlensaurem Ammon
versetzt und auf dem Wasserbade so lange abgedampft, bis dass letzteres
ganz verflüchtigt war. Der Niederschlag wurde abfiltrirt und zum Fil-
trate in einem Becherglase Chlorcalcium zugegeben. Nach zwölf Stunden
brachte ich den Niederschlag auf das Filter, glühte denselben nachher
und übergoss ihn dann mit Essigsäure. Nach vollständiger Eindampfung
wurde der essigsaure Kalk in Wasser gelöst und das Fluorcalcium als
Rückstand erhalten.
VI. Zur Bestimmung der Kieselsäure, der Erden und Metalloxyde
dienten die heute allgemein angewandten Methoden. Bei dem Zinn-
waldit wurde einmal Thonerde und Eisenoxyd vom Mangan mit bern-
steinsaurem Natron getrennt.
Unsersuchung der Lithionglimmer von Paris, Rozena u. Zinnwald. 343
YII. Das Wasser wurde nach E. Ludwig’s Methode durch Auf-
schliessen mit entwässertem kohlensaurem Natron-Kali im ausgebauchten
Platinrohre bestimmt. (Tschermak, Mineral. Mitth. V. 213. 1875.)
Lepiclolitli von Paris, Maine, N. Am.
Der Lepidolith von Paris unterscheidet sich vom Rozenaer Vor-
kommen bloss durch ein grösseres Korn und seine schöne Lilafarbe,
welche bei dem Glimmer von Rozena eine Nuance mehr in das rothe
hesitzt. Sonst gleicht er in seinem übrigen Verhalten vollkommen dem
Lepidolith von Rozena.
Das Endresultat der Untersuchung habe ich aus folgenden Zahlen
erhalten :
Fluor bestimm ung: 09735 Gr. Subst. bei 105° C. getrockn.
gaben 01030 Gr. Fluorcalcium, welche entsprechen 0-05017 Gr. Fluor.
Aufschliessung mit hohlensaurem Natron -Kali:
D0275 Gr. Subst. bei 105° C. getr. gaben 0-5178 Gr. Kieselsäure und
0-2897 Gr. Thonerde.
Aufschliessung mit Flusssäure: 1) 0'8769 Gr. Subst.
gaben 0-3555 Gr. Cliloralkalien. Erhalten wurden aus denselben
0.5800 Gr. Kalium -Platinchlorid, welche entsprechen 0-1769 Gr. Chlor-
kaliuni oder 0-1116 Gr. Kali. — Basisch phosphorsaures Lithium
wurden erhalten 0"0703 Gr., welche entsprechen 0-0774 Chlorlithium
oder 0-0273 Gr. Lithion in Procenten gleich 3-11. Dieses Resultat
stelle ich weiter unten nicht in Rechnung, da ich mit der grössten
Wahrscheinlichkeit vermuthe, bei der Analyse einen Verlust erlitten
zu haben. — 2) Aus 0-7029 Gr. Subst. erhielt ich 0-2834 Gr. Chlor-
alkalien, daraus wurden gefällt 0-4365 Gr. Kalium-Platinchlorid, welche
entsprechen 0-1332 Gr. Chlorkalium oder 0-0840 Gr. Kali. — 0-0921 Gr.
phosphorsaures Lithium entsprechen 0-035728 Gr. Lithion.
Resultat in Procenten ausgedrückt:
I. II. Mittelwerthe :
Fluor ....
• 515
—
5-15
Kieselsäure
• 50-39
—
50-39
Thonerde • •
• 28-19
—
28-19
Manganoxydul
—
—
Sp.
Kali ....
• 12-73
11-95
12-34
Lithion • • •
—
5-08
5-08
Wasser • • •
. —
2-36
2-36
103-51
Dem Fluor äquiv. Sauerstoffmenge 2" 17
101-34
Das spec. Gew. mit 1-5883 Gr. Substanz in Körnern bestimmt,
ist gleich 2'8546. Im Spectroskop war neben Rubidium das Cäsium
besonders schön zu erkennen.
344
Fritz Berwerth.
[8]
Lcpidolitli Ton Rozena in Mähren.
Crell’s Ann. II. 196. 1791.
Klaproth, Beitr. I. 279. II. 191.
Gmelin Cb., Schweigg. J. XXX. 173. 1820.
Kralovanzky, „ „ LIV. 230. 1828.
Regnault, J. f. pr. Ch. XVII. 488. 1839.
Rammeisberg, Pogg. Ann. LXXXI. 39. 1850.
Cooper, „ „ CXIII. 343. 1861.
Reuter, Rammelsb. Min. Chem. II. Aufl. 521. 1875.
In Verwendung kamen sehr frische Partien von einem Block,
welcher eigens zu diesem Zwecke an Ort und Stelle ausgesucht worden
war. Das Verhalten dieses Lepidolith vor dem Löthrohre, gegen Säu-
ren, seiner Schmelzbarkeit ist in den älteren Arbeiten wiederholt mit-
getheilt und müsste ich das Bekannte darüber nur wieder bestätigen.
Die Ergebnisse der Analyse sind:
Fluorbestimmung: 0-8853 Gr. Subst. bei 105° C. getrocknet
gaben 04440 Gr. Fluorcalcium, welche entsprechen 0’0702 Gr. Fluor.
Von dieser Menge Fluor müssen 0-0004 Gr. Phosphorsäure abgezogen
werden.
A u f s c h 1 i e s s u n g mit kohlensaurem Natron-Kali:
1. P4310 Gr. Subst. bei 105° C. getr. gaben 04360 Kieselsäure und
04047 Gr. Thonerde.
2. 1-017 Gr. Subst. gaben 0-5140 Gr. Kieselsäure und 0-2778 Gr.
Thonerde (kleine Thonerde fehlt).
3. D4310 Gr. Subst. gaben 04732 phosphorsaures Lithium,
welche entsprechen 0-077188 Lithion und gleich 4-7O°/0 sind. Da
besonders durch Zurückhalten des Chlorlithiums bei dem Chlorkalium
und Chlornatrium Verlust eingetreten ist, benütze ich dieses Resul-
tat nicht.
4. 0-9512 Gr. Subst. bei 105° C. getr. gaben 0-0091 Gr. Wasser.
Au fs chliessug durch Flusssäure: 1. Zur Controle meiner
Lithiumbestimmung übernahm es gütigst Herr L. Sipocz, eine Auf-
schliessung zu machen, bei welcher er aus 1-2432 Gr. Subst. 04796 Gr.
phosphorsaures Lithium erhielt, welche entsprechen 0D69672 Gr.
Lithion.
2. 1-2357 Gr. Subst. bei 105VC. getr.^gaben 0-4336 Gr. Chlor-
alkalien. Kaliumplatinchlorid wurden erhalten 0-6926 Gr., welche ent-
sprechen 0-2113 Gr. Chlorkalium oder 04332 Gr. Kali. Als phos-
phorsaures Lithium wurden 0-1962 Gr. gefällt, welche entsprechen
0-0761118 Gr. Lithion.
Bei einer Probe auf Eisenoxydul wurden erhalten 0-002733 Gr.
Untersuchung der Lithionglimmer von Paris, RoZena u. Zinnwald. 345
Resultat in Procenten
ausgedrückt:
I.
II.
Mittelwerthe :
Phosphorsäure . .
. 0-05
—
0-05
Proc.
Fluor
7-88
—
7-88
Kieselsäure . . .
. 51-43
50-54
50-98
Thonerde . . .
. 28-28
27-32
27-80
Eisenoxydul . . .
. 005
—
0-05
Manganoxydul . .
Sp.
—
Sp.
Kali
—
10-78
10-78
Lithion ....
5-60 (Sipöcz)
6-16
5-88
r>
Wasser ....
. 0-96
—
0-96
104-38
Dem Fluor aequiv. Sauerstoffmenge 3-32
101-06
Das spec. Gewicht wurde im Pyknometer mit Anwendung von
1-5547 Gr. körniger Subst. gleich 2‘834 gefunden.
Nach Cooper enthält der Rozenaer Glimmer 0-24 °/0 Rubidium-
oxyd und sind dieselben bei dem Kali in Rechnung zu bringen. Neben
dem Rubidium zeigte sich im Spektroscop auch das Cäsium.
Zinnwaldit von Zinnwald in Böhmen.
Klaproth, Beitr. V. 64.
Gmelin, Ch. Gilb. Ann. LXIV. 371. 1820.
Turner, Edinb. J. Sei. III. vj. 61.
Lohmayer, Pogg. Ann. LXI. 377. 1844.
Stein, Rammelsb. Min. Chem. I. Aufl. 663. 1860.
Rammeisberg, Pogg. Ann. LXXXI. 43. 1850.
Das Material für diese Analyse war einer Druse entnommen,
deren Krystalle fächerförmig gruppirt und durcheinander gewachsen
waren. Die einzeln geprüften Blättchen waren von braunem Aussehen
und besassen hohen Glanz. Das physikalische Verhalten dieses Glimmers
ist nachzusehen bei Tschermak: Die Glimmergruppe I. Th. Sitz.-
Ber. d. Wiener Ak. Bd. LXXVI. Juli-Heft. 31. 1877.
Das Endergebniss ergiebt sich aus folgenden Zahlen:
Fluor bestimmung: 1. ,0-9501 Gr. Subst. bei 105° C. getr.
gaben Fluorcalcium 0-1618 Gr., woraus sich 0-0788 Gr. Fluor be-
rechnen. Abzuziehen sind 0-00045 Gr. Phosphorsäure.
2. 0"7396 Gr. Subst. gaben 0-1179 Gr. Fluorcalcium, welche ent-
sprechen 0-0574 Gr. Fluor. Hievon sind abzuziehen 0"0009 Gr. Phos-
phorsäure.
A u f s c h 1 i e s s u n g mit kohlensaurem Natron-Kali:
1. 0-9768 Gr. Subst. gaben 0-4484 Gr. Kieselsäure und 0"2062 Gr.
Thonerde.
2. 0"9885 Gr. Subst. gaben 0*4535 Gr. Kieselsäure und 0-2372
Gr. Thonerde, 0*1342 Gr. Eisenoxyd und 0-0193 Gr. Manganoxydul.
3. 0-6640 Gr. Subst. bei 105° C. getr. gaben 0-0063 Gr.
Wasser.
Mineralogische Mittheilungen. 1877. 4. Heft. (Berwerth.)
46
346
Fritz Berwerth.
