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Full text of "Mineralogische Mittheilungen"

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MINERALOGISCHE 


MITTHEILUNGEN 

GESAMMELT  VON 

GUSTAV  TSCHERMAK. 


JAHRGANG  1875. 

MIT  9 TAFELN. 


( Diese  Mittheilungen  erscheinen  zugleich  als  Beilage  zum  Jahrhuche  der  Je.  Je.  geol. 

Reichsanstalt.) 


WLEN. 

ALFRED  HOLDER 

Iv.  K.  UNIVERSITÄTS-BUCHHÄNDLER. 


ROTHENTHURMSTRASSE  15. 


Drack  von  J.  C.  Fischer  & Comp.  Wien. 


Inhalt. 

I.  Heft.  Seite 

I.  Ueber  den  Meteoriten  von  Lance.  Von  Dr.  Richard  v.  Dräsche.  (Mit 

Tafel  I— IV) 1 

II.  Wolframit  ans  dem  Trachyte  von  Felsö-Bänya.  Von  Dr.  Josef  Alex. 
Krenner.  (Mit  Tafel  V) 9 

III.  Das  Wesen  der  Isomorphie  und  die  Feldspathfrage.  Von  Dr.  Aristides 

Brezina  • - 13 

IV.  Kupferkies  und  Bitterspath  nach  Cuprit.  Von  Eduard  Döll.  (Mit Tafel  VI)  31 

V.  N o t i z e n : Bemerkungen  zur  Terminologie.  - Silberglanz.  • — Dichroit. — 

Bleiglanz.  — Turmalin,  schwarz,  spiessig.  — Bemerkung  zu  der 
Abhandlung  über  die  Form  und  Verwandlung  des  Labradorits  von 
Verespatak.  — Stängeliger  Ludwigit.  — Chlorotil 35 

II.  Heft. 

I.  Ueber  den  Salit  als  Gesteinsgemengtheil.  Von  Ernst  Kalkowsky  • • 45 

II.  Ueber  die  chemische  Zusammensetzung  des  Mejonits.  Von  Edmund  F. 

Neminar 51 

III.  Bericht  über  die  vulkanischen  Ereignisse  des  Jahres  1874.  Von  Prof. 

Dr.  C.  W.  C.  Fuchs 57 

IV.  Ueber  den  Lievrit.  Von  L.  Sipöcz 71 

V.  Zur  Characteristik  einiger  auf  den  Pfibramer  Erzgängen  vorkommenden 

Mineralien.  Von  Franz  Babanek  75 

VI.  Ueber  Gesteine  von  der  Insel  Samothrake.  Von  Julian  Niedzwiedzki  89 

VII.  Notizen:  Ein  neuer  Fundort  von  Pharmakosiderit.  — Hyalit.h.  — 
Serpentin  von  New-Yersey.  — Minerale  aus  dem  nordwestlichen  Theile 
Schlesiens 109 

III.  Heft. 

I.  Krystallographische  Bemerkungen  zum  Gyps.  Von  H.  Laspeyres  in 

Aachen.  (Mit  Tafel  VII) 113 

II.  Felsarten  aus  dem  Kaukasus.  Von  G.  Tschermak 131 

III.  Das  Wesen  der  Isomorphie  und  die  Feldspathfrage.  Von  Dr.  Aristides 

Brezina 137 

IV.  Mikroskopische  Studien  über  klastische  Gesteine.  Von  Friedrich  Arno 

Anger  • 153 

V.  Beiträge  zur  Mineralogie  des  Fassa-  und  Fleimserthales.  I.  Von  Dr. 

C.  Doelter 175 

VI.  Die  Sei’pentine  der  Vogesen.  Aron  Bruno  Weigand 183 

VII.  Notizen:  Feldspathführender  Kalkstein  vom  Sauer  brunngraben  bei  Stainz. 

— Minerale  aus  dem  südöstlichen  Theile  Schlesiens.  — Ein  neuer 
Fundort  von  Beryll.  — Apatit  von  Unter  - Sulzbach  — Meteorit 
von  Iowa • • 207 


IV 


IV.  Heft.  Seite 

I.  Ueber  den  Pyrosmalith.  Von  E.  Ludwig 211 

II.  Eine  Besteigung  des  Vulkans  von  Bourbon  nebst  einigen  vorläufigen 

Bemerkungen  über  die  Geologie  dieser  Insel.  Von  Dr.  Richard  v. 
Dräsche.  (Mit  Tafel  VIII)  217 

III.  Zur  Kritik  des  Leucitsystems.  Von  Dr.  J.  Hirschwald,  Docent  a.  d. 

k.  Gewerbe-Akademie  zu  Berlin.  (Mit  Tafel  IX) 227 

IV.  Ueber  die  Entstehungsweise  der  Zellenkalke  und  verwandter  Gebilde. 

Von  Edmund  F.  Neminar 251 

V.  Die  Erbohrung  von  Kalisalzen  bei  Davenstedt.  Von  A.  Schlönbach.  283 

VI.  Ueber  die  mineralogische  Zusammensetzung  der  Melaphyre  und  Augit- 

porphyre  Südost-Tirols.  Von  Dr  C.  Doelter 289 

VII.  Notizen:  Geschenke.  — Anhydrit  vom  Semmering.  — Das  Krystall- 

system  des  Muscovits.  — Salze  von  Königsberg  in  Ungarn. 309 


MINERALOGISCHE 


MITTHEILUNGEN 

GESAMMELT  VON 

GUSTAV  TSCHERMAK. 


JAHRGANG  1875, 


MIT  0 TAFELN. 


(Diese  Mittheilungen  erscheinen  zugleich,  als  Beilage  zum  Jahrhuche  der  k.  Je.  geol. 

Reichsanstalt.) 


WIEN,  1878. 

ALFIRED  HOLDER 

K.  K.  U N I Y E R S I T Ä T S - B U C II  H Ä N D L E R. 

R O T fl  ENI' HUR  MST  RA  SSE  1 5 . 


DRUCK  VON  J.  C.  FISCHER  & COMP.,  WIEN. 


JAHRGANG  1875. 


I.  HEFT. 


GESAMMELT  VON 

G.  TSCHERMAK 


DIRECTOR  DES  K.  K.  MINERALOGISCHEN  MUSEUMS. 


I.  lieber  den  Meteoriten  von  Lance. 

Von  I)  r.  R i c li  a r d y.  I)  r a s c li  e. 

Der  Meteorit  von  Lance  ist  seit  vorigem  Jahre  durch  Ge- 
schenk in  den  Besitz  des  k.  k.  mineralogischen  Museums  gekommen, 
nachdem  sich  seinerzeit  sowohl  der  Eigenthiimer  des  Bodens,  auf  wel- 
chen er  fiel,  als  die  Gemeinde  und  der  Finder  den  Besitz  desselben 
streitig  machten. 

Ueber  die  Erscheinungen  bei  seinem  Falle  existiren  zuverlässige 
und  ausführliche  Beobachtungen , so  dass  in  dieser  Beziehung  dieser 
Meteorit  als  einer  der  genauest  bekannten  bezeichnet  werden  kann. 

In  Folgendem  ist  die  über  diesen  Meteoriten  erschienene  Literatur 
zusammengestellt : 

Chute  d’un  aerolithe  dans  la  commune  de  Lance,  canton  de 
Saint-Amand  (Loir-et-Cher).  Note  de  M.  de  Tastes,  presentee  par 
M.  Ch.  Sainte-Claire  Deville.  Comptes  rendus  1872.  Juillet  p.  273. 

Note  sur  la  decou verte  d’une  seconde  meteorite  tombee  ie  23  Juil- 
let 1872,  dans  le  canton  de  Saint-Amand  (Loir-et-Cher)  par  M.  Daubree 
Compt.  rend.  1872,  Aout,  p.  308. 

Examen  des  meteorites  tombees  le  23  Juillet  1872  ä Lance  et 
ä Authon  (Loir-et-Cher) ; par  M.  Daubree  Compt.  rend.  1872,  Aout, 
p.  465. 

Note  additionelle  sur  la  chute  de  meteorites  qui  a eu  lieu  le 
23  Juillet  1872,  dans  le  canton  de  Saint-Amand  (Loir-et-Cher) ; par 
M.  Daubree.  Compt  rend.  1874,  Aout,  p.  277. 

Notice  sur  le  bolide  du  23  Juillet  1872,  qui  a projete  des  me- 
teorites dans  le  canton  de  Saint-Amand,  arrondissement  de  Vendöme, 
departement  de  Loir-et-Cher  par  M.  Nouel.  Vendöme  1873. 


Es  sei  uns  erlaubt  in  kurzen  Worten  die  Erscheinungen  beim 
Falle  des  Meteoriten  zu  erwähnen  ; eine  sehr  weitschweifige  Beschrei- 
bung und  Zusammenstellung  aller  hieher  gehörigen  Umstände  findet  man 
in  der  oben  citirten  Brochure  von  Nouel. 


Mineralogische  Mitteilungen.  1875.  1.  Heft.  (Dräsche.) 


1 


2 


R.  v.  Dräsche. 


[2] 


Um  5 Uhr  20  Minuten  Nachmittags  am  23.  Juli  1872  bemerkte 
ein  Beobachter  zwischen  Champigny  und  Brisay  im  Canton  Saint-Amand, 
arrondissement  de  Vendöme,  am  Himmel  einen  Feuerstreif,  der  sich 
von  Südwest  nach  Nordost  bewegte  und  welcher  sich  plötzlich  in  zwei 
gesonderte  Theile  zu  trennen  schien.  6 Minuten  nach  der  Wahrneh- 
mung dieser  Erscheinung  wurde  von  dem  Beobachter  ein  kanonenschuss- 
ähnlicher Schlag  in  der  Umgebung  von  Tours  vernommen ; zur  sel- 
ben Zeit  wurden  auch  in  Tours  zwei  leuchtende  Körper  am  Himmel 
gesehen. 

Wenige  Tage  darauf  fand  man  bei  Lance  in  einem  Acker  einen 
grossen  Meteoriten,  welcher  1 M.  50  Cm.  tief  in  dem  Boden  eingesun- 
ken war.  Er  war  durch  den  Fall  in  3 Theile  zerbrochen. 

Kurze  Zeit  nach  diesem  Funde  entdeckte  man  in  der  Commune 
Authon,  2 Kilometer  vom  Orte,  auf  einem  Platze,  Pont  Loisel  genannt, 
einen  anderen  kleineren  Meteoriten  von  genau  derselben  Beschaffenheit 
wie  der  von  Lance  und  sicher  demselben  Falle  angehörig. 

Der  Punkt,  wo  dieser  zweite  Meteorit  gefunden  wurde,  liegt  ^Ki- 
lometer südwestlich  von  demjenigen,  wo  der  erstere  fiel.  Diese  zwei 
Punkte  liegen  so  ziemlich  in  einer  Linie  mit  Champigny,  wo  zuerst  die 
Feuererscheinung  beobachtet  wurde,  und  dürfte  erstere  mithin  annähernd 
die  horizontale  Projection  der  Meteoritenbahn  auf  die  Erdoberfläche 
darstellen. 

Im  Jahre  1874  wurden  neuerdings  in  derselben  Gegend  vier 
kleinere  Meteoriten  entdeckt , welche  auch  demselben  Falle  zuzuschrei- 
ben sind. 

Die  Gewichte  dieser  6 Meteoriten  in  Kilogrammen  ausgedrückt 
verhalten  sich  folgendermassen  : 47  der  Meteorit  von  Lance,  0'25  der 
von  Authon  und  3‘00 , 0'620,  OBOO , 0.300  die  vier  zuletzt  ge- 
fundenen. 


Der  Meteorit  von  Lance  ist,  wie  schon  früher  erwähnt  wurde, 
beim  Auffällen  in  drei  Theile  zersprungen,  welche  sich  jedoch  ganz  genau 
wieder  zusammenfügen  lassen. 

Die  Form  des  Meteoriten  ist  die  einer  abgestumpften,  vierseitigen 
Pyramide  ähnlich.  Berücksichtigt  man  die  Zeichnungen  auf  der  Ober- 
tiäche  des  Meteoriten,  so  muss  man  die  Abstumpfungsfläche  als  Brust- 
seite, die  Basis  der  Pyramide  als  Rückseite  betrachten.  Die  Brustseite 
ist  beiläufig  ein  Trapez , dessen  zwei  längere  Kanten  23  und  26  Cm. 
messen,  die  zwei  kürzeren  18  und  12- Cm.  Die  Kanten  der  Pyramide 
sind  alle  sehr  stark  abgerundet. 

Tafel  I ist  eine  Ansicht  des  Meteoriten  , der  dem  Beschauer  die 
Brustseite  zuwendet.  Die  in  dieser  Figur  auf  der  unteren  Hälfte  liegen- 
den Kanten  sind  am  meisten  abgerundet.  Die  Länge  dieser  vier  Kanten 
beträgt : 16,  17,  18,  20  Cm. 

Die  Kanten  der  Pyramidenseiten  mit  der  Basis  sind  scharf ; die 
Basis  selbst  besteht  aus  zwei , unter  einem  Winkel  von  beiläufig  140° 
geneigten  Flächen.  Die  Seiten  der  Pyramide  machen  mit  der  Brust- 
fläche Winkel  von  120—130°.  Die  Brustseite  sowie  die  Seiten  der 


[3] 


Ueber  den  Meteoriten  von  Lance. 


3 


Pyramide  sind  mit  einer  schwachen , schwarzen  Schmelzrinde  bedeckt, 
welche  an  vielen  Stellen  die  graue  Farbe  des  Meteoriten  durchschei- 
nen lässt. 

Von  der  Mitte  der  Brustseite  aus  laufen  sehr  feine  Linien,  durch 
Anhäufung  von  Schmelzrinde  erzeugt,  strahlenförmig  aus  und  convergiren 
so  in  einem  Punkte,  von  dem  aus  die  flüssige  Gesteinsoberfläche  durch 
den  Luftwiderstand  nach  den  Seiten  geblasen  wurde.  Die  feinen  Linien 
sind  ebenfalls  auf  den  Pyramidenseiten  zu  verfolgen.  Hier  werden  sie 
oft  senkrecht  durch  deutliche,  sehr  scharfe  Linien  abgeschnitten,  längs 
welchen  eine  bedeutende  Anhäufung  von  Schmelzsubstanz  stattfindet. 
Solche  Linien  sind  oft  2 — 3 hintereinander.  Auf  Tafel  III,  Fig.  1 ist 
ein  Theil  einer  Pyramidenseite  dargestellt,  um  diese  auffallenden  Linien 
zu  zeigen.  Die  Linien  mögen  durch  eine  schwingende  Bewegung  des  Me- 
teoriten um  seinen  Schwerpunkt  während  des  Fluges  entstanden  sein. 

Brust-  und  Seitenflächen  zeigen  keinerlei  Vertiefungen , nur  bei 
b)  Tafel  I gewahrt  man  drei  tiefe  rundliche  Eindrücke , welche  von 
einer  starken  Schmelzrinde  umwallt  sind.  An  derselben  Fläche  finden 
sich  auch  bei  a)  Tafel  I mehrere  längliche,  ziemlich  tiefe  Eindrücke, 
durch  welche  ein  Sprung  geht.  Gegen  den  Rand  der  Rückseite  zu  ist 
diese  Fläche  mit  breiten,  sehr  schwachen  Vertiefungen  versehen,  deren 
Richtung  ziemlich  parallel  der  Pyramidenkante  verläuft  und  welche  mit 
jenen  Eindrücken  zu  vergleichen  sind,  welche  entstehen,  wenn  man  mit 
den  Fingern  über  plastischen  Thon  fährt. 

Tafel  II  stellt  den  Meteoriten  von  der  Rückseite  dar.  Dieselbe 
ist  von  einer  05  Mm.  dicken  , schwarzen  , leider  etwas  beschädigten 
Rinde  bedeckt. 

Die  zwei  Flächen,  aus  denen  die  Rückseite  besteht,  sind  mit  Aus- 
nahme einer  Stelle  bei  n)  Fig.  II  vollkommen  eben.  Eine  radiale  An- 
ordnung von  Schmelzlinien  vom  Mittelpunkt  der  Basis  aus  nach  den 
Seiten  ist  an  manchen  Stellen  bemerkbar.  Eine  Erscheinung  , welche 
noch  die  Rinde  der  Rückseite  bietet , ist  die  , dass  dieselbe  wie  von 
feinen  Nadelstichen  durchlöchert  erscheint. 

Diess  dürfte  von  einem  Entweichen  von  Gasen  durch  die  noch 
weiche  Schmelzrinde  herrühren. 

Der  Bruch  des  Meteoriten  ist  feinkörnig  und  uneben  , die  Farbe 
frischer  Bruchflächen  ist  grau.  Schon  mit  freiem  Auge  erkennt  man  an 
ihnen  die  globuläre  Structur  des  Meteoriten,  der  zu  Rose’s  Classe  der 
Chondrite  zu  stellen  ist.  Die  Kügelchen  erreichen  selten  einen  Millime- 
ter im  Durchmesser , sie  sind  entweder  weiss  oder  dunkelgrau  bis 
schwarz  und  reichlich.  Ausserdem  beobachtet  man  noch  eine  grosse 
Anzahl  von  weissen,  oft  durchscheinenden  Körnern  mit  deutlicher  Spalt- 
barkeit, welche,  wie  es  später  die  mikroskopischen  Untersuchungen  leh- 
ren werden , Olivin  sind.  Ausser  diesen  zweierlei  Kügelchen  sind  in 
der  tufartigen  Grundmasse  noch  häufig  Partikelchen  mit  metallischem 
Glanze  zu  beobachten. 

Das  specifische  Gewicht  des  Steines  ist  nach  Daubree  3 ‘80. 

Nach  den  Erörterungen  über  die  äussere  Form  und  Beschaffen- 
heit unseres  Chondriten  schreiten  wir  nun  zu  den  Ergebnissen  der 
mikroskopischen  Untersuchungen,  zu  welchem  Belmfe  Dünnschliffe  an- 
gefertigt wurden. 


i* 


4 


R.  v.  Dräsche. 


In  einer  dunklen  unentwirrbaren  Grundmasse  liegt  eine  ausser- 
ordentliche Anzahl  von  kreisförmigen  Durchschnitten  von  verschiedener 
Structur,  nebst  einzeln  zerstreuten  Krystallfragmenten. 

Auch  dieser  Chondrit  entspricht  mithin  der  Definition,  welche 
G.  Tschermak  von  denselben  aufstellt:  (Sitzungsberichte  der  Wiener 
Akademie,  1874,  November.  Ueber  die  Trümmerstruetur  der  Meteoriten 
von  Orvinio  und  Chantonay).  „Chondrite  sind  mehr  oder  weniger  tuffähn- 
liche Massen,  bestehend  aus  Gesteinskügelchen  und  einer  pulverigen  und 
dichten,  gleich  zusammengesetzten  Grundmasse“. 

Die  einzelnen  Kügelchen  in  unserm  Chondriten  sind  von  grosser 
Verschiedenheit  und  oft  von  so  eigentümlicher  Structur,  dass  sie  einer 
genaueren  Beschreibung  werth  erscheinen. 

a)  Kügelchen,  meistens  mit  schön  kreisförmigen  Durchschnitten, 
weiss , durchscheinend , sie  bestehen  meist  aus  einer  grossen  Anzahl 
scheinbar  unregelmässig  ungeordneter  Kryställelien,  oft  jedoch  auch  aus 
wenigen  siminetrisch  um  einen  Punkt  gestellten  Krystallen  von  weisser 
Farbe,  durchsichtig  und  mit  deutlicher  Spaltbarkeit.  Ich  zweifle  nicht 
daran,  dass  diese  Krystalle  Olivin  sind,  und  die  Olivin-Kügelchen  den 
schon  mit  freiem  Auge  am  Meteoriten  beobachteten  weissen  Körnchen 
entsprechen.  Fig.  I auf  Tafel  IV  zeigt  ein  solches  Olivin -Kügelchen 
in  der  dunklen  Grundmasse  eingebettet.  Mit  Anwendung  von  Polarisa- 
tion beobachtet  man,  dass  die  drei  Theile  im  Durchschnitte  auch  ver- 
schiedenen Individuen  angehören. 

Fig.  2,  Tafel  IV  zeigt  ein  aus  vier  grösseren  Individuen  nebst 
einigen  kleinen  zusammengesetztes  Kügelchen.  Die  einzelnen  Individuen 
bilden  auch  hier  im  Durchschnitte  Kreissegmente. 

Eine  Anzahl  von  undurchsichtigen , kugelförmigen  Körperchen 
sind  sowohl  am  Rande  als  in  der  Mitte  des  Durchschnittes  zu  be- 
obachten. 

Fig.  3,  Tafel  IV  zeigt  den  Durchschnitt  eines  etwas  unregel- 
mässig begrenzten  Kügelchens,  welches  aus  dicht  aneinander  gestellten 
Polygonen  besteht  und  im  Mikroskope  unwillkürlich  an  ein  facettirtes 
Fliegenauge  erinnert.  Die  einzelnen  Krystalle , welche  ganz  unregel- 
mässige optische  Orientirung  zeigen , sind  ebenfalls  dem  Olivin  an- 
gehörig. 

In  Fig.  4,  Tafel  IV  ist  der  Durchschnitt  eines  ganz  merkwürdi- 
gen Kügelchens  abgebildet,  von  welcher  Gattung  ich  nur  ein  einziges 
Exemplar  beobachten  konnte.  Der  Durchschnitt  ist  vollkommen  kreis- 
förmig, die  Substanz,  aus  der  das  Kügelchen  zum  grössten  Theile  be- 
steht, ist  farblos,  sie  zeigt  jedoch  bei  gekreuzten  Nicols  keine  weiteren 
Erscheinungen.  Von  einem  excentrisch  liegenden  Punkte  strahlen  sechs 
lanzettförmige  Leistchen  unter  Winkeln  von  45°  nach  den  Rändern 
aus ; an  dieselben  heften  sich  wieder  andere  kürzere  Stäbchen , eben- 
falls unter  45°,  in  grosser  Menge.  Bei  sehr  starker,  240facher  Ver- 
grösserung,  erscheinen  dieselben  hohl  und  theilweise  mit  einer  dunkel- 
grünen, flockigen  Substanz  erfüllt. 

Die  gleichförmige  Grundmasse  des  Kügelchens  ist  von  vielen 
Sprüngen  durchsetzt,  welche  ungehindert  durch  die  Leistchen  fortsetzen. 


[ft] 


Ueber  den  Meteoriten  von  Lance. 


5 


Ein  anderes  merkwürdiges,  ebenfalls  nur  in  einem  Exemplare  in 
unseren  Dünnschliffen  vorkommendes  Kügelchen  stellt  Fig.  5 auf  Ta- 
fel IV  dar.  Es  hat  einen  Durchmesser  von  1 Mm.  und  ist  schon  mit 
freiem  Auge  deutlich  am  Präparate  sichtbar.  Der  Durchschnitt  ist  schön 
kreisförmig  und  besteht  aus  zwei  Theilen,  einem  inneren  Kern  und 
einem  äusseren  Ring  von  der  Breite  1/3  radius  der  Kugel.  Der  innere 
Theil  ist  ungefähr  von  Kreisform,  wird  aber,  genau  genommen,  meistens 
von  graden,  oft  unter  spitzen  Winkeln  zusammenstossenden  Linien  be- 
grenzt. Er  ist  mit  einer  dunkelbraunen,  undurchsichtigen,  gegen  pola- 
risirtes  Licht  sich  passiv  verhaltenden  Masse  erfüllt,  welche  hie  und 
da  Anlage  zur  blätterigen  Ausbildung  zeigt. 

In  diese  Masse  sind  viele  kleine,  stark  polarisirende,  farblose 
Körperchen  eingebettet,  welche  ich  für  Olivin  halten  möchte. 

Von  den  Ecken  an  der  Oberfläche  dieses  inneren  Theiles  gehen 
starke,  gekrümmte  Adern  nach  dem  Rande  des  äussern  Theiles  und 
theilen  so  den  Ring  in  eine  Anzahl  Sectoren  Der  äussere  Ring  selbst 
besteht  wieder  aus  einem  Aggregat  der  kleinen  farblosen  Krystallchen, 
welches  von  einem  dichten  Netzwerk  eines  braunen,  faserigen  Minerals 
durchzogen  ist.  Ich  vermuthe , dass  dasselbe  aus  derselben  Substanz 
bestehe,  wie  der  innere  Theil  der  Kugel. 

b ) Während  die  sub  a)  aufgezählten  Kügelchen  grösstentheils  aus 
Olivin  bestanden,  kommen  wir  jetzt  zu  der  Beschreibung  von  Kugeln, 
welche  aus  einem  feinfaserig,  excentrisch  angeordneten  Minerale  beste- 
hen, welches  wohl  in  den  meisten  Fällen  Broncit  sein  dürfte.  Schon 
G.  Rose  (Beschreibung  und  Eintheilung  der  Meteoriten)  hat,  mit 
damals  noch  unzureichenden  mikroskopischen  Hilfsmitteln  diese  Art  von 
Kügelchen  beschrieben  und  abgebildet  und  hauptsächlich  im  Gegensätze 
zu  terrestrischen  ähnlichen  Gebilden  die  stets  excentrische  Structur  der- 
selben hervorgehoben.  Von  G.  Tschermak  besitzen  wir  genaue  und 
ausführliche  Beschreibungen  dieser  Körper  in  dem  Meteorit  von  Gopal- 
pur.  (Die  Meteoriten  von  Shergotty  und  Gopalpur.  LXV.  Bd.  der  Sitzb. 
der  k.  Akademie  der  Wissensch.,  I.  Abth.,  Februar-Heft,  Jahrgang 
1872.) 

Fig.  7,  Tafel  IV  ist  die  Abbildung  eines  excentrischen  Kügelchens 
aus  unserem  Meteoriten.  Dasselbe  ist  ungemein  dickfaserig,  so  dass  es 
selbst  im  Dünnschliffe  nur  schwach  Licht  durchlassend  ist. 

In  Fig.  6 ist  ein  anderes  Kügelchen  abgebildet,  ebenfalls  mit 
excentrischer  Anordnung  von  einem  Punkte  des  Randes.  Die  einzelnen 
Radien  lösen  sich  bei  sehr  starker  Vergrösserung  in  Flöckchen  auf,  so 
dass  es  den  Anschein  hat,  als  wären  dieselben  eher  einer  radial  ange- 
ordneten interponirten  Substanz  als  einer  Folge  innererStructur  zuzuschrei- 
ben. Eine  Beobachtung  bei  gekreuzten  Nicols  lehrt  jedoch  augenblick- 
lich durch  die  verschiedene  radiale  optische  Stellung  der  einzelnen 
Sectoren,  dass  wir  es  in  der  That  mit  einer  radialen  Structur  zu  tliun 
haben. 

Fig.  8 zeigt  uns  den  Durchschnitt  eines  faserigen  Kügelchens, 
welcher  wohl  senkrecht  zur  Längsausdehnung  der  Fasern  geschliffen  ist. 

Ausser  diesen  faserigen  Kügelchen , welche  in  grosser  Menge  in 
unserem  Meteoriten  Vorkommen,  beobachtete  ich  ein  Kügelchen,  welches 


6 


R.  v.  Dräsche. 


[6] 


nur  aus  einem  Gewirre  von  Broncit-Krystallen  besteht.  (Siehe  Fig.  9, 
Tafel  IY  in  240faclier  Vergrösserung.)  Die  einzelnen  Krystalle  sind 
zwar  so  unendlich  klein,  dass  eine  Bestimmung  ihrer  optischen  Haupt- 
schnitte unmöglich  ist,  jedoch  die  lange  nadelförmige  Gestalt,  die  Zer- 
theilung  der  einzelnen  Krystalle  durch  Quersprünge  deuten  unbedingt 
auf  ein  Mineral  der  Broncitgruppe  hin.  Manche  Nadeln  sind  von 
ungeheurer  Dünne , andere  erreichen  wieder  verhältnissmässig  ansehn- 
liche Breite , stets  sind  sie  aber  ohne  jedes  Gesetz  zu  einander 
gruppirt. 

Meines  Wissens  wurde  eine  ähnliche  Kugel  noch  nie  in  Meteori- 
ten beobachtet. 

Wir  haben  nun  noch  schliesslich  die  im  Chondriten  von  Lance 
einzeln  vorkommenden  Mineralien  zu  besprechen.  Es  sind  dies  Eisen, 
Magnetkies,  Broncit,  Olivin. 

Eisenkies  und  Magnetkies  lassen  sich  bei  auffallendem  Lichte  leicht 
durch  ihre  verschiedenen  Farben  erkennen.  Beide  sind  in  grosser  Menge 
in  unserem  Meteoriten  zerstreut.  Ueberall,  sowohl  in  der  tufähnlichen 
Grundmasse,  als  in  den  Kügelchen  und  einzelnen  Krystallen  trifft  man 
diese  Mineralien  in  grosser  Häufigkeit  an.  Theils  kommen  beide  isolirt 
vor , theils  beobachtet  man  grössere  unförmlich  kugelige  Massen  , die 
einen  Kern  von  Magnetkies  und  eine  Hülle  von  Eisen  oder  umgekehrt 
zeigen. 

Ob  Chromeisen  auch  vorhanden  ist , konnte  ich  nicht  beobach- 
ten , die  Analyse  von  Daubree  macht  diess  jedoch  sehr  wahr- 
scheinlich. 

Einzelne  Olivin -Krystalle  von  ansehnlicher  Grösse  bis  1 Mm. 
kommen  sehr  häufig  vor.  Sie  zeigen  oft  ziemlich  regelmässige,  gerad- 
linige Begrenzung,  sind  farblos-durchsichtig  im  Schlitte  und  von  den  dem 
Olivin  eigenthümlichen  Sprüngen  zahlreich  durchsetzt.  (Siehe  Fig.  10, 
Tafel  IV.) 

In  allen  unseren  Dünnschliffen  konnten  wir  nur  einen  einzigen  iso- 
lirten  grösseren  Broncit-Krystall  beobachten.  (Siehe  Fig.  11,  Tafel  IV.) 
Derselbe  ist  in  der  dichten  Grundmasse  eingebettet  und  zeigt  sehr 
deutliche  Spaltbarkeit.  Die  Spaltungsdurchgänge  sind  mit  einer  undurch- 
sichtigen Substanz  erfüllt.  Die  optischen  Hauptschnitte  stehen  senkrecht 
zu  der  Spaltungs-  und  Längsrichtung  des  Krystalles ; es  kann  mithin 
kein  Zweifel  an  der  rhombischen  Natur  dieses  Krystalles  sein.  Der 
Krystall  selbst  ist  durch  mechanische  Gewalt,  wie  es  scheint,  bedeutend 
zerstückt  und  zerquetscht. 

Unsere  mikroskopischen  Beobachtungen  können  wir  nunmehr  mit 
folgenden  Worten  kurz  zusammenfassen  : ln  einem  tufartigen  Zerreibsei 
liegen  viele  isolirte  Krystalle  von  Olivin  und  hie  und  da  Broncit,  nebst 
einer  grossen  Menge  von  Kügelchen  von  zweierlei  Beschaffenheit.  Dieselben 
sind  entweder  regelmässige  oder  unregelmässig  angeordnete  Aggregate 
von  Olivin,  oder  bestehen  aus  excentrisch-strahlig  angeordneten  Bronc.it- 
Nadeln. 

In  einem  speciellen  Falle  bestand  eine  Kugel  aus  einem  wirren 
Hanfwerk  von  Broncit-Krystallen.  Magnetkies  und  Eisen  sind  reichlich 
in  allen  Theilen  des  Chondriten  vorhanden. 


[7] 


Ueber  den  Meteoriten  von  Lance. 


7 


Was  schliesslich  die  chemische  Zusammensetzung  des  Chondriten 
von  Lance  betrifft,  so  besitzen  wir  eine  Analyse  desselben  von  Daubree 
und  ich  erlaube  mir  die  darauf  bezüglichen  Stellen  folgend  in  Ueber- 
setzung  wiederzugeben  : (Siehe  Examen  des  meteorites  tombees  le 
23.  Juillet  1872,  par  M.  Daubree  Compt.  rend.  Aout  1872.  pag.  467) 

„Mit  Wasser  behandelt  verliert  die  Substanz  012  % Chlornatrium 

Wenn  man  die  Substanz  der  Rothglühhitze  in  einem  Strome  von 
Wasserstoff  aussetzt  und  das  erzeugte  Sublimat  auffängt,  so  kann  man 
von  Neuem  die  Gegenwart  des  Chlornatriums  in  demselben  Verhältnisse 
constatiren,  als  es  in  der  wässerigen  Lösung  gefunden  wurde.  Kalisalze, 
Sulfate  und  Hypersulfate  sind  nicht  vorhanden.  Salzsäure  und  Schwefel- 
säure bewirken  eine  Entwicklung  von  Schwefelwasserstoffgas  in  grosser 
Menge , aber  ohne  einen  Absatz  von  Schwefel , welches  anzeigt , dass 
sich  der  Schwefel  nur  als  Protosulfür  vorfinde.  Man  hat  sowohl  die 
Menge  des  Schwefels  des  entwichenen  Schwefelwasserstoffgases  mit  sal- 
petersauren Silberoxid  bestimmt,  als  auch  die  Menge  des  entwichenen 
Wasserstoffes  von  der  Behandlung  mit  Schwefelsäure  herrührend,  und 
es  ist  durch  letztere  Methode  geluugen,  den  approximativen  Gehalt  an 
freien  Metallen  zu  bestimmen.  Durch  Behandlung  mit  Salpetersäure  und 
indem  man  nach  der  Methode  von  H.  Saint e- CI ai re  Deville  vor- 
ging, hat  man  die  Gegenwart  eines  angreifbaren  Silikates  constatirt, 
welches  Magnesia  und  Eisenoxidul  enthält. 

Der  unangreifbare  Tlieil  besteht  aus  wenigstens  zwei  Substanzen, 
einem  farblosen  und  einem  tiefschwarzen. 

Das  olivinähnliche  Silikat  beträgt  42-36  °/0  des  Totalgewichtes, 
der  unzersetzte  Tlieil  33-44%. 

Das  Eisen  aus  dem  in  Salzsäure  löslichen  Tlieil  wurde  nach  der 
Margueritte’schen,  durch  Boussin gau.lt  verbesserten  Methode 
bestimmt ; es  beträgt  24-48  °/0- 

Die  Gegenwart  des  Kupfers  wurde  durch  die  Spectral-Analyse  er- 
kannt, ebenso  die  Abwesenheit  von  Kalk,  Baryum  und  Strontium.  Kohle 
konnte  nicht  nachgewiesen  werden.  Wie  gewöhnlich  begleiten  Kobalt  und 
Nickel  das  Eisen  in  diesem  Meteoriten. 

Folgendes  ist  das  Resultat  der  Analyse  : 


Freies,  mit  Nickel  und  Kobalt  legirtes  Eisen 7 '81 


Eisen  u.  andere  Metalle  an  Schwefel  gebunden  . 
Gebundener  Schwefel 

9-091 

519/ 

Protosulfür 

. 14-28 

[ 

Kieselsäure 

17-20  I 

Durch  Säuren  zersetzbares  | 

Magnesia  . . 

13-86  | 

. 42-41 

Silikat  oder  Olivin  J 

Eisenoxidul 

11-33  | ' 

Mangan  oxidul . 

0-05  | 

Durch  Säuren  unzersetzbarer 

Theil  . . . 

. 33-44 

Chlornatrium 

. 0-12 

Hygroskopisches  Wasser  . . 

. D24 

99-31 


Als  Bestätigung  füge  ich  hinzu,  dass  successive  Ströme  von  Was- 
serstoff und  Chlor  eine  Gewichtsabnahme  von  34.98  % bewirkten.  Ver- 
gleicht man  diese  Ziffer  mit  denen  der  Analyse , so  kommt  man  zur 
Ueberzeugung , dass  nach  dieser  Operation  nur  mehr  das  unzersetz- 


g R.  v.  Dräsche.  Ueber  den  Meteoriten  von  Lance.  Tg] 

bare  Silikat  und  die  Kieselsäure  und  Magnesia  des  zersetzbaren  Theiles 
Zurückbleiben. 

Abgesehen  von  den  gewöhnlichen  Bestandtheilen  eines  Meteoriten 
wie  Nickeleisen.  Troilit,  Olivin  und  unzersetzbares  Silikat,  enthält  der 
Meteorit  von  Lance  Chlornatriura  in  kleiner  Menge.“ 

Wir  erkennen  somit  auch  in  der  chemischen  Analyse  die  Minera- 
lien wieder,  welche  wir  im  Mikroskope  beobachten  konnten.  Der  unzer- 
setzbare, nicht  weiter  analisirte  Theil  besteht  nach  Daubree  aus 
einem  farblosen  und  schwarzen  Mineral.  Ersteres  ist  wohl  Broncit,  letz- 
teres dürfte  Chromit  sein. 

Die  14*28  °/0  Protosulfür  werden  wohl  dem  Magnetkies  angehörig 
sein,  da  kein  Troilit  von  uns  beobachtet  wurde.  Zählen  wir  nunmehr 
die  beobachteten  Mineralien  auf,  so  enthält  der  Chondrit  von  Lance 
Nickeleisen,  Magnetkies,  Chromit,  Olivin  und  Broncit.  Troilit  wurde 
nicht  beobachtet.  Eine  genaue  Analyse  des  unlöslichen  Theiles  müsste 
zeigen,  ob  in  demselben  nicht  vielleicht  auch  wie  im  Meteoriten  von 
Gopalpur  ein  feldspathähnlicher  Bestandtheil  vorhanden  ist. 

Zum  Schlüsse  entledige  ich  mich  einer  angenehmen  rtiieht,  wenn 
ich  Herrn  Director  Dr.  G.  Tschermak  meinen  verbindlichsten  Dank 
ausdrücke  für  die  Liberalität,  mit  welcher  er  mir  die  hiesige  Meteoriten- 
sammlung  zu  meinen  Studien  zur  Verfügung  stellte. 


II.  Wolframit  aus  dem  Trachyte  von  Felsö-Bänya. 

(Aus  einem  im  December  1874  in  der  ungarischen  Akademie  der  Wissenschaften 

gehaltenen  Vortrage.) 

Von  Dr.  Josef  Alex.  K renn  er. 

(Mit  einer  Tafel.) 

Einer  der  interessantesten  Bergbaue  Felsö-Bänyas  ist  der  Bau 
von  Leves-Banya.  Es  ist  ein  grossartiger  Tagbau  der  im  ungarischen 
Trachvt-Gebiete  nicht  seines  Gleichen  findet.  Wie  in  einem  riesigen 
Steinbruche  werden  hier  grosse  Felsmassen  abgelöst,  und  nach  sorg- 
fältiger Abscheidung  des  Brauchbaren,  mit  dem  Tauben  tiefere,  ältere 
Ausweitungen  verstürzt,  An  der  einen  Seite  dieses  grossen  Baues  ist 
der  Trachyt  zu  einer  feinkörnigen,  röthlich grauen,  nicht  sehr  harten 
Masse  zersetzt,  deren  zahlreiche  dünne  Klüftchen  — wie  bekannt  — 
mit  weissen  Adular-Krystallen  ausgekleidet  sind. 

In  Gesellschaft  dieses  oft  blendend  weissen  Adulars  sehen  wir 
oft  Pyrit,  Arsenkies,  Markasit,  etwas  Kupferkies,  und  manchmal  dünne 
Lamellen  oder  Blättchen  eines  blau-  oder  violettschwarzen,  undurch- 
sichtigen Minerales , das  sich  bei  näherer  Prüfung  als  Wolframit 
entpuppte. 

Die  krystallographische  Untersuchung  nämlich  gab  der  Vermuthung 
Raum,  dass  dieses  Felsö-Bänyaer  Mineral,  da  seine  Formen  sich  auf 
die  Gestalt  des  Wolframit  zurückführen  lassen , Wolframit  sei ; die 
ausgezeichnete  monotome  Spaltbarkeit  steigerte  diese  Vermuthung, 
welche  endlich  durch  eine  nach  Bunsen’scher  Methode  ausgeführte 
qualitative  Bestimmung,  welche  die  Gegenwart  von  Eisen,  Mangan  und 
Wolfram  erwies,  zur  Gewissheit  erhoben  wurde. 

Diese  Wolframite  zeigen  eine  ganz  eigenthümliche  Form,  die  man 
sonst  an  dieser  Mineralspecies  zu  sehen  nicht  gewohnt  ist.  Die  Krystalle 
sind  dünne,  nach  der  aufrechten  Axe  verlängerte  Lamellen,  deren  Enden 
durch  steile,  an  dieser  Substanz  noch  nicht  beobachtete  Hemidomen  ab- 
gestumpft, an  die  Form  einseitig  geschärfter  Meissei  erinnert.  Ihre 
Grösse  ist  nicht  bedeutend,  indem  sie  bei  einer  Dicke  von  05—  1 Mm. 
eine  Breite  (Orthodiagonal)  von  1 — (j  Mm.  und  eine  Länge  von 
4 — 12  Mm.  erreichen. 

Sie  sitzen  entweder  einzeln  oder  in  kleinen  Gruppen  auf  Pyrit 
oder  ragen  aus  dem  Adular  heraus. 


Mineralogische  Mittheilungen.  1875.  1.  Heft.  (Krenner.) 


2 


10 


Dr.  J.  A.  Krenner. 


m 

Es  wurden  an  demselben  folgende  12  — darunter  6 neue  — 
Formen  beobachtet : 

Endflächen  : 100,  010,  001 

Das  Prisma:  310 

Hemi-Domen : 502,  403,  102,  102,  101,  und  die 

Pyramiden:  552,  132,  112. 

Von  diesen  sind,  ausser  den  2 aufrechten  Endflächen,  noch  die  2 
steilsten  Hemi-Domen  die  herrschenden,  die  Gestalt  dieses  Wolfra- 
mits  bedingenden  Formen,  zu  welchen  sich  manchmal  das  Prisma  ge- 
sellt, während  die  übrigen  der  aufgezählten  Formen  als  Seltenheiten 
bezeichnet  werden  müssen. 

Die  gewöhnlichsten  Combinationen  stellen  die  Figuren  : 

Fig.  4,  100,  010,  502 

Fig.  3,  100,  010,  502,  403  und  mit  dem  Prisma 
Fig.  9,  100,  010,  502,  403,  310  dar. 

Sonderbar  ist  der  Umstand,  dass  die  Grundsäule  (110),  die  an 
Wolframiten  anderer  Fundorte  sonst  nie  zu  fehlen  pflegt , an 
dem  unserigen  nicht  beobachtet  werden  kann  , diese  vielmehr  immer 
durch  die  stumpfe  Gestalt  (310)  ersetzt  ist.  Die  Flächen  dieses  Prisma 
- es  ist  das  einzige  an  unseren  Krystallen  — verursachen  durch  alter- 
nirendes  Auftreten,  ihrer  Flächen  untereinander,  oder  combinirt  mit  der 
Endfläche  (100)  eine  Längsstreifung  derselben.  Letztere  Endfläche  kann 
auch  von  (len  Prisma-Flächen  gänzlich  verdrängt  werden,  wie  Fig.  2, 
welche  uns  die  Combination 

Fig.  2,  010,  310,  und  der  seltenen  001  zeigt. 

Die  beiden  steilen  Hemi-Domen  502  und  403  sind  nur  bei  ganz 
kleinen  Krystallen  auseinander  zu  halten,  bei  grösseren  verlaufen  sie 
in  eine  gerundete  Fläche. 

Fig.  I stellt  die  Combination  von  100,  010,  102 
Fig.  7 diejenige  von  . . . .100,  010,  101,  102  und 

Fig.  8 die  von 100,  010,  102  dar,  sie  wur- 

den nur  einigemal  beobachtet. 

Die  Bestimmung  des  Charakters  der  Hemi-Domen  erfordert  bei 
dem  Umstande,  dass  nur  ganz  kleine  Kryställchen  gut  messbare  Flächen 
darbieten,  grosse  Vorsicht,  ja  in  einem  Falle  ist  dies  mit  Sicher- 
heit gar  nicht  möglich.  Es  ist  dies  der  Fall , wenn  das  steilste 
unserer  Hemi-Domen  allein  , mit  Flächen  der  verticalen  Zone  auftritt, 
wie  das  in  Fig.  4 dargestellt  ist.  Das  Hemi-Doma  502  kann  in  diesem 
Falle  von  einem  etwa  vorkommenden  502  nicht  unterschieden  werden, 
beträgt  doch  der  Unterschied  der  Normalwinkel  von  100,  502  kaum 
0°  5",  während  dieser  Unterschied  mit  der  Verkürzung  der  Hauptaxe, 
also  in  dem  Masse  wächst,  als  die  Domen  weniger  steil  werden. 

Die  Möglichkeit,  dass  bei  dem  alleinigen  Auftreten  unseres  steil- 
sten Hemi-Domas,  vielleicht  auch  ein  der  positiven  Hälfte  angehören- 
des (502)  mit  unterlaufen  ist,  ist  hier  um  so  weniger  ausgeschlossen, 
als  bei  den  ganz  undurchsichtigen  Krystallen  an  eine  Anwendung  opti- 
scher Hilfsmittel  nicht  zu  denken  ist. 


[3] 


Wolframit  aus  dem  Trachyte  von  Felsö-Banya. 


11 


Von  diesem  Gesichtspunkte  ist  die  durch  Fig.  4 dargestellte  Com- 
bination  zu  beurtheilen.  Die  Annahme,  dass  wir  hier  auch  das  negative 
502  vor  uns  haben,  stützt  sich  nur  darauf,  dass  in  mehrfach  domatisch 
combinirten  Krystallen  nur  diese  gefunden  wurde. 

Die  Hemi-Pyramiden , 3 an  der  Zahl , gehören  der  negativen 
Hälfte  an  und  sind  sehr  selten. 

Am  häufigsten  ist  noch  die  steile  Pyramide  552,  die  nicht  selten 
als  eine  einzige  Fläche,  also  mit  triklinischem  Habitus,  und  zwar  dann 
immer  als  die  linke  552,  wie  das  in  Fig.  5 dargestellt  ist,  erscheint. 
In  Bezug  auf  diese  Combination  (Fig.  5),  welche  aus  den  Flächen 

101,  010  und  552  zusammengesetzt  ist,  gelten  die  bei 
Fig.  4 gemachten  Vorbehalte.  Dagegen  besteht  die  in  Fig.  10  gege- 
bene bestimmt  aus  den  Flächen 


100,  010.  403  und  552  ; eben  so  sicher  konnten  die  Formen  des  durch 
Fig.  6 dargestellten  Krystalles  bestimmt  werden.  Es  ist  dies  das  Bild 
eines  stark  gestreiften,  5 Mm.  breiten  und  7 Mm.  langen,  an  seinem  Ende 
vierfach  fa^ettirten  tafelartigen  Krystalles,  welcher  aus  den  Formen : 

100,  010,  001,  310,  502,  403,  102,  und  112,  132  besteht. 

Die  an  den  Krystallen  vorgenommenen  Messungen  ergaben  folgende 
Durchschnittswerthe  der  Normal winkel : 


100  . 

102 

— 

62° 

12-5' 

100  . 

102 

— 

62° 

50-3' 

100  . 

101 

— 

43° 

12' 

100  . 

403 

35° 

56-2' 

100  . 

502 

— 

21° 

5' 

100  . 

310 

— 

15° 

28' 

010  . 

112 

— 

69° 

21' 

010  . 

132 

— 

40° 

20' 

100  . 

552 

— 

42° 

41' 

010  . 

552 

— 

52° 

5' 

403  . 

552 

— 

40° 

8'. 

Zu  bemerken  ist,  dass 

die 

Endfläche  001 

als  immer  matt  zu  den 
Messungen  nicht  verwendbar,  und  dass  die  Fläche  101,  Fig.  8,  von 
nicht  guter  Beschaffenheit  ist. 

Mit  Zugrundelegung  der  an  einigen  Ehrenfriedersdorfer  Wolfram it- 
Krystallen  — mit  denen  die  Felsö-Bänyaer  noch  die  meiste  Ueberein- 
stimmung  zeigen  — ausgeführten  Elementar -Bestimmungen  wurden 
obige  Indiens  bestimmt. 

Die  .sehr  gut  spiegelnden  sächsischen  Krystalle  erlaubten  ganz 
scharfe  Messungen  *)  und  ergaben  : 

das  Axenverhältniss  a : b : c = 0'82447  : 1 : 0-86041  und  die 


Axenneigung  von  r,  90u  20'  22". 

Aus  diesen  Elementen  lassen  sich  für  die  an  dem  ungarischen 
Minerale  beobachteten  Formen  folgende  Werthe  der  Normalwinkel  be- 
rechnen : 


*)  Ausführliches  hierüber  wird  demnächst  veröffentlicht  werden. 


12 


Dr.  J,  A Kremier.  Wolframit  aus  dem  Tracliyte  von  Felsö-Bänya. 


100  . 001 

= 

89° 

39'  38 

100  . 

. 101 

r= 

43° 

36-8' 

100  . 

102 

= 

62° 

10*8' 

100  . 502 

— 

21° 

P2' 

100 . 403 

35° 

49-2' 

100  . 

102 

= 

62° 

42-7' 

100  . 

310 

15° 

22' 

100  . 552 

— 

42° 

20-5' 

010  . 552 

— 

52° 

21*5' 

001  . 

552 

— 

73° 

45‘7' 

100. 

132 

72° 

28' 

010  . 

132 

— 

41° 

5' 

001  . 

132 

54° 

23-5' 

100  . 

112 

— 

64° 

38-6' 

010  . 

112 

— 

69° 

4-7' 

001  . 

112 

— 

34° 

9' 

403  . 552 

40° 

3' 

Diese  berechneten  Daten  zeigen  mit  den  an  den  Felsö-Bänyaer 
durch  Messung  erhaltenen,  eine  — mit  Ausnahme  der  Fläche  101  — 
ganz  genügende  Uebereinstimmung , wodurch  die  Benützung  der  Ele- 
mente des  Ehrenfriedersdorfer  Minerales  zur  Grundlage  obiger  Indices- 
Bestimmung  gerechtfertigt  ist. 

Was  die  paragenetischen  Verhältnisse  dieses  interessanten  Wol- 
framites  der  Trachyt-Formation  anbelangt,  so  lässt  sich  vorläufig  fol- 
gende Reihenfolge  feststellen  : Pyrit,  Wolframit,  Adular,  wobei  Adular 
das  jüngst  gebildete  Mineral  ist.  Der  Pyrit  zeigt  100  . 120,  der  Adular 
die  Combination  von  110,  101  manchmal  auch  mit  001.  Auf  dem 
Pyrit  .sitzen  oft  dünne  Blättchen  von  Markasit,  parallel  einer  oder 
zweier  Würfelfiächen  und  bilden  ein  Gitter  oder  ein  rechtwinklig-maschi- 
ges  Netz.  Diese  Markasitblättchen  Überkrusten  auch  den  Arsenkies,  sind 
also  jünger  als  dieser.  Sonst  konnte  über  die  Altersbeziehung  des  Ar- 
senkieses, welcher  in  dünnen,  schlanken  Säulen  mit  110,  101,  001, 
die  oft  nach  011  in  zierlichen,  knieförmigen  Zwillingsgestalten  erschei- 
nen, sowie  über  die  des  Kupferkieses,  der  eine  sphenoidale  Form  anstrebt, 
nichts  festgestellt  werden. 

Erwähnt  sei  hier  noch,  dass  der  Ehrenfriedersdorfer  Wolframit 
auch  mit  Arsenkies  vorzukommen  pflegt. 

Zum  Schlüsse  noch  zwei  Bemerkungen  : 1 . Wolframit  galt  bisher 
als  ein  auf  die  ältesten  Formationen  beschränktes  Mineral,  in  welchem 
es  der  stete  Begleiter  von  Zinnerz  zu  sein  pflegt,  sein  Auftreten  in  einer 
geologisch  so  jungen  Felsart,  wie  es  die  Felsö-Bänyaer  Tracliyte  sind, 
deutet  abermals  auf  die  schon  öfters  betonte  Analogie  alter  und  jün- 
gerer Gesteine  hin ; 2.  es  würde  nun  nichts  Ueberrasc.hendes  mehr 
haben,  wenn  in  Felsö-Bänya  auch  Zinn  in  Form  eines  Zinnerzes  — von 
welchem  in  Ungarn  noch  keine  Spur  gefunden  wurde  — entdeckt  würde. 


III.  Das  Wesen  der  Isomorphie  und  die  Feldspathfrage. 

Von  Dr.  Aristides  Brezina. 

Seit  Mitscherlich  die  Beobachtung  machte,  dass  gewisse  Sub- 
stanzen von  analoger  chemischer  Zusammensetzung  in  nahezu  gleichen 
Formen  krystallisiren,  sind  zahlreiche  einschlägige  Thatsachen  gesam- 
melt worden,  welche  die  ursprünglich  engen  Grenzen  dieser  Erscheinung 
nach  beiden  Seiten,  der  chemischen  und  der  krystallographischen,  so 
weit  hinausgerückt  haben,  dass  einerseits  Substanzen  mit  verschiedener 
Zahl  von  Moleciilen,  von  verschiedener  Werthigkeit  und  verschiedener 
Sättigung , andererseits  Krystalle  mit  wesentlich  anderer  Spaltbarkeit 
und  mit  Elementen , die  nur  nach  Multiplication  mit  Brüchen  wie : 
2/ 3, I. *  3/4,  4/5  in  einander  übergeführt  werden  können,  als  isomorph  be- 
trachtet wurden. 

Soll  der  Begriff  der  Isomorphie  nicht  jede  theoretische  Bedeutung 
verlieren,  so  muss  diesem  Zustande  des  Schwankens  ein  Ende  gemacht 
werden  ; es  müssen  die  zum  Tlieil  ganz  disparaten  Erscheinungen,  welche 
gegenwärtig  von  den  verschiedenen  Autoren  unter  dem  gemeinschaft- 
lichen Namen  verstanden  werden,  getrennt  und  jede  auf  exacte  Weise 
definirt  werden. 

Der  Eintheilungsgrund  soll  aber  nicht  willkürlich  sein  , sondern 
eine  theoretische  Bedeutung  haben,  wodurch  dem  Uebelstand  vorgebeugt 
wird,  dass  wie  bisher  die  einzelnen  Beobachter  auf  gänzlich  verschiede- 
nen Standpunkten  stehen,  was  einen  Ausbau  der  Theorie  sehr  er- 
schweren muss. 

Wir  werden  sehen  , dass  die  Annahme  der  atomistischen  Hypo- 
these allein  genügt,  um  eine  solche  theoretische  Grundlage  zu  schaffen; 
auf  dieser  Grundlage  fortschreitend  gelangen  wir  zu  Unterscheidungen, 
welche,  wie  sich  ergeben  wird,  alle  scheinbaren  Widersprüche  und  Ab- 
weichungen des  Verhaltens  in  genügender  Weise  erklären. 

I.  Deduction  aus  der  atomistischen  Hypothese. 

Wir  setzen  die  Annahme , dass  die  Raumerfüllung  der  Körper 
keine  continuirliche  sei,  dass  also  die  Materie  aus  durch  Zwischenräume 
von  einander  getrennten  Theilen  bestehe. 

Diese  von  einander  getrennten,  entweder  untereinander  alle  gleich- 
artigen oder  ungleichartigen  (aus  einer  oder  mehreren  Substanzen 

Mineralogische  Mittheiluugen.  1875.  1.  Heft.  (Brezina.) 


14 


Dr.  Aristides  Brezina. 


[2] 


bestellenden)  Theile  zeigen  eine  Reihe  von  Gleichgewichts-  oder  Bewe- 
gungs-Erscheinungen , welche  man  im  Allgemeinen  als  physikalische 
Erscheinungen  bezeichnet,  und  welche  naturgemäss  von  der  gegensei- 
tigen Stellung  der  Theilchen  abhängen. 

Die  Beobachtung  hat  nun  ganz  allgemein  gezeigt,  dass  in  krystal- 
lisirten  Medien  diese  physikalischen  Erscheinungen  an  allen  Stellen  eines 
und  desselben  Krystalles  vollständig  identisch  sind  ; dass  sie  also  nicht 
von  der  absoluten  Lage,  sondern  lediglich  von  der  Richtung  im  Krystalle 
abhängen  ; so  also,  dass  längs  zweier  Linien  im  Krystalle,  welche  einen 
von  0°,  360°  . . . verschiedenen  Winkel  mit  einander  einschliessen,  im 
Allgemeinen  verschiedene  physikalische  Verhältnisse  herrschen  werden, 
während  zwei  Linien,  welche  einander  gleichsinnig  parallel  sind,  gleiches 
physikalisches  Verhalten  besitzen  werden,  an  welcher  Stelle  des  Krystal- 
les sie  auch  gelegen  sein  mögen. 

Daraus  ergiebt  sich  mit  Nothwendigkeit  der  Schluss,  dass  auch 
die  Vertheilung  der  den  Krystall  zusammensetzenden  Partikel  an  allen 
Stellen  des  Krystalles  dieselbe  sei. 

Diese  Gleichheit  der  Vertheilung  bedingt  unmittelbar,  dass  längs 
einer  geraden  Linie  dieselben  Zustände  sich  in  gleichen  Perioden 
wiederholen  '). 

Wenn  wir  daher  die  Centra  zweier  beliebiger , einander  gleicher 
und  parallel  gestellter  Partikel  (die  zunächst  als  einfach  oder  als  Molecül- 
Complexe  gedacht  werden  können)  durch  eine  gerade  Linie  verbinden, 
so  ist  diese  Linie  auf  ihrem  ganzen  Verlaufe  innerhalb  des  Krystalles 
mit  gleich  weit  von  einander  abstehenden,  congruenten,  parallel  gestell- 
ten Partikeln  besetzt ; und  eine  jede  ihr  parallele,  durch  ein  Partikel- 
Centrum  gehende  Gerade  zeigt  die  Partikel  in  derselben  Orientirung 
und  mit  denselben  gegenseitigen  Abständen. 

Aus  dieser  Eigenschaft  der  gleichmässigen  Vertheilung  lassen  sich 
mit  Nothwendigkeit  alle  diejenigen  Anordnungsweisen  ermitteln,  welche 
mit  der  Gleichmässigkeit,  somit,  weil  diese  eine  nothwendige  Folge  der 
atomistischen  Constitution,  auch  mit  letzterer  vereinbar  sind *  2). 

’)  Wiener,  Grundzüge  der  Weltordnung,  1863,  pag.  86,  und  Atomenlehre, 
1869,  pag.  82,  hat  diese  Consequenz  bestritten  und  Sohncke,  Crelle-Borchardt, 
LXXVI1.,  pag.  47,  1873,  nach  Wiener’s  Voraussetzungen  die  in  einer  Ebene  mög- 
lichen Verteilungsarten  aufgesucht.  Es  ist  jedoch  der  Einwand  Wiener’s  aus  zwei 
Gründen  nicht  entscheidend;  einmal,  weil  längs  paralleler,  gerader  Linien  Gleichheit 
des  physikalischen  Verhaltens  herrscht,  folglich  auch  längs  paralleler  gerader 
Linien  sich  derselbe  physikalische  Zustand  wiederholen  muss  ; Sodann,  weil,  wie  ich 
an  anderer  Stelle  nachweisen  werde,  die  unter  Wiener’s  Voraussetzungen  (einer 
sich  nach  beliebigen,  periodisch  congruent  gebrochenen  Linien  widerholenden  Gleich- 
mässigkeit)  möglichen  Complexe  mit  den  aus  unseren  Prämissen  erhaltenen  voll- 
kommen identisch  sind , sich  also  nicht  durch  die  Anordnung  der  obersten, 
periodischen  Gruppen . sondern  lediglich  durch  die  Beschaffenheit  derselben 
unterscheiden. 

2)  Diese  allein  möglichen  Anordnungsweisen  wurden  zuerst  aufgefunden  und 
ohne  Angabe  eines  Beweises  veröffentlicht  von  Frankenheim,  Cohäsionslehre, 
1835,  pag.  311  und  Nov.  Act.  Ac.  Nat  Cur.  XIX.  (2)  471.  1842.  Frankenheim 
erklärte,  in  die  Richtigkeit  der  atomistischen  Annahme  überhaupt  Zweifel  zu  setzen 
und  desshalb  keinen  Beweis  mittheilen  zu  wollen.  Den  Beweis  mit  Zugrundelegung 
der  Annahme  einer  netzförmigen  Anordnung  gab  Bravais  Ec.  polyt.  Journal  Cah. 
XXXIII.  vol.  XIX.  pag.  1.  1850,  und  in  einer  kürzeren  Form,  ausgehend  vom  Prin- 
cipe der  an  allen  Stellen  eines  krystallinischen  Mediums  gleichmässigen  Vertheilung 
Sohncke  Pogg,  Ann.  CXXXII.  pag  75.  1867. 


[3] 


Das  Wesen  der  Isomorphie  und  die  Feldspatbfrage. 


15 


Es  ergiebt  sich  nun,  dass  nur  14  verschiedene  Anordnungsweisen 
möglich  sind : 

1.  nach  schiefwinkeligen  Parallelepipeden, 

2.  nach  schiefen,  rhombischen  Säulen, 

3.  nach  geraden,  rhombo'idischen  Säulen, 

4.  nach  geraden,  rhombischen  Säulen, 

5.  nach  geraden,  rhombischen  Säulen,  deren  Centrum  ein  Par- 

tikel trägt, 

6.  nach  rechtwinkeligen  Parallelepipeden, 

7.  nach  rechtwinkeligen  Parallelepipeden , deren  Centrum  ein 

Partikel  trägt, 

8.  nach  Rhomboedern, 

9.  nach  geraden,  quadratischen  Säulen, 

10.  nach  geraden,  quadratischen  Säulen,  deren  Centrum  ein  Par- 

tikel trägt, 

11.  nach  geraden,  regulären,  dreiseitigen  Säulen, 

12.  nach  Würfeln, 

13.  nach  Würfeln,  deren  Centrum  ein  Partikel  trägt, 

14.  nach  Würfeln,  deren  Flächen-Centra  je  ein  Partikel  tragen. 

Eine  Betrachtung  dieser  Complexe  lehrt,  dass  dieselben  nur  zum 
Theil  bestimmt  sind  ; und  zwar  bleiben  als  zu  bestimmende  Constanten 
(Elemente)  übrig : 

bei  1.  6 Elemente,  nämlich  drei  Winkel,  zwei  Längenverhältnisse 
und  eine  absolute  Länge ; 

bei  2.  und  3.  4 Elemente,  ein  Winkel,  zwei  Längenverhältnisse, 
eine  absolute  Länge  ; 

bei  4.,  5.,  6.,  7.  3 Elemente,  zwei  Längen  Verhältnisse , eine 
absolute  Länge; 

bei  8.  2 Elemente,  ein  Winkel,  eine  absolute  Länge; 
bei  9.,  10.,  11,  2 Elemente,  ein  Längenverhältniss,  eine  abso- 
lute Länge ; 

bei  12.,  13.,  14.  1 Element,  eine  absolute  Länge. 

Andererseits  ergiebt  sich,  dass  diese  14  Anordnungsweisen  sich 
durch  ihre  Symmetrie- Verhältnisse  unterscheiden.  Wenn  wir  nämlich 
unter  einer  Symmetrie- Ebene  eine  derartige  Ebene  verstehen  , dass  zu 
beiden  Seiten  derselben  vollständige  Gleichheit  der  Anordnung  herrscht, 
so  finden  wir  für  die  verschiedenen  Anordnungsweisen  folgendes  Ver- 
halten , wobei  wir  alle  Anordnungsweisen  gleicher  Symmetrie  als  zum 
selben  Krystall- System  gehörig  bezeichnen  : 

1.  Keine  Symmetrie-Ebene.  Triklines  System, 

2.  und  3.  Eine  Symmetrie-Ebene.  Monoklines  System. 

4 — 7.  Drei  aufeinander  senkrechte  Symmetrie-Ebenen.  Prisma- 
tisches System. 

8.  Drei , in  einer  Geraden  sich  schneidende  Symmetrie-Ebenen, 

gegenseitig  unter  60°  geneigt.  Rhomboedrisches  System, 

9.  und  10.  \ ler,  in  einer  Geraden  sich  schneidende,  unter  45° 

gegeneinander  geneigte,  und  eine  fünfte  zu  den  vier  ersteren 
senkrechte  Symmetrie-Ebene.  Tetragonales  System. 


16 


Di’.  Aristides  Brezina. 


[4] 


11.  Sechs,  in  einer  Geraden  sich  schneidende,  unter  30°  gegen 

einander  geneigte,  und  eine  siebente,  zu  den  sechs  ersteren 
senkrechte  Symmetrie-Ebene.  Hexagonales  System. 

12.  — 14.  Drei  zu  einander  senkrechte  und  sechs,  die  Winkel 

je  zwei  der  ersteren  halbirende  Symmetrie-Ebenen.  Tesse- 
rales  System. 

Alle  diese  Reticular-Complexe  sind  durch  eine  Reihe  von  Eigen- 
schaften ausgezeichnet,  welche  eine  weitgehende  Anwendung  gestatten. 

Eine  jede  Ebene,  welche  durch  drei  nicht  in  einer  geraden  Linie 
liegende  Partikel  hindurchgelegt  wird,  ist  eine  mögliche  Krystalllläche 
des  betreffenden  Complexes. 

Eine  jede  Gerade , welche  durch  zwei  Partikel  hindurchgelegt 
wird,  ist  eine  mögliche  Krystallkante  des  betreffenden  Complexes. 

Construiren  wir  für  irgend  eine 
Reticular-Ebene  (also  irgend  eine  mög- 
liche Krystalllläche)  ein  solches  Pa- 
rallelogramm , dass  die  vier  Ecken 
durch  Partikel  gebildet  werden  und 
dass  ausser  diesen  vier  Partikeln 
weder  im  Innern,  noch  auf  den  Sei- 
ten des  Parallelogrammes  weitere 
Partikel  gelegen  sind  (ab cd,  efgli, 
Iclmn ),  so  nennen  wir  ein  solches 
Parallelogramm  ein  erzeugendes , weil 
wir , wenn  uns  ein  beliebiges  erzeu- 
gendes Parallelogramm  einer  Reticu- 
lar-Ebene gegeben  ist,  im  Stande  sind, 
das  ganze  ebene  Netz  aus  demselben 
zu  construiren. 

Einfache  geometrische  Betrachtungen  lehren  nun  den  wichtigen 
Satz,  dass  für  eine  und  dieselbe  Reticular-Ebene  alle  erzeugenden  Pa- 
rallelogramme denselben  Flächeninhalt  haben,  also 

area  abed  — area  efgli  — area  Iclmn  — . 

Dieser  Flächeninhalt  ist  also  eine  für  die  betreffende  Ebene  cha- 
rakteristische Constante , welche  wir  die  Reticular dichte  dieser  Ebene 
nennen. 

Wählen  wir  drei  beliebige,  nicht  in  einer  Ebene  gelegene  Reti- 
cular-Linien  als  Axen,  und  bezeichnen  wir  die  Distanz  zweier  benach- 
barter Partikel  auf  jeder  dieser  Axen  als  den  Reticular- Parameter  der 
betreffenden  Axe,  so  können  wir  eine  jede  Reticular-Ebene  durch  eine 
Gleichung  darstellen , welche  ausser  den  laufenden  Coordinaten  noch 
vier  constante  Grössen  enthält ; drei  von  diesen  sind  ganzzahlig  und  für 
alle  untereinander  parallele  Reticular-Ebenen  dieselben ; sie  heissen  die 
Indices  des  betreffenden  Systemes  paralleler  Ebenen  ; die  vierte  Con- 
stante ist  ebenfalls  ganzzahlig  und  für  alle  parallelen  Ebenen  verschie- 
den ; sie  heisst  die  Ordnungszahl  der  Ebene  und  giebt  an,  die  wievielte 
Parallel-Ebene  die  betreffende,  vom  Durchschnittspunkte  der  Axen  an 
gerechnet,  ist,  wobei  die  durch  den  Axenursprung  selbst  hindurchgehende 
als  die  O-te  bezeichnet  wird. 


Fig.  1. 


[ö] 


Das  Wesen  der  Isomorphie  und  die  Feldspathfrage. 


17 


Wir  sind  nun  im  Stande,  für  einen  jeden  gegebenen  Complex  eine 
Gleichung  aufzustellen,  in  welcher  die  Reticulardichte  einer  beliebigen 
Fläche  gegeben  ist  als  Function  der  Indices  der  Reticular-Fbene  und 
der  oben  erwähnten,  durch  Versuche  zu  ermittelnden  Elemente  des  be- 
treffenden Complexes ; die  Ordnungszahl  der  Ebene  erscheint  in  dieser 
Gleichung  nicht,  weil  ja  die  Reticulardichte  für  alle  einander  parallelen 
Ebenen  dieselbe  sein  muss. 

Wenn  wir  für  irgend  einen  Complex  diese  Berechnung  für  jede 
einzelne  Fläche  durchführen , so  werden  wir  im  Allgemeinen  ein  Auf- 
steigen der  Reticulardichte  von  den  Flächen  mit  einfachen , niedrigen 
Indices  zu  denen  mit  complicirten,  grossen  Indices  bemerken ; nachdem 
aber  gleichzeitig  die  Erfahrung  lehrt , dass  sich  jederzeit  für  die  For- 
men einer  Substanz  solche  Axon  wählen  lassen,  dass  die  häufigsten  und 
am  grössten  ausgebildeten  Formen  die  einfachsten  Indices  erhalten,  so 
können  wir  einen  gesetzmässigen  Zusammenhang  dieser  beiden  Erschei- 
nungen vermuthen ; wir  können  sodann  für  einen  Krystall,  dessen 
Krystall-System  wir  kennen,  unter  den  in  dem  betreffenden  System 
möglichen  Anordnungsweisen  diejenige  herauswählen , für  die  bei  dem 
gewählten  Axen-Systeme  die  nach  ihrer  beobachteten  Häufigkeit  und 
Ausdehnung  geordneten  Flächen  in  ihrer  Reihenfolge  möglichst  über- 
einstimmen mit  den  nach  aufsteigender,  berechneter  Reticulardichte  an- 
geordneten. 

Führen  wir  diese  Parallelstellung  an  denjenigen  Substanzen  durch, 
welche  einen  genügenden  Flächenreichthum  und  eine  solche  Häufigkeit 
des  Vorkommens  besitzen,  dass  wir  ein  sicheres  Urtheil  über  die  herr- 
schenden und  untergeordneten  Flächen  fällen  können,  so  zeigt  sich  uns 
die  merkwürdige  Thatsache,  dass,  falls  die  betreffende  Substanz  Spalt- 
barkeit besitzt , die  letztere  immer  nach  der  Fläche  mit  niedrigster 
Reticulardichte  oder,  wenn  verschiedene  Spaltungsrichtungen  vorhanden, 
nach  den  Flächen  kleinster  Reticulardichte  gerichtet  sind. 

Diese  Erscheinung,  welche  innerhalb  der  durch  äussere  Störungen 
(fremde  Beimengungen  etc.)  verursachten  Abweichungen  regelmässig  auf- 
tritt,  lässt  eine  sehr  annehmbare  Erklärung  zu. 

Wir  finden  nämlich  auf  dem  Wege  einfacher  Berechnung , dass 
für  irgend  ein  System  paralleler  Reticular-Ebenen  der  senkrechte  Ab- 
stand zweier  benachbarter  Ebenen  der  Reticulardichte  dieser  Ebenen 
verkehrt  proportional  ist.  Setzen  wir  nun  die  sehr  wahrscheinliche  An- 
nahme, dass  zwei  Partikel  aufeinander  eine  gewisse  Anziehung  ausüben, 
Welche  mit  zunehmender  Entfernung  derselben  von  einander  in  irgend 
einem  Verhältnisse  abnimmt , so  finden  wir , dass  die  Partikel  irgend 
einer  Reticular-Ebene  sowohl  untereinander , als  auch  auf  die  Partikel 
einer  Nachbar-Ebene  eine  Gesammtanziehung  äussern , welche  wir-, 
erstere  die  tangentielle,  letztere  die  normale  Cohäsion  der  betreffenden 
Reticular-Ebene  nennen  können.  Je  grösser  nun  der  senkrechte  Abstand 
zweier  Nachbar-Ebenen,  desto  geringer  die  normale  Cohäsion,  mit  der 
sie  aufeinander  anziehend  wirken,  desto  leichter  werden  also  diese 
beiden  Ebenen  durch  eine  äussere  Kraft  von  einander  getrennt  werden 
können ; der  senkrechte  Abstand  ist  aber  um  so  grösser,  je  kleiner  die 

Mineralogische  Mittheilungen.  1875.  1.  Heft.  (Dr.  A.  Brezina.)  o 


18 


Dr.  Aristides  Brezina. 


[6] 


Reticulardichte  der  betreffenden  Ebenen  ; also  die  leichteste  Spaltbar- 
keit muss  nach  den  Ebenen  mit  kleinster  Reticulardichte  gerichtet  sein. 

Dieses  Gesetz  einmal  als  richtig  erkannt , hilft  uns  in  denjenigen 
Fällen,  wo  die  Beobachtung  der  Flächenhäufigkeit  und  Ausdehnung  eine 
noch  mangelhafte  ist,  die  Zugehörigkeit  einer  krystallisirten  Substanz 
zu  einer  der  14  Anordnungsweisen  zu  bestimmen. 

Wir  besitzen  also  nach  dem  gegenwärtigen  Stande  unserer  Kennt- 
nisse die  Möglichkeit,  die  wirkliche  Anordnung  der  Partikel  im  Krystall 
für  irgend  eine  Substanz  bis  auf  eine  Constante,  nämlich  die  absolute 
Länge  oder  die  Längeneinheit . zu  berechnen  ; diese  Längeneinheit  ist 
eine  Molecular-Constante,  welche  aus  der  Beobachtung  der  Krystallform 
und  Spaltbarkeit  insolange  nicht  ableitbar  ist,  als  wir  die  letztere  nicht 
in  ihrem  absoluten  Betrage  ermitteln  können.  r) 

Die  Wahrnehmung  nun  , dass  die  bisher  sogenannte  Isomorphie 
zweier  Substanzen  durchschnittlich  zwei  Bedingungen  erfüllte,  die  Gleich- 
heit der  Spaltbarkeit  und  die  Möglichkeit,  die  Formen  beider  Substan- 
zen ungezwungen  auf  einander  sehr  nahestende  Axen-Systeme  beziehen 
zu  können,  giebt  uns  ohneweiters  die  einzige  naturgemässe  Definition 
des  Begriffes  Isomorphie  : 

Zwei  derselben  Anordnungsweise  angehörige  Substanzen  sind 
isomorph , wenn  die  mittelst  der  Spaltbarkeit , Flächenhäufigkeit  und 
Flächenausdehnung  ermittelte  Anordnung  der  Partikel  in  beiden  die 
für  die  Beobachtung  freibleibenden  Elemente  exclusive  der  absoluten 
Länge  als  nahezu  gleich  ergeben. 

Der  Betrag,  bis  zu  welchem  die  analogen  Elemente  zweier  Sub- 
stanzen differiren  dürfen , ohne  die  Isomorphie  aufzuheben , lässt  sich 
nun  allerdings  nicht  mit  Genauigkeit  angeben ; er  hängt  wesentlich  ab 
von  der  Anzahl  unbestimmter  Constanten ; während  nun  im  tesseralen 
Systeme  gar  keine,  im  hexagonalen,  tetragonalen  und  rhomboedrischen 
Winkel-Differenzen  von  ungefähr  1/2°,  im  prismatischen  von  etwa  1°, 
im  monoklinen  von  1 1/2 im  triklinen  von  2°  das  ungefähre  Durch- 
schnittsmaass  der  Abweichungen  zwischen  den  Winkeln  isomorpher  Sub- 
stanzen bilden,  müssen  die  gestatteten  Maxima  dieser  Differenzen,  eben- 
falls steigend  mit  zunehmender  Anzahl  unbestimmter  Constanten,  etwa 
als  das  Dreifache  der  Durchschnittsmengen  genommen  werden. 

Die  Bedingung,  dass  beide  Substanzen  derselben  Anordnungsweise 
angehören,  schliesst  die  weitere  Bedingung  ein,  dass  sie  dasselbe  Kry- 
stall-System  besitzen. 


')  In  dem  Werke  Exner’s,  Untersuchungen  über  die  Hjirtc  an  Krystall- 
flächen.  Preisschrift.  Wien,  1873.  8°,  wird  der  enge  Zusammenhang  zwischen  Härte 
und  Spaltbarkeit  nachgewiesen.  Nach  dem  gegenwärtigen  Masse  der  erreichbaren 
Genauigkeit  hängt  die  Härte,  d.  i.  che  Belastung,  bei  der  eine  nach  einer  Richtung 
geführte  Spitze  in  einen  Krystall  eindringt,  lediglich  von  der  Lage  und  Güte  der 
Spaltungsebenen  und  von  einer  nach  allen  Richtungen  gleichen  Molecular-Constante 
ab,  welche  letztere  jedoch  so  sehr  durch  die  Oberflächen-Beschaffenheit  influencirt 
wird,  dass  die  geringste  Verschiedenheit  des  Schliffes  oder  der  natürlichen  Rauhigkeit 
eine  sehr  bedeutende  Variation  derselben  hervorbringt,  so  dass  vorläufig  lediglich 
das  gegenseitige  Verhältniss  der  Güte  zweier  Spaltungsebenen  annäherungsweise  er- 
mittelt werden  kann. 


[7] 


Das  Wesen  der  Isomorphie  und  die  Feldspathfrage. 


19 


Ein  Beispiel  von  Isomorphie  geben  uns  Kassiterit , Rutil  und 
Zirkon , welche  tetragonal , Anordnung  10  nach  geraden  centrirten 
quadratischen  Säulen  krystallisiren  : 

Kassiterit : Spaltbar  (100)  und  (110)  a : a : c = 1 : 1 : 0-9512. 
Rutil : Spaltbar  (100)  (110)  (101)  a : a:  c = 1 : 1 : 0-9110. 

Zirkon  : Spaltbar  (100)  (101)  a : a : c — 1 : 1 : 0’9057. 


Das  Quadrat  der  Reticulardichte  einer  Fläche  (hkl)  ist  für 


Kassiterit 
Rutil : 
Zirkon  : 


h + k+1  gerade 

h-fk-fl  ungerade 

= C4  (h2+k2+l-l  l2) 

C2  (h2+k2+l-2  l2) 

C3  (h2+k2+ 1-2  l2) 

Ct  .4  (h2+k2  + l-l  l2) 

C2 .4  (h2+k2+l-2  l2) 

C3 .4  (h2+k2+l-2  l2) 

worin  Cj  C2  C3  von  hkl  unabhängige  Constanten  sind1). 

Auch  der  andere  Fall,  Aehnlichkeit  der  Elemente  bei  ungleichem 
Systeme  ist  von  Bedeutung  und  soll  den  von  S c a c c h i*  2)  gewählten 
Namen  Polysymmetrie  erhalten. 

Zivei  Substanzen  verschiedenen  Systemes  sind  poly  symmetrisch, 
wenn  die  'mittelst  der  Spaltbarkeit , Flächenhäufigkeit  und  Flächenaus- 
dehnung ermittelte  Anordnung  der  Partikel  in  beiden  die  für  die 
Beobachtung  freibleibenden  Elemente  exclusive  der  absoluten  Länge  als 
nahezu  gleich  ergeben , wobei  ein  oder  mehrere  unveränderliche  Elemente 
der  höher  symmetrischen  Substanz  ivie  freibleibende  zu  betrachten  sind. 

Zwei  polysymmetrische  Substanzen  sind  beispielsweise  Beryllsulfat 
BeS04  + 4H.20  und  Beryllseleniat  BeSe04-|-4H20 , ersteres  tetragonal, 
Anordnung  10  nach  centrirten  quadratischen  Säulen  a : a : c = 1 : 
1 : 0-9461,  letzteres  prismatisch  Anordnung  5 nach  centrirten  geraden 
rhombischen  Säulen  a : b : c = 1 : 0-9602  : 0"9025  ; beide  ohne  merk- 
liche Spaltbarkeit. 


Die  Reticulardichten  sind  für : 


Sulfalt : 
Seleniat : 


(h+k  + 1)  gerade 

h + k— f-1  ungerade 

= C4  [0-9  h2+  0-9  k2+  l2] 
C2  [0-8  h2+ 0-9  k2+ l2] 

Cj  . 4 [0-9  h2+  0-9  k2+  l2] 
C2 . 4 [0-8  h2+  0-9  k2+  l2] 

Sowohl  bei  unserer  Definition  der  Isomorphie  als  auch  der  der 
Polysymmetrie  haben  wir  keinerlei  Voraussetzungen  über  die  chemi- 
schen Beziehungen  zwischen  den  beiden  Substanzen  gemacht,  um  zu- 
nächst ein  einfaches  Factum  durch  einen  bestimmten  Namen  zu  be- 
zeichnen ; wir  werden  auf  diese  Verhältnisse  im  dritten  Abschnitte 
zurückkommen. 

Der  Fall  der  Verschiedenheit  der  Elemente  zweier  verschiedener 
Substanzen  wird , als  der  allgemeine , regelmässige , nicht  besonders 
benannt. 

Die  Verschiedenheit  der  Anordnungsweise  bei  gleicher  Substanz 
wird  mit  dem  Ausdrucke  Dimorphie  ( Polymorphie ) bezeichnet. 


‘)  Vergl.  über  die  Art  dieser  Berechnung  Bravais  Ec.  pol.  Journal  Cah. 
XXXIV.  vol.  XX,  pag.  156.  1851. 

2)  Torino  Mem.  Ac.  Sc.  2.  XXII.  pag.  1,  1862.  — Napoli  Atti  Ac.  Sc.  I. 

Nr.  11.  1863.  ibid.  II.  Nr.  9.  1865. 


3* 


20 


Dr.  A.  Brezina. 


[8] 


Eine  Substanz  ist  dimorph  ( polymorph ),  wenn  sie  zwei  {mehrere ) 
Modificationen  von  gleicher  procentueller  chemischer  Zusammensetzung 
und  verschiedener  Anordnungsweise  besitzt. 

Kohlensaurer  Kalle  CaC03  ist  dimorph  als  Calcit  rhomboedrisch, 
Anordnung  8 nach  Rhomboedern  E = 101  °54-/6  Spaltbarkeit  nach  dem 
Rhomboeder  (100)  und  Aragonit  prismatisch,  Anordnung  7 nach  cen- 
trirten  rechtwinkeligen  Parallelepipeden  a : b : c = 1 : P6055  : 1 157 1 
Spaltbarkeit  (010)  deutlich  (110)  (011)  unvollkommen. 

Calcit  S2hkl  = C,  [h2+k2+P  + 0-52  (kl  + lh  + hk)] 

li+k+1  gerade  h+k-gl  ungerade 

Aragonit  S2hkl  = G,  [l-34h2  + OA2k2+l2]  j C2)  4 [l::i4h2+()-52k2+l2]. 

Eine  Erscheinung,  welche  von  Groth  J)  als  Aeusserung  der  von 
ihm  so  genannten  Morphotropir , des  Variirens  einzelner  chemischer  Ra- 
dicale  bei  sonst  gleichen  Verbindungen  definirt  wird,  ist  die  Identität 
(innerhalb  der  für  Isomorphie  gestatteten  Schwankungen)  der  Winkel 
in  einer  Zone  bei  zwei  Verbindungen,  während  die  übrigen  Zonen  ver- 
schieden sind.  Diese  Erscheinung,  welche  auch  bei  dimorphen  Substan- 
zen ausserordentlich  häufig  eintritt,  ist  im  Allgemeinen  nicht  von  einer 
Uebereinstimmung  der  Anordnung  in  der  betreffenden  Zone,  also  auch 
nicht  von  analoger  Spaltbarkeit  begleitet,  gehört  somit  nicht  unter  die 
Besonderheiten  dieses  Abschnittes ; sie  wird  im  3.  Abschnitt  behandelt 
werden. 

Zum  Schlüsse  dieses  Abschnittes  sei  nur  erwähnt,  dass  alle  14, 
als  möglich  erkannten  Anordnungsweisen  auch  wirklich  aufgefunden 
sind ; so  findet  sich : 

I.  Triklines  System : 

1 . Anordnung  nach  schiefwinkeligen  Parallelepipeden.  Anorthit. 

II.  Monoklines  System : 

2.  Schiefe,  rhombische  Säulen.  Amphibol. 

3.  Gerade,  rhomboidische  Säulen.  Euldas. 

III.  Prismatisches  System : 

4.  Gerade,  rhombische  Säulen.  Baryt. 

5.  Gerade,  centrirte,  rhombische  Säulen.  Molybdänsaures 

Magnesia- Ammoniak  (NII4)2  Mg  Mo2  08 . 2H20. 

6.  Rechtwinkelige  Parallelepipede.  Anhydrit. 

7.  centrirte,  rechtwinkelige  Parallelepipede.  Markasit. 

IV.  Rhomboedrisches  System : 

8.  Rhomboeder.  Calcit. 

V.  Tetragonales  System  : 

9.  Gerade,  quadratische  Säulen.  Idokras. 

10.  Centrirte,  gerade,  quadratische  Säulen.  Leucit. 

VI.  Hexagonales  System : 

11.  Reguläre,  dreiseitige  Säulen.  Beryll. 

VII.  Tesserales  System  : 

12.  Würfel.  Galenit. 

13.  Centrirte  Würfel.  Sodalit. 

14.  Würfel  mit  Flächencentren.  Fluorit. 

')  Groth,  Berlin  Ak.  Ber.  1870.  pag.  247. 


[9] 


Das  Wesen  der  Isomorphie  und  die  Feldspathfrage. 


21 


II.  Schlüsse  aus  den  Meroedrien. 


Wenn  wir  für  die  in  der  Natur  beobachteten  Substanzen  die  im 
vorigen  behandelte  Anordnungsweise  der  Partikel  im  Krystalle  ermitteln, 
so  zeigt  sich,  dass  Körper  existiren,  bei  denen  constant  gewisse  physi- 
kalische Erscheinungen  einer  niedrigeren  Symmetrie  folgen,  als  der  be- 
treffenden Anordnungsweise  entspricht. 

Daraus  folgt  mit  Nothwendigkeit , dass  die  nach  einer  der  14 
Modus  angeordneten  Partikel  selbst  wiederum  eine  gewisse  Symmetrie 
besitzen,  welche  bei  einigen  Substanzen  mit  der  Symmetrie  der  betref- 
fenden Anordnungsweise  übereinstimmt  (. Holo'edrie ),  bei  anderen  von 
derselben  verschieden  und  zwar  geringer  ist  (. Meroedrie ). 

Von  dieser  Meroedrie  werden  nicht  alle  physikalischen  Erschei- 
nungen in  gleichem  Masse,  manche  sogar  innerhalb  unserer  gegenwärti- 
gen Beobachtungsgrenzen  überhaupt  nicht  merklich  beeinflusst. 

Am  empfindlichsten  für  die  Abweichung  der  Symmetrie  der  Par- 
tikel von  der  des  Complexes  sind  die  sogenannten  Aetzfiguren  an 
Krystallen , das  ist  die  Form  der  durch  auf  lösende  oder  zersetzende 
Flüssigkeiten  auf  den  verschiedenen  Flächen  eines  Krystalles  hervor- 
gebrachten Vertiefungen . 

Eine  andere  Aeusserung  der  Meroedrie,  welche  zuerst  die  Auf- 
merksamkeit auf  dieselbe  gelenkt  hat,  ist  die  ungleiche  Häufigkeit  und 
Ausdehnung  solcher  Formen  , welche  zufolge  der  Symmetrie  der  Par- 
tikular-Anordnung  gleic.hwerthig  wären,  zufolge  der  Symmetrie  der  Par- 
tikel jedoch  nicht. 

Gleichwertig  nennen  wir  nämlich  zwei  Flächen  dann  , wenn  sie 
zu  beiden  Seiten  einer  Symmetrie-Ebene  gleich  gegen  dieselbe  geneigt 
sind  und  mit  derselben  parallele  Durchschnittslinien  geben  (wobei  also 
die  drei  Flächen  tautozonal  sind). 

Zwei  gleichwerthige  Flächen  haben  gleiche  physikalische  Eigen- 
schaften, treten  somit  auch  gleichzeitig  und  in  gleicher  Ausdehnung  auf. 

Die  Meroedrie  bringt  es  nun  mit  sich,  dass  Formen,  welche  zu- 
folge der  Symmetrie  der  Partikular-Anordnung  einfache  sein  sollten, 
sich  zufolge  der  abweichenden  Symmetrie  der  Partikel  in  zwei , vier 
oder  acht  von  einander  verschiedene  Formen  zerlegen  , für  welche  Er- 
scheinung sowohl  wie  für  die  Ursache  derselben  man  die  Bezeichnungen 
Ilemiedrie,  Hemisymmetrie,  Hemiaxie,  Dichosymmetrie,  Tetartoedrie, 
Tetartosymmetrie , Tetartoaxie , Gyroedrie,  Hemimorphie  u.  a.  ge- 
braucht hat. 

Man  kann  nun  auf  verschiedenen  Wegen  diese  von  der  Complex- 
symmetrie  verschiedene  Symmetrie  der  Partikel  (d.  h.  der  Anordnung  der 
Moleküle  in  den  Partikeln)  zu  ermitteln  suchen. 

Bravais1)  nimmt  für  die  aus  distincten  Massenpunkten  be- 
stehenden Partikel  drei  Symmetrie-Elemente  an,  welche  er  folgendermassen 
definirt : 


‘)  Bravais,  Liouville  Journal  XIV.  pag.  141.  1849. 


22 


Dr.  A.  Brezina. 


[10] 


Centrum  der  Symmetrie  ist  ein  Punkt  von  der  Beschaffenheit, 
dass,  wenn  man  ihn  mit  einem  beliebigen  Polyederpunkt  durch  eine 
Gerade  verbindet  und  diese  um  ihre  eigene  Länge  jenseits  des 
ersteren  Punktes  verlängert,  der  Endpunkt  der  Geraden  wieder  ein 
Polyederpunkt  ist. 

Axe  der  Symmetrie  ist  eine  solche  Gerade,  dass  so  oft  man  das 
Polyeder  um  dieselbe  um  einen  bestimmten  constanten  Winkel  a dreht, 
alle  neuen  Punkte  des  Polyeders  mit  allen  früheren  Punkten  desselben 
co'mcidiren. 

Die  Ordnung  der  Symmetrieaxe  ist  gleich  - 

Ebene  der  Symmetrie  ist  eine  Ebene  von  der  Art,  dass,  wenn 
man  von  einem  beliebigen  Polyederpunkt  ein  Lotli  auf  dieselbe  fällt 
und  es  jenseits  derselben  um  seine  eigene  Länge  verlängert,  der  End- 
punkt wieder  ein  Polyederpunkt  ist. 

Es  werden  nun  alle  in  Polyedern  möglichen  Combinationen  von 
Ebenen,  Axen  und  Centren  der  Symmetrie  aufgesucht,  welche  sich  in 
23  Classen  bringen  lassen.  (1.  c.  pag.  179.) 

Es  folgt  *)  die  Annahme,  dass  ein  jedes  solche  Polyeder  (Molecül) 
in  demjenigen  Krystallsysteme  krystallisirt , mit  dem  es  die  meisten 
Symmetrie-Elemente  gemeinschaftlich  hat;  falls  dadurch  die  Wahl  noch 
nicht  fixirt  erscheint,  soll  das  Polyeder  demjenigen  Systeme  angehören, 
das  den  räumlichen  Elementen  (Axenlängen,  Axenwinkel  etc.)  weniger 
Bedingungen  auferlegt. 

Auf  diese  Weise  haben  wir  also  unendlich  viele  mögliche  Polyeder, 
welche  sich  bezüglich  ihrer  Unterordnung  unter  die  sieben  Krystall- 
systeme in  88,  nach  ihrer  Symmetrie  verschiedene  Gruppen  bringen 
lassen. 

Wenn  wir  nur  diejenigen  Symmetrie-Elemente  (Ebenen,  Axen, 
Cent.ra)  berücksichtigen,  welche  dem  Complex  von  Molecülen  (Partikel, 
Polyeder)  und  dem  Complexe  von  Partikeln  (Krystall)  gemeinschaftlich 
sind,  so  vereinigen  sich  obige  88  Polyederarten  in  41  meroedrisehe 
und  holoedrische  Abtheilungen,  und  zwar:  2 trikline,  3 monokline,  3 
prismatische,  5 rhomboedrische,  7 tetragonale,  16  hexagonale  und  5 
tesserale. 

Zu  erwähnen  kommen  hier  ferner  zwei  Arbeiten  von  Möbius* 2) 
worin  zwar  die  Meroedrien  nicht  abgeleitet,  aber  eine  eigentümliche 
Betrachtungsweise  der  Symmetrie  (als  Anzahl  von  Arten,  auf  welche 
ein  Gebilde  sich  selbst  gleich  und  ähnlich  ist)  gegeben  wird. 

v.  Bezold3)  definirt  drei  Symmetrie-Elemente: 

Symmetralebenen  erster  Classe.  Ebenen,  welche  ein  räumliches 
Gebilde  so  theilen,  dass  jede  ihrer  Normalen  auf  beiden  Seiten  in 


*)  Bravais,  Journal  de  l’ec.  polyt.  Tome XX.  Cali.  XXXIV,  pag.  194.  1851. 

2)  Möbius,  Sachs.  Ges.  Wiss.  Ber.  1849.  pag.  65.  Grelle  J.  XLIII.  pag.  365. 
1852.  — Möbius,  Sachs.  Ges.  Wiss.  Ber.  1851.  pag.  19.  Crelle  J.  XLIV. 
pag.  335.  1852. 

s)  v.  Bezold,  W.  K.  bair.  Ak.  Wiss.  Sitzb.  Heft  II.  pag.  350.  1863. 


[11] 


Das  Wesen  der  Isomorphie  und  die  Feldspath  frage. 


23 


gleichen  Entfernungen  vom  Fusspunkte  von  Flächen  geschnitten  werden. 
Sie  sind  identisch  mit  den  Symmetrieebenen  Bravais’. 


Symmetralebenen  zweiter  Classe.  Ebenen,  deren  Zonenaxe  von  der 
Beschaffenheit  ist,  dass  das  Gebilde  durch  eine  Drehung  um  <p°  um 
dieselbe  mit  sich  selbst  zur  Deckung  gebracht  werden  kann  und  welche 
(Sym.  Ebenen)  einen  Winkel  von  <p°  miteinander  einschliessen.  Die 
Existenz  von  n solchen  tautozonalen  Ebenen  entspricht  einer  Symmetrie- 

'360° 

axe  n-ter  Ordnung,  wobei  n = — n-  nach  Bravais,  diese  Symmetral- 
ebenen  selbst  den  axial  oder  direct  gleichwerthigen  Ebenen. 


Symmetralebenen  dritter  Classe.  Krystallonomisch  mögliche  Ebenen, 
auf  denen  eine  oder  mehrere  solche  senkrecht  stehen,  ohne  dass  erstere 
Symmetralebenen  erster  Classe  sind.  Sie  entsprechen  nach  Bravais 
den  Symmetrieebenen  eines  Complexes,  welche  unter  den  Symmetrie- 
elementen der  Partikel  des  Complexes  fehlen,  sind  also  sogenannte  auf- 
gehobene Symmetrieebenen,  welche  sich  nicht  mehr  in  allen  physikalischen, 
wohl  aber  in  den  Eigenschaften  der  Lage  äussern. 

v.  B 6z old  findet  nun  unter  Voraussetzung  der  Rationalität  der 
Indices  14  mögliche,  bezüglich  obiger  Symmetrieelemente  von  einander 
verschiedene  Complexe , welche  sich , vermittelst  des  Gesetzes  des 
Parallelismus  zu  28  körperlichen  Complexen  entfaltet,  unter  die  Krystall- 
systeme  vertheilen,  wie  folgt: 

2 trikline,  2 dikline,  2 monokline,  5 prismatische,  3 rhomboedrische, 
4 tetragonale,  5 hexagonale,  5 tesserale. 

Einen  anderen  Entwicklungsgang  verfolgt  v.  Lang.1)  Er  geht 
von  dem  Gesetze  der  Rationalität  der  Indices  aus,  definirt,  sodann  den 
Begriff  von  isoschematischm  Ebenen  (zwei  Ebenen  sind  isoschematisch 
bezüglich  einer  dritten,  wenn  diese  mit  ihnen  tautozonal  ist  und  ihren 
Winkel  halbirt),  nennt  einen  Complex  von  Ebenen  isosehemaüsch  mit 
Bezug  auf  sich  selbst , wenn  er  isoschematisch  bezüglich  jeder  seiner 
Ebenen  ist,  und  findet  sodann,  dass  es  nur  1 1 mit  Bezug  auf  sich  selbst 
isoschematische  Complexe  geben  kann,  welche  mit  dem  Gesetze  von  der 
Rationalität  der  Indices  verträglich  sind. 

Unter  diesen  11  Complexen  sind,  eingerechnet  den  aus  gar  keiner 
Ebene  bestehenden,  sechs  verschiedene,  den  geometrischen  Elementen 
aufgezwungene  Gruppen  von  Bedingungen  vertreten,  welche  sechs  ver- 
schiedenen Krystallsystemen  entsprechen.  Der  höchtsymmetrische  Com- 
plex eines  jeden  dieser  Krystallsysteme  heisst  ein  charakteristischer 
Flächcncomplex. 

Die  Definition  der  mit  Bezug  auf  sich  selbst  isoschematischen 
Complexe  zeigt,  dass  die  möglichen  Symmetrieebenen  eines  dem  Gesetze 
der  Rationalität  der  Indices  folgenden  Körpers  einem  dieser  isosche- 
matischen Complexe  angehören  müssen,  v.  Lang  betrachtet  jedoch  nur 
die  Symmetrie  nach  den  charakteristischen  Complexen,  wobei  wiederum 
alle  oder  nur  die  Hälfte  (oder  wie  ich2)  als  noth wendige  Folgerung 


1)  v.  Lang,  Krystallographie.  Wien  1866.  pag.  56. 

2)  Brezina,  Wien  Ac.  Sitzb.  (1)  Vol.  LX.  pag.  891.  1869. 


24 


Dr.  A.  Brezina. 


[12] 


der  v.  Lang’schen  Schlussweise  bewiesen  habe,  ein  Vierttheil)  der 
bezüglich  der  Symmetrieebenen  isoschematischen  Flächen  physikalisch 
gleichwerthig  sind;  so  dass  er  also  den  Satz  aufstellt:  Ein  Krystall  ist 
in  krystallographischer  und  physikalischer  Hinsicht  entweder  holosym- 
metrisch  oder  hemisymmetrisch  (oder  tetartosymmetrisch)  nach  allen 
Flächen  eines  seiner  charakteristischen  Flächencomplexe. 

Dabei  muss  die  Anordnung  der  Halb-  oder  Viertelflächen  so  ge- 
schehen , dass  dm  Symmetrie  bezüglich  ursprünglich  gleichwerthiger 
Symmetrieebenen  entweder  erhalten  bleibe  oder  auf  gleiche  Weise 
gestört  werde. 

Unter  derselben  Voraussetzung  bezüglich  der  Erhaltung  oder 
gleichmässigen  Störung  der  Symmetrie  können  in  allen  liolo-,  hemi- 
oder  tetartosymmetrischen  Gruppen  wieder  Hemiedrien  und  Hemi- 
morphien  auftreten,  so  dass  wir  im  Ganzen  56  Gruppen  erhalten,  welche 
sich,  wie  folgt,  unter  die  Krystallsysteme  vertheilen: 

1 trikline,  2 monokline,  16  prismatische,  wovon  12  geometrisch 
selbstständige,  12  tetragonale,  wovon  11  selbstständig,  20  hexagonale  und 
rhomboedrische,  5 tesserale. 

Gadolin1)  legt  seiner  Ableitung  folgende  Symmetrieelemente  zu 
Grunde : 


Cdincidenzaxen  sind  Linien  von  der  Eigenschaft,  dass  bei  Drehung 
um  dieselbe  um  einen  bestimmten  Winkel  alle  Flächen  in  der  neuen 
Stellung  mit  allen  Flächen  der  alten  Stellung  direct  coincidiren. 


Der  Quotient 


360° 


wo  cp°  der  Drehungswinkel , bestimmt  die 


Ordnung  der  Symmetrieaxe. 


Parallel  Ismus.  Ein  Symmetrieelement,  welches  die  Gleichwerthigkeit 
aller  einander  entgegengesetzter  (unter  180°  gegeneinander  geneigter) 
Richtungen  bedingt. 

Symmetrieebene.  Je  zwei  mit  einer  Symmetrieebene  tautozonale, 
gegen  dieselbe  gleichgeneigte  Ebenen  sind  gleichwerthig. 

Splieno'idalaxc.  Eine  Symmetrieaxe  zweiter  Ordnung,  verbunden  mit 
einer  zu  ihr  senkrechten,  immer  erst  nach  einer  Drehung  von  90°  um 
die  Symmetrieaxe  wirkenden  Symmetrieebene. 

Die  Aufsuchung  aller  aus  obigen  Symmetrieelementen  möglichen, 
mit  der  Rationalität  der  Indices  vereinbarlichen  Combinationen  ergiebt 
32  Gruppen,  welche  bezüglich  der  den  räumlichen  Elementen  (Axen- 
verhältnissen  und  — Winkel)  in  6 Krystallsysteme  zerfallen,  und  zwar: 

2 trikline,  3 monokline,  3 prismatische,  7 tetragonale,  12  hexa- 
gonale und  rhomboedrische  und  5 tesserale. 

S o h n c k e 2)  hat  versucht  unter  der  Annahme  der  für  jeden 
Punkt  eines  als  unendlich  gedachten  Complexes  gleichen  Anordnungs- 
weise und  unter  Beschränkung  der  Gleichheit  auf  eine  Ebene,  also  der 
Gleichheit  nach  gleichmässig  periodisch  gebrochenen,  ebenen  Linien, 
die  in  einer  Ebene  möglichen  Anordnungsweisen  zu  ermitteln. 


’)  Gadolin,  Act.  Soc.  Sc.  Fennic.  IX  pag.  1.  1867. 

2)  Solincke,  Crelle-Borchardt  LXXV13.  pag.  47.  1873. 


[13] 


Das  Wesen  der  Isomorphie  und  die  Feldspathf'rage. 


25 


* 

Führt  man  diese  Ableitung  auch  für  räumliche  Complexe  durch, 
so  zeigen  sich  die  zwei  wichtigen  Thatsachen,  dass  1.  alle  so  erhaltenen 
Complexe  sich  durch  Zusammenfassung  von  Molecül-Gruppen  als  Com- 
plexe von  gleichen,  parallel  orientirten  Molecülen  betrachten  lassen, 
deren  Schwerpunkte  immer  einem  der  14  oben  angeführten  Partikel- 
complexe  angehören,  somit  Gleichheit  der  Anordnung  nach  parallelen 
geraden  Linien  besitzen. 

2.  Dass  die  Symmetrieelemente  (Axen,  Ebenen,  Centren)  der  Molecüle 
mit  denen  der  Complexe,  in  denen  sie  auftreten,  im  Allgemeinen  auch  dann 
nicht  zusammenzufallen  brauchen,  wenn  diese  Coincidenz  möglich  wäre. 

Zur  Beurtheilung  der  angeführten,  theoretisch  erhaltenen  Gruppen 
diene  die  nachfolgende  Zusammenstellung  der  in  der  Natur  bisher 
beobachteten  Meroedrien  der  verschiedenen  Krystallsysteme.  Wir  be- 
dienen uns  zu  ihrer  Bezeichnung  der  Angabe  der  Symmetrie-Elemente, 
welche  die  von  Bravais  angewendeten  Symbole  erhalten  und  zwar: 

Symmetrie-Axen  der  r-ten  Ordnung  Lr,  Haupt-Symmetrieaxen 
der  r-ten  Ordnung  Ar  solche , welche  zu  allen  anderen  Symmetrie- 
Axen  senkrecht  stehen. 

Centrum  der  Symmetrie  C. 

Symmetrie-Ebene  Pr  oder  1 1,  welche  zu  den  Symmetrie-Axen  Lr 
oder  A senkrecht  sind. 

Wir  haben  nun: 

I.  Triklines  System  : 

1.  oL  . C . oP  holoedrisch.  Anorthit. 

2.  oL  . oC  . oP  hemiedrisch.  Essigsalpetersaurer  Strontian 

Sr2  N2  06  . C4  H6  0,  . 2H20  Strontianbitartrat  Sr  C8 
Hio  012 . oH20- 

II.  Monoklines  System : 

3.  A2  . C . I 1 holoedrisch  Augit.  Amphibol. 

4.  A2 . oC  . oP  hemimorph.  Bohrzucker  C12  H22  On. 

5.  oL2  . oC  . 1 1 hemiedrisch.  Strychninsulfat  H2  0 . C42  II44 

N4  04  S03 . 7H2  0. 

III.  Prismatisch : 

6.  A2  . L2  . L'2  . C . 1 1 . P2  . P'2  holoedrisch  , Aragonit , 

Anhydrit. 

7.  A2  . L2  . L'2  . oC  . oP  hemiedrisch,  Chromsaure  Magnesia 

Mg  Cr  04 . 7II2o,  Tartramid  N2  H4  C4  H4  04. 

8.  A2  . oC  . P . P'  hemimorph,  H emimorphit. 

9.  A2  . oL  . oP  hemiedrisch  , hemimorph  , Milchzucker 

Ql 2 H24  012. 

IV.  Rhomboedrisch : 

10.  A3  . 3L2  . C . 3P2  holoedrisch,  Calcit. 

11.  A3  . oL2  . oC  . 3P  hemimorph,  Pyrargyrit , Turmalin. 

12.  A3 . oL2 . C . oP  rhomboedrische  Hemiedrie  , Dolomit, 

Dioptas,  llmenit,  Phenakit. 

13.  A3  . oL2  . oC  . oP  tetartoedrisch  (oder  hemimorph- 

plagiedrisch),  Ueber jodsaures  Natron  Na2  J208 . 4H2  0. 

Y.  Tetragonal : 

14.  A4 . 2L2 . 2L'2 . C . II.  2P2 . 2P'2  holoedrisch,  Vesuvian , 

Calomel. 


Mineralogische  Mittheilungen.  1875.  1.  Heft.  (Dr.  A.  Brezina.) 


4 


26 


Dr.  A.  Brezina.  [[4] 

15.  A2 . 2L2  . oC  . 2P'  sphenoidale  Hemiedrie  erster  Art, 

Kupferkies. 

16.  A_2  . 2Li2  . oC  . 2P  sphenoidale  Hemiedrie  zweiter  Art, 

Edingtonit , Essigsaurer  Uranoxyd- Strontian  Sr  U4 
C12  H18  016  • 6HaO. 

17.  A4  . oL2  . C . II  pyramidale  Hemiedrie,  Scheelit , Mejo- 
nit , Erythroglucin. 

18.  A1  . oL2  . oC  . oP  hemimorphe,  pyramidale  Hemiedrie, 

Wulfenit. 

19.  A2  . oL2  . oC  . 2P  hemimorph  , sphenoidale  Hemiedrie 
zweiter  Art,  Harnstoff  C2  H8  N4  02. 

VI.  Hexagonal : 

20.  A6  . 3L2 . 3L<2  . C . II  . 3P2  . 3P'2  holoedrisch,  Beryll. 

21.  A3  . 3L'2  . oC  . 11 . 3P  sphenoidale  Hemiedrie  zweiter 
Art,  Natron  Lithionsulfat  Na  Li  S04. 

22.  A6 . oL2  . oC  . 3P  . 3P'  Hemimorphie,  Greenockit. 

23.  A3  . 3L2  . C . 3P2  rhomboedrische  Hemiedrie  erster  Art, 
Gmelinit. 

24.  A3  . 3L/2 . C . 3P/2  rhomboedrische  Hemiedrie  zweiter 
Art,  Willemit , Troostit. 

25.  A(i  . oL2  . C . 1 1 pyramidale  Hemiedrie,  Apatit. 

26.  A3  . 3L2 . oC  . oP  trapezoedrische  Tetartoedrie  erster 
Art,  Quarz. 

27.  A3  ■ oL2  . oC  . 3P  hemimorphe,  rhomboedrische  He- 
miedrie erster  Art,  Chlorwasserstoff- Aethylamin-Pla- 
tincldorid  N . C2HÖ  . H2  . HCl  . Pt  Cl2. 

VII.  Tesseral : 

28.  3L4 . 4L3  . 6L2 . C . 3P4  . 6I)2  holoedrisch,  Magnetit , 
Fluorit. 

29.  4L3  . 3L2  . oC  . 6P  tetraedrische  Hemiedrie  , Faiderz , 
Zinkblende. 

30.  4L3  . 3L2  . C . 3P2  pyritoedrische  Hemiedrie  , Pyrit , 
Alaun , Natrium. 

31.  4L3  . 3L2  . oC  . oP  tetartoedrisch , Natronchlorat 
Na2  Cl2  06 , Salpeter  sau  rer  Baryt  Ba  N2  06. 

Vergleichen  wir  diese  Meroedrien  mit  den  von  den  oben  erwähn- 
ten Autoren  abgeleiteten,  so  ergiebt  sich  Folgendes  : 

Bravais  findet  alle  beobachteten,  mit  Ausnahme  von  9.,  der  am 
Milchzucker  angegebenen  hemiedrischen  Hemimorphie  und  19.  der  hemi- 
morphen  Hemiedrie  des  Harnstoffes.  Beide  Körper  sind  noch  wenig 
untersucht,  von  ihren  physikalischen  Eigenschaften  ist  fast  gar  nichts 
bekannt,  wesshalb  diese  Bestimmungen  nicht  entscheidend  sind. 

Sollten  sich  diese  Meroedrien  bestätigen,  so  müsste  das  Bravais- 
sche  Unterordnungsgesetz  aufgegeben  werden,  wonach  ein  Molecül  nur 
in  dem  System  Vorkommen  kann , mit  welchem  es  die  meisten  Sym- 
metrie-Elemente gemeinsam  hat ; vorausgesetzt  immer , dass  man  mit 
Bravais  die  vollständige  Abweichung  der  physikalischen  Symmetrie 
eines  Körpers  von  der  des  betreffenden  Complexes  durch  die  Symmetrie 
des  Molecüls  erklären  will. 


[15] 


Das  Wesen  der  Isomorphie  und  die  Feldspathfrage. 


27 


In  Bezold’s  Ableitung  fehlen  die  beobachteten  Nummern  4.,  8., 
9.,  11.,  13.,  18.,  19.  und  22. 

Die  Methode  v.  Lang’s  in  der  hier  ausgesprochenen  erweiterten 
Fassung  ergiebt  alle  Fälle , mit  Ausnahme  von  2 und  5.  Um  den 
ersteren  aufzunehmen,  müsste  entweder  die  Beschränkung  der  Ilemi- 
inorphie  auf  einzelnwerthige  Symmetrie-Ebenen  aufgehoben  oder  eine 
erweiterte  Fassung  des  Begriffes  Hemiedrie  angenommen  werden ; zur 
Erklärung  von  5 würde  das  letztere  Mittel  angewendet  werden  müssen, 
durch  welches  also  gleichzeitig  beide  Zwecke  erreicht  würden. 

Die  Nothwendigkeit  der  Trennung  der  hexagonalen  und  rliom- 
boedrischen  Symmetrie  würde  jedoch  wiederum  die  Gruppen  1 1 und 
13  unmöglich  machen,  zu  deren  Wiedereinführung  dann  doch  die  Be- 
schränkung der  Hemimorphie  auf  Symmetrie-Ebenen  aufgehoben  wer- 
den müsste. 

Manche  Autoren  halten  zwar  die  Vereinigung  dieser  beiden 
Krystall-Systeme  für  gestattet;  allein  die  Verschiedenheit  der  Symmetrie 
ihrer  Partikel-Anordnung,  die  innerhalb  eines  Systemes  nicht  gestattet 
ist,  ebenso  wie  die  davon  abhängige  Verschiedenheit  der  Symmetrie  der 
Spaltungsformen,  die  einen  fundamentalen  Unterschied  bedingt  und  in 
keinem  anderen  Falle  als  Consequenz  der  Meroedrie  erscheint,  entschei- 
den die  Frage  im  obigen  Sinne. 

Bei  Gadolin  fehlen,  wie  bei  Bravais,  die  etwas  zweifelhaften 
Fälle  9 und  19. 

Wir  sind  nun  unter  allen  Bedingungen  in  der  Lage,  die  wirkliche 
Symmetrie  der  Partikel  zwischen  zwei  Gränzen  einzuschliessen,  welche 
einerseits  durch  die  kleinste  hinreichende  Abweichung  von  der  Sym- 
metrie der  Partikel-Anordnung , andererseits  durch  die  niedrigste  , an 
irgend  welchen  physikalischen  Eigenschaften  auffindbare  Symmetrie  ge- 
geben sind. 

Es  ist  uns  nicht  möglich , die  Anordnung  der  Moleeiile  in  den 
Partikeln  aus  einer  so  allgemeinen  Annahme  abzuleiten,  wie  in  dem 
Falle  der  obersten  Anordnung,  der  der  Partikel  im  Krystalle ; es  ist 
aber  auch  keine  der  bisherigen  Methoden  zur  Bestimmung  der  mög- 
lichen symmetrischen  Gruppen  und  deren  Einordnung  in  die  verschie- 
denen Systeme  genügend  vertrauenerweckend,  um  einer  Deduction  zu 
Grunde  gelegt  zu  werden. 

Es  zeigt  sich  nämlich  zunächst , dass  alle  bisher  eingeschlagenen 
Wege  in  einer  Richtung  einen  Ueberfluss  von  Gruppen  ergeben ; welche 
Symmetrie-Elemente  wir  auch  der  Eintheilung  zu  Grunde  legen,  immer 
erhalten  wir  für  das  tesserale,  hexagonale  und  tetragonale  System  die 
sogenannte  abwechselnde  Hemiedrie,  welche  alb1  Symmetrie-Axen  und 
keine  Symmetrie- Ebene  mit  dem  Complex  gemeinschaftlich  hat  und 
nicht  centrirt  ist. 

Es  ist  nun  auffallend,  dass,  während  alle  übrigen.  Arten  von  Sym- 
metrie-Gruppen , welche  aus  den  hypothetischen  Grundlagen  abgeleitet 
werden  können  , wenigstens  in  einem  oder  dem  anderen  Systeme  be- 
obachtet worden  sind  , diese  Gruppen  in  allen  drei  Systemen  überein- 
stimmend fehlen ; und  wenn  auch  unter  allen  Meroedrien  diese  drei 

4* 


28 


Dr.  A.  Brezina. 


[16] 


die  meiste  Wahrscheinlichkeit  besitzen,  verborgen  zu  bleiben,  weil  bei 
ihnen  nur  je  eine  Form  halbflächig  auftritt , alle  anderen  holoedrisch, 
so  bleibt  dennoch  die  V ermuthung  bestehen  , dass  diese  meroedrisehen 
Gruppen  überhaupt  nicht  möglich  sind ; und  es  müsste , bei  sonst 
gleichen  Umständen  , derjenigen  Theorie  der  Vorzug  gegeben  werden, 
welche  keine  überflüssigen  Symmetrie-Gruppen  ergiebt. 

Bevor  wir  daher  zur  Untersuchung  einer  ferneren  Anordnungs- 
weise der  Atome  in  den  Molectilen  schreiten  , haben  wir  die  einzelnen 
Gruppen  physikalischer  Erscheinungen  mit  der  ersten  und  zweiten  An- 
ordnungsweise zu  vergleichen ; zunächst  den  auf  die  erste  , numerisch 
genau  bestimmbar  entfallenden  Antheil , hauptsächlich  durch  die  Be- 
trachtung isomorpher  Körper  zu  ermitteln  und  zu  eliminiren  und  sodann 
zu  untersuchen  , ob  der  noch  übrig  bleibende  Theil  und  in  welchem 
Betrage  aus  einer  innerhalb  der  erwähnten  Symmetriegrenzen ‘einge- 
schlossenen zweiten  Anordnungsweise  herrühren  kann. 

Dasjenige,  was  sodann  noch  an  Verschiedenheiten  erübrigt,  wird 
uns  zu  Schlüssen  auf  die  dritte  Anordnungsweise , der  der  Atome  im 
Molecül,  veranlassen. 


III.  Spaltbarkeit  und  Härte. 

Nach  dem  gegenwärtigen  Stande  unserer  Beobachtungsmittel  sind 
Spaltbarkeit  und  Härte  vollkommen  aequivalente  Begriffe ; das  heisst 
die  Härte  oder  die  Belastung,  unter  welcher  eine  nach  einer  bestimm- 
ten Richtung  auf  einer  gegebenen  Fläche  eines  Krystalles  geführte 
Spitze  die  Oberflächen-Theilchen  in  einem  bestimmten,  für  unser  Auge 
sichtbaren  Grade  von  einander  trennt,  also  bis  zu  einer  bestimmten 
Tiefe  in  den  Krystall  eindringt,  hängt  lediglich  ab  von  der  Orientirung 
der  Fläche  und  der  Richtung  auf  derselben  gegen  die  Spaltungsflächen 
des  betreffenden  Krystalles,  von  der  Güte  derselben,  das  heisst  von  je 
einer  Constanten  der  betreffenden  Spaltungsfläche  und  von  einer  Con- 
stanten  der  Substanz  ab.  *) 

Sind  also  : 

a eine  Molecular-Constante. 

114  m2  m3 die  den  einzelnen  Spaltungsebenen  zu- 

kommenden  Constanten. 

Ax  A2  A3 die  Winkel  der  Iü-ystallfläche  mit  den 

Spaltungsebenen. 

<p!  <p2  <p3 die  Winkel  der  Bewegungsrichtung  der 

Spitze  mit  den  Tracen  der  Spaltungsebenen  auf  der 
Krystallfläche  (oder  mit  den  Combinationskanten  zwi- 
schen den  Spaltungsebenen  und  der  Krystallfläche), 
so  ist  die  zur  Erzeugung  einer  Ritzlinie  nothwendige  Belastung  gege- 
ben durch  : 

h = a -f  nq  sin  Ax  sin  <px  4-  m2  sin  A2  sin  <p2  . . . . 

4-  mx  sin  Ax  cos  Ax  j/ sin  <px  4-  m2  sin  A2  cos  A2 "J/ sin  <p2  4- ... 


*)  Exner,  1.  c.  pag.  98.  ff. 


Das  Wesen  der  Isomorphie  und  die  Feldspatb frage. 


29 


[17] 

worin  A im  Sinne  von  der  vorderen  Richtung  der  in  der  Krystallfläche 
liegenden  Ritzlinie  nach  abwärts  zu  gezählt  wird. 

Die  Abweichungen  der  beobachteten  und  berechneten  Belastungs- 
gewichte lassen  keine  Regelmässigkeit  erkennen  , welche  auf  die  Wir- 
kung einer  von  der  obersten  verschiedenen  Anordnungsweise  zurück- 
führbar  wäre. 

Auf  diese  Weise  erhalten  wir  durch  Versuche  die  den  einzelnen 
Spaltungsebenen  zukommenden  Constanten  m,  m2  . . . . respective  deren 
gegenseitige  Verhältnisse.  Die  Constante  a wird  in  sehr  hohem  Grade 
durch  die  zufällige  Oberflächen-Beschaffenheit  beeinflusst  und  kann  daher 
nicht  weiter  benützt  werden. 

Uebereinstimmend  mit  dem  oben  Gesagten  sind  die  Verhältnisse 
dieser  Spaltbarkeits- Constanten  zu  einander  vollkommen  unabhängig  von 
Meroedrien,  wie  die  Beobachtungen  Exner’s  an  Zinkblende  Gruppe  29, 
Alaun  30,  Chlorsaurem  Natron  31,  unterschwefelsaurem  Blei  26,  Nitro- 
prussidnatrium  7,  Schwefelchrom  saurer  Magnesia  7 und  Rohrzucker  4 
beweisen. 

Andererseits  giebt  uns  die  Beobachtung  der  Flächen  nach  Häufig- 
keit und  Ausdehnung  und  die  mit  Rücksicht  darauf  gerechnete  Reti- 
culardichte  für  die  einzelnen  Flächen  wiederum  einen  numerischen 
Ausdruck  für  die  einzelnen  Spaltungsflächen,  welche,  wie  wir  erwähnt 
haben , den  Flächen  kleinster  Reticulardichte  in  aufsteigender  Reihe 
entsprechen. 

Nachdem  die  Härte-Constanten  bisher  nur  für  sehr  wenige  Sub- 
stanzen bestimmt  sind,  lässt  sich  noch  nicht  aussprechen,  in  welcher 
Beziehung  die  auf  die  beiden  Arten  erhaltenen  Constanten  zu  einan- 
der stehen. 

Wir  sehen  jedoch,  dass  : 

1.  Die  Härte-Constanten  für  einige  wenige  Flächen  (Spaltungs- 
flächen) Werthe  besitzen,  welche  von  einander  nicht  sehr  verschieden, 
jedenfalls  gleicher  Ordnung  sind,  während  für  alle  übrigen  möglichen 
Flächen  diese  Werthe  unter  das  für  uns  wahrnehmbare  Maass  sinken, 
also  von  einer  anderen  Ordnung  der  Grösse  sind,  als  die  ersteren. 

2.  Die  Reticulardichten  hingegen  wachsen  gleichmässig , je  zwei 
benachbarte  sind  jederzeit  von  gleicher  Ordnung  der  Grösse. 

3.  Für  isomorphe  Substanzen,  also  Substanzen  mit  gleicher  Par- 
ticularordnung  sind  sowohl  einerseits  die  Reticulardichten  analoger 
Flächen,  als  auch  andererseits  ihre  Härte-Constanten  untereinander  gleich. 

Für  nachfolgende  Substanzen  sind  uns  die  Verhältnisse  der  Härte- 
Constanten  ungleichwerthiger  Krystallflächen  bekannt , womit  die  ent- 
sprechenden Reticulardichten  zusammengestellt  sind. 

Nitroprussidnatrium  prismatisch , Anordnung  4.  nach  geraden 
rhombischen  Säulen : 

a : b : c = : 1 0-7650  : 0.4115  Spaltbar  110,  001 
Reticulardichte  Härte 


110 

001 


0- 459 

1- 000 


1-00 

0-41 


3Ö  Dr.  A.  Brezina.  Das  Wesen  der  Isomorphie  und  die  Feldspathfrage.  £[fs] 


Baryt  prismatisch,  Anordnung  4 : 
a : b : c = 0*8146  : 1 : 1*3127  Spaltbar  001,  110 
Reticulardichte  Härte 
001  1*00  1 
110  ' 4*33  1 

Kaliumeisencyanid  monoklin,  Anordnung  2.  nach  schiefen  rhombi- 
schen Säulen. 


Kalium-Cobalteisencyanid  monoklin,  Anordnung  2 : 
a:b:c  = 1 : 0*7766  : 0.6222  n = 90  °6  Spaltbar  110,  001 


K«  Fe2  Cy12 


K6  Fe  Co  Cy12 


( 110 
I 001 
f 110 
( 001 


Reticulardichte 

1*03 

1*00 

1*03 

1*00 


Härte 

1*00 

0*66 

1*00 

0*62 


Wir  haben  also  die  Verhältnisse  der  Reticulardichten  und  der 


046  2*44 

1*03  1*52 

4*33  1*00. 

Selbst  wenn  wir  in  diesen  Zahlen  Beobachtungsfehler  von  1 — 2 % 
annehmen,  durch  welche  die  zweite  Zahl  der  ersten  und  die  dritte  der 
zweiten  Colonne  kleiner  als  die  Einheit  werden  können,  stimmt  zwar 
die  Reihenfolge  der  Grössen  mit  den  Voraussetzungen  überein,  ohne 
dass  jedoch  ein  einfaches  Gesetz  absehbar  wäre,  so  dass  weitere  Schlüsse 
noch  nicht  möglich  sind. 


Härten 


S2001 


um)  jjggY 


Ni  troprussid  n atri  u m 

Kaliumeisencyanid 

Baryt 


(Schluss  im  nächsten  Heft ) 


IV.  Kupferkies  und  Bitterspath  nach  Cuprit. 

Von  Eduard  Döll. 

Mit  einer  Tafel. 


Das  Material  für  die  vorliegende  Beschreibung  verdanke  ich  zu- 
nächst dem  Herrn  Professor  Ferd.  v.  Hochstetter,  welcher  diese 
Pseudomorphose  1872  während  seiner  russischen  Reise  zu  Tagilsk  als 
Kupferkies  mit  der  Bemerkung  erhalten  hatte,  derselbe  sei  als  Seltenheit 
in  dem  Letten  der  dortigen  Kupfererz-Lagerstätte  vorgekommen. 

Ein  zweites  Stück  bekam  ich  bei  Gelegenheit  der  Wiener  Welt- 
ausstellung aus  der  Exposition  des  Fürsten  Paul  v.  Demidoff  durch 
die  Güte  des  Herrn  Grafen  Bielsky,  des  Präsidenten  der  kais.  russi- 
schen Ausstellungs-Commission,  welchem  Fürst  Demidoff  die  ganze 
Sammlung  der  Berg-  und  Hüttenproducte  von  Tagilsk  zur  freien  Abgabe 
an  Schulen  und  wissenschaftliche  Institute  überlassen  hatte.  Auch  hier 
war  diese  Pseudomorphose  als  Kupferkies  bezeichnet. 

Ein  drittes  Stück  endlich,  das  gleichfalls  von  Professor  Hoch- 
stetter mitgebracht  ist,  erhielt  ich  durch  die  Güte  des  Herrn  Direc- 
tors  Tschermak  aus  dem  kais.  Hof-Mineralien-Cabinete  zum  verglei- 
chenden Studium.  In  der  nachfolgenden  Untersuchung  sind  der  Kürze 
wegen  diese  Stücke  der  Reihe  ihrer  Aufzählung  entsprechend  mit  I,  II 
und  III  bezeichnet ; die  beigegebenen  Abbildungen  beziehen  sich  auf 
eineu  Theil  des  Stückes  II. 

Sämmtliche  Stufen  sind  dickplattenförmig  von  einer  mittleren 
Dicke  von  5 Centimeter , auf  der  einen  Seite  mit  grossen  Krystallen 
besetzt  und  an  den  Rändern  von  Bruchdächeu  begrenzt , die  zeigen, 
dass  diese  Stücke  nur  Theile  von  grösseren  Platten  sind,  die  man  zer- 
schlagen hat.  Die  ansehnlichen  oktaedrischen  Krystalle,  darunter  einige 
von  3 Centimeter  Kante  , sind  immer  zu  mehreren  in  paralleler  Stel- 
lung, wie  das  Kokscharow  von  den  Tagilsker  und  Gumesehewsker 
Cupriten  angiebt.  Einige  Krystalle  haben  alle  Flächen  glatt , andere 
ebene  und  tiefgestreifte  Flächen  , die  meisten  aber  haben  alle  Flächen 
parallel  den  Kanten  gestreift , wie  aus  der  unteren  Abbildung  zu  er- 
sehen ist.  Am  besten  lässt  sich  dieser  Anblick  mit  dem  von  Alaun- 
Krystallen  vergleichen. 


Mineralogische  Mittheilungen.  1875.  1.  Heft.  (Döll.) 


32 


E.  Doll. 


[2] 


Die  Oberfläche  der  Krystalle  ist  bei  I und  II  von  einer  grauen 
Rinde  überzogen,  die  nicht  absprengbar;  hie  und  da  erscheinen  auf 

oo  02 

dieser  Rinde  sehr  kleine  Pyritkrystalle  von  den  Formen  — - — oder 

oo  02 

— — , oo  Ooo , und  Drusen  solcher.  Bei  dem  Stücke  III,  dessen  Kry- 
stalle kleiner  sind,  ist  diese  Rinde  fast  vollständig  durch  sehr  kleine 
Pyritoktaeder  verdrängt,  welche  eine  graulich  speisgelbe  Farbe  haben 
und  so  aufgewachsen  sind,  dass  man  unter  dem  Mikroskope  fast  immer 
nur  eine  oder  zwei  Flächen  sieht.  Erst  nach  vielem  Suchen  gelang  es, 
einige  Ecken  wahrzunehmen  und  daran  die  Oktaederform  zu  constatiren. 
Zu  bemerken  ist  noch,  dass  sich  kleine  Stücke  dieser  Kruste  absprengen 
lassen. 

Ueber  die  Bildung  im  Innern  ersieht  man  an  den  Bruchflächen 
wenig;  erst  auf  Schnittflächen  tritt  die  Structur  deutlich  hervor.  Die 
obere  Abbildung  ist  von  einem  Schnitte  gemacht,  der  parallel  der 
grösseren  Ausdehnung  der  Platte  geführt  ist.  Er  zeigt  die  früher  gross- 
körnig zusammengesetzte  Masse,  welche  Höhlungen  hatte,  in  die  Körner 
mit  O-Flächen  hineinragten,  als  ein  Gemenge,  in  dem  Kupferkies  mit 
Bitterspath  lagenweise  parallel  der  oktaedrischen  Theilbarkeit  der 
früheren  Substanz  abwechselt,  wobei  die  einzelnen  Schichten  oft  papier- 
dünn sind.  Die  auf  diese  Art  entstehende  Zeichnung  erinnert  lebhaft 
an  die  Widmanstättischen  Figuren.  Der  Kupferkies  ist  meist  dicht,  an 
einigen  Stellen  aber  auch  feinkörnig,  was  die  Deutung  dieser  Bildung 
als  eine  Perimorphöse  von  Kupferkies  vollständig  ausschliesst.  Uebrigens 
ist  dieser  Auffassung  auch  entgegen,  dass  statt  des  Kupferkieses  zuweilen 
Eisenkies  auftritt.  Dabei  kommen  Schalen  vor,  die  ganz  aus  dichtem 
Pyrit  bestehen,  andere  wieder  sind  auf  einer  Strecke  Pyrit  und  weiterhin 
Kupferkies.  In  der  Abbildung  erscheinen  die  Pyritpartien  am  hellsten. 

Der  Bitterspath,  welcher  eigentlich  ein  Brannspath  ist,  hat  eine 
feinkörnige  Textur,  bei  vollständigem  frischem  Perlmutterglanze  auf  den 
Flächen  und  eine  gelblichgraue  Farbe.  An  mehr  veränderten  Stellen  ist 
er  bräunlich  oder  gelbbraun,  die  Zusammensetzung  verschwindet  und  er 
nimmt  eine  Politur  an,  die  ihn  auf  den  ersten  Blick  verkennen  lässt. 
Er  bildet  auch  die  Aussenseite  der  Drusen  von  I und  II,  und  Schnitte, 
welche  durch  die  ehemaligen  Krystalle  geführt  wurden,  lehren,  dass 
der  Brannspath  auch  dort  noch  die  frühere  Form  erhalten  hat,  wo  die 
unterliegenden  Kupferkiesschichten  Unterbrechungen  zeigen,  so  dass  die 
äusserste  Braunspathschiclite  mit  den  inneren  Braunspathschichten  in 
Verbindung  steht.  Man  darf  darum  den  Braunspath  durchaus  nicht  als 
eine  Ausfüllung  von  ehemaligen  Hohlräumen  ansehen,  sondern  es  muss 
angenommen  werden,  der  Braunspath  habe  sich  gerade  so  wie  der 
Kupferkies  an  der  Pseudomorphosirung  der  ehemaligen  Substanz  be- 
theiligt, als  welche,  wie  sich  aus  dem  Vorhergehenden  ergiebt,  der 
Cuprit  anzusehen  ist.  Es  liegt  hiernach  eine  Pseudomorph  ose  von 
Kupferkies  und  Bitterspath  (Braunspath)  nach  Cuprit  vor, 
worin  der  Kupferkies  in  geringer  Menge  durch  Pyrit 
ersetzt  ist. 


[3] 


Kupferkies  und  Bitterspath  nach  Cuprit. 


33 


So  merkwürdig  übrigens  diese  Pseudomorphose  ist,  so  fehlt  es 
dennoch  nicht  an  verwandten  Erscheinungen. 

Bezüglich  des  Auftretens  von  Kupferkies  kann  besonders  an 
Haidinger’s  Beobachtung  von  Kupferkies  nach  Steinsalz  aus  dem 
Salzberge  von  Hall  in  Tirol  erinnert  werden , wo  sich  nicht  allein 
Kupferkies  neben  Steinsalz  gefunden,  sondern  sogar  Steinsalz  verdrängt 
hat.  Ein  anderer  Fall  von  Neubildung  des  Kupferkieses  wird  von 
Blum1)  berichtet,  welcher  in  einer  Pseudomorphose  von  Bitterspath  nach 
Kalkspath  aus  dem  Münsterthale  Kupferkies  - Individuen  eingewachsen 
gefunden  hat,  so  dass  man  deutlich  sieht,  letzterer  ist  mit  jenem  gleich- 
zeitig entstanden.  Da  ist  also  nicht  nur  Kupferkies  als  Neubildung,  sondern 
auch  zugleich  mit  Bitterspath,  wie  in  dem  vorliegenden  Falle. 

Auch  die  schalenförmige  Abwechslung  in  der  Bildung,  wobei  die 
einzelnen  Schichten  so  fein  und  so  scharf  begrenzt  sind,  dass  man  füglich 
staunen  muss  über  die  so  feine  Arbeit  der  Natur,  wie  Ts  eher  malt 
bei  einer  ähnlichen  Betrachtung  gesagt,  ist  schon  mehrmals  beobachtet 
worden.  So  hat  bereits  Tschermak  am  unten  angeführten  Orte  eine 
Reihe  solcher  Bildungen  namhaft  gemacht,  von  welchen  hier  nur  ein 
schalenförmig  ausgehöhlter  Flussspath  von  Derbyshire  und  die  durch 
B 1 u m beschriebenen  Eisenkiespseudomorphosen  von  Vlotho  hervorgehoben 
werden,  um  zu  zeigen,  dass  Krystalle  parallel  ihrer  mehr  oder  weniger 
deutlichen  Theilungsflächen  eine  verschiedene  Widerstandsfähigkeit 
gegen  angreifende  Agentien  haben,  die  bei  eintretender  Pseudomor- 
phosirung  zu  einer  Bildung  führen  kann,  wie  sie  hier  vorliegt. 

Die  bisher  gegebene  Beschreibung  ist  indessen  bis  jetzt  nicht 
vollständig.  Es  muss  erwähnt  werden,  dass  in  den  Stücken  I und  II, 
der  Braunspath  auch  in  Limonit  umgeändert  ist,  so  dass  in  diesem  Falle 
mit  Sehe  er  er  zu  reden,  eine  bigene  Pseudomorphose  von  Kupfer- 
kies und  Limonit  nach  Cuprit  vorhanden  ist.  Das  Stück  III  zeigt 
auch  hierin  ein  anderes  Verhalten,  als  da  aller  Braunspath  zu  einer 
schwarzen  Masse  geworden  ist,  die  aber  noch  einen  weissen  Strich  hat. 
Aus  dem  Kupferkies  ist  etwas  Covellin  entstanden. 

Weiteren  Einblick  in  die  Vorgänge  bei  der  Bildung  der  vor- 
liegenden Stufen  gewähren  ferner  die  in  ihnen  enthaltenen  Höhlungen 
und  Klüfte.  Der  Hohlräume,  welche  dadurch  entstanden  sind,  dass  sich 
Körner  des  ehemaligen  Cuprites  nicht  berührten,  ist  gleich  Anfangs 
gedacht  worden.  Sie  unterscheiden  sich  von  den  übrigen  Höhlungen 
durch  den  Parallelismus  ihrer  Wandungen  zu  den  umgeänderten  Schichten. 
Andere  Höhlungen  treten  in  der  Mitte  der  veränderten  Körner  auf  und 
es  entsteht  die  Frage,  ob  sie  bereits  in  dem  Cuprit  vorhanden  waren, 
oder  erst  später  entstanden  sind.  Die  Erwägung,  dass  bis  jetzt  derartig 
ausgehöhlte  Cuprite  nicht  bekannt  geworden  sind,  und  andererseits  die 
Aushöhlung  im  Innern  bei  fortschreitender  Pseudomorphosirung  schon 
mehrfach  beobachtet  wurde,  lässt  die  letztere  Annahme  gerechtfertigt 
erscheinen,  wofür  auch  spricht,  dass  der  Braunspath,  welcher  diese 
Höhlungen  ausgekleidet,  derselbe  ist,  der  mit  den  Kupferkiesschichten 


')  Blum:  Ueber  einige  Pseudomorphosen.  Mineral.  Jahrbuch  1868. 

2)  Tschermak:  Einige  Pseudomorphosen.  Sitzungsbericht.  Wien,  k.  k.  Ale. 

d.  W.  XL IX. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1875.  1.  Heft.  (E.  Doll.)  5 


» 


34 


E.  Döll.  Kupferkies  und  Bitterspath  nach  Cuprit. 


[4] 


abwechselt.  Eine  dritte  Art  von  Höhlungen  schneidet  mit  ihren  Wan- 
dungen die  Schichten  der  angrenzenden  Körner;  besonders  häufig  treten 
sie  in  einem  nicht  abgebildeten  Theile  des  Stückes  II  und  bei  III  auf.  Ihre 
Entstehung  fällt  in  die  Zeit  der  Pseudomorphosenbildung,  nach  einem 
Kupferkiesgang  zu  schliessen,  der  in  eine  dieser  Höhlungen  hineinragt. 
Ausgekleidet  sind  diese  Höhlen  mit  einer  braunen  Rinde,  auf  welcher 
an  einer  Stelle  von  II  eine  Druse  sehr  kleiner  oktaedrischer  Blende- 
krystalle  sitzt,  die  Diamantglanz  haben  und  fast  farblos  sind.  Etwas 
grössere  Blendekrystalle,  darunter  Zwillinge  nach  0,  grau  gefärbt,  sitzen 
vereinzelt  zwischen  den  Krystallen  des  Stückes  III.  Nacli  Allem  ist  diese 
Blende  eine  Bildung,  die  späterer  Entstehung  ist. 

Von  den  Klüften  lassen  sich  ebenfalls  3 Arten  unterscheiden,  deren 
eine  von  Kupferkies  oder  von  Kupferkies  und  Eisenkies  ausgefüllt  ist,  wobei 
dann  stets  die  beiden  Kiese  derart  getrennt  sind,  dass  sie  auf  den  bis 
v2  Millimeter  starken  Klüften  hintereinander  auf  einander  folgen.  An  der 
Aussenseite  der  Stufen  bilden  diese  Ausfüllungen  Grate;  besonders  schön 
sind  dergleichen  an  der  Unterseite  des  Stückes  III.  Diese  Grate  und 
das  Verhalten  der  Ausfüllungsmasse  zu  den  von  ihr  geschnittenen  metalli- 
schen Schichten,  machen  es  gewiss,  dass  diese  Bildung  als  Ausfüllung  von 
Klüften  entstanden  ist  und  zwar  kurz  nach  der  erfolgten  Pseudomor- 
phosirung. 

Einer  noch  jüngeren  Bildung  ist  eine  Kluft  zuzurechnen,  welche 
ungefähr  1 — 2 Millimeter  breit  von  der  Oberfläche  bis  zu  einer  Kluft 
der  ersten  Art  niedersetzt;  sie  führt  krystallinischen  Quarz  und  Kupfer- 
kies, ist  aber  damit  nicht  vollständig  erfüllt.  Die  Klüfte  der  dritten 
Art  sind  Sprünge,  welche  die  Stufen  nach  allen  Richtungen  durch- 
setzen und  durch  ihr  Verhalten  gegen  die  beiden  anderen  Arten  zeigen 
dass  sie  noch  jünger  sind  als  diese. 

Schliesslich  möge  es  noch  gestattet  sein,  auf  die  grosse  Bedeutung 
dieser  Pseudomorphose  für  die  Lehre  von  den  Erzlagerstätten  hinzu- 
weisen.  Durch  sie  ist  der  Beweis  geliefert,  dass  der  Kupferkies  nicht 
immer  das  älteste  Kupfererz  auf  den  Lagerstätten  sein  muss.  Speciell 
für  Tagilsk  folgt  daraus,  dass  der  in  den  Letten  der  dortigen  Kupfer- 
lagerstätte vorkommende  Kupferkies  wirklich  späterer  Bildung  ist  als 
Cuprit,  wie  dies  Ludwig  vermuthet  hat,  und  nicht  den  Rest  eines 
ehemaligen  Kupferkieslagers  vorstellt,  dessen  Zerstörung  das  Material 
zu  den  jetzigen  Tagilsker  Erzen  gebildet  haben  soll.  Ja  es  wird  sogar 
wahrscheinlich,  dass  auch  das  Eisenkieslager  in  das  die  Tapilsker  Lager- 
stätte nach  unten  ausgeht,  denselben  Enstehungsgrund  hat,  denn  warum 
sollte  sich  da  unten  der  Eisenkies  nicht  ebenso  gebildet  haben,  wie  der 
in  der  Pseudomorphose  erscheinende.  Damit  sind  aber  auch  die  Haupt- 
gründe für  die  Annahme  des  oben  angeführten  Ursprungs  der  Tagilsker 
Lagerstätte  gefallen,  und  es  steht  nichts  mehr  der  Ansicht  entgegen,  dass 
diese  Lagerstätte,  welche  noch  Gustav  Rose  räthselhaft  genannt,  und 
welche  diesen  Charakter  selbst  durch  die  späteren  Beobachtungen  von 
Wibel1)  und  Ludwig2)  nicht  ganz  verloren  hat,  durch  Infiltration 
kupferhältige  r Gewässer  entstanden  ist. 

')  K.  Ludwig:  Geogenische  und  geognostische  Studien  auf  einer  Reise  durch 
Russland.  Darmstadt  1862. 

2)  Dr.  Ferd.  Wibel:  Das  gediegene  Kupfer  und  das  Rothkupfererz.  Ham- 
burg, Meissner,  1864. 


V.  Notizen. 


Bemerkungen  zur  Terminologie. 

J. 

Die  Belegstücke  für  Kry sta lisch a len  sind  in  den  Lehrsamm- 
lungen bisweilen  noch  recht  ärmlich  und  „vorläufig“  noch  mittelst  eines 
geradschaligen  oder  eines  verschieden  gefärbten  Krystallfragments  ver- 
treten, obwohl  doch  die  Krystallschale  nur  an  einem  wirklichen  Krystalle 
oder  an  dem  Bruchstücke  eines  solchen  und  auch  da  nur  demonstrirt 
werden  kann,  wenn  dessen  Schalen  sich  als  solche  mit  deutlich  erkenn- 
baren Absonderungsflächen  darstellen.  Dass  eine  Krystallschale  anderer- 
seits nur  dann  vorliegt,  wenn  die  einzelnen  Schalen  einen  Kern  in  pa- 
ralleler Stellung  umschliessen  und  das  so,  dass  die  Schale  unter  oder 
über  allen  Flächen  des  Krystalls  entwickelt  erscheint,  ist  eine  ganz 
irrige  Behauptung,  denn  schon  Breithaupt  sagt  in  seiner  vollstän- 
digen Charakteristik  des  Mineralsystems,  1832,  S.  227,  vom  Wolframit: 
„nach  -\-Pös  und  oo P schalig  zusammengesetzt , auch  nach  anderen 
Flächen“.  Mit  Hinzunahme  derjenigen  hierhergehörigen  Funde,  welche 
ich  in  jüngster  Zeit  selbst  zu  machen  Gelegenheit  hatte  *),  dürften  sich 
die  Krystallschalen  wohl  am  Uebersichtlichsten  eintheilen  lassen 

a)  in  solche,  welche 

a)  abhebbar  oder  wenigstens  ablösbar  und  in  solche, 
ß)  deren  Absonderungsflächen  fest  mit  einander  verwachsen 
erscheinen ; 

b)  in  solche,  hei  welchen 

a)  die  Schalen  alle  Flächen  des  Kernes  oder  Kernkrystalles 
in  paralleler  Stellung  von  Schale  zu  Schale  wieder- 
geben  und  in  solche,  bei  welchen 
ß)  die  Schalen  nur  gewissen  Flächen  oder  Flächenpaaren 
des  ganzen  Krystall-Individuums  parallel  abgelagert  er- 
scheinen ; 

c ) in  solche,  welche 

a)  zwischen  ihren  Absonderungsflächen  ein  einer  fremden 
Species  angehöriges  Mineral,  sei  es  in  Staubform  oder 
in  sehr  feinkörnigem  Zustande  als  eine  mehr  oder 

‘)  Die  mit  einem  * bezeichneten. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1875.  1.  Heft  (Notizen.) 


5* 


36 


Notizen.  [2] 

weniger  hautähnliche  Zwischenlage  führen  und  in 

solche,  welche 

[i)  mit  einem  solchen  Zwischenmittel  nicht  ausgestattet  sind. 
Es  liefern  nun  Belegstücke  : 
für  a)  zu  a) : 

1 . Kappenquarz  von  Schlaggenwald, 

2.  Berg kry stall  von  der  Schafwand  am  Schwarzen- 

stein im  Zillerthale, 

3.  Amethyst  vom  Windschacht  bei  Schemnitz, 

4.  Wolframit  vom  sächsischen  und  böhmischen 

Zinnwald, 

*5.  Ullmannit  von  der  Grube  Landesfreude  bei 
Lobenstein  im  Reussischen, 
zu  ß)  alle  übrigen  Krystallschalen. 
für  b)  zu  a) : 

1.  2.  3.  die  Varietäten  des  Quarzes  von  den  genann- 
ten Fundorten, 

4.  Ullmannit  desgl. 

*5.  Glanzkobalt  von  Dunaberg  in  Schweden, 

*6.  Speisskobalt  von  der  Grube  Wachholderburg  bei 
Saalfeld  in  Thüringen, 

*7.  Bleiglanz  von  der  Himmelfahrt  bei  Freiburg, 

8.  Pistazit  und 

9.  Vesuvian  von  verschiedenen  Fundorten; 
zu  ß): 

1.  Wolframit  vom  genannten  Fundorte,  meist  nach 
den  Flächen  Foo.  o o P.  ooPoo;  und  nach 
c oP.  poo. 

*2.  Moroxit  vom  Baikalsee,  schalig  nach  einem 
Flächenpaare  cp P.  Die  Schalen  sind  1 — 2-75Mm. 
stark,  und  die  eine  Fläche  von  ceP  = 2 Cm., 
2 — 4 Cm.  lang.  Eine  blosse  Zerklüftetheit 
glaube  ich  hier  nicht  annehmen  zu  dürfen  , da 
sonst  der  Umriss  des  Krystalles  je  nach  den  En- 
den der  Schalen  gleichfalls  zersprungen  oder 
sonstwie  getheilt  sein  müsste , während  särnrnt- 
liche  hexagonale  Flächen  desselben  vollkommen 
glatt  und  eben  sind. 

*3.  Oligoklas,  graulichgrün,  mit  <x'P.  oo P'.  ooPco . 
2,P,^o.  ,P  und  zum  Theil  mit  OP  vom  Silber- 
berge bei  Bodenmais  im  Baierwald  ; schalig 
nach  ccPco . 

*4.  M a g n e t e i s e n e r z von  Achmatowsk  im  Süd-Ural ; 
auch  hier  sind  die  Schalen  oder  durchweg  scharf- 
kantige Platten,  in  welche  sich  die  ganzen  Kry- 
stalle  zerlegen  lassen,  nicht  so  zu  sägen  Hut 
über  Hut  abgelagert,  sondern  sie  sind  lauter 
Schnitte  des  Octaeders  nach  einer  Octaederfläche, 


[3] 


Notizen. 


37 


welche  Schnitte  aber  an  den  Aussenflächen  der 
Krystalle  nicht  sichtbar  sind. 

für  c)  zu  a)  : 

1.  Kappenquarz  vom  genannten  Fundorte,  biswei- 

len mit  Glimmerschuppen  als  Zwischenmittel. 

2.  Bergkry stall  über  Quarz  vom  Marienfels  im 

Riesengebirge  mit  Eisenglanz  als  Zwischenmittel, 

3.  Wolframit  mit  staubartigem  Brauneisenerz  als 

Zwischenmittel ; letzteres  bedeckt  gewöhnlich  alle 
Absonderungsflächen  der  Schalen , es  linden  sich 
indess  auch  Krystalle , bei  denen  sich  das  Zwi- 
schenmittel auf  die  Schalen  der  Fläche  u = lJx 
beschränkt. 

4.  Glanz k obalt  mit  ccOco.  00 0 von  Duna- 

& 

berg  mit  Kupferkies  als  Zwischenmittel. 

5.  Speisskobalt  von  oben  gen.  Fundorte  mit  durch 

Kobalt  rosa  gefärbtem  Baryt  als  Zwischenmittel, 
hat  ein  bandjaspisähnliches  Ansehen  ; die  instruc- 
tivst.e  Schaustufe  findet,  sich  in  der  Sammlung 
des  Herrn  geh.  Ruthes  Dr.  Rud.  F erb  er  in 
Gera. 

6.  Oligoklas  von  oben  genanntem  Fundorte;  die 

1 — 4 Mm.  starken,  die  Krystalle  nach  dem  Bra- 
chypinakoide  durchsetzenden  Schalen  führen 
äusserst  zarte,  aber  ununterbrochen  fortsetzende 
und  lebhaft  glänzende  Kupferkies-Schnürchen  als 
Zwischenlage,  d.  h.  Kupferkieshäute,  die  auf  den 
Bruchflächen  der  vollkommensten  Spaltbarkeit  als 
Schnürchen  erscheinen. 

zu  ß) : 

alle  übrigen  Krystallschalen. 

II. 

Die  kostbarste  und  lehrreichste  terminologische  Sammlung,  die  es 
überhaupt  giebt,  ist  wohl  unbestritten  die  im  kaiserlichen  Hof-Mineralien- 
kabinet  in  der  Hofburg  zu  Wien  aufgestellte.  Vor  einer  Reihe  von 
Jahren  widmete  ich  ihr  gegen  einen  Monat.  Das  Verdienst  des  unver- 
gesslichen Paul  Partsch  wird  nicht  geschmälert,  wenn  da,  wo  er 
über  eine  specielle  Lehre  mehrere  Hunderte  von  Belegstücken  mit  ge- 
wissenhafter Auswahl  aneinanderreihte  (z.  B.  nach  seinem  Schema, 
Wien  1844,  bei  J.  G.  Heubner,  S.  32 — 38)  — und  ein  Neuerer 
denselben  Gegenstand  mit  einigen  Dutzend  Stufen  für  hinreichend  er- 
ledigt erklärt.  Die  Ansichten  und  die  Kenntnisse  und  Frfahrungen  sind 
eben  verschieden.  Dagegen  lässt  sich  nicht  in  Abrede  stellen,  dass  auch 
kleinere,  zu  Privatvorlesungen  bestimmte  Lehrsammlungen  Abtheilungen 
von  Belegstücken  enthalten,  welche  grosse  Staatssammlungen  entbehren 
und  die  doch  äusserst  anregend  wirken.  Dahin  rechne  ich  auch  eine 
am  Schlüsse  der  Krystallsysteme  angefügte  Zusammenstellung  von 


38 


Notizen. 


[4] 


Krystallen  oder  Stufen,  welche  daran  erinnern  sollen,  dass  den  durch 
sie  repräsentirten  Species  ganz  aussergewöhnliche  und  auffällige  Er- 
scheinungen eigen  sind  oder  dass  man  an  ihnen  sonst  ganz  und 
gar  gewöhnliche  Formen  noch  nicht  hat  beobachten  können,  wie  z.  B.: 

1)  im  tesseralen  Systeme: 

Spinell,  an  ihm  ist  die  Fläche  coöco  wohl  äusserste 
Seltenheit  x) ; 

Roth kupfe rer z kommt  in  allen  7 holoedrischen  oder 
plenotesseralen  Formen  vor,  nur  nicht  in  Zwillin- 
gen u.  s.  w. ; 

2)  im  tetragonalen  Systeme : 

Anatas  ist  nur  krystallisirt  bekannt; 

Zirkon  ist  noch  nicht  mit  der  Basis  OP  beobachtet 
worden ; 

Mellit,  die  Basis  kommt  nur  gekrümmt  vor;  u.  s.  w.  ; 

3)  im  hexagonalen  Systeme ; 

Smaragd,  in  den  weit  auseinandergelegenen  Fundpunkten : 
im  Habachthai  im  Salzburgischen,  am  Flusse  Tako- 
waia  oder  zu  Stretinsk,  65  Werst  in  NNO.  von  Jeka- 
tharinburg  in  West-Sibirien  und  zu  Kjerringöe  in 
Norwegen  kommt  er  nie  anders  als  in  einem  schwar- 
zen, weichen  Glimmer  vor ; 

Turmalin,  nur  der  schwarze,  spiessige  vom  Hörnelberge 
bei  Lam  im  Baierwald  setzt  einer  krystallographischen 
Bestimmung  hartnäckig  Schwierigkeiten  entgegen  und 
steht  im  Rufe  ausschliesslich  an  dem  gedachten  Fund- 
orte vorzukommen.  Breithaupt  nahm  steile  Scalen- 
oeder  an.  Den  bis  jetzt  gefundenen  Exemplaren  schei- 
nen folgende  Eigenschaften  gemeinsam  zu  sein  : 

a)  die  steilen,  spiessigen  Theile  ruhen  auf  einem 
Stumpf,  der  mit  deutlichen  Flächen  des  1. 
und  2.  Prismas  versehen  ist,  aber  selten,  und 
da  nur  undeutlich  eine  terminale  Rhomboeder- 
tläche  zeigt ; 

ß)  sie  mögen  Manchen  an  Scalenoeder  erinnern; 
Gerhard  vom  Rath  nimmt  verzerrte  Pris- 
menflächen  an; 

y)  sie  sind  stets  durch  eine , glatte  Fläche  abge- 
stumpft, selbst  aber  meist  gestreift,  wie  es 
scheint,  nach  R ; u.  s.  w. ; 

4)  im  rhombischen  Systeme : 

Samarskit  besteht  bis  jetzt  stets  aus  einer  oder  zwei 
dicken  Krystallplatten,  welche  nie  anders  als  mit  theils 
über-  theils  nebeneinander  aufgelagerten  kleineren  und 
immer  kleineren  Krystalltafeln  derselben  Form  auf 
einer  oder  auf  beiden  Seiten  des  Brachypinakoicles  auf- 
treten  ; 

')  D.  h.  der  Rubinspinell  oder  der  Ceylonit,  abgesehen  vom  Pleonast,  aD 
welchem  <x()co  beobachtet  worden  ist. 


[5] 


Notizen. 


39 


Mengit,  die  meisten  im  Granite  des  Ilmengebirges  gebet- 
teten Krystalle  zeigen  nacli  unten  eine  spiessige,  bis 
jetzt  verschieden  gedeutete  Form  ; 

Brookit,  z.  B.  aus  dem  Goldsande  von  Slatoust ; die  so- 
genannten Sanduhren,  d.  h.  die  schwarzen,  von  oben 
oder  von  unten,  oder  von  oben  und  von  unten  in  die 
Krystalle  hereinreichenden  Trigone  harren  noch  ihrer 
Erklärung  ; u.  s.  w.  ; 

5)  im  monoklinen  Systeme : 

Augit;  mit  Ausnahme  des  Fassait  (Naumann,  9.  Auf). 
S.  499,  Fig.  11)  kommen  die  Augite,  namentlich  die 
melanen  oder  Basalt-Augite  nicht  ohne  r = ccP co  vor; 

Wolframit  zeigt,  wenn  er  im  Muttergesteine  nur  zu  einem 
geringen  Theile  seiner  Form  auskrystallisirt  ist  oder  mit 
kaum  begonnener  Krystallbildung  in  derben  Wolframit 
übergeht,  nicht  die  terminalen  Flächen,  sondern  das 
Prisma  oben,  aber  mit  einem  Brachydoma  oder  einem 
Theile  desselben  ; 

Tinkal;  Zwillinge  an  ihm  sind  wohl  äusserste  Selten- 
heit u.  s.  w. ; 

Epidot  (Akantikon)  hält  in  gewissen  Varietäten  sein  Stre- 
ben, Quersäulen  zu  bilden,  hartnäckig  aufrecht. 

Ein  solches  „Räthselfach“  hat  für  eifrig  Lernende  einen  ausser- 
ordentlichen Reiz.  Es  liegt  in  der  Natur  des  ohnehin  schon  Eifrigen, 
die  Aufmerksamkeit  auf  dergleichen  behauptete  Inedita  zu  verdoppeln, 
und  wir  wissen  aus  Erfahrung,  dass  nicht  immer  die  Meister  die  Fin- 
der sind. 

In  eine  solche  Abtheilung  können  auch  Belegstücke  für  Behaup- 
tungen gebracht  werden,  die  sich  schliesslich  als  irrig  erweisen  ; das 
schadet  nicht ; es  führt  dann  doch  zu  einer  sonst  schwer  erreichten 
Klärung.  So  spricht  Breithaupt  von  einem  ooOoo  (H)  als  Spinells 
(III.  Bd.  S.  619),  sagt  aber  nicht,  wo  einmal  ein  mit  dieser  Fläche 
ausgestatteter  Spinell  gefunden  worden  wäre  und  scheint  auch  keine 
Sammlung  einen  solchen  aufweisen  zu  können.  Dasselbe  gilt  von  Tinkal- 
Zwillingen,  obwohl  sie  Naumann  als  bisweilen  vorkommend  bezeich- 
net. Dr.  Krantz  in  Bonn  versicherte  mich  noch  kurz  vor  seinem 
Ableben,  niemals  einen  Tinkal-Zwilling  gesehen  zu  haben.  Was  indessen 
das  Rothkupfererz  anbelangt , so  besitzt  Plerr  Geh.  Rath  Dr.  Rud. 
Fer her  in  Gera  einen  in  der  gewöhnlichen  Weise  von  Malachit  um- 
hüllten Krystall  von  Chessy  (Nr.  200),  oo  0 gross,  0 klein,  von  2 Cm. 
Axe,  an  welchen  mehrfach,  d.  h.  an  verschiedenen  Stellen  der  Ober- 
fläche sich  ein  zweiter,  in  diesen  ein  dritter  Krystall  eingewachsen  vor- 
findet  und  alle  drei  Axen  des  einen  Krystalls  stehen  parallel  zu  den 
entsprechenden  drei  Axen  der  anderen  Krystalle  und  ebenso  die 
Flächen ; es  ist  das  eine  vollständig  regelmässige  Verwachsung  ohne 
Hemitropie. 


40 


Notizen. 


[6] 


Silberglanz  (Argentit,  Glaserz). 

Herr  Custos  Sehr  auf  hat  in  der  III.  Lieferung  seines  Atlasses, 
Tafel  XXIII,  Fig.  7,  einen  Silberglanz  von  Joachimsthal  abgebildet, 

0 o 

welcher  unter  oo Ox>  die  Flächen  a = -X-  0 -X-  und  über  diesen  0 trägt. 
Ich  besitze  von  dieser  Species : 

a)  einen  Krystallstock  von  der  Himmelfahrt  bei  Freiberg,  dessen 
Individuen  die  n — Fläche  mit  ooOco . 0.  303  zeigen,  und 

b)  einen  losen  Ivrystall  von  der  Grube  Himmlisch  Herr  bei  Anna- 
berg  in  S.,  an  welchem  die  sehr  hoch  entwickelten  Flächen 
a mit  co Ox>.  coö  und  statt  0 mit  202  coinbinirt  sind. 


Dichroit  (Cordierit). 

Von  Bodenmais  war  bis  jetzt  meines  Wissens  noch  kein  Dichroit- 
Zwilling  bekannt.  In  jüngster  Zeit  sind  mir  von  genanntem  Fundorte 
mehrere  Exemplare  zugekommen  und  zwar  Zwillinge  und  Drillinge  in 
Juxtaposition , indess  nur  Ein  Durchkreuzungs-Zwilling  von  25  Cm. 
Säulenhöhe  nach  dem  Aragonitgesetze. 


Bleiglanz  (Galenit). 

Auf  einer  Unterlage  von  Gneiss  ruhen  Quarz , braune  Zink- 
blende mit  Bleiglanz  und  Pyrit , hellbrauner  und  weisser  Bitterspath, 
über  diesen  Kupferkieswarzen  und  Kalkspath-Scalenoeder,  und  zwischen 
diesen  eingeklemmt  zwei  Bleiglanz  - Krystalle  der  Mittelgestalt  von 
0‘5  Cm.  Axe.  Die  Flächen  coO»  sind  glatt  und  vollkommen  metallsich 
und  lebhaft  glänzend,  die  mit  202  ausgestatteten  Flächen  0 sehr  wenig 
glänzend,  fast  matt.  Die  je  drei  Flächen  202  sind  von  den  drei  um- 
gebenden Flächen  cc  Öcc  aus  aufwärts  in  der  Richtung  nach  der  Mitte 
von  0 zu  gestreift ; 0 selbst,  ein  erhöhtes  Trigon  darstellend,  ist 
gleichfalls  gestreift,  indess  parallel  den  drei  trigonalen  Kanten  mit  202. 
Die  Stufe  stammt  von  der  Grube  Himmelsfürst  bei  Brand  unweit  Freiberg. 


Turmalin,  schwarz,  spiessig. 

Auf  den  Etiquetten  wohl  der  meisten  Sammlungen  ist  als  Fund- 
ort ein  „Hörlberg“  angegeben.  Die  Bezeichnung  ist  nicht  die  richtige. 
Wenn  man  sich  von  dem  grossen  Pfarrort  Lam  im  Baierwald  (demselben, 
in  dessen  unmittelbarer  Nähe  sich  der  aus  Glimmerschiefer  bestehende 
Ossa  4002  Fuss  hoch  erhebt)  nach  Sommerau  und  von  hier  nach 
Schneiderberg  , einem  nur  wenige  Häuser  zählenden  Orte  wendet , so 
gelangt  man  von  letzterem  in  einer  Viertelstunde  an  den  Kiesbruch 
(Quarzbruch)  am  Hörnl-  oder  Hörnelberg  und  hier  auf  der  nörd- 
lichen, steil  abfallenden  Seite  des  Berges  werden  die  spiessigen 


[7] 


Notizen. 


41 


Turmaline  gemeinschaftlich  mit  den  gewöhnlichen  in  einem  Granite 
gefunden,  in  welchem  ein  auf  den  Kluftflächen  hellgelber,  auf  frischem 
Bruche  grauer  und  weisser  Feldspath  vorherrscht.  Möchte  die  hier 
gemachte  genaue  Angabe  der  Gewinnungsstätte  recht  Viele  veranlassen, 
dem  räthselhaften  Vorkommen  an  Ort  und  Stelle  nachzugehen.  Der 
gedachte  Fundpunkt  gilt  für  den  einzigen ; es  ist  indessen  nicht  aus- 
gemacht, ob  nicht  auch  der  Flarlachberg  bei  Bodenmais  dieselben  spiessi- 
gen  Turmaline  liefert ; sein  Granit  ist  wenig  von  dem  erwähnten  ver- 
schieden, und  seine  Turmaline  haben  dieselbe  Beimengung  von  Braun 
in  der  schwarzen  Farbe  und  dasselbe  bröcklige  Wesen  wie  die  Hörnl- 
berger.  Zu  dem  oben  (S.  unter  II.)  Gesagtem  will  ich  nur  hinzu- 
fügen, dass  sich  unter  den  Exemplaren,  welche  ich  besitze,  eine  spiessige 
Form,  angeblich  vom  Harlacliberge,  befindet,  welche  an  ihrem  Ende 
drei  kleine  Flächen  zeigt : zwei  matte,  welche  man  für  scalenoedrische 
und  eine  glatte,  jene  abstumpfende,  welche  man  für  das  Breithaupt’sche 
(III.  Bd.,  S.  705)  —2R  nehmen  könnte.  Noch  nennt  eine  sehr  alte 
Etiquette  in  der  Sammlung  des  Herrn  Geh.  Rath  Dr.  F e r b e r einen 
Quarzbruch  am  Stadlerhaus  bei  Zwiesel,  der  jetzt  nicht  mehr  zugänglich 
ist,  als  Fundort.  Dass  so  zu  sagen  aus  einem  Fundament-Krystalle 
dieselbe  oder  eine  andere  Form  derselben  Species  nur  schwächeren  Um- 
risses emporsteigt,  kennen  wir  am  Quarz  und  Kalkspath  (von  letzterem 
besitze  ich  co  R.  — 1j2B ; aus  diesem  erhebt  sich  R3  und  auf  diesem 
ruht  wiederum  crR.  — 1/3  Z?),  aber  hier  sind  immer  mehr  oder  weniger 
scharfe  Absätze  markirt,  welcher  Fall  bei  den  in  Rede  stehenden  Tur- 
malinen bis  jetzt  noch  nicht  beobachtet  werden  konnte. 

Carl  Zerrenner. 


15  ein  erkling  zu  der  Abhandlung  über  die  Form  und  Ver- 
wandlung des  Labradorits  von  Verespatak. 

In  dem  genannten  Aufsatze  im  letzten  Hefte  dieser  Mittheilungen 
wurde  auf  pag.  275  für  den  Kaliglimmer  die  Formel 
H20 . 2 K20 . 3 A1203 . 6 Si02 

angesetzt,  was  jedoch  nicht  richtig  ist,  denn  die  Formel  des  Kali- 
glimmers lautet : 

2 HaO  . K20 . 3 A1203 . 6 Si02. 

Sobald  der  letzteren  entsprechend  aus  der  Menge  des  Kali  die 
Quantität  des  Kaliglimmers  berechnet  wird,  welche  in  dem  veränderten 
Labradorit  enthalten  ist,  ergiebt  sich  dieselbe  zu  42'34  Percent  und 
der  Rest  zeigt  der  Hauptsache  nach  die  Zusammensetzung : 

II20  . A1203 . 4 Si02. 

Dies  ist  aber  die  Formel  des  Pyrophyllits.  Demnach  wäre  anzu- 
nehmen, dass  die  Pseudomorphose  wesentlich  aus  Kaliglimmer  und  aus 
Pyrophyllit  bestehe,  und  die  Daten  der  Analyse  würden  für  diese  und 
für  die  in  kleineren  Mengen  auftretenden  Minerale  folgendes  Verhält- 
niss  berechnen  lassen : 


Mineralogische  Mittheilungen.  1875.  1.  Heft.  (Notizen  ) 


6 


42 


Notizen. 


Pyrophyllit  . 
Kaliglimmer  . 
Pennin  . . 

Labradorit 
Quarz  . . . 

Limonit  . . 


44  76  Perc. 


42-34 

4‘51 

4-77 

3-12 

L35 


n 


r> 


100’85  Perc. 


[«] 


T. 


Stängeliger  Ludwigit. 

Herr  A.  Veszely  hat  vor  kurzer  Zeit  abermals  einige  Stücke 
von  Ludwigit  von  Morawitza  im  Banat  an  das  k.  k.  Museum  gesendet, 
die  in  ihrem  äussern  Aussehen  von  den  im  Jahrg.  1874,  Heft  1,  S.  59 
von  Herrn  Direetor  Tschermak  beschriebenen  Stücken  einige  Ab- 
änderungen zeigen. 

Die  neu  vorliegenden  Handstücke  sind  von  s t an  gl  i ehern  Typus. 
Die  Stängel  sind  kurz,  dünn,  stabförmig,  verworren  oder  radialstrahlig 
gelagert  und  lassen  sich  nicht  von  einander  trennen,  indem  sie  bei 
letzterem  Versuche  wegen  Sprödigkeit  zersplittern.  Der  Bruch  ist 
strahlig.  Auf  dem  Längsbruche  haben  die  Strahlen  Glasglanz.  Die 
Farbe  ist  schwärzlichgrün  mit  einem  deutlichen  Stich  in  das  Violette,  der 
Strich  ebenfalls  schwärzlichgrün,  aber  lichter  als  die  Körperfarbe.  An 
den  vorliegenden  Stücken  fehlen  fremde  Beimengungen  — Calcit  als 
auch  Magnetit  — gänzlich. 

Ohne  irgend  welche  Prüfung  könnten  vorliegende  Stücke  ganz 
leicht  für  Turmalin  gehalten  werden,  aber  abgesehen  von  der  verschie- 
denen Härte  beider  Minerale  genügt  zur  sicheren  Unterscheidung  eine 
einfache  Probe  auf  das  Verhalten  gegen  Säure.  In  chemischer  Beziehung 
linden  wir  an  diesen  Stücken  ganz  dasselbe  Verhalten  wie  es  an  den 
ursprünglich  untersuchten  Stücken  beschrieben  worden  ist,  und  dürfte 
ein  kleiner  Unterschied  höchstens  in  der  proc.  Zusammensetzung  zu 
linden  sein. 

F.  Berwertli. 


Clilorotil. 

Es  ist  schon  oft  in  den  Schneeberger  Gruben  ein  blassgrünes 
Mineral  vorgekommen,  welches  jedoch,  ungenügenden  Materials  wegen, 
nicht  gut  untersucht  werden  konnte.  In  letzter  Zeit  jedoch  lieferte  die 
Grube  Eiserner  Landgraf  bei  Schneeberg  sehr  schöne  blaugefärbte  Ara- 
gonitsinter, Wapplerite  und  das  erwähnte  blassgrüne  Mineral  in  grösserer 
Menge.  Letzteres  Mineral  von  span-  bis  apfelgrüner  Farbe,  ist  man  ge- 
neigt, für  eine  Nickelverbindung  zu  halten  und  es  wurde  auch  wirklich 
für  Kerstenit  (Min.  Lexicon  für  Sachsen,  13)  ausgegeben.  Während 
man  jedoch  den  Kerstenit  nur  auf  Chloanthit  aufsitzend  kennt,  kommt 
unser  Mineral  nur  auf  und  in  Quarz  eingewachsen  vor.  Ausserdem  liegt 
keine  Nickel-  sondern  eine  bis  jetzt  noch  unbekannte  Kupferverbin- 
dung vor. 


43 


[9] 


Die  chemische  Zusammensetzung  entspricht  nämlich  der  Formel 
8 Cu  0 . As2  06  + 6 H2  0,  eine  vorläufige  Analyse  ergab  einen  Gehalt 
von  41  p.  c.  Kupferoxyd,  41  p.  c.  Arsensäure  und  18  p.  c.  Wasser; 
eine  geringe  Menge  Arsensäure  wird  durch  Phosphorsäure  ersetzt. 

Das  Mineral  tritt  in  zarten  haarförmigen  Kryställchen,  parallel- 
fasrigen  und  schönen  derben  Partien  auf,  ist  seidenglänzend  und  sehr 
weich.  Die  Farbe  geht  in  den  fasrigen  Partien  selbst  in  smaragdgrün 
über,  in  welchem  Falle  man  Malachit  vor  sich  zu  haben  glaubt. 

In  kurzer  Zeit  werde  ich  Weiteres  über  das  Mineral,  welches  ich 
Chlorotil  — nach  Farbe  und  Structur  — zu  nennen  vorschlage,  zur 
Veröffentlichung  bringen. 


A.  Frenzei. 


- Mit.  : - .'1  ' M:-  ;ü  /TU  : .. . ■ i 

. 


r Dia sclie : TTeier  (Leu  Meteoriten  toxi  Lance 


Taul  Schäm  nach  cL  latdjex . n.  Tith  Ki-  Eof-lüuistdmckem,  v Inffmtein  &Bösc7t.  Jlr, 

Tseleimalc;  MineralogX  Mittliellimgeii.lÖZS  Heft  I. 

JaluQ).  (L.  geologX  Deichsanst.  B(L  XXA 


v.  Dräsche  Deher  den  Meteoriten  ron  Lance 


Tal.il 


Jini.  Schmal  nach  iiLJfat.  °e  i . n.  hth . • IChHofJimstÜTWcJern  v Hei/fensUin  ,f  Hösch . 1 1 len 

Tschermalc'.  Mineralog.  Mittheiluneen.  187 5. Heft  I. 

Jalvrl)  d g'eolo^.  Kcichs aiist . B(L.  XIOT. 


Taf  HI 


t. Dräsche  i Heber  den  Meteoriten,  von  Lance. 


I. 


Md.  Schämt  nach  eU0tfa.1t.  Tith.  £t  Rof- Xmstdmckerei  v.  Rei/Jenstein  k Rösch,  11  rai 

TsdiermaL; : Mneralog  Mittlieilun^en . 1875.  Heft  I 
JaLrh . 1 . ^eoloäf.  Heidisanst  13(1  XXY. 


y.  Dra  solle  lieber  den  Meteoriten  Ton  Lance. 


Taf  .IV. 


1 


2. 


3.. 


Ruä-  Schäm  nach  tl  Fat  p'e% . ic.  I ith 
0 


Ä.Jc.Fof-Äunstdmchcrci  v Reif  feil  stein  ,fc  lösch.,  Jf  fm . 


Tsdiennak : Mmeralog.  Mittheilungen  1875 . Heft  I. 
Jahrl . (1  geolog  Reiclisanst.  Bd.HJ. 


Krenner:  Wolframif 

Fi c/.  1 


Taf.V. 


Fi  ff  2.  Fi  ff.  3. 


AutOTdel.  Bruck  v.Tfi.  Schneiders  WeäPresuhn  in.  Graz . APresuhn.litli 

G.Tscherniak  .Mineral  o g.  Mitllveil  u ngen . 1875.1. Heft . 

Jahrbuch  der  f,  /,■  geoIog.Jheichsanstalt  Bd.XXX 


' 


/ 


Döll,  Pseudomorphose  nach  Ouprit. 


Tafel  VI. 


Tscherraak,  Mineralogische  Mittheilungen,  1875.  1.  Heft. 
Jahrbuch  der  k.  k.  geolog.  Reichsanstalt,  Bd.  XXV. 

Photographischer  Pressendruck  von . G-emoser  & Waltl,  München. 


* 


\ 


Tal'  VII 


l.iispcyrcü,  Kr.vstallogr  Dein./..  (Vyps 


T.sdicnniik, Mini' l ir  Mit(lii'iluni><‘,i\  1875  llrll  lil 

.ftilirbtieh.  t/./>\f\(/co/n</  Hcirhsan.vlaU  H<t  XXPi 


MINERALOGISCHE 


GESAMMELT  VON 


GUSTAV  TSCHERMAK. 


JAHRGANG  1875  HEFT  II. 


(Diese  Mittheilungen  erscheinen  zugleich  als  Beilage  zum  Jahrhuche  der  lc.  k.  geol . 

Beichsanstalt.) 


WIEN,  187S. 

ALFRED  HOLDER 

Iv.  K.  UNIVERSITÄTS-BUCHHÄNDLER. 

ROTHEN T II ü R M S T R A SSE  1 5 . 


ÖlitfCIt  VON  J.  C.  FISCHER  & COMP  WIEN. 


JAHRGANG  1875. 


II.  HEFT. 


GESAMMELT  VON 


G.  TSCHERMAK 

DIRECTOR  DES  K.  K.  MINERALOGISCHEN  HOF-MUSEUMS. 


I.  lieber  den  Salit  als  Gesteinsgemengtheil. 

Von  Ernst  Kalkows  k y: 

Bei  der  Untersuchung  der  Hornblendeschiefer , welche  in  einer 
schmalen  Zone  am  Ostrande  des  Riesengebirges  von  Kunzendorf  bei 
Liebau  bis  Kupferberg  am  Bober  auftreten,  fand  sich  in  einigen  Ge- 
steinen ein  Mineral,  das  sich  mit  keinem  der  als  Gesteinsgemengtheile 
auch  mikroskopisch  beschriebenen  identificiren  Hess.  Nachdem  auch  in 
Gesteinen  der  archäischen  Formation  anderer  Gegenden  eben  dasselbe 
Mineral  erkannt  worden  war , drängte  sich  durch  Zusammenstellung 
aller  ermittelbaren  Eigenschaften  desselben  die  Ueberzeugung  auf,  dass 
es  dem  Pyroxen  und  zwar  der  Abtheilung  der  thonerdefreien,  eisen- 
armen Salite  angehöre.  Sein  Auftreten  als  wesentlicher  Gemengtheil 
sehr  verschiedener  krystallinischer  Schiefergesteine  erlaubt  es,  ihn  etwas 
eingehender  zu  beschreiben ; die  vorliegende  Untersuchung  ist  zwar 
keineswegs  erschöpfend,  doch  schien  cs  geboten  sie  zu  veröffentlichen, 
um  dadurch  erst  einmal  die  Aufmerksamkeit  auf  den  Salit  zu  lenken. 

Auf  der  Scheibe,  westlich  von  Städtisch-Hermsdorf,  halbwegs  zwi- 
schen Liebau  und  Schmiedeberg  in  Schlesien  tritt  ein  grobkörniger 
Chloritgneiss  auf,  der  neben  dem  Chlorit  noch  ein  lichtgrünes  Mineral 
bisweilen  mit  schwachem  Seidenglanz  in  feinen  Häuten  auf  den  Schie- 
ferungsflächen enthält,  welches  Beyrich  für  weissen  Glimmer  r)  ansah. 
Allein  wenn  man  mit  einer  Nadel  etwas  davon  absprengt,  so  erkennt 
man  sogleich , dass  es  spröde  ist , keine  Spur  von  Biegsamkeit  besitzt, 
dann  unter  dem  Mikroskope,  dass  es  nicht  in  Schüppchen  oder  Blätt- 
chen ausgebildet  ist,  sondern  in  Säulchen.  In  Dünnschliffen  quer  gegen 
die  Schieferung,  aber  in  der  Streichungsrichtung  derselben,  sieht  man, 
dass  die  feinen  Häute  aus  einem  Aggregat  von  Quarz  und  vorwalten- 
den Säulchen  bestehen,  die  also  dem  Salit  angehören  sollen.  Leider 
haben  die  kleinen  Prismen  wie  meist  alle  Gemengtheile  der  krystallini- 


‘)  In  Roth,  Erläuterungen  zur  geognostischen  Karte  von  Nieder-Schlesien. 
Berlin,  1867. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1875.  2.  Heft.  (Kalkowßky.)  7 


4(3 


E.  Kalkowsky. 


[2] 


sehen  Schiefergesteine  keine  gute  Krystallform,  wenigstens  fehlt  in  der 
Säulenzone  jede  Andeutung  einer  bestimmten  Fläche.  Dagegen  zeigen 
die  winzigen  Individuen  von  Salit,  welche,  wie  noch  ausführlicher  dar- 
gethan  werden  wird,  in  ungeheurer  Menge  in  den  Feldspäthen  eingebettet 
liegen,  oft  als  Endigung  die  halbe  Pyramide.  Wo  dieselben  etwas  seltener 
liegen,  da  kann  man  sie  recht  wohl  einzeln  ins  Auge  fassen  und  ihre 
Form  bestimmen  ; es  sind  lange,  dünne  Säulchen  mit  Pyramiden-Endi- 
gung  in  allmähligem  Uebergang  bis  zu  kurzen,  dicken,  die  oft  in  Folge 
ungleichwertliiger  Ausbildung  der  Pyramidenflächen  Sechsecke  mit  ab- 

Die  Linien,  welche 
die  Durchschnitte  durch 
die  Flächen  der  Säulen- 
zone darstellen,  sind  oft 
nicht  gerade  ausgebildet, 
sondern  ausgebuchtet  und 
ausgezackt.  — Im  Quer- 
schnitt zeigen  diese  Mi- 
krolithe  meist  rundliche 
Figuren,  oder  solche,  bei 
denen  zwei  gerade  Linien 
einen  ungefähr  rechten 
Winkel  bilden,  während 
die  übrige  Umgrenzung 
von  einer  Curve  gebildet  wird.  Sehr  viele  Mikrolithe  haben  allerdings 
anscheinend  ganz  unregelmässige  Conturen. 

Die  Salite,  die  in  Gneissen  parallel  den  Schichtungsflächen  dünne 
Flasern  zusammensetzen,  erscheinen  meist  in  längeren  Säulchen,  die- 
jenigen , welche  mit  Quarz  durchmengt  in  Gesteinen  Vorkommen  , die 
sich  dem  Hornblendeschiefer  anschliessen , treten  dagegen  meist  in 
Körnerform  auf.  Zwillinge  wurden  nicht  beobachtet. 

Vortrefflich  lässt  sich  an  den  Mikrolithen  , aber  auch  ebenso  an 
den  grösseren  Säulchen  und  Körnern  eine  Spaltbarkeit  erkennen,  welche 
die  Längsachse  der  Kryställchen  bald  gerade,  bald  geneigt  durchquert; 
manche  nur  015  Mm.  lange  Prismen  weisen  4 — 5 solcher  Spalten  auf. 
Man  wird  sie  für  eine  Absonderung  nach  der  Basis  halten  müssen : 
Tschermak,  Rosenbusch  u.  A.  wollen  dieselbe  auf  eine  Zwillings- 
bildung zurückführen,  es  konnte  jedoch  hier  keine  darauf  bezügliche 
Beobachtung  gemacht  werden.  Neben  der  Spaltbarkeit  nach  der  Basis 
ist  für  den  Salit  noch  die  nach  dem  Orthopinakoid  charakteristisch ; 
auch  sie  konnte  wahrgenommen  werden  , besonders  ausgezeichnet  an 
grösseren  Krystallen  in  einem  Schiefer  von  Waltersdorf  bei  Kupferberg 
in  Schlesien,  im  Malakolithfels  von  Ober-Rochlitz,  im  Hornblende- 
schiefer von  llaspenau  bei  Friedland  in  Böhmen.  In  den  vorliegenden 
Saliten  finden  sich  Spalten  bald  nach  einer , bald  nach  der  anderen 
Richtung,  dort  treten  sie  auch  zugleich  auf,  namentlich  in  den  dickeren 
und  überhaupt  grösseren  Individuen  und  erzeugen  dann  ein  sehr  cor- 
rectes  Spaltennetz,  das  nicht  mit  demjenigen  verwechselt  werden  darf, 
welches  sich  bisweilen  zeigt  und  in  seiner  unregelmässigeren  Ausbildung 


wechselnd  kürzeren  Seiten  darstellen. 


Ueber  den  Salit  als  Gesteinsgemengtheil. 


47 


[3] 

seinen  Ursprung  einer  Absonderung  nach  den  Säulenflächen  verdankt; 
bei  diesem  letzteren  bildet  man  denn  auch  den  Säulenwinkel  des  Pyro- 
xens  wieder. 

Die  absolute  Grösse  der  Salite  ist  sehr  schwankend;  die  Mikro- 
lithen  in  den  Feldspätlien  haben  eine  durchschnittliche  Länge  von  etwa 
0'05  auf  0007  Mm.  Breite;  die  Salite,  welche  asbestartige  feine  Häute 
auf  den  Schieferungsflächen  bilden,  haben  (in  den  beobachteten  Fällen) 
meist  eine  Länge  von  0\L5  Mm.  und  die  grössten  in  einem  Schiefer 
von  Waltersdorf  erreichen  eine  Länge  und  Breite  von  etwa  0 5 Mm. 
Selbstverständlich  finden  sich  in  den  einzelnen  Vorkommnissen  grosse 
und  kleine  Individuen  nebeneinander  , doch  giebt  es  auch  einige  Fels- 
arten, die  nur  solche  von  einer  bestimmten  Grösse  führen. 

Der  Salit  ist  im  Schliff  oft  ganz  farblos  , meistens  ganz  schwach 
grünlich  gefärbt;  andere  und  intensivere  Farben  wurden  nicht  bemerkt, 
und  nie  zeigen  die  Salite  auch  nur  eine  Spur  von  Lichtabsorption  oder 
von  Dichroismus.  Wie  es  für  die  Abarten  des  Pyroxens  erforderlich 
ist,  besitzen  die  Salite  ein  starkes  Lichtbrechungsvermögen;  sie  treten 
dadurch  in  Gegensatz  besonders  zu  Hornblende  und  Chlorit.  Wo  ihrer 
nicht  gerade  viele,  kleine,  die  nicht  von  Schliffflächen  begränzt  werden,  vor- 
handen sind,  da  bieten  sie  sich  beim  Blick  ins  Mikroskop  dem  Auge 
zuerst  dar , bei  schwacher  Vergrösserung  scheinen  sie  gleichsam  aus 
dem  Präparate  herauszutreten.  Im  Zusammenhänge  mit  dem  starken 
Lichtbrechungs vermögen  zeigen  die  Salite  im  polarisirten  Lichte  grelle, 
bunte  Interferenzfärben,  selbst  wenn  die  Schliffe  so  dünn  sind,  dass  die 
Quarze  nur  noch  graue  Farbentöne  bei  gekreuzten  Nicols  aufweisen. 
In  einigen  Gesteinen  zeigen  die  Salite  , so  namentlich  die  Individuen 
des  Malakolithfels , bei  gekreuzten  Nicols  höchst  constant  eine  eigen- 
thümliche  blaue  Farbe. 

Da  entweder  die  Salitkryställehen  der  Hauptaxe  nach  ausgedehnt 
sind  oder  in  anderen  Fällen  recht  schön  die  der  Hauptaxe  parallelen 
Spalten  nach  dem  Orthopinakoid  darbieten,  so  war  die  Auffindung  der 
Orientirung  der  optischen  Bisectrix  recht  leicht;  sie  bildet  mit  der 
Hauptaxe  den  für  die  Pyroxene  charakteristischen  grossen  Winkel;  der 
grösste  beobachtete  Winkel  mass  circa  44  Grad. 

Was  das  Verhalten  vor  dem  Löthrohre  anbetrifft,  so  schmelzen 
die  Salitaggregate  ziemlich  schwer , leuchten  nicht , etwa  wie  der  Talk 
es  thut,  nehmen  mit  Kobaltsolution  keine  blaue  Farbe  an  und  geben 
mit  Flüssen  die  Reaction  auf  Eisen.  In  der  Boraxperle  lösen  sie  sich 
völlig  auf.  Ihre  chemische  Constitution  wurde  annähernd  auf  folgende 
Weise  bestimmt.  Helle  dichte  Partien  aus  einem  Schiefer  von  Adlers- 
ruh bei  Kupferberg,  die  aus  Salit,  Quarz  und  sehr  wenig  Feldspath  be- 
standen , wurden  qualitativ  geprüft.  Die  Analyse  ergab  einen  be- 
trächtlichen Gehalt  an  Magnesia  und  Kalk , Spuren  von  Thonerde  und 
so  viel  Eisen , dass  man  annehmen  darf , dasselbe  betrage  mehr  als 
4 Proc.  in  dem  fraglichen  Mineral.  Wenn  man  mit  Dana  zum  Mala- 
kolith  Pyroxene  mit  weniger  als  4 Proc.  FeO  rechnet,  so  gehört  das 
vorliegende  Mineral  zu  seiner  Abtheilung  der  Magnesia-Kalk-Eisen- 
Pyroxene,  zum  Salit  Q.  Auch  empfiehlt  sich  der  Name  Salit  im  Allge- 


’)  Dana,  System  5th  Ed.  pag.  :!15. 

7* 


48 


E Kalkowsky. 


[4] 


meinen  für  das  hier  beschriebene  Mineral , weil  er  eine  ganze  Gruppe 
von  Pyroxenen  umfasst  und  dann  auch  weil  er  kürzer  ist  als  z.  B. 
Malakolith. 

Die  Salite  sind  noch  meist  recht  frisch,  nur  in  einzelnen  Gestei- 
nen erscheinen  sie  etwas  getrübt;  an  grösseren  Individuen  kann  man 
dann  wahrnehmen , dass  durch  die  Umwandlungsprocesse  entweder 
körnige  oder  schuppige  Aggregate  gebildet  werden,  über  deren  chemische 
Constitution  sich  nichts  herausbringen  liess. 

Flüssigkeits-Einschlüsse  sind  sehr  häutig , jedoch  meist  nur  von 
geringen  Dimensionen ; sie  führen  lebhaft  bewegliche  Bläschen,  sind  je- 
doch wohl  manchmal  von  der  Flüssigkeit  ganz  ausgefüllt,  ebenso  sind  auch 
dunkel  umrandete  Dampfporen  vorhanden.  Manche  von  diesen  winzigen 
Dingen  werden  jedoch  wohl  auch  als  Mikrolithe  von  Salit  gedeutet 
werden  müssen. 

Sonst  umschliesst  der  Salit  keine  fremden  Mineralien;  selbst  da 
wo  er  der  vorwaltende  Gemengtheil  ist,  tritt  er  in  Betreff  der  Lage- 
rung gewissermassen  in  Gegensatz  zu  den  anderen  Mineralien  wie 
Quarz,  Chlorit,  Hornblende.  Seinerseits  wird  er  dagegen  von  vielen 
anderen  Gemengtheilen  eingeschlossen,  namentlich  von  Feldspäthen,  dann 
von  Quarz,  Hornblende.  Er  findet  sich  namentlich  in  Gesellschaft  von 
Chlorit  und  Hornblende , doch  auch  ohne  dieselben,  im  Quarzit, 
Erlan  etc. 

Gleichsam  als  äquivalenter  Vertreter  des  Salites  tritt  der  Pistazit 
auf;  dieser  zeigt  oft  dieselbe  Formausbildung  wie  der  Salit,  ist  ihm 
auch  sonst  in  seinem  ganzen  Habitus  ähnlich,  jedoch  leicht  zu  unter- 
scheiden durch  seine  gelbgrüne  Farbe,  seinen  starken  Dichroismus  und 
die  Orientirung  seiner  optischen  Bisectrix.  So  findet  sich  der  Pistazit 
neben  Salit  z.  B.  in  dem  dichten  Hornblende-Chloritgneiss  vom  Laub- 
berg bei  Pfaffendorf  im  Schmiedeberger  Kamm  in  Schlesien. 

In  manchen  Chlorit-  oder  Hornblende-Gesteinen  von  sehr  feinem 
Korn  findet  man  einzeln  oder  in  Häufchen  fast  farblose,  stark  licht- 
brechende, aber  sehr  kleine  Körnchen,  so  in  gewissen  Chlorit-,  Aktino- 
lith-,  Aphanit-  und  „grünen“  Schiefern ; ob  dieselben  auch  dem  Salit 
zuzurechnen  sind,  muss  noch  unentschieden  gelassen  werden. 

Es  bleibt  noch  übrig,  einige  Gesteine  einzeln  zu  erwähnen,  in 
denen  der  Salit  als  Gemengtheil  erscheint,  wobei  sich  noch  etwas  über 
die  Art  seines  Auftretens  , sowie  einige  Verhältnisse  mittheilen  lassen, 
die  der  Ansicht  von  der  Zugehörigkeit  des  fraglichen  Minerales  zum 
Salit  zur  Stütze  dienen. 

Gleichwie  der  schon  erwähnte  Chloritgneiss  von  der  Scheibe  bei 
Städtisch-Hermsdorf  enthält  auch  ein  durch  Hämatit  rothgefärbter  Gneiss 
von  Neu- Weisbach  in  jener  Gegend  neben  nur  sehr  wenig  Chlorit  eine 
Menge  von  Salit , der  in  Säulenform  dünne , seidenglänzende  Flasern 
bildet ; obwohl  die  Prismen  meist  sehr  dünn  sind , so  fanden  sich  in 
diesen  Gesteinen  doch  auch  einzelne  grössere  Individuen,  die  von  zwei 
Schlifffiächen  begrenzt,  die  schiefe  Orientirung  der  optischen  Bisectrix 
erkennen  Hessen.  In  den  Plagioklasen  sowohl  wie  Orthoklasen  dieser 
Gneisse,  sowie  in  den  Feldspäthen  des  schönen  Hornblendegneisses  von 
Petzelsdorf  bei  Liebau  liegen  nun  eine  Unzahl  von  Salit-Mikrolithen 
eingebettet.  Letztere  sind  in  den  einzelnen  Feldspäthen  meist  von  etwas 


[5] 


Ueber  den  Salit  als  Gesteinsgemengtheil. 


49 


verschiedener  Grösse  , jedocli  kommen  auch  kleine  und  grosse  durch- 
einander in  einem  Feldspath  vor,  wo  dann  die  kleineren  bisweilen  mehr 
nach  dem  Rande  zu  liegen.  Die  Salit-Mikrolithe  erscheinen  überhaupt 
gern  haufenweise  vertheilt;  sie  sind  dann  manchmal  auf  die  Mitte  der 
Feldspath-Individuen  beschränkt  auf  einen  Raum,  der  von  krystallogra- 
phischen  Flächen  ihres  Wirthes  begrenzt  wird.  Es  muss  besonders 
darauf  aufmerksam  gemacht  werden  , dass  es  höchst  unwahrscheinlich 
ist,  dass  diese  Mikrolithe  das  Product  einer  chemischen  Zersetzung  und 
Umwandlung  sind  und  dann  vielleicht  auch  nicht  dem  Salit  angehören. 
In  weitaus  den  meisten  Fällen  gehen  Zersetzungserscheinungen  in  den 
Mineralien  von  Spalten  aus;  hier  ist  ein  solches  Verhältniss  durchaus 
nicht  vorhanden  ; die  Salite  liegen  in  gleichmässig  ausgebildeten  Mikro- 
lithen  wirr  durcheinander  in  einer  an  sich  vollständig  pelluciden  und 
unzersetzten  Feldspathsubstanz  : allerdings  müssen  die  Schliffe  gar  sehr 
dünn  sein,  um  das  Gewirre  deutlich  auflösbar  zu  machen.  Auch  spricht 
die  Art  der  Anordnung  gerade  nicht  für  chemische  Umwandlungsproducte 
und  andererseits  lässt  sich  ein  deutlicher  Uebergang  in  die  Salite  ver- 
folgen, die  selbstständig  am  Gesteinsgewebe  theilnehmen. 

Auch  in  den  Protogingneissen  des  St.  Gotthard  finden  sich  in  den 
Feldspätlien  dieselben  Mikrolithen  und  grössere,  dem  Salit  ähnliche 
Krystalle  im  Gesteinsgewebe,  die  alle  gewiss  nicht  dem  Talk  angehören; 
doch  ist  hier  nicht  der  Ort,  um  auf  diese  Gesteine  näher  einzugehen. 

Bei  Adlersruh  bei  Kupferberg  am  Bober  tritt  ein  Gestein  auf,  das 
aus  abwechselnd  hellen  und  dunkeln  Schichten  besteht.  Websky  nennt 
dasselbe  einen  Dioritschiefer  Q,  indem  er  die  hellgrünen  Schichten  für 
Plagioklas  hält.  Sie  bestehen  jedoch  aus  hellgrünem  Salit,  Quarz  und 
sehr  wenig  Orthoklas  und  Plagioklas *  2).  Auch  die  dunkeln,  vornehmlich 
aus  Hornblende  bestehenden  Schichten  enthalten  Salit.  Das  Gestein  ist 
somit  ein  Hornblende-Salitschiefer.  Uebrigens  berichtet  Websky  1.  c. 
pag.  386,  dass  bei  Kupferberg* in  losen  Blöcken  Krystalle  von  Diopsid 
vorgekommen  seien  ; die  Blöcke  gehörten  wahrscheinlich  einer  Schale 
um  die  Vorkommnisse  von  Dolomit  (die  in  den  „Dioritschiefern“  ein- 
gelagert sind)  in  dortiger  Gegend  an.  Auch  in  der  Mitte  der  hellen 
Schichten  des  oben  erwähnten  Schiefers  sei  bei  der  Grube  Neuer 
Adler  ein  Mineral  vorhanden , das  sehr  wahrscheinlich  dem  Diopsid 
angehöre. 

Ein  diesem  ähnliches  dichtes  Gestein  , das  aber  aus  abwechselnd 
hellgrünen  und  dunkelbraunen  Schichten  besteht,  von  Waltersdorf  bei 
Kupferberg  ist  ein  dichter  Salit-Glimmerschiefer.  Die  Salite  erreichen 
darin  eine  Grösse  von  05  Mm. , kommen  andererseits  auch  in  kleinen 
länglichen  Krystalloiden  und  Säulchen  vor ; sie  sind  sehr  reich  an 
Flüssigkeitseinschlüssen  und  Hohlräumen.  Ausserdem  enthält  das  Gestein 
Quarz,  Biotit,  Titaneisen,  Talk  und  Vesuvian. 

Die  hellgrünen  Schichten  dieser  beiden  Gesteine  ähneln  makro- 
skopisch und  theilweise  auch  mikroskopisch  ungemein  dem  Malakolith- 


*)  Zeitschr.  d.  D.  g.  G.  Bd.  V.  1853.  Ueber  die  geogn.  Verhältnisse  der  Erz- 
lagerstätten von  Kupferberg  etc.  Auch  die  übrigen  Dioritschiefer  Websky’s  führen 
diesen  Namen  mit  Unrecht;  es  sind  dichte  Hornblendegneisse  oder  Mittelglieder 
zwischen  Hornblendegneiss  und  Schiefer. 

2)  Diese  dichte  Masse  wurde  zu  der  oben  erwähnten  Analyse  verwendet. 


50 


E.  Kalkowsky.  Ueber  den  Salit  als  Gesteinsgemengtheil. 


[6] 


fels  von  Ober-Rochlitz  am  Südabfall  des  Riesengebirges  in  Böhmen. 
Die  typische  ganz  dichte  Abart  desselben  ist  ein  Aggregat  von  winzigen 
rundlichen  Körnchen  von  Malakolith  (das  Gestein  enthält  nur  4’84  FeO). 
Dass  Quarz  dazwischen  steckt  ist  nicht  unwahrscheinlich,  aber  unmöglich 
zu  erkennen  ; jedoch  enthalten  die  etwas  gröber  krystallinischen  Stellen 
zwischen  den  Malakolithen  auch  Quarz.  Diese  etwas  grösseren  Malako- 
lithkörner  haben  alle  Eigenschaften  der  beschriebenen  Salite ; sie  sind 
überreich  an  Flüssigkeitseinschlüssen  und  Hohlräumen.  Neben  Quarz 
und  Malakolith  erscheint  noch  an  einzelnen  Stellen  in  dünnen  Säulchen 
Aktinolith,  der  im  Handstück  eine  graugrünliche  Farbe  besitzt,  in  Schliff 
aber  wie  der  Malakolith  fast  farblos  ist.  Beide  unterscheiden  sich  mi- 
kroskopisch sehr  leicht  schon  durch  die  Gestalt  ihre)-  Individuen.  Ueber- 
dies  finden  sich  noch  einzelne  Erzkörnchen. 

Es  mag  hier  erwähnt  werden  , dass  auch  die  beiden  aus  der 
archäischen  Formation  Nord- Amerikas  beschriebenen  Vorkommnisse  von 
Augitfels  aus  „Pyroxen  von  der  Salit- Abtheilung“  bestehen  (cf.  Dana, 
System,  pag.  220). 

Der  Hornblendeschiefer  von  Raspenau  bei  Friedland  in  Böhmen 
ist  ein  Gemenge  von  fast  farblosem  Salit  und  maigrüner,  stark  dichroi- 
tischer Hornblende.  Der  Salit  erscheint  in  Aggregaten  und  gleichmässig 
zwischen  der  Hornblende  vertheilt.  Quarz  fehlt  gänzlich. 

Der  Quarzit  von  Haslau  bei  Eger  in  Böhmen  führt  (wohl  nur  an 
einzelnen  Stellen)  auch  Salit;  in  dem  vorliegenden  Präparate  sind  kleine, 
ovale  Körnchen  sehr  häufig,  daneben  auch  grössere,  hellgrüne  Krystalle. 
Ausser  dem  durch  Poren  ungemein  getrübten  Quarz  ist  noch  Egeran 
vorhanden. 

Schliesslich  werde  bemerkt,  dass  der  Salit  (neben  Pistazit)  noch 
einen  wesentlichen  Gemengtheil  des  Erlans  von  Schwarzenberg  im  Erz- 
gebirge ausmacht,  und  dass  er  in  einer  kalk-  und  dolomitspathführen- 
den , aber  feldspathfreien  sogenannten  Hälleflinta  von  Dannemora  in 
Schweden  aufgefunden  wurde. 

Fortgesetzte  Studien  werden  gewiss  noch  viele  andere  krystalli- 
nische  Schiefergesteine  kennen  lehren,  die  den  Salit  als  wesentlichen 
oder  accessorischen  Gemengtheil  führen , vielleicht  auch  noch  Eigen- 
thtimlichkeiten  desselben  ergeben,  die  zur  genauen  und  leichten  Erken- 
nung verwerthbar  sind.  Ueberhaupt  sind  auch  die  krystallinischen 
Schiefer  für  den  Mikroskopiker  gar  nicht  so  uninteressant,  und  ganz 
unverdienter  Weise  sind  sie  bis  jetzt  so  wenig  berücksichtigt  worden. 


II.  Ueber  die  chemische  Zusammensetzung  des  Mejonits. 


Von  Edmund  F.  Neminar. 

Die  schwankenden  Angaben  über  die  chemische  Zusammensetzung 
der  unter  dem  Namen  der  Wernerite  bekannten  Minerale  veranlassten 
mich,  auf  Anregung  des  Herrn  Directors  Dr.  Cf.  Tsehermak,  eine 
neue  Untersuchung  des  Mejonits  vorzunehmen.  ' 

Derselbe  steht  in  einem  so  innigen  Zusammenhänge  mit  dem 
eigentlichen  Wernerite  (Skapolithe),  dass  schon  G.  Rose  *)  die  nach 
der  chemischen  Zusammensetzung  des  Mejonits  aufgestellte  Formel  als 
die  Normalformel  der  Wernerite  betrachtet  wissen  will. 

G.  vom  Rath  hat  seiner  umfassenden  Arbeit  über  die  Wernerite *  2) 
gleichfalls  eine  Betrachtung  der  chemischen  Zusammensetzung  des  Mejo- 
nits vorausgeschickt.  Er  wält  ihn  als  den  Ausgangspunkt  für  die  Bestim- 
mung der  Formel  der  Wernerite,  weil  der  Mejonit,  wie  nach  den  oft 
schönen  wasserhellen  Krystallen  zu  urtheilen  ist , sich  noch  in  unzer- 
setztem  Zustande  befindet. 

So  versuchte  ich  es  nun  durch  eine  neue  Analyse  zur  genaueren 
Ivenntniss  der  chemischen  Zusammensetzung  des  Mejonits  insofern  etwas 
beizutragen,  als  ich  bei  der  Untersuchung  vorzüglich  auf  den  Wasser- 
gehalt, die  Alkalien  und  Fluor  Rücksicht  nahm. 

Sollte  meine  Untersuchung  irgend  eine  Berücksichtigung  verdie- 
nen, so  war  es  vor  allem  Anderen  nöthig  ein  vollständig  reines  und 
unzersetztes  Material  zur  Analyse  zu  verwenden. 

Mein  hochverehrter  Lehrer,  Herr  Director  Tsehermak,  war  so 
gütig  mir  einen  Mejonit  aus  den  Auswürflingen  des  Vesuv,  der  eine  grosse 
Anzahl  wasserheller  Krystalle  darbot,  zur  Verfügung  zu  stellen.  Ich 
erfülle  gleich  liier  die  angenehme  Pflicht,  ihm  für  dieses  kostbare  Material 
und  die  zahlreichen  Rathschläge,  die  er  mir  bei  dieser  Arbeit  ertheilte, 
sowie  meinem  hochverehrten  Lehrer,  Herrn  Professor  Dr.  Ernst  Ludwig, 
in  dessen  Laboratorium  ich  diese  Arbeit  ausführte,  für  die  gütige  Un- 
terstützung hiebei,  meinen  tiefgefühlten  Dank  auszusprechen. 


’)  G.  Rose.  Das  krystallo-chemische  Miueralsystem,  pag.  83. 

2)  G.  vom  Rath,  de  compositione  et  destructione  Werneritis  fossilis.  Disser- 
tatio  inauguralis.  Berolini  1853. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1875.  2.  Heft.  (Neminar.) 


52 


E.  F.  Neminar. 


[2] 


Die  vielfachen  Verunreinigungen  der  Mejonit-Krystalle  durch  oft 
kaum  unterscheidbare  Körper,  die  auch  wohl,  wie  G.  vom  Rath1) 
erwähnt , die  Ursache  der  so  schwankenden  Angaben  gewesen  sein 
dürften,  verlangten  nun  doppelte  Vorsicht  bei  der  Auswahl  des  mir  zu 
Gebote  stehenden  Materials.  Es  repräsentirte  dieses  zahlreiche  kleine 
Mejonit-Krystalle,  die  theils  in  Gruppen  auf  Massen  von  Augit  und 
Hornblende  aufgewachsen  erschienen  , theils  einzeln  mit  kleinen  Augit- 
oder  Hornblendekörnchen  verbunden  wären. 

Fast  durchgehends  erschienen  auch  die  wasserhellsten  Ivrystalle 
mit  feinen  Hornblende-  oder  Augitkörnchen  durchzogen  , wobei  selten 
Glimmerblättchen  fehlten. 

Die  Krystalle  des  Mejonits  zeigten  deutlich  die  gewöhnliche  Com- 
bination  von  00P00  . P . ooP. 

Mit  besonderer  Sorgfalt  wurde  jeder  Krystall  untersucht,  und  da 
sich  hier  die  sonst  oft  beobachtete  Verunreinigung  durch  Anorthit  nicht 
zeigte,  so  war  diese  Mühe  einigermassen  erleichtert.  Fast  jeder  Krystall 
wurde  zersplittert,  dann  wurden  unter  der  Loupe  die  reinsten  Theilchen 
hervorgesucht,  und  endlich  noch  das  ganze  ausgesuchte  Material  mikro- 
skopisch geprüft  und  von  Beimengungen  vollends  gereinigt. 

Auf  diese  Art  gelang  es  mir  erst  nach  geraumer  Zeit  so  viel 
völlig  reine  Mejonit-Krystalle  zu  gewinnen,  als  zu  einer  brauchbaren  Analyse 
erforderlich  ist,  wobei  speciell  auf  den  Wassergehalt , das  Verhältniss 
der  Alkalien  und  das  etwa  vorhandene  Fluor  Rücksicht  genommen 
werden  sollte.  Ich  hatte  jedoch  so  die  Gewissheit,  dass  von  Seite  der 
Verunreinigungen  des  Mejonits  in  meine  Arbeit  kein  Fehler  gelangen 
konnte,  was  bei  den  bisher  bekannten  Arbeiten  kaum  der  Fall  gewesen 
sein  dürfte. 

Das  specifische  Gewicht  dieser  völlig  reinen  Mejonit-Krystalle  ergab 
sich  zu  2-71<>  als  Mittel  zweier  Bestimmungen  von  2*716  und  2*717. 
Bei  jeder  dieser  Bestimmungen  betrug  die  Temperatur  des  verwendeten 
Wassers  Bi0  Celsius. 

Die  chemische  Analyse,  die  nach  der  für  Silicate  gebräuchlichen 
Methode  ausgeführt  wurde,  ergab,  neben  den  bisher  gewöhnlich  ange- 
gebenen Bestandtheilen,  noch  1*01  Proc.  Wasser,  sehr  wenig  Magnesia, 
jedoch  gar  keine  Spur  von  Eisenoxyd. 

Zur  Prüfung  auf  Fluor  wurde  eine  Probe  des  Mejonits  mit  koh- 
lensaurem Natron-Kali  aufgeschlossen,  dann  im  Wasser  gelöst,  hierauf 
mit  kohlensaurem  Ammon  behandelt,  mit  Chlorcalcium  gefällt.  Der 
Niederschlag,  mit  Essigsäure  bis  zur  schwachsauren  Reaction  versetzt, 
löste  sich  vollständig  und  hinterliess  nach  dem  Abdampfen  im  Wasser- 
bade bei  Behandlung  mit  Wasser  nichts  Unlösliches,  wodurch  die  Ab- 
wesenheit von  Fluor  erwiesen  ist. 

Von  ganz  besonderer  Wichtigkeit  war  jedoch  die  Bestimmung  des 
Wassers,  weil  einerseits  dasselbe  im  Mejonit  als  solches  bisher  noch 
nicht  nachgewiesen  wurde,  andererseits  die  als  Glühverlust  angeführten 
Daten , in  dem  Falle  als  man  sie  auch  für  Wasser  hätte  annehmen 
wollen  , viel  zu  gering  erschienen  und  somit  der  Vermuthung  Raum 


')  L.  c.  pag.  7. 


[3] 


Ueber  die  chemische  Zusammensetzung  des  Mejonits. 


53 


bieten,  dass  die  Unvollkommenheit  der  hiebei  angevvendeten  Methoden 
diesen  störenden  Fehler  veranlasste. 

Stromeyer  führt  in  seiner  Untersuchung  des  Mejonits  ’)  an,  dass 
derselbe  bei  starker  Rothglühhitze  im  Platintiegel,  nachdem  er  in  einem 
Glasrohr  bei  Erhitzung  bis  zum  anfangenden  Glühen  keine  Veränderung 
erfahren  hatte,  auch  da  durchaus  unverändert  aus  dem  Feuer  zurückkam, 
so  zwar , dass  die  Krystalle  weder  an  Durchsichtigkeit  etwas  verloren, 
noch  sich  irgend  eine  Spur  von  Schmelzung  zeigte.  Auch  das  Gewicht 
veränderte  sich  fast  gar  nicht,  denn  dasselbe  war  nur  um  (>00025  Gramm 
oder  0’055  Proc.  vermindert  worden,  welchen  Gewichtsverlust  Stromeyer 
wahrscheinlich  nicht  als  durch  das  Glühen  verursacht  annimmt,  sondern 
wohl  eher  als  Beobachtuugsfehler  erklärt. 

G.  vom  Rath  nimmt  in  seiner  Arbeit  über  die  Wernerite *  2)  bei 
allen  Analysen  den  Glühverlust  dann  als  Wasser  an,  wenn  nach  Be- 
handlung kleiner  Stückchen  des  Minerals  in  einer  zugeschmolzenen 
Röhre  Wasser  sublimirte,  und  erklärt  selbst  diesbezüglich  : Partes  vo- 
latiles  numeri  analysium  „aquam“  indicant,  si  particulis  mineralis  in 
tubo  clauso  tractatis  aqua  sublimata  est. 

Den  Glühverlust  erst  dann  als  Wasser  zu  bezeichnen , wenn  die 
Prüfung  des  Minerals  im  Kolben  Wasser  angezeigt  hatte , scheint  mir 
jedoch  aus  dem  Grunde  unstatthaft,  als  mehrere  Minerale  wie  z.  B. 
Euklas,  Lievrit  und  Epidot  erst  in  starker  Glühhitze  ihr  Wasser  abge- 
ben und  somit  die  Temperatur  bei  der  Prüfung  im  Kolben  jedenfalls  unge- 
nügend war,  um  das  chemisch  gebundene  Wasser  abzuscheiden.  Dess- 
halb  glaube  ich  aber  auch,  dass  selbst  bei  den  Werneriten  wo  G.  vom 
Rath  einen  Wassergehalt  angiebt  derselbe  zu  klein  sei,  indem  auch 
da  die  angewandten  Temperaturen  zu  gering  gewesen  sein  dürften,  um 
das  Wasser  vollständig  abzuscheiden. 

Der  von  mir  untersuchte  Mejonit,  den  ich  zweimal  auf  seinen 
Wassergehalt  prüfte , verlor  erst  bei  sehr  hoher  Temperatur  sein 
Wasser  und  darum  möchte  ich  den,  wenn  auch  noch  so  geringen  Ge- 
wichtsverlust, den  Stromeyer  angeführt,  durchaus  nicht  für  einen 
Beobachtungsfehler  beim  Wägen  als  vielmehr  für  einen  wirklichen  Ge- 
wichtsverlust des  Minerals  bezeichnen , der  nur  desshalb  so  gering 
erscheint,  weil  das  Glühen  in  dem  Platintiegel  zu  gering  gewesen  sein 
musste,  und  aus  diesem  Grunde  dann  auch  die  Krystalle  keine  merkliche 
Veränderung  hatten  erleiden  können. 

Bei  meiner  Untersuchung  erhielt  ich  gleich  beim  ersten  10  Mi- 
nuten langen  Glühen  des  Minerals  im  Platintiegel,  in  der  Flamme  des 
Glasbläsertisches,  bis  zur  beginnenden  Weissgluth  einen  Glühverlust  von 
00132  Gr.  oder  0.527  Proc.,  wobei  sich  an  den  Krystallen  bereits  eine 
schwache  Trübung  wahrnehmen  liess.  Bei  jedem  weiteren,  ebenso  langen 
Glühen  nahm  das  Gewicht  fast  immer  um  0'005  Gr.  ab,  und  erst  nach 
mehrfach  wiederholtem  Glühen  blieb  dasselbe  constant.  Dabei  nahm  die 
Trübung  der  früher  wasserhellen  Krystalle  immer  mehr  zu , bis  sie 


0 Stromeyer,  Untersuchungen  über  die  Mischung  der  Mineralkörper.  I.  Bd. 
pag.  380. 

2)  De  compositione  et  destructione  Werneritis  fossilis.  pag.  20. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1875.  2.  Heft,  (Seminar.) 


8 


E.  F.  Neminar. 


54 


[4] 


endlich  vollständig  trübe  und  hiebei  äusserst  zähe  wurden,  ohne  jedoch 
eine  Spur  von  Schmelzung  zu  zeigen. 

Es  erhellt  nun  hieraus  mit  Evidenz , dass  diese  Veränderung  im 
Aggregationszustande,  herbeigeführt  durch  den  Glühverlust,  nur  in 
einer  Veränderung  der  chemischen  Zusammensetzung  des  Minerals  be- 
gründet sein  konnte,  und  dass  demnach  die  durch  das  Glühen  flüchtig 
gewordenen  Bestandtheile  chemisch  gebunden  gewesen  sein  mussten. 

Bei  nachheriger  Prüfung  einer  neuen  Probe  des  Mejonits  im  Pla- 
tinrohr direct  auf  Wasser  nach  der  von  E.  Ludwig,  in  seiner  be- 
kannten Arbeit  über  „Die  chemische  Formel  des  Epidots“1),  angegebenen 
Methode  ergab  sich  der  Glühverlust  als  Wasser  von  P01  Proc.  das  somit 
chemisch  gebunden  war  und  durch  den  Austritt  die  schon  erwähnte  Ver- 
änderung im  Aggregationszustande  des  Minerals  herbeigeführt  hatte. 

Zwar  war  der  nach  dieser  directen  Bestimmungsmethode  erhaltene 
Wassergehalt  geringer  als  der  Glühverlust , eine  zweite  Bestimmung 
ergab  jedoch  einerseits  dasselbe  Resultat,  andererseits  fand  ich,  da  das 
nach  der  Wasserbestimmung  noch  im  Tigel  bis  zum  constanten  Gewichte 
geglühte  Material  auch  zu  einer  Alkalienbestimmung  verwendet  wurde, 
dass  durch  das  continuirliche  starke  Glühen  ein  Theil  der  Alkalien  sich 
verflüchtigt  hatte. 

Um  bei  dieser,  für  die  chemische  Zusammensetzung  des  Mejonits, 
so  wichtigen  Bestimmung  des  Wassers  durch  directe  Ermittelung  auch 
jedem  anderen  Einwande  im  Vorhinein  zu  begegnen , will  ich  noch 
erwähnen,  dass  ich  das  feingepulverte  Material  erst  dann  zu  dieser  Be- 
stimmung verwendet  hatte,  nathdem  es  wiederholt  bei  einer  Temperatur 
von  100°  Cels.  getrocknet  wurde  und  das  Gewicht  constant  geworden 
war.  Ebenso  verwendete  ich  ein  mit  frischem  Cldorkalcium  gefülltes 
Rohr  zum  Aufsammeln  des  Wassers,  und  begann  das  Mineral  in  dem 
Platinrohr  erst  dann  zu  erhitzen , nachdem  ich  mich  überzeugt  hatte, 
dass  der  Apparat  überall  vollständig  schliesse. 

Nach  den  bisher  angeführten  Ergebnissen  meiner  Untersuchung 
glaube  ich  nun  dargelegt  zu  haben,  dass  der  Mejonit  Wasser  enthalte, 
das  nicht  etwa  ein  accessorischer  Bestandtheil  ist,  sondern  die  chemische 
Zusammensetzung  des  Minerals  begründe,  und  somit  die  Einreihung 
des  Mejonits  in  die  Ordnung  der  wasserfreien  Silicate  eine  unbegrün- 
dete sei. 

Es  dürfte  wohl  dieser  Behauptung,  mit  der  ich  bis  jetzt  nur  allein 
hervortrete,  nicht  an  Gegnern  fehlen,  doch  möchte  ich  gleich  hier  er- 
wähnen, dass  es  schon  bei  mehreren  Mineralen,  die  man  früher  für 
absolut  wasserfrei  hielt,  in  letzterer  Zeit  gelungen  ist,  einen  Wasser- 
gehalt nachzuweisen,  wie  z.  B.  E.  Ludwig  in  seiner  schon  erwähnten 
Arbeit  mit  Evidenz  nachwies,  dass  der  Epidot  wasserhaltig  sei.  Ebenso 
verhält  es  sich  auch  mit  dem  Euklas  und  Lievrit. 

Im  Folgenden  will  ich  nun  die  Ergebnisse  der  einzelnen  Bestim- 
mungen aufzählen  : 


')  Tschermak’s  Mineralogische  Mittheilungen  1873.  3.  Heft.  pag.  188. 


[5] 


Ueber  die  chemische  Zusammensetzung  des  Mejonits. 


55 


I.  a)  10315  Gramm  bei  100°  Celsius  getrockneter  Substanz  ga- 
ben : 0"4473  Gr.  Kieselsäure,  0-3311  Gr.  Thonerde, 

0'2217  Gr.  Kalk  und  0*0032  Gr.  Magnesia. 

b)  09047  Gr.  Substanz  gaben:  0*0 111  Gr.  Chlorkalium  und 
0 0231  Gr.  Chlornatrium. 

c)  1 0437  Gr.  bei  100°  Cels.  bis  zum  constanten  Gewichte 
getrockneter  Substanz  gaben  beim  Glühen  im  Platinrohr 
0 0105  Gr.  Wasser. 

II.  a)  11414  Gr.  Substanz  gaben  im  Platinrohr  geglüht:  00116 
Gr.  Wasser. 

b)  1-0948  Gr.  derselben,  aber  noch  bis  zum  constanten  Ge- 
wichte im  Platintiegel  geglühten,  Substanz  gaben  : 0 2345  Gr. 
Kalk,  0*0123  Gr.  Chlorkalium  und  0*0164  Gr.  Chlornatrium, 
also  um  0 0055  Gr.  Chloralkalien  weniger  als  bei  der  Be- 
stimmung mit  ungeglühter  Substanz. 

In  Procenten  ausgedrückt  geben  diese  Daten  folgende  Zusammen- 
setzung des  Mejonits : 


Kieselsäure  ■ • 

I. 

• • • 43*36 

II. 

Mittel 

43-36 

Thonerde  • • • 

- • • 32*09 

— 

32-09 

Kalk 

• • • 21*49 

21*42 

21-45 

Magnesia  • • • 

• • 0-31 

— 

0*31 

Natron  • ■ • • 

• • • 1*35 

— 

1*35 

Kali  • • • 

• • • 0*76 

— 

0-76 

Wasser  .... 

• • • 1*01 

1*02 

1-01 

100-33 


Die  Daten  der  Alkalien  von  der  zweiten  Bestimmung  konnten 
desshalb  nicht  in  Rechnung  gebracht  werden,  weil,  wie  bereits  erwähnt, 
ein  Theil  derselben  bei  dem  Glühen  im  Tiegel  sich  verflüchtigte. 

Für  die  einzelnen  Elemente  ergiebt  sich  aus  diesen  Mittelzahlen: 


Silicium  • • • 

• 20-23 

Aluminium  ■ • 

• 17*38 

Calcium  - 

• 15*32 

Natrium  • • • 

• 1*00 

Kalium  • • • 

• 0*63 

Wasserstoff  • • 

• 0*11 

Sauerstoff  • • 

- 45-74 

Durch  Rechnung  findet  man  hieraus  folgendes  Atomenverhältniss : 
Silicium  • • • • 0‘722  oder  13 

Aluminium  • • • 0*632  „ 11 

Calcium  • • • • 0‘383  „ 7 

Natrium  • • • • 0 0431  . 

Kalium  • • • • 0*016j  ” 

Wasserstoff  • • -0-112  „ 2 

Sauerstoff  • • • 2*859  „ 52 

Bei  der  Berechnung  dieser  Verlniltnisszahlen  habe  ich  Kali  und 
Natron  als  isomorph  angenommen  und  die  geringe  Menge  von  Mag- 
nesia nicht  berücksichtigt,  da  sie  wohl  keine  wesentliche  Aenderung  in 
der  Formel  herbeifuhren  könnte. 


8* 


56  E.  F.  Neminar.  Ueber  die  chemische  Zusammensetzung  d.  Mejonits. 


Tschermak  betont  zwar  in  seiner  bekannten  Arbeit  über  die 
Feldspathe  *)  ausdrücklich,  dass  bei  den  Feldspathen  ebenso  wie  in 
vielen  anderen  Fällen,  Kali  und  Natron,  obwohl  von  ähnlicher  chemi- 
scher Zusammensetzung  durchaus  nicht  isomorph  seien.  Da  jedoch  der 
Gehalt  au  Kali  hier  nur  ein  geringer  ist,  so  glaube  ich  durch  die  An- 
nahme der  Isomorphie  von  Kali  und  Natron  keinen  störenden  Fehler 
begangen  zu  haben. 

Ganz  gewiss  müsste  aber  die  an  sich  ganz  unbegründete  Annahme 
einer  isomorphen  Vertretung  von  Kalkerde,  Magnesia,  Eisenoxydul  etc. 
durch  Kali,  Natron  eine  Unrichtigkeit  in  der  Formel  hervorrufen. 

Tschermak  hat  demnach  schon  in  seiner  oben  erwähnten  Ar- 
beit ’j  verlangt,  man  solle  diese  unrichtige  Annahme  fallen  lassen  und 
später  in  der  Arbeit  „über  die  Aufgaben  der  Mineralchemie“ *  2)  mit 
Evidenz  die  Unhaltbarkeit  dieser  Annahme  nachgewiesen. 

Alle  nach  den  bisherigen  Untersuchungen  des  Mejonits  für 
diesen,  und  die  Wernerite  überhaupt,  aufgestellten  Formeln  sind  auf 
Grund  dieser  und  der  von  B e r z e 1 i u s’  Zeit  überkommenen  noch  mehr 
störenden  Annahme,  dass  nämlich  die  den  einzelnen  Elementen  zuge- 
theilten  Sauerstoffmengen  in  einem  einfachen  Verhältnisse  stehen,  be- 
rechnet worden.  Zwar  zeichneten  sich  solche  Formeln,  gegenüber  den 
auf  atomistischer  Grundlage  aufgestellten,  durch  ihre  grosse  Einfachheit 
aus,  dafür  waren  sie  aber  unrichtig. 

Die  nach  meiner  Analyse  berechneten  Zahlen  der  Atomenverhält- 
nisse  führen  zur  folgenden  empirischen  Formel : 

26  Si02 . 11  A1203 . 14  CaO  . Na20 . 2H20. 

Da  wie  bereits  erwähnt,  Kalkerde  durch  Kali  und  Natron  nicht 
isomorph  vertreten  werden  kann,  so  lässt  sich  diese  Formel  nicht  ver- 
einfachen. Dagegen  liegt  jedoch  nach  den  Erfahrungen  bei  den  Feld- 
spathen, die,  wie  Tschermak  gezeigt  hatte,  eine  Mischung  zweier 
Silicate  sind,  die  Vermuthung  nahe,  dass  auch  hier  ein  Kalk-  und 
Natron-Silicat  isomorph  gemischt  sein  könnten. 

Wenn  ich  nun  annehme,  dass  das  Natron-Silicat  im  Uebrigen  ähn- 
lich zusammengesetzt  wie  bei  den  Feldspathen,  jedoch  wasserhaltig  sei, 
so  würde  sich  meine  empirische  Formel  folgendermassen  zerlegen  lassen : 

2(10SiÜ2  . 5A1203 . 7 CaO)  Kalksilicat, 

(6Si02  . A1203  , Na20 . 2H20)  Natronsilicat. 

Allerdings  lässt  sich  eine  solche  Vermuthung  nicht  durch  eine  einzige 
Untersuchung  erweisen,  es  müsste  diese  vielmehr  auf  ganze  Gruppen 
ausgedehnt  werden,  so  wie  es  Tschermak  in  seiner  umfassenden 
Arbeit  über  die  Feldspathe  gethan  hatte. 


‘)  Tschermak,  die  Feldspäthgruppe.  Berichte  der  k.  Wiener  Akademie  der 
Wissenschaften.  Bd.  L.  1864. 

2)  Tschermak’s  Mineralogische  Mittheilungen  1871.  2.  Heft 


III.  Bericht  über  die  vulkanischen  Ereignisse  des 

Jahres  1874. 

Von  Prof.  Dr.  €.  W.  C.  Fuchs. 


A.  Eruptionen. 

Die  Eruptionsthätigkeit  der  Vulkane  war,  soviel  bekannt  gewor- 
den, auch  in  dein  Jahre  1874  nicht  bedeutend.  Unter  den  hinreichend 
beobachteten  Vulkanen  war  am  thätigsten  der 

Aetna. 

Schon  im  Anfänge  des  Jahres,  am  6.  und  7.  Januar,  hatte  der- 
selbe eine  sehr  kurze,  aber  nicht  ganz  unbeträchtliche  Eruption,  indem, 
nach  heftigen  Erdbeben,  an  den  genannten  Tagen  Lava  ergossen  wurde, 
die  sich  bis  in  die  bewohnten  Regionen  ausbreitete.  Der  Berg  scheint 
dann  bis  in  den  Monat  Mai  ruhig  gewesen  zu  sein  und  darauf  die  Thä- 
tigkeit  von  neuem  begonnen  zu  haben.  Die  Explosionen  waren  zahlreich, 
die  glühenden  Schlacken  fielen  aber  fast  alle  in  den  Krater  zurück 
und  erleuchteten  dabei  in  der  Nacht  seine  inneren  Wände  weithin 
sichtbar. 

Anfangs  August  hatte  sich  in  der  Mitte  des  grossen  Kraters  ein 
kleiner  Krater  gebildet,  der  nach  je  vier  Sekunden  Schlacken  empor- 
schleuderte und  bei  jeder  Explosion  die  steilen  Seitenwände  des  Haupt- 
kraters mit  magischem  Halblicht  übergoss.  Die  seltsam  gestalteten, 
rothglühenden  Lavabrocken  tanzten  graziös  bis  zu  einer  Höhe  von  70 
Fuss  und  fielen  dann,  anfangs  langsam,  später  rascher,  in  den  Schlund 
zurück.  Während  dieser  Vorgänge  herrschte  ein  gewaltiger  Sturm  in 
der  Umgebung  des  Kraters , als  wenn  die  Luft  von  dem  Krater  aus 
radial  gegen  die  Wände  geschleudert  würde.  Jeder  Explosion  folgte  ein 
Windstoss,  indem  dadurch  plötzlich  die  Luft  verdrängt  wurde. 

Die  Thätigkeit  ging  in  der  Nacht  vom  29—30.  August  in  eine 
förmliche  Eruption  über. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1876.  2.  Heft.  (Fucli6.) 


58 


C.  W.  C.  Fuchs. 


[2] 


Um  4 Uhr  Morgens  wurde  der  Ort  Randazzo  und  die  ganze 
nördliche  Hälfte  des  Aetnagebirges  unter  heftigem  unterirdischem  Don- 
ner von  zwei  starken  Erderschütterungen  betroffen.  Schwarze,  dichte 
Rauchwolken  stiegen  aus  dem  Abhange  auf,  die  sich  von  einzelnen 
Stellen  zeitweise  als  eine  ganze  Reihe  von  Rauchsäulen  darstellten.  Sie 
überschütteten  den  nördlichen  Theil  mit  Sand  und  Schlacken.  Das  Ganze 
glich  einer  auf  einmal  entzündeten  Masse  von  Feuerwerk , aus  dem 
eine  Menge  Raketen  über  die  Glut  der  übrigen  Feuerkörper  in  die  Luft 
stiegen. 

Sieben  Stunden  dauerte  dies  schaurig  erhabene  Schauspiel.  Von 
11  Uhr  an  wälzten  sich  nur  noch  Rauchwolken,  denen  des  Hauptkra- 
ters ähnlich,  empor.  Am  2.  September  fiel  Asche  in  Catania;  allein 
schon  vom  3.  September  an  sah  man  kein  Feuer  mehr  und  hörte  keinen 
Donner. 

Bei  den  zwei  ersten  heftigen  Erdstössen  der  Eruption  spaltete  sich 
der  Kegelmantel  in  einer  Höhe  von  2450  Meter  auf  eine  Strecke  von 
fünf  Kilometer;  es  entstand  dadurch  eine  grosse  Kluft,  rechts  und  links 
von  mehreren  Nebenspalten  begleitet. 

Dieselben  liegen  östlich  von  den  Eruptionskegeln  des  M.  Grigio 
und  M.  Pizillo  und  richten  sich  gegen  den  M.  nero.  Die  grosse  Haupt- 
spalte begann  am  Cratere  ellitico , dem  nördlichen  Rande  des  Gipfel- 
plateaus und  zog  sich  in  südnördlicher  Richtung  bis  zu  den  alten 
Eruptionskegeln  der  Timpa  rossa.  Die  Kraft,  durch  welche  die  Spalte 
aufsprang,  wirkte  ungefähr  in  der  Mitte  des  gewaltigen  Risses,  zwischen 
den  Schlackenhügeln  i fratelli  pii  und  dem  M.  grigio  am  stärksten. 
Hier  beträgt  ihre  Breite  50 — 60  Meter , während  sie  weiter  abwärts 
auf  30,  20,  15,  5 und  3 Meter  sich  verschmälert. 

An  der  breitesten  Stelle  der  Spalte  bildete  sich  auch  ein  Krater- 
schlund, der  durch  Schlackenauswurf  sich  schnell  zu  einem  Eruptions- 
kegel aufbaute,  dessen  elliptischer  Krater  mit  seiner  grossen  Axe  in 
der  Richtung  der  Spalte  liegt.  Seine  relative  Höhe  beträgt  50  Meter, 
der  Umfang  am  oberen  Rande  300  und  an  der  Basis  860  Meter.  Der 
mittlere  Durchmesser  des  Kraters  ist  100  Meter. 

Dieser  Eruptionskegel  besteht  aus  labradorreichen  Lavablöcken 
von  hellgrauer  Farbe,  die  aus  der  vorhistorischen  Thätigkeit  des  Vul- 
kans stammen.  Diese  alten,  hellgefärbten  Lavablöcke  sind  zuweilen  von 
einer  Schale  neuer,  augitreicher  Lava  umhüllt.  Rings  um  den  Krater, 
bis  in  eine  Entfernung  von  500  Meter,  finden  sich  diese  Blöcke,  welche 
durch  ihre  Farbe  sich  sehr  auffallend  von  den  neuen  dunkeln  Erup- 
tions-Producten  unterscheiden.  Der  trichterförmige  Schlund  des  Kraters 
führt  zu  einer  schachtähnlichen  Spalte,  deren  Tiefe  das  Auge  nicht 
erreicht ; soweit  man  sehen  kann  , erblickt  man  übereinandergelagerte 
Lavabänke. 

Von  dem  eben  beschriebenen  neuen  Eruptionskegel  gegen  Norden,  also 
abwärts  am  Gehänge  , zieht  sich  die  Spalte  zunächst  500  Meter  weit 
durch  einen  alten,  einer  Eruption  des  vorigen  Jahrhunderts  angehörigen 
Lavastrom.  Auf  dieser  Strecke  erheben  sich  zehn  tiefe  Eruptions- 
schlünde , von  denen  die  oberen  einen  Kraterdurchmesser  von  25  bis 


[3] 


Bericht  über  die  vulkanischen  Ereignisse  des  Jahres  1874 


59 


30  Meter , die  anderen , mehr  nördlich  gelegenen  , einen  solchen  von 
10  Meter  besitzen. 

Auf  der  nördlichen  Fortsetzung  derselben  grossen  Spalte  haben 
sich,,  in  fünf  Gruppen  geordnet,  noch  25,  zum  Theil  nur  kleine  Schlünde 
geöffnet , aus  denen  Rauch  und  Schlucken  kamen.  Der  neue  grosse 
Kegel  und  die  Oeffnungen  der  vier  Gruppen  ergossen  mächtige  Lava- 
ströme, gewöhnlich  brachen  dieselben  jedoch  nur  in  Intervallen  hervor 
und  erreichten  darum  auch  nicht  die  Wohnungen  von  Linguagrossa, 
gegen  die  sie  gerichtet  waren. 

Der  Strom  aus  den  beiden  Eruptions  - Oeffnungen  der  vierten 
Gruppe  ist  150  Meter  lang , 60  Meter  breit  und  2 Meter  dick.  An 
dem  Strom  von  1809  hielt  er  an  und  zersplitterte  sich.  Aus  den 
Oeffnungen  der  fünften  Gruppe  floss  ein  Strom  4000  Meter  lang , 80 
Meter  breit  und  2 Meter  dick  und  sandte  noch  zwei  Arme  gegen 
Westen. 

Nach  der  Berechnung  von  Silvestri  warf  der  grosse  Krater  des 
neuen  Kegels  an  Lava  und  Blöcken  eine  Masse  von  1,269.000  Kubik- 
meter aus.  Die  von  der  vierten  Gruppe  erzeugte  Gesteinsmasse  schätzt 
er  auf  18.000  Kubikmeter  und  die  der  fünften  Gruppe  auf  64.000  Ku- 
bikmeter. 

Die  neue  Lava  ist  schlackig,  sehr  augitreich,  schwarz,  zuweilen 
von  metallähnlichem  Glanz  und  magnetisch.  Das  specifische  Gewicht 
beträgt  2\364.  Die  Fumarolen-Oeffnungen  dieser  Lava  sind  meist  mit 
zierlichen  Sublimations-Producten  bekleidet. 

Ausser  dieser  radialen  Hauptspalte,  welche  durch  eine  Fumarolen- 
Linie  bis  an  den  Fuss  des  Central -Kraters  sich  verfolgen  liess  und  in 
ihrer  nördlichen  Fortsetzung  auf  den  alten  Eruptionskegel  von  Moja 
treffen  würde , entstanden  sehr  zahlreiche  kleinere , t.heils  zur  Seite, 
parallel  der  grossen  Spalte  , theils  an  den  Punkten  grösster  Intensität 
vulkanischer  Kraft  von  derselben  ausstrahlend. 

Am  12.  September  war  die  Eruption  gänzlich  vorbei  und  nur 
schwache  Rauchsäulen  stiegen  noch  aus  den  Oeffnungen  auf,  wachsend 
und  abnehmend  mit  dem  Rauch  des  Central-Kraters.  Dieser  Central- 
Ivrater  beendigte  seine  im  Mai  begonnene  eruptive  Thätigkeit  ebenfalls 
mit  dem  Seitenausbruch  vom  29.  August.  Der  Ausbruch  hatte  mit 
allen  Anzeichen  einer  grossen  Eruption  begonnen,  erlosch  aber  trotzdem, 
sobald  die  vulkanischen  Kräfte  zum  Durchbruch  gelangt  waren. 

Vesuv. 

Der  Vesuv , welcher  in  der  zweiten  Jahreshälfte  von  1873  in 
etwas  erregter  Thätigkeit  begriffen  war , rauchte  auch  in  den  ersten 
Monaten  des  Jahres  1874  stark.  Im  März  bemerkte  man,  dass  die  aus 
Blöcken  aufgebaute  Lavamauer,  welche  seit  27.  April  1872  den  grossen 
Gipfelkrater  in  zwei  Theile  trennte,  zusammengestürzt  war  und  der 
Krater  sich  dadurch  fast  vollständig  ausgefüllt  hatte,  doch  verhinderte 
die  Dampfentwicklung  einen  klaren  Einblick  in  den  Zustand  des  Kra- 
ters. In  der  Nacht  zum  18.  Juli  fand  ein  kleiner  Ausbruch  statt,  wo- 
durch man  eine  Zeit  lang  das  Observatorium  und  das  Dorf  Santo  Jorio 
für  bedroht  ansehen  musste. 


60 


C.  W.  C.  Fuchs. 


[4] 


Stromboli. 

Die  unausgesetzte  Thätigkeit  des  Stromboli  zeichnete  sich  im 
Juni  durch  besondere  Lebhaftigkeit  aus,  indem  die  glühenden  Schlacken 
bis  an  die  Meeresküste  geschleudert  wurden. 

Ruwang. 

Es  wurde  gemeldet,  dass  Mitte  Mai  unter  heftigem  Erdbeben  ein 
Ausbruch  des  der  Insel  Menado  gegenüberliegenden  Vulkans  Ruwang 
stattgefunden  habe,  wodurch  eine  ganze  Negeransiedlung  mit  mehr  als 
300  Personen  von  dem  Meere  fortgerissen  wurde. 

Forsi  yama. 

In  Japan  fand  am  8.  Februar  die  Eruption  eines  Vulkanes  statt. 
Der  Berg  wird  als  Forsi  yama  bezeichnet.  Es  dürfte  dies  die  locale 
Bezeichnung  eines  besonderen  Gipfels  oder  Kraters  eines  unter  anderem 
Namen  bekannten  Vulkans  sein  , wenn  nicht  der  Name  Fusino  yama 
missverstanden  und  verändert  ist. 


Mäni. 

Bisher  glaubte  man,  dass  unter  der  Gruppe  der  Sandwich-Inseln 
nur  Ilawa'i  noch  thätige  Vulkane  enthalte.  Im  Jahre  1874  hat  man 
jedoch  auch  auf  der  Insel  Mäni,  welche  54  Meilen  lang  und  21  Meilen 
breit  ist  und  deren  höchste  Gipfel  bis  nahe  zu  14.000  Fuss  aufsteigen, 
einen  Vulkan  aufgefunden,  der  noch  gegenwärtig,  wenn  auch  nur  in 
schwacher  vulkanischer  Thätigkeit  begriffen  ist.  Derselbe  ist  im  Solfa- 
taren-Zustand  und  durch  seine  schwefelreichen  Exhalationen  ausge- 
zeichnet. 

Volcano. 

Die  bekannte  Insel  Volcano  unter  der  Gruppe  der  Liparen  hatte 
zuletzt  im  Jahre  1786  einen  aus  Obsidian  bestehenden  Lavastrom  er- 
gossen und  war  seitdem  nur  in  lebhafter  Solfataren-Thätigkeit  begriffen. 
Vom  20.  September  bis  20.  October  1873  erfolgte  jedoch  wieder  ein 
Ausbruch  von  Rapilli  und  Asche.  Man  sah  Feuerschein  aus  einem  neu- 
gebildeten Schlunde  innerhalb  des  grossen  Kraters  und  hörte  unter- 
irdischen Donner  während  der  Erderschütterungen.  Schwächere  Erup- 
tions-Erscheinungen setzten  sich  noch  bis  über  die  Mitte  des  Jahres 
1874  fort. 


[5] 


Bericht  über  die  vulkanischen  Ereignisse  des  Jahres  1874. 


61 


B.  Erdbeben.  *) 

Die  statistische  Zusammenstellung  der  bekannt  gewordenen  Erd- 
beben aus  dem  Jahre  1874  ergiebt  für  die  einzelnen  Monate  folgende 
Resultate : 

Januar. 

6.  Januar.  Um  4 Uhr  Morgens  Erdbeben  in  Darmstadt. 

6.  Januar.  Viele . zum  Theil  sehr  heftige  Erderschütterungen  am 
Aetna.  Dieselben  leiteten  den  am  7.  Januar  beginnenden  kleinen  Aus- 
bruch des  Vulkans  ein  und  wiederholten  sich  häufig. 

6.  Jan.  Um  6 Uhr  Morgens  zu  Gyorok  und  Kuvia  in  Ungarn 
ein  Erdbeben. 

7.  Jan.  Heftiger  Erdstoss  in  Campobasso  (Neapel). 

7.  Jan.  In  Algier  ein  Erdstoss. 

17.  Jan.  Nachts  ein  Erdstoss  in  Athen. 

21.  Jan.  Abends  HV2  Uhr  in  Reichenau  (Niederösterreich)  eine 
Erderschütterung,  der  8 Min.  später  eine  zweite  folgte. 

22.  Jan.  Mehrere  Erderschütterungen  zu  Bagneres  de  Bigorre,  die 
sich  seit  dem  letzten  Erdbeben  daselbst  häufig  wiederholen.  Wenn  die 
Zeitungsangabe  richtig  verstanden  ist,  so  wiederholen  sich  die  Erd- 
erschütterungen an  diesem  Orte  seit  26.  November  1873  häufig. 

24.  Jan.  Bei  Nassenfuss , in  der  Nähe  von  Laibach,  fand  Nach- 
mittags ein  Erdbeben  mit  Donnergetöse  statt  und  wiederholte  sich  spä- 
ter nochmals. 

25.  Jan.  Abermals  Erdbeben  zu  Nassenfuss  um  7 Uhr  45  Min. 
und  so  heftig,  dass  die  solidesten  Häuser  erschüttert  wurden.  Die  Rich- 
tung ging  von  SW.  nach  NO.  und  einige  Minuten  später  folgten  noch 
zwei  Stösse.  Nachts  12  Uhr  ereignete  sich  ein  vierter  Stoss,  so  stark 
wie  der  erste. 

30.  Jan.  Abends  6 Uhr  zu  Lesina  und  Lissa  und  den  umgeben- 
den Inseln  (Dalmatien)  Erdstösse  8 — 10  Sekunden  lang  von  S.  gegen 
N.,  wellenförmig  sich  fortpflanzend.  Gegen  8 Uhr  Abends  wiederholten 
sich  die  Stösse  schwächer,  aber  mit  donnerähnlichem  Getöse,  wobei  man 
besonders  drei  dumpfe  Schläge  unterscheiden  konnte. 

31.  Jan.  Um  Mitternacht  vom  30 — 31.  Jan.  trat  in  Belluno  ein 
ziemlich  heftiger  Erdstoss  ein. 


Februar. 

1.  Februar.  Nachts  Erderschütterungen  in  Nassenfuss  von  SW. 
nach  NO. 

2.  Febr.  Um  8 Uhr  15  Minuten  mehrere  Erderschütterungen  in 
Nassenfuss. 

3.  Febr.  Abermals  Erdbeben  in  Nassenfuss. 


*)  Auch  in  diesem  Jahre  verdanke  ich  wieder  der  Güte  des  Herrn  Professor 
A.  Perr  ey  sehr  schätzenswerthe  Mittheilungen  über  die  in  Frankreich  vorgekom- 
menen Erdbeben. 


Mineralogische  Mitteilungen.  1875.  2.  Heft.  (Puchs.) 


9 


62 


C.  W.  C.  Fuchs.  [6] 

4.  Febr.  Morgens  6 Uhr  sehr  heftiges  Erdbeben  in  Manila,  das 
sich  um  1 Uhr,  2 und  7 Uhr  Nachmittags  wiederholte. 

5.  Febr.  Fortdauernde  Erderschütterungen  in  Manila. 

8.  Febr.  Erdbeben  in  Japan  in  Verbindung  mit  dem  grossen 
Ausbruch. 

10.  Febr.  Morgens  5 Uhr  20  Min.  heftiger  Erdstoss  in  Stuttgart 
mit  schwächeren  Wiederholungen.  Die  starken  Erschütterungen  wurden 
auch  in  Mannheim,  Heidelberg,  Darmstadt,  Frankfurt,  Saarbrücken, 
Karlsruhe,  Pforzheim,  Tauberbischofsheim  gespürt  und  erstreckten  sich 
demnach  ungefähr  über  denselben  Flächenraum,  wie  mehrere  der  letzten 
starken  Erdbeben  des  westlichen  Odenwaldes. 

11.  Febr.  Kurz  vor  11  Uhr  schwache  Erderschütterung  in  Blidah 
(Algier). 

12.  Febr.  Nachts  2 Uhr  10  Min.  zwei  leichte,  rasch  aufeinander- 
folgende Erdstösse  in  Darmstadt  von  SW.  nach  NO , je  drei  Sekunden 
lang,  mit  dumpfem,  dem  Rollen  eines  Wagens  ähnlichen  Getöse. 

15.  Febr.  Erdbeben  in  einigen  Gegenden  von  Ober-Italien  wäh- 
rend 5 oder  6 Sekunden,  in  der  Richtung  von  SW.  nach  NO. 

16.  Febr.  Morgens  51/2  Uhr  ziemlich  starke  Erderschütterung  von 
14  Sekunden  in  Darmstadt. 

18.  Febr.  In  der  Nacht  drei  Erdstösse  in  Tübingen.  Der  erste 
und  schwächste  zwischen  10  und  11  Uhr,  der  zweite  und  stärkste  etwa 
um  1 1 1/2  und  der  dritte  um  Mitternacht. 

20.  Febr.  Abends  kurz  nach  7 Uhr  ziemlich  starker  Erdstoss  in 
Zürich,  so  dass  Bilder  an  den  Wänden  sich  bewegten.  Rn  Thale  war 
zu  dieser  Zeit  die  Luft  ganz  ruhig;  auf  den  Höhen,  z.  B.  dem  Uetli- 
berge,  herrschte  rasender  Föhn. 

25.  Febr.  Morgens  Erdbeben  zu  Camerino  und  mehreren  Orten 
Ober-Italiens  von  0.  nach  W, 

„28.  Febr.“  Unter  diesem  Datum  ward  aus  Athen  berichtet,  dass  in 
voriger  Woche,  also  zwischen  15.  und  22.  Febr.  leichte  Erderschütte- 
rungen auf  der  Insel  Zante  stattfanden. 

März. 

6.  März.  Morgens  9 Uhr  10  Min.  ziemlich  heftiger  Erdstoss  von 
W.  nach  0.  in  Samobor  (Croatien). 

11.  März.  Morgens  7 Uhr  55  Min.  wellenförmiges  Erdbeben  in 
Arena  di  Taggia  (Apulien)  5 Sekunden  laug ; um  8 Uhr  abermals  ein 
Erdstoss. 

16.  März.  Bei  Laon  in  Frankreich  mehrere  Erdstösse. 

17.  März.  Morgens  11  Uhr  38  Min.  wieder  zwei  leichte  Erdstösse 
in  Arena  di  Taggia. 

20.  März.  Abends  bald  nach  10  Uhr  starkes  Erdbeben  in  Bern- 
dorf (Niederösterreich)  mit  schwachem  Donner.  In  Baden  und  Potten- 
stein schwankten  Luster  und  Bilder;  in  Wiener-Neustadt  war  die 
Richtung  von  SW.  nach  NO.  und  die  Schwankungen  dauerten  4 Sek. 

20.  März.  Um  3 Uhr  2 Min.  ein  zwei  Sek.  anhaltendes  Erdbeben 
in  Jülich. 


[7] 


Bericht  über  die  vulkanischen  Ereignisse  des  Jahres  1874. 


63 


20.  März.  Morgens  10  Uhr  59  Min.  schwache  Erderschütterung 
zu  Abbadia  bei  Hendaye  (Basses  Pyrenees),  ungefähr  12  Sekunden  lang. 

21.  März.  Morgens  8 Uhr  zu  St.  Peter  an  der  österr.  Südbahn 
und  in  Dornegg  bei  Ulyrisch-Feistritz  starkes,  wellenförmiges  Erdbeben 
mit  Getöse,  von  S.  nach  N.  Um  23/4  Nachmittags  wiederholte  sich  das- 
selbe schwächer. 

26.  März.  Morgens  7 Uhr  und  8 Uhr  50  Min.  zwei  leichte  Erd- 
stösse  in  Belluno. 

27.  März.  Abends  10  Uhr  25  Min.  abermals  Erdbeben  zu  Dornegg 
bei  Ulyrisch-Feistritz. 

28.  März.  Morgens  11  Uhr  12  Min.  und  11  Uhr  20  Min.  in  Algier, 
Cherchell,  Miliannata  und  einem  grossen  Theil  von  Algerien  zwei  Erd- 
erschütterungen von  N.  gegen  S.  sich  fortpflanzend;  die  eiste  Erschüt- 
terung, welche  stärker  war,  dauerte  7 — 10  Sekunden. 

29.  März.  Abermals  Erdstösse  in  einem  grossen  Theil  von  Al- 
gerien. In  Cherchell  und  Miliannata  haben  die  Häuser  Sprünge  erhalten. 

April. 

9.  April.  Erderschütterung  in  Belluno. 

10.  April.  Mehrere  Erderschütterungen  in  Belluno. 

11.  April.  Um  Mitternacht  abermals  Erdbeben  in  Algier. 

13.  April.  Morgens  3 Uhr  in  Framersheim  (Rheinhessen)  Erd- 
erschütterung von  0.  nach  W.  mit  starkem  Getöse. 

13.  April.  Morgens  11  Uhr  wiederholte  Erdersckütterungen  in  Algier. 

14.  April.  Nachmittags,  10  Min.  vor  2 Uhr  Erderschütterung  in 
Bonn  mit  Getöse  verbunden , aber  von  sehr  kurzer  Dauer , jedoch  so 
stark,  dass  die  Wände  zitterten. 

15.  April.  Morgens  1 Uhr  abermals  Erdstoss  in  Algier. 

16.  April.  Erdbeben  in  Fünfkirchen  (Ungarn);  noch  stärker  war 
dasselbe  in  Devecser  im  Baranyer  Comitat. 

18.  April.  Morgens  11  Uhr  31  Min.  vier  Erdstösse  rasch  nach- 
einander in  Parma. 

22.  April.  Morgens  3 Uhr  24  Min.  Erdstoss  von  0.  nach  W.  von 
1 1/2  Sekunden  in  Eisenerz,  so  dass  Gläser  klirrten. 

23.  April.  Nachts  in  Saintes  und  Jonzac  in  Frankreich  ziemlich 
starker  Erdstoss. 

29.  April.  Erdbeben  von  SW.  nach  NO.  in  Kebban  - Maden 
37°  51 ' n.  Br.,  31°  29'  ö.  v.  F.  und  in  der  Umgebung  von  Diarbekir. 
Dasselbe  fand  um  12  Uhr  45  Min.  statt,  war  mit  unterirdischem  Ge- 
töse gleich  dem  Rasseln  eines  schweren  Wagens  verbunden  und  wieder- 
holte sich  mehrfach  im  Laufe  des  Tages. 

Mai. 

1.  Mai.  Abermals  Erderschütterung  in  Maden  und  Diarbekir. 

3.  Mai.  Morgens  7 Uhr  Erderschütterung  in  Maden  und  Diarbekir. 

4.  Mai.  Wiederholte  Erderschütterungen  in  Maden  and  Diarbekir, 
die  stärksten,  welche  bis  dahin  stattgefunden,  so  dass  ein  Dorf  gänzlich 
zerstört  und  viele  andere  beschädigt  wurden. 


9* 


64 


C.  W.  C.  Fuchs. 


[8] 


Seit  16.  Mai  bewegte  sich  ein  Theil  des  Hardenberges  bei  Mainz. 
Die  Predigerhöhe  schob  sich  3 — 4 Meter  weit  und  der  Giebel  eines 
Hauses  wurde  zerstört ; in  den  Vorbergen  sind  gähnende  Spalten  und 
breite  Risse  entstanden. 

Mitte  Mai  zahlreiche  Erderschütterungen  in  der  Umgebung  des  in 
Eruption  begriffenen  Vulkanes  Ruwang. 

Im  Mai  wiederholten  sich  häufig  Erschütterungen  auf  dem  Abhange 
des  Aetna,  welcher  zu  dieser’  Zeit  in  Eruption  begriffen  war. 

19.  Mai.  Morgens  5 Uhr  und  5 Uhr  Abends  Erderschütterung  in 
St.  Peter.  Die  Bewegung  war  gegen  N.  gerichtet;  im  März  war  die  Er- 
schütterung jedoch  stärker. 

22.  Mai.  Morgens  11  Uhr  5 Min.  Erschütterung  von  NO.  nach 
SW.  in  Darmstadt. 

23.  Mai.  Abends  Erdstoss  in  Alicante  in  der  Richtung  von  0. 
nach  W.,  zwei  Stunden  später  wiederholte  er  sich  noch  stärker  und 
war  mit  Getöse  verbunden;  ebenso  in  Cartagena  und  Murcia. 

Juni. 

2.  Juni.  Morgens  41/a  Uhr  drei  schwache  Erdstösse  in  Ravenna. 

6.  Juni.  Abends  11  Uhr  30  Min.  starke  horizontale  Erderschüt- 
terung in  Lesina  von  SW.  nach  NO.  mit  heftigem,  unterirdischem 
Getöse. 

10.  Juni.  Abends  zwischen  9Xl2  und  10  Uhr  ziemlich  starker  Erd- 
stoss in  Mauleon,  Tardet,  Oleron  (B.  Pyrenees)  von  W.  nach  0.  und 
am  stärksten  in  Eaux  Bonnes. 

26.  Juni,  Abends  lP/j  Uhr  eine  zwei  Sekunden  anhaltende,  ziem- 
lich heftige  Erderschütterung  in  Konstantinopel. 

27.  Juni.  Morgens  1 Uhr  und  3V2  Uhr  Erderschütter ungen  in 
Konstantinopel. 

27.  Juni.  Erdbeben  in  Hongkong,  so  dass  Häuser  schwankten  und 
Möbel  vom  Platze  gerückt  wurden. 

Juli. 

Am  4.  Juli,  Nachts  3 Uhr  senkte  sich  das  Dorf  Dezoin,  im  Be- 
zirk Romnico- Volca  in  Rumänien,  um  drei  Klafter  mit  unterirdischem 
Getöse.  Merkwürdigerweise  blieben  die  Häuser  stehen. 

7.  Juli.  Morgens  9 Uhr  heftiger  Erdstoss  von  W.  nach  0.  in 
Frederiksholm  und  Sarpysborg  in  Schweden. 

13.  Juli.  Morgens  3 Uhr  45  Min.  heftiger  Erdstoss  in  Jugenheim 
und  Schönberg  (westlicher  Odenwald).' 

28.  Juli.  Furchtbares  Erdbeben  zu  Tauris  in  Persien  , wodurch 
viele  Häuser  zerstört  wurden  und  viele  Menschen  umkamen. 

Im  Juli  kamen  wiederholt  schwache  Erderschütterungen  am 
Vesuv  vor. 

August. 


3.  August.  Abends  8’/2  Uhr  zwei  wellenförmige  Erderschütterun- 
gen in  Pfungstadt. 


[9] 


Bericht  über  die  vulkanischen  Ereignisse  des  Jahres  1874. 


65 


10.  August.  Morgens  7 Uhr  15  Min.  in  Trata  bei  Bischofslaak 
in  Krain  ziemlich  starkes  Erdbeben , welches  auch  in  Laibach  be- 
merkt wurde. 

10.  August.  Morgens  9 Uhr  Erdstoss  am  Hotel  Diablerets  (Waadt). 
Um  3 Uhr  20  Min.  spürte  man  in  Bex  eine  Erderschütterung  von 
NW.  nach  SO.,  ebenso  in  Ollon,  Aigle,  Gryon  und  vielen  Stellen  des 
Genfer  Sees,  sowie  in  Saanen  und  Ormont,  Auf  den  Bergen  war 
es  am  stärksten  und  mit  unterirdischem  Getöse  verbunden. 

10.  August.  Abends  10  Uhr  30  Min.  wellenförmiges,  3 Sekunden 
anhaltendes  Erdbeben  in  Lissa  von  SO.  nach  NW. 

18.  August.  Abends  zwei  leichte  Erderschütterungen  in  Kon- 
stantinopel. , 

19.  August.  Erderschütterung  in  Konstantinopel,  stärker  wie  am 
Tage  vorher. 

20.  August.  Abermals  Erderschütterung  in  Konstantinopel, 
Morgens. 

25.  August.  Nachts  zu  Wladikawkas,  am  Nordabhange  des  Kau- 
kasus, Erdbeben  aus  drei  Stössen  von  SW. ; in  Nasram,  westlich  von 
der  Stadt,  dauerte  es  lange  und  bestand  aus  einer  grossen  Zahl  von 
Stössen,  so  dass  Schornsteine  herabstürzten. 

26.  August.  Erdbeben  auf  Portorico,  welches  Häuser  schwanken 
machte. 

28.  August.  Nachmittags  2 Uhr  und  33 4 5/4  Uhr  zwei  Erdstösse  zu 
Pannesheide  bei  Aachen,  letzterer  auch  in  Kohlscheid,  Herzogenrath, 
Kerkrade  und  Furth,  von  NO.  nach  SW.  mit  unterirdischem  Getöse. 

29.  August,  Im  Monat  August  fanden  wiederholt  schwache  Erd- 
erschütterungen am  Aetna  statt.  Am  29.  traten  zwei  heftige  Erdstösse 
am  Nordabhange  dieses  Vulkans  ein  ; in  der  Nacht  hatte  die  Seiten- 
Eruption  bei  Bronte  begonnen. 

30 — 31.  August.  Nachts  ziemlich  heftige  Erderschütterungen  zu 
St.  Oswald  oberhalb  Eibiswald  in  Ober-Steiermark,  so  dass  Häuser  zit- 
terten und  Möbel  gerückt  wurden. 

30 — 31.  August.  Nachts  zahlreiche  Erderschütterungen  am  Aetna. 


September. 

3.  September.  Heftige  Erderschütterungen  am  Aetna,  besonders 
bei  Linguagrossa  und  Randazzo. 

4.  Sept.  Die  Erdstösse  bei  Randazzo  waren  seltener,  doch  zeich- 
nete sich  um  11  Uhr  Morgens  einer  durch  Heftigkeit  aus. 

5.  Sept.  Morgens  11  Uhr  5 Min.  starker  Stoss  zu  Wurm  bei 
Herzogenrath  und  Abends  9 Uhr  5 Min.  ein  schwächerer  von  N.  nach 
S.,  letzterer  wurde  auch  in  Linnich  gespürt. 

5.  Sept.  Zwei  starke  Erdstösse  zu  Pannesheide  und  Kohlscheid; 
vielleicht  ist  dieses  Erdbeben  identisch  mit  dem  vorher  erwähnten. 

11.  Sept.  Abends  8 Uhr  zwei  von  NW.  nach  SO.  gehende  Erd- 
stösse, wovon  der  erste  heftig  war,  zu  Ivraljevica  in  Croatien. 

13.  Sept.  Morgens  2 Uhr  Erderschütterung  im  westlichen 
Odenwald. 


66 


C.  W.  C.  Fuchs.  [10] 

26.  Sept.  Sehr  heftiges  Erdbeben  in  Randazzo  am  Aetna  und 
starkes  Brausen.  Die  Häuser  erhielten  Risse. 

27.  Sept.  Durch  ein  heftiges  Erdbeben  wurde  Antigua , Stadt  in 
Guatemala,  zerstört.  Die  Nachricht  ist  New-York  den  27.  Sept.  datirt. 
Das  Erdbeben  dauerte  noch  längere  Zeit  fort ; 200  Menschen  wurden 
getödtet.  Auch  in  der  Stadt  Guatemala  war  es  sehr  stark  und  in  drei 
Dörfern  am  Vulkan  Fuego.  Das  Erdbeben  bestand  aus  einer 
Menge  vertikaler  Stösse,  zwischen  denen  wellenförmige  Erschütterungen 
vorkamen. 


October. 

7.  October.  Nachmittags  43/4  Uhr  heftige  Erdstösse  in  Florenz 
und  Bologna ; in  Bologna  war  besonders  einer  stark  und  dauerte  12  Se- 
kunden. Um  6 Ehr  36  Min.  Abends  wiederholten  sie  sich  noch  stärker 
in  Florenz. 

8.  Oct.  Abends  5 Uhr  schwache  Erderschütterung  in  Florenz. 

15 — 16.  Oct.  Nachts  Erderschütterung  zu  Hammerstadt  bei  Riet- 
schen,  Kreis  Rothenburg. 

17.  Oct.  Heftiger  Erdstoss  in  Malta,  dem  noch  acht  schwächere 
Stösse  mit  Getöse  folgten.  Einige  Gebäude  wurden  beschädigt. 

18.  Oct.  Furchtbares  Erdbeben  in  Kabul  (Afghanistan),  wodurch 
mehr  als  tausend  Häuser  zerstört  wurden  und  viele  Menschen  um- 
kamen. 

24.  Oct.  Nachts  1 Uhr  58  Min.  zu  Clana  bei  Castua  in  Istrien 
ziemlich  heftiger  Erdstoss  von  SW.  nach  NO.  Er  setzte  3 Sekunden 
lang  Alles  in  Bewegung  und  lange  nachher  vernahm  man  noch  unter- 
irdisches Rollen. 

24 — 31.  Oct.  Zahlreiche  Erderschütterungen  auf  dem  Observato- 
rium des  Vesuv. 

26.  Oct.  Kurz  nach  Mitternacht  heftiges  Erdbeben  in  Chile,  von 
Capiapio  im  Norden  bis  Talca  im  Süden , 30  Sekunden  lang  von 
0.  nach  W. 

29.  Oct.  Morgens  4 ’/2  Uhr  mehrere  Erdstösse  im  oberen  Po-Thale 
und  im  Varnila-Thale  von  Saluzzo  bis  Crissolo  und  von  dort  in  die  Thä- 
Jer  von  Pollice  und  Dora  Riparia. 


November. 

3.  November.  Heftiger  Erdstoss  in  Tübingen  , Morgens  zwischen 
2 und  3 Uhr. 

7 — 8.  Nov.  Erdstoss  in  Corvold'Orgueilleux  (Nievre).  Eine  Mauer 
wurde  dadurch  umgestürzt, 

10.  Nov.  Abends  7 Uhr  ziemlich  starkes  Erdbeben  in  Roveredo. 

12.  Nov.  Gegen  2 Uhr  Nachts  Erdstoss  in  Innsbruck. 

16.  Nov.  Morgens  Erdbeben  in  Carnavonshire  und  Anglesea  in 
England. 

16.  Nov.  Morgens  6 Uhr  ziemlich  starkes  Erdbeben  in  Konstanti- 
nopel, vielleicht  in  Zusammenhang  mit  dem  Folgenden. 


[11] 


Bericht  über  die  vulkanischen  Ereignisse  des  Jahres  1874. 


67 


16.  Nov.  Morgens  heftige  Erdstösse  in  Smyrna  und  anderen  Orten 
Kleinasiens,  in  Anatolien  und  Rhodus. 

16.  Nov.  Morgens  11  Uhr  donnerähnliches  Getöse  in  Köttse  und 
Nachmittags  3 Uhr  schwacher  Erdstoss. 

17.  Nov.  Morgens  2 Uhr  45  Min.  und  3 Uhr  Erdstösse  zu  Scheibbs 
in  Niederösterreich. 

19.  Nov.  Morgens  2 Uhr  Erdbeben  in  Innsbruck. 

20.  Nov.  Morgens  6 Uhr  wellenförmiges  Erdbeben  von  SO.  nach 
NW.  zu  Tarvis. 

December. 

2.  December.  Nachts  1 Uhr  52  Min.  starker  Erdstoss  in  Innsbruck 
und  Hall.  Zuerst  hörte  man  eine  Detonation,  ähnlich  einem  fernen  Ka- 
nonenschuss, gleich  darauf  gerieth  Alles  ins  Schwanken. 

2.  Dec.  Kurz  vor  Sonnenaufgang  5 Sekunden  lang  heftige  Eid- 
erschütterung an  mehreren  Orten  des  oberen  Neutraer  Comitates.  Das 
Centrum  scheint  im  Bergstock  Bradlo  bei  Bezowa  gewesen  zu  sein, 
wo  die  Erderschütterungen  um  7 Uhr  am  heftigsten  gespürt  wurden. 
Um  71/a  Uhr  waren  die  Erdstösse  auch  in  Brunotz  bei  Pistyan 
sehr  stark. 

3.  Dec.  Morgens  1 Uhr  25  Min.  furchtbare  unterirdische  Detonationen 
und  darauf  mehrere  verticale  Stösse  in  Innsbruck,  so  dass  Mörtel  von  den 
Wänden  fiel.  Die  senkrechten  Stösse  wiederholten  sich  etwa  IV2  Se- 
kunden lang  in  schnellem  Tempo.  Gegen  7 Uhr  kamen  noch  zwei 
schwächere  Stösse  vor. 

3.  Dec.  Abends  6 Uhr  ziemlich  starkes  Erdbeben  in  Reichenau 
(Niederösterreich).  Zuerst  fühlte  man  einen  starken  Erdstoss,  dem  ein 
wellenförmiges  Beben  von  S.  nach  N.  folgte. 

7.  Dec.  Zwei  leichte,  wellenförmige  Erschütterungen  in  Potenza. 

7.  Dec.  Morgens  10  Uhr  im  Waisenhaus  zu  Masans , Canton 
Graubünden,  starkes  Erdbeben,  so  dass  Thüren  zuschlugen  und  Möbel 
von  der  Stelle  gerückt  wurden. 

9.  Dec.  In  Isola  am  Liris  (Italien)  abermals  Erdstösse  , so  dass 
die  Einwohner  von  Sora  die  Nacht  im  Freien  zubrachten.  In  dem  Dorfe 
Posta  im  Gebiet  von  Sora  sind  mehrere  Häuser  zusammengestürzt  und 
Menschen  umgekommen. 

11.  Dec.  Morgens  4 Uhr  34  Min.  Erdbeben  in  der  Umgebung  des 
Hotels  vom  Pic  du  Midi  in  den  Pyrenäen. 

14.  Dec.  Abends  8 Uhr  22  Min.  abermals  Erderschütterung  auf 
dem  Pic  du  Midi. 

14.  Dec.  In  Rom  um  1 Uhr  50  Min.  schwache,  wellenförmige 
Erderschütterung  von  NO.  nach  SW.  von  30 — 40  Sekunden.  In  Casino 
war  der  Stoss  intensiver  und  soll  schon  um  1 Uhr  46  Min.  eingetre- 
ten sein. 

23.  Dec.  Morgens  5 Uhr  15  Min.  in  Reichenau  und  Umgebung 
bis  Gloggnitz  starker  Erdstoss  von  0.  nach  W. 


68 


C.  W.  C.  Fuchs. 


[12] 


A»  ausgedehnten  Erdbeben,  welche  die  Erdoberfläche  mit  zerstö- 
render Kraft  erreichten  und  wichtige  Veränderungen  herbeiführten,  war 
das  Jahr  1874  arm;  selbst  die  zahlreichen,  mit  den  Eruptionen  der  in 
diesem  Jahre  thätigen  Vulkane  verbundene  Erderschütterungen,  zeich- 
neten sich  nicht  durch  auffallende  Stärke  aus. 

Das  bedeutendste  Ereigniss  war  das  Erdbeben  von  Antigua  in 
Guatemala,  welches  längere  Zeit  im  September  und  October  anhielt  und 
aus  einer  grossen  Zahl  theils  senkrechter  Stösse,  theils  wellenförmiger 
Erschütterungen  bestand  und  die  Ruhe  der  Erdmasse  so  sehr  störte, 
dass  man  die  Erdoberfläche  deutlich  sich  bewegen  und  wogen  sah. 
Durch  die  in  Folge  davon  hervorgerufenen  Zerstörungen  kamen  mehr 
als  200  Menschen  um  das  Leben.  Das  Erdbeben  trat  in  dem  Gebiete 
des  bekannten  Vulkanes  Fuego  ein,  welcher  1860  seine  letzte  Eruption 
hatte  und,  wenn  er  auch  1874  nicht  in  förmlichen  Ausbruch  gerieth, 
doch  höchst  wahrscheinlich  durch  seine  fortdauernde  Thätigkeit  dieses 
Erdbeben  erzeugte. 

Nächst  dem  Erdbeben  von  Antigua  war  dasjenige,  welches  am 
18.  October  in  Kabul  in  Afghanistan  eintrat,  das  bedeutendste.  Mehr 
als  tausend  Häuser  wurden  zerstört  und  viele  Menschen  verloren  das 
Leben. 

Ueber  einen  grossen  Flächenraum  erstreckte  sich  auch  das  Erd- 
beben in  Chile,  indem  der  ganze  Küstenstrich  zwischen  Copiapo  im  Nor- 
den und  Talca  im  Süden  erschüttert  wurde. 

Unter  den  aufgezählten  Erdbeben  sind  auch  wieder  die  seit  meh- 
reren Jahren  in  Bewegung  begriffenen  Erschütterungsgebiete  enthalten ; 
weder  dasjenige  des  westlichen  Odenwaldes,  noch  das  am  Niederrhein 
und  das  von  Belluno  sind  bis  jetzt  zur  Ruhe  gekommen.  In  dem  ober- 
rheinischen Gebiet,  Grossgerau-Odenwald,  wo  die  Erdbeben  im  Januar 
1869  begonnen  haben , wurden  1874  wieder  Erderschütterungen  an 
9 Tagen  gespürt,  in  dem  Kohlengebiet  von  Aachen,  bei  Kohlscheid  und 
Herzogenrath  an  2 Tagen,  und  in  Belluno,  welches  durch  die  furchtbare 
Erschütterung  von  1873  die  Aufmerksamkeit  wieder  auf  sich  lenkte 
und  seitdem  von  Zeit  zu  Zeit  immer  wieder  von  Erschütterungen  be- 
troffen wurde,  sind  vier  Erdbebentage  in  diesem  Jahre  verzeichnet. 

Im  Ganzen  sind  mir  in  dem  abgelaufenen  Jahre  123  Erdbeben 
bekannt  geworden,  die  an  73  verschiedenen  Orten  vorkamen  und 
aus  einer  grossen  Anzahl  einzelner  Stösse  oder  Erschütterungen  be- 
standen. Sie  traten  an  104  verschiedenen  Tagen  ein  und  an  fol- 
genden Tagen  fanden  mehrere  Erdbeben  statt: 

6.  Januar : Gyorok.  Darmstadt.  Aetna. 

7.  Januar : Algier.  Campobasso. 

20.  März  : Jülich.  Berndorf.  Abbadia. 

13.  April : Algier.  Framersheim. 

16.  Mai : Ruwang.  Aetna.  Hardenberg. 

27.  Juni : Konstantinopel.  Hongkong. 

28.  Juli : Tauris.  Vesuv. 

10.  August : Diablerets.  Bischofslaak.  Lissa. 

30.  August : St.  Oswald.  Aetna. 


Bericht  über  die  vulkanischen  Ereignisse  des  Jahres  1874. 


69 


26.  September  : Randazzo.  Chile. 

24.  October : Clana.  Vesuv. 

16.  November : Köttse.  Smyrna.  Konstantinopel. 

2.  December : Innsbruck.  Neutraer  Comitat. 

3.  December : Reichenau.  Innsbruck. 

7.  December : Potenza.  Masans. 

14.  December  : Pic  du  Midi  (Pyrenäen).  Rom. 

Mehrere  Orte  wurden  im  Laufe  des  Jahres  wiederholt  von  Erd- 
beben betroffen,  nämlich  : 

Aetna:  6.  Januar ; Mai;  29.,  30.  August;  3.,  4.,  5.,  26.  September. 
Algier:  7.  Januar;  11.  Februar;  28.,  29.  März;  14.,  15.  April. 
Darmstadt:  6.  Januar;  10.,  12.,  16.  Februar;  22.  Mai. 

Athen:  17.  Januar;  28.  Februar. 

Reichenau  (Oesterreich):  21.  Januar;  3.,  23.  December. 
Nassenfuss  (Krain):  24.,  25.  Januar;  1.,  2.,  3.  Februar. 

Lesina  und  Lissa:  30.  Januar;  6.  Juni;  10.  August. 

Belluno:  31.  Januar;  26.  März;  9.  April;  10.  Juni. 

Manila:  4.,  5.  Februar. 

Tübingen:  18.  Februar;  3.  November 
Arena  di  Taggia:  11.,  17.  März. 

St.  Peter  (Oesterreich):  21.,  27.  März;  19.  Mai. 

Maden:  29.  April;  1.,  3.,  4.  Mai. 

Umgebung  des  Vulkans  Ruwang  besonders  im  Mai. 
Konstantinopel:  26.,  27.,  29.  Juni;  18.,  19.,  20.  August;  16. 
November. 

Umgebung  des  VeSuv  besonders  im  Juli  und  October. 

Kohlscheid:  28.  August;  5.  September. 

Florenz:  7.,  8.  October. 

Innsbruck:  12.,  19.  November;  2.,  3.  December. 

Pic  du  Midi:  11.,  14.  December. 

Die  123  Erdbeben  des  Jahres  1874  vertheilen  sich  in  folgender 
Weise  auf  die  verschiedenen  Jahreszeiten: 

Winter:  37 

(Januar  12;  Februar  15;  December  10). 

Frühling:  32 
(März  12;  April  11;  Mai  9). 

S o m m er:  25 

(Juni  7;  Juli  5;  August  13). 

H erbst:  29 

(September  9;  October  9;  November  11). 


Mineralogische  Mittheilungen.  1875.  2.  Heft.  (Fuchs.) 


10 


70  C.  W.  C.  Fuchs.  Ber.  über  d.  vulkanischen  Ereignisse  d.  Jahres  1874.  [14] 

Neben  den  Erdbeben,  welche  entschieden  vulkanischen  Ursprungs 
sind,  indem  sie  in  auffälliger  Weise  mit  der  Thätigkeit  der  Vulkane 
im  Zusammenhänge  standen,  wie  die  Erderschütterungen  an  der  Nord- 
seite des  Aetna,  besonders  bei  Randazzo,  an  den  Vulkanen  Ruwang  und 
Vesuv  u.  s.  w.,  sind  Erderschütterungen  beachten swerth,  die  in  ebenso 
entschiedener  Weise  nur  von  rein  mechanischen  Veränderungen  in  der 
Architectur  der  Erde  abhingen,  wie  diejenigen  bei  Romnico-Volcu,  wo 
das  Dorf  Dezoin  sich  senkte,  oder  diejenigen  am  Hardenberg  bei 
Mainz,  wo  die  sogenannte  Predigerhöhe  sich  verschob  und  zahlreiche 
Spalten  entstanden,  u.  s.  w. 

In  wie  geringer  Tiefe  unter  der  Erdoberfläche  sich  in  einzelnen 
Fällen  jene  Veränderungen  vollziehen  können,  die  zu  Erderschütterun- 
gen Veranlassung  geben,  dafür  hat  das  Jahr  1874  ebenfalls  einige 
interessante  Beispiele  geliefert. 

Bei  dem  Erdbeben,  welches  am  10.  August  an  dem  östlichen 
Ende  des  Genfer  Sees,  zwischen  Saanen,  Ormont,  Aigle  und  Bex  ein- 
trat, war  die  Erschütterung  auf  der  Höhe  der  Diablerets  am  stärksten 
und  liess  deutlich  erkennen,  dass  der  Sitz  des  Erdbebens  von  dem 
Berge  ausging. 

Das  Erdbeben  vom  3.  December  in  Marsans,  Canton  Graubünden, 
hatte  einen  so  geringen  Umfang  — es  wurde  hauptsächlich  in  dem 
dortigen  Waisenhause  beobachtet  — dass  seine  Ursache  nur  eine  ganz 
locale  und  sein  Sitz  nur  in  sehr  geringer  Tiefe  sich  befinden  konnte. 

Noch  merkwürdiger  sind  jedoch  in  dieser  Beziehung  die  am  11. 
und  14.  December  auf  dem  Pic  du  Midi  in  den  Pyrenäen  sehr  stark 
empfundenen  Erdbeben , die  man  in  den  angrenzenden  Thälern  nicht 
beobachtete.  Um  den  Werth  derartiger  Beobachtungen  richtig  zu 
schätzen,  muss  man  berücksichtigen,  dass  wir  nur  selten  in  die  Lage 
kommen  von  derartigen  Ereignissen  Mittheilung  zu  erhalten , da  die 
höheren  Gebirgsgegenden  wenig  oder  gar  nicht  bewohnt  sind  und  nur 
der  Zufall  uns  mit  Vorgängen  bekannt  macht,  die  sich  im  Innern  der 
Gipfelpunkte  der  Gebirge  vollziehen,  wenn  sie  sich  nicht  auf  ihre  Um- 
gebung und  die  tiefer  gelegenen  Massen  erstrecken. 


IV.  lieber  den  Lievrit. 


Von  L.  Sipöcz. 


Die  älteren  Analysen  des  Lievrits  zeigen  in  ihren  Resultaten 
geringe  Uebereinstimmung,  namentlich  aber  waren  sie  (lesshalb  kaum 
verwerthbar , da  mehrere  von  ihnen  einen  Wassergehalt  aufweisen, 
andere  dagegen  nicht,  und  da  auf  diesen  wichtigen  Punkt  kein  Gewicht 
gelegt  wurde.  So  fand  Strom eyer  P27  Procent,  R ammeisberg 
P60  Procent  und  Tobler1)  P12  Procent  Wasser,  nach  den  Analysen 
von  Vauquelin,  Collet-Descotils,  Wacker  nagel  und 
Franke  2)  wäre  der  Lievrit  wasserfrei. 

Städeler3),  der  im  Jahre  1866  an  einem  sorgfältig  ausgesuch- 
ten und  von  Verwitterungskrusten  gereinigten  Materiale  die  Zusammen- 
setzung des  Lievrits  ermittelte , erhielt  bei  seinen  Untersuchungen 
Zahlen , welche  sich  ungezwungen  einer  einfachen  Formel  anpassen 
(was  man  von  den  älteren  Analysen  nicht  sagen  kann)  und  stellte  zu- 
gleich durch  directe  Bestimmung  den  Wassergehalt  des  Lievrits  fest. 
Nach  Städeler  kommt  diesem  Mineral  die  Formel: 


Si4  Fe"4  Fe'"a  Caa  H2  018  zu. 


Rammeisberg  4)  hat  nach  der  Veröffentlichung  von  Städeler’s 
Arbeit  abermals  eine  Analyse  des  Lievrits  vorgenommen , er  findet 
einen  höheren  Eisenoxydulgehalt  als  früher  und  auch  P65  Procent 
Wasser,  welches  letztere  er  aber  als  das  Product  eines  Verwitterungs- 
Processes  ansieht , worauf  hin  er  den  Lievrit  als  ein  wasserfreies  Mi- 
neral erklärt  und  ihm  die  Formel : 


*)  Rammeisberg,  Handbuch  der  Mineralchemie,  740. 

2)  ibid. 

8)  Journal  für  praktische  Chemie  XCIX,  70. 

4)  Zeitschrift  der  deutschen  geolog.  Gesellschaft,  XXII,  897. 


Mineralogische  MittheUungen.  1875.  2.  Heft.  (Sipocz.) 


io* 


72 


L.  Sipo'cz. 


[2] 


Dadurch  ist  es  nothwendig  geworden,  nacli  reinem,  ganz  unver- 
wittertem  Materiale  zu  suchen,  um  eine  endgiltige  Entscheidung  in  der 
Frage  nach  der  Zusammensetzung  des  Lievrits  herbeizuführen.  Herr 
Director  Ts  che  rin  ak  gelangte  in  der  letzten  Zeit  in  den  Besitz  einer 
grösseren  Quantität  von  prächtigen  Lievrit-Drusen  aus  Elba,  und  war 
so  gütig,  mir  von  dieser  Acquisition  zahlreiche,  gut  ausgebildete  Kry- 
stalle  mit  spiegelnder  Oberfläche , ohne  jede  Spur  von  Verwitterungs- 
Producten,  zu  übergeben,  wodurch  es  mir  möglich  wurde,  mehrere  Ana- 
lysen auszuführen. 

Da  der  Lievrit  durch  Salzsäure  von  gewöhnlicher  Concentration, 
sowie  durch  mässig  verdünnte  Schwefelsäure  leicht  und  vollständig  auf- 
geschlossen wird,  so  bietet  seine  Untersuchung  keinerlei  Schwierigkeit 
dar.  Wenn  man  das  feingepulverte  Mineral  mit  der  verdünnten  Schwe- 
felsäure im  zugeschmolzenen  Glasfohre  wenige  Stunden  auf  120°  C. 
erhitzt,  so  ist  die  Zersetzung  eine  vollständige  und  das  Eisenoxydul 
kann  durch  Titriren  mit  Chamaeleon  sehr  scharf  bestimmt  werden. 

Die  Wasserbestimmung  wurde  nach  der  Methode  von  Professor 
E.  Ludwig1)  durch  Glühen  des  Minerals  im  Platinrohr  und  Wägen 
des  im  Chlorcalciumrohre  angesammelten  Wassers  vorgenommen.  Be- 
züglich der  übrigen  analytischen  Methoden  ist  nichts  bemerkenswerthes 
zu  erwähnen,  nur  das  eine  möchte  ich  hervorheben,  dass  auf  die  Ab- 
scheidung der  Kieselsäure  besondere  Sorgfalt  verwendet  und  die  gewo- 
gene Kieselsäure  jedesmal  mit  Flusssäure  geprüft  wurde,  wobei  sie  sich 
absolut  rein  erwies. 

Das  speciflsche  Gewicht  mit  dem  Picnometer  ermittelt,  ist  4-037- 

Die  analytischen  Resultate  ergeben  sich  aus  folgender  Tabelle : 


I. 

II. 

III. 

IV. 

Mittel 

Proc. 

Proc. 

Proc. 

Proc. 

Proc. 

Kieselsäure  ...... 

29-69 

29  64 

29-69 

29-66 

29  67 

Eisenoxyd  ...... 

21-50 

21-32 

21-06 

21  17 

21-26 

Eisenoxydul 

3271 

33  22 

33-33 

— 

3309 

Manganoxydul  • " • • • 

— 

— 

0-74 

— 

0-74 

Kalk 

13-68 

13-14 

13-18 

13-34 

13-33 

Wasser 

— 

— 

2-35 

2-28 

2-32 

10041 

Werden  aus  den  Mittelzahlen  die  Elemente  gerechnet,  so  erhält 
man  die  Zusammensetzung : 


*)  Mineralog.  Mittheilungen,  1872,  187. 


[3] 


lieber  den  Lievrit. 


73 


Silicium • • 13’ 85  Proc. 

Eisen  (in  Oxydform)  • • • • 14-88  „ 

Eisen  (in  Oxydulform)  • • • • 25-74  „ 

Mängan 0'57  „ 

Calcium  • • * 4 9-52  „ 

Wasserstoff 0-26 

Sauerstoff  .........  35*59  „ 


100-41 


Ferner  ergiebt  sich,  wenn  man 

das  Mangan 

auf 

die  aequivalente 

Menge  von  Eisen  in  der  Oxydulform 

umrechnet , 

als 

Verhältniss  der 

Atomgewichte : 

Silicium  

• • 0-4946 

oder 

4-0 

Eisen  (in  der  Oxydform) 

• • 0-2657 

11 

21 

Eisen  (in  der  Oxydulform) 

• • 0-4700 

11 

3-8 

Calcium 

• • 0-2380 

11 

1-9 

Wasserstoff 

• • 0-2600 

11 

2-1 

Sauerstoff 

• • 2-2240 

11 

18-0 

Man  sieht  claraus,  dass  die  Ergebnisse  meiner  Analysen  zu  der 
von  Stadel  er  für  den  Lievrit  aufgestellten  Formel  führen. 


Ich  muss  nochmals  ganz  besonders  betonen , _ dass  die  zu  meiner 
Untersuchung  verwendeten  Lievrit-Krystalle  durchgehends  aus  einem 
frischen  Materiale  bestanden,  an  dem  absolut  nicht  die  Spur  eines  Ver- 
witterungs-Productes  zu  sehen  war  und  darum  ist  das  bei  den  Analysen 
gefundene  Wasser  als  zur  Constitution  des  Lievrits  gehörig  und  nicht 
etwa  als  zufällige  Beimengung  zu  betrachten. 

Dieser  Umstand  macht,  die  von  Rammeisberg  aufgestellte 
Formel  unbrauchbar,  weil  sie  einem  wasserfreien  Minerale  entspricht, 
dann  aber  lassen  sich  auch  die  analytischen  Ergebnisse  überhaupt  mit 
derselben  nicht  in  Einklang  bringen,  während  die  Formel  von  S tadele r 
Werthen  entspricht,  die  mit  den  gefundenen  übereinstimmen  , wie  die 
folgende  Zusammensetzung  zeigt : 


Städolor’s 

Formel 

verlangt 

Ramme  ls- 
berg’s 
Formel 
verlangt 

Analyse 

vou 

Rammeis- 
berg ') 

Analyse 

von 

Stromeyer 

') 

Analyse 

von 

Tobler 

') 

Mittel  der 
Analysen 
v.Städeler 
2) 

Mittel  der 
Analysen 

von 

ISipöcz 

Kieselsäure 

29-34 

32-53 

29-83 

29-28 

33-30 

2934 

29-67 

Eisenoxyd 

19-50 

19-28 

22-55 

23-00 

22-57 

20-84 

21-26 

Eisenoxydul  ...... 

35-21 

34-70 

32  40 

31  90 

24-02 

34  12 

33  09 

Manganoxydul 

— 

— 

150 

1-43 

6-78 

101 

0 74 

Kalk  

1369 

13-49 

12-44 

13-78 

11-68 

12-78 

13-33 

Wasser  ........ 

2-20 

— 

1”60 

1-27 

112 

2-43 

2-32 

Ü Rammeisberg,  Handbuch  der  Mineralehemie,  740. 
2)  Journal  für  praktische  Chemie,  XCIX,  70. 


74 


L.  Sipöcz.  Ueber  den  Lievrit. 


[4] 


Von  den  älteren  Analysen  wurden  nur  jene  von  Ramme  leb  erg, 
Stromeyer  und  Tob ler  in  Betracht  gezogen,  da  die  anderen  kein 
Wasser  aufweisen;  die  Analyse  von  To  bl  er  zeigt  allerdings  einen 
Kieselsäuregehalt,  der  mit  jenem  übereinstimmt,  wie  er  aus  der  Rarn- 
m elsberg’schen  Formel  berechnet  wird,  allein  ein  Blick  auf  diese 
Analyse  und  der  Umstand,  dass  To  bl  er  als  specifisches  Gewicht  seines 
Materials  3 • 7 1 1 angiebt,  während  das  von  Städeler  bestimmte  4-023 
und  das  an  meinem  Materiale  gefundene  4'037  ist,  schliessen  die  Zah- 
len Tobler’s  von  dem  Vergleiche  aus. 

Auffallend  klein  erscheinen  in  den  älteren  Analysen  von  R am- 
meisberg, Stromeyer  und  Tobler  die  Zahlen  für  das  Wasser; 
eine  Erklärung  dafür  kann  ich  nur  in  der  Voraussetzung  finden,  dass 
diese  Zahlen  dem  Glühverluste  entsprechen,  dann  aber  sind  sie  wieder 
nach  meinen  Erfahrungen  zu  gross , da  ich  bei  mehreren  Versuchen 
nach  etwa  einer  Viertelstunde  dauerndem  Glühen  vor  dem  Gebläsefeuer 
das  Gewicht  constant  oder  sogar  etwas  vergrössert  fand,  was  bei  dem 
grossen  Gehalte  des  Minerals  an  Eisenoxydul  leicht  erklärlich  ist.  Hier 
können  also  nur  Zahlen  einen  Werth  haben,  die  durch  directe  Wägung 
des  beim  Glühen  ausgetriebenen  Wassers  gewonnen  wurden. 

Nach  einer  kritischen  Sichtung  der  Uber  den  Lievrit  vorliegenden 
Daten  gelangt  man,  wie  aus  meinen  Auseinandersetzungen  hervorgeht, 
zu  dem  Resultate,  dass  der  Lievrit  ein  wasser  Stoff  haltiges 
Mineral  ist,  und  dass  ihm  die  von  Städeler  aufgestellte 
Formel:  Si4  Fe"4  Fe'"?.  Ca2  H2  018  zu  kommt. 

Wien,  Laboratorium  des  Prof.  E.  Ludwig,  15.  Mai  1875. 


V.  Zur  Charakteristik  einiger  auf  den  Pribramer  Erz- 
gängen vorkommenden  Mineralien. 

Von  Franz  B a b a n e k , 

k.  k.  Oberbergverwalter. 

Für  manche  Fundorte  der  Mineralien  ist  das  Vorkommen  gewis- 
ser Species  stets  charakteristisch  und  man  erkennt  nach  besonderen 
Merkmalen , sowie  nach  einer  gewissen  Reihenfolge  mehrerer  gemein- 
schaftlich vorkommender  Mineralien  in  der  Regel  den  Ort,  von  welchem 
sie  herstammen.  Im  Vorliegenden  sollen  die  besonderen  Eigenthümlich- 
keiten  einiger  Pribramer  Mineralien  hervorgehoben  und  die  Art  und 
Weise  ihres  Vorkommens  insbesondere  aus  der  neuesten  Zeit  erörtert 
werden,  wobei  auch  die  Altersfolge  derselben  thunlichst  in  Berücksich- 
tigung genommen  wird. 

Quarz,  Bergkrystall  (Bauchtopas,  Morion). 

Von  den  vielen  Varietäten  dieser  Mineralspecies  soll  das  Vorkom- 
men des  Bergkrystalles  — Rauchtopas,  Morion  — hier  erwähnt  wer- 
den. Ausgezeichnete  Krystalle  desselben  fanden  sich  am  oberen  Schwarz-* 
grübner  Gange  in  einer  weissen  , krystallinischen  Calcitmasse , welche 
gegen  das  Innere  einer  Druse  in  2 Mm.  grossen  Kryställchen  in  der 
Form  des  -f  und  — R,  die  mit  kleinen  Hexaederehen  von  Pyrit 
stellenweise  besetzt  waren,  auskrystallisirt.  Auf  diesem  Calcit  sind  die 
rauchgrauen  bis  pechschwarzen  Quarzkrystalle  theils  auf-  theils  einge- 
wachsen und  zerstreut.  Das  Prisma,  welches  oft  bis  10  Mm.  Länge 
und  5 Mm.  Dicke  besitzt,  hat  an  beiden  Enden  die  hexagonale  Pyra- 
mide vollkommen  ausgebildet.  Manchmal  sind  die  Calcitkrystalle  grösser 
entwickelt,  die  Rhomboeder  flach  gedrückt,  mit  den  Spitzen  aneinander 
aufgewachsen  und  um  eine  verticale  Achse  gereiht ; mehrere  solche 
Säulen  stehen  nebeneinander  und  darin  liegen  die  schwarzen  Quarz- 
krystalle. 

Ein  anderes  Vorkommen  von  eben  diesem  Gange  zeigt  eine  zu- 
sammengewachsene  Masse  von  grünlichgrau  gefärbten , theils  durch- 

Mineralogische  Mittheilungen.  1876.  2.  Heft.  (Babanek.) 


76 


F.  Babaaek. 


[2] 


sichtigen , theils  undurchsichtigen , jedoch  stets  glatt  oberflächlichen 
Quarzkrystallen  mit  freien  Enden , stellenweise  auch  vollständig  ent- 
wickeltem Prisma  mit  der  Pyramide.  Einige  von  diesen  Quarzen  haben 
letztere  röthlichbraun  gefärbt  und  häufig  findet  man  auch  den  ganzen 
Krystall  von  dieser  Farbe.  Wenn  man  dies  näher  betrachtet,  so  hat  es 
das  Aussehen  als  wenn  Partikelchen  von  rothbrauner  Blende,  wie  sie  auf 
dem  Schwarzgrübner  Gange  massenhaft  vorkommt,  in  der  Quarzmasse 
eingeschlossen  wäre.  Offenbar  hat  die  Bildung  dieser  Quarzkrystalle 
früher  stattgefunden  und  flieseiben  sind  von  der  Calcitmasse  später 
umhüllt  worden. 

Eine  ähnliche  Bildung  beobachtete  ich  an  einem  Handstücke  vom 
Eusebi  Gange , woselbst  rauchgraue , vollkommen  entwickelte  Quarz- 
krystalle vom  jüngeren  Kalkspath  (Calcit  III),  welcher  in  Skalenoedern 
auskrystallisirt  war,  deren  Spitzen  in  grosser  Menge  aus  der  derben 
Calcitmasse  emporragten  und  wobei  auch  stellenweise  die  Quarzkrystalle 
mit  kleinen  Zwecken  (Zweckenspath)  besetzt  waren , umhüllt  wurden. 
Auch  dieser  Quarz  hatte  Prismen  von  durchschnittlich  10  Mm.  Länge 
und  5 Mm.  Dicke,  wie  jener  vom  Schwarzgrübner  Gange. 

Ein  eigenthümliches  interessantes  Vorkommen  zeigen  Handstücke 
vom  Adalberti  Gange.  Daselbst  beobachtet  man  einzelne  Partien  von 
Pyrit , welcher  in  Lillit  und  Pyrrhosiderit  umgewandelt  wurde.  Diese 
Partien  werden  von  derbem  Quarz  umhüllt,  welcher  in  den  Drusenräu- 
men in  weissen , durchsichtigen  Krystallen  endet.  Die  Spitzen  dieser 
Krystalle  sind  grösstentheils  bedeckt  mit  einer  jüngeren  Bildung,  näm- 
lich einer  gelblich  weissen  Quarzrinde,  von  welcher  aus  kleine,  äusserst 
pellueide  Quarzkryställchen  gegen  das  Innere  der  Druse  ragen  und 
theils  auf  den  älteren,  grösseren  Quarzkrystallen  aufliegen.  Auch  auf 
der  Quarzrinde  findet  man  einzelne,  wasserhelle,  vollständig  entwickelte 
Quarzkryställchen  bis  7 Mm.  Länge,  aufsitzend.  Während  das  Prisma 
bei  dem  älteren  Quarze  kurz  und  dick  ist , ist  es  bei  dem  jüngeren 
länglich  und  schmal  und  giebt  demselben  ein  langsäulenförmiges  Aus- 
sehen. Sämmtliche  Flächen  dieser  Quarzkrystalle  sind  glatt  und  stark 
glänzend,  und  man  hat  da  die  Eigen thümlichkeit,  dass  Krystalle  eines 
und  desselben  Minerales  von  verschiedener  Altersfolge  an  einem  Stücke 
beisammen  sind. 

Baryt,  Schwerspat h. 

Vom  Johanni  Gange  sind  die  fleischrothen  und  weingelben,  dicken, 
rhombischen  Tafeln  (Poo  . mPoo),  welche  Flussspathhexaedern  ähnlich 
sehen  und  dem  älteren  Baryt  angehören,  bekannt,  während  grosse  Ta- 
feln , die  mit  einer  Braunspathkruste  theilweise  umhüllt  sind , am  .Ka- 
tharina und  Wenzler  Gange  Vorkommen.  Die  weissen,  meist  durch- 
sichtigen, säulenförmigen  Baryte  kommen  am  Marien  Gange  häufig  vor 
u.  zw.  in  der  Form  oo P2  . °oPoo  . Poo,  oft  sind  die  Enden  derselben 
weingelb  gefärbt.  Honiggelbe  bis  orangegelbe,  mehr  tafelförmige  Baryte 
kamen  am  Johanni  Gange  im  Mittelbau  vor,.,  wobei  sich  zu  obiger  Com- 
bination  noch  ein  zweites  rhombisches  Prisma  gesellt.  Daselbst  wurde 
auch  beobachtet,  dass  die  Flächen  der  rhombischen  Prismen  zwar,  glatt 


Zur  Charakteristik  einiger  a.  d.  l’fibramer  Erzgäugen  vork.  Miner. 


77 


und  stark  glänzend,  jedoch  nicht  eben,  sondern  convex  waren  und  die 
Kanten  des  zweiten  Prisma  abgerundet  wurden ; auch  braunroth  ge- 
färbte, auf  derbem  Quarze  sitzende,  bis  15  Mm.  lange  und  9 Mm.  dicke 
Barytkrystalle  wurden  am  Johanni-Gange  gefunden  ; oft  ist  der  Kern 
derselben  intensiv  roth , während  die  Domen  lichtbraun  gefärbt  er- 
scheinen. 

Die  meisten  gefärbten  Baryte  liefert  neben  dem  Wenzler- 
vorzüglich  der  Johanni-Gang.  Ausser  den  bereits  erwähnten  gelben  und 
rothen  Baryten  mögen  noch  folgende  angeführt  werden  : 

a)  Weisse,  durchsichtige,  gegen  die  Spitze  zu  gelbliche  Krystalle, 
säulenförmig,  durch  Zusammenwächsung  zweier  Krystalle  an  der  Basis 
breiter,  sitzen  auf  tleischrothem,  älteren,  derben  Baryt.  Auf  dem- 
selben Handstücke  stehen  vier  Krystalle  vertical  nebeneinander  mit 
ihren  hinteren  Flächen  zu  einer  spiegelglatten  Tafel  verwachsen. 

b)  Grössere  lauchgrüne  Krystalle,  säulenförmig,  meist  mit  starker 
Entwicklung  einer  Fläche  von  Po ©. 

c ) Schmale,  säulenförmige,  bis  7 Mm.  lange,  weingelbe  Krystalle, 
grösstentheils  büschelförmig  angeordnet,  an  der  Basis  roth  gefärbt. 

d)  Braunrothe  Krystalle  mit  gelben  Enden  u.  zw.  ist  gelb  ooP2, 
roth  ooPoo.  Diese  Formen  erscheinen  in  grosser  Menge  mit  den  Flä- 
chen von  coPco  aneinander  gewachsen. 

e)  Weisse,  schmale  Nadeln  vom  Marien-Gange,  massenhaft  auf- 
tretend , wirr  durcheinander ; manche  sehen  Gypskrystallen  sehr 
ähnlich. 

/')  Weisse,  halbdurchsichtige,  tafelförmige  Krystalle  von  der  Form 
°o P2  . ooPoo  . Po o . Po©  mit  diagonalen  inwendigen  Sprüngen  vom 
Eusehi-Gange ; manchmal  fehlt  Po©. 

g)  Dunkelfleischrothe,  tafelförmige  Krystalle  vom  Carolinen -Gange. 

h)  Tafeln  (©o Po©  . Po©)  am  Rande  röthlich,  in  der  Mitte  was- 
serhell mit  einem  Stich  ins  grünliche  vom  Wenzler-Gange. 

i)  Viele  kleine,  rectanguläre  Tafeln,  höchstens  3 Mm.  lang,  grup- 
penformig,  dicht  aneinandergereiht,  vom  Johanni-Gange. 

k)  Rosenrothe,  dicke,  kubische,  theilweise  mit  einer  Braunspath- 
kruste  überzogene  Krystalle  von  älterem  Baryt, 

l)  Honiggelbe,  säulenförmige  Krystalle  vom  Johanni-Gange,  an 
der  einen  Seite  stark,  an  der  anderen  sehr  wenig  entwickelte  Formen, 
auch  tafelförmig  u.  zw.  Po©  . ooP2  . ooPoo. 

m)  Fleisch rothe , tafelförmige  Krystalle  von  der  Combination 
Poo  . oo P2  . ooPoo  . Poo  gleichfalls  vom  Johanni-Gange. 

Diese  angeführten  Baryte  sind  meist  in  der  neuesten  Zeit  auf  den 
Gängen  der  Anna-Grube  vorgekommen,  und  stellen  die  typischen  For- 
men des  Pribramer  Schwerspathes  dar.  Von  jenen  auf  den  Sadeker- 
Gängen  vorkommenden,  welche  entweder  weisse,  stark  glänzende,  theils 
ganz-,  theils  halbdurchsichtige  grosse  Tafeln  darstellen  oder  als  lange 
Säulen  wie  zu  einem  Bündel  zusammengehunden  erscheinen  und  gleich- 

Mineralogische  Mittheilungen  1875.  2.  Heft.  (F.  Babanek.)  11 


F.  Babanek 


78 


W 


falls  in  den  letzten  Jahren  vorgekommen  sind,  können  die  obigen  leicht 
unterschieden  werden. 

Sehr  interessant  sind  die  Pseudomorphosen  nach  Baryt,  welche  auf 
den  Pfibramer-Gängen  gefunden  werden.  Professor  v.  Reuss  beschrieb 
in  seiner  Paragenese  der  Pfibramer  Mineralien  x)  eine  solche  vom 
Eusebi-Gange  nachstehend  : Grosse  rectanguläre  Baryttafeln  zeigen  die 
Combination  Po o . Pco  . 00P00  . ooP2,  an  der  das  brachydiagonale 
Doma  sehr  wenig  entwickelt  erscheint.  Sie  sitzen  zum  Theil  auf  klein- 
krystallisirtem  Calcit  und  sind  wie  dieser  auf  der  oberen  Seite  mit 
einer  Pyritrinde,  auf  der  unteren  mit  kurz-  und  feinstrabligem  Pyrrho- 
siderit  (Sammtblende)  überkleidet.  Aber  es  blieb  nicht  bei  der  blossen 
Ueberrindung,  die  Barytmasse  unterlag  einer  allmähligen  Zerstörung. 
Die  Krystalle  sind  stellenweise  tief  aufgefressen  und  durchlöchert,  so 
dass  manchmal  nur  ein  dünner,  zerbrechlicher  Rahmen  übrig  blieb, 
der  oftmals  ganz  in  Pyrit  umgewandelt  wurde.  Die  Stelle  des  zerstör- 
ten und  hinweggeführten  Barytes  nahmen  nun  der  Pyrit  und  das  Nadel- 
eisenerz  ein,  ersterer  von  oben,  letzteres  von  unten  her  vordringend 
und  das  Innere  der  Krystalle  erfüllend,  so  dass  manche  derselben  zur 
Hälfte  aus  porösem  und  löcherigem  Pyrit,  zur  anderen  aus  eben  solchem 
Nadeleisenerz  bestehen. 

Eine  ähnliche  Pseudornorphose  fand  ich  in  neuester  Zeit  gleich- 
falls am  Eusebi-Gange,  sie  zeigt  die  Combination  <= oP2  . oopoo  . Poo, 
tafelförmige  Gestalt,  woselbst  die  Barytmasse  vollständig  verschwunden 
und  nur  die  Ueberrindung,  bestehend  inwendig  aus  Pyrit,  auswendig 
aus  feinstrabligem  Pyrrliosiderit  übrig  geblieben  ist.  Stellenweise  ver- 
blieben nur  einzelne  Plättchen  des  Pyrites  und  den  übrigen  Theil  der 
Kruste  bildet  Sammtblende. 

Eine  zweite  interessante  Pseudornorphose  zeigt  einen  grösseren, 
tafelförmigen  Baryt  von  Braunspath  umschlossen,  blos  die  Flächen  des 
Brachydoma  sichtbar,  so  dass  das  äussere  Aussehen  des  Ganzen  derart 
ist,  als  wenn  der  Barytkrystall  in  einer  Tasche  von  Braunspath  sitzen 
würde.  Die  Längskante  des  Brachydoma  ist  nicht  geradlinig,  sondern 
zickzackartig  ausgeschnitten  und  auch  an  den  Flächen  desselben  be- 
merkt man  parallel  der  Kante  zickzackige  Erhabenheiten.  Ausserdem 
ist  an  den  Ecken  noch  eine  papierdünne  Kruste  von  Braunspath  be- 
merkbar , welche  diese  Ecken  umhüllt  hat.  Auf  dem  röthlich  gefärb- 
ten Braunspath  sitzen  grössere,  flache  Rhomboeder  von  jüngerem  Calcit. 

Schliesslich  sei  hier  noch  eine  Pseudornorphose  von  Pyrit  nach 
Baryt  vom  Adalberti-Gange  erwähnt.  Die  Krystallform  des  tafelförmigen 
Barytes  war  das  rhombische  Prisma,  das  Brachydoma,  ein  Brachy- 
pinakoid  und  ein  wenig  entwickeltes  Makrodoma.  Die  Barytmasse  ist 
vollständig  verschwunden  und  es  nimmt  der  Pyrit  die  Krystallform  des 
Barytes  ein,  und  man  bemerkt  stellenweise  nicht  nur  die  Pyritkruste, 
sondern  an  einzelnen  Stücken  bildet  Pyrit  dicke  Tafeln  in  der  Krystall- 
form des  Schwerspathes.  Einige  solche  Pseudomorphosen  sind  mit 
milchweissem,  säulenförmigen,  jüngeren  Baryt  besetzt. 


'-)  Ueber  die  Paragenese  der  auf  den  Eingängen  von  Pfibram  einbreebenden 
Mineralien.  Band  XL VII  der  Sitzber.  der  kais.  Akad.  der  Wissenschaften.  1863. 


Zur  Charakteristik  einiger  a.  d.  Pfibramer  Erzgängen  vork.  Miner. 


79 


Calcit,  Kalkspatli. 

Eigenthümlich  für  Pfibram  ist  der  sogenannte  Zweckenspath 
(Calcit  III).  Diese  nagelförmigen  Gestalten  sind  oft  mehrere  Millimeter 
lang  und  in  ihrem  unteren,  gegen  die  Spitze  verdünnten  Tlieile  ska- 
lenoedrisch unregelmässig  ausgebildet,  am  oberen  Ende  mit  drei  Flächen 
rhomboedrisch  zugespitzt.  Die  Oberfläche  pflegt  durch  sehr  kleine 
Rhomboeder,  die  sowohl  untereinander  als  auch  mit  der  ganzen  nagel- 
fönnigen  Gestalt  parallel  angeordnet  sind,  feindrusig  zu  sein.  Häufig 
bildet  man  die  Nägel  in  regelloser  Stellung  von  einem  jüngeren  Cal- 
cit (IV)  umgeben,  und  zwar  besteht  derselbe  meist  aus  flachen,  neben- 
einander gereihten  Rhomboedern  und  das  Ganze  hat  dann  ein  Aussehen 
als  wenn  eine  mehr  oder  weniger  flache,  tafelartige  Kalkspathmasse  mit 
Nägeln  durchgeschlagen  worden  wäre. 

Am  20.  Laufe  des  Eusebi-Ganges  bildet  der  Zweckenspath  eine 
grosse  Anzahl  nebeneinander  gereihter  thurmförmiger  Gestalten  mit 
dem  stärkeren  Ende  auf  grobkörnigem,  derben  Calcit  aufsitzend.  Die 
Spitze  wird  mit  den  drei  Flächen  eines  flachen  Rhomboeders  ab- 
geschlossen. 

Es  sei  hier  auch  das  Vorkommen  des  papierdünnen , fächerartig 
gereihten,  oft  aus  aufgewundenen  und  gekrümmten  Flächen  bestehen- 
den Calcites  IV  erwähnt. 

In  neuester  Zeit  fand  man  diesen  Kalkspath  gleichfalls  am  Eusebi- 
Gange  im  Tiefbau  zwischen  kleinen,  2 Mm.  langen,  milchweissen,  theil- 
weise  durchsichtigen  Skaleonederchen  von  Calcit  auf  Pyrit  sitzend.  Die 
Flächen  der  kleinen  Skaleoneder  waren  jedoch  meist  rauh  und  nur  bei 
einigen  wenigen  Krystallen  glatt ; sie  stehen  mit  der  einen  Spitze  auf 
grobkörnigem,  weissen  Calcit,  während  die  andere  frei  hervorragt. 

Die  blutroth  gefärbten  jüngeren  Kalkspathe  (IV)  vom  Adalberti- 
Gange  kommen  seltener  vor. 


Cerussit,  Weiss-  und  Schwarzbleierz. 

Am  häufigsten  auf  Bleiglanz,  Quarz  und  Eisenspath,  oft  auch  auf 
einer  Schicht  von  Bleimulin  sitzend,  welche  derben  Bleiglanz  bedeckt. 
Die  gewöhnlichsten  Formen  sind  Zwillinge  und  Drillinge  der  Combina- 
tion  ooP  . oo P3  . ooPoo  . P . Zwillingsebene  eine  Fläche  von  ooP, 
die  Farbe  ist  meistens  weiss,  aber  auch  graulichweiss  und  gelblichweiss, 
gelblich  bis  bleigrau.  Cerussit  wurde  auf  den  meisten  Gängen  in  den 
oberen  Horizonten  gefunden.  An  einem  weingelben  Krystalle  vom 
Francisci-Gange  ober  dem  Kaiserstollen  wurde  nachstehende  Combina- 
tion  beobachtet : P . oo P . ooPoo  . 2Poo  . 4P<x>  . ooPco  . J/2Poo . 
OP  . hiebei  hatte  OP  eine  bedeutende  Ausdehnung  und  gab  dem 
Krystall  ein  tafelförmiges  Aussehen.  Auch  Zwillingsbildungen  obiger 
Combination  wurden  gefunden. 

Am  Marien-Gange  kommen  häufig  Krystalle  derselben  Form  vor, 
nur  lassen  sich  da  mehrere  Brachydomen  beobachten  wodurch  die  lang- 

. n* 


80 


F.  Babanek. 


[6] 


gezogenen,  theilweise  säulenförmigen  Krystalle  das  Aussehen  gewinnen, 
als  wenn  ihre  Längsflächen  gestreift  wären.  Die  Farbe  ist  meist  grau, 
auch  bleigrau  bis  schwarz  (Schwarzbleierz).  Die  Krystalle  nehmen  das 
Innere  einer  Druse  ein,  welche  von  beiden  Seiten  derber  Bleiglanz  um- 
schliesst,  zwischen  welchem  und  dem  Cerussit  eine  dünne  Schichte  von 
Bleierde  zu  beobachten  ist.  Stellenweise  sind  die  Krystalle  mit  einer  dünnen 
Kruste  von  Braunbleierz  überzogen,  unter  welcher  an  manchen  Punk- 
ten der  Cerussit  verschwunden  ist  und  auf  diese  Art  Pseudomorphosen 
von  Braunblei  nach  Weissblei  zum  Vorschein  kommen.  Die  Krystalle 
des  Weissbleierzes  haben  oft  eine  Grösse  von  mehreren  Millimetern  und 
in  der  Regel  einen  lebhaften  Demantglanz,  welcher  bei  den  dunklen 
Abänderungen  in  einen  metallähnlichen  übergeht.  Manchmal  findet  man 
auch  schneeweisse  Krystalle  von  Cerussit  mit  einer  dünnen,  grünlich- 
roth  schillernden  Pyrithaut  überzogen. 


Wul feil it,  Gelbbleierz. 

Erscheint  meist  in  dünnen,  wachsgelben,  auch  gelblichgrauen, 
kleinen  Tafeln.  Die  tetragonale  Pyramide,  sowie  OP  mit  P in  Com- 
bination  kommen  seltener  vor.  In  früheren  Jahren  war  dieses  Mineral 
auf  den  Pfibramer  Gängen  nicht  bekannt,  erst  durch  die  Inangriff- 
nahme der  Schwarzgrübner  Baue  fand  man  dasselbe  am  oberen  Schwarz- 
grübner  Gange.  Daselbst  kam  es  nicht  nur  in  kleinen  Tafeln,  sondern 
auch  in  gelblichgrauen  Pyramiden  vor.  die  in  der  Mitte  zu  einem  stär- 
keren Krystall  verwachsen  waren  und  die  Spitzen  frei  hatten,  demnach 
das  Aussehen  derart  war,  als  ob  ein  grösserer  Wulfenitkrystall  in 
mehrere  Spitzen  enden  würde.  Manchmal  erscheint  die  Pyramide  in 
Combination  mit  einer  zweiten  ditetragonalen,  auch  wurde  oo P . P . 
2Po o beobachtet,  wobei  vorzüglich  die  Pyramidenflächen  eine  grössere 
Ausdehnung  haben,  während  die  Prismenflächen  weniger  entwickelt  sind. 

Am  Francisci-Gange  in  der  Anna-Grube  wurde  ein  einzigesmal 
dieses  Mineral  gefunden,  u.  zw.  in  einem  Firstenbaue  ober  dem  Kaiser- 
stollen Daselbst  kamen  kleine,  dicke  Tafeln  von  honiggelber  Farbe 
mit  einem  Stich  ins  orangegelbe  vor , einzelne  Krystalle  waren  auch 
gelblichweiss.  Es  ist  dies  das  erste  Vorkommen  auf  den  Gängen  der 
Grauwackensandsteinzone  Pfibrams.  Gemeinschaftlich  mit  demselben 
kam  auch  Weissbleierz,  Malachit,  Pyrolusit  und  Limonit  vor.  Hiebei 
war  auch  interessant  das  Nebengestein  des  Ganges,  welches  ein  Grau- 
wacken-Conglomerat  war,  wo  die  bis  haselnussgrossen  Gesteinsstücke 
durch  ein  brauneisensteinführendes  Bindemittel  verbunden  waren. 


Pyrrhosiderit,  Sammtblende,  Nadeleisenerz. 

Lillit. 

Das  Nadeleisenerz  kommt  auf  den  Pfibramer  Erzgängen  in  zwei 
Varietäten  vor,  u.  zw.  entweder  strahlenförmig  zu  Büscheln  vereinigt 
schwarz,  oder  gelblichbraun,  auch  schwärzlichbraun,  dann  niereu-  oder 


Zur  Charakteristik  einiger  a.  d.  Pribramer  Erzgängen  vork.  Miner. 


81 


halbkugelförmig,  auch  traubig  als  sogenannte  Sammtblende.  Die  erste 
Varietät  (Göthit)  erscheint  auch  manchmal  in  Nadelform  auskrystallisirt 
und  wurde  in  einer  bedeutenden  Tiefe  am  Wenzler-Gange  gefunden, 
während  die  letztere  am  häufigsten  am  Adalberti-,  seltener  am  Eusebi-, 
Fundgrübner-  und  Francisci-Gange  gefunden  wird.  Hier  soll  nur  die 
Sammtblende  in  Betrachtung  gezogen  werden. 

Nach  Prof.  v.  Reuss  steht  die  Sammtblende  im  innigsten  Zu- 
sammenhänge mit  dem  auf  den  Erzgängen  vorkommenden  jüngeren  Py- 
rit und  ist  in  den  meisten  Fällen  ein  Zersetzungsproduct  desselben. 
Er  nimmt  an,  dass,  da  eine  Umbildung  stattgefunden  habe  u.  zw. 
derart,  dass  aus  dem  Pyrit  ein  erdiges,  grünes  bis  grünlichschwarzes 
Mineral,  der  Lillit  entstanden  sei  und  aus  diesem  sich  die  Sammtblende 
entwickelt  habe ; dies  folgert  er  vorzugsweise  daraus,  dass  am  Adalberti- 
Gange  kugelige  und  traubige  Massen  von  Sammtblende  von  krumm- 
schalig-faseriger  Zusammensetzung  einen  Kern  von  theilweise  in  Lillit 
zersetzten  Pyrit  umschliessen.  Aber  auch  das  umgekehrte  Verhältniss 
wurde  beobachtet,  indem  auf  Pyrit  Sammtblende  und  auf  dieser  Lillit 
gefunden  wurde,  was  jedenfalls  einer  wiederholten  Bildung  zuzuschrei- 
ben sein  dürfte.  Im  Nachfolgenden  sollen  einige  der  neuern  Vorkomm- 
nisse der  Sammtblende  erörtert  werden. 

In  der  Schleppung  des  Widersinnigen-Ganges  mit  dem  Eusebi 
ober  dem  23.  Laufe  bemerkt  man  an  einzelnen  Punkten  einen  feinen 
Ueberzug  von  Lillit  auf  feinkörnigem  bis  dichten  Calcit  und  theils  auf 
dem  Lillit,  theils  auf  dem  Calcit  schwarzbraune,  kugelförmige  Sammt- 
blende, welche  an  vielen  Stellen  ein  kleines  Hexaederchen  von  Pyrit  als 
Kern  hat.  Die  Bildung  der  Sammtblende  wiederholte  sich,  indem  auf 
diese  eine  Kruste  von  lichtbrauner  Sammtblende  folgt,  welche  über  die 
erstere  wie  ausgegossen  erscheint  und  mit  Pyrithexaederchen  besetzt  ist. 
Offenbar  bestand  diese  Kruste  früher  aus  einer  dünnen  Pyritmasse, 
welche  später  in  Pyrrhosiderit  umgewandelt  wurde.  Man  bemerkt  aber 
nicht  nur  diese  Umwandlung  des  Pyrites  in  Sammtblende,  sondern  auch 
stellenweise  jene  Zersetzung  desselben  in  Lillit  auf  der  Unterlage  der 
älteren  Sammtblende. 

Eine  ähnliche  Umbildung  ist  auf  einem  anderen  Stücke  vom 
22.  Laufe  des  Eusebi-Ganges  zu  sehen.  Daselbst  beobachtet  man  auf 
einer  Lage  von  körnigem,  dichten  Calcit,  der  auf  derbem,  schwarzen 
Quarze  ruht,  eine  3 Mm.  starke  Schnur  von  älterem  Pyrit,  über  dem 
sich  eine  schwache  Kruste  von  jüngerem  Pyrit  befindet.  Zwischen 
beiden  ist  eine  schwache  Schichte  von  dunkelgrünlichem  Lillit  zu  be- 
merken, während  auf  dem  jüngeren  Pyrit,  welcher  stellenweise  kleine 
Hexaeder  beobachten  lässt,  lichtbraune  Sammtblende  sich  befindet.  Auch 
zwischen  den  einzelnen  Pyritkrystallchen  sind  kleine  Partien  von 
Sammtblende  zu  sehen.  An  einer  Stelle  desselben  Gangstückes  ist  letztere 
mitten  im  Lillit  zu  bemerken  und  mit  halbzersetzten  Pyrittheilchen 
bedeckt. 

Am  Adalberti -Gang  wird  auch  manchmal  eine  Umwandlung  des 
Pyrites  in  Limonit  beobachtet,  welcher  ein,  lichtbrauner  Sammtblende 
ähnliches  Aussehen  hat.  Ein  eigenthümliches  Vorkommen  des  Pyrrho- 
siderites  ist  das  vom  Johanni-Gange.  Mitten  in  der  Gangfüllung 


i 


82 


F.  Babanelc. 


[8] 


erscheinen  auf  derber,  gelblich-  bis  rötblichweisser  Barytmasse  büschel- 
förmig gehäufte,  stellenweise  breitnadelförmige  Krystalle  des  Pyrrhosi- 
derites,  welche  stellenweise  mit  äusserst  kleinen  pelluciden  Calcit- 
krystallcben  besetzt  sind.  Ein  ähnliches  Vorkommen  wurde  in  früheren 
Jahren  auch  am  Wenzler-Gange  beobachtet. 

Der  Lillit  erscheint  nicht  immer,  wie  in  dem  Vorangeführten  ge- 
meinschaftlich mit  Sammtblende,  sondern  tritt  auch  häufig  ohne  dieselbe 
auf.  So  wurde  am  Kreuzldüfter-Gange  auf  derbem  Braunspath  Pyrit 
gefunden,  der  gegen  das  Innere  der  Druse  theils  trauben-  theils  röhren- 
förmige Formen  gezeigt  hat.  Gegen  die  Oberfläche  zu  ist  er  in  Lillit 
umgewandelt  und  blos  der  Kern  besteht  noch  aus  nicht  zersetztem 
Lillit ; auch  kann  man  ganz  deutlich  die  allmählige  Umwandlung  be- 
obachten. 

Oft  findet  man  Lillit  unmittelbar  auf  Calcit  ohne  eine  Spur  von 
Pyrit,  in  welchem  Falle  die  vollständige  Zersetzung  des  letzteren  statt- 
gefunden haben  musste.  Seine  Farbe  ist  oft  bis  schwärzlichgrün  und  die 
chemische  Zusammensetzung  nach  Payer  108  Wasser,  54-7  Eisen- 
oxydul und  Eisenoxyd  und  34  5 Kieselerde.  Schliesslich  mag  hier  noch 
erwähnt  werden , dass  am  Adalberti-Gange  Sammtblende  am  Zwecken- 
spath  beobachtet  wurde  und  demnach  lässt  sich  die  genetische  Folge 
dieser  zwei  Mineralien , nämlich  des  Lillites  und  der  Sammtblende 
ganz  genau  fixiren. 

Gediegen  Antimon. 

Antimonit,  Antimonglanz,  Grauspiessglaserz. 

Pyrostibit,  Antimonblende,  Rothspiessglaserz. 

Allemontit,  Antimonarsen. 

Diese  Mineralien  sind  in  neuester  Zeit  in  grosser  Menge  auf  den 
Gängen  der  Lillgrube  vorgekommen  und  in  einem  derartigen  Zusam- 
menhänge, dass  sie  auch  hier  gemeinschaftlich  beschrieben  werden 
sollen.  Das  gediegen  Antimon  erscheint  in  bis  3 Mm.  starken,  sehr 
glänzenden  Schalen  von  zinmveisser  Farbe  auf  älterem  Calcit.  Kleine 
Drusen  werden  mit  kurzstrahligem  oder  dichtem,  faserigem  Grauspiess- 
glaserz ausgefüllt.  Stellenweise  bemerkt  man  zwischen  diesem  und  dem 
gediegen  Antimon  Drusen  mit  dichtem,  filzartigen  Heteromorphit  aus- 
gefüllt ; auch  überdecken  das  Antimon  schwache,  concentrische  Schalen 
von  Antimonarsen,  auf  denen  an  manchen  Stellen  Lölingit  zu  sehen  ist. 
Die  fernere  Gangausfüllung  neben  den  erwähnten  Mineralien  bildet  noch 
Siderit,  Sphalerit  und  Calcit,  welche  unregelmässig  vertheilt  die  Unter- 
lage der  jüngeren  antimonhaltigen  Mineralien  bilden. 

An  einem  Stücke  vom  oberen  Schwarzgrübner-Gange  befinden 
sich  in  einer  regellos  zusammengesetzten  Gangfüllung  4 Mm.  starke, 
grössere  Schalen  von  Antimonarsen  auf  derbem  Siderit  in  Gesellschaft 
von  brauner  Blende  und  Calcit.  Auf  dem  Allemontit  bemerkt  man 
Partien  von  Lölingit  und  darauf  bis  5 Mm.  lange,  schwache  Nadeln  von 
Rothspiessglaserz  büschelförmig  gelagert,  während  an  anderen  Stücken 


83 


[9]  Zur  Charakteristik  einiger  a.  d.  Pribramer  Erzgängen  vork.  Miner. 

dasselbe  in  einem  Gemenge  von  Antimon  und  Antimonarsen  einge- 
bettet ist. 

Das  gediegene  Antimon  erscheint  oft  auch  klein , nierenförmig, 
krummschalig  abgesondert,  mit  ebenem  und  dichten  Bruche.  Die  Ober- 
fläche desselben  ist  häufig,  die  des  Allemontites  jedoch  immer  schwarz  an- 
gelaufen. Das  Antimonarsen  kommt  gewöhnlich  in  dünneren  Schalen,  im 
Bruche  zinnweiss,  stark  glänzend  vor  und  erscheint  auch  manchmal  in 
Wechsellagerung  mit  Grauspiessglaserz,  welches  dann  in  dünner,  scha- 
lenförmiger Gestalt  zwischen  den  Allemontitlagen  eingepresst  ist. 

Das  Grauspiessglaserz  dürfte  jedenfalls  jüngerer  Bildung  sein  als 
das  Antimonarsen,  indem  man  an  einzelnen  Stücken  beobachten  kann, 
wie  die  Schalen  des  letzteren  auf  älterer,  derber  Blende  ruhen  und  im 
Inneren  mit  Antimonitb Uschein  ausgefüllt  sind.  An  anderen  Stücken 
sind  auf  stärkeren  Schalen  von  gediegen  Antimon  dünnere  Schalen  des 
Allemontits  gelagert,  auf  welche  dann  das  Grauspiessglaserz  folgt.  Dies 
giebt  auch  einen  guten  Anhaltspunkt  für  die  Altersfolge  dieser  Mi- 
neralien. 

Die  Antimonverbindungen  nehmen  in  der  Regel  die  Mitte  der 
Ausfüllung  eines  Ganges  ein,  und  man  findet  am  häufigsten  das  Anti- 
monarsen in  grösseren  — hühnereigrossen,  in  einer  Reihe  liegenden 
stärkeren  Schalen,  welche  aus  mehreren  schwächeren  zusammengesetzt 
erscheinen,  ausgebildet  in  Gemeinschaft  der  anderen  Antimon  Verbindun- 
gen und  stellenweise  komnft  auch  derbes  Rothgiltigerz  in  kleineren 
Mengen  damit  vor.  In  geringer  Menge  wurde  auch  gediegen  Arsen  ge- 
meinschaftlich mit  Antimonarsen  am  oberen  Schwarzgrübner  - Gange 
beobachtet. 


Steinmanit,  oktaedrischer  Bleiglanz. 

Es  sind  dies  kleine,  höchstens  5 Mm.  grosse  Krystalle  von  Blei- 
glanz , die  in  der  Regel  die  Combination  des  Oktaeders  mit  dem 
Hexaeder,  manchmal  auch  mit  dem  Rhombendodekaeder  zeigen.  Auch 
kleine  Tiiasoktaeder  wurden  beobachtet.  Häufig  erscheint  der  Stein- 
manit  in  traubenförmigen,  halbkugelförmigen  und  nierenförmigen  Ge- 
stalten. Bei  einigen  Abänderungen  findet  sich  eine  zweite , nach  der 
Oberfläche  der  nachahmenden  Gestalten  gebogene  krummschalige  Zu- 
sammensetzung, die  Schalen  sind  dann  durch  eine  Zwischenschicht  von 
Bleimulm  getrennt  und  lassen  sich  ablösen.  Nach  Kenngott  ist  der 
Steinmanit  eine  unreine  Varietät  des  Galenites,  dem  SPb  ist  SZn  und 
SAs  beigemengt.  Prof.  Zippe,  welcher  dieses  Mineral  zuerst  beschrieb, 
benannte  es  Steinmanit ; in  Pfibram  wird  es  jüngerer  Bleiglanz  ge- 
nannt, da  derselbe  einer  späteren  Bildung  angehört  als  der  hier  vor- 
kommende ältere  Bleiglanz,  welcher  gewöhnlich  — wenn  er  krystalli- 
sirt  ist,  hexaedrische  Formen  zeigt. 


84 


F.  Babanek. 


[10] 


Boulangerit. 

Jamesonit. 

Heteromorphit,  Federerz. 

In  dem  dichten  Galenit  einiger  Pfibramer  Gänge  wurde  ein  an- 
timonhältiges  Mineral  beobachtet,  welches  eine  faserige  Textur  und  eine 
stahl-  bis  bleigraue  Farbe  besitzt.  Vorzüglich  ist  es  früher  am  Adal- 
berti-  und  Eusebi-Gange , später  auch  am  Adalberti  Liegend-  und 
Francisci-Gange  gefunden  worden.  Nach  Prof.  v.  Zepharovich  kommt 
der  Jamesonit  nur  am  Eusebi-Gange  vor  u.  zw.  da  mit  vorzüglich  aus- 
gebildeter faseriger  Textur.  Ich  fand  in  neuester  Zeit  dieses  Mineral 
an  zwei  verschiedenen  Punkten  des  Eusebi-Ganges,  wo  derselbe  in 
Abbau  begriffen  war.  Uber  dem  15.  Laufe  nächst  der  Francisci-Gangs- 
Scharung  wurden  drei  in  früherer  Zeit  stehen  gebliebene  Firstenstrassen 
in  Abbau  genommen,  wobei  dieses  strahlige  Mineral  in  grosser  Menge 
eingebrochen  ist.  In  einem  zweiten  Firstenbaue  desselben  Ganges  fand 
sich  abermals  ein  ähnliches  Mineral  vor.  Ersteres  hat  eine  feinfaserige 
Textur,  ist  seidenartig  metallglänzend,  die  Fasern  büschelförmig  ange- 
ordnet und  von  fein-  bis  grobkörnigem  Galenit  umschlossen.  Der  Gang  selbst 
hat  keine  bedeutende  Mächtigkeit  und  besteht  zunächst  dem  Liegend- 
gestein aus  einer  schwachen  Lage  von  Siderit,  auf  den  eine  stärkere 
Lage  von  feinkörnigem,  schwarzen  Quarze  folgt,  welcher  stellenweise 
eingesprengte  Zinkblende  führt.  Gegen  die  Mitte  des  Ganges  bemerkt 
man  einzelne  grössere  Partien  brauner  Blende  nebst  grobkörnigem 
Bleiglanze.  Die  Mitte  der  Gangfüllung  besteht  aus  dichtem  Galenit, 
auf  welchen  obiges  antimonhältiges  Mineral  folgt,  das  von  der  anderen 
Seite  abermals  von  dichtem  Bleiglanz  umschlossen  wird. 

Von  diesem  Baue  stammen  ohne  Zweifel  die  von  Prof.  v.  Ze- 
pharovich zur  chemischen  Analyse  benutzten  Jamesonitstücke  her  x), 
da  meines  Wissens  in  früherer  Zeit  nur  an  diesem  Punkte  des  Eusebi- 
Ganges  dieses  Mineral  eingebrochen  ist  und  der  oben  angeführte  zweite 
Bau  erst  in  neuerer  Zeit  eröffnet  wurde.  Der  Pfibramer  Jamesonit 
enthält  nach  Prof.  Dr.  Boficky: 

Schwefel  ....  20-21 
Antimon  ....  30-81 

Blei 47-17 

Eisen P35 

und  für  denselben  wurde  die  Formel  Pb2  . Sb  bestimmt. 

Die  Fundstücke  von  dem  zweiten  Eusebi-Bau  besitzen  zwar  ein 
ähnliches  Aussehen  und  man  findet  bei  sorgfältiger  Untersuchung  und 
Vergleichung  den  einzigen  Unterschied  , dass  die  Farbe  der  letzteren 
mehr  ins  Bleigraue  geneigt ; und  wenn  man  den  grösseren  Bleigehalt  des 


')  Mineralogische  Mittheilungen  aus  dem  LVI.  Bde.  der  Sitzungen  d.  Akad. 
d.  Wissensch.  1867. 


85 


[11] 


Zur  Charakteristik  einiger  a.  d.  Pribramer  Erzgängen  vork.  Miner 


Boulangerites  berücksichtiget,  so  dürfte  es  zweifellos  sein,  dass. wir  an 
jenem  zweiten  Punkte  letzteres  Mineral  vor  uns  haben,  umsomehr  als 
der  Habitus  desselben  mit  jenem  vom  Adalberti-Gange  vollkommen 
übereinstimmt.  Auch  ist  die  Textur  mehr  ins  blättrige  geneigt,  grössten- 
theils  jedoch  dicht  oder  undeutlich  faserig.  Von  dichtem  Federerz 
unterscheidet  sich  dasselbe  dadurch , dass  letzteres  stets  eine  mehr 
schwärzliche  Farbe  hat. 

Der  dichte  Boulangerit  ist  eine  schwachglänzende  oder  matte 
Masse  mit  flachmuscheligem  oder  ebenem  Bruche , im  Galenite  Lager 
oder  Nester  bildend.  Die  Lagen  werden  entweder  von  dieser  Varietät 
allein  eingenommen  oder  bestehen  in  ganz  unregelmässiger  Vertheilung 
aus  Partien  von  faserigem  und  dichten  Boulangerit.  Auf  mehreren 
Handstücken  vom  Eusebi-Gange  aus  dem  Tiefbau  der  Anna-Grube  fin- 
det man  den  dichten  Boulangerit  in  einer  aus  schwarzem,  feinkörnigen 
Quarze  mit  fein  eingesprengfem  Bleiglanze  bestehenden  Masse.  Eine 
analoge  Gangfüllung  besitzt  an  manchen  Stellen  auch  der  Adalberti- 
Gang  und  führt  dann  entweder  dichten  Boulangerit,  grösst entheils  aber 
dichten  Heteromorphit,  welcher  in  Drusenräumen  in  haarförmigen  oder 
kurz  nadelförmigen  Gestalten  erscheint. 

Der  Pribramer  Boulangerit  enthält  nach  Prof.  Helmhacker: 


Schwefel 

• • • • 18-89 

Antimon 

• • • • 2P87 

Blei  • • 

• • • • 57-69 

Silber  • 

• • • • 0-25 

Eisen 

....  o-84 

Für  denselben  wurde  die  Formel  Pb3  . Sb  bestimmt. 


Die  Zusammensetzung  des  faserigen  Boulangerites  vom  Adalberti- 
Gange  ist  ganz  dieselbe  wie  jene  des  dichten  vom  Eusebi-Gange,  das 
äussere  Aussehen  unterscheidet  sich  wenig  von  dem  des  Jamesonites. 

Der  dichte  Heteromorphit  bildet  eine  graulichschwarze,  feine 
Masse  und  ist  geschlämmten  Graphit  nicht  unähnlich.  In  den  Drusen- 
räumen der  Gänge  oder  selbst  in  der  Gangfüllung  bildet  er  schwache 
Lagen  oder  Schnüre  und  tritt  vorzüglich  am  Eusebi-  und  Adalberti- 
Gange  im  Tiefbaue  in  der  früher  erwähnten  feinkörnigen  bis  dichten 
Quarzmasse  auf,  welche  von  ihm  schwarz  gefärbt  erscheint. 

Oft  beobachtet  man  im  dichten  Heteromorphit  ganz  feine,  kurze 
Nadeln  von  weissem  oder  lichten  Quarze,  wie  auch  dieser  in  den 
Drusenräumen , wo  haarförmiger  Heteromorphit  in  grösserer  Menge 
auftritt,  in  grösseren,  durchsichtigen  Krystallen  erscheint.  Die  kurzen, 
feinen  Nadeln  oder  die  längeren , haardünnen  Fäden  sind  in  den  Dru- 
senräumen entweder  einzeln  oder  büschelweise  ausgebildet  und  bilden 
oft  pelzähnliche  Auskleidungen.  Manchmal  erscheinen  in  diesen  Drusen 
Krystalle  von  Bournonit,  Schilfglaserz  und  Tetraedrit. 

Im  haarförmigen  und  filzartigen  Federerz  vom  Adalberti-Gange 

findet  man 22-- 25  Proc.  Antimon, 

57 — 58  „ Blei. 

Nach  dem  Schwefelverhältnisse  resultirt  für  einige  Federerze  die  For- 
mel Pb6  . Sb2,  für  andere  Pb3  . Sb,  und  demnach  dürfte  manches 
Federerz  als  haarförmiger  Boulangerit  zu  bestimmen  sein. 


Mineralogische  Mittheilungen.  1875.  2.  Heft.  (F.  Babanek.) 


12 


86 


F.  Babanek. 


[L2] 


Was  die  Entstehung  des  Federerzes  anbelangt,  so  ist  Professor 
v.  Zepharovich  der  Ansicht,  dass  sich  dasselbe  in  den  Drusenräu- 
men unter  denselben  Verhältnissen  , wie  der  mit  dem  körnigen  , völlig 
unversehrten  Galenit  wechselnde  faserige  und  dichte  Boulangerit  ge- 
bildet habe , und  wie  die  letzteren  nicht  aus  einer  Zersetzung  des 
Galenites  hervorgingen,  möchte  dies  auch  für  die  haarförmigen  Varie- 
täten anzunehmen  sein. 


Bournonit,  Sclnvarzspiessglaserz. 


Bis  jetzt,  ist  dieses  Mineral  vom  Adalberti-,  Eusebi-  und  Francisci- 
Gange  bekannt  und  erscheint  theils  in  kleineren , theils  in  grösseren 
Krystallen,  von  denen  man  am  häufigsten  die  Combination  OP  . Po=  . 
Poo  als  die  einfachste  Krystallform  beobachten  kann,  obzwar  sich 
manchmal  ooPco  und  <=oP  hinzugesellt,  welche  letztere  Formen  jedoch 
gewöhnlich  die  geringste  Entwicklung  besitzen.  Stets  erscheinen  die 
Krystalle  des  Bournonites  in  dicken , häufig  vollkommen  glattflächigen 
und  spiegelnden  Tafeln  , manchmal  in  filzartigem  Federerz  eingehüllt 
und  dann  gewöhnlich  mit  stark  glänzenden  Flächen  und  abgerundeten 
Kanten.  Eine  Zwillingsbildung  ist  nur  in  seltenen  Fällen  zu  beobachten 
und  dann  gewöhnlich  nach  00P00  , wie  bei  den  Kapniker  Radelerzen. 
Nach  Prof.  Hel  in  hacke  r sind  die  Pribramer  Bournonite  alle  silber- 
haltig u.  zw.  wechselt  ihr  Silbergehalt  von  0-203  his  6"907  Proc.  Er 
untersuchte  einige  Krystalle  vom  Adalberti-Hauptgange  und  fand  darin  *) : 


Schwefel 

Antimon 


19-94 

24-74 

3937 

1-69 

13-52 

031 

0-09 


Blei  • 
Silber 
Kupfer 
Eisen 
Zink  • 


Am  Eusehi-Gange  ober  dem  15.  Laufe  kam  Bournonit  gemeinschaftlich 
mit  Tetraedrit,  Kupferkies  und  Argentit  in  einfachen  Krystallen  vor, 
während  am  Francisci-Gange  ober  dem  13.  Laufe  ausgezeichnete  Kry- 
stalle desselben  mit  Zwillingsbildung  in  Gesellschaft  von  grösseren 
Tetraedrit-Krystallen  gefunden  wurden.  Gemeinschaftlich  mit  Federerz 
und  oft  auch  mit  Schilfglaserz  wird  Bournonit  am  Adalberti-  und  Eusebi- 
Gange  im  Tiefbaue  gefunden. 

In  früheren  Jahren  war  dieses  Mineral  auf  den  Pribramer  Gängen 
nicht  bekannt , erst  in  den  gegen  die  Tiefe  zu  vorschreitenden  Bauen 
des  Birkenberges  fand  man  dasselbe  und  ebenso  auch  das  Schilfglaserz. 
Oft  ist  es  in  kleinen  Drusenräumen  in  einer  dichten,  festen,  quarzigen 
Masse  eingeschlossen  und  erst  beim  Zerschlagen  der  grösseren  Gang- 
stücke zu  finden,  u.  zw.  theils  in  Krystallform,  theils  in  derber  Gestalt. 
Im  Allgemeinen  ist  Bournonit  in  Pfibram  kein  so  sehr  häufiges  Mineral 
und  vorzüglich  sind  ausgezeichnete  Krystalle  desselben  seltener  zu  be- 
kommen. 


')  Berg-  u.  hüttenmännisches  Jahrb.  d.  Bergakademien.  XIII.  Bd.  1864. 


[13] 


Zur  Charakteristik  einiger  a.  d.  Pribramer  Erzgängen  vork.  Miner. 


87 


Polybasit,  Eugeiiglaiiz. 


Kommt  meistens  in  stark  glänzenden,  schwarzen,  dünnen,  hexago- 
nalen Tafeln  vor,  Combination  OP  . P . °oP,  an  denen  die  basische 
Fläche  vorwaltet  und  stets  mehr  oder  weniger  stark  triangulär  oder 
hexagonal  gestreift  ist.  Häutig  sind  die  Tafeln  mit  einem  feinen  Pyrit- 


Überzug bedeckt. 

Nach  einer  Analyse 

von  Tonner  enthält  der  Pri- 

bramer  Polybasit : 

Silber  .... 

• 68-55 

Kupfer  ... 

• 3-36 

Eisen  .... 

• 0-14 

Antimon  • • • 

• 11-53 

Schwefel  • • • 

• 15-55 

ist  demnach  ein  sehr  reiches  Silbererz. 


Nach  dieser  Untersuchung  weicht  er  von  anderen  Polybasiten  we- 
sentlich ab  und  kommt  dem  Freiberger  am  nächsten.  Prof.  v.  Reuss 
war  der  Ansicht,  dass  die  abweichende  chemische  Beschaffenheit  durch 
die  Beimengung  einer  anderen  Mineralsubstanz  bedingt  wird  und  dies 
hier  der  Stefanit  sein  dürfte,  der  mit  dem  Polybasit  häufig  zusammen 
vorkommt.  Von  den  neueren  Vorkommnissen  dieses  Minerales  seien 
nachfolgende  erwähnt : 

a ) Dicke,  hexagonale  Tafeln,  deren  Kanten  eine  Länge  von  3 Mm. 
haben  in  einer  Druse  von  Quarz,  welcher  stellenweise  klein  auskrystal- 
lisirt  ist  und  auf  dem  der  Polybasit  sitzt.  Die  Oberfläche  des  letzteren 
ist  graulichgelb  , metallisch  glänzend.  Mehrere  Krystalle  sind  neben- 
einander gereiht  und  dazwischen  bemerkt  man  eine  kleine  Partie  von 
röthlichgelbem  Pyrit.  In  der  nächsten  Nähe  des  Polybasites  sind  mehrere 
kleine  kochenill-  bis  karmesinrothe  Proustitkrystalle  zu  sehen. 

b)  An  einem  anderen  Stücke  vom  Fundgrübner-Gange  sind  die 
Polybasitkrystalle  rosettenartig  aneinandergereiht  und  sitzen  auf  Siderit, 
im  Uebrigen  sind  sie  dem  Aeusseren  nach  den  vorhergehenden  vollkom- 
men ähnlich  ; die  Fläche  OP  ist  mit  einer  dünnen  Schicht  von  Pyrit 
bedeckt. 

c)  Am  Eusebi-Gange  kommt  Polybasit  in  Gesellschaft  des  jünge- 
ren Bleiglanzes  vor.  Daselbst  bemerkt  man  eine  Kruste  von  zerfresse- 
nem Braunspath,  auf  welcher  die  Polybasitkrystalle  in  grosser  Anzahl 
ruhen,  nebeneinander  und  ineinander  verwachsen  sind.  Die  Täfelchen 
sind  klein  und  die  wenigsten  derselben  bläulichschwarz,  die  meisten 
sind  mit  einem  lichtgrauen  Lillit  überzogen.  Der  ursprüngliche  Ueber- 
zug  dieser  Polybasitkryställchen  mag  Pyrit  gewesen  sein  , der  später 
eine  Umwandlung  in  Lillit  erlitt. 

Dieses  letztere  Vorkommen  des  Polybasites  dürfte  zu  der  jünge- 
ren Bildung  gehören , wie  auch  das  Vorkommen  von  äusserst  kleinen 
Krys'ällchen  des  jüngeren  Bleiglanzes,  welcher  auch  auf  Handstücken 
desselben  Vorkommens  beobachtet  wurde,  darauf  hin  weist,  während  die 
früher  beschriebenen  Fälle  einer  älteren  Bildung  angehören. 

Hier  dürfen  auch  die  Pseudomorphosen  des  Pyrites  nach  Polyba- 
sit vom  Wenzler-Gange  nicht  unerwähnt  bleiben.  Ein  zollgrosses  Penta- 
gondodekaeder von  bunt  angelaufenem  Pyrit,  den  Theile  eines  noch 

12* 


gg  F.  Babanek.  Zur  Charakt.  einiger  a.  d.  Pribramer  Erzg.  vork.  Miner. 


grösseren  Krystalles  desselben  Minerales  bedecken  und  auf  welchem 
letzteren  eine  grosse  Anzahl  aneinandergereihter  hexagonaler  Tafeln  des 
Polybasites  sitzen,  der  vollständig  in  Pyrit  umgewandelt  wurde  und 
stellenweise  dieselben  mit  derber  Pyritmasse  im  innigen  Zusammenhänge 
steht,  kam  am  Wenzler-Gange  ober  dem  18.  Laufe  vor  und  liefert  eine 
ausgezeichnete  Verdrängungs-Pseudomorphose  des  Pyrites  nach  Polybasit. 

Ein  anderes  Stück  von  eben  demselben  Fundort  von  derbem 
Pyrit  ist  an  dem  einen  Ende  in  ein  grosses  Hexaeder  auskrystallisirt, 
während  das  andere  Ende  eine  grosse  Anzahl  hexagonaler  Pyrittafeln 
zeigt,  welche  nichts  Anderes  sind  als  Pseudomorphosen  dieses  Minerales 
nach  Polybasit. 

Das  Vorkommen  des  Stefanites  gemeinschaftlich  mit  dem  Polyba- 
site,  wie  es  Prof.  v.  Reuss  in  seiner  Paragenesis  der  Pribramer  Mi- 
neralien erwähnt,  ist  in  der  letzten  Zeit  nicht  beobachtet  worden. 


Diaphorit,  Seliilfglaserz. 

Das  in  früheren  Jahren  in  Pfibram  gefundene  und  für  Freies- 
iebenit gehaltene  Mineral  ist  bekanntlich  nach  den  Untersuchungen  von 
Prof.  v.  Zepharovich  eine  selbstständige  Species,  welche  er  Diaphorit 
benannte. 

Der  Diaphorit  kommt  meistens  am  Adalberti-Gange  vor.  Drusen- 
räume in  der  Gangfüllung  sind  mit  Krystallen  älterer  Mineralien  aus- 
gefüllt, auf  denen  die  Diaphoritkrystalle  sitzen  ; häufig  kommen  gemein- 
schaftlich mit  demselben  haarförmiger  Boulangerit  und  Bournonit  vor.  Am 
Eusebi-Gange  wurde  Diaphorit  gleichfalls  gefunden  u.  zw.  in  einer 
dichten,  schwarzen  Quarzmasse  mit  fein  eingesprengtem  Bleiglanze, 
Siderit  und  Blende.  Die  Krystalle  des  Diaphorites  sind  daselbst  meist 
tafelförmig,  zeigen  viele  Formen  und  häufig  Zwillingsbildung,  die  Enden 
derselben  sind  manchmal  abgebrochen.  Auch  lichtbraune  jüngere  Blende 
in  kleinen  Krystallen  kommt  da  öfters  vor.  Die  Diaphorite  erscheinen 
durch  die  Cömbination  der  stark  glänzenden  stahl-  bis  bleigrauen 
Prismen-  und  Domenflächen  wie  gestreift. 

Das  Vorkommen  dieses  Minerales  ist  überhaupt  ein  seltenes  und 
in  Folge  dessen,  dass  einfache  Krystalle  äusserst  selten  beobachtet  wer- 
den und  die  gewöhnlichen  Formen  meist  kleinere  Dimensionen  zeigen, 
übrigens  öfters  die  Enden  abgebrochen  haben,  eine  genaue  mineralogische 
Bestimmung  in  den  wenigsten  Fällen  möglich. 


VI.  Ueber  Gesteine  von  der  insei  Samothrake. 

Von  Julian  Xiedzwiedzki. 

Herr  R.  Hoernes,  Mitglied  der  k.  k.  geologischen  Reichsanstalt, 
hat  sich  der  archäologischen  Expedition  nach  der  Insel  Samothrake, 
welche  im  Frühjahre  1873  unter  Führung  von  Prof.  Dr.  A.  Conze 
vorgenommen  wurde,  angeschlossen  und  gab  auf  Grund  seiner  dort 
gemachten  Beobachtungen  in  den  Denkschriften  der  Akademie  der  Wis- 
senschaften zu  Wien,  Band  XXXIII,  eine  Darlegung  der  geologischen 
Verhältnisse  der  genannten  Insel,  begleitet  von  einer  geologischen  und 
einer  Profilkarte.  Er  beschreibt  darin  auch  die  vorkommenden  kristal- 
linischen Gesteine  nach  den  Merkmalen , welche  sich  der  Beobachtung 
mit  blossem  Auge  darbieten,  und  hat  schliesslich  die  mitgebrachten 
Handstücke  mir  zu  einer  eingehenderen  mikroskopischen  Untersuchung 
freundlichst  überlassen.  Es  freut  mich  nun  hier  in  dieser  Hinsicht  eine 
kleine  Ergänzung  zu  seiner  Arbeit  liefern  zu  können. 


Granit. 

Vom  Granit,  welches  Gestein  in  zusammenhängender  Masse  mehr 
als  ein  Dritttheil  der  Insel  einnimmt,  liegen  mir  Handstücke  vor  : vom 
Phonias  Fall,  Ag.  Thekla  und  von  Kremasto  nero , doch  zeigen  sie 
keinen  wesentlichen  Unterschied  und  weisen  also  auf  eine  und  dieselbe 
Gesteinsvarietät  hin.  Sie  stellen  ein  körniges  Gemenge  dar  mit  einge- 
wachsenen grösseren  Krystallen  und  hiedurch  bedingter  granitisch-por- 
phyrischer  Textur.  Die  eingewachsenen  Krystalle,  1,  2 bis  3 Cm.  gross, 
sind  breitsäulenförmige  Orthoklase,  zumeist  von  blass  röthlichgrauer 
Farbe.  An  der  Bruchfiäche  des  Gesteines  zeigen  sie  alle  ausgezeichnete 
Spaltbarkeit  mit  gutem  Glasglanz  auf  den  Spaltungsflächen.  Manchmal 
erscheinen  diese  eingewachsenen  Orthoklase  farblos  und  dabei  durch- 
sichtig, also  mehr  weniger  wasserhell,  so  dass  sie  sich  dadurch  ungemein 
an  den  Adular  annähern  ; doch  ist  dies  nur  selten  der  Fall. 


Mineralogische  Mittheilungen.  1876.  2.  Heft.  (Niedzwiedzki  ) 


90 


J.  Niedzwiedzki. 


P] 


Der  grosse,  röthlichgraue  Orthoklas  lässt  sich  durch  einige  Ueber- 
gangsstufen  in  der  Grösse  in  das  körnige  Gemenge  hinein  verfolgen, 
worin  er  als  vorwiegender  Bestandtheil  auftritt,  im  Aussehen  nur  so 
viel  geändert,  dass  die  röthlichgraue  Färbung  an  einigen  Gesteinsstellen 
nur  schwach  oder  gar  nicht  hervortritt. 

Das  ziemlich  grobkörnige  Gemenge  besteht  ausser  dem  Feldspathe 
noch  weiters  aus  Quarz,  Amphibol  und  Biotit.  Als  Feldspathgemengtheil 
tritt  aber  ausser  dem  genannten  Orthoklase  noch  ein  Plagioklas  auf. 
Man  bemerkt  nämlich  neben  den  ganz  unregelmässigen,  eckigen,  röth- 
lichgrauen  oder  farblosen,  stark  durchscheinenden  Körnern  des  ersteren 
viele  vorwiegend  prismatische  Durchschnitte  von  milchweisser  Farbe  und 
ganz  geringem  Grade  von  Durchsichtigkeit. 

Bei  genauerer  Musterung  mit  einer  starken  Loupe  lassen  diese 
Durchschnitte  eine  feine  Zwillingsstreifung  erkennen,  welcher  Umstand  sie 
in  Uebereinstimmung  mit  dem  sonstigen  Habitus  als  Plagioklas  bestimmt. 
Sie  erscheinen  ganz  gleich  den  „Oligoklasen“  in  so  vielen  granitischen 
und  syenitischen  Gesteinen.  An  einigen  Stellen  des  Gesteines  tritt  ganz 
klar  die  bemerkenswerthe  Erscheinung  auf,  dass  Plagioklas  von  Ortho- 
klas eingeschlossen  erscheint.  Man  sieht  nämlich  einige  prismatische 
Durchschnitte,  worin  von  einer  äusseren,  röthlichgrauen  Orthoklas-Zone 
ein  weisser,  prismatischer  Kern  von  Plagioklas  sehr  scharf  absticht.  Da 
die  Längsaxe  der  beiden  Mineralien  zusammenfällt,  so  ist  die  Verwach- 
sung als  eine  regelmässige  zu  bezeichnen.  Einschlüsse  von  Orthoklas 
im  Plagioklas  habe  ich  nicht  beobachtet.  An  Menge  dürfte  der  Plagio- 
klas im  körnigen  Gemenge  dem  Orthoklas  fast  gleichkommen,  aber  alle 
etwas  grösseren  Körner  und  die  porphyrartig  auftretenden  Krystalle 
gehören  dem  Orthoklas  an.  Zusammengenommen  stellen  wohl  die  beiden 
Feldspathe  den  vorwiegendsten  Bestandtheil  des  Gesteines  dar. 

Der  ihnen  an  Menge  nächstkommende  ist  Quarz.  Dieser  erscheint 
in  unregelmässigen  Körnern  mit  einem  für  die  Granite  gewöhnlichen 
Aussehen.  Er  tritt  an  verschiedenen  Stellen  des  Gesteines  in  verschiede- 
ner Menge  auf.  Bald  tritt  er  nur  wenig  gegen  den  Feldspath  zurück, 
bald  muss  er  im  Gemenge  erst  gesucht  werden,  hie  und  da  drängen 
sich  wiederum  die  Quarzkörner  zusammen  und  bilden  dann  kleine  Nester 
im  Gestein. 

Die  weiteren  Bestandtheile  des  Granites  sind  Amphibol  und  Biotit. 
Sie  treten  gewöhnlich  beide  zusammen  auf,  doch  in  wechselndem  Men- 
genverhältnisse; im  Ganzen  aber  waltet  Amphibol  vor.  Er  erscheint  in 
grünlichschwarzen  Säulchen  ; Biotit  in  Täfelchen  oder  kurzen  Säulchen, 
schwarz,  im  Durchscheinen  bräunlich. 

Auf  dem  Handstücke  von  Kremasto  nero  beobachtete  ich  in  dem 
Granitgemenge  einige  fremdartige  Einschlüsse,  im  Durchschnitte  nur 
gegen  1 Mm.  gross,  die  ich  trotz  ihrer  Kleinheit  durch  einige  überein- 
stimmende Kennzeichen  als  Titanit  bestimmen  konnte.  Sie  sind  von 
gelbbrauner  Farbe  mit  einem  etwas  fettartigen  Glasglanz,  zeigen  beim 
Ritzen  mit  einer  Stahlspitze  einen  Härtegrad  nahe  an  Apatit  und  weisen 
endlich,  was  das  Entscheidende  ist,  die  Krystallform  des  Titanites  auf. 
Ein  winziges  Kryställchen  erschien  unter  der  Loupe  als  ein  sehr  Haches, 
schief  abgestumpftes  Säulchen,  bei  welchem  die  stumpfen  Säulenkanten 


[3] 


Ueber  Gesteine  von  der  Insel  Samothrake. 


91 


nach  einer  annähernden  Bestimmung  mit  dem  Reflexionsgoniometer  136° 
messen.  Es  stellt  eine  vorwiegend  durch  die  Flächen  2I3P2  . OP  (Naum.) 
gebildete  Gestalt  aus  der  Formenreihe  des  Titanites  dar.  Wie  unter- 
geordnet auch  dieser  accessorische  Gemengtheil  auftritt,  so  verdient  er 
doch  einiges  Interesse,  indem  er  einerseits  nur  an  wenigen  Punkten  im 
Granit  auftritt,  anderseits  aber  schon  auf  einer  anderen  Insel  des 
Archipels,  auf  Naxos,  beobachtet  wurde.  (J.  R.  Blum,  Lehrbuch  der 
Oryktognosie,  p.  409.) 

® Es  haben  sich  weiters  im  Gemenge  auch  ein  Paar  winzige  Pyrit- 
körnchen vorgefunden. 

Von  anderweitigen  makroskopischen  Beobachtungen  sei  noch  er- 
wähnt, dass  ein  Gesteinstück,  obgleich  sonst  nicht  weniger  frisch  aus- 
sehend wie  die  übrigen,  viele  kleine  löcherige  Stellen  zeigt,  die  mit 
gelblichweissem  Zersetzungspulver  ausgekleidet  sind.  Nach  der  Form  zu 
urtheilen  entsprechen  sie  zersetztem  Feldspath,  wahrscheinlich  Pla- 
gioklas. 

Bei  der  Untersuchung  der  Dünnschliffe  erscheint  das  Gemenge 
unter  dem  Mikroskop  ungleichmässig  körnig.  Quarz  tritt  in  unregel- 
mässigen, oft  scharfkantigen  Brocken  und  erscheint  ziemlich  wasserklar 
trotz  der  grossen  Menge  von  Einschlüssen,  die  sich  in  ihm  vorfinden. 
Bei  Weitem  vorherrschend  sind  dies  meist  unregelmässig  und  zackig 
begrenzte,  seltener  rundliche  Gebilde,  von  denen  die  Mehrzahl  im  Innern 
ein  Bläschen  eingeschlossen  enthält.  Sehr  viele  der  letzterwähnten  Bläs- 
chen befinden  sich  in  fortwährender  raschen  Hin-  und  Herbewegung, 
erweisen  sich  also  als  schwankende  Gas-Libellen  und  lassen  dadurch 
die  sie  unmittelbar  einschliessenden  Gebilde  als  Flüssigkeitseinschlüsse 
bestimmen.  Solche  sind  im  Quarz  in  ungeheurer  Menge  ganz  unregel- 
mässig vertheilt  oder  an  verschiedenen  Stellen  des  Minerals  in  Zonen,  die 
keinerlei  krystallographische  Orientirung  zeigen,  zusammengehäuft.  Was 
ihre  Grösse  anbetrifft,  so  lässt  sich  davon  kein  Mittelmaass  angeben, 
da  einerseits  die  zackig  verzweigten  sich  oft  zu  einem  langgestreckten 
Netze  vereinigen,  anderseits  auch  bei  der  560maligen  Vergrösserung, 
die  ich  noch  anwenden  konnte,  viele  Häufchen  von  Trübungen,  die 
gewiss  von  solchen  Flüssigkeitseinschlüssen  herrühren,  noch  nicht  auf- 
gelöst erschienen.  Die  grösseren  von  denjenigen  mehr  weniger  rundlich 
ovalen,  die  eine  tanzende  Libelle  zeigten,  haben  einen  Durchmesser  von 
circa  CH302  Mm.  Das  Grössenverhältniss  der  Libelle  gegenüber  der  sie 
einschliessenden  Flüssigkeit  lässt  sich  nur  ungenau  bestimmen,  da  bei 
dieser  Kleinheit  die  Ausdehnung  in  der  Tiefe  sehr  schwer  zu  beurthei- 
len  ist,  dürfte  aber  1 : 10  bis  1 : 20  betragen.  Dies  Verhältnis  blieb 
bei  einer  beweglichen  Libelle,  die  etwa  V20  des  ganzen  Einschlusses  im 
Quarze  einnahm,  bei  einer  Erwärmung  über  35°  C.  hinaus  ganz  unver- 
ändert. Da  die  eingeschlossene  Flüssigkeit  weiters  die  Wände  benetzt, 
so  dürfte  sie  Wasser  oder  eine  wässerige  Lösung  sein. 

Ausser  den  Flüssigkeitseinschlüssen  kommen  im  Quarz  noch  ver- 
einzelte Kryställchen  eingewachsen  vor,  die  wir  aber  besser  beim  Feld- 
spath, wo  sie  in  weit  grösserer  Menge  Vorkommen,  kennen  lernen 
werden. 

Der  Feldspathbestandtheil  erscheint  unter  dem  Mikroskop  bald 
als  Orthoklas,  bald  als  Plagioklas,  Orthoklas  ist  aber  in  dem  feinkkör- 


J.  Niedzwiedzki 


[4] 


92 

nigen  Gemenge  (1er  Menge  nach  ganz  untergeordnet.  Er  erscheint  von 
verschiedenem  Habitus.  Vorerst  beobachtete  ich  mehrere  ganz  unregel- 
mässig begrenzte  Durchschnitte  davon,  welche  kleinere,  prismatische, 
ziemlich  wasserhelle  Plagioklase  und  Orthoklase  einschliessen,  selbst  aber 
ganz  trübe  erscheinen.  Die  Trübung  ist  von  graulicher  Farbe  und  wird 
durch  verzweigte  Haufen  von  winzigen  Körnchen  und  Stäbchen  gebildet, 
die  ganz  ähnlich  wie  in  so  vielen  Orthoklasen  der  Granite  und  Por- 
phyre als  Producte  einer  Umwandlung  zu  betrachten  sind.  Die  Um- 
wandlung zieht  sich  zwar  an  den  Sprüngen  intensiver  hin,  ergriff  aber 
unabhängig  davon  fast  die  ganze  Masse  des  Feldspat  hes,  so  dass  nur 
ganz  kleine  Stellen  davon  wasserhell,  bloss  durch  einige  ursprüngliche 
Einschlüsse  verunreinigt,  erscheinen.  Diese  Partien  gehören  wohl  der- 
artigen Orthoklasen  an,  wie  sie  auch  makroskopisch  als  röthlich  trübe 
grössere  Krystalle  zum  Vorschein  kommen.  An  diese  trüben  Partien 
schliessen  sich  Orthoklas-Durchschnitte  an,  welche  ebenfalls  keine  regel- 
mässigen Conturen  zeigen  und  gleichsam  nur  Zwischenräume  ausfüllen, 
die  aber  entweder  nur  stellenweise  oder  gar  nicht  trübe,  sondern  abge- 
sehen von  ursprünglichen  Einschlüssen,  ganz  wasserhell,  also  vollkom- 
men frisch  erscheinen.  Solche  bilden  den  Uebergang  zu  prismatisch 
begrenzten  Orthoklasen , durchschnittlich  gegen  02  Mm.  breit  und 
0-3  Mm.  lang.  Deren  Substanz  ist,  abgesehen  von  verschiedenartigen 
Einschlüssen,  die  in  sehr  wechselnder  Menge  auftreten  und  etwa  5 — 30 
Procent  der  Feldspathsubstanz  ausmachen,  vollkommen  wasserhell,  also 
ganz  frisch.  Zuweilen  trifft  man  auf  Durchschnitte  von  Zwillingen  nach 
dem  Karlsbader  Gesetze  an.  Ausser  dem  Fehlen  der  Zwillingsstreifung 
sind  diese  Orthoklase  ganz  ähnlich  den  Plagioklas-Durchschnitten  in  deren 
Gesellschaft  sie  Vorkommen.  Zuweilen  bemerkt  man  innerhalb  des 
Orthoklases , parallel  zu  dessen  Längsaxe  ein  oder  mehrere  sehr 
schmale  Leistchen , die  etwa  nur  zur  Mitte  des  Krystalles  reichen, 
interponirt. 

In  weit  grösserer  Menge  als  der  Orthoklas  tritt,  wie  schon  erwähnt, 
Plagioklas  auf.  Seine  Conturen  sind  fast  immer  prismatisch,  seine  Grösse 
gleich  der  der  kleineren  Orthoklase.  Es  folgt  daraus,  dass  man  den 
Vorgang  bei  der  Auskrystallisii  ung  des  vorliegenden  Granites  in  Bezug 
auf  den  Feldspath  derart  annehmen  muss,  dass  sich  zuerst  viele  kleine 
Krystalle  von  Plagioklas,  wenige  von  Orthoklas  ausgeschieden  haben  und 
aus  dem  übriggebliebenen  Magma  des  Orthoklas  entweder  die  schon 
vorhandenen  kleineren  Feldspathe  zurückdrängend  in  grossen  Krystallen 
sich  bildete  oder  letztere  nur  zum  Theil  umfassend  eine  regelmässige 
Umgrenzung  nicht  erhalten  konnte. 

Aller  Feldspath,  Orthoklas  und  Plagioklas  enthält  Einschlüsse  zum 
Theil  in  noch  grösserer  Menge  als  dies  beim  Quarz  der  Fall  ist.  Diese 
sind  hier  aber  im  Gegensätze  an  denjenigen  im  Quarz  zumeist  sowohl 
was  die  Längsaxen  der  einzelnen  als  auch  ihre  Zusammenhäufungen 
anbetrifft,  nach  krystallographischen  Richtungen  orientirt.  So  erscheinen 
sie  zum  Beispiel  parallel  den  Wachsthumslinien  bei  kleinerer  Vergrösse- 
rung  als  zusammenhängende  dunkle  Striemen.  Ein  grosser  Theil  von 
diesen  Einschlüssen  im  Feldspath  sind  ihrem  Gesannntaussehen  nach 
besonders  durch  Vergleich  mit  den  ähnlichen  Gebilden  im  Quarz  auch 
als  Füssigkeitseinschlüsse  zu  bestimmen.  Trotz  eifrigen  Suchens  fand 


[5] 


Ueber  Gesteine  von  der  Insel  Samothrake. 


93 


ich  aber  in  ihnen  kein  Bläschen.  Die  allermeisten  von  ihnen  ent- 
halten zweifellos  keines ; hei  einigen  blieb  ich  wohl  darüber  im  Zweifel, 
mit  Sicherheit  konnte  ich  aber  kein  einziges  Bläschen  constatiren.  Es 
tritt  also  hierin  zwischen  dem  Feldspath  und  dem  Quarz  ein  sehr 
scharfer  Gegensatz  hervor,  da  wie  schon  erwähnt,  alle  Durchschnitte  des 
letzteren  (also  auch  die  dem  bläschenleeren  Feldspath  unmittelbar  an- 
liegenden) eine  grosse  Menge  von  Flüssigkeitseinschlüssen  aufweisen, 
die  mit  beweglichen  Bläschen  versehen  sind.  Dieser  Gegensatz  lässt 
uns  schliessen,  dass  entweder  der  Quarz  bei  einer  höheren  Temperatur 
sich  bildete  als  der  Feldspath,  oder  was  das  wahrscheinlichere  erscheint, 
dass  die  Feldspath-Substanz  nicht  so  hermetisch  den  Flüssigkeitsein- 
schluss absperrte  wie  der  Quarz,  oder  sich  vielleicht  gegen  die  einge- 
schlossene Flüssigkeit  nicht  so  unempfindlich  und  unangreifbar  verhielt, 
dass  nothwendigerweise  für -die  Dauer  die  Masse  der  Flüssigkeit  gleich 
bleiben,  also  bei  einer  Temperatur-Aenderung  sich  ein  Unterschied  im 
Volumen  (Bläschen)  einstellen  musste.  Die  Flüssigkeitseinschlüsse  im 
Feldspath  sind  auch  noch  mehr  zackig  und  ästig  als  im  Quarz  und 
erreichen  dabei  sehr  ansehnliche  Längendimensionen.  Im  engsten  Anschlüsse 
an  sie  kommen  ganz  gleich  gestaltete,  aber  dunkle  Gebilde  vor,  die 
wohl  als  Hohlräume  zu  deuten  sind.  Zuweilen  scheint  es  als  ob  ein 
derartiges  ästiges  Gebilde  zum  Theil  ein  Flüssigkeitseinschluss,  zum 
Theil  ein  Hohlraum  wäre,  doch  kann  man  sich  hierüber  keine  Gewiss- 
heit verschaffen,  da  schon  durch  einen  veränderten  Verlauf  gegenüber 
der  Schlifl'fläche  Helle  oder  Dunkelheit  entsteht. 

Aber  auch  angenommen,  dass  hier  Hohlraum  und  Flüssigkeit  zu- 
sammengehören  würden,  so  kann  man  diess  doch  nicht  mit  den  mit 
Libellen  versehenen  Flüssigkeitseinschlüssen  im  Quarz  gleichstellen,  da 
diese  Gebilde  hier  zu  so  ausgedehnten  Netzen  verbunden  sind,  dass  in 
ihnen  höchst  wahrscheinlich  auch  hygroskopisches  Wasser  nach  Capillar- 
gesetzen  circuliren  kann. 

Die  dunklen  Hohlräume  sind  es  besonders,  welche  im  Verein  mit 
den  Flüssigkeitseinschlüssen  dunkle  Streifen  im  Feldspath  erzeugen. 

Ausser  den  besprochenen  Einschlüssen  kommen  noch  im  Feldspath 
sowie  in  geringerer  Menge  auch  im  Quarz,  recht  viele  Einschlüsse  fester 
Körperchen,  und  zwar  entweder  Kryställchen  oder  Körnchen  vor. 

Der  grösste  Theil  davon  mengt  sich  zwischen  die  Flüssigkeits- 
und Gas-Poren  hinein  und  ist  zu  klein,  als  dass  eine  Diagnose  daran 
versucht  werden  könnte.  Es  treten  aber  auch  einzelne  Kryställchen 
scharf  aus  der  Feldspathsubstanz  hervor.  Die  meisten  von  diesen  gehören 
dem  Apatit  an.  Sie  treten  im  gewöhnlichen  Lichte  recht  grell  gegenüber 
der  einschlüssenden  Substanz  auf,  erweisen  sich  durch  die  Form  ihrer 
Durchschnitte  als  dünne,  hexagonale  Säulehen  und  sind  dabei  immer 
ganz  wasserhell,  nur  hie  und  da  mit  einem  einzelnen  Einschluss  unbe- 
stimmbarer Natur  versehen.  Sehr  oft  weist  eine  Gliederung  der  Pris- 
men quer  zur  Längsaxe  auf  eine  Spaltbarkeit  parallel  zu  OP  hin.  Was 
die  Endigung  der  Säulchen  betrifft,  so  beobachtete  ich  oftmals  eine 
dachförmige  Zuspitzung  mit  einer  horizontalen  Abstumpfung,  also  die 
Combination  oo P . mP  . OP  . Ich  habe  oftmals  den  Winkel  der  ter- 
minalen Abdachung  gegen  das  Prisma  gemessen , bekam  aber  nie 

Mineralogische  Mittheilungon.  1875.  2 Heft.  (Niedzwiedzki.) 


94 


J.  Niedzwiedzki. 


[6] 


Werthe,  die  auf  die  Pyramide  P des  Apatites  hinweisen  würden,  sondern 
Winkel  um  120°  herum,  welche  flacheren  Pyramiden  der  Krystallreihe 
des  Apatites  entsprechen.  Uebrigens  erscheint  der  meiste  Apatit  am 
Ende  zugerundet. 

Was  die  Grösse  der  beobachteten  Apatit-Durchschnitte  anbetrifft, 
so  schwanken  sehr  viele  der  grösseren  um  007  Mm.  Länge  gegen 
00035  Mm.  Breite  herum,  einzelne  sind  bis  lOmal  so  gross ; vieler 
Apatit  geht  aber  bis  zur  verschwindenden  Kleinheit  herunter.  Sein  ziemlich 
reiches  Auftreten  wurde  auch  durch  einen  chemischen  Versuch  bestä- 
tigt, indem  bei  Behandlung  des  Granitpulvers  mit  Salzsäure  und  Ver- 
setzung des  Filtrates  mit  molybdänsaurem  Ammoniak  ganz  starke  Spu- 
ren von  Phosphorsäure  zum  Vorschein  kamen. 

Von  den  anderen  festen  Einschlüssen  im  Feldspath  wird  sehr 
vieles  den  Feldspath-Mikrolithen  zuzurechnen  sein. 

Amphibol  und  der  mikroskopisch  ziemlich  spärlich  vorkommende 
Biotit  zeigen  das  gewöhnliche  Verhalten.  Es  sei  nur  erwähnt,  dass  beide 
in  höchst  charakteristischer  Weise  vom  Apatit  durchwachsen  (durch- 
gespickt) erscheinen , der  auch  sonst  sich  in  ihrer  Nähe  ziemlich 
anhäuft. 

Magnetit  ist  in  einzelnen  Körnern  oder  in  Häufchen  eingestreut. 

Einige  wenige  sehr  kleine,  intensiv  gelblich  bis  röthlichbraun 
gefärbte  geradlinige  Durchschnitte  gehören  wohl  dem  Titanit  an. 


Der  grösste  Theil  der  mir  ausser  dem  Granit  von  Samothrake 
vorliegenden  Gesteinsproben  gehören  dem  Trachyt  an,  welcher  im  nord- 
westlichen Theile  der  Insel  mehrere  Kuppen  und  Hügel  bildet  und  an 
welchen  sich  ausgedehnte  Massen  von  vulkanischem  Tuff  anschliessen. 
Unter  diesen  Gesteinen  lassen  sich  recht  scharf  drei  Gesteinsarten 
unterscheiden  : ein  dunkler  Quarztrachyt  mit  viel  Plagioklas  und  Biotit, 
ein  lichter , ausgezeichnet  mikroporphyrischer  Quarztrachyt  mit  viel 
Plagioklas  ohne  Biotit  und  ein  Biotit-Trachyt  ohne  makroskopischen 
Feldspath. 

Natürlich  ist  es  wohl  möglich,  ja  wahrscheinlich,  dass  diese  Ge- 
steinsarten in  der  Natur  durch  Uebergänge  mit  einander  verbunden  sind. 


Dunkler  Quarztrachyt. 

Dieses  Gestein  scheint  die  grösste  Verbreitung  zu  haben,  indem 
es  ausser  kleineren  Partien  den  ganzen  Hügelzug  des  Brechos  zusam- 
mensetzt. Es  erscheint  im  Ganzen  dunkelaschgrau  und  zeigt  makro- 
skopisch eine  ebenso  gefärbte  dichte  Grundmasse  und  darin  eingeschlos- 
sen : Orthoklas,  Plagioklas,  Quarz,  Biotit  und  Amphibol. 

Der  Orthoklas  reicht  weit  über  die  Grösse  der  übrigen  Gemeng- 
theile hinaus,  indem  seine  dick  tafelförmigen  oder  rectangulär  säulen- 
förmigen Krystalle  bis  gegen  5 Cm.  Länge  erreichen.  Seine  Durchschnitte 
weisen  entweder  auf  die  einfachen  Krystalle  der  Form  ooPo o . OP  . 
2P oo  . ooP  zuweilen  noch  mit  <x>P3  hin,  wobei  ooPoo  fast  immer 


ro 


Ueber  Gesteine  von  der  Insel  Samothrake. 


95 


stark  vorwaltet  und  oo P sehr  zurücktritt,  oder  auf  Zwillinge  dieser 
Form  nach  dem  Karlsbader  Gesetze.  Hörn  es  erwähnt  auch  (1.  c.  p.  10), 
dass  ausserdem  noch  Zwillinge  nach  einem  bisher  noch  nicht  beobach- 
teten Gesetze  Vorkommen.  Es  liegen  mir  nun  unter  den  aus  dem  Tra- 
chyte  herausgewitterten  losen  Orthoklas-Krystallen  zwei  Stücke  vor,  wo 
in  einen  grösseren,  durch  gleichmässige  Ausbildung  von  OP  und  oo  P oo 
rectangulär  säulenförmigen  Krystall  ein  kleinerer,  oder  eingentlich  blos 
ein  abgebrochener  Stummel  eines  solchen  schief  eingewachsen  erscheint 
und  zwar  in  der  Art,  dass  man  ohne  genauere  Untersuchung  in  beiden 
Exemplaren  einen  Parallelismus,  also  eine  Zwillingsverwachsung  nach 
einem  neuen  Gesetze  annehmen  könnte.  Es  ist  aber  bei  dem  einen 
Exemplar  der  kleinere  Krystall  in  den  grösseren  hineingewachsen  durch 
die  Fläche  ooPoo , bei  dem  anderen  durch  die  Fläche  OP  durch,  wobei, 
wie  erwähnt,  die  gegenseitige  Neigung  ziemlich,  aber  auch  nur  ziemlich 
gleich  erscheint.  Man  merkt  aber  gleich  den  Unterschied  in  der  Ver- 
wachsung durch  ein  rudimentäres  Auftreten  des  Prisma  oo P und  den 
Verlauf  der  Flasern  und  Sprünge.  Uebrigens  vermochte  ich  auch  keinen 
der  einzelnen  Verwachsungsfälle  auf  eine  krystallographisch  mögliche 
Zwillingsfläche  zurückzuführen.  So  bilden  bei  dem  einen  Exemplar  die 
beiden  Flächen  ooPoo  einen  Winkel  von  118°  30'  (gemessen  am 
Siegellack-Abdruck),  wobei  die  beiden  OP  Flächen  nicht  ganz  parallel, 
sondern  etwa  um  2°  gegen  einander  geneigt  sind.  Die  Verwachsung 
muss  also,  wenigstens  an  den  mir  vorliegenden  Stücken,  als  unregel- 
mässig bezeichnet  werden. 