[10]
Eisenoxydulbestimmung: 1. 0'6696 Gr. Subst. im zuge-
schmolzenen Glasrohr mit Schwefelsäure und Flusssäure aufgeschlossen
verbrauchten 6*4 Cc. Chamaeleon (1 Cc. Cham, entsprach 0-0091 125Gr.
Eisen), welche entsprechen 0-05832 Gr. Eisen oder 0-07498 Gr. Eisen-
oxydul.
2. 0-5064 Gr. aufgeschlossene Subst. verbrauchten 5*2 Ccm.
Chamaeleon entsprechend 0-060923 Gr. Eisenoxydul.
Flusssaure Aufschliessung. 1*1046 Gr. Subst. bei 105° C.
getrocknet gaben 0*2950 Gr. Chlor- Alkalien, aus welchen 0-6012 Gr.
Kaliumplatinchlorid abgeschieden wurden, entsprechend 0-1834 Gr.
Chlorkalium oder 0-1156 Gr. Kali. Erhalten wurden 0*0934 Gr.
phosphorsaures Lithium entsprechend 0*10265 Gr. Chlorlithium oder
0-03623 Gr. Lithion. Aus der Differenz ergeben sich für das Chlor-
natrium 0-0090 Gr., welche 0-0047 Gr. Natron entsprechen.
Resultat in Procenten ausgedrückt:
I.
II.
Mittelwerthe
Phosphorsäure
. . . 0-05
0-12
0-08
Fluor . . .
. . . 8-24
7-64
7-94
Kieselsäure .
. . . 45-90
45*84
45*87
Thonerde . .
. . . 21-11
23-89
22-50
Eisenoxyd
. . . —
—
0-66
Eisenoxydul .
. . . 11-20
12-03
11*61
Manganoxydul
. . . —
1*75
1*75
Kali . . .
. . . —
10*46
10*46
Natron . . .
—
0*42
0*42
Lithion . .
—
3*28
3-28
Wasser . .
. . .
0*91
0-91
105*48
Dem
Fluor aequiv.
Sauerstoft'menge
3-34
102*14
Aus zwei Versuchen ergab sich das spec. Gew. mit 0-6823 Gr.
und F1202 Gr. Subst. im Pyknometer bestimmt zu 2-987 und 2'956
also im Mittel 2 97 15.
Das Rubidium ebenso auch Cäsium wurden im Spektroskop sehr
deutlich erkannt, während ich Thallium in keinem der drei untersuchten
Glimmer habe entdecken können.
V. Ueber den Milarit.
Von E. Ludwig.
Der Milarit ist bis jetzt nur zweimal analysirt worden, zuerst
von Frenzei1), bald darauf von Finken er2); die beiden Analysen
haben zu folgenden Zahlen geführt:
Frenzei
Finkener
Kieselsäure
. . 71-12
70-04 Procent
Thonerde .
. . 8-45
11-62 „
Kalk . .
. . 11-27
10'05 „
Magnesia .
. . —
0-20 „
Kali . .
. . —
5-74 „
Natron . .
. . 7-61
0-65 „
Wasser
. . 1-55
1-69
100-00
99-99
Diese Resultate weichen so bedeutend von einander ab, dass
durch dieselben die Zusammensetzung des Milarits nicht festgestellt
ist, ja, wenn man die Zahlen ins Auge fasst, welche die zwei Analysen
für die Alkalien ergaben, so kann man sich kaum des Gedankens er-
wehren, die beiden Forscher haben zwei verschiedene Minerale der
Analyse unterzogen.
Es ist klar, dass bei dieser Sachlage eine Wiederholung der
Analyse des Milarits unbedingt nothwendig war und dieselbe wäre
gewiss schon von irgend einer Seite erfolgt, wenn dieses Mineral wegen
seines seltenen Vorkommens nicht so schwierig zu beschaffen wäre.
Das mineralog. Univ.-Institut und das Hofmineralien-Cabinet haben
eine neue Analyse ermöglicht, indem die Herren Prof. Tschermak
’) Jahrbuch für Mineralogie 1873, Pag. 797.
2) Jahrbuch für Mineralogie 1874, Pag. 61.
46*
348 E- Ludwig. [2]
und Dr. Brezina mit dankenswerther Bereitwilligkeit mich in den
Besitz ausreichenden Materiales setzten.
Ich erhielt ungefähr 2 Grm. wohl ausgebildeter, vollkommen
durchsichtiger Milaritkrystalle, die auf das sorgfältigste ausgelesen
waren; mit diesem Materiale habe ich nun die im folgenden zu be-
schreibende Untersuchung vorgenommen.
Die Bestimmung des specifischen Gewichtes ergab mir (bei Ver-
wendung von 1*8215 Grm. Milarit) 2*5529, Frenzei hat 2*59,
Finken er 2*5 gefunden.
Bei der qualitativen Analyse wurden folgende Bestandteile ge-
funden: Kieselsäure, Thonerde, Kalk, Magnesia, Kali, Natron und
Wasser. Magnesia und Natron sind in so geringen Mengen vorhanden,
dass eine quantitative Bestimmung derselben nicht ausführbar war,
ich begnügte mich daher mit dem qualitativen Nachweise derselben.
Ueber das Verhalten des Milarits habe ich folgende Beobachtun-
gen gemacht: Der Milarit gibt beim Glühen Wasser ab und zwar
geht dieses Wasser schon vollständig fort, wenn man das feingepul-
verte Mineral im Platintiegel mit der Flamme eines Bunsen’schen
Gasbrenners während einer halben Stunde erhitzt, dabei sintert die
Masse ganz wenig; erhitzt man nun weiter im Gebläsefeuer, so erfolgt
keine nennenswerthe Gewichtsabnahme mehr, es tritt aber jetzt voll-
ständige Schmelzung ein und wenn man nach dem Schmelzen allmählig
erkalten lässt, so erhält man eine durchsichtige, farblose, glasartige
Masse, die durch Salzsäure nicht vollständig aufgeschlossen wird.
Concentrirte wässrige Flusssäure schliesst den feingepulverten Milarit
bei Wasserbadwärme in ganz kurzer Zeit vollständig auf.
Die quantitative Analyse ergab folgende Resultate:
I. 0*7775 Grm. Milarit mit kohlensaurem Natron-Kali auf-
geschlossen (nach dem von L. Sipöcz1) beschriebenen Verfahren zur
Bestimmung des Wassers in Silicaten), lieferten 0*0105 Grm. Wasser,
0*5586 Grm. Kieselsäure, 0*0835 Grm. Thonerde und 0*09 Grm. Kalk.
II. 0*4757 Grm. Milarit mit Flusssäure aufgeschlossen, ergaben
0*0389 Grm. Chloride der Alkalimetalle. Bei der Behandlung mit
Platinchlorid wurden erhalten: 0*1203 Grm. Kaliumplatinchlorid und
eine unwägbare Menge von Chlornatrium. Als ich nämlich das Filtrat
vom Kaliumplatinchlorid durch Verdampfen von Alkohol und Aether
befreit und zur Abscheidung des Platins mit Wasserstoff behandelt
hatte, erhielt ich beim Auswaschen des Platins mit heissem Wasser
eine farblose Flüssigkeit, welche beim Verdampfen eine unwägbare
Menge von Chlornatrium zuriickliess, das an Krystallform unter dem
Mikroskope und durch die Flammenfärbung erkannt wurde. Die geringe
') Sitzungsberichte der kaiserl. Akademie der Wissenschaften zu Wien,
II. Abtheil. Bd. LXXVI. Pag.
[3]
Ueber den Milarit.
349
Differenz von 00022 Grm., welche sich beim Vergleich des direct
gewogenen Chlorkaliums und des aus dem Platinniederschlage berech-
neten ergiebt, ist als Versuchsfelder aufzufassen, der wesentlich durch
die hygroskopische Eigenschaft des Chlorkaliums bedingt ist.
III. 0-4352 Grm. Milarit verloren beim Glühen im Platintiegel
mit der Flamme des Bunsen’schen Gasbrenners 0'0058 Grm. und beim
darauffolgenden Glühen im Gebläsefeuer nur mehr 0'0002 Grm.,
zusammen also 0-006 Grm., welche als Wasser in Rechnung genommen
werden. Die geglühte Masse gab nach dem Aufschlüssen mit kohlen-
saurem Natronkali 0'3124 Grm. Kieselsäure, 0-0462 Grm. Thonerde
und 0-051 Grm. Kalk.
Diese Daten führen zu folgender procentischer Zusammen-
setzung :
Kieselsäure .
I.
. 71-85
II.
III.
71-78
Mittel
71-81
Proc.
Thonerde . .
. 10-74
—
10-61
10-67
Kalk . . .
. 11-58
—
11-71
11-65
»
Magnesia . .
Spur
—
—
Spur
n
Kali . . .
—
4-86
—
4-86
y>
Natron . .
—
Spur
—
Spur
V
Wasser . .
. 1-35
—
1-38
1-36
r>
100-35
Nach den Ergebnissen meiner Analyse wird die chemische Zu-
sammensetzung des Milarits durch die kleinste Formel
Si12 Äl2 Ca2 K II O30
ausgedrückt; die aus dieser Formel gerechneten Zahlen stimmen mit
den mittleren Werthen meiner Analysen folgendermassen überein:
Berechnet
Gefunden (Mittel)
Kieselsäure
. . . 72-66
71-81 Proc.
Thonerde .
. . . 10-39
10-67 „
Kalk . . .
. . . 11-30
11-65 „
Kali . . .
. . . 4-74
4-86 „
Wasser . .
. . . 0-91
U36 „
100-00 100-35
Die Resultate der Analyse von Finken er, welche ich am Ein-
gänge angeführt habe, weichen von denen, die ich erhielt, nicht sehr
bedeutend ab. Bei dem Umstande, dass Finkener 0-65 Proc. Natron
fand, während der von mir untersuchte Milarit fast natronfrei war,
ist vielleicht die Annahme gestattet, dass der von Finkener unter-
suchte Milarit nicht so rein war, als derjenige, über den ich verfügte.
Wenn dem Milarit kleine Mengen von Feldspath beigemengt sind
(und dieses Mineral kommt ja mit dem Milarit zusammen vor), so
werden die Zahlen für die Kieselsäure und für den Kalk herab-
350
E. Ludwig.
[4]
gedrückt, während die Werthe für die Thonerde steigen und Natron
unter den Bestandtheilen erscheint ; in diesem Sinne weichen die
analytischen Resultate Finkener’s von den meinen ab.