Viel  mehr  Interesse  bieten  die  Orthoklas-Krystalle  dieses  Trachytes 
in  Betreff  ihrer  glasigen  Natur.  Unter  den  losen,  aus  dem  Trachyt 
herausgewitterten  Krystallen  giebt  es  sowohl  Sanidine  als  sogenannte 
Orthoklase.  Ebenso  überzeugt  man  sich  durch  eine  Musterung  der  im 
Trachyt  eingewachsenen  Krystalle,  dass  auch  unter  ihnen  sowohl  Sanidin 
als  auch  Orthoklas  vorkommt. 

Ein  Theil  der  Krystalle  erscheint  nämlich  vollkommen  farblos  und 
in  dünnen  Splittern  vollkommen  durchsichtig.  Seine  Durchsichtigkeit  in 
grösseren  Partien  ist  vorzugsweise  durch  vielfache  Lagen  von  Sprüngen 
und  Rissen  beeinträchtigt,  welche  Lagen  zwar  nicht  regelmässig,  aber 
doch  zum  Theil  parallel  dem  (nicht  auftretenden)  Pinakoid  ooPoo  ver- 
laufen und  dadurch  auf  OP  und  »Poo  entsprechend  gerichtete  Flaser 
hervorbringen.  Das  Mineral  zerspringt  sehr  leicht  in  der  Richtung  dieser 
Lagen  von  Rissen  und  dadurch  ist  es  trotz  der  ausgezeichneten  Spalt- 
barkeit sehr  schwer  grössere  Spaltungsflächen  zu  erhalten.  Auf  diesen 
sowie  auf  den  Sprung-  und  Bruchflächen  erscheint  starker  Glasglanz. 
Diese  alle  Merkmale  zusammengenommen  bestimmen  den  Feldspath 
unzweifelhafterweise  als  Sanidin.  Die  Substanz  der  anderen  Varietät  ist 
licht  röthlichweiss  oder  röthlichgrau  gefärbt  und  mit  Ausnahme  einzel- 
ner Stellen  gleichmässig  schwach  trübe.  Sie  erscheint,  trotzdem  ihr  auch 
Sprünge  nicht  fehlen,  nicht  rissig,  zeigt  grosse  Spaltflächen  und  hat  auf 
Bruchflächen  nur  einen  sehr  schwachen  Glanz.  Dieser  Feldspath  ist  also 
ident  mit  dem  in  Graniten,  Porphyren  etc.  vorkommenden  sogenannten 
gemeinen  Orthoklas.  Hiemit  wäre  hier  das  Zusammenvorkommen  dieser 
beiden  Orthoklas-Varietäten  constatirt.  Ja  noch  mehr,  es  erscheint 
hier  der  Unterschied  zwischen  ihnen  durch  Uebergänge  sehr  verwischt. 

13+ 


96 


J.  Niedzwiedzki. 


[8] 


Nicht  nur  dass  hier,  wie  auch  schon  öfters  beobachtet  wurde,  einzelne 
wasserhelle  („adularartige“)  Stellen  im  gemeinen  Orthoklas,  besonders 
gegen  das  Centrum  hin  Vorkommen,  sondern  es  treten  auch  Orthoklase 
auf,  bei  denen  man  wegen  der  Zuweisung  zu  der  einen  oder  der 
anderen  Varietät  ganz  im  Zweifel  bleibt.  Es  scheint  daraus  hervorzu- 
gehen, dass  man  es  hier  nicht  mit  zwei  Abarten  des  Orthoklases  neben- 
einander, sondern  vielmehr  dasselbe  Mineral  in  verschiedenen  Uimvand- 
lungsstadien  zu  thun  hat.  Diese  Beobachtung  wie  schon  manche  frühere, 
erlaubt  es  nicht,  das  Auseinanderhalten  des  Sanidins  von  dem  sonstigen 
Orthoklas  einerseits,  dann  der  Orthoklase  der  Trachyte  von  denen  der 
Granite,  Porphyre  etc.,  anderseits  als  etwas  scharf  Durchführbares  und 
ausnahmslos  Gütiges  hinzustellen. 

Fast  alle  Sanidine  zeigen  einen  concentrisch  polysynthetischen 
Bau  Bruchflächen,  die  annähernd  senkrecht  auf  die  klinodiagonale  ver- 
laufen, zeigen  ein  System  von  ineinandergeschachtelten  Individuen,  die 
durch  weisse,  trübe  Grenzlinien  von  einander  geschieden  sind.  Diese 
Trennungslinien  treten  besonders  gegen  den  Rand  hin,  wo  die  Substanz 
gewöhnlich  reiner  ist,  scharf  hervor;  gegen  der  Mitte  zu,  welche  oft 
durch  fremde  Einschlüsse  verunreinigt  erscheint,  verwischen  sie  sich 
allmählig.  Man  kann  ihrer  oft  4 bis  5 nacheinander  unterscheiden. 

Ich  habe  einige  der  eben  angeführten  Orthoklase  des  Trachytes 
in  Dünnschliffen  unter  dem  Mikroskop  studiren  können  und  werde  die 
charakteristischen  davon  etwas  näher  beschreiben. 

In  einem  circa  2DCm.  grossen  Schliff  von  Sanidin,  geschliffen 
parallel  den  oben  erwähnten  Absonderungsflächen  , also  einigermaßen 
parallel  dem  Orthopinakoid , fällt  vor  Allem  die  grosse  Menge  von 
Sprüngen  auf,  die  den  ganzen  Schliff,  zum  Theil  zu  Strängen  und  Bün- 
deln vereiniget , son-t  aber  ganz  unregelmässig  durchziehen.  Es  sind 
das  die  Sprünge , welche  das  makroskopische  rissige  Aussehen  des 
Sanidins  bedingen  Sie  erscheinen  unter  dem  Mikroskop  je  nach  der 
Lage  hell  oder  dunkel ; längs  ihnen  ziehen  sich  Trübungen  hin  , die 
augenscheinlich  durch  Neubildungen  verursacht  sind.  Zwischen  diesen 
Sprüngen  erscheint  aber  die  Masse  des  Minerals  ganz  wasserhell,  sofern 
sie  natürlich  nicht  durch  einzelne,  scharf  begrenzte  Einschlüsse  ver- 
unreinigt ist.  Von  einer  durchgreifenden  Trübung,  wie  sie  gewöhnlich 
bei  den  Orthoklasen  der  Granite  vorkommt,  ist  hier  keine  Spur  zu 
finden.  Die  vordem  erwähnten  Wachsthumslinien  erscheinen  unter  dem 
Mikroskop  durch  Anhäufung  von  nach  einer  Richtung  orientirten  Ein- 
schlüssen markirt.  Linien,  die  der  vollkommenen  Spaltbarkeit  angehö- 
ren würden,  habe  ich  nicht  bemerkt.  Unter  den  Einschlüssen  ist  der 
Plagioklas  vorwiegend.  Bei  gewöhnlichem  Licht  bemerkt  man  bloss  die 
wenigen  grösseren  Kryställchen  davon , im  Mittel  0’05  Mm.  breit, 
0‘1  Mm.  lang;  aber  bei  gekreuzten  Nicols  tritt  eine  weit  grössere 
Menge  davon  sehr  schön  gestreift  hervor.  Die  kleineren  Plagioklase 
erscheinen  mehr  in  quadratischen  als  langgestreckt  rechteckigen  Durch- 
schnitten , aber  auch  dann  bemerkt  man  immer  an  der  Richtung  der 
Streifung,  dass  sie  parallel  der  Hauptaxe  oder  der  Orthodiagonale  des 
Wirthes  gelagert  sind.  Während  auch  ganz  kleine  Durchschnitte  von 
Plagioklas  immer  noch  ganz  ausgezeichnet  gestreift  sind  (bei  einem 


[9] 


Ueber  Gesteine  von  der  Insel  Samothrake 


97 


circa  OOl  breiten  konnte  ich  noch  ganz  gut  6 Lamellen  zählen),  so 
bemerkt  man  dabei  auch  sonst  ganz  ähnliche  aber  nicht  gestreifte 
Durchschnitte,  welche  also  dem  Orthoklas  angehören.  Solche  erscheinen 
besonders  an  den  erwähnten  'Wachstlmmslinien  hintereinander,  aber 
nicht  parallel , sondern  gleichsam  nach  rechts  und  links  verschoben, 
gelagert.  Beiderlei  erwähnte  Einschlüsse  gehen  bis  zur  minimalen  Grösse 
hinunter  und  bilden  wohl  einen  Theil  von  den  ganz  winzigen  Körnchen, 
bei  denen  eine  Diagnose  schon  unmöglich  ist. 

Ebenso  schliessen  sich  an  ein  Paar  grössere  Durchschnitte  von 
Biotit  eine  Menge  winzige  Körnchen  davon  au. 

Der  grösste  Theil  aber  von  den  winzigen  Körnchen,  die  dem 
Sanidin  in  unzähliger  Menge  wohl  als  ursprüngliche  Einschlüsse  einge- 
streut sind,  müssen  als  Partikel  von  amorphen  Glas  angesehen  werden. 
Viele  kann  man  nämlich  mit  Sicherheit  als  Glaseinschlüsse  bestimmen, 
indem  sie  bei  scharfen,  strichförmigen  Conturen  ihrer  Tropfenform  sich 
optisch  indifferent  erweisen  und  ein  breit  dunkel  umrandetes  stabiles 
Bläschen  beherbergen.  Es  dürften  aber  auch  Glaseinschlüsse  Vorkom- 
men, die  kein  Bläschen  enthalten,  ja  auch,  als  Ausfüllungen  regel- 
mässiger Hohlräume  des  Wirttes,  rechteckige  Umrisse  aufweisen.  Dann 
unterscheidet  sie  nur  der  Indifferentismus  gegen  das  polarisirte  Licht 
von  den  Feldspath-Einschlüssen.  Auch  kommen  ähnlich  begrenzte  aber 
dunkel  umrandete  Hohlräume  vor.  Solche  erscheinen  also  hier  nicht 
als  eigentliche,  rundliche  Glasbläschen,  sondein  stellen  durch  treppen- 
förmig abgesetzte  und  ruinenförmig  vorspringende  Wände  begrenzte 
Lücken  der  Sanidinmasse  dar. 

Die  meisten  der  erwähnten  im  Feldspath  eingeschlossenen  Gebilde 
enthalten  ihrerseits  wieder  kleine  Körnchen  und  Stäbchen,  die  oftmals 
den  grösseren  Theil  des  Einschlusses  einnehmen. 

Wenn  alle  derlei  Gebilde  unter  eine  gewisse  Grösse  herabsinken, 
daun  erscheinen  sie  als  ganz  unbestimmbare  kleine  Stäubchen.  Die  Ver- 
theilung  dieser  verschiedenartigen  Einschlüsse  ist  eine  ungleichmässige. 
An  einigen  Stellen  erscheinen  sie  in  ungeheuerer  Anzahl,  während  sie 
andere  so  ziemlich  frei  lassen.  Aber  auch  dort,  wo  sie  am  zahlreichsten 
auftreten,  trennt  sie  gewöhnlich  ein  vollkommen  wasserheller  Zwischen- 
raum, der  mehreremal  so  gross  ist,  als  ihr  Durchmesser.  Oftmals  ist 
die  Vertheilung  der  Körnchen  und  Stäbchen  eine  ganz  eigenthümliche. 
Sie  liegen  dann  in  zumeist  geraden,  seltener  gekrümmten  Flächen,  die 
den  Sanidin  in  allen  möglichen  Richtungen  durchziehen.  Auf  diesen 
Flächen  sind  die  Einschlüsse  so  vertheilt,  dass  sie  in  geraden  oder 
gebogenen  Reihen  hintereinander  folgen,  dass  eine  Anzahl  solcher  Reihen 
mit  einander  parallel  verlauft  und  dass  derart  Systeme  von  aus  Körn- 
chen gebildeter  Reihen  oft  miteinander  unter  schiefem  Winkel  zusam- 
menstossen,  wodurch  das  Ganze  an  einfachere  vorgedruckte  Stickmuster 
erinnert.  Wenn  sich  in  diesem  Falle  zu  den  Körnchen  auch  stäbchen- 
förmige Belonite  zugesellen,  so  sind  ihre  Axen  nach  der  Richtung  der 
Reihe  orientirt.  Der  Verlauf  der  Flächen,  in  welchen  die  Einschlüsse 
in  eben  genannter  Weise  geordnet  liegen,  hat  einige  Aehnlichkeit  mit 
dem  Verlaufe  von  Sprungflächen.  Trotzdem  haben  wir  es  aber  hier 
keineswegs  mit  Sprungflächen  zu  thun,  denn  wenn  unsere  Flächen  durch 
die  Oberfläche  des  Schliffes  durchschnitten  werden,  so  erscheinen  sie 


98 


J.  Niedz-wipdzki. 


[10] 


♦ 


nicht  als  continuirliche  Linien,  sondern  eben  nur  als  eine  Reihe  von 
Pünktchen  , welche  von  einander  ganz  isolirt  auch  nicht  durch  die 
geringste  Spur  einer  Sprunglinie  verbunden  sind.  Ebenso  fehlt  beim 
Verfolgen  der  genannten  Flächen  in  die  Tiefe,  wenn  sie  geneigt  auf- 
steigen, jede  Spur  der  optischen  Erscheinung  eines  Sprunges.  Es  ist 
hier  damit  ganz  dasselbe  Bewandtniss,  wie  es  Zirkel  (mikroskopische 
Beschaffenheit  der  Mineralien  und  Gesteine,  p.  47,  Anm.)  für  Flüssig- 
keitseinschlüsse gegen  Vogelsang  constatirt.  Diese  Beobachtung  ist  um 
so  weniger  zweifelhaft,  als  auch  genug  Fälle  Vorkommen,  wo  die  Körn- 
chen auf  einer  Sprungfläche  vertheilt  liegen,  was  man  aber  sofort  er- 
kennen kann. 

Der  Sprung  muss  dann  als  secundär,  als  eben  durch  die  Anord- 
nung der  Einschlüsse  hervorgerufen  und  in  seinem  Verlaufe  bestimmt, 
betrachtet  werden.  Dem  entsprechend  bemerkt  man  auch  Sprünge  be- 
sonders dort,  wo  eine  grosse  Ungleichheit  in  der  Grösse  der  Einschlüsse 
vorkommt. 

Die  letztgenannten  Sprünge  erscheinen  fast  immer  nur  als  feine 
Linien  und  sind  gar  nicht  zu  verwechseln  mit  den  anfangs  genannten, 
zum  Theil  dunklen  Rissen  des  Sanidins. 

Die  Untersuchung  eines  im  Gestein  eingewachsenen  Sanidins  ergab 
folgende  Eigenthümlichkeiten  : Makroskopisch  oder  hei  kleinerer  Ver- 
grösserung  bemerkt  man  hier  ein  Geflecht  von  weissen,  trüben  Linien 
in  einer'  wasserhellen  Substanz.  Letztere  bleibt  an  vielen  Stellen  auch 
bei  der  stärksten  Vergrösserung  ganz  frei  von  irgendwelchen  Einschlüs- 
sen und  vollkommen  farblos  und  durchsichtig.  Die  trüben  Streifen  ver- 
laufen entweder  ganz  unregelmässig  oder  erscheinen  durch  annähernd 
parallelen  Verlauf  zu  Strängen  zusammengeschaart,  die  aber  wiederum 
auch  nicht  regelmässig  orientirt  sind.  Sie  nehmen  von  der  Mitte  gegen 
den  Rand  des  Krystalles  bedeutend  an  Menge  zu  und  legen  sich  ge- 
wöhnlich am  Rande  selbst  etwas  geschleift  bogenförmig  an.  In  der  Mitte 
bemerkt  man  zuweilen  Convergenzen  von  solchen  Streifen  gegen  einen 
grösseren  Einschluss  des  Sanidins.  Bei  starker  Vergrösserung  überzeugt 
man  sich,  dass  nur  ein  Theil  von  diesen  Streifen  mit  Körnchen  besäete 
Sprünge  sind,  dass  dagegen  viele  nur  durch  streifenartig  vertheilte 
Einschlüsse  hervorgebracht  werden.  Die  letzteren  sind  hier  nicht  wesent- 
lich verschieden  von  denen  im  ersten  Sanidin,  nur  kommen  hier  fast 
gar  keine  Plagioklase  vor.  Bei  diesem  Sanidin  bemerkt  man  aber  an 
einigen  Stellen,  wo  Einschlüsse  und  Sprünge  angehäuft  erscheinen,  auch 
eine  grauliche  Trübung  der  ganzen  Substanz. 

Die  Untersuchung  mancher  anderen  Schliffe  von  Sanidin  ergab 
nichts  wesentlich  verschiedenes. 

Ein  Präparat  aus  dem  Gestein  von  Paläopolis  gab  mir  einen 
Feldspathdurchschnitt  13  Mm.  lang  und  8 Mm.  breit,  welcher  ausser 
einigen  kleinen  Flecken  in  der  Mitte,  ganz  trübe  erschien.  Die  kleinen 
Flecken  innerhalb  dieser  Substanz  sind  frischgebliebene  Reste,  während 
das  Uebrige  stark  umgewandelt  erscheint.  Die  frischgebliebenen  Reste 
sind  ganz  wasserhell  und  gleichen  vollkommen  in  ihrer  Substanz  und 
den  Einschlüssen  dem  vorher  beschriebenen  Sanidin  Sie  gehen  entweder 
allmählig  oder  ganz  rasch  , absatzweise  in  eine  ganz  trübe  und  nicht 
homogene  Substanz  über,  die  den  bei  Weitem  grössten  Theil  des 


[11] 


lieber  Gesteine  von  der  Insel  Samotkrake. 


99 


Durchschnittes  einnimmt.  Sie  ist  von  einer  mehlig-flockigen  Trübung 
erfüllt,  die  jedenfalls  ein  Umwandlungsproduct  ist.  Die  Zersetzung  ist 
so  weit  gediehen,  dass  stellenweise  ein  Zerfallen  der  Masse  in  einzelne 
Brocken  zu  beobachten  ist.  Der  Umstand,  dass  oft  eine  ziemlich  scharf 
markirte  Grenze  der  Umwandlung  zum  Vorschein  kommt,  ist  wohl  so 
zu  erklären,  dass  der  Durchschnitt  nicht  einem  einzigen  Krystall  ent- 
spricht , sondern  einem  Aggregate  mehrerer , oder  wenigstens  einem 
Krystalle  mit  vielen  kleineren,  eingeschlossenen,  welche  nicht  in  gleicher 
Weise  der  Umwandlung  Wiederstand  boten. 

Zu  dem  makroskopischen  Mineralgemenge  des  Gesteines  zurück- 
kehrend, finden  wir  in  demselben  neben  dem  Orthoklas  (Sanidin), 
welcher  nur  selten  unter  die  Grösse  von  l Cm.  herabsteigt,  in  reich- 
licher Menge  auch  Plagioklas,  dessen  prismatische  Durchschnitte  aber 
bedeutend  kleiner  sind,  ziemlich  nahe  um  die  Mittelgrösse  von  3 Mm. 
Länge  gegen  l-5  Mm.  Breite  herum  schwanken.  Sie  erscheinen  zuweilen 
fast  vollkommen  farblos  mit  starkem  Glasglanz,  zumeist  aber  rein  weiss 
bis  gelblich-  oder  graulichweiss  mit  schwachem  Glasglanz  oder  matt. 
An  den  meisten  ist  eine  Zwilligsstreifung  mit  blossem  Auge  zu  erken- 
nen. Unter  dem  Mikroskop  bieten  sie  alle  möglichen  Stadien  der  Erhal- 
tung dar,  vom  vollkommen  wasserhellen  Zustande  an  bis  zum  ganz 
trüben.  Bei  den  ganz  farblosen  und  wasserhellen  findet  man  stellen- 
weise mehr  oder  weniger  von  verschiedenartigen  Einschlüssen,  die  ihrer 
Natur  und  ihrer  Vertheilung  nach  mit  denen  im  Sanidin  übereinstim- 
men. Mit  der  lamellaren  Zwillingsverwachsung  steht  die  Vertheilung 
dieser  Einschlüsse  zumeist  in  gar  keiner  Beziehung,  so  dass  Streifen 
von  Einschlüssen  quer  durch  die  parallelen  Verwachsungslinien  verlau- 
fen; bei  einem  Durchschnitte  beobachtete  ich  aber  gerade  das  Gegen- 
tlieil  : hier  sind  die  eingeschlossenen  Partikel  ganz  bestimmt  auf 
mehreren  nebeneinander  laufenden  Zwillingslinien  vertheilt.  Sprünge  in 
geringer  Zahl  und  von  ganz  unregelmässigem  Verlauf  finden  sich  immer 
vor.  Von  den  frischen  Plagioklasen  findet  ein  allmähliger  Uebergang 
statt  zu  den  ganz  trüben,  durch  Zwischenglieder,  bei  welchen  man  eine 
Trübung  nur  an  den  Stellen  beobachtet,  wo  die  Einschlüsse  besonders 
angehäuft  erscheinen ; diese  dürften  also  jedenfalls  zur  Zersetzung 
disponiren.  Letztere  tritt  in  den  vorliegenden  Plagioklasen  etwas  ver- 
schieden auf,  als  sie  gewöhnlich  in  Orthoklasen  beobachtet  wird.  Wäh- 
rend bei  diesen  gewöhnlich  Uebergänge  auftreten,  die  nur  eine  leichte, 
durchscheinende  wie  flockige  Trübung  zeigen,  erscheint  hier  die  Neubil- 
dung gleich  mehr  compact  und  undurchsichtig.  Als  Endresultat  bemerkt 
man  viele  ganz  opake  Durchschnitte,  die  nur  durch  ihre  Form  sich  als 
zum  Plagioklas  gehörend  erweisen.  Recht  oft  trifft  es  sich,  dass  kleinere 
Plagioklase  von  grösseren  Orthoklasen  eingeschlossen  erscheinen  und 
umgekehrt;  werden  die  Einschlüsse  grösser,  so  bilden  sich  dadurch 
Uebergänge  zu  unregelmässigen  Aggregaten  von  Orthoklas  und  Plagio- 
klas, die  dann  ein  Feldspathkorn  geben,  in  welchem  beide  Arten  von 
Feldspath  unregelmässig  durcheinander  gewachsen  sind.  In  Bezug  auf 
das  Verhältniss  von  Orthoklas  zu  Plagioklas  ist  hier  noch  eine  interes- 
sante Erscheinung  anzuführen,  wie  sie  auch  schon  von  Zirkel  (1.  c. 
p.  134)  an  höchst  seltenen  Feldspath-Durchschnitten  in  Basalten  be- 
obachtet wurde,  wie  sie  auch  Dr.  C.  Doelter  (Zur  Kenntniss  der  quarz- 


100 


J.  Niedzwiedzki. 


[12] 


führenden  Andesite  in  Siebenbürgen  und  Ungarn.  Diese  Mittli.  Jahrg. 
1873  Nr.  II.  p.  58  Fig.  3)  bei  Feldspathen  der  Andesite  vorfand  und 
die  auch  in  dem  Feldspathe  des  besprochenen  Granites  von  Samothrake 
schon  angedeutet  ist.  Es  treten  nämlich  in  frischen  Orthoklas-Durch- 
schnitten parallel  dessen  Längsaxe  ein  oder  mehrere  dünne,  linienförmige 
Leisten  eingeschaltet  auf,  welche  Leisten  nicht  den  ganzen  Krystall  durch- 
setzen, sondern  irgendwo  in  der  Mitte  aufhören.  Bei  anderen  Durch- 
schnitten sieht  man  ein  ganzes  System  von  solchen  Leistchen  an  irgend 
einer  Stelle  — in  der  Mitte,  am  Rande  oder  einer  Ecke  — des  unge- 
streiften Feldspathes  auftreten,  ohne  dass  diese  Stelle  auf  irgend  welche 
Weise  bei  gewöhnlichem  und  polarisirtem  Licht  von  dem  Ganzen  abge- 
sondert erscheinen  möchte.  Die  Vorkommen  sind  durch  die  augenschein- 
lichsten Uebergänge  mit  ihrer  ganzen  Länge  nach  ausgezeichnet  ge- 
streiften Feldspathen  verbunden,  bei  welchen  das  eine  System  der  abwech- 
selnd parallel  liegenden  Lamellen  gegenüber  dem  anderen  ganz  dünn, 
leistenförmig  erscheint. 

Wenn  man  auf  den  letztgenannten  Umstand  Gewicht  legen  wollte, 
so  könnte  man  die  ganze  Erscheinung  so  deuten,  dass  hier  dem  Ortho- 
klase ein  oder  mehrere,  oder  ein  ganzes  System  von  ganz  dünnen 
Plagioklasleisten  eingeschaltet  sind.  Einer  solchen  Auffassung  wider- 
spricht aber  die  Beobachtung,  dass  es  Durchschnitte  giebt,  welche  ein 
durchgehendes  System  von  dünnen,  leistenförmigen  Feldspath-Lamellen 
zeigen,  aber  derart,  «lass  in  der  einen  Querhälfte  des  Krystalles 
ein  Lamellen-System  dünn,  leistenförmig,  in  der  anderen  Hälfte  aber 
dasselbe  System  breit  wird,  indem  das  Verhältniss  in  der  Mitte  dadurch 
umschlägt,  dass  die  breiten  Lamellen  entweder  stufenförmig  oder  keil- 
förmig sich  zu  schmalen  Leistchen  verengern,  während  das  andere 
System  auf  dessen  Kosten  breit  wird.  Hier  müssen  wir  also  den  ganzen 
Krystall,  die  dünnen  und  die  breiten  Lamellen  als  Plagioklas  betrach- 
ten, somit  auch  ganz  ähnlich  aussehende  Durchschnitte,  wo  aber  den 
ganzen  Krystall  regelmässig  ein  System  von  linienförmigen  Leisten  durch- 
läuft, nicht  als  Orthoklas  mit  Plagioklasleisten,  sondern  ganz  als  Pla- 
gioklas annehmen.  Nach  der  Analogie  weiter  schliessend,  können  wir 
die  im  Ganzen  ungestreiften  Feldspathe,  welche  aber  stellenweise  Leist- 
chen eingeschaltet  haben,  jedenfalls  auch  zum  Plagioklas  rechnen,  kom- 
men aber  alsdann  durch  Uebergänge  zu  ganz  ungestreiften  Plagioklasen. 
Uebrigens  wäre  die  Erscheinung  auch  durch  die  Annahme  erklärt,  dass 
Orthoklas  und  Plagioklas  trotz  der  Verschiedenheit  der  krystallographi- 
schen  Systeme  miteinander  zu  einem  Krystalle  fortwachsen  vermögen, 
ohne  dass,  mit  Rücksicht  auf  die  Aehnlichkeit  der  Moleküle,  die  Sub- 
stanzen durch  eine  sichtbare  Grenzlinie  abgesondert  erscheinen  müsste. 
In  diesem  Falle  wäre  der  Theil  eines  Orthoklases,  wo  die  Lamellen 
auftreten,  als  ein  homöomorph  aufgepropfter  Plagioklas  zu  betrachten. 

Ein  weiterer  makroskopischer  Bestandtheil  des  Gesteines  ist  Quarz. 
Er  tritt  gewöhnlich  in  unregelmässigen,  seltener  in  geradlinig  begrenz- 
ten einzelnen  Körnern  auf,  die  zumeist  in  der  Grösse  um  2 3 Mm. 

im  Durchmesser  schwanken.  Nach  ungefährer  Schätzung  fällt  ein  solches 
Quarzkorn  auf  1 Cub.  Cm.  Gesteinsmasse. 

Seine  sonst  wasserhelle  Substanz  erscheint  unter  dem  Mikroskop 
mehr  oder  weniger  verunreinigt  durch  winzige  Einschlüsse,  die  bei 


[13] 


Ueber  Gesteine  von  der  Insel  Samothrake. 


101 


kleineren  Vergrösserungen  nur  als  strich-  oder  Heckenweise  Anhäufun- 
gen bemerkbar  sind.  Bei  stärkerer  Vergrösserung  erkennt  man  sie 
zumeist  als  Flüssigkeitseinschlüsse,  welche  unregelmässig,  zackig  begrenzt, 
zuweilen  mit  einem  beweglichen  Bläschen  versehen  sind.  In  der  Form 
ganz  ähnliche,  aber  opake  Gebilde  sind  wohl  Gasporen.  Einschlüsse 
fester  Körperchen  sind  ganz  selten. 

Die  Grenze  zwischen  Quarz  und  der  Grundmasse  des  Gesteins  ist 
bald  ganz  scharf,  bald  scheint  der  Quarz  allmählig  in  die  Glasbasis  zu 
verHiessen.  Einige  Wülste  der  letzteren  ragen  in  den  Quarz  hinein  ; 
auch  ganz  eingeschlossene  Partien  kommen  vor. 

Schliesslich  treten  noch  makroskopisch  Amphibol  und  Biotit  und 
zwar  in  sehr  wechselnder  Menge  auf.  Es  erscheinen  entweder  beide 
zusammen  oder  es  verschwindet  einer  von  ihnen;  ja  an  einem  Gestein 
sind  beide  makroskopisch  nur  spurenweise  vorhanden.  Amphibol  erscheint 
in  schwarzen  bis  grünlichschwarzen,  kleinen,  prismatischen  Kryställchen, 
Biotit  in  bräunlichschwarzen  Blättchen  oder  seltener  in  kurzen  Säulchen 
Beide  gehen  von  der  Grösse  einiger  (3 — 4)  Millimeter  bis  zur  mikro- 
skopischen Kleinheit  herunter.  Unter  dem  Mikroskop  erscheinen  sie  oft 
ganz  vollgespickt  von  Magnetitkörnchen  und  zeigen  sonst  das  gewöhn- 
liche Aussehen.  An  manchen  Stellen  des  Gesteines  ist  sowohl  Amphi- 
bol als  Biotit  ganz  zersetzt , zu  grünlichem  oder  gelblichem  Pulver 
zerfallen. 

Es  erübrigt  noch,  die  Grundmasse  des  Gesteines  zu  charakterisi- 
ren.  Selbe  herrscht  gegen  alle  Einschlüsse  zusammengenommen  vor 
und  erscheint  makroskopisch  dicht,  aber  dabei  mit  einem  rauhen  Bruche, 
hie  und  da  etwas  löcherig.  Ihre  Farbe  ist  dunkel  aschgrau.  Unter  dem 
Mikroskop  erscheint  sie  halb  krystallinisch,  indem  sie  aus  einer  Glas- 
basis und  darin  eingebetteten  kleinen  Kryställchen  besteht.  Die  Kry- 
ställchen wiegen  immer  vor,  so  dass  auch  dorten,  wo  die  Glasbasis  am 
reichlichsten  auftritt,  selbe  an  dünnen  Rändern  des  Dünnschliffes  nur 
selten  so  grosse  Stellen  einnimmt,  wie  ihre  Einschlüsse.  In  den  Schliffen 
der  meisten  hieher  gehörigen  Gesteine  kann  man  sie  aber  mit  Sicher- 
heit constatiren  und,  nach  den  allmähligen  Uebergängen  zu  vermuthen, 
wird  sie  auch  dorten,  wo  sie  nicht  beobachtet  werden  konnte,  gewiss  als 
spärliche , verkittende  Masse  vorhanden  sein.  Wo  sie  in  grösseren 
Flecken  auftritt , da  »erscheint  sie  zumeist  vollkommen  wasserhell  mit 
wenigen  einzelnen  Pünktchen.  An  Gesteinsstellen,  welche  im  Ganzen 
stärker  verwittert  erscheinen,  wo  also  auch  die  Feldspathe  ganz  trübe 
sind,  da  ist  die  Glasbasis  auch  trübe  und  dabei  gelblichgrau  gefärbt. 
In  der  Glasbasis  liegen  nun  kleine  Kryställchen  von  Feldspath,  Amphi- 
bol, Biotit  und  Magnetit,  durch  die  ganze  Grundmasse  ziemlich  gleich- 
mässig,  aber  ganz  wirre  durcheinander  vertheilt.  Der  Feldspath  herrscht 
bei  Weitem  vor  und  bildet  Durchschnitte  von  zum  Tlieil  scharf  pris- 
matischen, zum  Tlieil  unregelmässigen  und  verschwommenen  Contouren. 
Er  hält  sich  in  der  Grösse  in  ziemlich  engen  Grenzen  um  die  mittlere 
Grösse  von  005  Mm.  Länge  gegen  0-02  Mm.  Breite  herum,  also  weit 
entfernt  von  der  Grösse  der  kleinsten  sich  an  die  makroskopischen 
anschliessenden  Feldspathen  und  erscheint  farblos  und  zumeist  ganz 

Mineralogische  Mittheilungen.  1875.  2.  Heft.  (Niedz'wiedzki.)  14 


102 


J.  Niedzwiedzki. 


[14] 


rein , seltener  durch  körnige  Einschlüsse  verunreiniget.  Er  tritt  im 
polarisirten  Lichte  entweder  einfärbig  auf  oder  zweifarbig  als  Zwilling 
nach  dem  Carlsbader  Gesetze.  Amphibol  und  Biotit  nehmen  an  der 
Zusammensetzung  der  Grundmasse  in  sehr  wechselnden  Verhältnissen 
Theil ; was  ihre  Grösse  anbetrifft,  so  erscheint  darin  im  Gegensätze 
zum  Feldspath  ein  volkommener  Uebergang  von  den  kleinsten  in  der 
Glasbasis  steckenden  Partikeln  bis  zum  Makroskopischen.  Sie  treten 
bald  in  regellos  ausgefranzten  Partien,  bald  in  regelmässigen  Durch- 
schnitten mit  dem  gewöhnlichen  Habitus.  Zuweilen  sind  sie  aber  der- 
massen mit  Magnetitkörnern  erfüllt,  dass  dieser  den  grösseren  Theil 
ihres  Volumens  einnimmt.  Bei  den  lamellar  abgetheilten  Biotit-Durch- 
schnitten ist  dabei  zu  beobachten,  dass  der  Magnetit  zwischen  den  La- 
mellen stabförmig  langgezogen  erscheint.  Auch  sonst  ist  der  Magnetit 
überall  in  grosser  Menge  regellos  eingestreut.  Neben  seinen  Körnern 
oder  isometrischen  Durchschnitten  erscheinen  aber  noch  gleichfalls 
schwarze,  impellucide  Gebilde  mit  Metallglanz,  aber  dünn,  leistenförmig, 
also  als  Durchschnitte  von  dünnen  Blättchen  oder  Stäbchen.  Da  die 
Dicke  der  breiteren  davon  nur  ausnahmsweise  über  0D16  Mm.  hinaus- 
reicht,  dagegen  sehr  viele  der  Leistchen  über  die  Länge  von  0'03  Mm. 
hinausgehen  (bei  einem  habe  ich  01 4 Mm.  Länge  gegen  O'OOS  Mm. 
Breite  gemessen),  so  hat  man  es  hier  mit  stäbchenförmigen  Gebilden 
zu  thun  ; ich  habe  aber  keine  Ansicht  darüber,  welcher  Mineralspecies 
sie  angehören  mögen. 

Schliesslich  findet  man  mikroskopisch  Apatit  und  zwar  in  solcher 
Menge,  dass  in  den  meisten  frischen  Schliffen  fast  in  jedem  Gesichts- 
felde von  0’25  Mm.  Durchmesser  gegen  10  Durchschnitte  davon  zu 
finden  sind.  Er  tritt  sowohl  im  Gemenge  der  Grundmasse,  als  auch 
den  Biotit  und  Amphibol  charakteristisch  durchwachsend  auf  und  zwar 
nicht  allein  in  dünnen,  nadelförmigen,  sondern  auch  in  verhältnissmässig 
breiteren  hexagonalen  Kryställchen  , welche  am  Ende  fast  nie  gerade 
abgestutzt,  sondern  zumeist  abgerundet  erscheinen.  Von  den  Feldspathen 
unterscheidet  sie  auch  eine  stärkere  und  eigen thümliche  Lichtbrechung 
und  eine  Gliederung  senkrecht  auf  die  Längsaxe.  Der  Apatit  ist  ganz 
frisch  und  wasserhell,  hie  und  da  mit  einem  einzeln  eingewachsenen 
Körperchen  ; nur  wo  ringsum  alles  umgewandelt  erscheint,  da  ist  auch 
er  von  einer  feinkörnigen,  grauen  Trübung  erfüllt. 


Lichter  Quarztrachyt. 

Einige  trachytische  Gesteinsstücke  der  Suite , welche  von  Ag. 
Sophia  und  Ag.  Georgios  herstammen , zeigen  eine  von  der  eben  be- 
schriebenen verschiedene  Ausbildungsweise , trotzdem  sie  auch  Quarz- 
trachyte  sind  und  die  Beschaffenheit  der  Feldspath- Gemengtheile  gleich 
bleibt.  Die  (makroskopische)  Grundmasse  dieser  Gesteine  ist  licht 
grünlichgrau.  In  ihr  stecken  sehr  zahlreich  Feldspath , Quarz  und 
Amphibol.  Die  Feldspathe  sind  Orthoklase  und  Plagioklase,  die  erste- 


[15] 


Ueber  Gesteine  von  der  Insel  Samothrake. 


103 


ren  bald  Sanidine,  bald  „gemeine“  Orthoklase,  und  auch  sonst  ganz 
den  Feldspathen  des  vordem  beschriebenen  Trachytes  gleich.  Der  Quarz 
tritt  hier  zumeist  in  Ivrystallen  auf,  deren  Durchmesser  um  4 Mm. 
herum  schwankt.  Amphibol  erscheint  in  scharfbegrenzten , grünlich- 
schwarzen Säulchen,  die  von  der  Länge  3 Mm.  durch  alle  Zwischen- 
stufen bis  zu  einer  Kleinheit  herabsinken  , wo  sie  als  kaum  sichtbare 
Pünktchen  die  Grundmasse  grünlich  färben.  Weiters  habe  ich  vereinzelte 
kleine  Kryställchen  von  Titanit  vorgefunden,  vollkommen  gleich  den  im 
Granit  eingewachsenen. 

Besonders  charakteristisch  für  das  Gestein  ist  seine  mikrosko- 
pische Textur , welche  in  extremer  Schärfe  in  dem  Gestein  von  Ag. 
Georgios  ausgeprägt  ist.  Die  makroskopische  Grundinasse  tritt  im  gan- 
zen Schliff  ungemein  gleichförmig  ohne  jedweden  Wechsel  in  Textur 
oder  Farbe  auf.  Bei  gewöhnlichem  Licht  ist  sie  an  dünnen  Rändern 
des  Schliffes  durchsichtig  und  farblos,  aber  dabei  doch  verworren  wellig 
gekräuselt.  Sie  enthält  auch  eine  Menge  von  einzelnen  gefärbten  Körn- 
chen, wie  sie  oft  in  glasigen  Grundmassen  beobachtet  werden,  durch 
deren  Anhäufung  an  dickeren  Stellen  des  Präparates  die  Durchsichtig- 
keit beeinträchtigt  wird.  Bei  gekreuzten  Nicols  giebt  die  Grundmasse 
ein  licht-  und  dunkelgeflecktes  Feld,  wobei  die  lichten  Stellen  an  Menge 
gegen  die  dunklen  vorherrschen,  in  der  Grösse  von  circa  0-01  Mm.  unter 
sich  und  den  dunklen  Flecken  ziemlich  gleich  bleiben  und  keine  regelmässi- 
gen , sondern  mehr  lappenförmige , oft  ganz  verschwommene  Umrisse 
zeigen.  Ein  Theil  der  dunklen  Flecken  wird  beim  Drehen  in  ihrer 
Ebene  licht , so  dass  nur  ein  geringer  Rest  der  Grundmasse  immer 
dunkel  bleibt. 

Es  liegt  also  hier  eine  eigenthümliche , übrigens  schon  bei  man- 
chen Quarzporphyren  beobachtete  Art  der  Entglasung  vor,  wobei  der 
Glasteig  in  unregelmässig  begrenzten  und  verschwommenen  Flecken 
kry stallin isch  wurde.  Diese  Grundmasse  steht  in  sehr  scharf  ausge- 
prägtem Gegensätze  zu  den  Einschlüssen : es  findet  sich  in  ihr  kein 
ausgesprochen  prismatischer  Feldspath  und  kein  Amphibol-Kryställchen 
und  es  giebt  keinen  Uebergang  in  der  Grösse  zwischen  den  verschwom- 
menen, erst  bei  gekreuzten  Nicols  auftretenden  Elementen  der  Grundmasse 
und  ihren  Einschlüssen. 

Magnetit  kommt  aber  wohl  in  zweierlei  Grössen  vor : als  circa 
0 002  Mm.  grosse  Körnchen  reichlich  der  Grundmasse  eingestreut  und 
einzeln , wenigstens  20mal  so  gross , gleichsam  als  Gesellschafter  der 
übrigen  Einschlüsse.  Wenn  man  den  Schliff  gegen  das  Licht  hält,  so 
kann  man  mit  der  Loupe  die  Einschlüsse  in  der  Grundmasse,  mit 
Ausnahme  des  kleineren  Magnetites  und  spärlicher  kleiner  Apatite,  fast 
alle  genau  bis  auf  den  letzten  abzählen,  so  scharf  ist  der  Gegensatz, 
ähnlich  wie  bei  vielen  Felsitporphyren. 

Die  Einschlüsse  sind,  wie  schon  erwähnt,  ausser  den  makroskopisch 
sichtbaren  : Feldspath,  Amphibol  und  Quarz,  noch  Magnetit  und  Apatit. 
Letzterer  kommt  nur  spärlich  vor.  Die  Feldspathe  sind  tlieils  ganz  frisch, 
theils  ebenso  wie  auch  die  Grundmasse  stellenweise,  von  einer  opaken 
Neubildung  erfüllt. 

Schliffe  aus  dem  Gestein  von  der  Spitze  Ag.  Sophia , wel- 
ches dem  eben  beschriebenen  makroskopisch  vollkommen  gleicht, 

14* 


104 


J.  Niedzwiedzki. 


[16] 


zeigt  mikroskopisch  einige  Verschiedenheit  in  der  Weise,  dass  einerseits 
die  lappenförmigen  Entglasungsflecken  der  Grundmasse  zum  Theil 
grösser  werden,  anderseits  zu  ihrer  Grösse  auch  einige  wenige  prisma- 
tische Feldspath-  und  Amphibol-Kryställchen  herabsinken. 

Biotit  ist  in  beiden  Gesteinen  nicht  vorhanden. 


Biotit-Trachyt. 

Das  Gestein,  von  welchem  Hör  ne  s (1.  c.  p.  9,  1.  9 v.  unten) 
berichtet,  dass  es  nur  an  einer  ganz  beschränkten  Stelle  am  westlichen 
Fasse  des  Brechos  auftritt,  muss  als  eine  ganz  locale  Ausbildungs- 
Varietät  dos  grauen  Quarztrachytes  angesehen  werden.  Die  dunkelasch- 
graue, zuweilen  etwas  grünliche  oder  gelbliche  (makroskopische)  Grund- 
masse macht  mehr  als  3/4  der  ganzen  Gesteine  aus.  Feldspath  tritt 
makroskopisch  keiner  auf ; statt  dessen  bemerkt  man  ein  Paar  unregel- 
mässig begrenzte  Einschlüsse  von  Kaolin.  Quarz  ist  entweder  gar  nicht 
oder  nur  in  vereinzelten  Körnern  in  den  Handstücken  zu  beobachten. 
Dafür  tritt  Biotit  in  einer  solchen  Menge  auf,  dass  er  fast  ein  Viertel 
der  Bruchflächen  einnimmt,  somit  für  das  Gestein  sehr  charakteristisch 
ist.  Seine  bräunlichschwarzen  Blättchen  sind  durchschnittlich  gegen 
2 Mm.  breit  und  erscheinen  ganz  regellos  vertheilt.  Merkmale,  die  mit 
Sicherheit  auf  eine  secundäre  Entstehung  des  Biotites  hindeuten  würden, 
habe  ich  nicht  bemerkt,  doch  spricht  hiefiir  einigermassen  der  Umstand, 
dass  dieses  ganze  Gesteinsvorkommen  überhaupt  ziemlich  angegriffen 
aussieht  und  dass  ein  am  wenigsten  frisches  Stück  den  meisten  Biotit 
enthält. 

Angehaucht  giebt  das  Gestein  starken  Thongeruch.  Trotzdem 
erwiesen  sich  die  meisten  Schliffe  unter  dem  Mikroskop  noch  recht 
frisch.  Die  Grundmasse  präsentirt  sich  ganz  gleich  wie  die  des  dunklen 
Quarztrachytes.  Es  erscheint  eine  mit  einzelnen  Körnchen  versehene 
amorphe  Glasbasis,  darin  prismatische  oder  etwas  verschwommene  Feld- 
spath-Mikrolithe  und  eine  grosse  Menge  von  Biotit-Blättchen.  Grössere 
Feldspathe  treten  nicht  auf;  Biotit  erscheint  in  allen  Grössen  bis  zum 
Makroskopischen.  Apatit  kommt  stellenweise  in  sehr  grosser  Menge  vor, 
Magnetit  ist  in  Körnchen  eingestreut.  Opake,  stäbchenförmige  Gebilde 
kommen  hier  nicht  vor. 


Basalt. 

Einige  Gesteinsstücke  aus  den  tertiären  vulkanischen  Tuffen  west- 
lich von  Palaeopolis  und  westlich  von  Brechos,  zeigen  eine  Gesteinsart, 
welche  von  den  bisher  beschriebenen  total  verschieden  ist  und  welche 
ihrer  Zusammensetzung  und  der  geologischen  Lagerung  nach  zum  Basalt 
gerechnet  werden  muss,  trotzdem  ihr  ganzes  Aussehen  und  ihre  braun- 
schwarze Farbe  für  die  Basalte  etwas  fremdartig  ist  und  zum  Theil 
mehr  an  einige  basaltische  dichte  Laven,  zum  Theil  und  zwar  in  etwas 
verwittertem  Zustande,  an  Melaphyre  erinnert. 


[in 


Lieber  Gesteine  von  der  Insel  Samothrake. 


105 


Das  Gestein  besteht  ganz  vorwaltend  aus  einer  bräunlichschwar- 
zen,  äusserst  dichten  und  harten,  scharfkantig  brechenden,  fast  felsiti- 
sclien  Grundmasse.  In  dieser  stecken  einzelne,  glasige,  lebhaft  glitzernde, 
prismatische  Feldspath-Kryställchen,  die  aber  gewöhnlich  nicht  über 
1 Mm.  Breite  hinauskommen  und  von  denen  die  grössten  kaum  3 Mm. 
erreichen.  Beiläufig  in  derselben  Grösse  bemerkt  man  weiters  in  un- 
regelmässigen Körnchen  eingesprengt  ein  gelblichbraun  durchscheinendes 
Mineral,  das  in  seinem  Aussehen  noch  am  ehesten  an  Olivin  erinnert. 
Wohl  an  letztgenannte  Einschlüsse  sind  eine  Menge  mit  rostrothem 
Pulver  erfüllte  kleine  Löcher  anzureihen,  von  denen  einige  prismatische 
Umrisse  zeigen.  Auch  kleine  Blättchen  von  Biotit  sind  hie  und  da  ein- 
gestreut. 

Unter  dem  Mikroskop  erscheint  die  Grundmasse  vorherrschend 
gebildet  aus  einer  amorphen  Glasbasis,  welche  sich  optisch  vollkommen 
indifferent  erweist.  In  dieser  amorphen  Glasbasis  erscheinen  aber  in 
grosser  Menge  Gebilde  zweierlei  Art  ausgeschieden. 

Vorerst  sind  es  wiederum  winzige,  körnige  oder  keulenförmige, 
gelb  oder  rothbraun  durchscheinende  Gebilde,  welche  die  ganze  Glas- 
basis in  einer  ungeheueren  Menge  erfüllen.  Zuweilen  bilden  sie  auch 
kleine  Häufchen,  ja  sie  vereinigen  sich  zu  einer  Art  zertheilter  Fläche 
und  man  ist  alsdann  im  Zweifel,  ob  man  es  blos  mit  einer  braun- 
gefärbten Glaspartie  oder  mit  einem  Mineralblättchen  zu  thun  hat.  Es 
erscheint  mir  nicht  unwahrscheinlich , dass  man  diese  Gebilde  als 
Mikrolithe  des  Biotits  betrachten  könnte. 

Ein  zweites  körniges  Element  der  Glasbasis  bildet  der  Magnetit, 
der  fast  ebenso  massenhaft  wie  die  erstgenannten  Gebilde  eingestreut 
ist.  Ja  in  dem  Gestein  „westlich  vom  Brechos“  tritt  er  in  einer  solchen 
Menge  auf,  dass  er  die  Grundmasse  stellenweise  ganz  undurchsichtig 
schwarz  macht.  Fast  immer  sieht  man  die  Magnetitkörnchen  umgeben 
von  einem  rothbraun  gefärbten  Hof  und  dies  ist  der  eigentliche  Grund 
der  braunen  Färbung  des  Gesteines.  Es  finden  sich  aber  auch  genug 
gelblichbraune  Flecken  mikroskopisch  vor. 

Ein  weiterer  Bestandtheil  der  glasigen  Grundmasse  sind  lang- 
gezogene, dünne,  farblose  Mikrolithen,  die  um  die  mittlere  Grösse  von 
<>■04  Mm.  Länge  und  O'OOl  Mm.  Breite  in  nicht  weiten  Grenzen  schwan- 
ken. Sie  sind  farblos,  erscheinen  bei  gekreuzten  Nicols  als  scharf- 
begrenzte, lichte  Leistchen,  und  lassen  durch  ihre  Lagerung  an  manchen 
Stellen  deutlich  eine  Fluctuations-Structur  der  Glasbasis  erkennen. 

In  der  so  beschaffenen  Grundmasse  eingeschlossene,  zumeist  schon 
makroskopisch  sichtbare  Krystalle  sind  vorwiegend  Feldspat.be  und  zwar 
fast  ausnahmslos  Plagioklase,  denn  ungestreifte  Durchschnitte  sind  sein- 
selten  zu  beobachten.  Sie  sind  in  manchen  Schliffen  vollkommen  farblos 
und  wasserhell,  also  frisch,  enthalten  aber  dabei  oft  eine  ziemliche 
Menge  von  Einschlüssen  , besonders  von  Klümpchen  der  Glasbasis  mit 
ihren  Körnchen.  In  anderen  Schliffen  erscheinen  sie  wieder,  besonders 
bei  starker  Verunreinigung  auch  stark  angegriffen. 

Eine  zweite  Art  von  Einschlüssen,  die  auch  schon  makroskopisch 
sichtbar  sind,  gehört  dem  Olivin  an.  Er  steht  dem  Feldspath  in  Menge 
nach  und  erscheint  vorwiegend  nur  in  sehr  kleinen  mikroskopischen 
Durchschnitten  von  der  mittleren  Grösse  0 04  Mm.,  wenige  erreichen 


J.  Niedzwiedzki. 


[18] 


106 

die  makroskopische  Grösse.  Nur  ausnahmsweise  tritt  er  mit  Krystall- 
contouren  auf  und  diese  weisen  dann  auf  rhombische  Formen  hin.  Ge- 
wöhnlich sieht  man  nur  rundlich-ovale  Körner.  Die  frischesten  von  ihnen 
sind  ganz  farblos,  aber  nicht  ganz  durchsichtig,  besonders  aus  dem 
Grunde,  weil  ihre  Masse  nicht  continuirlich,  sondern  gleichsam  in  ein- 
zelne Körner  auseinandergefallen  erscheint.  Deshalb  war  ich  auch  nicht 
im  Stande  bei  Kry stalldurchschnitten  das  Krystallsystem  optisch  zu  con- 
statiren,  indem  einzelne  Lappen  der  Durchschnitte  sich  optisch  verschie- 
den verhielten.  Es  ist  aber  nur  ein  geringer  Theil  der  Durchschnitte 
ganz  farblos.  Zumeist  bemerkt  man  die  einzelnen  runden  Lappen  des 
Durchschnittes  von  einer  bräunlich-  oder  griinlichgelben  Färbung  um- 
säumt. Letztere,  offenbar  eine  Umwandlung  anzeigend,  verläuft  hier 
ganz  ähnlich,  wie  die  sonst  bei  Olivin  beobachtete,  sie  tritt  aber  hier 
nicht  in  so  dunkeln  Nuancen  hervor.  Es  geht  hier  eben  keine  Serpen- 
tinisirung  vor,  sondern  es  bleibt  als  Endproduct  der  Zersetzung  vorzüg- 
lich blos  ein  Kisenoxydhydrat  zurück,  welches  auch  makroskopisch  zu 
beobachten  ist.  Daraus  ist  zu  ersehen,  dass  man  es  hier  mit  einem  sehr 
eisenreichen  Olivin  zu  thun  hat. 

Schliesslich  kommt  noch  Augit  vor  und  zwar  in  langgezogenen 
prismatischen  Durchschnitten.  Seine  Bestimmung  war  einigermassen 
schwierig,  weil  er  nicht  nur  selten  bis  OG  Mm.  gross  wird,  zumeist 
weit  darunter  in  der  Grösse  bleibt,  sondern  auch  gewöhnlich  grünlich- 
grau trübe  erscheint  und  eine  solche  Menge  von  Magnetit  eingeschlos- 
sen enthält,  dass  man  zumeist  blos  ein  Netzwerk  von  Augitmasse,  welche 
Magnetitkörner  verkittet,  vor  sich  hat. 


Gabbro. 

Herr  Hörn  es  hat  in  der  Gegend  der  Thermen  an  der  Nordost- 
küste von  Samothrake  ein  Gestein  angetroffen  , welches  er  unter  dem 
Namen  Bastitfels  ausgeschieden  und  dessen  Gemengtheile  er  als  Diallag 
und  Serpentin  bestimmt  hat.  Die  Benennung  und  Diagnose  ist  nicht 
ganz  zutreffend,  aber  bei  einem  nicht  eingehenderen  Studium  des  Ge- 
steines nach  dessen  äusserem  Habitus  wohl  zu  entschuldigen.  Es  ist 
ganz  massig  und  zeigt  makroskopisch  zwei  Bestandtheile.  Vorwiegend 
ist  eine  dunkel  seladongrüne,  feinkörnige  bis  dichte  Substanz,  die  einiger- 
massen an  Serpentin  erinnert,  aber  bedeutend  härter  ist,  indem  sie  an 
den  meisten  Stellen  einen  Härtegrad  zwischen  5 und  6 (Mobs)  zeigt. 
Auch  findet  man  sie  stellenweise  viel  lichter  gefärbt,  ja  an  ein  Paar 
kleinen  Stellen  nicht  grün,  sondern  milchweiss.  In  dieser  Substanz,  gegen 
sie  nur  wenig  an  Masse  zurücktretend,  ist  der  andere  Bestandtheil  in 
unregelmässig  begränzten,  dicken  Tafeln  oder  breiten  Säulchen  einge- 
wachsen, von  grünlichgrauer  Farbe,  mit  einer  ausgezeichneten  Spaltungs- 
richtung, auf  deren  Flächen  ein  zum  Theil  ins  silberweisse  hinneigen- 
der schwacher  Perlmutterglanz  auftritt.  Senkrecht  auf  die  Fläche  der 
ausgezeichneten  Spaltbarkeit  (oder  Lamellar-Zusammensetzung)  geht  eine 
weniger  vollkommene  Spaltbarkeit,  die  es  ermöglicht,  prismatisch  be- 
grenzte Blättchen  von  dem  Mineral  loszulösen.  Die  Grösse  dieser  Tafeln 


[19] 


Ueber  Gesteine  von  der  Insel  Samothrake. 


107 


oder  Säulchen  reicht  von  2 Cm.  herab  durch  Zwischenstufen  bis  an  die 
Sehgrenze.  Zuweilen  erscheinen  die  Tafeln  von  der  anderen  grünen 
Substanz  durchwachsen,  ähnlich  wie  dies  bei  dem  Bast.it  im  Serpentin 
von  der  Baste  am  Harz  der  Fall  ist.  Abgespaltene,  geradlinig  begrenzte 
Blättchen  von  diesem  Mineral  geben  im  Polarisations  - Apparat  ein 
farbiges  Axenbild,  wobei  die  Ebene  der  optischen  Axen  parallel  den 
Spaltungskanten  erscheint.  Durch  dieses  Verhalten  in  Verbindung  mit 
dem  sonstigen  äusseren  und  hernach  zu  erwähnenden  mikroskopischen 
Habitus  ist  das  Mineral  als  Diallag  bestimmt. 

Unter  dem  Mikroskop  lässt  sich  die  lauchgrüne  Substanz  als  ein 
Aggregat  von  zersetztem  und  durch  Neubildungen  grüngefärbtem  Pla- 
gioklas erkennen.  Er  erscheint  in  prismatischen  Durchschnitten,  welche 
bei  gekreuzten  Nicols  ganz  gut  die  lamellare  Zwillingszusammensetzung 
erkennen  lassen.  In  der  Grösse  schwanken  sie  von  P4  bis  0*1 2 Mm. 
hinunter.  An  keiner  Stelle  trifft  man  sie  ganz  durchsichtig,  sondern  blos 
durchscheinend  und  gleichsam  in  einzelne  Partikeln  aufgelöst.  Ausser- 
dem erscheinen  sie  durch  zweierlei  Zersetzung, s-Producte  verunreinigt. 
Erstens  werden  sie  stellenweise  von  einer  körnig-mehligen  graulichen 
Trübung  erfüllt,  welche  Undurchsichtigkeit  verursacht.  Es  ist  das  die 
bei  Feldspathen  gewöhnliche  Umwandlung  , die  offenbar  die  Kaolinisi- 
rung  andeutet.  Weit  reichlicher  aber  bemerkt  man  im  Plagioklas  andere, 
grünliche  Umwandlungs-Producte,  welche  er  mit  dem  Diallag  gemeinsam 
hat  und  die  deshalb  besser  nachher  zu  besprechen  sind. 

Von  Diallag  fand  ich  die  meisten  Durchschnitte  so  zersetzt  oder 
auseinandergefallen,  dass  sie  beim  polarisirten  Licht  nicht  mehr  als  ein 
Individuum  oder  ein  gleich  orientirtes  Aggregat  von  solchen  wirken, 
also  eine  Constatirung  des  optischen  Charakters  nicht  zuliessen.  Es 
trafen  sich  aber  solche,  bei  denen  dies  vollständig  möglich  war. 

Die  der  vollkommenen  Spaltbarkeit  annähernd  parallelen  Durch- 
schnitte zeigten  bei  gekreuzten  Nicols  optische  Hauptschnitte  parallel 
und  senkrecht  zu  den  Linien  der  zweiten  Spaltungsrichtung,  welche  der 
krystallographischen  Hauptaxe  parallel  liegen.  Von  den  schief  oder 
senkrecht  zur  vollkommenen  Spaltbarkeit  getroffenen  Durchschnitten 
zeigten  einige  unzweifelhaft,  dass  ihre  Hauptschnitte  schiefe  Winkel  mit 
der  krystallographischen  Hauptaxe  bilden.  Dadurch  ist  das  monokline 
System  des  Minerals  erwiesen  und  seine  Bestimmung  als  Diallag  sicher- 
gestellt. 

Die  ganz  frischen  Stellen  des  Diallags  erscheinen  farblos  oder  mit 
einem  Stich  ins  grauliche.  Sie  sind  aber  nicht  ganz  durchsichtig  wegen 
der  grossen  Menge  von  Spalt-  und  Sprunglinien , welche  das  Mineral 
nach  mehreren  Richtungen  durchziehen.  Bei  stärkerer  Vergrosserung 
findet  man  auch  winzige  braune  Körnchen  in  geringer  Menge  einge- 
streut ; von  anderweitigen  Gebilden  aber,  die  sonst  im  Diallag  beobach- 
tet wurden,  habe  ich  hier  keine  Spur  gefunden. 

Der  weitaus  grössere  Theil  des  Diallags  ist  entweder  durchwachsen 
oder  ganz  ausgefüllt  von  dem  grünen  Umwandlungs-Product,  welches  das 
ganze  Gestein  durchdringt.  Es  sind  das  absolut  dieselben  Gebilde,  die 
in  dem  grünen  Gabbro  von  Volpersdorf  Vorkommen,  wie  diess  durch 
Vergleich  der  Schliffe  auf  den  ersten  Blick  erhellt  und  die  von  G.  Rose 
(Ueber  die  Gabbroformation  von  Neurode  in  Schlesien,  pag.  292), 


108 


J.  Niedzwiedzki.  Ueber  Gesteine  von  der  Insel  Samothrake. 


[20] 


besonders  aber  die  von  Pt.  Hag  ge  (Mikroskopische  Untersuchungen 
über  Gabbro  und  verwandte  Gesteine,  p.  33)  davon  gegebene  Beschrei- 
bung passt  auch  vollständig  auf  die  vorliegenden  Gebilde.  Es  sind  das 
blassgrüne,  langgezogene  Stäbchen,  welche  seltener  beiderseits  geradlinig 
abgestutzt  sind,  zumeist  unregelmässig,  stufenförmig,  ausgefranzt  oder 
spissig  endigen.  Die  Breite  der  einzelnen  Stäbchen  bewegt  sich  um 
0 008  Mm.  herum.  Oft  bemerkt  man  an  ihnen  einzelne  Spaltungslinien 
und  zwar  sowohl  senkrecht  als  auch  schief  auf  die  Längsaxe,  was  auf 
eine  Spaltbarkeit  parallel  OP  im  monoklinen  Systeme  hinweist.  Damit 
steht  auch  das  optische  Verhalten  bei  gekreuzten  Nicols,  die  Lage  der 
Hauptschnitte  in  Einklang.  Etwas  grössere  Stäbchen  zeigen  einen  ziem- 
lich starken  Dichroismus  von  gelblichgrün  bis  bläulichgrün. 

Man  bat  die  betreffenden  Gebilde  im  Gabbro  von  Volpersdorf 
bald  als  Amphibol,  bald  als  Serpentin  (wohl  Chrysolit)  angesprochen  ; 
ich  vermag  leider  auch  bei  den  vorliegenden  nicht,  die  Frage  über 
ihre  Natur  zur  Entscheidung  zu  bringen.  Sie  treten  eingesprengt 
ebenso  im  Diallag  als  auch  im  Plagioklas  und  dann  auch  zwischen 
diesen  beiden  eingeklemmt  vor ; überall  erscheinen  sie  in  ausge- 
zeichneter Weise  als  parasitische  Neubildungen.  Besonders  scharf 
stechen  sie  schon  im  gewöhnlichen  Licht  im  Plagioklas  gegen  dessen 
Substanz  ab.  Man  bemerkt  hier  zuweilen  einzelne  Stäbchen  ganz  isolirt 
in  der  Eeldspathmasse,  in  welchem  Falle  dann  eine  Zufuhr  von  Substanz 
auf  sichtbaren  Spalten  nicht  angenommen  werden  kann.  Häufiger  sind 
die  Stäbchen  zu  strahligen  Büscheln  oder  zu  Strängen  und  Knollen 
gruppirt,  die  mit  dem  Rande  oder  mit  Sprunglinien  in  Verbindung 
stehen.  Irgend  eine  Regelmässigkeit  in  der  Vertheilung  der  Neugebilde 
ist  nicht  zu  bemerken. 

Im  Diallag  tritt  vorwiegend  mehr  die  Erscheinung  einer  Umwand- 
lung als  die  einer  Neubildung  auf.  Er  ist  an  den  Rändern  wohl  in 
einzelne  grüne  Stäbchen  zerfallen  und  zerfasert,  im  Innern  jedoch  be- 
merkt man  bei  gewöhnlichem  Licht  die  Umwandlung  nur  durch  eine 
grüne  Färbung  einzelner  Stellen,  indem  die  neue  Substanz  in  der  Form 
und  der  Lage  der  alten  geblieben  ist.  Erst  im  polarisirten  Lichte 
bemerkt  man  an  der  bunten  Färbung,  dass  die  Substanz  nicht  mehr 
homogen  ist.  Uebrigens  finden  sich  auch  genug  Stellen  vor,  wo  die  neu- 
gebildeten  Stäbchen  ganz  wirre  den  Diallag  durchschwärmen. 

Ein  grosser  Theil  des  grünen  Minerals  liegt  in  unregelmässig 
begrenzten  Partien  zwischen  Plagioklas  und  Diallag.  Diese  erweisen  sieb 
als  Aggregate  der  Stäbchen  mit  verworren  faseriger  Textur,  sind  an 
den  Seiten  zerfasert  und  reichen  mit  strahligen  Büscheln  allseits  in  die 
Umgebung  hinein.  Sie  sind  augenscheinlich  auf  Kosten  und  an  Stelle 
der  beiden  anderen  Bestandteile  des  Gesteines  entstanden. 

Olivin  habe  ich  keinen  vorgefunden. 


VII.  Notizen. 


Ein  neuer  Fundort  von  Pharmakosiderit. 

Ein  Vorkommen  von  Pharmakosiderit  oder  Würfelerz  war  bis 
jetzt  in  Ungarn  nicht  bekannt,  wo  es  nun  in  Königsberg  bei  Schemnitz 
gefunden  worden  ist. 

Durch  eine  gefällige  Einsendung  des  Herrn  F.  Posepny  an  das 
k.  k.  Museum  ist  dasselbe  im  Besitze  einiger  Beispiele  von  dem  neuen 
Fundorte.  — Das  Vorkommen  besteht  in  sehr  schönen  Drusen,  die 
ganze  Gangspalten  und  Hohlräume  eines  quarzigen  Trümmergesteines 
überziehen.  Das  Muttergestein  ist  stark  verwittert  und  durch  Zersetzung 
der  Pyritkörnchen  zu  Brauneisenstein,  die  in  dichter  Menge  darin  ein- 
gesprengt sind,  hat  es  zum  Theil  ein  ockeriges  Aussehen  angenommen. 

Bemerkenswerth  bei  der  Auskleidung  der  Drusenräume  ist  die 
Aufeinanderfolge  dreier  Bildungsreihen , wobei  Brauneisenstein  als 
unterste  schmale  Schichte  erscheint,  worauf  eine  sehr  dünne  Lage  von 
Pyrit  folgt,  welche  letztere  als  ein  schön  gelber  Streifen  zwischen 
dem  Brauneisenstein  und  dem  grünen  Pharmakosiderit  scharf  hervor- 
tritt, dem  sie  als  Unterlage  dient.  Die  Druse  des  Pharmakosiderit  ist 
aus  Würfeln  gebildet,  von  denen  viele  zu  selbstständiger  Ausbildung 
gelangt  sind ; nicht  selten  tritt  das  Tetraeder  an  ihnen  auf.  In  der 
ganzen  Art  der  Verwachsung  und  Nebeneinanderlagerung  der  Individuen 
und  in  dem  Stieben  zur  Bildung  von  Gruppenkrystallen  gleicht  das 
ganze  Aussehen  einer  Druse  von  Fluorit.  Auf  einzelnen  Würfelliächen 
kann  man  sogar  ein  welliges  Aussehen  wahrnehmen,  wie  man  es  an 
den  Flächen  des  Fluorits  beobachtet.  Die  Farbe  der  Krystalle  ist 
smafagd-  bis  grasgrün  und  hie  und  da  nimmt  ein  Krystall  eine  braune 
Farbe  an.  Dieselben  sind  glasglänzend  und  an  den  Rändern  sind  die 
ausgebildeten  Individuen  durchscheinend. 

Hyalith. 

V.  v.  Zepharovich  giebt  in  seinem  mineralogischen  Lexicon 
Königsberg  in  Ungarn  als  Fundort  eines  milchweissen  Hyalith  an.  Der 
mir  vorliegende  Hyalith  aus  Königsberg  ist  wasserhell,  klein- 
traubig,  als  Ueberzug  auf  der  Verwitterungskruste  von  Augit-Andesit 
aufsitzend. 


Mineralogische  Mitteilungen.  1875.  2.  Heft.  (Notizen.) 


15 


110 


Notizen. 


[2] 


Serpentin  von  New-Yersey. 

Von  New-Yersey  in  Nord-Amerika  lag  mir  durch  die  Freundlich- 
keit des  Herrn  Egger th  ein  schöner,  hellgrüner,  durchscheinender, 
edler  Serpentin  vor , welcher  den  Kern  einer  gelblichweissen  Masse 
bildete,  die  ihn  rindenartig  umschloss.  — Diese  Rinde  war  vom  Ser- 
pentin nicht  ablösbar;  sie  war  ziemlich  spröde,  besass  flachniuscheligen 
Bruch,  liess  sich  mit  dem  Messer  schaben,  besass  ein  Volumengewicht 
von  2-51  und  war  aus  zahlreichen  Schnüren  feinfaserigen  Chrysotils 
zurchzogen.  — Es  lag  die  Vermuthung  nahe,  dass  man,  auch  nach  der 
innigen  Verbindung  des  Serpentins  mit  einer  Rinde  zu  urtheilen,  in 
dieser  Rinde  ein  interessantes  Zersetzungs-Product  des  Serpentin  anzu- 
nehmen habe.  Diese  Voraussetzung  liess  die  Arbeit  einer  Prüfung  auf 
die  Zusammensetzung  dieser  Rinde  als  lohnend  erscheinen  und  die  Ana- 
lyse, welche  ich  an  von  fremden  Gemengtheilen  befreitem  Materiale  vor- 
nahm, gab  mir  folgende  Zahlen  : 

Si02  A1203  FeO  MgO  H20. 

4425  0-55  0-79  41 ’40  137G  = 10075. 

Aus  diesen  Zahlen  berechnet  sich  die  Formel  2Si02  . 3 MgO  + 
2H20,  welche  aber  diejenige  des  Serpentin  ist.  Das  Resultat  ist  über- 
raschend, da  statt  des  vermeintlichen  Zersetzungs-Productes  eine  Modi- 
tication  des  Serpentin  anzunehmen  ist,  wobei  noch  zu  erklären  bliebe, 
unter  was  für  Vorgängen  und  welche  Umstände  diese  physikalische 
Umänderung  des  hellgrünen  Serpentin  zu  dieser  weissen  Modification 
befördert  haben. 

F.  Berivcrth. 


Minerale  aus  dem  nordwestlichen  Tlieile  Schlesiens. 

Anlagernd  dem  Granit,  der  in  dem  Friedberg- Weidenauer  Gneiss- 
gebiete  in  grösserem  Zusammenhänge  auftritt,  findet  sich  südlich  von 
Fi'iedberg  und  südwestlich  von  Schwarzwasser  über  Setzdorf  hinaus 
körniger  Kalk,  der  sonst  spärlich  nur  noch  an  einzelnen  Punkten  dieser 
Gegend  auftritt.  In  diesem  ist  letzterer  Zeit  ein  syenitartiges,  grob- 
körniges Gestein  gefunden  worden  , das  einerseits  durch  oft  ziemlich 
grobe,  in  Zersetzung  begriffene,  andererseits  durch  zahlreiche  kleine, 
frische,  braune,  vollständig  ausgebildete  Krystalle  besondere  Aufmerk- 
samkeit erregte.  Einige  Stufen  dieses  Gesteines,  die  ich  Herrn  Professor 
Suess  verdanke,  unterzog  ich  einer  eingehenden  Untersuchung,  da 
von  diesem  Fundorte  bisher  nichts  Aehnliches  bekannt  war. 

Das  Gestein,  in  dem  zahlreiche,  oft  5 bis  7 Mm.  lange  Titanit-Kry- 
stalle  eingeschlossen  waren,  erwies  sich  als  ein  Gemenge  von  Orthoklas, 
Quarz  und  zersetztem  Diallag.  Nach  dem  auf  einer  Seite  noch  spuren- 
weise vorhandenen  Calcit  zu  urtheilen,  erscheinen  die  mir  vorliegenden 
Stufen  als  Theile  eines  im  körnigen  Kalk  auftretenden  Ganges.  — Die 
zahlreichen  braunen  Titanit-Krystalle  , die  sich  leicht  aus  der  Grund- 
masse  herausnehmen  liessen  , sind  vollkommen  ausgebildet  und  zeigen, 
durch  das  Vorherrschen  der  Fläche  n (213),  einen  geneigt  säulenförmi- 


[3] 


Notizen. 


111 


gen  Habitus.  Ausser  der  Fläche  n (213)  sind  noch  die  Flächen  p (001), 
i/(011),  x (012)  und  r (101)  deutlich  ausgebildet. — Dieses  Vorkommen 
von  Titanit  in  Schlesien  ist  neu.  — An  den  Diallag-Krystallen,  die  zu- 
meist stark  zersetzt  sich  nur  schwer  aus  der  Grundmasse  herausnehmen 
liessen,  waren  die  Flächen  iw(110),  r (100)  und  l (010)  deutlich  erkenn- 
bar. Ob  auch  die  Fläche  s (111)  und  das  Orthodoma  p vorhanden  war, 
liess  sich  nicht  mit  Sicherheit  ermitteln,  obwohl  ein  dem  Orthopinakoid 
parallel  durchbrochener  Krystall  diese  vermuthen  liess. 

Mit  den  im  Vorhergehenden  beschriebenen  Mineralen  erhielt  ich 
auch  ein  Handstück  eines  feinfaserigen  Minerals  von  Kaltenstein,  östlich 
von  Friedberg.  Dieses  feinfaserige  Mineral,  das  dort  auf  Adern  und 
Gängen  im  krystallinisch-körnigen  Kalk  vorkommt , bestimmte  ich  als 
Tremolit , dessen  Vorkommen  in  der  erwähnten  Gegend  bisher  nicht 
bekannt  war.  Dieser  Tremolit  zeigt  einen  schönen  Seidenglanz , ist 
graulich weiss  und  durchscheinend. 

In  dem  Berichte  über  die  geognostischen  Untersuchungen  des  nord- 
westlichen Theiles  von  Schlesien  (Jahrbuch  der  geol.  Reichsanstalt  1853, 
Jahrgang  IV)  führt  Kenngott  unter  den  in  diesem  Theile  Schlesiens 
vorkommenden  Mineralen  auch  einen  Albit  von  Schwarzwasser  an,  ohne 
jedoch  irgend  eine  Bemerkung  über  das  Vorkommen  dieses  Minerals, 
sowie  der  angeführten  überhaupt  zu  geben.  Auch  seither  geschah  dieses 
Albites  von  Schwarzwasser,  NNW.  von  Freiwaldau  und  WNW.  von 
Zuckmantel,  nicht  mehr  Erwähnung.  Nach  den  mir  vorliegenden  Stufen 
lässt  sich  nun  erkennen,  dass  derselbe  in  derben  gangförmigen  Massen  vor- 
kommt und  eine  doppelte  Textur  zeigt,  nämlich  eine  ausgezeichnete 
parallel  blumig-stengelige  und  eine  geradschalige.  Hie  und  da  erscheinen 
Blättchen  von  schwarzem  Glimmer  Fingesprengt.  Die  mir  vorliegenden 
Stufen , die  wahrscheinlich  Theile  eines  ziemlich  breiten  Ganges  sein 
dürften , sind  von  zahlreichen,  durch  ihre  dunklere  Farbe  und  geringere 
Härte  leicht  erkennbaren  Schichten  durchzogen,  längs  welcher  der  Albit 
leicht  trennbar  ist.  Oefter  wechselt  das  Pigment  der  Albitmasse  zu 
beiden  Seiten  dieser  Schichten  auffallend,  welcher  Umstand  wie  die 
erwähnte  Trennbarkeit  deutlich  zeigt,  dass  dieser  Albit  periodisch  unter 
verschiedenen  Verhältnissen  wuchs. 


E.  Neminar. 


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MINERALOGISCHE 


GUSTAV  TSCHERMAK. 


JAHRGANG  1875.  HEFT  III. 


(Diese  Mittheilungen  erscheinen  zugleich  als  Beilage  zum  Jahrhuche  der  k.  k.  geol. 

Beichsanstrdt.) 


^ ~<jQ) 


WIEN,  1878. 

ALFRED  HOLDER 

K.  K.  U N I V E R S I T Ä '1'  S - P.  1 ' C H H ÄNDLE  R. 


ROTHENTHURMSTRASSE  15. 


l>hurk  von  J.  C.  Fischer  & Co.  Wien. 


JAHRGANG  1875. 


III.  HEFT. 


GESAMMELT  VON 


G.  TSCHERMAK 

D1RECT0R  DES  If.  K.  MINERALOGISCHEN  HOF-MUSEUMS. 


i.  KrystaSlographiscbe  Bemerkungen  zum  Gyps. 

Von  H.  Laspcyrcs  in  Aachen. 

Hiezu  Tafel  YII  und  2 Holzschnitte. 

Die  letzte  krystallographische  Mittheilung  über  den  Gyps  ist  be- 
kanntlich die  von  A.  Brezina1),  in  welcher  die  gesammte  Literatur  über 
die  Krystallforin  des  Gyps  zusainmengestellt  sich  findet. 

Es  sei  mir  erlaubt,  hieran  einige  Bemerkungen  über  Beobach- 
tungen an  Gypskrystallen  zu  knüpfen,  welche  ich  kürzlich  hei  Durch- 
sicht der  Gypse  in  der  Mineraliensammlung  des  hiesigen  Polytechnikum 
zu  machen  Gelegenheit  fand. 


§.  1.  Gypszwillinge  von  Eichstädt  bei  Merseburg. 

Dass  die  sogenannten  Schwalbenschwanzzwillinge  des  Gyps  nach 
dessen  häufigstem  Gesetze : Zwillingsaxe  Normale  zu  o©Poo  (oder  Hauptaxe ; 
Naumann),  welche  in  den  meisten  Lehrbüchern  noch  immer  nur  als 
aufgewachsen  in  Drusen  angeführt  werden,  auch  ringsum  ausgebildet 
und  eingewachsen  (namentlich  im  Thongebirge)  häufig  sich  finden,  wenn 
auch  nicht  so  häufig  als  aufgewachsen,  ist  eine  bekannte  Thatsacke. 

Trotzdem  bringe  ich  dieselbe  nochmals  hier  zur  Sprache  mit 
Abbildungen , weil  die  Ausbildungsweise  dieser  Zwillinge  bei  beiden 
Vorkommnissen  durchgängig  zum  Tlieil  verschieden  zu  sein  scheint, 
und  weil  Abbildungen  dieser  Zwillinge,  besonders  der  eingewachsenen, 
in  der  Literatur  entweder  ganz  fehlen,  oder  sehr  dürftig,  oder  nicht 
Allen  leicht  zugänglich  sind. 

Die  Veranlassung  zu  dieser  Mittheilung  gaben  mir  besonders 
schöne  und  mannigfaltig  ausgebildete,  eingewachsene  Zwillinge  nach 
diesem  Gesetze,  welche  ich  im  vorigen  Herbste  auf  einer  geognostischen 
Excursion  mit  den  Herren  v.  Fritsch  und  Speyer  in  einer  Thon- 
grube bei  dem  durch  die  Schlacht  bekannten  Dorfe  Eichstädt,  unweit 
Merseburg  in  der  Provinz  Sachsen,  fand2).  Sie  scheinen  in  dem  aus 


')  Tscliermak,  Mineralogische  Mittheilimgen  1872.  S.  17. 

-)  Die  Grube  liegt  am  linken  Gehänge  des  nach  Stöbnitz  sich  ziehenden 
Thaies  gleich  unterhalb  des  Dorfes  Nieder-Eichstädt. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1875.  3.  Heft.  (Laspeyres.) 


16 


H.  Laspeyres. 


114 


[2] 


Röthmergel  limmatisch  entstandenen  Tlione  dort  häufig  vorzukommen, 
denn  in  kurzer  Zeit  hatte  ich  mehr  als  ein  Dutzend  gefunden. 

Die  aufgewachsenen  Zwillinge  nach  diesem  Gesetze  sind  bekannt- 
lich in  den  meisten  Fällen  Juxtapositionszwillinge  mit  00P00  als  Berüh- 
rungsfläche, wie  sie  in  jeder  Mineralogie  abgebildet  werden. 

Seltener,  aber  immerhin  noch  häufig,  legen  sie  sich  mit  ihren 
rechten  oder  linken  00P00  an  einander  und  dringen  stets  mehr  oder 
weniger  tief  in  einander  ein,  wie  die  Orthoklas-Zwillinge  nach  dem 
sogenannten  Karlsbader  Zwillingsgesetze,  und  bilden  somit  entweder 
rechte  oder  linke  Penetrationszwillinge.  Solche  Zwillinge  (rechte)  finden 
sich  nur  abgebildet  von  Desclo i zea u x J)  und  H-aidinger.*  2) 

Durchkreuzungszwillinge  nach  diesem  Gesetze,  wie  sie  nur  die 
Mineralogie  von  Naumann3)  nach  Oborny4)  bringt,  scheinen  bei 
aufgewachsenen  Krystallen  nicht  vorzukommen und  wohl  deshalb  auch 
keine  Juxtapositionszwillinge  nach  diesem  Gesetze  mit  der  nicht  kry- 
stallonomischen  Co  nt  act  fläche  senkrecht  zur  Hauptaxe. 

Alle  diese  Möglichkeiten  der  Juxtaposition  und  Penetration  von  zwei 
Individuen  nach  diesem  Zwillingsgesetze  haben  sich  in  der  genannten 
Grube  bei  regelmässigster  Ausbildungsweise  neben  einfachen  Krystallen 
gefunden. 

Unter  diesen  Umständen  trage  ich  kein  Bedenken,  alle  diese  dort 
gefundenen  Ausbildungsweisen  dieses  Gesetzes  möglichst  naturgetreu 
und  zum  Theil  in  natürlicher  Grösse  (meist  etwas  vergrössert)  abzu- 
bilden in  parallelperspektivischer  Ansicht  und  00P00  als  Längsfläche 
zum  Beschauer  gerichtet.  Ist  es  doch  vielleicht  manchem  Lehrer  der 
Mineralogie  und  Krystallographie  willkommen,  seinen  Schülern  alle 
Modalitäten  dieses  häufigen  Zwillingsgesetzes  monokliner  Krystalle  mit 
dem  Hinweis  zu  zeigen,  dass  sie  sich  auch  alle  zusammen  in  der  Natur 
finden.  Den  einfachen  Krystall  abzubilden,  war  natürlicher  Weise  nicht 
nötliig. 

Alle  bis  4 Cm.  grossen  Krystalle  zeigen : 

f — ooP 
l ~ -- P 

p z ooPoo 

und  zwar  stark  verlängert  nach  der  Kante  von  — P.  Ilie  und  da 
zeigen  sich  noch  undeutliche  Spuren  von  n = P als  winzige  Zuschär- 
fung der  scharfen  Ecken  von  I und  /'. 

Taf.  VII  Fig.  1 zeigt  vollkommenen  Durchkreuzungszwilling  (häufig). 

Taf.  All  Fig.  2 zeigt  rechten  Penetrationszwilling  (am  häufigsten). 

Taf.  VII  Fig.  3 zeigt  linken  ,,  (sehr  häufig). 


’)  Annales  de  chimie  et  de  pliysique  (3.)  X.  1844.  pag.  53.  T.  I.  Fig.  12. 

-)  Handbuch  der  bestimmenden  Mineralogie  1850.  S.  272.  Fig.  442. 

:j  1874.  S.  255.  Fig  G ohne  Citat. 

4)  Ad.  Oborny.  Ueber  einige  Gypsvorkommnisse  von  Mähren,  speziell  das 
von  Koberitz  und  Austerlitz  Brünn  1866.  8‘'.  8 S.  (mir  nicht  zugänglich)  vergl.  Neues 
Jahrbuch  für  Mineralogie  u.  s.  w.  1867.  S.  206.  und  v.  Zepharovich  Mineralog. 
Lexicon  II  S.  145. 

D)  Der  von  Sch  rauf  (Sitzungsberichte  d.  math.-nat.  Klasse  d.  k.  Akad.  der 
Wissensch.  zu  Wien  LXin.  1.  S.  162)  beschriebene  und  abgebildete  (Taf  I.  Fig  6) 
Durchkreuzungszwilling  vom  Harz,  dürfte  auch  eingewachsen  gewesen  sein  , obwohl 
„die  untere  Seite  nur  die  verkümmerten  Spuren  der  beiden  Krystalle  zeigt“. 


115 


[3]  Krystallographische  Bemerkungen  zum  Gyps. 

Taf.  VII  Fig.  4 zeigt  Juxtapositionszwilling,  Contactfläche  senkrecht  zur 
Hauptaxe  (selten). 

Taf.  VII  Fig.  5 zeigt  Juxtapositionszwilling,  Contactfläche  die  Zwillings- 
ebene ooPoo  (ziemlich  selten). 

Auf  Taf.  VII  Fig.  6 ist  eine  an  den  meisten  Penetrafions-  und 
Durchkreuzungszwillingen  wiederkehrende  Erscheinung  abgebildet.  In 
den  sogenannten  Schwalbenschwänzen , das  heisst  in  den  oberen  oder 
unteren  (oder  beiden  zugleich)  Einkerbungen  steht  nämlich  ein  nach 
der  Hauptaxe  säuliger,  kleiner  Gypszwilling  bald  genau  in  der  Mitte, 
bald  mehr  links,  bald  mehr  rechts  aufgewachsen  und  genau  anschlies- 
send. Die  Flächen  an  seinem  freien  Ende  sind  undeutlich,  so  dass  es 
zuerst  den  Anschein  hat,  als  rage  hier  oben  (unten)  aus  dem  oberen 
(unteren)  Theile  des  Zwillings  nochmal  der  untere  (obere)  Theil  des- 
selben säulenförmig  gestreckt  heraus.  Allein  die  geringere  Neigung  der 
die  Säule  abschliessenden  Flächen  und  die  Spaltbarkeit  zeigen  bald, 
dass  diese  Flächen  n und  n‘  ■=.  P sind,  welchen  die  zweite  Spaltbar- 
keit folgt  und  welche,  wie  gesagt,  am  eigentlichen  Zwillinge  noch  unter- 
geordneter auftreten. 

Diese  säulenförmigen  Ilerausragungen  aus  den  Schwalbenschwänzen, 
welche  hei  den  aufgewachsenen  Zwillingen  des  Salzgebirges  äusserst 
selten  zu  sein  scheinen,  sind  keine  localen  Zufälligkeiten,  denn  sie  linden 
sich  sehr  häufig  an  den  eingewachsenen  Penetrationszwillingen  nicht 
nur  bei  Eichstädt,1)  sondern  sie  liegen  mir  in  derselben  Weise,  wie 
dort,  vor  aus  dem  grauen,  plastischen,  tertiären  Thone  vom  Fusse  des 
Papelsberges  bei  Oberdollendorf  am  Siebengebirge2)  und  aus  dem  ter- 
tiären Thone  von  Lintorf  bei  Ratingen.  :!j  Diese  letztgenannten  Zwil- 
linge bekommen  nur  dadurch  anderen  Habitus,  als  die  von  Eichstädt, 
dass  diese  Säulen  viel  grösser  und  dicker  sind,  fast  so  gross  und 
dick  zum  Theil  wie  die  Durchkreuzung  selber,  ferner  dass  sie  durch 
wiederholte  parallele  Aggregation  in  der  Längsrichtung  an  den  Kanten 
ff  und  fp  wie  horizontal  eingesägt  erscheinen,  und  dass  an  ihnen 
meist  die  Flächen  o = 1/3Po o — wie  immer  gekrümmt  von  rechts  nach 
links  durch  Uebergang  in  1l3Pm  (w  — 1/3P  und  u = PS)  — sehr  aus- 
gedehnt sind.  Durch  diese  Krümmung  von  o durch  w erscheint  n = P 
zwischen  o und  /'  meist  wie  eine  Abstumpfung  dieser  Kante,  also  wie 
in  der  Zone  nf  liegend.  Dass  diese  gekrümmte  Fläche  aber  nicht 
bloss  w,  sondern  zum  Theil  auch  o ist,  sieht  man  an  der  häufigen 
Divergenz  einzelner  Theile  der  Kante  on  mit  der  regelmässig  gebildeten 
Kante  nf.  Spuren  von  M~  ooPoo  sind  ebenfalls  daran  zu  sehen. 


’)  In  der  hiesigen  Sammlung  fand  ich  mir  einige,  nicht  gute  Fälle  am  Gyps 
aus  den  Alpen,  niemals  an  dem  aus  den  Mansfelder  Schlotten.  Vergl.  in  gleichem 
Sinne  Schärft'  l'eber  d.  Gypsspath  1871.  S.  21  u.  22  Taf  I.  Fig.  11.  Taf.  II. 
Fig.  54. 

■)  S.  unten  §.  2. 

s)  Das  Vorkommen  vergleiche:  Gurlt  Uebersic.ht  des  Tertiärbeckens  des  Nie- 
derrheins Bonn  1872.  S.  19. 


1(3* 


i 


11(3 


H.  Laspeyres. 


[4] 


§.  2.  Gypskrystalle  vom  Papelsberge  am  Siebengebirge. 

Schöne,  wasserklare,  bis  16  Cm.  grosse,  ringsum  ausgebildete 
Gypskrystalle  in  den  tertiären  Thonen  des  Siebengebirges  sind  bisher 
mit  Sicherheit  kaum  gekannt  und  haben  deshalb  schon  ein  locales 
geognostisches  Interesse. 

Von  Dechen  bespricht  in  seinem  geognostischen  Führer  in  das 
Siebengebirge ])  die  dortigen  tertiären  Thonlagen  mit  ihren  Knollen 
und  Nieren  von  thonigem  Sphärosiderit , welche  viel  gewonnen  worden 
sind  und  gedenkt  der  Tlione  hei  Oberdollendorf,  „welche  unter  dem 
Trachytconglomerate  des  Jungfernberges,  Papelsberges  und  von  Broich 
zu  liegen  scheinen“.  Gyps  wird  nicht  darin  erwähnt.2) 

Ueber  ein  Vorkommen  von  Gyps  im  Tertiär  des  Siebengebirges 
sagt,  v.  Dechen  bloss3):  „An  einer  Stelle  unter  dem  Veraschungsplatze 
der  Bleib  treu 'sehen  Alaunhütte  hat  sich  nicht  allein  auf  den  Klüften 
des  Eisensteins  ein  dünner  Ueberzug  von  Gyps  gefunden,  sondern  auch 
eine  grosse  Menge  von  wasserhellen  Gypskrystallen  in  dem  die  Eisen- 
steinnieren einschjiessenden  Thon.  Die  innere  Masse  des  Eisensteins  ist 
frei  von  schwefelsaurem  Kalk.  Die  Ausdehnung  dieses  Vorkommens 
ist  noch  nicht  vollständig  nachgewiesen  und  daher  auch  die  Ansicht 
zweifelhaft,  ob  dasselbe  nicht  als  eine  Wirkung  der  brennenden  Alaun- 
halden und  des  aus  denselben  in  den  unterliegenden  Thon  eindrin- 
genden schwefelsauren  Wassers  auf  die  in  demselben  enthaltene  Kalk- 
erde anzusehen  ist“.  Dass  die  Tertiärthone  des  Siebengebirges  ebenso 
wie  die  anderer  Gegenden  ihre  Gypsbildungen  haben,  beweist  die  früher 
Sack’sche  Sammlung.  Gegen  60  schöne,  ringsum  ausgebildete  Gyps- 
krystalle, vermuthlich  von  Sack  selber  gesammelt,  befinden  sich  darin 
mit  der  eigenhändigen  Bezeichnung:  „Am  Fuss  des  Papelsberges  in 
der  Oberdollendorfer  Gemarkung  bei  Bonn“.  Drei  von  diesen,  wie 
gleich  gezeigt  werden  soll,  leicht  und  sicher  kenntlichen  Krystallen 
liegen  noch  im  Tlione  eingebettet,  so  dass  über  ihr  Vorkommen  kein 
Zweifel  aufkommen  kann.  Es  ist  diess  ein  fetter,  zäher,  bräunlich- 
grauer,  hell  und  dunkel  geflammter  Thon.  4) 

Diese  Gypskrystalle  haben  aber  nicht  bloss  ein  locales,  geognosti- 
sches Interesse,  sondern  einige  krystallographische  Absonderlichkeiten 
und  Ausbildungsweisen  machen  sie,  glaube  ich,  interessant  genug,  um 
mich  zu  dieser  Mittheilung  zu  veranlassen. 

Alle  Ivrystalle  sind  prismatisch  ausgedehnt  nach  der  Hauptaxe 
und  in  der  Richtung  der  Klinoaxe  bedeutend  dicker,  als  nach  der 
Orthoaxe,  also  breitsäulenförmig  narb  dem  Klinopinakoid. 

Weitaus  die  meisten  sind  Individuen;  Alle  zeigen: 


O'S.  269  ff. 

-)  Vergl.  Gurlt  1 c.  S.  17. 

3)  1.  c.  S.  313. 

4)  Scbarff  (Ueber  d.  Gypsspath  1871)  spricht  oft  von  Krystallen  von  Ober- 
Cassel,  ohne  nähere  Angabe,  oh  es  ilas  nördlich  vom  Siebengebirge,  nicht  weit  von 
Dollendorf  gelegene  ist.  Da  Schar  ff  von  Ober-Cassel  auf  S.  31  unter  den  Grup- 
penbauten „garbenförmiger  Säulenbildungen“  gedenkt,  vennutbe  ich  eine  Identität  seiner 
Ivrystalle  von  Ober-Cassel  mit  meinen  vom  Papelsberge. 


[5] 


Krystallographische  Bemerkungen  zum  Gyps. 


117 


f ~ oo  P 

P = ooPoo 

1 = — p. 

Viele  noch  n = P,  in  der  Regel  mit  P=Poo,  wodurch  n gerundet 
erscheint,  ferner  dazu  o — 1I3P° o und  w = 1/3P,  beide  letztem  eben- 
falls gern  zu  einer  gekrümmten  Fläche  verfliessend , aber  ebenso  oft 
auch  völlig  unabhängig  von  einander.  An  einem  Krystalle  war  die 
Kante  1 1 sehr  deutlich  gerade  abgestumpft  durch  die  seltene  z~ — Poo. 

Die  Flächen  der  Verticalzone  sind  längsgestreift , sogar  Oo  P oo 
durch  Oscillation  mit  unbestimmbaren  oo Pm  und  oo Pm.  Sehr  häufig 
erscheint  noch  daran  die  ebenfalls  am  Gyps  seltene  M — ooPoo  5 welche 
durch  Oscillation  mit  den  anderen  Flächen  der  Verticalzone  am  meisten 
gestreift  und  gekrümmt  ist;  man  könnte  sie  oft  als  eine  durch  Oscil- 
lation anderer  Flächen  entstandene  Scheinfläche  halten.  An  einigen 
Krystallen  treten  die  Prismenflächen  fast  ganz  oder  ganz  zurück,  und 
die  beiden  Pinakoide  bilden  dann  eine  allerdings  bauchige  und  durch 
Streifung  entstellte  rechteckige  Säule  oben  und  unten  mit  Z,  -n,  1\  z, 
u.  s.  w.  Man  wird  ganz  an  Diopsid  erinnert,  wenn  man  von  der 
Spaltbarkeit  absieht.  Die  meisten  dieser  Individuen,  besonders  alle 
grösseren,  zeigen  nun  an  den  2 stumpfen  Ecken  Uff  der  durch  p 
tafelartigen  oder  breitsäuligen  Krystalle  eine  stets  in  gleicher  und  gesetz- 
mässiger  Weise  wiederkehrende , von  mir  an  keinem  Gyps  anderer 
Fundorte  wieder  beobachtete , fächerartige  Aggregation  von  zahllosen 
kleineren  Individuen  („Subindividuen“),  welche  sich,  wenn  auch  nicht 
immer,  so  doch  mit  ganz  sichtlicher  Vorliebe  so  aneinander  radial 
stellen,  dass  ihre  Kanten  /'  l“l“  u.  s.  w.  unter  sich  parallel  laufen, 
und  dass  die  einspringenden  Kanten  p:p\  p:p"  u.  s w.  parallel  den 
Kanten  pl  und  Z Z des  Hauptindividuum  laufen  (vergl.  Taf.  VII  Fig.  7 
natürliche  Grösse). 

Dieser  Erscheinung,  welche  sich  stets  wiederholt,  sieht  man  es 
trotz  der  zahlreichen  Anomalien  an,  dass  es  das  Bestreben  der  Kry- 
stallisationskraft  war,  eine  krystallographiseh  gesetzmässige  Aggregation 
der  verschiedenen  Individuen  zu  schaffen.  Einzelne  Störenfriede  unter 
den  aggregirten  Individuen,  welche  unregelmässig  das  Hauptindividuum 
durchkreuzen  oder  bewachsen , verursachen  sichtlich  diese  Anomalien 
von  der  gesetzlichen  Stellung  der  anderen  Individuen , sind  aber  nicht 
im  Stande,  die  Erstrebung  der  Gesetzmässigkeit  stark  zu  hindern  oder 
gar  aufzuheben.  Da  diese  Aggregation  eine  krystallographiseh  gesetz- 
mässige ist  und  keine  parallele , muss  sie  eine  Zwillingsbildung  sein 
oder  wenigstens  anstreben.  Wenn  sich  an  den  Krystallen  die  syme- 
trisch  von  rechts  nach  links,  diametral  vorne  = oben  und  hinten  = unten 
ganz  ungestört  angeordneten  Fächer  soweit  nach  rechts  und  links  aus- 
breiten , dass  die  äussersten  der  aggregirten  Individuen  jedes  Fächers 
senkrecht  auf  p stehen,  dann  ist  jeder  der  beiden  Fächer  halbkreis- 
förmig, und  es  berühren  sich  die  beiden  Fächergruppen  über  p des 
Hauptindividuum  hinfort.  Die  beiderseitigen  äussersten  Individuen 
der  2 Fächergruppen  haben  ooPoo  (p‘  und  p“)  gemein  und  liegen 
umgekehrt,  d.  h.  sie  sind  gegen  einander  um  180°  um  die  Kante  ZZ, 
oder,  was  dasselbe  sagen  will,  um  die  in  der  Symetrieebene  liegende 
Normale  zu  dieser  Kante,  bezüglich  zu  — Po o,  gedreht,  sie  befinden  sich 


118 


H.  Laspeyres. 


[6] 


also  in  Zwillingsstellung  nach  dem  zweiten  Gesetze  des  Gyps  ; die  Con- 
tactflächen  sind  aber  nicht,  wie  sonst,  die  Zwillingsebene  — Poo,  son- 
dern die  der  Zwillingsaxe  parallele  oo Poo. 

Ebenso  befinden  sich  die  beiden  äussersten  (linken  und  rechten) 
Individuen  desselben  um  180°  ausgebreiteten  Fächers  in  Zwillingsstel- 
lung nach  demselben  Gesetze;  hier  aber  ist  — Poo  die  Contactfläche. 
In  diesem  so  regelmässig  nie  beobachteten  Falle  umgeben  also  zwei 
Halbkränze  von  radialgestellten  Individuen  das  Hauptindividuum  in  der 
Richtung  senkrecht  zur  Zonenaxe  (Kante  ll  oder  Richtung  a : c),  welcher 
alle  ihre  Kanten  ?/,  lp  parallel  sind. 

Man  kann  den  Einen  der  Fächer  nur  als  die  Folge  des  Anderen 
ansehen.  Denkt  man  sich  nämlich  alle  Ivrystalle  des  einen  Fächers 
diametral  durch  das  Hauptindividuum  fortgewachsen  und  an  dessen 
entgegengesetzter  Stelle  ebenso  weit  herausragen,  so  entsteht  der  andere 
Fächer  als  Gegenfächer.  Wenn  die  Individuen  einmal,  was  selten  der 
Fall  ist,  die  Breite  des  Hauptindividuum  bekommen,  so  ist  dieser  Zu- 
sammenhang der  beiden  Fächer  an  den  Stufen  sehr  gut  zu  sehen. 

Denkt  man  sich  einen  Gypskrystall  um  eine  durch  seinen  Mittel- 
punkt gehende  und  in  seiner  Symetrieebene  liegende,  der  Kante  ll 
parallele  Linie  um  180°  gedreht,  so  nimmt  er  nach  und  nach  alle 
Stellungen  ein , welche  ein  Individuum  dieser  Fächer  einzunehmen 
vermag. 

Definirt  man,  wie  es  allgemein  geschieht,  einen  Zwilling  als  zwei 
um  eine  krystallographisch  mögliche  Linie  um  180°  gedrehte  Indivi- 
duen, so  kann  man  diese  Fächer  nicht  als  Zwillingsbildung,  sondern 
höchstens  als  einen  Uebergang  zur  Zwillingsbildung  bezeichnen,  weil 
die  Drehung  um  die  krystallographische  Linie  nur  um  x°  ausgeführt 
ist  zwischen  je  zwei  benachbarten  Individuen.  Man  wird  also  in  diesem 
Falle  gezwungen,  ausser  der  parallelen  und  Zwillingsstellung  zweier 
Individuen  noch  eine  dritte  gesetzmässige  Stellung  fixiren  zu  müssen, 
welche  vermittelnd  zwischen  den  beiden  ersten  steht,  als  ein  Ueher- 
gang  der  Einen  in  die  Andere. 

An  denselben  kritischen  Punkt,  zu  dem  mich  die  Papelsberger 
Gypse  geführt  haben,  wurde  1871  Sch  rauf1)  durch  gesetzmässig 
aggregirte,  d.  h.  um  GO  Grad  um  eine  krystallographische  Linie  (Nor- 
male auf  I=oo  PS)  gedrehte  Individuen  ebenfalls  von  Gyps  und  zwar 
aus  Shotover  Hill  bei  Oxford  geführt,  wodurch  Dieser  veranlasst  wurde, 
den  Begriff  eines  Zwillings  weiter  zu  fassen.  Er  nennt  in  Folge  dessen 
Zwillingskrystalle  ,.alle  jene  Krystallcomplexe,  welche  so  mit  einander 
in  Verbindung  stehen,  dass  das  Individuum  II  durch  eine  Drehung  um 
eine  krystallographisch  mögliche  Linie  und  um  einen  möglichst  ein- 
fachen Winkel  in  die  Stellung  von  Individuum  I gelangt“. 

Nach  dieser  Definition  von  Zwilling  sind  die  Fächerkrystalle  vom 
Papelsberge  wiederholte  Zwillingsbildungen  (Viellinge). 

Bei  gleichem  Neigungswinkel  x zwischen  je  2 benachbarten  Indi- 
viduen desselben  Fächers  Hesse  sich  diese  Fächeraggregation  zurück- 
führen auf  ein  neues  Zwillingsgesetz:  Zwillingsaxe  die  Normale  auf 


1)  Sitzungsber.  d.  math.-naturw.  Klasse  d k Akad.  d.  Wissensch.  zu  Wien 
1871.  LXIH  I.  S.  159. 


[7] 


Krystallographisclie  Bemerkungen  zum  Gyps. 


119 


— P1/m  = — mPm  , Drehung  um  180°,  Contactfläclie  die  Zwillingsebene 
— Pl/m.  Aus  dem  Werthe  x Hesse  sich  m‘  berechnen.  Da  aber  der 
Neigungswinkel  x nicht  constant  zu  sein  scheint,  kann  von  der  An- 
nahme eines  neuen  Gesetzes  nicht  die  Rede  sein,  denn  sonst  müsste 
man  mehrere  Gesetze  für  einen  Fächer  ableiten. 

Diese  Krystalle  erscheinen  wie  mehr  oder  weniger  aufgeblättert 
an  den  stumpfen  Ecken  der  rhomboidischen  Tafeln,  etwa  wie  ein  Buch 
mit  sogenannten  Eselsohren  Diese  Aufblätterung  zeigt  sich  in  allen 
Graden  meist  an  beiden  Ecken  zugleich,  bei  schwachen  Graden  auch 
wohl  nur  an  einer.  Die  dazwischen  liegenden  scharfen  Ecken  Uff  des 
Hauptindividuum,  wo  gerne  n,  o u.  s.  w.  auftreten  , zeigen  nie  eine 
Spur  solcher  Fächerstellung. 

Im  Uebrigen  verweise  ich  auf  die  etwas  schematisirte,  graphische 
Darstellung  dieser  Gypskrystalle  (Taf.  VII  Fig.  7.). 

Zwillinge  nach  dem  ersten  Gesetze  des  Gyps  mit  Juxtaposition 
oder  theilweiser  Penetration  kommen  bei  Oberdollendorf  nach  dem  oben 
(§.  1)  Gesagten  schon  und  gross  vor,  scheinen  aber  selten  zu  sein, 
denn  mir  liegen  nur  6 Stück  unter  60  Krystallen  vor;  an  ihnen  sind 
die  Flächen  o = 1/3Po o und  w = 1l3P  bis  zum  gänzlichen  Verschwinden 
der  andern  Hemipyramiden  und  Orthohemidomen  sehr  ausgedehnt. 


Vier  von  diesen  bis  9 Cm.  langen  , nach  oo P und  ooPoo  breit- 
säuligen,  10 — 18  Mm.  dicken  Zwillingen  bilden  ebenfalls  einen  Fächer 
(Taf.  VII  Fig.  8)  von  etwa  30°  Winkelausbreitung;  sie  sind  circa  10° 
gegen  einander  gedreht,  um  eine  Linie  senkrecht  zur  Hauptaxe  c in 

der  Symetrieebene  liegend,  denn  die  dazu  senkrechten  M oo  P oo  , 

welche  die  Kante  ff  schwach  abstumpfen,  liegen  in  einer  Richtung. 


Diese  Drehungslinie  ist  bekanntlich  zugleich  die  Zwillingsaxe  des 
ersten  Gesetzes  des  Gyps. 

Nach  Sch  rauf  wären  also  diese  Fächer  an  Zwillingen  ebenfalls 
ein  wiederholter  Doppelzwilling  nach  dem  ersten  Gesetze,  zuerst  Drehung 


2 TZ 

um  £tc,  nacher  um  je  Dieselbe  Drehungslinie  senkrecht  zur  Haupt- 
lb 

axe  ist  nun  aber  auch  die  Resultante  von  der  von  vorn  nach  hinten  um 
37°  3P  geneigten  Kante  ll  und  von  der  von  hinten  nach  vorn  ebenso 
stark  geneigten  Kante  ll  des  Zwillings. 


Dadurch  treten  die  beiden  Zwillingsgesetze  des  Gyps  gleichsam 
in  gegenseitige  Beziehung.  Man  kann  sich  das  etwa  so  vorstellen: 

Ein  Individuum  kann  durch  Drehung  um  die  Kante  ll  einen 
Fächerzwilling  nach  dem  zweiten  Gesetze  bilden  , wie  er  im  Vorher- 
gehenden besprochen  und  abgebildet  (Taf.  VII  Fig.  7)  ist.  Ein  Zwilling 
nach  dem  ersten  Gesetze  kann  aber  keinen  Fächer  nach  dem  zweiten 
Gesetze,  sondern  nur  nach  dem  ersten  bilden.  Denn,  wenn  eine  Drehung 
des  Zwillings  um  Kante  ll  nach  rechts  oder  links  stattfände,  müsste 
das  Eine  Individuum  um  eine  nach  vorne,  das  Andere  um  eine  ebenso 
stark  nach  hinten  geneigte  Linie  sich  drehen.  Erfolgte  trotzdem  eine 
Drehung,  so  kann  sie  nur  um  die  Resultante  der  beiden  Drehungslinien 
erfolgen,  d.  h.  um  die  Zwillingsaxe  des  ersten  Gesetzes. 


120 


II.  Laspeyres. 


[3] 


§.  3.  Gjrpszwillinge  von  Eisleben. 

Zwei  unansehnliche  Stücke  eines  grauen,  dichten  bis  feinkörnigen 
Gyps  in  der  früher  Sack’schen  Mineraliensammlung,  beide  vom  Zuver- 
sichtschachte bei  Eisleben  — das  Eine  mit  der  näheren  Bezeichnung: 
Ute  Gez.  Str.  15  Ltr.  L.  v.  Schachte  (wohl:  zweite  Gezeug-Strecke 
15  Lachter  Länge  vom  Schachte)  zeigen  auf  2 parallelen  Kluftflächen 
oder  aufgeblätterten  Schichtungsfugen  des  zum  Theil  sehr  verwitterten 
und  zerrissenen  Gesteines  zahlreiche , aber  nur  kleine , höchstens  bis 
5 Mm.  grosse  Kry stalle  von  wasserklarem  Gypsspath,  welche  man  in 
ihrer  gerundeten  und  gewölbten  Form  nicht  besser  als  mit  Pilzen  ver- 
gleichen kann , welche  neben  einander  oder  auch  isolirt  auf  den 
genannten  Eugen  oder  Klüften , welche  vom  Wasser  ganz  ausgenagt 
und  zerfressen  sich  zeigen,  ganz  lose  mit  einer  Ecke  aufgewachsen  sind. 

Die  Krystalle  bilden  einen  mit  ihren  Basen  an  einander  gelegten 
Doppelkegel,  von  denen  stets  der  obere  sehr  stumpf  (circa  140 — IGO0 
Scheitelwinkel),  der  untere , meist  nur  mit  der  äussersten  Spitze  auf- 
gewachsene viel  schärfer  (circa  86 — 105°  Scheitelwinkel)  ist.  ') 

Die  gemeinsame,  nicht  in  einer  Ebene  liegende  Basis  ist  in  der 
Regel  nahezu  kreisrund  und  dieser  schwach  nach  oben  und  unten  regel- 
mässig undulirte  Rand  meist  schneidig  scharf  (circa  45 — 67°).  Der 
Mantel  des  unteren  Kegels  ist  stets  nach  demselben  Sinne  gekrümmt, 
während  derselbe  des  oberen  Kegels  zwei  diametral  gegenüberliegende, 
radiale  Falten  hat,  welche  am  Scheitel  beginnen  und  nach  dem  Rande  zu 
immer  tiefer  und  breiter  werden  und  dadurch  die  genannte  Undulation  des 
Randes  dieses  Doppelkegels  hervorrufen.  Die  Mäntel  beider  Kegel  sind 
in  der  Richtung  ihrer  Höhenlinie,  also  radial  vom  Scheitel  zum  Rande, 
äusserst  fein  gestreift. 

Der  scheinbar  hemimorph-rhombische  Habitus  dieser  Krystalle, 
die  beiden  einspringenden  Falten  auf  dem  oberen  stumpferen  Kegel  und 
vor  Allem  die  an  dem  klaren  Gyps  schön  zu  beobachtende  Spaltbar- 
keit erweisen  die  Krystalle  sofort  als  Juxtapositionszwilliuge  nach  dem 
gewöhnlichsten  Gesetze : Zwillingsaxe  die  Normale  zu  M = ooPc»  (resp. 
die  Hauptaxe),  Zusammensetzungsebene  M = oo  P oo . 

Die  Rundung  und  Streifung  dieser  Krystalle  ist,  wie  so  häufig 
beim  Gyps,  derartig,  dass  man  au  den  meisten  nicht  zu  ermitteln  ver- 
mag, von  welchen  Flächen  die  Krystalle  begrenzt  werden;  allein,  das 
sieht  man  stets,  dass  es  mehrere  positive  und  negative  Hemipyramiden 
Hemiorthodomen,  vermuthlich  auch  die  seltenen  Klinodomen  sind,  welche 
wesentlich  durch  einfache  und  oscillatorische  Combination  die  Rundung 
und  Streifung  hervorbringen'. 

Einige  der  kleineren  Krystalle  zeigen  jedoch  bessere  Ausbildung 
der  Flächen,  so  dass  man  nach  der  Haidinger ’sclien  Methode2)  und 

0 Ilaüy  (traite  de  mineralogie  II.  ed.  1822.  I.  S.  545  ff.  Taf.  32.  Fig.  21.) 
beschreibt  ebenfalls  schon  doppelconische  Gypskrystalle  aus  einem  Mergel  vom 
Hospital  St.  Louis  in  Paris  unter  seinen  formes  indeterminables.  Das  müssen  aber, 
wenn  auch  vielleicht  ähnliche,  so  doch  andere  Formen  gewesen  sehr,  denn  er  gibt 
die  Scheitelwinkel  der  Doppelkegel  zu  circa  126"  an. 

’2)  Sitz.-Ber.  d.  math.-naturw.  Klass.  d.  k.  Wiener  Akademie  d.  Wissensch. 
1855.  XIV.  S.  3.  XVII.  S.  187. 


[9] 


Krystallographische  Bemerkungen  zum  Gyps. 


121 


auch  im  Reflexionsgoniometer  bei  Anwendung  des  allgemeinen  Licht- 
reflexes  der  Flächen  die  Kantenwinkel  so  annähernd  richtig  messen 
kann,  dass  man  mit  hinreichender  Sicherheit  die  Axenverhältnisse  aller 
Flächen  ermitteln  kann. 

Nach  diesen  vielfach  wiederholten  und  unter  sich  gut  stimmenden 
Messungen  wurden  an  allen  Krystallen  dieselben,  unten  genannten,  Flächen 
ermittelt  und  die  Zeichnungen  (Taf.  Vil  Fig.  9 — 12)  construirt,  welche 
in  Fig.  10  und  12  die  Zwillinge  genau  so  darstellen,  wie  man  sie  beob- 
achtet, nur  ohne  Krümmung  und  Streifung,  während  die  Fig.  9 und  11 
die  entsprechenden  Individuen,  welche  nie  Vorkommen,  zur  Darstellung 
bringen. 

Um  die  Krystalle  mit  den  von  Hessenberg  abgebildeten,  analogen 
Gypskrystallen  von  Girgenti x)  besser  vergleichen  zu  können , habe  ich 
die  parallelperspectivische  Zeichnung  dieser  Krystalle  so  construirt,  dass 
die  Hauptaxe  vertical , die  Orthoaxe  horizontal  nach  dem  Beschauer 
gerichtet  ist.  Die  Symmetrieebene  ist  gegen  die  Projectionsebene  um  die 
Hauptaxe  um  18°  gedreht.  In  dieser  Stellung  übersieht  man  am  besten 
diese  Zwillinge. 

Den  folgenden  Winkelberechnungen  liegen  theils  die  von  Hessen- 


berg in  der  genannten  Arbeit  über  den 


von  Girgenti  aus  den 


Descloizeaux ’ sehen  Messungen  unter  Annahme  der  N a u m a n löschen 
Grundform  berechneten,  krystallographischen  Elemente  (ohne  Klammer) 
theils  die  in  seiner  späteren  Arbeit  über  den  Gyps  vom  Wasenweiler2) 
cörrigirten  Wertlie  derselben  (in  Klammer)  zu  Grunde: 


C 


Hauptaxe  c 
Klinoaxe  a 
Orthoaxe  b 


[81°  5'  18"] 
[0,60306128] 

[1] 

[1,4509677] 


ber; 


80°  56'  40' 

0,600282 

1 

1 ,45039 

Die  Aehnlichkeit  der  Krystalle  von  Eisleben  mit  den  von  Hessen- 
beschriebenen von  Girgenti,  welche  auf  den  Kluftflächen  des 
bekannten,  mit  Schwefel  durchzogenen  grauen  Kalkmergels  vorgekömmen 
sind,  ist  allerdings  gross;  allein  sie  unterscheiden  sich  nicht  nur  in 
der  Grösse,  welche  Hessenberg  bis  zu  40  Mm.  angibt,  sondern  auch 
im  Habitus,  denn  bei  Eisleben  sind  bis  jetzt  Individuen  dieser  Art  noch 
nicht  gefunden  und  die  Flächen  aus  der  Zone  der  Hauptaxe  c fehlen 
an  den  Eisleber  Krystallen  fast  ganz  (Taf.  VII  Fig  11.  12)  oder  treten 
nur  ganz  selten  und  winzig  schmal  als  Abstumpfungen  der  undulirten 
Randkanten  der  Doppelkegel  auf  (Taf.  VII  Fig.  9 u.  10). 

Ausserdem  zeigen  die  Krystalle  von  Eisleben  das  Auftreten  von 
zwei  Formen,  welche  für  den  Gyps  neu  sind. 

Aus  diesem  Grunde,  und  weil  es  gewiss  von  Interesse  ist,  wie  so 
seltene  Combinationen  und  Typen  an  so  entlegenen  Orten  und  bei  ver- 
schiedenen, wenn  auch  analogen,  Vorkommnissen  wiederkehren  können, 
wird  diese  Mittheilung  meiner  Beobachtungen  nicht  unnütz  sein. 

An  den  Krystallen  von  Eisleben  sind  zu  beobachten: 
p = ooPoo,  meist  als  Spaltfläche 
f oo  P 


')  Mineralogische  Notizen,  neue  Folge  I.  Heft.  S.  1 ff.  Taf.  I.  Fig.  2 u.  3. 
0 Mineralogische  Notizen,  neue  Folge  VII.  Heft.  S.  30  ff. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1875.  3.  Heft.  (Laspeyres.) 


17 


122 


H.  Laspeyres. 


[10] 


M—  00P00,  nur  als  Zwillingsebene  und  Spaltfläche 
l = — P 

8 = d“‘,/6P2 

ß — ~\-bUP  00 

k = — ®/7p2/3 

fr  = *kPoo. 

Die  beiden  zuletzt  genannten  Formen  sind  neu,  wie  aus  der  letzten 
Veröffentlichung  über  den  Gyps  von  Brezina1)  hervorgeht. 

Die  genannten  Flächen  wurden  auf  folgende  Weise  ermittelt: 
p = ooPoo  durch  die  ihr  parallele  erste  Spaltbarkeit.  Ihre  Strei- 
fung in  den  Zeichnungen  entspricht  der  faserigen  Spalt- 
barkeit. 

f = ooP  durch  Messung  der  Winkel: 

p : f = 125°,  berechnet  124°  15'  [124°  15'] 

f : f = 69°,  „ 68°  30'  [ 68°  30'] 

f:f—  111°,  „ 111°  30'  [111°  30'] 

ß = +6/9  P oo  durch  Messung  des  Kantenwinkels 

ß : ß'  = 100°,  berechnet  159°  46'  42"  [159°  20'  4"] 

8 = -j-5/6P2  durch  Messung  des  Kantenwinkels  über  ß 
8 : d = 141°,  berechnet  142°  5'  48"  [141°  57'  38"] 
fr  = — 3/2Poo  durch  Messung  des  Kantenwinkels 

ß : fr  = 57°  30',  berechnet  57°  4'  45"  [57°  20'  7"] 
l — — P durch  Messung  des  ebenen  Winkels  zwischen  Endkante 
l : l und  V : V 

104°  30',  berechnet  105°  0'  24"  [105°  — ' 24"] 
und  durch  Messung  des  ebenen  Winkels  zwischen  Endkante  l : l und 
der  Klinodiagonalen  von  fr 

171°,  berechnet  170°  31'  44"  [170°  29'  39"] 
c = — g/7P2/3  liegt  mit  l und  fr  in  einer  Zone , denn  l stumpft 
an  den  Krystallen  deutlich  die  Combinationskante  \ : fr  ab , es  konnte 
deshalb  e bestimmt  werden  durch  Messung  der  Kante 

= 118°,  berechnet  118°  1'  4"  [118°  5'  30"]. 

Die  Differenz  zwischen  den  beobachteten  und  berechneten  Win- 
keln ist  in  Anbetracht  der  Methode  der  Messung  nicht  sehr  gross, 
wenigstens  nicht  zu  gross,  um  an  der  Richtigkeit  der  Bestimmung  der 
Flächen  zweifeln  zu  müssen. 

Die  beiden  neuen  Flächen  \ und  fr  gehören  zwar  keiner  beson- 
ders hervorragenden  Zone  des  Gyps  (mit  Ausnahme  der  Zone  der  Ortho- 
domen  an,  liegen  aber,  wie  eine  Quenstedt’sche  Projection  rasch 
zeigt,  in  mehreren  schon  bekannten  Zonen,2)  was  ebenfalls  für  die  Rich- 
tigkeit ihrer  Bestimmung  spricht. 


9 Tscliermak  Mineralogische  Mittheilungen  1872.  I.  S.  17  ff. 

2)  fr  liegt  in  Zone  der  Flächen:  J/3Po o,  ö/9Po o,  Poo,  ooPoo, 

— V3Po° 


J?  J) 


ooP3/,,  Pco 

-P,  OoP2,  l 
-SPS,  - »UP 


— P OO 


1 


[11] 


Krystallograpliische  Bemerkungen  zum  Gyps. 


123 


Die  Abrundung  der  Combinationskanten  zwischen  diesen  Hemi- 
pyramiden  und  Hemidomen  erfolgt  wie  die  radiale  Streifung  theils  durch 
ihre  gegenseitige  Öscillation  an  ihren  Grenzen,  theils  auch  wohl  durch 
unbestimmbare,  dazwischen  liegende,  andere  Hemipyramiden.  Die  Run- 
dung der  Kante  E : <)'  scheint  durch  das  am  Gyps  so  seltene  Ivlino- 
dome  v — Po o bei  allen  Krystallen  sehr  regelmässig  wiederkehrend 
gebildet  zu  werden ; Sicheres  lässt  sich  aber  über  das  Auftreten  dieser 
Fläche  nicht  sagen. 

Zum  Schlüsse  seiner  Arbeit  über  die  Gypskrystalle  von  Girgenti 
sagt  Hessenberg: 

„Zwischen  — P ( l ) und  + ß/cP2  (d)  liegt  eigentlich  noch  eine 
Fläche,  in  welche  — P mit  Abrundung  und  radialer  Streifung  verläuft. 
Sie  ist  aber  zur  Bestimmung  nicht  genügend  gut  gebildet“.  In  seiner 
Mittheilung  über  die  Gypskrystalle  von  Wasenweiler,1)  welche  Hessen- 
berg mehrfach  mit  denen  vom  Girgenti  vergleicht,  und  an  denen 
v = Po o zum  Theil  sehr  schön  auftritt,  deutet  Hesse nberg  darauf 
hin,  dass  diese  Abrundung  der  Kante  l : <5  an  den  Krystallen  von  Gir- 
genti zum  Theil  durch  dieses  Klinodoma  veranlasst  werden  dürfte.2) 
Beim  Vergleiche  seiner  und  meiner  Abbildungen  möchte  man  glauben, 
dass  diese  Abrundung  ausserdem  auch  durch  E hervorgerufen  sein  könnte. 
Von  ft  ist  aber  an  den  Krystallen  von  Girgenti  keine  Andeutung  in 
Text  und  Bild  zu  finden. 


!.  4.  Biegsamkeit  und  Spaltbarkeit  des  Gyps. 


Die  sogenannte  gemeine  Biegsamkeit  des  Gyps  ist  bekannt,  sie 
wird  in  jeder  Mineralogie  angegeben  meist  mit  den  Worten : „in  dünnen 
Blättchen  biegsam“,  nur  Naumann3)  setzt  richtig  in  Klammer  dazu: 
„doch  nicht  in  allen  Varietäten“. 

Gerade  so,  wie  es  viele  selbst  in  dünnen  Blättchen  nicht  oder 
kaum  biegsame  Gypse  gibt,  finden  sich  aber  auch  solche,  welche  einen 
sehr  hohen  Grad  von  Biegsamkeit  haben,  vielleicht  den  höchsten,  welcher 
bei  nicht  zugleich  dehnbaren  oder  geschmeidigen  Mineralien  vorkommt. 

Zu  solchen  biegsamen  Varietäten  gehört  der  oben  besprochene,  in 
Thon  eingewachsene  Gypsspath  von  Oberdollendorf  und  der  bekannte 
aufgewachsene  von  Reinhardsbrunn  bei  Friedrichsrode  in  Thüringen. 

Der  Biegsamkeit  des  Letzteren  gedenkt  schon  1845  II.  Cred- 
ner4)  in  einem  Briefe  an  G.  Leonhard:  „Einfache  sowohl,  als  Zwil- 
lingskrystalle  desselben  lassen  sich  bei  nicht  zu  beträchtlicher  Stärke 
allmählig  unter  einem  Winkel  von  60 — 90°  biegen,  ohne  dass  dabei  die 


£ liegt  in  Zone  der  Flächen:  — 'lsPoo,  ooP'/3 


n » » » » 1 i 

*)  Mineralogische  Notizen.  Neue  Folge.  VII.  Heft,  S.  34. 

2)  Yergl.  auch  Scharff  Ueber  d.  Gyps.  1871.  S.  9.  Taf.  II  fg.  40. 

3)  Mineralogie.  1874.  S.  257. 

4)  Neues  Jahrbuch  für  Mineralogie  u.  s.  w.  1846.  S.  62  ff. 


124 


H.  Laspeyres. 


[12] 


Fläche  des  orthodiagonalen  Flächenpaares  aus  der  ursprünglichen,  dem 
orthodiagonalen  Hauptschnitt  parallelen  Lage  heraustritt.“  Krystalle 
von  Oberdollendorf  bis  10  und  15  Mm.  Dicke  lassen  sich  ganz  in  der- 
selben Weise  und  Stärke  biegen,  etwa  mit  der  Leichtigkeit  wie  eine 
Stange  Siegellack , welche  in  der  Sonne  gelegen  hat , und  auch  mit 
demselben  angenehmen  Gefühle  in  den  Fingern. 

Man  kann  bei  solchen  Krystallen  die  gebogenen  und  schlangen- 
förmig gewundenen  Gestalten  , wie  sie  in  der  Natur  sowohl  bei  auf-, 
wie  bei  eingewachsenen  Gypskrystallen  Vorkommen , künstlich  nach- 
machen. Letztere  finden  sich  nicht  selten  in  den  Thonen , in  welchen 
sie  sich  gebildet  haben,  gekrümmt  und  die  Ersteren  sind  am  schönsten 
wohl  von  Reinhardsbrunn  bekannt,  von  wo  sie  H.  Credner  beschrieben 
hat  und  von  wo  sie  in  allen  Sammlungen  zu  finden  sein  dürften. 

Bei  den  allermeisten  — und  bei  allen  mir  bekannten  — ist  die 
Krümmung  so  erfolgt,  dass  sie  das  Maximum  auf  p = ooPoo,  ihr 
Minimum  (=  Null)  auf  M = coPco  zeigt,  das  heisst  ooPoo  ist  gefaltet 
und  gerunzelt,  ooPoo  eine  Ebene.  Die  künstlich  gekrümmten  Krystalle 
verhalten  sich  gerade  so,  und  man  darf  deshalb  wohl  nur  annehmen, 
dass  die  natürlich  gekrümmten  Krystalle  ihre  Krümmung  auch  nur 
durch  einen  äusseren  Druck  bekommen  haben,  welcher  bei  den  in  Thon 
eingewachsenen  Krystallen  sich  leichter  erklären  lässt  durch  die  ent- 
gegengesetzten Kräfte  der  Krystallisation  und  des  nicht  vollkommen 
nachgiebigen,  zum  Theil  auch  wohl  sich  aufblähenden  Thones  bei  seiner 
Umbildung  aus  Schieferthon,  Mergelschiefer  u.  s.  w. , als  bei  den  auf- 
gewachsenen, also  in  fast  vollkommen  nachgiebigem  Wasser  gebildeten  Kry- 
stallen. Die  Krümmung  der  Letzteren  möchte  Credner  deshalb  durch 
den  Druck  des  oberen  Theiles  der  Krystalle  auf  den  unteren  erklären.1) 

Eine  künstliche  Biegung  in  einer  anderen  Richtung  als  im  ortho- 
diagonalen Hauptschnitte  ist  mir  an  keinem  Krystalle  gelungen  , wohl 
aber  leicht  eine  Drehung  der  nach  der  Hauptaxe  säulenförmigen  Kry- 
stalltafeln  um  die  Hauptaxe  um  etwa  30 — 40° , so  dass  die  Flächen 
ooP  co  windschief  oder  schraubenflächig  wurden,  wie  die  Prismaflächen 
an  den  bekannten  gewundenen  Rauch-Quarzen  der  Alpen.  Nach  der 
Cr ed ne r sehen  Notiz  scheinen  dieselben  Windungen  auch  natürlich  in 
Reinhardsbrunn  vorzukommen. 

Führt  man  die  Biegung  der  Krystalle  sehr  langsam  und  vorsichtig 
aus , indem  man  zugleich  darauf  Bedacht  nimmt , dass  die  biegenden 
Finger  die  Flächen  p =.  ooPoo  ganz  und  fest  bedecken,  so  kann  man 
Biegungen  bis  zu  90  Grad  vornehmen , ohne  dass  eine  Trennung  der 
Molecüle  in  der  Richtung  ihrer  geringsten  Cohärenz  stattfindet,  d.  h.  keine 
Spaltungsriclitung  wird  durch  Einreissen  sichtbar.  Versucht  man  die 
Biegung  weniger  vorsichtig,  so  wird  leicht  die  Elasticitätsgrenze  iiber- 


0 Scharff  (Ueber  d.  Gypsspath.  1871.  S.  31  ff.)  bespricht  die  gebogenen 
und  gewundenen  Krystalle  von  Friedrichsrode  (Reinhardsbrunn)  und  hält  ihre 
Bildung  durch  äusseren  Druck  für  „Vermutbungen,  welche  durch  Thatsachen  kaum 
unterstützt  werden , welchen  vielmehr  gewichtige  Bedenken  entgegenstehe.  Er 
kann  deshalb  an  eine  künstliche  Nachbildung  dieser  Erscheinung  durch  äusseren 
Druck  noch  nicht  gedacht  haben.  „Gebogene  und  gewundene  Krystalle  glaubt  man  in 
den  meisten  Fällen  einem  mangelhaften  Bau  , das  Zerbrechen  oder  Knicken  aber 
einer  störenden  Einwirkung  von  aussen  zuschreiben  zu  müssen“  (S.  34  und  36). 


[13] 


Krystallographisclie  Bemerkungen  zum  Gyps. 


125 


schritten  und  es  beginnen  zahllose  Spaltungen  einzureissen,  aber  ohne 
den  Zusammenhalt  des  Krystalles  aufzubeben.  Da  die  Biegung  in  der 
Richtung  der  dritten  Spaltbarkeit  (coPoo)  erfolgt , reisst  diese  nicht, 
oder  nur  sehr  selten  ein,  nur  die  beiden  Ersten  zeigen  sich. 

Die  Entstehung  zahlloser  Spalten  parallel  p = 00P00  beim  Biegen 
sieht  man  am  besten  an  dem  plötzlichen  Aufblitzen  eines  lebhaften, 
silberweissen  Perlmutterglanzes  statt  des  bisherigen  Glasglanzes  auf. 
00P00  , welcher  mit  der  Stärke  der  Biegung  an  Intensität  zunimmt. 
Der  zweite , faserige  Blätterbruch  macht  sich  zugleich  sehr  bemerkbar 
durch  seine  bekannte,  scharfe  Liniirung  der  Fläche  coPoo  in  der  Rich- 
tung der  Endkante  von  n = P.  Diese  Linien  erweisen  sich  unter 
der  Lupe  als  Spalten,  welche  von  der  Oberfläche  von  ooPoo  mehr  oder 
weniger  tief  in  die  Krystalle  eindringen,  aber  nicht  senkrecht  zu  00P00 
(also  nicht  parallel  T = Pco)  , sondern  schief  (mithin  parallel  der 
Fläche  eines  Pn , worin  n meist  als  = 1 angenommen  wird).  T] 

Ganz  dieselbe  Erscheinung  zeigen  auch  die  natürlich  in  dieser 
Richtung  gekrümmten  Krystalle. 

Ausser  diesen  3 Spaltungsrichtungen  erscheint  bei  diesen  Bie- 
gungen aber  noch  fast  immer , sowohl  an  den  Ivrystallen  von  Ober- 
dollendorf, wie  an  denen  von  Reinhardsbrunn  und  anderen  Orten,  eine 
vierte  Spaltbarkeit,  welche,  wenn  auch  viel  unvollkommener  als 
jene  drei,  doch  sehr  deutlich  und  unzweifelhaft  ist.  Sie  erscheint  wie 
die  zweite  (sogenannte  faserige)  Spaltbarkeit  als  zarte  Linien  (Fig.  13 
Taf.  VII  de  und  d‘c)  auf  p — ooPoo,  welche  scheinbar  senkrecht  zur 
Hauptaxe  stehen.  Misst  man  aber  die  ebenen  Winkel  auf  o=Poo  , so 
findet  man: 

Zweite  Spaltlinie  ah  zur  Hauptaxe  c = 114°  30'  resp.  65°  30' 

Vierte  „ de  „ „ c = 92°  30'  resp.  87°  30' 

Zweite  „ zur  vierten  Spaltlinie  = 22°  resp.  158°. 

Diese  vierte  Spaltfläche  liegt  also  in  der  Zone  der  Diagonalen 

von  o—  VsLVo,  welche  mit  der  Hauptaxe  den  Winkel  von  87°  31'  27" 
[87°  19'  11"]  bildet.  In  derselben  Zone  sind  als  Krystallflächen  bekannt: 

0 = 1/3  Poo,  W — 1/3P,  U = P3,  P = ooPoo. 

Gesetzt , sie  stände , wie  es  den  Anschein  hat , senkrecht  zu 
p — ooPoo,  so  ginge  diese  vierte  Spaltbarkeit  der  Fläche  o — 1/3Poo 
parallel. 

Diese  Spaltungsrichtung  war  dem  scharfsinnigen  Hauy2)  nicht 
entgangen;  er  spricht  von  ihr  als  joint  surnumeraire : „Dans  d’aütres-*' 
lames,  et  en  particulier  dans  celles  de  chaux  sulfatee  nacree  que  Ton 
trouve  ä Pesey,  ancien  depart.  du  Montblanc,  on  remarque  ä certains 
endroits  des  fissures  dirigees,  au  moins  ä peu-pres,  dans  le  sens  de  la 
perpendiculaire  A1  n (Fig.  14),  et  qui,  en  supposant  qu'elles  s’en  ecar- 
tassent  d’environ  2 degres,  seraient  paralleles  ä une  face  secondaire 


’)  Yei’gl.  Reusch  Poggendorff’s  Annalen.  CXXXYI.  S.  136  ff. 
2)  Traite  de  mineralogie.  II.  eclit.  1822.  Tom.  I.  pg.  529  ss. 


H.  Laspeyres. 


126 


[14] 


produite  en  vertu  du  döcroissement  3Cr“  (=  o = 1/3Poo)  und  lässt  sie 
beim  faserigen  Gyps x)  eine  wesentliche  Rolle  spielen. 2) 

Diese  Fläche  o = 1/3 Poe  tritt  an  den  Krystallen  von  Bex  bekannt- 
lich sehr  herrschend  auf  und  gerundet  oder  auch  verdrängt  nach  rechts 
und  links  durch  w = Vs  P und  u = P3  und  verdrängt  die  anderen, 
sonst  häufigen  positiven  Hemipyramiden  und  Hemidomen  und  zwar  nicht 
nur  als  Krystall-,  sondern  auch  als  Spaltfläche.  Die  schöne,  mir  vor- 
liegende Stufe  von  dort  zeigt  kaum  Spuren  der  zweiten  Spaltfläche, 3) 
sondern  neben  der  ersten  und  dritten  eigentlich  nur  diese  vierte  Spalt- 
barkeit , welche  auch  faserig  ist , aber  grobfaserig  und  ohne  rechten 
Seidenglanz;  sie  hat  mehr  matten,  feuchten  Glasglanz.  Betrachtet  man 
an  den  Krystallen  von  Oberdollendorf  und  Reinhardsbrunn  unter  der 
Lupe  diese  Klüfte  der  vierten  Spaltbarkeit,  so  wird  man  finden  , dass 
sie  meist  nicht  tief  von  der  Oberfläche  p = 00P00  in  den  Krystall 
eindringen , sondern  bald  auf  einer  ersten  Spaltkluft  parallel  coPoo 
plötzlich  aufhören.  Jeder  Sprung  nach  der  vierten  Spaltbarkeit  ist 
desshalb  von  einem  schmalen , perlmutterglänzenden  Hofe  umsäumt. 
Dringt  aber  ein  Spalt  der  vierten  Richtung  einmal  tiefer  in  den  Krystall 
ein,  so  sieht  man  auch,  dass  diese  Spaltfläche,  wie  bei  den  Krystallen 
von  Bex,  faserig  ist  und  nicht  ganz  senkrecht  zu  00P00  steht.  Sie  ist 
also  dann  wohl  keine  wirkliche  Spaltfläche  parallel  1/3=Po°,  sondern,  wie  die 
zweite  Spaltfläche , eine  Scheinfläche  von  zwei  oscillatorischen  Spalt- 
flächen in  der  Zone  der  Endkante  von  w = 1/3P,  wodurch  eben  ihre 
Faserigkeit,  wie  bei  der  zweiten  Spaltbarkeit,  veranlasst  wird.  Unter 
der  Lupe  hat  es  an  den  Krystallen  von  Bex,  Reinhardsbrunn  u.  s.  w. 
nach  der  Beschaffenheit  dieser  vierten  Spaltfläche  ganz  das  Ansehen, 
als  sei  sie  keine  Scheinfläche  durch  Oscillation  von  links  und  rechts 
1l3Pn,  sondern  von  Vä^00  mit  00P00,  wodurch  die  resultirende  Schein- 
spaltfläche jede  Neigung  zu  ooP  oo  annehmen  kann. 

Es  ist  somit  nicht  zu  zweifeln,  dass  diese  durch  Biegung  leicht 
neben  der  zweiten  darstellbare  Spaltbarkeit  mit  der  von  Ha uy  kennen 
gelehrten  von  Bex  ident  ist , dass  sie  der  Krystallfläche  o = 1/3 Po° 
folgt  und  dass  sie  in  ihrer  Richtung  senkrecht  zu  p — 00P00  oft  nur 
durch  Oscillation  mit  p = 00P00  abgelenkt  erscheint  als  eine  Schein- 
fläche mehr  oder  weniger  parallel  mit  w — *I3P. 

Dass  der  ebene  Winkel  zwischen  der  Schnittlinie  der  vierten  Spalt- 
barkeit mit  p — 00P00  und  der  Hauptaxe  ( dca  in  Fig.  13  Taf.  VII) 
kein  rechter  ist,  sieht  man  sehr  gut  an  den  Juxtapositionszwillingen  nach 
dem  ersten  Gesetze  von  Reinhardsbrunn.  Gerade  so  wie  die  Klüfte  der 
zweiten  Spaltbarkeit  ( ba , b' n)  an  der  Zwillingsgrenze  ooPoo  ( aacaa ) 
ihre  Richtung  ändernd  ein  Knie  ha  b ' von  131°  4L  22"  [131°  ID  58"] 
nach  unten  (resp.  oben)  concav  bilden,  machen  nämlich  die  der  vierten 


')  Hauy  1 . c.  1.  pag.  540. 

2)  Nachträglich  sehe  ich,  dass  Schar  ff  (lieber  den  Gypsspath.  1871.  S.  17) 
auch  diese  Spaltbarkeit  etwa  normal  auf  ooP  oo  u.  coPoo  angibt,  welche  er  nur 
an  den  gebogenen  Krystallen  von  Friedrichsrode  gefunden  hat. 

8)  Die  gleiche  Beobachtung  hat  Scharff  gemacht  (Ueber  den  Gypsspath. 
1871.  S.  17). 


[15] 


Krystallographische  Bemerkungen  zum  Gyps. 


127 


Spaltbarkeit  an  derselben  Stelle  ein  Knie  dccV  in  gleichem  Sinne  concav 
gemessen  von  circa  174°  berechnet  von  175°  2'  54"  [175°  39'  22"]. 

Auch,  und  vielleicht  am  schönsten,  sieht  man  diese  vierte  Spalt- 
barkeit des  Gyps  an  den  natürlich  gebogenen  Krystallen  von  Rein- 
hardsbrunn  , denn  hier  setzt  sie  mehrfach  wiederholt  als  ein  Sprung 
oft  durch  den  ganzen  Krystall  hindurch , ähnlich  wie  bei  Bex , aber 
ohne  den  Zusammenhalt  der  Krystalltheile  aufzuheben.  Da , wo  die 
Krümmung  der  Krystalle  am  stärksten  ist,  setzt  dieser  Spalt  als  mehr 
oder  minder  regelmässige,  faserige,  aber  im  Ganzen  der  Richtung  o — 
ll3P°o  folgende,  matten,  wässerigen  Seidenglanz  reflectirende,  also  oscil- 
latorische  Fläche  durch,  so  dass  an  dieser  Stelle  die  Krystalle  leicht 
entzwei  brechen.  Von  diesen  „durch  Knickung  entstandenen , matt- 
schimmernden Zusammensetzungsflächen“  spricht  auch  C r ed n er1),  ihm 
schienen  sie  aber  genau  senkrecht  zur  Hauptaxe  zu  stehen , denn  er 
sagt:  „Diese  Zusammensetzungsflächen  würden  hiernach  einem  ortlio- 
metrischen  Krystallsysteme  entsprechen“. 

Mag  nun  die  vierte  Spaltbarkeit , deren  Grad  an  den  verschie- 
denen Fundorten  recht  verschieden  sein  dürfte,  der  Krystallfläche  o = 
1l3Poo  oder  x\3Pn  folgen , und  die  zweite  der  Fläche  n — P oder 
T = Po o,  so  bleibt  es  höchst  auffallend,  und  ist  meines  Wissens  der 
erste  bekannte  Fall,  dass  zwei  ungleichartige  Spaltungsrichtungen  so 
nahe  zusammenfallen,  denn  sie  schneiden  sich  unter  21°  40'  46"  [21° 
43'  42"]  auf  ooPoo  (Fig.  13  Taf.  VII). 

Um  so  auffallender  ist  es  nun,  dass  zwischen  beiden  noch  eine 
fünfte  Spaltbarkeit  zu  liegen  scheint,  nämlich  die,  welche  Re uscli 
mittelst  der  Körnerprobe  darzustellen  gelehrt  hat. 2)  Dieselbe  bildet 
nach  dieser  Mittheilung  mit  der  zweiten  auf  oofoo  circa  10°  30'  und 
steht  senkrecht  zu  letzter  Fläche,  entspricht  also  der  als  Krystallfläche 
bisher  unbekannten  2/3Poo  (Neigung  zur  Axe  c = 76°  11'  14"  [75° 
57'  21"]),  denn  der  zu  10°  30'  gemessene  Winkel  beträgt  in  diesem 
Falle  10°  20'  33"  [10°  21'  22"]. 

Später3)  gibt  Reusch  den  genannten  ebenen  Winkel  zu  13 — 14° 
an,  was  mit  meinen , auf  verschiedene  Weise  wiederholten  Messungen 
(13 — 15°)  an  einer  von  Reusch  zu  Wiesbaden  erhaltenen  Schlagfigur 
im  Gyps  von  Nordhausen  gut  stimmt;  corrigirt  man  ihn  auf  14°  2'  40" 
1 1 4°  4'  3"],  so  folgt  diese  fünfte  Spaltbarkeit  der  Hessenberg’schen 
Fläche  ß = 6/9Poo  , welche  mit  Axe  c 79°  53'  21"  [79°  40'  2"] 
bildet. 

Fig.  13  Taf.  VII  stellt  einen  Zwilling  in  e und  e1  mit  dieser 
Schlagfigur  dar;  der  ebene  Winkel  der  Schlaglinie  durch  e und  e' 
beträgt  159°  46'  42"  [159°  20'  4"]  auf  ooPo©. 

Reusch,  welcher  die  vierte  Spaltungsrichtung  nicht  gekannt  zu 
haben  scheint,  bespricht2)  das  Auffällige  von  zwei  so  nahe  benach- 


‘)  Neues  Jalirbuch  f.  Mineralogie  u.  s.  w.  1846.  S.  64. 

2)  Poggendorff ’s  Annalen.  CXXXVI.  S.  136.  Dieser  Blätterbruch  lässt 
sieb  aueb  nach  Reusch  direkt  beim  Spalten  grösserer  und  dickerer  Platten  oder 
bei  vorsichtigem  Abbiegen  eines  dünnen  Blättchen  nachweisen.  Ulrich  hat  den- 
selben an  einer  seiner  Platten  als  spiegelnde  Fläche  vorgefunden. 

3)  Naturforscher- Versammlung  zu  Wiesbaden.  1873. 


128  H-  Laspeyres.  [16] 

barten  Spaltrichtungen,  und  findet  darin  einen  zweiten  Beweis,  dass 
die  zweite  Spaltbarkeit  nicht , wie  früher  angenommen , der  Fläche 
T = Poo  , sondern  den  Flächen  n - P folge , wie  Phillips  es 
zuerst  angebe. 

Bei  drei  so  wenig  in  ihrer  Lage  divergirenden  Spaltungsrich- 
tungen darf  man  wohl  nicht  der  Frage  sich  verschliessen,  ob  sie  nicht 
auf  zwei  zurückgeführt  werden  könnten  , indem  man  die  mittlere  — 
demnach  die  fünfte  von  Keusch  — als  eine  durch  Oscillation  der 
beiden  äusseren  resultirende  Scheinspaltfläche  betrachtet. 

Dann  müssten  aber: 

1)  diese  3 Spaltrichtungen  in  einer  Zone  liegen,  und  deren  Axe 
müsste  die  Orthoaxe  sein; 

2)  müsste  die  fünfte  Spaltbarkeit,  die  Reusch’sehe  Schlag- 
linie , bei  hinreichender  Vergrösserung  unter  dem  Mikroskope  nicht 
schnurgerade  und  scharfgerissen  verlaufen  , sondern  gezahnt  bald  der 
Richtung  der  zweiten,  bald  der  der  vierten  Spaltbarkeit  folgen. 

Was  den  ersten  Punkt  betrifft,  so  müsste  der  von  Phillips 
angeregten,  jetzt  fast  allgemeinen  Annahme  zuwider  die  zweite,  faserige 
Spaltfläche  eine  Scheinfläche  sein  , welche  durch  Oscillation  von  T = 
Poo  und  p — ooPco  resultirt,  mithin  jede  Lage  in  der  Zone  der  End- 
kante von  n — P haben  kann  , und  ebenso  müsste  die  vierte  Spalt- 
barkeit, wie  oben  schon  als  wahrscheinlich  angedeutet  wurde,  eine  aus 
der  Oscillation  von  o — 1l3P<x,  und  p = coPoo  resultirende  Schein- 
Hache  sein,  welche  jede  Lage  in  der  Zone  der  Endkante  von  1j3P  haben 
kann.  Gegen  diese  Annahme  würde  keine  bisherige  Beobachtung  an 
der  zweiten  Spaltfläche  sprechen. 

Den  zweiten  Punkt  kann  man  unter  dem  Mikroskope  prüfen.  Das 
habe  ich  an  mehreren  von  Reu  sch  erhaltenen  Schlagfiguren  im  Gyps 
von  Nordhausen  und  an  eigenhändig  dargestellten  am  Gyps  von  Wester- 
egeln bei  Magdeburg,  welcher  sich  vermöge  seiner  sehr  geringen  Bieg- 
samkeit und  grossen  Sprödigkeit  noch  besser,  als  der  von  Nordhausen, 
zur  Darstellung  der  prachtvollsten  Schlagfiguren  eignet,  gethan. 

Alle  von  mir  untersuchten  Schlagfiguren 
erwiesen  sich  in  ihrem  Aussehen  gleich.  Ich 
beziehe  mich  im  Folgenden  auf  die  im  neben- 
stehenden Holzschnitte  Nr.  1 copirte  Zeichnung 
der  Schlagfigur  von  Re  lisch. 

Die  dem  zweiten  und  dritten  Blätter- 
durchgange  entsprechenden  Risse  b c resp.  Pc' 
und  aa‘  zeigen  sich  mit  blossem  Auge  und 
mit  bis  1 dOtächer  Vergrösserung  — stärkere 
wurde  nicht  angewendet  — als  äusserst  scharf 
und  fein  gerissene,  continuirlich  gerade  Linien, 
also  als  Durchschnitte  von  Ebenen,  das  heisst 
als  wirkliche  Spaltflächen.  Die  der  Richtung 
5/gPoo  entsprechenden  Risse  b b1  sehen  zwar 
mit  blossem  Auge  und  mit  Hilfe  der  Lupe 
als  ebenso  scharfe,  feine  und  gerade  Linien  aus,  allein  bei  stärkerer 
Vergrösserung  zeigen  sie  einen  sägeartigen  Verlauf.  Vergleiche  den 


Nr.  1. 


Krystallographische  Bemerkungen  zum  Gyps 


129 


[17] 

folgenden  Holzschnitt  Nr.  2.  Man  sieht  mithin  ganz  deutlich,  dass 
sie  keiner  Spaltfläche  5,/9Po o entsprechen , sondern  einer  Scheinfläche, 
welche  aus  der  Oscillation  zweier  anderer  Kluftsysteme  resultirt  und, 


Nr.  2. 


sei  es  zufällig  , sei  es  aus  verborgenem  Grunde  , mehr  oder  weniger 
der  Richtung  a‘  : 5/9c  folgt.  Die  Oscillationen  dieser  Scheinfläche  sind 
so  zart,  dass  diese  Fläche  das  Licht  für  das  höchstens  mit  einer 
Lupe  bewaffnete  Auge  ziemlich  regelmässig  reflectirt. 

Von  diesen  zwei  Kluftsystemen  ist  das  eine  und  herrschende  die 
zweite  Spaltbarkeit , welche  unter  sehr  spitzen  (circa  14°)  resp.  sehr 
stumpfen  (circa  166°)  Winkel  den  Riss  parallel  ö/9Po o (ß  ß')  durch- 
schneidet und  sich  als  zahllose,  parallele,  äussert  zarte  und  feine,  aber 
meist  nur  kurz  gerissene  Spaltklüfte  (yy')  zeigt.  Das  zweite  unter- 
geordnete Kluftsystem  steht  nahezu  senkrecht  (circa  90 — 105°)  zu  dem 
ersten  und  stellt  nur  in  ganz  kurzen  Sprüngen  88‘  die  Verbindung 
zwischen  zwei  benachbarten  Sprüngen  des  ersten  Systems  her,  wodurch 
die  sehr  regelmässige  und  feine  Zahnung  der  Schlaglinie  ßß'  entsteht. 
Niemals  habe  ich  bemerkt,  dass  dieser  verbindende  Sprung  die  Risse  des 
andern  Systems  durchschneidet;  ferner  scheint  der  Neigungswinkel  der 
Systeme  zu  einander  verschieden  zu  sein,  und  drittens  verlaufen  die 
Sprünge  88'  nicht  so  scharf  und  gerade,  als  die  Spaltklüfte.  Sie  sind 
oft  deutlich  gekrümmt,  bald  fein,  bald  dick,  und  scheinen  somit  keine 
Spaltfläche  nach  einem  — mPo°  anzudeuten,  sondern  einem  gemeinen 
Bruche  anzugehören , welcher  auf  dem  kürzesten  Wege  die  durch  den 
Schlag  eingerissenen  Spaltklüfte  yy'  der  zweiten  Spaltbarkeit  zu  ver- 
binden bestrebt  ist. 

Soweit  meine  Beobachtungen  ein  Urtheil  gestatten  , ist  die  der 
Richtung  5/gPoo  nahezu  entsprechende  Schlaglinie  bb‘  von  Reu  sch 
keine  Folge  einer  versteckten  fünften  Spaltbarkeit,  wie  oben  angenommen 
wurde  , sondern  ein  Sprung  , welcher  aus  einer  bekannten  Spalt-  und 
einer  Bruchkluft  resultirt. 

Dafür  spricht  auch: 

1)  dass  der  Theil  hh1  der  Reusch’schen  Schlagfigur  nur  ungefähr 
der  Richtung  ö/9Po o folgt,  denn  in  seiner  ersten  Mittheilung  gibt  Reuseh 
den  Winkel  zwischen  bc.  und  bb‘  zu  10°  30'  resp.  169°  30',  später  zu 
13—14°  resp.  167 — 166°  an,  und  ich  habe  unter  10  Messungen 
Schwankungen  zwischen  13  und  15°  gefunden; 

2)  dass,  wie  auch  Reu  sch  angibt,  häufig,  nach  meinen  Beob- 
achtungen stets,  die  Schlaglinie  bb ' bei  b und  b‘  mittelst  einer  Abrun- 

Mineralogische  Mittheilungen.  1875.  3.  Heft.  (Laspeyres.)  18 


130 


H.  Lappeyves.  Krystallographische  Bemerkungen  zum  Gjrps.  [18] 

düng  der  Ecken  in  die  Linien  bc  und  b‘ c‘  verläuft,  wodurch  eben  die 
Schlagfigur  die  Gestalt  eines  lateinischen  f bekommt. 

Alle  diese  Punkte  mögen  vorläufig  hier  nur  angeregt  sein,  sie 
verdienen  seiner  Zeit  eine  genauere  Untersuchung  an  zahlreichem,  dazu 
gesammeltem  Materiale.  Sie  sind  am  besten  mit  der  Untersuchung  der 
Aetzfiguren  zu  verbinden , welche  man  sehr  schön  und  regelmässig 
erhält,  wenn  man  die  Platten  mit  Schlagfiguren  einige  Zeit  in  Wasser 
legt.  Die  Aetzfiguren  beginnen  mit  Vorliebe  von  den  Klüften  der  Schlag- 
figur aus,  wodurch  diese  sehr  leidet. 

Bringt  man  eine  Spaltlamelle  von  Gyps  mit  der  eingerissenen 
vierten  Spaltbarkeit  unter  das  Mikroskop,  so  sieht  man  diese  Linie  wie 
die  der  zweiten  und  dritten  Spaltbarkeit  scharfgezogen  und  gerade 
verlaufen.  Die  vierte  Spaltbarkeit  erweist  sich  also  auch  dadurch  als 
eine  solche,  welche  mit  besonderer  Deutlichkeit  an  den  biegsamen  Kry- 
stallen  (Bex,  Oberdollendorf,  Reinhardsbrunn,  Burgörner  bei  Hettstedt 
u.  s.  w.)  auftritt,  an  denen  die  Schlagfigur  nicht  oder  nur  undeutlich 
darzustellen  ist,  wie  schon  Re usch  angibt. 

Aachen,  im  Mai  1875. 


II.  Felsarten  aus  dem  Kaukasus. 


V o n U.  T s c h c r m a k. 

Herr  Ernest  Favre  sandte  mir  die  Eruptivgesteine,  welche  er 
auf  seiner  zweiten  Reise  im  Kaukasus  gesammelt,  zur  Durchsicht  und 
Bestimmung.  Die  letztere  gelang  nicht  immer  leicht,  da  die  Proben  oft 
stark  zersetzt  waren  und  manche  Minerale  vollständig  verwandelt 
erschienen. 

Das  Terrain,  welchem  die  Gesteine  angehören,  schliesst  sich  an 
jenes  an,  das  Herr  Favre  bereits  früher  geologisch  aufgenommen  hat1) 
und  dessen  Eruptivgesteine  ich  bei  einer  früheren  Gelegenheit 2)  kurz 
beschrieb.  Die  vorliegenden  Felsarten  gehören  dem  Diabas,  Diorit,  Me- 
laphyr,  ferner  dem  Orthoklasporphyr  zu.  Einige  davon  zeigen  eine 
abnorme  Mischung. 

Die  Gesteine  bilden,  wie  mir  Herr  Favre  mittheilt,  zum  Theile 
Eruptionen  längs  der  südlichen  Kette  und  treten  zwischen  Sandsteinen 
und  Thonschiefern  auf,  welche  Spuren  von  Pflanzen  und  Kohlenschmitze 
enthalten  und  der  unteren  Juraformation  des  Kaukasus  (Lias  und  Unter- 
Oolith)  entsprechen.  Zu  diesen  Gesteinen  gehören  alle  jene,  die  ich 
weiter  unten  als  Diabase  bezeichne,  ferner  auch  mehrere  Porphyrgesteine. 
Die  anderen  Proben  rühren  von  Eruptionen  her,  welche  die  Thonschiefer 
durchbrochen  haben  und  mit  Neocomschichten  in  Berührung  stehen,  die 
an  manchen  Orten  gestört  zu  sein  scheinen.  Es  sind  Gesteine  aus  den 
Abtheilungen  Melaphyr  und  Augitporphyr  sowie  Orthoklasporphyre. 

Die  Orthoklasporphyre  von  Simferopol  und  vom  Kloster  St.  Georg 
Hessen  eine  genauere  Altersbestimmung  nicht  zu. 


Diabas. 

Deutlich  gemengte  mittelkörnige  Gesteine,  die  aus  weissen  und 
aus  schwarzgrünen  Partikeln  zusammengesetzt  erscheinen , wurden  an 
mehreren  Punkten  gefunden: 


OReclierches  geologiques  dans  la  partie  centrale  de  la  chaine 
du  Caucase.  Geneve,  1875. 

2)  Diese  Mittheilimgen,  187?,  pag.  107. 

Mineralogische  Mittbeilungen.  1875.  3.  Heft.  (Tschermak.) 


18* 


132 


G Tschermak. 


[2] 


Der  Diabas  von  Ayu  dagli  enthält  2 Mm.  lange  weisse,  trübe 
Plagioklaskörner,  welche  im  Dünnschliffe  breite  Zwillingslamellen  zeigen, 
sowie  Orthoklas  in  durchsichtigen  kleineren  Körnern  und  in  geringer 
Menge.  Der  Augit  bildet  grünlichbraune  Körner  von  geringerer  Grösse  als 
die  des  Plagioklases.  Er  zeigt  eine  sehalige  Absonderung  parallel  der 
Querfläche,  wie  der  Diallag,  jedoch  in  dickeren  Platten.  Im  Dünnschliffe 
ist  er  blassbräunlich  gefärbt.  Er  ist  begleitet  von  Hornblende,  welche 
hie  und  da  mit  ihm  parallel  verwachsen  erscheint,  so  wie  von  Biotit, 
welcher  ebenso  häufig  ist  als  der  Augit.  Körner  von  Magnetit  und  Pyrit, 
starke  Säulchen  von  Apatit  und  Partikel  von  Chlorit  sind  in  dem  Gestein 
allenthalben  zerstreut.  Braune  Körper  mit  zuweilen  schärferen  Umrissen 
halte  ich  für  zersetzten  Olivin. 

Der  Diabas  von  einem  Punkte  zwischen  Aluchta  und  Lampat 
gleicht  dem  vorigen,  jedoch  zeigt  der  Augit  hier  die  Diallag-Textur  noch 
deutlicher.  Das  Gestein  von  Metvetgora  bei  Lampat  zeigt  ebenfalls  die- 
selben Bestandtheile  und  dasselbe  Gefüge,  doch  tritt  schon  Calcit  als 
Product  der  Zersetzung  auf  und  der  Plagioklas  ist  vollständig  undurch- 
sichtig, da  er  in  ein  dichtes,  bei  stärkerer  Vergrösserung  feinschuppiges, 
weisses  Mineral  verwandelt  erscheint. 

Der  Diabas  von  Kokkoz  ist  noch  stärker  verändert,  da  er  nur 
den  genannten  zersetzten  Plagioklas,  Chlorit  und  wenig  Magnetitkörn- 
chen, dagegen  keinen  Augit  und  keine  Hornblende  enthält. 

Kleinkörnige  Diabase  liegen,  in  geringerer  Anzahl  vor' 

Ein  Gestein  von  Ayu  dagh  zeigt  eine  hellgraue  Farbe,  matten 
Bruch  und  verräth  schon  eine  Tendenz  zur  porphyrischen  Ausbildung, 
da  manche  Plagioklaskörnchen  grösser  erscheinen  als  die  umgehenden 
Bestandtheile.  Im  Dünnschliffe  erscheinen  trübe  Plagioklaskörner  und 
Kryställchen  als  die  Hauptmasse , dazwischen  durchsichtige  Orthoklas- 
Partikel  und  dunkelgrüner  Chlorit  Calcit  und  Quarz  erscheinen  hie  und 
da  als  Neubildungen.  Westlich  von  Paragilmen , in  der  Gegend  von 
Lampat,  wurde  eine  ähnliche  Felsart  angetroffen. 


Diorit. 

Ein  hierher  gehöriges  Gestein  fand  sich  bei  Kurtzi  in  der  Gegend 
von  Simferopol. 

Es  ist  ein  ziemlich  kleinkörniges  Gemenge  von  weissem  Feldspath 
und  schwarzen  Hornblendenadeln.  Der  Feldspath  ist  zum  grösseren 
Theile  ein  trüber,  ziemlich  stark  zersetzter  Plagioklas,  zum  geringeren 
T heil  ein  ziemlich  durchsichtiger  Orthoklas.  Im  Dünnschliffe  erkennt 
man  auch  etwas  Biotit  und  Magnetit  sowie  Chlorit,  letzteren  als  Zer- 
setzungsproduct  der  Hornblende. 


Melaphyr. 

Mehrere  dichte,  dunkel  grünlichgraue  Gesteine  von  mattem  oder 
schimmerndem  Bruche  sind  hierherzustellen.  Sie  gehören  tlieils  zu  der 
älteren,  tlieils  zu  der  jüngeren  Serie  der  Eruptivgesteine. 


[3] 


Felsarteu  aus  dem  Kaukasus. 


133 


Das  Gestein  vom  Cap  Plaka  ist  grünlich-aschgrau,  undeutlich 
porphyrisch  durch  hellgraue  Feldspathblättchen,  im  Bruche  etwas  split- 
terig.  Im  Dünnschliffe  erkennt  man  Körner  von  Plagioklas,  der  bereits 
ganz  trübe  geworden,  Körnchen  von  Calcit  und  Partikel  von  dunkel 
braungrünem  Chlorit,  der  zuweilen  die  Formen  des  Augits  erkennen 
lässt.  Von  Magnetit  sind  nur  wenige  Körnchen  sichtbar. 

Ein  Melaphyr  von  Badrak  hat  dieselbe  Zusammensetzung,  jedoch 
zeigt  er  eine  dunkelgrünliche  Grundmasse  und  eine  porphyrische  Textur 
durch  viele  eingeschlossene  Plagioklaskrystalle  von  ungefähr  2 Mm.  Länge. 

Westlich  von  Melas  wurde  eine  Breccie  gefunden,  die  aus  Trüm- 
mern eines  matten,  grauen  Melaphyrs,  ferner  aus  Bruchstücken  von 
T.honschiefer  und  aus  Quarzgeröllen  besteht.  Der  Melaphyr  ist  ein  durch 
kleine,  weisse  Plagioklaskrystalle  porphyrisches  Gestein  von  mattem 
Bruche,  dessen  Grundmasse  Plagioklas,  Orthoklas  und  Chlorit  erken- 
nen lässt. 

Der  Melaphyr  von  Karagatsch  ist  tiefgrau,  vollständig  dicht.  Die 
Grundmasse  besteht  aus  sehr  kleinen  Orthoklas-  und  Plagioklaskrystal- 
len,  aus  Körnchen  von  Augit  und  Magnetit,  sowie  aus  Partikeln  von 
Chlorit.  In  dieser  Masse  sind  hie  und  da  etwas  grössere  Kryställchen 
von  Orthoklas  eingeschlossen,  sowie  einzelne  Säulchen,  welche  deutlich 
die  Form  der  Hornblende  zeigen,  jedoch  im  Inneren  ein  Aggregat  von 
feinen  Nadeln  und  Blättchen  zeigen.  Die  äussere  Kinde  dieser  Pseudo- 
morphosen  ist  schwarz  und  reich  an  Magnetitkörnchen,  das  Innere 
grünlich.  In  der  Masse  sind  auch  hie  und  da  kleine  Geoden  eingeschlos- 
sen, die  aussen  -aus  Chlorit,  innen  aus  Calcit  bestehen. 

Ein  ähnliches  Gestein,  das  in  der  grünlichen  Grundmasse  schon 
dem  freien  Auge  kleine  Feldspath-  und  Augitkryställchen  darbietet, 
rührt  von  Ortasabla  her.  Die  beiden  letzterwähnten  Felsarten  gehören 
zu  den  jüngeren  Melaphyren. 


Orthoklas-Augitporphyr. 

Die  Gesteine,  welche  hierher  gestellt  werden,  zeigen  eine  unge- 
wöhnliche Mischung,  da  sie  vorzugsweise  aus  Orthoklas  und  Augit  zu- 
sammengesetzt sind.  Zwar  habe  ich  schon  früher  in  den  Augitporphyren 
in  Süd-Tirol x)  die  Gegenwart  von  Orthoklas  beobachtet,  jedoch  nicht 
als  vorwiegenden  Gemengtheil,  wie  es  hier  der  Fall  ist. 

Das  auffallendste  der  hierher  gehörigen  Felsarten  wurde  von 
Herrn  Favre  bei  Ivikineis  angetroffen.  Es  ist  ein  schönes,  graulich- 
grünes Gestein  mit  weissen  Punkten.  Die  Grundmasse  uinschliesst  viele 
weisse,  ungleich  grosse,  bis  4 Mm.  lange  Orthoklaskrystalle,  ferner  eben- 
soviele  dunkelgrüne  Augitkrystalle,  die  bis  5 Mm.  lang  sind. 


')  Die  Porphyrgesteiiie  Oesterreichs,  pag.  133. 


134 


G.  Tseliermak: 


w 


Im  Dünnschliffe  erkennt  man,  dass  an  den  grossen  Orthoklas- 
krystallen  öfters  Lamellen  von  Plagioklas  in  paralleler  Stellung  ange- 
wachsen sind.  Der  Orthoklas  hat  viele  trübe  Stellen,  die  im  auffallenden 
Lichte  weiss,  im  durchfallenden  braun  erscheinen.  Die  scharfe  Sonde- 
rung der  völlig  trüben  und  der  klar  durchsichtigen  Stellen  gibt  dem 
Mineral  ein  fremdartig  fleckiges  Aussehen.  Der  Plagioklas  ist  frei  von 
solchen  Trübungen. 

Der  Äugit  ist  der  Hauptsache  nach  rein  und  durchsichtig.  Stellen- 
weise enthält  er  aber  Schwärme  von  feinen  Dampfbläschen  oder  auch 
gröbere,  rundliche  Einschlüsse  von  amorpher  Grundmasse.  Nicht  selten 
enthält  er  Zwillings-Lamellen  parallel  der  Querfläche  eingeschaltet. 

Die  Grundmasse  besteht  aus  vielen  winzigen  Feldspath-Lamellen, 
welche  theils  als  Plagioklas,  tlieils  als  Orthoklas  bestimmt  wurden, 
ferner  kleine  Körner  von  Augit,  von  Magnetit  und  Pyrit.  Es  wurden 
aber  auch  grössere,  undeutlich  faserige  Körper  von  rhombischer  Form 
beobachtet,  welche  ein  Aggregat  von  Zersetzungs-Producten  darstellen. 
Sie  sind  höchst  wahrscheinlich  veränderte  Olivine.  In  Körnern  und  Adern 
findet  sich  häufig  Calcit  als  Neubildung.  Die  krystallinischen  Partikel 
der  Grundmasse  sind  häufig  von  einem  amorphen  Magma  umgeben, 
von  dem  sich  nicht  mit  Sicherheit  sagen  lässt,  ob  es  ein  ursprünglich 
gebildetes  Glas  oder  eine  bei  der  Veränderung  entstandene  porodine 
Masse  sei. 

Ein  hierher  gehöriges  Gestein  wurde  auch  zwischen  Merdrin  und 
Pschatka  gefunden.  Es  ist  unvollkommen  porphyrisch  durch  weisse 
Feldspathkrystalle , die  in  einer  grünlichgrauen,  feinkörnigen  Masse 
liegen  und  erscheint  im  Bruche  rauh  und  uneben. 

Die  grossen  Feldspathe  wurden  im  Dünnschliff  als  Orthoklas 
erkannt,  der  theils  in  einfachen  Individuen,  theils  in  Zwillingen  auf- 
tritt.  Derselbe  erscheint  aus  Schichten  aufgebaut,  welche  sehr  ver- 
schiedene Grade  der  Durchsichtigkeit  zeigen.  Man  sieht  wasserhelle, 
farblose  Schichten  und  solche,  die  im  auffallenden  Lichte  weiss,  im 
durchfallenden  braun  sind,  in  bunter  Abwechslung.  Dass  diese  Erschei- 
nung von  einer  beginnenden  Zersetzung  herrührt , zeigt  die  ganze 
Umgebung  der  Feldspathe.  Man  erkennt  nämlich  überall  viel  Chlorit, 
welcher  Körnchen  von  Augit  umschliesst  und  zugleich  mit  diesen  die 
Umrisse  von  Augitkrystallen  wiederholt,  ferner  bemerkt  man  ein  dich- 
tes, serpentinartiges  Mineral , welches  mit  Calcitkörnchen  gemengt 
Pseudomorphosen  bildet , welche  wohl  von  Olivin  abzuleiten  sind.  In 
der  Grundmasse  erscheinen  übrigens  auch  kleine,  stark  veränderte 
Plagioklaskrystalle,  wenig  Biotit,  Körner  und  netzartige  Partien  von 
Magnetit,  kleine  Mengen  von  Pyrit.  Oft  sieht  man  feine  Adern  von 
körnigem  Calcit. 

Mit  den  hier  erwähnten  Gesteinen  ist  auch  eine  quarzführende 
Felsart  verwandt,  welche  bei  Kurtzi , in  der  Gegend  von  Simferopol 
gefunden  wurde.  Es  ist  eine  grünlichgraue,  feinkörnige  Masse,  die  durch 
eingeschlossene  Ivrystalle  von  Quarz  und  von  Orthoklas  undeutlich  por- 
phyrisch erscheint.  Die  Quarze  sind  von  einer  dünnen,  grünlichen 
Schichte  umgeben,  die  Orthoklase  sind  ganz  trübe  und  zersetzt.  Die 


Felsarten  aus  dem  Kaukasus. 


135 


[5] 


Grundmasse  erscheint  im  Dünnschliff  als  ein  buntes  Gewirre  voij  min- 
destens acht  verschiedenen  Mineralen,  unter  welchen  Körner  und  Kry- 
stalle  von  Augit  zufolge  ihrer  Grösse  am  meisten  auffallen. 

Der  Feldspath  ist  so  stark  trübe,  dass  es  sich  nicht  mehr  mit 
Sicherheit  bestimmen  lässt,  ob  ein  Orthoklas  oder  Plagioklas  vorhanden 
gewesen  sei,  doch  ist  das  letztere  wahrscheinlich.  Fan  schwach  dichroiti- 
scher Paotit  kommt  in  bedeutender  Menge  vor,  ausserdem  aber  zeigen 
sich  Säulchen  von  dunkler  Hornblende,  welche  starke  Absorptions- 
Unterschiede  zeigt,  ferner  Körnchen  von  Magnetit  und  von  Pyrit,  Pseudo- 
morphosen,  die  aus  einem  serpentinähnlichen  Mineral  bestehen,  Nadeln 
von  Apatit  und  dünne  Säulchen  eines  blassgrünlichen  Minerales,  das  ich 
für  Epidot  halte.  Dieses  Mineral  bildet  zugleich  mit  einer  trüben 
Feldspathmasse  die  grünen  Hüllen  um  die  Quarzkrystalle  und  bildet 
ausserdem  rundliche  Aggregate,  welche  pseudomorphe  Bildungen  sein 
dürften.  Kleine  Calcitkörnchen  und  undeutliche  granulöse  oder  schuppige 
Neubildungen,  die  nicht  bestimmt  werden  konnten,  zeigen  sich  ausser- 
dem in  der  Grundmasse. 


Orthoklasporphyr. 

Die  Felsarten  dieser  Abtheilung  sind  hellgraue,  dichte  Massen  von 
flachmuscheligem,  etwas  unebenem  Bruche  und  unvollkommen  porphyri- 
scher  Ausbildung. 

Ein  Gestein,  welches  dem  zuletzt  beschriebenen  ungemein  nahe 
steht,  ist  der  zwischen  Petrorsk  und  Mamak  gefundene  Porphyr,  der 
eine  aschgraue  Farbe  und  höchst  feinkörnige  Grundmasse  zeigt,  in  der 
nur  sparsam  deutlich  erkennbare  Feldspathkrystalle  und  wenige  Quarz- 
krystalle porphyrisch  eingeschlossen  erscheinen.  Der  Feldspath  ist  vor- 
zugsweise Orthoklas,  in  geringerer  Menge  Plagioklas,  die  Krystalle 
erreichen  höchstens  5 Mm.,  die  Quarze  höchstens  2 Mm. 

Die  Grundmasse  erscheint  im  Dünnschliffe  als  ein  wirres  Ge- 
menge, in  welchem  Körnchen  von  Orthoklas,  Plagioklas  und  Biotit  vor- 
wiegen. In  geringerer  Menge  ist  aber  auch  Magnetit  und  Augit  bemerk- 
bar. Einzelne,  bräunliche,  einfach  brechende  Körner  halte  ich  für 
Granat.  Partikel  von  Chlorit  sind  häufig.  Auch  in  diesem  Gestein  kom- 
men jene  dünnen  Rinden  vor,  welche  die  Quarze  und  Orthoklase 
umschliessen  und  aus  feldspathartiger,  dichter  Masse  und  aus  Nadeln 
bestehen,  welche  ich  für  Epidot  halte.  Auch  rundliche  Aggregate  solcher 
Nadeln  werden  wahrgenommen. 

Der  Orthoklasporphyr  von  Orta  Sabla  ist  ein  hell  gelblichgraues, 
dichtes  Gestein  mit  wenigen  schwarzgrünen  Hornblendenadeln.  Die 
mikroskopische  Untersuchung  lässt  in  der  Grundmasse  viele  grössere 
Krystalle  und  Zwillinge  von  Orthoklas  wahrnehmen  und  erkennen,  dass 
die  Hornblendesäulchen  zum  grössten  Theil  in  ein  wirres  Aggregat  von 
Biotit,  Magnetit  und  ein  nicht  genauer  bestimmbares,  fast  farbloses 
Mineral  verwandelt  sind.  In  der  übrigen  wirr  krystallinischen  Masse 


G-.  Tschermak.  Felsarten  aus  dem  Kaukasus. 


136 


[6] 


sind  Körner  von  Orthoklas  und  Plagioklas,  von  Magnetit  und  Biotit  zu 
unterscheiden. 

Beim  Kloster  St.  Georg  wurde  ein  hierher  gehöriges  Gestein 
angetroffen,  welches  eine  aschgraue,  matte,  dichte  Grundmasse  mit 
wenigen  weissen  Pünktchen  zeigt.  Diese  sind  Krystalle  und  Zwillinge 
von  Orthoklas.  Die  Grundmasse  enthält  Körnchen  von  Orthoklas  und 
Magnetit,  Blättchen  von  Biotit,  Sänlchen  von  Apatit,  auch  einzelne 
Nadeln  von  Hornblende,  alles  dies  ungemein  kleine  Partikelchen  bildend. 

Diesem  Gestein  ist  jener  Orthoklasporphyr  ähnlich,  welcher  westlich 
von  Melas  gefunden  wurde.  Die  Masse  ist  hellgrau,  dicht,  etwas 
splitterig  und  enthält  wenige  kleine  Orthoklaskrystalle  porphyrisch 
eingeschlossen. 

Die  Grundmasse  ist  ein  wirres  Gemenge  von  Feldspath-Lamellen 
und  Chlorit-Partikeln;  dazwischen  sind  Körnchen  von  Magnetit  und  von 
einem  Schwefelkies  bemerkbar.  Da  der  letztere  auch  staudenförmige 
Aggregate  bildet,  so  dürfte  derselbe  wohl  Markasit  sein.  Körnchen  von 
Calcit  sind  häufig.  Stellenweise  bilden  sie  pseudomorphe  Aggregate  mit 
ziemlich  scharfen  Umrissen,  welche  auf  Hornblende  und  Augit  hindeuten. 


III.  Das  Wesen  der  Isomorphie  und  die  Feldspathfrage. 

Von  Dr.  Aristides  Brezina. 

(Fortsetzung1  von  pag.  30.) 

IV.  Isomorphie  und  optisches  Verhalten. 


In  den  nachfolgenden  Tabellen  sind  einige  isomorphe  Gruppen 
mit  ihren  optischen  Eigenschaften  zusammengestellt. 

Es  enthält  die  erste  Columne  den  Namen  der  Substanz,  die 


zweite  das  Krystallsystem  und  den  Modus;  die  Rubriken  respective 

Axenwinkel  und  Rhomboederwinkel  geben  und  zwar  die  erstere  das 
Axenverhältniss  für  hexagonale  (a  : a : a : c)  und  tetragonale  (a  : a : c), 
die  beiden  anderen  die  Elemente  für  rhomboedrische  Krystalle. 

Das  optische  Verhalten  ist  genügend  definirt  durch  den  von  der  Wel- 
lenlänge unabhängigen  Theil  des  Brechungsquotienten  nach  der  Formel 

[j.  = r + yi-  also  durch  die  Constante  r,  zu  deren  bequemer  Berech- 
nung der  Anhang  l die  von  mir  benutzten  Tabellen  gibt. 

Für  optisch  einaxige  Substanzen  gibt  die  Rubrik  Doppelbrechung 
die  Abplattung  oder  Verlängerung  des  Polarisationsellipsoides,  also 
wenn  i E,  r,  die  Elasticitätsaxen  sind. 


Für  optisch  zweiaxige  Körper  kann  man  analoge  Ausdrücke 


als  ungefähres  Mass  der  Doppelbrechung  benützen. 


Mineralogische  Mittheilungen.  1875.  3.  Heft.  (Dr.  Aristides  Brezina.) 


19 


138 


Dr.  Aristides  Brezina. 


[20] 


Substanz 

System  und 

Modus 

r 

Substanz 

System  und 

Modus 

r 

K2  Sn  Cl6 

Vll.  14. 

1-6274 

KBr 

Vll.  12. 

1-5340 

(NH4)2  Si  Fe  . . . . 

1-3632 

KCl 

1-460 

KJ 

1-6235 

Ba  N2  06  

Vll.  14. 

1-5470, 

NH4  CI 

1-617 

Pb  N2  06  

1-7322 

nh4  j 

1-6535 

K2  Al2  S4  Oi8  24  H20  . 

VII.  14. 

1-4424 

Na  CI 

1-5259 

(N1I4)2  Al2  S4  016  24  H20 

1-449 

K2  Fe2  S4  0,g  24  1I20  . 

1-4649 

(NII4)2  Fea  S4  0,8  24  II20 

1-4684 

K2  Ala  Se4  0,g  24  II20 

1-4657 

(K,  NII4)2  (Al,  Fe)2  S4 

0,6  24  ILO  . . 

1 -4549 

| 

Substanz 

System 

und 

Modus 

Axen- 

verhält- 

niss| 

CO 

s 

Doppel- 

brechung 

K2  S2  06  

VI.  11. 

0-6467 

1-4455 

1-4973 

+ 0-0680 

R/b2  S2  Og 

0-6307 

1-4472 

1-4889 

+ 00552 

Sr  S2  06  4 II20  .... 

VI.  11. 

1-5024 

1-5138 

1-5135 

— 0 0004 

Pg  S2  Og  4 1I20  .... 

1-5160 

1-6069 

1-6280 

+ 0-0258 

Ni  Se  04  6 II20.  . . . 

V.  10. 

2-6032 

1-5216 

1-4959 

+ 00347 

Zn  Se  04  6 H20  . . . 

2 6794 

1-5119 

1-4878 

+ 00327 

Ni  S 04  6 I120  .... 

2-6961 

1-4962 

1-4739 

+ 0 0305 

KH2  As  04 

V.  9. 

0-9380 

1-5474 

1-5017 

— 0-0631 

KH2  PO, 

09391 

1-4955 

1-4579 

— 0 0658 

NH4  H2  As  04  . . . . 

1-0035 

1-5553 

1-5052 

— 0-0664 

nh4  h2  P 04  .... 

1-0076 

1-5088 

1-4682 

— 0-0561 

[21] 


Das  Wesen  der  Isomorphie  und  die  Feldspathfrage. 


139 


Substanz 

System 

und 

Modus 

Axen- 

winkel 

Rliombo- 

eder- 

winkel 

Cü 

£ 

Doppel- 

brechung 

Ca  C03 

IV.  8. 

101° 

54-G' 

105° 

5' 

1-6380 

1-4769 

— 0-2409 

Na  N03  .... 

102 

48-5 

106 

33 

1-5568 

1-3303 

— 0-3694 

K Cd  Cls  . . . . 

IV.  8. 

109 

38-4 

120 

35 

1-5690 

1-5691 

+ 00001 

NH4  Cd  Cl„  . . . 

108 

59-2 

118 

50 

1-5734 

1-5737 

+ 00004 

Cu  Si  F„  6 H20  . . 

IV.  8. 

111 

33'2 

125 

30 

1-3996 

1-3987 

— 0-0013 

Mg  Si  F6  6 H20  . . 

112 

91 

127 

15 

1-3371 

1-3530 

+ 0-0234 

Zn  Si  F6  6 H20  . . 

112 

9-5 

127 

16 

1-3745 

1-3872 

+ 0-0182 

Ni  Si  F6  6 H20  . . 

112 

15-4 

127 

34 

1-3774 

1-3952 

+ 0-0254 

Mg  Sn  Cl6  6 H20  . 

112 

236 

128 

0 

1-5009 

1-525 

+ 0-0314 

Mn  Si  F6  6 IGO . . 

112 

CD 

6 

CO 

128 

20 

1-3487 

1-3656 

+ 00246 

wD 

£D 

Ca  C03 

1-6585 

1-4864 

Ca  Mg  C2  06  . . . 

1-6817 

1-5026 

Die  vorstehenden  Tabellen  lassen  folgendes  erkennen: 

1.  Die  Refractionsconstanten  isomorpher  Körper  sind  im  Allge- 
meinen von  einander  ebenso  verschieden , wie  die  heteromorpher 
Substanzen. 

2.  Der  Betrag  der  Doppelbrechung  und  ihr  Sinn  zeigt  bei  iso- 
morphen Körpern  eine  gewisse  Uebereinstimmung,  welche  jedoch  geringer 
ist,  als  die  Uebereinstimmung  der  Krystallform ; in  einzelnen  Fällen 
steigt  jedoch  die  Differenz,  insbesondere  in  den  weniger  symmetrischen 
Krystallsystemen  innerhalb  derselben  Gruppe  stetig  an  bis  zu  vollständiger 
Verschiedenheit,  selbst  bei  vollkommen  analoger  Zusammensetzung. 

3.  Die  Grösse  der  Variation  der  Doppelbrechung  bei  Substanzen 
mit  analogem  chemischen  Bau,  hängt,  wie  schon  frühere  Beobachter 
bemerkt  haben,  von  der  grösseren  oder  geringeren  Aehnlichkeit  der 
einander  vertretenden  Bestandtheile,  sowie  dem  Verhältniss  der  gemein- 
samen zu  den  verschiedenen  Bestandtheilen  ab. 

Daraus  folgt,  dass  das  optische  Verhalten  nicht  vorwiegend  von 
der  Anordnung  der  Partikel  im  Krystall  abhängen  kann , sondern 
von  der  der  Moleclile  in  den  Partikeln,  sowie  eventuell  von  der  Be- 
schaffenheit der  Moleclile  selbst. 

Die  optische  Aehnlichkeit  in  vielen  Fällen,  abhängig  von  dem 
Verhältniss  der  gemeinsamen  zu  den  verschiedenen  Bestandtheilen  und 
dem  Grade  der  Verschiedenheit  der  letzteren  zeigt  dann,  dass  in  jenen 

19* 


140 


Dr.  Aristides  Brezina. 


[22] 


isomorphen  Substanzen,  welche  eine  analoge  chemische  Zusammensetzung 
besitzen,  auch  eine  gleiche  Lagerung  derjenigen  Theilchen  vorhanden 
sein  muss,  welche  das  optische  Verhalten  bestimmen. 

• Um  die  letzteren  zu  ermitteln,  ist  es  nothwendig,  eine  andere 
optische  Erscheinung  in  Betracht  zu  ziehen,  nämlich  den  somatischen 
Gegensatz,  welcher  im  Vorhandensein  einer  Drehung  der  Polarisations- 
ebene des  Lichtes  längs  Richtungen  einfacher  Brechung  gegeben  ist. 

Die  tcsseralcn  Krys falle  können  in  optischer  Beziehung  Drehung 
der  Polarisationsebene  ebenso  wie  die  amorphen  Substanzen  oder 
Lösungen  zeigen  und  in  Bezug  auf  die  Kryst allform  einen  somatischen 
Gegensatz,  eine  Enantiomorphie,  und  zwar  die  Tetartoedrie  31. 

Hier  sind  drei  Gruppen  beobachtet: 

1.  Substanz  optisch  activ.  Krystall  inactiv , Enantiomorphie  nicht 
beobachtet.  Terecampher  C20  H32.  Borneocampher  C20  H36  02. 

2.  Substanz  inactiv , Krystall  inactiv , Enantiomorphie  in  den 
meisten  Fällen  nuclujeiviescn.  Na  C103- — Na  Br03 — Na  J03 — Na2  Sb2 
S4.  18  H20 — Na2  Sb2  Se4  18  H20  — Ba  N2  Oc — Pb  N2  Oc— Sr  N2  0G. 

3.  Substanz  inactiv , Krystall  inactiv , keine  Enantiomorphie  beob- 
achtet. Die  Mehrzahl  der  tesseralen  Substanzen. 

Die  hexagonalen,  tetragonalen  und  rhomboedrischen  Körper  können 
in  der  Richtung  ihrer  optischen  Axe  Circularpolarisafion  und  Drehung 
der  Polarisationsebene,  im  amorphen  oder  aufgelösten  Zustande  die 
letztere  allein,  in  krystallographischer  Beziehung  die  Enantiomorphie 
zeigen,  welche  letztere  jedoch  in  tetragonalen  Krystallen  noch  nicht  beob- 
achtet wurde. 

Im  hexagonalen  Systeme  sind  folgende  Fälle  nachgewiesen: 

1.  Substanz  optisch  activ,  Krystall  inactiv , keine  Enantiomorphie 
beobachtet.  Menthol  C2„  H4„  02  — Campher  C20  Il32  02  — Patchouli- 
Campher  C30  H5e  02. 

2.  Substanz  inactiv,  Krystall  activ,  Enantiomorphie  in  den 
meisten  Fällen  beobachtet.  Quarz  — Benzil  — Maticostearopten  — 
K S 03  — Rb  S03  — Pb  S2  Oc  4 H20  — Sr  S2  06  4 H20  — Ca  S2 
0G  4 H20  — Zinnober. 

3.  Substanz  inactiv,  Krystall  inactiv,  keine  Enantiomorphie.  Die 
Mehrzal  der  hexagonalen  Substanzen. 

Die  tetragonalen  Krystalle  bilden  drei  Gruppen : 

1.  Lösung  activ , Krystall  activ.  Strychninsulfat. 

2.  Lösung  inactiv,  Krystalle  activ.  Schwefelsaures  Aetylendiamin. 

3.  Lösung  inactiv,  Krystall  inactiv.  Die  überwiegende  Mehrzal 
der  tetragonalen  Substanzen. 

Unter  den  optisch  zweiaxigen  Körpern,  deren  innerer  Bau  das 
Auftreten  einer  Circularpolarisation  überhaupt  nicht  zuzulassen  scheint, 
zeigen  die  prismatischen  und  monoklinen  wiederum  drei  Gruppen: 

1.  Lösung  activ.  Enantiomorphie.  Tartramid,  Weinsäure,  Rohr- 
zucker. 

2.  Lösung  inactiv.  Enantiomorphie  Mg  Cr  04  7 H20  — Mg  S 
04  7 II3  0. 

3.  Lösung  inactiv , keine  Enantiomorphie.  Die  meisten  prismati- 
schen und  monoklinen  Krystalle. 


[23] 


Das  Wesen  der  Isomorphie  lind  die  Feldspatlifrage. 


141 


Nachdem  ein  somatischer  Gegensatz  durch  keine  der  Anordnungs- 
weisen 1 — 14  der  Partikel  im  Krystalle  hervorgebracht  werden  kann , und 
dieser  somatische  Gegensatz,  wie  aus  den  obigen  Gruppen  hervorgeht, 
entweder  im  Moleciil  oder  im  Partikel  allein  oder  in  beiden  zugleich, 
durch  Drehung  der  Polarisationsebene  sich  äussern  kann,  so  zeigt  sich 
darin  der  gleichzeitige  Einfluss  der  2.  und  3.  Anordnungsweise  auf  die 
optischen  Eigenschaften. 

Nun  wissen  wir  aber,  dass  wie  schon  unsere  Definition  von 
Isomorphie  auf  die  Meroedrie  keinerlei  Rücksicht  nahm,  so  auch  die 
anderweitig  stets  als  vollkommen  isomorph  angesehenen  Substanzen  von 
einander  häufig  in  ihrer  Symmetrie  abweichen ; Belege  hiefiir  sind : 

Calcit  ....  IV.  8.  E = 101°  54'  G holoedrisch  rhomboedrisch 

Dolomit  . . . IV.  8.  E = 102°  38'  2 rhomboedrische  Hemiedrie 

Hämatit ...  IV.  8.  E = 85°  42'  holoedrisch  rhomboedrisch 

Itmenit  . . . IV.  8.  t,  = 85°  8'  rhomboedrische  Hemiedrie. 

In  vielen  anderen  Fällen  ist  eine  ähnliche  Abweichung  angedeutet ; 
ich  führe  nur  die  obigen  an,  wo  die  höher  symmetrische  Substanz  so 
flächenreich  und  so  genau  untersucht  ist,  dass  ihre  Symmetrie  mit  der 
erreichbaren  Wahrscheinlichkeit  feststeht;  mit  Sicherheit  lässt  sich  eine 
untere  Gränze  allerdings  niemals  angeben. 

Die  optische  Aehnlichkeit  chemisch  analoger,  isomorpher  Sub- 
stanzen verschiedener  Symmetrie,  wie  sie  durch  Calcit  und  Dolomit 
dargeboten  wird,  ist,  wenn  sie  sich  auch  in  anderen  Fällen  vorfindet, 
eine  sehr  auffällige  Erscheinung;  immerhin  Hesse  sie  sich  in  der  Weise 
vorstellen,  dass  etwa  die  geringere  Symmetrie  der  einen  Substanz  durch 
eine  sehr  kleine  Abweichung  der  Stellung  der  Molecüle  im  Partikel 
erzeugt  wird,  welche  Abweichung  genügen  mag,  um  Meroedrie  oder 
Verschiedenheit  der  Aetzfiguren  hervorzubringen,  aber  zu  schwach  ist, 
um  die  Verhältnisse  der  Doppelbrechung  in  namhaftem  Masse  zu 
alteriren. 

In  jedem  Falle  werden  wir  genöthigt  sein,  die  Brechungsquotienten, 
also  die  Fortpflanzungsgeschwindigkeit  des  Lichtes  auf  die  Anordnungs- 
weise der  Atome  zurückzuführen. 

Und  da  wir  oben  geschlossen  haben,  dass  diejenigen  Theilchen, 
deren  Anordnungsweise  in  den  nächst  höheren  Complexen  noch  auf  die 
optischen  Constanten  einwirken,  für  isomorphe  Substanzen  analoger 
Zusammensetzung  gleich  gelagert  sind,  so  ergibt  sich  uns  somit: 
isomorphe  Körper  analoger  chemischer  Zusammensetzung  haben  analoge 
Anordnung  der  Atome  und  Molecüle. 


')  Diese  Meroedrie  des  Dolomites  wird  auch  durch  die  Aetzfiguren  bestätigt, 
worüber  unten  ausführlicheres.  Haushofer,  Asterismus  und  Brewster’sche  Licht- 
figuren. München  1869.  In  meiner  Arbeit  filier  die  tetartosymmetrische  Abtheilung 
des  hexagonalen  Krystallsystemes,  Wiener  akademische  Sitzungsberichte  (1)  LX  891, 
habe  ich  die  Aetzfiguren  des  Dolomits  nach  v.  Ko  bell  als  holoedrisch  angeführt, 
was  hiermit  berichtigt  wird. 


142 


Dr.  Aristides  Brezina. 


[24] 


V.  Isothermen  und  Ausdehnungscoefficienten. 

Die  Curven  der  Ausbreitung  gleicher  Temperatur  an  einer  Kry- 
stallfläche  sind  Ellipsen,  welche  sich  als  die  Durchschnitte  der  betreffen- 
den Krystallfläche  mit  einem  für  denselben  Krystall  constanten  Ellipsoide 
erweisen. 

Es  folgt  daraus,  r)  dass  dieses  Ellipsoid  für  tesserale  Ivrystalle  eine 
Kugel,  für  hexagonale,  tetragonale  und  rhomboedrische  ein  Rotationsellip- 
soid, für  prismatische,  monokline  und  trikline  ein  dreiaxiges  Ellipsoid  ist, 
dessen  drei  Hauptschnitte  in  prismatischen  Krystallen  mit  den  drei 
Symmetrieebenen,  dessen  einer  Hauptschnitt  im  monoklinen  System  mit 
der  einzigen  Symmetrieebene  coincidiren  und  dessen  Lage  gegen  die 
räumlichen  Elemente  im  triklinen  Systeme  gar  keiner  Bedingung 
unterliegt. 

In  der  folgenden  Zusammenstellung  sind  dieselben  Bezeichnungen 
wie  in  der  für  die  Brechungsconstanten  angewendet,  die  thermische 
Ellipticität  einaxiger  Substanzen  ist  die  Grösse 


wenn  das  Verhältniss  des  Ausbreitungsradius  längs  der  Hauptaxe 

zu  dem  senkrecht  zu  derselben  bedeutet;  je  nachdem  e positiv  oder  negativ 
ist,  unterscheiden  wir  thermisch  positive  oder  negative  Substanzen,  ent- 
gegen der  Bezeichnung  von  Grailich* 2)  und  v.  Lang3),  welche  für 
Wärmeleitung  ein  allen  anderen  Symbolen  entgegengesetztes  anwenden. 

Das  Mass  der  optischen  Doppelbrechung  findet  sich  zum  Ver- 
gleiche beigesetzt. 

Die  isomorphe  Gruppe  Fe2  03,  A1.2  03,  Bi,  Sb  gehört  unter  die 
anomalen  Substanzen,  deren  Spaltbarkeit  nicht  im  Einklänge  mit  ihren 
Retieulardichten  steht;  es  lässt  sich  nicht  mit  Sicherheit  angeben,  ob 
diese  Substanzen  hexagonal  oder  rhomboedrisch  sind,  obwohl  die  letztere 
Annahme  die  wahrscheinlichere  ist;  im  ersteren  Falle  müsste  Spaltbar- 
keit nach  einer  Hälfte  einer  meroedrischen  Gestalt  angenommen  werden; 
bei  dieser  Gruppe  sind  der  Rhomboederwinkel  und  die  Spaltbarkeit  als 
krystallographische  Definition  angegeben. 


’)  Bezüglich  der  Notliwendigkeit  dieser  Folgerung  vgl.  v.  Lang,  Krystallo- 
grapliie,  pag.  138 — 145  und  Brezina.  Entwickelung  der  Hauptsätze  der  Krystallo- 
graphie.  Diese  Mittheilungen  1872,  pag.  27  —35. 

-)  Grailich,  Miller’s  Lehrbuch  der  Krystall ographie,  übersetzt  von  Grailich, 
Wien,  1850,  pag.  320. 

3)  v.  Lang.  Wien.  Akad  Sitzungsberichte  (2)  LTV.  103. 


[25] 


Das  Wesen  der  Isomorphie  und1  die  Feldspathfrage. 


143 


Substanz 

System 

und 

c 

therm. 

Doppel- 

Modus 

a 

Ellipt. 

brechung 

Apatit 

VI.  11. 

0-7346 

— 0-04 

Pyromorphit 

0-7362 

— 0-03 

— 

Ca  S2  06  4 11,0  

VI.  11. 

1-500 

— 0050 

— 

06  4 11,0  

1-516 

+ 0-014 

+ 0-0258 

Calomel  Hg  Cl2 

V.  10. 

2-437 

— 0-32 

+ 

Anatas  Ti  02 

2-513 

+ 

— 0-0156 

Si  Zr  04 

V.  9. 

0-9056 

— Oll 

+ 

Ti  02 

0-9110 

— 0-25 

+ 

Sn  02 

0-9509 

— 0-27 

+ 

KH2  As  04 

V.  9. 

09380 

+ 0-12 

— 00631 

KH2  P 04 

0-9391 

+ 0-17 

— 0-0658 

NH4  Ii  As  04 

1-0035 

-f  0-16 

— 00664 

nh4  h2  p o4 

1 0076 

+ 0-12 

— 0-0561 

Substanz 

System 

und 

Modus 

Axen- 

winkel 

therm. 

Ellipt. 

Doppel- 

brechung 

CaCO,  

IV.  8. 

0 ' 

101  54*6 

— 0095 

— 02409 

(Ca  Mg)  C Oa 

102  38-2 

+ 0-048 

— 

FeCO,  

103  4-5 

+ 0-082 

— 

(Mg  Fe)  C03 

103  12  7 

-f  0-061 

— 

Mg  C03 

103  21-5 

+ 0-065 

— 

(NH4)4  Cd  Cl6 

IV.  8. 

108  59-2 

— o-o 

+ 0-0004 

Ii4  Cd  Clg 

109  38-4 

— 0-07 

+ o-oooi 

144 


Dr.  Aristides  Brezina. 


[26] 


Substanz 

Rhomboeder- 

Winkel 

Sp  altb  arkei  t 

Therm. 

Ellipt. 

Doppel- 

brechung 

Ab  03 

86°  4' 

(100)  (111) 

— 0T1 

Fe2  03 

o 

00 

(111)  (100)— (110) 

(111)  (212)  (110) — (100)  (111) 

+ 0-09 

Sb 

CO 

i> 

CO 

-(101) 

+ 0-37 

Bi 

00 

-4 

o 

© 

(111)— (110)— (100)  (111) 

+ 

Die  obigen  Zalen  lassen  erkennen,  dass  zunächst  zwischen  der 
Anordnung  der  Partikel  und  der  Spaltbarkeit  einerseits,  und  der  Tem- 
peraturausbreitungs  - Constante  andererseits,  kein  directer  Zusammen- 
hang besteht;  die  Zalen  verhalten  sich  ganz  ähnlich  denen  für  Doppel- 
brechung; auch  die  gleichzeitige  Verschiedenheit  des  thermischen  und 
optischen  Charakters  bei  einigen  isomorphen  Substanzen  lässt  eine 
Beziehung  zwischen  diesen  Constanten,  eine  Zurückführbarkeit  auf  die- 
selbe Anordnungsweise,  nämlich  die  der  Atome  annehmen. 

Die  Ausdehnungscoefficienten  der  Krystalle  nach  verschiedenen 
Richtungen  sind  nur  für  eine  geringere  Anzahl  Krystalle  bei  verschie- 
denen Temperaturen  bestimmt,  ohne  jedoch  irgend  eine  Beziehung  bei 
isomorphen  Substanzen  erkennen  zu  lassen;  da  alle  bisherigen  Aus- 
dehnungsformeln rein  empirische  sind  und  ihre  wechselnde  Form  zeigt, 
dass  ihr  Bau  auch  nicht  entfernt  der  wahren  Gleichung  sich  nähert, 
wäre  es  überflüssig,  irgend  einen,  dem  Mass  der  Doppelbrechung  oder 
dem  der  thermischen  Ellipticität  entsprechenden  Ausdruck  zu  berechnen. 


VI.  Magnetische  Richtkraft. 

Die  Masse  eines  Krystalles,  unabhängig  von  der  Richtung  in  dem- 
selben, wird  von  einem  Magneten  entweder  angezogen  oder  abgestossen, 
wonach  die  Krystalle  in  para-  und  diamagnetische  zerfallen;  die  in 
einem  Krystalle  nach  den  verschiedenen  Richtungen  ungleich  grosse 
magnetische  Wirkung  besteht  wiederum  aus  zwei  wesentlich  verschie- 
denen Componenten. 

Der  überwiegende  Theil  derselben  lässt  sich,  wie  P Kicker  x) 
gezeigt  hat,  auf  die  Wirkung  eines  Ellipsoides  zurückführen,  daä  sich 
ganz  ähnlich  wie  das  optische  Polarisationsellipsoid  verhält;  in  Fällen 
in  welchen  zufolge  dieser  Componente  gar  keine  Einwirkung  statt- 
haben dürfte,  haben  Knoblauch  und  Tyndall* 2)  eine  wenn  auch 


')  Pl  tick  er,  Phil.  Trans.  1858.  543. 

2)  Knoblauch  und  Tyndall,  Pogg.  Ann.  LXXIX.  233. 


[27] 


Das  Wesen  der  Isomorphie  und  die  Feldspathfrage. 


145 


schwache,  doch  ganz  entschiedene  und  in  einem  Sinne  auftretende 
magnetische  Wirkung  constatirt. 

Es  wurden  von  demselben  elf  Kalkspathvarietäten  untersucht ; da- 
von waren 

Varietät  1—5  diamagnetisch, 
ß - — 11  paramagnetisch. 

Daraus  wurden  kreisrunde  Scheiben  geschnitten,  welche  an  einem 
verticalen  zu  ihrer  Fläche  senkrechten  Faden  aufgehängt,  in  der  Hori- 
zontalebene um  eine  verticale  Axe  schwingen  konnten. 

Von  allen  elf  Varietäten  stellten  sich  nun  Scheiben  parallel  der 
Basis  (111J  im  magnetischen  Felde  so  ein,  dass  eine  der  Tracen  der 
Grundrhomboederflächen  (Spaltungsebenen),  also  eine  der  Linien  [Oll] 
[fOl]  [110]  äquatorial  stand. 

Der  auf  ein  Ellipsoid  zuriickführbare  Tlieil  der  magnetischen 
Wirkung  gibt  in  diesem  Falle  keine  Componente,  weil  das  Ellipsoid  in 
rhomboedrischen  Krystallen  ein  Rotationsellipsoid  ist,  dessen  Kreis- 
schnitt mit  der  Basis  (111)  coincidirt ; in  dieser  Basis  sind  somit  alle 
Richtungen  äquivalent. 

In  allen  übrigen  untersuchten  Fällen,  bei  denen  die  Componente 
der  andern,  auf  ein  Ellipsoid  zurückführbaren  Wirkung  nicht  ver- 
schwand, stellten  sich,  dieser  überwiegenden  Kraft  entsprechend,  dia- 
und  paramagnetische  Varietäten  entgegengesetzt  ein,  und  zwar  immer 
so,  dass  die  kräftigste  Wirkung  längs  der  optischen  Axe  entfiel;  wenn 
also  in  dem  Schema  (abc)  ohne  Rücksicht  auf  dia-  oder  paramagnetische 
Natur  a >>  b >>  c die  Reihenfolge  der  Stärke  der  Einwirkung  ansdrückt, 
so  besitzen  alle  untersuchten  Varietäten  das  Schema  (cca)  und  zwar: 

Var.  1—5,  <i  (cca).  Var.  6 — 11  % (cca). 

Es  stellen  sich  nämlich 

Scheiben  parallel  einer  Spaltungsebene  (100)  mit  der  Richtung 
der  kurzen  Diagonale  oder  [Oll]  äquatorial  in  Varietät  1 — 5 und  axial 
in  Varietät  6 — 11. 

Beliebige,  der  optischen  Axe  parallele  Scheiben  (h  . k . h -f-  k) 
mit  der  Richtung  der  optischen  Axe  oder  [111]  äquatorial  in  Varietät 
1 — 5 und  axial  in  Varietät  6 — 11. 

Bezüglich  der  von  der  krystallograpliischen  Werthigkeit  abhängigen 
magnetischen  Wirkung  lässt  sich  keine  weitere  Schlussfolgerung  ziehen, 
da  dieselbe  nur  für  eine  einzige  Substanz  beobachtet  ist. 

Für  den  auf  ein  Ellipsoid  zurückführbaren  Tlieil  der  magnetischen 
Wirkung  stellen  sich  gewisse  Beziehungen  zur  Isomorphie  heraus,  die 
in  der  nachfolgenden  Zusammenstellung  ersichtlich  sind. 


Mineralogische  Mittheilungen.  1875.  3.  Heft.  (Dr.  Aristides  Brezina.) 


20 


146 


Dr.  Aristides  Brezina. 


[28] 


Arsen 

Eisenglanz 

Antimon 

Wismut 

jt  (cca) 
jt  (cca) 

6 (cca) 

6 (aac) 

ö (aac) 

6 (aac) 

Calcit 

4 (cca)  jt  (cca) 

6 (aac)  ? 

jt  (aac)  ? 

Na  N08 

6 (cca) 

Siderit 

jt  (cca) 

Mg  C03 

jt  (cca) 

Zirkon 

jt  (cca) 

Zinnstein 

jt  (acc)  6 (aac) 

Ba  S04 

Sr  S04 

III.  4 

08146  : 1 : 1 3127 

0-7790  : 1 : 1-2753 

6 (acb) 

6 (acb) 

K Na  C4  H4  06.  4 H.,0 
Nn4  Na  C4  H4  06.  4 H20 

in.  4. 

0-8317  : 1 : 0'4296 

C-8233  : 1 : 0-4200 

6 (acb) 

6 (acb) 

Zu  S04.  7 H20 

Ni  S04.  7 H20 

Mg  S04.  7 H30 

Mg  Cr  04.  7 H20 

in.  e. 

1 : 0-9804  : 0 5651 

1 : 0-9815  : 0 5656 

1 : 0-9901  : 0 5709 

1 : 0 9901  : 0 5735 

6 (cba) 

jt  (cba)  jt  (cab) 

6 (cba) 

6 (abc) 

Mg  Cd2  dg.  12  H20 

Ni  Cd2  CI«.  12  H20 

Co  Cd2  Clg.  12  H20 

III.  6. 

1 : 0 9460  : 0-3040 

1 : 0 9126  : 0 3431 

1 : 0-9126  : 0-3431 

6 (bac)  jt  (bac) 
jt  (bac) 
jt  (bac) 

[29] 


Das  Wesen  der  Isomorphie  und  die  Feldspathfrage. 


147 


Diese  Beobachtungen  lassen  bezüglich  des  durch  Ellipsoide  dar- 
stellbaren Theiles  der  magnetischen  Wirkung  genau  dasselbe  Verhalten 
erkennen,  welches  das  Polarisationsellipsoid,  sowie  dasjenige  für  Wärme- 
leitung gezeigt  haben;  keine  directe  Beziehung  zur  Anordnung  der 
Partikel  im  Krystall,  respective  zur  Spaltbarkeit,  immerhin  jedoch  eine 
gewisse  Annäherung  bei  isomorphen  Verbindungen,  wenigstens  in  den 
meisten  Fällen,  so  dass  hier  wrie  bei  der  Wärmeleitung  der  Schluss 
mit  Wahrscheinlichkeit  gestattet  ist,  dass  die  magnetische  Wirkung  auf 
der  Anordnung  der  Atome  beruht. 


VII.  Auflösungserscheinungen. 

Wirkt  ein  Lösungsmittel  in  gleichmässiger  Vertheilung  während 
einer  sehr  kurzen  Zeit  auf  eine  Krystallfläche  ein,  so  entstehen  in  den 
meisten  Fällen  viele  sehr  kleine  Vertiefungen,  die  sogenannten  Aetz- 
figuren. 

Die  Orientirung  und  Beschaffenheit  solcher  Aetzfiguren  kann 
entweder  mittelst  des  Mikroskopes  direct  wahrgenommen  oder  in  indi- 
recter  Weise  durch  Interferenz  und  Beugung  insofern  dargestellt 
werden,  als  alle  einzelnen  Aetzfiguren  untereinander  congruent  und 
gleich  orientirt  sind. 

Lässt  man  das  Lösungsmittel  in  einem  continuirlichen  Strahl  senk- 
recht gegen  die  Krystallfläche  wäreml  längerer  oder  kürzerer  Zeit  aus- 
strömen, so  entstehen  bei  einem  bestimmten  von  der  Löslichkeit 
abhängigen  Ausströmungsdruck  grössere  Figuren,  welche  durch  mehr 
oder  weniger  scharfe  Ränder  von  der  übrigen,  umgebenden  geätzten 
Fläche  getrennt  sind,  die  von  Fxner  1)  aufgefundenen  und  beschriebenen 
Lösungsfiguren. 

Die  Aetzfiguren,  deren  Gestalt  mit  wechselnder  Temperatur, 
Concentration  der  Lösung  und  Dauer  der  Einwirkung  ausserordentlich 
veränderlich  ist,  folgen  zumeist  in  ihrer  Symmetrie  einer  jeden  am 
Krystalle  wahrnehmbaren  Meroedrie;  es  ist  bisher  kein  Fall  bekannt, 
wo  eine  bezüglich  ihrer  Aetzfiguren  untersuchte  Substanz  eine  sonst 
auftretende  Meroedrie  nicht  auch  in  diesen  Erscheinungen  gezeigt  hätte. 

Damit  ist  sofort  nachgewiesen,  dass  alle  Anordnungsweisen  auf 
die  Aetzfiguren  Einfluss  haben,  dass  dieselben  also  von  der  Anordnung 
der  Atome  abhängen.  Damit  stimmt  auch  die  Thatsache  überein,  dass 
isomorphe  Substanzen,  deren  abweichende  Bestandtheile  einander  chemisch 
nahe  verwandt  sind,  unter  sonst  gleichen  Umständen  auch  ähnliche 
Aetzfiguren  zeigen. 

Die  Exner’schen  Lösungsfiguren  sind  bisher  an  wenigen  Sub- 
stanzen dargestellt,  doch  ist  mit  Sicherheit  die  Abwesenheit  einer 
directen  Abhängigkeit  von  der  Anordnung  der  Partikel  im  Krystalle, 


x)  Exner,  Wien.  Akad.  Sitzungsb.  (2).  LXIX.  6. 


20* 


148 


Dr.  Aristides  Brezina. 


[30] 


respective  von  der  Spaltbarkeit  erwiesen.  Audi  die  Meroedrie  wurde 
in  den  bisher  untersuchten  Fällen  als  vollkommen  einflusslos  befunden; 
die  Symmetrie  der  Lösungsfiguren  war  die  der  betreffenden  Krystall- 
systeme. 


Zusammenstellung  der  früheren  Schlüsse. 

1.  Unter  der  Annahme  der  atomistischen  Hypothese  ergibt  die 
Gleichheit  des  physikalischen  Verhaltens  der  Krystalle  längs  parallelen 
Geraden  an  verschiedenen  räumlichen  Stellen  die  gleichmässige  Anord- 
nung der  Partikel  im  ganzen  Krystall. 

2.  Das  Princ.ip  der  gleichmässigen  Anordnung  ergibt  als  einzig 
mögliche  Anordnungsweisen  der  Partikel  14,  nach  ihrer  Symmetrie  in 
7 Klassen  — Krystallsysteme  — zerfallende  Modus. 

3.  Unter  der  Annahme,  dass  die  Flächen  kleinster  Reticulärdichte 
die  häufigsten  und  ausgedehntesten  sind,  lässt  sich  die  Anordnungs- 
weise für  die  einzelnen  Substanzen  bis  auf  eine  absolute  Constante 
berechnen. 

4.  Die  häufige  und  gesetzmässige  Abweichung  der  Symmetrie  der 
Flächenaustheilung  und  Beschaffenheit  von  der  des  Modus,  zu  welchem 
eine  Substanz  vermöge  ihrer  räumlichen  Elemente  gehört,  beweist  die 
Existenz  einer  eigenen  Symmetrie  der  Partikel  oder  die  Zusammen- 
setzung der  Partikel  aus  getrennten  Theilchen,  Molecülen. 

5.  Das  Vorhandensein  somatischer  Gegensätze,  welche  durch  die 
Anordnung  der  Partikel  in  den  Krystallen  nicht  hervorgebracht  werden 
können,  in  dreierlei  Formen:  an  den  Krystallen  einer  Substanz  allein, 
an  ihren  Partikeln  — in  Lösung  oder  Schmelzfluss  — allein,  oder  in 
beiden  zugleich,  beweist  die  Existenz  einer  eigenen  Symmetrie  der 
Molectile  oder  die  Zusammensetzung  der  Molectile  aus  getrennten 
Theilchen,  Atomen. 

6.  Substanzen  mit  gleichem  Modus,  aber  verschiedenen  räumlichen 
Elementen  sind  häufig  durch  viele  Zwischenglieder  mit  einander  ver- 
bunden, so  dass  die  Möglichkeit  anzunehmen  ist,  dass  mit  fortschrei- 
tender Zahl  der  untersuchten  Substanzen  alle  einem  Modus  angehörigen 
Körper  mit  einander  durch  unmerkliche  Uebergänge  verbunden  sein 
werden. 

7.  In  einer  solchen  Reihe  sind  jedoch  gewisse  Kerne  vorhanden, 
um  welche  sich  eine  grössere  Anzahl  von  Körpern  dicht  aneinander- 
schliesst,  deren  räumliche  Elemente  so  nahestehende  numerische  Werthe 
besitzen,  dass  sich  die  Formen  der  einen  Substanz  auf  die  Axen  der 
andern  beziehen  lassen. 

8.  Alle  einander  so  nahestehenden  Glieder  eines  solchen  Kernes 
nennen  wir  isomorph;  den  ganzen  Kern  eine  isomorphe  Gruppe;  die 
räumlichen  Elemente  einer  isomorphen  Gruppe  nähern  sich  meist  einem 
Gränz-  (nicht  Mittel-)  Werth,  welcher  durch  Quadratwurzeln  aus  den 
niedrigsten  ganzen  Zahlen  charakterisirt  ist. 


[31] 


Das  Wesen  der  Isomorphie  und  die  Feldspathfrage. 


149 


9.  Sehr  häufig  besitzen  isomorphe  Körper  eine  ähnliche  chemische 
Zusammensetzung,  indem  ein  Theil  ihrer  Bestandteile  nach  Substanz 
und  Anzahl  der  Molecüle  gleich  und  die  übrigbleibenden  ungleichen 
Bestandtheile  in  beiden  Substanzen  in  gleicher  Molecularzahl  Vorkommen; 
wir  sagen  von  den  letzteren,  dass  sie  einander  isomorph  vertreten ; es 
zeigt  sich,  dass  sich  gewisse  Elemente  oder  Atomgruppen,  Radicale, 
sehr  häufig  vertreten,  andere  weniger  oft,  wieder  andere  gar  nicht, 
ohne  dass  sich  zwischen  diesen  Fällen  völlig  scharfe  Gränzen  ziehen 
lassen.  Isomorphe  Substanzen  der  ersten  Art  sind  z.  B.  Ba  S04  und 
Sr  S04.  Zuweilen  haben  isomorphe  Körper  keinen  Bestandteil  gemein- 
sam, aber  sie  bestehen,  je  aus  gleichen  Mengen  solcher  Substanzen,  welche 
einander  häufig  isomorph  vertreten  und  gleiche  chemische  Valenz 
besitzen.  (K2  Si  F6  und  [NH4]2  Sn  Cl6);  es  vertreten  sich  ferner 
Elemente  verschiedener  Valenz  bei  gleicher  Molecularzal  und  gleicher 

II  IV  I II  V I II  II  VI  I II 

Sättigung  (Mg  Si  Fc.  6 H20  — Mg  Nb  F5  0.  6 H20  — Mg  W F4  02. 
6 H20),  welcher  Fall  durch  Annahme  der  Vertretung  von  Atomgruppen 
die  dann  gleichwertig  sein  können,  auf  die  beiden  ersten  zurückführbar 
ist;  und  endlich  finden  sich  isomorphe  Körper,  welche  keinerlei 
Analogie  in  ihrer  chemischen  Zusammensetzung  mehr  besitzen  (Zn  C03 
und  Agc  As2  Sg  oder  Zr  Si  04  und  Y3  P2  08). 

10.  In  der  überwiegenden  Mehrzal  der  Fälle  geht  die  Spaltbar- 
keit der  Krystalle  nach  der  oder  den  Flächen  kleinster  Reticulardichte. 
In  einigen  wenigen  anomalen  Substanzen  stimmen  Spaltbarkeit,  räum- 
liche Elemente,  Flächenhäufigkeit  und  Flächenausdehnung  nicht  mit 
einander  überein. 

11.  In  zweiter  und  dritter  Linie  hängen  Austeilung,  Häufigkeit 
und  Ausdehnung  der  Flächen  von  der  Anordnung  der  Molecüle  in  den 
Partikeln  und  der  Atome  in  den  Moleciilen  ab,  wie  schon  aus  dem 
Vorhandensein  der  Meroedrien  überhaupt  (siehe  Punkt  4)  und  der 
Enantiomorphie,  bei  gleichzeitiger  Existenz  anderer  somatischer  Gegen- 
sätze (Punkt  5)  hervorgeht. 

12.  Die  Härte  nach  einer  auf  einer  Fläche  gelegenen  Richtung 
ist  innerhalb  der  Beobachtungsfehler  nur  abhängig  von  der  Lage  und 
Güte  der  Spaltungsebenen  und  einer  für  alle  Richtungen  eines  Krystalls 
constanten  Grösse.  Das  Verhältniss  der  Güten  zweier  ungleichwerthiger 
Spaltungsebenen  steht  in  keiner  einfachen  Beziehung  zu  dem  Verhält- 
niss ihrer  Reticulardichten. 

13.  Die  Erscheinungen  des  Lichtes  in  Krystallen  konnten  (Punkt  5) 
nur  durch  die  Existenz  dreier  Anordnungsweisen,  der  Partikel,  der 
Molecüle  und  der  Atome,  erklärt  werden,  woraus  sich  die  Zurückführung 
dieser  Erscheinungen  auf  die  innerste  jener  Anordnungsweisen,  die  der 
Atome,  ergab. 

14.  Die  grössere  oder  geringere  Näherung  der  Brechungsconstante 
isomorpher  Körper  je  nach  der  Aehnlichkeit  der  einander  vertretenden 
Elemente  und  je  nach  dem  Verhältnisse  zwischen  gemeinsamen  und 
verschiedenen  chemischen  Bestandtheilen  bewies,  dass  analog  zusam- 
mengesetzte isomorphe  Körper  gleiche  Anordnung  der  Atome  im  Molecül 
besitzen. 


150 


Dr.  Aristides  Brezina. 


[32] 


15.  Die  Abweichung  in  der  Symmetrie  analog  zusammengesetzter 
isomorpher  Substanzen  bei  gleichzeitiger  Näherung  der  Brechungs- 
constanten  lässt  vermuthen,  dass  eine  solche  Abweichung  durch  eine 
sehr  geringe,  aber  symmetrisch  ungleiche  Verschiedenheit  in  der  An- 
ordnung der  Molecüle  in  den  Partikeln  hervorgebracht  wird. 

16.  Die  Curven  der  Ausbreitung  einer  gleichen  Temperatur  auf 
Kry stallflächen  sind  Ellipsen,  welche  sich  als  Durchschnitte  der  betref- 
fenden Fläche  mit  einem  für  den  ganzen  Krystall  constanten  Ellipsoide 
darstellen  lassen.  Die  Vergleichung  der  thermischen  Ellipticität  iso- 
morpher Substanzen  zeigt  die  Abwesenheit  einer  directen  Beziehung 
zu  der  Anordnung  der  Partikel  im  Krystalle,  dagegen  eine  grosse 
Analogie  mit  dem  optischen  Polarisationsellipsoide,  so  dass  mit  grosser 
Wahrscheinlichkeit  die  nach  verschiedenen  Richtungen  ungleiche  Wärme- 
leitung auf  die  Anordnung  der  Atome  bezogen  werden  kann. 

17.  Die  Ausdelmungscoefficienten  der  Krystalle  nach  verschiedenen 
Richtungen  lassen  für  isomorphe  Substanzen  keinerlei  Gesetzmässigkeit 
ersehen. 

18.  Die  magnetische  Richtkraft  erscheint  als  aus  zwei  Componenten 
zusammengesetzt,  wovon  die  bei  Weitem  überwiegende  sich  auf  die 
Wirkung  eines  Ellipsoides  zurückführen  lässt  und  für  eine  Substanz  in 
den  meisten  Fällen  bezüglich  der  Orient! rung  der  Grössenfolge  constant 
erscheint,  wenngleich  der  para-  oder  diamagnetische  Charakter  je  nach 
oft  unbedeutenden  Beimengungen  sich  ändert;  und  einem  zweiten,  mit 
der  krystailographischen  Werthigkeit  einer  Richtung  sich  ändernden 
Theil,  dessen  Orientirung  von  der  Aenderung  des  para-  oder  diamagne- 
tischen  Charakters  unabhängig  ist. 

19.  Der  auf  die  Wirkung  eines  Ellipsoides  zurücltführbare  Theil 
der  magnetischen  Richtkraft  zeigt  bei  isomorphen  Substanzen  dieselben 
Beziehungen  wie  das  optische  Polarisationsellipsoid  und  das  der  Aus- 
breitung gleicher  Temperaturen  und  kann  somit  ebenfalls  mit  Wahr- 
scheinlichkeit auf  die  Anordnung  der  Atome  zurückgeführt  werden. 

20.  Die  durch  die  gleichmässige,  kurze  Einwirkung  eines  Lösungs- 
mittels auf  eine  Krystallfläche  erzeugten  Aetzfiguren  wiederholen  in 
ihrer  Symmetrie  alle  symmetrischen  Abweichungen  der  Meroedrien  von 
der  Symmetrie  der  betreffenden  Krystallsysteme,  woraus  ihre  Abhängig- 
keit von  der  Anordnung  der  Atome  hervorgeht;  wenn  sie  unter  sonst 
gleichen  Umständen  an  solchen  isomorphen  Substanzen  erzeugt  werden, 
deren  abweichende  Bestandteile  einander  chemisch  nahe  stehen,  sind 
sie  meist  ähnlich.  Die  durch  senkrechte  Ausströmung  eines  Lösungs- 
mittels gegen  eine  Krystallfläche  erzeugten  Exner’schen  Lösungs- 
figuren  lassen  sich  nicht  durch  die  Anordnung  der  Partikel  respective 
die  Spaltbarkeit,  erklären,  sind  jedoch  in  den  bisher  untersuchten 
Fällen  von  der  Meroedrie  unabhängig,  sondern  folgen  der  Symmetrie 
des  Krystallsystemes. 


[33] 


Das  Wesen  der  Isomorphie  und  die  Feldspathfrage. 


151 


Anhang  I. 

Berechnung  der  Refractions-  und  Dispersionsconstante. 


Sind  für  zwei  Wellenlängen  \ und  \ die  zugehörigen  Brechungs- 
quotienten und  m bekannt,  so  gibt  die  Formel 

d 

Fn  — r + 2 

An 

die  Werthe  der  Constanten 


),  2 

r = 0-!  — ({J.2  — O.J  ^ 


p-1  - ÜAp. 


d = (;;.o  — u-j) 


V- V 


= V A p* 


Die  Constanten  U und  V sind  angegeben  für  die  Combinationen 
der  Wellenlängen  B C D E F G1  II  untereinander  und  derer  von  Li 
Na  TI  andererseits.  Unter  V ist  die  Grösse  V.  10,000.000  = V.  107 
angeführt. 


BC 

BD 

BE 

BF 

BG1 

u 

10-520 

2-796 

1-432 

1-004 

0665 

V 

4966 

1321 

674 

474 

314 

BH 

CD 

CE 

CF 

CG1 

u 

0502 

4171 

1-815 

1-216 

0-778 

V 

237 

1798 

782 

524 

335 

CH 

DE 

DF 

DG1 

DH 

u 

0576 

3-982 

2-128 

1-185 

0830 

V 

249 

1-385 

740 

412 

289 

152 


Dr.  Aristides  Brezina.  Das  Wesen  der  Isomorphie. 


[34] 


EF 

EG1 

EII 

EG1 

FH 

u 

5-721 

2-112 

1-311 

3-932 

1-999 

V 

1590 

587 

357 

930 

473 

G'H 

Li  Na 

Li  TI 

Na  TI 

u 

5099 

4-414 

2-751 

5-711 

V 

962 

1535 

787 

1635 

(Der  Schluss,  die  isomorphen  Mischungen  und  die  Feldspathgruppe  betreffend, 

erscheint  im  nächsten  Heft.) 


IV.  Mikroskopische  Studien  über  klastische  Gesteine. 

Von  Friedrich  Arno  Anger. 


Es  ist  schon  lange  Zeit  Gebrauch,  sämmtliche  Gesteine  in  zwei 
grosse  Abtheilungen  zu  bringen,  in  krystallinische  und  klastische 
Gesteine,  eine  Trennung,  die  bis  heute  noch  vielfache  Anwendung  bil- 
det. Es  hat  sich  aber  herausgestellt,  dass  für  die  eine  grosse  Gesteins- 
abtheilung die  Bezeichnung  krystallinisch  nicht  mehr  völlig  passend  ist. 
Zirkel  ')  war  es,  welcher  dies  hervorhob  und  damit  begründete,  dass 
ein  grosser  Theil  der  dazu  gezählten  Gesteine  neben  den  krystalli- 
nischen  Bestandtheilen  amorphe  Materie  in  sich  berge,  einigen  sogar 
unkrystallinische  Ausbildung  eigen  sei.  Die  Benennung  „ursprünglich“ 
oder  „protogen“  hndet  er  deshalb  für  unrichtig,  weil  einige  der  hielte  r 
gehörigen  Gesteine  zweifellose  Umwandlungsproducte  sind.  So  schlägt 
er  als  vorläubge  Aushülfe  für  die  erste  grosse  Abtheilung  den  Namen 
„nichtklastische“  Gesteine  vor. 

Nachdem  nun  die  meisten  Gesteine  dieser  Abtheilung  eine  gründ- 
liche und  eingehende  mikroskopische  Prüfung  erfahren  hatten,  schien 
es  nicht  vergeblich  zu  sein,  auch  eine  grössere  Anzahl  verschiedener 
klastischer  Gesteine  einer  derartigen  Untersuchung  zu  unterwerfen, 
deren  gewonnenes  Ergebniss  in  vorliegender  Arbeit  dargelegt  wer- 
den soll. 

Das  zu  diesen  Studien  verwendete  Material  stammt  zum  grössten 
Theile  aus  dem  mineralogischen  Museum  der  hiesigen  Universität  und 
wurde  durch  die  Güte  des  Herrn  Professors  Dr.  Zirkel  dem  Ver- 
fasser übermittelt. 

Bezüglich  der  Anordnung  desselben  sei  noch  bemerkt,  dass  das- 
selbe sich  in  drei  grössere  Gruppen  vertheilt  und  zwar: 

1.  Sandsteine  nebst  Grauwacken  und  Mergel. 


‘)  Mikroskopische  Beschaffenheit  der  Mineralien  und  Gesteine,  pag.  290,  An- 
merkung 1. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1875.  3.  Heft.  (Friedrich  Arno  Anger.) 


21 


154 


Friedrich  Arno  Anger. 


[2] 

2.  Thonschiefer  und  Schieferthone. 

3.  Tuffe. 

I.  Sandsteine,  Grauwacken  und  Mergel. 

Tertiärer  Meeressandstein  von  Butte  d’Aumont  bei  Paris. 

Dieses  harte  compakte  Gestein  liefert  ein  ausgezeichnetes  Beispiel 
eines  typischen  Sandsteins.  Abgerundete  farblose  Quarzkörner  sind  ver- 
kittet durch  eine  im  Dünnschliff  isabellfarbig  erscheinende  Substanz. 
Alle  für  den  Quarz  der  krystallinischen  Gesteine  charakteristischen 
Eigenschaften  kommen  auch  diesen  Quarzen  zu,  wie  dies  nicht  anders 
zu  erwarten  ist,  da  dieselben  ursprünglich  Bestandteile  krystallinischer 
Gesteine  waren  und  nur  insofern  eine  Veränderung  erfahren  haben,  als 
sie  während  des  Transportes  zur  neuen  Bildungsstätte  durch  mecha- 
nische Wirkung  mehr  oder  weniger  abgerundet  wurden.  Fast  in  allen 
Quarzen  dieses  Sandsteins  finden  sich  Flüssigkeitseinschlüsse  mit  beweg- 
licher oder  unbeweglicher  Libelle,  hier  vereinzelt  oder  zu  Reihen 
geordnet,  dort  in  grosser  Anzahl  den  an  sich  wasserklaren  Quarz  wie 
ein  dunkelgrauer  Staub  imprägnirend.  Als  fernere  nur  vereinzelt  vor- 
kommende Einschlüsse  sind  zu  erwähnen  farblose  Säulchen,  nach 
Analogie  der  im  Granitquarz  vorkommenden,  dem  Apatit  angehörig, 
rundliche,  bisweilen  annähernd  hexagonal  umrandete  grünliche  Lamellen, 
schwarze,  höchst  dünne  strichähnliche  Nadeln,  oft  von  beträchtlicher 
Länge  und  opake  scharfe  Hexagone  von  Eisenglanz.  Die  Eigenschaften 
der  Quarze  dieses  Sandsteins  stimmen  also  recht  gut  überein  mit  den- 
jenigen, welche  am  Granitquarz  zu  beobachten  sind,  und  es  scheint 
deshalb  die  Annahme  gerechtfertigt,  dass  es  ein  präexistirender  Granit, 
Gneiss  oder  Glimmerschiefer  gewesen  sei,  welcher  den  Hauptbestand- 
teil dieses  Sandsteins  geliefert  hat.  Eine  bemerkenswerthe  Eigenthüm- 
lichkeit  ist  noch  die,  dass  jedes  Quarzkorn  von  einer  schmalen,  fast 
farblosen  Zone  rahmenartig  eingefasst  ist,  welche  ihrem  optischen  Ver- 
halten und  ihrer  chemischen  Constitution  nach  übereinstimmt  mit  der 
angrenzenden  cämentirenden  Materie. 

Höchst  vereinzelt,  gewissermassen  accessorisch  hinzutretend,  finden 
sich  rundliche  Fragmente  von  dunkelgrünem  Magnesiaglimmer. 

Das  die  klastischen  Quarze  innig  verbindende  Cäment  erweist  sich 
seiner  chemischen  Natur  nach  als  kohlensaures  Eisenoxydul.  Mit  Salz- 
säure behandelt,  geht  dasselbe  in  Lösung  und  ein  feiner  Quarzsand 
bleibt  als  Rückstand.  Dieses  lichtbräunlichgelbe,  an  den  dünnsten 
Stellen  des  Präparates  fast  farblose  Cäment  erscheint  bei  schwacher 
Vergrösserung  als  eine  vollständig  homogene  Masse,  doch  offenbart  sich 
bei  stärkerer  Vergrösserung  die  feinkörnige  Zusammensetzung  desselben, 
eine  dichte  Aggregation  winziger  rundlicher  Partikelchen.  Auch  das 
Verhalten  im  polarisirten  Licht  thut  kund,  dass  hier  keine  völlig 
amorphe  Masse  vorliegt,  da  aus  den  völlig  dunkeln  Partien  andere 
matt  bläulich  hervorleuchten.  In  dieser  Masse  liegen  in  wechselnder 
Anzahl  kugelrunde  grüne  Körnchen,  von  denen  die  grösseren  bisweilen 
ein  noch  kleineres  dunkeh'otlies  in  sich  bergen. 


[3] 


Mikroskopische  Studien  über  klastische  Gesteine. 


155 


Während  die  Quarze  den  eigentlich  klastischen  Bestandteil  und 
zwar  den  Hauptbestandteil  dieses  Sandsteins  bilden,  ist  der  cämen- 
tirende  Bestandteil  betreffs  seiner  Entstehung  eine  später  zwischen 
die  Quarzkörner  eingedrungene  Materie,  welche  sich  aus  einer  Solution 
ausgeschieden  hat. 

Viele  der  an  diesem  Sandstein  erörterten  Verhältnisse  kehren  bei 
andern  Sandsteinen  wieder,  namentlich  gilt  dies  in  Hinsicht  auf  die 
Quarzfragmente,  während  das  Cäment  variirender  Natur  ist. 

Schwarzer  Blätter  Sandstein  von  Münzenberg  in  Hessen. 

Die  Quarzkörner  dieses  Sandsteins  tragen  hinsichtlich  ihrer  Form 
und  ihrer  Einschlüsse  dieselben  Eigenschaften  zur  Schau,  welche  wir 
an  denen  des  zuerst  beschriebenen  Gesteins  beobachten  konnten.  Die 
dieselben  verkittende  Materie,  welche  überhaupt  verhält nissmässig 
spärlich  vorhanden  ist,  erscheint  im  Schliff  schwarz  und  undurchsichtig, 
nur  an  einigen  Stellen  dunkelbraun  und  ist  ihrer  chemischen  Natur 
nach  eine  Eisenverbindung.  Indem  sie  die  vorhandenen  Lücken  zwischen 
den  Quarzen  ausfüllt,  ist  die  äussere  Form  gegeben,  doch  bildet  diese 
Materie  auch  allerliebste  kleine  Sternchen  dadurch,  dass  von  einem 
rundlichen  Kerne  viele  winzige  Stachelchen  und  Spiesse  ausstrahlen. 
Auch  zeigen  die  Ränder  der  grösseren  Massen  des  Cäments  vielfach 
eine  stachelige  Beschaffenheit. 

Rother  Blättersandstein  von  Münzenberg. 

Die  Quarzkörner  werden  durch  ein  eisenschüssiges  Cäment  ver- 
bunden. Dasselbe  besteht  aus  einer  farblosen,  amorphen  Grundmasse, 
vermuthlich  einem  unbestimmten  Silikat  angehörig,  in  welcher  dicht 
an  einander  gedrängt,  zahllose  runde,  farblose  Körnchen  mit  dunklem 
Rande  liegen,  ferner  hie  und  da  Glimmerschüppchen  und  kleine  grüne 
Nadeln.  Das  Eisenoxyd,  welches  das  Cäment  innig  imprägnirt,  erscheint 
in  winzigen  Partikelchen,  die  sich  an  vielen  Stellen  in  der  amorphen 
Masse  zu  grösseren  dunkeln  Haufen  dicht  versammeln  und  bedingt  die 
ziegelrothe  Färbung  dieses  Sandsteins. 

Blättersandstein  von  Grindel  bei  Butzbach  in  Hessen. 

Die  reichlich  mit  Flüssigkeitseinschlüssen  erfüllten  Quarze  liegen 
sehr  dicht  neben  einander  und  sind  nur  durch  Spältchen  und  Lücken 
getrennt,  auf  welchen  sich  winzige  farblose  Rhomboederchen  abge- 
schieden und  zu  Häufchen  aggregirt  haben.  Diese  kleinen  krystallisirten 
Gebilde  von  HÖ03 — 0'005  Mm.  Grösse  können  auf  Grund  ihrer  krystal- 
lographischen  und  optischen  Verhältnisse  für  Kalkspath  erachtet  werden. 

Rother  Sandstein  von  Hochscheid  (Hundsrück). 

Die  Quarze  sind  innig  erfüllt  mit  Flüssigkeitseinschlüssen  und 
mikroskopisch  kleinen  Hohlräumen.  Das  Cäment  ist  hier  doppelter  Art. 


156 


Friedrich  Arno  Anger. 


[4] 


Einmal  ist  es  eine  grünlichgelbe,  doppeltbrechende,  oft  deutlich  parallel- 
faserige,  glimmerartige  Substanz,  welche  zumeist  die  Quarze  unmittelbar 
umgiebt.  In  derselben  liegen  in  grosser  Zahl  runde  Schüppchen  und 
ganz  unregelmässig  contourirte  fetzenähnliche  Lamellen  von  braun- 
rothem  Eisenglimmer,  sowie  grössere  impellucide  Massen  von  Eisenoxyd, 
welche  das  rothe  Aussehen  des  Sandsteins  verursachen.  Ferner  beob- 
achtet man  an  einigen  Stellen  innerhalb  des  erwähnten  grünlichgelben 
Minerals  kurze  farblose  Nädelchen,  vereinzelt,  meist  aber  zu  Häufchen 
zusammengeschaart,  welche  mit  den  in  Thonschiefern  vorkommenden 
übereinstimmen.  Der  andere  cämentirende  Bestandtheil,  welcher  die 
noch  vorhandenen  Lücken  ausfüllt,  ist  klastischer  Natur  und  besteht 
aus  kleinen  Quarzkörnchen,  welche  dicht  aggregirt  und  gewöhnlich  nur 
durch  ein  dünnes  Häutchen  von  Eisenoxydhydrat  getrennt  sind. 


Krystallisirter  Sandstein  von  Fontainebleau. 

Dieser  in  Rhomboedergestalt  auftretende  Sandstein  aus  dem 
Oligocän  des  Seinebeckens  besteht  aus  meist  abgerundeten  Quarz- 
körnern, welche  durch  Kalkspath  verkittet  sind.  Die  Quarze  sind  erfüllt 
mit  zahlreichen  flüssigen  Einschlüssen  mit  mobiler  oder  immobiler 
Libelle.  Bemerkenswerth  erscheint  eines  der  beobachteten  Quarzfrag- 
mente, dessen  zahlreiche  Einschlüsse  genau  die  Form  einer  hexagonalen 
Pyramide  mit  dem  Prisma  (P.ooP.)  darboten.  Ferner  finden  sich  ein- 
gehüllt  farblose  Säulchen,  lange  schwarze  strichähnliche  Nadeln,  oft  in 
grosser  Zahl  die  Quarze  durchspiessend,  spärlich  grünliche  Lamellen 
und  schwarze  Eisenglanzkryställchen. 

Wenn  für  dieses  bekannte  und  interessante  Yorkommniss  bisher 
die  Ansicht  galt,  dass  es  der  kohlensaure  Kalk  sei , welcher  die 
Rhomboederbildung  veranlasse,  so  kann  dies  hier  nur  als  das  Richtige 
bestätigt  werden.  Durchschneidet  man  ein  solches  Sandsteinrhomboeder 
parallel  einer  Fläche,  so  gewahrt  man  schon  makroskopisch  auf  der  Bruch- 
Häche  eine  äussere  schmale  Zone,  welche  desjenigen  Glanzes  entbehrt, 
der  dem  grösseren  Kerne  zukommt.  Es  rührt  dies  daher,  dass  in  der 
genannten  äusseren  Zone  der  Kalkspath  als  solcher  reichlicher  vor- 
handen ist,  als  im  Innern. 

Unter  dem  Mikroskope  kennzeichnet  sich  der  Kalkspath  durch 
die  schiefwinkeligen  Sprünge,  welche  seiner  rhomboedrischen  Spaltbarkeit 
entsprechen.  Ausserdem  bemerkt  man  unabhängig  von  diesen  Sprüngen 
zwei  unter  schiefen  Winkeln  sich  schneidende  Parallelsysteme  von 
Zwillingsstreifen,  welche  namentlich  an  der  Randzone  des  Durchschnitts 
zu  beobachten  sind.  Das  Wichtigste  dieser  Erscheinung  liegt  aber  darin, 
dass  der  Verlauf  der  Zwillingsstreifen  durch  den  ganzen  Durchschnitt 
in  gleicher  Richtung  stattfindet.  Dies  beweist  uns,  dass  der  Kalkspath 
nicht  in  einzelnen  von  einander  unabhängigen  Partien  zwischen  den 
Quarzkörnern  steckt,  sondern  dass  er  ein  Einheitliches,  ein  Zusammen- 
hängendes bildet,  das  nur  von  vielen  Quarzkörnern  unterbrochen  ist, 
gewissermassen  ein  grösseres  Kalkspathrhomboeder,  in  welchem  viele 
Quarze  eingebettet  sind. 

Sicher  ist,  dass  der  Quarz,  obgleich  er  das  Hauptmaterial  des 
Gesteins  geliefert  hat,  sich  bei  dem  Zustandekommen  dieser  Rhomboeder- 


[5] 


Mikroskopische  Studien  über  klastische  Gesteine. 


157 


formen  ganz  passiv  verhalten  hat  und  die  Bedingungen  lediglich  in 
der  Materie  des  kohlensauren  Kalks  zu  suchen  sind,  welcher  durch 
Infiltration  zwischen  die  anfangs  losen  kleinen  Quarzkörner  gelangte 
und  nun  unbeschadet  der  ihm  fremdartigen  Quarze  seine  Krystallisations- 
tendenz  zur  Geltung  brachte. 

Bei  gekreuzten  Nicols  erscheint  der  Kalkspath  gleiehmässig  dunkel- 
grau,  und  die  Quarze  leuchten  in  den  lebhaftesten  Farben  hervor. 

Sandstein  mit  Glaukonit  von  Pirna. 

* Die  schon  makroskopisch  deutlich  erkennbaren  klastischen  Quarz- 
körner von  durchschnittlich  übereinstimmender  Grösse  bilden  den  vor- 
wiegenden Bestandtheil.  Viele  derselben,  im  gewöhnlichen  Licht  ein- 
heitlich erscheinend,  erweisen  sich  im  polarisirten  Licht  aus  mehreren 
abweichend  gefärbten  Stücken  zusammengesetzt,  entsprechend  einem 
Aggregate  optisch  verschieden  orientirter  Individuen.  Die  Flüssigkeits- 
einschlüsse sind  hier  vielfach  zu  Reihen  und  Schnüren  geordnet,  wobei 
die  Eigenthümlichkeit  hervortritt,  dass  dieselben  immer  bis  an  den 
Rand  des  Quarzkorns  laufen,  eine  Erscheinung,  die  den  klastischen 
Quarzen  vieler  anderer  Gesteine  eigenthümlich  ist  und  mit  ihrer  Ent- 
stehung, nämlich  durch  Zertrümmerung  und  Abschleifung,  zusammen- 
hängt. Das  Cäment  besteht  aus  kleineren  Quarzpartikelchen,  welche 
wiederum  durch  kohlensauren  Kalk  verkittet  sind.  Letzterer  tritt  an 
einigen  Stellen  in  wirklichen  farblosen  Kalkspathindividuen  auf,  meist 
aber  erscheint  er  höchst  feinkörnig,  und  man  erkennt  ihn  leicht  daran, 
dass  er  sich  in  sehr  zarten  parallelen  oft  wellig  gebogenen  Zonen, 
welche  im  polarisirten  Licht  irisirende  Farben  zeigen,  um  die  Quarze 
herumschmiegt.  Dieselbe  Erscheinung  bietet  sich  dar,  wo  derselbe  in 
die  Spalten  des  benachbarten  Quarzes  eingedrungen  ist.  Hie  und  da 
erblickt  man  kugelige  Gebilde,  Steinkerne  von  Foraminiferen-Schalen, 
welche  im  Durchschnitt  runde  mit  einem  Ringe  umgebene  Scheibchen 
darstellen.  Mehrere  solcher  Kügelchen  hängen  aneinander.  Eisenglanz 
in  formlosen  Partien  und  in  hexagonalen  Krystallen  erscheint  auch  hier, 
wie  überhaupt  derselbe  ein  constanter  Begleiter  des  Kalkspaths  ist. 

Die  Glaukonitkörner  liefern  dunkelgrüne,  oft  von  Sprüngen  durch- 
zogene Durchschnitte  und  erweisen  sich  bei  der  Prüfung  mit  Einem 
Nicol  schwach  dichroitisch.  Das  grüne  Eisensilicat  des  Glaukonits  ist 
nicht  einfach  lichtbrechend,  nicht  im  amorphen,  opalartigen  Zustande, 
wie  solches  von  Ehrenberg3)  behauptet  wird,  sondern  aus  der  Unter- 
suchung im  polarisirten  Licht  resultirt,  dass  es  ein  dichtes  Aggregat 
von  winzigen,  das  Licht  doppelt  brechenden  Schüppchen  ist.  Eben  so 
wenig  kann  bestätigt  werden,  dass  diese  Glaukonitkörner  hier  die 
Formen  der  Steinkerne  von  Foraminiferenschalen  nesitzen. 

Genau  so  verhalten  sich  die  Glaukonitkörner  eines  Sandsteins 
aus  der  Kreideformation  bei  Dresden. 


')  Beitrag  zur  Kenntniss  der  Natur  und  Entstehung  dos  Grünsandes.  Monats- 
bericht der  Berliner  Akademie.  1854.  374.  384. 

Ueber  den  Grünsand  und  seine  Erläuterung  des  organischen  Lebens.  Berlin,  1856. 


158 


Friedrich  Arno  Anger. 


[6] 

Carbonischer  Sandstein  von  Zwickau. 

Kleine  rundliche  Quarzkorner  und  Glimmerfragmente  sind  die 
zusammensetzenden  Elemente,  deren  Zusammenhang  durch  kohlensauren 
Kalk  bewirkt  wird,  der  wiederum  mit  unregelmässigen  Körnern  und 
regelmässigen  Hexagonen  von  Eisenglanz  durchsprenkelt  ist.  Beide 
Arten  von  Glimmer  sind  vorhanden,  sowohl  Kali-  als  auch  Magnesia- 
glimmer. Ersterer  erscheint  in  farblosen  schmalen  Bändern  mit  wellig- 
faserigem Gefüge,  letzterer  bildet  grüne  und  hellbraune  Streifen  und 
Lamellen,  bei  der  Prüfung  mit  Einem  Nicol  sich  stark  dichroitisch 
erweisend. 

Der  enge  geologische  Verband  dieses  Sandsteins  mit  Schieferthon- 
schichten ist  gewissermassen  auch  petrographisch  zum  Ausdruck  gelangt, 
indem  sich  darin  ausser  den  bereits  vorgelührten  Bestandtheilen  noch 
Gesteinsmaterial  vorfindet,  welches  an  der  Constitution  des  Schiefer- 
thons den  wesentlichsten  Antheil  hat.  Dazu  gehören  kleine  schwarze 
Nüdelchen,  bis  zur  Kleinheit  von  Pünktchen  herabsinkend,  grössere 
Krystallsäulchen  von  Turmalin  und  Aggregate  rundlicher  Schüppchen 
von  schmutziggelber  Farbe  — Gebilde,  deren  nähere  Beschreibung  im 
Theil  II,  „Thonschiefer  und  Schieferthone“  zu  ersehen  ist. 

Dieses  Thonschiefermaterial  kann  einen  so  bedeutenden  Antheil 
an  der  Zusammensetzung  gewinnen , dass  ein  förmliches  Mittelding 
zwischen  Sandstein  und  Thonschiefer  herauskommt,  wie  dies  ebenfalls 
ein  höchst  bröcklicher  Sandstein  der  Zwickauer  Carbonschichten  zu 
beobachten  Gelegenheit  bot. 

Braunkohlen  Sandstein  von  Homberg  in  Hessen. 

Die  Quarze  dieses  Sandsteins  liefern  meist  eckige  Durchschnitte 
und  enthalten  in  grosser  Anzahl  Flüssigkeitseinschlüsse.  Das  fast  farb- 
lose, höchst  feinkörnige  Cäment , welches  wegen  seines  isotropen 
Verhaltens  wahrscheinlich  dem  Opal  angehört,  ist  erfüllt  mit  unzählig 
vielen  kleinen  Gebilden,  so  besonders  mit  runden  grünlichen  Körnchen, 
Glimmerschüppchen,  kurzen  grünen  Nüdelchen  und  Stachelchen,  winzigen 
Pünktchen  u.  s.  w. 

Wir  verzeichnen  auch  hier  die  Anwesenheit  von  Turmalinsäulchen 
— eine  in  der  That  überraschende  Erscheinung  in  diesem  verhältniss- 
mässig  grobklastischen  Gestein. 

Es  sei  nun  noch  der  sogenannten  krystallinischen  Sandsteine  in 
einigen  Worten  gedacht.  Bekanntlich  versteht  man  darunter  solche 
Sandsteine,  deren  Material  nicht  aus  Quarzsand,  also  gerollten  und 
abgerundeten  Quarzkörnern  sondern  aus  mehr  oder  weniger  vollkommen 
ausgebildeten  Quarzkryställchen  bestehen  soll. 

Dem  Verfasser  stand  hinsichtlich  dieser  Gesteine  nur  wenig 
Material  zu  Gebote,  doch  lehrte  die  mikroskopische  Untersuchung  eines 
solchen  krystallinischen  Sandsteins,  der  gerade  als  das  typische  Vor- 
kommniss  immer  hingestellt  wird,  nämlich  des  Sandsteins  von  Maria- 
schloss in  der  W e 1 1 e r a u , dass  nicht  an  einem  der  Quarze  irgend 
welche  Krystalltiäehen  auftraten,  vielmehr  dass  sämmtliche  Quarze  in 
völlig  abgerundeten  Formen  erscheinen. 


Mikroskopische  Stadien  über  klastische  Gesteine. 


159 


[7] 


Grauwacke  von  Falkenstein  im  Voigtlande. 

Dieses  dunkle  Gestein  schliesst  sich  hinsichtlich  seiner  Zusammen- 
setzung und  Structur  enge  an  die-  Sandsteine  an.  Klastische  Quarz- 
körner bilden  den  wesentlichen  Bestandthe.il.  Die  Zwischenräume  werden 
ausgefüllt  durch  ein  gelbgrünes  Mineral,  welches  innig  mit  kleineren 
Quarzen  verwachsen  und  dicht  mit  Eisenglanz  imprägnirt  ist.  Dieses 
grünliche,  das  Licht  doppelt  brechende  Mineral  bildet  unregelmässige 
Fetzen  und  Lappen,  lässt  mehrfach  lamellare  Zusammensetzung  erkennen, 
und  löst  sich  hie  und  da  in  kleine  Schüppchen  und  Säulchen  auf.  Bei 
der  Prüfung  mit  Einem  Nicol  zeigt  es  schwachen  Dichroismus.  Diese 
Eigenschaften  gestatten  die  - Annahme,  dass  hier  ein  glimmerartiges 
Mineral  vorliege.  Der  Eisenglanz,  in  schwarzen  Körnern  und  Partien 
von  ganz  zufälliger  Begrenzung,  liefert  mitunter  charakteristische 
dunkelrothe  Durchschnitte.  Ganz  übereinstimmend  mit  diesem  Gestein 
verhält  sich  die  Grauwacke  von  Cainsdorf  bei  Zwickau. 

Basaltjaspis  von  Unkel  am  Rhein. 

Dieses  schwarze  dichte  Gestein  enthüllt  sich  im  Dünnschliff  unter 
dem  Mikroskop  als  eine  feinkörnige  Grauwacke,  die  im  Contakte  mit 
dem  Basalt  theilweise  alterirt  ist.  Die  klastischen  farblosen  Quarze 
sind  durch  Sprünge  und  Risse  zerborsten  und  enthalten  kleine  dunkle 
leere  Poren ; sie  offenbaren  ein  den  Quarzen  in  den  verglasten  Sand- 
steinen der  Gegend  von  Cassel  völlig  analoges  Verhalten.  Besonders 
aber  ist  es  die  Zwischenmaterie,  welche  eine  vollständige  Umwandlung 
erfahren  hat  und  sich  jetzt  als  eine  dichte  Anhäufung  winziger  farb- 
loser, dunkel  umrandeter  Körnchen  darstellt;  es  sind  die  glasigen 
Erstarrungsproducte  der  im  Schmelzfluss  gewesenen  ursprünglichen 
Zwischensubstanz.  Hie  und  da  erblickt  man  noch  striemenartige, 
schmutzig  bräunlichgelbe  Bänder  mit  undeutlich  lamellarer  Textur,  ent- 
schieden die  erhaltene  Form  und  Struktur  des  ursprünglichen  Glimmers, 
der  allerdings  an  den  meisten  Stellen  gänzlich  alterirt  und  zu  glasigen 
Körnerhäufchen  umgewandelt  ist. 

Die  glasige,  körnige  Masse  zwischen  den  Quarzen  ist  stellenweise 
getränkt  von  dunkeln,  opaken,  an  den  Rändern  verschwinnnenden  Par- 
tien*; diese  dürften  ihre  Entstehung  dem  ursprünglich  anwesenden 
Eisenglanz  verdanken. 

Man  ersieht  aus  der  Darlegung  dieser  Verhältnisse,  dass  der  so- 
genannte Basaltjaspis  im  Dünnschliff  unter  dem  Mikroskop  trotz  seiner 
Alteration  noch  recht  gut  seine  Zugehörigkeit  zu  den  Grauwacken 
bekundet. 

Grauwacke  von  Obernitz  in  Thüringen. 

Die  constituirenden  Elemente  dieses  Gesteins  sind  Quarz,  Glimmer 
und  Feldspath,  also  dieselben,  aus  welchen  sich  der  Granit  aufbaut, 
nur  dass  wir  es  hier  einerseits  mit  Fragmenten  zu  thun  haben,  anderer- 
seits die  Gesteinsstruktur  eine,  wesentlich  verschiedene  ist.  Der  Quarz 
in  grossen  und  kleinen  mehr  oder  weniger  abgerundeten  Körnern  ist 
der  überwiegende  Gemengtheil;  nächst  ihm  der  Glimmer,  welcher  in 
farblosen  und  schmutziggrünen,  parallelfaserigen  Lamellen  und  grösseren 


160 


Friedrich  Arno  Anger. 


m 


förmlich  durchlochten  Fetzen  erscheint  und  Haufwerke  von  blassgrünen 
Fasern  und  Nadeln  bildet,  welche  meist  rechtwinkelig  auf  die  Quarz- 
ränder stossen  und  auf  diese  Weise  die  Verbindung  der  Fragmente 
hersteilen. 

Der  Feldspath  ist  vielfach  der  molekularen  Umwandlung  anheim- 
gefallen, offenbart  aber  im  polarisirten  Licht  immerhin  noch  recht  gut 
seine  trikline  Natur. 

Vollkommen  übereinstimmend  mit  dieser  Grauwacke  verhielten 
sich  noch  mehrere  andere  Grauwacken  verschiedener  Localitäten,  in 
denen  neben  Plagioklas  auch  Orthoklas  vorhanden  ist. 

Erwähnung  sei  noch  der  dichten 

Grauwacke  von  Z sch  och  er  bei  Leipzig 

gethan,  welche  etwas  abweichender  Beschaffenheit  ist. 

Auf  den  ersten  Blick  gewahrt  man  im  Dünnschliff  ein  regelloses, 
wirres  Durcheinander  klastischer  Elemente  von  verschiedener  Grösse 
und  Gestalt,  unter  denen  man  jedoch  recht  bald  die  farblosen  Quarze 
und  die  in  überreicher  Zahl  betheiligten  Glimmerfragmente  unter- 
scheiden kann.  Der  Glimmer  ist  theils  farbloser  Kali-,  theils  licht-  und 
dunkelgrüner  Magnesiaglimmer  und  erscheint  in  Form  von  kurzen  und 
langen  Bändern  und  Streifen  und  ganz  willkürlich  begrenzten  Lamellen. 
Diese  beiden  Hauptbestandtheile  sind  verkittet  durch  einen  fast  farb- 
losen, stellenweise  schmutzig  gelben  amorphen  Grundteig,  der  erfüllt 
ist  mit  einer  Unzahl  winziger,  rundlicher  Körnchen,  gelber  Schüppchen, 
grüner  Fäserchen  und  Häufchen  von  Thonschiefernädelchen  — es  sei 
diese  Bezeichnung  erlaubt  insofern,  als  diese  nadelförmigen  Gebilde 
entschieden  identisch  sind  mit  denjenigen,  welche  einen  Hauptbestand- 
theil  vieler  Thonschiefer  ausmachen.  Nicht  minder  stellen  sich  die 
dichroitischen  Turmalinsäulchen  ein,  welche  schon  bei  einigen  anderen 
Gesteinen  Erwähnung  fanden.  Endlich  sind  noch  schwarze  Partikel 
von  Eisenglanz  zu  verzeichnen.  Diese  genannten  Elemente,  theils 
klastischer,  theils  ächt  krystallinischer  Natur,  in  so  abweichender  Form 
und  Grösse  ordnungslos  durcheinandergelagert,  sind  es,  aus  welchen 
sich  die  Grauwacke  von  Zschocher  aufbaut. 

Molasse  von  Genf. 

Dieses  an  verkalkten  organischen  Ueberresten  reiche  Gestein 
besteht  aus  Quarzkörnern,  zersetztem  Feldspath,  sowohl  Orthoklas  als 
auch  Plagioklas,  spärlichen  Glimmerfragmenten  und  Glaukonitkörnchen, 
welche  Bestandteile  durch  ein  kalkiges  Bindemittel  vereinigt  sind. 
Die  Partien  des  kohlensauren  Kalkes  bestehen  stellenweise  aus  grösseren 
Kalkspathindividuen  mit  Zwillingsstreifung  und  repräsentiren  dann  das 
Bild  des  Marmors,  meist  aber  bilden  sie  ein  feinkörniges  Aggregat. 

Was  das  Quantitätsverhältniss  des  kalkigen  Bindemittels  zu  den 
Fragmenten  anbelangt,  so  ist  ersteres  hier  vorherrschend:  die  Frag- 
mente liegen  darin  gewissermassen  nur  spärlich  verstreut. 

Wir  können  das  vorliegende  Gestein  als  eine  Mittelstufe,  als  einen 
Uebergang  zu  anderen  Gesteinen  ansehen.  Denken  wir  uns,  dass  die 
klastischen  Theile  bis  auf  einzelne  Quarze  und  Glimmerfragmente 


[9] 


Mikroskopische  Studien  über  klastische  Gesteine. 


161 


schwinden,  dagegen  die  kalkige  Materie  zunimmt  und  überwiegt,  so 
resultirt  im  Allgemeinen  das,  was  wir  Kalkstein  und  Mergel  nennen. 
Demgemäss  schliesse  sich  hieran  die  Betrachtung  von  mergeligen  Kalk- 
steinen und  Mergeln. 

Plänerkalk  von  Strehlen. 

Dieses  Gestein  besteht  der  Hauptsache  nach  aus  kleinen  und 
grösseren  Körnern  von  kohlensaurem  Kalk,  von  denen  namentlich  die 
grösseren  mit  Zwillingsstreifung  ausgestattet  sind.  Ihre  Form  ist  meist 
eine  rundliche,  aber  nicht  selten  zeigen  die  Ränder  kleine  Einbuchtungen, 
deren  Form  und  Zahl  sich  so  weit  steigern  kann,  dass  das  Kalkkorn 
ein  förmlich  zerfressenes  Ansehen  gewinnt.  Die  Körner  sind  ziemlich 
dicht  aneinandergelagert,  doch  ist  an  mehreren  Stellen  deutlich  ersicht- 
lich, dass  sich  eine  schmutziggelbe  Materie  dazwischen  drängt. 

Erwähnt  seien  noch  verkalkte  Foraminiferen-Gehäuse,  welche 
kreisrunde  Durchschnitte  liefern,  umgeben  von  einer  klaren  farblosen 
Randzone  und  innerlich  erfüllt  mit  Kalkspathindividuen  oder  Eisen- 
glanzpartikeln. 

An  der  Zusammensetzung  nehmen  noch  folgende  Elemente,  aller- 
dings nur  in  untergeordnetem  Masse,  theil:  Quarz  in  abgerundeten 
Körnern,  Glimmer,  meist  in  farblosen,  parallelfaserigen,  bandartigen 
Fragmenten,  seltener  Fetzen  von  bräunlichem  Magnesiaglimmer,  intensiv 
grüngefärbte  Glaukonitkörner,  endlich  Eisenglanz  in  schwarzen  form- 
losen Massen  und  kleine  Häufchen  bildenden  Kryställchen. 

Im  polarisirten  Licht  liefert  der  Dünnschliff  ein  buntes  Mosaik- 
bild ; die  spärliche  amorphe  Zwischensubstanz  erscheint  dunkel. 

Eine  diesem  Gesteine  ganz  analoge  Zusammensetzung  und  Struktur 
zeigen  viele  Mergel.  Der  hauptsächlichste  Bestandtheil  ist  kohlen- 
saurer Kalk  in  Form  von  eckigen  und  rundlichen,  farblosen  oder  gelb- 
lichen Körnern,  zwischen  welche  sich  eine  amorphe,  meist  thonige, 
schmutziggelbe  oder  graue  Substanz  drängt.  Selten  fehlen  kleine  Quarz- 
körnchen. Eine  untergeordnete  Rolle  spielen  die  Glimmerfragmente, 
dagegen  stellt  sich  überaus  reichlich  Eisenglanz  ein.  Hinsichtlich  dieses 
letzteren  Minerals  sei  noch  eines  dunklen  Mergels  von  Sotzka  in 
Steiermark  Erwähnung  gethan.  In  diesem  Gestein  erscheint  der  Eisen- 
glanz in  schwarzen  opaken  Kryställchen,  theils  zierlichen  Rhomboedern, 
theils  scharfen  Hexagonen,  vereinzelt  und  zerstreut,  namentlich  aber  in 
kleinen  Hohlräumen  zu  allerliebsten  Krystallhäufchen  vergesellschaftet. 

Ebenso  gehört  hieher  der 

Kupferschiefer  von  Mansfeld, 

dessen  grössere  Kalkspathindividuen  an  den  Rändern  meist  wunderlich 
gebuchtet  und  zerlappt  sind.  Sonderbarer  Weise  finden  sich  in  dem- 
selben auch  kleine  Haufen  von  Thonsehiefernädelchen.  Das  Gestein  ist 
reich  an  braunen  und  opaken  bitumenhaltigen  Massen  nebst  opaken 
schwarzen  Erzpartikelchen. 


Mineralogische  Mittheilungen.  1876.  3.  Heft.  (Friedrich  Arno  Anger.) 


22 


1G2 


Friedrich  Arno  Anger. 


10] 


II.  Thonschiefer  und  Schieferthone. 

Die  werthvollen  mikroskopischen  Untersuchungen  silurischer  und 
devonischer  Thonschiefer  von  Zirkel1)  lieferten  bekanntlich  das  uner- 
wartete Ergebniss,  dass  diese  Schiefer  nicht,  wie  man  bisher  annahm, 
bloss  aus  klastischen  und  dialytischen  Gesteins-  und  Mineralelementen 
bestehen,  nicht  lediglich  den  erhärteten  feinst  zerriebenen  Schlamm 
präexistirender  Felsarten  darstellen,  sondern  dass  sie  mikroskopische, 
krystallinische  und  krystallisirte  Gemengtheile  in  sich  enthalten,  welche 
zwar  mitunter  nur  in  minderer  Menge  vorhanden  sind,  sehr  oft  aber 
auch  die  hauptsächlichste  Rolle  bei  der  Zusammensetzung  dieser 
Schiefer  spielen.  Durch  diese  überraschende  Beobachtung  veranlasst, 
unternahm  dann  später  Herr  Stud.  Georg  Rudolf  Credner  in 
Halle  weitere  mikroskopische  Untersuchungen  von  Schieferthonen  und 
Thonen,  deren  Resultate  in  einer  Abhandlung  2) : „Die  krystallinischen 
Gemengtheile  gewisser  Schieferthone  und  Thone“  niedergelegt  sind. 

Mit  Rücksicht  auf  das  so  Vorgefundene  Material  werden  sich  die 
hier  folgenden  Studien  über  Schiefergesteine  eng  an  die  bereits  be- 
kannten Resultate  und  Thatsachen  anschliessen. 

Der  Thonschiefer  von  C a u b am  Rhein  erscheint  im  Dünn  - 
schliff  bei  schwacher  Vergrösserung  als  ein  filziges  Aggregat  kurzer 
schwarzer  krystallinischer  Nüdelchen,  welche  stellenweise  höchst  dicht, 
wiederum  auch  spärlich  und  locker  zusammengruppirt  sind  und  deren 
Träger  eine  das  Licht  einfach  brechende  homogene  Materie  von  licht- 
grünlichgelber Farbe  ist.  Hierin  liegen  verstreut  grössere  hellgrüne 
Glimmerfragmente,  die  unregelmässig  contourirt,  an  den  Enden  oft 
gefasert  und  gefranzt  sind  und  deutlich  einen  lamellaren  Bau  bekunden. 
Ihre  klastische  Natur  wird  ausserdem  auf  das  Entschiedenste  durch 
die  Thatsache  bekräftigt,  dass  einige  dieser  längeren  Glimmerblätter 
zum  Theil  verwendet  und  umgebogen  sind,  so  dass  ein  Stück  der 
Unterseite  mit  nach  oben  gekehrt  ist,  ebenso  wie  man  dies  bei  einem 
unregelmässig  gepressten  Blatte  zu  beobachten  Gelegenheit  hat.  Ferner 
betheiligt  sich  Quarz  in  abgerundeten  Körnern  an  der  Zusammen- 
setzung. 

Im  deutlichen  Gegensätze  zu  diesen  klastischen  Elementen  findet 
man  ächt  krystallisirte  Gebilde,  begrenzt  von  tadellosen  Kry stallflächen. 
Obwohl  schon  mehrmals  derselben  im  Vorhergehenden  Erwähnung 
gethan  ist,  als  z.  B.  im  Cäment  einiger  Sandsteine  in  Verbindung  mit 
Nüdelchen  vorkommend,  haben  wir  ihre  nähere  Beschreibung  bis  zu 
dieser  Stelle  aufgespart.  Es  sind  nämlich  lichtgrünliche,  mitunter  auch 
blaugraue  Säulchen,  deren  Enden  in  den  meisten  Fällen  verschiedene 
Ausbildung  offenbaren  und  zwar  so,  dass  das  eine  Ende  immer  dach- 
förmig zugespitzt,  das  andere  aber  gewöhnlich  rechtwinkelig  abgestutzt 
ist.  Durchschnittlich  gewinnen  sie  eine  Länge  von  0’05  Mm.  und  eine 
Breite  von  O'Ol  Mm.  Hin  und  wieder  ist  ein  solches  Säulchen  zer- 
brochen in  zwei  oder  mehrere  Stücke,  welche  nahe  aneinander  in  einer 


*)  Poggendorfs  Annalen.  Band  CXLIV.  1871.  319. 

2)  Zeitschrift  für  die  gesammten  Naturwissenschaften.  Halle  1873. 


Mikroskopische  Studien  über  klastische  Gesteine. 


163 


[11] 

Längsrichtung  liegen  und  ihre  Zusammengehörigkeit  zu  einem  Krystall- 
individuum  bekunden.  Eine  basische  Quergliederung,  welche  mehrfach 
an  den  Säulen  zu  gewahren  ist,  mag  das  Zerbrechen  derselben  noch 
vor  der  Verfestigung  des  Gesteins  begünstigt  haben.  Was  die  optischen 
Verhältnisse  der  in  Frage  stehenden  Gebilde  anlangt,  so  sind  sie  jeder- 
zeit das  Licht  doppeltbrechend  und  erweisen  sich  bei  der  Prüfung  mit 
Einem  Nicol  stark  dichroitisch.  Auf  Grund  dieser  Eigenschaften  und 
der  ganzen  Erscheinungsweise  gehören  diese  Krystallsäulchen  ihrer 
mineralogischen  Natur  nach  dem  Turmalin  an.  Auch  diese  mikros- 
kopischen Turmalinindividuen  bekunden  (angesichts  ihrer  krystallogra- 
phischen  Verhältnisse)  die  Eigenschaft  des  Enantiomorphismus,  welche 
für  den  makroskopischen  Turmalin  eine  bekannte  Thatsache  ist. 

Die  Säulchen  liegen  ebenso  wie  die  anfangs  genannten  Nädel- 
chen  allezeit  der  Schieferungsebene  parallel,  weshalb  man  in  den 
nach  der  letzteren  angefertigten  Dünnschliffen  auch  keine  Querschnitte 
bemerkt.  Doch  ist  ihr  Vorhandensein  im  Verhältniss  zu  den  Nädelchen 
ein  spärliches.  In  einem  Präparate  des  in  Rede  stehenden  Schiefers 
erblickt  man  tausende  von  Nadeln,  auf  welche  aber  ungefähr  nur 
10  Turmalinsäulchen  kommen. 

Nach  Angabe  der  einzelnen  zusammensetzenden  Gesteinselemente 
wird  es  möglich  sein,  sich  ein  Gesammtbild  des  Thonschiefers  von  Caub 
zu  vergegenwärtigen,  wozu  noch  bemerkt  sei,  dass  kleine  und  grössere 
opake  Erzpartikel  das  Gestein  durchsprenkeln.  Im  polarisirten  Licht 
betrachtet,  wird  das  Gesichtsfeld  zum  grössten  Tlieil  dunkel ; es  leuchten 
nur  hervor  die  Quarze,  die  wenigen  grösseren  Glimmerblätter,  die 
Turmaline,  einzelne  kräftigere  Nadeln  und  mehrere  kleine  Glimmer- 
fragmentchen,  die  man  im  gewöhnlichen  Licht  wegen  ihrer  Farblosig- 
keit kaum  gewahrt. 

Diesem  Thonschiefer  ganz  ähnlich  erweisen  sich  diejenigen  von 
Schleiz,  Würschnitz,  Pfaffengrün,  Montjoie  und  Zeulenroda.  Auch  in 
ihnen  ist  das  Vorhandensein  von  Turmalinkryställchen  zu  constatiren. 
Diese  weite  Verbreitung  in  Schiefern  der  verschiedensten  Gegenden  ist 
in  der  That  überraschend. 

Der  Schiefer  von  Zeulenroda  zeichnet  sich  aus  durch  die  verhält- 
nissmässig  grossen  Quarzkörner  mit  schönen  Flüssigkeitseinschlüssen. 

Der  rothe  Thonschiefer  vom  Wadrillthal  ist  auf  das  Innigste  mit 
braunrothen  Blättchen  und  Schüppchen  von  Eisenglanz  imprägnirt. 

Was  nun  die  krystallinischen  Nädelchen  anbelangt,  welche  in 
allen  diesen  Schiefern  in  so  hervorragender  Anzahl  vorhanden  sind,  so 
stimmen  die  Beobachtungen  bezüglich  ihrer  Grösse,  Gestalt,  Lage  und 
Anordnung  vollkommen  mit  denjenigen  Zirkel’s  überein,  und  sehr 
treffend  vergleicht  der  genannte  Forscher  dieselben  mit  kurz  zerschnit- 
tenen oder  zerhackten  Haaren,  welche  man  reichlich  über  eine  Fläche 
ausgebreitet  hat.  Bei  starker  Vergrösserung  offenbaren  sie  meist  eine 
braungelbe  Färbung,  welche  namentlich  an  den  kräftiger  entwickelten 
Nadeln,  sowie  an  den  merkwürdigen,  kurz  knieförmigen  Zwillingsgebilden 
gut  zu  gewahren  ist. 

Herr  G.  R.  Credner1)  beschreibt  Säulchen  von  0-03  Mm. 
Länge  und  0005  Mm.  Breite  mit  monoklinen  Krystallenden,  in  welchen 


) a.  a.  0. 


22* 


164 


Friedrich  Arno  Anger. 


[12] 


er  die  ausgebildete  Krystallform  der  kleinen  Nadeln  erblickt;  beide 
zählt  er  zu  einer  Mineralspecies,  indem  er  alle  Zwischenstufen  zwischen 
den  kleinsten  Nädelchen  und  den  bestkrystallisirten  Säulchen  beob- 
achtet. Ueber  die  mineralogische  Natur  derselben  spricht  er  sich  in 
folgenden  Worten  aus:  „Konnte  Herr  Zirkel  eine  Entscheidung  über 
die  mineralogische  Stellung  dieser  Gebilde  mit  Bestimmtheit  nicht 
treffen,  so  müssen  auch  wir  uns  begnügen,  dieselben  als  der  Horn- 
blende am  meisten  nahestehend  anzusprechen,  können  indessen  zur 
Begründung  dieser  Ansicht  noch  auf  die  an  jenen  grösseren  Säulchen 
beobachteten,  anscheinend  monoklinen  Krystallenden  hinweisen,  sowie 
hinzufügen,  dass  gerade  die  grösseren  Kryställchen  unverkennbare 
chromatische  Polarisationserscheinungen  zeigten.“ 

In  dem  Angeführten  ist  aber  nicht  die  geringste  Begründung  der 
Ansicht  zu  finden,  dass  hier  Hornblende  vorliege  ; denn  Längsschnitte 
von  Krystallsäulchen  „mit  anscheinend  monoklinen  Krystallenden“,  wie 
sie  sich  in  den  Schieferpräparaten  ergeben,  leisten  zu  wenig  Gewähr, 
um  mit  Sicherheit  auf  ein  dem  monoklinen  Krystallsystem  zugehöriges 
Mineral  schliessen  zu  können.  Dass  aber  „'die  grösseren  Kryställchen 
unverkennbare  chromatische  Polarisations  - Erscheinungen  zeigen“,  ist 
eine  Eigenschaft,  welche  allen  doppeltbrechenden  Mineralien  zukommt, 
wesshalb  diese  Eigenschaft  nicht  als  Grund  für  die  Hornblendenatur 
gelten  kann. 

Man  könnte  übrigens  geneigt  sein  anzunehmen,  Herr  G.  R. 
Credner  meine  mit  den  grösseren  Säulchen  unsere  Turmaline,  die  er 
vielleicht  als  solche  nicht  erkannt  habe.  Diese  jederzeit  stark  dichroi- 
tischen Turmalinkrystalle  sind  aber  in  keiner  Weise  in  Beziehung  zu 
setzen  mit  den  Nädelchen,  deren  mineralogische  Natur  noch  als  offene 
Frage  zu  behandeln  sein  wird. 

Etwas  abweichend  von  den  bisher  erwähnten  Thonschiefern  wurden 
einige  andere  der  untersuchten  Präparate  befunden,  so  z.  B.  die  Schiefer 
von  Wissenbach  in  Nassau,  Olpe  und  Brilon  in  Westphalen. 

Auf  den  ersten  Blick  vermisst  man  den  Reichthum  an  Krystall- 
nadeln,  und  wenngleich  dieselben  nicht  gänzlich  fehlen,  so  sind  sie  doch 
höchst  spärlich  und  klein,  kurze  stachelähnliche  Individuen  und  mehr 
isolirt,  als  zu  Häufchen  vereinigt,  nebst  vielen  Körnchen  und  punkt- 
artigen  Gebilden.  Dafür  tritt  aber  ein  anderes  ebenfalls  krystallinisches 
Element  als  vorwaltender  Gemengtheil  ein,  das  ist  der  Kalkspath. 
Derselbe  erscheint  farblos  oder  meist  mit  einem  lichtgelblichen  Farben- 
ton in  Form  von  rundlichen  Körnern  und  Schüppchen,  liefert  aber  auch 
nicht  selten  treffliche  rhomboedrische  Krystalle. 

Ein  solcher  Thonschiefer  gewährt  natürlich  im  polarisirten  Licht 
ein  anderes  Bild,  als  einer  der  früher  erwähnten.  Die  Kalkspath- 
blättchen  erscheinen  in  den  lebhaftesten  Farben;  sie  treten  deutlich 
umrandet  aus  der  einfach  brechenden  Grundmasse  hervor  und  liefern 
so  ein  hübsches  Mosaikbild. 

Dass  hier  wirklich  kohlensaurer  Kalk  als  vorwaltender  Bestand- 
theil  vorliegt,  wird  noch  erhärtet  durch  die  chemische  Reaction.  Behandelt 
man  einen  derartigen  Dünnschliff  zur  Hälfte  mit  Salzsäure,  so  bedeckt 
sich  der  von  der  Säure  berührte  Theil  bald  mit  kleinen  Gasbläschen 
von  der  entweichenden  Kohlensäure.  Betrachtet  man  dann  nach 


[13] 


Mikroskopische  Studien  über  klastische  Gesteine. 


165 


genügender  Einwirkung  der  Säure  den  Schliff  wieder  im  Mikroskope, 
so  sind  alle  Kalkspathblättchen  aus  dem  geäzten  Theile  des  Schliffes 
verschwunden,  dagegen  in  dem  nicht  afficirten  Theile  wohl  erhalten. 
In  der  Lösung  lässt  sich  Kalk  nachweisen. 

» 

Die  Betheiligung  des  Ivalkspaths  an  der  Zusammensetzung  der 
Schiefer  tritt  an  dem  tertiären  Thonschiefer  von  Glarus  in 
noch  grösserem  Masse  auf.  Die  Nädelchen  fehlen  hier  gänzlich,  während 
der  Kalkspath  in  grösseren  Körnern  und  Rhomboedern  vorherrscht.  Zu 
ihm  gesellen  sich  reichlich  rundliche  klastische  Quarzkörner,  zwischen 
welchen  sich,  gewissermassen  als  schieierndes  Element,  lange  farblose 
Glimmerhäute  hinziehen. 

Demnach  kann  man  unterscheiden  solche  Thonschiefer,  an  deren 
Zusammensetzung  vorzugsweise  Kr  y st  all  na  dein  Antheil  nehmen, 
und  solche,  bei  welchen  überwiegend  Kalks pathkö r neben  vorhanden 
sind.  Es  gilt  dies  also  nicht  in  dem  Sinne,  als  ob  sich  diese  zwei 
verschiedenartigen  Elemente  gegenseitig  gänzlich  ausschlössen;  sondern 
die  beiden  erwähnten  Gruppen  führen  nur  die  Extreme  der  Ausbildung 
vor,  welche  durch  mannigfache  Zwischenstufen  verbunden  sind.  So  sind 
z.  B.  im  Schiefer  von  Müllenbach  Nadeln  und  Kalkspathblättchen  zu 
gleichen  Antheilen  vertreten. 

Dieselbe  Beobachtung  des  Vorwaltens  und  Zurücktretens  der 
krystallinischen  Nädelchen  machte  auch  Zirkel1).  Doch  geschieht  das- 
selbe nicht  auf  Kosten  klastischer  Bestandteile,  sondern  nur  krystal- 
linischer  Gebilde  eines  anderen  Minerals.  Im  Thonschiefer  von  Plymouth 
ist  es  nicht  „eine  ungeheure  Anzahl  von  eckigen  und  kantigen  Quarz- 
splitterchen“, welche  im  polarisirten  Licht  das  hübsche  Mosaikbild 
liefert,  sondern  es  sind  die  bereits  erwähnten  zahlreichen  Kalkspath- 
blättchen. 

Schliesslich  sei  noch  bemerkt,  dass  wir  gewisse  Gesteine  makros- 
kopisch als  Thonschiefer  bezeichnen,  die  aber  in  keiner  Weise  mit  den 
hier  betrachteten  Schiefern  zu  vergleichen  sind.  So  erweist  sich  z.  B. 
der  braunrothe  Schiefer  von  Boklweg  bei  Osterode  als  ein  Aggregat 
vieler  kleiner  Quarzkörnchen  und  weniger  farbloser  Glimmerbänder, 
welche  durch  eine  Unzahl  winziger  Eisenoxydkörnchen  verbunden  sind. 
Es  liegt  hier  einfach  ein  höchst  feines  Sandsteinmaterial  in  vollkommen 
schiefriger  Ausbildung  vor. 

Aus  der  gewonnenen  Einsicht  in  die  mikroskopischen  Verhältnisse 
der  Thon-  und  Dachschiefer  ergibt  sich  auf’s  Neue,  dass  an  der  Zu- 
sammensetzung einer  grossen  Anzahl  derselben  ächt  krystallinisclie, 
ihre  Ursprünglichkeit  documentirende  Elemente  in  hervorragender 
Weise  Theil  nehmen,  dass  sie  die  klastischen  an  Zahl  bedeutend  über- 
wiegen, und  dass  demnach  beide  Bildungsprocesse,  sowohl  der  chemische 
als  auch  der  mechanische  im  Vereine  gewirkt  haben  bei  der  Entstehung 
dieser  Schiefer. 

Diesen  Betrachtungen  mögen  sich  noch  in  Kürze  einige  Bemer- 
kungen über  Schieferthone  anreihen. 


')  a.  a.  0. 


166 


Friedrich  Arno  Anger. 


[14] 


Schieferthone  von  Zwickau,  Planitz,  Suhl  bei  Manebach, 
Saalhausen  bei  Oschatz. 

An  diesen  Gesteinen  vermisst  man  meist  eine  charakteristische 
mikroskopische  Structur.  Regellos  und  zerstreut  liegen  die  Gemengtheile 
darin  und  man  muss  sich  vielfach  nur  mit  einer  Aufzählung  der  vor- 
handenen erkennbaren  Mineralien  und  der  Art  und  Weise  ihres  Auf- 
tretens begnügen. 

Es  treten  dem  Beobachter  auch  hier  krystallinische  und  klastische 
Elemente  entgegen.  Von  ersteren  sind  zu  erwähnen : Thonschiefer- 
nädelchen,  welche  gewöhnlich  zu  kleinen  oder  grösseren  Häufchen  ver- 
gesellschaftet sind ; sodann  schöne,  wohlgebildete  Turmalinsäulehen, 
Körner  und  Rhomboeder  von  Kalkspath,  grössere  isabellfarbene  oder 
braune  Blättchen  und  Lamellen,  welche  nicht  selten  scharfe  Eisenglanz- 
hexagone einschliessen,  und  schliesslich  Aggregate  von  kleinen  schmutzig- 
gelben  Schüppchen  und  Blättchen.  Einige  Schieferthone  sind  besonders 
reichlich  ausgestattet  mit  den  zuletzt  erwähnten  Häufchen,  höchst  wahr- 
scheinlich Aggregate  von  Spatheisensteinblättchen,  da  sich  dieselben 
in  kalter  Salzsäure  rasch  lösen,  in  der  Lösung  aber  unverkennbar 
Eisen  nachgewiesen  werden  kann.  In  dem  Schieferthone  aus  dem 
Ferdinandschacht  gewahrt  man  schon  makroskopische  runde  Kügelchen 
von  Eisenspath  , welche  sich  unter  dem  Mikroskop  in  Aggregate 
schmutzig-gelber  Körnchen  aullösen. 

Als  klastische  Bestandtheile  sind  zu  nennen  Quarz-  und  Glimmer- 
fragmente in  variirender  Grösse. 

Manche  Schieferthone  sind  besonders  reich  an  einer  schmutzig- 
braunen  amorphen  Substanz,  die  bisweilen  mit  winzigen  Körnchen  und 
Pünktchen  erfüllt  ist,  so  z.  B.  der  Schieferthon  von  Suhl.  Nur  selten 
fehlen  opake  oder  braun  durchscheinende  unregelmässige  Gebilde  von 
Kohle  und  Bitumen.  Das  Material  ist  also  in  vieler  Hinsicht  dem  der 
Thonschiefer  ähnlich,  aber  in  der  Struktur  und  dem  Zusammenhänge 
treten  unverkennbare  Unterschiede  auf. 

Eine  speciellere  mikroskopische  Beschreibung  einzelner  Vorkomm- 
nisse von  Schieferthonen  würde  nur  eine  stetige  Wiederholung  der 
dargelegten  allgemeinen  Verhältnisse  zur  Folge  haben.  Verfasser 
begnügt  sich  deshalb,  auf  den  speciellen  Theil  der  erwähnten  Schrift 
von  G.  R.  Credner  (S.  10)  hinzuweisen,  gestattet  sich  aber  an 
dieser  Stelle  noch  einige  Bemerkungen  über  den  allgemeinen  Theil 
abzugeben. 

Ausser  den  schon  behandelten  Krystallnadeln  beschreibt  Herr  G. 
R.  Credner  krystallinische  Gebilde,  welche  der  Familie  der  Glimmer 
zuzurechnen  seien.  Er  erwähnt  hellgelbe,  vollkommen  pellucide, 
rundliche  und  ausgefranzte  „beim  Drehen  des  Nicols  einfache  Licht- 
brechung zeigende“  Schüppchen,  welche  dem  hexagonalen  Magnesia- 
glimmer anzugehören  scheinen.  Charakteristisch  sei  für  sie  ihre  Fisch- 
schuppen- oder  Dachziegelartige  Lagerungsweise.  Mit  grösserer  Sicher- 
heit stellt  er  ferner  die  krystallinische  Natur  von  fast  farblosen,  hell- 
gelben Schüppchen  und  Blättchen  von  Kaliglimmer  fest,  an  welchen 
er  deutlich  rhombische  Krystallformen  erkennt. 


[15] 


Mikroskopische  Studien  über  klastische  Gesteine. 


107 


Es  drängt  sich  wohl  hierbei  zunächst  die  Frage  auf,  wie  eigent- 
lich Herr  G.  R.  Credner  die  beiden  Glimmerarten  unterscheidet, 
denn  in  beiden  Fällen  beschreibt  er  hellgelbe  Schüppchen  und  Blättchen, 
welche  meist  in  grösserer  Anzahl  zu  Häufchen  versammelt  seien.  So- 
dann ist  es  aber  höchst  zweifelhaft,  dass  diese  Gebilde  überhaupt  zur 
Familie  der  Glimmer  gehören.  Es  sind  jedenfalls  dieselben,  deren 
Bekanntschaft  wir  bereits  in  den  beschriebenen  Aggregaten  von  Eisen- 
spathblättchen  gemacht  haben  und  farblose  Durchschnitte  von  wohlge- 
bildeten Kalkspathrhomboedern,  wie  diese  in  den  Schieferthonen  Vor- 
kommen, hat  Herr  G.  R.  Credner  geglaubt,  als  rhombische  Krystall- 
formen  von  Kaliglimmer  deuten  zu  müssen. 

Ferner  liest  man  in  gedachter  Schrift  (S.  7)  bei  Beschreibung  des 
Kalkspaths:  „Ausgezeichnete  Polarisation  kennzeichnet  diese  Gebilde, 
welche  sich  erst  bei  farbigem  Lichte  besonders  scharf  aus  der  umge- 
benden Masse  hervorheben.“ 

Es  ist  kaum  nöthig,  hinzuzufügen,  dass  das,  was  man  sonst 
polarisirtes  Licht  nennt,  hier  missverstandener  Weise  als  „farbiges 
Licht“  bezeichnet  wird. 


III.  Tuffe. 

Die  Tuffe  sind  von  den  bisher  beschriebenen  klastischen  Gesteinen 
hinsichtlich  ihrer  Bildungsweise  wesentlich  differente  Gebilde,  und  eine 
Berücksichtigung  der  genetischen  Verhältnisse  ist  unumgänglich  noth- 
wendig  zur  Einsicht  und  zum  Verständniss  ihres  Wesens.  Der  Tendenz 
dieser  Arbeit  gemäss,  sei  aber  die  mikroskopisch-petrographische  Unter- 
suchung in  den  Vordergrund  gestellt. 

Felsittuffe  (Porphyrtuff,  Thonstein)  von  G n a n d s t e i n , W o 1 f t i t z, 
Mohorn,  Chemnitz,  Zwickau. 

Diese  Gesteine  zeigen  ein  höchst  ähnliches  Verhalten  und  schlossen 
sich  eng  an  die  ächten,  massigen  Quarzporphyre  an. 

Bei  allen  tritt  überwiegend  eine  einfachbrechende  (homogene  aber 
nicht  glasige)  mikrofelsi tische  Grundmasse  hervor,  welche  sich  auch  bei 
stärkster  Vergrösserung  nicht  in  eigentliche  Individuen  auflöst.  Im 
Tuff  von  Gnandstein  gewährt  diese  felsitische  Materie  den  Anblick 
einer  fein  lichtmarmorirten  Fläche,  welche  dadurch  zu  Stande  kommt, 
dass  farblose,  weissliche  und  etwas  graue,  faserige  Partien  innig  mit 
einander  verflösst  sind.  In  andern  Vorkommnissen  ist  die  Ausbildungs- 
weise der  Grundmasse  eine  solche,  wie  sie  sich  stellenweise  bei  vielen 
Quarzporphyren  findet,  nämlich  dass  sie  bei  gekreuzten  Nicols  ein 
unregelmässig  geflecktes  oder  marmorirtes  Polarisationsbild  liefert,  welches 
sich  über  die  schwache  oder  fehlende  optische  Wirkung  der  mikro- 
felsitischen  Basis  erhebt.  x)  Nicht  selten  nimmt  sie  auch  eine  radial- 


*)  Zirkel,  Mikroskopische  Beschaffenheit  der  Mineralien  u.  Gesteine.  S.  281. 


Friedrich  Arno  Anger. 


[16] 


108 


faserige  Struktur  an,  dringt  in  rundlichen  Buchten  in  die  Quarze  ein 
— alles  Erscheinungen,  welche  an  den  ächten  Quarzporphyren  wahr- 
zunehmen sind.  Die  rothe  Färbung  einzelner  Tuffe  rührt  von  einer 
Unzahl  winziger  bräunlichgelber  und  rother  Körnchen  von  Eisenoxyd 
her,  welche  die  Grundmasse  innig  imprägniren,  wohl  auch  hie  und  da 
kleine  dichte  Häufchen  bilden. 

In  dieser  Grundmasse  findet  sich  als  constanter  Gemengtheil 
Quarz  in  Form  von  rundlichen  oder  eckigen  Körnern  von  verschiedener 
Grösse,  theils  von  scharfen  Randlinien,  theils  weniger  scharf  gegen  die 
Umgebung  abgegrenzt.  Im  Allgemeinen  erweisen  sich  dieselben  arm  an  . 
Einschlüssen,  nur  vereinzelte  grössere  Glaseinschlüsse  in  sich  bergend. 
Höchst  quarzreich  wurde  der  poröse  Tuff  von  Chemnitz  befunden,  da- 
gegen arm  an  Quarzen  der  Tuff  von  Wolftitz. 

Ferner  stellt  sich  mit  nicht  geringerer  Constanz  der  Glimmer  ein, 
theils  brauner  oder  schmutziggrüner  Biotit,  theils  lichter,  farbloser 
Muscovit,  welcher  Gemengtheil  bis  zur  Kleinheit  winziger  Schüppchen 
und  Fäserchen  herabsinkt. 

Auffallend  ist  es,  dass  Feldspath,  der  in  den  Quarzporphyren  ein 
wesentlicher  Gemengtheil  ist,  nie  beobachtet  werden  konnte. 

Die  Structur  dieser  „Felsittuffe“  beweist  deshalb  nicht  nur  nicht 
deren  klastischen  Ursprung,  sondern  widerstreitet  sogar  den  üblichen 
Ansichten  über  die  Bildung  dieser  Gesteine  aus  zusammengeschwemmtem 
Schlammmaterial.  Damit  steht  auch  im  Einklang  die  Uebereinstimmung 
der  Analysen  solcher  Tuffe  mit  denen  der  massigen  Quarzporphyre. 

Andrerseits  finden  sich  Felsittuffe,  deren  Struktur  für  die  ächt 
klastische  Natur  derselben  spricht. 

Der  gebänderte  Tuff  von  Gnandstein  baut  sich  aus  dünnen  paral- 
lelen Lagen  und  Schichten  des  beschriebenen  felsitischen  Materials  auf. 
Die  zusammensetzenden  Partikel  sind  von  ausserordentlicher  Winzigkeit. 
Am  deutlichsten  wahrnehmbar  ist  der  Quarz  in  Form  von  kleinen 
scharfkantigen  Splittern  und  rundlichen  Körnern,  welcher  in  einigen 
Schichten  vorherrscht  und  dadurch  deren  grössere  Pellucidität  bedingt. 
Ebenso  quantitativ  verschieden  sind  mikrofelsitische  Substanz  und  Eisen- 
oxydkörnchen in  den  einzelnen  Lagen  vertheilt.  Die  Glimmerfetzen  und 
Fasern  liegen  meist  parallel  den  Schichtungsflächen. 

Eine  andere  bemerkenswerthe  Struktur  ist  zu  beobachten  an  dem 
Tuff  aus  dem  harten  Bruche  des  Zeisigwaldes  bei  Chemnitz,  welcher 
im  Dünnschliff  eine  innige  Vereinigung  vieler  rundlicher  Brocken  er- 
kennen lässt.  Die  Umrandung  derselben  ist  allerdings  nur  eine  undeut- 
liche, namentlich  ist  es  ein  brauner  Rand  von  Eisenoxydkörnchen, 
welcher  die  Contouren  der  Brocken  hervorhebt.  Die  Substanz  selbst  ist 
mikrofelsitischer  Natur,  farblos  und  innig  verflösst  mit  Partien  einer 
gelbgrünen,  das  Licht  doppeltbrechenden  strukturlosen  Materie. 

Der  weiche  Thonstein  vom  Raschberg  aus  den  Schichten  des 
Rothliegenden  von  Zwickau  enthält  nur  spärlich  eine  nicht  individualisirte 
amorphe  Substanz,  höchst  reichlich  aber  Magnesiaglimmer  und  Quarz, 
so  dass  dieser  Tuff  mehr  als  irgend  ein  anderer  der  hiehergeliörigen 
Tuffe  den  Charakter  eines  klastischen  Gesteins  an  sich  trägt.  Höchst 
interessant  ist  aber  das  reichliche  Vorhandensein  von  Turmalinsäulchen 
in  diesem  Thonstein.  Diese  Kryställchen  gewähren,  ganz  abgesehen  von 


[H] 


Mikroskopische  Studien  über  klastische  Gesteine. 


169 


dem  stark  dichroitischen  Verhalten  einen  so  charakteristischen  Anblick, 
dass,  wenn  man  dieselben  einmal  gesehen  hat,  sie  jederzeit  leicht 
wieder  erkennt. 

Es  ist  einleuchtend,  dass  die  dargelegten  Verhältnisse  bei  dem 
geringen  Umfang  des  Materials  und  den  gezogenen  Grenzen  dieser 
Arbeit  keinen  Anspruch  auf  Allgemeinheit  erheben  können.  Der  Gegen- 
stand ist  auch  ein  zu  wichtiger,  als  dass  er  nicht  einer  specielleren, 
an  umfangreicherem  Material  angestellten  Untersuchung  unterzogen 
werde,  wobei  aber  immer  als  eine  Hauptaufgabe  hingestellt  werden 
muss,  ein  möglichst  sicheres  Kriterium  für  die  mikroskopische  Unter- 
scheidung dieser  älteren  Tuffe  von  den  mit  ihnen  in  inniger  Verbindung 
stehenden  zugehörigen  Massengesteinen  aufzufinden. 

Bei  einer  Betrachtung  der  genetischen  Verhältnisse  der  Tuffe 
müssen  diejenigen  der  ältern  Perioden,  also  z.  B.  Felsit-  und  Griin- 
steintuffe,  getrennt  werden  von  den  jünger n Gebilden  posttertiärer  Zeit. 
Man  würde  einen  falschen  Begriff  von  einem  Tuff  erhalten,  wollte  man 
annehmen,  die  einzelnen  zusammensetzenden  Elemente  seien  immer  zu- 
sammengeschwemmte Fragmente  eines  früheren  praeexistirenden  Gesteins. 
Es  gibt  Porphyrtuffe,  welche  sich  keineswegs  aus  Bruchstücken  eines 
zertrümmerten,  ursprünglich  massigen  Porphyrs  aufhauen. 

Die  meisten  Tuffbildungen,  namentlich  der  ältern  Perioden, 
schliessen  sich  eng  an  die  ihnen  entsprechenden  Massengesteine  an,  und 
ihre  Entstehung  fällt  in  gleiche  Zeiten  mit  denselben.  Das  Material  ist 
der  Hauptsache  nach  dasselbe,  als  wesentlicher  Factor  ihrer  Bildung 
trat  aber  das  Wasser  hinzu,  welches  dem  durch  Eruption  gelieferten 
Material  eine  solche  Beschaffenheit  verlieh,  dass  dasselbe  schichtenweise 
zum  Absatz  gelangen  konnte. 

Somit  erklärt  sich  auch  die  Beschaffenheit  der  eingehüllten  eckigen 
Quarze,  welche  keineswegs  wie  die  Quarzgerölle  der  Sandsteine  einem 
weiten  Transport  unterworfen  waren. 

Einfacher  gestalten  sich  die  genetischen  Verhältnisse  einiger 
Tuffbildungen  jüngeren  Alters,  deren  mikroskopisch  - petrographische 
Untersuchung  den  Schluss  vorliegender  Arbeit  bildet.  Hier  haben  wir 
es  mit  losen  vulkanischen  Auswürflingen , mit  feinzertheilten,  zer- 
riebenen, dem  vulkanischen  Schlunde  entstammenden  Aschen  zu  thun, 
unter  denen  sich  allerdings  sehr  häufig  ausgebildete  Krystalle  vorfinden. 
Dieses  anfangs  lose  Material  wurde  später  unter  Mithilfe  des  Wassers 
und  der  aus  demselben  sich  ausscheidenden  Mineralsubstanzen  zu  zu- 
sammenhängenden Massen  verkittet. 

Hierher  gehören  Basalt-,  Palagonit-  und  Leucittuffe. 

Die  Basalttuffe  vom  Calvarienbühl  bei  Dettingen  be- 
stehen aus  vollkommen  abgerundeten  Basaltbrocken,  welche  durch 
Kalkspath  cämentirt  sind.  Meist  schliessen  diese  Brocken  grössere 
Olivin-  oder  Augitkrystalle  ein,  ja  mitunter  bildet  die  basaltische  Materie 
nur  eine  schmale  Randzone  um  einen  grösseren  eingehüllten  Krystall. 
Der  Basalt,  überaus  reich  an  Magneteisen,  ist  schon  sehr  zersetzt,  lässt 
aber  noch  die  charakteristischen  kleinen  leistenförmigen  Plagioklas- 
durchschnitte erkennen.  Ebenso  ist  der  Olivin  zum  grössten  Tlieil  der 
Metamorphose  zum  Opfer  gefallen.  Das  Neubildungsproduct  ist  eine 
grüne,  serpentinähnliche  Masse,  welche  sich  an  mehreren  Stellen  aus 

Mineralogische  Mittheilungen.  1875.  3.  Heft.  (Friedrich  Arno  Anger.)  23 


170 


Friedrich  Arno  Anger. 


[18] 


einem  Aggregat  radialfaseriger  Kügelchen  aufbaut.  Die  cämentirende 
Masse,  welche  sich  zwischen  den  kleinen  Basaltkugeln  angesiedelt  hat, 
bietet  in  einem  der  Dünnschliffe  folgende  Erscheinung:  Zunächst  schliesst 
sich  um  den  Rand  der  Basaltbrocken  ein  Haufwerk  von  runden  Körn- 
chen und  wohlgebildeten  Hexagonen  farblosen  Kalkspaths.  Am  Rande 
dicht  gedrängt,  werden  dieselben  etwas  davon  entfernt  vereinzelter  und 
isolirter,  bis  eine  lichtgrüne  Materie  sie  völlig  von  einander  trennt. 
Dieselbe  ist  übrigens  identisch  mit  dem  Umwandlungsproducte  des 
Olivin,  und  indem  sie  in  zarten  schichtenförmigen  Hüllen  die  Ivalk- 
spathkryställchen  umrahmt,  spricht  sich  auf’s  Deutlichste  die  successive 
Ablagerung  derselben  aus.  Die  hier  und  da  noch  bleibenden  Lücken 
sind  erfüllt  mit  zusammenhängenden  Partien  von  Kalkspath.  In  andern 
Präparaten  ergab  sich  das  Zwischenmittel  lediglich  als  ein  Aggregat 
eng  mit  einander  verbundener  Kalkspathindi viduen. 

Basalttuff  von  Owen  (Schwäbische  Alp). 

Die  runden  Basaltbrocken  beherbergen  grosse  säulenförmige  Feld- 
spathindividuen,  welche  mit  einer  höchst  zarten  Parallellineatur  ver- 
sehen und  mit  feinen,  dunkeln  Staubtlieilchen  imprägnirt  sind.  Neben 
diesen  äclit  vulkanischen  Auswürflingen  finden  sich  hin  und  wieder 
Bruchstücke  eines  grauwackenähnlichen  Gesteins  und  grössere  Stücke 
eines  dichten  Mergels  mit  vielen  winzigen  Quarzen. 

Interessant  ist  die  Ausbildung  des  krystallinischen  Cäments,  welches 
hier  ebenfalls  aus  kohlensaurem  Kalk  besteht.  Während  die  Haupt- 
masse desselben  einem  Aggregate  von  grösseren  Kalkspath  individuell 
entspricht,  gewahrt  man  kleine,  farblose,  bisweilen  gegliederte  Säulchen 
mit  stumpf  pyramidalem  Ende,  welche  an  die  Ränder  der  Basaltstücke 
angeheftet,  in  die  Kalkspathmasse  hineinragen.  Nicht  selten  sind  mehrere 
derselben  innig  verwachsen  und  gleichen  dann,  von  gemeinsamer 
Basis  auseinanderstrahlend,  allerliebsten  Krystalldrusen  en  miniature. 
Diese  Gebilde  brausen  ebenfalls  mit  Säuren  und  gehören  ihrem  Ansehen 
nach  dem  Aragonit  an.  Neben  ihnen  liegen  zierliche,  farblose  Calcit- 
Rhomboederchen , welche  beim  Drehen  der  Mikrometerschraube  als 
wirkliche  Körper  zu  sehen  sind. 

Basalttuff  von  Gutenberg  in  Wiirtemberg. 

Die  Basaltbrocken  dieses  Gesteins  sind  in  hohem  Grade  der  Um- 
wandlung anheim  gefallen.  Fast  kein  darin  befindlicher  Krystall  ist 
verschont  geblieben,  überall  hat  sich  der  kohlensaure  Kalk  angesiedelt 
und  die  ursprüngliche  Substanz  zum  Theil  oder  gänzlich  verdrängt. 
Die  meisten  der  Brocken  gehören  dem  Feldspathbasalt  an,  einzelne 
dagegen  sind  Leucitbasalt. 

Hie  und  da  finden  sich  Partien  von  braunem  Glas,  welche  eine 
hyaline  Erstarrungsmodification  des  Basaltmagmas  repräsentiren.  Darin 
eingebettet  liegen  trikline  Feldspathe  und  Augite,  während  die  zahl- 
reichen blasigen  Hohlräume  wiederum  mit  Kalkspath  erfüllt  sind. 

Einen  höchst  wunderlichen  Anblick  gewähren  die  in  einzelnen 
Plagioklasbasaltbrocken  eingehüllten  erratischen  Quarzkörner,  welche 
farblos,  mit  glänzender  Oberfläche  und  frei  von  jedweder  Alteration 


[19] 


Mikroskopische  Studien  über  klastische  Gesteine. 


171 


dem  Beobachter  entgegentreten.  Rings  um  dieselben  fällt  Theilchen  für 
Tliei leben  der  Metamorphose  zum  Opfer,  sie  aber  trotzen  den  Angriffen 
der  umbildenden  Agentien.  Ausser  diesen  eingehüllten  Quarzkörnern 
finden  sich  noch  in  ziemlicher  Anzahl  freiliegende,  durchzogen  von 
Reihen  und  Schnüren  winziger  Einschlüsse.  Dicht  neben  ihnen  liegen 
Krystalle  und  krystallinische  Körner  von  lichtgrünem,  fast  farblosem 
Augit.  Diese  Mineralien,  welche  als  ursprüngliche  Gemengtheile  von 
Felsarten  allemal  einander  ausschliessen,  sind  hier  in  diesem  Schutt- 
gestein zu  einem  Ganzen  verbunden.  Ebenso  erweist  sich  der  Basalttuff 
von  Urach  als  ein  durch  Kalkspath  verkittetes  Gemenge  von  Basalt- 
brocken, Augit-  und  Magnesiaglimmerfragmenten  und  Bruchstücken  von 
dichtem  Kalkstein. 

Palagonittuffe  von  Gleichenberg  in  Steiermark. 

An  der  Constitution  dieser  Tulfmassen  betheiligen  sich  folgende 
Elemente:  Palagonit,  Basalt,  Hornblendeandesit,  Plagioklas,  Olivin, 
Augit,  Hornblende,  Magnesiaglimmer  und  Quarz  — sämmtlich  durch 
Kalkspath  zu  einem  Ganzen  vereinigt. 

Der  vorwaltende  Gemengtheil  ist  Palagonit,  meist  in  Form  runder 
Kügelchen  auftretend.  Bekanntlich  hat  diese  Substanz  durch  Rosen- 
busch1) eine  eingehende  mikroskopische  Untersuchung  erfahren,  und 
auch  an  diesem  Vorkommen  bestätigen  sich  die  Beobachtungen  des 
genannten  Forschers.  Die  rundlichen  Durchschnitte  der  Palagonitbrocken 
erscheinen  in  einer  ledergelben  bis  kaffeebraunen  Farbe  und  verhalten 
sich  absolut  indifferent  gegen  polarisirtes  Licht.  Die  hyaline  Materie  ist 
stellenweise  in  verschiedenem  Masse  devitrificirt , theils  liegen  darin 
einzelne  prismatische  Kryställchen,  theils  Haufwerke  winziger  Mikro- 
lithen  und  rundlicher  Körnchen,  theils  kleine  Nüdelchen,  welche  sich 
zu  zierlichen  Sternchen  gruppiren.  Ferner  gewahrt  man  überaus  häufig 
kleine  und  grosse  dunkelumrandete,  runde,  oder  ganz  in  die  Länge 
gezogene  Hohlräume,  welche  letztere  ebenso  wie  die  erwähnten  prisma- 
tischen Kryställchen  meist  parallel  zu  einander  gelagert  sind.  Da,  wo 
die  Schnittfläche  solche  Bläschen  getroffen  hat,  erscheinen  farblose 
Hohlräume,  in  denen  immer  etwas  fein  zerriebener  Smirgelschlannn 
haften  bleibt. 

Vielfach  enthält  der  Palagonit  fast  farblose  Krystalle,  von  denen 
viele  als  Olivin  und  Augit  zu  deuten  sind. 

Ausser  den  ledergelben  Partien  gewahrt  man  auch  rothgelbe  und 
grünlichgelbe,  welche  sich  als  das  Umwandlungsproduct  des  Palagonits 
ergeben.  Die  Umwandlung  erfolgt  zum  Theil  von  der  äusseren  Peri- 
pherie aus  nach  innen  fortschreitend,  oder  sie  knüpft  an  die  Ränder 
der  Hohlräume  an  und  erzeugt  dadurch  eine  zonale  Struktur.  Mit  der 
fortschreitenden  Zersetzung  auch  der  gelben  Materie  scheint  eine 
Neubildung  von  kurzen  farblosen  Nüdelchen  Hand  in  Hand  zu  gehen, 
welche  sich  zu  dichten  Häufchen  und  Wölkchen  gruppiren. 

Die  Beschaffenheit  und  ganze  Erscheinungsweise  des  Palagonits 
in  diesen  Tuffen  bestätigt  auf’s  Neue  die  Ansicht  von  Rosenbusch, 


‘)  Neues  Jahrbuch  für  Mineralogie.  1872.  152 — 167. 

23* 


172 


Friedrich  Arno  Anger. 


[20] 


dass  genannte  Substanz  ein  unmittelbares  Produkt  vulkanischer  Thätig- 
keit,  ein  besonders  wasserreiches,  glasiges  Gestein  sei.  Die  Basalt- 
fragmente sind  zum  Theil  schon  vielfach  zersetzt,  zum  Theil  aber  noch 
recht  frisch  und  lassen  namentlich  an  letzteren  die  einzelnen  Bestand- 
tlieile,  vornehmlich  Plagioklas,  Augit  und  Magneteisen  recht  deutlich 
erkennen.  In  den  Brocken  von  Hornblendeandesit  liegen  neben  den 
Plagioklasen  einzelne  grössere  Hornblendekryställchen  und  Glimmer- 
lamellen; im  Uebrigen  bieten  sie  nichts  Bemerkenswerthes. 

Die  triklinen  Feldspathbruchstücke  erscheinen  wasserklar  und 
bekunden  jederzeit,  namentlich  gut  im  polarisirten  Licht,  die  ihnen 
charakteristische  polysynthetische  Zwillingsverwachsung. 

Der  Augit  liefert  lichtgrüne,  fast  farblose  Durchschnitte,  während 
die  Hornblende  in  bräunlichgelbem,  der  Magnesiaglimmer  aber  in 
grünem  und  tiefbraunem  Farbenton  erscheint. 

Endlich  sei  noch  des  Quarzes  gedacht,  der  in  directem  Gegensatz 
zu  den  angeführten  vulkanischen  Auswürflingen  steht,  und  der  auch 
hier  alle  seine  charakteristischen  Eigenschaften  vortrefflich  zur  Geltung 
bringt.  Sein  Antheil  an  der  Zusammensetzung  der  hier  in  Frage 
stehenden  Tuffmassen  ist  übrigens  kein  geringer,  wenigstens  participirt 
er  in  einigen  der  Vorkommnisse  mit  dem  Palagonit  in  quantitativ 
gleichem  Verhältnisse.  Demnach  sind  diese  Palagonittuffe  als  quarz- 
führende zu  verzeichnen,  deren  Vorkommen  bisher  noch  nicht  be- 
kannt war. 

Trass  (Tuffstein,  Duckstein)  aus  der  Umgebung  des  Laacher  Sees, 
von  Weibern  (sogenannten  Weiberstein),  Rieden  und  aus  dem 

B r o h 1 1 h a 1 e. 

Die  mikroskopische  Untersuchung  dieser  Trasse,  in  welchen  man 
bisher  dem  Bimssteintuffe  sehr  nahe  verwandte  Gesteine  erblickte, 
lieferte  das  interessante  Ergebniss,  dass  diese  Massen  die  schönsten 
Leucittuffe  rep  rasen  tiren. 

Der  Leucit,  der  Hauptbestandtheil  derselben,  tritt  auf  in  kleinen 
und  grösseren  wohlgestalteten  Kry stallen,  welche  sich  im  Dünnschliff 
dem  Beobachter  als  farblose,  achteckige  Durchschnitte  darbieten.  Die 
Grösse  derselben  schwankt  zwischen  0-005  und  003  Mm.  Im  Tuff 
vom  Brohlthal  sinkt  dieses  Mineral  allerdings  zu  grösster  Winzigkeit 
herab  und  gewinnt  die  Form  rundlicher  Körnchen.  Die  Beobachtung 
derselben  gelingt  auch  nur  in  höchst  dünnen  Präparaten.  Die  Leucit- 
substanz  ist  meist  rein,  nur  hie  und  da  finden  sich  in  den  grösseren 
Kryställchen  kleine  farblose  Mikrolithen  eingeschlossen. 

In  geringer  Zahl  treten  zu  diesem  Gemenge  Fragmente  von 
farblosem  Sanidin,  dunkelgrünem  und  braunem  Mägnesiaglimmer  und 
grünem  Augit.  Die  Vereinigung  dieser  Elemente,  wird  durch  eine 
schmutziggelbe  amorphe  Materie  bewirkt. 

Ausser  den  genannten  vulkanischen  Auswürflingen  finden  sich 
noch  erratische,  eingehüllte  Bruchstücke  fremdartigen  Materials,  nament- 
lich Quarz,  Glimmerschiefer,  Thonschiefer  und  Partien  von  kohlen- 
saurem Kalk,  welche  letztere  als  ein  späteres  Infiltrationsprodukt  der 
porösen  Gesteinsmasse  zu  betrachten  sind. 


[21] 


Mikroskopische  Studien  über  klastische  Gesteine. 


173 


Die  Anzahl  und  Verschiedenartigkeit  der  eingehüllten  Bruchstücke 
ist  eine  noch  viel  grössere  im  Tuff  vom  Brohlthal.  In  demselben  finden 
sich  versammelt  Trümmer  von  Quarz,  Grauwacke,  Glimmerschiefer, 
Thonschiefer,  Feldspathbasalt  und  Leucitlava  mit  den  schönsten  Leucit- 
krystallen. 

Ein  gleiches  Resultat  ergab  die  Untersuchung  des  sogenannten 
Trasses  aus  dem  Ries  bei  Nördlingen  in  Baiern.  Auch  dieser  poröse, 
weiche  und  leicht  zerreibliche  Tuff  besteht  hauptsächlich  aus  kleinen 
und  grösseren  Krystallen  von  Leucit,  welche  verkittet  sind  durch  eine 
nur  spärlich  vorhandene  lichtgelbe  amorphe  Materie. 

Hierzu  gesellen  sich  noch  Fragmente  von  Augit  und  Magnesia- 
glimmer. Auch  sind  hie  und  da  kleine  Trümmer  von  Thonschiefer  ein- 
geschlossen und  nicht  minder  haben  sich  Partien  von  kohlensaurem 
Kalk  angesiedelt. 

Diese  Tuffinassen  stehen  im  Zusammenhang  mit  den  daselbst  , 
auftretenden  Leucit-  und  Nephelinbasalten  und  namentlich  für  sie  ist 
der  Leucitgehalt  sehr  bemerkenswerth. 

Man  hat  über  die  erwähnten  Trasse,  sowohl  aus  der  Umgebung 
des  Laacher  Sees,  als  auch  vom  Ries  in  Baiern  verschiedene  Ansichten 
und  Vermuthungen  ausgesprochen  und  namentlich  chemische  Analysen 
ausgeführt,  um  über  ihre  petrographische  Zusammensetzung  Aufschluss 
zu  erhalten.  Die  mikroskopische  Untersuchung  hat  diese  Aufgabe  gelöst. 
Das  Vorhandensein  des  Leucits  als  Hauptbestandtheil  stellt  in  vollem 
Einklang  mit  dem  Resultat  der  früher  über  die  Trasse  angestellten 
chemischen  Analysen.  Es  erklärt  sich  zunächst  hinsichtlich  des  Verhält- 
nisses der  Alkalien  der  überwiegende  Kaligehalt,  welcher  nach  Schaf- 
häutl  und  Rumpf  im  Trasse  von  Ries  über  6%  beträgt  und  sodann 
auch  die  Thatsache,  dass  bei  Behandlung  'der  Tuffe  beider  Vorkomm- 
nisse, sowohl  des  Laacher  Sees,  als  des  Ries,  mit  Salzsäure  ein  grosser 
Theil  in  Lösung  geht,  indem  die  Leucitsubstanz  von  Salzsäure  zer- 
setzt wird. 

So  fand  Elsner  bei  der  chemischen  Untersuchung  des  Trasses 
vom  Brohlthal  49-Oü7%  lösliche  und  42'980  unlösliche,  wozu  noch  ein 
Wassergehalt  von  7-65ti  tritt. 


Schlussbetraclitungen. 

Ein  Rückblick  auf  die  dargelegten  Verhältnisse  lässt  folgende 
allgemeine  Einsicht  gewinnen: 

An  dem  Aufbau  der  klastischen  Gesteine  betheiligen  sich  sowohl 
klastische  als  auch  krystalli nisclie  Bestandteile. 

Quarz  und  Glimmer  sind  das  constanteste  klastische  Material, 
und  unter  den  kristallinischen  Elementen  nimmt  der  Kalks patli  die 
grösste  Verbreitung  ein,  welcher  einesteils  als  cämentirendes  Mittel, 
anderntheils  als  ächter  Gemengtheil  auftritt.  Nur  selten  fehlt  bei  seiner 
Gegenwart  der  Eisenglanz. 


174 


Friedrich  Arno  Anger. 


[22] 


Der  Turmalin  tritt  in  mikroskopisch  kleinen  Kry  stallen  un- 
geahnt häufig  in  Gesteinen  sedimentären  Ursprungs,  namentlich 
in  Thonschiefern  und  Schieferthonen  auf  und  bildet  darin  sogar  liemi- 
morphe  mikroskopische  Krystalle. 

Der  Glaukonit  ist  nicht  amorph,  sondern  ein  das  Licht  dop- 
pelt brechendes  Mineral. 

Der  bisher  -als  krystallinisch  bezeichnete  Sandstein  von  Maria- 
schloss in  der  Wetterau  ist  ein  ächt  klastisches  Gestein. 

Der  sogenannte  Basaltjaspis  ist  eine  halbgeschmolzene  Grauwacke. 

In  den  meisten  Thonschiefern  sind  krystallinische  Elemente  vor- 
waltend, theils  bräunlichgelbe  Nadeln,  theils  Kalkspath,  und  zwar  beide 
im  umgekehrten  Verhältniss  zu  einander  sich  an  der  Zusammensetzung 
betheiligend. 

Die  Entstehungsweise  mehrerer  Felsittuffe  ist  als  eine  nicht  rein 
klastische  zu  bezeichnen. 

Die  Basalttuffe  von  Gleichenberg  in  Steiermark  sind  quarzfüh- 
rende Palagonittuffe. 

Der  Hauptbestandtheil  der  Trassmassen  des  Laacher  Sees  und 
des  Ries  bei  Nördlingen  ist  Leucit. 


Am  Schlüsse  dieser  Arbeit  fühle  ich  mich  gedrungen,  meinem 
hochverehrten  Lehrer,  Herrn  Professor  Dr.  Zirkel,  den  aufrichtigsten 
Dank  auszusprechen  für  die  Hingebung,  mit  welcher  er  mich  in  das 
Studium  der  Mineralogie  und  Petrographie  eingeführt  hat  und  für  die 
Unterstützung,  welche  er  mir  auch  bei  der  Bearbeitung  vorliegender 
Abhandlung  durch  Rath  und  That  zu  Theil  werden  liess 


V.  Beiträge  zur  Mineralogie  des  Fassa-  und  Fleimser- 

thales.  I. 

Von  Dr.  C.  Doelter. 


1.  Epidot  vom  Alloclietthale. 

Der  Epidot  ist  ein  am  Monzoni  nicht  selten  vorkommendes  Mineral; 
jedoch  tritt  er  meist  in  Nadeln,  nicht  in  deutlicheren  Krystallen  auf, 
nicht  selten  zeigt  er  sich  auch  als  Umwandlungsproduct  des  Monzonites 
in  den  Formen  des  letzteren. 

Krystalle  von  Epidot  kommen  aber  meines  Wissens  nur  im  Allochet- 
thale,  in  Gesellschaft  von  braunem  Granat,  Quarz,  Labrador,  Titanit, 
auf  Spalten  eines  verwitterten  syenitischen  Gesteines  vor.  Die- 
selben zeigen  schwarzgrüne  Farben,  einige  verwitterte  sind  mit  einer 
Kruste  von  Eisenoxyd  bedeckt;  die  Krystalle  erreichen  hie  und  da  eine 
Länge  von  18  Mm.,  ausserdem  kommen  auch  lichtere  strahlige  Varie- 
täten vor.1) 

Die  Krystalle  treten  in  folgenden  Combinationen  auf: 

T n M r 

ooP  oo  P öP  P oo 

die  häufigste  Combination,  seltener  tritt  dazu  l (2Poo). 

Eine  andere  Combination  ist  folgende  mit  vorherrschendem  Doma 
r n M T 
wozu  auch  die  Fläche  z (coP)  noch  hinzutritt. 

Die  Analyse  eines  frischen  Epidotkrystalles  schien  nicht  uninte- 
ressant. Dieselbe  ergab: 


Si02  . . 

. 37-70 

A1203  . 

. 24-61 

Fo2  0,  • 

. 14-23 

FeO  . . 

. 0-45 

CaO  . . 

. 20-99 

II20  . . 

. 2-23 

100-21 

Spec.  Gew.  — 3-452 


])  G.  v.  Rath  spricht  hier  von  einer  diabasähnlichen  Syenitvarietät;  einen 
eigentlichen  Diabas  haben  wir  hier  nicht  beobachtet.  Die  Gesteine,  welche  wir  früher 
beschrieben  haben,  enthalten  vorwiegend  beide  Feldspäthe  und  Biotit. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1875.  3.  Heft.  (C.  Doelter.) 


176 


C.  Doelter. 


[2] 


Die  Analyse  stimmt  ziemlich  mit  den  von  Ludwig  als  Mittel  für 
den  Sulzbacher  Epidot  angegebenen  und  denen  von  Hermann  für  den 
Epidot  von  Burawa  überein,  nur  der  Kalkgelialt  ist  etwas  geringer. 

Die  Analyse  wurde  mit  reinen  Stücken  ausgeführt,  welche  keinerlei 
Mineraleinschlüsse  in  ihrem  Inneren  beherbergten.  Die  Analyse  wurde 
nach  den  üblichen  Bunsen’schen  Methoden  ausgeführt. 

In  Betreff  des  Wassergehaltes  muss  bemerkt  werden,  dass  derselbe 
als  Glühverlust  bestimmt  werden  musste,  da  die  Methode  des  Prof. 
Ludwig  wegen  Mangels  geeigneter  Platingefässe  nicht  angewendet 
werden  konnte. 

Der  von  uns  untersuchte  Epidot  gehört  somit  zu  den  Mangan- 
und  magnesiaarmen  Kalkepidoten. 

2.  Chabasit,  Epidot  und  Eisenglanz  vom  Mal  Inverno. 

Der  Fundort  am  Mal  Inverno,  an  welchem  sich  bekanntlich  haupt- 
sächlich Idocras,  Spinell,  Fassait  finden,  befindet  sich  zu  beiden  Seiten 
des  Kammes.  Es  setzt  nämlich  die  grosse  Kalkscholle,  welche  aus  dem 
Toal  del  Mason  gegen  das  Rizzonithal  hinzieht  ’),  unter  dem  Monzonit 
noch  bis  auf  die  andere  Seite  des  Kammes,  wo  sie  jedoch  nur  wenig 
an  der  senkrechten  Nordseite  sichtbar  ist. 

In  der  Nähe  dieses  Kalkvorkommens,  mit  welchem  die  genannten 
Mineralien  in  Verbindung  stehen,  wurde  kürzlich  wieder  im  Syenit 
Eisenglanz,  schöner  grüner,  stängeliger  Epidot  und  Chabasitkrystalle 
gefunden. 

Von  letzterem  Minerale  fand  ich  ausser  den  erwähnten* 2)  noch 
an  dem  Abhang  der  Ricoletta,  gegen  Le  Seile  zu,  mehrere  Fundstellen, 
stets  kömmt  dasselbe  in  Spalten  von  Monzonit  vor. 

Eine  andere  Bildung  hat  der  Chabasit  vom  Palle  Rabbiose,  den 
ich  so  in  Verbindung  mit  dem  daselbst  vorkommenden  Anorthit  fand, 
dass  ich  ihm  nur  eine  secundäre  Bildung  aus  letzterem  Mineral  zu- 
schreiben kann.  Den  Anorthit  konnte  ich  auch  nirgends  unzersetzt  finden. 

3.  Fassait  von  dein  südlichen  Ricoletta- Abhang. 

Dieser  Fundort,  welcher  noch  weniger  bekannt  ist,  ist  besonders 
durch  schöne,  reine  Biotitkrystalle,  von  oft  bedeutender  Grösse  aus- 
gezeichnet. 

Das  Muttergestein,  in  welchem  sich  die  verschiedenen  Mineralien 
finden,  besteht  im  Wesentlichen  aus  Fassait  und  Glimmer.  Der  Fassait 
wurde  früher  nur  in  derben  Stücken  gefunden,  erst  in  neuerer  Zeit 
fand  man  wieder  Krystalle.  Dieselben  sind  von  graugrüner  Farbe  und 
zeigen  einen  anderen  Typus  als  die  von  den  übrigen  Fundorten  des  Monzoni. 

Die  Krystalle,  meist  Zwillinge,  haben  einen  tafelförmigen  Habitus 
durch  das  Vorherrschen  des  Orthopinakoides  (ooPoo),  ausserdem  treten 
auf  die  Prismenflächen  und  eine  spitze  Pyramide  (wohl  2P) ; somit  eine 
von  dem  gewöhnlichen  Fassait  ziemlich  verschiedene  Combination. 

')  Siehe  die  Karte  meiner  Arbeit:  Der  geologische  Bau.  die  Gesteine  und 
Mineralfundstätten  des  Monzonigebirges  in  Tirol. 

2)  1.  c.  p.  35. 


Beiträge  zur  Mineralogie  des  Fassa-  und  Fleimserthales. 


177 


[3] 


Mit  dem  Fassait  und  Glimmer  treten  noch  trikline  Feldspathe, 
jedoch  ohne  deutliche  Krystallformen  auf.  Diese  Mineralien  finden  sich 
in  Drusen  eines  Augit-Labrador-Gesteines ; in  nicht  grosser  Entfernung 
davon  findet  man  in  demselben  Gesteine  kleine  Schollen  von  verändertem 
Kalke,  und  gehört  somit  dieses  Vorkommen  zu  den,  durch  Contact  mit 
Kalk  entstandenen.  Ich  hatte  früher  den  Fassait  noch  nicht  kennend, 
das  Vorkommen  als  Spaltenbildung  bezeichnet.  Das  Vorkommen  des 
Kalkes  bestätigt  die  überall  am  Monzoni  auftretende  Thatsache,  dass 
der  Fassait  stets  an  die  Nähe  von  Kalk  gebunden  ist. 

Das  Eruptivgestein  ist  auch  hier,  wie  fast  an  allen  zugänglichen 
Stellen,  in  Contact  mit  Kalk,  stets  frisch  und  unzer setzt,  eine 
sehr  wichtige  Thatsache  für  die  Theorie  der  Entstehung  dieser  Mineral- 
producte,  und  welche  bis  jetzt  nicht  berücksichtigt  wurde. 

Anmerkung.  In  vielen  Abhandlungen  wird  der  obige  Fundort 
mit  dem  vom  Mal  Inverno  verwechselt,  was  daher  rührt,  dass  die 
Mineralienhändler,  insbesondere  der  Händler  Bernard  in  Campi- 
tello  die  Mineralien  von  diesen  Fundorten  mit  der  Etiquette  Toal 
d e i Ri  zz  o n i versieht.  Auf  unserer  Karte  sind  beide  Fundorte  angegeben, 
nach  nochmaliger  Untersuchung  ergibt  sich  die  Vertheilung  der  Mine- 
ralien für  beide  Fundorte  folgendermassen : 

Mal  Inverno-Abhang  (Nord-  und  Südabhang).  Ricoletta-Abkang  (Südseite). 


Biotit. 

Anorthit. 

Fassait. 

Titanit. 

Magnetit. 


Idocras. 

Spinell. 

Granat. 


Serpentin. 

Batrachit. 

Magneteisen. 

Fassait. 


Der  Anorthit,  den  T scher mak  im  Verein  mit  Apatit,  Glimmer, 
Fassait  beschrieben  hat1)  stammt,  wie  uns  ein  Vergleich  mit  dem 
Originalstück  ergab,  von  dem  letzteren  Fundorte. 

Dies  zur  Vervollständigung  unserer  früheren  Mittheilungen. 


4.  Vorliauserit  von  dem  Pesmedakamiu 


Der  von  Kenn  gott  näher  untersuchte,  von  Li  eben  er  entdeckte 
Vorliauserit.  wurde  bis  jetzt  für  amorph  gehalten.  Er  findet  sich  am 
Kamm  zwischen  Pesmedat.hal  und  Toal  della  Foja,  jedoch  meistens  nur 
derb  im  kristallinischen  Kalk  in  Verbindung  mit  Granat  oder  ein- 
gesprengt. 

Ich  fand  nun  Stücke  von  Vorhauserit-äknlichem  Mineral  mit  deutlich 
länglich  hexagonalem  Durchschnitt  neben  den  derben  Mineralbruchstücken, 
und  endlich  auch  wirkliche  Krystalle,  welche  jedoch  leider  nur  sehr  unvoll- 
kommen erhalten  sind,  indess  fand  ich  auch  einige  Krystalle  mit  Endflächen 
und  dürfte  sich  demnach  die  Krystallform  an  diesen  Exemplaren  bestimmen 
lassen.  Der  Typus  der  Krystalle  ist  der  säulenförmige  mit  meist  vor- 


*)  Verhandl.  der  k.  k.  geolog.  Reicksanstalt  1874,  pag.  31. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1875.  3.  Heft.  (D.  C.  Doelter.)  24 


178 


C.  Doelter. 


[4] 


herrschenden  Klinopinakoid  und  mehr  untergeordneten  Prismen  und  hat, 
soweit  ich  es  aus  der  flüchtigen  Betrachtung  an  Ort  und  Stelle  ersehen 
konnte,  Aehnlichkeit  mit  den  an  demselben  Punkte  vorkommenden 
Fassait-  oder  Olivinkrystallen,  welche  bekanntlich  lange  Zeit  mit  einan- 
der verwechselt  wurden  und  scheint  es  mir  auch  der  Beschaffenheit  der 
betreffenden  Stücke  nicht  ganz  unwahrscheinlich,  dass  der  von  Oel- 
lacher  analvsirte  Vorhauserit,  welcher  seiner  Zusammensetzung  nach 
dem  Serpentine  nahe  steht,  vielleicht  nur  Pseudömorphosen  einer  der 
beiden  erwähnten  Mineralien  sei.  Die  mikroskopische  Untersuchung 
ergab,  dass  der  Vorhauserit  besteht  aus  einem  das  Licht  nicht  polari- 
sirenden  Mineral  und  Augit. 

Der  Vergleich  mit  einem  Liebener’schen  Originalstück  bestätigte 
wenigstens  dem  Aeusseren  nach  die  Identität  der  fraglichen  Stücke  mit 
dem  Vorhauserit. 

An  demselben  Fundorte  finden  sich  auch  mit  Fassait  Calcitkrystalle, 
Skalenoeder  mit  mehreren  Rhomboederflächen. 

5.  Dolomit  vom  Rodellaberg. 

In  einem  dichten,  aschgrauen,  zwischen  Dolomit  und  Magnesia- 
hält igem  Kalksteine  finden  sich  grössere  Rhomboeder  von  Dolomit  ohne 
Beimengung,  dessen  chemische  Zusammensetzung  nach  Herrn  John 
folgende  ist: 

Ca  C03  . . 56-88 

Mg  C03  . . 45-12 
100-00 

6.  Quarz  vom  Viesena. 

Lieb  euer1)  beschreibt  Amethystkrystalle  von  der  Vette  di  Viesena 
in  der  Gestalt  des  Hexagon-Dodecaeders  von  hyacinthrother  Farbe.  Die 
in  letzterer  Zeit  gefundenen  zeigen  die  Combination  P . oo P (letztere 
Fläche  sehr  untergeordnet)  und  sind  theils  farblos,  theils  hyacinthroth ; 
Grösse  bis  9 Mm. 

Das  Muttergestein  derselben  ist  ein  Melaphyr,  welcher  jedoch 
ganz  zersetzt  ist,  nicht  Granit  wie  Li  eben  er  glaubt,  letzteres  Gestein 
kommt  überhaupt  an  der  Vette  di  Viesena  gar  nicht  vor. 

Hier  sei  noch  des  Vorkommens  des  Pyrite s in  grossen  Würfeln, 
sowie  auch  von  Pseudomorpliosen  von  Brauneisen  nach  Pyrit  erwähnt, 
welche  bis  jetzt  nicht  verzeichnet  wurden.  Sie  finden  sich  in  einer 
eigenthümlichen  Breccie  aus  Kalkbruchstücken  mit  Melaphyrbindemittel, 
ähnlich  jener,  welche  ich  vom  Monzoni  beschrieben  habe.2)  An  einer 
anderen  Stelle  finden  sie  sich  auch  im  Kalksteine. 

7.  Fluorit  von  der  Cima  d’Asta. 

Auch  dieses  Vorkommen,  welches  an  einer  Stelle  am  Nordostab- 
liange  der  Cima  d’Asta  gegen  Caoria  nicht  selten  ist,  war  bisher  unbe- 
kannt; die  Krystalle  finden  sich  im  Granit  in  Drusenräumen;  sie  haben 


5 Mineralien  Tirols  p.  217. 

2)  1.  c.  p.  32. 


[5] 


Beiträge  zur  Mineralogie  des  Fassa-  und  Fleimsertliales. 


179 


bis  8 Mm.  im  Durchmesser,  sind  durchsichtig,  sehr  schwach  grünlich 
gefärbt  und  zeigen  die  Combination 

QO  0 OO  . OO  0 . und  ein  sehr  flacher  48flächner 

oder  seltener  oo  0 oo  . oo  0 . 0 . 


8.  Horiiblendekrystalle  im  Melaphyr  hei  Roda. 

Während  in  letzterer  Zeit  ziemlich  allgemein  angenommen  wurde, 
dass  die  Melaphyre  zum  grössten  Theil  Pyroxengesteine  seien,  und  dies 
auch  für  die  Südtiroler  Gesteine  galt,  nachdem  in  der  That  die  für 
das  Gegentheil  aussagenden  Beweise  v.  Richthofen’s  zum  grössten 
Theil  als  nicht  stichhältig  sich  erwiesen, *)  hat  sich  nun  durch  meine 
Untersuchungen  herausgestellt,  dass  die  Hornblende  in  vielen  Melaphyren 
nicht  nur  untergeordneter,  sondern  vorherrschender  Bestandtheil  sei, 
ja  dass  in  einigen  Augit  ganz  fehlt. 

Diese  Resultate,  welche  an  einer  sehr  grossen  Anzahl  von  Süd- 
tiroler Melaphyren  erzielt  worden  waren,  wurde  durch  die  mikroskopische 
Untersuchung  erkannt,  und  es  ergaben  sich  dabei  nicht  uninteressante 
Beziehungen  zwischen  tektonischem  Auftreten  und  mineralogischer 
Zusammensetzung  der  einzelnen  Gesteine ; wir  werden  in  einem  eigenen 
Aufsatze  in  nächster  Zeit  die  von  uns  erreichten  Resultate  vorlegen, 
haben  übrigens  schon  für  die  am  Monzoni  vorkommenden  Melaphyre 
zum  Theil  Hornblende  nachgewiesen.* 2 3) 

Es  war  daher  von  grossem  Interesse,  die  auf  dem  Wege  der 
mikroskopischen  Gesteinsuntersuchung  nachgewiesenen  Daten  durch  das 
Auffinden  grosser  makroskopischer  Horiiblendekrystalle  mit  Endflächen 
im  Melaphyr  bestätigt  zu  finden.2) 

Das  Vorkommen  stammt  von  einem  bis  jetzt  unbekannten  Mela- 
phyrgange  am  rechten  Ufer  des  Avisio  zwischen  Predazzo  und  dem 
Dorfe  Roda,  derselbe  streicht  gegen  NNW.  und  hat  eine  Mächtigkeit 
von  circa  8 M. 

Mikroskopisch  lässt  das  Gestein  Plagioklas  und  Hornblende  als 
Hauptgemengtheile  erkennen,  daneben  treten  Orthoklas,  Augit,  Magnetit, 
Calcit  auf. 

Das  Gestein  ist  oft  verwittert  und  enthält  Calciteinschlüsse.  Die 
Grundmasse  ist  vollkommen  dicht  und  pechschwarz.  Die  Hornblende- 
krystalle  sind  porphyrartig  darin  eingesprengt  und  ist  ihr  Vorkommen 
der  Art,  dass  eine  secundäre  Bildung  derselben  absolut  ausgeschlossen 
erscheint. 

Am  häufigsten  zeigen  sich  dünne  sehr  lange  Säulen  co  P . oo  P o©  . 
deren  Endfläche  jedoch  meist  nicht  gut  beobachtet  werden  kann.  Die 
Länge  derselben  beträgt  oft  über  2 Cm.  bei  nur  6 Mm.  Dicke. 

Jedoch  gelang  es  mir  einige  schöne  Krystalle  herauszupräpariren. 


')  Tschermak,  Porphyrgesteine  Oesterreichs,  p.  124. 

2)  1.  c.  p.  18. 

3)  Dass  Hornblende  im  Melaphyr  verkömmt,  wurde  indess  bekanntlich  schon 
durch  Klipstein,  Richthofen,  Tschermak  nachgewiesen. 


24* 


180  C.  Doelter.  [6] 

Der  schönste  ist  ungefähr  14  Mm.  lang,  mit  vorherrschendem 
Klinopinakoid,  er  zeigt  die  Combination 

ooP  . ooPoo  . P . oP  . 2Poo 
(M)  (x)  (r)  (p)  (e) 

Die  Flächen  r,  p,  s,  sind  sehr  regelmässig  ausgebildet. 

Ein  anderer  18  Mm.  langer  8 Mm.  dicker  Krystall  zeigt  dieselbe 
Combination  mit  weniger  gut  ausgebildetem  Klinopinakoid  und  an  den 
Endflächen  vorherrschender  Pyramide. 

Endlich  ist  noch  eines  kleinen  Zwillingskrystalls  nach  dem  gewöhn- 
lichen Gesetze  zu  erwähnen,  der  eine  kleine  der  Fläche  (s)  entspre- 
chende Abstumpfung  zeigt. 

Ausserdem  kommen  auch  grössere  krystallinische  Partien  von 
Hornblende  mit  deutlicher  Spaltbarkeit,  sowie  auch  kleine  Augite  vor. 


9.  Feldspath  aus  dem  Val  di  Madonna  bei  Val  floriana. 

Ich  habe  nun  den  Fundort  der  von  Lieben  er  und  Vor  hause  r 
angegebenen  Orthoklaskrystalle  besucht;  derselbe  findet  sich  nicht,  wie 
letztere  Autoren  angeben,  im  Cadinothal,  sondern  in  einem  Seitenthale 
des  Val  floriana,  dem  Val  di  Madonna,  welches  von  dem  Nordabhange 
des  Berges  Zocchi  alti,  der  Wasserscheide  zwischen  Cadino-  und  Flo- 
rianathal  ausgeht. 

Die  Feldspathe  finden  sich  im  Quarzporphyr;  letzterer  unterscheidet 
sich  von  dem  dort  allgemein  vorkommenden  Porphyr  durch  seine 
Structur;  es  ist  eine  feinkörnige  Masse,  aus  Feldspath,  Quarz,  Glimmer 
bestehend,  in  welcher  nun  die  verschiedenen  Feldspathkrystalle,  sowie 
auch  Quarzkrystalle  (dihexagonale  Pyramide)  von  bedeutenden  Dimen- 
sionen eingeschlossen  sind. 

Die  Feldspathkrystalle  sind  in  der  Grundmasse  meist  nur  locker 
eingebettet  und  wittern  bei  der  Zersetzung  des  Gesteines  heraus.  Das 
Vorkommen  derselben,  ihre  gleichmässige  Vertheilung  in  der  Gesteins- 
masse schliessen  eine  spätere  secundäre  Bildung  aus;  aber  alle  Umstände 
sprechen  dafür,  dass  diese  Feldspathkrystalle,  ähnlich  wie  dies  bei  jün- 
geren Eruptivgesteinen  der  Fall  ist,  in  der  Masse  präexistirt  haben, 
was  auch  für  die  grossen  Quarzkrystalle  und  Körner  wahrscheinlich  ist. 
Die  Orthoklase  sind  von  weisser  Farbe,  oft  rissig,  sehr  dem  Sanidine 
ähnlich,  jedoch  werden  sie  bei  der  Verwitterung  ziegelroth. 

Viele  der  Krystalle  zeigen  sehr  schöne  schalenförmige  Structur 
parallel  den  Umrissen.  Neben  dem  Orthoklas  kömmt  auch  plagio- 
klastischer  Feldspath  vor,  der  sich  durch  seine  Verwitterung  in  ein 
grünes  Mineral  von  dem  ersteren  unterscheidet. 

Frische  Bruchflächen  des  Gesteines  erinnern  lebhaft  an  manche 
Quarz-Andesite  Siebenbürgens. 

Das  Vorkommen  des  Porphyrs  dürfte,  so  weit  sich  bei  der  fast 
allgemeinen  Culturbedeckung  der  Felsmassen  überhaupt  etwas  sagen 
lässt,  ein  gangförmiges,  im  älteren  Quarzporphyr  aufsitzendes  sein. 

Was  die  Krystalle  selbst  anbelangt,  so  sind  es  theils  einfache 
Krystalle,  theils  Zwillinge  nach  dem  Karlsbader  Gesetze ; beide  kommen 
zusammen  in  einem  und  demselben  Handstücke  vor. 


Beiträge  zur  Mineralogie  des  Fassa-  und  Fleimserthales. 


181 


[^] 


Die  einfachen  Krystalle  sind  säulenförmig  durch  das  Vorherrschen 
der  Basis  und  des  Klinopinakoides  (P,  M),  wozu  die  Prismen  oo  P, 
oo  Po  {TI,  z) , das  Doma  2 P oo  (y),  die  Hemipyramide  P (o), 
selten  das  Hemidoma  P oo  (x)  hinzukommen.  Die  einfachen  Krystalle 
haben  im  Allgemeinen  glatte  Flächen,  sind  kleiner  als  die  Zwillings- 
krystalle,  obgleich  ausnahmsweise  auch  Individuen  bis  3 Cm.  Länge 
Vorkommen. 

Die  Zwillingskrystalle  sind  tafelförmig  ausgebildet  durch  Vor- 
herrschen von  M.  Es  lassen  sich  zwei  Typen  unterscheiden ; bei  dem 
einen  werden  die  Enden  gebildet  durch  die  Flächen  P und  y,  während 
bei  dem  anderen  wesentlich  die  Hemipyramiden  o und  y vorherrschen, 
wozu  untergeordnet  P tritt;  einfache  Krystalle  von  diesem  Typus  sind 
selten.  Die  Grösse  dieser  Krystalle  ist  im  Allgemeinen  beträchtlich 
und  linden  sich  Individuen  bis  4 Cm.  Länge. 


Verzeieliniss  der  am  Monzoni  vorkommenden  Mineralien. 


Ich  habe  dieses  Verzeichniss  nach  nochmaligem  Besuche  der  Fund- 
stellen *)  mit  Berücksichtigung  der  neuesten  Funde  zusammengestellt 
und  hoffe,  dass  dasselbe  dem  jetzigen  Standpunkte  entsprechen  möge.1 2) 

Da  es  von  Wichtigkeit  erscheint,  anzugeben,  ob  ein  Mineral  im 
Contact  mit  Kalk  oder  auf  Spalten  im  Monzonit  vorkömmt,  so  habe 
ich  in  der  ersten  Colonne  erstere  Fundstellen,  in  der  zweiten  letztere 
gegeben. 

Zu  den  von  mir  früher  angegebenen  Fundorten  gesellt  sich  noch 
einer  oberhalb  des  Le  Seile  Sees  gegen  die  Punta  d’Allochet  am  Con- 
tact von  Monzonit  und  Kalkstein;  derselbe  wurde  früher  nicht  erwähnt. 


Fassait 


Augit, 

Amphibol  3) 
Olivin 


Idocras 


Toal  della  Foja  (4  Fund- 
orte). 

Spitze  des  Mal  Inverno. 

Südseite  der  Ricoletta. 

Monzonithal  unter  der  Ri- 
colettascliarte. 

Abhang  des  Allochet  gegen 
den  Le  Seile  See  (3  Fund- 
orte). 

Monzonithal.  Nord- 
Abhang  der  Ricoletta. 

Le  Seile,  oberer  Fundort. 

Toal  dei  Rizzoni  gegen  die 
Mal  Inverno  Spitze. 

Pesmeda. 

Mal  Inverno  Spitze. 

Le  Seile  See. 


1)  Bei  meinen  diesjährigen  Touren. 

-)  Die  in  Drusenräumen  des  Monzonits  hin  und  wieder  auftretenden  accesso- 
rischen  Mineralien  wie  : Turmalin,  Epidot,  Pyrit,  Biotit  etc.  konnten  natürlich  hier 
nicht  aufgezählt  werden. 

3)  Dieses  Vorkommen  bedarf  noch  einer  näheren  Untersuchung. 


C.  Doelter.  Beitr.  zur  Mineralogie  d.  Fassa-  u.  Fleimserthales. 


[8] 


182 


Granat 

Gehlenit 

Skapolith 

Turmalin 

Glimmer 


Epidot 


Axinit 
Prehnit 
Titan  it 
Chabasit 


Serpentin 


Yorhauserit 

Orthoklas 

Anorthit 

Quarz 

Spinell 


Magnetit 

Eisenglanz 


Zirkon 

Kupferkies 


Eisenkies 

Thomsonit 


Le  Seile  (2  Fundorte). 

Le  Seile  See. 

Le  Seile  (oben).  *) 

Toal  del  Mason. 

Toal  della  Foja  (3  östlichere 
Fundorte). 

Sttdl.  Ricolettaabhang. 

Mal  Inverno. 


Toal  della  Foja  (oben). 


Pesmeda. 

Mal  Inverno. 

Monzonithal. 

Allochet  gegen  den  See. 
Pesmeda  (2  Fundorte). 
Südabhang  der  Ricoletta. 
Pesmeda. 

Ricoletta  Südabhang. 

Toal  della  Foja  (4  Fund- 
orte). 

Mal  Inverno  Spitze. 

Le  Seile. 

Mal  Inverno. 

Le  Seile  (oben). 


Le  Seile  (oben). 


Le  Seile  (oben). 
Palle  Rabbiose  8) 


Allochet. 


Nordabhang  des  Mal  In- 
verno. 

Allochetthal. 

Allochetspitze. 

Ricolettascharte. 

Ricolettascharte. 

Allochetthal. 

Ricolettascharte. 

Monzonithal. 

Nordabhang  des  Mal  Inverno. 


Allochetthal.  2) 
Allochetthal. 


j Monzonithal  (links). 

Abhang  des  Mal  Inverno 
gegen  die  Monzonialpe. 

(Nach  Rath  im  Allochet- 
thale.) 

Schlucht  in  der  Ricoletta 
(Nordseite  gegen  das  Mon- 
zonithal). 


*)  Nach  Liebener,  Zepharovich,  Richthofen. 

3)  Der  trikline  Feldspath  vom  Allochetthal  ist  noch  nicht  chemisch 
untersucht. 

®)  Nach  Liebener  und  Zepharovich. 


VI.  Die  Serpentine  der  Vogesen. 


Von  Bruno  Weigand. 


Der  Serpentin  nimmt  unter  den  gesteinsbildenden  Mineralien  eine 
bevorzugte  Stelle  ein  und  ist  vielen  hervorragenden  Forschern  ein 
ergiebiges  Feld  von  Untersuchungen  und  interessanten  Entdeckungen 
geworden ; in  der  That  muss  seine  so  häufig  beobachtete  Entstehung 
aus  anderen  Verbindungen  die  Aufmerksamkeit  auf  ihn  lenken  zu  einer 
Zeit,  da  man  mehr  und  mehr  zu  der  Einsicht  gekommen  ist,  dass 
viele  der  krystallinen  Gesteine  nicht  in  ihrer  jetzigen  Gestalt  aus 
feurigem  Flusse  erstarrt  sind  oder  sich  aus  wässerigen  Lösungen  abge- 
schieden haben,  sondern  durch  säculare  chemische  Processe  die  durch- 
greifendsten Veränderungen  erfahren  haben,  so  dass  die  Art  ihrer 
Entstehung,  so  wie  ihre  frühere  Beschaffenheit  für  uns  meist  noch 
ungelöste  Räthsel  sind.  Bei  dem  Serpentin  ist  das  Studium  der  Genese 
besonders  erleichtert,  da  derselbe  dasjenige  der  sicher  umgewandelten 
Gesteine  ist,  von  welchem  man  die  frühere  Beschaffenheit,  so  wie  den 
Process  der  Umwandlung,  am  genauesten  kennt,  ja  bei  welchem  man 
beide  noch  heutzutage  durch  die  Analyse  nachweisen  und  mittelst  des 
Mikroskops  die  verschiedenen  Stadien  des  Ueberganges  beobachten  kann. 

Die  Geschichte  der  Meinungen  über  ihn  ist  sehr  wechselvoll. 
Durch  vielfache  Pseudomorphosen  schon  früh  als  ein  Product  der  Meta- 
somatose bekannt,  wurde  er  zuerst  von  Quenstedt1)  in  der  Krystall- 
form  des  Olivin  (von  Snarum)  genauer  untersucht  und  als  Zersetzungs- 
product  des  letzteren  unwiderleglich  nachgewiesen.  Trotzdem  wurde 
das  Ergebniss  dieser  Untersuchung  von  mehreren  Seiten2)  angefochten. 
Als  aber  Gustav  Rose,  auf  sehr  gutes  Material  gestützt,  sich  für 
dieselbe  erklärte, 3)  verliess  man  die  frühere  Ansicht,  dass  jene  Sna- 
rumer  Krystalle  ursprüngliche  Serpentinkrystalle  seien,  und  adoptirte 
die  zugleich  von  Rose  ausgesprochene  Vermuthung,  dass  der  Serpentin 
ein  allgemeines  Endproduct  der  Zersetzung  der  Gesteine  sei,  und  dass 
daher  wahrscheinlich  alle  mit  ihm  vergesellschaftet  angetroffenen  Gesteine 
das  Material  zu  seiner  Bildung  geliefert  hätten. 


J)  Pogg.  Ami.  1835. 

2)  Tamnan,  Böbert,  Sclieerer,  Herrmann. 

3)  Berl.  Monatsb.  1851. 

Mineralogische  Mittheilungen  1876.  3.  Heft.  ("Br.  Weigand.) 


184 


Bruno  Weigand. 


[2] 


So  sprach  man  von  seiner  Entstehung  aus  Diabas,  Granulit  u.  s.  w. 
und  stand  damit  vor  einem  scheinbar  unlöslichen  chemischen  Räthsel. 

Auch  hier,  wie  in  so  vielen  Fragen  der  Petrographie,  brachte 
das  Mikroskop  Licht  und  Klarheit.  Sandberger1)  hatte  bereits  con- 
statirt,  dass  das  Auftreten  des  Olivinfels  ein  ziemlich  verbreitetes  sei, 
und  in  Folge  dessen,  auf  die  Untersuchungen  Quenstedt’s  gestützt, 
für  alle  diejenigen  Serpentine,  welche  die  gleichen  accessorischen  Mine- 
ralien, wie  jenes  Gestein,  führen,  die  Entstehung  aus  demselben  in 
Anspruch  genommen,  während  er  für  andere  Serpentine  die  Entstehung 
aus  irgend  anderen  sie  begleitenden  Gesteinen  zuliess.  Tschermak2) 
untersuchte  nun  mikroskopisch  eine  ganze  Reihe  von  Serpentinen  und 
führte  aus  den  Verhältnissen  ihrer  Mikrostructur  den  strengen  Beweis, 
dass  sie  in  der  That  Zersetzungsproducte  des  Olivin  seien,  dessen 
weite  Verbreitung  in  verschiedenen  Gesteinen,  in  denen  er  bis  dahin 
übersehen  worden  war,  zugleich  von  demselben  Forscher  in  einer  zweiten 
Abhandlung  3)  in  überraschender  Weise  nachgewiesen  wurde. 

Schien  so,  nach  der  Erfahrung  wenigstens,  die  Erzeugung  des 
Serpentin  in  grösseren  Massen,  als  Gestein,  dem  Olivin  allein  eigen  zu 
sein,  so  vindicirte  jenem  Roth4 *)  ausserdem  vom  Standpuncte  des 
Chemikers  aus  die  thonerdefreien  Hornblenden  und  Augite  als  mög- 
liche Muttermineralien,  während  er,  wegen  der  Schwerbeweglichkeit 
der  Thonerde  in  den  Gesteinen,  in  Betreff  der  Bildung  des  thonerde- 
freien Serpentin  alle  thonerdehaltigen  Mineralien  a priori  ausschliessen 
zu  müssen  glaubte.  Ob  sich  dieses  von  Roth  aufgestellte  Gesetz  in 
der  Petrogenese  besser  bewahrheiten  werde,  als  so  manche  andere 
Abstractionen  der  Chemie,  blieb  abzuwarten.  Was  den  Serpentin  speciell 
anbelangt,  so  konnte  an  ihm  dasselbe  schon  deshalb  bisher  nicht  geprüft 
werden,  weil  noch  nicht  durch  mikroskopische  Untersuchung  constatirt 
war,  dass  überhaupt  Serpentin  als  Gestein  sich  aus  anderem  Material, 
als  dem  Olivin,  gebildet  hat.  Dagegen  hat  R.  v.  Dräsche6)  in  jüngster 
Zeit  nachgewiesen,  dass  gewisse,  bisher  für  Serpentin  gehaltene  Gesteine 
mit  diesem  Nichts  zu  thun  haben,  und  es  steht  zu  erwarten,  dass 
noch  manche  andere  Vorkommnisse,  deren  Entstehung,  da  man  sie 
für  Serpentin  hält,  räthselhaft  scheint,  von  diesem  Gesteine  zu  tren- 
nen sein  werden. 

Die  geschilderten  Verhältnisse  machten  es  wünschenswerth,  grössere 
Reihen  von  Serpentinen  zu  untersuchen,  um  durch  mikroskopische  und 
chemische  Prüfung  die  Lösung  der  noch  offenen  Fragen  anzubahnen. 

Von  Herrn  Prof.  Rosen  husch  auf  die  mannigfachen  Vorkomm- 
nisse des  Serpentins  in  den  Vogesen  aufmerksam  gemacht,  deren  nähere 
Kenntniss  neue  Aufschlüsse  über  die  angeregten  Fragen  zu  geben  ver- 
sprach, unternahm  es  der  Verfasser,  jene  Gesteine  genauer  zu  studiren. 
Für  die  ihm  bei  dieser  Untersuchung  gewordene  vielfache  Unterstützung 


')  Neues  Jahrb.  1866  p.  385,  1867  p.  171. 

-)  Sitzungsber.  d.  k.  Akademie  d.  Wissenscb.  56,  1867.  „Ueber  Serpentin- 
bildung.“ 

3)  Sitzungsb.  d.  k.  Akademie  d.  Wissensch.  1867.  Beob.  über  d.  Verbreitung 
des  Olivin  in  den  Felsarten. 

4)  Ueber  den  Serpentin.  Berlin  1870. 

3)  Tschermak.  Min.  Mittbeil.  1871.  I. 


[3] 


Die  Serpentine  der  Vogesen. 


185 


spricht  derselbe  seinem  genannten  verehrten  Lehrer,  so  wie  den  Herrn 
Prof.  Ben  ecke  und  Prof.  Grotli  seinen  Dank  aus. 

Die  chemischen  Analysen  führte  der  Verfasser  im  Laboratorium 
des  mineralogischen  Institutes  der  Universität  aus. 

Die  vogesischen  Serpentine  sind  schon  früh  von  den  französischen 
Geognosten  beachtet  worden;  so  finden  sich  Notizen  über  dieselben  in 
Hogard,  Systeme  des  Vosges  und  Puton,  metamorphoses  des  roches 
des  Vosges.  Auch  sind  die  Vorkommnisse  meist  auf  den  geologischen 
Karten  des  dep.  des- Vosges  von  de  Billy  und  des  dep.  du  Haut-Rliin 
von  Köchlin-Schlumberger  und  D e 1 b o s angedeutet , endlich 
widmete  ihnen  Delesse1)  in  den  Annales  des  mines  eine  ziemlich 
umfangreiche  Monographie,  in  welcher  er  besonders  die  im  dep.  des 
Vosges  gelegenen  Vorkommnisse  untersuchte  und  die  accessorischen 
Mineralien  in  denselben  kennen  lehrte.  Von  letzteren  sind  dann  einzelne 
auch  durch  andere  Forscher  untersucht  worden;  so  der  Bronzit  des 
Bluttenberges,  franz.  Bressoir,  von  Damour. 2) 

Serpentin  findet  sich  in  den  Vogesen  an  drei  Punkten,  an  jedem 
derselben  grössere  Gruppen  mit  vielen  einzelnen  Partien  des  Anstehenden 
bildend.  Zwei  dieser  Gruppen,  diejenigen,  welche  uns  vornehmlich 
beschäftigen  sollen,  liegen  auf  deutscher  Seite,  beide  im  Obereisass 
nahe  der  Landesgrenze.  Die  dritte  dagegen  befindet  sich  mehrere  Meilen 
westlich,  beginnt  bei  Gerardmer  im  Osten  und  erstreckt  sich  bis  Remire- 
mont  im  Südwesten  und  Jussarupt  im  Nordwesten.  Sie  nimmt  bei 
weitem  den  grössten  Flächeninhalt  ein,  scheint  aber  petrographisch  sehr 
einförmig  zu  sein,  worauf  wir  später  zurückkommen  werden. 

Die  beiden  ersterwähnten  Gruppen  sind  nun  nach  ihrem  ganzen 
Vorkommen,  ihrer  Lagerung,  wie  ihrer  Beschaffenheit,  gänzlich  von 
einander  verschieden  und  müssen  daher  getrennt  betrachtet  werden. 
Es  sind : 

1.  die  Serpentine  des  Bluttenberges  oder  Bressoir,  im  Norden; 

2.  die  Serpentine  des  Amarinerthales  im  Süden  des  Obereisass. 


Das  nördliche  Vorkommen;  Die  Serpentine  des  Blutten- 
berges. 

An  die  Vogesengrauwacke,  welche  den  südöstlichen  Theil  des 
Gebirges  bildet  und  sich  dort  zu  den  höchsten  Gipfeln  desselben,  wie 
dem  Gebweiler  Belchen,  erhebt,  grenzt  auf  den  südlichen  Abhängen 
des  Münsterthaies  ein  Granitmassiv,  welches  sich  weit  nach  Norden 
erstreckt  und  sowohl  die  Wasserscheide  des  Gebirges  bildet,  auf  welcher 
die  Landesgrenze  verläuft,  wie  auch  den  Ostabfall,  in  welchen  im  Ober- 


Ann.  d.  m.  1850,  XVIII,  p.  309. 

2)  Descloizeaux,  manuel,  p.  45. 

Mineralogische  Mittheilungen  1875.  3.  Heft.  (Br.  Weigand). 


25 


186 


Bruno  Weigand. 


[4] 


elsass  ausser  dem  Münsterthale  die  Thäler  der  Weiss  und  der  Leber 
eingeschnitten  sind.  Die  beiden  letzteren  verlaufen  jedoch  nur  in  ihrem 
unteren  Theile  im  Granit;  dagegen  liegen  die  Oberläufe  derselben  im 
Gneiss;  denn  dieselben  befinden  sich  in  einem  grossen  Längsthaie,  von 
hohen  Granitrücken  umgeben,  während  die  Thalsohle  und  die,  sanfter 
ansteigenden,  unteren  Theile  des  Gehänges  von  Gneiss  gebildet  werden. 
Dieser  Gneiss,  in  steil  aufgerichteten  Schichten  nach  Nordosten  streichend, 
bildet  ein  nach  eben  dieser  Richtung  sich  erstreckendes,  langes,  schmales 
Gebiet,  welches  von  dem  westlich  der  Landesgrenze  liegenden,  grösseren 
Gneissterrain  durch  die  bereits  erwähnte  Wasserscheide  getrennt  wird. 

In  diesem  Gneisse  nun,  der  an  der  Ostseite  des  gedachten  Längs- 
thaies von  dem  Granitzuge  des  Bluttenberges  abfällt,  findet  sich  der 
Serpentin  an  mehreren  Punkten,  auf  einem  Gebiete  von  ungefähr  einer 
halben  Quadratmeile  Ausdehnung.  Auch  hier,  wie  so  oft  in  andern 
Gegenden,  bildet  er  wegen  seiner  Widerstandsfähigkeit  gegen  die  Atmo- 
sphärilien an  einigen  Stellen  grosse  Felsen  mit  grotesken  Formen,  eine 
im  Uebrigen  in  diesem  alten  Gebirge  seltene  Erscheinung. 

Der  beschränkte  Raum,  auf  welchen  sich  hier  am  Bluttenberge 
die  Serpentine  zusammendrängen,  sollte  nun  vermuthen  lassen,  dass 
dieselben  auch  ihrer  Entstehung  und  Beschaffenheit  nach  eng  zusammen- 
gehören. Merkwürdiger  Weise  ist  dies  aber  keineswegs  der  Fall,  wie 
die  Untersuchung  ergab ; vielmehr  lassen  sich  drei  gänzlich  verschiedene 
Vorkommen  mit  Schärfe  sondern;  wir  wollen  dieselben  als  Serpentine 
1.  von  Bonhomme,  2.  von  Starkenbach,  3.  des  Rauenthaies,  getrennt 
betrachten. 


1.  Serpentine  von  Bonhomme. 

Das  schon  mehrfach  erwähnte  Längsthal  wird  durch  einen  vom 
Bluttenberge  sich  abzweigenden  Gneisskamm  in  zwei  Theile  getheilt, 
einen  kleineren  südlichen,  das  Quellengebiet  der  Weiss,  mit  dem  Markt- 
flecken Bonhomme  als  Hauptort,  — und  einen  grösseren  nördlichen, 
das  Leber-  und  parallel  dazu  das  Rauenthal,  die  sich  bei  Eckkirch 
vereinigen,  mit  Markirch.  Die  Strasse  von  letzterem  Orte  nach  Bon- 
homme überschreitet  den  Kamm  am  niedrigsten  Punkte,  beim  Col  du 
marechal.  Kurz  vorher  trifft  man,  von  Markirch  aus  aufsteigend,  noch 
im  Leberthaie,  links  an  der  Strasse  durch  den  Bau  derselben  auf- 
geschlossen, Serpentin  an,  den  Gneiss  durchsetzend.  Oben  auf  der  Pass- 
höhe steht  er  dann  sowohl  nach  dem  Leber-,  wie  nach  dem  Weissthale 
zu,  in  grossen  Felsen  an,  immer  zur  linken  Seite  der  Strasse,  welche, 
sich  nach  Bonhomme  hinunter  senkend,  ihn,  indem  sie  Bögen  nach 
links  macht,  noch  zweimal  aufdeckt;  so  kurz  vor  dem  Dorfe  Bonhomme. 
Alle  diese  Punkte  des  Anstehenden  und  zwischen  ihnen  noch  mehrere 
andere,  von  der  Strasse  nicht  getroffene,  liegen  in  einer  genau  geraden 
Linie,  wie  man  besonders  gut  erkennt,  wenn  man,  das  Anstehende 
kennend,  die  gegenüberliegende  (westliche)  Thalwand  erklettert  und 
nun  das  ganze  Vorkommen  mit  einem  Blicke  überschaut.  So  lässt  sich 
der  Serpentin  in  einem  bis  50  Meter  breiten  Bande  etwa  zwei  Kilo- 


[5] 


Die  Serpentine  der  Yogesen. 


187 


metev  weit  verfolgen.  Die  Richtung  seines  Streichens  fällt  genau  mit 
dem  Streichen  des  Gneisses  zusammen.  Dies  lässt  sich  dadurch  gut 
feststellen,  dass  die  Serpentinmasse  durch  eine  besonders  schwer  ver- 
witternde und  daher  riffartig  über  den  Rasen  hoch  vorspringende  Gneiss- 
schicht  in  zwei  parallele  Bänke  getheilt  ist,  und  diese  Schicht  genau 
in  der  Längsausdehnung  des  Serpentinanstehenden  verläuft;  der  letztere 
lässt  sich  auf  eine  weite  Strecke  hin,  zu  beiden  Seiten  constatiren. 
Das  Gneissriff  documentirt  sich  als  Schicht  durch  die  Streichrichtung, 
wie  durch  die  mit  dem  steilen  Fallen  des  Gneisses  — 85°  nach  Süd- 
ost — übereinstimmenden  ebenen  Begrenzungsflächen  hinlänglich.  Der 
Gneiss  ist  hier  ein  hellrother,  sehr  feinkörniger  und  fester  Granatgneiss 
(Leptynit),  dessen  Parallelstructur  bei  fast  fehlendem  Glimmerminerale 
durch  die  Vertheilung  des  Quarzes  hervortritt.  Er  grenzt  überall  scharf 
gegen  den  Serpentin  ab. 

Der  Serpentin  ist  im  frischen  Zustande  im  Allgemeinen  von 
schwärzlichgrüner  Farbe ; er  zeigt  auf  dem  splitterigen  und  sehr  rauhen 
Bruche  ein  ziemlich  lebhaftes  Glitzern  unzähliger  feiner  Pünktchen,  die 
sich  aber  unter  der  Loupe  nicht  weiter  von  dem  dunkeln  Grunde  ab- 
heben. (Olivin.)  Er  ist  zum  Theil  von  vielen  schwarzen  Adern  durch- 
zogen, erscheint  im  Uebrigen  homogen ; in  dünnen  Splittern  ist  er 
heller  grün  und  durchscheinend. 

, Er  wird  beim  Glühen  braun,  löst  sich  grösstentheils  in  Salzsäure 
unter  Abscheidung  von  Kieselsäure,  und  ergab  bei  der  Analyse:  (I. 


i. 

II. 

III. 

IV. 

Si02 

41*13 

41*1 

43*48 

42-86 

MgO 

41*88 

42*8 

43-48 

57-14 

CaO 

Spur 

MnO 

NiO 

?? 

FeO 

Fe203 

2- 77 

3- 86 

6-37 

A1203 

0-84 

0*06 

h2o 

10-88 

13-04 

Cr2Os 

1 

Na20 

/ Spur 

K20 

1 

100*50 

100-00 

100-00 

Die  Controlbestimmungen  unter  II.  hatte  Herr  U n g e r die  Freund- 
lichkeit auszuführen.  Ferner  ist  unter  Nummer  III.  die  von  der  Formel 
H2Mg3Si208  + aq  geforderte  Zusammensetzung  eines  normalen  Ser- 
pentins zum  Vergleiche  daneben  gestellt,  ebenso  unter  IV.  die  Zusam- 
mensetzung des  Olivins  nach  der  Formel  Mg2Si04. 

Der  Eisengehalt  zeigt,  dass  ein  Theil  desselben  als  Oxydul  eine 
entsprechende  Menge  Magnesia  vertritt;  dieses  hat  natürlich  bei  dem 
grösseren  Atomgewichte  des  Eisens  ein  Herabdrücken  des  Si02-Gehaltes 
zur  Folge,  wie  ein  solches  in  der  That  sich  zeigt.  Ferner  ist  der 
Wassergehalt  für  einen  Serpentin  zu  gering,  die  Menge  der  Basen 
gegen  die  Kieselsäure  zu  bedeutend,  denn  die  MgO  und  das  FeO 
erfordern  nach  der  Formel  42*59  Proc.  Si02.  Es  liegt  daher  nahe, 
Olivinreste  in  dem  Serpentine  zu  vermuthen,  da  diese  im  Stande  sind, 

25* 


Bruno  Weigand. 


188 


[6] 


diese  Abweichungen  zu  erklären.  IV.)  In  der  That  bestätigt  die  mikro- 
skopische Untersuchung  diese  Vermuthung. 

Im  Schliffe  von  demselben  Handstücke,  welchem  das  Material  zur 
Analyse  entnommen  war,  — es  war  ein  möglichst  frisches  Stück  gewählt 
worden,  — zeigt  sich  das  Gestein  als  ein  typischer  Olivinserpentin  mit 
noch  ziemlich  vielem  frischen  Olivin,  welcher  in  der  von  T scher mak 
a.  n.  0.  beschriebenen  Weise  von  Serpentin  adern  durchzogen  wird; 
dieselben  verlaufen  ganz  unregelmässig,  entsprechend  der  Zerklüftung 
des  Olivins,  wie  man  sie  auch  aus  dem  Lherzolith  und  anderen  Vor- 
kommnissen von  Olivingesteinen  kennt. 

Da  diese  Adern  die  Durchschnitte  von  Hüllen  um  die  einzelnen 
Olivinkerne  sind,  so  erklärt  es  sich,  dass  das  Gestein  die  Anwesenheit 
dieses  Minerals  makroskopisch  nicht  erkennen  lässt.  Die  Olivinkörner 
sind  im  Schliffe  wasserhell,  vollkommen  homogen  und  frisch,  wie  sich 
durch  das  einheitliche  Polarisiren  jedes  einzelnen  Kernes  und  die  gleich- 
mässigen  lebhaften  Interferenzfarben  zeigt.  Durch  gleiche  optische 
Orientirung  geben  sich  auch  noch  die  einzelnen  Bruchstücke  als  Theile 
grösserer  Krystallindividuen  zu  erkennen,  die  oft  genug  die  Umrisse 
der  Olivinkrystalle  zeigen.  An  Einschlüssen  ist  der  Olivin  sehr  arm; 
es  zeigen  sich  nur  bei  sehr  starken  Vergrösserungen  kleine,  meist 
unregelmässig  begrenzte  Partikel,  die  braun  durchsichtig  sind;  es  ist 
vielleicht  Picot.it.  Zirkel  fand  diesen  in  Olivinen  der  Basaltgesteine; 
auch  scheint  es  ja  ein  steter  Begleiter  der  olivinführenden  Gesteine  zu 
sein.  Auch  die  Beobachtung  von  Zirkel,  dass  der  Picotit  im  völlig 
zersetzten  Olivin  noch  frisch  und  unversehrt  war,  fand  ich  für  die  in 
Rede  stehenden  Einschlüsse  bestätigt:  sie  finden  sich  in  den  ganz 
serpentinisirten  Theilen  des  Schliffes  anscheinend  unverändert.  Ihr  opti- 
sches Verhalten  würde  gleichfalls  unserer  Annahme  nicht  widersprechen. 
Der  Picotit  wird  uns  übrigens  noch  einmal  begegnen. 

Das  Gestein  ist  nicht  überall  von  der  gleichen  Beschaffenheit. 
An  einigen  Punkten,  besonders  über  dem  Leberthaie,  zeigt  es  eine 
dunkelbraunrothe  Farbe  und  auf  den  Bruchflächen  rundliche  Erhaben- 
heiten, auf  Granat  deutend,  der  aber  im  frischen  Zustande  selten  ist. 
Auf  den  Klüften  hat  sich  der  Serpentin,  wie  schon  D eiesse  beob- 
achtete, als  sogenannter  edler  Serpentin  ausgeschieden,  von  hellgrüner 
bis  dunkelblaugrüner  Farbe,  muscheligem  Bruche  und  vollkommen 
homogenem  Aussehen;  da  bei  der  Art  der  Bildung  eine  Verunreinigung 
durch  das  Muttermineral  ausgeschlossen  war,  so  schien  eine  Analyse 
erwünscht.  Herr  Schmidt  hatte  die  Güte,  dieselbe  auszuführen  und 
fand:  I. 


i. 

II. 

Si02 

— 39-96 

39-96 

MgO 

= 37-41 

37-41 

CaO 

= 0-26 

FeO 

= 6"66 

5'26 

A1203 

= 0-63 

Na20 

= 0-72 

Ka0 

= 0-24 

h2o 

- 16"85 
102-73 

11-99 

[7] 


Die  Serpentine  der  Yogesei 


189 


Leider  konnte  wegen  der  geringen  Menge  Materials,  die  zur  Ver- 
fügung stand,  die  Bestimmung  der  relativen  Mengen  von  Oxyd  und 
Oxydul  nicht  vorgenommen  werden.  Auch  zeigt  sich  durch  den  hohen 
Wassergehalt  als  wahrscheinlich,  dass  andere  wasserreichere  Mineralien 
sich  mit  dem  Serpentine  ausgeschieden  haben. 

Die  Zahlen  unter  II.  geben  an,  wie  gross  die  von  der  Serpentin- 
formel geforderten  Mengen  von  Eisenoxydul  und  Wasser  sind,  wenn 
man  die  Annahme  macht,  dass  sämmtliche  Kieselsäure  und  sämmtliche 
Magnesia  in  der  Verbindung  sich  befinden.  Die  Differenz  des  geforder- 
ten von  dem  gefundenen  Wassergehalte  beträgt  also  fast  fünf  Procent. 
Eine  Prüfung  mittelst» des  Mikroskops  ergab  über  die  Natur  der  Bei- 
mengungen keinen  Aufschluss,  da  sich  nur  ein  äusserst  feines  und 
ungeregeltes  Aggregat  zeigte,  in  welchem  individualisirte  Mineralien 
nicht  hervortreten. 

Ausser  diesen  Klüften  mit  edlem  Serpentine  fanden  sich  selten 
makroskopische  Chrysotilschnüre,  und  stets  nur  von  winzigen  Dimen- 
sionen, im  Schliffe  bieten  sie  sich  dagegen  oft  genug  dar. 

An  einigen  Punkten  ist  die  Serpentinisirung  weiter  fortgeschritten; 
das  Gestein  hat  seinen  Glanz  verloren,  ist  speciflsch  leichter  geworden, 
— die  Bestimmung  ergab  2'609  gegen  2 7 13,  das  specilische  Gewicht 
des  frischesten  Gesteins,  — und  zeigt  eine  mehr  violette  Farbe,  ist 
auch  viel  weicher.  Im  Schliffe  zeigen  sich  dann  die  Olivinkerne  in  meist 
parallelfaserige  Aggregate,  Chrysotil,  verwandelt.  Die  Maschenstructur 
tritt  dadurch  bei  gekreuzten  Nicols  in  Folge  der  Aggregatpolarisation 
sehr  deutlich  hervor;  bei  gewöhnlichem  Lichte  dagegen  ist  sie  oft  nur 
durch  das  beim  Anfänge  der  Serpentinisirung  ausgeschiedene  opake 
Mineral,  welches  man  wohl  als  Magneteisen  gedeutet  hat,  erkennbar. 
Ob  die  letztere  Bestimmung  in  allen  Fällen,  auch  wo  man,  wie  im  vor- 
liegenden, keinerlei  Krystallformen  sieht,  richtig  ist,  dürfte,  wie  Rosen- 
buseh1)  andeutet,  zweifelhaft  sein.  Man  könnte  hier  vielleicht  an  eine 
wasserhaltige  Eisenoxydverbindung  denken,  zumal  an  gewissen  Stellen, 
wo  dieses  Mineral  sehr  fein,  fast  dilut,  vertheilt  ist,  dasselbe  braun- 
röthlich  durchscheinend  wird.  Auch  die  Prüfung  mit  dem  Magnetstabe 
führte  zu  keinem  Resultate,  da  derselbe  Nichts  aus  dem  gepulverten 
Gesteine  auszog. 