Ueber die physikalischen Eigenschaften der Milaritkrystalle theilte
mir Herr Prof. G. Tschermak folgendes mit:
Die Krystalle des Milarits zeigen Formen, welche die Symmetrie
des hexagonalen Systems nachahmen. Daher wurden sie von Kenngott1)
als eine Combination des hexagonalen Prisma mit einer hexagonalen
Pyramide in verwendeter Stellung beschrieben. Ausser den beiden
Flächenarten b und o treten auch noch eine Endfläche c und schmale
Abstumpfungen der Prismenkanten, n hinzu.
Gemessen wurden an einem Krystall:
\ b2 = 59° 51'*
b2 b3 =Z 59° 53
b3 b‘ = 60° 11
b‘ b " = 59° 49
b“ b‘“ — 60° 11'
b,u\ — 59° 57
\ ox — 58° 13'*
0l o3 = 63° 34 *
o3 b‘ = 58° 7
\ ox — 58° 12*
0l o" = 63° 34*
o" b“ — 58° 8'
Die mit * bezeiclmeten Messungen sind genau, da die Flächen
bx b2 Oi o3 o" vorzüglich spiegelten, die übrigen Werthe sind weniger
genau. Die Flächen b3 und b“ sind nicht einfach, sondern aus je zwei
Flächen zusammengesetzt, welche ausspringende Winkel bilden, die
10' respective 31' ergeben. Die Messung bezieht sich beidemale auf
die von b‘ entferntere Fläche. Auf den meisten Prismenflächen b sieht
man sägeförmige Zeichnungen der Länge nach in der Mitte herab-
laufend. Aus den besten Messungen berechnen sich die Winkel
Oy o2 = 35° 19' und Oy o' = 74° 54, während Kenngott’s Messun-
gen 35° 14 und 74° 40 ergeben.
') Jalirb. f. Min. 1870. Pag. 80.
[5]
lieber den Milarit.
351
Was die Messungen in der Prismenzone und die Zeichnungen
auf b schon vermuthen lassen, ergibt sich sogleich aus der optischen
Untersuchung eines Querschnittes aus einem Kryställchen des Milarits.
Man erkennt eine Drillingsverwachsung, wofür die Fig. 3 ein Beispiel
angibt. Jeder Krystall besteht mindestens aus sechs Individuen, welche
in drei um ungefähr 120° verschiedenen Stellungen mit einander ver-
bunden sind. Die Krystalle verhalten sich in dieser Beziehung ähnlich
wie die Drillinge von Aragonit, Witherit, Chrysoberyll etc.
Eine Schwingungsrichtung ist immer parallel je einer Fläche b.
In den einzelnen Individuen lassen sich jedoch Stellen erkennen,
welche etwas abweichend orientirt sind, indem in denselben eine
Schwingungsrichtung von der des Hauptindividuums um 15° bis 17°
verschieden ist. In Fig. 3 geben die stärker schraffirten Stellen die
Einlagerung solcher Partikel an. In der Mitte, wo die Spitzen der
sechs Dreiecke zusammenstossen, zeigt sich ausserdem ein kleines
Feld, welches zwischen gekreuzten Nicols in jeder Lage dunkel bleibt,
so dass man im Hinblick auf das später zu beschreibende Verhalten
eines Längsschnittes sagen kann, der Drilling enthalte einen Kern-
krystall, welcher optisch einaxig ist.
Die grösseren Krystalle sind oft noch complicirter zusammen-
gesetzt, wofür Fig. 2 ein Beispiel darbietet. Die Schraffirung der ein-
zelnen Felder gibt die Lage einer Schwingungsrichtung an. Das
Mittelfeld, soweit es doppelt schraffirt erscheint, bleibt in allen
Stellungen dunkel.
In den Seitenfeldern 3 und 6 herrscht Einfachheit und die
gleiche Orientirung der Schwingungsrichtung parallel zur Säulenfläche.
In den übrigen Seitenfeldern bemerkt man zwei bis drei verschieden
orientirte Antheile. Die Abweichung der Schwingungsrichtung von dem
Parallelismus mit der Fläche 1 wurde gefunden:
Für das 2. und 5. Seitenfeld 51° und 68°
„ „ 3. „ 6. „ 120°
„ „ 4. „ 1. „ 105° „ 165°.
Diese Werthe sind nur annähernde. Gegen die Mitte zu erschei-
nen noch kleine dreieckige Felder mit der durch die Fig. 2 angege-
benen Lage und Orientirung. Der Kern verhält sich bis auf einige
Stellen einfach brechend, doch bemerkt man leicht, dass das ganze
Mittelfeld nicht homogen sei, sondern sich wie ein feines Gewebe ver-
hält. Es liegt daher die Vermuthung nahe, dass im Innern des
Drillings ein inniges Gemisch der regelmässig verwachsenen Theilchen
stattfindet, so dass die Doppelbrechung nach der Längsaxe aufgehoben
erscheint.
Ein Längsschnitt desselben Krystalls zeigte sich in den äusseren
Schichten gleichartig, im Kern zum grössten Theil gleichartig, doch
waren schmale mit c parallele Streifen bemerkbar, welche in allen
Stellungen dunkel blieben. Die Schwingungsrichtungen sind der Längs-
axe parallel. Axenbilder konnten nicht wahrgenommen werden. Aus
352 E- Ludwig. [6]
den genannten Beobachtungen kann man auf ein rhombisches Krystall-
system schliessen.
Die Individuen wären also nach einer Fläche m, welche als 110
betrachtet werden mag, zwillingsartig verwachsen und es wären
b = (010) c = (001) p — (131) n = (130).
Das Auftreten von Stellen mit einer optischen Orientirung, welche
von jener der Hauptindividuen abweicht, deutet auf das Vorhandensein
einer ferneren zwillingsartigen Verwachsung.
VI. Notizen.
Winkel des Grlankodot von Hakansboe.
Die im II. Hefte dieses Jahrganges der mineralogischen Mitthei-
lungen erschienene schätzenswerthe Arbeit des Herrn Friedrich Becke
„über den Glaukodot von Hakansboe etc.“ gibt mir Veranlassung,
einige schon vor längerer Zeit angestellte Messungen mitzutheilen, zu
denen ich das Material von Herrn Mineralienhändler Pech erworben
hatte. Ich glaubte mit den Resultaten umsoweniger zurückhalten zu
dürfen, als die Messungen mit grosser Schärfe an stark spiegelnden
Flächen vermittelst des Repetitions-Goniometers vorgenommen werden
konnten und die erhaltenen Werthe mit denen von W. J. Lewis1)
gut übereinstimmen.
Sadebeck Tschermak Becke
Lewis
mjm — 69° 26'
l/l — 80° 0'
m/l = 1. Bild 2. Bild
64° 64° 53'
63° 59' 64° 52'
63° 58' 64° 51'
berechnet 64° 8'
69° 30' 68° 4' (8' 30") 69° 32'
80° 7' 30" 79° 59'
64° 31' 64° 4' 30"
64° 1' 30"
Der aus mjm und Iß berechnete Winkel mjl kommt dem von
Lewis gemessenen Winkel m 64° 4' 30" am nächsten. Die beiden
Bilder wurden auf m gesehen und sind jedenfalls die Folge eines
Hypoparallelismus auf dieser Fläche, zwischen ihnen muss das dem
berechneten Winkel zukommende Bild liegen. Die Winkel, welche mit
Hilfe des 2. Bildes erhalten sind, kann man nun ganz ausser
Acht lassen.
Berechnet man aus mjm und Ijl das Axen-Kreuz, so erhält man
a : b : c = 0-69292 : 1 : 1-1927 (Sadebeck)
0-69416 : 1 : L 19245 (Lewis)
0-6767 : 1 : L1891 (Becke).
‘) Philos. Magaz. 1877, Pag. 354.
Mineralogische Mittheilungen. 1877. 4. Heft. (Notizen.) 47
354
Notizen.
[2]
Wie schon aus den Winkeln zu vermuthen war, stimmen meine
und Lewis Axenverhältnisse gut überein, weichen aber von den
Becke’schen ab, so dass auch die Folgerungen des letztem, welche
sich auf die Winkelbeziehungen der Arsenikkies-Gruppe überhaupt be-
ziehen, sich ändern müssen.
Die für den Glaukodot von Becke angenommene eigenthümliche
Stellung in der isomorphen Gruppe, lässt sich nicht aufrechterhalten,
der Glaukodot steht nemlich mit dem Verhältniss der Axen a und b
nicht in der Mitte zwischen Arsenikkiesen und Danaiten, sondern bil-
det ein Endglied, welches bei Einheit der b Axe charakterisirt ist
durch die grösste Länge der a Axe (vrgl. die Becke’sche Tabelle
S. 106). Auch die c Axe wird in ihrer Länge nur von dem Danait von
Skutterad übertroffen. Aber gerade auf die den letztem betreffenden
Angaben glaubt Becke kein grosses Gewicht legen zu dürfen.
Fig. l.
Fig. 2. Fig. 3.
Die von mir gemessenen Krystalle sind Zwillinge nach dem
gewöhnlichen Gesetz, Zwillingsaxe die Normale einer Fläche des ver-
ticalen Hauptprismas m. Fig. 1 stellt einen derartigen Zwilling dar,
bei welchem die Individuen nur von den Flächen m und l (Hauptlängs-
prisma) begränzt, also Oblongoktaeder, mit der Zwillingsebene ver-
bunden sind und einem gewöhnlichen Spinellzwilling nicht unähnlich
sehen. Bei Fig. 2 ist das Individuum I seitlich über II ausgedehnt,
entsprechend den Becke’schen Figuren auf S. 103, die auf der
Zwillingsaxe senkrechten Prismenflächen m und m fallen an der Zwil-
lingsgrenze in eine Ebene. Zu den Flächen m und l treten bei Fig. 3
noch das Hauptoktaeder, das Längsprisma s mit halber und y mit
doppelter Hauptaxe.
Alexander Sadebeck.
[3]
Notizen.
355
Jamesonit von Wiltau.
Die Steinbrüche, welche zwischen Wiltau und Aniras in dem
quarzigen Thonglimmerschiefer, der stellenweise viel Sericit aufnimmt,
angelegt sind, haben bereits ziemlich viele Mineralien geliefert: Arsen-
kies, Magnetkies, Markasit, Pyrit, Kupferkies und Bleiglanz. Ich habe
diese Vorkommnisse und ihre Zersetzungsprodukte gelegentlich be-
schrieben. Vor einiger Zeit fand sich derb und eingesprengt, jedoch
ziemlich selten ein Mineral, welches zuerst als ein bleihaltiger Anti-
monit angesprochen wurde. Es ist grau; feinkörnig, manchmal faserig,
einzelne kleinspiessige Nüdelchen, welche mit dem Gestein verwachsen
waren, Hessen keine Untersuchung der Krystallisation zu. Das spec.
Gewicht beträgt als Mittel von zwei Wägungen 5-2; wohl nur dess-
wegen, weil sich die Gebirgsart nicht genau trennen lässt. Alle übrigen
Eigenschaften stimmen mit Jamesonit; auch die chemische Analyse,
welche Herr S a r 1 a y im Laboratorium des Herrn Professors S e n n-
hofer vornahm.
Wir fügen das Resultat dieser Analyse, wie es sich nach Abzug
der fremden Bestandtheile, die vom Gebirg stammen, ergiebt,
hier bei:
Pb. 40-39
As. 0-39
Sb. 34-02
Fe. 3-43
S. 21-66
99-89
Adolf Pichler.
Neue Serie der Mineralogischen Mittheilungen.
Mit dem vorliegenden Hefte schliesst die erste Serie der Mine-
ralogischen Mittheilungen. Die neue Folge wird unter veränderten Um-
ständen ausgegeben. Die Zeitschrift erscheint fortan unter dem Titel
„Mineralogische und petrographische Mittheilungen“ im Verlage von
A. Holder, Hof- und Universitäts- Buchhändler in Wien, in Heften
von bestimmtem Umfange. Dieselben werden nur für sich ausgegeben
und bilden nicht mehr, wie früher, eine Beilage zum Jahrbuche der
k. k. geologischen Reichsanstalt. Im übrigen wird jedoch der bisherige
Charakter der Zeitschrift aufrecht erhalten und wird dieselbe vorzugs-
weise Original- Mittheilungen grösseren und kleineren Umfanges aus
den Gebieten der Mineralogie und Petrographie enthalten.
Der Herausgeber erfüllt eine angenehme Pflicht, wenn er bei
dieser Gelegenheit dankbar anerkennt, dass die Direction der k. k.
geologischen Reichsanstalt bisher alles aufgeboten hat, um das Unter-
nehmen zu begünstigen und zu unterstützen. Er ist auch in der Lage
47*
Notizen.
[4]
356
mittheilen zu können, dass die genannte Direction sich bereit erklärt
habe, wie früher so auch in Hinkunft der Redaction fördernd zur Seite
zu stehen.
Es darf daher jetzt schon ausgesprochen werden, dass beide
Organe, das Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt und die
Mineralogischen und petrographischen Mittheilungen, die bisher ver-
bunden waren, auch nach ihrer Trennung mit ungeschwächter Kraft
und in förderlicher Eintracht ihr gemeinsames wissenschaftliches Ziel
verfolgen werden.
T.
REGISTER
zu den Jahrgängen von 1871 bis 1877.
(Die römischen Ziffern bedeuten den Jahrgang I == 1871, II = 1872 u. s. w., die arabischen Ziffern
die Seitenzahl.)
A..
Adular v. Verespatak, VII, 321
— Albit Sulzbach, II, 196
— Krystallform, IV, 95
Aegirin, I, 33.
Akmit, I, 33.
Albit, Krystallform, III, 19.
— einfache Krystalle, IV, 97.
— vom Schneeberg, Analyse IV, 176.
Allemann, Dachschiefer Anal., I, 107.
Almaden, Diabas von, VII, 13.
Alunit Cicera, IV, 27.
Amphibol, I, 17.
Amphibolandesit, Kaukasus, II, 109.
— von Tokaj-Eperies, IV, 214.
Amphibolfels v. Felling, An., IV, 243.
Analcim, Pseudomorphosen, II, 113.
Analysen aus dem Laboratorium des
Herrn Prof. Bauer, II, 79.
— aus dem Laboratorium des Herrn
Prof. Ludwig I, 55 u. 107.
II, 257
III, 29 „ 129
IV, 175 „ 239
VII, 265
Anatas Pfitsch, III, 49,
— Kauris, II, i 95.
Andesite a. d. Banat, III, 255.
— von Czibles, Analyse, II, 261.
— Sagai, III, 4.
— St. Egidi, II, 253.
Anger, Mikroskopische Studien über
klastische Gesteine, V, 153.
Anhydrit vom Semmering. V, 309.
Ankerit, Chemische Constitution des,
VI, 47.
Ankeritähnliche Minerale Böh-
mens, VI, 47.
Anthophyllit, I, 37,
— vom Hermannschlag, Analyse, IV, 247.
Antimonitvor kommen Michelsberg,
IV, 95.
Apatit und Nephelin, Mikroskopische
Unterscheidung von, VI, 167.
— Schlaggenwald, Holoedrische Formen,
I, 105.
— von Untersulzbach. V, 208.
Ardennit, Analyse, III, 43.
Argentinische Republik, Minerale, III ,
219 u. 288.
Argentit in Proustit verw., IV, 87.
Arran, Pechsteine von, VI, 185.
Aspidolith von Znaim, I, 112.
Atakamit, Analyse, III, 35,
— Krystallform, IV, 103.
— Verwandlung in Malachit, VII, 97.
— Volumgewicht, III, 42.
Augit- Andesit, Mähren, VI, 150.
— Kaukasus, II, 108.
— des Smrekouz, VII, 204.
— von Tokaj-Eperies, IV, 201.
— Videna, III, 4.
— Zalatna, IV, 26.
Augit, Chem. Zusammens., VII, 279.
— vom Vogelsgebirge, II. 258.
Augitporphyre SO. Tirols, Mineral.
Zusammensetzung d., V, 289.
Aurichalcit, Banat, III, 288.
A xinit, Striegau, Krystallform, II, 1.
B.
Babanek, Minerale von Eule, II, 239.
— Pribramer Mineralien, II, 27 u. V, 75.
358
Register.
Baden, Wässer von, Analyse, IV, 251.
Baikalsee, Magnesiaglimmer vom, Ana-
lyse, IV, 242.
Bamberger Glaukonit, VII, 271.
— Salit, Analyse, VII, 273.
Ban ater Eruptivgesteine, III, 255.
Banow in Mähren, Eruptivgesteine von,
VI, 143.
Baryt d. Böhmischen Silur, II, 71.
— von Pfibram, IV, 91.
Bary tfeldspath, VII, 99.
Barytocölestin, Krystallform des,
VI, 59.
Basalt vom Kaukasus, II, 107.
— Mähren, VI, 151.
— Moldawa, III, 261.
— von Ovifak, IV, 109.
— von Reps, VII, 322.
— von Samothrake, V, 104.
Becke, Gabbro v. Langenlois, Analyse,
VII, 278.
— Glaukodot, VII, 101.
— Fahlerz, Tirol, Analyse, VII, 273.
— opt. Eigensch. d. Rohrzuckers, VII, 261.
— Skapolith, Boxborough, VII, 267.
— Vivianit in Säugethierknoch., VII, 311.
— Zinnstein, VII, 243.
Bergkrystall, Grieswiesalpe, II, 60.
— Ilochnarr, II, 61.
— Kais, II, 61.
— Nächling, III, 136.
Bernstein, fluorescirender, I, 53.
Berwerth, Chondrodit, Anal., VII, 272.
— Felsarten v. Rosignano u. Castellina
maritima S. v. Pisa, VI, 229.
— Lithionglimmer, VII, 337.
— Ludwigit, Umwandlung, IV, 247.
— Analyse v. Magnesiaglimmer, VII, 109.
— Neuer Fundort von Pharmakosiderit,
Hyalith von Königsberg, Serpentin von
New- Jersey, V, 109.
— Salze v. Königsberg in Ung., V, 310,
— Stängeliger Ludwigit, V, 42.
Beryll von Eidsvold in Norwegen, Kry-
stallform, VI, 117.
— Neuer Fundort von, V, 208.
Biotittrachyt von Samothrake, V, 104.
Biotit, Vesuv, Analyse, VII, 112.
Biotitzwillinge vom Vesuv, VI, 187.
Bitterspath nach Cuprit, V, 31.
Blau, Kaliglimmer, Bengalen, An , UI, 32.
Bleiglanz, Krystallform, V, 40.
Bo eck, Grüner Schiefer v. Reichenau,
Analyse, III, 130.
Böhmen. Mineralvorkommen a. d. 0.
von, VI, 25.
Böhmerwald, Minerale a. d., III, 273.
Boracit Stassfurth II, 58 u. 114.
Bo fick y, Ueber einige ankeritähnliche
Minerale, VI, 47.
Borneo, Minerale von, VII, 297.
Bourbon, Ueber den Vulkan und die
Insel, V, 217.
Bournonit in Markasit verw., IV, 87.
Brauneisenstein-Analysen, II, 80.
•Brezina, Albit, III, 19.
— Anatas u. Brookit v. Pfitsch, III, 49.
— Anthophyllit v. Hermannschlag, Ana-
lyse, IV, 247.
— Bergkrystall, II, 50.
— Bergkrystall von Nächling, III, 136.
— Grundform des Vesuvian, VII, 98.
— Guarinit, IV, 285.
— Hauptsätze d. Krystallograph., II, 125.
— Isomorphie und Feldspathfrage, V, 13
und V, 137.
— Leonhardit a. d. Floitenthal, VII, 98.
— Pyritgruppe, II, 23.
— Sulfuricin u. Melanophlogit, VI, 243.
— Sulzbacher Epidote, I, 49.
— Wesen der Krystalle, III, 141.
— Wiserin, Xenotim, Mejonit, Gyps,
Erythrin, Simonyit, II, 7.
Bronz itreihe, I, 17.
Brookit, Pfitsch, III, 49.
Brun. Sahara-Sand, VII, 221.
Büchner, Meteorit Hungen, VII, 313.
Burkart, Guadalcazarit, II, 243.
Bustamit, Rezbanya, Anal., III, 31, 45.
Bytownit, I, 61.
C.
Calcitdrilling, Dognaczka, IV, 180.
Castellina maritima S. v. Pisa, Fels-
arten von, VI, 229.
Cerussit, IH, 203.
Circular- Polarisation des Stearoptens,
IV, 227.
Chabasit, Epidot und Eisenglanz vom
Mal Inverno, V, 176.
Chalcedon primitive Krystalle, IV, 94.
Chalkol ith, II, 181.
Chlorit nach Granat, II, 162.
Chlorotil, Ein neues Mineral, V, 42.