Schon  Tschermak2)  hat  eine  maschenförmige  Anordnung  dieses 
Erzes  im  Serpentine  beobachtet  und  zum  Theil  darauf  seine  drei 
Stadien  der  Serpentinbildung  basirt,  in  deren  erstem  allein  die  Aus- 
scheidung von  Erz  vor  sich  geht.  Eine  Hauptbedingung  scheint  nun 
dabei  eine  gewisse  Grösse  der  Klüfte  zu  sein,  welche  den  oxydirenden 
Reagentien  den  Zutritt  verschaffte,  wenigstens  findet  man  an  den  das 
Gestein  durchsetzenden,  also  im  Verhältniss  besonders  grossen  Spalten 
das  Erz  in  verhältnissmässig  weit  bedeutenderer  Menge  ausgeschieden 
und  sich  liier  nicht  an  das  erste  Stadium  haltend,  sondern  die  ganzen 
Maschen  des  Serpentingeflechtes  erfüllend. 

Von  accessorischen  Mineralien  finden  sich  im  Schliffe  unregel- 
mässig begrenzte , gelbbraun  bis  roth  durchsichtige  Durchschnitte, 


9 Mikr.  Physiographie,  p.  157. 

2)  Ueber  Serpentinbildung,  p.  7. 


190 


Bruno  Weigand. 


[8] 


welche  sich  als  regulär  erweisen  und  daher  auf  Picotit  oder  Granat 
deuten,  denn  diese  beiden  Mineralien  pflegen  in  Olivingesteinen  und 
im  Serpentin  vorzukommen.  In  der  That  scheinen  beide  vorhanden  zu 
sein.  Leider  ist  ihr  Vorkommen  in  unserem  Gesteine  so  spärlich,  und 
die  Dimensionen,  in  welchen  sie  auftreten,  so  winzig,  dass  eine  chemische 
Prüfung  nicht  möglich  war.  Indess  sprechen  doch  mehrere  Umstände 
für  das  Vorkommen  beider. 

Was  nun  zunächst  den  Granat  betrifft,  so  ist  sein  Vorhandensein 
unzweifelhaft.  Derselbe  findet  sich  im  nordöstlichen  Theile  des  Serpentin- 
vorkommens auf  der  Höhe  des  Col  du  Marechal.  Die  Verwitterungs- 
flächen zeigen  hier  oft  eine  Menge  von  warzenartigen,  bis  erbsengrossen 
Erhabenheiten,  wie  sie  bei  andern  Serpentinvorkommen,  z.  B.  von 
Zöblitz,  den  Granat  verrathen,  auch  der  Bruch  des  Gesteines  deutet, 
wie  schon  erwähnt,  auf  dieses  Mineral  hin.  Indessen  zeigt  sich  makro- 
skopisch keine  Granatsubstanz,  vielmehr  bietet  sich  auch  im  Innern  der 
Warzen  die  dunkle  Farbe  des  Serpentin  dar.  Frisch  trifft  man  den 
ersteren  selten,  und  dann  nur  auf  Klüften  ausgeschieden,  also  als  Neu- 
bildung an,  von  ausgeschiedenem  Serpentin  umgeben.  Im  Schliffe  dieses 
Gesteines  zeigt  sich,  dass  in  scharf  vom  Serpentin  abgegrenzten  rundlichen 
Stellen,  welche  die  Durchschnitte  jener  Warzen  darstellen,  nur  geringe 
Trümmer  rothbrauner  Durchschnitte  vorhanden  sind,  während  der  übrige 
Raum  dieser  rundlichen  Felder  theils  von  grösseren  Hornblendeindividuen, 
durch  Spaltungsrichtungen  und  Dichroismus  kenntlich,  theils  von  Sten- 
geligen, von  den  Granattrümmern  in  der  Mitte  ausstrahlenden  Aggre- 
gaten eines  farblosen  bis  bräunlichen  Minerals  erfüllt  wird.  Dieses  letztere 
möchte  ich  wegen  seines  Vorkommens  auch  zur  Hornblende  rechnen. 
Jedenfalls  spricht  hier  die  ganze  Lage  der  drei,  resp.  zwei  Mineralien 
zu  einander  für  eine  Umbildung  des  Granates  in  Hornblende.  Eine 
Association  des  Granates  und  der  Hornblende  ist  ja  oft  beobachtet 
worden.  Fine  genauere  Beschreibung  eines  solchen  Falles  gab  R. 
v.  Dräsche1)  bei  der  Untersuchung  gewisser  Eldogite,  in  denen 
anscheinend  unversehrte  Granatkrystalle  von  grossen  Hornblendekrystallen 
umwachsen  waren,  also  in  irgend  einer  Weise  die  Bildung  jener  beein- 
flusst zu  haben  scheinen,  ohne  selbst  Material  zu  derselben  geliefert  zu 
haben.  In  unserem  Serpentin  nimmt  aber  die  Hornblende  den  Platz  des 
Granat  ein,  ist  also  in  dem  sonst  thonerdefreien  Gesteine  wohl  Umwand- 
lungsproduct  aus  jenem.  Einen  unter  ganz  ähnlichen  Verhältnissen  vor- 
kommenden, aber  noch  frischen  Granat  von  Narouel  untersuchte  Del  esse2) 
und  fand  darin  u.  A.  20%  A1203,  22%  MgO,  10%  Fe203  und 
4%  CaO,  ein  Verhältniss,  welches  sich  hinreichend  demjenigen  gewisser 
Hornblenden  nähert,  um  eine  solche  Umwandlung  als  wahrscheinlich 
erscheinen  zu  lassen.  Sicher  ist,  dass  der  Granat  zum  Theil  zerstört 
wurde,  und  wahrscheinlich,  dass  die  Thonerde,  ihrer  Schwerlöslichkeit 
wegen,  zur  Bildung  einer  neuen  Verbindung  an  Ort  und  Stelle  Ver- 
anlassung gab. 

Eine  Veränderung  etwas  anderer  Art  hat  der  oben  erwähnte,  auf 
Klüften  ausgeschiedene  Granat  zum  Theil  erfahren,  derjenigen  ähnlich, 


9 Ts  eher  male,  Min.  Mitth.  1871,  II.,  p.  87. 

2)  Ann.  des  mines,  XVIII,  1850, 


[9] 


Die  Serpentine  der  Vogesen. 


191 


welche  Del  esse1)  von  Pertuis  genau  beschrieben  hat:  nämlich  in  ein 
chloritisches  Mineral,  welches  mit  hellgrüner  Kruste  den  frischen  Granat- 
kern umgiebt. 

Nach  dem  Dorfe  Bonhomme  zu  wird  der  Granat  im  Serpentin 
seltener  und  scheint  selbst  ganz  zu  verschwinden.  Dagegen  zeigt  der 
Schliff  hier  jene  andern  Durchschnitte,  welche  mir  Picotit  zu  sein 
scheinen.  Einmal  nämlich  treten  die  beschriebenen  Umwandlungserschei- 
nungen an  demselben  nicht  auf,  andererseits  findet  sich  auf  den  Klüften 
des  Picotit,  wie  auch  um  ihn  her  opake  Substanz  in  grosser  Masse 
ausgeschieden,  was  auf  die  Zersetzung  eines  sehr  eisenreichen  Minerals, 
wie  es'  der  Picotit  ist,  deutet. 

Ferner  ist  der  Picotit,  abgesehen  von  dieser  Erscheinung,  übrigens 
selbst  im  ganz  zersetzten  Serpentine  noch  vollkommen  frisch,  selbst  da, 
wo  letzterer  vollständig  gebleicht  und  alles  Erz  aus  ihm  entführt  ist, 
Granat  also  der  Wahrscheinlichkeit  nach  gleichfalls  von  der  allgemeinen 
Zersetzung  ergriffen  worden  wäre. 2) 

Ueberhaupt  trägt  das  Gestein,  besonders  nach  dem  Dorfe  Bon- 
homme zu,  den  Charakter  eines  Olivinserpentins;  neben  dem  Picotit 
finden  sieb  accessorisch  nur  noch  wenige  Blättchen  eines  Plornblende- 
minerals;  in  gleicherweise  enthält  z.  B.  der  Olivinfels  von  Karlstetten 
nach  Tschermak  nur  wenig  Picotit  und  Smaragdit  neben  dem  Olivin. 
Noch  grössere  Analogie  zeigt  der  Bonhommer  Serpentin  mit  dem  Vor- 
kommen von  Gurhof3)  wo  ebenfalls  der  typische  Olivinfels  von  gleicher 
Zusammensetzung  in  granatreichen  Olivinfels  übergeht,  dessen  Granat 
eine  ganz  ähnliche  Umwandlung  erfahren  zu  haben  scheint,  wie  der 
oben  geschilderte  der  Vogesen.  Das  eine  Extrem  der  Ausbildung  des 
bei  Gurhof  beobachteten  Vorkommens,  nämlich  Eklogit,  durch  völliges 
Zurücktreten  des  Olivin  und  durch  Ueberhandnehmen  des  Granat  und 
Smaragdit  auf  Kosten  jenes  Minerals  gebildet , welches  Gestein  die 
Analogie,  wenn  es  sich  fände,  vollkommen  machen  würde,  scheint  aller- 
dings in  den  Vogesen  zu  fehlen. 

Was  nun  die  Lagerungsverhältnisse  des  Serpentins  von  Bonhomme 
betrifft,  so  geht  aus  der  Schilderung  hervor,  dass  derselbe  dem  Gneisse 
welcher  in  seiner  Nähe  ziemlich  senkrecht  einfällt,  concordant  eingelagert 
erscheint,  daher  ist  das  Vorkommen  als  ein  Lagergang  oder  Lager  zu 
bezeichnen. 

Ein  ganz  dem  beschriebenen  in  petrographischer  Hinsicht  ähnliches 
Vorkommen  von  granatreichem  Serpentine  findet  sich  ausserhalb  der 
allgemeinen  Streichrichtung,  bei  Heycot-Ferme.  Ferner  schliessen  sich 
demselben  alle  oder  fast  alle  diejenigen  Serpentine  an,  welche  icli  aus 
der  westlichen  Gruppe  nach  Handstücken  zu  untersuchen  Gelegenheit 
hatte;  nämlich  die  Serpentine  von  Cleurie,  Chandray,  Narouel  und 
St.  Etienne.  Alle  diese  sind  Olivinserpentine.  Sie  führen  auch  Granat, 
der  oft  noch  sehr  frisch  ist,  aber  auch  ganz  zersetzt  in  ihnen  vorkommt 


1)  Annales  des  mines,  XVIII.,  1850. 

2)  Allerdings  ist  der  Granat  von  einigen  Orten  als  sehr  widerstandsfähig 
bekannt:  so  die  Meronitzer  Pyrope,  um  welche  herum  nach  Doelter  (Min.  Mitth. 
I.,  1873)  oft  der  Serpentin  ganz  durch  Kieselsäure  ersetzt  ist,  ohne  dass  jene  ver- 
ändert wären.  Dies  ist  jedoch  sicher  auf  locale  Einflüsse  zurückzuführen. 

8)  Tschermak,  Verbreitung  des  Olivin  p.  18. 


192 


[10] 


Bruno  Weigand. 

und  sich  dann  in  äusserst  feinfaserige  Aggregate  umgewandelt  zeigt, 
deren  einzelne  Fasern  zu  sehr  zierlichen  fiederförmigen  Büscheln  ange- 
ordnet sind,  welche  vom  Mittelpunkte  ausstrahlen.  Die  Farbe  dieser 
Pseudomorphosen  ist  ein  schmutziges  Violett.  Ihre  ausserordentliche 
Feinheit  verhinderte  jegliche  optische  Untersuchung. 

2.  Serpentine  von  Starkenbach. 

Oestlich  von  dem  beschriebenen  Vorkommen,  etwa  zwei  Kilometer 
entfernt,  und  vom  Steilabfalle  des  Bluttenberges  nur  durch  ein  kleines 
Thal  getrennt,  steht  auf  dem  südlichen  Abhange  des  Querk'ammes 
zwischen  Weiss-  und  Leberthal,  über  dem  Dorfe  Starkenbach  (Faurupt) 
ein  Serpentingestein  an,  welches  von  dem  ersteren  wesentlich  ver- 
schieden ist. 

Das  Gestein  erscheint  hier  mattschwarz  und  enthält  eine  Menge 
von  Krystallen  eines  sehr  leicht  nach  einer  Richtung  theilbaren,  braun- 
gelben Minerales,  zum  Theil  mit  Messingglanze.  Dasselbe  zeigt  theils 
gerundete,  theils  deutlich  sechsseitige  Umrisse  und  erweist  sich  als  ein 
Glied  der  rhombischen  Pyroxengruppe,  der  Enstatitreihe.  Wir  besitzen 
von  demselben  eine  Analyse  durch  Damour,  der  die  Localität  in 
folgender  Weise  schildert:  II  se  trouve  en  rognons  engages  dans  une 
Serpentine  brune  ä la  base  occidentale  du  rnont  Bresouars  sur  Färbte 
qui  separe  le  Bonhomme  de  la  vallee  de  Liepvre  (Descloizeaux  manuel, 
pag.  45). 

Nach  seiner  Analyse  enthält  der  Broncit  — denn  als  ein  solcher 
ist  das  Mineral  wegen  seines  Eisengehaltes  von  7’7°/0  zu  bezeichnen  — 

Si02  = 5(F60  Prob. 

MgO  = 33-63  „ 

FeO  = 7-72  „ 

A1203  = 0-60  „ 

ILO  = 1-04  „ 

99-59  Proc. 

Die  durch  den  Gehalt  an  MgO  FeO  nach  der  Formel  (Mg,  Fe) 
Si  03  geforderte  Kieselsäure  beträgt  5ß-880/0.  Unter  der  Voraussetzung, 
dass  alles  Eisen  als  Oxydul  in  der  Verbindung  ist,  stimmt  also  das 
Ergebniss  der  Analyse  genau  mit  der  Formel  überein. 

Ein  Schliff  aus  einem  möglichst  grossen  und  homogenen  Individuum, 
senkrecht  zur  Verticalaxe  geführt,  diente  zum  Messen  des  Winkels  der 
optischen  Axen,  welcher  sich  in  Oel  zu  92°  28'  als  Mittel  vieler  Ab- 
lesungen ergab,  die  innerhalb  eines  Grades  schwankten.  Leider  misslang 
die  Anfertigung  von  tauglichen  Durchschnitten  senkrecht  zu  der  optischen 
Axenebene  und  parallel  der  Verticalaxe,  also  nach  dem  Makropinakoid 
in  der  Bezeichnung  von  Rosenbusch,  der  Fläche  (010)  bei  Ts  che  r- 
mak,  da  gewisse  noch  zu  besprechende  störende  Veränderungen  ein- 
zelner Partien  der  Krystalle  gerade  in  dieser  Richtung  ihren  Einfluss 
ausüben.  Daher  ergaben  sich  keine  direkten  Zahlen  zur  Einreihung 
unseres  Bronzites  in  die  Reihe,  welche  Tschermak  nach  dem  Winkel 
der  optischen  Axen  geordnet  hat ; denn  daselbst  sind  die  negativen 
Axenwinkel  benutzt,  in  der  Fläche  010  gemessen.  Rechnet  man  nach 
den  von  Decloizeaux  gegebenen  Daten  den  hier  gefundenen  Axen- 


[11] 


Die  Serpentine  der  Vogesen. 


193 


winkel  um,  so  ergibt  sich  für  den  scheinbaren  Winkel  in  Luft  circa 
78°;  also  für  den  Supplementswinkel  102°  und  für  den  negativen  Axen- 
winkel  in  Oel  circa  122°. 

Demnach  wäre  der  Broncit  von  Starkenbach  zwischen  dem 

Winkel  in  Oel  Fe  O-Gelialt 

Bronzit  von  Leiperville  mit  123°  38'  5'77  Proc. 

und  dem  Bronzit  von  Ujadersoat  114°  14'  1P14  „ 

einzureihen,  und  zeigt  mit  dem  Gesetze,  dass  der  Eisengehalt  mit  der 
Zunahme  des  optischen  Axenwinkels  wächst,  eine  genügende  Ueberein- 
stimmung,  zumal  in  Anbetracht  der  Schwankungen,  welchen  dasVerhält- 
niss  zwischen  den  beiden  Vergleichsdaten  auch  in  den  anderen  Gliedern  jener 
Reihe  bei  Tschermak  unterworfen  ist.  Wohl  mit  Recht  hebt  derselbe 
hervor,  dass  der  Grad  der  Zersetzung  eine  ziemliche  Abweichung  darin 
hervorbringe.  Auch  für  unseren  Bronzit  ist  dies  sicher  der  Grund  der 
nicht  genauen  Uebereinstimmung. 

Im  Schliffe  zeigt  derselbe  die  auch  von  andern  Fundorten  bekannten 
Eigenschaften:  die  oft  geschilderte  treppenförmig  rauhe  Oberfläche  bei 
Schnitten  mehr  oder  weniger  schief  zur  Verticalaxe;  vor  Allem  aber 
eine  feine  Streifung  parallel  dieser  Axe;  ferner  durch  Sprünge  ange- 
deutete Spaltbarkeit  nach  dem  Augitprisma  und  ebenso  nach  den  Pina- 
koiden,  wenn  auch  nach  dem  Makropinakoid  seltener  und  weniger 
deutlich.  Alle  diese  Spaltungsrichtungen  sind  auch  makroskopisch  als 
solche  wahrnehmbar.  Die  Streifung  giebt  sich  bei  starken  Vergrösserungen 
als  durch  sehr  feine  farblose  Nadeln  oder  Röhren  gebildet  zu  erkennen, 
welche  fast  immer  in  bestimmten  Ebenen  parallel  nebeneinander  gelagert 
sind,  die  wiederum  einander  und  der  Verticalaxe  parallel  den  Krystall 
durchsetzen  und  nach  ihrer  Lage  zu  den  Auslöschungsrichtungen  und 
zu  der  prismatischen  Spaltbarkeit  derjenigen  Absonderungsrichtung  ent- 
sprechen , welche  wir  oben  als  Brachypinakoid  bezeichnet  haben. 
Tschermak1)  hebt  hervor,  dass  in  dieser  Richtung  eine  eigentliche 
Spaltbarkeit  wohl  nicht  zu  bemerken  sei,  sondern  die  leichte  Absonderung 
wahrscheinlich  durch  die  massenhaften  Einlagerungen  von  dünnen  Blätt- 
chen parallel  (100)  bewirkt  werde,  die  er  regelmässig  bei  den  Bronziten, 
wie  bei  den  Hypersthenen  beobachtete.  Auch  Rosenbusch2)  deutet  an,  dass 
die  verschiedenen  Angaben  über  die  pinakoidale  Spaltbarkeit  wohl  durch 
mehr  oder  weniger  massenhaftes  Auftreten  von  Interpositionen  hervor- 
gerufen worden  seien. 

Bei  dem  vorliegenden  Bronzit  ist  nun  die  Spaltbarkeit  durch  die 
scharfen  in  Richtung  des  Brachypinakoids  hindurchsetzenden  Sprünge 
vollkommen  gut  angezeigt.  Auch  scheinen  im  Allgemeinen  keine  eigent- 
lichen Interpositionen  vorhanden  zu  sein ; wenigstens  sind  die  sehr 
langen  feinen  geradlinigen  Gestalten,  welche,  wie  schon  gesagt,  in 
Ebenen  parallel  dem  Brachypinakoid  gelagert  sind  und  oft  sehr  regel- 
mässig in  annähernd  gleichen  Zwischenräumen  zu  je  4 bis  6 Ebenen, 
zwischen  je  zwei  ihnen  parallelen  Spalten  angeordnet  sind,  meist  ganz 
farblos,  wie  der  Wirth,  ferner  sieht  man  bei  Krystallindividuen,  welche 
durch  den  Schliff  nahezu  senkrecht  zu  der  Verticalaxe  getroffen  wurden, 


*)  Mineral.  Mittli.  L,  1871. 

2)  Mikroskopische  Physiographie  p.  254. 

Mineralogische  Mittheilungen  1875.  3.  Heft.  (Br.  Weigand.) 


26 


194 


Bruno  Weigand. 


[12] 


bei  denen  also  auch  diese  Interpositionen  nahe  senkrecht  stehen,  mittelst 
starker  Vergrösserungen  und  besonders  beim  Aendern  der  Focaldistanz 
durch  Auf-  und  Niederschrauben,  dass  die  Interpositionen  cylindrisch 
sind  und  oben  kreisförmige  Querschnitte  haben.  Nimmt  man  dazu,  dass 
ihre  Begrenzung  sehr  scharf  ist,  so  liegt  der  Gedanke  nahe,  dass  es 
holde  Röhren  seien,  um  so  mehr,  als  dadurch  dann  auch  eine  andere 
eigenthümliche  Erscheinung  ihre  Erklärung  findet. 

Es  erscheinen  nämlich  an  den  das  Gestein  durchsetzenden  Sprüngen 
und  wiederausgefüllten  Klüften,  auf  denen  sich  ein  opakes  Mineral, 
vielleicht  Magneteisen,  ausgeschieden  hat,  in  den  auf  die  Spalte  mün- 
denden Röhrensystemen  die  einzelnen  Röhren  auf  gewisse  Entfernung 
hin  von  jenem  Minerale  in  unregelmässiger  Weise  erfüllt,  als  hätte 
sich  dasselbe  von  den  Klüften  aus  in  ihnen  abgesetzt.  Eine  ähnliche 
Erscheinung  beobachtete  Hagge1)  beim  Bastit,  resp.  Bronzit  des  Harz- 
burger Schillerfels.  Oft  lässt  sich  beobachten,  dass  die  Röhren  nur  zum 
Theil  und  in  einzelnen  getrennten  Partien  von  dem  Erze  erfüllt  sind; 
dadurch  gewinnen  sie  den  Anschein  von  Reihen  einzelner  Körner, 
zwischen  denen  aber  die  verbindende  Streifung  zu  sehen  ist.  Diese 
feinen  Röhren  kommen  nun  am  gewöhnlichsten  in  dem  Brachypinakoid 
parallelen  Ebenen  vor;  sie  finden  sich  aber  auch  in  solchen,  welche, 
wie  es  scheint,  zum  Prisma  gehören.  Auch  dann  behalten  sie  der  Ver- 
ticalaxe  parallele  Lage  bei. 

Daher  zeigt  die  Streifung  stets  eine  Hauptschwingungsrichtung  des 
Krystalles  an,  und  es  tritt  Dunkelheit  ein,  wenn  bei  gekreuzten  Nicols 
die  Streifen  einem  Nicolhauptschnitte  parallel  liegen.  Die  Dispersion  der 
optischen  Axen  war  eine  so  geringe,  dass  bei  der  schlechten  Beschaffen- 
heit des  Materials  die  Natur  derselben  nicht  festgestellt  werden  konnte. 
Die  Bestimmung  des  Axenwinkels  geschah  mittelst  einer  Natronflamme. 
Neben  dem  Bronzit  zeigt  sich,  meist  nur  spärlich,  in  einigen  Schliffen 
aber  auch  in  grösserer  Menge,  bis  ungefähr  ein  Viertel  des  Raumes 
einnehmend,  Olivin.  Derselbe  ist,  je  nach  dem  Zustande  des  Gesteins, 
zum  Theil  sehr  frisch,  zum  Theil  in  verschiedenen  Stadien  der  Zer- 
setzung begriffen,  mit  den  bekannten  Erzschnüren  auf  der  ersten  Zer- 
setzungszone, während  dieselben  beim  Bronzit  gänzlich  fehlen.  Dann 
tritt  sparsam  der  Picotit  auf,  ebenfalls  von  Erz  umgeben,  und  etwas 
Hornblende  (SmaragditV)  in  winzigen  Blättchen. 

Zwischen  allen  diesen  Mineralien  zieht  sich  nun  der  Serpentin 
hin,  in  manchen  Fällen  nur  sehr  spärlich  in  dünnen  Adern,  den  Olivin 
und  Bronzit  umrahmend  — das  Gestein  ist  dann  als  Bronzitolivinfels 
zu  bezeichnen  — in  andern  Schliffen  dagegen  mehr  und  mehr  überhand 
nehmend  und  den  Bronzit,  wie  den  Olivin,  ersetzend,  und  zwar  in  einer 
Weise , dass  über  die  Umwandlung  beider  in  ihn  kein  Zweifel 
obwalten  kann. 

Auch  in  den  Bronzit  dringt  er  oft  auf  Spalten  ein,  wie  in  den 
Olivin.  Zugleich  aber  scheint  die  Serpentinisirung  oft  die  ganzen  Krystalle 
an  allen  Theilen  zugleich  anzugreifen,  auf  allen  Punkten  im  Innern 
gleichzeitig  zu  beginnen,  während  sie  von  Aussen  nach  Innen  vorrückt, 
so  dass  oft  grosse  Krystallindividuen  gänzlich  zu  einer  grünen  Masse 


*)  Mikroskopische  Untersuchung  über  Gabbros.  1871,  p.  27. 


[13] 


Die  Serpentine  der  Vogesen. 


195 


umgewandelt  sind  mit  noch  erhaltener  feiner  Streifung  und  ohne  die 
Zonen  des  Olivin,  die  Spuren  einer  schrittweisen  Umwandlung  zu  zeigen. 
Diese  Pseudomorphosen  sehen  dann  dem  Bastit  von  Todtmoos  sehr 
ähnlich,  zeigen  auch  die  rhombische  Natur  noch,  im  Uebrigen  aber  bei 
gekreuzten  Nicols  das  bunte  Farbengemisch  der  Aggregatpolarisation. 
Es  scheint  demnach,  dass  hier,  wie  Tschermak1)  die  gleiche  Erschei- 
nung bei  dem  aus  Protobastit  entstandenen  Bastit  erklärt,  sich  zwischen 
dem  Zersetzungsproducte  noch  Bron zitsubstanz  in  hinreichender  Menge 
und  Vertheilung  befindet,  um  der  Masse  den  Anschein  eines  optisch 
individualisirten  Körpers  zu  verleihen,  während  das  secundäre  Product 
sich  als  sehr  schwach  doppeltbrechend  (aber  keineswegs  als  amorph') 
verhält.  Die  oben  beschriebene  Röhrenstructur  gewährt  ohne  Zweifel 
die  Möglichkeit  und  damit  die  Erklärung  einer  derartigen  viele  Theile 
im  Innern  des  Krystalles  zugleich  angreifenden  Umwandlung.  In  der 
That  zeigt  sich  oft  bei  Individuen,  welche  annähernd  der  Basis  parallele 
Durchschnitte  darbieten,  und  in  denen  daher  die  Röhrensysteme,  stark 
verkürzt  erscheinend,  zwischen  sich  einen  grösseren  Raum  compacter 
Krystallmasse  lassen,  diese  letztere  noch  frisch  und  homogen,  während 
die  jenen  ersteren  benachbarte  Substanz  bereits  durch  Farbenspiel  und 
Hellbleiben  zwischen  gekreuzten  Nicols  und  bei  Parallelstellung,  zeigt, 
dass  hier  die  Zersetzung  bereits  ihren  Anfang  genommen  hat.  Diese 
selben  Krystalle  würden  darnach  sicher,  nach  dem  Pinakoid  getroffen, 
die  oben  beschriebene  Structur  zeigen,  da  sich  dann  Schichten  frischer 
und  umgewandelter  Substanz  decken.  Noch  eine  Erscheinung  will  ich 
anführen,  die  ebenfalls  damit  in  Einklang  steht.  Bei  Dunkelstellung 
anscheinend  homogener  Krystalle  sieht  man  oft  scharfe  helle  Linien 
parallel  der  Streifung:  es  sind  die  von  der  Zersetzung  bereits  ergrif- 
fenen Umgebungen  einzelner  Röhren;  da  dieselben  Linien  niemals  dunkel 
werden,  so  ist  es  nicht  wahrscheinlich,  dass  sie  durch  Krystal Inadeln 
oder  ähnliche  Einlagerungen  bewirkt  werden. 

Wie  es  scheint,  giebt  der  Bronzit  zu  Bildung  von  Erz  trotz  seines 
hohen  Eisengehaltes  nicht  Veranlassung;  denn  während  der  Olivin,  wie 
erwähnt,  die  Erzschnüre  regelmässig  zeigt,  sind  im  selben  Schliffe  die 
Bronzitindividuen  gänzlich  frei  davon.  Wo  dagegen  dasselbe  sich  auf 
Klüften  ausgeschieden  hat  und  in  der  bereits  besprochenen  Weise  in 
die  Hohlräume  der  Bronzite  eingedrungen  ist,  findet  es  sich  auch  noch 
nach  der  vollständigen  Serpentinisirung  in  genau  derselben  Lage  vor 
und  giebt  den  betreffenden  Stellen  des  Schliffes  ein  sehr  regelmässig 
dunkel  schraffirtes  Ansehen,  dessen  Entstehung  ohne  die  angeführten 
Beobachtungen  räthselhaft  wäre.  Der  Picotit  ist  auch  hier  von  Erz  in 
grosser  Menge  umgeben.  Er  zeigt  denselben  Habitus,  wie  bei  Bon- 
homme und  oft  Einschlüsse  von  regelmässig  sechs-  und  vierseitigem 
Umrisse,  die  bei  der  intensiv  rothbraunen  Färbung  des  Wirthes  ohne 
wahrnehmbare  Eigenfarbe  sind.  Da  dies  auch  hinsichtlich  der  grössten 
der  Fall  ist,  ihre  Umrisse  sehr  dunkel,  und  sie  selbst,  je  kleiner,  desto 
dunkler  sind,  so  dürften  es  Hohlräume,  negative  Krystalle,  sein,  womit 
sich  die  Formen  wohl  vereinigen  lassen. 


‘)  Tscher mak’s  Mineralogische  Mittheiluugen,  1871,  Heft  1,  p.  21. 

26* 


196 


Bruno  Weigand. 


[14] 


Mau  bemerkt  nun  noch  zuweilen  kleine  unregelmässige.  Durch- 
schnitte mit  scharfer,  ziemlich  gleichmässiger  und  dichter  Streifung, 
welche  bei  gekreuzten  Nicols  Dunkelheit  zeigen,  wenn  die  Streifen  etwa 
45°  mit  den  Nicolhauptschnitten  machen;  dies  deutet  auf  ein  mono- 
klines Mineral  hin,  auf  Diallag,  welcher  ja  in  dieser  Vergesellschaftung 
keine  ungewöhnliche  Erscheinung  mehr  ist.  Derselbe  findet  sich  unter 
Anderm  zusammen  mit  Bastit  und  Olivin  auch  im  Todtmooser  Serpentin ; 
mit  Bronzit  und  Olivin  in  gewissen  Forellensteinen. 

Schliffe  von  gänzlich  umgewandeltem  Gesteine  zeigen  nun  eine 
den  obigen  Beobachtungen  entsprechende  Structur:  einzelne  Partien, 
durch  Chrysotil  unregelmässig  gegittert  und  ein  Netz  von  Erz  ent- 
haltend, lassen  auf  ihre  Entstehung  aus  Olivin  schliessen;  andere  Theile, 
den  grössten  Raum  im  Schliffe  einnehmend,  bilden  ein  regelloses  Durch- 
einander parallelfaseriger  Aggregate,  von  amorph  scheinenden,  also  sein- 
schwach  doppeltbrechenden  Partien  durchsetzt:  der  Rest  des  Bronzit. 
Irgend  welchen  andern  Unterschied  von  dem  Umwandlungsproducte  des 
Olivins,  aus  welchem  man  auf  zweierlei  Substanzen  schliessen  müsste, 
zeigt  dieser  Rest  aber  nicht;  Serpentin  ist  hier  das  Endproduct  beider 
in  so  verschiedenen  Verhältnissen  zusammengesetzten  Mineralien. 

Der  Serpentin  von  Starkenbach  erscheint  demnach  entstanden  aus 
einem  Gesteine,  welches  hauptsächlich  aus  Bronzit  und  in  geringerer 
Menge  Olivin  zusammengesetzt  war  und  sich  noch  daselbst  findet,  mit 
Pieotit,  Hornblende  und  Diallag  als  accessorischen  Mineralien,  welches 
sich  demnach  an  gewisse  Forellensteine,  bis  auf  den  fehlenden  Anorthit, 
anschliesst.  Hagge  a.  a.  O.  schildert  Harzburger  Gesteine,  die  damit 
Uebereinstimmung  zeigen.  Der  Zusammensetzung  nach  scheint  ihm  auch 
der  von  Dräsche  beschriebene  Bronzitfels  von  Heiligenblut  und 
Matrey  nahe  zu  stehen.  Derselbe  scheint  aber  allerdings  ganz  anders 
ausgebildet  zu  sein,  so  dass  er  im  Schliffe  einen  andern  Anblick  dar- 
bietet. 

Jedenfalls  werden  sich  unter  den  Serpentinen  anderer  Fundorte 
ähnlich  ausgebildete  Gesteine  finden.  So  scheinen  gewisse  Serpentine 
von  Todtmoos  aus  Bronzitfels  entstanden  zu  sein. 

Das  Starkenbacher  Vorkommen,  local  ganz  beschränkt,  liegt  im 
Gneiss,  wie  der  Serpentin  von  Bonhomme.  Da  aber  der  letztere  zum 
grössten  Theile  aus  Olivin,  einem  Singulosilikat,  ersterer  dagegen  aus 
einem  Bisilikat  entstanden  ist,  so  ist  ein  genetischer  Zusammenhang 
der  primären  Gesteine,  etwa  ein  gleicher  Heerd  der  Eruption,  nicht 
wahrscheinlich,  trotz  der  geringen  Entfernung  beider. 


3)  Tschermak,  Mineralogische  Mittheilungen,  I.,  1871. 


[15] 


Die  Serpentine  der  Vogesen. 


197 


3.  Der  Serpentin  des  Kauenthals. 

Im  Rauenthale,  welches  sich  nach  Nordosten  öffnet  und  sich  um 
das  Granitmassiv  des  Bluttenberges  auf  der  Nordwestseite  desselben 
herumzieht,  reicht  der  Gneiss  an  der  rechten  Thalwand  bis  etwa  zu 
zwei  Dritteln  der  Höhe  hinauf,  ein  sanftes  Gehänge  bildend ; bedeutend 
steiler  erhebt  sich  von  da  an  der  Granit.  Das  Streichen  des  Gneisses 
fällt  ungefähr  mit  der  Richtung  des  Thaies  zusammen ; sein  Fallen  vom 
Granit  ab,  also  nach  Norstwesten,  beträgt  etwa  30  bis  50°.  An  der 
Grenze  von  Gneiss  und  Granit,  in  ungefähr  gleichbleibender  Höhe  an 
der  Thalwand  hinstreichend,  findet  sich  in  einem  Seitenthälchen  über 
dem  Dorfe  Fanoux  Serpentin  anstehend.  Seine  Spuren  finden  sich  am 
Bache  entlang  als  Blöcke  weithin  zerstreut  und  führen  von  unten 
herauf  sicher  zum  Anstehenden.  Die  geologische  Karte  des  Haut-Rhin 
von  Köchlin-Schlumberger  gibt  als  Serpentingebiet  ziemlich  genau 
das  Verbreitungsgebiet  der  Blöcke  an,  während  nur  die  südöstliche 
Grenze  des  dort  eingezeichneten  Gebiets  das  Anstehende  trifft.  Die 
grösste  Breite  des  Serpentinanstehenden  ist  ungefähr  30  Schritte,  während 
die  Längenausdehnung  an  500  Schritte  beträgt. 

Der  Gneiss  zeigt  auch  hier  zum  Theile  jene  schon  beschriebene 
leptynitartige  Ausbildung,  besonders  unten  im  Thale.  Mit  den  so  aus- 
gebildeten Lagen  wechseln  dann  aber  andere,  in  denen  theils  Glimmer, 
theils  Hornblende  auftritt;  diese  letztere  gewinnt  nach  und  nach  die 
Oberhand  und  führt  so  das  Gestein  durch  Amphibolgneiss  in  reinen 
Hornblendefels  über,  der  aber  die  Schichtung  des  Gneisses  beibehält. 
Dieser  Amphibolit,  meistens  schwärzlich  wie  die  Hornblende  im  Gneisse 
selbst,  nimmt  in  der  Nähe  des  Serpentins  ein  anderes  Aussehen  an  : 
er  zeigt  sich  von  hellerer  Farbe,  schön  grün,  die  einzelnen  Individuen 
blätterig  und  halbmetallisch  glänzend.  In  diesem  Gesteine  finden  sich 
nun  kleinere  und  grössere  Fetzen  von  Serpentin  ein,  die  mattschwarz 
und  gegen  die  Hornblende  undeutlich  abgegrenzt  sind.  In  wieder  andern 
Stücken  gewinnen  dieselben  die  Oberhand  und  so  bieten  sich  alle  mög- 
lichen Uebergangsstadien  zu  dem  vollkommen  reinen  Serpentin  dar. 
Der  Serpentin  unterscheidet  sich  in  seinem  Aeusseren  in  wesentlichen 
Punkten  von  den  bereits  beschriebenen:  er  zeigt  nämlich  deutlich  eine 
stengelig  plattige  Absonderung,  grosse  Weichheit,  und  ist  ganz  durch- 
schwärmt von  winzigen,  matt  silberglänzenden  Blättchen  oder  Schüpp- 
chen ohne  deutliche  Umrisse.  Dieselben  sind  gleichfalls  sehr  weich  und 
theils  parallel  angeordnet  und  zu  grösseren  Schichten  gruppirt,  so  dass 
sie  dem  Gesteine  ein  geschichtetes  Aussehen  verleihen,  theils  durch- 
dringen sie  auch  ganz  regellos  die  Masse.  Die  mikroskopische  Unter- 
suchung hatte  nun  festzustellen,  ob  hier  eine  Umbildung  des  Amphibolit 
in  Serpentin  vorliegt  oder  ob  ein  Gemengtheil  des  Amphibolit  die 
Bildung  des  Serpentins  veranlasst  habe. 

Im  Schliffe  bietet  der  letztere  ebenfalls  einen  von  dem  gewohnten 
gänzlich  abweichenden  Anblick  dar.  Bei  gewöhnlichem  Lichte  zeigt  er 
sich  als  eine  fast  homogene,  hellgrüne,  von  Erzschnüren  gänzlich  freie 
Masse,  in  welcher  sich  schmale,  wasserhelle,  längliche  Durchschnitte, 
ferner  dergleichen  grössere,  rundliche  Partien  befinden,  beide  stets  mit 


198 


Bruno  Weigand. 


[16] 


opaker  Masse,  besonders  an  den  Rändern,  aber  auch  in  der  Mitte, 
bedeckt.  Dieses  Erz  findet  sich  in  der  grünen  Masse  nicht  in  regel- 
mässiger Anordnung,  sondern  zu  grösseren  Mengen  angehäuft  und 
andere  Stellen  frei  lassend. 

Andere  parallelbegrenzte,  gleichfalls  wasserhelle  Durchschnitte  sind 
frei  von  Erz  und  zeigen  eine  Structur,  welche  wohl  am  besten  durch 
den  Vergleich  mit  einem  Fenster  bezeichnet  wird:  sie  sind  nämlich  nach 
zwei  aufeinander  senkrechten  Richtungen  von  jener  grünen  Masse,  dem 
Serpentin,  in  schmalen,  gerade  verlaufenden  Streifen  durchdrungen.  Die 
Streifen  der  einen  dieser  Richtungen  sind  einander  sehr  genähert,  laufen 
der  Längsrichtung  der  Durchschnitte  parallel  und  setzen  durch  den 
ganzen  Krystall  hindurch.  Die  andern  dagegen,  unregelmässiger,  ver- 
binden meist  nur  je  zwei  von  jenen.  Es  wird  dadurch  ein  Bild 
geschaffen,  welches  äusserst  charakteristisch  ist,  zumal  es  sich  stets  in 
gleicher  Weise  wiederholt.  (Fig.  1.) 


Fig.  l.  Fig.  2. 


Im  polarisirten  Licht  bei  gekreuzten  Nicols  zeigt  sich  dieselbe 
gitter-  und  fensterförmige  Structur  über  das  ganze  Gesichtsfeld  ver- 
breitet, (Fig.  2)  und  zwar  durch  helle  Streifen,  die  aus  dunklem  Grunde  her- 
vorleuchten. Wir  sehen  jetzt,  dass  wir  es  mit  einem  Serpentin  zu  thun 
haben;  die  Gitter  werden  durch  Chrysotiladern  gebildet,  welche  sich 
wegen  der  parallelen  Lagerung  der  einzelnen  Fasern  wie  Durchschnitte 
von  Krystallindividuen  verhalten.  Sie  umrahmen  andere,  wenig  Licht 
durchlassende,  also  durch  unregelmässige  Anordnung  feiner  Aggregate 
schwach  doppeltbrechende  Massen,  wie  dasselbe  bei  den  serpentinisirten 
Olivinkernen  der  Fall  ist.  Die  wasserhellen  Durchschnitte  erweisen  sich 
als  zweierlei  Natur:  die  langen  Leistchen  und  breiten  Flächen  mit  aus- 
geschiedenem  Erze  gehören  Einem  Mineral  an,  nämlich  jenen  makro- 
skopisch sichtbaren,  hellen,  glänzenden  Blättchen.  Da  die  ersteren  dieser 
Durchschnitte  bei  Stellung  parallel  einem  der  Nicolhauptschnitte  dunkel 
werden,  die  anderen  bei  gekreuzten  Nicols  stets  dunkel  bleiben,  so  ist 
das  Mineral  einaxig.  Dies  zusammen  mit  den  bereits  erwähnten  Eigen- 
schaften deutet  auf  Chlorit. 


[17] 


Die  Serpentine  der  Vogesen. 


199 


Um  die  Richtigkeit  der  Bestimmung  chemisch  zu  prüfen,  wurde 
eine  Partialanalyse  versucht,  indem  das  gebeutelte  Pulver  mehrere  Tage 
lang  der  Einwirkung  einer  sehr  verdünnten  Salzsäure  ausgesetzt  wurde. 
Von  3 • (1 7 8 Gramm  der  Substanz  ergab  sich  ein  Rückstand  von  0-2599 
Gramm  (also  ungefähr  Q15  der  angewendeten  Menge),  der  durch  sein 
glänzendes  Aussehen  vermuthen  liess,  dass  er  aus  jenen  hellen  Blättchen, 
wenn  nicht  ganz,  so  doch  zum  grössten  Theile  bestehe.  Auch  eine 
Schätzung  nach  der  makroskopischen  und  mikroskopischen  Betrachtung 
würde  einen  ähnlichen  Gehalt  des  Gesteins  an  jenem  blätterigen  Mineral 
ergeben.  Lösung  wie  Rückstand  wurden  für  sich  analysirt  und  ergaben 
in  der  That  eine  wesentlich  verschiedene  Zusammensetzung. 

Die  Analyse  ergab: 


I.  Lösung. 

II.  Rückstand. 

Si02 

37.706 

31.098 

MgO 

36.602 

26.714 

CaO 

1.677 

5.470 

NiO 

Sp. 

Sp. 

Fe203 

10.428 

8.847 

A1203 

0.201 

12.701 

Differenz 

10.386 

15.170 

100.000 

100.000 

das  Ergebniss  der  Bauschanalyse  hinzu- 

36.944 
36.022 
1.393 
3.956 
6.868 
1.353 
13.089 
99.625 

Dieses  Ergebniss  gestattet,  bei  der  Partialanalyse  die  Differenzen 
lediglich  als  Wassergehalt  in  Anschlag  zu  bringen.  Bedenkt  man,  dass 
der  Rückstand  etwa  Vis  der  gesammten  Quantität  beträgt,  so  sieht 
man,  dass  beide  Serpentinanalysen  genügend  übereinstimmen.  Ferner 
ergibt  sich  bei  Vergleichung  mit  anderen  Chloritanalysen  eine  genügende 
Uebereinstimmung  für  die  Zusammensetzung  des  Rückstandes  (II),  um 
die  Bestimmung  als  Chlorit  als  sicher  zu  betrachten.  Dagegen  erscheint 
eine  genaue  Berechnung  der  Formel  wegen  der  immerhin  unvollkommenen 
Trennungsmethode,  sowie  wegen  des  Mangels  einer  Eisenoxydulbestim- 
mung zwecklos. 

Da  beim  Glühen  in  Kaliglas  die  anwendbare  Hitze  nicht  ausreicht, 
um  das  Wasser  ganz  aus  dem  Serpentine  zu  treiben,  so  wurde  der 
Glühverlust  bestimmt,  das  zur  Oxydation  des  Eisenoxyduls  nöthige 
Quantum  Sauerstoff  mit  in  Rechnung  gebracht  und  so  der  wegen  jener 
Oxydation  zu  klein  gefundene  Wassergehalt  corrigirt. 

Man  sieht,  dass  die  Thonerde  des  Gesteines  zum  grössten  Theile, 
wenn  nicht  ganz,  dem  chloritischen  Minerale  angehört.  Mit  dem  Kalk 
ist  dasselbe  der  Fall.  Kalk  in  Vertretung  der  Magnesia  ist,  wenn  auch 


Zur  Vergleichung  sei 
gefügt: 

Si02 

MgO 

CaO 

FeO 

Fe203 

A1203 

HoO 


200  Bruno  Weigand.  [lg] 

beim  eigentlichen  Chlorit  in  dieser  Menge  nicht  bekannt,  so  doch  in  der 
Glimmergruppe  nicht  ungewöhnlich. 

Berechnet  man,  die  ganze  Menge  der  Si0.2  und  MgO  als  zum 
Serpentin  gehörig  angenommen,  die  zur  Ergänzung  nöthige  Menge  FeO 
und  H20  nach  der  Formel  H2Mg3Si208  + aq.,  aus  dem  Resultat  (I) 
der  Partialanalyse,  so  erhält  man  folgende  Zahlen,  wobei  nach  dem 
Resultate  der  Bauschanalyse  das  FeO  = 3-95Ö°/0  angenommen  ist : 


Lösung. 

Berechnet. 

I. 

II. 

Si02 

— 

37.706 

37.706 

MgO 

— 

36.602 

36.602 

CaO 

— 

1.677 

FeO 

— 

3.956 

1.9836 

Fe203 

6.032 

ai2o3 

— 

0.201 

ii2o 

13.386 

11.3121 

Die  Analyse  zeigt  also  in  Uebereinstimmung  mit  der  mikrosko- 
pischen Untersuchung  eine  grosse  Menge  Eisen,  welches  nicht  im  Ser- 
pentinmolekül enthalten , sondern  als  Magneteisen  und  wasserhaltige 
Eisenoxydverbindungen  im  Gesteine  vertheilt  ist. 

Das  zweite  individualisirte  Mineral  im  Serpentin,  jene  wasserhellen, 
parallelbegrenzten  Krystalle  mit  Gitterstructur,  erweisen  sich  vom  Chlorit 
verschieden;  denn  sie  werden  zwischen  gekreuzten  Nicols  dunkel,  wenn 
die  geradlinigen  Begrenzungen,  weiche  seine  Längsausdehnung  bestimmen, 
einen  Winkel  von  15 — 20°  mit  dem  Hauptschnitte  eines  Nicol  machen; 
ferner  zeigen  sie  sehr  lebhafte  einheitliche  Interferenzfarben.  Endlich 
finden  sich  auch,  wenngleich  seltener,  Durchschnitte,  die  von  zwei  gleicli- 
werthigen  Systemen  jener  grünen , gerade  verlaufenden  Adern,  u.  zw. 
unter  einem  Winkel  von  circa  55°,  resp.  125°  durchsetzt  werden.  Dem- 
nach ist  dieses  Mineral  Hornblende.  Die  Längsspalten,  auf  denen  der 
Serpentin  eingedrungen  ist,  gehören  der  prismatischen  Spaltbarkeit  an; 
die  querlaufenden,  kurzen,  verbindenden  Adern  entsprechen  der  bei 
hellen,  stark  nach  der  \rerticalaxe  ausgebildeten  Hornblenden,  wie  dem 
Strahlstein,  häufig  beobachteten  Absonderung  senkrecht  zu  jener  Axe. 
Die  zuletzt  beschriebenen  Durchschnitte  sind  Schnitte  annähernd  senk- 
recht zu  derselben  Axe,  und  zeigen  deshalb  durch  die  Richtung  der 
Spaltung  den  Prismenwinkel  von  124°. 

Es  sind  also  die  Hornblende-Individuen  auf  den  Spalten  von  Ser- 
pentin, und  zwar  von  Chrysotil  durchzogen.  Wie  beim  Olivin  ist  letzterer 
das  erste  Product  der  Umwandlung ; auf  den  ersten  Klüften  und  Spalten 
fand  er  den  nöthigen  Raum,  dessen  er  bedurfte,  um  seine  Fasern  zu 
bilden.  Wir  haben  schon  geschildert,  dass  man  im  Serpentine  selbst 
mittelst  des  polarisirten  Lichtes  den  Chrysotil  in  derselben  Anordnung 
überall  wiederfindet,  wie  in  der  Hornblende,  nämlich  in  parallelfaserigen 
Aggregaten,  welche  sich  unter  rechten  Winkeln  und  Winkeln  von  circa 
124°  schneiden.  Aus  diesem  Verhältniss  von  Serpentin  und  Hornblende 
zu  einander,  aus  der  Structur  des  Serpentins,  wie  sie  sich  in  allen 
Schliffen  wiederholt,  geht  unzweifelhaft  hervor,  dass  der  letztere  das 
Umwandlungsproduct  aus  der  ersteren  ist,  dass  wir  also  hier  einen  in 


[191 


Die  Serpentine  der  Vogesen. 


201 


grossen  Massen  auftretenden  Serpentin  haben,  der  aus  -.Amphibolit  ent- 
standen ist.  Auch  lassen  sich  alle  Zwischenstadien  von  der  frischen 
Hornblende  an  bis  zu  der  vollständigen  Pseudomorphosirung  beobachten. 
Ebenso  wird  die  makroskopische  Beschaffenheit  dieses  Serpentins,  wie 
sie  pag.  197  geschildert  ist,  durch  diese  Entstehungsart  erklärlich. 

Vom  Olivinserpentin  unterscheidet  er  sich  durch  mehrere  wichtige 
Kennzeichen.  Einmal  fehlen  hier  gänzlich  Erzschnüre  und  damit  ver- 
schieden gefärbte  Zonen.  Dann  aber  sind  hier  die  einzelnen  von  Chry- 
sotil umrahmten  Kerne,  die  aus  einem  verworren  faserigen,  schwach 
doppeltbrechenden  Gemenge  von  Serpentinfasern  bestehen,  stets  parallel- 
epipedisch,  da  sie  dem  Prisma  mit  der  dazu  senkrechten  Ebene  ent- 
sprechen, während  sie  beim  Olivin  durch  unregelmässige  Sprünge  ent- 
standen sind  und  daher  ein  ganz  regelloses  Maschenwerk  bilden.  Ferner 
fehlen  hier  im  Hornblendeserpentin  gänzlich  die  für  den  Olivinserpentin 
so  charakteristischen  accessorischen  Mineralien,  über  die  bei  den  vor- 
her beschriebenen  Serpentinen  gesprochen  wurde. 

Es  erschien  nun  von  Interesse,  einige  Klarheit  über  diese  Umwand- 
lung und  die  dabei  stattgehabten  Processe  zu  gewinnen  Leider  liess 
sich  die  Hornblende  aus  den  Stücken,  in  welchen  ihr  bereits  Serpentin 
beigemengt  war  und  sie  daher  augenscheinlich  das  Material  zur  Ser- 
pentinbildung darbot,  nicht  hinreichend  isoliren,  um  eine  Analyse  mit 
reinem  Material  zu  gestatten.  Es  wurde  daher  jenes  hellgrüne  Horn- 
blendegestein, welches  sich  nur  in  der  Nähe  des  Serpentins  fand  und 
selbst  Spuren  von  letzterem  Mineral  zeigte,  analysirt  und  ergab:  1 und  II. 


Mittel 

I. 

II. 

III. 

IV. 

Si02 

40.133 

46.681 

46.407 

MgO 

26.168 

26.336 

26.252) 

CaO 

10.254 

11.03 

10.642 1 

1.7512 

FeO 

2.107 

2.107 

2.107) 

- 

Fe,03 

4.854 

4.445 

4.649 

1.7448  X 2 

A1,03 

6.727 

6.727 

h20 

3.584 

3.584 

99.827 

100.369 

Die  Zusammensetzung  entspricht  also  einer  Mg  O-reichen  Horn- 
blende. Der  Wassergehalt  deutet  auf  die  auch  makroskopisch  beobachtete 
Umwandlung  hin,  da  derselbe  höher  ist,  als  die  geringe  Menge  Wassers, 
welche  die  Hornblende-Analysen  meist  ergeben.  Unter  IV  sind  die 
Zahlen  berechnet,  welche  sich  für  die  MgO,  CaO  und  FeO  einerseits, 
Si02  und  A12Os  andererseits  als  Sauerstoffverhältniss  ergeben.  Das 
Eisenoxyd  ist  zum  Theil  wohl  als  ausgeschiedenes  Erz  in  Rechnung  zu 
bringen,  wie  sich  solches  in  der  Tliat  im  Schliffe  zeigt,  zum  Theil  ver- 
tritt es  eine  äquivalente  Menge  A1203.  Eine  genauere  Berechnung  ist 
wegen  der  erwähnten  Umbildung  und  Beimengung  nicht  thunlich.  Jeden- 
falls zeigen  die  Zahlen,  dass  wir  es  in  der  Tliat  mit  einem  Körper  der 
Amphibolgruppe  zu  thun  haben,  wie  dies  ja  auch  die  optische  Unter- 
suchung und  die  übrigen  physikalischen  Eigenschaften  bewiesen. 

Mineralogische  Mittheilungen  1875.  3.  Heft.  (Br.  Weigand.)  27 


202  Bruno  Weigand.  [20] 

Was  nun  den  Umwandlungsprocess  in  Serpentin  betrifft,  so  ergibt 
eine  Gegenüberstellung  behufs  Vergleichung 


Serpentin 

mit  Chlorit  ohne  Chlorit 

Hornblende 

Si02 

36*94 

37-71 

46-41 

MgO 

36-02 

36-60 

26-25 

CaO 

1-39 

1-68 

10-64 

FeO 

3-96 

3-96 

2-11 

Fe203 

6-87 

6-03 

4-65 

ai2o3 

1-35 

0-20 

6-73 

h20 

13-09 

13-39 

3-58 

zuerst,  dass  im  Verhältniss  der  Gehalt  an  Kieselsäure  abgenonnnen,  der 
Magnesiagehalt  dagegen  zugenommen  hat.  Was  die  Abnahme  des  Kalk- 
gehaltes betrifft,  so  führt  Roth  (a.  a.  0.  pag.  351)  Beobachtungen  von 
Schee  rer  an,  wonach  bei  der  Umwandlung  des  Diallags  von  der  Baste 
in  Serpentin  mittelst  der  Analyse  nachgewiesen  wurde,  dass  der  ungefähr 
20  Proc.  betragende  Gehalt  an  Kalk  im  Laufe  des  Processes  ganz  ver- 
schwindet. Ebenso  gehen  die  10  Proc.  Kalk  der  Hornblende  ganz  fort 
bei  der  Serpentinbildung,  denn  die  Analyse  des  Chlorites,  welcher 
5-5  Proc.  Kalk  enthält,  zeigt,  dass  der  Kalk  des  Gesteines  fast  ganz 
dem  Chlorit  angehört. 

Der  Chlorit  ist  aber  entschieden  eine  Neubildung  in  dem  Ser- 
pentine; er  hat  sich  während  des  Umwandlungsprocesses  gebildet;  dafür 
spricht  sein  ganzes  Vorkommen  im  Gestein,  seine  unversehrten  scharfen 
Umrisse,  sein  Auftreten  auf  Absonderungsflächen,  verglichen  mit  dem 
Fehlen  desselben  im  Hornblendegesteine.  Auf  eine  spätere  Bildung 
deutet  auch  die  ihn  stets  begleitende  Erzausscheidung.  Der  Kalk  ging 
also  bei  der  Umwandlung,  so  weit  er  nicht  fortgeführt  wurde,  zum 
grossen  Theile  in  den  Chlorit  über;  ein  Gleiches  ist  von  dem  Verhalten 
der  Thonerde  zu  sagen.  Die  Hornblende  enthält  über  6 Proc.  A1203, 
der  Serpentin  0'2  Proc.,  der  Chlorit  an  13  Proc.  Es  scheint  demnach, 
dass  die  Thonerde  wegen  ihrer  Schwerlöslichkeit  zur  Bildung  des 
Chlorites,  eines  thonerdereichen  Silicates,  Anlass  gegeben  hat.  Immerhin 
ist  damit  nur  erst  der  Verbleib  eines  kleinen  Theiles  derselben  nach- 
gewiesen. Es  bleiben  daher  nur  zwei  Möglichkeiten  der  Erklärung: 
entweder  ist  durch  besonders  günstige  Umstände  die  übrige  Thonerde 
in  der  That  fortgeführt  worden,  dafür  würden  gewisse  Anhäufungen  des 
Chlorites  sprechen,  die  sich  zerstreut  als  Kluftausfüllungen  im  Serpentin 
Anden ; oder  der  analysirte  Serpentin  entstand  aus  einer  thonerdeärmeren 
Hornblende,  resp.  würde  die  analysirte  Hornblende  einen  chloritreicheren 
Serpentin  liefern.  In  der  That  erscheint  es  nicht  unwahrscheinlich, 
dass,  so  wie  die  analysirte  Hornblende  bereits  einen  verhältnissmässig 
geringen  Thonerde-,  grossen  Magnesiagehalt  aufweist,  sich  dort  Schichten 
befunden  haben,  in  denen  erstere  in  noch  geringeren  Mengen  vorhanden 
war  und  die  dann  ein  für  die  Serpentinbildung  noch  mehr  geeignetes 
Material  darstellten.  Vielleicht  spricht  für  eine  solche  Annahme  der 


[21] 


Die  Serpentine  der  Vogesen. 


203 


Umstand,  dass  die  mit  dem  Serpentin  verwachsene  Hornblende  im  Aus- 
sehen zum  Verwechseln  den  thonerdefreien  Gliedern  der  Pyroxenreihe, 
wie  dem  Eustatit,  gleicht,  wenngleich  der  Prismenwinkel  von  124°  und 
die  optischen  Eigenschaften  sie  unter  die  monoklinen  Amphibole  ver- 
weisen. Aus  der  Thatsache,  dass  die  Thonerde  der  Hornblende  gänzlich 
in  den  Chlorit  übergegangen  ist,  ergibt  sich  eine  interessante  Bestäti- 
gung der  Ansicht,  dass  die  scharfe  Trennung  des  thonerdefreien  Ser- 
pentins von  den  ähnlich  aussehenden , aber  thonerdehaltigen  Hydraten 
der  Magnesiasilicate,  wie  dem  Pseudophit  u.  s.  w.,  eine  naturgemässe  ist. 

Die  bereits  geschilderten  Lagerungsverhältnisse  des  Serpentins 
stehen  mit  seiner  Entstehung  im  besten  Einklänge;  er  liegt  im  Amphi- 
bolit  und  im  Streichen  des  Gneisses,  er  ist  also  ein  umgewandelter 
Schichtencomplex  von  Hornblendefels.  Es  steht  mit  Sicherheit  zu  erwar- 
ten, dass  Serpentine  ähnlicher  Entstehung  sich  in  Gneissgebieten  in 
Menge  finden  werden ; wenigstens  entspricht  bei  vielen  Vorkommen,  von 
denen  wir  eine  Schilderung  der  Lagerungsverhältnisse  besitzen , diese 
letztere  in  frappirender  Weise  dem  hier  geschilderten  Falle. 

Um  nur  ein  Beispiel  zu  erwähnen , so  schildert  G ti  m b e 1 *)  in 
der  Beschreibung  des  ostbayerischen  Grenzgebirges  die  Serpentine  fast 
stets  als  im  Gneisse  mit  Hornblendegestein,  Chlorit  und  Talk  vor- 
kommend, so  dass  es  scheint,  als  befänden  sich  dort  solche  Serpentine 
wie  der  eben  geschilderte. 

Wie  wir  somit  gesehen  haben,  bietet  das  Serpentingebiet  um  den 
Bluttenberg  Serpentine  sehr  verschiedener  Entstehung  und  Ausbildung 
dar,  denen  nur  die  Lagerung  im  Gneisse  gemeinsam  scheint.  Durch 
letztere  unterscheiden  sie  sich  sogleich  wesentlich  von  dem  Serpentine 
des  südlichen  Vorkommens,  zu  dem  wir  uns  nun  wenden. 


Serpentine  des  Amariner  Thals. 


Das  Amariner  Thal  wird  von  der  Thur  durchflossen.  In  seinem 
oberen  Laufe  fliesst  dieser  Bach  auf  der  Grenze  von  Granit  rechts  und 
Grauwacke  links  hin  und  tritt  dann  kurz  vor  dem  Flecken  Odern  in 
das  Gebiet  der  letzteren  ein.  Hier  findet  sich  der  Serpentin,  nahe  dem 
Granit,  im  Uebergangsgebirge  an  mehreren  Punkten:  auf  der  rechten 
Seite  ein  kleines  Vorkommen  am  Felleringer  Kopf  auf  der  Landesgrenze 
und  ein  sehr  bedeutendes  auf  dem  Thalhorne,  einem  Berge,  an  dessen 
Fusse  der  Flecken  Odern  liegt;  auf  der  linken  Seite  ein  sehr  unbedeu- 
tendes Vorkommen  am  Trehkopfe. 


‘)  Ostbayerisches  Grenzgebirge,  1868. 


27* 


204 


Bruno  Weigand. 


[22] 


Dieser  letztere  Serpentin  enthält  Bronzit  und  erweist  sich  bei 
der  mikroskopischen  Untersuchung  als  verschieden  von  den  andern 
beiden,  dagegen  petrographisch  eng  verwandt  dem  Serpentine  von  Star- 
kenbach; auch  liegt  er  vielleicht  im  Gneiss,  da  sich  in  der  Nähe 
Blöcke  von  letzterem  Gesteine  finden.  Er  wird  uns  daher  nicht  weiter 
beschäftigen. 

Das  Thalhorn  bei  Odern,  von  dem  Köchlin-Schlumbe r g e r Q 
ein  Profil  gibt,  besteht  in  seinem  nordwestlichen  Tlieile  aus  Granit,  im 
Uebrigen  aus  Grauwacke , die  aber  mehrfach  von  Granitgängen  durch- 
setzt ist.  Der  ganze  Berg  ist  mit  Felsen  und  grossen  Blöcken  wie 
besäet,  und  zwar  zeigen  diese  einen  sehr  wechselnden  petrographischen 
Charakter,  eine  in  dem  sonst  sehr  einförmigen  Gebiete  auffallende  Tliat- 
sache;  theils  sind  es  Granit-,  theils  sehr  verschiedenartig  ausgebildete 
Grauwackenblöcke,  bald  Gabbro  oder  Serpentin,  dann  wieder  grobe 
Conglomerate  und  talkige  Schiefer,  Leptynit  und  hornfelsartige  Gesteine, 
so  dass  es  nicht  leicht  ist,  sich  von  den  wirklichen  Verhältnissen  dieser 
verschiedenen  Felsarten  zu  einander  ein  richtiges  Bild  zu  machen. 

Der  Gabbro  und  der  Serpentin  von  Odern  sind  von  Delesse 
ausführlich  in  den  Annales  des  mines  beschrieben  worden,  und  wir 
besitzen  Analysen  des  Feldspath,  des  Diallag  und  des  Chrysotil  von 
ihm.  Delesse  schilderte,  den  Anschauungen  seiner  Zeit  gemäss,  den 
Serpentin  als  entstanden  aus  dem  Feldspathe. 

Sicher  ist,  dass  der  Serpentin  im  engsten  Zusammenhänge  mit 
dem  Gabbro  steht,  denn  man  findet  beide  nicht  nur  local  stets  zusammen, 
sondern  sie  enthalten  auch  dieselben  Mineralien.  So  trifft  man  in  jedem 
derselben  grosse  Individuen  von  Diallag  und  von  zersetztem  Feld- 
spathe an. 

Der  Gabbro,  welcher  nach  der  Grenze  gegen  die  umgebende  Grau- 
wacke hin  oft  Einschlüsse  von  Geschieben  anderer  Gesteine  zeigt,  ist 
zum  Theil  ein  grobkörniges  Gemenge  von  Feldspath,  Diallag  und  Quarz, 
gewöhnlich  aber  gesellt  sich  dazu  eine  graue  Substanz,  in  der  jene 
Mineralien  wie  in  einer  Grundmasse  eingebettet  liegen,  und  zwar  in 
sehr  wechselndem  Verhältniss,  so  findet  man  theils  den  Diallag  weit 
vorherrschend , theils  den  Feldspath  allein.  Endlich  können  beide 
Mineralien  verschwinden  und  jene  Substanz  bildet  dann  allein  das 
Gestein,  von  Quarz  durchwachsen.  Das  Mikroskop  bestätigt,  dass  der 
Feldspath  sehr  zersetzt  ist;  es  zeigt  ferner,  dass  der  Diallag  auch  hier 
die  bekannte  feine  Streifung  und  in  Ileihen  geordnete,  unregelmässig 
begrenzte,  opake  Interpositionen  enthält.  Die  graue  Substanz  erweist 
sich  als  ein  verfilztes  Durcheinander  von  Krystallnadeln,  deren  optische 
Eigenschaften,  da  sie  sich  wegen  ihrer  Feinheit  nicht  isoliren  dessen, 
nicht  mit  Sicherheit  festgestellt  werden  konnten.  Indessen  spricht  das 
ganze  Aussehen  und  die  Ausbildung  dafür,  dass  wir  es  hier  mit  einer 
amphibolitischen  Verbindung  zu  tlmn  haben.  Leider  war  eine  Isolirung 
der  mit  Quarz  imprägnirten  Substanz  nicht  möglich. 


')  Desei',  geol.  et  min.  du  dop.  du  Haut-Rhin,  Fig.  31. 


[23] 


Die  Serpentine  der  Yogesen. 


205 


Diese  feinfaserige  Hornblende  scheint  es  nun  zu  sein,  welche  hier 
das  Material  zur  Serpentinbildung  geliefert  hat.  Einmal  nämlich  findet 
sich  der  Serpentin  ganz  in  derselben  Weise  wie  jene,  grosse  Krystalle 
von  Diallag  enthaltend,  wie  oben  geschildert;  dann  findet  man  auch 
den  Amphibolit  mit  dem  Serpentin  verwachsen  und  von  Adern  desselben 
durchzogen.  Makroskopisch  wie  im  Schliffe  ist  dann  wegen  der  Feinheit 
der  Amphibolnadeln  einerseits,  des  Serpentinaggregats  andererseits  eine 
scharfe  Grenze  nicht  wahrzunehmen.  Die  Mikrostructur  unterstützt 
unsere  Annahme,  denn  der  Serpentin  zeigt  nirgends  mit  Ausnahme  der 
serpentinisirten  Diallagkrystalle,  charakterisirt  durch  die  meist  erhaltenen 
Interpositionen,  Verhältnisse,  die  auf  eine  Entstehung  aus  grösseren 
Krystallindividuen  hinwiesen,  wie  etwa  die  vorhergeschilderten  Serpen- 
tine. Diese  Thatsache  macht  es  allerdings  unmöglich,  hier  ebenso  wie 
dort  aus  der  Mikrostructur  den  strengen  Beweis  der  Entstehungsart 
zu  führen.  Allein  in  Verbindung  mit  den  angeführten  anderweitigen 
Umständen  ergibt  sich  aus  derselben  wohl  mit  einiger  Wahrscheinlich- 
keit die  oben  angedeutete  Art  der  Bildung  des  Serpentins.  Jedenfalls 
ist  sie,  schon  wegen  der  vollkommeneren  kristallinischen  Ausbildung  des 
Amphibolits,  wahrscheinlicher  als  die  entgegengesetzte  Annahme.  Auch 
das  massenhafte  Auftreten  des  Serpentins  — das  Vorkommen  ist  bei 
weitem  das  bedeutendste  im  Eisass  — steht  unserer  Annahme  nicht 
entgegen,  da  ganz  in  derselben  Weise,  wie  oben  geschildert,  ausgebil- 
deter Amphibolit  vom  Gabbro  unabhängig  felsbildend  auf  dem  Thalhorn 
auftritt.  Merkwürdig  bleibt  das  Verhältniss  beider  Gesteine  zu  einander. 
Leider  gestatten  die  ungenügenden  Aufschlüsse  nicht,  darüber  iiTs  Klare 
zu  kommen. 

Als  sicher  ist  wohl  das  interessante  Resultat  anzusehen,  dass  hier 
nicht,  wie  man  nach  Analogie  anderer,  besonders  von  Tschermak 
a.  a.  0.  geschilderter  Verhältnisse  vermuthen  sollte,  der  Serpentin,  da 
er  in  Verbindung  mit  Gabbro  steht,  sich  aus  dem  letzteren  beige- 
mengtem Olivin  bildete.  In  der  That  zeigt  sich  von  Olivin  keine  Spur, 
im  Gabbro  eben  so  wenig  wie  in  dem  Serpentine.  Schliesslich  theile  ich 
noch  eine  Analyse  des  letzteren  mit  (I): 


I. 

II. 

Si02 

39.171 

39.171 

MgO 

37.033 

37.033 

FeO 

4.000 

3.853 

Fe203 

4.056 

ai203 

1.797 

h2o 

13.722 

11.751 

99.779 

II  gibt  wieder  die  von  der  Serpentinformel  geforderten  Mengen 
von  Fe  O und  H2  0 an,  wenn  man  die  ganze  Menge  der  Si  02  und  der 
Mg  0 als  in  der  Verbindung  enthalten  annimmt.  Es  ergibt  sich  auch 
hier,  entsprechend  der  mikroskopischen  Beobachtung,  eine  ziemliche 
Menge  ausgeschiedenen  Erzes.  Es  ist  dies,  wie  man  sieht,  ein  Umstand, 
der  allen  Serpentinen  der  Vogesen  gemeinsam  ist.  Die  Analyse  bestätigt, 
dass  wir  es  auch  hier  mit  einem  typischen  Serpentine  zu  thun  haben. 


206 


Bruno  Weigand.  Die  Serpentine  der  Vogesen. 


[24] 


Fassen  wir  nun  die  Resultate  der  vorliegenden  Beobachtungen 
zusammen,  so  sehen  wir,  dass  die  Hypothese  von  Roth  sich  voll- 
kommen bestätigt  hat:  nicht  allein  der  Olivin  ist  im  Stande,  den 
Serpentin  zu  erzeugen,  sondern  auch  die  anderen  gesteinsbildenden, 
thonerdearmen  Magnesiasilicate,  Bronzit  und  Amphibol,  können  unter 
Umständen  dasselbe  stabile  Hydrat  als  Zersetzungsproduct  liefern. 


VII.  Notizen. 


Feldspatlifükrender  Kalkstein  vom  Sauerbruiingraben  bei 

Stainz. 

Unter  den  Gesteinen  und  Mineralen,  welche  das  steiermärkische 
Landesmuseum  den  Mitgliedern  der  geologischen  Section  der  soeben 
abgehaltenen  Naturforscher- Versammlung  zur  Disposition  stellte,  ist 
besonders  ein  Vorkommen  aus  dem  Plattengneiss-Bezirke  des  Ostfusses 
der  Koralpe  hervorzuheben.  Es  sind  körnige  Kalksteine,  welche  ein 
Lager  im  wohlgeschichteten,  gneissartigen  Schiefergesteine  bilden,  und 
neben  Muscovit,  Quarz,  Turmalin,  Granat,  etc.  auch  einen  grosskrystal- 
linischen,  natronreichen  Feldspat h führen. 

Dieser  Feldspath,1)  bereits  ein  Gegenstand  weiterer  Untersuchungen, 
tritt  so  reichlich  eingestreut  und  nicht  selten  auch  in  ergiebiger  Menge 
von  den  übrigen  Mineralien  begleitet  im  krystallinisc.h-kürnigen  Kalke 
auf,  dass  letzterer  dadurch  mehr  oder  weniger  deutlich  lineare  Parallel- 
textur annimmt. 

Dieser  wegen  der  Feldspathführung  ausgezeichnete  Marmor  erregt 
aber  nicht  bloss  ein  hohes  mineralogisches  Interesse,  sondern  verspricht 
auch  durch  seine  Beziehung  zum  völlig  abnorm  entwickelten  Platten- 
gneiss  Resultate  zu  liefern,  welche  für  die  geologische  Deutung  dieses 
dem  Urgebirge  angelagerten,  eminent  krystallinischen  Schieferzuges  von 
Belang  sein  dürften.  J.  Rumpf. 

Minerale  ans  dem  siid-östliclien  Theile  Schlesiens. 

Die  Sphärosiderite,  die  in  den  blauen  Mergelthonen  der  eocenen 
Schichten  der  Nordkarpathen  Vorkommen,  begleitet  ein  Mergelschiefer, 
in  dem  schon  an  mehreren  Punkten  Spuren  von  Pyrit  beobachtet 
wurden.  In  einem  solchen  Schiefer  zeigte  sich  bei  Kozakowitz,  östlich 
von  Teschen,  ein  reicheres  Auftreten  von  Pyrit.  Derselbe  kommt  hier 
theils  in  Kugeln  von  2 bis  4 Cm.  Durchmesser  vor,  theils  in  deutlich 
ausgebildeten  Ivrystallen  von  der  Combination  00O0©  und  0.  Die 
Iirystalle  erreichen  oft  die  Grösse  von  7 bis  8 Mm.  und  bilden  schöne 
Drusen,  die  einzelne  Stücke  des  schieferigen  Mergels  manchmal  nahezu 
ganz  umschliessen. 


‘)  Wurde  schon  von  Prof.  Dr.  K.  Peters  in  den  Verhandlungen  der  k.  k. 
geologischen  Reichsanstalt,  Jahrg.  1870,  pag.  201  citirt. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1875.  3.  Heft.  (Notizen.) 


20« 


Notizen. 


[2] 


In  den  eocenen  Schichten  von  Leskowetz,  nordwestlich  von  Friedek, 
linden  sich  auf  Aeckern  und  Wiesen  stellenweise  Rasenerze,  die  t.heils 
mit  vertorfenden  Pflanzenresten,  theils  mit  einer  dichten  Erdkrumme 
bedeckt  sind  und  zumeist  isolirte  Lager  von  geringer  Mächtigkeit  bilden. 
Die  Poren  dieser  Rasenerze  sind  grossentheils  von  einem  erdigen 
Vivianit  ausgefüllt.  Dieses  Vorkommen  von  Vivianit  ist  da  ein  ziemlich 
ausgebreitetes  und  in  dieser  Gegend,  ebenso  wie  der  Pyrit  von  Ivoza- 
kowitz,  noch  nicht  bekannt.  E.  Neminar. 


Ein  neuer  Fundort  von  Beryll. 

In  dem  Granit  von  Neumarkt  bei  Freistadt  in  Oberösterreich  fand 
Herr  Professor  E.  Urban  in  losen  Blöcken  grobkörnigen  Granites 
Beryll-Krvstalle.1)  Einige  Stufen  hievon,  die  Herr  E.  Urban  dem  k.  k. 
mineralogischen  Hof -Museum  überschickte,  zeigten  die  Beryllkrystalle 
— oft  in  ziemlich  grosser  Anzahl  — vollkommen  ausgebildet  in  dem 
grobkörnigen  Granit  eingeschlossen.  Die  Krystalle  sind  säulenförmig, 
glasglänzend,  selten  durchsichtig,  meist  durchscheinend  oder  undurch- 
sichtig, und  erscheinen  bald  grünlich-weiss,  bald  strohgelb  oder  wachs- 
gelb  gefärbt.  Oft  erreichen  sie  eine  Länge  von  4- — 5 Cm.  bei  einem 
Durchmesser  von  3 — 8 Mm.  und  zeigen  meist  die  Combination  der 
Flächen  m (1100)  und  p (0001);  seltener  nur  ist  auch  noch  die  Fläche 
n (1220)  deutlich  ausgebildet.  An  einem  losen  Krystalle  war  auch  eine 
parallele  Verwachsung  zweier  Individuen  nach  der  Fläche  m (1100) 
deutlich  wahrnehmbar.  Von  besonderem  Interesse  ist  bei  diesen  Beryll- 
krystallen  der  Umstand,  dass  die  gegliederten  Säulen  an  ihren  Gliede- 
rungsstellen  stets  geknickt , oft  auch  vollkommen  gebrochen  sind  und 
die  hiebei  entstandenen  Risse  zumeist  mit  Quarz  oder  Glimmer  aus- 
gefüllt erscheinen.  Es  ist  dies  ein  Beweis,  dass  in  den  Gebirgsmassen 
oft  Verschiebungen  Vorkommen  und  dass  hier  nach  der  vollendeten 
Krystallisation  des  Berylls  eine  Verschiebung  in  den  Granitmassen  statt- 
gefunden haben  musste.  E.  Neminar. 


Apatit  von  Unter-Sulzbach. 

Im  letzten  Sommer  wurden  bei  der  ferneren  Ausbeutung  des 
schönen  Epidotvorkommens  nicht  nur  viele  flächenreiche  Krystalle  und 
Zwillinge  von  Epidot,  sondern  auch  mehrere  Apatitkrystalle  von  unge- 
wöhnlicher Grösse  aufgefnnden.  Dieselben  enthalten  gewöhnlich  zahl- 
reiche feine  Hornblendenadeln  eingeschlossen,  sind  jedoch  im  übrigen 
völlig  farblos  und  wasserhell.  Die  Form  ist  durch  Vorherrschen  der 
Endfläche  tafelförmig.  Einer  dieser  an  das  Museum,  gelangten  Krystalle 
hat  eine  Breite  von  5 Cm.  Ein  zweites  Stück  stellt  eine  8 Cm.  breite 
Tafel  dar,  welche  aus  zwei  parallel  verwachsenen  Individuen  besteht. 

T. 


’)  Dieser  Fund  wurde  von  Herrn  Prof.  Urban  in  dem  6.  Jahresberichte  des 
Vereines  für  Naturkunde  in  Oesterreich  ob  der  Enns  gemeldet. 


[3] 


Notizen. 


209 


Meteorit  von  Iowa. 

Das  k.  k.  Museum  erhielt  von  Herrn  G.  Hinrichs  in  Iowa  City 
ein  vollständiges  Exemplar  von  den  in  Iowa  County  (Nord- Amerika)  am 
12.  Februar  1.  J.  um  10  Uhr  30  Min.  Abends  niedergefallenen  Meteor- 
steinen als  Geschenk,  für  welches  dem  Geber  hier  der  verbindlichste 
Dank  ausgesprochen  wird.  Der  Stein  hat  ein  Gewicht  von  28(32  Grm., 
ist  mit  einer  schwarzen  Rinde  überzogen,  nur  sehr  wenig  an  den  Ecken 
verletzt  und  zeigt  von  der  flacheren  Seite  gesehen  einen  ungefähr 
rechteckigen,  von  der  Seite  gesehen  einen  trapezoidalen  Umriss.  Durch 
die  Erwerbung  vieler  vollständiger  Meteoriten  dieses  Falles  und  durch 
die  freigebige  Ueberlassung  derselben  an  die  Museen  hat  sich  Herr 
G.  Hinrichs  um  die  Meteoritenkunde  das  grösste  Verdienst  erworben. 

T. 


Mineralogische  Mittheilungen.  1875.  3.  Heft.  (Notizen.) 


28 


* 

- 


MINERALOGISCHE 


GUSTAV  TSCHERMÄK. 


JAHRGANG  1875.  HEFT  IV. 


(Diese  Mittheilungen  erscheinen  zugleich  als  Beilage  zum  Jahrhuche  der  k.  k.  geol. 

Reichsanstalt.) 


WIEN,  1878. 

ALFRED  HOLDER 

K.  K.  UNIVERSITÄTS-BUCHHÄNDLER. 


ROTHENTHURMSTRASSE  15. 


JAHRGANG  1875. 


IV.  HEFT. 


GESAMMELT  VON 

G.  TSCHERMAK 

DIRECTOR  DES  K.  K.  MINERALOGISCHEN  HOF-MUSEUMS. 


I.  Ueber  den  Pyrosmalith. 

Von  E.  Ludwig. 

Von  den  bis  jetzt  bekannt  gewordenen  drei  Analysen  des  Pyro- 
smalithes  ist  nur  eine  vollständig,  nämlich  die  von  Lang1)  1861 
ausgeführte;  Hisinger,2)  welcher  den  Pyrosmalith  zuerst  analy- 
sirte,  hat  die  Bestimmung  des  Wassers  unterlassen  und  nicht  fest- 
gestellt, in  welcher  Oxydationsstufe  das  Eisen  in  dem  Minerale  ent- 
halten ist.  Auch  Wühler3)  hat  das  Wasser  nicht  direct  bestimmt, 
sondern  aus  der  Differenz  berechnet;  für  das  Eisen  ergab  ihm  ein 
qualitativer  Versuch,  dass  beide  Oxydationsstufen  desselben  im  Pyro- 
smalith Vorkommen , eine  quantitative  Bestimmung  derselben  hat  er 
nicht  vorgenommen.  Lang  konnte  nur  eine  geringe  Menge  von  Eisen- 
oxyd (0-79  Proc.)  nachweisen;  er  ist  der  Ansicht,  dass  diese  durch 
spätere  Oxydation  entstanden  oder  auf  einen  Versuchsfelder  zurückzu- 
führen ist,  und  dass  der  unveränderte  Pyrosmalith  das  Eisen 
nur  als  Oxydul  resp.  Chlorür  enthält. 

Die  numerischen  Resultate  der  drei  angeführten  Analysen  weichen 
mit  Ausnahme  der  Zahlen  für  die  Kieselsäure ' so  bedeutend  von  ein- 
ander ab,  dass  jeder  Analyse  eine  andere  Formel  entspricht.  Die  bisher 
gebräuchlichen  Formeln  des  Pyrosmaliths  sind  auch  nicht  aüs  dem 
Mittel  der  vorharfdenen  Analysen  hervorgegangen,  sondern  jede  der- 
selben entspricht  einer  willkürlich  herausgegriffenen  Analyse;  so  hat 
Haushofe r 4 5)  die  Analyse  von  L a n g benützt,  S a f a f i k 6)  dagegen 
der  Analyse  von  Wühler  den  Vorzug  gegeben,  übrigens  Formeln  nach 
Lang’s  und  Wühler’ s Analysen  gerechnet. 

Durch  diese  Verhältnisse  veranlasst,  hegte  ich  seit  lange  den 
Wunsch,  den  Pyrosmalith  neuerdings  sorgfältig  zu  untersuchen  und  da 
Herr  Director  G.  Tschermak  vor  einigen  Wochen  eine  beträchtliche 
Zahl  der  schünsten  Pyrosmalith -Stufen  aus  Nord  marken 
erworben  hatte,  von  denen  er  mir  einige  zur  Verfügung  stellte,  konnte 


*)  Journal  für  praktische  Chemie,  Bd.  83,  424. 

2)  Rammeisberg,  Handbuch  der  Mineralchemie.  I.  Aufl.  pag.  875. 

3)  Annalen  der  Chemie  und  Pharmacie.  Bd.  156,  85. 

4)  Die  Constitution  der  natürlichen  Silicate  auf  Grundlage  ihrer  geologischen 
Beziehungen  etc.  von  Dr.  K.  Haushofer,  Braunschweig  1874,  pag.  140. 

5)  Ueber  die  Constitution  der  natürlichen  chlor-  und  fluorhaltigen  Silikate  von 
Dr.  A.  Safafik,  Abhandl.  der  k.  böhm.  Gesellsch.  der  Wissenschaften.  VI.  Folge, 

7.  Bd.  1874. 


Mineralogische  Mittheilungen.  1876.  4.  Heft.  (E.  Ludwig.) 


29 


212 


E.  Ludwig. 


[2] 


ich  mit  frische m,  un/verwitterten  Materiale  die  beabsich- 
tigte Arbeit  unternehmen.  Dieses  Material  bestand  aus  wohl  ausgebil- 
deten, ziemlich  grossen  hexagonalen  Säulen,  die  an  der  Oberfläche 
glänzend,  ohne  Spur  von  Verwitterungsproducten  waren.  Vom  Mutter- 
gesteine abgebrochen,  wurden  die  Krystalle  zertrümmert  und  unter 
Zuhilfenahme  einer  starken  Loupe  nur  die  ganz  reinen  Stücke  aus- 
gesucht. 

Bei  der  qualitativen  Analyse  wurden  gefunden:  Kieselsäure, 
Eisenoxydul,  M angan oxydu  1,  Kalk,  Magnesia,  Wasser  und 
Chlor.  Die  Prüfung  auf  Eisenoxyd  ergab  bei  einem  mit  aller  Sorg- 
falt angestellten  Versuche  ein  negatives  Resultat;  die  Abwesenheit  des 
Eisenoxydes  geht  auch  aus  den  quantitativen  Bestimmungen  hervor, 
aus  den  später  anzuführenden  Zahlen  wird  nämlich  ersichtlich,  dass 
die  Resultate  der  Bestimmung  des  Gesammteisens  von  denen  der  Eisen- 
oxydulbestimmung nur  um  Grössen  differiren,  die  innerhalb  der  Grenzen 
der  Beobachtungsfehler  liegen. 

Als  specifisches  Gewicht  des  Pyrosmaliths  wurde  in  zwei 
Versuchen,  für  welche  3-3361  Gramm  und  3’8055  Gramm  des  grob- 
körnig zerkleinerten  Minerales  verwendet  wurden,  3157  und  3-149, 
im  Mittel  also  3- 153  gefunden,  welche  Zahl  mit  der  von  Lang  ermit- 
telten [3*17 1]  stimmt. 

Die  Ergebnisse  meiner  quantitativen  Bestimmungen  sind  folgende : 


I. 

II. 

III. 

IV. 

V. 

Kieselsäure  . 

34-54 

34-86 

34-59 

— 

— 

Proc. 

Eisenoxydul  . 

27-43 

26*96 

26-72 

27-07 

27-08 

33 

Manganoxydul 

— 

25-40 

25-81 

— 

— 

33 

Kalk  . . . 

0-48 

0-61 

046 

— 

— 

Magnesia  . . 

0-93 

0-97 

0-88 

— 

— 

33 

Wasser  . . 

8-33 

8-48 

— 

— 

— 

Chlor  . . . 

— 

— 

— 

— 

— 

33 

VI. 

VII. 

VIII. 

IX. 

X. 

Wasser  . . 

. — 

— 

— 

8-11 

— 

Proc. 

Chlor  . . . 

. 4-77 

4-78 

5-47 

4-92 

5-07 

33 

Mittel 

Kieselsäure 

. 34"66 

Proc. 

Eisenoxydul  . 

. 27-05 

5? 

Manganoxydul 

. 25-60 

33 

Kalk  . 

0-52 

Magnesia 

. 0-93 

33 

Wasser 

. 8-31 

Chlor  . 

. 4-88 

33 

10P95 

Davon  ist  abzuziehen  die  dem  Chlor 

äquivalente  Sauerstoffmenge  . . . 1*10 


100-85 

Es  stand  mir  von  dem  Minerale  so  viel  zur  Verfügung,  dass  die 
einzelnen  Bestimmungen  mit  so  grossen  Quantitäten  ausgeführt  werden 
konnten,  wie  sie  bei  den  Silicatanalysen  gebräuchlich  sind. 

Ueber  die  analytischen  Methoden,  welche  in  der  vorliegenden 
Arbeit  zur  Anwendung  kamen,  sei  folgendes  bemerkt: 


[3] 


Ueber  den  Pyrosmalith. 


213 


Für  die  Bestimmung  der  Kieselsäure  und  der  Metalloxyde  wurde 
das  Mineral  mit  kohlensaurem  Natron-Kali  aufgeschlossen,  da  bei  der 
Aufschliessung  mit  Salzsäure  die  Kieselsäure  kaum  rein  zu  erhalten 
ist.  Nachdem  der  grösste  Theil  der  Kieselsäure  abgeschieden  war, 
wurde  aus  der  sauren  Auflösuhg  nach  Zusatz  von  Chlorammonium  mit 
kohlensäurefreiem  Ammoniak  gefällt;  im  Niederschlage  wurde  die  kleine 
Menge  der  in  Lösung  gegangenen  Kieselsäure  bestimmt,  Eisen  und 
Mangan  entweder  mit  kohlensaurem  Baryt  oder  mit  bernsteinsaurem 
Natron  getrennt  ; aus  dem  Filtrate  wurden  Mangan,  Kalk  und  Magnesia 
in  üblicher  Weise  bestimmt. 

Die  gewichtsanalytische  Bestimmung  der  Gesammtmenge  des  Eisens 
wurde  nach  der  soeben  beschriebenen  Methode  in  den  Analysen  I.,  II., 
III.  vorgenommen,  in  IV.  und  V.  wurde  das  Mineral  mit  Schwefelsäure 
im  zugeschmolzenen  Glasrohre  unter  Einhaltung  der  nöthig^n  Vorsieh  ts- 
massregeln  aufgeschlossen  und  in  der  erkalteten  Flüssigkeit ‘durch  über- 
mangansaures Kalium  das  Eisenoxydul  titrirt.  Die  Uebereinstimmung 
der  nach  diesen  beiden  Methoden  gewonnenen  Zahlen  beweist,  dass, 
wie  schon  früher  erwähnt  wurde,  der  Pyrosmalith  das  Eisen  nur 
in  der  Oxydulform  enthält. 

Zur  Clorbestimmung  wurden  drei  verschiedene  Wege  eingeschlagen: 
Zweimal  (VI.  und  VII.)  wurde  das  gepulverte  Mineral  in  einem  Strome 
von  feuchtem  Wasserstoffgase  geglüht,  die  entweichenden  Gase  und 
Dämpfe  durch  chlorfreie  Natronlauge  geleitet  und  das  von  derselben 
absorbirte  Chlor  gewichtsanalytisch  bestimmt.1)  Zweimal  (IX  und  X) 
wurde  das  Mineral  mit  kohlensaurem  Natron-Kali  aufgeschlossen  und 
in  der  entsprechend  vorbereiteten  Lösung  der  Schmelze  das  Chlor  durch 
Titriren  nach  dem  von  Volhard2)  angegebenen  Verfahren  bestimmt. 
In  der  Analyse  VIII.  wurde  mit  kohlensaurem  Natron-Kali  aufgeschlossen, 
die  geschmolzene  Masse  nach  dem  Erkalten  mit  Wasser  ausgekocht, 
das  Filtrat  mit  verdünnter  Salpetersäure  angesäuert,  mit  salpetersaurem 
Silber  gefällt  und  der  Niederschlag  gewogen.  Das  Resultat  dieser  Ana- 
lyse weicht  auffallend  stark  von  den  übrigen  ab;  bei  der  Untersuchung 
des  gewogenen  Niederschlages  erwies  sich  derselbe  kieselsäurehaltig  und 
man  wird  desshalb  den  Zahlen  für  das  Chlor  aus  den  Analysen  VI., 
VII.,  IX.  und  X grösseren  Werth  beizulegen  haben,  als  der  Zahl  aus 
der  Analyse  VIII. 

Das  Wasser  kann  im  Pyrosmalith  selbstverständlich  wegen  des 
Chlorgehaltes  nicht  aus  dem  Glühverluste  bestimmt  werden,  auch  durch 
Wägen  der  beim  Glühen  entweichenden  Dämpfe  ist  die  Wasserbestim- 
mung nicht  zulässig,  weil  neben  den  Wasserdämpfen  auch  Salzsäure 
und  Chloreisen  fortgehen.  Wird  die  Wasserbessimmung  durch  Glüheu 
des  mit  Bleioxyd  gemengten  Minerals  und  Wägen  des  in  einem  Chlor- 
calciumrohre angesammelten  Wassers  vorgenommen,  so  ist  das  Material 
für  weitere  Bestimmungen  verloren,  was  bei  seltenen  Substanzen,  die 
dem  Chemiker  nur  in  geringen  Mengen  zur  Verfügung  stehen,  ein 
grosser  Uebelstand  ist.  Ich  habe  daher  für  die  Bestimmung  des  Wassers 


*)  Der  Glührückstand  war  in  beiden  Fällen  fast  clilorfrei,  eine  Lösung  des- 
selben in  verdünnter  Salpetersäure,  sowie  eine  nach  vorausgegangener  Aufschliessung 
f mit  kohlensaurem  Natron-Kali  bereitete  salpetersaure  Lösung  lieferten  auf  Zusatz 
von  salpetersaurem  Silber  nur  eine  leise  Trübung. 

2)  Journal  für  praktische  Chemie,  Neue  Folge,  Bd.  9,  217. 


29* 


214 


E.  Ludwig. 


M 

eine  neue  Methode  in  Anwendung  gebracht,  welche  gute  Resultate 
liefert  und  gestattet,  die  zur  Wasserbestimmung  verwendete  Quantität 
des  Minerals  auch  für  die  Bestimmung  der  Kieselsäure  und  der  Metall- 
oxyde zu  benützen,  indem  das  Wesen  der  Methode  darin  besteht, 
dass  das  Mineral  mit  kohlensaurem  Natron-Kali  in  einem  ausgebauchten 
Platinrohre  aufgeschlossen  wird  und  gleichzeitig  ein  trockener  Luft- 
strom die  entweichenden  Wasserdämpfe  in  ein  gewogenes  Chlorcalcium- 
rohr  führt.  Das  Detail  der  Ausführung  ist  folgendes:  In  den  bauchigen 
Theil  A des  in  Fig.  1 im  Querschnitte  gezeichneten,  ziemlich  dick- 


i tfi  a 


Fig-.  1 (natiirl.  Grösse). 


wandigen  Platinapparates  bringt  man  aus  einer  entsprechend  weiten, 
an  einem  Ende  zugeschmolzenen  Glasröhre  die  abgewogene  Menge  des 
kohlensauren  Natron-Kali’s,  indem  man  die  Röhre  durch  a oder  a‘ 
soweit  einführt,  dass  ihre  Mündung  bis  in  die  Mitte  von  A reicht;  bei 
einiger  Uebung  kommt  nichts  von  dem  kohlensauren  Natron-Kali  in 
die  cylindrischen  Theile  a h oder  a‘  b1.  Bei  a und  a‘  werden  etwa 
10  Ctmtr.  lange,  dicht  schliessende  Glasröhren  in  den  Platinapparat 
gesteckt  und  diese  ganze  Vorrichtung  in  passender  Höhe  auf  zwei 
Gabelstative  gelegt,  so  dass  man  unter  A mit  einer  Bunsen’schen 
Gaslampe  bequem  operiren  kann,  durch  einen  Kautschukschlauch  wird 
a mit  einem  Trockenapparate  und  einem  Luft  enthaltenden  Gasometer 
verbunden.  Während  man  aus  dem  Gasometer  einen  massigen  Luft- 
strom durch  den  Apparat  streichen  lässt,  wird  A durch  die  Flamme 
eines  in  entsprechender  Höhe  angebrachten  Bunsen’schen  Brenner’s 
während  10  bis  15  Minuten  soweit  erhitzt,  dass  das  kohlensaure  Alkali 
alles  Wasser  verliert,  ohne  dass  dasselbe  zu  schmelzen  beginnt.  Nach 
dem  Abkühlen  des  Apparates  wird  der  Luftstrom  etwas  beschleunigt, 
(um  das  Eindringen  der  äusseren  feuchten  Luft  durch  et'  bei  den  fol- 
genden Operationen  zu  verhindern,)  die  in  a‘  1/  befindliche  Glasröhre 
herausgezogen  und  bei  fortdauerndem  Luftstrome  aus  einem  engen 
Wägeröhrchen  die  abgewogene  Menge  des  gepulverten  Minerales  in  A 
vorsichtig  eingetragen.  Mittelst  eines  spiralig  gewundenen  Platindrahtes 
wird  eine  innige  Mischung  des  Minerals  mit  dem  kohlensauren  Alkali 
vorgenommen,  hierauf  in  a‘  das  Glasrohr  wieder  dicht  eingefügt  und 
in  diesem  durch  einen  Kork  ein  gewogenes  Chlorcalciumrohr  befestigt. 
Nachdem  man  den  Luftstrom  verlangsamt  hat,  wird  mit  einer  unter  A 
gestellten  Gaslampe  die  Aufschliessung  des  Minerals  und  die  Austrei- 
bung des  Wassers  bewerkstelligt.  Ist  die  Operation  beendet,  so  hat 
man  das  Chlorcalciumrohr  zu  wägen  und  aus  dem  Platinrohre  mit 
heissem  Wasser  und  Salzsäure  die  aufgeschlossene  Masse  für  die  wei- 
teren Bestimmungen  zu  entfernen. 

Die  Reaction  des  Wassers,  welches  aus  dem  Pyrosfnalith  nach  dem 
eben  beschriebenen  Verfahren  abgeschieden  wurde , war  neutral,  beim 
Verdampfen  desselben  blieb  kein  Rückstand,  es  war  somit  rein. 


[5] 


Ueber  den  Pyrosmalith. 


215 


Für  die  Analyse  der  chlor-  und  fluorhaltigen  Silicate  wird  das 
Verfahren  der  Wasserbestimmung  durch  Aufschlüssen  der  Minerale  mit 
kohlensaurem  Natronkali  im  Platin  rohre  besonders  dann  von  Werth  sein, 
wenn  es  sich  um  seltene  Objecte  handelt,  die  nur  in  geringer  Menge 
zur  Verfügung  stehen. 

Werden  die  Resultate  aller  bis  nun  ausgeführten  Analysen  des 
Pyrosmaliths  mit  einander  verglichen,  so  ergiebt  sich,  dass  nur  in  den 
Zahlen  für  die  Kieselsäure  Uebereinstimmung  zu  finden  ist;  die  Bestim- 
mungen von  Eisenoxydul  und  Manganoxydul  zeigen  schon  erhebliche 
Abweichungen,  welche  bei  Chlor  und  Wasser  noch  viel  bedeutender 
werden.  Am  besten  stimmen  meine  Resultate  und  die  von  Lang  mit- 
getheilten  überein;  die  qualitativen  Differenzen  bezüglich  des  Vorhanden- 
seins oder  Fehlens  der  kleinen  Mengen  von  Thonerde  und  Magnesia 
sind  unwesentlich,  die  quantitativen  Differenzen  in  den  beiden  Chlor- 
bestimmungen sind  dadurch  erklärlich,  dass  nach  verschiedenen  Methoden 
gearbeitet  wurde,  die  von  Lang  angewandte  Methode  kann  leicht  ein 
zu  kleines  Resultat  geben. 

Der  bequemen  Uebersicht  wegen  lasse  ich  eine  Zusammenstellung 
aller  besprochenen  analytischen  Resultate  folgen ; die  für  Eisen  und 
Mangan  in  den  Analysen  von  Hi singer  und  Wühler  enthaltenen 
Angaben  habe  ich  auf  Oxydul  umgerechnet  und  auch  die  Summen  von 
Eisenoxydul  und  Manganoxydul  beigefügt , da  nur  diese  vergleich- 
bar sind : 


H 

i s i n g e r 

L a n g 

Wöhler 

I 

u d w i g 

Kieselsäure  . 

35’  85 

35-43 

35-76 

34*66 

Eisenoxydul  . 
Manganoxydul 

31931  . , . 
22-97/ 04  9 

30-721 

21-01/ 

Ki  ,0  31-81/ 
51/3  22-43/ 

54-24 

27-051 
25*60 j 

Kalk  . . . 

P21 

0-74 

— 

0-52 

Magnesia 

— 

— 

— 

0-93 

Thonerde 

— 

0-24 

— 

— 

Wasser  . . 

— 

7-75 

— 

8-31 

Chlor . . . 

3-77 

3-78 

6-38 

4-88 

Für  die  Berechnung  der  chemischen  Formel  habe  ich  die  analy- 
tischen Daten  von  Lang  und  von  mir  verwendet ; nach  diesen  wird  die 
chemische  Zusammensetzung  des  Pyrosmaliths  ausgedrückt  durch  die 
empirische  Formel: 

Si8  Fe5  Mn5  H14  032  Cl2. 


Wie  weit  die  durch  die  Analysen  gefundenen  Zahlen  mit  denen 
aus  dieser  Formel  berechneten  übereinstimmen,  zeigt  folgende  Zusammen- 
stellung: 


Berechnet 

Analyse  von 

Analyse  von 

Lang 

Ludwig 

Kieselsäure  . . 

34-88 

35-43 

34-66 

Proc. 

Eisenoxydul  . . 

26461 

30-721  _ 

27*051,  „„ 

Manganoxydul  . 

25-80/51  96 

2i-oi  r1-70 

25-60]  o2'b5 

Wasser  . . . 

9-16 

7 '75 

8-31 

Chlor  . . . . 

546 

3-78 

4-88 

Hält  man  den  8 Atomen  Silicium  die  14  Atome  Wasserstoff  und 
die  10  Atome  der  zweiwerthigen  Metalle  gegenüber,  so  ergiebt  sich,  dass 
die  Constitution  des  Pyrosmaliths  von  8 Molekülen  normaler  Kiesel- 
säure abzuleiten  ist.  Von  den  32  Wasserstoffatomen,  welche  diesen 


216 


E.  Ludwig. 


[6] 


8 Molekülen  der  vierbasischen  Säure  entsprechen,  sind  im  Pyrosmalith 
noch  14  vorhanden,  an  die  Stelle  der  übrigen  18  sind  10  Atome  Eisen 
(resp.  Mangan)  in  der  Oxydulform  getreten,  welche  von  ihren  20  Sät- 
tigungseinheiten zwei  durch  Chlor  sättigen,  während  sie  18  zur  Ver- 
tretung der  18  Wasserstoffatome  verwenden.  Der  Zusammenhang  der 
Kieselsäuremoleküle  kann  durch  die  jetzt  wohl  allenthalben  angenom- 
mene Verkettung  der  Eisenatome  gedacht  werden. 

Diese  Annahmen  finden  in  der  folgenden  graphischen  Darstellung 
Ausdruck : 

(OH),  (OH),  (OH),  (OH), 

Fe-O-Si— 0— Fe— O—Si— O—Fe— O-Si— O—Fe— O—Si— O—Fe 
II— 0. — II  II  II  — -O — II 

Fe— O-Si— 0— Fe— 0— Si— O-Fe— 0— Si— O-Fe— 0— Si— 0— Fe 
OH  (OH),  (OH),  OH  | 

CI  CI 

Das  Chlor  erscheint  hier  in  der  Form  eines  Eisenoxychlorürs 
( — 0 — Fe— CI),  sie  ist  analog  derjenigen,  in  welcher  das  Chlor  im 
Apatit  vorkommt;  beim  Apatit  (P3  Oia  Ca5  Cl)  haben  wir  drei  Moleküle 
der  dreibasischen  Phosphorsäure  zu  Grunde  liegen,  diesen  stehen  5 Atome 
Calcium  gegenüber,  von  deren  10  Sättigungseinheiten  9 zur  Vertretung 
von  9 Atomen  Wasserstoff  in  Anspruch  genommen  werden,  die  letzte 
wird  durch  l Atom  Chlor  gesättigt. 

0 0 0 

P— 0— Ca-O— P— 0— Ca— 0— P 


00 

0 

00 

\/ 

\f 

Ca 

Ca 

Ca 

Cl 

Es  wurde  schon  erwähnt,  dass  in  der  letzten  Zeit  von  Haus- 
hofer und  von  Safafik1)  Structurformeln  für  den  Pyrosmalith  auf- 
gestellt worden  sind.  Haushofer  geht  von  der  Analyse  Lang ’s  aus 
und  kommt  zu  der  empirischen  Formel  Si:8  Fe14  Mn10  H24  071  Cl2. 
Safafik  hat  durch  Rechnung  aus  den  Analysen  von  Lang  und  Wühler 
die  folgenden  vier  empirischen  Formeln  abgeleitet  und  in  Structurformeln 
umgesetzt : 

SiG  022  Fe4  Mn3  H7  Cl 
Sic  021  Fe4  Mn3  Hr,  Cl 
Si4  014  Fe3  Mn,  H2  Cl 
Si4  014  Fe3  Mn2  H3  Cl 

Alle  diese  Formeln  weichen  bezüglich  des  relativen  Verhältnisses 
der  Elemente  bedeutend  von  meiner  Formel  ab,  die  aus  ihnen  gerech- 
neten Werthe  zeigen  auch  in  Bezug  auf  die  Analysen,  aus  denen  sie 
hervorgegangen  sind,  wie  ich  glaube,  zu  grosse  Abweichungen. 


‘)  1.  c. 


II.  Eine  Besteigung  des  Vulkans  von  Bourbon  nebst 
einigen  vorläufigen  Bemerkungen  über  die  Geologie 

dieser  Insel. 

Von  Dr.  Richard  y.  Dräsche. 

(Mit  Tafel  VIII.) 


Vorliegender  Aufsatz  mag  der  Anfang  einer  Reihe  von  Berichten 
über  meine  geologische  Reise  nach  Ost-Asien  sein.  Was  unter  dem 
frischen  Eindrücke  des  Gesehenen  während  einer  Reise  geschrieben  ist, 
hat  seine  Schattenseiten.  Man  möge  hier  keine  correcten  Bestimmungen 
von  Gesteinen  suchen;  dazu  reichen  mir  weder  Zeit  noch  Hilfsmittel 
aus ; Höhenzahlen  und  Distanzen,  soweit  selbe  nicht  schon  bekannt 
sind,  können  auch  nur  beiläufig  angegeben  werden;  und  wie  sehr  die 
anfänglichen  Ansichten  über  die  Geologie  eines  Gebietes  oft  geändert 
werden  müssen,  nachdem  man  dasselbe  in  allen  seinen  Richtungen 
durchwandert  hat,  weiss  jeder  Geologe  zur  Genüge.  Eine  vollständige 
Arbeit  über  meine  Beobachtungen  am  Ende  meiner  Reise  wird , so 
hoffe  ich,  diese  Uebelstände,  wenn  auch  nur  theilweise,  beseitigen. 
Die  beigefügten  Zeichnungen  und  Kärtchen  machen  keinen  Anspruch 
auf  künstlerische  Ausführung,  sie  sollen  blos  zur  leichteren  Orientirung 
und  zum  besseren  Verständniss  des  Mitgetheilten  dienen. 


Bourbon  oder  Ile  de  Reunion,  die  grösste  der  Maskarenen,  kann 
auch  wohl  unbedingt  die  Interessanteste  genannt  werden.  In  ihren 
Höhen  bis  über  9000  Fuss  die  glühende  Hitze  der  Tropen  mit  der 
Kälte  des  Nordens  verbindend,  erreicht  ihre  Vegetation  eine  erstaun- 
liche Fülle  von  Mannigfaltigkeit.  Anders  bietet  sich  die  Insel  dem 
Geologen  dar.  Sie  besteht,  wie  alle  Maskarenen,  ausschliesslich  aus 
jung-vulkanischen  Gesteinen,  und  zwar  mit  wenigen  Ausnahmen  aus 
olivinreichen  Basaltlaven.  Die  Insel  zerfällt  in  ein  älteres  und  jüngeres 
vulkanisches  Massiv.  In  jenem  erscheinen  uns  die  grössten  Höhen , in 
diesem  erhebt  sich  der  thätige  Vulkan.  Drei  grosse , 'kesselartige, 
aneinandergrenzende  Einsenkungen  befinden  sich  im  Herzen  der  Insel ; 
sie  sind  durch  hohe  Berge  getrennt.  Es  sind  die  „Cirques“  von  Salazie, 
Riviere  de  Galet  und  Cilaos;  ein  bedeutend  kleinerer  Circus  tritt  uns 
im  Quellgebiete  des  Bras  de  la  Plaine  entgegen.  Diese  drei  Gebiete 


218 


Dr.  Richard  v.  Dräsche. 


[2] 


sind  die  Quellbezirke  von  drei  ansehnlichen  Flüssen,  welche  sich  als 
Riviere  du  Mät,  Riviere  des  Galets  und  Riviere  de  St.  Etienne  nord- 
östlich , nordwestlich  und  südlich  dem  Meere  zuwenden.  Alle  Höhen, 
welche  diese  grossen  Senkungsgebiete  der  westlichen  Hälfte  unserer 
Insel  zuwenden,  fallen  in  stetiger  Neigung  von  15 — 20°  dem  Meere  zu, 
welches  sie,  entweder  schmale  Ebenen  vorausschickend  oder,  wie  zwischen 
St.  Denis  und  la  Possession,  in  hohen  schroffen  Felsen  abstürzend, 
erreichen.  In  diesen  Mantel  von  vulkanischen  Gesteinen  haben  sich 
nun  eine  grosse  Anzahl  von  Gebirgsbächen  und  Flüssen  eingegraben, 
welche,  den  Piton  des  Neiges  zum  Mittelpunkt  genommen,  radienförmig 
dem  Meere  zueilen , gleich  den  tiefen  Barancos  auf  den  javanischen 
Vulkanen.  Das  Gebiet  dieser  von  einem  gemeinschaftlichen  Centrum 
divergirenden  Flüsse  gibt  uns  wahrscheinlich  die  ursprünglichen  Abhänge 
des  ersten  grossen  Vulkans  von  Bourbon  an ; es  sind  jetzt  die  Abdachun- 
gen des  Mazerin,  die  Plaine  des  Fougeres,  die  Plaine  des  Chicots,  der 
Brule  de  St.  Paul , der  Grand  Benard , die  Plaine  des  Merles  und  das 
Gebirge  zwischen  dem  Bras  de  Cilaos  und  Bras  de  la  Plaine.  Man 
sieht,  dass  die  Insel  ihre  nach  Südost  verlängerte  Gestalt  dem  Hervor- 
brechen eines  neuen  Vulkans  in  dieser  Gegend  verdankt  und  ihre 
ehemals  nahe  kreisrunde  Form  dadurch  verändert  wurde;  die  Fluss- 
läufe auf  der  östlichen  Hälfte  unserer  Insel  müssen  nothgedrungen 
jüngeren  Datums  sein.  Oestlich  von  dem  alten  Vulkanmassiv  finden 
wir  zwei  sich  einestheils  nach  Südwest,  anderntheils  nach  Nordost 
abdachende  Ebenen,  von  denen  die  erstere,  bedeutend  höher  gelegene 
— die  Plaine  des  Caffres  — durch  einen  plötzlichen  Absturz  von 
500  Met.  mit  der  andern  — der  Plaine  des  Palmistes  — verbunden  ist. 

Im  äussersten  Osten  befindet  sich  endlich  das  Gebiet  des  thätigen 
Vulkans;  auch  vom  Centrum  dieses  Gebirges  strahlen  die  Flüsse  radien- 
förmig nach  Osten  und  Süden.  Verbindet  man  die  beiden  Centren  der 
Insel,  den  Piton  des  Neiges  und  den  Vulkan,  mit  einer  Linie,  so  ist 
dieselbe  auch  zugleich  die  Wasserscheide  für  die  Insel. 

Die  Besteigung  des  Vulkans  wurde  von  mir  von  Hell-Bourg,  im 
Circus  von  Salazie  gelegen,  unternommen.  Ein  Aufenthalt  von  beinahe 
14  Tagen , obwohl  in  diesen  Gegenden  stets  von  Regen  und  Nebel 
begleitet,  erlaubte  mir,  den  Kessel  nach  verschiedenen  Richtungen  zu 
durchstreifen.  Er  ist  rings  von  hohen,  fast  senkrechten  Wänden  begrenzt, 
die  aus  olivinreichen,  oft  in  schöne  Prismen  abgesonderten  Basaltlaven 
bestehen.  Rund  um  den  Circus  lassen  sich  die  etwas  nach  Nordost 
fallenden  Schichtungslinien  der  Laven  verfolgen.  Eine  auffallende  Erschei- 
nung, auf  welche  mich  Herr  Dr.  med.  Cassien,  ein  genauer  Kenner  der 
ganzen  Insel,  den  ich  seiner  vielen  und  lehrreichen  Winke  wegen,  die 
er  mir  gab,  nicht  genügend  dankend  erwähnen  kann,  aufmerksam  machte, 
ist  folgende:  Längs  der  ganzen  östlichen  Wand  des  Kessels  vom  Dorfe 
Salazie  angefangen  bis  nach  Hell-Bourg  sieht  man  in  stets  gleicher, 
beiläufig  Zweidrittel- Höhe  des  Berges  oberhalb  einer  mächtigen,  stets 
deutlich  erkennbaren  Lavabank  eine  grosse  Reihe  von  Wasserfällen  aus 
dem  Berge  heraustreten.  Sie  verdanken  wohl  alle  ihre  Entstehung 
einem  gemeinsamen  unterirdischen  Bassin,  das  seine  Nahrung  durch 
Spalten  aus  einer  Mulde  nimmt,  die  sich  jenseits  der  Bergwand  hin- 
zieht und  der  Riviere  du  Bras  de  Cav'erne  ihren  Ursprung  gibt.  Das 


[3] 


Eine  Besteigung  des  Vulkans  von  Bourbon. 


219 


Innere  des  Circus  besteht  aus  einer  grossen  Anzahl  vielfach  zerklüfteter 
und  von  Gebirgswässern  durchbrochener  Hügel,  welche  aus  Gebirgsschutt 
und  grossen  Felstrümmern  der  umliegenden  Abhänge  aufgebaut  sind. 

Eine  einzige  Berggruppe,  der  Piton  d’ Encheine,  besteht  aus 
massiven,  deutlich  gelagerten  Basaltlaven  mit  südlichem  Einfallen  unter 
25 — 30°.  Dieser  abnormen  Stellung,  sowie  seinem  Bestände  aus  festem 
Gestein  mag  das  isolirt  dastehende  Gebirge  (1351  m.)  wohl  seine 
Erhaltung  von  den  zerstörenden  Wassermassen  verdanken. 

Die  Riviere  du  Mät  mit  ihren  zahlreichen  Zuflüssen,  Riviere  des 
trois  bras,  Bras  d’Amale,  Ravine  Bai-labot  etc.,  durchströmt  den  Kessel 
und  bricht  sich  in  einer  langen,  von  senkrechten  Wänden  begrenzten 
Enge  im  Nordosten  ihren  Ausweg.  Ueberall,  wo  die  Wasserläufe  sich 
tiefe  Spalten  eingerissen  haben,  findet  man  anstehendes  Gestein,  und 
zwar  nicht  mehr  blos  basaltischer  Natur,  sondern  Trachyte,  Hornblende- 
Plagioklas  und  Diallag-Olivin-Gesteine. 

Man  versichert  mich , dass  im  Flussbette  der  Riviere  du  Mät 
Obsidian  gefunden  wurde;  ich  habe  vergeblich  darnach  gesucht. 

Es  scheint  mithin,  dass  die  ältesten  Ausbrüche  des  Vulkans  von 
Bourbon  mehr  sauerer  Natur  waren  als  die  späteren.  Zwischen  den  übrigen 
Gesteinen  des  alten  und  neuen  Vulkans  lässt  sich  jedoch  fast  gar  kein 
Unterschied  finden. 

Alte  Laven,  die  auf  der  Höhe  der  Plaine  des  Chicots  geflossen 
sind,  gleichen  täuschend  den  neuesten  Strömen  des  thätigen  Vulkans. 

Beifolgendes  Profil  wurde  von  mir  Schritt  für  Schritt  im  Fluss- 
bette der  Riviere  du  Mät  gezeichnet;  Es  ist  dem  Mittellauf  des  Flusses 
von  der  Cascade  du  trou  blanc  an  bis  zur  Pont  volant  entnommen. 


Fig.  1. 


Cascade 
du  trou  blanc. 


A.  Weisser  Trachyt  mit  wenigen  zersetzten  Feldspathen. 

B.  Hornblende-Plagioklas-Gestein,  syenitähnlich,  schön  geschichtet, 
meistens  stark  zersetzt,  auf  den  Kluftflächen  serpentinartige  Zersetzungs- 
producte. 

C.  Braunes,  vollkommen  zersetztes  Gestein  mit  zahlreichen  Man- 
deln von  Kalkspath  durchbricht  die  meisten  andern  Gesteine  in  mäch- 
tigen, schönen  Gängen.  In  der  Riviere  des  fleures  jaunes  ist  Gestein  0 
in  schönen  Prismen  abgesondert. 

D.  Sehr  zersetztes  Gestein;  besteht  ans  viel  Olivin  und  Diallag  (?); 
gangförmig. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1875.  4.  Heft.  (Richard  v.  Dräsche.) 


30 


220 


Dr.  Richard  v.  Dräsche. 


[4] 


E.  Vulkanischer  Tuff,  bestellt  aus  kleinen  rotlien  Rapillimassen,  in 
welchen  kleinere  und  grössere  Brocken  des  Gesteines  F eingeschlossen  sind. 

F.  Gestein  mit  dunkelgrauer  Grundmasse  und  zahlreichen,  5 — 6 Mm. 
grossen  glasigen  Feldspathen;  gangförmig. 

Gr.  Schwarzes,  vollkommen  verwittertes  Gestein. 

H.  Lichtgraues,  homogenes,  splitteriges  Gestein;  gangförmig. 

I.  Durch  den  Fluss  geschichtete  Schutt-  und  Trümmermassen. 

K.  Basalt. 

Schliesslich  habe  ich  noch  vom  Circus  von  Salazie  der  heissen 
Quellen  (28 — 30°  C.)  zu  erwähnen,  welche  an  einigen  Orten  hervor- 
brechen. Sie  enthalten  Eisen  und  Natronsalze. 

Es  ist  schwer,  über  die  Entstehung  des  Circus  von  Salazie  eine 
Theorie  aufzustellen,  die  allen  Entgegnungen  Stich  hält.  Ich  glaube 
der  Wahrheit  am  nächsten  zu  sein,  wenn  ich  die  drei  grossen  Kessel 
für  durch  vulkanische  Kräfte  erzeugte  Senkungsgebiete  halte.  Ein 
bemerkenswerther  Umstand  bleibt  jedenfalls,  dass  der  Piton  des  Neiges, 
in  welchem  alle  drei  Ringwälle  zusammenstossen,  an  seiner  Spitze  eben- 
falls aus  Lavaströmen  zusammengesetzt  ist , welche  mit  allmäliger 
schwacher  Neigung  bis  zur  Plaine  des  Salazes  zu  verfolgen  sind.  Der 
Gipfel  des  Piton  selbst  soll  mit  vulkanischen  Bomben  bestreut  sein. 
Die  schon  von  B o r y de  St.  Vincent  ausgesprochene  Ansicht , dass 
man  in  der  Nähe  des  Piton  des  Neiges  den  alten  Krater  suchen  müsse, 
verdient  um  so  grössere  Beachtung,  als  die  Lavaschichten  in  allen  von 
uns  früher  als  alte  Kraterabhänge  bezeichneten  Gebirgen  vom  Piton 
des  Neiges  aus  nach  aussen  abfallen.  Ein  jeder  der  vielen  Flussein- 
schnitte an  der  westlichen  Hälfte  der  Insel  lässt  die  Richtigkeit  dieser 
Behauptung  erkennen.  Suchen  wir  die  ursprüngliche  Stelle  des  alten 
Kraters,  indem  wir  die  alten  Abhänge  nach  innen  verlängern , so 
gelangen  wir  zu  einem  Punkte,  der  ziemlich  genau  über  dem  heutigen 
Piton  des  Neiges,  aber  um  ein  Bedeutendes  höher  zu  liegen  kommt. 

Die  Thatsache,  dass  auf  der  Höhe  des  Piton  des  Neiges  vulka- 
nische Bomben  Vorkommen,  beweist,  dass  wir  in  dem  Piton  des  Neiges 
und  seinem,  Plaine  des  Salazes  genannten,  sanften  Abhange  nach  Osten 
ebenfalls  einen  Theil  des  ehemaligen  Vulkans  zu  suchen  haben,  der, 
früher  mit  dem  Mazerin  vereinigt,  sich  von  demselben  losgetrennt  und 
gesenkt  hat. 


Um  von  Ilell-Bourg  aus  zum  Fusse  des  Vulkans  zu  gelangen, 
sind  zwei  gute  Tagesmärsche  nothwendig.  Man  steigt  an  der  östlichen 
Basaltwand  des  Kessels  empor  und  tritt,  eine  Scharte  (la  fenetie) 
passirend,  in  die  dicht  bewaldete  Ebene  von  Salazes.  Dieselbe  wird 
von  der  Riviere  des  Marsouins  und  ihren  Zuflüssen  durchströmt.  In 
ihren  Betten  findet  man  stets  basaltische,  ziemlich  poröse  Laven  auf- 
geschlossen. Südlich  von  der  Ilette  de  Patience  steigt  man  zur  Plaine 
des  Palmistes  hinunter,  welche  man  jedoch  bald  verlässt,  um  auf  der 
Grande  Montee  zur  Plaine  des  Caffres  emporzuklimmen. 

Hier,  wie  auf  der  Plaine  des  Palmistes  trifft  man  stets  dieselben 
basaltischen  Laven  an.  Eine  Reihe  von  vulkanischen  Kegeln  wie  die 
Pitons  de  Dumesnil,  Villers,  des  Forges,  sind  auf  der  Ebene  zerstreut, 
die  aus  abwechselnden  Schichten  von  Basaltlava  und  Rapilli-Schichten 


[5] 


Eine  Besteigung  des  Vulkans  vun  Bourbon. 


221 


besteht.  Man  erreicht  endlich  den  Ursprung  der  Ri  viere  des  Remparts, 
einen  tiefen  Kessel  mit  wohl  300  M.  hohen  senkrechten  Wänden.  Um 
ihn  herum  im  Kreise  stehen  sechs  grössere  und  kleinere  theilweise  zer- 
störte Schlackenkegel,  von  welchen  der  Mont  des  Sables  der  auffallendste 
ist.  Er  besteht  aus  abwechselnden  Schichten  von  hochrothen  Schlacken- 
auswürflingen  und  vulkanischer  Asche.  Von  ihm  aus  geniesst  man  eine 
gute  Aussicht  auf  die  westliche  Hälfte  der  Insel  und  auf  das  Meer  zu 
beiden  Seiten. 

Ueberschreitet  man  die  Haine  des  Remparts  in  östlicher  Richtung, 
so  gelangt  man  zum  ersten  Kraterwall  oder  „Enclos“,  der  sich  senk- 
recht zu  einer  weiten  ringförmigen  Ebene  der  Haine  des  Sables  herab- 
stürzt. Der  Kraterwall  besteht  aus  einem  feldspathreichen,  olivinhältigen 
Gestein.  An  der  Stelle,  wo  die  Haine  des  Sables  durch  einen  plötzlichen 
Absturz  die  Cascade  de  la  Eivierc  de  l’Est  bildet,  springt  der  Abhang 
in  einer  Nase  vor,  und  ist  hier  in  sechs  übereinander  liegenden  Stock- 
werken in  prachtvollen  Säulen  abgesondert.  Knapp  au  dem  Abhange 
entspringt  die  Riviere  de  l’Est  und  setzt  ihren  Lauf  in  nordwestlicher 
Richtung  fort.  Der  Untergrund  der  Haine  des  Sables  besteht  aus 
ziemlich  frisch  aussehenden  basaltischen  Laven,  die  jedoch  meist  dicht 
mit  haselnussgrossen,  braunen,  bimssteinartigen  Auswürflingen  bedeckt 
sind.  Ausser  diesen,  in  grosser  Mächtigkeit  auftretenden  Massen,  findet 
sich  noch  in  einzelnen  Streifen  und  Höhlungen  ein  grober  Sand,  der 
ausschliesslich  aus  Olivinkrystall-Fragmenten  und  etwas  Augitkry  stallen 
besteht.  Aus  der  Haine  des  Sables  selbst  erheben  sich  einige  bedeu- 
tende Schlackenkegel. 

Nachdem  man  nun  diese  gegen  3 Kilom.  breite  Ebene  über- 
schritten hat,  gelangt  man  nach  einem  sanften  Aufstieg  endlich  an  den 
Rand  des  zweiten  „Enclos“,  zum  „Pas  de  Bellcomb“.  Von  hier  aus  bietet 
sich  ein  prachtvoller  Anblick  dar.  Weit  nach  rechts  und  links  erstreckt 
sich  die  steile  Wand,  mit  senkrechten  gegen  1000  Fuss  hohen  Wänden 
fällt  sie  gegen  das  unendliche  Meer  von  erstarrter  Lava  ab,  aus  welchem 
sich  mit  sanft  geneigten  Abhängen  der  Vulkan  erhebt.  Knapp  an  dem 
obersten  Rande  des  „Enclos“  befindet  sich  eine  ausgehöhlte  Lavabank, 
in  welcher  man,  ohne  Schutz  gegen  Nässe  und  eisigen  Wind,  sein 
Nachtlager  aufschlagen  muss ; ein  jäher  Pfad  führt  von  hier  zum  Lavafeld. 
Zwei  verschiedene  Arten  von  Laven  konnte  ich  hauptsächlich  an  dieser 
Seite  (der  nordwestlichen)  des  Vulkans  beobachten.  Die  erste  Art  ist 
von  lichtgrau  heller  Farbe,  die  sonderbarsten  Gestalten  imitirend,  meist 
tauförmig  gewunden  und  einen  grossen  Grad  von  Zähigkeit  verrathend, 
die  glänzende  Oberfläche  löst  sich  leicht  von  dem  tiefergelegenen  Theile 
ab  und  lässt  dann  eine  blasig  olivinreiche  Lava  erkennen. 

Besonders  ausgezeichnet  ist  die  Lava  durch  hohle  Röhren,  die  sie 
mit  Vorliebe  bildet.  Ich  konnte  deren  beobachten,  die  eine  Länge  von 
12  M.  und  einen  Durchmesser  von  1 M.  hatten.  Die  obere  dünne  Wand 
ist  meist  eingebrochen,  so  dass  man  in  das  Innere  der  Röhre  sehen 
kann,  auf  deren  Boden  sich  gewöhnlich  eine  tauförmig  gewundene  Lava 
fortgewälzt  hat.  Ausgezeichnet  ist  diese  Lava-Art  durch  die  von  ihr 
gebildeten-  grossen  Höhlen. 

Ein  merkwürdiges  Beispiel  einer  solchen  Höhle  sah  ich  am  nörd- 
lichen Fusse  des  Vulkans.  Mehrere  grosse  Lavaschollen  stützen  sich 

30* 


222 


Dr.  Richard  v.  Dräsche. 


[G] 


gegenseitig  in  der  Form  einer  Kuppel , welche  jedoch  an  einer  Stelle 
eingebrochen  ist.  Man  sieht  nun  in  ein  gegen  4 M.  tiefes  Gewölbe 
hinunter.  Von  der  unteren  Seite  einer  Lavascholle  hängt  ein  lang- 
gezogener,  ungeheurer  Lavatropfen  herab,  der  mit  seiner  Verdickung 
den  Boden  berührt.  Der  Grund  der  Höhle  war  mit  Karren  bewachsen 
und  enthielt  merkwürdiger  Weise  Wasser.  Die  Höhle  ist  in  big.  2 in 
groben  Umrissen  wiedergegeben. 

Fig.  2. 


Alle  die  verschiedenen  Formen  und  Gestalten  zu  beschreiben,  die 
diese  merkwürdig  zähe  Lava  nachahmt,  kann  hier  nicht  der  Gegenstand 
weiterer  Ausführung  sein. 

Ein  Lavafeld  der  zweiten  Art  bietet  täuschend  den  Anblick  eines 
frisch  umgepflügten  Ackers;  tiefbraune  poröse  Schollen,  wild  und  lose 
übereinander  gehäuft,  fast  ungangbar. 

Beide  Arten  von  Lava  laufen  oft  streng  begrenzt  nebeneinander; 
einen  durchgehenden  Altersunterschied  derselben  konnte  ich  nicht  con- 
statiren. 

Eine  genaue  mikroskopische  Untersuchung  muss  zeigen,  ob  diese 
äusseren  Verschiedenheiten  der  Laven  in  ihrer  mineralogischen  Zusam- 
mensetzung begründet  sind  oder  ob  dieselben  nur  einem  verschiedenen 
Grade  von  Flüssigkeit  im  Momente  ihrer  Eruption  zuzuschreiben  sind. 

Von  der  Caverne  am  Pas  de  Bellcomb  aus  lässt  sich  der  Vulkan 
am  kürzesten  und  bequemsten  besteigen.  Man  hat  zwar  am  Schlüsse 
eine  ziemliche  Steigung  zu  überwinden,  passirt  aber  stets  die  erste,  gut 
zu  überschreitende  Lava-Art.  Am  Fusse  des  Grand  Enclos“  angelangt, 
passirt  man  einen  kleinen  Schlackenkegel,  „Formica  leo“  genannt.  Sein 
Krater,  von  einigen  15  Schritten  im  Durchmesser,  ist  nur  wenige  Meter 
tief.  Schreitet  man  nun  gerade  dem  Gipfel  des  Vulkans  zu,  so  gelangt 
man  nach  einer  halben  Stunde  zu  einer  Anzahl  von  kleinen  Kratern, 
welche  alle  aus  hochrothen  Schlackenauswürflingen  aufgebaut  sind.  Alle 
Krater  liegen  mit  dem  Formica  leo  und  dem  Vulkangipfel  in  einer 
Linie;  sie  befinden  sich  wohl  alle  auf  einer  den  ganzen  Vulkan  durch- 


m 


Eine  Besteigung  des  Vulkans  von  Bourbon. 


223 


laufenden  Spalte,  welche  von  Nordwest  nach  Siidost  verläuft.  Fig.  3 
gibt  ein  kleines  Kärtchen  dieser  Krater.  Die  Krater  1 und  2 sind  von 
ziemlich  gleicher  Grösse,  beiläufig  50  Schritte  im  Durchmesser.  Ihre 
Wände  sind  gegen  5 M.  hoch  und  bestehen  aus  rothen  Schlackenaus- 
würflingen. Beide  Krater  sind  an  zwei  entgegengesetzten  Seiten  von 
später  ergossener  Lava  durchbrochen,  welche  ihr  Inneres  erfüllt  hat. 

Krater  3 besteht  ebenfalls  aus  rothen 
Schlackenauswürflingen.  Die  dem  Vulkan 
zugewandte  Seite  ist  nur  halb  so  hoch 
als  die  andere,  welche  gegen  10  M.  hat, 
und  von  einem  Mantel  von  dicken  Lava- 
strängen bedeckt  ist.  Das  Innere  des 
Kraters  ist  mit  schönen,  kleinen,  weissen 
Gypskrystallen  ausgekleidet.  Aus  manchen 
Spalten  kann  man  Gypsmehl  mit  vollen 
Händen  herausnehmen.  Im  Kraterboden 
selbst  befindet  sich  nochmals  eine  Oeffnung, 
welche  tief  nach  unten  führt. 

Wenige  Schritte  vom  Krater  3 auf- 
wärts befinden  sich  zwei  „Felsparthien“,  von 
welchen  die  linke  Nr.  4 la  Chapelle  ge- 
nannt wird.  Selbe  ist  eine  im  Innern  gegen 
4 M.  hohe  Grotte,  deren  Gewölbe  und 
Wände  mit  rosafarbigen  Lavastalaktiten 
bekleidet  sind.  Dieselben  strahlen  alle  von 
einem  gemeinsamen,  dem  höchsten  Punkte 
der  Grotte  aus.  Das  Gewölbe  der  Grotte 
wird  sonst  aus  einem  porösen  Lavagesteine 
gebildet,  über  welchem  sich  eine  hohe 
Decke  von  rothen  Schlackenauswürflingen 
befindet.  Die  Grotte  hat  gegen  Nordosten 
einen  bequemen  Eingang,  und  auch  auf 
der  südlichen  Seite  eine  kleine  Oeffnung 
nach  Aussen.  Der  Felsen  5,  welcher  sich 
gegenüber  der  Kapelle  befindet,  zeigt 
genau  dieselbe  Struktur,  wie  dieselbe,  ist 
jedoch  nur  eine  allein  dastehende  Wand. 

Zwischen  4 und  5 wälzt  sich  von  einem 
etwas  erhöhten  Punkte  ein  Lavastrom  mit  wulstigen  Formen  herab,  der 
offenbar  die  beiden  nicht  zusammenhängenden  Theile  von  einander 
trennte.  Die  Grotte  mag  ihre  Entstehung  einer  blasenförmigen  Auf- 
treibung der  Lava  zu  verdanken  haben,  welche  bei  der  Eruption  der 
Krater  1,  2 und  3 mit  dichten  Schlacken  bedeckt  und  später  durch 
einen  Lavastrom  theilweise  zerstört  wurde. 

Von  der  Kapelle  angefangen  fängt  die  Neigung  des  Vulkankegels 
stärker  zu  werden  an;  beiläufig  in  2/3  der  Höhe  beginnen  kleine  Aus- 
würflinge den  Boden  zu  bedecken  an.  Es  sind  eckige  aussen  oft  stark 
verglaste  und  mit  Poren  bedeckte  Bruchstücke  eines  ungemein  olivin- 
reichen Basaltes,  ganz  ähnlich  jenem,  welcher  die  Abhänge  zwischen 
St.  Denis  und  la  Possession  zusammensetzt.  Je  mehr  man  sich  dem 


Fig.  3. 


224 


Dr.  Richard  v.  Dräsche. 


[8] 


Gipfel  nähert,  desto  grösser  und  häufiger  werden  diese  Auswürflinge. 
Eine  Viertelstunde  vor  Ersteigung  des  Gipfels  hören  die  Lavaströme 
auf  und  statt  ihnen  stellen  sich  die  schon  in  der  Plaine  des  Sables  beob- 
achteten bimssteinartigen  Rapilli  ein.  Man  erreicht  endlich  den  höchsten 
Punkt,  den  erloschenen  Krater  Bory  (2625  M.),  von  welchem  man  eine 
ausgezeichnete  Aussicht  auf  die  beiden  grossen  Wälle,  auf  die  Plaine 
des  Sables  mit  ihren  Kegeln,  und  auf  das  altvulkanische  Massiv  geniesst. 
Figur  4 möge  einen  Theil  dieser  interessanten  Aussicht  etwas  ver- 
sinnlichen. 


Fig.  4. 


4.  Plaine  des  Chicots.  10.  Cratere  Formica  leo. 

5.  Mazerin.  11.  Plaine  des  sables. 

6.  Pr.  Enclos.  12.  Plaine  des  Salazes. 

Der  Krater  Bory  ist  von  gegen  30  m.  hohen  senkrecht  abfallenden, 
die  Schichtung  der  Lava  schön  zeigenden  Wänden  begrenzt.  An  der 
Südseite  sind  dieselben  eingestürzt  und  man  kann  bequem  in  die  Tiefe 
hinuntersteigen.  Unten  befinden  sich  zwei  kleinere  aus  Rapilli  aufgebaute, 
theilweise  eingestürzte  Eruptionskegel,  sonst  ist  der  ganze  Boden  mit 
den  gewöhnlichen,  bimssteinartigen  Rapillis  und  mit  grossen  Blöcken  des 
olivinreichen  Basaltes  bedeckt.  Weder  Fumorolen  noch  irgend  welche 
Gasexhalationen  sind  zu  beobachten. 

Etwas  südöstlich  und  tiefer  gelegen  (2515  M.)  befindet  sich  der 
noch  bis  in  kürzester  Zeit  thätige  „Cratere  brülant“,  der  „Cratere  Dolo- 
mieu“  von  Bory  St.  Vincent.  Derselbe  ist  noch  von  einem  dritten  kleinen 
Enclos  umgeben,  der  gegen  Nordost  von  Laven  durchbrochen  ist.  Aus 
ihm  erhebt  sich  der  flache  Eruptionskegel  des  Cratere  brülant.  ln  zwei 
Drittheil  seiner  Höhe  befindet  sich  eine  nahe  horizontal  verlaufende 
Spalte,  aus  welcher  die  neuesten  Laven  geflossen  sind,  an  der  west- 


[9] 


Eine  Besteigung  des  Vulkans  von  Bourbon. 


225 


liehen  Seite  jedoch  vom  Enclos  aufgehalten  wurden.  Fig.  5 stellt  den 
Eruptionskegel  des  Cratere  brillant  dar,  wie  er  sich  bei  meiner  Erstei- 
gung zeigte.  Er  ist  etwas  kleiner  als  der  Cratere  Bory;  da  er  rings 

Fig.  5. 


von  senkrechten  Wänden  umschlossen  ist,  so  ist  ein  Hinabsteigen,  aus- 
genommen mit  Stricken,  die  mir  nicht  zu  Gebote  standen,  unmöglich. 
Seine  Wände  sind  stark  von  Gasexhalationen  gefärbt  und  zersetzt. 

Die  Abhänge  des  Enclos  und  auch  Theile  des  Kegels  sind  über 
und  über  mit  grossen  Basaltauswürflingen  bis  zu  20  Cm.  bedeckt.  Die- 
selben bestehen  alle  aus  demselben  Gesteine.  Einige  vulkanische  Bomben 
über  Kopfgrösse  aus  schwarzer,  zelliger  Lava  konnte  ich  sammeln; 
Dr.  Cassien  versicherte  mich,  dass  er  grosse,  nur  aus  Olivin  bestehende 
Auswürflinge  gefunden  habe.  Wir  können  aus  der  Einförmigkeit  der  Aus- 
würflinge schliessen,  dass  der  ganze  Vulkan  von  Bourbon  sich  durch  das 
Uebereinanderfliessen  stets  petrographisch  gleicher  Laven  aufgebaut  hat, 
Laven,  welche  mit  jenen  des  alten  Vulkans  fast  identisch  sind.  Dass 
jedoch  die  auf  der  Insel  auftretenden  ältesten  Laven  theilweise  trachy- 
tischer  Natur  waren,  beweisen  uns  nicht  nur  die  Aufschlüsse  in  der 
Riviere  du  Mat,  sondern  auch  die  Thatsache,  dass  ich  auf  der  Höhe 
der  Plaine  des  Chicots,  einem  alten  Abhange,  Auswürfe  von  Sanidinit 
fand,  welcher  dem  in  der  Eifel  gefundenen  sehr  ähnlich  ist. 

Oestlich  von  den  beiden  Hauptkratern  setzt  sich  nun  der  Abhang, 
südlich  und  nördlich  vom  zweiten  Enclos  begleitet,  in  schwacher  Neigung 
10  Kilom.  weit  in  stets  östlicher  Richtung  zum  Meere  fort.  Diese 
ganze  schiefe  Ebene,  „le  grand  Brule“  genannt,  ist  ein  ungeheures  Lava- 
feld. Mir  selbst  wurde  leider  die  Aussicht  nach  Osten  durch  dichten 
Nebel  vollständig  abgeschnitten,  und  musste  ich  den  Besuch  dieser 
interessanten  Gegend  auf  eine  andere  Zeit  verschieben,  wo  ich  den 
Vulkan  von  der  Meeresseite  aus  besteigen  will. 

Zum  Abstiege  wählte  ich  die  nördliche  Richtung  um  einige  hier 
am  Russe  des  Vulkans  gelegene  Kegel  zu  besuchen.  Man  schreitet  auf 
dieser  Seite  die  erste  halbe  Stunde  stets  in  glasartigen,  grün  und  blau 
schillernden  Schlackenauswürflingen,  die  bei  jedem  Schritte  knirschend 
und  klirrend  in  tausend  Scherben  zerbrechen.  Weiter  unten  beginnt  die 
schollenförmige  Lava,  die  das  ganze  Terrain  bis  zu  den  Kegeln  be- 
herrscht und  den  Weg  ganz  ungemein  beschwerlich  und  gefährlich  macht. 


220 


Dr.  R.  v.  Dräsche.  Eine  Besteigung  Des  Vulkans  von  Bourbon. 


Fjg.  6 stellt  4 dieser  Kegel  von  dem  Vulkan-Abhange  aus  gesehen 
dar.  Der  Kegel  rechts  in  der  Zeichnung  ist  auffallend  regulär  gebildet. 
Alle  bestehen  blos  aus  Schlacken  und  Rapillimassen.  Ein  einziger  auf 
der  Zeichnung  sichtbarer  Kegel  hat  eine  Seiteneruption  von  Lava 


Fig.  6. 


gehabt.  Bis  zum  „Nez  coupe“,  einem  Vorsprunge  des  Enclos,  hält  die 
schollige  Lava  an.  Obwohl  ich  noch  eine  ziemliche  Anzahl  von  kleineren 
und  grösseren  Kratern  passirte,  zwang  doch  der  Nebel  und  die  Dunkel- 
heit, dieselben  unbesichtigt  zu  lassen. 

Mein  von  den  Laven  vollkommen  unbrauchbar  gewordenes  Sclmh- 
werk  nöthigte  mich  meinen  Rückmarsch  über  die  Plaine  des  Palmistes, 
wo  ich  einen  Wagen  erhalten  konnte,  nach  St.  Denis  zu  nehmen. 

Hell-Bourg,  Reunion,  im  August  1875. 


III.  Zur  Kritik  des  Leucitsystems. 

Von  Dr.  J.  Hirschwald, 

Pocent  a.  d.  k.  Gewerbe-Akademie  zu  Berlin. 

Mit  Tafel  IX. 

Die  Untersuchungen  des  Herrn  G.  vom  Rath  über  das  Ivrystall- 
system  des  Leucits,1)  haben  diesem  Mineral  ein  hervorragendes  Interesse 
verliehen.  Nicht  allein,  dass  eine  Krystallspecies,  welche  bisher  als 
eine  der  vorzüglichsten  des  regulären  Systemes  galt,  bei  näherer  Unter- 
suchung, namentlich  ihrer  aufgewachsenen  Individuen,  eine  zum  Theil 
sehr  bestimmte  quadratische  Entwicklung  der  Kantenwinkel  und  darauf 
basirende  polysynthetische  Zwillingsverwachsung  erkennen  lässt;  es 
zeigt  der  Leucit  dessenungeachtet  eine  so  durchgreifende  und  ausnahmlos 
reguläre  Ausbildung  seiner  Combinationsverliältnisse  sowohl,  als  auch 
seiner  gesammten  äusseren  Erscheinungsweise,  dass  ein  derartiger 
Mangel  in  der  Uebereinstimmung  der  goniometrischen  und  habituellen 
Entwicklung,  nach  unserer  bisherigen  Kenntniss,  ohne  Analogie  erscheint. 

Zwar  fehlt  es  nicht  an  Beispielen,  dass  mit  der  Annäherung  der 
goniometrischen  Werthe  einer  Krystallspecies  an  die  Winkelverhältnisse, 
insbesondere  des  regulären  und  hexagonalen  Systems,  auch  die  Flächen- 
combination  eine  dem  entsprechende  Ausbildung  erlangen  könne;  keines 
der  bezüglichen  Minerale  hat  aber  bei  der  Häufigkeit  der  Ivrystallbil- 
dung  des  Leucits  und  der  Verschiedenheit  seiner  paragenetischen  Ver- 
hältnisse, eine  solche  Constanz  der  in  Rede  stehenden  Combinations- 
entwicklung  aufzuweisen,  wie  sie  dem  Leucit,  trotz  des  Variirens  seiner 
Kantenwinkel,  eigen  ist. 

Ueberdies  hat  Scacchi,  dem  ein  vorzüglich  reichhaltiges  Material 
an  Krystallen  dieser  Species,  aus  der  Neapeler  Sammlung  zu  Gebote 
steht,  unter  Anerkennung  der  v.  Rath’schen  Bestimmungen  für  die 
aufgewachsenen  Krystalle,  die  Vermuthung  ausgesprochen,2)  dass  der 
Leucit  „poly symmetrisch“  sei,  da  die  eingewaschenen  Individuen  der 


Monatsberichte  der  Akad.  der  Wissenscli.  zu  Berlin.  1S72 , und  Poggen- 
dorff’s  Annalen  1873  Ergänzungsbd.  VI,  S.  198. 

2)  Contribuzioni  mineralogiche,  Atti  R.  Accad.  scienze,  Napoli  1872. 
Mineralogische  Mittheilungen.  1875.  4.  Heft.  (Dr.  J.  Hirschwald.)  31 


228 


Dr.  j.  Hirschwald. 


[2] 


vesuvischen  Laven,  keine  Spur  einer  quadratischen  Winkelausbildung 
erkennen  lassen. 

Bei  alledem  kann  es  nicht  befremden,  dass  über  die  Stellung  des 
Leucitsystems  eine  Unsicherheit  sich  geltend  macht,  welche,  vermehrt 
durch  die  schwankenden  Winkelverhältnisse  dieser  Species,  auch  die 
herrschende  Ansicht  über  die  Integrität  des  Krystallsystems  im  Allge- 
meinen, nicht  unberührt  lässt.  Es  dürfte  demnach  wünschenswerth 
erscheinen,  die  bisher  über  den  Leucit  bekannt  gewordenen  Erhebungen 
unter  gemeinsamen  Gesichtspunkten  zusammenzufassen,  und  durch  Auf- 
suchung etwa  vorhandener  partieller  Analogien,  die  Frage  nach  dem 
Krystallsystem  dieses  merkwürdigen  Minerals  einer  möglichst  umfas- 
senden Prüfung  zu  unterziehen. 


1.  Die  goniometrisclieii  Verhältnisse  des  Leueits. 

Wenden  wir  unsere  Aufmerksamkeit  zunächst  den  Winkelverhält- 
nissen des  Leueits  zu  , so  ergibt  sich  aus  den  angeführten  Arbeiten 
von  v.  Rath  und  Scacchi,  dass  nur  in  seltenen  Fällen  Krystalle  mit 
jener  Regelmässigkeit  der  goniometrischen  Entwicklung  gefunden  werden, 
welche  mit  völliger  Prägnanz  den  Charakter  des  Systems  zum  Aus- 
druck bringen.  Ja  es  zeigen  selbst  die  an  vorzüglichen  Krystallen  aus- 
geführten Messungen  ein  so  bedeutendes  Schwanken  der  Kantenwinkel 
eines  und  desselben  lndivids,  wie  es  nur  ausnahmweise , bei  unvoll- 
kommener Ausbildung,  an  anderen  Krystallspecies  constatirt  worden 
ist.  Nachfolgende  Zusammenstellung  der  bemerkenswerthesten  Messungen, 
die  durch  G.  v.  Rath  an  aufgewachsenen  Leuciten  ausgeführt  worden 
sind,  mag  einen  Ueberblick  über  diese  Verhältnisse  gewähren. 

(Poggendorff’s  Annalen  a.  a.  0.) 


[3] 


Zur  Kritik  des  Leucitsystems. 


229 


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31* 


230 


Dr.  J.  Hirschwald. 


[4] 


Es  lassen  demnach  die  Winkel  selbst  an  vorzüglich  ausgebildeten 
Krystallen,  wie  die  oben  angeführten  es  in  der  That  sind,  sehr  namhafte 
Differenzen  erkennen.  So  beträgt  die  Maximalschwankung  an  theoretisch 
gleichwerthigen  Kanten  eines  und  desselben  Ivrystalls  35  Minuten,  die- 
selbe erreicht  an  den  angeführten  Individuen  60  Minuten,  während  eine 
Abweichung  von  den  berechneten  Werthen  um  33'5  Minuten  sich 
ergiebt.  Weniger  präcise  ausgebildete  Krystalle  und  solche  mit  vor- 
herrschend polysynthetischem  Bau,  zeigen  dagegen  schon  bei  weitem 
grössere  Differenzen,  wie  nachstehende,  ebenfalls  von  v.  Rath  ausgeführte 
Messungen  darthun. 


Krystall  VII. 

Fig.  9 a.  a.  0. 

133°  15' 

Zwillings- 
indiv.  I. 

133°  5' 

Zwillings- 
indiv.  II. 

146°  27  5' 

146°  16' 
146°  23' 

Krystall  VIII. 

Fig.  10  a.  a.  0. 

130°  10' 
130°  6' 
131°  54' 
132°  30' 

146°  19' 
145°  58' 

132°  49'\zwiii.- 
130°  56'/ind.  I. 

132»  40'{“; 

146°  20' 

Variiren  der  Winkel  an 
demselben  Krystall  um 
nebenstehende  Werthe 

10' 

2°  24' 

21' 

1°  53' 

7' 

Maximaldifferenz  der 
gemessenen  und  be- 
rechneten Winkel 

53' 

1 

2°  28' 

18' 

25’5' 

21' 

Hiernach  variiren  die  gleichwerthigen  Winkel  desselben  Individs 
bis  um  2°  24'  und  weisen  eine  Maximaldifferenz  mit  den  berechneten 
Werthen  von  2°  28'  auf.  Aber  selbst  jene  Krystalle  gehören  keineswegs 
zu  den  unregelmässigsten  Bildungen ; vielmehr  erscheinen  die  meisten 
der  aufgewachsenen  Leucite  von  solcher  Entwicklung,  dass  es  nicht 
einmal  möglich  ist,  den  Charakter  der  einzelnen  Kanten,  im  Sinne  des 
quadratischen  System’ s zu  entziffern.1)  Solche  Individuen  zeigen  alsdann 
das  Bestreben,  welches  bereits  an  den  Krystallen  VII  und  VIII  bemerkbar 
ist,  in  noch  höherem  Grade,  eine  dem  regulären  Ikositetraeder  möglichst 
nahestehende  Form  zu  bilden,  indem  die  sämmtlichen  Partialindividuen 
des  polysynthetischen  Ivrystalls,  ihre  dioktaedrischen  Kanten  nach  Aussen 
kehren.2)  Wenngleich  derartige  Aggregationen  häufig  zu  beobachten 
sind,  so  reicht  die  Voraussetzung  derselben  doch  nicht  hin,  um  aus  der 
polysynthetischen  Bauweise  auch  das  Auftreten  solcher,  mit  dem 
regulären  Ikositetraeder  fast  genau  übereinstimmenden  Winkehverthe  zu 
erklären. 

Eine  solche  Uebereinstimmung  mit  der  regulären  goniometrischen 
Entwicklung  zeigen  aber  insbesondere  die  eingewachsenen  Leucite  der 
vesuvischen  Laven,  und  es  dürfte  als  ein  Uebergangsglied  hierzu,  hin- 
sichtlich gewisser  Kantenwinkel,  der  von  Scacchi  gemessene,  rundum 


0 G.  v.  Rath,  a.  a.  0.  S.  208. 

2)  Ebendaselbst,  S.  226. 


[5] 


Zur  Kritik  des  Leucitsystems. 


231 


ausgebildete  Krystall,  ein  Auswürfling  des  Vesuvs  vom  Jahre  1845,  zu 
betrachten  sein,  der  nach  der  Ansicht  jenes  Autors,  ein  Beispiel  für  den 
regulären  Charakter  der  eingewachsenen  Leucite  geben  soll.  Die  Scac- 
c hi’ sehen  Messungen  liefern  folgendes  Resultat,  wobei  aa\  bb1,  cc1  die 
an  den  Enden  der  Axen  liegenden  Ecken  bezeichnen,  während  sich 
die  Winkel  auf  die  vier , in  jeder  dieser  Ecken  zusammenstossenden 
Kanten  beziehen. 


a 

= 134° 

ID 

131° 

57' 

133° 

11' 

134° 

8' 

«i 

= 133° 

3' 

133° 

32' 

133° 

16' 

133° 

31' 

b 

— 132° 

10' 

132° 

49' 

133° 

3' 

133° 

2' 

h 

= 132° 

5' 

131° 

44' 

133° 

43' 

133° 

29' 

c 

= 134° 

9' 

134° 

15' 

131° 

46' 

130° 

57' 

= 132° 

11' 

131° 

44' 

131° 

20' 

131° 

21' 

Es  zeigt  dieser  Krystall  demnach,  ohne  jede  Andeutung  einer 
quadratischen  Ausbildung,  Winkeldifferenzen  bis  zu  3°  18',  während 
einzelne  seiner  Kanten  eine  sehr  nahe  Uebereinstimmung  mit  den 
bezüglichen  Werthen  des  regulären  Ikositetraeder  (131°  49')  aufweisen. 

Eine  völlig  reguläre  Entwicklung  lassen  dagegen  die  eingewachsenen 
Krystalle  der  praehistorischen  Sommalaven  erkennen.  Schon  v.  Rath 
führt  an,  dass  sich  diese  Leucitkry stalle  mit  einer  scheinbar  so  voll- 
kommenen Ikositetraedergestalt  herauslösen,  „dass  man  bei  ihrem  Anblick 
nur  schwer  den  Glauben  an  ihre  reguläre  Natur  wird  aufgeben  können“. 
Auch  Hessenberg  schreibt  in  einem  Briefe  an  v.  Rath  x),  hinsichtlich 
eines  20  Mm.  grossen  Krystalls,  „dass  man  sich  mittelst  des  Anlege- 
goniometers vollkommen  überzeugen  kann,  dass  er  isometrisch  krystallisirt 
sei,  und  nirgends  Kanten  von  133°  58'  mit  andern  von  130°  3',  also 
um  beinahe  4°  ditferirend,  besitzt“. 

Um  jedoch  geuauere  Resultate  der  Messung  an  solchen  Krystallen 
zu  erhalten,  bediente  ich  mich  der  Methode,  die  Flächen  ausgewählter 
Individuen  mit  kleinen,  dünnen  Glasplättchen  zu  belegen,  und  so  den 
Krystall  mittelst  des  Reflexionsgoniometers  zu  messen.  Um  einen  Anhalt 
über  die  Grösse  der  hierdurch  möglichen  Fehlerquelle  zu  gewinnen, 
wurde  zuvor  eine  Anzahl  von  Gontrollmessungen  an  geeigneten  Krystallen 
anderer  Species  ausgeführt,  welche  das  Resultat  ergaben,  dass  bei  völlig 
glattflächigen  Individuen,  die  Winkeldifferenz  zwischen  den  natürlichen 
und  den  mit  Glasplättchen  belegten  Flächen,  meistens  nicht  grösser 
als  1 — 2 Minuten  ist,  und  dass  die  Abweichung  selbst  bei  matten 
Flächen,  an  sonst  präcise  gebildeter  Krystallen,  20  Minuten  nicht 
übersteigt.2) 

Von  den  auf  diese  Weise  vorgenommenen  Messungen  mögen  die 
zweier  besonders  glattflächig  gebildeten  Krystalle  aus  den  Sommalaven, 
hier  aufgeführt,  werden. 


0 A.  a.  0.  S.  223. 

2)  Man  wählt,  das  Deckgläschen  nicht  zu  gross,  etwa  2 — 3 Mm.,  und  über- 
zeugt sich,  ob  dasselbe  überall  gleich  aufliegt,  was  an  der  Formveränderung  des 
dünnflüssigen  Klebmittels  leicht  zu  erkennen  ist.  Grössere  Krystall  flächen  belegt,  man 
mit  mehreren  Gläschen,  um  so  controlirende  Messungen  an  ein  und  derselben  Fläche 
ausführen  zu  können. 


232 


Dr.  J.  Hirschwald. 


[6] 


Kryst.  I.  Grösse  20  Mm.  von  sehr  regelmässiger  Ausbildung. 

Es  bedeuten:  a die  sogenannten  oktaedrischen,  b die  hexaedrischen  Kanten, 
wobei  die  Reihenfolge  der  Indices  die  Zusammengehörigkeit  der  um  einen  Axen- 
endpunkt  herumliegendeu  Kanten  anzeigt. 

a =.  131°  44'  \ 

1 _ 10,0  I Normalwinkel  des  regulären  Ikositetraeder  = 131°  49' 

2 _ i'oio  xq-; Minimaldifferenz  = 5 Minuten 

J gg/  j Maximaldifferenz  =13  „ 

h — 1 40°  30'  1 

/ _ iiqo  io/ | Normalwinkel  w.  o.  = 146°  27' 

20'  ( Minimaldifferenz  = 7 Minuten 

y _ , qg0  3g/  I Maximaldifferenz  = 21  „ 


Kryst.  II.  Grösse  13  Mm.  lässt  eine  Aggregation  aus  drei  Indi- 
viduen erkennen. 

= 131°  25'  l Minimaldifferenz  = 22  Minuten 
,f2  __  ,390  uz  | Maximaldifferenz  =53  „ 

b2  = 147°  0'  ] Minimaldifferenz  = 33  Minuten. 
l> 3 = 148°  17'  J Maximaldifferenz  = 1°  50' 


Grössere  Abweichungen  von  den  Winkeln  des  regulären  Ikosi- 
tetraeders zeigen  die  vom  Vesuv  im  Jahre  1845  ausgeworfenen  Leucite. 
Ein  derartiger  Krystall  von  11  Mm.  Grösse,  gab  folgendes  Resultat: 


Kryst.  III. 


«1 

« 2 
«3 
«4 
«6 


132° 

130° 

132° 

130° 

132° 


48' 

30' 

25' 

39' 


Minimaldifferenz 

Maximaldifferenz 


\ = 145°  52' i 

b2  = 146°  35'  I 

h3  = 145°  48' ! Minimaldifferenz 

bi  = 145°  5' j Maximaldifferenz 

b5  = 145°  1' 

b6  = 146°  30') 


16  Minuten 
1°  19' 


3 Minuten 
1°  26' 


Man  ersieht  aus  diesen  Messungen,  zieht  man  die  Methode  der- 
selben und  die  immerhin  nur  bis  zu  einem  gewissen  Grade  ebene 
Beschaffenheit  der  Flächen  in  Betracht,  dass  die  ein  gewachsenen 
Leucite  der  Sommalaven  zum  Theil  eine  durchaus  präcise 
reguläre  Entwicklung  auf  weisen,  während  die  bedeutenderen 
Winkelabweichungen,  welche  S ca cc hi  an  losen  Auswürflingen  constatirt, 
bis  zu  einem  gewissen  Grade  durch  die  obigen  Beobachtungen  bestätigt 
werden.  Da  somit  die  eingewachsenen  Leucite  neben  den  völlig  regulär 
gebildeten,  auch  solche  Formen  aufweisen,  deren  Kantenwinkel  Abwei- 
chungen in  demselben  Umfange,  rücksichtlich  der  goniometrischen  Werthe 


Zur  Kritik  dos  Leucitsystems. 


233 


[7] 

des  Ikositetraeders  zeigen,  wie  die  aufgewachsenen  Krystalle  der  Ivalk- 
auswürffinge,  so  scheint  ein  specifischer  Unterschied  beider  Vorkomm- 
nisse nicht  zu  bestehen;  vielmehr  überzeugt  man  sich,  dass  die  gesammte 
goniometrische  Entwicklung  des  Leucitsystems,  bei  völlig  gleichbleibender 
Gestaltung  seiner  Combinationsverhältnisse,  eine  continuirliche  Reihe  von 
Uebergängen  darstellt,  mit  dem  präcise  regulären  Typus  beginnend  und 
fortschreitend  bis  zu  den  mehr  oder  weniger  prägnant  ausgebildeten 
quadratischen  Formen  der  aufgewachsenen  Krystalle.  Dabei  wiederholen 
sich  oftmals  die  maximalen  Winkelabweichungen  in  ihrem  ganzen 
Umfange  an  ein  und  demselben  Individ,  selbst  der  eingewachsenen  Leucite, 
so  dass  theoretisch  gleich werthi ge  Kanten  desselben  Krystalls  nicht 
selten  eben  so  grosse  Winkeldifferenzen  aufweisen,  wie  sie  den  beiden 
extremen  Gliedern  der  ganzen  Krystallreihe  eigen  sind. 

Hiernach  kann  von  einer  Dimorphie  des  Leucits , nach  der 
gebräuchlichen  Auffassung  dieses  Begriffes,  nicht  wohl  die  Rede  sein; 
es  wird  vielmehr  die  Entscheidung  über  das  Krystallsystem  dieser 
Mineralspecies , rücksichtlich  ihrer  goniometrischen  Verhältnisse , an 
folgende  Vorstellung  anknüpfen  müssen:  Entweder  es  ist  der  Leucit 
regulär,  mit  sehr  variablen  Winkelwerthen,  und  in  seiner  poly synthe- 
tischen Verwachsung  doeumentirt  sich  das  Bestreben,  die  vorhandenen 
Anomalien  wieder  auszugleichen;  oder  aber,  es  liegt  hier  eine  dem 
regulären  System  ausserordentlich  nahe  stehende  quadratische  Mineral- 
species vor,  welche  durch  das  bezügliche  Wachsthumsgesetz  sich  der 
regulären  Entwicklung  zu  accommodiren  bestrebt  ist. 

Es  ist  eine  bekannte  Thatsache,  dass  selbst  äusserlich  präcise 
gebildete  Krystalle,  nicht  selten  kleinere  Winkelabweichungen  theoretisch 
gleichwerthiger  Kanten  erkennen  lassen,  ja  dass  gewisse  Krystallspecies 
durch  recht  erhebliche  Winkelanomalien  charakterisirt  sind.  Breit- 
haupt hat  wohl  zuerst  auf  diesen  Umstand  aufmerksam  gemacht, 
indem  er  zeigte,  dass  die  Grundformen  mehrerer  quadratischer  und 
hexagonaler  Mineralien  keineswegs  überall  die  vorausgesetzte  Gleichheit 
ihrer  Polkanten  besitzen,  und  dass  selbst  bei  manchen  tesseralen  Formen 
ähnliche  Anomalien  Vorkommen.  Es  bedarf  kaum  des  Hinweises,  dass 
mit  der  Constatirung  solcher  individuellen  Abweichungen,  die  Gesetz- 
mässigkeit der  Ivrystallbildung  im  Allgemeinen  nicht  in  Frage  gestellt 
werden  kann;  vielmehr  ist  es  erklärlich,  dass  jene  Bedingungen,  welche 
zu  einer  ungestörten  Entwicklung  der  krystallogenetischen  Kräfte 
erforderlich  erscheinen,  nur  selten  in  der  Natur  gegeben  sind,  und  so 
findet  man  auch  nicht  häufig  Krystalle  mit  so  tadelloser  Flächenaus- 
bildung, wie  sie  aus  der  präcisen  Wirkung  des  genetischen  Axensytems 
hervorgehen  müssten.  Insbesondere  ist  es  die  als  „facettirt,  geknickt 
oder  parquettirt“  bezeichnete,  aggregate  Beschaffenheit  der  allermeisten 
Krystalltiächen,  welche  zum  Theil  einen  directen  Beweis  für  die  mangel- 
hafte Uebereinstimmung  der  Flächenlagen  jener  Subindividuen  ’)  abgiebt, 


Ich  nehme  keinen  Anstand,  die  von  A.  Sadebeck  (Zeitschr.  d.  d.  geol. 
Gesellsch.,  Jahrg.  1874,  S.  647 : Ueber  die  Krystallisation  des  Bleiglanzes)  gewählte 
Bezeichnung  „Subindividuum“  in  obigem  Sinne  zu  accept.iren,  ohne  dadurch  die 
Benennung  „Singularindividuum“  aufzugeben,  welche  thatsächlieh  nicht  mit  jener 
zusammenfäll t.  Wie  Sadebeck  selbst  hervorhebt,  erweisen  sich  die  Subindividuen 
wiederum  aus  kleineren  Individuen  geeinigt,  und  es  bleibt  demnach  für  die  theore- 


234 


Dr.  J.  Hirschwald. 


[8] 


aus  denen  der  Krystall,  durch  gesetzmässige  Einigung,  sich  aufgebaut 
erweist.1)  Es  verdient  aber  ausdrücklich  hervorgehoben  zu  werden,  dass 
nicht  allen  Krystallspecies  in  gleichem  Grade  eine  Inconstanz  ihrer 
Winkelverhältnisse  zukommt,  und  es  lässt  sich  wohl  annehmen,  dass 
derartige  Anomalien  häufiger,  ja  vielleicht  mit  einer  gewissen  Stetigkeit 
bei  solchen  Species  auftreten  werden,  welche  a priori  ein  geringeres 
Mass  stabilen  Gleichgewichts  ihres  krystallogenetischen  Axensystems 
besitzen.  Da  aber  solche  Abweichungen  ihren  Grund  nicht  anders,  als 
in  dem  anomalen  Intensitätsverhältniss  dieser  Axen  selbst  haben  können, 
so  erscheint  es  zweifellos,  dass  hierdurch  ein  Hinüberspielen 
in  die  Symmetrieverhältnisse  anderer  Krystallsy  steme 
her  vorgerufen  werden  muss,  so  dass  selbst  in  diesen  Ano- 
malien eine  Gesetzmässigkeit  rücksichtlich  der  symme- 
trischen Ausbildung,  sich  geltend  machen  wird. 

Diese  Erscheinung  ist  es,  welche  Scacchi  als  „Polysymmetrie“, 
Des  Cloizeaux  als  „Pseudodimorphie“  bezeichnet  haben.2) 

Wollte  man  demnach  den  Leucit  als  eine  Mineralspecies  von 
„polysymmetrischer“  Entwicklung  auffassen,  so  Hesse  sich  hiergegen 
vielleicht  der  Einwand  erheben,  dass  für  eine  so  bedeutende  Schwankung 
von  fast  4°,  wie  sie  die  Winkel  des  Leucits  an  den  verschiedenen 
Vorkommnissen  aufweisen,  sich  kaum  eine  Analogie  hinsichtlich  der 


tische  Betrachtung  erwünscht,  den  Begriff  des  absoluten  Einzelindivids,  des  Trägers 
eines  singulären  centralen  Axensystems,  durch  eine  prägnante  Bezeichnung  zu  fixiren. 
(Hirschwald,  Grundzüge  einer  mechanischen  Theorie  der  Krystallisationsgesetze ; 
diese  Mitthlg.  Heft  3,  1873.) 

Q Die  hierdurch  entstehenden  Unebenheiten  der  Krystallflächen  lassen  sich 
folgendermassen  classiticiren : 1.  Regelmässige  Vertiefungen,  hervorgerufen  durch 

Aggregation  subindividueller  Flächen.  Diese  polyedrischen  Hohlräume  werden  beim 
Fortwachsen  des  Krystalls  meistens  ausgefüllt,  doch  so,  dass  häufig  die  Contouren 
derselben  noch  deutlich  hervortreten;  Beispiel:  Pyramide  des  Quarzes.  2.  Regel- 
mässige polyedrische  Erhebungen,  gebildet  durch  combinirte  vicinale  Flächen  der 
Subindividuen;  Beispiel:  Würfelfläche  des  Bleiglanzes  mit  hervortretenden  Ecken 
eines  sehr  stumpfen  Ikositetraeders.  3.  Mehr  oder  weniger  unregelmässige  Knickungen, 
wie  sie  an  vielen  Kry stallen,  z.  B.  am  Apophyllit.  an  den  Oktaederflächen  des  Blei- 
glanzes, am  Analcim,  Coelestin  etc.  Vorkommen.  (Scacchi’s  Polyedrie.) 

Diese  letztere  Erscheinung  ist  es  vorzugsweise,  welche  man  auf  Rechnung 
anomaler  Kristallbildung  setzen  darf,  deren  Ausgleichung  die  Aggregation  erstrebt. 
Die  Spiegelbilder  solcher  geknickter  Flächen  differiren  oft  um  mehrere  Grade,  und 
man  würde  durch  genaue  Bestimmung  dieser  Differenzen  einen  Massstab  für  die 
Grösse  derartiger  subindividueller  Anomalien  gewinnen. 

2)  Es  bedarf  insofern  einer  Klärung  dieses  Begriffes , als  S c a c c h i sowohl, 
als  auch  Des  Cloizeaux.  die  ähnliche  krystallographische  Entwicklung  chemisch 
analoger  Verbindungen  ebenfalls  unter  der  obigen  Bezeichnung  vereinigen.  Da  es 
sich  hierbei  jedoch  um  ganz  verschiedene  ursächliche  Bedingungen  der  Krystallaus- 
bildung  handelt,  so  möchte  ich  mir  den  Vorschlag  erlauben,  als  „polysymmetrisch“ 
oder  „pseudodimorph“  nur  diejenigen  Species  zu  bezeichnen,  welche  bei  absoluter 
Identität  ihrer  chemischen  Natur  eine  variable  krystallographische  Ausbildung  im 
Sinne  der  Symmetrieverhältnisse  verschiedener  Systeme  aufweisen,  womit  naturgemäss 
eine  mehr  oder  weniger  bedeutende  Schwankung  der  Kantenwinkel  verbunden  sein 
wird.  Dagegen  wird  man  sich  der  Benennung  „Homöosymmetrie“  bedienen  können, 
falls  die  analoge  krystallographische  Ausbildung  durch  das  Eintreten  vicarirender 
Bestandtheile  in  die  chemische  Constitution  bedingt  wird.  In  diesem  Sinne  „poly- 
symmetrisch“ sind:  Doppelt  weinsteinsaures  Strontium  (klinorhombisch  und  anor- 
thisch),  doppelt  traubensaures  Natrium  (orthorhombisch  und  hexagonal);  „homöo- 
symmetrisch“: Schwefelsaures  Kalium  und  schwefelsaures  Natrium,  Orthoklas  und 
Albit,  Harmotom  und  Phillipsit. 


[9] 


Zur  Kritik  des  Leucitsystems. 


235 


bekannten  polysymmetrischen  Species  nachweisen  Hesse.  Es  darf  jedoch 
nicht  übersehen  werden,  dass  bei  der  Beurtheilung  der  Winkelverhält- 
nisse des  Leucits  die  Resultate  jener  Untersuchungen  volle  Berücksich- 
tigung verdienen,  welche  zuerst  von  Mitscherlich,1)  später  von  Pfaff2) 
über  die  durch  Temperatursteigerung  bewirkte  Aenderung  der  Kanten- 
winkel an  Krystallen  angestellt  und  von  Neumann  3)  einer  eingehenden 
Discussion  unterzogen  worden  sind. 

Hiernach  dehnen  sich  die  meisten  Krystalle  durch  die  Wärme 
dermassen  aus,  dass  der  Ausdehnungscoeflicient,  wie  z.  B.  am  Gyps, 
grösser  als  der  irgend  eines  Metalles  sich  erweist  (siehe  Pfaff  a.  a.  0.). 
Was  die  damit  in  Zusammenhang  stehende  Abänderung  der  Kanten- 
winkel betrifft,  so  zeigen  Gypskrystalle  bei  einer  Temperatur  von  80°  R. 
eine  Abweichung  gegenüber  den  gewöhnlichen  Winkelwerthen  von  10'  50". 
Im  Allgemeinen  lehren  diese  Untersuchungen  aber,  dass  die  ungleichen 
Axen  anisometrischer  Krystalle  unter  dem  Einfluss  der  Wärme  einen 
Ausgleich  ihrer  ursprünglichen  Intensitätsdifferenz  erstreben,  wodurch 
die  Kantenwinkel  der  verschiedenen  Zonen  sich  allmälig  einander  nähern. 

Es  müssen  daher  andererseits  solche  bei  sehr  hoher  Temperatur 
gebildeten  Krystalle  nach  ihrem  Erkalten  namhaft  grössere  Winkel- 
differenzen ihrer  verschiedenen  Zonen  aufweisen,  als  ihnen  an  und  für 
sich  genetisch  zukommen.  Genau  dasselbe  wird  für  reguläre  Krystalle 
gelten  müssen,  welche  eine  anomale  Ausbildung  im  Sinne  eines  aniso- 
metrischen Systems  besitzen.  Berücksichtigt  man  demnach,  dass  der 
Leucit  bei  einer  Temperatur  gebildet  wurde,  welche  kaum  unter  1500°  C. 
anzunehmen  ist,  so  dürfte  es  wohl  wahrscheinlich  sein,  dass  eine 
ursprünglich  geringe  Abweichung  der  Winkel  sich  unter  der  Abkühlung 
zu  einer  Differenz  von  mehreren  Graden  steigern  könne.4) 

Dass  aber  die  eingewachsenen  Leucite  thatsächlich  sehr  bedeutende 
und  ungleichmässige  Contractionen  erfahren  haben,  dafür  liefern  die 
Krystalle  der  alten  Sonnnalaven  einen  interessanten  Beweis.  Erreichen 
nämlich  die  Leucite  eine  gewisse  Grösse,  so  zeigt  es  sich  häufig,  dass 
die  Krystalle  nur  mit  den  Flächen  bestimmter  Zonen  an  der  sie  um- 
gebenden Lava  anhaften,  während  die  übrigen  Krystallflächen  oftmals 
bis  um  1 Mm.  von  dem  Gestein  entfernt  sind,  doch  so,  dass  man  den 
scharfen  Flächenabdruck  noch  deutlich  in  der  Lava  wahrnimmt.  Dabei 
überzeugt  man  sich  mit  aller  Bestimmtheit,  dass  der  Abdruck  nicht 
mehr  der  Krystallfläche  parallel  geht,  eine  Erscheinung,  welche  beson- 
ders auf  den  Schliffflächen  solcher  Gesteine  in  prägnanter  Weise  her- 
vortritt. Diese  Thatsache  liefert  den  Beweis,  dass  die  Leucite  eine 
stärkere  Contraction  durch  Abkühlung  erfahren  haben,  als  die  sie 
umgebende  Lava  und  dass  diese  Contraction  nach  gewissen  Zonen 
differenzirt  war,  womit  die  beobachtete  Abweichung  in  der  ursprünglichen 


*)  Poggendorff’s,  Annalen,  Bd.  41,  213. 

2)  Ebendaselbst  Bd.  104,  171;  Bd.  107,  151. 

3)  Ebendaselbst  Bd.  103,  240. 

4)  Es  ist  zwar  bis  jetzt  kein  Gesetz  ermittelt  worden,  nach  welchem  die 
Aenderung  der  Kantenwiukel  bei  Steigerung  der  Temperatur  stattfindet;  nimmt  mau 
aber  beispielshalber  an,  dass  diese  Aenderung  proportional  der  Temperatur  erfolge, 
so  würde  der  Gyps  bei  1500°  eine  Abweichung  seiner  Prismenwinkel  um  3'5° 
erleiden. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1875.  4.  Heft.  (Dr.  J.  Hirschwald.) 


32 


236 


Dr.  J.  Hirschwald. 


[10] 


Flächenlage  in  Zusammenhang  steht.  Es  dürften  sich  somit  die  Schwan- 
kungen der  goniometrischen  Verhältnisse  des  Leucits,  genetisch  auf 
ein  namhaft  geringeres  Mass  reduciren  lassen , und  es  würde  damit 
zugleich  die  Auffassung  einer  polysymmetrischen  Entwicklung  dieses 
Minerals,  eine  nicht  unwesentliche  Stütze  erhalten. 

Da  aber  der  variablen  Ausbildung  polysymmetrischer  Species  stets 
ein  einheitliches  Krystallsystem  zu  Grunde  liegt,  worin  der  specifische 
Unterschied  jener  und  der  dimorphen  Ausbildung  beruht,  so  wird  es 
im  gegebenen  Falle  darauf  ankommen,  die  polysymmetrische  Entwicklung 
auf  ihren  Grundcharakter,  auf  das  normale  Krystallsystem  der  Species 
zuriickzu  führen. 

Hinsichtlich  des  Eeucits,  scheint  vor  Allem  der  Nachweis  völlig 
regulär  gebildeter  Krystalle,  ferner  die  Inconstanz  der  goniometrischen 
Verhältnisse  seiner  quadratischen  Typen,  so  wie  die  ausnahmlos  reguläre 
Entwicklung  seiner  Combinations-  und  Zwillingsverhältnisse  *)  auf  den 
regulären  Charakter  hinzudeuten,  und  es  werden  auch  die  optischen  Unter- 
suchungen weitere  Motive  für  diese  Anschauung  darbieten. 


2.  Die  Streifung  der  Krystallfläclien  und  ihr  Zusammenhang 
mit  den  polysynthetischen  und  optischen  Charakteren  der 

Krystalle. 

Die  erste  Anregung  zur  Entdeckung  jener  merkwürdigen  Ver- 
hältnisse des  Leucitsystems  erhielt  G.  v.  Rath  durch  die  Beobachtung 
der  durch  polysynthetische  Verwachsung  entstehenden  Zwillingsstreifen, 
welche  parallel  der  symmetrischen  Diagonale  auf  den  Flächen  des  Ikosi- 
tetraeders, bei  den  meisten  der  aufgewachsenen  Krystalle  Vorkommen. 

Es  ist  leicht  ersichtlich,  dass  eine  derartige  Streifung,  welche 
eine  Polvsynthesie  parallel  den  Flächen  des  Dodekaeders  documentirt, 
durch  Verwachsung  präeise  gebildeter  regulärer  Ikositetraeder  nicht 
entstehen  kann,  so  dass  dieselbe  als  ein  vollgültiger  Beweis  für  die 
Abweichung  der  Winkelverhältnisse,  seitens  der  regulären  Krystallform 
angesehen  werden  muss.  Mit  dieser  rein  mathematischen  Deduction  ist 
aber,  wie  in  Vorstehendem  erörtert  wurde,  die  Frage  nach  dem  Kry- 
stallsystem des  Leucits  nicht  als  erschöpft  zu  betrachten,  da,  ins- 
besondere bei  der  thatsächlichen  Inconstanz  der  goniometrischen  Ver- 
hältnisse dieser  Mineralspecies,  jene  Flächenstreifung  a priori  sehr  wohl 
als  Folge  einer  Anomalie  der  Kantenwinkel  der  regulären  Krystallform 
gedeutet  werden  könnte.  Ist  diese  Auffassung  zutreffend,  so  darf  man 
wohl  voraussetzen,  ähnliche  Erscheinungen  aus  gleicher  Ursache  auch 
bei  andern  Species  und  zwar  verschiedener  Krystallsysteme  sich  wieder- 
holen zu  sehen. 

Um  nach  dieser  Richtung  eine  Lösung  der  vorliegenden  Frage  zu 
erzielen,  wird  es  wünschenswert!!  erscheinen,  insbesondere  solche  Krystall- 


’)  Ueber  den  Nachweis  dieser,  siehe  Abschn.  3. 


[11] 


Zur  Kritik  des  Leucitsystems. 


237 


species,  deren  System  unzweifelhaft  feststellt,  die  sich  aber  dennoch  durch 
ein  Variiren  ihrer  Kantenwinkel  auszeichnen,  auf  ihre  Wachsthums- 
erscheinungen und  etwa  vorhandene  Analogien  bezüglich  der  polysyn- 
thetischen Ausbildung  des  Leucits,  zu  prüfen.  Den  hierauf  gerichteten 
Untersuchungen  mögen  folgende  allgemeine  Erläuterungen  vorausgeschickt 
werden. 

Man  unterscheidet  im  Allgemeinen  zweierlei  Arten  von  Flächen- 
streifung: 

1.  Durch  oscillatorische  Combination  gebildete,  kurzweg  Combina- 
tionsstreifung  genannt,  und 

2.  solche,  welche  einer  vielfach  sich  wiederholenden  Zwillings- 
verwachsung ihre  Entstehung  verdankt.1) 

Die  Streifung  der  ersteren  Art  tritt,  nicht  minder  als  die  Zwillings- 
streifung, auf  bestimmten  Flächen  vieler  Krystallspecies  mit  solcher 
Gesetzmässigkeit  und  Stetigkeit  auf,  dass  man  hieraus  auf  einen  innigen 
Zusammenhang  auch  dieser  Erscheinung  mit  den  Gesetzen  des  Krystall- 
wachsthums  wird  schliessen  dürfen. 

Bei  Herstellung  künstlicher  Krystalle  aus  wässerigen  Lösungen 
hat  man  häufig  Gelegenheit  zu  beobachten,  dass  die  ausgeschiedenen 
Krystalle  als  eine  parallele  Aggregation  vieler  Subindividuen  erscheinen, 
so  dass  durch  oscillatorische  Combination  oftmals,  eine  treppenförmige 
Ausbildung  der  Krystallflächen  entsteht,  die  in  gewissen  Stadien  des 
Wachsthums  als  Streifung  der  Flächen  sich  erhält.  Beobachtet  man  die 
weitere  Fortbildung  solcher  Individuen,  so  macht  man  im  Allgemeinen 
die  Bemerkung,  dass  der  Krystall  nicht  gleichmassig  an  Volumen  zu- 
nimmt; vielmehr  erscheint  seine  Hauptthätigkeit  darauf  gerichtet  zu 
sein,  die  durch  die  lamellare  Aggregation  entstandenen  einspringenden 
Winkel  auszugleichen  und  es  findet  erst  mit  der  Erreichung  dieses 
Zieles,  ein  conformes  Fortwachsen  statt.2)  Wenn  jedoch  die  einzelnen 
Subindividuen  eine  völlig  parallele  Anordnung  in  den  ersten  Stadien 
der  Ivrystallbildung  nicht  erlangt  hatten , macht  sich  eine  Abweichung 
von  dieser  Wachsthumserscheinung  geltend,  indem  der  Krystall  die 
ursprünglich  aggregate  Beschaffenheit  seiner  Flächen  stetig  fortbildet 
Von  dieser  allgemeinen  Regel  sieht  man  aber  nicht  selten  Aus- 
nahmen der  Art,  dass  selbst  da,  wo  eine  Unregelmässigkeit  der  parallelen 
Aggregation  nicht  zu  constatiren  ist,  sich  dennoch  ein  hartnäckiges 
Bestreben  geltend  macht,  die  aggregate  Structur  des  Krystalls  auch 


J)  Es^wird  gewöhnlich  noch  insofern  ein  Unterschied  zwischen  diesen  beiden 
Kategorien  der  Flächenstreifung  gemacht,  als  man  die  Zwillingsstreifung  mit  einer 
polysynthetischen  Structur  des  Krystalls  in  Verbindung  denkt,  während  man  die 
Combinationsstreifung  als  blosse  Oberflächenerscheinung  auffassen  zu  können  glaubt. 
Diese  letztere  Anschauung  ist  schon  um  deswegen  unhaltbar,  weil  die  inneren  und 
äusseren  Verhältnisse  eines  Krystalls  untrennbar  auf  ein  und  dieselben  ursächlichen 
Bedingungen  gegründet  sind,  so  dass  die  Eigentümlichkeiten  der  Krystalloberfläche 
den  äusserlich  wahrnehmbaren  Ausdruck  der  inneren  Structur-  und  Cohärenzverhält- 
nisse  bilden.  Als  rein  äusserlich  werden  daher  nur  diejenigen  Erscheinungen  auf- 
zufassen  sein,  welche  ihre  Entstehung  solchen  von  der  Krystallbildung  selbst  unab- 
hängigen Verhältnissen  verdanken. 

2)  Pasteur  hat  ähnliche  Erscheinungen  von  solchen  Krystallen  beschrieben, 
die  äusserlich  mechanisch  verändert,  insbesondere  abgebrochen  worden  waren. 

32* 


238 


Dr.  J.  Hirschwald. 


[12] 


äusserlich  zum  Ausdruck  zu  bringen.  Es  zeigen  alsdann  jedoch  jene 
Discontinuität  der  Entwicklung  nur  ganz  bestimmte  Krystallflächen, 
während  an  anderen  Flächen  desselben  Individs  ein  schneller  Ausgleich 
der  aggregaten  Beschaffenheit  stattfindet. 

Diese  Erscheinung,  welche  man  an  vielen  künstlichen  Krystallen 
in  ihren  successiven  Veränderungen  beobachten  kann,  kehrt  auch  an 
den  natürlichen  Mineralien  wieder,  und  es  ist  desshalb  die  gesetzmässige 
Streifung  bestimmter  Krystallflächen,  da,  wo  sie  auf  eine  polysynthetische 
Zwillingsbildung  nicht  zurückführbar  erscheint  und  somit  lediglich  der 
parallelen  Aggregation  zugeschrieben  werden  müsste,  als  eine  sehr 
bemerkenswerthe  Thatsache  zu  betrachten,  zumal  in  solchen  Fällen,  in 
welchen  an  einen  Substanzmangel  zur  weiteren  Fortbildung  nicht  wohl 
gedacht  werden  kann.  So  sind  beispielsweise  die  Streifungen  des  Quarz- 
prismas, sowie  auch  die  dreiseitigen  Vertiefungen  auf  den  Dihexaeder- 
flächen,  welche  ja  zu  derselben  Kategorie  der  Wachsthumserscheinungen 
gehören,1)  oft  von  bedeutender  Tiefe,  und  es  gehören  völlig  glatte 
Prismenflächen  bekanntlich  zu  den  seltenen  Vorkommnissen  dieser 
Krystallspecies. 

Die  horizontale  Streifung  des  Quarzprismas  wird  durch  oscilla- 
torische  Combination  einer  Fläche  der  Pyramide  mit  der  Prismenfläche 
bedingt,  und  wie  wenig  die  Anschauung  gerechtfertigt  ist,  dass  man  es  hier 
lediglich  mit  einer  Oberflächenerscheinung  zu  thun  habe,  dürften  die 
schönen  Versuche  von  Leydolt2)  zur  Genüge  erhärten.  Da  aber  die 
Quarzpyramide  in  zwei  krystallographisch  differente  Rhomboeder  zerfällt, 
so  wird  es  die  parallele  Aggregation  der  Subindividuen  mit  sich  bringen, 
dass  die  einspringenden  Winkel  der  Streifung  im  Allgemeinen  von 
differenten  Dihexaederflächen  gebildet  werden.  Es  liegt  demnach  die 
Vermuthung  nahe,  dass  die  horizontale  Streifung  vielleicht  wesentlich 
nur  durch  die  Differenz  der  abwechselnden  Dihexaederflächen  bedingt 
werde , so  dass  dieselbe  durch  Verwachsung  vollständig  verschwinden 
würde,  wäre  das  Quarzdihexaeder  eine  holoedrische  hexagonale  Pyramide. 
Das  Unvermögen,  diese  von  differenten  Flächen  gebildeten  einspringenden 
Winkel  durch  fortgesetztes  Wachsthum  auszufüllen,  würde  alsdann  mit 
der  gleichartigen  Erscheinung  an  polysynthetischen  Zwillingskrystallen 
auf  demselben  Wachsthumsgesetz  beruhen. 

Ist  diese  Auffassung  richtig,  so  muss  die  Streifung  der  hexagonalen 
Säule  bei  allen  dihexaedrisch  ausgebildeten  Species,  als  eine  constante 
Erscheinung  auftreten,  während  sie  den  vollflächig  hexagonal  ausgebil- 
deten Systemen  durchaus  fremd  sein  wird.  Es  trifft  diese  Voraussetzung 
in  der  That  zu ; man  findet  die  horizontale  Säulenstreifung  beim  Korund 
und  Hämatit  wieder,  während  dieselbe  beim  Apatit  und  Beryll,  den 
ausgezeichnetsten  Vertretern  des  holvedrisch-hexagonalen  Typus,  voll- 
ständig fehlt. 

Dagegen  macht  sich  bei  den  letzteren  beiden  Species  eine  verticale 
Streifung  der  Säule  auffallend  bemerkbar  und  wollte  man  die  obige 


’)  ‘Hirschwald:  Ueber  die  auf  den  Flächen  und  Schliffflächen  der  Quarz- 
krystalle  künstlich  hervorgebrachten  und  natürlichen  regelmässigen  Vertiefungen.  — 
Poggendorff’s  Annalen  1869,  548. 

2)  Leydolt,  Sitzungsbericht  der  Wiener  Akad.  XV,  1855,  59. 


[13] 


Zur  Kritik  des  Leucitsystems. 


239 


Auffassung  auch  auf  diese  Erscheinung  übertragen,  so  müsste  man 
annehmen,  dass  die  einspringenden  Winkel  der  verticalen  Säulenstreifung 
ebenfalls  differenten  Flächen  ihre  Entstehung  verdanken,  was  nur  unter 
der  Voraussetzung  denkbar  wäre,  dass  die  hexagonale  Säule  gewisse 
Winkelanomalien  aufweise,  zu  deren  Ausgleich  eine,  der  Zwillingsbildung 
analoge  Aggregation,  parallel  der  Prismenfläche,  stattfände.  Da  nun  der 
Apatit  in  der  That  durch  die  Inconstanz  seiner  goniometrischen  Ver- 
hältnisse ausgezeichnet  ist  (der  Kantenwinkel  der  Pyramide  schwankt 
von  80°  12'  bis  80°  3C\  nach  Breithaupt  sogar  von  80°  bis  81°), 
so  werden  sich  derartige  Anomalien  auch  auf  die  Winkel  des  Prismas 
übertragen  müssen  und  es  würde  alsdann  die  verticale  Streifung  eine 
Aggregation  in  ähnlichem  Sinne,  wie  die  Horizontalstreifung  des  Quarz- 
prismas documentiren,  hier  bedingt  durch  die  hemiedrische  Ausbildung 
der  hexagonalen  Pyramide,  dort,  durch  eine  Anomalie  der  goniometrischen 
Entwicklung. 

Eine  Bestätigung  dieser  Ansichten  musste  sich  bei  Betrachtung 
derartiger  Krystallscldiffe  im  polarisirten  Licht  ergeben,  vorausgesetzt, 
dass  die  Abweichung  der  einzelnen  Subindividuen  von  der  präcisen 
hexagonalen  Ausbildung  gross  genug  angenommen  werden  durfte,  um 
wahrnehmbar  verschiedene  optische  Reactionen  hervorzurufen.  Die  in 
dieser  Hinsicht  gehegten  Erwartungen  wurden  durch  das  Ergebniss  des 
Versuchs  weit  übertroffen. 

Ein  4 Mm.  grosser,  bläulich  gefärbter  Apatitkrystall  von  Schlacken- 
walde in  Böhmen,  der  die  Verticalstreifung  des  Prismas  ziemlich  deutlich 
zeigte,  wurde  parallel  der  Fläche  des  digonalen  Prismas  zu  einem 
Plättchen  von  kaum  0-5  Mm.  Stärke  geschliffen  und  unter  Einschaltung 
eines  empfindlichen  Gypsblättchens  (violett  2.  Ordnung)  unter  dem 
Polarisationsmikroskop  untersucht.1)  Es  traten  bei  gekreuzten  Nicols, 
parallel  der  verticalen  Prismenkante  Streifen  Systeme  in  scharf  markirten 
Polarisationsfarben  auf,  wie  solche  Fig.  I.  Taf.  IX  möglichst  getreu 
dargestellt  sind.  Diese  Erscheinung  liefert  den  Beweis,  dass 
der  Apatit  eine  polysynthetische  Verwachsung  parallel 
der  Säule  darstellt,  deren  Subindividuen  das  Licht  in 
namhafter  Weise  ungleich  polarisiren,  wodurch  sich 
sowohl  eine  Abweichung  von  der  präcisen  hexagonalen 
Ausbildung,  als  auch  eine  zwillingsartige  Aggregation 
documentirt. 2)  Dieselbe  Verwachsung  zeigte  der  Beryll  im  polarisirten 
Licht.  Um  zu  untersuchen,  ob  diese  Erscheinung  auch  in  anderen 
Systemen  auftritt,  wurde  zunächst  ein  Vesuviankry stall  von  Aren  d a 1 


‘)  Es  ist  für  diese  und  die  nachfolgenden  Untersuchungen  eine  Collection 
solcher  Gypsblättchen  von  verschiedener  Stärke  erforderlich,  ln  den  meisten  Fällen 
wird  man  jedoch  mit  folgenden  Nummern  ausreichen:  Violett  2.  Ordnung.  Roth 
2.  Ordnung,  Violett  3.  Ordnung.  Da,  wo  Gypsblättchen  in  Folge  ihrer  Empfindlich- 
keit ein  schwer  entwirrbares  Bild  geben,  bedient  man  sich  nebenbei  zur  Aufklärung 
mit  Vortlieil  der  Glimmerblättchen,  doch  bedarf  man  auch  von  diesen  mehrerer 
Nummern. 

2)  Eine  differente  anomale  Ausbildung  ohne  zwillingsartige  Verwachsung  würde 
nicht  wohl  im  Stande  erachtet  werden  können,  eine  solche  Verschiedenheit  der  Sub- 
individuen rücksichtlich  ihrer  Einwirkung  auf  polarisirtes  Licht  hervorzurufen,  wie 
sie  der  Apatit  und  die  nachfolgend  angeführten  Mineralspecies  thatsächlich  aufweisen. 


240 


Dr.  J.  Hirschwald. 


[14] 


welcher  ebenfalls  durch  eine  vert.ieale  Prismenstreifung  charakterisirt 
war,  parallel  der  Säulenfläche  zu  einem  Plättchen  geschliffen.  Das 
Präparat  Hess  wiederum  scharf  markirte  Polarisationsstreifen  parallel 
der  verticalen  Axe  erkennen,  nur  waren  dieselben  nicht  bandförmig, 
wie  beim  Apatit,  sondern  mehr  linienartig  und  allmälig  verlaufend,  wie 
sie  Fig.  II  Taf.  IX  darstellt.  Dagegen  traten  an  einem  derartigen 
Schliff  eines  brasilianischen  Topases  ebenfalls  jene  breiten,  bandartigen 
Streifen  des  Apatits  auf.1)  Für  das  Verständniss  der  Krystallaggregation 
und  der  sogenannten  Combinationsstreifung  erscheint  diese  Thatsache 
als  sehr  bemerkenswerth  und  sie  musste  sich  ebensowohl  im  regulären 
Krystallsystem  geltend  machen,  falls  ihr  eine  allgemeine  Bedeutung  für 
das  Krystallwachsthum  zugesprochen  werden  durfte. 

In  Betreff  der  rein  äusserlichen  Verhlätnisse  gestreifter  Krystall- 
flächen,  sind  insbesondere  die  Ikositetraederflächen  des  Granats,  durch 
ihre  scharf  markirte  Streifung  parallel  der  symmetrischen  Diagonale  auf- 
fallend, eine  Erscheinung,  welche  vorzugsweise  an  den  schön  gebildeten 
Ikositetraedern  des  Grossular  von  Orawicza  im  Banat  und  des 
M e lan i t von  L o n g bans h y 1 1, a n in  S chweden,  in  prägnanter  Weise 
hervortritt  und  durch  ihre  äussere  Analogie  mit  den  Zwillingsstreifen 
des  Leucits  ein  erhöhtes  Interesse  erregt.  Ein  Krystall  des  Grossular, 
ein  modellähnliches  Ikositetraeder  von  2 Cm.  Grösse  mit  glänzenden 
Flächen,  zeigte  einen  schichtenartigen  Bau  parallel  der  äusseren  Begrenzung 
und  man  erkannte  durch  Ablösen  der  einzelnen  Lamellen,  dass  die 
schaff  markirte  Streifung  durch  den  ganzen  Krystall  mit  gleicher  Prä- 
cision  hindurchging.  Diesem  Umstande  entsprach  auch  eine  poly- 
synthetische  Structur  parallel  der  Dodekaederfläche,  welche  sich  beim 
Durchschlagen  des  Ivrystalls,  auf  dem  Bruch  in  Streifensystemen  der 
betreffenden  Lage  geltend  machte.  Dabei  ist  die  Streifung  der  Flächen 
im  Allgemeinen  keineswegs  eine  sporadische;  dieselbe  tritt  vielmehr  so 
vollkommen  herrschend  auf,  dass  die  Ikositetraederfläche  eigentlich 
nur  durch  ein-  und  ausspringende  Winkel  zusammengesetzt  erscheint. 
Bei  der  glänzenden  Beschaffenheit  der  die  Streifung  bildenden  Flächen- 
elemente, gelang  es,  die  ausspringenden  Winkel  derselben  mittelst  des 
Reflexionsgoniometers  annähernd  zu  messen ; dieselben  schwankten  von 
109 — 178  Grad,  was  einer  Abweichung  gegenüber  der  Lage  der  Ikosi- 
tetraederfläche von  3‘5 — fr5°  entspricht.  Da  es  hiernach  nicht  angänglich 
erscheint,  die  Streifung  einer  Oscillation  der  Dodekaederkante  zuzu- 
schreiben, so  wird  man  annehmen  müssen,  dass  dieselbe  ihren  Grund 
in  der  anomalen  Lage  vicinaler  Ikositetraederflächen  hat,  welche  die 
äussere  Begrenzung  der  einzelnen  Lamellen  der  polysynthetischen 
Krystalle  bilden. 

Zur  optischen  Untersuchung  wurden  die  schönen  Vorkommnisse 
des  Kan  eist,  ein  von  der  Mussa-Alp  verwendet,  welche  die  gestreiften 
Ikositetraederflächen  in  Combination  mit  dem  Dodekaeder  zeigten.  Ein 
Krystall  von  vorzüglicher  Klarheit  und  Homogenität,  parallel  der  Oktaeder- 
fläche zu  einem  05  Mm.  dicken  Plättchen  geschliffen,  liess  unter  dem 


')  Von  den  vielen  Ivrystallspecies,  welche  in  der  angegebenen  Richtung  unter- 
sucht wurden,  führe  ich  nur  die  obigen  Beispiele  an,  und  behalte  mir  vor,  Weiteres 
über  diesen  Gegenstand  in  einer  späteren  Arbeit  mitzutheilen. 


[15] 


Zur  Kritik  des  Leucitsystems. 


241 


Polarisationsmikroskop  bei  Güfacher  Vergrösserung  und  Einschaltung 
eines  empfindlichen  Gypsblättchens  (violett  2.  Ordnung)  jene  ausge- 
zeichnet polysynthetische  Structur  erkennen  , wie  sie  Fig.  III  Taf.  IX 
wiedergiebt.  Die  einzelnen  Subindividuen,  scharf  von  einander  abgetrennt, 
durchlaufen  die  ganze  Skala  der  Polarisationsfarben,  ein  Umstand,  der 
zur  Beurtheilung  ihrer  differenten  Beschaffenheit  einen  Massstab  liefert. 
Wie  Fig.  III  zeigt,  ist  die  Aggregation  eine  dodekaedrische  und  es 
lassen  die  grösseren  Subindividuen  wiederum  einen  polysynthetischen 
Bau  nach  demselben  Gesetz  erkennen. 

Die  polarisirende  Wirkung  regulärer  Krystalle  ist  schon  seit  lange 
namentlich  von  Brewster,  Biot  und  Marbach  zum  Gegenstand 
eingehender  Untersuchungen  gemacht  worden;  man  beschränkte  sich 
jedoch  wesentlich  darauf,  die  Helligkeitsunterschiede  bei  veränderter 
Stellung  des  Nicols  zu  constatiren,  ohne  die  bei  weitem  präciseren 
Erscheinungen  einer  näheren  Untersuchung  zu  unterziehen,  welche  bei 
Anwendung  empfindlicher  Gypsblättchen  in  so  überraschender  Weise 
hervortretcn.  Nachdem  die  Bi ot’sche  Erklärung  des  merkwürdigen  Ver- 
haltens isotroper  Medien  gegen  polarisirtes  Licht,  als  eine  Wirkung 
lamellarer  Structur,  schon  längst  nicht  mehr  als  befriedigend  angesehen 
werden  konnte  und  namentlich  durch  die  Ausführungen  von  Re  lisch1) 
eine  treffende  Widerlegung  erfahren  hat,  stellt  Reu  sch  selbst  a.  a.  0, 
eine  andere  Erklärung  auf,  die  an  eine  Ansicht  H.  Marbach ’s 
ankniipfend,  diese  Erscheinung  als  eine  Folge  tangentialer  Spannung 
zu  deuten  sucht,  welche  auch  die  krystallisirten  Medien,  ähnlich  den 
Colloiden  (Gelatine,  Collodium  etc.),  bei  ihrem  Uebergange  aus  dem 
flüssigen  in  den  festen  Aggregatzustand  erleiden  sollen. 

So  sinnreich  diese  Erklärung  auch  ist,  so  geht  sie  doch,  entgegen 
der  allgemeinen  Anschauung  von  dem  Wesen  des  Krystallisations-Pro- 
cesses,  von  der  Voraussetzung  aus,  dass  die  Aenderung  des  Aggregat- 
zustandes keine  plötzliche,  sondern  eine  successive,  durch  den  lialb- 
fftissigen  Zustand  der  Materie  vermittelte,  sei.  Ein  directer  Beweis  gegen 
jene  Ansicht  von  Re uscli  dürfte  aber  in  der  Thatsache  liegen,  dass 
Krystallschliffe  regulärer  Mineralien,  welche  die  obigen  Polarisations- 
wirkungen zeigen,  nach  ihrer  Zertrümmerung  keinerlei  Aenderung  ihrer 
diesbezüglichen  Erscheinungen  erkennen  lassen,  was  doch  nothwendiger 
Weise  der  Fall  sein  müsste,  falls  diese  einer  inneren  Spannung  ihre 
Entstehung  verdankten. 

Im  Allgemeinen  scheinen  alle  bisherigen  Erklärungsversuche  unter 
dem  Einfluss  jener  hergebrachten  Auffassung  über  die  absolute  Isotropie 
regulär  krystallisirender  Medien  zu  stehen,  welche  die  naheliegende 
Interpretation,  als  mit  dem  Wesen  des  regulären  Systems  anscheinend 
unvereinbar,  von  der  Hand  weisen  musste.  Seitdem  man  aber  durch 
genaue  Messinstrumente  in  der  Lage  ist,  sich  von  den  vielfachen  Ab- 
weichungen der  gonioinetrischen  Verhältnisse  der  Krystalle  zu  über- 
zeugen, die  ihrerseits  mit  der  Cohärenz  in  engster  Beziehung  zu  denken 
sind,  wird  man  nicht  anstehen  dürfen,  die  Polarisationswirkung  regulärer 


Monatsber.  der  k.  Akad.  d.  Wiss.  zu  Berlin  1867,  424. 


242 


Dr.  J.  Hirschwald. 


[16] 


Medien,  auf  Rechnung  ihrer  anormalen  Dichtigkeitsverhältnisse  zu 
setzen,  um  so  mehr,  als  sich  das  polarisirte  Licht  als  ein  sehr  empfind- 
liches Reagenz  gegen  jene  Anomalien  erweist.  So  ist  nach  Pf  aff1) 
z.  B.  die  Wärme  des  Fingers  ausreichend,  um  mittelst  der  hierdurch 
bewirkten  Ausdehnung  eines  Gypsblättchens,  eine  Farbenänderung  im 
polarisirten  Licht  hervorzurufen,  und  man  darf  in  der  Tliat  annehmen, 
tlass  so  geringfügigen  Differenzen  entsprechende  Anomalien  in  der  Aus- 
bildung regulärer  Krystalle,  zu  den  ganz  gewöhnlichen  Erscheinungen 
gehören.  Demnach  kann  es  nicht  Wunder  nehmen,  dass  die  meisten 
regulären  Species  wenigstens  Spuren  einer  Reaction  gegen  polarisirtes 
Licht  zu  erkennen  geben,  während  viele  derselben,  so  namentlich  Stein- 
salz, Zinkblende,  Analcim,  Flussspatb,  Sodalith,  Hauyn,  Nosean,  gemein- 
hin eine  scharf  ditferenzirte  Aggregation  zeigen,  deren  Subindividuen 
eine  namhaft  verschiedene  Polarisationswirkung  ausüben. 

Einige  charakteristische  Beispiele  dieser  Art  liefern  folgende 
Krystall  Vorkommnisse : 

Analcim  von  Zalesl  in  Böhmen.  Die  Krystalle  dieses  Fund- 
ortes sind  von  ausserordentlicher  Reinheit;  die  Flächen  lassen  jedoch 
unter  der  Loupe  eine  regelmässige  polyedrische  Ausbildung  mit  rhom- 
benförmigen Facetten  erkennen,  deren  Seiten  den  kürzeren  Kanten  des 
Ikositetraeders  parallel  gehen. 

Ein  Schliff  parallel  der  Oktaederfläche  zeigte  unter  dem  Polari- 
sationsmikroskop, bei  Anwendung  empfindlicher  Gypsblättchen 2)  eine 
dodekaedrische  Verwachsung,  deren  Subindividuen  sich  durch  scharf 
unterschiedene  Farben  von  einander  abgrenzen.  Fig.  IV.  Taf.  IX.  Schon 
Brewster3)  gibt  an,  dass  die  Polarisationsintensität  des  Analcim 
parallel  den  centralen  Dodekaederflächen  am  geringsten  sei,  ein  Umstand, 
der  sich  in  dem  gegebenen  Bilde  durch  dunkle  Lamellen  der  betref- 
fenden Lage  documentirt. 

Flussspatb  von  Stoib  erg  im  Harz.  Krystall  einer  sehr 
reinen  Abänderung  mit  facettirten  Würfelflächen  und  matter  Oktaeder- 
combination.  Ein  Schliff  parallel  der  Würfelfläche  zeigte  im  polarisirten 
Licht  rechtwinklig  sich  schneidende  Linien  parallel  der  Würfelkante, 
Fig.  V,  Taf.  IX,  die  sowohl  als  eine  Aggregation  parallel  der  Würfel- 
fläche, als  auch  der  Dodekaederfläche  gedeutet  werden  konnten.  Zur 
Entscheidung  dieser  Frage,  wurde  ein  Schliff  parallel  der  Oktaeder- 
fläche angefertigt;  derselbe  gab  jedoch  nur  Spuren  einer  Polarisations- 
erscheinung ohne  scharfe  Begrenzung  der  Subindividuen,  so  dass  das 
Wachsthumsgesetz  des  Flussspath’s  hieraus  nicht  zweifellos  erkannt 
werden  konnte. 

Zinkblende  von  Bagneres  in  den  Pyrenäen.  Aus  einem 
grösseren  Spaltungsstück  jener  bekannten  klaren,  gelben  Abänderung, 


Poggendorff’s  Annalen,  Bd.  104,  S.  173. 

-)  Särnmtliche  der  angeführten  Erscheinungen  setzen  die  Einschaltung  solcher 
Gypsblättchen  voraus. 

s)  Edinb.  phil.  Journ.  10,  255. 


[17] 


Zur  Kritik  des  Leucitsystems. 


243 


wurde  ein  Schliff  parallel  der  Dodekaederfläche  hergestellt.  Ausser  den 
regelmässigen  Streifensystemen  Fig.  VI.  zeigten  sich  unregelmässig 
verlaufende  Adern,  welche  sich  auch  im  gewöhnlichen  Licht  durch  eine 
etwas  dunklere  Farbennuance  verriethen.  Die  regelmässige  Lamellar- 
streifung geht  der  Dodekaederfläche  parallel. 

Es  mögen  diese  Beispiele  genügen,  um  die  Ansicht  zu  recht- 
fertigen,  dass  die  polarisirende  Wirkung  des  Leucits  keineswegs  als 
ein  Beweis  für  den  anisometrischen  Character  dieser  Species  gelten 
darf,  und  dass  im  Allgemeinen  alle  regulär  krystallisirenden  Medien, 
eine  mehr  oder  weniger  deutliche  Reaction  auf  polarisirtes  Licht  aus- 
üben, welche  in  innigem  Causalzusammenhang  steht  mit  der  polysyn- 
thetischen Bauweise  der  Krystalle,  wie  solche  sich  andererseits  in  der 
„gestreiften“  oder  „polyedrischen“  Beschaffenheit  der  Krystallflächen 
documentirt.1)  Dass  selbst  äusserst  glattflächige  Krystalle  im  polarisirten 
Licht  oft  sehr  bemerkbare  Anomalien  ihrer  Subindividuen  erkennen 
lassen,  dürfte  als  ein  Beweis  für  das  Accommodationsvermögen  der  gene- 
tischen Kräfte  gewisser  Species  dienen,  dem  zu  Folge  ein  völliger  äus- 
serer Ausgleich  der  ursprünglichen  Anomalien  denkbar  wäre.  Dieser 
Eigenschaft  ist  es  auch  wohl  zuzuschreiben,  dass  die  Krystalle,  trotz 
der  unregelmässigen  Ausbildung  ihrer  Subindividuen,  im  Allgemeinen 
eine  so  bewundernswürdige  Constanz  ihrer  Winkelverhältnisse  aufweisen; 
ja  es  erscheint  diese  Beständigkeit  der  Winkel  wesentlich  durch  die 
zwillingsartige  Aggregation  bedingt  zu  sein.  Denn  es  ist  eine  solche 
Ausgleichung  subindividueller  Winkelanomalien,  welche  sich  ihrerseits 
durch  eine  Oscillation  ein-  und  ausspringender  Winkel  kennzeichnen 
müsste,  nur  denkbar,  durch  Erstrebung  einer  Tangentialfläche  zu  diesen 
Winkeloscillationen,  welche  offenbar  mit  der  theoretisch  normalen  Lage 
der  Krystallfläche  zusammenfallen  muss.  Wir  besitzen  daher  in  dem, 
mit  empfindlichen  Gypsblättchen  combinirten  Polarisationsmikroskop  ein 
schätzbares  Instrument,  um  die  Gesetze  der  Krystallaggregation  selbst 
da  zu  ergründen,  wo  sie  sich  äusserlich,  durch  die  Beschaffenheit  der 
Krystallflächen  nicht  mehr  zu  erkennen  geben. 


')  Diesem  Verhalten  der  regulären  Mineralien  gegenüber  war  es  von  Interesse, 
zu  untersuchen,  ob  in  der  That,  wie  mehrfach  angegeben  worden  ist,  Leucite  ohne 
Spur  polarisirender  Wirkungen  Vorkommen.  Eine  grosse  Anzahl  von  Leuciten, 
welche  ich  hierauf  prüfte,  zeigte  ausnahmlos  selbst  in  den  kleinsten  Individuen  eine 
deutliche  Reaction.  Auch  Herr  Prof.  Zirkel,  welcher  auf  meine  Bitte  die  Freund- 
lichkeit hatte,  seine  Präparatensammlung  hierauf  durchzusehen,  bestätigte  mir  dieses 
Ergebniss;  am  geringsten  polarisirend  erwiesen  sich  ihm  die  Leucite  vom  Capo  di 
Bove,  doch  geben  auch  diese,  wie  ich  mich  später  überzeugte,  bei  Einschaltung  von 
Gypsblättchen  noch  sein'  deutliche  Erscheinungen. 


Mineralogische  Mittheilungen.  1875.  4.  Heft.  (Dr.  J.  Hirschwald.) 


33 


244 


Dr.  J.  Hirschwald. 


[18] 


3.  Die  Zwillingsverwachsung  und  die  optischen  Eigenschaften 

des  Lencits. 


Nach  dem  vorhergehenden  sind,  bezüglich  ihrer  ursächlichen 
Bedingungen,  drei  Arten  polysynthetischer  Zwillingsverwachsung  zu 
unterscheiden,  hervorgerufen : 

a)  Durch  die,  in  der  Entwicklung  des  Krystallsystems  selbst  liegende 

Asymmetrie  (Albit,  Anorthit); 

b)  durch  hemiedrische  Ausbildung  (Quarz,  Kalkspath); 

c)  durch  anomale  goniometrische  Entwicklung  der  Subindividuen 

(Vesuvian,  Apatit,  Granat,  Flussspath,  Steinsalz,  Zinkblende). 

Geht  man  die  Reihe  der  bekannten  polysynthetischen  Bildungen 
durch,  so  findet  man  das  unter  a)  angeführte  Gesetz  ausschliesslich  im 
monoklinen  und  triklinen  System  ausgebildet.1)  Dagegen  tritt  das  zweite 
Wachsthumsgesetz  vorzugsweise  im  hexagonalen  und  regulären  System 
auf,  während  das  dritte  Gesetz  alle  Krystallsysteme  beherrscht. 

Hinsichtlich  des  Leucits  lässt  sich  daher  ebenso  wenig  wie  für 
das  Zwillingsgesetz  parallel  der  nächst  schärferen  Pyramide,  ein  Bei- 
spiel für  die  polysynthetische  Verwachsung  überhaupt  innerhalb  des 
quadratischen  Systems  anführen,  während  eine  völlige  Analogie  betreffs 
der  bezüglichen  Bildungen  der  regulären  Krystallspecies,  namentlich 
des  Granat,  Analcim,  Zinkblende  etc.  obwaltet.  Nach  G.  v.  Rath  sind 
jedoch  nicht  alle  Flächen  der  aufgewachsenen  Leucitkrystalle  in  gleicher 
Weise  gestreift;  es  fehlen  vielmehr  die  der  quadratischen  Säule  ent- 
sprechenden Zwillingslamellen,  welche  die  Polysynthesie  im  Sinne  einer 
regulären,  dodekaedrischen  Aggregation  ergänzen  würden.  Nichts  desto 
weniger  werden  jedoch  a.  a.  0.  Krystalle  desselben  Fundortes  beschrie- 
ben, an  denen  die  dodekaedrische  Streifung  vollzählig  auftritt,  und  es 
wird  diese  Erscheinung  aus  der  vielfachen  Verwachsung  abgeleitet, 
deren  die  Subindividuen  fähig  sind,  so  dass  die,  diese  Vertikalstreifung 
tragende  Pyramide,  in  Wirklichkeit  ebenfalls  durch  die  Flächen  der 
Dipyramide  gebildet,  zu  denken  wäre. 

Der  Nachweis,  ob  diese  Erklärung,  welche  gewiss  an  manchen 
Krystallen  ihre  volle  Berechtigung  hat  (vergl.  Kryst.  VII  u.  VIII,  S.  4), 
ausschliesslich  zutreffend  ist,  wovon  begreiflicherweise  zum  nicht  geringen 
Theil  die  Entscheidung  über  das  Krystallsystem  des  Leucits  abhängig 
erscheint,  lässt  sich  goniometrisch,  in  Folge  der  schwankenden  Winkel- 
verhältnisse nicht  wohl  führen;  dagegen  wird  die  Untersuchung  ent- 
sprechender Krystallschliffe  im  polarisirten  Licht,  wodurch  eine  secun- 
däre  Aggregation  sich  auf  den  ersten  Blick  durch  scharf  hervortretende 


')  Harmotom  und  Phillipsit,  die  eine  scheinbare  Ausnahme  machen,  sind  nach 
Des  Cloizeaux  nicht  oi’thorhombisch,  sondern  monoklin. 


[19] 


Zur  Kritik  des  Leucitsystems . 


245 


Demarkationslinien  verräth,  einen  unzweifelhaften  Anhalt  für  die  Be- 
urtheilung  des  Zwillingsgesetzes  liefern  müssen. 

Den  bezüglichen  Untersuchungen  hierauf  mögen  zunächst  die 
Beobachtungen  an  eingewachsenen  Leuciten  vorausgehen. 

Zur  Herstellung  der  erforderlichen  Schliffe  wurde  aus  einer  der 
Sommalaven,  ein  sehr  präcise  gebildeter  Krystall  von  15  Mm.  Grösse 
ausgewählt  und  aus  demselben  zunächst  je  ein  Plättchen  parallel  der 
Würfel-,  Dodekaeder-  und  Oktaederfläche  geschnitten.  Die  Bilder,  welche 
die  betreffenden  Schliffe  im  polarisirten  Licht,  unter  Einschaltung  eines 
Gypsblättchens  (Violett.  2 Ordng.)  gaben,  sind  in  Fig.  VII — IX  dar- 
gestellt. Dieselben  zeigen  eine  durchaus  vollzählige  dodekaedrische  Zwil- 
lingsverwachsung, ohne  dass  auch  nur  eine  Spur  secundärer  Gruppen- 
einigung sich  bemerkbar  machte.  Zwei  fernere  Würfelschnitte , welche 
nunmehr  die  Beobachtung  nach  den  drei  Hauptaxen  ermöglichten,  gaben 
genau  dasselbe  Bild  wie  Fig.  V,  ohne  dass  eine  nennenswerthe  Inten- 
sitätsdifferenz der  Polarisationswirkung  wahrnehmbar  war;  gewiss  ein 
vollgiltiger  Beweis  für  den  regulären  Charakter  der  eingewachsenen 
Leucite. 

Es  verdient  jedoch  hervorgehoben  zu  werden,  dass  die  Vollzählig- 
keit der  dodekaedrischen  Wachsthumsrichtungen,  wenngleich  sie  sich  im 
Allgemeinen  in  prägnanter  Weise  documentirt,  doch  nicht  in  jedem 
Punkt  des  Krystallinnern  als  durchgreifend  sich  erweist.  So  sieht  man 
in  Fig.  VIII  die  verticale  Streifung  am  oberen  Rande  fast  vollständig 
verschwinden,  während  an  anderen  Stellen  die  Querstreifung  ausfällt. 
Noch  schärfer  tritt  jener  Umstand  in  Fig.  IX  hervor,  wo  nur  in  wenigen 
Punkten  eine  Vollzähligkeit  der  sich  unter  60°  schneidenden  Lamellen 
zu  beobachten  ist.  Dieses  Verhalten  findet  in  der  Auffassung  seine 
völlige  Erklärung,  dass  die  polysynthetische  Zwillingsbildung  den  Aus- 
gleich subindividueller  Winkelanomalien  erstrebt,  was  naturgemäss  nur 
durch  eine  partielle  Ausbildung  der  Wachsthumsrichtungen  in  einem 
der  goniometrischen  Asymmetrie  entgegengesetzten  Sinne  erreichbar 
erscheint.  Wie  wenig  dieses  Verhalten  aber  zur  Annahme  einer  ausser- 
halb des  regulären  Systemes  liegenden  Tendenz  der  Aggregation  berech- 
tigt, dafür  gibt  die  Abbildung  des  Granatschliffes  in  Fig.  III  einen 
genügenden  Beweis.  Auch  hier  wiederholt  sich  die  partielle  Ausbildung 
der  Zwillingsverwachsung  innerhalb  der  grösseren  Subindividuen  in  sehr 
charakteristischer  Weise , ohne  dadurch  den  regulären  Charakter  der 
Aggregation  im  Geringsten  zu  beeinflussen. 

Wenn  es  demnach  als  unzweifelhaft  gelten  darf,  dass  die  ein- 
gewachsenen Leucite  dem  regulären  System  angehören  und  dass  ins- 
besondere die  partielle  Ausbildung  der  Wachsthumsrichtungen  in  der 
oben  angeführten  Weise  als  ein  Beweis  für  den  anisometrischen  Charakter 
der  Aggregation  nicht  betrachtet  werden  kann,  so  würde  das  Fehlen 
der  Zwillingsstreifung  auf  gewissen  Flächen , vorausgesetzt , dass  es 
nicht  ein  durchgreifendes  Charakteristikum  der  aufgewachsenen  Kry- 
stalle  bildet , eine  völlige  Analogie  in  den  soeben  geschilderten  Ver- 
hältnissen der  eingewachsenen  Leucite  finden.  Würde  sich  aber  iiber- 

33* 


246 


Dr.  J.  Hirschwald. 


[20] 


dies  bei  der  optischen  Untersuchung  der  aufgewachsenen  Krystalle  der 
Nachweis  einer  vollzähligen  dodekaedrischen  Wachsthumsentwicklung, 
bei  völliger  Abwesenheit  secundärer  Gruppeneinigung  führen  lassen , so 
wäre  damit  ein  directer  Beweis  völliger  Identität  beider  Leucitvorkomm- 
nisse,  hinsichtlich  ihrer  Zwillingsbildung,  erbracht. 

Dieses  ist  nun  aber  thatsächlich  der  Fall;  ja,  die  vollzählige 
dodekaedrische  Polysynthesie  zeigte  sich  an  den  Krystallen  zweier  mir 
zu  Gebote  stehenden  verschiedenen  Kalkauswürflinge,  als  eine  vollkommen 
regelmässige  Erscheinung. 

Auswürfling  I.  Krystallinisch - körniger , blaugrauer  Kalk  mit 
klaren,  aufgewachsenen  Leuciten  und  sehr  zierlichen  Augitkryställchen. 
Der  Leucit  bildet  zum  Theil  krystallinisch e Aggregate  von  undeutlicher 
kugeliger  Begrenzung  bis  13  Mm.  Grösse;  dazwischen  liegen  kleinere, 
gut  ausgebildete  Individuen  mit  glänzenden  Flächen , die  stellen- 
weise wie  angefressen  erscheinen. 

Auswürfling  II.  Krystallinisch  - körniger , grauer  Kalk  mit 
weissem  Kalkspath  durchwachsen.  Auf  einer  Rinde  von  Idokras  sitzen 
zierliche,  4 Mm.  grosse  Leucitkrystalle  von  eigenthümlich  graugrüner 
Farbe  und  opakem  Ansehen,  ähnlich  dem  gewisser  Oligoklase.  Die 
Individuen  sind  ersichtlich  mit  einer  zarten  Schmelzrinde  umgeben, 
welche  jedoch  die  Zwillingsstreifung  noch  deutlich  erkennen  lässt.1) 
Dieselbe  zeigt  sich  an  den  in  Rede  stehenden  Krystallen  auf  sämmt- 
lichen  Flächen,  so  dass  eine  Differenz  der  einzelnen  Ikositetraederflächen 
nicht  bemerkbar  ist. 

Von  beiden  Stücken  wurden  die  vorzüglichsten  Krystalle  aus- 
gewählt und  aus  ihnen  Schliffe  parallel  der  Oktaederfläche  angefertigt. 
Sämmtliche  Präparate  zeigten  eine  vollzählige  dodekaedrische  Polysyn- 
thesie, genau  so,  wie  es  in  Fig.  V von  den  eingewachsenen  Krystallen 
dargestellt  ist;  nicht  der  geringste  Unterschied  liess  sich  constatiren, 
weder  betreffs  der  Intensität  der  Polarisationserscheinung  der  einzelnen 
Lamellensysteme,  noch  hinsichtlich  ihrer  Vollzähligkeit.  Man  darf  diese 
Thatsache  wohl  als  einen  vollgiltigen  Beweis  für  den  regulären  Charakter 
der  Zwillingsbildung  der  aufgewachsenen  Leucite  betrachten,  und  wenn 
auch  nicht  daran  zu  zweifeln  ist,  dass  Individuen  Vorkommen,  an  denen 
eine  partielle  Ausbildung  des  regulären  Wachsthums  sich  geltend  macht, 
wie  das  vielfach  auch  an  den  eingewachsenen  Krystallen  zu  beobachten 
ist,  so  kann  diese  Erscheinung  nur  die  Annahme  bestätigen,  dass  ein 


’)  Gegenüber  der  allgemeinen  Annahme , dass  der  Leucit  unschmelzbar  sei, 
mag  hier  die  Bemerkung  eine  Stelle  finden,  dass  man  sich  unschwer  von  dem  Gegen- 
tbeil  überzeugen  kann.  Das  feine  Pulver,  auf  Kohle  oder  Platinblech  zn  einem 
Scheibchen  zusammengefrittet  und  mittelst  der  Pincette  in  eine  gute  Löthrohrflamme 
gebracht,  zeigt  schon  nach  wenigen  Secunden  Spuren  von  Schmelzung;  auch  an 
dünnen  Splittern  gelingt  der  Nachweis  leicht. 


[21] 


Zur  Kritik  des  Leucitsystems. 


247 


über  die  „polysymmetrische“  Entwicklung  hinausgehender  specifischer 
Unterschied  beider  Leucitvorkommnisse  nicht  existirt. 

Bemerkenswerth  ist  es  übrigens,  dass  die  eingewachsenen  Krystalle 
der  Laven,  trotz  der  gleichen  polysynthetischen  Ausbildung,  keine  Spur 
jener  an  den  aufgewachsenen  Leuciten  scharf  markirten  Zwillings- 
streifung erkennen  lassen,  so  dass  hier  ein  vollkommener  äusserer  Aus- 
gleich der  Winkelanomalien,  unterstützt  durch  den  langsameren  Bildungs- 
process,  stattgefunden  zu  haben  scheint.  Bei  dem  Bemühen,  auf  den 
Flächen  der  eingewachsenen  Leucite  Spuren  etwaiger  Zwillingsstreifen 
zu  entdecken,  wurde  ich  auf  jene  mehret  wähnten  Krystalle  aufmerksam, 
welche  bei  der  Eruption  am  22.  März  1845  vom  Vesuv  ausgeworfen 
wurden.  Dieselben  sind  rundum  ausgebildet,  bis  20  Mm.  gross  und 
von  modellähnlicher  Form.  Fig.  IX,  Taf.  IX  gibt  ein  Bild  eines  solchen 
Krystalls;  die  Flächen  sind  mattglänzend  und  zeigen  sehr  scharf  hervor- 
tretende , breite,  hellere  Bänder,  welche  anscheinend  oktaedrischen 
Lamellen  entsprechen.  Besonders  auffallend  ist  die  ausserordentliche 
.Regelmässigkeit  dieser  Streifen , die  in  den  Kanten  des  Krystalls  auf’s 
Genaueste  correspondiren  und  auch  in  den  Ecken  stets  vollzählig  zusam- 
menstossen.  Die  Streifung  selbst  markirt  sich  bei  näherer  Betrachtung 
mit  der  Loupe  durch  einspringende  Winkel,  welche  gewissermassen 
durch  oscillatorischeCombination  der  Ikositetraederfläche  mit  der  Oktaeder- 
fläche gebildet  werden.  Wenngleich  diese  Erscheinung  unzweifelhafte 
Spuren  einer  Erosion  trägt  und  zum  Theil  erst  durch  die  Wirkung  der 
letzteren  entstanden  sein  dürfte,  so  wird  sie  doch  nichtsdestoweniger 
einen  weiteren  Anhalt  für  das  Studium  der  Cohäsionsverhältnisse  dieses 
Minerals  gewähren.  Einmal  hierauf  aufmerksam  geworden,  findet  man 
eine  Andeutung  dieser  oktaedrischen  Streifung,  durch  scharfe  Sprünge 
markirt,  an  vielen  der  grösseren  Lavaleucite  wieder  Mehrere  Schliffe 
solcher  Krystalle  wurden  im  polarisirten  Licht  untersucht;  sie  zeigten 
jedoch  die  völlig  normale  dodekaedrische  Aggregation,  so  dass  die  oben 
erwähnte  Erscheinung  in  keinerlei  Beziehung  zu  der  polysynthetischen 
Natur  und  dem  optischen  Charakter  der  Leucite  zu  stehen  scheint 

Da  selbst  in  schnell  erkalteter  Lava  sich  noch  ansehnliche  Leucite 
ausscheiden,  so  war  es  von  Interesse,  zu  versuchen,  ob  nicht  durch 
Umschmelzen  wiederum  derartige  Krystalle  zu  erhalten  seien.  Gelang 
dieses,  so  blieb  die  Möglichkeit,  dass  solche  unter  immerhin  etwas  ver- 
änderten Bedingungen  entstandene  Leucite  diese  oder  jene  Erscheinung 
der  natürlichen  Krystalle,  vielleicht  in  etwas  prägnanterer  Weise,  zum 
Ausdruck  bringen  würden.  Es  wurde  hierzu  eine  Leucitlava  gewählt, 
welche  durch  zahlreiche,  schön  gebildete  Augitkrystalle  ausgezeichnet 
war,  und  die  Schmelzung  in  einem  kleinen  Graphittiegel  mittelst  eines 
F letsch  er’ sehen  Gasofens  bewerkstelligt.  Bei  einstündiger  Feuerung 
kam  die  Lava  in  vollständigen  Fluss  und  nach  dem  Erkalten  zeigte  die 
Oberfläche  eine  stark  blasige  Beschaffenheit,  während  sich  im  unteren 
Theil  des  Tiegels  in  einer  glasigen,  homogenen  Grundmasse  eine  grössere 
Anzahl  sehr  schön  gebildeter  Leucitkrystalle  bis  zu  2'5  Mm.  Grösse 
in  scharfen  Ikositetraedern  ausgeschieden  hatten.  Die  optische  Unter- 
suchung zeigte  eine  sehr  fein  differenzirte  polysynthetische  Structur  nach 


248 


Dr.  J.  Hirschwald. 


[22] 


den  Flächen  des  Dodekaeders,  ohne  jedoch  irgend  welche  Unterschiede 
gegenüber  den  gleichartigen  Erscheinungen  der  natürlichen  Krystalle 
erkennen  zu  lassen. 


Fassen  wir  zum  Schluss  die  aus  den  vorstehenden  Abschnitten 
sich  ergebenden  Resultate  in  Kürze  zusammen , so  gelangen  wir  zu 
folgender  Charakteristik  des  betreffenden  Krystallsystems : 

1.  Der  Leucit  zeichnet  sich  insbesondere  durch  seine  variable 
goniometrische  Entwicklung  aus,  welche  an  theoretisch  gleichwerthigen 
Kanten  eines  und  desselben  Individs  oftmals  Winkeldiflferenzen  in  dem- 
selben Umfange  hervorbringt,  wie  sie  andererseits  Krystalle  verschiedenen 
Vorkommens  aufweisen. 

2.  Die  eingewachsenen  Krystalle  der  Sommalaven  zeigen  zum  Theil 
eine  sehr  präcise  reguläre  Ausbildung;  daneben  finden  sich  nicht  selten 
Individuen  von  äusserst  unregelmässiger,  im  Allgemeinen  aber  isometri- 
scher Entwicklung,  deren  Winkelverhältnisse  auf  eine  Polysynthesie 
mehr  oder  weniger  quadratisch  ausgebildeter  Subindividuen  schliessen 
lassen. 

3.  Die  aufgewachsenen  Krystalle  der  vesuvischen  Kalkauswürflinge 
bewahren  dagegen  oftmals  trotz  ihres  synthetischen  Baues  sehr  ent- 
schieden quadratische  Winkelverhältnisse;  doch  finden  sich  auch  hier 
häufig  genug  Krystalle , welche  durch  polysynthetische  Verwachsung 
ihren  quadratischen  Charakter  vollständig  eingebüsst  haben. 

4.  Im  Allgemeinen  lässt  der  Leucit  rücksichtlich  seiner  Kantenwinkel 
eine  Reihenentwicklung  erkennen,  deren  äusserste  Glieder  die  präcise 
gebildeten  regulären  Krystalle  der  Sommalaven  einerseits,  die  aufge- 
wachsenen quadratischen  Individuen  der  vesuvischen  Kalkauswürflinge 
andererseits  bilden.  Zwischen  diesen  extremen  Gliedern  giebt  es  eine 
Anzahl  der  verschiedensten  Uebergänge,  die  weder  den  Charakter  des 
regulären  noch  den  des  quadratischen  Systems  mit  Bestimmtheit  erkennen 
lassen. 

5.  Diese  Uebergangsglieder  gehören  sowohl  den  Krystallen  der 
Laven,  als  denen  der  Kalkblöcke  an,  und  es  lässt  sich  ein  specifischer 
Unterschied  beider  Vorkommnisse  hinsichtlich  ihrer  goniometrischen 
Entwicklung  nicht  feststellen. 

6.  Die  mannigfach  verschiedene  Winkelausbildung  hat  keinerlei 
Einfluss  auf  die  Fläckencombination  der  Krystalle;  dieselbe  ist  aus- 
nahmlös  die  des  regulären  Systems , dem  auch  der  ganze  äussere 
Habitus  und  die  Zwillingsbildung  entspricht. 

7.  Im  polarisirten  Licht  verhalten  sich  die  Leucite  analog  den 
meisten  regulären  Ivrystallspecies , wie  namentlich  Granat,  Analcim, 
Flussspath,  Zinkblende.  Entsprechend  der  variablen  goniometrischen 
Entwicklung,  macht  sich  eine  mehr  oder  weniger  hervortretende  Aniso- 
tropie derart  bemerkbar,  dass  die  einzelnen  Subindividuen  des  polysyn- 


[23] 


Zur  Kritik  des  Leucitsystems. 


249 


thetischen  Krystalls,  eine  namhaft  verschiedene  Einwirkung  gegen 
polarisirtes  Licht  ausüben. 

8.  Ein  optischer  Unterschied  zwischen  den  Leuciten  der  Laven 
und  den  aufgewachsenen  Krystallen , lässt  sich  nicht  erweisen ; beide 
Vorkommnisse  zeigen  vielmehr  eine  durchaus  vollzählig  reguläre,  poly- 
synthetische Zwillingsbildung. 

Nach  alledem  ist  die  Existenz  regulärer  und  quadratisch  ent- 
wickelter Individuen , auf  eine  dimorphe  Ausbildung  des  Leucits  nicht 
zurückführbar;  vielmehr  erhält  die  Vermuthung  Scacchi’s,  dass  der 
Leucit  polysymmetrisch  sei,  durch  den  Nachweis  zweifellos  regulär 
gebildeter  Krystalle,  ihre  völlige  Bestätigung. 

Es  wird  somit  der  Leucit  als  eine  reguläre  Krystall- 
species  mit  poly symmetrischer  Entwicklung,  im  Sinne 
des  quadratischen  Systems  zu  betrachten  sein.  Nach  dieser 
Auffassung  erscheint  die  Entdeckung  der  quadratischen  Ausbildung  der 
aufgewachsenen  Krystalle,  als  einer  der  werthvollsten  Beiträge  zur 
Befestigung  der  Scacchi’schen  Lehre  der  „Polysymmetrie“,  die  berufen 
sein  dürfte,  ein  tieferes  Verständniss  für  eine  Anzahl  bisher  unauf- 
geklärter krystallographischer  Erscheinungen  anzubahnen. 


Erklärung  der  Abbildungen  auf  Taf.  IX. 


Fig.  I.  Apatit,  bläulich  gefärbt,  von  Schlackenwalde  in  Böhmen ; 
Schliff  parallel  einer  Fläche  des  digonalen  Prisma’s;  Polarisationser- 
scheinung bei  30facher  Vergrösserung.  Das  Polarisationsmikroskop  mit 
einem  Gypsblättchen  violett  2.  Ordnung  combinirt. 

Fig.  II.  Vesuvian  von  Arendal.  Schliff  parallel  der  Prismentiäche 
Polarisationserscheinung  bei  SOfacher  Vergrösserung;  Gypsblättchen: 
violett,  3.  Ordnung. 

Fig.  III.  (Granat)  Kanalstein  von  der  Mussa-Alp,  Schliff  parallel 
der  Oktaederfläche;  Polarisationserscheinung  bei  öOfacher  Vergrösserung  : 
Gypsblättchen;  violett,  2.  Ordnung. 

Fig.  IV.  Analcim  von  Zahlesl  in  Böhmen.  Schliff  parallel  der 
Oktaederfläche;  Polarisationswirkung  bei  SOfacher  Vergrösserung;  Gyps- 
blättchen: violett,  2.  Ordnung. 

Fig.  V.  Flussspath  von  Stolberg  am  Harz.  Schliff  parallel  der 
Würfelfläche,  w.  o. 

Fig.  VI.  Zinkblende  von  Bagneres  in  den  Pyrenäen.  Schliff  parallel 
der  Dodekaederfläche;  w.  o. 


250 


Dr.  J.  Hirschwald.  Zur  Kritik  des  Leucitsystems. 


[24] 


Fig.  VII.  Leucit  aus  einer  Lava  vom  Monte  Somma.  Schliff 
parallel  der  Würfelfläche;  bei  60facher  Vergrösserung;  Gypsblättchen : 
violett,  2.  Ordnung. 

Fig.  VIII.  Dgl.  parallel  der  Dodekaederfläche. 

Fig.  IX.  Dgl.  parallel  der  Oktaederfläche.  Sämmtliche  drei  Schliffe 
von  demselben  Xrystall. 

Fig.  X.  Leucitkrystall.  Auswürfling  des  Vesuv  bei  der  Eruption 
am  22.  März  1845.  Mit  oktaedrischer  Flächenzeichnung.  Grösse  20  Mm. 


IV.  Ueber  die  Entsteiuingsweise  der  Zellenkalke  und 
verwandter  Gebilde. 

Von  Edmund  F.  Neminai*. 


Einleitung. 

Unter  den  zahlreichen  Fragen  der  Geologie  über  die  Bildung 
sedimentärer  Gesteine,  hat  wohl  selten  eine  zu  so  vielfachen  Erklärungen 
Veranlassung  gegeben  als  die  über  die  Bildung  des  Dolomits  und  dessen 
Verhältnis  zum  Kalkstein.  Wenn  auch  durch  einfache  Kriterien  eine 
scharfe  Unterscheidung  zwischen  Kalkstein  und  Dolomit  nicht  leicht 
möglich  ist,  so  war  man  doch  stets  bestrebt  ihre  Unterscheidungsmerk- 
male deutlich  hervorzuheben.  Anders  als  mit  den  unveränderten  Ge- 
steinen verhielt  es  sich  jedoch  mit  den  zelligen  Gebilden  derselben,  die 
man,  ohne  Rücksicht  auf  das  Gestein  aus  dem  sie  entstanden,  gewöhn- 
lich unter  den  Namen  Rauch wacke  zu  subsumiren  pflegte,  und 
darunter  bald  cavernöse  Kalke,  bald  cavernöse  Dolomite  verstand  wie 
z.  B.  Zirkel.1) 

Da  jedoch,  wie  ich  später  zu  zeigen  Gelegenheit  haben  werde, 
die  cavernösen  Dolomite  auf  eine  andere  Weise  entstehen  als  die  zelligen 
Kalke,  so  wäre  es  angemessen,  mit  dem  Ausdruck  Rauch  wacke,  oder 
besser  Rauh  wacke,  jenes  zellige  Gebilde  zu  bezeichnen,  das  aus  Kalk- 
stein entsteht,  und  durch  seine  meist  krystallinischen  Zellen  ausgezeich- 
net ist , die  ziemlich  regelmässig  angeordnet  entweder  hohl  oder  mit 
einer  staubartigen  Masse  ausgefüllt  sind.  Treffender  jedoch  als  mit  dem 
Ausdruck  Rauh  wacke  könnte  dieses  Gebilde  mit  „Zellenkalk“ 
bezeichnet  werden.  Analog  der  Benennung  Zellenkalk  müsste  man  dann, 
je  nach  den  Gesteinen,  die  eine  zellige  Struktur  zeigen,  einen  Zel- 
lendolomit, Zellenquarz  u.  s.  w.  annehmen.  Auf  diese  Art  würde 
dann  durch  jede  dieser  Bezeichnungen  nicht  allein  der  Begriff  des  jewei- 
ligen zelligen  Gesteines  vollkommen  ffxirt  sein,  sondern  auch  jede  Ver- 
wechslung mit  andern  Gesteinen  vermieden  werden. 

Die  unrichtigen  älteren  Ansichten  über  die  Umwandlung  des 
Kalksteines  in  Dolomit  und  noch  mehr  über  die  des  Dolomits  in  Kalk- 
stein mussten  zur  natürlichen  Folge  haben,  dass  man  die  Zellen- 
kalke bald  als  Umwandlungsprodukt  des  einen,  bald  des  anderen 
Gesteines  hielt  oder  gar  als  eine  Vereinigung  beider  unter  verschiedenen 
Verhältnissen. 


‘)  F.  Zirkel.  Lehrbuch  der  Petrographie  I.  Bd.,  pag  233. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1875.  4,  Heft.  (Edmund  F.  Neminar.) 


34 


252 


Edmund  F.  Neminar. 


[2] 


Aber  nicht  allein  die  Materie,  aus  der  man  die  Zellenkalke  ent- 
standen wissen  wollte,  war  eine  verschiedene,  auch  der  Habitus  wurde 
mitunter  als  grundverschieden  bezeichnet.  So  spricht  Morlot J)  von  einer 
vollendeten  und  einer  z e 1 1 i ge n Rauhwacke,  wobei  er  sich  unter 
vollendeter  Rauhwacke  eine  dichte  Kalksteinmasse  denkt,  die  auf  eine 
bestimmte  Art  aus  Dolomit  entstand.  Dass  eine  solche  Scheidung  der 
Zellenkalke  schon  aus  dem  sehr  einfachen  Grunde  unmöglich  ist,  als  dann 
folgerichtig  jede  dichte  Kalkmasse , deren  Entstehungsweise  auf  eine 
andere  Art , als  die  von  Morlot  bei  der  vollendeten  Rauhwacke  ange- 
gebene, nicht  genau  erwiesen  ist,  als  vollendete  Rauhwacke  bezeichnet 
werden  könnte,  ist  evident. 

Nach  dieser  kurzen  Erörterung  will  ich  noch,  bevor  ich  die 
Bildungsweise  der  Zellenkalke  selbst  bespreche,  vorerst  auf  die  petro- 
graphischen  Verhältnisse  im  Auftreten  der  Zellenkalke,  die  mir  für 
meine  Untersuchungen  das  nöthige  Material  boten,  näher  eingehen. 

Petrographisches. 

Die  Kalkablagerungen  im  Randgebirge  des  Wiener  Beckens,  die 
in  einer  Richtung  von  W.  nach  NO.  hinziehend  bei  dem  Orte  Mauer 
ihren  nordöstlichsten  Punkt  erreichen,  zeigen  in  ihrem  Auftreten  oft 
sehr  mannigfaltige  Verhältnisse.  Vor  Allem  war  es  der  rasche  Wechsel 
älterer  und  jüngerer,  durch  oft  zahlreiche  typische  Versteinerungs- 
formen vollkommen  charakterisirter  Bildungen,  der  die  Beobachtung 
der  Geologen  an  sich  zog. 

So  hatte  denn  auch  K.  M.  Paul* 2)  die  Verhältnisse  eines  Theiles 
dieser  Ablagerungen  besprochen  und  auch  einige  charakteristische  Ver- 
steinerungsformen angeführt.  Eingehender  noch  besprach  Toula3)  die 
durch  Versteinerungsformen  charakterisirten  Tlieile  dieses  Gebietes. 

Einzelne  Tlieile  jedoch,  die  wohl  nur  petrographisches  Interesse 
boten,  blieben  mehr  oder  weniger  unberücksichtigt,  und  einen  solchen 
Theil  bildet  jenes  Gebiet  des  Kalkgebirges,  das  sich  in  Kalksburg  am 
linken  Ufer  des  Gutenbaches  von  N.  nach  S.,  und  am  rechten  Ufer  der 
reichen  Liesing  in  gerade  südwestlicher  Richtung  von  dem  Jesuiten- 
collegium in  Kalksburg  gegen  den  Ort  Kaltenleutgeben  hinzieht,  und 
in  dem  grossen  Steinbruche  bei  der  Waldmühle  endet. 

Dieses  Gebiet,  das  wohl  nur  in  dem  Tlieile  des  Gutenbachthaies 
durch  mehrere  Steinbrüche,  dann  aber  nur  noch  durch  den  grossen 
Waldmühl-Steinbruch  in  Kaltenleutgeben  aufgeschlossen  erscheint,  ist 
durch  ein  reichhaltiges  Auftreten  von  Zellenkalken  vorzugsweise  charak- 
terisirt.  Die  Aufschlüsse,  die  am  linken  Ufer  des  Gutenbaches  in  der 
Richtung  von  N.  nach  S.  gegen  die  Kalksburger-Strasse  hin  in  geringen 
Zwischenräumen  aufein  anderfolgen , gestatteten  auch  ihrer  leichten 
Zugänglichkeit  wegen  eine  genaue  Beobachtung  der  Bildungsverhältnisse 
der  Zellenkalke  in  der  Natur  selbst,  und  so  will  ich  im  Folgenden  die 
Profile  derselben,  die  ich  an  Ort  und  Stelle  aufgenommen,  wiedergeben. 

Haidinger’s  Berichte  der  Freunde  der  Naturwissenschaften.  III.  Bd.,  p.  81. 

2)  Ein  geologisches  Profil  aus  dem  Randgebirge  des  Wiener  Beckens.  Jahrb. 
d.  k.  k.  geolog.  Reichsanstalt  1859.  pag.  257 — 262. 

s)  Beiträge  zur  Kenntniss  des  Randgebirges  der  Wiener  Bucht  bei  Kalksburg 
und  Rodaun.  Jahrb.  d.  k.  k.  geol.  Reichsaustalt,  1871,  p.  437 — 450. 


lieber  die  Entstehungsweise  der  Zellenkalke  u.  verwandter  Gebilde.  253 


Am  westlichen  Ende  des  Ortes  Kalksburg  bildet  der  Gutenbach 
in  dem  Kalksburg  im  Norden  begrenzenden  Kalkgebirge  ein  anmuthig 
reizendes  Thal.  Dieses  an  der  Kalksburger- Strasse , von  wo  aus  der 
Gutenbach  im  alluvialen  Gebiete  iliesst,  nur  schmale  Thal  durchzieht 
in  nordwestlicher  Richtung  das  Kalkgebirge,  und  öffnet  sich  allmählig 
immer  mehr,  bis  es  seine  nahezu  grösste  Ausdehnung  mit  dem  Austritte 
aus  der  Kalkzone  erreicht. 

Dieser  Punkt,  wo  sich  das  Kalkgebirge  in  den  Wiener  Sandstein 
verflacht,  wäre  nun  als  nordwestlichste  Grenze  des  Kalksteins,  der  hier 
in  NNW. -Richtung  unter  den  Wiener  Sandstein  einfällt,  zu  bezeichnen. 
Von  diesem  Punkte  im  Gutenbachthale  zurück  gegen  Kalksburg  gehend, 
findet  man  hart  an  der  Strasse,  die  in  nahezu  nord-südlicher  Richtung 
angelegt  ist,  eine  Reihe  von  grösseren  Aufschlüssen,  die  ich  nach  ihrer 
Aufeinanderfolge  von  Nord  nach  Süd  mit  Aufschluss  I,  II  . . . be- 
zeichnen will.  Fig.  l. 


R.  Zellenkalke.  K.  Hellgrauer  Kalkstein.  Kr  Gelber  Kalkstein,  durch  Eisenoxyd- 
hydrat  oft  stark  geröthet.  M.  Hellgrauer  Mergel  mit  undeutlichen  Pflanzenresten. 

Hart  an  der  Strasse  von  wo  dieser  Aufschluss  I.  aufgenommen 
ist  findet  man,  gleichsam  die  Basis  dieses  Steinbruches  bildend,  einzelne 
Schichten  eines  dunkelgrauen  dichten  Kalksteins  (Guttensteiner  Kalk) 
anstehend,  denen  die  hellgrauen  und  gelben  Kalke  K und  K,  discordant 
überlagert  erscheinen.  Dieser  dunkelgraue  Kalkstein  findet  sich  stark 
zerklüftet  in  der  tiefst  aufgeschlossenen  Lage  des  nächsten  Aufschlusses 
wieder , und  tritt  in  dem  der  Kalksburger-Strasse  zunächst  liegenden 
Aufschluss  abermals  als  dichter  grauer  Kalk  (Guttensteiner  Kalk  zu  Tage. 
Diesem  Kalksteine  discordant  übergelagert  liegen  nun  die  grauen  und 
gelben  Kalke  K und  Kx,  welche  von  SW. — NO.  mit  Stunde  15 
streichen  und  mit  40°  nach  SO.  einfallen.  Den  mitunter  ziemlich 
mächtigen  Schichten  K und  Kx  dazwischen  gelagert  fand  ich  im  süd- 
lichen Theile  des  Aufschlusses  einen  hellgrauen  Mergel  M mit  undeut- 
lichen Pflanzenresten.  Der  hellgraue  Kalkstein  K ist  stark  dolomitisch 
mit  13-12  Pct.  kohlensaurer  Magnesia,  während  die  gelben  Kalke  Ii, 
nur  einen  geringen  Magnesia-Gehalt  aufweisen.  In  den  oberen  Theilen 
des  Steinbruches  wird  die  Schichtung  durch  Risse  und  Spalten,  die  mit 
Calcitkry stallen  dicht  besetzt  sind,  allmählig  undeutlicher,  bis  endlich 
in  den  der  Erdkruste  angrenzenden  Lagen  absolut  gar  keine  Schichtung 
wahrnehmbar  ist.  Es  ist  dies  die  Lage  der  Rauhwacken,  wo  die  zellige 
Bildung  der  dichten  Kalke  am  meisten  ausgesprochen  ist.  Die  Zellen- 

34* 


251 


Edmund  F.  Neminar. 


W 

kalke  sind  hier  bald  grau  bald  gelb,  je  nach  der  Farbe  der  Schichten, 
denen  sie  übergelagert  erscheinen.  Für  meine  Untersuchungen  wählte 
ich  aus  diesem  Aufschlüsse  einen  grauen  Zellenkalk , deren  Grundmasse 
der  oben  erwähnte  stark  dolomitische  Kalkstein  ist,  und  bezeichnete 
diesen  in  der  Analyse  mit  Zellenkalk  I. 

Mit  dem  eben  beschriebenen  Aufschlüsse  in  nahezu  direkter  Ver- 
bindung liegt  der  Aufschluss  II. 

Fig.  2. 


R.  Zellenkalke.  K.  Gelber  frischer  Kalkstein.  K,.  Gelber  stark  zerklüfteter  Kalkstein 
G.  Hellgrauer  Kalkstein,  vollkommen  mürbe. 

Der  in  dem  Aufschlüsse  I.  dem  Guttensteiner  Kalk  discordant 
überlagerte  hellgraue  Kalkstein  erscheint  an  der  Basis  dieses  Auf- 
schlusses in  so  vollkommen  mürbem  Zustande,  dass  er  sehr  leicht  zu 
einem  Pulver  zerfällt  (G).  Diesem  ist  ein  gelber  Kalkstein  K über- 
lagert, der  stark  zerklüftet  ist  und  in  den  höheren  Lagen  den  Zellen- 
kalk R bildet.  Nach  der  Beschaffenheit  einzelner  noch  frisch  erhaltenen 
Theile  Kx  zu  urtheilen,  wäre  dieser  Kalkstein  mit  dem  gelben  Kalk  Kx 
im  Aufschlüsse  I.  als  identisch  zu  betrachten.  Im  Allgemeinen  bietet 
dieser  Aufschluss  das  reichhaltigste  Auftreten  von  Zellenkalken,  und 
dem  entsprechend  ist  auch  hier  keine  deutliche  Schichtung  bemerkbar. 

Die  Beschaffenheit  der  Zellenkalke  ist,  abgesehen  von  der  intensiv 
gelben  Färbung,  von  denen  im  Aufschlüsse  I.  etwas  verschieden , indem 
sich  hier  einerseits  deutlich  krystallinische  Zellen  finden,  andererseits 
die  dazwischenliegende  lockere  Masse  nicht  mehr  einen  Staub  reprä- 
sentirt,  sondern  ein  mehr  thonartiges  Aussehen  hat.  Ich  wählte  dem- 
nach für  meine  Untersuchungen  auch  von  hier  einen  Zellenkalk  und 
bezeichnete  diesen  in  der  Analyse,  dem  Aufschlüsse  entsprechend,  mit  II. 

Geht  man  von  dem  Aufschlüsse  (II)  die  Strasse  in  südlicher 
Richtung  hinab,  so  gelangt  man  alsbald  zu  dem  letzten  Aufschlüsse 
der  am  Eingänge  in  das  Gutenbachthal  der  Kalksburger-Strasse  zu- 
nächst liegt,  und  durch  einen  deutlich  geschichteten  Guttensteiner  Kalk 
ausgezeichnet  ist.  Die  Schichten  streichen  SWW. — NOO.  mit  Stunde 
17  und  fallen  mit  50°  gegen  SW.  ein.  Im  südlichen  Theile  des  Stein- 
bruches zeigen  die  Schichten  ein  viel  steileres  Einfallen  nach  SW.  und 
erscheinen  in  der  Höhe  geknickt.  Die  durch  die  Verschiedenheit  des 
Fallens  leicht  unterscheidbaren  Schichten  erscheinen  noch  durch  eine 
braune  Mergellage,  die  hier  mehrfach  dem  Kalkstein  dazwischen  ge- 
lagert ist,  getrennt.  Dieser  Mergel,  den  Herr  Felix  Karrer  zu  unter- 


[ö]  lieber  die  Entstehungsweise  der  Zellenkalke  u verwandter  Gebilde. 


255 


suchen  die  Güte  hatte,  erwies  sich  als  völlig  versteinerungsleer.  Dem 
Guttensteiner  Kalk  ist  ein  zerklüfteter  grauer  Kalkstein  überlagert, 
der  zwar  keine  Schichtung  zeigt,  den  ich  aber,  da  er  dem  Guttensteiner 
Kalk  zunächst  überlagert  erscheint  und  überdies  auch  dem  hellgrauen 
Kalke  K im  Aufschluss  I.  sehr  ähnlich  sieht,  zu  diesem  zählen  möchte. 

Fassen  wir  nun  die  bisher  geschilderten  Lagerungsverhältnisse 
zusammen,  so  ergiebt  sich,  dass  wir  hier  zwei  verschiedenen  Bildungen 
begegnen,  die  durch  ihre  Schichtung  deutlich  von  einander  geschieden 
sind;  einer  älteren  die  — durch  den  Guttensteiner  Kalk  repräsentirt 
— die  Basis  unserer  Aufschlüsse  bildet,  und  einer  jüngeren,  die  dem 
Guttensteiner  Kalk  discordant  überlagert  durch  hellgraue  und  gelbe 
Kalke  charakterisirt  wird.  Diese  Lagerungsverhältnisse  lassen  sich 
auch  weiter  in  nordöstlicher  Richtung  von  unseren  Aufschlüssen  ver- 
folgen. 

In  dem  Theile  des  von  mir  oben  bezeichneten  Kalkgebirges,  das 
sich  vom  rechten  Ufer  der  reichen  Liesing  in  gerade  südwestlicher 
Richtung  gegen  den  Ort  Kaltenleutgeben  hinzieht,  finden  sich  nur 
wenige  Aufschlüsse,  und  von  diesen  bietet  nur  der  grosse  Waldmühl- 
Steinbruch  in  Kaltenleutgeben  zur  Beobachtung  interessante  Anhalts- 
punkte. 

Fig.  3.  Waldmühl-Steinbrucli  iu  Kaltenleutgeben. 


Durch  mehrere  Dislocationen  dieser  verschieden  gefärbten  bald 
sehr  mächtig,  bald  sehr  dünn  geschichteten  Kalke  ist  das  Verständniss 
der  Lagerungsverhältnisse  äusserst  erschwert.  Die  hellgrauen  und 
gelben  Kalke,  die  auch  nach  ihrer  Lagerung  mit  den  jüngeren  Bildungen 
von  Kalksburg  in  Verbindung  gebracht  werden  könnten,  reichen  bald 
tief  zwischen  den  dunkelgrauen  Kalkstein  (Guttensteiner  Kalk)  hinab, 
bald  erscheinen  sie  wieder  in  den  obersten  Theilen  des  Steinbruches 
den  Schichtenköpfen  des  dunkelgrauen  Kalksteins  mächtig  überlagert, 
sind  oft  stark  zerklüftet  und  bilden  ebenso  wie  in  Kalksburg  eine 
reichliche  Zone  von  Zellenkalken.  Von  besonderem  Interesse  erscheint 
hier  eine  starke  Verwerfung,  die,  nahezu  in  der  Mitte  des  Steinbruches, 
den  dunkelgrauen  Kalkstein  in  zwei  leicht  unterscheidbare  Theile 
tlieilt.  Während  nämlich  im  östlichen  Theile  des  Steinbruches  die 
Schichten  NWW. — SOO.  mit  Stunde  19  streichen  und  mit  70°  nach 


256 


Edmund  F.  Neminar. 


[6] 

SW.  einfallen,  zeigt  sich  in  dem  westlichen  Theile  ein  so  abweichendes 
Streichen  uncl  Fallen,  dass  sich  da  die  Schichten  an  den  ersteren 
förmlich  auskeilen.  Uebrigens  ändert  sich  die  Physiognomie  des  Stein- 
bruches bei  seiner  grossen  Ausdehnung  durch  den  fortwährend  starken 
Abbau  so  sehr,  dass  eine  genaue  Uebersicht  desselben  nahezu  unmöglich 
ist.  Für  meine  Untersuchungen  wählte  ich  auch  von  hier  einen  Zellenkalk, 
da  derselbe  in  seinem  Aussehen  dem  von  Kalksburg  (II)  vollkommen  glich. 

In  den  jüngeren  Kalken  von  Kalksburg  und  Kaltenleutgeben 
finden  sich  nun,  wie  nach  den  beigefügten  Zeichnungen  zu  ersehen  ist, 
die  Zellenkalke  stets  in  den  der  Erdkruste  zunächst  gelegenen  Schichten, 
wo  sie  auch  am  schönsten  ausgebildet  sind,  während  die  angrenzenden 
Kalksteine  der  tieferen  Schichten  meist  nur  zerklüftet  erscheinen.  Nur 
selten  finden  sich  Zellenkalke  auch  in  tieferen  Schichten,  und  ist  dies 
der  Fall,  wie  z.  B.  im  Waldmühl-Steinbruche,  so  sind  einerseits  die 
darüber  gelagerten  Kalke  stark  zerklüftet,  andererseits  erscheinen  die 
Zellenkalke  nur  unvollkommen  ausgebildet.  Niemals  lässt  sich  in  solchen 
Fällen  eine  zellige  Structur  weit  in  das  Innere  des  frischen  Gesteines 
verfolgen,  und  gewöhnlich  findet  man  schon  nach  der  Entfernung  der 
oft  kaum  1 Centimeter  hohen  Zellwände  reinen  dichten  Kalkstein. 

Dieser  Umstand,  sowie  das  erwähnte  gewöhnliche  Auftreten  der 
Zellenkalke  in  den  der  Erdkruste  zunächst  gelegenen  Schichten  und 
der  in  den  tieferen  Lagen  allmählig  stattfindende  Uebergaug  in  festes 
Gestein,  deutet  darauf  hin,  dass  bei  der  Bildung  der  Zellenkalke 
äussere  Agentien  eine  sehr  wesentliche  Rolle  spielen  müssen,  und  dass 
demnach  in  denjenigen  Schichten,  wo  diese  Agentien  nur  mehr  in 
geringem  Maasse  einzudringen  vermögen,  auch  nur  eine  ganz  unvoll- 
kommene Zellenkalkbildung  vor  sich  gehen  wird,  bis  endlich  durch 
Verbrauch  der  Agentien  auch  die  letzte  Spur  einer  Einwirkung  unter- 
bleibt und  sich  dort  wieder  unverändertes  frisches  Gestein  findet. 

Es  erklären  uns  wohl  diese  nur  angedeuteten  Bildungsverhält- 
nisse zur  Genüge,  dass  die  Zellenkalke  und  ebenso  auch  andere  zelligen 
Gesteine  keine  ursprünglich  selbstständigen  Gebilde  sein  können,  sondern 
dass  sie  aus  ursprünglichen  dichten  Gesteinen  entstanden  sein  mussten 
und  somit  als  secundäre  Gebilde  derselben  zu  betrachten  sind.  Selbst- 
verständlich kann  dann  auch  von  einem  Zellenkalke  als  selbstständigem 
Gesteine,  das,  wie  z.  B.  Paul  in  seiner  Arbeit  (1.  c.)  angeführt  hatte, 
anderen  Gesteinen  untergelagert  irgendwo  zu  Tage  tritt,  ebenso  wenig 
die  Rede  sein,  als  wenn  man  die  Zellenkalke  für  gewisse  Ablagerungen 
charakteristisch  bezeichnen  oder  ihre  Bildungsweise  einer  bestimmten 
geologischen  Periode,  wie  z.  B.  Morlot  der  Miocänperiode,  angehörig 
annehmen  wollte.  Die  Zellenkalke  werden  an  jedem  Kalkstein  ent- 
stehen können,  wenn  die  nothwendigen  Bedingungen  zu  ihrer  Bildung 
gegeben  sind. 

Diese  Bedingungen  sowie  den  ganzen  Prozess  der  Umwandlung 
zu  erläutern,  ist  der  Zweck  vorliegender  Arbeit,  und  machte  es  zur 
Nothwendigkeit  zu  zeigen,  dass  dort,  wo  Zellenkalke  auftreten  auch 
wirklich  die  im  Folgenden  näher  bezeichneten  Bedingungen  der  Bildungs- 
weise gegeben  waren. 

Zahlreich  und  sehr  verschieden  sind  die  Bedingungen,  unter  denen 
die  Umwandlung  der  Gesteine  vor  sich  geht ; stets  ist  jedoch  das 


lieber  die  Entstehungsweise  der  Zellenkalke  u.  verwandter  Gebilde. 


257 


Agens,  das  die  Umwandlung  veranlasst,  der  chemischen  Zusammen- 
setzung der  betreffenden  Gesteine  entsprechend.  Eines  der  mächtigsten 
und  zugleich  auch  gewöhnlichsten  Agentien,  die  leicht  Umwandlungen 
hervorrufen,  ist  die  Kohlensäure,  die  bei  der  Bildung  und  Umwandlung 
sedimentärer  Gebilde  überhaupt  eine  wichtige,  den  Carbonaten  gegen- 
über aber  die  wichtigste  Rolle  spielt.  Weit  verbreitet,  sowohl  in  der 
Athmosphäre  und  demnach  auch  in  den  Meteorwässern,  die  die  Erde- 
rinde durchsickern,  als  auch  in  Quellen,  Flüssen  und  Meeren  vermag 
die  Kohlensäure  die  grossartigsten  Veränderungen  hervorzubringen. 
Bald  wirkt  sie  auf  den  einen  Theil  der  sedimentären  Gebilde  — die 
Carbonatgesteine  — auflösend  und  fortführend,  bald  wieder  auf  den 
anderen  — die  Silicatgesteine  — zersetzend  ein. 

Allerdings  ist  die  Menge  der  in  den  Meteorwässern  enthaltenen 
Kohlensäure  nur  eine  geringe.  Nach  Baumert1)  enthält  Regenwasser, 
welches  nach  mehrstündigem  Regnen  aufgefangen  wurde  und  9"  R. 
warm  war,  nach  Volumtheilen : 

Sauerstoff 33-76 

Stickstoff 64*47 

Kohlensäure  ....  U77 

100,00 

und  Bischof2)  wies  nach,  dass  der  Kohlensäuregehalt  der  im  Regen- 
wasser absorbirten  Luft  nur  J/19  des  Sauerstoffes  beträgt.  Indessen  absor- 
biren  die  Meteorwässer  aus  den  Vegetabilien  der  Erdkruste,  die  fort- 
währender Fäulniss  ausgesetzt  sind,  auch  und  noch  viel  mehr  Kohlen- 
säure, können  dann  umso  kräftiger  auflösend  und  fortwährend  auf  die 
der  Erdkruste  zunächst  gelegenen  Ablagerungen  einwirken  und  im 
Laufe  der  Zeit  die  grossartigsten  Veränderungen  hervorrufen. 

Ist  nun  das  Meteorwasser  durch  die  capillaren  Zwischenräume, 
oft  mit  unbewaffnetem  Auge  gar  nicht  unterscheidbare  Spalten  und 
Risse,  in  die  Gesteine  eingedrungen,  so  verliert  es,  nachdem  die  obersten 
Lagen  zumeist  am  stärksten  umgewandelt  wurden,  alsbald  Kohlensäure 
und  Sauerstoff,  die  Hauptfactoren  der  Umbildung,  und  kann  dann  in 
den  tieferen  Lagen  wohl  nur  weniger  umbildend  wirken.  Daraus  ist 
nun  leicht  erklärlich,  dass  die  grössten  Veränderungen  an  den  der 
Erdoberfläche  zunächst  gelegenen  Gesteinen  stattfinden  werden , indem 
die  Umbildung  mit  der  Abnahme  der  Kohlensäure  in  direktem  Ver- 
hältniss  steht. 

Kohlensäure  und  Sauerstoff  verhalten  sich  jedoch  gegenüber  den 
verschiedenen  chemischen  Verbindungen  in  den  Gesteinen  nicht  gleich, 
und  desshalb  verliert  auch  das  Meteorwasser  nicht  sobald  seine  zer- 
setzende Kraft,  denn  während  die  Kohlensäure  auf  die  Kalk-Carbonate 
und  Silicate  stark  zersetzend  und  umbildend  wirkt,  ist  ihre  Einwirkung 
auf  die  Magnesiacarbonate  eine  geringere.  Hat  aber  das  Meteorwasser 
seine  Kohlensäure  abgegeben,  so  wirkt  es  dann  viel  stärker  auf  die 
Magnesiacarbonateein,  und  Bischof3)  wies  auch  nach,  dass  die  kohlen- 
saure Magnesia  in  reinem  respektive  kohlensäurefreiem  Wasser  bei 


9 Annal.  d.  Chem.  u.  Pharm.  Bd.  LXXXVIII , pag.  17. 

2)  Lehrbuch  der  chem.  u.  phys.  Geologie.  I.  Bd.,  pag.  204. 
«)  L.  c.  Bd.  I„  pag.  214. 


258 


Edmund  F.  Neminar. 


[8] 


weitem  löslicher  ist,  als  der  kohlensaure  Kalk.  Um  dieses  zu  erläutern, 
brachte  Bischof  auf  ein  Gemenge  von  Magnesia  alba,  kohlensauren 
Kalk , Eisenoxydhydrat  und  Kieselsäurehydrat  destillirtes  Wasser, 
welches  leicht  bedeckt  mehrere  Wochen  gestanden  hatte,  und  liess  das 
Ganze  in  einem  verschlossenen  Gefässe  mehrere  Tage  unter  öfterem 
Umschütteln  stehen.  Das  filtrirte  Wasser  wurde  dann  eingedampft,  der 
Rückstand  untersucht  und  es  ergaben  sich  in  10000  Theilen  Wasser: 


Kieselsäure 0-0130 

Eisenoxydhydrat  mit  Thonerde  . . 0-0389 

Kohlensaurer  Kalk 0-0908 

Kohlensäure  Magnesia 2*4462 

2*5889 


Nach  diesen  analytischen  Daten  sieht  man  sofort,  dass  die  kohlen- 
saure Magnesia  sich  in  dem  destillirten  Wasser  viel  leichter  gelöst  hat 
als  der  kohlensaure  Kalk.  Auf  diese  Weise  wird  es  nun  auch  erklärlich, 
warum  wir  oft  in  der  Natur  Umwandlungsprodukte  finden,  die,  obwohl 
ihrer  Beschaffenheit  nach  einander  sehr  ähnlich,  doch  manchmal  einen 
nahezu  entgegengesetzten  Umwandlungsprozess  durchgemacht  haben. 

Dass  diese  Prozesse  für  die  Bildung  zeitiger  Gesteine  von  weit- 
tragender  Bedeutung  sind,  ist  wohl  kaum  zu  bezweifeln  und  es  verdanken 
auch  die  Zellen  kalke , wie  wir  aus  den  im  Folgenden  angeführten 
Analysen  ersehen  werden,  diesen  Prozessen  allein  ihre  Entstehung. 


Zellenkalk  von  Kalksburg  (II.). 

Durch  zahlreiche  deutlich  krystallinische  oft  sehr  regelmässig 
angeordnete  Zellen  ausgezeichnet,  zeigt  dieser  Zellenkalk  eine  dem  hier 
in  tieferen  Lagen  meist  noch  im  unveränderten  Zustande  vorhandenen 
hellgelben  Kalke  gleiche  Farbe.  Von  besonderem  Interesse  sind  hier 
die  Zellwände,  die  oft  2 — 3 Millimeter  dick  sind  und  öfter  schon  mit 
freiem  Auge  deutlich  wahrnehmbare  Calcitkrystalle  zeigen.  Diese  gehen 
von  zwei  entgegengesetzten  Seiten  aus  und  vereinigen  sich  endlich  in 
der  Mitte,  welcher  Umstand  beweist,  dass  die  krystallinischen  Zell- 
wände nicht  etwa  als  freie  aus  dem  Kalkstein  hervorgehende  Bildungen 
zu  betrachten  sind,  sondern  dass  sie  sich  aus  dem  ursprünglich  dichten 
Gestein  in  dessen  Rissen  und  Spalten  gebildet  haben,  indem  die  Kry- 
stallisation  von  beiden  Seiten  einer  solchen  Spalte  ausging.  Jede 
dieser  Zellwände  lässt  die  Vereinigungslamelle  des  von  entgegengesetzten 
Seiten  ausgehenden  krystallinischen  Kalkcarbonates  wahrnehmen  und 
sich  daselbst  leicht  spalten,  wobei  man  oft,  an  den  Punkten  wo  sich 
mehrere  solcher  Spalten  vereinigt  hatten,  zu  grösseren  Krystallen  ge- 
langt, die  das  vorhin  Gesagte  augenscheinlich  bestätigen.  Zwischen 
diesen  Zellwänden  liegt  eine  lockere  thonige  Masse,  die  ich  bei  der 
Analyse  mit  Asche  bezeichnen  will. 

Um  nun  die  Verhältnisse  der  Umbildung  verfolgen  zu  können, 
verwendete  ich  zur  Analyse  stets  den  dichten  Kalkstein,  aus  dem  der 
zellige  entstand  und  dann  die  den  Zellen  zwischengelagerte  Asche. 
Die  Zellwände  wurden  nur  dann  einer  Analyse  unterworfen,  wenn 


[9] 


Feber  die  Entstehungsweise  der  Zellenkalke  u.  verwandter  Gebilde.  259 


sie  nicht  eine  deutlich  krystallinische  Structur  zeigten.  Unter  Mikro- 
skop zeigte  ein  Dünnschliff  des  frischen,  dichten  Gesteines  bei  720- 
maliger  Vergrösserung  helle  und  dunklere  Körnchen , die  ich  für 
Calcit  und  Dolomit  hielt ; an  den  krystallinischen  Zellwänden  waren 
Spaltungslinien  deutlich  wahrnehmbar. 


Die  Analyse  des  frischen  Kalksteines  und 

der  Asche  e 

gende  Resultate : 

Frischer  Kalkstein  (1) 

Asche  (2) 

Kalk  . . . 

49-24 

17-10 

Magnesia  . 

1-71 

L25 

Kohlensäure 

39-13 

1341 

Eisenoxyd  . 

1-88 

4-85 

Thonerde  . 

0-42 

1-87 

Wasser  . . 

0-89 

3*50 

Unlöslicher 

Rückstand: 

Kieselsäure 

4-47 

22-58 

Thonerde  . 

. • . . . 1-93 

34-41 

Eisenoxyd  . 

.....  0-24 

0-37 

99-91 

99-34 

Werden  nach 

den  aus  diesen  analytischen 

Daten  ber 

Atomzahlen  Kalk  und  Magnesia  als  Carbonate  gerechnet,  Eisenoxyd  als 
Limonit  und  die  Thonerde  mit  der  Kieselsäure  als  ein  wasserhaltiges 
Thonerde-Silicat  angenommen,  so  ergiebt  sich  folgendes  Resultat: 


Kohlensaurer  Kalk  . 
Kohlensäure  Magnesia 
Eisenoxydhydrat  . . 

Thonerde-Silikat  . . 


(i) 

(2) 

87-92 

3053 

3-58 

2-62 

2-48 

6-10 

7-35 

61-48 

101-33 

10073. 

Vergleicht  man  nun  die  analytischen  Daten  dieser  beiden  Analy- 
sen, so  ergiebt  sich,  dass  das  Kalk-Carbonat  in  grösserem  Maasse  auf- 
gelöst und  fortgeführt  wurde  als  das  Magnesia-Carbonat,  und  dass  die 
Magnesia  in  die  Zellenkalke  nicht  erst  eingeführt  wird,  wie  es  bisher 
oft  angenommen  wurde  und  wie  es  auch  Morlot  in  seiner  Arbeit  (1. c.) 
annimmt,  sondern  dass  sie  gewöhnlich  schon  in  dem  Kalkstein  vorhan- 
den ist  und  dadurch,  dass  sie  von  kohlensäurehaltigen  Gewässern  nicht 
leicht  gelöst  wird,  oft  in  der  Asche  eines  Zellenkalkes  in  weit  grösserem 
Maasse  vorhanden  sein  wird  als  in  dem  zugehörigen  dichten  Kalkstein. 
Auf  diese  Art  wird  es  aber  auch  erklärlich,  dass  in  der  Asche  der 
Zellenkalke  die  unlöslichen  Bestandtheile , wie  Kieselsäure,  Thonerde 
und  Eisenoxyd  in  grösserer  Menge  vertreten  sein  können  als  in  der 
dichten  Masse,  und  demnach  die  zurückbleibende  Asche  oft  einen  Mer- 
gel repräsentiren  kann. 

Allerdings  hatte  sich  bei  der  Analyse  ein  Tlieil  der  als  unlöslich 
angeführten  Bestandtheile  in  kochender,  concentrirter  Salzsäure  gelöst, 
berücksichtigt  man  jedoch,  dass  in  der  Natur  das  Lösungsmittel  nur 
kohlensäurehaltiges  Wasser  ist,  das  bei  geringer  Temperatur  wirkt,  so 

Mineralogische  Mittbeilungen.  1875.  4.  Heft.  (Edmund  F.  Neminar.)  35 


260 


Edmund  F.  Nemiriar. 


[10] 

ist  es  wohl  erklärlich,  dass  diese  Bestandteile  als  unlöslich  angenom- 
men werden  konnten  und  somit  in  unseren  Zellenkalken  bei  der  Be- 
rechnung des  Löslichkeits-Quotienten  einerseits  der  in  kohlensäurehalti- 
gen Gewässern  lösliche  Kalkspath  und  Dolomit,  andererseits  der  in 
diesen  Gewässern  unlösliche  Rückstand  in  Betracht  zu  ziehen  sein  wird. 


Auf  diese  Weise  gerechnet  ergiebt  nun  die  Analyse : 


(i) 

(2) 

Kalkspath 

83-65 

27-41 

Dolomit 

In  kohlensäurehaltigem  Wasser  unlös- 

7-85 

5-74 

lieber  Rückstand 

9-83 

67-58 

101-33 

100-73 

Wenn  wir  nun,  um  den  Umbildungsprocess  genauer  zu  erläutern, 
nach  diesen  letzten  analytischen  Daten  den  Löslichkeits-Quotienten  zwi- 
schen dem  in  der  dichten  Masse  und  der  Asche  enthaltenen  Kalkspath 
und  Dolomit  auf  Grund  der  im  kohlensäurehaltigen  Wasser  unlöslichen 
Bestandteile  berechnen,  und  hiebei  im  Allgemeinen  die  percentische 
Menge  des  in  der  dichten  Masse  enthaltenen  Kalkspates  mit  Af,  des 
Dolomites  mit  D und  die  Menge  des  unlöslichen  Rückstandes  mit  B 
bezeichnen,  ferner  dem  entsprechend  in  der  Asche  den  Kalkspath  mit 
7c,  den  Dolomit  mit  d und  den  Rückstand  mit  r,  so  entspricht  dem 
Verhältniss  in  der  dichten  Masse  unseres  Zellenkalkes 

K : D : R 

83-65  : 7-85  : 9-83 

in  der  Asche  das  Verhältniss 

Je  : d : r 

27-41  : 5-74  : 67-58. 


Nimmt  man  nun  an,  dass  die  Menge  des  im  kohlensäurehaltigen 
Wasser  unlöslichen  Rückstandes  constant  geblieben  sei,  so  ergiebt  sich : 


K _Z) 
R : ~B 


1 und 


1 


in  unserem  speciellen  Falle 

8-509  : 0'798  : 1 und  0-405  : 0'084  : 1 ; 
hieraus  die  Menge  des  aufgelösten  Kalkspates 
K Je 

r,  — — = X,  speciell  /.  = 8-104, 

K r 

die  Menge  des  aufgelösten  Dolomites 

— — = <?,  speciell  <5  = 0-714, 

Jt  i 

folglich  der  Löslichkeits-Quotient  = 11-35. 


Aus  der  Berechnung  dieses  Löslichkeits-Quotienten  ersieht  man, 
dass  bei  der  Umwandlung  unseres  dichten  Kalksteines  in  den  Zellen- 
kalk in  gleichen  Zeiten  und  unter  sonst  gleichen  Umständen  ll"35mal 
soviel  Kalkspath  aufgelöst  und  fortgeführt  wurde  als  Dolomit. 


111 


Ueber  die  Entstell  uugsweise  der  Zeilenkalke  «.  verwandter  Gebilde. 


26 1 


Nahezu  dieselben  Verhältnisse  zeigen  sich  auch  bei  dein 

Zellenkalk  von  Kaltenleutgeben. 

Dem  Vorigen  durch  die  Beschaffenheit  seiner  krystallinischen 
Zellen  sehr  ähnlich,  bot  dieser  Zellenkalk  ein  ausgezeichnetes  Material, 
um  auch  durch  ein  Experiment  die  schwerere  Löslichkeit  der  krystal- 
linischen Zellwände  gegenüber  dem  dichten  Kalkstein  nachweisen  zu 
können.  Zu  diesem  Zwecke  schnitt  ich  aus  dem  dichten  Gestein  ein 
Stück  heraus,  das  von  zahlreichen  krystallinischen  Adern  durchzogen 
war.  Nachdem  ich  es  an  den  Seiten  vollkommen  glatt  geschliffen  hatte, 
tauchte  ich  dasselbe  in  verdünnte  Salzsäure  und  lies  diese  24  Stunden 
auf  das  Präparat  einwirken.  Als  ich  darauf  das  Präparat  untersuchte, 
konnte  ich  schon  mit  freiem  Auge  bemerken,  dass  die  dichte  Kalkstein- 
masse angeätzt  sei,  während  an  den  glänzenden  krystallinischen  Adern 
keine  Spur  von  Einwirkung  wahrzunehmen  war.  Hierauf  lies  ich  die 
Säure  48  Stunden  einwirken  und  fand,  als  ich  jetzt  das  Präparat  unter- 
suchte, an  den  Adern  zwar  eine  Einwirkung,  aber  von  der  dichten 
Kalkmasse  war  schon  so  viel  weggeätzt,  dass  die  Adern  von  den 
ursprünglich  glatten  Flächen  bereits  etwas  hervorstanden  und  sich  somit 
auch  viele  früher  nicht  bemerkbare  Adern  zeigten.  Als  ich  hierauf  die 
Säure  noch  acht  Tage  einwirken  lies,  fand  ich  die  Adern  schon  deut- 
lich hervorstehen  und  in  der  verdünnten  Salzsäure  fand  sich  ein 
gelbes  Pulver,  das  nach  dem  Trocknen  vollkommen  der  lockeren  thoni- 
gen  Masse  glich,  die  den  Zellenkalk  ausfüllte.  Hieraus  ergiebt  sich 
nun  mit  Evidenz , dass  die  krystallinischen  Adern  in  der  Salzsäure 
schwerer  löslich  waren  als  die  dichte  Kalksteinmasse,  und  dass  auf 
diese  Weise  mit  der  Zeit  ein  ähnliches  zelliges  Gebilde  entstanden 
wäre,  wie  es  die  Natur  im  Zellenkalke  hervorgebracht  hat.  Dass  aber 
die  Kohlensäure  respective  die  kohlensäurehaltigen  Gewässer  wohl  viel 
langsamer  aber  doch  nicht  im  anderen  Sinne  gewirkt  hätten  als  die 
verdünnte  Salzsäure,  ist  selbstredend. 

Dieses  eben  besprochene  Verhalten  der  krystallinischen  Adern 
fand  ich  auch  bei  dem  folgenden  Versuche  bestätigt.  Um  nämlich  zu 
ermitteln,  ob  die  schon  früher  unter  Mikroskop  beobachteten  helleren 
und  dunkleren  Körner  wirklich  Calcit  und  Dolomit  wären,  ätzte  ich 
einen  Dünnschliff  des  dichten  Kalksteines,  der  ebenfalls  unter  Mikroskop 
hellere  und  dunklere  Körner  zeigte,  vorerst  mit  kalter  verdünnter  Salz- 
säure. Als  ich  hierauf  das  Präparat  unter  Mikroskop  brachte,  bemerkte 
ich,  dass  alle  hellen  Körner  weggeätzt  und  nur  die  dunkeln  und  die 
krystallinischen  Adern  übrig  geblieben  waren.  Nun  ätzte  ich  mit  er- 
wärmter Salzsäure  und  bemerkte  jetzt  unter  Mikroskop,  dass  auch  die 
dunkleren  Körner  und  grossentheils  auch  die  krystallinischen  Adern 
verschwunden  waren.  Es  ergiebt  sich  hieraus,  dass  die  hellen  Körner, 
die  sich  schon  in  kalter  Säure  lösten,  als  Calcit,  die  dunkeln,  die  erst 
von  erwärmter  Säure  gelöst  wurden,  als  Dolomit  anzusehen  wären  und 
dass  die  krystallinischen  Adern  in  der  That  viel  schwerer  löslich  sind 
als  die  Calcit-  und  Dolomitkörner,  die  hier  den  dichten  Kalkstein 
bilden. 

Bei  diesem  Zellenkalk  ergab  die  Analyse: 


35* 


262 


Edmund  F.  Neminar. 


[12] 


Frischer  Kalkstein  (8) 

Asche  (4) 

Kalk 

5301 

32-24 

Magnesia 

1-90 

2-78 

Kohlensäure 

42-35 

26-54 

Eisenoxyd  

0-41 

4-68 

Thonerde 

0-18 

1-17 

Wasser 

0-44 

3-25 

Unlöslicher  Rückstand: 

Kieselsäure 

1-02 

16-63 

Thonerde  

0-48 

11-62 

Eisenoxyd  

Spur 

0-38 

99-79 

99-29 

Diese  Zahlen  ergeben’,  hier  auf  dieselbe  Weise 

wie  bei 

hergehenden  Zellenkalke  gerechnet : 

(3) 

(4) 

Kohlensäuren  Kalk  . . . 

94"66 

57-57 

Kohlensäure  Magnesia  . . 

3-99 

5-83 

Eisenoxydhydrat  .... 

0'47 

5-91 

Thonerde-Silicat  .... 

2-06 

31-82 

10118 

101-13. 

' Berechnet  man  hieraus  die  percentische  Menge  von  Kalkspath, 
Dolomit  und  dem  in  kohlensäurehaltigen  Gewässern  unlöslich  gebliebe- 
nen Rückstand  und  ermittelt  nach  der  oben  angegebenen  Formel  den 

Löslichkeits- Quotienten , so  ergiebt  sich  hier  * = 10-95. 

Es  wird  also  bei  diesem  Zellenkalke,  der  doch  hinsichtlich  der 
chemischen  Zusammensetzung  der  Asche  von  dem  vorhergehenden  ver- 
schieden ist.  Kalkspath  und  Dolomit  nach  nahezu  demselben  Verhält- 
niss  gelöst  und  fortgeführt  wie  bei  dem  ersteren. 

Hält  man  nun  die  analytischen  Resultate  dieser  beiden  Zellen- 
kalke zusammen,  so  findet  man  bei  beiden,  wie  aus  der  nachfolgenden 
Tabelle  leicht  ersichtlich  ist,  dieselbe  Gesetzmässigkeit  der  Umbildung 
ausgesprochen. 


Kalk 

s b u r 

g 

Kaltenleutgeben 

Frischer  Kalkstein 

Asche 

Frischei- 

Kalkstein 

Asche 

Kohlensaurer  Kalk  . . 

. 87-92 

3053 

94-66 

57-57 

Kohlensäure  Magnesia 

. 3-58 

262 

3 99 

5-83 

Eisenoxydhydrat . . . . 

. 2-48 

6-10 

0-47 

5-91 

Thonerde-Silicat  . . . . 

. 7-35 

61-48 

2-06 

31-82 

101-33 

100-73 

101T8 

101T.3 

[13]  Ueber  die  Entstehungsweise  der  Zellenkalke  n.  verwandter  Gebilde.  263 

In  beiden  Fällen  zeigt  sich,  den  Löslichkeits-Quotienten  entspre- 
chend, bei  der  Asche,  im  Verkältniss  zum  frischen  Kalkstein,  eine  Ab- 
nahme des  Kalk-Carbonates , dagegen  eine  bedeutende  Zunahme  an 
unlöslichen  Bestandtheilen  und  im  zweiten  Falle  auch  an  Magnesia- 
'Carbonat. 

Neben  dieser  Bildungsweise,  wobei  der  schwerer  lösliche  krystal- 
linische  Kalk  die  Zellen  und  somit  die  typische  Form  der  Zellenkalke 
bildet,  zeigt  sich  auch  noch  eine  andere  wesentlich  verschiedene.  Die 
auf  diese  Weise  entstandenen  Zellenkalke  sind  nicht  mehr  durch 
deutlich  krystallinische,  regelmässig  angeordnete  Zellen  charakterisirt, 
sondern  zeigen  ein  ganz  unregelmässiges  Zellgewebe  mit  bald  dickeren 
bald  dünneren  Wänden,  zwischen  denen  keine  thonig  lockere,  sondern 
eine  vollkommen  pulverförmige  Masse  liegt,  die  zumeist  stark  dolo- 
mitisch ist.  Diese  Zellenkalke  lassen  sich  wieder  in  solche  theilen,  die 
aus  ursprünglich  dichtem  Kalkstein  entstanden  sind  und  in  solche,  die 
ihre  Entstehung  von  einer  Breccie  herleiten.  Erstere  fand  ich  in  Kalks- 
burg im  Aufschlüsse  (I),  letztere  in  den  Atlitzgräben  bei  Schottwien. 


Zellen  kalk  von  Kalksburg  (I). 

Um  vielleicht  durch  die  Structur- Verhältnisse  des  dichten  Gesteins 
für  die  Bildungsweise  des  zelligen  Anhaltspunkte  zu  gewinnen,  unter- 
suchte ich  vorerst  einen  mikroskopischen  Schliff.  Bei  aufmerksamer 
Beobachtung  konnte  man  schon  mit  der  Loupe  zahlreiche  äusserst  feine 
helle  Streifen  bemerken,  die  ganz  unregelmässig  das  Präparat  durch- 
zogen. Bei  720maliger  Vergrösserung  traten  diese  Streifen  deutlich 
hervor  und  zeigten  einen  Zusammenhang  von  kleinen  kristallinischen 
Körnern,  die  gleichsam  feine  Adern  bildeten. 

Von  dieser  Thatsache  ausgehend  glaubte  ich  nun  annehmen  zu 
dürfen , dass  sich  diese  feinen  krystallinischen  Streifen  vielleicht  mit 
den  zumeist  sehr  dünnen  Zellwänden  selbst  in  irgend  eine  Verbindung 
bringen  Hessen  und  untersuchte  nun  auch  die  Zellwände  unter  Mikro- 
skop. In  der  That  zeigten  sich  auch  da  nicht  allein  die  deutlich 
krystallinischen  Körner  wieder,  sondern  sie  waren  auch  mit  zahlreichen 
dunkleren  Körnchen,  die  ich  für  Dolomit  hielt,  vermengt. 

Waren  die  Zellwände  wirklich  krystallinischer  Kalk  und  Dolomit, 
so  wäre  es  wohl  erklärlich,  dass  sie  den  Einflüssen  athmosphärischer 
Gewässer  länger  Stand  zu  halten  vermochten  als  die  übrige  dolomitische 
Kalksteinmasse,  die  nach  der  Umwandlung  als  normaler  Dolomit  im 
pulverförmigen  Zustande  die  Zellen  erfüllte.  Allerdings  müsste  eine 
pulverförmige  Masse,  die  nach  der  Analyse  die  Bestandteile  eines 
Dolomites  ergiebt,  nicht  immer  auch  wirklich  Dolomit  sein,  da  ja  ein 
Gemenge  von  Calcit  und  Magnesit  dieselben  analytischen  Daten  liefern 
könnte ; bei  unseren  Zellenkalken  prüfte  ich  jedoch  stets  dort,  wo  die 
Analyse  einen  Dolomit  ergab,  die  Asche  auf  ihre  Löslichkeit  in  kalter 
verdünnter  Säure  und  fand,  dass  sie  stets  Dolomit  war. 

Um  nun  jeden  Zweifel  über  die  Beschaffenheit  der  Zellwände  zu 
beseitigen,  ätzte  ich  auch  hier  ein  Präparat  erst  mit  kalter,  dann  mit 


264 


Edmund  F.  Neminar. 


[14] 


erwärmter  Salzsäure,  wobei  sich  die  schon  bei  dem  Zellenkalke  von 
Kaltenleutgeben  beschriebenen  Erscheinungen  deutlich  zeigten.  Das  von 
In  ostranze  ff  Q bei  den  von  ihm  untersuchten  Kalksteinen  und  Do- 
lomiten angegebene  Unterscheidungsmerkmal  zwischen  Calcit  und  Dolomit, 
wonach  Spaltungslinien  an  den  Calcitkörnern  Vorkommen  und  auch  noch 
eine  Zwillingsstreifung  ersichtlich  ist,  während  sich  an  den  dunkleren 
Körnern  zwar  Spaltungslinien , aber  absolut  keine  Zwillingsstreifung 
wahrnehmen  lässt , hatte  ich  an  keinem  der  von  mir  untersuchten 
Kalksteine  bemerkt,  obwohl  eine  720malige  Vergrösserung  bei  absolut 
nicht  feinkörnigem  Kalkstein  unmöglich  als  zu  gering  betrachtet  werden 
kann,  und  die  von  In  ostranz  eff  beobachtete  Erscheinung  doch  wohl 
auch  an  anderen  dolomitischen  Kalksteinen  als  den  von  ihm  untersuchten 
wahrgenommen  werden  müsste.  Der  Umstand  jedoch,  dass  die  dunkleren 
Körner  sich  erst  in  erwärmter,  die  helleren  jedoch  schon  in  kalter 
verdünnter  Säure  lösen  und  stets  dort  zunehmen,  wo  sich  durch  die 
Analyse  ein  grösserer  Gehalt  an  kohlensaurem  Kalk  ergiebt,  beweist, 
dass  in  den  Kalksteinen  die  helleren  Körner  Calcit  sind,  während  die 
dunkleren  als  Dolomit  anzusehen  wären.  Es  beweist  aber  auch  das  in 
dolomitischen  Kalken  stets  beobachtete  Vorhandensein  solcher  heller  und 
dunkler  Körner,  dass  die  Dolomitisirung  der  Kalksteine  nicht  in  einer 
theilweisen  isomorphen  Vertretung  des  kohlensauren  Kalkes  durch 
kohlensaure  Magnesia  begründet  sei,  sondern  in  einer  Beimengung  von 
Dolomitsubstanz  bestehe.  Somit  wird  bei  der  Bildung  der  Zellenkalke 
auch  dann,  wenn  die  Asche  ein  normaler  Dolomit  ist,  die  Dolomitsub- 
stanz nicht  erst  von  aussen  hinzugeführt,  sondern  sie  ist  stets  schon 
in  dem  zum  Zellenkalke  umgebildeten  Kalkstein  vorhanden. 

Eine  Analyse  des  dichten  Gesteines,  der  Zellwände  und  der  Asche 
dieses  Zellenkalkes  ergab  : 


Frischer  Kalkstein  (5) 

Zellwände  (6) 

Asche  (7) 

Kalk 

. 48-53 

46-08 

30-91 

Magnesia 

. 6-25 

8-57 

20-96 

Kohlensäure .... 

. 43-86 

43-42 

45-33 

Wasser 

. 0-31 

055 

0-77 

Unlöslicher  Rückstand 

. 0-35 

0-61 

2-06 

99-30 

99-23 

100-03 

Und  hieraus : 

(5) 

(6) 

(7) 

Kohlensaurer  Kalk 

. 86-66 

82-28 

55-19 

Kohlensäure  Magnesia 

. 13-12 

18-00 

44-01 

Unlöslicher  Rückstand 

. 0-66 

1-16 

2-83 

100-44 

101-44 

102-03 

Auf  dieselbe  Weise  wie  in  den  früheren  Fällen  gerechnet  ergiebt 
sich  hier  der  Löslichkeits-Quotient  zwischen  dem  Kalkspath  und  Dolomit, 
des  frischen  Gesteines  und  der  Asche  mit  1 1 *26,  also  den  beiden 


*)  Tschermak’s  mineralogische  Mittheilungen.  1872.  I.  Heft.  — Unter- 
suchungen von  Kalksteinen  und  Dolomiten  als  Beitrag  zur  Kenntniss  des  Metamor- 
phismus. 


[15]  Ueber  die  Entsteh ungsweise  der  Zellenkalke  u.  verwandter  Gebilde.  265 

früheren  Quotienten  nahezu  gleich,  obwohl  hier  die  chemische  Zusam- 
mensetzung sowohl  des  dichten  Kalksteines  als  auch  der  Asche  eine 
wesentlich  verschiedene  ist. 

Nach  diesen  Ergebnissen  sieht  man  sofort,  dass  hier  dieselbe 
Grundbedingung  der  Bildung  obwaltet  wie  bei  der  ersten  Art  von  Zellen- 
kalken. Auch  hier  wird  das  leicht  lösliche  Kalk-Carbonat  von  den 
Meteorwässern  in  grösserer  Menge  aufgelöst  und  als  Bicarbonat  fort- 
geführt als  das  schwerer  lösliche  Kalk-Magnesia-Carbonat,  das  als  fein- 
körnige Asche,  die  einen  normalen  Dolomit  repräsentirt , zurückbleibt. 

Vergleicht  man  die  analytischen  Daten  der  Zellwände  mit  denen 
des  dichten  Kalksteines  so  ergiebt  sich  eine  auffallend  proportionale 
Substitution  der  Carbonate.  Der  kohlensaure  Kalk  hat  abgenommen, 
dafür  aber  die  kohlensaure  Magnesia  um  nahezu  ebensoviel  zugenom- 
men, welches  Ergebniss  auch  vollkommen  der  Annahme  : „die  Zellwände 
sind  ein  inniges  Gemenge  von  krystallinischem  Calcit  und  Dolomit“  ent- 
spricht. Nimmt  man  noch  hiezu  die  Zunahme  an  unlöslichen  Bestand- 
theilen  und  erwägt  hiebei , dass  die  Zellwände  stets  nur  sehr  dünn 
sind,  so  ergiebt  sich  die  Bildung  der  Zellwände  etwa  auf  diese  Art, 
dass  sich  in  den  Rissen  und  Spalten  des  Kalksteines  zugleich  mit  dem 
gelösten  Kalk-Carbonat  auch  ein  Theil  der  in  den  kohlensäurehaltigen 
Gewässern  unlöslich  gebliebenen  Bestandtheile  und  etwas  Magnesia- 
Carbonat  abgesetzt  hätte.  Darnach  bestanden  dann  die  Zellen  aus  einem 
Kalkstein,  der  zwar  in  Folge  seiner  Bestandtheile  eine  geringere  Lös- 
lichkeit zeigte  als  die  dichte  Kalksteinmasse,  aber  den  Einflüssen  der 
Meteorwässer  bei  weitem  nicht  so  lange  Widerstand  zu  leisten  vermochte 
als  die  vollkommen  krystallinischen  Zellen  anderer  Zellenkalke.  Es  er- 
scheinen demnach  die  Zellen  meist  auch  nur  äusserst  fein  und  über- 
gehen sehr  rasch  in  jene  pulverförmige  Masse,  die  als  normaler  Dolomit 
die  Zellen  ausfüllt. 

Allerdings  ist  bei  unseren  Betrachtungen  die  dichte  Kalksteinmasse 
ebenfalls  krystallinischer  Kalk,  und  so  sollte  also  diese  durch  eine  ebenso 
geringe  Löslichkeit  ausgezeichnet  sein  als  die  krystallinischen  Zellen. 
Indessen  ist  hier  die  Löslichkeits  - Differenz  darin  begründet , dass 
bei  den  phanerokrystallinischen  Zellen  die  einzelnen  Individuen  viel 
grösser  sein  müssen  als  die  der  krypt.okrystallinischen  Kalksteinmasse, 
und  demnach  den  Einflüssen  der  Gewässer  eine  kleinere  Oberfläche 
bieten  und  somit  auch  nur  in  geringerem  Masse  aufgelöst  werden 
können  als  die  dichte  Kalksteinmasse,  deren  krystallinische  Individuen 
viel  kleiner  sind  und  weil  eben  in  viel  grösserer  Anzahl  vorhanden, 
den  Einwirkungen  der  Meteorwässer  auch  eine  grössere  Oberfläche  dar- 
bieten müssen. 

Im  Allgemeinen  sieht  dieser  Zellenkalk  einem  Zellendolomite  sehr 
ähnlich  und  der  Umstand,  dass  sich  aus  stark  dolomitischen  Kalken 
meist  Zellenkalke  bilden,  deren  Asche  ein  normaler  Dolomit  ist,  mag 
wohl  der  Grund  gewesen  sein,  warum  man  oft  Zellenkalke  und  Zellen- 
dolomite unter  einem  Namen  — dem  der  Rauhwacke  — begriff  und 
warum  man  früher  die  Rauhwacke  als  dolomitisches  Gebilde  hielt, 
woraus  unter  Umständen  auch  ein  dichter  Kalkstein  werden  konnte. 


266 


Edmund  F.  Neminar. 


[16] 


Von  diesem  Grundgedanken  geht  auch  Morlot1)  bei  der  Erklä- 
rung der  Rauhwackenbildung  aus  und  versucht,  von  der  Ansicht 
Haidin  ger’s  befangen,  der  sich  auch  die  Rauh  wacken  nur  aus 
Dolomit  entstanden  dachte,  diese  Bilduugsweise  selbst  in  dem  Falle 
noch  aufrecht  zu  erhalten,  wo  er  in  einer  Grundmasse  von  gelblicher 
Rauhwacke  grosse  Brocken  eines  weissen  unveränderten  Kalkes  fand. 
„Dieses  Vorkommen,  sagt  da  Morlot2),  ist  etwas  räthselhaft,  denn 
wenn  die  Rauhwacke  von  Dolomit  entstanden  ist,  wie  kann  sie  Brocken 
von  körnigem  Kalk  umschliessen  ? Es  scheint  als  ob  die  Rauhwacke- 
partien  unmittelbar  aus  dem  körnigen  Kalk  entstanden  wären!“  Obwohl 
diese  Erscheinung,  die  sich  auch  öfter  bei  den  Zellenkalken  von  den 
Atlitzgräben  zeigt,  der  beste  Anhaltspunkt  für  eine  richtige  Erklärung 
der  Zellenkalkbildung  gewesen  wäre,  so  leitet  doch  Morlot  die  Ent- 
stehungsweise von  einem  Dolomit  ab.  Wie  grundlos  diese  seine  Erklä- 
rung der  Rauhwackenbildung  ist,  werde  ich  in  der  Folge  klarzulegen 
versuchen. 


Zellenkalk  aus  den  Atlitzgräben  bei  Schottwien. 

Au  die  schiefrigen  Gesteine  des  Thaies  von  Schottwien  schliesst 
sich  ein  mächtiger  Zug  hellgefärbter,  bald  mächtig  bald  dünn  geschich- 
teter, oft  stark  dolomitischer  Kalke,  die  den  Atlitzgräben  entlang  blos- 
gelegt  erscheinen  und  an  zahlreichen  Punkten  starke  Zerklüftungen 
zeigen.  In  den  oberen  Schichten  linden  sich  häufig  Breccien,  an  denen 
sich  öfter  eine  zellige  Structur  zeigt.  Häufig  übergehen  auch  diese 
Kalkstein- Breccien  in  vollkommene  Zellenkalke,  die  hier  gegen  die  Ober- 
Hache  allgemein  verbreitet  sind.  Nicht  selten  erscheinen  an  den  den 
grösseren  Klüften  zunächst  gelegenen  Theilen  der  Kalksteine  ebenfalls  brec- 
cienartige  Gebilde,  an  denen  oft  der  Uebergang  in  Zellenkalke  deutlich  er- 
sichtlich ist.  An  den  demselben  Zuge  gehörigen  Kalken  bei  Reichenau  fand 
Tschermak  3)  eine  reichliche  Zone  von  Zellenkalken  und  bei  der  Ruine 
Klamm  sind  nach  F.  v.  Hauer4)  die  Kalksteine  in  den  oberen  Lagen 
auch  in  Zellenkalke  umgewandelt.  Südlich  von  dieser  Kalksteinzone 
erscheinen  die  dem  Quarzit  von  Otter berg  übergelagerten  Kalke  in 
den  oberen  Schichten  ebenfalls  im  Zellenkalke  übergehend.  Auch  an 
anderen  Punkten  der  silurischen  Gebirgszone  der  Nordalpen  finden  sich 
die  Zellenkalke  unter  denselben  Verhältnissen,  so  dass  kein  Zweifel 
obwalten  kann,  dass  hier  ebenso  wie  an  anderen  Orten  dieselben  Be- 
dingungen ihrer  Bildung  vorhanden  gewesen  sein  mussten. 

Von  den  bisher  besprochenen  Zellenkalken  zeigt  der  aus  den 
Atlitzgräben,  entsprechend  seiner  Entstehungsweise  von  einer  Breccie, 


')  Haidinger’s  Berichte  der  Freunde  der  Naturwissenschaft.  Bd.  VII.  p.  81. 

a)  L.  c.  pag.  89. 

3)  6.  Tschermak:  Die  Zone  der  älteren  Schiefer  am  Semmering.  Verhandl. 
der  k.  k.  geol.  R.-A.  1873,  pag.  62. 

4)  Die  Geologie  und  ihre  Anwendung  auf  die  Kenntnisse  der  Bodenbeschaffen- 
heit von  Oesterreich-Ungarn,  pag.  219. 


[17] 


Ueber  die  Entstehmigsw'eise  der  Zellenkalke  u.  verwandter  Gebilde.  267 


ein  Bild  grösster  Unregelmässigkeit.  Die  Zellen  sind  von  einer  weissen 
pulverigen  Masse  ausgefüllt,  und  zeigen  nach  Entfernung  derselben 
Formen  die  es  ausser  allem  Zweifel  setzen,  dass  hier  ursprünglich  scharf- 
kantige Bruchstücke  festen  Gesteines  eingebettet  lagen.  Man  sieht 
hieraus  sofort,  dass  man  es  hier  mit  einem  Umwandlungsproducte  einer 
Breccie  zu  thun  habe,  wobei  sowohl  die  Bruchstücke  als  die  sie  ver- 
bindende Masse  Kalkstein  sind. 


Ich  unterzog  nun  den  gelben  dichten  Kalkstein, 

der  die  Zellen 

bildete,  sowie  die  weisse  pulverige 

Masse,  welche  dieselben  ausfüllte, 

einer  Analyse  und  fand  : 

Zellwände  (8) 

Asche  (9) 

Kalk  ....... 

. . 4U46 

30-61 

Magnesia 

. . 9-96 

20-14 

Kohlensäure 

. . 42-98 

45-34 

Eisenoxyd  

. . 0-85 

Spur 

Thonerde  

. . 0-39 

0-26 

Unlöslicher  Rückstand : 

Kieselsäure 

. . 2-08 

116 

Thonerde  

. . 1-62 

1-56 

Daraus  ergiebt  sich  : 

99-34 

99-07 

(8) 

(9) 

Kohlensaurer  Kalk  . . . 

. . 74-03 

54-66 

Kohlensäure  Magnesia  . . 

. . 20-92 

42-29 

Thonerde-Silicat  .... 

. . 4-94 

2-98 

' 99-89 

99-93 

Nach  diesen  Zahlen  ist  ersichtlich,  dass  die  Zellen  dolomitischer 
Kalkstein  sind,  die  weisse  pulverige  Masse  jedoch  normaler  Dolomit  ist. 

Erwägen  wir  nun  den  Umstand,  dass  das  Kalk-Magnesia-Carbonat 
in  kohlensäurehaltigem  Wasser  viel  schwerer  löslich  ist  als  das  Kalk- 
Carbonat,  erinnern  wir  uns  an  die  im  Vorhergehenden  berechneten 
Löslichkeits-Quotienten  zwischen  Kalkspath  und  Dolomit,  so  wird  es 
uns  unzweifelhaft  erscheinen,  dass  die  weisse  pulverige  Masse  dieses 
Zellenkalkes  in  ihrer  Entstehungsweise  unmöglich  mit  dem  die  Zellen 
bildenden  gelben,  dichten  Kalkstein  in  irgend  einer  Verbindung  stehen 
kann ; denn  wäre  dieses  der  Fall  und  wäre  hier  derselbe  Process 
geltend,  wie  bei  der  früheren  Art  von  Zellenkalken,  dann  hätten  ja 
eben  die  Zellwände,  welche  hier  nur  dichter,  dolomitischer  Kalkstein 
sind,  den  Meteorwässern  nicht  länger  Stand  zu  halten  vermocht  als 
der  Kalkstein,  aus  dem  die  Asche  entstand.  Ueberdies  ist  hier  dieser 
ebenfalls  dolomitischer  Kalk,  der,  nach  der  chemischen  Zusammen- 
setzung der  Asche  zu  urtheilen,  noch  mehr  Dolomitsubstanz  enthalten 
haben  wird,  demnach  sogar  einen  geringeren  Löslichkeits-Quotienten 
gehabt  haben  musste  als  der  die  Zellen  bildende  gelbe  Kalkstein. 

Es  spricht  somit  dieser  Umstand  für  eine  Bildungsweise,  wornach 
der  Kalkstein,  aus  dem  die  pulverige  Masse  entstand,  länger  den  Ein- 
flüssen der  Meteorwässer  ausgesetzt  sein  musste  als  der  die  Zellen 
bildende.  Eine  solche  Bedingung  ist  jedoch  nur  bei  einer  Breccie  oder 

Mineralogische  Mittheilungen  1875.  i.  Heft.  (-Edmund  P.  Neminar.)  36 


268 


Edmund  F.  Neminar. 


[18] 


einem  Conglomerate  möglich,  denn  da  ist  es  wohl  mit  der  Erfahrung 
vereinbar,  dass  Kalkstein-  oder  auch  Dolomitbrocken  dann  durch  eine 
neu  gebildete  Kalksteinmasse  verkittet  worden  sind,  als  sie  selbst  schon 
ein  Zersetzungsstadium  durchgemacht  hatten  und  demnach  auch  bei 
weiterer  Einwirkung  von  Meteorwässern  rascher  zersetzt  werden  mussten 
als  der  sie  verkittende  frisch  gebildete  Kalkstein. 

Diese  Bildungsverhältnisse  finden  sich  in  ausgezeichneter  Weise 
an  den  Zellenkalken  aus  den  Atlitzgräben  bei  Schottwien  ausgesprochen, 
indem  einzelne  noch  vollkommen  erhaltene  Breccien  , die  durch  gelben 
dichten  Kalkstein  verbundenen  grauen  Kalkstein-Bruchstücke  in  bereits 
etwas  zersetztem  Zustande  zeigen,  während  man  an  anderen  die  Um- 
wandlung in  jene  erwähnte  weisse  pulverförmige  Masse  verfolgen  kann. 
Durch  weiteres  Fortschreiten  des  Zersetzungsprocesses  verliert  diese 
Masse  immer  mehr  ihren  Zusammenhang  und  so  entsteht  endlich  ein 
Zellenkalk,  dessen  aus  dichtem  Kalkstein  bestehende  Zellen  bald  leer, 
bald  mit  einem  pulverigen  Dolomit  ausgefüllt  erscheinen. 

Bildun  gsverMltnisse. 

Nachdem  durch  die  angeführten  Analysen  einerseits  einzelne 
Processe  der  Zellenkalkbildung  erläutert  wurden,  andererseits  klargelegt 
worden  ist,  dass  die  Zellenkalke  als  secundäre  Gebilde  zu  betrachten 
sind  und  im  Vorhergehenden  gezeigt  worden  war,  dass  die  Kohlensäure 
eines  jener  Agentien  ist,  die  in  sedimentären  Gesteinen  leicht  Umwand- 
lungen veranlassen  können,  wird  es  wohl  nicht  schwer  erklärlich,  dass 
bei  der  Zellenkalkbildung  kohlensäurehaltige  Gewässer  die  Umbildung 
veranlasst  hatten  und  hiebei  im  Allgemeinen  folgender  Process  statt- 
gefunden haben  kann. 

Die  Meteorwässer,  welche  die  verhältnissmässig  dünne  Erdkruste 
leicht  durchdringen,  wirken  als  starke  Zersetzungsmittel  auf  die  Kalk- 
steine ein,  durchziehen  die  feinen  Risse  und  Sprünge  derselben  und 
lösen  hiebei  kohlensauren  Kalk  allmählig  auf.  Dadurch , dass  die 
Gewässer  durch  die  in  den  Rissen  ihnen  gleichsam  gebahnten 
Canäle  leicht  weiter  hinab  dringen  und  die  unlöslich  gebliebenen  Be- 
standtheile  fortführen  können,  vermag  der  aufgelöste  reine  kohlen- 
saure Kalk  zur  Krystallisation  zu  gelangen,  und  so  sind  nach 
einiger  Zeit  die.  zahlreichen  feinen  Spalten  und  Risse  mit  krystallini- 
schem  Kalk-Carbonat  ausgefüllt.  Bei  weiterer  Einwirkung  der  Meteor- 
wässer werden  dann  die  den  krystallinischen  Adern  zwischenliegenden 
Theile  des  Kalksteines  von  der  Umbildung  zunächst  ergriffen,  das  leicht 
lösliche  kryptokrystallinische  Kalk-Carbonat  aufgelöst  als  Bicarbonat 
grösstentheils  fortgeführt,  das  etwa  vorhandene  im  kohlensäurehaltigen 
Wasser  schwerer  lösliche  Kalk-Magnesia-Carbonat  aber,  sowie  etwa  vor- 
handene unlösliche  Bestandtheile  — Quarz  oder  Thon  — als  eine 
lockere  Masse  zurückgelassen,  während  die  Adern,  die  als  phanero- 
krystallinischer  Kalk,  der  bekanntlich  einer  der  schwer  löslichsten  Kalk- 
Carbonate  ist , den  Einwirkungen  der  Kohlensäure  länger  Stand  zu 
halten  vermögen,  erhalten  bleiben  und  die  Zellen  bilden,  in  denen  sich 
die  lockere  Masse  befindet.  Durch  fernere  Einwirkung  der  Gewässer 
schreitet  diese  Umbildung  nach  der  bezeichneten  Weise  immer  weiter, 


[19]  Ueber  die  Entstellungsweise  der  Zellenkalke  u.  verwandter  Gebilde.  269 

die  krystallinischen  Zellwände  werden  im  Verhältnis  zur  dichten  Kalk- 
steinmasse nur  wenig  aufgelöst  und  es  entstehen  endlich  jene  schon  im 
Eingänge  besprochenen  Zellenkalke,  die  durch  zahlreiche,  oft  ziemlich 
regelmässig  angeordnete  krystallinische  Zellen  ausgezeichnet  sind. 

Durch  zahlreiche  Versuche  bezüglich  der  Löslichkeit  des  krystal- 
linischen und  dichten  Kalk-Carbonates  in  kohlensäurehaltigem  Wasser 
erwies  Bischof  Q,  dass  der  rhomboedrische  Kalkspath  das  schwer 
löslichste  Kalk-Carbonat  ist.  Es  ergab  sich  nach  seinen  Untersuchun- 
gen, die  er  mit  Kreide  und  Kalkspath  in  der  Weise  ausgeführt  hatte, 
dass  er  stets  24  Stunden  lang  in  das  destillirte  Wasser,  worin  das 
gepulverte  Kalk- Carbonat  suspendirt  war,  Kohlensäure  einleitete,  hierauf 
die  filtrirte  Lösung  wog,  darauf  eindampfte  und  das  Gewicht  des  Rück- 
standes bestimmte,  dass  folgende  Quantitäten  des  mit  Kohlensäure 
gesättigten  Wassers  nöthig  waren,  um  ein  Theil  des  Kalk-Carbonates 
aufzulösen : 

1.  Kreide  1000  Theile; 

2.  Kreide  nach  einstündigem  Durchleiten  der  Kohlensäure  990 
Theile ; 

3.  Kreide  nach  zweistündigem  Durchleiten  der  Kohlensäure  1099 
Theile ; 

4.  Kreide  nach  dreistündigem  Durchleiten  der  Kohlensäure  989 
Theile ; 

5.  Kalk-Carbonat  dargestellt  aus  Chlorcalcium  durch  Kali-Carbo- 
nat 2221  Theile ; 

6.  Kalkspath  3149  Theile. 

Aus  diesen  Zahlen  schloss  nun  Bischof,  dass  in  gleichen  Zeiten 
und  unter  gleichen  Umständen  vom  amorphen  Kalk-Carbonat  dreimal 
soviel  aufgelöst  und  fortgeführt  wird  als  vom  krystallinischen. 

* Nach  diesen  Untersuchungen  ist  es  wohl  zur  Genüge  erwiesen, 
dass  die  vorhin  bei  der  Erklärung  unserer  Zellenkalke  gemachte  An- 
nahme, der  Kalkspath  sei  eines  der  schwer  löslichsten  Kalk-Carbonate, 
vollkommen  begründet  sei  und  somit  die  Zellen,  die  eben  aus  Kalkspath 
bestehen,  den  kohlensäurehaltigen  Gewässern  länger  widerstehen  können 
als  die  dichten  Kalk-  oder  Magnesia-Carbonate. 

Nicht  minder  als  diese  für  die  Erklärung  der  Zellenkalkbildung 
gemachte  Annahme  findet  auch  die  andere  , nämlich  das  leichte  Ein- 
dringen der  Meteörwässer  in  die  Kalksteine,  durch  das  gewöhnliche 
Auftreten  der  Zellenkalke  in  den  der  Erdkruste  zunächst  gelegenen 
Schichten  ihre  Bestätigung. 

Durch  diese  eben  erläuterte  Bildungsweise  der  Zellenkalke  ist 
jedoch  die  Theorie  im  Allgemeinen  nicht  erschöpft,  denn  da  wir  Zellen- 
kalke mit  einem  von  dem  bisher  beschriebenen  wesentlich  verschiedenen 
Habitus  kennen  gelernt  haben,  so  ist  mit  Recht  anzunehmen,  dass  ihre 
Bildungsweise  wohl  eine  andere  sein  müsse.  Wie  wir  bereits  oben 
gesehen  hatten,  sind  diese  Zellenkalke  durch  die  unregelmässige  An- 
ordnung ihrer  Zellen  und  die  meist  normal  dolomitische  Asche  besonders 


’)  Lehrbuch,  der  chemischen  und  physik.  Geologie.  Band  II,  pag.  111. 

36* 


270 


Edmund  F.  Nemiuar. 


[20] 


chai akterisirt.  Die  eine  Alt  derselben,  die  sich  aus  ursprünglich  dichtem 
Kalkstein  bildet,  unterscheidet  sich,  wie  wir  bei  der  Analyse  des  Zellen- 
kalkes von  Kalksburg  (I)  gesehen  hatten,  in  ihrer  Bildungsweise  von 
den  Zellenkalken  mit  krystallinischen  Zellen  nur  sehr  wenig ; wesentlich 
anders  gestaltet  sich  aber  die  Entstehungsweise  der  Zellenkalke,  die 
ihre  Bildung  einer  Breccie  verdanken.  Hier  ist  der  Bildungsprocess  im 
Wesentlichen  der,  dass  bald  grössere  bald  kleinere,  durch  chemische  oder 
mechanische  Einflüsse  entstandene  Kalkstein-  oder  auch  Dolomittrümmer, 
die  eine  Zeit  lang  den  Einflüssen  athmosphäriseher  Gewässer  ausgesetzt 
waren,  in  einem  Zustande  wo  sie,  obwohl  verändert,  die  Cohäsion  ihrer 
Theilchen  doch  noch  nicht  ganz  eingebiisst  hatten,  durch  eine  frisch  ge- 
bildete Kalksteinmasse  verbunden  werden.  Es  entsteht  auf  diese  Weise 
eine  Breccie,  deren  Bestandteile  den  Einflüssen  der  Atmosphärilien  nicht 
gleich  widerstandsfähig  sind  und  von  denen  somit  die  einen  viel  früher 
als  die  anderen  ihren  Aggregationszustand  vollkommen  verändern  und 
hiebei  eine  pulverige  Masse  bilden,  die  von  dem  erhalten  gebliebenen 
Kalkstein  umschlossen  wird.  Diese  Umbildung,  die  sich  zuerst  an  der 
Oberfläche  wahrnehmbar  macht,  schreitet  nun  rasch  weiter,  die  pulverige 
Masse  verliert  alsbald  ihre  Consistenz  vollständig  und  die  Gewässer,  die 
jetzt  noch  viel  leichter  das  Innere  einer  solchen  oft  sehr  grossen  Breccie 
durchdringen  können,  verursachen  nun  im  Inneren  au  den  schon  zer- 
setzt gewesenen  Kalksteinbrocken  sehr  leicht  dieselben  Veränderungen, 
so  dass  wir  endlich  einem  cavernösen  Kalk  begegnen,  dessen  Zellen  oft 
ganz  abgeschlossen  erscheinen,  die  mannigfaltigsten  Formen  zeigen  und 
ohne  jede  Symmetrie  angeordnet  sind. 

Eine  ähnliche  Erscheinung  wie  diese  eben  erläuterte  Art  von 
Zellenkalken  bieten  uns  auch  die  von  Haidinger1)  beschriebenen 
hohlen  Geschiebe  aus  dem  Leithagebirge,  die  ganz  ähnlichen  Processen 
wie  der  eben  angedeutete  ihre  Entstehung  verdanken.  Auch  hier  sind, 
wie  aus  den  im  Folgenden  angeführten  Analysen  leicht  ersichtlich  sein 
wird,  die  festen  Geschiebe  sowie  die  sie  umgebende  Masse  dolomitischer 
Kalkstein  , während  das  Pulver  derselben  Dolomit  ist.  In  seiner  Arbeit 
(1.  c.  pag.  12)  erwähnt  Haidinger: 

„Die  Grundmasse  in  der  die  dunkelgrauen  Geschiebe  liegen,  ist 
ein  gelblich  grauer  Kalkstein  wovon  hundert  Theile  enthalten : 

Unlöslichen  Rückstand  . U29  ist  zum  Theile  Quarz, 

Kohlensäuren  Kalk  . . 98 -00 

Kohlensäure  Magnesia  . 050 

Eisenoxyd Spur 

99-79 

Ein  ganz  festes  Geschiebe  von  dunkelgrauer  Farbe,  krystallinisch, 
feinkörnig,  enthielt  in  hundert  Theilen  : 

Unlöslichen  Rückstand  . . . 042 

Kohlensäuren  Kalk  ....  98-33 

Kohlensäure  Magnesia  . . . 0‘80 

99 '55 


9 Die  hohlen  Geschiebe  aus  dem  Leithagebirge.  Wien,  1856.  Sitzungsberichte 
der  k.  k.  Akademie  der  Wissenschaften,  Bd.  21,  1856. 


[21]  Ueber  die  Entstehungsweise  der  Zellenkalke  u.  verwandter  Gebilde.  271 

Die  äussere  Schale  eines  im  Inneren  zu  Pulver  zerfallenen  Ge- 
schiebes ergab  in  hundert  Theilen : 

Kohlensäuren  Kalk  ....  87 ‘26 

Kohlensäure  Magnesia  . . . 12-00 

9-9-26 

Das  Pulver  aus  dem  Inneren  eines  Geschiebes  enthielt  in  hun- 
dert Theilen : 

Unlöslichen  Rückstand  . > . Spur 

Kohlensäuren  Kalk  ....  62-52 

Kohlensäure  Magnesia  . . . 36- 75 

99-277 

Aus  diesen  analytischen  Daten  ersieht  man,  dass  hier  ebenso  wie 
bei  dem  von  mir  beschriebenen  Zellenkalke  von  den  Atlitzgräben,  das 
Bindemittel  kohlensaurer  Kalk,  das  Pulver  Dolomit  ist.  Ueberdies 
hatte  das  Bindemittel  als  kohlensaurer  Kalk  mit  einem  sehr  geringen 
Gehalt  an  Dolomitsubstanz  einen  grösseren  Löslichkeits-Quotienten  als 
das  Geschiebe  selbst.  Auch  hier  konnte  also  kein  anderer  Process 
stattgefunden  haben,  als  dass  das  Kalk-Carbonat  von  kohlensauren  Ge- 
wässern fortgeführt  wurde  , während  das  Kalk  - Magnesia  - Carbonat 
meistentheils  zurückblieb.  Haidinger  nimmt  auch  hiebei  dasselbe 
Agens  und  dieselben  Verhältnisse  zwischen  den  Geschieben  und  ihrem 
Bindemittel  an,  wie  ich  es  bei  den  Zellenkalken  wirksam  dachte  und 
voraussetzte,  denn  er  sagt  diesbezüglich  Q : „Ohne  Zweifel  geschieht 
aber  eine  solche  Veränderung  durch  die  in  dem  natürlichen  Zustande 
stets  die  Gesteine  durchströmende  Gebirgsfeuchtigkeit,  bei  welcher  es 
vielleicht  genügt  vorauszusetzen,  dass  sie  mit  einem  Gehalt  an  Kohlen- 
säure eintritt  und  dem  Aequivalentgewicht  entsprechend  mehr  kohlen- 
saure Kalkerde  als  kohlensaure  Magnesia  in  sich  aufnimmt.  Kohlen- 
saurer Kalk  aber,  der  nun  in  den  Räumen  der  Geschiebe  fehlt,  findet 
sich  in  der  umgebenden  Kalksteinmasse  als  Kalkspath,  als  Bindemittel 
frisch  abgesetzt.  Gewiss  unterliegen  die  Geschiebe  dann  vorzüglich  der 
Veränderung,  wenn  sie  eine  von  der  umgebenden  Masse  verschiedene 
chemische  Zusammensetzung  besitzen.“ 

Gümbel* 2)  schreibt  auch  die  Entstehung  der  in  den  Alpen  weit 
verbreiteten  breecienartigen  Rauhwacken  analogen  Ursachen  zu , wie 
bei  den  hohlen  Geschieben  in  den  diluvialen  oder  tertiären  Conglome- 
raten,  und  Beyrich3),  der  die  breecienartigen  Rauhwacken  in  der 
Zechsteinformation  am  südlichen  Harzrande  beobachtet  hatte,  nimmt  an, 
dass  eckige  Bruchstücke  von  Dolomit  durch  ein  kalkiges  Bindemittel 
verbunden  seien,  das,  wie  Gümbel  bei  ähnlichen  Erscheinungen  an- 
nimmt, ein  Sintergebilde  sei,  für  welches  die  das  aufsteigende  dolo- 
mitische Gestein  durchziehenden  oder  theilweise  auflösenden  Gewässer 
das  Material  lieferten.  Diese  Dolomitbrocken  lösen  sich  zu  Dolomitsand 
auf,  dieser  fällt  heraus  und  so  entstehen  die  luckigen  Gesteine,  welche 
kein  Dolomit  sind. 


*)  L.  c.  pag.  13. 

2)  Zeitschrift  der  deutsch-geologischen  Gesellschaft.  1866.  pag.  391. 

8)  Ebendaselbst. 


272 


Edmund  F.  Neminar. 


[22] 


Auch  Morlot1)  führt  in  seiner  Arbeit  an,  dass  sich  bei  Raibl 
ein  rauhwackenartiges  Gebilde  in  Verbindung  mit  einem  dichten 
Kalkstein  gezeigt  hatte,  wobei  manche  von  den  eingeschlossenen  Kalk- 
brocken im  Inneren  — gerade  wie  bei  den  tertiären  Geschieben  so 
häufig  der  Fall  ist  — zerstört  und  zu  Kalkmehl  zerfallen  sind.  Diese 
Erscheinung,  die  ebenso  wie  die  vorerst  angeführten  Beobachtungen  der 
sprechendste  Beweis  für  die  von  mir  aufgestellte  Theorie  der  Bildungs- 
weise breccienartiger  Zellenkalke  ist,  schien  Morlot  von  so  grosser 
Eigenthümlichkeit,  dass  er  sie  für  die  Erklärung  der  Bildungsweise  der 
Zellenkalke  durchaus  nicht  in  Betracht  ziehen  zu  müssen  glaubte. 
Indessen  scheint  es  schon  bei  einfacher  Ueberlegung  gar  zu  unwahr- 
scheinlich, ja  unmöglich,  dass  bei  einer  Bildungsweise  der  Zellenkalke, 
aus  Dolomit  oder  selbst  Kalkstein,  so  wie  es  sich  Morlot  gedacht 
haben  mochte,  ein  Theil  des  dichten  Kalkes,  in  dem  sich  die  Hohl- 
räume befinden,  länger  den  Meteorwässern  widerstehen  sollte  als  der 
andere,  aus  dem  man  dann  das  Dolomitpulver  herleiten  wollte.  Bei 
genauer  Untersuchung  findet  man  jedoch,  wie  es  sich  auch  bei  dem 
Zellenkalke  von  Kalksburg  (I)  zeigte,  dass  die  anscheinend  nur  dichten 
Kalkstein  repräsentirenden  Zellwände  einerseits  jüngere  Gebilde  sind  als 
die  übrige  Kalksteinmasse,  andererseits  ein  feines  krystallinisches  Ge- 
füge haben , welches , in  Verbindung  mit  vorherrschend  unlöslichen 
Bestandtheilen  des  Kalksteines , eine  grössere  Widerstandsfähigkeit 
besitzt  als  der  zwischenliegende  dichte  Kalk.  Sind  aber  die  Zellen 
wirklich  nur  dichter  Kalkstein,  dann  ist,  wie  wir  vorhin  gesehen,  ihre 
Entstehung  mit  dem  die  pulverige  Masse  bildenden  Kalke  durchaus 
keine  gleichzeitige.  In  jedem  dieser  Fälle  ist  die  Bildungsweise  der 
Zellenkalke  den  chemischen  Wirkungen  der  bei  der  Umwandlung  sedi- 
mentärer Gesteine  thätigen  Gewässer  vollkommen  entsprechend,  schwer- 
lich Hesse  sich  jedoch  eine  solche  Uebereinstimmung  zwischen  Ursache 
und  Wirkung  bei  einer  Bildungsweise  der  Zellenkalke  aus  Dolomit 
herausfinden. 

Bei  dieser  Bildungsweise  wird  der  Dolomit,  wie  Morlot  in 
seiner  Arbeit  (1.  c.)  angeführt,  nach  allen  Richtungen  von  Sprüngen 
durchsetzt,  von  denen  aus  seine  Umwandlung  in  kohlensauren  Kalk 
beginnt;  das  so  gebildete  Kalkadernetz  erweitert  sich  dann  immer  mehr 
auf  Kosten  der  eingeschlossenen  Dolomitbruchstücke,  während  secundäre 
Sprünge  entstehen,  von  denen  aus  dasselbe  geschieht,  bis  sich  endlich, 
wenn  die  Umbildung  lange  genug  angedauert  hat,  eine  dichte  Kalk- 
masse bildet , die  man  vollendete  Rauhwacke  nennen  kann.  Wird 
dagegen  diese  Umbildung  zu  früh  unterbrochen,  so  bleibt  die  zellige 
Rauhwacke  mit  noch  eingeschlossenen  grösseren  oder  kleineren  Brocken 
des  ursprünglichen  Dolomites  übrig. 

„Mit  der  auf  diese  entwickelte  Weise,  sagt  Morlot  weiter,  vor- 
anschreitenden concentrischen  Veränderung  der  Dolomitbrocken  von 
aussen  nach  innen,  muss  auch  gleichzeitig  die  Aufhebung  ihrer  inneren 
Cohäsion  und  ihr  Uebergang  in  den  pulverförmigen  Zustand  verbunden 
sein,  da  man  diesen  in  noch  nicht  durch  Zellen  zertheiltem  Dolomit 


’)  L.  c.  pag.  90. 


Ueber  die  Entstelnmgsweise  der  Zellenkalke  u.  verwandter  Gebilde.  273 


vermisst.  Es  muss  zugleich  dieser  Uebergang  ziemlich  plötzlich  geschehen, 
da  man  auch  in  den  grösseren  Zellen  mit  nur  dünnen  Zwischenwänden 
keinen  festen,  harten  Kern  in  ihrer  Mitte,  sondern  nur  das  ganz  gleich- 
förmige, wie  blosser  Staub  so  feine  Pulver  findet.“ 

Eine  solche  Zellenkalkbildung  ist  nach  den  bekannten  chemischen 
Wirkungen  der  Meteorwässer  geradezu  unmöglich,  denn  nehmen  wir  an, 
dass  die  auf  den  Dolomit  einwirkenden  Gewässer  kohlensäurehaltig 
waren,  dann  wäre  es  wohl  schwer  erklärlich,  wieso  sich  aus  einem  nor- 
malen Dolomit  in  den  Sprüngen  stets  nur  Kalk-Carbonat,  das  doch  in 
kohlensäurehaltigem  Wasser  leicht  löslich  ist  und  von  demselben  auch 
leicht  fortgeführt  wird,  absetzen  könnte,  während  das  Kalk-Magnesia- 
Carbonat,  das  wohl  hier  zu  gleicher  Zeit  mit  dem  Kalk  in  Lösung 
gewesen  sein  musste,  stets  fortgeführt  wird.  Im  Gegentheil  müsste,  der 
Erfahrung  gemäss,  das  leichter  lösliche  Kalk-Carbonat  fortgeführt  wer- 
den, das  schwerer  lösliche  Kalk-Magnesia-Carbonat  aber  Zurückbleiben. 
Aus  dem  Bicarbonat  des  Kalkes  und  der  Magnesia  kann  doch  wohl 
nicht  ein  Kalk-Carbonat  entstehen  das  endlich,  wie  es  sich  Morlot 
bei  der  vollendeten  Rauhwacke  dachte,  dasselbe  Volumen  hätte  als 
früher  das  Bicarbonat.  Und  dann  — wo  wäre  das  Kalk-Magnesia- 
Carbonat  hingekommen,  wenn  es  nicht  fortgeführt  wird?  Von  kohlen- 
säurehaltigen Wässern  kann  es  jedoch  nicht  früher  fortgeführt  werden, 
als  das  Kalk-Carbonat,  das  in  unserem  Falle  die  Zellwände  bilden  soll. 
Ferner  ist  es  ebenso  schwer  zu  erklären,  wieso  die  übrig  gebliebenen 
Dolomitbrocken,  bei  einer  con centrisch  von  aussen  nach  innen  fort- 
schreitenden Veränderung,  gleichzeitig  mit  dieser  Veränderung  und 
plötzlich  in  einen  pulverförmigen  Zustand  übergehen  sollten. 

Wollten  wir  uns  jedoch  statt  der  kohlensäurehaltigen  Wässer 
kohlensäurefreie  einwirkend  denken,  dann  müssten  wir  von  dem  bisher 
beobachteten  Auftreten  der  Zellenkalke  in  den  der  Erdkruste  zunächst 
gelegenen  Schichten  oder  an  der  Oberfläche  von  frischen  Kalken  voll- 
kommen absehen  und  die  Zellenkalke  in  tieferen  Schichten  suchen,  wo 
die  eindringenden  Meteorwässer  ihre  Kohlensäure  bereits  grösstentheils 
abgegeben  haben. 


Cavernösev  Dolomit. 

Ganz  verschieden  von  dieser  im  Vorhergehenden  klargelegten 
Bildungsweise  der  Zellenkalke  ist  die  der  cavernösen  Dolomite,  die  so 
häufig  auch  unter  dem  Namen  „Rauhwacke“  begriffen  werden.  Das 
dolomitische  Aussehen  so  mancher  Zellenkalke,  der  normale  Dolomit, 
der  oft  die  Asche  bildet,  war  wohl  die  Veranlassung,  dass  so  viele 
Forscher,  die  Rauhwacken  aus  Dolomit  entstanden  wissen  wollten,  ohne 
zu  berücksichtigen , dass  bei  den  typischesten  Rauhwacken  der  Ueber- 
gang in  dichten  Kalkstein  augenfällig  ist.  Allerdings  lässt  sich  Kalk- 
stein vom  Dolomit  durch  einfache  Kriterien  nicht  hinlänglich  scharf 
scheiden,  indessen  wollen  wir  bei  unserer  Betrachtung  stets  einen  normalen 
Dolomit  in’s  Auge  fassen,  da  wohl  die  meisten  Kalksteine,  und  auch  die 
unserer  Beobachtungen,  mehr  oder  weniger  dolomitisch  sind. 


274 


Edmund  F.  Neminar. 


[24] 


Wenn  wir  nun  nach  der  Bildungsweise  der  Zellendolomite  fragen, 
dann  drängt  sich  uns  auch  unwillkürlich  vorerst  die  Frage  nach  der 
Bildungsweise  der  Dolomite  auf.  Diese  Frage  jedoch,  die  zu  fast  ebenso 
vielen  Theorien  Veranlassung  gab  als  es  Verhältnisse  giebt,  unter  denen 
der  Dolomit  auftritt,  endgiltig  zu  beantworten,  ist  bisher  noch  nicht 
gelungen,  obwohl  die  ausgezeichnetsten  Forscher  sich  mit  derselben 
beschäftigten.  Von  den  zahlreichen  Hypothesen  der  Dolomitbildung  sind 
aber  die  von  Gr.  Bischof1)  und  die  von  Nauck2)  und  später  auch 
von  Pf  aff3)  ausgesprochenen  die  plausibelsten  und  auch  vorzugsweise 
geeignet  die  Bildung  cavernöser  Dolomite  zu  erklären. 

Nach  der  Nauck’ sehen  Hypothese  besteht  die  Dolomitbildung 
darin,  dass  eine  Solution  von  kohlensaurer  Magnesia  in  kohlensäure- 
haltigem  Wasser  auf  einen  Kalkstein  einwirkt,  hiebei  aus  demselben 
kohlensauren  Kalk  extrahirt  und  hiefiir  ein  Kalk-Magnesia-Carbonat 
allmählig  absetzt. 

Nach  Bischof  wird  durch  kohlensäurehaltige  Gewässer  entweder 
aus  dolomitischem  Kalkstein  allmählig  so  viel  Kalk-Carbonat  extrahirt, 
bis  die  Carbonate  in  gleichen  Aequivalenten  vorhanden  sind,  oder  es 
führen  kohlensäurehaltige  Gewässer  einem  Kalkstein  so  lange  doppelt 
kohlensaure  Magnesia  zu,  bis  die  Aequivalenz  beider  Carbonate  eintritt 
und  somit  Dolomit  entsteht. 

Bringen  wir  nun  mit  diesen  chemischen  Processen,  deren  Grund- 
bedingung ein  fortwährendes  Auflösen  und  Fortfuhren  der  einzelnen 
Carbonate  ist,  noch  den  Umstand  in  Betracht,  dass  bei  der  Dolomiti- 
sirung  der  Kalksteine  nicht  eine  theilweise  isomorphe  Vertretung  des 
Kalk-Carbonates  durch  das  Magnesia-Carbonat  stattfindet,  sondern  eine 
Beimengung  von  Dolomit-Substanz,  wie  es  auch  nach  den  Untersuchun- 
gen des  Kalksteines  von  Kalksburg  (I)  ersichtlich  ist,  so  ergiebt  sich 
die  Bildungsweise  der  cavernösen  Dolomite  ungefähr  auf  folgende  Art : 

Durch  Einwirkung  kohlensaurer  Gewässer  auf  dolomitischen  Kalk- 
stein wird  in  den  Sprüngen  und  Rissen,  womit  die  Kalksteine  gewöhn- 
lich durchzogen  sind,  fortwährend  Dolomitsubstanz  abgesetzt,  indem 
einerseits  aus  dem  Kalkstein  selbst  Kalk-Carbonat  extrahirt,  anderer- 
seit  von  aussen  Magnesia-Carbonat  hinzugeführt  wird.  Bei  diesem  Pro- 
cesse  entsteht  in  dem  Kalkstein  allmählig  ein  Netz  von  Dolomitadern, 
oder  es  bilden  sich,  wenn  die  Klüfte  in  dem  Kalkstein  grösser  waren, 
ganze  Dolomit-Complexe,  zwischen  denen  Kalksteinbrocken  eingeschlos- 
sen sind,  wie  sie  sich  auch  häufig  an  in  Dolomit  metamorphosirten 
Kalksteinen  zeigen.  Wirken  nun  die  kohlensäurehaltigen  Gewässer 
weiter,  dann  unterliegt,  dem  Löslichkeits-Quotienten  entsprechend,  der 
noch  erhaltene  Kalkstein  früher  den  Einflüssen  derselben  als  die  frisch 
gebildeten  Dolomitadern,  es  entsteht  eine  pulverige  Masse,  die  reiner 
Dolomit  ist  und  wir  haben  endlich  ein  Gebilde  vor  uns,  dessen  Zel- 
len sowohl  als  auch  die  sie  ausfüllende  Asche  Dolomit  sind  — einen 
cavernösen  Dolomit. 


!)  Lehrbuch  der  chemischen  und  physik.  Geologie.  HI.  Band,  pag.  79. 

2)  Poggendorf’s  Annalen.  Band  75  (1843),  pag.  149. 

s)  Poggendorf’s  Annalen.  Band  85,  pag.  465. 


Ueber  die  Entstehungsweise  der  Zellenkalke  u.  verwandter  Gebilde.  275 


Der  Habitus  solcher  cavernöser  Dolomite  ist  jedoch  von  dem  der 
typischen  Zellenkalke  sehr  verschieden  und  zeigt  uns  eine  Aehnlichkeit 
mit  dem  der  breccienartigen  Zellenkalke.  Niemals  finden  sich  Dolomite 
mit  den  die  Zellenkalke  vorzugsweise  charakterisirenden  ebenflächigen 
Zellen,  immer  sind  es  hier  nur  Hohlräume,  die  zumeist  von  starken 
Partieen  dichten  Dolomites  gebildet  sind.  Ueberdies  sind  auch  eigentliche 
Zellendolomite  nur  selten  zu  finden  und  zumeist  erweisen  sich  solche, 
dem  blossen  Aussehen  nach,  cavernösen  Dolomiten  ähnliche  Gebilde  bei 
genauerer  Untersuchung  als  breccienartige  Zellenkalke ; dort  jedoch,  wo 
sich  bei  einem  dolomitähnlichen  Gestein  ebenflächige  Zellen  finden, 
kann  man  stets  schon  im  Vorhinein  annehmen,  dass  dies  ein  Zellen- 
kalk sei. 

Die  im  Vorhergehenden  erläuterte  Bildungsweise  cavernöser  Dolo- 
mite, obwohl  der  der  Zellenkalke  anscheinend  ähnlich,  ist  doch  von  der- 
selben sehr  verschieden,  denn  während  bei  den  Zellenkalken  die  ganze 
Umbildung  in  dem  Gestein  selbst  durch  Einfluss  von  Meteorwässern, 
ohne  wesentliche  Volumveränderung  des  ursprünglichen  Gesteines  vor 
sich  ging,  führen  hier  die  Gewässer  noch  Magnesia-Bicarbonat  hinzu, 
und  da  zugleich  eine  Dolomitisirung  eintritt,  so  findet  auch  eine  Volum- 
veränderung statt,  die  wohl  auch  der  Grund  sein  dürfte,  warum  bei 
Dolomiten  Zerklüftungen  viel  häufiger  und  auch  viel  stärker  erscheinen 
als  bei  Kalksteinen. 


Analoge  Bildungen. 

Wenn  schon  die  chemische  Analyse  verbunden  mit  der  Beobach- 
tung im  Auftreten  und  der  Umwandlung  eines  Gesteines  oder  Minerals, 
dessen  Genesis  uns  zur  Genüge  erläutern  kann,  so  gewinnt  die  auf 
dieser  Grundlage  aufgebaute  Hypothese  bedeutend  an  Werth,  wenn  wir 
nach  analogen  genetischen  Verhältnissen  anderer  Gesteine  oder  Minerale 
durch  unsere  Schlüsse  auch  auf  ganz  entlegenen  Gebieten  einen  Zusam- 
menhang der  Erscheinungen  nachweisen  können. 

Für  die  Bildungsweise  der  Zellenkalke  finden  wir  nun  bei  mehre- 
ren Mineralen  analoge  Erscheinungen  und  von  diesen  sind  die  Verhält- 
nisse im  Auftreten  des  Galmeis  die  sprechendsten  Beweise  für  die  oben 
gegebene  Erklärung  der  Zellenkalkbildung. 

Bekanntlich  zeigen  unsere  Galmei-Erzlagerstätten  in  ihrem  Vor- 
kommen eine  seltsame  Analogie  ihrer  Bildungsverhältnisse.  Ob  wir  nun 
die  der  Triasformation  gehörigen  Galmei-Erzlagerstätten  von  Kärnten, 
Ober-Schlesien  oder  Polen  mit  denen  der  Devonformation  der  Rhein- 
provinz und  Westphalens,  denen  der  Kreideformation  gehörigen  von 
Spanien  oder  auch  mit  ‘denen  der  Silurformation  angehörenden  von  Sar- 
dinien vergleichen,  überall  sind  es,  wie  bekannt,  Kalksteine  oder  Dolo- 
mite, in  denen  der  Galmei  auftritt.  Aber  auch  die  Art  und  Weise 
seines  Auftretens  ist,  von  geringen  Unterschieden  abgesehen,  eine 
nahezu  gleiche. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1875.  4.  Heft.  (Edmund  F.  Neminar.) 


37 


276 


Edmund  F.  Neminar. 


[26] 


Der  Galmei  der  Erzlagerstätte  von  Tarnowitz  in  Ober-Schlesien 
erscheint  nach  Krug  v.  Nidda1)  bald  in  oolithischen  Körnern  und 
Concretionen,  häufig  hohl  oder  mit  Letten  ausgefüllt,  bald  in  Krystall- 
drusen,  bald  in  tropfstein-,  nieren-  und  traubenförmigen  Ausfüllungen 
von  hohlen  Räumen.  „Sehr  häufig,  sagt  Krug  v.  Nidda,  umschliesst 
das  Galmeilager  Schichten  und  Bruchstücke  des  Sohlenkalksteines  auf 
dem  es  aufliegt,  die  dann  gewöhnlich  mit  Beibehaltung  der  Form  in 
Galmei  umgewandelt  sind.  In  solchen  metamorphosirten  Sohlenstein- 
bänken finden  sich  zumeist  noch  die  Einschlüsse  von  wohlerhaltenen 
Muschelschalen  des  Sohlensteines  in  Galmei  umgewandelt.“  — Dieser 
Umstand  sowie  die  dem  Galmei  angrenzenden  metamorphosirten  Theile 
des  Sohlenkalksteines  liessen  nun  mit  Sicherheit  annehmen,  dass  der 
Galmei  hier  eine  metamorphosische  Bildung  des  Dolomits  sei. 

„Einer  der  lehrreichsten  Aufschlüsse  über  die  Umwandlung  des 
Dolomites  in  Galmei  zeigt  sich,  nach  Krug  v.  N i d d a,  in  der  Scharley- 
grube  in  Tarnowitz.  Der  durchfahrene  Dolomit  ist  hier  vielfältig  bis  zu 
zollstarken  Klüften  zerspalten,  die  mit  kieselsaurem  oder  kohlensaurem 
Zinkoxyd,  zuweilen  auch  mit  Zinkblende  ausgefüllt  sind.  Je  näher  dem 
Galmeilager,  desto  mehr  solcher  Klüfte,  so  dass  das  Gestein  zu  einem 
wahren  Trümmergestein  wird.  Von  den  Klüften  aus,  in  denen  die 
wässerige  Zinksalzlösung  circulirt  hat,  ist  hier  unverkennbar  die  Um- 
wandlung des  Nebengesteines  erfolgt.  Zunächst  über  dem  Sohlenkalk- 
stein, in  dessen  wasserdichte  Schichten  die  Gewässer  nicht  eindringen 
konnten,  zeigt  sich  in  der  Regel  die  Umwandlung  am  vollständigsten, 
der  Galmei  also  am  reinsten  und  reichsten.  Die  ungleiche  Zerklüftung 
und  Porosität  des  Dolomits  musste  auf  diese  Erzbildung  von  wesent- 
lichem Einflüsse  gewesen  sein.  Einzelne  Schichten  und  Partieen  des 
Dolomits  widerstanden  den  Gewässern,  andere  wurden  gänzlich  metamor- 
phosirt.  Häufig  besteht  eine  und  dieselbe  Schichte  an  einer  Stelle  aus 
Dolomit,  an  einer  anderen  aus  Galmei.“ 

Nahezu  dieselben  Bildungsverhältnisse  der  Galmei-Erze,  wie  sie  sich 
in  Tarnowitz  zeigen,  hatte  ich  in  den  Galmeigruben  von  Boleslav 
und  Olkusz  in  Polen  zu  beobachten  Gelegenheit  gehabt.  Die  Galmei- 
Erze  von  Boleslav  und  Olkusz  liegen  im  triassischen  Dolomit  und 
sind  durch  eine  Sanddwüste,  die  sich  von  Nord  nach  Süd  ausbreitet,  von 
einander  getrennt.  Der  Galmei , dessen  Abbau  erst  seit  Kurzem , wo 
die  seit  dem  Ende  des  17.  Jahrhundertes  unter  Wasser  befindlichen 
alten  Bleierzgruben  von  Boleslav  entwässert  wurden,  in  etwas  ausge- 
dehnterer Weise  betrieben  wird,  kommt  hier  in  Nestern  vor  und  zeigt 
zumeist  stark  cavernöse  Formen,  die  in  den  Hohlräumen  oft  noch  frisch 
erhaltene  Dolomitbrocken  enthalten.  In  der  Ulysses-Grube  in  Boleslav 
fand  ich,  bei  einem  etwa  10  Meter  tieferen  Bau  als  das  frühere  Niveau 
des  Wassers  war,  die  Bildungsverhältnisse  am  deutlichsten  ausgesprochen. 
Während  nämlich  in  den  oberen  Schichten,  wo  das  Eindringen  und  die 
Circulation  der  Gewässer  bedeutend  grösser  war  als  in  den  tieferen, 
der  Galmei  ganz  zellig  ist,  mit  oft  noch  frischen  Dolomitbrocken,  er- 


')  Ueber  die  Erzlagerstätte  des  oberschlesischen  Muschelkalkes.  Zeitschrift  der 
deutsch-geol.  Gesellschaft.  Band  II,  pag.  206. 


[27]  lieber  die  Entstehungsweise  der  Zellenkalke  u.  verwandter  Gebilde.  277 

scheint  in  den  tieferen  Lagen,  wo  die  Spalten  und  Risse  im  Dolomit 
allmählig  abnahmen  und  somit  die  Einwirkung  der  Gewässer  in  den 
hier  noch  vorhandenen  Spalten  eine  coristantere  war,  die  Umwandlung 
viel  vollkommener.  Die  vom  Galmei  eingeschlossenen  Dolomitbrocken 
sind  nun  häufig  ganz  verschwunden  und  an  ihrer  Stelle  findet  sich  eine 
pulverförmige  galmeihaltige  Masse,  so  dass  das  ganze  Gebilde  in  seinem 
Aussehen  den  breccienartigen  Zellenkalken  vollkommen  gleicht.  Nicht 
selten  findet  man  dann  auch  ganze  Platten  von  anscheinend  reinem 
Galmei,  die  grössere  Klüfte  in  dem  Dolomite  ausfüllen  und  oft  an  zwei 
Seiten  schöne  Abdrücke  von  Calcitskalen oedern  zeigen,  die  mitunter  die 
Seiten  solcher  Klüfte  bedecken. 

Berücksichtigt  man  alle  diese  Verhältnisse,  so  kann  kein  Zweifel 
obwalten,  dass  wir  es  hier  ebenso  wie  in  Tarnowitz  mit  metamorphi- 
schen  Bildungen  nach  Kalkstein  oder  Dolomit  zu  thun  haben  und  diese 
Bildungsweise  der  Zellenkalkbildung  analog  ist. 

Anschliessend  an  diese  Bildungsweise  des  Galmeis  wären  noch  die 
Pseudomorphosen  der  Lagerstätte  von  Ober-Schlesien  zu  erwähnen  und 
hievon  ein  Galmei  mit  pseudomorphosirtem  Calcit,  aus  der  Elisabeth- 
Grube  von  Bob  reck  bei  Beuthen,  der  sich  im  k.  k.  mineralogischen 
Hof-Museum  befindet,  besonders  hervorzuheben.  Rings  um  die  Calcit- 
Pseudomorphosen  findet  sich  nämlich  ein  vollkommen  cavernöses  Ge- 
bilde mit  unregelmässig  vertheilten  Hohlräumen,  die  ein  krystallinisches 
Gefüge  zeigen  und  entweder  hohl  oder  mit  amorphen  Galmeimassen 
ausgefüllt  sind,  die  selbst  wieder  eine  zellige  Structur  haben.  Es  unter- 
liegt wohl  keinem  Zweifel,  dass  diese  zellige  Structur  eine  Abformung 
der  Spaltungsrichtungen  des  Calcites  ist , auf  dem  die  Stufe  lag, 
indem  die  einzelnen  Zellen  rhomboedrische  Hohlräume  repräsentiren. 

Vergleichen  wir  nun  mit  den  Bildungsverhältnissen  in  Tarno- 
witz, Boleslav  und  Olkusz  die  Beobachtungen  Posepny’s  an 
der  Galmei- Erzlagerstätte  von  Raibl  in  Kärnten1),  so  finden 
wir , dass  hier  ebenfalls  die  von  Grubenwässern  aufgelösten  Zinkver- 
bindungen sich  vorerst  in  den  Klüften  und  Spalten  des  Kalksteines 
abgesetzt  und  so  ein  Adernnetz  von  Zink-Carbonat  gebildet  hatten, 
worauf  durch  weitere  Einflüsse  der  Gewässer  der  dazwischenlie- 
gende Kalkstein  verdrängt  wurde  und  sich  hiefür  allmählig  das  Zink- 
Carbonat  in  seiner  charakteristisch  traubigen  Form  abgesetzt  hat. 
Waren  schon  die  Bildungsverhältnisse  der  Galmei-Erze  von  Ober- 
Schlesien  und  Polen  eclatante  Analogien  mit  der  Zellenkalkbildung, 
so  sind  es  in  noch  grösserem  Masse  die  Galmei-Erze  dieser  Lagerstätte, 
die  bald  den  Typus  breccienartiger  Zellenkalke,  bald  den  mit  krystal- 
linischen  Zellen  zeigen.  Aber  nicht  allein  der  Habitus  im  Allgemeinen 
ist’s,  der  die  grosse  Aehnlichkeit  mit  den  Zellenkalken  bedingt,  auch 
die  Structur  und  Anordnung  der  Zellen,  ihre  bilaterale  Ausbildung 
zeigt  unzweifelhaft,  dass  hier  ganz  dieselbe  Art  der  Umbildung  statt- 
gefunden haben  musste  wie  bei  den  Zellenkalken,  deren  krystallinische 
Zellen  sich  ebenfalls  von  den  Spalten  aus  gewöhnlich  nach  zwei  Seiten 


')  Posepny:  Die  Blei-  und  Galmei-Erzlagerstätte  von  Raibl  in  Kärnten. 
Jahrbuch  d.  k.  k.  geolog.  Reichsanst.  1873.  4.  Heft. 


37* 


278 


Edmund  F.  Nemiuar. 


[28] 


gleichmässig  ausgebildet  hatten.  An  vielen  Galmeistufen  dieser  Lager- 
stätte fand  sich  diese  Erscheinung  ganz  deutlich  ausgesprochen,  aber 
eine  Stufe  von  Zinkblüthe,  die  sich  in  der  Sammlung  des  mineralogisch- 
petrographischen  Institutes  der  Universität  befindet,  bestätigt  vollkom- 
men die  oben  ausgesprochene  Ansicht,  den  Galmei  als  metamorphische 
Bildung  von  Kalkstein  und  Dolomit  zu  betrachten,  und  zeigt  auch  auf 
eine  unzweideutige  Weise,  dass  der  Process  hiebei  ganz  derselbe  sei 
wie  bei  der  Zellenkalkbildung.  Diese  Zinkblüthe  zeigt  nämlich  eine 
den  Zellenkalken  insofern  auffallend  ähnliche  Structur,  dass  von  einem 
frischen  grauen  Kalkstein,  an  dessen  einer  Seite  sich  das  Zinksalz  ab- 
gesetzt hat,  freie  Zellwände  aus  Zink-Carbonat  hervorstehen,  die  sich 
in  den  frischen  grauen  Kalk  verfolgen  lassen,  den  sie  als  weisse  Adern 
durchziehen  und  somit  keinen  Zweifel  übrig  lassen,  dass  in  dem  Kalk- 
stein ursprünglich  Spalten  vorhanden  waren,  in  welchen  sich  hier  die 
Zinksalzlösung  wie  bei  einzelnen  Zellenkalken  das  krystallinische  Kalk- 
Carbonat  abgesetzt  hat. 

Nicht  wesentlich  anders  als  die  Bildungsverhältnisse  der  Galrnei- 
lager  von  Tarnowitz  und  Raibl,  sind  auch  die  von  Wiesloch 
am  Westrande  des  Schwarzwaldes  und  die  von  Aachen.  Dafür 
sprechen  auch  die  zahlreichen  Pseudomorphosen,  die  wohl  nicht  weniger 
als  der  Uebergang  eines  Gesteines  in  das  andere  den  Umwandlungs- 
process  erläutern.  So  fand  v.  Monheim  an  einer  Pseudomorphose 
von  Zinkspath  nach  Kalkspath,  von  Nirm  bei  Aachen1),  einen  Um- 
bildungsprocess  ausgesprochen,  der  an  den  des  Galmei  aus  Kalkstein 
sehr  erinnert. 

Diese  Zinkspath-Pseudomorphosen  waren  entweder  hohl  oder  es 
befanden  sich  in  denselben  Kryställchen  derselben  Masse.  Dem  Haupt- 
bestandtheile  nach  waren  sie  kohlensaures  Zinkoxyd,  enthielten  aber 
auch  noch  kohlensaures  Eisenoxydul  und  etwas  kohlensauren  Kalk  und 
kohlensaure  Magnesia.  Zwischen  diesen  hohlen  Krystallen  lagen  einige 
Kalkspath-Krystalle  von  derselben  Form  wie  die  holden.  Dieses  berech- 
tigte Monheim  zu  dem  Schlüsse,  dass  jene  hohlen  Krystalle  Zink- 
spath-Pseudomorphosen nach  Kalkspath  sind,  die  wohl  auf  diese  Weise 
entstanden  sein  mochten,  dass  kohlensäurehaltiges  Wasser,  welches 
kohlensaures  Zinkoxyd  nebst  etwas  kohlensaurem  Eisenoxydul  und 
wenig  kohlensaure  Magnesia  aufgelöst  enthielt,  zu  diesen  Kalkspath- 
Krystallen  kam  und  den  viel  auflöslicheren  kohlensauren  Kalk  aufzu- 
nehmen suchte.  Dadurch  musste  sich  das  schwerer  lösliche  kohlensaure 
Zinkoxyd  aussclieiden  und  lagerte  sich  dasselbe,  etwas  von  den  anderen 
kohlensauren  Salzen  aufnehmend,  auf  dem  isomorphen  kohlensauren 
Kalk  ab.  Da  nun  das  Ivalk-Carbonat  bei  weitem  löslicher  ist  als  das 
Zink-Carbonat,  so  ist  es  begreiflich,  dass  aller  kohlensaure  Kalk  sich 
aus  dem  Inneren  entfernt  hatte. 

Eine  noch  interessantere  Erscheinung  als  diese  von  Monheim 
beobachtete  Pseudomorphose  bot  mir  eine  Zinkspath-Pseudomorphose 
von  Derbyshire  in  England,  die  sich  im  k.  k.  mineralogischen  Hof- 
Museum  befindet.  Es  ist  diese  ein  deutlich  ausgebildetes,  hohles  Zink- 


’)  Verhandlungen  des  naturhistorischen  Vereines  der  preussisclien  Rhein- 
land. 1849,  2.,  pag.  49. 


[29]  Ueber  die  Entstehungsweise  der  Zellenkalke  u.  verwandter  Gebilde.  279 

spathskalenoeder,  in  dem  noch  das  ursprünglich  vorhandene  Calcit- 
skalenoeder als  Kern  erhalten  ist.  Diese  Umhüllungs-Pseudomorphose, 
die  wohl  auf  diese  Art,  wie  sie  Monheim  entwickelte,  entstanden  sein 
dürfte,  zeigt  an  ihrer  inneren  ganz  rauhen  Fläche  vielfach  deutlich 
hervorstehende  Zellen,  die  eine  rhomboedrische  Form  haben  und  sich 
in  die  an  dem  Calcitkern  vorhandenen,  der  Spaltungsrichtung  vollkom- 
men entsprechenden  Risse  fortzusetzen  scheinen.  Offenbar  hat  sich  hier 
die  Zinkspathlösung  zuerst  in  den  feinen  Klüften  und  Rissen  des  Calcits 
abgesetzt,  hierauf  das  Skalenoeder  ganz  umhüllt  und  scheint  dann  die 
Verdrängung  des  Calcites  nur  eine  kurze  Zeit  lang  veranlasst  zu  haben, 
so  dass  der  Calcitkern  noch  theilweise  erhalten  blieb  und  hiedurch  den 
Zusammenhang  der  Umbildung  ausser  allem  Zweifel  setzt. 

Ebenso  wie  diese  Pseudomorphosen  in  ihrer  Bildungsweise  als 
Analogon  für  die  Bildungsverhältnisse  der  Zellenkalke  zu  betrachten 
sind,  können  auch  die  von  Blum  in  den  Galmei- Lagerstätten  von 
Wies  loch  beobachteten  Pseudomorphosen  den  Process  der  Zellenkalk- 
bildung bestätigen.  Es  kommen  hier  nämlich  Zinkerze,  Zinkspath  und 
Zinkblüthe,  in  der  oberen  Abtheilung  der  Muschelkalkformation  vor, 
zumeist  zwischen  Dolomit  und  dichten  Kalkstein  in  unregelmässigen 
Lagen,  doch  auch  besonders  in  ersterem  nesterweise,  gewöhnlich  auch 
von  Brauneisenstein  begleitet.  Das  Gebirge  ist  sehr  zerklüftet  und  es 
konnten  die  Gewässer  dasselbe  leicht  durchdringen  und  auch  im  Stande 
sein,  besonders  da  ihnen  die  Kohlensäure  nicht  fehlte,  viele  Verände- 
rungen und  Translocationen  in  diesem  Gebirge,  zumeist  bei  den  in 
demselben  vorkommenden  kohlensauren  Salzen  hervorrufen.  Dieses  be- 
weisen auch  die  Pseudomorphosen,  die  sich  in  Drusen  von  Erzen  befan- 
den , welche  aus  einem  Gemenge  von  Zinkspath  und  Brauneisenstein 
bestehen.  Die  pseudomorphen  Krystalle  sind  an  der  Oberfläche  drüsig, 
die  Kanten  und  Ecken  sind  etwas  zugerundet;  inwendig  erscheinen  sie 
mehr  oder  weniger  hohl,  indem  sie  mit  einem  zelligen,  porösen  Aggre- 
gat von  Zinkspath  erfüllt  sind. 

Auch  in  den  der  Silurformation  in  Sardinien  angehörenden  Galmei - 
lagern  finden  sich  die  oben  angedeuteten  Bildungsverhältnisse  durch 
zahlreiche  Pseudomorphosen  deutlich  ausgesprochen.  In  interessanter 
Weise  zeigt  eine  im  k.  k.  mineralogischen  Hof-Museum  befindliche 
Zinkspath-Pseudomorphose  nach  Calcit  — eine  klingende  Scholle  bildend 
— von  Giovanedda  bei  Iglesias  in  den  mitunter  10  Centimeter 
langen,  hohlen  Skalenoedern  eine  ausgezeichnet  feine  zellige  Structur, 
wobei  die  hervorstehenden  Zellen  deutlich  den  Spaltungsrichtungen  des 
ursprünglich  vorhanden  gewesenen  Calcites  entsprachen.  Was  also  bei 
der  Zellenkalkbildung  die  Spalten  und  Risse  waren,  das  sind  hier  die 
der  Spaltungsrichtung  entsprechenden  Sprünge  des  Calcites,  — sie  beide 
sind  die  Vorbedingungen  einer  zelligen  Structur. 

Sowie  der  Galmei  bietet  uns  auch  der  Zellenquarz  eine  dem 
Zellenkalke  analoge  Bildungsweise  und  erscheint  öfter  in  seiner  Structur 
gleichsam  als  Abformung  eines  Zellenkalkes.  Häufig  findet  sich  auch 


’)  Zweiter  Nachtrag  zu  den  Pseudomorphosen  des  Mineralreiches.  Heidelberg, 
1852,  pag.  112. 


280 


Edmund  F.  Neminar. 


[30] 


an  den  einzelnen  Zellen  anhaftend  kohlensaurer  Kalk,  der,  ebenso  wie 
der  Umstand,  dass  manchmal  Zellenquarze,  wie  z.  B.  an  der  Weinzettel- 
wand bei  Schottwien  an  der  Grenze  zwischen  Kalkstein  und  Phyllit, 
einem  Kalkstein,  in  dessen  Spalten  und  Rissen  die  Zellwände  liegen, 
überlagert  auftreten,  beweist,  dass  in  manchen  Fällen,  wo  kieselsäure- 
haltige Gewässer  in  Kalksteinen  circuliren,  sich  Zellenquarze  nach  ganz 
denselben  Verhältnissen  wie  die  Zellenkalke  bilden  können.  Der  chemische 
Process  ist  auch  hier  kein  anderer  als  dass  sich  die  in  Lösung  befind- 
liche Kieselsäure  in  den  Spalten  der  Kalksteine  oder  Dolomite  absetzt 
und  dann  den  dazwischenliegenden  Kalkstein  oder  Dolomit  verdrängt. 
Dass  diese  Verdrängung  sehr  leicht  eintreten  kann,  beweist  die  grosse 
Anzahl  von  Verdrängungs-Pseudomorphosen  des  Quarzes  nach  den  ver- 
schiedensten Mineralen. 

Hatten  uns  Quarz  und  insbesondere  Galmei  in  ihrem  Auftreten 
sehr  ähnliche  ja  oft  mit  den  Zellenkalken  ganz  analoge  Bildungsverhält- 
nisse gezeigt,  so  finden  wir  dieselben  nicht  weniger  auch  an  den  Braun- 
eisensteinen ausgesprochen.  Neben  den  zahlreichen  Pseudomorphosen 
von  Rotheisenerz  und  Limonit  nach  Kalkspath,  bietet  das  Auftreten 
von  Zellen  im  Galmei,  die  aus  Limonit  bestehen,  der  Ansicht  Raum, 
dass  wir  auch  hier  in  gewissen  Fällen  metamorphischen  Bildungen  nach 
ganz  analogen  Processen  wie  bei  der  Zellenkalkbildung  begegnen,  wobei 
sich  hier  die  Limonitadern  aus  Siderit  oder  Ankerit  gebildet  hatten.  In 
den  Galmei-Erzlagerstätten  von  Boleslav  in  Polen  finden  sich  ebenso 
wie  an  vielen  anderen  Lagerstätten  häufig  Stufen,  wo  die  Zellen  caver- 
nöser  Gebilde  von  Brauneisenstein  gebildet  werden  und  mitunter  so 
vollkommen  ausgebildet  und  regelmässig  angeordnet  sind,  dass  sie  dem 
ganzen  Gebilde,  dessen  Zellen  Limonit,  die  zwischenliegende  Masse  aber 
Galmei  ist,  oft  das  Aussehen  der  typischesten  Zellenkalke  geben.  In 
ganz  analoger  Weise  finden  sich  auch  die  Brauneisensteine  in  den  Gal- 
mei-Erzlagerstätten von  Raibl.  Auch  hier  bilden  sie  entweder  für  sich 
allein  vollständig  cavernöse  Gebilde,  oder  in  Verbindung  mit  Galmei 
und  bieten  dieselben  Erscheinungen  wie  die  eben  erläuterten  von  Boleslav. 

Alle  im  Vorhergehenden  besprochenen  analogen  Bildungen  waren 
an  leicht  lösliche  Carbonate  gebunden,  indessen  kennen  wir  Minerale, 
deren  ausgezeichnet  zellige  Structur  auch  durch  andere  chemische  Pro- 
cesse  hervorgerufen  wurde.  Dahin  gehören  vorzugsweise  die  z eiligen 
Markasite,  bei  denen  die  Anordnung  der  Zellen  eine  äusserst  regel- 
mässige ist  und  deren  Bildungsweise  nach  den  in  den  Zellen  oft 
noch  erhaltenen  Bleiglanzbrocken  unzweifelhaft  in  den  Grundprincipien 
mit  der  Zellenkalkbildung  übereinstimmt. 

Eine  Stufe  eines  zelligen  Markasites  von  Freiberg  in  Sachsen,  die 
sich  im  k.  k.  mineralogischen  Hof-Museum  befindet,  zeigte  deutlich,  dass 
sich  vorerst  im  Bleiglanz  der  noch  theilweise  die  Zellen  ausfüllt,  feine 
Lamellen  von  Markasit  nach  der  Spaltungsrichtung  des  Bleiglanzes 
gebildet  hatten,  von  denen  aus  die  weitere  Auslaugung  des  Bleiglanzes 
und  Substituirung  des  Markasites  stattfand.  Eine  solche  Stufe  beschrieb 
auch  Blum1)  als  Pseudomorphose  von  Strahlkies  nach  Bleiglanz.  An 


])  Die  Pseudomorphosen  des  Mineralreiches.  3.  Nachtrag,  pag.  248. 


lieber  die  Entstehungsweise  der  Zellenkalke  u.  verwandter  Gebilde.  281 


der  ursprünglichen  Lamelle  hatten  sich  bei  dem  weiteren  Processe  zu 
beiden  Seiten  oft  Kryställchen  angesetzt  und  so  erscheinen  die  Zellen, 
ebenso  wie  bei  dem  Zellenkalk  mit  krystallinischen  Wänden,  durch 
diese  Lamelle  gleichsam  in  zwei  Tlieile  getheilt,  und  beweisen , dass 
hier  die  Umbildung  von  den  centralen  Theilen  der  Zellwände  aus- 
ging. Die  Anordnung  der  Zellen  ist  genau  nach  der  Spaltungsrichtung 
des  Bleiglanzes,  öfter  finden  sich  auch  Zellwände,  welche  Gleitflächen 
entsprechen.  Manchmal  ersetzt  auch  Quarz  den  Markasit  und  bildet, 
an  den  Seiten  mit  Markasit-Kryställchen  bedeckt,  nach  ganz  derselben 
regelmässigen  Anordnungsweise  Zellen. 

Wohl  noch  andere  Minerale  Hessen  sich  anführen , die  ganz 
ähnliche  Verhältnisse  in  ihrem  Auftreten  zeigen,  es  dürften  jedoch  schon 
die  analogen  Bildungsverhältnisse  der  angeführten  Minerale  genügen,  um 
zu  zeigen,  dass  der  oben  erläuterte  Process  der  Zellenkalkbildung  auch 
auf  anderen  Gebieten  des  Mineralreichs  seine  Bestätigung  findet. 


Schlussfolgerungen. 

Jsfach  der  Erläuterung  der  verschiedenen  Processe,  die  bei  der 
Entstehungsweise  zelliger  Gebilde  stattfinden,  gelangen  wir  nun  zu  fol- 
genden, die  Zellenkalkbildung  charakterisirenden  Sätzen  : 

I.  Die  Zellenkalke  sind,  ebenso  wie  alle  anderen  metamorphischen 
Bildungen,  secundäre  Gebilde,  die  überall  entstehen  können,  wo  Kalk- 
steine den  Einflüssen  atmosphärischer  Gewässer  ausgesetzt  erscheinen, 
und  sind  für  keine  Formation  charakteristisch. 

II.  Nach  dem  Aussehen  und  der  Bildungsweise  zerfallen  die  Zel- 
lenkalke in  zwei  Gruppen,  und  zwar  in  solche  mit  krystallinischen, 
ebenflächigen,  und  solche  mit  ganz  unebenflächigen,  von  dichtem  Kalk- 
Carbonat  gebildeten  Zellen. 

III.  Die  Bildung  der  Zellenkalke  wird  stets  durch  Einwirkung 
kohlensäurehaltiger  Gewässer  veranlasst,  indem  entweder  in  den  Spal- 
ten und  Rissen  der  Kalksteine  sich  krystallinische  Zellwände  bilden 
und  dann  der  dazwischenliegende  dichte  Kalkstein  ausgelaugt  wird, 
oder  indem  das  in  den  circulirenden  Gewässern  aufgelöste  Ivalk-Carbonat 
durch  seinen  Absatz  einzelne  Trümmer  einer  Kalkstein-Breccie  verbin- 
det, die  dann  früher,  weil  schon  länger  den  Einwirkungen  kohlensäure- 
haltiger Gewässer  ausgesetzt,  dem  Auslaugungsprocesse  unterliegen,  als 
das  sie  verbindende  dichte  Kalk-Carbonat. 

IV.  Die  die  Zellen  ausfüllende  pulverförmige  Masse  kann , der 
chemischen  Zusammensetzung  des  ursprünglichen  Kalksteines  entspre- 
chend, auch  ein  normaler  Dolomit  oder  selbst  ein  Mergel  sein. 

V.  Bei  der  Bildung  der  Zellenkalke  steht  die  Menge  des  aus- 
gelaugten Kalkspathes  zu  der  des  Dolomites  stets  in  einem  bestimmten 
Verhältniss;  in  unserem  Falle  im  Verhältniss  11:1. 

VI.  Niemals  wird  aus  einem  Zellenkalke,  durch  weitere  Einwir- 
kung der  Gewässer,  wieder  ein  dichter  Kalkstein. 


282  E.  F.  Neminar.  Ueber  d.  Entstehungsweise  d.  Zellenk.  u.  verw.  Gebilde. 


Diese  die  Bildungsweise  vollkommen  charakterisirenden  Sätze 
linden  auch,  wie  wir  oben  gesehen  hatten,  an  zahlreichen  analogen 
Bildungen,  wie  Galmei,  Kieselzinkerz,  Zinkblüthe,  Limonit, 
Quarz,  Markasit  u.  A.,  die  oft  in  ihrem  Aussehen  metamorphischen 
Zellenkalken  gleichen,  ihre  vollste  Bestätigung. 

Zum  Schlüsse  dieser  Arbeit  erfülle  ich  noch  die  angenehme 
Pflicht,  meinem  hochverehrten  Lehrer,  dem  Herrn  Director  Dr.  Gustav 
Tschermak,  der  mich  zu  dieser  Arbeit  anregte,  mich  hiebei  durch 
viele  Unterweisungen  bereitwilligst  unterstützte  und  mir  die  für  diese 
Arbeit  nöthigen  Behelfe  zugänglich  machte,  meinen  tiefgefühlten  Dank 
auszusprechen. 

Wien,  Laboratorium  des  mineralogisch-petrographischen  Univer- 
sitäts-Institutes. 


V.  Die  Erbohrung  von  Kalisalzen  bei  Davenstedt. 

(Aus  einem  Briefe  an  Director  Tschermak.) 


Von  A.  Sclilöiibacli, 

Ober-Salinen  inspector  zu  Salzgitter. 


In  der  Nähe  (1  Stunde)  von  Hannover,  westlich  von  der  Vorstadt 
Linden,  dicht  bei  den  Dörfern  Badenstedt  und  Davenstedt,  besteht 
seit  etwa  45  Jahren  eine  nach  dem  bekannten  Industriellen  Eges- 
torff,  deren  Gründer,  benannte  Saline  Egestorffshall,  welche  anfäng- 
lich eine  schwache,  durch  ein  Gradirwerk  concentrirte  Soole  verarbeitete, 
später  aber  in  etwa  100 — 150  Meter  Tiefe  eine  nahezu  gesättigte 
Soole  durch  Bohrung  erzielte  und  danach  ihre  jährliche  Salzproduction 
bis  zn  300 — 350.000  Centner  steigerte.  Eine  Analyse  dieser  Bohrlochs- 
soole  findet  sich  im  80.  Bande  des  E r dm ann’ sehen  Journals  für  prakt. 
Chemie  v.  J.  1860,  pag.  407,  durch  Lenssen  angestellt,  deren  Resul- 
tate in  der  anliegenden  Tabelle  angeführt  sind.  Zu  Anfang  dieses  Jahr- 
zehends  wurde  diese  Saline  von  den  Egestorf f’schen  Erben  zu  einem 
anscheinend  hohen  Preise  (dem  Vernehmen  nach  über  1,000.000  Rthlr.) 
an  eine  Actiengesellschaft  verkauft,  wodurch  andere  Gesellschaften  an- 
geregt wurden,  in  der  Nähe  jener  grösseren  Saline  Bohrungen  nach 
Salz  anzustellen,  um  wo  möglich  mit  einem  geringeren  Actiencapital  dort 
die  Salzproduction  zu  betreiben. 

In  kaum  10  Minuten  Entfernung  von  den  Bohrlöchern  der  Eges- 
torff’schen  Saline,  zwischen  dem  Benther-Berge  und  Linden,  wurde 
das  Bohrloch  angesetzt.  Die  Resultate  dieser  Bohrung  sind  in  mehr- 
facher Hinsicht  von  Interesse,  sie  haben  mir  specieller  Vorgelegen  und 
bin  ich  deshalb  in  der  Lage,  Ihnen  davon  Mittheilung  machen  zn 
können.  Bei  der  Egestorff’schen  Saline  hatte  man  — unsicheren 
Angaben  zufolge  — nach  Durchbohrung  der  mehrere  100  Fuss  mäch- 
tigen Diluvialschichten  das  Salzlager  im  bunten  Sandstein  angetroffen 
(vid.  auch  Herrn.  Credner  in  Zeitschrift  d.  d.  geol.  Gesellsch.  B.  XVI, 
H.  2,  1860,  pag.  199);  eine  neuere  Angabe  des  Dr.  Gurlt  (vid.  Sitz. 
Ber.  der  niederrhein.  Gesellschaft  für  Natur-  und  Heilkunde  in  Bonn 
vom  1.  März  1875,  pag.  76);  nach  welcher  das  dortige  Steinsalz  dem 
Keuper-Gyps  angehören  soll,  beruhet  wohl  auf  einem  Irrthum,  da  Keuper 
dort  meines  Wissens  nicht  gefunden  ist;  auch  die  weitere  Angabe,  dass 

Mineralogische  Mittheilungen  1875.  4.  Heft.  (A.  Schlönbach).  38 


284 


A.  Sehlönbäch. 


[2] 


das  Steinsalzlager  bei  Sülbeck  dem  mittleren  Keuper  angehöre,  ist  ent- 
schieden irrig.  Nach  den  mir  vorliegenden  Bohrregistern  hat  man  zu 
Sülbeck  (zwischen  Eimbeck  und  Northeim),  wie  auch  bei  der  nur 
V2  Stunde  davon  entfernten  Saline  zu  Salzderhelden,  das  Salzlager  erst 
nach  Durchbohrung  des  Muschelkalkes  von  resp.  186  und  93  Meter 
Mächtigkeit  im  Gyps  und  Anhydrit  des  oberen  bunten  Sandsteines  bei 
312  resp.  283  Meter  Teufe  angetroffen,  und  diese  Salzlager  bis  zur 
Teufe  von  resp.  402  und  393  Meter  aufgeschlossen.  Das  Vorkommen 
von  wirklichem  Steinsalz  im  Keuper  kann  man  aber  ferner  noch 
bei  der  von  Dr.  Gurlt  angeführten  Saline  zu  Grone  bei  Göttingen 
immerhin  als  nicht  völlig  constatirt  betrachten,  da  man  dort  im 
Keuper  wohl  eine  fast  gesättigte  Soole  erbohrt,  aber,  soviel  ich  ver- 
nommen, wirkliches  Steinsalz  nicht  erschroten  hat. 