Chlorsilber nach Silber, III, 247.
Chondrodit v. Pargas, Anal., VII, 272.
Clausthalit, Mendoza, III, 254.
Cölestin aus Siebenbürgen, VII, 317.
Cölestinvorkommen von Steierdorf,
Banat, IV. 95.
Constantinopel, Meteorit von, II, 85.
Contactminerale, VII, 73, 76.
Co palin von Lunz, VII, 275.
Crinoiden von Sunk, IV, 282.
Csicsöberg in Siebenbürgen, VII, 326.
Cuprit in Kupferkies und Bitterspath
verwandelt, V, 31.
Cuprit Liskeard I, 106.
Cziklowa Gestein, III, 258.
Register.
359
Dachschiefer- Analysen, 1, 107.
Dacite, Siebenbürgen, IV, 19.
Dana, Calcitdrill, v. Dognaczka, IV, 180.
— Datolith, IV, 1.
— Krystallform d. Atacamit, IV, 103.
Darkau, Jodhaltige Salzsoole v., VI, 119.
Datolith, Krystallform IV, 1.
Descloizeaux, Barytfeldspath, VII, 99.
Diabas von Almaden, VII, 13.
— Kaukasus, II, 111 und V, 131.
— Krockersdorf, Analyse, I, 107.
— von Rosignano u. Castellina maritima,
VI, 230
— Spitzbergen, IV, 261.
Diallag, I, 25.
— im Quarzporphyr, III, 47.
— Andesit, Smrkouz III, 3.
Diamant optisch einaxiger, III, 289.
— Der Stern von Este, VI, 241.
Dichroit, Krystallform, V, 40.
Dingeste dt, Olivin v. Vesuv, Analyse
III, 130.
Diopsid, Analyse, VII, 288.
Diopsidr eihe, I, 21.
Diorite a. d. Banat, III, 255.
— aus Böhmen, VII, 179.
— a. d. Kaukasus, V, 132.
Ditrö Eläolith und Sodalith, VII, 332.
Dognaczka Gestein, III, 255.
Döll, Kupferkies und Bitterspath nach
Cuprit, V, 31.
— Nene Pseudomorphosen, IV, 85.
— Tellurwismuth im Banat, IV, 91.
Dolomite, II, 45.
— vom Rodellaberg, V, 178.
— Vigo, Analyse. III, 33.
Dolomitische Kalke, Wirkung von
Essigsäure auf, VI, 69.
D ölt er, Chem. Zusammens. d. Augits,
VII, 279.
— Melaphyre und Augitporphyre, SO.
Tirols, V, 289.
— Minerale des Fassa- u. Fleimsertbales,
V, 175, VII, 64.
— Muttergestein d. böhm. Pyropen, III. 13.
— Porphyrit von Lienz, IV, 89.
— Quarzandesite, III, 51 und 217.
— Trachyte Siebenbürgens, IV, 13.
— Trachyte von Tokaj-Eperies, IV, 199.
Dräsche, Besteigung des Vulkans von
Bourbon u. Geologie d. Insel, V, 217.
— Eklogite, I, 86.
— Eruptivgesteine Steiermarks, III. 1.
— Feldspatk-Pseudomorphose, III, 125.
— Geologie v. Reunion u. Mauritius, VI, 39.
— Japanische Vulcane, VII, 49.
— Petrographisch-geologische Beobacht,
a. d. Westküste Spitzbergens, IV, 181
und 261.
Dräsche, Phästin- u. Olivinfels v. Krau-
hat, I, 57.
— Serpentine, I, 1.
— Schweitzerit v. Feegletscher, I, 57.
— Ueber d. geol. Bau v. Süd-Luzon, VI,
157.
— Ueber den Meteoriten v. Lance, V, 1.
Drechsler, Gabbro v. Prato, An,, II, 79.
E.
Edelsteine, III, 213.
Egger, Amphibolfels von Felling, Anal.,
IV, 243.
— Ripidolith a. d. Zillerthal, Anal., IV, 244.
Eisen im Basalt von Ovifak, IV, 109.
Eisenfund bei Ovifak, I, 109.
Eisenglanz mit Eisenkies verwachsen,
VI, 141.
Eisenkies mit Eisenglanz verwachsen,
VI, 141.
Eisennickelkies, Sesiathal, IV, 285.
Eisenoxyd, Verhalten bei hohen Tem-
peraturen, VI, 175.
Eklogitv. Eibiswald, Analyse, II, 261.
— Mineral. Zusammens., I, 86.
Eläolith von Ditrö, VII, 332.
Enargit-Gänge, Argentin. Republik,
III, 240.
Epidot vom Alochetthale, V, 175.
— Sulzbach, Analyse, II, 187.
— Sulzbacher, I, 49, II. 259.
— von Viezena. VII, 77.
— von Zöptau, Analyse, II, 258.
Eruptivgesteine, Banat, III, 255.
— Steiermarks, III, 1.
Erythrin, Krystallform, II, 19.
Erzgebirge, Grünschiefer vom sächsi-
schen, VI, 189.
Eule, Minerale von, II, 239.
Eugenglanz, Markasit nach, IV, 93.
Exner, Meteorit v. Gopalpur, An., II, 41.
E.
Fahlerz, Brixlegg. Anal., VII, 273.
Famatinit, IV, 279.
Faserquarz, III, 117.
Fassa u. Fleimserthal, Miner, a. d.,
V, 175, VII, 64.
Fassait, Analyse, VII, 67, 288, 312.
— v. d. südl. Ricoletta-Abhang, V, 176.
— nach Vesuvian IV, 85.
Feldspathe, Zur Gesch. d., III, 285.
— Pennin nach, III, 125.
— a. d. Val di Madonna b. Val Floriana,
V, 180.
Feldspathpseudomorphose, Ckyn,
IV, 7.
Felling, Amphibolfels v., An., IV. 243.
Felsite u. Pechsteine Sachsens, IV, 31.
Felsö-Banya, Wolframit von, V, 9.
360
Register.
Fischer, Katzenauge und Faserquarz,
III, 117.
— Nephrit-Block, III, 135.
Flach au, Magnesit III. 265.
Floitenthal, Leouhardit, VII, 98.
Fluorescir ender Bernstein. I, 53.
Fluorit v. d. Cima d’Asta, V, 178.
— Kapnik, II, 77.
Frenz el, Chlorotil, V, 42.
— Famatinit u. Wapplerit, IV, 279.
— Miner, a. d. ostind. Archipel, VII, 297.
— Tellurwismuth, III, 293.
Fried ek, Analcim-Pseudomorphosen v.,
II, 113.
Frisch, Quarztrachyt, Anal., VII, 276.
Fuchs C. W. C., Bericht üb. d. vulkan.
Ereignisse d. J. 1872, III, 107.
1873, IV, 67.
1874, V, 57.
1875, VI, 71.
1876, VII, 82.
— Geolog, v. Ischia, II, 199 u. III, 43.
— Veränderungen i. d. Lava, I, 65.
Fuchs T., Eisen im Basalt von Ovifak,
IV, 109.
Fumarolenbild ungen, I, 54.
Gr.
Gabbro von Langenlois, Anal., VII, 278.
— von Prato, Analyse, II, 79.
— von Rosignano u. Castellina maritima,
VI, 235.
— von Samothrake, V, 106.
Galopagos -Inseln, Vulkanische Gest.
der, VI, 133.
Gamroth, Paläopikrit, VII, 278.
Gehlenit, Orawitza, III, 214.
Geinitz, Grünschiefer d. sächs. Erzgeb..
VI, 189.
Geschenke, I, 53.
II, 113.
III, 213 u. 285.
V, 309.
VI, 241.
Gesteine, Einwirk. v. kohlensäurehalt.
Wasser auf, VII, 25.
Glauberit, Pendschab, III. 288.
Glaukodotv. Hakansboe, VII. 101, 353.
Glaukonit v. Gozzo, Anal., VII, 271.
Gleichenberg, Trachyte, Anal., VII,
276, 277.
Glimmer, Analyse, VII, 271.
— Tscheborkul, Anal., III, 129.
— s. Muscovit, Magnesiaglimmer, Lithion-
glimmer, Biotit.
Gl immerkugeln, Hermannschi. II, 264
Gneiss, Spitzbergen, IV, 183.
Gold von Olahlaposbanya, II, 76.
— von Sysertsk, VII, 1.
Gold eck, Pinolit von, IV, 281.
Go och, Pechsteine von Arran, VI, 185.
— Vulkanische Gesteine d. Galopagos-
Inseln, VI, 133.
Gopalpur, Meteorit v., II, 95, An. 11,41.
Grammatit in Talk verwand., VI, 65.
Granat, Chlorit nach. II, 162.
Granit von Samothrake, V, 89.
— Spitzbergen, IV, 183.
Grazer Devon-Tuffe, VI, 207.
Greenockit, Morawitza, III, 218.
Gr os sau, Mineralvorkommen bei, I, 112.
Groth, Bezeichn, d. hexagonal. Krystall-
formen, IV, 222.
Grünerde v. Perimov, Anal., IV, 243.
Grüne Schiefer Niederschles.’s, VI, 87.
— Reichenau, Anal., III, 34 u. 130.
— d. sächs. Erzgebirges, VI, 189.
Grünsteine, Lennegebiet, VII, 127.
— von Pfibram. VII, 223.
Guadalcazarit, II, 69 u. 243.
Guarinit, IV, 285.
— - Krystallform, I, 81.
Gyps, Biegsamkeit und Spaltbarkeit des,
V, 123.
— Krystallform. II, 17, V, 113, VI, 67.
II.
Halloysit von Tüffer, IV, 282.
Hallstädter Salzberg, Minerale des,
I, 58.
Hamm, Pennin v. Zermatt, An., II, 260.
■ — Magnesiaglimmer Greenwood-Fournace,
Analyse, III, 82.
Hankock, Melaphyr von, VII, 18.
Harkänyer Therme, Analyse, VI, 1.
Hecla Hook, Formation IV, 189.
Helmhacker, Baryt d. böhm. Silur, II. 7 1 .
— Diabas von Almaden. VII, 13.
— Fluorit v. Kapnik, II. 77.
— Gold v. Bajutz, II, 76.
— Gold v. Sysertsk, VII, 1.
— Mineralvork. a. d. 0. v. Böhmen, VI, 25.
— Mineralvork. a. d. Böhmerw., IH, 273.
— Melaphyr von Hankock, VII, 18.
— Pyrit v. Waldenst. Krystallf. VI, 13.
— Pyrrhotin Nagybanya, II, 76.
— Quarzporphyre u. Diorite, VII, 179.
Hermannschlag, Anthophyllit v., An.,
IV, 247.
Hexagonale Krystallformen, Be-
zeichnung der, IV, 222.
H i n t z e, Stearopten Circularpolarisation,
IV. 227.
— Verwachs, v. Eisenkies m. Eisenglanz,
VI, 141.
Hirschwald, Z. Kritik d. Leucitsystems,
V, 227.
— Theorie d. Krystallisationsg., III, 171.
Holoedrische Formen d. Apatit
I, 105.
Register.
361
Holzopal, Ungarn, IV, 94.
Hornblende-Andesit, Mälir.,VI, 144.
— Andesite, Siebenbürgen, IV, 13.
— Augit- Andesit, Osloberg, III, 3.
— Gruppe, I, 38
— Krystalle imMelaphyrb. Roda,
V, 179.
Hornfelstr.acbyt, Tüffer, III, 7, III 9,
— Pirescbitz, III, 7.
Hornung Copalin, Analyse, VII, 275.
Hungen, Meteorstein v , VII, 313, 315.
Hyalith v. Königsberg, V, 109.
Hydromagnesit, Kraubat, I, 113.
Hygropkilit, neues Mineral, III, 147.
I.
Inostranzeff, Kalkst. u. Dolomite, 1, 45.
— Vesuv-Lava, H, 101.
Iowa, Meteorit v., V, 209.
Isckia, Geologie v., H, 199 u. III, 43.
Isomorphie, Das Wesen der, V, 13 u.
V, 137.
J.
Jamesonit, Sierra Famatina, III, 247.
— v. Wüten, VII. 354.
Japanische Vulcane, VII, 49.
Jarisch, Steatit v. Plaben, An., II, 257.
Jodhaltige Salzsoole, An., VI, 119.
John, Grünerde v. Perimov, An., IV, 243.
— Magnesiagl. v. Baikalsee, An., IV, 242.
Jordanit Imfeld, Analyse, III, 29.
— Formel. III, 131, 132.
— Nagyag, Krystallform u. An., III, 215.
K.
Kalisalze bei Davenstedt, V, 283.
— aus Ostindien, III, 135.
Kalkowsky, Grüne Schiefer Nieder-
schlesiens, VI, 87.
— Sachs. Felsite u Pechsteine, IV, 31.
— Salit als Gesteinsgemengtheil, V, 45.
Kalksteine, Argent. Republik, III, 230.
— u. Dolomite, II, 45.
— Feldspathfiihrende, v. Sauerbrunngrab
bei Stainz, V, 207.
Kalkspat h, Striegau, II, 63.
Kalusz, Mineralvorkommen in, VII, 95.
Kaluszit v. Kalusz, II, 118.
— Krystallform, III, 47.
— Syngenit, II, 197.
Kaukasus, Felsarten a. d., II, 107 u.
V, 131.
Katzenauge, III, 117.
Kenngottit, Analyse, VII, 213.
KlastischeGesteine, Mikroskopische
Studien über, V, 153.
Klinochlor v. Chester, An., IV, 176.
Klinochlor, Krystallform, IV, 161.
Klinoquadrat. System, IV. 161.
KlinohexagonalesSystem, IV, 161.
Koch, Minerale von Siebenb. VII. 317.
Kohle v. Kainach, Analyse, IV, 178.
Kohlensäurehalt. Wasser, Einwirk.
auf Minerale und Gesteine, VII, 25.
Kraubat, Olivinfels von, An., II, 79.
— Phästin u. Olivinfels von, I, 57.
Krenn er, Wolframitv. Felsö-Bänya, V, 9.
Kreutz, Augitandesit des Smrekouz,
VII, 204.
Krystalle, Wesen der, III, 141.
Krystallberecknung, HI, 184.
Kry stal lis ation, III, 175.
Krystallisationsgesetze, III, 171.
Krystallographie, Haupts, d., II, 125.
Krystallphysik, Haupts, d.. II, 125.
Krystallschal en, V, 35.
Krystallwachsthum, III, 192.
Kupfer v. Graupen, II, 265.
— Krystallform, III, 290.
— von Wallaroo, II, 53.
Kupferglanz v. Catamarca, An., II, 80.
Kupferkies nach Cuprit, V, 31.
— in Markasit verwandelt, IV. 88.
Kupferkryst al le v. Bolivia, IV, 94.
Kupferlasur v. Nertschinsk, I, 13.
Kupferschaum, Prein, II, 263.
L.
Labradorit v. Verespatak, Form und
Verwandlung, IV, 269 u. V, 41.
Lanarkit, Krystallform, III, 137.
Lance, Meteorit von, V, 1.
Lang, Guarinit u. Leukophan, I, 81.
Langenlois, Gabbro v., An., VII, 278.
Lava, Mikrostruktur d. Vesuv-, II, 101.
— Veränderungen in der, I, 65.
Lavaschlacke, v. Ordjeow, VI, 151.
Lasaulx, Ardennit, III, 43.
— Staurolith, II, 173 und 263.
Laspeyres, Hygrophilit, HI, 147.
— Krystallogr. Bemerk, z. Gyps, V, 113.
Lepidolitk v. Paris u.Rozena,VII, 337.
Leonhardit a. d. Floitenthal, VII, 98.
Analyse 268.
Leucit, Z. Kritik d. Krystallsystems d.,
V, 227.
— Optisches Verhalten, VI, 66.
Leukophan, Krystallform, I, 82.
Lievrit, Analyse, V, 71.
Li 11, M. v., Polyhalit, Analyse, IV, 89.
Linarit, Sierra de las Capillitas, III, 249.
Lithionglimmer, Analyse, VII, 337.
Loebisch, Analyse des Wassers vom
„Mare morto“, VI, 171.
— Muscov^t Soboth, VII, 271.
Löllingit, Dobschau, II, 161.
48
Mineralogische Mittheilungen. 1877. 4. Heft. (Register.)
362
Register.
Ludwig, Albit v. Schneeberg, Analyse,
IV, 176.
— Analysen aus seinem Laboratorium,
I, 55 u. 107.
II, 257.
III, 29 u. 129.
IV, 175 u. 239.
VII, 265.
— Atabamit, Analyse, III, 35.
— Chemische Formel d. Epidot, II, 187.
— Darkauer jodhaltige Salzsoole, VI, 119.
— Krystallisirte Schlacke, An., III, 33.
— Magnesiaglimmer v. Pargas, Analyse,
TV 93Q
— Milarit, VII, 347.
— Ueber d. Pyrosmalith, V, 211.
Ludwigit a. d. Banat, IV, 58.
— stängeliger, V, 42.
— Umwandlungsproduct, IV, 247.
Lumpe, Meteorstein v. Shergotty, Ana-
lyse, I, 55.
Luzon, Ueber d. geolog. Bau d. S. v.,
VI, 157.
Luzonit, IV, 257.
3M.
Magnesiaglimmer, Anal., VII, 109.
— v. Baikalsee, Analyse, IV, 242.
— Greenwood-Fournace, An., III, 32.
— Morawitza, Analyse, IV, 177.
— v. Pargas, Analyse, IV, 239.
— v. Penneville, Analyse, IV, 241.
— v. Ratnapura, Analyse, IV, 241.
Magnesite, Pinolite, III, 263.
Magnetit v. Mulatto. VII, 74.
— v. Monzoni, VII, 78.
Magnetkies in Markasit verw., IV, 88.
Malachit n. Atacamit, III, 39. VII, 97.
Mare morto, Analyse d. Wassers v. —
VI, 171.
Maria-Zell, Magnesit, III, 265.
Markasit nach Bournonit, IV, 87.
• — nach Eugenglanz, IV, 93.
— nach Kupferkies, IV, 88.
— nach Magnetkies, IV, 88.
Mauritius u. Reunion, Geologie von
— VI, 39.
Mauthner, Eklogit v. Eibiswald, An.,
II, 261.
— Epidot v. Sulzbach, Analyse, II, 259.
Mehner, Porphyre und Grünsteine d.
Lennegebietes, VII, 127.
Mejonit, Analyse, V, 51. VII, 60.
— Krystallform, II, 16.
Melanophlogit, VI, 243.
Melaphyr von Hankock. VIII, 18.
— Kaukasus, II, 111, V, 132.
— v. Mulatto, Minerale darin, VII, 80.
— SO. Tirols mineral. Zusammensetzung
d. — V, 289.
Meroedrien, Schlüsse a. d. — V, 21.
Meroxen v. Vesuv, Analyse, VII, 112.
Metamorphismus, II, 45.
Meteoreisen v. Victoria West, I, 109.
Meteorit, Constantinopel, II, 85.
— v. Gopalpur, II, 95, Anal., II, 41.
— von Iowa, V, 209.
— von Lance, V, 1.
— von Orvinio, Analyse, IV, 244.
— von Shergotty, II, 87.
— von Stannern, II, 83.
Meteoriten d. Min. Museums, II, 165.
VII, 309.
Meteoritenfund bei Ovifak, IV, 165.
Meteorsteinfall v. Orvinio, IV, 258.
Meteorstein von Hungen, VII, 313.
— v. Shergotty, Anal., I, 55, 56.
Miargyrit und Kenngottit, VII, 213.
Mikrostrucktur d. Vesuvlava, II, 101.
Milarit, Fundort, II, 265.
— Kryst.-Form u. Anal., VII. 347.
Minerale, Einwirkung von kohlensäure-
halt. Wasser auf, VII, 25.
Mineral chemie, Aufgaben der, I, 93.
Misspickel v.L ey er schlag, Krystall-
form., IV, 231.
— v. Schladming, Analyse, IV, 177.
Monzoni, Minerale, V, 181.
Morawitza, Greenockit von, HI, 218.
Müller, R., Einwirkung des kohlen-
säurehaltigen Wassers auf Mineralien
und Gesteine, VII, 25.
Muscovit, Bengalen, An., III, 32.
— Krystallsystem, V, 309.
— Ostindien, An., III, 31.
— Soboth., Anal., VII, 271.
IST.
Nauckoff, Eisen von Ovifak, IV, 109.
Neminar, Krystallform d. Barytocöle-
stins, VI, 59.
— Ein neuer Fundort von Beryll, V, 208.
— Eruptivgesteine von Banow, VI, 143.
— Klinochlor v. Chester. An., IV, 176.
— Magnesiaglimmer von Penneville, An,,
IV, 241.
— Mejonit-Analyse, V, 51, VII, 60.