Die  Annahme,  dass  man  nach  den  Vorkommnissen  des  Steinsalzes 
bei  Sülbeck,  Salzderhelden,  Liebenhalle  und  Schöningen,  auch  bei  Daven- 
stedt dasselbe  im  bunten  Sandstein  antreffen  werde,  war  nicht 
ohne  Berechtigung,  zumal  — wie  ein  Blick  auf  die  Credner’sche  Karte 
der  Umgegend  von  Hannover  (Hannover  1865)  ergiebt  — diese  For- 
mation am  Benther-Berge  (kaum  3/4  Stunde  entfernt)  mit  einem  flachen 
Einfallen  nach  der  Richtung  des  gewählten  Bohrpunktes  auftritt,  die 
das  Thal  erfüllende  Diluvialbildung  aber  bis  an  den  Fuss  des  genann- 
ten Berges  sich  hinanzieht.  Die  im  Sommer  1872  begonnene  und 
beendigte  Bohrung  ergab  jedoch  ganz  andere  Resultate.  Schon  in  ge- 
ringer Tiefe  zeigte  sich  Triebsand  wechselnd  mit  thonigen  Zwischen- 
schichten. Bei  17 ‘5  Meter  Teufe  kam  man  auf  einen  graublauen, 
thonigen  Sand,  welcher  bei  etwa  45  Meter  Teufe  in  thonigen 
Grünsand  überging,  gemengt  mit  grösseren  oder  kleineren  abgerun- 
deten Stücken  von  Hornblende  und  Quarz,  oft  harte,  zusammenge- 
kittete Conglomerate  bildend,  welche  in  der  Teufe  von  57 Va  bis 
59  Meter  als  eine  feste  Bank  auftraten.  Hiernächst  wurde  der  grün- 
lichgraue, thonige  Sand  bei  76  Meter  wieder  gleichmässiger  und 
schloss  bei  86V2 — 87 3/4  Meter  Teufe  ein  Braunkohlenlager  ein.  Bei 
103 V2  Meter  zeigten  sich  die  ersten  Spuren  von  Gyps,  von  da  an  immer 
zunehmend  bis  zur  Teufe  von  122  Meter,  wo  der  Bohrschlamm  mit 
krystallinischem  Salze  gemengt  war,  aber  vorwaltend  noch  aus 
demselben  thonigen  Quarzsand  bestand,  welcher  letztere  beim  Aus- 
waschen einen  weissen,  krystallinischen  Quarz  ergab.  Bei  dem  trotz  der 
vielfachen  Verrohrungen  unausgesetzt  sich  zeigenden  Nachfall  gelang  es 
erst  bei  131 V2  Meter  Teufe  mittelst  eines  besonders  construirten  Sool- 
fängers  unvermischte  Soole  vom  Ort  heraufzuholen.  Dieselbe  zeigte 
ein  specifisches  Gewicht  von  D238  bei  15°  R.  Schon  dieses  bedeutende 
speciffsche  Gewicht  deutete  auf  eine  nicht  unbeträchtliche  Beimischung 
von  fremden  Salzen  zu  dem  Kochsalz,  da  eine  zur  Kochsalzproduction 
dienliche  gesättigte  Soole  gewöhnlicher  Art  nur  D205  bis  121 2 
specifisch  schwer  ist,  eine  gesättigte  Auflösung  von  reinem  Kochsalz 
nur  D2022. 

Indessen  wurde  die  Bohrung  ungeachtet  des  verstärkten  Nachfalls 
bis  zu  147 -5  Meter  Teufe  fortgesetzt,  der  Bohrschlamm  blieb 
constant  wie  bisher , nur  etwas  vermehrten  Gyps-  und  Salzgehalt 
zeigend. 


[3] 


Die  Erbohrung  von  Kalisalzen  bei  Davenstedt. 


285 


Die  Resultate  dieser  Bohrung  sind  nun  insofern  von  geologischem 
Interesse,  als  hier  ein  Salzlager  aufgeschlossen  ist,  welches  in  oder 
unmittelbar  unter  dem  Tertiärgebirge  auftritt,  ohne  dass  zuvor  eine  der 
gewöhnlich  vorkommenden  Formationen : Kreide,  Jura,  Keuper  oder 
Muschelkalk  sich  gezeigt  hätte  und  selbst  vom  bunten  Sandstein  , der 
in  hiesigen  Gegenden  am  häufigsten  salzführenden  Bildung,  hat  die 
Bohrung  bis  dahin  nicht  die  leiseste  Spur  ergeben,  keine  Andeutung 
von  rothgefärbten  Thonen  oder  Sanden;  die  constant  bleibende,  schmutzig 
dunkel  grünlich- graue  Färbung  Hess  sich  im  Salzgyps  bis  zur  Tiefe 
von  147‘5  Meter  verfolgen.  Ist  nun  hiermit  auch  nicht  erwiesen,  dass 
diese  Salzbildung  zur  Tertiärformation  zu  rechnen  ist,  welcher  unzweifel- 
haft das  Dachgebirge  angehört,  so  ist  ebensowenig  ihre  Zugehörigkeit 
zu  einer  der  genannten  älteren  Formationen  constatirt  oder  irgendwie 
wahrscheinlich  gemacht.  Foraminiferen  oder  sonstige  Versteinerungen 
— ausser  einigen  nicht  entscheidenden  Fischzähnen  — waren  in  den 
Bohrproben  nicht  bemerkbar. 

Das  Interesse,  welches  diese  Bohrung  in  geologischer  Hinsicht 
in  Anspruch  zu  nehmen  geeignet  ist,  erhöht  sich  noch  durch  die  Er- 
gebnisse der  chemischen  Untersuchung  der  Bestandtheile  der 
geschöpften  Soole  und  des  Bohrschlamms.  Zur  besseren  Uebersicht  habe 
ich  die  Resultate  der  diesfallsigen  Untersuchungen  in  der  anliegenden 
Tabelle  zusammengestellt  und  zur  Vergleichung  Analysen  einiger 
anderen  z.  Th.  ähnlichen  Soolen  beigefügt. 

Die  Davenstedter  Soolen  wurden  von  verschiedenen  Chemikern 
untersucht  und  erlaube  ich  mir  zur  Erläuterung  einige  Bemerkungen 
daran  zu  knüpfen. 

Die  Soolen,  resp.  Bohrschlämme  sub  1,  2,  3,  7 und  8 sind  so, 
wie  sie  der  Soolfänger  und  der  Löffel  gefördert  haben,  der  Analyse 
unterworfen.  Die  Soolen  Nr.  4 und  5 hatten  sich  nach  längerem  Stehen 
auf  dem  Bohrschlamm  in  einem  Eimer  gebildet  und  zwar  Nr.  4 noch 
später  als  Nr.  5.  Der  Bohrschlamm  Nr.  6 war  der  Rest  nach  dem 
Abgiessen  der  Soole  von  Nr.  5. 

Die  Analyse  der  Bohrschlämme  Nr.  7 und  8 bezieht  sich  nur  auf 
die  löslichen  Bestandtheile,  der  fast  die  Hälfte  der  ganzen  Masse  aus- 
machende Gehalt  an  Gyps,  Thon  und  Kieselerde  wurde  unberücksich- 
tigt gelassen. 

Der  Schlamm  Nr.  9 ist  aus  einem  später  in  etwa  10  Minuten 
westlicher  Entfernung  niedergestossenen  Bohrloche  entnommen , in 
welchem  schon  bei  14  Meter  Teufe  krystallinischer  Gyps,  aber  erst  bei 
122’5  Meter  Teufe  das  Salzlager  angetroffen  wurde.  Auch  von  diesem 
Bohrloch  ist  mir  nicht  bekannt  geworden,  ob  man  Spuren  älterer  Bil- 
dungen als  der  Tertiärformationen  hier  gefunden  hat.  Ueber  die  Soole 
Nr.  10  habe  ich  mich  schon  oben  ausgesprochen.  Das  diesfallsige 
Bohrloch  liegt  kaum  1000  Schritt  in  südlicher  Richtung  von  Nr.  1 — 8 
und  dient,  wie  ein  anderes,  welches  nur  etwa  500  Schritt  östlich  von 
Nr.  1 — 8 sich  befindet,  seit  lange  zur  Salzproduction  für  die  Eges- 
torff’sche  Saline. 


38* 


286 


A.  Schlönbach. 


[4] 


i. 

2. 

3. 

4. 

5. 

Davenstedter  Bohrlochssoole 

Davenstedter  Soole 

jl 

Aus 

131’5  und 

146  Meter 

Teufe 

Analysirt 

von 

Dr.  Stromeyer 
in 

Hannover 

vom 

Bohrschlamm 
nach  längerem  Stehen 
abfiltrirt. 

Analysirt  von 

' 

gemischt. 

Analysirt 

im 

Göttinger 

L ab  or  a - 

to  rium 

Aus 

131*5  Meter 

Teufe 

Spec.  Gew. 

bei  16°  R. 

1*238 

Aus 

146  Meter 

Teufe 

Spec.  Gew. 

1*235 

Ö u g o 
in  Leopolds- 
hall. 

Aus 

146  Meter 

Teufe 

Spec.  Gew. 
29°  Beaume 

Dr.  de  H a e n 

in 

Hannover. 

Aus 

146  Meter 

Teufe 

Spec.  Gew. 
1*2784 

I.  In  Procenteu  der 
Soole. 

1.  Chlornatrium 

20- 11 

21-00 

20-56 

19-20 

16-32 

2.  Chlorkalium 

2-61 

3-18 

2-47 

6-41 

5-27 

3.  Chlormagnesium 

1 07 

0-29 

0-48 

5-96 

3-28 

4.  Schwefelsaures  Natron  • • 

— 

— 

— 

— 

— 

5.  Schwefelsäure  Magnesia  • 

471 

4-78 

4-41 

5-87 

7-47 

6.  Schwefelsaurer  Kalk  • • • 

— 

0-02 

002 

055 

— 

7.  Sonstige  Bestandtheile  • • 

— 

— 

— 

— 

Summa  fester  Bestandtheile 

28-50 

29-27 

27-94 

37  99 

32-34 

II.  Auf  Procente  der  festen 
Salze  reducirt. 

1.  Chlornatrium 

7056 

71-75 

73-59 

50-54 

5046 

2.  Chlorkalium 

9-16 

10-86 

8-84 

1686 

1630 

3.  Chlormagnesium 

3-76 

0-99 

1-72 

1570 

1014 

4.  Schwefelsaures  Natron  • • 

- 

— 

— 

— 

— 

5.  Schwefelsäure  Magnesia  • • 

16-52 

16-33 

15-78 

15-44 

23-10 

6.  Schwefelsaurer  Kalk  • • • 

— 

007 

0-07 

1-46 

— 

7.  Sonstige  Bestandtheile  • • 

— 

— 

— 

— 

— 

Summa  der  festen  Salze  • 

100-00 

100-00 

100-00 

10000 

10000 

r 

[5] 


Die  Erbohrung  von  Kalisalzen  bei  Davenstedt. 


287 


6. 

7-  i 

8. 

9. 

10. 

11. 

12. 

13. 

Davenstedter  Bohrschlamm 

Bohr- 

schlämm 

aus  einem 

anderen 

Bohrloch 

n der  Nähe 

von 

Davenstedt. 

Analysirt 

von 

Dr.  Trau  t- 

m a n n 

aus 

122*5  Meter 

Teufe 

B o 

ll  1-  1 o c 

ll  S S 0 0 

1 e 

Zurückge- 

bliebener 

Schlamm, 

nachdem 

Nr.  5 

abfiltrirt. 

Analysirt  i 

•von 

3r.  de  H a e n 

in 

Hannover 

Analysirt 

von 

Dr.  Stromeyer 

in 

Hannover 

von 

Egestorffs- 

hall. 

Analyse 

von 

Lenssen 

Spec.  Gew. 

1-207 

von 

Salzderlielden. 

Analysirt 

von 

Dr.  Streng 
(Giessen) 

von 

Oelsburg 

bei 

Peine. 

Analysirt  ; 
im 

Hildes-  1 
h e i m e r | 
Labora- 
torium | 
au6 

217-4  Meter 

Teufe 

Aus 

131-5  Meter 

Teufe 

Aus 

146  Meter 

Teufe 

Aus 

300-5  Meter 

Teufe 

Spec.  Gew. 

1*2053 

Aus 

393  Meter 

Teufe 

Spec.  Gew. 

1*246 

25-32 

25'45 

10-10 

24-71 

0 36 

027 

4-69 

1-69 

0-15 

0 19 

1084 

0-20 

043 

0*26 

319 

— 

0-29 

0-34 

— 

0-39 

— 

004 

0-34 

0 06 

26  55 

26'55 

29-16 

27  05 

51-47 

53-50 

6564 

96-81 

95-38 

95-85 

34-63 

91  37 

1051 

20-74 

910 

— 

1-37 

102 

1609 

6-25 

— 

— 

2-07 

025 

056 

0-71 

3718 

0-72 

1-42 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

25  38 

21-03 

1740 

— 

161 

0 99 

10-94 

— 

11-22 

4-73 

5-79 

2-94 

1-08 

1-26 

— 

1-43 

— 

— 

— 

— 

! — 

0-17 

1-16 

0-23 

10000 

100  00 

100-00 

100-00 

10000 

100-00 

10000 

10000 

ll 

1 1 

1 

288 


A.  Schlönbach.  Die  Erbohrung  von  Kalisalzen  bei  Davenstedt. 


[6] 


Es  hat  sich  hiernach  die  auffallende  Erscheinung  ergeben,  dass 
ganz  in  der  Nähe  jenes  reichhaltigen  Kalisalzlagers,  und 
zwar  ziemlich  in  gleichem  Niveau,  an  drei  Seiten  durch 
Bohrungen  Kochsalzablagerungen  aufgeschlossen  sind, 
welche  nur  ganz  geringe  Mengen  von  Kalisalzen  ent- 
halten. 

Eiine  gleichfalls  interessante  Erscheinung  bot  die  in  den  Jahren 
1856/59  ausgeführte  Bohrung  nach  Steinsalz  zu  Salzderhelden  dar. 
Dort  traf  man  schon  bei  3'5  Meter  Teufe  auf  Muschelkalk,  sodann  bei 
96  Meter  die  rothen  Thone  des  oberen  bunten  Sandsteines  mit  einge- 
sprengtem Gyps  unter  allmähliger  Verbesserung  des  Salzgehaltes  der 
Soole.  Bei  283  Meter  Teufe  erreichte  man  eine  2 Meter  mächtige 
Anhydritdecke  und  hierauf  graues  und  weisses  Steinsalz , in  welchem 
man  bis  393  Meter  Teufe  weiter  bohrte  ohne  das  Liegende  des  Stein- 
salzlagers anzutreffen. 

Bei  der  Untersuchung  der  Bohrlochssoolen  ergab  sich  hier  das 
auffallende  Resultat,  dass  bis  zu  375  Meter  Teufe  die  Soole  in  dem 
Steinsalz  constant  ein  specifisches  Gewicht  von  D207  behielt,  von  da 
an  aber  allmählig  bis  D250  bei  393  Meter  Teufe  zunahm,  ein  Beweis, 
dass  — entgegen  den  sonstigen  Erfahrungen  — die  Bei- 
mischung der  die  specifische  Schwere  vermehrenden  Salze  (namentlich 
der  Magnesia  - Salze)  nach  der  Tiefe  erheblich  zugenommen  haben 
musste,  wie  solches  die  Resultate  der  Analysen  Nr.  11  und  12  bestä- 
tigten. Der  dadurch  constatirte  bedeutende  Chlorkaliumgehalt  der  Soole 
aus  393  Meter  Teufe  gab  später  — im  Jahre  1872  — einer  Berliner 
Gesellschaft  Veranlassung  zu  einer  dortigen  Tiefbohrung  nach  diesen 
Kalisalzen.  Nachdem  aber  das  mittelst  Dampf-  und  Seilbohrung  bis 
zu  191  Meter  Tiefe  abgesunkene  Bohrloch  verunglückt  und  zudem 
inzwischen  für  den  Absatz  der  Kalisalze  in  E'olge  der  Ueberproduction 
zu  Stassfurt  eine  ungünstige  Conjunctur  eingetreten  war,  gab  man  den 
Versuch  wieder  auf.  Die  dortige  Saline  bezieht  inzwischen  ihren  Bedarf 
an  gesättigter  Soole  aus  den  oberen  Teufen  des  Salzlagers. 

Die  eingetretene  ungünstige  Conjunctur  war  auch  der  Grund, 
weshalb  die  Bohrung  bei  Davenstedt  bis  jetzt  noch  nicht  weiter  zur 
Benützung  gekommen  ist,  wie  dies  auch  bei  der  sub  Nr.  13  der  Ta- 
belle angeführten  Bohrung  bei  Ölsburg,  über  welche  in  der  Preuss. 
Zeitschrift  für  Berg-,  Hütten-  and  Salinenwesen,  23.  Band,  1.  und  2. 
Lieferung,  1875,  pag.  41 — 44,  Mittheilung  gemacht  ist,  der  Fall 
sein  dürfte. 


VI.  Ueber  die  mineralogische  Zusammensetzung  der 
Melaphyre  und  Augitporphyre  Südost-Tirols. 

Von  Dr.  C.  Doclter. 

Einleitung. 

Kein  Gestein  hat  so  sehr  den  Bemühungen  der  Gesteinsforscher 
gespottet  wie  der  Melaphyr. 

Treffend  sagt  in  dieser  Hinsicht  Girard:  „er  erschien  wie  ein 
schwarzes  Gespenst  auf  der  Bühne  der  Wissenschaft,  ohne  dass  ihn 
Jemand  bestimmt  zu  fassen  vermochte.“ 

Kaum  glaubte  man  eine  passende  Definition  für  dieses  Gestein 
gefunden  zu  haben,  als  neue  Forschungen  dieselbe  wieder  umstiessen; 
so  schien  es  doch  während  einiger  Zeit  fast  festgestellt  zu  sein,  dass 
Augit  ein  Hauptbestandteil  sei  , Hornblende  dagegen  nur  selten  im 
Melaphyr  vorkommt,  und  trotzdem  werden  wir  einer  älteren  Meinung 
beipflichtend,  letzteres  Mineral  als  einen  nicht  unwesentlichen  Gemeng- 
theil der  betreffenden  Gesteine  nachweisen. 

Daher  erscheint  der  Melaphyr  immer  noch  ein  sehr  schwer 
definirbares  Gestein;  von  dem  Principe  ausgehend,  dass  das  Wesen  der 
Petrographie  mehr  darin  liegt,  die  mineralogischen  und  chemischen 
Elemente  der  Gesteine  zu  erforschen,  als  Definitionen  einzelner  Typen 
zu  geben,  wird  unser  Streben  mehr  darauf  gerichtet  sein,  die  minera- 
logische Zusammensetzung  der  uns  vorliegenden  Gesteine,  und  zwar 
der  Südtiroler  sogenannten  Melaphyre  zu  erkennen,  als  den  Begriff 
eines  Melaphyrs  überhaupt  fixiren  zu  wollen,  eine  Aufgabe,  der  wir 
und  vielleicht  die  meisten  Gesteinsforscher  kaum  gewachsen  sein 
dürften. 

Doch  gehen  wir  etwas  näher  ein  auf  die  bis  jetzt  vorliegenden 
Untersuchungen  unserer  und  ähnlicher  Gesteine. 

Alexander  Brogniart  war  es,  der  zuerst  den  Namen  Melaphyr 
einführte;  er  definirt  ihn  als1)  „Pate  noire  d’amphibole  petrosilicieux 
enveloppant  des  cristaux  de  Feldspath“. 


‘)  Journal  des  Mines.  XXXIX.  pag.  40. 

Mineralogische  Mitteilungen,  1875.  4.  Heft.  (C.  Doelter.) 


290  C.  Do eltei’.  [2] 

Dieser  Name  wird  von  L.  v.  Buch  auf  Südtiroler  Gesteine  aus- 
gedehnt, sowie  auf  die  Gesteine  des  Harzes. 

Melaphyre  nennt  Del  esse  Gesteine  aus  den  Vogesen  und  Nor- 
wegen, an  deren  Zusammensetzung  wesentlich  Labrador,  Hornblende, 
Augit  theilnehmen  sollen. 

Richthofen  war  es,  der  die  Kenntniss  der  Melaphyre  in  ein 
neues  Stadium  brachte  1).  Während  man  bis  dahin  die  Melaphyre  und 
Augitporphyre  zusammengeworfen  hatte,  theilt  Richthofen  die  süd- 
tiroler  schwarzen  Porphyre  in  Hornblendegesteine  (Melaphyre)  und 
Augitgesteine  (Augitporphyre). 

Demnach  besteht  der  Melaphyr  aus  Orthoklas  und  Hornblende. 

Im  Jahre  1858  veröffentlichte  Senft  eine  Abhandlung  über  die 
Melaphyre  des  Thüringerwaldes,  in  denen  die  Melaphyre  eingetheilt 
werden  in  Hornblende-Melaphyre , Glimmer-Melaphyre  und  Delessit- 
Melaphyre. 

Seitdem  hat  sich  Girard  gegen  die  Ansichten  Richthofen’s 
ausgesprochen , und  sieht  in  den  Melaphyren  hauptsächlich  Augit- 
gesteine. 

Zirkel  definirt  in  seinem  Lehrbuch  der  Petrographie  2)  den 
Melaphyr  als  ein  Gestein,  welches  aus  Oligoklas  (oder  einem  verwand- 
ten Feldspath),  Augit,  Titaneisenerz  oder  titanhaltigem  Magneteisen 
besteht. 

Durch  die  wichtigen  Untersuchungen  T s ch ermak’s  3)  wurde  für 
viele  Südtiroler,  und  auch  für  die  siebenbürgi sehen  und  böhmischen 
Melaphyre  Augit  als  wesentlicher  Bestandtheil,  daneben  auch  Orthoklas 
und  Olivin,  in  manchen  auch  Hornblende  nachgewiesen. 

Zirkel  gibt  in  seinem  äusserst  werthvolleu  und  wichtigen  Werke 
über  die  Basalte  4)  ebenfalls  einige  interessante  Daten  über  den  Mela- 
phyr; er  constatirte  mikroskopisch  Augit,  Olivin  und  Glasbasis  in  man- 
chen als  Melaphyr  bezeichueten  Gesteinen. 

Die  neuesten  Untersuchungen  über  Melaphyre  verdanken  wir 
H aarmann.  5) 

Ausser  dem  Augit  und  Plagioklas,  welche  die  Hauptgemengtheile 
des  Melaphyrs  ausmachen,  wurde  von  Haarmann  noch  Olivin,  Orthoklas 
und  Glasmasse  in  vielen  Melaphyren  nachgewiesen,  ausserdem  aber 
ergibt  sich,  dass  manche  Melaphyre  gar  keinen  Augit  enthalten. 

Die  Abwesenheit  des  Augites  und  die  Anwesenheit  von  Orthoklas 
haben  wir  in  Melaphyren  des  siebenbürgischen  Erzgebirges  ebenfalls 
constatirt 6),  ferner  am  Monzoni  das  Vorkommen  von  hornblendeführen- 
den Melaphyren 7). 


5 Geognostische  Beschreibung  der  Umgegend  von  Predazzo  etc.  — Gotha,  1860. 

2)  Bonn,  1866. 

3)  Porphyrgesteine  Oesterreichs.  — Wien,  1869. 

4)  Bonn.  1870. 

5)  Zeitschrift  der  deutschen  geologischen  Gesellschaft.  — 1873. 

G)  Jahrb.  der  k.  k.  geol.  Reichsanstalt.  1874,  1.  Heft. 

7)  Ibid.  2.  Heft. 


[3]  Ueber  d.  min.  Zusammens.  d.  Melaph.  u.  Augitporph.  Südost-Tirols.  291 

In  folgender  Mittheilung  sollen  sowohl  Hornblende  als  Orthoklas 
in  vielen  Melaphyren  nachgewiesen  werden. 

Wir  werden  zuerst  die  Bestandtheile  der  Melaphyre  besprechen 
und  sodann  einige  Gesteine  näher  beschreiben. 

Bevor  wir  jedoch  zu  dieser  Arbeit  schreiten , müssen  wir  unsere 
Ansicht  in  Betreff  der  Vereinigung  von  Melaphyr  und  Augitporphyr 
rechtfertigen. 

Zirkel  hält  aus  chemischen  Gründen  die  Trennung  beider  bis 
1866  *)  noch  aufrecht,  Tschermak  hat  auf  Zirkel  hinweisend,  eine 
Trennung  noch  beibehalten,  spricht  sich  aber  auch  dahin  aus,  dass 
sämmtliche  Gesteine  eine  continuirliche,  durch  Uebergänge  verbundene 
Reihe  bilden. 

Lapparent  macht  keinen  Unterschied  zwischen  beiden. 

In  seiner  neuesten  Uebersicht*  2)  hat  Zirkel  eine  Trennung  der 
beiden  Gesteine  nicht  mehr  durchgeführt. 

Wir  werden  diesem  Beispiele  folgend,  sämmtliche  Gesteine  unter 
dem  Namen  Melaphyr  zusammenfassen  und  zusammenbetrachten,  obwohl 
wir  die  besonders  augitreichen  Varietäten  noch  unter  dem  Namen  Augit- 
porphyr anführen. 

Eine  scharfe  Trennung  beider  Gruppen  lässt  sich  auf  dem  jetzigen 
Standpunkte  unserer  Untersuchungen  weder  vom  mineralogischen  und 
viel  weniger  noch  vom  geologischen  Standpunkte  durchführen,  obgleich 
eine  solche  vom  Standpunkte  der  Chemie  aus,  wie  Tschermak  schon 
bemerkt  hat,  nicht  ungerechtfertigt  erscheinen  würde. 

Die  mineralogischen  Bestandtheile  sind  nun  bei  beiden  Gesteinen 
dieselben,  obgleich  es  möglich  wäre,  dass  in  den  Melaphyren  der  Feld- 
spath  ein  mehr  basischer  ist  als  bei  den  Augitporphyren. 

Die  Verschiedenheit  der  chemischen  Zusammensetzung  wird  wahr- 
scheinlich bedingt  durch  das  häufigere  Vorkommen  des  Orthoklases  in 
den  Melaphyren,  durch  das  Zurücktreten  des  Augites  und  das  Vorherr- 
schen der  glasigen  Grundmasse. 

Im  Allgemeinen  scheinen  auch  die  hornblendehältigen  Gesteine 
etwas  saurer  zu  sein ; somit  liegt  auch  in  der  von  uns  gemachten  Ein- 
theilung  eine  weitere  Berechtigung. 

Wir  haben  die  Melaphyre  in  hornblendehältige  und  augithältige 
eingetheilt,  welche  letztere  zum  Theil  den  Augitporphyr  genannten  Ge- 
steinen entsprechen ; als  Unterabtheilung  des  Melaphyrs  erscheint  daher 
der  Name  Augitporphyr  nicht  unzweckmässig,  während  wir  dagegen 
fundamentale  Unterschiede  zwischen  beiden  Gesteinen , so  wenig  wie 
Tschermak  und  andere  frühere  Forscher  zu  erkennen  vermochten. 

Dieses  Resultat  scheint  insbesondere  auch  aus  der  geologisch- 
tektonischen, ebenso  wie  aus  der  mineralogischen  Untersuchung  hervor- 
zugehen. 

Es  lässt  sich  in  der  That  nirgends  ein  technischer  Unterschied 
beider  Gruppen  erkennen.  Die  Augitporphyre  sind  meistens  mit  Tuff- 


')  Lehrbuch  der  Petrographie. 

2)  Die  mikroskopische  Beschaffenheit  der  Mineralien  und  Gesteine,  pag.  245. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1875.  4.  Heft.  (C.  Doelter.)  39 


292 


C.  Doelter. 


[4] 


und  Breccienbildungen  verbunden,  aber  dasselbe  findet  auch  bei  den 
Melaphyren  statt,  wie  eine  genaue  Untersuchung  zeigt.  Beide  bilden 
überdies  sowohl  Gänge  als  auch  Decken  und  zeigen  überall  gleiches 
Verhalten,  daher  wird  es  sehr  schwer  zu  sagen,  was  Melaphyr  und  was 
Augitporphyr  sei. 

Aus  diesen  Gründen  werden  wir  alle  schwarzen  Porphyre  Süd- 
tirols unter  dem  Namen  Melaphyr  zusammenfassen  und  nur  die  basi- 
scheren, augitreichen  können  allenfalls  als  Augitporphyre  bezeichnet 
werden,  wobei  jedoch  ohne  chemische  Analyse  und  bei  den  Zwischen- 
gliedern auch  dann  nicht  eine  solche  Trennung  überhaupt  möglich 
erscheint. 

Was  die  Verbreitung  der  einzelnen  Gesteine  anbelangt,  so  ist  der 
Augitporphyr  hauptsächlich  in  dem  nördlicheren  Theile  des  Gebietes 
zwischen  dem  oberen  Fassathale  und  dem  Grödnerthale,  der  augitarme 
und  augitfreie  Melaphyr  hauptsächlich  in  den  Kalkgebirgen  der  Marmo- 
lata,  Fedaja,  Ombretta,  Fucchiada  verbreitet,  während  der  Hornblende- 
Melaphyr  sowie  die  verbindende  zweite  Abtheilung  ihre  grösste  Verbreitung 
in  der  Umgebung  von  Predazzo,  an  den  Bergen  Viesena,  Mulatto, 
Malgola,  Cornon  haben. 

Mit  Bezug  auf  das  Vorhergehende  werden  wir  also  die  Melaphyre 
Südost-Tirols  eintheilen  in  : 

1.  Augit-Melaphyre: 

a)  Augitporphyr  (augitreicher  Melaphyr), 

b)  Augitarme  Melaphyre,  und  Augit-Hornblende-Melaphyre. 

2.  Hornblende-Melaphyre. 

3.  Augit-  und  Hornblendefreie  Melaphyre. 

Der  Uralitporphyr  kann  nicht  als  besondere  Gesteinsgruppe  aus- 
geschieden werden  , sondern  gehört  zu  den  Augit  - Hornblende  - Mela- 
phyren. 

Die  Gesteine  der  2.  und  3.  Gruppe  müssten  vom  mineralogischen 
Standpunkte,  der  jetzigen  Definition  des  Melaphyrs  nach,  eigentlich 
abgetrennt  und  als  Porphyrite  bezeichnet  werden;  da  jedoch  die 
Uebergänge  in  den  wirklichen  Melaphyr,  sowie  das  Vorkommen  in 
der  Natur  nicht  gerade  dafür  sprechen,  so  haben  wir  diese  Gesteine, 
ohne  jene  Frage  entscheiden  zu  wollen,  noch  vorläufig  zum  Melaphyre 
gezählt. 

Den  Namen  Augitophyr,  den  Gümbel  für  den  Augitporphyr 
substituiren  wollte,  haben  wir  nicht  angewandt,  da  wir  dafür  den  Na- 
men Augit-Melaphyr  im  weiteren  Sinne  gebrauchen ; vielleicht  wäre  der- 
selbe jedoch  nicht  gerade  unpassend  für  die  erste  Gruppe. 


Ueber  d.  miu.  Zusammens.  d.  Melaph.  u.  Augitporph.  Südost-Tirols.  293 


Gemengtheile  der  Melaphyre. 

Die  Hauptbestandtheile  der  hier  zu  betrachtenden  Gesteine  sind: 

Plagioklas,  Orthoklas,  Augit,  Hornblende,  Magnetit ; untergeordnet : 
Olivin,  Apatit;  dazu  treten  als  secundäre  Producte : Epidot,  Calcit, 
Delessit,  Chalcedon,  Eisenkies,  verschiedene  Pseudomorphosen  nach 
Augit  und  Olivin.  In  einigen  Gesteinen  wird  der  Augit  durch  Uralit 
vertreten. 

Da  das  makroskopische  Verhalten  der  einzelnen  Bestandtheile 
durch  die  früheren  Arbeiten,  insbesondere  durch  Tscherm  ak’s *) 
wichtige  Untersuchungen  genügend  bekannt  sind,  so  beschränken  wir 
uns  vorwiegend  auf  die  mikroskopische  Charakteristik  der  einzelnen  Be- 
standtheile. 

Plagioklas.  Ein  constanter  ßestandtheil  der  Melaphyre;  ma- 
kroskopisch zeigt  er  sich  in  Krystallen  und  Körnern , in  einigen 
Varietäten  zeigt  er  sich  in  grösseren  Partien,  meist  aber  nur  in  kleinen 
Leisten. 

Mikroskopisch  zeigt  sich  derselbe  meistens  trübe  und  etwas  ver- 
ändert, selten  wasserhell.  In  Bezug  auf  die  Zahl  der  Lamellen  herrscht 
grosse  Unregelmässigkeit , einige  Krystalle  sind  nur  aus  drei  bis  vier 
Lamellen  , andere  aus  einer  grossen  Anzahl  zusammengesetzt ; häufig 
reichen  die  Lamellen  nur  bis  zur  Mitte  oder  nicht  ganz  bis  zu  der- 
selben ; oft  besteht  ein  Durchschnitt  aus  einem  einfärbig  im  polarisirten 
Lichte  erscheinenden  Theile,  während  der  andere  aus  zahlreichen  La- 
mellen besteht. 

An  Einschlüssen  ist  der  Plagioklas  reich,  hauptsächlich  Grund- 
masse und  Glaseinschlüsse  sind  ungemein  häufig;  Flüssigkeitseinschlüsse 
konnte  ich  dagegen  nirgends  mit  Sicherheit  erkennen.  Von  eingeschlos- 
senen Mineralien  erwähnen  wir  : Magnetit,  Augit,  Apatit.  Der  Plagioklas 
zeigt  hie  und  da  mikroskopische  Umwandlungen  zu  Epidot. 

Ueber  die  chemische  Zusammensetzung  des  Plagioklases  liegen 
fast  keine  Daten  vor;  nur  ein  einziger  veränderter  Plagioklas  vom 
Mulatto  wurde  von  Rath  als  Oligoklas  bezeichnet;  die  Kleinheit  der 
Individuen  verhindert  wohl  meistens  die  Analyse  derselben. 

Orthoklas.  Derselbe  wurde  von  Tscherm ak* 2)  zuerst  im 
Melaphyr  beobachtet.  Nimmt  man  an,  dass  einfache  Feldspath- 
Individuen  dort,  wo  sie  im  Dünnschliff  in  grösserer  Anzahl  Vor- 
kommen, dem  Orthoklas  angehören,  was  äusserst  wahrscheinlich  ist,  so 
bildet  dieses  Mineral  einen  häufigen,  aber  nie  vorherrschenden  Bestand- 
theil  der  hier  zu  betrachtenden  Gesteine.  Seine  Mikrostruetur  ist  ähn- 
lich der  des  triklinen  F eldspathes ; bemerkt  muss  werden,  dass  einfache 
Orthoklas-Individuen  nicht  selten  parallele  Einlagerungen  trikliner  La- 
mellen enthalten. 


')  Tschermak  1.  c.  pag.  125  und  135. 

2)  L.  c.  pag.  126  und  133. 

39* 


294 


C.  Doelter. 


[6] 


Augit.  Der  Augit,  der  in  einem  grossen  Theil  der  Melaphyre 
häufig  vorkommt,  erscheint  in  weingelben  bis  farblosen,  meist  ein- 
fachen Krystalldurchschnitten  oder  Körnern  von  verschiedenen  Dimen- 
sionen. Er  zeigt  zahlreiche  Risse,  welche  oft  dem  Pinakoid  00P00 
parallel  sind  und  ist  meist  recht  frisch;  hie  und  da  ist  er  in  eine 
Grünerde-ähnliche  Substanz  oder  in  Epidot  umgewandelt.  Derselbe  ist 
sehr  reich  an  Glaseinschlüssen  sowie  an  Einschlüssen  der  Grundmasse; 
ferner  enthält  er  Magnetit  und  Apatit. 

Grasgrüner  Uralit  wird  in  Dünnschliffen  einiger  Melaphyre  be- 
obachtet; derselbe  ist  meist  schwach  dichroitisch. 

Die  Hornblende,  die  in  einigen  Melaphyren  makroskopisch,  in 
Prismen,  Krystallen  oder  kleineren  Partien  beobachtet  wurde,  ergab  sich 
bei  mikroskopischer  Untersuchung  als  ein  sehr  häufiger  Bestandtheil 
gewisser  Melaphyre. 

Die  Unterscheidung  von  Augit  gründet  sich  auf  die  dichroitischen 
Eigenschaften  der  beiden  Mineralien. 

Um  uns  zu  überzeugen,  dass  dieses  von  T scher mak  angegebene 
Mittel  wirklich  allgemein  anwendbar  sei,  haben  wir  Krystalle  von  Augit 
und  Hornblende  aus  dem  Melaphyr  im  Dünnschliff  untersucht  und  es 
ergab  sich,  dass  gefärbte  Augite  nie,  Hornblenden  immer  Absorptions- 
Unterschiede  zeigen. 

Uebrigens  lässt  sich  meistens  schon  ohne  Anwendung  dieses  Mit- 
tels die  Hornblende  erkennen , da  sie  meist  in  kleinen , gelbbraunen 
Durchschnitten  erscheint ; dieselbe  ist  meistens  sehr  frisch  ; sie  enthält 
Magnetit,  Apatit  und  Glaseinschlüsse,  jedoch  nicht  in  so  grosser  Zahl 
wie  der  Augit. 

Magnetit  kommt  in  den  Melaphyren  meist  in  ungemein  reich- 
licher Menge  vor;  derselbe  ist  titanhaltig;  rhomboedrisches  Titan- 
eisenerz konnte  nicht  beobachtet  werden. 

Olivin  kommt  in  einigen  Augitporphyren  vor,  derselbe  findet 
sich  stets  in  grösseren  Körnern  und  sinkt  nie  zur  mikroskopischen 
Kleinheit  herab. 

Als  secundäre  Producte  treten  auf:  Calcit,  Pyrit,  Epidot,  De- 
lessit,  Chalcedon,  verschiedene  Pseudomorphosen  nach  Hornblende, 
Augit,  Olivin.1) 

Die  Grundmasse  der  Melaphyre  besteht  hauptsächlich  aus  Feld- 
spatli  mit  Magnetit,  seltener  Augit  und  Hornblende. 

In  vielen  tritt  mehr  oder  weniger  auch  Glasbasis  meist  braun 
gefärbt  und  mit  Opacit  erfüllt,  hervor. 


')  Sielie  Tschermak  1.  c.  pag.  134. 


[7]  Ueber  d.  min.  Zusammens.  d.  Melaph.  u.  Augitporph.  Südost-Tirols.  295 


1.  Augit-Melaphyre. 

a)  Augitporpliyre  (augitreiclie  Melaphyre). 

Dieselben  zeigen  meist  Porphyr-Structur,  sie  enthalten  in  einer 
dichten,  feinkörnigen  Grundmasse  Augit-  und  selten  Feldspath-Krystalle. 

Diese  Gesteine  treten  besonders  auf  der  Seisser-Alpe,  im  Duron- 
thale  und  am  Bufaure  auf.  Der  Kiesel  Säuregehalt  dieser  Gesteine  be- 
trägt 49  bis  45  Procent.  J) 


Augitporphyr  vom  Molignon  (Seisser-Alpe). 

Dieses  Gestein  bildet  Gänge  in  den  Tuffen. 

Harte,  dichte,  pechschwarze  Grundmasse  mit  Augiteinsprenglingen ; 
selten  sind  Feldspath,  Magnetit  und  Olivin. 

Unter  dem  Mikroskop  im  Dünnschliff  sieht  man  lange,  schmale 
Leisten  von  triklinem  Feldspathe;  dieselben  sind  aus  zahlreichen  La- 
mellen zusammengesetzt  und  zeigen  undeutliche  Begrenzung,  so  dass 
auch  die  schmalen  Leisten  an  den  kleineren  Seiten  des  Rechteckes 
zickzackförmige  Begrenzung  zeigen.  Auch  sieht  man  nicht  selten  die 
Leisten  in  der  Mitte  des  Krystalles  endigen. 

Einschlüsse  von  braunem  Glas  und  Magnetit  sind  in  sehr  grosser 
Zahl  in  den  Feldspath-Krystallen  vorhanden.  Von  Interesse  sind  in 
diesem  Gesteine  auftretende,  sich  durchkreuzende  Feldspath-Individuen ; 
ob  diese  Durchkreuzung  einem  krystallographischen  Gesetze  folgt,  lässt 
sich  nicht  entscheiden  wegen  der  zu  unregelmässigen  Begrenzung  der 
betreffenden  Individuen. 

Der  Augit  ist  weniger  häufig,  kommt  aber  durchgehends  in  grös- 
seren Individuen,  die  theils  Krystalle,  theils  Körner  sind,  vor.  Er  zeigt 
weingelbe  Farbe  und  ist  von  zahlreichen  Rissen  durchsetzt,  im  Allge- 
meinen recht  frisch ; Einschlüsse  von  braunem  Glas  sowie  von  Magnetit 
sind  häufig.  Der  Olivin  ist  nur  selten  im  Dünnschliff  sichtbar. 

Von  Hornblende  sah  ich  einen  Kry stall  von  dunkelbrauner  Farbe, 
deutlich  dichroitisch.  Die  Grundmasse  besteht  aus  wirr  durcheinander- 
liegenden, meist  einfachen  Feldspathleisten.  Magnetit  ist  darin  häufig, 
Glasmasse  konnte  nicht  gefunden  werden. 

Augitporphyr  aus  dem  Duronthal. 

Das  Gestein  wurde  oberhalb  der  Duron-Alpe  am  linken  Thalufer 
gesammelt.  Es  bildet  prächtige  Gänge  und  sieht  in  grösseren  Blöcken 
tuflfartig  aus. 


‘)  Siehe  Tschermak.  Analysen  von  Augitporphyren  von  St.  Christina  und 
Predazzo,  pag.  137  und  138.  — Der  von  Kjerulf  untersuchte  Augitporphyr  aus 
dem  Travignolothal  ist  wohl  kein  wirklicher  „Augitporphyr“. 


296 


C.  Doelter. 


[8] 


Die  feinkörnige  Grandmasse  ist  nicht  sehr  vorherrschend,  sie 
enthält  viele  Einsprenglinge  von  Augit,  Feldspath,  sowie  auch  seltener 
von  Olivin.  Der  Augit  zeigt  unter  dem  Mikroskope  graue,  blassgelbe 
Durchschnitte.  Der  Feldspath  ist  zum  grössten  Theil  ein  trikliner.  Die 
Grundmasse  besteht  zum  Theil  aus  einem  braunen , durchsichtigen 
Glase , welches  an  manchen  Stellen  dunkle  Flecken  zeigt ; ausserdem 
zeigt  sie  zahlreiche  Feldspathleisten. 

Hornblende  ist  im  Dünnschliff  nicht  zu  sehen. 

Augitporphyr  von  der  Tschierer- Alpe  bei  St.  Christina. 

Schwarzbraune,  dichte  Grundmasse  mit  häufigen  Augiteinspreng- 
lingen,  hie  und  da  sieht  man  auch  ein  Feldspathkorn,  oder  Magnet- 
eisen in  Blättchen. 

Unter  dem  Mikroskop  sieht  man  sehr  viele  Augite  von  blassgelber 
oder  blassgrüner  Farbe,  keinen  Dichroismus  zeigend ; dieselben  liegen 
gewöhnlich  an  einzelnen  Stellen  in  grösserer  Anzahl  um  einen  Punkt 
herum ; sie  sind  durch  Glas-  und  Magnetit-Einschlüsse  verunreinigt  und 
zeigen  zahlreiche  Risse,  in  der  Nähe  derselben  sind  oft  Umwandlungs- 
erscheinungen zu  beobachten. 

Der  Feldspath  ist  gewöhnlich  nicht  mehr  ganz  frisch,  etwas  trübe, 
neben  dem  Plagioklas  kommt  auch  Orthoklas  vor. 

Die  Grundmasse  besteht  aus  unregelmässig  durcheinanderliegen- 
den Feldspath-Krystallen. 


Augitporphyr  von  der  Giumella-Alpe. 

Dieses  Gestein  bildet  mächtige  Gangmassen ; es  wurde  zwischen 
der  Giumella-Alpe  und  dem  Bufaureberg  gesammelt. 

Die  dichte,  pechschwarze  Grundmasse  enthält  zahlreiche  Augit- 
krystalle,  sonst  aber  wenig  Einsprenglinge. 

Unter  den  grösseren  ausgeschiedenen  Gemengtheilen  herrscht  der 
blassgelbe,  von  zahlreichen  Rissen  durchzogene  Augit  vor , dessen 
Mikrostructur  dieselbe,  wie  die  der  vorhin  beschriebenen  Gesteine  ist. 
Einzelne  Hornblende-Durchschnitte  von  brauner  Farbe  und  deutlichem 
Dichroismus  kommen  ebenfalls  vor. 

Unter  den  Feldspathen  ist  der  Orthoklas  keine  Seltenheit;  er 
zeichnet  sich  durch  besondere  Unregelmässigkeit  seiner  Durchschnitte 
aus;  Orthoklas  sowohl  als  Plagioklas  zeichnen  sich  durch  zahlreiche 
Einschlüsse  von  Grundmasse,  braunem  Glas  und  Magnetit  aus. 

Die  braune  Grundmasse  enthält  viele  Plagioklas-  und  Orthoklas- 
leisten,  ausserdem  aber  auch  Glasmasse. 

Melaphyr  vom  Ciamol. 

Basaltähnliches  Gestein;  dichte,  rabenschwarze  Grundmasse  mit 
kleinen  Feldspath-  und  grösseren  Augit-Einsprenglingen.  Die  Grund- 
masse herrscht  bei  weitem  vor. 


Ueber  d.  min.  Zusammens.  d.  Melaph.  u.  Augitporph.  Südost-Tirols.  297 


Der  Augit  ist  auch  mikroskopisch  sehr  reich  vertheilt ; er  ist  fast 
farblos  mit  einem  Stich  ins  gelbliche;  ausser  den  gewöhnlichen  Glas- 
einschlüssen enthält  er  auch  noch  eine  staubartige,  undurchsichtige 
Substanz. 

Unter  den  Feldspathen  bemerkt  man  nicht  selten  einfache  Kry- 
stalle ; beide  sind  ziemlich  trübe,  etwas  zersetzt. 

Glasgrundmasse  ist  hier  nicht  nachweisbar. 

Augitporphyr  vom  Monte  Campo. 

Dieses  Gestein  wurde  am  Abhange  gegen  das  Val  Surda  gesam- 
melt, es  gehört  einem  Strome,  der  den  ganzen  Monte  Campo  und  den 
Toazzo  bedeckt,  an. 

Feinkörnige  Grundmasse  mit  zahlreichen  Augit-  und  Feldspath- 
Krystallen.  Im  Dünnschliff  sieht  man  grössere,  blassgelbe  Augite  mit 
zahlreichen  Rissen;  sie  sind  alle  ziemlich  unrein,  enthalten  viel  Glas- 
einschlüsse, Magnetit  und  Apatit.  Der  Feldspath,  welcher  auch  hier 
wieder  der  Hauptgemengtheil  ist,  gehört  meist  dem  triklinen  an,  Ortho- 
klas ist  ziemlich  selten. 

Hornblende  fehlt  gänzlich,  dagegen  ist  Olivin  zu  beobachten;  die 
im  Dünnschliff  blassgrün  oder  farblos  erscheinenden  Durchschnitte 
zeigen  den  Anfang  der  Serpentinbildung ; Magnetit  ist  häufig ; Glas- 
masse fehlt. 

Die  Grundmasse  des  Gesteines  besteht  hauptsächlich  aus  Feldspath. 


Gestein  vom  Bufaure. 

Es  ist  dies  der  bekannte  Augitporphyr,  welcher  durch  die  einge- 
schlossenen, wohlausgebildeten  Augite  ausgezeichnet  ist,  die  schon 
früher  ihrer  Form  nach  beschrieben  worden  sind  ; es  sind  säulenförmige, 
kurze  Krystalle,  die  wir  wohl  krystallographisch  zu  kennzeichnen  hier 
unterlassen  können.  J)  Bemerken  wollen  wir  jedoch,  dass  Zwillinge  und 
auch  Drillinge  neben  den  einfachen  Krystallen  Vorkommen. 

Makroskopisch  hat  das  Gestein  tuffartiges  Aussehen,  die  fein- 
körnige Grundmasse  zeigt  grössere  Feldspathkörner  und  Augite;  selten 
sieht  man  Olivin. 

Unter  dem  Mikroskop  ist  man  überrascht,  im  Dünnschliff  verhält- 
nissmässig  so  wenig  Augit  zu  sehen,  während  das  makroskopische  Vor- 
kommen doch  auf  einen  sehr  bedeutenden  Augitreichthum  schliessen 
lassen  könnte.  Man  kommt  zur  Vermuthung,  dass  jene  Augitkrystalle 
eigentlich  mehr  Einschlüsse  seien  als  zu  dem  Gesteine  selbst  gehörende 
Bestandtheile,  ähnlich,  wie  man  in  Tuffen,  Hornblende  und  Augitkry- 
stalle eingeschlossen  findet. 

Der  im  Dünnschliff  sehr  reichlich  vertretene  Bestandtlieil  ist  der 
Plagioklas,  neben  welchem  nur  wenige  einfache  Feldspath-Durchschnitte 


‘)  Siehe  Liebener  und  Vorhauser.  Die  Mineralien  Tirols,  pag.  32. 
Zepharovich.  (Miner.  Lexicon  p.) 


298 


C.  Doelter. 


[10] 


erkennbar  sind;  sie  enthalten  viel  Glas-  und  Grundmasse-Einschlüsse, 
ebenso  wie  die  neben  ihnen  vorkommenden  weingelben  Augite,  unter 
denen  in  drei  Dünnschliffen  nirgends  Zwillinge  zu  sehen  waren,  die 
doch  makroskopisch  Vorkommen.  Die  Grundmasse  enthält  viele  Feld- 
spathleisten  und  Magnetit,  dazwischen  braune  Glasbasis. 


Augitreicher  Melaphyr  von  Mezzavalle. 

Dieses  Gestein,  welches  deckenförmig  auftritt,  wird  bei  Mezzavalle 
von  Orthoklasporphyr  durchbrochen;  das  untersuchte  Stück  wurde  in 
unmittelbarer  Nähe  dieses  Ganges  gesammelt. 

Dichte , schwarzgrüne  Grundmasse  mit  Augit-  und  Feldspath  - 
Einsprenglingen ; hie  und  da  sieht  man  umgewandelten  Olivin. 

Die  mikroskopische  Untersuchung  zeigt,  dass  dieses  Gestein  nicht 
mehr  ganz  frisch  sei.  Die  Augite  sind  blassgelb,  sie  enthalten  wenig 
Einschlüsse  und  sind  meist  einfache  Individuen,  seltener  Zwillinge. 

Der  Feldspath  ist  nur  zum  Theil  Plagioklas;  Orthoklas  ist  häufig, 
beide  zeichnen  sich  durch  ihr  trübes  Aussehen  aus.  Magnetit  ist  in  dem 
Gesteine  häufig. 

Die  Grundmasse  besteht  zum  grössten  Theil  aus  Feldspath. 

Melaphyr  zwischen  St.  Valentin  und  Theiss. 

Harte , dichte  Grundmasse  mit  kleinen  Feldspath-  und  Augit- 
Krystallen. 

Der  am  meisten  vorherrschende  Bestandtheil  ist,  wie  die  mikro- 
skopische Untersuchung  zeigt,  der  Feldspath,  der  fast  durchgehends  ein 
trikliner  ist;  der  Augit  enthält  hier  weniger  Einschlüsse  als  sonst  und 
ist  ganz  farblos.  Hornblende  fehlt  gänzlich. 

Die  Grundmasse  löst  sich  zum  grössten  Theil  in  Krystallgemeng- 
theile , hauptsächlich  Feldspath , von  denen  die  meisten , auch  die 
kleineren  Leisten  polysynthetische  Zwillinge  sind,  auf;  an  einzelnen 
Stellen  lässt  sich  jedoch  auch  Glasbasis  beobachten. 


Melaphyr  aus  dem  Thalkessel  von  Le  Seile  in  der  Nähe 
des  Kupferkies-Fundortes.  *) 

Das  Gestein  bildet  einen  schmalen  Gang.  Dichte  Grundmasse  mit 
sehr  kleinen  Feldspath-Einsprenglingen ; der  äussere  Habitus  des  Ge- 
steines ist  tuffartig. 

Unter  dem  Mikroskop  sieht  man  sehr  viele  Augitkryställchen,  sehr 
frisch , mit  zahlreichen  Glaseinschlüssen ; Feldspath  ist  in  weniger 
reichem  Masse  vorhanden;  zum  Theil  ist  es  Orthoklas. 

Magneteisen  in  grossen  Körnern  ist  ein  wesentlicher  Bestandtheil 
des  Gesteines,  ebenso  wie  auch  Glasbasis  reichlich  vertreten  ist. 


’)  Siehe:  C.  Doelter.  Der  geologische  Bau,  die  Gesteine  und  Mineralfund- 
stätten des  Monzonigebirges ; Jahrbuch  der  k.  k.  geol.  Reichsaustalt,  1875,  pag.  235. 


Ueber  d.  min.  Zusammeus.  d.  Melaph.  u.  Augitporph.  Südost-Tirols. 


299 


b)  Augitarme  Melapliyre  und  Augit-Hornblende-Melapliyrc. 

Es  finden  sich  hier  solche  Gesteine  beschrieben,  die  wegen  des 
allzu  spärlichen  Vorkommens  des  Augites  nicht  als  Augitporphyre  be- 
zeichnet werden  können,  fernerhin  diejenigen  Gesteine,  in  denen  neben 
dem  Augit  auch  in  geringerer  Quantität  Hornblende  vorkommt. 

Diese  Gesteine  sind  in  Süd-Tirol  ziemlich  häufig , besonders  im 
Duronthal , in  dem  Zug  Canazei-Caprile  und  im  Bufaure-Giumella- 
Gebirge. 

Ganggestein  von  der  Malgola. 

Dieses  Gestein  bildet  einen  schmalen  Gang  in  den  Werfener- 
Schichten  an  der  Malgola. 

Die  feinkörnige  Grundmasse  enthält  häufig  Augitnadeln  und  Feld- 
spathkrystalle. 

Das  Gestein  ist  nicht  sehr  verschieden  von  dem  deckenförmig  auf 
dem  Gipfel  der  Malgola  vorkommenden.  Auch  hier  wieder  einige 
grössere,  blassgelbe  Augitdurchschnitte ; daneben  kleine,  braungelbe 
Hornblendedurchschnitte. 

Das  Gestein  besteht  vorherrschend  aus  triklinem  Feldspath;  als 
Orthoklas  sind  wohl  die  in  der  Grundmasse  vorkommenden  einfachen, 
neben  den  polysynthetischen  Zwillingen  auftretenden  Feldspathleisten 
zu  betrachten. 


Gestein  von  dem  Mesolapass. 

Das  Gestein  kommt  in  Verbindung  mit  Breccien  vor. 

Es  hat  porphyrartige  Structur  und  zeigt  in  einer  dichten,  schwar- 
zen Grundmasse  grössere  Feldspathkry stalle,  welche  sich  zum  Theil 
schon  bei  makroskopischer  Betrachtung  als  Plagioklas  erkennen  lassen. 

Die  mikroskopische  Untersuchung  zeigt,  dass  die  grösseren  Feld- 
spathe  in  der  That  zum  grössten  Theil  dem  triklinen  angehören;  die- 
selben haben  trübes  Aussehen  und  bestehen  zum  Theil  nur  aus  wenigen 
verzwillingten  Lamellen;  hie  und  da  auch  besteht  ein  solcher  Krystall 
aus  zwei  ungleichen  Theilen,  von  denen  der  eine  einfärbig  erscheint, 
während  der  andere  aus  zahlreichen  feinen  Lamellen  besteht;  häufig 
auch  reichen  die  Lamellen  nur  bis  zur  Mitte  des  Krystalles;  anderer- 
seits sieht  man  auch  Durchschnitte,  welche  zum  grössten  Theil  einfärbig 
im  polarisirten  Lichte  erscheinen  und  nur  einige  trikline  Lamellen 
parallel  eingelagert  enthalten.  Augit  ist  in  diesem  Gesteine  nicht 
häufig ; derselbe  ist  sehr  zersetzt  und  in  eine  Grünerde-ähnliche  Sub- 
stanz umgewandelt. 

Die  Grundmasse  besteht  aus  einer  braunen  Glasmasse  mit  zahl- 
reichen Feldspath-Körnern  und  Leisten  und  Magnetit. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1875.  4.  Heft.  (C.  Doelter.) 


40 


300 


C.  Doelter. 


[12] 


Melaphyr  vom  Ombrettap  ass. 

Dieses  Gestein,  von  Tuffbreccien  begleitet,  bildet  einen  Gang 
im  Kalk. 

Dichte,  graublaue  Grundmasse  mit  Feldspath- Einsprenglingen; 
Grundmasse  vorherrschend. 

Augit  ist  nicht  selten,  er  kommt  in  vereinzelten,  frischen  Durch- 
schnitten vor;  Hornblende  fehlt;  am  meisten  herrscht  der  Feldspath, 
der  ziemlich  trübe  ist,  vor;  neben  triklinem  Feldspath  zeigt  sich  auch 
Orthoklas. 

Zersetzter  Olivin  findet  sich  nicht  gar  selten.  Die  Grundmasse  des 
Gesteines  enthält  viel  Magnetit  und  braune  Glasbasis. 


Gestein  vom  Campo  di  Stelva. 

Bildet  schmale  Gänge  im  Kalk.  Etwas  zersetztes  Gestein;  in 
einer  dunklen,  dichten  Grundmasse  liegen  bis  6 Mm.  lange  Feldspath- 
Krystalle,  welche  oft  umgewandelt  sind. 

Unter  dem  Mikroskop  erscheinen  grosse,  umgewandelte  Augit- 
durchschnitte  von  grasgrüner  Farbe  mit  Magnetit-Einschlüssen,  seltener 
kleine,  gelbbraune  oder  gelbgrüne  Hornblende-Durchschnitte ; der  Feld- 
spath ist  ein  trikliner  und  bildet  längliche,  unregelmässig  begrenzte 
Individuen. 

Orthoklas  ist  nicht  vorhanden.  Die  Grundmasse  besteht  aus  Feld- 
spathkörnern  und  Magnetit.  Neubildungen  treten  sehr  häufig  auf. 


Gestein  aus  dem  Yal  Fredda. 

Im  Val  Fredda  kommen  zweierlei  Gesteine  vor,  die  auch  schon 
makroskopisch  sich  unterscheiden. 

Das  eine  enthält  in  einer  dichten,  pechschwarzen  Grundmasse 
zahlreiche  Feldspath-Krystalle , seltener  Augitpartien.  Mikroskopisch 
zeigt  sich,  dass  diese  Krystalle  zum  Theil  aus  Orthoklas,  zum  Theil  aus 
Plagioklas  bestehen ; in  den  grossen  Orthoklasen  zeigen  sich  hie  und 
da  trikline  Lamellen.  Der  Augit  kommt  in  gelben,  nicht  häufigen,  an 
Glaseinschlüssen  reichen  Durchschnitten  vor.  Auch  Olivin  zeigt  sich. 
Die  Grundmasse  enthält  Feldspathleisten,  Opacit,  Glasbasis. 

Das  zweite  Gestein , welches  im  unteren  Theile  des  Val  Fredda 
gesammelt  wurde,  ist  feinkörnig  und  enthält  nur  selten  kleine  Feld- 
spath-Ausscheidungen. 

Im  Dünnschliff  zeigt  es  prächtige  Plagioklase,  neben  dem  weniger 
häufig  vorkommenden  Orthoklase,  feine,  grüne,  zersetzte  Augitpartien 
und  zahlreiche  kleine,  gelbbraune  Hornblendenadeln  und  viel  Magnetit. 

Die  Grundmasse  ist  ganz  krystallinisch  und  besteht  hauptsächlich 
aus  Feldspath. 


Ueber  <1.  min.  Zusammens.  d Melaph.  u.  Augitporpb.  Siidost-Tirols.  301 


Melaphyr  von  der  Sforzella. 

Dieses  Gestein  bildet  die  den  Monzonit  von  Predazzo  bedeckende 
Decke ; es  unterscheidet  sich  wesentlich  von  dem  gangbildenden  Gesteine 
am  Canzacoli. 

Die  Grundmasse  ist  dicht,  hart,  bläulichschwarz  und  enthält  viel 
Feldspath-  sowie  auch  Augit-Einsprenglinge. 

Unter  dem  Mikroskop  im  Dünnschliff  sieht  man  einzelne,  recht 
frische  Augitdurchschnitte  von  grüngelber  Farbe  mit  zahlreichen  Glas- 
einschlüssen, ferner  Feldspath-Krystalle,  der  häufigste  Einsprengling; 
dieselben  gehören  zumeist  dem  Plagioklas  an ; selten  ist  Orthoklas. 

Die  Grundmasse  besteht  zum  grössten  Theil  aus  wirr  durch- 
einanderliegenden Feldspathleisten  und  Magnetit ; dazwischen  kommt 
braune  Glasbasis  vor. 


Melaphyr  aus  dem  Val  Sur  da. 

Dieses  Gestein  bildet  einen  schmalen  Gang  im  Kalk  unweit  der 
Malga  di  Val  Surda. 

Blaugraue,  vorherrschende  Grundmasse  mit  kleinen  Augiten, 

Grössere  Einsprenglinge  erscheinen  im  Dünnschliff  nur  selten,  es 
sind  dies  trübe  Plagioklas-Krystalle.  Die  Hauptmasse  des  Gesteines 
besteht  aus  wirr  durcheinanderliegenden  Feldspathleisten,  zum  Theil 
einfachen  Individuen,  zum  Theil  aber  auch  polysynthetischen  Zwillingen. 

Der  Augit  tritt  nur  in  kleineren  Individuen  auf  und  ist  stets  in 
eine  grünerdeähnliche  Substanz  umgewandelt. 

Magnetit  ist  ungemein  reichlich  in  diesem  Gesteine  vorhanden; 
Glasbasis  scheint  ganz  zu  fehlen. 


Melaphyr  vom  Gipfel  der  Malgola. 

Dieses  Gestein  hat  basaltähnliches  Aussehen ; in  der  dichten,  blau- 
grauen Grundmasse  sieht  man  kleine  Feldspathe  und  selten  Augit- 
nadeln. 

Im  Dünnschliff  sieht  man  vereinzelte  grasgrüne  Augite  mit  Mag- 
netit- und  hie  und  da  auch  Apatit-Einschlüssen,  sowie  auch  zahlreiche 
kleine  Hornblendepartien  von  gelbbrauner  Farbe  mit  deutlichem  Dichrois- 
mus ; der  Feldspath  scheint  im  Allgemeinen  ein  trikliner  zu  sein,  Ortho- 
klas kommt  wohl  nur  selten  in  grösseren  Einsprenglingen,  dagegen 
häufiger  als  Bestandtheil  der  Grundmasse,  mit  Magnetit  vor;  Glasbasis 
scheint  hier  ganz  zu  fehlen. 


40* 


302 


C.  Doelter. 


[W1 


Gestein  vom  Mulatto. 

Die  dunklen,  basaltähnlichen  Gesteine  auf  dem  Rücken,  der  sich 
vom  Viesena  gegen  die  Mulattospitze  hinzieht,  sind  augitarm ; selten 
tritt  Uralit  in  ihnen  auf  und  vermittelt  den  Uebergang  zum  Uralit- 
porphyr.  In  der  dichten,  bläulichschwarzen  Grundmasse  sieht  man  ge- 
wöhnlich nur  wenig  Feldspath -Ausscheidungen. 

Unter  dem  Mikroskop  im  Dünnschliff  sieht  man  sehr  viel  triklinen 
Feldspath,  seltener  dagegen  einfache  Individuen,  Augit  ist  im  Allgemei- 
nen sehr  selten  zu  sehen;  in  einem  Dünnschliff  sah  ich  Uralit;  Horn- 
blende bildet  hier  keinen  wesentlichen  Gemengtheil  des  Gesteines, 
kommt  aber  als  Einschluss  vor ; hie  und  da  tritt  Epidot  als  Neubildung 
auf.  Die  Grundmasse  besteht  zum  grössten  Theil  aus  Feldspath , hie 
und  da  tritt  aber  auch  zwischen  den  einzelnen  Leisten  Glasbasis  auf. 
Im  Ganzen  sind  die  Gesteine  sehr  augitarm. 


Gestein  vom  Agnelloberg. 

Dieses  Gestein  bildet  einen  Gang  im  Kalk;  am  Contact  beobach- 
tet man  nicht  selten  Umwandlungen  des  Kalksteines. 

Die  blaugraue  Grundmasse  enthält  nicht  wenig  Einsprenglinge, 
unter  denen  der  Feldspath  (Plagioklas)  am  häufigsten  ist,  daneben 
kommen  vor : Augit,  Hornblende,  Magnetit. 

Im  Dünnschliff  erscheint  sowol  Augit  als  Hornblende;  ersterer  in 
zersetzten,  grasgrünen  Durchschnitten,  letztere  in  sehr  zahlreichen, 
kleinen,  gelbbraunen  Krystallen,  deutlich  dichroitisch. 

Der  Feldspath  ist  auch  hier  trübe,  unter  den  grösseren  Einspreng- 
lingen ist  fast  nur  Plagioklas  zu  sehen. 

Die  Grundmasse  besteht  hauptsächlich  aus  Feldspath;  Magnetit 
ist  in  ungemein  reichlicher  Menge  vorhanden;  Glasbasis  fehlt. 

Dieses  Gestein  vermittelt  somit  den  LTebergang  zu  den  Horn- 
blende-Melaphyren. 


Gestein  aus  dem  unteren  Sacinathal. 

Dieses  Gestein  gehört  der  grossen  Melaphyrdecke  an,  die  den 
Abhang  des  Sforcella-Berges  bedeckt. 

Die  blaugraue  Grundmasse  enthält  Feldspath-,  selten  Augit-Ein- 
sprenglinge. 

Unter  den  ausgeschiedenen  grösseren  Einsprenglingen  herrscht  im 
Dünnschliff  der  Augit  vor,  der  in  blassgelben,  grossen,  zersetzten  Indi- 
viduen vorkommt ; daneben  kommt  in  kleineren,  aber  sehr  zahlreichen 
Individuen  die  braungelbe,  deutlich  dichroitische,  recht  frische  Horn- 
blende vor. 


lieber  d.  min.  Zusammens.  d.  Melaph.  u.  Augitporph.  Südost-Tirols.  303 


Der  Plagioklas  sowie  der  nicht  seltene  Orthoklas  sind  recht  trübe 
und  zersetzt.  Magnetit  ist  in  diesem  Gesteine  ungemein  reichlich  ver- 
breitet. In  der  Grundmasse  erscheint  er  in  zahlreichen  kleinen  Körnern 
mit  Feldspathleisten  und  Hornblende-Krystallen. 

Der  Uralitporphyr  vom  Viesena,  der  hielier  gehört,  wurde 
schon  öfters  beschrieben,  neuerdings  von  Möhl1)  mikroskopisch  unter- 
sucht ; wir  brauchen  daher  nicht  weiter  darauf  zurückzukommen. 


Hornblende-Melaphyre. 

Unter  diesem  Namen  verstehen  wir  Gesteine,  welche  mit  triklinem 
Feldspathe  (seltener  Orthoklase),  hauptsächlich  Hornblende  mit  unter- 
geordnetem Augit  führen.  Die  Hornblende  kommt  makroskopisch  in 
einigen  vor  und  hat  im  Dünnschliff  einen  so  vom  Augit  verschiedenen 
Habitus,  dass  es  leicht  ist,  dieselben  zu  unterscheiden. 

Diese  Gesteine  kommen  hauptsächlich  bei  Predazzo : am  Mulatto, 
Sforzella,  Malgola,  an  der  Fucchiada  und  am  Monzoni  vor.  Durch 
Ueberhandnehmen  des  Augites  werden  Uebergänge  in  die  Augit-Horn- 
blende-Melaphyre  vermittelt. 


Melaphyr  von  Forno. 

Dieses  Gestein  stammt  von  der  grossen  Melaphyrdecke,  am  Mulatto 
und  wurde  zwischen  Mezzavalle  und  Forno  gesammelt. 

Dasselbe  ist  dicht,  von  blaugrauer  Farbe  und  zeigt  nur  selten 
kleine  Feldspath- Ausscheidungen,  Hornblende  oder  Augitnadeln. 

Auch  im  Dünnschliff  sieht  man  selten  grössere  Feldspath-Aus- 
scheidungen ; der  am  meisten  vorherrschende  P>estandtheil  ist  Horn- 
blende, die  in  braunen  Krystall-Leisten  auftritt;  daneben  zeigt  sich  nur 
selten  ein  Augitkrystall ; auch  Olivin  sieht  man  in  einigen  Dünn- 
schliffen. 

Die  Grundmasse  besteht  aus  Feldspathleisten  (zum  Theil  triklinen) 
und  Magnetit. 


Melaphyr  von  der  Cima  di  Costabella. 

Dieses  Gestein  bildet  einen  langgestreckten,  mächtigen  Gang  von 
dem  Camozzaio  bis  in  das  Yal  Fredda. 

Die  Grundmasse  dieses  Gesteines  ist  hart,  dicht  und  ist  gegen- 
über den  Einsprenglingen  vorherrschend,  letztere  bestehen  aus  kleinen 
Feldspath-Krystallen,  Hornblende-  und  Augitpartien. 


Neues  Jahrbuch,  1875,  7.  Heft 


304 


C.  Doelter. 


[16] 


Unter  dem  Mikroskop  erkennt  man  eine  lichtbraune  Grundmasse 
mit  sehr  viel  Magnetit,  in  der  man  kleine  Feldspathleisten  und  Körner 
erkennt,  der  Rest  scheint  glasiger  Natur  zu  sein.  Die  Hornblende,  die 
in  grösseren,  grünen,  etwas  zersetzten,  dichroitischen  Partien  vorkommt, 
herrscht  gegenüber  dem  Augit  vor,  letzterer  erscheint  oft  in  Epidot 
umgewandelt,  beide  enthalten  sehr  viel  Magnetit;  der  orthoklastische 
Feldspath  ist  reichlich  vorhanden , beide  Feldspathe  sind  ziemlich 
zersetzt. 

Sie  zeichnen  sich  durch  die  Unregelmässigkeit  ihrer  Begrenzung 
aus  ; häufig  sind  es  Krystallbruchstücke,  welche  verschiedenartige  Zer- 
reissungen  durch  die  Grundmasse  zeigen;  sehr  reich  sind  sie  an  Ein- 
schlüssen letzterer  und  an  Magnetit.  Die  Grundmasse  ist  der  am 
meisten  vorherrschende  Theil  des  Gesteines ; man  erkennt  in  ihr  zahl- 
reiche einfache,  seltener  polysynthetische  Zwillings-Individuen,  die  ohne 
Anordnung  eingestreut  sind ; ausser  diesem  am  zahlreichsten  vorhande- 
nen Bestandteile  zeigt  sich  auch  viel  Magnetit  und  Glasbasis  von 
brauner  Farbe. 


Gestein  von  Roda. 

Ueber  dieses  Gestein  habe  ich  schon  früher  einige  Notizen  ge- 
geben. *) 

Es  ist  durch  grosse  Hornblende-Krystalle  ausgezeichnet;  das  Vor- 
kommen dieses  Minerales  ist  ein  dreifaches.  Am  häufigsten  erscheinen 
Hornblendeprismen  ohne  Endflächen  (<x>7J  . 00P00),  deren  Länge  zwi- 
schen 6 M.  und  2 Cm.  schwankt ; sehr  häufig  finden  sich  auch  grössere 
krystallinische  Partien  von  Hornblende,  es  sind  dies  Einschlüsse,  die 
mit  jenen  vom  Vesuv  verglichen  werden  können  und  oft  von  sehr  be- 
trächtlicher Grösse  sind;  man  kann  bei  denselben  sehr  gut  die  für  die 
Hornblende  charakteristische  Spaltbarkeit  erkennen. 

Ausser  diesen  Hornblendeprismen  und  Einschlüssen  finden  sich 
aber  auch  in  einigen  Stücken  wohl  ausgebildete  Krvstalle,  welche  zu- 
meist die  Combination : 

oo  p . ooPoo  . P . OP  . ,2Poo 
(M)  (x)  (r)  (p)  (» 

repräsentiren. 

Augit  tritt  nur  sehr  selten  auf;  ausser  diesen  Einschlüssen  ent- 
hält das  Gestein  noch  sehr  häufig,  besonders  bei  verwitterten  Stücken, 
Calcit-Einschlüsse,  sowie  auch  Feldspath -Krystalle.  Die  Grundmasse 
dieses  Gesteines  ist  vollkommen  dicht  und  pechschwarz. 

Unter  dem  Mikroskop  im  Dünnschliff  sieht  man  sehr  viele  läng- 
lichbraune Hornblende-Durchschnitte,  in  kleine  Säulen  gegliedert,  stets 


’)  Beiträge  zur  Mineralogie  des  Fassa-  und  Fleimserthales.  Diese  Mittbeil., 
1875,  3.  Heft. 


Ueber  d.  min.  Zusammens.  d.  Melaph.  u.  Augitporph.  Südost-Tirols.  305 


einfache  Individuen  mit  deutlichem  Dichroismus,  Apatit,  Magnetit  und 
Glaseinschlüsse  enthaltend,  meist  ziemlich  frisch.  Augit  konnte  in  zwei 
Dünnschliffen  gar  nicht  beobachtet  werden. 

Der  Feldspath  zum  Theil  Plagioklas,  zum  Theil  Orthoklas,  tritt 
nur  selten  in  grösseren  Krystalldurchschnitten  auf;  meistens  sieht  man 
nur  Körner  oder  längliche,  schmale  Rechtecke.  Derselbe  bildet  den 
Haupttheil  der  Grundmasse,  in  der  Glasbasis  indess  nicht  selten  ver- 
treten ist.  Magnetit  ist  in  diesem  Gestein  weniger  häufig  als  in  den 
Augitporphyren.  Zu  erwähnen  ist  noch  eines  grossen  Feldspath-Ein- 
schlusses,  welcher  sich  im  Dünnschliff  als  Orthoklas  erwies. 


Gestein  vom  Lusiaberg. 

Am  Nordabhang  dieses  Berges,  an  dem  Wege  von  Panaveggio 
nach  Moena,  durchbricht  dieser  Melaphyr  den  Quarzporphyr,  in  dem  er 
einen  nicht  sehr  mächtigen  Gang  bildet. 

Dieses  Gestein  hat  eine  feinkörnige  bis  dichte , rabenschwarze 
Grundmasse  und  zeigt  nur  wenig  Ausscheidungen  — kleine  Feldspath  - 
Krystalle;  hie  und  da  erscheinen  jedoch  auch  bis  8 Mm.  lange  Horn- 
blendeprismen (00P00  . ooP). 

Im  Dünnschliff  sieht  man  zahlreiche  lange  Hornblendenadeln  von 
gelbbrauner,  seltener  gelbgrüner  Farbe  mit  deutlichem  Dichroismus,  hie 
und  da  Apatit  oder  Magnetit  enthaltend , ferner  zahlreiche  kleine 
Feldspathleisten,  zum  Theil  einfache  Individuen,  zum  Theil  polysyn- 
thetische Zwillinge. 

Augit  tritt  in  einigen  Dünnschliffen  gar  nicht  auf,  in  anderen 
erblickt  man  hie  und  da  blassgrüne  Durchschnitte , welche  keinen 
Dichroismus  zeigen. 

Lichtgrüne,  etwas  dichroitische  Durchschnitte  mit  ähnlichen  For- 
men wie  der  Augit,  gehören  vielleicht  dem  Uralit  an  ; die  Unterschei- 
dung von  Augit  und  Hornblende  ist  auch  hier  selbst  ohne  Zuhilfenahme 
der  Absorptions  - Unterschiede  sehr  leicht;  die  Untersuchung  ergibt, 
dass  Hornblende  ein  sehr  wesentlicher  Gemengtheil  des  Gesteines  ist, 
und  Augit  nur  sehr  untergeordnet  vorkommt. 

Auch  Calcit  sieht  man  im  Dünnschliff.  Die  Grundmasse  besteht 
aus  Feldspath,  Hornblende,  Magnetit. 


Gestein  vom  Südabhang  des  Mulatto. 

Dieses  Gestein  bildet  schmale  Gänge  im  Granit.  Die  blaugraue, 
dichte  Grundmasse  enthält  nur  sehr  selten  kleine  Feldspath-Einspreng- 
linge;  als  secundäre  Bildung  tritt  hie  und  da  Calcit  auf. 

Unter  dem  Mikroskop  sieht  man  nur  sehr  selten  grössere  Ein- 
sprenglinge von  triklinem  Feldspath,  sowie  einzelne,  grössere,  blassgelbe, 


C.  Doelter. 


[18] 


306 


mit  Neubildungen  oft  erfüllte  Augite ; sehr  zahlreich  sind  dagegen  die 
kleinen,  gelbbraunen,  jedoch  nicht  mehr  ganz  frischen  Hornblendenadeln. 
In  der  Grundmasse  ist  viel  Feldspath  (zum  Theil  wohl  Orthoklas), 
sowie  Hornblende  und  Magnetit  zu  sehen. 


Melaphyr  vom  C an  za  coli. 

Sehr  harte  und  dichte  Grundmasse , in  welcher  nur  sehr  selten 
ein  Feldspath-Krystall  oder  kleine  Nadeln  von  Augit  zu  sehen  sind. 

Im  Dünnschliff  zeigt  dieses  Gestein  prächtige,  nicht  sehr  zersetzte 
trikline  Feldspathe  mit  sehr  unregelmässiger  Vertheilung  der  Lamellen, 
daneben  auch  einige  Orthoklas-Krystalle ; Augit  fehlt  ganz,  dagegen 
findet  man  häufig  kleine,  braune,  deutlich  dichroitische  Hornblende- 
Krystalle  und  sehr  viel  Magnetit ; in  der  Grundmasse  zeigt  sich  haupt- 
sächlich Feldspath. 

Dieses  Gestein  bildet  kleine  Gänge  in  der  Nähe  des  Steinbruches 
in  den  Werfener-Schichten. 

Als  Hornblende-Melaphyre  sind  noch  zu  bezeichnen : 

Gesteine  vom  Camozzaio  und 
Gesteine  vom  Le  Selle-Pass, 

die  ich  in  meiner  Arbeit  über  den  Monzoni  beschrieben  habe.  *) 


Augit-  und  hornblendefreie  Gesteine. 

Wir  haben  in  diese  Gruppe  solche  Gesteine  eingereiht,  welche 
theils  nur  äusserst  sporadisch,  theils  gar  nicht  Augit  oder  Hornblende 
enthalten,  und  daher  nicht  in  die  beiden  anderen  Gruppen  eingereiht 
werden  können;  sie  haben  indess  nur  eine  geringe  Verbreitung,  so 
dass  es  auch  nicht  wünschenswerth  erscheinen  würde , sie  vom  Mela- 
phyr ganz  abzutrennen , wogegen  auch  das  Auftreten  in  der  Natur 
sprechen  würde. 


Gestein  von  der  Spitze  des  Sasso  di  Cap  eil. 

Dichtes,  tuffähnliches  Gestein  mit  einzelnen  Feldspath-Krystallen ; 
Augit  ist  makroskopisch  nirgends  sichtbar. 


')  L.  c.  pag.  224. 


[19]  Ueber  d.  min.  Zusammens.  d.  Melaph.  u.  Augitporph.  Südost-Tirols.  307 

Auch  unter  dem  Mikroskop  sieht  man  nur  sehr  selten  einen 
Augitdurchschnitt.  Hornblende  fehlt  ganz.  Der  Feldspath,  der  in  grossen, 
etwas  trüben  Individuen  erscheint,  hat  öfters  eine  Umwandlung  in  eine 
grasgrüne , dichroitische  Substanz  erlitten , welche  wohl  Epidot  sein 
dürfte ; Orthoklas  ist  in  dem  Gesteine  nicht  gar  selten.  Die  Grund- 
masse enthält  Glasbasis. 


Melaph yr  von  dem  Abhange  des  Sasso  di  Capell 
oberhalb  Pinia. 

Basaltähnliches  Gestein  mit  dichter,  vorherrschender,  pechschwar- 
zer Grundmasse,  welche  kleine  Feldspath-Krystalle,  sehr  selten  Augit- 
partien  enthält. 

Das  Gestein  bildet  in  den  Tuffbreccien  eine  nicht  unbedeutende 
Gangmasse. 

Die  mikroskopische  Untersuchung  bestätigt , dass  Augit  nur  ein 
sehr  seltener,  sporadischer  Einsprengling  ist;  in  drei  Dünnschliffen 
dieses  Gesteines  war  nur  ein  einziger  Augit-Krystall  zu  erkennen. 

Die  grösseren  Feldspath-Einsprenglinge  sind  zum  Theil  trikline, 
zum  Theil  monokline. 


Gestein  vom  Monte  delle  Donne. 

Dasselbe  tritt  in  der  Natur  in  Begleitung  von  Melaphyr- 
tuffen  auf. 

In  der  blaugrauen,  dichten  Grundmasse  sieht  man  Feldspath- 
Kryställchen,  Augit  dagegen  nur  in  sehr  wenigen  Stücken;  Calcit  als 
Neubildung  tritt  hin  und  wieder  auf. 

Unter  dem  Mikroskop  im  Dünnschliff  sieht  man  weder  Augit 
noch  Hornblende. 

In  der  Grundmasse  sieht  man  grössere  Feldspath-Durchschnitte, 
zum  Theil  einfache  Individuen  und  ausserdem  zahlreiche  kleinere,  die 
hie  und  da  Neigung  zur  parallelen  Anordnung  zeigen.  Die  Grundmasse 
selbst  ist  ein  braunes,  an  Opacit  sehr  reiches  Glas. 


Gesteine  vom  Bufaure, 

Neben  dem  typischen,  Augit-Krystalle  enthaltenden  Melaphyr  fin- 
den sich  nicht  allzuweit  von  jenem  Vorkommen  entfernt  Gesteine, 
welche  fast  ganz  augitfrei  sind. 


Mineralogische  Mittheilungen.  1875.  4.  Heft.  (C.  Doelter.) 


41 


308  C.  Doelter.  Ueber  d.  min.  Zus.  d.  Melaph.  u.  Augitporph.  Südost-Tirols.  [20] 

Diese  Gesteine  zeigen  in  einer  graubraunen,  feinkörnigen  Grund- 
masse Feldspath-Krystalle  und  hie  und  da  Olivinkörner. 

Unter  dem  Mikroskop  sieht  man  viele  Feldspath-Krystalle,  dar- 
unter auch  Orthoklas,  ferner  Olivin , welcher  ganz  in  Zersetzung  be- 
griffen ist. 

Die  braune  Grundmasse  enthält  viele  Feldspathleisten,  Magnetit 
und  Glasbasis. 


VH.  Notizen. 


Geschenke. 

In  der  letzten  Zeit  wurden  von  dem  Herrn  Heinrich  Ritter  v. 
Dräsche- Wart  inberg  in  Wien  an  das  Hof-Museum  eine  Anzahl 
höchst  werthvoller  Geschenke  übergeben,  darunter  zwei  Schaustufen 
von  Aragonit  von  Herrengrund  jeder  von  0’4  Meter  Länge  mit  schönen 
farblosen  und  weissen  Drillingskrystallen,  die  bis  4 Cm.  Dicke  erreichen, 
ferner  eine  prächtige  Stufe  von  0-2  Meter  Länge  vom  selben  Fundorte, 
welche  die  Verwandlung  des  Aragonits  in  Calcit  bis  etwa  zur  Hälfte 
gediehen  darstellt,  ferner  einen  tafelförmigen  Apatitkrystall  von  Sulz- 
bach im  Pinzgau  von  8 Cm.  Breite,  das  grösste  und  schönste  der 
bisher  gefundenen  Exemplare  — endlich  einen  Meteoreisenblock  aus 
der  Wüste  Bolson  de  Mapini  bei  Santa  Rosa  in  Mexico  von  ausgezeich- 
neter Form  und  198  Kilogramm  Gewicht.  Es  ist  das  grösste  Exemplar 
unter  allen  Meteoreisen,  welche  die  Wiener  Sammlung  gegenwärtig 
besitzt. 


Anhydrit  vom  Semmering. 

Zwischen  den  Schiefergesteinen  am  Semmering  in  Niederösterreich, 
welche  dem  Silur  zugezählt  zu  werden  pflegen,  treten  an  mehreren 
Punkten  Gypslager  auf,  die  von  Thonschiefern,  von  Quarzit  und  auch 
von  Kalkschiefern  begleitet  sind.  In  diesem  Gyps,  welcher  meistens 
sehr  rein  und  weiss  ist  und  nur  hie  und  da  kleine  Trümmer  von  Kalk- 
stein einschliesst,  wird  öfter  auch  Anhydrit  in  rundlichen  Blöcken  an- 
getroffen.  Dieser  Anhydrit  ist  mittelkörnig  bis  grobkörnig,  zeigt  eine 
unvollkommen  ausgesprochene  Schichtung  und  enthält,  so  wie  der  Gyps, 
öfter  kleine  Kalksteinstückchen  eingeschlossen.  Seine  Farbe  ist  grünlich- 
oder  blaulich-weiss.  Gegen  den  Gyps  sind  die  Blöcke  scharf  abgegrenzt. 

T. 


Das  Krystallsystem  des  Muscovits. 

Krystalle  aus  dem  unteren  Sulzbachthal  im  Pinzgau  lassen  er- 
kennen, dass  die  Ebene  der  optischen  Axen,  welche  beim  Muscovit 
parallel  der  längeren  Diagonale  der  Basis,  nicht  genau  senkrecht  zu 
der  letzteren  Fläche  sei,  sondern  im  Sinne  der  gewöhnlichen  Aufstel- 
lung der  Krystalle  sich  oben  nach  rückwärts  neige.  Für  gelbes  Licht 

Mineralogische  Mittheilungen.  1876.  4.  Heft.  (Notizen.)  41* 


310 


Notizen. 


[2] 


wurde  der  scheinbare  Winkel,  den  die  Axenebene  mit  der  Fläche  der 
vollk.  Spaltb.  einschliesst,  zu  88°  15'  gefunden.  Auch  vorzügliche  Spal- 
tungsplatten eines  Muscovits  aus  Bengalen  erlaubten  eine  Messung, 
welche  für  gelbes  Licht  88°  20'  gab.  Aus  diesen  Beobachtungen  folgt 
für  den  Muscovit  ein  monoklines  Krystallsystem,  wie  es  die  Form  der 
Krystalle  längst  vermuthen  liess. 

T. 


Salze  von  Königsberg  in  Ungarn. 

Das  Vorkommen  von  Sulfaten,  besonders  Eisensulfaten,  als  secun- 
däre  Bildung  auf  den  alten  Zechen  und  Strecken  des  aufgelassenen  im 
Rhyolithgebiete  befindlichen  Goldbergbaues  in  Königsberg  in  Ungarn 
ist  schon  seit  Jahren  bekannt. x)  Besonders  wird  für  Keramohalit 
Königsberg  als  bedeutender  Fundort  angeführt.  Unter  einigen  von 
Herrn  Bergrath  Posepny  aus  Königsberg  mitgebrachten  Mineralien, 
befanden  sich  denn  auch  mehrere  Stücke  von  Salzen,  von  welchen 
zwei  sich  durch  blättrig-schuppige  Ausbildung  auszeichneten,  als  Kera- 
mohalit bezeichnet,  im  Gegensatz  zu  den  Stücken  fasriger  Natur.  Eine 
Untersuchung  beider  Salze  erschien  mir  als  wünschenswert^  da  von 
dem  Königsberger  Keramohalit  seit  1847*  2)  meines  Wissens  keine  Ana- 
lyse bekannt  geworden  ist  und  im  fasrigen  Salze  etwas  Unbekanntes 
vorlag.  Ich  will  hier  noch  bemerken,  dass  mir  über  das  Vorkommen 
und  den  genauem  Fundort  des  von  Jurasky  analysirten  Iveramoha- 
lites  nichts  bekannt  ist,  wegen  Unzugänglichkeit  der  Originalarbeit.  An 
vielen  Orten  findet  man  nämlich  auch  Rudain  bei  Königsberg  als  Fund- 
ort angegeben;  ich  habe  nicht  in  Erfahrung  bringen  können,  ob  diese 
nähere  Bezeichnung  des  Ortes  mit  unserem  Fundorte  übereinstimmt. 

Das  Resultat  der  chemischen  Untersuchung  führte  in  beiden 
Fällen  auf  keine  individualisirten  Verbindungen.  Unter  Nr.  I will  ich 
daher  im  Folgenden  das  Salz  von  blättriger  und  unter  Nr.  II  das  von 
fasriger  Zusammensetzung  bezeichnen. 

I.  Das  Material  zur  Untersuchung  des  blättrigen  Salzes  lieferte 
ein  compactes  Stück,  welches  dem  Eintreiben  des  Meisseis  einen  ziem- 
lich grossen  Widerstand  bot.  Die  Masse  theilte  sich  nach  der  breiten 
Seite  der  Blätter;  die  Spaltflächen  zeigten  lebhaften  Perlmutterglanz, 
auf  welchem  die  Härte  zwischen  dem  Grade  1 und  2 schwankt.  Durch 
strahlige  Anordnung  der  krystallinisclien  Blättchen  ist  die  Neigung  zur 
Ausbildung  nierförmiger  Formen  gegeben  und  durch  das  Fortwachsen 
der  einzelnen  Blättchen  über  die  Begrenzungsebene  erhält  die  Ober- 
fläche ein  zelliges  Aussehen.  Letztere  zeigt  durch  schwache  röthliche 
Färbung  die  Spuren  begonnener  Zersetzung.  Der  Strich  des  reinen 
Materiales  war  weiss,  in  das  grauliche  neigend.  Die  qualitativen  Proben 
waren  gleich  denen  iu  den  Lehrbüchern  für  den  Keramohalit  angegebe- 
nen. Im  Wasser  löste  sich  das  Pulver  leicht,  ohne  Rückstand  zu  hinter- 
lassen. Die  Lösung  reagirte  sauer.  Die  nachstehende  Analyse  leidet 
nur  insoweit  an  Vollständigkeit,  als  die  nachgewiesenen  Alkalien  nicht 


J Verhandl.  d.  geol.  Reiclis-Anst.  1867.  S.  108. 

2)  Ramm elsb erg.  Mineralchemie  S.  269. 


[3] 


Notizen. 


311 


quantitativ  bestimmt  wurden.  Die  Zahlen  sind  das  Resultat  mehrerer 
Einzelbestimmungen : 

Schwefel-  Thonerde  Eisen-  Magnesia  Alkalien  Wasser  Summe 
säure  oxydul  ' — ' 

34-27  17-06  0-92  Sp.  45 ’05  = 98-30. 

Die  Analyse  weicht  besonders  im  Schwefelsäuregehalte  von  allen 
übrigen  Keramohalitanalysen  ab,  welche  sämmtlich  von  nahezu  36  bis 
40  Proc.  Schwefelsäure  ausweisen. 

Aus  meiner  Analyse  lässt  sich  die  Keramohalitformel  nicht  ab- 
leiten, welche  ein  neutrales  Salz  verlangt.  Nach  meinen  Zahlen  stellt 
sich  das  Verhältniss  der  Bestandtheile  wie  1:3:  16,  das  ist: 

(A1203)  3 (S08)  16  (H20). 

Die  Annahme  dieses  Verhältnisses  als  Formel  erlauben  aber  die 
daraus  berechneten  Zahlen  nicht,  welche  zur  Bildung  dieser  Formel 
4 Proc.  Schwefelsäure  mehr  erfordern.  Der  geringere  Wassergehalt 
käme  nicht  in  Betracht,  da  schon  Keramohalite  mit  15  Theilen  Wasser 
bekannt  sind.  Da  sich  die  Keramohalitformel  aus  den  gegebenen  Zahlen 
nicht  ableiten  lässt,  so  verlangt  das  analytische  Resultat  eine  andere 
Deutung.  Wie  schon  gesagt  worden,  reagirte  die  Lösung  sauer.  Nehme 
ich  nun  das  Salz  als  ein  saures  an,  wobei  ein  entsprechender  Theil 
des  Wassers  als  basisch  gebundenes  Wasser  erscheint,  so  stellt  sich  ein 
Verhältniss  heraus,  nach  welchem  auch  die  berechneten  Zahlen  mit 
den  gefundenen  sich  nahezu  in  Uebereinstimmung  befinden,  bis  auf  die 
unvermeidlichen  Arbeitsfelder. 

Das  Krystallisationswasser  will  ich  in  der  nachfolgenden  Darstel- 
lung des  Zahlenverhältnisses  als  Aqua  bezeichnen.  Nach  der  gemachten 
Annahme  hat  man: 

(Ala03)2  (S03)5  (H,0)  (Aq)31. 

Nach  diesem  letzten  erklärenden  Versuche  wird  das  untersuchte 
Salz  als  eine  Mischung  verschiedener  Salze  anzusehen  sein. 

Ein  zweites  Stück  gleicht  dem  besprochenen  Salze  bis  auf  eine 
lockerere  und  zartere  Ausbildung  vollkommen  und  erscheinen  blos 
deutlichere  Trauben  und  Ausblühungen  einzelner  Blättchen  daran.  Auf 
seine  Zusammensetzung  wurde  es  nicht  geprüft. 

II.  Von  dem  faserigen  Salze  lagen  mir  3 Stücke  vor,  die  sich  in 
ihrer  äusseren  Erscheinung  vollkommen  gleich  waren.  An  ihrer  Oberfläche 
trugen  sie  das  Aussehen  schon  ziemlich  weit  vorgeschrittener  Zersetzung. 
Das  reinste  Material  zur  Untersuchung  war  von  dem  langfaserigsten 
Stücke  zu  erhalten.  Es  war  ein  Aggregrat  von  bis  4 Cm.  langen 
geschmeidigen  Fasern,  welche  parallel  lagen,  weiss  waren  und  Seiden- 
glanz besassen.  Vor  der  Flamme  schmolz  das  Salz  in  seinem  Krystalli- 
sationswasser, färbte  sich  roth,  blieb  vor  dem  Löthrohr  weiter  unver- 
ändert und  verbreitete  strahlende  Weissgluth.  Das  graulich  weisse  Pul- 
ver hatte  anfänglich  vitriolischen,  später  zusammenziehenden  Geschmack 
und  ging  nach  längerem  Liegen  an  der  Luft  in  ein  rothes  Pulver  über. 
Im  Wasser  war  das  Pulver  auf  löslich.  Nach  längerem  Kochen  schied 
sich  ein  basisches  Salz  aus,  welches  nach  Zusatz  von  Salzsäure  gleich 


Notizen. 


312 


[4] 


schwand.  Als  Rückstand  in  der  Lösung  blieben  blos  einige  Körnchen 
zurück,  welche  sich  als  Quarz  erwiesen. 

Von  der  angewendeten  Menge  der  Substanz  wurde  das  Gewicht 
derselben  abgezogen.  Die  Zusammensetzung  dieses  Salzes  ist: 


Schwefelsäure  . 

. 36-60  Proc. 

Eisenoxyd  . . 

. 1-56 

Thonerde  . . . 

. 7-17 

J) 

Eisenoxydul  . . 

. 11-83 

n 

Magnesia  . . . 

Sp. 

Kali  .... 

. 0-18 

?) 

Natron  . . . 

. 0-23 

Wasser  . . . 

. 43-14 

Summe 

. 100-71 

Proc. 

Diese  Zusammensetzung  erweist  sich  als  neu;  sie  lässt  sich  mit 
keinem  bekannten  Salze  vergleichen,  will  man  nicht  den  Eisenoxydul- 
alaun als  eine  mögliche  Verbindung  ansehen.  Die  gefundene  Zusammen- 
setzung lässt  die  Aufstellung  einer  einfachen  Formel  nicht  zu  und  man 
ist  genöthigt,  denselben  Schluss,  wie  im  vorigen  Falle  zu  ziehen.  Das 
Salz,  als  ein  saures  betrachtet,  wird  in  seinen  Hauptbestandtheilen 
durch  folgendes  Verhältniss  dargestellt  erscheinen  müssen : 

(SO,)»  (A1203)3  (FeO)6  (H20)2  (Aq.)104. 

Man  wird  also  kaum  fehl  gehen,  wenn  man  in  diesem,  nach  seiner 
Zusammensetzung  neuen  Salze,  eine  gleichzeitige  Bildung  verschiedener 
Salze  sieht.  Man  wird  es  nur  als  Glied  in  einer  langen  Reihe  von 
ähnlichen  Salzen  betrachten  dürfen,  und  ich  glaube  auch  in  diesen 
beiden  Fällen  daran  festhalten  zu  wollen,  dass  man  abstehen  muss, 
jedes  Vorkommen,  welches  nicht  als  Individuum  in  der  Natur  erscheint, 
in  eine  bestimmte  Formel  zu  kleiden.  Speciell  bei  den  natürlichen 
Salzen,  welche  zu  den  unbeständigsten  Verbindungen  in  der  Natur 
gehören  und  in  ruheloser  Wanderschaft  sich  befinden,  wird  man  vielleicht 
einst,  wenn  die  Untersuchungen  sich  vermehren,  Normalsalze  aufstellen 
können,  an  welche  sich  die  schwankenden  Glieder  reihen  und  eine 
fortlaufende  Reihe  durch  einzelne  Gruppen  bilden  würden. 

F.  Berwerth. 


Errata. 

Dies.  Jakrg.  pag.  24,  Zeile  8 v.  u.  nach  Winkel)  lies  auferlegten  Bedingungen. 

Ibid.  pag.  25,  Z.  24  v.  u.  statt  5 H,0  lies  5 H,  0. 

)t  J?  >!  )!  „ „ „ / H.2u  „ 7 Ho  0. 

„ „ 145  „ 3 v.  o.  „ demselben  lies  denselben. 


Tafel  VIII. 


Lith.Anst.<.R  Koke  in  Wien. 


J.  I!ü\si,l.xvvratd,  Zur  Kritik  des  Lueiixws  t<‘ms.  TaflX 


T.s'diei'iua k, Min era locji sch o Mitllicilimiifii. IST.*.  Ifen.TV 

Jahvbnrh  der  (jad o.j.JienhsnU.itdlt , Iid.XX V. 


t 


MINERALOGISCHE 

MITTHEI LUNGEN 

GESAMMELT  VON 

GUSTAV  TSCHERMAK. 


JAHRGANG  1876. 


Mit  13  Tafeln. 


(Diese  Mittheilungen  erscheinen  zugleich  als  Beilage  zum  Jahrhuche  der  k.  k.  geol. 

Beichsansta.lt.) 


<3U 


WIEN,  1876. 

ALFRED  HOLDER 

K.  K.  HOF-  UND  UNIVERSITÄTS-BUCHHÄNDLER. 


ROTHENTHURMSTRASSE  15. 


Druck  von  J.  C.  Fischer  & Comp.  Wien. 


Inhalt. 


I.  Heft. 

Seite 

I.  Analyse  der  Harkänyer  Therme.  Von  Karl  Than 1 

II.  Pyrit  von  Waldenstein  in  Kärnthen.  Von  R.  Helmhacker.  Mit  Tafel  I. 

und  II.) 13 

III.  Mineralogische  Beobachtungen  aus  dem  östlichen  Böhmen.  Von 

R.  Helmhacker 25 

IV.  Weitere  Bemerkungen  über  die  Geologie  von  Reunion  und  Mauritius. 

Von  Dr.  Richard  v.  Dräsche.  (Mit  Tafel  III.  bis  VII.) 39 

V.  Ueber  einige  ankeritähnliche  Minerale  der  silurischen  Eisensteinlager 

und  der  Kohlenformation  Böhmens  und  über  die  chemische  Constitution 
der  unter  dem  Namen  Ankerit  vereinigten  Mineralsubstanzen.  Von 
Prof.  Dr.  Em.  Boricky 47 

VI.  Die  Krystallform  des  Barytocölestins.  Von  Dr.  Edmund  F.  Neminar  59 

VII.  Notizen.  Verwandlung  von  Grammatit  in  Talk  bei  Gegenwart  von 

Olivin.  — Ueber  Leucit.  — Note  zu  Laspeyres’  Abhandlung:  Krystallo- 
graphische  Bemerkungen  zum  Gyps.  — Ueber  die  Wirkung  verdünnter 
Essigsäure  auf  dolomitische  Kalke 65 

II.  Heft. 

I.  Bericht  über  die  vulkanischen  Ereignisse  des  Jahres  1875.  Von 

Professor  Dr.  C.  W.  C.  Fuchs. 71 

II.  Ueber  grüne  Schiefer  Niederschlesiens.  (Mit  Tafel  VIII).  Von  Ernst 

Kalkowsky 87 

III.  Ueber  Beryll  von  Eidsvold  in  Norwegen.  Von  M.  Websky  ....  117 

IV.  Chemische  Analyse  der  Darkauer  jodhaltigen  Salzsoole.  Von  E.  Ludwig  119 

V.  Ueber  vulkanische  Gesteine  derGalopagos-Inseln.  Von  F rank  A.  Gooch  133 

VI.  Notizen.  Regelmässige  Verwachsung  von  Eisenkies  mit  Eisenglanz.  — 

Minerale  aus  dem  nordwestlichen  Theile  Schlesiens 141 

III.  Heft. 

I.  Die  Eruptivgesteine  der  Gegend  von  Banow  in  Mähren.  Von  Dr. 

Edmund  F.  Neminar 143 

II.  Einige  Worte  über  den  geologischen  Bau  von  Süd-Luzon  Von  Dr. 
Richard  von  Dräsche.  (Mit  Tafel  IX — XHI.) 157 

III.  Ueber  die  mikroskopische  Unterscheidung  von  Nephelin  und  Apatit. 

Von  A.  Streng. 167 

IV.  Analyse  des  Wassers  vom  „Mare  morto“  auf  der  Insel  Lacroma.  Von 

Dr.  W.  F.  Loebisch  und  L.  Sipöcz 171 

V.  Ueber  das  Verhalten  des  Eisenoxydes  bei  hohen  Temperaturen.  Von 

Wilhelm  Sui  da. 175 

VI.  Notizen.  Bemerkungen  über  die  Pechsteine  von  Arran.  — Biotit- 
Zwillinge  vom  Vesuv. 185 


IV 


IV.  Heft.  Seite 

I.  Ueber  einige  Grünschiefer  des  sächsischen  Erzgebirges.  Von  Dr. 

Eugen  Geinitz  in  Göttingen 189 

II.  Die  petographische  Beschaffenheit  der  im  Grazer  Devon  vorkommenden 
Tuffe.  Von  Joh.  Terglav 207 

III.  Felsarten  aus  der  Gegend  von  Rosignano  und  Castellina  marittima, 

südlich  von  Pisa.  Von  Dr.  Friedrich  Berwerth 229 

IV.  Notizen:  Geschenke.  — Der  Stern  von  Este.  — Entstehung  einer 

schaligen  Textur  im  Steinsalze  durch  Schlag.  — Sulfuricin  und 
Melanophlogit. 241 

Verzeichniss  der  Tafeln. 

Tafel  Seite 

I — II  zu : R.  Helmhacker.  Pyrit  von  Waldenstein  in  Kärntken.  I.  Heft.  13 

III — VII  „ Dr.  Richard  von  Dräsche.  Weitere  Bemerkungen  über  die 

Geologie  von  Reunion  und  Mauritius.  I.  Heft. 39 

VIII  „ Ernst  Kalkowsky.  Ueber  grüne  Schiefer  Niederschlesiens. 

II.  Heft. 87 

IX — XIII.  „ Dr.  Richard  von  Dräsche.  Einige  Worte  über  den  geologischen 

Bau  von  Süd-Luzon.  III.  Heft. 157 


MINERALOGISCHE 


MITTHEILUNGEN 

GESAMMELT  VON 

GUSTAV  TSCHERMAK. 


JAHRGANG  1876.  HEFT  I. 


( Diese  Mittheilungen  erscheinen  zugleich  als  Beilage  zum  Jahrhuche  der  k.  k.  geol. 

Reichsanstalt.) 


WIEN,  1876. 

ALFRED  HOLDER 

K.  K.  UNIVERSITÄTS-BUCHHÄNDLER. 


ROTHENTHURMSTRASSE  15. 


JAHRGANG  1876. 


I.  HEFT. 


GESAMMELT  VON 


G.  TSCHERMAK 

DIRECTOR  DES  K.  K.  MINERALOGISCHEN  HOF-MUSEUMS. 


I.  Analyse  der  Harkänyer  Therme. 

Von  Carl  Tlian.1) 

Im  Bäranyäer  Comitate,  in  der  Nähe  der  Ortschaft  Harkäny, 
wurden  schon  im  Jahre  1823  mehrere  Thermalquellen  entdeckt.  Von 
diesen  Quellen  ist  diejenige,  welche  südlich  von  dem  obgenannten  Orte 
liegt,  als  die  eigentliche  „Harkänyer  Quelle“  bezeichnet.  Diese  Quelle 
war  es,  welche  die  im  Jahre  1845  von  dem  Grafen  Casimir  Batthyäny 
errichtete  Badeanstalt  mit  Wasser  versah.  In  der  Nähe  dieser  Quelle 
nun  gelang  es  dem  Herrn  Bergingenieur  Wilhelm  Zsigmondy,  auf 
Grund  einer  tiefsinnigen  Combination  im  Jahre  1866  eine  artesische 
Quelle  zu  eröffnen,  welche  den  Erwartungen  nicht  nur  vollkommen 
entsprach,  sondern  dieselben  in  vieler  Hinsicht  sogar  iibertraf,  so  dass 
das  Resultat  zu  den  gelungensten  ähnlicher  Unternehmungen  gerechnet 
werden  kann.  Mit  der  chemischen  Untersuchung  dieser,  sowohl  in  prak- 
tischer als  wissenschaftlicher  Beziehung  interessanten  Quelle,  wurde  ich 
noch  im  October  des  Jahres  1866  betraut,  konnte  aber  dieselbe,  meiner 
anderweitigen  zahlreichen  Beschäftigungen  wegen,  erst  vor  einigen 
Monaten  zum  Abschluss  bringen.  Im  Folgenden  sind  die  bei  der  Unter- 
suchung gewonnenen  Resultate  zusammengestellt. 

Besonders  interessant  für  mich  war  die  Analyse  dieser  Quelle  aus 
dem  Grunde,  weil  ich  darin  ein  bis  dahin  unbekanntes,  schwefelhaltiges 
Gas,  das  Kohlenoxysulfid,  entdeckte,  welcher  Umstand  mich  später  auch 
zu  der  Darstellung  dieses  Gases  führte.  Zu  Beginn  des  Jahres  1866 
machte  ich  mehrere  Versuche  dieses  Gas  darzustellen,  wovon  einer 
darin  bestand,  dass  reines  Kohlenoxyd  mit  überschüssigem  Schwefel- 
dampf durch  eine  schwach  glühende  Röhre  geleitet  wurde,  wobei  sich 
nach  der  Gleichung 

CO  + s = cos 

Kohlenoxysulfid  bilden  konnte.  Das  Kohlenoxysulfid  bildete  sich  auch 
wirklich,  es  gelang  aber  auf  keine  Weise  dasselbe  von  dem  überschüs- 
sigen Kohlenoxyd  zu  befreien. 

Dass  sich  bei  dem  eben  beschriebenen  Versuch  unzweifelhaft 
Kohlenoxysulfid  gebildet  hatte,  ging  daraus  hervor,  dass  das  mit 


b Auszug  aus  dem  der  ungarischen  Akademie  am  13.  Juli  1868  vorgelegten 
Aufsatz. 


Mineralogische  Mittheilungen.  1876.  1.  Heft.  (Carl  Than.) 


1 


2 


Cai’l  Tlian. 


[2] 


Schwefeldampf  behandelte  Kohlenoxyd  einen  eigenthümlichen  aromati- 
schen Geruch  besass,  welcher,  wenn  das  Gas  mit  Wasser  in  Berührung 
kam,  auch  ihm  mitgetheilt  wurde.  Bei  dem  Verbrennen  des  Gases  ent- 
stand schwefelige  Säure,  woraus  hervorgeht,  dass  das  Gas  schwefelhaltig 
war.  Die  wässerige  Lösung  des  Gases  gab  mit  angesäuerter  Silberlösung 
keinen  Niederschlag,  wohl  aber  mit  ammoniakalischer,  welcher  aus 
Schwefelsilber  bestand.  Kalkwasser  wurde  getrübt.  — Wenn  die  wässerige 
Lösung  5 — 6 Stunden  lang  gestanden  hatte,  entstand  darin  sehr  stark 
der  Geruch  nach  Schwefelwasserstoff.  Alle  diese  Reactionen  setzten  es 
ausser  Zweifel,  dass  bei  obigem  Versuch  sich  Kohlenoxysulfid  bildet,  wie 
dieses  durch  die  später  festgestellten  Eigenschaften  des  reinen  Kohlenoxy- 
sulfids  vollkommen  bestätigt  wurde. 

Im  October  des  Jahres  1866  reiste  ich  nach  Harkäny,  um  die 
Vorarbeiten  zur  Untersuchung  des  Wasser’s  an  der  Quelle  vorzunehmen. 
Ich  war  nicht  wenig  überrascht,  als  sowohl  das  abgekühlte  Wasser  als 
auch  die  der  Quelle  entströmenden  Gase  mit  saueren  Lösungen  von 
Cadmium  und  Silber  keinen  Niederschlag  gaben,  trotz  des  Schwefel- 
gehaltes der  Quelle.  Der  Niederschlag  entstand  nur  bei  Anwendung 
von  alkalischen  Lösungen  der  genannten  Metalle.  Dieses  eigenthümliche 
Verhalten  verursachte  mir  anfangs  einige  Verlegenheit,  da  weder  das 
Wasser  noch  das  Gas  einen  Schwefelwasserstoff“- Geruch  besass  und  ich 
nicht  wusste,  in  welcher  Form  der  Schwefel  vorhanden  sein  könne.  Ich 
vermuthete,  dass  der  Schwefel  in  der  Quelle  möglicherweise  in  der 
Form  von  Kohlenoxysulfid  enthalten  sein  könnte,  welche  Vermuthung 
auch  dadurch  unterstützt  wurde,  dass  der  Geruch  der  Quelle  an  den 
Geruch  des  bei  dem  oben  beschriebenen  Versuch  erhaltenen  Gases 
lebhaft  erinnerte. 

Diese  Erfahrungen  veranlassten  mich  zunächst  die  Versuche  zur 
Darstellung  des  reinen  Kohlenoxysulfids  wieder  aufzunehmen.  Die  Resul- 
tate dieser  Versuche,  welche  zur  Entdeckung  des  Kohlenoxysulfids 
führten,  habe  ich  am  8.  Juli  des  vorigen  Jahres  der  k.  ungarischen 
Akademie  vorgelegt.1) 

Nachdem  die  Haupteigenschaften  des  Gases  und  die  Methoden 
zur  quantitativen  Bestimmung  festgestellt  worden,  war  es  leicht  das 
Gas  in  dem  Harkänyer  Thermal- Wasser  und  in  dem  der  Quelle  ent- 
strömenden nachzuweisen ; sowie  dasselbe  nach  weiter  unten  mitgetheil- 
ten  Methoden  zu  bestimmen. 

Zu  diesem  Zwecke  reiste  ich  im  April  dieses  Jahres  abermals 
nach  Harkäny.  Die  geologischen  Verhältnisse  beabsichtigt  Herr  Wilh. 
Zsigmondy  ausführlich  zu  beschreiben.  Ich  beschränke  mich  daher 
bei  dieser  Gelegenheit  darauf,  nur  einzelne  Bruchstücke  aus  einem 
von  Herrn  Wilh.  Zsigmondy  in  der  Sitzung  vom  6.  Februar  1867 
der  ungar.  geolog.  Gesellschaft  gehaltenen  Vortrage  mitzutheilen. 

„Die  Bohrung  geht  120  Fuss  tief.  Bis  zu  dieser  Tiefe  hat  man 
folgende  Schichtenreihe:  zu  oberst  liegt  1'  Humuserde,  darunter  3' 
dichter  grauer  Thon,  dann  eine  29*  1"  mächtige  Sandschichte,  unter 
welcher  eine  17'  1"  mächtige  Schichte  von  hellgrauem  Thon  lagert; 
weiter  folgen  3'  grauer,  sandiger,  mit  Glimmer  vermischter  Thon,  dann 


l)  In  deutscher  Uebersetzung  in  Liebig’s  Annal.,  V.  Suppl.  Bd.,  Pag.  236. 


[3] 


Analyse  der  Harkänyer  Therme. 


3 


6'  ähnlicher  Thon  nur  mit  feinerem  Sand,  ferner  eine  Schicht  von  12' 
10 ' grobkörnigem,  glimmerhaltigen  Sand  mit  wenig  Thon  gemischt, 
dann  16'  6"  bräunlicher,  sandiger  Thon  mit  Glimmer  und  zuletzt  eine 
graue  thonige  Sandlage  mit  Glimmer,  welche  bis  zu  der  Sohle  des 
Brunnens  anhält.  Nur  in  der  Tiefe  von  16°  tritt  eine  2'  und  in  der 
Tiefe  von  17°  ein  1'  5"  dicke  Schicht  von  Thon  auf;  die  erstere  ist 
bräunlich,  die  letztere  grau  gefärbt.  Der  aus  den  zwei  untersten  Klaf- 
tern hervorgeholte  Sand  enthielt  nuss-  bis  faustgrosse  scharfkantige 
Stücke  von  Lias  und  Quarzgerölle,  unter  welchen  hie  und  da  braun- 
gefärbte Bruchstücke  von  Knochen  und  ein  meerschaumähnliches  Stein- 
stück  vorkamen. 

„Nach  dem  Schlämmen  aller  Bohrproben  konnte  ich  nur  in  denen 
aus  der  Tiefe  von  11°  und  19°  hervorgeholten  Proben  dem  Lignit  ähn- 
liche Holzstücke  entdecken,  welche  ihrem  Aeusseren  nach  aber  zu  den 
Gerollen  zu  zählen  sind.  Nach  dem  Schlämmen  des  Thones  bleibt  Sand 
zurück,  welcher  mit  dem  Sande  der  durchbohrten  Sandschichte  voll- 
kommen identisch  ist,  nur  dass  er  kleine  Mengen  von  Eisenkies  ent- 
hält. Die  vorkommenden  scharfkantigen  Kalksteinstücke  weisen  darauf 
hin,  dass  wir  es  hier  mit  einer  quaternären  Formation  zu  thun  haben.“ 

„LTnter  den  durchbohrten  Schichten  kommen  drei  Sandschichten 
vor,  welche  zufolge  ihrer  Beschaffenheit  für  das  Wasser  sehr  durch- 
lässig sind  und  von  einander  durch  wasserdichte  Thonschichten  getrennt 
sind.  In  Folge  dessen  sind  alle  diese  drei  Schichten  Wasserreservoirs 
und  zwar  enthält  das  oberste  das  locale  einsikernde  Wasser,  das  zweite 
liefert  Wasser  von  44°  R.  und  das  dritte  solches  von  50°  R.  Es  ist 
aber  wahrscheinlich,  dass  eine  neue  Bohrung  in  der  Nähe  des  jetzigen 
Brunnen  nur  eine  einzige  wasserhaltige  Schicht  treffen  würde;  vor  dem 
Herstellen  des  Brunnens  nämlich  brachte  das  unter  einem  enormen 
Druck  sich  befindliche  Thermal-Wasser  die  Risse  hervor,  aus  welchen 
früher  das  Thermal-Wasser  hervorquoll,  welches  sich  auf  seinem  Wege 
mit  dem  Wasser  der  2.  Schicht  gemischt  und  dessen  Temperatur 
erhöhte.  Die  Temperatur  der  Hausbrunnen  in  Harkäny  wird  durch  die 
Temperatur  des  Thermal- Wassers  beeinflusst,  wie  aus  den  folgenden 
Beobachtungen  die  an  einem  Tage  an  24  Brunnen  gemacht  wurden, 
hervorgeht.  Die  Temperatur  der  gewöhnlichen  Brunnen  beträgt: 
von  der  Quelle  6°  entfernt  23°  R. 

16° 
iU  55 

14° 

11°  „ 

10°  „ 

Gleiche  Temperaturen  zeigten  die  Brunnen,  welche  gegen  das  Gebirge  lagen. 

An  dem  während  des  Bohrens  zu  Tage  geförderten  Schlamme 
wurden  folgende  Temperaturen  beobachtet: 


in 

der 

Tiefe 

von 

6° 

23*5° 

R. 

?? 

99 

99 

j) 

8° 

3' 

38° 

99 

)) 

99 

99 

99 

9° 

4' 

6" 

40° 

99 

» 

99 

n 

r> 

11° 

2' 

6" 

44-5° 

99 

n 

» 

» 

13° 

3' 

48° 

99 

5) 

99 

n 

17° 

0' 

3" 

48-5° 

99 

J) 

n 

?) 

n 

18° 

5' 

9" 

50° 

99 

100° 

200° 

300° 

480° 


l* 


4 


Carl  Thau. 


W 


Die  Temperatur  des  Wassers  nahm  nicht  in  demselben  Verhält- 
nisse zu;  als  der  Schlamm  schon  33’5°  R.  erreicht  hatte,  zeigte  das 
Wasser  nur  24-5°  R.  und  neben  einem  Schlamm  von  48°  R.  Wärme 
hatte  das  Wasser  blos  28°  R.  Erst  in  der  Tiefe  von  18°,  als  das 
Wasser  sich  schon  zu  heben  begann,  erreichte  es  die  Temperatur  von 
38°  und  nach  einer  halben  Stunde,  nach  dem  Ausbruch  der  Quelle, 
stieg  die  Temperatur  auf  50°  R.  „Von  der  neunten  Klafter  angefangen 
bedeckte  die  Oberfläche  des  Wassers  während  der  ganzen  Bohrung 
ein  brauner  Schaum  von  2 — 3"  Höhe,  welcher  wenn  er  entfernt  wurde, 
sich  wieder  bildete  und  nach  seinem  Gerüche  beurtheilt,  aus  Petroleum 
bestand.  Von  der  18.  Klafter  angefangen,  von  wo  sich  das  Wasser  bis 
zu  der  Erdoberfläche  erhob  und  in  einen  Graben  ausfloss,  zeigte  die 
Oberfläche  des  Wassers  ein  Irisiren.“ 

Die  Mündung  der  Quelle  ist  in  eine  aus  Tannenholz  gefertigte 
Röhre,  deren  äusserer  Durchmesser  22'  und  ihr  innerer  18'  beträgt, 
eingefasst. 

Acht  Tage  nach  dem  Ausbruche  wurde  die  Menge  des  ausflies- 
senden  Wassers  gemessen  und  gefunden,  dass  in  einer  Secunde 
1532  Cubikfuss  oder  in  24  Stunden  73.536  Eimer  geliefert  wurden. 
Es  wurde  jetzt  eine  2'5°  lange  Röhre  aufgesetzt.  In  derselben  stieg 
in  6 Secunden  das  Wasser  10'  und  in  17  Secunden  15'  hoch.  Darnach 
erhielt  man  in  24  Stunden  unten  36.768  Eimer,  oben  24.512  Eimer 
Wasser. 

Die  Tiefe  der  Quelle  beträgt  20°,  der  Durchmesser  an  der  Mün- 
dung 18".  Das  Wasser  quillt  aus  der  Quelle  kräftig  hervor  und  befindet 
sich  durch  die  grosse  Menge  mitemporsteigender  Gase  wie  in  sie- 
dender Bewegung.  Die  ausströmenden  Gase  können  unmittelbar  an- 
gezündet werden  und  brennen  dann  in  Gestalt  umherhüpfender  Flammen 
auf  dem  Wasser.  Gegenwärtig  ist  das  Wasser,  wegen  einer  Turbine, 
die  es  treibt,  in  einer  weiten  Röhre  auf  etwa  10' — 12'  Höhe  über  das 
Erdniveau  gehoben.  Oberhalb  dieser  Röhre  ist  ein  blecherner  Trichter 
umgekehrt  angebracht,  welcher  die  Gase  ansammelt  und  sie  durch 
2 engere  Röhren  entweichen  lässt,  wo  sie  angezündet  mit  Flammen 
verbrennen,  welche  mehrere  Zoll  breit  und  einige  Fuss  lang  sind.  Die 
Flammen  sehen  der  Flamme  des  nicht  leuchtenden  Bunsen’schen  Brenners 
ähnlich  mit  einem  Stich  in’s  gelbliche.  — 

Die  Temperatur  der  Quelle  ist  ausserordentlich  hoch;  an  der 
Oberfläche  sowohl,  als  auch  in  einer  Tiefe  von  20°  beträgt  sie  62.6°  C. 
Nach  anderthalb  Jahren  hatte  sich  die  Temperatur  nicht  geändert.  — 
Das  Wasser  ist  vollkommen  durchsichtig ; es  reisst  Sandpartikel  mit, 
die  sich  bei  der  Ruhe  zu  Boden  setzen. 

Das  ausströmende  Wasser  überzieht  die  Rinnen  und  andere  darin 
längere  Zeit  verweilende  Gegenstände  mit  einer  Kruste,  welche  so  viel 
freien  Schwefel  enthält,  dass  die  Kruste  angeziindet,  mit  einer  bläulichen 
Flamme  brennt,  wobei  sich  der  Geruch  nach  schwefeliger  Säure  ver- 
breitet. 

Das  spec.  Gew.  des  Wassers  bei  20°  C = 1 -0007  6.  Das  spec. 
Gewicht  des  in  der  Quelle  enthaltenen  Wassers  von  62,6°  C verglichen 
mit  dem  des  auf  20°  abgekühlten  Wassers  beträgt  = O^ööl. 


[5] 


Analyse  der  Harkänyer  Therme. 


5 


Qualitative  Untersuchung  des  Wassers. 

Das  Wasser  hat  unmittelbar  nach  dem  Schöpfen  einen  nicht  un- 
angenehmen, harzartigen  Geruch,  welcher  vollkommen  verschieden  ist 
von  dem  Gerüche  des  Schwefelwasserstoff.  Auch  unmittelbar  nach  dem 
Abkühlen  kann  derselbe  noch  wahrgenommen  werden.  Der  Geruch 
gleicht  auf  das  Entschiedenste  einer  Lösung  von  Kohlenoxysulfid  in 
Wasser.  Die  der  Quelle  entströmenden  Gase  besitzen  denselben  Geruch. 
Empfindliches  Lacmuspapier  wird  von  dem  Wasser  geröthet,  welche 
Färbung  aber  nach  dem  Eintrocknen  wieder  verschwindet;  ein  Beweis, 
dass  die  sauere  Reaction  von  der  freien  Kohlensäure  herrührt.  Cur- 
cumapapier zeigt  nur  nach  dem  Eintrocknen  eine  schwache  Bräunung. 
Die  Gegenwart  von  Kohlenoxysulfid  wurde  auf  folgende  Weise  nach- 
gewiesen : 

1.  Das  aus  der  Quelle  geschöpfte  Wasser  entwickelt  bei  dem 
Kochen  nicht  unbeträchtliche  Mengen  von  Gas,  deren  Geruch  dem  aus 
der  Quelle  entströmenden  ähnlich  ist.  Nach  längerem  Kochen  wird  es 
trübe,  verliert  den  Geruch  und  zeigt  eine  entschieden  alkalische  Reaction. 

2.  Das  abgekühlte  frische  Wasser  gibt  mit  Silberlösung  eine  weisse 
Trübung,  ohne  dass  dadurch  die  Flüssigkeit  ihren  charakteristischen 
Geruch  verliert.  — Durch  einige  Tropfen  Ammoniak  verschwindet  die 
weisse  Trübung  und  es  entsteht  statt  dessen  ein  schwarzer  Niederschlag 
von  Silbersulfid.  Aehnliche  Reactionen  zeigen  die  Cadmium  — und  Blei- 
salze nur  dann,  wenn  die  Flüssigkeit  alkalisch  gemacht  wird. 

3.  Auf  Zusatz  von  Kalihydrat  verschwindet  der  Geruch  des 
Wassers  augenblicklich.  Wird  diese  Flüssigkeit  mit  verdünnter  Schwefel- 
säure versetzt,  so  entwickelt  sich  Schwefelwasserstoff.  Das  mit  Kalilauge 
versetzte  Wasser  zeigt  alle  Eigenschaften  der  Schwefelalkalien. 

4.  Nitroprussidnatrium  bewirkt  in  dem  abgekühlten  Wasser  keine 
Veränderung.  Nach  Zusatz  eines  Tropfens  Kalilauge  oder  Ammon  ent- 
steht aber  augenblicklich  die  charakteristisch  röthlich  - veilchenblaue 
Färbung. 

Aus  diesen  Versuchen  geht  unzweifelhaft  hervor,  dass  in  dem 
Wasser  das  Kohlenoxysulfid  in  Lösung  enthalten  ist. 

Da  das  Wasser  nach  dem  Ansäuern  mit  Chlorbaryum  keine  Trü- 
bung gibt  und  da  keine  Spuren  von  schwefligsaueren  oder  unter- 
schwefligsaueren Salzen  nachweisbar  sind,  — so  folgt  hieraus,  dass  die 
gesammte  Menge  des  Schwefels  als  Kohlenoxysulfid  im  Wasser  vor- 
handen ist.  Diese  Folgerung  wird  auch  noch  durch  den  folgenden  Ver- 
such bethätigt.  Nachdem  durch  das  abgekühlte  Wasser  5 Stunden  lang 
•reines  Wasserstoftgas  geleitet  wurde,  erzeigte  eine  ammoniakalische 
Lösung  von  Chlorcadmium  einen  weissen  Niederschlag,  welcher  mit 
Salpetersäure  und  chlorsauerem  Kali  oxydirt  in  der  abfiltrirten  Lösung 
mit  Chlorbaryum  keine  Trübung  gab,  folglich  auch  keinen  Schwefel 
enthalten  konnte. 

Wird  das  Wasser  heiss  in  Flaschen  gefüllt  und  dann  abgekiihlt, 
so  zeigt  es  nach  1 — 2 Stunden  noch  den  charakteristischen  Geruch. 


6 


Carl  Tlian. 


[ö] 


Nach  längerem  Stehen  in  offenen  Flaschen,  etwa  nach  10 — 12  Stunden 
nimmt  es  den  Geruch  nach  Schwefelwasserstoff  an,  zu  Folge  der  Zer- 
setzung des  Kohlenoxysulfid’s  durch  Wasser : 

COS  -f-  H20  = C02  + H2S. 

Aus  der  grossen  Zahl  der  Flaschen,  welche  wohl  verschlossen 
nach  Pest  gesandt  wurden,  hatten  die  wenigsten  bei  dem  Aufmachen 
den  charakteristischen  Geruch  des  Kohlenoxysulfid’s  und  nur  wenige 
den  des  Schwefelwasserstoffes. 

Bei  dem  Kochen  trübt  sich  das  Wasser  und  setzt  einen  Nieder- 
schlag ab,  welcher  aus  kohlensauerem  Kalk,  kohlensauerer  Magnesia 
und  Kieselsäure  besteht.  Mit  verdünnter  Schwefelsäure  angesäuert,  wird 
bei  dem  Kochen  das  Wasser  nicht  getrübt.  Es  zeigt  den  Geruch  des 
Kohlenoxysulfid’s,  welcher  aber  nach  einiger  Zeit  verschwindet. 

Die  Aufsuchung  der  in  grösseren  Mengen  vorkommenden  Bestand- 
theile  übergehend,  erwähne  ich  hier  nur  der  Methoden,  mittelst  welchen 
die  in  kleinen  Mengen  vorkommenden  Bestandtheile  aufgefunden  wurden. 
Zu  diesem  Zwecke  wurden  ungefähr  10  Liter  Wasser  unter  Zusatz  von 
reinem  kohlensauern  Kali  eingedampft.  Die  zurückbleibende  Masse 
wurde  bei  dem  Glühen  bläulich- schwarz  und  entwickelte  einen  theer- 
artigen  Geruch.  Aus  diesem  Rückstände  wurde  nach  den  bekannten 
Methoden  festgestellt,  dass  von  den  in  geringeren  Mengen  vorkommenden 
Bestandtheilen  Jod,  Brom,  Borsäure,  Lithium,  Strontium  und  Mangan  in 
wägbaren  Mengen  vorhanden  sind.  Eisen,  Phosphorsäure  und  organische 
Verbindungen  konnten  ihrer  minimalen  Menge  halber  und  wegen  dem 
unbestimmten  Verhalten  der  letzteren  nur  qualitativ  nachgewiesen 
werden. 

Unter  den  Fettsäuern  wurde  Ameisensäure  in  grösserer  Menge 
entschieden  erkannt,  auch  ist  die  Gegenwart  geringer  Spuren  höherer 
fetten  Säuren,  wahrscheinlich  Buttersäure  oder  Valeriansäure  constatirt 
worden.  Ausserdem  scheint  eine  andere  organische  Säure  vorhanden  zu 
sein,  deren  Natur  nicht  festgestellt  werden  konnte.  Fluorverbindungen 
und  salpetersaure  Salze  konnten  auch  qualitativ  nicht  nachgewiesen 
werden. 

Es  ist  bemerkenswert!],  dass  der  durch  Eindampfen  mit  Salzsäure 
gewonnene  Rückstand  Ammonsalze  enthält.  Das  durch  Kalk  aus  diesem 
Niederschlage  entwickelte  Ammoniak  war  aber  nicht  rein,  sondern  zeigte 
auf  das  entschiedenste  einen  Geruch,  welcher  an  die  Basen  der  Picolin- 
reihe  erinnerte. 

Die  Resultate  der  quantitativen  Analyse  sind  in  der  folgenden 
Tabelle  zusammengestellt.  Die  einzelnen  Bestandtheile  sind  nach  den 
bekannten  Methoden  bestimmt  worden.  Das  in  Wasser  gelöste  Kohlen - 
oxysulfid  wurde  durch  ammoniacalische  Silberlösung  in  Schwefelsilber 
verwandelt;  der  so  erhaltene  Niederschlag  wurde  oxydirt  und  der 
Schwefel  als  schwefelsaurer  Baryt  gewogen. 


[7] 


Analyse  der  Harkänyer  Therme. 


7 


Zusammensetzung  der  Harkänyer  Thermal  - Schwefelquelle.1) 


Wasser 

Procente 

Natrium 

0-1610 

59-35  Na 

Calcium  . . 

0-0552 

23*40  Caa/2 

Kalium 

0-0386 

8-36  K 

Magnesium 

0-0097 

6‘85  MgV2 

Strontium 

0-0052 

1-01  Sl’Vj 

Lithium 

0-0004 

0-53  Li 

Mangan  (Spur  von  Fe  u.  Al) 

0-0016 

0-50  MnV2 

In  den  kohlen- 

Kohlenstoff  ...... 

0-0363 

•51-34  (C03) 

saueren  Salzen 

Sauerstoff 

0-0968 

Chlor 

0-1199 

28-67  CI 

In  den  kiesel- 

' Silicium 

0-0298 

18-03  (Si03) 

saueren  Salzen 

Sauerstoff 

0-0510 

In  den  bor- 

Bor 

0-0018  1 

■ 1-34  Bo02 

saueren  Salzen 

Sauerstoff 

0-0051 

Jod 

0-0071 

0-47  J 

Brom 

0-0014 

0-15  Br 

Summe  der  fixen  Bestandtheile 

0-6693 

Freie  und  halbgebundene  Kohlensäure  . . . 

0-3782 

145-75  C02 

Gelöstes  Kohlenoxysulfid  

Control  versuche. 

0-0241 

6-81  COS 

1)  202-3452  Gr.  Wasser  wurden  mit  reinem  ausgeglühten  kohlen- 
sauern  Natron  eingedampft  und  der  Rückstand  bei  130°  C.  getrocknet. 

Der  Rückstand  betrug 0vl528  Gr. 

Dieser  Rückstand  wurde  vorsichtig  so  lange  geglüht,  bis  die  verkohlte 
Masse  wieder  weiss  geworden.  Das  Gewicht  betrug  jetzt  01370  Gr. 
Die  Differenz  ist  annähernd  die  Menge  der  organischen  Substanzen 

0-0158  Gr. 

Die  direct  gefundene  Menge  der  fixen  Bestheile  betrugen 

in  1000  Tbl.  0-6.71  Gr. 
Die  Summe  der  einzeln  bestimmten  Bestandtheile  beträgt  0"6693  Gr. 

2)  154-114  Gr.  Wasser  wurden  mit  Schwefelsäure  eingedampft. 

Der  schwach  geglühte  Rückstand  wog 0-1360  Gr. 

Die  direct  gefundene  Summe  der  schwefelsaueren  Salze,  des  Bor  und 

der  Kieselsäure  ist 0-8825  Gr. 

Die  aus  den  einzelnen  Bestandtheilen  berechnete  Summe  ist  0-9039  Gr. 

Um  die  gefundenen  Resultate  nach  dem  üblichen  Verfahren  in 
der  Form  von  Salzen  zusammenstellen  zu  können,  wurden  997-409  Gr. 
Wasser  1 Stunde  lang  unter  Ersatz  des  verdampfenden  Wassers  gekocht. 


Das  in  Lösung  gebliebene  Calcium  gab  CaO 0-022  Gr. 

Diesem  entspricht  Ca 0 0158  „ 


')  Ueber  die  Art  dieser  Zusammenstellung  vgl.:  C.  Than,  Ueber  die  Zusam- 
menstellung der  Mineralwasser -Analysen,  Sitzungsber.  d.  Wiener  Akad.,  Bd.  LI,  1865. 


8 


Carl  Than. 


[8] 


Aus  derselben  Flüssigkeit  wurde,  nachdem  der  Kalk  abgeschieden  war, 
die  in  Lösung  gebliebene  Magnesia  als  pyrophosphorsaure  Magnesia 


gewogen ; ihr  Gewicht  war 0 053  Gr. 

Dieser  Menge  entsprechen 0"0093  Gr.  Mg. 


Auf  Grund  der  beiden  letzten  Angaben  können  die  einzelnen  Bestand- 
theile  zu  Salzen  combinirt  werden.  Obwohl  nun,  wie  ich  a.  a 0.  schon 
nachgewiesen  habe,  eine  solche  Art  der  Zusammenstellung  vom  wissen- 
schaftlichen Standpunkte  nicht  gerechtfertigt  ist  aber  die  wahre  chemische 
Zusammensetzung  durch  obige  Zusammenstellung  richtiger  wird,  so  will 
ich  dennoch  die  Zusammenstellung  nach  dem  gewöhnlich  befolgten 
Verfahren  auch  mittheilen,  da  sie  besonders  dem  praktischen  Arzte 
geläufiger  ist. 


Zusammensetzung  der  Harkänycr  Thermalquelle. 


In  1000  Tlil. 

In  1 Pfd. 

Wasser 

Wasser 

Kohlensaures  Natron  .... 

Na2C03 

0-2061 

1-583 

Gran 

Kieselsaures  Natron  .... 

Na2Si03 

0-1297 

0996 

55 

Borsaures  Natron 

Na2Bo3 

0-0105 

0-081 

55 

Chlornatrium 

NaCl 

0-0483 

0-371 

55 

Chlorkalium 

C1K 

0-0735 

0-564 

55 

Chlorlithium 

CILi 

0-0027 

0-021 

55 

Chlorcalcium 

CaCl2 

0-0437 

0-336 

55 

Chlormagnesium 

MgCl2 

0-0341 

0-262 

55 

Jodmagnesium 

MgJ2 

0-0077 

0-059 

55 

Brommagnesium  ...... 

MgBr2 

0-0016 

0-012 

55 

Kohlensäure  Magnesia  .... 

MgCOa 

0-0007 

0-005 

n 

Kohlensaurer  Kalk 

CaC03 

0-0986 

0-757 

55 

Kohlensaures  Strontian  .... 

SrC03 

0-0088 

0-068 

55 

Kohlensaures  Mangan  .... 

MnC03 

0-0033 

0-025 

» . 

Summe  der  fixen  Bestandteile  . 

0-6693 

5-140 

Gran 

Organische  Substanz  .... 

0-0150 

0-121 

57 

Freie  und  halbgebundene  Kohlensäure 

191-75  cc. 

5*88  K.-Zoll 

Gelöstes  Kohlenoxysulfid  . . . 

6-81  „ 

0-27 

55 

Die  hier  angeführten  Gase  sind  im  Wasser  in  gelöstem  Zustande 
enthalten.  Wenn  man  das  Wasser  nach  dem  Abkühlen  längere  Zeit 
stehen  lässt,  setzt  sich  das  Kohlenoxysulfid  mit  dem  Wasser  in  ein 
gleich  grosses  Volumen  Schwefelwasserstoff  um.  Die  Reaetion  des 
Wassers  auf  Pflanzenfarben  ist  neutral  und  nur  nach  dem  Eintrocknen 
alkalisch. 

Die  Harkäny’er  Quelle  ist  der  Analyse  zufolge  unter  die  schwefel- 
haltigen Thermalquellen  zu  zählen.  Besonders  charakteristische  Bestand- 
teile sind  das  Kohlenoxysulfid  und  die  relativ  überwiegende  Menge 
von  kohlensauerem  Natron ; ferner  ausser  dem  kieselsauren  Natron  der 
Jod-  und  Bromgehalt,  welch  beide  letztem  P5  °/0  des  gesammten  Salz- 
gehaltes ausmachen.  — Es  ist  auffallend,  dass  keine  Spur  von  Schwe- 
felsäuresalzen in  dem  sonst  schwefelhaltigen  Wasser  vorkommt. 


[9] 


Analyse  der  Harkänyer  Therme. 


9 


Analyse  der  ausströmen  den  Gase. 

Der  Quelle  entströmt,  wie  oben  erwähnt,  eine  grosse  Menge  Gas, 
welches  angezündet  mit  gelblich  blauer  Flamme  verbrennt.  In  diesem 
Gase  sind  folgende  Bestandtheile  enthalten : Kohlenoxysulfid,  Kohlen- 
oxyd, Kohlensäure,  Stickstoff  und  Sumpfgas. 

Das  aufgesammelte  Gas  hat  einen  eigenthümlichen,  nicht  unan- 
genehmen, aromatischen  Geruch,  welcher  dem  des  Kohlenoxysulfid’s 
vollkommen  ähnlich  ist,  und  wahrscheinlich  rührt  er  von  diesem  allein 
her.  Das  Gas  strömt  an  der  Peripherie  der  im  Lichten  18"  betragenden 
Oeffnung  am  stärksten  hervor,  während  in  der  Mitte  bedeutend  weniger 
entweicht.  Um  die  Menge  der  ausströmenden  Gase  annähernd  zu  be- 
stimmen, wurde  die  Zeit  gemessen,  welche  erforderlich  war,  um  einen 
V2  Liter  fassenden  Kolben  mit  einer  2 cm.  weiten  Oeffnung  mit  dem 
ausströmenden  Gase  anzufüllen.  Der  Kolben  füllte  sich  in  der  Mitte 
der  Quelle  in  3 M.  28  Sec.,  an  der  Peripherie  in  1 M.  21  Sec. 

Die  Bestimmung  des  mit  den  Gasen  entweichenden  Kohlen- 
oxysulfid’s geschah  in  folgender  Weise: 

Es  Avurde  ein  grosser  Trichter  umgekehrt  im  Wasser  befestigt, 
so  dass  der  konische  Theil  desselben  unter  Wasser  getaucht  war.  Die 
aufsteigenden  Gase  sammelten  sich  in  dem  Trichter  und  nachdem  die 
Luft  verdrängt  war,  wurde  der  Trichter  mittelst  einem  Kautschuckrohr 
mit  einem  Glasrohr  verbunden,  welches  mit  einem  Pettenkofer’schen 
Rohr  communicirte.  Dieses  war  mit  einem  mit  Wasser  angefüllten 
Aspirator  luftdicht  verbunden.  In  dem  Pettenkofer’schen  Rohr  befand 
sich  Kalilauge,  durch  welche  das  Gas  streichen  musste,  sobald  der 
Hahn  des  Aspirators  geöffnet  wurde.1)  Das  Kohlenoxysulfid  wurde  von 
der  Kalilauge  absorbirt  und  nach  Beendigung  des  Versuches  die  Lösung 
in  eine  Flasche  mit  eingeriebenem  Glasstöpsel  übergegossen  und  solange 
Silberlösung  zugesetzt,  als  noch  ein  Niederschlag  von  Schwefelsilber 
entstand.  Die  luftdicht  verschlossene  Flasche  hob  ich  zur  Aveiteren 
Arbeit  auf,  nachdem  das  Volumen  des  durch  die  Kalilauge  gestrichenen 
Gases,  (Avelches  sich  ungefähr  auf  20°  abgekühlt)  mit  Wasser  auscali- 
brirt  war.  Der  aus  Ag20  und  Ag2S  bestehende  sclnvarze  Niederschlag 
wurde  mehreremale  mit  Essigsäure  ausgekocht,  gut  ausgewaschen  mit 
Salpetersäure  oxydirt  und  aus  der  Lösung  nach  Entfernung  des  Silbers 
durch  Salzsäure,  die  Schwefelsäure  mit  Chlorbaryum  gefällt  und  als 
schwefelsaurer  Baryt  gewogen.  Nach  diesem  Verfahren  erhielt  man 
aus  2073  cc.  Gas,  welches  sich  im  Aspirator  ansammelte,  0-069  Gr. 
scliAvefelsauren  Baryt.  Diesem  entsprechen  0'0178  Gr.  Kohlenoxysulfid 
und  dessen  Volum  G’625  cc.  ist.  In  100  Volumen  des  ausströmenden 
Gases  sind  demnach  enthalten  Kohlenoxysulfid 0-46  Vol. 

Zur  Ermittelung  der  anderen  Bestandtheile  des  ausströmenden 
Gasgemenges  wurden  mehrere  Glasröhren  mit  demselben  gefüllt,  abge- 


')  Da  die  Kalilauge  das  Kohlenoxysulfid  nur  langsam  absorbirt,  muss  man  das 
Gas  in  sehr  kleinen  Blasen  durch  dasselbe  streichen  lassen.  Wie  ich  später  beob- 
achtete, lässt  sich  ammoniakalische  Silberlösung  zur  Absorption  des  neuen  Gases  viel 
besser  verwenden.  Es  muss  dabei  nur  Sorge  getragen  werden,  dass  das  durch  den 
Lu  ft  ström  fortgetragene  Ammoniak  von  Zeit  zu  Zeit  ersetzt  wird. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1876.  1,  Heft.  (Carl  Than.) 


2 


10 


Cai’l  Than. 


[10] 


schmolzen  und  im  Laboratorium  nach  den  Methoden  von  Bimsen  analysirt. 
Einige  der  Böhren  waren  mit  feuchtem,  andere  mit  durch  Chlorcalcium 
getrocknetem  Gase  gefüllt.  Die  Köhren  mit  dem  feuchten  Gase  wurden 
nach  3 — 6 Wochen  geöffnet,  in  welchem  Zeitraum  sich  das  Kohlen- 
oxysulfid  mit  dem  Wasser  in  Schwefelwasserstoff  zerlegt  hatte.  Das 
trocken  aufgehobene  Gas  liess  den  Schwefelwasserstoff'gerueh  auch  erken- 
nen, aus  dem  Verhalten  des  Gases  gegen  Reagentien  liess  sich  aber 
mit  grosser  Wahrscheinlichkeit  schliessen,  dass  auch  unzersetztes  Koh- 
lenoxysulfid  vorhanden  war.  Die  Bildung  von  Schwefelwasserstoff  in 
diesen  Röhren  lässt  sich  dadurch  erklären,  dass  trotz  des  Trocknens 
Feuchtigkeit  in  den  Röhren  zurückblieb. 

Die  Analyse  des  Gasgemenges  gab  folgende  Resultate: 

1.  Bestimmung  der  durch  Kali  absorbirbaren  Gase: 

v p t r0>) 

Zur  Analyse  genommenes  Gas,  feucht  166-6  0-7006  1 7*7 0 109-60 
Nach  der  Absorption  mit  Kali  . . . 133-7  0-6934  18"2°  89'10. 

Es  wurden  also  von  dem  Kali  20"5  Volum  absorbirt.  Dieses  sind 

in  Procenten  ausgedrückt 18-70 

hievon  die  Procente  des  Kohlenoxysulfids  abgezogen  . . 0-46 

bleiben  Kohlensäure  . 18"24  Proc. 


2.  Bestimmung  der  durch  Kalihydrat  nicht  absorbirbaren  Bestand- 


theile : 

V 

p 

t 

K 

Zur  Analyse  verwendetes  Gas  . 

102-5 

0-1892 

18-5° 

18-17.=  a 

Nach  Zusatz  von  Knallgas  . . 

144-3 

0-2405 

18-7° 

32-48  = b 

„ „ „ Sauerstoff  . . 

211-8 

0-2899 

19° 

57-40  = c 

„ „ „ Luft .... 

439-5 

0-5417 

18-8° 

222-80  = d 

„ der  Explosion  .... 

„ „ Absorption  der  Kohlen- 

394-8 

0-4949 

18-5° 

183-00  = e 

säure  

376-4 

0-4886 

19-6° 

171-60  = f 

„ Zusatz  von  Wasserstoff  . 

„ der  Explosion  und  dem 

520-2 

0-6270 

20-7° 

307-30  = g 

trocknen 

405-7 

0-5170 

21-4° 

194-50  = li 

Da  das  mit  Kalihydrat  behandelte  Gas  geruchlos  war,  so  lässt 
sich  vorausetzen,  dass  das  Gas  keine  complicirten  Kohlenwasserstoffe 
enthält.  Nach  der  Behandlung  des  Gases  mit  einer  mit  rauchender 
Schwefelsäure  getränkten  Coakskugel  und  nachher  mit  einer  Kalikugel, 
änderte  sich  das  Volum  des  Gases  nicht.  Demnach  konnten  keine  Koh- 
lenwasserstoffe von  der  Formel  CnII%n  darin  enthalten  sein.  Da  das 
Kohlenoxysulfid  bei  höherer  Temperatur  in  Schwefel  und  Kohlenoxyd 


ff  V — das  beobachtete  Volum, 

P = Tension, 
t — Temperatur, 

Vo  — das  auf  0°  und  1 Meter  Druck  reducirte  Volum. 


[11] 


Analyse  der  Harkänyer  Therme. 


11 


zerfällt,  so  war  bei  der  hohen  Temperatur  der  Quelle  anzunehmen,  dass 
das  Gas  auch  Kohlenoxyd  enthalte.  Die  Richtigkeit  dieser  Annahme  war- 
um so  wahrscheinlicher,  da  die  Incrustation  der  Quelle  freien  Schwefel 
enthält.  In  dem  durch  Kali  nicht  absorbirbaren  Gase  konnten  daher  vor- 
handen sein:  Sumpfgas,  freier  Wasserstoff,  Kohlenoxyd  und  von  den 
nicht  verbrennlichen  Gasen  Stickstoff.  Die  Menge  des  in  dem  Gase 
enthaltenen  Stickstoffs  = n,  ergibt  sich  aus  den  obigen  Beobachtungen, 
wenn  man  von  der  Menge  des  nach  der  Verbrennung  zurückgebliebe- 
nen Gases  = 7r,  die  Menge  des  mit  der  Luft  eingeführten  Stickstoffes 
- — O7904  (d — c).  und  die  nach  der  Verbrennung  zurückgebliebene 
Menge  des  Wasserstoffs  = (g — f)  — 2/3  (g — /<)  abzieht.  Man  erhält 
also  folgende  Menge  des  Stickstoff  nach  der  Gleichung: 

n = h — (g — f)  — 2/3  (g — li)  — 0'7904  (d — c) 
n = 4"60. 

Diese  Zahlen  auf  die  ursprünglichen  Gase  bezogen  geben  Stick- 
stoff in  Procenten N2  = 2Q-58. 

Zur  Berechnung  des  Sumpfgases,  des  freien  Wasserstoffes  und  des 
Kohlenoxydes  bezeichnen  wir  mit: 

A = die  Summe  der  Volume  dieser  Gase  (a  — 4'GO)  A = 13-57, 
B = die  Contraction  d—e  — Qi — a)  = d + a—b — c B = 25-49, 
C = das  Volumen  der  bei  der  Verbrennung  gebildeten  Kohlensäure 

(e  — f) C = 11-40, 

D = die  Menge  des  zur  Verbrennung  verbrauchten  Sauerstoffs  (c — b) 

+ 0-2096  {d—e)  — V,  {g—h) D = 23-31. 

Es  sollen  ferner  x,  y,  z die  Mengen  von  Methylwasserstoff,  Was- 
serstoff und  Kohlenoxyd  bedeuten.  Wir  erhalten  dann  die  folgenden 
vier  Gleichungen : 

x + y + 0 = A 1. 

2 x + D5  y + 0-5  z — B ..  . 2. 

Oß  | - g — (J  9 

2 x 4-  0'5  y + 0'5  z = D ...  4. 

Berechnet  man  sich  aus  diesen  Gleichungen  die  3 Unbekannten 
und  substituirt  die  Werthe  von  A,  B,  C,  D . . so  erhält  man: 

x = 11-02 
y = 2‘17 

e — 0-38. 

In  18-17  Volum  Gas  sind  demnach  enthalten: 

Methylwasserstoff  = 1D02 

Wasserstoff  = 2"  17 

Kohlenoxyd  = 0"38 

Stickstoff  = 4-60 

18-17. 

Bezieht  man  diese  Zahlen  auf  die  ursprüngliche  Gasmenge,  so 
berechnet  sich  die 


2* 


Carl  Than.  Analyse  der  Harkänyer  Therme. 


12 


[12] 


Procentischc  Zusammensetzung  der  aus  der  Scliwefel-Thermal- 
Quelle  zu  Harkany  ausströmenden  Glase: 


Kohlenoxysulfid  . . . 

. COS 

=0  0-46 

Vol. 

Kohlenoxyd  .... 

. CO 

= 1-70 

Wasserstoff  .... 

. H2 

= 0-71 

j) 

Kohlensäure  .... 

. co2 

= 18-24 

» 

Stickstoff 

. Na 

= 20-58 

5) 

Methylwasserstoff  . . 

. CH, 

= 49-31 

J? 

100-00  Vol. 


*)  Die  ausserordentlich  enei’gischen  physiologischen  Wirkungen  dieses  Gases 
sind  von  Prof.  C.  Balagh  im  „Orvosi  hetilap“  1868,  Nr.  42  beschrieben. 


II.  Pyrit  von  Waldenstein  in  Kärnthen. 

Von  II.  Helmliaeker. 

(Mit  Taf.  I und  II.) 


Waldenstein  liegt  im  nordöstlichen  Kärnthen,  im  oberen  Lavant- 
thal  am  Waldensteiner  Bache,  einem  linksseitigen  Zuflusse  des  Lavant- 
baclies. 

Bei  Waldenstein  verflachen  die  Glimmerschiefer,  in  denen  krystal- 
linischer  Kalk  eingelagert  ist,  nach  Süden.  Im  Glimmerschiefer  wird 
auf  Sideritlager  Bergbau  getrieben.  Im  körnigen  Kalk,  nahe  an  dessen 
Liegenden  gegen  Glimmerschiefer  zu,  findet  sich  an  einem  Orte  blättrig 
(schuppiger)  Haematit  (Eisenglimmer),  welcher  stockförmig  bis  in  einer 
Mächtigkeit  von  über  30  Meter  Vorkommen  soll.  Gegen  das  Liegende 
zu  sind  in  dem  Haematiterzstock,  auf  dem  der  Pulverthurmstollen  nahe 
beim  Schloss  Waldenstein,  am  linken  (südlichen)  Waldensteinbach  an- 
getrieben ist,  Glimmerschieferbrocken,  in  deren  Nähe  eingewachsene 
Pyrite  zum  Vorschein  kommen. 

In  dem  ziemlich  grossblättrigen,  gebogenflächigen,  schuppigen 
Haematit  (Eisenglanz),  der  nur  selten  als  dunkelkirschrother  Eisen- 
glimmer vorkommt,  sind  lichter  Glimmerschiefer,  häufiger  weisser 
Ankerit,  und  entweder  kry stallin isclie  Körner  reichlicher,  oder  ganzer 
Krystalle  von  Pyrit  spärlicher  eingewachsen.  Auch  im  glimmerschiefer- 
artigen Gneiss  finden  sich  Pyritkörner  und  Pyritkrystalle  neben  Ankerit- 
schnürchen  und  Haematitschuppen. 

Der  Haematit  hat  keine  bedeutende  Festigkeit  und  blättert  sich 
etwas  weniges  ab. 

Der  Ankerit r)  ist  im  frischen  Zustande  weiss,  schwach  durch- 
scheinend, sonst  aber  lichtgelblichgrau  bis  gelbbräunlich,  sehr  gut  spalt- 
bar, im  Kolben  erhitzt,  gänzlich  und  heftig  zu  winzigen  Spaltungsrhom- 
boederchen  zerspringend,  die  sich  schwarzbraun  bis  schwarzgrau  färben. 
Das  spec.  Gewicht  desselben  beträgt  3'0533  (mit  L24  Gramm  bestimmt) 
oder  3-0437  (aus  213  Gramm). 

Die  eingewachsenen  Pyrite  sind  meistentheils  krystallisirt  und 
durchwegs  Grupp, enkrystalle ; ihre  Grösse  ist  vom  kaum  erbsengrossen 
bis  faustgross.  Die  Krystallfläcken  zeigen  sich  immer  rauh,  oder  schwach 
glänzend  genarbt  und  uneben  auch  undeutlich  parkettirt,  die  Combina- 
tionskanten  nicht  scharf,  die  kleineren  Krystallflächen  abgerundet  und 
ineinander  verschwommen,  — sobald  dieselben  im  blättrigen  oder 

‘)  Vivenot,  Beiträge  zur  mineral.  Topographie  von  Oesterreich  (im  Jahrb. 
der  geolog.  Reichsanstalt  1869,  19.  Bd.  pag.  605,  und  daraus  in  Zepharovich. 
Min.  Lexikon  Oesterreichs  1873,  2.  Bd.,  pag.  190)  nennt  ihn  Magnesit. 

Mineralogische  Mittheilungen  1876.  1.  Heft.  (R.  Helmhacker.) 


14 


11.  Helmhacker. 


[2] 


schuppigen  Haematit  eingewachsen  erscheinen.  Doch  sobald  die  Kry- 
stalle  den  Ankerit  berühren,  sind  sie  glatt,  ziemlich  eben,  stark  glänzend, 
deutlich  parquettirt  mit  scharfen  Kanten  und  nicht  selten  mit  so  starker 
Spiegelung,  dass  selbst  mikroskopisch  kleine  Flächen  eine  nähere  Unter- 
suchung zulassen.  Da  der  Haematit  vorherrscht,  der  eingewachsene 
Ankerit  untergeordnet  auftritt,  erklärt  es  sich  daraus,  dass  solche  rein 
ausgebildeten  schönen  glänzenden  Krystalle  weniger  häufig  sind,  als 
die  schwach  glänzenden,  unebenflächigen,  narbigen.  Oft  sind  an  einem 
Krystalle  nur  jene  Flächen  deutlich  erkennbar,  an  denen  dasselbe  von 
Ankerit  berührt  wurde. 

Der  'Ankerit  zersetzt  sich  und  wird  ausgelaugt;  dann  entstehen 
im  Haematit  kleine  Hohlräume,  in  welchen  glänzende  Pyritkrystalle 
halbfrei,  nur  von  dünnen  Krusten  von  aus  der  Zersetzung  des  Ankerites 
entstandenen  Limonites  begleitet,  zum  Vorschein  kommen. 

Es  ist  eine  häufige  Erscheinung  zerborstene  und  klein  wenig  an 
den  Bruchstellen  von  einander  geschobene  Krystalle  zu  finden;  bei 
manchen  Krystallen  ist  der  Bruch  lose,  bei  manchen  aber  durch 
erneuerten  Absatz  von  Pyrit  gänzlich  ausgeheilt.  Da  der  Pyrit  keine 
besonders  deutliche  Richtung  der  Spaltbarkeit  besitzt,  so  sind  die 
Bruchspalten  in  Pyriten  unregelmässig. 

Nur  selten  wurde  in  den  Spalten  krystallinischer  Ankerit  als 
deren  Anfüllung  beobachtet. 

Das  specifische  Gewicht  des  Pyrites  ist  ö'OOOO  (mit  1-4G  Gramm 
bestimmt). 

An  den  untersuchten  Krystallen  von  Waldenstein  wurden  folgende 
Combinationen  beobachtet : 


Combination 


Zahl 


1 


201 

201 

201 

201 

201 

201 

201 

201 

201 

201 

201 

201 

201 

201 

201 

201 

201 

201 

201 

201 

201 

201 

201 

201 

201 


1 

3 

2 


9 


111 

111 

111 

111 

111 

211 

111 

111 

111 

211 

111 

111 

111 

111 

111 

111 

111 

111 

111 

111 

111 

111 

111 

211 


3 


110 

212 

211 

212  211 

111  1152? 

211  321 

212  110 

211  110 

212  111  110 

212  211  321 

211  322  212 

212  211  403 

211  212  100 

211  212  421 

211  212  323 

211  212  11.52? 

211  110  403 

211  212  120 

211  212  110  430 

211  212  421  110 

211  212  100  110 

212  211  322  110 

111  212'.  403  110 


2 

2 


4 


41 

1 

1 

4 

1 

25 

3 

3 


5 


2 


5 


6 


2 

1 

1 

1 

1 

18 

5 


4 

10 


Pyrit  von  Waldenstein  in  Kärnthen. 


15 


C o 

m b i u a t i 

0 11 

Zahl 

201 

211 

in 

212 

403 

100 

1 

201 

211 

in 

212 

323 

403 

1 

201 

111 

211 

212 

321 

403 

1 

201 

111 

211 

212 

522 

433 

1 

201 

211 

212 

111 

110 

411 

1 

201 

322 

211 

111 

110 

403 

2 

201 

211 

212 

111 

322 

433 

1 

201 

111 

212 

211 

433 

110 

2 

7 

201 

212 

211 

111 

100 

110 

403 

6 

201 

110 

211 

111 

212 

421 

403 

2 

201 

111 

211 

322 

212 

110 

403 

3 

201 

111 

211 

212 

421 

100 

323 

1 

201 

211 

421 

212 

111 

110 

100 

1 

201 

231 

111 

211 

212 

421 

110 

1 

201 

211 

111 

212 

110 

421 

11  52? 

1 

201 

111 

212 

211 

110 

322 

433 

1 

201 

111 

211 

212 

110 

323 

433 

1 

201 

111 

321 

110 

211 

421 

120 

1 

201 

212 

111 

211 

110  13-73 

14  11  10 

1 

201 

211 

212 

111 

321 

110 

403 

1 

201 

111 

212 

211 

110 

403 

411 

2 

201 

111 

211 

212 

411 

311 

110 

i 

201 

211 

212 

111 

110 

14  11  10 

321 

i 

8 

210 

111 

211 

212 

110 

403 

323 

421 

i 

210 

211 

111 

321 

403 

212 

110 

432 

i 

210 

212 

211 

111 

110 

432 

100 

403 

i 

210 

111 

212 

211 

110 

403 

322 

13-73 

i 

210 

212 

in 

211 

110 

100 

430 

433 

i 

9 

201 

211 

in 

212 

323 

403 

110 

421 

100 

i 

201 

211 

m 

212 

110 

421 

411 

522 

311 

i 

201 

111 

211 

212 

322 

110 

403 

100 

323 

i 

10 

201 

111 

211 

212 

421 

110 

403 

522 

311 

411 

i 

201 

111 

211 

421 

212 

110 

522 

411 

311  13-73 

i 

201 

211 

212 

111 

432 

110 

403 

13  73  13-96 

321 

i 

201 

211 

212 

432 

111 

100 

421 

110 

403 

411 

i 

201 

211 

212 

421 

111 

110 

403 

433 

314 

532 

i 

201 

111 

212 

110 

211 

403 

433 

321  13-73  13  96 

i 

201 

211 

111 

212 

411 

110 

421 

323  13-73 

522 

i 

11 

201 

111 

211 

321 

212 

433 

532 

403 

100 

742 

323 

i 

201 

111 

211 

212 

110 

322 

532 

742 

433 

321 

421 

i 

201 

111 

211 

212 

321 

522 

311 

411 

532 

110 

100 

i 

12 

201 

421 

211 

212 

111 

110 

403 

323 

322 

522 

411 

432 

i 

201 

211 

111 

522 

433 

212 

321 

532 

110 

403 

311 

411 

i 

13 

201 

211 

212 

111 

841 

801 

110 

403 

904 

421 

411 

522  311 

i 

201 

212 

211 

421 

111 

110 

403 

13-73 

100 

433 

432 

321  13  96 

i 

Die 

Zahl 

der  beobachteten 

Krystalle  beträgt  . 

202 

An 

diesen 

Kry stallen  wurden 

die 

Flächen 

leobaclitet : 

201 

beobachtet 

202 

Mal 

411 

beobachtet  1 3 

Mal 

14  11 

10  beobachtet 

2 Mal 

111 

57 

201 

5) 

522 

•5 

9 

57 

120 

57 

0 

“ 57 

211 

r> 

189 

57 

433 

57 

11 

57 

314 

57 

1 „ 

212 

» 

187 

57 

323 

57 

10 

57 

742 

57 

1 „ 

110 

57 

126 

57 

13  7 3 

• 7? 

7 

57 

180 

57 

1 » 

430 

57 

67 

57 

311 

57 

7 

5? 

841 

5) 

1 „ 

421 

57 

26 

57 

432 

57 

6 

57 

904 

57 

1 „ 

100 

57 

26 

77 

532 

77 

5 

77  . 

231 

57 

1 „ 

321 

57 

15 

57 

13  96 

57 

3 

5? 

322 

» 

18 

11-52? 

57 

3 

5? 

16 


R.  Helmhacker. 


[4J 

Die  Waldensteiner  Pyritkry stalle  sind  für  Winkelmessungen  mit- 
telst der  Reflexionsgoniometer  zu  gross;  für  weniger  genaue  Messungen 
mit  dem  Anlegegoniometer  zu  klein,  oder  als  Gruppenkrystalle  nicht 
immer  recht  geeignet.  Doch  Hessen  einige  Flächen  dennoch  Messungen 
zu  und  zwar  ist  der  Kantenwinkel  von : 


(100)  (110)  135°,  136°,  136°,  135°,  135  V . . . (statt  135°), 

(110)  (210)  162V,  160°,  161°,  162V,  160°  . . ( „ 161°  34'), 

(110)  (021)  129°,  130V ( „ 129°  14), 

(111)  (211)  161°,  159V  160V,  161°,  161V 

162°,  160° ( „ 160°  32'), 

(111)  (212)  164°,  164° ( „ 164°  12), 

(111)  (321)  157°,  158° ( „ 157°  48  ), 

(211)  (102)  137V,  138V ( „■  136°  55), 

(211)  (210)  156°,  155V  1542/3  ( „ 155°  56'), 

(221)  (210)  154° ( „ 153°  26'), 

(522)  (210)  160V ( „ 159°  6'), 

(522)  (102)  133V ( „ 134°  29'), 

(430)  (210)  170°,  169V ( , 169°  42'), 

(430)  (021)  123V ( „ 122°  27'), 

(430)  (010)  127  V,  126V *•  ( „ 126°  52  ), 

(430)  (212)  159°, 

(430)  (211)  143V 

Die  Flächen  von  (201)  zeigen  ausser  der  polysynthetischen  Zu- 


sammensetzung und  der  dadurch  bedingten  Drusigkeit  oder  groben  bis 
zarten  Parquettirung  in  nicht  häufigen  Fällen  Streifung.  Entweder  sind 
dieselben  parallel  zu  den  Combinationskanten  zwischen  (201)  und  (211) 
fein  gerieft  (Tab.  I,  Fig.  6)  oder  aber  parallel  zu  (201)  (110)  oder 
(201)  (403)  demnach  horizontal  oder  vertikal  fein  gestreift.  Diese 
letztere  Art  der  Streifung  tritt  nur  in  der  Nähe  der  Kanten  (210)  (110) 
oder  (201)  (403)  auf,  und  verliert  sich  durch  zarter  werdende  Striche 
endlich  gänzlich.  (Tab.  II,  Fig.  12.) 

Die  Flächen  (111)  zeigen  verschiedene  Beschaffenheit;  entweder 
sind  sie  ganz  eben,  glänzend,  insbesondere  dann,  wenn  sie  recht  unter- 
geordnet ausgebildet  sind,  oder  aber  hexagonal  oder  parallel  zu  (111) 
(211)  und  (111)  (212),  oder  trigonal  nur  zu  (111)  (212)  gestreift. 
Insbesondere  die  Streifung,  welche  durch  oscillatorische  Combination 
der  (211)  Flächen  mit  den  (111)  Flächen  bewirkt  wird,  erscheint  stärker 
und  deutlicher  als  die  andere. 

Auch  treten  die  (211)  Flächen  so  deutlich  auf,  dass  die  (111) 
Flächen  häufig  treppenförmig  erhöht  erscheinen,  Tab.  I,  Fig.  6 auf 
(111)  angedeutet.  Nicht  selten  wird  durch  eine  grosse  eingeschobene 
(211)  Fläche  die  (111)  Fläche  in  zwei  Hälften  getheilt,  wie  auf  Tab.  I, 
Fig.  6 auf  (111)  ersichtlich  ist.  Manche  zarte  trigonale  Streifung  der 
(111)  Flächen  lässt  sich  auf  die  oscillatorische  Combination  (323) 
zurückführen. 

Die  Flächen  (211)  sind  in  den  meisten  Fällen  sehr  stark  gerieft 
oder  seltener  schwächer  gestreift,  parallel  zu  den  Kanten  (211)  (111); 
meistens  sieht  man  an  den  (211)  Flächen,  dass  die  Riefung  durch 


[5] 


Pyrit,  vou  Waldenstein  in  Kärnthen. 


17 


oscillatorische  Combination  mit  (111)  bewirkt  wird,  da  oft  ausgedehnte 
Flächen  von  (1 1 1)  darauf  zum  Vorschein  kommen. 

Tab.  I,  Fig.  6 auf  (211),  Tab.  I,  Fig.  8 ebenso.  In  einigen 
Fällen  sieht  man  auch  eine  Streifung  parallel  zu  (211)  (212). 

Die  Kanten  zwischen  (102)  und  (210)  erscheinen,  wie  dies  auf 
Tab.  I,  Fig.  (3  ersichtlich  gemacht  ist,  eingekerbt  durch  (211)  und 
(110),  manchesmal  erscheint  (211)  dadurch  parallel  zu  (211)  (110) 
gestreift. 

Die  Flächen  (433),  (322)  (522),  (311)  (411)  sind,  die  ersteren 
zwei  immer,  sehr  fein  zu  den  Combinationskanten  (111)  (211)  die 
letzteren  häufig  zu  dieser  Kante  gestreift.  Häufig  sind  diese  Gestalten 
auch  nur  mit  unvollzähligen  Flächen  entwickelt,  wie  allenfalls  Tab.  I, 
Fig.  9 bei  (433)  (232)  darstellt. 

Die  Fläche  (212)  ist  in  den  meisten  Fällen  glatt,  eben,  glänzend, 
weniger  häufig,  zart,  parallel  zu  (111)  (212)  gestreift;  noch  seltener 
sieht  man  auf  diesen  Flächen  einzelne  (111)  Flächen,  Tab.  I.  Fig.  6. 
welche  die  Streifung  bewirken.  Auch  erscheinen  die  Kanten  (212)  (102) 
eingekerbt  durch  Flächen  (111)  (101),  wie  auf  Tab.  I,  Fig  6 auf  (212). 

Ebenso  ist  (323)  zart  gestreift,  parallel  zur  Kante  (212)  (111). 

Die  Flächen  (101)  und  (304)  sind  meist  glänzend  und  bieten 
keine  Eigenthümlichkeiten  dar,  ausser  dass  (101)  oscillatorisch  auf  den 
Kanten  zwischen  (210)  (210)  auftritt  und  dieselben  einkerbt.  Tab.  I,  Fig.  6, 

Die  (421)  Flächen  meist  glatt  und  ebenglänzend  sind  nicht  selten 
unvollzählig. 

(100)  ist  nur  als  schwache  Kantenabstumpfung  zwischen  (210) 
(210),  demnach  sehr  untergeordnet  und  nicht  auf  allen  Kanten  bekannt, 
dabei  aber  nicht  immer  auf  der  ganzen  Kante  laufend,  sondern  ab- 
sätzig  Tab.  I,  Fig.  6;  manchesmal  durch  (101)  schwach  horizontal  oder 
vertikal  gestreift. 

Die  Flächen  von  (904)  sind  ganz  eben  und  höchst  zart  parallel 
zu  (904)  (201)  gestreift;  die  Streifung  erscheint  erst  bei  günstiger 
schiefer  Beleuchtung  auf  diesen  Flächen. 

Die  Flächen  (11*52)?  sind  immer  uneben,  runzlig,  schwach  glän- 
zend, desshalb  die  Unsicherheit  in  ihrer  Bestimmung. 

Alle  anderen  seltener  auf  Pyrit  zum  Vorschein  kommenden  Flächen 
sind  meist  klein,  unvollzählig  und  häufig  eben,  glatt,  glänzend. 

Die  bei  Pyrit  am  häufigsten  vorkommenden  Flächen  konnten 
durch  Messung  mit  dem  Anlegegoniometer  oder  nach  dem  Verlaufe  der 
Kanten  erkannt  werden. 

Die  kleineren  Flächen  Hessen  keine  Messung  der  Kantenwinkel 
zu,  weil  die  Krystallflächen  wegen  der  Kleinheit  die  Anwendung  des 
Anlegegoniometers,  die  Grösse  der  Krystalle  aber  den  Gebrauch  von 
Reflexionsinstrumenten  ausschliessen.  Es  mussten  aus  ebenen  Winkeln 
die  einzelnen  Kry stallgestalten  construirt  werden.  Die  Messung  geschah 
bei  den  meist  mikroskopisch  kleinen  Flächen  unter  dem  Mikroskope. 

Kleine  zwischen  (101)  und  (102)  liegende  Flächen  mit  parallelen 
Combinationskanten  Hessen  keine  sichere  Bestimmung  zu,  desshalb 
wurde  der  ebene  Winkel  der  beiden  Combinationskanten  (304)  (212) 

Mineralogische  Mittheilungen.  1876.  I.  Heft.  (R.  Hclmhacker.)  • > 


R.  Helmhacker. 


18 


[6] 


und  (304)  (212)  mit  etwa  45°  9'  gemessen,  was  dem  Pentagonal- 
dodekaeder (304)  entspricht. 

Auch  (411)  wurde  ähnlich  bestimmt:  Diese  Flächen  liegen  in  der 
Zone  (111)  (211)  sind  also  jedenfalls  ein  Leucitoeder.  Der  Winkel 
zwischen  den  Kanten 

(411)  (102)  mit  (411)  (4ll)  ist  etwa  36°  12' 

(411)  (101)  „ (411)  (411)  „ „ 108°  19' 

(411)  (102)  „ (411)  (101)  „ „ 33°  14' 

177°  45'  (statt  180°). 

Die  winzig  kleinen,  nicht  ganz  gerade  Kanten  bildenden  Flächen 
sind  also  (411). 

Die  Flächen  (311)  liegen  zwischen  (411)  und  (211);  die  von 
(522)  zwischen  (311)  und  (211)  und  sind  nach  dem  Combinations- 
kantenverlauf  zu  erkennen. 

Die  neue  Fläche  (322)  liegt  in  der  Zone  zwischen  (211)  (111) 
und  bildet  mit  (102)  eine  Zone,  in  welcher  (212)  liegt,  wornach  sie 
bestimmt  ist. 

Die  neue  Fläche  (433)  wurde  aus  dem  Zonenverbande  (211)  (111) 
und  (212)  (221)  oder  aus  der  Zone  (322)  (111)  und  dem  Verlauf  der 
Combinationskanten  bestimmt. 

Die  neuen  Flächen  (532)  und  742)  liegen  erstere  in  der  Zone 
(322)  (210),  letztere  in  (532)  (210)  und  bildet  mit  (421)  leicht  be- 
stimmbare Combinationskanten. 

Die  Fläche  (1D52)?  konnte  wegen  ihrer  Unebenheit  nur  fraglich 
bestimmt  werden. 

Die  Fläche  (314)  tritt  als  enger  Streifen  die  Kanten  (102)  (212) 
abstumpfend  auf. 

Die  Fläche  (432)  liegt  in  der  Zone  (212)  (221)  und  (111)  (321), 
wonach  dieselbe  erkannt  wurde. 

Das  Pentagondodekaeder  801  wurde  darnach  erkannt,  dass  dessen 
oberer  Winkel  zwischen  den  Kanten  (801)  (411)  und  (801)  (41 1)  mit 
etwa  53  V20  gemessen  werden  konnte. 

Das  Pentagondodekaeder  940  liess  die  Messung  des  ebenen  Win- 
kels der  Kanten  (841)  (940)  und  (841)  (940)  mit  etwa  45  V/  zu, 
woraus  die  Bestimmung  geschah. 

Die  Gestalt  (14  11  10)  liegt  in  der  Zone  zwischen  (212)  (221). 
Die  Combinationskanten  mit  (111)  und  (211)  convergiren  gegen  (212)r 

Der  ebene  Winkel,  gebildet  durch  die  Kanten  (14  11  10)  (212) 
und  (14  11  10)  (221)  beträgt  etwa  293/4°,  was  mit  dem  Winkel,  den 
diese  Form  mit  den  beiden  erwähnten  Combinationskanten  bildet,  recht 
gut,  trotz  der  mikroskopischen  Kleinheit  der  gemessenen  Fläche  über- 
einstimmt. 

Die  neue  Form  (13*73)  bildet  mit  (211)  (221)  (210)  folgende 
ebene  Winkel.  Die  Kante 

(13.73)  (211)  mit  (13.73)  (221)  etwa  112° 

(13.73)  (221)  „ (13.73)  (210)  „ 53° 

(13.73)  (211)  „ (13.73)  (210)  „ 15° 


[7] 


Pyrit  von  Waldenstein  in  Kärnthen. 


19 


Das  Diploid  (13-96)  liegt  zwischen  (13-73)  und  (432)  dann  zwi- 
schen (211)  und  (221).  Die  Kanten  (432)  (13'96)  und  (13'96)  (321) 
convergiren  gegen  (221)  mit  einem  Winkel  von  39°.  Die  Kanten  (13-96) 
(432)  und  (13-96)  (221)  bilden  66°;  (13  96)  (221)  und  (13-73)  (13-96) 
aber  75°. 

Ausserdem  liegt  zwischen  (221),  (13-73)  und  (13*96)  das  Diploid 
(321),  dessen  Kante  (221)  (321)  in  einer  Zone  mit  den  Kanten  zwi- 
schen (142)  (121)  (221)  zu  denen  sie  parallel  ist,  liegt.  Die  ebenen 
Winkel  betragen: 

Die  Kante  (321)  (211)  mit  (13*73)  (321)  misst  6°  20' 

„ „ (13-73)  (321)  „ (13-96)  (321)  „ 117°  20' 

„ „ (13-96)  (321)  „ (321)  (221)  „ 56°  20' 

Nach  diesen  Winkelmessungen  ergehen  sich  die  neuen  Formen 
als  (13-73)  und  (13-96).  Dieselben  sind  nur  unter  dem  Mikroskope 
deutlich  sichtbar  und  stimmen  die  gefundenen  Winkel  bedeutend  mit 
den  durch  Construction  erhaltenen.  Auf  Tab.  II,  Fig.  1 1 sind  dieselben 
dargestellt. 

Die  Fläche  (231)  liegt  in  der  Zone  (102)  (210),  indem  sie  die 
Kanten  abstumpft.  Schmale  Flächen  wurden  nur  selten  aufgefunden. 

Alle  diese  Formen  sind  mit  Ausnahme  von  (231)  und  den  zwischen 
(321)  und  (111)  auftretenden  Flächen  (432)  auf  Tab.  I und  II  dar- 
gestellt. 

Die  sehr  flächenreichen  Krystalle  von  Waldenstein  haben  vor- 
herrschend die  Gestalt  von  (210),  auf  der  alle  andern  Formen  unter- 
geordnet zum  Vorschein  kommen. 

Zwillinge  sind  an  Waldensteiner  Pyriten  noch  nicht  beobachtet 
worden. 

Eine  halbe  Stunde  Wegs  von  Waldenstein,  ebenfalls  am  linken 
oder  südlichen  Ufer  des  Waldensteinbaches,  ist  die  Koch-  (einst  Eduard- 
bau) Zeche  auf  grobkörnigen  Siderit  bauend,  welcher  gestört  gela- 
gerte Lager  im  Glimmerschiefer  bildet.  In  dem  Siderit  kommen  auf 
mit  Siderit  ausgekleideten  Spalten  aufgewachsen  oder  im  Siderit  selbst 
Bournonite  (Wölchit)  vor.  Auf  Spalten  des  Siderit.es,  die  oberflächlich 
etwas  gelblichbraun  und  erdig  zersetzt  sind,  finden  sich  recht  nette, 
mehr  als  erbsengrosse  Pyritkrystalle  aufgewachsen.  Dieselben  zeigen 
keine  solche  Formenmannigfaltigkeit  wie  die  vom  Pulverthurmstollen 
im  Haematit  eingewachsenen. 

Beobachtet  wurden  ganz  ebenflächige  Formen  von: 

(111)  (102);  die  Flächen  (111)  matt,  rauh,  zart  drüsig  (102) 
stark  glänzend;  oder 

(102)  (111)  sämmtliche  Flächen  glänzend;  oder 

(102)  (111)  (321)  recht  nett  entwickelte  Formen. 


Ueber  Pyrit  im  Allgemeinen. 

Die  Fundorte  von  flächenreichsten  Pyritkrystallen  sind  Brosso  und 
Traversella  bei  Ivrea  in  Piemont  und  die  Insel  Elba.  Aus  dem  Materiale 
von  5603  einzelnen  Pyritkrystallen  dieser  Fundörter,  welche  im  Turiner 

3* 


20 


R.  Helmhacker. 


[8] 


naturwissenschaftlichen  Museum  und  in  dem  mineralogischen  Kabinet 
der  Turiner  Ingenieuranstalt  aufbewahrt  sind,  ist  die  vollständigste 
Monographie  des  Pyrites  hervorgegangen.  (Giovanni  Struever,  Studi 
sulla  mineralogia  italiana;  Pirite  del  Piemonte  e dell’Elba  1869,  ent- 
halten in  Memorie  della  Pieale  Accademia  delle  Scienze  di  Torino 
Serie  II,  Tome  XXYI.) 

Struever  führt  54  Formen  an,  welche  am  Pyrit  bekannt  sind, 
zu  denen  Zepharovich  (Mineral.  Mittheilungen  IV,  Ullmanit  und  Pyrit 
aus  der  Lölling  in  Kärnthen,  Sitzungsber.  Acad  Wiss.  Wien,  mat. 
nat.  Classe  1869,  Bd.  60,  1.  Abtheil.,  pag.  814,  815)  noch  drei  un- 
sichere Formen  hinzufügt. 

An  den  untersuchten  202  einzelnen  Krystallen  von  Waldenstein 
wurden  28  einfache  Krystallgestallten  nachgewiesen,  von  denen  10  neu 
sind.  Würde  das  untersuchte  Materiale  bedeutender  gewesen  sein,  so 
wäre  die  Zahl  der  Formen  möglicherweise  noch  ansehnlicher  geworden  sein. 

Hier  folgt  die  Uebersicht  aller  bisher  am  Pyrit  beobachteten 
Formen : 


Zahl 

Bezeichnung  nach 

Vorkommen 
in  Brosso, 
Traversella 
oder  auf 
Elba 

Vorkommen 
in  Waiden- 

Neue 

Miller 

Naumann 

stein 

(Kärnthen) 

Formen 

1 

(100) 

oo  0 co 

X 

1 

2 

* (710)? 

oo  0 7 
+ _ 2~ 

X 

3 

jt  (920) 

oo  0 | 

2 

X 

4 

x (410) 

oo  0 4 
+ 2 

X 

5 

x (720) 

■ oo  0 \ 

' 2 

6 

x (10-30) 

^ 10 
°°ö7 

2 

X 

7 

* (310) 

oo  0 3 

+ 2 

X 

8 

x (1140) 

x (520) 

L “ 

X 

9 

^ 2 

oo  0 1 
' 2 

X 

10 

x (940) 

, OO  o f 

2 

2 

neu 

11 

x (210) 

oo  0 2 
+ 2 

X 

3 

[9] 


Pyrit  von  Waldenstein  in  Ivärnthen. 


21 


Zahl 


12 

13 

14 

15 

16 

17 

18 

19 

20 

21 


Bezeichnung  nach 


Miller 


24 

25 

26 

27 

28 

29 

30 


x (530) 
x (320) 
x (750)? 
x (430) 
7t  (540)? 
x (11-90) 

x (650) 

(HO) 

x (780) 

x (670) 

x (560) 

x (450) 

x (340) 

x (230) 

x (120) 

x (250) 

x (180) 
(331) 
(221) 


N au  mann 


+ 

+ 

+ 


oo  0 


5 


2 

oo  O g 


oo  0 4 


+ 


OO  0 
2 

OO  o - 


OO  0 § 
2 

oo  0 

oo  O f 

~2_ 

°°  0 -6 
2 

oo  0 f 
2 

oo  0 | 


co  0 | 
2 

oo  0 2 
2 

°°  o I 
2 

oo  0 8 
2 

3 0 
2 0 


Vorkommen 
in  Brosso, 
Traversella 
oder  auf 
Elba 


Vorkommen  ! 
in  Waiden-  | Neue 
stein  ; Formen 
(Ivärnthen) 


neu 


22 


R.  Heinihacker. 


[10] 


Zahl 

Bezeichnung  nach 

Vorkommen 
in  Brosso, 
Traverselia 
oder  auf 
Elba 

Vorkommen 
in  Waiden- 

Neue 

Miller 

Naumann 

stein 

(Kärnthen) 

Formen 

31 

(332) 

1 o 

X 

9 

32 

(111) 

0 

X 

10 

33 

(655)?  0 

|0| 

34 

(433)  *) 

i 0 1 

11 

neu 

35 

(322) 

f 0 1 

12 

neu 

36 

(211) 

2 0 2 

X 

13 

37 

(11  55) 

¥ o ¥ 

X 

38 

(944) 

I 0 | 

X 

39 

(522) 

1 0 t 

X 

14 

40 

(311) 

3 0 3 

X 

15 

41 

(411) 

4 0 4 

X 

16 

42 

(911) 

9 0 9 

43 

* (421) 

•hl 

X 

17 

44 

x (841) 

+ [*¥] 

X 

18 

45 

* (10.5  1) 

+ [io».] 

46 

x (632) 

+ [¥2] 

X 

47 

x (432) 

X 

19 

48 

* (321) 

+ [¥J] 

X 

20 

49 

x (531) 

+ m 

50 

x (532) 

+[%o1] 

21 

neu 

*)  (433)  ist  als  neu  angeführt.  Zepharovich  (1.  c.  p.  844)  sagt  selbst: 
„die  Angabe  der  beiden  letzteren  Formen  (nämlich  Nr.  33  und  34  (655), 
(433),  welche  am  Pyrit  neu  wären,  beruht  auf  sehr  unsicheren  Messungen.“ 
Ebenso  unsicher  scheint  Nr.  62,  (12'65)  zu  sein.  Die  Flächen  (744)  sieht 
Zepharovich  selbst  als  nicht  selbständige  Form  an,  desshalb  dieselben  hier 
in  der  Uebersicht  fehlen. 


[11] 


Pyrit  von  Waldenstein. 


23 


Zahl 

Bezeichnung  nach 

Vorkommen 
in  Brosso, 
Traversella 
oder  auf 
Elba 

Vorkommen 
in  Waiden- 

Miller 

Naumann 

stein 

(Kärnthen) 

51 

* (742) 

R oil 

22 

L 2 J 

52 

* (13-73) 

+ 1 

'¥  0 V] 

23 

2 J 

53 

jt  (851) 

+ 

X 

54  ; 

7t  (10.61) 

+ [ 

10  0^1 

x 

55 

jt  (932) 

+ 

L-P] 

X 

56 

jt  (11.  5 2) 

+ 

'VOt 

24 

2 

' 

57 

jt  (10.  8 7) 

+ 

-1»  n s" 

7 ° i 

2 

58 

* (16-63) 

+ 

-16  n 8' 

2 . 

X 

59 

jt  (14. 11. 10) 

+ 

-iA  0 11 
1«  U 11 

2 . 

JO 

60 

jt  (13-96) 

+ 

'1*  0 — 
6^0 

26 

2 

61 

| jt  (12  65)? 

+ 

_Jr  o 2 

2 

62 

jt  (231) 

— 

~3  0 f 
o 

X 

27 

63 

jt  (342) 

— 

~2  0 f 
2 

X 

64 

* (453) 

— 

i i 

fcO  o 

1 1 

X 

65 

* (241) 

'4  0 2" 

2 

66 

jt  (314) 

— 

r 4 o f 
2 J 

28 

Neue 

Formen 


neu 


neu 


neu 


24 


R.  Helmhacker.  Pyrit  von  Waldenstein  in  Kärnthen 


[12] 


Im  Ganzen  sind  jetzt  am  Pyrit  bekannt : 

1  Hexaeder, 

1 Octaeder, 

1 Rhombendodekaeder, 

10  Leucitoeder, 

3 Galenoi'de, 

17  Pentagonaldodekaeder,  j^ositive, 
9 „ verwendete, 

19  Diploide,  positive, 

5 „ verwendete, 


Am  Waldensteiner  Pyrit  bekannt: 

1 Hexaeder, 

1 Octaeder, 

1 Rhombendodekaeder, 

6 Leucitoeder, 

2 Galenoide, 

3 Pentagonaldodekaeder,  positive, 

2 „ verwendete, 

10  Diploide,  positive, 

2 „ verwendete, 


Schliesslich  muss  bemerkt  werden,  dass  die  Krystalle  zur  Unter- 
suchung aus  der  reichen  Krystallsammlung  des  Herrn  Hüttendirectors 
Gejka  in  Niklasdorf  bei  Leoben,  aus  den  Sammlungen  der  Herren  Med. 
Dr.  v.  Ferstl  in  Liesing  bei  Wien,  Assistenten  Ad.  Hofmann  und 
k.  k.  Bergakademie-Professors  Schöffel  stammen  und  mit  anerken- 
nenswerther  Zuvorkommenheit  geliehen  worden  sind,  wofür  den  genann- 
ten Herren  der  Dank  ausgesprochen  wird. 


Erklärung  der  Tafeln. 


Tab.  I.  1.  Die  Combination  (210)  (211)  (111)  (212)  (101); 

„ „ 2.  „ „ (210)  (111)  (421)  (211)  (212)  (13.  7 3)  (10  52)?; 

„ 3.  „ „ (210)  (111)  (211)  (212)  (213)  (421)  (101)  (532)  (742); 

„ „4.  „ „ (210)  (211)  (111)  (323)  (212)  (522)  (101)  (304)  (411)  (311); 

„ „ 5.  „ „ (210)  (211)  (212)  (111)  (433)  (304)  (101)  (201); 

„ „ 6.  ,,  „ (210)  (111)  (101)  (211)  (212)  (304)  (100) 

mit  den  auf  den  Flächen  an  verschiedenen  Krystallen  zum  Vorschein 
kommenden,  durch  oscillatorische  Combination  bedingten  Eigenthümlich- 
keiten; 

„ „ 7.  Die  Combination  an  einer  Ecke  von:  (210)  (211)  (111)  (212)  (411)  (101) 

(433)  (322); 


8.  Die  Combination  an  einer  Ecke  nebst  den  auf  (211)  oscillatoriscb  auf- 
tretenden (111)  Flächen:  (210)  (221)  (211)  (111)  (14  11  10)  (13  7 3), 
die  letzte  Form  nicht  vollzählig; 


„ „ 9.  Die  Combination  an  einer  Ecke  (210)  (111)  (211)  (212)  (101)  (13  7 3) 

(433)  (232)  (314),  die  Formen  (433)  und  (232)  unvollzählig. 

Tab.  II.  10.  Die  Combination  an  einer  Ecke:  (210)  (111)  (211)  (212)  (433)  (13  7 3) 
(13  9 6)  (213); 


„ „ 11.  Die  Combination  an  einer  Ecke:  (210)  (211)  (212)  (101)  (421)  (304) 

(111)  (13  7 3)  (433)  (432)  (13  9 6)  (213); 

„ „ 12.  Ein  unvollständiger  Krystall  mit  allen  durch  oscillatorische  Combination, 

sowie  durch  ungleiche  Centraldistanz  der  Flächen  bedingten  Eigen- 
thümlichkeiten : (201)  (101)  (430)  (211)  (111)  (212)  (841)  (801)  (411) 
(940)  (522)  (311). 

Die  sphärische  Projection  aller  am  Pyrit  bekannter  66  Formen;  die  in  Wal- 
denstein auftretenden  Gestalten  sind  dick,  die  sonstigen  dünn  beschrieben.  - 

Alle  gezeichneten  Gestalten  sind  wo  möglich  naturgetreu,  nur  sind  die  kleinen, 
manchesmal  erst  hei  bedeutender  Vergrösserung  deutlich  sichtbaren  Flächen  unver- 
hältnissmässig  grösser  gezeichnet. 


III.  Mineralogische  Beobachtungen  aus  dem  östlichen 

Böhmen. 


Von  11.  Helinhacker. 

Die  geologischen  Orientirungsreisen  in  den  Vorbergen  des  böhmisch- 
mährischen  Grenzgebirges  im  östlichen  Böhmen  ergaben  eine  Fülle  von 
neuen  Beobachtungen  und  von  bisher  unbekannt  gewesenen  Mineral- 
fundstätten, welche  noch  vor  dem  Erscheinen  der  einschlägigen  Arbeiten 
m ittbeil ungswerth  sin d. 

Einige  der  neu  aufgefundenen  Mineralfundstätten  sind  : 

I.  in  der  Gegend  südlich  von  Bojanov.  Die  Umgebung  von  Bo- 
janov,  welches  VU  Myriameter  südwestlich  von  Chrudim  und  kaum  7 
Kilometer  westlich  von  Nassaberg  (Nasavrky)  am  Chrudfmka  - (Ohebka) 
Bache  liegt,  gehört  der  südöstlichen  Fortsetzung  des  Eisengebirges  an 
und  besteht  theils  aus  Graniten,  mit  untergeordneten,  meist  gangförmig 
auftietenden  Syeniten  und  Dioriten  und  aus  Gneissen. 

Am  rechten  Chrudfmka-Ufer,  demnach  südlich  von  Bojanov  herr- 
schen Granitgneisse  mit  Biotit  und  undeutlicher  Schichtung  vor,  welche 
nach  19V2u  mit  60°  zu  verflachen  scheinen.  In  diesen  Gneissen  sind 
stock-  und  gangförmig  Aplite  eingelagert. 

Die  Aplite  bestehen  vorherrschend  aus  weissem  ziemlich  grob- 
körnigem Orthoklas,  sehr  wenig  Quarz  und  noch  weniger  Biotit,  statt 
dessen  aber  auch  hexagonale  Täfelchen  von  schmutzig  licht  graugrünem 
Talk  auftreten.  Diese  Pegmatitaplite  haben  auch  oft  keinen  Glimmer, 
statt  dessen  aber  kurze  Säulchen  von  schmutzig  grünem  Amphibol.  In 
denselben  ist  immer  Titanit  in  kleinen,  nur  wenige  Millimeter  langen 
Kryställchen  der  gewöhnlichen  Form  eingewachsen. 

In  dem  Granitgneiss  treten  an  mehreren  Orten  krystallinische 
Kalke  von  mittelkörniger  Textur  uud  rein  weisser  Farbe  zum  Vorschein, 
deren  Lagerung  wegen  nicht  hinreichend  deutlichen  Aufschlüssen  un- 
bestimmt ist ; es  ist  nicht  sicher  erwiesen,  ob  diese  krystallinischen 
Kalke  Lager  oder  Gänge  sind. 

Solche  krystallinischen  Kalke  sind  östlich  von  Bojanov,  im  nörd- 
lich fallenden  Gehänge  des  rechten  Bachufers,  westlich  von  Polanka 
und  nördlich  von  Chlum  im  Walde  Ochoz,  durch  alte  verlassene  Stein- 
brüche aufgeschlossen.  Die  Kalke  treten  stellenweise  als  Ophiocalcit  auf 
und  dürften  nach  den  unregelmässig  vertheilten  Gruben  zu  schliessen, 

Mineralogische  Mitteilungen.  1876.  1.  Heft.  (R.  Helmhacker.)  4 


26  R Helmhacker.  [2] 

eine  ziemlich  verworrene  Lagerung  haben,  die  auch  schon  der  überall 
zum  Vorschein  kommende  weisse  Pegmatitaplit  andeutet. 

Ein  anderer  Ort,  wo  krystallinische  Kalke  bekannt  sind,  ist  im 
Walde  (Schlucht)  Dehetm'k  südöstlich  von  Polanka.  Die  Schlucht  De- 
hetm'k,  welche  nach  Nordwest  sich  neigt,  mündet  gegenüber  von 
Bojanov  in  den  Chrudfmkabach ; in  derselben  ist  am  rechten  Gehänge 
ein  ebenfalls  verlassener  Steinbruch  auf  einem,  möglicher  Weise  als 
Lager  auftretenden,  mittelkrystallinischen  Kalk  angelegt.  Dieser  Stein- 
bruch ist  eine  reiche  Fundstätte  von  vielen  Mineralien,  deren  Zahl  wahr- 
scheinlich noch  grösser  wäre,  wenn  die  Brucharbeit  noch  betrieben  würde. 

Es  sind  in  der  Detnfker  Schlucht  bekannt : 

1.  Calcit  als  mittelkrystallinischer  weisser  Kalk  im  Granitgneiss 
möglicher  Weise  als  Lager  von  nur  wenigen  Decimetern  Mächtigkeit 
nach  3h  mit  60°  verflachend  und  sehr  verworren  gelagert,  was  durch 
Gänge  von  dem  oberwähnten  weissen  Pegmatit  bedingt  erscheint,  welcher 
an  zahlreichen  Stellen  im  Steinbruch  zum  Vorschein  kommt  Ausser 
dem  weissen  körnigen  Kalk  flndet  sich  der  Calcit  noch  in  derben,  grob 
krystallinischen,  durchscheinenden  Massen  als  Begleiter  der  andern 
Mineralien,  meist  an  den  Contactstellen  mit  dem  Granit.  Diese  kry- 
stallinischen Calcite  sind  immer  stark  zwillingsartig  nach  ( — ’/ 2 R.) 
gestreift. 

2.  Quarz.  Im  Pegmatit  ist  nicht  selten,  meist  aber  an  der 
Gränze  mit  dem  Nebengestein  (Gneiss  und  körniger  Kalk)  Quarz  in 
derben  Massen  von  blass  milchweisser  Farbe  ausgeschieden. 

3.  Talk.  In  diesem  Quarz  sind  dünne,  unreine,  licht  grünlich- 
grau gefärbte  Tafeln  OP  oo  F von  Talk  eingewachsen.  Die  Talktäfelchen 
haben  bis  2 cm.  im  Durchmesser  und  sind  auf  der  vollkommensten 
Spaltungsrichtung  OP  etwas  runzlig. 

4.  Orthoklas.  Am  Contacte  der  Granitgänge  mit  dem  Kalk 
sind  nicht  selten  kurze,  durch  Orthoklas  angefüllte  Klüfte  nicht  un- 
mittelbar im  Kalk,  sondern  durch  eine  bis  zwei  Finger  dicke  Lage 
eines  innigen  körnigen  Gemenges  von  Amphibol  (Tremolitnadeln)  und  Kalk 
von  demselben  getrennt  und  auf  derselben  aufgewachsen.  Der  Ortho- 
klas ist  rein  weiss  im  Bruche.  Stellenweise  finden  sich  Drusen,  die  aus 
parallel  an  einander  gereihten,  bis  bohnengrossen  Krystallen  bestehen, 
die  Klüfte  überziehend.  Die  an  der  Oberfläche  etwas  glänzenden,  schwach 
bräunlich-  oder  gelblichweiss  gefärbten  Orthoklaskrystalle  zeigen  den 
Adulartypus,  entweder  stellen  sie  die  Form  <x>P.0P.°oP<x>  oder  ° °P.0P 
ooPoo  . opoo  . 00P3  . — Po o vor.  Die  Prismenflächen  sind  schwach  ver- 
tikal gestreift,  manche  durchsichtigen  zeigen  parallel  zu  OP  Schalen- 
bildung. Die  grösseren  Krystalle  sind  sämmtlich  polysynthetische  Bil- 
dungen. Ausserdem  finden  sich  noch  grössere,  bis  kopfgrosse,  grob- 
krystallinische  Massen  in  derbem,  weissem  Orthoklas  ausgeschieden. 

5.  In  den  krystallinischen  weissen  Orthoklasnestern  wurde  als 
Seltenheit  Rhodonit,  in  kleinen  mehr  als  mohngrossen  Körnern  ein- 
gesprengt beobachtet. 

6.  Skapolith.  Im  körnigen  Orthoklas  und  Aplit  ist  Skapolith 
häufig,  entweder  in  langgezogenen  undeutlichen  Säulen,  oder  in  grob- 
krystallinischen,  derben  bis  kopfgrossen  Nestern  innig  eingewachsen. 


Mineralogische  Beobachtungen  aus  dem  östlichen  Böhmen. 


27 


[31 


Der  Glanz,  die  Durchscheinenheit,  sowie  der  Grad  der  Spaltbarkeit  und 
die  schwach  rissige  Beschaffenheit  der  Spaltungsflächen  und  die  etwas 
mehr  zersetzte  Oberfläche  von  Bruchstücken,  welche  lange  Zeit  an  der 
Luft  lagen,  lassen  dieses  Mineral  leicht  vom  ebenfalls  weissen  Orthoklas 
unterscheiden. 

Es  gehört  der  Skapolith  hier  keineswegs  zu  den  gar  seltenen 
Vorkommnissen.  Vor  dem  Löthrohr  schmelzen  kleine  Splitter  unter 
Aufschäumen  zur  durchscheinenden  Perle.  Die  Härte  ist  5V2.  Das 
spec.  Gew.  ist  2'6945  (aus  09  Gramm  bestimmt).  Im  Wasser  entwickelt 
das  Mineral  eine  grosse  Menge  von  Luftbläschen. 

Skapolith  ist  ein  für  Böhmen  neues  Mineral,  welches  sich  auch 
auf  ähnliche  Art  wie  an  andern  Orten  mit  krystallinischem  Kalk  ver- 
gesellschaftet findet. 

7.  Titanit.  Im  Orthoklas  des  Pegmatites  oder  in  dem  kry- 
stallinischen  Skapolith  sind  kleinere  bis  grössere  Krystalle  von  braunem 
glänzendem  Titanit  der  Form  a/3  P2.0P.  eingewachsen.  Kleinere  Krystalle 
sind  keinesfalls  selten ; nicht  häufig  aber  sind  Krystalle  von  der  Breite 
bis  SU  cm.  und  der  Länge  von  über  1 cm.,  welche  ihrer  Grösse  nach 
an  die  Vorkommnisse  dieses  Minerals  in  Arendal  in  Schweden  erinnern. 

8.  Im  Orthoklas  des  Aplites  ist  als  Seltenheit  Apatit  von  blass 
grüner  Farbe  und  von  höchstens  Rabenfederkieldicke  als  °°P  einge- 
wachsen aufgefunden  worden. 

Auf  kleinkrystallisirtem  blassgrünlichem  Amphibol  (Actinolit),  wel- 
cher die  Orthoklaskrystalle  trägt,  sind  kleine,  höchstens  l1^  mm.  dicke, 
kurze  Säulen  °oP.  OP  als  Gruppenkrystalle  entwickelt,  von  blass  berg- 
grüner Farbe  beobachtet  worden. 

Der  Apatit  ist  sehr  selten  anzutreffen;  er  täuscht  der  Färbung 
nach  mit  Beryll.  Die  Härte  ist  jedoch  diejenige  des  Apatites,  auch  ist 
er  in  Säuren  löslich. 

9.  Epidot  ist  im  grosskrystallinischen  zwillingsartig -gestreiften 
Calcit,  welcher  am  Contact  des  Pegmatites  mit  dem  körnigen  Kalk 
zum  Vorschein  kommt  und  auch,  wiewohl  seltener,  im  Orthoklas  oder 
Skapolith  eingewachsen.  Die  Krystalle  sind  jedoch  nur  etwa  1 — 2 mm. 
breit,  zeigen  im  Querbruch  den  muschligen,  diamantartig  glasglänzenden 
Bruch  und  Begränzungen  von  den  Flächen  OP,  — Po o,  o©Poo.  Die 
dunkelpistaciengrüne  Farbe,  der  Glanz  und  das  Verhalten  vor  dem 
Löthrohr  lassen  dieses  hier  seltene  Mineral  erkennen. 

10.  Granat.  Als  Seltenheit  fand  sich  auf  verworren  kurzfaserigem 
Amphibol  (Actinolit)  in  Begleitung  der  vorerwähnten  Mineralien  in 
dessen  Klüften  Granat  in  kleinen  gelbbraunlichgrünen  Krystallen  °o 0 
aufgewachsen.  Derselbe  ist  als  Grossular  zu  bezeichnen. 

11.  Amphibol  ist  ein  gemeines  Mineral.  Derselbe  bildet  den 
Contact  zwischen  Granit  und  körnigem  Kalk.  Die  Contactstellen,  die 
nicht  scharf  geschieden  sind,  bestehen  aus  kurzfaserigem  Amphibol 
(Tremolit)  von  verworrener  körniger  Textur  und  licht  graulichgrüner 
bis  satt  graulichgrüner  Farbe  (Actinolit).  Die  Spaltungsflächen  glänzen 
bedeutend  und  ist  das  körnige,  schwach  durchscheinende  Gewirre  von 
Tremolit  oder  Actinolit  gänzlich  mit  körnigem  Kalk  durchdrungen,  der 
gegen  den  körnigen  Kalk  zu  vorherrscht  und  die  Scheidung  zwischen 

4* 


28 


R.  Helmhacker. 


M 

der  Kalklagerstätte  und  dem  nur  einige  Finger  mächtigen  Contact- 
gestein  nicht  scharf  macht.  In  diesem  Mineral  ist  nun  die  Fundstätte 
des  Adulars,  Apatites,  des  späthigen  Calcites,  des  Epidotes,  Granates. 

Dass  das  regellos  körnig  stängliche  Mineral  wirklich  Actinolit  ist, 
lehrt  seine  vollkommene  Spaltbarkeit  und  das  Aufblähen  vor  dem 
Löthrohr.  Wenn  das  Mineral  in  seinen  an  den  Kanten  durchscheinenden 
Varietäten  feinkörniger  wäre,  so  würde  man  darin  einen  Uebergang 
in  den  (dichten)  Nephrit  erblicken  können. 

12.  Pyroxen.  Im  kleinkörnigen  Actinolit  des  Contactes  ist  ausser 
den  vorerwähnten  Mineralien  noch  Pyroxen  als  Diopsid  anzutreffen. 
Entweder  bildet  der  licht-grünlichweisse  oder  graulichweisse,  an  den 
Kanten  schwach  durchscheinende  Diopsid  krystallinische  Parthien  zu- 
gleich in  dem  Actinolit,  von  dem  er  sich  durch  die  Färbung,  den  ge- 
ringeren Glanz  auf  den  nur  vollkommenen  Spaltungsflächen,  sowie  durch 
die  geringeren  Grade  der  Durchscheinenheit  unterscheidet ; oder  aber 
ganze  Stengel  bis  mehr  als  fingerlange  und  mehr  als  fingerdicke  individua- 
lisirte  Aggregate,  die  durch  die  lichtere  Farbe  vom  Amphibol  abstechen. 

Diese  individualisirten  Diopsidaggregate  lassen,  wenn  sie  deut- 
lich erscheinen,  eine  Spaltungsrichtung  nach  °°Po o die  einen  schwachen 
Perlmutterglanz  zeigt,  erkennen.  Doch  ergiebt  sich  bei  näherer  Beob- 
achtung diese  Richtung  der  Theilbarkeit  als  weniger  vollkommene 
Schalenbildung  nach  der  Fläche  °°P°°  oder  als  Zwillingszusammen- 
setzungsebene [ooPo o}.  Diese  Fläche  erscheint  horizontal  gestrichelt  in 
Abständen,  die  im  Mittel  1/3  Mm.  entfernt  sind.  Dieser  Strichelung  nach 
ist  das  Mineral  ebenfalls  theilbar  und  ergiebt  sich  diese  zweite  Theil- 
barkeitsrichtung  leicht  als  Schalenbildung  nach  OP.  Weil  ein  jeder 
Strich  der  die  Schalen  nach  OP  trennt,  eine  wiewohl  sehr  geringe, 
aber  doch  bemerkbare  Dicke  besitzt,  so  ist  die  Vermuthung  nahe,  ob 
nicht  die  Schalentextur  nach  OP  durch  interponirte  verwendete  Pyro- 
xenlamellen  bedingt  sei.  Die  schalige  Zusammensetzung  nach  OP  ist 
übrigens  bei  Diopsid  nicht  neu  erkannt,  da  von  derselben  Tscher- 
mak  (Mineralogische  Mittheilungen  1871,  p.  22,  Ueber  Pyroxen  und 
Amphibol)  Erwähnung  macht. 

Der  Winkel  der  Fläche  (OP)  zu  (ooPoo)  beträgt  105°  30',  was 
dem  Winkel  C im  monoklinen  System  von  74°  30'  (C  = 74°  1 1 beim 
Pyroxen)  entspricht.  Die  geringe  Differenz  im  Winkel  C erklärt  sich 
durch  die  Art  der  Messung  (unter  dem  Mikroskop)  an  nicht  ganz 
ebenen,  spiegelnden  Flächen. 

An  einem  Individuum,  welches  nach  ooPoo  gespalten  ist,  erkennt 
man  diese  Fläche  als  Juxtapositionsfläche,  weil  von  derselben  die  schalig 
gebildeten  OP  Lamellen  abfallen,  indem  sie  mit  einander  den  Winkel 
149°  bilden. 

Um  sich  gänzlich  von  der  Diopsidnatur  des  Minerales  zu  über- 
zeugen, wurde  es  vor  dem  Löthrohr  untersucht ; das  spec.  Gewicht  des- 
selben wurde  zu  34992  (aus  141  Gr.)  gefunden  und  eine  unvoll- 
ständige Analyse  durch  Adjunct  E.  Donath  ausgeführt : 

SiOo  = 5L73 
CaO  = 26-24 
MgO  — 18-15 


[5] 


Mineralogische  Beobachtungen  aus  dem  östlichen  Böhmen. 


29 


Der  Diopsid  zeigt  vermöge  seiner  lamellar  -schaligen  Zusammen- 
setzung nach  OP  und  auch  nach  °o/Joo  jedoch  etwas  weniger  deutlich, 
die  vollkommene  Spaltbarkeit  nach  °oP  nur  in  solchen  Individuen,  die 
weniger  deutlich  schalig  sind.  Die  lamellar- schalige  Zusammensetzung 
verhindert  die  Hervorbringung  von  Spaltungsflächen  nach  <=op  bedeutend. 

Einige  Individuen  des  Diopsids  bestehen  in  gewissen  Theilen  am 
Rande  aus  grünlichen,  feinen  parallelen  Fasern  von  anderem  (stärkerem) 
Glanze,  welche  Actinolit  sind  und  die  eine  allmählige  anfangende 
Pseudomorphosirung  des  Diopsides  in  Actinolit  darstellen. 

13.  Columbit.  In  dem  körnigen  Kalke  fand  sich,  jedoch  nur 
ein  einziges  Mal,  demnach  als  Seltenheit,  ein  eingewachsenes,  zerbro- 
chenes Individuum  von  den  Flächen  °oPoo  deutlich  und  vielleicht  auch 
von  °oP  begränzt.  Im  Querbruch  beinahe  eisenschwarz,  ganz  schwach 
bräunlich,  halb  metallisch  glänzend,  undurchsichtig,  von  der  Härte  (i, 
einen  kirschrothen  Strich  etc.  Vor  dem  Löthrohr  unschmelzbar,  nicht  mag- 
netisch werdend  und  eine  sehr  deutliche  Manganreaction  gebend.  Mehr 
Proben  Hess  das  Mineral  nicht  zu.  Es  ist  nach  diesem  als  Columbit  zu 
erkennen. 

Das  Mineral  ist  für  Böhmen  neu,  und  ist  wegen  des  verhältnissmässig 
reichlichen  Mitvorkommens  von  Titanit  dessen  Vorhandensein  erklärlich. 

Ausser  diesen  Mineralien  sind  im  Dehetniker  Steinbruch  noch 
andere,  welche  sich  der  näheren  Bestimmung  entziehen. 

So  werden  manche  körnige  Amphibole  von  Adern  eines  dem  edlen 
Serpentin  nicht  unähnlichen , durchscheinenden  Minerals  durchzogen, 
das  sich  aber  fettig  anfühlt,  beim  starken  Druck  mit  dem  Fingernagel 
ritzen  lässt  und  auf  dichten  Talk  (Steatit)  oder  Kaolin  (Steinmark) 
hindeutet.  Es  ist  jedoch  vor  dem  Löthrohr  schwer  schmelzbar,  demnach 
möglicher  Weise  kein  reines  homogenes  Mineral,  etwa  Talk  mit  irgend 
einer  anderen  Beimengung. 

Im  weissen,  körnigen  Kalk  sind  Adern  eines  dichten  lichtgelb- 
lichgrauen, gewiss  aus  dem  Kalkstein  durch  Imprägnationen  entstan- 
denen Minerals,  vom  Kalk  nicht  ganz  scharf  getrennt,  in  welchem 
kleine  Körner  von  honiggelber  Farbe,  mattem  Glanz  im  dichten  Bruch 
und  geringer  Härte  eingewachsen  erscheinen.  Diese  Körner  entziehen 
sich  ihrer  geringen  Menge  wegen  der  näheren  Untersuchung,  sie  machen 
aber  den  Eindruck  der  vielen  durch  Zersetzung  des  Cordierites  ent- 
standenen Mineralien  von  nicht  stabiler  Zusammensetzung. 

II.  In  der  Umgebung  von  Mladotic  ist  der  Fundort  von  einigen 
recht  interessanten  Mineralien,  welche  hier  erwähnt  werden  sollen. 

Von  Cäslav  1 Myriameter  ostostsüdlich  liegt  in  der  sehr  flach - 
hügeligen  Ebene,  westlich  vom  Rücken  des  Eisengebirges  Ronov  am 
Doubravkaflusse  (bache).  Von  Ronov  bachaufwärts,  in  der  Richtung 
südost,  2 Kilometer  entlegen,  liegt  in  einem  Tliale  zwischen  steil  ab- 
fallenden Ufergehängen  das  Dorf  Mladotic. 

Von  Ronov  bis  Mladotic  herrscht  körniger  Amphibolgneiss  mit 
ziemlich  grossen  Granaten  (Almandin)  als  accessorischen  Gemengtheilen, 
in  welchem  der  Doubravkabach  zwischen  steilen  Wänden  fliesst  Nur 
untergeordnet  sind  im  Amphibolgneiss  Schichten  von  ebenflächichem 
Biotitgneiss  eingelagert.  Durch  Mladotic  geht  etwa  die  Grenze  zwischen 


30 


R.  Helmliacker. 


[6] 


dem  liegenden  Amphibolgneiss  und  dem  auf  demselben  aufgelagerten 
Biotitgneiss.  Das  Verflachen  der  Gneissvarietäten  ist  nach  4Qah  bis 
über  5 l/2h  mit  20°  bis  40°  gerichtet. 

In  dem  Amphibolgneiss  findet  sich  im  Dorfe  Mladotic  selbst,  im 
rechten  Bachufergehänge  knapp  unter  der  Mühle,  ein  Serpentinstock 
mit  nicht  deutlich  sichtbarer  Begränzung  vom  Gneiss. 

1.  Der  Serpentin  des  Stockes  ist  lichtgraugrün,  grob  bankförmig 
abgesondert  und  unter  dem  Rasen  ziemlich  zersetzt.  Derselbe  führt 
noch  kleine  Körnchen  von 

2.  Olivin,  ist  demnach  ein  Olivinserpentin,  in  welchem  auch 

3.  Bronzit  (Enstatit)  in  kleinen  krystallinischen  Körnern  wie  in 
allen  Olivinserpentinen,  sowie  auch 

4.  Chrom it  in  sehr  kleinen  Körnchen  eingewachsen. 

Der  unter  dem  Rasen  etwas  mehr  zerklüftete  umgewandelte  Ser- 
pentin ist  in  den  Klüften  von  schwachen  Krusten  oder  Ueberzügen  von 

5.  Magnesit  weiss  angeflogen. 

Stellenweise  sind  im  Serpentin  und  zumal  im  etwas  frischeren  bis 
fingerdicke  Adern  von  späthigem 

6.  Calcit,  eines  im  Serpentin  nicht  sehr  häufigen  Minerales, 
zu  finden. 

Andere  Klüfte  sind  bis  mehr  als  fingerdick  mit 

7.  Gymnit  von  licht  schmutzig  gelblichgrauer  Farbe  ausgefüllt. 
Der  Gymnit,  welcher  hier  zum  erstenmale  in  Böhmen  nachgewiesen 
wurde,  ist  sehr  schwach  an  den  Kanten  durchscheinend,  schimmernd, 
fettglänzend,  ziemlich  leicht  zerbröckelnd  und  unvollkommen  nuiscklig 
brechend.  Er  ist  durchaus  mit  dünnen  Klüften  durchzogen  und  an  den- 
selben schwarz  durch 

8.  Psilomelan  gefärbt. 

Manche  der  erwähnten  körnigen  Calcitadern  im  etwas  frischeren 
Serpentin  enthalten  in  der  Mitte  eine  wenige  Millimeter  schwache  Lage 
von  grünlichgrauem  Gymnit,  der  demnach  erst  nach  der  Calcitbildung 
die  Adern  ausfüllte. 

Dieser  Gymnit  ist  stark  mit  mikroscopisehen  Poren  durchzogen, 
da  er  im  Wasser  bedeutende  Mengen  von  Luftbläschen  entwickelt.  Das 
spec.  Gew.  der  ganz  rein  ausgesuchten  Stückchen,  ohne  jede  Psilo- 
melanfärbung  (L23  Gramm)  beträgt  2.4400,  ist  demnach  gegenüber 
den  sonst  als  spec.  Gew.  angegebenen  Zahlen  etwas  gross.  Bei  einem 
nicht  krystallisirten  Mineral,  das  zudem  noch  ein  Zersetzungsproduct 
ist,  darf  dies  nicht  auffallen. 

Unter  dem  Rasen  ist  stellenweise  der  Serpentin  ganz  in  einen 
gymnitischeu  zersetzten  Serpentin  umgewandelt,  in  welchem  kleine 
Nester  von  weissem 

9.  Quarz  eines  im  zersetzten  Serpentin  so  seltenen  Minerales 
aufgefunden  worden  sind.  An  den  Berührungsstellen  mit  den  Quarz- 
nestern und  an  Klüften  finden  sich  in  dem  zersetzten  Serpentin  grüne 
Schuppen,  die  man  als 

10.  Chlorit  zu  bezeichnen  pflegt,  welche  aber  auch  grüner  Talk 
sein  könnten. 

Am  linken  Ufer  des  Doubravkabaches  zieht  sich  das  Dorf 
einen  etwas  sanfteren  Hügel  in  einzelnen  Hütten  aufwärts.  An  dem 


[7] 


Mineralogische  Beobachtungen  aus  dem  östlichen  Böhmen. 


31 


Hügel  südlich  von  der  Mühle,  etwa  1000  Schritt  entfernt,  ist  im 
Gneiss,  (wahrscheinlich  in  dem  Biotit-  wie  im  Amphibolgneiss)  ein  Stock 
eines  an  den  Begränzungsflächen  nicht  recht  aufgeschlossenen  diorit- 
ähnlichen  Gesteins  eingelagert,  welches  zufällig  in  einer  Grube  am 
Felde  frisch  entblösst  und  unzersetzt  anzutreffen  war. *)  Das  Gestein 
besteht  aus  groben  bis  beinahe  grossen,  grobkörnigen  Aggregaten  von 
weissem  durchscheinendem  Feldspath  und  lichtgrünen,  grob  aber  kurz- 
faserigen, stellenweise  etwas  verworrenfaserigen  Amphibolaggregaten. 

Der  Feldspath  ist 

11.  An orthit.  Derselbe  ist  glasglänzend,  in  hohem  Grade  durch- 
scheinend, an  den  sehr  deutlichen  Spaltungsflächen  schwach  perlmutter- 
glänzend  und  nur  an  wenigen  solchen  Flächen  zwillingsartig  gestreift, 
meist  ohne  Streifung.  Zufälliger  Weise  fand  sich  in  dem  Gestein  eine 
Ausscheidung,  in  welcher  der  Anorthit  gegenüber  dem  Amphibol  sehr 
vorherrschte,  und  beinahe  bis  nussgrosse,  ganze,  reine  Anorthitaggregate 
zu  schlagen  erlaubte. 

Diese  ganz  reinen  körnigen  Anorthitaggregate  werden  in  Klüften 
matt,  an  den  Stellen,  an  welchen  Witterungseinflüsse  sich  geltend 
machten,  weiss  undurchsichtig.  Dünne  Klüfte  erscheinen  dann  mit 
weissen,  sehr  feinkörnigen  bis  erdigen  dünnen  Calcitkrusten  überzogen ; 
ein  Beweis,  dass  man  es  hier  mit  einem  leicht  zersetzbaren  Feldspath 
zu  thun  hat. 

Wenn  in  dem  Gestein  der  Amphibol  dem  Anorthit  das  Gleich- 
gewicht hält,  und  wenn  dasselbe  durch  die  Witterungsverhältnisse  ober- 
flächlich zersetzt  erscheint,  so  bilden  die  Amphibolkörner  wenig  ver- 
änderte Höcker  und  hervorstehende  grössere  Narben  oder  Hervor- 
ragungen  auf  der  zersetzten  Gesteinsoberfläche,  während  die  Anorthit- 
körner schmutzigweisse,  erdige,  undurchsichtige  Vertiefungen  und  kleine 
Gruben  bilden  ; ebenfalls  ein  Beweis  wie  leicht  der  Anorthit  gegenüber 
dem  Amphibol  zersetzbar  ist. 

Die  Härte  und  das  Verhalten  vor  dem  Löthrohr  zeigt  der  Anorthit 
wie  alle  Feldspäthe,  er  schmilzt  schwer  zu  einer  wenig  blasigen,  durch- 
sichtigen Kugel.  Das  für  denselben  wenig  charakteristische  spec.  Gewicht 
(aus  1 Gramm)  beträgt  2V202. 

Kleine  Spaltungsstücke  zeigen  eine  schalige  (zwillingsartige  ?)  Zu- 
sammensetzung nach  der  Fläche  OP.  Auf  OP  eine  schwache  Zwillings- 
streifung parallel  der  Kante  (OP)  (ooPoo).  Der  Winkel  der  Spaltungs- 
flächen  (OP)  (ooPoo)  wurde  unter  dem  Mikroskope  mit  85°  26'  (statt 
85°  50')  gefunden.  Die  Winkeldifferenz  erklärt  sich  leicht  bei  Messun- 
gen unter  dem  Mikroskope,  wo  mit  der  Hand  eingestellt  wird  und  wo, 
wenn  die  zu  messende  Kante  nicht  genau  parallel  der  Richtung  der 
Mikroskopachse  gestellt  ist,  der  Winkel  immer  kleiner  ausfällt. 

In  eoncentrirter  Salzsäure  ist  das  Pulver  leicht  unter  Abscheidung 
von  pulverförmiger  Kieselsäure  löslich. 


')  Auf  der  durch  die  geologische  Reichsanstalt  vorgenommenen  Kartirung 
dieser  Gegend  ist  am  linken  Ufer  Serpentin  eingezeichnet.  Das  Dioritgestein  ist  noch 
nicht  ausgeschieden. 


32 


R.  Helmhacker.  [gj 

Eine  unvollständige  Analyse  von  Stud.  Rob.  Ulilig  ausgeführt  ergab: 

Si02  42"34  darin  0 . . . 22-6  oder  das  Verhältnis  4-00 

A1203  35-50  „ „ 16-6  „ „ „ 2‘94 

CaO  18-70  „ „ 2 „ „ „ '4 

Alkalien  unbestimmt unbestimmt unbestimmt 

9(3-54 

Das  Verhältnis  des  0 von  Si02 : A1203  ist  4 : 2"94,  also  sehr  nahe 
4 : 3 wie  beim  Anorthit.  Würden  die  Mengen  der  Alkalien  bekannt 
sein,  so  wäre  das  Verhältniss  des  Ö von  CaO  und  der  Alkalien  auch 
beinahe  1. 

Doch  reicht  diese  Analyse  völlig  hin,  um  die  Bestimmung  des  Mi- 
nerales als  Anorthit  zu  bestätigen. 

Der  Anorthit  ist  ein  für  Böhmen  neues  und  an  dieser  Localität 
recht  deutlich  auftretendes,  zudem  nicht  seltenes  Mineral. 

Das  Gestein,  welches  den  Anorthit  und  den  grünen  Amphibol, 
der  nur  seltener  schmutzigbräunlich  ist,  führt  und  in  welchem,  dem 
blossen  Anblick  nach,  wenn  es  typisch  entwickelt  ist,  beide  Gemeng- 
theile so  ziemlich  im  Gleichgewichte  vorhanden  sind,  ist  ein  für  Böhmen 
neues  Anorthitgestein : 

Der  Corsit,  Dieses  Gestein  ist  regellos  körnig,  grob  bis  mittel- 
körnig, auffallend  durch  die  leichte  Zersetzbarkeit  des  Anorthites.  Bei 
Mladotic  findet  sich  ausser  dieser  Varietät  noch  eine  andere,  bei  der 
die  Amphibole  unregelmässig  nach  einer  Richtung  parallel  angeordnet 
erscheinen. 

Mit  diesem  Fundort  wird  die  geringe  Zahl  der  Stellen,  an  denen 
der  Corsit  bekannt  ist,  vermehrt. 

Die  körnigen  Corsite  sind  bisher  nur  vom  Konsekovskoj  Kamen 
bei  Bogoslovsk  im  Ural  und  im  Yamaska-Mountain  in  Canada  erkannt 
worden  ; die  Corsite  mit  kugelförmiger  Textur  sind  nur  von  Sarthene 
auf  Corsika  und  von  Forsjö  bei  Calmar  in  Schweden  bekannt. 

Doch  mit  diesem  Fundort  des  Corsites  bei  Mladotic  ist  das  Vor- 
handensein dieses  sonst  nicht  häufigen  Gesteins  nicht  abgeschlossen. 
An  manchen  andern  Stellen  findet  sich  dasselbe. 

Erwähnenswerth  ist  der  mächtige  Stock  von  Corsit  im  Eisen- 
gebirge selbst,  in  Hrbokov  mitten  zwischen  Bojanov  und  Väpenny  Podol, 
8 Kilometer  südlich  von  Her  manu  vmöstec,  wo  in  demselben  beide  Ge- 
mengtheile, weil  er  grob  bis  mittelkörnig  erscheint,  gut  erkennbar  sind, 
der  Anorthit  jedoch  keine  grösseren  Ausscheidungen  bildet. 

In  dem  Hrbokover  Corsit  sind  auch  kleine  Körnchen  von  Pyrit 
eingewachsen. 

Das  Alter  des  Corsites  in  Böhmen  kann  weder  zu  Mladotic  noch 
bei  Hrbokov  bestimmt  werden;  allein  es  gibt  noch  andere  Fundörter,  von 
diesem  typischem  Gesteine  im  Eisengebirge,  aus  denen  auf  dessen  Alter 
geschlossen  werden  kann. 

In  der  Nähe  mancher  Corsitstöcke  des  Eisengebirges  finden  sich 
phyllitähnliche  metamorphosirte  Grauwackenschiefer  und  Quarzite  mit 
Lagern  von  krystallinischem  Kalk.  In  den  Quarziten  und  dem  kry- 
stallinisclien  Kalk  sind  aber  seltene  Reste  von  Versteinerungen,  nach 


Mineralogische  Beobachtungen  aus  dem  östlichen  Böhmen. 


33 


[9] 


denen  man  mit  Sicherheit  auf  ein  unterpalaeozoisches  Alter  und  mit 
Wahrscheinlichkeit  auf  die  Silurformation  schliessen  kann. 

Die  Stöcke  des  Corsits  erscheinen  jünger  als  das  Silur;  an  einem 
Orte  selbst  sind  sie  deutlich , freilich  mit  hoch  metamorphosirtem 
Grauwackenschiefer  in  Berührung. 

Es  scheinen  überhaupt  die  Corsite  an  andern  Orten  ebenfalls 
ziemlich  alt  zu  sein,  wahrscheinlich  auch  palaeozoisch , die  andern 
Anorthitgesteine,  nämlich  die  Teschenite,  dagegen  sind  jung  mesozoisch. 

Der  Corsit,  obwohl  ein  für  Böhmen  neues  Gestein,  ist  also  kein 
seltenes  Vorkommen,  und  dürfte  dasselbe  zum  Typus  dieser  körnigen 
Gesteine  werden. 

Die  näheren  Mittheilungen  über  dieses  Gestein  werden  bei  Bear- 
beitung der  Geologie  des  Eisengebirges  in  dem  Archiv  für  Landes- 
durchforschung von  Böhmen  enthalten  sein. 

Südlich  von  Ronov  ist  am  Doubravkabach  eine  grosse  Mühle, 
genannt  na  koreönikäch.  In  der  nächsten  Nähe  der  Mühle,  in  der 
Richtung  nach  SW  etwa  200  Schritte,  ist  im  Biotit-Amphibolgneiss, 
welcher  mit  Biotitgneiss  wechsellagert  und  nach  5h  mit  26°  verflacht 
ein  nicht  mächtiger  (einige  Schritte)  Pegmatitgang  eingelagert.  Derselbe 
besteht  aus  reinweissem,  grosskörnigem  Orthoklas,  lichtrauchgrauem, 
sehr  grobkörnigem,  halbdurchsichtigem  Quarz  und  grösseren,  wiewohl 
spärlicher  auftretenden  Tafeln  von  schwarzbraunem  Biotit. 

Dei-  Gang  ist  noch  ziemlich  frisch  und  fest;  derselbe  streicht 
unter  der  Korecnik-Mühle  und  kommt  nahe  an  der  Mühle  unter  der 
Strasse,  zwischen  der  Mühle  und  der  Ronover  Friedhofskirche  „zum 
heiligen  Kreuz“  zum  Vorschein. 

Der  Ausbiss  des  Ganges  ist  sehr  zerbröckelt,  der  Orthoklas  in 
röthlichgrauen  Kaolin  umgewandelt,  der  Quarz  unversehrt  und  der 

12.  Biotit  in  bis  thalergrossen  und  noch  grösseren,  bis  1 cm. 
dicken,  unvollkommen  hexagonalen,  ebenen  oder  schwach  gebogenen 
Platten,  daraus  leicht  zu  gewinnen.  Der  Biotit  hat  aber  keine  rein 
schwarzbraune  Farbe  wie  im  frischen  Pegmatit,  sondern  er  ist 
schwarzgrün. 

Es  scheint,  dass  an  diesem  Orte  der  Pegmatit  an  grösseren,  sonst 
doch  nicht  gar  so  häufigen  Biotitplatten,  reich  gewesen  ist. 

III.  In  der  Richtung  zwischen  Skuc  und  Hlinsko  zieht  sich  eine 
Phyllitparthie  von  NO  nach  SW  zwischen  Gneiss  (SO)  und  Granit 
(NW)  eingezwängt.  Die  Phyllitinsel  ist  ein  zusammengeballter,  ver- 
schobener Rest  eines  altpalaeozoischen,  wahrscheinlich  sibirischen  Schich- 
tencomplexes,  welcher  das  nahe  Eisengebirge  zusammensetzt  und  von 
demselben  durch  jüngeren  als  sibirischen  Granit  getrennt  ist. 

In  der  Phyllitinsel  ist  das  Einfallen  der  Schichten  ungemein 
wechselnd,  bald  nach  NO  oder  0 vorherrschend,  weniger  häufig  nach 
NW,  ja  selbst  nach  andern  Richtungen  unter  verschiedenen  Neigungs- 
winkeln. 

Bei  Skuc  und  Richenburg  sind  die  Schichten  als  schwarzgraue, 
körnige  Grauwacke  entwickelt,  bei  Kladne  7 Kilometer  südlich  von 
Skuc  oder  5 Kilometer  ostostnördlich  von  Hlinsko  wechsellagern  einige 
Schichten  von  Kieselschiefer  und  selbst  eine  körnige  Quarzitschicht  mit 
Phyllit,  bei  Hlinsko  sind  nur  Phyllite  bekannt. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1876.  1.  Heft.  (R.  Helmhacker.) 


5 


34 


R.  Helrahacker. 


[10] 


Diese  zu  Phyllit  metamorphosirten,  wahrscheinlich  silurischen  Thon- 
schiefer und  Grauwackenschiefer  erinnern  an  die  in  der  Nähe  von 
Graniten  an  andern  Orten  bekannten  metamorphischen  Phyllite  und 
zeigen  mancherlei  Eigenthümlichkeiten. 

Ein  Kilometer  westlich  von  Kladne  südlich  und  nördlich  von  der 
nach  Hlinsko  führenden  Reichsstrasse  ist  ein  Bruch  im  gegen  3h  mit 
30°  verflachenden  Phyllit,  dessen  Bruchstücke  in  den  Schluchten  beim 
nahen  Dorfe  Ranna  ebenfalls  häufig  anzutreffen  sind. 

Der  Phyllit  ist  grau,  ziemlich  ebenschiefrig,  dünnschiefrig,  an  den 
Bruchflächen  und  Schichtungsflächen  seidenglänzend,  häufig  eine  Streckung, 
welche  durch  schwache  Fältelung  angedeutet  ist,  zeigend,  oder  schwach 
gebogen,  faltig,  unregelmässig  nach  einer  Richtung  gestreckt. 

In  diesem  Phyllit  ohne  alle  Quarzrester  oder  Quarzausscheidungen 
sind  insbesondere  in  Bruchstücken,  welche  lange  den  Witterungsein- 
flüssen ausgesetzt  waren,  entweder  winzig  kleine  mikroskopische  schwarze 
Pünktchen  oder  kleinwinzige  Körnchen,  oder  kurze,  höchstens  3/4mm. 
breite  und  bis  2 mm.  lange,  schwarze  Säulchen  zahlreich  eingewachsen. 

In  manchen  Stücken  so  zahlreich,  dass  der  zur  Schieferung  pa- 
rallel gehende  Bruch  zart  genarbt  erscheint. 

Diese  kleinen  Säulchen  sind  Krystalle  von 

1.  Staurolith.  Die  deutlichsten  Körnchen  sind  schwarz,  un- 
durchsichtig, glasglänzend  und  zeigen  manche,  trotz  ihrer  Kleinheit, 
unter  dem  Mikroskope  eine  wenn  auch  nicht  sehr  deutliche  Spaltbarkeit 
nach  ooP°o.  Die  Kryställchen  ritzen  Quarz,  haben  demnach  die  Härte 
von  7Va. 

Aus  dem  Phyllit  herausgekratzte  Kryställchen  zeigen  die  Form 
OO  P • Po O • OOjPoo  • OP. 

Wenn  nicht  alle,  so  erweisen  sich  doch  die  meisten  Kryställchen 
als  Zwillinge  dieser  einfachen  Form  nach  (3/2 ^3/2). 

Die  Flächen  sind  nicht  gänzlich  eben,  wenig  glänzend. 

Unter  dem  Mikroskop  gemessene  Kantenwinkel  sind : 

(ooP)  (ooPoo)  vorne  113°  45'  (statt  115°  17') 

(ooP)  (ooPoo)  hinten  113°  12'  „ „ „ 

dann  (°°P)  (°oP)  vorne  132°  59'  (statt  129°  26') 

(°o P)  (ooP)  hinten  132°  30 

Die  Abweichung  der  gemessenen  Werthe  von  den  richtigen  ist 
im  Vergleich  zur  Unebenheit  und  Kleinheit  der  Flächen  eine  nur  un- 
bedeutende zu  nennen. 

Vor  dem  Löthrohr  bleibt  das  Mineral  unverändert. 

Nach  diesen  Angaben  sind  die  schwarzen  Körnchen  oder  Säulchen 
nur  Staurolith  und  dürften  die  mikroskopisch  kleinen  schwarzen  Körn- 
chen, ebenfalls  diesem  Mineral  angehören. 

Diese  Phyllite,  in  denen  der  Staurolith  als  häufiger  accessorischer 
Gemengtheil  vorkömmt,  sind  trotz  der  Neuheit  des  Vorkommens  in 
Böhmen  als  Staurolithschiefer  schon  längere  Zeit  in  den  Pyrenäen  be- 
kanntem Bareges-Thal,  bei  Coadrix  und  Coray,  bei  Rosporden  im  Finistere. 

Bei  Hlinsko,  insbesondere  bei  der  Bahnhofstation,  sowie  in 
den  Eisenbahneinschnitten  bei  Hlinsko  sind  im  grauen,  gleichartig 


[11] 


Mineralogische  Beobachtungen  aus  dem  östlichen  Böhmen. 


35 

dichtem,  schwach  runzlig,  wellenförmig  gefalteten  Phyllit,  der  nur 
schwachen  Seidenglanz  zeigt,  Krystalle  von 

2.  Andalusit  (Chiastolith)  eingewachsen.  Dieselben  sind  im 
Phyllit  nicht  so  zahlreich  wie  das  bekannte  Mineral  von  Gefrees  im 
Fichtelgebirge,  nichtsdestoweniger  aber  doch  ziemlich  häufig.  Die  Säulen, 
selten  farblos,  häufiger  von  blass  rosenrother  Farbe,  starkem  Glasglanz 
an  der  mehr  als  vollkommenen  Spaltungsrichtung  °oP,  sind  durch- 
sichtig und  erreichen  selbst  die  Länge  von  über  1 ctm.  bei  einer  Breite 
von  1/3  ctm.  Gemeiniglich  sind  sie  aber  viel  kleiner.  Quer  auf  die 
Länge  brechen  die  Krystalle  nicht  so  häufig  als  sie  sich  spalten  und 
zeigen  dann  das  Schieferkreuz. 

Dass  die  Spaltbarkeit  mehr  als  vollkommen  ist,  vielleicht  beinahe 
sehr  vollkommen , sieht  man  am  Irisiren  mancher  Spaltungsstücke 
parallel  der  Richtung  der  Spaltbarkeit.  Je  vollkommener  die  Spaltbar- 
keit bei  Mineralien,  desto  häufiger  das  Irisiren  auf  Spaltungsklüftchen 
parallel  zu  derselben. 

Die  Chiastolithe  von  Hlinsko  sind  ziemlich  unzersetzt,  worauf  ihre 
Durchsichtigkeit  und  vollkommene  Spaltbarkeit,  sowie  der  Glanz  hin- 
deuten; nichtsdestoweniger  erreichen  sie  die  Härte  des  frischen  Anda- 
lusites  7 — 7V2  nicht,  sondern  sind  nur  so  hart,  wie  die  Chiastolithe. 

Der  Winkel  der  Spaltungsflächen,  unter  dem  Mikroskop  gemessen, 
war  etwas  weniger  grösser  als  90°,  ohne  genauer  bestimmt  worden 
zu  sein. 

Obzwar  Andalusit,  in  Zwilligen  oder  Vierlingen  als  Chiastolith,  für 
Böhmen  neu  ist,  gerade  so  wie  der  Andalusitschiefer,  so  ist  er  nicht 
selten  zu  nennen. 

Die  böhmischen  Andalusitschiefer  geben  einen  neuen  Beleg  dafür, 
wie  gleichartig  in  den  verschiedenen  Gegenden  die  Thonschiefer  in  der 
Nähe  von  jüngeren  Graniten  metamorphosirt  sind. 

Mit  diesen  Schiefern  ist  die  Reihe  der  metamorphischen  Schiefer 
nicht  geschlossen. 

Es  finden  sich  sehr  stark  kurzrunzlige  schiefrige  Phyllite,  in  wel- 
chen schwarzgraue,  korngrosse,  dicht  zusammengesetzte  Körner  ein- 
gewachsen sind.  Diese  Körner  stehen  meist  senkrecht  auf  der  Richtung 
der  Streckung,  welche  durch  die  starke  Runzelung  angedeutet  ist  und 
ziehen  sich  die  Runzeln  bei  jedem  solchen  Korn  zusammen. 

Solche  Schiefer  führen  den  Namen  Fruchtschiefer,  die  schwarz- 
grauen Körner  hält  man  für  Concretionen  eines  fahlunitähnlichen  Minerals 
oder  für  unfertige  Staurolithe  oder  Andalusite.  Es  kann  hier  nur  das 
wiederholt  werden,  was  über  dieses  Mineral  schon  bekannt  ist;  neue 
Anhaltspunkte  gab  das  Mineral  keine.  Die  Körner  zeigen  keine  Krystall- 
flächen,  im  Bruch  sind  sie  dicht,  jedoch  gewiss  nicht  homogen,  da  in 
denselben  unter  dem  Mikroskope  Glimmerblättchen  glitzern.  An  den 
Kanten  sind  sie  schwach  durchscheinend,  ritzen  Calcit,  sind  demnach 
hart  3V2  (Fahlunit  H = 2 1/2 — 3),  an  den  Kanten  schwer  und  schwach 
sehmelzbar.  In  concentrirter  Salzsäure  beinahe  gar  nicht  löslich,  nach 
vorhergegangenem  Glühen  gänzlich  unlöslich. 

Etwas  näheres  zur  Kenntniss  der  fahlunitähnlichen  Körner  hat 
der  Fund  der  Fruchtschiefer  bei  Hlinsko  nicht  geliefert.  Auch  die 
Fruchtschiefer  sind  keineswegs  selten. 


36 


R Helmhacker. 


[12] 


Alle  diese  Phyllite  bilden  Uebergänge  in  einander,  da  sie  eigent- 
lich verschiedene  Zustände  von  metamorphosirten,  wahrscheinlich  siluri- 
schen  Grauwackenschiefern  sind. 

Es  ist  durch  dieses  neue  Vorkommen  von  Staurolith-,  Andalusit- 
und  Fruchtschiefern  bei  Hlinsko,  die  aber  mit  wahren  Grauwacken  bei 
Skuc  und  Richenburg  Zusammenhängen,  neuerdings  ein  Beleg  für  die 
Häufigkeit  eines  solchen  Vorkommens  gegeben,  wie  Rosenbusch  neu- 
estens  eben  auch  darauf  hinweiset.  (Neues  Jahrbuch  f.  Miner,  etc. 
1875,  p.  849  etc.) 

IV.  In  der  Umgebung  von  Pfibislav  herrscht  Biotitgneiss  von 
dunkler  Farbe  vor,  welcher  kurzflasrig  und  ziemlich  vollkommen  schiefrig 
ist.  Oestlich  von  Pfibislav  kommen  in  dem  gemeinen,  biotitreichen 
Gneiss  langgezogene,  linsenförmige  Nester  oder  selbst  ganze  nicht  be- 
sonders mächtige  Schichten  eines  lichtgefärbten,  weissen,  grobkörnigen 
Gneises  untergeordnet  und  wechsellagernd  vor. 

In  diesem  Gneiss  östlich  von  der  Stadt  (dem  Schloss)  Pfibislav 
eine  ganz  kurze  Strecke,  zwischen  dem  Schloss  und  der  Spiritus- 
brennerei an  der  nördlichen  Seite  der  Strasse  (alles  am  rechten  Säzava- 
ufer)  ist  in  dem  Gneiss  eine  Schicht  von 

Haelleflinta  eingelagert.  Das  Haelleflintlager  verflacht  wie  der 
Gneiss  nach  5h  mit  65°  und  tritt  im  Ausbiss  deutlich  zu  Tage,  wo 
dessen  Mächtigkeit  gegen  U/2  Meter  beträgt. 

Das  Haelleflintlager  ist  allmählig  mit  dem  Gneiss  verbunden,  in 
der  Mitte  ist  es  dicht,  nahe  den  beiden  Schichtflächen  gegen  den  Gneiss 
zu,  ist  es  erst  sehr  feinkörnig,  dann  feinkörnig  bis  beinahe  körnig. 

Die  Farbe  ist  lichtgrau,  bis  lichtgrünlichgrau,  der  Bruch  beinahe 
eben,  sehr  feiusplitterig,  matt  glänzend ; an  den  Kanten  durchscheinend 
und  in  scharfkantige  Bruchstücke  nicht  schwer  zerfallend. 

Parallel  zur  Schichtung  zeigen  die  meisten  Handstücke  sehr 
dünne,  verschieden  intensiv  grau,  graugrün  gefärbte  Lagen,  welche  eine 
unvollkommen,  bis  dickschiefrige  Textur  bedingen. 

Inmitten  des  Lagers  zeigt  das  dichte  Gestein  keine  fremdartigen 
Mineralien,  weder  Quarz  noch  Chlorit  oder  Biotit,  sondern  es  ist  ganz 
rein  homogen  dicht. 

Das  Gestein,  welches  für  Böhmen  neu  ist,  stimmt  genau  mit  dem 
in  Skandinavien  ebenfalls  in  Gneiss  eingelagert  vorkommenden  Gesteinen 
dieses  Namens  überein. 

Sehr  dünne  Splitter  schmelzen  vor  dem  Löthrohr  stark  an  den 
Kanten  zu  schwach  blasigem,  halbdurchsichtigem  Email  wie  der  Orthoklas. 
Unter  dem  Mikroskop  zeigt  sich  das  Gestein  aus  wasserhellem  Orthoklas 
bestehend,  der  sich  deutlich  im  polarisirten  Lichte  erkennbar  und  als 
frei  von  Quarz  und  andern  Beimengungen  erweiset. 

Sonst  nimmt  man  an,  dass  die  Haelleflinta  aus  einem  dichten 
Gemenge  von  Orthoklas  mit  wenig  Quarz  besteht,  worauf  auch  die 
Analysen  hindeuten.  Das  böhmische  Gestein  scheint  nur  aus  Orthoklas 
allein  zu  bestehen  ; obwohl  dies  noch  durch  keine  Analyse  bestätigt  ist. 

V.  Die  Fundörter  des  Succinites  in  Böhmen. 

Der  Succinit  ist  in  Böhmen  in  zwei  Formationen  bekannt  im 
neogenen  Tertiaer  und  in  der  Kreideformation. 


[13] 


Mineralogische  Beobachtungen  aus  dem  östlichen  Böhme  n. 


37 


Im  Neogenen  bildet  derselbe  im  Lignit  kleinere  oder  grössere 
Nester  von  honig-  bis  bräunlich-hyacinthrother  Farbe  und  nicht  beson- 
ders grosser  Festigkeit.  So  zu  Grünlas  bei  Elbogen,  Boden  bei  Fal- 
kenau.  Auch  in  Mertendorf  bei  Wernstadtl  wird  er  erwähnt;  doch  ist 
nicht  ein  jedes  Harz,  zumal  wenn  es  nicht  in  Knollen  oder  Nestern, 
sondern  in  dünnen  Lamellen  im  Lignit  vorkommt,  als  Succinit  an- 
zunehmen. 

Spärlicher  sind  die  Fundstädten  in  der  Kreideformation. 

Es  sind  bis  jetzt  drei  solche  Fundörter  bekannt  geworden : 

1.  Bei  Skuticko  2 Kilometer  nordwestlich  von  Skuc  (Chrudimer 
Kreis)  erhebt  sich  in  deutlicher  Terrasse  ein  Plateau,  dessen  Fuss  aus 
Sandsteinen  von  grösserer  oder  geringerer  Festigkeit  besteht,  in  welchen 
thonige  und  merglige  Sandsteine,  auch  sandige  Schieferthone  zu  unterst 
zum  Vorschein  kommen,  die  ein  Kohlenschmitz  oder  Kohlennester 
führen.  Diese  kohlenführenden  Schichten  gehören  der  tieferen  Stufe 
des  Cenomans  an  und  sind  limnischer  Bildung  (sogenannte  Perucer 
Stufe).  Die  Kohle  ist  eine  schwarze,  der  Schwarzkohle  sehr  ähnliche, 
reine  Braunkohle  (Pechkohle)  mit  erhaltenen  Holzstrünken.  In  dem 
Kohlenschmitz  kamen,  als  man  vor  Jahrzehnten  darauf  schürfte,  halb- 
durchsichtige, dunkelhoniggelbe  bis  hyacinthrothe,  kindskopfgrosse  Knol- 
len von  Succinit  von  ziemlicher  Festigkeit  vor. 

Die  untere  Stufe  des  Cenomans  wird  von  der  oberen  Stufe,  die 
marin  ist,  überlagert  (Ivorycaner  Stufe)  und  diese  endlich  von  dem 
unteren  Turon  (Pläner)  bedeckt,  welcher  das  ebene  Plateau  bildet. 

2.  Ein  anderer  Fundort  ist  bei  Chorousek  (zwischen  Mseno  und 
Mladä  Boleslav  (Jung-Bunzlau)  4 Myriameter  nordwestlich  von  Prag, 
wo  kleine  Knollen  von  Succinit  im  Ober -Turon  (dem  Isersandstein) 
1874  vorgefunden  worden  sind. 

3.  Weiter  fand  man  das  Mineral  in  kleinen  Knollen  im  Eisen- 
bahneinschnitte bei  Antonienhöhe  südlich  von  Rumburg  (im  nördlichsten 
Böhmen)  im  obersten  (böhmischen)  Senon  der  sogenannten  Chlomeker 
Stufe  vor. 

An  allen  drei  genannten  Orten  finden  sich  mit  den  Knollen 
Pflanzenreste  vor,  welche  auf  Stengel  oder  Strünke  hindeuten  aber 
wegen  ihrer  schlechten  Erhaltung  keine  Deutung  erlauben. 

4.  In  diesem  Jahre  1875  wurde  ein  vierter  Fundort  dieses  Mi- 
nerales bekannt.  Das  Dorf  Peldo  liegt  am  Zdobnice-Bach,  einem  Zuflusse 
der  wilden  Adler,  in  welche  derselbe  unter  Wamberg  mündet.  Zu  dem 
Dorfe  Peklo  gehören  die  Einschichten  Pekelec  am  rechten  Zdobniceufer, 
4 Kilometer  östlich  von  Wamberg  (Wamberg  liegt  4 Myriameter  ost- 
ostsüdlich von  Königingrätz)  und  6 Kilometer  nordwestlich  von  Potten- 
stein. Bei  Pekelec  bildet  der  Zdobnice-Bach  einen  Bug  unter  rechtem 
Winkel  von  Süd  nach  West  und  in  dem  Bug  am  rechten  Ufer  an  der 
Anhöhe  ist  ein  Mühlstein-Bruch  angelegt. 

Der  Sandstein  des  Bruches  ist  der  tiefste,  weisse,  ziemlich  grob- 
körnige Quarzsandstein  des  unteren  (limnischen)  Cenomans  (der  Perucer 
Stufe),  der  in  dieser  Gegend,  auf  Gneiss  schwach  geneigt  aufruht  und 
mit  sandigem,  grauem  Schieferthon  wechsellagert. 


38  R Helmliacker.  Mineralog.  Beobachtungen  aus  dem  östlichen  Böhmen.  [14] 


Der  sandige  Schieferthon  enthält  kleine,  verkohlte,  unbestimmbare 
Pflanzenreste  in  geringer  Menge,  hie  und  da  auch  ein  winziges  Nest- 
chen  oder  Schnürchen  schwarzer  Kohle. 

In  einer  etwas  thonigen  Sandsteinlinse  von  etwa  flacher  Kopfgrösse 
wurde  bei  a ein  Nest  Succinit,  von  Faustgrösse  vorgefunden.  Der 
Succinit  ist  hyacinthroth,  halbdurchsichtig  und  sehr  spröde,  zerbröckelbar. 

Die  Zeichnung  stellt 
die  Steinbruchswand  vor, 
s der  Sandstein,  sch  der 
sandige  Schieferthon,  bei 
a der  Succinit,  dessen 
V orkommen  daneben 
noch  vergrössert  ist. 

Die  Pflanzenreste 
des  Schieferthons  lassen 
keine  Deutung  zu,  um 
auf  den  Ursprung  des 
Succinites  schliessen  zu 
können.  Jedoch  finden 
sich,  wiewohl  selten,  im 
Sandstein  des  unteren 
Cenomanes  in  anderen  nahe  gelegenen  Steinbrüchen  Zapfen  von  Dam- 
marites  alhens  Presl.  (Sternb.  Flora  d.  Vorwelt  n.  p.  203,  Tab.  52, 
Fig.  11,  12),  welche  möglicher  Weise  auf  die  Mutterpflanze  des  Suc- 
cinites hindeuten  könnten. 

VI.  Der  Fichtelit  ist  in  den  Torflagern  von  Mazice  bei  Bor- 
kovic  bei  Vesely  zuerst  aufgefunden  worden. 

Ein  anderer  Fundort  dieses  interessanten  Minerales  ist  in  den 
Torflagern  an  der  böhmisch-mährischen  Gränze. 

Von  Vojnomestec  3 Kilometer  südlich  liegt  das  Dorf  Radostin ; 
südwestlich  von  Radostin  sind  Torflager,  welche  einst  mit  ausgedehnten 
Teichen  in  Verbindung  standen.  In  einem  der  jetzt  ausgebeuteten 
Torflager  sind  im  Torfe  neben  Stammstücken  von  Betula  alha  L. 
Stämme  von  der  jetzt  noch  auf  moorigem  Boden  dort  wachsenden  Pinus 
uliginosa  Neum.  ( Pinus  obliqua  Suter ) bekannt.  Die  wenig  nach  ge- 
dunkelten Stammstücke  von  Pinus  enthalten  im  Wurzelstock  oder  im 
untersten  Stamm theile  in  den  Klüften,  welche  meist  den  Jahresringen 
nachgehen,  lamellenartige  krystallinische  Krusten  von  weissem,  bis 
grauliehweissem  Fichtelit. 


IV.  Weitere  Bemerkungen  über  die  Geologie  von  Reunion 

und  Mauritius. 

Von  Dr.  Richard  v.  Dräsche. 

(Mit  Tafel  III  bis  VII.) 

Seit  meinem  letzten  Berichte  von  Bourbon  habe  ich  noch  eine 
Reihe  geologischer  Excursionen  unternommen  und  während  eines  drei- 
wöchentlichen Aufenthaltes  auf  Mauritius  auch  diese  Insel  durch- 
wandert. 

Ein  zweiter  Ausflug  zum  Vulkan  von  Bourbon,  diesmal  von  der 
Meeresseite  aus,  vervollständigte  meine  Beobachtungen  bei  der  ersten 
Besteigung,  welche  von  Salazie  aus  unternommen  wurde.  Zur  besseren 
Orientirung  füge  ich  eine  in  Curven  gleicher  Höhe  gelegte  Skizze  des 
Vulkans  bei.  Die  Grundlage  zur  selben  bot  mir  die  Karte  von  Mail- 
lard.  (Taf.  III.) 

Unter  dem  Namen  Grand  Brule  erreicht  der  östliche  Abhang  des 
Vulkans  unter  geringem  Neigungswinkel  in  einer  Breite  von  8 Kilometer 
die  Meeresküste.  Von  beiden  Seiten  ist  dieses  riesige  Lavafeld  von 
steilen  Remparts  begrenzt,  welche  schliesslich  am  Fusse  des  eigent- 
lichen Vulkankegels  in  den  zweiten  Kraterwall  übergehen. 

Während  der  ersten  vier  Stunden  Anstieges  verfolgt  man  am 
besten  jene  Lava,  welche  bei  dem  grossen  Ausbruche  von  1862  aus 
einem  in  2/3  Höhe  des  Vulkans  entstandenen  Krater  entströmte  und 
ihren  Lauf  bis  zum  Meere  fortsetzend,  dort  ein  kleines  Cap  erzeugte. 
Die  Lava  ist  von  schwarzer  Farbe  und  noch  wenig  zersetzt;  sie  hebt 
sich  merkwürdig  ab  von  den  älteren  Laven,  welche  durch  eine  voll- 
ständige Bewachsung  mit  Lichen  weiss  erscheinen. 

Nachdem  man  zur  rechten  Hand  einige  mit  Palmen  bewachsene, 
inselförmig  aus  dem  Lavafeld  hervorragende  Hügel  passirt  hat,  gelangt 
man  zum  Fusse  des  Piton  de  Crac  (1360  Meter),  einem  steilen,  mit 
Vegetation  bedeckten  Felsen,  welcher  aus  mächtig  übereinander  gela- 
gerten Lavaströmen  mit  Einfallen  nach  Osten,  besteht.  Nördlich  von 
diesem  Berge  befindet  sich  eine  ausgedehnte,  vollkommen  horizontale 
Lavafläche,  auf  welcher  nach  Dr.  Cassien  einige  sehr  interessante 
Kratere  vorhanden  sein  sollen;  sie  wird  die  Plaine  d’Osmond  genannt. 

Um  vom  Fusse  des  Piton  de  Crac  zum  eigentlichen  Vulkankegel 
zu  gelangen,  hat  man  einen  äusserst  steilen,  über  600  Meter  hohen 

Mineralogische  Mittheilungen.  1876.  1.  Heft.  (Richard  v.  Dräsche.) 


40 


Richard  v.  Dräsche. 


[2] 


Abhang  zu  erklimmen,  der  sich  fast  in  gleicher  Steilheit  vom  Piton 
de  Crac  bis  zu  einem  Vorsprung  des  zweiten  Enclos,  dem  nez  du  boeuf 
liinzieht.  Südlich  vom  Piton  ist  diese  charakteristische  Terrainstufe 
etwas  weniger  steil,  endet  aber  auch  hier  in  einem  Vorsprunge  des 
zweiten  Enclos. 

Man  verfolgt  nun  auch  hier  beim  Aufstieg  am  besten  die  neuesten 
schwarz  aussehenden  Laven,  welche  sich  hier  gegen  zwei  Meter  mächtig 
über  einen  Abhang  von  circa  25  Grad  heruntergewälzt  haben. 

Betrachtet  man  die  auf  beiden  Seiten  des  Enclos  auftretenden 
Vorsprünge  dort  wo  die  Terrainstufe  beginnt,  das  plötzliche  Auftauchen 
des  Piton  de  Crac  und  einiger  kleiner  Palm-Inselchen,  so  kann  man 
sich  kaum  des  Gedankens  entschlagen,  dass  diese  Hervorragungen  Reste 
des  einst  auch  im  Osten  vorhandenen  zweiten  Enclos  sind.  Ich  gebe 
in  Fig.  1 einen  Durchschnitt  des  Vulkans  von  Ost  nach  Westen. 


Fig.  l. 


B.  Krater  Bory.  6.  Grand  Brule. 

Es  muss  jedenfalls  als  eine  ganz  eigenthümliehe  Erscheinung  her- 
vorgehoben werden,  dass  alle  drei  Enclos  gegen  Osten  oben  sind  und 
zwar  wie  ich  vermuthe  durch  den  Druck  fliessender  Lava.  Es  ist  klar, 
dass  die  westlichen  Theile  der  Enclos  dem  Drucke  der  Laven  einen 
bedeutenderen  Widerstand  entgegengesetzt  haben  müssen,  als  die  östlichen, 
da  erstere  so  zu  sagen  als  Gegenpfeiler  die  ganze  hochgelegene  Masse 
der  Plaine  des  Caifres  und  Plaine  des  Remparts  haben. 

Fassen  wir  das  ganze  Innere  des  zweiten  Enclos  als  einen 
erstarrten  Kratersee  auf,  der  im  liquiden  Zustande  seinen  östlichen 
Rand  durchbrechend,  sich  ein  breites  tiefes,  von  senkrechten  Wänden 
begrenztes  Bett  in  dem  Abhange  des  Enclos  ausgegraben  hat,  so  finden 
wir  so  eine  einfache  Erklärung  des  Grand  Brule,  in  dem  nur  die  Errosion 
einer  flüssigen  Masse,  zwei  so  stetig  parallele  Wände  schaffen  konnte. 

Bei  meinem  Rückwege  erstieg  ich  den  zweiten  Enclos  bei  der 
caverne  du  Pas  de  Belcomb  und  setzte  dann  meinen  Weg  südlich, 
stets  am  Rande  des  Enclos  fort.  Die  Lavaschichten  fallen  stets  parallel 
mit  dem  Abhange  des  Enclos  12 — 15°  nach  Aussen. 

Sie  sind  mit  vielen  kleineren  und  grösseren  vereinzelt  stehenden 
Schlackenkegeln  bedeckt. 

Nach  fünfstündiger  Wanderung  von  der  caverne  du  Pas  de  Bel- 
comb gelangt  man  zu  einer  Gruppe  ganz  ausgezeichneter  Kratern, 
welche  ziemlich  nahe  an  einander  stehen;  es  sind  die  crateres  Ramond. 


[3]  Weitere  Bemerkungen  über  die  Geologie  von  Reunion  und  Mauritius.  41 

Sie  bestehen  alle  aus  lockeren  Anhäufungen  von  schwarzer,  poröser 
Schlacke,  nur  wenige  haben  wirklich  Lava  ergossen. 

Etwa  drei  Wegstunden  von  diesen  Ivrateren,  in  südöstlicher  Rich- 
tung liegt  auf  einem  Plateau  eine  andere  ebenfalls  sehr  charakteristische 
Gruppe  von  Vulkankegeln;  der  höchste  von  ihnen  zeichnet  sich  durch 
einen  in  drei  Theile  zerspaltenen  Gipfel  aus.  Ein  vollständig  undurch- 
dringlicher Urwald,  der  sich  vom  Rande  des  Einclos  bis  zu  diesen  Kra- 
teren  zieht,  machte  es  mir  unmöglich,  dieselben  zu  besuchen  und  ver- 
hinderte mich  auch  meinen  beabsichtigten  Weg  weiter  fortzusetzen. 
Ich  war  gezwungen  die  steilen  Remparts  hinunterzuklettern  und  den 
Rückweg  im  Grand  Brule  zu  nehmen. 

Fig.  2 auf  Taf.  IV  soll  eine  Vorstellung  von  dieser  zweiten  Gruppe 
von  Kegeln  geben. 

Auf  Taf.  V reproducire  ich  eine  von  Herrn  Dr.  Cassien  ent- 
worfene und  mir  von  ihm  auf  meine  Bitte  zur  Benützung  übergebene 
Skizze,  welche  den  nördlichen  Theil  des  Grand  Brule  mit  dem  Piton 
de  Crac  und  dem  früher  erwähnten  steilen  Abhang  zeigt,  wie  er  sich 
von  der  route  de  ceinture  aus  producirt. 

Schon  in  meinem  ersten  Berichte  habe  ich  erwähnt,  dass  drei 
grossartige  Senkungsgebiete:  die  Circus  von  Salazie,  Cilaos  und  Mafatte 
das  Innere  des  westlichen  Theiles  der  Insel  prächtig  aufgeschlossen 
haben. 

Ich  habe  seit  dieser  Zeit  auch  noch  die  Circus  von  Cilaos  und 
Mafatte  besucht.  Ich  verweise  behufs  Orientirung  auf  meine  Karten- 
skizze im  vorigen  Hefte  dieser  Mittheilungen. 

Alle  drei  Circus  sind  nach  denselben  Principien  gebaut,  ein  weiter 
rundlicher  Kessel  mit  senkrechten  Wänden,  der  seine  Gewässer  in 
einem  langen,  engen  und  tiefen  Schlund  dem  Meere  zuführt.  Die  Wände 
bestehen  stets  aus  olivinreichen,  basaltischen  Gesteinen,  wechsellagernd 
mit  vulkanischen  Breccien  und  Lagern  von  vulkanischen  Auswürflingen, 
alles  vielfach  von  Gängen  durchkreuzt;  die  Schichten  fallen  allseitig 
vom  Centrum  des  alten  Vulkangebietes  nach  Aussen.  Im  Circus  von 
Cilaos  konnte  ich  ähnliche  Gesteine  beobachten,  wie  in  der  riviere  du 
Mat,  jedoch  weniger  schön  aufgeschlossen. 

An  der  Quelle  des  bias  rouge  am  Fasse  des  Gros  Morne  beob- 
achtet man  vollkommen  zersetzte  Basaltgesteine,  die  gelblich  weiss  und 
mit  den  Fingern  zerreiblich  sind.  In  den  Spalten  findet  man  kleine  gut 
ausgebildete  Berg-Krystalle,  das  Gestein  selbst  ist  dicht  mit  Schwefel- 
kies-Krystallen  imprägnirt.  Quellen,  welche  aus  demselben  entspringen, 
setzen  bedeutende  Quantitäten  von  Eisenoxydhydrat  ab. 

Ich  möchte  diese  Zersetzungs-Erscheinungen  der  Einwirkung  von 
schwefligsauren  Gas-Exhalationen  zuschreiben.  Die  heissen  Quellen  beim 
Orte  Cilaos  dürften  wohl  ihren  Gehalt  an  Eisen-  und  Alkalisalzen  aus 
ähnlichen  zersetzten  Gesteinen  entnommen  haben.  In  der  riviere  des 
Galets  bei  Mafatte  treten  stark  schwefelwasserstoffgashaltige  Quellen  auf. 

Die  ungemein  engen,  langen  und  tiefen  Schlünde,  in  welchen  die 
Flüsse  riviere  des  Galets,  riviere  du  Mät  und  bras  de  Cilaos  ihren 
Weg  zum  Meere  zueilen,  könnten  zur  Vermuthung  verleiten,  dass  wir 
es  hier  mit  grossen  Spalten  zu  thun  haben,  welche  durch  eine  Erd- 
erschütterung plötzlich  entstanden  sind.  Dem  widersprechen  jedoch 

Mineralogische  Mittheilungen.  1876.  1.  Heft.  (Richard  v.  Dräsche  ) 6 


42 


Richard  v.  Dräsche. 


[4] 


sehr  schöne  Terrassenbildungen  in  dem  Thale  der  riviere  des  Galets. 
Etwa  eine  Stunde  unterhalb  Mafatte  sieht  man  auf  beiden  Flussufern 
schön  horizontal  geschichtete  Bänke  von  Flussgeröll,  wechsellagernd  mit 
Schichten  feinen  Flussschlammes,  oft  viele  hunderte  von  Fussen  über 
dem  jetzigen  Niveau  des  Flusses.  Diese  Lager  sind  oft  durch  die 
Erosion  des  Wassers  in  Pfeiler,  Nadeln  und  festungsartige  Gebilde 
verwandelt.  Die  horizontale  Ausdehnung  dieser  Lager  ist  meist  sehr 
gering,  manchmal  hängen  sie  nur  wie  angeklebt  an  den  hohen,  senk- 
rechten Basaltwänden  des  Flussbettes.  Diese  Terrassenbildungen  bewei- 
sen nun  klar , dass  die  tiefen  Flussbette  das  Resultat  der  erodirenden 
Kraft  des  Wassers  sind,  und  nicht  durch  ein  plötzliches  Ereigniss  ent- 
standen sein  können. 

Die  riviere  du  Mat,  im  Kessel  von  Salazie,  beschreibt  einmal 
einen  weiten  Bogen  um  einen  Stock  harten  Trachytgesteines  auszu- 
weichen; ebenfalls  eine  Thatsache,  welche  mit  der  früher  widerlegten 
Ansicht  nicht  vereinbar  ist. 

Ich  habe  während  meiner  Excursionen  auf  Reunion  eifrig  nach 
Markzeichen  stattgehabter  Hebungen  gesucht  und  schliesslich  an  der 
Südwestküste  der  Insel  deutliche  Beweise  von  solchen  gefunden.  Von 
St.  Paul  bis  St.  Louis  konnte  ich  jedoch  Hebungs-Erscheinungen  bis 
80  Meter  über  dem  Meere  constatiren.  Die  hier  über  eine  engl.  Meile 
breite,  flache  Küste  ist  tief  mit  Sand  bedeckt,  der  an  manchen  Stellen 
aus  abgerundeten  Olivinkryställehen,  Magneteisenkörnern  und  kleinen 
abgerollten  Lavabröckchen  besteht. 

Man  gibt  sich  in  Reunion  grossen,  aber  wie  ich  glaube  unbe- 
gründeten Hoffnungen,  über  die  Verwerthung  dieser  Magneteisensand- 
Lager  hin,  Mangel  an  Brennmaterial  werden  ihr  stets  hindernd  im 
Wege  stehen,  au  eine  Verschiffung  der  Erze  nach  Europa  ist  des  weiten 
We  ges  wegen  (5300  Seemeilen  über  Suez)  nicht  zu  denken. 

An  vielen  Stellen  tritt  jedoch  das  Magneteisen  aus  dem  Gemenge. 
Diese  sables  mouvants  bestehen  blos  aus  Olivin  und  Lavabröcken. 
Eine  Anzahl  von  bis  80  Meter  hohen  vulkanischen  Kegeln  befindet  sich 
nun  unweit  der  Küste  und  ist  hoch  mit  diesem  Flugsande  bedeckt,  in 
welchem  ich  eine  ziemliche  Anzahl  abgerollter  Muscheln  (Tridacna, 
Harpa,  Cardium)  und  Korallen  fand.  Die  vulkanischen  Ausbrüche  aus 
diesem  Kegel  müssen  mithin  submarin  gewesen  sein. 

Ich  will  nun  versuchen  auf  Grundlage  der  beobachteten  That- 
saclien  eine  historische  Skizze  der  Insel  Reunion  zu  entwerfen : 

Die  ersten  Eruptionen  waren  jedenfalls  submarin,  bis  endlich  der 
Vulkankegel  durch  fortwährende  Lavaergüsse  die  Oberfläche  des  Meeres 
erreichte.  Die  frühesten  supramarinen  Eruptionen  waren  Trachytlaven, 
andesitische  Laven  und  gabbroartige  Gesteine,  bis  endlich  die  olivin- 
reichen Basaltlaven  ausschliesslich  ergossen  wurden. 

So  baute  sich  schliesslich  der  grosse  Vulkan  von  Bourbon  auf, 
dessen  Krater  in  horizontaler  Richtung  nicht  weit  vom  heutigen  Piton 
des  Neiges  entfernt,  jedoch  bedeutend  höher  als  derselbe  war.  Zu 
dieser  Zeit  hatte  die  Insel  eine  kreisrunde  Gestalt.  Die  einzelnen 
Eruptionen  des  Vulkans  waren  oft  durch  lange  Zeiträume  getrennt. 
Man  findet  oft  zwischen  den  einzelnen  Lavabänken  erdige  Lager  mit 
Resten  von  verkohlten  Farrenstämmen.  Die  Abhänge  des  Vulkans  waren 


Weitere  Bemerkungen  über  die  Geologie  von  Reunion  und  Mauritius. 


43 

damals  mit  einer  grossen  Anzahl  kleinerer  und  grösserer  Eruptions- 
kegeln besetzt,  deren  Reste  noch  heute  überall  zu  sehen  sind. 

Nachdem  die  Thätigkeit  des  grossen  und  ersten  Vulkans  erloschen 
war,  entstand  im  Südosten  der  Insel  eine  neue  vulkanische  Oeffnung 
und  es  baute  sich  ein  dem  jetzigen  Vulkane  an  Umfang  und  Höhe 
überlegener  Vulkan  auf,  der  seinen  Krater  nach  der  Concentricität  der 
Enclos  zu  urtheilen  horizontal  nicht  weit  entfernt  vom  heutigen  Krater 
Bory  hatte.  Wir  finden  die  spärlichen  Reste  dieses  Vulkanes  im  ersten 
Enclos,  sein  Kegel  wurde  wahrscheinlich  durch  einen  Paroxismus  in 
die  Luft  gesprengt.  Aus  der  Mitte  dieses  Enclos  erhob  sich  bald  ein 
neuer  Kegel,  der  endlich  demselben  Schicksale  verfiel,  wie  der  erste, 
das  grosse,  regelmässige  zweite  Enclos  und  der  Piton  de  Crac  sind 
seine  Reste. 

Innerhalb  des  zweiten  Enclos  entstand  nun  der  jetzige  Vulkan- 
kegel, zuerst  jedoch  nur  von  einem  Krater  gekrönt  und  von  regulärer, 
konischer  Form.  Erst  am  Ende  des  vorigen  Jahrhunderts  bildete  sich 
südöstlich  vom  Krater  Bory  in  1 Kilometer  Entfernung  ein  neuer 
Krater,  dessen  Eruptionsproducte  den  früheren  Kegel  zu  einem  scharfen 
nach  Ost  abfallenden  Rücken  umstalteten. 

Der  Druck  der  flüssigen  Lava  zerstörte  den  zweiten  Enclos  auf 
der  Seite  seiner  geringsten  Festigkeit  und  die  fliessende  Lava  höhlte 
sich  schliesslich  am  östlichen  Abhang  ihr  Bett  aus. 

Bei  einer  der  neuesten  Eruptionen  wurde  nun  der  zweite  Krater- 
kegel zerstört;  es  entstand  wieder  ein  dritter  Enclos,  dessen  östliche 
Hälfte  von  den  Laven  durchbrochen  ist  und  aus  dessen  Mitte  der 
neueste  Kegel  mit  dem  crater  brülant  entstand. 

Es  ist  unmöglich  zu  sagen,  in  welche  Zeit  man  die  Bildung  der 
drei  grössten  Senkungsgebiete  im  Westen  der  Insel  versetzen  soll;  sie 
hatten  jedenfalls  zu  ihrer  Vollendung  einen  gewaltigen  Zeitraum  noth- 
wendig. 

Diejenige  Linie,  welche  den  muthmasslichen  Ort  des  alten  Kra- 
ters im  Westen  der  Insel  mit  dem  Gipfel  des  jetzigen  Vulkanes  ver- 
bindet, ist  durch  eine  bedeutende  Terrainstufe  (la  grande  montee)  an- 
gedeutet; längs  ihr  treten  auch  eine  grosse  Anzahl  von  Vulkankegeln 
auf,  wie  der  Piton  de  Tortue,  Piton  Marabou,  die  Kegel  um  den 
Ursprung  der  riviere  des  Remparts  etc.  Diese  charakteristische  Linie 
bildet  auch,  wie  wir  schon  einmal  bemerkten,  die  Wasserscheide  der 
Insel  und  gibt  die  Richtung  an,  nach  welcher  die  Ausbruchsöffnungen 
der  vulkanischen  Kraft,  letztere  in  immer  abnehmender  Intensität, 
voranschritten. 


130  Seemeilen  nordöstlich  von  Reunion  liegt  das  etwas  kleinere 
Eiland  Mauritius.  Die  Form  der  Insel  ist  ähnlich  jener  von  Reunion, 
die  Hauptaxe  hat  jedoch  eine  nordöstliche  Richtung.  Während  die 
Schwester-Insel  Höhen  bis  über  9000  Fuss  aufweist,  besteht  Mauritius 
aus  einem  von  der  Meeresküste  langsam  aufsteigenden,  mit  niedrigen 
Hügeln  besetzten  Plateau,  das  bei  Cur-Pipe  seine  grösste  Erhebung 

6* 


44 


Richard  v.  Dräsche. 


[6] 


(1800  Fuss)  erreicht.  Die  nördlichsten  Theile  der  Insel:  die  Cantone 
des  Pamplemousses,  de  la  riviere  du  Rempart  und  de  Flacq  sind  eine 
nur  durch  wenige  niedrige  vulkanische  Hügel  unterbrochene  flache 
Lavaebene,  von  welcher  besonders  die  mit  dem  Namen  Plaine  des 
Koches  bezeiclmete  Gegend  sich  durch  ein  Chaos  von  untereinander 
geworfenen  Lavaschollen  auszeichnet.  Betrachten  wir  einen  Moment 
dieses  Flachland  als  Meeresgrund,  so  ergibt  sich  die  Regel,  dass  in 
Mauritius  eigentliche  Bergketten  nur  am  Rande  der  Insel  auftreten, 
und  dass  die  Steilabfälle  meistens  gegen  das  Innere  der  Insel  gerichtet, 
und  die  relativen  Höhen  hier  geringer  sind,  als  auf  der  entgegen- 
gesetzten Seite. 

Ferner  beobachtet  man  die  merkwürdige  Thatsache,  dass  alle 
Abzweigungen  der  Gebirge  von  dem  Hauptrücken  einseitig  sind  und 
dem  Meere  zulaufen.  Um  diese  merkwürdige  Art  des  Gebirgsbaues 
anschaulich  zu  machen,  gebe  ich  in  Figur  2 einen  Durchschnitt  des 

Fig.  2. 


Mont  du  Rempart.  Tron  an  Cerfs.  Cur-Pipe. 


Gebirges  von  der  Tamarinbay  bis  Cur-Pipe  und  in  Tafel  VI  ein  vom 
Trou  au  Cerfs  aufgenommenes  Panorama  im  Westen  und  Norden  der 
Insel.  Alle  Profile,  welche  vom  Meere  aus  gegen  das  Innere  der  Insel 
gezogen  werden,  sind  in  ihren  Hauptzügen  einander  ähnlich. 

Die  Gebirgsketten  und  Berge,  welche  am  Rande  der  Insel  auf- 
treten sind:  die  Kette  des  Peter  Botte  (2847  Fuss)  und  Pouce  (2707 
Fuss),  der  Corp  de  Gardes  (2525  Fuss),  die  Gruppe  des  steilen  Mont 
des  Remparts  (2710  Fuss)  und  der  trois  Mamelles  (2340  Fuss),  welche 
sich  mit  den  Bergen  der  riviere  de  Tamarin  und  denen  der  riviere 
noire  verbinden.  (La  montagne  de  la  riviere  noire  mit  2902  Fuss  ist 
der  höchste  Punkt  der  Insel.)  Die  Berge  der  Savanna  im  Süden,  und 
die  Gebirge  um  den  Grand  Port  im  Osten  mit  der  Montagne  du  Bam- 
bou  (2204  Fuss). 

Auf  dem  Plateau  selbst  befinden  sich  einige  deutliche  Kratere, 
von  denen  der  Trou  au  Cerfs  der  regelmässigste  ist.  Er  befindet  sich 
an  der  Spitze  eines  flachen,  eine  Viertelstunde  von  Cur-Pipe  gelegenen 
Hügels.  Seine  Wände  sind  senkrecht,  die  Oeffnung  beinahe  vollkommen 
kreisrund,  mit  einem  Durchmesser  von  circa  250  Fuss  und  einer  Tiefe 
von  etwa  300  Fuss;  einige  dieser  ehemaligen  Kratere  sind  jetzt,  wie 
z.  B.  der  Grand  Bassin,  mit  Wasser  ausgefüllt.  Fast  in  der  Mitte  des 
Plateau  erhebt  sich  plötzlich  ein  zweizackiger  Berg,  der  Piton  du 
Milieu  (2067  Fuss).  Er  erweist  sich  bei  näherer  Betrachtung  als  ein 
senkrechter,  tafelförmiger,  in  Tausende  von  Säulen  abgesonderter  Gang. 


Weitere  Bemerkungen  über  die  Geologie  von  Reunion  und  Mauritius. 


45 


Die  Prismen  liegen  fast  alle  horizontal,  also  senkrecht  zu  (len  beiden 
parallelen  Bergwänden. 

Tafel  YII  gibt  eine  Skizze  dieses  merkwürdigen  Berges.  Man 
sieht,  dass  an  einer  Stelle  die  Prismen  sich  grabenförmig  ausbreiten. 
Die  relative  Höhe  des  Piton  vom  Plateau  aus  gerechnet,  mag  kaum 
mehr  als  800  Fuss  betragen;  um  so  viel  musste  also  die  Umgebung 
des  Ganges  höher  als  jetzt  gelegen  sein,  zur  Zeit  als  er  injicirt  wurde. 
Das  den  Piton  zusammensetzende  Gestein  ist  ein  Dolerit,  mit  schönen 
grossen  Plagioklas-Krystallen. 

Die  Insel  Mauritius  ist  blos  aus  basaltischen  Laven  zusammen- 
gesetzt; ich  konnte  kein  anderes  Gestein,  nicht  einmal  Rapilli-  oder 
Tuff-Massen  entdecken.  Die  Feldspathe  herrschen  im  Ganzen  weit  mehr 
vor  als  in  Reunion,  der  Olivin  tritt  mehr  zurück,  dafür  konnte  ich 
aber  in  manchen  Laven  grosse  Augitkrystalle  beobachten.  Die  Laven 
des  Plateau  sind  ziemlich  horizontal  gelagert;  sie  enthalten  oft  Höhlen 
von  bedeutender  Ausdehnung  mit  unterirdischen  Wasserläufen;  jene 
welche  die  Gebirge  am  Rande  der  Insel  zusammensetzen,  zeigen  in 
den  meisten  Fällen  Neigungswinkel  von  10 — 15°  mit  einem  Einfallen 
gegen  das  Meer  zu.  Die  Schichten  der  Berge  um  den  Grand  Port 
haben  einen  zu  geringen  Neigungswinkel  um  etwas  Bestimmtes  über 
ihr  Einfallen  äussern  zu  können. 

Die  ganze  Insel  ist  von  grossen  Korallriffen  umgeben,  während 
Reunion  nur  am  südwestlichen  Tlieile  solche  aufzuweisen  hat.  Eine 
ziemliche  Anzahl  von  kleinen  Inseln,  welche  vom  Festlande  durch 
schmale  Untiefen  getrennt  sind,  umgibt  Mauritius;  im  Norden  ragen 
in  grösserer  Entfernung  noch  5 Inseln  aus  dem  Meere. 

Ich  halte  es  für  sehr  wahrscheinlich,  dass  Mauritius  der  spärliche 
Rest  eines  grossen  Vulkans  ist,  und  stütze  diese  meine  Ansicht  haupt- 
sächlich auf  die  merkwürdige  Stellung  der  Berge  am  Rande  der  Insel, 
sowie  auf  die  Neigung  ihrer  Lavabänke  nach  Aussen.  Dass  die  Insel 
im  Laufe  der  Zeiten  bedeutend  an  Höhe  verloren  hat,  beweist  uns  die 
Gegenwart  eines  gegen  800  Fuss  über  die  jetzige  Oberfläche  hervor- 
ragenden Ganges  des  Piton  du  Milieu. 

Wenn  wir  schliesslich  die  Frage  aufstellen,  ob  wohl  die  beiden 
Eilande  Reunion  und  Mauritius  einst  vereinigt  gewesen  sein  mögen,  so 
möchte  ich  diese  Frage  im  verneinenden  Sinne  beantworten,  da  keine 
Thatsache  uns  berechtigt,  diess  vorauszusetzen,  umsomehr  als  die  öst- 
lichen Theile  Bourbons,  also  jene  Mauritius  am  nächsten  gelegenen 
entschieden  jünger  sind,  als  die  westlichen  und  folglich  wohl  auch  als 
Mauritius  selbst. 

Es  ist  bekannt,  dass  Mauritius  der  Fundort  von  Dronte-Skeleten 
(Didus  ineptus)  ist,  welche  noch  von  den  ersten  Entdeckern  der  Insel 
in  Massen  lebend  gesehen  wurden.  Seit  dieser  Zeit  ist  dieser  Vogel 
und  sind  auch  die  früher  auf  Mauritius  in  grosser  Menge  vorkom- 
menden Landschildkröten  ausgestorben.  Skelete  von  Dronten  wurden 
vor  Jahren  in  den  Sümpfen  der  Umgebung  des  Port  gefunden.  Im 
Canton  Flacq  ist  eine  grosse  Anzahl  ähnlicher  sumpfiger  Stellen.  Ich 
liess  bei  Argy  am  Gute  des  Herrn  Dali  et  in  einem  dieser  Teiche 
nachgraben  und  es  wurde  eine  grosse  Anzahl  von  Knochen  und  Schild- 


46  R v.  Dräsche.  Weitere  Bemerk,  üb  d.  Geologie  von  Reunion  u.  Mauritius.  [g] 

kröten-Panzern  zu  Tage  gefördert.  Monsieur  Dali  et  fand  einige 
Wochen  vor  meiner  Ankunft  in  einem  derartigen  Tümpel  ein  vollständig 
erhaltenes  Hirschskelet. 

Der  Rand  vieler  dieser  „Mares“  besteht  aus  einer  Ivnochenbreccie 
mit  kalkigem  Bindemittel.  Eine  nähere  Untersuchung  dieser  Knochen, 
von  denen  ich  mitnahm,  wird  wohl  zeigen,  welchen  Thieren  sie  an- 
gehörten. 

Ceylon,  im  November  1875. 


V.  lieber  einige  ankeritähnSiche  isneraSe 

der  silurischen  Eisensteinlager  und  der  Kohlenformation 
Böhmens  und  über  die  chemische  Constitution  der  unter 
dem  Namen  Ankerit  vereinigten  Mineralsubstanzen. 

Von  Prof.  Dr.  Ein.  Bofick^. 


Unter  dem  Namen  Ankerit  wird  in  den  meisten  Handbüchern  der 
Mineralogie  eine  Gruppe  von  Carbonaten  angeführt,  die,  dem  Dolomit 
am  nächsten  stehend,  sich  vom  Letzteren  durch  einen  grösseren  oder 
geringeren  Gehalt  an  Eisenoxydulcarbonat  unterscheiden;  allein  der 
Mangel  an  einer  einheitlichen  chemischen  Formel,  die  in  den  Quanti- 
tätsverhältnissen bedeutend  differirenden  Analysen , die  schwankenden 
Angaben  über  das  specifische  Gewicht  und  über  die  Kantengrösse  des 
Grundrhomboeders  scheinen  zu  verrathen,  dass  unter  dem  Namen 
Ankerit  entweder  mehrere  Mineralsubstanzen  oder  auch  mehrere  Um- 
wandlungsstadien einer  oder  mehrerer  Mineralsubstanzen  vereinigt  sind. 

Die  meisten  Ankeritanalysen  stimmen  darin  überein,  dass  sie  fast 
genau  die  stöchiometrische  Hälfte  Kalkcarbonat  aufweisen,  während 
Eisenoxydul-  und  Magnesiacarbonat  in  schwankenden  Verhältnissen  auf- 
treten;  daher  bezeichnet  Rammeisberg1)  die  Braunspathsubstanzen 
(Ankerit)  als  „isomorphe  Mischungen  von  Kalk-  und  Magnesiacarbonat 
mit  grösseren  Mengen  Eisenoxydulcarbonat,,  und  schreibt  allgemein  ihre 

Mg' 


chemische  Formel  CaC 


Fe 


C.  In  gleicher  Weise  fasst  auch  Dana2) 


die  Ankeritsubstanzen  auf,  indem  er  mit  Berücksichtigung  der  gewöhn- 


lich kleinen  Mengen  Manganoxydul  ihre  chemische  Formel  CaC  + (Mg, 
Fe,  Mn)  C festsetzt.  Und  beiden  schliesst  sich  Naumann3)  an,  indem 
er  die  Zusammensetzung  des  Ankerit  als  etwas  schwankend,  doch 
wesentlich  als  eine  Verbindung  der  Carbonate  von  Kalk  (50  Proc.), 
Eisenoxydul  (32 — 35  Proc.),  Magnesia  (8 — 16  Proc.)  und  Mangan- 
oxydul (3 — 5 Proc.)  bezeichnet.  Abweichend  ist  die  chemische  Formel 
(5  CaC  + 5 FeC  + 2 MgC),  welche  Reiben  schuh4)  aus  seinen 


')  Mineralchemie,  pag.  216. 

2)  A System  of  mineralogy,  pag.  685. 

s)  Elemente  der  Mineralogie,  1871,  pag.  270. 

4)  Verkandl.  d.  k.  k.  geol.  Reichanstalt,  1867,  pag.  330. 


Mineralogische  Mittheilungen.  1876.  1.  Heft.  (Boricky.) 


48 


Em.  Boricky. 


[2] 


drei  Analysen  der  Ankeritkrystalle  vom  Erzberge  bei  Vordernberg  in 
Steiermark  ableitet.  Und  ebenso  abweichend  ist  die  chemische  Formel 
FeC  + CaC  (53'7  Proc.  FeC  und  46  3 Proc.  CaC),  welche  v.  Ivobell x) 
für  den  Ankerit  annimmt. 

Wiewohl  meines  Wissens  eine  der  v.  Kobell ’schen  Formel  ent- 
sprechende Verbindung  in  der  Natur  für  sich  nicht  vorkömmt,  so 
scheint  sie  doch  für  jede  der  unter  dem  Namen  Ankerit  und  Braunspath 
vereinigten  Mineralsubstanzen  eine  constante  Grundlage  zu  bilden;  denn 
mit  Ausnahme  von  6 Braunspath-Analysen  lassen  sich  alle  Uebrigen 
durch  die  allgemeine  chemische  Formel 

+ x (CaC  4-  MgC)  oder  { x q*  066  } 

Die  v.  Kobell’sche 
Formel  für  den  Ankerit. 


darstellen,  worin  x die  Werthe  V2,  1,  4/3,  3/2,  6/3,  2,  3,  4,  5,  10 
haben  kann. 

Von  diesen,  durch  die  variable  Grösse  x unterschiedlichen  10  Ver- 
bindungen erlaube  ich  mir  die  ersten  fünf,  in  denen  x = x/2,  1,  4/3, 
31 2,  6/s  als  Ankerit,  die  Uebrigen  als  Parankerit  zu  benennen,  die  ein- 


fachsten zwei 


Ca  Fe  C2  Oc 
Ca  Mg  C2  0G 


und 


Ca  Fe  C2  0, 
2 Ca  Mg  C,  0 


'•} 


als  Normal- An- 


kerit und  Normal-Parankerit  hervorzuheben  und  die  übrigen  Glieder 
durch  Beifügen  von  griechischen  Buchstaben  zu  bezeichnen. 


Normal-Ankerit. 

Vor  mehreren  Jahren  habe  ich  den  aus  dem  sibirischen  Eisen- 
steinlager vom  Giftberge  bei  Komorau  stammenden  Braunspath  analy- 
sirt,  als  Ankerit* 2)  beschrieben  und  mit  dessen  specifischem  Gewichte 
(3"06 — 3"07)  das  der  Ankerite  von  Zajecov  und  Chrbina  als  überein- 
stimmend gefunden.  Um  mich  von  der  Uebereinstimmung  der  chemi- 
schen Beschaffenheit  völlig  zu  überzeugen,  veranlasste  ich  in  jüngster 
Zeit  Herrn  Assistenten  B fielt  eine  chemische  Analyse  der  winzig 
kleinen,  schwach  gelblichweissen,  durchscheinenden  Ankeritkryställchen 
von  Zajecov  auszuführen.  Diese  Analyse  ergab  in  Procenten : 

Ca  C03  = 50’70 
Fe  C03  = 29-87 
Mg  C03  = 21 -66 
102-23. 


Die  chemischen  Analysen  des  Ankerites  vom  Giftberge  und  von 
Zajecov  führen  auf  die  einfache  Formel  2 Ca  C03  -f-  Fe  C03  -f  Mg  C03 

oder  | yjir  (V  q“  |-  Und  diese  einfache  Formel  für  den  Ankerit, 


’)  Mineralogie,  1871,  pag.  241. 

2)  Sitzungsber.  d.  k.  Akad  d.  Wissensch.  in  Wien,  1869.  Zur  Entwicklungs- 
geschichte der  in  dem  Schichtencomplex  der  sibirischen  Eisensteinlager  Böhmens 
vorkommenden  Minerale.  Sep.-Abdr.  pag.  25. 


Ueber  einige  ankeritähnliche  Minerale  etc. 


49 


[3] 


deren  ich  bereits  in  einem  Vortrage  in  der  königl.  böhm.  Gesellscb.  d. 
Wissensch. J)  Erwähnung  gethan,  nimmt  auch  Weisbach* 2)  an  (und 
schreibt  dieselbe  Ca2  Mg  Fe  CD). 

Von  anderen  mir  bekannten  Analysen  der  Ankerite  sind  es  nur 
zwei,  die  mit  dem  Ankerite  der  böhmischen  silurisclien  Eisenerzlager- 
stätten übereinstimmen,  nämlich:  Lubolt’s  Analyse  des  Ankerites  von 
Lobenstein3)  und  Schmid’s  Analyse  des  Ankerites  von  der  Grube 
Bleialf  bei  Call  in  der  Eifel. 4 5 6) 


Die  paragenetischen  Verhältnisse  der  den  Ankerit  der  silurisclien 
Eisenerzlagerstätten  Böhmens  begleitenden  Minerale  habe  ich  a.  a.  O.3) 
bereits  erläutert. 


Normal-Parankerit. 

Vor  einigen  Jahren  erhielt  das  böhmische  Museum  vom  Herrn 
Bergrathe  Wala  zwei  schöne  Haarkiesstufen  (aus  dem  Kohlensandstein 
von  Rapic  bei  Kladno),  auf  denen  sich  ein  ankeritälmliches  Mineral 
als  Unterlage  des  Haarkieses  befand.  Das  mit  dem  Ankerite  der  böh- 
misch - silurisclien  Eisensteinlager  nicht  übereinstimmende  specifische 
Gewicht  des  Rapicer  ankeritähnlichen  Minerales  gab  die  Veranlassung 
zur  weiteren  Untersuchung  des  Letzteren  und  lenkte  meine  Aufmerk- 
samkeit auf  ähnliche  Minerale  der  Kohlenformation.  Etwa  ein  Jahr 
später  übergab  dem  böhmischen  Museum  Herr  Dr.  0.  Feistmantel 
ankeritähnliche  Stufen  mit  äusserst  spärlichen  und  zarten  Haarkies- 
büscheln aus  dem  Kohlensandstein  von  Schwadowitz  und  ähnliche  mit 
aufsitzenden  Pyritkryställchen  von  Lubna  bei  Rakonitz.  c)  Und  bei 
einem  mit  dem  Herrn  Collegen  Dr.  Fric  in  der  Umgegend  von  Lahna 
unternommenen  Ausfluge  fanden  wir  dasselbe  ankeritähnliche  Mineral 
in  der  Schieferkohle  des  Maxmilianschachtes  bei  Ploskov  und  auf  der 
Halde  eines  verlassenen  Schachtes  westlich  bei  Lahna  vor.  Und  da  sich 
das  ankeritähnliche  Mineral  aus  allen  den  bezeichneten  Localitäten  als 
eine  constante,  von  dem  Ankerit  der  silurischen  Eisenerzlager  Böhmens 
abweichende  Mineralmischung  erwies,  so  unternahm  ich  noch  einen 
Ausflug  nach  Rapic,  wo  es  mir  durch  die  Liberalität  der  Herren  Berg- 
beamten des  kais.  und  des  der  Prager  Eisenindustrie-Gesellschaft  ge- 
hörigen Bergreviers  gelang,  eine  schöne  Suite  von  ankeritähnlichen 
Mineralstufen  für  das  böhmische  Museum  zu  acquiriren. 


0 Juli  1875. 

2)  Synopsis  mineralogica.  Freiberg,  1875,  pag.  29. 

3)  Poggendorf’s  Annalen,  CII,  päg.  455  und  Rammelsberg’s  Mineral- 
cliemie  pag.  2 IG. 

4)  N.  Jahrb.  f.  Min.  etc.  1875,  pag.  89. 

5)  Sitzungsber.  d.  k.  Akad.  d.  Wissenscb.  in  Wien,  1869.  Zur  Entwicklungs- 
geschichte etc. 

6)  Diese  neuen  Mineralfundorte  habe  ich  bereits  in  meinen,  von  Herrn  Prof. 
R.  v.  Zepharovich  in  das  mineralog.  Lexikon  des  Kaiserthums  Oesterreich  auf- 
genommenen Notizen  namhaft  gemacht. 

Mineralogische  Mittheilungen  1876.  1.  Heft.  (Em.  Borick^.) 


7 


50 


Em.  Boficky. 


[4] 


Der  Parankerit  bildet  Drusen  von  farblosen,  weissen,  gelblich  oder 
rötblich  gefärbten,  zuweilen  an  der  Oberfläche  mit  Eisenoxyd  impräg- 
nirten  Rhomboedern,  deren  Flächen  meist  drüsig  und  schwach  perl- 
mutterglänzend, seltener  glatt  und  glasglänzend  erscheinen.  H.  = 3Va- 
Spec.  Gewicht  = 2-965  (als  Mittel  von  fünf  Bestimmungen,  deren 
Minimum  und  Maximum  = 2-956 — 2-974).  Die  aus  mehreren,  ziemlich 
genau  übereinstimmenden  Analysen  des  Parankerites  von  Rapic  bei  Kladno, 
von  Ploskov  bei  Lahna,  von  Lubna  bei  Rakonitz  und  von  Schwadowitz 
abgeleitete  chemische  Formel 

3 Ca  CO,  + 2 Mg  CO,  + Fe  CO,  oder  { 2 g*  c)  o‘  }' 

Der  Parankerit  löst  sich  in  kalter  mässig  verdünnter  Salzsäure  (unter 
Aufbrausen)  langsam,  aber  vollkommen  auf. 


ci.  Parankerit  von  Rapic. 


In  dem  sehr  feinkörnigen,  von  Carbonaten  stark  imprägnirten 
Kohlensandsteine  des  — der  Prager  Eisenindustrie-Gesellschaft  gehöri- 
gen — Hoffnungsschachtes  in  Rapic  bei  Kladno  bildet  der  Parankerit 
kleinkörnige,  weisse,  röthlich  oder  graulichweisse  Schnüre  und  Adern 
und  kleidet,  zarte  Drusen  bildend,  die  Wandungen  der  Höhlungen  aus. 
Die  Parankeritdrusen  pflegen  mit  winzig  kleinen  Chalkopyrit-,  Pyrit- 
und  spärlichen  Galenitkryställchen  bestreut,  zuweilen  auch  mit  präch- 
tigen, strahlig  oder  büschelförmig  oder  verworren  aggregirten  Millerit- 
nadeln  *)  besetzt  zu  sein. 

Das  specifische  Gewicht  des  Parankerites  von  Rapic  (vom  Herrn 
Bilek  bestimmt)  = 2-974.  Und  die  von  mir  und  Herrn  Bi'lek  aus- 
geführten chemischen  Analysen  ergaben  in  Procenten: 


Unlöslichen  Rückstand  = 
Fe  C03  = 1 
Mn  C03  = j 
Mg  C03  = 
Ca  C03  = 


I. 

H. 

III. 

— 

0-177 

0-405 

18-830 

20-11 

19-877 

1024 

29-12 

29-308 

— 

51-30 

— 

50-946 

100  53. 


b.  Parankerit  von  Lubna. 

In  gleicher  Weise,  wie  in  dem  Kohlensandstein  von  Rapic,  erscheint 
der  Parankerit  in  dem  glimmer-  und  sandkörnerreichen  Kohlensandstein 
von  Lubna  bei  Rakonitz,  pflegt  aber  nur  von  aufsitzenden  (zuweilen 


')  Die  paragenetische  Folge  der  dem  Ankerit  aufsitzenden  Minerale  ist : 
a.  Chalkopyrit,  b.  Millerit,  c.  Galenit;  denn  der  Chalkopyrit  bildet  oft  das  Centrum, 
von  welchem  aus  die  Milleritnadeln  strahlig  auslaufen.  Und  auf  diesen  pflegen  steck  - 
n adelkopfgrosse  Galenitkryställchen  aufgewachsen  zu  sein.  Die  Pyritkryställchen  sind 
vereinzelt  zerstreut  und  weit  spärlicher  als  der  Chalkopyrit.  Der  Millerit  konnte 
wegen  Mangel  an  Material  nur  qualitativ  untersucht  werden,  wobei  neben  vorwalten- 
dem Schwefelnikel  eine  nicht  unbedeutende  Menge  Schwefeleisen  nachgewiesen  wurde. 


[5] 


Ueber  einige  ankeritähnliche  Minerale  etc. 


51 


nach  der  tetragonalen  Achse  säulenförmig  verlängerten)  Pyritkryställc’nen 
(ooöoo)  begleitet  zu  sein.  Die  meist  weisse  Farbe,  trübe  Beschaffenheit 
und  merklich  geringere  Härte  dieses  Parankerites  spricht  dafür,  dass 
sich  derselbe  im  Beginn  einer  chemischen  Umwandlung  befindet.  Das 
specifische  Gewicht  desselben  (vom  Herrn  Bflek  bestimmt)  = 2‘956. 

Die  von  mir  und  Herrn  Bflek  ausgeführte  chemische  Analyse 
ergab  in  Procenten: 

Unlöslicher  Rückstand  = 0"22 
Fe  CO3  = 18-14 
Mn  CO3  = 0-46 
Mg  CO3  = 30-27 
Ca  CO3  = 50-10 

99-19. 

Aus  der  chemischen  Analyse  erhellt,  dass  die  oberwähnte  Um- 
wandlung dieses  Parankerites  in  der  Abnahme  des  kohlensauren  Eisen- 
oxydul und  in  der  Zunahme  der  kohlensauren  Magnesia  besteht. 


c.  Parankerit  von  Schwadowitz. 

Die  Schnüre  und  Adern  des  Parankerites  in  dem  bräunlich  grauen, 
feinkörnigen  Kohlensandstein  aus  dem  Erbstollen  von  Schwadowitz  sind 
gröber  körnig  und  die  bräunlichen,  röthlichen  und  gelblichen  Drusen 
der  Hohlräume  bestehen  aus  Individuen,  welche  die  Grösse  eines  Cen- 
timeters  erreichen.  Sowohl  die  kleinen  gelblichen,  als  auch  die  grös- 
seren bräunlichen  Krystalle  haben  stark  gekrümmte  und  drüsige  Flächen 
und  letztere  pflegen  noch  mit  kleineren  Kryställchen  besetzt  zu  sein. 
An  den  Bruchstücken  der  bräunlichen  Krystalle  bemerkt  man  ein  weis- 
ses,  graulich-  oder  gelblichweisses  Innere  und  eine  dünne,  vom  Innern 
scharf  abgegrenzte,  röthlichbraune  Aussenschale.  Ueberhaupt  zeigt  die 
bräunliche  Färbung  der  Krystalldrusen  und  der  Zusammensetzungsflächen 
in  den  Adern  und  Schnüren,  dass  sich  der  Schwad owitzer  Parankerit  in 
einer  ähnlichen  chemischen  Umwandlung  befindet,  wie  der  Parankerit 
von  Lubna;  allein  während  an  letzterem  Fundorte  kohlensäurehältige 
Gewässer  einen  geringen  Antheil  des  kohlensauren  Eisenoxydul  aus  dem 
Parankerit  ausgelaugt  und  entfernt  haben,  fand  in  dem  Scliwadowitzer 
Kohlensandstein  die  Einwirkung  von  kohlensäure-  und  sauerstoffreichen 
Gewässern  statt,  wodurch  ein  Theil  des  ausgelaugten  kohlensauren 
Eisenoxydul  in  Form  von  Eisenoxyd  und  Eisenoxydhydrat  an  Ort  und 
Stelle  (in  den  Aussenschalen  und  zwischen  den  Krystallkörnern)  zum 
Absatz  gelangte.1) 

Das  specifische  Gewicht  der  möglichst  gereinigten,  nur  mit  spär- 
lichen Partikelchen  von  Eisenoxydhydrat  gemengten,  schwach  gelblich- 
weissen,  durscheinenden  Fragmente  dieses  Parankerites  (vom  Herrn 
Bflek  bestimmt)  = 2-970.  Und  die  mit  gleicher  Probe  von  mir  und 


')  Ausser  eleu  äusserst  seltenen  und  zarten  Milleritbüscheln  und  spärlichen 
Pyritkryställchen  wurde  auf  diesem  Parankerit  kein  anderes  Mineral  bemerkt. 

7* 


Em.  Boricky. 


52 


[6] 


Herrn  Assistenten  B fiele  ausgeführten  chemischen  Analysen  ergaben 
in  Procenten: 


I. 

II. 

Fe 

CO,  z 

= 18-38  1 

18-44 

M11 

CO3  : 

= Spur  j 

Mg 

C03  = 

= 29-12 

29-53 

Ca 

C03  = 

= 52-20 

51-39 

99-70 

99-36. 

d.  Parankerit  von  Ploskov  (Maxmilianschacht)  bei  Lahna. 

In  der  steinigen  Varietät  der  aus  dem  schwachen  Kohlenflötze 
bei  Ploskov  stammenden  Schieferkohle  erscheint  der  körnige  Parankerit 
in  Schnüren,  Adern  und  Putzen.  Und  die  kleinen  Hohlräume  der  Kohle 
sind  von  schönen,  weissen  oder  schwach  gelblich  oder  röthlichweissen 
Parankeritdrüsen  ausgekleidet.  Auf  dem  Parankerite  sind  entweder 
winzig  kleine  Chalkopyrit-,  Pyrit-,  zuweilen  auch  vereinzelte  Galenit- 
kryställchen x)  oder  — jedoch  weit  seltener  — in  Ermangelung  der 
Schwefelverbindungen  dünne,  farblose  oder  graulichweisse  Baryttäfelchen* 2) 
aufgewachsen. 

Das  specifische  Gewicht  der  reinen  halb  durchsichtigen  und  durch- 
scheinenden, nur  mit  einem  Stiche  ins  Rosenrothe  versehenen  Frag- 
mente dieses  Parankerites  (vom  Herrn  Bilek  bestimmt)  = 2-955. 
Und  die  mit  gleicher  Probe  von  mir  und  Herrn  Bilek  ausgeführte 
chemische  Analyse  ergab  in  Procenten: 

Fe  C03  = 19-84 
Mn  C03  = Spur 
Mg  C03  = 28-40 
Ca  C03  = 50-73 
98-97. 

Von  den  chemischen  Analysen,  die  Ramm  eis  her  g in  seinem 
Handbuche  der  Mineralchemie,  1.  Aull.,  pag.  216  und  217  anführt, 
stimmen  mit  unserem  Parankerite  drei  ziemlich  überein,  nämlich: 
Berthier’s  Analyse  des  Parankerites  von  Corniglion  bei  Vizille  in 
Frankreich  (Ann.  Mines  VII,  316,  II.  Ser.,  III);  v.  Hauers  Analyse 
des  Parankerites  aus  dem  Dientner  Thale  im  Pinzgau  (15  a.)  (Jahrb. 
der  k.  k.  geolog.  Reichsanstalt  in  Wien,  IV,  827)  und  Ettling’s 
Analyse  des  Parankerites  von  Beinhausen  bei  Gladenbach  in  Oberhessen. 


9 Die  zarten  Pyritkryställchen  (00O00  . 0)  sind  zuweilen  nach  der  tetra- 
gonalen  Achse  derart  verlängert,  dass  die  Länge  die  anderen  Dimensionen  10 — 20 
Mal  übertrifft;  nicht  selten  sind  die  zarten  Säulchen  plattgedrückt,  so  dass  sie  das 
Aussehen  rhombischer  Krystallnadeln  haben.  Ausgezackte  Kanten,  die  man  an  einigen 
Pyritsäulchen  bemerkt,  weisen  wahrscheinlich  auf  eine  Zwillingsbildung  hin.  In  einem 
Galenitkryställchen  fand  sich  ein  Chalkopyritkörnchen  als  Einschluss  vor. 

2)  Die  graulichweissen  Barytkryställchen  stellen  dünne  Täfelchen  von  octa- 
gonalen  Umrissen  dar  (00P00  . ooPöo  • Po o • oP) ; die  farblosen  Kryställchen  er- 
scheinen als  äusserst  dünne  längliche  Blättchen  von  meist  rektangulären  Umrissen. 


m 


Ueber  einige  anberitähnliche  Minerale  etc. 


53 


Von  den  Analysen,  welche  Dana  in  seiner  Mineralogie  (A  System 
of  min.,  pag.  685)  anführt,  stimmt  ausser  den  aus  Rammelsberg’s 
Handbuche  citirten  noch  Jackson ’s  Analyse  des  Parankerites  von 
Neuschottland  mit  unserem  Parankerit  überein. 

Endlich  nähern  sich  nach  Bischof’s  Bemerkung1)  einige  Dolomite 
aus  Oberschlesien  der  Zusammensetzung  3 Ca  C03  + 2 Mg  C03  + Fe  C03, 
so  dass  sie  auch  wahrscheinlich  unter  die  Parankerite  einzureihen  wären. 

Aus  den  chemisch-analytischen  Ergebnissen  erhellt  zur  Genüge, 
dass  der  Normal-Parankerit  eine  konstante  Mineralmischung  darstellt, 
die  weit  häufiger  vorkömmt,  als  die  des  Normal-Ankerits  und  die  — 
ebenso  wie  die  des  Ankerits  — durch  chemische  Einflüsse,  vornehmlich 
durch  kohlensäure-  und  sauerstoffreiche  Gewässer  leicht  Aenderungen 
erleidet,  welche  die  chemische  Constitution  mehr  weniger  schwankend 
erscheinen  lassen. 

Dass  der  Ankerit  durch  Verlust  der  Kalk-  und  Magnesia-Carbo- 
nate  eisenreicher  wird  und  bei  gleichzeitiger  Oxydation  endlich  in 
Brauneisenerz  übergeht,  darauf  hat  schon  Haidinger  aufmerksam 
gemacht  und  als  Beispiele  solcher  Pseudomorphosen  den  Rathhausberg 
bei  Böckstein,  Eisenerz  und  Gollrad  genannt. 2)  Bei  dem  Parankerite 
findet  durch  Verlust  des  kohlensauren  Eisenoxydul  (Manganoxydul)  der 
entgegengesetzte  Umwandlungsvorgang  statt  (siehe  Analysen  des  Par- 
ankerits  von  Lubna  und  Schwadowitz).  Und  diese  einander  entgegen- 
gesetzten Umwandlungsvorgänge  scheinen  vorwiegend  durch  die  petro- 
graphischen  Verhältnisse,  namentlich  durch  den  Reichthum  oder  durch 
die  Armuth  der  Muttergesteine  (und  der  sie  durchdringenden  Gewässer) 
an  Carbonaten  von  Eisenoxydul  und  Manganoxydul  bedingt  zu  sein. 
Während  die  mir  bekannten  Fundorte  des  Ankerit  Lagerstätten  von 
Siderit  oder  von  Roth-  oder  Brauneisenerz  sind,  beschränkt  sich  das 
Vorkommen  des  Parankerit  auf  eisenärmere  Gesteine,  namentlich  auf 
Kohlensandsteine  und  auf  jene  Schieferkohle,  deren  steinige  Beschaffen- 
heit eben  von  dem  Parankerite  herrührt. 


Ein  Gemenge  von  1 Mol.  Ankerit  und  1 Mol.  Parankerit, 


2 Ca  Fe  C2  0 

3 Ca  Mg  C2  0 


bezeichnet  als  Ankeri 


Durch  diese  chemische  Formel  kann  das  auf  dem  Sphärosiderite 
des  Franz  Joseph-Schachtes  von  Duby  bei  Kladno  vorkommende  Kalk- 
Eisen-Magnesia- Carbonat  ausgedrückt  werden.  Dasselbe  erscheint  in 
grösseren  (2 — 6 Mm.  D.)  graulich weissen,  minder  pelluciden,  meist 
drüsigen  und  zwillingsartig  verwachsenen  Rhomboedern,  die  zu  kleinen 
Häufchen  vereinigt,  wenig  zusammenhängende  Drusenpartien  bilden.3) 


b Lebrb.  d.  cbem.  u.  phys.  Geol.,  pag.  130. 

2)  v.  Zepharovich.  Min.  Lex.  II,  16. 

3)  Die  Kryställchen  des  Ankerit  y haben  zuweilen  deutliche  Sckalenstructur, 
indem  in  denselben  graulichweisse,  halbdurchsichtige  mit  weissen,  fast  impelluciden 
Schalenzonen  abwechseln.  Der  dichte,  matte  Sphaerosiderit  ist  stellenweise  schimmernd. 
Und  diese  schimmernden  Partien  erscheinen  unter  der  Loupe  als  änsserst  zarte 
Drusen  von  linsenförmigen  Sideritkryställchen.  Ausserdem  fanden  sich  ein  Berg- 


54 


Em.  Boi'icky. 


[8] 


Das  specifische  Gewicht  (von  Herrn  Bilek  bestimmt)  = 2*976 
und  die  von  mir  und  Herrn  Bilek  ausgeführte  chemische  Analyse 
ergab  in  Procenten : 

Ca  C03  ==  50*98 
Mg  C03  = 25*16 
Fe  C03  = 23*32 

99*46. 


Uebersicht  sämmtlicher  Analysen  der  ankeritähnlichen 

Minerale. 

Anker it  a. 

Die  chemische  Formel: 

{ 2 c!a  Mg  % 066  } oder  3 Ca  C°3  + MS  C°3  + 2 Fe  C03 
erfordert  in  Procenten:  48*7  Ca  C03,  13  64  Mg  C03  und  37*66  Fe  C03. 

1.  *Admont,  Steiermark  (Friedau)  47*59  13*73  34*74  u.  2*13  Mn  C03. 

2.  *Hohe  Wand,  Steierm.  (Schrötter)  50*11  11*84  35*31  „ 3 08  „ „ 

Normal-Ankerit. 

Die  chemische  Formel: 

{ Ca  Mg  § 0*  ) oder  2 Ca  C°3  + M§  c°3  + Fe  C03 

erfordert  in  Procenten:  50  Ca  C03,  21  Mg  C03  und  29  Fe  C03. 


Specifisches  Gewicht  — 3*06  — 3*07  (nach  meinen  Bestimmungen); 
3*01  (nach  Lubolt). 


Ca  C03 

Mg  C03 

Fe  COs,  Mn  C03 

spec.  Gew. 

3.  Giftberg  b.  Komorau,  Böhmen 

/ 50*5 

19*3 

30-2 

} 3*072 

(Boficky) 

\ 49-4 

18*2 

31*6 

4.  Zajecov,  Böhmen  (Bilek)  . 

50*7 

21*6 

29*9 

3*063 

5.  *Lobenstein  (Lubolt)  . . 

51*61 

18*94 

27*11  2*24 

3*01 

6.  **Call,  Eifel  (Schmid)  . . 

51*53 

18*93 

25*56  6*26 

krystall  und  wenige  Sphaleritkryställchen  vor,  die  — so  wie  der  Siderit  — von  dem 
Ankerite  y stellenweise  bedeckt  waren.  Jünger  als  der  Ankerit  y erscheinen  zarte, 
aufgestreute  Chalkopyrit-  und  Pyritkryställchen  oder  (selten)  strahlige  Barytaggregate 
oder  reichliche,  perlmutterglänzende,  aus  zarten  Schüppchen  bestehende  oder  weisse 
erdige  Nakritsubstanz. 

*)  Rammelsberg’s  Handbuch  der  Mineralchemie,  1875. 

**)  N.  Jahrh.  f.  Min.,  1875,  89. 


[9] 


Ueber  einige  aukeritähnliche  Minerale  etc. 


55 


Ankerit  (3. 

Die  chemische  Formel: 

jo  Ca  Fe  C2  0C1  2 mol.  Ankerit  J4  Ca  C03  -f-  2 Mg  C03  -j-  2 Fe  C03 

(4  Ca  Mg  C2  OJ  od-  1 „ Parank.  \3  Ca  C03  + 2 Mg  C03  + Fe  C03 

erfordert  in  Procenten:  50"6  Ca  C03,  24-3  Mg  CC3  und  25-l  Fe  C03. 

Ca  C03  Mg  C03  Fe  C03 

7.  Dientner  Thal,  Pinzgau  (v.  Hauer)  . . 49-40  24-31  26'29. 

Ankerit  y. 

Die  chemische  Formel: 

/ 2 Ca  Fe  C2  Oß  1 ,1  mol.  Ankerit  f 2 Ca  C03  + Mg  C03  + Fe  C03 

1 3 Ca  Mg  C2  Ofi  / 0(i-  1 „ Parank.  { 3 Ca  C03  + Mg  C03  + Fe  C03 

erfordert  in  Procenten:  50-8  Ca  C03,  25’6  Mg  C03  und  23-6  Fe  C03. 

Ca  C03  Mg  C03  Fe  C03  spec.  Gew. 

8.  Franz  Joseph-Schacht,  Duby  b.  Kladno 

(Boricky,  Bilek) 50'979  25-1(37  23-318  2-976 

Ankerit  S. 

Die  chemische  Formel: 

|3  Ca  Fe  C2  Ocl  1 mol.  Ankerit  f 2 Ca  C03  + Mg  C03  -f-  Fe  C03 

{5  Ca  Mg  C2  0G|  0( ' 2 „ Parank.  { 6 Ca  C03  -j-  4 Mg  C03  + 2 Fe  C03 

erfordert  in  Procenten:  5P0  Ca  C03,  26-8  Mg  C03  und  22-2  Fe  C03. 

Ca  C03  Mg  C03  Fe  C03  Mn  COs 

9.  Golrath,  Steiermark  (Bert hier)  . 51  1 25-7  20"0  3'0. 

Noi-mal-Parankerit. 

Die  chemische  Formel: 

{ 2 Ca  Mg  c[  Ol  } 0,lel'  3 Ca  C0»  + 2 C°s  + Fe  CO, 
erfordert  in  Procenten:  5P4  Ca  C03,  28-8  Mg  C03  und  19-8  Fe  C03. 


10.  Rapic  b.  Kladno,  Böhmen 

(Boricky,  Bilek)  . . 

11.  Lubna  b.  Rakonitz,  Böhmen 

(Boricky,  Bilek)  . . 

12.  Schwadowitz  , Böhmen 

(Boricky,  Bilek)  . . 

13.  Ploskov  b.  Lahna,  Böhmen 

Boricky,  Bilek)  . . 

14.  *Corniglion  b.  Vizille,  Frkr. 

(Berthier)  .... 


Ca  C03 

Mg  C03 

Fe  C03  Mn  C03 

spec.  Gew. 

51-30 

29-12 

20-11  1 

| 

50-95 

— 

18-83  P02 

2-974 

29  31 

19-88  ) 

1 

50-10 

30-27 

18-54  0-46 

2-956 

51-39 

29-53 

18-44  ] 

[ 2-970 

52-20 

29-12 

18-38 

50-73 

28-40 

19-84 

2-956 

50-9 

29-0 

18-7  0-5 

*)  Rammelsb er g’s  Handb.  d.  Mineralchemie. 


56 


Em.  Boi'icky. 


[10] 


15.  *Dientner  Thal,  Pinzgau 

(v.  Hauer)  . . . . 

16.  *Belnhausen  (Ettling)  . 

17.  **Neu-Scliottland  (Jack- 

son)   


Ca  C03 

Mg  C03 

Fe  C03  spec.  Gew. 
Mn  C04 

R. 

49-2 

30 

20-8 

51-24 

27-32 

21-75  3-006 

106°  6 

49  2 

30-2 

20-3 

Aum  er  kling.  Ausserdem  wären  kieker  jene  von  Karsten  analysirten  Dolo- 
mite aus  Okerscklesieu  einzureiken,  deren  Zusammensetzung  nack  Bisckof’s  An- 
gake  (Lekrk.  d.  ckem.  und  pkys.  Geol.  1864,  2.  Bd , pag.  130)  der  ckem.  Formel 
unseres  Normal-Parankerites  entsprickt. 


Pärankerit  ß. 

Die  chemische  Formel: 

( Ca  Fe  C2  06)  1 mol.  Parankerit  f3  Ca  C03  -(-  2 Mg  C03  -f-  Fe  C03 

[3  Ca  Mg  C2  06|  01  - 1 „ Dolomit  [ Ca  C03  -f-  Mg  C03 
erfordert  in  Procenten:  52-l  Ca  C03,  32’8  Mg  C03  und  15*1  Fe  C03. 


Ga  C03  Mg  C03 

18.  "Traversella  (Hirzel)  52’ 71  33*46 

19.  *Mühlen , Graubündten  ) 

(Bert  hier)  . . . 

20.  *Schams,  Graubündten 

21. *Vizille,  Frankreich 

(B  e r t h i e r)  . . . 

22.  ^Siegen  (Schnabel)  . 

23.  *Schneeberg  (Kühn)  . 

„ (Seger)  . 


Fe  C03  Mn  C03  sp.  Gew.  R. 


52*8 

5P6 

53*0 


32*2 

3D2 

32*6 


50- 0  34-0 
5P34  35-55 

51- 50  33-02 


11-3 

14-0 

14-8 

14-2 


2-84 

0-4 

0-4 

0-5 


2-919  106°  20' 


13-26  2-57 
13-90  1-41 

15-38  2-36  (röthl.  Var.) 


Annähernd  reiht  sich  hieher  auch  Ettling’s  chemische  Analyse 
des  Parankerit  von  der  Grube. 


Ca  C03  Mg  C03  Fe  C03  Mn  C03 

24.  ""Beschert  Glück  b.  Freib.  49-07  33"28  14"89  2-09,  scheint  jedoch 

auf  eine  umgewandelte  oder  mit  Siderit  gemengte  Probe  hinzu- 
weisen. 


Parankerit  y. 

Die  chemische  Formel: 

f Ca  Fe  C2  0G1  1 mol.  Parankerit  f3  Ca  C03  2 Mg  C03  + Fe  C03 

[4  Ca  Mg  C2  06J  ocL  2 „ Dolomit  [2  Ca  C03  + 2 Mg  C03 
erfordert  in  Procenten:  52f5  Ca  C03,  35‘3  Mg  C03  und  12-2  Fe  C03 

Ca  C03  Mg  C03  Fe  C03  Mn  C03 
25.  Schneeberg,  Sachsen  (Kühn)  52-64  36-35  12-4  0’34 


*)  Rammelskerg’s  Handb.  d.  Mineralckemie. 

**)  Dana,  A System  of  mineralogy. 


[11] 


Ueber  einige  ankeritälmliche  Minerale. 


57 


Parankerit  ö. 

Die  chemische  Formel: 

f Ca  Fe  C2  06  ) 1 mol.  Parankerit  13  Ca  C03  -|-  2 Mg  C03  + Fe  C03 

\5  Ca  Mg  C2  Oti  j od‘  3 „ Dolomit  [3  Ca  C03  + 3 Mg  C03 

erfordert  in  Procenten:  52‘82  Ca  C03,  36-97  Mg  C03  und  10'21  Fe  C03. 

Ca  C03  Mg  C03  Fe  COa 

26.  *La  Valenciana,  Mexico  (Roth)  . . 53"18  34"35  10-46 

Diesem  Parankerite  wäre  der  rothe  Bitterspath  von 

Ca  C03  Mg  C03  Co  C03  Fe  C03 

27.  *Pfibram  (Gibbs)  ....  56’77  3570  7 -42  2'03 

anzureihen,  worin  der  grösste  Tlieil  Fe  durch  Co  ersetzt  ist. 


Parankerit  s. 

Die  chemische  Formel: 

1 Ca  Fe  C2  061  1 mol.  Parankerit) 3 Ca  C03  -f-  2 Mg  C03  -|-  Fe  C03 

\10  Ca  Mg  C2  OJ  oc  * 8 „ Dolomit  J8  Ca  C03  -f-  8 Mg  C03 
erfordert  in  Procenten:  53-50  Ca  C03,  40-86  Mg  C03  und  5'64  Fe  C03. 

Ca  COs  Mg  C03  Fe  C03 

28.  *Wermsdorf,  Mähren,  (Grimm)  . . 53-25  38-84  5-33 

29.  *Lettovitz,  Mähren  (Friedler)  . . . 54"21  39-55  G*  1 3 


Unter  die  allgemeine  Formel  der  ankeritähnliclien  Minerale  fällt 
auch  der  von  Reiben  schuh  analysirte 

30.  **Ankerit  vom  Erzberge  bei  Vordernberg  in  1 5 Ca  Fe  C2  06  ) 

Steiermark ( Mg  Mg  C2  06  ]’ 

wobei  die  Vertretung  des  Dolomit  durch  Magnesit  angenommen  werden 
muss.  (Reib enschuh’s  Analyse  ergibt  in  Procenten:  43‘59  Ca  C03, 
12-77  Mg  C03,  4D0  Fe  C03  und  2‘75  M11  C03;  R.  [nach  v.  Zeplia- 
rovich]  = 106°  7')- 


Abweichend  erscheinen  die  chemischen  Formeln  von  6 Braun- 
späthen,  die  sich  als  Gemenge  des  Ankerit  oder  Parankerit  mit  Calcit 
oder  Magnesit  erweisen. 

Der  von  Schmidt  analysirte  Braunspath  von 
31.  *Fr eiberg  (56-45  Proc.  Ca  C03,  18"89  Mg  C03,  15‘94  Fe  C03  und 
10"09  M11  C03)  ist  ein  mit  Calcit  gemengter  Normal-Ankerit 
I . 1 Ca  Fe  C2  Ofi  I 


Ca  Mg  C2 
Ca  Ca  C2 


06 

0, 


Der  von  Zwick  analysirte  Braunspath  von 
32.  *Schemnitz  (54-68  Proc.  Ca  C03  , 24’15  Mg  C03  und  23-2 6 Fe  C03) 

(12  Ca  Fe  C2  06  I 

ist  ein  mit  Calcit  gemengter  Ankerit  y < ^ \ 3 Ca  Mg  C2  06  } und 

I Ca  Ca  C2  Oc  ) 


*)  Ramm  elsb  erg’s  Ilandb.  d.  Mineralckemie. 

**)  Ber.  Akad.  Wien,  1867  und  v.  Zepliarovicb,  Verb,  der  k.  k.  geolog. 
Reichsanstalt  in  Wien,  1867,  330. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1876.  1.  Heft.  (Ein.  Boricky.) 


8 


58 


Em.  Boricky. 


[12] 


der  von  Jackson  analysirte  Braunspath  von 

33.  *Acadian  Iron  mines,  Neuschottland  (44-89  Proc.  Ca  C03,  30"80 

Mg  C03,  23-45  Fe  C03  und  0-8  Mn  C03)  ist  ein  mit  Magnesit 
I t 2 Ca  Fe  C2  06  I 

gemengter  Ankerit  y •,  \ 3 Ca  Mg  C2  06  [. 

| Mg  Mg  C2  06  ) 

Der  von  Schweizer  analysirte  Braunspath  von 

34.  *Tinzen  in  Graubtindten  (46'4  Proc.  Ca  C03,  26-95  Mg  C03, 

25-40  Fe  C03) 

| 8 Ca  Fe  C2  06  | 

führt  zur  Formel  2 Ca  Mg  C2  06  [,  nähert  sich  somit  den  Anke- 
| 5 Mg  Mg  C2  06  J 

riten,  während  der  von  Köhler  analysirte  Braunspath  von 

35.  *Ingelberg  bei  Hofgastein  (60‘84  Proc.  Ca  C03,  3P62  Mg  C03  und 

I t Ca  Fe  C2  06  1 

6-67  Fe  C03)  < ^ [ 6 Ca  Mg  C2  06  • und  der  von  Berthier  ana- 
I 3 Ca  Ca  C2  06  | 
lysirte  Braunspath  von 

36.  *Villefranche,  Dep.  Aveyron  (60-9  Proc.  Ca  C03,  303  Mg  C03, 

I . f 2 Ca  Fe  C2  06  | 

6 Fe  C03  und  3 Mn  C03)  4 [ 9 Ca  Mg  C2  06  [den eisenärmsten 

lll  Ca  Ca  C2  0,  ) 

Parankeriten  angereiht  werden  können. 


*)  Rammelsberg’a  Handb.  d.  Mineralchemie. 


VI.  Die  Krystallform  des  Barytocölestins. 

Von  Dr.  Etlmimd  F.  Ncminar. 

Als  durch  die  Untersucliungen  Thomson’s  die  chemische  Zu- 
sammensetzung des  Barytocölestins  von  Drummond  Island  im  Eriesee 
annähernd  ermittelt  war,  zeigte  sich  nach  weiteren  Untersuchungen 
alsbald,  dass  die  einzelnen  isomorphen  Bestandteile  in  keinem  con- 
stanten  Verhältnisse  stehen,  sondern  dass  sich  die  chemische  Zusam- 
mensetzung bald  durch  das  Vorwalten  des  Baryumsulphates  mehr  dem 
Baryte  nähere,  bald  wieder  durch  den  grösseren  Gehalt  an  Strontium- 
sulphat  mehr  dem  Cölestin  entspreche.  Dieser  variablen  chemischen 
Zusammensetzung  entsprechend  schien  auch  eine  Schwankung  in  kry- 
stallographischer  Hinsicht  sehr  wahrscheinlich,  da  doch  bei  einzelnen 
Mineralen  die  Veränderung  der  Krystallgestalt  durch  eine  Beimengung 
isomorpher  Körper  vollkommen  erwiesen  ist,  und  somit  hier  eine  ähn- 
liche Erscheinung  erwartet  werden  durfte. 

Durch  einzelne  Messungen  Hugard’s  an  Krystallen  vom  Eriesee1) 
und  vom  Binnenthal2)  in  Ober-Wallis  (Schweiz)  schien  sich  die  An- 
nahme zu  bestätigen,  indem  die  Winkel,  bald  mehr,  bald  weniger,  denen 
des  Baryts  oder  Cölestins  entsprachen,  stets  aber  zwischen  diesen 
beiden  Grenzen  variirten.  A.  Breithaupt3),  der  den  Barytocölestin 
von  Jocketa  im  sächsischen  Voigtlande  untersuchte,  fand  zwar  eine 
dem  Baryt  und  Cölestin  isomorphe  Krystallform,  gab  jedoch  keine 
Messungen  an,  und  erklärte  andererseits,  dass  der  vom  Binnenthal 
bekannte  Barytocölestin  ein  einfacher  Baryt,  der  von  der  Insel  Drum- 
mond im  Eriesee  ein  Cölestin  sei.  Da  nun  IIu gar d bei  den  Messungen 
seiner  Barytocölestine  keinerlei  chemische  Untersuchungen  anführt,  so 
erscheint  es  sehr  zweifelhaft,  ob  seine  Messungen  wirklich  am  Baryto- 
cölestin ausgeführt  sind,  oder  ob  ihm  nicht  vielmehr  in  einem  Falle 
vielleicht  ein  Baryt,  im  anderen  ein  Cölestin  Vorgelegen  habe. 

Allerdings  würde  sofort  jeder  Zweifel  beseitigt  sein,  wenn  sich 
die  Untersuchungen  Auerbach’s4)  über  den  so  innigen  Zusammenhang 


‘)  Hugard.  Etüde  cristallographique  de  la  strontiane  sulfatee  et  description 
de  plusieurs  formes  etc.  Ann.  des  Mines  (4)  XVIII,  pag.  3. 

2)  Comptes  rendus  XL VI,  pag.  1263. 

3)  A.  B reitli  aupt,  Berg-  und  Hüttenmännische  Zeitung  XXIV,  1865,  p.  319. 

4)  A.  Auerbach,  Krystallographische  Untersuchung  des  Cölestins.  Sitzungs- 
bericht d.  k Akad.  d.  Wissensch.  Bd.  LIX,  1869. 

Mineralogische  Mittheilungen.  187C.  1.  Heft.  (Edmund  F.  Neminar.) 


8* 


60 


Edmund  F.  Neminar. 


[2] 


zwischen  isomorpher  Beimengung  von  Baryt  zu  Cölestin  und  den  dadurch 
bedingten  Winkelschwankungen  bestätigt  hätten,  denn  dann  würde  bei 
allen  früheren  Beobachtungen  an  fraglichen  Barytocölestinen,  bei  denen 
sich  eine  Winkelschwankung  im  gewissen  Sinne  gezeigt  hatte,  noth- 
wendig  eine  Beimengung  von  Baryumsulphat  vorausgesetzt  werden 
müssen.  Indessen  wies  Arzruni1)  auf  das  Eclatan teste  nach,  dass 
beim  Cölestin  gar  kein  bestimmter  Zusammenhang  zwischen  Winkel- 
Schwankungen  und  isomorphen  Beimengungen  bestehe,  dass  ferner 
Schwankungen  in  den  Winkeln  ebensogut  durch  Beimengung  von  Cal- 
ciumsulphat  als  durch  das  früher  gewöhnlich  angenommene  Baryum- 
sulphat bedingt  werden,  indem  oft  bei  Krystallen,  deren  Winkelschwan- 
kungen man  direct  auf  eine  Beimengung  von  Baryumsulphat  zurück- 
geführt hatte,  wie  z.  B.  beim  Cölestin  vom  Eriesee,  der  nach  Auer- 
bach so  viel  Baryum  enthalten  soll,  dass  er  eigentlich  Barytocölestin 
genannt  werden  sollte,  eine  chemische  Analyse  gar  keinen  Gehalt  an 
Baryum  erwies. 

Unter  solchen  Verhältnissen  erscheinen  nun  auch  die  wenigen 
Beobachtungen  am  Barytocölestin  ganz  und  gar  unzuverlässig  und  eine 
neue  eingehendere  Untersuchung  um  so  dringender  geboten. 

Mit  umso  grösserer  Bereitwilligkeit  folgte  ich  demnach  der  Auf- 
forderung meines  hochverehrten  Lehrers,  des  Herrn  Directors  T Seher- 
in ak,  an  einem  ausgezeichnet  ausgebildeten  Barytocölestin-Krystall 
von  Imfeld  im  Binnenthale  in  Ober- Wallis  (Schweiz),  eine  neue  Unter- 
suchung vorzunehmen.  Für  dieses  kostbare  Material,  sowie  die  lehr- 
reichen Rathschläge,  die  er  mir  bei  dieser  Arbeit  zu  Theil  werden 
liess,  mag  es  mir  gestattet  sein,  ihm  gleich  an  dieser  Stelle  meinen 
besten  Dank  auszusprechen. 

Die,  durch  die  starke  Ausbildung  zweier  Pyramiden  nahezu 
spitzigen,  prismatischen  Barytocölestin-Krystalle  von  Imfeld  treten 
in  Begleitung  von  Zinkblende  und  zahlreichen  kleinen,  oft  langsäulen- 
förmigen Quarzkrystallen  im  Dolomit  auf. 

Auf  dem  mir  zu  Gebote  stehenden  Dolomithandstück  befand  sich 
leider  nur  ein  einziger  grösserer  Barytocölestin-Krystall,  und  so  musste 
denn  eine  genaue  quantitative  chemische  Analyse,  so  wünschenswerth 
dieselbe  auch  erscheinen  mochte,  unterbleiben.  Um  aber  jedem  Zweifel, 
ob  nicht  auch  hier  etwa  der  untersuchte  Krystall  ein  Baryt  oder  ein 
Cölestin  sei,  zu  begegnen,  machte  ich  genaue  spectroscopische  Unter- 
suchungen und  fand,  dass  sowohl  Baryum  als  Strontium  vorhanden 
waren.  Das  den  Baryten  und  Cölestinen  sonst  häufig  als  isomorpher 
Bestandtheil  beigemengte  Calcium  fand  ich  hier  nicht.  Bei  diesen  Unter- 
suchungen, bei  denen  ich  auch  auf  die  Intensität  der  beiden  Spectra 
besondere  Rücksicht  nahm,  zeigten  sich  dieselben  stets  mit  nahezu 
gleicher  Intensität,  so  dass  man  einigermassen  zu  der  Annahme  berech- 
tigt sein  könnte,  dass  das  Baryum  und  Strontium  in  dem  von  mir 
untersuchten  Barytocölestin-Krystall  in  ziemlich  äquivalenter  Menge 
vorhanden  gewesen  sei. 


’)  Arzruni.  üeber  den  Einfluss  isomorpher  Beimengungen  auf  die  Krystall- 
gestalt  des  Cölestins.  Zeitschr.  d.  deutsch,  geolog.  Gesellsch.  Berlin.  Bd.  XXIV, 
pag.  484. 


[3] 


Die  Krystallform  des  Barytocölestins. 


61 


Der  Barytocölestin-Krystall  war  deutlich  ansgebildet,  an  den  meisten 
Flächen  glänzend,  wasserhell  mit  einem  schwach  bläulichen  Stich. 

Im  Folgenden  gebe  ich  nun  die  Abbildung  und  Projection  des- 
selben, mit  der  Bemerkung,  dass  alle  Flächen  bis  auf  die  Längsfläche  a 
und  das  Prisma  m messbar  waren,  und  die  meisten  hievon  eine  Mes- 
sung mit  ausgezeichneter  Sicherheit  zuliessen. 


b 


Was  die  Aufstellung  des  Krystalls  anlangt,  so  habe  ich  die  Stel- 
lung beibehalten,  welche  schon  durch  das  nach  der  Richtung  der  läng- 
sten Axe  prävalirende  Wachsthum  der  Krystallc  gegeben  erscheint. 
Es  ist  somit  der  Krystall  so  gestellt,  dass  die  längste  Axe  aufrecht 
steht. 


Die  in  der  Figur  angegebenen  Flächen  sind,  wie  bereits  erwähnt, 
alle  bis  auf  die  Flächen  a und  m , von  denen  a sehr  schmal  und  matt, 
m rauh  und  matt  ist,  messbar,  und  verhalten  sich  in  ihrer  Beschaffen- 
heit folgen  dermassen: 

o =110  — ist  stark  glänzend  und  ermöglicht  demnach  eine  sehr 
genaue  Messung,  die  auch  als  Fundamental-Messung  der 
Berechnung  zu  Grunde  liegt. 

d =201  — glänzend,  jedoch  etwas  rauh  und  schwach  gestreift. 
dx  = 401  — glatt  und  meist  stark  glänzend. 

d2  = 601  — ist  ebenfalls  glatt,  jedoch  sehr  klein,  weil  sie  aber  stark 
glänzend  ist,  so  war  eine  Messung  möglich. 

a = 100  — sehr  schmal  und  matt,  zur  Messung  unbrauchbar. 

m = 011  — stark  matt  und  rauh,  somit  zur  Messung  unbrauchbar. 


62 


Edmund  F.  Neminar. 


[4] 


z =111  — stark  glänzend  und  vollkommen  glatt,  oz  liess  eine  sein- 
genaue  Messung  zu;  wurde  somit  zur  zweiten  Fundamen - 
tal-Messung  benützt. 

y =221  — glatt,  schwach  damascirt. 

<p  =211  — glatt,  jedoch  zumeist  stark  matt,  die  Messung  also  nur 
approximativ. 


Die  gemessenen  und  berechneten  Winkel  sind  folgende: 


Gemessen: 

Berechnet : 

00  = 

110  : 110 

— 

74° 

54' 

30" 

— 

oz  - = 

110  : 111 

= 

44° 

4' 

30" 

— 

oy  ~ 

110  : 221 

— 

26° 

23' 

10" 

26° 

26' 

59" 

dy  = 

201  : 221 

= 

45° 

28' 

45° 

17' 

45" 

rZcp  = 

201  : 211 

= 

25° 

40' 

(appr.)  ’) 

24° 

25' 

48" 

t/cp  = 

221  : 211 

= 

20° 

5' 

(appr.) 

20° 

51' 

57" 

VH  — 

221  : 221 

= 

90° 

52' 

30" 

90° 

35' 

30" 

dd  = 

201  : 201 

100° 

35' 

101° 

25' 

40" 

dd,  = 

201  : 401 

— 

16° 

43' 

50" 

17° 

2' 

20" 

d i dy  = 

401  : 601 

— 

6° 

41' 

50" 

6° 

59' 

30" 

dd2  = 

201  : 601 

— 

23° 

25' 

30" 

24° 

1' 

50" 

az  = 

100  : 111 

= 

— 

55° 

47' 

24" 

bz  = 

010  : 111 

• — 

— 

64° 

5' 

45". 

Das  aus  den  Fundamental  - Messungen  oo  = 110:  110  und 
oz  = 110:  111  berechnete  Axenverhältniss  ergibt: 

a:b:  c = 0-81992  : 1 : 1-25596. 

Um  nun  die  Winkelverhältnisse  des  Barytocölestins  mit  denen 
des  Baryts  und  Cölestins  vergleichen  und  die  Schwankungen  genauer 
übersehen  zu  können,  sind  im  Folgenden  die  als  die  besten  und  dem- 
nach als  zur  Berechnung  des  Verhältnisses  der  Parameter  angeführten 
Messungen  am  Baryt  und  Cölestin  mit  denen  des  Barytocölestins  zu- 
sammengestellt. 


00 


oz 


dd 


Baryt  . . j 

Barytocölestin 
Cölestin  . ] 


74°  36' 
74°  37' 
74°  54' 
75°  59' 
75°  58' 


53" 

30" 


44°  23'  58" 
44°  4'  30" 
45°  19'  50" 


102°  17'  (Dana). 

102°  20'  57"  (Helmhacker). 
100°  35'  (Neminar). 

101°  11'  (Auerbach). 

101°  23'  30"  (Arzruni). 


')  Die  mit  (appr.)  bezeichnten  Winkel  sind  als  approximative  Messungen  zu 
betrachten. 


Die  Krystallform  des  Barytocölestins. 


63 


[=>] 

Vergleicht  man  nun  diese  Messungen,  so  ergibt  sich,  dass  die 
Winkel  des  Barytocölestins  durchaus  nicht,  wie  man  es  bisher  annahm, 
zwischen  den  Grenzen  des  Baryts  und  Cölestins  schwanken,  sondern 
dass  sie,  wie  in  diesen,  so  auch  in  anderen  Winkeln  oft  ganz  bedeutend 
die  Grenzen  überschreiten. 

So  ist  z.  B.  beim  Barytocölestin  der  Winkel  dd  um  mehr  als 
IV20  kleiner  als  beim  Baryt,  während  andere  Winkel  die  äusserste 
Grenze  des  Cölestins  erreichen  oder  dieselben  selbst  noch  überschreiten. 
Im  Allgemeinen  sollten  die  Winkel  des  Cölestins  als  Grenze  im  posi- 
tiven, die  des  Baryts  als  solche  im  negativen  Sinne  mit  Rücksicht  auf 
die  Winkel  des  Barytocölestins  betrachtet  werden. 

Nun  aber  überschreiten  die  Winkel  des  Barytocölestins  die  Grenze 
des  Baryts  zumeist  noch  im  negativen  Sinne,  wie  z.  B.  dd,  zö,  yy , und 
fallen  somit  ganz  ausserhalb  der  bestimmten  Grenzen,  was  sich  auch, 
wie  wir  später  sehen  werden,  beim  Axenverhältniss  deutlich  zeigt. 
Hieraus  ist  nun  deutlich  ersichtlich,  dass  die  Winkel  des  Barytocölestins 
durchaus  nicht  zwischen  denen  des  Baryts  und  Cölestins  schwanken, 
und  dass  somit  die  Annahme,  der  Barytocölestin  sei  in  krystallographi- 
scher  Hinsicht  zwischen  den  Baryt  und  Cölestin  zu  stellen,  eine  irrige 
sei.  Allerdings  wird  man  nicht  annehmen  dürfen,  dass  die  Krystallform 
des  Barytocölestins  stets  Winkelverhältnisse  im  vorliegenden  Sinne 
bieten  wird,  denn  da  die  chemische  Zusammensetzung  eine  variable 
ist,  so  ist  es  leicht  erklärlich,  dass  je  nach  der  chemischen  Zusammen- 
setzung auch  die  Winkelverhältnisse  variiren  werden,  und  somit  ein 
Barytocölestin,  dessen  chemische  Zusammensetzung  ein  anderes  Ver- 
hältniss  der  isomorphen  Bestandtheile  bieten  wird,  als  der  von  mir 
untersuchte,  auch  andere  Winkelverhältnisse  zeigen  muss. 

Natürlich  werden  diese  Schwankungen  in  keinem  bestimmten  pro- 
portionalen Verhältniss  zu  der  isomorphen  Beimengung  stehen,  denn 
das  beweist  einerseits  das  ganze  regellose  Verhältniss  der  oben  ange- 
führten Winkel  des  Barytocölestins  zu  denen  des  Baryts  und  Cölestins, 
andererseits  hat  schon  P.  Grotli1)  nachgewiesen,  dass  sich  die  Ein- 
wirkung der  Beimengung  einer  isomorphen  Verbindung  auf  die  drei 
irrationalen  Axen  durchaus  nicht  proportional  äussere,  und  ebenso  hat 
Arzruni2)  durch  Vergleich  der  Axenverhältmsse  von  Cölestinen  ver- 
schiedener Fundorte  mit  einem  variablen  Calciumgehalt  deutlich  nach- 
gewiesen, dass  kein  einfaches  Verhältniss  zwischen  isomorpher  Beimen- 
gung und  Winkelveränderung  herrscht. 

Vergleicht  man  das  Axenverhältniss  des  Barytocölestins  mit  denen 
des  Baryts  und  Cölestins,  so  wird  noch  deutlicher  als  beim  Vergleich 
der  Winkel  seine  Beziehung  zum  Baryt  und  Cölestin  klar  werden. 


*)  P.  Grotli:  Beiträge  zur  Kenntniss  der  übcrclilorsauren  und  übermangan- 
sauren Salze.  Poggendorf’s  Annal.  Bd.  XIII,  pag.  193.  1868. 

2)  1.  c. 


04 


Edmund  F.  Neminar.  Die  Krystallform  des  Barytocölestins. 


[6] 


a 

b 

c 

081391 

1 

1-31188 

(Dauber). 

Baryt  . . < 

0-81412 

1 

1-31575 

(Dufrenoy). 

0’81456 

1 

1-31268 

(Quenstedt). 

0-81459 

1 

1-31207 

(Dana). 

Barytocölestin 

0-81992 

1 

1-25596 

(Neminar). 

0-76964 

1 

1-25506 

(Arzruni). 

0-77895 

1 

1-27530 

( „ )• 

Cölestin  . . < 

0-78165 

1 

1-28468 

(Auerbach). 

0-78244 

1 

1-28415 

(Arzruni). 

. 0-78750 

1 

1-28300 

(Websky). 

Nach  diesem  Vergleich,  zu  dem  ich  Baryt-  und  Cölestin-Krystalle 
wählte,  deren  Axenverhältnisse  sich  am  meisten  dem  von  mir  für  den 
Barytocölestin  berechneten  näherten,  sieht  man,  dass  die  Axe  a beim 
Barytocölestin  grösser  ist,  als  die  von  den  Cölestin-  und  auch  Baryt- 
Krystallen,  die  Axe  c jedoch  innerhalb  der  Grenzen  derselben  liegt.  Es 
fällt  somit  eine  Axe  innerhalb  der  Grenzen  von  Baryt  und  Cölestin, 
die  andere  aber  ganz  ausserhalb. 

Hält  man  nun  das  Ergebniss  dieses  Vergleiches  mit  dem  des 
Vergleiches  der  Winkel  zwischen  Barytocölestin,  Baryt  und  Cölestin 
zusammen,  so  gelangt  man  zu  dem  Schlüsse,  dass  die  Krystallform  des 
Barytocölestins  als  eine  selbstständige,  in  den  Winkelverhältnissen  nur 
von  der  chemischen  Zusammensetzung  abhängige  und  durchaus  nicht 
zwischen  Baryt  und  Cölestin  schwankende  Krystallform  zu  betrachten  ist. 

Wien,  Laboratorium  des  mineralog.-petrogr.  Universitäts-Institutes. 


VII.  Notizen. 


Verwandlung  von  Grammatit  in  Talk  bei  Gegenwart  von  Olivin. 

Es  ist  schon  lange  bekannt,  dass  Strahlstein,  Grammatit,  Tremolit 
zu  Talk  verändert  werden  können, doch  ist  der  vorliegende  Fall  der 
Begleitung  wegen  merkwürdig.  Herr  Dr.  Fuchshofer  fand  am  West- 
abhang der  Koralpe  in  Kärntlien,  an  dem  Wege,  welcher  von  Wolfsberg 
auf  die  Koralpe  führt,  eine  Stelle,  an  der  ein  ungewöhnliches  Mineral- 
gemenge ansteht.  Letzteres  ist  aus  weissen  und  schwärzlichgrünen 
Theilen  zusammengesetzt,  wovon  die  ersteren  Talk  und  Calcit,  die 
letzteren  Olivin  sind.  Die  Grundmasse  des  Gemenges  ist  ein  feinkörniger 
Calcit,  der  bald  weiss  bald  mehr  grau  erscheint  und  nicht  mehr  als 
ein  Drittel  des  Ganzen  ausmacht. 

Der  Talk  erscheint  in  schönen,  stark  perlmutterglänzenden,  stän- 
geligen  Partieen,  die  bis  6 Cm.  Länge  haben.  Die  Stängel  sind  aus 
lang  gestreckten  ebenen  Blättchen  zusammengesetzt,  die  unter  constan- 
ten  Winkeln  gegen  einander  geneigt  sind.  Die  äussere  Form  der  Stängel 
und  die  Zusammenfügung  der  Blättchen  lässt  sogleich  erkennen,  dass 
eine  Pseudomorpkose  vorliege,  zu  deren  Bildung  ein  Amphibol  den 
Anlass  gab.  Es  finden  sich  aber  hie  und  da  auch  Stängel  von  Talk, 
welche  im  Innern  noch  eine  kleine  Menge  des  unzersetzten  Minerales 
enthalten.  Das  letztere  ist  von  licht  bräunlichgrauer  Farbe  und  stimmt 
nicht  nur  bezüglich  der  Zahl  und  Richtung  der  Spaltflächen,  sondern 
auch  nach  der  Schmelzbarkeit  und  dem  optischen  Verhalten  vollkommen 
mit  Tremolit  oder  Grammatit  überein. 

Der  Vergleich  des  frischen  Minerals  und  der  Pseudomorphose 
lässt  erkennen,  dass  die  Verwandlung  von  aussen  begann  und  sich 
durch  die  Spaltungsrisse  verbreitete,  indem  sich  neugebildete  Talkblätt- 
chen parallel  den  Krystall-  und  den  Spaltflächen  ansiedelten,  bis  das 
ursprüngliche  Mineral  ganz  aufgezehrt  war. 

Das  dunkle  Mineral,  welches  an  Menge  den  Talk  übertrifft,  kommt 
in  seinen  Eigenschaften  mit  dem  „schwarzen  Olivin“  überein,  welcher 
im  Olivingabbro  und  im  Forellenstein  bei  Neurode  in  Schlesien  vor- 
kömmt. Schon  durch  die  Loupe  erkennt  man  grüne,  glasglänzende  bis 


ff  S.  Blum.  Dritter  Nachtrag  zu  den  Pseudomorphosen  des  Mineralreiches, 
pag.  137. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1876.  I.  Heft.  (Notizen.)  9 


Notizen. 


[2] 


66 

fettglänzende  Körnchen,  welche  sich  ziemlich  deutlich  von  dem  schwar- 
zen Hintergründe  ahheben.  Im  Dünnschliffe  sieht  man  jene  Textur, 
welche  für  Olivine  charakteristisch  ist,  in  deren  Spalten  die  Serpentin- 
bildung begonnen  hat1),  ein  maschiges  Gewrebe,  in  dem  der  Olivin 
weitaus  überwiegt  und  von  feinen  schwarzen  Adern  durchzogen  erscheint. 
In  den  weniger  häufigen  breiteren  Adern  ist  der  Serpentin  nicht  gänzlich 
von  dem  schwarz  färbenden  Magnetit  verdeckt;  sondern  tritt  mit  blass- 
grüner  Farbe  hervor. 

An  manchen  Stellen  sieht  man  in  dem  schwarzgrünen  Olivin  auch 
schon  mit  freiem  Auge  feine  Adern  von  hellgrünem  Serpentin. 

Neben  dem  beschriebenen  Mineralgemenge  fand  Herr  Dr.  Fuchs- 
hofer auch  Grammatit  anstehend,  welcher  verworren  stänglige  Aggre- 
gate von  graulicher  oder  blass  bräunlicher  Farbe  darbietet. 

Die  Beobachtung  einer  totalen  Umwandlung  von  einem  Amphibol- 
mineral in  Talk  neben  der  erst  beginnenden  Umsetzung  des  Olivins 
in  Serpentin  ist  etwas  ungewöhnliches,  da  sonst  der  Olivin  als  das  am 
leichtesten  veränderliche  Mineral  erscheint;  sie  hat  aber  ohne  Zweifel 
eine  Bedeutung  für  die  Hypothese  der  Serpentinbildung  im  Grossen  aus 
Amphibolmineralen.2)  Man  hat  bisher  noch  niemals  deutliche  Pseudo- 
morpliosen  von  Serpentin  nach  einem  Amphibol  gefunden,  bei  deren 
Entstehung  die  Einwirkung  von  Olivin  mit  Sicherheit  ausgeschlossen 
gewesen  wäre.  In  dem  beschriebenen  Gemenge,  in  welchem  die  beiden 
Minerale  räumlich  getrennt  waren,  hat  sich  aus  jedem  derselben  ein 
anderes  Umwandlungsproduct  gebildet. 

Es  ist  mir  nicht  unwahrscheinlich,  dass  aus  Amphibol-  (und  Augit-) 
Mineralen  nur  dann  Serpentin  entstand,  wann  sie  innig  mit  Olivin 
gemengt  waren. 


lieber  Leucit. 

Die  Leucitkrystalle  bestehen,  wie  bekannt,  aus  einem  höchst 
feinen  Gewebe  von  Zwillingslamellen,  so  dass  es  meistens  nicht  möglich 
ist,  ein  Blättchen  zu  erhalten,  das  sich  optisch  wie  ein  Individuum 
verhielte.  Die  klarsten  aufgewachsenen  Krystalle  gaben  mir  kein  Prä- 
parat, welches  nicht  an  jeder  Stelle  unzählige  feine  Zwillingstäfelchen 
enthielte.  Daher  zeigt  sich  in  allen  diesen  Fällen  im  Polarisations-Instru- 
mente kein  Axenbild.  Ich  fand  bisher  nur  ein  einziges  Vorkommen,  das 
ein  minder  feines  Gewebe  darbietet.  Es  ist  ein  derber  Leucit,  der  in 
der  Lava  von  Acquacetosa  bei  Rom  eingesprengt  vorkömmt.  Ein  Stück, 
das  von  Herrn  Dr.  Brezina  gesammelt  wurde,  zeigte  einen  etwas 
gelblichen  durchsichtigen  Leucit,  von  ungefähr  2 Cm.  Länge  in  der 
grauen  Lava. 

Es  Hessen  sich  Trennungsflächen  erkennen,  welche  von  der  Zwil- 
lingsverwachsung herrühren.  Durch  Berücksichtigung  derselben  konnte 
ein  Schnitt  normal  zur  Hauptaxe  geführt  und  ein  Blättchen  erhalten 


')  Vergl.  meine  Abhandlungen  über  Olivin,  Sitzungsber.  der  Wiener  Akad. 
Bd.  56,  Abth.  1,  pag.  261  und  über  Serpentinbildung,  ibid.  pag.  283. 

2)  Vgl.  Roth.  Abh.  d.  Berliner  Akad.  1869,  pag.  329  und  Weigand,  diese 
Mittheil.  1875,  pag.  183. 


[3] 


Notizen. 


67 


werden,  das  im  parallelen  polarisirten  Lichte  fast  ganz  dunkel  erschien. 
Im  convergenten  Lichte  zeigte  sich  ein  Kreuz  und  bei  der  Prüfung 
mit  dem  Glimmerblättchen  wurde  erkannt,  dass  diesem  Leucit  eine 
negative  Doppelbrechung  zukömmt. 

Um  zu  ermitteln,  ob  derselbe  die  normale  Zusammensetzung  habe, 
unternahm  Herr  Dr.  F.  Berwerth  eine  Analyse,  welche  ergab: 


55-18 

23-65 

0-83 

0-32 

19-40 


Kieselsäure 


Thonerde 
Kalkerde 
Natron  . 
Kali  . 


99-38. !) 


Daraus  ist  zu  ersehen,  dass  dieser  Leucit  fast  genau  so  zusam- 
mengesetzt ist,  wie  der  in  aufgewachsenen  klaren  Krystallen  am  Vesuv 
auftretende,  für  welchen  G.  v.  Rath  die  Zahlen  SiC)2  55-21,  A1203  23'70, 
CaO  0*43,  Na20  P21,  K20  19-83  erhielt.  T. 

Note  zu  Laspeyres’  Abhandlung : Krystallographiselie  Bemer- 
kungen zum  Gyps. 

„In  den  mineralogischen  Mittheilungen  (1875,  Heft  III,  S.  127 
bis  130)  sucht  Herr  Laspeyres  nachzuweisen,  dass  der  von  mir 
durch  die  Körnerprobe  am  Gyps  hergestellte  Sprung  W (Fig.  1,  S.  128) 
nicht  dem  He ssenb erg’ sehen  ß entspreche,  sondern  „eine  Schein- 
fläche sei,  welche  aus  einer  bekannten  Spalt-  und  Bruchkluft  resultire“. 
Aus  der  Fig.  2,  S.  129,  muss  ich  aber  schliessen,  dass  Herr  Las- 
peyres den  Sprung  W entweder  nicht  richtig,  oder  keinen  richtigen 
Sprung  gesehen  hat;  in  meinen  Präparaten  sehe  ich  mit  massigster 
Vergrösserung  nicht  bloss  die  Katheten  der  Säge  oder  Treppe,  sondern 
auch  die  Hypothenuse.  Wie  überhaupt  jene  Treppe  (Fig.  2)  den  opti- 
schen Effect  eines  klaren , wenigstens  in  der  Nähe  der  Schlagstelle 
geradlinigen,  zum  Plättchen  senkrechten  Sprungs  von  ziemlich  con- 
stanter  Richtung  hervorbringen  könnte,  ist  nicht  einzusehen. 

Zur  raschen  Orientirung  am  Gyps  ist  die  Körnerprobe  oder  besser 
ein  feiner  Nadelschlag  auf  recht  dünne  Plättchen  ein  gewiss  brauch- 
bares Mittel;  um  aber  den  Sprung  W (Fig.  1)  direct  hervorzufen, 
habe  ich  in  den  letzten  Tagen  eine  andere  Methode  angewendet. 

Ein  Plättchen  von  härterem  Gyps  (Montmartre,  Nordhausen),  nicht 
über  einige  Zehntelmillimeter  dick,  wird  zwischen  zwei  gleichen  sich 
deckenden  Holzlinealen  so  eingeklemmt,  dass  die  hervorragende  Partie 
ungefähr  längs  der  Fläche  ß (welche  vorher  durch  einen  Nadelriss 
bezeichnet  sein  kann)  aus  den  Linealen  hervortritt;  mit  einem  dritten 
Lineal,  das  hinter  dem  Plättchen  an  die  Kante  von  einem  der  erst- 
genannten Lineale  angelegt  wird,  übt  man  einen  kurzen  knickenden 
Druck  aus,  und  erhält  so  nach  einiger  Uebung  schöne  lange  Sprünge, 


9 Nebst  Spuren  von  Esien  und  Magnesia. 


9* 


68 


Notizen. 


W 

wobei  der  nahe  Faserbruch  nur  wenig  anspricht.  Den  Winkel  guter 
geradliniger  Sprünge  mit  der  Spur  t (fOl)  des  Faserbruchs  habe  ich 
um  so  weniger  verschieden  von  14°  gefunden,  je  reiner  sich  der  Sprung 
unter  dem  Mikroskop  erwies.  Allerdings  trifft  es  sich,  dass  dieser 
Winkel  vielfach  noch  kleiner  und  bis  13°  und  weniger  herabgehend 
gefunden  wird,  während  er  selten  über  14°  hinausgeht;  ich  glaube 
aber  die  Ursache  dieser  Tendenz  zur  Verkleinerung  jenes  Winkels 
gefunden  zu  haben.  An  einem  Gyps  von  Bologna,  den  ich  dem  Herrn 
Baron  Dr.  J.  Schwarz  in  Salzburg  verdanke,  traf  ich  sehr  regelmäs- 
sige, glänzende  natürliche  Sprünge  von  constanter  Richtung , deren 
Spur  mit  der  Spur  t einen  Winkel  von  nahezu  11°  30'  machte;  die 
Ebene  der  Sprünge  war  sichtbar  geneigt  gegen  den  Hauptblätterbruch,  was 
man  im  Mikroskope  beim  Einstellen  auf  die  obere  und  untere  Fläche 
der  1 Mm.  dicken  Tafel  deutlich  sehen  konnte.  Feine  Risse  und  Sprünge 
von  gleicher  Richtung  sieht  man  fast  auf  jeder  Spaltfläche  des  Nord- 
hauser Gypses,  wenn  man  die  zufälligen  feinen  Risse  im  Sinne  des 
Faserbruches  verfolgf.  Ich  vermuthe,  dass  dieser  Sprung  einer  durch 
die  Zonen  ßn  und  tw  bestimmten  Fläche  - (7  2 11)  entspricht  und 
dass  die  Flächen  des  rhombischen  Prisma  {7  2 1 1 } unter  gewissen 
Umständen  als  Klüftungsflächen  auftreten  können.  Hierdurch  aber  kann 
der  Bruch  längs  ß leicht  nach  tz  und  von  da  nach  dem  Faserbruch 
n (1 11)  übergeleitet  werden.  Früher  war  ich  geneigt,  die  S-förmige 
Krümmung  der  Schlaglinie  W blos  mit  dem  nahen  Faserbruch  in  Zu- 
sammenhang zu  setzen;  durch  die  Fläche  tt  wird  aber  die  Sache  noch 
verständlicher. 

Herr  Laspeyres  bespricht  noch  eine  „vierte  Spaltbarkeit“, 
welche  Haiiy  als  „joint  surnumeraire“  bezeichnet  habe  und  welche 
ich  nicht  gekannt  zu  haben  scheine.  In  dieser  Beziehung  muss  ich  auf 
eine  Arbeit  über  den  Gyps  verweisen,  mit  deren  Redaction  ich  seit 
einiger  Zeit  beschäftigt  bin;  dort  werde  ich  zeigen,  dass  es  in  der 
Medianebene  des  Gypses  zwei  ausgezeichnete  Kni ckungsrichtun gen 
gibt,  die  eine  parallel  d (101),  die  andere  senkrecht  zu  a (100),  also 
nicht  mit  einer  krystallographischen  Richtung  zusammenfallend.  Die 
erste  spielt  eine  Rolle  bei  den  Zwillingen  nach  d , die  andere  bei  denen 
nach  a.  Daraus , dass  bei  dem  letzteren  in  beiden  Individuen  die 
Knickungsrichtungen  zusammenfallen,  erklärt  sich  in  ungezwungener 
Weise  die  Thatsache,  dass  die  Krümmung  der  weichen  Krystalle  in  der 
Hauptsache  um  eine  in  der  Medianebene  liegende  zu  a senkrechte  Axe 
erfolgt,  wie  ich  das  an  allen  mir  zu  Gesicht  gekommenen  Thüringer 
Gypsen  gesehen  habe.  Etwas  Aehnliches  hat  wohl  Haüy  vorgeschwebt, 
wenn  er  von  einem  „joint“  d.  h.  von  einer  Articulation,  einem  Gelenke 
spricht.  Die  Nähe  von  c (103)  ist  allerdings  verführerisch,  aber  wenn 
man  zwischen  den  Linealen  einen  Bruch  nach  c herzustellen  sucht,  so 
gelingt  das  niemals,  dagegen  spricht  selbst  in  dieser  ungünstigen  Lage 
des  Plättchens  zwischen  den  Linealen,  der  Bruch  ß mit  Leichtigkeit  an.“ 

Tübingen,  20.  Jänner  1876. 


E.  Beusch. 


[5] 


Notizen. 


69 


lieber  die  Wirkung  verdünnter  Essigsäure  auf  dolomitische 

Kalke. 

Die  Herren  Do  eit  er  und  Hoernes  fanden1)  in  dem  dolomi- 
tischen Kalk  der  Marmolata  84-82  Proc.  Ca  C03  und  13-94  Proc.  Mg 
C03,  0’64  Proc.  Fe2  03,  unlöslichen  Rückstand  0*03  — 99"43  Proc. 
Als  sie  2"355  Gr.  des  Gesteins  mit  verdünnter  Essigsäure  behandelten, 
fanden  sie  gelöst:  P6980  Gr.  Ca  C03  und  0-1566  Gr.  Mg  C03.  Sie 
schlossen,  dass  wahrscheinlich  ein  Gemisch  von  Kalk  und  Magnesia- 
carbonat vorliege. 

Aus  dem  Versuch  geht  mindestens  ebenso  wahrscheinlich  hervor, 
dass  ein  dolomitischer  Kalk  vorliegt,  dessen  Dolomit  aus  3 Ca  CC)3  + 
2 Mg  C03  besteht.  Dafür  spricht  auch  das  Verhalten  gegen  Kohlen- 
säure, die  zunächst  nur  Kalkcarbonat  löst.  2 ‘355  Gestein  enthält  an 
Ca  C03  und  Mg  C03,  da  von  Fe2  03  und  dem  Unlöslichen  an  die  ver- 
dünnte Essigsäure  nichts  abgegeben  ist,  im  Ganzen  2-3258  = 

Ca  C03  P9975  und  Mg  C03  03283.  Zieht  man  ab  als  gelöst 


0-1566,  so  bleibt  ungelöst 


Ca  C03  0'2995  und  Mg  C03  0*1717,  d.  h.  0"4712  Dolomit  ent- 
sprechend der  Formel  3 Ca  C03  + 2 Mg  C03. 

Berechnet  man  das  Gestein  nach  seinem  Magnesiagehalt  auf 
einen  solchen  Dolomit  und  auf  Kalk,  so  enthalten  2-3258  dolomitischer 
Kalk  an  Ca  C03  P4113 

an  Dolomit  0-9145 
2-3258. 

Blieben  von  0-9145  Dolomit  ungelöst  0-4712,  so  wurden  gelöst 
Ca  C03  1*4113  und  0-4430  Dolomit.  Der  letztere  enthält 

„ „ 0-2842  „ 0-1591  Mg  C03.  Die  Lösung  sollte  also  enthalten 

Ca  C03  U6955  und  0*1591  Mg  C03.  Sie  enthielt 

Ca  C03  1*6980  und  0"1566  Mg  C03.  Es  wurde  also  der  ganze  Gehalt 

an  Ca  C03  und  von  dem  Dolomit  51  "5  Proc.  gelöst. 

Dass  dolomitischer  Kalk,  bestehend  aus  9 Ca  C03  + 8 Mg  C03 
an  verdünnter  Essigsäure  5 Ca  C03  -f-  Mg  C03  abgibt,  während 
Normaldolomit  (Ca  C03  + Mg  C03)  ungelöst  bleibt,  habe  ich  in  der 
Zeitschr.  d.  geol.  Gesellsch.,  4,  565  gezeigt. 

Berlin.  J.  Roth. 


‘)  Jalirb.  d.  geol.  Reiclisanstalt,  1875,  319  ff. 


Berichtigungen. 


12  voii  unten  statt:  „dieses“  Hess:  „desselben.“ 

7 „ oben  „ „wenigsten“  liess : „meisten.“ 

10  „ unten  „ „des  Bor“  liess:  „der  Borsäure. 

9 .,  oben  „ „aber“  liess  „und.“ 


Helmhacker,  Pyrit  v.WaMensfem 


Tafl. 


ft^hrmbacher  lifh.  Conitr  HtMiackei . Diuckv. Jr,s WagnerlnWier. 

Tsdier’Jialc.Mineralog  Mittheihmyen  U!76.Ueft  L 
Jahrb d qa/l.Ueiehxanstalt,  Bd  JOB7/ 


R.vrDrasclle  .Bourbon  itMaurilius . 

Tafel  HL 

/.  Cra  te r B ory 

7-  Crate/'  Chisny 

/o . Oe  spalten  er  Crater 

Z . J^JLnclos 

8.  " " Ifubert 

Pf.  Jioitte  de  Ceinture 

3.  Cr  ater  brillant 

9 " " de  VJEnclos 

15.  Pilo  w de  Freie 

/t.  Formicaj  le.o 

IO.  Plaine  des  Soldes 

16.  Palmen  Inseln 

6.  Chapt'lle 

II.  Drittes  Judos 

/V.  Grand.  Pride 

6.  Zweites  Udos 

HZj.  Cra  tcre  s Hu  rn  ond 

Iinu  te  von  DF  v Dräsche 

Tschermäk. , Mineralogische  MLUhcilurigen  . 1876 . Heft  1 . 

Jahrbuch  der  geöloq . Jtcichs einst all  BdJXYI . 


R.v.Di'asche  Bourbon  u. Mauritius 


Taf  IV. 


Pi(|  I. 


Crateres  Ramond 


Fig.Z. 


Gruppe  des  gespaltenen  Kraters 


Tschermak , Mineralogische  MiUheiluu|en  1Ö(G  lieft  1. 
Jahrbuch  der  tjeoloij.  TfcicJi&'anslall  BdXXl'/ . 


du  &oi» 


Tscherniak  , Alinefulogische  AIiUheilun.öen  1876.  Heft  I . 
Jahrbuch  der  geolog . Tfeichsansta  It  JhcLXSYJ 


IWDrasrllo . Bourbon  uJHaunlius. 


’J'afel  V! 


Ce  \^o 


Tschcrmok , AI  im?  ru  logische  Alil  theiluntji-n  IJJ7G.  Ilefl  I . 

Jahrbuch  t!*r  yroJoif.  ffticJuin ns/a  tl  //</  YJV/ 


HvrDrasrhe  : Bourbon  u.Mauritius.  Tafel  VII. 


=3 


Tschermak , .Al  ijieralogisclie  eihui^eji  . 1876. Heft  I. 

Jahrbuch  der  g colo q . Reichsanstalt  ’Bd.XXJJ . 


MINERALOGISCHE 

MITTHEILUNGEN 

GESAMMELT  VON 

GUSTAV  TSCHERMAK. 


JAHRGANG  1876.  HEFT  II. 


MIT  1 TAFEL. 


{Diese  Mittheilungen  erscheinen  zugleich  als  Beilage  zum  Jahrhuche  der  k.  Ic.  geol. 

Reichsanstalt.) 


WIEN. 

ALFRED  HOLDER 

K.  K.  HOF-  UND  UNIVERSITÄTS-BUCHHÄNDLER. 


Rothenthurmstrasse  15. 


I 


JAHRGANG  1876. 


II.  HEFT. 


GESAMMELT  VON 

G.  TSCHERMAK 

DIRECTOR  DES  K.  K.  MINERALOGISCHEN  HOF-MUSEUMS. 


I.  Bericht  über  die  vulkanischen  Ereignisse  des 
Jahres  1875. 

Von  Professor  Dr.  C.  W.  C.  Fuchs. 

In  dem  nachfolgenden  Berichte  veröffentliche  ich,  wie  alljährlich  3) 
die  mir  im  Laufe  des  Jahres  bekannt  gewordenen  Eruptionen  und 
Erdbeben.  Die  Statistik  ist  für  das  Studium  der  vulkanischen  Erschei- 
nungen von  grosser  Wichtigkeit  und  ich  glaube  in  verschiedenen  meiner 
Publikationen  über  Vulkane  und  Erdbeben  wesentliche  Ergebnisse  daraus 
mitgetheilt  zu  haben.  Darum  scheint  es  mir  bedauerlich,  dass  nicht 
von  wissenschaftlichen  Staatsinstituten,  denen  mehr  Mittel  wie  mir  zu 
Gebote  stehen  und  die  leicht  durch  ihre  Verbindungen  mit  ähnlichen 
Instituten  anderer  Länder,  einen  viel  höheren  Grad  von  Vollständigkeit 
erreichen  könnten,  derartige  Zusammenstellungen  publicirt  werden.  Auf 
diesem  Wege  allein,  wäre  vielleicht  eine  solche  Genauigkeit  in  den 
Angaben  (Zeitdauer,  Richtung  u.  s.  w.)  zu  erreichen,  dass  damit  wis- 
senschaftliche Berechnungen  ausgeführt  werden  könnten,  was  gegenwär- 
tig nur  ganz  unzuverlässige  Resultate  ergeben  würde.  Einstweilen 
werde  ich,  wie  seit  12  Jahren,  mit  der  Sammlung  derartiger  Tlnatsachen 
fortfahren,  um  auch  diesen  Zweig  geologischer  Forschung  wenigstens 
nach  Kräften  zu  fördern. 

A.  Eruptionen. 


Aetna. 

Nachdem  der  Aetna  die  letzte  heftige,  aber  nur  sehr  kurz  dau- 
ernde Eruption,  die  am  29.  August  1874  begonnen,  im  Anfang  Sep- 
tember desselben  Jahres  beendigt  hatte,  beharrte  er  in  vollkommener 
Ruhe.  Im  Anfang  des  Monates  Januar  1875  schien  seine  Thätigkeit 
sich  neu  zu  beleben,  denn  rasch  nacheinander  erfolgten  zahlreiche  Erd- 
erschütterungen  auf  dem  Berge.  Am  8.  Januar  waren  sie  sogar  von 


*)  Von  1865 — 1871  im  Neuen  Jabrb.  f.  Min.,  Geog.  etc.;  von  1872 — 1875  in 
diesen  Mittbeilungen. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1876.  2.  Heft.  (Fuchs.) 


io 


72 


C.  W.  C.  Fachs. 


[^] 


solcher  Stärke,  dass  sie  bei  Acireale  bedeutenden  Schaden  anrichteten. 
Es  erfolgte  jedoch  weiter  kein  Zeichen  gesteigerter  Thätigkeit  und  selbst 
die  Erderschütterungen  verschwanden  wieder. 

Erst  zehn  Monate  später  gerieth,  unter  schwachen  Erderschütte- 
rungen, ein  Nebenkrater  am  südlichen  Abhange  des  Berges  in  Thätig- 
keit. Vom  19.  December  an  sah  man  auf  dieser  Seite  Rauch  mit 
röthlichen  Dämpfen  vermischt  aufsteigen  und  in  Acireale  erblickte 
man  sogar  Feuerschein. 


Vesuv. 

Der  Vesuv,  welcher  mit  Ausnahme  eines  unbedeutenden  Aus- 
bruches am  18.  Juli,  im  Jahre  1874  nur  Rauch  ausgestossen  hatte, 
war  gegen  Ende  des  Jahres  sogar  vollkommen  ruhig  geworden.  Ohne 
alle  Folgen  blieben  Erderschütterungen  und  Getöse,  welche  man  vom 
3.  bis  6.  Januar  1875  an  dem  Vulkane  wahrnahm.  Die  Ruhe  blieb 
ungestört,  bis  im  December  1875  die  Neigung  zur  Thätigkeit  wieder- 
zukehren schien.  Im  Innern  des  grossen  Kraters  der  letzten  Eruption 
war  gegen  Siidosten  ein  Theil  eingestürzt  und  dicker,  schwarzer  Rauch 
strömte  dort  aus.  Am  20.  Dezember  zeigte  sich  zuerst  Feuerschein  im 
Krater ; es  war  also  Lava  in  denselben  eingetreten  und  die  übrigen 
Erscheinungen  nahmen  von  da  an  ebenfalls  an  Lebhaftigkeit  zu,  ohne 
dass  es  bis  zum  Schluss  des  Jahres  zu  einer  Eruption  gekommen  wäre. 

Island. 

Die  bedeutendste  Eruption  des  Jahres  1875  ereignete  sich  im 
nördlichen  Island.  Sie  bestand  in  einer  ganzen  Reihe  grossartiger  Aus- 
brüche, die  einander  rasch  folgten,  aber  an  verschiedenen  Stellen  ihren 
Ausweg  suchten.  Das  Ereigniss  spielte  sich  in  einem  unbewohnten  und 
wüsten  Landstrich  ab  und  nur  von  einigen  vereinzelten  Höfen  konnte 
man  ein  paarmal  bis  in  die  Nähe  der  vulkanischen  Thätigkeit  Vor- 
dringen. 

Die  erste  Eruption  scheint  ein  Seitenausbruch  des  Vatna  gewesen 
zu  sein,  jedoch  aus  einem  neuen  Krater,  entfernt  von  dem  eigentlichen 
Vulkan  und  den  Krateren  der  letzten  Eruptionen  von  1872 — 1873  und 
18G7. 

Eine  Woche  vor  Weihnachten  1874  begannen  heftige  Erd- 
erschiitterungen  mit  lautem  Getöse  in  dem  nördlichen  Island.  Von  den 
mehrere  Tagereisen  nördlich  vom  Vatnajökul  liegenden  Höfen,  My- 
vatnsveit  und  Myvatnsbygden  sah  man  gegen  Süden  Rauch  aufsteigen. 
Unterdessen  nahmen  die  Erderschütterungen  immer  mehr  zu,  so  dass 
sie  am  2.  Januar  1875  ununterbrochen  vom  Morgen  bis  zum  Abend 
andauerten.  Am  3.  Januar  sah  man  gegen  SO.  einen  breiten  Feuer- 
schein, bei  dessen  Beginn  die  Erdbeben  sogleich  nachliessen.  Die  Erup- 
tion dauerte  bis  in  die  zweite  Hälfte  des  Februar  fort.  Einzelne  Per- 
sonen, welche  sich  dem  Vulkane  zu  nähern  versuchten,  fanden,  dass  in 
den  aus  Lava  bestehenden  Hochebenen  „Dyngjufjelden“  ein  grosser 
Krater  gebildet  worden  war,  aus  dem  unter  starkem  Dröhnen  und 
Donnern  eine  hohe  Rauchsäule  aufstieg  und  glühende  Schlacken  aus- 


[3] 


Bericht  über  die  vulkanischen  Ereignisse  des  Jahres  1875. 


73 


geworfen  wurden.  Der  grosse  Krater  war  von  kleinen  Kesseln  umgeben, 
aus  deren  einem  ein  kleiner  Lavastrom  zu  Üiessen  schien,  während 
andere  kochendes  Wasser  ergossen.  Der  aus  Lava  bestehende  Boden 
war  weit  umher  tlieils  eingesunken,  tlieils  zerklüftet. 

Ungefähr  um  die  gleiche  Zeit,  wo  die  eben  beschriebene  Eruption 
beendigt  war,  begann  eine  zweite,  an  einem  anderen  Punkte.  Am 
18.  Februar  sah  man  von  Grimstadir  aus  einen  hellen  Feuerschein  in 
den  Bergen  zwischen  Myvatnsbygden  und  Jökulsau.  Anfangs  schien  er 
von  mehreren  Stellen  auszugehen,  die  sich  später  zu  einem  grossen 
Flammenmeere  vereinigten.  Der  neue  Vulkan  liegt  innerhalb  einer  der 
grössten  vorhistorischen  Lavadecken,  dem  „Odarhaun,“  deren  Grösse 
etwa  der  der  Insel  Seeland  gleichkommt.  In  dem  östlichen  Theile  eines 
Lava-Plateaus  befindet  sich  ein  p2  Meile  im  Durchmesser  haltender 
Thalkessel,  von  steilen  Felsen  umschlossen.  Darin  liegen  eine  ganze 
Anzahl  Kratere.  Der  Hauptkrater,  welcher  diesen  Bauch  ausstiess,  war 
nur  von  einem  niederen  Lavakranz  umgeben;  die  Eruptionen  erfolgten 
daraus  stosswreise  mit  schrecklichem  Getöse  und  wechselnder  Heftigkeit. 
Die  Mehrzahl  der  Schlacken  fiel  wieder  in  den  Krater  zurück.  West- 
lich davon  schien  eine  bedeutende  Senkung  stattgefunden  zu  haben 
und  darin  w'ar  ein  kleiner  Krater,  in  dem  es  ruhig  brodelte  und  aus 
dem  ein  kleiner  Lavastrom  ausfloss.  Ein  zweiter  kleiner  Krater  rauchte 
nur  und  viele  nicht  mehr  dampfende  Löcher  waren  ringsumher  zerstreut. 
In  der  Nähe  des  grossen  Kraters  dauerten  lebhafte  Erderschütterungen 
fort.  Am  Anfänge  hatte  sich  auch  ein  bedeutender  Aschenregen  über 
Kelduverfet  verbreitet. 

Ein  dritter  Ausbruch  erfolgte  am  10.  März,  nördlich  von  dem 
vorigen,  auf  derselben  Hochebene.  Am  Abend  des  genannten  Tages 
sah  man  von  Bygden  aus  gegen  Osten  einen  Feuerschein  während  der 
ganzen  Nacht  und  am  folgenden  Tage  verdeckte  eine  gewaltige  Rauch- 
wolke den  grössten  Theil  des  Himmels.  Ungefähr  IG  kleine  Kratere 
warfen  unaufhörlich  glühende  Schlacken  aus.  Weiter  westlich  hatte  sich 
ein  grosser  neuer  Lavarücken  gebildet,  dessen  Arme  sich  weit  gegen 
N.,  S.  und  0.  erstreckten.  Die  Lava  war  an  der  Oberfläche  schwarz 
und  erstarrt,  aber  eine  fast  weissglühende  Masse  strömte  unter  dieser 
Decke  hin.  Wo  die  flüssige  Masse  durch  die  Decke  hindurchbrach,  bil- 
dete sich  doch  stets  wieder  rasch  eine  dunkle  Rinde.  Vor  der  Ankunft 
der  Beobachter,  denen  wir  diese  Nachrichten  verdanken,  muss  die 
Eruption  noch  viel  grossartiger  gewesen  sein.  Hierauf  deutet  der  ge- 
waltige Strom  und  die  Schlacken,  die  in  einer  Entfernung  von  300 
Faden  lagen. 

Die  vierte  Eruption  machte  sich  fast  auf  ganz  Island  bemerklich. 
In  Reykjavik  sah  man  den  Himmel  gegen  Osten  von  Rauch  bedeckt 
und  in  den  Arnes-  und  Rangarvalla-Syssels  hörte  man  am  ^9.  März, 
dem  Tage  des  Ausbruches,  lautes  Krachen  und  Donnern.  In  dem  Ge- 
höfte Mednudal  erblickte  man  eine  mächtige  Rauchsäule  südlich  vom 
Herdubreid  und  östlich  von  den  Dyngjufjelden,  dem  Anscheine  nach  in 
der  Nähe  des  Vatna.  Da  die  Stelle  dieser  Eruption  sich  sehr  weit  von 
der  nächsten  Wohnstätte  befindet,  so  liegen  keine  Berichte  von  Augen- 
zeugen vor.  Am  bemerkenswerthesten  war  ein  ungeheurer  Aschenregen. 
Im  Oesterland  war  er  so  dicht,  dass  die  Sonne  nicht  durchdringen 

io* 


74 


C.  W.  C.  Fuchs. 


[4] 

konnte  und  man  Licht  anzuzünden  genöthigt  war;  die  Fähre  am 
Yökulflusse  konnte  mehrere  Tage  wegen  der  Masse  schwimmender  Bims- 
steine nicht  übersetzen.  Die  durch  die  Asche  hervorgebrachte  Finster- 
niss dauerte  im  Yökuldal  5 Stunden,  in  Fljotrdal  3 und  in  Seydisfjörd 
2 Stunden.  Der  Westwind  führte  die  feinsten  Ascbentheile  weit  hinweg. 
Auf  einem  Schiffe,  das  sich  gerade  bei  Brönö,  unter  G51/2  n.  Br.  befand, 
fiel  am  27.,  28.  und  29.  März  Asche  nieder  und  in  der  Nacht  zum 
30.  März  erreichte  dieselbe  Skandinavien,  wo  sie  sich  auf  einem  unge- 
heueren Flächenraum  niederliess.  Auf  Ona  (63°  n.  Br.)  fiel  schon  am 
29.  März  zwischen  8 — 10  Uhr  Abends  ein  schlammiger  Regen  und 
bald  darauf  bedeckte  sich  der  Schnee  in  der  Umgebung  des  Storfjörds 
mit  einer  braungrauen,  feinen  Staubschicht.  Derselbe  Staub  wurde  noch 
in  Röros  (Amt  Gedemarken)  an  der  schwedischen  Grenze  und  tief  nach 
Schweden  hinein  constatirt,  also  in  einer  Entfernung  von  dem  Erup- 
tionspunkte, die  wohl  200  geographische  Meilen  betragen  mag.  Die 
Asche,  welche  in  Söndmör  in  Norwegen  gesammelt  wurde,  ist  eine 
Bimsstein-  und  Obsidianmasse,  die  nach  der  Untersuchung  von  G.  vom 
Rath  aus  Fäden  (V2  Mm.  gross)  mit  röhrenartigen  Poren  besteht. 
Bemerkenswerth  ist  der  gänzliche  Mangel  irgend  einer  krystallinischen 
oder  mikroskopischen  Ausscheidung  in  dem  Glas.  Mit  diesen  Fäden 
sind  einzelne  kleine  Augite,  sehr  wenig  Sanidin  und  Spuren  von  Olivin, 
Glimmer  und  Magneteisen  gemengt. 

Die  chemische  Zusammensetzung  gibt  folgende  Werthe : 


SiO2 

68-0 

A103 

13-4 

FeO 

8-0 

CaO 

3-6 

MgO 

1-3 

K20 

1-4 

Na20 

4-2 

Glühverlust  . . . 

0-3 

100-8 


Darnach  ist  die  Asche  viel  basischer,  wie  die  meisten  isländischen 
Trachyte.  G.  vom  Rath  schliesst  aus  dem  ansehnlichen  Kalk-  und 
Eisengehalt,  wohl  mit  Recht,  dass  basaltische  Massen  durchbrochen  und 
beigemengt  wurden. 

Am  Abend  des  4.  April  erblickte  man  in  Laxardal  einen  mäch- 
tigen Feuerschein  etwas  südlich  von  dem  Punkte  der  vorhergehenden 
Ausbrüche.  Man  suchte  die  neue  Eruptionsstelle  auf  und  fand  sie  süd- 
lich vom  Burfell.  Schon  in  grosser  Entfernung  hörte  man  ein  heftiges 
Getöse,  das  an  Stärke  bald  zu,  bald  abnahm.  Aus  drei  Schlünden,  die 
in  einer  Linie  von  Süd  nach  Nord  aneinandergereiht  waren,  erfolgten 
die  Explosionen.  Der  nördliche  Krater  war  der  grösste  und  in  seiner 
Umgebung  hatte  eine  beträchtliche  Senkung  und  Zerklüftung  des  Bo- 
dens stattgefunden.  Dorthin  war  auch  die  Lava  geflossen,  während 
später  der  südlichste  Krater  einen  Strom  gegen  SW.  sandte.  Hohe 
Garben  glühender  Schlacken  stiegen  an  20 — 30  Stellen  auf.  Inmitten 
des  Getöses,  welches  von  der  brodelnden  Masse  in  dem  Krater  her- 
rührte, hörte  man  zuweilen  einen  starken  Knall,  dem  eine  bläuliche 


Bericht  über  clie  vulkanischen  Ereignisse  des  Jahres  1875. 


75 


[5] 

Dampfsäule  folgte.  Im  Laufe  der  folgenden  10— 12  Tage  brachen  immer 
neue  Kratere  aus,  bald  mehr  südlich,  bald  mehr  nördlich,  aber  immer 
parallel  mit  dem  Yökulflusse. 

Ein  weiterer  Ausbruch,  nach  Angabe  der  Isländer  der  achte,  trat 
zwischen  dem  20.  bis  24.  April  ein  in  den  sogenannten  Osterbergen. 
Die  Schlacken  sollen  ausserordentlich  hoch  emporgeschleudert  worden 
sein  und  Lavamassen  überströmten  die  Gegend  in  einer  Länge  von 
3 Meilen  und  einer  Breite  von  800 — 2000  Meter. 

Aus  Nachrichten,  welche  am  6.  August  nach  Kopenhagen  gelang- 
ten, geht  hervor,  dass  sich  gegen  Ende  Juni  abermals  ein  neuer  Krater 
im  Kirchspiel  Thingö,  zwischen  Vivatn  und  der  Yökulsau  bildete.  Er 
ergoss  mehrere  Lavaströme. 

Viel  bedeutender  war  die  Eruption  am  15.  August.  Eine  hohe 
Rauchsäule  erhob  sich,  umgeben  von  sechs  kleineren.  Am  folgenden 
Tage  zählte  man  sogar  20  Rauchsäulen.  Nach  heftigem  unterirdischem 
Getöse  erfolgte  ein  Ausbruch  von  glühenden  Schlacken  und  ein  grosser 
Lavastrom  wurde  ergossen.  Derselbe  soll  diesmal  basaltisch  gewesen 
sein  und  grosse  Feldspath-Einsprenglinge  enthalten  haben. 


Kloe’t. 


Dieser  zu  den  wenigst  bekannten  Bergen  der  Insel  Java  gehö- 
rende Vulkan  hatte,  Nachrichten  vom  3.  Februar  1875  zufolge,  eine 
grosse  Eruption,  die  furchtbare  Verwüstungen  anrichtete.  Ein  gewaltiger 
Lavastrom,  auf  Java  eine  Seltenheit,  zerstörte  Blikar, 


Ceboruco. 

Der  Ceboruco  liegt  in  Mexiko  unter  21°  25'  n.  Br.  Der  480  M. 
über  die  Ebene  aufsteigende  Berg  (absolute  Höhe  1525  M.)  galt  seit 
Entdeckung  von  Amerika  als  erloschen,  bis  er  1870  seine  erste  histo- 
rische Eruption  hatte.  Am  11.  Februar  1875  erfolgte  wieder  ein 
grosser  Ausbruch,  verbunden  mit  furchtbaren  Erdbeben,  die  besonders 
S.  Cristobal  und  Guadalaxara  heimsuchten.  Am  10.  Abends  fiel  ein 
Aschenregen  nieder  und  während  der  Nacht  stieg  eine  hohe  Feuer- 
garbe auf. 


Mauna  Loa. 

Ein  Krater  auf  dem  Gipfel  des  Mauna  Loa,  Mukunweoweo  ge- 
nannt, hatte  am  11.  August  eine  Lava-Eruption,  über  die  jedoch  nichts 
Näheres  bekannt  ist.  Es  ist  das  derselbe  Krater,  welcher  jenen  feinen 
fadenförmigen  Obsidian  liefert,  der  unter  dem  Namen  „Haar  der  Göttin 
Pele“  gleich  den  Fäden  der  Herbstspinne  zuweilen  über  ganz  Havai 
verbreitet  wird.  Ob  mit  der  neuen  Eruption  wieder  die  Bildung  dieses 
seltenen  Productes  verbunden  war,  wird  nicht  angegeben. 


76 


C W.  C,  Fuchs. 


[6] 


Tongariro. 

Der  Tongariro  auf  Neu-Seeland  war  in  der  zweiten  Hälfte  des 
Jahres  1875  in  Thätigkeit  und  warf  von  Zeit  zu  Zeit  Lava  und 
glühende  Schlacken  aus.  Damit  waren  grossartige  Geisyr-Eruptionen 
verbunden.  Mehr  als  fünfzig  heisse  Wasserstrahlen,  umgeben  von  dich- 
ten Dampfwolken  stiegen  in  Zwischenräumen  auf. 

Santorin. 

Seit  der  letzten  Eruption  ist  die  Fumarolenthätigkeit  auf  Santorin 
sehr  stark.  Fouque  fand  am  10.  October  1875  am  Hauptkrater  zahl- 
reiche trockene  Fumarolen,  deren  Gase  nicht  wesentlich  von  denen  der 
Luft  abwichen.  In  der  Nacht  waren  sie  leuchtend  und  die  Steine  an 
ihrer  Mündung  glühten.  Eine  zweite  Gruppe  von  Fumarolen  lieferte 
schweflige  Säure,  Salzsäure  und  Kohlensäure,  und  ihre  Temperatur 
schwankte  zwischen  110°  und  310°  C.  Andere  Fumarolen,  eine  dritte 
Gruppe,  hatten  nur  eine  Temperatur  von  90 — 99°  und  lieferten  Kohlen- 
säure, Schwefelwasserstoff  und  Wasserdampf. 


B.  Erdbeben. 

Folgende  Erdbeben  haben  sich  in  den  einzelnen  Monaten  dieses 
Jahres  zugetragen : 


Januar. 

1.  Januar.  Morgens  4 Uhr  heftiger  Erdstoss  in  Altkirch  (Eisass), 
wellenförmig  gegen  Norden.  Thüren  und  Fenster  krachten,  Möbel  wur- 
den gerückt. 

Ununterbrochene  Erdbeben  begleiteten  im  Monat  Januar  die  vul- 
kanischen Eruptionen,  welche  um  diese  Zeit  im  nördlichen  Island  be- 
gannen. Am  2.  Januar  waren  die  Stösse  am  stärksten  und  wiederholten 
sich  ohne  Aufhören  vom  Morgen  bis  zum  Abend. 

Seit  dem  Anfang  des  Jahres  wiederholten  sich  Erderschütterungen 
am  Aetna  ziemlich  häufig ; in  Ripasto  schienen  dieselben  am  stärksten 
zu  sein. 

6.  Januar.  Die  Umgebung  des  Vesuv  ward  seit  mehreren  Tagen, 
besonders  aber  am  6.  Januar,  durch  schwache  Erdbeben  beunruhigt, 
welche  mit  einem  dumpfen  Getöse  im  Innern  des  Berges  verbunden 
waren. 

8.  Januar.  Die  Erderschütterungen  am  Aetna  erreichten  in  der 
Nacht  vom  8.  bis  10.  Januar  eine  solche  Stärke,  dass  in  einem  kleinen 
Orte  bei  Acireale  mehrere  Häuser  einstürzten,  wodurch  acht  Personen 
getödtet  wurden. 

10.  Januar.  Morgens  9 Uhr  20  Min.  starkes  Erdbeben  in  Nordby 
und  dem  Kirchspiel  Aas  in  Norwegen,  schwächer  in  Christiania  und 


[7] 


Bericht  über  die  vulkanischen  Ereignisse  des  Jahres  1875. 


77 


Romerike.  An  ersterem  Orte  geriethen  einige  Häuser  ins  Schwanken. 
Ein  dumpf  rollendes  Getöse  ging  der  Erschütterung  voran. 

12.  Januar.  Nächst  11  Uhr  46  Min.  Erdbeben  mit  Getöse  in 
Kadarkut. 

14.  Januar.  Erdbeben  bei  Ronsdorf,  Rheinprovinz.  Dasselbe  be- 
schränkte sich  merkwürdigerweise  auf  eine  Fläche  von  1 — l.J/2  Ar,  die 
Umgebung  eines  Steinbruches.  Es  dauerte  einige  Sekunden  und  richtete 
in  den  Waldungen  bedeutende  Verwüstungen  an.  Die  Arbeiter  im 
Steinbruch  spürten  eine  schaukelnde  Bewegung  und  sahen  eine  Hütte 
und  andere  Gegenstände  2 — 3 Meter  weit  sich  fortschieben,  dann 
stürzten  Steine  und  Erde  massenhaft  herab.  Der  Boden  wurde  durch 
breite  Spalten  zerklüftet. 

16.  Januar.  Schwacher  Stoss  von  West  nach  Ost  in  Bayonne 
(Basses  Pyrenees). 

20.  Januar.  Morgens  10  Uhr  mehrere  Erdstösse  von  Nord  nach 
Süd  in  Tlälat  (Algier). 

21.  Januar.  Erdbeben  aus  drei  Stössen  bestehend  in  den  Orten 
Eningen  und  Kniebis  in  Würtemberg. 

21.  bis  22.  Januar.  Nachts  zu  Gottschee  in  Krain  zwei  Erder- 
schütterungen. 

22.  Januar.  An  diesem  Tage  spürte  man  in  Söderham  in  Schwe- 
den eine  Erderschütterung,  welche  in  südöstlicher  Richtung  sich  fort- 
pflanzte. Auch  in  mehreren  angrenzenden  Kirchspielen  wurde  dieselbe 
wahrgenommen. 

25.  Januar.  Morgens  8V4  Uhr  schwaches  Erdbeben  in  Rudolphs- 
werth, Krain,  das  sich  zweimal  in  kurzen  Zwischenräumen  wiederholte 
und  horizontale  Schwingungen  hervorbrachte. 

29.  Januar.  Morgens  10  Uhr  während  einiger  Sekunden  Erd- 
erschütterung in  Sicli-bel- Abbis  in  Algier. 


Februar. 

I.  Februar.  Mittags  10  Uhr  20  Min.  starkes  Erdbeben,  3 Sekun- 
den lang,  zu  Sitten  in  der  Schweiz. 

9.  Februar.  Morgens  2 Uhr  55  Min.  mehrere  Erderschütterungen 
zu  Kranichberg  bei  Gloggnitz  und  in  Kirchberg.  An  letzterem  Orte 
scheint  der  Sitz  des  Erdbebens  gewesen  zu  sein,  indem  dasselbe  am 
Fusse  des  Wechsels  besonders  auffallend  war.  Es  bestand  hier  zuerst 
aus  einem  dreimaligen,  schnell  folgenden  Pochen,  worauf  eine  drei  Se- 
kunden dauernde,  anscheinend  verticale  Erschütterung  folgte. 

Anfangs  Februar  ereigneten  sich  zahlreiche  Erderschütterungen 
auf  Java  in  Verbindung  mit  dem  Ausbruch  des  Vulkans  Kloet,. 

II.  Februar.  Abends  7a/2  Uhr  Erdbeben  in  Mexiko,  eines  der 
grössten,  welche  in  diesem  Jahre  vorgekommen  sind.  In  Guadalaxara, 
wo  es  um  die  angegebene  Stunde  beobachtet  wurde,  erfolgte  zuerst 
unter  heftigem  Getöse  eine  starke  Erschütterung,  die  in  ein  zehn  Se- 
kunden anhaltendes  Zittern  des  Bodens  überging.  Vier  Minuten  später 
wiederholte  sich  die  Erschütterung  ebenso  heftig  und  mit  furchtbarem 
Getöse,  so  dass  die  erschreckten  Bewohner  flohen.  Die  Universität,  die 


78 


C.  W.  C.  Fuchs. 


[8] 


Kirchen  S.  Loreto  und  Merced  de  Jesus  und  das  Lyceum  wurden  be- 
schädigt. Das  Erdbeben  erstreckte  sicli  bis  Leon  östlich,  nördlich  bis 
Chalchihuitta,  westlich  zum  grossen  Ocean  und  südlich  bis  Zacoalco. 
Am  meisten  litt  das  Städtchen  S.  Cristobal  an  der  Mündung  des 
Guichpila  in  den  Rio  grande  de  Santiago ; fast  alle  Häuser  wurden 
zerstört  und  70  Menschen  kamen  dadurch  um  das  Leben.  Um  8 Uhr 
25  Min.  hörte  man  in  S.  Cristobal  ein  rollendes  Getöse,  welches  sich 
bald  wiederholte  und  von  Schwankungen  des  Bodens  in  der  Richtung 
von  NO.  nach  SW.,  dann  von  0.  nach  W.  gefolgt  wurde.  Die  Bewe- 
gung war  so  stark,  dass  Menschen  umgeworfen  wurden  und  der  Fluss 
hohe  Wellen  schlug.  Das  Erdbeben  ging  von  dem  Ceboruco  aus,  der 
um  diese  Zeit  in  Eruption  gerieth  und  in  seiner  Nähe  war  es  auch  am 
heftigsten. 

19.  Februar.  In  Skara  (Schweden)  und  Umgegend  ziemlich  hefti- 
ges Erdbeben.  Dasselbe  war  von  einem  Kanonenschuss  ähnlichen 
Knall  begleitet , Thüren  sprangen  auf  und  die  Bilder  fielen  von  den 
Wänden. 

26.  Februar.  Morgens  3 Uhr  Erdbeben  an  der  unteren  Donau, 
besonders  in  Rustschuk,  Varna  und  Schumla. 

März. 

3.  März.  Mittags  4x/2  Uhr  mehrere  heftige  Erderschütterungen 
in  Kufstein. 

4.  März.  Abends  9 Uhr  20  Min.  Erderschütterung  von  West  nach 
Ost  in  Bagneres  de  Bigorre. 

10.  März.  Um  4 Uhr  20  Min.  drei  Erdstösse  in  Dortmund. 

13.  März.  Morgens  9 Uhr  55  Min.  und  2 Uhr  15  Min.  Abends 

zwei  Erdstösse  in  Bagneres  de  Bigorre. 

14.  März.  Mitternachts  vom  13.  bis  14.  März  und  15.  Morgens 
9 Uhr  abermals  Erdbeben  in  Bagneres. 

15.  März.  Abends  9 Uhr  26  Min.  wiederholte  Erderschütterungen 
von  W.  nach  0.  mit  Geräusch  in  Bagneres. 

17.  März.  Um  8 Uhr  Erderschütterung  in  Belluno  und  Sarmade, 
Provinz  Treviso. 

18.  März.  Morgens  1 Uhr  25  Min.  zwei  Erdstösse  in  Nizza. 

18.  März.  Morgens  2 Uhr  30  Min.  Erdbeben  in  Belluno. 

Mit  dem  vorhergehenden  Erdbeben  ist  wahrscheinlich  ein  weit- 
verbreitetes Erdbeben  identisch,  das  ungefähr  um  dieselbe  Zeit  in  Ober- 
Italien  und  an  der  nördlichen  Küste  des  adriatischen  Meeres  gespürt 
wurde.  Besonders  werden  die  Städte  Pola,  Triest,  Camerino  am  unteren 
Po,  Rimini,  Ancona  und  Urbino  genannt.  In  Rimini  wurden  dadurch 
Häuser  beschädigt  und  Kamine  stürzten  ein. 

26.  März.  Morgens  3 Uhr  28  Min.  abermals  Erdstoss  in  Bagneres 
de  Bigorre  von  West  nach  Ost. 

28.  März.  Erdbeben  in  Lifu,  der  grössten  der  Loyalitäts-Inseln. 
Am  folgenden  Tage  waren  die  Stösse  schwächer,  aber  am  30.  wieder 
stärker.  Viele  Dörfer  wurden  beschädigt.  Eine  hohe  Woge,  die  dem 


[9] 


Bericht  über  die  vulkanischen  Ereignisse  des  Jahres  1875. 


79 


Erdbeben  folgte,  schwemmte  drei  Dörfer  weg , deren  Einwohner  meist 
umkamen. 

Ende  März,  besonders  am  29.,  zahlreiche  Erderschütterungen 
im  nördlichen  Island. 


April. 

4.  April.  Morgens  7 1/2  Uhr  ziemlich  starkes  Erdbeben  von  Nord 
nach  Süd,  fünf  Sekunden  lang,  in  Bludenz  und  Umgebung. 

9.  April.  Nachts  1 V2  Uhr,  45  Sekunden  lang  heftiges  Erdbeben 
in  der  Stadt  Truxillo  an  der  Nordküste  von  Peru,  wodurch  viele  Häu- 
ser Risse  erhielten. 

14.  April.  Nachmittags  4 Uhr  18  Min.  sehr  heftiges  Erdbeben  in 
Judenburg  (Steiermark);  um  4 Uhr  20  Min.  (wenn  die  Zeitangabe 
genau  ist)  in  Komorn.  An  letzterem  Orte  dauerte  es  2 — 3 Sekunden 
und  ^ bestand  aus  drei  starken  und  vier  bis  fünf  schwächeren  Stössen. 
In  O-Gyalla  war  es  wellenförmig  und  erfolgte  zweimal. 

20.  April.  Um  8 Uhr  35  Min.  wellenförmiges  Erdbeben  in  Ra- 
venna und  Umgebung ; in  Cesenata  wurden  mehrere  Gebäude  beschä- 
digt, die  schon  durch  das  Erdbeben  vom  18.  März  gelitten  hatten. 

20.  bis  24.  April.  In  diesen  Tagen  erneuerten  sich  die  Erd- 
erschütterungen in  Island  mit  besonderer  Stärke. 

26.  April.  Breslauer  Zeitungen  brachten  die  Nachricht  von  Erdbeben 
in  Ober-Schlesien.  An  diesem  Tage  nämlich  stürzte  bei  Kattowitz  das 
Sattelflötz,  zwischen  dem  Krug-  und  Erbreichschacht  zusammen.  Das- 
selbe war  28  Fuss  mächtig  und  800  Fuss  unter  der  Oberfläche.  Die 
Erschütterung  war  so  heftig,  dass  die  Häuser  in  Königshütte  schwank- 
ten, Möbel  gerückt  wurden  und  Mörtel  von  den  Wänden  fiel.  Es  war 
noch  nicht  ab  gebaut,  so  dass  viel  Kohle  verschüttet  wurde. 

28.  April.  Die  Barke  Red  Deer,  am  30.  Juni  von  Currachi  in 
Ostindien  in  England  angekommen,  spürte  am  28.  April  von  5V2  bis 
8V2  Uhr  Nachmittags  an  der  Westküste  von  Afrika  unter  90°  s.  Br. 
und  14°  w.  L.  nicht  weniger  als  35  Seebeben,  einzelne  so  stark,  dass 
man  nicht  auf  dem  Verdeck  gehen  konnte. 

29.  April.  In  Kiparissa  (Morea)  furchtbares  Erdbeben.  Die  Kirche 
stürzte  gerade  während  der  Messe  zusammen  und  begrub  47  Per- 
sonen unter  ihren  Trümmern. 

Mai. 


3.  bis  5.  Mai.  Heftige  Erdbeben  in  Klein-Asien,  deren  Sitz  an 
den  Quellen  des  Mäander,  südlich  von  Uschak  und  Afium  Karahissar 
zu  sein  schien.  In  Ischikli  hat  das  Erdbeben  furchtbare  Verwüstungen 
angerichtet,  tausend  Häuser  zerstört  und  mehrere  tausend  Menschen 
getödtet.  In  dem  Dorfe  Yvril  steht  kein  Haus  mehr  und  dort  allein 
gab  es  450  Todte.  Nicht  weit  davon  sind  grosse  Spalten  entstanden, 
aus  denen  heisse  Quellen  hervorbrachen.  Auch  in  dem  Dorfe  Yaka 
blieb  kein  Stein  auf  dem  andern. 


Mineralogische  Mittheilungen»  1876.  2.  Heft.  (Fuchs.) 


11 


80 


C.  W.  C.  FuOis. 


[10] 


12.  Mai  Morgens  wieder  grosses  Erbeben  in  der  Umgebung  der 
Stadt  Uschak.  Viele  Dörfer  wurden  auch  diesmal  zerstört  und  viele 
Menschen  getödtet.  An  diesem  Tage  spürte  man  in  Smyrna  drei  Stösse. 

IG.  Mai.  Nachmittags  51/2  Uhr  ziemlich  heftiger  Stoss  in  Neu- 
Granada,  besonders  in  der  Stadt  S.  Jose  de  Cucuta  7°  30'  n.  Br. 
und  72°  10'  w.  L.  an  der  Grenze  von  Venezuela,  wodurch  viele  Häuser 
beschädigt  wurden. 

17.  Mai.  Morgens  GV2  Uhr  abermals  Erdbeben  in  Cucuta,  ebenso 
stark  wie  an  dem  vorhergehenden  Tage  und  30  Meilen  weit  spürbar. 

18.  Mai.  Morgens  1 1 1/2  Uhr  in  einem  grossen  Theile  von  Neu- 
Granada  und  Venezuela  furchtbares  Erdbeben.  Dasselbe  begann  mit 
grauenvollem  Getöse,  worauf  ein  so  starkes  Schwanken  des  Bodens 
folgte,  dass  man  sich  nicht  auf  den  Füssen  halten  konnte.  Na- 
türlich mussten  furchtbare  Verwüstungen  angerichtet  werden  und  in 
der  That  wurde  die  5000  Einwohner  zählende  Stadt  Cucuta  zum 
grössten  Theil  in  einen  Schutthaufen  verwandelt  und  mehr  als  die 
Hälfte  der  Einwohner  verlor  ihr  Leben.  Die  Orte  Bosario,  S.  Antonio, 
Capacho,  Guasimo,  S.  Juan  de  Verena,  Seberatina  la  Grila  sind  gänz- 
lich zerstört;  Chinacota,  Chapo,  Sampalona,  Cucutilla,  Ardeba,  San- 
tiago, Gallindo  und  Granalote  haben  sehr  gelitten.  Von  der  Bevölke- 
rung des  betroffenen  Landstriches,  die  auf  35.000  geschätzt  wird,  sollen 
gegen  IG. 000  umgekommen  sein.  In  Bogota  war  der  Erdstoss  noch 
deutlich  und  schwach  in  Barranguilla. 

20.  Mai.  Morgens  2 Uhr  kam  wieder  in  dem  Erdbebengebiete 
des  westlichen  Odenwaldes,  das  sich  in  letzter  Zeit  ziemlich  ruhig  ver- 
halten, ein  bedeutendes  Erdbeben  vor.  Dasselbe  schien  von  dem  Rohr- 
berge auszugehen  und  wurde  in  Rohrdorf  und  Ober-Ramstadt  als  hef- 
tiger Stoss  mit  unterirdischem  Rollen  gespürt.  In  Mörlenbach,  Jugen- 
heim und  dem  ganzen  westlichen  Odenwald  wurde  das  Ereigniss  eben- 
falls beobachtet.  In  Darmstadt  nahm  man  auch  das  Rollen  wahr. 

21.  Mai.  Erdbeben  in  Spezzia. 

23.  Mai.  Die  seit  Januar  in  Unter-Italien  sich  wiederholenden 
Erdbeben,  die,  wie  es  scheint,  mit  dem  Zustande  des  Vesuv  in  Zusam- 
menhang standen,  waren  am  23.  Mai  so  stark,  dass  in  Calabrien  an 
mehreren  Orten  Häuser  einstürzten. 

29.  Mai.  An  diesem  Tage  zeichneten  sich  die  Erdbeben  in 
Island  wieder  durch  Heftigkeit  aus. 

Juni. 

7.  Mittags  I2V2  Uhr  ziemlich  bedeutendes  Erdbeben  in  der  Ge- 
gend von  Sudovec,  Ivreuzer-Comitat.  Die  von  S.  nach  N.  fortschreitende 
Bewegung  dauerte  10  Sek. 

12.  Juni.  Nachts  11  Uhr  40  Min.  Erdbeben  zu  Sieghartskirchen, 
Rekawinkel  und  Dürrwien.  Es  war  ein  heftiger  Stoss  mit  naclischwin- 
gender  Bewegung  und  begleitet  von  unterirdischem  Rollen.  Er  wurde 
auch  in  Leopoldsdorf  und  Pürkersdorf  gespürt.  Nach  einer  Angabe  der 
k.  k.  Akad.  d.  Wiss.  zu  Wien  hatte  dieses  Erdbeben  dieselben  Gren- 
zen, wie  das  grosse  Erdbeben  von  1590  und  das  kleine  vom  3.  Jan. 
1873.  Die  äussersten  betroffenen  Punkte  der  Hauptlinie  sind  Raabs  im 


[11] 


Bericht  über  die  vulkanischen  Ereignisse  des  Jahres  1875. 


81 


Norden,  Ivlausen-Leopoldsdorf  im  Süden.  Bei  Sessenberg,  Atzenbruck 
und  allen  Orten  bis  Neulengbach,  besonders  östlich  von  Altlengbach, 
war  die  Bewegung  am  heftigsten  und  pflanzte  sich  bis  Hütteldorf  und 
Salmannsdorf  quer  über  den  Wienerwald  fort  und  soll  in  einzelnen  der 
höchsten  Stockwerke  Wiens  empfunden  worden  sein. 

12.  Juni.  Starker  Erdstoss  zu  Neumarkt  in  Krain. 

13.  Juni.  Wiederholter  Erdstoss  zu  Neumarkt. 

14.  Juni.  Abermals  Erdstoss  in  Neumarkt. 

IG.  Juni.  Abends  10  Uhr  wieder  drei  Stösse  in  Bagneres  de 
Bigorre. 

17.  Juni.  Morgens  2 Uhr  abermals  ein  Erdstoss  von  8 Sek.  Dauer 
in  Bagneres. 

18.  Juni.  Morgens  heftiges  Erdbeben  im  südwestlichen  Ohio  und 
in  Indiana,  wodurch  bedeutender  Schaden  angerichtet  wurde.  In  Chi- 
cago spürte  man  mehrere  Stösse,  die  jedoch  ohne  Schaden  abliefen, 
dagegen  waren  sie  in  Jeffersonsville,  Vinzennes,  Anderson  und  in 
Indiania  so  heftig,  dass  Schornsteine  herabgeworfen  wurden. 

19.  Juni.  Morgens  in  Manila]  und  Umgebung  und  in  Flekkefjorcl 
(Norwegen)  heftige  Erdstösse. 

Ende  Juni  bildete  sich  zwischen  Myvatn  und  Yökulsau  in  Island 
ein  neuer  Krater,  ein  Ereigniss,  das  mit  zahlreichen  Erderschütterun- 
gen verbunden  war. 


.1  uli. 

3.  Juli.  Erdbeben  in  Gamstad  und  Flekkefjord  in  Norwegen,  wie 
am  19.  Juni. 

13.  Juli.  Um  4 Uhr  50  Min.  fand  ein  beträchtliches  Erdbeben 
in  einem  Tbeile  von  Würtemberg  statt.  In  Hechingen  war  es  mit 
donnerähnlichem  Getöse  verbunden  und  setzte  mehrere  Sekunden  die 
Erde  von  SW.  gegen  NO.  in  Bewegung.  In  Tübingen  unterschied  man 
zwei  schnell  aufeinander  folgende  Stösse,  von  denen  besonders  der 
zweite  heftig  war,  so  dass  die  Häuser  erzitterten.  Aehnliche  Beobach- 
tungen wurden  aus  Leonberg,  Ohmenhausen  bei  Reutlingen  und  Balin- 
gen gemeldet. 

15.  Juli.  Wenige  Minuten  vor  11  Uhr  Abends  erfolgte  ein  hef- 
tiger senkrechter  Erdstoss  in  Kaub. 

20.  Juli.  Kurz  nach  6 Uhr  Morgens  heftige  Erderschütterung  von 
NW.  her  in  Vaihingen  (Würtemberg). 

23.  Juli.  Nachts  lx/2  Uhr  Erderschütterung  mit  dumpfer  Deto- 
nation in  Liestal. 

25.  Juli.  Morgens  6V2  Uhr  zuerst  dumpfer  Lärm,  dann  furcht- 
barer erderschütternder  Stoss  in  Sebastopol,  so  dass  Schornsteine 
herabfielen  und  mannigfacher  Schaden  angerichtet  wurde. 

August. 

1.  August.  Morgens  3V2  Uhr  Erdbeben  in  Glarus. 

5.  August.  Abends  7x/2  Uhr  Seebeben  an  der  Westküste  von 
Süd-Amerika  zwischen  Cobija  und  den  Lobos-Inseln,  welches  auf  dem 


82 


C.  W.  C.  Fuchs. 


[12] 


englischen  Dampfer  S.  Rosa  gespürt  wurde.  Auf  dem  Festlande  be- 
merkte man  die  Erschütterung  in  Pabellon  de  Pico,  südlich  von  Iquique 
(von  Plerrn  Dodt,  einem  der  Reisenden  mitgetheilt). 

11.  August.  Erdbeben  am  Mauna  Loa,  der  an  diesem  Tage  in 
Eruption  überging. 

15.  August.  Während  des  grössten  der  zahlreichen  Ausbrüche  im 
nördlichen  Island  kamen  an  diesem  Tage  ungewöhnlich  starke  Erd- 
beben vor. 

17.  August.  Nachmittags  4 Uhr  50  Min.  ziemlich  starkes  Erd- 
beben im  nordöstlichen  Galizien  in  drei  rasch  folgenden  Stössen,  im 
Ganzen  etwa  3 Sek.  lang.  Besonders  stark  war  es  im  Kreise  Hrubbiez- 
zono  (Lublin)  und  bei  Doehobyczow,  wo  zwei  Häuser  zerstört  wurden 
und  die  Dauer  U/2  Min.  betrug.  In  Lemberg,  Brody  und  Zloczow  war 
es  ebenfalls  bedeutend  und  auch  in  einem  Theile  der  Bukowina,  be- 
sonders in  Czernowitz. 


September. 

3.  September.  Erdbeben  von  15  Sekunden  in  Irkutsk. 

9.  September.  Morgens  2 Uhr  im  Gueret  (Meuse)  drei  Erdstösse 
in  Zwischenräumen  von  5 Minuten. 

17.  September.  Erdbeben  in  Martinique. 


October. 

16.  October.  In  Kingston  auf  Jamaika  heftiges  Erdbeben. 

17.  October.  Um  2 Uhr  45  Min.  Erdbeben  in  Fünfkirchen  (Un- 
garn) ; anfangs  rollende  Bewegung  dann  stossartig. 


November. 

12.  November.  Morgens  2 Uhr  ein  von  W.  nach  O.  gehender 
Erdstoss  in  Knoxville  in  Kentucky,  welcher  10  Sek.  anhielt  und  die 
Häuser  stark  erschütterte. 

13.  November.  Zwischen  6 und  7 Uhr  Abends  spürte  man  in 
Rönne  und  Umgebung  auf  der  Insel  Bornholm  einige  Sekunden  lang 
eine  Erderschütterung,  die  von  gewaltigem  unterirdischem  Getöse  be- 
gleitet war. 

22.  November.  Nachts  heftiges  Erdbeben  in  Constantinopel. 

23.  November.  Nachts  10  Minuten  vor  1 Uhr  wurde  im  säch- 
sischen Voigtlande,  in  der  Gegend  von  Reichenbach,  Auerbach,  Oelsnitz 
und  Plauen  eine  Erderschütterung  wahrgenommen.  An  letzterem  Orte 
war  die  Bewegung  wellenförmig  von  0.  nach  W.,  dauerte  etwa  2 Sek. 
und  war  von  starkem  Getöse  begleitet.  Die  Erschütterung  war  stärker, 
wie  die  am  5.  März  1872  und  bestand  aus  zwei  Stössen.  Der  Thürmer 
auf  der  Hauptkirche  wurde  so  heftig  hin  und  hergeschüttelt,  dass  er 
den  Einsturz  des  Thurmes  befürchtete. 

24.  November.  Abends  6 Uhr  und  10  Uhr  16  Min.  heftige  Erd- 
stösse in  Klein-Reifling  (Steiermark). 


[13] 


Bericht  über  die  vulkanischen  Ereignisse  des  Jahres  1875. 


83 


25.  November.  Morgens  5 Uhr  24  Min.  abermals  Erdstösse  in 
Klein-Reifling. 

25.  November.  Abends  6 Uhr  35  Min.  schwache  Erderschütterung 
von  15—20  Sek.  Dauer  in  Lyon. 

28.  November.  Abends  9 Uhr  heftiger  Erdstoss  in  Blidali  und 
Medea  (Algier). 


Deeember. 

4.  Deeember.  Morgens  1 Uhr  15  Min.  erfolgten  in  Leipzig  10 — 11 
Erdstösse  mit  je  4 Sek.  Pause,  wodurch  die  Häuser  zitterten. 

6.  Deeember.  Nachts  3 Uhr  24  Min.  Erdbeben  in  der  Umgebung 
Neapels , anfangs  wellenförmig , dann  ein  starker  Stoss , zusammen 
18  Sek.  Es  war  dies  seit  Jahren  der  stärkste  Stoss  in  Neapel,  so  dass 
sich  die  Strassen  mit  erschreckten  Menschen  füllten.  Die  Richtung  ging 
von  N.  nach  S.  und  die  Heftigkeit  nahm  gegen  den  Vesuv  hin  ab,  so 
dass  der  Vulkan  dabei  nicht  im  Spiele  schien.  Am  stärksten  war  die 
Erschütterung  in  Gaeta,  Salerno,  der  ganzen  Basilikata,  Amalfi, 
Caserta,  Potenza,  Foggia  und  Bari.  In  S.  Marco  in  der  Capitanata 
waren  es  drei  Stösse  und  in  Barili  dauerte  ein  Stoss  sogar  1 Min.  35  Sek. 
Der  Mittelpunkt  schien  bei  Puglia  zu  sein.  Uebrigens  waren  schon 
mehrere  Tage  vorher  wiederholt  schwache  Erderschütterungen  am  Vesuv 
eingetreten,  die  sich  auf  den  Berg  und  Resina  beschränkten. 

11.  Deeember.  Morgens  6V2  Uhr  stossartige,  über  1 Sek.  anhal- 
tende Erderschütterung  in  Feldkirch. 

12.  Deeember.  Furchtbares  Erdbeben  in  Labore  und  Peschawar 
in  Indien,  wodurch  viele  Menschen  getödtet  wurden. 

13.  Deeember.  An  mehreren  Orten  des  Bodensees,  besonders  in 
Radolfszell,  fand  um  9 Uhr  eine  Erderschütterung  statt. 

13.  bis  14.  Deeember.  Erdbeben  in  Jassy  und  Bukarest. 

Im  Deeember  ereignete  sich  ein  grosses  Erdbeben  an  der  ganzen 
Nordküste  von  Java;  besonders  in  Koeningan  (Cheribon)  wurde  erheb- 
licher Schaden  angerichtet  und  1053  Wohnungen  zerstört. 

19.  Deeember.  An  diesem  Tage  begann  der  Aetna  eine  schwache 
Thätigkeit  und  bei  Acireale  spürte  man  wellenförmige  Erderschütte- 
rungen. 

20.  Deeember.  Abends  7 Uhr  ziemlich  heftiger  Erdstoss  in 
Bukarest. 

21.  Deeember.  Ein  Erdbeben  zerstörte  die  Stadt  Arecibo  auf 
Portorico,  so  dass  nur  2 Kirchen  und  G Häuser  stehen  blieben. 

22.  Deeember.  Abends  mehrere  heftige  und  einige  schwache  Erd- 
stösse in  Richmond  und  einigen  anderen  Orten  Virginiens. 

Gegen  Ende  des  Jahres  1875  trat  im  südlichen  Theile  der  Insel 
Luzon  ein  Naturereigniss  ein,  wodurch  2000  Menschen  getödtet  wurden. 
Aus  dem  unklaren,  bis  jetzt  bekannt  gewordenen  Bericht  geht  nicht 
deutlich  hervor,  ob  es  ein  Erdbeben  gewesen  oder  ein  grosser  Bergsturz. 

In  der  Umgebung  des  Tongariro  auf  Neu-Seeland,  der  sich  gerade 
in  Eruption  befand , erfolgten  im  Deeember  wiederholte  Erderschütte- 
rungen. 


84  ' C.  W.  C.  Fuchs.  [14] 

In  vorstehender  Zusammenstellung  sind  97  verschiedene  Erdbeben 
enthalten,  die  an  100  verschiedenen  Tagen  eintraten. 

Dieselben  vertheilen  sich  in  folgender  Weise: 

Winter:  34. 

(Januar  15,  Februar  7,  December  12). 

Frühling:  28. 

(März  12,  April  7,  Mai  9). 

Sommer:  21. 

(Juni  10,  Juli  6,  August  5). 

Herbst:  14. 

(September  3,  October  2,  November  9). 

Von  52  Stössen,  deren  Eintritt  genauer  angegeben  ist,  erfolgten 
36  in  der  Nacht  (von  7 Uhr  Abends  bis  7 Uhr  Morgens)  und  16 
am  Tage. 

An  folgenden  Tagen  fanden  mehrere  Erdbeben  statt : 

1.  Januar : Altkirch.  Island. 

21.  Januar : Kniebis.  Gottschee. 

18.  März:  Nizza.  Belluno. 

28.  März : Lifu.  Island. 

20.  April : Ravenna.  Island. 

12.  Juni : Sieghartskirchen.  Neumarkt. 

24.  November : Constantinopel.  Reifling. 

25.  November : Reifling.  Lyon. 

4.  December : Leipzig.  Peru. 

13.  December:  Radolfszell.  Bukarest. 

Wiederholt,  wurden  folgende  Orte  von  Erdbeben  betroffen: 

Aetna.  Sehr  häufig,  besonders  im  Januar  und  December. 

Vesuv.  Häufig,  besonders  im  Januar,  Mai  und  December. 

Island.  Von  Januar  bis  December  sehr  oft. 

Ivloet.  Im  Februar  mehrmals. 

Bagneres  de  Bigorre  am  4.,  13.,  14.,  15.,  24.  März. 

Ravenna.  18.  März.  20.  April. 

Uschak.  3. — 5.  Mai.  12.  Mai. 

Calabrien.  Wiederholt  in  den  vier  ersten  Monaten. 

Neumarkt.  Am  7.,  13.,  14.  Juni. 

Mauna  Loa.  Während  der  Eruption. 

Constantinopel.  22.,  24.  November. 

Klein-Reifling.  24.,  25.  November. 

Bukarest.  13.,  20.  December. 

Tongariro.  Während  seiner  Eruption. 

Das  Jahr  1875  war  reich  an  grossen  und  verheerenden  Erdbeben. 
Das  furchtbarste  war  jenes  von  Cucuta,  vom  16.  bis  18.  Mai,  wodurch 
mehrere  Städte  und  zahlreiche  Ortschaften  gänzlich  zerstört  und  Ver- 


[15] 


Bericht  über  die  vulkanischen  Ereignisse  des  Jahres  1875. 


85 


Wüstungen  in  sehr  weitem  Umkreise  veranlasst  wurden.  Ihm  steht 
zunächst  das  Erdbeben  von  S.  Cristobal  und  Guadalaxara  am  11.  Febr., 
das  sich  in  Mexiko  von  den  Küsten  des  grossen  Oceans  bis  nach  Leon 
erstreckte.  Sehr  bedeutend  sind  auch  die  Erdbeben  vom  28.  März  auf 
der  Insel  Lifu,  vom  3.  bis  5.  und  12.  Mai  bei  Uschak,  vom  12.  De- 
cember  in  Labore  und  vom  21.  December  auf  Portorico  gewesen.  Der 
Schaden,  welcher  durch  diese  Erdbeben  angerichtet  wurde,  ist  ein  un- 
gewöhnlich grosser  und  wenn  die  Angaben  nicht  allzu  sehr  übertrieben 
sind,  so  muss  man  den  Verlust  an  Menschenleben  doch  mindestens  auf 
einige  zwanzigtausend  schätzen. 

Eine  bedeutende  Anzahl  der  stärkeren  Erbeben  war  unzweifelhaft 
vulkanischer  Natur.  Folgende  Erdbeben  standen  im  deutlichen  Zusam- 
menhang mit  der  Thätigkeit  benachbarter  Vulkane: 

1.  Erdbeben  in  Island,  welche  von  Beginn  des  Jahres  bis  Ende 
August,  während  der  Eruptionsperiode  in  der  Nähe  des  Vatna  in  sehr 
zahlreichen,  nicht  genau  bekannten  Erschütterungen  auftraten  und 
jedesmal  an  Intensität  Zunahmen,  wenn  ein  neuer  Ausbruch  erfolgte. 

2.  Erdbeben  am  Aetna,  in  Acireale,  Pliporto  u.  s.  w.,  welche  im 
Januar  und  December,  gleichzeitig  mit  den  Anzeichen  wiedererwachen  - 
der  Thätigkeit  des  Aetna,  besonders  auffallend  waren. 

3.  Erdbeben  in  Unter-Italien.  Die  stärksten  und  am  weitesten 
verbreiteten  Erschütterungen  machten  sich  jedesmal  an  demselben  Tage 
geltend,  wo  die  Thätigkeit  des  Vesuv  an  Energie  zunahm. 

4.  Die  Erdbeben  auf  Java  begleiteten  im  Monat  Februar  die 
Eruption  des  Kloet. 

5.  Das  furchtbare  Erdbeben  von  S.  Cristobal  und  Guadalaxara 
fiel  mit  dem  Wiederbeginn  der  Eruption  des  Ceboruco  zusammen. 

Ebenso  gaben  sich  die  Erdbeben 

6.  auf  Hawa'f  im  August  und 

7.  auf  Neu-Seeland  im  December  als  Folgen  der  Eruptionen  der 
Vulkane  Mauna  Loa  und  Tongariro  zu  erkennen. 

Andere  Erdbeben  waren  ebenso  unzweideutig  nichtvulkanischer 
Natur.  Unter  diesen  verdient  das  Erdbeben  von  Ronsdorf  (14.  Januar) 
desshalb  einer  besonderen  Erwähnung,  weil  man  daraus  entnehmen 
kann,  wie  trotz  der  relativen  Stärke  der  Erschütterung,  die  Ausbreitung 
doch  von  der  grösseren  oder  geringeren  Tiefe  bedingt  wird,  in  welcher 
die  Veranlassung  dazu  liegt.  Das  Erdbeben  von  Kattowitz  zeigt  deutlich 
die  Folgen  einer  rein  mechanischen  Aenderung  in  der  Architectur  der 
Gesteinschichten.  Da  der  ganze  Vorgang  durch  die  menschliche  Thätig- 
keit, den  Abbau  des  Kohlenflötzes  nämlich,  veranlasst  wurde,  so  ist  er 
im  strengsten  Sinne  nicht  zu  den  Erdbeben  zu  zählen,  aber  er  unter- 
scheidet sich  durch  gar  nichts  von  ähnlichen  Ereignissen,  welche  allein 
durch  die  Einwirkung  der  chemischen  und  mechanischen  Processe,  die 
sich  im  Erdinnern  abspielen,  hervorgerufen  werden. 


36  C.  W.  C.  Fuchs.  Bericht  über  die  vulk.  Ereignisse  des  Jahres  1875. 


Vulcano. 

Ueber  die  in  meinen  früheren  Berichten  erwähnte  Eruption  von 
Vulcano,  die  am  7.  September  1873  begann,  sind  genauere  Nachrich- 
ten eingegangen,  welche  ich  hier  nachträglich  folgen  lasse. 

Nachdem  im  August  1873  eine  Zunahme  der  gewöhnlichen  Sol- 
fataren-Thätigkeit  bemerkt  worden  war , begann  die  Eruption  am 
7.  September  mit  einem  Aschenregen  von  schneeweisser  Farbe.  Später 
wiederholten  sich  öfter  Asclienfälle  von  vulkanischem  Sand  und  Schla- 
ckenauswürfe.  Die  bedeutendste  Thätigkeit  entwickelte  der  Vulkan  am 
19.  October,  sank  aber  bald  darauf  in  Solfataren-Thätigkeit  zurück. 
Unter  heftigen  Erderschütterungen  bildete  sich  am  22.  Januar  1874 
eine  neue  Fumarole,  aus  der  mit  bedeutendem  Getöse  Dämpfe  und 
Flammen  hervorbrachen.  Vom  Februar  an  nahm  die  Thätigkeit  ab  ; 
nur  am  15.  Juli  und  am  2.  August  schienen  unterirdisches  Getöse  und 
mehrere  hundert  Erdstösse  einen  neuen  Ausbruch  anzukündigen,  allein 
der  Vulkan  ging  trotzdem  allmälig  in  seinen  gewohnten  Zustand  zurück. 

Die  Schlacken  sowohl  wie  die  graue  Asche  bestehen  aus  Liparit 
mit  reichlichem  Quarz,  Sanidin  und  Hornblende.  Diese  Mineralien  fin- 
den sich  auch  nebst  Magneteisen  in  den  Hohlräumen  ausgebildet. 
Einzig  in  ihrer  Art  ist  jedoch  die  weisse  Asche,  die  zu  94V4  Proc.  aus 
Kieselsäure  besteht.  Nach  der  einen  Angabe  wäre  es  eine  fast  reine 
Tridymit- Asche,  nach  anderen,  wahrscheinlicheren  Untersuchungen  ein 
durch  Säuren  ausgelaugtes  Liparitpulver. 


El.  lieber  grüne  Schiefer  Niederschlesiens. 

Von  Ernst  Kalkowsky. 


Nördlich  von  dem  flachen  und  breiten  Thale  des  Bober  bei  Hirsch- 
berg am  Fusse  des  Riesengebirges  erbebt  sich  ein  selbstständiges 
Gebirge,  das  aus  krystallinischen  Thonschiefern  besteht,  und  aus  Ge- 
steinen, die  Gustav  Rose  als  grüne  Schiefer  beschreibt.1)  Letztere 
seien  graulichgrüne , meist  ganz  dichte,  wenig  schiefrige  Gesteine,  in 
denen  sich  nur  bisweilen  Augit  und  (?)  Feldspäthe  erkennen  Hessen . 
Unsere  Unkenntniss  von  der  mineralogischen  Zusammensetzung  dieser 
Gesteine,  das  Vorkommen  von  Augit  in  denselben,  das  Auftreten  ähn- 
licher Schiefer  im  Taunus,  im  sächsischen  Erzgebirge,  in  den  Alpen, 
auf  Elba,  im  Ural,  welche  letzteren  Zirkel  in  seinem  Lehrbuch 
der  Petrographie  stets  mit  sehr  ominösen  Anführungszeichen  versieht, 
mussten  um  so  mehr  zur  erneuten  Untersuchung  der  grünen  Schiefer 
Niederschlesiens  anregen,  als  sich  hier  nach  den  Ansichten  der  Geologen, 
die  diese  Gegenden  durchforscht  haben,  bei  Kupferberg  und  Rudels- 
stadt grobkörnigere  Gesteine  finden,  in  welche  die  grünen  Schiefer 
an  den  Bleibergen  übergehen.  Die  Hornblende  führenden  Schiefer  von 
Kupferberg  gehören  aber  zu  der  Zone  von  Hornblende-Chlorit-Gesteinen, 
die  sich  von  dort  aus  bis  Kunzendorf  bei  Liebau  in  südlicher  Richtung 
ausdehnen  und  zum  Tlicile  an  Granitit  grenzen , zum  Theile  aber  auf 
den  Glimmerschiefern  aufruhen , welche  die  Gipfel  und  den  südlichen 
Abfall  des  Riesengebirges  zusammensetzen.  In  dem  südlichsten  Theile 
dieser  Zone  Kupferberg-Kurizendorf  erscheinen  selbst  grobkörnige  Chlorit- 
und  Hornblende-Gneisse.  Es  musste  also  zugleich  die  Aufgabe  sein, 
zu  untersuchen,  ob  die  grünen  Schiefer  nur  dichte  Abarten  solcher 
Gesteine  sind,  oder  ob  sich  beim  Aufsteigen  in  der  hier  sehr  einfachen 
Schichtenfolge  mit  der  Veränderung  des  Korns  auch  andere  Gemeng- 
theile und  Structurverhältnisse  einstellen. 

Ich  habe  diese  Gegenden  im  August  1874  zehn  Tage  lang  durch- 
streift; die  Schwierigkeiten  bei  der  Untersuchung,  namentlich  der  grünen 
Schiefer,  gestatten  mir  jedoch  erst  jetzt,  Ostern  1876,  eine  •Veröffent- 
lichung der  nicht  uninteressanten  Resultate. 


!)  In  Rotli:  Erläuterungen  zur  geogn.  Karte  von  Niedersclilesien  etc.  Berlin 
1867,  pag.  42 — 44. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1876.  2.  Heft.  (Kalkowsky.) 


12 


88 


E.  Kalkowsky. 


[2] 


Ueber  die  Gesteine  und  die  Architectur  der  Zone  Kupferberg- 
Kunzendorf  liegen  bereits  zwei  Abhandlungen  vor,  die  eine  von  Beyrich 
in  Roth,  Erläuterungen  pag.  93 — 98  und  die  andere  von  Websky, 
Zeitschrift  der  deutschen  geol.  Gesellschaft  Bd.  V,  pag.  373,  die  sich 
nur  auf  die  Gegend  von  Kupferberg  bis  zum  Querjoche  des  Scharlach- 
berges bezieht;  beide  Forscher  stimmen  jedoch  in  ihren  Ansichten  über 
die  Constitution  mehrerer  Gesteine  nicht  überein. 

Während  die  grünen  Schiefer  fast  stets  nach  Nord-Osten  ein- 
fallen, ändert  sich  die  Streichrichtung  von  Kupferberg  an,  wo  sie  noch 
dieselbe  Richtung  wie  die  grünen  Schiefer  inne  halten,  allmählig  bis 
sie  in  den  südlichen  Theilen  bei  Petzelsdorf  und  Städtisch-Herrnsdorf 
nach  Süd-Osten  einfallen;  sie  liegen  also  im  Allgemeinen  mantelförmig 
um  das  Ostende  des  Granititmassivs  des  Riesengebirges  herum. 

Als  unterstes  Glied  der  hier  zu  betrachtenden  Schichtenfolge 
tritt  im  Südende  der  Zone  auf  der  Scheibe,  westlich  von  Städtisch- 
Herrnsdorf  halbwegs  zwischen  Liebau  und  Schmiedeberg,  ein  grobkörniger 
Chloritgneiss  (Beyr.  A.  1.  b.)1)  auf;  derselbe  besteht  aus  „reichlichem 
Quarz  in  Körnern  bis  1/2  Zoll  gross,  aus  weissem  Glimmer  in  kleinen, 
in  Flasern  verlliessende  Schuppen,  aus  Chlorit,  der  in  schuppig-körnigen 
Partien  von  unregelmässiger  Gestalt  bis  1/2  Zoll  Grösse  zerstreut  liegt 
und  aus  feinkörnigem  Feldspath“  (Beyrich).  Das  Mikroskop  wies  nun 
auch  den  Quarz,  Plagioklas,  Orthoklas  und  Chlorit  nach,  allein  von 
dem  vermeintlichen  Glimmer  stellte  es  sich  heraus,  dass  er  Salit  sei.2) 
Die  Quarze  sind  in  sehr  grossen  Individuen,  oft  aber  auch  in  fein- 
körnigen Aggregaten  ausgebildet,  deren  Körnchen  manchmal  nach  der 
Schieferungsrichtung  in  die  Länge  gezogen  sind.  Flüssigkeitseinschlüsse 
meist  von  sehr  geringen  Dimensionen,  aber  mit  beweglichen  Bläschen 
sind  ungemein  häufig;  sie  sind  auch  in  Reihen  gruppirt,  die  dann  oft 
durch  mehrere  Quarzindividuen,  die  nicht  gleichmässig  krystallographisch 
angeordnet  sind,  ohne  Aenderung  ihrer  Richtung  und  ohne  Discontinuität 
fortsetzen.  Die  Quarze  enthalten  auch  vereinzelte  Mikrolithen  von 
Chlorit  und  Salit,  Die  Feldspäthe  gehören  vorwaltend  dem  Plagioklas 
an;  er  besitzt  eine  sehr  feine  Zwillingsstreifung,  nur  selten  sind  die 
Lamellen  dick.  Orthoklas  in  Carlsbader  Zwillingen  und  in  Einzel- 
krystallen  ist  auch  vorhanden.  Beide  Feldspäthe  sind  von  absolut 
frischer  und  pellucider  Masse,  nur  sehr  wenig  von  Umwandlungsvor- 
gängen heimgesucht,  aber  übermässig  mit  Mikrolithen  von  Salit  erfüllt 
(cfr.  1.  c.  pag.  48).  Der  Salit,  der  sonst  am  Gesteinsgewebe  mit 
wenigen  Quarzkörnchen  durchmengt  theil  nimmt,  ist  in  bis  015  Mm. 
langen  Säulchen  ausgebildet , doch  kommen  auch  einzelne  grössere 
Individuen  vor,  in  denen  man  kleine  Flüssigkeitseinschlüsse  mit  lebhaft 
mobiler  Libelle  gewahrt.  — Der  Chlorit  endlich  bildet  kurzschuppige 
mit  wenig  Salit  durchmengte  Aggregate;  er  ist  ausgezeichnet  dich- 


')  Bezieht  sich  auf  die  petrographische  Eintheilung  Beyrichs  a.  a.  0.;  ich 
führe  sie  nur  da  an,  wo  die  Identität  der  beschriebenen  Gesteine  feststeht. 

2)  Ich  habe  das  Vorkommen  und  die  Eigenschaften  des  Salit  bereits  in 
Tschermak’s  Min.  Mitth.  1875,  pag.  45  ausführlich  geschildert,  und  daselbst  auch 
mehrere  der  hier  im  geognostischen  Zusammenhänge  zu  erwähnenden  Gesteine  kurz 
beschrieben. 


[3] 


lieber  grüne  Schiefer  Niederschlesiens. 


89 


roitiscb,  etwa  wie  der  des  bekannten  Chloritschiefers  aus  dem  Pfitsch- 
thal  in  Tirol;  seine  Farben  sind  hell  gelblichgrün  und  trüb  grasgrün. 
Die  eigenthümliche  feine  Faserung,  die  man  bei  manchem  Chlorit  u. 
d.  M.  zu  beobachten  in  der  Lage  ist,  findet  sich  hier  nicht.  Von  Horn- 
blende unterscheidet  sich  der  Chlorit  dadurch,  dass  seine  opt.  Bisectrix 
mit  der  Hauptaxe , deren  Richtung  durch  zahlreiche  senkrecht  gegen 
dieselbe  stehende  Spalten  nach  der  Basis  angedeutet  wird,  stets  zu- 
sammenfällt, ferner  durch  sein  schwächeres  Lichtbrechungsvermögen,  in 
Folge  dessen  die  Aggregate  bei  gekreuzten  Nicols  auch  bei  einer 
Drehung  des  Präparates  immer  recht  dunkel  sind;  die  Schnitte  parallel 
der  Basis  bleiben  natürlich  stets  ganz  schwarz. 

Ein  anderer  Chloritgneiss  tritt  bei  Neu- Weisbach  an  der  östlichen 
Grenze  der  Zone,  westlich  vom  Felsitporphyr  zwischen  Alt-  und  Neu- 
Weisbach  auf;  er  ist  feinkörniger,  enthält  nur  wenig  Chlorit  und  nur 
Orthoklas,  der  sehr  vorherrscht,  aber  auch  völlig  von  Salit-Mikrolithen 
strotzt.  Der  röthliche  Farbenton  des  Gesteines  wird  durch  eine  Menge 
von  Eisenglanz  in  rothen  Schüppchen  bis  opaken  Körnern  erzeugt.  Das 
Gestein  ist  ziemlich  dünnschiefrig  und  die  Spaltungsflächen  sind  wieder 
mit  dünnen  Häuten  von  fast  weissen , schimmernden  Salitsäulchen 
bedeckt. 

Auf  dem  Chloritgneiss  der  Scheibe  liegt  ein  dichtes,  scheinbar 
massiges  Gestein,  das  an  den  obern  Häusern  von  Städtisch-Herrnsdorf 
in  schroffen  Felsen  ansteht.  Aeltere  Forscher  scheinen  dieses  Gestein 
gemeint  zu  haben,  wenn  sie  von  einem  grünen  Schiefer  vom  Westende 
von  Städtisch-Herrnsdorf  sprechen.  Ausser  einigen  kleinen,  porphy rischen 
Krystallen  von  Quarz,  Orthoklas  und  Plagioklas  sind  keine  Gemeng- 
theile in  dem  graulichgrünen  Gestein  zu  erkennen.  Das  Mikroskop 
zeigt,  dass  es  besteht  aus  vorherrschendem,  feinkörnigen  Quarz,  dessen 
Individuen  etwa  0-02 — O'Oo  Mm.  im  Durchmesser  haben  und  aus  gras- 
grünen, stark  dichroitischen  Hornblendenadeln  von  etwa  0'15  Mm. 
Länge  auf  0'02  Mm.  Dicke.  Letztere  rufen  eine  ausgeprägte  Parallel- 
structur  hervor.  Salitkörnchen  von  nur  0-01  Mm.  Durchmesser  sind 
durch  das  ganze  Gestein  passim  vertheilt;  Magneteisen  findet  sich  an 
einzelnen  Stellen  der  Präparate  ziemlich  häufig.  Die  porphyrischen 
Krystalle  gehören  theils  dem  Quarz,  theils  dem  Feldspath  an  und  sind 
entweder  Plagioklas  oder  Orthoklas,  beide  vollkommen  frisch  und  mit 
verliältnissmässig  wenigen  kleinen  Salitmikrolithen  erfüllt.  In  der  dichten 
Gesteinsgrundmasse  ist  durchaus  kein  Feldspath  vorhanden.  Der  Name 
Hornblendeschiefer  passt  für  dieses  Gestein  nicht,  denn  wenn  die  Horn- 
blendeschiefer auch  sehr  oft  etwas  Quarz  führen,  so  ist  doch  hier  der 
Quarz  der  vorwaltende  Gemengtheil;  es  ist  jedoch  nicht  zweckmässig, 
einen  neuen  Namen  einzuführen:  die  Bezeichnung  als  „quarziger  Horn- 
blendeschiefer“ genügt. 

Etwa  in  demselben  Niveau  wie  dieses  Gestein  tritt  auf  der  Scheibe 
selbst  ein  dichter  Hornblendegneiss  auf.  Er  besteht  aus  Plagioklas, 
sehr  wenig  Orthoklas,  feinkörnigem  Quarz,  Magneteisen  in  Krystallen 
und  Kry stallgruppen  und  aus  Hornblendesäulchen  und  Salit.  Letzterer 
steht  der  Hornblende  an  Quantität  nur  wenig  nach  und  erscheint  in 
kleinen  Körnchen,  die  sich  meist  zu  Haufwerken  aggregiren.  Die 
Plagioklase  sind  von  ungemein  frischer  Substanz  und  nur  wenig  von 

12* 


90 


E.  Kalkowsky. 


[4] 


Salit-  lind  Hornblende-Mikrolithen  durchdrungen ; sie  haben  durch- 
schnittlich eine  Länge  von  Hl  Mm.,  sind  dabei  aber  nicht  etwa 
„leistenförmig“  ausgebildet;  mit  dem  feinkörnigen  Quarz  und  den  Horn- 
blendesäulchen  sind  sie  ohne  eigene  ausgeprägte  Form  aufs  Innigste 
verwachsen. 

Die  Benennung  dieses  Gesteines  als  dichter  Hornblendegneiss  soll 
später  gerechtfertigt  werden. 

Auf  diesen  Gneiss  folgt  am  Abhange  der  Scheibe  nach  Petzelsdorf 
zu  ein  lichter  Hornblendeschiefer  von  etwas  gröberem  Korn.  Vorherr- 
schende hell  grasgrüne  Hornblende,  etwas  Quarz  und  ziemlich  viel 
Epidot,  oft  in  dicken,  intensiv  gelbgrün  gefärbten  Säulcken  bilden  ein 
gleichmässiges  Gemenge  mit  Parallelstructur.  Opake  Erze  fehlen  fast 
gänzlich  und  Plagioklas  ist  nur  ganz  vereinzelt  vorhanden.  Der  Epidot 
tritt  hier  als  Aequivalent  des  Salites  auf. 

Nordöstlich  von  Petzelsdorf,  östlich  von  der  Scheibe  ragt  aus  den 
Feldern  ein  Hügel  hervor,  auf  dem  als  letztes  Glied  dieser  archäischen 
Schichtenfolge  ein  ausgezeichneter  Hornblendegneiss  (Beyr.  A.  1.  a.) 
ansteht.  Die  Grösse  der  Gemengtheile  beträgt  etwa  1 — 3 Mm.  Die 
Quarze  haben  eine  ziemlich  intensiv  blaue  Färbung,  die  beim  Glühen 
vor  dem  Löthrohr  nicht  verschwindet.  Die  Feldspäthe,  fast  allein  dem 
Orthoklas  angehörig,  sehen  gelblichweiss  und  recht  zersetzt  aus,  sind 
aber  in  Wirklichkeit  ganz  frisch;  die  weisse  Farbe  wird  eben  wieder 
durch  eine  Unzahl  von  Salitmikrolithen  hervorgerufen.  Die  Hornblende 
ist  im  Dünnschliff  dunkelgrün  mit  einem  Stich  ins  Bräunliche ; doch 
führt  sie  recht  charakteristisch  oft  lichte,  nur  schwach  gefärbte  Flecke, 
die  entweder  mit  der  übrigen  Masse  zu  einem  Individuum  gehören 
oder  auch  seltener  aus  einem  vorworren  faserigen  Aggregate  bestehen. 
Solche  aktin olithartige  Hornblende  nimmt  auch  in  selbstständigen  Ivry- 
stallen  mit  Quarzkörnchen  durchmischt  am  Aufbau  des  Gesteines  theil 
Der  Quarz  tritt  überhaupt  bisweilen  in  die  Polenden  der  Hornblenden 
ein,  die  sich  dann  in  Mikrolithen  auflösen.  Ausserdem  finden  sich 
noch  etwas  Chlorit,  Salit  und  Eisenglanz  als  Gemengtheile.  Auf  der- 
selben Höhe  tritt  noch  ein  anderer  Gneiss  auf,  der  aus  bei  weitem 
vorwaltendem  Feldspath  von  graulichgrüner  Farbe,  vereinzelten  kleinen 
blauen  Quarzkörnern  und  wenigen  Chloritschuppen  nebst  einigen  bräun- 
lichen Hornblendesäulchen  besteht.  Der  Feldspath  ist  ganz  übermässig 
mit  Salit-Mikrolithen  erfüllt,  so  dass  keine  Möglichkeit  vorhanden  ist 
zu  erkennen,  ob  er  monoklin  oder  triklin  ist. 

Weiter  nach  Norden  von  dem  eben  beschriebenen  Profil  ver- 
schmälert sich  bei  Neu-Weisbach  die  Zone  Kupferberg-Kunzendorf  und 
namentlich  bei  Pfaffendorf  verliert  sie  durch  Vordringen  des  Grau- 
wackengebirges am  Terrain.  Hier  tritt  am  Laubberge  zwischen  Pfaffen- 
dorf und  Colonie  Eventhai  ein  „Gestein  mit  grünsteinartigem  Habitus“ 
(Beyr.  B.  3)  auf.  Es  hat  ein  sehr  massiges  Aussehen,  jedoch  erkennt 
man,  dass  die  Knauern  von  Quarz  und  Feldspath  einer  nordsüdlichen 
Streichungsrichtung  nach  eingelagert  sind.  Das  Gestein  ist  ein  dichter 
Chlorit-Hornblende-Gneiss.  Die  Unterscheidung  von  Chlorit  und  Horn- 
blende erfordert  einige  Aufmerksamkeit,  da  beide  fast  genau  dieselbe 
grasgrüne  Farbe  besitzen  und  dabei  gleich  stark  dichroitisch  sind.  Dem 
Chlorit  gehören  zunächst  alle  grösseren,  nach  der  Basis  ausgedehnten 


[5] 


Ueber  grüne  Schiefer  Niederschlesiens. 


91 


Blättchen  an ; sie  erscheinen  bei  gekreuzten  Nicols  vollständig  dunkel, 
auch  wenn  sie  nicht  genau  mit  der  Basis  parallel  der  Schlifffläche 
liegen ; charakteristisch  ist  übrigens  für  sie,  dass  sie  eine  dunkelviolette 
Farbe  zeigen,  wenn  die  Schwingungsrichtungen  des  Nicols  ungefähr 
einen  Winkel  von  80 — 85°  mit  einander  machen.  Die  Querschnitte 
von  Chloritblättchen,  die  natürlich  im  zerstreuten  Licht,  hell  gelblich- 
grün  gefärbt  sind,  lassen  sich  an  der  Lage  der  Bisectrix  erkennen. 
Die  Hornblende  mit  ihrem  stärkeren  Lichtbrechungsvermögen  tritt  hier 
vornehmlich  fast  nur  in  ziemlich  dünnen,  langen  Mikrolithen  und  Nadeln 
auf,  die  oft  von  einem  etwas  grösseren  Individuum  divergirend  aus- 
einander strahlen.  Fast  ebenso  häufig  wie  Hornblende  und  Chlorit 
ist  der  Salit  in  kurzen,  dicken  Kryställcken  ohne  Formentwickelung; 
er  steckt  gleichmässig  zwischen  den  übrigen  Gemengtheilen  und  wird 
zum  Theile  durch  Epidot  vertreten.  Sonst  enthält  das  Gestein  noch 
Quarz  und  Orthoklas,  dann  Plagioklas,  Hämatit  in  kleinen  blutrothen, 
rundlichen  Schüppchen  und  Kalkspath  und  Dolomitspath.  Die  Feld- 
späthe  enthalten  Mikrolithen  von  Hornblende  und  Salit  und  sind  meist 
etwas  trübe , namentlich  die  Orthoklase ; Plagioklase  sind  überhaupt 
selten.  Die  Kalkspäthe  mit  Zwillingsstreifung  und  die  Dolomitspäthe 
ohne  solche  liegen  in  enger  Verbindung  mit  den  anderen  Gemengtheilen, 
enthalten  jedoch  keinerlei  Mikrolithen , scliliessen  überhaupt  keine 
anderen  Gemengtheile  ein  und  kommen  nur  stellenweise  vor;  gleichwohl 
müssen  sie  als  primär  betrachtet  werden. 

Noch  weiter  nach  Norden,  etwa  bei  Reussendorf,  breitet  sich  die 
Zone  der  Hornblendegesteine  wieder  nach  Osten  etwas  aus,  und  über- 
schreitet man  die  Wasserscheide  bei  Wüst-Röhrsdorf,  so  hat  man  ein 
kleines  aber  interessantes  Gebiet  vor  sich,  das  im  Westen  von  der 
Höhe  des  Ochsenkopfs  und  dessen  Ausläufern  bis  Kupferberg,  im 
Süden  von  dem  Scharlachberge,  im  Osten  von  dem  Rohnauer  Rücken 
und  im  Norden  von  dem  Höhenzuge  der  Bleiberge  jenseits  des  Bobers 
begrenzt  wird.  In  diesem  Gebiete  weisen  die  Schichten  bei  fast  saigerer 
Stellung  eine  ziemlich  schnelle  Veränderung  ihrer  Streichrichtung  auf; 
leider  ist  gerade,  wie  Websky  anführt,  die  nordöstliche  Ecke,  in  der 
man  genaueren  Aufschluss  über  die  architectonischen  Verhältnisse  er- 
warten dürfte,  von  Grauwacken  bedeckt.  — Ich  will  nun  zwei  von 
Websky  angegebene  Profile  verfolgen,  um  die  höchst  mannigfaltigen 
Gesteine  vorzuführen  und  daran  auch  einige  Bemerkungen  über  den 
Schichtenbau  zu  knüpfen. 

Das  erste  Profil  durchscheidet  nach  Osten  zu  die  Schichten  vom 
Ochsenkopf  bis  über  den  Rohnauer  Rücken,  gleich  nördlich  vom  Schar- 
lachberge. Auf  dem  Ochsenkopf  selbst  tritt  ein  Gestein  auf,  das 
Beyrich  als  Glimmerschiefer,  Websky  als  Dichroitgneiss  anführt. 
Es  enthält  in  der  That  schönen  Cordierit  Q und  auch  Feldspath.  Der 
Cordierit  führt  eine  grosse  Menge  von  abgerundeten,  opaken  Körnern 
von  Eisenglanz  und  Blättchen  von  weissem  Glimmer  (?);  auch  die  für 
ihn  charakteristischen  Mikrolithen  sind,  wenn  auch  nur  selten,  vorhanden. 


9 Auch  das  Gestein  des  Schwarzen  Berges  hei  Schreiberhau  ist,  wie  Websky 
1.  c.  angiebt,  ein  Cordieritgneiss,  wenn  es  auch  mit  diesem  nicht  < ganz  übereinstimmt. 


E.  Kalkowsky. 


92 


[6] 


Dem  Quarz  fehlen  alle  diese  Einschlüsse,  dagegen  ist  er  bisweilen  in 
Form  von  kleinen  Körnern  mit  Biotitschüppchen  durchmischt. 

Oestlich  vom  Cordieritgneiss  steht  auch  noch  auf  dem  Ochsenkopf 
ein  durchaus  homogenes,  dunkles  Gestein  an,  das  Websky  einen 
Dioritschiefer  nennt.  Der  vorwaltende  Gemengtheil  ist  sehr  licht  ge- 
färbte, aber  doch  noch  deutlich  dichroitische  Hornblende;  sie  bildet 
meist  dickere  Krystalle,  die  sich  bisweilen  in  Mikrolithen  auflösen, 
oder  selbstständige  dickere  und  dünnere  Mikrolithen;  doch  haben 
letztere  nie  die  langgestreckte  Nadelform.  Neben  der  Hornblende  ist 
am  häufigsten  Plagioklas  in  frischen  Kryställchen  von  etwa  015  Mm. 
Durchmesser  mit  schöner  lamellarer  Verzwillingung;  sehr  oft  durch- 
kreuzen sich  zwei  Systeme  von  Lamellen.  Seltener  sind  Orthoklase  in 
einfachen  Krystallen  oder  Carlsbader  Zwillingen;  sie  zeigen  schon  eine 
beginnende  Zersetzung.  Beide  Feldspäthe  enthalten  nur  vereinzelte 
Hornblende-Mikrolithen , jedoch  werden  sie  nicht  selten  von  grösseren 
Hornblendesäulchen  durchbrochen.  Stellenweise  treten  in  dem  Gestein 
Schüppchen  von  braunem  Glimmer  auf,  welche  bewirken,  dass  die 
Plagioklase  seltener  werden. 

Ausserdem  konnte  noch  unzweifelhaft  Quarz  nachgewiesen  werden, 
ja  derselbe  überwiegt  oft  die  Feldspäthe  an  Menge:  das  Gestein  setzt 
dem  Schleifmaterial  einen  sehr  hartnäckigen  Widerstand  entgegen.  Die 
Unterscheidung  von  Quarz  und  Orthoklas  ist  schwieriger,  als  man 
glauben  möchte.  Da  in  diesen  Felsarten  ein  solcher  Wirrwarr  von 
Hornblendenadeln  und  Chloritschüppchen,  Glimmerblättchen  und  Salit- 
körnchen  vorliegt,  so  muss  den  Schliffen  eine  Dünne  gegeben  werden, 
bei  welcher  die  Quarze  durchaus  nicht  mehr  im  polarischen  Lichte 
bunte  Interferenzfarben  und  den  sonst  erwähnten  Farbenkranz  auf- 
weisen; sie  zeigen  nur  dieselbe  Abstufung  von  farblos  durch  grau  in 
schwarz,  wie  die  Orthoklase.  Letztere  erkennt  man  nun  als  solche, 
wenn  sie  als  Carlsbader  Zwillinge  ausgebildet  sind,  wenn  sie  deutliche 
parallele  Spalten  haben,  wenn  sie  durch  molekulare  Veränderung  eine 
Trübung  erlitten  haben.  Dass  bei  so  frischen  Gesteinen  wie  die  vor- 
liegenden vielleicht  mancher  Orthoklas  für  Quarz  angesehen  wird,  lässt 
sich  nicht  vermeiden. 

Saht  erscheint  stellenweise  sehr  spärlich  in  sehr  winzigen  Körnchen 
und  Aggregaten,  die  nur  Bekanntschaft  mit  deutlicheren  Vorkommnissen 
und  deren  Uebergängen  als  Salit  erkannt  werden  können.  Die  fast 
schwarze  Farbe  verdankt  das  Gestein  einer  Menge  von  opaken  Eisen- 
glanzkörnern bisweilen  mit  schönem,  sechsseitigen  Durchschnitt. 

Unter  den  krystallinischen  Schiefergesteinen  führt  die  Verbindung 
von  Quarz,  Feldspäthen  und  Glimmer  oder  einem  Vertreter  des  letzteren 
im  Allgemeinen  den  Namen  Gneiss.  Auch  bei  diesem  Gestein  vom 
Ochsenkopf  ist  der  Name  Gneiss  anwendbar,  dagegen  wird  wohl  eine 
Bezeichnung,  die  mit  massigen,  eruptiven  Gesteinen  in  solchem  Connex 
steht,  wie  „Dioritschiefer“  besser  vermieden.  Da  auch  die  anderen 
Gesteine,  die  Websky  als  Dioritschiefer  anführt,  eine  von  der  ver- 
mutheten  abweichende  Zusammensetzung  haben,  so  bezeichne  ich  dieses 
Gestein  vom  Ochsenkopf  als  „dichter  Hornblendegneiss“.  Auch  dem 
von  Beyrich  benutzten  Namen  Hornblendeschiefer  kann  man  nicht 
beistimmen,  wenngleich  alle  diese  Schiefer  entschieden  zur  Glimmer- 


m 


Ueber  grüne  Schiefer  Niederschlesiens. 


93 


Schieferformation  gehören.  Der  Feldspath  ist  hier  zu  häufig,  um  als 
accessorischer  Gemengtheil  betrachtet  werden  zu  können  und  anderer- 
seits ist  der  Name  Hornblendeschiefer  noch  zur  Bezeichnung  anderer 
Gesteine  von  Nöthen. 

Die  einzelnen  Gesteine  des  Profils  werden  nun  von  einander  durch 
grob-  oder  feinkörnige  Glimmerschiefer  oder  Quarzschiefer  getrennt; 
sie  bestehen  aus  Quarz  und  weissem  Glimmer  in  wechselnden  Ver- 
hältnissen, daneben  enthalten  sie  Eisenglanz,  Hornblende  und  Chlorit, 
aber  nie  Saht,  in  der  Nähe  der  durch  diese  Mineralien  vornehmlich 
charakterisirten  Gesteine.  Die  Glimmerschiefer  zeigen  u.  d.  M.  sonst 
nichts,  was  an  dieser  Stelle  zu  erwähnen  angebracht  wäre. 

Bei  Colonie  Neu-Röhrsdorf  findet  sich  ein  zweites  Lager  von 
Websky’s  „unterm  Dioritschiefer“ ; auch  dieses  Gestein  ist  ein  Gneiss, 
ein  dichter  Salit-Hornblende-Gneiss:  seine  Gemengtheile  sind  Quarz, 
Plagioklas,  Orthoklas,  Hornblende,  Salit,  und  wenig  opakes  Eisenerz, 
das  wohl  seiner  Form  nach  dem  Eisenglanz  zuzurechnen  ist.  Die  hell- 
grüne Hornblende  erscheint  meist  in  langen,  dünnen  Säulchen;  mit 
fast  gleichviel  blassgrünem  Salit  in  dicken,  kurzen  Säulchen  durch- 
mengt, ziehen  sie  sich  bündelweise  um  die  Quarze  und  Feldspäthe. 
Das  Gestein  zeigt  im  Handstück  abwechselnd  helle  und  dunkle  Lagen; 
in  den  ersteren,  die  nach  Websky  aus  einem  dichten  triklinen  Feld- 
spath bestehen  sollten,  fehlt  die  Hornblende  fast  ganz,  sie  sind  aus 
verbältnissmässig  grossen  Saliten , aus  Quarz  und  Feldspäthen  zu- 
sammengesetzt. 

Weiter  nach  Osten  folgt  nun , wieder  durch  Glimmerschiefer 
getrennt,  Websky’s  oberer  Dioritschiefer,  dem  die  Lagenstructur 
fehlt.  Die  betreffenden  Stücke  wurden  etwas  nördlich  vom  Profil  auf 
der  Höhe  zwischen  Waltersdorf  und  Rohnau  geschlagen.  Das  Gestein 
kann  als  Hornblendeschiefer  bezeichnet  werden.  Hornblendesäulchen 
von  durchschnittlich  015  Mm.  Länge  und  0-0 1 5 Mm.  Dicke,  die  im 
Querschnitt  oft  sehr  schön  die  Säulen-  und  Klinopinakoidflächen  erkennen 
lassen,  machen  den  bei  weitem  grössten  Theil  des  Gesteines  aus. 
Gleichsam  eine  Grundmasse  bildet  der  feinkörnige  Quarz;  Salit  scheint 
gänzlich  zu  fehlen,  während  Biotit  nur  fleckenweise  auftritt.  Orthoklas 
und  Plagioklas  sind  so  selten,  dass  sie  als  accessorische  Gemengtheile 
angesehen  werden  müssen. 

Als  letzte  Glieder  der  Schichtenreihe  folgen  mm  die  Gesteine  des 
Rohnauer  Rückens,  die  in  den  citirten  Abhandlungen  und  auf  der 
Uebersichtskarte  des  niederschlesischen  Gebirges  von  Roth  als  grüne 
Schiefer  angeführt  werden. 

Das  Muttergestein  der  Rohnauer  Kiese  ist  wie  B e y r i c h anführt 
(Beyr.  C.  2)  ein  talkiger  Schiefer.  Der  Talk  ist  im  Dünnschliff  sein- 
schwer  von  weissem  Kaliglimmer  zu  unterscheiden;  namentlich  in 
Querschnitten  zeigt  er  dieselben  brillanten  Interferenzfarben,  wie  der 
Muscovit,  dagegen  erscheinen  die  Blättchen  parallel  der  Basis  immer 
nur  hell  oder  dunkel,  wohl  in  Folge  der  schwachen  Doppelbrechung. 
Besser  ist  er  an  seinen  Formen  erkennbar.  Rosenbusch  sagt1): 
Der  Talk  bildet  in  den  Gesteinen  blätterige  und  schuppige  Aggregate 


ff  Rosenbusch,  Pkysiograpkie  pag.  274, 


94 


E.  Kalkowsky. 


[8] 


oder  einzelne  krummflächige  Schüppchen,  deren  Querschnitte  gewunden 
faserig  aussehen.“  So  auch  hier.  Neben  dem  blassgrünlichen  Talk 
findet  sich  in  grosser  Menge  noch  ein  hellbraunes  (die  Farbe  ist 
namentlich  im  auffallenden  Lichte  zu  erkennen),  stark  doppelbrechendes 
Mineral  in  kleinen  Körnchen,  vielleicht  Vesuvian.  Die  meist  grossen 
Krystallen  von  Eisenkies  zeigen  einige  bemerkenswerthe  Eigentüm- 
lichkeiten. Wie  Zirkel1)  von  den  Quarzen  des  Talkschiefers  vom 
Kitzbüchel  in  Tyrol  berichtet,  so  sind  liier  die  Pyritkrystalle  bisweilen 
zerbrochen  und  die  Klüfte  mit  Talkschüppchen  erfüllt,  ebenso  stehen 
auch  hier  die  Talkschüppchen  manchmal  senkrecht  auf  den  Flächen 
der  Pyrite.  Letztere  sind  als  Würfel  ausgebildet,  doch  treten  die 
Krystal Machen  mit  ihrer  charakteristischen  Streifung  nur  senkrecht 
gegen  die  Schieferungsebene  auf;  in  dieser  zeigen  die  Pyrite  nur  eine 
rauhe,  nicht  spiegelnde  Oberfläche,  die  gleichsam  die  Eindrücke  der 
Talkschüppchen  erkennen  lässt.  Es  scheint  dieser  Umstand  darauf 
hinzuweisen,  dass  die  Pyrite  sich  bei  ehemaliger  Horizontalität  der 
Schichten  unter  einem  gewissen  Drucke  ausbildeten,  der  die  Krystalli- 
sationskraft  der  Verbindung  Fe  S2  nur  in  einer  Richtung  nicht  aufzu- 
heben vermochte. 

Beyrich  erwähnt  von  diesem  Rohnauer  Rücken  einen  Chlorit- 
gneiss,  derselbe  wurde  leider  nicht  aufgefunden,  dagegen  sind  seine 
„chloritischen  grünen  Schiefer“  (C.  1.)  zum  Theile  dichter  Cldoritgneiss. 
Neben  dem  schuppigen,  stark  dichroitischen  Chlorit  sind  nur  wenig 
Hornblende-Mikrolithen  vorhanden,  und  auch  der  Salit  erscheint  nur 
sehr  spärlich  in  winzigen  Körnchen.  Der  Quarz  tritt  meist  als  fein- 
körnige Masse  auf,  durchmischt  mit  winzigen  Chloritschüppchen.  Da- 
gegen treten  die  fast  immer  kurzleistenförmigen  Plagioklase  und  die 
Orthoklase,  die  gegen  erstere  an  Menge  zurückstehen,  recht  schön  und 
deutlich  hervor.  Die  Plagioklasse  enthalten  nur  wenige  Lamellen, 
die  Orthoklase  sind  alle  Carlsbader  Zwillinge;  beide  Feldspäthe  sind 
etwas  getrübt,  . doch  will  es  bei  starker  Vergrösserung  scheinen,  als 
werde  die  Trübung  eher  durch  winzige  Dampfporen,  Flüssigkeitsein- 
schlüsse und  Mikrolithen  bedingt,  als  durch  molekulare  Veränderungen. 
Regelmässig  durch  das  Gestein  verbreitet  ist  ein  opakes  Erz  mit 
häufigen  quadratischen  Durchschnitten;  da  dieser  dichte  Cldoritgneiss 
recht  stark  magnetisch  ist,  so  gehört  das  Erz  wohl  dem  Magnet- 
eisen an. 

Noch  weiter  nach  Osten  tritt  ein  hellgrünes  Gestein  auf,  das  aus 
Chlorit,  Hornblende,  Salit  und  Quarz  nebst  blutrothen  Eisenglanz- 
blättchen besteht.  Die  drei  ersten  Mineralien  sind  fast  gleich  häufig 
vorhanden ; der  Gegensatz  zwischen  flächenhaften  Chloriten  und  dünnen 
Hornblendenadeln  ist  ebenso  schön  ausgebildet,  wie  in  dem  dichten 
Chlorit-Hornblende-Gneiss  vom  Laubberge  bei  Pfaffendorf.  Dies  Gestein 
von  Rohnau  ist  ein  dichter  Chlorit-IIornblende-Schiefer.  Es  ist  wahr- 
scheinlich der  ganze  Bergrücken  bis  gegen  Prittwitzdorf  hin  nicht  zu 
dem  Gebiet  der  grünen  Schiefer  zu  rechnen,  vielmehr  zu  dem,  dass 
durch  die  Glimmerschiefer  und  Hornblendeschiefer  als  mittlere  Etage 
der  archäischen  Formation  charakterisirt  ist. 


’)  Mikrosk.  Beschaffenheit,  pag.  471. 


[9] 


Ueber  grüne  Schiefer  NiederscMesiens. 


95 


Ein  dichter  Chloritgneiss,  dem  kurz  zuvor  beschriebenen  sehr 
ähnlich,  tritt  auch  auf  dem  Südostabhang  des  Scharlachberges  gegen 
Reussendorf  hin  auf;  er  enthält  nur  etwas  mehr  Hornblendenadeln  und 
Salit.  Das  Gestein  vom  Gipfel  des  Scharlachberges  und  nach  Wüst- 
Röhrsdorf  zu,  das  Be y rieh  als  Quarz-  oder  Felsitschiefer  (B.  4.  b.) 
mit  untergeordneter  Hornblende  und  Chlorit  bezeichnet,  ist  ganz  wie 
dieser  Forscher  vermuthete,  ein  Gemenge  von  feinkörnigem  Quarz  (auch 
seltenere  porphyrische  Quarze  sind  vorhanden)  und  Feldspath,  der  vor- 
waltend dem  Plagioklas  angehört.  Beide  Feldspätlie  sind  schwach 
erfüllt  von  recht  winzigen  Schüppchen  von  Chlorit  oder  von  Hornblende- 
Mikrölithen.  Auf  den  Schichtungsflächen  liegen  feine  Häute  von  blass- 
grünem Chlorit  mit  ziemlich  vielen  Saliten,  letztere  verdrängen  in 
manchen  Präparaten  den  Chlorit  vollständig.  Auch  dieses  Gestein  ist 
somit  eigentlich  ein  Gneiss,  der  nur  im  Gegensatz  zu  den  bis  jetzt 
beschriebenen  dichten  Chloritgneissen  sehr  arm  ist  an  Chlorit.  Den 
Namen  Felsitschiefer  muss  man  jedenfalls  ablehnen,  um  nicht  unnöthiger 
Weise,  wie  oben  angedeutet,  Worte,  die  bei  der  Bezeichnung  eruptiver 
Gesteine  ihre  Anwendung  finden,  auf  schieferige  zu  übertragen. 

Die  zweite  Profillinie,  die  Webs ky  vom  Ochsenkopf  nach  Norden 
zieht,  trifft  noch  zwei  von  den  erwähnten  verschiedene  Gesteine.  Am 
Südende  von  Waltersdorf  tritt  eine  Felsart  auf,  die  aus  abwechselnden 
ganz  blassgrünen  und  dunkelbraunen  Schichten  besteht.  Es  ist  ein 
dichter  Salit-Glimmerschiefer.  In  den  blassgrünen  Schichten  erreichen 
die  Salite  eine  Länge  und  Breite  von  05  Mm.  Sie  sind  von  zahlreichen, 
scharfen  Spalten  durchzogen  und  enthalten  eine  Menge  von  Dampf- 
poren und  Flüssigkeitseinschlüssen  mit  beweglicher  Libelle.  Der  Quarz 
tritt  gegen  den  Salit  zurück.  Von  Feldspäthen  konnten  nur  vereinzelte 
Orthoklase  wahrgenommen  werden.  Die  braunen  Streifen  bestehen  aus 
Schüppchen  von  Biotit  von  circa  008  Mm.  Basisdurchmesser  und  Quarz 
in  noch  kleineren  Körnchen.  Daneben  tritt  bisweilen  Chlorit  auf.  Noch 
zwei  andere  Mineralien  sind  in  beiden  Arten  der  Schiefermasse  recht 
häufig  vorhanden;  erstens  Eisenglanz  und  dann  ebenso  wie  dieses 
schichtenweise  auftretend  ein  im  Schliff  lichtröthliches  Mineral  in  läng- 
lichen abgerundeten  Kryställchen  von  nur  etwa  002  Mm.  Länge.  An 
einigen  grösseren,  die  von  Schliffflächen  begrenzt  werden , kann  man 
erkennen,  dass  sie  das  Licht  doppelt  brechen,  die  optische  P.isectrix 
fällt  anscheinend  mit  der  Längsrichtung  der  Kryställchen  zusammen. 
Websky  berichtet  von  dem  Vorkommen  von  Kolophonit  aus  der 
Gegend  von  Kupferberg,  der  wahrscheinlich  einer  Silicate  führenden 
Schale  um  die  dortigen  Dolomite  zugehöre.  Auch  die  vorliegenden 
Präparate  enthalten  noch  ausser  wenigen  Talkblättchen  einige  Körner 
von  Kalk-  oder  Dolomitspath : man  darf  demnach  mit  grosser  Wahr- 
scheinlichkeit annehmen,  dass  die  kleinen  Kryställchen  in  diesem  Salit- 
Glimmerschiefer  dem  Vesuvian  angehören.  Wichmann  hat  neuerdings 
nachgewiesen,  dass  gerade  der  typische  Kolophonit  nicht  zum  Granat, 
sondern  zum  Vesuvian  gehört  (Pogg.  Ann.  Bd.  157,  pag.  289). 

Zwischen  Colonie  Neustadt  und  Kupferberg  wurde  ein  Gestein 
gesammelt,  das  Websky  als  untern  Dioritschiefer  bezeichnet  und  für 
identisch  hält  mit  dem  oben  beschriebenen  dichten  Salit-Hornblende- 
Gneiss  von  Colonie  Neu-Röhrsdorf.  Dies  ist  allerdings  auch  ein  Salit- 

Mineralogische  Mittheilungen.  1876.  2.  Heft.  (Kalkowsky.)  13 


96 


E.  Kalkowsky. 


[10] 


Hornblendegestein,  aber  doch  deutlich  von  letzterem  Gneisse  verschie- 
den. Eisenerze  fehlen  dem  Gestein  von  Col.  Neustadt  ganz;  die  Salite 
haben  eine  intensivere  Farbe,  die  hellen  Schichten  bestehen  aus  bei 
weitem  vorherrschendem  grobkörnigen  Salit  mit  Quarz,  Orthoklas  und 
vereinzelten  Plagioklasen;  in  den  dunklen  Streifen  bildet  die  Horn- 
blende bündel-  oder  garbenförmige  Aggregate,  die  sich  um  einzelne 
Salite  oder  von  Salit-Mikrolithen  ganz  erfüllte  feinkörnige  Quarzmassen, 
herumziehen : in  dem  Röhrsdorfer  Gestein  waltet  die  Hornblende  in 
diesen  Schichten  weit  mehr  vor  und  zieht  sich  stets  um  einzelne 
grössere  Krystalle  von  Salit,  Quarz  oder  Feldspath.  Dies  Neustädter 
Gestein  hat  überhaupt  ein  weniger  klares  Gefüge,  es  ist  unter  dem 
Mikroskop  schwerer  in  seine  Componenten  auflösbar.  Dazu  ist  der  Ge- 
halt an  Feldspath  gering,  der  Plagioklas,  der  im  Röhrsdorfer  Gestein 
vorherrscht,  fehlt  fast  ganz,  so  dass  das  Neustädter  Gestein  schon 
besser  als  Salit  - Hornblendeschiefer  mit  accessorischem  Feldspath  be- 
zeichnet werden  muss.  Es  ist  allerdings  bekannt,  wie  schwankend  sich 
die  Zusammensetzung  dichter  Felsarten  unter  dem  Mikroskop  erweist, 
zeigen  doch  oft  Präparate  von  demselben  Block  eine  Abweichung  in 
den  Gemengtheilen  oder  der  Structur.  Allein  hier  tritt  die  Verschieden- 
heit doch  in  so  grossen  Zügen  aus  mehreren  Präparaten  hervor , dass 
man  nicht  im  Zweifel  ist,  dass  der  Neustädter  Schiefer  von  dem  Röhrs- 
dorfer Gneiss  verschieden  ist,  und  dass  ersterer  überdies  eine  Structur 
besitzt,  wie  man  sie  für  ein  Gestein,  das  der  Grenze  der  grünen  Schie- 
fer näher  liegt,  erwarten  kann.  Ich  komme  auf  solche  Structurverschie- 
denheiten  weiter  unten  nochmals  zurück. 

Wenn  ein  Problem  der  architectonischen  Geologie  sich  haupt- 
sächlich auf  die  petrographische  Beschaffenheit  der  Gesteine  stützt,  so 
muss  wohl  in  einem  solchen  Falle  eine  directe  Anwendung  der  mikro- 
skopischen Untersuchung  auf  Geognosie  gestattet  sein.  Es  mag  daher 
entschuldigt  werden , dass  hier  ein  solcher  Versuch  gewagt  wird. 
Websky  nennt  das  zweite  Profil  ein  abnormes,  indem  hier  im  Gegen- 
satz zu  der  normalen  Aufeinanderfolge  der  Schichten  in  dem  ersten 
Profil  in  Folge  einer  Mulden-  und  Sattelbildung  dieselben  zwei-  resp. 
dreimal  zu  Tage  ausgehen.  Er  stützt  seine  Annahme  bei  den  immerhin 
„unklaren  Verhältnissen“  hauptsächlich  auf  die  Identität  der  Gesteine 
von  Col.  Neustadt  und  Col.  Neu-Röhrsdorf  und  auf  die  Zusammenge- 
hörigkeit der  Gesteine  des  Rohnauer  Rückens  mit  den  grünen  Schiefern 
der  Bleiberge.  Da  die  fast  saigere  Stellung  der  Schichten  das  Einfällen 
derselben  nicht  in  Betracht  zu  ziehen  erlaubt,  so  müsse  die  merkwürdig 
schnelle  Aenderung  der  Streichrichtung  von  Rohnau  ifii  Bogen  bis 
Kupferberg  für  wichtiger  gehalten  werden.  Ueberdies  deute  eine  in  den 
Grubenbauen  aufgeschlossene  Lettenkluft  die  Gegend  an,  wo  die  Schich- 
ten der  beiden  Profile  auf  einander  stossen  müssten. 

Nach  den  oben  angeführten  mikroskopischen  Beobachtungen  fällt 
aber  die  Identität  der  auch  in  Handstücken  etwas  verschiedenen  „unte- 
ren Dioritschiefer“  weg;  ebenso  gehören  die  Gesteine  des  Rohnauer 
Rückens  nicht  zu  den  grünen  Schiefern,  wie  sie  auf  dem  Siidabfalle 
der  Bleiberge  Vorkommen ; sie  sind  vielmehr  nach  ihren  Gemengtheilen 
und  ihrer  Structur  den  Gesteinen  von  Adlersruh  und  Col.  Neustadt  voll- 
kommen gleichwerthig.  Dass  hier  in  der  Streichrichtung  bald  Chlorit, 


[11] 


Ueber  grüne  Schiefer  Niederschlesiens. 


97 


bald  Hornblende  und  Salit,  herrschen,  ist  nicht  weiter  auffällig;  es  ist 
dies  vielmehr  ein  Verhältnis,  das  wir  überall  in  der  Zone  Kupferberg- 
Kunzendorf  wiederfinden.  Sind  doch  .die  grobkörnigen  Chlorit-  und 
Hornblendegneisse  von  Petzelsdorf  geognostisch  gleichwerthig  den  dich- 
ten Schiefern  von  Kupferberg.  In  einem  Gebiet  krystallinischer  Schiefer, 
wo  so  viele  Gesteine  auf  kleinem  Piaume  auftreten,  da  sind  es  keines- 
wegs sich  weithin  erstreckende  Schichten , die  dasselbe  zusammen- 
setzen , sondern  vielmehr  kleine , sich  bald  auskeilende  Lager  von 
abweichender  Beschaffenheit,  aber  mit  Uebergängen  untereinander. 

So  liegt  nach  der  petrographisclien  Beschaffenheit  der  Gesteine 
hier  kein  Grund  zur  Annahme  einer  abnormen  Schichtenfolge  vor,  und 
die  Lettenkluft,  die  überdies  gerade  da  auftritt,  wo  die  Streichungs- 
richtung der  Schichten  sich  um  das  Nordost-Ende  des  Granititmassivs 
des  Riesengebirges  am  schnellsten  ändert , deutet  doch  wohl  nur 
auf  eine  mit  der  normalen  Schichtenfolge  sehr  wohl  vereinbare  „Haupt- 
bruchlinie“ oder  vielleicht  Verwerfungsspalte  hin.  Es  sind  ja  auch  sonst 
in  der  archäischen  Formation  auf  dem  Nordabfalle  des  Riesengebirges 
analoge  Fälle  einer  starken  Schichtenspaltung  nicht  bekannt. 


Uebersclireitet  man  bei  Rudelsstadt  oder  Kupferberg  den  Bober, 
so  kommt  man  aus  dem  Gebiet  der  kristallinischen  Gneisse,  Glimmer- 
und Hornblendeschiefer  in  das  der  „grünen  Schiefer.“  Schon  am  Süd- 
fusse  der  Bleiberge  und  sonst  oft  sieht  man  die  grünen  Schiefer  mit 
Phylliten  wechsellagern;  ja  im  Westen  des  Gebietes  der  grünen  Schie- 
fer herrscht  ganz  allein  der  Phyllit : so  z.  B.  entwickelt  sich  derselbe 
auf  einer  sehr  kurzen  Strecke  in  schön  aufgeschlossenem  Uebergange 
bei  Matzdorf  aus  dem  Gneiss  und  behält  dann  seinen  Charakter  als 
Phyllit,  als  Urthonschiefer,  bis  er  bei  Waltersdorf  vom  Rothliegenden 
bedeckt  wird  1).  Nach  Osten  zu  dagegen  haben  Varietäten  des  grünen 
Schiefers  entschiedenes  Uebergewicht  über  die  Phyllite , bis  die 
ganze  Formation  unter  der  Diluvialdecke  bei  Freiburg  verschwindet; 
ja  noch  weiter  ostwärts  taucht  am  Fusse  des  Zobten  nochmals  der 
grüne  Schiefer  auf.  Gegen  Süden  werden  die  grünen  Schiefer  von  der 
Hirschberger  Ebene  und  dem  Granitit,  gegen  Norden  von  discordant 
überlagernden  jüngeren  Formationen  begrenzt. 

G.  Rose2)  giebt  eine  kurze  Schilderung  der  grünen  Schiefer  und 
einige  allgemeine  Andeutungen  über  ihre  petrographische  Zusammen- 
setzung. Die  mikroskopische  Untersuchung  wird  sehr  erschwert  durch 
die  Umwandlungsprocesse,  denen  die  grünen  Schiefer,  sowie  man  sie 
jetzt  auf  den  felsigen  Berggipfeln,  in  Steinbrüchen  oder  kleineren  Auf- 
schlüssen am  Wege  sammeln  kann,  unterworfen  gewesen  sind.  Dieser 
Umstand  macht  es  mir  auch  unmöglich,  die  von  16  verschiedenen 
Fundpunkten  gesammelten  Gesteine  in  irgend  einer  geogn.-geogr.  Reihen- 
folge zu  beschreiben.  Es  muss  erst  die  mineralogische  Zusammen- 
setzung derselben  genauer  ermittelt,  die  Frage  nach  der  primären  oder 
secundären  Natur  der  Gemengtheile  entschieden  werden,  ehe  einige 
geognostisehe  Momente,  die  sich  bei  der  vergleichenden  Untersuchung 


*)  cfr.  Roth,  Erläuterungen,  pag.  33. 

2)  In  Roth ’s  Erläut.  pag.  42. 

13* 


E.  Kalkowsky. 


[12] 


98 

zu  erkennen  gaben,  Berücksichtigung  finden  können.  Die  folgenden 
Zeilen  bezwecken  daher  vor  Allem  eine  petrographische  Schilderung 
mehrerer  Varietäten,  von  der  ich  hoffe,  dass  sie  auch  für  eine  spätere 
geognostische  Aufnahme  nicht  ohne  Nutzen  sein  wird.  Ueberdiess  ge- 
statten die  Untersuchungen  von  Rud.  Credner1)  einen  Vergleich  der 
schlesischen  grünen  Schiefer  mit  einigen  sächsischen  Vorkommnissen, 
welche  letzteren  von  den  ersteren  ziemlich  weit  verschieden  sind. 

Ich  verlasse  daher  vorläufig  den  Uebergang  der  Gesteine  von 
Kupferberg  in  grüne  Schiefer  und  wende  mich  zuerst  zur  Schilderung 
von  Vorkommnissen,  die  am  besten  über  die  Natur  der  einzelnen  pri- 
mären Gemengtheile  und  ihre  Zersetzungsproducte  Auskunft  zu  geben 
vermögen.  Eine  ausgezeichnete  Varietät  von  grünem  Schiefer  ist  die, 
welche  ich  auf  dem  Abhang  der  Hölle,  westlich  von  Ludwigsdorf  antraf. 
Dieselbe  ist  vor  Allem  durch  die  grossen  porphyrischen  Augite  ausge- 
zeichnet, die  in  einer  deutlich  schieferigen,  graulichgrünen,  ziemlich 
dichten  und  weichen  Masse  eingebettet  liegen.  Rose  führt  schon  von 
mehreren  Stellen  Augite  von  höchstens  1 x/2  Linien  Länge  an,  ja  sogar 
Uralite.  Die  Augite  des  Ludwigsdorfer  Gesteines  erreichen  eine  Länge 
von  10  Mm.  bei  3 — 4 Mm.  Stärke.  Krystallfiächen  habe  ich  an  diesem 
Vorkommnisse  nicht  wahrgenommen;  am  Russe  der  Hukulge  finden  sich 
dagegen  auch  wohlbegrenzte  Augite;  sie  besitzen  in  der  Säulenzone  die 
Flächen  der  Säule  und  beide  Pinakoide,  an  den  Pol-Enden  die  Hemi- 
pyramide.  Unter  dem  Mikroskop  haben  die  im  Handstück  schwarzen 
Augite  eine  ganz  lichtbräunliche  Farbe,  stellenweise  findet  man  dunk- 
lere Farbentöne  und  zwar  in  Zonen  parallel  den  äusseren  Contouren 
der  Individuen,  also  ganz  dasselbe  Verhältnis,  wie  es  bei  den  Augiten 
vieler  Basalte,  z.  B.  der  Laven  von  Niedermendig  beschrieben  ist. 2) 
Ein  Dichroismus  ist  nicht  wahrzunehmen.  Die  Masse  der  Augite  ist  bis 
auf  die  gleich  zu  erwähnenden  Einschlüsse  vollkommen  rein  und  pellu- 
cid,  Sprünge  ohne  krystallographische  Orientirung  und  Spalten  nach  den 
Säulenflächen  sind  nicht  gerade  sehr  häufig. 

An  Einschlüssen  führt  der  Augit  sehr  schlecht  charakterisirte 
Flüssigkeits-Einschlüsse;  sie  sind  oft  fetzenartig,  verzerrt  oder  höchst 
winzig.  Doch  gelang  es,  sie  ohne  Zweifel  als  Flüssigkeits-Einschlüsse 
zu  erkennen.  Viele  führen  ein  Bläschen,  das  meist  schon  bei  geringer 
Veränderung  der  Focaldistanz  undeutlich  ist;  in  ein  oder  zwei  Fällen 
wurden  langsam  bewegliche  Bläschen  wahrgenommen.  An  Mineralien 
schliesst  der  Augit  nur  ganz  vereinzelte  opake  Eisen glanz-Krystalle  ein, 
ausserdem  führt  er  aber  die  höchst  wunderbarlichen  Gebilde,  wie  sie 
durch  Fig.  2,  Taf.  VIII  wiederzugeben  versucht  wurden.  Da  ihre  durch- 
schnittliche Grösse  nur  0005  Mm.  beträgt,  so  liegen  viele  mitten  im 
Präparate;  beim  Drehen  der  Stellschraube  verschwinden  einige,  andere 
treten  hervor,  so  dass  man  deutlich  wahrnehmen  kann,  dass  sie  im 
Augit  eingebettet  liegen;  tiberdiess  stehen  sie  meist  mit  keinem  Spält- 
chen  in  Verbindung  und  lassen  sich  nur  in  der  frischen  Augitsubstanz 


9 Das  Grünschiefer-System  von  Hainichen,  Zeitschr.  f.  d.  ges.  Naturrv.  Halle 
1876.  Inaugural-Dissertation. 

2)  Zirkel,  Basaltgesteine,  pag.  22. 


[13] 


Ueber  grüne  Schiefer  Niederschlesiens. 


99 


auffinden  : sie  müssen  also  nothwendig  von  dem  Augit  bei  seiner  Ent- 
stehung eingehüllt  worden  sein.  Die  meisten  dieser  Einschlüsse  haben 
eine  rundliche  oder  annähernd  rhombische  Gestalt,  jedoch  sind  sie  nie 
scharf  begrenzt,  sie  lösen  sich  vielmehr  gleichsam  an  den  Rändern  auf 
in  Zacken,  Haken,  Körnchen,  starren  Spitzen  u.  dgh,  von  denen  manche 
offenbar  in  ihrer  Lage  von  der  Augitsubstanz  beeinflusst  werden  : die 
meisten  langen  Spitzen  liegen  in  der  Richtung  der  Hauptaxe  der  Augite. 
Manche  Partikeln  liegen  auch  ganz  frei,  ohne  Zusammenhang  mit  der 
Hauptmasse  der  Einschlüsse.  Aus  dieser  Vertheilung  lässt  sich  schliessen, 
dass  diese  bei  der  Betrachtung  im  durchfallenden  Lichte  gänzlich 
opaken  Einschlüsse  aus  einem  Aggregate  von  Körnchen  etc.  bestehen. 
Im  auffallenden  Lichte  erkennt  man,  dass  wenigstens  zwei  Substanzen 
vorhanden  sind,  eine  schwarze,  impellueide  und  durchsichtige,  vielleicht 
farblose  Mikrolithen.  Welchen  Mineralien  diese  Substanzen  angehören, 
ist  nicht  möglich  zu  entscheiden.  Diese  Einschlüsse  sind  regellos  in  den 
Augiten  zerstreut,  bisweilen  angehäuft,  zu  Linien  gruppirt,  bisweilen 
nur  sehr  spärlich  vorhanden. 

Von  den  Spalten  aus,  welche  den  Augit  durchziehen,  ist  nun 
dessen  Zersetzung  vor  sich  gegangen;  hierbei  ist  zu  bemerken,  dass 
chemische  Umwandlungsvorgänge  auf  Spalten  noch  gar  nicht  eingetre- 
ten sind,  von  anderen  aus  dagegen  so  stark  um  sich  gegriffen  haben, 
dass  nun  die  Augite  in  einzelne  Körner  zertheilt  sind,  die  nur  durch 
ihre  gleiche  optische  Orientirung  zu  erkennen  geben,  dass  sie  einem 
Individuum  angehören.  Wenige  schmälere  Spalten,  erfüllt  von  Zer- 
setzungs-Substanz, bilden  den  Uebergang  von  den  Spalten  ohne  Um- 
wandlung zu  den  anderen  breiten  mit  Zersetzungsproducten ; sie  lassen 
erkennen,  dass  letztere  nicht  etwa  aus  anderem  Material  hervorgegan- 
gen sind,  trotzdem  dass  immer  vollkommen  frische  Augitsubstanz  an 
die  Zersetzungsproducte  angrenzt.  Letztere  sind  Chlorit  und  Epidot. 

Der  Chlorit  tritt  in  undeutlich  büschelförmigen  Aggregaten  auf; 
er  ist  dichroitisch,  wird  zwischen  gekreuzten  Nicols  sehr  dunkel,  hat 
grüne  und  gelblichgrüne  Farbe  und  gehört  zu  jener  Abart,  die  schon 
oft  als  Zersetzungsproduct  von  Augit  und  Hornblende  beschrieben  wor- 
den ist;  ihre  Auflöslichkeit  in  Salzsäure  lässt  vermuthen,  dass  man  es 
nicht  mit  jenem  Chlorit,  wie  er  oben  als  primärer  Gemengtheil  von 
Gneissen  erwähnt  wurde,  zu  thun  habe.  Der  Epidot,  grünlichgelb, 
dichroitisch,  tritt  ohne  bestimmte  Krystallform  in  Körnern  auf,  er  fin- 
det sich  nur  im  Chlorit  eingelagert  und  gibt  sich  dadurch  als  secun- 
därer  Gemengtheil  zu  erkennen.  Ein  dritter  Bestandtheil  der  Zer- 
setzungsmassen des  Augites  sind  pyramidale  und  säulenförmige,  anschei- 
nend farblose  Kryställchen.  Sie  lösen  sich  weder  in  kalter  noch  in 
kochender  Schwefelsäure  auf,  so  dass  sie  keinem  Carbonate  angehören, 
und  dann  besitzen  sie  ein  so  strarkes  Lichtbrechungsvermögen,  dass 
man  sie  wohl  auch  dem  Epidot  zurechnen  muss,  zumal  da  sich  diese 
Körnchen  in  allen  grünen  Schiefern  stets  und  nur  in  Verbindung  mit 
Epidot  Anden.  Fig.  1 Taf.  VIII  stellt  eine  Partie  mitten  aus  einem 
Augitkrystall  dar. 

Die  Augite  finden  sich  nur  in  grösseren  oder  kleineren  porphyri- 
schen  Individuen,  an  der  Constitution  der  Grundmasse,  der  Hauptmasse 
des  Gesteines  nehmen  sie  nicht  theil.  Diese  besteht  vielmehr  aus  einem 


100 


E.  Kalkowsky. 


[14] 


Gewebe  oder  Aggregate  von  Hornblendenadeln,  durchmischt  mit  wenig 
Quarz  und  Orthoklas  oder  Kalkspath,  oder  aus  Kalkspath  mit  wenig 
Hornblendenadeln. 

Die  Hornblendenadeln  sind  scharf  begrenzt  in  der  Säulenzone, 
ohne  dass  sich  jedoch  irgend  wie  Krystallflächen  erkennen  Hessen;  die 
Pol-Enden  sind  meist  nicht  wahrzunehmen.  Die  Hornblenden  sind  grün 
und  stark  dichroitisch ; viele  Individuen  und  namentlich  stärkere  be- 
sitzen dagegen  eine  ausgezeichnet  blaue  Farbe,  auch  sie  sind  dichroi- 
tisch; ausser  dem  rein  blauen  Farbenton,  der  keineswegs  nur  ein  mo- 
dificirtes  Grün  ist,  zeigen  sie  violette  oder  lichtbräunliche  Farbe.  Da 
manche  Hornblende-Individuen  an  einem  Ende  grün,  am  anderen  blau 
sind,  so  ist  die  Bestimmung  der  blauen  Nadeln  als  Hornblende  sehr 
leicht.  Für  den  Pargasit  ist  unter  anderen  die  blaue  Färbung  charak- 
teristisch; ich  habe  jedoch  nicht  Pargasite  zu  sehen  Gelegenheit  gehabt, 
die  so  intensiv  blau  waren,  wie  diese  höchstens  zwei  Hundertstel  Mm. 
dicken  Kryställchen. 

Die  Hornblendenadeln  bilden  entweder  allein  ein  filziges  Gewebe, 
oder  sie  sind,  wie  erwähnt,  mit  wenig  Quarz  oder  Kalkspath  durch- 
wachsen, beide  durch  ihre  optischen  und  krystallographischen  Eigen- 
schaften wohl  von  einander  unterscheidbare  Mineralien.  Von  Feldspäthen 
finden  sich  in  diesem  Gestein  nur  wenige  Orthoklase. 

Auch  die  Hornblende  fällt  der  Zersetzung  anheim,  und  zwar  zu 
eben  den  Substanzen,  wie  die  Augite.  Während  jedoch  die  grösseren 
Augite  stets  nur  von  Aussen  oder  von  einzelnen  Sprüngen  aus  der 
Umwandlung  anheimfallen,  geht  die  Zersetzung  der  Hornblendenadeln 
durch  die  ganze  Masse  der  Aggregate  gleichmässig  vor  sich,  wohl  weil 
letztere  eben  aus  Einzelkörpern  zusammengesetzt  sind.  Zwischen  den 
frischen  Hornblende- Aggregaten  und  den  völlig  zersetzten  findet  sich 
demnach  ein  Uebergangsstadium,  indem  in  der  halbwegs  chloritisirten 
Masse  noch  einzelne  scharfe  Hornblendenadeln  wahrzunehmen  sind ; 
die  Betrachtung  zwischen  gekreuzten  Nicols  lässt  diese  Verhältnisse  noch 
besser  hervortreten. 

Der  Kalkspath  tritt  in  grösseren,  mit  Zwillingsstreifung  versehe- 
nen Körnern  auf,  meistens  aber  auch  nicht  in  einzelnen  Individuen, 
sondern  in  Aggregaten,  die  von  Hornblendenadeln  und  Quarzkörnchen 
durchwachsen  sind.  Die  frischen  Hornblendenädelchen  namentlich  lassen 
erkennen,  dass  der  Kalkspath  als  primärer  Gemengtheil  vorhanden  ist; 
jedoch  lässt  seine  leichte  Löslichkeit  in  den  atmosphärischen  Wässern 
vermuthen,  dass  einzelne  Partien  sich  auf  secundärer  Lagerstätte  be- 
finden. Dies  ist  in  der  That  der  Fall : der  Kalkspath  findet  sich  auch 
auf  Aederchen,  die  bisweilen  Augite  und  ihre  Umwandlungsproducte 
durchsetzen,  oder  in  Partien,  die  Epidotkörner  umschliessen,  ein  Mine- 
ral, von  welchem  nachgewiesen  wurde,  dass  er  ein  secundärer  Gemeng- 
theil dieses  grünen  Schiefers  ist,  in  dem  er  sich  als  primärer  Gemeng- 
theil nicht  findet,  wie  dies  in  anderen  der  Fall  ist. 

Eisenerze  sind  in  diesem  Ludwigsdorfer  Schiefer  sehr  spärlich 
vorhanden  und  gehören  theils  dem  Eisenglanz,  theils  dem  Eisenkies  an. 
Ob  schliesslich  alle  die  pelluciden  Körnchen,  die  sich  recht  deutlich 
als  Umwandlungsproducte  zu  erkennen  geben  und  oft  zu  weisslichen 


[15] 


Ui- ber  grüne  Schiefer  Niederschlesiens. 


101 


Massen  aggregirt  sind,  einem  und  demselben  Mineral,  dem  Epidot,  an- 
gehören, vermag  ich  nicht  zu  bestimmen.  — — 

Im  unteren  Thal  der  Seife  bei  Kauffungen  an  der  Katzbach  bil- 
det man  Felsen  und  lose  Blöcke  eines  an  porphyrischen  Augiten  sein- 
reichen  grünen  Schiefers.  Die  2 — 3 Mm.  grossen  Augite  sind  im  Hand- 
stück auch  hier  sehr  dunkel  gefärbt,  auch  zeigen  sie  keine  deutlichen 
Krystalldächen.  Im  Dünnschliff  haben  sie  fast  denselben  Farbenton,  wie 
die  des  Ludwigsdorfer  Gesteines,  doch  sind  sie  mehr  von  Spalten, 
augenscheinlich  nach  den  Säulenflächen,  durchzogen,  dabei  aber  doch 
weniger  der  Zersetzung  anheimgefallen.  Diese  hat  einen  anderen  Ver- 
lauf, als  beim  Ludwigsdorfer  Gestein;  das  Endproduct  ist  Chlorit, 
Epidot  und  die  farblosen  Kryställchen  fehlen  : dagegen  entwickelt  sich 
der  Chlorit  nicht  gleich  aus  der  Augitsubstanz,  sondern  diese  setzt  sich 
zunächst  in  Hornblende  um.  Es  liegen  also  hier  der  Uralitisirung 
fähige  Augite  vor;  Rose  berichtet  ja  schon  von  deutlichen  Uraliten 
von  Fundpunkten,  die  ich  leider  nicht  besuchen  konnte.  Die  Umwand- 
lung von  Augit  zu  Hornblende  ist  hier  jedoch  immer  nur  ein  Zwischen- 
stadium; man  findet  nur  selten  Partien,  an  denen  man  die  abweichende 
Lage  der  optischen  Bisectrix  in  Augit-  und  Hornblende -Substanz  nach- 
zuweisen im  Stande  ist;  doch  unterscheiden  sich  die  kleinen  Uralit- 
massen  noch  immer  recht  deutlich  durch  ihre  Farbe  sowohl  wie  durch 
ihre  Faserung  von  dem  büschelförmigen  Chlorit,  der  als  Endpunkt  der 
Zersetzung  auftritt. 

Neben  den  Augiten  sind  grosse  Krystalle  (1 — 2 Mm.)  von  Titan- 
eisen, ein  wohl  erkennbarer  Gemengtheil,  der  sich  durch  sein  weisses 
Zersetzungsproduct  bemerklich  macht.  Nicht  selten  nimmt  man  eine 
sechsseitige  Umgrenzung  der  Durchschnitte  wahr;  parallel  den  Kanten 
verlaufen  die  weissen  Balken,  die  als  Zersetzungsproduct  des  Titan- 
eisens schon  oft  beschrieben  und  für  dieses  Mineral  so  überaus  cha- 
rakteristisch sind.  Hier  sind  die  Krystalle  schon  so  der  Zersetzung 
anheimgefallen,  dass  man  nur  noch  hin  und  her  ein  schwarzes,  impel- 
lucides  Körnchen  zwischen  den  sich  in  drei  Richtungen  kreuzenden 
Balken  findet.  Diese  weisse  Substanz  ist  zum  Theil  durchscheinend; 
da  wo  sie  sich  über  andere  Gemengtheile  auskeilt,  nimmt  man  wahr, 
dass  sie  aus  kleinen,  farblosen,  rundlichen  Körnchen  zusammengesetzt 
ist.  Bei  der  leichten  Zersetzbarkeit,  die  diese  grossen  Titaneisen-Kry- 
stalle  besitzen,  wird  man  vielleicht  nicht  fehl  gehen,  wenn  man  we- 
nigstens einen  Theil  der  winzigen,  farblosen  Körnchen,  namentlich  die 
zu  Häufchen  aggregirten,  als  Zersetzungsproducte  von  Titaneisen  auf- 
fasst. Meine  früher  ausgesprochene  Vermuthung ]),  es  könnten  diese 
Körnchen  dem  Salit  angehören,  muss  ich  jetzt  nach  der  genaueren 
Untersuchung  für  diese  grünen  Schiefer  als  irrthümlich  bezeichnen. 

Ein  dritter  Gemengtheil  des  grünen  Schiefers  aus  dem  unteren 
Thal  der  Seife  sind  Feldspäthe,  diese,  durchwachsen  von  Hornblende- 
nadeln, bilden  einen  Hauptbestandthe.il  der  Grundmasse,  in  welcher  die 
Augite  und  Titaneisenerz-Ivrystalle  eingebettet  liegen.  Unter  den  Feld- 


*j  Ueber  d.  Salit  1.  c.  pag.  48. 


102 


E.  Kalkowsky. 


[16] 


späthen  herrscht  der  Orthoklas  bedeutend  vor,  gestreifte  Plagioklase 
sind  nur  selten.  Welcher  Species  die  letzteren  angehören  mögen,  weiss 
ich  nicht;  auf  Klüften  kommen  in  den  grünen  Schiefern  Albite  vor, 
allein  aus  dermassen  secundär  ausgeschiedenen  Krystallen  darf  man 
nicht  auf  die  Constitution  der  primären  Plagioklase  zurückschliessen ; 
ebensowenig  führt  eine  sehr  willkührliche  Berechnung  von  Analysen 
derartiger  Gesteine  zur  Erkenntnis'?  der  Feldspath-Species  — Die  Or- 
thoklase sind  sehr  oft  als  Carlsbader  Zwillinge  ausgebildet;  ist  dies 
nicht  der  Fall,  so  kann  man  aus  dem  gleichen  Lieh tb rechungsvermögen 
der  Körner,  aus  ihrer  Zerklüftung,  bisweilen  aus  der  Gruppirung  der 
eingeschlossenen  Hornblendenadeln  auf  die  Orthoklasnatur  derselben 
schliessen ; eine  Verwechslung  mit  Quarz  ist  auch  hier  oft  nicht  zu  vermei- 
den. Als  Erkennungsmerkmal  mag  noch  ferner  die  grössere  Härte  des 
Quarzes  dienen : befreit  man  das  Präparat  vom  Deckglas  und  bedecken- 
dem Balsam,  so  wird  man  oft  die  kleinen  Quarze  in  der  matteren 
Orthoklasmasse  durch  spiegelnden  Glanz  erkennen ; das  stärkere  Licht- 
brechungsvermögen des  Quarzes  dient  im  polarisirten  Lichte  nur  bei 
einer  gewissen  Dicke  der  Schliffe  zur  Erkennung:  in  manchen  Präpa- 
raten zeigen  die  Quarze  bunte  Interferenzfarben,  während  die  Feld- 
späthe  nur  hell  und  dunkel  erscheinen.  Ferner  ist  zu  beachten,  dass 
Quarze  viel  eher  deutliche  Flüssigkeitseinschlüsse  führen,  als  Feldspäthe. 
Nach  diesen  Kriterien  muss  ich  die  weitaus  grösste  Menge  der  farblosen 
Körner  der  Grundmasse  für  Orthoklase  halten,  die  wie  die  Plagioklase 
nur  sehr  wenig  von  den  Atmosphärilien  gelitten  haben;  ein  Gehalt  an 
Quarz  dürfte  jedoch  dem  Gesteine  nicht  ganz  abzusprechen  sein. 

Die  Feldspäthe  schliessen,  wie  schon  erwähnt,  Hornblendenadeln 
ein ; dieselben  haben  eine  sehr  hellgrüne  Färbung  und  sind  der  Menge 
nach  sehr  unregelmässig  in  den  Feldspäthen  vertheilt,  sonst  jedoch  oft 
büschelförmig  oder  einander  parallel  angeordnet.  Sie  sind  neben  weni- 
gen Kalkspathkörnern  der  letzte  zu  erwähnende  primäre  Gemengtheil 
dieses  grünen  Schiefers.  Schon  wo  sie  an  einzelnen  Stellen  ziemlich 
dicht  in  den  Feldspäthen  eingebettet  liegen,  gewahrt  man,  dass  sie  zu 
Chlorit  und  Epidot  zersetzt  werden.  Selbstständig  nehmen  an  der  Con- 
stitution des  Gesteines,  sowie  es  jetzt  vorliegt,  Hornblendenadeln  nicht 
mehr  theil.  Man  ist  wohl  berechtigt,  den  gesummten  Gehalt  an  Chlorit 
und  Epidot,  soweit  ersterer  nicht  von  den  Augiten  abstammt,  für  ein 
Zersetzungsproduct  von  Hornblendesäulchen  zu  halten.  Die  Epidotkörner 
enthalten  aber  selbst  wieder  — für  den  Epidot  eine  sehr  auffällige 
Erscheinung  — Hornblendenadeln,  secundären  Ursprungs  natürlich,  ein- 
geschlossen. Die  Deutung  dieser  etwas  complicirten  Verhältnisse  stützt 
sich  vornehmlich  auf  folgende  Beobachtungen  : 

1.  Hornblendenadeln  sahen  wir  schon  in  dem  Ludwigsdorfer  Ge- 
stein als  primären  Gemengtheil,  dort  fanden  sie  sich  in  Kalkspath  ein- 
gebettet, hier  in  Feldspath;  in  beiden  Gesteinen  ist  eine  Zersetzung 
derselben  zu  Chlorit  und  Epidot  zu  erkennen.  Im  Ludwigsdorfer  Ge- 
stein nimmt  Hornblende  selbstständig  am  Gesteinsgewebe  theil,  ist  aber 
bisweilen  zersetzt  ; hier  in  dem  grünen  Schiefer  aus  dem  unteren  Thal 
der  Seife  finden  wir  fast  immer  nur  die  Zersetzungsproducte  Chlorit 
und  Epidot  als  Gemengtheile  der  Grundmasse;  da  ist  dann  doch  wohl 
der  Schluss  gestattet,  dass  auch  diese  von  Hornblendenadeln  abstammen, 


Ueber  grüne  Schiefer  Niederschlesiens. 


103 


[17] 


Es  ist  dieses  Verhältniss  übrigens  auch  liier  direct  zu  beobachten ; 
doch  kann  man  an  den  wenigen  derartigen  Stellen  im  Zweifel  sein, 
ob  die  Hornblendenadeln  wirklich  selbstständig  auftreten , oder  ob 
der  sie  einschliessende  Feldspath  nur  durch  Chloritblättchen  ver- 
hüllt wird. 

2.  In  Uebereinstimmung  mit  obigem  Schlüsse  sehen  wir  den  Epi- 
dot meist  in  Begleitung  von  Chlorit  in  Körnerform  auftreten,  jedoch 
kommt  er  auch  zwischen  Orthoklasen  vor,  ohne  unmittelbar  von  Chlo- 
rit begleitet  zu  sein.  Allein  derartige  Körnchen  von  Epidot  gleichen 
ihrem  Habitus,  ihrer  Substanz,  ihrer  Farbe  nach  so  vollkommen  den 
im  Chlorit  eingelagerten,  dass  man  auch  sie  für  secundären  Ursprungs 
halten  muss,  wenn  man  sich  auch  nicht  klar  Rechenschaft  zu  geben 
vermag,  wie  die  Epidote  sich  zwischen  den  klaren  Feldspäthen  heraus- 
gebildet haben. 

3.  Viele  der  in  Chlorit  eingelagerten  Epidote,  namentlich  die 

grösseren,  die  sich  bisweilen  zu  Haufen  concentrirt  haben,  sind  von 
langen,  dünnen  Säulen  durchspickt,  die  man  der  Hornblende  zurechnen 
muss.  Doch  sind  auch  diese  secundären  Ursprungs  und  wohl  unter- 
schieden von  den  Hornblendenadeln  in  den  Feldspäthen.  Die  primären 
Hornblendenadeln  sind  nämlich  grün,  ohne  erkennbare  Flächen  in  der 
Säulenzone  und  besitzen  eine  mehr  oder  minder  parallele  Anordnung, 
entsprechend  der  Schichtung  der  grünen  Schiefer  und  vielleicht  auch 
einer  jetzt  nicht  mehr  wahrnehmbaren  Streckung  derselben.  Die  Horn- 
blenden der  Epidote  dagegen  sind  blassgrau,  haben  ein  schilfartiges 
Aussehen, . sind  in  der  Säulenzone  von  den  Flächen  des  Prismas  begrenzt, 
wie  die  sehr  scharfen  rhombischen  Durchschnitte  mit  dem  Amphibol- 
säulenwinkel erkennen  lassen,  und  sind  endlich  wirr  durcheinander  in 
den  Epidoten  vertheilt,  so  dass  man  in  einem  Epidotkrystall  Säul- 
chen,  die  parallel  der  Schlifffläche  des  Präparates  neben  solchen,  die 
senkrecht  stehen,  findet. 

In  einem  Bruche  an  dem  flachen  Hofberge,  östlich  von  Ober- 
Berbisdorf,  steht  ein  grüner  Schiefer  an,  der  durch  zahlreiche  kleine 
porphyrische  Knötchen  ausgezeichnet  ist.  Dieselben  sind  von  weisslicher 
Farbe  oder  durch  Eisenoxyd  gefärbt  und  machen  den  Eindruck  von 
zersetzten  Feldspäthen.  Sie  sind  auf  den  Schichtungsflächen  nur  selten 
zu  beobachten,  treten  dagegen  auf  dem  Querbruch  sehr  gut  hervor ; sie 
machen  überhaupt  einen  grossen  Theil  des  Gesteines  aus,  stellenweise 
wohl  die  Hälfte.  Ihre  Grösse  beträgt  dabei  05 — 1 Mm.  Die  genauere 
Untersuchung  ergab,  dass  es  Quarzkörner  sind,  übermässig  erfüllt  von 
winzigen  Mikrolithen  oder  Stachelchen.  Zum  Nachweis,  dass  die  klare 
Substanz  in  den  Schliffen  nicht  etwa  Orthoklas  sei,  was  schon  durch 
das  gänzliche  Fehlen  von  Zwillingen  unwahrscheinlich  gemacht  war, 
wurde  ein  Schliff  blosgelegt  und  mit  einer  scharfen  Quarzspitze  geritzt. 
Da  die  porphyrischen  Körner,  wie  durch  diesen  Versuch  hervorging, 
mindestens  die  Härte  des  Quarzes  besitzen  und  auch  sonst  das  Ver- 
halten unter  dem  Mikroskop  für  Quarz  spricht,  welches  Mineral  auch 
einen  Hauptbestandtheil  der  Grundmasse  bildet,  so  wird  man  die  Deu- 
tung als  Quarz  für  berechtigt  erklären  müssen : der  feldspathähnliche 


Mineralogische  Mittheilungen.  187G.  2.  Heft.  (Kalkowsky.) 


14 


104 


E.  Kalkowsky. 


[18] 


Habitus,  den  diese  Körnchen,  meist  einzelne  Individuen,  zum  Theil 
jedoch  auch  aus  2—4  Individuen  bestehend,  im  Handstück  haben,  wird 
jedenfalls  durch  die  eingelagerten  Mikrolithen  bewirkt. 

Was  nun  die  Form  dieser  Körner  betrifft,  so  zeigt  es  sich  unter 
dem  Mikroskop,  dass  die  Quarze  der  Begrenzung  durch  Krystallflächen 
entbehren,  es  sind  so  unregelmässige  Körner,  wie  sie  fast  stets  in  dem 
Gefüge  krystallinischer  Schiefer  angetroffen  werden.  Auch  haben  die 
Quarzkörnchen  keine  gleichrnässige  krystallographische  Stellung  in  die- 
sem grünen  Schiefer,  wie  man  nach  den  gleich  zu  besprechenden  Ag- 
gregationsformen der  Mikrolithen  vermuthen  könnte.  Diese  letzteren 
sind  meistens  gerade,  stachelförmige  oder  nadelförmige  Körperchen  von 
weniger  als  O'OOt  Mm.  Dicke  und  von  R01  Mm.  Länge,  durchschnitt- 
lich. Nur  selten  sind  diese  Nüdelchen  etwas  gekrümmt,  meist  liegen  sie 
starr  und  steif,  einzeln  oder  wie  es  scheint  unregelmässig  verwachsen 
in  den  Quarzen  eingebettet.  Sie  finden  sich  in  allen  diesen  porpliy ri- 
schen Quarzkörnern  in  grosser  Menge  eingelagert,  wohl  viele  Tausend 
in  jedem  Quarzkorn,  und  dabei  in  schlierenartigen  Streifen  angeordnet. 
Obwohl  die  Mikrolithen  anscheinend  farblos  sind,  erscheinen  sie  wegen 
ihrer  geringen  Grösse  bei  schwächerer  Vergrösserung  als  schwarze 
Linien  (im  auffallenden  Lichte  natürlich  weiss);  die  dunklen  Strichelchen 
setzen,  einander  ziemlich  parallel  angeordnet,  Stränge  zusammen  von 
bald  dichterem,  bald  lockerem  Gefüge  und  alle  diese  Stränge  verfolgen 
dieselbe  Richtung,  welche  krystallographische  Orientirung  auch  immer 
ihre  Wirthe  besitzen;  sie  deuten  eine  für  das  blosse  Auge  im  Hand- 
stück nicht  wahrnehmbare  Streckung  des  Gesteines  an.  Die  Stränge 
sind  oft  so  dicht,  dass  man  die  einzelnen  Mikrolithen  nicht  mehr  zu 
unterscheiden  vermag,  oft  aber  liegen  letztere  auch  lockerer,  dabei 
jedoch  noch  immer  einander  parallel  angeordnet,  abgesehen  von  den 
schwachen  Windungen,  welche  die  ganzen  Stränge  fast  immer  machen. 
Bisweilen  sind  jedoch  auch  die  Mikrolithen  wirr  durcheinander  gelagert. 
Es  ist  nicht  zu  verkennen,  dass  sowohl  die  Windungen  der  Stränge, 
als  auch  ihre  Grösse  und  Ausdehnung  von  der  Form  ihres  Wirthes  ab- 
hängig sind.  Dies  gibt  sich  namentlich  dadurch  zu  erkennen,  dass  die 
Mikrolithen  fast  nie  in  den  randlichen  Partien  der  Quarzkörner  Vor- 
kommen, wie  z.  B.  in  Fig.  3.  In  Fig.  4,  Taf.  VIII,  zeigt  sich  die  stärkste 
Windung  und  Verdrückung  der  Stränge  gerade  da,  wo  die  randliche 
Quarzmasse  am  breitesten  ist.  In  Fig.  5,  einem  der  selteren  Fälle, 
sehen  wir  eine  völlige  Zusammenfaltung  oder  Umbiegung  der  Stränge. 
Die  in  der  Figur  von  rechts  oben  heruntergehenden  Stränge  biegen  sich 
durch  die  Mitte  des  Quarzkornes  um,  um  auf  der  anderen  Seite  empor- 
zusteigen : in  der  mittleren  Partie  sind  dabei  die  Stränge  lockerer, 
gleich  als  wenn  sie  auseinandergezerrt  wären,  und  viele  Mikrolithen 
sind  dabei  conform  mit  der  Biegung  gekrümmt. 

Die  einen  höchst  überraschenden  Anblick  gewährenden  Stränge 
erinnern,  da  sie  immer  etwas  gewunden  sind,  ungemein  an  die  Erschei- 
nungen der  Mikrofluctuations-Structur.  Hier  sind  zwar  die  Windungen 
der  Stränge  nicht  auf  ihrer  „Strömung“  entgegenstehende,  bereits  ver- 
festigte Körper  zurückführbar,  die  Mikrolithen  haben  dagegen  auch 
keine  Anordnung  nach  krystallographischen  Verhältnissen:  es  ist  jedoch 
eine  so  in  die  Augen  fallende  Beeinflussung  der  Anordnung  der  Mikro- 


[19] 


Ueber  grüne  Schiefer  Niederschlesiens. 


105 


lithen  durch  mechanische,  nicht  moleculare  Einwirkungen  zu  erkennen, 
dass  man  sich  kaum  dem  Eindruck  verschliessen  kann,  als  seien  die 
Kieselsäure-Moleküle  nach  ihrer  stellenweisen  Ansammelung  noch  gegen 
einander  verschiebbar  gewesen.  Der  Einfluss  der  Schwerkraft  und  mo- 
lekulare Anziehung  scheinen  nicht  auszureichen,  um  solche  Windungen 
zu  erklären,  wie  sie  Fig.  5 darstellt.  Doch  bin  ich  andererseits  weit 
entfernt  davon,  diese  Verhältnisse  irgendwie  zu  Gunsten  einer  Erup- 
tivität  dieser  Schiefer  deuten  zu  wollen. 

Die  Anordnung  dieser  Mikrolithe  in  den  Quarzen  ist  um  so  auf- 
fälliger, als  dieselben  nicht  auf  die  porphyrischen  Quarze  beschränkt 
sind,  sondern  auch  als  ein  überall  vorhandener  Gemengtheil  im  ganzen 
Gesteinsgewebe  auftreten  und  hier  meist  nicht  in  solchen  Strängen, 
sondern  in  lockeren,  wirren  Aggregaten.  Die  Grundmasse  des  Gesteines 
besteht  nämlich  aus  Quarz,  Hornblende  und  primärem  Chlorit,  ersterer 
überwiegt  noch  die  beiden  anderen  zusammen  an  Menge.  Die  Mikro- 
lithe liegen  hier  sowohl  in  den  drei  Mineralien  (die  Hornblende  viel- 
leicht doch  ausgenommen),  als  auch  zwischen  ihnen.  In  den  Chlorit- 
blättchen sind  die  Mikrolithe  oft  mit  einander  verwachsen,  es  lässt  sich 
dabei  nicht  verkennen,  dass  letztere  meist  mit  Winkeln  von  annähernd 
60  oder  120°  aufeinander  treffen  (cfr.  Fig.  6,  Taf.  VIII),  doch  kommen 
auch  unregelmässig  Verbundene  und  schwach  gebogene  Mikrolithen 
darin  vor.  Diese  Anordnung  wird  hier  augenscheinlich  durch  die  kry- 
stallographischen  Verhältnisse  der  Chloritblättchen  bedingt,  indem  in 
je  einem  Blättchen  die  Mikrolithe  meistens  nur  nach  drei  Richtungen 
einander  parallel  angeordnet  sind.  In  den  Chloritblättchen  sind  die 
Mikrolithen  oft  geknickt  oder  in  wenige  Glieder  aufgelöst,  Verhältnisse, 
die  jedoch  auch  in  den  porphyrischen  Quarzen  zu  beobachten  sind. 
Bei  der  Winzigkeit  der  Mikrolithen  kann  man  aber  auch  mit  noch 
grösserem  Rechte  die  sogenannte  Knickung  und  Auflösung  in  Glieder 
als  zufällige  Formen  der  Aggregation  erklären;  der  Deutung  als  me- 
chanische Zerstückelung  stehen  überdies  die  schon  angeführten  geboge- 
nen Mikrolithe  entgegen. 

Die  kleinen  Quarze  der  Grundmasse  dieses  grünen  Schiefers  und 
ebenso  die  porphyrischen  Quarze  fuhren  sehr  kleine  Flüssigkeitsein- 
schlüsse mit  winzigen  Bläschen ; die  Beweglichkeit  der  letzteren  konnte 
in  einigen  Fällen  beobachtet  werden.  Die  Hornblenden  sind  auch  in 
diesem  Gestein  in  Form  von  Nadeln  vorhanden  und  stets  mit  Chlorit 
aggregirt.  Dieser  Chlorit  ist  hier  jedoch  kein  Zersetzungsproduct  der 
Hornblende.  Er  tritt  nicht  in  büschelförmigen  Aggregaten  auf,  sondern 
in  grösseren  einzelnen  Blättchen  von  reiner  Substanz  (abgesehen  von 
den  Mikrolithen).  Er  ist  ziemlich  stark  dichroitisch  und  von  Horn- 
blende bisweilen  nur  im  polarisirten  Lichte  zu  unterscheiden;  von  ihm 
gelten  die  oben  pag.  92  beim  Gneiss  vom  Laubberg  bei  Pfaffendorf  an- 
geführten Unterscheidungsmerkmale.  Chlorit,  Hornblende  und  Quarz 
bilden  ein  gleichmässiges  Gemenge;  nur  der  letztere  zieht  sich  stellen- 
weise zu  grösseren  Partien  zusammen,  die  dann  meist  frei  sind  von 
Mikrolithen  und  sich  dadurch  wie  durch  ihre  viel  feinkörnigere  Zusam- 
mensetzung von  den  porphyrischen  Quarzen  unterscheiden.  Als  ganz 
vereinzelt  wurde  ein  hexagonaler  Durchschnitt  eines  Minerales  beobach- 
tet; dasselbe  ist  im  Centrum  blau,  in  der  Peripherie  hellbraun;  das 

14* 


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E.  Kalkowsky. 


[20] 


Hexagon  wird  zwischen  gekreuzten  Nicols  dunkel.  Es  liegt  hier  wohl 
eine  kleine  senkrecht  gegen  die  Hauptaxe  durchschnittene  Turmalin- 
säule vor , die  Farben  haben  die  diesem  Minerale  eigenthümliche 
„Unreinheit.“ 

Feldspäthe,  Kalkspath,  Titaneisen,  Epidot,  secundärer  Chlorit  und 
pellucide  Körnchen  fehlen  diesem  Gesteine  gänzlich.  Der  einzige  einer 
Zersetzung  unterworfene  Gemengtheil  sind  wenige  opake  Erzpartikeln, 
die  wohl  meist  dem  Eisenglanz  angehören.  Dann  sind  noch  einzelne 
zum  Theile  mit  Eisenoxyd  erfüllte  Hohlräume  mit  rhombischem  Quer- 
schnitt vorhanden,  die  vielleicht  einer  Zersetzung  von  primärem  Eisen- 
oxydulcarbonat ihre  Entstehung  verdanken. 

Auf  dem  Stangenberg , nordwestlich  von  Berbisdorf  steht  ein 
grüner  Schiefer  an,  der  mit  dem  eben  beschriebenen  relativ  identisch 
ist;  er  unterscheidet  sich  von  ihm  nur  dadurch,  dass  er  neben  Quarz 
auch  etwas  Orthoklas  und  Plagioklas  führt.  Im  übrigen  ist  aber 
namentlich  der  Chlorit  in  schönen  grossen  Blättchen  ausgebildet,  so 
dass  man  gerade  an  diesem  Vorkommniss  recht  den  Habitus  des  pri- 
mären Chlorites  und  seine  Verbindung  mit  Hornblendenadeln  studiren 
kann.  Interessant  wird  dieses  Gestein  aber  auch  ganz  besonders 
dadurch,  dass  die  Mikrolithen  zwar  nicht  so  zahlreich  vorhanden  sind, 
wie  in  dem  vorigen  Schiefer,  dafür  aber  oft  in  kleinen  dicken  Säulchen 
ausgebildet  sind,  die  eine  nähere  Bestimmung  ihrer  Eigenschaften 
gestatten. 

An  der  Identität  dieser  kleinen  Kryställchen  mit  den  Mikrolithen 
in  dem  eben  beschriebenen  Schiefer  vom  Hofberg  kann  kein  Zweifel 
bestehen : nicht  nur  dass  sich  in  dem  Schiefer  vom  Stangenberg  ein 
Uebergang  von  den  Kryställchen  zu  Mikrolithen  in  allen  möglichen 
Stadien  findet,  die  Kryställchen  sind  auch  hier  in  den  porphyrischen 
Quarzen  und  Feldspäthen  wirr  durch  einander  oder  in  Strängen  ein- 
gelagert und  zwar  gerade  in  der  Mikrolitkenform,  während  die  dickeren 
Säulchen  mehr  in  dem  Gesteinsgewebe  und  namentlich  im  Chlorit  ein- 
gclagert  sind.  Hier  finden  sich  dann  auch  wieder  die  nämlichen  sog. 
Knickungen  und  auch  Verwachsungen,  wie  sie  oben  beschrieben  wurden. 
An  den  dickeren  Säulchen  kann  man  nun  folgende  Beobachtungen 
anstellen.  Was  zunächst  ihre  Form  betrifft,  so  sind  die  Säulchen 
meistens  ungefähr  4 — 6mal  so  dick  als  lang,  ihre  durchschnittliche 
Länge  beträgt  0'03  Mm.  An  den  Polenden  sind  sie  meistens  nicht 
mit  Krystallflächen  versehen,  sondern  sie  zertheilen  sich  in  kleinere 
Individuen,  von  denen  die  einen  länger  sind,  als  die  andern ; die  trüben 
Längsspalten,  die  nirgends  fehlen,  könnten  vielleicht  die  Vermuthung 
erzeugen,  dass  hier  bündelförmige  Aggregate  von  Mikrolithen  vorliegen; 
da  jedoch  oft  in  den  mittleren  Partien  der  Kryställchen  die  Spalten 
fehlen  und  sie  in  ihrer  Substanz  daselbst  ganz  homogen  sind,  so  muss 
man  die  Kryställchen  als  einzelne  Individuen  auffassen,  die  eine  Spalt- 
barkeit parallel  der  Hauptaxe  besitzen,  und  sich  an  den  Enden  meist 
dismembriren  (cfr.  Fig.  7,  Taf.  VIII).  Die  Winkel,  die  man  an  den 
Polenden  bisweilen  zu  messen  in  der  Lage  ist,  haben  oft  an  einem 
Individuum  so  schwankende  Grösse,  dass  man  dieselben  nicht  weiter 
verwerthen  kann.  Die  Farbe  der  Kryställchen  ist  ziemlich  hell  gelblich- 


[21] 


Ueber  grüne  Schiefer  Niederschlesiens. 


107 


braun;  bei  den  kleinsten  Mikrolithen  ist  auch  in  diesem  Vorkommniss 
eine  Färbung  nicht  zu  beobachten.  Dichroismus  und  Absorption  sind 
nicht  wahrzunehmen,  dagegen  besitzen  die  Kryställchen  ein  starkes 
Lichtbrechungsvermögen;  sie  treten  zwischen  gekreuzten  Nicols  mit 
grellbunten  Farben  hervor  und  da,  wo  sie  in  parallel  der  Basis  durch- 
schnittenen Chloritblättchen  eingelagert  sind,  kann  man  deutlich  erkennen, 
dass  stets  die  optische  Biseetrix  mit  der  Hauptaxe  zusammenfällt;  sie 
gehören  also  wohl  einem  orthobasischen  Mineral  an;  die  nähere  Be- 
stimmung soll  weiter  unten  versucht  werden. 

Es  ist  noch  zu  bemerken,  dass  dies  Gestein  vom  Stangenberg 
mehr  Eisenglanz  führt  als  das  vom  Hofberg;  der  Eisenglanz  ist  ent- 
weder an  seiner  Form  oder  bei  grosser  Dünne  der  Blättchen  an  der 
blutrothen  Farbe  derselben  zu  erkennen;  jedoch  auch  dickere  unregel- 
mässigere Körper  von  Eisenglanz  lassen  sich  in  den  krystallinischen 
Schiefern  oft  mit  Bestimmtheit  als  solche  erkennen  und  zwar  an 
einer  meist  vortrefflichen  Spaltbarkeit  nach  den  Bhomboederflächen.  In 
Folge  derselben  sind  die  Eisenglanzkörner  in  den  Präparaten  oben  sehr 
oft  nicht  von  einer  Schlifffläche  begrenzt,  sondern  wenigstens  theilweise 
von  stark  spiegelnden  Spaltungsflächen  (oder  vielleicht  bisweilen  Kry- 
stallflächen),  die  ein  eigenthümlich  bläuliches  Licht  reflectiren.  — Der 
Epidot  fehlt  diesem  Gestein  ebenfalls  gänzlich,  und  ebenso  aber  auch 
die  kleinen  pelluciden  Körnchen,  die  also  um  so  mehr  auch  als  Epidot 
aufzufassen  sind.  — — 

Das  letzte  Gestein,  das  einer  eingehenderen  Beschreibung  bedarf, 
da  es  noch  einen  besonderen  Typus  vorführt,  ist  ein  grüner  Schiefer 
vom  Kieferberg  bei  Grunau,  nördlich  von  Hirschberg.  Dieser  Schiefer 
ist  sehr  stark  magnetisch  und  enthält  auch  eine  grosse  Menge  von 
Magneteisenoctaedern  bis  zu  0-5  Mm.  Durchmesser  als  accessorischen 
Gemengtheil.  Alle  anderen  grünen  Schiefer  zeigen  keine  Spur  von 
Einwirkung  auf  eine  leichtbewegliche  Magnetnadel.  — Das  Bemerkens- 
werthe  an  diesem  Schiefer  ist , dass  er  neben  Hornblendenadeln  und 
primärem  Chlorit  in  schönen  grossen  Blättchen  auch  primären  Epidot 
in  grösseren  Körnern  führt.  Daneben  erscheinen  aber  auch  eine  grosse 
Menge  von  fast  farblosen  Körnchen,  die  hier  nicht  zu  sehr  grosser 
Winzigkeit  herabsinken : dieselben  sind  also,  wie  zu  wiederholten  Malen 
gezeigt  wurde,  stets  an  das  Vorkommen  deutlicher  Epidote  gebunden; 
wir  werden  daher  wohl  kaum  fehlgehen,  wenn  wir  sie  überall,  wo  sie 
in  grünen  Schiefern  Vorkommen,  als  Epidot  deuten,  mit  Ausnahme 
derer  etwa,  die  mit  zersetztem  Titaneisen  in  irgend  welcher  Bezie- 
hung stehen. 

Die  primäre  Natur  der  Epidote  wird  dadurch  nachgewiesen,  dass 
dieselben  in  die  Quarze,  Orthoklase  und  Plagioklase  dieses  Gesteines 
eingewachsen  Vorkommen,  nicht  selten  in  grösseren  Kryställchen;  stets 
jedoch  sind  diese  drei  wasserklaren  Mineralien  erfüllt  mit  einer  Menge 
Epidotkörnchen  in  regelloser  Vertheilung  (Pög.  8,  Taf.  VIII).  Hier 
kann  man  auch  gut  das  starke  Lichtbrechungsvermögen  derselben  durch 
Prüfung  mit  gekreuzten  Nicols  erkennen,  doch  sind  sie  immer  noch  zu 
klein,  oder  zu  schwach  gefärbt,  um  Dichroismus  wahrnehmen  zu  lassen, 
was  übrigens  auch  bei  manchen  grösseren  Epidoten  wegen  zu  schwacher 
Färbung  nicht  möglich  ist.  Die  primäre  Natur  des  Epidots  wird  ferner 


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E.  Kalkowsky. 


[22] 


bewiesen  durch  das  Fehlen  von  secundärem  Chlorit.  Von  letzterem 
ist  der  secundäre  Epidot  auch  insoweit  abhängig,  als  er  nie  den  secun- 
dären  Chlorit  an  Menge  zu  übertreffen  scheint.  In  den  grünen  Schiefern 
mit  primärem  Epidot  ist  die  Menge  desselben  von  allen  anderen  Ge- 
mengtheilen unabhängig;  so  tritt  an  den  Bleibergen  bei  Rudelsstadt 
ein  grüner  Schiefer  auf,  der  neben  primärem  Epidot  gar  keinen  Chlorit 
enthält. 

Mikrolithen  und  Eisenglanz  fehlen  diesem  Schiefer.  — — 

Die  Hauptmasse  der  eigentlichen  grünen  Schiefer,  d.  h.  der 
matten,  graulich-grünen,  dichten  Schiefer  besteht  der  Hauptsache  nach, 
aus  Orthoklas,  einem  Eisenerz  und  Hornblende,  letztere  sich  stets  in 
Chlorit,  und  Epidot  zersetzend;  die  übrigen  Gemengtheile  Quarz,  Pla- 
gioklas, Kalkspath  und  Augit  sind  zum  Theile  accessorische  Bestand- 
teile, zum  Theile  wenigstens  von  keinem  Einfluss  auf  den  Gesammt- 
habitus  der  Schiefer.  Die  Gemengtheile  sind  u.  d.  M.  nach  einiger 
Bekanntschaft  mit  den  Gesteinen  sehr  leicht  zu  unterscheiden,  bis  auf 
den  Orthoklas  und  Quarz;  hier  bleibt  die  grösste  Menge  der  farblosen 
Mineralien  durch  das  Mikroskop  direct  unbestimmbar.  Die  chemische 
Zusammensetzung  anderer  ähnlicher  Gesteine,  namentlich  die  der  grünen 
Schiefer  von  Glatz,  die  Härte  oder  der  geringere  Widerstand,  den  sie 
dem  Schleifmaterial  leisten  und  dergl.  Verhältnisse  müssen  als  Kriterien 
verwendet  werden,  ausser  eben  der  Beobachtung  von  Zwillingsbildungen, 
von  Spalten , Zersetzungserscheinungen  u.  s.  w.  Ich  habe  in  der 
folgenden  Tabelle  in  Betreff  der  Bestimmung  von  Quarz  und  Orthoklas 
mein  Möglichstes  zu  leisten  gesucht.  — Was  den  Plagioklas  dieser 
Schiefer  anbetrifft , so  halte  ich  ihn  trotz  den  auf  Gängen  vor- 
kommenden Albiten  nicht  für  reinen  Natronfeldspath ; die  Species- 
Bestimmung  ist  jetzt  noch  rein  unmöglich,  da  das  unsichere  Kriterium 
der  grösseren  oder  geringeren  Zersetzbarkeit  in  Säuren  hier  auch  nicht 
einmal  in  Anwendung  kommen  kann,  da  der  Plagioklas  nur  ein  sehr 
spärlich  vorhandener  accessorischer  Gemengtheil  ist.  Und  andererseits 
halte  ich  in  Uebereinstimmung  mit  den  tausenden  beobachteten  Fällen 
nur  solche  Feldspäthe  für  Plagioklas,  die  eine  polysynthetische  Zwil- 
lingsstreifung aufweisen. 

Wenn  alle  derartigen  Gesteine  zu  einer  Species  zu  vereinigen 
sind,  so  gehören  dagegen  die  Schiefer  mit  primärem  Chlorit  einer 
andern  Species  an,  die  wiederum  in  zwei  Varietäten  zerfällt,  nämlich 
solche  mit  und  solche  ohne  primären  Epidot.  Die  Verschiedenheiten 
in  der  Zusammensetzung  der  Schiefer  geben  sich  am  besten  in  folgender 
Tabelle  zu  erkennen,  in  der  die  einzelnen  Vorkommnisse  nach  ihren 
Gemengtheilen  angeordnet  sind.  Ich  muss  ausdrücklich  bemerken,  dass 
ich  aus  dieser  Tabelle  nicht  etwa  Vorkommnisse  weggelassen  habe, 
die  nicht  hineinpassen;  sie  enthält  vielmehr  sämmtliche  hierhergehörige 
Gesteine,  die  ich  zur  Untersuchung  gesammelt  und  präparirt  habe. 


Uebersicht  über  die  mineralogische  Constitution  „grüner  Schiefer“  Schlesiens. 


[23] 


Ueber  grüne  Schiefer  Niederschlesiens. 


109 


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110 


E.  Kalkowsky. 


[24] 


Ehe  ich  auf  die  Gesetzmässigkeiten,  die  sich  in  der  Tabelle  zu 
erkennen  geben,  aufmerksam  mache,  muss  ich  noch  auf  Regeln  näher 
eingehen,  die  bei  den  Gemengtheilen  krystallinischer  Schiefer  zu  beob- 
achten sind.  — Man  stellte  früher  gewisse  Gesetze  auf,  welche  die 
Aggregation  verschiedener  Mineralien  in  den  massigen  Eruptivgesteinen 
beherrschen  sollten ; eines  der  bekanntesten  war  das,  dass  Augit  und 
Quarz  einander  ausschliessen  sollten.  Die  Forschungen  des  letzten 
Jahrzehnts  haben  diese  „Gesetze“  zu  blossen  Regeln  herabgedrückt, 
die  oft  genug  nicht  zum  Ausdruck  gelangen.  Diese  Regeln  beziehen 
sich  namentlich  auch  auf  die  chemische  Constitution  der  Mineralien. 
Derartige  chemische  Regelmässigkeiten  finden  sich  nun  aber  auch  bei 
den  krystallinischen  Schiefern,  jedoch  haben  sie  hier  bei  weitem  weniger 
Kraft  als  bei  den  Massengesteinen ; sie  sind  somit  auch  seltener  und 
noch  weniger  ist  bis  jetzt  die  Aufmerksamkeit  darauf  gelenkt  gewesen; 
fehlt  es  doch  gar  sehr  an  mikroskopischen  Untersuchungen  krystalli- 
nischer Schiefer.  Als  solche  chemische  Regelmässigkeiten  und  gegen- 
seitige Abhängigkeits-Verhältnisse  sehe  ich  etwa  folgende  an.  In  den 
Gesteinen  der  Zone  Kupferberg-Kunzendorf  tritt  der  Salit  stets  in 
Begleitung  von  Chlorit  oder  Hornblende  auf.  Die  zwischen  gelagerten 
Glimmerschiefer  führen  wohl  Chlorit  und  Hornblende  als  accessorische 
Bestandteile,  nicht  aber  Salit.  In  den  krystallinischen  Kalken  finden 
wir,  dass  sich  bei  weitem  die  meisten  accessorischen  Mineralien  durch 
Kalkgehalt  auszeichnen.  Andalusit  ist  als  accessorischer  Gemengtheil 
in  Glimmerschiefern  bekannt,  nicht  in  Hornblendeschiefern.  Die  Magnet- 
eisenerzlager  Schwedens  und  des  sächsischen  Erzgebirges  z.  B.  sind 
mit  Granat,  Vesuvian,  Hornblende  und  andern  schweren,  basischen 
Mineralien  vergesellschaftet,  nicht  mit  Quarz  und  Orthoklas.  Es  ist 
doch  wohl  unschwer,  aus  derartigen  Fällen  eine  gewisse  Abhän- 
gigkeit in  der  chemischen  Constitution  der  Gemengtheile 
von  e i n a n d e r zu  erkennen. 

Aehnliche  Verhältnisse  zeigen  sich  nun  in  der  obigen  Tabelle. 
Die  ersten  11  Vorkommnisse  gehören  dem  eigentlichen  grünen  Schiefer 
an;  man  sieht,  dass  sie  wie  schon  erwähnt  zusammengesetzt  sind  aus 
Orthoklas,  selten  zum  Theile  durch  Quarz  und  Plagioklas  vertreten, 
aus  Hornblende  und  aus  einem  Eisenerz;  nur  in  zwei  Fällen  finden 
sich  zwei  verschiedene  Eisenerze  zusammen,  nämlich  Eisenkies  und 
Eisenglanz.  Ein  Theil  der  Hornblende  ist  stets  zersetzt  zu  Chlorit 
und  Epidot,  in  Nr.  8 ist  die  gesammte  Hornblende  zersetzt.  Soviel 
sich  aus  den  Durchschnitten  durch  das  Gestein,  wie  sie  in  Dünnschliffen 
vorliegen,  urtheilen  lässt,  halten  sich  secundärer  Chlorit  und  Epidot 
meistens  das  Gleichgewicht,  doch  überwiegt  scheinbar  manchmal  auch 
der  eine  den  anderen,  was  vielleicht  darauf  hindeutet,  dass  die  Horn- 
blenden nicht  alle  gleich  zusammengesetzt  sind.  Der  Kalkspäth,  bis- 
weilen in  grosser  Menge  dem  Schiefer  beigemischt,  auch  ohne  dass 
dieser  aus  der  Nähe  von  Kalklagern  stammt,  ist  für  den  eigentlichen 
grünen  Schiefer  ein  charakteristisch  accessorischer  Gemengtheil:  in 
fünf  Fällen  unter  sieben  finden  wir  neben  Kalkspath,  wenn  auch  nur 
spärliche  Plagioklase , Kalknatronfeldspäthe.  Dieses  Abhängigkeits- 
verhältniss  tritt  namentlich  auffällig  hervor  bei  den  beiden  Vorkomm- 
nissen von  Gipfel  der  Hukulge;  Nr.  4 von  etwas  dunklerer  Farbe  ist 


L25] 


Ueber  grüne  Schiefer  Niederschlesiens. 


111 


nur  wenige  Schritte  von  der  Kalkspath  und  Plagioklas  führenden 
Varietät  Nr.  3 geschlagen.  Die  Augite  scheinen  in  ihrem  Auftreten 
nicht  an  bestimmte  andere  Gemengtheile  gebunden  zu  sein;  sie  be- 
wahren sich  stets  den  Charakter  als  accessorische  Gemengtheile,  indem 
sie  nie  etwa  in  zahlreichen  kleinen  Individuen  in  das  Gesteinsgewebe 
eiutreten.  Die  Schiefer  Nr.  9 und  10  aus  dem  untern  Thal  der 
Seife  und  vom  Kammerberg  von  Kammerswaldau  haben  trotz  der 
gleichen  Zusammensetzung  (der  Gehalt  an  Kalkspath  und  Plagioklas 
in  dem  ersteren  Schiefer  ist  gar  sehr  unbedeutend)  ein  sehr  verschie- 
denes Aeussere,  denn  in  dem  letzten  Gestein  treten  die  auch  kleineren 
Augite  lange  nicht  so  deutlich  porphyrisch  hervor,  wie  in  dem  oben 
pag.  101  näher  beschriebenen  ersteren.  Auch  ist  das  Gestein  vom 
Kammerberg  im  Ganzen  heller  gefärbt , es  besitzt  einen  geringeren 
Gehalt  an  Eisenoxyden.  Dies  ist  nun  aber  wiederum  an  allen  drei 
eisenführenden  Gemengtheilen  gleichmässig  offenbart:  die  Augite  und 
Hornblenden  sind  beide  sehr  blass,  ebenso  ihre  Zersetzungsprodukte, 
und  das  Titaneisen  ist  in  geringerer  Menge  und  kleineren  Individuen 
vorhanden.  Auch  hierin  zeigt  sich  die  Abhängigkeit  der  Gemengtheile 
von  einander  in  Bezug  auf  die  chemische  Constitution. 

Im  Grossen  und  Ganzen  zeigen  jedoch  diese  „eigentlichen  grünen 
Schiefer“  eine  solche  Uebereinstimmung  in  der  Zusammensetzung,  dass 
sie  alle  einer  Species  zugerechnet  werden  müssen,  ein  in  der  That 
ganz  unerwartetes  Resultat.  Die  porphyrischen  schwarzen  Augite,  die 
Schiefern  ein  erhöhtes  Interesse  verleihen,  können  leider  nicht  als 
Eintheilungsprincip  benutzt  werden.  Die  Bezeichnung  als  „eigentliche 
grüne  Schiefer“  ist  für  diese  Gesteine  vorläufig  ausreichend,  man 
kommt  zur  Belegung  mit  besonderm  Namen  Zeit  genug,  wenn  alle 
übrigen  „grünen  Schiefer“  besser  bekannt  sein  werden. 

Im  Unterschiede  von  diesen  Gesteinen  nenne  ich  die  folgende 
Gruppe  „chloritische  grüne  Schiefer“,  nach  der  Haupteigenthümliehkeit 
derselben,  ihrem  Gehalte  an  primärem  Chlorit,  der  nur  einmal  in  dem 
an  primärem  Epidot  reichsten  Gesteine  fehlt.  Beyrich  hat  bereits 
diese  Benennung  für  einige  Gesteine  des  Rohnauer  Rückens  gebraucht, 
die,  wie  oben  pag.  94  erwähnt,  auch  wirklich  Chlorit  führen,  aber 
doch  nicht  zu  den  „grünen  Schiefern“  gehören.  Ich  übertrage  daher 
denselben  Namen  nur  auf  Gesteine,  die  wirklich  eine  solche  Zusammen- 
setzung haben,  wie  sie  Beyrich  vermuthete. 

Während  für  die  erste  Gruppe  der  Gehalt  an  Orthoklas  charak- 
teristisch war,  finden  wir  hier  stets  den  Quarz  als  Gemengtheil.  Der- 
selbe herrscht  allerdings  nur  in  den  drei  Schiefern  aus  der  Umgegend 
von  Berbisdorf  vor  dem  meist  sogar  fehlenden  Orthoklas  vor,  während 
in  den  Epidot  führenden  chloritischen  grünen  Schiefern  wieder  der 
Quarz  von  den  Feldspäthen  in  den  Hintergrund  gedrängt  wird.  Cha- 
rakteristisch für  alle  chloritischen  grünen  Schiefer  ist  es,  dass  sie  nie 
Kalkspath,  nie  accessorisclien  Augit  enthalten.  Ebenso  fehlt  ihnen 
bisweilen  jedes  Eisenerz.  Sie  bestehen  also  aus  Quarz-Orthoklas, 
Hornblende,  primärem  Chlorit  und  aus  Epidot  oder  aus  Eisenglanz 
und  Mikrolithen.  Für  die  Hornblende  tritt  einmal  der  in  krystalli- 


Mineralogisolie  Mittheilungen  187C>.  2.  Heft.  (Kalhowsl  y.) 


15 


112 


E.  Kalkowsky. 


[26] 


nischen  Schiefern  ihr  gleichwerthige  Kaliglimmer  ein;  der  Schiefer 
erhält  dadurch  auch  im  Aeussern  etwas  den  Habitus  eines  Glimmer- 
schiefers. Auffällig  ist  es,  dass  diese  in  Gesellschaft  von  primärem 
Chlorit  auftretende  Hornblende  nicht  die  Neigung  zur  Zersetzung 
besitzt,  wie  die  der  eigentlichen  grünen  Schiefer.  In  beiderlei  Gesteinen 
sind  die  Orthoklase  oft  ganz  pellucid  und  unversehrt  durch  die  Atmos- 
phärilien geblieben,  und  doch  ist  in  dem  einen  Schiefer  die  Hornblende 
stark  zersetzt,  im  andern  gar  nicht.  Man  wird  unter  solchen  Umständen 
berechtigt  sein,  den  Hornblenden  eine  verschiedene  chemische  Zusam- 
mensetzung zuzuschreiben. 

Unter  den  chloritischen  grünen  Schiefern  finden  wir  eine  durch- 
gehende Verschiedenheit  darin,  dass  sie  neben  dem  primären  Chlorit 
entweder  Epidot  oder  Eisenglanz  und  Mikrolithen  enthalten.  Die  Com- 
bination  der  letzteren  beiden  Substanzen  findet  sich  noch  bei  mehreren 
den  grünen  Schiefern  eingelagerten  Phylliten  wieder,  auf  die  ich  noch 
später  zurückkomme.  In  den  drei  Varietäten  von  Berbisdorf  ist  zu 
beobachten,  dass  Mikrolithen  und  Eisenglanz  im  umgekehrten  Ver- 
hältnis der  Menge  vorhanden  sind;  es  mag  dies  ein  Zufall  sein,  aber 
wenigstens  geht  doch  daraus  hervor,  dass  Eisenglanz  und  Mikrolithen 
nicht  in  constantem  Verhältnis  auftreten.  Ein  Blick  auf  die  Tabelle 
zeigt,  dass  Epidot  einerseits  und  Eisenglanz  und  Mikrolithen  anderer- 
seits stets  einander  ausschliessen,  oder  aber,  wie  man  das  Verhältnis 
auch  auffassen  'kann , dass  sie  einander  ersetzen.  Man  erinnere  sich 
nun  der  Abhängigkeit  der  chemischen  Constitution  der  Gemengtheile 
von  einander.  Der  Epidot  ist  ein  Thonerde-Kalk-Eisenoxyd-Silicat; 
ist  in  dem  Gestein  ein  Eisenoxydgehalt  vorhanden,  der  nicht  in  eine 
Silicatverbindung  eintritt , vielleicht  weil  er  nicht  in  der  richtigen 
stöchiometrischen  Menge  vorhanden  ist,  so  scheidet  sich  derselbe  als 
Eisenglanz  aus  und  es  bleibt  ein  Thonerde-Kalk-Silicat  übrig  — die 
Mikrolithen.  Diese  besitzen  (cfr.  oben  pag.  106)  nach  ihrem  ausge- 
zeichneten Vorkommen  in  dem  grünen  Schiefer  vom  Stangenberg  bei 
Berbisdorf  folgende  Eigenschaften:  die  betreffende  Mineralspecies,  zu 
der  die  Mikrolithen  und  Kryställchen  gehören,  müsste  orthobasiseh 
sein,  eine  Spaltbarkeit  parallel  der  Hauptaxe  besitzen  und  sich,  ohne 
bei  ziemlich  intensiver  Färbung  dichroitisch  zu  sein,  durch  ein  starkes 
Lichtbrechungsvermögen  auszeichnen.  Ein  Thonerde-Kalk-Silicat,  das 
allen  diesen  Anforderungen  auf  das  Genaueste  entspricht  ist  der  Zoisit. 
Der  Zoisit  findet  sich  hauptsächlich  als  accessorischer  Gemengtheil  in 
krystallinischen  Schiefern,  wie  es  scheint  auch  gerade  gern  in  Verbin- 
dung mit  Chlorit  und  Hornblende.  Die  von  Rosen busch  angeführten 
Eigenschaften  derselben x)  stimmen  alle  mit  denen  der  Mikrolithen 
überein,  und  da  sich  auch  die  durch  Speculation  gewonnenen  Resultate 
über  die  chemische  Constitution  der  letzteren  mit  der  elementaren 
Zusammensetzung* 2)  des  Zoisites  decken,  so  muss  wohl  die  Deutung 


*)  Physiographie  pag.  269. 

2)  Auch  die  vom  chemischen  Standpunkt  vorhandene  Beziehung  des  Zoisit  zu 
Epidot,  die  ja  das  gleiche  Sauerstoffverhältniss  besitzen,  tritt  in  dem  gegenseitigen 
Ersetzen  hervor. 


[27] 


Ueber  grüne  Schiefer  Niederschlesiens. 


1 13 

der  Mikrolithen  als  Zoisit  als  wold  unterstützt  betrachtet  werden, 
wenigstens  lässt  sich  keine  widersprechende  Thatsache  auffinden.  — — 
Von  den  Phylliten,  die  mit  den  grünen  Schiefern  wechsellagern, 
habe  ich  nur  wenig  Material  gesammelt;  doch  genügt  dasselbe,  um 
über  einige  hervorragende  Eigenthümlichkeiten  derselben  zu  berichten. 
Trotzdem  sie  in  so  enger  Verbindung  mit  den  grünen  Schiefern  stehen, 
fehlt  ihnen  die  Hornblende  gänzlich,  gleichwie  ja  auch  die  Glimmer- 
schiefer bei  Neu-Röhrsdorf,  Waltersdorf,  Rohnau  derselben  entbehren. 
Dagegen  stellt  sich  in  manchen  Phylliten  lichtgrüner  Talk  in  grosser 
Menge  ein , so  z.  B.  bei  Mittel-Kauffungen.  Eisenglanz , ähnliche 
Mikrolithen,  wie  sie  aus  den  chloritischen  grünen  Schiefern  beschrieben 
wurden  und  kohlige  Substanz  sind  in  den  meisten  Phylliten  vorhanden, 
von  denen  manche  noch  den  eigentlichen  grünen  Schiefern  im  äussern 
Habitus  gleichen,  trotzdem  sie  aus  ganz  andern  Gemengtheilen  bestehen. 
Feldspäthe  waren  nirgends  zu  finden,  dagegen  führen  manche  Kalk- 
spath,  während  zahlreiche  rhomboedrische  Hohlräume  in  andern  am 
wahrscheinlichsten  auf  zersetzten  Spatheisenstein  zurückzuführen  sind. 
Manche  Phyllite  ähneln  sehr  den  von  Rud.  Credner  als  violette  Sericit- 
schiefer  beschriebenen  Gesteinen  enthalten  jedoch  Talk,  nicht  Sericit1) 
neben  dem  Eisenerz,  das  jedenfalls  hier  und  wohl  auch  in  den  sächsischen 
Phylliten  dem  Eisenglanz  angehört,  nicht  dem  Brauneisenerz.  Ausser 
den  Phylliten  wechsellagern  mit  den  grünen  Schiefern  noch  Kalke, 
Talkschiefer,  quarzige  Schiefer  u.  s.  w.,  die  ich  zwar  zum  Tlieile  auch 
untersucht  habe,  ohne  jedoch  in  ihnen  irgend  welche  Beziehungen  zu 
den  grünen  Schiefern  zu  finden.  — — 

Es  wurde  oben  versucht,  die  18  untersuchten  Varietäten  von 
grünen  Schiefern  in  zwei  Gruppen  zu  theilen,  von  denen  die  eine  sich 
vor  der  andern  durch  den  Gehalt  an  primärem  Chlorit  auszeichnet. 
Sucht  man  die  geognostisch-geographische  Lage  der  in  der  Tabelle 
angegebenen  Fundpunkte  auf,  so  wird  man  nicht  verkennen,  dass  die 
chloritischen  grünen  Schiefer  einem  tiefem  geognostischen  Niveau 
angehören,  als  die  eigentlichen  grünen  Schiefer.  Wir  finden  die  ersteren 
auf  den  Bleibergen  an  der  Grenze  eines  zur  Glimmerschiefer-Formation 
zu  rechnenden  Gebietes.  Bei  Grunau  bei  Hirschberg  und  bei  Berbis- 
dorf tritt  diese  Gruppe  ebenfalls  möglichst  nahe  an  der  südlichen  vom 
Diluvium  gebildeten  Grenze  des  Schiefergebirges  auf.  Wenn  sich  auch 
der  eigentliche  grüne  Schiefer  vom  Kalkofen  bei  Kammerswaldau  in 
demselben  tiefen  Niveau  findet,  so  ist  dies  nicht  störend;  es  wurde  ja 


q L.  c.  pag.  68.  Uebrigens  enthalten  auch  Credner’s  „violette  Sericitschie- 
fer“  gar  keinen  Sericit;  die  als  solcher  beschriebenen  rhombischen  Blättchen  sind 
Kalkspath. 


114 


E.  Kalkowsky. 


[28] 


oben  darauf  hingewiesen,  wie  auch  in  der  Zone  Kupferberg-Kunzendorf 
die  Varietäten  im  Streichen  sich  verändern ; dagegen  treten  doch  die 
eigentlichen  grünen  Schiefer  mit  den  Vorkommnissen  von  der  Hukulge, 
Ludwigsdorf,  Kauffungen  hauptsächlich  in  einem  hohem  Niveau  auf. 
Die  petrographische  Sonderung  der  grünen  Schiefer  schliesst  sich  somit 
möglichst  eng  an  die  geognostische  an. 

Die  Betrachtung  der  Tabelle  zeigt,  dass  zwischen  den  eigentlichen 
und  den  chloritischen  grünen  Schiefern  ein  petrographisch  verbindendes 
Glied  fehlt.  Es  mögen  auch  irgendwo  in  schmalen  Uebergangszonen 
derartige  Gesteine  anstehen,  aber  im  Grossen  giebt  sich  doch  ein 
plötzlicher  Wechsel  in  den  Gemengtheilen  zu  erkennen.  Dasselbe  Ver- 
hältnis finden  wir  nun  auch  bei  Kupferberg  und  Rudelsstadt,  wo  die 
hornblendigen  Schiefer  in  die  grünen  übergehen  sollen.  Während  in 
den  Gesteinen  von  Petzelsdorf  und  Pfaffendorf  doch  manchmal  Epidot 
neben  Saht  vorhanden  ist,  so  konnte  in  dem  Gebiet  von  Kupferberg 
bis  zum  Scharlachberge  in  keinem  Gliede  der  an  Varietäten  reichen 
Gesteinsreihe  neben  Salit  auch  Epidot  aufgefunden  werden.  In  schar- 
fem Wechsel  enthalten  nun  die  Schiefer  der  Bleiberge  zahlreiche 
Epidote,  aber  keinen  Salit.  Ferner  wurde  oben  constatirt,  dass  die 
meisten  der  an  Chlorit  reichen  Gesteine  der  Zone  Kupferberg-Kunzen- 
dorf auch  Plagioklas  führen,  ja  dass  derselbe  sogar  meist  vor  dem 
Orthoklas  vorwaltet;  in  den  chloritischen  grünen  Schiefern  existirt  diese 
Abhängigkeit  des  Feldspathes  vom  Chlorit  nicht;  von  sieben  Schiefern 
enthalten  nur  drei  Plagioklas,  ein  Mineral,  das  gewiss  leicht  zu  erkennen 
ist.  Eine  andere  Eigentümlichkeit,  durch  die  sich  die  grünen  Schiefer 
und  die  dazu  gehörigen  Phyllite  von  den  glimmerschieferartigen  Ge- 
steinen unterscheiden,  ist  der  Umstand,  dass  letztere  nie  derartige 
winzige  Mikrolithe  führen,  wie  erstere,  bei  den  die  mineralogische 
Bestimmung  nur  durch  besonders  günstige  Umstände  gelang.  Schliesslich 
besitzt  wohl  auch  die  Hornblende,  die  allen  hier  betrachteten  Gesteinen, 
welche  bathrologische  Stellung  sie  auch  einnehmen,  gemeinsam  ist, 
in  den  grünen  Schiefern  eine  andere  Zusammensetzung  und  zwar  einen 
grösseren  Reichthum  an  Thonerde.  Dies  geht  theils  aus  der  leichten 
Zersetzbarkeit  der  Hornblende  in  den  eigentlichen  grünen  Schiefern  zu 
zwei  thonerdehaltigen  Mineralien,  theils  aus  dem  häufigen  Vorkommen 
von  strahlsteinartiger  Hornblende  in  den  Gesteinen  der  Zone  Kupferberg- 
Kunzendorf  hervor.  Ebenso  finden  wir  ja  den  Salit  nördlich  vom  Bober 
durch  thon erdehaltigen  Epidot  vertreten.  Durch  chemische  Analysen 
wird  man  dies  Verhältnis  wohl  nicht  mit  Bestimmtheit  darlegen 
können,  so  lange  man  nicht  die  Hornblende  auf  chemischem  Wege  aus 
d'esen  Gesteinen  zu  isoliren  vermag. 


[29] 


Ueber  grüne  Schiefer  Niederschlesiens. 


115 


Ausser  der  Verschiedenheit  in  Gemengtheilen  erscheint  auch  noch 
eine  Verschiedenheit  der  Structur  zwischen  grünen  Schiefern  und  Horn- 
blendeschiefern. Diese  Structurverschiedenheit  bezieht  sich  allerdings 
nur  auf  den  mikroskopischen  Habitus  und  offenbart  sich  auch  hier  in 
so  schwachen  Zügen,  dass  es  schwer  hält,  dem  Leser  diese  Verhältnisse 
klar  zu  machen.  Im  Allgemeinen  ist  es  namentlich  die  Formausbildung 
der  Hornblende  und  die  Verwachsung  der  Gemengtheile,  die  in  Betracht 
kommen.  Die  Hornblende  erscheint  in  den  grünen  Schiefern  nie  in 
dickeren  Krystallen,  an  denen  man  z.  B.  eine  Spaltbarkeit  nach  den 
Säulenflächen,  sei  es  im  Längsschnitt  oder  im  Querschnitt  wahrnehmen 
könnte;  immer  sind  es  nur  lange  dünne  Nadeln  ohne  alle  erkennbare 
Krystallflächen.  Wie  in  vielen  krystallinischen  Schiefern  überhaupt  die 
Gemengtheile  nicht  sowohl  neben  einander,  als  vielmehr  durch  einander 
oder  in  einander  gelagert  sind,  so  kommt  in  den  grünen  Schiefern 
gerade  das  letztere  Aggregations-Verhältniss  im  höchsten  Grade  zum 
Ausdruck:  überall  liegen  Hornblendenadeln  in  den  Feldspäthen,  Feld- 
späthe  in  den  Quarzen,  Epidote  im  Chlorit,  Chloritblättchen  zwischen 
Hornblendenadeln:  es  ist  ein  schwer  auflösbarer  Wirrwarr  kleinster 
Körperchen,  ein  wahrer  Filz.  In  den  Hornblendeschiefern  liegen  auch 
noch  die  Gemengtheile  in  einander,  aber  man  erhält  durch  gute  Schliffe 
doch  ein  schönes  klares  Bild;  pellucide  Hornblendesäulchen,  Chlorit- 
blättchen, Orthoklaszwillinge,  kurz  alle  Gemengtheile  liegen  so,  dass 
fast  ein  jeder  Krystall  auf  seine  optischen  Eigenschaften  näher  geprüft 
werden  kann.  Solche  Structurunterschiede  treten  u.  d.  M.  gerade  bei 
den  grünen  Gesteinen  des  Rohnauer  Rückens  im  Vergleich  mit  den 
grünen  Schiefern  der  Bleiberge  so  frappant  hervor,  dass  oben  erstere 
als  nicht  zu  den  grünen  Schiefern  gehörig  bezeichnet  werden  konnten. 
Ich  gebe  gern  zu,  dass  soche  Unterschiede  ohne  genauere  Unter- 
suchung nicht  erkennbar  sind,  aber  dennoch  haben  sie  nicht  nur  petro- 
graphischen,  sondern  auch  geognostischen  Werth;  ist  doch  eine  Gliede- 
rung der  archäischen  Formation  überhaupt  nur  auf  Grund  der  petro- 
graphischen  Verhältnisse  möglich. 

Die  „grünen  Schiefer“  nördlich  vom  Riesengebirge  in  Nieder- 
Schlesien  sind  nicht  geradezu  die  dichte  Ausbildung  der  grobkörnigen 
Hornblende-  und  Chloritgneisse,  wie  sie  z.  B.  bei  Petzelsdorf  anstehen ; 
sie  sind  vielmehr  nur  Gesteine  der  höchsten  Etage  einer  durch  Horn- 
blende und  derartige  basische,  eisenreiche  Mineralien  charakterisirten 
Facies  der  archäischen  Formation  des  Riesengebirges.  Beim  Aufsteigen 
in  der  Schichtenreihe  nimmt  die  absolute  Grösse  der  Gemengtheile  ab, 
jedoch  nicht  stetig,  die  Sonderung  derselben  wird  geringer,  ihre  che- 
mische Constitution  ändert  sich  und  in  je  einem  Profile  trifft  man 


116 


E.  Kalkowsky. 


[30] 


einzelne  Gemengtheile  nur  in  bestimmten  Niveaus.  In  dem  Profil  vom 
Ochsenkopf  nach  Kupferberg,  dann  über  die  Bleiberge  durch  das  obere 
Thal  der  Katzbach  bis  an  die  Nordgrenze  des  Schiefergebirges  in 
Mittelkauffungen  findet  man  zuerst  Gesteine,  die  neben  Hornblende 
durch  Salit  charakterisirt  sind  , dann  tritt  an  den  Bleibergen  Chlorit 
und  Epidot,  im  obern  Katzbachthal  schwarzer  Augit  ein,  und  die 
phyllitartigen  Schiefer  in  Mittelkauffungen  endlich  enthalten  keines 
dieser  Mineralien,  auch  nicht  Hornblende,  sondern  nur  Talk. 


III.  Ueber  Beryll  von  Eidsvold  in  Norwegen. 

Von  M.  Websky. 

Es  kommen  gegenwärtig  lioch  smaragdgrüne  Berylle,  in  Feldspath, 
Quarz  und  Glimmer  eingewachsen,  in  den  Handel,  welche  in  einem 
Steinbruche  in  der  Nähe  des  Bahnhofes  von  Eidsvold  am  Südende  des 
Mjösen-See’s  in  Norwegen  gefunden  werden  sollen. 

An  einem  — aus  der  Niederlage  von  Pech  in  Berlin  bezogenen 
Exemplar  schliesst  ein  gedrängtes  Aggregat  von  1 — 2m  starken  Säulen 
eine  Partie  dunkel-violetten,  blättrigen  Flussspath  ein,  in  welchen  die 
Beryll-Krystalle  in  sauber  ausgebildeten  Endigungen  hineinragen.  Man 
erkennt  an  Flächen: 

M — ooP  = (a  : a : ooa  : ooc)  — m (A.  des  Cloizeaux) 
P — dP=(  ooa:  ooa:  ooa:  c)=  p 
s = 2P2  = (a  : Va  a : a : c)  = a1 
t—  P — (a:a:ooa:c)  = b1. 

Ein  losgetrennter  Ivrystall  gab  für  Kante  s | P den  Winkel  135°  2'  525" 
(Norm.  Bog.  = 44°  57'  7’5"),  wonach  Einheit  der  Nebenaxen  a : 
Einheit  der  Verticalaxe  c = 2,0033478:  1 = 1:  0,49916435;  Kok- 
scharow  nimmt  für  Beryll  1:0,498860  an. 

Auf  der  Kante  M\s  erscheint  ein  von  symmetrisch  zwölfseitigen 
Pyramiden  hervorgerufene  Abstumpfung,  welche  einiges  Interesse  dar- 
bietet. 

Die  Reflexe  einer  7 Meter  entfernten  Flamme  präcisiren  sich  erst 
bei  Verkleinerung  des  Gesichtsfeldes  und  zwar  folgt  auf  den  Reflex 
von  M,  Pos.  1.  der  folgenden  Tabelle  ein  kürzerer  Lichtbogen,  Pos.  2. 
bis  Pos.  4.,  mit  einer  Culmination  des  Lichtes  in  Pos.  3.,  dann  eine 
Reihe  sehr  naher  Reflexe  zwischen  Pos.  5.  und  Pos.  6.,  ferner  ein 
langgezogener  Lichtbogen  von  Pos.  7.  bis  Pos.  10.  mit  einer  wenig 
präcisirten,  aber  starken  Culmination  des  Lichteffectes  in  Pos.  8.;  bei 
Pos.  9.  starker  Abfall  der  Lichtstärke,  die  von  da  bis  Pos.  10.  nur 
schwach  fortsetzt;  schliesslich  tritt  in  Pos.  11.  der  Reflex  von  s in 
das  Gesichtsfeld. 


Mineralogische  Mittheilungen.  1876.  2.  Heft.  (Websky.) 


118 


M.  Websky. 


[2] 


Gemessen 

Berechnet 

Normalen  Bogen 

Normalen  Bogen 

Pos. 

1. 

0°  0' 

= M. 

Pos. 

2. 

8°  39' 

y (Kok.)  = 

14  P 14/i3 

8°  11' 

53/  p 63 / 

/ 4 r 749 

8°  39' 

erster 

13  P 1 S/i2 

8°  49' 

Licht- 

Pos. 

3. 

9°  37' 

w (Kok.)  = 

12  P>»/u 

9°  34' 

bogen. 

Pos. 

4. 

11°  39' 

10  P10/9 

llu  32' 

Pos. 

5. 

13°  53' 

25/  P25/ 

/ 3 ^ / 22 

13°  54' 

v (Kok.)  = 

8P8/7 

14°  30' 

Pos. 

6. 

16°  30' 

7P7o 

16°  36' 

Pos. 

7. 

17°  16' 

27/  p 27/ 

/ 4 / 23 

13/2P13/u 

17°  13' 

zweiter 

1 Licht- 
bogen 

Pos. 

8. 

18°  2' 

1 (mihi)  = 

17°  55' 

Pos. 

9. 

18°  47' 

25/  P 26/ 

/ 4 ^ / 21 

18°  38' 

Pos. 

10. 

22°  3' 

21/  p 21 / 

/ 4 x / 19 

22°  12' 

Pos. 

11. 

52°  15' 

s = 

2P2 

52°  19' 

Der 

stärkste  Reflex 

der  ganzen 

Reihe  ist  der 

von  Pos.  8. ; man 

kann  wohl  das  demselben  entsprechende  Symbol 


13 


/a 


p 13 


in  die  Zahl  der  am  Beryll  nachgewiesenen  Flächen  aufnehmen. 


IV.  Chemische  Analyse  der  Darkauer  jodhaltigen 

Salzsoole. 

Von  E.  Ludwig. 

Im  Jahve  1863  wurden  auf  Veranlassung  des  Herrn  Georg 
Freiherrn  von  Beess  in  der  Nähe  von  Darkau,  einem  an  der 
Kaschau- Oderberger  Eisenbahn  in  österr.  Schlesien  gelegenen  Dorfe, 
Bohrversuche  auf  Kohlen  angestellt;  bei  einem  solchen  Versuche  wurde 
an  einer  Stelle,  welche  ungefähr  900  Meter  west-südwestlich  vom  Dorfe 
Darkau  und  2200  Meter  südlich  von  der  Stadt  Frei stadt  entfernt 
ist,  in  einer  Tiefe  von  110  bis  130  Metern  unter  der  Erdoberfläche 
eine  Quelle  entdeckt,  welche  auf  Veranlassung  des  k.  k.  Finanz- 
Ministeriums  von  Professor  J.  Re dtenbach er  auf  ihre  wichtigsten 
Bestandteile  untersucht  und  von  demselben  nach  den  Ergebnissen 
der  Analyse  in  einem  durch  die  medicinische  Facultät  in  Wien  am 
1.  Juli  1865  abgegebenen  Gutachten  als  eine  jod-  und  bromhaltige 
Salzsoole  erklärt  wurde.  Das  k.  k.  Finanz-Ministerium  gestattete  auf 
Grund  dieses  fachmännischen  Gutachtens  die  Benützung  der  Quelle  zu 
Heilzwecken. 

Eine  umfassendere  Untersuchung  der  Darkauer  Salzsoole  wurde 
1869  von  Dr.  Josef  Barber  im  Laboratorium  Prof.  Redten backe rs 
vorgenommen,  die  Resultate  derselben  sind  im  40.  Bande  der  Sitzungs- 
berichte der  kaiserl.  Akademie  der  Wissenschaften  in  Wien  veröffent- 
licht. a) 

Herr  Baron  von  Beess  baute  im  Jahre  1870  in  Darkau  ein 
geräumiges  Badehaus  und  machte  es  dadurch  möglich,  dass  während 
der  Sommermonate  das  Wasser  der  Darkauer  Quelle  von  zahlreichen 
Kranken  als  Heilmittel  angewendet  werden  kann;  im  Winter  wird  das 
Wasser  nach  Zusatz  einer  entsprechenden  Menge  von  kohlensaurem 
Natrium  abgedampft  und  dadurch  ein  jod-  und  bromhaltiges  Salz- 


’)  Um  Irrthümer  zu  vermeiden,  muss  ich  bemerken,  dass  die  Analyse  von 
Dr.  Barber  und  die  vorliegende  Analyse  auf  das  Wasser  derselben  Quelle  sich 
beziehen;  Dr.  Barber  verlegt  in  seiner  Publication  die  Quelle  nach  Roy,  ein  Nach- 
bardorf von  Darkau,  während  sie  thatsächlich,  wie  bereits  erwähnt,  auf  dem  Ge- 
meindegebiete von  Darkau  entspringt. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1876.  2.  Heft.  (Ludwig.) 


16 


120 


E.  Ludwig. 


[2] 


gemenge  gewonnen,  welches  unter  dem  Namen  „Darkauer  Jodsalz“  in 
den  Handel  kommt  und  ähnliche  Verwendung  findet,  wie  das  Haller 
Jodsalz. 

Als  ich  im  Herbste  des  verflossenen  Jahres  ersucht  wurde,  die 
Analyse  des  Darkauer  Wassers  vorzunehmen,  entschloss  ich  mich  zu 
dieser  Arbeit,  da  es  mir  von  Interesse  schien,  zu  erfahren,  ob  die 
Zusammensetzung  des  Wassers  seit  der  letzten  Analyse  unverändert 
geblieben  ist  und  da  Dr.  Barber,  der,  meines  Wissens  das  Wasser 
für  die  Analyse  zugeschickt  erhielt , in  seiner  Publication  nichts  über 
die  in  der  Quelle  frei  aufsteigenden  Gase  mittheilt,  von  deren  Existenz 
ich  durch  Herrn  Dr.  Wilhelm  Sperber,  Badearzt  in  Darkau,  Nach- 
richt erhielt. 

Am  23.  December  1875  begab  ich  mich  nach  Darkau , um  die 
äussere  Beschaffenheit  der  Quelle  kennen  zu  lernen,  die  nöthigen  Vor- 
arbeiten auszuführen  und  das  für  die  Analyse  erforderliche  Wasser  zu 
schöpfen. 

Das  weithin  ebene  Terrain , auf  dem  die  Quelle  zu  Tage  tritt, 
besteht  der  Hauptmasse  nach  aus  dem  von  Suess  mit  dem  Namen 
Schlier  bezeiclmeten,  blauen,  tertiären  Tlione,  welcher  sich  in  be- 
trächtlicher Ausdehnung  in  Schlesien  vorfindet  und  von  hier  einerseits 
weit  nach  Galizien,  anderseits  durch  Mähren  bis  nach  Niederösterreich 
fortsetzt. 

In  eisernen  Röhren,  welche  in  das  verticale  Bohrloch  eingesetzt 
sind,  steigt  das  Wasser  empor  und  wird  an  der  Erdoberfläche  von 
einem  Bassin  aufgenommen , in  dessen  Mitte  das  obere  Ende  der 
eisernen  Röhren  mündet;  dieses  Bassin  ist  3*79  Meter  tief  und  von 
kreisrundem  Querschnitt,  der  Bodendurchmesser  beträgt  L74  Meter, 
nach  oben  verjüngt  es  sich  bis  zu  einem  Durchmesser  von  L58  Meter. 
Die  Wand  des  Bassins  wird  durch  eine  dichte  Holzauskleidung  gebildet, 
hinter  welcher  nach  aussen  hin  eine  mächtige  Schichte  von  festge- 
stampftem  Lelnn  angebracht  ist,  um  die  Tageswässer  abzuhalten;  ein 
nahe  dem  oberen  Ende  des  Bassins  seitlich  angebrachtes  Rohr  ge- 
stattet dem  Wasser  den  Abfluss;  eine  Bretterhütte  umschliesst  das 
Bassin. 

Die  Quelle  liefert  nach  wiederholt  vorgenommenen  Messungen 
constant  in  24  Stunden  ungefähr  11000  Liter  Wasser;  mit  dem  Wasser 
steigen  aus  der  Tiefe  bedeutende  Mengen  eines  brennbaren  Gases  auf; 
kleine,  hirsekorngrosse  Gasbläschen  sieht  man  fortwährend  in  dem 
Wasser  des  Bassins  emporsteigen,  in  Zwischenräumen  von  ungefähr 
5 Minuten  werden  grössere  Gasmassen  in  faustgrossen  Blasen  empor- 
getrieben.  Leider  besass  ich  bei  meiner  Anwesenheit  in  Darkau  nicht 
die  erforderlichen  Apparate,  um  die  Gasmengen,  welche  die  Quelle 
liefert,  auch  nur  näherungweise  bestimmen  zu  können,  ich  schätze 
dieselben  auf  mehr  als  1000  Liter  für  einen  Tag. 

Die  Temperatur  des  Wassers  fand  ich  am  23.  December  1875 
1L750  C.  bei  der  gleichzeitigen  Lufttemperatur  von  + 6°  C. 

Das  Wasser  ist,  frischgeschöpft,  klar,  farblos,  geruchlos,  von  stark 
salzigem  Geschmacke,  es  reagirt  auf  Lacmusfarbstoff  neutral;  nach 
längerem  Stehen  bei  Zutritt  der  Luft  scheiden  sich  in  Folge  des  Eisen- 
gehaltes spärlich  rostfarbene  Flocken  aus. 


[3] 


Chemische  Analyse  der  Darkauer  jodhaltigen  Salzsoole. 


121 


Die  qualitative  Analyse  ergab  an  gelösten  Bestandteilen : 


Kohlensäure 

Kieselsäure 

Borsäure 

Salpetrige  Säure 

Chlor 

Brom 

Jod 

Organische  Substanz 

Kalium 

Natrium 


Lithium 

Ammonium 

Baryum 

Strontium 

Calcium 

Magnesium 

Eisen 

Grubengas 

Stickstoff. 


Strontium  und  salpetrige  Säure  wurden,  da  sie  in  sehr  geringer 
Menge  vorhanden  sind,  nur  qualitativ  nachgewiesen,  von  den  übrigen 
Bestandteilen  konnten  durchwegs  quantitative  Bestimmungen  vorge- 
nommen werden.  Für  die  letzteren  kamen  die  gebräuchlichen  Methoden 
in  Anwendung;  alle  gewogenen  Verbindungen  wurden  auf  ihre  Reinheit 
geprüft. 

Da  die  Zahlen  für  Jod  und  Brom  von  besonderem  Interesse  sind, 
so  mag  in  Kürze  das  Verfahren  beschrieben  werden,  welches  zur  Be- 
stimmung dieser  beiden  Bestandteile  in  Anwendung  kam.  Das  mit 
kohlensaurem  Natrium  bis  zur  stark  alkalischen  Reaction  versetzte 
Wasser  wurde  so  weit  eingedampft,  dass  ein  grosser  Theil  des  Koch- 
salzes auskrystallisirte , die  heiss  abfiltrirte  Mutterlauge , sowie  das 
von  den  ausgeschiedenen  Kochsalzkrystallen J)  erhaltene  Waschwasser 
wurden  mit  verdünnter  Salzsäure  schwach  angesäuert,  und  da  sich  die 
Flüssigkeit  dabei  in  Folge  von  ausgeschiedenem  freien  Jod  gelb  färbte, 
eben  bis  zur  Entfärbung  mit  einer  verdünnten  wässerigen  Lösung  von 
schwelliger  Säure  versetzt,  hierauf  mit  Palladiumchlorür  gefällt;  das 
Jodpalladium  wurde  abfiltrirt,  gewaschen  und  im  Wasserstoffstrome  bis 
zum  constanten  Gewichte  geglüht. 

Aus  dem  Filtrate  vom  Jodpalladium  wurde  das  im  Ueberschusse 
zugesetzte  Palladium  durch  Wasserstoff  abgeschieden  und  durch  Filtra- 
tion entfernt,  die  Flüssigkeit  mit  kohlensaurem  Natrium  übersättigt, 
zur  Trockene  verdampft,  der  trockene  Rückstand  behufs  Zerstörung 
der  organischen  Substanz  gelinde  geglüht,  nach  dem  Erkalten  im 
Wasser  gelöst  und  in  der  filtrirten,  schwach  angesäuerten  Lösung  das 
Brom  mit  titrirtem  Chlorwasser  bestimmt,  indem  man  so  lange  ab- 
wechselnd Chlorwasser  zusetzte  und  das  ausgeschiedene  Brom  durch 
Kochen  entfernte,  bis  sich  die  Flüssigkeit  auf  weiteren  Zusatz  von 
Chlorwasser  nicht  mehr  gelb  färbte. 

Zur  Controlle  der  Analyse  wurden  gewogene  Wassermengen  mit 
Schwefelsäure  im  Ueberschusse  versetzt , abgedampft  und  bis  zum 
constanten  Gewichte  geglüht;  das  Gewicht  des  so  erhaltenen  Rück- 
standes wurde  dem  aus  den  Einzelbestimmungen  berechneten  gegenüber- 
gestellt. 


‘)  Das  Waschen  des  auskrystallisirten  Kochsalzes  war  bei  allen  Versuchen 
so  lange  fortgesetzt  worden,  dass  sich  die  ganze  Krystallmasse  bei  der  Untersuchung 
frei  von  Jod  und  Brom  zeigte. 


16* 


122 


E.  Ludwig. 


Das  specifische  Gewicht  des  Wassers  wurde  mit  dem  Picnometer 
ermittelt  und  in  drei  Versuchen  bei  16°  C.  D0186,  P01866  und 
D01869,  also  im  Mittel  T01865  (bezogen  auf  destillirtes  Wasser  von 
16°  C.  als  Einheit)  gefunden. 

Die  auf  die  quantitativen  Bestimmungen  der  Bestandteile  des 
Wassers  bezüglichen  Zahlen  sind  in  den  folgenden  Tabellen  zusammen- 
gestellt. 


Kohlensäure. 


Wassermenge 

in 

Grammen 

Durch  Salzsäure 
aus  dem  Baryt- 
Niederschlage 
entwickelte 
Kohlensäure 

Entsprechend  für 
10000  Theile 

Mittel 

508-8 

0 078 

1-533 

508  8 

0-078 

1-533 

1 523 

508-8 

0-079 

1-552 

508  8 

0 075 

1-474 

Kieselsäure. 


Wassermenge 

in 

Grammen 


678-46 

619-7885 


Kieselsäure 


00083 

00076 


Entsprechend  für 
10000  Theile 


0 1223 
0-1226 


Mittel 


0-1225 


Borsäure. 


Wassermenge 

Borsäure 

Entsprechend 

in 

und 

Magnesia 

Borsäure 

für 

Grammen 

Magnesia 

10000  Theile 

2035  1 

0-2613 

02321 

0-0292 

0-1435 

[5] 


Chemische  Analyse  der  Darkauer  jodhaltigen  Salzsoole. 


123 


Jod. 


Wassermenge 

in 

Palladium 

Entsprechend 

Jod 

Entsprechend 

für 

Mittel 

Grammen 

10000  Theile 

4070-22 

0-0380 

0-09106 

0-2237 

4070-22 

00390 

0-09345 

0-2296 

0 2256 

407022 

0-0381 

0-09130 

0 2243 

203511 

00191 

0-04580 

0-2249 

Br  om. 


Wassermenge 

in 

Grammen 

Verbrauchtes 
Chlorwasser 
in  Cubik- 
centimetern 

1 Cubik- 
centimeter 
Chlorwasser 
entsprechend 
Brom 

Brom 

für 

10000  Theile 

Mittel 

1017-55 

23 

0-00488 

1-103 

1017.55 

23 

0-00488 

1103 

1017-55 

22-9 

0-00484 

1-089 

i uy  ( 

101755 

23 

0-00484 

1094 

Chlor,  Brom  und  Jod. 


Wassermenge 

in 

Grammen 

Chlorsilber 

Bromsilber 

Jodsilber 

Entsprechend 

für 

10000  Theile 

Mittel 

28-2569 

1-7592 

622-57 

30-0384 

1-8709 

622-83 

622-58 

35-6376 

2-2179 

622  35 

Chlor. 


Chlor-,  Brorn- 
und  Jodsilber 
in 

10000  Th  eilen 

Jodsilber 

in 

10000  Theilen 

Bromsilber 

in 

10000  Theilen 

Chlorsilber 

in 

10000  Theilen 

Chlor 

in 

10000  Theilen 

622-58 

0-5951 

2-5779 

619-407 

153142 

124 


E.  Ludwig. 


[6] 


Kalium,  Natrium  und  Lithium. 


Wassermenge 

in 

Grammen 

Chlorkalium 

Chlornatrium 

Chlorlithium 

Entsprechend 

für 

10000  Theile 

Mittel 

100-4115 

2-2278 

221-867 

102-5875 

2-2814 

222-380 

221-924 

100-6522 

2-2297 

221-525 

Kalium. 


Entsprechend  für  10000 

Theile 

Wasser- 
menge in 
Grammen 

Kalium- 

platinchlorid 

Entsprechr. 

Chlorkalium 

Chlorkalium 

Mittel 

Entspr. 

Kalium 

100-9088 

102-5875 

0 0416 

00439 

0-01268 

0-01387 

1-257 

1-305 

1-281 

0-6718 

L i t h i u m. 


Entsprechend  für  10000  Theile 

Wassermenge 

in 

Grammen 

phosphorsaures 

Lithium 

Entsprechend 

Lithium 

Lithium 

Chlorlithium 

1017-55 

0-0262 

00047 

0 0466 

0-283 

N a t r i u m. 


Chlorkalium 
Clilornatium 
Chlorlithium 
für  10000  Theile 

Chlorlithium 
-}-  Chlorkalium 
in  10000  Theilen 

Chlornatrium 

in 

10000  Theilen 

Entsprechend 

Natrium 

. 

221-924 

1-564 

220-36 

86-6819 

m 


Chemische  Analyse  der  Darkauer  jodhaltigen  Salzsoole. 


125 


Ammoniak. 


Wassermenge 

in 

Grammen 

Verbrauchte 
Normalsäure 
in  Cubik- 
centimetern 

Entsprechend 

Ammoniak 

Entsprechend 

für 

10000  Theile 

Mittel 

1017-55 

3-4 

0-0578 

0-568 

0-577 

1017-55 

3-5 

0-0595 

0-585 

Calcium. 


Wassermenge 

in 

Grammen 

Kalk 

Entsprechend 

für 

10000  Theile 

Mittel 

Entsprechend 

Calcium 

245-991 

0-2388 

9-708 

9-7005 

69289 

619-7885 

0-6009 

9-693 

Baryum, 


Wassermenge 

in 

Grammen 

Schwefelsaurer 
. Baryt 

Entsprechend 

Baryum 

Entsprechend 

für 

10000  Theile 

1017-55 

0-0265 

00156 

01533 

M a g n e s i u m. 


Wasser- 
menge in 
Grammen 

Pyrophos- 

pliorsaure 

Magnesia 

Entspr. 

Magnesia 

Entspr. 

für 

10000  Thl. 

Mittel 

Entspr. 

Magnesium 

245-991 

0-293 

0-1056 

4-2928 

4-3104 

25862 

619-7885 

0-7444 

0-2683 

4-3280 

126 


E.  Ludwig. 


[8] 


Eisen. 


Wassermenge 

in 

Grammen 

Eisenoxyd 

Entsprechend 

für 

1Ö000  Theile 

Mittel 

Entsprechend 

Eisen 

678-46 

0-004 

0-0590 

0-0594 

0-0416 

619-7885 

0-0037 

0-0597 

Summe  der  fixen  Bestandteile  als  Sulfate  bestimmt 


Wassermenge 

Entsprechend 

in 

Sulfate 

für 

Mittel 

Berechnet 

Grammen 

10000  Theile 

188-626 

5-7653 

305-65 

305-65 

306-38 

172-5965 

5-2755 

305-65 

Organische  Substanz.1) 


Wassermenge 

in 

Grammen 

Glühverlust 

des 

Abdampfrück- 

standes 

Entsprechend 

für 

10000  Theile 

Mittel 

203-5 

0-0137 

0-6730 

0-6264 

203-5 

00118 

0-5798 

‘)  Die  Menge  der  in  dem  Wasser  gelösten  organischen  Substanzen  wurde 
approximativ  bestimmt,  indem  man  gewogene  Wassermengen  mit  etwas  Aetznatron 
und  kohlensaurem  Natron  im  Ueberschusse  versetzte,  den  entstandenen  Niederschlag 
abfiltrirte,  das  Filtrat  zur  Trockene  verdampfte,  den  trockenen  Rückstand  bei  140°  C. 
bis  zum  constanten  Gewichte  trocknete  und  den  Glühverlust  ermittelte. 


[9] 


Chemische  Analyse  der  Darkauer  jodhaltigen  Salzsoole. 


127 


Zusammenstellung  der  analytischen  Resultate. 

10000  Theile  des  Wassers  gaben: 


Analyse  v.  Ludwig 

Analyse  v.  Barber 

Kohlensäureanhydrid 

1-5230 

1-7450 

Kieselsäureanhydrid 

0-1225 

0-5540 

Borsäureanhydrid 

0-1435 

— 

Salpetrige  Säure 

geringe  Mengen 

— 

Jod 

0-2256 

0-2913 

Brom 

1-0970 

0-8831 

Chlor 

153-1420 

153-7550 

Kalium 

0-6718 

1-0790 

Lithium 

0-0466 

— 

Natrium 

86-6819 

86-3720 

Ammoniak 

0-5770 

— 

Calcium 

6-9289 

7-7060 

Baryum 

0- 1533 

— 

Strontium 

Spuren 

— 

Magnesium 

2-5862 

2-6390 

Eisen 

0-0416 

0-2440 

Organische  Substanz 

0-6264 

0-4320 

Summe  der  festen  Bestand- 

theile  (berechnet) 

254-0414 

253-7120 

Specifisches  Gewicht 

1-01865 

1-01824 

Ein  Vergleich  der  Resultate  beider  Analysen  ergiebt,  dass  die 
Zusammensetzung  der  Darkauer  Salzsoole  seit  dem  Jahre  18G9  unver- 
ändert geblieben  ist;  salpetrige  Säure,  Borsäure,  Baryum,  Strontium, 
Lithium  und  Ammoniak,  welche  ich  in  dem  Wasser  fand,  sind  selbst- 
verständlich auch  früher  darin  schon  vorhanden  gewesen  und  es  wurde 
gewiss  nur  unterlassen,  darauf  zu  prüfen. 

Werden  die  aufgezählten  Bestandtheile  zu  Salzen  gruppirt,  so  hat 
man  für  10000  Theile  des  Wassers: 


Chlorkalium 

1 -2833 

Chlornatrium 

220-4735 

Chlorlithium 

02829 

Chlorbaryum 

0-2327 

Chlorammonium 

1-7738 

Chlorcalcium 

19-2277 

Chlormagnesium 

6-5923 

Brommagnesium 

1-2615 

Jodmagnesium 

0-2469 

Borsaures  Magnesium 

02665 

Kohlensaures  Magnesium 

2-3142 

Kohlensaures  Eisen 

0-086 1 

Strontium,  salpetrige  Säure 

Spuren 

Organische  Substanz 

0-6264 

Freie  Kohlensäure 

0-2781 

Mineralogische  Mittheilungen.  187C.  2.  Heft.  (Ludwig.) 


17 


128 


E.  Ludwig. 


[10] 


Analyse  der  aus  dem  Wasser  durch  Auskochen  erhaltenen  Gase. 

Das  an  der  Quelle  in  Ballons  mit  eng  ausgezogenem  Halse 
gefüllte  Wasser  wurde  im  Laboratorium  unter  Zuhilfenahme  einer 
G eissl er’schen  Pumpe  ausgekocht;  die  qualitative  Analyse  des  erhal- 
tenen Gasgemenges  ergab  als  dessen  Bestandtheile : Kohlensäure,  Gru- 
bengas und  Stickstoff.  Durch  Prüfung  mit  rauchender  Schwefelsäure, 
mit  Chromsäure1)  und  mit  pyrogallussaurem  Kalium  wurde  die  Abwe- 
senheit von  Kohlenwasserstoffen  der  Reihe  Cn  H211,  von  Kohlenoxyd, 
Wasserstoff  und  Sauerstoff  festgestellt.  Die  Ergebnisse  der  quantita- 
tiven Analyse  sind  folgende: 

Wasser  menge:  923’25  Grm. 


I.  Analyse  im  A b s 0 r p t i 0 n s r 0 h r.2) 

Y.  t.  P.  V0. 

Gesammtmenge  des  ausgekochten  Gases  135-5  17-5°C.  0-6496  82-72 
Nach  Absorption  der  Kohlensäure  105-2  17'5°C.  0-6221  61  "51 
demnach  21 -21  Vol.  oder  25-64  Troc.  Kohlensäure. 


II.  Analyse  im  Eudiomete  r. 


V. 

t. 

P- 

v0. 

Von  Kohlensäure  befreites  Gas 

93-9 

17-2°  C. 

0-2697 

23-83 

Nach  Zugabe  von  Sauerstoff 

200-8 

17°  C. 

0-385 

72-78 

Nach  Zugabe  von  Luft 

382-2 

16-5°  C. 

0-5751 

207-35 

Nach  der  Explosion 

344-8 

15-7°  C. 

0535 

174-45 

Nach  Absorption  der  Kohlensäure 

319-6 

17-1°  C. 

0"5248 

157"85 

Nach  Zugabe  von  Wasserstoff 

429-2 

17°  C. 

0-6349 

256"54 

Nach  der  Explosion 

2743 

15-4°  C. 

0-4822 

125-21 

Für  23‘83  Vol.  des  von  Kohlensäure  befreiten  Gases  ergeben 
sich  somit: 


32 "90  Yol.  Contraction 

16'60  „ Kohlensäure 

33-38  „ verbrauchter  Sauerstoff. 

Aus  diesen  Daten  geht  zunächst  hervor,  dass  ausser  dem  Gruben- 
gase kein  anderes  brennbares  Gas  vorhanden  ist  und  es  lassen  sich 

für  die  Bestimmung  der  relativen  Mengen  des  Grubengases  und  des 
Stickstoffes  folgende  vier  Gleichungen  aufstellen,  in  denen  mit  x die 


J)  Vergl.  „Ueber  die  Einwirkung  der  Chromsäure  auf  Kohlenoxyd,  Wasser- 
stoff, Grubengas  und  Aethylen“  von  E.  Ludwig,  Annalen  der  Chemie  u.  Pharmacie, 
Band  162,  pag.  47. 

2)  V bedeutet  das  abgelesene  nach  der  Calibrirung  corrigirte  Volumen,  t die 
Temperatur,  p den  Druck  in  Mtr.  einer  Quecksilbersäule,  V0  das  für  0°  und  1 Mtr. 
Druck  berechnete  Volumen. 


[11] 


Chemische  Analyse  der  Darkauer  jodhaltigen  Salzsoole. 


129 


unbekannte  Menge  des  Grubengases  und  mit  n die  unbekannte  Menge 
des  Stickstoffes  bezeichnet  sind: 

x + n = 23-83 
2 x = 32-90 
x = 16'60 
2 x = 33’38 

Für  die  Menge  des  Grubengases  hat  man  folgende  Werthe: 

Aus  der  bei  der  Verbrennung  entstandenen  Kohlensäure  l(3-60 

Aus  der  Contraction 16‘45 

Aus  dem  verbrauchten  Sauerstoff 16-69 

Im  Mittel 16-58 

Die  procentische  Zusammensetzung  des  durch  Auskochen  aus  dem 
Wasser  erhaltenen  Gasgemenges  ist  somit  folgende: 

Kohlensäure  25-64 
Grubengas  51 -74 
Stickstoff  22-62 

100-00 

923’25  Grin.  Wasser  gaben  beim  Auskochen  82*72  Vol.1)  ent- 
sprechend 20’58  Cubikcent.  Gas  (bei  0°  und  1 Meter  Quecksilberdruck 
gemessen),  10000  Grm.  des  Wassers  liefern  demnach  durch  Auskochen 
305-92  Cubikcent.  Gas  von  der  Quellentemperatur  1D750  C.  und  unter 
dem  Drucke  von  760  Mm.  u.  z. : 

Kohlensäure  78*44  Cubikcent. 

Grubengas  158-28  „ 

Stickstoff  69-20  „ 

305-92 


Analyse  der  in  der  Quelle  frei  aufsteigenden  Gase. 

Die  Gase  wurden  in  Röhren  aus  leicht  schmelzbarem  Glase  auf- 
gefangen  und  die  Röhren  nach  dem  Füllen  sofort  zugeschmolzen.2) 


9 Eine  solche  Yolumseinlieit  der  Absorptionsröhre,  in  welcher  das  Gas  ange- 
sammelt wurde,  entspricht  0'2488  Cubikcent. 

2)  Zum  Ansammeln  der  in  Quellen  frei  aufsteigenden  Gase  benütze  ich  seit 
vielen  Jahren  mit  grossem  Vortheile  das  von  Bimsen  (Gasometrische  Methoden, 
pag.  2)  empfohlene  Verfahren  mit  einer  Abänderung,  durch  welche  das  Zuschmelzen 
der  Röhren  wesentlich  erleichtert  wird.  Die  Sammelröhren  fertige  ich  aus  Röhren 
von  leicht  schmelzbarem  Thüringer  Glase,  die  eine  Wandstärke  von  ungefähr  1'5 
bis  2 Mm.  und  einen  inneren  Durchmesser  von  10  bis  12  Mm.  besitzen.  Die  Füllung 
geschieht  in  derselben  Weise,  wie  dies  Bimsen  1.  c.  beschreibt;  wenn  das  Gas  die 
Röhre  bereits  bis  unter  die  Verengung  erfüllt,  dann  wird  Trichter  und  Stöpsel  unter 
dem  Niveau  des  Quellbassins  herausgezogen  und  ein  Kautschukstöpsel  eingeführt, 
in  dessen  Bohrung  ein  zweischenkliges  Glasrohr  steckt,  das  mit  dem  Wasser  der 
Quelle  gefüllt  wurde;  in  diesem  Zustande,  welchen  die  umstehende  Figur  1 zeigt, 
kann  das  Rohr  aus  der  Quelle  entfernt  und  über  der  Flamme  einer  Weingeistlampe 
mit  Leichtigkeit  zugeschmolzen  werden;  es  ist  empfehlens werth,  die  Lampe  mit 
einem  dichten  Dochte  von  geringem  Durchmesser  zu  versehen,  damit  die  Flamme 
keine  zu  grosse  Ausdehnung  erlange  und  nur  ein  kurzer  Theil  der  Röhren- 

17* 


130 


E.  Ludwig. 


[12] 


Die  Zusammensetzung  des  Inhaltes  verschiedener  Röhren  wurde  bis 
auf  unbedeutende  Differenzen  gleich  gefunden.  Ich  lasse  die  Resultate 
der  Analysen  von  dem  Inhalte  zweier  solcher  Röhren  unter  1.  und  II. 
folgen  : 

I. 


a.  Analyse  im  Absorptionsrohre. 


V.  t. 

P 

v0. 

Ursprüngliches  Gas 

162-8  11-5°C. 

0-7174 

112-08 

Nach  Absorption  der  Kohlensäure 

162-1  1 2*  1 0 C. 

0-7167 

111-25 

Kohlensäure  0"83  Vol.  entspr.  0-74  Proc. 

b.  Analyse  im  Eudiometer. 

V.  t. 

P- 

v„. 

Von  Kohlensäure  befreites  Gas 

128-4  11-3°C. 

0-1873 

23-10 

Nach  Zugabe  von  Sauerstoff 

452-5  1U6 

0-512 

222-25 

Nach  der  Explosion 

402-0  11-6 

0*4614 

17793 

Nach  Absorption  der  Kohlensäure 

377  3 13-1 

0-432 

155-54 

Contraction : 4P32 ; daraus 

berechnetes  Sumpfg 

as  22-16 

Kohlensäure:  22‘39  „ 

)?  15 

22*39 

Mittel 

22-28 

Stickstoff  0"82 

II. 

a.  Analyse  im  Absorptionsrohre. 

V.  t. 

P 

v„. 

Ursprüngliches  Gas 

170-6  15°  C. 

0"6955 

11248 

Nach  Absorption  der  Kohlensäure 

169-2  14-3°  C. 

0-6957 

111-86 

Kohlensäure  0‘62  Vol.  entspr.  0’55  Proc. 


Verengerung  erhitzt  werde.  Da  die  drückende  Wassersäule  in  dem  zweischenkligen 
Rohre  nur  einige  Millimeter  beträgt,  wenn  die  Dimensionen  gut  gewählt  sind,  so 

ist  das  Aufblasen  der  Röhre 
Figur  i.  beim  Zuschmelzen  nicht  zu 

befürchten,  kann  aber  beson- 
ders daun  nie  Vorkommen,  wenn 
man  beim  Ausziehen  der  Sam- 
melröhre dafür  gesorgt  hat, 
dass  die  verengte  Stelle  dick- 
wandig genug  blieb.  Ich  habe 
schon  zahlreiche  Röhren  auf 
diese  Weise  gefüllt  und  zuge- 
schmolzen und  das  Verfahren 
wiederholt  demonstrirt;  niemals 
ist  mir  die  Operation  des 
Zuschmelzens  misslungen.  Die 
ausgezogene  Röhre  wird,  wie 
es  die  Figur  2 versinnlicht,  mit 
ihrem  dünnen  Ende  in  einen  durchbohrten  Kork  gesteckt,  dessen  Bohrung  oben 
noch  durch  ein  cylindrisches  Stück  Kork  verschlossen  ist,  das  nicht  ganz  bis  zur 
Röhrenspitze  reicht;  auf  diese  Weise  geschützt,  lassen  sich  dann  die  Röhren  ohne 
Gefahr  transportiren. 


Chemische  Analyse  der  Darkauer  jodhaltigen  Salzsoole-  131 


b.  Analyse  im  Eudiometer. 


V. 

t. 

p- 

v„. 

Von  Kohlensäure  befreites  Gas 

70-3 

15-7°  C. 

0-2403 

15-97 

Nach  Zugabe  von  Luft 

297-9 

15-7 

0-4832 

136-13 

Nach  Zugabe  von  Sauerstoff 

355‘5 

15"6 

0-5436 

182-82 

Nach  der  Explosion 

318-8 

16-2 

0-5054 

152-11 

Nach  Absorption  der  Kohlensäure 

299-0 

16-2 

0-4839 

136-59 

Nach  Zugabe  von  Wasserstoff 

502-6 

16-3 

0-6688 

317  22 

Nach  der  Explosion 

373-8 

17-2 

0-5489 

19303 

Contraction  30‘71  ; 

daraus  berechnetes 

Grubengas  15  36 

Kohlensäure  15-52 

3? 

37 

77 

15-52 

Verbrauchter  Sauerstoff  30’48 

7) 

33 

33 

15-24 

Mittel 

15-37 

Stickstoff 

0-60 

Aus  diesen  analytischen  Ergebnissen  wird  durch  Rechnung 

folgende 

procentische  Zusammensetzung  für 

die  zwei 

Gasproben  gefunden. 

I. 

II. 

Kohlensäure 

0-74 

0-55 

Grubengas 

95-73 

95-7 1 

Stickstoff 

3*53 

3-74 

100-00 

100-00 

Die  Darkauer  Salzsoole  ist  nach  den  vorausgegangenen  Resultaten 
der  Untersuchung  unter  die  bekanntesten  jodhaltigen  Mineralwässer 
einzureihen,  ihr  Jodgehalt  ist  kleiner,  als  der  des  Haller  Wassers, 
nahezu  gleich  dem  der  Adelheidsquelle  zu  Heilbrunn,  bedeutend 
grösser,  als  der  der  Wässer  von  Lu  hat  sc  ho  witz  in  Mähren,  Lippik 
in  Slavonien  und  Ivouicz  in  Galizien;  im  Gehalte  an  Brom  wird  das 
Darkauer  Wasser  von  keinem  der  genannten  erreicht. 

Die  grösste  Aehnlichkeit  in  der  Zusammensetzung  hat  das  Wasser 
von  Darkau  mit  dem  von  Hall,  von  den  Wässern  der  übrigen  ge- 
nannten Quellen  unterscheidet  sich  das  Darkauer  Wasser  dadurch,  dass 
es  kein  kohlensaures  Natrium  enthält. 

In  der  folgenden  Tabelle  habe  ich  die  Bestandtheile  der  oben 
angeführten  jodhaltigen  Wässer  zusammengestellt,  die  analytischen 
Resultate  sind  für  je  lOOOO  Theile  Wasser  so  umgerechnet,  dass  eine 
directe  Vergleichung  möglich  wird. 


132 


E.  Ludwig. 


[14] 


Heil- 

brunn3) 

Adel- 

heids- 

quelle 

Ivonicz 3) 

d 

* S3 

Luhatscliowitz5) 

Darkau 

Hall1) 

Karls- 

quelle 

Ama- 

lien- 

quelle 

.-ajg 

►—3  d 

in 

O 

Yincenz- 

Brunnen 

Louisen- 

quelle 

Kohlensäureanhydrid 

1-5230 

4-366 

3-4810 

24-8836 

22-7287 

14  960 

69-526 

63  239 

Kicselsäurcanhydrid  . 

0 1225 

0-249 

0-1916 

0-1874 

0-1905 

0-500 

0-515 

0-620 

Schwefclsäiireanhydrid 

— 

— 

00351 

— 

— 

2-086 

— 

— 

Bo  rsänreanhy drid  . . 

0-1435 

— 

— 

Spur 

Spur 

— 

• — 

— 

Phosphorsiiuroanhydrid 

— 

— 

Spur 

Spur 

Spur 

— 

0-008 

0014 

Salpetrige  Säure  . . 

Spuren 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

Chlor 

153-142 

79-689 

30-0935 

51-7744 

48-2617 

3-984 

19-6942 

27-4448 

Brom 

1097 

0-508 

0-3720 

0-1793 

0T783 

— 

0-2586 

0090 

Jod 

0-2256 

0-390 

0-2423 

0-1390 

0-1310 

0 033 

0T465 

0-2006 

Fluor  

— 

— 

— 

— 

— 

— 

0-009 

0-0060 

Kalium 

0-6718 

0-2016 

0 1237 

0-5015 

0-4772 

0868 

1-2261 

1-1055 

Natrium 

86-6819 

47-848 

23T725 

40-7666 

38-1349 

8-5026 

25-2987 

41-6170 

Lithium 

0-0866 

— 

— 

0-0206 

00199 

Spur 

0-0023 

00030 

Ammoniak 

0-5770 

0-2354 

— 

0-0668 

0-0636 

— 

— 

— 

ßaryum  

0 1533 

— 

— 

0-1346 

0T263 

— 

0-064 

00612 

Strontium 

Spuren 

— 

— 

0-0054 

0-0052 

— 

00723 

0-1102 

Calcium 

6-9289 

1-445 

0-3042 

0-9704 

0-9047 

0-529 

2-4490 

32200 

Magnesium 

2-5862 

0-7464 

0-0535 

02432 

0-2195 

0156 

0-1571 

0-3177 

Eisen 

00416 

00233 

00452 

0-0202 

0-0947°) 

jo-0337) 

0-0700 

0 11689) 

Aluminium 

— 

0-0782 

0099 

Spur 

Spur 

0-0201 

0038 

Organische  Substanz . 
Summe  der  festen  Bo- 

0-6264 

— 

02146 

0 1586 

0-1487 

— 

— 

— 

standtheile  . . . 

2540414 

130715 

60-1501 

106-927 

99-999 

25-117 

71-398 

109-980 

Grubengas 8)  .... 

115-3 

— 

167-1 

413-9 

374-2 

— 

— 

— 

Stickstoff 

52-0 

— 

136  3 

87-2 

78-8 

— 

— 

— 

Sauerstoff 

28-7 

Das  Auftreten  von  in  der  Quelle  frei  aufsteigenden  Gasen  ist  von 
Pettenkofer  für  die  Adelheidsquelle  und  von  Torosiewicz 
sowie  von  Alexandrowicz  für  die  Quellen  in  Ivonicz  angegeben; 
die  Untersuchung  ergab  auch  in  diesen  Fällen  einen  grossen  Gehalt 
an  Grubengas. 


’)  Analyse  von  A.  Kauer,  Sitzungsberichte  der  kaiserl.  Akademie  der  Wissen- 
schaften in  Wien,  37.  Bd.  pag.  27.  2)  Analyse  von  Pettenkofer,  Annalen  der 

Chemie  u.  Pharmacie,  Bd.  77,  p.  183.  3)  Analyse  von  Alexandrowicz,  Krakau, 

Buchdruckerei  der  k.  k.  Universität  1867.  4)  Analyse  von  A.  Kauer,  Sitzungsbericht 
der  Wiener  Akad.  d.  Wiss.  47.  Bd.,  pag.  101.  “)  Analyse  von  J.  v.  Ferstl,  Jahrb. 
der  k.  k.  geolog.  Reichsanstalt  in  Wien,  Jakrg.  1853,  pag.  683.  °)  Nebst  0 0074, 
resp.  0 0342  Mangan.  T)  Eisenoxyd  und  Thonerde  zusammen.  8)  Die  Zahlen  für 
die  Gase  bedeuten  Cubilcccnt.  (bei  0°  und  760  Mm.  Druck).  9)  Nebst  0-0227  resp. 
0 016  Mangan. 


V.  lieber  vulkanische  Gesteine  der  Galopagos- Inseln. 

Von  Frank  A.  Goocli 

aus  Cambridge  Mass. 

Die  geologische  Beschaffenheit  der  Galopagos-Inseln,  welche  im 
stillen  Ocean  unter  dem  Aequator  fünf-  bis  sechshundert  Meilen  von 
der  Westküste  Südamerikas  entfernt  liegen,  bildet  den  Gegenstand 
eines  besonderen  Kapitels  von  Charles  Darwin’s  Werke  „Geological 
Observations  on  the  Volcanic  Islands  visited  during  the  Voyage  of 
H.  M.  S.  Beagle.“ 

Nach  Darwin’s  Schilderung  wird  der  Galopagos-Archipel  von 
fünf  grösseren  und  mehreren  kleinen  Inseln  gebildet,  die  vulkanischen 
Ursprungs  sind  und  zusammen  der  Area  nicht  aber  der  Ausdehnung 
des  Landes  nach  die  Grösse  Siciliens  mit  Einschluss  der  jonischen 
Inseln  erreichen.  — Zwei  Krater  wurden  in  voller  Thätigkeit  gesehen 
und  auf  mehreren  Inseln  scheinen  die  Lavaströme  neuen  Ursprungs  zu 
sein.  Die  Zahl  der  Krater,  welche  bald  nur  die  Grösse  von  Löchern 
zeigen,  bald  einen  Umfang  von  mehreren  Meilen  erreichen,  beträgt 
wahrscheinlich  mehr  als  zweitausend;  sie  bestehen  zum  Theile  aus 
Schlacken  und  Laven,  zum  Theile  aus  braunem  Tuff,  welcher  wahr- 
scheinlich durch  die  Zerreibung  basaltischer  Laven  in  dem  Inneren 
thätiger  submariner  Krater  entstand. 

Die  basaltischen  Laven  enthalten  nach  Darwin  glasigen  Feld- 
spath  in  grossen  zerbrochenen  Krystallen , deren  Durchmesser  von 
2'5  Mm.  bis  D25  Cm.  variirt , und  welche  von  Lava  eingehüllt,  ge- 
rundet und  durchdrungen  sind,  wie  Fragmente  fremder  Gesteine  in 
einer  Trappmasse. 

Die  basaltischen  Laven  der  nördlichen  Inseln  scheinen  mehr 
Feldspath  zu  enthalten  als  die  der  südlichen  Inseln,  und  der  Feldspath 
selbst  zeigt  immer  die  Spaltbarkeit  von  Plagioklas  mit  Ausnahme 
einiger  Krystalle  von  einem  Theile  der  James-Insel,  welche  wie  Ortho- 
klas spaltbar  waren.  Olivin  wurde  in  Gesellschaft  von  Plagioklas 
getroffen,  Krystalle  von  Augit  oder  Hornblende  aber  nur  in  einigen 
Fragmenten,  welche  von  einem  kleinen  Krater  auf  der  James-Insel 
ausgeworfen  wurden;  diese  Fragmente  bestehen  aus  Zwillingen  von 
Plagioklas  und  halbgerundeten  Körnern  eines  stahlblauen  Augits,  der 
durch  Winkelmessungen  bestimmt  wurde. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1876.  2.  Heft.  (Frank  A.  Gooch.) 


134 


Frank  A.  G-ooch. 


[2] 


Lagen  von  Asche  und  weit  ausgeworfene  Schlacken  kommen  nur 
äusserst  selten  vor;  echter  Trachyt-Obsidian  oder  Bimsteine  wurden 
nicht  beobachtet. 

Durch  die  besondere  Güte  des  Herrn  Directors  G.  Tschermak 
bot  sich  mir  die  Gelegenheit,  einige  Gesteine  des  Galopago-Archipels 
mikroskopisch  zu  untersuchen  , deren  Beschreibung  ich  in  den  nach- 
folgenden Zeilen  zu  geben  versuche. 


Lava-Schlacken. 

Eine  schwarze  glasartige  Schlacke  von  der  Insel  Bindloe  ist  von 
glänzender  Oberfläche  und  sowohl  auf  der  Bruchfläche  als  auf  der 
Aussenseite  irisirend;  sie  enthält  hie  und  da  makroskopische  Frag- 
mente von  glasigem  Feldspath,  — ein  Fragment  in  dem  mir  vorlie- 
genden Handstücke  hat  beispielsweise  einen  Durchmesser  von  beiläufig 
4 Mm.  Die  Bruchfläche  eines  zweiten  Stückes  von  demselben  Fund- 
orte zeigte  an  Theilen  des  Inneren , welche  zunächst  an  die  Aussen- 
fläche  grenzten  , eine  gelbe  Färbung.  Von  diesem  zweiten  Stücke 
wurden  Dünnschliffe  angefertigt. 

Die  dunkleren  Theile  der  Lava  bestehen  aus  einer  undurchsich- 
tigen Grundmasse,  welche  kleine  nadelförmige  Krystalle  von  Plagioklas 
enthält,  die  glänzende  Pölarisationsfarben  und  charakteristische  Zwil- 
lingsformen zeigen.  Hie  und  da  kommen  auch  kleine  Theilchen  von 
Olivin  vor,  der  durch  die.  glänzenden  Farben  im  polarisirten  Lichte 
und  durch  die  rauhe  Beschaffenheit  der  Umrisse  leicht  zu  erkennen 
ist.  Wenn  die  Grundmasse  ins  Gelbliche  übergeht , erscheinen  die 
krystallinischen  Bestandtheile  zahlreicher  in  dem  durchsichtigen  Glase. 
Das  klare  gelbe  Glas,  welches  die  gelben  Theile  des  Bandstückes 
bildet,  ist  ausser  dem  Plagioklas  und  Olivin,  auch  reich  an  Mikrolithen, 
die  deutlich  an  der  Bildung  grösserer  Krystalle  theilnehmen.  Die 
Ränder  der  Poren  sind  häufig,  doch  nicht  immer  von  einer  rothen 
eisenhaltigen  (vielleicht  chloritischen)  Materie  eingefasst,  welche  zuweilen 
aber  viel  seltener  in  runden  Flecken  im  Inneren  des  Glases  vorkommt 
und  wahrscheinlich  auch  dann  in  Verbindung  mit  Poren  stand,  welche 
aber  im  Dünnschliffe  nicht  erscheinen. 

Eine  dunkle  Lava-Schlacke,  äusserlich  von  matter  Bleifärbung  an 
allen  Stellen,  in  welchen  sie  ihren  Glanz  bewahrt,  und  eine  dunkel- 
rothe  Schlacke  von  derselben  Localität  (Bindloe-Insel)  zeigt  unter  dem 
Mikroskope  eine  opake  Grundmasse,  welche  nirgends  durchsichtig  wird, 
und  einige  wenige  kleine  Krystalle  von  Plagioklas  und  noch  seltener 
Olivin  enthält. 

Eine  dunkle  Schlacke  von  Abingdon,  braun,  glänzend  und  zuweilen 
irisirend  ist  in  mikroskopischer  Beziehung  letzterer  ganz  ähnlich. 

In  der  rothen  Lava  bemerkte  ich  keine  makroskopischen  Krystalle, 
wohl  aber  kommt  in  jeder  der  beiden  anderer  Feldspath  vor,  wenn- 
gleich er  nur  selten  mit  freiem  Auge  erkennbar  ist. 

Eine  ziegelrothe  Schlacke  von  Puerto  de  los  Cuevos  auf  der 
Charles-Insel  zeigt  im  Dünnschliffe  grosse  Krystalle  von  Olivin  in  einer 
halbdurchsichtigen  glasartigen  Grundmasse  eingebettet.  Der  Dünnschliff 


Ueber  vulkanische  Gesteine  der  Galopagos-Iuseln. 


135 


[•-] 


enthielt  keinen  Plagioklas,  obwohl  dieses  Mineral  an  dem  Handstücke 
in  kleinen  makroskopischen  Krystallen  vorkam. 

Leicht  zerbrechliche  Lapilli  von  Bindloe  bis  zn  2 Cm.  im  Durch- 
messer, von  dunklem,  glänzenden  Aeusseren  unterscheiden  sich  in  der 
äusseren  Erscheinung  nur  wenig  von  der  zuerst  beschriebenen  Schlacke 
derselben  Localität.  Die  Dünnschliffe  zeigen  ein  gelbes  Glas  reich  an 
Gasporen  mit  hie  und  da  zerstreuten  Glaskörnchen  in  einem  Anfangs- 
stadium von  Krystallisation  und  selten  vorkommende  winzige  krystalli- 
nische  Fragmente,  die  wahrscheinlich  Feldspath  sind.  Die  Lapilli  sind 
ausserordentlich  leicht  zerbrechlich  und  es  ist  daher  sehr  wahrscheinlich, 
dass  die  krystallinischen  Bestandtheile  ungeachtet  ihres  Vorhandenseins, 
während  des  Dünnschliffes  ausfielen. 

Eine  Lava-Schlacke  von  Charles-Insel  ist  auf  der  Aussenseite  von 
einer  ziemlich  festen  grauen  glasigen  Rinde  umgeben.  Unter  dem 
Mikroskope  sieht  man  in  den  dunklen  porösen  Theilen  der  Lava  eine 
dunkle  Grundmasse,  welche  Olivin  enthält.  Die  Olivin-Bestaudtheile 
sind  oft  sehr  gross , bis  zu  2 Mm.  im  Durchmesser,  und  umschliessen 
Partikeln  von  Glas.  Die  helleren  Theile  der  Lava  enthalten  gleichfalls 
Olivin,  dessen  Structur  sehr  eigenthümlich  ist,  indem  die  Masse  Körner 
einer  glasigen  Materie  in  beträchtlicher  Zahl  enthält.  Winzige  Mikro- 
lithen,  die  Plagioklas  zu  sein  scheinen,  kommen  im  hellen  Glase  vor. 


Basalt -Laven. 

Mehrere  Stücke  der  basaltischen  Lava  von  Bindloe  und  Abingdon 
sowie  ein  Exemplar  unbekannten  Fundortes,  sind  einander  sehr  ähnlich 
und  mögen  unter  einer  gemeinschaftlichen  Beschreibung  zusammen- 
gefasst werden. 

Die  Gesteine  sind  sehr  grob  porös  und  die  Zwischenmasse  besteht 
halb  aus  einer  dichten  Grundmasse  halb  aus  krystalliriischem  Plagioklas. 
Besonders  bemerkenswert!!  ist  an  diesen  Basalten  die  immense  Grösse, 
welche  der  Feldspath  erreicht;  — ein  Krystall  in  einem  Stücke  von 
Abingdon  hat  zum  Beispiel  einen  Durchmesser  von  3 Cm.  in  der  einen 
und  von  2‘5  Cm.  in  der  anderen  Richtung. 

Dünnschliffe  von  diesen  Gesteinen  zeigen  grosse  Krystalle  von 
Plagioklas  in  einer  Grundmasse  eingebettet , welche  aus  Plagioklas, 
Olivin,  Augit  und  einer  dazwischen  gelagerten  Masse  zusammengesetzt 
ist,  welche  letztere  zum  grossen  Theile  aus  Magnetit  (oder  Titaneisen) 
theilweise  vielleicht  aus  Resten  ursprünglichen  Glases  besteht. 

Die  Grundmasse  des  Basaltes  von  Abingdon  ist  von  allen  dreien 
am  besten  individualisirt  und  besteht  zum  grösseren  Theile  aus  grossen 
Fragmenten  von  Augit,  ferner  aus  Plagioklas  und  Olivin  in  ungefähr 
gleichen  Verhältnissen;  Magnetit  in  geringerer  Menge  als  die  übrigen 
bildet  den  Restbestandtheil. 

Der  Augit  in  der  Grundmasse  des  Basaltes  von  nicht  näher  be- 
zeichnetem  Fundorte  ist  kleiner  und  der  Magnetit  allgemeiner  zerstreut 
als  in  den  übrigen,  während  in  dem  Basalte  von  Bindloe  gut  charak- 
terisirter  Augit  selten  vorkommt  und  Plagioklas  so  wie  Olivin  in  einem 
braunen  Glase  liegt , welches  Magnetit  in  grosser  Menge  vertheilt 

Mineralogische  Mittheilungen.  1876.  2 Heft.  (Frank  A.  Gooch.)  18 


13G 


Frank  A.  Goocli. 


[4] 


enthält.  Von  den  krystallinischen  Bestandteilen  dieses  Basaltes  gehört 
der  Augit  einer  violetten  Varietät  an  und  enthält  Glaseinschlüsse, 
Magnetit  und  mikrolithfschen  Plagioklas.  Der  Olivin  zeigt  Glasein- 
schlüsse und  ist  ohne  Ausnahme  mehr  oder  weniger  von  Chlorit  be- 
gleitet. Der  Plagioklas  erscheint  in  der  Regel  im  polarisirten  Lichte 
schön  gestreift  und  die  grösseren  Krystalle  desselben,  besonders  die  in 
dem  Basalte  von  Bindloe,  zeigen  sehr  oft  die  beiden  charakteristischen 
Zwillingsrichtungen  auf  demselben  Krystalle.  In  letzterem  Falle  ist 
nur  die  eine  der  beiden  Streifenreihen  häufig  mit  diagonalen  feinen 
Spaltlinien  markirt,  während  die  andere  keine  ähnliche  Erscheinung 
zeigt.  In  beinahe  jedem  grossen  Krystalle  von  Plagioklas  kommen 
Glaseinschlüsse  vor,  welche  theilweise  krystallisirt  und  reich  an  Ma- 
gnetit sind  und  oft  in  beträchtlicher  Menge  sowie  in  bedeutender  Grösse 
auftreten. 

Ein  dichter  grauer  Basalt  von  Bindloe , ist  porphyrisch  und 
reich  an  Krystallen  von  Plagioklas,  welche,  obgleich  kleiner  als  in  den 
früher  beschriebenen  Basalten,  dennoch  einen  Durchmesser  von  etwa 
1 Cm.  erreichen.  Die  Grundmasse  ist  besser  individualisirt  als  in  den 
anderen  Basalten  und  die  krystallinischen  Gemengtheile  sind  ausnahms- 
weise scharf  abgegrenzt.  Der  Augit  ist  von  blasser  Farbe,  der  Olivin 
stets  von  Chlorit  begleitet,  und  kleine  Flecken  von  hellrothem  Eisen- 
glanz kommen  gelegentlich  mit  Magnetit  vor,  der  überaus  häufig 
erscheint. 

Ein  röthlicher  compakter  Basalt  von  der  Insel  Hood  besteht  aus 
Plagioklas  und  Augit  in  kleinen  Krystallen,  aus  Olivin  in  zuweilen 
ziemlich  grossen  Fragmenten  (z.  B.  2 Mm.  im  Durchmesser)  und  in 
Begleitung  von  Chlorit,  Magnetit  in  reicher  Menge  und  ein  bräunlich 
weisses  Glas,  welches  verhältnissmässig  rein  ist,  füllen  die  Zwischen- 
masse aus. 

Ein  dichter  Basalt  von  unbestimmtem  Fundorte  enthält  Plagioklas 
und  Augit  in  einer  Grundmasse  von  Fragmenten  aus  Augit  und  Ma- 
gnetit. Olivin  und  Glas  wurde  nicht  entdeckt. 

Ein  mandelsteinartiger  Basalt  von  der  Charles-Insel,  dessen  Grund- 
masse sehr  dicht  ist,  enthält  makroskopischen  Augit,  Olivin  und  Pla- 
gioklas. In  dieser  Grundmasse  sind  Plagioklas-Krystalle  eingeschlossen, 
welche  zuweilen  sehr  gross  sind  und  P5  Cm.  im  Durchmesser  erreichen. 
Der  Dünnschliff  zeigt  eine  Masse  von  kleinen  Plagioklas  - Krystallen  mit 
Olivin-Fragmenten,  welche  in  einem  reich  mit  Magnetit  besetzten  Glase 
liegen;  zuweilen  kommen  grosse  Fragmente  von  Olivin  und  Augit  vor. 

Ein  sehr  poröser  Basalt  von  der  Hood’s-Insel,  dessen  Poren 
schichtenweise  liegen,  enthält  Olivin,  Plagioklas,  Augit  und  etwas  Glas. 

Zwei  andere  Basalte  von  unbestimmtem  Fundorte  zeigen  Plagio- 
klas, Olivin  und  Augit.  In  dem  einen  Stücke  ist  der  Augit  sehr  weiss 
und  von  Olivin  schwer  durch  die  Farbe  zu  unterscheiden,  in  dem 
anderen  aber  violett.  Beide  enthalten  Magnetit  in  reichlicher  Menge. 

In  dieser  Reihe  von  Laven  ist  der  Grundsatz,  welchen  Haarman’s1) 
mit  Bezug  auf  Melaphyre  nachgewiesen  hat,  dass  nämlich  die  Entwicklung 


’)  Mikroskopische  Untersuchungen  über  die  Structur  und  Zusammensetzung 
der  Melaphyre.  Leipzig  1872. 


[5] 


lieber  vulkanische  Gesteine  der  Galopagos-Inseln. 


137 


des  Augit  im  umgekehrten  Verhältnisse  zur  Menge  des  eingestreuten 
Glases  stehe,  in  auffallender  Weise  illustrirt,  denn  wo  immer  gut  ent- 
wickelter Augit  in  der  Grundmasse  vorkommt,  ist  entweder  kein  oder 
nur  wenig  Glas  zu  finden. 

In  keinem  dieser  Gesteine  ist  Nephelin  beobachtet  worden,  obwohl 
dies  keineswegs  auf  vollständigen  Mangel  desselben  schliessen  lässt, 
denn  die  Beschaffenheit  der  Grundmasse  ist  oft,  insbesondere  bei  den 
zuletzt  beschriebenen  Basalten , eine  derartige,  dass  Nephelin,  wenn 
nur  in  winzigen  Formen  anwesend,  kaum  aufgefunden  werden  könnte. 

Die  Bimssteine , welche  auf  Indefatigable  und  Abingdon  Vor- 
kommen, scheinen  von  Darwin  während  seines  Besuches  dieser  Inseln 
übersehen  worden  zu  sein,  und  zeigen  im  Dünnschliffe  die  gewöhnliche 
Structur  einer  glasigen  Masse  mit  in  einander  geflochtenen  Fäden, 
welche  viele  Dampfporen  enthält.  Die  beiden  mir  vorliegenden  Bims- 
steinstücke von  den  genannten  Inseln  enthalten  kleine  Stückchen  von 
Feldspath,  wahrscheinlich  Orthoklas,  in  beträchtlicher  Menge,  und  in 
dem  Dünnschliffe  des  Exemplares  von  der  Insel  Indefatigable  fand  ich 
zwei  grosse  Fragmente  von  Orthoklas , eines  von  Plagioklas,  mehrere 
von  einem  grünen  Augit  (sehr  schwach  dichroitisch)  und  eines  von 
Olivin.  In  der  Zerbrechlichkeit  des  Materiales  mag  vielleicht  der  Grund 
für  die  Abwesenheit  ähnlicher  Mineralien  in  dem  Bimsstein  von  Abingdon 
zu  suchen  sein.  Die  chemische  Analyse  des  Bimssteines  von  Indefati- 
gable gibt  in  dem  luftgetrockneten  Gesteine  1 2*45  Perc.  Verlust  an 
Wasser  und  organischen  Bestandtheilen  durch  Erhitzung,  61 ‘48  Perc. 
Kieselsäure. 

Ein  Auswürfling  von  c.  2 Cm.  im  Durchmesser  von  der  Charles- 
Insel  ist  ein  körniges  Gemenge  von  Olivin  und  Bronzit  mit  wenig 
Picotit,  sehr  ähnlich  den  Auswürflingen  von  Olivinfels  aus  der  Eifel 
und  von  Kapfenstein  in  Steiermark. 

Eine  Breccie  von  Indefatigable  besteht  aus  Resten  von  Muscheln, 
welche  durch  ein  Kalkcement  verkittet  worden  sind,  und  enthält  kleine 
gerundete  Körner  von  Lava  von  circa  O'l  — 1‘00  Cm.  im  Durchmesser. 
Die  Beschaffenheit  dieser  Lava  ist  im  Allgemeinen  der  der  vorherbe- 
schriebenen Basalte  ähnlich,  nämlich  eine  Masse  von  Augit,  Plagioklas, 
Olivin  und  einer  chloritischen  Materie.  In  frischen  Körnern  zeigt  der 
Plagioklas  im  polarisirten  Lichte  die  farbigen  Streifungen  der  gewöhn- 
lichen Zwillingsstructur ; die  Polarisation  ist  aber  oft  sehr  schwach. 
Fragmente  von  ziemlich  frischem  Olivin  in  Begleitung  von  etwas 
Chlorit,  violettfärbiger  Augit  und  Magnetit  in  reichlicher  Menge  kommen 
gewöhnlich  vor.  In  vielen  Fällen  aber  blieb  von  der  ursprünglichen 
Lava  nichts  anderes  übrig  als  einige  nadelförmige  Ivrystalle  von  Pla- 
gioklas, die  noch  Streifungen  aber  kein  Farbenspiel  im  polarisirten 
Lichte  zeigen,  ein  oder  zwei  Körner  von  Olivin  und  eine  Masse  von 
bräunlichem  bisweilen  sehr  dunklem  Chlorit.  Zwischen  diesen  beiden 
Extremen  gibt  es  zahlreiche  Abstufungen  und  es  ist  eigenthümlich, 
dass  man  Augit  nur  selten  findet,  selbst  wenn  Plagioklas  und  Olivin  in 
ziemlich  unzersetztem  Zustande  reichlich  vorhanden  sind.  In  jedem 
Korne  kommt  ohne  Ausnahme  eine  Substanz  vor,  die  wie  Feldspath 
aussieht,  aber  zwischen  gekreuzten  Nicols  mehr  oder  weniger  die 

18* 


13  S 


Frank  A.  Gooch. 


[6] 


Eigenschaften  eines  einfach  brechenden  Minerales  zeigt,  indem  sie 
dunkel  bleibt;  gewöhnlich  aber  kann  man  schwache  Spuren  einer 
longitudinalen  Streifung  in  Weiss  und  Schwarz  finden,  und  in  der 
dunklen  Lage  jedes  Streifens  ist  dessen  Richtung  zur  Polarisationsebene 
geneigt.  Es  lässt  sich  nicht  zweifeln,  dass  diese  Substanz  durch  die 
mehr  oder  weniger  vollständige  Zersetzung  des  ursprünglichen  Plagio- 
klases entsteht,  der  zuweilen  kaum  mehr  erkennbar  ist. 

Hier  haben  wir  somit  einen  sedimentären  Kalkstein  vor  uns, 
welcher  Lavatheilchen  in  jedem  Grade  der  Zersetzung  umschliesst  und 
das  Hauptinteresse  bei  demselben  liegt  in  seiner  Beziehung  zur  Frage 
über  den  Ursprung  des  Glaukonits  der  Kreideformation. 

Ehrenberg1)  versuchte  zuerst  eine  Erklärung  über  den  Ur- 
sprung des  Glaukonits  der  Kreideformation  zu  geben,  wenngleich 
Man  teil2)  früher  schon  die  Ausfüllung  der  Kammern  der  Polythalmien 
mit  Kreide,  Feuerstein  und  Eisensilicate  bemerkte,  und  schreibt  sein 
Vorkommen  der  Ausfüllung  organischer  Zellen,  die  in  der  Regel  aber 
nicht  immer  Polythalmien  angehören,  nach  Art  einer  Steinkernbildung 
durch  natürliche  Injection  zu,  welche  oft  so  vollständig  ist,  dass  die 
feinsten  Canäle  der  Zellenwände  und  der  verbindenden  Tuben  getrennt 
dargestellt  werden. 

Bailey3)  fand  Grünsand,  welcher  Hohlräume  von  Corallen  und 
Stacheln  der  Echini  ausfüllte  und  Abdrücke  von  Röhren  bildete,  welche 
den  Löchern  bohrenden  Spongien  (Cliona)  und  Würmern  glichen,  und 
schloss  aus  Pourtales  sowie  aus  eigenen  späteren  Beobachtungen,  dass 
die  Bildung  des  Grünsandes  bis  zur  Gegenwart  in  oceanischen  Sedi- 
menten fortdauere;  er  dachte  sich  den  Ursprung  dieser  rundlichen 
Körperchen  sowohl  jener,  welche  keine  erkennbare  organische  Form 
haben  und  oft  ganze  Strata  bilden,  sowie  jener,  welche  wohl  abgegrenzte 
Abdrücke  bilden , im  Zusammenhänge  mit  organischen  Wesen,  und 
betrachtete  die  Ablagerung  von  rothen  und  grünen  Eisensilicaten  und 
von  nahezu  reiner  Kieselsäure  als  in  wesentlicher  Verbindung  mit  der 
Zersetzung  organischer  Materie  stehend. 

Hunt4)  beschreibt  den  Ersatz  der  Sarcode  in  dem  jüngst  ent- 
deckten Eozoon-Canadenre  durch  weissen  Pyroxen,  einen  blassgrünen 
Serpentin  und  durch  ein  dunkles  Thon-Magnesia-Silicat,  welches  er  für 
Loganit  hält.  Serpentin  und  Pyroxen  kommen  mit  einander  selbst  in 
einer  und  derselben  Kammer  vor  und  es  scheint,  als  ob  sie  in  der 
Regel  zu  verschiedenen  Zeiten  eines  continuirlichen  Processes  abgelagert 
worden  wären. 

Aus  seinen  Beobachtungen  schliesst  Hunt,  dass  die  Silicate, 
welche  jetzt  Pyroxen,  Serpentin  und  Loganit  bilden,  direct  in  Gewässern 
abgelagert  worden  wären,  in  denen  jetzt  Eozoon  entweder  noch  wächst 
oder  erst  kürzlich  zu  wachsen  aufgehört  hätte,  und  dass  diese  Silicate 
die  kalkartige  Structur  desselben  genau  in  derselben  Weise  durch- 
dringen, umhüllen  und  preserviren,  wie  es  Kalkcarbonat  gethan  hätte. 


')  Monatsber.  d.  Bert.  Akad.  1854,  p.  874,  384. 

2)  Phil.  Trans.  1846,  p.  466. 

s)  Ainer.  Jour.  Science  (2)  XXII,  280. 

4)  Quart.  Jour.  XXI,  67. 


[7] 


Ueber  vulkanische  Gesteine  der  Galopagos-Inseln. 


139 


Die  Verbindung  dieser  Silicate  mit  Eozoon  hält  er  für  zufällig  und 
schreibt  die  Bildung  der  mächtigen  Lager  von  Serpentin  und  die  grossen 
Massen  von  Pyroxen  derselben  Ursache  zu,  welche  die  Ausfüllung 
organischer  Formen  veranlasste.  Es  ist  wahrscheinlich,  sagt  er,  dass 
Glaukonit  durch  chemische  Reactionen  im  Schlamme  am  Grunde  des 
Meeres  gebildet  worden  ist,  wenn  die  aufgelöste  Kieselsäure  mit  Eisen- 
oxyd in  Berührung  kommt,  welches  von  organischer  Materie  löslich 
gemacht  wurde.  Die  daraus  sich  entwickelnden  Silicate  setzen  sich  in 
den  Hohlräumen  der  Muscheln  und  an  anderen  leeren  Orten  ab.  Ein 
in  seinen  Resultaten  diesem  analoger  Process  hat  die  Kammern  der 
laurentinischen  Foraminiferen  mit  anderen  Silicaten  gefüllt,  aber  wegen 
der  verhältnissmässig  seltenen  mechanischen  Verunreinigungen  der 
Silicate  dürften  letztere  in  reinem  Wasser  abgesetzt  worden  sein.  Thon- 
erde und  Eisenoxyd  nehmen  an  der  Zusammensetzung  von  Loganit1)  wie 
von  Glaukonit  Theil,  doch  in  anderen  stellvertretenden  Mineralien,  wie 
Pyroxen  und  Serpentin,  kommen  nur  Kalk-  und  Magnesia-Silicate  vor; 
diese  wurden  wahrscheinlich  durch  die  directe  Einwirkung  von  Alkali- 
Silicaten,  welche  entweder  durch  atmosphärisches  Wasser  oder  durch 
submarine  Quellen  aufgelöst  wurden,  auf  Kalk-  und  Magnesiasalze  des 
Seewassers  gebildet. 

Gümbel,2)  Robert  Hoffman3)  und  Dawson4)  haben  in  ähn- 
licher Weise  injicirte  organische  Formen  bemerkt;  Hoffman  beschreibt 
ein  grünes  Magnesia-Mineral , welches  mit  Picrosmin , ein  braunes 
Mineral,  welches  nicht  magnesiahältig  und  mit  Fahlunit  oder  näher 
mit  Jollyit  verwandt  ist,  als  das  impregnirende  Mineral,  und  Dawson 
ein  dem  Jollyit  ähnliches  Mineral. 

Da  nun  kein  Unterschied  zwischen  der  Grünerde,  die  in  Hohl- 
räumen der  vulkanischen  Gesteine  vorkommt,  und  dem  Glaukonit  der 
Kreideformation  existirt,  da  beide  in  der  chemischen  Zusammensetzung 
ausserordentlich  variiren,  so  folgt  daraus,  wie  Hunt  bemerkt,  dass 
Glaukonit  und  die  verwandten  Silicate , oder  richtiger  gesagt,  die 
Mischungen  von  Silicaten , beider  Formationen  aus  einem  ähnlichen 
Processe  entstehen.  Dass  aber  dieser  Vorgang  eine  Zersetzung  in  situ 
von  vorher  existirenden  Mineralien  und  nicht  eine  Ablagerung  einer 
Auflösung  sei , scheint  mir  eine  eben  so  gut  begründete  Voraussetzung 
zu  sein.  Denn  die  so  oft  vorkommenden  Pseudomorphosen  des  Augit, 
welche  mit  Grünerde  gefüllt  sind,  so  wie  der  Uebergang  des  Olivin  in 
grüne  Zersetzungsprodukte,  wie  sie  Darwin  auf  der  Insel  St.  Jago 
des  Capverdiselien  Archipels  beobachtet  hat,  auf  welcher  er  eine  voll- 
ständige Gradation  von  Olivin  bis  zur  Grünerde  verfolgen  konnte, 
führen  zu  diesem  Schlüsse,  und  das  Mikroskop,  welches  ein  unzwei- 
deutiges Zeugniss  dafür  ablegt,  dass  Serpentin,  Chlorit  und  ähnliche 
Silicate  aus  der  Zersetzung  von  Mineralien,  welche  vulkanischen  Ur- 
sprunges sind,  entstehen,  stellt  die  Frage  ausser  allen  Zweifel. 


Nach  Dana’s  Mineralogie  ein  umgewandelter  Amphibol. 

2)  Monatsber.  d.  k.  Akad.  zu  München  1866,  p.  25. 

3)  Jour,  für  Prakt.  Chem.  Mai  1869. 

4)  Amer.  Jour.  Science  (3)  I,  379  und  (3)  II,  57. 


140 


Frank  A.  Gooch 


[8] 


In  der  Breccie  von  Indefatigable  sehen  wir  Glaukonit  oder  eine 
ähnliche  Substanz  thatsächlich  in  dem  Processe  der  Bildung  und  so 
scheint  es,  dass  Glaukonit  und  ähnliche  Silicate  im  Allgemeinen,  ob 
sie  nun  in  vulkanischen  Gesteinen  oder  in  sedimendären  Ablagerungen 
Vorkommen,  die  Zersetzungsprodukte  der  vulkanischen  Bestandtheile 
seien.  In  beiden  Fällen  ist  die  Einwirkung  atmosphärischen  Wassers, 
welches  Kohlensäure  im  aufgelösten  Zustande  mit  sich  führt,  vollkommen 
hinreichend,  diese  Veränderung  zu  veranlassen;  Augit,  Olivin,  Feldspath 
etc.  würden  unter  Abgabe  von  Kieselsäure  in  Form  des  Chalcedon, 
der  so  oft  Glaukonit  begleitet,  zersetzt  werden,  Kalk  und  Magnesia 
verlieren  und  Kali  behalten , so  wie  thonartige  Erden  Kali  behalten 
und  Kalk  und  Magnesia  unter  ähnlichen  Umständen  verlieren. 

Dass  diese  Zersetzung  bei  Mineralien,  welche  in  Kalkstein  einge- 
schlossen sind,  stattfinden  kann,  zeigt  die  uns  vorliegende  Breccie  (von 
Indefatigable).  Dlb  Thatsache  endlich,  dass  Glaukonit  seltener  in  Kalk- 
stein als  in  sedimentären  Sandsteinformationen  vorkommt,  ist  ganz  in 
Uebereinstimmung  mit  der  Theorie  seiner  Bildung. 

Von  dem  eigenthümliclie  Krater  bildenden  Plagioklas- Tuff,  welcher 
von  Darwin  beschrieben,  von  Bimsen  chemisch  analysirt  und  von 
Rosen  husch  mikroskopisch  untersucht  wurde,  stand  mir  kein  Exem- 
plar zur  Untersuchung  zu  Gebote. 

Schliesslich  halte  ich  es  für  meine  Pflicht , Herrn  Director 
Tschermak,  welcher  mich  nicht  nur  in  liberalster  Weise  durch  Ueber- 
lassung  reichhaltigen  Materiales  unterstützte,  sondern  auch  durch  Auf- 
munterung und  Rath  wesentlichen  Antheil  an  der  Ausführung  und 
Vollendung  dieser  Arbeit  nahm,  meinen  verbindlichsten  Dank  öffentlich 
auszusprechen. 

Wien,  Laboratorium  des  mineralog.-petrograph.  Universitäts-Institutes. 


Regelmässige  Verwachsung  von  Eisenkies  mit  Eisenglanz 


habe  ich  an  einem  Eisenkies-Krystall  von  Elba  beobachtet.  Der  Ivry- 
stall  zeigt  herrschend  den  Würfel,  schwach  gestreift  nach  dem  Pyritoeder, 

sowie  untergeordnet  Oktaeder  und  das  Deltoiddodekaeder  '-1 


Drei  in  einer  Ecke  zusamrnenstossende  Würfelflächen  sind  fast 
ganz  mit  einer  dünnen  Schicht  von  Eisenglanz  bedeckt,  welche  deutlich 
kleine  dreieckige  Zeichnungen , und  zwar  gleichseitige  Dreiecke , er- 
kennen lässt.  Diese  Dreiecke,  projicirten  Eisenglanz-Rhomboedern  ent- 
sprechend, sind  erstens  in  .jeder  Schicht  parallel  unter  sich  gruppirt, 
und  zweitens  läuft  eine  ihrer  drei  Seiten  parallel  einer  Wurfeikante 
des  Eisenkieses,  und  zwar  immer  derjenigen,  nach  welcher  die  Streifung 
nach  dem  Pyritoeder  geht. 

Strassburg  i.  E.,  März  187G.  Dr.  C.  Hintze. 


Minerale  aus  dem  nordwestlichen  Tlieile  Schlesiens. 

Im  2.  Hefte  des  letzten  Jahrganges  dieser  Mittheilungen  berichtete 
ich  von  einigen  Mineralen  aus  dem  nordwestlichen  Tlieile  Schlesiens, 
ohne  jedoch  den  Entdecker  derselben  angeben  zu  können.  Letzterer 
Zeit  hat  nun  Herr  A.  Müller,  Forstmeister  in  Friedeberg  in  Schlesien, 
der  mit  seltener  Umsicht  die  dortige  Gegend  durchforscht,  und  auch  der 
Entdecker  der  oben  erwähnten  Minerale  ist,  dem  mineralogisch-petro- 
graphischen  Universitäts-Institute  eine  Suite  von  Mineralen  übermittelt, 
deren  Vorkommen  in  dieser  Gegend  Schlesiens  zum  Theil  noch  nicht 
bekannt  ist,  und  demnach  von  einigem  Interesse  sein  dürfte. 

Das  bekannte  Vorkommen  von  Granat  am  Gotthausberge  bei 
Friedeberg,  durch  grosse  schön  ausgebildete  Krystalle  besonders  aus- 
gezeichnet, bietet  auch  öfter  Krystalle  von  ungewöhnlicher  Combination. 
M.  Bauer  hat  auch  in  seiner  Arbeit  über  „die  selteneren  Krystall- 
formen  des  Granats“  (Zeitschrift  der  deutschen  geolog.  Gesellschaft  in 
Berlin,  Bd.  XXVI.,  pag.  119)  die  Krystalle  vom  Gotthausberge  ange- 
führt, und  die  Combination  der  Flächen  d (110),  t (211),  s (321), 


142 


Notizen. 


[2] 


n (320)  und  s (332)  angegeben.  Das  Auftreten  eines  zweiten  Hexa- 
kisoktaeders  von  dem  Index  (431)  schien  ihm  auch  an  den  Krystallen 
von  Friedeberg  wahrscheinlich,  da  dieselben  denen  von  der  Vallee  de 
St.  Nicolas  am  Monte  Rosa,  welche  dieses  zweite  Hexakisoktaeder 
zeigten,  sehr  ähnlich  sahen;  durch  Messung  konnte  jedoch  diese  Fläche 
nicht  mit  Sicherheit  ermittelt  werden.  Nun  fand  Herr  A.  Müller  auch 
in  Kaltenstein,  südöstlich  von  Friedeberg,  unter  ähnlichen  Verhält- 
nissen wie  am  Gotthausberge,  sehr  deutlich  ausgebildete  braunrothe 
Granatkrystalle  in  oft  grossen  Drusen  auf  einem  Gemenge  von  körnigem 
Granat,  Augit,  Quarz  und  Calcit,  welche  gewöhnlich  die  von  M.  Bauer 
angegebene  Combination  der  Krystalle  vom  Gotthausberge  zeigen,  da- 
bei aber  auch  statt  des  Ikositetraeders  öfter  ganz  deutliche  vicinale 
Flächen  eines  Ilexakisoktaeders  auftreten. 

Südöstlich  von  Friedeberg  findet  sich  in  Kaltenstein  auf  Gängen 
und  Adern  im  Granit  häufig  Vesuvian.  Es  sind  säulenförmige  Kry- 
stalle von  der  verschiedensten  Grösse,  öfter  auch  2 bis  3 Centimeter 
lang,  die  zumeist  regelmässig  nach  den  Säulenflächen  durch  Quarz, 
Calcit  und  körnigen  Granat  zu  grösseren  Aggregaten  verbunden  sind. 
Manchmal  sind  mehrere  grössere  Krystalle  nach  der  Richtung  der 
Säulenflächen  zu  grösseren  5 bis  6 Centimeter  langen  und  nahezu 
ebenso  breiten  Massen  verwachsen.  Gewöhnlich  ist  jedoch  die  Ver- 
wachsung der  einzelnen  Individuen  nicht  regelmässig  und  dann  an 
der  Divergenz  der  Streifung  leicht  erkennbar.  Die  Krystalle  sind  theils 
kolophonbraun,  theils  olivengrün,  glasglänzend,  an  den  Bruchflächen 
fettglänzend,  und  zeigen  die  Combination  der  Flächen:  d (110), 
m (100),  c (111),  o (Oll)  und p (001).  Die  Endfläche^  ist  vorherrschend, 
so  dass  c und  o stark  zurücktreten. 

In  dem  Glimmerschiefer  von  Nied  er -Lindewiese,  westlich 
von  Freiwaldau,  kommen  auf  Adern  von  Quarz  deutlich  ausgebildete 
Staurolithkrystalle  vor.  Die  Krystalle  sind  in  den  Quarzadern 
eingewachsen,  zeigen  kurze  dicke  Säulen,  und  siud  häufig  noch  grossen- 
theils  von  Glimmerschiefer  bedeckt.  Sie  sind  schwarzbraun,  wenig  glän- 
zend, gewöhnlich  in  der  Grösse  von  5 bis  15  Millimetern  und  zeigen 
die  Combination  der  Flächen:  m (110),  o (100)  und  p (001);  seltener 
tritt  auch  noch  das  Prisma  r (Oll)  auf.  Oetter  zeigen  sich  auch  die 
am  Staurolith  gewöhnlichen  schiefwinkligen  Durchkreuzungszwillinge. 

Neben  dem  bekannten  Magnetit- Vorkommen  in  Schlesien,  das 
dem  krystallinischen  Schiefergebiete  angehört,  findet  sich  auch  in 
Grenzgrund  westlich  von  Friedeberg  und  südöstlich  von 
Wildschütz  im  Chloritschiefer  Magnetit,  gangförmig  in  meist  fein- 
körnigen, krystallinischen  Massen. 


E.  N eminar. 


Tafel  VIII. 


Fig.  1 stellt  eine  Partie  mitten  aus  einem  Augit  des  grünen  Schiefers  von  der 
Hülle  bei  Ludwigsdorf  dar.  Die  schwarzen  Körner  stellen  Eisenglanz  dar, 
die  schattirten  kleinere  und  grössei’e  secundäre  Epidote  und  die  hellen 
die  Ueberreste  des  Augites;  alle  diese  sind  von  der  (gleichfalls  unschattirten) 
secundären  Chloritmasse  umgeben.  Cfr.  pag.  99. 

Fig.  2 stellt  die  sonderbaren  Einschlüsse  aus  obigem  Augite  dar,  wie  sie  im 
durchfallenden  erscheinen;  ihre  Vertheilung  in  den  Augifresteu  ist  in 
Fig.  1 durch  Pünktchen  angedeutet.  Cfr.  pag.  98. 

Fig.  3,  4 und  5 sind  Quarzkrystalle  mit  Mikrolithen-Strängen  aus  dem  chloritischen 
grünen  Schiefer  vom  Hofberg  bei  Berbisdorf.  Cfr.  pag.  104. 

Fig.  6 zeigt  die  Aggregationsformen  derselben  Mikrolithen  in  dem  primären  Chlorite 
desselben  Gesteins.  Cfr.  pag.  105. 

Fig.  7 sind  grössere  Kryställchen  von  der  Natur  der  Mikrolithen  aus  dem  primären 
Chlorit  des  Schiefers  vom  Stangenberg  bei  Berbisdorf.  Cfr.  pag.  106,  ihre 
Deutung  als  Zoisite  pag.  112. 

Fig  8 ist  ein  von  Epidotkörnchen  erfüllter  Plagioklas  aus  dem  chloritischen  grünen 
Schiefer  vom  Kieferberg  bei  Grunau.  Cfr.  pag.  107. 


Kalkowsky:  Grune  Schiefer  Siederschlesiens 


Tafel  VIR 


Gez.r.Yerfasser  Litk  v.P.  Xöke,  Wien 

Tschermak  Mineralogische  Mitteilungen  1876  Heft  II . 

Jahrbuch  der  qeolocj  Reichsanstalt,  Bd  JIYi 


MINEKALOGISCHE 


M I T T H E 1 l/UNGEN 


GESAMMELT  VON 

GUSTAV  TSCHERMAK. 


JAHRGANG  1876.  HEFT  III. 


Mit  4 Tafeln  und  einer  Karte. 


( Diese  Mittheilungen  erscheinen  zugleich  als  Beilage  zum  Jahrbuche  der  k.  k.  gcol. 

Reichsanstalt.) 


WIEN,  1876. 

ALFRED  HOLDER 

K.  K.  HOF-  UND  UNIVERSITÄTS-BUCHHÄNDLER 


ROTHENTHURMSTRASSE  15. 


JAHRGANG  1876. 


III.  HEFT. 


GESAMMELT  VON 

G.  TSCHERMAK 

DIRECTOR  DES  K.  K.  MINERALOGISCHEN  HOF-MUSEUMS. 


I.  Die  Eruptivgesteine  der  Gegend  von  Banow 

in  iähren. 


Von  Dr.  Edmund  F.  Neminar, 

Docent  an  der  Universität  Wien. 

Das  Trachytgebirge  der  Gegend  von  Banow,  das  sich  in  nordost- 
südwestlicher  Richtung  von  dem  Schlosse  Swietlau  — nächst  Boikowitz  — 
an  dem  Markte  Banow  vorbei  bis  Suchalosa  erstreckt,  stellt  nach 
Tschermak1)  einen  mehr  als  eine  Meile  langen,  in  seinen  Erhebungen 
massigen  Höhenzug  dar,  der  südwestlich  von  der  Kuppe  Stary-Swietlau 
Zweige  nach  Norden  gegen  Nezdenitz  und  nach  Süden  gegen  Komnia 
entsendet.  Diese  dem  Trachytgebirge  angehörenden  Hügel  stehen  mit 
einander  in  inniger  Verbindung,  und  nur  an  wenigen  Punkten  begegnet 
man  ganz  isolirten  trachytischen  Bergkuppen,  wie  z.  B.  bei  Hrosenkau, 
Wollenau,  bei  Zaharovitz,  oder  am  Nordende  von  Banow  (Berg  Hrad). 

Von  besonderem  Interesse  erscheinen,  nach  Tschermaks  Angaben 
(1.  c.),  die  Kraterbildungen  bei  Ordjeow  durch  ihre  Laven  und  die 
Schlacken-Bildungen,  welche  darauf  hinweisen,  dass  hier  eine  wiederholte, 
wenn  auch  nicht  bedeutende  eruptive  Thätigkeit  stattgefunden  habe. 

Die  trachytischen  Gesteine,  deren  Empordringen  nach  der  Bildung 
des  Wiener  Sandsteins,  dessen  Schichten  sie  stets  durchbrochen  hatten, 
erfolgte,  bilden  zumeist  die  Berggipfel,  treten  aber  auch  öfters  an  den 
Abhängen  der  Berge  auf  und  bilden  zahlreiche  für  sich  abgeschlossene 
Gesteins-Partien  von  mitunter  ganz  undeutlicher  Begrenzung  wie  bei 
Nezdenitz  und  Neuhof.  An  manchen  Orten  ist  die  Grenze  zwischen  den 
Eruptivgesteinen  und  dem  Sandstein,  durch  die  Veränderungen,  welche 
das  sedimentäre  Gestein  erfuhr,  deutlich  ausgesprochen.  Der  Sandstein 
erscheint  dann  gefrittet,  seine  Mergelschichten  zeigen  ein  jaspisähnliches 
Aussehen,  und  bilden  eine  homogene  weisslichgraue  Masse  von  musche- 
ligem Bruch,  die  sich  auch  häufig,  bald  in  Form  von  kleinen  Knollen, 
bald  in  grösseren  oder  kleineren  Trümmern  in  manchen  Augit-Andesiten 
findet,  wie  z.  B.  in  denen  vom  rothen  Berg  bei  Ordjeow,  von  Wollenau 


')  Das  Trachytgebirge  bei  Banow  in  Mähren.  Jahrbuch  der  k.  k.  geologischen 
Reichsanstalt  9.  Jahrgang  1858. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1876.  3.  Heft.  (Neminar.) 


19 


Edmund  F.  Neminar. 


144 


[2] 


und  dem  Hornblende-Andesit  von  dem  der  Kuppe  von  Stary-Swietlau 
zunächst  gelegenen  Hügel. 

Nicht  minder  interessant  als  jene  eben  erwähnten  durch  Contact- 
metamorphismus  veranlassten  Umbildungen  der  stedimentären  Gesteine 
dieses  Trachytgebirges,  erscheint  das  oft  nicht  unbedeutende  Auftreten 
von  Neubildungen  der  verschiedensten  Minerale,  wie  Calcit,  Siderit, 
Pyrit,  Brauneisenstein,  Quarz,  Natrolith  u.  a.,  in  vielen  der  oft  an- 
scheinend vollkommen  frischen  Eruptivgesteine  wie  z.  B.  in  denen  von 
Neuhof,  vom  Berge  Hrad  (bei  Banow),  von  Wollenau  und  anderen 
Localitäten. 

Ist  schon  diese  Frage  nach  der  Neubildung  so  vieler  verschiedener 
Minerale  in  diesen  oft  vollkommen  frischen  Gesteinen  von  solcher  Wich- 
tigkeit, dass  seine  mikroskopische  Untersuchung  derselben,  die  hier  nur 
allein  alle  Bedenken  beseitigen  konnte,  lohnend  erschien,  so  gewann 
diese  Untersuchung  noch  dadurch  an  Interesse,  dass  die  Eruptivgesteine 
dieser  Gegend  bisher  überhaupt  noch  nicht  mikroskopisch  untersucht 
worden  sind.  Ich  fühle  mich  demnach  meinem  hochverehrten  Lehrer, 
dem  Herrn  Direktor  Tschermak,  durch  dessen  Güte  mir  eine  reichhal- 
tige Collection  dieser  Gesteine  zur  Verfügung  stand,  zu  um  so  grösse- 
rem Danke  verpflichtet. 


IIornblende-Andesit  von  Swietlau. 

Das  dichte  dunkelgraue  Gestein  mit  flachmuscheligem  Bruche  zeigt 
schon  makroskopisch  oft  2 Mm.  lange  Feldspathkrystalle,  zahlreiche  5 
bis  8 Mil.  lange  Hornblendsäulen  und  öfters  auch  kleine  Augitkrystalle. 
Gegenüber  diesen  Einsprenglingen  herrscht  die  Grundmasse  vor,  in  der 
nicht  selten  grössere  und  kleinere  Körner  von  Calcit  und  Eisenspath 
als  Neubildungen  auftreten. 

Die  mikroskopische  Untersuchung  ergab  in  einer  feinkrystallinischen, 
netzartig  aussehenden  Grundmasse  vollkommen  durchsichtige  Plagio- 
ldaskrystalle  von  ausgezeichnet  lamellarer  Zusammensetzung,  zuweilen 
zu  grösseren  fächerartigen  Aggregaten  vereinigt,  hin  und  wieder  Sanidin 
in  einzelnen  Körnern  oder  grösseren  Krystallen.  Sowohl  die  Plagioklas- 
leisten als  auch  die  Sanidine  zeigen  Einschlüsse  von  kleinen  Hornblende- 
oder Augit-Körnern,  und  öfters  auch  von  Mikrolithen.  In  etwas  gerin- 
gerer Menge  als  der  Feldspath  ist  die  Hornblende  vertreten,  deren 
grosse  braune  Durchschnitte  häufig  Zwillingsbildungen,  nach  dem  Ge- 
setze Zwillingsaxe  die  Hauptaxe,  Zwillingsfläche  die  Querfläche  (010), 
zeigen.  Zuweilen  hat  die  Hornblende  einen  starken  schwarzen  Körner- 
saum und  Interprositionen  von  feinen  Feldspathlamellen,  häufiger  um- 
schliesst  sie  aber  einzelne  Plagioklasleisten,  oder  es  füllen  grössere, 
bereits  etwas  trübe  Feldspathaggregate  und  Mikrolithe  das  Innere  der 
Krystalle  aus.  Neben  der  Hornblende  findet  sich  auch  in  nicht  unbe- 
deutender Menge,  ziemlich  regelmässig  vertheilt,  Augit.  Auch  dieser 
zeigt  wie  die  Hornblende  öfter  Zwillingsbildungen  nach  dem  am  Augit 
gewöhnlichen  Gesetze,  Zwillingsfläche  die  Querfläche  (010),  enthält 
ebenfalls  vielfache  Einschlüsse,  zeigt  ausgezeichnete  Spaltbarkeit  und 
meist  blassgrüne  Farben.  Das  Ganze  ist  von  Magnetitkörnern  durch- 


Die  Eruptivgesteine  der  Gegend  von  Banow  in  Mäliren. 


145 


[3] 


schwärmt,  und  untergeordnet  finden  sich  auch  lange  Apatitnadeln  und 
Körnchen  von  Calcit  und  Eisenspath. 

Die  Grundmasse  ist  ein  Gemenge  von  feinen  Plagioklasleistchen, 
Sanidinkörnern,  Hornblende-  und  Augit-Partikeln.  Dazwischen  sind  Mag- 
netitkörnchen in  reichlicher  Menge  verstreut,  und  zuweilen  finden  sich 
auch  Partikeln  eines  isotropen  amorphen  Minerals.  Dieser  isotrope  Körper 
ist  bald  mehr,  bald  weniger  trübe,  zeigt  in  der  Regel  keine  oder  nur 
selten  Einschlüsse  von  Luftbläschen  und  findet  sich  auch  bei  anderen 
dieser  Gesteine  gewöhnlich  nur  dann  in  der  Grundmasse,  wenn  dieselbe 
bereits  etwas  verändert  erscheint.  Aus  diesen  Gründen  halte  ich  diesen 
isotropen  Körper  als  das  Produkt  der  partiellen  Umwandlung  einiger 
Bestandtheile  der  Grundmasse,  und  bezeichne  ihn  deshalb  mit  dem 
Ausdrucke  „amorphes  Mineral“,  welche  Bezeichnung  ich  bei  den 
folgenden  Untersuchungen  stets  dort  beibehalte,  wo  sich  ähnliche  Er- 
scheinungen, wie  die  hier  angeführten,  zeigen.  Den  Ausdruck  „Glas“ 
wende  ich  in  der  Folge  nur  bei  solchen  isotropen  Körpern  an,  die  we- 
niger trüb  erscheinen,  mitunter  Entglasungen  und  in  der  Regel  eine 
grössere  Anzahl  von  Gasbläschen  zeigen,  welche  Umstände  eben  auf 
einen  hyalinen  Ursprung  hinweisen. 

Gesteine  vom  Schlosse  Swietlau  zeigen  ein  von  den  eben  beschrie- 
benen etwas  verschiedenes  Aussehen.  Sie  sind  lichtgrau,  bereits  etwas 
zersetzt,  zeigen  hier  und  da  kleine  Klüfte  und  Drusenräume  die  mit 
winzigen  Quarz-Eisenspath-  und  Calcit-Kryställchen,  häufig  aber  auch 
mit  Brauneisenstein  ausgekleidet  sind.  Die  Feldspathkrystalle  erreichen 
in  diesen  Gesteinen  oft  die  Grösse  von  7 Mm.,  sind  jedoch  meist  schon 
etwas  trübe,  dagegen  sind  die  Hornblende-  und  Augit-Krystalle  frisch 
aber  bedeutend  kleiner  als  in  den  vorigen  Gesteinen.  Aus  der  Grund- 
masse gelingt  es  mitunter  vollkommen  ausgebildete  Hornblende-  und 
Augit-Krystalle  herauszunehmen,  von  denen  die  Hornblende  die  Combi- 
nation  der  Flächen  in  (110),  b (010),  a (100),  c (001)  und  r (111); 
der  Augit  die  gewöhnliche  Combination  von  m (110),  b (010),  a (100) 
und  s (111)  zeigt. 

Im  Dünnschliff  erscheinen  im  Allgemeinen  dieselben  Verhältnisse, 
wie  bei  den  vorigen  Gesteinen.  Hervorzuheben  wäre  nur,  dass  auch 
hier  Augit  neben  der  Hornblende  in  ziemlich  grosser  Menge  auftritt, 
dagegen  in  der  Grundmasse  sich  nur  selten  Hornblende-  und  Augit- 
Blättchen  finden.  Viel  stärker  als  in  den  vorigen  Gesteinen  sind  bei 
diesen  in  der  Grundmasse,  die  hier  eine  deutliche  Fluidalstruktur  der 
winzigen  Plagioklasleistchen  zeigt,  Magnetitkörner  und  Partikeln  eines 
amorphen  Minerals  vertreten. 


Mornbleiule-Aiidesit  von  Stary-Swietlau. 

Südwestlich  von  dem  Schlosse  Swietlau  bildet  die  Bergkuppe 
„Stary-Swietlau“  den  höchsten  Punkt  des  ganzen  Trachytgebirges,  und 
zeigt  mit  ihrem  benachbarten  Hügel  Gesteine,  die  von  denen  des  Schlosses 
Swietlau  wesentlich  verschieden  sind.  Die  Kuppe  bietet  lichtgraue 
Gesteine  in  deren  feinkrystallinischer  Grundmasse  kleine,  meist  schon 
etwas  trübe  Feldspathkrystalle,  und  selten  grössere,  zumeist  nur  kleine 
Hornbleudesäulchen  ausgeschiedeu  sind. 

la* 


146 


Edmund  F.  Neminar. 


t4j 

Unter  dem  Mikroskop  erweist  sich  der  Feldspatk  zum  grössten 
Theil  aus  Plagioklas  von  ausgezeichnet  lamellarer  Zusammensetzung 
und  schaliger  Struktur.  Mitunter  kommen  parallele  Verwachsungen  einer 
Reihe  von  grösseren  Plagioklaskrystallen  vor,  manchmal  wieder  bilden 
sie,  wie  bei  den  Gesteinen  von  Swietlau,  förmliche  fächerartige  Aggre- 
gate. Gewöhnlich  sind  die  Plagioklase  etwas  trüb,  und  ebenso  wie  die 
wohl  nur  ganz  untergeordnet  auftretenden  Sanidine  mit  Einschlüssen 
von  Mikrolithen  und  Magnetit,  vorzugsweise  aber  mit  Grundmasse  so 
erfüllt,  dass  die  Krystalle  von  der  Grundmasse  ganz  unscharf  abgegrenzt 
erscheinen.  Nicht  selten  finden  sich  auch  die  Einschlüsse  parallel  den 
Krystallumrissen  in  mehrfachen  Zonen  angeordnet.  Die  Hornblende  tritt 
meist  in  kleinen  Ivrystallen  auf  und  nur  selten  finden  sich  grössere 
Fragmente  die  überdies  häufig  zersetzt  erscheinen.  Augit  tritt  in  diesen 
Gesteinen  fast  ganz  zurück,  und  nur  hin  und  wieder  deutet  eine 
Pseudomorphose  auf  dessen  Vorhandensein.  Neben  diesen  Bestandtheilen 
finden  sich  noch  hier  und  da  kleine  Biotitblättchen,  Apatitnadeln  und 
Magnetit;  letzterer  aber  auch  nicht  in  dieser  Menge  wie  bei  den  Ge- 
steinen vom  Schlosse  Swietlau. 

Die  feinkrystallinische  Grundmasse  ist  ein  wirres  Gemenge  von 
Plagioklasleistchen,  Mikrolithen,  Hornblendeschüppchen  und  Magnetit- 
körnchen. 

Ein  anderes  in  seinem  Habitus  von  dem  eben  beschriebenen 
wesentlich  verschiedenes  Gestein  von  dunkelgrauer  Farbe,  nahezu  splitt- 
rigem  Bruch  und  vielen  Einschlüssen  von  Porzellanjaspis,  findet  sich  an 
dem  der  Kuppe  Stary-Swietlau  benachbarten  Hügel.  In  einer  dunkel- 
grauen dichten  Grundmasse  gewahrt  man,  neben  jenen  eben  erwähnten 
Einschlüssen,  nur  kleinere  Feldspathe  und  zuweilen  auch  einige  Horn- 
blendekrystalle. 

Im  Dünnschliff  zeigt  sicht  eine  grosse  Anzahl  kleiner  Plagioklas- 
leisten die  vollkommen  durchsichtig  und  stellenweise  parallel  angeordnet 
sind,  ferner  eine  reichliche  Menge  von  kleinen  Hornblendesäulchen  und 
Magnetitkörnern.  Augit  findet  sich  nur  äusserst  selten,  und  dann  auch 
nur  in  winzigen  Kryställchen. 

Die  Grundmasse  zeigt  ein  dichtes  Gemenge  von  Mikrolithen, 
winzigen  Hornblendeblättchen,  Magnetitkörnchen  und  Glaspartikeln. 

IIoriiI)leii(le-Aii(lesit  von  Neuliof. 

Die  Gesteine  von  Neuhof,  die  den  von  der  Kuppe  Stary-Swietlau 
westlich  gelegenen  Hügeln  des  Trachytgebirges  angehören,  zeigen  ein 
bräunlich  graues  Aussehen,  ein  krystallinisches  Gefüge  und  flachmu- 
scheligen Bruch.  In  der  feinkrystallinisclien  Grundmasse  sind  grosse 
schwarze  Hornblendekrystalle,  und  in  grosser  Anzahl  deutlich  gestreifte 
Plagioklaskrystalle  ausgeschieden.  Neben  diesen  wesentlichen  Bestand- 
theilen kommen  auch  Calcit-  und  Siderit-Körner  vor.  In  etwas  umge- 
wandelten Gesteinen  finden  sich  Brauneisenstein-Partikeln,  welche  letztere 
dann  durch  das  ganze  Gestein  fein  vertheilt  sind  und  so  dessen  bräun- 
liche Farbe  verursachen. 

Einsprenglinge  und  Grundmasse  befinden  sich  nahezu  im  Gleich- 
gewichte. 


[5] 


Die  Eruptivgesteine  der  Gegend  von  Banow  in  Mähren. 


147 


Im  Dünnschliff  zeigen  die  grossen  Plagioklaskrystalle  in  ausge- 
zeichneter Weise  ihre  charakteristische  Zwillingsstreifung,  enthalten 
vielfache  Interpositionen  von  Mikrolithen  und  Magnetitkörnchen,  die 
bald  wie  ein  netzartiges  Gewebe  die  Krystalle  durchziehen,  bald  wieder 
in  Gemeinschaft  mit  Mikrolithen  parallel  den  Krystallumrissen  ange- 
ordnet sind.  Häufig  zeigen  auch  hier  die  Plagioklaskrystalle  eine  deutlich 
ausgesprochene  sehalige  Struktur.  Sanidin  ist  ganz  untergeordnet  zu- 
meist in  kleinen  Körnern,  seltener  in  Ivrystallen,  und  dann  in  Zwillingen 
nach  dem  Karlsbader  Gesetze  vorhanden.  Die  Hornblende  ist  seltener 
vollkommen  frisch  und  zeigt  öfter  Einschlüsse  von  Plagioklasleistchen 
und  Magnetitkörnchen.  In  viel  frischerem  Zustande  finden  sich  die 
grünen  Augitdurch schnitte,  deren  Menge  jedoch  gegen  die  Hornblende 
stark  zurücktritt.  Magneteisen  findet  sich  in  grösseren  Körnern,  die 
häufig  in  Brauneisenstein  umgewandelt  sind. 

Die  Grundmasse  besteht  aus  einem  filzartigen  Gemenge  von  Feld- 
spathleistchen  und  zumeist  stark  umgewandelten  Hornblende-  und  Au- 
git-Blättchen  mit  einer  grossen  Anzahl  eingestreuter  winziger  Magne- 
titkörner. 


Hornblende- Andesit  von  Nezdenitz. 

Die  äusserste  Grenze  des  Vorkommens  von  Eruptivgesteinen  der 
von  der  Kuppe  Stary-Swietlau  nördlich  gelegenen  Hügel  bilden  die  Ge- 
steine von  Nezdenitz,  welche  in  zwei,  ihrem  Habitus  nach  ganz  verschie- 
dene Gruppen  zerfallen.  Während  nämlich  die  Gesteine  vom  Sauerbrunnen 
in  einer  feinkrystallinischen  lichtgrauen  Grundmasse,  grössere  oft  2 bis 
3 Mm.  lange  Plagioklaskrystalle  und  kaum  1 bis  2 Mm.  lange  Horn- 
blende- und  Augit-Säulen  ausgeschieden  enthalten,  zeigen  die  Gesteine 
südlich  von  Nezdenitz  in  einer  wohl  ebenfalls  feinkrystallinischen  aber 
bräunlichen  Grundmasse,  neben  verhältnissmässig  kleinen  Plagioklaskry- 
stallen  ein  äusserst  reichhaltiges  Auftreten  von  ungewöhnlich  grossen 
Hornblende-  und  Augit-Krystallen,  so  dass  das  ganze  Gestein  eine  Art 
porphyrischen  Typus  zeigt.  Es  finden  sich  hier  öfter  Hornblendekrystalle 
von  P5  Cent.  Länge  und  7 Mm.  Breite,  und  nicht  selten  Augitsäulen 
von  nahezu  derselben  Länge.  Die  Hornblende  tritt  hier  gewöhnlich  in 
der  Combination  der  Flächen  m (110),  a (100)  1 (101)  und  c (001), 
der  Augit  in  der  Combination  von  m (110),  b (010),  s (111)  und 
p (Oll)  auf. 

Unter  dem  Mikroskop  zeigen  die  Plagioklaskrystalle,  sowie  in  den 
Gesteinen  von  Stary-Swietlau,  öfter  parallele  Verwachsungen  grösserer 
Individuen.  Sanidin  ist  in  reichlicherer  Menge  vertreten  als  bei  den 
bisher  beobachteten  Gesteinen.  Auch  Glassubstanz  kommt  hier  häufig 
vor,  und  ist  entweder  in  den  Plagioklaskrystallen  neben  vielen  anderen 
Einschlüssen  enthalten,  oder  bildet  mitunter  grössere  Partikeln  die  häufig 
schon  eine  theilweise  Entglasung  zeigen.  Hornblende  und  Augit,  die  in 
manchen  Präparaten  nahezu  gleich  stark  vertreten  erscheinen,  sind  von 
seltener  Frische,  vereinigen  sich  mitunter  zu  grösseren  Aggregaten, 
zeigen  jedoch  nur  äusserst  selten  Zwillingsbildungen.  Biotitblättchen 
kommen  häufiger  vor  als  in  den  Gesteinen  von  Stary-Swietlau,  Magneteisen 


Edmund  P.  Neminär. 


148 


[6] 


ist  wohl  spärlich  jedoch  in  grösseren  Körnern  vertreten,  und  der  Apatit 
fehlt  fast  vollends. 

Die  lichtgraue  feinkrystallinische  Grundmasse,  die  eine  deutliche 
Fluidalstruktur  zeigt,  besteht  aus  schmalen  Plagioklasleistchen,  Horn- 
blende-Mikrolithen,  Augitblättchen  und  Glas  mit  allgemein  verstreuten 
winzigen  Körnchen  von  Magneteisen.  4 


Hornblende-Andesit  von  Komnia. 

Von  den  Gesteinen  der  von  Stary-Swietlau  nördlich  und  westlich 
gelegenen  Hügel  in  ihrem  Habitus  einigermassen  verschieden  sind  die 
Gesteine,  welche  den  südlichen  und  östlichen  Hügeln  angehören  und 
in  grösserem  Zusammenhänge  bei  Komnia  auftreten.  Sie  sind  tlieils 
dunkelgrau,  tlieils  hellgrau,  enthalten  in  einer  mehr  oder  weniger  fein- 
krystallinischen  Grundmasse  eine  grosse  Anzahl  meist  kleiner  Feldspath- 
krystalle,  Hornblende  mitunter  in  grossen  (10  Mm.  langen  und  5 Mm. 
breiten)  Krystallen,  und  Augit  in  geringer  Menge.  Pyrit  ist  durch  das 
ganze  Gestein  versprengt,  und  erscheint  in  grösserer  Menge  zumeist 
in  den  grossen  Hornblendekrystallen,  die  zuweilen  durch  den  Pyrit 
theilweise  verdrängt  sind.  Von  besonderem  Interesse  ist  endlich  das 
wohl  nur  seltene  Auftreten  von  kleinen  Quarzkörnern  in  diesen  Gesteinen. 
Quarz  kommt  auch  als  Auskleidung  der  kleinen  Hohlräume  solcher 
Gesteine  vor  und  ist  zuweilen  mit  Natrolith  bedeckt. 

Im  Dünnschliff  erscheinen  die  Feldspathe  fast  durchgehends  als 
Plagioklas,  nur  selten  findet  sich  auch  Sanidin  in  Karlsbader  Zwil- 
lingen. Die  Plagioklaskrystalle  sind  öfter  so  stark  mit  Grundmasse,  Mi- 
krolithen  und  Hornblendeblättchen  erfüllt,  dass  sie  dann  nur  von  der 
Grundmasse  wenig  abgegrenzt  erscheinen.  Die  braunen  Hornblende- 
durchschnitte zeigen  neben  der  gewöhnlichen  Zwillingsbildung  nach  der 
Domenfläche  auch  noch  eine  Zwillingsbildung  nach  dem  Gesetze,  Zwil- 
lingsaxe  die  Hauptaxe,  Zwillingsfläche  die  Querfläche  (010),  sind  entweder 
vollkommen  frisch  und  enthalten  sehr  wenig  Einschlüsse,  oder  es  ist 
die  Hornblende  fast  ganz  durch  Pyrit  und  Magnetit  verdrängt.  Sowie 
die  Hornblende  zeigt  auch  der  Augit  nur  wenige  Einschlüsse,  ist  in 
seinen  Durchschnitten  hellgrün  und  ziemlich  stark  dichroitisch,  was  wohl 
durch  die  äusserst  dunkle  Farbe  der  Krystalle  begründet  erscheint. 
Magnetit  ist  in  grösseren  Körnern  reichlich  vertreten,  und  Apatit  findet 
sich  nur  in  wenigen  nadelförmigen  Krystallen. 

Die  feinkrystallinische  gut  individualisirte  Grundmasse  besteht  aus 
Plagioklasleistchen,  Partikeln  eines  amorphen  Minerals,  Magnetitkörnchen 
und  zumeist  schon  etwas  zersetzten  Hornblendepartikeln. 


Hornblende-Andesit  von  der  Einsiedelei  bei  Banotv. 

Die  Gesteine  der  nächsten  Umgebung  von  Banow,  welche  füglich 
als  der  Mittelpunkt  des  von  dem  Trachytgebirge  und  den  dazu  gehörigen 
isolirten  Kuppen  bedeckten  Areals  betrachtet  werden  kann,  bilden  zwei, 


Die  Eruptivgesteine  der  Gegend  von  Banow  in  Mähren. 


149 


[7] 

einerseits  schon  durch  die  Localität  ihres  Auftretens  gesonderte,  an- 
dererseits auch  durch  ihren  Habitus  verschiedene  Gruppen.  Es  kommen 
hier  nämlich  die  Gesteine  von  der  „Einsiedelei“,  welche  in  dem 
Hauptzuge  des  Trachytgebirges  südöstlich  von  dem  Markte  Banow  liegt, 
und  die  von  dem  Berge  „Ilrad“,  der  sich  mit  noch  einer  anderen 
isolirten  Kuppe  am  Nordende  von  Banow  erhebt,  in  Betracht. 

Die  Gesteine  von  der  Einsiedelei  sind  von  grünlichgrauer  oder 
aschgrauer  Farbe,  haben  flachmuscheligen  Bruch  und  zeigen  eine  fein 
krystallinische  Grundmasse,  in  der  schmale  Hornblendekrystalle  massiger 
Grösse,  oft  zu  sternförmigen  Gruppen  vereinigt,  und  kleine  Feldspathe 
ausgeschieden  sind.  Häufig  findet  sich  auch  in  den  Gesteinen  Calcit, 
häufiger  noch  ein  gelblich  braunes  Mineral,  das  durch  das  ganze  Ge- 
stein in  ganz  ungleichförmigen  Partikeln  vertheilt  erscheint,  und  schon 
makroskopisch  eine  radialfaserige  und  zugleich  schalige  Textur  erken- 
nen lässt.  Diese  im  Maximum  kaum  l-5  Mm.  grossen  Mineralpartikeln 
zeigten  rhomboedrische  Spaltbarkeit,  liessen  sich  mit  dem  Messer  schaben, 
wurden  vor  dem  Löthrohr  schwarz  und  dann  magnetisch,  und  lösten 
sich  bei  Einwirkung  von  Wärme  in  Salzsäure  mit  Brausen,  welche  Lö- 
sung mit  Ammoniak  ein  starkes  Praecipitat  von  Eisenoxydul-Hydrat 
ergab.  Alle  diese  Reactionen  sprechen  nun  deutlich  dafür,  dass  das 
vorliegende  Mineral  ein  Eisenspath  ist. 

Die  Plagioklaskrystalle,  die  makroskopisch  nur  selten  wahrnehmbar 
sind,  erscheinen  unter  dem  Mikroskop  in  meist  kleinen  vollkommen 
durchsichtigen  Krystallen  reichlich  vertreten,  nur  hin  und  wieder  zeigen 
sich  auch  grössere  Krystalle,  die  aber  meist  etwas  trüb  sind.  Die  Horn- 
blende erscheint  in  bald  grösseren,  bald  kleineren  Krystallen,  fast  ohne 
jeglichen  Einschluss,  oder  es  sind  mehrere  Individuen  zu  grösseren 
Aggregaten  vereinigt.  Augit  kommt  zumeist  in  kleinen,  selten  in  grösse- 
ren Krystallen  nur  untergeordnet  vor,  oder  er  ist  bei  den  grünlich- 
grauen Gesteinsvarietäten  dieser  Localität  in  winzigen  Blättchen  durch 
das  ganze  Praeparat  vertheilt.  Magnetit  ist  hier  in  meist  grossen  Körnern, 
dafür  aber  nur  spärlich  vertreten.  Von  besonderem  Interesse  erscheint 
der  Eisenspath,  der  hier  in  grösserer  Menge  als  Neubildung  vorkommt. 
Die  hellgelben  Durchschnitte  zeigen  ein  ausgezeichnet  radialfaseriges 
Gefüge,  sind  manchmal  ziemlich  stark  dichroitisch,  zeigen  mitunter  eine 
deutliche  rhomboedrische  Spaltbarkeit,  und  bei  gekreuzten  Nicols  das 
bei  radial-faserigen  oder  stängeligen  Mineralen  charakteristische  Kreuz. 
Häufig  zeigen  die  Durchschnitte  eine  Art,  zumeist  wohl  nur  fragmen- 
tarisch erhaltener,  Kugelschale  von  der  aus  neben  den  etwas  gröberen 
radialen  Fasern  noch  äusserst  feine  braungelbe  Nüdelchen  hervorschiessen, 
die  gegen  die  Kugelschale  hin  immer  dichter  auftreten,  bis  sie  in  einen 
dunkel-braunrothen  Saum  übergehen,  der  eben  diese  Kugelschale  bildet 
und  der  sich  bei  starker  Vergrösserung  in  ein  Gewirre  solcher  feiner 
Nüdelchen  auflöst. 

Die  Grundmasse,  die  ein  netzartiges  Gewebe  darstellt,  besteht  aus 
Plagioklasleistchen,  amorphen  Mineralpartikeln  und  Blättchen  von  Horn- 
blende mit  nur  spärlich  eingestreuten  Magnetitkörnern. 


150 


Edmund  F.  Neminar. 


[8] 


Hornfolende-Andesit  vom  Berge  Hrad  bei  Banow. 

In  ihrem  Habitus  von  den  eben  beschriebenen  Gesteinen  von  der 
Einsiedelei  verschieden  sind  die  Gesteine  vom  Berge  „Hrad“  am 
Nordende  von  Banow.  In  einer  feinkrystallinischen  fast  dichten  dunkel- 
grauen  Grundmasse  liegen  hier  viele  grosse,  zuweilen  D5  Cent,  lange 
und  05  Cent,  breite  Hornblendekrystalle,  mitunter  auch  grosse  Augite 
und  in  reichlicher  Menge  grössere  und  kleinere  Feldspathe.  Neben 
diesen  Bestaiultheilen  zeigen  sich  in  dem  vollkommen  frischen  Gestein 
sehr  häufig  mandelsteinartige  Neubildungen  von  Calcit,  und  häufig 
erscheinen  auch  die  grösseren  Hornblendekrystalle  mit  Calcitadern  durch- 
zogen, die  schon  mit  der  Loupe  deutlich  wahrnehmbar  sind,  nach 
wenigem  Aetzen  mit  Säuren  aber  ganz  scharf  hervortreten. 

Im  Dünnschliff  erweisen  sich  die  Feldspathe  fast  durchgehends  als 
Plagioklaskrystalle  von  ausgezeichnet  lamellarer  Zusammensetzung  und 
exquisiter  Reinheit.  Sanidin  findet  sich  nur  stellenweise.  Die  frischen 
braunen  Hornblende-Durchschnitte  zeigen  in  diesem  Gestein  fast  gar 
keine  Zwillingsbildungen  und  sind  längs  der  Spaltungsrichtungen  oft 
von  Calcit  durchzogen.  Der  Augit  erscheint  in  hellgrünen  Durchschnitten, 
zeigt  ausgezeichnete  Spaltbarkeit,  und  ist  mitunter  mit  der  Hornblende 
zu  grösseren  Aggregaten  vereinigt. 

Die  Grundmasse  stellt  ein  grobes  netzartiges  Gewebe  von  Plagio- 
klasleistchen  dar,  zwischen  denen  Partikeln  von  Hornblende  und  Mag- 
netitkörnchen in  reichlicher  Menge  vorhanden  sind. 

HornMende-Andesit  von  Ordjeow. 

Den  weitaus  interessantesten  Punkt  des  ganzen  Trachytgebirges 
bildet  die  nächste  Umgebung  von  Ordjeow,  welches  südöstlich  von  Banow 
und  nordöstlich  von  Suchalosa  liegt.  Ganz  abgesehen  von  den  bereits 
oben  erwähnten  Kraterbildungen,  die,  wenn  auch  nur  in  ihren  letzten 
Resten  erhalten,  denn  doch  noch  in  ihrer  Beschaffenheit  vieles  Interessante 
bieten,  erscheinen  auch  die,  sowohl  in  ihrem  Habitus  als  auch  in  ihrer 
Zusammensetzung,  so  verschiedenen  Gesteine  dieser  Focalität  ganz  be- 
sonders bemerkenswert!!.  Während  nämlich  der  nördliche  Kraterwall  in 
seinen  noch  vorhandenen  Resten,  neben  den  Schlacken,  Laven  und 
Sandsteintrümmern,  vorzugsweise  aus  einem  grauen  dichten  Gestein 
besteht,  das  flachmuscheligen  Bruch  zeigt  und  in  einer  feinkrystallinischen 
Grundmasse  triklinen  Feldspath,  grössere  und  kleinere  Hornblendesäulen 
und  zuweilen  auch  Augitkrys falle  enthält,  sich  somit  in  die  Gruppe  der 
Hornblende-Andesite  einreihen  lässt,  sind  die  Gesteine,  welche 
sich  zum  Theil  an  den  beiden  Hügeln  im  Krater,  vorzugsweise  aber 
an  dem  sogenannten  „rothen  Berg“  am  Ordjeower  Hof  und  dann  an 
der  Ordjeower  Mühle  finden,  einerseits  Augit-Andesite,  andererseits 
echte  Basalte. 

Der  bereits  näher  bezeichnete  Hornblende-Andesit  von  Ordjeow, 
bei  dem  die  Grundmasse  den  Einsprenglingen  gegenüber  bedeutend  vor- 
herrscht, zeigt  unter  dem  Mikroskop  meist  kleine  Plagioklaskrystalle 
mit  deutlicher  Zwillingsstreifung  und  nur  wenigen  Einschlüssen  von 
Mikrolithen,  nur  selten  einige  Sanidinkörner,  meist  grössere  braune 


Die  Eruptivgesteine  der  Gegend  von  Banow  in  Mähren. 


151 


[9] 


Hornblendedurchschnitte,  die  häufig  kleine  Plagioklasleistchen  umschlies- 
sen  und  in  der  Regel  mit  einem  schwarzen  Körnersaum  umgeben  sind, 
und  untergeordnet  auch  Augite  in  Krystallen  und  Körnern.  Grössere 
Magnetitkörner  sind  durch  das  ganze  Praeparat  vertheilt. 

Die  Grundmasse  besteht  aus  einem  wirren  Gemenge  von  feinen 
Plagioklasleistchen,  Mikrolithen,  Hornblendepartikeln,  Magnetitkörnchen 
und  Theilen  eines  amorphen  Minerals. 


Augit-Andesit  von  Ordjeow. 

Sowohl  an  den  oben  erwähnten  Hügeln  im  Krater,  als  auch  auf 
dem  rothen  Berge  in  Ordjeow  finden  sich  Gesteine,  welche  in  ihrem 
Aussehen,  von  den  bisher  beschriebenen  Gesteinen  nur  denen  von  dem 
Hügel  nächst  der  Kuppe  Stary-Swietlau  zur  Seite  gestellt  werden  könnten. 
Es  sind  grauschwarze  dichte  Gesteine  mit  splittrigem  Bruch,  in  deren 
Grundmasse  mitunter  grössere  Krystalle  von  Plagioklas  und  Augit  ein- 
geschlossen sind.  In  reichlicher  Menge  finden  sich  auch  in  dem  Gestein 
kleine  und  grosse,  häufig  2 bis  4 Cent,  lange  und  1 bis  2 Cent,  breite 
Trümmer  und  Knollen  von  Porzellanjaspis. 

Im  Dünnschliff  erscheinen  in  der  dichten  Grundmasse  zahlreiche 
Plagioklasleistchen,  neben  denen  mitunter  auch  grosse  vollkommen  durch- 
sichtige Plagioklaskrystalle  mit  ihrer  charakteristischen  Zwillingsstreifung 
und  einer  äusserst  seltenen  Reinheit  Vorkommen,  ferner  viele,  bald 
grössere,  bald  kleinere  Augitdurchschnitte,  die  keine  Spur  einer  Um- 
wandlung zeigen  und  öfter  zu  grösseren  Gruppen  vereinigt  sind.  Neben 
diesen  Bestandtheilen  findet  sich  auch  in  ziemlich  reichlicher  Menge 
Hornblende,  theils  in  grösseren  Krystallen  theils  in  kleinen  Partikeln, 
ferner  Durchschnitte  von  jenem  oben  erwähnten  Porzellanjaspis,  und  nur 
sehr  selten  einige  grössere  Magnetitkörner. 

Die  Grundmasse  ist  ein  dichtes  filzartiges  Gewebe  von  Mikrolithen 
und  feinen  Augitpartikeln,  zwischen  denen  Glassubstanz  und  zahlreiche 
äusserst  feine  Magnetitkörnchen  vertheilt  sind. 


Lava-Schlacke  von  Ordjeow. 

Nächst  dem  oben  beschriebenen  Hornblende- Andesite  der  zum 
Theil  das  Material  des  Kraterwalles  von  Ordjeow  bildet,  finden  sich 
sowohl  an  diesem  als  auch  am  rothen  Berge  in  Ordjeow  oft  stark- 
schaumige Schlacken  von  bald  schwarzgrauen,  bald  rothbraunen  Farben. 
Häufig  finden  sich  hier  auch  fein  poröse  Lavatrümmer  mit  oft  grossen 
Blasenräumen  und  noch  mitunter  deutlich  erkennbaren  Hornblendekry- 
stallen.  Zuweilen  enthält  die  Schlacke  auch  grössere  Trümmer  von  Por- 
zellanjaspis eingeschlossen,  zeigt  an  ihrer  Oberfläche  mitunter  eine 
glasige  zerborstene  Kurste  und  Blasenräume  mit  sehr  dünnen  Zellwänden. 

Unter  dem  Mikroskop  zeigt  die  Schlacke  eine  grosse  Anzahl  meist 
kleiner  Plagioklasleistchen,  öfter  ziemlich  grosse  hellgrüne  Augit- 
durchschnitte, die  manchmal  netzartig  von  Magneteisen  durchzogen  sind, 
hin  und  wiederauch  Hornblende-Fragmente,  und  häufig  grössere  Magne- 
tit-Aggregate. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1876.  3.  Heft.  (Neminar.) 


20 


152 


Edmund  F.  Neminar. 


[10] 


Die  Grundmasse  zeigt  eine  deutliche  Fluidalstruktur,  und  besteht 
aus  feinen  Plagioklasleistehen,  winzigen  Augitblättchen,  zahlreichen  Mag- 
netitkörnchen  und  Glassubstanz. 

Augit-Andesit  von  Wollenau. 

Eine  jener  schon  im  Eingänge  erwähnten  isolirten  Kuppen,  die 
durch  ein  reichliches  Auftreten  von  Eruptivgesteinen  ausgezeichnet  sind, 
ist  die  von  Wollenau,  welche  dem  Hauptzuge  des  Trachytgebirges  an- 
gehört und  den  südwestlichsten  Punkt  des  Vorkommens  von  Eruptiv- 
gesteinen dieses  Gebietes  bildet.  Die  Gesteine  sind  den  Augitandesiten 
von  Ordjeow  sehr  ähnlich,  sind  ebenso  wie  diese  vollkommen  frisch, 
von  grauschwarzer  Farbe  und  splittrigem  Bruch,  und  zeigen  ebenfalls, 
wenn  auch  nicht  so  häufig  wie  die  Gesteine  von  Ordjeow,  Einschlüsse 
von  Porzellanjaspis. 

Makroskopisch  ist  nur  hier  und  da  ein  grösserer  Augitkrystall  und 
öfter  eine  grössere  Anzahl  kleiner  weisser  Körnchen  zu  bemerken,  die 
mit  Säuren  benetzt,  stark  brausen  und  auf  Calcit  oder  ein  ähnliches 
Carbonat  deuten. 

Unter  dem  Mikroskop  bemerkt  man  eine  grosse  Anzahl  meist  kleiner 
Plagioklasleisten,  die  ebenso  wie  einzelne  grössere  Plagioklaskrystalle 
vollkommen  durchsichtig  sind  und  gar  keine  Einschlüsse  zeigen.  Der 
Augit  kommt  in  reichlicher  Menge  vor,  meistentheils  aber  nur  in  kleinen 
Krystallen,  die  ebenfalls  vollkommen  frisch  sind.  Hornblende  findet  sich 
nur  spärlich  in  kleinen  Kryställchen  und  einzelnen  Körnern.  Weit  häu- 
figer als  Augit  und  Hornblende  finden  sich  im  ganzen  Gestein  bald 
grössere,  bald  kleinere  Geoden  von  meist  1 bis  2 Mm.  im  Durchmesser 
vertheilt,  die  mit  Clacit  und  Eisenspath  ausgefüllt  erscheinen  und  manch- 
mal von  der  Peripherie  gegen  die  Mitte  fortschreitende  Schalen  bilden. 

Die  Grundmasse  ist  ein  dichtes  Gemenge  von  Mikrolitlien,  win- 
zigen Augit-Partikeln,  Magnetitkörnchen  und  Glassubstanz. 

Berücksichtigt  man,  in  Anbetracht  dieser  verhältnissmässig  noch 
sehr  frischen  Grundmasse  und  der  vollkommen  unzersetzten  Gesteins- 
bestandtheile,  die  grosse  Anzahl  der,  wrenn  auch  nur  kleinen,  Geoden, 
respective  Neubildungen,  so  kann  kein  Zweifel  obwalten,  dass  dieselben 
nicht  erst  Umwandlungsprozessen  in  diesen  Gesteinen  selbst  ihre  Entstehung 
verdanken,  sondern  auf  Infiltration  von  den  Nachbargesteinen  zurück- 
zuführen sind,  wobei  man  füglich  einen  ähnlichen  Prozess  wie  bei  den 
Mandelsteinen  voraussetzen  könnte. 

Basalt  von  Ordjeow. 

Neben  den  bereits  beschriebenen  Gesteinen  von  Ordjeow  sind  noch 
diejenigen,  welche  fast  ausschliesslich  nur  bei  der  Ordjeow-Mühle  Vor- 
kommen insofern  von  besonderem  Interesse,  als  sich  sonst  in  dem  ganzen 
Trachytgebirge  nur  noch  bei  Hrosenkau  Gesteine  dieser  Gruppe  finden. 

Es  sind  schwarze,  dichte,  äusserst  zähe  Gesteine,  in  deren  Grund- 
masse man  in  reichlicher  Menge  bald  grössere  bald  kleinere  hellgelbe, 
glasglänzende  Olivinkrystalle  und  nur  sehr  selten  einige  Augitkrystalle 
wahrnehmen  kann. 


Die  Eruptivgesteine  der  Gegend  von  Banow  in  Mähren. 


153 


[11] 


Im  Dünnschliff  zeigen  sicli  in  der  dichten  Grundmasse  hellgelbe, 
häufig  auch  fast  vollkommen  weisse,  grössere  und  kleinere  Olivindurch- 
schnitte von  einer  Reinheit,  wie  sie  sich  nur  in  den  seltensten  Fällen 
findet. 

Selbst  die  grossen,  äusserst  scharf  begrenzten  Krystalle,  welche, 
nach  den  verschiedensten  Schnitten  zu  urtheilen,  die  Combination  der 
Flächen  s (110)  a (100)  h (102)  und  e (122)  zeigen,  sind  so  voll- 
kommen frisch,  dass  nirgends,  auch  nicht  an  den  einzelnen  Sprüngen 
die  sie  durchziehen,  nur  eine  Spur  einer  Umwandlung  zu  entdecken  ist. 
Hin  und  wieder  finden  sich  kleine  vollkommen  frische  Augitkrystalle, 
während  der  Plagioklas  fast  ganz  zurücktritt. 

Was  die  Grundmasse  anbelangt,  so  konnte  dieselbe  wegen  der 
ungemein  grossen  Schwierigkeit  — ich  möchte  sagen  Unmöglichkeit  — 
ein  hinreichend  dünnes  Präparat  anzufertigen,  indem  das  Gestein  schon 
bei  ziemlicher  Dicke  äusserst  leicht  abbröckelt,  nicht  vollkommen  auf- 
gelöst werden.  An  den  vielen  Präparaten,  die  hievon  angefertigt  wurden, 
gelang  es  mir  nur  festzustellen,  dass  die  dichte  Grundmasse  zum  Theil 
aus  Mikrolithen,  Glas  und  Magnetitkörnchen  besteht.  Ob  auch  Olivin 
und  noch  andere  Minerale  Bestandtheile  derselben  sind,  ob  vielleicht 
eine  Mikrofiuctuationsstruktur  vorhanden  ist,  liess  sich  nicht  ermitteln. 

Basalt  von  Hrosenkau. 

Sowie  die  Gesteine  von  Wollenau,  die  einer  isolirten  Kuppe  ange- 
hören, den  südwestlichsten  Punkt  des  Vorkommens  von  Eruptivgesteinen 
dieser  Gegend  bilden,  so  ist  der  östlichste  Punkt  dieses  Trachytgebirges 
durch  die  Gesteine  der  isolirten  Kuppe  von  Hrosenkau  genau  gekenn- 
zeichnet. 

Es  sind  schwarzgraue  Gesteine  mit  ausgesprochenem  porphysischen 
Typus,  in  deren  krystallinischer  Grundmasse  kurze,  dicke,  oft  1 Cent, 
lange  Augitkrystalle  in  grosser  Anzahl  ausgescliieden  sind,  neben  denen 
sich  nur  äusserst  selten  makroskopisch  bemerkbare  Feldspathkrystalle 
finden.  Öfter  zeigen  sich  auch  grössere  gelblich-grüne  Partikeln,  die 
wie  Olivin  aussehen.  Einsprenglinge  und  Grundmasse  stehen  nahezu  im 
Gleichgewichte. 

Unter  dem  Mikroskop  zeigt  das  Gestein  eine  grosse  Anzahl  meist 
kleiner  Plagioklasleisten,  grosse,  äusserst  helle  Augitdurchschnitte  von 
seltener  Reinheit  und  ausgezeichnet  ausgesprochener  Spaltbarkeit,  mit- 
unter eine  Zwillingsbildung  nach  dem  Gesetze,  Zwillingsfläche  die  Quer- 
fläche (010)  zeigend,  ferner  ziemlich  häufig  bald  grössere  bald  kleinere 
Durchschnitte  jenes  schon  erwähnten  gelblich  grünen  Minerals. 

Diese  Durchschnitte  zeigen  deutlich  die  Krystallumrisse  des  Olivins, 
sind  von  zahlreichen  Sprüngen  und  Adern  durchzogen,  zwischen  denen 
sich  ein  eigentümliches  krystallinisches  Aggregat  von  Nadeln  und 
Blättchen  findet,  die  im  polarisirten  Licht  ganz  die  Eigenschaften  des 
Serpentins  zeigen.  Öfter  finden  sich  Durchschnitte  in  denen  eine  parallele 
Anordnung  der  Blättchen  deutlich  erkennbar  ist,  und  dann  bemerkt 
man  zwischen  diesen  noch  einzelne  feine  Streifen,  welche  ebenso  wie 
die  einzelnen  Körner,  die  sich  in  den  Durchschnitten  finden,  welche  ein 
mehr  netzartiges  Gewebe  zeigen,  schön  polarisiren  und  nach  der  Rauheit 

20* 


154 


Edmund  F.  Neminar. 


[12] 


der  Oberfläche  einzelner  dieser  grösseren  Körner  zu  urtheilen  als  Olivin 
anzusehen  sind.  Die  feinen  Adern,  welche  diese  Durchschnitte  durchziehen, 
zeigen  oft  dieselbe  Erscheinung  wie  das  Adernetz  eines  zu  Serpentin 
umgewandelten  Olivins,  welcher  Umwandlungserscheinung  überhaupt 
dieses  eben  beschriebene,  jedenfalls  etwas  eigenthümliche  Gebilde  im 
Allgemeinen  ähnlich  ist.  Wenn  auch  dieses  vorliegende  Umwandlungs- 
produkt nicht  in  jeder  Richtung  mit  einem  zu  Serpentin  umgewandelten 
Olivin  übereinstimmt,  so  deuten  doch  die  Krystallumrisse  und  die  vor- 
handenen Olivinkörnchen  deutlich  auf  Olivin,  und  somit  auch  auf  dessen 
Umwandlungsprodukt  den  Serpentin.  Neben  diesen  Bestandtheilen  finden 
sich  nur  selten  einzelne  kleine  Hornblendesäulchen  und  Magnetitkörner. 

Die  Grundmasse  stellt  ein  grobes  Netz  von  Plagioklasleistchen 
und  Augitblättchen  dar,  zwischen  denen  sich  Magnetitkörnchen  und 
oft  ziemlich  viel  Glas  findet.  Selten  zeigen  sich  auch  einige  Mikrolithe. 


Uebersielit  der  vorhandenen  Analysen. 

Vergleicht  man  die  vorliegenden  mikroskopischen  Untersuchungen 
dieser  Eruptivgesteine  mit  den  chemischen  Analysen  einiger  derselben, 
so  findet  man,  dass  die  aus  den  Analysen  sich  ergebenden  Folgerungen 
auf  die  ßestandtheile  der  Gesteine  durch  die  mikroskopische  Untersu- 
chung vollkommen  bestätigt  erscheinen.  In  beistehender  Tabelle  führe 
ich  nun  von  einigen  dieser  Gesteine  die  chemischen  Analysen  an,  welche 
sämmtlich  mit  Ausnahme  des  Hornblende- Andesites  vom  Berge  Hrad  (V.) 
den  A.  Streng  analysirte,  von  Tschermak  ausgeführt  wurden,  und  die 
auch  seiner  schon  oben  erwähnten  Arbeit  entnommen  sind. 


I. 

II. 

III. 

IV. 

V. 

VI. 

VII. 

Kieselsäure 

58-92 

53-03 

52-14 

50-74 

53-85 

56-47 

51-32 

Thonerde 

2U24 

18-14 

20-09 

15-36 

1795 

20-60 

19-11 

Eisenoxydul 

7-63 

9-55 

10-30 

10-78 

6-94 

11-15 

10-80 

Manganoxydul 

— 

— 

Spur 

Spur 

— 

— 

Spur 

Kalk 

G-79 

10-07 

9-68 

8-81 

8-33 

642 

10-11 

Magnesia 

0*81 

6-65 

2-66 

6-90 

6-47 

1-80 

2-91 

Kali 

Natron 

M21 

2-56 

1-27 

1-84 

0-92 

1-341 

3-50 

2-94 

2-20/ 

1-91 

1-91  j 

Kohlensäure 

— 

— 

0-98 

1-72 

0-44 

— 

Spur 

Wasser 

1-11 

— 

1-40 

3-12 

2-55 

— 

2-81 

Schwefel 

— 

— 

Spur 

— 

— 

— 

— 

Kupfer 

— 

— 

Spur 

Spur 

— 

— 

— 

99-82 

100-00 

100-36 

100-26 

99-78 

99-94  1 

1 

100-00 

[13] 


Die  Eruptivgesteine  der  Gegend  von  Banow  in  Mähren. 


155 


I.  Hornblende-Andesit  von  Stary-Swietlau. 

II.  Hornblende-Andesit  von  Nezdenitz. 

III.  Hornblende-Andesit  von  Komnia. 

IV.  Hornblende-Andesit  von  der  Einsiedelei  bei  Banow. 

V.  Hornblende-Andesit  vom  Berge  Hrad  bei  Banow. 

VI.  Lava-Schlacke  von  Ordjeow. 

VII.  Augit-Andesit  von  Wollenau. 

Ohne  näher  aut  den  speziellen  Vergleich  der  mikroskopischen 
Beobachtung  mit  diesen  oben  angeführten  Zahlen  einzugehen,  sieht  man, 
dass  z.  B.  das  in  diesen  Gesteinen  beobachtete  Vorkommen  von  Sanidin 
neben  dem  Plagioklas,  der  durch  den  Kalk-Natrongehalt  dieser  Analysen 
hinlänglich  charakterisirt  ist,  stets  auch  durch  den  Kaligehalt,  den 
die  einzelnen  Gesteine  aufweisen,  gekennzeichnet  erscheint.  Von  weitaus 
grösserem  Interesse  erscheint  aber  der  Zusammenhang  zwischen  den 
bei  einzelnen  dieser  Gesteine  beobachteten  Neubildungen,  wie  z.  B.  bei 
denen  von  der  Einsiedelei,  von  Komnia,  Hrad,  Wollenau  u.  a.  und 
dem  verhältnissmässig  grossen  Gehalt  von  Kohlensäure  und  Wasser, 
welche  entschieden  auf  secundäre  Mineralbildungen  hinweisen. 

Wenn  nun  bei  einigen  dieser  makroskopisch  frisch  aussehenden 
Gesteine,  wo  die  chemische  Analyse  auf  Neubildungen  hinweist  und  die 
mikroskopische  Untersuchung  diese  ausser  allen  Zweifel  setzt,  zugleich 
aber  auch  Anhaltspunkte  für  die  Entstehung  solcher  secundärer  Minerale 
bietet,  indem  einige  Gesteiusbestandtheile  mehr  oder  minder  stark 
zersetzt  erscheinen,  so  bleibt  doch  bei  jenen  Gesteinen,  deren  vollkommen 
frischer  Zustand,  insofern  von  einem  solchen  überhaupt  die  Rede  sein 
kann,  auch  mikroskopisch  erwiesen  erscheint  und  sowohl  die  chemische 
Analyse  als  die  mikroskopische  Untersuchung  auf  zahlreiche  secundäre 
Mineralbildungen  hinweist,  wie  z.  B.  bei  den  Gesteinen  von  Wollenau, 
Neuhof,  vom  Berge  Hrad,  keine  andere  Annahme  zur  Erklärung 
dieser  oft  so  zahlreichen  Neubildungen  plausibel,  als  dass  diese  secun- 
dären,  mitunter  wohl  nur  winzigen,  Mineralgebilde  ihre  Entstehung 
der  Infiltration  von  dem  sedimentären  Nachbargesteine  verdanken. 

Berücksichtigt  man  noch  hiebei,  dass  in  vollkommen  frischen  Ge- 
steinen solche  secundäre  Mineralbildungen  gerade  dort  in  grösserem 
Masse  Vorkommen,  wo  auch  der  Zusammenhang  zwischen  eruptivem  und 
sedimentären  Gestein  ein  recht  inniger  ist,  so  zwar,  dass,  da  die  Grenze 
zwischen  beiden  nicht  scharf  hervortritt,  wie  z.  B.  bei  den  Gesteinen 


156 


Edmund  F.  Neminar. 


[14] 


von  Neuhof,  Wollenau,  Ordjeow,  vom  Berge  Hrad.  in  denen  die  mi- 
kroskopische Untersuchung  und  chemische  Versuche  eine  grössere  Menge 
von  Eisenspath,  Natrolith,  Calcit  in  mandelsteinartigen  Gebilden,  und 
andere  Minerale  nachgewiesen,  so  dürfte  dieser  Umstand  doch  wohl  mit 
Recht  der  Anschauung  als  Stütze  dienen,  dass  bei  unseren  frischen  Ge- 
steinen die  secundären  Mineralbildungen  mindestens  zum  grössten  Theil 
durch  Einfluss  des  Nachbargesteins  vermittelt  werden  konnten. 


Wien,  Laboratorium  des  mineralog.-petrograph.  Universitäts-Institutes. 


II.  Einige  Worte  über  den  geologischen  Bau  von 

Süd-luzon. 


Von  Dr.  Richard  von  Brasche. 

(Mit  4 Tafeln  und  1 Karte.) 

Während  eines  mehr  als  fünfmonatlichen  Aufenthaltes  auf  Luzon 
bereiste  ich  Central- Luzon,  den  Nordwesten  und  Süden  der  Insel  und 
bin  so  in  den  Stand  gesetzt,  von  den  von  mir  bereisten  Theilen  ein 
geologisches  Bild  entwerfen  zu  können.  Eine  grosse  Anzahl  von  Hand- 
stücken und  Versteinerungen,  welche  ich  gesammelt,  werden  mich  nach 
meiner  Rückkehr  befähigen  dieses  Bild  spezieller  auszuarbeiten.  In  vor- 
liegendem kleinen  Aufsatze  in  wenigen  Worten  das  Wesentlichste  der 
Geologie  Süd-Luzons.  Zur  Erläuterung  füge  ich  eine  Karte  dieses  Landes 
hinzu,  welche  nach  jener  in  Jagor’s  Reisen  in  den  Philippinen“  pub- 
lizirten  gezeichnet  ist  und  wie  diese  auch  die  Coello’sche  Aufnahme  zur 
Grundlage  hat. 

Wenn  wir  einen  Blick  auf  die  beigegebene  Uebersichtskarte  der 
Philippinen  werfen,  so  fällt  uns  gleich  in’s  Auge,  dass  Luzon  naturge- 
mäss  in  zwei  Theile  zerfällt.  Vom  äussersten  Norden  der  Insel  bis  zur 
Laguna  de  Bay  bemerken  wir  ein  entschieden  nordsüdliches  Streichen 
der  Insel,  welches  weiter  nach  Norden  sich  noch  in  der  Inselreihe  der 
Batanes  und  der  vorherrschenden  Ausdehnung  der  Insel  Formosa  er- 
kennen lässt.  Im  Süden  der  Laguna  wendet  sich  die  Insel  bedeutend 
verschmälert  plötzlich  nach  Siid-Ost  und  behält  diese  Richtung  bis  an 
den  äussersten  Süden  bei.  Es  ist  eine  auffallende  und  wie  ich  glaube 
nicht  genug  hervorzuhebende  Thatsache,  dass  längs  jener  Linie,  in 
welcher  die  Streichungsrichtungen  zusammenstossen,  sich  das  emi- 
nent vulkanische  Terrain  des  Südens  der  Laguna  befindet.  Die  erlo- 
schenen Vulkane  Majajai  und  Maquiling,  der  Sosoucambing  und  Mala- 
rayat,  das  vuleanische  Gebirge  reich  an  kleinen  Krateren  bei  Sampaloc 
und  schliesslich  der  thätige  Vulkan  Taal,  sind  hier  dicht  auf  einen 
kleinen  Raum  zusammengedrängt. 

Verfolgen  wir  die  Hauptrichtungen  der  übrigen  Inseln  der  Philip- 
pinen, so  beobachten  wir,  dass  die  in  Süd-Luzon  herrschende  SO.  NW. 
Richtung  allmälig  auf  Negros,  Cebu,  Paragua  etc.  in  eine  entschieden 

Mineralogische  Mittheilungen.  1876.  3.  Heft.  (v.  Dräsche.) 


158 


Richard  v.  Dräsche. 


m 


NO.  SWliche  übergeht  und  sich  so  der  Archipel  naturgemäss  an  die 
Jolo-Inseln  und  Borneo  anreilit.  Wenn  einst  die  geologische  Natur  aller 
übrigen  Inseln  der  Philippinen  erkannt  sein  wird,  kann  es  vielleicht 
gelingen,  dieses  merkwürdigen  Verhalten  im  Sinne  der  neuen  Suess’schen 
Theorie  (siehe:  die  Entstehung  der  Alpen,  Wien  1875)  zu  erklären; 
jetzt  wäre  ein  solcher  Versuch  verfrüht. 

Betrachten  wir  jetzt  etwas  näher  die  Vulkane  jener  „Bruchlinie“. 
Der  gewaltigste  unter  ihnen  ist  der  6500  engl.  Fuss  hohe  Majajai, 
dessen  Laven  sich  bis  über  Tayabas  beobachten  lassen.  Der  nach  Jagor 
gegen  700'  tiefe  Krater  ist  an  seiner  Südseite  gespalten.  Am  nördlichen 
Fusse  des  Berges  beobachtete  ich  bedeutende  Tuffmassen.  Beim  pracht- 
vollen Wasserfall  von  Butucau  steht  eine  eigenthümliche  aus  Tuff-  und 
Obsidianmassen  gebildete  Breccie  an.  Der  Berg  hatte  im  Jahre  1730 
seine  letzte  Eruption,  seine  Laven  sind  doleritisch.  An  seiner  Westseite 
erhebt  sich  ein  domförmiger  Berg,  der  Monte  San  Cristobal.  Westlich 
von  diesem  erhebt  sich  der  weithin  sichtbare  von  mir  bestiegene  erlo- 
schene Vulkan  Maquiling.  Der  gegen  4000  Fuss  hohe  bis  an  seinen 
Gipfel  dicht  bewaldete  Berg,  besteht  aus  Sanidintrachit.  Er  besitzt  einen 
ganz  immensen  Krater,  dessen  Wände  jedoch  an  der  Südseite  fast  bis 
zu  seinem  Fusse  eingebrochen  sind.  An  seinem  Fusse  entspringen  zahl- 
reiche Thermen,  von  welchen  die  von  „los  Bannos“  und  die  der  „tierra 
blanca“  wohl  die  bedeutendsten  sind.  Erstere  an  der  Laguna  gelegen, 
strömen  theils  in  theils  neben  einem  Bache  mit  Gewalt  siedendheiss, 
reich  mit  Schwefelwasserstoffgas  beladen  hervor. 

Eine  Viertelstunde  von  diesen  Quellen,  von  der  Laguna  nur  durch 
einen  niedern  Wall  getrennt,  befindet  sich  der  kreisförmige  Kratersee 
Dagatan.  Sein  Niveau  ist  höher  als  jenes  der  benachbarten  Laguna,  er 
ist  von  Kaimans  bewohnt.  Angleich  interessanter  sind  die  am  Siul-Fusse 
des  Maquiling  von  mir  besuchten  Schlammquellen  der  „tierra  blanca“ 
(oder  lupang  puti).  Dieselben  liegen  in  jenem  schon  früher  erwähnten 
Barranco.  Auf  einem  Flächenraum  von  crc.  200  F]0  ist  der  Boden  von 
zahlreichen  Fumarolen  durchwühlt  und  von  einer  grossen  Anzahl  kleiner 
Bassins  bedeckt,  welche  schlammiges,  heftig  aufkochendes  Wasser  ent- 
halten. Von  Zeit  zu  Zeit  werden  Schlammassen  und  Steine  unter  hef- 
tigem Geräusch  in  die  Luft  geworfen.  Alle  Gesteinsmassen  sind  voll- 
kommen zu  einer  thonigen  Masse  zersetzt.  In  den  Spalten  findet  man 
prachtvolle  Schwefelkrystalle,  bedeutende  Quantitäten  von  verschieden 
gefärbten  Gyps,  Kieselsäurehydrat,  und  ähnliche  Producte. 

Südöstlich  vom  Maquiling,  in  der  Umgebung  von  Caluav,  finden  sich 
eine  grosse  Anzahl  kleiner  Kraterseen,  deren  Wälle  von  Rapilli  und 
Tuffen  gebildet  werden. 

Südwestlich  vom  Maquiling  endlich  trifft  man  die  schöne  Laguna 
de  Taal  oder  den  See  von  Bombon,  aus  dessen  Mitte  sich  die  Vulkan- 
insel Taal  erhebt. 

Im  Nord  westen  wird  der  See  von  einem  gegen  600  Fuss  hohen 
ringförmigen  Wall  umgeben,  der  sich  nach  Aussen  sanft  abdacht  und 
dessen  Abhänge  die  Provinz  Cavite  zusammensetzen.  Im  Osten  erhebt 
sich  mit  fast  senkrechten  Wänden  gegen  den  See  abfallend  der  weithin 
sichtbare  Macolog.  Im  Süden  und  Südwesten  ist  der  See  blos  durch 
einen  niedrigen,  kaum  eine  legua  breiten  Damm  vom  Meere  getrennt 


[3] 


Einige  Worte  über  den  geologischen  Bau  von  Süd-Luzon. 


159 


und  stellt  hier  durch  den  seichten  trägen  rio  de  Pansipit  mit  ihm  in 
Verbindung.  Sowohl  das  oben  erwähnte  Gebirge  von  Cavite  als  auch 
der  Macolog  und  die  flachen  Ufer  bestehen  aus  Tuffen.  Am  Monte 
Macolog  konnte  ich  deutlich  ein  Fallen  der  Tuffschichten  nach  Aussen 
konstatiren.  Nach  dem  bisher  Gesagten,  sind  wir  wohl  berechtigt  den 
See  von  Bombou  für  den  grossen  Krater  des  nach  Süden  eingestürzten 
ehemaligen  colossalen  Vulkans  zu  halten,  dessen  Wände  wir  noch  im 
Gebirge  Cavile  und  im  Monte  Macolog  erhalten  finden. 

Schon  im  Jahre  1859  äusserte  F.  von  Ilochstetter  dieselbe  An- 
sicht in  einem  an  Alex,  von  Humboldt  gerichteten  in  den  Sitzungsbe- 
richten der  Wiener  Akademie  (36.  Band,  Seite  121)  abgedruckten 
Schreiben.  Der  See  zeigt  nach  Coello’s  Karte  an  seiner  Ostseite  Tiefen 
bis  109  Faden,  sein  Grund  ist  mithin  an  einigen  Stellen  fast  600  Fuss 
unter  dem  Niveau  des  Meeres. 

Der  jetzt  thätige  Vulkan  befindet  sich  im  Centrum  der  dreiecki- 
gen Insel.  Er  dürfte  kaum  mehr  als  600  Fuss  über  das  Niveau  des  See’s 
ragen.  Seine  Abhänge  werden  von  Tuffen  zusammengesetzt,  in  welchen 
sich  vielfach  eckige  Lavatrümmer  und  Schlacken  finden,  einen  zusam- 
menhängenden Lavastrom  konnte  ich,  obwohl  ich  fast  den  ganzen  Berg 
umgangen,  nicht  entdecken.  Die  allseitig  vom  Berge  hinabfliessenden 
Gewässer,  haben  ausserordentlich  tiefe  Barrancos  in  die  weichen  Tuff- 
massen  gerissen,  welche  ein  Umgehen  des  Kraters  unglaublich  mühsam 
machen.  An  dem  Westabhange  des  Berges,  beobachtete  ich  zahlreiche 
Fumarolen.  Der  im  Verhältniss  zur  Höhe  des  Berges  immense  Krater 
mag  fast  eine  englische  Meile  im  Durchmesser  haben,  seine  Wände,  an 
welchen  man  die  Schichtung  der  Tuffmassen  ausgezeichnet  verfolgen 
kann,  sind  ausserordentlich  steil.  In  Fig.  1 gebe  ich  eine  flüchtige 
Skizze  der  Kraterwände,  in  Fig.  2 eine  Skizze  des  Krater-Innern.  An 
der  Westseite  des  Kraterbodens  befindet  sich  der  Ueberrest  eines  gegen 
Ost  eingestürzten,  aus  Rapilli  bestehenden  Kraterwall’s.  Innerhalb  des- 
selben erhebt  sich  ein  kleiner  Aschenhügel.  Weiter  nach  Osten  sind 
zwei  kleine,  heftig  rauchende  und  Dämpfe  von  schwefliger  Säure  aus- 
stossende,  tiefblaue  Seen,  deren  Wasser  eine  concentrirte  Lauge  von 
Eisenvitriol  ist.  Der  übrige  lockere  Kraterboden  ist  vielfach  von  sauren 
Fumarolen  durch  wühlt,  welche  natürlich  in  den  umliegenden  Gesteinen 
die  bekannten  Zersetzungsphänomene  hervorgerufen  haben. 

Schreitet  man  vom  Vulkan  Taal,  auf  der  kahlen  Insel  nach  Nord- 
west, so  passirt  man  zwei  in  einander  geschachtelte,  nach  Siidwest  ein- 
gestürzte, aus  Rapillinmassen  bestehende  Kraterwälle,  am  äussersten 
Westende  der  Insel  erhebt  sich  endlich  der  kegelförmige,  den  Taal  an 
Höhe  überragende  Binintiang  grande  mit  grossem  Krater  (siehe  Fig.  3). 
An  der  Südspitze  der  Insel  existirt  noch  eine  andere  erloschene  Erup- 
tionsöffnung. Der  Binintiang  chiquito.  C.  Semper  (Die  Philippinen  und 
ihre  Bewohner,  6 Skizzen,  Würzburg  1869)  schreibt  über  die  Ausbrüche 
dieser  Vulkane:  „Zwei  zweifelhafte  Ausbrüche  werden  in  den  Jahren 
1634  und  1645  erwähnt,  ohne  Angabe  des  Kraternamens,  von  1707 — 
1733  wechselten  die  beiden  Binintiang’s  mit  einander  ab,  bis  endlich 
1749  der  mittlere  Krater  zum  Ausbruch  kam,  der  jene  beiden  zum 
Schweigen  bringend,  von  nun  an  bis  in  neuere  Zeit  hinein,  die  Rolle 
übernahm.“ 


Mineralogische  Mittheilungen.  1876.  3.  Heft.  (v.  Dräsche.) 


21 


160  Richard  von  Dräsche.  £4] 

Bei  dem  grossartigen  Ausbruch  1754  wurden  die  Dörfer  Taal, 
Lipa,  Tanauan  und  Sala  verschüttet. 

Eine  entschieden  merkwürdige  Thatsache  ist,  dass  bei  keinem 
Ausbruche  Lavaergüsse  erwähnt  werden,  und  ich  auch  vergeblich  auf 
der  ganzen  Insel  nach  zusammenhängenden  Strömen  suchte. 

Das  Vorkommen  von  marinen  Fischen  in  dem  See  von  Taal,  so- 
wie der  Salzgehalt  des  Wassers,  deutete  entschieden  darauf  hin,  dass 
einst  das  Meer  ähnlich  wie  auf  Insel  St.  Paul  in  das  Innere  des  ulten 
Kraters  drang  und  erst  später  nach  dem  Aufbau  der  jetzigen  Insel,  durch 
wiederholte  Ascheneruptionen  die  Communication  aufgelöst,  und  der  See 
durch  die  Tagwasser  ausgesüsst  wurde.  Die  ganze  Provinz  Cavite,  die 
reiche  Provinz  Batangas  und  die  Umgebung  von  Manila,  bestehen  aus 
den  Eruptionsprodukten  des  Taal.  Aehnlich  wie  der  Pansipit  den  Was- 
seriibertiuss  des  Sees  von  Bombon  nach  dem  Meere  leitet,  entwässert  der 
schöne  rio  Pasig  die  Laguna  de  Bai. 

Die  Ufer  dieses  Flusses  bestehen  ausschliesslich  aus  Bimsstein- 
tuffen mit  reichlichen  Pflanzenresten.  Diese  Tuffe  konnte  ich  bis  Ma- 
riquina  und  S.  Francisco  del  Monte  im  Norden  von  Manila  verfolgen. 
Bei  Guadalupe  am  Pasig,  sind  bedeutende  Steinbrüche  an  denselben 
zum  Bau  der  während  des  Erdbebens  1863  eingestürzten  Domkirche  ange- 
legt. Der  Niveau-Unterschied  zwischen  der  Laguna  und  dem  Meere  ist 
ein  so  geringer,  dass  die  Fluth  bis  nahe  vor  der  ersteren  im  Pasig  zu 
bemerken  ist.  Sollten  wir  nicht  vermuthen,  dass  die  Laguna  nichts  an- 
deres, als  eine  durch  die  Eruptionen  des  Taal  vom  Meere  abgetrennte 
seichte  Bucht  sei?  Eine  genaue  Untersuchung  ihrer  Fauna  dürfte  viel- 
leicht auch  hier  über  diese  Frage  Aufschluss  geben. 

(Semper  [a.  a.  0.;  S.  97]  erwähnt  eines  Sägehai  in  der. Laguna.) 

Nördlich  von  der  Laguna  befindet  sich  noch  das  ausgezeichnet 
vulkanische  Gebiet  der  Halbinseln  Binangouan  und  Jalajala  und  der 
Insel  Talim,  dessen  Centrum  nach  F.  von  Ilochstetter  (a.  a.  0.  S.  17) 
in  der  tiefen  Bucht  von  Binconada  liegen  soll ; ich  habe  dieses  Terrain 
leider  nicht  besucht. 

Auf  Tafel  N gebe  ich  ein  Panorama  des  Vulkandistrikts  vom 
Taal,  von  der  Spitze  des  Maquiling  gezeichnet. 

Verlassen  wir  nun  das  Süd-Ufer  der  Laguna  und  mit  ihm  jene, 
durch  die  Vulkane  markirte  Bruchlinie,  und  betrachten  wir  die  Glieder 
jener  langen  Eruptionsspalte,  welche  parallel  mit  der  Küste  sich  vom 
Monte  Labo  bis  zum  thätigen  Vulkan  von  Bulusan  in  einer  Ausdehnung 
von  20  deutschen  Meilen  erstreckt. 

Das  nördlichste  vulkanische  Gebiet  ist  jenes  des  sogenannten 
Volcan  de  Labo  und  der  Sierra  de  Colasi.  Ersterer  bildet  eine  iso- 
lirte,  vielfach  zerklüftete,  wohl  4000  Fuss  hohe,  aus  schönem  Horn- 
blende-Andesit  bestehende  Bergmasse.  Südöstlich  von  ihm  erhebt  sich 
ein  schmaler,  vielzackiger  Gebirgszug,  die  Sierra  (Säge)  von  Colasi, 
welche  in  schroffen  Felsen  sich  in  die  Bai  von  San  Miguel  stürzt.  Sie 
besteht  ebenfalls  aus  ausgezeichnetem  Hornblende-Andesit.  Bis  weit  über 
Daet  im  Norden  hinaus  und  im  Süden  bis  gegen  Ragay  sind  diese 
Andesitgesteine  zu  verfolgen.  Bei  letzterem  Orte  konnte  ich  deutlich 
eine  Auflagerung  derselben  auf  einem  mürben,  conchylienreichen  Kalk- 
stein nackweisen,  und  so  durch  spätere  paläontolgische  Untersuchungen, 


[5] 


Einige  Worte  über  den  geologischen  Bau  von  Süd-Luzon. 


161 


eine  Altersbestimmung  dieses  Gesteines  sichern.  Im  Flusse  von  Sipocot 
selbst,  dessen  Ufer  aus  grauen  vulkanischen  Tuffen  bestehen,  beobach- 
tete ich  eine  mächtige  schwefelwasserstoffführende  kalte  Quelle;  ebenso 
entdeckte  ich  zwischen  Colasi  und  Daet,  im  Gebiete  der  Gezeiten  einen 
ungemein  reichen  Kohlensäuerling.  Wenn  ich  auch  sehr  geneigt  bin, 
den  M.  Labo  für  den  Ueberrest  eines  Vulkans  zu  erklären,  so 
möchte  ich  für  die  Sierra  Colasi,  die  Entstehung  durch  Erguss  flüssiger 
Gesteinsmasse  aus  einer  SO— NW  laufenden  Spalte,  ohne  vulkanisches 
Gerüst,  für  wahrscheinlich  halten. 

Am  östlichen  Ufer  der  Bay  von  S.  Miguel,  erhebt  sich  genau  in 
einer  Linie  mit  M.  Labo  und  Sierra  Colasi,  der  nach  Jagor’s  Messun- 
gen 1966m  hohe  Vulkan  Ysarog  (in  der  Bicol-Sprache  bedeutet  dieses 
Wort  „der  Eine“)  der  nach  J.  Roth  (Geologie  der  Philippinen,  Anhang 
zu  Jagor’s  „Reisen  in  den  Philippinen“  S.  347)  aus  Hornblende-Andesit 
bestehende  Vulkan,  ist  an  seiner  Ostseite  durch  die  tiefe  Schlucht  von 
Rungus  gespalten.  Ich  habe  den  Berg  nicht  besucht,  da  ein  längerer 
Aufenthalt  dazu  gehört  hätte,  um  die  seit  neuerer  Zeit  wieder  ziemlich 
feindlichen  wilden  Stämme,  die  den  Berg  bewohnen,  zu  friedlichem  Ge- 
leite zu  bewegen.  Etwa  4 geogr.  Meilen  südöstlich  vom  Ysarog,  steht 
am  westlichen  Ufer  des  Lago  de  Buhi,  der  nach  Jagor  1212m  hohe 
Vulkan  Iriga,  den  ich  vom  Orte  Iriga  aus  bestieg.  Der  Berg  wird  ganz 
aus  doleritischen  Laven  zusammengesetzt.  Die  ganze  Ostseite  des  Ber- 
ges ist  eingestürzt  und  seine  Trümmer  liegen  in  riesigen  Blöcken,  und 
Hügel  bildend  am  Südufer  des  Sees.  Es  ist  offenbar,  dass  der  einst 
am  Ostufer  des  Vulkans  vorüberfliessende  Bach  durch  die  Schuttmassen 
zu  einem  See  aufgestaut  wurde,  der  endlich  durch  den  rio  de  Buhi 
seinen  Abfluss  in  den  Bicol  fand.  Von  seiner  Ostseite  zeigt  der  Berg 
ein  Bild,  welches  mich  vielfach  an  jenes  erinnert,  wenn  man  von  der 
Meeresseite  aus,  das  ebenfalls  im  Osten  zerstörte  grand  enclos  des 
Vulkans  von  Bourbon  betrachtet.  An  den  fast  senkrechten  Wänden 
sieht  man  ausgezeichnet  den  Verlauf  der  Laven,  welche  mit  Rapilli- 
Schichten  abwechseln.  Steigt  man  im  Krater  zu  einem  kleinen  Negrito- 
Haus,  so  gelangt  man  in  wenigen  Minuten  zu  einem  an  der  südlichen  Wand 
gelegenen,  Bito  genannten  Abgrund,  dessen  Boden  nach  meinemErm essen 
noch  unter  dem  Niveau  des  Buhi-Sees  gelegen  sein  muss.  Am  südlichen 
Fusse  des  Iriga  bis  mehr  als  eine  Stunde  weit,  gegen  Polangni,  fand 
ich  mächtige  Bimssteintuffe  anstehend,  in  welchen  Bruchstücke  von 
Sandinlaven  Vorkommen.  Sollten  vielleicht  einige  Eruptionen  des  Iriga 
saurer  Natur  gewesen  sein?  Oestlich  vom  See  Buhi,  befindet  sich  der 
erloschene  Vulkan  Malinao.  Von  seiner  Westseite  wird  man  keines 
Kraters  gewahr,  von  Tibi  aus  sieht  man  jedoch  deutlich,  den  nach 
Osten  vielfach  zerrissenen  und  gespaltenen  grossen  Krater,  der  dole- 
rische  Laven  ergoss.  An  seinem  Fusse,  nahe  am  Meere,  befinden  sich 
die  Thermen  von  Tibi  oder  Naglebeng.  Sie  sind  zweierlei  Art,  die  einen 
sind  Solfataren,  die  andern  kieselsäurehaltige  Thermen.  Die  ersteren 
treten  längs  und  in  einem  Bachbette  auf,  sprudeln  kochend  und  schlam- 
mig zwischen  den  Steinen  hervor  und  gleichen  jenen  der  Tierra  blanca 
am  Fusse  des  Maquiling.  Wenige  Schritte  von  dieser  gegen  das  Meer  zu, 
sind  die  Kieselquellen.  Aus  kleinen  von  Kieselsinter-Platten  gebildeten 
Kratern  strömt  klares  kochendes  Wasser. 


21* 


162 


Richard  von  Dräsche. 


[6] 


Nur  einer  der  Krater  war  bei  meinem  Besuche  thätig.  Bemer- 
kenswerth  ist  eine,  mit  scheinbar  tiefblauem  Wasser  angefüllte  Vertie- 
fung, (gegen  6m)  welche  ihr  Niveau  mit  den  Gezeiten  ändern  soll.  Das 
gegen  72°  C.  heisse  Wasser  schmeckte  sehr  salzig,  so,  dass  eine  Com- 
munication  mit  dem  nahen  Meere  mir  wahrscheinlich  erscheint. 

Ausser  diesen  Quellen  beobachtete  ich  am  Fusse  des  Malinao 
noch  eine  grosse  Anzahl  eisenhaltiger  Thermen. 

Südlich  vom  Vulkan  Bulii,  erhebt  sich  der  doleritische  1354m 
hohe  Mazaraga,  auf  welchem  nichts  von  einem  Krater  zu  sehen,  dessen- 
ungeachtet erscheint  er  auf  den  Karten  als  „Vulkan“.  Wenn  auch  der 
Uebergänge  zwischen  einem  thätigen  Vulkane,  und  jenem  Grade  der 
Zerstörung,  wo  sowohl  Krater  als  lose  Auswürflinge  vollkommen  ver- 
schwinden und  nichts  mehr  übrig  bleibt,  als  ein  isolirter  Lavastumpf  — 
vielfache  sind,  so  scheint  es  doch  oportun,  nur  jene  Berge  mit  dem 
Namen  Vulkan  zu  bezeichnen,  an  denen  wir  noch  Spuren  eines  Kraters 
oder  mindestens  von  einem  Punkte,  allseitig  nach  Aussen  abfallende 
Laven  beobachten  können.  In  diesem  Sinne  ist  es  unrichtig,  die  Insel 
Corregidor,  Pico  Loro,  Insel  Talini,  Malarayat,  Labo,  Sierra  Colasi, 
Mazaraga  und  Pocdol  als  Vulkane  zu  bezeichnen,  wie  es  F.  Jagor  in 
seiner  Uebersichtskarte  der  Philippinen  tliut. 

Im  Süden  des  Mazaraga,  ragt  nun  der  fast  symmetrische  Kegel  des 
herrlichen,  stets  rauchenden  Vulkans  Mayon,  oder  Volcan  de  Albay,  in 
die  Lüfte.  Der  Fuss  des  Vulkans  nimmt  einen  Flächenraum  von  fast 
4 geografischen  Quadratmeilen  ein.  Der  Berg  selbst  ist  bis  1 Vierttheil 
seiner  Höhe  mit  Vegetation  bedeckt,  an  der  östlichen  Seite  etwas  höher 
hinauf,  alles  Uebrige  bis  zum  Gipfel  ist  ein  öder  Schutthaufen.  Ich 
habe  den  Berg  von  seiner  Südseite  aus  bestiegen.  Die  erste  Hälfte  des 
Berges  kommt  man,  einen  doleritischen  Lavastrom  benützend,  der  sich 
tief  in  die  Rapillinmassen  eingewühlt,  ziemlich  gut  vorwärts,  dann  wird 
aber  der  Neigungswinkel  so  gross  (32°)  und  ist  so  wenig  festes  Gestein 
vorhanden,  dass  man  weit  über  die  Knöchel  in  den  Aschenmassen  ein- 
sinkend und  sich  nur  auf  Händen  und  Füssen  ungemein  mühselig  weiter- 
bewegen kann.  In  dieser  Art  kriecht  man  4 Stunden  bis  zur  Spitze. 

Ein  ungemein  heftiger  Ostwind  trieb  uns  den  scharfen  Sand  stets 
in's  Gesicht,  und  löste  von  oben  Steine  los,  welche  mit  rasender  Ge- 
schwindigkeit an  uns  vorbeiflogen.  Eine  halbe  Stunde  vor  Erreichung 
des  Kraters,  beobachtete  ich  östlich  von  uns,  einen  Complex  von  über- 
einander geschlossenen  Laven,  welche  eine  mehr  als  100  Meter  lange 
continuirliche  Decke  mit  einem  Fallwinkel  von  32°  bilden. 
Diese  Laven  sehen  sehr  jung  aus  und  dürften  dem  letzten  Ausbruche 
von  1871  angehören.  Etwas  unterhalb  des  Gipfels,  an  der  nordwest- 
lichen Seite,  ragt  ein  riesiger,  wohl  30m  hoher  Doleritpfeiler,  in  die 
Höhe,  der  mit  gutem  Auge,  selbst  von  Daraga  aus  sichtbar  ist.  Der 
Gipfel  selbst  wird  von  einem  grossen  Steinhaufen  gebildet.  Zwischen 
den  meist  eckigen  Trümmern  strömen  ungemein  zahlreiche  Dampfstrahlen, 
reich  an  schwefliger  Säure,  zischend  hervor.  Soweit  ich  sehen  konnte, 
besteht  der  Gipfel  nur  aus  dieser  wüsten  Stein-Ebene,  in  welcher  sich 
einzelne  grössere  Einsenkungen  befinden,  aus  welcher  grosse  Dampf- 
wolken hervorbrachen.  Nach  einer  eigentlichen  Krater-Oeffnung  suchte 
ich  vergebens.  Dieselbe  scheint  bei  der  letzten  Eruption,  durch  die 


[7] 


Einige  Worte  über  den  geologischen  Bau  von  Süd-Luzon. 


163 


erwähnten  eckigen  Auswürflinge  verstopft  worden  zu  sein.  Ich  fand  so 
die  Verhältnisse  ganz  anders  als  Jagor,  der  im  1859  den  Berg  bestieg 
und  (a.  a.  0.  S.  70)  schreibt: 

„An  einer  tiefen  breiten  Schlucht,  wo  die  Dampfentwicklung  be- 
sonders heftig  und  massig  war,  machten  wir  Halt;  wahrscheinlich  standen 
wir  am  Rande  eines  Kraters,  doch  konnte  man  keine  klare  Uebersicht 
der  Verhältnisse  erlangen,  da  die  Dichtigkeit  der  aufsteigenden  Dampf- 
wolken es  unmöglich  machte,  die  Breite  der  Klüfte  zu  übersehen.  Die 
Kuppe  bestand  aus  etwa  zwei  Fuss  mächtigen  Bänken,  festen  Gesteines 
unter  einer  von  schwefliger  Säure  gebleichten  Schlackenkruste.  Viele 
regellos  umherliegende  prismatische  Blöcke  zeigten,  dass  der  Gipfel 
früher  höher  war.“ 

In  Fig.  4 Taf.  XI.,  gebe  ich  ein  Bild  des  Vulkangipfels  wieder,  wie 
ihn  Jagor  von  Daraga  aus,  durch  ein  Fernrohr  sah. 

In  Fig.  5 Taf.  XI.,  den  Gipfel  im  Jahre  1876,  einige  tausend 
Schritte  unterhalb  der  Spitze  gezeichnet. 

Am  Albay  scheinen  im  Grossen  und  Ganzen  wenig  Lavaergüsse 
stattzufinden,  Aschen-  und  Steinregen  sind  wohl  die  häufigsten  Erup- 
tionsphänomene. Augenzeugen,  an  deren  guter  Beobachtungsgabe  ich  nicht 
zweifeln  kann,  berichteten  mir,  dass  wenn  man  auch  sehe,  (was  in  der 
Nacht  am  besten),  dass  vom  Gipfel  des  Berges  ein  continuirlicher  La- 
vastrom ergossen  werde,  derselbe  sich  jedoch  bei  seinem  weiteren  Fort- 
bewegen in  einzelne  glühende  Massen  auflöse,  welche  den  Berg  hinun- 
terrollen. Damit  stimmen  auch  meine  Beobachtungen  überein;  nur  we- 
nige Ströme  konnten  von  mir  beobachtet  werden ; die  Hauptmasse  bilden 
lose  Stein-Mengen, 

Sollten  wir  den  Grund  dieses  merkwürdigen  Phänomens  in  der 
grossen  Neigung  oder  dem  geringen  Flüssigkeitsgrade  der  Laven  suchen? 
Ein  anderes  hervorzuhebendes  Faktum  ist,  dass  man  an  den  Abhängen 
und  am  Fusse  des  Berges  vergeblicher  nach  secundären  Eruptionsöff- 
nungen  sucht.  Ein  einziger  bei  Daraga  gelegener  Hügel,  dürfte  als  solche 
zu  deuten  sein. 

Die  Höhe  des  Berges  wird  von  Jagor  zu  2374m  angegeben.  In 
dem  an  den  gröbsten  Irrthümern  überreichen  Vulkan-Verzeichniss,  welches 
G.  Poulett  Scrope  seinem  Werke  (Ueber  Vulkane,  übersetzt  von  G.  A. 
von  Klöden  Berlin  1872)  beigibt,  schreibt  letzterer  p.  424  jedoch: 

„In  Luzon  oder  Manila  (! !)  der  nördlichsten  Insel,  ist  der  Mayon 
der  grösste  Vulkan.  Er  wird  als  vollkommen  kegelförmig  beschrieben, 
und  ist  3200  engl.  Fuss  hoch.“ 

Weiter  lesen  wir  pag.  425:  „Auf  der  kleinen  Insel  Mindoro, 
südlich  von  Manila  befindet  sich  ein  Vulkan  in  unaufhörlicher  Thätig- 
lceit“,  obwohl  die  Insel  über  250  geografische  Quadratmeilen  gross  ist, 
und  weder  einen  erloschenen  noch  einen  thätigen  Vulkan  besitzt. 

Grosse  Zerstörungen  und  Terrain- Veränderungen  bewirken  fast 
jährlich  die  meistens  im  Herbste  rasenden  Typhone.  Die  auf  dem 
Berge  wolkenbruchartig  niederstürzenden  Wassermassen  wälzen  Asche 
und  Steine  verderbenbringend  weit  in  die  Ebene.  Die  radial  vom  Mayon 
strömenden  Bäche  wachsen  zu  reissenden  Flüssen  an  und  verheeren 
ganze  Dörfer.  Am  30.  Oktober  1875  Nachts,  brach  ein  solcher  Typhon 


Richard  von  Dräsche. 


164 


[8] 


über  die  Provinz  Albay;  sein  Centrum  war  in  der  Nähe  des  Mayon 
selbst,  so  dass  er  furchtbare  Verheerungen  anrichtete. 

Im  Süden  des  Mayon,  genau  in  der  Verlängerung  der  Linie,  welche 
den  Inga,  Mazaraga  und  Mayon  durchschneidet,  tritt  ein  letzter  thätiger 
Vulkan,  der  Vulkan  von  Bulusan  auf.  Er  hatte  im  Jahre  1875  eine 
Eruption.  Wegen  Zeitmangel  konnte  ich  ihn  nicht  besuchen. 

Nach  der  Betrachtung  der  vulkanischen  Gebiete  Süd-Luzons,  wenden 
wir  uns  zu  dem  Complex  von  krystallinischen  Schiefern,  welche,  wie  es 
scheint,  die  Grundlage  der  ganzen  Insel  Luzon  bilden.  Im  Norden  von  Lu- 
zon,  in  der  Sierra  de  Zambales  und  hauptsächlich  im  Caraballo  Sur 
und  der  grossen  Cordillere,  wo  die  vulkanischen  Gesteine  mehr  zuriick- 
treten,  setzen  sie  in  Verbindung  mit  Syeniten,  Hypersteniten  und  Ser- 
pentin die  höchsten  Gebirge  zusammen. 

Dem  ersten  Streifen  von  diesen  Schiefern,  und  zwar  Talkschiefern 
begegnet  man,  wenn  man  von  Antimonau  nach  Laguimanoc  geht.  (Siehe 
Profil  I,  Tafel  XII.)  Weiter  östlich  wird  das  ganze  Terrain  zwischen 
Indang  und  Capolonga  von  Talk-,  Chlorit-,  Thon-Schiefern  und  verwit- 
terten Gneisslagern  zusammengefast.  Die  Laven  des  Labo  mögen  im 
Norden  auf  diesen  Gesteinen  ruhen.  Der  hohe  zackige  M.  Calungung 
besteht  wohl  auch  aus  krystallinischen  Schiefern.  Ich  versuchte  verge- 
bens durch  dichte  Urwälder  an  seinen  Fuss  zu  gelangen.  Die  berech- 
neten Erzlagerstöcke  von  Mambulao  und  Paracali,  treten  in  jenen 
Gesteinen  auf.  Zwischen  Indang  und  Paracali,  stehen  an  der  Küste 
hornblendereiche  Schiefer  an,  das  gebirgige  Terrain  zwischen  Paracali 
und  Mambulao  wird  aus  apfelgrünen  Talkschiefern  und  Protogingneiss 
ähnlichen  Gesteinen  zusammengesetzt.  In  diesen  kommen  Quarzgänge 
vor,  welche  reich  an  Bleiglanz,  Zinkblende,  Gold  und  Covellin  sind. 

Südwestlich  von  Mombulao,  ist  das  erst  seit  einem  Jahre  in  Be- 
trieb stehende  Bergwerk  Dumbaga.  Das  Gold  kommt  hier  sehr  reich- 
lich in  Quarzgängen  in  einem  grauen  Thonschiefer  vor,  und  wird  theils 
in  kleinen  Schächten,  theils  durch  Waschen  gewonnen.  Bei  meinem 
Besuch  waren  gegen  700  Indier  mit  dieser  Arbeit  beschäftigt. 

Bei  Labo  und  Paracali  findet  man  in  den  Quarzgängen  Rothbleierz. 
Vom  Berge  Malaquit  sah  ich  sehr  schöne  und  grosse  Magneteisen- 
Erzstücke. 

Weiter  im  Süden  treffen  wir  wieder  bei  Pasaco,  einen  kleinen 
Streifen  krystallinischen  Schiefers  an.  (Siehe  a.  a.  0.  Roth.  p.  348.) 
Nach  einigen  verwitterten  Gesteinsproben  aus  den  verlassenen  Kupfer- 
rinnen, von  der  Halbinsel  Comaman  dürften  dort  ebenfalls  Hornblen- 
deschiefer auftreten.  Weiter  südlich  ist  mir  nichts  mehr  von  dem  Auf- 
treten krystallinischer  Schiefer  bekannt. 

Die  dritte  in  Siid-Luzon  beobachtete  Formation  sind  die  Koral- 
lenkalke. 

Schon  bei  Laguimanoc  bemerkt  man  einzelne  Fetzen  von  kry- 
stallinischem  Kalk,  reich  an  Korallenresten,  welcher  den  dem  Majajai 
entstammenden  Tuffen  aufgelagert  ist. 

Von  Rogay  angefangen  aber  kann  man  bis  an  den  äussersten 
Süden  Luzons,  einen  aus  Korallenkalken  bestehenden,  der  Westküste 
stets  parallel  laufenden  Gebirgszug  verfolgen.  Bei  Pasaco  verschwindet 
dieser  Gebirgszug  für  eine  kurze  Strecke  und  gestattet  so  dem  Stulan 


Einige  Worte  über  den  geologischen  Bau  von  Siid-Luzon. 


165 


PJ 


seinen  Lauf  zum  Meere.  Die  beiden,  fast  in  einer  Linie  liegenden,  aber 
nach  entgegengesetzten  Richtungen  strömenden  Flüsse  von  Sipocot  und 
Bicol,  haben  ihr  Bett  fast  stets  an  der  Grenze  des  Korallenkalk-Zuges 
und  der  vulkanischen  Formation. 

Man  versucht  neuerdings  den  Bicol  mit  dem  Stulan  durch  einen 
Kanal  zu  verbinden,  um  die  in  der  Regenzeit  die  grosse  Ebene  von 
Libmanan  und  Naga  überschwemmenden  Gewässer  nach  beiden  Mee- 
ren abzulenken.  Die  Erhebung  ist  hier  eine  so  geringe,  dass  der  grösste 
Durchstich  8m  Tiefe  hat. 

Bei  Libmanan  kommen  am  Fusse  des  Jamtik  zahlreiche  Höhlen 
in  diesem  Kalkstein  vor.  Die  Höhle  von  Calopnitan  welche  ich  besuchte, 
steht  der  Adelsberger  kaum  an  Grösse  und  Schönheit  der  Stalactiten- 
Bildung  nach.  Am  Westabliange  dieses  Kalk-Gebirges  fand  ich  5 Stun- 
den von  Batu  dem  Kalke  einen  Complex  von  Gypsmergeln  mit  Ala- 
baster-Scliniiren  und  Sandsteinen  aufgelagert,  welcher  schmale  Flötze 
eines  schlechten  schwefelkieshaltigen  Lignites  führte.  (Siehe  Profil  IV, 
Tafel  IV.)  Weiter  im  Süden  bei  Bacou  und  Sorsogau,  treten  unter  ganz 
ähnlichen  Verhältnissen  mächtige  Kohlenlager  auf.  Ich  kann  leider 
über  dieselben  nichts  näheres  anführen,  da  ich  die  südlichste  Halbinsel 
von  Luzon  nicht  bereiste. 

Zu  den  entschieden  jüngsten  Bildungen  Luzons  gehören  horizontal 
geschichtete  mürbe  Muschelkalsteine,  welche  die  niedre  Landenge  von 
Calivac  zusammensetzen  und  auch  bei  Ragay  auftreten  (siehe  Profil  II, 
Tafel  XII). 

Die  jetzt  zusammenhängende  Masse  von  Siid-Luzon  bestand  einst 
aus  einem  Complex  von  Inseln,  deren  älteste  wohl  der  aus  krystalli- 
nischen  Schiefern  bestehende,  westliche  Theil  der  Provinz  Camarin 
Norte  und  die  jetzige  Halbinsel  Caramuan,  gewesen  sein  mögen.  Durch 
stetige  Hebungen,  sowie  durch  die  vulkanischen  Ergüsse*)  wurden  diese 
Inseln  mit  einander  verbunden.  Die  Landungen  von  Calivac  und  Pasacao 
dürften  wohl  die  am  kürzesten,  dem  Meer  entstiegenen  Landtheile  sein. 
Eine  neuerliche  Senkung  von  Siid-Luzon  um  100  Fusse  würde  genügen, 
Tayabas  von  Camarin  Norte  und  dieses  von  Camarin  Sur  zu  trennen. 

An  allen  Küsten  Süd-Luzons  sind  Hebungs-Erscheinungen  zu  be- 
obachten. An  der  Küste  von  Camarin  Norte  bemerkte  ich  viele  Fuss 
über  dem  Meere  gehobene  Korallenriffe,  welche  in  Verbindung  mit  le- 
benden unter  dem  Meeresspiegel  standen. 