— Minerale a. d. NW. von Schlesien,
VI, 141.
— Minerale a. d. NW. v. Schlesien, V,110.
— Minerale a. d. SO. von Schlesien,
V, 207.
— Ueber die Entstehungsweise des Zel-
lenkalkes, V, 251.
Nephelin und Apatit, Mikroskopi-
sche Unterscheidung von — , VI, 167
Nephrit, Block, III, 135.
Nertschinsk, Kupferlasur, I, 13.
Niederschlesien, Grüne Schiefer von
-, VI, 87.
Register.
363
Niedzwiedzki, Andesit von St. Egidi,
II, 253.
— Banater Eruptionsgesteine, III, 255.
— Kupfer von Graupen, II, 265.
— Löllingit, Granat, Chlorit, II. 161.
— Mineralvorkommen in Kalusz, VII, 95.
— Ueber Gesteine von Samotkrake, V, 89.
Nicolic, Dachschiefer- Analysen, I, 107.
O.
Oberhofer, Schlacken- Analyse, III, 34.
Oberhollersbachthal, Minerale,
III, 46.
Offenbanya, Trachyte, IV, 20.
Olivin v. Vesuv, Analyse, III, 130.
Olivindiorit aus Böhmen, VII, 200.
Olivinfels Kraubat, An., II, 79.
— I, 57.
Oligoklas, Soboth, Analyse, VII, 265.
■ — Wilmington, Analyse, I, 55.
Orawicza Gestein, III, 258.
Orthoklas-Augitporphyr aus dem
Kaukasus, V, 133.
Orthoklasporphyr a. d. Kaukasus,
V, 1.
Orvinio, Meteorit von, An,, IV, 244.
— Meteorsteinfall, IV, 258.
Ostindischer Archipel, Minerale,
VH, 297.
Ottenschlag, Paläopikrit, VII, 278.
Ovifak, Eisenfund bei, I, 109.
— Eisen im Basalt v., IV, 109.
— Meteoritenfund bei, IV, 165.
1*.
Paläopikrit v. Ottenschlag, VII, 278.
Par gas, Magnesiagl. v., An., IV, 239.
Pech st eine v. Arran, VI, 185.
— u. Felsite Sachsens, IV, 31.
Penneville, Magnesiagl. v., An., IV, 241.
Pennin v. Zermatt, Analyse, II, 260.
— Zillerthal, Analyse, III, 33.
Petersen, Guadalcazarit, II, 69.
Pharmakolith, Krystallform, III, 138.
Pharmakosiderit, Neuer Fundort v.,
V, 109.
Phästin Kraubat, I, 57.
Philippinen, Minerale v. d., VII, 302.
Phlogopit, barythaltiger, VII, 109.
Pichler, Jamesonit v. Wilten, VII, 354.
Pinit-Gruppe, III, 147.
Pinolit, III, 266.
— v. Goldeck, IV, 281.
Polyhalit, Analyse, IV, 89.
Popovits, Magnesiaglimmer v. Ratna-
pura, Analyse, IV, 241.
Porphyre, Kaukasus, II, 112.
— Lennegebiet, VII, 127.
— a. d. Silur, Böhmen, VII, 179.
Porphyrit v. Lienz, IV, 89.
Plaben, Steatit von, Anal., II, 257.
Plagioklas von Verespatak, IV, 175.
Pribramer Erzgänge, Min. d., V, 75.
Pribram, Grünsteine von, VII, 223.
Pribramer Mineralien, II, 27.
Proustit n. Stefanit u. Argentit, IV, 87.
Pseudomalachit, Krystallf., III, 139.
Pseudomorphose, Chlorsilber nach
Silber, III, 247.
— Fassait nach Vesuvian, IV, 85.
— nach Feldspath, III, 125.
— Friedek, II, 113.
— Kupferkies u. Bitterspath nach Cuprit,
V, 31.
— Labradorit v. Verespatak, IV, 269, V,41.
— Malachit n. Atacamit, VII, 97, III, 39.
— Markasit nach Bournonit, IV, 87.
— Markasit nach Eugenglanz, IV, 93.
— Markasit nach Kupferkies, IV, 88.
— Markasit nach Magnetkies, IV, 88.
— Silber nach Rothgiltigerz, IV, 86.
— Steatit nach Feldspath, IV, 7.
— Steinsalz, III, 251.
— Talk n. Grammatit, VI, 65.
Pucherit, Schneeb. Krystallf., II, 245.
Pyrrhotin, Nagybänya, II, 76.
Pyrit, Fassathal, VII, 79.
— Waldenstein, VI, 13.
Pyritgruppe, II, 23.
Pyrop, Muttergestein d, III, 13.
Pyrosmalith, Analyse, V, 211.
Pyroxen, I, 17.
Q«
Quarz v. d. Saualpe, IV, 284.
— vom Viesena, V, 178.
Quarzandesite v. Ungarn u. Sieben-
bürgen, III, 51 u. III, 217.
— Siebenbürgen, IV, 19.
Quarz-Hornblende-Andesit, Wöl-
lan, III, 5.
Quarzporphyre, Böhmen, VII, 179.
Quarztrachy t, Cernolitza, III, 10.
— von Gleichenberg, An., VII, 276.
— von Samothrake, V, 94.
R.
Ratnapura, Magnesiaglimmer v., An.,
IV, 241.
Reichenau, Mineralvorkommen, II, 263.
Reps. Basalt, VII, 322.
Reunion u Mauritius, Geologie v.,
VI, 39.
Reusch, Gyps, VI, 67.
Reyer, Augit, Vogelsgeb., An., II, 258.
Rhyolithe v. Tokaj-Eperies, IV, 216.
Ripidolith a. d. Zillerth., An., IV, 244.
Rohrzucker, Opt. Eig., VII, 261.
48*
364
Register.
Roselitk, Monographie des, IV, 137.
— Charakteristik des, III, 291.
Rosignano, S. v. Pisa, Felsarten von,
VI, 229.
Roth, Wirk. v. Essigs, a. Dolomit-Kalke,
VI. 69.
Rothgiltigerz in Silber verw., IV, 86.
Rumpf, Einf. Albitkrystalle, IV. 97.
— Crinoiden a. d. Sunkgraben, IV, 282.
— Dolomit v. Vigo, An., III, 33.
— Feldspathf. Kalkst, v. Sauerbrunngr.
b. Stainz, V, 207.
— Halloysit v. Ttiffer, IV, 282.
— Kaluszit. II, 118
— Kohle v. Kainach, Anal., IV, 178.
— Analyse d. Magnesiagl. v. Morawitza,
IV, 177.
— Magnesite, III, 263.
— Misspickel v. Leyerschlag, Krystallf.
IV, 231.
— Misspickel v. Schladming, An., IV, 177.
— Pennin a. d. Zillerthal, An., III, 33.
— Pinolit v. Goldek, IV, 281.
Rutil v. Rauris, II, 195.
S.
Sachs. Felsite u. Pechst., IV, 31.
Sadebeck, Glaukodot von Hakansboe,
VII, 353.
— Krystallf. d. Struvits, VII, 113, 221.
Sahara-Sand, VII, 221.
Salit, Greiner, II, 58.
— v. Albrechtsberg, VII, 273.
— als Gesteinsgemengtheil, V, 45.
Salze v. Königsberg i. Ungarn, V. 310.
Samothrake, Ueber Gesteine v., V, 89.
Sand Sahara, VII, 221.
Sandsteine, Grauwacken und Mergel,
Mikroskopische Studien über, V, 154.
Sarkany, Stilpnomelansch., An., I, 108.
Sau alpe, Quarz von der, IV, 284.
Schalige Textur, Steinsalz, VI, 242.
Schalstein, Rietsch, An, I, 108.
Scheelit, Sulzbach, II, 114.
— Neues Vorkommen, II, 57.
Schinnerer, Kupfergl. v. Catamarca,
Analyse, Et, 80.
Schlacke, Analyse, III, 33.
— Analyse, III. 34.
Schlemmer, Epidot v. Zöptau, Anal.,
II, 258.
Schlesien, Minerale a. d. NW. von,
VI, 141.
— Minerale a. d. SO. von, V, 207.
— Minerale a. d. NW. von, V, 110.
Schlönbach, Erbohrung v. Kalisalzen
b. Davenstedt, V, 283.
Sch rauf, Anatas und Rutil v. Rauris,
II, 195.
— Antimonit Michelsberg, IV, 95.
S c h r a u f, Apatit v. Schlaggenwald, 1, 105.
— Boracit v. Stassfurth, II, 114.
— Chalkolith u. Zeunerit, II, 181.
— Coelestin v. Banat, IV, 95.
— Cuprit v. Liskeard, I, 106.
— Einaxiger Diamant, III, 289.
— Klinochlor, klinoquadr. u. klinohexag.
System, IV, 161.
— Kupfer, Krystallform, III, 290.
— Kupfer von Wallaroo, II, 53.
— Kupferlasur v. Nertschinsk, I, 13.
— Lanarkit v. Leadhills, III, 137.
— Monographie d. Roselith. IV. 137.
— Z. Charakteristik d. Roselith, III, 291.
— Pharmakolith. III, 138.
— Pseudomalachit, III, 139.
— Schröckingerit, III, 137.
— Silber v. Copiapo, II, 115.
— Walpurgin u. Trögerit, II. 183.
— Weissbleierz, Krystallform, III, 203.
— Zeunerit v. Joachimsthal, III, 138.
Schröckingerit, Krystallf., III, 137.
Schweitzerit vom Feegletscher, I, 57.
Selen bl ei, Mendoza, III, 254.
Semmering Pinolit, III, 266.
S erpentine, I, 1.
Serpentinähnliche Gesteine, I, 1.
Serpentin v. New-Yersey, V, llO.i
Serpentin u. Serpentingesteine
von Rosignano u. Castellina maritima,
VI, 237.
Serpentine d. Vogesen, V, 183.
Shergotty, Meteorit von, II, 87.
Siebenbürgen, Minerale aus, VII, 317.
— Trachyte, IV, 13.
Sierra Cordoba, Minerale d., III, 220.
Sie wert, Triplit, Anal., III. 225.
Silber Copiapo, II, 115.
— Chlorsilber nach, III, 247.
— nach Rothgiltigerz, IV, 86.
Silber glanz, Krystallform, V, 40.
Simony, Minerale d. Hallstädter Salz-
berges, I, 58.
Simony it von Ischl, VII, 97.
— Stassfurth. II, 58.
— Gruppe, II, 20.