Die  riesigen  Rhizophoren-Wälder,  welche  dort,  wo  brackisches  Wasser 
sich  vorfindet,  die  Küsten  und  Flussmündungen  einrahmen,  lassen,  wenn 
man  die  Lagerungsweise  des  zwischen  Gypsmergeln  und  auf  Korallen- 
kalk ruhenden  Lignites  von  Batak  erwägt,  auf  den  Gedanken  kommen, 
diese  seien  aus  jenem  Filzwerk  von  Aesten  und  Wurzeln  hervorgegangen. 

Manila,  im  Mai  1876. 


*)  Siehe  Hochstetter  a.  a.  0.  p.  15.:  „Er  (der  Isarog)  nimmt  den  ganzen 
Jsthmus  zwischen  der  Bai  von  S.  Miguel  und  dem  Busen  von  Lagonoy  in  einer 
Breite  von  18  Seemeilen  ein,  hat  eigentlich  den  Isthmus  erst  gebildet,  indem  er  die 
Insel,  welche  ohne  Zweifel  einst  die  Sierra  de  Caramuan  bildete,  mit  Süd-Cama- 
rines  verband. 


Richard  von  Dräsche. 


[10] 


166 


Erklärung  der  Tafeln. 


Tafel  IX. 

Tafel  X. 
Tafel  XI. 

Tafel  XII. 

Tafel  XIII 


Karte  von  Sild-Luzon,  nach  der  auf  RrundTage  der  Coello’schen  Karte  zu 
Jagor’s  Reise  von  Kiepert  gezeichneten  ausgefUhrt  und  mit  Angabe 
der  Reisetouren  R.  v.  Drasche  s versehen. 

Panorama  des  Taal-Gehietes  von  der  Spitze  des  Maquiling 
Fig  1.  Vulcau  Taal.  Partie  des  inneren  Kraterrandes. 

Fig.  2.  Skizze  des  Kraters. 

Fig.  3.  Kartenskizze  des  Iiinitiang  gründe. 

Fig.  4.  Gipfel  des  Mayon  nach  Jagor  1850 
Fig.  5.  Gipfel  des  Mayon,  April  187ö. 

I.  (juerprofil  Laguimanoc-Antiinouan. 

II.  „ Guinayangan-Calavac. 

III.  „ Ragay-Rarcelonetta. 

IV.  „ Durch  die  Seen  Dato  und  Rubi. 

Ucbcrsicht  der  Philippinen  mit  den  Streiehungsliuicn  und  der  Bruch- 
linie. 


laiumagiiajv 


P'*Snmpnlot 


Balnnöa 


CunJa/h 


CAL^lGf/ 


.P'.'Me  lUarivcle*’ 


.Calbalrfc 


_Ruc\\V  von 


'.( animo 


I Tor  tun 


l.C apulan 


LAnibil 


CA  Ti 


Batnii^ag 


l.Colo 


UimiCABAN 


AI  ul  man  l» 


P.iMalc  briijc 


f uluuilec 


dCRARAY 


ubipr/\jpr 


IJhwin 


Cnbrnt 

deBondot] 


Macotoe 


KARTE 


tBagalao 


SUD  -LUZQN 


nach  der  auf  Grundlage  der 
COELLO'scHEH  KARTE  zu  F.JAGOK’  REISE 


\Jacinto 


von giepert  gezeichneten. 

<Av  iDxtwcfu-*  «Souicn  


Mafsstab  in  f7ö“öö;oöö 

Spaai.reJie  Leguas  20  — /' 


Ttujttpulu  l 


Rv  Dräsche  Ceolo«  Bau  von  «Sml-I.ozon 


TschermakuMincnilo^ischr  iMitlheilungm , I87G  Hcfl  II 
Jahrbuch  der  <|Coloij . nrirhaanilall  , Bd  IB1  . 


Ri- rasche  . »eolo|.Bau  V.  Süd-Luzon. 


Tafel  X 


Panorama  des  Taal- Gebietes . 

von  der  Spitze  des  M a q u 1 1 1 n g . 


Utfc.  Arvst.  v.  p Kö)ce  Wien  . 


1 . Vulcan  Taal. 

6.  Laguna  de  Bomben. 


2.  Binintiang  grande.  3.  Macolog  . 4.  Pu  n ta  Santiago , 5.  Rio  Pansipil 

7.  Meer.  8,  Reis  Ebene.  9.  Monte  Sungay  10.  Insel  Corregidor 

11.  Mariveles . 


Jfac\  d.  jVat . gez  . v.  H . Dräsche. 


Tschermak -.Mineralogische  Mitteilungen  ,1876.HeftlII 

Jahrbuch  der  geolog.Reichsan.staU  JBd .XXVI . 


R.Y.DraschetGroloj».  BauvSüdLuzon. 


Fig.  2. 


Tafel  XI. 


a=hÖGhsteT  Punkt  b=  niederster  Punkt 
C = falaue  Seen  d = e ingebrochener  Wall 


a = Binintian  i>  § ran 
b,  e = einge  stürzte 


Gipfel  des  Mayon,  April  1876 


lith.Anstv.F.  Koke  in  Wien. 

Tschermak:Mmera]oeiscl\e  Mittheilungen , 1876. Heft  HI . 

Jahrbuch  3er  cjeo]o(j.lteichsanstalt/iBd,XXH_. 


^P- 


R v Dräsche  Geolog. Bau t .Süd Luzon  . 


Tafel  XII 


Profil  1 . 


CVaavSoc  ?aulö«e(ra, 


a braune  tuffahnhdie  qul  qesduchtete  Gesteine . Str  OW , Fallen  S 
b.  Korallenkalkstein 

C,  Talteschzefer  Str  SO.  FT.  Hr  Fallen.  IS  0 
d Sandstein. 


Profil  II 


SO  NW 

tnunai/  an  qa  n 

C\vw\,  ^ Vox  Ooeow 

a „ Sumpfqelnet  des  Rio  de  Tinas 
b = „ „ „ „ Calavac 

- horizontal  qescluohteter  Muschelkalkstein 


Calanac 


Profil  Ul 


'Wao  S\\»ocot 


C\vwvSee 


cl  = Korallen  und  Muschelkalk 
b =.  Andesitlaven 


NO 

BaireloTLetta 
— p- — t 

l\xc.\?  Oteoxv 


Profil  IV. 


b = KoraRenhaTk.  d = Bimssteintuff' 


Tsch  er  m ak:  M I ne  ra  Io  i>i  .sehe  Miulieilmioeii  1876.Heft  UI 

<J  o 

Jahrbuch  der  tjeoloq.Reichsanslak , BOIYL 


R.v.DraSChe  : Geolog.  Bau  v. SüdLuzojt . 

Formosa 


Tafel  Xlll. 


Tschermak.Mmeraloösche  Mitth.eiliin.£eai  1876, Heft  III . 

o D 


Jahrbuch  der  geolog.Reichsanstah , BdXW! 


III.  Ueber  die  mikroskopische  Unterscheidung  von 
Nephelin  und  Apatit. 


Von  A.  Streng. 


Apatit  und  Nephelin  sind  zwei  farblose,  hexagonal  krystallisirende 
Mineralien,  welche  in  Folge  dessen  unter  dem  Mikroskope  keine 
charakteristischen  Unterscheidungsmerkmale  bieten.  Man  hat  sich  daher 
bis  jetzt  mit  zufälligen  Eigenthümlichkeiten  der  beiden  Mineralien  be- 
holfen, die  vielleicht  in  den  meisten  Fällen  zutreffen  werden,  die  uns 
aber  keine  Garantie  einer  richtigen  Bestimmung  bieten.  So  führt  man 
als  Eigenthümlichkeit  des  Apatit  an,  dass  er  vorzugsweise  lange, 
schmale  Nadeln  der  Combination  00P.0P  bildet,  zu  der  selten  P hin- 
zutritt, dass  er  also  entweder  in  sehr  langen,  schmalen  Rechtecken 
oder  in  kleinen,  scharf  umgrenzten  Sechsecken  auftritt,  dass  er  ferner 
durch  mehrere  Mineralien  hindurchsetzt.  Häufig  ist  er  sehr  rein,  oft 
aber  auch  mit  Nädelchen  oder  einem  feinen  Staube  erfüllt,  der  im  In- 
nern stärker  angehäuft  ist,  so  dass  ein  trüber  Kern  und  ein  heller 
Rand  unterschieden  werden  können.  Der  Nephelin  erscheint  entweder 
auch  in  sechsseitigen  oder  in  kurz  rechteckigen  Durchschnitten  der 
Form  ooP  . oP,  zu  der  sich  nur  selten  noch  P gesellt.  Er  enthält 
theils  sehr  feine,  nadelförmige,  den  Umrissen  parallel  laufende  Mikro- 
lithen,  theils  einen  feinen  Staub,  der  mitunter  auch  im  Innern  sich 
anhäuft.  Er  theilt  mit  dem  Apatit  die  Eigenschaft,  zu  den  ältesten 
Ausscheidungen  der  Gemengtheile  krystallinischer  Gesteine  zu  gehören. 
Alle  diese  Eigenschaften  beider  Mineralien  bieten  keine  charakteristi- 
schen Unterscheidungsmerkmale  dar.  Auch  die  optische  Unterschei- 
dung, wonach  der  Apatit  bei  der  Drehung  des  Polarisators  eine  merk- 
liche Absorption  zeigt,  die  beim  Nephelin  fehlt,  ist  zu  subtil,  als  dass 
sie  überall  zu  einem  sichern  Resultate  führen  könnte. 

Bei  der  Untersuchung  einer  Reihe  von  nordamerikanischen  Ge- 
steinen war  ich  oft  in  der  Lage,  ein  sicheres  Erkennungs-  und  Unter- 

Mineralogische  Mittheilungen  187G.  3.  Heft.  (Streng.)  22 


168 


Ä.  Streng. 


[2] 


scheidungsmittel  beider  Mineralien  schmerzlich  zu  vermissen,  da  ich 
oft  im  Zweifel  war,,  welches  der  beiden  Mineralien  vorlag.  Bei  langen, 
dünnen  Nadeln  war  ich  nicht  zweifelhaft,  wohl  aber  bei  kurzen,  dicken, 
mehr  oder  weniger  rechteckigen  Durchschnitten.  So  hatte  z.  B.  ein 
solcher  rechteckiger  Durchschnitt  eine  Länge  von  0*8  Mm.  und  eine 
Breite  von  04  Mm.,  und  erwies  sich  doch  bei  genauerer  Untersuchung 
als  ein  Apatit.  Diese  Ausbildung  war  aber  keine  zufällige,  denn  alle 
übrigen  Apatite  desselben  Gesteins  zeigten  sich  in  ähnlicher  Weise 
ausgebildet,  so  dass  das  oben  erwähnte  zufällige  Unterscheidungs- 
merkmal hier  nicht  zutrifft.  Charakteristische  Unterschiede  beider 
Mineralien  lassen  sich  nur  auf  chemischem  Wege  finden,  denn  hier  ist 
die  Verschiedenheit  allzu  gross,  als  dass  bei  Anwendung  geeigneter  Rea- 
gentien  eine  Verwechslung  möglich  wäre.  Zwar  lösen  sich  beide  Mine- 
ralien in  Säuren,  allein  der  Nephelin  gelatinirt,  und  in  dieser  an  sich 
nicht  erkennbaren  Gelatine  bemerkt  man  keine  Bewegung  der  Flüssig- 
keit, während  der  Apatit  sich  vollständig  löst  und  in  dem  Hohlraume, 
den  er  hinterlässt,  häufig  eine  Bewegung  der  verschieden  dichten  Flüs- 
sigkeiten beobachten  lässt.  Indessen  auch  dieser  Unterschied  ist  nicht 
scharf  genug,  um  darauf  eine  sichere  Erkennung  zu  gründen. 

Es  ist  bekannt,  dass  wenn  man  eine  salpetersaure  Lösung  eines 
phosphorsauren  Salzes  mit  einer  salpetersauren  Lösung  von  molybdän- 
saurem Ammoniak  im  Ueberschuss  versetzt,  ein  gelber  Niederschlag  von 
lOMo  03  + P 04  (N  H4)3  entsteht,  welcher  nur  3*6°/0  Phosphorsäure 
enthält.  Diese  Reaction  ist  eine  sehr  empfindliche  und  charakteri- 
stische. Sie  gelingt  aber  nur  bei  Ueberschuss  des  Reagenses,  während 
bei  Anwesenheit  grösserer  Mengen  von  Phosphorsäure  eine  Reaction 
nicht  erfolgt.  Versetzt  man  nun  auf  einem  Glastäfelchen  ein  sehr 
kleines  Tröpfchen  der  verdünnten  Lösung  eines  phosphorsauren 
Salzes  mit  einem  grossen  Tropfen  einer  concentrirten  salpetersauren 
Lösung  von  molybdänsaurem  Ammoniak  und  bringt  das  Gläschen  unter 
das  Mikroskop,  so  beobachtet  man,  dass  sich  sehr  bald  zahlreiche 
gelbe  Körnchen  ausscheiden,  welche  sich  allmählig  vergrössern  und  ent- 
weder die  Form  regulärer  Octaeder,  deren  gleichseitige  Dreiecke  er- 
kennbar sind,  oder  diejenige  regulärer  Rhombendodecaeder  an  nehmen. 
Im  polarisirten  Lichte  verhalten  sich  diese  gelben  Körnchen  wie  regulär 
krystallisirende  Körper.  Bei  weiterem  Wachsen  werden  die  Krystalle 
oft  drüsig  oder  sie  überziehen  sich  mit  nierenförmigen  oder  traubigen 
Massen  derselben  Substanz.  Mitunter  beobachtet  man  auch  Durchkreu- 
zungszwillinge. Das  Aussehen  dieser  Körnchen  ist  so  überaus  charak- 
teristisch, dass  sie  gar  nicht  zu  verkennen  sind. 

Nimmt  man  nun  den  Dünnschliff  eines  apatithaltigen  Gesteines 
und  bringt  eine  solche  Stelle  desselben  unter  das  Mikroskop,  bei  wel- 
cher ein  Apatitkrystall  die  obere  Schlifffläche  schneidet,  und  setzt  nun 
mittelst  einer  kleinen  Pipette  oder  eines  dünnen  Glasstabes  einen  Tropfen 
einer  concentrirten  salpetersauren  Lösung  von  molybdänsaurem  Am- 
moniak hinzu,  so  dass  der  ganze,  unter  dem  Mikroskope  befindliche 
Theil  des  offenen  Dünnschliffs  damit  benetzt  ist,  so  kann  man  beob- 
achten, wie  sich  der  Apatit  von  oben  nach  unten  allmählig  in  der  Sal- 
petersäure des  Reagenses  löst,  und  wie  im  ganzen  Gesichtsfelde  die 


[3]  Ueber  die  mikroskopische  Unterscheidung  von  Nephelin  und  Apatit.  169 

gelben  Kryställchen  der  phosphorsäurehaltigen  Verbindung  in  grosser 
Menge  entstehen,  nur  nicht  an  der  Stelle,  an  welcher  sich  der  Apatit- 
Krystall  befindet,  weil  hier  die  Phosphorsäure  in  solchem  Ueberschusse 
vorhanden  ist,  dass  kein  Niederschlag  entstehen  kann.  Es  bildet  sich 
also  rings  umher  in  dem  Maasse,  wie  die  phosphorsäurehaltige  Flüssig- 
keit in  dem  Reagens  diffundirt,  und  zwar  an  denjenigen  Stellen,  wo  die 
Molybdänsäure  im  Ueberschusse  vorhanden  ist,  ein  breiter,  aus  zahl- 
losen gelben  Kryställchen  bestehender  Kranz.  Schon  durch  diese  Reac- 
tion  wird  man  meistens  im  Stande  sein,  einen  Krystall  mit  Sicherheit 
als  Apatit  zu  erkennen.1)  Da  man  aber  unter  Umständen  zweifelhaft 
sein  kann,  ob  nicht  die  Reaction  von  einem  andern,  nicht  im  Gesichts- 
felde liegenden  Krystall  von  Apatit  herrührt,  so  wird  man  gut  thun,  noch 
eine  zweite  bestätigende  Reaction  an  einem  andern  Krystall  von  der- 
selben Beschaffenheit  auszuführen.  Man  behandle  diesen  zunächst  mit 
einem  Tröpfchen  Salz-  oder  Salpetersäure  und  warte,  bis  ein  grosser 
Theil  desselben  sich  gelöst  hat.  Dann  füge  man  ein  Tröpfchen  Schwe- 
felsäure hinzu.  Man  wird  dann  nach  einiger  Zeit  bemerken,  dass 
namentlich  rings  um  den  Krystall  oder  in  dem  Hohlraume  desselben 
faserige,  weisse  Ivrystallaggregate  von  Gyps  entstehen,  welche  die 
Anwesenheit  von  Kalk  anzeigen.  Mit  diesen  beiden  Reactionen  hat 
man  also  die  Anwesenheit  von  Apatit  zweifellos  gemacht. 

Endlich  kann  man  einen  dritten  Krystall  unter  dem  Mikroskope 
mit  schwach  verdünnter  Schwefelsäure  behandeln,  man  wird  dann 
sehen,  dass  er  sich  darin  nicht  löst;  es  bildet  sich  nämlich  ein  sehr 
dünner  Ueberzug  von  Gyps,  der  den  übrigen  Theil  des  Krystalls  vor 
der  zersetzenden  Wirkung  der  Schwefelsäure  schützt. 

Was  die  chemische  Erkennung  des  Nephelin  anbetrifft,  so  erhält 
man  bei  den  für  den  Apatit  angeführten  Reactionen  negative  Resul- 
tate, namentlich  erhält  man  bei  dem  Behandeln  mit  wenig  verdünnter 
Schwefelsäure  eine  wenn  auch  nur  sehr  langsam  fortschreitende  Zer- 
setzung des  Minerals.  Aber  auch  eine  sehr  schöne  positive  Reaction 
lässt  sich  auf  Nephelin  anwenden.  Wenu  man  einen  in  einem  Gesteine 
eingewachsenen  Nephelinkrystall  auf  einem  Dünnschliff  unter  dem  Mikro- 
skope mit  stark  concentrirter  Salzsäure  behandelt,  so  sieht  man  zu- 
nächst, wie  der  Krystall  sich  löst,  d.  h.  sich  zersetzt;  nach  einiger 
Zeit  bemerkt  man  nun,  dass  sich  in  dem  Raume  des  Krystalls  kleine 
farblose  Würfelehen  bilden,  die  aus  Chlornatrium  bestehen  und  vor- 
trefflich zu  erkennen  sind.  Diese  Krystalle  entstehen  durch  die  Ein- 
wirkung der  Salzsäure  auf  das  Natrium-Silikat  und  durch  die  Schwer- 
löslichkeit des  Kochsalzes  in  concentrirter  Salzsäure.  Diese  Reaction 
kann  bei  Apatit  nicht  eintreten,  so  dass  dieselbe  auch  als  eine  nega- 
tive Reaction  auf  diesen  angewandt  werden  kann. 

Auf  diese  Art  gelingt  es,  Apatit  und  Nephelin  mit  grosser  Sicher- 
heit von  einander  zu  unterscheiden.  Diese  und  ähnliche  Reactionen 


‘)  Die  gelben  Körnchen  lassen  sich  am  leichtesten  durch  Ammoniak  von  dem 
Dünnschliffe  wieder  entfernen. 


22* 


1 70  Ueber  die  mikrosk.  Unterscheidung  v.  Nephelin  u.  Apatit.  A,  Streng. 


[4] 


sind  zwar  schon  öfter  zur  Erkennung  gewisser  Mineralien  benützt  wor- 
den, allein  man  hat  sich  meines  Wissens  bisher  darauf  beschränkt,  die 
auf  dem  Dünnschliffe  erhaltene  Lösung  auf  ein  Uhrgläschen  zu  bringen 
und  hier  die  chemische  Reaction  auszuführen.  Die  vorstehend  beschrie- 
benen Reactionen  haben  nun  den  Vorzug,  dass  sie  es  gestatten,  ein 
bestimmtes,  unter  dem  Mikroskop  eingestelltes  Mineral  auf  seine  che- 
mischen Eigenschaften  zu  untersuchen. 

Giessen,  den  26.  Juli  1876. 


IV.  Analyse  des  Wassers  vom  „Mare  morto“  auf  der 

Insel  Lacroma. 


Von  Dr.  W.  F.  Loebiscli  und  L.  Sipöcz, 

Assistenten  am  Laboratorium  für  medicinische  Chemie  in  Wien. 

Herr  Dr.  J.  Jacob ovits,  Besitzer  der  Insel  Lacroma,  hat  uns 
im  Herbste  1875  ersucht,  das  Wasser  des  Mare  morto  zu  analysiren, 
und  zu  diesem  Zwecke  das  im  Monate  November  geschöpfte  Wasser  in 
gut  verkorkten  Flaschen  hieher  gesendet;  über  das  sogenannte  Mare 
morto  theilt  er  uns  Folgendes  mit: 

Das  Mare  morto  liegt  auf  einem  felsigen  Vorsprung  der  Ostseite 
der  Insel  Lacroma,  ist  umgeben  an  der  Nord-  und  Ostseite  theils  von 
sehr  alten  Pinien,  theils  von  Steineichen,  im  Süden  und  Westen  aber 
von  nackten  Felsen.  Das  Mare  morto  selbst  bildet  ein  beinahe  kreis- 
förmiges Becken,  dessen  Durchmesser  ungefähr  45  Meter  beträgt,  die 
südlichen  Wände  desselben  reichen  9 Meter,  die  übrigen  6 — 7 Meter 
über  das  Niveau.  Bei  genauerer  Untersuchung  bemerkt  man  eine 
tunnelartige  Communication  zwischen  dem  Mare  morto  und  dem  offenen 
Meere.  Dieser  Tunnel  verliert  in  seinem  weiteren  Verlauf  gegen  das 
Meer  zu,  seine  obere  fast  bis  an  das  Niveau  des  Meeres  hinabreichende 
Wand  und  verwandelt  sich  auf  diese  Weise  in  eine  in  den  Felsen 
eingeschnittene  8 Meter  breite,  16  Meter  tiefe  und  50  Meter  lange 
Spalte  (kleine  Bucht).  Da  der  Fels  sich  an  der  Südseite  12  Meter  über 
das  Niveau  des  Meeres  erhebt,  so  kommen  von  der  im  ganzen  16  Meter 
betragenden  Tiefe  der  Felsspalte  4 Meter  unter  das  Niveau  des  Meeres. 
Der  Tunnel  selbst,  50  Schritte  lang,  verläuft  schwach  gekrümmt  und 
hat  an  seiner  dem  Meere  zugewendeten  Mündung  eine  Tiefe  von  5V2 
Meter,  an  seiner  dem  Becken  zngewendeten  Mündung  die  Tiefe  von 
P8  Meter.  Die  obere  Wand  dieses  Tunnels  ist  durch  eine  7 Meter 
lange  bis  zu  0'6  Meter  breite  Spalte  durchbrochen,  aus  welcher  bei 
bewegter  See,  durch  das  Spiel  der  Wellen  veranlasst,  stossweise  Luft 
mit  feinzerstäubtem  Meerwasser  herausgetrieben  wird.  Der  Bewegungs- 
zustand im  Mare  morto,  verglichen  mit  jenem  des  offenen  Meeres,  zeigt 
eine  kaum  bemerkbare  Differenz.  Das  Mare  morto  ist  vom  Schlosse 
Lacroma  kaum  165  Meter  weit  entfernt. 

Das  uns  überschickte  Wasser  war  vollkommen  klar  und  zeigte 
selbst  nach  längerem  Stehen  in  den  verschlossenen  Flaschen  keinen 
Bodensatz;  das  specif.  Gewicht,  mittelst  des  Picnometers  ermittelt,  ist 
bei  17-6  0 C.  1*0245. 

Die  Analyse  wurde  nach  den  gebräuchlichsten  Methoden  durch- 
geführt, die  Resultate  der  einzelnen  Bestimmungen  haben  wir  in  den 
folgenden  Tabellen  zusammengestellt: 

Mineralogische  Mittheilungen.  1876.  3.  Heft.  (W.  F.  Loebisch  u.  L.  Sipöcz.) 


172 


W.  F.  Loebiscli  u.  L.  Sipöcz. 


[^] 


Schwefelsäure. 


Wassermenge 

in 

Grammen 

Schwefelsaures 

Baryt 

Entsprechend 

Schwefelsäure 

Entsprechend 

für 

10.000  Theile 

Mittel 

510-0080 

29882 

1 0260 

20-1173 

20  1206 

510-4355 

2-9917 

1-0272 

20  1240 

Chlor  und  Brom. 


Wassermenge 

in 

Grammen 

Chlorsilber 

Bromsilber 

Entsprechend 

für 

10.000  Theile 

Mittel 

26-0900 

25  1338 

1-8401 

1-7707 

705-3008 

704-5016 

704-9012 

B r o in. 


Wasser- 
menge in 
Grammen 

Verbrauch- 
tes Chlor- 
wasser in 
Kubikcenti- 
metern 

1 Kubik- 
centimeter 
Chlorwasser 
entsprechend 
Brom 

Ent- 

sprechend 

Brom 

Brom 

für 

10.000  Theile 

Mittel 

409-36 

10-8 

000315 

0-03404 

0 8315 

0-8391 

409-36 

110 

000315 

0-03467 

0-8468 

Chlor. 


Chlorsilber 

Bromsilber 

in 

10.000  Theilen 

Bromsilber 

in 

10.000  Theilen 

Chlorsilber 

in 

10.000  Theilen 

Chlor 

in 

10.000  Theilen 

704-9012 

1-9719 

7029293 

173-8954 

[3] 


Analyse  des  Wassers  vom  „Mare  morto“  etc. 


173 


Calcium. 


Wassermenge 

Entsprechend 

in 

Kalk 

für 

Mittel 

Grammen 

10.000  Theile 

255-3 

01406 

5-5072 

5-5327 

255-3 

0-1419 

5-5582 

Magnesium. 


Wassermenge 

in 

Grammen 

Pyrophos- 

phorsaure 

Magnesia 

Entsprechend 

Magnesia 

Entsprechend 

für 

10.000  Theile 

Mittel 

255-30 

1-3892 

0-5006 

196087 

19-6052 

255  30 

1-3887 

05004 

196017 

Kalium  und  Natrium. 


Wassermenge 

in 

Grammen 

Chlorkalium 

Chlornatrium 

Entsprechend 

für 

10.000  Theile 

Mittel 

101-7268 

101-5280 

2-5759 

2-5781 

253-2174 

253-9300 

253-5737 

Kalium. 


Wassermenge 

Kalium- 

Entsprechend  für  10.000  Theile 

in 

Grammen 

platinchlorid 

Chlorkalium 

Mittel 

Kali 

101-7268 

101-5280 

0-2190 

0-2284 

6-5611 

6-8560 

6-7086 

4-2322 

174 


W.  F.  Loebisch  u.  L.  Sipöcz. 


Natrium. 


Chlorkalinm 

Chlornatrium 

für 

10.000  Theile 

Chlorkalium 

für 

10.000  Theilen 

Chlornatrium 

in 

10.000  Theile 

Entsprechend 

Natron 

253  5737 

6-7086 

246-8651 

130*8174 

Summe  der  fixen  Bestandteile  als  Sulfate  bestimmt. 


Wassermenge 

in 

Grammen 

Sulfate 

Entsprechend 

für 

10.000  Theile 

Berechnet 

205-7875 

7-7656 

377-3601 

379-3852 

10.000  Theile  des  Wassers  geben: 

Schwefelsäure  20*  1206 

Brom  0-8391 

Chlor  173-8954 

Kohlensäure,  gebunden  *)  1-6676 

Kalk  5"5327 

Magnesia  19-6052 

Kali  4-2322 

Natron  130-8174 

Summe  der  festen  Bestandtheile  (berechnet)  317-4386 

Specifisches  Gewicht  (bei  17-6  0 C.)  T0245 

Werden  die  aufgezählten  Bestandtheile  zu  Salzen  gruppirt,  so  hat 
man  für  10.000  Theile  des  Wassers: 

Brommagnesium  0-9650 

Kohlensaures  Magnesium  3"  1835 

Schwefelsaures  Kalium  7-8340 

Schwefelsaures  Natrium  29-3204 

Chlornatrium  222-7060 

Chlormagnesium  42-4634 

Chlorcalcium  10"9663 


Wien,  Laboratorium  für  medic.  Chemie  des  Prof.  Dr.  E.  Ludwig. 
September  1876. 


*)  berechnet. 


V.  Ueber  das  Verhalten  des  Eisenoxydes  bei  hohen 

Temperaturen. 

Von  Wilhelm  Suida. 

H.  Rose  x)  machte  vor  langer  Zeit  die  Beobachtung,  dass  Eisen- 
oxyd zum  Tlieile  in  Eisenoxydul  übergeht,  wenn  man  es  längere  Zeit 
der  Hitze  des  Porzellanofenfeuers  aussetzt;  er  fand  nämlich,  dass  so 
stark  erhitztes  Eisenoxyd  mit  Salzsäure  behandelt,  eine  Lösung  liefert, 
welche  mit  Kaliumeisencyanid  einen  blauen,  mit  Ammoniak  nicht  einen 
rothbraunen,  sondern  einen  dunkeln  Niederschlag  gibt. 

Ramm e 1 sb erg *  2)  hat  in  den  letzten  Jahren- bei  Gelegenheit  der 
Untersuchung  des  Sulzbacher 'Epidotes  festgestellt,  dass  der  Eisen- 
oxydulgehalt dieses  Silikates  durch  Schmelzen  mit  Borax  vergrössert 
wird,  dass  also  ein  Theil  von  dem  Eisenoxyde  des  Epidotes  bei  diesem 
Schmelzprocesse  unter  Sauerstoffabgabe  in  Eisenoxydul  übergeht. 

Bekanntlich  hat  Hermann3)  für  die  Bestimmung  des  Eisen- 
oxydules  in  -solchen  Silikaten,  welche  das  Eisen  sowohl  als  Oxydul, 
wie  als  Oxyd  enthalten,  eine  Methode  der  Aufschliessung  angegeben, 
Avelche  darin  besteht,  dass  das  zu  untersuchende  Silikat  mit  Borax  in 
einem  Kohlensäurestrome  geschmolzen  wird.  Hermann  hat  diese 
Methode  bei  verschiedenen  Mineralanalysen  angewendet,  in  jüngster  Zeit 
wurde  dieselbe  auch  von  Bodewig4)  bei  der  Untersuchung  des 
Glauköphans  von  Zermatt  benützt. 

Da  Rammeisberg  nur  das  Ergebniss  einer  einzigen  nach 
der  Methode  von  Hermann  ausgeführten  Eisenoxydulbestimmung  mit- 
theilt, so  schien  es  für  die  Beurtheilung  der  Brauchbarkeit  dieser 
Methode  von  Werth,  durch  eine  grössere  Anzahl  von  Experimenten, 
welche  mit  der  nöthigen  Vorsicht  angestellt  sind,  den  Einfluss  von 
schmelzendem  Borax  auf  reines  Eisenoxyd  und  auf  Eisenoxyd  enthaltende 
Silikate  zu  studiren. 

Da  ferner  das  Verhalten  des  Oxydes  im  Schmelzflüsse  auch  bezüg- 
lich des  Auftretens  von  Magnetit  und  der  Abwesenheit  von  Eisenglanz 
in  den  Laven  von  grossem  Interesse  ist,  so  sollten  die  Versuche  auch 
nach  dieser  Richtung  ausgedehnt  werden.  Ich  folgte  daher  gerne  der 


*)  Pharmaceutisclies  Centralblatt  1848,  488. 

2)  Zeitschrift  der  deutsch,  geolog.  Gesellsch.,  Jahrgang  1872,  pag.  69. 

3)  Handbuch  der  analytischen  Chemie  von  Heinrich  Rose,  6.  Auflage,  heraus- 
gegeben von  R.  Finken  er,  II.  pag..  699. 

4)  Poggendorff,  Annalen  der  Physik  und  Chemie,  Band  158,  pag.  224. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1876.  3.  Heft.  (Suida.)  23 


W.  Suida. 


176 


[2] 


Aufforderung  des  Herrn  Dir.  Tscherraak  und  des  Herrn  Prof.  Ludwig 
zu  dieser  Arbeit. 

Ich  habe  demnach  Versuche  mit  Eisenoxyd  und  Sulzbacher 
Epidot  bei  verschiedenen  Temperaturen  und  bei  verschiedener  Zeit- 
dauer ausgeführt,  ferner  bei  ähnlichen  Versuchen  den  Borax  durch 
leichtschmelzbares  Thüringer  Glas  ersetzt,  und  schliesslich  Eisenoxyd 
und  Epidot  für  sich  allein  hohen  Temperaturen  unterworfen  und  die 
in  allen  diesen  Fällen  auf  das  Eisenoxyd  bezüglichen  Veränderungen 
untersucht.  Es  wurden  folgende  Versuchsreihen  ausgeführt: 

I.  Eisenoxyd  wurde  im  bedeckten  Platintiegel  in  der  Flamme  des 
Gasgebläses  erhitzt. 

II.  Eisenoxyd  wurde  im  Stickstoffstrome  in  einem  Porzellanrohr 
durch  Kohlenfeuer  zur  beginnenden  Weissgluth  erhitzt. 

III.  Epidot  wurde  im  Porzellanrohr  wie  bei  II  erhitzt. 

IV.  Ein  Gemenge  von  Eisenoxyd  und  Borax  wurde  im  Stickstoff- 
strome in  einer  schwerschmelzbaren  Glasröhre  bei  der  Hitze  des 
Glas  er ’s  che  n Verbrennungsofens  geschmolzen. 

V.  Ein  Gemenge  von  Eisenoxyd  und  Borax  wurde  im  Stickstoff- 
strome in  einem  durch  Kohlenfeuer  zur  beginnenden  Weissgluth  erhitzten 
Porzellanrohre  geschmolzen. 

VI.  Ein  Gemenge  von  Epidot  und  Borax  wurde  wie  bei  IV  be- 
handelt. 

VII.  Ein  Gemenge  von  Epidot  und  Borax  wurde  wrie  bei  V behandelt. 

VIII.  Ein  Gemenge  von  Eisenoxyd  und  leichtschmelzbarem  Thüringer 
Glas  wurde  wie  bei  V behandelt. 

IX.  Ein  Gemenge  von  Eisenoxyd  und  Borax  wurde  im  Sauerstofif- 
strome,  im  Uebrigen  wie  bei  IV  behandelt, 

X.  Ein  Gemenge  von  Eisenoxyd  und  Borax  wurde  im  Platintiegel 
in  der  Flamme  des  Gasgebläses  erhitzt. 

XI.  Gemenge  von  Eisenoxyd  und  Borax,  sowie  von  Epidot  und 
Borax  wuirden  im  Platintiegel  in  der  Flamme  des  Gebläsefeuers  erhitzt, 
und  während  dessen  ein  Kohlensäurestrom  durchgeleitet. 

Bei  den  Versuchsreihen  II,  III,  IV,  V,  VI,  VII,  VIII  wurde  die 
Erhitzung  in  einem  Strome  von  reinem  Stickstoff  vorgenommen,  um 
jedem  Einwande,  bezüglich  reducirender  Gase  zu  begegnen;  es  wurde 
alle  Sorgfalt  auf  die  Reindarstellung  des  Stickstoffes  verwendet,  und 
ebenso  für  vollkommen  dichten  Schluss  der  verwendeten  Apparate  gesorgt. 
Ich  verfuhr  bei  diesen  Versuchsreihen  in  folgender  Weise:  In  einer 
grossen  Glasglocke  wurde  die  darin  enthaltene  Luft,  welche  durch 
Wasser  abgesperrt  war,  durch  brennenden  Phosphor  von  der  Hauptmenge 
ihres  Sauerstoffes  befreit,  das  resultirende  Gas  in  einen  20  Liter  fassenden 
Gasometer  übertragen,  und  diese  Operation  so  oft  wiederholt,  bis  der 
Gasometer  mit  dem  Gase  angefüllt  war.  Von  diesem  Gasometer  aus 
wurde  ein  langsamer  Gasstrom  in  jene  schwerschmelzbare  Glasröhre, 
respective  Porzellanröhre  geleitet,  in  welchen  die  in  Platinschiffchen 
befindlichen  Substanzen  erhitzt  wmrden 1).  Bevor  das  Gas  in  diese  Röhre 


*)  Das  Erhitzen  in  Glasröhren  wurde  in  einem  Glaser’schen  Verbrennungsofen, 
das  Erhitzen  im  Porzellanrohr  in  einem  kleinen  Schmelzofen  mittelst  Kohlenfeuer 
vorgenommen. 


177 


[3]  lieber  das  Verhalten  des  Eisenoxydes  bei  hoben  Temperaturen. 

eiritrat,  musste  dafür  gesorgt  werden,  dass  die  letzten  Reste  von  Sauer- 
stoff, so  wie  etwa  vorhandene  Spuren  reducireuder  Gase,  entfernt 
werden.  Zu  diesem  Zwecke  wurde  das  Gas  nach  seinem  Austritt  aus 
dem  Gasometer  durch  ein  Rohr  geleitet,  welches  eine  03  Meter  lange 
Schicht  von  Kupferoxyd  enthielt,  und  im  Verbrennungsofen  zur  Roth- 
gluth  erhitzt  war,  dann  durch  mit  Aetzkali  und  Chlorcalcium  gefüllte 
Röhren  endlich  in  eine  Röhre,  welche  in  einer  Länge  von  07  Meter 
mit  einer  Spirale  aus  Kupferdrahtnetz  angefüllt  war,  die  im  Verbrennungs- 
ofen zur  Rothgluth  erhitzt  wurde.  Von  hier  aus  kam  der  reine  Stick- 
stoff in  die  Glühröhren ; am  Ende  derselben  war  eine  kleine  mit  Schwefel- 
säure gefüllte  Waschflasche  angebracht,  welche  den  Zweck  hatte,  die 
Dichtheit  des  Apparates  zu  controliren.  Bei  allen  Versuchen  wurde  die 
Kupferspirale  höchstens  in  einer  Länge  von  5 Centimetern  oxydirt.  Das 
durch  den  Reinigungs-Apparat  gegangene  Gas  wurde  im  Eudiometer 
untersucht  und  vollkommen  rein  befunden.  Der  Gasstrom  wurde  während 
der  ganzen  Dauer  des  Glühens  und  nach  Beendigung  desselben  bis  zum 
Abkühlen  unterhalten,  dann  wurde  das  die  geglühten  Substanzen  enthal- 
tende Platinschiffchen  aus  dem  Glührohr  herausgenommen  und  mit  der 
nöthigen  Menge  verdünnter  Schwefelsäure,  respective  Flusssäure,  in  eine 
Glasröhre  eingeschmolzen,  aus  der  die  Luft  durch  Kohlensäure  verdrängt 
war.  Durch  Erhitzen  der  Röhre  im  Wasserbade  oder,  wenn  nötliig,  im 
Luftbade  bei  120°  C.,  wurde  die  Aufschliessung  der  geglühten  Masse 
bewerkstelligt,  nach  welcher  die  Bestimmung  des  Eisenoxydules  mit 
einer  titrirten  Chamäleonlösung  vorgenommen  werden  konnte. 

Ueber  die  zu  den  Versuchen  verwendeten  Substanzen  ist  folgendes 
zu  bemerken : Das  Eisenoxyd  war  einmal  aus  reinem  Eisenchlorid  durch 
Fällen  mit  Ammoniak,  andauerndes  Waschen  des  Niederschlages.  Trocknen 
und  Erhitzen  vor  dem  Bunsen’schen  Brenner,  das  anderemal  aus 
reinem  Eisendraht  durch  Auflösen  in  Salpetersäure,  Eindampfen  und 
Glühen  vor  dem  Bunsen’schen  Brenner,  dargestellt;  es  wurde  bei  der 
Prüfung  frei  von  Eisenoxydul  befunden. 

Der  Epidot  stammte  von  Sulzbach;  die  Analyse  desselben 
ergab  einen  Gehalt  von  14-69  Proc.  Eisenoxyd  und  0'52  Proc.  Eisenoxydul. 

Der  Borax  wurde  durch  Entwässern  und  Schmelzen  reiner  Krystalle 
in  einer  Platinschale  und  Zerreiben  nach  dein  Erkalten  für  die  Ver- 
suche vorbereitet. 

Die  zum  Aufsehliessen  verwendete  Schwefelsäure  bestand  aus  einer 
Mischung  von  1 Theil  reiner  destillirter  Säure  und  2 Theilen  Wasser. 

Die  Flusssäure  war  durch  Destillation  aus  einer  Platinretorte,  nach 
Zusatz  eines  Ueberschusses  von  übermangansaurem  Kalium  gereinigt 
worden. 

Selbst  sehr  kleine  Verunreinigungen  des  Materiales  und  das  beim 
Aufsehliessen  in  Glasröhren  in  Lösung  Gegangene,  konnte  bei  den 
verhältnissmässig  grossen  Quantitäten,  die  zur  Verwendung  kamen, 
immerhin  einen  merklichen  Verbrauch  von  Chamäleonlösung  bedingen, 
wodurch  dann  die  Eisenoxydulbestimmungen  zu  gross  ausgefallen  wären. 
Um  diese  Fehler  zu  eliminiren,  wurden  parallel  den  eigentlichen  Ver- 
suchen, Control-Versuche  angestellt,  bei  welch  letzteren  die  gleichen 
Mengen  der  zum  Glühen  verwendeten  Substanzen  und  der  zum  Auf- 

23* 


178 


W.  Suida. 


[4] 


schliessen  verwendeten  Säuren,  in  einer  Glasröhre  von  möglichst  gleicher 
Grösse,  unter  denselben  Bedingungen  der  Temperatur  und  Zeitdauer, 
in  Lösung  gebracht  wurden ; die  beim  Titriren  in  diesen  Control-Ver- 
suchen verbrauchte  Menge  der  Chamäleonlösung,  welche  in  der  Mehrzahl 
der  Fälle  02  Cc.,  im  Maximum  0’4  Cc.  betrug,  wurde  in  Rechnung 
gebracht. 

Ich  lasse  nun  die  Resultate  der  einzelnen  Versuchsreihen  folgen. 
Die  Art,  wie  die  Versuche  dieser  11  Reihen  ausgeführt  wurden,  ist 
bereits  früher  angegeben  worden. 

I.  Versuchsreihe. 

1)  1'093  Gr.  Eisenoxyd  1/i  Stunde  geglüht,  brauchten  0.6  Cc. 
Chamäleonlösung.  (1  Cc.  entspricht  0-0056  Gr.  Eisen1).  Es  wurden 
demnach  0'443  Proc.  Eisenoxyd  in  Eisenoxydul  umgewandelt. 

2)  0‘980  Gr.  Eisenoxyd  1/i  Stunde  geglüht,  brauchten  1 Cc. 
Chamäleonlösung.  Menge  des  veränderten  Eisenoxydes  0"83l  Proc. 

3)  P0118  Gr.  Eisenoxyd  x/4  Stunde  geglüht,  verbrauchten  0-6  Cc. 
Chamäleonlösung.  Menge  des  veränderten  Eisenoxydes  0’482  Proc. 

4)  0’9975  Gr.  Eisenoxyd  Stunde  geglüht,  brauchten  P6  Cc. 
Chamäleonlösung.  Menge  des  veränderten  Eisenoxydes  P291  Proc. 

II.  Versuchsreihe. 

0M865  Gr.  Eisenoxyd  1 1/2  Stunden  im  Porzellanrohr  geglüht, 
brauchten  0'2  Cc.  Chamäleonlösung.  Menge  des  veränderten  Eisenoxydes 
0'332  Proc. 

IIP  Versuchsreihe. 

P0212  Gr.  Epidot  V/2  Stunden  im  Porzellanrohr  geglüht, 
brauchten  l-7  Cc.  Chamäleonlösung;  davon  entfallen  nach  dem  Control- 
Versuche  auf  das  im  Epidot  enthaltene  Eisenoxydul  0 • 7 Cc. 

Eisenoxydulgehalt  des  Epidotes  vor  dem  Glühen  r=  R52  Proc., 
nach  dem  Glühen  = l-244  Proc. 

Es  wurden  von  100  Theilen  des  Eisenoxydes  5-48  Theile  in  Eisen- 
oxydul verwandelt. 

IV.  Versuchsreihe. 

1)  0'5261  Gr.  Eisenoxyd  mit  3 5 Gr.  Borax  4 Stunden  im  schwer- 
schmelzbaren Glasrohre  geschmolzen,  verbrauchten  6'2  Cc.  Chamäleon - 
lösung.  Menge  des  veränderten  Eisenoxydes  9 '543  Proc. 

2)  0'5308  Gr.  Eisenoxyd  mit  3 '5  Gr.  Borax  81/2  Stunden  erhitzt, 
brauchten  10'6  Cc.  Chamäleon.  Menge  des  veränderten  Eisenoxydes 
16173  Proc. 

3)  0'4903  Gr.  Eisenoxyd  und  3 '5  Gr.  Borax  4 Stunden  erhitzt, 
brauchten  4.6  Cc.  Chamäleon.  Menge  des  veränderten  Eisenoxydes 
7'597  Proc. 

4)  0"4996  Gr.  Eisenoxyd  und  3'5  Gr.  Borax  4 Stunden  erhitzt, 
brauchten  2G  Cc.  Chamäleon.  Menge  des  veränderten  Eisenoxydes 
3-405  Proc. 


9 Der  Titer  der  Chamäleonlösung  wurde  während  der  Dauer  der  Versuche 
zu  wiederholtenmalen  bestimmt,  er  zeigte  keine  Veränderung. 


179 


[5] 


Ueber  das  Verhalten  des  Eisenoxydes  bei  hohen  Temperaturen. 


5)  04975  Gr.  Eisenoxyd  und  3‘5  Gr.  Borax  4 Stunden  erhitzt, 
brauchten  12'8  Cc.  Chamäleon.  Menge  des  veränderten  Eisenoxydes 
20-858  Proc. 

6)  0'5415  Gr.  Eisenoxyd  und  3‘5  Gr.  Borax  4 Stunden  erhitzt, 
brauchten  4'0  Cc.  Chamäleon.  Menge  des  veränderten  Eisenoxydes 
5-982  Proc. 

V.  Versuchsreihe. 

1)  0-5019  Gr.  Eisenoxyd  mit  3’5  Gr.  Borax  lx/2  Stunden  im 
Porzellanrohr  erhitzt,  brauchten  2 Cc.  Chamäleon.  Menge  des  veränder- 
ten Eisenoxydes  3"226  Proc. 

2)  0-5065  Gr.  Eisenoxyd  mit  3'5  Gr.  Borax  2 Stunden  erhitzt,  brauchten 
0‘8  Cc.  Chamäleon.  Menge  des  veränderten  Eisenoxydes  1-273  Proc. 

3)  0'5138  Gr.  Eisenoxyd  mit  3"5  Gr.  Borax  lVa  Stunden  erhitzt, 

brauchten  l-4  Cc.  Chamäleon.  Menge  des  veränderten  Eisenoxydes 

2"206  Proc. 

4)  0’5023  Gr.  Eisenoxyd  mit  3"5  Gr.  Borax  2 Stunden  erhitzt, 

brauchten  1 Cc.  Chamäleon.  Menge  des  veränderten  Eisenoxydes 

P605  Proc. 

5)  0-6843  Gr.  Eisenoxyd  mit  3"5  Gr.  Borax  2 Stunden  erhitzt, 

brauchten  07  Cc.  Chamäleon.  Menge  des  veränderten  Eisenoxydes 

0-818  Proc. 

Die  durch  Zusammenschmelzen  des  Eisenoxydes  mit  Borax  erhal- 
tene Masse  war  sowohl  bei  den  im  Porzellanrohr,  als  bei  den  im 
schwerschmelzbaren  Glasrohr  ausgeführten  Versuchen  von  dunkelbrau- 
ner Farbe,  durchsichtig  und  von  kleinen  Gasbläschen  durchsetzt;  das 
Aufschlüssen  der  Masse  durch  verdünnte  Schwefelsäure  im  zugeschmol- 
zenen Glasrohr  ging  nur  langsam  vor  sich,  besonders  schwierig  waren 
kleine  glitzernde  Blättchen  in  Lösung  zu  bringen,  welche  in  der  Flüs- 
sigkeit zum  Vorschein  kamen,  sobald  die  Aufschliessung  begann.  Diese 
Blättchen  zeigten  bei  der  mikroskopischen  Untersuchung  das  Aussehen 
des  krystallisirten  Eisenoxydes;  die  Bildung  desselben  beim  Zusammen- 
schmelzen von  Eisenoxyd  mit  Borax  wurde  schon  von  C.  v.  Hauer1) 
beobachtet. 

VI.  Versuchsreihe. 

P0023  Gr.  Epidot  mit  2-5  Gr.  Borax  4 Stunden  im  schwer- 
schmelzbaren Glasrohr  erhitzt,  brauchten  3-2  Cc.  Chamäleon;  davon 
entfallen  nach  dem  Control-Versuche  auf  das  im  Epidot  enthaltene 
Eisenoxydul  07  Cc. 

Eisenoxydulgehalt  des  Epidotes  vor  dem  Glühen  = 0"52  Proc., 
nach  dem  Glühen  2-337  Proc. 

Es  wurden  von  100  Theilen  des  Eisenoxydes  13"  74  Theile  in 
Eisenoxydul  verwandelt. 

VII.  Versuchsreihe. 

1)  1-0466  Gr.  Epidot  mit  2‘5  Gr.  Borax  1V2  Stunden  im  Por- 
zellanrohr erhitzt,  brauchten  2 Cc.  Chamäleon;  davon  entfallen  nach 
dem  Control- Versuche  auf  das  im  Epidot  enthaltene  Eisenoxydul  0'7  Cc. 


9 Jahresbericht  über  die  Fortschritte  der  Chemie  von  Liebig  und  Kopp, 
Jahrgang  1854,  pag.  362. 


180  W.  Saida.  [6] 

Eisenoxydulgehalt  des  Epidotes  vor  dem  Glühen  = 0-52  Proc., 
nach  dem  Glühen  P405  Proc. 

Es  wurden  von  100  Theilen  des  Eisenoxydes  6*84  Theile  in 
Eisenoxydul  verwandelt. 

2)  P0306  Gr.  Epidot  mit  2-5  Gr.  Borax  llU  Stunden  im  Por- 
zellanrohr erhitzt,  brauchten  0-9  Cc.  Chamäleon;  davon  entfallen  nach 
dem  Control-Versuche  auf  das  im  Epidot  enthaltene  Eisenoxydul  0'7  Cc. 

Eisenoxydulgehalt  des  Epidotes  vor  dem  Glühen  ==  0’52  Proc., 
nach  dem  Glühen  0'661  Proc. 

Es  wurden  von  100  Theilen  des  Eisenoxydes  l-068  Theile  in 
Eisenoxydul  verwandelt. 

VIII.  Versuchsreihe. 

1)  0'505  Gr.  Eisenoxyd  mit  3-3343  Gr.  Thüringer  Glas  2 Stun- 
den im  Porzellanrohr  erhitzt,  verbrauchten  P38  Cc.  Chamäleon.  Menge 
des  veränderten  Eisenoxydes  2-202  Proc. 

2)  0-5153  Gr.  Eisenoxyd  mit  3-476  Gr.  Thüringer  Glas  2 Stun- 
den erhitzt,  verbrauchten  3'2  Cc.  Chamäleon.  Menge  des  veränderten 
Eisenoxydes  5-006  Proc. 

3)  0'5136  Gr.  Eisenoxyd  mit  3-5157  Gr.  Thüringer  Glas  2 Stun- 
den erhitzt,  verbrauchten  3 Cc.  Chamäleon.  Menge  des  veränderten 
Eisenoxydes  4-709  Proc. 

Bei  den  eben  erwähnten  Versuchen  der  VIII.  Reihe  musste  selbst- 
verständlich die  geschmolzene  Masse  sehr  fein  zerrieben  werden,  um 
eine  vollständige  Aufschliessung  durch  Schwefelsäure  und  Flusssäure  zu 
erzielen,  und  da  bei  diesem  Zerreiben  bedeutender  Substanz-Verlust 
unvermeidlich  ist,  so  wurde  das  Gewicht  der  geschmolzenen  Glasmasse 
bestimmt,  indem  das  Platinschiffehen  einerseits  leer,  andererseits  mit 
der  geschmolzenen  Masse  gefüllt,  gewogen  wurde. 

Nach  der  letzten  Wägung  wurde  das  Schiffchen  sammt  seinem  Inhalt 
stark  erhitzt  und  durch  Eintauchen  in  kaltes  destillirtes  Wasser  plötz- 
lich abgekühlt,  es  gelang  dann  leicht,  die  nach  allen  Richtungen  zer- 
klüftete Glasmasse  aus  dem  Schiffchen  zu  entfernen ; sie  wurde  im 
Achatmörser  auf  das  feinste  gepulvert,  getrocknet,  gewogen  und  nach- 
dem unter  den  bereits  beschriebenen  Vorsichtsmassregeln  mit  Schwefel- 
säure und  Flusssäure  im  zugeschmolzenen  Glasrohr  ihre  Aufschliessung 
bewerkstelligt  war,  wurde  mit  Chamäleon  titrirt.  Die  für  die  gewogene 
Quantität  der  Schmelze  erhaltenen  Werthe  wurden  auf  die  Gesammt- 
menge  des  in  Arbeit  genommenen  Materiales  umgerechnet. 

IX.  Versuchsreihe. 

0"5119  Gr.  Eisenoxyd  mit  3"5  Gr.  Borax  2 Stunden,  im  schwer- 
schmelzbaren Glasrohr,  im  Sauerstoffstrome  erhitzt,  verbrauchten  0'2  Cc. 
Chamäleon.  Menge  des  veränderten  Eisenoxydes  0-315  Proc. 

X.  V er  suchsreihe. 

1)  0"4975  Gr.  Eisenoxyd  mit  3'5  Gr.  Borax  1/i  Stunde  im 
bedeckten  Platintiegel  vor  dem  Gasgebläse  erhitzt,  verbrauchten  0"6  Cc. 
Chamäleon.  Menge  des  veränderten  Eisenoxydes  0976  Proc. 

2)  05045  Gr.  Eisenoxyd  mit  3"5  Gr.  Borax  1/2  Stunde  im  be- 
deckten Platintiegel  vor  dem  Gasgebläse  erhitzt,  verbrauchten  0 2 Cc. 
Chamäleon.  Menge  des  veränderten  Eisenoxydes  0-321  Proc. 


lieber  das  Verhalten  des  Eisenoxydes  bei  hohen  Temperaturen. 


181 


XI.  Versuchsreihe. 

Die  Versuche  dieser  Reihe  wurden  zu  dem  Zwecke  angestellt,  die 
Grösse  der  Fehler  kennen  zu  lernen,  welche  bei  Bestimmungen  des 
Eisenoxydules  nach  der  Methode  von  Hermann  erwachsen,  wenn 
unter  Bedingungen  gearbeitet  wird,  wie  dieselben  bisher  von  jenen 
Analytikern  eingehalten  wurden,  welche  sich  dieser  Methode  bedienten. 
Es  kamen  Eisenoxyd  und  Epidot  zur  Verwendung.  Die  Mischung 
dieser  Körper  mit  Borax  wurde  in  ein  kleines  Platintiegelchen  von 
geringem  Durchmesser  gebracht,  das  Tiegelchen  mit  einer  Kappe  aus 
dünnem  Platinblech  gut  bedeckt,  in  einen  zweiten  grösseren  Tiegel  ein- 
gesetzt, die  seitlichen  Zwischenräume  mit  Magnesia  ausgefüllt;  dieser 
zweite  Tiegel  gleichfalls  bedeckt,  wurde  in  einen  dritten  Platintiegel 
gesetzt,  auch  hier  wurden  die  seitlichen  Zwischenräume  mit  Magnesia 
ausgefüllt.  Auf  den  äusseren,  grössten  Platintiegel,  wurde  ein  durch- 
bohrter Deckel  aus  Porzellan  gelegt,  durch  die  Bohrung  ein  passendes 
gebogenes  Porzellanrohr  eingesetzt,  welches  mit  einem  continuirlich 
wirkenden  Kohlensäureapparate  in  Verbindung  stand.  Die  Platintiegel 
wurden  in  passender  Höhe  über  der  Flamme  des  Gasgebläses  ange- 
bracht und  während  der  ganzen  Dauer  des  Erhitzens  und  des  Abküh- 
lens  ein  langsamer  Strom  von  trockener  Kohlensäure  durch  den  Apparat 
geleitet.  Nach  dem  Erkalten  wurde  der  innerste  kleinste  Tiegel  sorg- 
fältig aus  der  Magnesia-Einbettung  hervorgeholt,  sammt  der  zur  Auf- 
schliessung erforderlichen  Schwefelsäure  in  ein  Rohr  eingeschmolzen, 
aus  dem  alle  Luft  durch  Kohlensäure  verdrängt  war,  und  nun  wurde  so  lange 
erhitzt, bis  die  in  dem  Tiegel  befindliche  Masse  vollständig  aufgeschlossen  war. 

In  derselben  Weise  hat  auch  Bodewig1)  tlie  Bestimmungen  des 
Eisenoxydules  io  dem  Glaukophan  von  Zermatt  ausgeführt. 

1)  05298  Gr.  Eisenoxyd  mit  2 Gr.  Borax  1/2  Stunde  erhitzt,  ver- 
brauchten 05  Cc.  Chamäleon.  Menge  des  veränderten  Eisenoxydes  0*754  Proc. 

2)  0*8662  Gi*.  Epidot  mit  4 Gr.  Borax  1 /2  Stunde  erhitzt,  ver- 
brauchten 1 Cc.  Chamäleon ; davon  entfallen  nach  dem  Control-Ver- 
suche auf  das  im  Epidot  enthaltene  Eisenoxydul  0*6  Cc. 

Eisenoxydulgehalt  des  Epidotes  vor  dem  Glühen  = 0*52  Proc., 
nach  dem  Glühen  = 0*851  Proc. 

Es  wurden  von  100  Theilen  des  Eisenoxydes  2*51  Theile  in 
Eisenoxydul  verwandelt.2) 

3)  0*9898  Gr.  Epidot  mit  4 Gr.  Borax  1/2  Stunde  erhitzt,  ver- 
brauchten 1*8  Cc.  Chamäleon;  davon  entfallen  nach  dem  Control- 
Versuche  auf  das  im  Epidot  enthaltene  Eisenoxydul  0*7  Cc. 

Eisenoxydulgehalt  des  Epidotes  vor  dem  Glühen  = 0*52  Proc., 
nach  dem  Glühen  = 1*32  Proc. 

Es  wurden  von  100  Theilen  des  Eisenoxydes  6*05  Theile  in 
Eisenoxydul  verwandelt. 

Die  numerischen  Resultate  aller  Versuche  sind  der  besseren 
Uebersicht  wegen,  in  ihren  wesentlichsten  Punkten  in  der  folgenden 
Tabelle  zusammengestellt. 

9 l.  c. 

2)  Die  geschmolzene  Masse  war  bei  diesem  Versuch,  selbst  nach  längerem 
Erhitzen  nicht  vollständig  aufgeschlossen,  trotzdem  ersieht  man  aus  den  Resultaten 
der  Titrirung  doch  eine  Zunahme  des  Eisenoxyduls  durch  das  Glühen, 


182 


W.  Saida, 


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[9]  Ueber  das  Verhalten  des  Eisenoxydes  bei  hohen  Temperaturen. 


Die  Ergebnisse  meiner  Versuche  lassen  sieh  in  folgenden  Punkten 
zusammenfassen : 

1.  Beim  Glühen  des  Eisenoxydes  hei  der  Hitze  des  Bunsen’schen 
Brenners  entsteht  kein  Eisenoxydul,  wenn  die  Wirkung  reducirender 
Substanzen  ausgeschlossen  ist. 

2.  Beim  Glühen  von  Eisenoxyd  so  wie  von  Eisenoxyd-haltigen 
Silikaten  bei  lebhafter  Bothgluth  oder  beginnender  Weissgluth  tritt  Bil- 
dung von  Eisenoxyclul  auf,  auch  wenn  die  Glühung  im  Strome  von 
reinem  Stickstoff  bei  Ausschluss  reducirender  Substanzen  vorgenommen 
wird. 


3.  Beim  Zusammenschmelzen  von  Eisenoxyd  so  wie  Eisenoxyd- 
haltigen Silikaten  mit  Borax  oder  Glas  wird  ein  Tlieil  des  Eisenoxydes 
in  Oxydul  verwandelt,  auch  dann,  wenn  das  Erhitzen  in  einem  Strome 
von  reinem  Stickstoff  oder  Kohlensäure  vorgenommen  wird. 

4.  Wenn  Eisenoxyd  mit  Borax  in  einer  Atmosphäre  von  Sauer- 
stoff geschmolzen  wird,  so  ist  die  Bildung  von  Eisenoxydul  sehr  gering. 

Aus  meinen  Versuchen  geht  in  Uebereinstimmung  mit  Rammeis- 
berg1) ferner  hervor,  dass  die  von  Hermann  vorgeschlagene  Methode 
der  Bestimmung  des  Eisenoxydules  in  Silikaten,  nach  welcher  die 
letzteren  durch  Schmelzen  mit  Borax  aufgeschlossen  werden,  nicht  ver- 
wendbar ist,  indem  die  nach  derselben  erhaltenen  Werthe  für  das 
Eisenoxydul  zu  gross  ausfallen;  der  Eisenoxydulgehalt  eines  Silikates, 
welches  neben  Eisenoxydul  auch  Eisenoxyd  enthält,  kann,  wie  aus 
meinen  Versuchen  mit  dem  Epidot  ersichtlich  ist,  nach  dem  Schmelzen 
mit  Borax  sogar  mehr  als  das  Dreifache  desjenigen  betragen,  welcher 
in  dem  Mineral  enthalten  ist. 

Bei  solchen  Silikaten,  welche  durch  Erhitzen  mit  Schwefelsäure 
oder  Salzsäure  nur  äusserst  schwierig,  oder  wohl  gar  unvollständig 
aufgeschlossen  werden,  wird  man  gut  thun,  die  für  die  Eisenoxydul- 
Bestimmung  erforderliche  Aufschliessung  mit  einem  Gemenge  von 
reiner  Flusssäure  und  mässig  verdünnter  Schwefelsäure  im  zuge- 
schmolzenen  Rohre  aus  böhmischem  Kali-Glas  vorzunehmen,  wie  diess 
in  neuerer  Zeit  vielfach  geschieht.  Bei  der  Anwendung  der  Flusssäure 
muss  man,  wie  schon  von  verschiedenen  Seiten  hervorgehoben  wurde, 
auf  die  schädlichen  Verunreinigungen  derselben  Rücksicht  nehmen ; und 
die  rohe  käufliche  Säure  ist  nach  Zusatz  von  übermangansaurem  Kalium 
im  Ueberschuss,  aus  einer  Platinretorte  zu  destilliren  und  jedenfalls 
nur  dann  in  Verwendung  zu  nehmen,  wenn  dieselbe  Chaniäleonlösung 
nicht  entfärbt.  Es  wird  sich  zur  Erzielung  genauer  Resultate  empfehlen, 
neben  der  eigentlichen  Aufschliessung  einen  Versuch  anzustellen, 
der  darin  besteht,  dass  man  die  zur  Aufschliessung  verwendeten 
gleichen  Quantitäten  von  Flusssäure  und  Schwefelsäure  in  einer  dem- 
selben längeren  Stücke  entnommenen  Glasröhre,  von  näherungsweise 


9 l.  c. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1876.  3.  Heft.  (Suida.) 


24 


184 


W.  Suida. 


[10] 


denselben  Dimensionen,  wie  die  der  Aufschliessröhre,  neben  der  letzte- 
ren gleich  lange  erhitzt,  und  dann  ermittelt,  wie  viel  Chamäleon  bis 
zum  Eintreten  der  Eothfärbung  des  Röhreninhaltes  verbraucht  wird; 
diese  Quantität  des  Chamäleons,  welche  nur  wenige  Zehntel  Kubikcenti- 
meter  betragen  darf,  ist  von  derjenigen  abzuziehen,  welche  zum 
Titriren  des  aufgeschlossenen  Silikates  erfordert  wird. 

September  1876.  Wien,  Laboratorium  des  Prof.  E.  Ludwig. 


VI.  Notizen. 

Bemerkungen  über  die  Peclisteine  von  Arran. 


Allport  bemerkt  in  dem  ersten  seiner  beiden  Aufsätze  über  die 
Gesteine  von  Arran,  dass  die  Peclisteine,  die  von  dieser  Localität  zu  seiner 
Kenntniss  kamen,  niemals  Hornblende  enthielten.  Das  grüne  säulen- 
förmige Mineral,  welches  Zirkel  und  Vogelsang  früher  zu  dieser  Art 
gezählt  hatten,  bezieht  er  auf  Augit,  weil  es  keinen  Dichroismus  zeige 
und  er  an  einer  durchgeschnittenen  Säule  die  Winkel  132°,  137°,  87° 
beobachtet  habe. 

Auf  dieses  Zeugniss  hin  gab  Zirkel  seine  frühere  Ansicht  auf, 
aber  mit  der  Bemerkung,  dass  der  reichliche  Augitgehalt  in  einem 
glasigen  Gestein  mit  (33*5O0/o  Kieselsäure  eben  so  auffallend  sei  wie 
der  Umstand,  dass  hier  der  Augitgehalt  alle  jene  gabelförmigen,  aus- 
gefranzten  Prismen  und  Mikrolithen  bilde,  welche  sonst  niemals  diesem, 
sondern  allemal  nur  der  Hornblende  eigen  sind.1) 

In  einer  Sammlung  von  Dünnschliffen  aus  Gesteinen  von  Arran, 
die  durch  die  Güte  des  Herrn  Directors  Tschermak  zu  meiner  Ansicht 
gelangten,  befinden  sich  nebst  anderen  zwei  Stücke  von  Pechstein, 
die  Hornblende  enthalten. 

Der  Dünnschliff  eines  Pechsteines  von  Lamlash  zeigt  eine  Grund- 
masse von  farblosem  Glase,  in  welchem  schöne  grosse,  säulenförmige 
Belonite  eingebettet  liegen,  welche  in  Betracht  ihrer  Dünne  einen 
stark  markirten  Dichroismus  zeigen.  Bei  stärkerer  Vergrösserung  er- 
scheinen diese  Belonite  in  gabelförmig  ausgefranzten  prismatischen 
Formen,  welche  zuweilen  ein  Korn  von  Magnetit  enthalten. 

Ein  Pechstein  von  Clachland  Point  zeigt  im  Dünnschliff  bei  240- 
maliger  Vergrösserung  eine  helle  farblose  Grundmasse,  welche  dicht 
mit  kleinen  grünen  Beloniten  besäet  ist.  Hie  und  da  sammeln  sie 
sich  um  einen  grösseren  prismatischen  Belonit  und  lassen  einen  Baum 
in  der  Grundmasse  offen.  Die  grösseren  Belonite  sind  dichroitisch  und 
bei  stärkerer  Vergrösserung  erscheinen  sie  unter  der  Structur  von 
Hornblende  wie  die  ähnlichen  Vorkommnisse  in  dem  Peclisteine  von 
Lamlash. 


*)  F.  Zirkel,  die  mikrosk.  Beschaffenheit  der  Mineralien  und  Gesteine,  p.  376. 

24* 


186 


Notizen. 


[2] 


Wenn  der  Grad  des  Dichroismus  als  Hauptunterscheidungs-Merkmal 
zwischen  Hornblende  und  Augit  gilt,  so  sind  die  Belonite  in  dem 
Pechsteine  von  den  beiden  erwähnten  Localitäten  zweifellos  als  Horn- 
blende zu  deuten.  In  den  von  mir  untersuchten  Pechsteinen  aller 
übrigen  Localitäten  besitzen  die  Belonite  eine  andere  Structur,  keinen 
Dichroismus  und  sind  bestimmt  Augit. 

Die  Sphaerulithe  und  Globulithe,  welche  in  diesen  Gesteinen, 
insbesondere  in  jenem  von  Lamlash,  Vorkommen,  sind  noch  einiger 
Betrachtung  werth.  Die  ersteren  sind  klein,  in  der  Farbe  von  dem 
Glase,  in  welchem  sie  liegen,  kaum  zu  unterscheiden  und  von  ausgezeich- 
net strahlenförmiger  Structur;  sie  zeigen  Farben  im  polarisirten  Licht 
und  ein  stationäres  schwarzes  Kreuz,  wenn  der  Dünnschliff  zwischen 
gekreuzten  Prismen  gedreht  wird.  Eine  ganze  Pieihe  von  Formen 
führt  von  dem  Sphaerulith  zu  eomplicirten  Globulithen,  welche  nur  eine 
geringe  Neigung  zu  einer  radialen  Structur  zeigen. 

Mehrere  einzelne  Sphaerulithe  kommen  zuweilen  in  Contact  mit 
einander  vor,  und  das  Aggregat  derselben  erscheint  durch  eine  gelbliche 
eisenhaltige  Masse  ein  wenig  getrübt.  Zuweilen  verlieren  diese  Formen 
ihre  radiale  Structur  und  stellen  eine  centrale  Masse  von  Mikrolithen 
vor,  welche  nach  ihrem  allgemeinen  Aussehen  und  ihrem  Ver- 
halten im  polarisirten  Lichte  Feldspath  zu  sein  scheinen,  und 
von  einer  Schichte  einer  braunen,  halbopaken  Materie  umgeben 
sind.  Eine  complicirtere  Form  von  Globulithen  besitzt  ein  centrales 
halbkrystallinisches  gelbliches  Sphäroid  in  Quarz  eingeschlossen,  welcher 
letztere  selbst  von  Schichten  einer  abwechselnd  braunen  undurchsichti- 
gen und  weissen  Materie  von  schwach  krystallinischer  Structur  umgeben 
ist.  Die  complicirteste  Form  endlich  ist  ein  Globulith,  in  welchem  man 
ein  Centrum  von  Quarz  sieht,  der  innerhalb  dreier  aufeinanderfolgenden 
Schichten  liegt,  von  denen  die  mittlere  von  Feldsphathmicrolithen,  die 
beiden  übrigen  aber  von  einem  bereits  früher  erwähnten  braunen  Ma- 
teriale zusammengesetzt  zu  sein  scheinen. 

Zuweilen  fällt  das  Ausstrahlungscentrum  eines  Sphaerulithen  mit 
dem  Durchschnittspunkt  zweier  oder  mehrerer  Belonite  zusammen, 
aber  eben  so  häufig  trifft  es  sich,  dass  diese  den  Sphaerulithen  kreuzen 
ohne  Rücksicht  auf  eine  radiale  Anordnung.  Auch  in  den  Globulithen 
liegen  die  Belonite  mit  Bezug  auf  die  Richtung  genau  wie  im  äusseren 
Glase,  sind  aber  in  der  Regel  mehr  zersetzt,  insbesondere  jene,  welche 
in  der  Nähe  des  Centrums  eines  Globulithen  sich  befinden,  und  inner- 
halb des  Quarzes  bleibt  nur  wenig  mehr  von  den  Beloniten  übrig  als 
Spuren  ihrer  ursprünglichen  Form,  welche  durch  Magnetit  erhalten  wird. 

Aus  dem  Vorhergehenden  scheint  sich  zu  ergeben,  dass  die  Bil- 
dung der  Globulithe  später  als  die  der  Belonite  erfolgt  und  von  der 
Zerstörung  der  letzteren  begleitet  sei;  ferner,  dass  diese  Bildung  von 
Globulithen  durch  eine  secundäre  Einwirkung  auf  nassem  Wege  ent- 
standen, obwohl  die  Grundmasse  keine  Risse  zeigt. 

Zum  mindesten  scheint  es  unmöglich,  auf  eine  andere  Weise  die 
Zersetzung  der  Belonite  innerhalb  der  Globulithen  zu  erklären,  da  sie 
doch  in  der  Grundmasse  vollständig  erhalten  sind. 

Frank  A.  Gooch. 


[3] 


Notizen. 


187 


Biotit-Zwillinge  vom  Yesuv. 

Herr  G.  vom  Rath  beschreibt  in  Pogg.  Ann.  Bd.  158,  pag.  420, 
Krystalle  von  Biotit,  welche  aus  zwillingsartig  verbundenen  Individuen 
bestehen.  Die  letzteren  erscheinen  um  120°  gegen  einander  verwendet. 
Derlei  Krystalle  vom  Yesuv  und  auch  complicirter  gebildete  sind  mir 
schon  seit  längerer  Zeit  bekannt,  doch  gebe  ich  die  genauere  Beschrei- 
bung erst  nach  Abschluss  meiner  Arbeit  über  die  Glimmergruppe. 
Mittlerweile  gestatte  ich  mir  jedoch  die  Bemerkung,  dass  nach  meinen 
Beobachtungen  aller  Biotit  vom  Vesuv  dem  monoklinen  Systeme  ange- 
hört. Die  optische  Untersuchung  eines  Biotitkrystalls,  welche  C.  Hintze 
ausführte,  ergab  zwar  schon  für  diesen  ein  monoklines  System,  doch 
hält  v.  Rath  einstweilen  noch  an  dem  rhomboedrischen  Systeme  fest 
und  sieht  sich  daher  genöthigt,  ein  Zwillingsgesetz  mit  einer  Drehung 
von  120°  anzunehmen,  welches  Gesetz,  wie  ich  glaube,  mit  den  heutigen 
Anschauungen  nicht  leicht  in  Einklang  zu  bringen  wäre. 

Es  ergibt  sich  jedoch  aus  den  Beobachtungen  G.  v.  Rath’s  und 
aus  den  meinigen  ein  dem  monoklinen  System  entsprechendes  Zwillings- 
gesetz mit  einer  Zwillingsfläche,  die  auf  der  Endfläche  fast  genau  senk- 
recht ist  und  die  Indices  331  erhält,  wofern  die  Flächen  M und  o als 
in  und  111  angenommen  werden.  Aehnliche  Zwillinge  zeigt  auch 
der  Muscovit  vom  Gotthardt  und  aus  dem  Zillerthal,  doch  ist  die 
Zwillingsfläche  in  diesem  Falle  eine  andere  Fläche  derselben  Pris- 
menzone. 


T. 


JAHRGANG  1876. 


IV.  HEFT. 


G. 


GESAMMELT  VON 

TSC  H ERM  AK 


DIRECTOR  DES  IC.  K.  MINERALOGISCHEN  HOP-MUSEUMS. 


lieber  einige  Grünschiefer  des  sächsschen  Erzgebirges. 

Von  Dr.  Eugen  Gfeinitz  in  Göttingen. 

Die  als  Grün  schiefer  bezeichneten  Gesteine  treten  in  so  man- 
nigfaltiger und  dabei  meist  für  das  blosse  Auge  so  undeutlicher  Ausbil- 
dungsweise auf  , dass  man  früher  die  verscliiedentlichst  gemengten 
derartigen  — theils  dichten,  theils  grobkörnigen,  schiefrigen  oder  fast 
massigen  — Gesteine  mit  dem  allgemeinen  Namen  Grünschiefer,  Griin- 
steinschiefer  oder  auch  Grünstein  zusammenzufassen  gezwungen  war. 
Eine  genaue  petrographische  Charakteristik  der  einzelnen  Vorkommnisse 
und  in  weiterer  Folge  eine  Eintheilung  und  Gruppirung  der  als  Grün- 
schiefer bezeichneten  Gesteine  kann  aber  lediglich  auf  Grund  einer 
mit  genauer  Berücksichtigung  der  geologischen  Verhältnisse  eng  ver- 
bundenen mikroskopischen  Analyse  der  Gesteine  aus  den  einzelnen 
Gebieten  erfolgen.  Bis  jetzt  existiren  nur  erst  zwei  solcher  Arbeiten, 
über  die  Grünschiefer  von  Hainichen  in  Sachsen  ’)  und  über  schlesische* 2), 
durch  welche  sich  ziemlich  grosse  Verschiedenheiten  in  den  Vorkomm- 
nissen der  beiden  Gebiete  herausgestellt  haben. 

Die  nachfolgenden  Untersuchungen  sollen  einen  kleinen  Beitrag  zur 
Kenntniss  einiger  Grünschiefer  des  sächsischen  Erzgebirges  liefern.  Das 
Material  dazu  wurde  möglichst  vollständig  bei  wiederholten  Begehungen 
der  durch  den  Bahnbau  ausgezeichnet  aufgeschlossenen  Profile  im 
Muldenthale  zwischen  Aue  und  Schloss  Stein,  an  der  Zwickau-Sehwar- 
zenberger Bahn  gelegen,  sowie  der  bei  Tharandt  und  Herz  ogs wald a 
bei  Wilsdruff,  (westlich  von  Dresden)  befindlichen  Aufschlüsse  ent- 
nommen. Leider  war  es  mir  wegen  der  Kürze  der  Zeit  und  wegen  des 
Mangels  einer  genauen  Specialkarte  unmöglich,  eine  detaillirte  geologi- 
sche Aufnahme  und  Gliederung  in  dem  bereits  durch  Naumann3) 
bekannten  Gebiete  vorzunehmen. 


h R.  Credner,  das  Grünschiefersystem  von  Hainichen,  Zeitsclir.  f.  ges.  Nativ. 
Halle,  1876. 

2)  E.  Kalkowsky,  Ueber  grüne  Schiefer  Niederschlesiens,  Min.  Mittheil. 
1876.  II.  p.  87. 

s)  Naumann,  Erläuterungen  der  geogn.  Karte  von  Sachsen,  Sectiou  XV. 
pag.  275;  X.  pag.  73. 

Mineralogische  MittheiUmgen.  1876.  4.  Heft.  (Geinitz.) 


25 


190 


Eugen  Geinitz. 


[2] 


I. 

Verfolgt  man  von  Aue  aus  die  Bahnstrecke  nach  der  Station 
Nieder-Schlema,  so  gelangt  man  aus  dem  den  Granit  umgebenden 
Glimmerschiefer  in  den  mit  letzterem  durch  Uebergänge  eng  verbundenen 
archäischen  Phyllit  (Thonschiefer).  Beide  zeigen  ein  übereinstimmendes, 
im  Allgemeinen  nordwärts  gerichtetes  Einfallen  von  ca.  40°  bis  45°. 
Man  beobachtet  hier  in  den  Uebergangspartien  sehr  verschiedene 
Schiefervarietäten,  Quarzitschiefer,  Fleckschiefer-ähnlichen  Phyllit,  glim- 
merreichen Phyllit,  letztere  beide  durch  das  Vorhandensein  mikrosko- 
pischer Turmalinkrystalle  bemerkenswerte  Der  Grünschiefer  bildet,  wie 
bereits  Naumann  erwähnt1),  meist  scharf  abgegrenzte  Einlagerungen 
in  dem  Thonschiefer,  in  der  Kegel  ohne  jeden  Uebergang. 

An  einzelnen  Stellen  besitzt  er  bei  fast  massiger  Absonderung 
für  die  makroskopische  Untersuchung  auch  das  Ansehen  eines  grob- 
körnigen Diorits,  wesshalb  er  früher  theilweise  für  ein  Eruptivgestein 
angesehen  wurde.  An  vielen  Stellen  ist  die  unmittelbare  Grenze  des 
Grünschiefers  und  des  Phyllits  nicht  mehr  zu  beobachten,  da  der  Phyl- 
lit der  Erosion  zum  Opfer  gefallen  und  nur  der  härtere  Grünschiefer 
in  vorspringenden  Klippen  stehen  geblieben  ist. 

Die  erste  Grünschiefer-Einlagerung,  welche  man  bei  Verfolgung 
des  Protiles  von  Aue  aus  trifft,  ist  nach  dem  Kilometerstein  125,  etwa 
bei  12-55  Ivilom.  gelegen  2),  wo  in  dem  quarzreichen  Phyllit  eine  6 
Meter  mächtige,  scharf  vom  Phyllit  abgegrenzte  Masse  eines  mittel- 
körnigen  Gesteins  auftritt,  das  massig  abgesondert,  nur  an  dem  nörd- 
lichen Ende  der  Einlagerung  grob  schiefrig  ist  und  welches  sich  durch 
seinen  Reichthum  an  Biotitblättchen  auszeichnet.  Dieser  Grünschiefer 
nimmt  durch  seinen  Glimmerreichthum  eine  gesonderte  Stellung  vor 
den  übrigen  hier  auftretenden  Grünschiefern  ein.  Seine  Hauptbestand- 
theile  sind:  Strahlsteinartige  Hornblende,  deren  kurze  Säulen,  oft 
büschelförmig  zu  grösseren,  mehr  oder  weniger  scharf  begrenzten  Partien 
aggregirt,  mit  kleinen,  dunkleren  Glimmerblättchen  und  einzelnen  Pyrit- 
und  Magnetitkörnchen  verwachsen  sind,  während  andere  lange,  nadel- 
förmige Säulen  strahlenartig  von  einzelnen  Punkten  auslaufen.  Neben 
den  Nadeln  finden  sich  auch  grössere  in  der  Säulenzone  ausgebildete 
Ivrystalle,  deren  Querschnitte  die  stumpfwinklige  Spaltung  deutlich  er- 
kennen lassen.  Eng  mit  der  Hornblende  verknüpft  ist  der  Biotit. 
Dieser  tritt  in  grösseren,  rundlich  ausgebuchteten  Blättchen  von  lebhaft 
brauner  Farbe  auf.  Dieselben  sind  ausgezeichnet  durch  die  massenhafte 
Einlagerung  von  Mikrolithen,  wie  sie  in  gleicher  Weise  bereits  in  den 
Glimmern  der  Kersantone,  sowie  der  krystallinischen  Schiefer  Nord- 
amerikas 3)  und  des  sächsischen  Erzgebirges,  ferner  in  dem  Epidot 
führenden  Gneiss  von  Dissentis  in  der  Schweiz  und  im  Gabbro  von 


’)  Erläuterungen,  Section  XV.  pag.  275. 

2)  Anmerkung:  Eine  genaue  Bezeichnung  der  einzelnen  Fundpunkte,  welche 
auch  im  Folgenden  angewendet  werden  soll,  ist  durch  die  auf  der  Bahnstrecke  befind- 
lichen Kilometersteine  ermöglicht.  Hierbei  bedeutet  z.  B.  die  Zahl  134  den  Stein, 
welcher  die  Stelle  13,4  K.-M.  bezeichnet. 

3)  Zirkel,  Die  Zusammensetzung  des  Kersantons,  Ber.  d.  Sachs.  Ges.  d. 
Wiss.  1875.  p.  202. 


[3] 


Ueber  einige  Grii  nscliiefer  des  sächsischen  Erzgebirges. 


191 


Leprese  im  Veltlin  *)  bekannt  sind.  Diese  inmitten  des  ganz  frischen 
Glimmers  gelegenen  Gebilde  sind  nicht  etwa  als  das  Resultat  einer 
Umwandlung  des  Glimmers,  sondern  jedenfalls  als  ursprüngliche  Ein- 
lagerungen anzusehen.  Die  Mikrolithen  erscheinen  zwar  bei  schwacher 
Vergrösserung  nur  als  schwarze  Striche,  welche  sich  stets  unter  dem 
Winkel  von  60°  kreuzen,  doch  erweisen  sie  sich  bei  stärkerer  Vergrös- 
sprung  als  farblose,  stark  lichtbrechende,  winzige  Säulchen,  ohne  Längs- 
faserung, oft  mit  pyramidaler,  stumpfwinkliger  Zuspitzung.  (Tafel  XIV, 
Fig.  1.)  Sie  sind  meist  nur  im  Innern  der  Lamellen  vorhanden,  wäh- 
rend sie  nach  dem  Rande  hin  verschwinden.  In  den  quer  durchschnittenen 
Lamellen  erscheinen  diese  Einlagerungen  natürlich  nur  als  wenig 
charakteristische,  punktförmige  Körner  oder  bei  schiefen  Schnitten  als 
kurze,  stachelartige  Säulchen. 

Nicht  selten  finden  sich  in  den  Glimmern  ferner  noch  Körnchen, 
oft  scharf  rhombisch  begrenzt,  in  reihenweisen  Schaaren  angeordnet. 
Dieselben  Körnchen  scheinen  sich  auch  ausserhalb  der  Glimmer  zu 
ziehen,  indem  die  Glimmerlamellen  oft  von  einem  Kranze  solcher  kleiner, 
stark  polarisirender  Körner  umgeben  sind,  von  dem  sich  einzelne  Schaaren 
in  das  Innere  des  Glimmerkrystalles  erstrecken. 

Rufen  die  Säulenmikrolithen  eine  Aelmlichkeit  mit  Hornblende 
hervor,  so  scheinen  andererseits  die  Körner  eher  dem  Epidot  anzuge- 
hören. Mit  den  von  Kalk owsky* 2)  als  Zoisit  beschriebenen  Mikrolithen 
aus  dem  Chlorit  des  Grünschiefers  vom  Hofberg  bei  Berbisdorf  in 
Schlesien,  sind  die  eben  genannten  Mikrolithen  nicht  identisch.  Der 
Körnerkranz  um  die  Glimmer  findet  sich  auch  bei  den  quer  geschnit- 
tenen Lamellen  dieses  Minerals,  so  zwar,  dass  es  auf  den  ersten  An- 
blick hin  oft  scheinen  will,  als  seien  diese  Körnchen,  deren  zahlreiches 
Auftreten  oft  ein  gewisses  trübes  Aussehen  bedingt,  aus  einer  Um- 
wandlung hervorgegangen. 

Die  zwischen  diesen  beiden  Gemengtheilen  liegende , farblose 
Masse,  in  der  zahlreiche  Einlagerungen  von  Hornblendekrystallen,  Hohl- 
räumen und  Ferrit  bemerkbar  sind,  besteht  aus  Quarz,  Orthoklas 
und  zurücktretendem  Plagioklas.  Als  untergeordnete  Erscheinung  treten 
Chlorit  schuppen  auf,  als  Zersetzungsprodukt  der  Hornblende;  Pyrit, 
Eisenoxydblättchen  und  Apatit  gehören  zu  den  accessorischen  Bestand- 
theilen  dieses  Grünschiefers,  welchen  man  nach  seiner  Zusammenset- 
zung demnach  als  Biotit  führenden  Hornblende  - Grünschiefer  bezeich- 
nen kann. 

Ein  interessanter  accessorischer  Gemengtheil  ist  noch  der  Salit, 
welcher  in  wenigen  grossen,  fast  farblosen  Ivrystallen  auftritt,  an  den 
Rändern  in  Strahlstein  umgewandelt  und  auf  den  Sprüngen  durch  Zer- 
setzung getrübt.  Farblose  Körnchen,  welche  meistens  die  hellen  Strahl- 
steinpartien umgrenzen,  und  die  oft  durch  grössere  Zusammenhäufung 
trübe  Massen  bilden,  gehören  offenbar  dem  Epidot  an. 

Auf  den  Phyllit , welcher  die  eben  besprochene,  glimmereiche 
Einlagerung  enthält,  folgt  bei  dem  Steine  Nr.  126,  gegenüber  dem 


9 Francke,  Studien  über  Cordillerengesteine,  Apolda  1875.  p.  37. 

2)  a.  a.  0.  p.  105,  tab.  VIII.  fig.  6. 


25* 


192 


Eugen  Geinitz. 


[4] 


Wehre,  ein  mächtiges  Profil  eines  gebänderten  Grünschiefers , mit 
W.-N.-W.  Einfallen  von  40°  bis  45°.  Es  sind  feste,  dichte,  dunkelgrüne 
Schiefer,  welche  mit  dünnen,  lichtgrünen  Lagen  vielfach  wechseln  und 
auf  deren  Schichtungsflächen  manchmal  grössere  Hornblendekrystalle  zu 
beobachten  sind. 

Die  hellen  Lagen  erhalten  durch  die  Verwitterung  eine  noch 
hellere  Färbung  und  lassen  die  kleinen  Schichtenstörungen,  welche  un- 
abhängig von  der  im  Allgemeinen  sehr  constanten  Lagerung  vorhanden 
sind,  sehr  deutlich  hervortreten.  Oefters  stellen  sich  Quarzlinsen  ein,  die 
auch  zu  dünnen  Zwischenlagen  verflösst  sein  können. 

Dieser  ausgezeichnete  „gebänderte  Grünschiefer“  hat  zwar  ein 
sehr  ähnliches  makroskopisches  Aussehen,  wie  der  von  Pt.  Credner 
aus  der  Gegend  von  Hainichen  beschriebene  Q,  und  seine  dunklen 
Lagen  haben  auch  dieselbe  Zusammensetzung  (Hornblende,  Epidot,  Eisen- 
erz, Feldspath  — hier  noch  Quarz),  dagegen  tritt  in  der  Zusammen- 
setzung der  hellen  Lagen  ein  bemerkenswerther  Unterschied  auf: 
Während  die  hellen  Lagen  der  gebänderten  Grünschiefer  von  Hainichen 
aus  einem  Epidot-,  Plagioklas-,  Orthoklas-,  Kalkspath-Aggregat  be- 
stehen, wird  in  den  hellen  Lagen  unseres  Schiefers  die  helle  Farbe 
durch  Vorwalten  von  Salit  bedingt.  Hierdurch  schliesst  sich  dieses 
Vorkommen  eng  an  den  sogen.  Aphanitschiefer  von  Berggieslnibel 
im  Erzgebirge  an. 

ln  den  dunklen  Lagen  waltet  grasgrüne  Hornblend e vor,  deren 
lange,  dünne,  vielfach  längsgefaserte  Säulen  oft  büschelförmig  gruppirt 
sind,  während  sie  mit  ebenso  gefärbten,  regelmässig  conturirten,  schup- 
penähnlichen Blättchen  eng  verbunden  sind,  welche  bei  gekreuzten 
Nicols  meist  ziemlich  dunkel  bleiben,  die  man  jedoch  wohl  in  den 
meisten  Fällen  als  zur  Hornblende  gehörig  ansehen  muss,  während 
man  zunächst  hiebei  auch  an  Blättchen  von  Chlorit  denken  könnte. 
Gleichwohl  ist  es  nicht  unwahrscheinlich,  dass  einzelne  dieser  Blättchen 
dem  Chlorit  angehören.  Dieselben  sind  eng  mit  den  Quarz-  und 
Feldspathkörnern  der  Grundmasse  verwachsen  und  zeigen  überdies  meist 
nicht  die  für  den  secundären  Chlorit  oft  bezeichnende  büschelförmige 
Aggregation,  so  dass  man  die  meisten  der  für  Chlorit  anzusehenden 
grünen  Blättchen  wohl  für  primäre  Gemengtheile  halten  muss. 

Uebrigensist  eine  sichere  und  genaue  Unterscheidung  von  Hornblende 
und  Chlorit  in  den  Grünschiefern  oft  eine  sehr  schwierige  Aufgabe  und 
lässt  sich  in  manchen  Fällen  bei  der  übereinstimmenden  Aehnlichkeit 
der  beiden  Mineralien,  welche  oft  in  gleicher  Farbe  und  gleicher  Form 
(als  büschelförmige  Aggregate  oder  schuppenartige,  unregelmässig  lappig 
begrenzte  Blättchen)  mit  einander  innig  verwachsen  Vorkommen,  auch 
bei  der  Betrachtung  im  polarisirten  Lichte  für  den  einzelnen  Fall 
nicht  mit  Bestimmtheit  durchführen.  Noch  schwieriger  wird  es  oft,  den 
primären  Chlorit,  welcher  als  ursprünglicher  Gemengtheil  auftritt,  von 
dem  secundären,  d.  h.  solchen,  der  sich  aus  Hornblende  oder  Augit 
erst  secundär  gebildet  hat,  zu  unterscheiden.  Man  ist  hiebei  oft  nur 
auf  die  allgemeinen  Beziehungen  der  einzelnen  Gemengtheile  zu  einander 


9 a.  a.  0.  p.  48. 


[5] 


Ueber  einige  Grünschiefer  des  sächsischen  Erzgebirges. 


193 

angewiesen,  auf  die  Alt  der  Verwachsung  mit  der  Grundmasse  oder 
anderen  ursprünglichen  Mineralien,  auf  das  etwaige  Vorkommen  des 
Chlorits  in  Form  von  Einschlüssen  und  andererseits  auf  den  deutlichen 
genetischen  Zusammenhang  von  — in  diesem  Falle  meist  blättrig- 
fasrigen  — Chloritaggregaten  mit  Hornblende  etc.  Ausserdem  haben 
die  dünnen  Schuppen  oder  Blättchen,  welche  zwischen  den  einzelnen 
Quarz-  oder  Feldspathkörnern  als  feiner  Hauch  liegen,  oft  auch 
grosse  Aehnlichkeit  mit  Sericitlamellen,  deren  Vorhandensein  jedoch  in 
diesen  Grünschiefern  bis  jetzt  sehr  zweifelhaft  und  unsicher  erscheint. 

Der  Hornblende  an  Menge  bedeutend  nachstehend  finden  sich 
kleine,  farblose  Epidotkörner  und  Tit  an  eisen;  erstere  erweisen  sich 
durch  den  Umstand,  dass  sie  auch  neben  Hornblende  als  Einschlüsse 
in  den  Feldspäthen  Vorkommen,  als  primären  Ursprungs. 

Der  wasserhelle  Grund,  welcher  zwischen  den  genannten  Gemeng- 
theilen steckt,  besteht  aus  Quarz,  Orthoklas  und  sehr  zurücktre- 
tendem Plagioklas.  Da  die  Feldspäthe  in  allen  Grünschiefern  von 
ungewohnter  Frische  sind,  so  war  es  mir  oft  schwierig,  Quarz  und  Feld- 
spath  zu  trennen,  wenn  nicht  die  Zwillingsstreifung  eine  Bestimmung 
ermöglichte.  Doch  ist  anzunehmen,  dass  viele  der  farb- 
losen Körner  dem  Orthoklas  und  nicht  blos  dem  Quarz  angehören. 
(Vergl.  hierüber  die  Bemerkungen  von  Kalkowsky,  a.  a.  0.  p.  108). 

Als  accessorische  Bestandtheile  dieser  dunklen  Schiefer  sind 
folgende  zu  nennen:  Kaliglimmer  in  einzelnen  grösseren  Blättchen 
auftretend,  wenig  Brauneisenerz,  endlich  Salit  in  grösseren  Ivry- 
stallen  oder  kleineren  Körnern,  auch  mit  Hornblende  verwachsen, 
ferner  als  Mikrolithen  in  den  Feldspäthen.  Apatit  fehlt  in  den  Prä- 
paraten. 

Durch  allmähliches  Vorwalten  des  Salites  gehen  die  dunklen 
Lagen  in  die  hellen  über,  ohne  eine  scharfe  Grenze  zu  zeigen.  Diese 
hellen  Lagen  bestehen  hauptsächlich  aus  Salit  in  grösseren,  typischen 
Krystallen  mit  zahlreichen  Einschlüssen,  oder  in  Körnchen,  welche  sich 
durch  ihren  Zusammenhang  mit  den  deutlichen  Krystallen  ebenfalls  als 
Salit  zu  erkennen  geben.  Einer  quarzigen  Grundmasse  sind  ein- 
zelne grosse  Kaliglimmerblättchen  und  Holzblendekrystalle  accessorisch 
beigemengt,  letztere  treten  namentlich  an  der  Grenze  nach  den  dunk- 
len Schieferlagen  zu  wieder  häufiger  auf.  Trübe,  zersetzte  Titaneisen- 
körnchen treten  reihenförmig  angeordnet  hinzu. 

In  dem  Präparate  eines  Stückes  der  hellen  Lagen  finden  sich 
mit  dem  Salit  verwachsen,  grössere  hellgelbe  Krystalle,  welche  eine 
Längsspaltung  zeigen  und  oft  eine  eigenthümlich  zonenartige  Ausbildung 
besitzen.  Dieselben  polarisiren  ziemlich  lebhaft,  dabei  aber  oft  mit  eigen- 
thümlich rasch  abwechselnden,  verschwommenen  Farben,  die  man  viel- 
leicht auf  Spannungsverhältnisse  zurückführen  darf,  und  zeigen  ausser- 
dem in  den  zonenartigen  Partien  abwechselnd  helle  und  dunkle 
Streifen  als  Theile  von  unvollständigen  regulären  Sechsecken,  welche 
ebenso  wie  bei  den  von  Wichmann  beschriebenen1)  Granaten  in 


l)  Pogg.  Annal.  Bd.  157.  p.  286. 


194 


Eugen  Geinitz. 


[6] 


ihren  abwechselnden  Feldern  zugleich  verschieden  hell  oder  dunkel  er- 
scheinen. Man  wird  dieses  Mineral,  welches  sich  auch  auf  den  Schiefe- 
rungsflächen in  grösseren  Krystallaggregaten  vorfand,  wohl  als  (doppel- 
brechenden) Granat  ansehen  können,  da  es  für  den  Egeran  zu  wenig 
lebhafte  Polarisationserscheinungen  zeigt. 

Wie  bereits  erwähnt,  haben  diese  gebänderten  Grünschiefer  eine 
gleiche  Zusammensetzung,  wie  die  gleichfalls  aus  dichten,  abwechselnd 
hell-  und  dunkelgrünen  Lagen  bestehenden,  dichten  sogen.  Aphanit- 
schiefer  von  Berggie  sh  übel  im  sächs.  Erzgebirge,  welche  mit  dem 
dortigen  mächtigen  Magneteisenerzlager  in  Verbindung  stehen.  Dieselben 
zeigen  in  den  dunklen  Lagen  ebenfalls  ein  Gewirr  von  Hornblende, 
mit  etwas  Chlorit  in  einer  Quarz-  und  Feldspathmasse,  mit  wenig 
Epidot  und  zersetztem  Titaneisen,  während  ihre  hellen  Lagen  aus  Salit 
bestehen,  der  mit  Quarz  verwachsen  ist.  Es  kann  demnach  der  Name 
Aphanitschiefer,  welcher  die  aphanitisclie  Ausbildung  eines  Diabas- 
schiefers bedeutet,  für  dieses  Vorkommen  eines  echten  (Salit-  Horn- 
blende) Grün scliiefers  nicht  mehr  zu  Rechte  bestehen. 

Der  beschriebene  Grünschiefer  erstreckt  sich  sehr  mächtig  von 
dem  Stein  126  bis  über  127;  in  dem  Wäldchen  am  Wärterhause 
Nr.  10  hndet  er  sich  ebenfalls  noch,  daneben  Phyllit  und  etwas  Fleck- 
schiefer. Nach  einer  Partie  von  Phyllit  tritt  an  dem  Abhange  und 
darauf  in  dem  Einschnitte  dicht  vor  der  Brücke,  also  zwischen  circa 
130  bis  über  132  derselbe  dichte,  gebänderte  Grünschiefer  auf,  mit 
einzelnen  Quarz-  und  Kalkspathschmitzen,  dessen  helle  Lagen  z.  B. 
weniger  häufig  auftreten,  als  bei  der  Einlagerung  von  126. 

Diese  dichten,  dunklen,  blaulichgrünen  Schiefer  zeigen  in  mehre- 
ren Präparaten  von  den  verschiedenen  Stellen  vor  Allem  Hornblende 
in  frischen,  licht-  oder  dunkelgrünen  Nadeln  und  Säulen,  welche  oft 
sternförmig  gruppirt  oder  verfilzt  und  auch  mit  Chloritblättchen  ver- 
wachsen sind. 

Neben  den  Nadeln  finden  sich  auch  grössere  Krystalle,  stets  nur 
in  der  Säulenzone  ausgebildet,  welche  deutlich  die  Spaltung  nach  den 
Säulenflächen  erkennen  lassen.  Chlorit  tritt  in  grösseren,  unregel- 
mässig begrenzten  Blättchen  oder  Schuppen  auf,  mit  den  farblosen 
Quarz-  oder  Feldspathkörnern  eng  verwachsen  und  ist  daher  hier  wohl  als 
primärer  Gemengtheil  anzusehen.  Farblose  Körner  von  primärem 
Epidot,  Quarz  und  sehr  frischer  Orthoklas,  letzterer  oft  in 
Karlsbader  Zwillingen  auftretend,  beide  mit  vielen  Einschlüssen  von 
Hornblendemikrolithen  und  wohl  auch  Epidotkörnchen,  Titaneisen  mit 
seinen  Zersetzungsproducten,  accessorischer,  meist  fein  vertheilter 
Pyrit  und  dessen Umwandlungsproduct  Brauneisenerz  bilden  neben 
Apatit  die  übrigen  Bestandtheile,  unter  denen  der  Plagioklas  gänzlich 
vermisst  wird. 

Es  sind  demnach  diese  dichten,  dunkel  blaugrünen  Schiefer 
ein  feinkörniges  Gemenge  von  Hornblende,  Chlorit,  Titaneisen, 
Epidot  mit  Quarz  — Orthoklas,  wozu  Apatit,  Pyrit  und  Brauneisenerz 
accessorisch  hinzutreten.  Die  grosse  Aehnlichkeit  mit  den  dichten 
Grünschiefern  aus  der  Gegend  von  Hainichen  ist  namentlich  durch  das 
Vorwalten  der  Hornblende  bedingt. 


Ueber  einige  Grünschiefer  des  sächsischen  Erzgebirges. 


195 


[7] 

Eine  ähnliche  Zusammensetzung  zeigt  auch  der  dichte  Griin- 
schiefer,  welcher  in  einem  circa  150  Meter  mächtigen  Profil  bei  143 
oberhalb  der  Station  Nieder-Schlema  aufgeschlossen  ist,  in  welchem 
jedoch  die  Hornblende  gegen  den  primären  Chlorit  sehr  zurücktritt. 

Bei  einem  derartigen  Vorwalten  der  Hornblende  in  diesen  Ge- 
steinen muss  es  um  so  mehr  auffallen,  dass  in  scheinbar  sehr  nahem 
Zusammenhänge  mit  denselben  an  dem  rechten  Abhange  unterhalb  der 
Brücke  vor  Nieder-Schlema,  circa  gegenüber  dem  Kilometerstein  134 
dort  anstehende  Schieferfelsen  sich  nach  der  mikroskopischen  Unter- 
suchung als  reine  Chlorit-Epidot-Grünschiefer  ergaben. 

Dieselben  besitzen  ein  dichtes,  seidenglänzendes  Aussehen,  von 
grüner  Farbe  und  lassen  zahlreiche,  kleine,  dunkel  erscheinende  Kör- 
ner erkennen,  welche  ihnen  das  Aeussere  eines  Knotenschiefers 
ertheilen.  Dünnschliffe  lassen  eine  grüne,  chloritische  Hauptmasse 
erkennen,  in  welcher  zahlreiche  weisse  Flecken  liegen,  welche  zunächst 
an  Ivalkspath-Aggregate  erinnern,  die  sich  jedoch  bei  Behandlung  mit 
Salzsäure  nicht  auflösen.  Unter  dem  Mikroskope  erkennt  man  mit  zu- 
rücktretendem Quarz  (auch  Orthoklas?)  verwachsen  den  Chlorit 
und  ferner  sehr  zahlreiche  Körner  von  farblosem  oder  nur  wenig  ge- 
trübtem, gelblichem  Epidot,  welcher  in  reihenförmige  Schaaren  grup- 
pirt  die  bei  auffallendem  Lichte  weissen  Flecke  bildet.  Oft  sind  solche 
kleine,  aneinander  gereihte  Epidotkörner  sehr  zierlich  kranzförmig,  in 
Kreisen  oder  Ringeln  gruppirt.  (Taf.  XIV,  Fig.  2.) 

In  dieser  Masse  treten  noch  sehr  eigenthümliche  porphyrische 
Ivrystalle  auf  von  deutlicher  Spaltbarkeit  nach  der  Längsaxe,  auch  mit 
Quersprüngen,  die  sich  unter  stumpfen  Winkeln  schneiden.  Diese  farb- 
losen Krystall- Säulen,  an  denen  oft  eine  stumpfwinklige  pyramidale 
Zuspitzung  auftritt,  welche  in  lebhaften  Farben  polarisiren,  haben  zwar 
eine  gewisse  Aehnlichkeit  mit  Salit,  doch  glaube  ich  sie  eher  für 
Epidot  ansehen  zu  müssen,  da  man  an  einzelnen  Stellen  einen 
Uebergang  derselben  in  die  trüben  Krystallkörner  erkennt,  und  von 
diesen,  die  oft  zersprungen  sind,  in  Aggregate  von  kleinen  Epidot- 
körnern, wie  sie  in  der  übrigen  Masse  zerstreut  liegen.  — Viele  der 
grösseren  Krystalle  besitzen  einen  scharf  abgegrenzten,  meist  dunkleren 
Kern,  welcher  optisch  anders  orientirt  ist,  aber  doch  nicht  ein  etwa 
von  Chlorit  erfüllter  innerer  Hohlraum  des  Krystalles  zu  sein  scheint. 
Dieser  Kern  ist  ziemlich  genau  der  Längsaxe  nach  erstreckt  und  rings 
von  dem  ziemlich  farblosen  Epidot  umgeben,  oft  ist  er  quer  unter- 
brochen durch  die  Epidotmasse;  auch  quer  durchbrochene  und  ge- 
trennte, oder  unter  Winkeln  aneinander  gewachsene  Epidotkrystalle 
besitzen  meist  einen  derartigen  Kern.  (Taf.  XIV,  Fig.  3.) 

Ueberschreitet  man  bei  circa  132  die  Eisenbahnbrücke  oberhalb 
Nieder-Schlema,  so  trifft  man  direkt  am  linken  Muldenufer  zunächst 
noch  dichten,  dunklen  (Hornblende-)  Grünschiefer,  während  man  weiter- 
hin, bei  135,  einzelne  hervorragende  Felsblöcke  gewahrt,  welche  aus 
gröberen,  steil  nach  Norden  einfallenden  Schichten  eines  hell  grau- 
grünen Schiefers  bestehen,  welcher  von  den  vorigen  etwas  abweichend 
struirt,  einen  schönen  Typus  der  gröberkörnigen  Grünschiefer  darstellt 
und  mit  welchem  eine  neue,  obere  Schichtenreihe  von  gröberkörnigem, 


196 


Eugen  Geinitz. 


[8] 


Plagioklasführenden  Grünschiefer  zu  beginnen  scheint.  Auch  in  ihnen 
waltet  die  Hornblende  vor,  in  fast  farblosen  Säulen  und  Nüdelchen, 
sowie  in  grösseren  Krystallen  auftretend,  welche  sich  in  Chlorit 
umsetzen.  Einzelne  Hornblendekrystalle  zeigen  die  Eigentümlichkeit, 
dass  sie,  dunkel  gefärbt,  nach  aussen  plötzlich  ohne  scharfe  Grenzen 
in  lichten  Aktinolith  übergehen.  Einzelne  zurücktretende  Chlorit- 
schuppen mögen  vielleicht  auch  primärer  Natur  sein;  der  Epidot  ist 
nicht  allzu  häufig.  Quarz  und  Plagioklas  sind  vielfach  von  Flüssig- 
keitseinschlüssen  und  Hornblendenadeln  erfüllt. 

Als  ein  weiterer  wesentlicher  Bestandteil  dieser  Grünschiefer, 
welcher  ausser  bei  der  untersten  Einlagerung  von  125,  in  allen  den 
zahlreichen  untersuchten  Grünschiefern  dieses  Gebietes  auftritt,  ist  das 
Ti  tan  eisen  zu  nennen,  welches  hier  an  Stelle  des  Magneteisens 
aufzutreten  liebt. 

Dasselbe  findet  sich  zwar  meist  nicht  in  sehr  deutlichen  Krystall- 
formen,  ist  aber  stets  sehr  leicht  an  der  Begleitschaft  seines  Umwand- 
lungsproductes  zu  erkennen.  Letzteres  umzieht  meist  die  Titaneisen- 
körner mit  einem  weisslichen,  opak  erscheinenden  Körnerkranz,  welcher 
auch  oft  regelmässig  durch  die  unzersetzte  Substanz  begrenzte  Aus- 
läufer oder  parallele  Streifen  in  das  Innere  des  Krystalles  entsendet. 
Die  einzelnen  Körner  erscheinen  in  dünnen  Schliffen  farblos  und  be- 
dingen lediglich  durch  ihr  enges  Zusammengehäuftsein  das  opake 
Aussehen.  Sie  sind  stark  lichtbrechend  und  zeigen  im  polarisirten 
Lichte  sehr  lebhafte  Farben,  ganz  ähnlich  dem  Verhalten  kleiner 
Epidotkörner,  mit  denen  man  sie  auch  leicht  verwechseln  könnte.  Zu- 
weilen löst  sich  die  ganze  Titaneisensubstanz  in  solche  Körner  auf, 
oder  es  bleibt  noch  ein  geringer  Best.  Hierbei  lassen  sich  zwei  Fälle 
unterscheiden : 

Zumeist  ist  der  innere  Theil,  oder  auch  die  ganze  Masse  durch 
Brauneisenerz  gebräunt,  so  dass  man  zweierlei  Zersetzungsproducte, 
die  farblosen  Körnchen  und  die  färbende  Eisenoxydhydratsubstanz 
unterscheiden  muss;  in  dem  anderen  Falle  löst  sich  das  Erz  nur  in 
die  farblosen  Körner  auf,  ohne  jeden  Gehalt  an  Brauneisen,  so  dass 
man  oft  wohl  bei  flüchtiger  Betrachtung  ein  angegriffenes  und  zer- 
stückeltes Epidotkorn  zu  sehen  vermeint.  Welche  chemische  Zusam- 
mensetzung dieses  Zersetzungsproduct  des  Titaneisens  hat,  liess  sich 
bis  jetzt  noch  nicht  ergründen;  die  Ansicht  Cohens1),  dass  es  reine 
Titansäure  ist,  scheint  wol  plausibel,  um  so  mehr,  als  man  auch  oft 
durch  das  Vorhandensein  von  Brauneisenerz  über  das  Schicksal  des 
ursprünglichen  Eisens  belehrt  wird. 

In  der  Nähe  dieser  Körnchen  liegen  meist  noch  Epidotkörner, 
da  es  der  Epidot  zu  lieben  scheint,  sich  um  die  Titaneisenkrystalle 
herum  zu  lagern.  Es  ist  daher  oftmals  schwierig,  im  speciellen  Falle 
ein  Epidotkörnchen  von  einem  solchen  Zersetzüngproducte  zu  unter- 
scheiden. Durch  Abblendung  des  Lichtes  des  unteren  Spiegels  am 
Mikroskope  sieht  man  in  derartigen  Fällen  die  schwarzen  Titaneisen- 


*)  Jaliresb.  d.  geogr.  Ges.  zu  Hamburg.  11.  p.  225.  Vergl.  auch  Wich  mann, 
amerikanische  kryst.  Schiefer,  in  lit  und  Kalkowsky,  a.  a.  0.  p.  101. 


[9]  lieber  einige  Grünschiefer  des  sächsischen  Erzgebirges.  197 

Partien  von  eigentümlich  opaken,  weissen,  flockigen  Massen  umgeben, 
welche  das  Zersetzungsproduct  darstellen,  welches  in  das  Bereich  des 
Titaneisenkornes  gehört,  während  oft  scharf  davon  abgetrennt  die 
Epidotkörnchen  sich  als  selbstständige  Individuen  zu  erkennen  geben. 

Die  Körnchen  von  Epidot  und  dem  Zersetzungsproduct  des 
Titaneisens  sind  es  zusammen,  welche  in  reihenweisen  Schwärmen 
gruppirt,  bei  mikroskopischer  Betrachtung  eines  Handstückes  oder  Dünn- 
schliffes im  auffallenden  Lichte  die  einzelnen  graulichen  oder  grünen, 
schwarmartig  vertheilten  Flecken  in  dem  Schiefer  bilden. 

Zu  den  fast  beständigen  Gemengtheilen  der  grünen  Schiefer  ge- 
hört ferner  der  Apatit,  welcher  wol  in  keinem  Präparate  fehlt,  oft 
in  grösserer  Anzahl  an  einzelnen  Stellen  angehäuft.  Er  bildet  grelle, 
farblose,  verhältnissmässig  grosse  Säulen,  die  meist  gerade  abgestumpft, 
seltener  mit  stumpfer  Spitze  endigend  erscheinen. 

Dass  diese  farblosen,  in  charakteristisch  blauen  Tönen  polari- 
sirenden  Säulen  zum  Apatit  gehören,  ergiebt  sich  aus  dem  gleichzeiti- 
gen, wenn  auch  in  den  parallel  der  Schieferung  angefertigten  Schliffen 
selteneren,  Auftreten  von  scharfen  Sechsecken  derselben  Substanz, 
welche  bei  gekreuzten  Nicols  dunkel  bleiben.  Seltener  als  in  Säulen 
findet  sich  der  Apatit  der  Grünschiefer  auch  in  farblosen,  grell  leuch- 
tenden, unregelmässig  zersprungenen  Körnern,  welche  im  gewöhnlichen 
Licht  auch  das  Ansehen  von  Granat  besitzen,  jedoch  bezeichnende 
Polarisationserscheinungen  aufweisen.  Die  Apatitsäulen  sind  vielfach 
quergegliedert  und  zerbrochen,  wobei  dann  die  einzelnen  Stücke  oft 
von  einander  verschoben  sind  und  theils  in  gerader  Linie,  theils  in 
Bogen  oder  Winkeln,  auch  wol  einzelne  Stücke  aus  der  Pieihe  gerückt, 
hintereinander  liegen. 

Eine  analoge  Erscheinung  zeigt  auch  die  vielfach  zu  beobachtende 
Zerfaserung,  Biegung  und  Auseinanderblätterung,  welche  viele  der 
Hornblendesäulen  in  den  grünen  Schiefern  erfahren  haben,  und  welche 
nirgends  besser  hervortritt,  als  in  dem  Präparate  eines  dünnschiefri- 
gen, mittelkörnigen  Grünschiefers  von  dem  rechten  Einschnitte  der 
Seitenbahn  von  Nieder-Schlema  nach  Schneeberg,  unmittelbar  am  An- 
fänge dieses  Einschnittes  geschlagen. 

Hier  sind  die  ziemlich  grossen,  stark  längs  gefaserter  Säulen  von  fast 
farblosem  Aktinolith  vielfach  quergegliedert,  zerrissen  und  geknickt, 
in  der  Weise,  dass  auf  den  Querbruchflächen  die  einzelnen  Fasern 
der  beiden  Hälften  sich  genau  entsprechen,  ähnlich  wie  die  Fasern 
eines  quer  zerrissenen  Bastfadens. 

Ein  eigenthümliches  Schwanken  zeigt  sich  in  dem  Auftreten  des 
Feldspathes  in  den  Grünschiefern  dieser  Einlagerungen.  Während 
die  übrigen  Bestandtheile  dieselben  sind,  und  höchstens  in  der  Art 
und  Weise  ihres  Auftretens  und  in  ihren  quantitativen  Verhältnissen 
unbedeutende  Variationen  aufweisen,  ist  der  Feldspath  in  den  einen 
Schiefern  vorwaltend  Orthoklas,  in  den  andern  dagegen  Plagioklas, 
ohne  dass  man  einen  weiteren,  sonst  bemerkenswerthen  Unterschied  finden 
könnte. 

So  besitzt  der  Grünschiefer  bei  135  Plagioklas  in  grossen  Kry- 
stallen,  während  in  dem  ähnlichen  Gesteine  von  137  grosse  Karlsbader 

Mineralogische  Mittheilungen.  1876.  i.  Heft.  (Geinitz.)  26 


198 


Eugen  Geinitz. 


[10] 


Zwillinge  von  Orthoklas  vonvalten,  der  Plagioklas  dagegen  sehr  zu- 
riicktritt  und  auch  bei  dem  Einschnitt  der  Bahn  Schlema-Schneeberg 
ein  Grund  von  Quarz  und  Orthoklas  zu  constatiren  ist. 

Bei  Nieder-Schlema  finden  sich  mehrere  gleichförmige  Grün- 
schiefereinlagerungen in  dem  Phyllit.  Während  man  den  eben  ge- 
nannten Schiefer  an  der  Zweigbahn  als  einen  Aktinolith-Grünschiefer 
bezeichnen  muss,  tritt  in  dem  feinkörnigen  Grünschiefer,  welcher  hinter 
der  Maschinenfabrik  von  Nieder-Schlema  ansteht,  mehr  der  Chlorit 
hervor,  in  welchem  einzelne  Hornblendenadeln  und  Epidotkrystalle 
liegen;  Quarz,  Orthoklas  und  der  zurücktretende  Plagioklas  sind  alle 
sehr  frisch  und  erfüllt  von  Hornblende-Mikrolithen  und  -Körnchen. 

Indem  man  unterhalb  der  Station  Nieder-Schlema  das  rechte  Thal- 
gehänge längs  der  Bahn  verfolgt,  findet  man  wieder  grosse  Aufschlüsse 
von  z.  Th.  glimmerreichem  Phyllit.  Bei  172  tritt  uns  dann  eine  circa 
10  M.  mächtige  Einlagerung  eines  grosskörnigen  und  grobschiefrigen, 
lichtgrünen  Schiefers  zwischen  dem  dünngeschichteten  Phyllit  entgegen. 
Dieser  Grünschiefer  besteht  aus  grossen  deutlichen  Säulen  von  Horn- 
blende, die  in  den  äusseren  Theilen  des  Krystalles  oft  licht  gefärbt 
sind  und  sich  in  Chlorit  umsetzen,  ferner  Epidot,  Quarz,  Orthoklas, 
Titaneisen  und  Apatit. 

In  dem  folgenden  Phyllit  tritt  bei  179 — 180,  1/2  Stunde  oberhalb 
Stein,  eine  ziemlich  mächtige  Einlagerung  von  grobkörnigem,  sein- 
grob  schiefrigem,  hartem,  dunkelgrünem  Gestein  auf.  Man  erkennt  da- 
rin Hornblende  und  einzelne  Feldspathkrystalle,  sowie  Chlorit  und 
Pyrit,  ferner  viele  Adern  von  Epidot.  Es  ist  dies  ein  Gestein,  welches 
bei  blos  makroskopischer  Betrachtung  wohl  eine  Auffassung  desselben 
als  „eruptiven  Grünstein“  verzeihen  lässt. 

U.  d.  M.  zeigt  dieser  ausgezeichnete  Grünschiefer  folgende  Eigen- 
thümlichkeiten : Die  Horn  bien  dekrystalle  sind  nie  an  den  Polenden 
ausgebildet,  sondern  nur  in  der  Säulenzone.  Sie  wird  stark  zerfasert, 
grasgrün  bis  bräunlich,  viele  aber  zeigen  blaue  Flecken,  theils  im 
Inneren,  theils  an  einer  äusseren  Stelle  und  zwar  so,  dass  die  blaue 
Farbe  ziemlich  rasch  in  die  grüne  gewissermassen  verwaschen  über- 
geht. Diese  blauen  Stellen  sind  zwar  ebenfalls  dichroitisch,  doch  zeigen 
sie  meist  im  polarisirten  Licht  dunklere,  weniger  intensive  Farben,  als 
die  grünen  Stellen,  nämlich  meist  violette  Töne,  ähnlich  wie  sie  oft 
am  Chlorit  beobachtet  werden. 

Dieselbe  blaue  Hornblende  wurde  auch  von  Kalkowsky  aus 
dem  Grünschiefer  von  Ludwigsdorf  in  Schlesien  beschrieben  Q,  ferner 
wurde  intensiv  blaue  Hornblende  in  dem  Diorit  von  Berum  in  Nor- 
wegen aufgefunden.  Man  könnte  sie  als  Glaukophan  bezeichnen,  welcher 
auch  neuerdings  als  Gesteingemengtheil  von  L ü d e c k e bekannt  ge- 
worden ist  2). 

Die  Hornblende  geht  hier  sehr  deutlich  in  Chlorit  über,  welcher 
sich  in  büschelförmigen  Aggregaten  zwischen  die  einzelnen  Fasern, 

9 a.  a.  0.  p.  100. 

2)  Der  Glaukophan  und  die  Glaukophan  führenden  Gesteine  der  Insel  Syra 
(Zeitschr.  d.  d.  geol.  Ges.  1876).  — Vergl.  auch  Bodewig,  in  Pogg.  Annal.  158. 
(1876).  p.  224. 


[11] 


lieber  einige  Grünscluefer  des  sächsischen  Erzgebirges. 


199 


eines  grösseren  Krystalles  ansiedelt;  feine  Chloritblättchen  ziehen  sich 
auch  in  die  Sprünge  der  Feldspäthe  hinein. 

Vielfach  im  Chlorit  liegend  linden  sich  streifenartige  Schwärme 
von  Epidot,  welcher  theils  in  Körnern,  theils  in  grösseren,  deutlichen 
gelben  Kry  stallen  auftritt,  die  öfters  vielfach  zersprungen  sind.  Auch 
in  reihenförmigen  Gruppen  ziehen  sich  kleine  Epidotkrystalle  um  die 
einzelnen  Feldspathkrystalle  herum  und  zeichnen  dadurch  recht  deutlich 
und  zierlich  die  Grenzen  der  einzelnen  wasserklaren  Krystalle  in  grob- 
punktirten  Linien.  Einzelne  braune,  büschelförmig  gruppirte  Biotitla- 
mellen schliessen  sich  meist  eng  an  die  Hornblendekrystalle  an.  Als 
sehr  constanter  Gemengtheil  ist  das  Titaneisen  anzuführen,  mit  seiner 
ihn  umsäumenden  trüben,  grauen  Umwandlungssubstanz,  welche  hier 
nicht  gebräunt,  sondern  nur  durch  einzelne  beigemengte,  noch  unzer- 
setzte  schwarze  Körnchen  öfters  dunkler  erscheint.  Weitere  wichtige 
Gemengtheile  sind  grosse  Feldspathkrystalle,  vorwaltend  Plagioklas, 
doch  auch  vielfach  Orthoklas.  Dieselben 'sind  wie  die  meisten  Feld- 
späthe in  unseren  Grünschiefern,  auffallend  frisch,  oft  ganz  wasserklar, 
nur  in  ihrem  Inneren  getrübt  durch  eine  ausserordentlich  grosse  Menge 
fremder  Einschlüsse,  welche  theils  regellos  zusammengehäuft,  theils 
parallel  der  Längsaxe  angeordnet  sind.  Es  sind  meist  farblose  oder 
hellgrüne  Körner  und  Nadeln  von  Epidot  und  Hornblende,  die  oft 
Aehnlichkeit  mit  den  Salit-Einschlüssen  verschiedener  Vorkommnisse  Q 
haben.  Auch  Flüssigkeitseinschlüsse,  z.  Th.  mit  beweglicher  Libelle, 
sind  ziemlich  häufig. 

Quarz  nimmt  hier  nur  die  Rolle  eines  accessorischen  Bestand- 
theiles  ein,  da  er  in  seinen  klaren  Körnern  sehr  gegen  die  Feldspäthe 
au  Menge  zurücktritt.  Zwischen  den  Feldspäthen  liegen  einzelne  Körner 
von  Kalkspath,  welcher  sich  durch  sein  Auftreten  als  primärer  Gemeng- 
theil erweist. 

In  viel  auffallenderer  Häufigkeit  erscheint  der  Apatit;  derselbe 
tritt  in  grellen,  ziemlich  farblosen,  oft  gegliederten  Säulen  auf.  Vielfach 
zeigen  die  Apatite  in  diesem  Vorkommniss  die  von  Zirkel* 2)  von  den 
Apatiten  der  Kersantone  mitgetheilte  Eigenthümlichkeit,  dass  sie  oft 
nach  dem  einen  Ende  zu  verschmälerte  Prismen  bilden,  die  oftmals 
reine  Keilform  annehmen.  Dabei  sind  diese  Keile  auch  noch  quer  ge- 
gliedert und  die  einzelnen  Theile  an  einander  verschoben. 

Einzelne  Pyritpartien  bilden  accessorische  Bestandmassen,  welche 
eine  ziemliche  Verbreitung  in  allen  Grünschiefern  besitzen. 

Dicht  neben  diesem  eigenthümlichen,  fast  massigen  Grünschiefer 
finden  sich  am  Abhange  bei  181  Blöcke  von  hellerem,  schiefrigem  bis 
flasrigem  Grünschiefer,  in  welchem  der  grüne  Bestandtheil  nicht  Horn- 
blende, sondern  Chlorit  ist,  der  in  dunkelgrasgrünen,  oft  parallel  flasri- 
gen  und  blättrigen  Aggregaten  auftritt,  welche  innig  mit  der  Quarz- 
grundmasse verwachsen  sind.  Sie  werden  bei  gekreuzten  Nicols  ziemlich 
dunkel,  nur  einzelne  Stränge  leuchten  in  etwas  helleren  Farben  aus  der 


‘)  Kalkowsky,  Salit  als  Gesteinsgemengtheil.  Mineralog.  Mittheil.  1875. 
II.  p.  46. 

2)  a.  a.  0.  p.  205. 


26 


200 


Eugen"  Geinitz. 


[12] 


dunkelvioletten  Umgebung  hervor.  In  dem  Chlorit  liegen  schaarenweise 
vertheilte  Massen  von  gelbem,  grell  polarisirendem  Epidot,  theils  in 
Körnern,  theils  in  rhombisch  begrenzten  Krystallen. 

Hornblende  findet  sich  in  selbständigen  Krystallen  nicht,  sondern 
nur  als  Mikrolitheneinschlüsse  in  den  Feldspäthen.  Grosse  Krystalle  von 
Orthoklas  und  an  Menge  gegen  diesen  zurücktretendem  Plagioklas  sind 
wiederum  ganz  frisch  und  unzersetzt,  nur  erfüllt  von  zahlreichen  Ein- 
schlüssen, welche  auch  im  Quarze  vorhanden  sind. 

Titaneisen,  in  gelblich  weisse  oder  ganz  farblose  Körner  und 
Brauneisenerz  umgewandelt,  ist  ziemlich  häufig;  daneben  finden  sich 
auch  Rotheisenerzkrystalle.  Apatit  fehlt  auch  diesem  Schiefer  nicht. 

Auf  diese  Grünschieferpartie  folgt  wieder,  in  mehreren  Anschnitten 
der  Bahn  blosgelegt,  der  Phyllit.  In  diesem  gelangt  man  bis  zum 
Schlosse  Stein.  Dasselbe  steht  auf  steilen  Schichten  eines  harten, 
graugrünen,  grobkörnigen  Grünschiefers,  in  welchem  man  neben  Horn- 
blende und  Feldspath  lichtgelbliche  Epidotkörner,  sowie  röthlich  glän- 
zende Erzpartikel  erkennt. 

U.  d.  M.  zeigt  sich  derselbe  zusammengesetzt  aus  schöner,  oft 
etwas  bläulicher  Hornblende  (aus  welcher  deutlich  Chi  orit  hervor- 
geht), Epidot-Körnern  und  Krystallen,  Titaneisen,  Plagioklas 
von  Hornblendemikrolithen  und  Flüssigkeitseinschlüssen  erfüllt,  und  zu- 
rücktretendem Quarz.  Hierzu  gesellt  sich  Magnetit  und  secundärer, 
mit  Chlorit  verwachsener  Kalkspath. 

Mit  diesem  Gesteine  in  Zusammenhang  trifft  man  an  den  etwas 
oberhalb  des  Schlosses  gelegenen  Felsen  am  Wärterhaus  Nr.  16  einen 
flasrigen  Grünschiefer,  in  welchem  hauptsächlich  Chlorit  in  grösseren, 
dunkelgrünen,  fettglänzenden  Flasern  zu  sehen  ist. 

U.  d.  M.  zeigt  sich  auch  vorwaltend  Chlorit,  während  Horn- 
blende nur  in  Einschlüssen  in  den  Orthoklas  auftritt.  Quarz  und 
Plagioklas  treten  zurück.  Ti  tan  eisen,  Kalkspath  und  eigen  - 
thümliche  Apatit  krystalle,  Brauneisenerz  sind  weitere  Gemengtheile, 
unter  denen  auch  ein  Zirkonkrystall  Erwähnung  finden  mag. 

Die  Apatitsäulen  zeigen  in  diesem  und  auch  in  manchen  anderen 
Vorkommnissen  in  sehr  eigenthümlicher  Weise  ihr  Inneres  in  einer 
unregelmässig  begrenzten  Partie,  welche  sich  der  Längsaxe  nach  durch 
den  Krystall  erstreckt,  gleichsam  ausgefressen  und  mit  fremder,  undeut- 
licher Substanz  erfüllt,  meist  so,  dass  sich  der  Krystall  an  seiner  oberen 
und  unteren  Begrenzung  vollständig  schliesst.  Diese  letztere  Bemerkung 
macht  man  auch  bei  solchen  Säulen,  deren  einzelne  Glieder  an  einander 
gereiht  oder  verschoben  sind,  wobei  der  innere  Kern  nicht  bis  an  das  Ende 
des  Stückes  reicht;  der  erwähnte  Umstand  spricht  gegen  die  Annahme, 
dass  die  grösseren  Ivrystallsäulen  erst  später  zerbrochen  seien.  — Dieser 
Grünschiefer  zeigt  das  eigenthtimlich  rasche  Schwanken  der  wesent- 
lichen Gemengtheile  in  ganz  benachbarten  Vorkommnissen. 

Das  bei  Stein  einmündende  kleine  Thal  zeigt  bei  Hartenstein 
den  nach  Norden  einfallenden  Phyllit  (Thonschiefer),  während  im  unteren 
Ende  des  Dorfes  Thier feld  am  linken  Thalgehänge  in  einem  Bruche 
neben  dem  sehr  feinkörnigen,  an  Pyritwürfeln  reichen  Phyllit  echter 
Grünschiefer  mit  dunklen  Chloritflasern  und  lichten  Epidotkörnern  vor- 


[13] 


Ueber  einige  Grünschiefer  des  sächsischen  Erzgebirges. 


201 


kommt.  Der  erwähnte  feinkörnige  graugrüne  Phyllit  zeigt  in  der  Quarz- 
Glimmer- Grundmasse  fleckenartig  vertheilte  Brauneisenerzpartikel,  ver- 
einzelt braune  Turmaline  und  ferner  gelbbraune  Säulenmikrolithen  von 
ziemlicher  Stärke,  mit  starkem  Lichtbrechungsvermögen,  die  längsge- 
fasert sind  und  vielleicht  als  Epidot  betrachtet  werden  können ; dieselben 
haben  grosse  Aehnlichkeit  mit  den  von  Kalkowsky  r)  aus  dem  Grün- 
schiefer vom  Stangenberg  als  Zoisit  beschriebenen,  gelbbraunen  Mikrolithen. 
Dasselbe  Mineral  findet  sich  auch  in  einem  herzförmigen  Zwilling,  dessen 
beide  Hälften  dieselbe  Längstreifung  zeigen ; derartige  Zwillinge  kommen 
auch  nach  einer  gütigen  Mittheilung  des  Herrn  Professor  Zirkel 
ausserordentlich  häufig  in  einem  Schiefer  aus  der  Gegend  vonOttrez 
vor.  Der  in  demselben  Bruche  auftretende  Grünschiefer  besteht  nach 
der  mikroskopischen  Analyse  aus  primärem  Chlorit,  viel  Epidot 
(Körner  und  säulenförmige  Krystalle),  frischem  Plagioklas  und  Orthoklas 
mit  viel  Einschlüssen  von  Hornblende,  Titaneisen,  Quarz,  Apatit,  Kalk- 
spath  und  Pyrit. 

Oberhalb  dieses  Bruches  tritt  wieder  auf  beiden  Thalseiten 
Phyllit  auf.  In  der  Mitte  des  Dorfes  finden  sich  auf  dem  linken  Ge- 
hänge mehrere  Brüche  von  demselben  schiefrigen  bis  flasrigen  Grün- 
schiefer. Das  Gestein  aus  dem  letzten  dieser  Brüche,  am  oberen  Ende 
des  Dorfes  gelegen,  besitzt  ein  ähnliches  Aeusseres,  besteht  aber  haupt- 
sächlich aus  Hornblendenadeln,  die  vielfach  in  Chlorit  und  Epi- 
dot umgesetzt  sind,  Titaneisen,  Quarz  und  Feldspäthen. 

Es  zeigt  sich  auch  hier  wieder  in  den  dort  sehr  benachbarten 
Zügen  von  Grünschiefereinlagerungen  eine  so  auffallende  Verschieden- 
heit der  Zusammensetzung,  dass  man  sich  fast  versucht  halten  möchte, 
den  Chlorit  des  Gesteins  aus  dem  unteren  Ende  von  Thierfeld  für 
secundär,  aus  ursprünglicher  Hornblende  hervorgegangen,  anzusehen : 
doch  spricht  gegen  eine  solche  Annahme  das  Auftreten  des  Chlorits  in 
Formen  und  Verwachsungen,  wie  sie  nur  bei  primärem  Chlorit  ge- 
wöhnlich sind.  — — 

Man  ersieht  aus  den  einzeln  angeführten  obigen  Untersuchungen, 
dass  die  aus  diesem  Gebiete  des  sächsischen  Erzgebirges  untersuchten 
Grünschiefer  bestehen  aus:  Hornblende,  Chlorit,  Epidot,  Ti- 
tan eisen,  Quarz,  Orthoklas,  Plagioklas,  wozu  sich  als  acces- 
sorische  Gemengtheile  gesellen:  Apatit,  in  bemerkenswerther  Häufig- 
keit, Pyrit,  Göthit,  Salit,  Kali-  und  Magnesiaglimmer,  Kalkspath. 

Diese  Mineralien  treten  nun  in  verschiedener  Ausbildungsweise 
auf  und  bedingen  dadurch  einen  ziemlich  verschiedenen  Gestein-Habitus 
der  einzelnen  Vorkommnisse.  Die  Hornblende  findet  sich  theils  licht 
fast  farblos,  als  Strahlstein  (Aktinolith),  und  theils  grün  oder  braun  als 
gemeine  Hornblende,  theils  auch  blau  (als  Glaukophan?)  entweder  in 
dünnen  Säulen  oder  Nädelchen,  büschelförmig  gruppirt  oder  filzartig 
verwebt,  oder  in  grösseren,  dickeren  Krystallen,  deren  Säulenzone 
scharf  ausgeprägt  ist  und  bei  denen  man  sehr  deutlich  die  Spaltbarkeit 
nach  den  Säulenflächen  wahrnehmen  kann,  genau  wie  in  vielen  der 
krystallinischen  Hornblendeschiefer  der  verschiedensten  Gegenden.  Eine 


>)  Griinschiefer  Schlesiens,  p.  10G  Tab.  VIII.  Fig.  7. 


202 


Eugen  Geinitz. 


> 


[14] 

Structurverschiedenheit  zwischen  echten  Hornblendeschiefern  und 
Grünschiefern,  wie  sie  für  die  niederschlesischen  Schiefer  von  Kalkowsky 
behauptet  wird Q,  lässt  sich  demzufolge  für  unser  Gebiet  nicht  fest- 
halten. 

Eine  fernere  verschiedene  Ausbildung  bietet  uns  der  Quarz 
und  die  Felds  päthe  dar.  Einmal  in  feinen,  kaum  von  einander  zu 
unterscheidenden  Körnern  ganz  verwachsen,  eine  Grundmasse  bildend,  in 
welcher  die  übrigen  Gemengtheile  in  ihrer  verschiedenen  Ausbildungsweise 
eingebettet  oder  filzartig  verwachsen  liegen,  treten  sie  — namentlich  die 
Feldspäthe  — andererseits  wieder  in  grösseren  Krystallen  auf.  Auf- 
fallend ist  in  beiden  Fällen  die  ungewohnte  Frische  der  Feldspäthe. 
Dieselben  sind  ganz  wasserklar,  durch  keine  Zersetzung  getrübt,  zeigen 
jedoch  in  den  meisten  Fällen  eine  ausserordentlich  grosse  Menge  von 
Einschlüssen,  (Hornblende-  und  Epidot-Krystalle,  Chloritblättchen,  oder 
Flüssigkeitseinschlüsse),  oft  parallel  ihrer  Längsaxe  angeordnet,  z.  Th. 
nur  im  Inneren  angehäuft  und  nach  aussen  zu  den  Krystall  freilassend. 

Das  Titaneisen  mit  seinem  farblosen  Umwandlungsproduct 
bildet  einen  wesentlichen,  sehr  reichlich  vorhandenen  Bestandtheil 
unserer  Grünschiefer.  Es  findet  sich  in  grösseren  Körnern  oder  in  der 
Länge  verzogenen  Krystallen,  seltener  in  Haufwerken  von  kleinen, 
unregelmässigen  Körnern.  Beachtung  verdient  das  häufige  Auftreten 
von  Säulen  oder  Körnern  des  Apatits,  welcher  in  fast  keinem  Prä- 
parate vermisst  wurde  und  welcher  fast  die  Rolle  eines  wesentlichen 
Bestandtheiles  zu  spielen  scheint. 

Der  Epidot  findet  sich  theils  in  gelblichen,  oder  ziemlich  farb- 
losen Körner  zu  Flecken  oder  Schwärmen  gruppirt,  selbst  in  Adern 
auftretend,  theils  in  grösseren  Krystallen  am  Gesteinsgemenge  Theil 
nehmend,  theils  in  Einschlüssen  in  den  Feldspäthen,  theils  auch  im 
Chlorit  liegend  und  im  letzteren  Falle  mit  jenem  zusammen,  entweder 
als  primär  oder  als  secundär  anzusehen.  In  der  Mehrzahl  der  Fälle 
wird  man  den  Epidot  als  einen  wesentlichen,  primären  Gemengtheil 
anzusehen  haben,  in  anderen  jedoch  zweifellos  als  secundären  Ursprungs. 

Das  für  die  Bestimmung  schwierigste  Mineral  in  unseren  Grün- 
schiefern ist  der  Chlorit.  Derselbe  tritt  theils  in  faserähnlichen, 
schuppigen  Aggregaten,  theils  in  unregelmässig  conturirten,  einheit- 
lichen Blättchen  auf,  und  zeichnet  sich  stets  durch  seine  schwache  Po- 
larisition  aus,  indem  er  meist  nur  in  dunklen,  violetten,  eigenthümlich 
verschwommenen  Tönen  erscheint.  In  vielen  Fällen  lässt  sich  ein  Ueber- 
gang  von  Hornblendesäulen  oder  -Nadeln  in  fasrigen  Chlorit  sehr 
deutlich  wahrnehmen,  wobei  dann  z.  Th.  auch  Epidot  als  ferneres 
Umwandlungsproduct  erscheint,  oder  es  lässt  sich  wegen  des  engen 
Verwachsenseins  von  Chloritblättchen  mit  der  Grundmasse,  oder  wegen 
ihres  Vorkommens  als  Einschlüsse  im  Feldspath,  auch  die  primäre 
Natur  solcher  Chloritmassen  ziemlich  zweifellos  constatiren ; in  anderen 
Fällen  jedoch  ist  man  ziemlich  verlassen  von  allen  Indicien  in  Un- 
sicherheit über  die  primäre  oder  secuiuläre  Natur  des  Chlorites *  2). 


*)  a.  a.  0.  p.  115. 

2)  Vergl.  auch  Kalkowsky,  a.  a.  0.  p.  90,  102,  105  etc. 


[15] 


Ueber  einige  Griinscbiefer  des  sächsischen  Erzgebirges. 


203 


Der  Biotit  nimmt  nur  in  dem  eigentliiimlidien  Grünschiefer  von 
125  einen  'wesentlichen  Antheil  an  der  Gesteinszusammensetzung,  in 
dem  von  179  findet  er  sich  accessorisch ; lichter  Kaligimmer  tritt 
in  dem  gebänderten  Grünschiefer  von  126  in  typischer  Ausbildungs- 
weise auf. 

Der  Salit  spielt  ebenfalls  nur  eine  untergeordnete  Bolle,  als 
accessorisches,  aber  doch  durch  sein  Vorkommen  interessantes  Mineral. 
Er  tritt  meist  in  grösseren  porphyrischen  Krystallen  auf,  welche  oft  an 
ihren  Rändern  und  auf  Sprüngen  einer  Umwandlung  erlegen  sind.  Nur  in 
den  hellen  Lagen  des  gebänderten  Grünschiefers  von  126  und  von  dem  Apha- 
nit  vonBerggieshübel  ist  Salit  der  wesentliche  und  vorwaltende  Gemengtheil. 

Der  Kalkspath  tritt  in  grösseren  verzwillingten  Körnern  zwi- 
schen den  Feldspäthen  als  ursprüngliches  Mineral  eingeklemmt  auf, 
oder  trübe  und  reich  an  eingeschlossenen  Chloritblättchen  als  secun- 
däres  Product.  Sein  Vorkommen  ist  ziemlich  beschränkt,  er  scheint 
mehr  in  den  durch  Chlorit  ausgezeichneten  Grünschiefern  vorzukom- 
men. Als  letztes,  accessorisches  Mineral  ist  noch  der  leicht  — nament- 
lich bei  auffallendem  Lichte  — zu  erkennende  Pyrit  hervorzuheben, 
welcher  in  Körnchen  oder  kleinen  Krystallen,  oft  in  Brauneisenerz 
umgewandelt,  ziemlich  häufig  ist. — 

Nach  dem  Vorwalten  von  Hornblende  oder  von  primärem  Chlorit 
und  ihrer  Verbindung  mit  den  übrigen  Gemengtheilen  könnte  man 
vielleicht  analog  der  Eintheilung  der  schlesischen  Grünschiefer ])  die 
Grünschiefer  des  untersuchten  Gebietes  eintheilen  in  solche  mit  vorherr- 
schender Hornblende  (eigentliche  oder  Hornblende-Grünschiefer)  und  solche 
mit  vorwaltendem  Chlorit  (chloritische  G.)  Doch  sind  die  Verschiedenheiten 
in  den  meisten  Vorkommnissen  nicht  so  bedeutend  und  ferner  stehen 
diese  beiden  Gesteine  meist  in  so  engem  geologischen  Zusammenhang, 
dass  man  wol  von  einer  derartigen  Trennung  abstehen  muss. 

Wir  haben  also  die  meisten  Grünschiefer  aus  dem  Muldenthale 
von  A u e — N i e d e r-S c h 1 e m a — S t ei n im  Erzgebirge  als  durch  H orn- 
blende,  Epidot,  Titaneisen,  Quarz,  Orthoklas,  Plagioklas, 
und  z.  Th.  Chlorit  charakterisirte  Gesteine  kennen  gelernt,  für  deren 
Bezeichnung  vorläufig  der  Name  Hornblende-Grünschiefer  aus- 
reichen dürfte,  während  durch  das  Vorherrschen  von  (primärem) 
Chlorit  an  einzelnen  Punkten  die  Bezeichnung  Chlorit-Grün- 
schiefer angemessen  erscheint. 

Ein  Vergleich  mit  den  Grünschiefern  aus  der  Gegend  von  Haini- 
chen weist  uns  einige,  wenn  auch  nicht  sehr  wesentliche  Unterschiede 
auf.  Der  „eigentliche  Grünschiefer“  von  Hainichen  besteht  nach 
Credner* 2)  aus  Hornblende,  Epidot,  Magneteisen  und  einem  Natron- 
feldspath ; dazu  treten  accessorisch  Quarz,  Pyrit,  Göthit  und  Chlorit, 
welcher  allgemein  von  Credner  als  Zersetzungsproduct  der  Hornblende 
angesehen  wird.  In  unseren  Grünschiefern  dagegen  bildet  das  Titan- 
eisen einen  wesentlichen  Bestandtheil,  welcher  demnach  der  Vertreter 
des  Magneteisens  in  den  Grünschiefern  von  Hainichen  ist.  Ferner  ist 


’)  Kalkowsky  a.  a.  0.  p.  108  und  111. 

2)  a.  a.  0.  p.  51. 


204 


Eugen  Geinitz. 


[16] 


die  „Grundmasse“  der  Schiefer  ein  Gemenge  von  Quarz  und  Ortho- 
klas, z.  Th.  auch  mit  Plagioklas,  so  dass  der  Quarz  nur  in  den  Fällen, 
wenn  er  in  grösseren  Körnern  auftritt,  als  accessorischer  Bestandtheil 
anzunehmen  ist.  Auf  den  Umstand,  dass  in  unseren  Schiefern  der 
Chlorit  theils  als  Zersetzungsproduct  der  Hornblende,  theils  als  pri- 
märer Gemengtheil  aufgefasst  werden  muss,  möchte  ich  wegen  der 
grossen  Schwierigkeit  der  Bestimmung  und  des  darum  weniger  werth- 
vollen Unterschiedes  gegenüber  den  Crednerschen  Angaben  nicht  allzu.' 
viel  Gewicht  liegen.  Das  ausserordentlich  häufige  Auftreten  des  Apa- 
tites, welchem  man  fast  den  Charakter  eines  wesentlichen  Gemeng- 
theiles beiliegen  möchte,  und  der  scheinbar  gänzliche  Mangel  derselben 
in  den  Hainichener  Grünschiefern  ist  ein  weiterer  Unterschied.  Da- 
durch, dass  die  Hornblende  oft  als  Strahlstein  auftritt,  ist  eine  Aehn- 
lichkeit  der  Gesteine  beider  Gebiete  gegeben. 

II. 

Aus  dem  Gebiete  der  „Grünstein “-Einlagerungen  im  Schieferge- 
birge des  linken  Elbufers,  welche  sich  in  Naumanns  Erläuterungen 
zur  Section  X.  der  geologischen  Karte  Sachsens  p.  75  und  76  auf- 
geführt finden,  wurden  einige  Profile  bei  Tharandt  und  Herzogswalda 
— Helbigsdorf,  westlich  von  Dresden  gelegen,  untersucht.  Dabei  haben 
sich  diese  Grünsteine,  welche  in  regelmässigen  Einlagerungen  im  Thon- 
schiefer auftreten,  theils  als  Hornblende  - Grünschiefer,  theils  als 
echte  Diabase  herausgestellt. 

In  Herzogswalda  findet  sich  das  Profil  einer  mächtigen  Grün- 
schiefereinlagerung  in  dem  feinkörnigen  Phyllit  an  der  „hohen  Strasse“, 
welche  an  dem  Gasthause  zu  Herzogswalda  vorbei  nach  Dresden  führt. 
Der  blaugraue  oder  lichtgrüne,  feinkörnige,  Phyllit,  in  welchem  der 
Grünschiefer,  ohne  Uebergänge  aufzuweisen,  völlig  concorclant  einge- 
lagert ist,  zeigt  sowohl  im  Hangenden  als  im  Liegenden  dieser  ziemlich 
bedeutenden  Einlagerung  gleiche  petrographische  Beschaffenheit,  indem 
sich  zu  dem  Glimmer  bei  gänzlichem  Mangel  an  Hornblende  einige 
dunklere  Blättchen  von  Chlorit  gesellen,  während  ausserdem  Kalkspath, 
Apatit  und  zahlreiche  dunkle  Flecken  von  Brauneisenerz  in  dem  Ge- 
steine zerstreut  sind. 

Die  grünen  Schiefer  bilden  hier  ein  mittelkörniges,  lichtgrünes 
Gestein,  welches  in  der  Feldspathgrundmasse  dunklen,  glänzenden 
Chlorit,  oder  Hornblendefiasern,  Epidot  und  Pyriteinsprenglinge  deutlich 
erkennen  lässt.  U.  d.  M.  treten  zunächst  die  zahlreichen,  lichtgrünen 
Hornblendesäulen  hervor,  welche  theils  in  langen,  dünnen,  oft  quer- 
gegliederten und  wirr  durcheinander  liegenden  Nadeln,  theils  in  grös- 
seren, längsgefaserten  Krystallen  auftreten.  Dieselben  setzen  sich 
deutlich  in  Chlorit-Schuppen  und  Blättchen  um. 

Epidotkörnchen  liegen  meist  in  Chlorit,  z.  Th.  jedoch  auch  zwischen 
Hornblendesäulen  und  scheinen  wenigstens  z.  Th.  ebenfalls  secundären 
Ursprungs  zu  sein.  Titaneisen,  in  langgestreckten  und  stets  sehr  stark 
in  farblose,  polarisirende  Körnchen  umgewandelt,  tritt  vielfach  im  Zu- 
sammenhang mit  Epidot  auf,  und  bildet  neben  der  Hornblende  den 
Hauptbestandtheil  dieses  Gesteines.  Quarz  und  Orthoklas  bilden  die 


[17] 


Ueber  einige  Grünschiefer  des  sächsischen  Erzgebirges. 


205 


Grundmasse  des  Schiefers,  welcher  noch  zahlreiche  quergegliederte 
Apatituadeln  und  Pyritkörner  enthält. 

Unterhalb  Herzogsw  alda,  an  der  Strasse  nach  Freiberg  finden 
sich  zahlreiche,  concordant  in  dem  circa  30°  NO.  einfallenden  Phyllit 
eingelagerte,  wenig  (circa  P5  M.)  mächtige,  scharf  vom  Phyllit  abge- 
grenzte Bänke  von  Grünschiefer. 

Die  Phyllite  weisen  keine  bemerkenswerthen  Eigenthümlichkeiten 
auf,  sie  enthalten  viele  der  bekannten  Thonschiefermikrolithen.  — Die 
Grünschiefer,  deren  Untersuchungsmaterial  aus  fünf  verschiedenen  Ein- 
lagerungen an  der  Freiberger  Chaussee  und  an  dem  Fusswege  von 
Herzogswalda  nach  Helbigsdorf  am  rechten  Thalgehänge  entnommen 
wurde,  sind  fast  dichte,  oder  meisteps  mittelkörnige,  dunkle  Gesteine,  in 
denen  grüne  Hornblende  und  Chlorit,  gelbgrüne  Epidotkörner,  Feldspath, 
Pyrit  und  zahlreiche  Kalkspathadern  hervortreten.  Es  sind  Horn- 
blende-Grüns chiefe  r.  Ihre  Hornblende  tritt  meistens  in  dünnen 
Säulen  und  Nadeln  von  grüner  Farbe  auf,  welche  sich  vielfach  in 
Chlorit  umsetzen.  In  einigen  Gesteinen  findet  sich  die  Hornblende  nur 
noch  als  Einschlüsse  im  Feldspath  vor,  während  die  Hauptmasse  dersel- 
ben in  Chlorit  umgewandelt  ist.  Epidot  tritt  theils  im  Chlorit  oder  in 
den  secundären  Kalkspathadern  liegend  als  secundäres  Zersetzungspro- 
duct , theils  im  Feldspath  und  Quarz  und  mit  ihnen  verwachsen 
als  primärer  Gemengtheil  auf.  Titaneisen  mit  sehr  typischen,  farblosen 
oder  etwas  durch  Eisenoxydhydrat  gefärbten  Zersetzungskörnchen  ist 
ein  überaus  häufiger  Bestandtheil.  Quarz,  Orthoklas  und  Plagioklas, 
die  beiden  letzteren  stets  sehr  frisch  und  in  wechselnden  quantitativen 
Verhältnissen  auftretend,  oft  mit  vielen  Einschlüssen  von  Flüssigkeit, 
Hornblende  und  Epidotkrystallen,  finden  sich  ebenfalls  stets  vor.  Dazu 
tritt  als  stetiger  Begleiter  Apatit,  in  oft  vielfach  gegliederten  Säulen, 
deren  einzelne  Theile  dann  zum  öfteren  verschoben  und  in  geraden 
oder  gebogenen  Linien  aneinandergereiht  sind.  Pyrit  und  Kalkspath 
sind  fast  nie  fehlende,  accessorische  Mineralien  dieser  Grünschiefer. 

Diese  Grünschiefer  besitzen  meist  eine  körnige,  aber  wenig 
schiefrige  Structur,  weshalb  sie  auch  früher  oft  z.  Th.  als  Diabas  be- 
zeichnet wurden.  Wenn  sich  nun  derartige,  an  Titaneisen  sehr  reiche 
Gesteine  als  echte  Grünschiefer  erwiesen  haben,  so  findet  sich  trotz- 
dem in  den  oberen  Partien  dieses  Gebietes  von  Grünschiefereinlage- 
rungen auch  echter  Diabas.  So  wurde  bei  Helbigsdorf,  an  dem 
rechten  Thalgehänge  in  einem  Bruche  bei  einem  verlassenen  Kalkofen 
grobkörniger,  sehr  frischer,  typischer  Diabas  in  Verbindung  mit  einem 
Lager  von  krystallinischem  Kalke  gefunden. 

Neben  den  gleichmässig  körnig  gemengten  Grünschiefern  trifft 
man  am  Anfänge  des  Fussweges  von  Herzogswalda  nach  Helbigsdorf 
noch  einen  ausgezeichnet  flaserigen  Grünschiefer,  in  welchem  lichter 
und  dunkler  grüne,  seidenglänzende  Hornblendeflasern  sich  um  grössere, 
schmutzig  bräune,  rundliche  Knollen  schmiegen.  Im  Dünnschliffe  zeigen 
sich  abwechselnde  grasgrüne  und  lichte,  fast  farblose  Schmitzen  oder 
Flasern,  die  aus  einem  Gewirre  von  feinen  Hornblendenadeln  bestehen, 
welche  in  den  dunklen  Lagen  grasgrün  ist,  sich  z.  Th.  in  Chlorit  und 
Epidot  umsetzend,  in  den  hellen  dagegen  lichter  Aktinolitli.  In  den 

Mineralogische  Mittheilungen.  1876.  4.  Heft.  (Geinitz.) 


27 


206 


Eugen  Geinitz. 


[18] 


dunklen  Lagen  ziehen  sich  Stränge  von  Epidot  hin,  welche  z.  Th. 
auch  noch  in  die  secundären  Kalkspathadern  hinein  ragen.  Dazwischen 
findet  sich  eine  spärliche  Quarzgrundmasse,  viel  Apatit  und  zersetztes 
Titaneisen.  Einzelne  porphyrische,  krystallähnliche  Einsprenglinge  — 
die  trüben  braunen  Knollen  im  Handstück  — sind  stark  in  braune, 
opake  Körnchen  und  chloritische  Schuppen  zersetzt,  zwischen  denen 
mehr  oder  weniger  helle  Querstreifen  einer  fasrigen  Substanz  verlaufen 
und  auch  noch  Theile  von  scheinbar  frischer,  farbloser  Substanz  vor- 
handen sind.  Ob  diese  Partien  als  stark  zersetzte,  porphyrische  Augite 
oder  Orthoklase,  oder  als  trüb  zersetzte  Partien  der  Hornblende- 
flasern anzusehen  sind,  liess  sich  nicht  sicher  feststellen.  — 

Eine  eigentümliche  Verknüpfung  verschiedener  Gesteinsarten 
bieten  die  Grünschiefer  resp.  Grünsteine,  welche  in  dem  sogenannten 
Thalgrund  bei  Tharandt  im  Phyllit  eingelagert  sind.  Es  finden  sich 
hier  Gesteine  von  sehr  abweichender  Beschaffenheit  in  verhältniss- 
mässig  sehr  enger  Nachbarschaft  vor. 

Die  Grünschiefer  bilden  vorstehende  Felsen  auf  beiden  Gehängen, 
während  der  sie  umgebende,  weichere  Phyllit  meistens  weggewittert  ist. 
Ein  präcises  Profil  liess  sich  nicht  wohl  geben,  wir  werden  daher 
einige  der  Einlagerungen  einzeln  besprechen,  indem  wir  uns  talauf- 
wärts von  Tharandt  nach  Hintergersdorf  bewegen. 

Vor  und  etwas  nach  der  Stelle,  wo  ein  Steg  über  den  kleinen 
Wasserfall  führt,  finden  sich  mächtige  Einlagerungen  eines  sehr  festen, 
mittelkörnigen,  fast  massigen  Grünschiefers,  welcher  aus  lichten,  ver- 
filzten Hornblendenadeln,  primärem  Epidot,  Titaneisen,  Quarz  und 
frischen  Plagioklaskrystallen  besteht.  Die  Hornblende  zersetzt  sich  in 
Chlorit,  der  Plagioklas  und  der  ihm  an  Menge  nachstehende  Ortho- 
klas ist  erfüllt  von  Einschlüssen  von  Hornblende  und  Epidot.  Apatit 
ist  ziemlich  häufig. 

Der  darauf  folgende  Phyllit  enthält  viel  Turmalinkryställchen. 

Etwas  weiterhin  finden  sich  auf  halber  Höhe  des  rechten  Ge- 
hänges im  Walde  einzelne  Felsen  eines  sehr  festen,  zähen,  mittelkörni- 
gen Gesteins,  in  welchem  grosse  Feldspathkrystalle,  Pyrit,  Quarzadern 
und  zersetzte  Augitkrystalle  hervortreten.  In  einem  Präparate,  welches 
einem  echten  Grünschiefer  angehört,  finden  sich  Hornblende,  secundärer 
Chlorit,  Epidot,  Titaneisen,  Apatit,  Quarz,  Orthoklas,  grosse  frische 
Plagioklase;  ausserdem  noch  grössere  scharf  begrenzte,  lichte  Partien 
von  viriditähnlichem  Chlorit,  mit  Epidot  und  Hornblende. 

Ein  anderes  Präparat  von  derselben  Localität  ist  noch  durch 
zahlreiche,  grosse  Augitkrystalle  ausgezeichnet.  Der  Augit  ist  sehr  hell, 
auf  Sprüngen  in  Chlorit,  Hornblendefasern,  Epidot  und  Kalkspath 
umgewandelt. 

In  weiterem  Verlaufe  trifft  man  vor  der  Thalmühle  in  tieferem 
Niveau  noch  mehrfach  festen  Grünschiefer,  welcher  deutliche  Feldspath- 
leisten  erkennen  lässt  und  dieselbe  Zusammensetzung,  wie  die  oben 
erwähnten  Schiefer  besitzt. 

Im  Liegenden  dieser  Einlagerungen  findet  man  am  unteren  Ende  von 
Hintergersdorf  grobkörnigen,  echten  Diabas,  wie  man  ihn  analog  auch 
an  dem  Kirchsteig  zwischen  Fördergersdorf  und  Spechtshausen  antrifft. 


Nachtrag  zur  Abhandlung  über  die  petrograph.  Beschaffenheit 
der  im  Grazer  Devon  vorkommenden  Tuffe. 

Diese  Mittb.  1876.  p.  206. 


Auf  Seite  208  sind  zwei  Illustrationen  ausgeblieben,  welche  hier  folgen. 


Fig.  1. 


Profil  (combinirt)  von  Gösting  und  Plawutsch. 
Fig,  2. 


Ferner  ist  noch  auf 


Seite 

Zeile 

zu  lesen 

statt 

209 

21 

V.  u. 

Kramenzel-, 

Kramengel- 

212 

6 

» 

nun 

nur 

213 

19 

J) 

bisweilen 

nur 

215 

6 

T) 

In  manchen 

grösseren 

Partien 

statt  Es  sind 

etc. 

216 

6 

V.  0. 

Ballen  „ 

Balken 

219 

13 

V 

„als  solches“ 

zu  streichen 

rein  grüner  Substanz  sind  etc. 


91.  Die  petrographische  Beschaffenheit  der  im  Grazer 
Devon  vorkommenden  Tuffe. 

Von  Jolu  Terglav. 

Als  Fortsetzung  der  hohen  Tauern  zieht  sich  eine  Hauptkette 
aus  krystallinischem  Gestein , die  Wasserscheide  zwischen  der 
oberen  Mur  und  der  Drau  bildend,  an  der  Grenze  zwischen  Steier- 
mark und  Kärnthen  in  östlicher  Richtung  hin.  Wo  die  Grenze  dieser 
beiden  Länder  nach  Süden  umbiegt,  gabelt  sich  die  Kette  in  eine  süd- 
östlich streichende,  die  Koralpe,  an  deren  südlichem  Ende  ihr  der 
Bacher  quer  vorliegt,  und  eine  nordöstliche,  die  Kleinalpe  und  die 
Mürzthaleralpen,  die  mit  dem  Wechsel,  an  der  Grenze  von  Niederöster- 
reich, Steiermark  und  Ungarn  endigt.  Die  Mürzthaleralpen  entsenden 
einige  niedrige  Ketten  nach  Südost,  die  sich  allmählig  in  der  Ebene 
verlieren. 

Durch  die  Koralpe,  die  Gleinalpe,  und  die  Mürzthaleralpen  und 
die  Nebenketten  der  letzteren  wird  eine  S.-O.  offene  Mukle  umschlossen, 
welche  von  einem  mächtigen  Schichtencomplexe  aus  Thonschiefer, 
Quarzit  und  Kalkstein  ausgefüllt  ist,  die  F.  Unger  schon  im  Jahre 
1839  in  Folge  der  Bestimmung  einer  Anzahl  von  Petrefacten  vom 
Kamme  des  Plawutschberges  bei  Graz  als  devonisch  erkannte.  Graz 
liegt  an  der  südlichen  Grenzlinie  desselben,  und  der  Grazer  Schlossberg 
mitten  in  der  Stadt  besteht  aus  dolomitischem  Kalk,  welcher  am  nörd- 
lichen Fusse  zahlreiche  Krinoiden  und  in  den  höheren  Schichten  Spuren 
derselben  Korallen  enthält,  die  am  Plawutseh  gefunden  wurden.  Im 
Süden  wird  diese  Formation  vom  Tertiär  und  Alluvium  begrenzt,  mit 
Ausnahme  einer  kleinen  Strecke  beim  Bad  Radegund,  n.-ö.  von  Graz, 
wo  am  Fusse  des  Schock el  das  krystallinische  auch  im  Süden  auftaucht. 

Dieses  Devon  ist  mächtig  entwickelt  und  reich  gegliedert,  aber, 
besonders  in  seinen  tieferen  Schichten  sehr  arm  an  Petrefacten. 

Es  beginnt  mit  Schiefern  und  Kalksteinen,  auf  diesen  lagern 
Quarzite,  hierauf  an  manchen  Punkten  Tuffe  und  Diabase.  Die  oberen 
Glieder  sind  Kalksteine,  die  öfter  Korallen  mit  sich  führen.  Am  Stein- 
berg südwestlich  von  Graz  erscheint  als  höchste  Stufe  ein  Clyme- 
nienkalk. 


Mineralogische  Mittheilungen.  1876.  4.  Heft.  (Terglav.) 


27* 


208 


Joh.  Terglav. 


[2] 


Die  schwierig  erkennbaren  Tuffe  im  Devon  der  Umgebung  von 
Graz  sind  Gegenstand  der  vorliegenden  Arbeit.  Herr  Director  Tscher- 
mak,  der  die  paläozoischen  Tuffe  schon  seit  längerer  Zeit  verfolgt,  und 
schon  früher  am  Semmering,  später  in  der  Umgebung  von  Graz,  die 
hierher  gehörigen  Gesteine  einer  Untersuchung  unterwarf,  betraute 
mich  nun  mit  der  genaueren  Prüfung  der  Grazer  Tuffe,  welche  ich 
auch  an  ihrer  Lagerstätte  aufsuchte.  Für  diese  Anregung  und  für  die 
überaus  freundliche  Unterstützung,  welche  mir  Herr  Director  Tschermak 
während  dieser  Arbeit  im  petrographischen  Universitätsinstitute  zu  Wien 
angedeihen  liess,  erlaube  ich  mir  nun  meinen  wärmsten  Dank  auszuspre- 
chen. Auch  seinem  Assistenten  Herrn  Dr.  Neminar  bin  ich  für  dessen 
bereitwillige  Hülfeleistung  sehr  verpflichtet.  Bei  der  Ausarbeitung  des 
geologischen  Theiles  wurde  ich  endlich  von  Herrn  Professor  Peters  in 
Graz  bestens  unterstützt,  wofür  ich  ihm  hier  den  innigsten  Dank  zu 
sagen  mir  erlaube. 


Geologische  Uebersiclit. 

Das  untersuchte  Material  stammt  vom  Plawutsch-  und  Gösting- 
berge  in  der  unmittelbaren  Nähe  von  Graz.  Hier  kommen  Lager  eines 
Tuffes  vor,  der  zuerst  von  Herrn  Prof.  Peters  aufgefunden  und  als 
Diabastuff'  angesprochen  wurde. 

Die  Lagerungsverhältnisse  werden  sich  am  besten  durch  ein 
schematisches  Profil,  Fig.  1,  combinirt  vom  Plawutsch-  und  Gösting- 
berge,  erläutern  lassen.  J)  Die  Schichtenreihe  beginnt  mit  einem  grau- 
grünen Thonschiefer,  dem  Semriacher  Schiefer  (a),  nur  am  Göstingberg 
sichtbar.  Dann  kommt  eine  wenig  mächtige  Schichtenreihe  ( b ),  als 
tiefstes  am  Plawutsch  in  grossen  Steinbrüchen  schön  aufgedeckt,  der 
Kalkschiefer.  Er  besteht  aus  schwarzen,  manchmal  ganz  dünnen  Kalk- 
schichten, durch  schwarze,  graphitische  Schieferblätter  von  einander  ge- 
trennt. Hie  und  da  führt  er  Krinoidenstiele.  Darauf  folgt  die  mächtige 
Dolomitstufe,  eine  Wechsellagerung  von  feinkörnigem  Quarzit  (c)  und 
dünn  geschichtetem,  dunklem,  dolomitischen  Kalk  ( d ) in  zahlreichen 
Lagen,  im  Profil  nur  schematisch  angedeutet.  Der  schwer  verwitternde 
Quarzit  bildet  auf  dem  gedehnten  Rücken  des  Göstingberges  zwei  vor- 
springende Felszacken,  von  denen  der  erste,  der  Jungfernsprung,  in 
wilden  Abstürzen  fast  senkrecht  zur  Mur  abfällt,  der  zweite  aber  die 
Ruine  Gösting  trägt.  Auf  diese  Stufe  folgt  auf  beiden  Bergen  eine 
schwache  Einsattlung,  in  welcher,  obwohl  sehr  von  Vegetation  und 
Humus  verdeckt,  ein  Tuff  ( e ) ansteht. 

Darauf  folgt  an  beiden  Orten  ein  steiler  Hang  aus  dunklem 
Kalk.  Am  Gipfel  des  Plawutsch  ist  in  diesem  eine  Korallenbank  (^)  ent- 
blosst,  welche  die  meisten  und  schönsten  Petrefacten,  besonders  Ko- 
rallen geliefert  hat.  Von  diesen  sind  am  häufigsten  Arten  von  Favo- 
sites,  Astraea,  Heliolitis,  besonders  H.  porosa  M.  Ed.  et  H.  Hier  fand 
sich  auch  Pecten  grandaevus , schon  von  Unger  in  seinem  Verzeich- 


')  In  der  Bezeichnung  der  Schichten  folge  ich  Clar,  der  in  den  Verh.  d.  geol. 
Reichsanst.  1874.  Hft.  3.  Eine  Gliederung  der  steirischen  Devonformation  versuchte. 


[3]  Die  petrographische  Beschaffenheit  der  im  Grazer  Devon  vorkommd.  Tuffe  209 


nisse  der  Plawutschpetrefacten  angeführt,  und  1875  von  Grazer  Stu- 
direnden  neuerdings  gefunden. 

Von  Brachiopoden  werden  von  Stur  (Geol.  der  Steiermark) 
Durchschnitte  von  Orthis  angeführt.  In  jüngster  Zeit  fand  ich  Spuren, 
die  wahrscheinlich  einem  Spirifer  angehören.  Auf  einem  in  der  Fürsten- 
warte, einer  Steinpyramide  am  Gipfel  des  Plawutsch,  eingemauerten 
Stein  fand  sich  ein  dreieckiger  Abdruck  mit  einer  Furche  von  einem 
Eck  (Schloss)  zur  Mitte  der  gegenüberliegenden  Seite  (Schalenrand), 
so,  dass  das  Ganze  gut  zu  einem  Abdruck  der  flachen  Deckelschale 
eines  Spirifer  stimmt.  An  einem  andern  Stein  fand  ich  einen  gerieften 
Schalenrand,  der  auch  von  einem  Spirifer  sein  könnte.  Ein  im  Sep- 
tember 1875  von  Herrn  Hofrath  R.  v.  Hauer  gefundener  Steinkern 
hat  mit  der  im  Bleiberger  Kohlenkalkschiefer  häufigsten  Art  Productus 
latissimus  Sow.  eine  auffallende  Aehnlichkeit.  Doch  kann  wohl  durch 
einen  einzigen  Rest  die  bisher  massgebende  Formationsbestimmung 
nicht  in  Frage  gestellt  werden. 

An  anderen  Stellen  desselben  Bergzuges,  dessen  nördliches  Ende 
der  Plawutsch  bildet,  stecken  im  Kalk  zahlreiche  Spuren  eines  grossen 
Zweischalers,  die  als  weisser  Kalkspath  im  dunklen  Kalk  trefflich  her- 
vortreten und  ihm  in  Verbindung  mit  weissen  Kalkspathadern  ein 
marmorirtes  Ansehen  geben.  Dies  Petrefact  hat  nach  der  Meinung  des 
Herrn  Prof.  Peters  die  grösste  Aehnlichkeit  mit  Megalodus  cucullatus. 
Daneben  finden  sich  spärliche  Reste  von  Orthoceras  reguläre  und  Clar 
entdeckte  die  Spur  eines  Trilobiten.  In  gewissen  thonschieferigen 
Zwischenmitteln  der  Kalkschichten  sind  zahlreiche  Cypridinen  enthalten. 

Von  Plawutsch  durch  ein  mit  Tertiär  ausgefülltes  Thal  getrennt, 
steht  westlich,  bei  Steinbergen  (recte  am  Steinberg)  ein  Kalk  an  mit 
Clymenia  laevigata,  der  also  das  oberste  Glied  des  Devons  repräsen- 
tirt,  gleich  den  rheinischen  Kramengelkalken. 

Oestlich  von  Plawutsch  ragt  aus  dem  Alluvium  knapp  am  rechten 
Murufer  ein  Thonschieferfelsen  heraus,  der  Kalvarienberg  am  nörd- 
lichen Ende  von  Graz,  und  diesem  gegenüber  am  linken  Murufer 
erhebt  sich  der  Rainerkogel,  derselbe  Thonschiefer,  der  weiterhin  ge- 
gen Osten  vom  Tertiär  bedeckt  ist,  auf  der  Platte  aber  wieder  an- 
steht.  Diese  offenbar  zusammengehörigen  Schiefermassen  sind  Clars 
Semriacher  Schiefer.  Oestlich  von  der  Platte,  1/2  Meile  östl.  von  Graz 
hei  Maria  Trost  steht  noch  der  „Schöckelkalk“  an.  Seine  stratigra- 
phische Stellung  ist  noch  fraglich,  und  seine  künftige  Einbeziehung 
zur  obern  Silurformation  möglich. 

Wir  haben  also  bei  Graz  mit  Ausnahme  des  „Grenzphyllits“  das 
ganze  Devon  von  den  ältesten  Gliedern  im  Osten  bis  zu  dem  Clyme- 
nienkalk  im  Westen  vor  uns,  wie  es  in  Fig.  2 schematisch  ver- 
sinnlicht ist. 


-s  Schöckelkalk. 
th  Thonschiefer. 
b Kalkschiefer. 
d Dolomitstufe. 


Fig.  2. 

e Tuff. 

c Kalk  mit  Corallen. 
cl  Clymenienkalk. 
t Tertiär. 


a Alluvium. 


210 


Joh.  Terglav. 


[4] 


Durch  Petrefacten  sind  nur  der  Korallen  führende  Kalk  über  dem 
Eruptivgestein  als  Mitteldevon  (durch  Heliolites  porosa  und  der  Cly- 
menienkalk  als  Oberdevon  charakterisirt.  Die  unteren  Glieder  enthalten 
höchstens  Krinoidenstiele  (Kalkschiefer  und  Schöckelkalk)  und  gelten 
vorläufig  als  Repräsentanten  des  untern  Devon.  Das  Eruptivgestein 
bildet  also  die  Grenze  zwischen  dem  unteren  und  mittleren  Devon. 
Die  Sehichtfolge  bei  Graz  würde  demnach  mit  Ausnahme  des  Diabas 
mit  der  rheinischen  und  mitteldeutschen  übereinstimmen,  und  es  könnte 
füglich  gedacht  werden,  dass  das  Eruptivgestein  in  den  Alpen  früher 
als  am  Rhein  und  wie  es  scheint,  in  der  paläozoischen  Zeitperiode  zu 
wiederholten  Malen  zum  Durchbruch  gelangt  wäre.  Man  kennt  es 
bislang  nur  vom  Hochlantsch,  wo  es  am  nördlichen  Gehänge  (Teich- 
alpe) in  grossen  Blöcken,  an  der  Südseite  (Breitenau)  in  normaler 
Lagerung  gefunden  wird. 

Auf  Felsarten  von  der  Teichalpe,  welche  mit  den-  Nassauer 
„Aphaniten“  von  der  Weilburg  grosse  Aehnlichkeit  haben,  bezieht  sich 
eine  Notiz  von  Clar.  Eine  genauere  mikroskopisch-chemische  Unter- 
suchung derselben  steht  noch  zu  erwarten;  hier  soll  nur  vom  schief- 
rigen Gestein  gehandelt  werden,  welches  als  Tuffablagerung  mit  jenem 
in  Verbindung  zu  stehen  scheint. 

Was  die  Lagerung  des  Tuffes  anbelangt,  so  liegt  derselbe  am 
Plawutsch  und  Göstingberg,  unmittelbar  auf  Quarzit.  Am  Plawutsch 
lässt  sich  dies  in  einem  Wasserriss  unmittelbar  beobachten ; auf  Gösting 
aber  fand  ich  in  den  Trümmern  der  Ruine  einen  Block,  an  welchem 
dem  Tuff  ein  Streifen  Quarzit  anhängt,  und  es  liess  sich  davon  ein 
Handstück  schlagen,  welches  halb  aus  Quarzit,  halb  aus  Tuff  besteht. 
Hiedurch  ist  der  Contact  dieser  beiden  Gesteine  auch  auf  Gösting 
sichergestellt. 

An  beiden  Orten  steht  der  Tuff  in  einer  kleinen  Einsattlung  an, 
hinter  welcher  sich  das  Kalkgehänge  steiler  emporhebt.  Die  Einsatt- 
lung an  der  Stelle  des  Tuffs  ist  wohl  nur  eine  Folge  der  leichteren 
Verwitterung  desselben.  Seine  Mächtigkeit  ist  im  Verhältnis  zu 
den  übrigen  Gliedern  jedenfalls  gering,  lässt  sich  aber  wegen  Mangel 
an  vollständigen  Aufschlüssen  nur  annähernd  schätzen  und  dürfte 
20  M.  kaum  übersteigen. 


Petrographische  Beschaffenheit  des  Tuffes. 

Das  wohlgeschichtete  Gestein  erscheint  in  seinen  unzersetzten  Be- 
standtheilen  zumeist  braun,  mitunter  in  ziemlich  dunkeln  Nuancen,  zeigt  eine 
grosse  Festigkeit,  ist  äusserst  zäh  und  dabei  milde.  An  diesem  Gestein 
bemerkt  man  bald  ein  gesprenkeltes  Aussehen.  Es  stecken  nämlich  in 
der  aus  dem  feinsten  Schlamm  abgesetzten  Bindemasse  braun  bis 
schwarz  gefärbte  Trümmer.  Diese  sind  meist  abgerundet,  viele  gerade- 
zu kugelförmig  von  den  kleinsten  bis  zur  Faustgrösse  schwankend. 

In  gewissen  Lagen  kommen  nur  kleine , etwa  hanfkorngrosse 
Trümmer  vor,  wobei  sich,  durch  wechselnde  Lagen  von  kleineren  und 


[5]  Die  petrographische  Beschaffenheit  der  im  Grazer  Devon  vorkommd.  Tuffe.  211 

grösseren,  eine  Art  Schichtung  bildet.  Eine  andere  bemerkenswerthe 
Varietät  enthält  nur  einzelne  Trümmer  von  der  grössten  Art  in  der  sonst 
gleichartigen  Bindemasse  eingeschlossen. 

Ellipsoidische  Einschlüsse  liegen  mit  der  Flachseite  der  Schichtung 
parallel  und  bewirken  eine  Art  Parallelstructur,  wie  sie  Conglomeraten 
eigenthümlich  ist.  Das  Mengenverhältniss  der  Bindemasse  und  der  Ein- 
schlusstrümmer ist  sehr  wechselnd,  da  bald  die  erstere,  bald  die  letz- 
teren überwiegen.  In  der  Regel  herrscht  die  Bindemasse  vor.  In  selte- 
nen Fällen  trifft  man  auch  ein  kleines  Quarzgeschiebe  an. 

Die  Farbe  der  Trümmer  ist  bei  den  einen  schwarz,  bei  den 
anderen  braun.  Diese  beiden  Arten  zeigen  ausser  der  Farbe  auch  einen 
andern,  dem  blossen  Auge  auffallenden  Unterschied.  Die  schwarzen 
sind  gewöhnlich  porös,  mögen  sie  auch  sehr  klein  sein,  und  in  frischester 
Bindemasse  stecken.  Die  Poren  sind  bis  hirsekorngross  und  an  den 
Wänden  stets  mit  gelbem  Ocker  bekleidet.  Hiedurch  verrathen  sich 
auch  die  kleinsten  dieser  Art,  da  man  in  dem  Gestein  Haufen  von 
ockergelben  Poren  sieht,  und  dadurch  aufmerksam  gemacht  sehr  leicht 
erkennt,  dass  sie  den  schwarzen  Trümmern  angehören.  Diese  Poren 
rühren  wahrscheinlich  von  zersetzten  und  weggeführten  Bestandtheilen 
her.  Die  braunen  Trümmer  sind  compact,  aber  von  einzelnen  Sprüngen 
durchsetzt,  ähnlich  den  Linsenknollen  im  Septarienthon.  Die  Sprünge 
haben  ungefähr  die  Richtung  des  kleineren  Ellipsoiddurchschnittes,  sind 
unter  einander  parallel,  klaffen  in  der  Mitte  am  meisten  und  keilen 
sich  gegen  die  Oberfläche  des  Ellipsoids  aus.  Daher  bemerkt  man  am 
unversehrten  Einschluss  keine  Sprünge,  beim  Zerschlagen  aber  zerfällt 
er  am  leichtesten  nach  den  vorhandenen  Spalten.  Die  Spaltwände  sind 
von  einer  dünnen  Ockerkruste  bedeckt.  Wohl  nicht  alle,  aber  gewiss 
die  meisten  der  braunen  Trümmer,  die  nicht  allzu  kleine  Dimensionen 
haben,  sind  in  dieser  Art  zerklüftet. 

In  der  dichten  Grundmasse  der  Einschlusstrümmer  bemerkt  man 
porphyrisch  ausgeschiedene  Kryställchen,  die  leicht  als  Feldspathe  zu 
erkennen  sind.  In  den  schwarzen  Trümmern  sind  sie  viel  häufiger  und 
grösser,  als  in  den  braunen,  fallen  aber  durch  ihr  mattes  Aussehen 
und  eine  grünlichweisse  Farbe  auf,  was  auf  Zersetzung  ihrer  Substanz 
deutet.  In  den  braunen  sind  sie  oft  so  klein,  dass  sie  nur  durch  den 
Glanz  der  Spaltfläche  als  feine  Leisten  dem  blossem  Auge  Sichtbar- 
werden. So  viel  man  mit  freiem  Auge  beurtheilen  kann,  wird  man  sie, 
wegen  vollständigen  Mangels  einer  Riefung  ihrer  Spaltflächen  für  Or- 
thoklas halten. 

Die  Bindemasse  hat  eine  nach  dem  Zersetzungsstadium,  in  dem 
sie  sich  befindet,  wechselnde  Beschaffenheit.  In  den  frischesten  Varie- 
täten ist  sie  dunkelrothbraun,  dunkler  als  die  braunen  Einschluss- 
trümmer. Sie  ist  meist  gefleckt  durch  kleine  Trümmer,  und  nur  ge- 
wisse Schlieren  sind  einfärbig,  weil  frei  von  Einschlüssen.  Sie  ist  mild, 
von  geringer  Härte  und  lässt  sich  leicht  mit  dem  Messer  'schaben.  Die 
Lagen  von  reiner  Bindemasse  kommen  in  welligen,  bald  auskeilenden 
Schlieren  vor,  an  welchen  eine  beginnende  Zersetzung  am  leichtesten 
bemerkbar  ist.  Diese  giebt  sich  durch  eine  Farbenänderung  kund.  Die 
unzersetzte  Masse  ist  dunkel,  fast  schwarz,  aber  jedenfalls  mit  einem 


212 


Joh.  Terglav. 


[6] 


Stich  ins  Braune.  Im  ersten  Stadium  der  Zersetzung  zeigt  die  Masse 
ein  dunkles,  schmutziges  Graugrün.  Ist  die  Zersetzung  weiter  vorge- 
schritten, so  geht  die  Farbe  in  ein  lichtes,  weissliches  Grün  über,  die 
Masse  wird  ganz  weich  und  erhält  ein  talkähnliches  Aussehen.  Die 
eingeschlossenen  Trümmer  aber  behalten  noch  lange  in  der  zersetzten 
Bindemasse  ihr  charakteristisches  Aussehen  bei.  Endlich  werden  sie 
auch  weisslich  und  verfliessen  mit  der  zersetzten  Bindemasse.  In 
diesem  Stadium  der  Zersetzung  zeigt  sich  am  deutlichsten  eine  Bände- 
rung auf  dem  Querbruch.  Da  die  Zersetzung  in  den  einzelnen  Lagen 
ungleich  vorschreitet,  so  treten  weichere  und  härtere,  helle  und  dunkle 
Streifen  auf,  indem  sich  die  Schichten  sehr  auffallend  von  einander 
abheben. 

Die  Streifen  ziehen  sich  wellig  um  die  Trümmer,  stauen  sich 
an  ihnen,  verschmälern  sich  zwischen  einzelnen  nahe  liegenden  Trüm- 
mern, um  sich  jenseits  derselben  in  ihrer  ursprünglichen  Breite  fort- 
zusetzen. Ein  solches  Gestein  gewährt  in  seiner  typischen  Ausbildung 
den  Anblick,  als  wären  die  einzelnen  Lagen  in  Teigconsistenz  mit  den 
festen  Trümmern  über  einander  geschichtet  und  hierauf  beschwert 
worden,  wodurch  sie  sich  etwas  gestreckt  und  wellige  Formen  ange- 
nommen hätten,  aber  deutlich  beeinflusst  durch  die  festen  Trümmer. 

Das  Endstadium  der  Zersetzung  ist  eine  structur-  und  scliichtungs- 
lose  weisslichgrüne  Masse,  ähnlich  dem  Agalmatolith  oder  einem  grünen 
Speckstein.  In  der  schmutzigfarbigen  Hauptmasse  stecken  kleine  linsen- 
förmige Partien  einer  rein  apfelgrünen,  durchscheinenden  Substanz, 
unter  einander  parallel  und  wohl  die  einzigen  Zeichen  einer  ehemali- 
gen Schichtung. 


Krystalle  in  der  Bindemasse. 

In  der  Bindemasse  sind  porphyrartig  Krystalle  eingebettet,  deren 
Spaltflächen  auf  dem  Bruch  stark  glänzend  hervortreten.  Man  erkennt 
sie  unschwer  als  Feldspathkrystalle  Sie  sind  nicht  sehr  zahlreich.  In 
einer  talkähnlichen  Varietät  mit  ausgezeichneter  Schichtung,  in  der  die 
Trümmer  bis  auf  geringe  Spuren  vermischt  sind,  erhielten  sich  die 
Feldspathe  noch  grossentheils  frisch,  und  heben  sich  grell  fleischroth 
von  der  grünen  Masse  trefflich  ab. 

Diese  Feldspathe  sind  immer  makroskopisch,  wenn  nicht  schon  am 
derben  Stück,  doch  am  Schliff  deutlich  hervortretend.  Der  grösste  der 
gefundenen  Krystalle  stammt  von  Gösting  und  ist  einen  Centimeter 
breit  und  eben  so  lang.  Die  Farbe  der  ganz  frischen  ist  intensiv  fleisch- 
roth, bei  eintretender  Zersetzung  aber  verblasst  sie. 

Der  vollständige  Mangel  einer  Riefung  auf  der  Spaltungsfläche 
weist  schon  auf  Orthoklas  hin.  Auf  Gösting  fanden  sich  nur  einige 
grössere  Kryställchen,  die  auf  der  Spaltungsfläche  nach  (001)  sehr 
deutlich  den  Karlsbader  Zwilling  zeigen.  Sie  sind  in  der  Bindemasse 
eingewachsen  und  in  der  Prismenzone  vollständig  mit  den  Flächen 
(101)  und  dem  Klinopinakoid  (010),  nach  welchem  sie  tafelförmig 
ausgebildet  sind.  Mit  blossem  Auge  zu  urtheilen  sind  daher  die  Feld- 


[7]  Die  petrograp  lösche  Beschaffenheit  der  im  Grazer  Devon  vorkommd.  Tuffe.  213 


spathe  entweder  einfach  oder  Karlsbader  Zwillinge,  somit  Orthoklas. 
Auch  die  stets  fleischrothe  Farbe  spricht  sehr  für  Orthoklas. 

In  der  specksteinartigen  Varietät  bemerkt  man  Spuren  von  Pyrit, 
zumeist  jedoch  schon  in  Limonit  umgewandelt. 


Mikroskopische  Beschaffenheit  der  Bindemasse. 

An  der  Bindemasse  sind  einerseits  die  porphyrisch  ausgeschiede- 
nen Feldspathe,  anderseits  die  Grundmasse  zu  unterscheiden. 

Der  Feldspath. 

Die  vollkommen  frischen  Feldspathkrystalle  haben  eine  im  allge- 
meinen wasserhelle  Substanz,  die  aber  bei  geringer  Vergrösserung  von 
wolkigen  Flecken  und  geraden  oder  etwas  gekrümmten  Streifen  ge- 
trübt erscheint.  Selten  ist  der  ganze  Querschnitt  trüb,  sondern  es  be- 
steht der  grösste  Theil  eines  Feldspathschnittes  aus  absolut  wasser- 
heller Substanz.  Die  Streifen  stehen  mit  den  Wolken  häufig  in  Ver- 
bindung, als  mündeten  sie  in  dieselben.  Bei  starker  Vergrösserung 
lassen  sich  die  trüben  Stellen  in  ein  Haufwerk  von  Stäbchen  und 
Punkten  auflösen,  an  denen  eine  schwarzbraune  Farbe  deutlich  wahr- 
nehmbar ist.  Die  Punkte  sind  wohl  nichts  anderes,  als  senkrecht  auf 
dem  Gesichtsfelde  stehende  Stäbchen.  Sie  können  füglich  nichts  anders 
als  eine  Eisen  Verbindung  sein,  und  ihre  Farbe  und  Stäbchenform 
deutet  auf  Goethit. 

Die  Feldspathe  kommen  in  krystallographisch  begrenzten  Indivi- 
duen eingewachsen  vor  und  erweisen  sich  im  polarisirten  Licht  ganz 
übereinstimmend  mit  dem  Ergebniss,  welches  man  mit  freiem  Auge 
erzielt,  als  einfach  oder  als  Karlsbader  Zwillinge.  In  manchen  Krystallen 
sind  die  Pigmentstreifen  dem  Rande  parallel  eingelagert,  wodurch  eine 
Schalenstructur  bewirkt  wird.  Nur  bemerkt  man,  dass  diese  Streifen 
längs  einer  den  Schnitt  halbirenden  Linie  gegen  einander  verschoben 
sind.  Auf  der  einen  Seite  hört  der  Streifen  wie  abgeschnitten  auf,  und 
in  seiner  Fortsetzung  kommt  ein  heller.  Das  Centrum  des  Durchschnittes 
findet  man  auf  der  einen  Seite  hell,  auf  der  anderen  getrübt,  und  die 
trübe  Wolke  an  der  Mittellinie  scharf  und  geradlinig  abgeschnitten. 
Im  polarisirten  Licht  stellt  sich  diese  Scheidungslinie  als  Zwillingsgrenze 
heraus.  In  diesem  Falle  kann  man  also  einen  Zwilling  auch  im  gewöhn- 
lichen Licht  erkennen,  da  sich  die  beiden  Zwillingsindividuen  durch  die 
ungleiche  Streifung  kenntlich  machen. 

In  den  zersetzten  Varietäten  findet  man  oft  Krystalle  mit  unregel- 
mässigen Sprüngen  und  vielen  parallelen  Spaltlinien,  die  indess  den 
frischen  Krystallen  in  frischer  Grundmasse  fehlen. 

Ihre  Vertheilung  in  der  Bindemasse  ist  ungleichförmig.  Gewöhn- 
lich sind  sie  um  so  häufiger  und  grösser,  je  häufiger  die  kleinen 
Trümmer  sind.  Doch  kann  man  in  den  ganz  homogenen  Schlieren  Feld- 
spathe eingewachsen  finden.  In  den  Fällen,  wo  die  Bindemasse  sehr 
viele  und  sehr  kleine  Brocken  enthält,  sind  die  Feldspathe  am  grössten 
und  zahlreichsten,  und  bilden  wohl  ein  Viertel  der  Gesammtmasse. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1876.  4.  Heft.  (Terglav.)  28 


214 


Joh.  Terglav. 


[8] 


Die  Grundmasse. 

Die  Grundmasse  der  ganz  frischen,  schwarzbraunen  Bindemasse 
besteht  aus  einer  völlig  structurlosen,  wasserhellen  Substanz  mit  ein- 
facher Lichtbrechung.  In  diese  sind  die  theils  schwarzen,  theils  rothen 
Mineralpartikel  eingebettet,  so  klein,  dass  sie  bei  geringer  Vergrösse- 
rung  nur  als  Staub  erscheinen.  Bei  starker  Vergrösserung  stellen  sich 
die  schwarzen  Partikel  als  kuboinische  Körnchen  dar,  die  rothen  aber 
zeigen  vielzackige  Formen,  als  ob  sie  zerzupft  wären.  Die  ersteren  sind 
als  Magnetit,  die  letzteren  als  Hämatit  anzusehen.  Diese  beiden  Mine- 
ralien sind  nicht  gleichmässig  vertheilt,  sondern  bald  sind  die  einen 
bald  die  anderen  im  Uebergewicht,  und  hiernach  wechselt  auch  die 
Farbe.  Ausserdem  sind  die  rothen  fast  immer  zu  Wolken  im  Schliff 
vereinigt,  daher  schon  mit  freiem  Auge  im  Präparat  dunklere  Flecken 
bemerkbar  sind. 

Im  polarisirten  Licht  bemerkt  man  bei  gekreuzten  Nicols  einzelne 
helle,  nur  bei  starker  Vergrösserung  schärfer  hervortretende  Leistchen, 
deren  Langseiten  von  parallelen  Linien  begrenzt  werden,  und  die  eine 
sehr  grosse  Polarisations-Intensität  zeigen.  Wo  die  Feldspathe  nur  ganz 
schwache  Färbung  haben,  sind  die  Leistchen  vollkommen  hell  und  zei- 
gen allerlei  grelle  Farben. 

Bei  aufmerksamer  Beobachtung  sieht  man  auch  breitere  Blättchen, 
die  ähnlich,  aber  schwächer  polarisiren.  Zwischen  den  breitesten  Blätt- 
chen und  den  schmälsten  Leisten  gibt  es  alle  Zwischenstufen.  Demnach 
ist  das  Mineral,  das  hier  wie  ein  Mikrolith  die  einfach  brechende  Sub- 
stanz durch  schwärmt,  in  feinen  Schüppchen  ausgeschieden,  wobei  die 
Leistchen  als  senkrecht  auf  der  Bildfläche  stehende  Schüppchen  anzu- 
sehen sind.  Sie  gehören  höchst  wahrscheinlich  einem  Mineral  der  Glimmer- 
familie an.  Je  mehr  die  Bindemasse  zersetzt  ist,  um  so  mehr  häufen 
sich  die  polarisirenden  Schüppchen  und  zugleich  tritt  eine  grünliche 
Farbe  auf.  Der  Farbe  nach  werden  sie  einem  chloritartigen  Mineral 
angehören. 

Man  hat  also  als  Bestandtheile  der  Bindemasse  porphyrische 
Feldspathe,  kleine  klastische  Quarzkörner,  eingelagert  in  einer  wasser- 
hellen einfach  lichtbrechenden,  durch  Magnetit  und  Häihatit  gefärbten 
Grundmasse,  in  welcher  nach  Art  von  Mikrolithen  Schüppchen  einer 
individualisirten  Substanz  ausgeschieden  sind. 


Zersetzte  Bindemasse. 

Das  erste  Zersetzungsstadium  besitzt  eine  graugrüne  dunkle  Farbe. 
Die  Grundmasse  hat  zahlreichere  polarisirende  Schüppchen,  die  an 
vielen  Stellen  Haufen  bilden  und  die  formlose  Substanz  verdrängen. 
Unter  den  färbenden  Füttern  bemerkt  man  wenig  rothe  und  schwarze, 
die  meisten  sind  opakgrün.  Hie  und  da  ist  das  ganze  durch  Limonit 
ockergelb  gefärbt.  Bei  vollendeter  Zersetzung  ist  die  ganze  formlose 
Grundmasse  in  die  Schüppchen  verwandelt  worden  und  zeigt  Aggregat- 


[9]  Die  petrographischc  Beschaffenheit  der  im  Grazer  Devon  vorkommd.  Tnffe.  215 

Polarisation.  Dieses  raikrokrystallinische  Aggregat  ist  nicht  mehr 
wasserhell,  sondern  hellgrün. 

Der  Magnetit  und  Hämatit,  sowie  die  opakgrünen  Flitter  des 
ersten  Stadiums  sind  verschwunden.  Die  Färbung  ist  also  hier  an  die 
Grundmasse  selbst  gebunden  und  ist  auch  dort  am  reinsten,  wo  die 
Grundmasse  am  reinsten  ist.  Es  gibt  nämlich  unter  den  parallelen 
Bändern,  wie  sie  vorhin  beschrieben  wurden,  gewisse  rein  apfelgrüne 
zwischen  den  übrigen  verschiedentlich  weisslichgrünen,  welche  im  Schliff 
ganz  durchsichtig  werden  und  nur  aus  der  grünlichen  schuppigen  Sub- 
stanz bestehen.  Dieselbe  Substanz  findet  sich  auch  sonst  nicht  selten 
in  isolirten  oder  zusammenhängenden  Partien,  zwischen  den  übrigen 
Bestandteilen  zersetzter  Varietäten,  und  zeigt  im  Mikroskop  immer  die 
gleiche  Beschaffenheit.  Die  weisslichgrünen  Partien  bestehen  aus  der- 
selben Grundmasse,  in  die  jedoch  ein  opakweisser  Staub  eingelagert  ist. 
Daher  liefert  das  Gestein  um  so  undurchsichtigere  Schliffe,  je  mehr 
im  auffallendem  Lichte  das  Weiss  vorherrscht.  Ganz  weisse  Partien 
sind  ganz  undurchsichtig. 

Zwischen  dem  eben  beschriebenen  Stadium  der  vollendeten  Zer- 
setzung und  dem  der  beginnenden  giebt  es  für  die  Färbung  noch  ein 
mittleres,  in  welchem  sich  der  weisse  Staub  neben  dem  ursprünglichen 
grünen,  rothen  und  schwarzen  einstellt,  wodurch  verschiedene  Ab- 
stufungen von  weiss,  grün  und  braun  entstehen. 

Das  Mikroskop  zeigt  es  klar,  dass  die  oben  makroskopisch  be- 
schriebene Bänderung  nur  durch  die  nach  den  Schichten  wechselnde 
Dichte  der  opaken,  weissen  und  dunklen  Staubmassen  bewirkt  wird. 
Hierbei  ist  vorzugsweise  der  weisse  Staub  betheiligt,  der  eine  im 
Mikroskop  auf  den  ersten  Blick  auffallende,  stromartige  Textur  her- 
vorbringt, die  allerdings  hier  nur  Folge  der  Schichtung  und  nach- 
folgende Quetschung  der  Schichten  ist. 

Eine  andere  Varietät  mit  wenig  ausgeprägter  Paralleltextur  zeigt 
eine  andere  Textur.  Sie  besteht  aus  etwa  erbsenogrossen  Trümmern, 
viel  Feldspathkrystallen  und  der  apfelgrünen  Masse,  welche  letztere 
mit  den  beiden  ersteren  Bestandtheilen  so  verbunden  ist,  als  ob  die 
Zwischenräume  dieser  mit  jener  ausgegossen  worden  wären.  Selbst- 
verständlich hat  diese  Art  von  Stromtextur  nicht  das  geringste 
mit  der  Mikrofluctuationstextur  gemein;  sie  ist  vielmehr  eine  eigen- 
artige, aber  nichts  desto  weniger  deutlich  ausgesprochene  Fluidaltextur, 
bei  deren  Bildung  der  Druck  auf  eine  geschichtete,  theilweise  plasti- 
sche Masse  und  ausserdem  Zersetzungsverhältnisse  mitwirkten. 

In  der  steatitartigen  Varietät  ist  die  Lagentextur  ganz  verwischt. 
Die  weisse,  trübende  Masse  ist  in  Flocken  verstreut,  die  mit  einander 
durch  Ausläufer  Zusammenhängen  und  ein  Adefnetz  bilden,  dessen 
Maschen  von  reiner  grünlicher,  schuppiger  Substanz  eingenommen  werden. 
Es  sind  die  Schuppen  der  einen  Hälfte  zwillingsartig  gegen  die 
der  anderen  gestellt,  in  jeder  Hälfte  aber  die  Individuen  unter  einan- 
der gleich  orientirt.  Vielleicht  ist  dies  die  Folge  der  Umwandlung 
eines  Karlsbader  Zwillings,  bei  welcher  sich  die  entstandenen  Schüpp- 
chen zu  den  Theilchen  des  ursprünglichen  Krystalls  gesetzmässig 
orientirten. 


28* 


216 


Joh.  Terglar. 


[10] 

Ausser  dieser  hellgrünen,  durchsichtigen,  feinschuppigen  Substanz, 
welche  überall  die  Hauptmasse  der  zersetzten  Bindemasse  bildet, 
erscheint  ziemlich  häufig  noch  ein  schwach  trübgrün  durchscheinendes, 
im  auffallenden  Licht  schwefelgelbes  bis  schmutziggrünes  Zersetzungs- 
product.  Es  erscheint  in  rundlichen,  hie  und  da  Haufwolken  ähnlichen 
Balken  und  bogenförmigen  Streifen  und  bildet  oft  einen  Saum  um  kleine 
Einschlüsse  und  Feldspathe.  Es  ist  meist  von  schwarzen  und  rothen 
Streifen  durchzogen,  und  manchmal  vollkommen  schwarz  und  undurch- 
sichtig in  gewissen  Partien.  In  sehr  zersetztem  Gestein  enthalten  die 
rundlichen  Haufen  dieser  Masse  in  einiger  Entfernung  vom  Rande  ein 
schmales  rothes  Band,  das  dem  Rande  und  allen  Ein-  und  Ausbuchtun- 
gen desselben  parallel  folgt.  Ausserhalb  desselben  ist  der  Saum  der 
Ballen  etwas  lichter,  also  auch  die  Masse  verschieden  von  der  inner- 
halb des  Bandes.  Dieses  ist  demnach  die  Grenze  einer  zweiten  von 
aussen  nach  innen  fortschreitenden  Zersetzungszone. 

In  einigen  Fällen  erscheint  diese  Masse  in  Krystallumrissen, 
bildet  also  Pseudomorphosen.  In  einigen  braunen  Trümmern  trifft  man 
dunkle  Stängel,  die  aus  derselben  Masse  bestehen,  durchzogen  von 
unregelmässigen  Streifen  von  rother  und  brauner  Farbe.  Diese  Pseudo- 
morphosen konnten  sich  unmöglich  nach  Feldspath  gebildet  haben, 
obwohl  sie  dessen  Umrisse  zu  haben  scheinen,  da  sie  neben  ganz 
frischen  Feldspathen  Vorkommen,  und  da  auch  die  übrige  Grundmasse 
unzersetzt  ist.  Sie  können  aber  ganz  gut  metamorphosirte  Hornblende 
sein,  um  so  mehr,  als  in  ähnlicher  Weise  unverkennbare  Hornblende- 
spuren Vorkommen.  An  einer  Stelle  hat  diese  Masse  die  Umrisse  eines 
Krystalles,  die  sich  als  Augit  deuten  liesse,  die  Deutung  ist  aber  wegen 
des  vereinzelten  Falles  unsicher.  Der  äusserste  Rand  ist  hier  ganz 
schwarz,  dann  kommen  zwei  Zonen,  die  an  einem  der  schmalen  Enden 
am  breitesten  sind,  an  den  beiden  Langseiten  sich  verschmälernd  fort- 
ziehen und  auskeilen.  Die  äussere,  zugleich  breitere  ist  schwach  röth- 
lich,  die  innere  intensiv  roth,  worauf  das  übrige  die  grünliche  Masse 
einnimmt. 

Dies  Zersetzungsproduct  kommt  auch  noch  in  anderen  Formen 
vor,  die  hin  und  wieder  eine  sehr  feine  parallele  Streifung  zeigen  und 
theilweise  geradlinig  begrenzt  sind.  Die  Streifung  verräth  uns  einen 
Glimmer,  der  noch  die  Spur  seiner  Lamellarstructur  beibehalten  hat. 
Diese  ist  nur  an  den  dunklen  Stellen  zu  erkennen,  an  den  grünen  ist 
alles  verwischt,  was  zugleich  zeigt,  dass  die  grüne  Farbe  ein  weiteres 
Zersetzungsstadium  kennzeichnet,  als  die  schwarze. 

Es  ist  demnach  wahrscheinlich,  dass  Pseudomorphosen  von  Horn- 
blende und  Glimmer,  vielleicht  auch  von  Augit  in  dieser  opakgrünen 
bis  schwarzen  Masse  Vorlagen. 

Zersetzung  der  F e 1 ds p a thkry s t a 1 1 e. 

Die  Feldspathe  zeigen  in  der  zersetzten  Grundmasse  alle  Stadien 
der  Umwandlung.  Die  von  der  Zersetzung  ergriffenen  liefern  ein  von 
dem  der  Grundmasse  nicht  unterscheidbares  Zersetzungsproduct,  näm- 
lich die  schuppige,  aggregatpolarisirende  Masse.  Wie  es  scheint  wider- 


1 11]  Die  petrographische  Beschaffenheit  der  im  Grazer  Devon  vorkommd.  Tuffe.  217 


stehen  die  von  Klüften  freien,  den  zersetzenden  Einflüssen  länger,  als 
die  zerklüfteten.  Bei  ersteren  fängt  die  Umwandlung  an  den  Rändern 
an,  von  wo  aus  sie  gegen  das  Innere  fortschreitet.  Die  zersetzte  Masse 
verfliesst  so  vollständig  mit  der  Umgebung,  dass  die  ehemaligen  Um- 
risse des  Ivrystalles  absolut  verwischt  werden.  Die  Begrenzung  der  zer- 
setzten und  der  frischen  Partie  ist  jedoch  stets  ganz  scharf,  ohne  das 
mindeste  bemerkbare  Uebergangsstadium. 

Nicht  selten  trifft  es  sich,  dass  die  Umwandlung  an  einer  oder 
mehreren  Stellen  rascher  fortschreitet,  wodurch  der  noch  frische  Theil 
einen  buchtigen  Umriss  erhält.  Die  Zersetzung  geht  weiter  und  endlich 
wird  der  Krystall  in  mehrere  isolirte,  rundliche  oder  unregelmässige 
Körner  zerlegt,  die  aber  ganz  gleiche  Polarisationsfarben  zeigen,  und 
so  den  ehemaligen  Zusammenhang  erweisen.  In  zerklüfteten  Kry- 
stallen  stellt  sich  die  Zersetzungsmasse  vorzüglich  in  den  Klüften  ein 
und  bildet  ein  Netz,  in  dessen  Maschen  die  frischen  Theile  stecken. 
Solche  Krystalle  behalten  lange  ihre  Umrisse  deutlich  bei.  Man  sieht 
eben  in  dem  von  ihnen  eingenommenen  Raume  viele  getrennte  Körner 
mit  übereinstimmender  Farbenwandlung,  die  je  nach  dem  Stande  der 
Zersetzung  von  schmalen  oder  breiten  Netzstreifen  getrennt  werden. 
Man  sieht  übrigens  auch  im  gewöhnlichen  Licht  die  Grenze  der 
frischen  Substanz  deutlich  als  schwarze  Linie,  die  Folge  verschiedener 
Lichtbrechung,  und  gerade  dies  zeigt,  dass  der  Uebergang  der  frischen 
in  die  zersetzte  Masse  ein  unvermittelter  ist. 

Bei  Zwillingen  hat  man  gewöhnlich  die  merkwürdige  Erscheinung 
vor  sich,  dass  die  beiden  Individuen  ungleich  angegriffen  werden.  Man 
findet  solche,  bei  denen  der  eine  Theil  bis  auf  winzige  Reste  frischer 
Substanz  verschwunden,  der  andere  aber  noch  unversehrt  ist.  Die  Zer- 
setzungsgrenze  schneidet  an  der  Zwillingsebene  scharf  geradlinig  ab. 

Mitunter,  aber  selten,  findet  man  die  Feldspathe  auch  anders 
umgewandelt.  In  der  oben  als  frisch  beschriebenen  Bindemasse  be- 
merkt man  Feldspathumrisse,  die  man  im  gewöhnlichen  Licht  ohne 
weiteres  für  frische  Feldspathe  halten  würde.  Im  polarisirten  Licht 
zeigt  sich  aber,  dass  sie  sich  einfachbrechend,  also  der  wasserhellen 
Grundmasse  vollkommen  gleich  verhalten  und  sogar  die  kleinen  pola- 
risirenden  Stäbchen  führen,  mit  einem  Wort  also  nichts  anderes  sind, 
als  jene  Grundmasse  ohne  färbende  Partikel. 

Daneben  trifft  man  noch  andere  Feldspathe,  die  in  eben  dieser 
Art  von  Umwandlung  begriffen  sind.  Man  sieht  nämlich  bei  gekreuzten 
Nicols  auf  dem  Raum  eines  Feldspathkrystalls  helle  und  dunkle  Partien. 
Die  hellen  gehen  allmählig  in  die  dunklen  über.  Bei  gewöhnlichem 
Lichte  aber  erscheint  der  ganze  Krystall  gleichartig.  Durch  diesen 
Zersetzungsprocess  wird  also  der  Feldspath  in  eine,  der  frischen  Grund- 
masse vollkommen  gleiche,  wasserhelle,  einfach  brechende  Masse  ver- 
wandelt. 


Apatit,  Biotit,  Magnetit. 

In  einem  einzigen  Falle  wurde  Apatit  im  Glimmer  beobachtet.  In 
einem  Schliff  von  sehr  zersetztem  Gestein  steckt  ein  schwarzes  Korn, 


218 


Joh.  Terglav. 


[12] 


welches  man,  mit  freiem  Auge  beobachtet,  für  ein  Magnetitkorn  halten 
möchte.  Das  Mikroskop  aber  enthüllt  eine  fein  lamellare  Zusammen- 
setzung desselben,  und  völlige  Undurchsichtigkeit  bis  auf  wenige,  braune 
durchscheinende  Stellen,  an  denen  die  Lamellen  wellig  gebogen  sind. 
Dies  Korn  ist  von  mehreren  wasserhellen,  rundlichen  Körnchen  durch- 
brochen; das  grösste  unter  ihnen  ist  aber  vollkommen  regelmässig 
sechseckig.  Im  polarisirten  Licht  werden  alle  gleichmässig  hell  und 
dunkel,  und  sind  bei  gekreuzten  Nicols  ganz  unbemerkbar  in  der  dunk- 
len Umgebung.  Sie  haben  daher  alle  die  Eigenschaften  eines  hexago- 
nalen, senkrecht  auf  die  Prismenzone  geschnittenen  Minerals,  das  füg- 
lich nur  Apatit  sein  kann.  Dass  es  nicht  blosse  Löcher  sind,  ist  durch 
schiefe  Beleuchtung  leicht  zu  constatiren,  da  man  hiebei  an  ihnen 
eine  rauhe  Oberfläche  bemerkt.  Diese  Krystalle  sind  daher  alle  parallel 
unter  einander  in  Glimmer  eingewachsen,  und  liefern  daher  auch  ein 
Beispiel  gegenseitig  orientirter  Verwachsung  zweier  Mineralien.  Be- 
merkenswerth ist  es,  dass  der  Apatit  noch  keine  Spur  von  Zersetzung 
zeigt. 

Grössere  Magnetitkörner  trifft  man  gelegentlich  an,  doch  sind  sie 
in  der  Bindemasse  selten.  In  der  zersetzten  werden  sie,  besonders  in 
der  Mitte,  braun  durchscheinend,  also  in  Limonit  verwandelt. 

Die  unzersetzte  Bindemasse  enthält  sonach  in  einer  structurlosen, 
wasserhellen,  einfach  brechenden  Grundmasse  porphyriseh  ausgebildete 
Feldspathe  eingewachsen  und  ist  durch  färbende  Minerale  roth  bis  dunkel- 
braun gefärbt.  Die  fleischrothen  Feldspathe  sind  einfach  oder  Karlsbader 
Zwillinge,  daher  Orthoklas.  Ihre  Farbe  ist  durch  mikroskopische  braune 
Stängelchen  bedingt,  die  als  eine  Eisenverbindung,  etwa  Goethit,  ge- 
deutet worden. 

In  der  Grundmasse  sind  noch  höchst  feine  Schüppchen  eines 
lebhaft  polarisirenden  Minerals  eingewachsen,  die  sich  meist  als  Leist- 
chen  darstellen,  und  wahrscheinlich  einem  chloritartigen  Mineral  ange- 
hören. Der  Zersetzungsprocess  durchläuft  folgende  Stadien:  1.  Die 
Schüppchen  mehren  sich  und  bilden  zusammenhängende  Gruppen, 
während  zugleich  ein  grünes  färbendes  Mineral  auftritt.  2.  Die  Grund- 
masse ist  ganz  in  eine  grünliche,  aggregatpolarisirende  Masse  umge- 
wandelt. Dunkel  färbende  Flitter  sind  verschwunden,  dafür  aber  stellt 
sich  ein  unbestimmter,  weisser  Staub  ein.  Feldspathe  zeigen  hier  alle 
Stadien  der  Zersetzung,  und  liefern  dadurch  dieselbe  schuppige  Masse, 
wie  die  Grundmasse.  Eine  ungleiche  Vertheilung  des  opakweissen 
Staubes  entwickelt  oft  eine  ausgezeichnete  Bänderung.  Neben  der  hell- 
grünen ist  oft  noch  eine  opakgrüne,  durch  Eisenverbindungen  roth  und 
dunkelbraun  gestreifte  Masse  vorhanden.  3.  Es  erscheint  eine  Steatit- 
artige  Masse  mit  Spuren  von  eingewachsenem  Pyrit.  Alle  Spuren  von 
Trümmern  und  Feldspathen  sind  mehr  oder  weniger  verwischt,  keine 
Schichtung  und  Streifung  mehr  sichtbar.  Alle  Zersetzungsstadien  zeigen 
mitunter  durch  Limonit  tingirte  Flecken,  selbst  mikroskopische  Den- 
driten. In  einem  einzigen  Falle  wurde  Apatit  in  einem  Glimmer  einge- 
wachsen gefunden. 


[13]  Die  petrographische  Beschaffenheit  der  im  Grazer  Devon  vorkommd.  Tuffe.  219 

Die  Trümmer  wurden  vorhin  als  schwarze  und  braunrothe  unter- 
schieden. Die  Untersuchung  unter  dem  Mikroskop  rechtfertigt  diesen 
nach  der  mikroskopischen  Beobachtung  gemachten  Unterschied  als  einen 
in  der  mikroskopischen  Beschaffenheit  begründeten. 


Mikroskopische  Beschaffenheit  der  schwarzen  Trümmer. 

Um  eine  Anschauung  von  ihnen  zu  geben,  seien  hier  drei  von 
schwarzen  Trümmern  gefertigte  Schliffe  beschrieben. 

Der  erste  derselben  stammt  von  Gösting,  aus  ziemlich  zersetzter 
Bindemasse.  Mit  freiem  Auge  gewahrt  man  im  Schliff  viele  porphyrisch 
ausgebildete  kleine  Feldspathe  und  Magnetite.  Das  Mikroskop  zeigt 
aber  sofort , dass  die  grünlichen  „Feldspathe“  meist  total  zersetzt 
sind,  und  zwar  aus  derselben  schuppigen  Masse  bestehend,  die  uns 
als  solches  bei  der  Bindemasse  überall  begegnet  war.  Nur  geringe 
Bieste  von  frischer  Feldspathsubstanz  sind  in  dem  Raume  eines  Kry- 
stalls  noch  verstreut,  die  nach  der  gleichartigen  Lichtbrechung  zu 
urtheilen  einem  Individuum  angehören.  Ihre  Umrisse  bilden  längli- 
che Parallelogramme,  oft  Rechtecke.  Oft  trifft  man  stufenartige  Ge- 
bilde, indem  an  einem  längeren  zwei  bis  drei  kürzere  parallel  unter- 
einander angewachsen  sind.  Auch  Karlsbader  Zwillinge  wurden  be- 
merkt, indem  die  Feldspathreste  in  den  beiden  Hälften  verschiedene 
Polarisationsfarben  zeigen.  Sehr  gewöhnlich  ist  die  Zwillingsebene  der- 
selben durch  einen  schwarzen  Streifen  reihenartig  geordneter  Magnetit- 
stäbchen angedeutet.  Auch  parallel  den  Längsseiten  der  Parallelogramme 
sind  dicht  am  Rande  oft  Streifen  von  Magnetitstäbchen  eingelagert. 
Diese  Stäbchen  sind  gerade  und  mit  aus  ihnen  hervorragenden  Würfeln 
besetzt,  sie  gleichen  daher  knotigen  Stäben.  Gerade  im  Bereich  dieser 
Magnetitstreifen  ist  die  Feldspathsubstanz  unversehrt  geblieben,  wenn 
auch  der  ganze  Innenbau  zersetzt  ist.  Die  Magnetitkörner  sind  eckig 
und  geradlinig  begrenzt,  also  Ivrystalle. 

Ausser  den  Feldspathen  gibt  es  noch  andere  helle,  schwach  grün- 
liche Durchschnitte.  Sie  unterscheiden  sich  auffallend  von  den  stets 
viereckigen  länglichen  Feldspathen  durch  ihre  kürzere,  gedrungene 
Form  und  durch  abgestutzte  Ecken,  wodurch  sie  einen  achteckigen  Um- 
riss bekommen.  Allerdings  sind  sie  fast  alle  zersetzt.  Ihr  Zersetzungs- 
product  unterscheidet  sich  aber  insoferne  von  dem  der  Feldspathe,  als 
es  in  letzteren  stets  durch  opakweise  Flocken  getrübt  ist,  in  den  acht- 
eckigen Formen  aber  ganz  rein,  durchsichtig  erscheint.  Hiedurch  geben 
sich  diese  Formen  deutlich  als  einem  andern  Mineral,  nicht  dem  Feld- 
spath  angehörend  zu  erkennen. 

Die  achteckigen  Umrisse  stimmen  gut  mit  senkrecht  auf  das 
Prisma  geschnittenen  Augiten  überein.  Eines  dieser  Achtecke  ist  sogar 
noch  frisch  erhalten  und  polarisirt  das  Licht  viel  lebhafter,  als  Feld- 
spath,  stimmt  also  hierin  auch  mit  Augit.  Die  Farbe  der  Substanz  ist 
schwach  grünlich.  Die  Deutung  als  Augit  gewinnt  noch  an  Wahr- 
scheinlichkeit dadurch,  dass  in  der  Nähe  der  Achtecke  und  mit  ihnen 
verwachsen  grosse  Magnetitkörner  vorkonnneu. 


220 


Job.  Terglav. 


[14] 


Neben  diesen  Bestandtheilen  kommt  sehr  viel  Magnetit  vor.  Die 
grösseren  Körner  sind  ziemlich  zerstreut,  manchmal  in  Gruppen  zu 
drei  bis  vier  beisammen.  Mikroskopische  aber  sind  massenhaft  in  der 
Grundmasse  eingelagert,  und  bedingen  die  schwarze  Färbung  des 
Ganzen. 

Die  Grundmasse  besteht  beinahe  ganz  aus  wasserhellen  Feld- 
spathleisten,  die  eine  ausgezeichnete  Mikrofluctuationstextur  zeigen. 
Diese  unterscheidet  sich  aber  bestimmt  von  der  in  jungen  Eruptivge- 
steinen gewöhnlich  vorkommenden. 

Der  ganze,  ziemlich  grosse  Schliff  bildet  gleichsam  einen  Strom, 
während  in  den  jüngeren  die  Ströme  schmal  und  vielfach  gewunden 
sind.  Im  alten  Gestein  fügen  sich  die  porphyrischen  Feldspathe  auch 
der  Strömung,  während  sie  in  den  jüngeren  als  Hindernisse  derselben 
erscheinen.  Daher  bemerkt  man  schon  mit  freiem  Auge  eine  Parallel- 
textur an  den  makroskopischen  Feldspathen.  Ausserdem  herrscht  dort 
im  ganzen  Strom  eine  auffallende  Paralleltextur,  während  hier  die 
mikrolitischen  Bestandteile  des  schmalen  Stroms,  in  allen  Winkeln 
gegen  den  Strom  geneigt  sind. 

Die  kleinen  Feldspathleisten  zeigen  keine  Spur  von  Farben- 
streifung und  man  müsste  sie  darnach  für  Orthoklas  erklären.  Ihre 
Umrisse  sind  etwas  verschwommen.  Einige  scheinen  ziemlich  deutlich 
den  Karlsbader  Zwilling  zu  zeigen.  Eine  Zersetzung,  wie  bei  den  gros- 
sen, wurde  bei  keinem  bemerkt,  vielmehr  hat  jedes  Leistchen  einheit- 
liches Verhalten  gegen  das  Licht,  was  auch  für  ihre  Frische  spricht. 
Die  Zwischenmasse  zwischen  den  Lamellen  ist  so  sehr  durch  Mag- 
netit getrübt,  dass  man  fast  nichts  von  ihr  bemerkt.  Ilie  und  da  treten 
unregelmässig  zackige  Flocken  der  chloritischen  Zersetzungsmasse  auf, 
ganz  unabhängig  von  der  herrschenden  Stromtextur.  Sie  ist  gleich  jener 
in  den  Augitformen  ganz  frei  von  Trübung. 

Wir  haben  somit  hier  eine  Mischung  von  Orthoklas,  Magnetit 
und  Augit.  Der  Orthoklas  ist  hier  befremdend  in  Verbinduug  mit  den 
beiden  anderen  Mineralien,  doch  ist  er  unzweifelhaft  vorhanden,  wenn 
der  un gestreifte  Feldspat h als  Orthoklas  gedeutet  wird,  was 
bisher  in  der  That  in  allen  petrographischen  Arbeiten  üblich  war. 
Allerdings  aber  sind  die  grösseren  porphyrischen  und  zersetzten,  und 
die  kleinen  wasserhellen  Leisten  als  die  gleiche  Feldspathart  zu  be- 
trachten, da  sie  sich  nur  durch  die  ungleiche  Frische  von  einander 
unterscheiden,  die  aber  nach  den  obigen  Auseinandersetzungen  nicht 
als  Argument  für  verschiedene  Arten  gelten  kann. 

Ein  zweiter  Einschluss  aus  sehr  zersetzter  Bindemasse  hat  viel 
grössere  Feldspathkrystalle,  die  im  Mikroskop  deutlich  eine  Art  Strei- 
fung zeigen.  Meist  herrscht  die  zersetzte  Masse  vor,  in  derselben  aber 
sind  Reihen  von  frischer  Substanz,  parallel  mit  zwei  Randlinien  der 
Krystalle  eingelagert. 

Diese  frischen  Reste  haben  nun  in  dem  Raume  eines  Krystalles 
ganz  gleiche  Polarisationsfarben.  Die  Krystalle  sind  also  einfache  Feld- 
spathe. Die  Streifung  entstand  wohl  dadurch,  dass  die  Zersetzung  den 
Spaltklüften  gefolgt  ist.  Auch  hier  zeigen  sie,  wie  im  vorigen  Präparat, 
Streifen  von  Magnetit  den  Rändern  entlang.  Neben  diesen  Krystallen, 


| 15]  Die  petrograpliische  Beschaffenheit  der  im  Grazer  Devon  vorkommd.  Tuffe.  221 

die  nach  allen  Merkmalen  für  Feldspath  zu  halten  sind,  bemerkt  man 
Augitformen,  wie  im  vorigen  Präparat  in  der  Nähe  von  grossen  Mag- 
netiten.  Sie  sind  hier  meist  rundlich  und  haben,  wie  dort,  ganz  reine 
Zersetzungsmasse.  Daneben  begegnet  man  Formen  von  Olivin,  die  im 
gewöhnlichen  Licht  wasserhell  sind,  im  polarisirten  aber  in  ein  Aggre- 
gat von  Sphäroiden  sich  auflösen.  Es  giebt  viele  kleine  wasserhelle 
Körner,  die  im  polarisirten  Licht  dasselbe  zeigen,  aber  keine  kry- 
stallographischen  Umrisse  haben.  Sie  sind  wohl  die  Spuren  rundlicher 
Olivinkörner.  Das  aus  dem  Olivin  entstandene  Zersetzungsproduct  ist 
also  krystallinisch  feinfaserig  und  zu  mikroskopischen  Sphäroiden 
aggregirt. 

In  der  Grundmasse  sind  nur  spärliche,  wasserklare  Feldspath  - 
leisten  vorhanden.  Die  Hauptmasse  bildet  die  chloritische  Masse,  mit 
sehr  viel  feinsten  Magnetitkörnchen  vermengt.  Von  stromartiger  Textur 
ist  hier  keine  Spur. 

Dieses  Gestein  ist  etwas  vom  vorigen  verschieden,  indem  hier 
deutlich  Olivin  zu  bemerken,  ist  jedoch  keine  Stromtextur.  Bis  auf 
den  Mangel  des  Olivins  in  ersterem  Gesteine  liesse  sich  doch  noch 
alles  auf  dasselbe  Gestein  beziehen.  Vielleicht  wurde  dort  der  Olivin 
ganz  unkenntlich  gemacht.  Im  übrigen  ist  dies  Präparat  einem  durch 
und  durch  zersetzten  Gestein  entnommen,  und  hieraus  mag  sich  wohl 
die  Verschiedenheit  der  Grundmasse  in  den  beiden  erklären. 

Ein  drittes  Präparat  zeigt  einen  schwarzen  Einschluss  mit  porphyrisch 
ausgebildeten  Krystallen,  die  entschieden  Plagioklas  sind.  Die  frischen 
Reste  in  den  neben  einander  liegenden  Streifen  haben  deutlich  ver- 
schiedene Polarisationsfarben.  An  den  Enden  hat  man  ein-  und  aus- 
springende Winkel,  an  deren  Ecken  die  Grenzlinien  zweier  Farben 
ansetzen,  ebenso  wie  in  den  Plagioklasen  jüngerer  Gesteine.  Die  schon 
mit  freiem  Auge  im  Präparat  bemerkbaren  ockergelben  Flecken  lassen 
sich  unter  dem  Mikroskop  als  Spuren  von  Olivin  erkennen.  Allerdings 
ist  jetzt  an  dessen  Stelle  nur  eine  mit  Ocker  gelb  tingirte  Zersetzungs- 
masse. In  einigen  Fällen  ist  der  Krystallraum  nur  theilweise  ausge- 
füllt, das  übrige  ist  weggeführt.  Dies  lässt  vermuthen,  dass  ein  grosser 
Th  eil  der  Poren,  wenn  nicht  alle,  in  den  schwarzen  Trümmern  durch 
Wegführung  des  Olivins  entstanden  ist.  Ausser  den  ockergelben  Flecken 
hat  man  auch  hellgrüne,  rundliche  Partien,  wie  sie  vorhin  als  Augit- 
krystalle  beschrieben  wurden,  die  auch  hier  meist  in  der  Nähe  von 
grossen  Magnetiten  Vorkommen. 

Als  einzig  in  allen  Präparaten  ist  ein  Gang  von  Calcit  hier  zu 
verzeichnen.  Ein  wasserhelles  Mineral  zieht  sich  vom  Rand  bis  etwas 
über  die  Mitte  des  Einschlusses , welches  ausgezeichnete  Spaltlinien 
in  zwei  sich  kreuzenden  Parallelsystemen  zeigen. 

In  der  Grundmasse  ist  viel  feinkörniger  Magnetit  und  Feldspath- 
leisten  mit  unvollkommener  Stromtextur. 

Abgesehen  von  dem  offenbar  später  eingedrungenen  Calcit  haben 
wir  hier  als  Bestandtheile  dieses  Einschlusses  Plagioklas,  Augit,  Olivin, 
Magnetit.  Er  stammt  aus  halbzersetzter  Bindemasse  und  man  kann 
daher  annehmen,  dass  er  das  Mineralgemenge  am  deutlichsten  er- 
kennen lässt.  Es  ist  das  des  Melaphyrs. 

Mineralogische  Mitthellungen  1876.  4.  Heft.  (Terglav.) 


29 


222 


Joli.  Terglav. 


[16] 


Die  vielen  kleinen,  unzersetzten  schwarzen  Trümmer  zeigen  nichts 
Neues.  In  den  meisten  hat  man  die  beim  ersten  Präparat  beschriebene 
Stromtextur  deutlich  vor  sich.  In  den  frischesten  sind  die  mikroskopi- 
schen Feldspathe  wasserhell,  und  ganz  scharf  begrenzt.  Der  Magnetit 
ist  so  dicht  zwischen  ihnen,  dass  es  bei  allen  den  Anschein  hat,  als 
wäre  ein  Magnetitkorn  von  F eldspath  ganz  durchspickt.  Man  sieht 
nämlich  nur  vollkommen  schwarz  und  wasserhell.  Diese  kleinen  Trümmer 
enthalten  nie  etwas  anderes,  als  Magnetit  und  Feldspath. 

Diese  Trümmer  fallen  nun  auch  der  Zersetzung  anheim,  welche 
sich  in  zweierlei  Art  zu  vollziehen  scheint.  In  dem  einen  Falle  ver- 
schwinden alle  krystallini sehen  Elemente,  so  dass  keine  Spur  von 
Krystallumrissen  von  Feldspath  und  der  mit  ihm  vergesellschafteten 
Minerale  bleibt.  Alles  ist  die  hellgrüne  schuppige  Masse  geworden, 
durchzogen  von  einem  schwarzen  Adernetz  von  Magnetitstaub.  Das 
zweite  der  oben  beschriebenen  Präparate  zeigt  diese  Zersetzungsweise 
schon  halb  ausgebildet.  Im  andern  Falle  hat  sich  der  Magnetit  zersetzt, 
indem  in  zersetzter  Bindemasse  Trümmer  mit  deutlichen  Feldspathleisten 
und  vorzüglicher  Stromtextur  Vorkommen  , die  aber  statt  des  Magne- 
tits als  Farbstoff  einen  grauen  Staub  enthalten.  Im  ersten  Falle  bleiben 
die  Trümmer  schwarz,  verlieren  aber  alle  Ivrystalle,  im  zweiten  bleiben 
die  Feldspathe,  aber  der  Magnetit  hat  sich  umgewandelt,  und  mit  ihm 
die  Farbe. 

Nach  dem  Vorhergehenden  können  als  Mineral-Bestandtheile  der 
schwarzen  Trümmer  angegeben  werden:  Feldspath,  und  zwar  meist 
Orthoklas,  in  einem  Falle  Plagioklas,  dann  Magnetit,  Augit,  Olivin.  Die 
beiden  letzteren  sind  fast  ganz  zersetzt,  man  kann  sie  daher  nur  aus 
den  Krystallumrissen  erkennen.  Die  dritte  Art  der  beschriebenen  Trüm- 
mer entspricht  in  ihrer  Mineralmischung  ganz  dem  Melaphyr,  die  ande- 
ren können  als  Varietäten  von  Orthoklasporphyr  angesehen  werden. 

Die  braunen  Trümmer. 

Diese  unterscheiden  sich  im  Dünnschliff  von  den  typischen  schwar- 
zen durch  die  grosse  Seltenheit  von  phorphyrisch  ausgeschiedenen  Be- 
standteilen. Es  gibt  ihrer  mehrere  und  grosse,  die  so  feinkörnig  sind, 
dass  sie  mit  freiem  Auge  keinen  krystallinischen  Bestandteil  erkennen 
lassen.  Im  folgenden  gebe  ich  ihre  Charakteristik  durch  die  Beschrei- 
bung einiger  Abarten. 

Vor  allen  erwähne  ich  hier  einen  schwarzen  Einschluss,  der  aber 
in  seinen  Bestandteilen  und  seiner  Structur  ganz  mit  den  braunen 
übereinstimmt,  und  wohl  nur  zufällig  keinen  Hämatit  als  färbendes 
Mineral  enthält.  Die  wenigen  Feldspathe  sind  tafelförmig,  einfach  oder 
Karlsbader-Zwillinge,  teilweise  in  die  grünliche,  schuppige  Masse  zer- 
setzt. Die  Grundmasse  enthält  nur  undeutliche,  verschwommene  Feld- 
spathleisten,  die  noch  deutliche  Stromtextur  aufweisen. 

Der  grösste  Raum  des  Schliffes  wird  von  der  einfach  brechenden, 
wasserhellen  Masse  eingenommen,  wie  sie  bei  der  frischen  Bindemasse 
beschrieben  ist,  und  die  hier  genau  dieselben  polarisirenden  Mikrolithen 
enthält  wie  dort,  also  mit  ihr  identisch  ist. 


[17]  D‘e  petrographische  Beschaffenheit  der  im  Grazer  Devon  vorkommd.  Tuffe.  223 

Hier  kann  man  deutlich  sehen,  dass  diese  Masse  aus  der  Um- 
wandlung der  mikroskopischen  Feldspatldeisten  entstand.  Diese  werden 
um  so  undeutlicher,  je  stärker  jene  hervortritt,  und  sie  machen  den 
Eindruck,  als  wären  sie  in  Auflösung  zu  einer  amorphen  Masse  be- 
griffen. 

Schon  mit  freiem  Auge  bemerkt  man  einige  Körner  und  Stängel, 
die  im  Schliff  wie  Spiegel  glänzen  und  sofort  als  Magnetit  kenntlich 
sind.  Ihre  Umrisse  jedoch  sind  die  der  Hornblende,  was  erst  im  Mi- 
kroskop auf  das  evidenteste  hervortritt.  Dieses  belehrt  uns  auch,  dass 
die  Stängel  nicht  von  compacter  Substanz  erfüllt  sind,  sondern  von 
sehr  dicht  gedrängten  Magnetitkörnchen,  Diese  bilden  dicht  gesäet  um 
jeden  Stängel  einen  schwarzen  Hof,  und  nehmen  immer  lockerer  werdend 
nach  und  nach  den  in  der  Grundmasse  gewöhnlichen  Abstand  an.  Mit- 
unter stossen  strahlend  mehrere  Stängel  in  einem  Punkt  zusammen, 
mit  grösster  Genauigkeit  die  Aggregation  der  Hornblende  in  jüngeren 
Eruptivgesteinen  nachahmend.  Erwägt  man  die  Fülle  von  Beispielen  in 
jüngeren  Gesteinen,  in  denen  die  Hornblende  durch  Zersetzung,  succes- 
sive  durch  Magnetit  ersetzt  wird,  so  ist  es  als  sicher  anzunehmen,  dass 
man  hier  ebenfalls  Hornblendespuren  vor  sich  hat. 

Der  Magnetit  ist  in  mikroskopischen  Körnchen  und  knotigen 
Stäbchen  gleichmässig  vertheilt.  Dass  er  auch  secundär  eingelagert 
vorkommt,  ist  an  diesem  Präparat  durch  einen  mit  Magnetit  ausgefüll- 
ten Gang  deutlich  bewiesen.  Dieser  geht  mitten  durch  einen  Feldspath, 
der  die  Klüftung  modificirte,  indem  mehrere  kleine  Zweige  entstanden, 
während  sich  darauf  in  der  ursprünglichen  Art  der  Gang  fortsetzt. 

Wir  haben  also  hier  Orthoklas,  Hornblende  und  Magnetit,  und 
keine  Spur  anderer  Bestandtheile. 

Die  diesem  Schliff  ähnlichsten  Präparate  enthalten  neben  Magnetit 
auch  Hämatit,  wodurch  ihre  Farbe  schwarzbraun  wird.  Einer  ist  durch 
seine  vielen  phorphyrisch  ausgeschiedenen  Krystalle  bemerkenswert.  Er  hat 
auch  mehr  Feldspathe,  als  jeder  andere  unter  den  braunen,  aber  nicht  so 
zahlreiche  als  die  schwarzen.  Daneben  viele  unverkennbare  Hornblende- 
spuren von  der  so  eben  beschriebenen  Art.  Ausserdem  bemerkt  man 
mehrere  Körner,  die  in  der  Mitte  noch  einen  Rest  frischer,  grünlich- 
gelber, unregelmässig  zerklüfteter  Substanz  haben,  deren  Rand  von 
einer  breiten  Zone  von  Magnetit  gebildet  wird.  Die  unregelmässige 
Klüftung  schliesst  Hornblende  aus,  stimmt  jedoch  ganz  mit  Olivin,  der 
in  diesem  Gestein  nirgends  so  deutlich  zu  treffen  ist,  als  hier.  Horn- 
blende und  Olivin  sind  mit  breiten  dunklen  Höfen  von  dicht  gehäuftem 
Magnetit  und  Hämatit  umgeben,  so  dass  selbst  am  Bruch  des  Gesteins 
schwarze  Flecken  erscheinen. 

Um  manche  Körner  zieht  sich  zuerst  ein  lichter,  dann  ein  dunkler 
Hof,  worauf  erst  die  gewöhnliche  Vertheihmg  der  Eisenmineralien  folgt. 
Diese  Verhältnisse  sind  deswegen  interessant,  weil  sie  zeigen,  wie  die 
Eisenoxyde  durch  Umwandlung  ihre  Stelle  gewechselt  haben  und 
gleichsam  vom  Olivin  und  der  Hornblende  angezogen  wurden.  Der 
Olivin  durchläuft  hier  eine  andere  Metamorphose,  als  in  den  schwarzen 
Trümmern , in  denen  er  eine  wasserhelle  Masse  mit  sphäroidaler 

29* 


224  Joh  Terglav.  [18] 

Structur  lieferte.  Die  Grunclmasse  ist  einfach  brechend  mit  geringen 
Spuren  von  Leisten. 

Dies  wäre  nun  wieder  eine  ungewöhnliche  Mischung,  indem  zu 
Orthoklas  und  Hornblende  der  Olivin  tritt.  Diese  Art  Trümmer  müssen 
jedoch  selten  sein,  da  mir  dieser  als  einziger  Fall  vorgekommen  ist, 
während  sich  die  anderen  Varietäten  wiederholt  fanden.  Hornblende- 
spuren trifft  man  in  den  meisten  braunen  Trümmern,  wo  sie  fehlen, 
sind  sie  wahrscheinlich  zufällig  nicht  vom  Schliff  getroffen  worden,  da 
sie  immerhin  selten  sind,  zu  zwei  oder  drei  in  grösseren  Präparaten. 

Der  Magnetit  ist  in  mikroskopischen  Körnchen  und  Würfelchen 
eingestreut.  Der  Hämatit  bildet  zackige  zerrissene  Formen,  wie  in  der 
Bindemasse.  Er  ist  oft  wolkig  gehäuft,  während  der  Magnetit  gleich- 
mässig  vertheilt  ist.  Die  Grundmasse  ist  einfach  brechend,  mit  vielen 
polarisireiulen  Flitterchen,  so  dass  dickere  Schliffe  im  polarisirten  Licht 
immer  hell  bleiben.  Darin  bemerkt  man  hie  und  da  noch  Feldspath- 
leisten,  mit  undeutlichen  Umrissen,  als  würden  sie  zur  amorphen  Masse 
zerffiessen. 

Diese  Abart  der  braunen  Trümmer,  die  ich  die  schwarzbraunen 
nennen  möchte,  zeichnet  sich  durch  theilweise  zersetzte  Orthoklase, 
Hornblende,  Magnetit,  in  einem  Falle  Olivin  aus.  Ihre  Grundmasse 
zeigt  deutliche  Spuren  von  Feldspathleisten  mit  Stromtextur,  ist  aber 
meist  in  die  formlose  Masse  umgewandelt. 

Eine  andere  Varietät  hat  entschieden  rothbraune  Färbung.  Bei 
dieser  sind  die  Feldspathe  noch  viel  spärlicher,  indem  mancher  grosse 
Schliff  keinen  makroskopischen  Krystall  enthält.  Mikroskopische  Feld- 
spathleisten  zeigen  manchmal  Paralleltextur,  meist  jedoch  sind  die 
schmalen  und  langen  Leisten  verworren  gruppirt.  Manche  unter  ihnen 
zeigen  eine  auffallende  Länge.  Nie  sind  sie  zersetzt,  sondern  wasser- 
hell. Magnetit  ist  nicht  in  allen  vorhanden,  sondern  in  einigen  nur  ein 
Hämatitstaub.  Manchmal  erscheint  er  in  grossen  Krystallgruppen,  por- 
phyrisch  hervortretend.  Die  Grundmasse  besitzt  vorzugsweise  zweierlei 
Beschaffenheit.  Die  eine  Hauptform  zeigt  sich  in  einem  Schliff,  der 
wegen  seiner  auffallenden  Beschaffenheit  hier  besonders  beschrieben 
wird. 

Der  grosse  Schliff  zeigt  sehr  wenige  Feldspathe,  die  sich  als 
Krystallgruppen  erweisen.  Daneben  enthält  er  einige  grosse  Magnetite. 
Neben  dem  Feldspath  erscheint  noch  ein  anderes  Mineral,  wasserhell, 
ohne  krystallinische  Umrisse  und  von  bogigen  Sprüngen  durchzogen, 
während  der  Feldspath  entweder  winkelig  gebrochene  oder  gerade  Sprünge 
hat,  und  immer  trübende  Beimengungen  enthält,  wenn  er  nicht  gar  zu 
schmale  Leistchen  bildet.  Die  Lichtbrechung  ist  bei  dem  fraglichen 
Mineral  viel  auffallender,  als  beim  Feldspath,  aber  doch  geringer,  als 
bei  den  mikroskopischen  Leistchen,  welche  die  amorphe  Grundmasse 
durchschwärmen.  Auf  den  ersten  Blick  hat  es  viel  Aehnlichkeit  mit 
Quarz,  aber  der  Mangel  jeglicher  Krystallumrisse  machte  die  Deutung 
unsicher.  Fast  stets  ist  in  dem  Mineral  ein  Magnetitkorn  eingeschlossen, 
so  klein,  dass  es  mit  freiem  Auge  noch  nicht  gut  kenntlich  ist. 


[19]  Die  petrographische  Beschaffenheit  der  im  Grazer  Devon  vorkommd.  Tuffe.  225 


In  der  amorphen  Grundmasse  sind  Büschel  und  Stränge  von 
Feldspathleisten  eingeschlossen,  die  man  auf  den  ersten  Anblick  mit 
Eisblumen  am  Fenster  vergleichen  wird.  Die  Leisten  sind  hier  so  klein, 
dass  man  sie  erst  bei  starker  Vergrösserung  deutlich  wahrnimmt.  Sie 
sind  im  Allgemeinen  parallel  gruppirt  und  bilden  hie  und  da  lange, 
federartige  Züge,  von  denen  seitlich  andere  fiederförmig  abzweigen. 
Anderswo  bilden  sie  Garben  und  Büschel,  oder  strahlen  von  einem 
Centrum,  welches  meist  das  obige  helle  Mineral  bildet,  nach  allen 
Seiten  radial  aus.  Meist  sind  diese  Strahlen  etwas  gekrümmt.  Die  fär- 
benden Hämatitflitter  sind  zwischen  den  Kryställchen  ebenfalls  zu  gera- 
den und  krummen  Strahlen  gruppirt,  und  dadurch  wird  eben  diese  Textur 
sehr  auffallend  und  deutlich.  An  der  Grenze  gegen  die  formlose  Grund- 
masse strahlen  die  Büschel  mit  feinen  kurzen  Spitzen  aus.  Das  Ganze 
ist  einer  mit  Wasser  überzogenen  Glastafel  ähnlich,  auf  welcher  die  Eis- 
bildung eben  im  Gange  ist.  Diese  Textur  ist  nicht  selten,  auch  in  ganz 
kleinen  Partien  zu  beobachten.  Es  hat  ganz  den  Anschein,  als  wären  dies 
secundäre  Concretionen  und  Krystallbildungen  in  der  schon  amorph  gewor- 
denen Grundmasse.  Durch  die  Krystallisation  des  Feldspathes  wären 
die  Hämatitblättchen  ebenso  zu  Reihen  gruppirt  worden  wie  im  Wasser 
enthaltener  Staub  durch  das  Gefrieren. 

Die  andere  Hauptform,  welche  nur  ganz  schmale,  wasserhelle 
Feldspathleisten  führt,  besitzt  eine  mit  Hämatit  intensiv  rothbraun  ge- 
färbte Gruudmasse.  Der  feine  Hämatitstaub  bildet  ein  Adernetz  und 
ist  an  den  Durchkreuzungspunkten  der  Stränge  zu  rundlichen  Haufen 
gehallt.  Die  unregelmässig  polygonalen  Maschen  enthalten  eine  wasser- 
helle Masse,  die  in  einzelnen  Maschen  intensive  Polarisation  zeigt,  in 
anderen  aber  amorph  ist.  Im  gewöhnlichen  Licht  sind  sich  alle  Maschen 
gleich.  Bei  starker  Vergrösserung  bemerkt  man,  dass  die  polarisirenden 
Maschen  durch  und  durch  mit  den  schon  oft  erwähnten,  polarisirenden 
Schüppchen  erfüllt  sind,  während  sie  den  übrigen  fehlen. 

Von  Augit  oder  Olivin  ist  bei  diesen  keine  Spur  zu  entdecken 
gewesen.  Seltene  trübgrüne  Stängel  gehören  wohl  der  Hornblende  an. 

Wir  haben  somit  bei  den  braunrothen  Trümmern  drei  Hauptva- 
rietäten zu  unterscheiden:  1.  Schwarzbraune  mit  Hornblende-,  auch 
Olivinspuren  und  in  Zersetzung  begriffenen  Feldspathen;  2.  Braune, 
mit  eisblumenähnlichen  Feldspathconcretionen ; 3.  Intensiv  rothbraune, 
mit  einem  Maschennetz  von  Hämatitstaub,  winzigen  und  spärlichen 
Feldspathen.  Dass  in  den  meisten  derselben  keine  Hornblende  vorkommt, 
deutet  auf  ihre  Seltenheit  in  dieser  Varietät. 

In  allen  diesen  ist  die  wasserhelle  formlose  Masse  in  der  Grund- 
masse zu  beobachten.  Sie  hat  oft  so  viele  polarisirende  Schüppchen, 
dass  der  Schliff  nur  etwas  dünn  schon  Aggregatpolarisation  zeigt.  Sie 
sind  aber  auch  wasserhell,  und  also  hier  doch  von  denen  verschieden, 
welche  endlich  als  hellgrünes  Zersetzungsproduct  jedes  Bestandtheils 
erscheinen.  Es  ist  dies  an  manchen  Präparaten  leicht  kenntlich,  die 
zersetzte  Feldspathe  und  an  Schüppchen  reiche  Grundmasse  enthalten. 
Das  Zersetzungsproduct  des  Feldspathes  ist  deutlich  grünlich,  während 
die  Grundmasse  wasserhell  ist,  wenn  auch  so  mit  Schüppchen  erfüllt, 


Joh.  Terglav. 


226 


[20] 


dass  Aggregatpolarisation  auftritt.  Dünnere  Stellen  desselben  Präparates 
aber  zeigen  die  Schüppchen  in  der  amorphen  Grundmasse. 

Wie  schon  angedeutet,  scheint  die  amorphe  Grundmasse  aus  der 
Zersetzung  der  mikroskopischen  Feldspathleisten  der  Grundmasse  her- 
vorzugehen. In  der  schwarzbraunen  Varietät,  die  nach  allen  Merkmalen 
die  frischeste  und  ursprüngliche  zu  sein  scheint,  sieht  man  nämlich 
oft  verschwommene  Leisten  noch  schwach  polarisirend  in  der  Grund- 
masse, die  sich  nach  und  nach  ganz  aufzulösen  scheinen.  Die  zweite 
und  dritte  Varietät  ist  wahrscheinlich  Folge  neuer  Krystallisation  in 
der  amorphen  Masse. 

Das  Vorwalten  des  Hämatits  und  Zurücktreten  des  Magnetits 
deutet  hier  auf  eine  stärkere  Umwandlungsstufe.  Die  hier  sichtbaren 
Feldspathe  sind  unregelmässig  gelagert  und  vollkommen  wasserhell, 
während  die  verschwommenen  Leisten  dort  auf  das  deutlichste  eine 
Stromtextur  zeigen.  Ueberdies  zeigen  viele  kleine  Trümmer  aus  sehr 
zersetztem  Gestein  nur  die  letzte  Art,  nämlich  das  Maschennetz  mit 
der  amorphen,  oft  an  Schüppchen  sehr  reichen  Grundmasse  ohne  einen 
Feldspath. 

Neben  den  schwarzen  und  rothen  kommen  noch  in  vereinzelten 
Fällen  andere  Trümmer  vor,  die  erst  unter  dem  Mikroskop  als  solche 
erkennbar  sind.  Dem  freien  Auge  erscheinen  sie  als  helle  Stellen, 
werden  daher  für  grosse  Feldspathe  gehalten.  Unter  dem  Mikroskop 
aber  lösen  sie  sich  in  ein  Aggregat  länglich  viereckiger  Stäbchen  mit 
Parallelstructur,  neben  welchen  spärliche,  quadratische,  mikroskopische 
Magnetite  auftreten.  Die  hellen  Kryställchen  sind  wohl  nichts  als  Feld- 
spathe, es  spricht  wenigstens  nichts  dagegen,  sie  als  Feldspathleistchen 
anzusehen.  Sie  sind  bis  auf  den  sehr  spärlichen  Magnetit  mit  den 
schwarzen  unzersetzten  Trümmern  gleich. 

Lässt  man  diese  letzteren,  sehr  untergeordneten,  bei  Seite,  so 
zeigen  sich  die  eingeschlossenen  Trümmer  in  zweierlei,  in  ihrem  äusse- 
ren Aussehen  ebenso  wie  in  ihrer  Mikrostructur  verschiedenen  Formen, 
als  schwarze  und  braune,  ln  den  ersteren  sind  in  unzweifelhaften 
Spuren  Feldspath  (Orthoklas  und  Plagioklas)  Magnetit,  Augit,  Olivin,  (Calcit 
als  Intiltrationsproduct)  enthalten.  Die  braunen  führen  spärliche  por- 
phyrisch  ausgeschiedenen  Orthoklase,  weniger  Magnetit,  Hornblende  und 
Olivin.  Im  Gestein  liegen  schwarze  und  braune  dicht  neben  einander 
aber  weit  häufiger  die  braunen  als  die  schwarzen.  Diese  Verschieden- 
heit bei  dem  nachbarlichen  Vorkommen  deutet  jedenfalls  auf  die  ur- 
sprüngliche Verschiedenheit  des  Materials,  von  dem  sie  stammen,  mögen 
noch  so  viele  Umwandlungsprocesse  vor  sich  gegangen  sein.  Beide 
Arten  standen  doch  unter  gleichen  Einflüssen,  konnten  also  durch  die- 
selben nicht  zu  so  constant  verschiedenen  Phasen  gebracht  werden. 

Nun  steht  in  der  Grazer  Devonformation  ein  Eruptivgestein  nur 
am  Hochlantsch  in  Gängen  an,  welches  allgemein  als  „Grünstein“  spe- 
ciell  Diabas  angesehen  wird.  Welche  von  den  beiden  Varietäten,  oder 
ob  überhaupt  eine  mit  dem  Lantscher  „Grünstein“  in  Verbindung  zu 
bringen  sei,  ist  nicht  zu  entscheiden.  Ich  hatte  wohl  durch  die  Güte 
des  Herrn  Professors  Dölter  Gelegenheit  Schliffe,  eines  „porphyrartigen 
Diabases“  vom  Lantsch  zu  vergleichen.  Dieser  ist  jedoch  in  seinem 


i 


[21]  Die  petrograpliisclie  Beschaffenheit  der  im  Grazer  Devon  vorkommd.  Tuffe.  227 

gegenwärtigen  Zustande  längst  kein  Diabas  mehr,  sondern  ein  undefi- 
nirbares  Gemengsel  von  Zersetzungsproducten.  Man  erkennt  nur  die 
undeutlichsten  Reste  von  Feldspathen,  schöne  Magnetite,  Quarzkörner, 
sehr  selten,  endlich  eine  grasgrüne,  einfach  brechende  Masse  in  unre- 
gelmässigen Fetzen  als  färbendes  Mineral.  Die  grossen,  porphyrischen, 
opakweisen  „Feldspathe“  sind  es  längst  nicht  mehr,  sondern  ein  aggre- 
gatpolarisirendes  Zersetzungsproduct.  Daraus  lässt  sich  durchaus  kein 
Schluss  auf  die  ursprüngliche  Beschaffenheit  des  Gesteins  machen. 

In  einigen  schiefrigen  Exemplaren  dieser  „Grünsteine“  bemerkt 
man  aber  klastische  Quarzkörner.  Man  sieht  daraus,  dass  diese  Ge- 
steine noch  weniger  einen  Schluss  auf  ihre  ursprüngliche  Beschaffenheit 
ziehen  lassen,  als  die  Trümmer  des  Tuffs.  Leider  standen  mir  nur 
wenige  Handstücke  zur  Untersuchung  zu  Gebote,  so  dass  sich  vorläufig 
kein  allgemeines  Urtheil  fällen  lässt.  Von  den  hier  untersuchten 
Trümmern  deuten  aber  die  schwarzen  auf  Melaphyr,  die  braunen  auf 
Porphyr. 


Die  Feldspathe  der  Bindcmassc. 

Wichtig  ist  die  Frage  nach  der  Herkunft  der  Feldspathkrystalle 
in  der  Bindemasse.  Sie  unterscheiden  sich  entschieden  von  denen  der 
Trümmer.  Sie  sind  fleischrot h,  die  der  Trümmer,  so  weit  frisch,  immer 
wasserbell.  Ihre  Krystalle  sind  ziemlich  gleichmässig  kubisch,  die  der 
Trümmer  tafelförmig.  Sie  widerstehen  viel  besser  der  Zersetzung,  und 
man  findet  in  der,  den  Trümmern  anhängenden  Bindemasse  noch 
frische  oder  doch  nur  von  aussen  angegriffene,  während  die  der  Trüm- 
mer vollkommen  in  die  schuppige  Masse  verwandelt  sind.  In  vielen 
Trümmern,  den  schwarzbraunen,  trifft  man  mitten  in  der  Grundmasse 
zersetzte  Feldspathe,  während  in  zersetzter  Bindemasse  frische  Feld- 
spathe liegen.  Sie  sind  viel  häufiger  und  grösser  in  der  Bindemasse, 
als  in  den  Trümmern.  Hiernach  ist  es  wohl  gewiss,  dass  sie  entschieden 
nicht  von  demselben  Material  herrühren,  wie  die  Trümmer.  Ihre  in 
frischem  Zustande  stets  deutlichen  Krystallumrisse  sprechen  sehr  dage- 
gen, dass  sie  Reste  von  zerstörtem  Gestein  seien,  denn  wie  hätten  sie 
sich  so  herausschälen  können  mit  Beibehaltung  ihrer  Ecken  und  Kan- 
ten? Dabei  sind  sie  oft  auch  tafelförmig  und  mit  deutlichen  Flächen 
in  der  Prismenzone.  Dazu  kommt,  dass  in  ihrer  Gesellschaft  klastische 
Quarzkörner  Vorkommen.  Wie  aber  hätten  sich  die  zerbrechlichen  Feld- 
spathe unversehrt  erhalten  können,  wo  Quarz  in  feinen  Sand  zerrieben 
und  die  eingeschlossenen  Gesteintrümmer  kugelförmig  abgerollt  wurden? 
Alles  dies  spricht  gegen  deren  ursprüngliche  Einschliessung,  und  für 
ihre  Neubildung  aus  der  Bindemasse. 

Entstehung  der  amorphen  Substanz  in  der  ßindcinasse  und  den 

braunen  Trümmern. 

Die  einfach  brechende  Substanz , die  in  der  Bindemasse  und 
in  den  braunen  Trümmern  so  beständig  und  gleichmässig  auch  mit  den 
mikrokrystallinischen  Ausscheidungen  getroffen  wird,  ist  offenbar  Folge 


228 


Job.  Terglav. 


[22] 


eines  Umwandlungsprocesses.  Dass  Feldspathe  sich  in  dieselbe  umbil- 
den, sieht  man  sowohl  an  grösseren  Krystallen  der  Bindemasse,  die 
diese  Umwandlung  durchgemacht  haben,  als  auch  an  den  schwarz- 
braunen Trümmern,  welche  oft  noch  Spuren  einer  aus  Feldspathleisten 
bestehenden  Grundmasse  zeigen.  In  halb  zersetzter  Grundmasse  erschei- 
nen sie  wie  an  der  Oberfläche  gequollene  Gummikörner,  umflossen  von 
der  amorphen  Masse,  und  an  vielen  Präparaten  lässt  sich  der  Ueber- 
gang  bis  zur  gänzlichen  Umwandlung  verfolgen.  Da  nun  die  braunen 
Trümmer  ein  grosses  Uebergewicht  über  die  schwarzen  bilden,  und 
ihre  Grundmasse  nach  den  gefundenen  Spuren  fast  ganz  aus  Feldspath- 
leisten bestand,  so  war  auch  die  Bindemasse  ursprünglich  wesentlich 
ein  Zerreibsei  des  braunen  Gesteins,  also  ein  Feldspathschlamm,  und 
hatte  im  Allgemeinen  dieselbe  chemische  Zusammensetzung  wie  die 
braunen  Trümmer.  Sie  konnte  sich  daher  in  dasselbe  Product  umwan- 
deln, wie  die  Trümmer  und  aus  diesem  konnten  sich  auch  wieder  die 
porphyrischen  Feldspathe  bilden.  Ich  habe  auch  schon  bei  der  Bespre- 
chung der  dritten,  rothbraunen  Varietät  der  braunen  Trümmer  einige 
Anzeichen  hervorgehoben,  welche  dafür  sprechen,  dass  die  hier  enthal- 
tenen Feldspathe  aus  dem  Zersetzungsproduct  neugebildet  seien. 


Aus  dieser  Darstellung  ergibt  sich,  dass  der  untersuchte  Tuff  aus 
mehreren  Eruptivgesteinen  entstand,  welche  theils  dem  Melaphyr,  theils 
dem  Porphyr  entsprechen.  Es  ereigneten  sich  also  gleichzeitig  im  Be- 
reiche dieser  Formation  Eruptionen  verschiedener  Gesteine,  welche 
aber  jetzt  nicht  anstehend  gefunden  werden.  Das  Tuffgestein  erlitt 
nun  eine  durchgreifende  Umwandlung,  besonders  die  Bindemasse,  in 
welcher  ausser  Quarzkörnern  keine  Spur  eines  klastischen  Minerals  vor- 
kommt. Die  Bindemasse  wurde  dadurch  amorph  und  wasserhell,  pyg- 
mentirt  mit  Eisenoxyden.  Hierin  schieden  sich  porphyrische  Feldspathe 
als  Neubildung  aus.  Diesem  analog  ist  wohl  auch  die  Neubildung  der 
Feldspathe  in  der  sogenannten  Arkose,  welche  als  klastisches  Gestein 
neben  Quarzbruchstücken  und  Gerollen  Feldspathkrystalle  führt.  Es 
hat  somit  die  ausgesprochene  Ansicht  nichts  Unwahrscheinliches.  Mit 
der  Umwandlung  der  braunen  Trümmer  war  ein  Substanzverlust  ver- 
bunden, denn  nur  dadurch  lässt  sich  die  Klüftung  derselben  erklären. 

Wien,  Laboratorium  des  mineralogisch -petrographischen  Universitäts- 

Institutes. 


III.  Felsarten  aus  der  Gegend  von  ßosignano  und  Ca- 
stellina maritima,  südlich  von  Pisa. 

Von  Dr.  Friedrich  Berwertli. 

Bei  Durchführung  des  Studiums  der  Tertiärablagerungen  des 
Mittelmeerbeckens  hat  Herr  Custos  Theodor  Fuchs  während  seiner  An- 
wesenheit in  Italien,  neben  anderen  auch  einige  der  Grünsteinfamilie 
angehörige  Felsarten  gesammelt.  Das  gesammelte  Material  der  letzt- 
genannten Gruppe  iiberliess  mir  derselbe  freundliehst  zur  Durch- 
sicht. Die  Gesteine  sind  Proben  von  Diabas,  Gabbro  und  Serpentin. 
Fundort  der  genannten  Gesteine  ist  ein  Aufschluss  an  der  Strasse  von 
Rosignano  nach  dem  Bahnhofe  und  ein  Aufschluss  an  der  Strasse  in 
der  Nähe  von  Castellina  maritima.  Beide  Orte  befinden  sich  südlich 
von  Pisa. 

Das  Auftreten  der  sogenannten  Grünsteine,  deren  Studium  vor 
anderen  Gesteinsgruppen  ein  erhöhtes  petrographisehes  Interesse  bean- 
sprucht, bis  dass  wenigstens  dieser  Collectivname  entbehrlich  gemacht 
wird,  ist  hier  wesentlich  verschieden  von  dem  an  anderen  Orten.  Die 
Grünsteine  durchbrechen  nämlich  an  den  genannten  Punkten  eine  Schichte 
des  Tertiär,  den  sogenannten  Macigno,  welcher  zum  grossem  Theil  der 
Kreide,  zum  kleinern  der  ältern  Tertiärformation  angehört.  Hiernach 
erscheinen  die  Grünsteine  an  diesen  Orten  zeitlich  weit  entfernt  von 
der  sibirischen  und  devonischen  Stufe,  in  welche  Perioden  die  haupt- 
sächlichsten bekannten  Grünsteineruptionen  fallen.  Das  Erscheinen  der 
Grünsteine  in  verhältnissmässig  so  jungen  Bildungen  ist  aber  hier  in 
Oberitalien  nicht  vereinzelt,  und  die  an  den  Ufern  des  Mittelmeeres 
bei  Castellina  maritima  und  Rosignano  auftretenden  Grünsteinkuppen 
sind  als  Glieder  der  langen  Grünsteinkette  aufzufassen,  die  sich  von 
dem  Fusse  der  Alpen  herunterzieht,  bei  Genua  unter  das  Meer  taucht, 
um  an  dem  mittelitalischen  Ufer  in  den  bezeichneten  Formen  wieder 
hervorzutreten.  Nach  den  Beobachtungen  von  S tu  der  lassen  sie  sich 
auch  als  Punkte  des  eruptiven  Terrains  ansehen,  auf  welchem  die  Ser- 
pentine dieser  Gegend  in  Gestalt  einer  Ellipse  vertheilt  sind,  deren 

Mineralogische  Mittheilungen.  1876.  4.  Heft.  (Berwertli.) 


30 


230  Friedrich  Berwerth.  [y>J 

lange  Axe  parallel  der  apenninischen  Halbinsel  läuft  und  sich  vom 
Cap  Argentaro,  mit  ihrem  Mittelpunkt  in  Genua,  bis  hinauf  nach 
Martigny  in  der  Schweiz  erstreckt.  Nach  St u der1)  liegen  die  Ser- 
pentine dieses  Gebietes  alle  im  Macigno , welchen  er  in  seiner 
Gesammtheit  dem  älteren  Tertiär  zuzählt.  Was  nun  hier  für  den 
Serpentin  gilt,  dürfte  auch  für  alle  Grünsteine  dieser  Gegend  Gel- 
tung haben,  da  bei  der  nahen  Verwandtschaft  beider  selten  in  dieser 
Gegend  Serpentin  ohne  Gabbro  etc.  oder  umgekehrt  auftreten  dürfte, 
welcher  Schluss  um  so  mehr  erlaubt  ist,  da  man  als  erwiesen  annehmen 
kann,  dass  der  Serpentin  nicht  ein  fertig  emporgekommenes,  sondern 
ein  in  langer  Zeitdauer  entstandenes,  secundäres  Product  ist.  — Ganz 
analoge  Erscheinungen,  wie  die  im  Vorhergehenden  geschilderten,  wo 
die  Grünsteine  und  Serpentine  in  inniger  Verbindung  mit  Gesteinen 
jüngeren  Datums  auftreten,  sind  uns  vorzüglich  aus  Griechenland  durch 
Gau  dry  in  seiner  „Geologie  de  l’Attique“  bekannt  geworden  undun- 
längst hat  auch  Fuchs2)  über  analoge  Verhältnisse  von  Ivumi  auf 
Euböa  berichtet. 


a.  Gabbro. 

b.  Diabas,  theilweise  porpbyriscb  (verde  aatico). 

c.  Serpentin. 

Nach  dem  vorstehenden  Durchschnitt,  welchen  Herr  Fuchs  einem 
Aufschlüsse  bei  Rosignano  entnommen,  alterniren  schief  aufgerichtete 
Schichten  von  Diabas  (theilweise  Diabasporphyr),  Gabbro  und  Serpen- 
tin miteinander.  Eine  Altersbeziehung  derselben  untereinander  lässt 
sich  nicht  feststellen.  — 

Die  vorliegenden  Gesteinsproben  sind  alle  an  der  Oberfläche  ge- 
sammelt. Mit  Ausnahme  des  Diabases  tragen  sie  die  Spuren  begon- 
nener Zersetzung.  In  den  nachfolgenden  Zeilen  will  ich  es  nun  ver- 
suchen, von  den  mir  übergebenen  Probestücken  eine  kurze  Beschrei- 
bung zu  geben.  Wo  der  Fundort  nicht  angegeben  ist , bezieht  er 
sich  auf  Castellina  maritima. 


I)  i a b a s. 

Nach  seiner  Ausbildungsweise  ist  der  Diabas  als  feinkörniger 
Diabas  und  als  Diabasporphyr  zu  beschreiben,  woran  stark  zersetzte 
Proben  sich  anreihen. 


f)  Bulletin  de  la  soc.  geol.  t.  XII.  1841.  p.  284. 

2)  Sitzungsb.  d.  Akad.  d.  Wissensch.  1876.  Bd.  LXXIII.  H.  4 u.  5.  pag.  338. 


Felsarten  aus  der  Gegend  von  Rosignano. 


231 


Feinkörniger  Diabas.  Die  feinkörnige  Struktur  grenzt  nahe- 
zu an  den  dichten  Zustand  und  ist  die  Erkennung  der  Gemengtheile 
nur  auf  dem  frischgeschlagenen  Bruche  oder  noch  deutlicher  auf  einer 
polirten  Fläche  möglich.  Die  Farbe  ist  auf  dem  frischen  Bruche  grau- 
grün mit  einem  durch  die  Plagioklasnädelchen  hervorgerufenen  weissen 
Schimmer.  Auf  einer  polirten  Fläche  erscheint  eine  schwarzgrüne  matte 
Grundmasse . aus  welcher  unzählige  kleine  Plagioklasleistchen  mit 
schwachem  Glanze  hervorschimmern.  Das  feine  Gewebe  der  Plagioklas- 
leistchen, welche  gleichmässig  das  Gestein  zusammensetzen  helfen,  aus- 
gefüllt durch  die  grüne  Substanz,  macht  das  Gestein  sehr  widerstands- 
fähig und  zähe.  Der  Bruch  ist  uneben  bis  splittrig.  Die  Härte  ist 
gleich  6.  — 

Unter  dem  Mikroskop  im  Dünnschliffe  löst  sich  das  nahezu 
dichte  Gestein  zu  einem  Aggregat  von  Tlagioklas  und  Augit  mit  glei- 
chen Theilen  auf.  Beide  Gemengtheile  sind  von  hellem  frischem  Aus- 
sehen und  es  existirt  nur  eine  auffällig  geringe  Menge  chloritischer 
Substanz,  welche  in  der  Regel  die  echte  Diabasmasse  in  grossen 
Schwärmen  durchweht. 

Die  Plagioklase,  von  graulichweisser  Farbe,  sind  kleine  kurze 
Leistchen,  welche  oft  in  die  unregelmässigsten  Formen  übergehen. 
Die  charakteristische  Plagioklasnatur  ist  im  einfachen  Lichte  selten 
zu  erkennen  und  verrathen  sie  ihre  trikline  Natur  nur  im  pola- 
risirten  Lichte.  An  Einschlüssen  sind  die  Plagioklase  sehr  arm. 
Neubildungs-Producte  in  Form  trübender  Häufchen,  die  sich  aus 
feinen  Punkten  zusammensetzen,  sind  selten.  Ist  letzteres  der  Fall, 
so  sind  sie  meistens  nach  der  Längsseite  der  Leistchen  geordnet  oder 
folgen  sie  der  Richtung  haarfeiner  Risse,  die  sich  besonders  in  unge- 
formten  Partien  des  Plagioklases  finden.  Ausgeschieden  findet  sich  auch 
ein  grösserer  Plagioklas.  Derselbe  zeigt  viele  parallel  der  Längsseite 
laufende,  zuweilen  scharf  absetzende  Risse,  von  denen  häufig  schmälere 
normal  zu  ihnen  auslaufen.  In  diesem  Krystall  hat  sich  auch  chloritische 
Substanz  in  sackförmigen  Verästelungen  angesammelt.  Dieser  Name  auf 
das  schuppige  und  faserige  Zersetzungsproduct  des  Augit  angewandt, 
dürfte  der  Wahrheit  am  nächsten  stehen.  Wo  sich  diese  im  Feldspath 
angesiedelt,  bildet  sich  um  diese  fremde  Substanz  ein  trüber  Hof. 
Diese  Trübung  zeigt  sich  deutlich  zwischen  dem  gekreuzten  Nicol,  wo- 
bei man  stets  auch  längs  der  Risse  eine  begonnene  Zersetzung 
wahrnimmt. 

Der  Augit  ist  im  durchfallenden  Lichte  graugrün  bis  lichtbräun- 
lich. Es  fehlen  ihm  alle  scharf  ausgebildeten  Grenzflächen.  Seine  Con- 
touren  sind  ganz  unregelmässig,  hauptsächlich  durch  die  begonnene 
Umwandlung  an  den  Rändern.  Höchst  selten  lassen  hie  und  da  verein- 
zelte Schnitte  auf  augitische  Form  schliessen.  Der  schwache  Dichroismus 
ist  noch  gut  erkennbar.  Selbst  an  sonst  unversehrt  aussehenden  Theilen 
sind  Pünktchen  fremder  Substanz  zu  bemerken.  An  haarfeinen  Rissen 
häufen  sich  dieselben  und  befördern  von  hier  aus  die  Auflösung  der  Augit- 
substanz.  Manche  Augitpartien  sind  ganz  übersäet  mit  Punkten  des 
Zersetzungsproductes  , von  wo  aus  ganze  Augitpartien  rasch  ihrer 

30* 


232 


Friedrich  Berwerth. 


[4] 


Auflösung  entgegengeben,  um  ganz  von  chloritischer  Substanz  ersetzt 
zu  werden.  In  dem  letzten  Stadium  werden  dem  neuen  Körper  die 
alten  Grenzen  zu  enge  und  mit  der  Auflösung  derselben  schwärmt  die 
chloritische  Masse  nach  allen  Richtungen  aus  und  nimmt  dann  in 
grösseren  und  kleineren  Partien  als  Einschluss  auch  im  Feldspath 
Besitz. 

An  wenigen  Punkten,  am  häufigsten  da  wo  der  Augit  in  Arme 
und  Fäserchen  ausläuft,  finden  sich  kleine  Schüppchen  manchmal  mit 
schwach  erkennbaren  parallelen  Rissen  von  grosser  Helle  und  bläulich- 
grüner Farbe.  Ich  halte  diese  Schüppchen  für  Chlorit. 

Magneteisen  findet  sich  in  massiger  Menge  in  Form  von  Körnchen 
und  Leistchen  durch  die  ganze  Masse  zerstreut.  Es  ist  immer  an 
Augit  gelagert. 

Calcit  konnte  mikroskopisch  nicht  ermittelt  werden.  Ebenso  ent- 
wickelten sich  an  einem  in  verdünnte  Salzsäure  gelegten  Stückchen 
nur  einzelne  Gasblasen;  es  hat  somit  eine  bemerkenswerthe  Kalkim- 
prägnation noch  nicht  stattgefunden.  Nach  einer  Aetzungszeit  von  24 
Stunden  hatte  das  Stückchen  eine  tiefer  grüne  Farbe  angenommen  und 
sah  von  dem  angegriffenen  Feldspath  wie  überzuckert  aus.  Aufge- 
löst hatte  sich  überwiegend  Eisen  (Magneteisen). 

Serpentin  findet  sich  in  mikroskopisch  erkennbaren  Schnürchen 
in  die  Diabasmasse  eingeführt.  Von  deren  Rändern  aus  ist  auch  die 
nächste  Nachbarschaft  damit  imprägnirt.  Bei  gekreuzten  Nicols  tritt 
von  den  Serpentinäderchen  aus  die  Helligkeit  im  Plagioklase  nur  all- 
mählig  wieder  ein. 

Accessorische  Begleiter  als  Apatit,  Magnesiaglimmer  etc.  konnte 
ich  nicht  entdecken,  ebenso  fehlt  der  Quarz  als  Bestandteil,  welcher 
nur  auf  Absonderungsflächen  als  Rückstand  in  feinen  Krusten  zurück- 
geblieben ist.  Glasbasis  als  auch  Flüssigkeitsporen  fehlen  gänzlich. 

Diabasporphyr.  Er  ist  ein  echtes  Porphyrgestein.  Der  grelle 
Farbeneontrast  zwischen  dem  in  schwarzer  Grundmasse  ausgeschiedenen 
weissen  Plagioklase  macht  ihn  zu  einem  der  schönsten  Gesteine.  Die 
Italiener  fassen  ihn  auch  unter  dem  Namen  „porfido  verde  antico. 

Von  dem  vorstehend  beschriebenen  Normaldiabas  unterscheidet 
sich  der  Diabasporphyr  nur  durch  die  in  bedeutender  Menge  ausge- 
schiedenen bis  zu  2 Cm.  grossen  Plagioklaskrystalle  und  die  häufig 
auftretenden  Plagioklasschnüre. 

Die  ausgeschiedenen  Plagioklasindividuen  sind  von  graulichweisser 
Farbe,  säulenförmig,  selten  auch  tafelförmig  ausgebildet.  Die  basische 
Spaltrichtung  ist  vollkommen;  die  Spaltflächen  haben  Glasglanz.  Auf 
denselben  ist  die  durch  den  triklinen  Zwillingscharakter  bedingte  Riefung 
in  fast  allen  Fällen  deutlich  zu  erkennen.  Nach  (100)  ist  die  Spaltbar- 
keit weniger  vollkommen;  sie  geht  leicht  in  den  splittrigen  Bruch  über. 
Auf  dieser  Fläche  herrscht  Fettglanz.  Das  Karlsbader  Zwillingsgesetz 
findet  sich  sehr  häufig.  Durch  Einschluss  von  schwarzer  Grundmasse 
sind  fast  durchgängig  besonders  die  grösseren  Individuen  punktirt  und 
gefleckt.  Das  Gestein  nimmt  eine  sehr  schöne  Politur  an. 

Unter  dem  Mikroskop  zeigt  die  Grundmasse  frischeres  Aussehen  als 
die  feinkörnige  Varietät.  Die  chloritische  Substanz  mangelt  fast  gänzlich. 


[5] 


Felsarten  aus  der  Gegend  von  Rosignano. 


233 


Die  ausgeschiedenen  Plagioklase  zeigen  deutliche  Streifung  zum 
grösseren  Theile  nur  im  polarisirten  Lichte.  Sie  sehen  etwas  getrübt 
aus,  wie  ciselirt.  Die  auch  makroskopisch  sichtbaren  Einschlüsse  chlo- 
ritischer  Substanz  vermehren  sich  unter  dem  Mikroskop  um  das  viel- 
fache. Auf  Sprüngen  und  Rissen  hat  sie  sich  allenthalben  in  Körnchen 
abgesetzt.  Manchmal  wachsen  sich  solche  chloritische  Ansammlungen 
zu  Canälen  und  Schläuchen  aus.  Einzelne  Plagioklase  sind  am  Rande 
oft  frei  von  jedweder  fremden  Substanz.  Dieser  Rand  bildet  dann  einen 
hellen  weissen,  durchsichtigen  Rahmen  um  die  punktirte  Plagioklas- 
substanz. Legt  sich  ein  kleineres  Individuum  an  ein  grösseres,  so  tritt 
immer  Augitsubstanz  als  Scheidewand  der  beiden  Berührungsebenen 
auf.  Serpentinsubstanz,  welche  sich  in  wulstförmigen  und  gewundenen 
Formen  in  feinen  Streifen  durch  die  Substanz  zieht,  tritt  oft  in  mehre- 
ren Armen,  die  sich  auch  wieder  vereinigen,  in  die  Plagioklase,  während 
andere  Schnüre,  nur  im  polarisirten  Lichte  unterscheidbar,  von  derber 
Plagioklassubstanz  gebildet  sind. 

Sonst  herrschen  dieselben  Verhältnisse  wie  im  feinkörnigen  Diabas. 

Zersetzter  Diabasporphyr.  An  den  beschriebenen  frischen 
Diabasporphyr  reiht  sich  ein  Gestein,  das  auf  den  ersten  Blick  durch- 
aus keine  Gleichartigkeit  mit  demselben  erkennen  lässt.  Von  zwei 
vorliegenden  Stücken  ist  das  eine  aschgrau,  das  andere  tiefer  grau  ge- 
färbt. In  beiden  ist  die  dichte  Grundmasse  durch  schwarzgrüne,  meist 
rundliche  Flecken  gesprenkelt,  welche  im  aschgrauen  Stücke  zahlreicher 
auftreten.  In  zweiter  Reihe  gewahrt  man  erst  auch  ausgeschiedene 
Plagioklase,  die  wegen  ihrer  Farbenähnlichkeit  mit  der  Grundmasse  und 
da  auch  bei  näherer  Betrachtung  ihnen  alle  scharfen  Contouren  fehlen, 
sich  sehr  schlecht  abheben.  Sie  haben  ein  mattes  fettiges  Aussehen 
und  haben  auch  auf  der  basischen  Spaltfläche  ihren  Glanz  verloren. 
Die  grünen  Flecken  lassen  sich  in  einzelnen  Fällen  auch  makroskopisch 
sicher  als  Serpentin  erkennen.  Wo  nämlich  der  Kern  dieser  Flecken 
eine  grün  durchscheinende  Substanz  ist,  lässt  sich  derselbe  als  Serpen- 
tin bestimmen.  Legt  man  ein  Stückchen  von  diesem  Gestein  in  ver- 
dünnte Salzsäure,  so  hat  nach  der  Aetzung  die  Grundmasse  ihr  dich- 
tes Aussehen  verloren.  Sie  ist  lichtgrau  geworden  und  erscheint  aus 
feinen  Schüppchen  und  Härchen  zusammengesetzt.  Mit  der  Loupe  lassen 
sich  ein  weisser  (feldspathiger)  Bestandtheil  und  drei  grüne  (Augit, 
Chlorit,  SerpentinJ  Bestandtheile  erkennen.  Die  porphy rischen  Plagio- 
klase sind  angegriffen  und  treten  markirt  aus  der  Grundmasse  hervor. 
Besser  gekennzeichnet  erscheinen  auch  die  grünen  Flecken.  In  ihrem 
Mittelpunkt  erscheinen  sie  dichter,  schwarz  und  schattiren  sich  nach 
der  Peripherie  in  lichtgrün.  Ausser  einigen  Feldspathadern  kommen 
bei  dem  Aetzen  auch  mehrere  Chrysotilschnüre  zum  Vorschein.  Die 
Anwesenheit  von  Calcit  verräth  sich  durch  Emporsteigen  zahlreicher 
Blasen  von  der  Oberfläche  des  Stückchens  bei  dem  Einlegen  in  Salz- 
säure. Die  Imprägnation  mit  Kalk  dürfte  auch  die  Ursache  des  dichten 
Aussehens  des  Gesteines  sein. 

Die  Absonderungsflächen  des  Gesteines  fühlen  sich  fettig  an  und 
haben  stellenweise  deutlich  serpentiniges  Aussehen.  Kalkspath  findet 
sich  in  Häufchen  und  als  Anflug  auf  diesen  Flächen. 


234 


Friedrich  Berwerth. 


[6] 


Erkennt  man  am  ganzen  Gestein  eine  begonnene  und  ziemlich 
weit  vorgeschrittene  Zersetzung,  so  lässt  sich  dieselbe  unter  dem  Mi- 
kroskop bis  in  das  kleinste  verfolgen.  Das  ganze  Bild  ist  sehr  trübe, 
es  sieht  verwischt  aus.  Am  besten  haben  sich  die  ausgeschiedenen 
Plagioklase  erhalten,  weniger  gut  die  die  Grundmasse  zusammen- 
setzenden Leistchen.  Der  augitische  Gemengtheil  ist  verdrängt  durch 
ganze  Schwärme  chloritischer  Substanz.  Neu  hinzugekommen  ist  Calcit, 
Serpentin  und  serpentinähnliches  Mineral. 

Die  trikline  Natur  der  ausgeschiedenen  Plagioklase  ist  nur  an 
den  grösseren  derselben  zu  erkennen,  und  sehen  sie  dann  zwischen  den 
Nicols  rinnenartig  durchfurcht  aus  von  der  streifenartigen  Lagerung  der 
die  Masse  trübenden  Punkte.  Eingesprengt  finden  sich  im  Plagioklas 
auch  einige  Chloritblättchen.  Zwischen  dem  gekreuzten  Nicol  wechselt 
ihre  Farbe  zwischen  hell  und  tiefbraun,  während  andere  wieder  zwischen 
hell  und  dunkel  mit  einem  Stich  in  das  bläuliche  wechseln. 

Augitische  Substanz  ist  nicht  mehr  mit  Sicherheit  zu  erkennen. 
Die  chloritische  schmutziggrüne  Substanz  ist  an  ihre  Stelle  getreten 
und  ist  das  ganze  Bild  schleierartig  von  ihr  überdeckt.  Calcit  findet 
sich  in  Partikeln  über  den  ganzen  Schliff  ausgesäet.  Häuft  sich  in  der 
Nähe  einer  Calcitader  eine  grössere  Menge  desselben  an,  so  ist  er 
kenntlich  gegittert  von  Serpentinadern.  — Das  Magneteisen  ist  gänzlich 
verschwunden. 

Erwähnung  verdient  aus  dieser  Abtheilung  noch  ein  Gestein, 
welches  man  bei  flüchtigem  Ansehen  als  Serpentin  bezeichnen  möchte. 
Es  ist  von  sehr  feinem  Korn,  etwas  splittrigem  Bruch  und  hat  auf  der 
letzteren  Fläche  eine  graue  stark  in  das  Grüne  neigende  Farbe.  Theilt 
es  sich  in  der  Richtung  einer  Absonderungskluft,  so  ist  es  auf  dersel- 
ben schwarzgrün.  Mit  der  Loupe  lassen  sich  sehr  feine  Schüppchen 
erkennen,  die  auch  etwas  Glanz  besitzen  und  in  einer  dunklen  Grund- 
masse liegen.  Letztere  ist  auch  mit  wenigen  feldspathigen  Bestandtliei- 
len  untermengt. 

In  einem  schmalen  Fugenraume  sassen  mehrere  tiefgrüne  Chlorit- 
blättchen. Auf  einer  polirten  Schlifffläche  bemerkt  man  schon  mit 
unbewaffnetem  Auge  glänzende  Partien,  die  in  Adern  und  Flecken  oft 
deutlicher  hervortreten , dunkelgrün  und  dem  Serpentin  zugehörig 
sind.  Sonst  aber  wird  der  Serpentin  zurückgedrängt  durch  einen 
Gemengtheil,  der  keinen  Glanz  besitzt  und  nur  in  rauh  aussehenden 
Vertiefungen,  die  im  Sonnenlichte  lichtgrün  gefärbt  sind,  sich  charakte- 
risirt.  Es  wird  sich  herausstellen,  dass  dieser  Gemengtheil  ein  Zer- 
setzungsproduct  des  Augit  ist.  Sehr  getrübte  Plagioklaskörnchen 
kommen  ferner  auf  dieser  Fläche  deutlich  zum  Vorschein.  Auf 
seinen  Absonderungsflächen  und  einer  Reibungsfläche  fühlt  sich  dieses 
Gestein  fettig  an  und  ist  mit  einer  serpentinischen  Schicht  überzo- 
gen. Das  Gestein  ist  nicht  fest  und  trägt  auch  äusserlich  durch  die 
ganze  Masse  den  Charakter  der  Auflösung. 

Das  mikroskopische  Bild  gleicht  dem  des  feinkörnigen  Diabases. 
Es  finden  sich  aber  nur  mehr  die  äusseren  Formen  der  dort  beschrie- 
benen Minerale;  in  die  erhalten  gebliebene  Form  hat  sich  ein  neuer 
Inhalt  eingedrängt.  Bei  der  weit  vorgeschrittenen  Zersetzung  ist  das 


Felsarteü  aus  der  Gegend  von  Rosignano. 


235 


[7] 

ganze  Gesichtsfeld  sein-  trübe.  Die  Plagioklase  sind  mit  wenigen  hellen 
Resten,  die  aher  auch  immer  getrübt  sind,  der  Zersetzung  total  erlegen 
und  serpentinisirt.  Die  Augittheile  haben  ohne  Ausnahme  ihren  opti- 
schen Charakter  verloren.  Sie  haben  begonnen  sich  aufzufasern,  ohne 
aber  mit  dem  Charakter  der  grünen  Zersetzungssubstanz  in  Schwarm- 
massen das  Gestein  zu  durchdringen.  Von  Magneteisen  ist  keine  Spur 
übrig  geblieben. 


Gr  a 1)  I)  r o. 

In  dieser  Abtheilung  ist  ein  echter  Gabbro  mit  zwei  in  der  Ver- 
witterung verschieden  fortgeschrittenen  Proben  desselben  zu  besprechen. 

Gabbro.  Das  Vorkommen  ist  durch  ein  ausserordentlich  grob- 
körniges Gemenge  der  wesentlichen  Bestandtheile  von  Diallag  und 
derbem  Plagioklas  (Saussurit)  ausgezeichnet.  Olivin  ist  nicht  zu  ent- 
decken, ebenso  andere  Beimengungen.  Plagioklas  und  Diallag  treten 
ungefähr  zu  gleichen  Theilen  auf  und  erscheint  der  Plagioklas  nur 
durch  die  grossblättrige  Ausbildung  des  Diallag  zurückgedrängt.  An 
frischem  Aussehen  haben  die  vorliegenden  Proben  etwas  verloren  und 
betrifft  eine  Veränderung  in  seiner  Beschaffenheit  hauptsächlich  den 
Plagioklas. 

Der  Tlagioklas  findet  sich  in  grosskörniger  Masse,  worin  der 
Diallag  eingelagert  erscheint.  Von  einer  krystallinischen  Structur  ist 
nichts  wahrzunehmen ; auf  keiner  Bruchfläche  ist  auch  nur  eine  An- 
deutung einer  Spaltfläche  zu  ersehen,  womit  auch  das  Suchen  nach 
der  charakteristischen  Streifung  entfällt.  Er  erscheint  ganz  dicht;  er 
ist  auf  seinem  Bruche  uneben  bis  splittrig  und  besitzt  eine  graue  bis 
bläuliehweisse  Farbe.  Ferner  hat  er  fettigen  Glanz  und  ist  an  den  Kan- 
ten durchscheinend.  Die  Härte  ist  etwas  über  den  Grad  6.  Vor  dem 
Löthrohr  schmilzt  er  an  den  scharfen  Kanten  ziemlich  leicht  zu  einem 
Glase  unter  gelbrother  Färbung  der  Flamme.  Bei  einer  Probe  auf 
nassem  Wege  erhält  man  relativ  viel  Kalk.  Nach  den  mineralogischen 
Eigenschaften  und  nach  der  Probe  auf  Kalk  wäre  dieser  Feldspath  als 
Saussurit  oder  allgemein  als  kalkreicher  Plagioklas  zn  bezeichnen. 

Der  Diallag  findet  sich  in  plattigen  bis  zu  3 Cm.  grossen  Indi- 
viduen ohne  regelmässige  Begrenzung,  und  nur  an  kleineren  Individuen 
stellt  sich  nach  der  breiten  Fläche  ein  unvollständig  begrenztes  längliches 
Sechseck  dar.  Diese  Krystallplatten,  welche  oft  eine  bedeutende  Dicke 
erreichen,  lassen  sich  leicht  nach  ihrer  lamellaren  Schichtung  theilen, 
die  bekanntlich  nach  der  Fläche  (100)  stattfindet.  Auf  dieser  dem  Dial- 
lag ausgezeichnet  zukommenden  Theilungsfläche  hat  derselbe  tombak- 
braune Farbe  — welche  auf  den  andern  Flächen  lauchgrün  ist  — mit 
metallartigem  manchmal  perlmutterartig  schillernden  Glanz,  während 
die  übrigen  Flächen  matt  erscheinen.  In  der  Richtung  der  längeren 
Kanten  sind  sie  auf  der  Tlieilungsebene  dicht  gestreift.  Diese  Streifung 
entspricht  der  ziemlich  vollkommenen  Spaltrichtung,  welche  nahezu 
normal  auf  der  Fläche  (100)  stellt.  Eine  dritte  Spaltrichtung,  welche  an 
einigen  Bruchstellen  unvollkommen  hervortritt  und  sich  bei  sehr  ge- 
nauer Betrachtung  auf  der  Fläche  (100)  auch  durch  eine  überaus  feine 


236 


Friedrich  Berwerth. 


[8| 


Linierung  kennzeichnet,  schneidet  die  beiden  erstgenannten  in  einem 
spitzen  Winkel  und  dürfte  dieselbe  einer  steilen  Pyramide  zukommen. 
Die  Härte  ist  auf  der  Fläche  (100)  nahe  5.  Diinne  Spaltblättchen  sind 
durchscheinend;  im  Polarisationsmikroskop  geben  sie  ein  deutliches 
Axenbild.  Blättchen  und  Splitter  runden  sich  vor  der  Löthrohrflamme 
leicht  ab  und  schmelzen  zu  einer  grünen  Kugel.  An  stark  zersetzten 
Stellen  ist  der  Diallag  der  Umwandlung  in  Serpentin  verfallen  mit 
Beibehaltung  der  Structur.  Viel  rascher  geht  die  Zersetzung  des  kalk- 
reichen Plagioklases  vor  sich.  Er  färbt  sich  anfänglich  etwas  grün  und 
nimmt  serpentinisches  Aussehen  an.  Magnetit  findet  sich  nicht. 

Zersetzter  G a b b r o.  An  den  echten  Gabbro  anschliessend 
sind  hier  zwei  verwitterte  gabfiroähnliche  Gesteine  zu  erwähnen,  die 
äusserlich  wenig  mehr  den  Gabbrotypus  erkennen  lassen. 

Das  eine  Stück  ist  ein  ziemlich  stark  angegriffener  Plagioklas, 
Ueberreste  von  Diallag  führend.  Seiner  Form  nach  zu  urtheilen  gehört 
das  Stück  einem  Plagioklasgang  oder  einer  Ader  im  Gabbro  an.  Aussen 
mit  einer  gelblichen  Verwitterungsrinde  (Eisenoxyd)  bedeckt,  zeigt  es 
im  Innern  auf  seinem  Bruche  noch  einige  schwach  glänzende  Spaltflä- 
chen. Wasser  ist  schon  reichlich  aufgenommen.  Die  Farbe  ist  tiefgrau. 
Neben  der  Zersetzung  des  Plagioklas  geht  die  Bildung  von  Serpentin 
aus  Diallag  vor  sich,  welcher  Process  sich  stellenweise  deutlich  er- 
kennen lässt. 

Im  Dünnschliffe  zeigt  sich  die  Plagioklasmasse,  wie  zu  erwarten 
war,  sehr  getrübt.  Individualisirte  Theile  lassen  sich  vereinzelt  im 
polarisirten  Lichte  erkennen.  Ihre  Contouren  sind  dann  mit  Streifen 
oder  Linien  einer  grünen  Substanz  gerändert.  Diese  grüne  Substanz 
hat  ferner  in  allen  Spalten  und  Ritzen  Platz  genommen,  in  Folge 
dessen  die  zersetzte  Plagioklasmasse  in  Felder  getheilt  erscheint.  Diese 
grüne  Substanz  häuft  sich  an  einigen  Punkten  des  Dünnschliffes  an 
und  stellt  sich  in  hellgrünen  Flecken  dar,  die  deutlich  dichroitisch 
sind.  Ich  wage  es  nicht  diesem  Producte  einen  Namen  zu  geben,  so 
wie  ich  bei  der  folgenden  Erscheinung  es  dahin  gestellt  sein  lasse,  ob 
man  Hornblendemikrolithen  anzunehmen  hat  oder  nicht.  Bei  240facher 
Vergrösserung  gewahrt  man  nämlich  an  einer  Stelle  des  Schliffes  einen 
sehr  hellen  Kreis,  um  welchen  sich  als  um  einen  Mittelpunkt  ein 
Schwarm  von  mikroskopischen  Nadeln  und  Leistehen  lagert.  In  diesem 
verworrenen  Gewebe  lassen  sich  helle  Durchschnitte  von  rhomboidischer 
Form  bemerken;  sie  dürften  als  Querschnitte  der  genannten  Leistchen 
und  Nadeln  gelten. 

Nahe  einer  Stelle  der  Peripherie  dieses  Mikrolithenringes  findet 
sich  ebenfalls  eine  massenhafte  Ansammlung  dieser  Mikrolithen  in  einen 
Knoten  vereinigt.  Erscheint  das  Centrum  dieses  Knotens  durch  die 
dichte  Anhäufung  der  Nadeln  gleich  dunkel,  so  gewahrt  man  dagegen 
an  den  von  diesem  Ivuotenpunkt  ausstrahlenden  Nadeln  gleich  denen, 
die  den  hellen  Kreis  einrahmen,  eine  schwach  grüne  Färbung.  Der 
Mikrolithenkranz  um  das  helle  Feld  ist  an  seiner  Iunenseite  dunkel 
schattirt.  Aus  diesem  dunklen  innern  Ringe  ragen  vereinzelte  Nadeln 
in  das  weisse  Feld,  erreichen  aber  nie  die  Mitte  desselben.  Ich  bin 
geneigt  diese  Gebilde  als  Hornblendemikrolithen  aufzufassen.  Dafür 


Felsarten  aus  der  Gegend  von  Rosignano. 


237 


[9] 

spricht  ihre  Gestalt  und  ihr  scharf  ausgesprochener  Dichroismus.  Die 
Substanz  des  hellen  Kreisfeldes  charakterisirt  sich  als  Serpentin.  Fliissig- 
keitsporen  habe  ich  im  Plagioklas  keine  entdekt. 

Der  Diallag  findet  sich  nur  spärlich  in  bräunlichen  fetzenartigen 
Partien.  Sein  Zustand  trägt  starke  Zersetzungsspuren.  Auf  allen  Spalten 
hat  sich  Kalkspath  und  Serpentinsubstanz  eingedrängt.  Hornblendebil- 
dung hat  im  Innern  und  am  Rande  begonnen.  Einzelne  kleine  Läpp- 
chen sind  schon  ganz  zu  Hornblende  umgewandelt.  An  Einschlüssen 
führt  er  nichts  bemerk enswerthes. 

Fast  ganz  verwittert  ist  das  zweite  Stück  dieser  Reihe.  Es  ist 
ein  stark  zersetzter  Gabbro  von  breccienartigem  Aussehen.  Der  Plagio- 
klas ist  schmutziggrün;  die  Spaltbarkeit  nicht  mehr  erkennbar.  Der 
Diallag  ist  schwarzgrün  ohne  allen  Glanz.  Einzelne  Partien  desselben 
sind  mit  Erhaltung  der  Structur  serpentinisirt.  Das  Gefüge  des  Ge- 
steines ist  ganz  locker. 

Das  mikroskopische  Bild  passt  ganz  in  den  Rahmen  des  am  vori- 
gen Stücke  gezeichneten.  Der  Plagioklas  ist  nur  mehr  trüber,  der 
Diallag  etwas  reichlicher  vorhanden,  aber  mehr  zersetzt  und  vielfach  in 
Hornblendebildung  begriffen.  Magneteisenkörner  finden  sich  vielfach  von 
Hornblende  eingeschlossen.  Zum  Schlüsse  sei  erwähnt,  dass  auch  die 
Serpentinbildung  bedeutend  mehr  an  Umfang  gewonnen. 


Serpentingestein. 

Unter  diesem  Namen  führe  ich  ein  Gestein  an,  welches  als  sol- 
ches gut  charakterisirt  erscheint  und  aus  Serpentin,  Diallag  und  Mag- 
netit zusammengesetzt  ist.  Ausser  mikroskopischen  Kalkspathkörnern 
und  Partikeln  von  Eisenoxyd  tritt  kein  anderes  Mineral  hinzu,  welches 
diesem  Gemenge  einen  Anschluss  an  eine  bekannte  Felsart  geben 
würde.  Man  kann  das  Gestein  als  einen  Serpentin  ansehen,  in  welchem 
Diallag  porphyrisch  eingeschlossen  ist.  Da  aber  der  Diallag  frisch  ist 
und  1li  bis  1/3  Theil  des  Serpentines  ausmacht,  so  ziehe  ich  es  vor 
dieses  Gemenge  selbstständig  unter  obigem  Namen  zu  beschreiben. 

Die  Hauptmasse  dieses  Gesteins  ist  von  Serpentin  gebildet.  Er  ist 
von  schwarzgrüner  Farbe,  selten  heller  lauchgrün;  dicht  und  dann  mit 
muschligem  Bruch.  Die  dichten  Partien  erscheinen  meist  in  Adern  und 
Strängen  als  das  Gerüste  des  Gesteins,  welches  die  weniger  dichten, 
nahezu  feinkörnigen  Serpentinfelder  zusammenhält.  Die  letzteren  sind 
heller  und  etwas  braun  gefärbt. 

Der  Diallag  tritt  in  kleinen,  bis  1 Cm.  grossen  Blättern  auf.  Die- 
selben sind  durchgängig  wellig  gebogen  und  in  vielen  Fällen  geknickt. 
Der  Zustand  des  Diallag  ist  ziemlich  frisch.  Er  trägt  nur  an  der  Ober- 
fläche des  Gesteins  Spuren  begonnener  Zersetzung.  Seine  Farbe  ist  lauch- 
grün mit  metallischem  Glanze  auf  der  breiten  Spaltfläche.  Streifung 
fehlt.  Feldspath  ritzt,  er  ist  aber  härter  als  Apatit.  Vor  dem  Löthrohr 
schmilzt  er  in  Blättchen  leicht  zu  einem  grünen  Glase.  Mit  der  Loupe 
erkennt  man  in  einzelnen  Blättchen  schwarze  Körnchen  von  einge- 
schlossenem Magnetit. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1S76.  4.  lieft.  (Bcrwerth). 


31 


238 


Friedrich  Berwerth. 


[10] 


Magnetitkörnchen  sind  in  den  dichten  Serpentinpartien  fadenartig 
angeordnet. 

Auf  einer  angeschliffenen  Fläche  treten  die  genannten  Eigenschaf- 
ten noch  deutlicher  hervor.  Man  unterscheidet  auf  derselben  ein  Haupt- 
adernetz von  Serpentin  mit  Nebenverzweigungen.  Die  mächtigem 
Adern  sind  schwarzgrün  bis  lauchgrün;  nach  ihrer  Längsrichtung  durch- 
ziehen sie  eisengrau  gefärbte  Magnetitschnüre.  Diese  Hauptadern  um- 
schliessen  immer  den  Diallag.  und  die  lichter  gefärbten  Serpentinfelder, 
in  welchen  das  Netz  detaillirter  und  von  den  feinsten  Fasern  gebil- 
det wird. 

Um  zu  controliren  ob  sich  zwischen  den  dunklen  Serpentinpar- 
tien vielleicht  nicht  Olivin  verberge  und  übersehen  worden  sei,  liess 
ich  ein  geeignetes  Stückchen  zwei  Tage  in  verdünnter  Salzsäure  liegen. 
Diese  Probe  gab  keinen  Anhaltspunkt  für  makroskopisch  vorhandenen 
Olivin.  Der  Diallag  war  nach  der  Aetzung  gebleicht,  ebenso  der  Serpentin, 
letzterer  durch  Auflösung  der  Magnetftkörner.  Die  schwarzen  Magnetit- 
fäden in  den  dichten  Adern  waren  verschwunden  und  an  deren  Stelle 
weisse  Chrysotilschnüre  sichtbar  geworden. 

Unter  dem  Mikroskop  gesellt  sich  zu  den  genannten  Bestandthei- 
len,  wie  schon  oben  erwähnt,  Kalkspath  und  Eisenoxyd.  Irgendwelche 
plagioklastische  Körper  fanden  sich  nicht  vor.  Die  Diallagblättchen 
haben  zur  Hälfte  ein  frisches,  zur  andern  aber  ein  trüberes  Aussehen. 
Die  Streifung  ist  ebenfalls  zweierlei  Art.  Einige  Blätter  zeigen  ein 
sehr  feines  Liniensystem  auf  der  Fläche,  während  die  Streifung  an 
andern  Individuen  gröber  ist,  wodurch  der  Diallag  leistenförmig  zu- 
sammengefügt erscheint.  Die  feingestreiften  Diallage  bestehen  fast 
ausnahmlos  aus  dunkleren  und  helleren  Partien.  Die  dunkleren  Theile 
sehen  dann  lauchgrün  und  die  Streifung  verwischt  aus.  Diese  Erschei- 
nung deutet  auf  begonnene  Veränderung  und  Umwandlung.  Den 
Knickungen  und  Krümmungen  folgt  die  Streifung  jedes  Blättchens  ge- 
nau. Man  erhält  hiedurch  oft  ein  prächtiges,  die  Wellenform  nach- 
alnnendes  Bild.  An  bemerkenswerthen  Einschlüssen  stellen  sich  nur 
Magnetitpartikel  ein  und  ein  kugliges  Gewebe  einer  grünen  Substanz. 
Nicht  selten  bemerkt  man  sehr  helle  Spalten  parallel  der  Streifung,  die 
man  für  durch  Spannung  enstandene  Sprünge  ansehen  kann.  Dieselben 
sind  durch  zugeführte  Serpentinsubstanz  erfüllt.  Mehrfach  durchqueren 
auch  balkenähnliche  Zerklüftungen  den  Diallag,  auf  denen  jedesmal 
Serpentin  in  den  Diallag  eingedrungen  ist.  Eine  bisher  wenig  beobach- 
tete Streifung  am  Diallag,  deren  Beziehung  zur  Krystallstructur  des- 
selben so  gut  wie  gar  nicht  erforscht  ist,  will  ich  hier,  wie  ich  dieselbe 
an  2 Diallagdurchschnitten  gesehen,  kurz  beschreiben. 

Diese  überhaupt  selten  auftretende  Streifung  sah  ich  an  stark 
grün  gefärbtem,  aus  breiten  Lamellen  zusammengesetztem  Diallag.  Die- 
selbe ist  in  zarten  Füttern  angedeutet,  deren  Richtung  in  einem  sehr 
spitzen  Winkel  zur  charakteristischen  Hauptstreifung  liegt.  Die  breiten 
Streiflinien  erscheinen  hiebei  als  Träger  dieser  Flitter,  welche  nie  die 
nächste  parallele  Streiflinie  erreichen,  sondern  etwas  über  die  Mitte 
jeder  Lamelle  hinaus  sich  verjüngen  und  endigen.  Durch  streng  regel- 
mässige Wiederholung  dieses  Bildes  in  jeder  einzelnen  Lamelle  erscheint 


Felsarten  aus  der  Gegend  von  ßosignano. 


239 


tH] 

diese  Streifung  als  charakteristische  und  specifische  Eigenschaft  dieses 
Diallagblättchens.  Die  hier  in  höchster  Unvollkommenheit  vorgezeichnete 
Spaltrichtung  dürfte  bei  genauerem  Studium,  an  ausgewählten  Proben 
angestellt,  sich  vielleicht  als  eine  Spaltungsfläche  nach  einer  Pyramide 
erweisen. 

Die  Umwandlung  von  Diallag  zu  Serpentin  lässt  sich  an  mehreren 
Beispielen  deutlich  verfolgen.  Man  findet  vom  Beginne  der  Umwand- 
lung an  Uebergänge  bis  zu  Partien  von  Serpentin  mit  der  vollkommenst 
bewahrt en  Diallagstructur. 

Der  Serpentin  in  seiner  Hauptmasse  ist  durch  förmliche  Stränge 
von  Magnetitkörnern,  von  denen  Nebenadern  abzweigen,  in  grünliche  und 
weissgefärbte  Felder  getheilt.  Magnetitkörnchen  sind  auch  vereinzelt 
über  den  Serpentin  gesäet;  manchmal  schaaren  sie  sich  in  lockeren 
Haufen  zusammen.  Compacte  Magnetitpartien  finden  sich  nicht.  Eisen- 
oxyd findet  sich  fleckenartig  als  wahrscheinliches  Absonderungsproduct 
des  Diallag.  Kalkspathkörner  treten  fast  regelmässig  in  der  Nachbar- 
schaft von  Diallagpartien  auf.  Durch  magnetitführende  Serpentinäderchen 
im  Kalkspath  wird  das  Bild  ein  verworren  netzartiges.  Chrysotilschnüre 
finden  sich  allenthalben  im  Präparate. 


S c r p e n t i n. 

Der  Serpentin  ist  erfahrungsgemäss  regelmässiger  Begleiter  der 
oberitalischen  Grünsteine.  Auch  wir  haben  ihn  schon  auf  fast  allen 
Fugen  und  Klüften  des  Diabases  und  Gabbros  gefunden.  In  grösserer 
Masse  finden  wir  ihn  in  zwei  Schichten  abgelagert.  Beide  Schichten 
tragen  sowohl  nach  ihrer  Lage  als  nach  dem  aus  ihnen  entnommenen 
Material  verschiedenen  Charakter.  Das  eine  dunkelgefärbte  Serpentin- 
lager von  breccienartiger  Natur  ist  von  einer  Schichte  des  beschriebenen 
Serpentingesteins  überlagert,  die  andere  Serpentinmasse  erscheint  als 
ziemlich  mächtiger  Gang  in  einer  Schichte  von  Diabas.  Auf  dem  gege- 
benen Profil  ist  nur  das  letztere  Verhältniss  wiedergegeben,  während 
die  erstere  Lagerung  von  Herrn  Fuchs  an  einem  andern  etwas  ent- 
fernter gelegenen  Aufschluss  beobachtet  wurde. 

Belegstücke  aus  diesen  beiden  Schichten  der  Aufschlüsse  von 
Rosignano  fand  ich  unter  dem  mitgebrachten  Materiale  keine  vor.  Nach 
einem  schwarzen  Serpentin  aus  Castellina  zu  urtheilen,  herrscht  dort 
aber  ganz  dasselbe  Verhältniss.  Es  stimmen  nämlich  die  auf  der  an 
Ort  und  Stelle  aufgenommenen  Skizze  gemachten  Bemerkungen  mit 
den  Serpentinhandstücken  aus  Castellina  überein.  In  dem  dunkeln, 
etwas  violett  und  grünlich  gefärbten  Handstück  von  Castellina  entdekt 
man  bei  genauer  Betrachtung  noch  Reste  von  Diallag,  welche  manch- 
mal sogar  ihren  metallischen  Glanz  bewahrt  haben.  Meist  sind  sie  aber 
schon  schwarz  geworden  und  entziehen  sich  dem  ersten  Blicke  des 
Auges.  Mit  solchen  Diallagresten  ist  die  ganze  Masse  des  Serpentines 
durchspickt,  ferner  von  einem  grossen  Netz  von  Magnetitstriemen  und 


*)  Tschermak,  Min.  Mitth.  1871.  Heft  1.  S.  25.  f. 


31* 


240 


Friedrich  Berwerth. 


[12] 


Adern  durchzogen,  welche  mit  ihren  Ausläufern  die  feinsten  Gitter 
bilden.  Unter  dem  Mikroskop  stellt  sich  das  makroskopische  Bild 
nur  mehr  detaillirter  dar.  Magneteisen  ist  in  Pünktchen  über  den 
ganzen  Schliff  gesäet.  Die  Diallagüberreste  sind  stark  zersetzt,  sie 
polarisiren  das  Licht  kaum  merklich  und  ist  ihre  Strüctur  durch  feine 
nach  der  Streifrichtung  aneinander  gereihte  Magnetitkörnchen  erhalten. 
Nebst  einigen  Chrysotilschnüren  finden  sich  noch  mehrere  Flecken  von 
Eisenoxyd.  — Ein  zweites  Stück  von  Serpentin,  ebenfalls  von  Castel- 
lina  und  aus  derselben  Schichte  ist  von  etwas  lichterer  Farbe  und 
vou  einem  ganzen  System  paralleler  Chrysotilschnüre  durchzogen. 

Um  über  die  Art  und  Weise  etwas  zu  sagen,  wie  dieser  Serpen- 
tin als  auch  der  im  Diabas  auftretende,  von  welchem  ich  keine  Probe 
besitze,  zur  Abscheidung  gelangt  sind,  fehlen  mir  die  Beweismittel.  Es 
liegen  mir  keine  Gesteinsproben  vor,  welche  eine  Untersuchung  auf  die 
Entstehung  des  Serpentines  zugelassen  hätten,  ob  derselbe  in  dem  einen 
Falle  von  Diallag  oder  im  andern  von  den  Bestandtheilen  des  Diabases 
sich  ableiten  lasse.  Es  bleibt  interessant  an  Orten  von  gleichem  geolo- 
gischen Bau  solche  Gesteinsproben  zu  sammeln,  welche  versprechen 
würden,  bei  der  chemischen  Untersuchung  ein  beweiskräftiges  Resultat 
zu  liefern , für  den  genetischen  Zusammenhang  des  Serpentines  mit 
dem  Diallag,  resp.  Diabas. 

Schliesslich  sei  noch  einiger  Neubildungen  Erwähnung  gethan. 
Als  solche  finden  sich  unter  den  beschriebenen  Felsarten,  Serpentin- 
asbest, Gymnit  und  berglederartige  Substanz.  Interessant  ist  eine  schälig 
zusammengesetzte  Kugel,  welche  aus  zersetztem  Diabasgrus  besteht. 
Diese  Kugeln  werden  aus  Diabaskugeln  abzuleiten  sein,  wie  solche  im 
Diabasgrus  liegende  Kugeln  0.  Schilling  aus  der  Sandgrube  zwischen 
Braunlage  und  Elend  im  Südharz  beschreibt  1). 

Von  tuffartigen  Gebilden  gehört  ein  solches  dem  Gabbro  an. 


b 0.  Schilling.  Die  ckem.  min.  Constitution  der  Grünstem  genannten  Gesteine 
des  Südharzes.  Göttingen  1S69.  S.  31 — 32. 


8V.  Notizen. 

Geschenke. 


Das  k.  k.  Hof-Mineraliencabinet  erhielt  in  der  letzten  Zeit  von 
Herrn  Heinrich  Ritter  von  Drasche-Wartinberg  eine  Reihe  ausge- 
zeichneter Minerale  zum  Geschenke,  darunter  zwei  grosse  Prachtexem- 
plare von  Apophyllit  mit  Desmin  von  Poonah,  schöne  Cölestine  von 
Herrengrund  und  von  Bristol.  Von  Herrn  Dr.  Heinrich  Ritter  v.  D rasch  e- 
W artinberg  erhielt  das  Museum  die  von  ihm  auf  seiner  Weltreise 
gesammelten  Kupfererze  von  Mancayan,  sowie  zwei  prächtige  Exemplare 
des  Amazonits  von  Pikes  Peak,  eines  davon  mit  vielen  begleitenden 
Albitkrystallen. 


Der  Stern  von  Este. 

In  dem  Schatze  weil,  des  Erzherzogs  Franz  V.,  Herzogs  von 
Modena,  welcher  Schatz  durch  Erbschaft  in  den  Besitz  des  Herrn  Erz- 
herzogs Franz  Ferdinand  von  Oesterreich-Este,  ältesten  Sohnes  Seiner 
k.  k.  Hoheit  des  Herrn  Erzherzogs  Karl  Ludwig  übergegangen  ist, 
findet  sich  ein  Brillant  von  ungewöhnlicher  Grösse  und  Schönheit.  Der- 
selbe bildet  derzeit  den  Bandhälter  eines  Toison-Ordens.  Er  hat  eine 
Breite  von  19,  eine  Länge  von  21  und  eine  Dicke  von  10‘3  Mm. 
Seine  Form  wird  durch  beistehende 
Figur  angegeben.  Er  ist  vollkommen 
farblos,  wasserhell,  zeigt  bei  sorgfäl- 
tigster Untersuchung  mit  der  Loupe 
auch  nicht  den  geringsten  Fehler 
und  hat  einen  vollkommen  regel- 
rechten Schliff.  Nach  der  von  den  Herren  P.  J.  Packeny  und 
C.  F.  Rothe  im  Jahre  187(3  vorgenommenen  Wägung  besitzt  er  ein 
Gewicht  von  25l3/32  Wiener-Karat  oder  5232  Mg.,  und  es  wurde  sein 
Werth  von  den  beiden  genannten  Sachverständigen  auf  64,600  H.  ge- 
schätzt. Diese  Schätzung  entspricht  den  gegenwärtigen  Preisen.  Bril- 
lanten von  derselben  Grösse,  die  sich  unter  den  französischen  Krondia- 
manten  fanden,  wurden  bei  der  Schätzung  im  Jahre  1791  auf  200,000 
bis  250,000  Francs  geschätzt. 

Der  beschriebene  Brillant,  welcher  den  Namen  „Stern  von  Este“ 
erhalten  hat,  ist  demnach  ungefähr  halb  so  schwer  wie  der  „Sancy“  und 
wie  der  grosse  Brillant  der  Kaiserin  Eugenie.  Trotzdem  ist  aber  der  „Stern 

Mineralogische  Mittheilungen.  1876.  4.  Heft.  (Notizen.) 


242 


Notizen. 


[2] 


von  Este“  nur  um  sehr  Weniges  kleiner,  als  der  „Sancy“  und  als  der 
Brillant  der  Kaiserin  Eugenie,  und  diess  ist  eben  ein  Beweis  für  die 
Proportionalität  seiner  Verhältnisse  und  für  die  Regelmässigkeit  seines 
Schliffes.  Wenn  daher  der  „Stern  von  Este“  unter  den  grossen  Dia- 
manten auch  nicht  an  Grösse  einen  ersten  Rang  einnimmt,  so  gebührt 
ihm  ein  solcher  doch  unbedingt  durch  seine  vollendete  Schönheit,  welche 
ihn  als  einen  Schmuckstein  erscheinen  lässt,  wie  ein  zweiter  von  glei- 
cher Schönheit  unter  den  bekannten  grossen  Diamanten  kaum  ge- 
funden werden  dürfte. 

Entstellung  einer  sclialigen  Textur  im  Steinsalze  durch 

Schlag. 

In  einer  Serie  von  Steinsalzproben,  welche  Herr  Ed.  Preis ig 
damals  zu  Szlatina  in  der  Marmaros  an  das  Hof-Mineraliencabinet  ein- 
sandte, befanden  sich  auch  kleine,  napfähnliche  Steinsalzkörper,  auf 
die  der  Einsender  besonders  aufmerksam  machte. 

Die  Näpfchen  sind  solchen  Stellen  im  Steinsalze  entnommen, 
welche  den  heftigen  Schlag  eines  eindringenden  Eisens  erfuhren.  Sie 
zeigen  daher  sämmtlich  im  Inneren  den  vierseitigen  Abdruck  des 
spitzen  Eisens. 

Herr  Preisig  schreibt  hierüber:  „Bei  der  früheren  Gewinnungs- 
methode des  Steinsalzes  wurde  dasselbe  in  die  Form  rechtwinkeliger, 
bankförmiger  Blöcke  gebracht.  Nachdem  jede  dieser  Salzbänke  an 
fünf  Seiten  freigemacht  war,  erfolgte  die  gänzliche  Ablösung  in  der 
Art,  dass  der  Häuer  mit  einem  15  bis  17  Pfund  schweren  Aufschlag- 
eisen längs  der  Bank  unter  dem  Kopfe  derselben  bei  a in  8-  bis  12- 


Ansickt 


Durchschnitt 


zölligen  Distanzen  1 bis  2 Zoll  tiefe  Löcher  einschlug  und  in  diese 
wechselweise  einzelne  schwere  Schläge  führte,  bis  die  Loslösung  vom 
Salzkörper  erfolgt  war.  Das  Steinsalz,  welches  die  Wände  des  Loches 
bildet,  nimmt  bei  den  rasch  auf  einander  folgenden  Schlägen  eine 
schuppig-schalige  Textur  an,  und  es  entstehen  an  solchen  Stellen,  wo 
die  Ablösung  schwierig  ist  und  viele  Schläge  in  Anspruch  nimmt,  die 
Salznäpfchen“. 

Die  letzteren  sind  weiss  und  bestehen  aus  ganz  dichtem 
Steinsalz.  Sie  haben  eine  ausgezeichnete , concentrisch  schalige 
Textur,  indem  jedes  derselben  aus  vielen  auf  einander  folgenden 
dünnen  Schichten  besteht,  welche  sich  von  einander  absprengen  lassen. 
Fig.  4 auf  Taf.  XIV  zeigt  ein  solches  Näpfchen,  an  dem  noch  etwas 
körniges  Steinsalz  haftet.  Man  sieht  eine  ganz  scharfe  Grenze  zwi- 
schen dem  letzteren  und  dem  Näpfchen.  Fig.  5 liefert  die  Seitenan- 
sicht eines  vom  umgebenden  körnigen  Steinsalz  befreiten  Näpfchens, 
ebenfalls  in  natürlicher  Grösse.  Die  schief  abgestutzte  Form  ist  zu 


Entstellung  einer  sclialigen  Textur  im  Steinsalz  etc. 


243 


bemerken.  Fig.  6 gibt  den  Querschnitt  eines  Näpfchens  in  halber 
Höhe  des  letzteren. 

Das  Gewicht  eines  solchen  Näpfchens  wurde  bis  zu  11  Gramm 
gefunden. 

Es  ist  sehr  wahrscheinlich,  dass  die  schalige  Textur  durch  den 
gleitenden  Druck  entstanden  ist,  ähnlich  wie  bei  den  Versuchen  Dau- 
bree’s,  welche  mit  plastischen  Körpern  angestellt  wurden,  um  die  Ent- 
stehung der  Schieferung  in  den  Gesteinen  zu  erklären.  Das  Merkwür- 
digste ist  nur  der  Umstand,  dass  ein  völlig  starrer  und  fester  Körper, 
wie  das  Steinsalz,  sich  hier  wie  eine  plastische  Masse  verhält.  Es 
ist  aber  nicht  zu  übersehen,  dass  durch  den  heftigen  Schlag  eine 
bedeutende  Menge  von  Wärme  entwickelt  wird,  durch  welche  die  Tem- 
peratur des  direct  getroffenen  Steinsalzes  bedeutend  erhöht  und  dessen 
Plasticität  erheblich  gesteigert  wird. 

Der  Herr  Einsender  sprach  sich  dahin  aus,  dass  vielleicht  eine 
vollständige  Schmelzung  des  Steinsalzes  eingetreten  sei.  Dazu  dürfte 
aber  die  mechanische  Arbeit  doch  nicht  hinreichen.  Die  11  Gramm 
Steinsalz,  welche  ein  Näpfchen  bilden,  erfordern,  wofern  der  Schmelz- 
punkt bei  Kothgluth,  also  ungefähr  bei  1000°  C.,  angenommen  und  die 
mittlere  specifische  Wärme  mit  Oo  angesetzt  wird,  3-3  Wärme-Ein- 
heiten, um  sich  bis  zur  Schmelztemperatur  zu  erwärmen.  Dem  ent- 
spricht eine  Arbeit  von  1400  Kilogramm-Metern,  die  wohl  viel  zu 
gross  ist,  als  dass  sie  durch  einen  solchen  Schlag  geleistet  werden 
könnte.  Es  kömmt  aber  zu  berücksichtigen,  dass  immer  nur  ein  Theil 
der  entwickelten  Wärme  dem  getroffenen  Steinsalze  zu  Gute  kömmt, 
während  der  übrige  Theil  durch  das  Eisen  und  die  andere  Umgebung 
in  Anspruch  genommen  wird.  Demnach  dürften  erst  viele  und  mit 
sehr  grosser  Geschwindigkeit  folgende  Schläge  im  Stande  sein,  die 
Schmelzung  hervorzurufen. 

Auch  die  Textur  der  Salznäpfchen  spricht  nicht  dafür,  dass  eine 
völlige  Schmelzung  stattgefunden  habe,  denn  geschmolzenes  Steinsalz 
erstarrt,  wie  bekannt,  zu  einer  durchscheinenden,  schön  krystallinischen 
Masse,  während  die  Näpfchen  eine  dichte  Masse  darstellen,  welche, 
nach  ihrer  weissen  Farbe  zu  schliessen,  feinporös  ist. 

Tschermak. 


Sulfuricin  und  Melanoplilogit. 

Im  Jahre  1874  hat  Guyard  (Hugo  Tamm)  im  Bulletin  de  la 
societe  chimique  de  Paris  nouv.  ser.  tome  XXII,  pag.  61  die  Analyse 
eines  neuen  Minerals  aus  Griechenland  gegeben,  welches  er  als  einen 
weissen,  porösen,  stellenweise  mit  Schwefel  imprägnirten  Kiesel  von 
sehr  ausgesprochenem  sauren  Geschmacke  beschrieb;  die  Analyse 
lautet: 


244 


Notizen. 


[4] 


Freie  Schwefelsäure  • • 

• • 6-80 

Schwefel 

• • 4-10 

Wasser 

• • 6-10 

Kieselsäure 

• • 80-38 

Kalk  

• • 1-25 

Thonerde 

• • 0-43 

Eisenoxyd 

• • 8-57 

Magnesia 

• • 0-37 

100-00 


Da  die  Summe  der  obigen  Zahlen  108-00  beträgt,  liegt  die  Ver- 
muthung  nahe,  dass  durch  einen  Druckfehler  8'57  statt  0'57  Eisen- 
oxyd gesetzt  wurde. 

Diese  Zusammensetzung  kommt  sehr  nahe  der  des  Melanophlogit, 
welchen v.  Lasaulx  im  Beginne  dieses  Jahres  in  Leonhard,  Jahrb. 
175,  bekannt  gemacht  hat,  und  welcher  sich  in  kleinen  Hexaedern 
mit  Cölestin,  Schwefel,  Kalkspath  und  Quarz'  auf  Stufen  von  Girgenti 
vorfand;  die  erste  Untersuchung  ergab  86‘5  Procent  Kieselsäure,  ganz 
geringe  Mengen  von  Eisenoxyd,  Kalk  und  Strontian,  ferner  Wasser. 

Eine  spätere  (ebendas,  pag.  250)  Untersuchung  ergab  die  Zusam- 
mensetzung der  durch  Glühen  geschwärzten  Substanz: 


Si02  • 
Fe203  ) 
A1203  j 
SrO  • 
S03  • 
h2o  • 


86-29 

0-7 

2-8 

7-2 

2-86 

99-83 


wovon  Strontian  und  die  entsprechende  Menge  Schwefelsäure  als  Cölestin- 
beimischung gedeutet  werden. 

Interessant  wäre  wol  die  Untersuchung  des  Sulfuricin  bezüglich 
der  Erscheinung  des  Schwarzbrennens;  der  Melanophlogit  andererseits 
gab  keine  saure  Pieaction.  A.  Brezina. 


Tafel  XIV. 

Erklärung  der  Abbildungen. 

Fig.  1.  a ) Biotit  mit  Einlagerungen  von  Körnchen  und  sich  unter  60°  kreuzenden 
Mikrolithen ; 

b)  dieselben  farblosen  Mikrolithen  (Krystallnadeln)  stärker  vergrössert,  aus 
dem  Grünschiefer  vom  Am  (116). 

Fig.  2.  a)  Epidot-Krystalle  mit  innerem  Kern  anderer  Beschaffenheit; 

b)  ringförmige  Gruppirung  kleiner  Epidotkörner  aus  dem  Chlorit-Epidot- 
Grünschiefer  oberhalb  Nieder-Schlema  (134). 

Fig.  3.  a)  Apatitnadeln  mit  innerem  Kern,  in  verschobener  Reihenfolge  aneinander- 
gereiht; 

b)  an  einem  Ende  zugespitzte,  quergegliederte  Apatitsäule  (p.  199). 

Fig.  4 u.  5.  Salznäpfchen. 

Fig.  6.  Horizontal-Durchschnitt  eines  Salznäpfchens. 


Tafel. XIV. 


Tschermak: Mineralogische  Mittliei  hinten  1870  Heft  IY 
Jalirbueli  flcc  yeolog. Reiclisanstalt,  Bd.XXH. 


MINERALOGISCHE 


MITTHEILUNGEN 

GESAMMELT  VON 

GUSTAV  TSCHEBMAK. 


JAHRGANG  1877. 

Mit  12  Tafeln. 


{Diese  Mittheilungen  erscheinen  zugleich  als  Beilage  zum  Jahrbuch  der  k.  k.  geol. 

Reichsanstalt.) 


WIEN,  1877. 

ALFRED  HOLDER 

K.  K.  HOF-  UND  UNIVERSITÄTS-BUCHHÄNDLER 


ROTHENTHURMSTRASSE  15. 


Druck  von  J.  C Fischer  & Comp.  Wien 


Inhalt. 


Seite 

I.  Heft. 

I.  Gold  von  Sysertsk  am  Ural.  Von  R.  Helmliacker.  (Mit  Taf.  I u.  II.)  1 

II.  Ueber  Diabas  von  Almaden  und  Melapbyr  vonHankock.  YonR.  Helm- 

backer 13 

III.  Untersuchungen  über  die  Einwirkung  des  kohlensäurehältigen  Wassers 

auf  einige  Mineralien  und  Gesteine.  Von  R.  Müller 25 

IV.  Bemerkungen  über  die  japanischen  Vulcane  Asama-Yama,  Jaki-Yama, 

Iwa-wasi-Yama  und  Fusi-Yama.  Von  Dr.  Richard  v.  Dräsche.  (Mit 
Tafel  III— IX.) 49 

Y.  Nachtrag  zur  chemischen  Analyse  des  Mejonits.  Von  Dr.  E.  Neminar  61 

VI.  Beiträge  zur  Mineralogie  des  Fassa-  u.Fleimser-Thales.  Von  C.  Doelter  65 

VII.  Bericht  über  die  vulcanischen  Ereignisse  des  Jahres  1876.  Von 

C.  W.  C.  Fuchs 83 

VIII.  Notizen:  Zur  Kenntniss  der  Mineral- Vorkommen  von  Kalusz.  — - Si- 

monyit  von  Ischl.  — Künstliche  Darstellung  der  Pseudomorpliose  von 
Malachit  nach  Atacamit.  — Leonhardit  aus  dem  Floitenthale.  — Grund- 
form des  Vesuvian.  — Ein  neuer  Barytfeldspath.  • • 95 

II.  Heft. 

I.  Ueber  den  Glaukodot  von  Hakansboe  und  den  Danait  von  Franconia. 

Von  Friedrich  Becke 101 

II.  Untersuchung  zweier  Magnesia-Glimmer.  Von  Dr.  Fr.  Berwerth*  • 109 

III.  Ueber  die  Krystallisation  des  Struvits.  Von  A.  Sadebeck.  (Mit  Taf.  X.)  113 

IV.  Die  Porphyre  und  Grünsteine  des  Lenne-Gebietes  in  Westphalen.  Von 

H.  B.  Mehner 127 

V.  Ueber  einige  Quarzporphyre  und  Diorite  aus  dem  Silur  von  Böhmen. 

Von  R.  Helmhacker 179 

VI.  Augit-Andesite  des  Smrekouz-Gebirges  in  Süd-Steiermark.  Von  Dr. 

F.  Kreutz 205 

VII.  Ueber  Miargyrit  und  Kenngottit.  Von  L.  Sipötz 213 

VIII.  Notizen:  Nachtrag  zu  A.  Sadebeck,  über  die  Krystallisation  des 

Struvits.  — Sand  aus  der  Sahara  221 

III.  Heft. 

I.  Die  Grünsteine  des  Pfibramer  Erzreviers.  Von  Carl  Vrba 223 

II.  Ueber  die  Krystallform  des  Zinnsteins.  Von  Friedrich  Becke.  (Mit 

Tafel  XI— XII.)  243 

III.  Die  optischen  Eigenschaften  des  Rohrzuckers.  Von  Friedr.  Becke  261 


IV 


Seite 

IV.  Analysen  aus  dem  Laboratorium  des  Herrn  Professors  E.  Ludwig.  (Oli- 

goklas,  Skapolith,  Leonhardit,  Muscovit,  Glaukonit,  Sablit,  Chondrodit, 
Fahlerz,  Copalin,  Trachyt,  Gabbro,  Paläopikrit) 265 

V.  Zur  Kenntniss  der  chem.  Zusammensetzung  des  Augits.  Von  C.  Doelter  279 

VI.  Mineralogisches  aus  dem  Ostindiscben  Archipel.  Von  A.  Frenzei  • • • 297 

VII.  Notizen.  Vermehrung  der  Meteoritensammlung  des  Mineralogischen 

Hofmuseums  bis  Ende  September  1877.  - — Krystallisirter  Vivianit 
in  Säugethierknochen  aus  dem  Laibacher  Torfmoor.  — Bemerkung 
zu  den  Beiträgen  zur  Mineralogie  des  Fassa-  und  Fleimserthales.  • • 309 

IV.  Heft. 

I.  Der  Meteorstein  von  Hungen.  Von  0.  Büchner  in  Giessen  ....  313 

II.  Anhang  zu  der  vorstehenden  Mittheilung.  Von  G.  Tschermak  • - 315 

III.  Mineralogisch-petrographische  Notizen  aus  Siebenbürgen.  Von  Professor 

Dr.  A.  Koch  in  Klausenburg 317 

IV.  Untersuchung  der  Lithionglimmer  von  Paris,  Rozena  u.  Zinnwald.  Von 

Dr.  Fr.  Berwerth  337 

V.  Ueber  den  Milarit.  Von  E.  Ludwig • • • • 347 

VI.  Notizen:  Winkel  des  Glaukodot  von  Hakansboe.  — Jamesonit  von 

Wiltau.  — Neue  Serie  der  Mineralogischen  Mittheilungen. 353 

Register  zu  den  Jahrgängen  1871 — 77. 357 

Verzeichniss  der  Tafeln. 

Tafel 

I.  u.  II.  zu:  R.  Helmhacker.  Gold  von  Sysertsk  am  Ural.  I.  Heft.  • • • 1 

III — IX.  „ Dr.  Richard  v.  Dräsche.  Bemerkungen  über  die  japanischen 
Vulcane  Asama-Yama,  Jaki-Vama,  Iwa-wasi-Yama  und  Fusi- 

Yama.  I.  Heft  49 

X.  „ A.  Sadebeck.  Ueber  die  Krystallisation  des  Struvits.  II.  Heft  113 
XI — XH.  „ Friedrich  Becke.  Ueber  die  Krystallform  des  Zinnsteins. 

III.  Heft  243 


JAHRGANG  1877. 


X.  HEFT. 


GESAMMELT  VON 

G.  TSCHERMAK 

DIRECTOR  DES  R.  K.  MINERALOGISCHEN  HOF-MUSEUMS. 


I.  Gold  von  Sysertsk  am  Ural. 

Von  R.  Helmhacker. 

Trotz  der  ungemein  zahlreichen  Arbeiten,  die  über  Gold  überhaupt 
geliefert  worden  sind , umfassen  die  meisten  die  Zusammensetzung 
desselben,  viele  das  Vorkommen  und  nur  die  geringste  Zahl  derselben 
haben  die  Krystallgestalt  des  Goldes  zum  Gegenstände.  Die  beste  Arbeit 
von  Gustav  Rose  (Ueber  die  Krystallformen  des  Goldes  und  des  Silbers. 
Poggendorf,  Annal.  der  Physik  und  Chemie  23.  Band,  1831,  pag.  196 
u.  f.),  gilt  jetzt  noch  als  die  umfangreichste,  welche  wir  über  dieses 
Mineral  besitzen.  Eine  andere  Arbeit  über  Gold  von  Rath:  „Einige 
Beobachtungen  in  den  Gokldistricten  von  Vöröspatak  und  Nagyag  im 
siebenbürgischen  Erzgebirge.  Bonn,  1876“,  liegt  mir  leider  nicht  vor. 
In  derselben  werden  Goldkrystalle  von  Siebenbürgen  (Vöröspatak, 
Boitza  und  Abrudbänya),  Brasilien  und  dem  Ural  beschrieben  und  ab- 
gebildet. 

Wiewohl  Gustav  Rose  den  Ural  bereiste,  erwähnt  derselbe  von 
dem  Sysertsker  Golde  nichts  näheres  und  die  einzige  Kenntniss,  die 
wir  über  dieses  uralische  Gold  haben,  betrifft  dessen  Zusammensetzung, 
in  einer  andern  Arbeit  dieses  gelehrten  Mineralogen  und  Che- 
mikers (G.  Rose:  Ueber  die  chemische  Zusammensetzung  des  gedie- 
genen Goldes,  besonders  des  Goldes  vom  Ural,  Poggend.  Ann.  d.  Phys. 
u.  Chem.  1831,  Bd.  23,  pag.  167  u.  f.).  Rose  gibt  nämlich  die  Zu- 
sammensetzung des  Sisersker  x)  geschmolzenen  Goldsandes  mit  Au  = 
9P78°/o  und  Ag  = 8‘22°/o  an,  was  er  aus  der  Tabelle  des  Goldgehaltes 
des  eingelösten  Goldes,  das  vom  1.  Juli  1828  bis  1.  Jänner  1829  ge- 
schmolzen wurde,  nach  der  Zusammenstellung  des  damaligen  Münzpro- 
bierers Weitz  in  Katharinenburg,  entnommen  hat. 

Um  so  erwünschter  fand  ich  es,  dass  mir  etwa  110  einzelne,  meist 
lose  Goldkrystalle  vom  Juzel(j)sky  log  (Juzel(j)sker-Schlucht)  bei  Sysertsk 
zur  Untersuchung  Vorlagen,  welche  Hofrath  Tunner,  der  auf  seiner 


')  Die  Schreibart  Sisersk  oder  gar  Sissersk  ist  unrichtig,  der  Ort  am  Ural 
führt  den  Namen  Sysertsk. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1877.  1.  Heft.  (Helmhacker.)  1 


2 


11.  Helmliacker. 


[2] 


ural’schen  Reise  vor  5 Jahren  auch  die  Sysertsker  Goldwäschen  be- 
suchte und  mitbrachte , und  welche  mir  derselbe  mit  besonderer 
Bereitwilligkeit  zur  Beschreibung  überliess , wofür  ich  mich  mit  Dank 
verpflichtet  fühle. 

Ausser  einigen  in  einer  Ebene  ausgebreiteten,  strauchartigen  und 
gestrickten  kleinen  Blechen  als  Krystallaggregaten,  waren  die  Krystalle 
lose  und  vorherrschend  von  der  Form  (111).  Die  ganz  deutlich  ausge- 
bildeten Formen  hatten  1 bis  2,  ja  selbst  einige  wenige  Millimeter 
Länge  in  der  Richtung  einer  Achse.  Einige  Krystalle  sassen  auf  sehr 
verzerrten  durchsichtigen  Quarzkryställchen  und  umhüllten  dieselben 
theilweise,  andere  hatten  in  sich  noch  kleine  Quarzkörnchen  stecken, 
an  andern  jedoch  waren  nur  unregelmässige  tiefe  Grübchen  oder  eben- 
flächige  Vertiefungen  und  tiefgehende  Eindrücke  zu  bemerken,  welche 
von  Quarz  herrührten,  auf  dem  die  Krystalle  als  jüngere  Bildungen  auf- 
gewachsen sein  mochten.  Die  grösste  Zahl  von  den  Kryställchen  war 
ziemlich  gut  ausgebildet.  Einige  Krystalle  stacken  in  einer  Rinde  von 
dichtem  Limonit  als  jüngerem  Minerale. 

Was  an  den  Goldkrystallen  sogleich  auffiel,  war  ihre  Farbe.  Ein 
Theil  der  Kryställchen  hatte  oberflächlich  die  rein  goldgelbe  Farbe; 
andere  zeigten  jedoch  eine  bräunlich  goldgelbe,  ja  selbst  beinahe  bronce- 
gelbe  Farbe. 

Um  die  Ursachen  dieser  verschiedenen  Oberflächenfarbe  kennen 
zu  lernen,  wurden  sowohl  von  den  rein  goldgelben  als  den  bräunlich 
goldgelben  Krystallen  die  specifischen  Gewichte  bestimmt. 

36  goldgelbe  Kryställchen  durchwegs  111  oder  111,  311,  oder 
111,  110,  311,  117  Gramm  schwer,  gaben  ein  specifisches  Gewicht 
von  1 7'36 1 1 ; 24  bräunliche  Kryställchen,  durchwegs  beinahe  nur  111 
oder  111,  110,  D32  Gramm  schwer,  hatten  ein  specifisches  Gewicht 
von  17-3698. 

Die  Dichte  der  oberflächlich  goldgelben  und  bräunlich  goldgelben 
Kryställchen  ist  beinahe  die  gleiche,  die  Zusammensetzung  demnach 
auch  dieselbe,  ihre  Farbe  auf  der  Oberfläche  ist  demnach  keineswegs 
auf  die  verschiedene  Zusammensetzung  derselben  zurückzuführen. 

Am  naturgemässesten  erklärt  sich  die  bräunlich  goldgelbe,  bis  bei- 
nahe broncegelbe  Oberflächenfarbe  mancher  Goldkrystalle  durch  einen 
überaus  schwachen  Ueberzug  von  Limonit.  In  Säuren  hätte  sich  ein  solches 
bräunliches  Gold  aufhellen  müssen,  weil  der  dünne  Limonit-Ueberzug 
gelöst  worden  wäre;  es  wurde  dies  aber  nicht  gemacht,  weil  an  der 
Natur  des  Ueberzuges  als  Limonit  kein  Zweifel  gehegt  wurde. 

Wenn  angenommen  wird,  dass  diese  Goldkryställchen  nur  aus 
Gold  und  Silber  bestehen,  was  der  Wahrheit  jedenfalls  sehr  nahe  liegt, 
und  wenn  ausserdem  die  Dichte  des  Au  mit  19-37  , die  des  Ag  mit 
10-52,  beides  nach  den  Angaben  von  G.  Rose,  angenommen  wird,  so 
ergibt  sich  für  das  Gold  von  der  Dichte  1 7*361 1,  und  17-3698  folgende 
Zusammensetzung : 

Für  ersteres:  Au  = 0774 
Ag  = 0-226 


1-000 


[3] 


Gold  von  Sysertsk  am  Ural. 


3 


Für  das  zweite:  Au  = 0775 
Ag  = 0225 
1-000 

Beide  haben  demnach  völlig  gleiche  Zusammensetzung  und  die 
ganz  geringen  Abweichungen  können  füglich  auf  die  geringe  Menge  der 
zur  Dichtenbestimmung  angewendeten  Substanz  zurückgeführt  werden, 
welche  bei  jedem  andern  specifisch  leichteren  Minerale  hinreichend 
wäre;  bei  dem  so  schweren  Golde  aber  schon  einen  etwas  fühlbaren 
Beobachtungsfehler  herbeiführen  kann. 

Sämmtliche  Goldkrystalle  sind  oberflächlich  matt  glänzend,  nur 
ziemlich  eben,  und  mit  nicht  scharfen,  sondern  abgerundeten  Kanten 
und  nicht  ganz  spitzen  Ecken.  Doch  kann  dieses  als  keine  Abreibung 
der  Krystalle  angesehen  werden,  ja  dieselben  zeigen,  trotzdem,  dass 
sie  aus  einer  Wäsche  stammen,  keinerlei  bemerkbare  durch  Reibung 
hervorgebrachte  F ormveränderungen. 

Die  beobachteten  Formen  sind  an  den  Kryställchen  folgende: 
Häufig  ist  111 ; die  kleinsten  Krystalle  sind  ebenflächig,  die  grösseren,  ins- 
besondere wenn  die  Achsenlänge  etwa  2 Millimeter  und  darüber  erreicht, 
haben  beinahe  durchwegs  rauh  drüsige  Flächen. 

Häufig  ist  auch  111,  110;  die  Combinationskanten  zwischen  111 
und  110  sind  nicht  immer  scharf,  sondern  etwas  abgerundet. 

Auch  111,  311  und  111,  110,  311  finden  sich  nicht  gar  so 
selten  vor.  Dass  die  Flächen  311  wirklich  das  sind  als  was  sie  hier 
bezeichnet  erscheinen  und  nicht  der  gemeinen  Form  211  ange- 
hören, wurde  durch  Messung  der  Neigung  zwischen  111,  113  unter 
dem  Mikroskope  nachgewiesen.  Der  Winkel  soll  150°  30'  betragen, 
durch  Messung  wurden  Werthe  gefunden,  die  auf  wenige  Grade,  ja  selbst 
auf  einen  Grad  gut  übereinstimmen,  was  eine  hinlänglich  gute  Ueber- 
einstimmung  ist  bei  Messungen  von  kleinen  unebenen  Flächen,  die  zu- 
dem nur  mit  der  Hand  unter  dem  Mikroskope  eingestellt  werden 
können. 

Auch  die  Combinationen  111,  201  konnten,  wiewohl  selten  beob- 
achtet werden. 

Nur  einmal  aber  fand  sich  die  Form  100,  201  vor. 

Die  Zahl  der  beobachteten  Combinationen  und  einzelnen  Formen 
ist  demnach  keine  bedeutende. 

Sehr  häufig  sind  jedoch  die  Verzerrungen  der  Krystalle.  Die 
Octaeder  sind  entweder  in  der  Richtung  einer  trigonalen  Achse  verkürzt 
wie  Taf.  I,  Fig  4 eine  solche  Form  zur  Darstellung  bringt,  oder  haben 
dieselben  einen  rhombischen  Typus,  indem  sie  in  der  Richtung  einer 
rhombischen  Achse  verlängert  erscheinen. 

Das  Hexaeder  erscheint  in  der  Richtung  einer  quadratischen  Achse 
verlängert. 

Häufig  ist  die  ungleich  grosse  Entwicklung  von  Flächen  zu  bemerken 
und  das  gänzliche  Verschwinden  einiger  derselben  anzutreft'en,  wie  auf 
Taf.  I,  Fig.  7 an  der  Combination  111,  110,  311,  100,  wo  neben  der  un- 
gleichen Centraldistanz  der  Flächen  311  auch  die  Flächen  100  und  110 
unvollzählig  sind.  In  Taf.  I,  Fig.  2 fehlen  wohl  einige  der  ungleich  gross 
entwickelten  Flächen  von  311  als  auch  von  100.  Dass  solche  Krystalle 

l* 


4 R.  Helmhacker.  [4] 

in  ihrer  Verzerrung  nicht  sogleich  auf  den  ersten  Blick  zu  deuten  sind, 
davon  gibt  die  Zeichnung  den  hinreichenden  Beweis. 

Die  Un Vollzähligkeit  mancher  Flächen  ist  auf  Subindividuen 
zurückzuführen,  wie  auf  Taf.  I,  Fig.  1,  wo  das  ungleiche  Erscheinen 
von  201  nur  auf  je  drei  Würfelflächen,  durch  das  Auftreten  von  Sub- 
individuen in  parallel  orientirter  Lage  gedeutet  werden  könnte. 

Bei  manchen  Octaedern  ist  statt  einer  Kante  eine  Rinne  vorhan- 
den, wie  auf  Taf.  I.  Fig.  11;  auch  diese  Rinne  erklärt  sich  dadurch, 
dass  das  Octaeder  aus  zwei  Subindividuen  besteht,  welche  sich  mit 
ihren  Kanten  und  Flächen  sonst  überall,  nur  nicht  in  den  Kanten,  welche 
die  Rinne  begränzen,  decken. 

Auch  deutlich  entwickelte  Grupp enkry  stalle  konnten  einmal 
beobachtet  werden,  wie  die  Taf.  II,  Fig.  12  dies  veranschaulicht.  Hier 
findet  man  nach  einer  quadratischen  Achse  sehr  verzerrte  Individuen 
der  Form  110,  111,  100,  in  der  Richtung  der  verkürzten  quadratischen 
Achse  so  aufeinander  gebaut,  dass  sich  die  Individuen  je  weiter  nach 
oben  auch  nach  den  beiden  andern  quadratischen  Achsen  in  dem  Ver- 
hältniss  verjüngen,  dass  der  dadurch  hervorgebrachte  Treppenkrystall 
mit  seinen  Treppenkanten  der  Form  201  sich  anpasst. 

Solche  aus  verzerrten,  noch  häufiger  aber  aus  nicht  verzerrten 
Subindividuen  bestehende  Gruppen  oder  Treppenkrystalle,  deren  Form 
an  201  erinnert,  sind  beim  Fluorit  häufig  beobachtet  worden.  Für 
diesen  hier  abgebildeten  Treppenkrystall  dürfte  wohl  eine  Analogie 
fehlen,  weil  derselbe  unten  von  einer  ebenen  00 1 Fläche  begrenzt  ist, 
die  oben  an  der  Spitze  gänzlich  fehlt. 

Etwas  ähnliches  könnte  man  nur  an  den  treppenförmigen  Halit- 
skeletten beobachten,  welche  sich  künstlich  an  der  Oberfläche  von 
Steinsalzlösungen  schwimmend  bilden,  und  bei  denen  die  treppenförmige 
Vertiefung  die  durch  parallele  Gruppirung  der  langgezogenen  Hexaeder 
in  der  Richtung  einer  quadratischen  Achse  entsteht,  einer  negativen, 
also  in  die  Flächen  eines  Hexaeders  eingelassenen  Pyramide  des  Fluo- 
roides  201  entspricht. 

Die  Streifungen  der  Krystallflächen  sind  verschiedener  Art: 

Die  Flächen  des  Rhombendodekaeders  sind  nicht  selten  parallel 
zu  den  kürzeren  Diagonalen  der  Rhombuse  oder  parallel  den  Combi- 
nationskanten  mit  dem  Hexaeder  gestreift.  Die  Ursache  dieser  Streifung 
ist  leicht  nachzuweisen,  weil  oft  Flächen  von  110  angetrofi’en  werden, 
welche  durch  oscillatorisch  erscheinende  (100)  Flächen  gekerbt  sind, 
wie  in  Taf.  I,  Fig.  7,  9.  Die  Streifung  rührt  demnach  von  oscillatori- 
scher  Combination  von  110  mit  100  her. 

An  den  Octaederflächen  sind  oft  einzelne  Striche  parallel  zu  den 
Octaederkanten  zu  bemerken.  Diese  Riefung  der  Octaederflächen  rührt 
von  verschiedenen  Ursachen  her. 

Entweder  ist  bei  sehr  grober  Riefung  oder  bei  sehr  breitem 
Streifen  die  Ursache  des  Striches  das  oscillatorische  Auftreten  einer 
Fläche  von  311,  wie  dies  auf  der  Fläche  111  in  Taf.  I,  Fig.  5 er- 
scheint, die  als  Fig.  6 in  der  Ebene  der  Octaederfläche  dargestellt  ist; 
auch  auf  Fig.  8 rechts  tritt  ein  solcher  Streifen  auf.  Die  Octaeder- 


[5] 


Gold  von  Sysertsk  am  Ural. 


5 


fläche  erscheint  dann  treppenförmig  abgesetzt.  Ein  sehr  enger  Streifen 
von  311  bedingt  dann  die  Streifung. 

Oder  tritt  manche  rohe  Riefung  parallel  zur  Octaederkante  nicht 
als  flache  Stufe  sondern  als  Rinne  auf,  wie  dies  auf  Taf.  I,  Fig.  8 oben 
dargestellt  ist.  Eine  solche  Rinne  wird  durch  das  oscillatorische  Auf- 
treten von  311  und  110  hervorgebracht. 

Durch  Interferining  von  Streifen,  die  zu  zwei  oder  gar  drei  Octa- 
ederkanten  parallel  laufen,  wie  auf  der  Fläche  111  oben  in  Taf.  I, 
Fig.  9,  entsteht  eine  federartige  oder  unter  einem  Winkel  zusammen - 
stossende  Streifung. 

Auch  die  Hexaederflächen  erscheinen  parallel  zu  den  Kanten  ge- 
streift. Diese  Streifung  erklärt  sich  nach  Ansicht  der  Fig.  1 auf  Taf.  I 
einfach  durch  das  oscillatorische  Auftreten  der  Flächen  von  021  auf  010. 

Auch  die  Schalenbildung  ist  bei  dem  Sysertsker  Golde  eine 
häufige  Erscheinung,  nur  tritt  dieselbe  meist  rudimentär  auf,  indem 
die  Schalen  sozusagen  als  Schalenskelette  auftreten. 

Solche  Schalenskelette  erscheinen  auf  den  Octaederflächen  als 
Platten,  wie  die  treppenartige  Platte  auf  der  Fläche  111,  Taf.  I,  Fig.  11, 
welche  nach  oben  zu  von  der  Fläche  113,  seitlich  aber  und  in  der 
Stufe,  die  rinnenförmig  vertieft  ist,  von  201  begrenzt  wird.  Wegen 
dem  Auftreten  der  Rinne  könnte  diese  Schale  als  eine  doppelte  be- 
zeichnet werden.  Eine  andere  derartige  plattenförmige  Schale  bedeckt 
theilweise  die  Fläche  111  auf  Taf.  I,  Fig.  9;  dieselbe  wird  von  den 
Flächen  113  und  111  begränzt. 

Das  Octaeder  Fig.  9 zeigt  dort,  wo  keine  Rhombendodekaeder- 
Flächen  auftreten,  statt  den  Kanten  Rinnen,  welche  sich  auf  die  Art 
erklären  lassen,  dass  die  Octaederflächen  sämmtlich  Schalen  tragen, 
deren  Dicke  die  Tiefe  der  Rinne  bestimmt.  Das  eben  erwähnte 
Octaeder  bestärkt  die  Richtigkeit  dieser  Erklärungsweise  noch  dadurch, 
dass  es  noch  zur  Bildung  einer  zweiten  Schale  kam,  welche  aber  nur 
rudimentär  nicht  die  ganze  Fläche  111  bedeckt,  sondern  nur  als  Ske- 
lettstreifen auftritt,  der  ausserdem  nur  auf  2 jäeiten  von  111  begrenzt 
wird,  auf  den  zwei  andern  Seiten  aber  die  113  Flächen  trägt. 

Wiewohl  noch  eine  Erklärungsweise  durch  Zwillingsbildung  mög- 
lich ist,  kann  diese  Auslegung  der  Rinnenbildung  auch  genügen.  Uebrigens 
ist  dieser  Fall  bei  dem  wirklich  vollflächig  tesseral  krystallisirenden 
Cuprit  und  auch  beim  Quarz  schon  beobachtet  worden  (A.  Las  au  1.x, 
Mineralogisch-krystallographische  Notizen;  Neues  Jahrbuch  f.  Miner. 
Geol.  u.  Paläont.  von  Leonhard  und  Geinitz  1876.  p.  264  bis  276). 

Aber  nicht  nur  über  Octaederflächen  , auch  über  dessen 
Ecken  treten  Schalen  auf,  wie  über  dem  oberen  Eck  in  Fig.  11  der 
Taf  I,  wo  eine  Schale,  die  durch  die  Flächen  von  311  begrenzt  er- 
scheint, über  demselben  eine  Kappe  bildet,  deren  unterer  Rand  parallel 
zu  den  Octaederkanten  läuft  und  in  flacher  Stufe  abfällt.  Bei  der 
Kleinheit  des  Krystalles  und  der  regelmässigen  Begrenzung  der  über 
dem  Ecke  aufsitzenden  Kappe  wäre  ein  Irrthum  leicht  möglich,  dies 
auf  den  ersten  Blick  für  die  Flächen  irgend  eines  Adamantoides  zu 
halten,  welches  mit  dem  Octaeder  zu  den  Kanten  desselben  parallel 


6 


R.  Helmliacker. 


[6] 


laufende  Combinationskanten  bildet.  Dass  dies  wirklich  eine  Kappe,  also 
eine  Schale  ist,  lehrt  die  Neigung  der  Flächen  131,  311,  311,  131 
etc.,  welche  spitzer  zulaufen  als  das  Octaedereck  selbst,  dasselbe  dem- 
nach nie  zuspitzen  könnten,  wie  ein  Adanrantoid,  dessen  Eck  stumpfer 
sein  muss  als  das  Octaedereck  selbst. 

An  den  Octaederflächen  treten  auch  Schalen  auf,  wie  in  Fig.  8, 
Taf.  I,  in  der  Mitte,  welche  von  den  Flächen  311  aber  ausnahmsweise 
auch  von  101  begränzt  erscheinen.  Die  Art  der  Schalenbildung  könnte 
jedoch  auch  durch  parallel  orientirte,  etwas  hervorragende  Subindividuen 
auf  den  Octaederflächen,  demnach  als  Drusigkeit  erklärt  werden. 

Die  trigonal  begrenzten  Schalen  dieser  Art  erscheinen  auf  Octaeder- 
flächen häufig  so  nahe  aneinander  gedrängt,  dass  sie  nur  dort,  wo  sie 
sich  nicht  berühren,  von  den  Flächen  311,  die  flach  stufenförmig  ab- 
fallen,  begrenzt  werden,  wie  dies  auf  Fig.  10,  Taf.  I,  dargestellt  ist. 
Auf  der  dargestellten  Octaederfläche  ist  der  punktirte  Flächentheil  der 
Schale  um  die  Schalendicke  höher,  als  die  nichtpunktirten  durch  die 
schieftällende  Stufe  311  oder  110,  die  zu  den  Octaederkanten  parallel 
lauft,  getrennten,  tiefer  liegenden  Octaederflächen.  Die  schiefe  Stufe 
lauft  aber  nicht  immer  stumpfwinkelig  und  geradlinig,  sondern  bogen- 
förmig, wie  es  auch  an  derselben  Figur  oben  dargestellt  ist,  und  die 
Octaederflächen  erhalten  durch  diese  Art  der  unterbrochenen  Schalen- 
bildung ein  landkartenartiges  Aussehen.  Bei  den  allermeisten  unterbro- 
chenen Schalen  dieser  Art  verlauft  der  Rand  der  Schalenrudimente 
nicht  ganz  geradlinig,  die  landkartenartige  Zeichnung  ist  demnach  eine 
vollkommene. 

Solche  parallelepipedische  Plättchen , die  als  Schalenrudimente 
aufzufassen  wären,  und  deren  Formen  auf  Fig.  11,  Taf.  I,  auf  der 
Fläche  111  ganz  rein  und  scharf  begrenzt  auftreten,  werden  oft  recht 
dünn,  zu  blossen  Streifen  oder  Bändern,  die  entweder  zu  einer  Octa- 
ederkante  oder  zu  allen  drei  Kanten,  indem  sie  sich  winklig  biegen 
oder  winklig  verzweigen,  parallel  laufen. 

Wenn  solche  Schalenbänder  auf  Octaederflächen  auftreten,  erschei- 
nen dieselben  wie  mit  Schriftzeichen  in  bas-relief  bedeckt,  wie  auf 
der  Fläche  111  Taf.  II,  Fig.  14,  auf  welcher  derlei  unterbrochene 
Schalenbildungen  deutlich  zum  Vorschein  kommen. 

Manche  dieser  Schalenplättchen  erlangen  eine  bedeutende  Dicke, 
sie  werden  dann  stabähnlich  und  treten  zu  den  Octaederkanten  parallel 
auf,  wie  auf  den  Flächen  111  und  111  in  Taf.  II,  Fig.  15.  Oder  wenn 
solche  Stäbe  selbst  in  den  Octaederkanten  liegen,  verstärken  sie  die- 
selben als  Rippen  bedeutend,  Taf.  II,  Fig.  13,  15  und  könnten  schon 
als  Krystallskelettkanten  gelten. 

In  den  vertieften  Krystallflächen,  die  an  Krystallskeletten  zu  be- 
obachten sind,  erscheinen  die  Vertiefungen  dadurch  bedingt,  dass  eine 
oder  mehrere  übereinander  liegende  Krystallschalen  von  bedeutender  Dicke 
sich  nicht  völlig  schliessen  wie  auf  Tafel  II,  Fig.  13,  der  Fläche  111. 

Auch  laufen  die  Skelettrippen  nicht  immer  streng  parallel  zu 
einer  Octaederkante,  erscheinen  auch  nicht  scharf,  sondern  wulstig  ge- 
rundet oder  angeschwollen  wie  auf  der  Fläche  111,  Tafel  II,  Fig.  13. 


[7] 


Gold  von  Sysertsk  am  Ural. 


7 


Drüsige  Flächen  sind  an  Gold-Octaedern  von  Sysertsk,  be- 
sonders an  den  grösseren,  die  in  irgend  einer  Richtung  über  2 mm. 
messen,  eine  häufig  zu  beobachtende  Erscheinung.  Nur  ist  die 
Deutung  der  Drusigkeit  wegen  der  verzerrten  und  unregelmässigen 
Ausbildung  derselben  nur  an  wenigen  Krystallflächen  mit  völliger 
Sicherheit  durchführbar. 

In  vielen  Fällen  ist  die  Drusigkeit  der  Octaederflächen  bedingt 
durch  kleine,  parallel  orientirte  Krystallflächen  von  311  oder  311, 
111,  zu  denen  auch  wohl  110  hinzutritt.  Auf  der  Fläche  111,  Taf.  I, 
Fig.  5 und  6 ist  ein  einzelnes  Eck  des  Deltoidikositetraeders  311 
parallel  zur  Octaederfläche  orientiert. 

Auf  Tafel  II,  Fig.  14  zeigt  die  Fläche  111,  die  durch  Ecken 
von  311  und  auch  von  311,  111  hervorgebrachte  Drusigkeit  recht 
deutlich;  diese  Drusigkeit  wird  aber  undeutlich  auf  der  Fläche  llf 
derselben  Figur  oder  auf  den  Flächen  lll  und  111  der  Taf.  II, 
Fig.  15.  Auch  negative  drüsige  Flächen  oder  orientirte  Eindrücke 
in  Krystallflächen  wie  auf  lll  oben  in  Taf.  II,  Fig.  14  lassen  sich 
bemerken  und  können  dieselben  auch  als  Vertiefungen,  wrelche  durch 
eine  Krystallschale  nicht  ausgefüllt  wurden,  gedeutet  werden,  wie 
denn  überhaupt  der  Begriff  der  Drusigkeit  der  Flächen  auch  in  ge- 
wissen Fällen  an  die  Schalenbildung  erinnert. 

Manche  drüsigen  Flächen  zeigen  halb  verwachsene  parallel  orientirte 
Krystallflächen  311,  lll  wie  die  Fläche  lll  auf  Taf.  II,  Fig.  15, 
welche  Erscheinungen  an  Aetzfiguren  auf  Krystallflächen  erinnern,  ob- 
wohl damit  in  diesem  Falle  keine  wirkliche  Aetzfigur,  im  wörtlichen 
Sinne  der  Entstehung  nach  gemeint  ist. 

Grössere  Goldkrystalle  zeigen  sehr  charakteristisch  die  Skelett- 
bildung; meist  sind  es  die  Rhombendodekaederflächen  also  die 
Octaederkanten,  wo  die  Anhäufung  der  Masse  des  Krystalles  stattfand, 
während  die  Octaederflächen  selbst  vertieft  erscheinen,  Taf.  II,  Fig.  13,  15. 
Ueber  den  vertieften  Octaederflächen  breiten  sich  Balken  meist  parallel 
zu  einer  Octaederkante  aus  und  versteifen  so  zu  sagen  das  Kanten- 
krystallskelett,  Taf.  II,  Fig.  15,  Fläche  111.  Manche  solche  Balken 
oder  Bänder  wenn  sie  dünner  sind,  erscheinen  unausgebaut,  indem  sie 
von  einer  Octaederkante  ausgehen  aber  nicht  zu  einer  zweiten  reichen ; 
als  wenn  ihr  Bau  plötzlich  aufgehört  hätte,  wie  Fig.  15,  Fläche  lll 
links  zeigt.  Von  manchen  Kanten  sieht  man  im  Wachsthum  begriffene 
solche  Querbalken  ausgehen  , welche  kaum  im  Aufbau  begriffen  schon 
plötzlich  spitzwinklig  enden,  Fig.  15,  die  zwei  Kanten,  welche  die 
Fläche  lll  begränzen. 

Auch  verlaufen  solche  Balken,  die  sonst  parallel  zu  einer  Octaeder- 
kante, bei  regelmässigem  Aufbau  der  Krystallflächen  gerichtet  sind, 
in  gebogenen  Linien,  insbesondere  an  den  grösseren  Krystallen,  und 
bilden  ein  lockeres  Maschenwerk,  Taf.  II,  Fig.  13,  Fläche  lll;  wie 
denn  überhaupt  die  grösseren  Krystalle  die  Eigenthümlicbkeit  haben, 
alle  an  kleineren  Krystallen  nachgewiesenen  Regelmässigkeiten  und 
geraden  Kanten  nur  in  Zerrformen  und  in  wulstiger  Rundung  zu  zei- 
gen. Dass  sich  solche  Balken  oder  Bänder  der  Skelette  auch  als 


8 


R.  Helmhacker. 


[8] 


Krystallschalen  auffassen  Hessen,  wurde  früher  sclion  erwähnt,  wie 
denn  viele  krystallographischen  Erscheinungen  sich  verschiedenen  Er- 
klärungsweisen gefügig  zeigen. 

Als  Skelettbildung  können  auch  die  treppenfönnigen  vertieften 
Flächen  aufgefasst  werden,  wie  dieselben  auf  Taf.  II,  Fig.  14  auf  der 
Fläche  111  ersichtlich  sind.  Die  Treppen  vertiefen  sich  nicht  gegen 
den  Kern  des  Krystalles  zu,  womit  die  eigentliche  Treppenbildung  be- 
zeichnet wird,  sondern  sie  laufen  reihenförmig  nur  zu  einer  Kante 
parallel,  wie  in  der  Zeichnung  angedeutet  ist.  Die  Treppen,  deren 
Bildung  durch  das  Auftreten  der  Flächen  von  110  und  OOL  hervor- 
gebracht wird,  erscheinen  nach  oben  zu  selbst  stufig  und  absätzig  und 
interferiren  mit  undeutlich  drüsigen  Bildungen.  Diese  wenigen  Stufen 
sind  an  der  Octaederfläche  sehr  deutlich ; oft  haben  die  Octaederflächen 
in  einer  Reihe  verlaufende  Stufen  in  ziemlicher  Anzahl  aufzuweisen, 
deren  Regelmässigkeit  durch  die  starke  Kerbung  derselben  senkrecht 
auf  ihre  Längenrichtung  etwas  beeinträchtigt  wird. 

Alle  diese  Erscheinungen,  wie  die  Schalenbildung,  landkarten- 
artige Zeichnung,  Bänder,  rauhe  Drusigkeit,  Treppenbildung,  vertiefte 
Flächen,  verschwommene  Drusigkeit,  die  an  Aetzfiguren  erinnert,  kommen 
nicht  nur  für  sich  an  einem  Krystall  vor,  sondern  nicht  selten  zeigt 
eine  jede  Octaederfläche  ein  anderes  Aussehen  wie  dies  der  genau 
nach  der  Natur  gezeichnete  Krystall,  Taf.  II,  Fig.  14  auch  Fig.  15 
versinnlicht,  wo  jede  Fläche  auf  andere  Art  ausgebildet  erscheint. 

Auch  regelmässige  Verwachsung  zeigen  die  Goldkrystalle 
in  deutlichem  Grade. 

Häufig  findet  man  verzerrte  Octaeder,  welche  mit  einer  111 
Fläche  parallel  an  einander  angewachsen  sind,  wo  bald  beide  Individuen 
ziemlich  gleich  gross  erscheinen  oder  das  eine  dem  andern  an  Grösse 
nachsteht.  Taf.  I,  Fig.  4,  5.  Oder  sind  ziemlich  regelmässig  ausge- 
bildete Octaeder  so  aneinander  gewachsen,  dass  ihre  Achsen  parallel 
laufen,  Taf.  I,  Fig.  3;  oder  sind  die  Octaeder  in  der  Richtung  einer 
quadratischen  Achse  aneinandergereiht  wie  auf  derselben  Figur  3.  er- 
sichtlich ist.  Grössere  Octaeder,  die  sich  in  der  Richtung  einer  qua- 
dratischen Achse  regelmässig  aneinanderreihen,  Taf.  II,  Fig.  13  werden 
immer  undeutlicher;  der  oberste  Krystall  ist  der  deutlichste,  die  tieferen 
desto  undeutlicher,  je  tiefer  sie  liegen  und  die  untersten  erscheinen 
bloss  knollig  verzerrt. 

Dass  auch  der  auf  Taf.  II,  Fig.  12  dargestellte  treppenförmige 
Gruppenkrystall  sich  an  diese  regelmässige  Aneinanderwachsung  in  der 
Richtung  einer  quadratischen  Achse  anschliesst,  ist  keiner  näheren  Er- 
klärung bedürftig. 

Von  den  bei  Gold  so  häufig  beobachteten  Zwillingsbildungen 
des  Octaeders,  Hexaeders,  des  Deltoidikositetraeders  311,  Tetrakis- 
hexaeders 210  oder  des  Rhombendodekaeders,  welche  als  Juxtapositions- 
zwillinge  eine  Fläche  des  Octaeders  gemeinschaftlich  haben,  ist  mit 
Sicherheit  nichts  beobachtet  worden.  Vielen  dieser  Zwillinge  kommen 
an  gewissen  Kanten  einspringende  Winkel  oder  Winkel,  die  grösser 
sind  als  180°  zu,  ausser  sie  wären  nach  einer  Achsenrichtung  verkürzt 
oder  verzogen  (Rose  1.  c.  Poggendorf,  Annalen  1.  c. ; Friedr.  Hessen- 


[9] 


Gold  von  Sysertsk  am  Ural. 


9 


berg  Mineralogische  Notizen  7.  Heft,  Tab.  3,  Fig.  35,  36.  Abhandlung 
der  Senkenbergischen  Gesellschaft  in  Frankfurt,  Band  6). 

Dafür  aber  kommen  am  Sysertsker  Golde  häufig  Zwillinge  vor, 
an  denen  zwei  Flächen  von  trigonaler  Gestalt  vorherrschen  und  die 
dadurch  das  Aussehen  kurzer  trigonaler  Platten  oder  bei  unbedeutender 
Dicke  von  trigonalen  Blechen  erlangen.  An  solchen  Zwillingen  sind 
einspringende  Winkel  meist  nicht  zu  beobachten.  Diese  Zwillings- 
krystalle  erlangen  in  ihrer  grössten  Ausdehnung  1 bis  5 Millimeter; 
mit  zunehmender  Grösse  derselben  wird  die  Deutlichkeit  unbedeutender. 

Solche  trigonale  Platten  lassen  sich  als  Octaeder-Juxtapositions- 
zwillinge,  an  denen  die  Berührungsebepe  eine  Fläche  des  Octaeders 
ist,  erklären.  In  Fig.  16,  Tafel  II  ist  ein  Octaeder-Zwilling  nach  der 
Fläche  111  in  Juxtaposition  gezeichnet  und  mit  dünnen  Linien  ausge- 
zogen. Wenn  man  aus  den  Flächen  des  Octaeders,  welche  der  Be- 
rührungsebene parallel  laufen  und  gegen  einander  umgekehrt  liegen, 
Platten  bildet,  wie  dieselben  mit  dicken  Linien  angedeutet  sind  und 
dieselben  an  den  Ecken  anwachsen  lässt,  wie  dies  die  dicken  Punkte 
anzeigen,  und  wenn  man  ausserdem  die  so  erhaltenen  zwei  Platten,  die 
umgekehrt  liegen,  sich  mit  der  Octaederfläche,  welche  zur  Berührungs- 
ebene parallel  ist,  berühren  lässt,  so  dass  sie  beiden  gemeinschaftlich 
wird,  so  erhält  man  diese  bei  Sysertsker  Gold  beobachteten  Zwillinge. 

Wiewohl  die  gegebene  Erklärung  der  Zwillingsbildung  dieser  Art 
hinreichend  ist,  so  erscheint  dieselbe  doch  gezwungen,  da  so  manches 
vorausgesetzt  werden  muss. 

Viel  einfacher  wird  diese  Art  der  Zwillingsbildung  erläutert,  wenn 
das  Gold  als  geneigtflächig  hemitesseral  krystallisirend  angenommen  wird. 

Wenn  beide  aus  einem  Octaeder  durch  Zerlegung  desselben  er- 
haltenen Tetraeder  in  ihrer  ersten  (+)  und  zweiten  ( — ) Stellung  so  an- 
einander gefügt  werden,  dass  sie  eine  Tetraeder-(Octaeder)fläche  gemein- 
schaftlich haben,  wie  es  in  Fig.  17,  Tab.  II  dargestellt  ist,  wo  die 
Fläche  11 1 des  ersten  Tetraeders  in  die  Fläche  lll  des  zweiten  Te- 
traeders fällt,  so  fallen  die  trigonalen  Achsen  beider  Tetraeder,  welche 
durch  die  beiden  gemeinschaftliche  Octaederfläche  zum  gegenüberliegen- 
den Eck  gehen  und  wie  dieselben  in  Fig.  17  durch  dicke  Linien 
punktirt  erscheinen,  nicht  in  eine  Linie.  Wenn  das  vordere,  erste 
oder  positive  Tetraeder  unverändert  gelassen,  das  zweite,  oder  andere 
oder  negative  Tetraeder  aber  in  der,  beiden  gemeinschaftlichen  Octaeder- 
(Tetraeder)-Fläche  um  180°  gedreht  wird,  so  fallen  die  trigonalen  Achsen 
dieser  beiden  umgekehrt  liegenden  Tetraeder  in  eine  Linie,  Fig.  18,  Taf.  II. 

Tritt  nun  noch  zu  jedem  Tetraeder  eine  Octaederfläche  lll  und 
111  hinzu,  so  stellen  diese  Gestalten  Fig.  18  die  am  Golde  von  Sysertsk 
vorkommenden  Zwillinge  vor. 

Das  Gesetz  würde  für  diese  Juxtapositions-Zwillinge  heissen:  Das 
erste  und  zweite  Tetraeder  haben  eine  Tetraederfläche  und  die  auf  der- 
selben senkrecht  stehende  trigonale  Achse  gemeinschaftlich  und  liegen 
demnach  umgekehrt. 

Da  sich  diese  Zwillingsbildung  durch  Annahme  der  tetraedrischen 
oder  geneigtflächig  hemitesseralen  Krystallform  des  Goldes  so  leicht  er- 

Mineralogische  Mittheilungen.  1877.  1.  Heft.  (Helmhacker.)  2 


R.  Helmhacker. 


10 


[10] 


klären  lässt,  muss  wohl  für  das  Gold  die  hemiedrische  Krystallaus- 
bildung  angenommen  werden. 

Betreff  der  tetraedrischen  Krystallgestalt  des  Goldes  ist  es  hier 
nicht  zum  Erstenmale,  dass  darauf  hingewiesen  wird,  denn  schon  Avdejov, 
der  uralisches  Gold  analysirte,  nennt  in  seinem  Aufsatze  (Ueber  das 
krystallisirte  Gold  vom  Bergingenieur-Capitän  Avdeeff1)  in  Poggendorf 
Annal.  d.  Physik  und  Chemie  Band  53,  1841  auf  pag.  159)  „zwei 
zusammengewachsene  Tetraeder  von  0-986  Gramm  Gewicht,  deren  speci- 
fiscbe  Schwere  im  ausgestreckten  Zustande  16  03  war“  und  deren 
Zusammensetzung  er  angibt.  Näheres  ist  von  Avdejov  über  diese 
zusammengewachsenen  Tetraeder  von  Gold,  welche  von  den  Gruben  in 
Berezov  im  Jekaterinburger  Bergamtsdistrict  herstammen,  nicht  ange- 
geben, und  wenn  die  Verwachsung  dieser  analysirten  Krystalle  der- 
jenigen ähnlich  gemeint  war,  wie  sie  hier  als  Zwillingsgesetz  ausge- 
sprochen wurde,  so  würde  diese  Art  der  Verwachsung  schon  lange  auf- 
gefallen sein.  Es  ist  anzunehmen,  dass  die  Angabe  der  tetraedrischen 
Krystallgestalt  des  Goldes  wie  sie  Avdejov  angibt,  richtig  ist,  denn  als 
Probirer  in  Jekaterinburg  stammte  er  aus  der  berühmten  mineralogi- 
schen Schule  der  Bergakademie  von  Petersburg;  ausserdem  hat  der 
treffliche  Mineralog  General  Cevkyn  diese  Mittheilung  an  G.  Bose  über- 
mittelt und  dadurch  die  Richtigkeit  der  Angaben  des  Aufsatzes  anerkannt. 

Die  Dicke  beider  verkehrt  liegenden  Tetraeder  ist  nur  in  den 
selteneren  Fällen  gleich,  wie  auf  Fig.  18,  Taf.  II,  meistens  sind  die- 
selben ungleich  dick,  wie  auf  Fig.  19  und  20,  wo  das  dickere  in  der 
Zeichnung  nach  Yorne  zu  gerichtet  ist.  Die  Zwillinge  sind  entweder 
dick  oder  dünn  plattenförmig,  Fig.  19. 

Wie  bei  einfachen  Krystallen  sind  die  Flächen  der  Zwillinge 
gestreift;  die  trigonale  Fläche  trigonal,  Fig.  19,  Taf.  II,  die  Ränder 
aber  scharf  gestrichelt,  Fig.  20,  Taf.  II. 

An  den  Randflächen  erscheinen  oft  in  vielfacher  Wiederholung, 
also  oscillatorisch,  die  Flächen  von  211  als  absät.zige  schwach  geneigte 
Stufen,  wodurch  die  Streifung  der  Ränder  ihre  Erklärung  erhält. 

Schalenbildungen  sind  an  den  trigonalen  Flächen  nicht  selten; 
so  erscheint  in  Fig.  20,  Taf.  II  auf  der  Fläche  111  eine  ziemlich  dicke 
Schale,  welche  Streifung  trägt  und  trigonale  Vertiefungen  besitzt. 

Auch  unvollkommene  Schalenbildung  ist  zu  beobachten,  wie  in 
Fig.  21,  Taf.  II,  wo  die  Schalen  nur  als  breite  Platten  die  unten  einen 
Winkel  von  60°  bilden,  auf  der  Fläche  111  erscheinen  und  zwei  trigo- 
nale Kanten  verstärken. 

Deutliche  Drusigkeit  oder  Skelettbildung,  sowie  andere  Eigenthüm- 
lichkeiten  der  Flächen  wurden  auf  den  Zwillingsgestalten  nicht  beobachtet. 

Ausser  diesen  einfachen  Gestalten  treten  auch  Combinationen  an 
Zwillingsformen  dieser  Art  auf. 

Die  Flächen  des  Hexaeders,  Taf.  II,  Fig.  21,  erscheinen  mit 
3 Flächen  100,  010,  001  als  Abstumpfungen  der  Kanten,  welche  durch 
zwei  Tetraederflächen  gebildet  werden;  die  Flächen  001,  100,  010  aber 


’)  Ausgesprochen  Avdejov,  demnach  auch  so  zu  schreiben. 


[11] 


Gold  von  Sysertsk  am  Ural. 


11 


bilden  eine  Rinne  im  Zwillingskrystalle,  welche  die  Zusammensetzungs- 
fläche  dann  recht  deutlich  erkennen  lässt. 

Neben  dem  Hexaeder  tritt  aber  auch  das  Deltoidikositetraeder 
211  auf,  welches  auf  Zwillingen  dieses  Gesetzes  recht  leicht  erkannt 
werden  kann,  ohne  dass  man  nöthig  hätte  dasselbe  zu  messen.  Es 
stehen  nämlich  die  Flächen  dieser  Gestalt  auf  einer  der  Octaeder- 
flächen,  folglich  auch  auf  einer  der  Tetraederflächen  senkrecht.  Auf 
der  Fläche  1 11  oder  1 1 1 stehen  in  den  Ecken  der  Flächen  senkrecht : 
121,  211  und  112;  auf  denselben  Flächen  stehen  in  der  Richtung  der 
Kanten  senkrecht  : 112,  211,  121.  Es  stehen  demnach  auf  dieser 
Tetraederfläche  111  sechs  Flächen  dieses  Deltoidikositetraeders  senk- 
recht; und  weil  diese  Tetraederfläche  die  Zusammensetzungsfläche  ist, 
so  müssen  auch  diese  sechs  Flächen  des  andern  in  umgekehrte  Lage 
gebrachten  Tetraeders  auf  der  Berührungsfläche  senkrecht  stehen,  dem- 
nach diese  sechs  Flächen  des  Zwillinges  nach  der  Drehung  des  einen 
Tetraeders  in  eine  Ebene  zusammenfallen.  Es  entstehen  demnach  keine 
einspringenden  Winkel,  was  bei  einem  jeden  anderen  Deltoidikosite- 
traeder der  Fall  sein  würde,  weil  bei  keinem  Deltoidikositetraeder  nur 
bei  211  die  Flächen  auf  den  Octaederflächen  senkrecht  stehen.  Diesen 
Zwilling  zeigt  Taf.  II,  Fig.  22.  An  demselben  Zwilling  treten  auch 
nur  3 Hexaederflächen  auf;  die  drei  andern  Hexaederflächen  könnten 
nur  in  dem  zarten  Strich  (als  feiner  Rinne)  zwischen  den,  in  der  Rich- 
tung der  Zusammensetzungsebene  liegenden  drei  Flächen  112,  211,  121 
und  den  mit  denselben  in  eine  Ebene  fallenden  3 umgekehrt  liegenden 
vorhanden  sein. 

Nachdem  die  tetraedrische  Ausbildung  der  Goklkrystalle  nachge- 
wiesen ist,  kann  die  auf  Taf.  I,  Fig.  9 auf  Octaedern  auftretende  Ker- 
bung der  Kanten  ohne  bedenkliche  Hindernisse,  die  dagegen  sprechen 
würden,  auch  auf  die  Art  erklärt  werden,  dass  in  solchen  Krystallen 
eigentlich  zwei  sich  durchdringende  beinahe  im  Gleichgewicht  ent- 
wickelte Combinationen  des  ersten  (+)  und  des  zweiten  ( — ) Tetrae- 
ders vorliegen.  Der  Krystall  Fig.  9 wäre  demnach  ein  Penetrations- 
Zwilling  , obwohl , wie  oben  angeführt , die  Kantenfurchung  auch 
durch  Schalenbildung  ihre  Erklärung  finden  würde. 

Um  möglicher  Weise  auf  den  Zusammenhang  der  tetraedrischen 
Krystallgestalt  mit  der  Zusammensetzung  zu  kommen,  wurde  das  speci- 
fisehe  Gewicht  aller  dieser  verfügbaren  eigenthiimlichen  Zwillinge  des 
Goldes  von  trigonaler  Form  im  Gesannnt-Gewichte  von  0-50  Gramm 
(11  Stück)  mit  16’416  bestimmt. 

Es  kann  jedoch  aus  der  Dichte  kein  weiterer  Schluss  gezogen 
werden,  ausser  dass  möglicher  Weise  das  Gold  der  Zwillinge  silber- 
hältiger  ist,  wenn  auf  die  Richtigkeit  der  Dichtenbestimmung  bei  der 
geringen  Menge  eines  so  sehr  schweren  Minerales,  wie  es  das  Gold  ist, 
ein  besonderes  Gewicht  zu  legen  wäre.  Im  äussersten  Falle  ist  das 
specif.  Gewicht  der  Zwillinge  demjenigen  der  Octaeder  sehr  nahe. 

An  diesem  Orte  sei  es  gestattet  die  Beobachtung  Avdöjov’s  hier 
einzuschalten;  dass  die  Gold-Rhombendodekaeder  die  goldreichsten  sind 
und  am  Ural  nie  unter  9 1 °/0  Au  enthalten,  während  die  Octaeder  und 

2* 


R.  Helmhacker. 


12 


[12] 


Tetraeder  ärmer  an  Au  sind;  die  Tetraeder  aber  wieder  goldreicher 
als  die  Octaeder  erscheinen. 

Diese  zweite  Angabe,  dass  die  Tetraeder  goldreicher  als  die 

Octaeder  wären,  hat  keine  allgemeine  Geltung,  denn  .da  nur  ein  ein- 
ziger solcher  Versuch  bei  Avdejov  gemacht  wurde,  ist  er  nicht  zu  ver- 
allgemeinen;  unsere  Tetraederzwillinge  wiedersprechen  dem  aber  be- 
stimmt. Der  bedeutende  Reichthum  an  Gold  in  Krystallen  der  Form  von 
Rhombendodekaedern  gegenüber  dem  Goldgehalte  anderer  Krystall- 

gestalten  des  Goldes  bewährt  sich  aber  und  findet  an  den  Rhomben- 
dodekaedern des  Goldes  von  Eule  in  Böhmen,  die  gegen  98%  Au  ent- 
halten, seine  nochmalige  Bestätigung. 

Auch  einer  anderen  wichtigen  Eigenschaft  des  Goldes,  die  in  den 
Handbüchern  meist  vermisst  wird  und  die  Avdejov  nachwies,  sei  hier 

erwähnt;  nämlich  der  Zunahme  des  specifischen  Gewichtes,  welches 

das  krystallisirte  Gold  erleidet,  wenn  es  ausgewalzt  wird.  Das  krystalli- 
sirte  Gold  hat  nicht  das  Maximum  der  Dichte  des  Goldes.  Avdejov 
wies  dies  durch  vielfache  Versuche  nach,  indem  er  die  Dichte  von 
Goldkrystallen  bestimmte,  dann  dieselben  verwalzte  und  die  Goldstengel 
wieder  auf  die  Dichte  untersuchte. 

Zum  Schlüsse  seien  hier  noch  die  bisher  am  Gold  beobachteten 
einfachen  Krystallgestalten  angeführt: 

1)  100  Hauy  7)  321  Lang2) 

2)  111  „ 8)  421  Rose 

3)  110  „ 9)  19,  11,  1 ? Rose3) 

4)  210  Rose  10)  x 111  Avdejov4) 

5)  211  Dufrenoy1)  11)  x 111  „ 

6)  311  Rose 

Es  ist  demnach,  trotzdem  dass  das  Gold  ein  so  gemein  verbrei- 
tetes Mineral  ist,  welches  auch  nicht  gar  so  selten  krystallisirt  ange- 
troffen wird,  die  Zahl  der  an  demselben  beobachteten  Flächen  eine 
unbedeutende,  was  der  Kleinheit  der  Formen  der  Krystalle,  noch  mehr 
aber  ihrer  verzerrten  Ausbildungsweise  zuzuschreiben  ist. 


])  Die  Form  211  findet  man  selten  in  Lehrbüchern,  oder  als  zweifelhaft 
angeführt,  obwohl  sie  Dufrenoy  Comptes  rendu  29,  193  am  Golde  von  der  Provinz 
Goyaz  in  Brasilien  angibt.  Diese  Form,  deren  Vorkommen  hier  unzweifelhaft  nach- 
gewiesen ist,  scheint  wirklich  nicht  gemein  zu  sein. 

Mohs  gibt  im  „Grundriss  der  Mineralogie“  1824  p.  510  am  Golde  an:  H 100, 
0 111,  D 110,  C2  211,  welches  er  richtig  in  Tom.  I Fig.  30  abbildet.  Bei  Gold- 
zwillingen gibt  er  an  die  Zwillingsbildung  C2  nach  0,  die  er  auf  Fig.  153  Tom.  II 

zeichnet  und  auf  pag.  729  als  C2  j-^-J  erklärt.  Die  Zeichnung  Fig.  153  stellt  aber 

nicht  die  Form  C2  sondern  diejenige  von  C3  311  vor,  so  dass  man  schliesslich  nicht 
sicher  ist  was  wichtiger  erscheint,  ob  der  Text  oder  die  Zeichnung? 

2)  Nach  Lang,  Jahresbericht  für  Chemie  1863,  pag.  791  soll  am  Gold  diese 
Form  30f  Vorkommen.  Es  scheint  also  diese  Gestalt  am  Golde  nicht  gänzlich 
sichergestellt  zu  sein. 

3)  Diese  in  Poggendorf  Annalen  Band  23,  1831  p.  199  besprochene  Form 
vereinfacht  Quenstedt  (Mineralogie  1863  p.  556)  zu  3a  : fa  : ~a  = 15,  9,  1. 

4)  Avdejov  gehört  die  Priorität  für  diese  Formen,  da  er  (1.  c.  p.  159)  von 
denselben  spricht. 


Lieber  Diabas  von  Almaden  und  Melaphyr  von  Hankock. 


Von  R.  Helmliacker. 


1.  Diabas  von  Almaden  (Spauien). 

Die  Stadt  Almaden  liegt  in  dem  Kreise  Ciudad-Real  in  der  Pro- 
vinz la  Manche  in  Spanien.  In  der  Umgebung  der  Stadt  treten  sibirische 
und  devonische  Schichten  auf,  wie  dies  von  Barrande  und  Verneuil 
nachgewiesen  wurde,  in  deren  ersteren  die  reichen  Cinnabarit  - Lager- 
stätten zum  Vorschein  kommen. 

Die  Gesteine  bestehen  aus  schwarzen,  bräunlichen  oder  weissen 
Grauwacken  schiefem  mit  Versteinerungen  und  aus  meist  weissen  oder 
röthlichen,  theilweise  mit  weissen  Adern  durchzogenen  feinkörnigen 
Quarziten,  welche  in  der  Nähe  der  Schiefer  schwarzgrau  werden. 

Ein  Vorkommen,  welches  an  gewisse  untersilurische  Schichten  in 
Böhmen,  insbesondere  an  den  unteren  Theil  der  Etage  D errinnert. 

Mit  diesen  Gesteinen  kommt  ein  anderes  vor,  welches  den  Namen 
„Frailesca“  führt,  und  das  im  Grauwackenschiefer  mächtige  Lager  zu 
bilden  scheint,  welche  in  der  Nähe  der  im  Quazit  auftretenden  Cinna- 
barit - (Lager)  Imprägnationen  auftreten.  Ob  sich  dieses  Gestein  im 
Hangenden  oder  Liegenden  der  Erzlager  befindet,  erscheint  nach  den 
Grubenkarten  bei  dem  steilen  und  selbst  beiderseitigen  Verflachen  der 
Schichten  unentschieden,  weil  die  Lager  am  Ausbiss  nach  75 — 80° 
gegen  Nord  in  der  Grube  aber  am  9.  und  10.  Lauf  nach  Süden  ein- 
fallen. 

Der  San  Teodoroschacht  ist  in  dieser  Frailesca  bis  zwischen  dem 
10.  und  11.  Lauf  niedergeteuft. 

Die  beste  Beschreibung  von  den  wenigen,  die  über  Almaden’ s 
Quecksilber-Bergbau  bekannt  sind,  ist  diejenige  vom  Bergwerks-General- 
inspector Jose  de  Monasterio  y Correa,  welche  sich  unter  dem  Titel: 

Mineralogische  Mittheilungen.  1877.  1.  Heft.  (Helmhacker.) 


14 


R.  Helmhacker. 


[2] 


„Notice  sur  les  mines  de  mercure  d’Almaden  (Espagne)“  in  der  Revue 
universelles  de  mines,  de  la  metallurgie  etc.  von  Cuyper;  Tome  29, 
I.  Semestre  1871,  auf  pag.  1 — 26  vorfindet. 

Monasterio  y Correa  beschreibt  nun  dieses  Gestein,  welchem  die 
Bergleute  den  Namen  von  „frailesca“  oder  „franciscana“  wegen  seiner 
Aehnlichkeit  mit  der  Farbe  des  Kleides  der  Franciscaner,  (Cordeliers 
— frailes  franciscos),  welche  dasselbe  oft  besitzt,  gegeben  haben,  fol- 
gendermassen  (pag.  8.  1.  c.) : 

„Diese  Gebirgsart  hat  eine  schiefrige  breccienartige  Structur  mit 
Bruchstücken  von  schwarzem  Schiefer,  mit  dem  Bindemittel  von  dolo- 
mitischem lichtgrauen  Kalk,  und  ist  untermischt  mit  kleinen  Sand-  und 
Quarzitkörnchen.  Sie  ist  sehr  hart  und  an  der  Luft  sehr  widerstands- 
fähig, zwei  Umstände,  welche  dieselbe  zum  Abteufen  der  Schächte  in 
Almaden  recht  geeignet  machen,  welche  dadurch  weder  Zimmerung 
noch  Mauerung  bedürfen. 

Die  Frailesca  begleitet  die  Schichten,  welche  die  Cinnabaritlager- 
stätte  bilden,  folgt  ihren  Biegungen,  obwohl  sie  auf  den  ersten  Blick 
den  Anschein  einer  Art  Insel  hat,  die  inmitten  der  Quarzite  und 
Schiefer  ruht.“ 

Das  zeugt  nun  für  die  Lagernatur  dieses  Gesteines. 

Weiter  heisst  es  hier:  „Die  plutonischen  Felsarten  des  Gebietes 
von  Almaden  sind  ziemlich  zahlreich  und  gehören  ohne  Zweifel  ver- 
schiedenen Zeiträumen  an.“ 

„Wir  erwähnen  bloss  die  Melaphyre,  die  trachytischen  Porphyre 
und  die  Granite;  da  es  unser  Zweck  war  nur  eine  Idee  der  allgemeinen 
Verhältnisse  der  Gegend  zu  geben,  in  welcher  die  Gruben  sich  befinden.“ 

Auf  der  Grubenkarte,  die  den  neunten  Lauf  im  Grundriss  dar- 
stellt, ist  ein  solches  mit  dem  Namen  Porphyr  bezeichnetes  Gestein 
verzeichnet,  an  dem  das  San  Nicolas  - Lager  im  östlichen  Grubentheil 
schief  absetzt  und  welches  demnach  einen  Stock  oder  Gang  bilden 
würde,  wenn  nicht  vielleicht  eine  Verwerfung  vorliegt,  worüber  auszu- 
sprechen es  hier  unmöglich  ist. 

Mit  einer  Suite  das  Erzvorkommen  von  Almaden  auf  der  Wiener 
Weltausstellung  1873  vorstellend,  erhielt  ich  Kenntniss  von  diesen 
beiden  Gesteinen:  dem  Gestein,  welches  man  in  Almaden  „Porphyr“ 
und  „Frailesca“  nennt.  Dieselben  sollen  hier  nicht  nur  aus  der  Ursache 
beschrieben  werden,  weil  das  Vorkommen  des  Erzes  dort  eines  der 
interessantesten  ist,  sondern  weil  diese  sibirischen  Gesteine  bis  zum 
Verwechseln  an  böhmische  Vorkommnisse  erinnern. 

Das  unter  dem  Namen  Porphyr  von  Almaden  angeführte  Gestein 
ist  Diabas.  Derselbe  ist  von  den  frischeren  Diabasen  von  Sedlec  bei 
St.  Ivan  und  Radotm  in  Böhmen,  welche  in  den  oberen  Schichten  der 
Etage  Dd5  Lager  (gewesene  Decken)  bilden,  kaum  zu  unterscheiden, 
nur  dass  er  etwas  frischer  erscheint,  eben  weil  er  aus  der  Grube 
stammt.  Der  nur  wenig  zersetzte  spanische  Diabas  zeigt  auf  einer  an- 
geschliffenen Fläche  deutlich  bis  1V2  mm.  breite  und  bis  8 mm.  lange 


[3] 


Ueber  Diabas  von  Almaden. 


15 


Querschnitte  von  Plagioklas  neben  schmutzig  dunkelgrünen  andern  Ge- 
mengtheilen. 

Im  Bruche  sind  die  Spaltungsflächen  des  Plagioklases  (Labradorites) 
glänzend,  ziemlich  deutlich,  und  die  meisten  auf  001  gestreift;  selbst  Kry- 
stallflächen  von  001  und  010  lassen  sich  beobachten.  Die  Neigung  dieser 
zwei  freilich  nicht  gänzlich  ebenen  Flächen  von  1 mm.  Breite  wurde 
unter  dem  Mikroskope  durch  Einstellen  mit  der  Hand  93°  32'  (aus 
mehreren  Messungen)  bestimmt.  Die  weissen  Krystalle  des  Labradorites 
erscheinen  stellenweise  schmutzig  grünlich  durch  staubartig  eingedrun- 
genen Chlorit  gefärbt,  manche  erscheinen  wie  gebrochen  und  mit  wolkig 
vertheiltem  Chlorit  verbunden. 

Mit  dem  Labradorit  der  Menge  nach  ziemlich  im  Gleichgewichte 
stehend  ist  der  Augit.  Derselbe  zeigt  keine  deutlich  begrenzten  Krystall- 
flächen,  auch  keine  deutliche  Spaltbarkeit,  sondern  einen  unebenen 
Bruch  und  dunkelbraune  Farbe.  Er  scheint  sich  mit  seinen  Formen 
mehr  den  früher  krystallisirten  Plagioklasen  angeschmiegt  zu  haben. 

In  geringerer  aber  doch  hervortretender  Menge  tritt  der  Chlorit 
in  sehr  feiner  Vertheilung  auf,  welcher  theilweise  in  grösseren  Partikel- 
chen ausgeschieden  ist,  aber  als  grünfärbendes  Mineral  im  weissen 
Labradorit  besonders  auffällig  wird. 

In  geringster  Menge  finden  sich  kurze  höchstens  1li  mm.  dicke 
Plättchen  von  eigentümlich  eisenschwarz  glänzendem  Ilmenit. 

In  besonders  günstigen  Fällen  lassen  sich  dessen  nicht  ganz  pa- 
rallel verwachsene  Gruppenkrystalle  0001,  1011?  und  1010  schon  mit 
der  Loupe  erkennen.  Dass  dieses  Mineral  wirklich  Ilmenit  und  nicht 
Magnetit  ist,  zeigen  dessen  Bruchformen,  die  parallelepipedisch  sind; 
ausserdem  aber  wurde  dasselbe  vor  dem  Löthrohr  als  Ilmenit  bestimmt. 

Hie  und  da  zerstreut  finden  sich  Körnchen  oder  Gruppen  von 
Pyrit  in  ziemlich  untergeordneter  Menge. 

Der  wenig  zersetzte  Diabas  enthält  keinen  Calcit  als  Zersetzungs- 
product  des  Plagioklases,  indem  derselbe  in  verdünnter  Chlorwasser- 
stoffsäure keine  Gasblasen  entwickelt,  ja  der  Labradorit  sich  gar  nicht 
mit  Bläschen  von  Kohlensäure  bedeckt. 

Im  Dünnschliff  zeigt  das  Gestein  folgende  Eigenthümlichkeiten 
unter  dem  Mikroskope: 

Die  Plagioklase  erscheinen  bei  starker  Vergrösserung  nicht  gänz- 
lich durchsichtig,  obwohl  sie  im  polarisirten  Lichte  recht  deutlich 
wenige  Zwillingslamellen  zeigen.  Entweder  in  der  Richtung  einer  Spal- 
tungsfläche, oder  ohne  alle  Regel  zeigen  sich  in  derselben  kleine  Chlorit- 
schuppen: stellenweise  sind  inmitten  der  Labradoritmasse  nur  sehr 
wenige,  theilweise  übereinander  geschobene  solche  Schüppchen  anzutreffen. 
Ausser  diesen  Chloriteinschlüssen  sind  in  den  Plagioklaskrystallen  stel- 
lenweise sehr  zahlreich  hexagonale  lange  Apatitnadeln  eingewachsen. 
Die  Nadeln  sind  alle  ziemlich  gleich  dick,  etwa  x/6 0 mm. 

Der  Augit  zeigt  unter  dem  Mikroskope  eine  licht  gelblichbraune 
Farbe  und  ziemlichen  Grad  von  Durchsichtigkeit;  derselbe  ist  von 


16 


R.  Helmhacker. 


[4] 


zahlreichen  dicken  Sprüngen  in  allen  Richtungen  durchsetzt,  innerhalb 
welcher  die  Augitsubstanz  im  polarisirten  Lichte  lebhafte  Farben  zeigt, 
entgegen  den  schwachen  chromatischen  Erscheinungen  des  Augites,  des 
Diabases  aus  der  Tiefe  von  1000  m.  des  Adalberti  - Liegendganges  in 
Pribram.  Die  Ränder  des  Augites,  obwohl  scharf,  sind  dennoch  nicht 
scharfkantig.  Nur  bei  bedeutenden  Vergrösserungen  von  400—500  be- 
merkt man,  dass  sich  in  manchen  Klüften  des  Augites  etwas  Chlorit 
angesiedelt.  hat. 

Wenn  aber  sonst  am  frischen  Augit  Chloritschuppen  zu  sehen 
sind,  so  lassen  sich  dieselben  eher  als  selbstständige  Aggregate  als  im 
Augit  eingewachsene  Parthien  deuten.  Starke  Vergrösserungen  lassen 
im  Augit  zahlreiche  Flüssigkeitseinschlüsse  bemerken.  Fremdartige 
Einschlüsse,  insbesondere  aber  Apatit,  sind  im  Augit  abwesend. 

Der  Chlorit,  obwohl  nach  Plagioklas  und  Augit  das  in  geringerer 
Menge  auftretende  Mineral,  ist  durch  reine  gelblichgrüne,  oder  bräunlich 
grüne,  meist  aber  lebhaft  saftgrüne  Farbe,  wo  er  aus  zahlreichen  Schup- 
pen bestehende  selbstständige  Parthien  bildet,  auffällig.  Die  im  Plagio- 
klas eingewachsenen,  oder  auch  etwas  loser  gehäuften  Schuppen  sind 
mattgrünlich. 

Immer  ist  aber  ihr  Dichroismus  bedeutend  und  zeigen  dieselben 
auch  chromatische  Erscheinungen  im  polarisirten  Lichte,  wiewohl  in 
schwachen  Graden.  Die  nicht  schuppig  zusammengesetzten  Chlorite 
zeigen  bei  starker  Vergrösserung  Flüssigkeitseinschlüsse. 

Der  Ilmenit  fällt  durch  seine  Undurchsichtigkeit  auf;  Schliffe  in 
der  Richtung  quer  auf  eine  hexagonale  Nebenachse  lassen  ihn  als 
langgezogene  Rechtecke  zum  Vorschein  kommen.  Häufig  liegen  solche 
Rechtecke,  also  die  ursprünglichen  Krystalle  so  nahe  an  einander,  dass 
zwischen  denselben  nur  ein  so  enger  Zwischenraum  stattfindet,  der 
gegenüber  der  Dicke  der  Krystalle  unbedeutend  ist.  Die  Dicke  der 
Umenitkrystalle  schwankt  zwischen  Vio  bis  Vs  mm-  Manche  Krystalle 
dieses  Minerales  bilden  im  Schliffe  netzförmig  sich  kreuzende  Aggregate. 

Der  Menge  nach  mit  dem  Ilmenit  wohl  übereinstimmend,  oder 
nur  unbedeutend  zahlreicher  sind  kleine  Quarzkörnchen  von  3/ö  bis 
3/10  mm.  Breite,  die  sich  den  Untersuchungen  des  Diabases  mit  der  Loupe 
gänzlich  entziehen  und  nur  durch  den  bedeutenden  Grad  ihrer  Durchsich- 
tigkeit, die  wenig  langgezogene,  vielmehr  gerundete  Form,  dann  durch 
die  zahlreichen  Flüssigkeitseinschlüsse,  welche  sie  bei  starken  Vergrös- 
serungen zeigen,  sowie  durch  ihre  starke  Farbenveränderung  im  polari- 
sirten Lichte  unter  dem  Mikroskope  auffallen.  Die  Quarzkörnchen  lieben 
besonders  die  Nähe  des  Plagioklases. 

Calcit,  sowie  irgend  welche  amorphe  Glasmasse,  ist  nicht  nachge- 
wiesen worden. 

Schwarze  gehäufte  Körner  lassen  sich  als  Pyrit  erkennen. 

In  einem  an  Chlorit  anstossenden  Quarzkörnchen  stacken  vom 
Chlorit  aus  büschelförmig  verlaufend  einige  kurze  am  Ende  schief  ab- 
geschnittene Kryställchen  von  etwas  bedeutenderer  Dicke  als  die  Apa- 


[5] 


Ueber  Diabas  von  Almaden. 


17 


titkryställchen  und  von  bläulich  grüner  Farbe.  Da  der  Dichroismus  der- 
selben ziemlich  bedeutend  war,  so  dürften  dieselben  als  Amphibol  zu 
deuten  sein! 

Das  specif.  Gewicht  des  Diabases  wurde  mit  2-874  (mit  2'42 
Gramm)  bestimmt. 

Nicht  nur  die  äussere  Erscheinungsweise,  sondern  auch  das  Ver- 
halten unter  dem  Mikroskope  dieses  Diabases  von  Spanien  stimmt  auf- 
fällig mit  den  Diabasen  von  Böhmen,  die  aber  als  etwas  zersetzt  Calcit 
einschliessen.  Frische  Diabase  von  Böhmen  dürften  auch  des  Calcites 
entbehren. 

Das  zweite,  in  Almaden  als  Lager  vorkommende  Gestein,  die 
„Frailesca“  ergibt  sich  als  Diabastuffschiefer  (oder  Schalstein- 
schiefer) und  hat  mit  manchen  in  der  tiefsten  Zone  der  Etage  D und 
zwar  in  Ddi  in  Böhmen  auftretenden  Gesteinen,  die  auch  mitunter 
ziemlich  haltbar  sind,  eine  bedeutende  Aehnlichkeit. 

Das  Gestein  ist  grobschiefrig,  im  Bruche  unebenschiefrig  und 
besteht  aus  einer  schwarzgrauen,  grauwackenschieferartigen  feinkörnigen 
Masse,  in  welcher  scharfkantige  kleine  bis  höchstens  haselnussgrosse 
Bruchstücke,  mit  der  platteren  Seite  zur  Schieferung  parallel  gelagert, 
von  schmutzig  lichtgrauer  oder  gelblichgrauer  Farbe  zahlreich  einge- 
bettet sind. 

Diese  scharfkantigen  Trümmer  erweisen  sich  als  ein  zusammen- 
gesetztes im  hohen  Grade  zersetztes  Gestein,  vielleicht  als  Diabastuff. 
Sowohl  die  schwarzgraue  schiefrige  Grundmasse  als  auch  die  Brocken 
sind  mit  dem  Messer  ritzbar,  angehaucht  geben  sie  einen  starken  Thon- 
geruch von  sich,  und  sind  quer  auf  die  Richtung  der  schiefrigen  Textur 
mit  dünnen,  höchstens  Millimeter  dicken  Calcitklüftchen,  welche  sowohl 
durch  die  Grundmasse  als  die  eingebetteten  Brocken  durchgehen,  spär- 
lich durchsetzt. 

Sowohl  die  Grundmasse  als  die  Brocken  entwickeln  in  kalter 
verdünnter  Chlorwasserstoffsäure  keine  Bläschen,  wohl  aber  in  erwärmter, 
zum  Beweise,  dass  sie  durch  Dolomit  oder  dolomitischen  Kalk  im- 
prägnirt  sind. 

Mit  dem  Mikroskope  kann  man  solchen  hoch  zersetzten  Trümmer- 
Gesteinen  nicht  beikommen,  es  entscheidet  da  mehr  die  Aehnlichkeit 
mit  andern  schon  gut  bekannten  Gebilden  und  da  muss  die  zum  Ver- 
wechseln grosse  Aehnlichkeit  von  manchen  (unter)-silurischen  Gesteinen 
in  Böhmen  und  Spanien  auffallen. 

Durch  die  Munificenz  des  hohen  Ministeriums  für  Landescultur 
und  Bergwesen  wurden  die  demselben  untergeordneten  Bergakademien  mit 
einer  Suite  von  Almadener  Erzen  und  Gesteinen,  welche  auf  der  Wiener 
Weltausstellung  Vorlagen,  betheilt,  und  dadurch  diese  Arbeit  ermöglicht. 


Mineralogische  Mittheilungen.  1877.  1.  Heft  (Helmhacker  ) 


3 


18 


R Helmhacker. 


[6] 


2.  Melaphyr  von  Hankock  (Michigan  U.  S.)» 

Die  Melaphyre  des  Iveweenaw-Point  im  Lake  Superior,  Michigan 
U.  S.  bilden  mächtige  Lager  im  Untersilur  und  zwar  in  der  Potsdam- 
Gruppe,  welche  aus  Sandsteinen  und  Conglomeraten  bestellt.  Früher 
wurden  diese  in  Amerika  als  Trapp  (Diabas)  bezeichneten  Gesteine 
der  Permformation  zugezählt,  haben  sich  aber  als  untersilurische  Mela- 
phyre, welche  durch  ihre  reichen  Lagerstätten  von  gediegen  Kupfer 
und  Silber  berühmt  geworden  sind,  erwiesen.  Schon  Geinitz  bezeich- 
nete  ein  ihm  übermitteltes  Gesteinsstück  aus  der  Kupferregion  des 
Superior-Sees  sogleich  als  Melaphyr. 

Schon  lange  war  es  mir  sehr  erwünscht,  diese  untersilurischen 
Gesteine  zu  erlangen  und  Prof.  Kupelwieser  erfüllte  dies  Jahr  meine 
Bitte,  indem  er  mir  zwei  Brocken  des  Eruptivgesteines  mitbrachte, 
wofür  ich  demselben  dankbar  bin. 

Diese  Gesteine  stammen  von  der  Quincy-mine,  nördlich  in  der 
Stadt  Hankock,  welche  im  südlichen  Theil  von  Keweenaw- Point  am 
Lake  Superior,  Michigan  U.  S.  liegt. 

Der  eine  Brocken  ist  vom  Hangenden,  der  andere  vom  Liegenden 
der  Kupfer- Lagerstätte. 

a)  Melaphyr  des  Kupfer-Hangende  n. 

Das  Gestein  im  Hangenden  der  Lagerstätte  von  gediegen  Kupfer 
ist  kleinkörnig  und  schon  mit  freiem  Auge  erkennt  man  in  demselben 
zwei  Gemengtheile;  einen  blass  fleischrothen  spaltbaren,  welcher  in  den 
grösseren  Körnchen  lichtgrünlich  verblasst  ist  und  den  man  auf  den 
ersten  Blick  für  Orthoklas  halten  könnte,  wenn  nicht  andere  kleinere 
stabähnliche  Ivrystalle  unter  der  Loupe  eine  oder  höchstens  zwei  Fur- 
chen auf  einigen  der  Spaltungsflächen  zeigen  würden.  Weil  dieses  dem 
Orthoklas  ähnliche  Mineral  im  Dünnschliffe  die  Zwillingsstreifung  nicht 
so  deutlich  zeigt  als  es  wünschenswerth  erscheinen  würde  und  in  welchem 
man  wohl  dann  Orthoklas  vermuthen  könnte,  wurde  ein  Bröckelchen, 
an  welchem  die  Spaltungsrichtungen  001  und  010  ersichtlich  waren, 
unter  dem  Mikroskope  eingestellt  und  der  Winkel  beider  Spaltungsrich- 
tungen aus  12  Beobachtungen  im  Mittel  mit  86°  50'  (Gränzwerthe  von 
84°  10'  bis  88°  20')  bestimmt.  Weil  aber  die  Gränzwerthe  zu  weit 
auseinander  fielen,  was  wegen  der  nicht  vollkommenen  Ebenheit  der 
Haltungsflächen  erklärlich  erscheint,  wurde  ein  anderer  etwas  grösserer 
gegen  2 mm.  langer  Krystall  herausgelöst  und  zerbrochen  und  der 
Winkel  der  Theilungsflächen  nochmals  aus  7 Beobachtungen  mit  93°  10' 
(zwischen  den  Gränzwerthen  von  92°  20'  und  94°  10')  bestimmt.  Die 
Uebereinstimmung  beider  Beobachtungen  bestätigt  also  das  Vorhanden- 
sein eines  Plagioklases. 

Der  andere  Gemengtheil  ist  tief  dunkelgrün,  wenig  glänzend,  dicht, 
uneben  brechend ; derselbe  ist  weder  Olivin,  weil  er  nicht  dessen  Härte 
besitzt,  noch  Serpentin,  weil  er  sich  mit  Calcit  leicht  zu  einem  grün- 


[7] 


Gtolcl  von  Syiel-tsk  am  Ural. 


19 


liehen  Pulver  schaben  lässt  und  dabei  milde  ist.  Das  Mineral  würde 
man  am  ehesten  noch  für  dichten  Chlorit  oder  ein  demselben  ähnliches 
Mineral  zu  halten  geneigt  sein. 

Mehr  Mineralien  sieht  man  mit  freiem  Auge  in  dem  Gesteine  nicht. 

Im  Dünnschliff  zeigt  das  Gestein  eine  mannigfaltigere  Zusammen- 
setzung als  diejenige,  welche  sich  dem  freien  Auge  darbietet. 

Vorherrschend  erscheinen  unter  dem  Mikroskope  langgezogene 
Stäbe  von  Plagioklas  von  gegen  J/l0  mm.  Breite,  durch  deren  parallele 
Verwachsung  mit  ihren  längeren  Seiten  aber  breitere,  an  den  Ecken 
rechtwinklig  stufig  abgesetzte,  oder  nicht  gebrochenlinig  begränzte 
parallele  Verwachsungen  entstehen.  Die  Farbe  ist  licht  fleischroth, 
doch  nur  stellenweise ; ein  Dritttheil  bis  die  Hälfte  der  Plagioklasdurch- 
schnitte  ist  unregelmässig  meergrün  gefärbt.  Die  meergrüne  Färbung, 
obwohl  auch  im  Krystallinnern  unbestimmt  begränzt  auftretend,  nimmt 
meist  die  Enden  oder  Ränder  der  rechteckigen  Querschnitte  ein,  so 
dass  dieselbe  als  eine  secundäre  aufzufassen  ist.  Bei  starken  Vergrösse- 
rungen  von  300—400  erweiset  sich  ein  Theil  der  licht  lleischrothen 
Farbe  als  von  zarten,  schmutzig  röthlichbraunen,  durchscheinenden 
Schuppen,  wahrscheinlich  von  Haematit  herrührend,  während  die  Ur- 
sache der  meergrünen  Färbung  nicht  zu  ergründen  ist.  Im  gewöhn- 
lichen Lichte  zeigen  sich  spärliche  Zwillingsstreifen  beinahe  etwas 
deutlicher  als  im  polarisirten,  weil  das  Farbenspiel  der  Plagioklase  ein 
undeutliches  ist.  Die  frischeren  fleischrothen  Parthien  zeigen  andere, 
bald  blässere  bald  deutlichere  Farben  im  polarisirten  Lichte  als  die 
meergrünen,  welche  Aggregatpolarisation  zeigen  und  sich  als  wenig 
spaltbar,  demnach  als  fein  krystallinisch,  bei  sehr  schwacher  Vergrösse- 
rung  als  dicht  ergeben.  Wegen  der  undeutlichen  Erscheinungen,  welche 
auf  wiederholte  Zwillingsbildung,  also  auf  einen  Plagioklas  deuten 
würden,  wurden  die  früher  angegebenen  Winkel  der  Spaltungsgestalten 
bestimmt;  ein  Fingerzeig,  wie  leicht  man  den  Plagioklas  mit  Orthoklas 
verwechseln  könnte. 

Die  kleineren  Rechtecke  des  Plagioklases  sind  bis  auf  unbedeu- 
tende Parthien  schon  gänzlich  meergrün  gefärbt. 

Das  zweite  Mineral,  nach  dem  Plagioklas  das  häufigste,  tritt  in 
ziemlich  grossen,  gerundet  eckigen,  lebhaft  saftgrünen  Massen  auf,  welche 
als  ein  Zersetzungsproduct  des  Olivins  zu  deuten  wären.  Dichroismus 
zeigt  das  saftgrüne  Mineral  wohl,  aber  nicht  sehr  bedeutend ; im  polari- 
sirten Lichte  zwischen  beiden  Nikols  zeigt  es  deutliche  Farbenände- 
rungen von  gelblich,  gelblichgrün , grünlichbraun  bis  dunkeiblattgrün 
und  erweiset  sich  in  den  meisten  Fällen  als  ein  schuppiges  Aggregat 
mit  Aggregatpolarisation.  Zersprungene  Parthien  sind  nicht  häufig  zu 
beobachten;  einige  haben  einen  ganz  deutlichen  Rand;  andere,  aber  nicht 
die  meisten,  besonders  die  kleineren  wurden  am  Rande  von  röthlich- 
braunen durchscheinenden  auch  in’s  Innere  reichenden  schuppigen  Fetzen 
von  Haematit  eingefasst,  welche  am  äussersten  Rande  durch  einen 
schwarzen  undurchsichtigen,  wohl  aus  Ilmenit  bestehenden  Saum  ver- 
stärkt werden. 


3* 


20 


R.  Helmhacker. 


[8] 


Manche  dieser  saftgrünen  Körner  werden  von  einer  Zone  von 
Ilmenit  eingefasst;  besonders  die  kleineren  zeigen  dies  deutlich,  ohne 
dass  diese  schwarze  Umrandung  als  Zersetzungszone  zu  deuten  wäre. 
Manche  kleinere  grüne  Körner  bestehen  beinahe  ganz  aus  Haematit- 
fetzen.  Andere  Ausscheidungen  oder  eingewachsene  Mineralien  sind 
in  dem  grünen  Mineral  nicht  zu  finden,  ausser  etwa  von  Plagioklasen, 
welche  die  grösseren  Körner  durchwachsen. 

Neben  diesen  zwei  häufigsten  Mineralien  tritt  in  ziemlich  grossen 
aber  nur  zerstreut  auftretenden  Brocken,  von  nicht  deutlich  geradlinig 
begränzten  Umrissen  der  Augit  auf.  Derselbe  zeigt  seine  in  Dünn- 
schliffen charakteristische  Farbe,  ist  netzförmig  zersprungen  und  jedes 
zwischen  den  Sprüngen  eingeschlossene  Augitstückchen  zeigt  deutliche 
Polarisationsfarben.  Ausser  wenigen  Körnchen  von  Magnetit  sind  in 
demselben  keine  anderen  Einschlüsse  zu  bemerken. 

Häufig  sind  in  dem  Gemenge  Stäbchen  von  Ilmenit  von  etwa  Vas 
bis  V20  mm.  Breite  und  bis  Sfacher  Länge  zerstreut;  dieselben  sind 
aber  nicht  in  anderen  Mineralien  eingewachsen,  sondern  lagern  an  den 
Gränzen  zwischen  den  verschiedenen  sich  gegenseitig  ganz  oder  mittelbar 
berührenden  Gemengtheilen. 

Den  zwischen  den  Gemengtheilen  noch  erübrigenden,  sehr  beschränk- 
ten Raum  nimmt  eine  homogene,  chokolade-  bis  graulichchokoladefärbige 
halbdurchsichtige  Glasmasse  ein , in  welcher  sich  kleine  zahlreiche 
Magnetitpunkte,  oder  zu  rechtwinklig  auf  einander  stehenden  gekörnelten 
Stäbchen  gruppirte  Magnetitoctaeder,  oder  auch  dünnere  Stäbchen  von 
Ilmenit  ausgeschieden  linden.  Diese  Glasmasse  erscheint  manchesmal 
in  den  Plagioklaszwillingen,  theilweise  parallel  zur  Zwillingsebene  als 
dünne  Schicht  mit  ausgeschiedenen  Magnetitkörnern  eingedrungen. 

Nur  selten  ist  auch  ein  einzelnes  grösseres  Korn  von  Magnetit 
in  der  saftgrünen  Olivinpseudomorphose  zu  sehen. 

Apatit  wurde  mit  Sicherheit  nicht  beobachtet. 

Das  specilische  Gewicht  des  Hangend-Melaphyres  wurde  aus  2-64 
Grammen  mit  2’827  bestimmt. 


b)  M e 1 a p h y r vom  Kupfer-Liegenden. 

Dieser  Melaphyr  ist  von  chocoladebrauner  Farbe  und  dicht.  In 
demselben  glitzern  kleine  Krystallspaltungsflächen  von  kaum  Mohngrösse; 
sowie  sich  auch  in  der  dichten  Grundmasse  kleinwinzige  schwarzgrüne 
matte  Mineraltheilchen  erkennen  lassen.  Nur  ausnahmsweise  ist  ein 
bis  erbsengrosser  Krystall  eines  Plagioklases  in  dem  Gestein  von  klein- 
porphyrartiger Textur  eingewachsen.  Solche  grössere  sehr  spärliche  Kry- 
stalle  zeigen  oberflächlich  bei  mehr  oder  weniger  deutlicher  Spaltbarkeit 
ein  etwas  verändertes,  steatitähnliches  Ansehen,  ein  Beweis  des  Ange- 
griffenseins derselben. 

Die  haardünnen  Klüfte,  denen  nach  das  Gestein  abgelöst  erscheint, 
sind  entweder  mit  einem  bläulichweissen  oder  schmutzig  rothbraunen 


[9] 


Heber  Diabas  von  Almaden 


21 


Hauch  von  Kaolin  und  Haematit  überzogen.  Andere  Klüfte  von  der 
Dicke  von  wenigen  Millimetern  sind  striemig  gefurcht  und  bestehen  aus 
einem  schmutzig  dunkelgrünen  Mineral,  wahrscheinlich  Chlorit,  in  wel- 
chem Plättchen,  wahrscheinlich  von  Orthoklas  von  fleischrother  Farbe, 
eingelagert  erscheinen. 

Im  Dünnschliff  unter  dem  Mikroskope  erscheint  der  Melaphyr 
gleichfalls  von  porphyrartiger  Textur,  indem  in  einer  verworren  klein- 
krystallinischen  Grundmasse  grössere  Krystalle  eingewachsen  erscheinen. 

Die  eingewachsenen  durchsichtigen  farblosen  Krystalle  sind  ent- 
weder einzelne  Individuen  von  1/1Q  bis  Vis  mm.  Breite  und  einer  3-  bis 
ßfachen  Länge,  oder  Krystallaggregate,  entstanden  durch  rechtwinklige 
Verwachsung  in  Form  von  L oder  durch  Anreihung  der  Krystallindi- 
viduen  den  Längenseiten  nach,  wodurch  sie  auch  mit  stufenförmig 
gebrochenem  Rande  erscheinen,  oder  ganz  regellose  Anhäufungen  bilden. 
Die  L-förmigen  Verwachsungen  könnten  Zwillinge  sein,  weil  dieselben 
eine  von  der  Ecke  des  L ausgehende  Zwillingsfurche  gegen  beide  Indi- 
viduen etwa  gleich  geneigt  (45°)  zeigen.  Die  kleinen  Zwischenräume, 
in  denen  sich  die  Krystalle  in  den  Aggregaten  nicht  berühren,  sind  mit 
gefärbter  Grundmasse  erfüllt,  welche  auch  inmitten  der  Krystall- 
substanz  wiewohl  recht  spärlich  in  kleinwinzigen  Häufchen  eingeschlos- 
sen erscheint.  Die  Krystalle,  welche  die  phorphyrartige  Structur 
bedingen,  zeigen  im  polarisirten  Lichte  Zwillingsstreifung,  jedoch  weniger 
häufig,  auch  nicht  so  zahlreich  und  auch  weniger  scharf  als  man  dies 
sonst  bei  ganz  frischen  Plagioklasen  zu  sehen  gewohnt  ist.  Das  etwas 
weniges  veränderte  Aussehen  der  grossen  eingewachsenen  Krystalle 
scheint  dieses  zu  erklären,  denn  die  allererste  Aenderung,  welche  die 
Plagioklase  durch  die  anfangende  Zersetzung  erleiden,  ist  das  Undeutlich- 
werden, wenn  nicht  der  gänzliche  Verlust  der  Zwillingslamellen. 

Ausser  diesen  Plagioklaskrystallen  und  deren  Aggregaten  bemerkt 
man  noch  Körner  des  vordem  beschriebenen  Olivinzersetzungsproductes 
von  grasgrüner  Farbe,  welches  nur  schwachen  Dichroismus  zeigt  und 
der  Grösse  nach  den  Orthoklaskrystallen  bedeutend  nachsteht.  Polari- 
sationsfarben zeigt  es  lebhafte  von  gelblichgrün  bis  tief  blaugrün. 

Die  Grundmasse  ist  ein  Gewirre  von  Gemengtheilen,  von  denen 
ganz  regellos  zerstreut  liegende  kurze  Stäbchen  von  durchsichtigem 
farblosen  Plagioklas  den  Hauptgemengtheil  bilden.  Die  Plagioklas- 
stäbchen zeigen  constante  Grösse,  indem  sie  bei  der  Länge  von  Vs 
bis  Vg  mm.  die  Breite  von  1/i0  mm.  besitzen.  Dieselben  zeigen  im 
polarisirten  Lichte  nur  einerlei  Farbe,  oder  höchstens  inmitten  die 
Andeutung  eines  Zwillingsstriches,  was  nicht  hindert  dieselben  für  Pla- 
gioklas zu  halten,  da  die  Breite  derselben  ohnehin  geringer  ist  als 
die  Breite  der  wenigen  Zwillingslamellen,  aus  welchen  die  phorphyr- 
artig  eingewachsenen  Krystalle  zusammengesetzt  sich  zeigen. 

Nebst  den  Plagioklaskrystallen  ist  in  der  Grundmasse  der  Menge 
nach  gleich  häufig  das  grüne  Zersetzungsproduct  des  Olivins  und 
Magnetit. 


22 


R.  Heinihacker. 


[10] 


Das  grüne  Mineral  bildet  unregelmässige  Körner  von  gleicher 
lichtgrasgrüner  Farbe  und  nur  stellenweise  mit  sich  an  dieselben  an- 
legendem Magnetitkranz  umrandet. 

Der  Magnetit  bildet  einzelne  Körner,  welche  die  Breite  der  Plagio- 
klasstäbchen erreichen,  oder  noch  häufiger  aus  wenigen  Körnchen 
bestehende  Aggregate. 

In  diesem  Gewirre  finden  sich  ziemlich  deutliche  gelbrothe  Flitter 
von  Haematit  ohne  alle  Regel  zeitheilt ; dieselben  dürften  wohl,  obwohl 
nicht  als  vorherrschender  Gemengtheil  der  Grundmasse  auftretend,  die 
Farbe  derselben  zum  Theil  bestimmen. 

Zwischen  allen  diesen  Gemengtheilen  der  Grundmasse  ist  nun 
noch  eine  gelbbräunliche  amorphe  Masse  (Glas),  in  der  winzige  Magne- 
titkörnchen sich  ausgeschieden  finden. 

Von  allen  den  Gemengtheilen  der  Grundmasse,  insbesondere 
aber  vom  Magnetit,  dem  grünen  Mineral  und  der  Glasmasse  wohl  auch 
die  Haematitflitter  mitgerechnet,  finden  sich  auch,  wiewohl  spärlich,  in 
den  einzelnen  wohlausgebildeten  porphyrartig  ein  gewachsenen  Krystallen 
kleine  Parthien  eingewachsen;  etwas  grössere  Einschlüsse  bilden  sie 
jedoch  in  den  eingewachsenen  Krystallgruppen. 

Die  beiden  Melaphyre,  welche  das  Hangende  und  das  Liegende 
der  gangförmig  auftretenden  Ausscheidungen  von  gediegen  Kupfer  bilden, 
zeigen  eine  verschiedenartige  Zusammensetzung.  Dieselben  sind  dem- 
nach entweder  verschiedenen  Alters  oder  verschieden  ausgebildete  Theile 
eines  Stromes.  Ihre  Berührungsstelle  dürfte  also  deutlich  angedeutet 
gewesen  sein  und  die  Ausscheidung  des  gediegen  Kupfer  in  derselben 
begünstigt  haben.  — 

Das  gediegen  Kupfer  kommt  in  den  Gängen  der  Gruben  bei  Han- 
kock  verschieden  vor. 

Ein  solches  Vorkommen  ist  an  Melaphyrtuff  gebunden.  In  einem 
licht  graulichgrünen  matten  Melaphyrtuff,  in  welchem  dunkelsclnnutzig- 
grüne  Flecke  von  etwas  weniger  weit  zersetztem  Melaphyr  enthalten 
sind,  erscheinen  Körner  bis  beinahe  Linsengrösse  von  schön  ölgrünem 
Olivin  und  hie  und  da  kleinere  oder  grössere  Ausscheidungen  von 
durchsichtigem  Quarz.  In  der  Nähe  der  Quarznester  oder  in  denselben 
bildet  das  gediegen  Kupfer  zahnförmige,  eckig  drahtförmige,  kleinere 
oder  grössere  Parthien.  Innerhalb  der  ganzen  Tufl’masse  ist  das  Kupfer 
in  dendritischen  Plättchen  richtungslos  gewissen  Klüftchen  nach  vertheilt. 

Ein  anderes  Kupfervorkommen  ist  merkwürdig.  Die  Gangmasse 
ist  eine  Breccie  von  rothbraunem  Felsitporphyr,  welcher  in  seinen  scharf- 
kantigen Bruchstücken  gegen  aussen  immer  blässere  Farben  annimmt 
und  vom  fieischrothen  bis  zum  ziegelrothen  gefärbt  erscheint.  Kleinere 
Felsitporphyrbruchstücke  sind  nur  fleisch-  oder  licht  ziegelroth.  Nur 
hie  und  da  erscheint  ein  röthlich  chokoladebraunes  scharfkantiges  Bruch- 
stück von  etwas  zersetztem  Melaphyr  nebst  einigen  zermalmten  Olivin- 
körnern. Das  Bindemittel  der  Breccie  ist  eine  körnig  zerdrückte  Trümmer- 
masse von  etwas  gebleichter  Farbe,  zwischen  welcher  kleine  Nester  von 


[11] 


Ueber  Diabas  von  Almaden. 


23 


späthigem,  lichtweissem  durchscheinenden  Calcit  zum  Vorschein  kommen. 
Das  gediegene  Kupfer  ist  in  der  Nähe  des  Calcites,  oder  im  Calcit  selbst 
in  körnig  zahnförmigen  und  zackigen  kleinen  Blechen  angehäuft,  welche 
mit  die  Stelle  des  Cementes  der  Breccie  einnehmen. 

Der  frische  Felsitporphyr  mit  vorherrschender  dichter  braunrother 
Grundmasse  enthält  zahlreiche  rundliche  bis  beinahe  erbsengrosse  durch- 
sichtige Quarzkörner;  offenbar  die  in  Porphyren  vorkommenden  bekannten 
Quarzkrystalle  mit  gerundeten  Kanten.  Einige  Quarzkrystalle  schliessen 
einen  rundlichen  Kern  von  der  dichten  Felsitgrundmasse  ein.  Nebst 
dem  Quarz  erscheinen  in  der  felsitischen  Grundmasse  fleischrothe  Ortho- 
klase eingewachsen,  welche  gegen  den  lichter  gefärbten  Rand  der  scharf- 
kantigen Felsitporphyrbruchstücke  entweder  durch  Zersetzung  gänzlich 
ausgehöhlt  erscheinen  oder  den  Spaltungsflächen  nach  regelmässige,  wie 
durch  Aetzung  hervorgegangene  Hohlräume  zeigen,  wobei  sie  freilich 
etwas  von  ihrem  ganz  frischen  Aussehen  schon  eingebüsst  haben.  Im 
ersteren  Falle  sind  dann  solche  Orthoklashohlräume  am  Rande  der 
Brocken  mit  undeutlichen  Kupferkörnchen  als  verzerrten  Krystallgruppen 
bedeckt;  oder  wenn  von  der  Orthoklasmasse  nicht  alles  verschwunden 
ist,  sind  die  Hohlräume  derselben  mit  kleinwinzigen  röthlich  stahlgrauen 
Haematitkryställchen  ausgekleidet. 

Weniger  häufig  als  der  Orthoklas  treten  in  der  Grundmasse  weisse, 
deutlich  gestreifte  Krystalle  von  Oligoklas  zum  Vorscheine. 

Der  in  den  Felsitporphyrb rocken  am  wenigsten  häufige  Gemeng- 
theil, welcher  nur  spärlich  in  kleinen  vereinzelnten  Körnchen  zum  Vor- 
schein kommt,  ist  Olivin,  meist  frisch,  gegen  den  Rand  der  Trümmer 
aber  zersetzt;  ein  Mineral,  welches  in  Felsitporphyren  bisher  noch  nicht 
nachgewiesen  worden  ist. 

Die  mikroskopische  Zusammensetzung  des  Felsitporphyres,  insbe- 
sondere der  Felsitgrundmasse  ist  eine  merkwürdige,  da  von  Orthoklas- 
und  Oligoklaskrystallen,  sowie  von  Olivin  in  einem  ziemlich  kleinen 
Dünnschliff  nichts  zur  Beobachtung  gelangen  konnte. 

Entgegen  den  meisten  Felsitporphyren  ist  die  felsitische  Grund- 
masse unter  dem  Mikroskope  in  ihre  Gemengtheile  zerlegbar.  Sie 
besteht  aus  einem  regellosen  Gewirre  von  durchsichtigen,  kurzen  (etwa 
V 20  mm.  langen  und  1/so  bis  1/100  mm.  breiten)  Stäbchen  und  mehr 
minder  zusammenhängenden  gelbrothen  Schuppen  von  Ilaematit.  In 
dieser  krystallinischen  Grundmasse  finden  sich  spärlich  Kryställchen  von 
Magnetit  ausgeschieden,  deren  Breite  bald  kleiner,  bald  aber  bedeutend 
grösser  ist  als  die  Breite  der  Orthoklasstäbchen.  Noch  spärlicher  aber 
enthält  die  Grundmasse  Körnchen  von  einem  lichtgrünen  Mineral  ein- 
geschlossen, welches,  da  dasselbe  keine  säulenförmigen  Querschnitte 
besitzt  und  nicht  bedeutend  dichroitisch  ist,  kaum  Amphibol  sein  dürfte 
aber  auch  nicht  zu  Olivin  gezählt  werden  kann,  da  es  schwache,  oder 
besser  beinahe  keine  Polarisationsfarben  zeigt.  Möglich  dass  dies 
Chlorit  ist. 

Im  polarisirten  Lichte  aber  erweisen  sich  die  Stäbchen  als  Ortho- 
klas und  erst  unter  diesen  Umständen  erkennt  man  die  in  dem  krystal- 


24 


R.  Helmhacker. 


[12] 


linischen  Gemenge  häufig  eingewachsenen  rundlichen  etwa  Vöo  nim. 
breiten  Körnchen  von  Quarz,  welcher  durch  seine  lebhaften  Polarisa- 
tionsfarben sich  deutlich  abhebt. 

Die  in  der  felsitischen  Grundmasse  ausgeschiedenen  grösseren 
Quarze  zeigen  zahlreiche  Flüssigkeitseinschlüsse. 

Die  Felsitgrundmasse  zeigt  demnach  eine  deutliche  Mengung  von 
Orthoklas,  Quarz,  Haematitschuppen  und  ein  im  Felsitporphyr  selten 
anzutreffendes  Mineral,  den  Magnetit. 


III.  Untersuchungen  über  die  Einwirkung  des  kohlensäure- 
haltigen Wassers  auf  einige  Mineralien  und  Gesteine. 

Von  Richard  Müller. 

Es  ist  jetzt  allgemein  angenommen,  dass  das  kohlensäurehaltige 
Wasser  in  der  Natur  den  grossartigsten  Antheil  an  der  Zersetzung  der 
Felsarten  und  Mineralien  nimmt.  Man  hat  dies  nicht  nur  durch  zahl- 
reiche Analysen  von  Quellwassern  nachzuweisen  vermocht,  sondern  das 
durch  den  Gebrauch  des  Mikroskops  erweiterte  Studium  der  Pseudo- 
morphosen  und  die  mannichfachsten  Untersuchungen  in  chemischen  La- 
boratorien haben  auch  bereits  die  wichtigsten  Gesetze  ermittelt,  nach 
welchen  die  Gesteine  und  Mineralien  Veränderungen  durch  das  kohlen- 
säurehaltige Wasser  unterworfen  sind.  Um  sich  aber  von  der  Bedeutung 
und  dem  Umfange  eines  solchen  Umwandlungsprocesses,  von  dem  man 
weiss,  dass  er  in  der  Natur  ununterbrochen  vor  sich  geht,  vollständig 
Rechenschaft  zu  geben,  ist  es  nicht  allein  genügend  zu  wissen,  welche 
Substanzen  hierbei  Veränderungen  erleiden,  und  welche  neue  Bildungen 
entstehen,  es  ist  auch  unbedingt  nöthig,  die  absolute  und  relative  Quan- 
tität derselben  genau  zu  kennen.  Sonderbarerweise  hat  man  der  Frage 
nach  der  Quantität  der  durch  das  kohlensäurehaltige  Wasser  löslichen 
Substanzen  bisher  wenig  Beachtung  geschenkt.  Man  hat  wohl  gefunden, 
dass  z.  B.  Orthoklas,  Oligoklas,  Labrador,  Hornblende,  Augit  und  Olivin 
die  in  ihrer  Zersetzung  einflussreichsten  Mineralien  sind,  hat  aber  nicht 
dabei  gefragt,  wieviel  die  genannten  Mineralien  unter  bestimmten  Bedin- 
gungen bei  der  Einwirkung  von  kohlensäurehaltigem  Wasser  abgeben, 
oder  in  welchem  Verhältniss  die  in  Lösung  gegangenen  einzelnen  chemi- 
schen Bestandtheile  untereinander  stehen.  Um  aber  einigermassen  sichere 
Vergleiche  zwischen  den  einzelnen  Substanzen  ziehen  und  überhaupt 
erst  das  Detail  jener  Vorgänge  erfassen  zu  können,  erscheint  es  un- 
erlässlich, den  letzteren  Fragen  näher  zu  treten. 

Aus  diesem  Grunde  wurden  die  unten  folgenden  Versuche  über 
die  Einwirkung  des  kohlensäurehaltigen  Wassers  auf  einige  Mineralien 

Mineralogische  Mittheilungen.  1877.  1.  Heft.  (Müller.)  4 


Richard  Müller. 


26 


[2] 


angestellt,  welche  zu  den  wesentlichen  Gemengtheilen  der  Gesteine 
gehören. 

Bevor  dieselben  näher  ins  Auge  gefasst  werden,  sei  es  gestattet, 
die  hierauf  bezüglichen  Arbeiten  und  deren  Resultate,  soweit  sie  der 
Oeffentlichkeit  übergeben  sind,  kurz  anzuführen. 

Schon  in  den  vierziger  Jahren  haben  mehrere  Chemiker  bereits 
darauf  aufmerksam  gemacht,  dass  ein  kieselsaures  Alkali  durch  koh- 
lensäurehaltiges Wasser  zersetzt  wird.  Es  wird  dies  bestätigt  von 
Doveri1).  Auch  Liebig2)  sagt,  dass  die  löslichen  Silicate  durch 
Kohlensäure  vollkommen  zersetzt  würden. 

Ausführlichere  Untersuchungen  über  die  Löslichkeit  der  Mineralien 
und  Gesteine  durch  kohlensäurehaltiges  Wasser  hat  alsdann  Struve3) 
angestellt.  Er  liess  mit  Kohlensäure  gesättigtes  Wasser  unter  gleich- 
zeitigem Druck  auf  Pulver  von  Basalt,  Phonolit,  Gneiss,  Granit,  Thon- 
schiefer  und  Porphyr  bei  gewöhnlicher  Temperatur  einwirken  und  fand, 
dass  vor  allem  Kalk,  Natron  und  Kali,  alsdann  kleine  Mengen  Kiesel- 
erde, Kochsalz  und  ein  geringes  Quantum  Chlorcalcium  (bei  Gneiss, 
Granit  und  Thonschiefer)  in  Lösung  gegangen  waren. 

In  ähnlicher  Weise  haben  die  Gebrüder  Rogers4):  Feldspath, 
Serpentin,  Chlorit,  Actinolith,  Hornblende  und  noch  mehrere  andere 
Mineralien  mit  kohlensäurehaltigem  Wasser  bei  gewöhnlicher  Temperatur 
behandelt,  und  es  ergab  sich,  dass  von  den  abgewogenen  Substanzen 
04  bis  Ol  Theile  in  Lösung  gingen,  welche  letzere  aus  Kalk,  Magnesia, 
Eisenoxyd,  Thonerde,  Kieselerde  und  Alkalien  bestand. 

Zu  gleicher  Zeit  hat  Bischof5)  kohlensäurehaltiges  Wasser  auf 
künstlich  hergestellte  Lösungen  von  kieselsauren  Alkalien  einwirken 
lassen.  Er  fand  dabei  folgende  Gesetze: 

„Die  Silicate  der  Alkalien  und  alkalischen  Erden,  des  Eisen-  und 
Manganoxyduls  werden  durch  die  Kohlensäure  bei  gewöhnlicher  Tem- 
peratur zersetzt.  “ 

„Es  scheidet  sich  hierbei  keine,  oder  doch  nur  eine  ganz  geringe 
Menge  Kieselsäure  aus.“ 

„Magnesiasilicat  wird  nicht  durch  Kohlensäure  zersetzt,  wenn  es 
nur  im  Wasser  suspendirt  ist.“ 

„Da  sich  Kohlensäure  nicht  mit  Thonerde  verbinden  kann,  so  ist 
klar,  dass  Thonerdesilicat  nicht  durch  diese  Säure  zersetzt  werden 
kann.“ 

Phosphorsaurer  Kalk  wird  in  wässriger  Kohlensäure  aufgelöst.“ 

„Die  Silicate  von  Zink-,  Kupfer-,  Nickel-  und  Silberoxyd  werden 
durch  Kohlensäure  zersetzt.“ 


’)  Liebig  u.  Kopp,  Jahresber.  1847  u.  48,  pag.  400. 

2)  Liebig,  Agriculturchem.  6.  Aufl.  pag.  112. 

3)  Struve,  „Geber  die  Nachbildung  der  natürlichen  Heilquellen.“ 

4)  Americ.  Jour,  of  Scienes  a.  Arts;  May  1848. 

5)  Bischof,  Lehrbuch  der  chem.  u.  phys.  Geologie.  I.,  pag.  38. 


[3] 


Untersuchungen. 


27 


Bezüglich  der  Löslichkeit  der  Kieselsäure  in  kohlensäurehaltigem 
Wasser  erhielt  C.  Struckmann1)  ein  von  Bischof  abweichendes 
Resultat.  Er  fand,  als  er  Tage  lang  durch  eine  verdünnte  Lösung 
eines  künstlich  hergestellten  Kali-Natronsilicats  Kohlensäuregas  leitete, 
dass  das  alkalische  Silicat  von  der  Kohlensäure  vollständig  zersetzt 
und  die  Kieselsäure  ausgeschieden  wurde.  Er  zieht  hieraus  folgende 
Schlussfolgerungen : 

„In  Kohlensäuerlingen  kann  ebenfalls  freie  Kieselsäure  gelöst 
Vorkommen.“ 

„Bei  der  langsamen  Zersetzung  der  alkalischen  Silicate  im  Boden, 
an  der  die  Kohlensäure  jedenfalls  einen  bedeutenden  Antheil  nimmt, 
wird  die  Kieselsäure,  wenn  ein  hinreichender  Ueberschuss  an  freier 
Kohlensäure  vorhanden  ist,  stets  als  freie  Kieselsäure  ausgeschieden.“ 

Höchst  schätzenswerthe  Untersuchungen  hat  Dittrich2)  angestellt. 

Er  fand,  dass  kohlensäurehaltiges  Wasser  fast  die  doppelte  Wir- 
kung des  reinen  Wassers  auf  die  Gesteine  ausübt,  und  dass  Lehmboden 
und  Porphyr  vorzüglich  alkalische  Erden,  Basalt  hauptsächlich  Alka- 
lien an  das  kohlensäurehaltige  Wasser  abgeben.  Diese  Versuche  müssen 
später  noch  einmal  herangezogen  werden. 

Haushofer3)  bestätigt  Dittrichs  Versuche.  „Wasser,  welches  bei 
0°  mit  Kohlensäure  gesättigt  war,  extrahirte  unter  fast  gleichen  Ver- 
hältnissen etwa  die  doppelte  Menge  Alkali,  wie  reines  Wasser.“  Der 
feingepulverte  Granit,  resp.  sein  Feldspath  gab  in  8 Tagen  an  die 
25fache  Gewichtsmenge  reines  Wasser  0,03 — 0.04°/0  Alkalien  ab. 

M.  Daubree4)  unterwarf  2 Kilogr.  gut  abgerundeten  Kiesel, 
übergossen  mit  3 Liter  kohlensäurehaltigem  Wasser,  10  Tage  lang  der 
Rotation.  Er  erhielt  das  Resultat,  dass  Kali  und  Kieselsäure  in  Lösung 
gegangen  waren,  dass  also  die  Gegenwart  der  Kohlensäure  die  Zer- 
setzung des  Feldspathes  in  bedeutendem  Grade  bewirken  hilft. 

Ueber  die  Löslichkeit  des  kohlensauren  Kalkes  in  kohlensäure- 
haltigem Wasser  und  über  den  zersetzenden  Einfluss  des  Wassers  hat 
Alfons  du  Cossa5)  verschiedene  Versuche  angestellt.  (Richerche  di 
Chim.  miner.  Udine.  1868.)  Er  liefert  folgende  Resultate : 

„Vom  weissen  zuckerkörnigen  Marmor  von  Carrara  lösten  1000 
Theile  mit  Kohlensäure  geschwängertes  Wasser  unter  753  Mm.  Druck 
1,181  Theile  zwischen  + 7,5°  und  9,5°. “ Es  werden  dann  noch  ver- 
schiedene Gesteine  angeführt.  Feldspath,  Granit,  Gneiss,  Syenit,  Tra- 
chyt  und  Basalt  hat  er  mit  dem  25fachen  Gewicht  frisch  destillirten 
Wassers  10  Tage  lang  bei  + 17 — 18°  in  Berührung  gelassen.  Es  er- 
gab sich  beim  Abdampfen  des  Filtrats  ein  wägbarer  Rückstand. 

H.  Lud  wig6)  fand,  dass  fein  zerriebener  Feldspath,  Granit, 
Trachyt,  Porphyr  an  Wasser  etwas  Alkali  und  Kieselsäure  abgeben. 


9 Wöhler  u.  Liebig,  Ann.  d.  Chemie.  1855.  pag.  337. 

2)  Journ.  f.  prakt.  Chem.  Bd.  74.,  pag.  129  ff. 

s)  Journ.  f.  prakt.  Chemie,  Bd.  103,  pag.  131  ff. 

4)  Jahresbericht  über  die  Fortschritte  auf  dem  Gesammtgebiete  der  Agri- 
culturchemie.  1867.  pag.  10. 

5)  Journ.  f.  prakt.  Chemie.  Bd.  103,  pag.  125  u.  Bd.  106,  pag.  381. 

6)  Archiv  d.  Pharmacie.  Bd.  91,  pag.  147. 


4* 


28 


Richard  Müller. 


W 


Die  umfassendsten  Untersuchungen  über  die  Einwirkung  des 
kohlensäurehaltigen  Wassers  bei  chemischen  Zersetzungen  hat  G.  Rose1) 
in  Poggendorffs  Annalen  veröffentlicht.  Es  kamen  jedoch  hierbei  künst- 
lich hergestellte  Lösungen  von  kohlensauren  Salzen  in  Anwendung;  es 
können  daher  diese  Untersuchungen,  die  noch  vielfach  mit  den  unten 
folgenden  in  keiner  Beziehung  stehen,  übergangen  werden. 

In  neuerer  Zeit  hat  noch  F.  Hoppe-Seyler2)  in  Strassburg 
hierher  gehörige  Versuche  angestellt.  In  Platinröhren  mit  Kohlensäure 
und  Wasserdampf  gefüllt,  wurden:  Olivin,  Augit,  Frischschlacke,  Broncit, 
Enstatit,  Magnesiaglimmer,  Oligoklas  und  Anorthit,  nachdem  man  die- 
selben in  kleine  eckige  Körner  geschlagen  hatte,  auf  180—200°  erhitzt. 
Es  hatte  sich  kein  einziges  von  den  genannten  Mineralien  weder  im 
äusseren  Ansehen,  Glanz,  Durchsichtigkeit  etc.,  noch  an  Gewicht  (mit 
Ausnahme  des  Magnesiaglimmers)  verändert,  ein  Ergebniss,  welches  in 
Anbetracht  der  früheren,  oben  angeführten  Resultate  sehr  auffallend  ist. 

Struve  beschleunigte  die  Wirkung  des  kohlensäurehaltigen  Wassers 
durch  Druck,  während  Hoppe-Seyler  durch  Temperaturerhöhung  seine 
Resultate  zu  erlangen  suchte.  Da  der  Druck  die  Absorptionsfähigkeit  des 
Wassers  bedeutend  erhöht,  so  schien  die  Anwendung  desselben  am  ge- 
eignetsten. Während  Bischof  und  Struckmann  zu  ihren  Versuchen  künstlich 
hergestellte  Lösungen  von  alcalischen  Silicaten  benutzten,  haben  Struve, 
Dittrich,  Haushofer,  Daubree,  Ludwig  und  Hoppe-Seyler  Kohlensäure 
und  Wasser  direct  auf  die  gepulverten,  natürlichen  Mineralien  und 
Gesteine  wirken  lassen. 

Um  zuverlässigere  Schlussfolgerungen  ziehen  zu  können,  hielt  ich 
das  letztere  für  zweckmässiger;  ich  verdanke  der  Güte  des  Herrn  Prof. 
Dr.  Zirkel  folgende  Mineralien  und  Gesteine,  die  zur  Untersuchung 
verwendet  wurden: 

1.  Adular  von  St.  Gotthard. 

2.  Oligoklas  v.  Ytterby  i.  Schweden. 

3.  Hornblendefels  v.  Altenburg. 

4.  Magneteisen  v.  Greiner  (Zillerthal). 

5.  Magneteisenerz  vom  Kaschberg  (Böhmen). 

6.  Moroxit  v.  Hammond,  St.  Lawrence  Cty. 

7.  Apatit  v.  Katharinenburg. 

8.  Spargelstein  v.  Chili. 

9.  Olivinfels  aus  dem  Ultenthal  (Tyrol). 

10.  Edler  Serpentin  v.  Snarum  (Norwegen). 

Diese  Mineralien  und  Gesteine  wurden  sämmtlich  gepulvert, 
gebeutelt,  getrocknet  und  sofort  nach  der  Wägung  in  vorher  sorgfältig 
gereinigte  Flaschen,  welche  ungefähr  1100  gr.  Wasser  fassten,  gebracht. 

Um  eine  möglichst  grosse  Oberflächenwirkung  zu  erzielen,  wurde 
auf  die  Pulverisirung  besondere  Sorgfalt  verwendet.  Beispielsweise 
sei  hier  das  Ergebniss  zahlreicher  mikroskopischer  Messungen  der 


')  Poggendorffs  Annalen.  Bd.  83,  84,  85. 

2j  Zeitschrift  d.  deutsch  geol.  Gesellsch.  1875,  pag.  515. 


[5] 


Untersuchungen. 


29 


Adularstäubchen,  an  denen  man  bei  stärkerer  Vergrösserung  vielfach 
graulich  linienähnliche  Striche  und  mit  Flüssigkeit  erfüllte  oder  leere 
Hohlräume  zu  beobachten  Gelegenheit  hat,  angeführt.  Die  grössten 
Stäubchen  hatten  einen  Durchmesser  von  0,014  Mm.,  die  kleinsten 
0,002  Mm. 

Das  chemisch  reine  kohlensäurehaltige  Wasser  hat  mir  Herr  Dr. 
Struve  in  Leipzig,  dessen  Name,  wie  bekannt,  mit  der  Erzeugung 
künstlicher  Säuerlinge  rühmlichst  verknüpft  ist,  darstellen  lassen.  Es 
befand  sich  in  einem  vorher  vollständig  gereinigten  Ballon  unter  31/4 
Atmosphären  Druck  bei  gewöhnlicher  Temperatur  (ungefähr  + 12°). 
Die  das  gepulverte  Material  enthaltenden  Flaschen  wurden  nun  unter 
Anwendung  der  grösstmöglichsten  Vorsicht  mit  dem  kohlensäurehaltigen 
Wasser  gefüllt,  fest  verkorkt,  versiegelt  und  alsdann  in  einem  Keller- 
raum aufbewahrt,  in  welchem  die  Temperatur  keinen  grossen  Verände- 
rungen unterlag.  Von  Zeit  zu  Zeit,  wenn  möglich  täglich,  wurden  die 
Flaschen  geschüttelt. 

Die  nächste  Aufgabe  war  nun,  zu  ermitteln,  was  für  Bestand- 
theile  und  wie  viel  derselben  durch  die  Einwirkung  des  kohlensäure- 
haltigen Wassers  von  den  obengenannten  Substanzen  in  einer  bestimm- 
ten Zeit  löslich  werden.  Es  wurde  daher  jede  Substanz  auf  2,  resp.  3 
Flaschen  vertheilt  und  jeder  Theil  abgewogen.  Zur  Ermittelung  der 
relativen  Menge  des  Gelösten  wurden  alsdann  diejenigen  Flaschen  be- 
nutzt, von  denen  man  am  bestimmtesten  annehmen  konnte,  dass  bei 
ihrer  Füllung  mit  kohlensäurehaltigem  Wasser  sämmtliche  Vorsichts- 
massregeln  Berücksichtigung  gefunden  hätten.  Die  zur  quantitativen 
Untersuchung  der  in  Lösung  gegangenen  Substanzen  bestimmten 
Flaschen  blieben  vom  12.  December  1875  bis  2.  Februar  1876,  resp. 
vom  24.  April  1876  bis  12.  Juni  1876  liegen,  während  welcher  Zeit 
die  zur  Untersuchung  verwendeten  Materialien  quantitativ  analysirt 
wurden. 


Quantitative  Bestimmung  der  zur  Untersuchung  verwen- 
deten Materialien  und  der  durch  das  kohlensäurehaltige 
Wasser  gelösten  Substanzen. 

A.  Allgemeines. 

Alle  kleinen  Vorsichtsmassregeln  anzuführen , welche  hierbei 
beachtet  wurden,  dürfte  hier  zu  weit  führen;  es  möge  daher  nur  Fol- 
gendes erwähnt  sein. 

Bei  denjenigen  Mineralien,  welche  durch  Salzsäure  und  Salpeter- 
säure beim  Digeriren  in  offenen  Gefässen  nicht  zerlegt  werden,  wurde 
die  Kieselsäure  durch  Aufschliessung  mit  kohlensaurem  Kali-Natron 


30 


Richard  Müller. 


[6] 


von  den  Basen  getrennt  und  alsdann  unter  genauer  Berücksichtigung 
der  von  Fresenius1)  angegebenen  Behandlungsweise  als  reine  Kiesel- 
säure gewogen.  Bei  der  Untersuchung  der  in  Lösung  gegangenen  Sub- 
stanzen konnte  die  Kieselsäure  direct  bestimmt  werden,  indem  durch 
Abdampfen  und  Trocknen  die  lösliche  Modification  in  die  unlösliche 
übergeführt  wurde. 

Die  Thonerde  wurde  im  reinen  Zustand  gewogen,  nachdem  sie 
in  der  von  Fresenius2)  angegebenen  Weise  vom  Eisenoxyd  getrennt 
worden  war. 

Kali  wurde  als  Kaliumplatinchlorid  bestimmt. 

Natron  wurde  als  Natriumplatinchlorid  durch  Weingeist  vom 
Kaliumplatinchlorid  getrennt,  das  Filtrat  verdampft,  der  Rückstand  im 
Wasserstoffstrom  zum  gelinden  Glühen  erhitzt,  mit  Wasser  ausgezogen 
und  das  in  Lösung  gegangene  Chlornatrium  gewogen. 

Kalk  wurde  mit  oxalsaurem  Ammoniak  gefällt  und  bei  Adular, 
Oligoklas,  Hornblendefels  und  Magneteisenerz  als  kohlensaurer  Kalk, 
bei  den  Apatiten  als  reiner  Kalk  gewogen. 

Magnesia  konnte  durch  phosphorsaures  Natron  gefällt  und  als 
pyrophosphorsaure  Magnesia  bestimmt  werden. 

Eisenoxyd  wurde  als  Hydrat  ausgefällt,  getrocknet,  geglüht 
und  gewogen. 

Eisenoxydul  wurde  als  Eisenoxyd  bestimmt. 

Phosphor  säure  wurde  nach  vorausgegangener  Fällung  durch 
Molybdänsäure- Ammon  als  pyrophosphorsaure  Magnesia  bestimmt. 

Wie  bei  dem  Füllen  der  Flaschen  mit  kohlensäurehaltigem  Wasser 
musste  auch  beim  Oeffnen  derselben  die  grösstmöglichste  Vorsicht  in 
Anwendung  kommen.  Dieselben  wurden,  nachdem  sie  vom  Siegellack 
vollständig  befreit  waren,  mittelst  eines  Sicherheitshahnes  geöffnet,  der 
Inhalt  durch  doppeltes  Filter  (bei  Adular  und  Oligoklas  von  schwedi- 
schem Filtrirpapier  gefertigt)  filtrirt  und  das  Filtrat  über  dem  Wasser- 
bade in  einer  Porzellanschale  (Adular  und  Oligoklas  in  einer  Platin- 
schale)  abgedampft.  Die  Rückstände,  die  sich  in  Salzsäure  oder  Sal- 
petersäure gewöhnlich  unter  Brausen  lösten,  wurden  alsdann  analysirt. 


B.  Specielles. 

1.  Adular  v.  St.  Gotthardt. 

Die  Analyse  dieses  farblosen,  starkglänzenden,  halbdurchsichtigen 
Feldspaths  ergab  in  100  Theilen 

Si09  = 65,24 
A1203  = 18,15 
CaO  = 1,28 

lv20  — 14,96 
FeO  = Spur 
99,73 


ff  Fresenius,  Quantitative  Analyse,  pag.  460  ff. 
2)  Dasselbe,  pag.  574. 


m 


Untersuchungen. 


31 


Merkwürdig  erscheint  es  hierbei,  dass  kein  Na20  vorhanden  war. 
Es  wurden  zur  Ermittelung  der  relativen  Menge  des  Gelösten 
10,0715  gr.  verwendet;  diese  enthielten  demnach 

Si02  = 6,5706  gr. 

A1203  = 1,8279  „ 

CaO  = 0,1289  „ 

K20  = 1,5081  „ 

FeO  — Spur 

10,0355  gr. 

Der  nach  der  7 wöchentlichen  Einwirkung  des  kohlensäurehaltigen 
Wassers  erhaltene  Rückstand  des  zur  Trockne  eingedampften  Filtrats 
brauste  fast  nicht  mit  Salzsäure.  Er  enthielt 

Si02  = 0,0102  gr. 

A1203  = 0,0025  „ 

CaO  = Spur 
lv20  = 0,0204  „ 

Fe203  = Spur 

0,0331  gr.  = 

0,328  °/0  der  angewendeten  Menge. 

Von  100  Theilen  sind  demnach  in  Lösung  gegangen 

Si02  = 0,1552 
A1203  = 0,1368 
Ka0  = 1,3527 
CaO  = Spur 
FeO  = Spur. 


2.  Oligoklas  v.  Ytterby  in  Schweden. 

Dieser  Feldspath  zeigt  an  der  betreffenden  Localität,  wie  auch 
die  in  den  verschiedenen  Sammlungen  aufbewahrten  Stücke  desselben 
erweisen,  so  gleichmässige  Substanz  von  so  charakteristisch  überein- 
stimmender Ausbildung,  dass  von  einer  quantitativen  Analyse  abgesehen 
und  die  Berzelius’sche  Analyse  als  auch  auf  das  zur  Untersuchung 
erhaltene  Stück  sich  beziehend  ohne  Bedenken  verwendet  werden  konnte. 

Nach  Berzelius  enthält  der  Oligoklas  von  Ytterby  in  100  Theilen 

Si02  = 61,55 
A1203  = 23,80 
Fe2Os  = Spur 
CaO  = 3,18 

MgO  = 0.80 
Na20  =:  9,67 

K20  = 0,38 
99,38 

Zur  Untersucbung  wurden  8,906  gr.  verwendet.  Diese  enthielten 
demnach : 


32 


Richard  Müller. 


[8] 


Si02  = 5,4826  gr. 
A1203  = 2,1196  „ 
Fe203  = Spur  „ 
CaO  = 0,2832  „ 
MgO  = 0,0712  „ 
Na20  — 0,8612  „ 
K20  = 0,0338  „ 


8,8516  gr. 

Der  ebenso  wie  beim  Adular  behandelte  Rückstand  brauste  sein- 
wenig  mit  Salzsäure  und  enthielt: 

Si02  = 0,013  gr. 

A1203  = 0,005 
FeO  =r  Spur  „ 

CaO  = 0,0091  „ 

Na20  = 0,0204  „ 

K20  = Spur 


0,0475  gr.  = 0,533°/0  der 


wendeten  Menge. 

Von  100  Theilen  Oligoklas  sind  demnach  gelöst  worden: 
Si02  = 0,237 
A1203  = 0,1713 
FeO  = Spur 
CaO  = 3,213 
Na20  = 2,367 
K20  = Spur. 


ange- 


3.  Hornblendefels  von  Alten  bürg. 

Dieses  vollständig  frisch  aussehende  Gestein  war  von  zahlreichen 
dicken  Quarzadern  durchzogen,  die  bei  der  Zerkleinerung  möglichst 
entfernt  werden  mussten,  um  ein  reines  Hornblendepulver  zu  erhalten. 
Die  Analyse  desselben  ergab 

Si02  = 49,12 
A1203  = 9,004 
Fe203  = 14,62 
FeO  = 10,305 
CaO  = 8,761 

MgO  = 5,92 
Na20  = 2,13 
99,860 

Zur  Untersuchung  wurden  10, 2 gr.  verwendet.  Diese  enthielten: 
Si02  = 5,0102  gr. 

A1203  = 0,9184  „ 

Fe203  = 1,4912  „ 

FeO  = 1,0511  „ 

CaO  = 0,8936  „ 

MgO  = 0,6038  „ 

Na20  — 0,2172  „ 

10,1855  gr. 


[9] 


Untersuchungen. 


33 


Von  diesen  waren  durch  das  kohlensäurehaltige  Wasser  in  Lösung 
gegangen : 

Si02  = 0,021  gr. 

FeO  = 0,0594  „ 

CaO  = 0,0762  „ 

A1203  = Spur 
Na20  = Spur  (wägbar) 

MgO  — Spur 

0,1566  gr.  = 1,536  °/0  der  ange- 
wendeten Menge.  Der  Rückstand  brauste,  als  er  mit  Salzsäure  in  Be- 
rührung gebracht  wurde.  Von  100  Theilen  wurden  gelöst: 

Si02  = 0,419 
FeO  = 4,829 
CaO  = 8,528 
A1203  = Spur 
Na20  = Spur 
MgO  = Spur 

4.  Magnet  eisen  vom  Greine  r (Zillerthal). 

Zur  Untersuchung  wurden  6 aus  dem  Chloritschiefer  herausge- 
löste Krystalle  verschiedener  Grösse  in  der  Octaederform  verwendet. 
Diese  wogen  fein  gepulvert: 

13,0626  gr. 

Nach  Rammeisberg1)  besteht  das  Magneteisen  aus 
Fe203  = 67,59 
FeO  = 32,54 
100,13 

Es  kommen  demnach  auf  13,0626  gr: 

Fe203  = 8,8290  gr. 

FeO  = 4,2505  „ 

13,0795  gr. 

Nach  der  Einwirkung  des  kohlensäurehaltigen  Wassers  wurden  in 
dem  Rückstand  des  eingedampften  Filtrats  gefunden: 

Fe203  = 0,0445  gr.  = 

0,04005  gr.  FeO  — 0,307  °/0  der  angewendeten  Menge. 

Da  die  oxydirende  Wirkung  der  Luft  nicht  zu  beseitigen  war, 
konnte,  wie  auch  bei  dem  Hornblendegestein,  die  Eisenverbindung  nicht 
als  Eisenoxydul,  als  welches  dieselbe  in  Lösung  gegangen  sein  muss, 
bestimmt  werden. 

Es  waren  also  von  100  Theilen  Magneteisen  in  Lösung  gegangen : 
FeO  = 0,942. 

5.  Magneteisenerz  vom  Kaschberg  in  Böhmen. 

Das  gepulverte  Gestein  erwies  sich,  obschon  es  dem  blossen  Auge 
als  ganz  reines  und  homogenes  Erz  erschien,  unter  dem  Mikroskop  als 
ein  Gemenge  von  Augit  und  Magneteisen.  Da  es  hier,  wie  auch  bei 

0 Handbuch  der  Mineralchemie. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1877.  1.  Heft.  (Müller.) 


5 


34 


Richard  Müller. 


[10] 


Nr.  4 vor  allem  galt  zu  ermitteln,  ob  und  wie  das  kohlensäurehaltige 
Wasser  auf  reines  Magneteisen  einwirke,  wurde  erst  durch  den  Magnet, 
alsdann  durch  Schlämmen  versucht,  das  Magneteisen  von  dem  augiti- 
schen  Gemenge  zu  entfernen.  Es  blieben  aber  — wie  das  Mikroskop 
zeigte  — immer  noch  kleine  Stäubchen  des  letzteren  an  den  Magnet- 
eisenkörnchen hängen,  welche  die  Ermittelung  eines  genauen  Resultates 
nicht  gestattet  hätten.  Aus  diesem  Grunde  wurde  das  gepulverte  Mag- 
neteisenerz ohne  vorherige  Trennung  des  augitischen  Gemenges  von 
dem  Magneteisen  zur  Untersuchung  verwendet.  Die  Analyse  desselben 
ergab : 

Si02  = 1,0655 
Fe203  = 61,14 
FeO  = 33,2164 
CaO  — - 3,507 
A1203  = 0,4815 
99,3104 

Angewendet  wurden  11,205  gr.  Diese  enthielten: 

Si02  = 0,1193  gr. 

Fe203  = 6,8507  „ 

FeO  = 3,7208  „ 

CaO  = 0,3929  „ 

A1203  = 0,0539  „ 

11,1376  gr. 

Die  Analyse  der  durch  das  kohlensäurehaltige  Wasser  gelösten 
Mengen  ergab: 

Fe203  = 0,0901  gr.  = 0,0811  gr.  FeO 
CaO  = 0,114  „ 

Si02  = Spur  (gering) 

0,2041  gr.  — 1,821  °/0  der  angewen- 
deten Menge. 

Von  100  Theilen  waren  demnach  gelöst  werden : 

FeO  — 2,428 

CaO  = 29,015. 

Der  Rückstand  des  zur  Trockne  eingedampften  Filtrats  brauste 
stark,  als  Salzsäure  hinzu  gebracht  wurde. 


6.  Moroxit  von  Hammond  (N.  Amerika). 

Von  dieser  bläulichgrünen  Apatitvarietät  wurde  ein  Krystall  von 
der  Form  oo  P.  P.  oo  P2  pulverisirt,  der  sich  durch  den  Glasglanz  auf 
den  Krystallflächen  und  durch  den  Fettglanz  auf  den  Spaltungs-  und 
Bruchflächen  besonders  auszeichnete.  Die  Analyse  ergab: 

Po05  = 44,088 
CaO  = 53,319 
Fe203  = 1,065 
CI  = 0,283 
98,755 


Unters  ucliungen. 


35 


tu] 


Angewendet  wurden  8,774  gr.  In  diesen  waren  enthalten: 

P205  — 3,8682  gr. 

CaO  = 4,678  „ 

Fe.,03  = 0,0934  „ 

CI  = 0,0248  „ 

8,6626  gr. 

Hiervon  wurden  durch  das  kohlensäurehaltige  Wasser  gelöst: 
PA  = 0,0548  gr. 

CaO  = 0,0794  „ 

0,1342  gr.  = 1,529%  der  ange- 
wendeten Menge. 

Von  100  Theilen  wurden  demnach  gelöst: 

Po05  = 1,417 
CaO  = 1,696. 

Von  den  folgenden  Apatitkrystallen  konnte  wegen  Mangel  an  hin- 
reichender Substanz  keine  quantitative  Analyse  vor  der  Einwirkung  des 
kohlensäurehaltigen  Wassers  ausgeführt  werden.  Es  wurde  deshalb 
wenigstens  der  Gehalt  an  Phosphorsäure  und  Kalk  berechnet,  und  zwar 
auf  folgende  Weise: 

Rammeisberg1)  unterscheidet  bei  den  Apatiten  2 Grundver- 
bindungen : 


1.  Chlorapatite: 

CI  = 6,82 
P206  = 40,92 
CaO  = 53,80 
101,44. 

Das  Mittel  aus  beiden  ergiebt: 

P2Ö5  = 40,92 
P206  = 42,26  = 
83,18 


2.  Eluorapatite : 
Fl  = 3,77 

P305  = 42,26 
CaO  = 55,55 
101,58 


41,54  P206. 


CaO  = 53,80 

CaO  = 55,55  = 54,68  CaO. 


109,35 

Diese  Zahlen  können  ohne  Bedenken  als  der  Phosphorsäure-  und 
Kalkgehalt  der  folgenden  Apatite  angenommen  werden,  da  die  Abwei- 
chungen nicht  von  allzugrosser  Bedeutung  sein  können. 


7.  Apatit  von  Katharinenburg. 

Zur  Untersuchung  wurden  verwendet:  12,95  gr.  Diese  enthielten 
nach  der  oben  berechneten  Formel: 

PA  = 5,3794  gr. 

CaO  — 7,081  „ 

12,46  gr. 


')  Handbuch  der  Mineralchemie. 


5* 


86 


Richard  Müller. 


[12] 


Durch  das  kohlensäurehaltige  Wasser  wurden  gelöst: 

P206  = 0,098  gr. 

CaO  = 0,1535  „ 

0,2515  gr.  = 2,01 8 °/0  der  ange- 
wendeten Menge. 

Von  100  Theilen  wurden  demnach  gelöst: 

P206  = 1,822 
CaO  = 2,168. 


8.  Spargelstein  von  Chili. 

Angewendet  wurden:  13,626.  Diese  enthielten  nach  der  oben  be- 
rechneten Formel: 

P206  = 5,6602  gr. 

CaO  = 7,4506  „ 

Hiervon  waren  gelöst  worden: 

P206  = 0,12  gr. 

CaO  = 0,145  „ 

FeO  = Spur 

0,265  gr.  = 1,976%  der  ange- 
wendeten Menge. 

Von  100  Theilen  sind  demnach  gelöst  worden: 


P206  = 2,12 
CaO  = 1,946 
FeO  = Spur. 


9.  Olivinfels  aus  dem  Ultenthal. 


Die  Analyse  dieses  Gesteins  ergab  in  100  Theilen: 

Si02  = 40,60 
A1203  = 0,86 
MgO  = 45,81 
FeO  = 12,35 
CaO  = Spur 
CuO  — Spur 
99,62. 

Zur  Untersuchung  wurden  10,0065  gr.  verwendet,  in  denen  sich 
also  befanden: 

Si02  = 4,067  gr. 

A1203  = 0,086  „ 

MgO  = 4,583  „ 

FeO  = 1,2207  „ 

CaO  = Spur 

CuO  = Spur 

9,9567  gr. 

Hiervon  waren  in  Lösung  gegangen: 


[13] 


Untersuchungen. 


37 


Si02  = 0,0355  gr. 

MgO  = 0,0692  „ 

FeO  = 0,1066  „ 

CaO  = Spur 
CuO  : Spur 

0,2113  gr.  = 2,111  °/0  der  angewen- 


deten Menge. 

Es  sind  demnach  von  100  Theilen  gelöst  worden: 


Si02  = 0,873 
MgO  = 1,291 
FeO  = 8,733 
CaO  = Spur 
CuO  = Spur. 

Der  Rückstand  brauste,  als  er  mit  Salzsäure  übergossen  wurde. 


10.  Edler  Serpentin  von  Snarum. 


Die  Analyse  ergab: 

Si02  = 40,82 
MgO  = 36,78 
A1203  = 2,19 
FeO  = 6,01 
H20  13,48 

99,28 

Merkwürdig  erscheint  hierbei  der  Thonerdegehalt.  Jedoch  fand 
Schee  rer1)  in  einem  Serpentin  von  Snarum  2,39 °/0  A1203.  Es  wurde 
auf  die  Trennung  der  Thonerde  von  dem  Eisenoxyd  besondere  Sorgfalt 
verwendet;  eine  Ungenauigkeit  liegt  daher  kaum  vor. 

Angewendet  wurden;  13,08  gr. 

Diese  enthielten: 


Si02 

= 5,3392 

gr. 

MgO 

= 4,8108 
= 0,2865 

r> 

ai2o3 

57 

FeO 

- 0,7861 

h2o 

= 1,772 

T> 

12,9946  gr. 


Nach  7 wöchentlicher  Einwirkung  des  kohlensäurehältigen  Wassers, 
waren  in  Lösung  gegangen : 

Si02  = 0,0189  gr. 

A1202  — Spur 
FeO  = 0,012  „ 

MgO  = 0,1275  „ 


0,1584 


deten  Menge. 

Es  wurden  demnach  von  100  Theilen 


gr.  = 1,24 °/0  der  angewen- 
gelöst : 


0 Poggendorff.  Annalen,  Bd.  68,  pag.  328. 


38 


Richard  Müller. 


[14] 


Si02  = 0,354 
AL03  = Spur 
FeO  = 1,527 
MgO  = 2,649. 

Ausser  deu  obengenannten  Mineralien  wurden  noch  einige  mit 
kohlensäurehaltigem  Wasser  behandelt,  von  denen  die  in  Lösung  gegan- 
genen Substanzen  aber  nur  qualitativ  bestimmt  werden  konnten: 

1.  Kali  gl  immer  aus  dem  Ural. 

Wie  die  höchst  vollkommene  Spaltbarkeit  dieses  Minerals,  das 
dem  Drusenraume  eines  granitischen  Gesteins  entstammt,  schon  beim 
Pulverisiren  besondere  Schwierigkeiten  bereitete,  verhinderte  später, 
beim  Füllen  der  Flaschen  mit  kohlensäurehaltigem  Wasser,  ein  nicht 
vorhergesehener  Unfall  die  quantitative  Bestimmung  der  gelösten  Sub- 
stanzen. Eine  der  mit  dem  Pulver  des  Kaliglimmers  gefüllten  Flaschen 
zersprang,  wahrscheinlich  des  allzuhohen  Druckes  wegen.  Da  an  dem- 
selben Tage  und  auch  in  derselben  Woche  die  Füllung  einer  neuen 
Flasche  nicht  gut  möglich  war,  so  konnte  nur  eine  Flasche  zur  Unter- 
suchung verwendet  werden.  Nach  Verlauf  von  4 Wochen  fänden  sich 
in  dem  zur  Trockne  abgedampften  Rückstände: 

K20,  CaO,  Fe203  und  Spuren  von  Si02. 

Das  sämmtliche  Eisenoxydul  des  abgewogenen  Materials  schien 
in  Lösung  gegangen  zu  sein.  Es  fand  sich  wenigstens  in  dem  von  dem 
kohlensäurehaltigen  Wasser  nicht  angegriffenen  Rückstände  kein  Eisen- 
oxydul mehr,  während  es  sich  bei  der  Analyse  des  Minerals  deutlich 
gezeigt  hatte. 

2.  Kobaltblüthe  aus  dem  Puchersehacht  bei  Schneeberg. 

Auch  hier  konnte  die  relative  Menge  des  Gelösten  nicht  bestimmt 
werden.  Wollte  man  die  pfirsichblüthrothen,  haarförmigen  Krystalle 
von  den  Quarzkrystallen,  auf  denen  dieselben  sassen,  trennen,  so  ergab 
dies  zu  wenig  Substanz.  Es  wurden  daher  die  Quarzkrystalle  sammt 
der  Kobaltblüthe  gepulvert  und  zu  diesem  Gemisch  das  kohlensaure 
Wasser  gebracht.  Der  durch  Eindampfen  des  Filtrats  erhaltene  Rück- 
stand zeigte  eine  hellrothe  Farbe;  er  brauste  beim  Zusatz  von  Salz- 
säure und  wurde  grün;  bei  fernerem  Zusatz  von  Wasser  färbte  er 
sich  dunkelbraun.  Es  fanden  sich  darin: 

Co,  Ni,  Fe203  und  deutliche  Spuren  von  Si02. 


3.  Nickel  bl  tithe  v.  Schneeberg. 

Dieselbe  konnte  von  dem  Kobalterz,  auf  welchem  sie  sich  befand, 
ebenfalls  nicht  getrennt  werden.  Im  Rückstand,  der  ebenfalls  mit  Salz- 
säure brauste,  wurden  gefunden: 

Ni,  Co  und  Fe203. 


[15] 


Untersuchungen. 


39 


4.  Wolframit  v.  Zinnwald. 

Dieser  war  in  eine  Quarzmasse  eingesprengt,  von  welcher  man 
ihn  nicht  trennen  konnte,  ohne  dass  Quarztheilchen  an  demselben 
hängen  blieben.  Der  Rückstand  brauste  mit  Salzsäure  und  enthielt: 

MnO,  Fe203  und  Si02. 

Es  sei  hierbei  bemerkt,  dass  schon  bei  diesen  4 Mineralien  die 
von  Bischof  aufgestellten  Sätze  bezüglich  der  Löslichkeit  der  alkali- 
schen Silicate  vollständig  bestätigt  gefunden  wurden.  Dass,  wie  Bischof 
so  oft  hervorhebt,  Magnesiasilicat  von  kohlensäurehaltigem  Wasser  nicht 
zersetzt  werden  kann,  möchte  hier  schon  angezweifelt  werden ; es  wird 
dieser  Zweifel  bei  Besprechung  des  Serpentin  noch  seine  nähere  Be- 
gründung erhalten. 

Unwillkürlich  drängte  sich  bei  diesen  Untersuchungen  die  Frage 
auf:  ob  nicht  auch  das  Glas  der  verwendeten  Flaschen  von  dem  kohlen- 
säurehaltigen Wasser  angegriffen  würde.  Um  dies  genau  ermitteln  zu 
können,  wurden  6 Flaschen  nur  mit  kohlensäurehaltigem  Wasser  ge- 
füllt. Nach  Verlauf  von  2 Monaten  wurde  der  Inhalt  eingedampft. 
Es  zeigte  sich  dabei  kein  Rückstand,  ein  Beweis,  dass  das  Glas  der 
verwendeten  Flaschen,  welches  nach  einer  brieflichen  Mittheilung  des 
Herrn  Glasfabrikanten  Friedrich  Siemens  in  Dresden  aus  einem  Ge- 
menge von 

700  Gewichtstheilen  Granit 
150  „ Kalk  und  Mergel 

25  „ Flussspath 

130  ,,  Glaubersalz 

dargestellt  ist,  nicht  angegriffen  wird. 

In  nachstehender  Tabelle  sind  die  in  Lösung  gegangenen  Sub- 
stanzen, nach  Procenten  berechnet,  zusammengestellt  worden,  um  die 
gewonnenen  Resultate  einer  näheren  Betrachtung  unterwerfen  zu  können. 


Materialien 

SiOo 

AbOs 

ILO 

Na„0 

MgO 

CaO 

FeO 

Summa 

Ad  iilar 

0,1552 

0,1368 

1.3527 

— 

— 

— 

— 

Spur 

O,328°/0 

Oligoklas  .... 

0.237 

9,1713 

— 

2,367 

— 

3,213 

— 

Spur 

0,5330/0 

Hornblemlefels  . . 

0,419 

Spur 

Spur 

— 

— 

8,528 

— 

4,829 

1,536% 

Magneteisen  . . . 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

0,942 

0,307% 

Magneteisenerz  . . 

Spur 

— 

— 

— 

■ — 

— 

2,428 

1,821  o/0 

Moroxit 

— 

— 

— 

1,696 

1,417 

— 

1,529% 

Apatit 

— 

— 

— 

— 

2,168 

1,822 

— 

2,018% 

Spargelstein  . . . 

— 

— 

— 

— 

— 

1,946 

2,12 

Spur 

1,976 % 

Olivin 

0,873 

Spur 

— 

— 

1,291 

Spur 

— 

8,733 

2,111% 

Serpentin  .... 

0,354 

— 

— 

— 

2,649 

— 

— 

1,527 

1,211  % 

Es  muss  zunächst  constatirt  werden,  dass  die  in  der  Einleitung 
angeführten  Resultate  früher  angestellt  er  Versuche  zum  grössten  Th  eil 
ihre  Bestätigung  Anden.  Es  hat  sich  der  Nachweis  ergeben,  dass  das 


40 


Richard  Müller, 


[16] 


kohlensäurehaltige  Wasser  im  Stande  ist,  von  den  obengenannten  Mine- 
ralien und  Gesteinen  die  wesentlichsten  Bestandtheile,  als  da  sind: 

Si02,  A1203,  K20,  Na20,  CaO,  MgO,  FeO,  NiO,  CoO,  P205,  MnO 
zu  lösen. 

Die  Tabelle  zeigt  ferner,  dass  Kalk  und  Eisenoxydul  am  meisten, 
Kieselsäure  und  Thonerde  am  wenigsten  von  dem  kohlensäurehaltigen 
Wasser  angegriffen  werden.  Dies  stimmt  mit  dem  Erscheinen  des 
kohlensauren  Kalkes  und  des  kohlensauren  Eisenoxyduls  in  der  Natur 
vollkommen  überein.  Unter  allen  kohlensauren  Salzen  sind  neben  Mag- 
nesiacarbonat diese  in  grösster  Menge  vorhanden.  „Es  ist  daher  un- 
zweifelhaft“, sagt  Bischof1)  mit  Recht,  „dass  der  kohlensaure  Kalk 
bei  weitem  in  den  meisten  Fällen  auf  nassem  Wege  krystallisirt,  und 
dass  bei  weitem  das  meiste  kohlensaure  Eisenoxydul  durch  Zersetzung 
der  Eisenoxydsilicate  mittelst  kohlensauren  Wassers  entstanden  ist.“ 
Es  darf  ferner  mit  Bischof2)  wohl  behauptet  werden,  dass  die  im 
Mineralreiche,  in  Quellen  und  in  allen  Gewässern  vorkommenden  Carbo- 
nate  meist  durch  Zersetzung  der  ihnen  entsprechenden  Silicate  ent- 
standen sind.“ 

Was  nun  die  beiden  Feldspathe: 

Adular  und  Oligoklas 

anbelangt,  so  ist  bei  ihnen  durch  den  quantitativen  Nachweis  der  in 
Lösung  gegangenen  Substanzen  der  zuerst  von  Werner3)  und  Bischof 
aufgestellte  Satz,  „dass  Kohlensäure  und  Wasser  die  Zersetzung  des 
Feldspaths  bedingen“,  hinreichend  bewiesen.  Ferner  hat  sich  hier  das 
Struckmann’sche4)  Resultat:  „In  Kohlensäuerlingen  kann  freie  Kiesel- 
säure gelöst  Vorkommen“ , durch  den  quantitativen  Nachweis  der 
gelösten  Kieselsäure  vollkommen  bestätigt  und  kann  daher  die  Ansicht 
Bischofs5):  „Man  könne  nicht  annehmen,  dass  die  ausgeschiedene  Kie- 
selsäure, als  solche,  neben  dem  ursprünglichen  kieselsauren  Alkali  auf- 
gelöst sei“,  nicht  getlieilt  werden. 

Ob  die  Kieselsäure  als  kieselsaure  Thonerde  oder  als  Hydrat  in 
Lösung  gegangen  ist,  lässt  sich  nicht  mit  Bestimmtheit  feststellen. 
Jedenfalls  ist  das  letztere  wahrscheinlicher.  Man  kann  auch  nicht 
annehmen,  dass  das  kohlensaure  Kali,  was  sich  zunächst  gebildet  haben 
muss,  in  so  verdünnter  Lösung  die  Bildung  von  kieselsaurem  Kali  ver- 
anlasst hat;  unter  diesen  Verhältnissen  ist  die  Kieselsäure  nicht  im 
Stande,  die  Kohlensäure  auszutreiben.  Es  bleibt  vielmehr  wahrschein- 
licher, dass  die  Kieselsäure  ausgeschieden  wurde  und  als  solche  in 
Lösung  ging. 


J)  Bischof,  ehern.  Geol.  II,  pag.  136. 

2)  Bischof,  chem.  Geol.  I,  pag.  31. 

3)  Werner,  Neue  Theorie  von  der  Zersetzung  der  Erzgänge,  pag.  130. 

4)  Ann.  d.  Chemie  v.  Wöhler  u.  Liebig.  Bd.  94,  pag.  344. 

5)  Bischof,  chem.  Geol.  I,  pag.  32. 


[17] 


Untersuchungen. 


41 


Ebenso  muss  auch  von  der  Thonerde  angenommen  werden,  dass 
sich  Thonerdehydrat  gebildet  und  direct  gelöst  hat.  Dieses  Resultat 
widerspricht  der  Behauptung  der  meisten  Lehrbücher  der  Chemie,  wie 
von  Graham-Otto1)  u.  a.,  „dass  Thonerde  in  Wasser  und  kohlen- 
säurehaltigem Wasser  unlöslich  sei“;  auch  stimmt  es  nicht  mit  dem 
von  Bischof  aufgestellten  Satz  überein:  „Da  sich  Kohlensäure  nicht 
mit  Thonerde  verbinden  kann,  so  ist  klar,  dass  Thonerdesilicat  nicht 
durch  diese  Säure  zersetzt  werden  kann.“  Es  wird  jedoch  von  den 
Gebrüdern  Rogers  und  von  Dittrich2)  bestätigt,  dass  kohlensaures 
Wasser  im  Stande  ist  Thonerde,  wenn  auch  in  geringen  Mengen,  zu 


lösen.  Letzterer  hat  gefunden,  dass 

Humushaltiger  Lehmboden 0,29  % 

Geglühter  Lehmboden Spur 

Thonsteinporphyr  0,007% 

Basalt 0,003% 


Eisenoxydul  und  Thonerde  an  das  kohlensäurehaltige  Wasser  abgeben ; 
erstere  führen  unter  den  gelösten  Substanzen  bei  der  Einwirkung  von 
kohlensäurehaltigem  Wasser  auf  Hornblende,  Actinolith,  Epidot,  Ser- 
pentin, Chlorit  und  Feldspath,  auch  Thonerde  an. 

Der  quantitative  Nachweis  der  in  Lösung  gegangenen  Thonerde 
vom  Adular  und  Oligoklas  stellt  daher  fest,  dass  das  kohlensäurehaltige 
Wasser  im  Stande  ist,  aus  dem  Feldspath  geringe  Mengen  Thonerde 
zu  lösen. 

Betrachtet  man  die  Summe  der  gelösten  Substanzen  vom  Adular 
= 0,328%,  so  ergibt  ein  Vergleich  mit  Dr.  Carl  Haushofers3)  Resultat, 
nach  welchem  die  25fache  Gewichtsmenge  reines  Wasser  aus  fein 
gepulvertem  Granit  bei  gewöhnlichen  Temperatur-  und  Druckverhält- 
nissen in  8 Tagen  0,03 °/o  Alkali  extrahirt,  Folgendes:  Die  zur 
Untersuchung  angewendeten  Flaschen  fassten  eine  Wassermenge  von 
ca.  1000  gr.  Beim  Adular  wurden  10,035  gr.  zur  Untersuchung 
verwendet.  Es  kam  daher  auf  letzteren  ungefähr  die  lOOfache  Ge- 
wichtsmenge Wasser.  Bei  gewöhnlichem  Druck  hätte  nach  Haushofer 
der  Adular  an  reines  Wasser  0,12%  Alkali  abgeben  können.  Da  nun 
kohlensäurehaltiges  Wasser,  nach  Dittrich  und  Haushofer,  fast  die 
doppelte  Wirkung  des  reinen  Wassers  auf  die  Gesteine  ausübt,  so  würde 
der  Adular  bei  gewöhnlichem  Druck  0,24%  abgeben  können.  Berechnet 
man  hierzu  den  erhöhten  Druck  und  die  längere  Zeitdauer,  so  liess 
sich  erwarten,  dass  vom  Adular  mehr  als  die  erhaltene  Menge  0,328 % 
hätte  gelöst  werden  müssen.  Beachtet  man  jedoch,  dass  das  zur  Unter- 
suchung verwendete  Stück  vollständig  frisch  erhalten  war,  und  dass 
bei  den  hiesigen  Versuchen  die  Zeit  nicht  eine  so  grosse  Rolle  spielt, 
als  man  erwarten  sollte,  — wie  es  ein  bei  der  Hornblende  erhaltenes 
Resultat  zeigen  wird,  — so  stellt  sich  eine  ziemliche  Annäherung  des 
beim  Adular  erhaltenen  Resultates  mit  dem  Haushofers  heraus. 


0 Graham-Otto,  Lehrt»,  d.  Chem.  Bd.  II,  Abthl.  II,  pag.  55. 

2)  Erdmann,  Journ.  f.  pr.  Chemie.  Bd.  74.  pag.  137. 
s)  Journal  f.  prakt.  Chemie.  Bd.  103,  pag.  131. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1877.  1.  Heft.  (R.  Müller.) 


6 


42 


Richard  Müller. 


[18] 


Dass  Oligoklas  leichter  zersetzbar  sei  als  Adular,  konnte  schon 
aus  dem  Kalk-  und  Natrongehalt  des  ersteren  erwartet  werden.  Es 
hat  sich  dies  vollkommen  bestätigt.  Ein  Vergleich  der  Summen  der 
in  Lösung  gegangenen  Substanzen  vom  Adular  und  Oligoklas  beweist 
es  hinreichend. 

♦ Im  Allgemeinen  stellen  nun  die  bei  diesen  beiden  Feldspathen 
erhaltenen  Resultate  fest,  was  Zirkel1)  bei  der  Besprechung  des  Kaolin 
über  die  Zersetzung  der  Feldspathe  sagt.  Es  heisst  daselbst:  „Die 
Verwitterung  der  einzelnen  Feldspathspecies  geht  jedenfalls  mit  ver- 
schiedener Schnelligkeit  vor  sich ; so  widerstehen  die  kieselsäurereicheren 
Feldspathe  länger  der  Zersetzung  als  die  kieselsäureärmeren  und  die 
kalireichen  werden  ungleich  schwieriger  zersetzt  als  die  natron-  und  kalk- 
reichen.“ Hieraus  erklärt  sich  auch  die  verschiedene  Zusammensetzung 
der  Kaoline,  die,  wie  Werner,  Forchhammer,  Fuchs  und  Bischof  zuerst 
nachwiesen,  unbedingt  als  Zersetzungsproducte  der  Feldspathe  anzusehen 
sind.  Ferner  ist  die  Erscheinung,  dass  viele  Granite,  Syenite,  Gneisse 
und  Felsitporphyre  nicht  selten  von  der  Oberfläche  her  in  viele  Fuss 
tief  zu  einer  krusigen  Masse  aufgelöst  sind,  der  Wirkung  des  kohlen- 
säurehaltigen Wassers  zuzuschreiben,  indem  dasselbe  die  Zersetzung 
der  in  jenen  Gesteinen  befindlichen  Feldspathe  bedingt.  Auch  ist  es, 
nach  Naumann2),  dieser  Zersetzuugsprocess,  welcher  hauptsächlich  das 
Material  zur  Bildung  der  Arkose  oder  feldspathreichen  Sandsteine 
geliefert  hat. 

Delesse3)  unterscheidet  zwei  Stadien  in  der  Zersetzung  der  Feld- 
spathe: die  Rubifaction  und  die  Kaolinisation  und  sagt,  dass  die 
Röthung  um  so  lebhafter  sei,  je  mehr  Eisen  die  Feldspathe  ent- 
hielten. Es  kann  dies  durch  das  erhaltene  Resultat  der  Einwirkung 
des  kohlensäurehaltigen  Wassers  auf  das  Eisenoxydul,  welches  sowohl 
in  dem  Adular  als  auch  in  dem  Oligoklas  enthalten  war,  bestätigt 
werden.  Obgleich  das  durch  das  kohlensäurehaltige  Wasser  gelöste  Eisen- 
oxydul nicht  quantitativ  bestimmt  wurde,  so  konnte  doch  bei  beiden 
Feldspathen  beobachtet  werden,  dass  das  Pigment  am  leichtesten  löslich 
sei.  Es  fand  sich  in  der  vom  kohlensäurehaltigen  Wasser  nicht  ange- 
griffenen Feldspathsubstanz  kein  Eisenoxydul  mehr. 

Die  Umwandlung  des  Eisenoxyduls  in  kohlensaures  Eisenoxydul 
und  schliesslich  in  Eisenoxydhydrat  wird  darum  wohl  auch  in  der 
Natur  als  erstes  Zeugniss  der  Zersetzung  zu  bemerken  sein. 

Bei  dem  Hornblendegestein  konnte  schon  während  des  Abdampfens 
der  Lösung  über  dem  Wasserbad  deutlich  bemerkt  werden,  dass  auf 
dasselbe  das  kohlensäurehaltige  Wasser  bedeutend  mehr  eingewirkt 
habe,  als  auf  die  obengenannten  Feldspathe.  Die  quantitative  Analyse 
des  zur  Trockene  eingedampften  Rückstandes,  der  mit  Salzsäure  brauste, 
bewies  dies  deutlich. 


*)  Zirkel,  Petrographie.  Bd.  II,  pag.  609. 

2)  Naumann  Geognosie.  I,  pag.  725. 

3)  Bull.  d.  la  soc.  geol.  VI.  pag.  396. 


[19] 


Untersuchungen. 


43 


Es  stellte  sieh  ferner  heraus,  dass  Kalk  und  Eisenoxydul  am 
leichtesten  extrahirt  werden,  indem  sie  in  bedeutenderen  Mengen,  als 
alle  übrigen  Bestandtheile  der  Mineralien  und  Gesteine  als  doppeltkoh- 
lensaurer Kalk  und  als  kohlensaures  Eisenoxydul  in  Lösung  gehen. 

Die  Kieselsäure  hat  sich  höchst  wahrscheinlich,  wie  bei  Adular 
und  Oligoklas,  als  Hydrat  gelöst. 

Aus  dem  grossen  Einfluss,  welchen  das  kohlensäurehaltige  Wasser 
auf  die  Hornblende  ausübt,  lassen  sich  die  zahlreichen  Pseudomorphosen 
nach  derselben  erklären,  welche  namentlich  von  Blum  und  Bischof 
vortrefflich  beschrieben  sind.  Ebenso  muss  die  tiefeingreifende  Zerstö- 
rung derjenigen  Gesteine,  in  welchen  die  Hornblende  als  vorwaltender 
Gemengtheil  auftritt,  der  leichten  Zersetzbarkeit  der  letzteren  durch  koh- 
lensäurehaltiges Wasser  zugeschrieben  werden. 

Was  Bischof1)  von  der  Umwandlung  der  Hornblende  sagt,  kann 
aus  dem  hier  erhaltenen  Resultate  ebenfalls  gefolgert  werden:  „Tritt 
die  Kalkerde  ganz  und  das  Eisenoxyd  mehr  oder  weniger  aus  der  Mi- 
schung der  Hornblende:  so  entsteht  Chlorit.  Scheidet  sich  gleich- 
zeitig die  Thonerde  aus:  so  entsteht  Serpentin.  Treten  ausser  der 
Magnesia  alle  Basen  aus  der  Mischung:  so  entsteht  Speckstein  oder  Talk.“ 

Die  Hornblende,  wovon  reichliches  Material  vorlag,  gab  Gelegen- 
heit, den  Einfluss  der  Zeit  auf  den  Grad  der  Zersetzung  zu  ermessen. 
Ausser  der  7 wöchentlichen  Einwirkung  wurde  auch  noch  eine  3wöchent- 
liche  vorgenommen.  Es  stellte  sich  dabei  folgendes  Resultat  heraus: 

Nach  Swöchentlicher  Einwirkung  des  kohlensäurehaltigen  Wassers 
waren  von  9,015  gr.  feingepulverter  Hornblende  gelöst  worden 

Si02  ==  0,019  gr. 

CaO"  = 0,0705  „ 

FeO  — 0,0514  „ 

A1303  = Spur 

0,1237  gr.  = 1,359%  der  ange- 

gewendeten  Menge. 

Nach  7wöchentlicher  Einwirkung  wurden  1,536%  gelöst,  also  nur 
0,175%  mehr,  als  nach  Swöchentlicher  Einwirkung. 

Es  darf  hieraus  geschlossen  werden,  dass  bei  den  in  Rede  ste- 
henden Versuchen  die  längere  Zeitdauer  verhältnissmässig  wenig  Ein- 
fluss ausgeübt  hat,  dass  es  vielmehr  der  stärkere  Druck  gewesen  ist, 
welcher  die  Wirkung  des  kohlensäurehaltigen  Wassers  erhöhte. 

Da  das  Magneteisen  bei  der  mikroskopischen  Untersuchung  selbst 
sehr  zersetzter  krystallinischer  Massengesteine,  z.  B.  Diabase,  Melaphyre, 
so  oft  neben  stark  umgewandelten  anderen  Gemengtheilen  vollkommen 
frisch  und  scharf  umgrenzt  erscheint,  und  da  sich  andererseits  oft 
genug  nachweisen  lässt,  dass  die  mikroskopischen  Magneteisenkörner, 
welche  bei  dem  Wachsthum  der  übrigen  grösseren  Gemengtheile  eines 
Gesteins  eingeschlosssen  wurden,  keineswegs  secundäre  Producte  sein 
können,  so  konnte  nicht  erwartet  werden,  dass  das  kohlensäurehaltige 
Wasser,  sofern  demselben  die  Hauptrolle  bei  der  Zersetzung  der 


‘)  Bischof,  chem.  Geol.  II.,  pag.  686. 


6* 


44 


Richard  Müller. 


[20] 


Felsarten  zufällt,  verhältnissmässig  ebenso  auf  das  Magneteisen  ein- 
wirke, wie  es  die  Salzsäure  thut,  eine  Vermuthung,  welche  Zirkel1)  bei 
Besprechung  des  Apatit  folgendermassen  ausspricht: 

„Es  scheint  demnach,  dass  man  aus  dem  Verhalten  der  Felsarten- 
gemengtheile  gegen  Salzsäure  nicht  ohne  weiteres  auf  deren  Angreif- 
barkeit durch  natürliche  kohlensäurehaltige  Gewässer  schliessen  dürfe, 
ein  Punkt,  welchem  die  Beschaffenheit  des  Magneteisens  in  den  Fels- 
arten zur  Unterstützung  gereicht.“ 

Der  quantitative  Nachweis  des  vom  Magneteisen  gelösten  Eisen- 
oxyduls stellt  nun  fest,  dass  das  Magneteisen  zwar  ebenfalls  vom 
kohlensäurehaltigen  Wasser  angegriffen  wird,  dass  aber  der  Zersetzungs- 
process  langsamer  vor  sich  geht,  als  bei  allen  übrigen  Gemengtheilen 
der  Gesteine.  So  löst  z.  B.  das  kohlensäurehaltige  Wasser  von  Oligo- 
klas  O,535°/0,  vom  Magneteisen  unter  den  gleichen  Verhältnissen  nur 
die  Hälfte.  Die  Hartnäckigkeit,  mit  welcher  das  Magneteisen  den  zer- 
setzenden Einflüssen  des  kohlensäurehaltigen  Wassers  widersteht,  ist 
höchst  wahrscheinlich  in  der  grossen  Verwandtschaft  des  Eisenoxyduls 
zum  Eisenoxyd  zu  suchen.  Bischof2)  führt  hierzu  eine  Analogie  an 
und  zwar  in  der  Legirung  des  Silbers  mit  Gold,  wenn  Letzteres  mehr 
als  den  dritten  Theil  beträgt.  Er  sagt:  „Sowie  in  einer  solchen  Legirung 
das  Silber  gegen  die  oxydirende  Wirkung  der  Salpetersäure  durch  das 
Gold  geschützt  wird,  so  wird  im  Magneteisen  das  Eisenoxydul  gegen 
die  oxydirende  Wirkung  des  Sauerstoffs  durch  das  Eisenoxyd  geschützt.“ 

Dass  das  untersuchte  Mageteisenerz  bedeutend  mehr  Eisen- 
oxydul abgeben  würde  als  reines  Magneteisen,  durfte  bestimmt  gehofft 
werden,  da  es,  wie  schon  oben  bemerkt  worden  ist,  unter  dem  Mikro- 
skop als  ein  Gemenge  von  Augit  und  Magneteisen  erschien.  Die  Tabelle 
der  gelösten  Substanzen  zeigt,  dass  das  kohlensäurehaltige  Wasser  von 
diesem  Gestein  noch  einmal  so  viel  Eisenoxydul  gelöst  hat,  als  vom 
reinen  Magneteisen. 

Wenn  nun  nach  dem  Vorhergehenden  der'  ausgezeichnete  Erhal- 
tungszustand des  Magneteisens  in  den  Gesteinen  mit  der  geringen  An- 
griffsfähigkeit durch  das  als  Hauptumwandlungsagens  vorausgesetzte 
kohlensäurehaltige  Wasser  wohl  übereinstimmt,  so  bietet  der  Apatit  in 
dieser  Hinsicht  ganz  abweichende  Verhältnisse  dar.  Von  den  Apatiten 
sagt  Zirkel3)  „Sie  gehören  trotz  ihrer  Löslichkeit  in  Salzsäure  zu  den 
Gemengtheilen,  welche  den  die  Zersetzung  bewirkenden  Agentien  am 
längsten  Widerstand  leisten;  selbst  in  beträchtlich  umgewandelten  Ge- 
steinen, und  wo  sie  in  durch  und  durch  molecular  veränderten  Horn- 
blenden und  Augiten  sitzen,  haben  sie  ihre  Klarheit  und  Grelligkeit  oft 
noch  gar  nicht  eingebüsst“.  Der  Annahme,  dass  der  Apatit  ein  späteres 
Product  der  Bildung  eines  Gesteins  sei,  widerspricht  ganz  entschieden 
die  Beobachtung,  dass  er  oft  gleichförmig  durch  alle  Gemengtheile 


Zirkel,  mikrosk.  Beschaffenheit  d.  Min.  u.  Gesteine,  pag.  224. 

2)  Bischof,  ehern.  Geol.  II.,  pag.  935. 

3)  Zirkel,  mikr.  Besch,  d.  Min.  u.  Gest  , pag.  224. 


Untersuchungen. 


45 


[21] 


eines  Gesteins  sich  stecknadelartig  in  dichten.  Schwärmen  oder  vereinzelt 
hindurchzieht. 

Die  Analyse  der  vom  Moroxit,  Apatit  und  Spargelstein  durch  das 
kohlensäurehaltige  Wasser  gelösten  Substanzen  hat  nun  ergeben,  dass 
die  Apatite  keineswegs  im  Stande  sind,  den  zersetzenden  Einflüssen  des 
kohlensauren  Wassers  besonderen  Widerstand  zu  leisten.  Vielmehr  hat 
letzteres  auf  die  Apatite  sogar  stärker  eingewirkt,  als  auf  Feldspath 
und  Hornblende.  Es  hat  sich  Kalk  als  doppeltkohlensaurer  Kalk  aus- 
geschieden, während  Phosphorsäure  als  solche  gelöst  wurde,  was  man 
aus  dem  Verhältniss  der  äquivalenten  Mengen  ersehen  kann. 

Vom  Moroxit  sind  z.  B.  gelöst: 

p206  = 1,417% 

CaO  = 1,696% 

In  den  neuen  Atomgewichten  ausgedrückt,  ist  die  Formel  für 
Apatit:  3 CaO  + P205  oder  168  : 142. 

Dies  stimmt  mit  den  gelösten  Mengen  überein. 

Der  Apatit  von  Katharinenburg  verhält  sich  ähnlich  wie  der  Mo- 
roxit von  Hammond.  Merkwürdiger  Weise  hat  sich  beim  Spargelstein 
von  Chili  mehr  Phosphorsäure  als  dieser  entsprechender  Kalk  gelöst. 

Eine  directe  Lösung  des  phosporsauren  Kalkes  ist  nicht  denkbar. 

Wie  nun  auch  die  Apatite  unter  dem  Mikroskop  erscheinen  mögen, 
so  ist  doch  hier  gewiss  der  Schluss  gestattet,  dass  auch  in  der  Natur 
die  Apatite  den  zersetzenden  Einflüssen  des  kohlensäurehaltigen  Wassers 
nur  geringen  Widerstand  zu  leisten  vermögen.  Es  sprechen  hierfür  noch 
folgende  Thatsachen: 

Berzelius1)  wies  in  den  heissen  Quellen  Carlsbads  phosphor- 
sauren Kalk  nach.  Bischof2)  fand,  dass  1 Theil  Apatit  nach  starkem 
Schütteln  sich  in  96570  mit  Kohlensäure  gesättigtem  Wasser  löste. 

Ferner  berichtet  Bischof3)  von  dem  Wasser  eines  artesischen 
Brunnens  zu  Wildegg  im  Canton  Argau  in  der  Schweiz,  in  welchem 
sich  fast  5mal  so  viel  phosphorsaure  Salze  (phosphorsaurer  Kalk  und 
phosphorsaure  Magnesia)  finden,  als  in  Carlsbads  Sprudel.  Er  schliesst 
hieran  die  Bemerkung:  „Ohne  dass  es  durch  Analysen  nachgewiesen 
zu  werden  braucht,  ergibt  sich  von  selbst  die  Noth wendigkeit  von  der 
Gegenwart  des  phosphorsauren  Kalkes  in  allen  Gewässern,  welche  dem 
Meer  zufliessen.“ 

Auch  ist  es  nach  Lassaignes4)  Untersuchungen,  deren  Resultat 
Dumas  bestätigt,  kohlensäurehaltiges  Wasser,  welches  phosphorsauren 
Kalk  den  Pflanzen  zuführt. 


*)  Gilberts  Annalen  Bd.  74,  pag.  136. 

2)  Journ.  f.  pr.  Chemie.  Bd.  74,  pag.  31. 

3)  Bischof,  chem.  Geol.  Bd.  II,  pag.  241. 

4)  Journ.  cbim.  med.  T.  IV.,  pag.  534. 


46 


Richard  Müller. 


(22] 


Schliesslich  mag  noch  darauf  hingewiesen  werden,  dass  nach  der 
Ansicht  Sandbergers  die  mächtigen  Phosphoritlagerstätten  Nassaus  von 
der  Zersetzung  der  Apatite  herrühren,  welche  ursprünglich  in  den  be- 
nachbarten Diabasen  und  Schalsteinen  eingewachsen  waren  und  bei  der 
Alteration  dieser  in  Lösung  geriethen. 

Wenn  aber  abe  obigen  Erfahrungen  sich  zu  der  Anerkennung 
des  Satzes  vereinigen,  dass  Apatit  verhältnissmässig  sehr  leicht  durch 
kohlensäurehaltiges  Wasser  gelöst  wird,  so  wird  die  Frische  der  Apa- 
titdurchschnitte in  den  zersetzten  Gesteinen  dadurch  nur  um  so  ver- 
wunderlicher; ja,  man  wird  fast  zu  dem  Glauben  gedrängt,  dass  es  in 
solchen  Gesteinen  kein  kohlensäurehaltiges  Wasser  gewesen  sein  kann, 
wodurch  die  Alterationserscheinungen  der  anderen  begleitenden  Mine- 
ralien herbeigeführt  wurden. 

Vom  Olivin  haben  hereits  zahlreiche  mikroskopische  Untersuchun- 
gen nicht  nur  ergeben,  dass  er  von  den  die  Zersetzung  der  Felsarten 
bewirkenden  Agentien  stark  angegriffen  wird,  sondern  auch  das  gesetz- 
mässige  Detail  dieser  Processe  kennen  gelehrt.  „Bemerkenswerth  ist 
es,“  sagt  Zirkel1)  bei  Behandlung  des  Olivin,  „wie  oft  der  Olivin 
in  den  Felsarten  so  stark  alterirt  erscheint,  ohne  dass  die  benachbarten 
Gemengtheile  besonders  hervorstehende  Merkmale  der  Verwitterung 
offenbaren,  selbst  diejenigen  nicht,  welche  sonst  als  ziemlich  angreif- 
bar gelten.“  Es  muss  hier  ebenfalls  bestätigt  werden,  dass  der  Olivin 
von  den  zur  Untersuchung  verwendeten  Mineralien  und  Gesteinen  am 
meisten  vom  kohlensäurehaltigem  Wasser  angegriffen  wird,  indem  in 
beträchtlichem  Maasse  Kieselsäure  höchst  wahrscheinlich  als  Hydrat, 
Magnesia  als  kohlensaure  Magnesia  und  Eisenoxydul  als  kohlensaures 
Eisenoxydul  in  Lösung  gegangen  sind.  Es  darf  hieraus  mit  Recht 
geschlossen  werden,  „dass  diejenigen  Gesteine,  in  welchen  Olivin  selbst 
in  seinen  mikroskopischen  Individuen  die  ursprüngliche  Beschaffenheit 
noch  besitzt,  wesentlichen  Zersetzungsprocessen  bis  jetzt  nicht  unter- 
worfen gewesen  sind.“ 

Wie  sich  in  der  Natur  und  unter  dem  Mikroskop  die  Serpentini- 
sirung  des  Olivin  oft  genug  nachweisen  lässt,  so  kann  man,  da  aus 
dem  Olivin  das  meiste  Eisenoxydul  durch  kohlensäurehaltiges  Wasser 
fortgeführt  wird,  auch  mit  Sicherheit  behaupten,  dass  der  Olivin  zur 
Bildung  des  Magneteisens  und  der  Eisenoxydhydrate  die  meiste  Veran- 
lassung gibt. 

Fasst  man  das  procentuelle  Verhältniss  der  aus  dem  Olivin  durch 
Lösung  entfernten  Bestandtheile  ins  Auge,  so  erkennt  man,  dass  in  dem 
Rest  Kieselsäure  und  Basen  ungefähr  in  der  gegenseitigen  Proportion 
stehen,  wie  sie  der  Serpentin  (abgesehen  von  seinem  Wassergehalt) 


’)  Zirkel,  mikr.  Besch,  d.  M.  u.  Gest.,  pag.  217. 
2)  Ibid.  pag.  218. 


[23] 


Untersuchungen. 


47 


besitzt;  es  steht  daher  von  chemischer  Seite  nichts  im  Wege,  sich  die 
Umwandlung  des  Olivin  in  Serpentin  als  durch  kohlensäurehaltiges 
Wasser  erfolgt  vorzustellen. 

Wie  schon  beim  Olivin,  so  zeigte  sich  auch  beim  Serpentin  der 
von  Bischof  aufgestellte  Satz  : „Magnesiasilicat  wird  nicht  durch  Kohlen- 
säure zersetzt“,  auf  diese  beiden  Mineralien  nicht  anwendbar.  Im 
Gegentheil  hat  die  quantitative  Analyse  der  vom  Serpentin  durch 
kohlensäurehaltiges  Wasser  gelösten  Substanzen  ergeben,  dass  Magnesia- 
silicat zersetzbar  ist. 

Es  ist  nicht  wahrscheinlich,  dass  die  Lössung  der  Magnesia  hier 
nur  eine  Wirkung  des  hohen  Druckes  gewesen  ist.  Jedenfalls  geht  der- 
selbe Process,  wenn  auch  langsam,  in  der  Natur  vor  sich.  Es  ist  auch, 
wie  aus  zahlreichen  Analysen  hervorgeht,  in  sehr  vielen  Serpentinvarie- 
täten etwas  Kohlensäure  nachgewiesen  worden,  welche  mit  Magnesia 
verbunden  sein  dürfte. 

Der  im  Mineralreich  weit  verbreitete  Process  der  Serpentinisirung 
kann  daher  nicht  als  Endziel  der  Verwitterungsprocesse  in  der  Natur 
angesehen  werden.  Es  lässt  sich  vielmehr  der  Schluss  ziehen,  dass 
auch  die  Mineralien  der  letzten  Umwandlungsprocesse  nicht  eine  ewige 
Dauer  haben,  sondern  in  den  Kreislauf  zurückkehren,  der  sich  im 
ganzen  Mineralreich  zeigt. 

Im  Folgenden  sind  die  hier  erhaltenen  Resultate  zusammen- 
gestellt: 

1.  Sämmtliche  obengenannten  Mineralien  und  Gesteine  werden 
vom  kohlensäurehaltigen  Wasser  zersetzt. 

2.  Hiebei  werden  folgende  Substanzen,  die  wesentliche  Bestand- 
teile der  Mineralien  und  Gesteine  bilden,  in  Carbonate  umgewandelt: 

CaO,  FeO,  MnO,  CoO,  NiO,  K20,  Na20. 

3.  Bei  der  Einwirkung  des  kohlensäurehaltigen  Wassers  auf  alkali- 
haltige Silicate,  wie  Adular,  Oligoklas  etc,  gehen  stets  geringe  Mengen 
Kieselsäure,  höchst  wahrscheinlich  als  Hydrat,  in  Lösung. 

4.  Selbst  Tbonerde  wird  in  ganz  geringen  Mengen  gelöst. 

5.  Adular  widersteht  den  zersetzenden  Einflüssen  des  kohlen- 
säurehaltigen Wassers  bedeutend  länger  als  Oligoklas. 

6.  Die  Röthung  der  Feldspathe  kann  als  erstes,  die  Kaolinisirung 
als  zweites  Stadium  der  Zersetzung  angesehen  werden. 

7.  Hornblende  wird  leichter  zersetzt  als  Feldspath. 

8.  Der  stärkere  Druck  erhöht  die  Wirkung  des  kohlensäurehalti- 
gen Wassers  mehr  als  die  längere  Zeitdauer. 

9.  Aus  dem  Verhalten  des  Magneteisens  gegen  Salzsäure  kann 
nicht  auf  seine  Zersetzbarkeit  durch  kohlensäurehaltiges  Wasser  ge- 
schlossen werden.  Von  allen  hier  genannten  Mineralien  und  Gesteinen 
wird  es  am  wenigsten  angegriffen. 

10.  Der  Apatit  löst  sich  bedeutend  leichter  in  kohlensäurehal- 
tigem Wasser,  als  man  nach  seinem  Erscheinen  unter  dem  Mikroskop 
erwarten  kann. 


48 


Richard  Müller. 


[24] 


11.  Olivin  wird  unter  den  untersuchten  Silicaten  am  leichtesten 
von  kohlensäurehaltigem  Wasser  zersetzt,  ungefähr  noch  einmal  so 
leicht  als  Serpentin. 

12.  Magnesiasilicat  wird  von  kohlensäurehaltigem  Wasser  ange- 
griffen ; die  Serpentinisirung  kann  nicht  als  Endziel  der  Umwandlungs- 
processe  im  Mineralreich  angesehen  werden. 

Zum  Schluss  fühle  ich  mich  gedrungen,  den  Herren  Professoren 
Zirkel  und  Wiedemann,  die  mich  bei  dieser  Arbeit  sowohl,  als 
auch  in  meinem  Studium  der  Mineralogie  und  Chemie  in  der  liebens- 
würdigsten Weise  wesentlich  gefördert  und  unterstützt  haben,  meinen 
herzlichsten  Dank  auszusprechen. 


Vita. 


Unterzeichneter  wurde  am  12.  März  1853  zu  Kamenz  in  der  Oberlausitz 
geboren,  erhielt  seine  Vorbereitung  zum  Lehrerberuf  auf  dem  Seminar  zu  Bautzen, 
fungirte  nach  bestandener  Abiturientenprüfung  2 Jahre  als  Lehrer  zu  Hauswalde  bei 
Grossröhrsdorf,  unterzog  sich  Ostern  1874  der  Wahlfähigkeitsprüfung  und  besuchte 
alsdann  die  hiesige  Universität,  wo  er  die  Vorlesungen  der  Herren  Professoren  Credner, 
Heinze,  Hofmann,  Hankel,  Kolbe,  Leuckhardt,  Masius,  Schenk,  Strümpell,  Wiedemann 
und  Zirkel  gehört  hat  und  im  chemischen  Laboratorium  des  Herrn  Professor  Wiede- 
mann, sowie  im  mineralogischen  Institut  bei  Herrn  Professor  Zirkel  praktisch  thätig 
gewesen  ist. 


Julius  Richard  Müller. 


IV.  Bemerkungen  über  die  japanischen  Vulkane  Asama- 
Yama,  Jaki-Yama,  Iwa-wasi-Yama  und  Fusi-Yama. 

Von  Dr.  Richard  von  Dräsche. 

(Mit  7 Tafeln.) 

Während  eines  dreimonatlichen  Aufenthaltes  in  Japan  besuchte 
ich  die  Vulkane  des  nördlichen  Theiles  von  Nipon  und  gebe  hier  mit 
einigen  Worten  meine  Resultate. 

Asama-Yama. 

Ich  beginne  die  Reihe  der  von  mir  bestiegenen  Vulkane  mit  dem 
thätigsten.  Man  erreicht  ihn  am  besten  von  Yokohama  aus,  wenn  man 
auf  der  grossen  Strasse  „Nakaseiulo“  bis  Takasaki1)  fährt.  Man  durch- 
schneidet so  in  südost-nordwestlicher  Richtung  die  grosse  mit  Reis  und 
Gemüsen  bepflanzte  Ebene.  Die  bedeutende  Stadt  Takasaki  selbst  liegt 
am  Russe  des  Gebirges,  das  wir  nun  besteigen  müssen.  Die  Strecke 
von  Yedo  nach  Takasaki  legt  man  in  dem  seit  Kurzen  verkehrenden 
Post-Omnibus  in  12  bis  14  Stunden  zurück. 

Von  Takasaki  aus  ist  der  Weg  nur  mehr  für  Fussgänger  oder 
Pferde  gangbar;  bis  Sakomoto  kann  man  sich  indess  noch  zweirädriger 
von  Menschen  gezogener  Karren,  jinriksha  genannt,  bedienen;  man 
verfolgt  so  stets  aufwärts  den  weissen  Usuigava.  An  der  rechten  Seite 
des  Baches  stehen  schöne  vulkanische  Breccien  an. 

Im  Vordergründe  sehen  wir  das  zackige  Gebirge  Megoi-dan,  die 
richtige  Sierra  der  Spanier. 

Im  Hintergründe  erblicken  wir  den  stets  rauchenden  Kegel  des 
Asama-Yama  (s.  Taf.  IV). 

Von  Sakomoto  aus  führt  nun  der  Weg  ungemein  steil  den  Berg 
hinauf.  Derselbe  trägt  den  Namen  Haneishi-Yama;  die  Strasse  wird 
Usue-toge  genannt.  Der  Berg  besteht  aus  einem  schön  pfeilerförmig, 


b Ich  benütze  bei  der  Schreibweise  japanischer  Wörter  die  von  J.  Hepburn 
angegebene  Orthographie. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1877.  1.  Heft.  (Dräsche.) 


7 


50 


Richard  von  Dräsche. 


[2] 


abgesonderten,  doleritischen  lichtgrauen  Gestein,  dasselbe  Gestein,  dem 
wohl  das  Megoi-dan-Gebirge  seine  zackigen  Formen  verdankt.  Der 
höchste  Punkt  des  Berges,  den  man  in  einer  Stunde  erreicht,  heisst 
Togematshi  und  ist  nach  J.  A.  Lindo  (Transactions  of  the  asiatic  society 
of  Japan.  Bd.  III.  1874)  3300  Fuss  hoch.  Von  hier  aus  führt  der  Weg 
langsam  bergab  in  südwestlicher  Richtung.  Schon  am  Fusse  des  Haneishi- 
Yama  bemerkte  man  häufige  Bimssteinlager,  welche  nun  aber  in  der 
Mächtigkeit  bedeutend  zunehmen.  In  einer  Stunde  erreicht  man  das 
Dorf  Tamanaka-mura  und  in  einer  weiteren  Togeitslia,  von  wo  aus  man 
steil  in  die  Ebene  heruntersteigt,  aus  welcher  sich  der  Vulkan  erhebt. 

Von  Kalisawa  aus  schreitet  man  fast  eben  in  2 Stunden  bis 
Oiwake,  am  südlichen  Fuss  des  Asama. 

Die  Ebene  ist  viele  Meter  hoch  mit  weissen  Bimsstein- Auswürflin- 
gen bedeckt. 

Eine  halbe  Stunde  von  Oiwake  sieht  man  endlich  schwarze 
schlackige  Laven  die  Bimsstein-Schichten  überlagern. 

Zu  unserer  rechten  Hand  erhebt  sich  ein  steiler,  wohl  circa  800 
Fuss  hoher  Berg,  dessen  Spitze  von  einem  Krater  durchbohrt  sein  soll.(?) 
Es  ist  der  Hanale-Yama  (siehe  Fig.  1). 

An  den  niederen  Ge- 
birgen, welche  die  Ebene  im 
Osten  einsäumen,  sind  zwei 
schöne  hervorragende  Gänge 
zu  beobachten.  Von  Oiwake 
aus  stellt  sich  der  Vulkan  als 
ein  stark  abgeplatteter  rau- 
chender Kegel  dar.  An  seiner 

= westlichen  Seite,  von  ihm 

durch  einen  tiefen  Abgrund  getrennt,  erhebt  sich  ein  gegen  den 
Vulkan  steil,  nach  Aussen  sanft  abdachender  Berg,  der  „Kengamine“. 
Nach  Osten  verflacht  sich  der  Kegel  langsam  und  steht  dann  mit  anderen 
Gebirgen  in  Verbindung. 

Der  Vulkan  ist  bequem  in  einem  Tage  zu  besteigen.  Man  schrei- 
tet zuerst  gegen  zwei  Stunden  sanft  ansteigend  durch  Nadelwälder  und 
überschreitet  schliesslich  den  kleinen  Bach  Tshinoike-gawa,  der  eine 
hübsche  Cascade  über  schwarze  vulkanische  Breccien  bildet,  die  durch 
den  Eisenreichthum  des  Wassers  mit  rothen  Krusten  überzogen  sind. 
Am  linken  Ufer  dieses  Baches  befindet  sich  in  der  Breccie  eine  geräu- 
mige Höhle,  in  welcher  sich  die  Statue  eines  Buddha-Heiligen  befindet. 

Von  hier  an  fängt  der  eigentliche  Aufstieg  an,  der  jedoch  nicht 
sehr  beschwerlich  ist , da  die  plattenförmigen  Lavaschollen  eine  Art 
Stufen  bilden;  wir  sind  nun  aus  der  Wald-Region  heraus ; bald  passiren 
wir  linker  Hand  einen  steilen  Hügel,  der  sich  inselförmig  aus  dem 
Lavameer  erhebt;  es  ist  der  „Shekisan“.  Je  mehr  man  sich  dem  Vulkan 
nähert,  desto  mehr  verschwindet  seine  kegelförmige  Gestalt;  wir  er- 
kennen bald  die  schöne  nach  Aussen  geneigte  Schichtung  des  Kenga- 
mine und  halten  ihn  wohl  nun  mit  Recht  als  den  alten,  jetzt  durch 
ein  tiefes  Thal  getrennten  Abhang  des  Vulkanes. 


Fig.  l. 


[3] 


Bemerkungen  über  die  japanischen  Vulkane. 


51 


Wie  mich  die  Ansicht  des  Berges  von  seiner  westlichen  Seite 
lehrte,  umgibt  der  Kengamine  in  einem  Viertelkreise  den  jetzigen  Vul- 
kan (s.  Karte  des  Vulkans  Taf.  VIII).  Der  Shekisan  dürfte  ein  Ueber- 
rest  des  südlichen  Abhanges  sein;  ebenso  zeigt  eine  gewaltige  Kluft 
an  der  südlichen  Seite  des  Berges,  welche  von  dem  „Biobuish“  genann- 
ten Abhange  gebildet  wird,  dass  hier  einst  grosse  Störungen  stattge- 
funden haben. 

Figur  2 soll  eine  Idee  geben,  wie  sich  der  Berg  von  seiner  Mitte 
aus  von  Süden  gesehen  präsentirt.  Theile  der  Ostseite  der  alten  Ab- 

Fig.  2. 


Kengamine  Shekisan  Bioboißh 


hänge  dürften  noch  vorhanden  und  von  den  neueren  Laven  und  Aus- 
würflingen des  Vulkans  bedeckt  sein,  das  Thal,  was  im  Westen  vorhan- 
den, wurde  im  Osten  von  denselben  angefüllt. 

Die  vorwaltende  östliche  Ausdehnung  des  Berges  scheint  anzu- 
deuten, dass  die  neueren  Ausbrüche  hauptsächlich  nach  dieser  Seite 
hin  stattfanden.  Der  Biobuish  zeigt  so  wie  der  Kengamine  sehr  schöne 
Lava-Schichtung.  Das  letzte  Stück  bis  nach  a (Fig.  2)  ist  gegen  31° 
geneigt  und  wegen  der  grossen  Massen  Rapillis  ziemlich  schwer  zu 
erklimmen.  Hie  und  da  findet  man  faustgrosse  und  noch  grössere  Aus- 
würflinge des  Vulkans,  welche  an  der  Oberfläche  schön  verglast  sind; 
nur  ein  einziges  Bimssteinstück  fand  ich  und  dieses  war  von  schwarzer 
Schlacke  theilweise  umhüllt.  Ausserdem  findet  man  noch  meist  kleine 
weisse  scheinbar  felsitische  Auswürflinge  zerstreut.  Hat  man  den  Punkt 
a erreicht  so  befindet  man  sich  in  einem  engen  ringförmigen  Thale,  im 
Osten  gebildet  von  dem  letzten  Eruptionskegel,  im  Westen  von  einer 
senkrechten  Mauer,  welche  circa  den  6.  Theil  eines  Kreises  darstellt, 
mit  dem  jetzigen  Krater  als  Centrum;  sie  ist  der  übrig  gebliebene 
Theil  einer  nach  Osten  vollkommen  durchbrochenen  Krater-Umwallung. 

Diese  Wand  ist  stellenweise  in  schöne  Säulen  zerklüftet,  die 
wieder  von  Rapilli-Schichten  bedeckt  werden. 

Wenn  man  den  Rapillihügel  erklommen  hat,  befindet  man  sich 
am  Rande  des  brausenden  Kraters,  der  heftige  Dampfwolken  aufwirbelt, 
die  sich  zu  weissen  Massen  zusammenballen.  Die  senkrechten  Krater- 
wände sind  stark  gebleicht,  oft  mit  Schwefel  incrustirt,  bald  überhangend, 
bald  furchtbar  zerklüftet;  aus  jeder  Spalte  sieht  man  heisse  stark  ge- 

7* 


52 


Richard  von  Dräsche. 


[4] 


spannte  Dämpfe  hervordringen;  den  Boden  des  Kraters  zu  sehen  ist 
unmöglich,  da  bloss  von  Zeit  zu  Zeit  die  dichten  Dampfwolken  einem 
eine  nur  geringe  Aussicht  in  den  Krater  erlauben. 

Der  Krater  dürfte  einen  Durchmesser  von  circa  1000  Meter  haben; 
seine  Höhe  über  dem  Meere  ist  nach  früheren  Messungen  gegen  2340 
Meter1).  Ich  konnte  den  Krater  leider  nicht  in  seiner  ganzen  Ausdehnung 
umgehen,  da  ein  heftiger  Südwind  den  Aufenthalt  auf  der  nördlichen 
Seite  unmöglich  machte. 

Gegen  Osten  ist,  wie  schon  früher  erwähnt  der  Asama-Yama  be- 
deutend verlängert.  An  seinem  Fusse  befindet  sich  hier  ein  kleiner 
Eruptionskegel,  der  Ko-Asama  (Sohn  des  Asama;  Asama-Yama  = Rauch- 
berg),  der  Einzige,  welchen  der  Vulkan  aufzuweisen  hat.  Dieser  Kegel 
ist  nur  circa  300  Fuss  hoch,  und  an  seiner  Spitze  von  einem  Krater 
durchbohrt,  ein  kleiner  Lavastrom  hat  sich  aus  ihm  ergossen.  Die 
ganze  Umgebung  ist  viele  Meter  hoch  mit  Bimssteinen  bedeckt.  Diese 
Auswürflinge  verschwinden  jedoch  bald,  wenn  man  vom  Ko-Asama  aus 
sich  gegen  Norden  wendet.  Die  neueren  Lava- Ausbrüche  des  Asama- 
Yama  haben  alle  an  der  Nordost-  und  Ost-Seite  des  Berges  stattgefun- 
den. Der  bedeutendste  unter  ihnen  nimmt  seinen  Ursprung  auf  drei 
Viertel  der  Bergeshöhe,  verbreitert  sich  sehr  schnell  und  theilt  sich 
schliesslich  in  zwei  kurze  Arme. 

An  einem  Punkte  der  Nordseite  des  Vulkanes,  beiläufig  in  seiner 
Hälfte  sah  ich  eine  Fumarole.  Der  Weg  von  O'iwake  nach  Osasa  im 
Norden  des  Vulkans  führt  durch  einen  Nadelwald,  welcher  auf  einem 
ganz  ausserordentlich  durcheinandergeworfenen  Lavastrom  Wurzel  ge- 
fasst hat;  hier  sieht  man  haushoch  aufeinander  gethürmt  Schollen, 
Taue,  Riesen-Platten,  Grotten  etc.  und  überall  hat  die  Vegetation 
Wurzel  gefasst.  Dieser  Lavastrom  soll  nach  Dr.  Rein  (Petermanns  Mit- 
theil. 1875,  S.  221)  vor  200  Jahren  dem  Krater  entflossen  sein.  Auf 
Taf.  III  ist  der  Vulkan  skizzirt,  wie  man  ihn  von  Norden  aus,  1 Stunde 
von  Osasa,  sieht.  Zur  Rechten  bemerkt  man  den  Kengamine  mit  tief 
eingeschnittenen  Wasserläufen,  dem  Beschauer  zugewendet  ist  der  grosse 
schwarze  Lavastrom,  dessen  frisches  Gestein  sich  schön  von  den  schon 
verwitterten  älteren  Laven  abhebt.  Zur  Linken  haben  wir  schliesslich 
den  kleinen  Kegel  Ko-Asama. 

Die  Laven  des  Asama-Yama  sind  doleritischer  Natur;  in  einer 
fein  krystallinischen  Grundmasse  liegen  kleine  Krystalle  von  Plagioklas, 
Augit  und  Magneteisen.  Der  Augit  tritt  überall  mehr  zurück,  grössere 
Plagioklase  findet  man  häufiger.  Es  ist  zu  bemerken,  dass  die  Augite 
sehr  oft  jene  Zwillinge  nach  dem  Orthopinakoide  zeigen , welche 
Dr.  Brezina  beschrieb. 

Das  Gestein,  welches  die  Säulen  bei  a Fig.  2 zusammensetzt,  ist 
von  lichtgrauer  Farbe  und  vorwiegend  feldspathfiihrend.  Im  Dünn- 
schliffe sieht  man  Plagioklas-Krystalltrümmer  in  der  feinkrystallinischen 
Grundmasse  liegen,  welche  auch  in  den  Feldspath  selbst  stellenweise 
eingedrungen  ist.  Die  verglasten  Auswürflinge  sind  nicht  allein  äusser- 

Ö Meine  sämmtlichen  Messinstrumente  waren  durch  den  Sturz  meines  Lastpferdes 
auf  Luzon  unbrauchbar  geworden;  auch  gelang  es  mir  nicht  mehr  neue  verlässliche 
zu  erhalten, 


[5] 


Bemerkungen  über  die  japanischen  Vulkane. 


53 


lieh  mit  einer  dünnen  lichtgrauen  Schmelzrinde  bedeckt:  die  Versinte- 
rung scheint  auch  im  Innern  Platz  gegriffen  zu  haben.  Man  erkennt 
zwei  scharf  von  einander  geschiedene  Substanzen,  eine  weisse  feldspa- 
thige  und  eine  perlgraue  pechsteinartige;  beide  Substanzen  zeigen  Ten- 
denz zu  regelmässiger  Anordnung  nach  einer  Richtung.  Ausser  diesen 
Auswürflingen  sieht  man  auf  den  Abhängen  noch  spärliche  kleine, 
weisse,  eckige  Sternchen,  die  aus  felsitischer  fast  quarzharter  Grund- 
masse bestehen,  öfters  Quarzkrystalle  enthalten  und  durch  stellenweise 
Anhäufung  eines  blauen , nur  mit  dem  Mikroskop  erkennbaren,  in 
Durchschnitten  rectangulär  erscheinenden  Minerals  blau  gefleckt  aus- 
sehen.  Ich  behalte  mir  eine  nähere  Untersuchung  dieser  merkwürdigen 
Auswürflinge  vor. 

Es  war  mir  unmöglich  etwas  näheres  über  stattgehabte  Eruptionen 
des  Asama-Yama  zu  erfahren;  die  Leute  sprechen  sehr  oft  von  Stein- 
regen u.  s.  w. ; aber  alles  reducirt  sich  schliesslich  auf  heftige  Gewitter, 
bei  welchen  Steine  von  den  Abhängen  herunterrollten.  Herr  Dr.  Naumann 
in  Yedo  soll  jedoch  in  alten  japanesischen  Tempelschriften  Eruptionen 
des  Berges  erwähnt  gefunden  haben,  und  dürfte  wohl  in  nächster  Zeit 
etwas  darüber  veröffentlichen.  Poulette  Scrope  (Ueber  Vulkane  S.  422) 
erwähnt,  dass  der  Asama-Yama  im  Jahre  1783  einen  heftigen  Ausbruch 
gehabt  habe. 


Jaki-Yam  a. 

Dieser  erloschene  Vulkan  liegt  an  der  Westküste  Japans  in 
36°  33'  N.  B.,  zwei  Tagreisen  südlich  von  Niigata,  einem  der  Vertrags- 
häfen. Der  Vulkan  wird  in  den  meisten  Vulkan- Verzeichnissen  als  thä- 
tiger  angeführt. 

Obwohl  ich  aus  den  japanesischen  Karten  seine  beiläufige  Lage 
ersehen  konnte,  gelang  es  mir  doch  nur  nach  vielen  fruchtlosen  Wegen 
ihn  aufzufinden;  der  Zufall  führte  mich  nämlich  in  einem  Theehaus 
mit  einem  Manne  zusammen , der  jahrelang  auf  seinen  Abhängen 
Schwefel  gewann.  Für  spätere  Reisende,  welche  'sich  für  diesen  Vulkan 
interessiren  sollten,  führe  ich  den  Weg  an,  den  ich  zu  ihm  einschlug. 
Von  Osasa,  einem  Weiler  am  nördlichen  Fusse  des  Asama-Yama  übersetzt 
man  den  in  vulkanischer  Breccie  strömenden  Mansa-gawa  und  passirt 
stets  über  welliges  aus  zersetzten  Laven  bestehendes  Gestein,  lässt 
linker  Hand  den  Shirani  Yama,  ein  erloschener  Vulkan,  dessen  Laven 
wohl  mit  denen  des  Asama  - Yama  wechsellagern.  Nach  ßstündiger 
Wanderung  erreicht  man  endlich  den  berühmten  Badeort  Kusatzu 
(sprich  Ksatz). 

Aus  Spalten  in  vulkanischen  Breccien  treten  hier  ausserordentlich 
mächtige  heisse  Schwefelwasserstoffquellen  auf,  welche  in  grossen  höl- 
zernen, zolldick  mit  Schwefel  inkrustirten  Bassins  gefangen  werden. 
Diese  Quellen  sind  wohl  die  mächtigsten  Schwefelquellen  Japans  und 
haben  einen  grossen  Ruf  weit  und  breit  unter  den  Japanern  (Trans- 
actions of  the  asiatic  society  of  Japan  1874.  A journey  from  Yedo  to 
Kusatzu).  Von  Kusatzu  erreicht  man  in  einem  starken  Tagesmarsch  Shibu, 
indem  man  den  gegen  5000'  hohen  Shibutoge  (Slnbu-Pass)  überschreitet. 


54  Richard  von  Dräsche.  £ß] 

Man  lässt  linker  Hand  den  erloschenen  Shirani  und  Moto-shirani,  an 
deren  Gipfel  Schwefel  gewonnen  wird. 

Der  ganze  Weg  geht  fort  und  fort  in  den  doleritischen  Laven 
des  Shirani,  von  denen  auch  einige  hornblendeführend  sind.  Unter  ihnen 
fällt  besonders  auf  ein  lichtgraues  äusserst  lockeres  Gestein,  das  aus 
viel  schönen  glasigen  Plagioklas  und  Augit  besteht;  gewiss  unter  dieser 
Form  ein  seltenes  Mineral -Aggregat.  Dieser  manchmal  sogar  ins  bims- 
steinartige übergehende  „ Augit-Andesit“  erscheint  in  mächtigen  Lava- 
strömen. 

Bevor  man  nach  dem  Orte  Shibu  hiuabsteigt,  passirt  man  einige 
kleine  tiefblaue  Seen;  die  Abhänge  des  Passes  bestehen  überall  aus 
übereinandergeflossenen  Laven.  In  Shibu  selbst  treten  wieder  zahlreiche 
warme  Quellen  auf.  Etwa  eine  halbe  Stunde  vom  Orte  strömt  aus 
einer  kleinen  Oeffnung  im  vulkanischen  Gesteine  hochgespannter  Dampf 
brausend  hervor.  Die  Japaner  nennen  diese  Stelle  jigoku  (d.  h.  Hölle). 
Von  Shibu  aus  kommt  man  bald  in  das  Thal  des  Tshigugo-gawa,  den 
man  auf  sein  linkes  Ufer  nach  I-Yama  übersetzt  und  von  dort  sich  über 
den  aus  vollkommen  zersetzten  weissen  Laven  bestehenden  Tomikura 
nach  Nagasawa  begibt.  Von  diesem  Orte  steigt  man  in  5 Stunden  über 
Arai  nach  dem  grossen  Orte  Takadä.  Von  hier  aus  erreicht  man  nach 
weiteren  6 Stunden  meist  längs  der  Meeresküste  in  weissem  schon  ge- 
schichtetem Tuffgestein  wandernd  Kagayashiki  den  Punkt,  von  welchem 
man  am  besten  den  Vulkan  ersteigt. 

Kagayashiki  liegt  am  Ausfluss  des  kurzen  Flusses  Haya-gawa,  der 
m südnördlicher  Richtung  fliessend,  von  den  Abhängen  des  Yaki-Yama 
seinen  Ursprung  nimmt. 

Das  anfangs  breite  Thal  verschmälert  sich  bald  und  nach  Sstiin- 
diger  Wanderung  erreicht  man  die  Häusergruppe  Odeira-mura,  welche 
am  Eingänge  in  eine  enge  Felsenschlucht  liegt,  durch  welche  der  Haya- 
gawa  sich  durchbricht.  Bei  Odeira-mura  treten  lauwarme,  etwas  schwe- 
felwasserstoffhaltige  Quellen  auf. 

Die  Ufer  des  Flusses  werden  zusammengesetzt  aus  lichtgrauen, 
schön  geschichteten  vulkanischen  Tuffen , welche  häufig  undeutliche 
Pflanzenreste  führen;  dazwischen  befinden  sich  Lagen  von  schwarzen 
sandsteinartigen  Gesteinen.  Die  Schichten  sind  stark  verworfen  und  ge- 
knickt, was  sich  an  vielen  vom  Wasser  blosgelegten  Flächen  schön 
sehen  lässt. 

Die  Lagen  haben  ein  abwechselndes  Fallen  von  8—65°  W.  Bald 
wendet  man  sich  an  das  linke  Ufer  des  Flusses  und  betritt  nun  eine 
kleine  Fläche,  von  welcher  man  zuerst  den  Anblick  des  Jaki-Yaina  ge- 
niesst.  Der  Berg  ist  fast  bis  zu  seinem  Gipfel  bewaldet. 

Unendlich  tiefe  Barancos,  die  vollkommen  kahl  und  mit  Schnee 
erfüllt  sind,  durchfurchen  seine  Abhänge.  Der  Berg  selbst  hat  eine 
konische  Form  mit  abgeflachtem  stark  zerrissenen  kahlen  Gipfel.  Er 
ist  allseitig  mit  anderen  niederen  Bergen  in  Verbindung. 

Auf  Tafel  VII  habe  ich  eine  flüchtige  Skizze  desselben  wiederge- 
geben. In  den  Barrancos  findet  man  den  inneren  Bau  des  Berges  schön 
aufgeschlossen.  Vorherrschend  ist  eine  lichtgraue  äusserst  poröse  Lava, 
mit  schönen  Plagioklasen  und  grossen  Hornblendekrystallen ; ausserdem 


[7] 


Bemerkungen  über  die  japanische  Vulkane. 


55 


treten  noch  dichte,  feinkörnige  Varietäten  auf;  stets  besteht  aber  die 
Grundmasse  aus  einem  Gemenge  von  Plagioklas,  Augit  und  Hornblende ; 
in  dieser  liegen  dann  meist  einzelne  grössere  Hornblendekrystalle;  das 
Gestein  dürfte  somit  den  Namen  Hornblende-Augit-Andesit  verdienen. 

Der  letzte  Tlieil  des  Abhanges  ist  von  Rapilli  und  Felstrümmern 
bedeckt.  An  vielen  Stellen  sind  dieselben  mit  Schwefel  inkrustirt.  Etwa 
200  Fuss  unter  dem  Gipfel  befindet  sich  ein  Loch,  aus  welchem  heisse 
Luft  strömt.  Meine  Führer  versicherten  mich,  dass  noch  vor  wenigen 
Jahren  aus  demselben  Schwefeldämpfe  strömten.  Die  Wände  der 
Höhlung  sind  auch  durch  und  durch  mit  Schwefel  imprägnirt.  Die 
Spitze  des  Berges  ist  ein  vollkommen  in  sich  eingestürzter  Krater. 
Riesige  Felsentrümmer  bedecken  den  ehemaligen  Kraterboden,  dessen 
Wände  nur  mehr  hie  und  da  in  einzelnen  hochaufstrebenden  Pfeilern 
stehen  geblieben  sind.  Nahe  am  Gipfel  fand  ich  Quarz- Trachyt- Aus- 
würflinge mit  weisser  poröser  Grundmasse,  in  welcher  sich  kleine  Quarz- 
krystalle  und  zersetzte  Feldspathe  vorfinden. 

Ich  schätze  die  Höhe  des  Berges  auf  mehr  als  7000  Fuss;  von 
Eruptionen  ist  nichts  bekannt,  es  dürfte  wohl  seit  seinem  letzten  Paro- 
xismus  ein  grosser  Zeitraum  verstrichen  sein. 

Iwa-wasi-Yama. 

Wenn  man  auf  jener  Hauptstrasse  Japans,  welche  von  Awomori, 
der  Hafenstadt  im  äussersten  Norden  Nipons  bis  nach  Yedo  führt,  und 
„Naka-Kaido“  genannt  wird,  durch  die  eintönigen  Tufl’landschaften 
wandert,  so  erblickt  man  unweit  von  Morioka  (7  Tagesreisen  von  Yedo 
mit  jinriksha)  im  Westen  einen  hohen  kegelförmigen  Berg,  den  Iwa- 
wasi-Yama  (das  heisst  wörtlich  Türkischer  Waitzen-Stein-Berg). 

Er  liegt  circa  39°  50'  N.  B.  Man  erreicht  seinen  Fuss  in  4 Stun- 
den von  der  grossen  Stadt  Morioka  aus,  indem  man  den  nord-südlich 
strömenden  Kita-no-gawa  übersetzt  und  durch  junge  Nadelwaldungen 
langsam  ansteigend  bis  zum  Tempel  Kakisawa  geht.  Der  Berg  steht 
unter  dem  Schutze  eines  Buddha -Priesters,  der  bis  zur  Spitze  eine  Art 
Weg  angelegt  hat  und  von  jedem  Wallfahrer  2 eens  erhebt.  Da  den 
„heiligen  Berg“  jährlich  Tausende  von  Pilgern  besteigen  um  auf  seiner 
Spitze  gutes  Wetter  für  die  Saaten  zu  erflehen,  so  macht  diese  Steuer 
eine  hübsche  Summe  aus.  Von  der  Regierung  ist  jedoch  dem  Buddha- 
Priester  ein  Controlls-Beamter  beigegeben , welcher  einen  aliquoten 
Theil  der  Einkünfte  für  den  Staat  eincassirt. 

Von  diesem  Tempel  aus  kann  man  bequem  in  einem  Tage  den 
Gipfel  des  Vulkanes  besteigen  und  Nachts  wieder  in  Morioka  sein. 

Von  Kakisawa  präsentirt  sich  der  Berg,  sowie  ich  ihn  auf  Taf.  VI 
wiedergegeben  habe. 

Es  wird  dem  Beschauer  sogleich  klar,  dass  wir  zwei  verschiedene 
altersungleiche  Theile  unterscheiden  müssen.  Der  Hauptkegel,  mit  stark 
abgestumpfter  Spitze,  ist  bis  oben  mit  Gestrüpp  bewachsen. 

Aus  diesem  erhebt  sich  etwas  nördlicher  ein  höherer  kahler 
Aschenhaufen,  der  die  nördlichen  Abhänge  des  grossen  Kegels  weit  über 
die  Hälfte  mit  seinen  Eruptionsproducten  überschüttet  hat,  auf  denen 


56 


Richard  von  Dräsche. 


[8] 

noch  keine  Vegetation  Wurzel  fassen  konnte.  So  einfach  scheinbar  die 
Verhältnisse  liegen,  so  überraschend  verwickelt  stellen  sie  sich  dar, 
wenn  man  den  Gipfel  des  Berges  erreicht  hat.  Von  Kakisawa  aus  über- 
schreitet man  zuerst  eine  1 Stunde  breite  sanft  ansteigende  Grasebene. 
Linker  Hand  passirt  man  einen  kleinen  Rapilli- Hügel,  der  noch  nahe 
beim  Tempel  ist,  weiter  oben  einen  grösseren  Hügel  von  unregelmäs- 
siger Form. 

Nach  einstündigem  scharfen  Anstieg  durch  Nadelwaldung  steigt 
man  einen  tiefen  Barranco  hinunter,  in  welchem  ein  kleines  Bächlein 
fliesst.  Der  Boden  ist  hier  so  glatt  und’  lehmig,  dass  zum  Anhalten 
der  Hände  ein  Seil  gespannt  ist.  Auf  der  anderen  Seite  erklimmt  man 
wieder  die  Wand  und  wandert  nun  auf  steilem  Pfade  längs  des  Ab- 
hanges hin.  Im  Barranco  sind  die  übereinander  gelagerten  Lavaströme 
und  Rapilli-Massen  schön  aufgeschlossen. 

Sie  besitzen  hier  eine  Neigung  von  33°.  Nach  östündigem  sehr 
beschwerlichen  Anstieg  kömmt  man  auf  den  Gipfel  des  alten  Kegels. 
An  seinem  südlichen  Abhang  erhebt  sich  eine  steile  Lavamauer,  der 
Rest  einer  ehemaligen  Krater-Umwallung. 

Nördlich  von  dieser  befindet  sich  nun  ein  steiler  Rapilli-Hiigel, 
der  die  Kratermauer  um  ein  Bedeutendes  überragt.  Die  Terrain-Ver- 
hältnisse  sind  bis  jetzt  vollkommen  ähnlich  denen  des  Asama-Yama. 
Hat  man  den  Rapilli-Hiigel  erstiegen , so  eröffnet  sich  eine  über- 
raschende Aussicht;  man  befindet  sich  auf  dem  Rande  eines  Circus, 
aus  dessen  2 — 300  Fuss  tiefen  Grunde  sich  ein  zweigipfliger  Aschen- 
liiigel  erhebt;  ersterer  dürfte  einen  Durchmesser  von  circa  500  Meter 
haben.  Die  südliche  Seite  der  zweiten  Ringmauer  ist  zum  Theile  ein- 
gestürzt, so  dass  man  bequem  auf  den  Boden  gelangen  kann.  An  der 
nördlichen  Kraterwand  stehen  schöne  Säulen  an.  Der  höchste  Punkt 
des  Walles  und  des  Vulkanes  selbst  liegt  im  Westen ; ich  schätze  seine 
Höhe  auf  mindestens  7000  Fuss,  Am  südwestlichen  Fusse  des  mittleren 
Rapillihügels  gewahrt  man  den  jüngsten  nun  erloschenen  Krater.  Er 
ist  gegen  30  Meter  tief  und  circa  80  Meter  im  Durchmesser;  seine 
südliche  Wand  ist  eingestürzt , keinerlei  Anzeichen  seiner  Thätigkeit 
sind  mehr  vorhanden ; seine  Wände  sind  von  sauren  Dämpfen  zersetzt 
und  gebleicht. 

Die  einzigen  Spuren  der  unterirdischen  Wärme  konnte  ich  im 
Westen  des  Rapillihügels  finden.  Hier  strömt  aus  Spalten  des  vulkani- 
schen Gesteines  stark  erwärmte  Luft.  — In  Figur  3 gebe  ich  einen 
von  Süd  nach  Nord  geführten  Durchschnitt  des  Vulkanes. 

Fig.  3. 


Als  ich  den  Rand  der  westlichen  Kraterwand  erklommen,  war 
der  ganze  Westen  in  dichten  Nebel  gehüllt.  Nach  und  nach  zertheilte 


[9] 


Bemerkungen  über  die  japanischen  Vulkane. 


57 


sich  derselbe  jedoch  und  ich  sah  zu  meiner  höchsten  Ueberraschung  zu 
meinen  Füssen  sich  ein  grosses  von  senkrechten  Wänden  begrenztes 
Thal  öffnen  — einen  vierten  Kraterboden. 

Da  die  Nebelmassen  sich  jedoch  nur  theilweise  hoben  und  andere 
Parthien  wieder  verdeckt  waren,  so  konnte  ich  mir  in  dem  steten 
Spiele  der  Wolken  nur  nach  und  nach  ein  dennoch  unvollständiges  Bild 
dieses  Thaies  verschaffen,  welches  ich  hiemit  in  Kurzem  geben  will. 
Die  erste  Ringmauer  verlässt  bei  Z (siehe  Karte  des  Krater  Iwa-wasi- 
Yama,  Tafel  IX)  plötzlich  ihre  Richtung  und  biegt  sich  wieder  zurück, 
um  in  weitem  Halbkreis  ein  westlich  gelegeneres  Centrum  zu  umgürten. 
Aus  den  Nebelmassen  konnte  ich  indessen  bei  m Bruchstücke  des 
gegenüberliegenden  Halbkreises  wahrnehmen,  so  dass  kein  Zweifel  ist, 
dass  auch  hier  einst  eine  geschlossene  Ringmauer  vorhanden  war.  Der 
Grund  dieses  Thalkessels  ist  mindestens  500  Fuss  tiefer  als  der  Krater- 
boden, aus  dem  sich  der  erste  Rapillihügel  erhebt. 

In  ersterem  liegt  an  der  Südseite  ein  kleiner  tiefblauer  See,  der 
im  Süden  von  einem  halbkreisförmigen  Walle  umgeben  ist;  es  ist  somit 
ein  Kratersee. 

An  einer  Stelle  bei  l strömen  aus  der  Kraterwand  Dämpfe  her- 
vor. Zieht  man  einen  Durchschnitt  von  g über  /',  e,  /«,  k nach  l so 
erhalten  wir  beiläufig  folgendes  Profil  (s.  Fig.  4):  Der  ganze  Krater 


Fig.  4. 


ist  mit  dichten  Wäldei’n  bedeckt;  mein  Plan,  dieses  Gebiet  näher  zu 
untersuchen,  wurde  leider  durch  dicht  hereinbrechenden  Nebel  verhin- 
dert. Es  ist  mir  somit  unmöglich  zu  sagen,  in  welcher  Art  sich  der 
Vulkan  nach  Westen  abschliesst  und  ob  er  nicht  mit  jenen  hohen  Ge- 
birgen in  Verbindung  ist,  welche  ich  durch  den  Nebel  erblicken 
konnte. 

Sowie  der  Asama-Yama  sein  Eruptionscentrum  stets  nach  Osten 
vorrückte  und  wir  alle  Ringwälle  nur  im  Westen  erhalten  finden, 
so  scheint  der  Iwa-wasi-Tami  vorzüglich  gegen  Norden  seine  vulkani- 
schen Kräfte  zu  äussern,  gegen  welche  Weltgegend  die  meisten  Circusse 
offen  sind.  Am  nördlichen  Abhang  bemerkt  man  auch  einen  neueren 
Lavastrom. 

Die  Laven  des  Iwa-wasi-Yama  sind  alle  doleritisch,  öfters  werden 
sie  jedoch  feinkörnig  und  gehen  so  in  Anamesite  über,  welche  häufig 
Tachylit  in  sich  eingeschlossen  führen. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1877.  1.  Heft.  (Dräsche.)  8 


58 


Richard  von  Dräsche. 


[10] 


F u s i - Y a in  a. 

Der  der  Hauptstadt  Yedo  am  nächsten  gelegene  Vulkan  und  zu- 
gleich der  höchste  Berg  Japans  ist  der  weltberühmte  heilige  Fusi-Yama 
(wörtlich  Feuerberg),  besser  Fusi-no-yama. 

Sein  Fuss  ist  von  der  Stadt  aus  bequem  in  zweiundeinhalb  Tagen 
zu  erreichen.  Man  fährt  am  besten  längs  des  Tokaido  in  5 Stunden 
bis  Odawara  am  Meere. 

Hier  ergiesst  sich  der  Hägakawa-Bach  ins  Meer.  Der  Hägakawa- 
Bach  entspringt  aus  dem  Hakone-See ; kurze  Zeit  nachdem  er  densel- 
ben verlassen  hat,  biegt  er  plötzlich  in  rechtem  Winkel  um,  und  eilt 
nun  in  südöstlicher  Richtung  dem  Meere  zu.  Dort  wo  er  die  scharfe 
Biegung  macht,  treten  die  Berge  an  seinem  linken  Ufer  in  weitem 
Bogen  zurück,  um  ihn  bald  mit  immer  steileren  Ufern  einzuengen.  In 
diesem  engen  Thale,  an  dessen  Wänden  man  die  übereinandergelagerten 
Lavamasseu  verfolgen  kann,  brechen  eine  Anzahl  von  Thermen  hervor, 
so  bei  Imotto,  Tanasawa,  Mianoshta,  Sokokura,  Iviga  u.  s.  f.  Nicht 
weit  von  Imotto  trifft  man  schön  weisse,  zerreibliche  Tuffe  an,  weiter 
höher  stehen  vulkanische  Breccien  an,  welche  von  Gängen  durchsetzt 
werden,  die  doleritisch  und  reich  an  grossen  Feldspäthen  sind. 

Am  rechten  Ufer  des  Flusses  bei  Senkoku  unweit  seiner  Krüm- 
mung erbebt  sich  der  merkwürdig  gestaltete  Komoriga-take  (Fleder- 
maus-Berg, s.  Taf.  VII.),  der  nach  Dr.  Rein  eine  Höhe  von  1285 
Meter  besitzt.  Er  ist  ein  zweigipfliger  Berg  mit  einem  tiefen  Ein- 
sturz in  der  Mitte;  an  seinem  Gipfel  und  Abhängen  wird  Schwefel 
gewonnen;  einige  rauchende  Fumarolen  sieht  man  aus  der  Ferne;  ich 
halte  aus  diesen  Gründen  den  Berg  für  einen  erloschenen  Vulkan. 
Längs  den  steilen  Abhängen,  welche  sich  im  Bogen  um  die  Fluss-Bie- 
gung ziehen,  sieht  man  horizontal  die  Schichtungslinien  der  Laven 
verlaufen;  dort  wo  diese  Gehänge  am  niedersten  sind,  führt  der  Weg 
zum  Fusi-Yama  in  das  Himmelsthal.  Der  Aufstieg  ist  ermüdend  und 
steil,  hat  man  jedoch  den  Gipfel  erreicht,  so  eröffnet  sich  nun  ein 
überraschender  Anblick.  Tief  unten  breitet  sich  ein  weites,  reich  be- 
bautes Thal  aus,  welches  langsam  ansteigt  und  schliesslich  in  die  zu- 
erst bewaldeten,  dann  kahlen  und  zuletzt  mit  Schnee  bedeckten  Ab- 
hänge des  grossen  Vulkanes  übergeht.  Der  Fusi-Yama  hat  vom  Otomi- 
toge  (dies  ist  der  Name  des  Ueberganges)  aus  gesehen,  keine  rein 
konische  Form,  wie  sie  die  Japaner  gern  in  allen  ihren  Zeichnungen 
und  Malereien  darstellen. 

Seine  Spitze  wird  von  einer  sanft  geneigten  Ebene  gebildet. 

Im  Süden  gegen  das  Meer  zu  hängt  der  Vulkan  an  seinem  Fusse 
mit  einem  anderen  Berg  zusammen,  dem  Ashinga-Yama,  der  sicher  auch 
vulkanischen  Ursprungs  ist. 

Die  Abhänge  des  Otomitoge  nach  dem  Himmelsthale,  die  aus  einem 
porösen,  grauen,  Plagioklas-Augit  führenden  Gesteine  bestehen,  sind  ziem- 
lich sanft.  Ist  man  unten  in  Goten  angekommen,  so  sieht  man  eine 
Ebene,  die  ganz  aus  schwarzem  Rapilli  mit  weissen  Bimssteinlagen  besteht, 
bis  zum  Dorfe  Subashiri,  von  wo  ich  den  Vulkan  bestieg.  Drei  Wege  führen 
auf  den  Berg,  einer  von  Süden,  ein  nördlicher  und  ein  östlicher ; ich 


[11] 


Bemerkungen  über  die  japanischen  Vulkane. 


59 


wählte  den  letzteren.  Von  Subashiri  bis  zum  Ruheplatz  Omagaishi  — 
2 Ri  Weges  — schreitet  man  noch  stets  in  den  Rapilli-Massen,  erst 
von  hier  an  nimmt  die  Steigung  bedeutend  zu  und  treten  Lavaströme 
auf.  Von  hier  bis  zur  Spitze  des  Vulkans  führt  der  Weg  im  Zick-Zack 
steil  über  Laven ; man  kann  den  Gipfel  von  Omagaishi  aus  wohl  in 
6 Stunden  erreichen.  An  10  verschiedenen  Punkten  befinden  sich  an 
diesem  Wege  von  Stein  erbaute  Hütten,  in  welchen  die  jährlich  in 
enormen  Massen  auf  den  Berg  wandernden  Pilger  ausruhen. 

Diese  Hütten  sind  von  den  Monaten  Juli  bis  September  von  Leuten 
bewohnt,  welche  Thee,  Reis,  Wasser  etc.  verkaufen ; den  ganzen  übrigen 
Theil  des  Jahres  wird  der  Berg  der  hohen  Schneemassen  wegen  nicht 
bestiegen. 

In  meiner  Begleitung  befand  sich  Herr  Baron  R.  Stillfried,  der 
sich  die  mühevolle  Aufgabe  gestellt  hatte,  den  Krater  des  Vulkans  zu 
photographiren. 

Wir  hatten  somit  ein  Gefolge  von  20  Mann,  um  die  Apparate 
hinauf  zu  schleppen;  wir  mussten  in  der  5.  Station  übernachten  und 
gelangten  erst  den  andern  Mittag  auf  die  Spitze  des  Berges  bei  stür- 
mischem und  regnerischem  Wetter.  Oben  befinden  sich  kleine  Tempel 
und  schlechte  Hütten  zur  Aufnahme  der  Pilger.  Erst  den  nächsten 
Morgen  lichtete  sich  das  Wetter,  die  Nebel  hoben  sich  und  ich  konnte 
sowohl  den  Krater  umgehen  und  Beobachtungen  machen,  als  auch  ge- 
lang es  Herrn  Baron  R.  Stillfried  vier  höchst  gelungene  Ansichten  des 
Kraters  photographisch  aufzunehmen.  Um  ermüdende  Beschreibungen  zu 
vermeiden,  gebe  ich  in  Tafel  IX  eine  Karte  des  Fusi-Yama-Kraters. 

Seine  Höhe  wurde  verschieden  angegeben,  ja  die  Messungen  va- 
riiren  zwischen  10.500  und  14.200'.  Lieutenant  Robinson  gibt  neuerdings 
die  Höhe  des  Berges  zu  14.177  Fuss  an,  das  Mittel  aus  einer  Anzahl 
ausgewählter  barometrischer  Höhenmessungen  von  verschiedenen  Beob- 
achtern ist  12.200  englische  Fuss.  Der  Krater  des  Berges  ist  fast  kreis- 
rund »und  dürfte  eine  Tiefe  von  7 — 800'  haben.  Im  Norden  und  Nord- 
westen wird  der  Krater  in  einiger  Entfernung  von  einer  steilen  Mauer 
begrenzt,  welche  wohl  der  Ueberrest  eines  alten  Kraterwalles  sein  dürfte. 

Der  Raum  zwischen  ihm  und  den  jetzigen  Krater  wird  durch  eine 
Anzahl  Rapillihügel  ausgefüllt,  deren  höchste  Punkte  sich  an  den  alten 
Wall  anlehnen.  Im  Westen  befindet  sich  ein  nach  Osten  offener 
kleiner  Krater,  dessen  Wände  von  oben  bis  unten  von  einem  Gange 
durchsetzt  werden.  Die  Lava-  und  Rapilli-Schichten  im  Süden  und 
Osten  neigen  sich  gegen  das  Centrum  des  Kraters,  fällen  aber  dann 
natürlich  nach  Aussen  wieder  parallel  den  Abhängen. 

Der  jetzige  Krater  dürfte  früher 
bedeutend  kleiner  gewesen  sein,  da  man 
noch  bei  a (siehe  die  Karte)  einen  ste- 
hen gebliebenen  Pfeiler  antrifft , der 
vollkommen  isolirt  aus  dem  Krater  steigt 
und  dessen  Schichtung  demselben  zu- 
fällt (siehe  Fig.  5).  Grosse  Schuttmassen, 
welche  den  Kraterboden  bedecken,  deu- 
ten auf  stattgehabte  Einstürze  hin.  Der 

8* 


Fig.  5. 


60 


Richard  von  Dräsche. 


[12] 


Vulcan  ist  vollkommen  erloschen,  keine  Dämpfe,  keine  Schwefel-Anflüge 
sind  mehr  vorhanden.  Die  letzte  Eruption  fand  im  Jahre  1707  statt. 
Die  Tradition  erzählt,  der  Berg  sei  in  einer  Nacht  entstanden  und 
zur  selben  Zeit  habe  sich  bei  Miaco  ein  See  (der  Bivao)  gebildet. 

Die  Aussicht  vom  Fusi-Yama  muss  bei  heiterem  Wetter  (was 
übrigens  sehr  selten  sein  soll)  überwältigend  sein;  wir  waren  leider 
nicht  so  glücklich  selbes  anzutreffen.  Die  japanesische  Karte  zeigt,  dass 
am  Nordfuss  des  Fusi  5 Seen,  von  denen  einer  ziemlich  bedeutend, 
auftreten.  Späteren  Forschern  bleibt  es  überlassen,  diese  geologisch 
ganz  unbekannte  Gegend  zu  erforschen. 

Die  Laven  des  Fusi-Yama  sind  doleritisch,  jene  jedoch,  welche 
die  Kraterwände  zusammensetzen,  sind  Anamesite,  in  welchen  nur  hie 
und  da  ein  Feldspathkörnchen  sichtbar  ist.  Bimsstein  hat  der  Vulkan 
in  der  letzten  Zeit  nicht  mehr  ausgeworfen;  seine  den  Kegel  bedecken- 
den Auswürflinge  sind  nur  schwarze  blasige  Schlacken.  Bei  ihm  sowie 
beim  Asama-Yama  scheinen  die  Bimssteine  den  älteren  Eruptionen  an- 
zugehören. 

Unsern  Rückweg  nach  Yokohama  traten  wir  über  Atami,  Hakone 
und  Odawara  an.  Man  steigt  von  Subaschiri  aus  ein  gutes  Stück  das 
reich  mit  Rapilli  bedeckte  Himmelsthal  hinunter  und  übersetzt  dann 
südöstlich  einen  langgezogenen  Gebirgsrücken,  der  aus  doleritischem 
Gestein  besteht;  so  erreicht  man  den  knapp  am  Meere  liegenden  Geysir 
von  Atami,  der  seine  Ausbrüche  Gmal  in  24  Stunden  hat.  Otto  Kunze 
hat  in  den  „Mittheilungen  der  deutschen  Gesellschaft  für  Natur  und 
Völkerkunde  Ostasiens,  Juni  1875“  eine  ausführliche  Schilderung  dieser 
periodischen  Quelle  gegeben. 

Von  Atami  aus  führt  der  Weg  über  mit  hohem  Gras  bewachsene, 
langgezogene  Rücken  nach  Hakone  am  gleichnamigen  See,  der  im 
Osten  von  einigen  kegelförmigen  aus  Dolerit  bestehenden  Bergen  be- 
grenzt wird.  Unweit  davon  befinden  sich  auch  die  heissen  Schwefel- 
quellen von  Ashinoju.  Hakone  liegt  nach  Dr.  Martin  700  Meter  hoch, 
Ashinoju  836  Meter. 

Von  Hakone  aus  gelangt  man  über  den  niederen  Hakone -Pass  in 
4 Stunden  wieder  nach  Odawara. 

Die  ganze  Gegend  zwischen  dem  Himmelsthale,  Atami,  Hakone 
und  Hatta  wird  von  grauen,  porösen  doleritischen  Laven  zusammenge- 
setzt, welche  sich  sowohl  ihrem  Aeussern  als  ihrer  petrographischen  Eigen- 
tümlichkeit nach,  auf  grosse  Strecken  vollkommen  gleich  bleiben. 


V.  Nachtrag  zur  chemischen  Analyse  des  Mejonits. 

Von  Dr.  Edmund  Neminar 

Docent  au  der  Universität  Wien. 


In  meiner  Arbeit  „Ueber  die  chemische  Zusammensetzung  des  Me- 
jonits *)“  hob  ich  hervor,  dass  beim  continuirlichen  starken  Glühen  des 
Mejonits  ein  Theil  seiner  Alkalien  sich  verflüchtige.  Es  zeigte  sich 
nämlich,  dass  der  durch  Glühen  des  Mejonits  bis  zum  constanten  Ge- 
wichte bestimmte  Gewichtsverlust  weit  grösser  war,  als  der  nach  einer 
direkten  Bestimmungsmethode  ermittelte  Wassergehalt,  dagegen  jedoch 
die  percentische  Menge  der  aus  dieser  bis  zum  constanten  Gewichte 
geglühten  Substanz  bestimmten  Alkalien  geringer,  als  die  aus  unge- 
glühter Substanz  ermittelte.  Dieser  Umstand  setzte  es  nun  allerdings 
ausser  allen  Zweifel , dass  beim  continuirlichen  starken  Glühen  des 
Mejonits  Alkalien  sich  verflüchtigen,  und  dass  somit  der  gegenüber  dem 
Wassergehalt  zu  gross  erscheinende  Gewichtsverlust  zum  grossen  Theil 
durch  die  Verflüchtigung  der  Alkalien  hervorgerufen  wird,  bot  aber 
auch  dem  Gedanken  Raum,  ob  nicht  etwa  einerseits,  schon  bei  dem 
für  die  direkte  Wasserbestimmung  erfolgten  Glühen  des  Mejonits  im 
Platinrohre,  ein  Theil  der  Alkalien  zugleich  mit  dem  Wasser  ausge- 
trieben wurde,  andererseits  ein  bei  den  bisherigen  analytischen  Unter- 
suchungen des  Mejonits  nicht  bestimmter  Körper,  an  den  die  Alkalien 
theilweise  gebunden  gewesen  sein  dürften,  sich  bei  dem  Glühen  eben- 
falls verflüchtigte,  und  bei  meinen  früheren  Bestimungen  übersehen 
worden  war. 

Durch  die  Untersuchung  einer  Reihe  von  Skapolithen,  mit  denen 
sich  auch  Herr  Direktor  Tschermak  in  letzterer  Zeit  eingehend  beschäf- 
tigte, zeigte  es  sich  nun,  dass  sich  in  dem  Skapolith  nächst  den  bisher 
bekannten  Bestandtheilen  auch  Kohlensäure  und  Chlor  befindet, 
welches  letztere  durch  starkes  Glühen  in  der  Form  von  Chlor alkalien 
und  theilweise  auch  als  Eisenchlorid  ausgetrieben  werden  kann. 

Nach  diesem  Ergebnis  bei  den  Mineralen  der  Skapolithfamilie 


*)  Diese  Mittheilungen.  Jahrgang  1875.  Heft  II,  pag.  51. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1877.  1.  Heft.  (Neminar.) 


62 


Edmund  Neminar. 


[2] 


lag  es  nun  nahe  anzunehmen,  dass  im  Mejonit,  der  wie  bekannt  in 
innigem  Zusammenhänge  mit  dem  Skapolithe  steht,  ebenfalls  Kohlen- 
säure und  auch  Chlor  vorhanden  sein  dürfte,  das  sich  möglicher- 
weise, zugleich  mit  der  Kohlensäure,  schon  bei  der  direkten  Wasser- 
bestimmung, wenn  auch  nicht  als  Eisenchlorid,  da  der  Mejonit  keinen 
Eisengehalt  ergab,  so  doch  in  der  Form  von  Chloralkalien,  verflüchtigt 
hatte,  und  hiedurch  in  Folge  seiner  Aufnahme  durch  das  zur  Wasser- 
aufnahme  vorgelegte  Chlorcalcium  einen  verhältnismässig  zu  grossen 
Wassergehalt  des  Mejonits  verursachte. 

Diese  Erwägungen  veranlassten  mich  nun  den  Mejonit,  von  dem 
mir  durch  die  Güte  des  Herrn  Direktors  Tschermak  der  Rest  jenes 
exquisiten  Materials  mit  dem  ich  meine  früheren  Untersuchungen  durch- 
geführt hatte,  zur  Verfügung  stand,  nachträglich  auf  Kohlensäure 
und  Chlor  zu  prüfen,  und  die  Wasserbestimmung  nochmals,  jedoch 
nach  einer  Methode  durchzuführen,  die  wol  ebenfalls  eine  direkte  Be- 
stimmung erlaubte,  wobei  jedoch  kein  Fehler  durch  gleichzeitiges  Aus- 
treiben des  Chlors  oder  der  Alkalien  zu  befürchten  stand. 

Diese  Bedingungen  bei  der  Wasserbestimmung  zu  erfüllen  eignete 
sich  am  besten  die  vom  Professor  E.  Ludwig  in  seiner  Arbeit  „Ueber 
den  Pyrosmalith  1)“,  bei  welchem  Mineral  das  Wasser,  des  Chlor- 
gehaltes wegen,  ebenfalls  nicht  durch  einfaches  Glühen  im  Platinrohr 
bestimmt  werden  konnte,  angegebene  Methode,  nach  welcher  der 
Mejonit  in  einem  ausgebauchten  Platinrohr  mit  kohlensaurem  Natron- 
Kali  aufgeschlossen  und  das  in  Dampfform  entweichende  Wasser  von 
einem  trockenen  Lu'ftstföm  in  ein  vorgelegtes  gewogenes  Chlocalcium- 
rohr  überführt  wurde. 

Für  die  Chlorbestimmung  wurde  der  feingepulverte  Mejonit  in 
einem  Platinrohr,  durch  welches  gleichzeitig  ein  feuchter  Luftstrom  ge- 
leitet wurde,  geglüht,  das  entweichende  Chlor  in  mit  chlorfreier  Natron- 
lauge gefüllten  Röhren  aufgefangen  und  hierauf  nach  der  gewöhnlichen 
gewichtsanalytischen  Methode  bestimmt.  Gewöhnlich  wird  wol  das 
Glühen  bei  dieser  Methode  der  Chlorbestimmung  in  einem  Strome 
feuchten  Wasser stoffgases  vorgenommen,  Parallelversuche  jedoch  die 
bei  der  Chlorbestimmung  von  Skapolithen  bald  mit  einem  Strome  von 
feuchtem  Wasserstoffgas,  bald  mit  feuchter  Luft  angestellt  wurden,  er- 
gaben gar  keine  Differenz  der  Resultate. 

Die  Kohlensäure  endlich  wurde  durch  Glühen  des  Mejonits  im 
Platinrohr  ausgetrieben  und  durch  einen  gleichzeitig  durch  das  Platin- 
rohr  streichenden,  vorerst  aber  durch  ein  System  von  Natronkalk- 
Aetzkali  und  Chlorcalcium-Röhren  geleiteten  Luftstrom  in  ein  gewoge- 
nes mit  Aetzkali  gefülltes  Röhrchen  überführt,  nachdem  noch  früher 
das  entweichende  Wasser  in  einem  mit  concentrirter  Schwefelsäure  gefüll- 
ten Röhrchen  aufgefangen  worden  war. 

Die  nach  diesen  kurz  angedeuteten  Methoden  angestellten  Unter- 
suchungen des  Mejonits  auf  Wasser,  Chlor  und  Kohlensäure 
lieferten  nun  folgendes  Ergebnis: 


‘)  Diese  Mittheilungen  Jahrg.  1875.  Heft  IY.  pag.  211. 


[3] 


Nachtrag  zur  chemischen  Analyse  des  Mejonits 


63 


1.  a)  1-0015  Gramm  Substanz,  bei  100°  Cel.  bis  zum  constanten 

Gewichte  getrocknet,  ergaben  0'0028  Gr.  Wasser. 
b)  1'0142  Gr.  Substanz  gaben  0-00144  Gr.  Chlor. 

2.  a)  1-0215  Gr.  Substanz  gaben  0'0026  Gr.  Wasser  und  04)074  Gr. 

Kohlensäure. 

Fügt  man  diese  Daten  an  die  bereits  bei  meinen  früheren  Unter- 
suchungen des  Mejonits  gewonnenen,  unter  Hinweglassung  der  früheren, 
in  Folge  der  gleichzeitigen  Verflüchtigung  von  Chloralkalien  und  Koh- 
lensäure, zu  gross  erscheinenden  Wasserbestimmung,  was  im  vorliegen- 
den Falle,  wo  die  Nachtragsbestimmungen  mit  einem  Theile  desselben 
Materials  ausgeführt  wurden  wie  die  früheren,  ohne  weiteres  statthaft  ist, 
so  ergibt  sich  nun  für  den  Mejonit  folgendes  Gesammtresultat: 

I.  a).  D0315  Gr.  bei  100°  Cels.  getrockneten  Substanz  gaben : 
0-4473  Gr.  Kieselsäure,  0-3311  Gr.  Thonerde,  0-22l7  Gr.  Kalk 
und  0-0032  Gr.  Magnesia. 

b)  0-9047  Gr.  Substanz  gaben:  0011 1 Gr.  Chlorkalium  und 
0-0231  Gr.  Chlornatrium. 

II.  ci)  D0948  Gr.  einer  bis  zum  constanten  Gewichte  im  Platintiegel 
geglühten  Substanz  gaben:  0-2345  Gr.  Kalk,  04)123  Gr.  Chlor- 
kalium und  0-0164  Gr.  Chlornatrium,  also  um  0-0055  Gr. 
Chloralkalien  weniger  als  bei  der  Bestimmung  mit  ungeglühter 
Substanz. 

III.  a)  U0015  Gr.  Substanz  gaben  0"0028  Gr.  Wasser. 
b)  P0142  Gr.  Substanz  gaben  0-00144  Gr.  Chlor. 

IV.  a ) P0215  Gr.  Substanz  gaben  0"0026  Gr.  Wasser  und  0-0074  Gr. 

Kohlensäure. 

Werden  diese  Zahlen  in  Procenten  ausgedrückt,  so  ergibt  sich 
nachstehende  Zusammensetzung  des  Mejonits : 


I. 

II. 

III. 

IV. 

Mittel 

Kieselsäure  • • • • 

• • • • 43-36 

— 

— 

— 

43-36 

Thonerde  .... 

• • • • 32-09 

— 

— 

— 

32-09 

Kalk 

• • • • 2P49 

21-42 

— 

— 

21-45 

Magnesia  .... 

• • • • 0-31 

— 

— 

— 

0-31 

Natron 

— 

— 

— 

1-35 

Kali  

• • • • 0‘76 

— 

— 

— 

0-76 

Wasser 

— 

0-28 

026 

0-27 

Chlor 

— 

014 

— 

0-14 

Kohlensäure  • ■ • 

— 

— 

0-72 

0-72 

100-45 

Nach  diesen  analytischen  Resultaten  erweist  sich  der  Wasser- 
gehalt wol  geringer  als  bei  meinen  früheren  Bestimmungen,  indessen 
erklärt  sich  dieses  Verhältnis  leicht  dadurch,  dass  sich  bei  der  frühe- 
ren Wasserbestimmung  zugleich  mit  dem  Wasser  jedenfalls  sowol  die 
Kohlensäure,  als  auch  das  Chlor  und  mit  diesem  auch  die  dem  Chlor- 
gehalt aequi valente  Menge  der  Alkalien  in  der  Form  vom  Chloralkalien 
verflüchtigt  hatte,  und  hiedurch  den  Wassergehalt  bedeutend  grösser 
erscheinen  Hess  als  er  thatsächlich  war.  Wird  aber  die  percentische 
Menge  jener  erwähnten  Bestandtheile  in  Verbindung  gebracht,  so  ergibt 


ß4  Edmund  Neminar.  [4] 

sich  nahezu  dieselbe  Zahl  die  ich  bei  den  früheren  Untersuchungen 
als  Wasser  gefunden  hatte. 

Hält  man  nun  dieses  endgültige  analytische  Ergebnis  des  Mejonits 
seiner  von  mir  berechneten  empirischen  Formel  entgegen,  so  ergibt 
sich  einerseits,  dass  das  Wasser  als  selbstständiger  Factor  der  Formel  ent- 
schieden nicht  bestehen  kann,  andererseits  aber,  dass  der  verhältnis- 
mässig unbedeutende  Kohlensäuregehalt  ebenso  wie  die  geringe  Menge 
von  Chlor  den  übrigen  Theil  der  Formel  im  Allgemeinen  nicht  alte- 
riren  wird. 


Wien,  Laboratorium  des  Herrn  Prof.  Dr.  E.  Ludwig. 


VI.  Beiträge  zur  Mineralogie  des  Fassa-  und  Fleimser- 

Thales. 

Von  €.  Doelter. 

II. 

Im  Folgenden  setze  ich  meine  im  Jahrgange  1875,  III.  Heft  be- 
gonnenen Mittheilungen  fort;  dieselben  enthalten  ausser  chemischen 
Studien  über  den  Fassait  noch  die  Beschreibung  neuer  Funde,  nament- 
lich von  Magnetit,  Fassait,  Granat,  Adular,  Pyrit  etc. 

10.  Ueber  die  chemische  Zusammensetzung  des  Fassaits. 

Der  Fassait,  krystallographisch  gut  bekannt,  ist  es  viel  weniger  in 
Bezug  auf  seine  chemische  Constitution.  Bis  vor  Kurzem  war  eine 
Analyse  des  Südtiroler  Fassaits  gar  nicht  ausgeführt  worden,  und  von 
anderen  ähnlichen  Fassait-Vorkommen  war  nur  der  Fassait  aus  dem 
Zillerthal  von  Bart  he  analysirt  worden. 

Die  von  v.  Rath  vor  circa  2 Jahren  publicirte  Analyse  bezieht 
sich  auf  die  in  Formen  von  Monticellit  auftretenden  Bildungen,  nicht 
auf  die  reinen  Krystalle  dieses  Minerals.  Sowohl  dieser  als  auch  der 
von  Barth e ausgeführten  Analyse  fehlt  die  so  wichtige  Trennung 
der  beiden  Oxydationsstufen  des  Eisens. 

Es  schien  mir  daher  zweckmässig  bei  dem  Umstande,  dass  die 
Zusammensetzung  des  Fassaits  als  thonerdehältiger  Augit  und  wegen 
der  eigenthümlichen  genetischen  Verhältnisse  derselben  von  einiger 
Wichtigkeit  ist,  neue  Untersuchungen  anzustellen. 

Ich  habe  desshalb  drei  Analysen  von  Fassait  ausgeführt. 

Was  die  Methoden  anbelangt,  die  zur  Ausführung  der  Unter- 
suchung angewandt  wurden,  so  sind  es  im  Allgemeinen  die  gewöhnlich 
üblichen. 

Das  Mineral  wurde  mit  kohlensaurem  Natronkali  aufgeschlossen. 

Zur  Bestimmung  von  Kieselsäure,  Thonerde,  Eisenoxyd,  Magnesia 
und  Kalk;  Thonerde  und  Eisenoxyd  wurden  durch  kohlensäurefreies 
Ammoniak  gefällt  und  durch  reines  Aetznatron  getrennt.  Zur  Wasser- 
bestimmung wurde  grobes  Pulver  angewandt. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1877.  1.  Heft.  (C.  Doelter.) 


9 


66 


C.  Doelter. 


[2] 


Ganz  besondere  Sorgfalt  wurde  beobachtet  bei  der  Bestimmung 
von  Eisenoxydul;  ich  gehe  auf  diese  Untersuchung  etwas  näher  ein: 

Die  am  meisten  jetzt  angewandte  Methode  zur  Trennung  von 
Eisenoxydul  und  Eisenoxyd  besteht  darin,  dass  man  das  Mineralpulver 
mit  Flusssäure  und  Schwefelsäure  bei  Ausschluss  von  Luft  in  einer 
zugeschmolzenen  Röhre  von  Kaliglas  erhitzt. 

Bei  dieser  Methode  vermeidet  man  namentlich  die  Reduction  von 
Eisenoxyd,  welche  bei  einer  anderen  oft  gebrauchten  Methode,  der 
Aufschliessung  durch  Borax  eintrifft-  l) 

Ein  kleiner  Nachtheil  ist  jedoch  auch  bei  dieser  Methode  vor- 
handen, indem  meist  die  Flusssäure,  sogar  solche,  die  als  rein  gilt, 
Chamaeleon  entfärbt;  eine  solche  Entfärbung  des  Chamaeleon  tritt  ein 
sowohl  bei  direct  aus  Flussspath  und  Schwefelsäure  hergestellter  Säure, 
als  auch  bei  solcher,  die  durch  Reinigung  von  roher  Flusssäure 
gewonnen  wird,  ebenso  bei  Anwendung  von  Fluorammonium  und 
Schwefelsäure. 

Um  diesem  Uebelstand  abzuhelfen,  ist  es  nach  E.  Ludwig  vor- 
theilhaft,  die  Säure  mit  Chamaeleon  zu  destilliren,  und  stets  einen 
Nebenversuch  mit  Flusssäure  ohne  Anwendung  des  Minerals  zu  machen. 

Durch  verschiedene  Versuche  ergab  sich  mir,  dass  die  Differenzen, 
welche  man  erhält,  bei  Anwendung  von  Flusssäure,  ohne  Zusatz  von 
Chamaeleon  und  von  solcher , der  früher  bis  zur  Entfärbung  Chamaeleon 
zugesetzt  wurde,  keine  gar  kleinen  sind;  in  letzterem  Falle  erhält 
man  stets  zu  wenig  Eisenoxydul. 

Ich  habe  desshalb  noch  eine  andere  Methode  angewandt,  und 
zwar  habe  ich,  dem  Rathe  Professor  Pebal’s  folgend,  die  Flusssäure 
vor  der  Titrirung  zu  verjagen  gesucht;  dies  wurde  in  einer  Atmosphäre 
von  Kohlensäure  ausgeführt,  indem  die  Substanz  mit  Flusssäure  und 
Schwefelsäure  in  einen  hohen  Platintiegel  gebracht  wurde,  welcher  in 
ein  hohes  cylindrisches,  oben  spitz  endigendes  Gefäss  gegeben  wird  2), 
dann  wird  dieses  Gefäss  mit  Kohlensäure  angefüllt  und  dieses  Gas 
ununterbrochen  von  oben  in  den  Apparat  geleitet,  während  der  Tiegel 
von  unten  schwach  erhitzt  wird;  bei  gutem  Scbliessen  des  Apparates 
von  unten  kann  keine  Luft  in  denselben  dringen  und  es  kann  alle 
Flusssäure  verjagt  werden  ohne  Gefahr  einer  Oxydation  des  Eisen- 
oxydul; nur  ist  es  nöthig  schon  zu  Beginn  der  Operation  genug 
Schwefelsäure  zuzusetzen,  um  eine  wiederholte  Einfüllung  zu  vermeiden, 
da  dieselbe  umständlich  ist  (zum  Einfüllen  kann  man  sich  eines  dünnen, 
wenig  breiten  Trichterrohres  bedienen,  das  oben  eingeführt  wird.) 

Dass  keine  Oxydation  dabei  entsteht  wird  schon  dadurch  be- 
wiesen, dass  ich  bei  Versuchen  etwas  mehr  Eisenoxydul  erhielt  bei 
Anwendung  letzgenannter  Methode  als  bei  der  ersten,  indess  sind  die 
erhaltenen  Resultate  nicht  sehr  von  einander  abweichend. 


*)  Suida,  in  diesen  Mittheilungen  1876,  III.  Heft. 

2)  Das  cylindrische  Gefäss  wird  auf  einen  eisernen  runden  Teller  gesetzt 
und  so  verschlossen,  dass  keine  Luft  von  unten  in  dasselbe  eindringen  kann. 


[3] 


Beiträge  zur  Mineralogie  des  Fassa-  und  Fleimser-Thales. 


67 


Ob  diese  Methode  von  allgemeinerer  Anwendung  sein  wird,  ver- 
mag ich  noch  nicht  zu  sagen  und  bin  ich  noch  mit  Versuchen  über 
den  Erfolg  derselben  beschäftigt. 

Ich  will  nur  die  Resultate  einiger  Versuche  erwähnen,  welche 
zum  Vergleich  der  Methoden  angestellt  wurden. 

1.  0'239gr-  Eisendraht  wurden  mit  Schwefelsäure  im  Kohlensäure- 
strom gelöst,  dieselben  erfordern  45,5CC-  der  Chamaeleonlösung. 

2.  Dieselbe  Quantität  Eisendraht  wird  auf  dieselbe  Weise  gelöst ; 
vor  der  Titration  jedoch  circa  2CC-  concentrirter  reiner,  aus  reinem 
Flussspath  und  Schwefelsäure  bereiteter  Flusssäure  hinzugesetzt;  die- 
selbe Quantität  Eisen  erfordert  hier  46’1CC-  derselben  Lösung. 

3.  Dieselbe  Menge  Eisen  wird  in  Schwefelsäure  gelöst,  hierauf 
mit  circa  2CC-  derselben  Flusssäure  in  einen  Platintiegel  gebracht  und 
in  dem  vorhin  beschriebenen  Apparat  eingedampft;  zur  Titration  sind 
dieses  Mal  45-7cc-  der  Chamaeleonlösung  erforderlich. 

4.  Dieselbe  Menge  Eisen  in  Schwefelsäure  gelöst  wird  mit  Fluss- 
säure versetzt,  der  früher  04cc-  Chamaeleon  zugesetzt  war,  das  Ganze 
dann  in  einer  zugeschmolzenen  Glasröhre  erhitzt  und  titrirt. 

Erforderlich  sind  44:'6CC-  der  Lösung.  x) 

Zur  genauen  Prüfung  werden  allerdings  noch  weitere  Versuche 
nothwendig  sein;  vorläufig  ergibt  sich  nur,  dass  die  Resultate  der 
beiden  Methoden  also  nicht  sehr  abweichend  sind  und  sich  gegenseitig 
controliren  können. 

Ich  gehe  nun  über  zu  den  Daten,  die  die  drei  ausgeführten 
Analysen  ergaben. 


Der  Fassait  kommt  in  Südtirol  fast  nur  am  Monzoni  vor,  mit 
Ausnahme  des  von  mir  heuer  aufgefundenen  Fundortes  auf  der  Nord- 
seite der  Malgola;  ausser  in  Krystallen  kommt  er  noch  in  krystalli- 
nischen  Massen  vor;  die  wichtigsten  Fundorte  sind  Toal  della  Foja, 
Südabhang  der  Ricoletta  und  Nordabhang  des  Mal  Inverno. 

I.  Analyse  des  krystallisirten  Fassait  vom  Toal 

della  Foja. 

Es  ist  diess  der  älteste,  am  meisten  bekannte  Fundort  des 
Fassait;  er  kommt  hier  am  Contact  des  Kalksteines  mit  Monzonit  vor 
in  Begleitung  einer  grossen  Anzahl  von  Mineralien,  die  an  anderen 
Orten  wiederholt  angeführt  wurden. 

Die  Krystallform  der  Fassaite  aus  dem  Toal  della  Foja  ist  hin- 
länglich bekannt,  so  dass  sie  einer  Erwähnung  hier  nicht  bedarf;  die 
Krystalle  sind  zum  Theil  säulenförmig  ausgebildet,  oft  ist  auch  ihr 
Horizontaldurchschnitt  mehr  länglich. 


*)  Die  Summe  der  zuerst  angewandten  Menge  0’4CC*  Chamaeleon  und  der 
zur  Titration  nothwendigen  ist  also  nicht  genau  gleich  der  theoretisch  nothwen- 
digen  45'5CC- 


9* 


68 


C.  Doelter. 


[4] 


Die  Auswahl  der  Krystalle  war  keine  leichte,  da  die  meisten 
derselben  matt  und  mit  einer  grauen  oder  bräunlichen  oberflächlichen 
Rinde  bedeckt  sind,  die  auf  eine  beginnende  Umwandlung  des  Fassaits 
hindeuten,  die  frischen  Krystalle  zeigen  Glasglanz  und  sind  von  grüner 
Farbe  und  durchscheinend. 

Die  zur  Analyse  verwendeten  Krystalle  waren  ganz  frisch  und 
rein,  es  waren  Zwillinge  der  Combination  o oP.  00P00,  2P.  P.  2Poo. 

Das  grobe  Mineralpulver  wurde  sorgfältig  untersucht,  um  jede 
Verunreinigung  zu  entfernen;  übrigens  zeigen  die  frischen  Krystalle 
nur  wenig  Beimengungen. 

Schliffe  solcher  Krystalle  zeigen  im  Polarisationsapparat  für 
paralleles  Licht  sehr  lebhafte  Interferenzfärben;  mit  einem  Nicol  auf 
Absorption  untersucht,  zeigen  sie  nur  unmerkliche  Absorptionsunter- 
schiede. Die  Substanz  ist  rein  und  enthält  keinerlei  Beimengungen. 

Die  Analyse,  zu  der  ungefähr  für  die  Bestimmung  von  Si02, 
AL/203,  Fe203,  CaO , Air/O,  lgr-  angewandt  wurde,  ergab  folgende 

Resultate : 


SiO a 

43-81 

Ä1203 

9-97 

Fe203 

7-01 

Feü 

1-52 

MgO 

12-51 

CaO 

25-10 

ICO 

0-51 

100-43 

Spur  von  Manganoxydul  und  Alkalien. 

Das  Eisenoxydul  wurde  durch  folgende  3 Versuche  bestimmt : 

Durch  Aufschliessen  mit  HFl  und  Schwefelsäure  im  Glasrohr 
erhielt  ich 


1)  für  0-821gr-  Mineralsubstanz  1’40  Perc. 

2)  für  0-735gr-  Mineralsubstanz  1-55  Perc. 

Durch  Aufschliessen  im  Platintiegel  in  einer  Kohlensäureatmosphäre 
erhielt  ich: 

Bei  Anwendung  von  0-775gr-  Mineral  1-61  Perc. 

Als  Mittel  der  drei  Bestimmungen  ergibt  sich  1-52  Perc. 

Der  Wassergehalt,  den  die  Analyse  nachweist,  ist  wohl  kein 
ursprünglicher,  derselbe  verhindert  jedoch  die  Aufstellung  einer  Formel 
für  diesen  Fassait,  da  er  schon  auf  eine  beginnende,  wenn  auch  unbe- 
deutende Zersetzung  hinweist. 

Die  Analyse  ergibt  einen  etwas  auffallend  hohen  Thonerdegehalt, 
so  wie  auch  einen  bedeutenderen  Eisenoxydgehalt  gegenüber  dem 
geringen  Gehalt  an  Eisenoxydul. 


[5] 


Beiträge  zur  Mineralogie  des  Fassa-  und  Fleimser-Thales. 


69 


II.  Analyse  des  krystallinischen  F a s s a i t vom  T o a 1 

d e 1 1 a F o j a. 

An  derselben  Stelle  wie  der  krystallisirte  Fassait  kömmt  auch  der 
krystallinische,  grössere  Massen  bildend  vor;  er  zeigt  ein  krystallinisch- 
körniges  Gefüge;  in  Hohlräumen  kommen  Krystalle  von  Fassait  vor  mit 
pyramidalem  Habitus.  In  grösseren  Stücken  sieht  man  hin  und  wieder 
blauweisse  Calcitkörner  regelmässig  eingestreut;  besonders  gegen  den 
Contact  mit  dem  vorkommenden  Kalksteine  zu,  nimmt  die  Menge  des 
Calcites  überhand  und  geht  der  Fassait  allmählig  in  den  Calcit  über. 

Die  Farbe  des  krystallinischen  Fassait  ist  grasgrün,  viel  inten- 
siver als  die  des  krystallisirten  Fassait;  auch  ist  letzterer  meist  ganz 
frisch  im  Gegensatz  zu  den  häufig  angegriffenen  Krystallen. 

Ein  dünner  Schliff  eines  solchen  Fassaites  bietet  unter  dem 
Mikroskop  ein  Bild,  welches  einigermassen  erinnert  an  das,  welches 
Partien  von  Augit  aus  krystallinischen  Gesteinen  liefern ; es  zeigt 
nämlich  eine  Zusammensetzung  aus  zahlreichen  selbstständigen  Fassait- 
individuen,  nicht  etwa  aus  einem  einzigen. 

Im  Fassait  sieht  man  hie  und  da  wieder  ein  gestreiftes  Calcit- 
korn. Der  Fassait  ist  von  zahllosen  Sprüngen  durchzogen,  nach  einer 
Richtung  zeigen  diese  Sprünge  oder  Risse  eine  gewisse  parallele  An- 
ordnung, die  wohl  hervorgebracht  wird  durch  die  unvollkommene 
Spaltbarkeit  nach  dem  Klinopinakoid. 

Im  parallelen  polarisirten  Licht  untersucht,  zeigt  der  Fassait  sehl- 
lebhafte  Interferenzfarben,  welche,  wenn  der  Schliff  überall  gleichmässig 
dick  ist,  dieselben  für  die  ganze  Fläche  des  Schliffes  sind  und  auf  eine 
gleiche  Orientirung  der  Fassaitindividuen  schliessen  lässt. 

Dichroismus  zeigt  sich  fast  gar  nicht,  ebenso  wenig  wie  beim 
krystallisirten  Fassait;  die  Farbe  im  Schliff  ist  lichtgelb  bis  lichtgrün. 

Unter  dem  Mikroskop  zeigen  sich  ausser  dem  erwähnten  Calcit 
keine  weiteren  Einschlüsse,  auch  ist  das  Mineral  ganz  frisch  ohne 
jede  Trübung. 

Zur  Analyse  wurden  die  Stücke  selbstverständlich  genau  unter- 
sucht, um  die  Calcitkörner  zu  entfernen,  was  bei  einiger  Sorgfalt  nicht 
allzu  schwer  fällt,  da  dieselben  nie  sehr  klein  sind  und  durch  die  ver- 
schiedene Farbe  von  dem  Fassait  zu  unterscheiden  sind. 

Die  Analyse  ergab  folgende  Resultate : 


Si  09j 

44-06 

Äl203 

10-43 

Fe203 

5*91 

FeO 

1-67 

MgO 

13-10 

CaO 

25-20 

h20 

0-15 

100-52 

Spec.-Gewicht  = 2-965  bei  16°  C. 
Ausserdem  fand  sich  eine  Spur  von  Manganoxydul. 


70 


C.  Doelter.  [0] 

Die  Eisenoxydulmenge  wurde  auch  hier  durch  drei  Versuche 
bestimmt. 

Durch  Aufschlüssen  mit  Flusssäure  und  Schwefelsäure  im  zuge- 
schmolzenen Glasrohre  waren  bei  den  beiden  Versuchen  erforderlich  : 

1)  2■5CC•  bei  Anwendung  von  0'64ST- 

2)  2‘7CC-  bei  Anwendung  von  0'532gr- 

was  in  Percenten  ausgedrückt,  P52  und  P61  Perc.  ergab. 

Bei  dem  Aufschliessen  im  Platintiegel  in  der  Kohlensäure- 
atmosphäre ergaben  sich  : 

bei  Anwendung  von  0‘799gr-  Substanz  P87  Perc. 
wozu  5-8cc-  Chamaeleonlösung  erforderlich  waren.  *) 

Bemerkt  sei  noch,  dass  sowohl  hier  als  bei  der  ersten  Analyse 
die  Versuche  1 und  2 mit  verschiedener  Flusssäure  angestellt  wurden 
und  zwar  Versuch  1 mit  aus  Fluorammonium  und  Schwefelsäure 
erzeugter,  Versuch  2 mit  aus  Flussspath  und  Schwefelsäure  direct 
hergestellter  Säure. 

Als  Mittel  der  drei  Versuche  ergibt  sich  demnach: 

D67  Perc. 

Der  Eisenoxydgehalt  ist  etwas  geringer  bei  dem  krystallinischen 
Fassait  als  bei  den  Fassaitkrystallen ; der  Magnesiagehalt  um  ein 
unbedeutendes  höher. 

Im  Uebrigen  ist  die  Uebereinstimmung  dieser  Analyse  mit  der 
der  Fassaitkrystalle  ersichtlich. 

III.  Analyse  des  Fassait  vom  Nordabhang  des 

Mal  I n v e r n o. 

Der  Fassait  findet  sich  hier  im  Calcit,  mit  Serpentin  zusammen, 
im  Contact  von  Monzonit  und  Kalkstein. *  2) 

Die  Krystalle  haben  pyramidalen  Habitus. 

Sie  sind  von  grasgrüner  Farbe  und  scheinen  auf  den  ersten  Blick 
recht  frisch  zu  sein,  was  jedoch  nicht  der  Fall  ist,  wenigstens  war  es 
mir  nicht  möglich,  ganz  frische  Krystalle  aufzufinden. 

Zur  Analyse  wurden  Krystalle  angewandt,  die  ziemlich  frisch  dem 
Aussehen  nach  waren. 

Die  Methode  der  Analyse  war  dieselbe  wie  bei  den  eben  gege- 
benen, nur  wurde  das  Eisenoxydul  hier  nur  einmal  bestimmt,  durch 
Aufschliessen  mit  Flusssäure  und  Schwefelsäure  im  zugeschmolzenen 
Glasrohre. 


')  Selbstverständlich  einer  anderen  Lösung  als  bei  dem  ersten  Versuche;  zur 
Titration  wurden  Mohr’sche  Glashahn-Buretten  mit  E r dm  ann’schem  Schwimmer 
verwendet. 

2)  Vergleiche  C.  Doelter,  Jahrbuch  der  geologischen  Reichsanstalt  1875, 
2.  Heft. 


[7] 


Beiträge  zur  Mineralogie  des  Fassa-  und  Fleimser-Thales. 


71 


Die  Analyse  ergab: 


Si02 

41-97 

Al203 

10-63 

FeJh 

7-36 

FeO 

0-55 

MgO 

10-29 

CaO 

26-60 

IkO 

2-70 

100-10 


Vergleichen  wir  diese  Analyse  mit  den  beiden  vorhin  angeführten, 
so  ergeben  sich  einige  Unterschiede,  die  der  Zersetzung,  welche  bei  den 
zuletzt  genannten  Krystallen  bereits  begonnen  hat,  zuzuschreiben  ist. 

Der  Kieselsäuregehalt  ist  um  2 Perc.  niedriger,  der  Kalkgehalt 
bedeutend  höher,  während  weniger  Magnesia  vorhanden  ist;  der  Wasser- 
gehalt ist  schon  ziemlich  beträchtlich.  Die  Umwandlung  scheint  darin 
zu  bestehen , dass  auf  Kosten  des  Fassait  sich  ein  Magnesiasilicat 
bildete,  welches  weggeführt  wurde,  dagegen  Kalk  und  Wasser  auf- 
genommen wurden. 


Gehen  wir  nun  etwas  näher  ein  auf  die  chemische  Constitution 
des  Fassaits,  dessen  Zusammensetzung  namentlich  durch  die  Analyse 
des  krystallinischen  Fassaits  ersichtlich  ist;  und  vergleichen  wir  die- 
selbe mit  den  übrigen  bisher  vorhandenen  und  den  hier  zuerst  gege- 
benen Analysen. 

Zur  besseren  Uebersicht  stellen  wir  alle  diese  ausgeführten 
Analysen  zusammen. 

I.  Analyse  des  Fassait  vom  Zillerthal  (Bart he).  Dana’s 
Mineralogy,  5 Ed. 

II.  Analyse  des  in  der  Form  von  Monticellit  auftretenden  Fassait 
vom  Monzoni  (Rath),  Sitzungsber.  d.  Berliner  Akad.  1874. 

III.  Analyse  der  Fassaitkrystalle  vom  Toal  della  Foja  (Do eite r). 

IV.  Analyse  des  krystallinischen  Fassait  von  demselben  Fundort 
(D  o e 1 1 e r). 

V.  Analyse  der  Fassaitkrystalle  vom  Nordabhang  des  Mal 
Inverno  (Doelter). 


I. 

II. 

III. 

IV. 

V. 

Kieselsäure  • 

• 48-47 

47.69 

43-81 

44-06 

41-97 

Thonerde 

• 8-22 

7-01 

9-97 

10-43 

10-63 

Eisenoxyd  • 

— 

— 

7-01 

5-91 

7-36 

Eisenoxydul 

• 4-30 

3-62 

1-52 

1-67 

0-55 

Kalk  • • • 

• 15*59 

16-10 

12-51 

13-10 

10-29 

Magnesia 

• 21-96 

24-57 

25-10 

25-20 

26-60 

Wasser  • • 

• 0-73 

105 

0-51 

0-15 

2-70 

99-27  l) 

99-94  J) 

100-43 

100-52 

lOOTO 

')  Glühverlust. 


72 


C.  Doelter. 


[8] 


Vergleichen  wir  zunächst  unsere  Analysen,  namentlich  (III)  und 
(IV),  die  mit  frischem  Material  angestellt  wurden,  mit  den  früheren 
Analysen,  so  ergibt  sich,  was  die  Analyse  II  anbelangt,  kein  sehr 
bedeutender  Unterschied.  Frisches  Material  muss,  nach  dem  Wasser- 
gehalt zu  schliessen,  der  Analyse  II  nicht  zu  Grunde  gelegen  haben, 
auch  ist  nicht  zu  vergessen,  dass  dieselben  sich  auf  eine  pseudomorph 
nach  einem  anderen  Mineral  vorkommende  Substanz  bezieht,  daher 
auch  nicht  an  ganz  reinem  Material  ausgeführt  wurde. 

Der  Kieselsäuregehalt  erscheint  an  jener  Analyse  um  etwas 
höher,  ebenso  der  Magnesiagehalt.  Der  Eisengehalt  ist  dagegen  um 
2 Perc.  geringer. 

Da  bei  dieser  Analyse  keine  Eisenoxydulbestimmung  vorliegt,  so 
lässt  sich,  was  diesen  wichtigen  Punkt  anbelangt,  kein  Vergleich 
anstellen. 

In  Betreff  der  von  Barthe  ausgeführten  Analyse,  ist  nicht  ganz 
erwiesen,  ob  wirklich  Fassait  vorliegt;  diese  Analyse  unterscheidet  sich 
von  III  und  IV  nur  durch  höheren  Kieselsäuregehalt,  auch  hier  liegt 
leider  keine  Eisenoxydul-  und  Eisenoxydtrennung  vor. 

Betrachten  wir  nun  zu  welchen  Resultaten  die  Analysen  III  und 
IV  führen,  indem  wir  namentlich  die  letztere  als  am  frischesten 
Material  angeführte  ins  Auge  fassen,  so  ergibt  sich  vor  Allem,  dass 
der  Fassait  keineswegs,  wie  noch  Descloizeaux  anzunehmen  geneigt  ist, 
zum  Diopsid  zu  rechnen  ist,  die  chemische  Zusammensetzung  ist  von 
der  jenes  Minerals  gründlich  verschieden. 

Am  meisten  Analogie  in  dieser  Hinsicht  zeigen  mit  dem  Fassait 
die  Thonerde-Augite,  zu  denen  man  dieselben  zu  stellen  wohl  am 
meisten  geneigt  wäre. 

Jedoch  erlaube  ich  mir  auf  einige  Differenzen  aufmerksam  zu 
machen,  die  keineswegs  auf  rein  analytische  Resultate  zurückzu- 
führen  sind. 

Vor  Allem  erscheint  der  Eisenoxydgehalt  und  namentlich  das 
Verhältniss  desselben  zu  der  geringen  Quantität  von  Eisenoxydul 
wesentlich  verschieden  von  dem  der  Thonerde-Augite;  bei  allen  jenen  in 
Rammeis berg’s  „Handbuch  der  Mineralchemie“  angeführten  Analysen 
ist  der  Gehalt  an  Eisenoxyd  ein  beträchtlich  geringerer  als  der  des 
Eisenoxyduls,  während  hier  das  Gegentheil  der  Fall  ist;  aus  seiner 
Uebersicht  ist  ersichtlich,  dass  nur  äusserst  selten  bei  Thonerde- Augiten 
der  Eisenoxydgehalt  beträchtlich  höher  ist  als  der  Oxydulgehalt,  wie 
diess  bei  dem  Fassait  der  Fall  ist;  eine  andere  Frage  ist  nur  die,  ob 
dieser  Gehalt  an  Oxyd  ein  ursprünglicher  ist;  der  Frischheit  des  ange- 
wandten Materiales,  besonders  bei  Analyse  IV,  wäre  diese  Frage  zu 
bejahen,  obgleich  sich  diess  nicht  direct  nachweisen  lässt. 

Es  müsste  diese  Frage  gelöst  werden  an  vulkanischem,  neu 
gebildeten  Fassait.  Q 


‘)  Fouque  (Comptes  Rendus  1875)  analysirte  ein  grünliches  Mineral,  das 
er  Pyroxene  Fassaite  nennt,  und  in  Auswürflingen  von  Santorin  wo  es  mit 


[9] 


Beiträge  zur  Mineralogie  des  Fassa-  und  Fleimser-Tliales. 


73 


Ein  weiterer  Unterschied,  der  hervortritt,  ist  der  bedeutende 
Kalkgehalt,  der  den  Magnesiagehalt  beträchtlich  übersteigt,  während 
sonst  (siehe  Tschermak,  Pyroxen  und  Amphibol,  pag.  31)  das 
Gegentheil  der  Fall  ist.  Berechnet  man  die  Verbindungsverhältnisse 
von  Ca  und  Mg , so  ergibt  sich,  dass  bei  Fassait- Analyse  IV,  12  CaO 
und  10  MgO  vorhanden  sind,  also  ein  auffallendes  Resultat;  ich  kann 
jedoch  kaum  glauben,  dass  hier  eine  bedeutende  Zersetzung  vorliegt. 

Wenn  man  also  annimmt,  dass,  wie  es  sehr  wahrscheinlich  ist, 
und  durch  die  mikroskopische  Untersuchung  und  jene  im  polarisirten 
Lichte  bestätigt  wird,  ein  frisches  Material  den  Analysen  III  und  IV 
zu  Grunde  liegt,  so  kann  man  den  Fassait  nicht  gut  zu  den  Thon- 
erde-Augiten  stellen,  da  dieselben  in  Betreff  des  Eisen-,  Kalk-  und 
Magnesiagehaltes  zu  bedeutende  Abweichungen  von  unserem  hier 
untersuchten  Mineral  geben. 

Der  Fassait  *)  hat  also  chemisch  eine  ziemlich  selbstständige 
Stellung. 


11.  Neuer  Fundort  von  Contaetmineralien  an  der  Malgola  im 

Travignolo  - Thale. 

Bis  jetzt  war  der  Fassait  und  seine  charakteristischen  Begleiter 
nur  am  Monzoni  bekannt.  Im  Sommer  1876  fand  ich  nun  auch  an 
der  Malgola  ähnliche  Vorkommen  und  zwar  an  einem  bisher  unbe- 
kannten Fundorte  von  Mineralien,  nicht  weit  von  der  Boscampobriicke 
bei  dem  Fundort  des  Liebenerit,  am  Nordabhang  der  Malgola  gegen 
das  Travignolo-Thal.  2) 

Der  Monzonit,  hier  aus  triklinem  Feldspath,  Orthoklas,  Hornblende, 
Biotit,  etwas  Augit  bestehend,  tritt  in  dem  Kalk  gangförmig  auf.  Am 
Contact  treten  wie  am  Monzoni,  Canzocali  und  an  dem  Westabhang 
der  Malgola  Contaetmineralien  auf  und  sind  die  Verhältnisse  ganz 
analog  denen  jener  bekannten  Fundstellen. 


Wollastonit  und  Granat  vorkömmt.  Die  Analyse  ergab  ihm : 


Si02 

46-8 

Al2Os 

10T 

FeO 

104 

CaO 

24-9 

MgO 

68 

99  0 


Diese  Analyse  weicht  von  den  vorhin  genannten  durch  äusserst  geringen 
Magnesiagehalt  ab ; gerade  hier  wäre  eine  Trennung  der  Oxydationsstufen  des 
Eisens  nothwendig  gewesen;  übrigens  könnte  der  Analyse  vielleicht  nur  ein  grüner 
Augit  zu  Grunde  liegen. 

‘)  d.  h.  der  Tiroler  Fassait,  der  hier  untersucht  wurde;  eine  erneute  Analyse 
der  übrigen  verwandten  Vorkommen  scheint  wünschenswerth. 

2)  Derselbe  mündet  bei  Predazzo  in  das  Avisiothal, 

Mineralogische  Mittheilungen.  1877,  1.  Heft.  (C.  Doelter.) 


74 


C.  Doelter.  [10] 

Die  Mineralien,  welche  ich  hier  auffand,  sind  bis  jetzt  folgende : 
Fassait. 

Granat. 

Brandisit. 

Spinell. 

Serpentin. 

Calcit. 

Es  unterliegt  keinem  Zweifel,  dass  es  mit  der  Zeit  gelingen  wird, 
die  Analogie  mit  dem  Monzoni  durch  Auffindung  weiterer  Contact- 
mineralien  zu  vervollständigen. 

a)  Fassait. 

Kömmt  nur  in  Ivrystallen  vor;  man  findet  meistens  dieselben 
Combinationen  wie  am  Toal  della  Foja. 

1.  Krystalle  von  rectangulär-säulenförmigem  Habitus,  die  die 
Combination  ooP.  ooPoo  P 2P  zeigen,  es  sind  zum  Theil  einfache 
Krystalle  zum  Theil  Zwillinge. 

2.  Krystalle  von  lang  säulenförmigem  Habitus,  dieselbe  Combina- 
tion zeigend. 

3.  Krystalle  von  pyramidalem  Habitus,  zum  Theil  Zwillinge,  zum 
Theil  einfache  Krystalle,  sie  zeigen  die  Combination  : 

ooP.  2P.P.  2Poo  und 
OO  P.  ooPoo . 2P.P. 

b)  Spinell. 

Kömmt  mit  dem  eben  erwähnten  Fassait  vor  und  zeigt  selten 
schöne  Krystallformen , meist  nur  das  Octaeder ; häufig  sind  auch 
Zwillinge  nach  dem  bekannten  Gesetze. 

c)  Granat. 

Derselbe  kommt  in  wohlausgebildeten  bis  7mm  dicken  Krystallen 
vor  und  zwar  in  der  Combination  des  Rhombendodecaeders,  das  vor- 
herrscht, mit  einem  Ikosi-Tetraeder 

oo  0.  202 

Die  Krystalle  sind  von  blassgrüner  Farbe. 

Der  Brandisit  kömmt  mit  Fassait  zusammen  vor  und  zeigt  sich 
nur  in  Blättchen. 

Der  Serpentin  bildet  auch  hier  grössere  Massen;  Calcit  ist 
weniger  häufig. 


12.  Magnetit  vom  Mulatto. 

In  den  Verhandlungen  der  k.  k.  geologischen  Reichsanstalt  J) 
habe  ich  eine  vorläufige  Bemerkung  über  dieses  Vorkommen  gemacht. 

Der  Fundort  ist  nicht,  wie  ich  ursprünglich  glaubte,  an  dem 
Berge  Viezena,  er  liegt  bereits  an  dem  Mulattoberg  und  zwar  am 


')  Jahrgang  1875,  N.  W. 


Beiträge  zur  Mineralogie  des  Fassa-  und  Fleimser-Thales. 


75 


[11] 

Ostabhang  desselben  gegen  das  Yal  di  Viezena  zu.  Das  früher  von 
Liebener  und  Vorhauser  *)  erwähnte  Vorkommen  von  Viezena,  welches 
nach  Richthofen *  2)  Titaneisen  sein  soll,  steht  mit  unserem  in  keinem 
Zusammenhang,  der  Fundort  ist  mir  fremd  geblieben. 

Jenes  soll  am  Contact  zwischen  Melaphyr  und  Granit  Vorkommen. 
Auch  in  den  Sammlungen  habe  ich  jenes  Titan-  oder  Magneteisen 
nicht  vorgefunden. 

Am  Westabhange  des  Mulatto  gegen  das  Val  di  Viezena  3) 
findet  sich  eine  stockförmige  Masse  von  derbem  Magneteisen,  auf 
welches  früher  Bergbau  getrieben  wurde.  (Auch  heute  noch  lässt 
der  Eigenthümer  D.  Rizzoli  in  Cavalese  hie  und  da  noch  daselbst 
arbeiten.) 

Das  Erz  besteht  aus  fast  ganz  reinem  Magneteisen ; bis  vor 
kurzem  waren  Krystalle  noch  ganz  unbekannt,  erst  vor  zwei  Jahren 
wurde  ich  auf  Krystalle  von  diesem  Fundort  aufmerksam  gemacht. 

Es  finden  sich  dieselben  auf  derbem  Magneteisen  aufsitzend;  die 
Krystalle  haben  einen  Durchmesser  von  5 — 8nim. 

Die  erste  Stufe,  die  ich  davon  acquirirte,  sandte  ich  an  Herrn 
Oberbergrath  von  Zepharovich,  der  die  Flächen  nach  Messungen 
bestimmte.  Derselbe  bestimmte  die  Combination  : 

oo  0.  505l3  303.  0 

Zepharovich  vergleicht  die  Krystalle  mit  den  von  K o k s c h a.  r o w 
aus  Achmatowsk  beschriebenen  und  in  Taf.  46,  Fig.  9 seines  Atlas 
abgebildeten,  bei  denen  jedoch  noch  ooOoo  zu  beobachten  ist. 

In  dieser  ersten  Stufe  waren  die  Krystalle  hin  und  wieder  ver- 
zerrt und  zwar  durch  Vorherrschen  einer  Fläche  von  coO  oft  tafel- 
förmig. — 

An  den  anderen  Krystallen,  die  ich  im  Sommer  1876  erhielt,  ist  das 
Rhombendodecaeder  mehr  regelmässig  ausgebildet;  auch  zeigt  sich  bei 
diesen  Streifung  der  Dodecaederflächen , was  bei  den  Krystallen  der 
ersten  Stufe  nicht  der  Fall  ist. 

Auch  .zeigen  die  später  gefundenen  Krystalle  die  Combination  : 

oo 0.  303  506/3.  0 

es  herrscht  das  Ikositetraeder  vor,  während  bei  den  ersteren  das 
Hexakisoctaeder  gegenüber  dem  Ikositetraeder  vorherrscht;  es  nähern 
sich  also  die  letzteren  Funde  noch  viel  mehr  den  Achmatowsk-Krystallen, 
bei  denen  bekanntlich  ebenfalls  das  Hexakisoctaeder  mehr  gegen  das 
Ikositetraeder  zurücktritt. 


’)  Mineralien  Tirols,  p.  100. 

2)  Sitzungsberichte  der  k.  Akademie,  Bd.  27. 

a)  Dieses  Thal  mündet  in  das  Travignolothal  ein. 

10* 


76 


C.  Doelter. 


Das  Octaeder  tritt  bei  den  letzterwähnten  Krystallen  vom  Mulatto 
nur  klein  auf.  Die  Krystalle  haben  hie  und  da  über  lcm  Durchmesser. 

Bis  jetzt  wurden  von  dem  Vorkommen  nur  4 bis  5 Stufen 
vorgefunden. 


Im  letzten  Jahre  gelang  es  mir  Stufen  zu  erhalten,  die  noch  von 
einer  anderen  Stelle  herrühren.  Hier  kömmt  der  Magnetit  mit  derbem 
Magneteisen,  ferner  noch  mit  Quarz  in  Nestern  im  Turmalingranit  vor; 
das  Gestein  ist  in  der  Nähe  der  Fundstätte  sehr  verändert  und  etwas 
verquarzt. 

Die  Krystallform  dieser  Krystalle  ist  eine  etwas  andere  als  die 
der  erwähnten  Krystalle;  es  tritt  hier  nur  das  Rhombendodecaeder 
auf,  es  ist  sehr  verzerrt  und  tafelförmig,  oft  auch  etwas  in  die 
Länge  gezogen. 

Sehr  hübsch  sind  kleine  Zwillinge  dieser  Rhombendodecaeder 
nach  dem  Spinellgesetz. 

Ich  kann  wohl  behaupten,  dass  die  vorliegenden  Vorkommen  zu 
den  schönsten  gehören,  die  in  den  Ostalpen  und  in  Oesterreich  über- 
haupt sich  vorfinden. 

Denn  nach  den  Daten,  welche  uns  das  werthvolle  Lexikon  von 
Zepharovich  gibt,  wären  in  Oesterreich,  was  den  Reichthum  an 
Flächen  anbelangt,  nur  die  von  Pfitsch  noch  zu  nennen,  welche  von 
Kenngott  beschrieben  wurden;  jene  Krystalle  sind  von  octaedrischem 
Habitus  und  zeigen  vorherrschend  0,  daneben  303.  ooöoo.  oo  0. 

Auch  von  anderen  europäischen  Vorkommen  dürften  wenige 
dem  Unseren  an  Schönheit  gleichkommen;  ich  erlaube  mir  desshalb 
auf  dieses  Vorkommen  speciell  näher  aufmerksam  zu  machen. 


13.  Contactmineralien  an  der  Costa  di  Viezena. 

An  der  Costa  di  Viezena  (auch  Vitte  di  Viezena  genannt),  jenem 
Rücken,  der  sich  von  der  Spitze  des  Viezena  zum  Mulattogipfel  hin- 
zieht, findet  sich  tlieils  Melaphyr,  der  deckenförmig  vom  Mulattogipfel 
hin  nördlich  sich  ausdehnt,  theils  Kalkstein. 

Letzterer  wird  nun  durch  mehrere  Gänge,  die  eine  Mächtigkeit 
von  3 — 5m  besitzen,  durchbrochen. 

Am  Contact  mit  dem  Melaphyr  ist  der  Kalkstein  in  ein  grünes 
Silicat  umgewandelt,  das  mit  Calcit  gemengt  auftritt;  ähnliche  Vor- 
kommen finden  sich  am  Canzacoli  und  anderen  Punkten  bei  Predazzo 
im  Contact  mit  Monzonit. 

In  diesem  von  Silicaten  erfüllten  Kalksteine  finden  sich  die  ver- 
schiedenen zu  nennenden  Mineralien. 

Damit  ist  wohl  der  Nachweis  geliefert,  dass  auch  der  Melaphyr 
seine  Contactproducte  hat,  ebenso  gut  wie  der  Monzonit. 


[13] 


Beiträge  zur  Mineralogie  des  Fassa-  und  Fleimser-Thales. 


77 


Uebrigens  finden  wir  auch  im  Val  di  Ref,  einem  Seitengraben 
des  Sacinathales , den  dichten  Kalkstein  in  der  Nähe  von  Melaphyr- 
gängen  umgewandelt,  wobei  sich  in  dem  krystallinisch-körnigen  Kalk- 
stein Lagen  von  grünen  Silicaten  finden.  Ich  lege  auf  diese  Vor- 
kommen, die  die  Analogie  mit  den  durch  Monzonit  hervorgebrachten 
Contactmineralien  nachweisen,  einigen  Werth,  weil  von  anderer  Seite 
das  Vorkommen  von  Mineralien  am  Contact  von  Melaphyr  bestritten 
wurde.  *) 

Das  häufigste  Contactproduct  ist  der  Granat;  derselbe  zeigt 
sich  in  kleinen,  2 — 3mm  grossen  honiggelben  Rhombendodecaedern 
(ooO)  ohne  andere  Flächen,  er  sitzt  auf  Calcit  oder  auf  dem  an 
grünen  Silicaten  reichen  Kalksteine  direct  auf.  Ausser  dem  Granat 
zeigen  sich  noch  : 

Spinell.  Octaeder,  einfache  Krystalle  oder  Zwillinge,  auch  derb 
und  in  rundlichen  Massen. 

Ur alit-Krystalle.  Dieselben  zeigen  keine  Endflächen,  sondern 
nur  die  Combination  des  Prisma  mit  dem  Orthopinakoid. 

Endlich  kommen  noch  vor:  Epidot,  Quarz  und  blaugrauer 
krystallinischer  Calcit. 

Endlich  sind  noch  zu  erwähnen  von  einem  anderen  Orte,  eben- 
falls am  Contact  von  Melaphyr  und  Kalkstein  (weit  und  breit  kommt 
kein  anderes  Eruptivgestein  vor)  folgende  Mineralien : 

Strahliger  Amphibol  mit  Eisenglanz  in  Blättchen  und 
Calcit,  ganz  so  wie  ich  ihn  von  Le  Seile  beschrieben  habe,  (ersteres 
Mineral  wurde  auch  von  John  analysirt  und  hat  derselbe  seine  Zuge- 
hörigkeit zum  Amphibol  dargethan. *  2) 

Es  zeigten  also  diese  Funde,  dass  am  Contact  von  Melaphyr- 
gängen  grösserer  Mächtigkeit  ebenso  Contactmineralien  Vorkommen, 
wie  am  Contact  des  Monzonit  mit  Kalkstein,  wie  ich  früher  schon 
gezeigt  habe.  3) 

Einen  weiteren  Fall  bringe  ich  unten. 

14.  Epidot  von  Viezena. 

Dieses  Mineral  kommt  an  mehreren  Stellen  der  Costa  di  Viezena 
vor,  meist  jedoch  nicht  in  guten  Krystallen.  Man  findet  sie  in  Hohl- 
räumen des  Melaphyrs  oder  auch  in  Begleitung  von  Granat,  Spinell  etc. 

Meist  sieht  man  nur  lange  Nadeln,  die  die  Combination : 

ooPco.  oP.  Poo 

(P)  (M)  (r) 

zeigen;  Endflächen  sind  nicht  sichtbar. 


3 Rath  Verhandl.  der  k.  k.  geolog.  Reichsanstalt  1875,  Nr.  14. 

2)  Verhandl.  der  k.  k.  geolog.  Reichsanstalt  1876,  Nr.  1. 

3)  Jahrbuch  der  geolog.  Reichsanstalt  1875,  2.  Heft. 


78 


C.  Doelter. 


[14] 


An  einem  Stücke  fand  ich  jedoch  Krystalle  mit  Endflächen;  hier 
findet  sich  der  Epidot  auf  einer  Gesteinskluft,  es  sind  kurze  dicke 
Säulen  meist  ohne  Endfläche,  sie  zeigen  die  Comhination  der  Domen 
und  des  Orfhopinakoides  und  sind  stark  gerieft;  einige  zeigten  jedoch 
ausserdem  Endflächen  und  zwar  tritt  hier  die  Comhination  auf : 

cof*  CO.  oP.  P oo.  2P  oo.  OO  P.  P.  Poo 
(P)  (M)  (r)  (2)  (e)  (n)  (o) 

Von  den  Endflächen  herrscht  oo P gegenüber  den  2 anderen 
Flächen  P und  Poo  bedeutend  vor. 

15.  Magneteisen  und  derber  An orthit  vom  Monzoni. 

In  dem  Allochetthale,  das  als  Fundstätte  von  Epidot  und  Granat 
bekannt  ist,  findet  sich  auch  krystallisirtes  Magneteisen,  das  noch  nicht 
erwähnt  wurde;  es  sind  dies  Octaeder-Krystalle  von  5mm  Länge,  die 
häutig  in  Brauneisen  umgewandelt  sind. 

Ausser  den  von  Rath  entdeckten  Anorthit-Krystallen  von  Pesmeda 
findet  man  an  dem  höchsten  Fundort  von  Pesmeda  auch  derben 
Anorthit,  der  der  Beachtung  werth  erscheint.  Derselbe  bildet  daselbst 
mit  grünem  Glimmer  und  etwas  Fassait  grössere  blassrothe  Massen. 
Die  mikroskopische  Untersuchung  desselben  ergab  eine  vollkommene 
Analogie  des  Schliffes  mit  denen  von  derbem  Orthoklas;  der  ganze 
Schliff  besteht  aus  einem  Individuum,  nicht  etwa,  wie  man  vielleicht 
erwarten  könnte,  aus  mehreren  verzwillingten  Individuen. 

16.  Magneteisen  als  Contactproduct  am  Monte  Comon. 

Südlich  vom  Satteljoch  am  Wege  aus  dem  Val  Sacina  gegen  den 
Monte  Comon  tritt  im  Kalkstein  ein  3 — 4m  mächtiger  Melaphyrgang 
auf,  der  wiederum  von  einem  schmäleren  Gange  von  Orthoklasporphyr 
durchbrochen  wird. 

Am  Contact  von  Melaphyr  und  Kalkstein  ist  letzterer  in  gross- 
blättrigen  Calcit  umgewandelt  und  finden  sich  darin  grössere  Partien 
von  derbem  Magneteisen. 

Es  ist  dies  wiederum  ein  schönes  Beispiel  der  Contactwirkungen 
des  Melaphyr;  wenn  man  die  zahllosen  Gänge  letzteren  Gesteines,  die 
in  dieser  Gegend  auftreten , etwas  näher  untersucht  in  Bezug  auf  ihre 
Contactwirkungen,  so  findet  man,  dass  diejenigen  Gänge,  welche 
keinerlei  Einwirkungen  auf  das  Nebengestein  gehabt  haben , schmale 
Gänge  sind,  meist  solche,  die  einfach  aus  grösseren  Gangmassen  her- 
vorgegangen sind  und  als  Ausfüllung  von  bestehenden  Spalten  zu 
betrachten  sind,  dagegen  haben  sehr  viele  der  grösseren,  mächtigeren 
Gänge  ebenso  Veränderungen  des  Kalksteines  hervorgebracht  wie  der 
Melaphyr,  wenngleich,  was  die  Zahl  der  Contactmineralien  und  die 
Ausdehnung  der  Producte  anbelangt,  jene  ungleich  bedeutender  und 
wichtiger  sind. 


[15] 


Beiträge  zur  Mineralogie  des  Fassa-  und  Fleimser-Thales. 


79 


17.  Pyrit  von  Viezena. 


Der  Pyrit  kommt  an  drei  Punkten  in  verschiedenen  Formen  vor. 
a)  Auf  dem  Soracrep. 

Hier  kommen  4 — 8mm  dicke  Pyritkrystalle , die  die  Combination  : 


oo 


Ooo 


oo  02 


zeigen,  vor;  sie  sitzen  in  einer  Breccie,  die  aus  Kalksteinbruchstücken 
durch  Melaphyrtuff  cementirt,  bestellt. 

b)  Mit  dem  eben  erwähnten  Granat: 

An  der  Costa  di  Viezena,  auf  einem  an  Silicaten  reichen  grünen 


Kalkstein  sitzen  kleine  Octaeder  mit 


untergeordnetem 


oo  02 
2 


in 


Brauneisen  umgewandelt;  auch  Zwillinge  kommen  häufig  vor. 

Endlich  ebenfalls  auf  umgewandeltem  Kalk  am  Contact  von 
Melaphyr  mit  Calcit : 

Pentagondodecaeder,  zum  Theil  einfache  Krystalle,  zum  Theil 
Durchkreuzungszwillinge. 

Auch  diese  Krystalle  sind  ganz  in  Brauneisen  umgewandelt. 


18.  Pyrit  vom  Monzoni. 


Auf  Le  Seile  bei  dem  Fundorte  des  strahligen  Amphibols  und 
Eisenglanzes  findet  sich,  wie  bekannt,  auch  Pyrit;  in  dem  gross- 
blättrigen  Marmor,  der  dort  im  Contact  mit  Melaphyr  vorkommt, 
fanden  sich  neulich  Pyritkrystalle,  die  ziemlich  reichliche  Combinatonen 
bieten;  leider  sind  dieselben  meist  abgerundet,  was  die  Messungen 
erschwert. 

Die  Dicke  der  Krystalle  beträgt  1 — 5mm,  die  meisten  derselben 
sind  oberflächlich,  zum  Theil  auch  vollständig  in  Brauneisen  uin- 
gewandelt. 

Die  am  meisten  vorkommenden  Combinationen  sind : 


,Oc 


30*/, 


CO  Ooo 
oo  02 


303j  q 
2 

oder 


0 

303/2 


oo  0 oo 


oo  02 
~~2 


und  zwar  oft  mit  vorherrschenden  Dyakisdodecaeder  oder  auch  häufig 
mit  Würfel  und  Dyakisdodecaeder  ziemlich  im  Gleichgewicht  ausgebildet. 
[Aehnlich  wie  Fig.  36  und  19  bei  Strüver.]  *) 

Die  Krystalle  sind  oft  etwas  verzerrt. 


l)  Pyrite  del  Piemonte  etc.  — Turin  1869. 


80 


C.  Doelter. 


[16] 


Für  denjenigen,  der  die  Mineralogie  Oesterreichs,  speciell  der 
Alpenländer  verfolgt,  mag  dieser  Fund  wohl  insoferne  nicht  uninter- 
essant sein,  als  jene  Combination  überhaupt  nur  selten,  in  Tirol  gar 
nicht  vorgekommen  ist,  wie  sich  aus  Zeph  arovich’s  Uebersicht 
ergiebt.  — 


19.  Mineralien  aus  dem  Melaphyr  vom  Mulatto. 


In  Hohlräumen  des  Melaphyrs  vom  Mulatto,  der  deckenförmig 
an  diesem  Berge  auftritt,  findet  man  eine  Reihe  von  Mineralien,  unter 
denen  früher  hauptsächlich  der  derbe  Kupferkies  bekannt  war,  welcher 
auch  in  älteren  Zeiten  in  grösseren  Massen  vorgekommen  sein  soll  so, 
dass  darauf  Bergbau  getrieben  wurde. 

Mit  dem  derben  Kupferkiese  konnte  ich  nun  noch  einige  andere 
Mineralien  entdecken,  worunter  ich  nenne  : 

Krystallisirter  Kupferkies. 

Adular. 

Lievrit. 

Apatit. 

Pyrit. 

a)  Kupferkies. 

Kommt  in  5 — 10mm  dicken  Ivrystallen  vor,  die  die  gewöhnliche 
P P 

Combination  — — — zeigen  mit  einem  vorherrschenden  und 

einem  untergeordneten  Sphenoid. 

b)  Adula  r. 

Kommt  in  einfachen  Ivrystallen  und  in  Zwillingen  vor. 

Die  Krystalle  sind  von  blassgelber  Farbe,  vollkommen  durch- 
sichtig und  wohl  ausgebildet;  sie  zeigen  alle  einen  kurz  säulenförmigen 
Habitus;  ihre  Länge  schwankt  zwischen  4 — 8mm. 

Die  einfachen  Krystalle,  die  auch  die  häufigsten  sind,  zeigen 
die  Combination  : 

oo  P.  Poo . oP 

(TI)  (X)  (P) 

oder  auch 

CO  P.  Poo.  öP  ooPoo 

(T,l)  (X)  (P)  (M) 


Die  Zwillinge  sind  etwas  seltener  als  die  einfachen  Krystalle, 
sie  sind  nach  dem  Bavenoer  - Gesetze  verzwillingt  und  zeigen  die 
Combination  : 

OO  P.  oP.  oo  Poo  Poo 


c)  Apatit. 

Kommt  in  langen  Säulen 
Pentagondodecaedern  — - 

/V 

wandelt  sind. 


ooP.  oP  vor;  der  Pyrit  tritt  in 
auf,  die  auch  hier  in  Brauneisen  umge- 


[17] 


Beiträge  zur  Mineralogie  des  Fassa-  und  Fleimser-Thales. 


81 


Der  Lievrit  zeigt  sich  nicht  in  Krystallen,  nur  in  strahligen 
Massen. 


20.  Mineralien  aus  dem  Turmalingranit  des  Mulatto. 

In  Drusenräumen  des  Mulatto  fanden  sich  kürzlich  folgende 
nennenswerthe  Mineralien : 

a ) Orthoklas. 

1— 2cm  lange  tafelförmige  Krystalle  der  Combination : 
oojPoo  ooJP  oo  P3  2Poo  2P  oo  OP.  P 

Daneben  findet  man  auch  Krystalle  von  säulenförmigem  Habitus 
bis  2cm  lang  der  Combination : 

CjoPoo  . OP  2Poo  oo  P 

b)  Orthoklas  mit  Quarz  als  Ausfüllungsmassen  von  Hohl- 
räumen des  Granits : 

4cm  lange  Vs  — 3/*cm  dicke  säulenförmige  Krystalle  der  Combination: 

OP.  oojPoo.  oo  P 
wozu  verhältnissmässig  sehr  klein  dazutreten : 

oo  P3  2Poo  2Poo.  P 

c ) Turmalin  (krystallisirt). 

Kömmt  mit  Quarz  und  Albit  zusammen  vor,  in  Nestern  des 
Granits. 

Ausser  strahligem  Turmalin  findet  man  noch  ziemlich  häufige 
undurchsichtige  Krystalle  von  dick  säulenförmigem  Habitus,  die  die 
Combination : 

ooJJ  — 21i.  R 
zeigen;  Länge  ungefähr  6mm. 

d ) Albit. 

Kleine  Zwillinge  von  1 — 2mm  Länge,  die  die  Combination: 
oo  P oo.  oo  tPJ  OP.  P oo 

zeigen. 

Graz,  3.  Januar  1877. 


Mineralogische  Mittheilungen.  1877.  1.  Heft.  (C.  Doelter.) 


11 


82  C.  Doelter.  Beiträge  zur  Mineralogie  des  Fassa-  und  Fleimser-Thales.  [18] 


Berichtigungen. 


In  dem  ersten  Theile  der  Arbeit  (Mineralogische  Mittheilungen  1875,  3.  Heft) 
sind  folgende  Fehler  zu  berichtigen : 

Pag.  175,  Zeile  4 lies:  in  den  Formen  des  Feldspathes. 

„ 178,  „ 19  nach  Kalksteine  lies:  stehenden  Gesteine. 

„ 178,  „ 26  lies:  Quarz  statt  Amethyst. 

„ 181,  „ 3 nach  23?oo  lies:  2£ oo. 

„ 182,  „ 15  nach  Titanit  lies:  siidl.  Ricolettaabhang. 


VII.  Bericht  über  die  vulkanischen  Ereignisse  des 

Jahres  1876. 

Von  C.  W.  C.  Fuchs. 

In  dem  Jahre  1876  ist  der  seltene  Fall  eingetreten,  dass  wir 
von  keiner  grösseren  Eruption  zu  berichten  haben.  Immerhin  ist  die 
Möglichkeit  nicht  ausgeschlossen,  dass  trotzdem  ein  oder  der  andere 
in  letzter  Zeit  ruhige  Vulkan  in  eruptive  Thätigkeit  überging,  denn 
wir  müssen  wiederholt  auf  die  mangelhaften  Nachrichten  hinweisen, 
die  uns  aus  den  vulkanreichsten  Gegenden  der  Erde,  z.  B.  dem  Süd- 
osten Asiens,  dem  ehemaligen  russischen  Nordamerika  und  selbst  von 
einzelnen  Theilen  Süd-Amerika’s  zukommen.  Aus  all  den  genannten 
Ländern  dringen  der  Regel  nach  über  die  dort  so  häufigen  vulkanischen 
Eruptionen  nur  dann  Nachrichten  zu  uns,  wenn  sie  in  aussergewöhn- 
licher  Heftigkeit  auftreten  und  ungeheure  Verwüstungen  nach  sich 
ziehen.  Der  Mangel  an  Nachrichten  rechtfertigt  darum  nur  bis  zu 
diesem  Punkte  gehende  Schlüsse.  Dagegen  waren  die  Erdbeben  in 
diesem  Jahre  ziemlich  zahlreich,  wenn  auch  keines  dieser  Ereignisse 
in  der  furchtbaren  Stärke  auftrat,  von  der  fast  jeder  meiner  Jahres- 
berichte ein  oder  das  andere  Beispiel  aufzuführen  hat. 


A.  Eruptionen. 

Vesuv. 

Der  Vesuv  verharrt  noch  immer  in  der,  seit  der  kurzen  und 
heftigen  Eruption  im  Frühjahre  1872  eingetretenen  und  nur  einmal, 
im  Juli  1874,  etwas  gestörten  Ruhe.  In  vollständiger  Unthätigkeit 
ist  er  dagegen  nur  zeitweise  und  durch  Rauch  und  Erderschütterungen 
gibt  er  meist  Anzeichen  von  dem  im  Innern  fortwirkenden  Kampfe. 

Gegen  Ende  des  Jahres  1875  schien,  meinem  vorjährigen  Berichte 
zu  folgen,  die  Neigung  zur  Thätigkeit  sich  von  neuem  geltend  zu 
machen,  indem  der  dicke,  schwarze,  aus  der  südöstlichen  Ecke  des 
grossen  Kraters  der  letzten  Eruption  ausströmende  Rauch  bisweilen 
von  Feuerschein  hell  erleuchtet  wurde. 


Mineralogische  Mittheilungen.  1877.  1.  Heft.  (Fuchs.) 


11* 


84 


C.  W.  C.  Fuchs. 


[2] 


Von  dem  22.  Januar  1876  an  belebte  sich  die  Thätigkeit  noch 
mehr.  Sie  war  um  diese  Zeit  periodisch  stärker  und  schwächer  und 
die  Schwingungsapparate  des  Observatoriums  geriethen  in  so  lebhafte 
Bewegung,  dass  Palmieri  gegen  Mitte  Februar  den  Beginn  einer 
Eruption  glaubte  Voraussagen  zu  können.  Besonders  seit  den  ersten 
Tagen  des  Februar  waren  die  Erderschütterungen  sehr  zahlreich  und 
obgleich  die  den  Ginfel  bedeckende  Rauchwolke  jede  Annäherung  ver- 
hinderte, war  doch  aus  dem  Widerschein  zu  schliessen,  dass  schon 
Lava  das  Innere  des  Kraters  ziemlich  hoch  anfüllte. 

Statt  der  erwarteten  Eruption  trat  jedoch  grössere  Ruhe  ein, 
bis  in  der  Nacht  zum  18.  März  die  Thätigkeit  abermals  zunahm.  Der 
Rauch  entströmte  dem  Vulkane  mit  grosser  Gewalt  und  hatte  röthliche 
Farbe;  der  Reflex  des  Feuers  liess  sich  deutlich  unterscheiden  und  die 
seismischen  Apparate  waren  sehr  unruhig. 

Die  folgenden  Tage  dauerten  diese  Erscheinungen  an  und  in  der 
Nacht  vom  3 — 4.  April  erfolgte  sogar  ein  kleiner  Aschenauswurf,  dem 
reichlich  Ammoniaksalze  beigemischt  waren. 

Noch  einmal  schien  sich  der  Vulkan  zu  beleben,  indem  er  gegen 
Ende  Juli  ab  und  zu  Rauch  unter  lebhaftem  Getöse  ausstiess.  Damit 
verschwanden  aber  die  Anzeichen  einer  bevorstehenden  Eruption  und, 
abgesehen  von  der  Rauchentwicklung,  herrschte  bis  zum  Schluss  des 
Jahres  verhältnissmässig  Ruhe. 


Aetna. 

Rauch  und  Feuerschein  zeigten  sich  seit  Mitte  December  1875 
am  Aetna  und  dauerten  auch  im  Anfang  des  Jahres  1876  fort.  In 
der  ersten  Hälfte  des  April  verstärkten  sich  diese  Erscheinungen  noch 
mehr  und  der  Seismograph  wurde  durch  leichte  Erderschütterungen 
in  unaufhörlicher  Bewegung  erhalten.  Weitere  Folgen  traten  aber 
auch  in  diesem  Jahre  nicht  ein. 

Mauna  Loa. 

Am  11.  August  1875  hatte  an  dem  Gipfelkrater  des  Mauna  Loa, 
Mokunweoweo  genannt,  eine  Lavaeruption  begonnen.  Nach  den  neuesten 
Berichten  aus  Hawai,  welche  von  Mitte  März  1876  datiren,  dauerten 
zu  dieser  Zeit  die  Eruptionserscheinungen  noch  fort  und  hatten  auch 
die  auf  der  südlichen  Abdachung  des  Berges  gelegene  Kilauea  ergriffen. 
Die  Eruption  des  vorhergehenden  Jahres  setzte  sich  also  fort  und  hatte 
an  Ausdehnung  zugenommen. 

Schlammvulkane. 

Nahe  dem  westlichen  Ufer  des  caspischen  Meeres  ist  einer  der 
bekanntesten,  dort  so  zahlreichen  Schlammvulkane,  die  Insel  Löss. 
Im  Beginn  des  Jahres  1876  hatte  sie  eine  grosse  Eruption.  Stunden- 
lang war  die  Insel  vollständig  von  Rauch  verhüllt,  dann  erhob  sich, 


[3] 


Bericht  über  die  vulkanischen  Ereignisse  des  Jahres  1876. 


85 


leuchtend  im  Feuerschein , eine  mächtige  Rauchsäule  und  grosse 
Schlammströme  ergossen  sich  nach  verschiedenen  Seiten.  Die  Schlamm- 
massen waren  so  reichlich,  dass  die  Grösse  der  Insel  durch  sie 
erheblich  vermehrt  und  ihre  Gestalt  gänzlich  verändert  wurde.  Nach 
der  Eruption  lag  die  Längenaxe  der  Insel  in  der  Richtung  von  West 
nach  Ost,  während  sie  sich  früher  von  Nord  nach  Süd  erstreckte. 


B.  Erdbeben. 

Folgende  Zusammenstellung  enthält  die  mir  bekannt  gewordenen 
Erdbeben. 

Januar. 

4—5.  Januar.  Nachts  furchtbares  Erdbeben  in  Peru,  wodurch 
die  Stadt  Abencay  zerstört  wurde.  Im  Departement  Apurimac  ereigneten 
sich  zwischen  71/2  Uhr  Abends  und  6 Uhr  des  andern  Morgens 
30  Erderschütterungen ; der  heftigste  Stoss , durch  welchen  die  Mehr- 
zahl aller  Häuser  zerstört  wurde,  trat  um  9V2  Uhr  ein. 

5.  Januar.  12  Uhr  Nachts  schwacher  Erdstoss  in  Innsbruck. 

6.  Januar.  Abends  10  Uhr  3 Minuten  in  Adelsberg  (Krain) 
zwei  Erdstösse  von  Süd  nach  West  in  der  gesammten  Dauer  von 
7 Secunden. 

15.  Januar.  Gegen  4 Uhr  Morgens  in  Marmaros-Sziget  dumpfes 
Getöse,  dem  sofort  drei  Erderschütterungen  folgten,  so  dass  Fenster 
klirrten  und  Bilder  an  den  Wänden  schwankten.  Gegen  6 Uhr  wieder- 
holte sich  das  Erdbeben  schwächer. 

16.  Januar.  Mehrere  Erdstösse  zu  Comrie,  unweit  Krieff  in 
Pertshire  (England),  von  denen  2 gegen  3 Uhr  Morgens,  der  dritte 
Mittags  erfolgte. 

20.  Januar.  Morgens  9 Uhr  verticaler  Erdstoss  in  Constantine 
(Algier)  von  2 Sekunden  Dauer. 

22.  Januar.  Schwache,  aber  anhaltende  Erderschütterungen  auf 
dem  Vesuv. 

27.  Januar.  Kurz  nach  Mitternacht  und  um  5 Uhr  Morgens 
mehrere  Erdstösse  in  Ravenna. 

Zeitungsberichten  zu  folgen  soll  im  Januar  in  Davos  ein  Erd- 
beben beobachtet  worden  sein,  dessen  Datum  ich  jedoch  nicht  fest- 
stellen konnte. 

Ende  Januar  fanden  in  Copiapo  eine  Anzahl  Erderschütterungen 
statt , anfangs  schwach,  später  heftig. 

Februar. 

5.  Februar.  Nachts  l3/4  Uhr  Erdbeben  von  Süden  her  in 
Bourg-madame,  2 Secunden  anhaltend. 

6.  Februar.  Abends  6V2  Uhr  Erdstoss  von  einigen  Secunden 
mit  dumpfem  Getöse  in  Coutances  und  an  der  Küste  von  Calvados. 


86 


C.  W.  C.  Fuchs. 


[4] 


In  cler  ersten  Woche  des  Februar  wurden  die  Apparate  des 
Observatoriums  auf  dem  Vesuv  von  leisen  'Erderschütterungen  in  fast 
ununterbrochenen  Schwankungen  erhalten. 

9.  Februar.  Morgens  gegen  3 Uhr  zwei  Erdstösse  von  NW. 
nach  SO.  und  1/2  Secunde  dauernd  in  Chambery. 

12.  Februar.  An  diesem  Tage  traf  die  Nachricht  ein,  dass  auf 
der  Insel  Arhamoede  (Caspisclies  Meer)  durch  ziemlich  heftige  Erd- 
beben mehrere  Dörfer  zerstört  worden  seien. 

15.  Februar.  Auf  derselben  Insel  Morgens  wieder  mehrere  Erd- 
stösse von  2 Secunden  Dauer. 

24.  Februar.  Abends  7 Uhr  zu  Wartmannstätten  und  Neuen- 
kirchen in  Niederösterreich  2 — 3 Secunden  lang  Erderschütterungen. 

25.  Februar.  Nachts  11  Uhr  50  Minuten  zwei  starke  Erd- 
stösse in  Ragusa,  die  sich  über  Mostar,  Metlovic,  Slano  und  Jagnina 
erstreckten. 

26.  Februar.  Nachts  1 Uhr  26  Minuten  abermals,  aber  schwächere 
Erderschütterungen  in  den  angegebenen  Bezirken  Dalmatiens  und  der 
Herzegowina. 

Die  Eruption  der  Insel  Löss  war  mit  zahlreichen  Erderschüt- 
terungen in  der  näheren  Umgebung  verbunden. 

März. 

2.  März.  Abends  und  Nachts  wiederholte  Erdstösse  im  Süden 
Dalmatiens  und  in  der  Herzegowina,  besonders  in  Mostar,  Metlovic, 
Sigu,  Ragusa  u.  a.  0. 

Anfangs  März  traten  abermals  Erderschütterungen  in  Philippeville 
und  Djigelly  in  der  Provinz  Constantine  ein. 

5.  März.  Morgens  7 Uhr  50  Minuten  Erdstoss  auf  dem  Pic  du 
Midi  in  den  Pyrenäen. 

10.  März.  Abends  51/i  Uhr  zwei  schwache  Erdstösse  in  St.  Martin 
de  Hink  (Landes),  der  erste  von  S.  nach  N.,  der  zweite  von  N.  nach  S. 

10.  März.  Abermals  Erclerschtitterung  in  Mostar  und  Umgebung. 

12.  März.  Schwache  Erderschütterung  in  demselben  Gebiete, 
wie  am  2.  und  10.  März  bei  Mostar. 

12.  März.  Abends  9J/2  Uhr  in  Leonberg  (Würtemberg)  drei 
wellenförmige  Erdstösse  von  SW.  nach  SO.,  5 — 6 Secunden  lang, 
während  eines  heftigen  Orkans. 

12.  März.  Der  bei  dem  vorhergehenden  Erdbeben  erwähnte 
Orkan  hatte  im  westlichen  Deutschland  eine  grosse  Ausbreitung. 
Während  desselben  will  man  auch  in  Düren  am  Niederrhein  zwei 
Erdstösse  gespürt  haben. 

17.  März.  Morgens  5 Uhr  10  Minuten  wieder  ein  leichter  Erd- 
stoss auf  dem  Pic  du  Midi  von  0.  nach  W. 

Die  Eruptionsthätigkeit  des  Mauna  Loa  erschütterte  im  Laufe 
des  Monates  März  wiederholt  den  Boden.  Die  Bewegung  beschränkte 
sich  jedoch  meist  auf  die  Masse  des  Berges. 

18.  März.  Die  Apparate  auf  dem  Observatorium  des  Vesuv 
zeichneten  sich  an  diesem  Tage  durch  ungewöhnliche  Bewegung  aus. 


[5] 


Bericht  über  die  vulkanischen  Ereignisse  des  Jahres  1876. 


87 


18.  März.  Kurz  vor  4 Uhr  Morgens  heftiger  Erdstoss  in  Kesmark. 

29.  März.  Heftiges  Erdbeben  auf  der  Insel  Chios.  Sechs  Stösse 
waren  so  heftig,  dass  die  Einwohner  flohen. 

Ende  März  fanden  zu  Blidah,  Medeah  und  Cherchell  in  Algier, 
dem  „Petit  Journal“  zu  folgen,  zwei  Erdstösse  statt,  deren  Datum 
jedoch  nicht  angegeben  ist. 


April. 

2.  April.  Morgens  5 Uhr  55  Minuten  starkes  Erdbeben  von  0. 
nach  W.  in  Neufclnatel.  Dasselbe  erstreckte  sich  einerseits  bis  Twann 
und  Erlach  im  Canton  Bern,  andererseits  in  das  Depart.  du  Doubs, 
besonders  nach  Pontarlier  und  Umgebung. 

3. -4.  April.  Nachts  verstärkte  Erderschütterungen  auf  dem 
Vesuv,  gleichzeitig  mit  dem  Aschenauswurf. 

Anfangs  April  waren  auch  die  Apparate  auf  dem  Aetna  in  unauf- 
hörlicher Bewegung. 

6.  — 7.  April.  In  dem  Dorfe  Guarasi  bei  Cefalu  in  Sicilien  hörte 
man  in  dieser  Nacht  ein  so  heftiges  unterirdisches  Getöse,  dass  alle 
Einwohner  auf  die  Strasse  flohen.  Sogleich  begann  der  Boden  sich 
zu  senken  und  nach  zwei  Stunden  waren  zehn  Häuser  gänzlich  ver- 
schwunden, die  anderen  waren  eingestürzt. 

20.  April.  Morgens  10  Uhr  25  Minuten  sehr  schwaches  Erd- 
beben in  Kronstadt  in  Siebenbürgen. 

22.  April.  Um  Mitternacht  in  der  Stadt  Corleone  (Sizilien)  heftiges 
Erdbeben. 

28.  April.  Morgens  7 Uhr  in  Corleone  abermals  Erdbeben. 

28.  April.  Gegen  7 Uhr  Morgens  Erdbeben  in  Rom. 

Mai. 

2.  Mai.  Morgens  8 x/2  Uhr  Erdbeben  in  Neufchatel. 

4.  Mai.  Abends  37a  Uhr  schwache  Erderschütterung  zu  Medeah 
in  Algier. 

7.  Mai.  Abends  872  Uhr  ziemlich  starker  Erdstoss  in  Reichenhall. 

22.  Mai.  Abends  7 Uhr  leises  Erdbeben  in  Innsbruck. 

23.  Mai.  Morgens  3 Uhr  weniger  3 Minuten  starker  Erdstoss 
in  Innsbruck. 

23.  Mai.  Erdbeben  in  Canea  auf  Kreta. 

27.  Mai.  Morgens  4x/2  Uhr  abermals  ziemlich  heftiges  Erdbeben 
mit  unterirdischem  Gepolter  in  Innsbruck.  Man  konnte  mehrere 
verticale  Stösse  unterscheiden. 

Juni. 

4. — 5.  Juni.  In  der  Nacht  um  12  Uhr  30  Minuten  erfolgte  in 
Podgoriza  eine  so  heftige  Erderschütterung,  dass  viele  Personen  aus 
den  Betten  geschleudert  wurden.  Einige  Minuten  später  bewegte  sich 
nochmals  eine  leichte  Erderschütterung  von  N.  nach  S. 


88 


C.  W.  C.  Fuchs. 


[6] 


7.  Juni.  Die  Erdbeben,  welche  am  22.  April  bei  Corleone  be- 
gonnen hatten,  nahmen  am  7.  Juni  an  Heftigkeit  so  zu,  dass  die 
Kathedrale  zusammenstürzte.  Dabei  breiteten  sie  sich  auch  über  einen 
grösseren  Raum  aus  und  wurden  in  Palazzo,  Adriano,  Missimari  und 
sogar  in  Messina  gespürt. 

7.  Juni.  Nach  Zeitungsnachrichten  soll  an  diesem  Tage  im 
Etschthale  eine  Erderschütterung  stattgefunden  haben. 

8.  Juni.  Morgens  3 Uhr  45  Minuten  im  Süden  von  Dalmatien 
6 Secunden  lang  ein  ziemlich  starkes  Erdbeben.  Es  waren  mehrere 
Stösse,  von  denen  besonders  Ragusa,  Cattaro  und  Budua  betroffen 
wurden. 

25.  Juni.  In  Pitten  bei  Neuenkirchen  in  Niederösterreich  ziemlich 
heftiges  Erdbeben.  Von  den  beiden  Stössen  war  der  erste  mit  rollendem 
Geräusch  verbunden.  Der  zweite,  welcher  um  11  Uhr  35  Minuten 
Morgens  eintrat,  war  sehr  stark,  aber  ohne  Geräusch. 

Vom  18. — 26.  Juni  heftige  Erdstösse  in  Korinth,  die  auch  in 
Athen , auf  Euböa  und  in  Volo,  sowie  auf  Cephalonia  gespürt 
wurden.  Sieben  Dörfer  bei  Korinth,  besonders  das  aus  300  Häusern 
bestehende  S.  Georgios  wurden  sehr  beschädigt. 

Auch  vom  26.-29.  Juni  dauerten  die  Erderschütterungen  in 
dem  bezeichneten  griechischen  Distrikte  fort,  waren  jedoch  viel  schwächer, 
als  in  den  vorhergehenden  Tagen  und  erstreckten  sich  von  W.  gegen  0. 

Juli. 

9.  Juli.  Abermals  starkes  Erdbeben  zu  Korinth;  mehrere  Häuser 
und  Felsen  stürzten  zusammen. 

9.  Juli.  Abends  4 Uhr  35  Minuten  zwei  Erdstösse  in  Nizza  von 
NO.  nach  SW.  zwei  Secunden  lang. 

Anfangs  Juli  erfolgte  wieder  in  Darmstadt  und  Umgegend  eine 
Erderschütterung  zwischen  5 und  6 Uhr  Abends. 

17.  Juli.  Erdbeben  zu  Simlah  am  Fusse  des  Himalaya  und  in 
Mussurieh. 

17.  Juli.  Nachmittags  1 Uhr  22  Minuten  heftiges  Erdbeben  in 
Wien,  aus  drei  von  NO.  nach  SW.  sich  bewegenden  Stössen  bestehend, 
die  6 — 8 Secunden  dauerten.  Stühle  und  Tische  schwankten,  Gläser 
klirrten  und  mehrere  Schornsteine,  darunter  der  der  Universität,  stürzten 
zusammen,  auch  erhielten  einzelne  Häuser  Risse.  Die  Verwirrung  und 
der  Schrecken  waren  gross;  die  Börse  leerte  sich  rasch  und  die 
Geschäfte  hörten  auf.  In  den  oberen  Stockwerken  war  die 
Empfindung  der  Bewegung  eine  noch  stärkere,  als  in  den 
unteren.  Der  zweite  Stoss  war  der  heftigste.  — Die  Erderschütterung 
breitete  sich  über  einen  sehr  grossen  Raum  aus.  Ziemlich  ganz  Nieder- 
österreich und  Mähren,  sowie  angrenzende  Theile  von  Steiermark, 
Oberösterreich,  Böhmen  (bis  Prag)  und  Ungarn  wurden  davon  betroffen. 
Im  Donauthal  erstreckte  sie  sich  von  Passau  bis  über  Pressburg.  Als 
äusserste  Grenzen  der  Erschütterung  werden  angegeben:  im  Norden 
Wittingau,  Schelletau,  Budweis,  Trebitsch,  Tischlowitz  und  Prerau;  im 
Süden  Oedenburg,  Kindberg  und  die  Norischen  Alpen.  Das  Centrum 


[7] 


Bericht  über  die  vulkanischen  Ereignisse  des  Jahres  1876. 


89 


soll  im  westlichen  Niederösterreich  bei  Scheibbs  gelegen  haben,  wo 
drei  Stösse  in  der  Dauer  von  10  Secunden  viele  Gebäude  erheblich 
beschädigten.  — Unter  den  nicht  allzu  seltenen,  aber  doch  gewöhnlich 
sehr  schwachen  Erdbeben,  von  denen  Wien  betroffen  wird,  soll  dieses 
eines  der  stärksten  der  bisher  beobachteten  gewesen  sein.  Die  heftigsten 
der  in  Wien  vorgekommenen  Erdbeben  ereigneten  sich  in  folgenden 
Jahren:  1201,  1267,  1348,  1442,  1590,  1679,  1711,  1763,  1766, 
1873,  1876,  und  unter  diesen  zeichnete  sich  wieder  das  Erdbeben 
von  1590  durch  besondere  Stärke  aus. 

Eine  eigenthümliche  Erscheinung  meldete  die  „Neue  freie  Presse.“ 
Im  Golf  von  Kradasura  soll  sich  nämlich  das  Wasser  erhitzt  und 
Schwefelwasserstoff  ausgestossen  haben.  Die  Erscheinung  war  von 
ungleicher  Intensität,  indem  sich  das  Wasser  nur  zeitweise  von 
Schwefel  trübte  und  eine  ungewöhnliche  Wärme  besass.  Nichts  deutet 
auf  eine  vulkanische  Thätigkeit  an  dieser  Stelle  hin , sondern  es 
scheint  ein  zeitweiliger  Durchbruch  heisser  Schwefelquellen  auf  dem 
Meeresboden  gewesen  zu  sein. 

19. — 20.  Juli.  Nachts  heftiges  Erdbeben  in  Ogulin  in  Croatien. 

28.  Juli.  In  Vajnasalva  (Siebenbürgen)  Erdbeben,  dessen  Schwin- 
gungen über  3 Secunden  anhielten. 

Die  Apparate  des  Vesuv  waren  in  den  letzten  Tagen  dieses 
Monates  noch  in  grösserer  Bewegung,  als  in  den  vorhergehenden 
Monaten. 

August. 

5.  August.  Kurz  nach  2 Uhr  heftiger  Erdstoss  in  Darmstadt 
und  der  ganzen  Umgebung,  besonders  im  Reichenbacher  Thal.  Der 
Felsberg  scheint  wieder  der  Ursprung  des  Erdbebens  gewesen  zu  sein. 

17.  August.  Abends  nach  10  Uhr  senkrechter  Erdstoss  in 
Kitzingen. 

Aus  Konina  (Iconium)  eingegangene  Nachrichten  ])  erzählen  von 
einer  Vulkanbildung  auf  dem  Berge  Kuju-Pinar,  in  der  Nähe  des 
Dorfes  Tiganköi  (Provinz  Konia).  Nach  einem  etwa  zwölftägigen 
gewaltigen  unterirdischen  Rollen  öffnete  sich  dort  ein  Krater,  welcher 
grosse  Felsstücke  und  Baumstämme  ausschleuderte  (?  vielleicht  eine 
Gasexplosion). 

24.  August.  Nachmittags  gegen  3 Uhr  heftiger  Erdstoss  mit 
donnerähnlichem  Getöse,  während  einer  Secunde  wellenförmig  von 
SSW.  nach  NNO.  sich  fortpflanzend,  bei  Ilolienwang  und  Langenwang 
im  Mürzthal. 

Im  Monat  August  fand  auch  ein  nicht  näher  bestimmtes,  jedoch 
so  heftiges  Erdbeben  in  Patras  statt,  dass  mehrere  Häuser  einstürzten. 

September. 

7.  September.  Erderschütterung  im  hessischen  Odenwald.  Die 
schwankende  Bewegung  dauerte  1V2  Secunden.  Gleichzeitig  soll  auch 
im  unteren  Maingebiet  eine  Erderschütterung  gespürt  worden  sein. 


’)  „Augsburger  Allgemeine  Zeitung.“ 

Mineralogische  Mittheilungen  1877.  1.  Heft.  (Fuchs.) 


12 


90 


C.  W.  C.  Fuchs. 


[8] 


11.  — 12.  September.  Nachts  1 1 s/4  Uhr  starkes  Erdbeben  in 
Oberkrain,  besonders  im  Gebiete  von  Fliscli  und  im  Trentathale  und 
Tolmain  im  Görzischen. 

12.  — 13.  September.  Nachts  ziemlich  heftiges  Erdbeben  im  Osten 
der  Balkanhalbinsel  und  an  den  Küsten  des  ägäischen  Meeres,  am 
stärksten  in  Salonichi. 

12. — 13.  September.  Nachts  heftiges  Erdbeben  in  Sicilien  (z.  B. 
in  Messina  sehr  stark)  in  der  Dauer  von  20  Secunden.  Auch  in  Reggio 
stürzten  mehrere  Häuser  ein.  Es  ist  nicht  unwahrscheinlich,  dass 
dieses  Erdbeben  zu  dem  vorher  erwähnten  in  der  Türkei  gehört. 

Im  September  traten  auch  in  Essen  wieder  Bodenbewegungen 
ein,  wodurch  mehrfach  innerhalb  der  Stadt  Senkungen  einzelner  Stellen 
erfolgten. 

27.  September.  Morgens  7 Uhr  Erdstoss  zu  Digne,  Departement 
Basses  Alpes. 

Die  seit  April  häufigen  Erderschütterungen  in  Corleone  dauerten 
vom  22.  September  an  fast  ununterbrochen  fort,  so  dass  unterirdisches 
Getöse  und  Erschütterungen  fast  ohne  Zwischenräume  auf  einander 
folgten. 


October. 

6.  October.  Morgens  5 Uhr  35  Minuten  heftiger  Erdstoss  von 
N.  nach  S.  auf  dem  Pic  du  Midi.  Man  spürte  ihn  in  dem  ganzen, 
von  Bagneres  de  Bigorre  nach  Cap  Vern  sich  erstreckenden  Gebirgs- 
zuge sehr  stark.  Die  heisse  Quelle  von  Salies  stieg  von  51°  auf  58°  C. 

12.  October.  Unter  diesem  Datum  ward  aus  Zakany  an  der 
Drau  telegraphirt,  dass  in  Sura  seit  12  Stunden  ununterbrochen  Erd- 
erschütterungen von  NO.  gegen  SW.  andauern,  fast  alle  mit  unter- 
irdischem Getöse  verbunden.  Heftige  Stösse  folgten  in  Pausen  von 
einer  Secunde  (einer  der  heftigsten  um  8 Uhr),  so  dass  Thüren  und 
Fenster  aufsprangen  und  Möbel  gerückt  wurden.  Die  Erdstösse  wieder- 
holten sich  von  da  an  lange  Zeit  täglich  und  hauptsächlich  der 
21.  October  zeichnete  sich  dadurch  aus.  In  Gross-Kanisza  machte 
sich  das  Erdbeben  vom  12.  October  Nachts  kurz  nach  12  Uhr  durch 
dumpfes  Getöse  bemerklich,  dem  sogleich  Schwankungen  des  Bodens 
folgten,  die  sich  eine  halbe  Stunde  später  und  besonders  um  8 Uhr 
Morgens  wiederholt  einstellten. 

13.  October.  Abends  8V2  Uhr  Erdstoss  von  N.  nach  S.,  etwa 
3 Secunden  lang,  in  Neuenweg  und  Schopfheim  (Baden). 

14.  October.  Morgens  11  Uhr  10  Minuten  ziemlich  starkes 
Erdbeben  in  Kehl  von  W.  nach  0.,  begleitet  von  dumpfem,  donner- 
ähnlichem Getöse. 

17.  October.  Morgens  2 Uhr  5 Minuten  im  westlichen  Theile 
von  Dortmund  starke  Erderschütterung,  am  heftigsten  in  der  Linden- 
strasse. Hie  und  da  stürzten  Schornsteine  herab.  In  der  Kampstrasse 
und  am  Westenhallwege  wurde  die  Erschütterung  nicht  gespürt,  wohl 
aber  in  der  Heinrichs-,  Josef-  und  Friedrich-Strasse  und  jenseits  der 
Bahnen  in  der  Sedanstrasse. 


[9] 


Bericht,  über  die  vulkanischen  Ereignisse  des  Jahres  1876. 


91 


17.  October.  Einige  Minuten  nach  11  Uhr  Vormittags  heftiger 
Erdstoss  in  Strassburg. 

20.  October.  Um  10  Uhr  21  Min.  zwei  Sec.  anhaltendes  Erdbeben 
von  SW.  nach  NO.  mit  dumpfem  Dröhnen  in  Petrinja  (Kroatien). 

21.  October.  Erdbeben  in  Legrad  und  Nagy-Kanisza. 

22.  October.  Morgens  4 Uhr  22  Min.  heftiger  Erdstoss  von  N.  nach 
S.  in  Knin  in  Dalmatien.  Derselbe  dauerte  unter  donnerähnlichem  Rollen 
3 — 4 Secunden  und  wurde  auch  in  Kopreiwitz  beobachtet. 

22.  October.  Vormittags  9 Uhr  12  Minuten  Erdbeben  in  Pontafel 
(Kärnthen).  Um  dieselbe  Zeit  fanden  auch  Erderschütterungen  in 
Saifnitz  und  Hermagor  statt. 

28.  October.  Morgens  7 Uhr  12  Minuten  abermals  Erdstoss  in 
Pontafel,  in  3 Intervallen  von  SW.  nach  NO. 

Im  Monat  October  hielten  die  Erdersclnitterungen  bei  Corleone 
ebenfalls  noch  an. 

31.  October.  Vormittags  11  Uhr  50  Minuten  in  Werder  bei 
Potsdam  zwei  Erdstösse  von  SW.  nach  NO.,  von  denen  der  zweite 
so  stark  war,  dass  Möbel  merklich  schwankten. 

November. 

11.  November.  Abends  10  Uhr  zu  Weichselboden  in  Steiermark 
ziemlich  heftiger  Erdstoss. 

11.  — 12.  November.  Nachts  11  Uhr  20  Minuten  ziemlich  heftige 
Erdstösse  von  N.  nach  S.  in  Galatz. 

25.  November.  Morgens  heftiger  Erdstoss  mit  vorhergehendem 
unterirdischen  Getöse  in  Sarmede,  Provinz  Treviso. 

30.  November.  Vormittags  IOV2  Uhr  ein  mehrere  Secunden 
dauerndes  Erdbeben  in  Gross  - Kanisza,  welches  alle  andern  dieses 
Jahres  daselbst  an  Heftigkeit  übertraf. 

30.  November.  Abends  7x/2  Uhr  starker  Erdstoss  in  Yverdon 
(Schweiz). 

December. 

1.  December.  Nachts  12  Uhr  24  Minuten  in  Mitterdorf  in 
Steiermark  Erdbeben  mit  donnerähnlichem  Getöse  3 Secunden  lang 
von  0.  nach  W.  Die  Erscheinung  war  so  heftig,  dass  Uhren  an  der 
Wand  schwankten  und  Bahnwärter  ihre  Hütten  verliessen,  weil  sie 
deren  Zusammensturz  fürchteten.  In  Langenwang  wurde  die  Erschütterung 
ebenfalls  gespürt. 

2.  December.  Nachmittags  1 1/2  Uhr  Erdstoss  in  Friedrichshafen. 

6.  December.  Morgens  9 Uhr  zwei  heftige  Erdstösse  von  NO. 

nach  SW.  in  Mohäcs  in  Ungarn.  Mehrere  Mauern  bekamen  Risse 
und  Schornsteine  stürzten  herab.  Das  Erdbeben  muss  weit  verbreitet 
gewesen  sein,  da  um  dieselbe  Zeit  auch  in  Villany  eine  Erderschütterung 
gespürt  wurde. 

11.  December.  Heftiges  Erdbeben  in  Chile  50 — 60  Secunden 
lang.  Besonders  stark  und  mit  Getöse  verbunden  war  es  in  Santiago, 
Illapel,  La  Serena,  Vallenar  und  Los  Andes.  Schon  mehrere  Tage 
vorher  waren  wiederholt  schwache  Erderschütteruugen  vorgekommen. 

12* 


92 


C.  W.  C.  Fuchs. 


[10] 


12.  December.  Nachts  12  Uhr  35  Minuten  Erdbeben  mit  unter- 
irdischem Getöse  in  einem  Theile  von  Croatien,  6 Secunden  lang, 
worauf  um  1 Uhr  48  Minuten  noch  eine  schwächere  Erschütterung 
folgte.  Nachrichten  über  die  Beobachtung  dieses  Naturereignisses  sind 
aus  Velesver,  Kloster  Iranic,  Sissek,  Kostajnica,  Dawuwar  und  a.  0. 
eingegangen.  Die  Bewegung  pflanzte  sich  von  SO.  nach  NW.  fort, 
an  einigen  Orten  umgekehrt,  von  SW.  nach  NO.  Seit  1861  soll 
keine  so  feste  Erderschütterung  mehr  in  dieser  Gegend  vorgekommen  sein. 

20.  December.  Abends  7 Uhr  40  Minuten  drei  ziemlich  starke 
Erdstösse  in  Taschkend. 

21.  December.  Abends  gegen  5 Uhr  leichtes  Erdbeben  in  Cannes, 
im  Quartier  Croisette.  Dasselbe  bestand  aus  einem  Stosse,  dem  Zittern 
des  Bodens  folgte.  Das  Ganze  dauerte  nur  eine  Secunde. 

21.  December.  Nachmittags  3Q2  Uhr  leichter  Erdstoss  in  Algier. 

25.  December.  Unter  diesem  Datum  brachte  das  Pariser  „Petit 
Journal“  die  Nachricht  von  zwei  leichten  Erderschütterungen  in  den 
Cantonen  Severac  und  Vezieres  (Aveyron),  ohne  genaue  Zeitangabe. 


• \ 

In  der  vorhergehenden  Zusammenstellung  der  Erdbeben  des 


Jahres  1876  sind 

104  solche 

Naturereignisse  aufgezählt. 

Dieselben 

vertheilen  sich  in 

folgender  Weise  auf  die  einzelnen  Monate: 

Januar  • • 

10 

Juli 

• 8 

Februar  • • 

10 

August 

• 5 

März  • • • 

14 

September 

• 7 

April  • • • 

8 

October 

• 14 

Mai  .... 

7 

November 

Juni  • • • 

7 

December 

• 9 

oder  im  Frühling  (März,  April,  Mai) 29 

„ Sommer  (Juni,  Juli,  August) 20 

„ Herbst  (September,  October,  November)  • • • • 26 

„ Winter  (December,  Januar,  Februar) 29 

Diese  104  Erdbeben  traten  an  95  verschiedenen  Tagen  ein  und  an 
folgenden  Tagen  ereigneten  sich  mehrere  Erdbeben  an  verschiedenen  Orten : 
5.  Januar : Abancay  in  Peru.  Innsbruck. 

10.  März : St.  Martin  (Landes).  Mostar. 

12.  März : Mostar.  Leonberg.  Düren. 

18.  März:  Vesuv.  Kesmark. 

28.  April : Corleone.  Rom. 

23.  Mai : Innsbruck.  Canea. 

7.  Juni : Corleone.  Etsch thal. 

25.  Juni : Neuenkirchen.  Korinth. 

9.  Juli : Korinth.  Nizza. 

17.  Juli : Simlah.  Wien. 

12.  September:  Krain  und  Görz.  Salonichi. 

1 7.  October  : Strassburg.  Dortmund. 

22.  October  : Knin.  Pontafel. 

11.  November:  Weichselboden.  Galatz. 

21.  December:  Cannes.  Algier. 


Bericht,  über  die  vulkanischen  Ereignisse  des  Jahres  1876. 


93 


[11] 


Von  65  Erdstössen,  deren  Eintritt  genauer  angegeben  ist,  er- 
folgten 44  in  der  Nacht  (von  7 Uhr  Abends  bis  7 Uhr  Morgens)  und 
21  am  Tage. 

Mehrmals  im  Laufe  des  Jahres  wurden  folgende  Orte  von  Erd- 
beben betroffen : 

Vesuv.  22.  Januar.  1 — 8.  Februar.  18.  März.  3.  April,  im 
Juli  sehr  oft. 

Innsbruck.  5.  Januar.  22.  und  23.  Mai,  27.  Mai. 

Mostar.  25.  und  26.  Februar.  2.  März,  10.  und  12.  März. 
8.  Juni. 

Neuenkirchen.  24.  Februar.  25.  Juni. 

Constantine.  20.  Januar.  Anfang  März. 

Pic  du  Midi.  5.  März,  17.  März.  6.  October. 

Corleone.  28.  April.  7.  Juni.  Vom  22.  September  an  mehrere 
Tage  fast  ununterbrochen  und  im  October  sehr  oft. 

Neufchatel.  2.  April.  2.  Mai. 

Medeah.  Ende  März.  4.  Mai. 

Korinth.  18. — 29.  Juni.  9.  Juli. 

Hessischer  Odenwald.  5.  August.  7.  September. 

Gross-Kanisza.  25.  Februar.  2.,  10.  und  12.  März.  8.  Juni. 
12.  October,  30.  November. 

Das  bedeutendste  Erdbeben  des  Jahres  war  das  vom  4.  zum 
5.  Januar  in  Peru,  welches  die  Stadt  Abencay  fast  ganz  zerstörte. 

Eine  besondere  Aufmerksamkeit,  trotz  ihrer  geringen  Stärke, 
verdienen  die  Bodenbewegungen  in  Essen.  Man  wird  sich  erinnern, 
dass  in  früheren  Jahren  mehrfach  von  dort  ähnliche  Erscheinungen 
mitgetheilt  wurden,  indem  die  Stadt  der  Schauplatz  häufiger  leiser 
Erderschütterungen  und  kleiner  Senkungen  war,  besonders  in  den 
Jahren  1867  (am  stärksten  am  15.  April)  und  1868,  und  dass,  nach 
der  in  diesen  Berichten  ausgesprochenen  Ansicht,  die  Ursache  davon 
in  den  Kohlenflötzen  jener  Gegend  zu  suchen  ist.  (Siehe  meine  Berichte 
in  Jahrb.  f.  Min.  1868,  S.  433  und  1869,  S.  686).  Gegenwärtig 
scheint  die  Ueberzeugung  von  der  Richtigkeit  dieser  Erklärung 
allgemein  durchgedrungen  zu  sein.  Ob  dem  Betriebe  der  Gruben 
jedoch  dabei  ein  Verschulden  zugeschrieben  werden  könnte , wie  eine 
damals  an  mich  gerichtete  Anfrage  zu  wissen  wünschte,  lässt  sich 
heute  sowenig,  wie  damals  vom  rein  wissenschaftlichen  Standpunkte 
entscheiden.  Die  chemischen  Veränderungen  in  den  Kohlen  können 
allerwärts  solche  rasch  sich  bemerkbar  machende  Folgen  haben,  nur 
kann  der  Bergbau  auch  unvermeidlich  zu  deren  Beschleunigung  da- 
durch beitragen,  dass  in  Folge  des  damit  verbundenen  Luftzutrittes 
die  chemischen  Processe  unterhalten  und  verstärkt  werden.  Im 
Wesentlichen  unterscheiden  sich  aber  diese  Vorgänge  nicht  von  einer 
ganzen  Reihe  analoger  Erderschütterungen  nicht-vulkanischen  Ursprungs. 
Während  z.  B.  die  Bodenbewegungen,  durch  welche  ein  Theil  des 
Dorfes  Guarasi  am  7.  April  versank,  in  gleichartigen,  wenn  auch  nicht 
durch  Kohlenflötzen  hervorgerufenen  Processen  begründet  sind,  ist  das 
Erdbeben  vom  17.  October  in  Dortmund,  das  ebenfalls  dieser  Classe 


94  C.  W.  C.  Fuchs.  Bericht  über  die  vulkanischen  Ereignisse  des  Jahres  1876.  [12] 

angehört,  wohl  ebenso  sicher,  wie  das  von  Essen,  auf  die  Kohlen- 
ablagerungen zurückzuführen.  Obgleich  die  Arbeiter  in  der  Grube 
„Westphalia“  die  Erderschütterung  nicht  bemerkt  hatten  (eine  bei 
Erdbeben  schon  häufig  bestätigte  Erscheinung)  liegt  darin  doch  kein 
Grund,  die  Ursache  der  Bewegung  anderswo,  als  in  den  chemischen 
Veränderungen  der  Tiefe  zu  suchen.  Die  durch  solche  chemische 
Veränderungen  hervorgerufenen  mechanischen  Bewegungen  sind  eben  so 
minimal,  dass  sie  in  der  Tiefe  keine  merklichen  Veränderungen  er- 
zeugen und  dass  ihre  Schwingungen  nur  in  den  der  Erdoberfläche 
nahen  Schichten  sich  zu  merkbaren  Erschütterungen  verstärken. 


VIII.  Notizen. 

Zur  Kenntniss  der  Mineralvorkommen  von  Kalusz. 

Von  der  Kalisalz-Lagerstätte  in  Kalusz  (Ostgalizien)  erhielt  ich 
vor  einiger  Zeit,  knapp  vor  der  Schliessung  des  dortigen  Bergwerks- 
Betriebes,  eine  Suite  von  Mineralien,  welche  einiges  bemerkenswerthe 
Neue  enthielt. 

Vorerst  fand  sich  eine  für  das  Steinsalz  überhaupt  neue  Kry- 
stallform  vor.  Man  beobachtete  nämlich  bis  jetzt  bekanntlich  am 
Steinsalz  von  Krystallformen  neben  den  so  häufigen  Hexaedern  nur 
noch  ganz  selten  das  Octaeder  und  Rhombendodekaeder.  An  dem 
Kaiuszer  Steinsalz  tritt  nun  mit  dem  Hexaeder  auch  der  Pyramiden- 
Würfel  oo02  auf.  Eine  solche  Combination  zeigen  eine  Anzahl  abge- 
brochener Steinsalzkrystalle  von  4— 24mm  Grösse,  welche  aus  den 
Haufen  von  durcheinander  gewachsenen  Steinsalz-,  Gyps-  und  Syngenit- 
Krystallen  herstammen,  die  in  einer  nun  verschütteten  Seitenstrecke 
des  Bergbaues  vor  einigen  Jahren  als  letzte  Neubildungen  angetroffen 
wurden.  Die  genannten  Steinsalzkrystalle,  obgleich  nur  zum  kleinern 
Tlieil  regelmässig  ausgebildet,  lassen  doch  die  erwähnte  Combination 
ganz  augenfällig  erscheinen,  indem  wenigstens  an  einem  Eck  ein  Paar 
der  Flächen  von  oo  02  und  zwar  oft  in  gleicher  Grösse  mit  den  Hexa- 
eder-Flächen zum  Vorschein  kommen.  Ein  kleiner  Krystall  (4mra  im 
Durchmesser)  erscheint  sogar  fast  vollflächig  rundum  ausgebildet,  indem 
seine  Anwachsstelle  kaum  zu  sehen  ist;  er  erscheint  aber  durch  sehr 
ungleiche  Grösse  der  Flächen  ganz  unregelmässig  verzogen.  Die 
Krystallflächen  selbst  sind  ziemlich  glatt  und  glänzend,  bei  beiden 
Gestalten  der  Combination  gleich;  die  Kanten  recht  scharf.  Eine 
Anzahl  Messungen  ergaben  mir  für  beiderlei  Kanten  des  Pyramiden- 
Würfels  Winkelwerthe  zwischen  142°  56'  und  143°  12',  so  dass  es 
zweifellos  ist,  dass  wir  es  hier  mit  der  (isogonalen)  Form  oo 02  zu 
thun  haben,  welcher  der  Kantenwinkel  143°  7'  48"  entspricht. 

Weiters  ist  unter  den  Kaiuszer  Vorkommnissen  das  Auftreten 
eines  faserigen  Sylvins  hervorzuheben.  Es  liegen  mir  nämlich  mehrere 
kleine  Thonstücke  vor,  welche  durchwachsen  erscheinen  von  plattigen 
Adern  von  feinstängligem  Sylvin.  Die  Adern  sind  bis  2cm  dick,  ver- 
laufen etwas  gekrümmt,  gabeln  sich  und  keilen  sich  aus.  Die  Fasern 
sind  zum  Theil  farblos,  vorwiegend  jedoch  blau  und  blass  violett 

Mineralogische  Mittheilungen  1877.  1.  Heft.  (Notizen.) 


96 


Notizen. 


[2] 


gefärbt;  sie  stehen  bald  senkrecht  auf  der  Begrenzungs-Fläche,  bald 
etwas  schief,  sind  auch  zuweilen  etwas  gebogen.  Das  Ganze  zeigt 
überhaupt  ein  Analogon  des  faserigen  Gypses,  welcher  so  oft  salz- 
führende Thone  durchschwärmt. 

Beim  ersten  Anblick  habe  ich  geglaubt  faseriges  Steinsalz  vor 
mir  zu  haben  ähnlich  jenem  von  Bochnia,  doch  überzeugte  mich  also- 
gleich  der  bitterlich-salzige  Geschmack,  dass  hier  Sylvin  vorliegt.  Ich 
untersuchte  einzelne  von  verschiedenen  Stellen  herausgelöste  Fasern 
in  der  Flamme  und  erhielt  immer  Kalium-  und  Natrium-Färbung.  Dem 
entsprechend  ergaben  auch  einige  quantitative  Bestimmungen  in  ver- 
schiedenen Proben  dieses  Fasersalzes  einen  Gehalt  von  60  — 8O°/0  Chlor- 
kalium gegen  20—40%  Chlornatrium,  so  dass  letzteres  hier  dem 
ersteren  in  verschiedenen  Mengen  isomorph  beigemengt  zu  sein  scheint. 

Was  den  näheren  Fundort  der  erwähnten  Stücke  anbetrifft,  so 
habe  ich  leider  darüber  nichts  erfahren  können,  doch  ist  so  viel  sicher, 
dass  sie  aus  unmittelbarer  Nähe  der  Nester  des  gewöhnlichen  grob- 
und  grosskörnigen  Sylvins  herstammen , da  ein  solcher , roth  gefärbt, 
stellenweise  dem  Thon  anhaftet. 

Bekanntlich  nimmt  Anhydrit  an  der  Zusammensetzung  des 
Stassfurter  Salzlagers  einen  wesentlichen  Antheil  und  tritt  dort  in 
zweierlei  Weise  auf.  Vorerst,  in  ansehnlicher  Menge  — circa  3%  des 
Salzkörpers  ausmachend  — in  den  3 unteren  Regionen  des  Salzlagers 
entweder  in  dünnen  Schichten  von  dichter  Textur  und  ziemlich  rein 
oder  im  körnigen  Gemenge  mit  Kieserit  und  Carnallit.  Dieser  Anhydrit 
ist  jedenfalls  bei  der  ursprünglichen  Ausscheidung  des  unteren  Salz- 
lagers entstanden  und  wir  können  ihn  mit  Sicherheit  als  primär 
bezeichnen.  Zu  diesem  Auftreten  des  Minerals  steht  in  vielfacher 
Beziehung  im  Gegensätze  das  der  Menge  nach  ganz  unbedeutende 
Vorkommen  in  den  obersten  Lagen  des  Stassfurter  Salzlagers.  Es 
findet  sich  dort  nämlich  „nahe  am  Hangenden  der  obersten  Abtheilung“ 
(Bischof  F.  D.  Steinsalzwerke  b.  Stassfurt.  2.  Aull.,  p.  50)  innerhalb 
der  Zone  der  secundären  Umwandlungsproducte  (vor  allem  Sylvin) 
Anhydrit  in  eingewachsenen  recht  vollkommen  ausgebildeten  Krystallen 
von  bis  lcm  Grösse,  farblos  oder  von  blass  violettblauer  Farbe. 

Das  Auftreten  des  Anhydrites  nun  innerhalb  des  Ivaluszer-Salz- 
lagers  ist  bis  jetzt  nur  ganz  nebenbei  und  flüchtig  durch  v.  Kripp 
(Verhdl.  d.  geol.  R.-A.  1868,  pag.  32)  notirt,  so  dass  das  Vorkommen 
nicht  einmal  in  das  so  vollständige  mineralogische  Lexicon  von 
Zepharovich  aufgenommen  erscheint.  Ich  war  desshalb  sehr 
erfreut,  in  den  Besitz  eines  Ivaluszer  Anhydrites  zu  gelangen  und  mich 
über  die  Art  des  Vorkommens  zu  belehren,  umsomehr  als  sich  dieses 
nicht  nur  morphologisch  ganz  eigenthümlich,  sondern  auch  für  die 
Paragenese  der  Kalisalze  wichtig  darstellt.  Der  Kaluszer-Anhydrit  — 
durch  alle  charakteristischen,  physikalischen  und  chemischen  Kenn- 
zeichen mit  Sicherheit  als  solcher  bestimmt  — bildet  blass  violblaue 
oder  grauliche  fest  aneinander  gewachsene  Kugeln  von  3 — 4cm  Durch- 
messer, welche  wieder  für  sich  eine  ausgezeichnete  dünnstänglig 
concentrische,  zum  Theil  dabei  auch  eine  concentrisch  schaalige  Textur 
aufweisen.  Abgesprengte  Stängelchen,  oft  lmm  breit,  erscheinen 


[3] 


Notizen. 


97 


halbdurchsichtig  und  sonst  Splittern  von  Krystallen  des  Minerals  ganz 
gleich.  Die  erwähnten  Kugeln  stossen  nicht  immer,  sich  gegenseitig 
abflachend,  unmittelbar  an  einander,  sondern  lassen  oft  Zwischenräume 
zwischen  sich  und  diese  werden  vollständig  vom  gewöhnlichen  gross- 
späthigen  Sylvin,  zum  Theil  mit  eingeschlossenem  blauen  Steinsalz, 
ausgefüllt  in  einer  Weise,  die  darüber  keinen  Zweifel  aufkommen  lässt, 
dass  beide  Mineralien  unter  Einem  entstanden  sind.  Wenn  nun  mit 
grosser  Wahrscheinlichkeit  vorausgesetzt  wird,  dass  Sylvin  eine  Neu- 
bildung aus  Carnallit  ist , so  muss  jedenfalls  der  kuglig-stänglige 
Anhydrit  von  Kalusz  und  vielleicht  auch  analoger  Weise  der  krystalli- 
sirte  aus  den  obersten  Lagen  bei  Stassfurt  zu  den  secundären  Um- 
wandlungsproducten  der  Kalisalzlager  gerechnet  werden  und  bei  Er- 
klärung der  Bildungsweise  jener  mitberücksichtigt  werden. 

J.  Niedzwiedzki. 

Simonyit  von  Ischl. 

Nach  einem  Berichte  der  Herren  Prinzin g er  und  Aigner  in 
Ischl  wurden  in  der  letzten  Zeit  an  der  linken  Ulm  des  Puethaler 
Sinkwerkes  bei  Ischl  ein  grünes  Salz  entdeckt,  welches  von  grauem 
Anhydrit,  sowie  von  weissem  und  rothem  körnigem  Steinsalz  begleitet 
ist.  Selten  kommen  honiggelbe  Körner  von  Löweit  vor.  Jenes  grüne 
Salz  stimmt  in  allen  seinen  Eigenschaften  mit  dem  Simonyit  überein, 
welcher  vor  mehreren  Jahren  bei  Hallstadt  gefunden  wurde  (Sitzungs- 
berichte der  Wiener  Akademie  1869,  Band  LX,  pag.  718.) 

Künstliche  Darstellung,-  der  Pseudomorph  ose  von  Malachit 

nach  Ataeamit. 

Bei  einer  früheren  Gelegenheit  wurde  von  mir  gezeigt,  dass 
gepulverter  Ataeamit  durch  eine  Lösung  von  doppelt  kohlensaurem 
Natron  bei  gewöhnlicher  Temperatur  binnen  wenigen  Tagen  in  Malachit 
verwandelt  wird.  J)  Zugleich  wurde  bemerkt,  dass  Krystalle  von 
Ataeamit  während  einer  so  kurzen  Zeit  keine  Veränderung  erfahren. 

Um  eine  Verwandlung  von  Krystallen  herbeizuführen,  wurden 
mehrere  gut  ausgebildete  Prismen  des  Atacamits  von  Wallaroo,  welche 
bis  1*2  Millimeter  Dicke  hatten,  längere  Zeit  in  einer  Lösung  von 
doppelt  kohlensaurem  Natron  liegen  gelassen.  In  Zeiträumen  von  je 
einem  Jahre  wurde  nachgesehen  und  durch  Zerbrechen  eines  ein- 
zelnen Krystalles  der  Fortgang  der  Verwandlung  verfolgt.  Nach  vier 
Jahren  war  der  Process  vollendet  und  waren  alle  Prismen  von  der 
angegebenen  Dicke  in  vollständige  Pseudomorphosen  verwandelt. 

T. 


’)  Diese  Mitth.  1873,  pag.  41. 


Mineralogische  Mittheilungen.  1877.  1.  Heft.  (Notizen.) 


13 


98 


Notizen. 


[4] 


Leonhardit  aus  dem  Floitenthale. 

Während  der  Jahre  1865 — 1871  wurde  das  Floitenthal  in  allen 
seinen  Theilen  auf  Mineralien  ausgebeutet,  wodurch  eine  Sammlung 
von  beiläufig  3000  Stück  vorwiegend  Adular,  Periklin,  Quarz,  Apatit, 
Sphen,  Leonhardit,  Desmin,  Epidot,  Pyrit,  Amphibol  — sowie  je  in 
einem  Exemplare,  Na.trolit  und  Oligoklas  — zusammengebracht  wurde, 
welche  im  nächsten  Hefte  ausführlich  beschrieben  werden  wird.  Vorläufig 
seien  nur  die  Leonhardite  kurz  erwähnt,  welche  im  untersten  Theile 
der  Baumgartkarklamm  in  theils  mit  Chlorit  gemengten,  theils  innen 
chlorithaltigen,  aussen  reinen,  bis  zu  4cm  langen,  2cm  breiten,  lcm  dicken 
Krystallen  in  Gruppen  und  Drusen  sich  vorfanden. 

Die  Krystalle  zeigen  nur  die  Combination  110.  001,  sind  zu- 
weilen büschel-  und  kammförmig,  in  seltenen  Fällen  auch  kugelförmig 
gehäuft  und  gleichen  vollkommen  den  von  Lieben  er  und  Vor  haus  er, 
seinerzeit  von  Pfitsch  — ohne  näheren  Fundort  — beschriebenen, 
von  denen  sie  sich  nur  durch  ihre  Grösse  und  Schönheit  unterscheiden ; 
es  liegt  die  Annahme  nahe,  dass  jenes  ältere  Vorkommen  ebenfalls 
der  hier  angegebenen  Localität  entstamme. 

Die  sämmtlichen  Stücke  sind  bis  auf  einige  wenige  nur  von  fein- 
schuppigem  Chlorit  und  tafelförmigem  Kalkspath  begleitet;  auf  einzelnen 
Stücken  sitzen  die  ziemlich  vereinzelten,  2 — 3mm  langen,  Laumontit 
ähnlichen  Krystalle  auf  grossen  Quarzkrystallen  auf. 

Brezina. 


Grundform  des  Vesuvian. 

Die  von  Breithaupt  an  vielen  Substanzen  gefundene  Abweichung 
ihrer  wirklichen  Symmetrie  von  ihrer  scheinbaren  wurde  neuestens 
von  Mallard  aus  den  Reticularanordnungen  der  Krystalle  auf  ein- 
fache Weise  erklärt  und  als  eine  sehr  allgemeine  Erscheinung  nach- 
gewiesen. Beobachtungen  an  Vesuvian  hatten  schon  lange  und  auch 
in  Mallard’s  Arbeit  die  Zweiaxigkeit  ergeben,  ohne  eine  befriedigende 
Schärfe  der  Untersuchung  zu  gestatten.  Nun  bot  mir  ein  etwa  5cm  langer, 
2 und  P5cm  dicker  klarer  Manganidokras  von  Ala,  Gelegenheit,  die 
optischen  Verhältnisse  genau  zu  bestimmen. 

Der  Krystall  ist  innen  tief  weingelb,  nach  aussen  zu  durch  con- 
centrische  tief  hyacintrothe  Schichten  dunkler  erscheinend;  besteht  aus 
10  grösseren  und  vielen  kleineren  parallel  der  Hauptaxe  nebeneinander- 
gelagerten,  einander  nicht  umhüllenden  Individuen  in  Zwillingstellung 
nach  Flächen  der  Prismenzone,  also  mit  parallelen  aufrechten  Axen; 
alle  Individuen  haben  constanten  Axenwinkel  — scheinbar  in  Luft 
62°  25'  für  roth  (nahe  Li)  62°  47'  für  gelb  ( Na ) und  deutliche 
geneigte  Dispersion,  so  dass  also  die  Symmetrie  höchstens  eine  mono- 
kline sein  kann. 

Die  eingehende  optische  und  krystallographische  Untersuchung 
dieses  und  eines  andern  äusserst  regelmässig  auskrystallisirten  derartigen 
Krystalles  wird  seinerzeit  publicirt  werden. 


Brezina. 


[5] 


Notizen. 


99 


Ein  neuer  Barytfeldspath. 

(Briefliche  Mittheilung  an  Dr.  B r e z i n a.) 

Paris,  22.  März  1877. 

In  einer  Schachtel  mit  Spaltungsstücken  fand  ich  5 oder  6 Stücke 
ohne  Localität,  farblos,  wasserhell  oder  einfach  durchscheinend,  welche 
ziemlich  ähnlich  der  schönen  Albitvarietät  von  St.  Yincenz,  Steiermark, 
aussahen.  Allein  der  Winkel  der  2 Hauptspaltungsrichtungen  2}(j\  so- 
wie der  einspringende  Winkel,  der  durch  die  breiten  Streifen  der 
Basis  gebildet  wird,  sind  sehr  nahe  denen  des  Labradorit  pg4  = 86°  37', 
pp  = 173°  14',  während  die  Orientirung  der  optischen  Axenebene  und 
der  beiden  Mittellinien,  die  gewöhnliche  sowie  die  gekreuzte  oder 
horizontale  Axendispersion , kurz  alle  optischen  Eigenschaften  der 
Doppelbrechung  gleichzeitig  denen  des  Albits  und  des  Oligoklases 
nahestehen,  dabei  doch  ein  vollkommen  selbstständiges  Ganzes  bildend. 

Die  Analyse  ergab  denn  auch  eine  neue  Plagioklasart  mit  55% 
Kieselsäure,  7-3%  Baryt,  74 % Natron  mit  einem  Yerlust  in  Weiss- 
gluth  von  3*7°/0 ; also  chemisch  als  Barytlabradorit  zu  bezeichnen,  so 
wie  der  Hyalophan  ein  Baryt-Orthoklas  ist;  und  obwohl  das  Sauer- 
stoffverhältniss  genau  1:3:8  ist,  wie  im  monoklinen  Hyalophan 
und  im  Andesin,  besteht  doch  gar  kein  Zusammenhang  zwischen 
letzterem  — wo  pg 4 = 86°  4'  und  die  optischen  Eigenschaften  die  des 
Oligoklases  — und  dem  neuen  Feldspath. 


6.  April  1877. 

Da  das  Aussehen  der  Substanz,  ihre  Durchsichtigkeit,  der  Perl- 
mutterglanz und  die  breiten  Cannelirungen  der  Basis,  sowie  die  mikro- 
skopische Untersuchung  im  parallelen  Lichte  mich  im  Zweifel  liessen, 
zwischen  einem  Oligoklas  (es  finden  sich  ähnliche  in  Mineral  Hill)  und 
einem  Albit,  untersuchte  ich  zwei  Platten,  welche  als  Abstumpfungen 
der  spitzen  und  stumpfen  Kante  pg4  unter  Winkeln  von  101°  bezie- 
hungsweise 112°  gegen  p geschnitten  waren.  Da  beide  zur  Axenebene 
stark  geneigt  waren,  dachte  ich  sofort,  nicht  an  eine  Anomalie,  sondern 
an  eine  neue  Varietät  oder  Species. 

Die  am  genauesten  zur  Axenebene  senkrechten  Platten  werden 
erhalten,  wenn  man  die  spitze  Kante  pg4  durch  eine  etwa  91°  30' 
gegen  p geneigte  Fläche  abstumpft.  Die  stumpfe  positive  Bisectrix 
ist  dann  nahezu  senkrecht  zu  diesen  Platten;  ich  fand  nämlich  an 
zweien  von  ihnen  in  Oel: 

rechte  Hyperbel  zur  Plattennormale 51°  58'  52°  46 

linke  „ „ „ „ 49  30  47  48 

2 //„  = 101°  28'  100°  34 

In  der  Hyperbelstellung  ist  die  eine  Hyperbel  von  lebhaften 
Farben,  röthlichgelb  aussen,  blau  innen,  die  andere  von  kaum  wahr- 
nehmbaren Farben,  aber  mit  derselben  Anordnung,  begränzt;  es  ist 
also  p <C  v und  die  geneigte  Dispersion  kräftig. 


13* 


100 


Notizen. 


[6] 


In  der  Kreuzstellung  ist  der  Balken  des  1.  Systemes  von  kaum 
wahrnehmbaren,  der  des  2.  im  Gegentheil  von  sehr  lebhaften  Farben 
begränzt;  dieser  Gegensatz  zwischen  den  Ringsystemen  bei  den  zwei 
Stellungen  deutet  auf  schwache  gekreuzte  verbunden  mit  starker 
geneigter  Dispersion.  (In  den  Oligoklasen  hat  man  im  Gegentheil  um 
die  positive  Bisectrix  starke  gekreuzte  und  schwache  geneigte  Disper- 
sion mit  p <C  v.) 

Die  spitze  negative  Bisectrix  ist  beinahe  parallel  g1  und  senk- 
recht zu  Flächen,  welche  mit  der  Basis  Winkel  von  87°  ungefähr 
bilden.  — 

Ich  fand  in  Oel : 

rechte  Hyperbel  zur  Plattennormale 44°  17 

linke  „ „ „ „ 47  45 

2 Ha  = 92°  2' 

(Die  Platte  war  also  nicht  genau  senkrecht  zur  Bisectrix,  jedoch 
sehr  nahe  normal  zur  Axenebene.) 

Die  eine  Hyperbel  hat  bedeutend  lebhaftere  Farbensäume,  als 
die  andere:  p>>'c;  schwache  horizontale  Dispersion  verbunden  mit 
ausgesprochener  geneigter.  (Am  Oligoklas  haben  die  negativen  Platten 
ebenfalls  p >>  v,  jedoch  die  horizontale  Dispersion  ist  in  beiden  Systemen 
fast  gleich  stark,  die  geneigte  somit  schwach.) 

Durch  dünne  Platten  parallel  der  Basis  findet  die  Auslöschung 
wie  beim  Labradorit  in  einer  um  5°  gegen  die  Kante  pg‘  geneigten 
Richtung  statt;  auf  Platten  parallel  g1  im  Mittel  unter  7°  30'  gegen 
diese  Kante  (eine  gegen  die  Oligoklase  und  Andesine  sehr  grosse  Zahl). 

Die  genauen  Zahlen  der  Analyse  von  Pisani  sind: 


ßiO, 

55*10 

H/)z 

23-20 

Fc203 

0-45 

BaO 

7-30 

CaO 

1-83 

MgO 

0*56 

NaO 

7-45 

KO 

0-83 

flüchtig 

3-72 

Dichte  2-835.  100-44 

Der  Verlust  bei  Weissgluth  ist  für  eine  anscheinend  so  reine 
Substanz  sehr  beträchtlich;  wir  konnten  uns  noch  nicht  versichern, 
ob  diess  ausser  Wasser  noch  einer  andern  Substanz  zuzuschreiben  ist. 
Das  Verhältniss  1:3:8  scheint  der  Anwesenheit  des  Baryt  zuzu- 
schreiben zu  sein , denn  es  ist  dasselbe  wie  im  Hyalophan,  der 
vollständig  das  Aussehen  eines  homogenen  Orthoklases  besitzt;  und 
ich  sehe  eben,  dass  Herr  Carl  Hebenstreit  barytische  Orthoklase 
der  Formel  1 : 2‘6  : 9 findet,  welche  er  einer  noch  eigenthümlicheren 
Varietät  Knop’s  vom  Verhältniss  1 : 2*3  : 7’5  mit  2-27  Baryt  nahestellt. 

Ich  würde  gern  diese  Orthoklase  optisch  untersuchen,  die  viel- 
leicht zur  Analyse  nicht  vollständig  rein  ausgesucht  wurden. 

A.  Des  Cloizeaux. 


Helmhacker  Gold  von  Sysertsk 


Taf.I. 


Tschermak:  Mineralogische  Mi  tt  hei  langen  1877 
Jahrb.  d.  f^eol  Reichsaustalt  ßd  XXYll 


C o n ctr . v.  R Hel mha cken 


Lilh  Inst  v f.  Koke  .Wien 


Heimhacker  Gold  von  Sysertsk 


Taf.II. 


Constr.  v.K  Helmhacker 


Tschermak.  Mineralogische  Mittheihmgan  1877 
Jalnl).  d £eol  Reichsaustalt  Bd  1XY1I 


R.v  Dräsche:  Japanische  Vulkane 


Tafel  m 


Asama-yama  von  Norden . 

Tschenmak:  Mineralogische  Mittheilungen  1877  Heft  I. 
Jahrb.  d.  geol.  Reichsanstalt  Bd  XXVII. 


R » Dräsche  Japanische  Vulkane 


Tafs!  \! 


Tichermak.  Mineralogische  Mittheilungen  1877  Heft  l. 
Johrb.  d.  geol.  Reichsanstalt  Bd  XXVII 


.* 


R v.  Dräsche  = Japanische  Vulkane 


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Tschermak  Mineraloq ische  Mittheilunqen  1877,  Heft  I 


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5^ 


Tschermak  Mineralogische  lYiütheilungen  1877,  Heftl. 
Jahrb.  d qeol.  Reichsanstalt  Bd. XXVII 


Tafel  VII 


-5"  ■ 


Tschermak:  Mineralogische  M i tth e i I u n g e n 1877  H e Ft  1 
Jahrb.  d.  g eol.  Reichsanstalt  Bd  XXVII 


Tafel  IX 


JAHRGANG  1877. 


II.  HEFT. 


GESAMMELT  VON 

G.  TSCHERMAK 

DIRECTOR  DES  K.  K.  MINERALOGISCHEN  HOF-MUSEUMS. 


I.  Ueber  den  Glaukodot  von  Hakansboe  und  den  Danait 

von  Franconia. 

Von  Friedrich  Beeke. 

Der  Glaukodot  kommt  gewöhnlich  nur  in  derben  spaltbaren  Massen 
wie  bei  Huasko  in  Chile  oder  in  grossen  krummflächigen  Krystallen 
vor,  die  z.  B.  an  der  Fundstätte  bei  Hakansboe  bis  4 Centimeter  gross 
werden.  Diess  mag  wohl  auch  die  Ursache  sein,  dass  man  über  die 
Winkeldimensionen  dieses  Minerales  viel  weniger  weiss,  als  über  die 
seiner  nächsten  Verwandten,  des  Danaits  und  des  Arsenkieses.  Ueber 
den  Glaukodot  von  Huasko  findet  sich  eine  Angabe  bei  Miller  (Phillips 
Elementary  Introduction  in  Mineralogy;  new  edition  by  Brooke  and 
Miller,  pag.  189)  der  den  Prismenwinkel  mit  67°  24'  anführt.  An 
den  sehr  schönen  und  grossen,  aber  namentlich  am  Prisma  krumm- 
flächigen Krystallen  von  Hakansboe,  deren  das  Wiener  Mineralien- 
Cabinet  eine  bedeutende  Anzahl  besitzt,  hat  Herr  Director  Tschermak 
vor  einigen  Jahren  mit  dem  Anlegegoniometer  Messungen  ausgeführt 
und  in  den  Sitzungsberichten  der  kaiserl.  Academie  der  Wissenschaften 
in  Wien  1866,  LV.  Bd.,  pag.  447  veröffentlicht.  Er  war  es  auch,  der 
zuerst  ausdrücklich  auf  die  grosse  Aehnlichkeit  mit  dem  Arsenkies 
hinwies. 

Vor  einiger  Zeit  hatte  Herr  Director  Tschermak  die  Güte,  mir 
zwei  kleinere  Glaukodot-Krystalle  von  dem  mehrfach  genannten  Fund- 
orte zu  übergeben,  um  zu  sehen  ob  sie  vielleicht  eine  genauere  Mes- 
sung, eventuell  eine  Bestimmung  des  Axenverhältnisses  gestatteten.  Es 
sei  mir  erlaubt,  Herrn  Director  Tschermak  für  die  vielfältige  Unter- 
stützung, die  er  mir  bei  der  Arbeit  angedeihen  liess,  meinen  ergebensten 
Dank  auszusprechen. 

Bevor  ich  indess  zu  den  Resultaten  der  Messung  übergehe,  muss 
ich  einiges  über  das  Aussehen  der  Krystalle  vorausschicken.  Wie  bereits 
bemerkt,  sind  die  Krystalle  von  Hakansboe  meist  sehr  gross,  oft  5 bis 
6 Centimeter,  sie  sind  meist  ringsum  ausgebildet  und  zeigen  die  rhom- 

Mineralogische  Mifctheilungen.  1877.  2.  Hell.  (Becke.) 


102  Friedrich  Becke.  [2] 

bischen  Formen  des  Arsenkieses.  Es  sind  folgende  Gestalten  zu  beob- 
achten : 

a m l su  e 

(100)  (110)  (011)  (012)  (021)  (101) 

Fig.  1.  Fig.  2. 


Glaukodot,  Glaukodot, 

einfacher  Krystall.  Zwilling  nach  dem  Doma  (101). 

Die  häutigsten  Combinationen  sind : m . s , m s Z,  a m s,  a m s l 
(Fig.  1),  m s l u. 

Die  Fläche  a (100)  erscheint  meist  sehr  gekrümmt,  so  dass  man 
sie  oft  kaum  mehr  als  Krystallfläche  ansprechen  kann,  indem  die  beiden 
Prismen  allmählig  in  einer  sanft  geschwungenen  Fläche  verlaufen,  so 
dass  die  Kante  wie  abgerollt  aussieht.  Das  Prisma  m (110)  ist  meist 
sehr  stark  glänzend  und  in  der  Ptegel  convex  gekrümmt,  seltener  etwas 
matt,  dann  aber  ziemlich  eben.  Die  Domen  Z,  s und  u sind  sämmtlich 
stark  brachy diagonal  gerieft,  am  auffallendsten  s,  das  unter  allen 
anderen  Domen  prävalirt,  u (021)  ist  eine  Seltenheit.  Das  Prisma  m 
(110)  und  das  Doma  s (012)  geben  zusammen  eine  Combination,  die 
auffallend  an  das  Oktaeder  erinnert,  diess  ist  bemerkenswert!],  da  die 
der  Eisen-Verbindung  isomorph  beigemengte  Kobaltverbindung  in  ihrem 
unvermischten  Vorkommen  im  tesseralen  System  krystallisirt.  Selten 
beobachtet  man  lang  säulenförmige,  nach  dem  Prisma  m gestreckte 
Gestalten. 

Sehr  charakteristisch  ist  die  häufige  Zwillingsbildung.  Die  Zwil- 
linge sind  nach  zwei  Gesetzen  gebaut: 

1.  Zwillingsfläche  m (110)  (Fig.  3). 

2.  Zwillingsfläche  e (101)  (Fig.  2). 


Ueber  den  Glaukodot  von  Ilakansboe  und  den  Danait  von  Franconia.  103 


Beide  Gesetze  sind  auch  am  Arsen- 
kies bekannt.  Bei  der  ersten  Art  ist  das 
eine  Individuum  meist  grösser  und  über 
die  Zwillingsfläche  hinaus  ausgebildet. 

Diese  Zwillinge  haben,  von  der  einen 
Seite  besehen,  eine  gewisse  Aehnlich- 
keit  mit  den  bekannten  Spinellzwillingen. 

Die  Zwillinge  der  zweiten  Art  sind  häufig 
mit  übergreifenden  Rändern  ausgebil- 
det. Einfache  Krystalle  sind  selten. 

Bekanntlich  unterscheidet  sich  der  Glau- 
kodot der  Form  nach  vom  Arsenkies 
wesentlich  durch  die  deutliche  basische 
Spaltbarkeit,  die  sich  auch  an  Stellen, 
wo  die  Krystalle  abgebrochen  sind,  deut- 
lich zeigt. 

Von  den  beiden  Kry stallen,  die 
der  Messung  unterzogen  wurden,  war 
der  eine  ein  Zwilling  nach  m der  Com- 
bination  m s,  er  zeigte  alle  Untugenden, 
die  eine  Messung  der  Glaukodot- Kry- 
stalle so  schwer  machen:  das  Prisma  krumm,  das  Doma  stark  gerieft 
und,  wie  diess  häufig  vorkommt,  von  Kupferkies- Krystallen  unterbrochen. 
Grösse  P5  Centimeter.  An  diesem  Krystall  wurde  nur  der  einsprin- 
gende Prismenwinkel  approximativ  bestimmt. 

Der  zweite  Krystall  zeigte  die  Combination  in  (100),  s (012), 
l (Oll)  und  u (021),  er  war  verhältnissmässig  klein  — 1 Centimeter  — 
und  hatte  auf  der  einen  Seite  ziemlich  glänzende,  glatte  Flächen,  die 
eine  Messung  mit  dem  Wollaston’schen  Goniometer  gestatteten; 
namentlich  war  das  Prima  günstig  ausgebildet,  indem  die  Flächen 
zwar  etwas  matt  aber  eben  waren.  Auch  dieser  Krystall  zeigt  Zwillings- 
bildung nach  dem  Doma,  die  Ränder  theilweise  übergreifend. 

Die  folgenden  Messungen  sind  das  Resultat  von  je  30  Einzel- 
Beobachtungen,  indem  in  der  Regel  sechsmal  repetirt  und  die  ganze 
Messung  fünfmal  wiederholt  wurde.  Die  mit  einem  Stern  bezeichneten 
Winkel  wurden  der  Rechnung  zu  Grunde  gelegt.  Zum  Vergleich  sind 
die  von  Tschermak  gefundenen  Winkel,  dann  die  aus  Miller’s 
Angaben  berechneten  Winkel  des  Arsenkieses  angesetzt. 


Fig.  3. 


Glaukodot, 

Zwilling  nach  dem  Prisma  m (110). 


Glaukodot 

Arsenkies 

Becke 

Tschermak 

Miller 

Beobachtet  | Berechnet 

l .1*  Ueber  die 
Seitenkante 
u . 1 
l . s 

Krystall  II. 

80°  7-5'  — 

17°  17'  17°  155' 

19°  11-9'  19°  123' 

19° 

80°  8'  * 

17°  15-5' 

19°  12-2' 

14* 


104 


Friedrich  Becke. 


W 


Gl  auko  d o t 

Arsenkies 

Becke 

Tschermak 

Miller 

Beobachtet 

Berechnet 

Krystall  II. 

— 

61°  297' 

62° 

61° 

27  6' 

— 

99°  525' 

— 

99° 

52' 

— 

114°  23-5' 

— 

114° 

23' 

68° 

4' 

68°  96' 

69  V,0 

68° 

48' 

68° 

8'5' 

— 

73° 

21-5' 

— 

73° 

73° 

13-4' 

64° 

312' 

64°  362' 

— 

64° 

23-2' 

58° 

49' 

58°  53-9' 

— 

58° 

37  3' 

— 

(59°  16-3') 

— 

59° 

22' 

Krystall  I. 

40° 

50' 

43°  40-8' 

— 

42° 

24' 

s s. 

lh  i 
u u2  } 

m m, 


| Ueber  die 
Polkante 


m s 


* 


m . I 
m . u 
(e  . e ) 


m . m entsprin- 
gender Winkel 


Wie  man  sieht,  stimmen  meine  Messungen  nur  beim  Prisma  nicht 
mit  denen  von  Tschermak;  diess  ist  auch  sehr  erklärlich,  wenn  man 
bedenkt,  wie  störend  die  bedeutende  Krümmung  der  Prismenflächen  bei 
grossen  Krystallen  ist.  Aus  derselben  Ursache  erklärt  sich  auch  die  sehr 
bedeutende  Differenz  zwischen  Rechnung  und  Messung  beim  Krystall  I. 

Uebrigens  ergibt  sich  aus  den  angeführten  Messungen  unzweifel- 
haft die  Isomorphie  zwischen  Glaukodot  und  Arsenkies.  Bei  Gelegenheit 
der  Durchsicht  der  einschlägigen  Literatur  behufs  einer  näheren  Ver- 
gleichung des  Glaukodots  mit  seinen  Verwandten  stiess  ich  in  Bezug 
auf  den  Danait  von  Franconia  auf  so  abweichende  Angaben,  dass  es 
mir  angemessen  schien,  die  Danaite  des  k.  Hof-Mineralien-Cabinets 
durchzusehen.  Ich  fand  auch  einige  zur  Messung  taugliche  Krystalle. 
Einer  derselben  war  etwa  3 Mm.  gross  und  zeigte  die  Combination : 
m l s r e e v 

(110)  (Oll)  (012)  (031)  (001)  (101)  (211) 

m und  e parallel  ihrer  Combinationskante  tief  gerieft,  s und  r,  sowie 
die  Basis  c,  die  am  Danait  bis  jetzt  noch  nicht  beobachtet  wurde, 
stark  brachydiagonal  gestreift.  I glatt  und  glänzend,  v sehr  schmal. 

Die  beiden  anderen  Krystalle  waren  kaum  0*5  Mm.  gross  und 
zeigten  bloss  das  aufrechte  Prisma  m und  das  Brachydoma  l. 

In  allen  bis  jetzt  besprochenen  Verhältnissen:  in  dem  Auftreten 
der  Basis  c,  in  der  charakteristischen  Streifung  auf  m und  e,  in  der 
Reichhaltigkeit  der  Combination  bei  grösseren  Krystallen,  der  Einfach- 
heit bei  kleineren  Krystallen,  stimmt  der  Danait  von  Franconia  mit 
den  von  Rumpf  beschriebenen  Krystallen  des  Arsenkieses  von  Leyer- 
schlag  überein  (Tschermak,  Mineralogische  Mittheilungen  1874, 
3.  Heft.  pag.  5),  ein  Factum,  das  um  so  auffallender  ist,  als  der  Danait 
von  Franconia  nach  der  Analyse  von  Ilayes  6 Proc.  Kobalt  enthält, 
während  der  Arsenkies  von  Leyerschlag  nach  Rumpf’s  eigener  Analyse 
kein  Kobalt,  sondern  nur  0-29  Ni  enthält. 


Ueber  den  Glaukodot  von  Hakansboe  und  den  Danait  von  Franconia.  105 


Als  Grundmessungen  benützte  ich  zwei  Winkel,  die  ich  an  dem 
grösseren  Krystall  mit  ziemlich  grosser  Genauigkeit  messen  konnte,  da 
die  Flächen  glatt  und  eben  waren  und  ganz  scharfe  Fadenkreuze  lie- 
ferten. Es  waren  diess  die  Winkel: 

011 : 011  = 80°  13-3' 

110:  110  = 67°  54b 


Am  selben  Krystall  erhielt  ich  für  das  Supplement  zur  ersten 
Messung : 


011 .011  = 99°  45-5'. 


Ich  hätte  nun  beide  Messungen  auf  180°  corrigiren  können,  allein 
ich  unterliess  es,  da  die  letzte  Messung  wegen  geringerer  Vollkommen- 
heit der  zweiten  Fläche  weniger  genau  war.  An  den  zwei  anderen 
Krystallen  erhielt  ich: 

011  .011  = 80°  9-9'  und  80°  9'6' 

011 .011  = 99°  42'  „ 99°  5F7' 

110. 110  = 67°  494'. 

Die  ausserordentliche  Kleinheit  der  verfügbaren  Krystalle  (kaum 
0-5  Mm.)  und  in  Folge  dessen  die  schwache  Reflexion  der  Flächen, 
macht  diese  Abweichung  wohl  erklärlich,  und  ich  glaube  nicht  berech- 
tigt zu  sein,  dess wegen  ein  Schwanken  der  Winkelwerthe  in  dieser 
Zone  annehmen  zu  dürfen. 

Uebrigens  erhielt  ich  am  ersten,  grösseren  Krystall  noch  folgende 
Messungen,  die  mit  denen  von  Kenngott  (Sitzungsber.  d.  k.  Acad., 
Bd.  IX,  1852,  pag.  552)  und  von  Tesche macher  (nach  Dana  System 
of  Mineralogy  1872,  pag.  78)  zusammengestellt  sind. 


Becke 

Kenngott 

Teschemacher 

Beobachtet 

Berechnet 

m . m * 

67°  54' 

m . »i‘ 

— 

112°  6' 

112°  33' 

112°— 112°  1' 

l.l* 

80°  13-3' 

— 

80°  6' 

l.l, 

99°  45-5' 

99°  46'  42" 

99°  54' 

100°  15' 

e . e 

121°  15' 

120°  52'  52" 

121°  20' 

121°  30' 

rn  . 1 

64°  43  9' 

64°  42'  53" 

l.e 

71°  317' 

71°  28'  7" 

l . e über  m 

108°  40-9' 

108°  31'  53" 

m . e 

44°  0-3' 

43°  49' 

l.s 

19°  17' 

19u  11'  52" 

19°  7' 

l . t apr. 

27°  55' 

28°  18'  2" 

28°  10' 

1 . c apr. 

49°  14' 

49°  38'  21" 

e . c apr. 

G0°  53' 

60°  26'  26" 

Man  sieht,  dass  meine  Messungen  mit  denen  von  Kenngott 
nicht  sehr  gut  übereinstimmen,  besonders  auffallend  ist  die  Abweichung 
bei  dem  Prisma  m und  bei  dem  Querdoma  e. 

Man  kann  diess  aber  begreiflich  finden,  wenn  man  neben  den 
von  mir  angeführten  Messungen  den  Prismenwinkel  einmal  mit  111° 
47'  findet,  oder  den  Winkel  des  Querdomas  mit  58°  42-3',  wie  mir 


Friedrich  Becke. 


[6] 


106 


das  thatsächlich  geschehen  ist.  Es  zeigt  diess  eben,  dass  bei  Mineralien, 
die  äusseren  Einflüssen  so  zugänglich  sind  , wie  es  beim  Arsenkies  der 
Fall  ist,  vereinzelte  Messungen  nicht  massgebend  sind,  und  dass  nur 
eine  grosse  Zahl  von  Messungen  verlässliche  Resultate  liefern  wird. 
Leider  stand  mir  für  die  Ausdehnung  der  Messungen  kein  taugliches 
Material  mehr  zu  Gebote.  Jedenfalls  dürfte  aber  Kenngott  einen 
extremen  Krystall  gemessen  haben,  während  die  von  mir  angeführte 
Messung  m .m  =.  111°  47'  dem  anderen  Extrem  nahe  liegt.  In  der 
That  steht  diese  Messung  bei  mir  ganz  vereinzelt  da,  nirgends  wird  die 
Uebereinstimmung  zwischen  Rechnung  und  Beobachtung  besser,  wenn 
man  diesen  Werth  einführt.  Daher  dürften  die  von  mir  der  Rechnung  zu 
Grunde  gelegten  Winkel  dem  wahren  Mittelwerthe  ziemlich  nahe  kommen. 

Man  scheint  bisher  der  Meinung  gewesen  zu  sein,  dass  es  der 
Kobaltgehalt  sei,  der  bei  der  Gruppe  der  Arsenkiese  einen  grösseren 
Flächen-Reichthum  und  eine  Verkürzung  der  Brachydiagonale  hervorrufe, 
wie  diess  Scheerer  ausdrücklich  ausspricht.  (Poggendorff,  Annalen, 
42.  Bd.,  1837,  pag.  546.)  Die  folgende  Tabelle,  in  der  ich  die  Grund- 
winkel, das  Axenverhältniss  und  den  Kobaltgehalt  einer  Reihe  von 
Arsenkiesen,  Danaiten  und  des  von  mir  gemessenen  Glaukodots  zusam- 
mengestellt habe,  mag  zeigen,  in  wie  weit  diese  Ansicht  berechtigt  ist. 
Die  eingeklammerten  Zahlen  sind  blos  berechnet  und  an  den  betreffenden 
Varietäten  nicht  beobachtet  worden.  Ausser  dem  Axenverhältniss  für 

£ 

b — 1 ist  zum  leichteren  Vergleich  auch  das  Verhältniss  - angegeben. 


110  . ho 

011  : 011 

101  : 101 

a : b : c 

c 

a 

Co 

Glaukodot  v.  Hakans- 

boe 

68°9  6' 

80°  7-5' 

(59°  16-3') 

0 6765  : 1 : P1891 

1-7577 

16-061) 

Danait  von  Skutterud. 

68°  20' 

(78°  42') 

58°  30' 

0 6830  : 1 : P2196 

1 7856 

| 6-50 

> bis 

Scheerer2)  • • • 
Danait  von  Franconia, 

67°  58' 

(79°  26-4') 

58°  30' 

0-6740:  1 : P2036 

1-7856 

j 901 

Kenngott  - • • • 
Becke  

67°  27' 
67°  54' 

80°  6' 
80°  13  3' 

o 

0 6679  : 1 : 1-1896 
0-6732  : 1 : P1871 

1-7810 

1-7577 

} 6-45 

Arsenkies  von  Leyer- 
schlag,  Rumpf3)  • 
Arsenkies  v.Walchern, 

67°  37' 

80°  18' 

58°  55-5' 

0 6696  : 1 : 1-1854 

1-7702 

0-29  Ni 
kein  Co 

Zepharovich4)  • 

68°  48' 

80°  16  2' 

59°  59  9' 

o 

05 

GO 

►F- 

00 

05 

1-7322 

— 

Arsenkies  v.  Freiberg4) 
Arsenkies  von  Breiten- 

68°  33' 

— 

— 

0 6815:1  — 

— 

— 

brunn  in  Sachsen4)  • 

68°  31' 

80°  24' 

59°  5P7' 

0-6811  : 1 : 1-1834 

1-7374 

— 

Arsenkies,  Eisenerz4) 

68°  16' 

— 

— 

0-6779  : 1 — 

— 

— 

Arsenkies,  Miller5) 

68°  47' 

80°  8' 

59°  51-6' 

0-6845  : 1 : P1889 

1-7370 

— 

*)  Nach  einer  Analyse  von  Prof.  E.  Ludwig,  welche  Tschermak  a.  a.  0. 
veröffentlichte. 

2)  Scheerer,  Ueber  zwei  norwegische  Kobalterze  von  Skutterud.  Pogg.  Ann. 
42.  Bd.  1837,  pag.  546. 

3)  J.  Rumpf,  lieber  Minpickel  von  Ley  erschlag  in  Tschermak ’s  Min. 
Mittheil.,  1874,  3.  Heft,  pag.  5. 

4)  Zepharovich,  Min.  Mitth.  Sitzungsber.  d.  Akad.  d.  Wissensch.,  LYI.  Bd., 
1867,  I.  Abth.,  pag.  39  u.  ff. 

5)  Miller,  Elementary  introduction,  pag.  188. 


Ueber  den  Glaukodot  von  Hakansboe  und  den  Danait  von  Franconia.  107 


Aus  der  vorstehenden  Tabelle  geht  schlagend  hervor,  dass  die 
Abweichungen  in  den  Winkeln  dem  Kobaltgehalt  nicht  proportional 
sind.  Man  könnte  darin  eine  Bestätigung  der  in  neuerer  Zeit  wieder- 
holt ausgesprochenen  Ansicht  sehen,  dass  isomorphe  Mischungen  nicht 
immer  in  Formen  krystallisiren,  die  zwischen  beiden  Endgliedern  mitten 
inne  liegen. 

Allein  dem  widerspricht  der  Umstand,  dass  ganz  kobaltfreie  Arsen- 
kiese (Ley erschlag)  Formen  zeigen,  die  von  den  normalen  Arsenkiesen 
(Erzgebirge,  Walchern)  mehr  abweichen  als  der  Glaukodot,  ja  sogar 
mehr  als  die  meisten  Danaite.  Vergleicht  man  die  Axenverhältnisse 
der  angegebenen  Formen,  so  sieht  man,  dass  die  Abweichungen  in  dem 
£ 

Verhältnis  — , das  ist  in  der  Zone  der  Brachydomen  am  geringsten 

sind.  Die  Maximaldifferenz  beträgt  0-0362.  Dieselbe  wird  noch  geringer, 
wenn  man  die  Zahlen  für  den  Danait  von  Skutterud  nicht  berücksich- 
tigt; dieselben  sind  nämlich  nicht  wie  bei  den  übrigen  Formen  aus  den 
direct  gemessenen  Winkeln  berechnet,  sondern  aus  den  beiden  anderen 
Abmessungen.  Man  erhält  dann  die  Maximaldifferenz  zwischen  1-1896 
(Danait  von  Franconia,  Kenngott)  und  D1834  (Arsenkies  von  Breiten- 
brunn, Ze pharo vich)  per  0-0062;  also  eine  verhältnissmässig  geringe 
Abweichung. 

Viel  bedeutender  ist  die  Maximaldifferenz  in  der  Prismenzone 
zwischen  0-6679  (Danait  von  Franconia,  Kenngott)  und  0-6847  (Arsen- 
kies von  Walchern,  Zepharovich)  = 0'0168.  Am  stärksten  sind 
aber  die  Differenzen  in  der  Zone  des  Makrodomas:  P7856  (Danait  von 
Skutterno,  Scheerer)  und  P7322  (Arsenkies  von  Walchern)  Zepha- 
rovich) = 0-0534.  Berechnet  man  diese  Differenzen  in  Procenten 
der  grösseren  Zahl,  so  erhält  man: 

I.  für  die  Brachydomen  053  Proc. ; 

II.  für  das  Prisma  2-30  Proc. ; 

III.  für  das  Makrodoma  3‘00  Proc. 

Und  zwar  kommt  die  grössere  Zahl  bei  I.  den  Danaiten  zu,  bei 
II.  den  normalen  Arsenkiesen,  bei  III.  wieder  den  Danaiten.  Dem- 
nach haben  die  normalen  Arsenkiese  weniger  verschiedene  Axen  als 
die  Danaite,  bei  denen  im  Allgemeinen  eine  Verkürzung  der  Brachy- 
diagonale  eintritt.  Alles  diess  gilt  auch  von  dem  Arsenkies  von  Leyer- 
schlag,  der  kein  Kobalt  enthält. 

Eine  eigenthümliche  Stellung  nimmt  dagegen  der  Glaukodot  ein, 

Qj  C 

indem  derselbe  bezüglich  der  Verhältnisse  T und  — fast  genau  die  Mitte 

b a 

hält  zwischen  der  Gruppe  der  Danaite  und  den  normalen  Arsenkiesen; 

£ 

nur  in  dem  Verhältnis  ^ in  welchem  übrigens  die  Abweichungen  über- 
haupt viel  geringer  sind,  steht  er  den  Danaiten  ziemlich  nahe. 

Bemerkt  man  nun,  dass  alle  jene  Formen,  welche  in  dem  Ver- 

d C 

hältniss  -r  und  — bedeutend  abweichende  Zahlen  haben,  auch  durch 
b a 

einen  viel  bedeutenderen  Flächenreichthum  ausgezeichnet  sind,  so  scheint 


108 


Friedrich  Becke. 


[8] 


wohl  der  Schluss  nicht  ganz  unberechtigt,  dass  es  eine  allen  diesen 
Formen  gemeinsame  Ursache  sein  müsse,  welche  diese  Erscheinungen 
bedingt;  und  diese  kann  dann  nicht  der  Kobaltgehalt  sein,  da  eben 
diese  Erscheinungen  bei  sehr  kobaltreichen  Verbindungen  (Glaukodot) 
fehlen,  dagegen  bei  kokaltfreien  Verbindungen  (Arsenkies  von  Leyer- 
schlag)  in  ganz  eminenter  Weise  auftreten. 

Anmerkung.  Das  specifische  Gewicht  des  von  mir  gemessenen 
Glaukodot-Krystalles  ist  5'915,  also  nahezu  übereinstimmend  mit  dem 
von  Ludwig  analysirten,  der  5-973  hatte.  Vor  Kurzem  hat  Herr 
W.  J.  Lewis  in  London  in  dem  1.  Hefte  der  von  Groth  heraus- 
gegebenen „Zeitschrift  für  Krystallographie“  pag.  67  einige  Beobach- 
tungen über  den  Glaukodot  von  Hakansboe  veröffentlicht.  Er  führt 
ausser  den  von  mir  angegebenen  Flächen  auch  zwei  Pyramiden  an : 
(111)  und  (212).  Ausserdem  wird  der  Winkel  des  Prismas  mit  69°  40', 
der  des  Querdomas  mit  118°  592/3'  angegeben. 


II.  Untersuchung  zweier  IVSagnesiaglimmer. 

Von  Di*.  Friedrich  Berwertli. 

Die  Untersuchung  der  beiden  Glieder  der  Glimmergruppe  — des 
Glimmers  von  Edwards  und  eines  Glimmers  vom  Vesuv  — steht  im 
Zusammenhang  mit  den  gleichfalls  im  Laboratorium  des  Herrn  Prof. 
E.  Ludwig  durchgeführten  Untersuchungen  der  ganzen  Reihe  der 
Glimmer-Minerale,  deren  analytische  Resultate  in  diesen  Mittheilungen 
zum  grössten  Theile  bereits  niedergelegt  sind.  Obgleich  die  Analysen 
der  verschiedenen  Arten  aus  der  Glimmerfamilie  nicht  alle  von  Einem 
Chemiker  ausgeführt  wurden,  so  ist  der  Nutzen,  den  eine  einheitliche 
Prüfung  ähnlicher  Körper  besitzt,  doch  annähernd  ganz  erreicht,  da  in 
allen  Fällen  mit  gleicher  Genauigkeit  und  Strenge  dieselben  Trennungs- 
Methoden  in  Anwendung  kamen,  so  dass  bei  gleicher  Operation  even- 
tuell auch  immer  derselbe  Fehler  begangen  wurde.  Die  hohe  Bedeutung 
systematisch  angestellter  chemischer  Untersuchungen,  besonders  der 
complicirter  zusammengesetzten  Silikatverbindungen,  tritt  heute  haupt- 
sächlich darin  hervor,  dass  vorzugsweise  mittelst  einer  Revision  aller 
älteren  Analysen  die  Chemie  sich  in  ihrer  Führerrolle,  die  ihr  in  der 
Classification  der  Mineralien  nicht  mehr  streitig  gemacht  werden  kann, 
behaupten  wird.  Als  eine  weitere  Vorarbeit  zu  den  Studien  des  Herrn 
Director  Tschermak  über  die  Glimmergruppe  gedenke  ich  demnächst 
auch  einige  Analysen  von  lithiumhaltigen  Glimmern  mitzutheilen,  bei 
deren  schwieriger  Zerlegung  die  versuchsweise  angewandten  Methoden 
einiges  Interesse  bieten  dürften. 

Meinen  hochverehrten  Lehrern  Herrn  Director  Tschermak  und 
Prof.  Ludwig  sei  aber  auch  an  dieser  Stelle  mein  aufrichtigster  Dank 
gesagt  für  die  Förderung-  meiner  im  Gebiete  der  Mineral-Chemie  be- 
gonnenen Studien. 

Barythaltiger  Plilogopit  von  Edwards. 

Aus  der  Gegend  von  Edwards,  St.  Lawrence  Co.,  N.  Y.  hat  Craw1) 
drei  Phlogopite  von  verschiedenem  Habitus  analysirt.  Zu  meiner  Unter- 
suchung dienten  braune  durchscheinende  Tafeln,  welche  Herr  Director 
Tschermak  von  Herrn  J.  D.  Dana  in  Newhaven  erhalten  hatte,  und 
welche  vom  selben  Fundorte  herrühren.  Nach  der  Beschreibung,  welche 
Craw  von  seinem  zur  Analyse  angewandten  Materiale  gibt,  hatten  ihm 
zu  seiner  Analyse  Nr.  I Glimmertafeln  von  gleicher  Beschaffenheit  ge- 
dient. Ich  habe  aber  die  Zusammensetzung  dieses  Glimmers  wesentlich 
anders  gefunden,  als  Craw.  Im  Laufe  der  Untersuchung  wurde  näm- 
lich die  Anwesenheit  von  Baryterde  in  der  Verbindung  constatirt, 

ö Am.  J.  Sc.  II.  X.  383. 

Mineralogisohe  Mittheilungen.  1877.  2.  Heft.  (Berwerth.) 


15 


Friedrich  Berwerth. 


[2] 


1 10 

deren  Entdeckung  hauptsächlich  den  gefundenen  Alkaliengehalt  beein- 
flussen musste,  weil  nach  den  angewandten  analytischen  Methoden  bei 
der  Bestimmung  der  Alkalien  das  Uebersehen  der  Baryterde  einen 
Fehler  erzeugen  musste,  welcher  im  hohen  Alkaliengehalte  seinen  Aus- 
druck fand.  Mit  der  Nachweisung  der  Baryterde  in  diesem  Phlogopit 
ist  in  der  Reihe  der  magnesiaführenden  Glimmer  ein  correspondirendes 
Glied  gefunden  für  den  unter  den  Kaliglimmern  als  Oellacherit  bezeich- 
neten  Barytglimmer.  Seitdem  J.  Oellacher  die  Analyse  des  von 
Li  ebener  als  Margarit  ihm  zugestellten  Barytglimmers  aus  demPhtsch- 
tluale  nächst  Sterzing  in  Tirol  Kenngott1)  mittheilte  und  mit  dem 
gleichen  Materiale  auch  Rammeisberg2)  eine  unvollständige  Analyse 
anstellte,  ist  von  einem  anderweitigen  Vorkommen  eines  barythaltigen 
Glimmer  nichts  bekannt  geworden.  Die  Behauptungen,  welche  Brush3) 
laut  werden  liess,  dass  der  von  Oellacher  analysirte  Margarit  vom 
Ptitschthal  keinen  Baryt  enthalte,  fanden  durch  eine  Anmerkung  von 
Krantz4)  in  Bonn  ihre  Widerlegung. 

Mein  Arbeitsmaterial  bestand  aus  elastischen,  glänzenden  Tafeln, 
deren  Aussehen  vollkommen  frisch  war.  Fremdartige  Beimengungen 
waren  auch  mikroskopisch  nicht  zu  entdecken.  Die  mikroskopische 
Prüfung  war  auch  mit  dafür  entscheidend,  dass  der  Baryt  nicht  als 
Schwerspath  im  Gefüge  der  Glimmerblätter  vorhanden  sei. 

Bei  den  angestellten  Versuchen  kamen  die  jetzt  gebräuchlichen 
quantitativen  Methoden  in  Anwendung.  Der  Gehalt  des  Eisenoxyduls 
wurde  durch  Titrirung  mit  übermangansauerem  Kalium  in  dem  mit 
Schwefelsäure  und  Flusssäure  im  zugeschmolzenen  Glasrohr  aufgeschlos- 
senen Minerale  ermittelt.  Die  zur  Verwendung  gekommene  Flusssäure 
war  durch  Zusatz  von  übermangansauerem  Kalium  und  Destillation  voll- 
kommen gereinigt  worden. 

Das  Baryumoxyd  wurde  nur  einmal  direct  gefällt  und  zwar  nach 
Abscheidung  der  Kieselsäure  in  der  schwach  salzsaueren  Lösung.  In 
den  zwei  anderen  Fällen  wurde  aus  dem  unlöslichen  Rückstände  des 
schwefelsaueren  Baryums  in  der  flusssaueren  Aufschliessung  das  Baryum- 
oxyd  berechnet.  Es  unterliegt  fast  keinem  Zweifel,  dass  Craw  diesen 
unlöslichen  Rückstand  in  der  fiusssaueren  Aufschliessung,  welchen  er 
bei  Anwendung  dieser  Methode  ebenfalls  erhalten  musste,  ohne  ihn 
auf  seine  Eigenschaften  zu  prüfen,  als  unaufgeschlossenes  Mineral  von 
der  Menge  der  in  Arbeit  genommenen  Substanz  in  Abzug  gebracht 
hat.  Diese  Vermuthung  wird  dadurch  gestärkt,  dass  Craw’s  Analyse 
eine  hohe  Summe  von  Alkalien  angibt  und  wenn  ich  den  unauflöslichen 
schwefelsaueren  Baryt  von  meiner  angewandten  Substanz  als  solche 
abziehe,  in  meiner  Analyse  sich  der  Alkaliengehalt  annäherend  zu  der 
Menge  der  Alkalien  in  Craw’s  Analyse  erhebt.  In  einem  besonderen 
Versuche  wurde  mittelst  eigens  zu  diesem  Zwecke  auf  ihre  Reinheit 
geprüften  Reagentien  die  vollständige  Abwesenheit  der  Schwefelsäure 
in  der  Verbindung  erwiesen. 


h Kenngott’s  Uebers.  1860.  49.  — 1862,  135. 

3)  Ztschr.  Geol.-Gesellscb.  XIV.,  763. 

3)  Am.  J.  Sc.  II.  XXXIV.  216. 

4)  Am.  J.  Sc.  II.  XLIV.  256. 


[3] 


Untersuchung  zweier  Magnesiaglimmer. 


111 


Zur  Bestimmung  des  Wassers  wurde  die  Substanz  nach  der 
Methode  des  Herrn  Prof.  E.  Ludwig1)  im  ausgebauchten  Platinrohre 
im  getrockneten  Luftstrome  mit  entwässertem  kohlensaueren  Natron-Kali 
aufgeschlossen  und  das  in  das  Chlorcalciumrohr  übergeführte  Wasser  ge- 
wogen. Aus  Mangel  an  Substanz  war  es  mir  nicht  möglich  einen  Parallel- 
versuch anzustellen.  Die  Methode  leidet  aber  an  keinen  Mängeln  und  ist 
ihre  exacte  Durchführung  in  vielen  Versuchen  schon  erprobt  worden.  Einen 
wesentlichen  Dienst  wird  diese  Methode  überall  dort  leisten,  wo  Fluor 
und  Chlor  neben  Wasser,  in  einer  Verbindung  zur  Bestimmung  kommen, 
oder  wo  zur  Analyse  kein  reichliches  Material  vorhanden  ist. 

Das  Fluor  wurde  nach  der  von  Rose  verbesserten  Methode  ab- 
geschieden. Der  Niederschlag  gab  deutliche  Fluor-Reaction. 

Die  einzelnen  Bestimmungen  gaben  folgende  Resultate: 

1.  0'8756  Gramm  Substanz  bei  105°  C.  getrocknet  gaben:  03525 
Gramm  Kieselsäure,  01362  Gramm  Thonerde,  00268  Gramm  Eisen- 
oxyd, 0-6733  Gramm  pyrophosphorsauere  Magnesia,  welche  Menge  0-2426 
Gramm  Magnesia  entspricht.  — 0-5160  Gramm  Substanz  im  zuge- 
sclunolzenen  Glasrohr  mit  Schwefelsäure  und  Flusssäure  aufgeschlossen, 
verbrauchten  0-9  Cubc.  Chamaeleon  (1  Cubc.  Chamaeleon  entsprach 
0-00343  Eisen)  entsprechend  0-003969  Gramm  Eisenoxydul. 

2.  0-7892  Gramm  Substanz  ergaben:  0-3190  Gramm  Kieselsäure, 
0-0316  Gramm  schwefelsaueren  Baryt,  entsprechend  0'02074  Gramm 
Baryumoxyd,  0’6188  Gramm  pyrophosphorsauere  Magnesia,  entsprechend 
0-222  Gramm  Magnesia. 

3.  1-0995  Gramm  Substanz  ergaben:  0"0359  Gramm  schwefel- 
saueren Baryt,  entsprechend  0-0235  Gramm  Baryumoxyd,  0-4360  Gramm 
Kaliumplatinchlorid,  entsprechend  0-0838  Gramm  Kaliumoxyd,  0-0567 
Gramm  Chlornatrium,  entsprechend  0"0300  Gramm  Natriumoxyd. 

4.  10828  Gramm  Substanz  gaben:  0-0438  Gramm  schwefelsaueres 
Baryumoxyd,  entsprechend  0'0287  Gramm  Baryumoxyd,  0"3670  Gramm 
Kaliumplatinchlorid,  entsprechend  0'0706  Kaliumoxyd,  0-0502  Gramm 
Chlornatrium,  entsprechend  0"0266  Gramm  Natriumoxyd. 

5.  0-9545  Gramm  Substanz  gaben:  O'OlöO  Gramm  Fluorcalcium, 
entsprechend  0-00779  Gramm  Fluor. 

6.  0-8727  Gramm  Substanz  gaben:  0-0280  Gramm  Wasser. 

Aus  diesen  Zahlen  ergibt  sieb  folgende  procentische  Zusannnen- 


Setzung  des  Glimmer 

von  Edwards : 

I. 

II. 

III. 

IV. 

V. 

VI. 

Mittel 

Fluor  . . . . . 

— 

— 

— 

— 

0-82 

— 

0-82 

Kieselsäure  . . . 

40-26 

40-42 

— 

— 

— 

— 

40-34 

Thonerde  .... 

15-14 

— 

— 

— 

— 

— 

15-14 

Eisenoxyd  .... 

2-20 

— 

— 

— 

— 

— 

2-20 

Baryumoxyd  . . . 

— 

2-62 

2-13 

2-65 

— 

— 

2-46 

Eisenoxydul  . . . 

0.77 

— 

— 

— 

— 

— 

0-77 

Magnesiumoxyd  . . 

27-71 

28-24 

— 

— 

— 

— 

27-97 

Kaliumoxyd  . . . 

— 

— 

7-62 

6-52 

— 

— 

7-07 

Natriumoxyd  . . . 

— 

— 

2-72 

2-45 

— 

— 

2-58 

Wasser  ..... 

— 

— 

__ 

— 

— 

3-21 

3-21 

9 Min.  Mitth.  1875.  213. 

15* 


112 


Friedrich  Benverth. 


M 


Das  specifische  Gewicht  wurde  mit  1-6431  Gramm  Substanz  in 
Blättchen  im  Pyknometer  bei  16°  C.  zu  2-959  bestimmt. 


Glimmer  youi  Vesuv, 


Zur  Verwendung  kam  ein  schwärzlicher,  in  dünnen  Blättchen 
lauchgrüner,  in  sechsseitigen  Tafeln  ausgebildeter  Glimmer,  dessen 
Blätter  mit  gelben  Idokraskry stallen  oft  sehr  innig  verwachsen  waren. 
Er  scheint  ursprünglich  die  Wände  eines  grossen  Hohlraumes  eines 
Kalkauswürflings  bekleidet  zu  haben.  Mit  den  bisher  analysirten  Vesuv- 
glimmern x)  lässt  er  sich  nicht  vergleichen.  Seine  Blättchen  besitzen 
geringe  Elasticität.  Vor  dem  Löthrohr  werden  dieselben  matt  und 
schmelzen  schwer  zu  einem  eisenschwarzen  Glase.  In  Arbeit  wurden 
nur  gewissenhaft  auf  ihre  Reinheit  geprüfte  Blättchen  genommen.  Die 
Methoden  waren  die  gleichen,  wie  die  bei  dem  Phlogopit  angewendeten. 
Das  Fluor  wurde  im  Niederschlage  nachgewiesen. 

Die  einzelnen  Bestimmungen  gaben  folgendes  Resultat: 

1.  013906  Gramm  Substanz  bei  105°  C.  getrocknet  gaben : Kiesel- 
säure 0-2714  Gramm,  Thonerde  01171  Gramm,  Eisenoxyd  0-0636 
Gramm,  Manganoxydul  0-00409  Gramm,  Calciumoxyd  0-0057  Gramm, 
pyrophosphorsauere  Magnesia  0-4196  Gramm,  entsprechend  0-1512 
Gramm  Magnesiumoxyd. 

2.  0-4934  Gramm  Substanz  im  zugeschmolzenen  Glasrohr  mit 
Schwefelsäure  und  Flusssäure  aufgeschlossen,  verbrauchten  3"3  Cubc. 
Chamaeleon  (1  Cubc.  Chamaeleon  entsprach  0'00915  Fe),  entsprechend 
0‘0388  Eisenoxydul. 

3.  0'7645  Gramm  Substanz  gaben:  0"3094  Gramm  Ivaliumplatin- 
chlorid  entsprechend  0-0596  Gramm  Kaliumoxyd,  0U071  Gramm  Chlor- 
natrium entsprechend  01)038  Gramm  Natriumoxyd. 

4.  0*8265  Gramm  Substanz  gaben:  0-0152  Gramm  Fluorcalcium, 
entsprechend  0-007405  Gramm  Fluor. 

5.  0-7805  Gramm  gaben:  0‘0314  Gramm  Wasser. 

Aus  diesen  Zahlen  ergibt  sich  folgendes  procentische  Mengen- 


verhältniss : 


Fluor  . . 

Kieselsäure 
Thonerde  . . 

Eisenoxyd  . . 

Eisenoxydul 
Manganoxydul 
Calciumoxyd  . 
Magnesiumoxyd 
Kaliumoxyd 
Natriumoxyd  . 
Wasser  . . . 


0-89 

39-30 

16-95 

0-48 

7-86 

0-59 

0-82 

21-89 

7-79 

0-49 

4-02 


Summe  10P08 

Das  specifische  Gewicht  bei  16°  C.  im  Pyknometer  mit  zerschnit- 
tenen Blättchen  im  Gewichte  von  3*3224  Gramm  bestimmt,  ist  2-864. 

‘)  Pogg.  Arm.  LV.  112.  — Pogg.  Ann.  LXI.  381.  — - Pogg.  Aun.  LXXXVI.  1.  — 
J.  pr.  Chem.  LXV.  190. 


III.  Ueber  die  Krystallisation  des  Struvits. 

Von  Alexander  Sadebeck. 

Als  nach  dem  grossen  Brande  in  Hamburg  im  Jahre  1845  beim 
Grundbau  der  Nicolaikirche  in  einer  aus  Viehmist  gebildeten  Moorerde 
prachtvolle  Krystalle  von  Ammonium  - Magnesiumphosphat  gefunden 
wurden,  entspann  sich  ein  heftiger  Streit,  ob  diese  Krystalle  dem  Mine- 
ralreich zuzuzählen  seien  oder  nicht.  Für  den  Krystallographen  ist 
diese  Frage  ohne  jegliche  Bedeutung,  da  sich  derselbe  mit  allen  Kry- 
stallen,  mögen  es  natürlich  gebildete  oder  in  Laboratorien  gezogene 
sein,  zu  beschäftigen  hat,  um  eine  allgemeine  Kenntniss  der  Krystall- 
formen  und  ihrer  Beziehungen  zu  einander  zu  erlangen. 

Herr  Dr.  Ulex  hat  sich  um  die  Förderung  der  Kenntniss,  der 
von  ihm  „Struvit“  genannten  Krystalle  besonders  verdient  gemacht 
und  alles  darauf  bezügliche  in  einer  Schrift  niedergelegt:  „Contro verse 
über  die  Frage:  Was  ist  Mineral  Species?  veranlasst  durch  die  im 
Herbste  1845  beim  Grundbau  der  St.  Nicolaikirche  in  Hamburg  ent- 
deckten Krystalle,  nebst  einer  Charakteristik  des  Struvits  in  Hinsicht 
seines  Vorkommens,  seiner  Krystallisation,  seiner  chemischen,  physi- 
schen, optischen  Verhältnisse  etc.  Von  C.  Marx,  Hamburg  1846.  Eine 
spätere  Mittheilung  gibt  Ulex  im  Neuen  Jahrb.  f.  Mineral,  etc.,  1851, 
S.  51.  Ueber  die  Krystallformen  des  Struvits  hielt  Herr  Dr.  L.  Meyn 
auf  der  Versammlung  Deutscher  Naturforscher  und  Aerzte  in  Kiel  1847 
einen  Vortrag,  welcher  im  „Amtlichen  Bericht“  S.  246  abgedruckt  ist. 

Ueber  ein  neues  Vorkommen  von  Struvit  in  Hamburg  berichtet 
J.  H.  C.  A.  Meyer  in  der  Zeitschr.  d.  Deutsch,  geol.  Gesellsch.  Bd.  VI, 
S.  641,  ohne  jedoch  nähere  krystallographische  Angaben  zu  machen. 

Die  Beziehung  des  schon  von  Marx  betonten  Hemimorphismus 
des  Struvits  zur  Pyroelektricität  wurde  von  Hausmann  klargelegt, 
Nachr.  d.  G.  A.  Uiiiv.  u.  d.  Königl.  Ges.  d.  Wissensch.  zu  Göttingen, 
1846,  S.  121.  Ausser  den  Hamburger  Krystallen  beschreibt  Marx 
noch  kurz  solche,  die  beim  Ausbringen  der  Abzugscanäle  einer  Caserne 
in  Dresden  gefunden  wurden  und  in  der  Form  den  Hamburgern  sehr 
ähnlich  sind. 


Mineralogische  Mittheilungen.  1877.  2.  Heft.  (A.  Sadebeck.) 


114 


A.  Sadebeck. 


[2] 


Tesche  mach  er  hat  grosse,  messbare  Krystalle  im  Guano  der 
Küste  von  Afrika,  Saldanha  Bey  gefunden  und  Guanit  genannt,  ein 
kurzer  Bericht  darüber  findet  sich  im  LTnstitut,  I.  Sect.,  T.  IY,  Paris 
1846,  Nr.  628,  die  Winkelangaben  und  eine  Krystallskizze  stehen  im 
Philosophical  Magazine,  III.  Sir.,  XXVIII.,  1846,  pag.  546. 

Neuerdings  hat  Herr  Ottmer,  N.  Jahrb.  f.  Miner.,  1873,  S.  400, 
Kunde  von  Krystallen  gegeben,  die  in  einer  verschütteten  Düngergrube 
bei  Erbauung  der  Synagoge  in  Braunschweig  gefunden  wurden.  Einige 
dieser  Krystalle  hatte  er  die  Güte  mir  für  das  mineralogische  Museum 
der  Universität  Kiel  zu  verehren. 

Es  ist  eine  längst  bekannte  Thatsache,  dass  sich  aus  alkalischem 
Harn  mikroskopische  Krystalle  des  Ammonium  - Magnesium  - Phosphates 
ausscheiden,  von  den  Medicinern  Tripelphosphat  genannt  und  an  der 
Sargdeckelform  erkennbar,  sie  finden  sich  vielfach  abgebildet  z.  B.  in 
dem  Atlas  zu  Robin  und  Verdeil,  Traite  de  chimie  anatomique  et 
physiologique,  Paris  1853;  Neubauer  und  Vogel,  Anleitung  zur 
qualitativen  und  quantitativen  Analyse  des  Harns  etc.,  Wiesbaden  1876, 
S.  132,  Taf.  II,  Fig.  3 und  5;  Schmidt,  krystallonomische  Unter- 
suchungen, Metau  und  Leipzig  1846  etc. 

Kürzlich  hat  Herr  Dr.  C.  Stein  in  Göttingen  die  Krystalle  des 
Tripelphosphats  wieder  künstlich  dargestellt  und  in  dem  Deutschen 
Archiv  für  klinische  Medicin  1876,  S.  207  beschrieben:  „Ueber  alkali- 
schen Harn,  bedingt  durch  Ueberschuss  von  fixem  Alkali  etc.“ 

Das  Studium  der  Struvitkrystalle  von  Braunschweig  veranlasste 
mich  die  wegen  des  Hemimorphismus  so  interessanten  Krystalle  über- 
haupt einer  eingehenderen  Untersuchung  zu  unterwerfen.  Durch  schöne 
Hamburger  Krystalle,  welche  ich  der  Güte  des  Herrn  Dr.  Z i m m e r- 
mann  und  Dr.  L.  Meyn  verdanke,  war  ich  in  der  Lage  genaue  Mes- 
sungen mit  dem  Repetitionsgoniometer  anzustellen,  während  bisher  nur 
das  einfache  Reflexionsgoniometer  angewendet  worden  war. 

Ferner  handelte  es  sich  darum,  die  einzelnen  Typen  zu  fixiren 
und  die  Zwillingsverwachsungen  genau  zu  bestimmen. 

Dann  machte  ich  Aetzversuche,  um  die  Beziehungen  der  Flächen 
zu  den  beiden  Enden  der  hemimorphen  Axe  kennen  zu  lernen  und 
untersuchte  überhaupt  die  Veränderungen,  denen  die  Krystalle  durch 
die  Aetzung  unterliegen,  um  die  Gestalt  der  Subindividuen,  sowie  den 
Bau  der  Krystalle  zu  bestimmen. 

1.  Krystallformen  des  Stmivits. 

Nach  dem  Vorgänge  Hausmann’s  und  in  Uebereinstimmung 
mit  dem  Kieselzinkerz  empfiehlt  es  sich  am  meisten,  die  pyroelek- 
trische Axe  als  Hauptaxe  c anzunehmen  und  das  positive  Ende,  also 
den  antilogen  Pol,  als  das  obere,  das  negative,  den  analogen  Pol,  als 
das  untere  Ende  zu  betrachten.  Für  die  Bezeichnung  der  Flächen  sollen 
im  Folgenden  die  von  Marx  eingeführten  Buchstaben  angewendet 
werden. 

Es  springen  nun  zunächst  bei  der  Mehrzahl  der  Struvit-Krystalle 
zwei  Flächenräume  in  die  Augen,  o die  Längsfläche  und  r die  Endfläche. 


[3] 


Ueber  die  Krystallisation  des  Struvits. 


115 


Nach  Marx  sind  die  Krystalle  nach  der  Längsfläche  am  deutlichsten 
spaltbar,  während  er  eine  Theilbarkeit  nach  der  Endfläche  nicht  als 
Spaltbarkeit,  sondern  als  die  Folge  sehaliger  Zusammensetzung  auf- 
fasst. Bei  genauerer  Betrachtung  jedoch  erweist  sich  gerade  die  letztere 
Theilbarkeit  als  die  deutlichste  Spaltbarkeit,  welche  auch  häufig  in 
Form  von  Bissen  und  Spalten  im  Innern  des  Krystalles  zur  Erscheinung 
kommt,  die  Spaltbarkeit  nach  der  Längsfläche  ist  zwar  vorhanden,  aber 
nie  so  deutlich.  Demgemäss  sind  auch  die  Angaben  in  den  Lehrbüchern 
über  die  Spaltbarkeit  des  Struvits  umzuändern. 