Sipöcz, Bustamit Rezbanya, An., HI, 31.
— Jordanit Imfeld, III, 29, III, 131.
— Kaliglimmer, Bengalen, An., HI, 31.
— Lievrit, Analyse, V, 7.
— Analyse d. Wassers v. „Mare morto“,
VI, 171.
— Meteorit v. Orvinio, Anal., IV, 244.
— Miargyrit und Kenngottit, VII, 213.
— Plagioklas von Verespatak, IV, 175.
— Skapoiith v. Rossie, VII, 266.
— Wässer v. Baden, Anal., IV. 251.
Skapoiith v. Boxborough, VII, 267.
— v. Rossie, Anal., VII, 266.
Smita, Leonhardit, Anal., VII, 268.
— Oligoklas v. Soboth, VII, 265.
Register.
365
Smita, Trachyt, Gleichenberg, VII, 277.
Smrekouz Andesit, VII, 204.
Sodalith von Ditrö, VII, 332.
Sphärosiderit, Stein, III, 202.
Spitzbergen-Gesteine, IV, 183.
— Petrographisch-geolog Beobachtungen
a. d. Westküste. IV, 181 u. 261.
Stalagmit a. d. Adelsb. -Grotte, IV, 179.
Stannern, Meteorit von, II, 83.
Stassfurth, Simonyit u. Boracit von,
II, 58.
Staurolith, II, 173 u. 263.
Stearopten, Circular-Polarisat.,IV,227.
Steatit, Plaben, Analyse, II, 257.
Stefanit in Proustit verw., IV, 87.
Steiermark, Eruptivgesteine, III, 1.
Steinsalz, Maros Ujvär, VII, 320.
— Pendscbab. III. 288.
— Pseudomorpbosen, III. 251.
— Schalige Textur in, VI. 242.
Stelzner, Argent. Republik, III, 219.
Stilpnomelanschiefer, Bärn, Anal.,
I, 108.
Stingl, Brauneisensteinanalysen, II, 81.
Streng, Nephelin u. Apatit, mikroskop.
Unterscheidung, VI, 167.
— Neues Vorkommen v. Tridymit, I, 47.
Striegau, Axinit von, II, 1.
Stromeyerit Hoyada, III, 250.
Struvit, Kry stallform, VII, 113, 221.
Südsteiermark, Augitandesit, VII, 204.
Suida, Verhalten des Eisenoxyds bei
hohen Temperaturen. VI, 175.
Sulphuricin, VI, 243.
Sulzbacher Epidote des Wiener
Museums, I, 49.
Sulzbach, Scbeelit von, II, 57.
Sunk, Pinolit, III, 266.
Sunkgraben, Crinoiden a. d., IV, 282.
Symmetrie d. Pyritgruppe, II, 23.
Sy m metri e ges e tze, III. 179
Syngenit, Kaluszit, II, 197
— Krystallform, III, 47.
Sysertsk, Gold von. VII, 1.
Szaszka-Gestein, III, 260.
T.
Talk n Grammatit, VI, 65.
Teclu, Oligoklas Wilmington, Analyse,
I, 55.
Tellurwismuth, III, 293.
— Vorkommen im Banat, IV, 91.
Terglav, Ueher die Tuffe des Grazer
Devon, VI, 207.
Terminologie, Bemerk, zur, V, 35,
Teschenit Kaukasus, II. 100.
Th an, Anal. d. Harkänyer Therme, VI, 1.
Theorie der Krystallysationsge-
setze, UI, 171.
Thonerdesilicat v. Stein, III, 197.
I Thonschiefer und S chieferthone,
| Mikroskop. Studien über, V, 162.
Tokaj - Eperieser Gebirge, Tra-
chyte des, IV, 199.
Trachyt, Gleichenberg, VII, 276, 277.
Trachyte von Tokaj - Eperies
IV, 199.
Trachyte aus dem siebenbürgi-
sch en Erzgebirge, IV, 13.
T remolitreihe. I, 37.
Tridymit, neues Vorkommen, I, 47.
Triplit, Sierra Cordoba, An., III, 225.
Trögerit, II, 183.
Tschermak, Adular-Albit, II, 196.
— Analcim-Pseudomorphosen, II, 113.
— Anhydrit vom Semmering, V, 399.
— Apatit von Unter-Sulzbach, V, 208.
— Aspidolith von Znaim, I, 112.
— Ueher Atakamit, III, 39.
— Verwandlung von Atacamit in Mala-
chit, VII, 97.
— Biotitzwillinge vom Vesuv, VI, 187.
— Diallag im Quarzporphyr, III, 47.
— Ungewöhnliche Edelsteine, III, 213.
— Der Stern von Este, VI, 241.
— Eisennickelkies, Sesiathal, IV, 285.
— Zur Geschichte d. Feldspathe, III, 285.
— Gehlenit von Orawitza, III, 214.
— Glauberit-Vorkommen v. Priola, IV, 179.
— Glimmerkugeln vom Hermannschlag,
II, 264.
— Verwandlung von Grammatit in Talk,
VI, 65.
— Greenockit Moravitza, III, 288.
— Mineral - Vorkommen von Grossau,
I, 112.
— Hydromagnesit, Krauhat, I, 109, 112,
113.
— Jordanit von Nagyag, Krystallform,
III, 215.
— Kalisalze aus Ostindien, III, 135.
— Kaluszit-Syngenit. II, 197. *
— Felsarten aus dem Kaukasus, II, 107
und V, 131.
— Labradorit von Verespatak, IV, 269,
V, 41.
— Ueber Leucit, VI, 66.
— Ludwigit, IV, 58.
— Meteoriten des mineral. Museums,
II, 165 und VII. 309.
— Meteorit von Hungen, VII, 315.
— Meteorit von Iowa, V, 209.
— Eisenfund hei Ovifak, I, 109.
— Meteoritenfund hei Ovifak, IV, 165.
— Meteorit von Shergotty, I, 56.
— Meteoreisen v. Victoria-West, I, 109.
— Milarit, II, 265, VII, 350.
— Aufgaben der Mineralchemie, I, 93.
— Muscovit, Krystallsystem, V. 309.
— Minerale vom Oberhollersbachthal,
III, 46.
366
Register.
Tschermak, Pyroxenu. Amphib., I, 17.
— Quarz v. d. Saualpe, IY. 284.
— Mineralvork. von Reichenau, II, 263.
— Scbalige Textur v. Steinsalz, YI, 242.
— Entstehung schaliger Textur durch
Schlag, VI, 242.
— Scheelit v. Sulzbach, II. 57 und 114.
— Simonyit von Ischl, VII, 97.
— Simonyit u. Boracit v. Stassfurth II, 58.
— Stalagmit v. Adelsberg, IV, 179.
— Steinsalz und Glauberit, Pendscbab,
III, 288.
Tuffe des Grazer Devon, VI, 207.
— Mikroskop. Studien über, V, 167.
Tiiffer, Halloysit, IV, 282.
Turmalin, Fundort, V, 40.
Turmalingranit v. Mulatto, Minerale
darin, VIJ, 81.
TJ.
Ullik, Sphaerosiderit v. Stein, III, 197.
— Thonerdesilicat v. Stein, III, 197.
Ural, Gold vom, VII, 1.
Utschik, Trachyt, Gleichenbg., VII, 277.
V.
Vrba, Grünsteine v. Pfibram, VII, 223.
Vorhauseritv. d. Pesmedakamm,V, 177.
Volkmer, Andesitv. Czibles, An., II. 261.
Vogesen, Die Serpentine der, V, 183.
Victoria-West, Meteoreisen v., I, 109.
Vesuvian, Grundform, VII, 98.
— in Fassait verw. IV, 85.
Vesuv-Lava, II, 101.
Vesuv, Biotitzwillinge vom, VI, 187.
Verwachsungen v. Pyroxen u. Am-
phibol, I, 43.
V erespatak, Plagioklas v., An., IV, 175.
— Labradorit v., IV, 269, V, 41.
Veränderungen in der flüssigen und
erstarrenden Lava, I, 65.
Vulk. Ereignisse 1872, III, 107.
1873, IV, 67.
1874, V, 57.
1875, VI, 71.
1876, VII, 82.
Vulkanische Gesteine d. Galopagos-
Inseln, VI, 133.
W.
Wald, Pinolit, III, 266.
Wallar oo, Kupfer von, II, 53.
Walpur gin, II 183.
Wap plerit, IV, 279.
Wartha, Jordanitformel, III, 131.
Wasser von Baden, Analyse. IV, 251.
Websky, Axinit v. Striegau, II, 1.
— Beryll, v. Eidsvold, VI, 117.
— Kalkspath v. Striegau, II, 63.
— Pucherit v. Schneeberg, II, 245.
Weigand, Die Serpentine der Vogesen,
V, 183.
Weinhol dt, Schalstein v. Rietsch. An.,
I, 108.
Weisbach, Luzonit, IV, 257.
Weissbleierz, Krystallform, III, 203.
Westphalen, Porphyre u. Grünsteine,
VII, 127.
Wieser, Brauneisenstein-Anal., II, 80.
— Olivinfels Kraubat, Analysen, II, 79.
Wilten, Jamesonit von, VII, 354.
Wiserin, Krystallform, II, 7.
Wolff, Diabas Krockersdorf, An., 1, 107.
Wolframit a. d. Trachyte von Felsö-
Banya, V, 9.
Wulfenit, Krystallform, IV, 91.
X.
Xe not im, Krystallform, II, 15.
Z.
Zellenkalk, Ueber den, V, 251.
Zellner, Glimmer v. Tscheborkul, An.,
III, 129.
— Grüner Schiefer v. Reichenau, An.,
III. 34.
Zepharovich, Feldspath - Pseudomor-
phose, IV, 7.
Zerrenner, Baryt v. Pribram, IV, 91.
— Bemerk, z. Terminologie, V, 35.
— Chalcedon, IV, 94.
— Holzopal, IV, 94.
— Krystallform d. Wulfenit, IV, 91.
— Krystallform d. Adular, IV, 95.
— Kupferkrystalle v. Bolivia, IV, 94.
— Markasit n. Eugenglanz, IV, 93.
Zeunerit, II, 181.
— von Joachimsthal. III, 138.
Zillerthal, Ripidolith a. d, Analyse,
IV, 244.
Zinkspath, Raibl, Analyse, I, 55.
Zinnstein, Krystallform, VII, 243.
Zinnwaldit, Analyse, VII, 345.
Zirkel, Bytownit, I, 61.
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