Die  Längsfläche  o kann  durch  den  Ilemimorphismus  nicht  beeinflusst 
werden,  erscheint  also  an  beiden  Enden  der  b- Axe,  sie  ist  uneben, 
häufig  gewölbt,  trübe,  nur  selten  glänzend.  Die  Unebenheit  rührt  von 
Subindividuen  her,  welche  theils  nach  einer  Richtung,  parallel  der 
«-Axe  angeordnet,  eine  unterbrochene  Streifung  auf  den  Flächen  her- 
vorrufen  (Fig.  7),  theils  auch  abgerundete  niedrige  Ecken  bilden,  deren 
Form  (Fig.  9)  weiterhin  besprochen  werden  soll.  Die  Wölbung,  welche 
wie  die  Streifung,  in  der  Zone  der  a- Axe  liegt,  führt  nach  oben  zu 
den  Flächen  des  Hauptlängsprismas  m . («=«:&:  c)  (Fig.  1)  und  ist 
an  der  Combinationskante  am  stärksten,  so  dass  man  zuweilen  eine 
nur  wenig  gegen  o geneigte  Abstumpfung  der  Combinationskante  m/o 
zu  sehen  glaubt,  welche  Naumann1)  als  (<«  a:b:  4c)  angibt.  Diese 
flache  Abstumpfung  erweist  sich  jedoch  bei  näherer  Betrachtung  als 
Scheinfläche,  hervorgerufen  durch  die  Intermittenz  von  m und  o.  Da 
die  Einigung  der  Subindividuen  in  o keine  vollkommene  und  gleich- 
mässige  ist,  so  erscheint  die  Combinationskante  m/o  vielfach  gebogen 
und  geknickt.  Die  Flächen  m gehören  nur  dem  positiven  Ende  der 
Hauptaxe  an  und  lassen  dadurch  den  Hemimorphismus  deutlich  her- 
vortreten; sie  sind  glatt  und  glänzend,  und  geben  bei  Messungen  gute 
Reflexe. 

An  der  entgegengesetzten  Seite  von  o sind  bei  vielen  Krystallen 
keine  weiteren  Flächen  vorhanden  (Fig.  1),  sondern  o tritt  direct  an 
die  untere  Endfläche  — r heran,  bei  anderen  liegen  zwischen  r und  o 
noch  die  Flächen  eines  Längsprismas  h = (°o  a : b : 2 c),  welche  am 
oberen  Ende  fehlen  (Fig.  2). 

Die  Endfläche  r ist  an  den  beiden  Enden  der  Hauptaxe  ver- 
schieden ausgebildet,  am  oberen  Ende  erscheint  sie  zuweilen  als  schmale 
Abstumpfung  der  Kante  m/m , welcher  parallel  sie  auch  fein  gestreift 
ist,  so  dass  sie  in  die  durch  die  «-Axe  bestimmte  Zone  gehört,  im 
Uebrigen  ist  sie  ziemlich  eben  und  glänzend.  Häufiger  ist  sie  am 
unteren  Ende,  wo  sie  in  nur  verhältnissmässig  seltenen  Fällen  fehlt,  hier 
ist  sie  auch  grösser,  aber  meist  uneben  und  wenig  glänzend.  Die  Un- 
ebenheit rührt  von  unregelmässigen  Erhöhungen  her  oder  von  Sub- 
individuen, welche,  parallel  der  b- Axe  angeordnet,  eine  unterbrochene 
Streifung  hervorrufen  und  häufig  eine  Wölbung  der  Fläche  bewirken. 

Die  Wölbung  geht  über  in  die  Flächen  eines  Querprismas  u 
(Fig.  1),  die  in  demselben  Sinne,  wie  r gestreift  (Fig.  4)  eigentlich 


9 Naumann,  Elemente  der  Mineralogie. 


116 


A.  Sadebeck. 


[4] 


nur  Scheinflächen  sind  und  als  solche,  so  wie  durch  die  Wölbung  in  der 
Zone  der  b- Axe  keine  sichere  Bestimmung  gestatten ; zuweilen  scheinen 
sie  dem  Hauptquerprisma  (a  : °o  b : c)  anzugehören,  einzelne  Messungen 
mit  dem  Anlegegoniometer  führten  auf  (ct  : °o  b : a/2  c)  und  nach  N au- 
mann  auf  (a  : °o  b : 1/3c).  Ueber  ihnen  liegt  mehr  oder  weniger  aus- 
gedehnt das  obere  Querprisma  s = (a  : b : c),  dessen  Flächen  glatt 
und  glänzend  zu  goniometrischen  Messungen  gut  geeignet  sind.  Oben 
stossen  sie  mit  den  m-Flächen  in  einer  oktaedrischen  Ecke  zusammen 
und  unten  erkennt  man  ihre  Reflexe  auf  den  Scheinflächen  u,  in  denen 
sie  mit  der  unteren  Endfläche  intermittiren. 

Es  sind  also  die  Flächen  aus  der  Zone  der  a-  und  b- Axe  hemi- 
morphisch  ausgebildet. 

Vollflächig  erscheinen  die  Flächen  p aus  der  verticalen  Zone 
(Fig.  11),  deren  Zeichen  (a  : a/2  b : c)  ist,  so  dass  ihre  stumpfe  Kante 
durch  die  Längsfläche  gerade  abgestumpft  wird;  sie  sind  glänzend  und 
messbar.1 

Marx  gibt  noch  oktaedrische  Flächen  t am  unteren  Ende  an, 
welche  in  die  Diagonalzone  von  p und  u fallen  sollen,  so  dass  ihr 
Zeichen  ( a : 1/2  b : c)  sein  müsste,  auch  sollen  sie  nicht  vollflächig,  son- 
dern tetraedrisch  auftreten,  eine  Angabe,  welche  Meyn  und  R am- 
meisberg wiederholen.  An  kleinen  Krystallen  habe  ich  Andeutungen 
derartiger  Flächen  gesehen  und  zwar  in  Intermittenz  mit  p und  u,  von 
dem  hemiedrischen  Auftreten  konnte  ich  mich  jedoch  nicht  überzeugen. 
Es  ist  nicht  unmöglich,  dass  bei  einzelnen  Krystallen  gerade  nur  die  der 
Hemiedrie  entsprechenden  Flächen  herrschend  auftreten ; dem  liegt  aber 
kein  Gesetz  zu  Grunde,  da  sonst  auch  andere  Oktaederflächen  der 
Hemiedrie  unterliegen  müssten.  Derartige  Flächen  a (Fig.  6)  kommen 
zwischen  s(u)  und  r vor,  so  dass  die  Combinationskanten  mit  r an  o spitze 
Winkel  bilden  (Fig.  10).  Die  Flächen  sind  mit  griechischen  Buchstaben 
bezeichnet,  dass  es  vicinale  Flächen  sind.  Sie  treten  auch  an  den  auf  r 
erscheinenden  Subindividuen  auf,  so  dass  auf  r Streifen  erscheinen, 
welche  einen  Rhombus  bilden.  Derartige  Streifen  sind  mit  einer  Hemiedrie 
durchaus  unverträglich.  Da  die  Flächen  selbst  gestreift  und  etwas 
gewölbt  sind,  war  eine  Ermittelung  ihres  krystallographischen  Zeichens 
nicht  ausführbar. 

Damit  ist  die  Zahl  der  bis  jetzt  beim  Struvit  beobachteten  Formen 
erschöpft. 


2.  Winkel  des  Struvits. 

Zu  scharfen  Winkelmessungen  konnte  ich  nur  die  Hamburger 
Krystalle  benutzen  und  zwar  besonders  kleine  lichtgelbe  Krystalle.  Bei 
den  Messungen  wurde  der  Websky’sche  Spalt  angewendet.  Gut  mess- 
bar waren  die  Flächen  des  Hauptquer-  und  Längsprismas  m und  s, 
ich  fand: 

s/s  = 63°  41'  in  c. 
s/m  = 112°  56'  30" 
m/m  = 95°  16'  in  c. 


Ueber  die  Krystallisation  des  Struvits. 


117 


t53 


Von  diesen  drei  Messungen  waren  die  zuverlässigsten  die  ersten 
beiden,  wesshalb  ich  aus  diesen  den  Winkel  m/m  zur  Controle  berech- 
nete und  auch  gleich  dem  gemessenen  fand.  Es  wurde  jedoch  der 
Winkel  von  95°  16'  genau  nur  dann  gemessen,  wenn  der  Spalt  senk- 
recht gegen  die  zu  messende  Kante  gestellt  war,  war  dagegen  der  Spalt 
parallel  der  Kante  gestellt,  so  erhielt  ich  schwankende  Werthe. 

Die  Erklärung  dafür  ist  leicht.  Steht  der  Spalt  parallel  der  Kante, 
parallel  welcher  auf  den  zu  messenden  Flächen  eine  Intermittenz  von 
vicinalen  „Flächen  stattfindet,  also  parallel  der  Flächenstreifung,  so 
werden  bei  verschiedenen  Messungen  verschiedene  Flächentheile  die 
deutlichsten  Reflexe  geben;  steht  der  Spalt  dagegen  senkrecht  gegen 
die  Streifung,  so  werden  die  einzelnen  Reflexe  in  einen  mittleren  Reflex 
vereinigt  und  der  gemessene  Winkel  bezeichnet  die  mittlere  Lage  der 
Flächen.  Dies  Verhalten  darf  man  bei  goniometrischen  Messungen 
überhaupt  nicht  ausser  Acht  lassen. 

Bei  einem  Instrument  mit  horizontalem  Kreise  ist  das  Einstellen 
auf  einen,  von  horizontalem  Spalt  herrührenden  Reflex  bei  einfachem 
Fadenkreuz  schwierig,  da  man  die  Entfernung  der  Enden  vom  Mittel- 
punkt nur  taxiren  kann,  wesshalb  es  sich  dann  empfiehlt,  mehrere 
verticale  Fäden  anzubringen. 

Auch  grössere  dunklere  Krystalle  gestatteten  Messungen  mit  dem 
Repetitionsgoniometer,  welche  bei  Stellung  des  Spaltes  parallel  der 
Kante  m/m  Winkel  von  95°  G'  bis  95°  18'  für  mim  ergaben. 

Ausser  den  drei  Winkeln  konnte  ich  noch  an  einem  kleinen  wein- 
gelben Krystall  h/h  = 57°  16'  messen,  dagegen  waren  die  Flächen  p 
zu  scharfen  Messungen  nicht  recht  geeignet,  zeigten  aber  doch  Winkel, 
welche  den  berechneten  entsprachen. 

In  der  folgenden  Uebersicht  sind  neben  den  von  mir  gemessenen 
und  den  nach  meinen  Messungen  berechneten  die  von  Marx,  Meyn 
und  Rammeisberg  gemessenen  Winkel  zusammengestellt. 


Winkel  nach  A.  Satlebeck 

Marx 

Meyn 

Rammeisberg 

berechnet 

m/m  in  c 

95° 

IG' 

95°  10' 

95°  14' 

95°  6' 

m Io 

— 

— 

132°  40' 

132°  37' 

plp  in  a 

83°  10' 

83°  12' 

— 

82°  54'  20 

plo 

— 

— 

138°  52' 

138°  33'  50 1 

h/h 

57° 

16' 

57°  10' 

57°  15' 

— 

57°  27'  50 

s/s 

63° 

4P 

63°  30' 

63°  29' 

— 

— 

m/s 

112° 

56'  30" 

— 

— 

— 

— 

3.  Stellung  der  Struvit- Krystalle. 

Da  die  Flächen  m und  s am  + Ende  der  pyroelektrischen  Axe  am 
häufigsten  Vorkommen  und  zu  Messungen  am  besten  geeignet  sind,  so 
empfiehlt  es  sich  am  meisten,  Naumann  und  Quenstedt  zu  folgen 
und  diese  Flächen  der  Berechnung  des  Axenkreuzes  als  Hauptlängs- 
und  Querprisma  zu  Grunde  zu  legen. 

Meyn  und  Rammeisberg  nehmen  das  verticale  Prisma  p als 
verticales  Hauptprisma  an  und  betrachten  m als  Hauptquerprisma. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1877.  2.  Heft.  (Sadeheck.)  lb 


118 


A.  Sadebeck. 


[6] 


Marx  stellte  die  Fläche  o als  Basis,  das  Prisma  p als  Haupt- 
längsprisma, aber  h als  Hauptquerprisma.  Es  ist  dann  die  optische 
Mittellinie  Hauptaxe  und  die  pyroelektrische  Axe  die  a- Axe. 

Derselben  Stellung  schliesst  sich  Dana1)  an,  mit  dem  Unter- 
schiede jedoch,  dass  er  dem  Axenkreuze  statt  h die  Flächen  m = 1 1 
zu  Grunde  legt. 

Folgende  Tabelle  zeigt  die  verschiedenen  Bezeichnungen  der 
Flächen  und  die  von  den  einzelnen  Autoren  angegebenen  Verhältnisse 
der  Axen  in  der  Reihenfolge,  dass  die  1.  Axe  die  ist,  welche  bei  den 
Krystallen  keine  Normalfläche  hat,  die  2.  Axe  die  Normale  von  o und 
die  3.  diejenige  von  r. 


A.  Sadebeck  und  Naumann 

Axen: 


Meyn  und  Rammeisberg 


a:b:c  = 0-6213  : 1-0964  : 1 


C 


1 : 0-8878  : 0-81202 

1-2319  : 1-0931  : 1 


Flächen 


u u.  s 

= («  : oob  : c ) = P°°  ■ 

(oo«  ; b : 2c) 

m 

= (°o«  :b  : c)  — Po o 

(a  : c ob  : c) 

h 

~ (oo a : b : 2c)  = 2Po£  ■ 

(a  : oob  : 2c) 

0 

)8 

8 

II 

8 

(a  : oob  : °°c) 

r 

= (oo«  : <x>b  : c)  — OP  • • 

(o ofl  : oob  : c) 

V 

= («  : 1!^b  : coc)  — oo pY 

(a  : b : °oc) 

t 

= (a  : 1 /2b  : c ) = 2IJ2  • 

(a:b:  2c) 

Marx 

1-127  : 1 : D835  • • • 

Dana 

0-614  : 0-544  : 1 • • • 

} • • • L2283  : 1-0400  : 

u u. 

rr  (V2a  : b : °oc)  .... 

irl 

VI 

= (x/2 et : ooi  : c)  • • • • 

1 i 

h 

= ( a : o ob  : c) 

Vai 

0 

— (oo«  : °°b  : c)  • * • • 

0 

r 

= ( a : oob  : °oc)  .... 

. . . ...  . . . ii 

P 

= (°°a  :b  : c) 

17 

t 

II 

CH 

1 2 

4.  Typen  tler  Struvit  - Krystalle. 

a)  Hamburger  Struvit. 

Als  I.  Haupttypus,  oktaedrischen  (Fig.  1)  kann  man  die 
grossen  dunklen  Krystalle  betrachten,  welche  an  dem  positiven  Ende 
der  c-Axe  eine  oktaedrische  Endigung  zeigen,  gebildet  vom  Hauptquer- 
und  Längsprisma,  an  dem  negativen  Ende  dagegen  unvollkommener 
ausgebildet  sind,  indem  hier  nur  die  Flächen  des  Querprisma’s  u auf- 
treten.  Diese  Flächen  sind  stark  gestreift  und  bilden  theils  allein  die 


9 Dana,  a System  of  mineralogy,  New-York  und  London  1872. 


[7] 


Ueber  die  Krystallisation  des  Struvits 


119 


Endigung  (Fig.  4),  theils  gehen  sie  in  die  bauchige  Endfläche  über. 
Die  Längsflächen  o sind  sich  mehr  oder  weniger  genähert,  ihr  senk- 
rechter Abstand  ist  aber  meist  kürzer,  als  die  Hauptaxe;  die  über 
ihnen  liegenden  Flächen  des  Längsprismas  m sind  häufig  stärker  ent- 
wickelt, als  die  des  Querprismas  s,  so  dass  die  Krystalle  im  Allgemei- 
nen eher  in  der  Richtung  der  a- Axe,  als  der  der  6-Axe  ausgedehnt 
sind  und  so  übergehen  in  den 

II.  Haupttypus,  den  prismatischen  (Fig.  13),  bei  welchem  am 
-fl-Ende  das  Längsprisma  m stark  ausgedehnt  ist,  das  Querprisma  s 
dagegen  zurücktritt.  Auf  seine  Kosten  erweitern  sich  die  Flächen  des 
untern  Querprismas  u und  gehen  nach  unten  in  die  bauchige  Basis 
über.  Ein  eigenthümlicher  Subtypus  von  dreieckiger  Gestalt  (Fig.  8) 
entsteht  durch  starke  Ausbildung  der  Flächen  u,  denen  unten  die  Basis 
ganz  fehlt;  die  Längsflächen  o sind  einander  sehr  genähert.  Die  diesem 
II.  Typus  angehörigen  Krystalle  sind  gross  und  übertreffen  häufig  die 
des  I.  an  Grösse,  die  Flächen  sind  aber  bei  den  grösseren  Krystallen 
vielfach  zerfressen  und  überhaupt  ungleichmässig  entwickelt. 

Den  III.  Haupttypus,  welcher  am  meisten  die  dem  Struvit 
eigenthümliche  Sargdeckelform  zeigt  (Fig.  6,  7 und  10),  bilden  grössere 
bernsteingelbe  Krystalle.  Dieser  Typus  ist  charakterisirt  durch  die  Aus- 
dehnung nach  der  &-Axe,  also  durch  die  vorwiegende  Entwicklung  des 
Querprismas. 

Die  Flächen  des  Längsprismas  m sind  meist  nur  klein,  so  dass 
die  Krystalle  seitlich  hauptsächlich  von  den  Längsflächen  begrenzt  sind. 

Die  oberen  Flächen  s herrschen  vor,  darunter  u und  zuweilen 
auch  die  schon  erwähnten  vicinalen  Oktaeder  fr  (Fig.  6).  Die  untere 
Endfläche  ist  ziemlich  eben,  nicht  so  bauchig,  wie  bei  dem  I.  u.  II.  Typus. 

Der  IV.  Haupttypus  (Fig.  2)  ist  bezeichnet  durch  das  Auf- 
treten der  Flächen  des  verticalen  Prismas  p und  des  unteren  Längs- 
prismas h,  auch  sind  Andeutungen  des  von  Marx  angegebenen  Oktae- 
ders t vorhanden.  Die  Krystalle  sind  tafelförmig  nach  der  Längsfläche 
und  nähern  sich  zuweilen  durch  Ausdehnen  in  der  Richtung  der  o-Axe 
dem  II.  Typus.  Sie  sind  vollkommen  wasserhell  oder  lichtgelb,  erreichen 
aber  keine  so  bedeutenden  Dimensionen,  wie  die  Krystalle  der  ersten 
drei  Typen;  zu  Messungen  sind  sie  am  besten  geeignet. 

Schon  Ul  ex  macht  auf  die  verschiedenen  Typen  in  verschiedenen 
Lagen  des  Fundortes  aufmerksam.  Nach  ihm  finden  sich  zu  oberst  in 
einer  Tiefe  von  ungefähr  3 Meter,  also  ungefähr  6 Meter  unter  der 
Oberfläche  die  trüben,  schwärzlichen,  vielfach  verunreinigten  Krystalle 
des  II.  Typus.  Hier  liegen  auch  die  klaren  Krystalle  des  IV.  Typus, 
aber  in  einer  besonderen,  eigentümlichen,  pechschwarzen,  glänzenden 
Masse,  welche  in  der  Nähe  von  stark  verfaulten  Holzfragmenten  gefunden 
werden  soll. 

Tiefer  liegen  die  Krystalle  des  I.  Typus,  welche  am  +Ende  klar 
und  durchsichtig  die  deutliche  Spaltbarkeit  nach  der  Basis  schön  er- 
kennen lassen,  am  — Ende  dagegen  durch  fremdartige  Beimengungen 
trübe  und  schwarz  sind.  Schliesslich  in  einer  Tiefe  von  10  Meter  ist 
in  einer  Lettenschicht  die  Lage  der  Krystalle  des  III.  Typus,  welche 
der  ganzen  Masse  nach  klar  sind  und  von  bernsteinartiger  Farbe. 

16* 


120 


A.  Sadebeck. 


[8] 


Die  Vollkommenheit  dieser  Kvystalle  erklärt  Ul  ex  daraus,  dass 
die  Bildung  hier,  in  der  grösseren  Tiefe  ruhiger  vor  sich  ging,  da  die 
von  aussen  eindringenden  Sickerwässer  keinen  schädlichen  Einfluss  aus- 
üben konnten. 

b)  Braunschweiger  Struvit. 

Unter  den  mir  vorliegenden  Krystallen  ist  der  IV.  Typus  am 
häufigsten,  nach  der  Längsfläche  tafelförmige  Krystalle  (Fig.  11  und  12), 
die  Streifung  auf  der  Längsfläche  führt  auch  hier  nach  dem  Längs- 
prisma m,  auf  welches  sie  sich  fortsetzt,  während  die  Flächen  des  ver- 
ticalen  Prismas  p glatt  und  glänzend  sind.  Bei  einigen  Krystallen  tritt 
der  Hemimorphismus  sehr  zurück  und  ist  zuweilen  gar  nicht  wahr- 
nehmbar, so  stellt  Fig.  11  einen  Krystall  dar,  bei  welchem  die  Flächen 
m oben  und  unten  erscheinen.  In  den  meisten  Fällen  jedoch  ist  am 
unteren  Ende  eine  etwas  bauchige  Endfläche  ausgebildet  mit  unter- 
geordneten Flächen  u,  am  oberen  Ende  s mit  glänzenden  Flächen. 
(Fig.  12.) 

Tritt  das  verticale  Prisma  sehr  zurück,  so  sind  die  Flächen  u, 
welche  allmählig  in  r übergehend  eine  gekrümmte  Fläche  darstellen 
und  oben  von  s abgelöst  werden,  meist  stark  ausgebildet.  Herrscht  s 
vor,  so  sind  die  Krystalle  den  Hamburgern  des  III.  Typus  vergleichbar, 
unterscheiden  sich  aber  wesentlich  dadurch,  dass  sie,  nach  der  Längs- 
fläche tafelförmig,  ihre  Hauptausdehnung  in  der  Richtung  der  a- Axe 
haben.  Krystalle  von  der  Gestalt  (Fig.  13),  denen  s fehlt,  entsprechen 
genau  dem  II.  Hamburger  Typus,  und  nähern  sich  dem  triangulären, 
unterscheiden  sich  aber  dadurch,  dass  die  Flächen  u am  negativen 
Ende  keine  Kante,  sondern  eine  Wölbung  bilden.  Diese  Ausbildung  ist 
häufig  bei  den  Zwillingen  (Fig.  14,  16  und  17). 

Den  eigentlichen  III.  und  I.  Typus  der  Hamburger  Krystalle  habe 
ich  nicht  gesehen. 


c)  Guanit  Tesche'macher’s. 

Nach  der  im  Philos.  Magaz.,  III.  Ser.,  Bd.  XXVIII  von  Tesche- 
macher gegebenen  Krystallskizze  und  Liste  der  gemessenen  Winkel 
haben  die  Krystalle  am  meisten  Aehnlichkeit  mit  dem  IV.  Hamburger 
Typus.  Der  Prismenwinkel  m/m,  von  57°  30'  stimmt  gut  zu  dem  Winkel 
h/h,  Teschemac her’s  Fläche  f mit  r,  h mit  o überein.  Diese  Flächen 
aus  der  Zone  der  n- Axe  sind  die  herrschenden,  sie  werden  begrenzt 
von  den  Flächen  e und  c,  von  denen  die  ersteren  einem  Oktaeder  an- 
gehören. Krystallskizze  und  Winkelangaben  sind  zu  unvollständig,  als 
dass  man  weitere  Vergleiche  anstellen  könnte. 

d)  Mikroskopische  Krystalle  des  sogenannten  Tripel- 
phosphates. 

Roh  in  und  V erd  eil  (s.  o.)  bilden  auf  Taf.  VII  eine  Reihe  von 
Krystallen  des  Tripelphosphates  ab,  welche  nach  der  eigenthümlichen 


[9] 


Ueber  die  Krystallisation  des  Struvits. 


121 


Sargdeckelform  am  meisten  mit  dem  I.  und  III.  Hamburger  Typus 
vergleichbar  sind,  einzelne  eigenthümlich  dreieckige  Formen  (III.  c), 
entstanden  aus  dem  Urin  eines  Pferdes,  gleichen  gewissen  Formen  des 
II.  Hamburger  Typus. 

Die  von  C.  Stein  (s.  o.)  dargestellten  Sargdeckelformen  stimmen 
mit  denen  aus  dem  Urin  überein,  sie  liegen  mit  einer  breiten  Fläche 
auf  und  entsprechen  den  auf  o projicirten  Krystallen  (Fig.  11),  sind 
also  Oblongoktaeder  in  Combination  mit  einer  Basis.  Die  "Winkel,  welche 
die  auf  die  Basis  projicirten  Kanten  des  Oblongoktaeders  mit  den  Com- 
binationskanten  bilden,  hat  C.  Stein  u.  d.  M.  gemessen  und  gefunden: 
a = 120—121°,  d = 147—151°. 

Die  analogen  Winkel  bei  Fig.  11  sind  a = 121°  9'  40",  d = 
148°  50'  20",  also  den  Stein’schen  nahestehend.  Nimmt  man  nun 
aber  an,  dass  die  Basis  der  Oblongoktaeder  der  wirklichen  Basis  r, 
nicht  der  Längsfläche  o entspricht,  und  das  Oblongoktaeder  selbst  ge- 
bildet wird  von  den  Flächen  m und  s,  so  werden  die  Winkel  a = 
119°  31'  40"  und  b — 150°  28'  20"  sein.  Auch  diese  Winkel  stimmen 
mit  den  Stein’schen.  Im  ersteren  Falle  würden  die  Krystalle  dem  IV., 
im  letzteren  dem  I.  Hamburger  Typus  angehören.  Der  Umstand,  dass 
Stein  nichts  von  Hemimorphismus  erwähnt,  macht  das  letztere  wahr- 
scheinlicher, da  mit  der  Basis  auf  liegende  Krystalle  die  hemimorphe 
Ausbildung  nicht  erkennen  lassen,  welche  bei  solchen  mit  der  Längs- 
fläche aufliegenden  kaum  fehlen  würde. 


5.  Zwillinge  des  Struvits. 

Zwillinge,  ganz  entsprechend  denen  des  Kieselzinkerzes,  sind  schon 
von  Marx  beschrieben.  Das  Gesetz  lautet:  „Zwillingsaxe  eine  Neben- 
axe“,  wobei  es  gleichgiltig  ist,  ob  man  die  a-  oder  b- Axe  als  Zwillings- 
axe  betrachtet.  Die  beiden  Individuen  des  Zwillings  haben  vollkommen 
parallele  Axen,  aber  das  positive  Ende  der  c-  Axe  des  einen  liegt  da, 
wo  das  andere  das  negative  hat  und  umgekehrt.  Zusammensetzungs- 
fläche ist  die  Basis  und  je  nachdem  dieselbe  dem  oberen  oder  unteren 
Ende  angehört,  kann  man  zwei  Arten  von  Zwillingen  unterscheiden; 
bei  den  Hamburger  Zwillingen  (Fig.  5)  ist  — r die  Zusammensetzungs- 
fläche, bei  den  Braunschweiger  (Fig.  13)  dagegen  +r.  In  beiden  Fällen 
wird  durch  die  Zwillingsbildung  der  Hemimorphismus  ausgeglichen  und 
die  Zwillinge  zeigen  holoedrische  Symmetrie. 

Fig.  5 stellt  einen  Hamburger  Zwilling  dar,  dessen  Individuen 
dem  prismatischen  II.  Typus  augehören,  die  Längsflächen  fallen  an  der 
Zwillingsgrenze  in  eine  Ebene  und  die  Flächen  u bilden  einspringende 
Winkel,  Wären  an  Stelle  von  u nur  die  Flächen  s vorhanden,  so 
würde  der  einspringende  Winkel  fortfallen  und  die  Flächen  s ein  voll- 
flächiges Querprisma  bilden. 

Bei  den  Braunschweiger  Zwillingen  dagegen  stossen  die  s-Flächen 
an  der  Zwillingsgrenze  unter  einspringenden  Winkeln  zusammen  (Fig.  15), 
desgleichen  die  «»-Flächen,  eine  schmale  Rinne  bildend  (Fig.  14),  an 
welcher  die  Zwillingsgrenze  auf  den  in  eine  Ebene  fallenden  Längs- 


122 


A.  Sadebeck. 


[10] 


flächen  leicht  zu  erkennen  ist.  Die  Flächen  s fehlen  häufig  ganz  und 
es  sind  nur  die  negativen  Flächen  u vorhanden,  welche  mit  der  End- 
fläche intermittirend  eine  gewölbte  Fläche  bilden  (Fig.  17),  so  dass  der 
Zwilling  an  beiden  Enden  der  Hauptaxe  von  den  gewölbten  Flächen 
begrenzt  ist. 

Von  der  vollkommen  regelmässig  gedachten  Ausbildung  weichen 
die  natürlichen  Zwillinge  zunächst  darin  ab,  dass  die  beiden  Individuen 
eine  verschiedene  Grösse  haben,  dann  aber  zuweilen  auch  darin,  dass 
sie  gegen  einander  verschoben  sind,  so  dass  die  der  Zusammensetzungs- 
fläche entsprechende  Basis  des  einen  Individuums  über  die  des  anderen 
herausragt  und  umgekehrt  (Fig.  16). 

Unter  den  mikroskopischen  Krystallen  des  Ammonium-Magnesium- 
Phosphates  erwähnt  Stein  eigentümliche  Andreaskreuz-ähnliche  Formen, 
welche  sich  von  den  einfachen,  rechteckig  tafelförmigen  Kryställehen 
dadurch  unterscheiden,  dass  an  den  Mitten  aller  vier  Seiten  des  Recht- 
eckes  einspringende  Winkel  zur  Erscheinung  kommen.  Diese  Formen 
könnten  eventuell  Durchwachsungszwillinge  sein,  erklären  sich  aber 
auch  leicht  durch  parallele  Verwachsung  und  unvollkommene  Ent- 
wicklung. 

6.  Aetzung  der  Struvite  von  Hamburg. 

Es  wurden  Krystalle  des  I.  Typus  mit  stark  verdünnter  Essig- 
säure behandelt,  welche  schon  nach  fünf  Minuten  deutlich  eingewirkt 
hatte.  Auf  den  vorher  glatten  Flächen  m erscheinen  parallel  der  Kante 
mim  mikroskopisch  feine  Streifen,  auf  s winzige  Vertiefungen,  von 
kleinen  glänzenden  Flächen  gebildet.  Nach  weiteren  fünf  Minuten  wurden 
schiefe  Abstumpfungen  der  Kanten  m/s  sichtbar,  welche  mit  m den 
stumpfen  Winkel  bildeten,  aiso  vicinalen  Oktaedern  v angehörten,  deren 
stumpfe  Endkante  über  m lag.  Bei  fortgesetzter  Aetzung  wurden  die 
Flächen  immer  grösser  und  flacher  gegen  m geneigt.  Der  Umstand, 
dass  sie  an  allen  Kanten  gleichmässig  zur  Erscheinung  kamen,  beweist, 
dass  der  Struvit  nicht  tetraedrisch  ist. 

Da  die  Sectionslinien  der  Flächen  v in  den  Kantenzonenpunkten 
m/s  liegen,  also  durch  die  Zonenpunkte  x = a,  y = b gehen,  so  ist 
das  allgemeine  Zeichen  der  Oktaeder: 

(m  a : , b : c.) 

Die  Unbekannte  m lässt  sich  aus  dem  Winkel,  welchen  v mit 
der  Fläche  m bildet,  berechnen.  Dieser  Winkel  wurde  mit  Lichtreflexen 
gemessen  und  betrug  nach  1.  Aetzung  163°,  nach  2.  172°.  Demnach 
wird  das  Zeichen  für 

v n.  d.  1.  Aetzung  = (2l/4  «• : 21/ 17  b : c)  oder  abgerundet  ( 5 a : ö/4  b : c) 

„ „ „ 2.  „ = (21/2  a : 21/19  b:c)  „ „ (\\a:  u/10  b : c) 

Die  durch  weitere  Aetzung  erhaltenen  Flächen  waren  gewölbt,  so 
dass  keine  irgendwie  zuverlässigen  Messungen  angestellt  werden  konnten. 
Zugleich  änderten  die  Flächen  m und  s selbst  ihre  Neigung  gegen- 
einander, die  Winkel  der  Kanten  mjm  und  s/s  in  c wurden  stumpfer. 


[11] 


Uebei'  die  Krystallisation  des  Struvits. 


123 


Diese  Veränderungen  bei  starker  Aetzung  mathematisch  zu  bestimmen 
war  wegen  der  trüben  Beschaffenheit  der  geätzten  Flächen  nicht  möglich. 
Ausser  an  den  Kanten  m/s  bildeten  sich  auch  an  ojs  und  s/'u  Ab- 
stumpfungsflächen, jedoch  weniger  scharf  und  gewölbt. 

Ferner  wurden  Krystalle  geätzt,  an  denen  eine  Fläche  +r  ange- 
schliffen war.  Die  angeschliffene  Fläche  erhielt  zunächst  Streifen  parallel 
der  Kante  m/m.  Diese  Streifen  lösten  sich  unter  dem  Mikroskop  in 
Rechtecke  (Fig.  3)  auf,  deren  längere  Seiten  der  a-Axe  parallel  waren. 
Bei  stärkerer  Aetzung  trat  eine  deutliche  Wölbung  der  angeschliffenen 
Basis  ein  und  zwar  parallel  der  b- Axe.  Die  auf  der  Wölbung  sichtbaren 
Hauptreflexe  wurden  von  der  c-Axe  nach  s hin  gemessen  = 173°,  153°, 
143°,  133°,  daraus  wurde  das  Zeichen  der  vicinalen  Querprismen  w 
berechnet  = (13  a:  °°b  : c) 

(3  a : : c ) 

(2a:  °°b  : c) 

(F5  a : °°b  : c). 

Das  letzte  Zeichen  gibt  die  Veränderung  an,  welche  die  Fläche  s 
selbst  in  ihrer  Lage  erlitten  hat,  also  die  Fläche  er,  da  der  Reflex  der 
unveränderten  Fläche  mit  einem  Winkel  von  121°  50'  30“  nicht  mehr 
zur  Erscheinung  kam.  Die  natürlichen  Kanten  und  die  Kanten  r\m  sind 
bedeutend  weniger  angegriffen,  als  rjs.  Dies  ist  ein  ganz  analoges  Ver- 
halten zu  der  Art  des  Aufbaues  von  mechanisch  verletzten  Krystallen,  da 
auch  bei  solchen,  wenn  man  sie  in  eine  Mutterlauge  hängt,  die  Anlagerung 
der  Subindividuen  vornehmlich  an  den  verletzten  Stellen  vor  sicli  geht, 
gewissermassen  um  die  dem  Krystall  fremden  Flächen  zu  entfernen. 

Die  Combinationskanten  von  er  mit  « sind  nicht  geradlinig,  indem 
noch  vicinale  Oktaeder  hinzutreten,  welche  den  unteren  Oktaeder- 
flächen & entsprechen.  Auf  einer  angeschliffenen  Endfläche  — r erscheint 
keine  Streifung  parallel  der  Kante  mit  o,  überhaupt  werden  die 
künstlichen  Kanten  wenig  angegriffen,  was  sich  leicht  daraus  erklärt, 
dass  die  angeschliffene  Fläche  eine  in  dem  Formenkreis  des  Struvits 
häufige  ist. 

Die  Einwirkung  des  Aetzmittels  fand  nicht  nur  an  der  Oberfläche 
statt,  sondern  ging  von  ihr  aus  auch  in  das  Innere  des  Krystalls.  Es 
bildeten  sich  hohle  Canäle  von  nahezu  geradlinigem  Verlauf,  welche  in 
der  Nähe  von  -\-r  nahezu  parallel  der  Kante  m/o  liefen,  von  — r nach 
u hin  convergirten,  aber  nahezu  der  Kante  u\r  parallel.  Je  mehr  sich 
diese  Canäle  ausdehnten  und  je  zahlreicher  sie  wurden,  desto  mehr 
erhielten  die  Krystalle  ein  zerfressenes  Aussehen  und  verloren  zuletzt 
ganz  ihre  äussere  Form. 

Die  Auflösung  der  Struvit-Krystalle  erfolgt  also  in  ganz  ähnlicher 
Weise,  wie  die  Umwandlung  z.  B.  der  Olivinkrystalle  in  Serpentin, 
welche  man  in  verschiedenen  Entwicklungsstadien  leicht  u.  d.  M.  beob- 
achten kann. 


7.  Gestalt  der  SuMndividiien. 

Wie  bei  den  Krystallen  überhaupt  geben  uns  auch  hier  die  Aetz- 
erscheinungen  einen  Einblick  in  die  Gestalt  der  Subindividuen  niederer 


124 


A.  Sadebeck. 


[12] 


Stufe.  Die  deutlichsten  Aetzeindrücke,  die  auf  der  angeschliffenen  Fläche 
+r,  sind  gebildet  von  vicinalen  Quer-  und  Längsprismenflächen,  von 
denen  die  ersten  stärker  ausgebildet  auch  auf  den  Flächen  m wieder 
zur  Erscheinung  kommen,  während  die  Querprismenflächen  kleiner,  sich 
mit  Sicherheit  auf  s nicht  nachweisen  liessen.  In  den  Aetzeindrücken 
spiegelten  Flächen  mit  den  Aetzflächen  ein,  welche  die  Abstumpfungs- 
flächen  der  Kanten  m/s  sind,  somit  sind  auch  vicinale  Oktaederflächen 
als  Flächen  der  Subindividuen  zu  betrachten,  dasselbe  gilt  von  den 
Abstumpfungen  der  Kanten  s/o. 

Die  Flächen  w und  n sind  vicinale  Scheinflächen  und  lassen  den 
Aufbau  aus  Subindividuen  deutlich  erkennen. 

Auf  den  frischen  Flächen  kann  man  nur  in  seltenen  Fällen  deut- 
liche Flächen  an  den  Subindividuen  wahrnehmen,  da  dieselben  meist 
in  Form  von  verschwommenen  Höckern  und  Schmissen  zur  Erscheinung 
kommen.  Einzelne  Hamburger  Krystalle  sind  jedoch  durch  gut  aus- 
gebildete Subindividuen  niederer  Stufe  ausgezeichnet. 

1.  Auf  den  Flächen  o kommen,  abgesehen  von  den  parallel  der 
«-Axe  verlaufenden  Schmissen,  welche  von  vicinalen  Längsprismen  her- 
riihren,  Subindividuen  von  der  Fig.  9 gezeichneten  Gestalt  vor.  Die- 
selben sind  begrenzt  von  einem  oberen  vicinalen  Längsprisma  p.,  einem 
desgleichen  unteren  p,  einem  nach  s hinüberführenden,  vicinalen 
Oktaeder  c und  einem  desgleichen  t,  welches  in  die  Zone  der  Kanten 
o/u  fällt. 

Da  die  vicinalen  Längsprismen  herrschen,  so  ist  die  Zone  der 
a-Axe  als  die  tektonische  Hauptzone  zu  betrachten. 

Diese  Zone  ergibt  sieb  auch  aus  den  Aetzerscheinungen,  indem 
die  ihr  augehörigen  Flächen  auf  der  angeschliffenen  Endfläche  +r 
herrschen.  Auf  der  ungeschliffenen  Fläche  — r trat  diese  Zone  nicht 
hervor,  es  ist  also  eine  Zone,  welche  vom  positiven  Ende  ausgehend, 
nach  dem  negativen  hin  verkümmert,  so  dass  man  sie  als  charakteri- 
stisch für  das  positive  Ende  betrachten  muss.  Damit  in  Zusammenhang 
steht  auch  das  verhältnissmässig  seltenere  Auftreten  des  unteren  Längs- 
prismas  h. 

2.  Auf  — r erscheinen  zunächst  einfache  Streifen  parallel  der 
Kante  mit  w,  welche  sich  auch  auf  u fortsetzen,  indem  r und  u viel- 
fach intermittiren,  es  herrscht  also  die  Zone  der  b- Axe.  Bei  den  grossen 
bernsteingelben  Krystallen  des  III.  Typus  treten  auf  r und  u vicinale 
Oktaeder  auf,  welche  vicinalen  Zonen  der  7>-Axe  angehören  (Fig.  6). 
Diese  Flächen  begrenzen  die  s-Flächen  in  scharfen  Kanten  und  sind 
nach  r hin  verschwommen,  so  dass  letztere  Fläche  gewölbt  erscheint. 

Die  Flächen  s liessen  keine  bestimmteren  Subindividuen  erkennen 
und  auf  der  angeschliffenen  Fläche  +r  treten  die  vicinalen  Querprismen 
sehr  zurück.  Die  Zone  der  b- Axe  gehört  also  zumeist  dem  negativen 
Ende  an  und  verkümmert  nach  dem  positiven  hin,  gerade  umgekehrt 
wie  die  Zone  der  «-Axe,  die  obere  Basis  fällt  somit  in  die  Zone  der 
«-Axe,  die  untere  in  die  der  b- Axe.  Damit  stimmt  auch  das  Verhalten 
der  Krystalle  mit  angeschliffener  positiver  Basis  bei  Aetzung  überein. 
Da  diese  Fläche  der  Zone  der  b- Axe  fremd  ist,  so  treten  an  ihrer 
Stelle  vicinale  Querprismen  auf,  welche  sich  aus  dem  Bestreben,  die 


[13] 


Ueber  die  Krystallisation  des  Struvits. 


125 


Fläche  verschwinden  zu  lassen,  erklären ; vicinale  Längsprismen  dagegen 
kommen  nicht  oder  mehr  untergeordnet  zur  Erscheinung,  weil  die  obere 
Endfläche  in  ihre  Zone  gehört. 


8.  Bau  der  Krystalle. 

Nimmt  man  an,  dass  durch  Einigung  der  Subindividuen  niederer 
Stufe  sich  zunächst  die  Flächen  m und  s am  +Ende  bildeten,  so  wird 
eine  Fortbildung  in  der  Zone  der  ö-Axe  sich  hauptsächlich  auf  das 
negative  Ende  erstrecken,  eine  in  der  Zone  der  a-Axe  dagegen  auf  das 
positive.  Bei  den  sehr  vollkommen  ausgebildeten  Krystallen  des  II.  Typus, 
welche  nach  Ul  ex  ihre  Entstehung  einer  ruhigen  Bildung  verdanken, 
war  die  tektonische  Hauptaxe  die  b-Axe  und  die  Zone  dieser  Axe 
gelangte  am  negativen  Ende  durch  — r,  als  tektonische  r-Fläche,  zum 
Abschluss,  wobei  sich  zugleich  Flächen  aus  vicinalen  Zonen  bildeten. 
Die  «-Axe  ist  hier  als  tektonische  Nebenaxe  zu  betrachten,  die  Flächen 
ihrer  Zone  sind  durch  die  der  Zone  der  ö-Axe  getrennt,  die  Längsfläche 
ist  die  herrschende  und  macht  sich  als  tektonische  Fläche  geltend. 
Auch  bei  den  reinsten  Krystallen,  denen  des  IV.  Typus,  ist  die  Längs- 
fläche tektonische  Fläche  und  zwar  tektonische  Hauptfläche,  die  Zone 
der  «-Axe  herrscht,  dann  folgt  die  der  c-Axe  und  die  der  5-Axe  tritt 
zurück. 

In  letzterer  Hinsicht  stimmt  die  Tektonik  mit  den  Krystallen  des 
II.  Typus,  welche  sich  aus  sehr  unreiner  Mutterlauge  gebildet  haben 
und  zwar  rasch,  da  sie  reichlich  Tlieile  derselben  einscliliessen.  Das 
Zurückbleiben  der  Bildung  in  der  Zone  der  b- Axe  thut  sich  schon 
dadurch  kund,  dass  die  Flächen  s häufig  Vertiefungen  zeigen,  und  ein- 
gefallen erscheinen  (Fig.  4),  diese  Vertiefungen  setzen  sich  auch  auf  u 
fort,  welche  Flächen  am  — Ende  keine  scharfen  Kanten  bilden,  sondern 
gewissermassen  ausgehöhlt  erscheinen,  wobei  im  Innern  der  Höhlung 
— r zur  Erscheinung  kommt.  Am  meisten  macht  sich  die  ct-Axe  als 
tektonische  Hauptaxe  und  die  Längsfläche  als  tektonische  Hauptfläche 
bei  den  dreiseitigen  Krystallen  des  II.  Typus  (Fig.  8)  geltend,  bei 
welchen  die  Flächen  aus  der  Zone  der  a- Axe  fast  ganz  verdrängt 
werden  und  die  Subindividuen  in  o zu  Schalen  geeinigt  sind,  die  sich 
vielfach  hypoparallel  bedecken.  Von  diesen  Krystallen  sagt  Ul  ex,  dass 
sie,  als  zu  oberst  liegend,  den  meisten  Störungen  ausgesetzt  waren, 
woraus  sich  ihr  vielfach  zerfressenes  Aussehen  erklärt. 

Schliesslich  bei  den  Krystallen  des  I.  Typus  scheinen  beide  tek- 
tonische Zonen  ungefähr  gleichmässig  zur  Ausbildung  gelangt  zu  sein, 
obwohl  öfters  ein  Zurückbleiben  der  Fortbildung  in  der  Zone  der  ö-Axe 
wahrnehmbar  ist,  und  zwar  an  unvollkommener  Ausbildung  der  s-Fläche, 
welche  darin  besteht,  dass  entweder  die  Mitte  der  Fläche  rauh  ist  oder 
an  der  Kante  sjm  Vertiefungen  vorhanden  sind,  wie  es  Fig.  4 zeigt. 


Mineralogische  Mitteilungen.  1877.  2.  Heft.  (A.  Sadebeck.) 


17 


126 


A.  Sadebeck. 


[14] 


9.  Resultate. 

Als  die  wichtigsten  Resultate  sind  folgende  her vorzuh eben : 

1.  Die  Hauptspaltbarkeit  geht  parallel  der  Basis,  eine  zweite 
Spaltbarkeit  parallel  der  Längsfläche  ist  unvollkommener. 

2.  Die  Gestalt  der  direct  zur  Erscheinung  kommenden  oder  durch 
Aetzung  erhaltenen  Subindividuen  beweist,  dass  der  Struvit  nicht 
tetraedrisch  ist. 

3.  Die  Winkel  der  Krystalle  sind  veränderlich  und  zwar  am 
meisten  in  der  Zone  der  «-Axe,  weniger  in  der  der  b- Axe. 

4.  Durch  Aetzung  entstehen  nicht  nur  Eindrücke  auf  den  Flächen 
und  Abstumpfungsflächen  der  Kanten,  sondern  die  Flächen  selbst  ändern 
ihre  Lage. 

5.  Der  Struvit  hat  dreierlei  tektonische  Zonen,  welche  durch  die 
drei  Grundaxen  bestimmt  sind.  Von  diesen  sind  in  zweien,  denen  der 
a-  und  b- Axe  die  Flächen  hemimorphisch  entwickelt,  in  der  Art,  dass 
die  Flächen  der  «-Axe  vorwiegend  dem  negativen  Ende  angehören,  die 
der  ö-Axe  dagegen  dem  positiven,  die  Zone  der  e-Axe  hat  ringsum 
gleiche  Beziehungen. 


IV.  Die  Porphyre  und  Grünsteine  des  Lennegebietes 

in  Westphalen. 


Von  Hermann  Bruno  Mehner. 


I.  Allgemeines,  Historisches  und  Geologisches. 

Das  in  vorliegender  Arbeit  einer  Untersuchung  unterworfene  Mate- 
rial gehört  einer  Gegend  an,  deren  geologische  Verhältnisse  und  deren 
Gesteine  seit  der  ausgezeichneten  Abhandlung  des  Herrn  Oberberg- 
hauptmanns v.  Dechen  über  jenes  Gebiet  das  höchste  Interesse  der 
Geognosie  in  Anspruch  nehmen.  Letzteres  wird  besonders  hervorgerufen 
durch  gewisse  Gesteine,  welche  ihrer  Zusammensetzung  und  ihrem 
ganzen  Habitus  nach  entschieden  zu  den  Eruptivgesteinen  zu  gehören 
scheinen,  dieser  Annahme  aber  durch  die  zu  beobachtenden  geologischen 
Verhältnisse  und  Beziehungen,  theils  durch  das  ausgezeichnet  lagerhafte 
Auftreten  zwischen  den  entschieden  sedimentären  Schichten  des  Neben- 
gesteins, theils  durch  einen  allmähligen  Uebergang  in  die  Schichten 
des  devonischen  Schiefergebirges  vollständig  zu  widersprechen  scheinen. 
Diese  Verhältnisse  sind  zum  Angelpunkt  einzelner  für  die  Geognosie 
sehr  wichtiger  Theorien  geworden.  Namentlich  die  Gegner  des  Pluto- 
nismus haben  jene  Vorkommnisse  mit  mehr  oder  weniger  Erfolg  sich 
zu  nutze  und  zum  Stützpunkt  ihrer  Hypothesen  zu  machen  versucht. 
Begegnen  wir  daher  in  fast  allen  geognostischen  Werken  einer  mehr 
oder  weniger  ausführlichen  Besprechung  dieser  Verhältnisse,  so  ist  doch 
trotzdem  in  den  letzten  Jahrzehnten  seit  den  ersten,  sehr  speciellen 
Forschungen  seitens  des  Plerrn  Oberberghauptmannes  v.  Dechen  in 
jener  Gegend  wenig  oder  eigentlich  gar  nichts  weiter  in  der  Unter- 
suchung jener  Gesteine  und  ihrer  Beziehungen  zu  den  Nachbargesteinen 
geschehen,  was  in  erster  Linie  seinen  Grund  in  der  grossen  Unzugäng- 
lichkeit jener  Gegend  Westphalens  haben  mag,  welch’  letztere  zugleich 
eine  der  unwirthlichsten  von  ganz  Deutschland  ist. 

Es  sei  gestattet,  zur  näheren  Orientirung  eine  kurze  Schilderung 
der  in  Betracht  kommenden  geologischen  Verhältnisse  und  der  Art 
und  Weise  des  Auftretens  der  Eruptivgesteine  der  Lennegegend  hier 

Mineralogische  Mittheilungen.  1877.  2.  Heft.  (Mehner.)  1 * * 


128 


H.  B.  Mehner. 


[2] 


folgen  zu  lassen,  wie  sie  der  gründlichste  Kenner  jener  Gegend,  Herr 
Oberberghauptmann  v.  Dechen  geboten  hat. ])  Derselbe  sagt  darüber : 
„In  dem  Bereiche  der  Grauwackengruppe  (Devonformation)  treten  in 
gewissen  Zügen  plutonische  Gebirgsarten  auf,  die  in  einer  näheren 
Beziehung  zu  den  sie  umgebenden  Schichten  stehen.  Grosse  Theile 
dieses  Gebirges  sind  ganz  frei  davon,  während  andere  damit  erfüllt 
sind.  So  treten  diese  plutonischen  Gebirgsarten  in  dem  Umfange  der 
unteren  Grauwacke  (Unterdevon)  nur  allein  in  der  nordöstlichen  Spitze 
bei  Birkelbach  und  Schameder  an  drei  Punkten  auf;  in  dem  ganzen 
übrigen  Raume  ist  aber  nichts  davon  bekannt.  Dagegen  finden  sie  sich 
in  dem  der  mittleren  Abtheilung  der  Grauwackengruppe  (Mitteldevon) 
angehörenden  Lenueschiefer  sehr  zusammengedrängt,  auf  der  Nordseite 
der  unteren  Abtheilung  und  südlich  von  dem  mit  der  oberen  Abthei- 
lung erfüllten  Becken  zwischen  Schönhalthausen  und  Meggen,  welcher 
Raum  durch  die  Endpunkte  Iseringhausen , südwestlich  von  Olpe, 
Schmallenberg  und  Rospe  bezeichnet  wird.*  2)  Sehr  zerstreut  kommen 
dieselben  plutonischen  Gebirgsarten  auf  der  Nordseite  desselben  Beckens 
zwischen  Niedergenkel  und  Hagen,  südlich  von  Allendorf  vor.  So  wird 
das  Becken  von  Schönholthausen  und  Meggen  auf  beiden  Seiten  von 
Zügen  dieser  plutonischen  Gebirgsarten  begleitet.  Ara  wichtigsten  ist 
der  Zug,  den  sie  auf  der  Grenze  der  mittleren  und  oberen  Abtheilung 
der  Grauwackengruppe  und  innerhalb  dieser  letzteren  von  Oberberge 
bis  Giershagen  bilden.  Diese  Gesteine  folgen  hier  vielfach  dem  Streichen 
der  Gebirgsschichten.  Das  Vorkommen  derselben  im  Allgemeinen  ist 
ein  sehr  verschiedenes;  sie  bilden  (doch  selten)  Gänge,  indem  sie  bei 
geringer  Mächtigkeit  die  Gebirgsschichten  durchsclmeiden ; oder  Durch- 
brüche, wo  sie  in  kleineren  Partien  und  in  grösseren  Massen  unabhän- 
gig von  den  Schichten  auftreten;  oder  endlich  Lager,  die,  soweit  die 
Beobachtung  zu  urtheilen  verstattet,  sich  dem  Verbände  der  Schichten 
einfügen.  Die  Längenerstreckung  beinahe  aller  dieser  Partien  stimmt 
wesentlich  mit  dem  Streichen  der  Gebirgsschichten  überein.“ 

Auch  der  Porphyr  der  Bruchhausener  Steine  am  Isenberge  zwi- 
schen Bruchhausen  und  Elleringhausen  gehört  hierher. 3)  Dieses  Vor- 
kommen ist  am  weitesten  gegen  NO.  vorgeschoben  und  ziemlich  ent- 
fernt von  allen  übrigen.  Der  Porphyr  ragt  an  dieser  Stelle  in  fünf 
grossen  Felsmassen  bis  zu  500  Fuss  Höhe  aus  dem  umgebenden  Thon- 
schiefer hervor.  Die  Schichten  des  letzteren  schneiden  an  dem  Porphyr 
ab,  welcher  sich  gangförmig  oder  wie  ein  Durchbruch  verhält.  Sehr 
merkwürdig  sind  aber  grosse  Keile  von  Thonschiefer,  welche  in  diesem 
Porphyr  so  eingeschlossen  sind,  dass  sie  eine  mit  der  umgebenden 


’)  Verhandlungen  des  naturhistorischen  Vereines  d.  pr.  Rheinlande  und  West- 
phalens.  2.  Heft.  1855.  pag.  190.  — Karsten’s  und  v.  Dechen’s  Archiv  f.  Min. 
u.  Geognosie.  Bd.  XIX.  pag.  367  ff. 

2)  Zur  Orientirung  diene  die  dem  XIX.  Bd.  des  Archivs  beigegebene  Karte. 
Ferner:  „Geologische  üeb  er  sichtskarte  des  Rheinlandes  und  Westphalens“,  von 
Dr.  v.  Dechen. 

s)  Noeggerath,  Die  Bruchhauser  Steine  am  Isenberge,  im  Regierungsbezirk 
Arnsberg.  Karsten’s  Archiv.  IH.  Bd.  pag.  95  ff.  — Noeggerath,  Das  Gebirge 
von  Rheinland  und  Westphaleu.  III.  Bd.  1824. 


Die  Porphyre  und  Grünsteine  des  Lennegebietes  in  Westphalen. 


129 


Masse  übereinstimmende  Schieferung  zeigen.  In  diesem  Thonschiefer 
stellen  sich  viele  kleine  Punkte  und  Flecke,  sowie  grössere  Partieen 
von  Feldspathsubstanz,  beziehentlich  Porphyrmasse  ein,  die  nach  und 
nach  überwiegend  werden.  Je  mehr  sie  überhand  nehmen,  um  so 
höckeriger  und  unebener  werden  die  Schieferungsflächen  des  Thon- 
schiefers. „Indem  sie  näher  nach  dem  Porphyr  zu  an  Menge  und  Grösse 
zunehmen,  gewahrt  man  deutlich  an  dem  Querbruch,  dass  der  Thon- 
schiefer gar  nicht  mehr  der  vorwaltende  Theil  des  Gesteins  ist:  weisse, 
eckige,  scharfkantige  und  fragmentähnliche,  sowie  rundliche,  längliche 
Massen  von  der  Grösse  mehrerer  Linien  nehmen  bis  zu  drei  Viertel 
der  ganzen  Bruchfläche  ein.  Das  Gestein  ist  noch  schiefrig  und  sieht 
auf  den  Schieferungsflächen  ganz  thonschieferartig  aus.  Diese  Einschluss- 
massen werden  allmählig  zu  zoll-  bis  fussgrossen  Brocken  von  solcher 
Häufigkeit,  dass  die  schwarze  Masse  des  Schiefers  nur  noch  als  schwache 
Streifen,  als  Adern  und  Trümmer  darin  erscheint,  bis  sich  zuletzt 
auch  diese  verlieren  und  damit  der  Uebergang  in  Felsitporphyre  voll- 
endet ist.“ 

Mit  Recht  hebt  v.  Dechen  das  hohe  Interesse  hervor,  welches 
ein  derartiger  Uebergang  eines  allem  Anschein  nach  eruptiven  Gesteins 
in  die  geschichteten  Ablagerungen  eines  zweifellos  sedimentären  Gesteins 
mit  Bezug  auf  die  Bildungsverhältnisse  des  ersteren  haben  muss.  Der- 
artige Uebergänge  in  Sedimentärgesteine  wurden  vor  Allem  für  die 
schiefrigen  Feldspathporphyre  und  für  die  als  Schalsteine  bezeichneten 
Gesteine  festgestellt. 

Es  soll  nun  zunächst  auf  die  Untersuchung  der  Porphyre  einge- 
gangen werden,  auf  welche  sodann  die  Beschreibung  der  Schalsteine 
und  Grünsteine  folgen  wird. 

v.  Dechen  scheidet  sämmtliche  Porphyre  der  Lennegegend  hin- 
sichtlich ihrer  Structur  in  drei  Abtheilungen : Ein  Theil  derselben  zeigt 
„im  Kleinen  und  Grossen  ein  massiges  nach  allen  Richtungen  gleiches 
Gefüge;  ein  Theil  dagegen  ein  deutlich  schiefrigflasriges  Gefüge  und 
die  Hauptmassen  zwischen  Brachthausen  und  Oberhundem  vorzugsweise 
ein  versteckt  schiefriges  Gefüge,  welches  bisweilen  nicht  bemerkt  werden 
würde,  wenn  die  deutlichen  Abänderungen  nicht  vorlägen,  und  welches 
sich  durch  ein  verschiedenes  Ansehen  des  Querbruchs  zu  erkennen 
gibt.“  Während  in  denjenigen  Gesteinen,  welche  nur  Feldspathaus- 
scheidungen, aber  keine  solche  von  Quarz  enthalten,  das  schiefrige 
Gefüge  sehr  ausgeprägt  ist,  tritt  es  in  denjenigen,  welche  ausser  Feld- 
spath  auch  Quarz  porphyrisch  ausgeschieden  zeigen,  sehr  zurück.  Ein 
grosser  Theil  der  Porphyre,  vor  Allem  der  schiefrigflaserig  ausgebilde- 
ten, enthält  zahlreiche  Fetzen  und  Bruchstücke  von  Schiefer  einge- 
schossen. Dieselben  nehmen  hin  und  wieder  so  überhand,  dass  der 
Porphyrhabitus  des  Gesteins  nahezu  verwischt  wird  und  man  es  mit 
einer  Arkose  zu  thun  zu  haben  glaubt,  v.  Dechen  sagt  darüber:  „Bei 
weitem  die  wichtigste  Erscheinung  unter  den  hier  betrachteten  Gebirgs- 
arten  sind  die  schiefrigen  Abänderungen  einer  dichten  Feldspatbgrund- 
masse,  theils  mit  krystallinischen  Ausscheidungen  von  Quarz  und  Feld- 
spath,  theils  nur  von  Quarz,  theils  nur  von  Feldspath,  mit  Partien  von 


130 


H.  B,  Mehner. 


[4] 


gewöhnlichem  Schiefer,  wie  er  in  der  Nähe  das  Grauwackengebirge  vor- 
zugsweise zusammensetzt ; glänzende  Ueberzüge  auf  der  Schieferungs- 
fläche, welche  aus  Thonschieferinasse  zu  bestehen  scheinen,  finden  sich 
ganz  besonders  und  beinahe  immer  in  derjenigen  Abänderung,  welche 
nur  krystallinische  Ausscheidungen  von  Feldspath,  mit  Ausschluss  von 
Quarz,  enthält.  In  den  Abänderungen  dagegen,  worin  Feldspath  und 
Quarz  ausgeschieden  sind,  fehlen  gewöhnlich  diese  Schieferpartieen  und 
Flasern,  sie  kommen  nur  an  einigen  Punkten  darin  vor.“ 

Häufig  tragen  die  Partien  und  Flasern  von  Schiefer  ein  derartiges 
Gepräge,  dass  sie  durchaus  nicht  ohne  Weiteres  als  Bruchstücke  eines 
Schiefers  bezeichnet  werden  können;  es  sind  oft  „dünne  Flasern  mit 
gezahnten  und  sich  verlaufenden  Rändern,  keineswegs  in  Formen,  wie 
sie  der  Schiefer  bildet,  der  so  häufig  als  Bruchstück  an  dem  Quarz 
oder  Spatheisenstein  der  Gänge  dieses  Gebirges  vorkommt.  Wenn  die 
Form  dieser  Partien  irgend  mit  einer  Entstehungsart  derselben  in  Ver- 
gleich gestellt  werden  sollte,  so  würde  nur  etwa  anzuführen  sein,  dass 
die  Reste  des  Schiefers  so  aussehen  dürften,  wrelche  in  irgend  ein  Auf- 
lösungsmittel getaucht  worden  wären.“ 

Bezüglich  der  Bildungs weise  dieser  Porphyre  spricht  sich  v.  Dechen 
dahin  aus,  dass  bei  den  massigen  Porphyren,  wie  z.  B.  bei  denen  von 
Olpe,  Pasel,  Wipperfurt,  Ahlbaumer  Ley  etc.,  keine  einzige  Beobach- 
tung vorzuliegen  scheine,  welche  der  Ansicht  widerspräche,  dass  die- 
selben aus  grösseren  Erdtiefen  lange  nach  der  Bildung  der  Schichten 
der  Devonformation  in  diese  eingedrungen  wären,  wenn  sie  auch  nicht 
gerade  deutliche  Beweise  dieses  späteren  Eindringens  in  die  umgebenden 
Gebirgsschichten  zur  Schau  tragen.  Wenn  sich  nun  aus  diesen  massigen 
Porphyren  schiefrige  Gesteine  durch  allmählige  Uebergange  entwickeln, 
welche  Quarz-  und  Feldspath- Ausscheidungen  enthalten,  so  bleibt  hier 
die  grosse  Schwierigkeit  vorhanden,  zu  entscheiden,  wie  weit  für  diese 
gelten  soll,  was  für  die  massigen  Porphyre  nach  guten  und  sicheren 
Gründen  angenommen  werden  kann.  Dagegen  sind  nach  v.  Dechen’s 
Ueberzeugung  die  schieferigen  Porphyre  nur  mit  Feldspath-Ausschei- 
dungen  oder  nur  mit  Quarz-Ausscheidungen,  welche  bestimmt  von  den 
massigen  getrennt  erscheinen  und  bei  denen  kein  Uebergang  in  diese 
erkannt  werden  konnte,  andere  Bildungen  und  ist  nach  ihm  eine  Aus- 
dehnung der  Ansicht  über  die  Entstehung  der  massigen  auf  diese 
nicht  gerechtfertigt.  Bezüglich  des  höchst  interessanten  Vorkommens 
bei  Schameder,  wo  bekanntlich  in  solch’  einem  schieferigen  Feldspath- 
porphyr  das  Schwanzschild  eines  Homalonotus  gefunden  wurde,  von 
welchem  ausdrücklich  betont  wird,  dass  es  keineswegs  in  einem  im  Por- 
phyr eingeschlossenen  Schieferfragment  enthalten  sei,  urtheilt  v.  Dechen, 
dass  es  ausser  allem  Zweifel  stehe,  dass  dieses  Gestein  „nicht  in  einer 
hohen  Temperatur  aus  der  Erdtiefe  gekommen  und  hier  erstarrt“  sein 
könne,  da  dann  das  Auftreten  des  organischen  Restes  in  demselben 
keine  Erklärung  finde. 

Genannter  Forscher  ist  nun  der  Meinung,  dass  nur  folgende  zwei 
Ansichten  möglich  seien,  diese  beobachteten  eigenthümlichen  Erschei- 


Die  Porphyre  und  Grünsteine  des  Lennegebietes  in  Westphalen. 


131 


nungen  an  den  geschichteten,  nur  Feldspath  oder  nur  Quarz  führenden 
Porphyren  zu  erklären : t) 

1.  Der  schieferige  Porphyr  ist  durch  Umwandlung  aus  gewöhn- 
lichen Schichten  der  Devonformation  lange  nach  der  Ablagerung  dieser 
Gebirgsschichten  und  wohl  gleichzeitig  mit  dem  Eindringen  der  massi- 
gen Porphyre  in  die  devonischen  Schichten  enstanden. 

2.  Der  schieferige  Porphyr  ist  gleichzeitig  mit  den  darunter  und 
darauf  liegenden  Schichten  des  Devon  unter  solchen  Verhältnissen  ent- 
standen, dass  Meeresorganismen  darin  eingeschlossen  und  ihre  Reste 
darin  enthalten  bleiben  konnten. 

Die  Ansicht  eines  späteren  massenhaften  Eindringens  des  schiefe- 
rigen Porphyrs  ist  seiner  Meinung  nach  vollständig  zu  verwerfen.  Die 
obige  zweite  Auffassung,  von  der  gleichzeitigen  Entstehung  der  schiefe- 
rigen Porphyre  mit  den  Schichten  des  Devon,  nach  welcher  die  ersteren 
(da  er  von  einer  submarinen,  plutonischen  Bildung  dieser  Gesteine 
ebenfalls  absehen  zu  müssen  glaubt)  wohl  nur  als  eine  Conglomerat- 
bildung  aufzufassen  seien,  erklärt  v.  Dechen  dadurch  wieder  für  ent- 
kräftet, dass  die  porphyrischen  Gemengtheile  dieser  Gesteine  weder 
Bruchflächen,  noch  an  ihrer  Oberfläche  die  Wirkung  einer  Reibung 
zeigen,  also  weder  den  Charakter  von  Bruchstücken,  noch  von  Geschieben 
zeigen.  Gegen  die  erstere  Ansicht  (Entstehung  der  schieferigen  Por- 
phyre aus  Thonschiefern  durch  Umwandlung)  werden  von  ihm  zwar 
ebenfalls  sehr  gewichtige  und  gerechtfertigte  Einwendungen,  vor  Allem 
solche  localen  Charakters*  2)  gemacht,  doch  scheint  ihm  diese  doch  noch 
die  grösste  Wahrscheinlichkeit  für  sich  zu  haben. 

Lossen  theilte  nicht  nur  diese  letztere  Ansicht  hinsichtlich  der 
schieferigflaserigen  Porphyre,  sondern  er  ging  noch  weiter,  er  setzte 
auch  Zweifel  in  die  eruptive  Natur  der  massig  ausgebildeten,  mit  keiner 
deutlichen  oder  mit  versteckter  flaseriger  Structur  und  ohne  Schiefer- 
flasern. Auf  die  Bemerkung  v.  Dechens,  dass  diese  letzteren  Gesteine 
genau  dieselben  Massen  wie  die  Elvangänge  im  Killas  von  Cornwall, 
wie  die  Porphyrgänge  im  Gneisse  von  Freiberg  seien,  und  wenn  sie 
auch  nicht  die  deutlichen  Beweise  ihres  späteren  Eindringens  in  die 
umgebenden  Gebirgsschichten  wie  diese  an  sich  trügen,  sich  doch  aus 
der  Analogie  dasselbe  schliessen  lasse,  da  das  Gegentheil  durch  nichts 
begründet  sei,  entgegnet  Lossen3),  dass  er  sich  dieser  Ansicht  nicht 
anschliessen  könne,  „da  der  durch  v.  Dechen  selbst  hervorgehobene, 
allerwärts  zu  beobachtende  innige  petrographische  Zusammenhang  zwi- 
schen den  massigen  und  den  versteckt,  d.  h.  nur  der  Structur  nach 
oder  den  durch  eingemengte  Thonschieferflasern  schieferigen  Porphyr- 


*)  Bergmeister  Schmidt  bezeichnete  diese  Gesteine  als  „einen,  dem  Schal- 
stein sehr  nahe  stehenden  Thonschiefer,  vollständig  in  Feldspathporphyr  übergehend.“ 
Der  Oberbergrath  Erbreich  spricht  von  Thonschiefer  innig  mit  Feldspath  durch- 
zogen und  „von  einer  Durchdringung  des  Schiefers  mit  der  Grundmasse  des  Por- 
phyrs.“ Archiv  Bd.  XIX. 

2)  Zu  deren  speciellerer  Kenntniss  muss  hier  auf  das  Werk  selbst  verwiesen 
werden.  Archiv  Bd.  XIX. 

3)  Zeitschr.  d.  D.  geolog.  Gesellsch.  1867.  XIX,  pag.  671  ff. 


H.  B.  Mehner. 


132 


[6] 


lagern  doch  ein  so  schweres  Gewicht  in  die  Waagschale  des  Gegen- 
theils  werfe.“ 

Er  stellt  die  Frage  auf,  „ob  diese  Gesteine  nicht  vielmehr  por- 
phyrartig entwickelte  Gneissgesteine,  aus  der  Verwandtschaft  der  Hälle- 
flinte“  seien.  Um  an  die  Eruptivität  dieser  Gesteine  glauben  zu  kön- 
nen, fordert  Lossen  den  Nachweis  eines  deutlichen  Porphyrganges 
für  dieselben. 

Da  die  schieferigflaserigen  Porphyre  der  Lennegegend  sowohl  in 
ihrem  äusseren  Habitus,  als  auch  hinsichtlich  ihrer  Lagerungsverhält- 
nisse grosse  Aehnlichkeit  mit  den  in  anderen  Gegenden  ebenfalls  zwi- 
schen devonischen  Schichten  auftretenden  Gesteinen  von  gleichfalls 
porphyrartigem  Aussehen  haben,  für  welche  Lossen  bekanntlich  den 
Namen  „Porphyroid“  vorschlug,  so  haben  sie  in  neuerer  Zeit  wohl 
auch  selbst  diese  Bezeichnung  erfahren.  Auf  Grund  der  mikroskopischen 
Untersuchung  dieser  Flaserporphyre  der  Lennegegend  soll  später  nach- 
zuweisen versucht  werden,  ob  eine  solche  Identilicirung  derselben  mit 
den  sogenannten  Porphyroiden  anderer  Gegenden,  die  übrigens  Cred- 
ner  als  „feldspathführende  Phyllite“  bezeichnete1),  gerechtfertigt  ist. 

Noch  sei  hier  hinzugefügt,  dass  kurz  vor  der  Vollendung  dieser 
Abhandlung  durch  den  Sectionsgeologen  Herrn  Rothpletz  auch  in 
Sachsen  Gesteine  nachgewiesen  worden  sind,  die  in  Folge  ihrer  Lage- 
rungsverhältnisse, ihrer  Structur  und  ihres  makroskopischen  Aussehens 
wesentlich  mit  den  Porphyroiden  anderer  Gegenden  übereinstimmen 
sollen,  und  darum  auch  von  ihm  mit  demselben  Namen  belegt  wurden.2) 
Diese  Gesteine  treten  zwischen  Colditz  und  Altenburg  am  nordwest- 
lichen Abhange  des  sächsischen  Mittelgebirges  auf,  regelmässig  den 
Schichten  des  Devon  eingelagert.  Als  Ergebniss  makroskopischer  und 
mikroskopischer  Untersuchungen  erklärt  Herr  Rothpletz  dieselben 
als  Diabastuffe  und  knüpft  daran  die  Vermuthung,  dass  sich  vielleicht 
auch  noch  andere,  als  Porphyroide  bezeichnete  Gesteine  als  Grünstein- 
tuffe ergeben  dürften.  Für  die  hier  untersuchten  „Porphyroide“  muss 
diess,  wie  hier  vorgreifend  erwähnt  sein  mag,  in  Abrede  gestellt 
werden,  damit  jedoch  nicht,  dass  dieselben  zum  Theil  Tuffbildungen 
überhaupt  seien. 

Da  nun  seit  langer  Zeit,  vor  Allem  seit  Verwerthung  des  Mikro- 
skops in  der  Petrographie  nie  wieder  an  der  Untersuchung  dieser 
höchst  interessanten  Gesteine  der  Lennegegend  gearbeitet  worden  ist, 
und  die  mikroskopische  Untersuchung  eines  Gesteines  im  Stande  ist, 
nicht  nur  über  die  Zusammensetzung,  sondern  in  vielen  Fällen  auch 
über  die  Bildungsverhältnisse  einen  Aufschluss  zu  geben  oder  wenigstens 
einigen  Anhalt  zu  bieten,  so  schien  eine  Untersuchung  dieser  Gesteine 
mit  Hilfe  des  Mikroskopes  eine  lohnende  Arbeit  zu  sein.  Diese  Unter- 
suchung ist  in  Folgendem  versucht  worden.  Das  Material  dazu  erhielt 
Verfasser  zum  grossen  Theil  durch  gütige  Vermittlung  seines  verehrten 
Lehrers,  des  Herrn  Prof.  Zirkel,  vom  Herrn  Oberberghauptmann 
v.  Dechen  in  liebenswürdigster  Weise  zugestellt,  theils  wurde  es  dem 


’)  Sitzungsberichte  d.  d.  geolog.  Gesellsck.  1875. 

2)  Sitzungsberichte  d.  Naturf.-Gesellsch.  zu  Leipzig.  Sitz.  v.  12.  Dec.  1876. 


Die  Porphyre  und  Grünsteine  des  Lennegebietes  in  Westphalen. 


133 


hiesigen  mineralogischen  Museum  entnommen,  wohin  dasselbe  in  früheren 
Zeiten  ebenfalls  durch  Güte  des  Herrn  v.  Dechen  gelangt  ist.  Die 
Aufgabe  dieser  Zeilen  wird  sein,  darzulegen,  ob  wir  es  in  diesen  Por- 
phyren der  Lennegegend,  auch  in  den  schieferigen  Varietäten  mit 
wirklichen  Porphyren  zu  thun  haben,  oder  ob  sich  die  letzteren  Ab- 
arten nur  als  Tuffe  oder  gar  nur  als  metamorphosirte  Schiefer  erweisen, 
und  zugleich,  aus  welchen  Gemengtheilen  sich  diese  Gesteine  zusam- 
mensetzen. Daran  soll  sich  die  Untersuchung  der  als  Schalsteine, 
Hyperite  und  Grünsteine  bezeichneten  Gesteine  schliessen. 

Untersucht  wurden  folgende  Gesteine: 

Rot  her  Porphyr  vom  Berg  Löh  bei  Bracht  hausen. 

In  der  röthlichgrauen  bis  violetten  Grundmasse  liegen  zahlreiche 
röthliche,  zum  Theil  scharfkantige  Feldspathkrystalle,  mit  glänzenden 
Spaltungsflächen;  in  noch  bedeutenderer  Anzahl  durchsichtige,  wasser- 
helle Quarzkörner,  welche  theilweise  die  Pyramidenform  erkennen  lassen. 
Gefüge  ist  vollkommen  massig ; echte  Porphyrstructur.  Grössere  Schiefer- 
einschlüsse fehlen.  Kleine  dunkle  Schüppchen  und  Blättchen  scheinen 
fremde  Einschlüsse  zu  sein. 

Porphyr  vom  Stückenbruch  zwischen  Brachthausen  und 

Ahlbaum. 

Grundmasse  lichtgrau  bis  gelblich,  in  derselben  porphyrisch  aus- 
geschieden zahlreiche  röthlichgelbe  bis  erbsengelbe  Feldspathkrystalle, 
zum  Theil  bereits  stark  zersetzt;  ferner  Quarz  in  hirsekorn-  bis  erbsen- 
grossen Körnern  in  bedeutender  Menge.  Ausgezeichnet  massiges 
Gefüge.  Nach  v.  Dechen  kommen  mit  der  Grundmasse  fest  verwach- 
sen kleinere  und  grössere  Punkte  und  stumpfeckige  Partien  vor,  die 
einer  feinkörnigen  Grauwacke  ähnlich  sehen. 

Rother  Porphyr  von  Altenhundem  (aus  dem  Mitteldevon). 

Grauviolette  Grundmasse,  mit  porphyrischen,  weisslichen  und  gelb- 
lichen, dem  Anscheine  nach  bereits  kaolinisirten  Feldspatken  und  un- 
regelmässig begrenzten  Feldspathpartien,  und  zahlreichen  zierlichen 
Hornblende-Individuen,  meist  langsäulenförmig  ausgebildet  und  stark 
umgewandelt.  Quarz  nur  in  sehr  feiner  Vertlieilung  vorhanden,  makro- 
skopisch schwer  zu  erkennen.  Selten  schwarzer  Magnesiaglimmer.  Gefüge 
massig;  von  Schieferung  keine  Spur.  Bei  Betupfen  mit  Chlorwasser- 
stoffsäure braust  das  Gestein  an  den  meisten  Stellen  in  geringem 
Maasse. 

Porphyr  von  Eich  er  t bei  Eichhagen  und  Porphyr  vom 
Hohenstein  (linkes  Ufer  der  Günze,  Mitteldevon). 

Grundmasse  in  beiden  hellgrau,  dunkelgrau  gefleckt  und  geadert, 
in  derselben  porphyrisch  ausgeschieden  kleine  Individuen  von  Eeld- 
spath  und  Quarz,  beide  in  nur  sehr  geringer  Anzahl.  Von  Schieferung 
ist  nichts  zu  bemerken,  vielmehr  ist  die  Structur  in  beiden  Gesteinen 
vollkommen  massig,  richtungslos. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1877.  2.  Heft.  (Mehner.) 


18 


134 


H.  B.  Mehner. 


[8] 


Porphyr  von  Ruenhardt  (Gemeinde  Ebbelinghagen,  Ebbegebirge). 

Graulichweisse,  sehr  harte  Grundmasse,  von  feinsplittrigem  Bruch, 
raub  anzufühlen.  Porphy risch  ausgeschiedene  Individuen  selten  und 
sehr  klein  (Feldspath  und  Quarz).  Structur  im  Handstück  durchaus 
massig,  doch  soll  das  Gestein  im  Grossen  nach  v.  Dechen  platten- 
artige Absonderung  zeigen. 

Schieferiger  Porphyr  vom  Langeneier  Kopf,  unweit 

Altenhundem. 

Sehr  feste  lichtgraue  Grundmasse,  in  derselben  zahlreiche  kleine, 
röthliche  bis  gelbe  Feldspathkrystalle  mit  glänzenden  Spaltungsflächen. 
Ausserdem  röthlichgelbe  Feldspathflecken.  Quarz  ist  makroskopisch 
nicht  erkennbar.  Durch  die  ganze  Grundmasse  zerstreut  liegen  zahl- 
reiche, schwarzgefärbte  Schieferfragmente,  von  kleinen  Pünktchen  an 
bis  zu  2 Centimeter  grossen,  starkglänzenden  Schieferblättchen.  Diese 
scheinen  zum  grossen  Theil  parallel  gelagert  zu  sein  und  zeigen  häufig 
die  früher  erwähnte  eigentümliche  Ausfransung  der  Ränder.  Die  Schie- 
ferung des  Gesteins  ist  eine  versteckte  und  ähnelt  dasselbe  in  seiner 
Structur  mehr  den  massigen  Porphyren. 

Schieferiger  Porphyr  von  Altenhundem. 

Grundmasse  grau  bis  grünlichgrau.  Porphyrisch  ausgeschiedene 
fleischrothe  bis  gelbe  Feldspathe,  bis  zu  5 Centimeter  Grösse,  zahl- 
reich. Quarz  makroskopisch  nicht  erkennbar.  Beschaffenheit  der  sehr 
zahlreich  eingelagerten  Schieferfragmente  wie  vorher.  Structur  eben- 
falls noch  ziemlich  massig,  nur  versteckt  flaseriges  Gefüge. 

Schieferiger  Porphyr  von  der  Bigge,  zwischen  Olpe  und 

Rüblinghausen. 

Grundmasse  dunkelgrau  bis  grünlichgrau,  bereits  ziemlich  stark 
zersetzt.  Durch  eine  reichlich  abgeschiedene,  wesentlich  wohl  aus  Eisen- 
oxydhydrat bestehende  Substanz  ist  das  ganze  Gestein  gelblichbraun 
gefärbt;  ausserdem  noch  weissliches,  kaolinartiges  Zersetzungsproduct. 
Die  kleinen  porphyrisch  ausgeschiedenen  Feldspathe  zeigen  nur  selten 
regelmässige  Begrenzung.  Eingelagerte  Schieferfragmente  klein,  aber 
sehr  häufig.  Die  Structur  ohne  deutliche  Schieferung,  mehr  massig-körnig. 

Schieferiger  Porphyr  vom  Bratschkopf  bei  Olpe. 

Gestein  mit  dunkelgrauer  Grundmasse;  die  porphyrisch  ausge- 
schiedenen Gemengtheile  sind  von  sehr  geringer  Grösse,  treten  nur 
undeutlich  als  gelblichweisse  bis  weisse  kleine  Flecken  aus  der  dunklen 
Grundmasse  hervor,  und  scheinen  wesentlich  kaolinisirte  Feldspäthchen 
zu  sein.  Quarz  ist  makroskopisch  als  Gemengtheil  nicht  zu  beobachten. 
Im  Handstück  zeigt  das  Gestein  nicht  gerade  sehr  deutliche  Schiefe- 
rung. Nach  v.  Dechen  ist  das  Auftreten  desselben  ein  ausgezeichnet 
lagerhaftes;  es  fällt  60°  gegen  Nord  ein,  das  Liegende  desselben  ist 
ein  kalkhaltiger  Schiefer,  welcher  Versteinerungen  führt,  das  Hangende 
wird  von  einem  dünnblättrigen  Schiefer  gebildet. 


Die  Porphyre  und  Grünsteine  des  Lennegebietes  in  Westphalen.  135 


Porphyr  von  Nöckel  bei  Iseringhausen. 

Gestein  von  lichtgrauer  Grundmasse;  in  nicht  bedeutender  Anzahl 
erbsengelbe  Feldspathe,  ausserdem  unregelmässig  begrenzte  Feldspath- 
partien.  Quarz  ist  makroskopisch  nicht  wahrzunehmen.  Structur  aus- 
gezeichnet schieferig,  auf  dem  Querbruch  des  Gesteines  ausserdem 
zumeist  eine  abwechselnde  Färbung  "einzelner  Lagen  beobachtbar.  Ein- 
geschlossene Schieferfragmente  nur  wenig  und  diese  von  nur  geringer 
Grösse.  Beim  Betupfen  mit  Chlorwasserstoffsäure  brausen  zahlreiche 
Partien  des  Gesteins. 

Schieferiger  Porphyr  von  Steimel  bei  Schameder. 

In  diesem  Gestein  wurde  das  Schwanzschild  des  Homalonotus 
gefunden,  ohne  dass  es  indess,  trotz  vielfachen  Suchens  gelungen  wäre, 
irgend  einen  andern  organischen  Ueberrest  darin  zu  entdecken.  Das 
Gestein  ist  ausgezeichnet  schiefrig;  in  der  dichten,  grünlichen,  bis 
grünlichgrauen  Grundmasse,  welche  auf  den  Spaltungsflächen  einen 
matten  Fettglanz  zeigt,  liegen  zahlreiche  fleischrothe  Feldspathkrystalle 
(bis  zu  0‘5  Centimeter  Grösse).  Die  eingeschlossenen  Schieferfragmente 
sind  theils  nur  hauchdünne  Häutchen  und  Blättchen,  welche  eigentlich 
den  Namen  Fragment  kaum  verdienen,  theils  sind  sie  wirklich  eckige 
Bruchstücke  oder  auch  Körner  von  schwarzer  Farbe,  v.  Dechen  sagt, 
dass  er  an  jener  Localität  auch  Schieferplatten  von  bedeutender  Grösse 
(von  mehreren  Zoll  Durchmesser)  im  Gestein  eingeschlossen  gefunden 
habe.  Quarz  ist  als  porphyrischer  Gemengtheil  nicht  vorhanden. 

Schieferiger  Porphyr  von  Niederdresselndorf  bei  Haiger 

in  Nassau. 

Dieses  Gestein  stammt  aus  dem  südlichst  streichenden  Zuge  der 
schieferigflaserigen  Porphyre,  welcher  weder  dem  Flussgebiet  der  Lenne, 
noch  dem  unteren  Mitteldevon,  wie  die  Lenneschiefer,  angehört,  son- 
dern in  den  Coblenzschichten  an  der  preussisch-nassauischen  Grenze 
vom  Burbacher  Grunde  über  Haiger  bis  gen  Simmersbach  aufsetzt. J) 
Die  Art  und  Weise  des  Auftretens,  wie  auch  der  petrographische 
Habitus  dieses  Gesteins  bringen  es  in  die  nächste  Beziehung  zu  den 
Lenneporphyi’en,  was  auch  v.  Dechen  (Archiv  Bd.  XIX,  pag.  440) 
constatirte,  und  soll  es  daher  auch  hier  im  unmittelbaren  Anschluss  an 
dieselben  beschrieben  werden. 

Von  einigen  Forschern  (Stifft,  Sand  her  ge  r)  als  Grauwacke 
mit  scharf  ausgebildeten  Feldspathzwillingen  charakterisirt,  muss  erklärt 
werden,  dass  im  Handstück  das  hier  untersuchte  Gestein  von  Nieder- 
dresselndorf nichts  weniger  als  einer  Grauwacke  gleicht,  vielmehr  einen 
durchaus  porphyrartigen  Habitus  an  sich  trägt. 

In  der  grauen  bis  grünlichgrauen  Grundmasse,  welche  wiederholt 
durch  eisenoxydhaltige  Substanzen  in  Streifen  rothbraun  gefärbt  ist, 
liegen  röthliche  Feldspathe,  oder,  wie  es  mehr  scheint,  Feldspathfrag- 
mente,  sodann  unregelmässige,  glasglänzende  Körnchen  von  Quarz  und 


>)  Z.  d.  D.  g.  G.  Bd.  XIX,  pag.  672. 

18* 


136 


H.  B.  Mehner. 


[10] 


sehr  vereinzelt  kleine,  silberglänzende  Glimmerblättchen.  Die  Structur 
ist  ausgezeichnet  schieferig,  so  dass  sich  das  Gestein  beim  Zerschlagen 
in  sehr  dünne  Blättchen,  allerdings  meist  mit  unebenen  Spaltungsflächen 
zerlegen  lässt.  Die  eingeschlossenen  Fragmente  sind  meist  nur  sehr 
kleine,  dunkelgraue  oder  grünliche,  glänzende  oder  endlich  bräunliche 
Schüppchen;  nur  ein  einziges  grösseres  Schieferfragment  von  circa 
3 Centimeter  Durchmesser  war  zu  beobachten. 

Porphyr  vom  Weinberg  bei  Brachthausen. 

Nach  Angabe  v.  Dechens  führt  dieser  „Porphyr“  Stielglieder 
von  Enkriniten.  Er  ist  ein  feinkörniges  Gestein  von  dunkelrothbrauner 
Farbe.  Die  Gemengtheile  sind  vorherrschend  theils  dunkle,  theils  wasser- 
klare, abgerundete  Quarzkörnchen,  zwischen  denen  sich  einzelne  gelb- 
liche, grünliche,  bräunliche  und  schwärzliche  Schüppchen  und  Körnchen 
eingelagert  befinden.  Von  einer  zwischen  den  erkennbaren  Gemeng- 
theilen auftretenden  Felsitgrundmasse  ist  nichts  wahrzunehmen.  Das 
Gestein  ist  ungemein  innig  mit  Eisenoxydhydrat  imprägnirt,  welches 
sich  auf  den  Klüften  zu  gelben,  erdigen  Massen  angehäuft  hat.  Schon 
makroskopisch  keineswegs  einem  Porphyr  gleichend,  ergibt  sich  das 
Gestein  durch  die  mikroskopische  Untersuchung,  wie  bereits  hier  vor- 
ausgeschickt sein  mag,  als  ein  feinkörniger  Sandstein. 


II.  Mikroskopische  Untersuchung. 

Der  Begriff  der  felsitischen  Grundmasse  oder  des  Felsits,  welcher 
bei  der  Beschreibung  der  makroskopischen  Beschaffenheit  der  unter- 
suchten Gesteine  wiederholt  Verwendung  fand,  soll  hier  ganz  in  der 
Weise  aufgefasst  werden,  wie  ihn  Zirkel  in  seiner  „Mikroskopischen 
Untersuchung  der  Mineralien  und  Gesteine“  darlegt.  Es  ist  darunter 
die  dem  blossen  Auge  homogen  erscheinende,  dichte  Masse  zu  ver- 
stehen, welche  in  diesen  Porphyren  die  makroskopische  Grundmasse 
für  die  ausgeschiedenen  Krystalle  bildet.  Um  Verwechslungen  und  Miss- 
verständnissen vorzubeugen,  sei  hier  noch  einmal  auf  den  Unterschied 
zwischen  Felsit  und  Mikrofelsit  aufmerksam  gemacht.  Letzterer  ist  die 
Bezeichnung  für  eine  mikroskopische  Structurausbildungsweise,  und  ist 
darunter  eine,  als  solche  nur  unter  dem  Mikroskop  erkennbare,  amorphe, 
das  Licht  einfachbrechende  Entglasungsmasse,  aus  nicht  wirklich  indi- 
vidualisirten  Theilchen  zusammengesetzt,  zu  verstehen.  Beide  Begriffe 
können  also  unter  Umständen  zusammenfallen,  wenn  nämlich  die  Grund- 
masse unter  dem  Mikroskop  sich  als  mikrofelsitisch  erweist,  doch  tritt 
dieser  Fall  bei  Porphyren  verhältnissmässig  selten  ein. 

Auf  die  verschiedenen  Ansichten  über  die  Zusammensetzung  und 
Structur  der  felsitischen  Grundmasse,  welche  bis  in  die  jüngste  Zeit 
aufgestellt  worden  sind,  näher  einzugehen,  dürfte  hier  nicht  am  Platze 
sein,  dieselben  scheinen  einen  endgiltigen  Abschluss  durch  die  mikro- 
skopischen Untersuchungen  von  Zirkel  und  K a 1 k o w s k y nach  dieser 
Richtung  gefunden  zu  haben.  Nach  diesen  Forschern  zeigt  die  felsitische 
Grundmasse  der  Quarzporphyre  u.  d.  M.  theils  ein  deutlich  körniges 


Die  Porphyre  und  Grünsteine  des  Lennegebietes  in  Westphalen. 


137 


Gefiige,  theils  enthält  sie  eine  unauflösliche  Basis,  welche  wieder  mikro- 
felsitisch  oder  glasig  sein  kann. 

Die  vom  Verfasser  an  den  Porphyren  der  Lennegegend  angestell- 
ten  Untersuchungen  ergaben,  dass  dieselben,  soweit  sie  überhaupt  Por- 
phyre sind,  sämmtlich  eine  in  der  zuerst  genannten  Weise  ausgebildete 
Felsitgrundmasse  besitzen : alle  zeigen  ein  körnigkrystallinisches  Gefüge, 
welches  bei  einigen  sehr  deutlich,  bei  anderen  allerdings  weniger  deut- 
lich ausgeprägt  ist.  Sinken  die  Körnchen  der  Grundmasse  an  einzelnen 
Stellen  der  Gesteine  auch  bis  zu  sehr  geringer  Grösse  herab,  so  dass 
sie  alsdann  ein  so  inniges  Gewirr  bilden,  dass  die  einzelnen  Individuen 
nur  noch  sehr  schwer  zu  erkennen  und  zu  unterscheiden  sind,  so  kann 
doch  auch  für  diese  Stellen  keineswegs  die  Bezeichnung  Mikrofelsit  in 
Anwendung  gebracht  werden,  da  eben  eine  Individualisation  auch  hier 
stattgefunden  hat,  wofür  auch  das  lebhafte  Polarisiren  dieser  Stellen 
spricht,  welches  bekanntlich  beim  Mikrofelsit  nicht  zu  beobachten  ist. 
Mikrofelsitisch  ist  also  die  Grundmasse  keiner  dieser  Porphyre  aus- 
gebildet. Ebenso  wenig  konnte  die  Anwesenheit  einer  glasigen  Grund- 
masse oder  eines  ersten  Umwandlungsproductes  derselben  constatirt 
werden.  Eine  grüne,  schwachdichroitische  und  schwachdoppelbrechende, 
feinfaserige  Materie,  die  sich  zwischen  den  Gemengtheilen  der  felsiti- 
schen  Grundmasse  in  fast  allen  geschichteten  Porphyren  wiederfindet 
und  auch  von  Kalkowsky  in  einigen  sächsischen  Porphyren  beob- 
achtet wurde,  ist  wohl  kaum,  wie  von  diesem  für  möglich  gehalten 
wird,  mit  dem  Umwandlungsproduct  der  Glasmasse  in  Diabasen,  Basal- 
ten etc.  zu  identificiren ; vielmehr  sprechen  verschiedene  Umstände 
dafür,  dass  es  eine  gleichzeitig  mit  den  übrigen  Gemengtheilen  des 
Felsites  in  der  vorliegenden  Structurweise  ausgebildete  Substanz  ist. 

Das  dunkelrothbraune,  an  Quarzkörnchen  ungemein  reiche  und 
ebenfalls  als  „Porphyr“  aufgeführte  Gestein  vom  Weinberg  bei  Bracht- 
hausen,  in  welchem  Enkriniten-Stielglieder  gefunden  worden  sind,  und 
welches  schon  makroskopisch  einen  Zweifel  an  seiner  Porphyrnatur 
gestattet,  erweist  sich  unter  dem  Mikroskop  als  ein  vollkommen  kla- 
stisches Gestein : es  ist  ein  aus  abgerundeten  Quarzkörnchen  und  eben- 
falls abgeschliffenen  Gesteinsfragmenten  zusammengesetzter  Sandstein. 
Das  Vorkommen  organischer  Reste  in  diesem  vermeintlichen  Porphyr 
stösst  daher  auf  keine  Schwierigkeit  mehr.  Die  mikroskopische  Unter- 
suchung dieses  Gesteins  wird  im  Anschluss  an  die  Porphyre  noch  aus- 
führlicher dargelegt  werden. 

Nach  diesen  vorausgeschickten  allgemeinen  Bemerkungen  soll  nun 
auf  die  Zusammensetzung  und  Structur  der  felsitischen  Grundmasse  spe- 
cieller  eingegangen  werden.  Während  nun  in  einigen  Gesteinen  das  kry- 
stallinische  Gefüge  in  ziemlich  gleichmässiger,  einförmiger  Weise  durch 
die  ganze  Grundmasse  zu  beobachten  ist,  zeigt  es  in  anderen  sehr  auf- 
fällige, durch  abweichende  Grösse  und  Anordnung  der  die  Grundmasse 
zusammensetzenden  Individuen  hervorgerufene  Abwechslung,  die  beson- 
ders bei  Anwendung  des  Polarisations-Apparates  in  ausgezeichneterWeise 
hervortritt.  Die  erstere  Ausbildungsweise  ist  durchgängig  denjenigen 
Porphyren  eigen,  welche  sich  schon  makroskopisch  im  Handstück  als 
echte,  massige  Quarzphorphyre  zu  erkennen  geben,  während  die  letztere 


138 


H.  B.  Mehner. 


[12] 


stets  bei  den  deutlich  schieferigflaserigen  Porphyren  wiederkehrt.  Da 
diese  beiderlei  Porphyre  auch  sonst  noch  wesentlich  von  einander  ab- 
weichen, so  dürfte  es  angemessen  sein,  sie  getrennt  von  einander  zu 
betrachten. 

1.  Die  vollkommen  massig  ausgeMldeten  Porphyre. 

Dazu  gehören: 

Der  rothe  Porphyr  vom  Berg  Löh  bei  Brachthausen,  der  lichte 
Porphyr  vom  Stückenbrucb,  der  an  Hornblende  reiche  Porphyr  von 
Altenhundem,  die  Porphyre  vom  Hohenstein  und  vom  Eichhagen  bei 
Olpe  und  von  der  Ruenhardt  bei  Ebbelinghagen. 

A.  Felsitische  Grundmasse. 

Die  Gemengtheile  der  krystallinischen  Grundmasse  sind  von  sehr 
abweichender  Grösse,  theils  bilden  sie  ziemlich  grosse  Körnchen,  so  dass 
von  ihnen  nahezu  ein  Uebergang  zu  den  porphyrisch  ausgebildeten 
Individuen  stattfindet,  theils  sinken  sie  entgegengesetzt  zu  solcher 
Winzigkeit  herab,  dass  es  oft  schwer  fällt,  bei  dem  meist  verschwom- 
menen Charakter  eines  so  dichten  Gewirrs,  die  einzelnen  Gemengtheile 
von  einander  zu  trennen  und  zu  unterscheiden.  Im  gewöhnlichen  Lichte 
erscheint  die  Grundmasse  obengenannter  Porphyre  zumeist  sehr  trübe, 
was  zunächst  in  der  reichlichen  Einlagerung  höchst  kleiner  dunkler 
Pünktchen  und  Körperchen,  sowie  in  der  durch  vorgeschrittene  Um- 
wandlung verursachten  Trübung  gewisser  zur  Grundmasse  gehöriger 
Gemengtheile,  und  endlich  wohl  auch  in  der  sehr  feinkörnigen  Zusam- 
mensetzung des  Felsits  begründet  liegen  mag. 

Von  der  krystallinischen  Zusammensetzung  ist  im  gewöhnlichen 
Lichte  nichts  wahrzunehmen,  die  ganze  Grundmasse  erscheint  vielmehr 
als  eine  graue,  homogene  Masse,  aus  welcher  nur  einzelne  wasserhelle 
Gemengtheile,  wie  z.  B.  Quarz,  hervortreten. 

Die  Untersuchungen  über  Zusammensetzung  und  Structur  des 
Felsits  müssen  daher  immer  im  polarisirten  Lichte  vorgenommen  werden. 
Die  krystallinische  Beschaffenheit  der  Grundmasse  fällt  dabei  sofort  in 
die  Augen.  Das  Präparat  bietet  stets  ein  ausgezeichnetes,  lichtmarmorirtes 
Bild  eines  innigen  Gemenges  kleiner  Körnchen,  Blättchen  und  Schüpp- 
chen dar.  Diese  Gemengtheile  sind  jedoch  nur  selten  scharf  gegen  ein- 
ander abgegrenzt,  sondern  zeigen  meist  verschwommene  Ränder,  dass 
es  häufig  fast  den  Anblick  gewährt,  als  seien  dieselben  ausgefranst, 
oder  sogar,  als  gingen  sie  in  einander  über.  Diese  Verschwommenheit 
hat  zum  grossen  Theil  ihren  Grund  in  der  Kleinheit  der  Individuen, 
welche  bedingt,  dass  man,  auch  bei  grosser  Dünne  des  Schliffes,  nie 
eine  einzige,  einfache  Schicht  der  Gemengtheile,  sondern  letztere  stets 
in  einer  Übereinandergreifenden  Lagerung  erblickt,  wodurch  dann  selbst- 
redend die  Begrenzungslinien  der  einzelnen  Individuen  verwischt  werden. 
Die  Grundmasse  aller  dieser  Porphyre  erlangt  dadurch  im  polarisirten 
Lichte  ein  eigenthümlich  fleckiges  Aussehen;  helle  und  dunkle  Stellen 
wechseln  in  ihr  ab.  Bei  gleichzeitiger  Drehung  beider  Nicols  oder  beim 
Drehen  des  Präparats  zwischen  gekreuzten  Nicols  zeigen  die  früher 


Die  Porphyre  und  Grftusteine  des  Lennegebietes  in  Westphalen.  139 


dunklen  Stellen  auch  Polarisation  und  erweisen  sich  gleichfalls  als  aus 
einzelnen  Individuen  zusammengesetzt.  Lebhafte,  bunte  Farben  zeigt 
diese  dichte,  fleckige  Grundmasse  niemals,  die  Gemengtheile  wechseln 
nur  zwischen  schwach  milchigblauer  und  gelber  Farbe.  Nur  einzelne 
etwas  grösser  ausgebildete  und  alsdann  meist  scharfbegrenzte  Individuen 
zeigen  in  polarisirtem  Lichte  Farben  höherer  Ordnung. 

Die  den  Felsit  zusammensetzenden  Gemengtheile  sind  Quarz  und 
Feldspath,  in  einigen  Porphyren  betheiligt  sich  auch  noch  Glimmer  in 
sehr  feiner  Vertheilung  an  der  Zusammensetzung  desselben.  Einige 
andere  Gemengtheile,  welche  später  Erwähnung  finden  werden,  treten 
hie  und  da  noch  hinzu.  Auch  in  den  Gesteinen,  in  welchen  Glimmer 
als  wesentlicher  Gemengtheil  auftritt,  ist  derselbe  an  Menge  sehr  unter- 
geordnet. Nach  oberflächliger  Taxirung,  welche  hier  allein  nur  möglich 
ist,  sind  Quarz  und  Feldspath  in  den  meisten  dieser  Porphyre  ungefähr 
im  Gleichgewicht  vorhanden,  höchstens  könnte  für  die  Porphyre  vom 
Hohenstein  und  vom  Eichhagen,  vielleicht  auch  für  diejenigen  des 
Stückenbruchs  und  von  Altenhundem  ein  Vorwiegen  des  Quarzes  con- 
statirt  werden.  Der  Feldspath  der  Grundmasse  ist  fast  nur  Orthoklas. 
Trotzdem,  dass  unter  den  porphyrischen  Feldspathen  der  Plagioklas  in 
all’  diesen  Porphyren  reichlich  auftritt  und  daraus  sein  Vorhandensein 
auch  in  der  Grundmasse  vermuthet  werden  sollte,  konnten  trikline 
Feldspathe  als  Gemengtheile  derselben  nur  für  die  Porphyre  vom  Stücken- 
bruch und  von  der  Ruenhardt  nachgewiesen  werden.  Sie  sind  meist 
von  sehr  geringer  Grösse  und  treten  im  Gegensatz  zum  Orthoklas  stets 
in  Leistenform  auf;  die  trikline  Streifung  lässt  sie  leicht  und  sicher 
als  Plagioklase  erkennen.  Der  Orthoklas  zeigt  niemals  an  regelmässige 
Krystallformen  erinnernde  Begrenzungsflächen,  im  Gegentheil  ist  der 
unregelmässige,  gefranste,  verschwommene  Rand  für  den  Orthoklas  der 
Grundmasse  dieser  Porphyre  geradezu  charakteristisch.  Gegenüber  dem 
ebenfalls  unregelmässig  aber  scharflienig  begrenzten  Quarz  zeichnet  sich 
der  Feldspath  durch  seine  grössere  Trübheit  aus.  Ursachen  dieser 
Trübung  können  sein:  Flüssigkeitseinschlüsse,  sowie  Einschlüsse  winziger, 
solider,  lamellarer  oder  punktförmiger  Körperchen,  die  wiederholt  be- 
obachtet wurden,  und  endlich  Umwandlungsvorgänge,  tlieils  molekularer, 
tlieils  chemischer  Natur,  durch  welche  der  Feldspath  eine  eigentüm- 
liche, die  klare  Substanz  trübende  Faserung  oder  Längsstreifung  erfährt, 
die  ihn  vom  Quarz  ziemlich  deutlich  unterscheidet.  Sehr  bedeutend  ist 
sämmtlicher  Feldspath  im  rothen  Porphyr  von  Altenhundem  umgewan- 
delt. Wie  ein  Schluss  von  den  grossen  Quarzen  auf  die  kleineren  schon 
vermuten  lässt,  führen  auch  diese,  wie  jene  wiederholt  Einschlüsse. 
Diese  sind  zumeist  Flüssigkeitseinschlüsse;  als  solche  geben  sie  sich 
in  den  etwas  grösser  ausgebildeten  Quarzen  der  Grundmasse,  wo  sie 
nicht  schwer  aufzufinden  sind,  deutlich  zu  erkennen ; wiederholt  wurden 
dabei  bewegliche  Libellen  in  den  Einschlüssen  beobachtet.  Die  Ein- 
schlüsse zeigen  teils  kreisrunde,  tlieils  ovale,  teils  vielfach  verzweigte 
Formen.  Etwas  dunkler  gerandete  Einschlüsse  lassen  sich  als  Dampf- 
poren erklären,  in  denen  gewissermassen  die  Libelle  den  Einschluss 
vollständig  ausfüllt.  Im  Porphyr  von  Altenhundem  wurden  in  zwei, 
einigermassen  gross  ausgebildeteu  Quarzen  der  Grundmasse  auch  Glas- 


140 


H.  B.  Mehner. 


[14] 


einschlüsse  nachgewiesen.  Eine  auffällige  Erscheinung  bieten  noch  zu 
kleinen,  zusammenhängenden  Partien  vergesellschaftete  Quarze  in  dem 
mehrfach  erwähnten  rothen  Porphyr  von  Altenhundem  dar.  Sie  unter- 
scheiden sich  durch  ungemein  trübe  Beschaffenheit,  welche  durch  sehr 
zahlreiche  Flüssigkeitseinschlüsse  und  durch  Einlagerung  vieler  kleiner, 
dem  Anscheine  nach  compacter  Fäserchen  und  Körperchen  hervor- 
gerufen wird,  ganz  wesentlich  von  den  übrigen,  isolirt  in  der  Grund- 
masse liegenden  kleinen  Quarzen.  Dabei  ist  die  Beziehung  unverkenn- 
bar, in  welcher  diese  kleinen,  trüben  Quarzpartien  zu  den  sehr  bedeu- 
tend zersetzten,  porphyrisch  ausgeschiedenen  Feldspathen  stehen,  in 
deren  nächster  Nähe  sie  zumeist  auftreten.  Allem  Anschein  nach  sind 
besagte  Quarze  secundärer  Entstehung  und  vermuthlich  ein  Zersetzungs- 
product  der  Feldspathe. 

Wie  schon  früher  erwähnt,  nimmt  auch  Glimmer  in  einigen  dieser 
Porphyre  hervorragenden  Antheil  an  der  Zusammensetzung  der  Grund- 
masse. Im  Porphyr  vom  Stückenbruch  ist  derselbe  jedoch  nur  in  geringer 
Menge  zu  beobachten  und  im  röthlich-violetten  Porphyr  vom  Berg  Löh 
fehlt  er  in  der  Grundmasse  vollständig,  was  hier  um  so  auffälliger  ist, 
als  in  diesem  Gestein  Glimmer  in  grossen  Blättchen  als  makroporphyri- 
scher  Gemengtheil  auftritt.  Die  Beschaffenheit  des  Glimmers  in  den 
übrigen  Porphyren  ist  eine  eigenthümliche ; er  kommt  nämlich  nur  höchst 
selten  in  Gestalt  kleiner  Blättchen  und  Schüppchen  vor,  sondern  fast 
immer  in  feinen  Nüdelchen,  die  bei  geringer  Breite  oft  eine  ansehnliche 
Länge  erreichen,  sowie  in  zugespitzten  Fäserchen  und  Schmitzchen. 
Diese  kleinen  Gebilde  liegen  zumeist  richtungslos  durch  die  ganze 
Grundmasse  zerstreut  und  finden  sich  sowohl  in  den  feinkörnigen,  als 
auch  in  den  gröberen  Partien  wieder.  Häufig  sind  diese  Nüdelchen  und 
Schmitzchen  zu  zierlichen  Büscheln  und  Haufwerken  vereinigt,  und 
treten  dann  um  so  deutlicher  hervor.  Solche  Aggregate  finden  sich 
besonders  in  grobkörnigen  Partien,  wo  sie  zwischen  Quarz-  und  Feld- 
spathkörnern  auftreten.  Im  gewöhnlichen  Lichte  ist  dieser  Glimmer 
nur  schwer  zu  erkennen,  da  er  fast  farblos,  nur  ganz  schwach  licht- 
grünlich gefärbt  ist,  und  die  Nüdelchen,  wegen  ihrer  sehr  geringen 
Grösse  nur  wenig  aus  der  meist  trüben  Grundmasse  hervortreten.  Um 
so  mehr  fällt  er  aber  im  polarisirten  Lichte  auf,  da  er  darin,  vor 
Allem,  wo  die  Fäserchen  kleine  Büschel  und  Haufwerke  bilden,  in  leb- 
haften, leuchtenden  Farben  erscheint,  die  auch  dann  noch  zu  beobachten 
sind,  wenn  wegen  grosser  Dünne  des  Schliffes  der  Quarz  nur  noch 
ganz  matte,  bläulichweisse  Farbe  zeigt.  Im  Porphyr  von  der  Ruenhardt 
und  vom  Stückenbruch  treten  neben  den  kleinen  Nüdelchen  auch  noch 
kleine  Schüppchen  und  langgezogene  Blättchen  desselben  Minerals,  aber 
nur  in  geringer  Anzahl  auf.  Alle  diese  Gebilde  sind  entschieden  als 
Kaliglimmer  oder  doch  als  ein  diesem  sehr  nahe  verwandtes  Mineral 
in  mikrolithartiger  Ausbildung  aufzufassen.  Ivalkowsky  beobachtete 
dieselben  ebenfalls  in  einigen  sächsischen  Porphyren,  in  einem  Frei- 
berger Gangporphyr  von  der  Grube  Himmelfahrt  in  besonders  grosser 
Menge.  Mehrere  Präparate  sächsischer  Porphyre,  die  dem  Verfasser 
zum  Vergleich  freundlichst  überlassen  wurden,  zeigten  hinsichtlich  des 
Glimmers  vollständige  Uebereinstimmung  mit  den  hier  untersuchten 


Die  Porphyre  und  Grtinsteine  des  Lennegebietes  in  West.phalen. 


141 


Porphyren.  In  den  Porphyren  der  Ruenhardt  und  vom  Eichhagen 
wurden  derartige  kleine  Glimmerfäserchen  im  Quarz  eingeschlossen 
vorgefunden. 

Von  diesem  feinvertheilten  Glimmer,  der  ohne  Zweifel  gleich  bei 
Festwerdung  des  Gesteinsmagmas  aus  diesem  ausgeschieden  wurde,  ist 
eine  in  Folge  ihrer  ebenfalls  feinfaserigen  und  schuppigen  Ausbildung 
und  ihrer  optischen  Eigenschaften  ihm  ungemein  gleichende  secundäre 
Substanz  zu  unterscheiden,  welche  später  unter  den  Umwandlungs- 
und Zersetzungsproducten  dieser  Porphyre  beschrieben  werden  wird. 

Dunkler  Magnesiaglimmer  wurde  niemals  als  Gemengtheil  der 
Felsitgrundmasse  beobachtet.  Ferrit  findet  sich  in  den  Porphyren  vom 
Eichhagen,  vom  Hohenstein  und  von  der  Ruenhardt  als  Gemengtheil 
der  Grundmasse  nicht  vor,  nur  auf  Klüften  des  Gesteins  ist  er  wieder- 
holt reichlich  abgesetzt.  Im  Porphyr  vom  Stückenbruch  liegt  er  in 
röthlichbraunen  bis  gelbbraunen  Körnchen  von  unregelmässiger  Form 
durch  die  ganze  Grundmasse  zerstreut,  oft  zu  kleinen  Haufwerken 
zusammengelagert. 

Am  reichsten  an  Ferrit  erweisen  sich  die  Porphyre  vom  Berg 
Löh  und  von  Altenhundem,  was  beide  Gesteine,  auch  schon  durch  die 
violette,  röthliche  Farbe  im  Handstück  verrat.hen.  Im  Porphyr  vom 
Berg  Löh  ist  derselbe  durch  die  ganze  Grundmasse  in  sehr  feiner  Ver- 
theilung  in  kleinen,  unregelmässig  begrenzten  Schüppchen  und  Körnchen 
verbreitet,  die  bei  gehöriger  Dünne  blutrothe  bis  rothbraune  Farbe 
zeigen.  Nur  selten  treten  dieselben  zu  grösseren  Haufwerken  zusammen. 
Wiederholt  sind  die  Körnchen  linienartig  aneinander  gereiht,  und  diese 
Reihen  büschelförmig,  mit  radialer  Anordnung  der  Strahlen,  vereinigt; 
oder  die  Körnchen  sind  durch  versteckt  sphärulitische  Structur  der 
Grundmasse  zu  bogen-  und  halbkreisförmigen  Linien  angeordnet. 

Im  Porphyr  von  Altenhundem  tritt  Ferrit  in  ganz  ähnlicher  Weise 
auf.  Leicht  zu  unterscheiden  von  diesem  feinvertheilten  Ferrit,  der  als 
ursprünglicher  Gemengtheil  der  Grundmasse  aufzufassen  ist,  sind  kleine 
Anhäufungen  von  röthlichbraunem  Eisenoxydhydrat  in  diesen  Gesteinen, 
die  entschieden  theils  Zersetzungsproducte,  theils  Absätze  circulirender 
Gewässer  sind. 

Ausser  den  bisher  behandelten  Gemengtheilen  der  felsitischen 
Grundmasse  sind  nun  aber  in  allen  Porphyren  in  reichlicher  Menge 
noch  kleine,  oft  zu  ungeheuerer  Winzigkeit  herabsinkende,  bei  geringer 
Vergrösserung  sämmtlich  dunkel  erscheinende  Pünktchen  zu  beobachten. 
Ein  Theil  derselben  ist  ohne  Zweifel  für  Flüssigkeitseinschlüsse,  be- 
ziehentlich Dampfporen  in  den  die  Grundmasse  zusammensetzenden 
pelluciden  Gemengtheilen  zu  erklären,  sie  bleiben  auch  bis  zur  stärksten 
Vergrösserung  vollkommen  dunkel.  Viele  jener  Pünktchen  erweisen  sich 
anderntheils  aber  entschieden  als  solide  Körperchen ; sie  zeigen  bei 
starker  Vergrösserung  entweder  eine  farblose,  wasserhelle  oder  auch 
eine  schwach  gelblich,  bis  bräunlich  gefärbte  Mitte  mit  äusserem  dunk- 
len Rande.  Dieselben  sind  zum  grossen  Theile  abgerundet,  während 
einige  auch  vielseitige,  unregelmässige  Umgrenzung  zeigen.  Sie  finden 
sich  unter  den  ersterwähnten  Flüssigkeitseinschlüssen  in  reicher  Menge 
durch  die  ganze  Grundmasse  wieder  und  sind  am  besten  da  zu  unter- 

Mineralogische  Mittheilungen.  1877.  2.  Heft.  (Mehner).  19 


142 


H.  B.  Mehner. 


[16] 


suchen,  wo  die  Grundmasse  über  einen  schräg  zur  Schlifffläche  liegenden 
pelluciden  Quarz  hinweggreift.  Auch  in  den  Einbuchtungen  und  Ein- 
schlüssen von  Grundmasse  in  den  Quarzen  sind  sie  stets  zu  beobachten. 
Eine  Erklärung  über  die  Natur  dieser  kleinen  soliden  Gebilde  abzu- 
geben ist  sehr  schwierig.  Sie  sämmtlich  mit  den  in  andern  Gesteinen 
häufig  zu  beobachtenden  Globuliten  zu  identificiren,  dürfte  gewagt  er- 
scheinen. Ein  grosser  Theil  scheint  mit  weit  mehr  Wahrscheinlichkeit 
durch  Bearbeitung  der  Thonschiefereinschlüsse,  die  sich  in  den  meisten 
dieser  Gesteine  finden,  in  die  Grundmasse,  als  sie  noch  plastisch  war, 
gekommen  und  durch  dieselbe  verbreitet  worden  zu  sein,  welche  An- 
sicht dadurch  unterstützt  wird,  dass  sich  in  den  eingeschlossenen 
Gesteinsfragmenten  derartige  winzige  Gebilde  in  ungemein  grosser 
Menge  vorfinden,  und  sodann,  dass  sich  in  der  nächsten  Umgebung 
derselben  die  Grundmasse  stets  als  ganz  besonders  reich  an  jenen 
kleinen  Körnchen  erweist.  Die  Präparate  und  Handstücke  zweier  dieser 
Porphyre  (ob  diese  überhaupt,  muss  unentschieden  gelassen  werden) 
sind  frei  von  eingeschlossenen  Gesteinsfragmenten,  trotzdem  waren  in 
der  Grundmasse  derselben  ebenfalls  die  genannten  kleinen  Körnchen, 
wenn  auch  in  weit  geringerer  Menge  zu  beobachten. 

Was  nun  die  Structur Verhältnisse  dieser  Porphyre  betrifft, 
so  ist  schon  vorgreifend  angedeutet  worden,  dass  die  Grundmasse  bei 
einigen  eine  vollkommen  gleichartige,  einförmige,  körnige  Structur  zeigt, 
so  vor  Allem  in  den  Porphyren  vom  Stückenbruch,  vom  Berg  Löh  und 
von  Altenhundem.  In  dem  ersten  der  angeführten  drei  Gesteine  finden 
sich  ausserdem  noch  an  zwei  Stellen  die  Gemengtheile  der  Grundmasse 
derartig  gruppirt,  dass  eine  Fluctuationsstructur  deutlich  hervortritt.J 

Wiederholt  geht  die  körnige  Structur  durch  das  gegenseitige 
Uebereinandergreifen  und  das  dadurch  bedingte  verschwommene  Aus- 
sehen der  Körnchen  in  die  weiter  oben  bereits  beschriebene  flecken- 
artige  Ausbildung  über,  welche  besonders  in  den  Porphyren  vom  Hohen- 
stein, von  der  Ruenhardt  und  vom  Eichhagen  zu  beobachten  ist.  End- 
lich zeigen  zwei  der  untersuchten  massigen  Porphyre  eine  ausgezeich- 
nete sphäruli tische  Structur,  indem  inmitten  der  fleckig-körnig 
ausgebildeten  Grundmasse  kleine  concentrische  und  radiale  Kugelbil- 
dungen auftreten,  durch  welche  diesen  Gesteinen  sofort  beim  ersten 
Blick  in’s  Mikroskop  der  Stempel  eines  echten  Porphyrs  aufgedrückt 
ist.  Am  ausgezeichnetsten  zeigt  die  Sphärulite  der  Porphyr  vom  Eich- 
hagen, in  geringerer  Anzahl  derjenige  vom  Hohenstein.  In  den  Sphäruliten 
erfährt  die  Grundmasse  eine  derartige  Anordnung,  dass  ganz  dichte 
und  trübe  Masse  den  Kern  des  Kugelschnittes  bildet,  der  in  der  Regel 
von  einem  Quarzring  allseitig  umgeben  ist,  welcher  sich  durch  seine 
Pellucidität  von  der  trüben  Grundmasse  nach  innen  und  aussen,  beson- 
ders im  polarisirten  Lichte,  deutlich  abhebt.  Dieser  Quarzring  ist  häufig 
ein  Individuum,  was  sich  aus  der  einheitlichen  Farbe  im  polarisirten 
Lichte  ergibt;  hin  und  wieder  wird  er  aber  auch  von  mehreren  Indi- 
viduen in  verschiedener  Lage  gebildet,  was  sich  zwischen  den  Nicols 
durch  die  verschiedene  Färbung  derselben  ergibt.  Durch  den  lichten 
Quarz  verlaufen  übrigens  häufig  radiale  Strahlen  von  der  Mitte  nach 
dem  Umfang  der  Sphärulite;  sie  sind  theils  durch  aneinandergereihte 


Die  Porphyre  und  Grünsteine  des  Lennegebietes  in  Westphalen. 


143 


Flüssigkeitseinschlüsse,  theils  durch  linear  gelagerte  solide  Körperchen 
gebildet.  Anderntheils  finden  sich  aber  auch  Sphärulite  vor,  die  eine 
entgegengesetzte  Anordnung  der  Substanzen  zeigen,  indem  bei  ihnen 
die  trüb  beschaffene,  dichte  Grundmasse  den  äusseren  Ring  bildet, 
während  die  Mitte  von  lichtem  Quarz  eingenommen  wird.  Bei  diesen 
Sphäruliten  scheinen  in  dem  äusseren  Ringe  kleine  Nädelchen  von 
Glimmer,  wie  sie  früher  beschrieben  wurden,  besonders  vorzuherrschen. 
Eine  scharfe  Grenze  zwischen  beiderlei  Sphäruliten  ist  nicht  zu  ziehen, 
vielmehr  findet  ein  allmähliger  Uebergang  zwischen  ihnen  statt.  Ein 
Polarisationskreuz  ist  in  denselben  nur  selten,  und  dann  nur  in  ver- 
schwommener Weise  zu  beobachten.  Wiederholt  sind  Sphärulite  nur 
zum  Theil,  als  einzelne  Kugelsegmente  ausgebildet. 

B.  Porpliy rische  Gemengtheile. 

Einige  dieser  massigen  Porphyre  sind  sehr  reich  an  porphyrischen 
Gemengtheilen,  andere  zeigen  deren  nur  wenige,  wie  schon  aus  der 
makroskopischen  Beschreibung  zu  ersehen  ist.  Reich  daran  sind  z.  B- 
die  Porphyre  vom  Stückenbruch,  vom  Berg  Löh  und  der  rotlie,  horn- 
blendeführende Porphyr  von  Altenhundem,  arm  daran  diejenigen  vom 
Hohenstein  und  Eichhagen,  sowie  von  der  Ruenhardt.  Die  makrosko- 
pischen Gemengtheile  der  ersteren  zeichnen  sich  auch  noch  durch  ihre 
Grösse  gegenüber  denjenigen  der  letztgenannten  Gesteine  aus. 

Als  porphyrische  Gemengtheile  treten  vor  Allem  Quarz  und 
F eidspat h auf.  Die  Gestalt  der  Quarze  ist  ziemlich  verschieden,  und 
zwar  nicht  nur  bezüglich  der  einzelnen  Gesteine  untereinander,  sondern 
auch  in  ein  und  demselben  Gestein  zeigt  sich  der  Quarz  in  sehr  ab- 
wechselnden Gestalten.  Zum  Theil  lassen  die  Individuen  deutlich  die 
Krystallform  des  Quarzes  erkennen.  Die  Ecken  und  Kanten  sämmt- 
licher  Formen  sind  nie  scharf  ausgebildet,  sondern  immer  mehr  oder 
weniger  abgerundet,  welche  Eigentümlichkeit  wohl  eher  als  die  Folge 
des  die  Ivrystallisation  hemmenden  Einflusses  der  umgebenden  Grund- 
masse anzusehen,  als  auf  eine  Abschmelzung  der  Kanten  und  Ecken 
in  dem  gluthflüssigen  Magma  zurückzuführen  ist.  Neben  diesen  einiger- 
massen  regelmässig  begrenzten  Quarzen  finden  sich  zahlreiche  andere, 
die  nur  selten  einzelne,  geradlinig  verlaufende  Ränder  zeigen.  Endlich 
treten  noch  ganz  unregelmässig  begrenzte,  splitterartige  Formen  auf. 
Fast  sämmtliche  grösseren  Quarze,  sowohl  diejenigen  mit  Ivrystallgestalt., 
als  auch  diejenigen  von  abgerundeter  Körnerform,  führen  kleine  Massen 
der  umgebenden  Grundmasse  in  sich  eingeschlossen.  In  auffallend 
reichem  Maasse  zeigen  diess  die  Quarze  der  Porphyre  vom  Stücken- 
bruch und  vom  Berg  Löh.  Die  Grundmasse  dringt  theils  in  stumpf- 
eckigen oder  rundlichen,  bimförmigen  Buchten  oder  in  breiten  Spalten 
oft  tief  in  das  Innere  der  Quarzdurchschnitte  ein,  theils  bildet  sie 
kleine  abgerundete  oder  auch  genau  die  Form  der  hexagonaleu  Doppel- 
pyramide wiedergebende,  isolirt  im  Quarz  erscheinende  Flecken.  Letz- 
tere können  angesehen  werden,  entweder  als  Querschnitte  oben  be- 
schriebener Einbuchtungen,  die  in  der  Richtung  der  Mikroskopaxe  im 
Quarz  verliefen  und  daher  als  isolirte  Einschlüsse  nur  erscheinen,  oder 

19* 


144 


H.  B.  Mehner. 


[18] 


als  solche  Einschlüsse,  welche  wirklich  als  allseitig  von  der  Quarzsub- 
stanz umschlossen  zu  erkennen  sind;  letzterer  Art  sind  namentlich  die 
Einschlüsse  von  der  Form  der  Doppelpyramide.  Mehrfach  sind  ferner 
in  den  Porphyren  zerborstene  und  zertrümmerte  Quarze  zu  beobachten, 
theils  mit  nur  geringer,  theils  mit  bedeutender  Verrückung  in  der  Lage 
der  einzelnen  Splitter.  Ist  im  ersteren  Falle  die  ursprüngliche  Zusam- 
mengehörigkeit der  Theile  leicht  zu  constatiren,  so  ist  dieses  bei  einer 
grösseren  Verschiebung  oft  schwierig,  ja  geradezu  unmöglich,  wenn 
nicht  besonders  charakteristische  Formen  diese  Arbeit  erleichtern.  Von 
den  oben  erwähnten  unregelmässigen,  oft  splitterförmigen  Quarzen  ist 
entschieden  ein  grosser  Theil  als  dergleichen  Fragmente  anzusprechen, 
doch  wäre  es  gewiss  zu  weit  gegangen,  wollte  man  alle  unregelmässig 
begrenzten  Querdurchschnitte  in  diesen  Porphyren  auf  Trümmerstücke 
zurückführen,  vielen  ist  vielmehr  entschieden  Ursprünglichkeit  zuzuer- 
kennen. Der  verstümmelnde  Einfluss  der  umgebenden  Grundmasse,  der 
bereits  als  Ursache  der  Abrundung  der  Ecken  bei  den  regelmässigen 
Quarz  individuell  hingestellt  wurde,  konnte  auch  ein  so  bedeutender 
sein,  dass  Individuen,  von  lauter  unregelmässigen  Druckflächen  begrenzt 
hervorgingen.  Den  augenscheinlichen  Beweis  für  die  letztere  Ansicht 
liefert  z.  B.  der  Porphyr  vom  Eichhagen.  Grössere,  regelmässig  begrenzte 
Quarze  gehören  in  ihm  zu  den  Seltenheiten,  dagegen  ist  er  an  kleinen 
Quarzen  ungemein  reich.  Diese  letzteren  zeigen  sämmtlich  jene  unregel- 
mässig begrenzte  Splitterform  und  zugleich  eine  eigenthümliche  Anord- 
nung, sie  sind  fast  stets  zu  2,  3,  4 oder  mehr  hintereinander  gelagert, 
so  dass  dadurch  jedesmal  ein  schmaler  Quarzstreifen  im  Dünnschliffe 
gebildet  ist,  der  sich  gewöhnlich  nach  den  beiden  Enden  allmälig  aus- 
spitzt. Im  gewöhnlichen  Lichte  einheitlich  erscheinend,  gibt  sich  der- 
selbe im  polarisirten  Lichte  sofort  als  aus  einer  Anzahl  von  Individuen 
zusammengesetzt  zu  erkennen.  Diese  letzteren  sind  durchaus  keine 
Trümmerstücke,  sondern  entschieden  ursprüngliche  Gebilde,  die  nur 
durch  die  umgebende  Grundmasse  verhindert  wurden,  sich  in  regel- 
mässigen Formen  des  Quarzes  auszuscheiden.  Diese  langgezogenen 
Streifen  von  Quarz,  die  allem  Anschein  nach  Querschnitte  dünner, 
parallelverlaufender  Lamellen  sind,  deuten  übrigens  auf  eine  Fluctua- 
tion  der  Porphyrmasse,  beziehentlich  auf  einen  auf  dieselbe  ausgeübten 
Druck  hin.  Aehnliche  Bildungen  des  Quarzes,  wie  die  eben  beschrie- 
benen des  Porphyrs  vom  Eichhagen  kommen  noch  in  den  Porphyren 
vom  Hohenstein  und  von  der  Ruenhardt  vor. 

Ausser  durch  die  zahlreichen  Einbuchtungen  und  Einschlüsse  von 
Felsitmasse  geben  sich  die  ausgeschiedenen  Qarze  auch  dadurch  noch 
als  echte  Porphyrquarze  zu  erkennen,  dass  sie  neben  zahlreichen  Flüs- 
sigkeitseinschlüssen auch  mehr  oder  weniger  Glaseinschlüsse  führen. 
Ein  bestimmtes  Quantitätsverhältniss  zwischen  beiderlei  Einschlüssen 
lässt  sich  nicht  nachweisen.  Am  reichsten  an  Glaseinschlüssen  sind  die 
Quarzdurchschnitte  der  Porphyre  vom  Berg  Löh  und  vom  Stücken- 
bruch; zugleich  sind  sie  hier  am  grössten  ausgebildet.  Auch  die  übrigen 
massigen  Porphyre  führen  sämmtlich  in  ihren  Quarzen  Glaseinschlüsse, 
doch  sind  dieselben  bei  ihnen  etwas  seltener.  In  einem  Quarzdurch- 
schnitt des  Porphyrs  vom  Eichhagen  befindet  sich  ein  kreisrunder 


Die  Porphyre  und  Grünsteine  des  Lennegebietes  in  Westphalen.  145 


Durchschnitt  von  eingeschlossener,  sehr  dichter  Felsitmasse,  in  welcher 
wieder  ein  nahezu  ebenso  grosser  hyaliner  Einschluss  mit  Bläschen 
sitzt,  so  dass  die  Felsitmasse  nur  noch  einen  ganz  schmalen  Ring  um 
den  Glaseinschluss  bildet.  Daraus  geht  hervor,  dass  die  Einschlüsse 
feinkörniger  Felsitmasse,  die  so  häufig  in  den  Porphyrquarzen  wieder- 
kehren, keineswegs  erst  durch  Umwandlung  von  Glaseinschlüssen  secun- 
där  entstanden  sind,1)  sondern  dass  von  den  Quarzen  bei  ihrer  Bildung 
sowohl  amorphes  Glas,  als  auch  bereits  krystallinisch  gewordene  Felsit- 
masse umschlossen  wurde.  Auf  den  Werth  des  Nachweises  von  Glas- 
einschlüssen in  den  Gemengtheilen  eines  Gesteins  für  die  Deutung  der 
Bildungsweise  desselben  aufmerksam  zu  machen,  dürfte  unnöthig  sein; 
auch  wird  später  nochmals  darauf  zurückgekommen. 

Flüssigkeitseinschlüsse  sind  in  den  porphyrischen  Quarzen  in  un- 
gemein  reicher  Anzahl  vorhanden,  nur  hin  und  wieder  finden  sich 
Quarzkörner  oder  einzelne  Stellen  in  den  Individuen,  die  ziemlich  frei 
davon  sind.  Theils  sind  die  Flüssigkeitseinschlüsse  zu  Strängen  oder 
breiten  Streifen  angeordnet,  welche  den  Quarz  nach  verschiedenen 
Richtungen  durchlaufen,  theils  sind  sie  auch  in  einfacher  Reihe  hinter- 
einander angeordnet,  oder  liegen  endlich  richtungslos  in  dem  Quarz 
zwischen  jenen  Linien  und  Streifen  zerstreut.  Die  Formen  der  Ein- 
schlüsse sind  wie  gewöhnlich  sehr  wechselnd.  Ein  Bläschen,  oft  in  zit- 
ternder Bewegung,  war  in  den  meisten  derselben  wahrzunehmen. 

Die  Beobachtung,  dass  die  Grösse  des  Flüssigkeiteinschlusses 
zur  Grösse  der  in  demselben  befindlichen  Libelle  durchaus  in  keiner 
Beziehung  steht,  kann  hier  nur  bestätigt  werden.  Dicht  neben  grossen 
Einschlüssen  mit  kleiner  Libelle,  finden  sich  kleine  Einschlüsse,  in  denen 
das  Bläschen  fast  den  ganzen  Raum  ausfüllt.  Derartige  Einschlüsse,  in 
denen  nur  noch  wenig  Flüssigkeit,  oft  blos  noch  in  den  feinen  Aus- 
spitzungen und  Ausschweifungen,  neben  dem  Bläschen  enthalten  ist, 
bilden  den  Uebergang  zu  den  wirklichen  Dampfporen,  die  sich  neben 
den  Flüssigkeitseinschlüssen  ebenfalls  in  reichlicher  Menge  in  den  Quar- 
zen finden  und  an  ihrem  breiten  dunklen  Rand  erkennbar  sind.  Die 
Gestalt  derselben  ist  ebenfalls  sehr  wechselnd,  doch  scheint  eine  läng- 
liche, abgerundete  Form,  auf  einer  Seite  oder  auf  zwei  Seiten  mit  Aus- 
spitzung,  vorzuherrschen. 

Kleine  nadelförmige,  farblose  Mikrolithe  fanden  sich  nur  einige 
Male  im  Quarz  eingeschlossen  vor. 

Wie  die  Quarze,  so  sind  auch  die  porphyrisch  ausgeschiedenen 
Feldspathe  in  einigen  Porphyren  sehr  reichlich  vorhanden,  während 
sie  in  anderen  nur  vereinzelt  auftreten.  Viele  makroskopische  Feld- 
spathe führen  die  auch  an  Quarzen  reichen  Porphyre  vom  Stücken- 
bruch und  vom  Berge  Löh,  ferner  der  rothe,  hornblendeführende  Por- 
phyr von  Altenhundem;  auch  der  Porphyr  von  der  Ruenhardt  enthält 
deren  noch  eine  ziemlich  bedeutende  Anzahl,  während  die  Gesteine 
vom  Eichhagen  und  vom  Hohenstein  arm  daran  sind. 

Neben  Orthoklasen  finden  sich  Plagioklase  in  grosser  Anzahl, 
doch  ohne  das  Uebergewicht  über  erstere  zu  erlangen.  Im  Porphyr 


*)  Eine  Auffassung,  welcher  Vogelsang  besonders  das  Wort  redete. 


146 


H.  B.  Mehner. 


[20] 


von  der  Ruenhardt  scheinen  beide  ungefähr  in  gleicher  Menge  vorhan- 
den zu  sein.  Dass  auch  im  rothen  Porphyr  von  Altenhundem  neben 
Orthoklasen  Plagioklase  vorhanden  waren,  lässt  sich  wohl  vermuthen, 
aber  nicht  feststellen,  da  der  sehr  weit  vorgeschrittenen  Zersetzung 
wegen  trikline  Streifung  nicht  mehr  zu  beobachten  ist.  Vielfach  zeigen 
die  Feldspathe  sehr  regelmässig  begrenzte  Formen  oder  es  sind  wenig- 
stens mehrere  Seiten  und  Winkel  der  einzelnen  Individuen  regelmässig 
und  scharf  ausgebildet.  Daneben  treten  aber  auch  vollständig  unregel- 
mässig begrenzte,  zum  Theil  abgerundete,  sowie  splitterförmige  auf, 
welche,  wie  beim  Quarz,  als  Bruchstücke  aufzufassen  sein  dürften. 
Dass  übrigens  eine  theilweise  Zertrümmerung  der  Feldspathe  in  den 
Porphyren  factisch  stattgefunden  hat,  als  die  Grundmasse  noch  plastisch 
war,  ist  mehrfach,  besonders  ausgezeichnet  aber  an  einem  Präparat 
des  rothen  Porphyrs  vom  Berg  Löh  zu  beobachten.  In  demselben  be- 
findet sich  ein  grosser  Feldspath,  der  in  mehrere  unregelmässige  Stücke 
zerborsten  ist,  welche  aber  nur  eine  geringe  Verschiebung  erfahren 
haben,  so  dass  einige  derselben  im  polarisirten  Lichte  noch  mit  gleichen 
Farben  erscheinen,  also  ihre  gemeinsame  optische  Orientirung  mit  Bezug 
auf  die  Axe  des  Mikroskopes  bewahrt  haben.  Die  Zwischenräume  zwi- 
schen den  einzelnen  Fragmenten  sind  durch  felsitische  Grundmasse 
ausgefüllt,  die  vollständig  mit  der  den  Feldspath  umgebenden  Grund- 
masse übereinstimmt  und  bei  Zerberstung  des  Feldspaths  in  die  Lücken 
zwischen  den  Fragmenten  eingedrungeu  ist,  ein  Zeichen,  dass  die  por- 
phyrischen  Feldspathe  bereits  fertig  ausgebildet  waren,  als  die  übrige 
Grundmasse  sich  noch  in  plastischem  oder  sogar  flüssigem  Zustande 
befand. 

Die  monoklinen  als  auch  die  triklinen  Feldspathe  sind  meist  als 
sehr  breite  Individuen  ausgebildet.  Lange,  schmale  Leistenformen,  wie 
sie  sonst  dem  Plagioklas  eigen  zu  sein  pflegen,  sind  hier  nur  höchst 
selten  zu  beobachten.  Eine  Zwillingsverwachsung  der  Orthoklase  nach 
dem  Karlsbader  Gesetz  war  vereinzelt  in  den  Porphyren  vom  Stücken- 
bruch, vom  Berge  Löh,  von  der  Ruenhardt  und  vom  Eichhagen,  dagegen 
eine  solche  nach  dem  Bavenoer  Gesetz  nur  in  einem  einzigen  Falle, 
in  einem  Präparate  des  rothen  Porphyrs  von  Altenhundem  nachzuweisen. 
Wiederholt  finden  sich  in  Orthoklasen  der  untersuchten  Porphyre 
Lamellen  eines  triklinen  Feldspathes  eingewachsen.  Belege  dazu  bieten 
die  Porphyre  vom  Berge  Löh,  vom  Stückenbruch  und  von  der  Ruen- 
hardt. Die  dem  Orthoklas  eingeschalteten  triklinen  Lamellen  verlaufen 
meist  mit  der  Hauptaxe  des  Orthoklases  parallel,  doch  sind  sie  auch 
mehrfach  senkrecht  zu  derselben  eingelagert.  In  einzelnen  Fällen  ver- 
laufen sie  in  einem  und  demselbem  Individuum  auch  nach  beiden  Rich- 
tungen. Die  eingeschlossenen  triklinen  Feldspathe  sind  nur  selten  gut 
ausgebildet,  vielmehr  besitzen  die  einzelnen  Lamellen  häufig  ganz  ver- 
schiedene Länge. 

Auch  Verwachsungen  trikliner  Feldspathe  unter  sich  sind  nicht 
selten  zu  beobachten.  Dieselben  sind  einestheils  in  der  Weise  erfolgt, 
dass  die  Lamellen  der  verwachsenen  Individuen  in  ihrer  Richtung  voll- 
ständig übereinstimmen,  dass  sie  aber  an  den  schmalen  Seiten,  wo  sie 
sich  berühren,  in  scharfen  Linien  gegeneinander  abgegrenzt  sind,  was 


[21]  Die  Porphyre  und  Grünsteine  des  Lennegebietes  in  Westphalen.  147 

durch  die  häufig  ganz  abweichende  Breite  und  durch  die  meist  andere 
Färbung  der  in  die  fortgesetzte  Richtung  einer  Lamelle  zu  liegen 
kommenden  anderen  Lamelle  besonders  auffallend  hervortritt.  Die  andere 
Art  der  Verwachsung,  welche  die  LameJJen  der  verwachsenen  Individuen 
in  nahezu  senkrechter  Stellung  zu  einander  zeigt,  ist  nach  dem  zuerst 
von  Stelzner1)  dargelegten  Periklingesetz  (86°  40')  erfolgt. 

Nur  wenige  der  porphyrischen  Feldspathe  sind  klar  und  vollkom- 
men pellucid,  vielmehr  zeigen  fast  sämmtliche  eine  grössere  oder 
geringere  Trübung.  Diese  rührt  her  theils  von  einer  stattgefundenen 
molekularen  Umwandlung,  wie  sie  bei  den  Feldspathen  der  Granite  und 
Syenite  häufig  zu  beobachten  ist,  anderntheils  aber  und  zwar  zumeist 
wird  dieselbe  durch  eine  bedeutende  Menge  von  Einschlüssen  in  der 
Feldspathsubstanz  hervorgerufen.  Diese  Einschlüsse  sind  häufig  durch 
den  ganzen  Feldspath  gleichmässig  verbreitet,  mitunter  aber  auch  nur 
auf  einzelne  Partien  desselben  beschränkt,  während  andere  fast  frei 
davon  sind,  wodurch  bei  geringer  Vergrösserung  eine  wolkenartige  Trü- 
bung solcher  Feldspathe  entsteht.  Die  zwischen  den  verdunkelnden 
Einschlüssen  liegende  Feldspathsubstanz  ist  pellucid  und  polarisirt 
zumeist  noch  lebhaft.  Die  Einschlüsse  selbst  sind  theils  Flüssigkeits- 
einschlüsse, theils  Dampfporen,  wie  aus  dem  breiten  dunklen  Rand 
zu  schliessen  ist,  theils  endlich  feste  Körper,  die  meist  in  Gestalt  läng- 
licher, oft  stäbchenartiger  Blättchen  und  Lamellen  von  gewöhnlich 
dunkler  Farbe  und  geringer  Durchsichtigkeit  auftreten,  und  fast  immer 
parallel  zur  Längsaxe  des  Feldspathes  gelagert  sind.  Ueber  die  Natur 
der  eingelagerten  Körperchen  lassen  sich  eine  Menge  Vermuthungen 
aufstellen,  ohne  damit  aber  ein  Resultat  zu  erzielen. 

Die  chemische  Umwandlung,  welche  an  allen  porphyrischen  Feld- 
spathen, wenn  auch  in  verschieden  starkem  Maasse  zu  beobachten  ist, 
liefert  vollkommen  pellucide  Zersetzungsproducte.  Hinsichtlich  des 
Grades  der  Zersetzung  sind  in  einigen  Porphyren  die  Feldspathe  noch 
gut  erhalten,  indem  das  Zersetzungsproduct  nur  auf  Spalten  des  Indi- 
viduums oder  in  einzelnen  Punkten  in  der  Masse  zerstreut  zu  beob- 
achten ist;  Beispiele  liefern  zahlreiche  Feldspathe  der  Porphyre  vom 
Stückenbruch,  vom  Berg  Löh,  Eichhagen  und  Hohenstein,  sowie  von 
der  Ruenhardt.  Daneben  finden  sich  häufig  in  einem  und  demselben 
Präparat  solche  Feldspathe,  in  welchen  nur  noch  geringe  Theile  der 
Feldspathsubstanz  erhalten  gebliehen  sind,  und  endlich  sogar  auf  solche, 
in  welchen  von  dieser  nichts  mehr  wahrzunehmen  ist;  letzterer  Fall  ist 
am  häufigsten  im  rothen  Porphyr  von  Altenhundem.  Die  Umwandlungs- 
producte  der  Feldspathe  sind  theils  Kaolin,  theils  die  bereits  früher 
bei  Beschreibung  des  durch  die  Grundmasse  feinvertheilten  Glimmers 
erwähnte  und  diesem  sehr  ähnliche  Substanz,  theils  endlich  kohlen- 
saurer Kalk,  womit  jedoch  keineswegs  gesagt  sein  soll,  dass  letzterer 
in  eben  derselben  Weise  aus  der  Feldspathsubstanz  hervorgegangen 
sei,  wie  wir  es  für  Kaolin  und  den  Glimmer  anzunehmen  gute  Gründe 
haben ; der  kohlensaure  Kalk  ist  vielmehr  entschieden  durch  circulirende 
Gewässer  als  doppeltkohlensaurer  Kalk  nach  dieser  Stelle  geführt  und 


’)  Berg-  und  Hüttenmännische  Zeitung.  1870.  Bd.  XXIV,  pag.  150. 


H.  B.  Mehner. 


148 


[22] 


hier  bei  Zersetzung  der  Feldspathsubstaiiz  als  einfach  kohlensaurer 
Kalk  an  Stelle  jener  abgesetzt  worden. 

Alle  drei  Zersetzungsproducte  sind  im  gewöhnlichen  Lichte  nut- 
schwer  zu  erkennen,  da  sie  pellucid  und  vollständig  oder  doch  nahezu 
farblos  sind. 

Das  erstgenannte  der  drei  Umwandlungsproducte  bricht  das  Licht 
nur  sehr  schwach,  gibt  sich  bei  sehr  heller  Beleuchtung  als  ein  fein- 
körniges, verschwommenes  Aggregat  zu  erkennen,  welches  zwischen 
den  Nicols  ziemlich  schwer  eine  schwach  milchigbläuliche  Farbe  wahr- 
nehmen lässt  und  ist  in  diesen  Eigenschaften  vollständig  identisch  mit 
dem  Zersetzungsproduct  des  Feldspaths  in  dem  vollständig  kaolinisirten 
Porphyr  von  Rasephas  bei  Altenburg,  von  welchem  dem  Verfasser  zur 
Vergleichung  ein  Präparat  zu  Gebote  stand.  Dieses  Umwandlungs- 
material ist,  trotzdem  die  Feldspathe  der  untersuchten  Porphyre  in 
den  Handstücken  ganz  den  Anschein  der  Kaolinisirung  darbieten,  in 
auffallend  geringem  Maasse  u.  d.  M.  zu  beobachten.  Viel  häufiger 
findet  sich  die  zweite  Substanz;  diese  bildet  meist  kleine,  in  der  Feld- 
spathsubstanz  liegende  Fäserchen  und  Nüdelchen  oder  nach  beiden 
Enden  zugespitzte  schmale  Blättchen  und  Schüppchen,  welche  theils 
farblos  sind,  theils  einen  ganz  lichtgrünlichen  bis  lichtgelblichen  Schein 
zeigen,  starkes  Lichtbrechungsvermögen  besitzen  und  sieb  häufig  zu 
kleinen  faserigen  Büscheln  vereinigt  haben.  Auch  durchsetzt  dieses 
Umwandlungsproduct  die  Feldspathe  in  schmalen  und  breiten  Streifen, 
so  dass  zu  erkennen  ist,  dass  es  den  Zerklüftungen  der  Feldspathe 
folgt  und  von  diesen  dann  weiter  in  die  Masse  eindringt.  Ausserhalb 
der  Feldspathe  füllt  diese  feinfaserige  Materie  häufig  durch  die  Grund- 
masse verlaufende  schmale  Spältchen  aus,  in  denen  dann  die  Fäserchen 
meist  eine  senkrechte  Stellung  zu  den  Salbändern  bewahren.  Bei  der 
auffallenden  Uebereinstimmung  dieses  Umwandlungsproductes  mit  dem 
in  einigen  Porphyren  beobachteten  feinvertheilten  Glimmer  der  Grund- 
masse ist  man  von  vornherein  geneigt,  auch  dieses  als  Glimmer,  oder 
mindestens  als  ein  glimmerartiges  Mineral  aufzufassen.  Kalkowsky, 
der  dasselbe  Zersetzungsproduct  in  zahlreichen  sächsischen  Porphyren 
beobachtete,  bezeichnete  es  auch  als  solches,  welcher  Auffassung  ja  auch 
nichts  entgegen  steht.  Trotzdem  muss  die  Möglichkeit  zugegeben  werden, 
dass  diese  Substanz  doch  vielleicht  nur  Kaolin  in  kryptokrystallinischer 
Ausbildung  ist.  In  den  Feldspathen  kommt  dieses  zweite  Zersetzungs- 
product theils  allein,  theils  mit  dem  ersten,  theils  mit  dem  sogleich  zu 
beschreibenden  dritten,  oder  mit  beiden  zugleich  vor.  Während  in  den 
Porphyren  vom  Stückenbruch,  vom  Berg  Löh  und  v.  a.  0.  nur  verein- 
zelte Feldspathe  einer  sehr  vorgeschrittenen  oder  vollständigen  Um- 
wandlung unterlegen  gewesen  sind,  zeigt  sich  in  dem  rothen  Porphyr 
von  Altenhundem  die  Substanz  fast  sämmtlicher  Feldspäthe  vollstän- 
dig durch  das  Umwandlungsproduct  verdrängt.  Da  aber  trotzdem  die 
Gestalt  der  Feldspathe  vollkommen  ei’halten  geblieben  ist,  liegen  hier 
vollständige  Pseudomorphosen  dieses  glimmerartigen  Minerals  (Kaolin?) 
nach  Feldspath  vor. 

Wie  neben  den  beiden  beschriebenen  Zersetzungsproducten  auch 
Kalkspath  die  frühere  Stelle  der  Feldspathsubstanz  einnimmt,  ist  in 


[23]  Die  Porphyre  und  Grünsteine  des  Lennegebietes  in  Westpbalen.  149 

ausgezeichneter  Weise  ebenfalls  an  dem  rothen  Porphyr  von  Alten- 
hundem zu  beobachten.  Der  kohlensaure  Kalk  überragt  hier  häufig  das 
glimmerähnliche  Zersetzungsproduct  bedeutend  an  Menge.  Im  gewöhn- 
lichen Lichte  nur  schwer  erkennbar,  tritt  er  im  polarisirten  Lichte  durch 
seine  ziemlich  grelle,  irisirende  Farbe  in  sehr  auffälliger  Weise  hervor. 
Er  bildet  theils  zusammenhängende  Partieen,  theils  Haufwerke  kleiner 
Individuen,  welche  ab  und  zu  die  Rhomboedergestalt  erkennen  lassen. 
Bei  Behandlung  eines  Dünnschliffes  mit  HCl  wurden  diese  Partien  unter 
heftigem  Auf  brausen  vollständig  aufgelöst  und  dabei  beobachtet,  dass 
sich  kohlensaurer  Kalk  auch  durch  die  ganze  Grundmasse  sehr  ver- 
breitet findet,  aber  meist  in  so  feiner  Vertheilung,  dass  er  bei  der  blos 
optischen  Untersuchung  dem  Beobachter  leicht  entgeht. 

Ausser  Quarz  und  Feldspath  tritt  als  porphyrischer  Gemengtheil 
noch  Glimmer  auf  und  zwar  in  den  Porphyren  vom  Stückenbruch, 
vom  Berg  Löh,  und  im  rothen  Porphyr  von  Altenhundem  in  reichlicher 
Menge,  dagegen  in  denen  vom  Hohenstein  und  vom  Eichhagen  nur 
ganz  vereinzelt  in  kleinen  Blättchen,  während  er  endlich  im  Porphyr 
von  der  Ruenhardt  vollständig  fehlt,  trotzdem  gerade  in  diesem  Gestein 
Glimmer  als  Gemengtheil  der  Grundmasse  sehr  reichlich  vorhanden 
ist.  Die  Porphyre  vom  Stückenbruch,  vom  Berg  Löh,  vom  Eichhagen 
und  Hohenstein  führen  nur  lichten  Kaliglimmer,  dagegen  der  Porphyr 
von  Altenhundem  durchaus  keinen  solchen,  sondern  nur  dunklen  stark 
dichroitischen  Magnesiaglimmer  (Biotit). 

Der  Kaliglimmer  (Muscovit)  bildet  farblose  oder  schwachgelbliche 
oder  grünlich  angehauchte  Blättchen  von  nur  selten  scharfer  Um- 
randung. Dieselben  sind  zum  Theil  langgezogen  und  zeigen  alsdann 
häufig  wellenförmige  Windungen  und  Knickungen.  Deutlich  tritt  zumeist 
ihre  lamellare  Zusammensetzung  hervor.  Die  Ränder,  welche  parallel 
zur  Faserung  verlaufen,  sind  meist  scharf  begrenzt,  während  die  übri- 
gen vielfach  zerfranst  und  zerfetzt  sind.  Im  Porphyr  vom  Berg  Löh 
zeigt  der  vollkommen  pellucide  Muscovit  im  durchfallenden  Lichte  stets 
eine  gelbliche  Umrandung,  die  im  auffallenden  Lichte  intensiv  weiss 
erscheint.  Desgleichen  durchlaufen  von  den  schmalen  Rändern  der 
Glimmerblättchen  aus,  parallel  zur  Spaltungsrichtung,  zahlreiche  Bänder 
und  Streifen  dieselben,  welche  ganz  "die  Beschaffenheit  des  trüben 
Randes  zeigen.  Sie  durchsetzen  die  Blättchen  theils  vollständig,  theils 
nur  stückweise,  sind  nach  den  Enden  zu  häufig  ausgespitzt  und  fügen 
sich  vollständig  den  wellenförmigen  Biegungen  und  Knickungen  der 
Glimmerlamellen  an.  Bei  stärkerer  Vergrösserung  ergeben  sich  diese 
trüben  Ränder  und  Streifen  aus  unzählig  vielen  kleinen,  runden  Körn- 
chen zusammengesetzt,  welche  im  durchfallenden  Lichte  einen  dunklen 
Rand  und  schwachgelbliche,  pellucide  Mitte  erkennen  lassen,  im  auf- 
fallenden Lichte  aber  intensiv  weiss  aussehen.  Die  Natur  dieser  kleinen 
Körnchen  ist  schwer  zu  bestimmen,  sie  als  Umwandlungsproducte  des 
Glimmers  aufzufassen,  scheint  keineswegs  statthaft  zu  sein,  da  die 
Glimmersubstanz  zwischen  den  einzelnen  Körnchen  noch  lebhaft  ein- 
heitlich polarisirt.  Vielmehr  scheinen  dieselben  bei  der  Ausscheidung 
des  Glimmers  von  diesem  umschlossen  und  in  die  eigene  Krystallform 

20 


Mineralogische  Mittheilungen.  1877.  2.  Heft.  (Mehner.) 


H.  B.  Mehner. 


150 


[24] 


mit  hineingezogen  worden  zu  sein.  Auch  der  Muscovit  des  Porphyrs 
vom  Stückenbruch  zeigt  zum  Theil  eine  solche  Beschaffenheit. 

Der  Biotit  im  Porphyr  von  Altenhundem  ist  nur  in  wenigen 
Exemplaren  noch  leidlich  erhalten;  meist  ist  er  bereits  einer  sehr  be- 
trächtlichen Zersetzung  unterworfen  gewesen,  so  dass  zwischen  den 
Umwandlungsproducten  nur  noch  wenige  kleine  Schmitzchen  erhalten 
sind  oder  endlich  gar  vom  Glimmer  nichts  mehr  wahrzunehmen  ist, 
und  nur  die  Umgrenzung  des  Umwandlungsaggregates  verräth,  dass 
früher  Glimmer  an  der  betreffenden  Stelle  gesessen  hat.  Die  noch  un- 
zersetzten  Lamellen  des  Biotits,  von  gelblichbrauner  bis  brauner  Farbe, 
sind  stark  dichroitisch.  An  einem  bräunlichgelben  Glimmerblättchen 
war  eine  unzweifelhafte  Durchwachsung  von  Lamellen  des  farblosen 
Muscovits  zu  beobachten.  Ausserdem  umschliesst  der  Biotit  wiederholt 
Apatit,  der  in  regelmässigen,  lichten  Sechsecken  aus  dem  dunklen 
Glimmerhintergrund  deutlich  hervortritt. 

Neben  Biotit  führt  dieser  Porphyr  von  Altenhundem  auch  noch 
Hornblende,  oder  besser  gesagt,  hat  sie  geführt,  denn  in  sämmt- 
lichen  angefertigten  Präparaten  ist  von  Hornblendesubstanz  auch  nicht 
eine  Spur  mehr  wahrzunehmen,  dieselbe  hat,  wie  einzelne  Glimmer- 
blättchen, eine  vollständige  Zersetzung  erfahren,  so  dass  hier  ebenfalls 
nur  die  äussere  Umgrenzung  des  Zersetzungsproductes,  die  stets  sehr 
scharf  erhalten  ist,  das  frühere  Vorhandensein  der  Hornblende  nach- 
weist. Die  Umwandlungsproducte  der  Hornblende  und  des  Glimmers 
sind  ganz  ähnliche,  nämlich  vor  Allem  eisenoxydhaltige  Substanzen. 
Dieselben  umgeben  die  Ränder  der  noch  unzersetzten  Glimmerlamellen, 
theils  in  einzelnen  Körnchen,  theils  in  breiten  Zonen,  oder  sie  dringen 
längs  der  Spalten  in  die  Glimmerblättchen  ein  oder  liegen  endlich  als 
Körnchen  innerhalb  derselben  unregelmässig  zerstreut.  Wo  die  Zer- 
setzung schon  weiter  vorgeschritten  ist,  wie  bei  einzelnen  Glimmer- 
blättchen und  bei  der  Hornblende,  da  bilden  die  Ferritverbindungen 
meist  einen  dunklen  Rand,  der  die  Form  der  Krystalle  wiedergibt  und 
in  dessen  Mitte  die  übrigen  Körnchen  des  Zersetzungsproductes  in 
regellosem  Gewirr  durcheinander  liegen.  Die  Zwischenräume  zwischen 
diesen  einzelnen  Körnchen  und  Haufwerken  derselben  werden  ausser 
von  noch  erhaltenen  Glimmerlamellen  von  kohlensaurem  Kalk  und  von 
einer  sehr  schwach  polarisirenden  feinkörnigen  Masse  ausgefüllt,  welche 
viel  Aehnlichkeit  mit  Kaolin  hat  und  vermuthlich  durch  circulirende 
Gewässer  an  Ort  und  Stelle  abgesetzt  wurde. 

Magneteisen  findet  sich  in  den  Porphyren  nur  sehr  selten,  so 
z.  B.  hin  und  wieder  in  den  Porphyren  vom  Stückenbruch  und  Berg 
Löh,  am  häufigsten  noch  im  Porphyr  von  Altenhundem.  Am  äusseren 
Rande  sind  die  Körner  und  grösseren  Massen  schon  bedeutend  in  Eisen- 
oxydhydrat  umgewandelt. 

Entgegengesetzt  zum  Magneteisen  tritt  Titaneisen  in  einigen 
der  untersuchten  Porphyre  in  ziemlich  reicher  Menge  auf.  Bekanntlich 
sind  Magneteisen  und  Titaneisen,  beide  im  vollkommen  frischen,  un- 
zersetzten Zustande,  ohne  Prüfung  ihrer  Löslichkeit  in  Chlorwasserstoff- 
säure, nur  schwer  von  einander  zu  unterscheiden,  wenn  nicht  eine 
regelmässige  Krystallform  derselben  den  Ausweis  liefert. 


Die  Porphyre  und  Grünsteine  des  Lennegebietes  in  Westphnlen. 


151 


Um  so  leichter  lassen  die  gewöhnlichen  Umwandlungsproducte 
beider  eine  solche  Unterscheidung  zu.  Das  im  auffallenden  Lichte  schnee- 
weisse  bis  gelblichweisse  Zersetzungsproduct  des  Titaneisens  liefert 
stets  einen  untrüglichen  Anhalt,  dass  letztgenanntes  Erz  vorliegt.  Auch 
in  diesen  Porphyren  tritt  das  Titaneisen  niemals  mehr  vollständig  frisch 
auf,  sondern  ist  entweder  zum  Theil  oder  auch  vollständig  in  jenes 
weisse  Mineral  umgewandelt.  Theilweise  umgewandeltes  Titaneisen  ist 
z.  B.  im  Porphyr  vom  Stückenbruch  zu  beobachten;  das  schwarzglän- 
zende Erz  wird  hier  von  einem  Saume  seines  weissen  Zersetzungs- 
productes  umgeben,  welches  sich  ausserdem  auch  auf  seiner  Oberfläche 
wolkenartig  ausbreitet.  Im  Porphyr  vom  Berg  Löh  ist  das  Zersetzungs- 
product sehr  zierlich  angeordnet,  es  bildet  schmale  Streifen,  die  in 
derselben  Richtung  wie  die  Spaltbarkeit  in  Kalkspathkörnern  verlaufen 
und  sich  gegenseitig  unter  spitzem  Winkel  (60°)  durchschneiden,  zwi- 
schen sich  dunkelgraue,  schwachdurchscheinende  Massen  einschliessend. 
Aehnliche  Bildungen  sind  in  Diabasen  sehr  häufig  zu  beobachten.  Das 
reichliche  Auftreten  des  Titaneisens  in  einigen  dieser  Porphyre  erscheint 
um  so  erwähnenswerther,  als  bis  jetzt,  soviel  dem  Verfasser  bekannt, 
das  Vorkommen  dieses  Erzes  in  Quarzporphyren  noch  nie  constatirt 
worden  ist.  Regelmässige  Umrisse  besitzt  das  Titaneisen  in  keinem 
dieser  Gesteine.  Noch  reichlicher  als  in  den  beiden  genannten  Porphyren 
treten  ganz  ähnliche  weisse  Körnchen  im  Porphyr  von  der  Ruenhardt 
auf,  ohne  dass  indess  im  ganzen  Gestein  noch  eine  Spur  von  unzer- 
setztem  Titaneisen  zu  entdecken  wäre.  Da  auch  kein  einziges  dieser 
Körner  die  oben  beschriebene,  charakteristische  Streifung  erkennen  lässt, 
so  ist  nicht  mit  voller  Sicherheit  anzugeben,  ob  die  weissen  Massen  in 
diesem  Porphyr  wirklich  auch  Zersetzungsproduct  des  Titaneisens  sind. 
Zum  Theil  sinken  die  weissen  Körnchen  zu  sehr  geringer  Grösse  herab, 
liegen  jedoch  dann  häufig  in  so  bedeutender  Anzahl  in  der  Grundmasse 
zerstreut,  dass  sie  in  derselben  trübe  Wolken  bilden,  die  bei  auffal- 
lendem Lichte  intensiv  weiss  erscheinen.  Was  jenes  weisse  Zersetzungs- 
product des  Titaneisens  seiner  Natur  nach  sei,  ist  bekanntlich  noch 
unentschieden.  Kohlensaures  Eisenoxydul  ist  es  auf  keinen  Fall,  da 
nach  anhaltendem  Liegen  eines  Präparats  in  heisser  Salzsäure  durch- 
aus keine  Veränderung  an  der  weissen  Substanz  wahrzunehmen  war. 

Apatit  findet  sich  nur  im  rothen  Porphyr  von  Altenhundem,  und 
auch  in  diesem  nicht  gerade  häufig,  theils  in  langer  Säulenform  mit 
der  charakteristischen  Quergliederung,  theils  in  kurzen  Rechtecken, 
theils  endlich  in  Hexagonen. 

Aus  allen  dargelegten  Beobachtungen  geht  hervor,  dass  wir  in 
diesen  bisher  ausführlicher  behandelten  Gesteinen  echte  Quarzporphyre 
vor  uns  haben,  die  sich,  ausser  durch  die  mehrfach  wiederkehrende 
sphärulitische  Structur,  vor  Allem  durch  die  Glaseinschlüsse  in  den 
Quarzen  unzweifelhaft  als  Eruptivgesteine  zu  erkennen  geben.  In 
porphyrartig  entwickelten  Gneissgesteinen,  für  welche,  wie  früher  er- 
wähnt, Lossen  diese  Gesteine  halten  zu  dürfen  glaubte,  würde  man 
vergeblich  nach  dergleichen  Einschlüssen  suchen.  Aus  den  gewonnenen 
Resultaten  geht  also  nicht  allein  die  Unrichtigkeit  dieser  Ansicht  Los- 
sens hervor,  sondern  es  erweisen  sich  auch  die  Zweifel  an  der  Erupti- 

20* 


152 


H.  B.  Mehner. 


[26] 

vität  dieser  Gesteine  überhaupt,  die  Lossen  den  Auseinandersetzungen 
von  D echen’s  gegenüberstellte,  als  ungerechtfertigt,  denn  die  Glasein- 
schlüsse in  den  Gemengtheilen  dieser  Gesteine  sprechen  für  die  Erupti- 
vität  derselben  ebenso  unzweifelhaft  wie  die  von  Lossen  verlangten 
Gänge. 

2.  Schieferig-flaserige  Porphyre. 

Wie  schon  früher  hervorgehoben  wurde,  unterscheiden  sich  diese 
schieferig-flaserigen  Porphyre  von  den  bisher  betrachteten,  schon  im 
Handstück  als  echte,  massige  Porphyre  zu  erkennenden  Gesteinen 
durch  ihr  schieferig-flaseriges  Gefüge  im  Handstiick,  als  auch  im  Dünn- 
schliff u.  d.  M.  durch  die  eigenthiimliche  Anordnung  der  Gemengtheile 
der  Grundmasse. 

Die  Porphyre  vom  Langeneier  Kopf,  von  Altenhundem,  von  Nöckel 
bei  Iseringhausen,  von  der  Grube  Birkenstrauch  bei  Olpe,  von  Schameder, 
vom  Bratschkopf  bei  Olpe  und  von  der  Bigge  bei  Olpe,  welche  sämmt- 
lich  hierher  gehören,  liefern  im  Dünnschliff  u.  d.  M.  ein  entschieden 
anderes  Bild  als  die  bisher  beschriebenen  Gesteine.  Wie  diese  besitzen 
sie  allerdings  auch  eine  deutlich  krystallinische  Grundmasse,  doch  sind 
die  dieselbe  zusammensetzenden  Gemengtheile  in  eigenthümlicher,  sofort 
in  die  Augen  fallender  Weise  angeordnet,  was  in  besonders  ausgeprägter 
Weise  bei  den  Porphyren  vom  Langeneier  Kopf,  von  Altenhundem,  von 
der  Grube  Birkenstrauch  bei  Olpe  und  von  Schameder  hervortritt, 
während  in  den  übrigen  obengenannten  Gesteinen  diese  Structur  etwas 
versteckter  und  seltener  ist.  Von  der  Beschreibung  dieser  eigenthiim- 
lichen  Structur  sei  nochmals  auf  die  in  diesen  Gesteinen  auftretenden 
Schiefereinschlüsse  zurückgekommen. 

Wie  schon  im  Handstück  zu  erkennen  ist  und  bei  der  makro- 
skopischen Beschreibung  hervorgehoben  wurde,  sind  sämmtliche  schie- 
ferigen Porphyre  sehr  reich  an  solchen  Schiefereinschlüssen,  die  auch 
unter  dem  Mikroskop  durch  ihre  dunkle  Beschaffenheit  aus  der  lichten 
Grundmasse  deutlich  hervortreten.  Zum  Theil  sind  es  scharfbegrenzte 
abgerundete  Stücke,  zum  Theil  unregelmässig  begrenzte,  lappenförmige 
Gebilde,  mit  vielfach  zerfetzten  und  zerrissenen  Bändern,  an  denen 
man  noch  deutlich  die  erlittene  Bearbeitung  seitens  der  umschliessenden 
Porphyrmasse  wahrzunehmen  im  Stande  ist.  In  nächster  Umgebung 
dieser  Schiefereinschlüsse  finden  sich  die  die  Einschlüsse  zusammen- 
setzenden kleinen  Gemengtheile  oft  in  ungemein  hoher  Anzahl  in  der 
Grundmasse  des  Porphyrs  zerstreut,  mit  der  Entfernung  vom  Schiefer- 
einschluss allmählig  abnehmend  und  häufig  durch  die  später  zu  be- 
sprechende Fluctuation  der  Porphyrgrundmasse  zu  langen  Streifen  und 
Leihen  angeordnet.  Ferner  sind  die  Schiefereinschlüsse  wiederholt  von 
Porphyrgrundmasse  durchbrochen.  Die  meisten  dieser  eingeschlossenen 
Partien  von  Schiefermaterial  liefern  den  Anschein,  als  seien  sie  nicht 
als  Fragmente  eines  bereits  erhärteten  Schiefers  von  der  Porphyrmasse 
umschlossen  worden,  sondern  als  noch  weicher,  plastischer  Thonschiefer- 
schlamm. In  ihrer  Zusammensetzung  stimmen  sie  wesentlich  mit  Thon- 
schiefern von  Olpe  und  Brilon,  die  in  Dünnschliffen  behufs  Vergleichung 


Die  Porphyre  und  Grünsteine  des  Lennegebietes  in  Westplialen.  153 


zur  Untersuchung  herangezogen  wurden,  überein.  Sie  bestehen  vorherr- 
schend aus  kleinen,  durchsichtigen,  dunkelumrandeten,  kurzen  Säulchen 
und  Körnchen,  sowie  aus  unzählig  vielen  punktartigen  Gebilden;  in 
geringerer  Anzahl  finden  sich  die  in  anderen  Thonschiefern  oft  so 
häufigen  braun-schwarzen  Nüdelchen.  In  sehr  reichlichem  Masse  bethei- 
ligt sich  sodann  lichter  Glimmer  in  Gestalt  kleiner  länglicher  Schüpp- 
chen und  Nüdelchen  an  der  Zusammensetzung  dieser  eingeschlossenen 
Schieferpartien.  Er  erscheint  im  gewöhnlichen  Lichte  fast  farblos  bis 
schwach  grünlich  und  tritt  zwischen  den  Nicols  mit  den  charakteristi- 
schen, leuchtenden  Farben  des  Glimmers  hervor.  Namentlich  sind  die 
Schiefereinschlüsse  im  Porphyr  vom  Langeneier  Kopf  sehr  reich  an 
Glimmer.  Während  in  den  untersuchten  anstehenden  Thonschiefern  von 
Olpe  und  Brilon  Kalkspath  theils  in  Körnchen  und  Schüppchen,  theils 
in  trefflichen,  rhomboedrischen  Kryställchen  in  sehr  bedeutender  Menge 
vorhanden  ist,  fehlt  er  in  den  Thonschiefereinschlüssen  in  diesen  Por- 
phyren vollständig. 

A.  Felsitische  Grundmasse  der  schieferig-flaserigen 

Porphyre. 

Im  gewöhnlichen  Lichte  ist  von  der  krystallinischen  Ausbildung 
der  Grundmasse  dieser  Gesteine  ebenfalls  kaum  etwas  zu  bemerken. 
Am  leichtesten  ist  dieses  noch  möglich  bei  den  stark  zersetzten  Gesteinen, 
deren  Gemengtheile  sich  durch  verschieden  starke  Trübung  besser  von 
einander  abheben  und  unterscheiden  lassen.  Durch  die  ganze  Grund- 
masse verbreitet,  finden  sich  in  allen  diesen  Gesteinen  in  noch  viel 
reicherer  Anzahl  als  in  den  früher  beschriebenen  massigen  Porphyren 
höchst  winzige,  bei  durchfallendem  Lichte  dunkelerscheinende  Körnchen, 
beziehentlich  Pünktchen.  Die  Beschreibung  derselben  soll  gleich  hier 
folgen,  da  sie  in  allen  diesen  Gesteinen  mit  schieferiger  Structur  eine 
sehr  wichtige  Rolle  spielen.  Die  Natur  der  kleinen  Gebilde  lässt  sich 
ihrer  ungemein  geringen  Grösse  wegen  nur  schwer  erforschen,  doch 
können  die  meisten  derselben  mit  Sicherheit  als  solide  Körperchen 
erklärt  werden.  Bei  nahezu  900facher  Vergrösserung  vermag  man  bei 
heller  Beleuchtung  die  grössten  derselben  als  pellucide,  farblose  Körn- 
chen zu  erkennen,  die  weder  dichroitisch  sind,  noch  polarisiren.  Wie 
alle  kleinen,  durchsichtigen,  abgerundeten  Körperchen  zeigen  sie  bei 
der  sehr  bedeutenden  Vergrösserung  einen  breiten  dunklen  Rand.  Die 
übrigen,  kleineren  Körnchen,  die  auch  bei  stärkster  Vergrösserung  immer 
noch  als  dunkle  Pünktchen  erscheinen,  darf  man  demnach  wohl  als 
identisch  mit  jenen,  auch  als  pellucide  Körnchen  auffassen,  die  nur 
ihrer  geringen  Grösse  wegen  dunkel  aussehen.  Für  die  Auffassung, 
dass  wir  es  hier  wirklich  mit  Körnchen  und  nicht  etwa  mit  Flüssig- 
keitseinschlüssen oder  Dampfporen  zu  thun  haben,  spricht  auch  noch, 
dass  dieselben  bei  auffallendem  Lichte  dasselbe  in  ziemlich  bedeutender 
Weise  zurückwerfen,  so  dass  sie  in  der  übrigen  dann  dunkel  erschei- 
nenden Grundmasse  mit  weisslichgrauer  Farbe  recht  deutlich  hervor- 
treten, was  besonders  an  den  Stellen  auffallend  ist,  wo  sie  in  grösserer 
Menge  in  Häufchen  vereinigt  oder  zu  Streifen  angeordnet  auftreten. 


154 


II.  B.  Mehner. 


[28] 


In  den  Porphyren  von  der  Bigge  bei  Olpe  und  vom  Bratschkopf,  sowie 
im  Porphyr  von  Niederdresselndorf  kommen  diese  kleinen  dunklen 
Körnchen  in  so  ungemein  reicher  Anzahl  vor,  dass  sie  der  ganzen 
Grundmasse  ein  vollständig  trübes  Aussehen  verleihen.  Die  kleinen 
Körnchen  sind  in  ihnen  fast  gleichmässig  in  regellosem  Gewirr  und 
dichter  Aneinanderlagerung  durch  die  ganze  Grundmasse  verbreitet, 
nur  stellenweise  lässt  sich  eine  reihen-  oder  streifenartige  Gruppirung 
derselben  beobachten.  Im  Porphyr  von  Niederdresselndorf  ist  eine  der- 
artige Anordnung  nirgends  zu  bemerken,  so  dass  dieser  vor  Allem,  in 
minderem  Maasse  aber  auch  die  übrigen  zwei,  unter  d.  M.  mehr  das 
Aussehen  eines  Porphyrtuffes  als  eines  Porphyrs  erhält.  In  den  Por- 
phyren vom  Langeneier  Kopf,  von  Altenhundem,  von  der  Grube  Birken- 
strauch, von  Schameder  und  von  Nöckel  bei  Iseringhausen,  in  welchen 
diese  kleinen  Körnchen,  wenn  auch  noch  recht  reichlich,  so  doch  in 
etwas  geringerer  Menge  auftreten,  liegt  nur  ein  Theil  derselben  regel- 
los durch  die  Grundmasse  zerstreut,  während  die  meisten  jene  linien- 
und  streifenartige  Aneinanderreihung  zeigen.  Am  ausgeprägtesten  ist 
eine  derartige  Anordnung  im  Porphyr  vom  Langeneier  Kopf.  Die  dunk- 
len Linien  und  Streifen,  welche  aus  solchen  kleinen  Körnchen  zusam- 
mengesetzt sind,  laufen  stets  in  sich  zurück  und  umschliessen  somit 
stets  einen  Theil  der  lichten  Grundmasse,  wodurch  die  mannigfaltigsten 
und  vielgestaltigsten  Figuren  entstehen,  und  die  ganze  Grundmasse  ein 
marmorirtes  bis  breccienartiges  Ansehen  gewinnt.  Meist  zeigen  diese 
Figuren  die  Form  langgezogener  Schlieren,  die  bald  gerade  verlaufen, 
bald  Bogen  beschreiben,  oder  mannigfache  schlangenartige  Windungen 
und  Verzerrungen  besitzen.  Hin  und  wieder  bilden  sie  auch  kreisrunde 
oder  elliptische  Formen,  oder  Dreiecke,  oder  Rechtecke,  Vielecke  mit 
eingebogenen  Seiten  oder  wohl  auch  hammer-  und  knochenförmige 
Gestalten. 

Hinsichtlich  der  Natur  dieser  eigenthümlich  gruppirten  Körnchen 
liegt  vor  Allem  nahe,  sie  als  identisch  mit  den  sogenannten  Globuliten 
Vogelsang’s  aufzufassen,  jenen  kleinen  Gebilden,  welche  so  häufig 
die  glasige  Basis  der  Basalte  und  Melaphyre  devitrificiren.  Dieser  Auf- 
fassung gemäss,  der  nichts  zu  widersprechen  scheint,  hätten  sich  diese 
Globuliten  aus  dem  gluthflüssigen  Magma  zuerst  ausgeschieden,  ohne 
dass  sie  sich  jedoch  zu  wirklicher  Individualisation  zu  erheben  ver- 
mochten. Durch  die  in  der  übrigen,  noch  beweglichen  flüssigen  Grund- 
masse stattfindende  Strömung  wurden  diese  Globuliten  in  der  oben 
geschilderten  Weise  angeordnet,  so  dass  jene,  mit  so  mannigfachen  und 
eigenthiimlichen  Umrissen  erscheinenden  Partieen  der  Grundmasse  nichts 
anderes  sind,  als  Durchschnittsflächen  durch  Schlieren  der  Grundmasse, 
die  bei  der  Strömung  der  Grundmasse  entstanden  und  an  ihrem  Um- 
fange von  den  kleinen  schon  festgewordenen  Körnchen  begrenzt  worden 
sind,  indem  letztere  an  den  Reibungsflächen  der  verschieden  gerichteten 
Ströme  zur  Ablagerung  und  streifenartigen  Anordnung  gelangten. 

Um  etwaigem  Irrthum  hinsichtlich  des  in  Folgendem  oft  wieder- 
kehrenden Begriffs  Schliere  vorzubeugen,  sei  hier  darauf  aufmerksam 
gemacht,  dass  hier  unter  Schliere  nicht  die  von  den  kleinen  Körnchen 
gebildeten  äusseren  Begrenzungsflächen  der  durch  ihre  Structur  von 


155 


[29]  Die  Porphyre  und  Grünsteine  des  Lennegebietes  in  Westphalen. 

einander  abweichenden  Partien  der  Grundmasse,  sondern  diese  Partien 
selbst,  also  nicht  flächenhafte,  sondern  körperliche  Gebilde  zu  ver- 
stehen sind. 

Die  oben  gebotene  Erklärung  über  den  Ursprung  der  Körnchen 
kann,  wenn  sie  auch  für  den  grösseren  Theil  derselben  Geltung  haben 
mag,  doch  nicht  auf  alle  erstreckt  werden.  Ein  Theil  derselben  ist  viel- 
mehr ganz  entschieden  anderen  Herkommens,  nämlich  durch  mechanische 
Bearbeitung  des  in  sämmtlichen  Porphyren  reichlich  auftretenden  Thon- 
schiefermaterials in  die  Grundmasse  gekommen.  Die  scharfbegrenzten 
Schieferfragmente,  sowie  auch  die  wie  Schlammmassen  erscheinenden 
Thonschieferpartien  führen  nämlich,  wie  früher  bereits  erwähnt,  der- 
artige kleine  Körnchen  in  ungemein  reicher  Anzahl,  ja  werden  hin  und 
wieder  wesentlich  aus  ihnen  zusammengesetzt.  Bestätigt  wird  die  Rich- 
tigkeit dieser  letzteren  Auffassung  noch  dadurch,  dass  sich  an  der 
Zusammensetzung  der  die  Grundmasse  durchlaufenden  Streifen  und 
Linien  ausser  den  kleinen  Körnchen  auch  häufig  Schüppchen  und  Nüdel- 
chen eines  glimmerartigen  Minerals,  sowie  kleine  Blättchen  und  Körnchen 
von  Ferrit  betheiligen,  die  sämmtlich  in  reichlicher  Menge  in  den  ein- 
geschlossenen Schieferpartieen  vorhanden  sind.  Im  Porphyr  von  Nöckel 
bei  Iseringhausen  enthalten  die  eingeschlossenen  Schieferfragmente  viele 
opake  Körnchen,  oft  von  regelmässiger  quadratischer  Umgrenzung, 
welche  bei  auffallendem  Lichte  sich  zum  Theil  als  Eisenkies,  zum  Theil 
als  Zersetzungsproduct  desselben  zu  erkennen  geben.  Beide  Mineralien 
finden  sich  nun  in  diesem  Gestein  auch  in  bedeutender  Menge  in  den 
Streifen  und  Linien  zwischen  den  übrigen  zum  Theil  durchsichtigen 
kleinen  Körnchen  wieder. 

Daraus  geht  zur  Genüge  hervor,  dass  das  Thonschiefermaterial 
bei  der  Einschliessung  seitens  der  noch  beweglichen  Masse  des  Por- 
phyrs eine  Bearbeitung  erfuhr,  dass  es  dadurch  zum  Theil  in  höchst 
feiner  Zertrümmerung  in  die  Grundmasse  überging  und,  dass  es  in  der- 
selben in  Gemeinschaft  mit  den  Globuliten  an  der  Aussenseite  der 
Schlieren  abgelagert  wurde.  Damit  steht  die  schon  früher  erwähnte 
Beobachtung  in  Uebereinstimmung,  dass  in  der  nächsten  Umgebung  der 
Schiefereinschlüsse  jene  kleinen  Schüppchen  und  Körnchen  meist  in 
sehr  reichlicher  Menge  zerstreut  liegen,  während  mit  der  Entfernuug 
von  diesen  ihre  Zahl  abnimmt.  Etwa  alle  jene  kleinen  zu  Streifen  an- 
geordneten Körnchen  aus  der  Zertrümmerung  fremder  Einschlüsse  her- 
zuleiten, ist  durchaus  nicht  gerechtfertigt.  Schon  die  ungemein  grosse 
Anzahl  derselben  müsste  eine  solche  Annahme  zweifelhaft  erscheinen 
lassen.  Zudem  finden  sich  ähnliche  kleine  Körnchen,  wenn  auch  in  weit 
geringerer  Zahl,  auch  in  den  von  Thonschiefereinschlüssen  freien,  mas- 
sigen Porphyren.  Ein  Theil,  vielleicht  die  vorwiegende  Anzahl  der 
kleinen  Gebilde  scheint  demnach  doch,  wie  zuerst  hervorgehoben  wurde, 
als  Globuliten  gedeutet  werden  zu  müssen. 

Im  polarisirten  Lichte  ist  zu  erkennen,  dass  die  Anordnung  der 
kleinen  Körnchen  in  der  innigsten  Beziehung  zur  Structur  der  Grund- 
masse steht.  In  denjenigen  Gesteinen,  in  welchen  sie  in  regellosem 
Gewirr  fast  gleichmässig  durch  die  ganze  Grundmasse  verbreitet  liegen, 
ist  auch  die  Structur  der  letzteren  fast  durchgängig  eine  gleichförmige 


156 


H.  B.  Melmer. 


[30] 


(Porphyre  vom  Bratschkopf,  von  der  Bigge  und  von  Niederdresseln- 
dorf); wo  die  Körnchen  dagegen  in  der  oben  beschriebenen  Weise  an- 
geordnet sind,  zeigen  die  von  ihnen  alsdann  umschlossenen  Partieen, 
also  die  eigentlichen  Schlieren,  eine  von  der  übrigen  Grundmasse  ab- 
weichende Structur.  Man  erkennt  deutlich,  dass  durch  das  Einschliessen 
gewisser  Partieen  der  Grundmasse  vermittelst  der  Körnchen  ein  bestimm- 
ter Einfluss  auf  die  umschlossenen  Massen  ausgeübt  wurde.  Dieser 
gibt  sich  sowohl  in  der  abweichenden  Grösse  der  ausgeschiedenen 
Individuen,  — indem  dieselben  inmitten  der  Schlieren  stets  gröber 
ausgebildet  sind,  als  in  der  umgebenden  übrigen  Grundmasse,  — als 
auch  in  der  besonderen  Gruppirung  der  Individuen  in  den  Schlieren 
zu  erkennen.  Auf  ganz  ähnliche  Erscheinungen  in  Ryolithen  aus  Nord- 
amerika machte  mich  während  meiner  Untersuchungen  mein  hochver- 
ehrter Lehrer  Herr  Prof.  Zirkel  aufmerksam.  In  diesen  Gesteinen 
waren  unter  dem  Mikroskop  ebenfalls  meist  zahlreiche  braungesäumte 
Schlieren  zu  beobachten,  welche  im  Innern  ganz  dieselbe  Structur,  wie 
die  hier  beschriebene  zeigten,  nur  mit  dem  Unterschiede,  dass  in  ihnen 
nicht  deutlich  erkennbare  Individuen,  sondern  immer  nur  feine  Nüdel- 
chen vorhanden  waren,  die  aber,  wie  jene,  theils  eine  radiale,  theils 
eine  rectangnläre  Stellung  zu  den  Grenzen  der  Schlieren  aufwiesen. 

Aus  dieser  in  den  Porphyren  zu  beobachtenden  abweichenden 
Structur  einzelner  Partien  der  Grundmasse  und  der  abweichenden 
Grösse  des  Korns  der  dieselben  zusammensetzenden  Individuen  von  den 
Gemengtheilen  der  übrigen  Grundmasse  geht  ferner  für  diese  Gesteine 
hervor,  dass  die  Individualisirung  der  Masse  nicht  in  toto,  nicht  gleich- 
zeitig und  in  gleicher  Weise,  sondern  für  die  einzelnen  Partien  zu  ver- 
schiedenen Zeiten  geschah.  Dabei  ist  wieder  als  am  wahrscheinlichsten 
anzunehmen,  dass  die  Individuen  in  den  Schlieren,  also  in  den  von 
den  Körnchen  umschlossenen  Partieen  sich  zuerst  ausgeschieden  haben, 
während  dies  für  die  übrige  Grundmasse  erst  später  erfolgte. 

Durch  die  Schlieren  erhalten  die  Gesteine  ein  Aussehen,  welches 
sehr  an  die  Fluctuations-Structur  anderer  Eruptivgesteine  erinnert;  am 
auffallendsten  ist  diese  Structur  in  den  Porphyren  vom  Langeneier 
Kopf,  von  Altenhundem  und  von  der  Grube  Birkenstrauch,  in  ihnen 
erlangen  die  Schlieren  gegenüber  der  übrigen  Grundmasse  sogar  das 
Uebergewicht,  und  letztere  ist  dann  nur  noch  als  bescheidener  Ueber- 
rest  zwischen  den  gewundenen  Schlieren  zu  beobachten.  Auch  der  Por- 
phyr von  Schameder  zeigt  eine  durch  solche  Schlieren  ausgeprägte 
Structur,  nur  sind  bei  ihm  die  die  Schlieren  zusammensetzenden  Gemeng- 
theile in  der  Individualisation  nicht  so  weit  vorgeschritten,  wie  es  in 
den  übrigen  Porphyren  der  Fall  ist.  Der  eruptive  Charakter  wird  dadurch 
auch  für  das  Gestein  von  Schameder  sehr  wahrscheinlich  gemacht,  was 
hier  von  erheblichem  Interesse  ist,  weil  man  des  darin  Vorgefundenen 
organischen  Piestes  wegen  von  Anfang  an  geneigt  ist,  dasselbe  für 
einen  umgewandelten  Schiefer  zu  halten,  vor  Allem,  da  das  makrosko- 
pische Aussehen  des  Gesteins  einer  derartigen  Deutung  nicht  gerade 
zu  widersprechen  scheint. 

Noch  ist  hier  hinzuzufügen,  dass  in  einem  Dünnschliff  vom  Por- 
phyr des  Langeneier  Kopfes  sich  eine  grössere  Partie  der  Grundmasse 


157 


[31]  Die  Porphyre  und  Grünsteine  des  Lennegehietes  in  Westplialen. 

durch  sehr  ausgeprägte  sphärulitische  Structur  ausgezeichnet.  Fast 
sämmtliche  Sphärulite  zeigen  vollkommen  deutliche  Polarisationskreuze. 
Die  Partie  liegt  keineswegs  scharf  abgegrenzt  in  der  übrigen  schlieren- 
reichen Grundmasse,  sondern  geht  nach  allen  Richtungen  allmälig  in 
dieselbe  über. 

Aus  welchen  Gemengtheilen  wird  ausserdem  die  fel- 
sitische  Grundmasse  dieser  schieferig-flaserigen  Por- 
phyre zusammengesetzt?1) 

Vornehmlich  sind  es  wiederum  Quarz  und  Feldspath,  welche 
die  Grundmasse  dieser  Gesteine  zusammensetzen ; dieselbe  erscheint 
eben  daher,  wie  erwähnt,  im  gewöhnlichen  Lichte  ziemlich  farblos  und 
durchsichtig,  liefert  dagegen  im  polarisirten  Lichte  ein  buntes,  mosaik- 
artiges Bild.  Oft  ist  es  bei  der  stellenweise  ungemein  feinkörnigen 
Ausbildung  nicht  möglich,  Quarz-  und  Feldspathindividuen  mit  Sicher- 
heit von  einander  zu  unterscheiden.  Bei  Partien  von  gröberem  Korn 
kann  man  dies  jedoch  immer,  demnach  vor  Allem  innerhalb  der  Schlie- 
ren, welche  sich  fast  sämmtlich,  wie  bereits  erwähnt,  durch  die  grös- 
sere Ausbildung  ihrer  Individuen  auszeichnen. 

Quarz  und  Feldspath  scheinen  zumeist  an  Menge  circa  im  Gleich- 
gewicht vorhanden  zu  sein.  In  den  Porphyren  von  der  Grube  Birken- 
strauch, von  der  Bigge  bei  Olpe  und  vom  Bratschkopf  ist  indess  der 
Feldspath  im  Uebergewicht  vorhanden;  vor  Allem  gilt  das  für  das 
Innere  der  Schlieren,  welches  im  ersteren  Gestein  oft  vorherrschend, 
in  den  letzteren  beiden  häufig  vollständig  von  Feldspathindividuen 
gebildet  wird.  Im  Porphyr  von  Nöckel  scheint  entgegengesetzt  der  Quarz 
etwas  vorzuherrschen. 

Die  Quarze  zeigen  niemals  eine  regelmässige  Form,  weder  in 
den  grobkörnigen  Schlieren,  noch  in  den  übrigen  feinkörnigen  Partien 
der  Grundmasse.  In  ersteren,  wo  sie  hin  und  wieder  eine  recht  an- 
sehnliche Grösse  erreichen,  wie  z.  B.  in  den  Porphyren  vom  Langen- 
eier-Kopf,  von  Altenhundem  und  von  der  Grube  Birkenstrauch,  sind 
sie  zum  grössten  Theil  in  Keil-  und  Splitterform  ausgebildet.  Sie  stehen 
dann  fast  immer  senkrecht  zum  Rande  der  Schlieren  und  ragen  in 
radialer  oder  rectangulärer  Richtung  in  das  Innere  derselben  hinein, 
im  letzteren  Falle  häufig  mit  den  Spitzen  kammartig  in  einander 
greifend. 

Ausserhalb  der  Schlieren  zeigen  alle  kleinen  Quarze  unregelmäs- 
sige, mehr  abgerundete  Körnerform.  Sämmtliche  Quarze  der  Grund- 
masse, soweit  sie  überhaupt  eine  Untersuchung  nach  dieser  Richtung 
zulassen,  führen  Einschlüsse;  manche  sind  arm  daran,  während  andere 
damit  auffällig  überhäuft  und  dadurch  getrübt  sind.  Die  Einschlüsse 
liegen  theils  wirr  durcheinander,  theils  sind  sie  zu  Reihen  und  Linien 
angeordnet,  wie  es  für  den  Quarz  charakteristisch  ist.  Sie  scheinen 
wesentlich  Flüssigkeitseinschlüsse  zu  sein,  die  grössten  derselben  liessen 


‘)  Der  Porphyr  von  Schameder  weicht  bezüglich  der  Zusammensetzung  seiner 
Grundmasse  so  wesentlich  von  den  übrigen  schieferig-flaserigen  Porphyren  ab,  dass 
dei’selhe  später  besonders  besprochen  werden  soll. 

Mineralogische  Mittlieilungen.  1877.  2.  Heft.  (Meliner.) 


21 


H.  B.  Mehner. 


158 


[32] 


wiederholt  bewegliche  Libellen  erkennen.  Glaseinschlüsse  sind  nirgends 
zu  beobachten. 

Die  Feldspathe  der  Grundmasse  sind  theils  monoklin,  theils  tri- 
klin, und  zwar  treten  die  letzteren  nicht  etwa  nur  vereinzelt,  sondern 
in  sehr  reichlicher  Anzahl  auf,  den  monoklinen  häufig  an  Menge  nahezu 
gleich.  In  den  meisten  Porphyren  polarisiren  die  Feldspäthchen  der 
Grundmasse  noch  sehr  lebhaft,  so  dass  sie  hin  und  wieder  beinahe  die 
leuchtenden  Farben  des  Quarzes  erlangen.  Die  Zwillingsstreifung  der 
kleinen  Plagioklase  tritt  daher  auch  sehr  leicht  erkennbar  hervor. 
Viele  Feldspathe  bilden  im  Gegensatz  zum  Quarz  ziemlich  regelmässige 
Gestalten,  meist  breite  Leistchen,  von  denen  wenigstens  immer  die 
Seitenlinien  parallel  zur  Hauptaxe  scharf  und  geradlinig  ausgebildet 
sind.  Derartig  gestaltete  Feldspäthchen  treten  vor  Allem  in  den  Schlieren 
zumeist  zwischen  den  keilförmigen  Quärzchen  auf,  mit  denen  sie  als- 
dann Stellung  und  Richtung  gemein  haben,  so  dass  sie  auch  wie  jene 
in’s  Innere  der  Schlieren  hineinragen.  Hin  und  wieder  füllen  die  Feld- 
spathe mit  Quarzen  oder  auch  allein  inmitten  der  Schlieren  den  freien 
Raum  zwischen  den  vom  Rande  her  einschiessenden  Individuen  aus 
und  sind  alsdann  gewöhnlich  vollständig  unregelmässig.  Die  P'eldspathe 
in  der  ausserhalb  der  Schlieren  sich  ausbreitenden  Grundmasse  sind 
alle  sehr  klein  und  ebenso  wie  die  Quarze  an  diesen  Stellen  von  voll- 
ständig unregelmässiger,  etwas  abgerundeter  Form,  so  dass  die  Grund- 
masse daselbst  das  früher  erwähnte,  einförmige,  fleckige  Aussehen 
erhält.  Plagioklase  gehören  in  diesen  Partien  der  Grundmasse  zu  den 
Seltenheiten.  In  zahlreichen  ganz  frischen  Feldspathen  finden  sich  kleine, 
dunkle,  punktförmige,  als  auch  längliche,  nadelförmige  Gebilde  einge- 
schlossen. Mehrfach  sind  in  diesen  Gesteinen  auch  Schlieren  zu  beob- 
achten, an  deren  Zusammensetzung  der  Quarz  nur  geringen  Antheil 
nimmt,  die  vielmehr  wesentlich  aus  Feldspath  gebildet  sind,  ja  endlich 
auch  solche,  die  lediglich  aus  Feldspathen  zusammengesetzt  sind.  Der- 
gleichen quarzarme  Schlieren  sind  wiederholt  und  zwar  unmittelbar 
neben  quarzreichen  in  den  Porphyren  vom  Langeneier-Ivopf  und  von 
Altenhundem  zu  sehen.  Die  Feldspathe  darin  sind  wiederum  theils 
monokline,  theils  trikline. 

In  den  Porphyren  der  Grube  Birkenstrauch,  vom  Bratschkopf 
und  von  der  Bigge  bei  Olpe  nimmt  Quarz  überhaupt  nur  in  unter- 
geordneter Weise  an  der  Zusammensetzung  der  Schlieren  Theil;  die 
wesentlich  oder  nur  aus  Feldspath  gebildeten  Schlieren  gehören  hier 
zur  Regel;  in  den  übrigen  Partien  der  Grundmasse  dieser  Gesteine 
hält  Quarz  dagegen  dem  Feldspath  das  Gleichgewicht.  Die  Schlieren 
dieser  drei  Porphyre  unterscheiden  sich  auch  in  anderer  Hinsicht  nicht 
unwesentlich  von  denen  der  übrigen  Porphyre.  Sie  werden  in  der  Regel 
aus  nur  einer  sehr  geringen  Anzahl  von  Feldspathindividuen,  oft  nur 
drei  oder  vier,  zusammengesetzt,  die  dem  entsprechend  grösser  sein 
müssen.  Föne  so  zierliche  Gruppirung,  wie  in  den  Schlieren  der  anderen 
Porphyre  ist  daher  hier  von  vornherein  ausgeschlossen.  Die  erwähnten 
Feldspathe  sind  fast  nur  Orthoklase;  dieselben  sind  in  der  Regel,  wie 
auch  fast  die  sämmtlichen,  in  der  übrigen  Grundmasse  zerstreuten 
Feldspathe,  von  trüber  Beschaffenheit,  welche  ebensowohl  Folge  theils 


Die  Porphyre  und  Grünsteine  des  Lennegebietes  in  Westphalen. 


159 


molekularer,  tlieils  chemischer  Umwandlung  ist,  als  sie  auch  andern- 
theils  durch  die  reichliche  Menge  von  Einschlüssen  in  den  Feldspathen 
verursacht  wird. 

In  den  Porphyren  von  der  Bigge  und  vom  Bratschkopf  gibt  sich 
die  sehr  vorgeschrittene  Zersetzung  des  Gesteins  vor  Allem  in  der  sein- 
bedeutenden  Umwandlung  der  Feldspathe  der  Grundmasse  deutlich 
wieder  zu  erkennen.  Viele  derselben  sind  zum  Theil,  zahlreiche  bereits 
vollständig  umgewandelt.  Das  Product  der  Umwandlung  ist  ein  inniges 
Gemenge  kleiner  Nüdelchen  und  Körnchen,  die  im  gewöhnlichen  Lichte 
vollkommen  farblos  erscheinen,  zwischen  gekreuzten  Nicols  aber  mit 
bläulichweisser  Farbe  lebhaft  aus  dem  Hintergründe  hervortreten.  Das 
Zersetzungsproduct  ist  durch  die  ganze  Grundmasse  häufig  wieder- 
zufinden, ausserhalb  der  Schlieren  meist  in  feiner  Vertheilung,  da  hier 
die  Feldspathe  zerstreut  liegen  und  von  geringer  Grösse  sind,  im  Innern 
der  Schlieren  dagegen  oft  in  grossen  Haufwerken,  zuweilen  einen  gros- 
sen Theil  der  Schlieren  ausfüllend.  Jedenfalls  ist  das  Aggregat,  wenn 
nicht  Kaolin  selbst,  doch  eine  kaolinartige  Masse. 

In  grosser  Häufigkeit  findet  sich  ausserdem  in  fast  sämmtlichen 
dieser  schieferigen  Gesteine  eine  grüne,  schwachdichroitische  und 
schwachdoppelbrechende,  feinfaserige  Materie,  welche  einige  Aelmlich- 
keit  mit  dem  Viridit  in  Diabasen  zeigt,  und  der  Kürze  halber  hier 
auch  so  bezeichnet  werden  mag,  ohne  dass  damit  ausgedrückt  sein 
soll,  dass  dieser  Viridit  dasselbe  sei  wie  jener.  Am  häufigsten  tritt 
derselbe  inmitten  der  Schlieren  zwischen  den  Feldspathen  und  Quarzen 
auf,  theils  in  zusammenhängenden  Partien,  theils  nur  in  geringer  Aus- 
breitung scheinbar  als  Ausfüllungsmaterial  zwischen  jenen  Gemeng- 
theilen. Andererseits  kommt  diese  grüne  Substanz  auch  am  Rande 
der  Schlieren  vor,  oft  einen  vollständigen  Kranz  um  die  nach  der  Mitte 
einschiessenden  Quarz-  und  Feldspathindividuen  bildend.  Auch  kleine 
radial-strahlige  Aggregate  werden  von  diesem  Viridit  zusammengesetzt; 
dieselben  liegen  theils  vereinzelt,  theils  zu  Haufwerken  vereinigt  oder 
zu  Reihen  angeordnet  in  der  Grundmasse,  innerhalb  als  auch  ausser- 
halb der  Schlieren. 

In  den  Partien  der  Grundmasse  ausserhalb  der  Schlieren  tritt 
die  grüne,  faserige  Substanz  allerdings  vorherrschend  in  feiner  Ver- 
theilung, in  vereinzelten  kleinen  Nädelchen  und  Fäserchen  auf,  und 
erinnert  in  solcher  Gestalt  an  den  früher  beschriebenen  feinvertheilten 
Glimmer  in  den  massigen  Porphyren,  lässt  sich  aber  im  polarisirten 
Lichte  sehr  leicht  von  jenem  unterscheiden,  da  diese  Nädelchen  zwi- 
schen den  Nicols  durchaus  nicht  die  lichten,  grellen  Farben  der  kleiner. 
Glimmerblättchen  zeigen,  sondern  das  Licht  nur  ganz  schwach  doppel- 
brechen. Ganz  dieselbe  grüne  Materie  beobachtete  Kalkowsky,  wie 
bereits  a.  a.  0.  erwähnt,  in  einigen  sächsischen  Porphyren  unter  ganz 
ähnlichen  Verhältnissen  und  musste  es  unentschieden  lassen,  ob  die- 
selbe „als  Zersetzungsproduct  einer  hyalinen  Masse  oder  nur  als  Aus- 
füllungsmaterial primärer  Hohlräume“  aufzufassen  sei.  Auch  hier  kann 
nicht  mit  voller  Sicherheit  darüber  entschieden  werden,  doch  sprechen 
verschiedene  Beziehungen  und  das  ganze  Auftreten  dieser  Substanz  mit 

21* 


H.  B;  Mehner. 


160 


[34] 


grosser  Entschiedenheit  dafür,  dass  sie  weder  das  Eine,  noch  das 
Andere,  sondern  mit  Feldspath  und  Quarz  gleichzig  gebildet  sei. 

Glimmer  tritt  als  wirklicher  Gemengtheil  der  Grundmasse  nur 
in  den  Porphyren  von  der  Bigge,  vom  Bratschkopf  und  von  Nieder- 
dresselndorf in  kleinen,  fast  farblosen,  lichtgrünlichen  Schüppchen  und 
Nüdelchen,  aber  auch  nicht  gerade  häufig  auf.  In  der  Grundmasse  der 
übrigen  Porphyre  finden  sich  zwar  auch  hin  und  wieder,  vor  Allem  in 
der  Nähe  der  Schiefereinschlüsse,  kleine  Glimmerblättchen,  doch  ist 
für  dieselben  mit  fast  vollkommener  Sicherheit  anzunehmen,  dass  sie 
sämmtlich  dem  Schiefermaterial  zugehören.  Die  noch  unzerstörten 
Schieferpartien  sind  durchgängig  reich  an  diesen  Glimmerschüppchen. 

Im  Porphyr  von  Altenhundem  findet  sich  Kalkspath  wiederholt 
als  Ausfüllungsmaterial  von  Hohlräumen,  derselbe  zeigt  mehrfach  aus- 
gezeichnete Zwillingsstreifung.  Auch  die  Grundmasse  des  Porphyrs  von 
Nöckel  ist  reich  an  Haufwerken  erdigen,  kohlensauren  Kalkes. 

Ferrit  findet  sich  als  secundäre  Substanz  in  röthlichbraunen  bis 
gelblichen  Massen  in  allen  diesen  Porphyren  auf  Klüften  und  in  Hohl- 
räumen,  sowie  vor  Allem  in  der  Umgebung  grösserer  zersetzter  Feldspathe. 

Da  der  „Porphyr  von  Schameder“  sich  bezüglich  seiner 
Grundmasse  wesentlich  von  den  übrigen  flaserigen  Porphyren  unter- 
scheidet, so  soll  derselbe  hier  anhangsweise,  wenigstens  zum  Theil, 
noch  besonders  geschildert  werden.  Wie  schon  früher  erwähnt,  zeigt 
er  ebenfalls  wie  jene,  eine  an  Fluctuation  erinnernde  Structur.  Gleich- 
falls wird  dieselbe  hier  durch  die  zahlreichen,  in  der  Grundmasse  ver- 
laufenden Schlieren  erzeugt,  die  ebenso  von  Reihen  und  Streifen  kleiner 
Körnchen  eingefasst  sind  und  sich  durch  die  Ausbildung  und  Anord- 
nung des  sie  zusammensetzenden  Materials  von  der  übrigen  Grundmasse 
abheben,  wie  es  von  den  übrigen  bisher  betrachteten  flaserigen  Por- 
phyren beschrieben  wurde. 

Die  Schlieren  des  Porphyrs  von  Schameder  erscheinen  im  gewöhn- 
lichen Lichte  alle  fast  farblos  und  sehr  pellucid,  während  die  übrige 
Grundmasse,  die  in  diesem  Gestein  an  Quantität  weit  hinter  den 
Schlieren  zurücksteht  und  ein  inniges  Gemenge  höchst  winziger  Körn- 
chen, Schüppchen,  dunkler  Blättchen  und  Nädelchen  ist,  — sehr  trübe 
Beschaffenheit  zeigt,  so  dass  die  lichten  Schlieren  bereits  im  gewöhn- 
lichen Lichte  sehr  deutlich  zu  erkennen  sind.  Im  Gegensatz  zu  den 
übrigen  schieferigen  Porphyren  werden  die  Schlieren  hier  niemals  von 
Quarz  und  Feldspath  zusammengesetzt,  sondern  von  einem  Gewirr  höchst 
feiner  Nädelchen,  das  im  gewöhnlichen  Lichte  bei  geringer  Vergrösse- 
rung  seiner  grossen  Pellucidität  wegen  leicht  als  homogene  Masse  auf- 
gefasst werden  kann,  sich  aber  bei  stärkerer  Vergrösserung  eben  als 
aus  lauter  feinen  Nädelchen  zusammengesetzt  erweist.  Diese  Nädelchen 
sind  theils  vollkommen  farblos,  theils  mit  einem  lichtgrünlichen  Schim- 
mer behaftet  und  besitzen  starkes  Lichtbrechungsvermögen,  was  sich 
schon  im  gewöhnlichen  Lichte  zu  erkennen  gibt.  Im  polarisirten  Lichte 
zeigt  dieses  Gemenge  von  Nädelchen  sehr  lebhafte  Farben,  ähnlich 
denen  des  Kaliglimmers,  und  zwar  in  der  Weise,  dass  stets  viele  neben- 
einander liegende  Nädelchen  in  derselben  Farbe  erscheinen,  die  aber, 
allmälig  verschwimmend,  in  die  Farbe  der  nächsten  Partie  übergeht, 


161 


[35]  Die  Porphyre  und  Grünsteine  des  Lennegebietes  in  Westphalen. 

so  dass  dadurch  die  ausgezeichnetste  Aggregatpolarisation  hervortritt. 
Diese  feinfaserig  ausgebildete  Grundmasse  innerhalb  der  Schlieren  kann 
keineswegs  als  mikrofelsi tisch  bezeichnet  werden,  ist  vielmehr  als  eine 
sehr  feinkrystallinische  Masse  aufzufassen,  deren  Gemengtheile  sich 
jedoch  nicht  zu  wirklicher  Individualisation  zu  erheben  vermochten. 
Was  die  Nädelchen  ihrer  mineralogischen  Natur  nach  seien,  lässt  sich 
nicht  mit  Bestimmtheit  angeben.  Auch  ausserhalb  der  Schlieren  sind 
deutlich  ansgebildete  Individuen  von  Quarz  und  Feldspath  nur  in 
grosser  Seltenheit  vorhanden.  Nur  hin  und  wieder  waren  einige  neben- 
einander liegende,  unregelmässig  begrenzte  Quarzkörnchen  und  noch 
seltener  dergleichen  Feldspäthchen  zu  beobachten.  Reichlich  sind  im 
Gestein  kleine,  unregelmässig  begrenzte,  hell-  bis  schmutziggrüne 
Partien  vertheilt,  die  häufig  faserartig  zusammengesetzt  sind  und  dann 
grosse  Aehnlichkeit  mit  dem  Sericit,  in  Sericitschiefern  und  Sericit- 
gneissen  besitzen.  Ob  sie  wirklich  identisch  mit  diesem  sind,  konnte 
nicht  bestimmt  entschieden  werden.  Diese  feinfaserige,  grüne  Masse 
scheint  es  übrigens  zu  sein,  welche  im  Handstück  als  grünliches,  fett- 
glänzendes,  dünnes  Häutchen  die  Spaltungsflächen  des  Gesteins  stellen- 
weise überkleidet  und  ihm  dadurch  die  grosse  Aehnlichkeit  mit  einem 
Sericitschiefer  verleiht. 

Im  Anschluss  daran  sei  noch  erwähnt,  dass  auch  in  den  Por- 
phyren von  Altenhundem,  von  der  Bigge  und  vom  Bratschkopf  bei  Olpe 
einzelne  Schlieren  Vorkommen,  die  ganz  oder  theilweise  so  ausgebildet 
sind,  wie  die  eben  beschriebenen  im  Porphyr  vom  Steimel  bei  Schameder. 

Aus  dieser  Schilderung  der  Grundmasse  des  Gesteins  von  Scham- 
eder mag  sich  ergeben,  dass  diese  sehr  abweichend  von  derjenigen  der 
übrigen  flaserigen  Porphyre  beschaffen  ist;  trotzdem  muss  das  Gestein 
als  letzteren  sehr  nahestehend  und  engverwandt  bezeichnet  werden, 
was  sich,  abgesehen  von  dem  ganz  gleichartigen  geologischen  Auftreten, 
namentlich  in  der  vollkommenen  Uebereinstimmung  der  mikroskopi- 
schen Structur  beider  ausspricht. 

B.  Porphyrische  Gemengtheile  der  schieferig-flaserigen 

Porphyre. 

Ueber  die  porphyrischen  Gemengtheile  dieser  Gesteine  lässt  sich 
nur  wenig  sagen.  Auffällen  muss  es  entschieden,  dass  in  sämmtlichen 
schieferig-flaserigen  Porphyren,  mit  Ausnahme  desjenigen  von  Nieder- 
dresselndorf, Quarz  niemals  als  porphyrisch  ausgeschiedener  Gemeng- 
theil zu  beobachten  ist.  Wie  schon  bei  der  Betrachtung  dieser  Gesteine 
im  Handstück  zu  erkennen  ist,  tritt  in  ihnen  der  Feldspath  am  häufig- 
sten porphyrisch  ausgeschieden  auf.  Reich  an  dergleichen  Feldspath en 
sind  z.  B.  der  Porphyr  vom  Steimel  bei  Schameder  und  derjenige  vom 
Langeneier  Kopf;  auch  die  Gesteine  von  Altenhundem  und  von  Nöckel 
bei  Iseringhausen  führen  eine  nicht  gerade  geringe  Anzahl;  dagegen 
sind  die  Porphyre  vom  Bratschkopf,  von  der  Bigge,  von  der  Grube 
Birkenstrauch  bei  Olpe  und  von  Niederdresselndorf  arm  daran. 

Die  Feldspatlie  sind  theils  Orthoklase,  theils  Plagioklase;  in  den 
Porphyren  vom  Langeneier  Kopf  und  vom  Steimel  bei  Schameder 


162 


H.  B.  Mehner. 


[36] 


erlangen  letztere  sogar  das  Uebergewicht  über  die  Orthoklase.  In  ihren 
Eigenschaften  stimmen  die  Feldspathe  wesentlich  mit  den  früher  be- 
schriebenen der  massigen  Porphyre  überein.  Vollständig  regelmässige 
Formen  zeigen  die  Durchschnitte  nur  verhältnissmässig  weniger  Feld- 
spathe, dieselben  sind  vielmehr  häufig  nur  theilweise  geradlinig  oder 
auch  vollständig  unregelmässig  begrenzt.  In  den  Gesteinen  von  Nieder- 
dresselndorf, vom  Bratschkopf  und  von  der  Bigge  scheinen  nur  Frag- 
mente von  Feldspathen  vorhanden  zu  sein.  Mit  wenig  Ausnahmen  sind 
die  porphyrisch  ausgeschiedenen  Feldspathe  von  sehr  breiter  Gestalt. 

Im  Porphyr  von  Schameder  sind  dieselben  im  gewöhnlichen  Lichte 
tiefgrau  und  vollständig  trübe  und  heben  sich  dadurch  aus  der  lichteren 
Grundmasse  hervor.  Diese  Trübung  wird,  abgesehen  von  einer  theil- 
weisen  molekularen  Umwandlung  bei  einigen,  durch  dunkle  Einschlüsse 
hervorgerufen,  an  welchen  diese  Feldspathe,  monokline  wie  trikline, 
ungemein  reich  sind.  Bei  geringerer  Vergrösserung  als  dunkle  Punkte 
und  Striche  erscheinend,  zeigen  viele  derselben  bei  starker  Vergrös- 
serung eine  lichte  Mitte.  Der  grösste  Theil  davon  erweist  sich  als  Flüs- 
sigkeitseinschltisse,  beziehentlich  Dampfporen,  doch  ebenso  sicher  aridere 
auch  als  lamellare,  solide  Körper.  Aehnliches  zeigen  die  Feldspathe 
der  übrigen  Gesteine. 

Hinsichtlich  der  chemischen  Umwandlung  und  Zersetzung  der 
Feldspathe  zeigen  sich  diejenigen  des  Porphyrs  von  Schameder  am 
wenigsten  angegriffen.  Das  Umwandlungsproduct  ist  hier  wiederum  die 
früher  erwähnte  glimmerähnliche,  faserige  Substanz  (mikrokrystallinischer 
Kaolin?);  dieselbe  findet  sich  in  kleinen  Nädelchen  und  Schmitzchen, 
welche  sich  wiederholt  zu  kleinen  Büscheln  vereinigen,  zerstreut  in  der 
Feldspathsubstanz  vor.  Dasselbe  Umwandlungsproduct  des  Feldspathes, 
aber  in  grösserer  Menge  zeigen  die  Porphyre  vom  Langeneier-Kopf, 
von  der  Grube  Birkenstrauch,  von  Niederdresselndorf,  vom  Bratschkopfe 
und  von  der  Bigge.  Bei  letzteren  beiden  tritt  ausserdem  noch  Kaolin 
in  seiner  gewöhnlichen  Ausbildung  als  Zersetzungsproduct  auf.  In  den 
Porphyren  von  Altenhundem  und  Nöckel  ist  das  glimmerähnliche 
Material  als  Umwandlungsproduct  des  Feldspaths  merkwürdiger  Weise 
niemals  vorhanden;  an  Stelle  der  zersetzten  und  hinweggeführten  Feld- 
spathsubstanz tritt  hier  vielmehr  (wie  theilwmise  in  den  zersetzten  Feld- 
spathen des  früher  beschriebenen  rothen  Porphyrs  von  Altenhundem) 
immer  kohlensaurer  Kalk  auf.  In  dem  erstgenannten  der  beiden  Ge- 
steine ist  er  in  Körnern  und  kleinen  Haufwerken  im  Innern  der  Feld- 
spathe abgelagert;  in  dem  Gestein  von  Nöckel  ist  er  bedeutend  reich- 
licher vorhanden,  so  dass  oft  von  grossen  Feldspathen  nur  noch  w'enig 
Substanz  erhalten,  oder  diese  vollständig  von  ihm  verdrängt  ist.  In 
beiden  Porphyren  findet  sich  ausserdem  kohlensaurer  Kalk  auch  durch 
die  ganze  Grundmasse  verbreitet,  theils  als  Ausfüllungsmaterial  schmaler 
Klüfte,  theils  in  zusammenhängenden  Massen,  im  Porphyr  von  Alten- 
hundem häufig  Hohlräume  ausfüllend. 

In  fast  sämmtlichen  Porphyren  ist  um  die  Feldspathe  ein  Prnnd 
von  Eisenoxydhydrat  gebildet,  und  ausserdem  dringt  dasselbe  auch  noch 
auf  Klüften  und  Spältchen  in  das  Innere  derselben  ein. 


[37]  Die  Porphyre  und  Grünsteine  des  Lennegebietes  in  Westphalen.  163 

Der  Quarz,  der  mit  Ausnahme  des  Porphyrs  von  Schameder,  in 
allen  diesen  Gesteinen  als  wesentlicher  Gemengtheil  der  Grundmasse 
auftritt,  findet  sich,  wie  bereits  erwähnt,  als  porphyrisch  ausgeschiede- 
ner Gemengtheil  nur  im  Porphyr  von  Niederdresselndorf;  in  diesem 
überwiegen  die  Quarze  die  Feldspathe  an  Zahl  bedeutend.  Sie  bieten 
wenig  Auffälliges  dar.  Vollständig  unregelmässig  begrenzt,  sind  viele 
arm  an  Einschlüssen,  nur  in  wenigen  treten  letztere  in  bedeutender 
Anzahl  auf.  Diese  sind  wieder  theils  Einschlüsse  von  felsitischer  Grund- 
masse, — welche  allerdings  nur  spärlich  auftreten  und  theils  in  eckigen 
Gestalten  die  Form  des  Quarzes  andeuten,  theils  abgerundet  sind,  — 
theils  sind  es  Flüssigkeits-Einschlüsse.  Glas-Einschlüsse  wurden  nicht 
darin  beobachtet. 

Lichtgrünlicher,  fast  farbloser  Glimmer  findet  sich  ebenfalls  mehr- 
fach ausgeschieden,  doch  sind  die  faserigen,  lamellar  zusammengesetzten 
Blättchen  desselben  meist  so  klein,  dass  sie  kaum  den  porphyrischen 
Gemengtheilen  zuzuzählen  sind. 

Eisenkies  ist  ungemein  reichlich  im  Porphyr  von  Nöckel  vorhan- 
den, meist  in  kleinen  Körnchen  ausgebildet,  die  häufig  die  Würfelform 
deutlich  erkennen  lassen ; anderntheils  bildet  er  auch  grössere,  unregel- 
mässige Haufwerke.  Im  auffallenden  Lichte  zeigt  er  die  charakteristische 
messinggelbe  Farbe.  Da  die  in  diesem  Porphyr  eingeschlossenen  Schie- 
ferfragmente sich  ungemein  reich  an  Eisenkiespartikelchen  erweisen,  so 
hat  die  Annahme,  dass  der  in  der  Porphyrgrundmasse  liegende  Eisen- 
kies erst  durch  Bearbeitung  der  Schiefereinschlüsse  in  jene  gekommen 
sei,  grosse  Wahrscheinlichkeit  für  sich.  Ausserdem  findet  sich  in  dem- 
selben Gestein  in  grosser  Häufigkeit  jene  Substanz,  welche  im  Porphyr 
von  der  Ruenhardt  beschrieben  wurde,  welche  bei  auffallendem  Lichte 
intensiv  weiss  erscheint  und  grosse  Aehnlichkeit  mit  dem  Zersetzungs- 
product  des  Titaneisens  besitzt.  Es  scheint  diese  Substanz  im  Porphyr 
von  Nöckel  aber  in  einer  gewissen  Beziehung  zum  Eisenkies  zu  stehen ; 
in  grösseren  Massen  und  Haufwerken  dieser  weissen  Substanz  findet 
sich  wiederholt  in  der  Mitte  oder  am  Rande  frischer  Eisenkies  einge- 
lagert, so  dass  die  weisse  Masse  um  ihn  den  Anblick  eines  Zersetzungs- 
productes  von  ihm  gewährt.  Ausserdem  tritt  die  weisse  Substanz  häufig 
in  sehr  scharfumgrenzten,  regelmässigen  Vierecken  und  vollständigen 
Würfeln  auf,  die  auf  eine  Pseudomorphose  nach  Eisenkies  schliessen 
lassen.  Ihrer  Natur  nach  muss  diese  Substanz  leider  ebenso  räthselhaft 
bleiben,  wie  diejenige  des  Zersetzungsproductes  des  Titaneisens. 

Aus  diesen  an  den  schieferig-flaserigen  Porphyren  gemachten 
Beobachtungen  ergibt  sich,  dass  dieselben  mit  Ausnahme  des  Gesteins 
vom  Steimel  bei  Schameder  und  vielleicht  auch  desjenigen  von  Nieder- 
dresselndorf, wenn  sie  auch,  sowohl  in  der  Structur  als  in  ihrer  Zu- 
sammensetzung, vor  Allem  in  Folge  des  durchgängigen  Fehlens  porphy- 
risch ausgeschiedenen  Quarzes  nicht  unwesentlich  von  den  massigen 
Porphyren  abweichen,  doch  als  wirkliche  Porphyre  aufzufassen  sind; 
doch  veranlassen  uns  die  Unterschiede  anzunehmen,  dass  die  Ent- 
stehungsweise der  schieferig-flaserigen  Porphyre  — wenn  sie  auch 
ebenso  wie  die  massigen  Porphyre  Eruptivgesteine  sind  — eine  andere 
gewesen  sein  mag,  als  die  der  massigen.  Worin  diese  Abweichung 


164 


H.  B.  Mehner. 


[38] 


bestehe,  und  welches  überhaupt  die  Art  und  Weise  der  Entstehung 
wirklich  sei,  muss  hier  unentschieden  gelassen  werden,  und  muss  es 
genügen,  an  der  Hand  der  mikroskopischen  Untersuchung  die  Erupti- 
vität  und  Porphyrnatur  dieser  Gesteine  constatirt  zu  haben.  Für  das 
Gestein  von  Schameder  ist  aber  auch  dieses  Letztere  nicht  einmal 
möglich,  denn  eine  derartige  Erklärung  stösst  wegen  des  in  diesem 
Gestein  Vorgefundenen  Abdruckes  eines  Organismus  auf  bedeutende 
Schwierigkeiten.  Ein  metamorphosirter  Schiefer,  für  den  man  es  halten 
zu  dürfen  glaubte,  ist  dieses  Gestein  ganz  entschieden  nicht,  wie  auch 
aus  der  Beschreibung  desselben  hervorgegangen  sein  wird.  Weicht  es 
auch  bezüglich  des  Materiales  einigermassen  von  den  übrigen  flaserigen 
Porphyren  ab,  so  zeigt  es  doch  in  seiner  Structur,  wie  in  seinem  ganzen 
Auftreten  grosse  Aehnlichkeit  und  Uebereinstimmung  mit  denselben. 
Es  fragt  sich  nun:  Sind  wir  berechtigt,  die  eruptive  Entstehung,  die 
wir  den  übrigen  flaserigen  Porphyren  zugeschrieben  haben,  auch  auf 
das  Gestein  aus  der  Nähe  von  Schameder  auszudehnen?  Das  heisst  mit 
anderen  Worten : Dürfen  wir  annehmen,  dass  die  Art  und  Weise  der 
Bildung  eines  solchen  schieferig-flaserigen  Porphyrs,  die,  wie  bereits 
erwähnt  eine  von  derjenigen  der  massigen  Porphyre  abweichende  sein 
musste,  eine  derartige  gewesen  sei,  dass  von  demselben  das  Schwanz- 
schild eines  Homolanotus  umschlossen  und  der  Abdruck  desselben 
erhalten  bleiben  konnte?  Bei  Verneinung  dieser  Frage  bleibt  nichts 
übrig,  als  dieses  Gestein  als  submarine  Tuffbildung  eines  Eruptivgesteins, 
und  zwar  eines  Porphyrs  aufzufassen.  Bekanntlich  hat  Anger  in  seinen 
„Studien  über  klastische  Gesteine“ ])  bezüglich  der  Tuffe  dargethan, 
dass  es  falsch  ist,  die  einzelnen  zusammensetzenden  Elemente  der  Tuffe 
immer  als  zusammengeschwemmte  Fragmente  eines  früheren,  prae- 
existirenden  Gesteins  aufzufassen,  dass  es  auch  Porphyrtuffe  gibt,  welche 
sich  keineswegs  aus  Bruchstücken  eines  zertrümmerten,  ursprünglich 
massigen  Porphyrs  aufbauen.  „Die  meisten  Tufifbildungen,  namentlich 
der  älteren  Perioden,  schliessen  sich  eng  an  die  ihnen  entsprechenden 
Massengesteine  an,  und  ihre  Entstehung  fällt  in  gleiche  Zeiten  mit  den- 
selben. Das  Material  ist  der  Hauptsache  nach  dasselbe,  als  wesentlicher 
Factor  ihrer  Bildung  trat  aber  das  Wasser  hinzu,  welches  dem  durch 
Eruption  gelieferten  Material  eine  solche  Beschaffenheit  verlieh,  dass 
dasselbe  schichtenweise  zum  Absatz  gelangen  konnte.“ 

Auch  bezüglich  der  Structur  der  Porphyrtufife  sagt  Anger,  dass 
dieselbe  wiederholt  mit  derjenigen  der  Porphyre  nahezu  oder  vollstän- 
dig übereinstimme.  J.  C.  Ward* 2)  gelangte  durch  seine  Untersuchungen 
zu  gleichem  Resultat,  dass  nämlich  sowohl  feingeschichteter  als  auch 
grobkörniger  Tuff,  wenn  er  in  hohem  Grade  verändert  ist,  in  seiner 
mikroskopischen  Structur  von  einer  unzweifelhaften  Felsitgesteinslava 
nicht  zu  unterscheiden  ist,  dass  höchstens  hin  und  wieder  die  Umrisse 
einzelner  Fragmente  die  wahre  Natur  des  Gesteins  erkennen  lassen. 


*)  Min.  Mittheil.  1875.  3.  Heft. 

2)  J.  C.  Ward.  Vergleichende  mikroskopische  Gesteinsstructur  einiger  älterer 
und  neuerer  vulk.  Gebilde.  (Quart.  Journ.  of  the  Geol.  Soc.  XXXI.  Nr.  123.)  Neues 
Jahrb.  f.  M.  1876,  pag.  211.) 


165 


[39]  Die  Porphyre  und  Grünsteine  des  Lennegebietes  in  Westphalen. 

Daraus  geht  hervor,  dass  in  gewissen  Fällen  die  Unterscheidung  zwischen 
Porphyren  und  Porphyrtuffen  im  Dünnschliff  u.  d.  M.  sehr  schwierig, 
ja  geradezu  unmöglich  werden  kann.  In  jedem  solchen  Fall  ist  es  daher 
nicht  nur  billig,  sondern  geradezu  nothwendig,  die  geologischen  Be- 
ziehungen und  Verhältnisse  des  betreffenden  Gesteins  mehr  als  je  zu 
berücksichtigen  und  ihnen  bei  Beurtheilung  der  Natur  und  der  Ent- 
stehungsart des  Gesteins  den  überwiegenden  Einfluss  gegenüber  den 
Folgerungen  aus  der  mikroskopischen  Beschaffenheit  zuzuerkennen.  Das 
Gestein  von  Schameder  scheint  ein  derartiges  Beispiel  zu  bieten,  und 
es  wird  daher  nur  gerechtfertigt  sein,  wenn  wir  den  Lagerungsverhält- 
nissen des  Gesteins  und  namentlich  dem  Vorkommen  eines  organischen 
Restes  in  demselben  Rechnung  tragen  und  die  Möglichkeit  zugeben, 
dass  dieses  Gestein  vom  Steimel  bei  Schameder  ein  Porphyrtuff  sei. 
Dass  das  Gestein  so  wesentlich  mit  den  übrigen  schieferig-flaserigen  Por- 
phyren übereinstimmt,  spricht  nach  den  Anger’schen  und  Ward’schen 
Entwicklungen  nicht  gegen  diese  Auffassung;  jedoch  muss  entschieden 
die  eigenthümliche,  durch  Schlieren  hervorgerufene  und  an  die  Fluc- 
tuationserscheinungen  echter  Eruptivgesteine  erinnernde  Structur  dieses 
Gesteins  dann  auffallen,  die  keineswegs  mit  der  von  J.  C.  Ward  er- 
wähnten, durch  Metamorphismus  hervorgerufenen,  scheinbaren  Fluctua- 
tion  einer  chloritischen  Substanz  um  die  grösseren  Fragmente  iden- 
tisch ist. 

Wenn  Lossen  bei  Erörterung  der  Frage  nach  Bildung  und  Ent- 
stehung der  von  ihm  untersuchten  Porphyroide  die  Auffassung  der 
letzteren  als  submarine  Tuffbildungen  von  Eruptivgesteinen  für  unan- 
nehmbar erklärt,  so  geschah  diess,  weil  ihm  einestheils  für  die  Por- 
phyroide des  Taunus,  der  Ardennen  und  des  Ostharzes  die  zu  einer 
solchen  Erklärung  nöthigen  Eruptivgesteine  fehlten  (im  letzteren  Orte 
wenigstens  kein  Porphyr,  sondern  nur  Diabas),  und  anderntheils,  weil 
die  flaserigen  Porphyroide  eine  andere  Ausbildung  als  die  sonst  beob- 
achteten, echten  Porphyrtuffe,  Thonsteine  zeigen.“  Verliert  der  zuletzt 
angeführte  Grund  durch  die  Anger’schen  und  Ward’schen  Darlegun- 
gen schon  an  und  für  sich  an  Bedeutung,  so  fällt  für  das  Gestein  von 
Schameder  auch  das  zuerst  angeführte  Hinderniss  insofern  weg,  als 
dieses  Gestein  in  naher  Beziehung  zu  massigen  Porphyren,  wenn  auch 
räumlich  getrennt  von  denselben  auftritt.  Der  Annahme  einer  submari- 
nen Tuffbildung  betreffs  dieses  Gesteines  scheint  also  nichts  entgegen- 
zustehen. Damit  soll  nun  keineswegs  eine  gleiche  Art  der  Bildung  der 
obenerwähnten  Porphyroide  Lossen’s  angedeutet  werden,  vielmehr 
dürfte  daraus  nur  hervorgehen,  dass  das  Gestein  von  Schameder,  wie 
überhaupt  die  schieferig-flaserigen  Porphyre  der  Lennegegend  ganz 
andere  Gesteine  sind  als  jene,  und  sich  durchaus  nicht  auf  gleiche 
Art  und  Weise  der  Bildung  zurückführen  lassen. 

Wenn  auch  die  Porphyrnatur  des  Gesteins  von  Niederdresselndorf 
andeutungsweise  als  etwas  zweifelhaft  bezeichnet  wurde  (pag.  95),  so 
geschah  es,  weil  dasselbe  u.  d.  M.  infolge  des  gänzlichen  Fehlens  der 
Schlieren,  sowie  durch  die  reichliche  Vermengung  der  porphyrischen  Masse 
mit  Thonschiefermaterial  und  das  fragmentartige  Aussehen  der  grösseren 

Mineralogische  Mittheilungen.  1877.  2.  Heft.  (Mehner.)  22 


H.  B.  Mehner. 


166 


[40] 


porphyrischen  Gemengtheile,  mehr  wie  ein  Porphyrtuff  als  wie  ein 
echter  Porphyr  erscheint. 


III.  Porphyrtuffe. 

Als  entschiedener  Porphyrtuff  erweist  sich  zunächst  ein  Gestein 
von  den  Bruchhausener  Steinen  in  Westphalen.  Die  Untersuchung  unter 
dem  Mikroskop  lässt  nicht  den  geringsten  Zweifel  dagegen  aufkommen. 
Das  Gestein  besteht  ungefähr  zur  Hälfte  aus  feinzertheiltem  porphyri- 
schen Material  (porphyrischer  Asche?),  zum  andern  Theil  aus  Thon- 
schieferschlamm; ersteres  bildet  zahlreiche,  unregelmässige,  im  Dünn- 
schliff durchsichtige  bis  durchscheinende  Partien,  während  das  Thon- 
schiefermaterial als  grüne  bis  grünlichbraune  Masse  jenen  Partien 
zwischengelagert  ist.  Meist  sind  die  Grenzen  zwischen  diesen  beiderlei 
Partien  ziemlich  scharf,  andernfalls  tritt  aber  auch  an  den  Rändern 
häutig  eine  Vermengung  des  beiderseitigen  Materiales  ein,  was  vor- 
nehmlich durch  den  schlammartigen  Zustand  des  Schiefermaterials  be- 
dingt gewesen  zu  sein  scheint.  Im  polarisirten  Lichte  liefern  die  im 
gewöhnlichen  Lichte  fast  einheitlich  erscheinenden,  lichten  Partien  des 
Gesteins  ein  sehr  buntes,  mosaikartiges  Bild  und  ergeben  sich  dadurch 
als  aus  einer  ungemein  grossen  Summe  sehr  kleiner,  unregelmässiger, 
vielseitiger,  spitzer  und  splittriger  Individuen  zusammengesetzt.  Die- 
selben polarisiren  mit  sehr  lebhaften  Farben  und  scheinen  vornehmlich 
dem  Quarz  anzugehören,  doch  betheiligt  sich  auch  Feldspath  an  der 
Zusammensetzung  dieser  Partien;  derselbe  ist  nur  selten  deutlich  vom 
Quarz  zu  unterscheiden,  mit  voller  Sicherheit  nur  da,  wo  er  sich  durch 
regelmässige  Form  als  solcher  zu  erkennen  gibt. 

Die  dunklen  Partien  von  Thonschiefermasse  zeigen  grosse  Aehn- 
lichkeit  mit  dem  Thonschiefer  von  Brilon,  von  dem  ein  Dünnschliff  zur 
Vergleichung  zugezogen  wuirde.  In  einer  das  Licht  einfachbrechenden, 
homogenen,  fast  farblosen  Materie  liegen  unzählige  kleine,  schwarze, 
krystallinische  Nädelchen,  welche,  richtungslos  durcheinander  gelagert, 
den  Partien  ein  filzartiges  Aussehen  verleihen.  Zwischen  diesen  feinen 
Nädelchen,  die  nur  in  den  seltensten  Fällen,  bei  grösserer  Ausbildung 
eine  lichte  Mitte  erkennen  lassen,  liegen  kleine  Schüppchen,  Blättchen 
und  Fäserchen  eines  lichtgrünlichen  Glimmers  von  schwachem  Dichrois- 
mus richtungslos  zerstreut.  Sie  sind  von  unregelmässiger  Gestalt  und 
an  den  Rändern  meist  gefranst  und  zerfasert.  Zwischen  gekreuzten 
Nicols  tritt  dieser  Glimmer  mit  hellleuchtenden  Farben  stark  hervor. 
Endlich  betheiligt  sich  auch  Quarz  in  untergeordneter  Weise  an  der 
Zusammensetzung  der  Thonschieferpartien.  Dagegen  ist  kohlensaurer 
Kalk,  der  im  Thonschiefer  von  Brilon  in  sehr  reichlicher  Menge  auf- 
tritt,  hier  nicht  zu  beobachten. 

Grössere  makroskopische  Individuen  finden  sich  in  ziemlich 
reicher  Anzahl  durch  das  ganze  Gestein  und  zwar  sind  es  Quarz  und 
Feldspath.  Dieselben  treten  sowohl  inmitten  des  porphyrischen  Mate- 
rials als  auch  inmitten  des  Thonschieferschlammes  auf.  Der  Quarz  ist 
an  Menge  überwiegend  vorhanden,  zeigt  vollständig  unregelmässige 


167 


[41]  Die  Porphyre  und  Griinsteine  des  Lennegebietes  in  Westphalen. 

Umrisse  und  hat  meist  das  Aussehen  von  Bruchstücken  und  Splittern. 
Während  einige  derselben  reich  an  Flüssigkeitseinschlüssen  sind,  führen 
viele  andere  nur  auffallend  wenige  derselben.  Glaseinschlüsse  waren 
nicht  in  ihnen  zu  beobachten,  dafür  aber  in  einigen  derselben  die  für 
die  Quarze  der  Porphyre  so  charakteristischen  Einschlüsse  von  fein- 
körniger, felsitischer  Grundmasse.  Auch  die  Feldspathe  sind  fast  sämmt- 
lich  nur  unregelmässig  gestaltete  Bruchstücke  grösserer  Individuen.  Da, 
wo  ihre  rectanguläre  Gestalt  noch  ziemlich  deutlich  an  die  des  Feld- 
spaths  erinnert,  sind  doch  die  Ecken  stets  bedeutend  abgerundet  und 
die  Ränder  mehr  oder  weniger  alterirt.  Sie  sind  sämmtlich  einer  sehr 
bedeutenden  Umwandlung  unterlegen  gewesen,  so  dass  sie,  mit  Aus- 
nahme weniger  kleiner  Partikel  und  Schmitzchen  in  grösseren  Feld- 
spathen,  gar  nicht  mehr  polarisiren,  vielmehr  eine  sehr  trübe,  bräun- 
liche, mehlige  Masse  darbieten,  die  von  wenigen  lichten,  meist  paral- 
lelen Linien  durchsetzt  ist,  ähnlich  wie  es  bei  zahlreichen  Orthoklasen 
in  Syeniten,  Graniten  und  Gneissen  zu  beobachten  ist,  und  welches 
namentlich  auf  eine  molekulare  Umwandlung  der  Feldspathsubstanz 
zurückgeführt  wird.  Im  auffallenden  Lichte  zeigen  diese  Feldspathe 
eine  weisse  bis  weisslichgelbe  Farbe. 

Das  Material,  das  zu  dieser  Untersuchung  vorlag  und  welches 
der  Verfasser  ebenfalls  durch  die  Freundlichkeit  des  Herrn  Professor 
Zirkel  erhielt,  trug  noch  die  ursprüngliche  Etiquette:  „Thonschiefer 
im  Beginn  der  Metamorphose  zu  Porphyr,  Bruchhäuser  Steine,  West- 
phalen.“ Bereits  im  Anfänge  dieser  Abhandlung  wurde  dieses  Porphyrs 
der  Bruchhäuser  Steine  und  des  interessanten  Uebergangs  desselben 
in  Thonschiefer  gedacht.  Hier  sei  in  Kürze  nochmals  darauf  zurück- 
gekommen, dass  sich  daselbst  „in  der  Nähe  des  Porphyrs  im  Thon- 
schiefer viele  kleine  Punkte  und  Flecke,  sowie  grössere  Partien  von 
Feldspathsubstanz,  beziehentlich  Porphyrmasse  einstellen,  die  nach  dem 
Porphyr  zu  an  Menge  und  Grösse  zunehmen,  so  dass  schliesslich  der 
Thonschiefer  gar  nicht  mehr  der  vorwaltende  Theil  des  Gesteins  ist, 
vielmehr  weisse,  eckige,  scharfkantige  und  fragmentähnliche,  sowie 
rundliche  Massen  von  der  Grösse  mehrerer  Linien  bis  zu  drei  Viertel 
der  ganzen  Bruchfläche  einnehmen.  Das  Gestein  ist  dabei  noch  schie- 
ferig und  sieht  auf  den  Schieferungsflächen  ganz  thonschieferartig  aus. 
Diese  Einschlussmassen  werden  allmälig  zu  zoll-  bis  fussgrossen  Brocken 
von  solcher  Häufigkeit,  dass  die  schwarze  Masse  des  Schiefers  nur 
noch  als  schwache  Streifen,  als  Adern  und  Trümmer  darin  erscheint, 
bis  sich  zuletzt  auch  diese  verlieren  und  damit  der  Uebergang  in 
Felsitporphyr  vollendet  ist.“  Diesen  Uebergang  hat  man,  wie  auch  die 
oben  angeführte  Bezeichnung  des  Gesteins  besagt,  durch  die  Annahme 
einer  Umwandlung  des  Thonschiefers  zu  erklären  versucht.  Lossen 
sagt  darüber  x) : Es  scheinen  echte  Eruptivporphyre  porphyrartige  Um- 
bildungen im  Thonschiefer  bewirkt  zu  haben  und  überdiess  Breccien 
den  falschen  und  echten  Porphyr  zu  verbinden.  Die  mikroskopische 
Untersuchung  lässt  dagegen,  wie  eben  dargethan,  mit  aller  Entschieden- 
heit erkennen,  dass  wir  es  in  diesem  Gestein  nicht  mit  einem  umge- 


')  Zeitschrift,  d d.  g.  G.  1869,  pag.  322. 


22* 


168 


H.  B.  Mehner. 


[42] 


wandelten  Schiefer,  sondern  mit  einem  Porphyrtuff  zu  thun  haben. 
Dass  bei  einem  solchen  in  der  Richtung  nach  dem  Porphyr  hin  das 
porphyrische  Material,  in  der  Richtung  nach  dem  Thonschiefer  hin  aber 
das  Material  des  letzteren  vorherrschen  kann,  ja  muss,  ist  selbstver- 
ständlich und  bedarf  darum  keiner  weiteren  Worte.  Die  Annahme  der 
Umwandlung  des  Thonschiefers  zur  Erklärung  des  allmäligen  Ueber- 
ganges  ist  infolge  dessen  gar  nicht  mehr  nöthig.  Das  speciell  hier 
untersuchte  Gestein  entspricht  jener  Zwischenstufe,  wo  porphyrisches 
Material  und  Thonschiefermasse  ungefähr  im  Gleichgewichte  stehen  und 
bedauert  Verfasser  nur,  dass  ihm  nicht  auch  noch  Proben  von  anderen 
Stufen  des  allmäligen  Ueberganges  zur  Verfügung  standen. 

Die  als  „Schalsteine“  bezeichneten  Gesteine  von  der  Grube 
Victor  bei  Assinghausen  in  zweierlei  Vorkommnissen  und  vom  Stollen 
der  Grube  Grönebach  bei  Elpe  sind  ebenfalls  ohne  allen  Zweifel  Por- 
phyrtuffe. An  die  Schalsteine  erinnert  nur  der  in  ihnen  abgelagerte 
kohlensaure  Kalk,  der  bei  einigen  derselben  in  sehr  bedeutender  Menge 
vorhanden  ist.  Von  Material,  welches  den  Gemengtheilen  der  Grünsteine 
entspräche  (was  doch  zum  Begriff’  der  Schalsteine  unbedingt  gehört) 
ist  keine  Spur  wahrzunehmen:  weder  Augit,  noch  Hornblende,  noch 
Magneteisen,  noch  deren  Umwandlungsproducte ; trikliner  Feldspath 
nur  in  seltenen  Fällen.  Da  diese  Gesteine  wesentlich  auch  aus  einer 
dichten,  feinkörnigen  Masse  bestehen,  in  welcher  einzelne  grössere 
Krystalle,  Körner  und  Bruchstücke,  vornehmlich  von  Quarz  und  Feld- 
spath auftreten,  so  empfiehlt  es  sich,  auch  hier,  wie  in  den  Porphyren, 
die  feinkörnige  Masse  zunächst  zu  betrachten,  um  dann  zur  Beschrei- 
bung der  gröberen  Gemengtheile  überzugehen.  Damit  soll  jedoch  keines- 
wegs gesagt  sein,  dass  hier  ein  ähnlicher  Gegensatz,  respective  eine 
ähnliche  Beziehung  wie  in  den  echten  Porphyren  zwischen  Grundmasse 
und  porphyrisch  ausgeschiedenen  Mineralien  herrsche;  ebensowenig 
soll,  wenn  die  dichte  Masse  dieser  Tuffe,  der  Kürze  des  Ausdrucks 
wegen,  im  Fernern  zuweilen  mit  „Grundmasse“  bezeichnet  wird,  diese 
dadurch  als  identisch  mit  der  porphyrischen  Grundmasse  erklärt  werden. 

Unter  dem  Mikroskop  zeigen  diese  Gesteine  in  ihrer  Beschaffen- 
heit nur  unbedeutende  Abweichung  von  dem  früher  beschriebenen  Por- 
phyrtuff' von  den  Bruchhäuser  Steinen.  Sie  sind  nämlich  ebenfalls  aus 
porphyrischem  Material  und  aus  Thonschiefermasse  zusammengesetzt, 
doch  ist  in  diesen  Gesteinen  eine  derartige  Sonderung  des  Materials, 
wie  sie  in  jenem  Gestein  fast  durchgängig  zu  beobachten  war,  nicht 
durchgeführt.  Die  beiderseitigen  Massen  gehen  eine  viel  innigere  Ver- 
mischung ein ; eine  factische  Durcheinandermengung  derselben  hat  statt- 
gefunden. Daneben  sind  allerdings  auch  in  untergeordnetem  Maasse 
Partien  nur  aus  den  Bestandtheilen  des  Thonschiefers  aufgebaut,  und 
wiederum  andere,  welche  nur  aus  porphyrischem  Material  zusammen- 
gesetzt sind,  zu  beobachten.  Die  grösste  Menge  von  Thonschiefermate- 
rial findet  sich  in  dem  einen  Tuff  von  der  Grube  Victor;  daher  zeigt 
auch  derselbe  im  Handstück,  vornehmlich  auf  den  Spaltungsflächen, 
grosse  Aehnlichkeit  mit  einem  grobflaserigen,  weichen  Thonschiefer.  In 
den  beiden  andern  Gesteinen  (von  der  Grube  Grönebach  und  in  einem 
zweiten  Vorkommen  von  der  Grube  Victor)  ist  das  Porphyrmaterial 


169 


[43]  Die  Porphyre  und  Grünsteine  des  Lennegebietes  in  Westphalen. 

zum  Theil  überwiegend  vorhanden  und  ähneln  diese  Gesteine  im  Hand- 
stücke daher  schon  mehr  einem  Porphyr;  trotzdem  sind  sie  noch  aus- 
gezeichnet geschichtet  und  nach  einer  Richtung  leicht  spaltbar.  In  dem 
einen  Porphyrtuff  von  der  Grube  Victor  wechseln  im  Handstück  dünne 
Schichten  von  grosser  Spaltbarkeit  und  mit  weisslich  glänzenden  Spal- 
tungsflächen, die  wieder  durch  zwischengelagerte  Theilchen  von  Eisen- 
oxydhydrat hellröthlich  marmorirt  und  punktirt  sind,  mit  Partien  von 
mehr  massigem  Gefüge  und  körnigem  Bruche  ab,  welche  sich  u.  d.  M. 
vorwiegend  aus  feinkörnigem,  porphyrischen  Material  zusammengesetzt 
erweisen. 

Das  Material,  welches  dem  Thonschiefer  angehört,  ist  genau  das- 
selbe wie  beim  Tuff  von  den  Bruchhäuser  Steinen.  Dieselben  kleinen, 
schwarzen,  krystallinischen  Nüdelchen,  welche  dort  beschrieben  wurden, 
liegen  hier  ebenfalls  in  reicher  Anzahl  richtungslos  durcheinander,  doch 
treten  sie  an  Menge  hinter  denen  des  Tuffes  der  Bruchhäuser  Steine 
zurück.  Dafür  ist  in  den  hier  beschriebenen  Gesteinen  ganz  lichter  bis 
farbloser  Glimmer  in  reichem  Maasse  vorhanden;  auch  der  Quarz  tritt 
häufiger  als  Gemengtheil  der  Thonschieferpartien  auf.  Kohlensaurer 
Kalk  ist  hier  unter  dem  Thonschiefermaterial  auch  nicht  zu  beob- 
achten. 

Wie  bereits  erwähnt,  zeigt  die  Hauptmasse  dieser  sogenannten 
Schalsteine  eine  innige  Vermengung  von  Thonsehiefer-  und  Porphyr- 
material. Sie  ist  folgendermassen  zusammengesetzt:  der  Hauptgemeng- 
theil ist  Quarz,  dessen  Körnchen  bis  zu  grosser  Kleinheit  herabsinken ; 
nur  selten  sind  dazwischen  auch  Feldspathpartikel  mit  Sicherheit  nach- 
zuweisen, wenn  gleich  zu  vermuthen  steht,  dass  Feldspath  ebenfalls 
Antheil  an  der  Zusammensetzung  nimmt.  Glimmer  ist  ebenfalls  in 
bedeutender  Menge  vorhanden,  derselbe  bildet  nur  selten  grössere 
Blättchen,  als  vielmehr  kleine  Nüdelchen,  Schmitzchen  und  Fäserchen, 
die  in  der  Grundmasse  zerstreut  liegen,  im  gewöhnlichen  Lichte  fast 
farblos  sind,  nur  einen  schwach  grünlichen  Schein  zeigen,  im  polari- 
sirten  Lichte  aber  mit  hellleuchtenden  Farben  hervortreten.  Es  sind 
ganz  dieselben  Gebilde,  welche  früher  als  Gemengtheile  der  Thon- 
schieferpartien beschrieben  wurden  und  ist  daraus,  sowie  aus  dem  Um- 
stande, dass  die  reinen  Porphyrpartien  vollständig  frei  von  Glimmer 
sind,  zu  entnehmen,  dass  der  gesammte  Glimmer  der  Gesteine  dem 
Thonschiefermaterial  zugehört.  Die  kleinen  Fäserchen  und  Nüdelchen 
von  Glimmer  sind  meist  richtungslos  durch  die  Grundmasse  zerstreut, 
so  vor  Allem  in  dem  einen  Gestein  von  der  Grube  Victor.  In  dem 
andern  und  in  demjenigen  von  der  Grube  Grönebach  sind  diese  Glimmer- 
partikel stellenweise  in  paralleler  Lagerung  zu  grösseren,  unregelmässigen 
Haufwerken  vereinigt;  diese  zeigen  ausgezeichnete  Aggregatpolarisation 
und  stimmen  in  ihrer  Gesammtrichtung  im  Wesentlichen  überein ; 
dadurch  erhält  das  Gestein  von  der  Grube  Grönebach  mehr  als  die 
übrigen  u.  d.  M.  stellenweise  ein  sehr  schieferiges  Aussehen.  In  den 
meisten  untersuchten  Präparaten  war  ferner  noch  an  den  Rändern 
zahlreicher  grösserer  Quarz-  und  Feldspathkörner,  sowie  in  der  Um- 
gebung der  in  der  Grundmasse  liegenden  Haufwerke  von  kohlensaurem 
Kalk  eine  parallele  Anordnung  zahlreicher  Glimmerblättchen  in  senk- 


170 


H.  B.  Mehner. 


[44] 


rechter  Stellung  zu  den  Rändern  jener  Individuen  und  Haufwerke  zu 
beobachten.  Als  Gemengtheile  der  Grundmasse  treten  ausser  Quarz, 
Feldspath  und  Glimmer  endlich  noch  jene  schwarzen,  krystallinischen 
Nädelchen  auf.  Am  häufigsten  sind  dieselben  in  dem  einen  Tuff  von 
der  Grube  Victor  zwischen  das  porphyrische  Material  eingelagert,  wo- 
durch die  Grundmasse  an  diesen  Stellen  ein  trübes,  staubartiges  Aus- 
sehen erhält.  In  d^m  anderen  Tuff  von  der  Grube  Victor  und  in  dem 
von  der  Grube  Grönebach  treten  dagegen  besagte  dunkle  Nädelchen  an 
Zahl  sehr  zurück  und  bedingen  dadurch  ein  lichteres  Aussehen  und 
grössere  Pellucidität  der  Gruudmasse  dieser  Gesteine. 

Wie  im  Porphyrtuff  von  Bruchhausen  liegen  auch  in  der  dichten 
Masse  der  hier  beschriebenen  Tuffe  viele  grössere  Quarze,  welche, 
ihrer  unregelmässigen  Begrenzung  nach  zu  schliessen , erst  wieder 
grösstentheils  durch  Zertrümmerung  anderer  Quarze  entstanden  sein 
dürften.  Dieselben  sind  meist  arm  an  Flüssigkeitseinschlüssen,  nur 
einige  macheil  davon  eine  Ausnahme.  Glaseinschlüsse  wurden  in  den 
Quarzen  dieser  Tuffe  ebenfalls  nicht  beobachtet,  dagegen  waren  wieder- 
holt Einschlüsse  feinkörniger  Grundmasse  darin  nachzuweisen.  Ver- 
einzelte Quarze  in  dem  einen  Tuff  von  der  Grube  Victor  zeigen  merk- 
würdiger Weise  eine  vollständig  abgerundete  Gestalt,  während  alle 
übrigen  sich  durch  sehr  scharfe  Ecken  auszeichnen.  Neben  dem  Quarz 
tritt  auch  Feldspath  in  grösseren  Individuen  auf,  doch  niemals  in  gros- 
ser Häufigkeit,  am  zahlreichsten  in  dem  einen  Tuff  von  der  Grube 
Victor  und  hier  wieder  vornehmlich  in  den  oben  erwähnten  quarz- 
reichen, durch  Eisenoxydhydrat  rothbraun  gefärbten  Partien.  Immer 
kommen  die  Feldspathe  in  der  Form  ganz  unregelmässig  begrenzter 
Bruchstücke  vor;  kein  einziger  regelmässiger  Krystalldurchschnitt  konnte 
beobachtet  werden.  Die  meisten  von  ihnen  enthalten  eine  grosse  Menge 
von  Einschlüssen ; diese  sind  grösstentheils  dunkle,  lamellare  oder 
nadelförmige,  beziehentlich  punktförmige  Gebilde,  neben  welchen  ausser- 
dem noch  Flüssigkeitseinschlüsse  und  Dampfporen  in  geringerer  Anzahl 
Vorkommen.  In  vielen  der  Feldspathfragmente  sind  die  dunklen  Ein- 
lagerungen in  solcher  Menge  vorhanden,  dass  erstere  im  gewöhnlichen 
Lichte  bei  geringer  Vergrösserung  sehr  trübe  aussehen.  Die  Feldspath- 
substanz  scheint  nur  wenig  umgewandelt  zu  sein,  wenigstens  polarisirt 
sie  grösstentheils  noch  mit  sehr  lebhaften  Farben. 

Glimmer  ist  als  porphyrischer  Gemengtheil  nicht  vorhanden,  ein- 
zelne grössere  Blättchen  desselben  rühren  augenscheinlich  mit  aus  dem 
Thonschiefermaterial  her.  Der  kohlensaure  Kalk,  der  sich  in  allen 
diesen  Tuffen  reichlich  vorfindet  und  wohl  eben  zur  Bezeichnung  dieser 
Gesteine  als  Schalsteine  die  Veranlassung  gegeben  hat,  bildet,  abge- 
sehen von  den  in  einzelnen  Feldspathen  und  sonst  hie  und  da  auf- 
tretenden kleinen  Partikelchen,  meist  grössere,  zusammenhängende, 
unregelmässig  begrenzte  Massen,  die  nur  in  den  seltensten  Fällen  einem 
einheitlichen,  aus  einer  Anzahl  von  Zwillingslamellen  zusammengesetzten 
Kalkspathkörper  entsprechen,  als  vielmehr  meist  Haufwerke  grössten- 
theils unregelmässig  gestalteter  Kalkspathkörnchen  von  trüber  Beschaf- 
fenheit sind,  die  in  Folge  dessen  ein  erdiges  Aussehen  besitzen.  Hin 


Die  Porphyre  und  Grünsteine  des  Lennegebietes  in  Westphalen.  171 


und  wieder  finden  sich  inmitten  solcher  Kalkpartien  Theile  von  Feld- 
spathen  vor,  so  dass  es  dadurch,  wenigstens  für  diese,  den  Anschein 
gewinnt,  als  seien  sie  an  Stelle  allmälig  zersetzter  Feldspathe  im  Gestein 
abgesetzt  worden;  trotzdem  müssen  wir  wohl  dem  grössten  Theile 
dieser  umschlossenen  Partien  von  kohlensaurem  Kalk  Ursprünglichkeit 
zuerkennen.  Die  Kalkspathmassen  werden  wiederholt  von  schmalen 
Klüften  durchsetzt,  die  mit  einem  feinfaserigen,  lichtgrünlichen,  stark 
doppelbrechenden,  glimmerartigen  Mineral  ausgefüllt  sind,  welches  mit 
jenem  früher  erwähnten,  senkrecht  an  dem  Rande  grösserer  Individuen 
angesiedelten  Minerale  vollständig  übereinstimmt;  das  Mineral  in  den 
kleinen  Klüften  ist  entschieden  secundär  und  ist  daher  wohl  auch  für 
das  andere  ein  gleicher  Ursprung  anzunehmen.  Das  Eisenoxydhydrat, 
welches  sich  in  einzelnen  Lagen  des  einen  Tuffes  von  der  Grube  Victor 
sehr  reichlich  vorfindet,  hat  sich  auf  zahlreichen  Klüften  des  Gesteins 
in  schmalen  Streifen  und  in  grösseren  Haufwerken  von  lockerer  Beschaf- 
fenheit abgesetzt. 


Anhangsweise  folge  hier  die  Beschreibung  des  sogenannten  „Por- 
phyrs“ vom  Weinberg  bei  Brachthausen,  welcher  Enkriniten  führt  und 
sich,  wie  bereits  erwähnt,  unter  dem  Mikroskop  sofort  als  typischer, 
feinkörniger  Sandstein  zu  erkennen  gibt.  Derselbe  besteht  wesentlich 
aus  unregelmässigen,  mehr  oder  weniger  abgerundeten  Quarzkörnern. 
Diese  sind  fast  sämmtlich  sehr  reichlich  mit  Flüssigkeitseinschlüssen 
erfüllt,  welche  durchgängig  nur  geringe  Grösse  besitzen,  zum  Theil 
sogar  zu  sehr  bedeutender  Winzigkeit  herabsinken  und  zumeist  in 
langen  Reihen  hintereinander  angeordnet  liegen.  Diese  Reihen  verlaufen 
häufig  vollständig  durch  das  ganze  Quarzkorn  von  einem  Rande  des- 
selben zum  anderen,  an  den  Rändern  plötzlich  abgeschnitten,  woraus 
sich  ebenfalls  die  klastische  Natur  dieser  Quarzkörner  erkennen  lässt. 
Viele  der  Quarze  sind  von  Flüssigkeitseinschlüssen  in  so  beträchtlichem 
Maasse  angefüllt,  dass  sie  durch  dieselben  ganz  trübe  und  grau  gefärbt 
erscheinen.  Die  ganze  Beschaffenheit  der  Quarze  spricht  dafür,  dass 
sie  nicht  aus  Porphyren,  sondern  aus  älteren  Gesteinen  stammen,  was 
durch  das  gänzliche  Fehlen  der  Einschlüsse  von  Glas  und  felsitischer 
Grundmasse  bestätigt  wird. 

Zwischen  den  Quarzkörnern  befinden  sich  sodann  auch  Fragmente 
zusammengesetzter  Gesteine.  Die  Klüfte  zwischen  den  Quarzkörnern 
und  Gesteinsfragmenten  sind  mit  braunem  Eisenoxydhydrat  erfüllt, 
wodurch  das  Gestein  die  dunkelbraune  Farbe  erhält,  die  im  Handstück 
hervortritt. 


172 


H.  B.  Mehner. 


[46] 


IV.  Grünsteine  (Diabase). 

(„Hyperite“  und  „Labradorporphyre“  v.  Dechens.) 

1.  Geographisches  und  Geologisches. 

Die  durch  v.  Dechen  als  Hyperit  oder  Hypersthenfels  bezeich- 
neten  Gesteine  treten  nach  seiner  Beschreibung l)  in  schmalen  Zügen, 
die  in  ihrer  Richtung  dem  Streichen  der  Gebirgsschichten  entsprechen, 
in  der  mittleren  Abtheilung  des  Devon  (D.  Lenneschiefer)  unter  ähn- 
lichen Verhältnissen  wie  die  Porphyre  auf.  Am  häufigsten  ist  das  Vor- 
kommen ganz  in  der  Nähe  der  Grenze  des  Fürstenthums  Waldeck, 
südlich  von  der  Stadt  Brilon,  in  der  Gegend  des  oberen  Laufes  der 
Ruhr,  zwischen  Wiemeringhausen,  Siedlinghausen,  Silbach  und  Hiltfeld. 
Ausserdem  tritt  „Hyperit“  noch  vereinzelt  bei  Olsberg  und  ganz  gegen 
Westen  bei  Altena  und  Breckerfeld  auf,  von  welch’  letzterem  Punkte 
ein  Vorkommen  von  der  Ennepe  östlich  von  Rüggeberg  zur  Untersuchung 
vorlag.  In  der  Gegend  der  oberen  Ruhr  unterscheidet  v.  Dechen 
sechs  hauptsächliche  Züge  dieses  Gesteins,  von  denen  der  erste  stellen- 
weise eine  Mächtigkeit  von  70 — 100',  der  zweite  eine  solche  bis  zu 
500'  erlangt;  in  letzterem  sollen  sich  übrigens  wiederholt  grosse  Partien 
des  Nebengesteins  eingeschlossen  finden,  welche  aus  einem  hellgrauen, 
harten  Schiefer  von  splittrigem  und  unebenen  Bruch  bestehen. 

Die  übrigen  Grünsteine,  durch  v.  Dechen  als  „Labradorpor- 
phyre“ bezeichnet2),  bilden  zunächst  Züge  in  der  Gegend  von  Brilon, 
wo  sie  sich  von  Oberberge  bis  östlich  gegen  Giershagen  hin  erstrecken, 
sodann  treten  sie  südlich  davon  im  Ruhrthale  in  Gemeinschaft  mit 
jenen  „Hyperiten“  auf,  wo  wiederholt  ein  allmäliger  Uebergang  aus 
dem  einen  Gestein  in  das  andere  zu  beobachten  sein  soll;  und  endlich 
bilden  sie  noch  ebenfalls  nur  vereinzelte  Vorkommen  weiter  gegen 
Westen,  an  der  Volme,  in  der  bereits  genannten  Gegend  von  Breckerfeld. 

Zur  Untersuchung  lagen  Gesteine  aus  der  Gegend  von  Nieder- 
feld, vom  Rimberg  am  oberen  Laufe  der  Ruhr  und  aus  der  Gegend 
von  Breckerfeld,  von  der  Volme  vor.  Zur  bequemeren  Namhaftmachung 
seien  dieselben  hier  gleich  nach  einander  aufgezählt  und  mit  Nummern 
versehen. 

1.  „Hyperit“,  zwischen  Wiemeringhausen  und  Niederfeld,  rechte 
Ruhrseite,  zweites  Lager. 

2.  „Hyperit“  von  der  Ruhr,  oberhalb  Niederfeld,  viertes  Lager, 

3.  „Grünstein“  vom  Rimberg  bei  Niederfeld  an  der  Ruhr. 

4.  „Grünstein“  vom  Rimberg  bei  Niederfeld  an  der  Ruhr  (anderes 
Lager). 

5.  „Hyperit“  von  der  Ennepe,  östlich  Rüggeberg. 

’)  Verhandlungen  des  naturhistor.  Vereines  d.  preuss.  Rheinlande  und  West- 
phalens.  12.  Jahrg.,  2.  Heft,  pag.  194  und  Karsten’s  und  v.  Dechen’s  Archiv. 
Bd.  19,  pag.  486  ff.  und  pag.  503  ff. 

2)  A.  a.  0.  pag.  196  und  Bd.  19  pag.  456. 


Die  Porphyre  und  Grünsteine  des  Lennegebietes  in  Westphalen. 


173 


6.  „Grünstem“  von  der  Volme,  oberhalb  Breckerfeld,  (Nummer- 
stein  U76). 

7.  „Grünstein“  von  der  Volme,  oberhalb  Breckerfeld,  (Nummer- 
stein 1*97 — 1 *96). 

Die  Grünsteine  3,  4,  6 und  7 wurden  auch  als  Labradorporphyre 
bezeichnet;  freilich  sind  in  den  vorliegenden  Stücken  makroskopische 
Feldspathe  nicht  ausgeschieden. 

2.  Mikroskopische  Untersuchung. 

Nachdem  in  jüngster  Zeit  durch  die  optische  und  mikroskopische 
Untersuchung  des  augitischen  Gemengtheils  viele  bis  dahin  als  Hyperite 
aufgefasste  Gesteine  ihres  Charakters  als  solche  entkleidet  wurden  und 
sich  als  Gabbro,  oder  als  Diabase  oder  Diorite  erwiesen,  gestatteten 
auch  die  als  Hyperite  aufgeführten  Gesteine  der  Ruhr-  und  Volme- 
gegend  von  vorn  herein  einigen  Zweifel  an  ihrer  Hypersthenitnatur. 
In  Wirklichkeit  ergab  denn  auch  die  mikroskopische  Untersuchung,  wie 
hier  gleich  vorausgeschickt  sein  mag,  dass  sämmtliche  als  Hyperite 
bezeichneten  Gesteine,  gleich  den  übrigen,  Grünsteine  und  Labrador- 
porphyre genannten,  nur  Diabase  sind. 

Alle  diese  Diabase  zeigen  im  Handstück  zwar  verschiedene  Ab- 
stufungen in  der  Grössenausbildung  ihrer  Gemengtheile,  indem  einige 
sehr  dicht,  andere  von  gröberem  Korn  sind,  weichen  auch  bezüglich 
des  Vorherrschens  des  einen  oder  anderen  Gemengtheils,  sowie  durch 
den  verschiedenen  Grad  der  Zersetzung  von  einander  ab,  doch  sind 
die  dadurch  hervorgerufenen  Unterschiede  so  wenig  charakteristisch 
und  eingreifend,  dass  von  einer  makroskopischen  Beschreibung  dieser 
Gesteine  hier  füglich  abgesehen  werden  kann  und  sofort  die  Resultate 
der  mikroskopischen  Untersuchung  folgen  sollen. 

Als  Gemengtheile  dieser  Diabase  treten  auf:  Plagioklas,  Augit 
und  sein  Zersetzungsproduct,  der  Viridit,  Magneteisen,  Titaneisen, 
Epidot  und  Apatit;  daran  schliessen  sich  noch  einige  Zersetzungspro- 
ducte.  Die  Plagioklasdurchschnitte  sind,  wie  das  für  die  Diabase  über- 
haupt charakteristisch  ist,  sämmtlich  in  langer  Leistenform  ausgebildet 
und  durchgängig  von  regelmässiger,  scharfumgrenzter  Gestalt,  welche 
im  Dünnscliliff  auch  dann  noch  meist  deutlich  zu  erkennen  ist,  wenn 
die  Feldspathsubstanz  bereits  vollständig  der  Umwandlung  anheimge- 
fallen ist.  Eine  Umwandlung  haben  übrigens  die  Feldspathe  dieser 
sämmtlichen  Diabase  erfahren,  doch  ist  dieselbe  in  den  verschiedenen 
Gesteinen  verschieden  weit  vorgeschritten.  Am  frischesten  sind  die 
Plagioklase  noch  in  den  Diabasen  Nr.  7 und  5.  Bei  fast  sämmtlichen 
derselben  ist  daher  die  Zwillingsstreifung  noch  sehr  deutlich  zu  erken- 
nen, nur  bei  wenigen  ist  dieselbe  verwischt;  die  einzelnen  Zwillings- 
lamellen polarisiren  mit  lebhaften  Farben.  Vorgeschrittener  in  der  Zer- 
setzung sind  die  Feldspathe  in  den  Diabasen  Nr.  2,  3,  4 und  6,  so 
dass  sie  durch  Umwandlungsproducte  und  andere  an  Stelle  der  Feld- 
spathsubstanz abgeschiedene  Massen  sehr  getrübt  sind  und  die  Zwil- 
lingsstreifung dadurch  unterbrochen  ist;  doch  zeigen  die  erhaltenen 
Reste  der  Feldspathsubstanz  noch  lebhafte  Polarisation.  Endlich  ist  bei 

Mineralogische  Mittheilungen.  1877.  2.  Heft.  (Mehner).  23 


174 


H.  B.  Mehner. 


[48] 


dem  Diabas  Nr.  1 die  Umwandlung  eine  so  bedeutende,  dass  nur  in 
den  allerseltensten  Fällen  und  dann  auch  nur  stückweise  eine  Zwillings- 
streifung an  den  Plagioklasen  zu  beobachten  ist.  Ueberhaupt  ist  bei 
diesem  Gestein  einheitliche  Feldspathsubstanz  durchgehends  fast  gar 
nicht  mehr  wahrzunehmen. 

Dass  das  augitische  Mineral  in  diesen  Gesteinen  niemals  Hyper- 
sthen,  sondern  stets  Augit  ist,  erkennt  man  im  Dünnschliff  sofort  an 
dem  Verlauf  der  Spalten  und  Sprünge  in  demselben,  der  durchaus 
nicht  demjenigen  entspricht,  welchen  wir  im  Hypersthen  zu  beobachten 
gewohnt  sind,  für  den  Augit  aber  geradezu  charakteristisch  ist;  auch 
zeigt  das  Mineral  niemals  Dichroismus.  Der  Augit  tritt,  auch  wo  er 
noch  sehr  frisch  erhalten  und  von  scharfen  Rändern  begrenzt  ist,  nie- 
mals in  regelmässigen  Formen  auf,  sondern  bildet  vollständig  unregel- 
mässige, vielgestaltige,  durch  zahlreiche  eckige  Einbuchtungen  der 
übrigen  Masse  zerrissene  Partien,  was  sich  häufig  bis  zur  vollständigen 
Abtrennung  kleiner  Partien  von  der  Hauptmasse  fortsetzt,  so  dass  der 
Augit,  abgesehen  von  der  Masserihaftigkeit  desselben  in  einigen  dieser 
Gesteine,  wiederholt  als  Ausfüllungsmaterial  zwischen  den  regelmässig 
ausgebildeten  Feldspathkry stallen  erscheint.  Es  geht  daraus  hervor, 
dass  der  Augit  sich  später  verfestigte  als  der  Feldspath.  Ist  der  Augit 
schon  einer  theilweisen  Zersetzung  unterlegen  gewesen,  so  sind  natür- 
lich die  Umrisse  vor  Allem  stark  alterirt.  Die  Umwandlung  des  Augits 
in  den  verschiedenen  Gesteinen  geht  keineswegs  immer  Hand  in  Hand 
mit  derjenigen  des  Feldspaths.  Im  Gegentheil  findet  sich  in  solchen 
Diabasen  mit  sehr  stark,  ja  vollständig  zersetzten  Feldspathen  noch 
durchgängig  ganz  frischer  Augit;  der  Diabas  Nr.  1 liefert  dazu  einen 
ausgezeichneten  Beleg. 

Die  Verwitterung  und  Umwandlung  des  Feldspaths  gibt  sich  im 
gewöhnlichen  Lichte  durch  starke  Trübung  desselben  zu  erkennen, 
unter  dem  Polarisationsapparate  erweist  sich  das  Zersetzungsproduct 
als  ein  kurzfaseriges,  buntstrahliges,  eisblumenähnliches  Aggregat.  Hand 
in  Hand  mit  der  Umwandlung  erfolgt  zumeist  eine  Ansiedelung  der 
Zersetzungsproducte  des  Augits  im  Innern  der  Feldspathe.  Zunächst 
erfolgt  dieselbe  auf  Spalten  zwischen  den  Zwillingslamellen,  bei  weiter 
vorgeschrittener  Zersetzung  durchziehen  diese  Massen  die  Feldspath- 
substanz nach  allen  Richtungen  und  verdrängen  dieselbe  in  Gemein- 
schaft mit  deren  eigenem  Umwandlungsproducte  schliesslich  vollständig. 
Die  Umwandlungsproducte  des  Augites  sind  vor  Allem  Viridit,  kohlen- 
saurer Kalk  und  vielleicht  auch  Magneteisen.  Der  Viridit  tritt  in  den 
meisten  dieser  Diabase  in  reichlicher  Menge  auf,  theils  in  grösseren 
Aggregaten,  theils  in  feiner  Vertheilung  innerhalb  der  Feldspäthe  oder 
zwischen  denselben.  Er  stimmt  in  seiner  Beschaffenheit  und  in  seinem 
ganzen  Auftreten  vollständig  mit  der  Beschreibung  überein,  welche 
Dathe  in  ausführlicher  Weise  in  seiner  Abhandlung  „über  Diabase“ 
geliefert  hat1),  und  kann  daher  hier  auf  jene  verwiesen  werden;  nur 
sei  noch  bemerkt,  dass  ein  Vorkommen  des  Viridits  in  Form  kleiner 
Schüppchen  niemals  zu  beobachten  war,  vielmehr  bildet  derselbe  stets 


’)  Mikroskopische  Untersuchungen  über  Diabase  von  Fr.  Ernst  Dathe. 


Die  Porphyre  und  Grünsteine  des  Lennegebietes  in  Westphalen. 


175 


lange  Nädelchen  und  zugespitzte  Fäserchen.  Kohlensaurer  Kalk  findet 
sich  in  sämmtlichen  Diabasen,  in  einigen  nur  in  geringer  Menge,  als 
Ausfüllungsmaterial  kleiner  Spältchen  und  Hohlräume  (Gesteine  Nr.  1, 
3 und  7),  in  anderen  (Nr.  2 und  5)  reichlicher  und  endlich  in  den 
Gesteinen  Nr.  4 und  6 in  ungemein  reichem  Maasse;  in  Nr.  4 beträgt 
er  mindestens  50  Proc.  des  ganzen  Gesteins.  Es  kann  hier  der  früheren, 
jüngst  noch  von  Dathe  näher  begründeten  Ansicht,  dass  der  kohlen- 
saure Kalk  in  den  Diabasen  secundär  sei,  nur  beigepflichtet  werden, 
fortgesetzt  gibt  sich  derselbe  als  neuangesiedeltes  Mineral  zu  erkennen. 
Theils  findet  er  sich  inmitten  grösserer  Viriditpartien,  theils  bildet  er 
schmale  Gänge  durch’s  Gestein,  welche  die  Gemengtheile  (Augit,  Feld- 
spath,  Magneteisen  etc.)  durchsetzen.  Besonders  schön  sind  dergleichen 
Gänge  in  Diabas  Nr.  7 zu  beobachten.  Dieselben  stehen  häufig  wieder 
mit  anderen  Partien  und  Körnchen  von  kohlensaurem  Kalk,  die  im 
Gestein  zerstreut  liegen,  in  Verbindung,  so  dass  für  diese  die  gleiche 
Art  der  Entstehung  angenommen  werden  muss.  Der  kohlensaure  Kalk 
scheint  in  erster  Linie  aus  der  Zersetzung  des  Augits  hervorgegangen 
zu  sein,  womit  übereinstimmt,  dass  sich  in  den  Gesteinen  mit  noch 
ziemlich  frischem  Augit  die  geringsten  Mengen  kohlensauren  Kalkes 
finden,  während  in  den  beiden  Gesteinen  Nr.  4 und  6 mit  vollständig 
umgewandeltem  Augit  der  Kalkgehalt  ein  ungemein  hoher  ist.  Der 
kohlensaure  Kalk  hat  sich  indessen  keineswegs  immer  an  Stelle  des 
Augits,  sondern  zumeist  sogar  an  anderen  Orten  im  Gestein  abgeschie- 
den, so  z.  B.  auch  häufig  innerhalb  zersetzter  Feldspathe.  Noch  sei 
erwähnt,  dass  im  Gestein  Nr.  5 sich  mehrfach  grössere  Massen 
kohlensauren  Kalkes,  allseitig  von  Veridit  umschlossen,  vorfinden,  die 
ihrerseits  wiederum  mehrere  unregelmässig  gestaltete,  farblose  Kör- 
ner eines  einfachbrechenden  Minerals  umschliessen,  welches  allem  An- 
schein nach  Granat  sein  dürfte.  Dass  Magneteisen  bei  Zersetzung  des 
Augits  sich  ebenfalls  gebildet  habe,  hat  wohl  in  einzelnen  Fällen  viel 
Wahrscheinlichkeit  für  sich,  lässt  sich  jedoch  nicht  mit  voller  Sicherheit 
constatiren.  In  den  Gesteinen  Nr.  4 und  6,  in  welchen  gar  keine  un- 
zersetzte  Augitsubstanz  mehr  zu  finden  ist,  tritt  ausser  Viridit  noch 
ein  anderes  Umwandlungsproduct  des  Augits  in  grosser  Menge  auf. 
Dasselbe  bildet  meist  grössere,  zusammenhängende,  unregelmässige 
Massen,  von  zum  Theil  scharfliniger  Begrenzung,  so  dass  sie  noch  sehr 
auffällig  an  die  unregelmässigen,  aber  sehr  leicht  wieder  zu  erkennenden 
Formen  der  Durchschnitte  des  Augits  erinnern.  Zum  Theil  kommt  das 
Zersetzungsproduct  auch  nur  in  lockeren  Haufwerken  vor,  die  nach 
dem  Rande  zu  verschwommen  sind  und  sich  allmälig  auflösen.  Im  durch- 
fallenden Lichte  erscheinen  diese  Partieen  braun,  im  auffallenden  grau- 
lich- bis  grünlichweiss.  Bei  starker  Vergrösserung  ist  zu  erkennen,  dass 
sie  namentlich  aus  einer  Summe  höchst  kleiner,  abgerundeter  Körnchen 
mit  trüber,  bräunlichdurchscheinender  Mitte  und  dunklem  Rande  be- 
stehen, welche  das  Licht  einfach  brechen.  Zwischen  diesen  liegen  in 
ebenfalls  reicher  Menge  andere  kleine,  farblose,  das  Licht  doppel- 
brechende Körnchen,  welche  sich  bei  starker  Vergrösserung  zwischen 
gekreuzten  Nicols  als  kohlensaurer  Kalk  erweisen.  Diese  innige  Impräg- 
nirung  der  braunen  Partieen  mit  kohlensaurem  Kalk  erklärt  es,  dass 

23* 


176 


H.  B.  Meliner. 


[50] 


dünne  Stellen  derselben  im  polarisirten  Lichte  in  der  Regel  einiger- 
massen  leuchtend  hervortreten.  In  einem  mit  Chlorwasserstoffsäure  län- 
gere Zeit  behandelten  Präparate  war  daher  eine  solche  Doppelbrechung 
nicht  mehr  zu  beobachten.  Beide  Substanzen,  sowohl  kohlensaurer  Kalk 
als  auch  die  kleinen,  trüben  Körnchen  sind  entschieden  durch  Zer- 
setzung des  Augits  direct  aus  diesem  hervorgegangen.  Was  die  kleinen 
Körnchen  ihrer  Natur  nach  sind,  ist  nicht  zu  entscheiden;  nach  lang- 
anhaltender Einwirkung  von  Chlorwasserstoffsäure  unter  starker  Erwär- 
mung zeigten  sie  nicht  die  geringste  Veränderung. 

Von  Erzen  finden  sich  in  den  untersuchten  Diabasen  zunächst 
Titaneisen  und  Magneteisen,  ersteres  an  Menge  bedeutend  vor- 
wiegend. Beide  Mineralien  lassen  niemals  regelmässige  Formen  erken- 
nen; eine  Unterscheidung  derselben  im  frischem  Zustande  würde  dadurch 
ungemein  erschwert  sein.  Das  Titaneisen  gibt  sich  jedoch  immer  durch 
sein  bekanntes,  charakteristisches,  graulichweisses  Zersetzungsproduct 
zu  erkennen,  in  welches  es  zum  Theil  oder  auch  vollständig  überge- 
gangen ist.  Im  Diabas  Nr.  3 ist  das  schwarze  Erz  noch  in  Linien  und 
Streifen  zwischen  der  weissen,  ausgebreiteten  Substanz  vorhanden.  Diese 
schwarzen  Linien  laufen  theils  parallel,  theils  durchkreuzen  sie  sich 
(in  der  früher  bei  Beschreibung  des  Titaneisens  einiger  Porphyre  be- 
sprochenen Weise).  In  den  übrigen  Diabasen  bilden  das  noch  erhaltene 
Erz  und  sein  Zersetzungsproduct  nur  unregelmässige  Massen.  In  Nr.  4 
ist  sämmtliches  Erz  der  Umwandlung  anheimgefallen  und  nur  das 
weisse  Product  derselben  noch  zu  beobachten.  Das  Magneteisen  steht, 
wie  erwähnt,  an  Menge  hinter  dem  Titaneisen  zurück.  Im  Diabas  Nr.  4 
ist  keine  Spur  von  demselben  zu  entdecken ; in  Nr.  1 tritt  es  ebenfalls 
sehr  spärlich  auf.  Dass  ein  Theil  des  Magneteisens,  namentlich,  wo  es 
inmitten  des  Augits  vorkommt,  möglicher  Weise  aus  diesem  durch  Zer- 
setzung desselben  hervorgegangen  sein  dürfte,  wurde  bereits  angedeutet. 
Ein  anderer  Theil  des  Magneteisens  gehört  aber  ganz  entschieden  den 
ursprünglichen  Gemengtheilen  dieser  Diabase  zu.  Hin  und  wieder  hat 
eine  theilweise  Umwandlung  des  Magneteisens  in  Eisenoxydhydrat  statt- 
gefunden. 

Ausser  Titaneisen  und  Magneteisen  findet  sich  in  allen  diesen 
Diabasen,  wie  auch  schon  im  Handstück  zu  erkennen  ist,  in  geringer 
Menge  Eisenkies.  Er  gibt  sich  im  auffallenden  Lichte  durch  seine 
gelbe  Farbe  und  durch  den  starken  Metallglanz  zu  erkennen.  Niemals 
zeigt  derselbe  eine  Umwandlung  zu  Eisenoxydhydrat,  vielmehr  hat  er 
stets  ein  sehr  frisches  Aussehen.  Von  ihm  umschlossene  kleine  Feld- 
späthchen  sind  vor  der  Umwandlung  ebenfalls  bewahrt  geblieben,  und 
zeichnen  sich  demgemäss  durch  ihre  grosse  Frische  aus.  Epidot  ist 
verhältnissmässig  wenig  in  diesen  Gesteinen  enthalten;  am  reichsten 
daran  ist  das  mit  Nr.  3 bezeichnete,  ausserdem  enthalten  dieses  Mine- 
ral noch  in  geringer  Menge  die  Vorkommen  Nr.  1,  2 und  5.  Dasselbe 
tritt  in  kleinen,  unregelmässig  begrenzten  Körnchen  von  lichtgrünlicher 
bis  gelblichbrauner  Farbe  auf,  welche  meist  pellucid  sind  und  das  Licht 
stark  doppelbrechen.  Im  polarisirten  Lichte  treten  sie  daher  mit  leuch- 
tenden Farben  hervor.  Die  meisten  dieser  Körnchen,  wenn  nicht  sogar 
sämmtliche,  mögen  secundärer  Entstehung  sein;  wiederholt  fanden  sich 


Die  Porphyre  und  Grünst  eine  des  Lennegebietes  in  Westplialen. 


177 


dieselben  in  secundären  Partieeu  von  Kalkspath  und  von  Viridit  ein- 
gelagert oder  auch  inmitten  zersetzter  Feldspathe  abgeschieden. 

Apatit  ist  in  auffallend  geringer  Menge  in  diesen  Diabasen  vor- 
handen; eiuigermassen  reichlich  tritt  er  nur  in  den  Varietäten  Nr.  3 
und  7 auf. 

Olivin  ist  in  sämmtlichen  untersuchten  Dünnschliffen  aller  dieser 
Diabase  niemals  zu  beobachten  gewesen. 

Resultat. 

Die  untersuchten  „Porphyre“  der  Lennegegend,  sowohl  die  mas- 
sigen, als  auch  die  schieferigen  erweisen  sich  mit  Ausnahme  derjenigen 
vom  Steimel  bei  Schameder  und  vom  Weinberg  bei  Brachthausen,  als 
wirkliche  eruptive  Porphyre. 

Sämmtliche  Porphyre  besitzen  krystallinisch  ausgebildete  Grund- 
masse. 

Der  makroskopische  Unterschied  zwischen  den  massigausgebildeten 
und  den  schieferigen  Porphyren  gibt  sich  auch  mikroskopisch  wieder 
zu  erkennen.  Die  massigen  Porphyre  führen  eine  durchaus  gleichmässig 
ausgebildete  Grundmasse,  welche  in  einigen  sphäruli tische  Structur  zeigt. 
Die  schieferigen  Porphyre  zeichnen  sich  durch  sehr  abweichende  Grösse 
und  Anordnung  des  Korns  einzelner  Partieen  der  Grundmasse  aus. 
Durch  den  schlierenartigen  Verlauf  dieser  abweichend  ausgebildeten 
Partien  in  der  übrigen  Grundmasse  wird  fast  sämmtlichen  dieser  schie- 
ferigen Porphyre  eine  ausgezeichnete  Fluctuationsstructur  aufgedrückt. 

Die  massigen  Porphyre  führen  sämmtlich  porphyrische  Quarze, 
von  denen  die  meisten  Glaseinschlüsse  besitzen. 

Die  schieferigen  Porphyre  enthalten,  mit  Ausnahme  desjenigen 
von  Niederdresselndorf,  niemals  Quarz  als  porphyrisch  ausgeschiedenen 
Gemengtheil.  In  den  Quarzen  der  Grundmasse  sind  keine  Glaseinschlüsse 
zu  beobachten. 

Einige  der  massigen  Porphyre  führen  eine  Anzahl  eingeschlossener 
Thonschieferfragmente. 

Die  schieferigen  Porphyre  sind  sämmtlich  sehr  reich  an  einge- 
schlossenem Thonschiefermaterial.  Dasselbe  lässt  fast  immer  eine  starke 
Bearbeitung  durch  die  porphyrische  Masse  erkennen;  es  tritt  theils  in 
scharfbegrenzten  Fragmenten,  theils  in  verschwommenen  Partieen  auf, 
die  das  Aussehen  haben,  als  seien  sie  als  weiche  Schlammmassen  ein- 
geschlossen worden;  theils  ist  es  in  höchst  feiner  Vertheilung  durch 
die  ganze  Grundmasse  dieser  Gesteine  verbreitet.  Die  Structurverhält- 
nisse  der  Grundmasse  schliessen  indessen  die  Ansicht  aus,  als  ob  diese 
schieferigen  Porphyre  Tuffgesteine  seien,  welche  den  Schalsteinen  der 
Diabase  zu  vergleichen  wären. 

Diese  Gegensätze  führen  auf  die  Vermuthung,  dass  die  Entstehungs- 
weise der  massigen  und  der  schieferigen  Porphyre  — wenn  sie  auch 
beide  Eruptivgesteine  siud  — doch  eine  etwas  abweichende  war. 

Die  Identificirung  dieser  flaserigen  Porphyre  der  Lennegegend  mit 
den  Porphyroiden  des  Taunus,  der  Ardennen  etc.  und  die  Bezeichnung 
der  ersteren  als  solche  ist  demnach  nicht  gerechtfertigt. 


178  H.  B.  Mehner.  [52] 

In  einigen  Porphyren  tritt  Titaneisen  und  sein  Zersetzungsproduct 
reichlich  auf. 

Glimmer  ist  nur  selten  als  makroskopischer  Gemengtheil  vorhanden. 

In  dem  Gestein  von  Schameder  ist  die  Grundmasse  abweichend 
von  derjenigen  der  übrigen  schieferigen  Porphyre  beschaffen,  sie  ist 
fast  vollständig  aus  kleinen,  krystallinischen,  farblosen  Nüdelchen  zu- 
sammengesetzt. Das  Gestein  ist  entschieden  kein  umgewandelter  Schiefer. 
Die  Porphyrnatur  desselben  ergibt  sich  aus  der  mikroskopischen  Unter- 
suchung zwar  als  wahrscheinlich,  kann  jedoch  nicht  mit  voller  Sicher- 
heit festgestellt  werden,  vielmehr  muss  die  Möglichkeit,  dass  dieses 
Gestein  ein  Porphyrtuff  sei,  zugegeben  werden. 

Die  mikroskopische  Beschaffenheit  des  Gesteins  von  Niederdres- 
selndorf rechtfertigt  die  Deutung  desselben  als  Porphyrtuff. 

Der  vermeintliche  Porphyr  vom  Weinberg  bei  Brachtbausen,  welcher 
Stielglieder  von  Enkriniten  führt,  ist  ein  feinkörniger  Sandstein. 

Der  „in  Porphyr  übergehende  Schiefer“  von  den  Bruchhäuser 
Steinen  ist  ein  wirklicher  Porphyrtuff  und  besteht  aus  einer  Vermen- 
gung von  Partieen  klastischen  porphyrischen  Materials  mit  Thonschiefer- 
material. 

Die  untersuchten  sogenannten  „Schalsteine“  der  Lennegegend  sind 
ebenfalls  Porphyrtuffe,  die  sich  nur  durch  einen  bedeutenden  Kalkgehalt 
auszeichnen. 

Die  „Hyperite“  und  Grünsteine  („Labradorporphyre“)  der  Ruhr- 
und  Volmegegend  sind  Diabase. 


Am  Schlüsse  dieser  Arbeit  möge  es  dem  Verfasser  gestattet  sein, 
seinem  hochverehrten  Lehrer,  Herrn  Prof.  Zirkel  den  wärmsten,  auf- 
richtigsten Dank  auszusprechen  für  die  Hingebung,  mit  welcher  er  den 
Verfasser  in  das  Studium  der  Mineralogie  und  Petrographie  eingeführt 
hat,  für  die  freundliche  Vermittlung  und  Ueberlassung  des  Materials 
zu  dieser  Arbeit  und  die  liebenswürdige,  bereitwillige  Unterstützung, 
die  er  ihm  bei  den  Untersuchungen  selbst  durch  Rath  und  That  stets 
zu  Theil  werden  liess. 


V.  Ueber  einige  Quarzporphyre  und  Diorite  aus  dem 
Silur  von  Böhmen. 


Yon  R.  Helmhacker. 

In  der  central-  und  westböhmischen  Silurformation  finden  sich 
viele  eruptive  Gesteine  von  gleichem  Alter  mit  dem  Silur,  oder  auch 
jüngerer  als  silurischer  Bildung.  Dieselben  wurden  jetzt  einer  Unter- 
suchung unterzogen,  in  erster  Reihe  aber  sind  alle  Eruptivgesteine 
untersucht  worden,  welche  in  den  Rahmen  der  geologischen  Karte  der 
Umgebung  von  Prag  fallen. 

Diese  geologische  Karte,  welche  der  Vollendung  nahet,  umfasst 
einen  Raum  von  20  Quadratmyriameter  und  kommen  auf  derselben 
folgende  Gesteine  eruptiver  Bildung  zur  Darstellung.  Granit,  welcher 
jünger  ist  als  das  Untersilur,  Quarzporphyr  untersilurisch  und  auch 
etwas  jünger;  Diorit  jünger  als  das  Untersilur  oder  untersilurisch; 
Corsit  jünger  als  das  oberste  Untersilur,  (Etage  Dd&);  Minette  vom 
jüngsten  Untersiluralter  (Etage  Ddh );  Diabas  im  unteren  Obersilur 
(Etage  Eex)  und  im  Untersilur  mit  diesen  Schichten  von  gleichem 
Alter,  nebst  noch  einigen  seltenen  Gesteinen  (Basalte  etc.). 

Aus  dieser  für  das  Archiv  der  Landesdurchforschung  von  Böhmen 
bestimmten  Arbeit  seien  hier,  noch  vor  dem  Erscheinen  derselben, 
welches  noch  einige  Zeit  währen  dürfte,  besonders  zwei  Gesteine,  die 
Quarzporphyre  und  Diorite,  beschrieben.  Aus  diesen  Beschreibungen 
wird  die  grosse  Mannigfaltigkeit  dieser  Eruptivgesteine  ersichtlich  sein 
und  wird  dadurch  der  classische  Silurboden  nur  noch  in  erhöhtem 
Maasse  das  Interesse  erwecken. 

$ 

1.  Quarzporphyr  von  Vran,  südlich  von  Prag. 

In  den  nach  NNW.  verflachenden,  feinkörnigen  Grauwacken  und 
festen  Grauwackenschiefern  von  grauer  und  dunkelgrauer  Farbe,  welche 
dem  Untersilur,  und  möglicherweise  der  Primordialetage  angehören, 
finden  sich  südlich  von  Prag  in  den  schroffen  Moldauufer-Gehängen 
zahlreiche  Quarzporphyrlager,  insbesondere  schön  südlich  von  Zbraslav 

Mineralogische  Mittheilnngen.  1877.  2.  Heft,  (Helnthacker.) 


180 


R.  Helmhacker. 


[2] 


(Königsaal)  (etwas  über  IV2  Myriameter  südlich  von  Prag)  entblösst, 
wo  auf  dieselben  Steinbrüche  angelegt  sind.  Eines  der  liegendsten 
dieser  Porphyrlager,  welche  schief  über  die  Moldau  von  einem  Ufer 
auf  das  andere  hinübersetzen,  ist  am  linken  Moldauufer  etwas  weniges 
südlich  von  Yran  (am  rechten  Ufer)  und  Skochovic  bei  der  Einschicht 
Vyr  durch  einen  Steinbruch  aufgeschlossen.  Der  Bruchstein  dient  als 
Pflasterstein  bei  Navigationsbauten. 

Die  Mächtigkeit  des  Lagers  von  Quarzporphyr  beträgt  sehr  viele 
Meter  und  ist  derselbe  im  Steinbruche  ziemlich  frisch. 

Das  Aussehen  des  Quarzporphyres  ist  am  Ausbisse  des  Lagers 
ein  derartiges,  dass  daraus  die  Structur  dieses  Gesteines  nicht  zu  ent- 
räthseln  wäre,  da  die  Feldspäthe  kaolinisirt,  theilweise  aus  der  Ge- 
steinsmasse gänzlich  herausgelöst  sind,  wodurch  diese  ein  poröses  bis 
kleinzelliges  Aussehen,  bei  einer  schmutzig  weissen  oder  bräunlichen 
Farbe  darbietet. 

Das  am  frischesten  aussehende  Gestein,  welches  grob  bankförmig 
oder  dick  geschichtet  ist,  erscheint  grau.  Bei  näherer  Betrachtung  er- 
scheinen in  einer  grauen  felsitischen  Grundmasse  zahlreiche,  weisse, 
spaltbare  Feldspäthe,  welche  dieselbe  stellenweise  ziemlich  zurück- 
zudrängen scheinen;  weniger  häufig  scheinen  dem  blossen  Ansehen 
nach  die  tief  rauchgrauen  Quarztheilchen  zu  sein.  In  diesem  Gemenge, 
dessen  einzelne  Individuen  bis  zu  2 1/2  Mm.  grösster  Länge,  seltener 
wohl  noch  etwas  darüber  erreichen,  sind  einzelne,  bis  1 Mm.  breite 
Körnchen  von  Pyrrhotin  als  accessorisches  Mineral  eingewachsen.  Nur 
verhältnissmässig  seltener  ist  der  Pyrit  in  noch  etwas  kleineren  Körn- 
chen nachzuweisen;  in  manchen  Handstücken  lässt  sich  derselbe  neben 
dem  Pyrrhotin  gar  nicht  nachweisen. 

Der  als  accessorischer  Gemengtheil  auftretende  Pyrrhotin  ist  hier 
zum  ersten  Male  im  Quarzporphyr  bekannt  geworden,  denn  man  findet 
dieses  Mineral  in  Quarz-  und  Felsit-  oder  Orthoklasporphyren  nirgends 
angeführt. 

In  diesem  Mineralgemenge  von  porphyrartiger  Textur  mit  vor- 
herrechenden ausgeschiedenen  Krystallen  und  untergeordneter  felsitischer 
Grundmasse  finden  sich  stellenweise  scharf  begrenzte  Partieen  der 
Felsitgrundmasse,  bis  zur  Haselnussgrösse  und  darüber,  von  re'in  grauer 
oder  etwas  dunkelgrauer  Farbe.  Unter  der  Loupe  zeigt  diese  Felsit- 
ausscheidung  ausser  dem  splittrigen  Bruch  noch  in  vielen  Fällen  winzige 
Körnchen  von  Pyrrhotin  in  geringer  Menge  eingesprengt. 

Jetzt  erklärt  es  sich  von  selbst,  warum  die  Klüfte  des  Quarz- 
porphyrs von  Limonit  braun  gefärbt  erscheinen  und  warum  das  Gestein 
bei  anfangender  Zersetzung  sich  bräunt  und  selbst  kleine  Partikelchen 
erdigen  Limonites,  offenbar  die  Stelle  des  zersetzten  Pyrrhotines  ein- 
nehmend, enthält. 

Mit  verdünnten  Säuren  behandelt,  entwickeln  nur  gewisse  Stel- 
len in  der  Nähe  der  Feldspäthe  etwas  Bläschen,  während  sich  das 
übrige  Gestein  kaum  mit  anhaftenden  Bläschen  bedeckt.  Es  ist  also 
nur  in  gewissen  Feldspäthen  eine  Calcitimprägnation  vorhanden. 

Die  mikroskopische  Untersuchung  des  Quarzporphyrs  ergibt  Fol- 
gendes: 


[3]  Ueber  einige  Quarzporphyre  und  Diorite  aus  dem  Silur  von  Böhmen.  181 

Selbst  bei  schwächerer  Vergrösserung  fällt  es  sogleich  auf,  dass 
man  es  mit  einem  Quarzporphyr  zu  thun  hat,  dessen  sogenannte  aus- 
geschiedene Krystalle  eigentlich  keine  Krystalle,  sondern  Krystallbruch- 
stiicke  sind.  Es  erscheint  diese  Art  von  Porphyren  nicht  selten,  nach- 
dem Michel  Levy  in  seiner  mit  ausgezeichnet  ausgeführten  Tafeln  ge- 
zierten Abhandlung  (Memoire  sur  les  divers  modes  de  structure  des 
roches  eruptives  etudiees  au  microscope  au  moyen  de  plaques  minces, 
Paris  1875)  die  aus  Krystalltrümmern  bestehenden  Quarzporphyre  viel- 
fach beschreibt. 

Die  Zertrümmerung  zeigt  der  Quarz  in  hohem  Grade;  von  grös- 
seren Quarzkrystallen  finden  sich  nur  einzelne  von  unebenen  Flächen 
(Linien  im  Mikroskope)  begrenzte,  oft  scharfkantige  Bruchstücke,  nicht 
selten  ganz  vereinzelt,  oder  noch  aneinander  gefügt  und  durch  eine 
mehr  oder  minder  dicke  Schicht  eingedrungener  Grundmasse  getrennt, 
dass  ihr  ursprünglicher  Zusammenhang  wahrscheinlich  wird. 

Andere  Quarze,  und  zwar  nicht  die  grössten,  zeigen  sich  durch 
Spalten  gerissen,  und  theilweise  noch  zusammenhängend;  die  Spalten 
mit  Grundmasse  ausgefüllt.  Andere  sind  nur  zersprungen;  die  kleinsten 
sind  ganz  und  zeigen  die  Querschnitte  der  den  Porphyren  überhaupt 
eigenthündichen  Doppelpyramiden  unversehrt.  Selbst  die  nur  zerklüfte- 
ten oder  gespaltenen  Quarzkrystalle  sind  nicht  selten  klein  wenig  ver- 
schoben, da  nicht  alle  durch  die  wenigen  Klüfte  getrennten  Quarz- 
theilchen  im  polarisirten  Lichte  gleichzeitig  die  gleichen  chromatischen 
Erscheinungen  zeigen. 

Der  Feldspath  zeigt  ähnliche  Erscheinungen  wie  der  Quarz;  auch 
diese  Krystalle  sind  mehr  oder  weniger  zerrissen,  jedoch  scheinen  die 
Feldspäthe  mehr  geschont  worden  sein,  da  sie  etwas  mehr  ebenflächig 
(geradlinig)  begränzt  sind.  Dieses  ist  aber  nur  scheinbar,  da  die  Spalt- 
barkeit diese  mehr  geradlinige  Begränzung  bedingt,  während  beim 
Quarz  die  unregelmässigen  Bruchflächen  vorherrschen.  Die  kleineren 
Pyrrhotine  erscheinen  unregelmässig  begränzt,  wohl  auch  aus  Körnern 
zusammengesetzt,  jedoch  nie  zerbrochen. 

Auch  die  etwas  grösseren,  zertrümmerten  und  wenig  aus  dem 
Zusammenhänge  gebrachten  Feldspathkrystalle,  meist  die  Orthoklase, 
welche  recht  oft  durch  neu  gebildeten  Orthoklas  verkittet  sind,  zeigen 
in  ihren  Trümmern  im  polarisirten  Lichte  gleichzeitig  nicht  gleiche 
Farben. 

Während  bei  der  Untersuchung  des  Quarzporphyrs  im  Bruche 
die  weissen  Feldspath-Spaltungsflächen  über  die  Quarze  vorzuwalten 
schienen,  zeigen  Dünnschliffe,  dass  das  Gestein  aus  etwa  gleichen 
Mengen  von  eingewachsenem  Quarz  (Bruchstücken  und  Krystallen)  und 
Feldspath  besteht. 

Vom  Quarz  ist  nichts  besonderes  zu  erwähnen,  er  fällt  durch 
seine  bedeutendere  Durchsichtigkeit,  Reinheit  und  die  überhaupt  dem- 
selben zukommenden,  so  oft  schon  nachgewiesenen  Eigentliümlich- 
keiten  auf. 


Mineralogische  Mittheilungen.  1877.  2.  Heft.  (Helmhacker.) 


24 


182 


R.  Helmhacker. 


[4] 


Der  Feldspath,  der  dem  blossen  Ansehen  nach  als  Orthoklas  auf- 
zufassen  wäre,  besteht  zur  Hälfte  aus  Orthoklas,  und  zum  andern 
Theile  aus  Plagioklas  (Oligoklas)  da  er  sehr  deutliche  Zwillingsstreifung 
zeigt.  In  keinem  Oligoklas  erscheinen  die  Zwillingslamellen  jedoch  in 
einer  bedeutenden  Zahl. 

Die  grösseren  Pyrrhotinkörner  nehmen  den  Platz  in  der  Nähe  der 
eingewachsenen  Krystalle  (Bruchstücke)  ein. 

Die  dichte  felsitische  Grundmasse  löst  sich  unter  dem  Mikroskope 
in  ein  deutlich  krystallinisches  Gemenge  von  Orthoklasmikrolithen  auf, 
zwischen  denen  sehr  spärlich  auch  ebenso  kleine  vereinzelte  Quarze, 
natürlich  nur  im  polarisirten  Lichte  nachgewiesen  werden.  Der  Ortho- 
klas der  mikrokrystallinischen  Grundmasse  erscheint  etwas  frischer  als 
die  Masse  der  eingewachsenen  grösseren  Krystallbruchstücke,  welche 
weisslich  getrübt  ist. 

In  der  mikrokrystallinischen  Grundmasse  sind  zahlreiche  Pyrrho- 
tinkörnchen zerstreut,  welche,  wenn  dieselben  nicht  schon  makroskopisch 
als  zu  diesem  Mineral  gehörig  nachgewiesen  worden  wären,  auch  als 
Magnetit  gedeutet  werden  könnten.  Vielleicht  wäre  die  Deutung  solcher 
schwarzer  Körnchen  in  manchen  Quarzporphyren  als  Magnetit  nach 
dieser  hier  gemachten  Erfahrung  anzuzweifeln. 

Ausser  diesen  Pyrrhotinkörnchen  zeigen  gewisse  Stellen  der  Felsit- 
grundmasse  kleine,  aber  scharf  begränzte  grüne  Schuppen,  die  allge- 
mein, wohl  mit  Recht,  als  Chlorit  gedeutet  werden.  Wahrscheinlich 
verdankt  die  Grundmasse  denselben  die  graue  Farbe,  wenn  dieselbe 
nicht  besser  als  eine  Folge  der  Textur  der  weissen  Mikrolithe  aufzu- 
fassen wäre. 

Dünne  Klüfte,  welche  unter  dem  Mikroskope  den  Dünnschliff  sehr 
spärlich  durchsetzen,  sind  mit  Chloritschuppen  ausgekleidet  und  er- 
scheinen als  Chloritstränge. 


2.  Quarzporphyr  von  Radosovic. 

Der  Ort  Radosovic  liegt  OS.  von  Prag  2V4  Myriameter  an  der 
Prag-Kuttenberger  Reichsstrasse,  wenig  nördlich  von  Rican.  Nördlich 
von  Radosovic  zieht  sich  eine  Schlucht  „Prestavlckä  rokle“  genannt, 
in  welcher  ein  schöner  Aufschluss  eines  3 bis  4m  mächtigen,  nach 
10 h steil  verflachenden  Lagerganges  oder  Lagers,  was  noch  nicht  sicher 
nachgewiesen  ist,  von  Quarzporphyr  ansteht.  Die  Quarzporphyr-Lager- 
stätte ist  dem  Streichen  nach  gegen  WS.  auf  etwa  1 Myriameter  Ent- 
fernung bekannt,  doch  nur  bei  Radosovic  am  frischesten  anstehend. 
Die  Lagerstätte  ist  in  unteren  Untersilurphylliteu  oder  festen  Grau- 
wackenschiefern eingelagert. 

An  den  Klüften,  oder  längere  Zeit  der  Witterung  ausgesetzt,  wird 
der  Quarzporphyr  gelbgrau,  im  frischen  Bruche  aber  ist  er  licht  gelb- 
lichgrau, von  deutlich  porphyrartiger  Textur.  Die  Grundmasse  und  die 
eingewachsenen  Krystalle  erscheinen  dem  Auge  in  ziemlich  gleichem 
Maasse  zur  Zusammensetzung  des  Gesteins  beizutragen. 


Ueber  einige  Quarzporphyre  und  Diorite  aus  dem  Silur  von  Böhmen.  183 


Am  Bruche  fallen  sogleich  die  dunkelrauchgrauen  durchsichtigen 
Quarzkrystalle  in  Doppelpyramiden  auf,  deren  grösste  Formen  in  der 
Richtung  der  Hauptachse  bis  6mm  Länge  erreichen.  Ausser  Quarz 
enthält  die  Grundmasse  höchstens  halb  so  lange,  weisse,  nur  kanten- 
durchscheinende  Feldspäthe  mit  deutlichen  Spaltungsflächen.  Der  Feld- 
spath  scheint  neben  dem  Quarz  trotz  seiner  geringeren  Grösse  in  etwas 
grösserer  Menge  aufzutreten. 

Als  accessorische  Gemengtheile  treten  nur  sehr  spärlich  wenige 
Millimeter  lange,  hexagonale,  grünlichbraune  Biotitkrystalle,  mit  sehr 
unebener,  oder  nie  durch  einseitigen  Druck  wellig  gebogener  oi?-Fläcbe 
zum  Vorschein,  welche  etwas  weniger  fettglänzend  erscheinen  und  auf 
eine  Vertalkung  hinzuweisen  scheinen.  Dann  erscheint  noch  Pyrit  in 
höchsten  1 Mm.  grossen  Körnchen.  Oberflächlich  sind  manche  Hand- 
stücke in  kleinen  Hohlräumen  unregelmässig  kleinluckig  und  bräunlich 
gefärbt,  jedenfalls  in  Folge  des  verwitterten  Pyrites. 

Die  licht  gelblichgraue  Felsitgrundmasse  ist  feinsplittrig  sehr  fest, 
wodurch  das  ganze  Gestein  fest  verbunden  und  schwer  zersprengbar 
erscheint. 

In  verdünnten  Säuren  erweisen  sich  die  frischen  Brocken  des 
Quarzporphyres  als  Calcitfrei;  die  etwas  weniger  frischen  minder  zähen 
entwickeln  spärliche  Bläschen,  ihr  Feldspath  ist  demnach  zersetzt  und 
mit  etwas  Calcit  durchdrungen. 

Unter  dem  Mikroskope  zeigen  sich  die  Quarze  durchsichtig,  ganz 
rein,  und  bei  einigen,  bei  denen  der  Schnitt  ein  hexagonaler,  folglich 
auf  der  Hauptaxe  ein  senkrechter  war,  konnte  mit  einiger  Wahrschein- 
lichkeit die  Linksdrehung  beobachtet  werden. 

Die  Orthoklase  sind  selbst  in  den  dünnsten  Präparaten  meist 
weiss,  getrübt,  schwach  durchscheinend  und  mit  äusserst  feinen  hellen 
Linien  parallel  zu  einer  Richtung  gänzlich  oder  unterbrochen  durch- 
zogen, welche  sich  als  Spaltungsfugen  deuten  Hessen.  Andere  jedoch 
zeigen  sich  frischer,  weil  sie  im  polarisirten  Lichte  starke  Farben 
zeigen,  sind  jedoch  gänzlich  mit  anderen  Kryställchen  durchspickt, 
welche  vermuthlich  als  Orthoklase  in  anderer  Orientirung  sich  deuten 
Hessen.  Andere  zeigen  deutliche  Aggregatpolarisation.  Oligoklas  Hess 
sich  mit  Sicherheit  nur  an  gewissen  Durchschnitten  nachweisen.  Auch 
Verwachsungen  von  Oligoklas  mit  dem  als  Orthoklas  gedeuteten  Feld- 
spath sind  ersichtlich. 

In  einigen  Orthoklasquerschnitten  zeigten  sich  einige  Quarzkry- 
ställchen  eingewachseu. 

Das  als  Biotit  erwähnte  Mineral  ist  eine  Pseudomorphose,  viel- 
leicht nach  Biotit.  Dasselbe  ist  licht  gelblichgrünlich  durchsichtig,  wahr- 
scheinlich Chlorit  und  mit  dünnen  kurzen,  meist  nach  einer  Richtung 
orientirten  Nadeln,  entweder  spärlich  oder  reichlich  durchwachsen.  Der 
Krystallform  und  den  sonstigen  Eigenschaften  nach,  erinnern  dieselben 
an  Amphibol.  Nebstdem  sind  diese  Glimmerpseudomorphosen  dunkel- 
braun getüpfelt,  was  von  Limonit  herrührt  und  hie  und  da  auch  mit 
gelblich  hyacinthrothen  Fetzen  von  Haematit  begleitet. 


24* 


184 


R.  Helmhacker. 


[6] 


Die  Pyritkörnchen  zeigen  nicht  selten  einen  dunkelbraunen,  wol- 
kigen Hof  von  Limonit,  welcher,  wiewohl  selten,  auch  im  Orthoklas 
und  Oligoklas  und  um  denselben  kleine  Wölkchen  bildet,  oder  nach 
zufällig  vorhandenen  Klüftchen  in  denselben  eindringt. 

Die  dichte  Grundmasse  besteht  aus  deutlichen  Mikrolithen  und 
erweist  sich  bei  stärkerer  Vergrösserung  aus  kurzen,  dicken  Stäbchen 
von  Orthoklas  zusammengesetzt.  Da  sich  im  polarisirten  Lichte  einige 
stärker  gefärbte  Punkte  in  derselben  zeigen,  so  dürften  dieselben  auf 
Quarz  zurückzuführen  sein,  für  dessen  Anwesenheit  in  der  Grundmasse 
übrigens  kein  anderer  besserer  Beweis  erbracht  werden  kann. 

Zahlreiche,  zu  kleinen  Wolken  gehäufte,  schmutzig  dunkelbraune 
Limonitpartikelchen  in  der  Felsitgrundmasse,  sowie  spärliche  Schüppchen 
von  Chlorit  scheinen  die  Ursache  der  licht  gelblichgrauen  Farbe  der- 
selben zu  sein.  Zugleich  sind  sie  ein  Hinweis  für  die  nicht  gänzlich 
frische  Natur  dieses  festen  Quarzporphyrs,  da  sie  als  secundäre  Mine- 
ralien fehlen  sollten.  Für  die  nicht  gänzliche  Frische  ist  ausserdem 
auch  der  getrübte  Orthoklas  und  Oligoklas  ein  Beleg. 


3.  Quarzporphyr  Ton  Letek. 

Das  Dorf  Letky  liegt  am  linken  Moldauufer  in  gerader  Richtung 
12  Kilometer,  nördlich  von  Prag.  Zwischen  Podmofan  und  Letek  ist 
die  den  unteren  Untersilurschichten  angehörige,  dunkelgraue,  feinkörnige 
Grauwacke,  welche  beim  Schlagen  klingt,  von  einigen  schwachen  Gän- 
gen von  Quarzporphyr  durchsetzt.  Aus  einem  solchen  Gange,  von 
Va  Meter  Mächtigkeit,  südlich  von  Letek,  einige  Schritte  vom  Moldau- 
ufer entfernt,  wurde  diese  Probe  entnommen. 

Der  Quarzporphyr  ist  ausnahmsweise  frisch  und  unzersetzt,  trotz- 
dem dass  ihn  hie  und  da  sehr  dünne  Klüftchen  von  krystallinischem 
Calcit  durchsetzen,  und  dass  reine  Bruchstücke  desselben  in  verdünnten 
Säuren  eine  unbedeutende  Menge  von  Bläschen  entwickeln. 

Im  frischen  Bruche  herrscht  die  deutlich  splittrige,  licht  gelblich- 
graue Felsitgrundmasse  bedeutend  über  die  in  derselben  eingewachse- 
nen, grauen,  fettglänzenden  Quarzkrystalle  vor,  deren  grössten  die 
Dimensionen  von  2mm  kaum  übersteigen.  In  einzelnen  Handstücken 
sind  Pyritkörnchen  der  Form  °oO°°,  kaum  1/3  mm  Kantenlänge  be- 
sitzend, einzeln  oder  gehäuft  eingewachsen.  Die  verblasste  Oberfläche 
zeigt  schwache  Limonitschnürchen  und  Pünktchen. 

Unter  der  Loupe  gewahrt  man  am  Bruche  ausserdem  noch  kleinere, 
spärlich  auftretende,  durchsichtige,  deutlich  gestreifte  Plagioklaskry- 
ställchen  von  frischem  Aussehen. 

Unter  dem  Mikroskope  zeigt  sich  die  Felsitgrundmasse  gegenüber 
den  eingewachsenen  Krystallen  ebenfalls  vorherrschend. 

Der  Quarz  tritt  sehr  deutlich  zum  Vorschein  und  einige  Durch- 
schnitte, welche  wahrscheinlicher  Weise  senkrecht  zur  Hauptachse  des- 
selben geschnitten  wurden,  gehören  dem  links  drehenden  Quarze  an. 
Die  Quarzkrystalle  sind  entweder  unmittelbar  in  der  Grundmasse  ein- 


[7]  Ueber  einige  Quarzporphyre  und  Diorite  aus  dem  Silur  von  Böhmen.  185 

gewachsen,  oder  sind  dieselben  zum  Theil  oder  gänzlich  von  einem 
Pyritkranze  umhüllt,  welcher,  wenn  er  nicht  etwa  in  einzelnen  grösse- 
ren Körnchen  sehr  spärlich  in  der  Grundmasse  eingewachsen  erscheint, 
sich  nie  an  die  Feldspäthe,  sondern  nur  an  den  Quarz  anlehnt. 

Das  zweite  Mineral,  der  Oligoklas,  zeigt  sich  unter  dem  Mikro- 
skope häufiger  als  dies  vermuthet  werden  könnte  und  er  steht  der 
Menge  nach  dem  Quarz  nur  wenig  nach.  Das  frische  Mineral  von  etwas 
kleineren  Dimensionen  als  der  Quarz,  zeigt  sehr  deutliche  Zwillings- 
lamellen, jedoch  meist  nur  in  beschränkter  Menge.  Der  an  Zwillings- 
lamellen reichste  Querschnitt  zeigte  12  farbige  Bänder  im  polarisirten 
Lichte ; meist  erscheinen  deren  aber  ungleich  weniger.  Einzelne 
Krystalle  von  Orthoklas  kommen  nur  in  ziemlich  spärlicher  Menge 
vor,  so  dass  sie  beinahe  als  accessorisches  Mineral  gedeutet  werden 
könnten. 

Accessorisch  sind  auch  trübe,  aus  Längsfasern  bestehende  Säulchen 
anzutreffen,  deren  Deutung  nicht  gelang.  Sie  erinnern  an  Muscovite 
oder  Talkquerschnitte,  womit  aber  keinesfalls  eines  dieser  Mineralien, 
am  wenigsten  der  Talk,  gemeint  sein  kann. 

Die  Grundmasse  ist  deutlich  krystallinisch  und  in  derselben  zeigen 
sich  wohl  spärliche  aber  deutliche  Quarzkörnchen.  Dieselbe  wird  vor- 
herrschend als  aus  Orthoklas  bestehend  gedeutet,  da  keine  Beobach- 
tung die  Anwesenheit  von  Plagioklas  bestätigt.  Um  so  auffallender  ist 
es  in  dieser  mikrokrystallinischen,  vorherrschend  aus  Orthoklas  und 
auch  aus  Quarz  bestehenden  Grundmasse  Quarz  und  Oligoklas  in  grös- 
seren Krystallen  ausgeschieden  zu  finden. 

Die  Grundmasse  besteht  aus  hellen  Partien,  in  welcher  grauliche 
wolkige  Trübungen  sich  netzförmig  durchschlingen.  Diese  trüben  Stellen 
machen  den  Eindruck  als  wäre  die  Trübung  durch  das  vordem  erwähnte, 
an  Muscovit  oder  Talk  erinnernde  Mineral,  hervorgebracht  worden.  Um 
die  eingewachsenen  ausgeschiedenen  Krystalle  bildet  die  helle  Grund- 
masse einen  von  der  wolkigen  Trübung  umsäumten  Hof. 

An  anderweitigen  Einschlüssen  lässt  sich  in  den  ausgeschiedenen 
Krystallen  nichts  bemerken.  Der  Quarzporphyr  ist  vollkommen  frisch, 
da  demselben  alle  Limonit-  und  Chlorit-Trübungen  fehlen. 


4.  Quarzporphyr  von  Libsic. 

Libsic  liegt  am  linken  Moldauufer,  1V3  Myriameter  in  gerader 
Richtung,  nördlich  von  Prag.  Nördlich  von  Libsic  schneidet  die  Prag- 
Dresdener  Eisenbahn  in  einen  steilen  Abhang  des  linken  Ufers  ein, 
durch  welchen  ein  Quarzporphyrgang  in  das  entgegengesetzte  Ufer 
unter  dem  Fluss  hindurchstreicht.  In  dem  Quarzporphyrgange  von 
mehreren  Metern  Mächtigkeit,  welcher  Grauwackenschiefer  des  unteren 
Untersilurs  durchsetzt,  wird  ein  kaum  metermächtiger,  deutlich  körniger 
Minettegang,  denselben  quer  durchsetzend,  erkannt,  dessen  Haltbarkeit 
aber  wegen  seiner  fortgeschrittenen  Zersetzung  keine  bedeutende  ist. 


186 


R.  Helmliacker. 


[8] 


Der  Quarzporphyr  nördlich  von  Libsic  ist  ziemlich  zähe,  fest  und 
frisch.  Manche  Handstücke  erscheinen  mit  schwachen,  höchstens  feder- 
kieldicken oder  noch  schwächeren,  Quarzklüftchen  durchzogen.  Die 
Farbe  rein  lichtgrau,  die  angegriffene  Oberfläche  licht  rostbraun. 

In  der  deutlich  splittrigen  vorherrschenden  Felsitgrundmasse  sind 
Quarzkrystalle  von  bis  21/2mm  Breite,  ziemlich  reichlich  eingewachsen. 
Nur  unter  der  Loune  erkennt  man  die  spärlich  auftretenden,  viel  klei- 
neren, deutlich  gestreiften  weissen  Oligoklaskrystalle. 

In  verdünnten  Säuren  brausten  frische  Brocken  nur  unter  Ent- 
wicklung von  unbedeutenden  Bläschen  auf. 

Zum  Dünnschliffe  wurde  ein  Brocken  verwendet,  durch  welchen 
eine  1 Millimeter  mächtige  Quarzkluft  hindurchging. 

In  manchen  ganz  reinen,  durchsichtigen  Quarzkrystall-Querschnit- 
ten  zeigten  sich  Einschlüsse  von  Felsitmasse,  entweder  als  grösserer 
Kern  inmitten  des  Krystalles,  oder  mit  der  äusseren  Umgebung  durch 
einen  dicken  Canal  communicirend,  je  nach  der  Richtung  des  Schliffes. 
Sonst  aber  zeigten  sich  die  Quarze  frei  von  Einschlüssen. 

Oligoklase  erscheinen  in  der  Grundmasse  spärlich,  ebenso  Ortho- 
klase; im  Vergleich  zum  Quarz  beinahe  als  unwesentlich  anzusehen. 
Die  Grundmasse  ist  selbst  bei  geringerer  (GOmaliger)  Vergrösserung 
deutlich  krystallinisch ; im  polarisirten  Lichte  mit  stark  färbigen  Körn- 
chen, die  als  Quarz  zu  deuten  wären,  ziemlich  reichlich  versehen.  In 
der  Grundmasse  finden  sich  hie  und  da  Chloritschuppen;  dünne  Klüft- 
chen  in  derselben  sind  ebenfalls  mit  Chloritschuppen  ausgefüllt. 

Das  Quarzklüftchen  zeigte  sich  aus  reinem  durchsichtigen  Quarz 
zusammengesetzt,  in  welchem  sich  dickere  Lagen  von  Chloritschuppen 
in  einzelnen  Nestern  von  grasgrüner  Farbe  ausgeschieden  vorfanden. 

Der  Quarzporphyr  ist  beinahe  ganz  frisch,  da  sich  in  demselben 
erst  die  ersten  Anfänge  von  Zersetzungs-  und  Infiltrationsmineralien, 
von  denen  der  Chlorit  eines  ist,  zeigen. 


5.  Felsit  von  Jenerälka. 

Jenerälka  liegt  4Q2  Kilometer  NW.  von  Prag  im  Särkathal. 
Einige  hundert  Meter  nördlich  davon,  knapp  an  der  nach  Horomeric 
führenden  Strasse,  befindet  sich  in  Silurschichten,  welche  entweder 
Ober-Primordial  oder  wohl  noch  etwas  unbedeutend  jünger  sind,  dem- 
nach im  mittleren  Untersilur,  ein  etliche  wenige  Meter  mächtiger  Felsit, 
an  dieser  Stelle  als  Lagergang  entwickelt  und  nach  SSO.  verflachend. 

Der  Felsit  ist  frisch,  im  Aussehen  licht  fleischroth,  an  den  Kanten 
stark  durchscheinend,  deutlich  splittrig.  In  demselben  treten  sehr  spär- 
lich bis  2 n,m  grosse  Quarzkrystalle  zum  Vorschein,  von  denen  auf 
etwa  1 1/2  Quadrat  - Centimeter  Bruchfläche  nur  einer  entfällt.  Noch 
seltener  sind  dünne,  kurze,  frische,  weisse,  gestreifte  Oligoklasbruch- 
flächen  zu  bemerken;  auf  etwa  10  Quadratcm.  Fläche  entfällt  ein  Oligo- 
klaskryställchen.  Man  kann  desshalb  der  sehr  vorherrschenden  Grund- 


[9]  Ueber  einige  Quarzporphyre  und  Diorite  aus  dem  Silur  von  Böhmen.  187 

masse  gegenüber  den  spärlichen  eingeschlossenen  Krystallen  nicht  den 
Namen  von  Qüarzporphyr  geben,  sondern  muss  dieselbe  als  Felsit 
bezeichnen. 

Manche  Handstücke  zeigen  kurze,  sämmtlich  nach  einer  Richtung 
gestreckte,  seltener  bis  halbfingerdicke  Streifen,  von  kirschrother  Farbe, 
welche  sich  unter  der  Loupe  aus  Haematit  (Eisenrahm)  zusammenge- 
setzt erweisen,  indem  dessen  Schuppen  regellos  gehäuft  erscheinen. 
Diese  Streifchen,  welche  von  der  Felsitmasse  scharf  getrennt  sind, 
erinnern  an  die  in  den  Granuliten  (Fleckengranuliten)  von  Gloggnitz 
auftretenden  schwarzen  Flasern,  kommen  jedoch  nicht  zahlreich  zum 
Vorschein. 

Das  Gestein  ist  ausserdem  durchzogen  mit  bis  messerrückendicken 
Klüftchen  von  späthigem  halbdurchsichtigem  Calcit  und  Quarz  und 
bedeckt  sich  in  verdünnten  Säuren  mit  kleinwinzigen  Bläschen  von 
Kohlensäure. 

Unter  dem  Mikroskope  zeigen  sich  die  spärlichen  Quarzkrystalle 
ganz  rein,  die  bei  Betrachtung  des  Bruches  so  seltenen  Feldspäthe 
sind  jedoch  bei  Vergrösserung  des  Dünnschliffes  in  kleinen  Krystallen 
etwas  reichlicher  als  der  Quarz  anzutreffen ; sie  sind  sowohl  Oligoklas 
mit  wenig  zahlreichen  Zwillingslamellen,  als  auch  Orthoklaskryställchen 
oder  Zwillinge  des  Carlsbader  Gesetzes.  Die  Orthoklase  scheinen  gegen- 
über dem  Oligoklas  etwas  weniger  vorzuherrschen.  In  den  Feldspäthen 
sind  häufig  wenige,  aber  deutlich  regelmässig  hexagonal  oder  verzogen 
hexagonal  begränzte,  hyacinthroth  durchscheinende  Schüppchen  von 
Haematit  eingewachsen  anzutreffen.  Neben  denselben  ein,  oder  sehr- 
wenige  undurchsichtige  schwarze  Körnchen,  die  als  Pyrit  zu  deuten 
wären.  Eine  an  gestellte  Messung  eines  dieser  kleinen  Haematitschüpp- 
chen  von  deutlicher  hexagonaler  Form,  ergab  für  dessen  Breite  V70  mm 
und  dessen  Dicke  Vs oommj  doch  sind  die  Schüppchen  auch  noch  etwas 
kleiner  oder  grösser. 

Die  Felsitgrundmasse,  welche  das  Gestein  beinahe  zur  Gänze  zu- 
sammensetzt, besteht  aus  einem  deutlich  mikrokrystallinischen  Gemenge 
von  kurzen  Orthoklasnadeln  und  Quarzkörnchen,  was  durch  polarisirtes 
Licht  gut  aufgelöst  wird.  Die  Orthoklasnadeln  zeigen  sich  so  ziemlich 
nach  einer  Richtung  mit  ihren  Längenachsen  orientirt,  dieselben  haben 
demnach  Mikrofluctuationsstructur.  Um  die  Quarzkrystalle  aber  legen 
sie  sie  kranzförmig  bis  zu  einer  geringen  Entfernung  von  denselben 
an.  Die  Quarzkörner  inmitten  der  Orthoklasleistchen  sind  grösser  als 
die  Breite  der  Orthoklase  und  in  ziemlicher  Menge  vorhanden,  gegen 
den  vorherrschenden  Orthoklas  aber  dennoch  untergeordnet. 

Die  mikrofelsitisch  krystallinische  Textur  ist  so  deutlich,  dass  die 
Orthoklasleistchen,  von  denen  manche  als  Carlsbader  Zwillinge  erschei- 
nen, selbst  im  gewöhnlichen  Lichte  bei  stärkerer  Vergrösserung,  von 
140—160  Mal,  deutlich  zum  Vorschein  treten. 

Die  grössten  dieser  Leistchen,  an  den  Enden  mitunter  als  aus 
kleineren  aufgebaut  sich  erweisend,  haben  bei  einer  Länge  von  1/li  mm, 
eine  Breite  von  V 8omm;  die  kleineren,  im  gewöhnlichen  Lichte  sicht- 


188 


R.  Helmhacker. 


[10] 


baren,  messen  in  der  Länge  V23  mm,  in  der  Breite  aber  Vuo  mm.  Iin 
polarisirten  Lichte  jedoch  erkennt  man  deutlich  noch  viel  kleinere 
Leistchen  von  Orthoklas. 

In  der  Grundmasse  zerstreut  finden  sich  sehr  spärlich  und  ver- 
einzelt die  kleinen  Haematitschuppen,  welche  die  blass  fleischrothe 
Farbe  des  Felsites  keineswegs  bedingen,  da  ihre  Menge  eine  ganz  un- 
bedeutende ist.  Die  Farbe  ist  dem  Orthoklas  eigen  und  nicht  auf 
mechanische  Einschlüsse  zurückzuführen. 

Diejenigen  Partien  des  Felsites,  welche  kirschroth  geflasert  er- 
scheinen, zeigen  ziemlich  grosse  Haematitfetzen,  denen  die  hexagonalen 
Umrisse  angesehen  werden  und  Leistchen  von  Orthoklas  im  regellosen 
Gewirre.  Um  die  Haematitfetzen  ist  die  Grundmasse  mit  ziegelrothem 
bis  hyacinthrothem  Haematitstaub,  der  sich  stellenweise  wolkig  anhäuft, 
getrübt.  Der  Haematitstaub  findet  sich  in  den  Orthoklasleistchen  als 
Einschluss  regellos  oder  den  Umgrenzungsflächen  folgend,  er  wurde 
selbst  als  die  Zwillingsfläche  eines  Zwillinges  kennzeichnend  beobachtet. 
Der  Haematit  ist  mit  dem  Felsit  ursprünglicher  Bildung,  denn  im 
Präparat  wird  derselbe  durch  ein  haarfeines  Quarzklüftchen,  welches 
sich  zertrümmert,  durchzogen  und  um  die  Klüftchenbreite  getrennt; 
derselbe  ist  also  nicht  Infiltrationsmineral.  Quarzklüftchen,  welche 
andere  Stellen  durchsetzen,  zeigen  sich  ganz  rein  ohne  Chloritabschei- 
dungen.  Dass  dieselben  Flüssigkeitseinschlüsse  zeigen,  muss  wohl  nicht 
immer  erwähnt  werden,  da  dieses  eine  constante  Quarzeigenschaft  ist. 

Chloritschuppen  lassen  sich  in  dem  ganz  frischen  Felsit  ebenfalls 
keine  nachweisen. 

6.  Diorit  von  Podliof. 

Genau  5 Kilometer  nördlich  von  Prag,  in  gerader  Linie  gerechnet, 
im  steilen  Gehänge  des  rechten  Moldauufers  am  nördlichen  Ende  der 
zerstreuten  Häuschen,  die  den  Namen  Podhor  führen,  sind  einige,  etliche 
Meter  mächtige  Gänge  in  unteren  Untersilur-Grauwackenschiefern  be- 
kannt. Einer  dieser  Gänge  ist  schmutzig  lichtgrau,  oberflächlich  rost- 
gelb imprägnirt,  und  mit  Calcitschnürchen  durchzogen  und  vollkommen 
dicht,  dünnsplittrig.  Man  würde  denselben  sogleich  als  Felsit  bezeichnen, 
wenn  er  nicht  unter  der  Loupe  kleine,  schmutzig  grüngraue  Fleckchen 
und  sehr  spärlich  schmutzig  weisse,  kleine  Feldspath-Querschnitte  von 
dichter  Zusammensetzung  und  einem  etwas  talkartigen  Aussehen  zeigen 
würde.  Diese  Feldspäthe  dürften  einmal  Oligoklas  gewesen  sein. 

Unter  der  Loupe  sind  deutlich  eingesprengte  Pyritkörnchen  zu 
bemerken. 

Unter  dem  Mikroskope  löst  sich  die  felsitisehe  Masse  sogleich  in 
zahlreiche,  richtungslos  verworrene  Leistchen  von  Oligoklas,  von  ziem- 
lich bedeutenden  Dimensionen  auf.  Die  grössten  Oligoklasleisten  haben 
bei  Q4mm  Breite  bis  1 V2  "im  Länge ; die  kleinsten  sind  etwa  Vs  sogross 
wie  die  grössten.  In  geringerer  Menge  treten  schmutzig  dunkelgrüne 
oder  dunkelgrünbraune  Amphibole  zum  Vorschein,  denen  man  ihren 
nicht  mehr  ganz  frischen  Zustand  bei  geringeren  Graden  von  Durch- 


Ueber  einige  Quarzporphyre  und  Diorite  aus  dem  Silur  von  Böhmen.  189 


sichtigkeit  sogleich  ansieht.  Die  Amphibole  sind  bedeutend  kleiner  als 
dis  kleinsten  Oligoklase  und  der  Menge  nach  so  untergeordnet,  dass 
sie  beinahe  den  Namen  eines  unwesentlichen  Gemengtheiles  verdienen 
würden. 

Die  dichte  Grundmasse  besteht  demnach  nur  aus  Oligoklas,  zu 
dem  ganz  geringe  Mengen  von  Amphibol  hinzutreten. 

Die  Oligoklase  sind  im  polarisirten  Lichte  nur  schwach  gefärbt, 
nur  theilweise  durchsichtig,  fleckenweise  getrübt,  wie  überhaupt  die 
zersetzten  Plagioklase,  da  ihre  Farben  im  polarisirten  Lichte  durchaus 
einerlei  Art  sind. 

Da  das  Gestein  in  verdünnten  Säuren  ziemlich  lebhaft  kleine 
Bläschen  entwickelt,  so  ist  es  mit  Calcit  reichlich  imprägnirt.  Nach 
dem  Behandeln  in  schwacher  Säure  zeigen  die  Oligoklassäulen  entweder 
Löcher  von  herausgeätztem  Calcit,  aber  noch  besser  helle,  durchsich- 
tige, im  polarisirten  Lichte  schwach  farbige,  unzersetzte  Kerne  und 
wolkige,  weisse,  kaum  durchsichtige  Flecken,  welche  diese  Kerne  um- 
hüllen. 

Als  accessorische  Gemengtheile  kommen  undurchsichtige,  schwarze 
Pyritkörnchen,  dann  blassgrüne  Aggregate  von  Chlorit  spärlich  zum 
Vorschein.  Am  spärlichsten  sind  jedoch  zwischen  den  regellos  sich  kreu- 
zenden Oligoklasleisten  einzelne,  etwa  1/20  mm,  höchstens  1/X2  mm  breite 
Quarzkörner,  nach  den  starken  chromatischen  Erscheinungen  im  polari- 
sirten Lichte  leicht  erkennbar,  eingewachsen. 

Die  dichte  Grundmasse  dieses  Gesteins  ist  demnach  ausserordent- 
lich deutlich  mikrokrystallinisch. 

Das  beinahe  dichte  Gestein,  welches  auch  einem  Porphyrit  näher 
gerückt  werden  könnte,  ist  möglicherweise  in  der  Fortsetzung  des  auf 
dem  andern  linken  Ufer  zum  Vorschein  kommenden  Dioritganges  Nr.  13 
beschrieben  enthalten,  jedoch  viel  mehr  zersetzt.  Für  die  Bestimmung 
des  Oligoklases  sind  ausser  dem  starken  Zerfressensein  desselben  und 
der  Imprägnirung  mit  Calcit  und  der  Analogie  mit  anderen  zersetzten 
Plagioklasen  keine  deutlicheren  Belege  beizubringen. 


7.  Quarzführender  Dioritporphyr  von  Cenkov. 

Zwischen  den  drei  Dörfern  Vodolka  im  SW.,  Cenkov  im  SO.  und 
Kopec  im  N.,  streichen  zwei  Kuppen  von  Süd  nach  Nord,  indem  sie 
inmitten  eine  kurze  Depression  bilden,  in  welcher  der  Ort  Kopec  am 
nördlichen  Ausgange  derselben  liegt.  Diese  zwei  Hügelkuppen,  von 
denen  die  östlich  gelegene  Cenkovberg  heisst,  sind  in  ihrer  Mitte  von 
Prag,  nördlich  in  gerader  Richtung,  genau  17  Kilometer  entfernt.  Die 
Hügelrücken  sind  aus  eruptiven  Gesteinen  zusammengesetzt,  durch- 
brechen tief  untersilurische  Schichten,  und  werden  von  obercenomanen 
Schichten  umschlossen. 

Es  sind  das  durchwegs  dioritische  Gesteine,  welche  die  beiden 
Rücken  zusammensetzen,  und  welche  eine  verschiedenartige  Textur 
zeigen. 

Mineralogische  Mittheilungen.  2.  Heft.  1877.  (R.  Helmbacker.) 


25 


190 


R.  Helmhacker. 


[12] 


Der  quarzführencle  Dioritporphyr  stammt  vom  Cenkov. 

Oberflächlich  ist  derselbe  bräunlichgrau,  mit  deutlichen  bräunlich- 
weissen,  undurchsichtigen,  etwa  halberbsengrossen  Feldspäthen  und 
spärlichen,  in  Doppelpyramiden  krystallisirten,  rauchgrauen  Quarzen. 
Die  4V2  bis  5mm  breiten  Quarzkrystalle  kommen  so  spärlich  vor, 
dass  auf  der  Oberfläche  auf  7 bis  8 Quadratcentimeter  derselben  erst 
ein  Quarzkrystall  entfällt.  Dem  Vorkommen  von  porphyrartig  ausge- 
schiedenen, wirklichen  Quarzkrystallen  der  Form  von  Doppelpyramiden 
wird  hier  bei  diesem  Diorit  zum  ersten  Male  begegnet,  sonst  hat  man 
in  Dioriten  nur  immer  Quarze  in  Körnerform  angetroffen.  Die  Ober- 
fläche zeigt  wenige  Lücken,  wahrscheinlich  negative  Hohldrücke  von 
zersetzten  Mineralien,  vielleicht  von  Calcit,  von  denen  nur  sehr  wenige 
(oder  nur  einer),  kurze  bis  lmm  breite  Quarzkrystalle  der  gemeineu 
Form  ooP  . R — R sich  angesiedelt  haben. 

Im  frischen  Bruch  erscheint  die  sehr  klein-  bis  feinkrystallinische 
Grundmasse  grau  und  die  in  derselben  eingewachsenen  Feldspäthe 
weiss,  halbdurchsichtig,  noch  ziemlich  gut  spaltbar,  jedoch  die  meisten 
ohne  deutlich  wahrnehmbare  Streifung  auf  den  Spaltungsflächen.  In 
der  Grundmasse  sind  kleine  Pyritkörnchen  zerstreut. 

Nach  Durchmusterung  einer  bedeutenden  Reihe  von  ausgeschie- 
denen Feldspathkrystallen  findet  man  bei  einigen  eine  durch  Zwillings- 
lamellen hervorgebrachte  Streifung,  ja  selbst  Zwillinge,  die  nach  dem 
Carlsbader  Gesetze  gebildet  erscheinen.  Ein  solcher  Zwilling  zeigte 
deutlich  die  durch  die  beiden  oP-Flächen  gebildete  Rinne  mit  dem 
einspringenden  Winkel,  der  nur  etwas  grösser  ist  als  180°,  welcher  aber 
durch  den  Lichtreflex  beider  oP-Flächen  recht  gut  zu  beobachten  war. 
Die  eine  Zwillingshälfte  zeigte  sich  überdiess  noch  sparsam  gestreift. 
Daraus  ergibt  sich  für  den  Feldspath  der  Charakter  eines  Plagioklases 
(Oligoklases).  Mit  verdünnten  Säuren  behandelt,  entwickelt  der  Quarz- 
diorit  wenige  Bläschen,  derselbe  ist  demnach  mit  feinen  Calcitpartikel- 
chen imprägnirt. 

Im  Dünnschliffe  ist  die  Zusammensetzung  des  Quarzdiorites  ganz 
deutlich.  Die  ausgeschiedenen  Oligoklaskrystalle  sind  oberflächlich  ge- 
trübt, im  Kerne  aber  ganz  klar  und  einige  solche  Kerne  zeigen  Zwil- 
lingslamellen im  polarisirten  Lichte.  Die  Umwandlung  der  Oligoklase 
ist  eigentlich  keine  bedeutende  zu  nennen,  trotzdem  dass  die  klaren 
Kerne  derselben  nicht  gross  erscheinen,  wenn  mitgetheilt  wird,  dass 
zum  Schliffe  Gesteinssplitter  nicht  tief  unter  der  verwitterten  Oberfläche 
genommen  worden  sind.  Aus  dem  noch  etwas  frischeren  Inneren 
mancher  Handstücke  wären  dieselben  noch  weniger  zersetzt  gewesen. 
Von  den  grösseren  Quarzkrystallen  fiel  keiner  in  den  Dünnschliff. 

Die  Grundmasse  ist  ganz  deutlich  regellos  körnig.  Dieselbe  be- 
steht in  erster  Reihe  aus  ebenfalls  nicht  gänzlich  klaren,  sondern  stel- 
lenweise etwas  getrübten  Oligoklasleisten  von  ziemlich  gleichbleibender 
Grösse.  Die  kleineren  dieser  Leisten  hatten  bei  einer  Länge  von  1/i  mm 
eine  Breite  von  1/20  mm.  Trotz  dieser  sehr  geringen  Dimensionen,  bei 
der  die  meisten  Plagioklase  nicht  immer  deutliche  Zwillingsstreifung 
zeigen,  wurden  doch  an  einzelnen  Oligoklasleisten  eine  Zwillingsnaht  in 


Ueber  einige  Quarzporpliyre  uncl  Diorite  aus  dem  Silur  von  Böhmen.  191 


der  Mitte,  ja  selbst  zwei  solche  Zwillingsnähte,  die  drei  Zwillingslamellen 
entsprechen,  sehr  deutlich  bemerkt. 

Der  Amphibol  scheint  in  eben  derselben  Menge  wie  der  Oligo- 
klas  aufzutreten,  die  kleinsten  Säulchen  desselben  sind  bei  einer  Länge 
von  1/3  mm  etwa  x/25  mm  breit.  Andere  sind  viel  breiter  und  auch  viel 
länger,  wie  denn  der  Amphibol  in  seinen  Dimensionen  mehr  wechselt 
als  der  Oligoklas.  Er  zeigt  sich  säulenförmig,  aus  parallelen  Fasern 
zusammengesetzt  oder  erscheint  er  auch  lappig  weniger  faserig,  manchem 
Biotit  oder  Chlorit  ähnlich,  ohne  es  aber  zu  sein. 

Neben  diesen,  die  feinkrystallinische  Grundmasse  bildenden  zwei 
Gemengtheilen,  finden  sich  in  derselben  reichlich  kleine  Körner  von 
schwarzer  Farbe  zerstreut,  welche  nie  staubförmig  werden.  Dieselben 
können  keinesfalls  als  Magnetit  gedeutet  werden,  sondern  sind  Pyrit, 
welcher  die  Grundmasse  fein  durchdringt,  wie  das  am  frischen  Bruche 
bei  starker  Vergrösserung  sichtbar  ist.  Neben  undurchsichtigen  schwar- 
zen Körnern  sind  auch  meist  x/7  mm  lange  und  1/50  mm  breite,  ebensolche 
Stäbchen  zu  bemerken;  auch  dieselben  sind  kein  Magnetit;  am  ehesten 
könnten  sie  als  Emenit  gedeutet  werden,  obwohl  dafür  kein  Beweis 
erbracht  werden  kann.  Würde  man  dieselben  als  Pyrit  deuten  wollen, 
so  müsste  man  allerdings  sehr  langgezogene  verzerrte  Pyritkryställchen 
annehmen. 

Obwohl  die  schwarzen  Körner  und  Stäbchen  überall  eingewachsen 
erscheinen,  zeigen  sie  sich  doch  vorwiegend  in  den  Amphibolpartien. 

In  den  Zwischenräumen  zeigen  sich  ausserdem  durchsichtigere 
Partien,  welche  nach  dem  Behandeln  mit  schwachen  Säuren  einen  Hohl- 
raum hinterlassen,  demnach  Calcit  sind,  und  kleine  Körner  von  Quarz, 
die  im  polarisirten  Lichte  besonders  auffällig  erscheinen. 

Bei  stärkerer  Vergrösserung,  von  mindestens  140  Mal,  zeigen  sich 
besonders  in  den  Oligoklasen,  stellenweise  ziemlich  reichlich,  lange 
Nadeln  von  der  gleichbleibenden  Dicke  zwischen  x/60  bis  1/170inm , welche 
als  Apatit  anzusprechen  sind.  Manche  solche  Nadeln  lassen  trotz  ihrer 
geringen  Breite  noch  einen  ihrer  Hauptachse  nach  gehenden,  grauen, 
feinen  Strich  erkennen,  wie  dies  bei  diesem  Minerale  in  seinen  mikro- 
skopischen Kryställchen  hinlänglich  bekannt  ist. 


8.  Porpliy  rartiger  Diorit  von  Vodolka. 

Derselbe  stammt  von  der  westlichen  Kuppe,  von  Vodolka  nicht 
weit  entfernt.  Ein  frischeres  Handstück  ist  kleinkörnig,  schmutzig- 
graugrün, und  mit  nur  spärlich  eingewachsenen,  grösseren  Krystallen, 
von  denen  die  grössten  kaum  2 mm  breit  und  etwa  5 mm  lang  erscheinen. 

Trotzdem  dass  der  zähe  Diorit  in  verdünnten  Säuren  etwas 
weniges  auf  braust,  folglich  mit  Calcit  imprägnirt  ist,  erscheint  derselbe 
im  Bruche  frisch.  Das  Oligoklas  in  den  porphyrartig  ausgeschiedenen 
Krystallen  ist  frisch,  stark  glasglänzend  und  zeigt  sämmtlich  Zwillings- 
bildung' nach  dem  Carlsbader  Gesetze. 


192  R.  Helmhacker.  [14] 

Sonst  ist  an  dem  Gestein  bei  gewöhnlicher  oberflächlicher  Betrach- 
tung nichts  besonderes  zu  sehen. 

Im  Dünnschliffe  zeigt  er  regellos  körnig-stengelige  Textur.  Die 
nicht  zahlreichen  Oligoklase,  wenn  sie  nicht  etwas  getrübt  erscheinen, 
zeigen  nebst  der  mittleren  Zusammensetzungs-Ebene,  welche  sie  als 
Carlsbader  Zwillinge  erkennen  lässt,  noch  auf  beiden  Krystall-Indivi- 
duen  die  zwillingsartige  Streifung.  Von  fremdartigen  Einschlüssen  sind 
die  Krystalle  meist  frei. 

In  der  Grundmasse  bemerkt  man  die  auffallend  grösseren  Oligo- 
klasleisten,  die  kleineren,  etwas  unregelmässiger  gestalteten  Amphibol- 
säulen und  Fetzen  und  die  in  ziemlicher  Menge  zum  Vorschein  kom- 
menden, schwarzen,  undurchsichtigen  Punkte  als  alleinige  Gemengtheile 
derselben. 

Die  Oligoklase  sind  deutlich  leistenförmig,  einige  von  den  kleinsten 
Prismen  sind  etwa  1/30  mm  breit  und  V7  mm  lang,  und  durchwegs  Zwil- 
linge nach  dem  Carlsbader  Gesetze.  Im  polarisirten  Lichte  zeigen  sie 
demnach  zweierlei  Farben.  Einige  wenige  jedoch  verrathen  sich  als 
Plagioklase  durch  ihre  wenigen  Zwillingslamellen,  welche  sie  ausser 
der  Hauptberührungs-Ebene  zeigen.  Meist  sind  dieselben  ziemlich  frisch. 

Die  Amphibole  treten  in  zahlreichen,  jedoch  kleineren,  zart  fase- 
rigen Krystallen  oder  unregelmässigen  Formen  von  blass  grasgrüner 
bis  ölgrüner  Farbe,  je  nach  der  Richtung  des  Durchschnittes,  zum 
Vorschein  und  werden  der  Menge  nach  dem  Oligoklas  wohl  das  Gleich- 
gewicht halten.  Bei  bedeutenderen  Vergrösserungen  bemerkt  man  jedoch 
auch  einzelne  oder  der  Längenseiten  nach  gruppirte  Amphibolfasern 
in  den  Oligoklasen  spärlich  richtungslos  eingewachsen.  Einige  der 
zarten  Amphibolmikrolithe  Hessen  sich  als  Leistchen  von  V60  mra  Länge 
und  Ve oo  mm  Breite  von  scharfer  Begränzung  deutlich  messen.  Dieselben 
würden  an  Apatitnadeln  erinnern,  wenn  ihre  blassgrüne  Farbe  nicht 
dagegen  sprechen  möchte. 

Die  schwarzen  undurchsichtigen  Punkte  sind  meist  in  einer  Rich- 
tung verlängert  oder  stabförmig,  demnach  es  nicht  recht  gut  thunlich 
ist,  dieselben  auf  Magnetit  zurückzuführen ; eher  könnte  man  dieselben 
für  Ilmenit  halten.  Viele  der  deutlichen,  demnach  wahrscheinlich  aus 
Umenit  bestehenden  Stäbchen  hatten  bei  einer  Länge  von  etwa  1l8mm 
die  Breite  von  Qioo  bis  Viao mm-  Die  recht  zahlreich  eingewachsenen 
schwarzen  Körperchen  lieben  insbesondere  die  Nähe  des  Amphiboles. 

Dass  das  Gestein  Calcit  enthält,  wurde  schon  früher  erwähnt; 
Quarz  und  Apatitnadeln  konnten  jedoch  nicht  nachgewiesen  werden. 


9.  Dioritporphyr  von  Vodolka. 

Derselbe  ist  vollkommen  porphyrartig  und  stammt  nordöstlich  von 
Vodolka,  von  der  westlichen  Kuppe  her.  Trotz  der  Zähigkeit  von  klei- 
neren Gesteinsbruchstücken  sind  grössere  Brocken  nicht  unschwer  zer- 
sprengbar, da  das  Gestein  ziemlich  kurzklüftig  ist. 


[15]  Ueber  eiuige  Quarzporphyre  und  Diorite  aus  dem  Silur  von  Böhmen.  193 


In  einer  graugrünen  aphanitischen  Grundmasse  stecken  reichlich 
weisse  Krystalle ; auf  1 Quadratcentimeter  kann  man  deren  8 — 9 zählen. 
Die  beinahe  kreideweissen,  undurchsichtigen,  kleinsplittrig  im  Bruche 
erscheinenden  Feldspathkrystalle  sind  entweder  Einzelnkrystalle  oder 
Krystallaggregate ; die  kleinsten  messen  etwa  V2  mm  in  der  Breite  und 
lmm  in  der  Länge,  die  grössten  sind  bis  achtmal  so  gross.  Der  Mangel 
jeder  Spaltbarkeit,  die  völlige  Undurchsichtigkeit  lassen  die  eingewach- 
senen Oligoklase,  die  übrigens  ziemlich  frei  von  Einschlüssen  sind,  als 
gänzlich  zersetzt  erkennen. 

Die  sehr  feinsplittrige,  aphanitische  Grundmasse  von  mattem 
Glanze  lässt  bei  sehr  günstiger  Beleuchtung,  besonders  unter  der  Loupe 
die  zartesten  Pyritkörnchen  als  Einsprenglinge  erkennen. 

Stellenweise  durchziehen  das  Gestein  papierdünne,  weisse  Klüft- 
chen,  wahrscheinlich  von  Oligoklas,  denen  nach  das  Gestein  klüftig  ist 
und  in  denen  sich  auch  Pyritkörnchen  spärlich  eingewachsen  finden; 
selbst  Pyritkryställchen  der  Form  <=oOoo  mit  ungemein  starker  Riefung 
parallel  den  Kanten  sind  spärlich  bemerkt  worden. 

Behandelt  man  das  Gestein  in  verdünnter  Säure,  so  bemerkt 
man,  dass  sich  an  der  Aphanit-Grundmasse  nur  kleine  Bläschen  an- 
setzen, die  zersetzten  Oligoklaskrystalle  jedoch  zahlreichere  Bläschen 
entwickeln,  demnach  mit  Calcit  ziemlich  imprägnirt  sind. 

Im  Dünnschliff  zeigt  sich  der  zersetzte  Oligoklas  nur  halbdurch- 
sichtig oder  durch  stellenweise  wolkige  Trübung  nur  stark  durchschei- 
nend, bis  auf  einzelne  Körnchen,  welche  dem  in  demselben  reichlich 
eingewachsenen  Calcit  angehören  und  nach  der  Aetzung  in  den  Kry- 
stallen  scharfeckige  Hohlräume  hinterlassen. 

Im  polarisirten  Lichte  zeigt  die  Substanz  Aggregatpolarisation. 
Dass  diese  Krystalle  ursprünglich  Oligoklas  waren,  daran  kann  wohl 
kein  Zweifel  erhoben  werden,  da  dieses  Gestein  mit  dem  vorbeschrie- 
benen durch  Uebergänge  verbunden  erscheint. 

Die  Aphanitgrundmasse  zeigt  im  Dünnschliffe  wesentlich  einen 
doppelten  Charakter.  Entweder  halten  die  Oligoklasmikrolithen  den 
Amphibolmikrolithen  so  ziemlich  das  Gleichgewicht,  oder  herrschen  die 
Amphibole  über  den  Oligoklas  vor. 

Im  ersteren  Falle  bemerkt  man  die  regellos  gelegenen  Nadeln 
des  Oligoklases  ziemlich  durchsichtig  und  anscheinend  ziemlich  frisch 
in  den  weniger  deutlich  begränzten  Amphibolkryställchen  oder  unregel- 
mässigen Fetzen  desselben.  Die  Oligoklasmikrolithe  sind  so  ziemlich 
constant  in  ihrer  Länge  und  Breite;  meist  sind  die  nadelförmigen 
Krystalle  etwa  x/s  mm  lang  und  Veo  bis  1/80  mm  breit  und  trotz  dieser 
geringen  Breite  zeigen  die  meisten  eine  deutlich  gefärbte,  graulich- 
grüne Zwillingslinie  in  ihrer  Mitte.  Im  polarisirten  Lichte  zeigen  wohl 
die  meisten  einfache  Färbung,  manche  Zwillinge  sind  jedoch  zweifarbig; 
um  weitere  Zwillingslamellen  zu  zeigen,  dazu  sind  wohl  ihre  Dimen- 
sionen gar  zu  gering. 

Im  zweiten  Falle  herrschen  der  Grösse  nach  nur  etwas  kleinere 
Amphibolnadeln  von  längsfaseriger  Zusammensetzung  vor,  welche  ohne 
alle  Regel  vertheilt  erscheinen. 


194 


R.  Helmhacker. 


[16] 


Nebstdem  zeigen  die  Aphanit-Grundmassen  auch  noch  Stränge 
von  Pyritstaub  oder  Klüfte  von  mikrokrystallinischem  Oligoklas,  jeden- 
falls spätere  Bildungen. 


10.  Diorit  von  Cenkov. 

Das  Gestein  stammt  von  demselben  Orte  her,  wie  Nr.  7,  also  von 
der  östlichen  „Cenkoberg“  genannten  Kuppe,  nördlich  vom  Dorfe  Üen- 
kov  und  westlich  von  Yelkä  ves. 

Die  Zusammensetzung  ist  kleinkörnig,  der  Oligoklas  graulichweiss, 
der  Amphibol  schmutzig  dunkelgrün,  sehr  faserig  zusammengesetzt. 
Das  Gestein  enthält  reichlich  kurze,  dünne  bis  federkieldicke  Oligoklas- 
adern,  in  denen  sich  spärlich  etwas  Pyritkörnchen  zeigen.  Mehr  kann 
man  an  dem  ziemlich  kurzklüftigen  Gesteine  nicht  entnehmen. 

In  dem  Diorit  herrschen  die  der  Länge  nach  sehr  faserigen,  im 
Dünnschliff  lichtgrasgrün  sich  ausnehmenden  Amphibole,  die  bis  bei- 
nahe 2mm  ausgedehnt  sind,  sehr  vor,  und  erweisen  sich  trotz  der  be- 
deutenden Zerfaserung  und  nicht  geradliniger  Begränzung  als  recht 
frisch. 

Der  Oligoklas  bildet  eigentlich  keine  Krystalle  oder  sehr  verzerrte 
Individuen  wie  der  Amphibol,  sondern  der  Raum  zwischen  den  Amphi- 
bolen wird  durch  ein  regelloses  Gewirre  von  kleinen  Oligoklasleistchen 
erfüllt,  an  denen  eine  polysynthische  Zusammensetzung  nicht  zu  ent- 
nehmen ist.  In  diesem  mikrokrystallinischen  Aggregat  von  Oligoklas- 
leistchen sind  mehr  oder  weniger  zahlreiche  schwarze,  undurchsichtige 
Körner  eingewachsen,  die  als  Pyrit  zu  deuten  wären,  da  sich  hie  und 
da  bei  aufmerksamer  Beobachtung  des  Bruches  Andeutungen  von  diesem 
Mineral  zeigen. 

Die  schwarzen  Pyritkörnchen  meiden  jedoch  die  reinen,  keine 
Einschlüsse  enthaltenden  Amphibole  gänzlich. 

Manche  Partien  sind  unter  dem  Mikroskope  mikrokrystallinisch 
theilweise  milchig  getrübt;  das  sind  entweder  die  Oligoklasäderchen 
oder  die  von  ihnen  etwas  weiter  ausgehenden  Imprägnationen  des 
Diorit  mit  Oligoklas. 

Der  wmisse  Feldspath  wird  nach  der  Analogie  des  Vorkommens 
als  Oligoklas  bezeichnet;  trotzdem  aber  kein  anderer  Anhaltspunkt 
dafür  erbracht  werden  kann,  dürfte  an  der  Plagioklasnatur  desselben 
kaum  zu  zweifeln  sein. 

In  verdünnten  Säuren  entwickelt  das  Gestein,  insbesondere  aus 
dessen  weissem  Mineral  Bläschen  in  geringer  Menge,  Beweis  für  die 
geringe  Menge  von  Calcit,  welche  den  Plagioklas  durchdringt. 


11.  Dioritaplianit  von  Cenkov. 

Das  Gestein  stammt  vom  südlichen  Theil  der  Öenkovkuppe  zwi- 
schen den  Dörfern  Cenkov  und  Doluvky.  Das  kurzklüftige  Gestein  ist 


Ueber  einige  Quarzporphyre  und  Diorite  aus  dem  Silur  von  Böhmen.  195 


zähe,  völlig  dicht,  dunkelgrau  bis  grünlichgrau;  beide  Farben  oft  als 
Flecken  oder  scharfe  Begränzung  an  einem  Handstücke  erscheinend. 
Unregelmässige  kurze  Aederclien  von  spathigem  Calcit  von  weisser  Farbe 
und  ebensolche  lichtgraue  Aederchen  von  Oligoklas  durchziehen  das 
Gestein.  Pyritkörnchen  in  Reihen  geordnet,  äusserst  dünnen  Klüftchen 
nachgehend,  sind  nicht  selten.  Die  angeschliffene  Fläche  zeigt  ausser- 
dem noch  wolkige,  lichtgrünliche  oder  grauliche  Trübungen  von  Oligo- 
klas-Imprägnationen. 

Der  ganz  reine  Aphanit  zeigt  unter  dem  Mikroskope  eine  sehr 
deutliche,  wiewohl  äusserst  kleinmikrokrystallinische  Textur.  In  der 
Grundmasse  herrschen  deutliche  Amphibolmikrolithen  als  Leistchen  von 
etwa  */ 40  mm  Länge  und  1/300  mm  Breite  vor,  und  erscheinen  dieselben 
regellos  gelagert.  Ihre  schmutzig  lichtgrasgrüne  Farbe  verräth  dieselben 
sogleich;  dazwischen  liegen  ebenso  unregelmässig  zerstreut  die  durch- 
sichtigen Plagioklasleistchen,  deren  Oligoklasnatur  freilich  im  Mikro- 
skope bei  dieser  Kleinheit  nicht  nachgewiesen  werden  kann.  Das 
Gemenge  ist  frei  von  Pyritkörnchen. 

Dazwischen  sind  hie  und  da  weisse,  wolkige  Trübungen  zu  sehen, 
insbesondere  in  der  Nähe  von  haardünnen,  mit  durchsichtigem  Calcit 
oder  Plagioklas,  welcher  Aggregat-Polarisation  zeigt,  ausgefüllten  Klüft- 
chen, so  dass  dieselben  nur  als  Infiltrationen  von  Plagioklas  zu  deuten 
waren. 

Solche  Infiltrationen  von  wolkig  getrübtem  Plagioklas,  welcher 
aus  undurchsichtigen,  durchscheinenden  und  durchsichtigen  Aggregaten, 
die  auf  polarisirtes  Licht  schwach  einwirken,  besteht,  nehmen  oft  ziem- 
lich überhand,  und  dann  erscheint  der  Aphanit  in  denselben  in  Bruch- 
stücken und  Trümmern  eingeschlossen.  Dann  findet  man  in  den  mikro- 
krystallinischen  Plagioklas-Infiltrationen  hie  und  da  Körnchen  von  Pyrit; 
die  eingeschlossenen  Aphanittrümmer  aber  mit  schwarzen  eigenen  Klüft- 
chen nachgehenden  Färbungen  durchzogen,  welche  auf  Psilomelan  als 
Infiltrationsmineral,  das  feinen  Haarrissen  gefolgt  ist,  zurückzuführen 
sind.  Manche  solche  Psilomelan  enthaltende,  feine  Haarspalten  gehen 
sowohl  durch  den  Infiltrations-Plagioklas,  als  durch  die  in  demselben 
eingeschlossenen  Aphanittrümmer  hindurch,  gerade  so  wie  durch  den 
Infiltrations-Plagioklas  auch  dünne  Plagioklasäderchen  durchsetzen. 

Ein  anderes  Handstück  des  Dioritaphanites  nördlich  vom  Dorfe 
Cenkov,  der  Cenkov-Kuppe  entnommen,  zeigte  in  der  dunklen,  dichten 
Masse  eben  solche  kurze,  weisse  Klüftchen  oder  lichte  Trübungen, 
besonders  an  der  angeschliffenen  Fläche  des  dunkelgraugrünen  Gesteins. 

Im  Dünnschliffe  zeigte  das  im  Bruche  oder  auf  einer  Schlifffläche 
ziemlich  gleichförmig  gefärbte  Gestein  eine  ausgezeichnet  breccienartige 
Trümmertextur.  Zahlreiche  eckige  Schollen  des  Aphanites  von  der  vor- 
dem erwähnten  mikrokrystallinischen  Textur  zeigten  sich  in  ihren  Län- 
genrichtungen ziemlich  parallel  gelagert  und  nicht  weit  von  einander 
verschoben.  Der  Raum  zwischen  den  Bruchstücken  erscheint  ausgefüllt 
mit  Infiltrations-Plagioklas  von  lichter  Farbe  und  den  vordem  erwähnten 
Eigenschaften,  in  welchem  stellenweise  ganze  Pyrithäufen  stecken.  Zur 


196 


R.  Helmhacker. 


[18] 


Hauptrichtung  der  Schollenaxen  gehen  nun  unregelmässig  wellige,  sich 
zertrümmernde  und  wieder  vereinigende  dünne  Klüftchen,  welche  gleich 
einem  parallelen  Geäder  sich  fortziehen  und  mit  Psilomelan  erfüllt  sind. 

Die  schwarzen  Klüftchen  halten  sich  besonders  in  den  Aphanit- 
schollen.  Dass  dieselben  wirklich  Psilomelan  enthalten,  davon  geben 
die  Bruchflächen  des  Dioritaphanites  bei  günstiger  Beleuchtung  und 
Betrachtung  mit  der  Loupe  stellenweise  Anhaltspunkte. 

Das  ganze  Trümmerwerk  erscheint  durch  dünne,  quergehende, 
gangähnliche,  mit  Plagioklas  erfüllte  Spältchen,  die  in  geringer  Zahl 
auftreten,  nochmals  zerklüftet,  welche  demnach  jünger  als  die  Plagio- 
klas- und  Psilomelan-Infiltrationen  erscheinen. 

Diese  eigenthümliche  Trümmertextur  des  sonst  ganz  homogen 
dichten  Dioritaphanites  erscheint  bei  scharfer  Beleuchtung  besonders 
deutlich. 

Sämmtliche  diese  Dioritvarietäten  setzen  die  beiden  Kuppen  zu- 
sammen und  bilden  demnach  einen  bedeutend  mächtigen  Stock.  Die- 
selben sind  durch  alle  möglichen  allmäligen  und  auch  ziemlich  plötz- 
lichen Uebergänge  mit  einander  verbunden,  stellen  also  nur  verschiedene 
Structurverhältnisse  eines  Gesteines  vor. 


12.  Diorit  von  Dolan. 

Dolany  liegt  am  linken  Moldauufer,  etwas  unbedeutend  mehr  als 
15  Kilometer  nördlich  in  gerader  Richtung  von  Prag  entfernt. 

Südlich  von  Dolan  beim  Eisenbahn-Wächterhäuschen  ist  in  dem 
steilen  Ufer,  in  welchem  die  Eisenbahn  einen  Einschnitt  bildet,  ein 
etwas  über  meter-mächtiger  Dioritgang  in  tieferen  Untersilur-Grau- 
wackenschiefern  eingelagert. 

Der  Diorit  ist  grau,  ziemlich  kleinkörnig,  nur  hie  und  da  zeigen 
sich  in  demselben  wenige,  etwa  1 mni  breite  und  etwas  längere  Oligo- 
klaskrystalle,  an  deren  frischen  Spaltungsflächen  man  mit  der  Loupe 
die  Streifung  erkennt.  Auch  einzelne,  kaum  1 mm  breite  Quarzkryställ- 
chen  in  Doppelpyramiden  finden  sich  ausgeschieden  vor,  jedoch  so 
spärlich,  dass  auf  etwa  1 Quadratcentimeter  der  Bruchfläche  erst  ein 
Quarzkrystall  entfällt. 

Unter  der  Loupe  erkennt  man  den  weissen,  sehr  vorherrschenden 
Plagioklas  und  wenig  zahlreiche,  äusserst  dünne  und  kurze  Amphibol- 
säulchen  von  schwarzer  Farbe. 

Im  Dünnschliff  wird  die  Zusammensetzung  des  Diorites  sogleich 
deutlich.  Die  Oligoklas-  und  Amphibolkrystalle  zeigen  sich  in  ziemlich 
gleicher  Menge  im  regellosen  Gemenge;  weil  aber  der  Oligoklas  grös- 
sere Krystalle  bildet  als  der  Amphibol,  so  herrscht  er  dadurch  bedeu- 
tend vor.  Während  die  mittlere  Grösse  der  Oligoklasleisten  1/10  mm 
in  der  Breite  und  1/3  mm  in  der  Länge  beträgt,  messen  die  kleinsten 
Amphibolsäulchen  nur  1/80  und  1/10  mm,  die  grössten  aber  1/li  und  1/i  mm 
in  der  Breite  und  Länge. 


Ueber  einige  Quarzporphyre  und  Diorite  aus  dem  Silur  von  Böhmen.  797 


Die  sonst  schwarzen  Araphibolsäulchen  werden  im  Dünnschliff 
unrein  lichtgrünlich  und  erscheinen  faserig;  die  Oligoklase  sind  jedoch 
unbedeutend  verändert,  nur  stellenweise  in  kleineren  Flecken  wolkig 
getrübt  und  zeigen  die  meisten  die  polysynthetische  Zusammensetzung 
aus  wenigen  Zwillingslamellen  recht  deutlich.  Sie  sind  nur  einfache 
polysynthetisch  zusammengesetzte  Krystalle;  Zwillinge  nach  dem  Carls- 
bader  Gesetze  aber  selten  zu  sehen. 

Nur  sehr  spärlich  sieht  man  auch  Körner  von  etwa  halber  Grösse 
der  Oligoklaskrystalle  zum  Vorschein  kommen,  welche  ganz  rein  sind 
und  durch  ihre  starken,  chromatischen  Erscheinungen  als  Quarz  ge- 
deutet werden  müssen.  Ebenso  spärlich  sind  kleine,  schwarze,  undurch- 
sichtige Körnchen  von  etwa  1h2mm  Grösse,  welche  auf  Pyrit  zurückzu- 
führen  sind. 

In  einem  Handstück,  welches  aber  nicht  mikroskopisch  unter- 
sucht wurde,  zieht  sich  eine  papierdünne  Kluft  durch,  welche  mit  Oligo- 
klas  erfüllt  ist,  und  in  welcher  Pyrit  kleine,  langgezogene  Nesterchen 
bildet;  jedenfalls  spätere  Bildungen  vorstellend. 

Trotz  dem  frischen  Aussehen  entwickelt  das  Gestein  in  verdünn- 
ten Säuren  dennoch  wenige  Bläschen,  es  enthält  demnach  Calcit  in 
feiner  Vertheilung. 

13.  Diorit  von  Selc. 

Selc  liegt  52/3  Kilometer  in  gerader  Richtung  von  Prag  am  linken 
Moldauufer.  Nördlich  davon  ist  aus  einem  2 Meter  mächtigen  Gange, 
der  in  ähnlichen  Gesteinen  wie  der  von  Dolan  eingelagert  ist,  das 
Gestein  entnommen,  welches,  wenn  es  völlig  frisch  wäre,  mit  dem 
vorigen  verwechselt  werden  könnte. 

Der  graue  Diorit  zeigt  nur  deutliche  Pyritkörnchen,  jedoch  in 
spärlicher  Menge,  wahrscheinlich  in  der  Form  °oOo o5  wie  nach  den 
Querbrüchen  zu  schliessen  ist,  und  den  Oligoklas  mit  einem  Stich  in’s 
blass  fleischfarbene,  stellenweise  etwas  wie  speckig  glänzend.  Bis  auf 
das  etwas  weniger  lebhaftere  Aufbrausen  in  Säuren  ist  der  Diorit  ganz 
dem  vorhergenannten  ähnlich. 

Ebenso  zeigt  derselbe  unter  dem  Mikroskope  im  Dünnschliff  die- 
selbe Zusammensetzung  wie  der  vorhergegangene,  nur  mit  dem  Unter- 
schiede, dass  die  Pyritkörnchen  in  der  Nähe  des  Amphiboles  etwas 
reichlicher  auftreten.  Die  Dimensionen  der  einzelnen  Gemengtheile  stim- 
men ebenfalls  mit  der  früheren  Probe  gut  überein. 

So  anscheinend  ähnlich  beide  Diorite  auch  erscheinen,  so  zeigt 
sich  die  ganz  geringe,  und  auf  den  ersten  Blick  kaum  bemerkbare 
Umwandlung  des  Oligoklases,  im  Dünnnschliffe  ganz  auffallend.  Die 
kleineren  Oligoklasstäbe  sind  wohl  im  polarisirten  Lichte  trotz  ihrer 
geringen  Klarheit  matt,  färbig,  jedoch  ohne  Zwillingsstreifen.  Die  grös- 
seren Krystalle  sind  jedoch  nur  noch  im  Kerne  klar  und  zeigen  in 
demselben  Zwillingslamellen,  während  die  den  Kern  umhüllende  Kruste 
beinahe  undurchsichtig  getrübt  erscheint  und  kaum  auf  das  polarisirte 

Mineralogische  Mittheilungen.  1877.  2.  Heft.  (Helmhacker.)  26 


R.  Helruhacker. 


198 


[20] 


Licht  von  Wirkung  ist.  Nur  die  ziemlich  seltenen  Quarzkörnchen  zeigen 
lebhafte  Farben,  Der  Amphibol  ist  beinahe  unverändert. 

14.  Diorit  von  Podbaba. 

Podbaba  liegt  4V4  Kilometer  nördlich  in  gerader  Richtung  von 
Prag  am  linken  Moldauufer.  Etwas  nördlicher  davon,  knapp  an  der 
Moldau  streicht  ein  mehrere  Meter  mächtiger  Dioritgang  in  tieferen 
untersilurischen  Grauwackenschiefern. 

Der  Diorit  von  schmutzig  grüner  Farbe,  feinem  Korn,  zeigt  unter 
der  Loupe  lichtgrünliche  Leistchen,  die  hie  und  da  gestreift  sind  und 
dem  Oligoklas  angehören.  Amphibol  ist  undeutlich  sichtbar;  dafür  aber 
erglänzen  eisenschwarze,  längliche  Körnchen  in  ziemlicher  Anzahl  in 
demselben. 

Der  Bruch  desselben  zeigt  ein  ganz  frisches  Aussehen;  dennoch 
aber  entwickelt  das  Gestein  lebhaft  C02  in  verdünnten  Säuren. 

Im  Dünnschliffe  erweiset  sich  derselbe  ebenfalls  als  gänzlich 
frisch.  Im,  wie  es  den  Anschein  hat,  vorherrschenden,  ziemlich  lebhaft 
grasgrün  gefärbten  Amphibol,  der  meist  unregelmässige,  lappige  Mas- 
sen, seltener  kurze  Säulchen  mit  Faserung  und  grünlichbräunlicher 
Farbe  bildet,  liegen  ohne  alle  Regel  ziemlich  lange,  ganz  frische,  deut- 
liche polysynthetische  Zusammensetzung  zeigende  Oligoklasleisten.  Einige 
mittelgrosse  hatten  bei  einer  Länge  von  1 mm  und  1 -3 mm,  die  Breite 
von  Vs  mm  und  Vio  mm  gezeigt. 

Länglich«*,  undurchsichtige,  schwarze  Körner,  von  denen  die 
grössten  etwa  V 3 mm  lang  und  Vs mm  breit  sind,  und  deren  kleinste 
Querschnitte  stabförmig  sind  und  etwa  1/i  mm  Länge  und  73omm  Breite 
besitzen,  lassen  sich  ungezwungener  als  Ilmenit  deuten.  Dieselben 
kommen  in  ziemlicher  Zahl  zum  Vorschein;  an  manchen  haften  ein 
oder  wenige  Läppchen  von  hyacinthrother  Farbe  und  ziemlicher  Durch- 
scheinheit,  jedenfalls  Haematit  in  dünnen  Schüppchen  als  wahrschein- 
liches Zersetzungsproduct  desselben. 

Quarzquerschnitte,  an  Krystalle  erinnernd,  bis  1/3  mm  Breite,  sind 
schon  viel  seltener  in  dem  deulichen  Mineralgemenge  anzutreffen.  Aus- 
serdem aber  finden  sich  noch  etwas  grössere  Körner  wie  der  Quarz, 
welche  nur  auf  Calcit  bezogen  werden  können.  Es  ist  das  lebhafte 
Aufbrausen  des  Gesteines  demnach  nicht  die  Folge  des  in  Zersetzung 
begriffenen  Oligoklases,  sondern  der  Calcit  in  dem  frischen  Gestein 
trägt  die  Ursache. 

Diorite  von  frischer  Zusammensetzung  mit  eingewachsenen  Calcit- 
körnern dürften  wohl  unter  die  selteneren  Vorkommnisse  gehören. 

In  der  ganzen  Masse  spärlich  vertheilt,  am  häufigsten  jedoch  noch 
in  den  Calcitkörnern  treten  schwarze,  undurchsichtige,  einzelne,  quadra- 
tische Körnchen  von  1I30  bis  1I60  mm  Kantenlänge  zum  Vorschein,  die 
zu  Magnetit  zu  stellen  wären.  Die  grösseren  Körnchen  sind  in  dem 
krystallinischen  Gemenge  des  Diorites  nur  ganz  spärlich  zerstreut, 
während  die  kleineren  den  Calcit  reichlicher  durchsetzen. 


[21] 


Ueber  einige  Quarzporphyre  und  Diorite  aus  dem  Silur  von  Böhmen. 


199 


Innerhalb  der  Amphibollappen  kommen  recht  spärlich  scharfkantig 
begränzte  Körnchen  von  V4  mm  Breite  und  blass  gelblichbräunlicher 
Farbe  zum  Vorschein,  welche  sich  am  naturgemässesten  als  Titanit 
deuten  Hessen. 

Bei  stärkeren  Vergrösserungen  lassen  sich  keine  Apatitnadeln 
entdecken;  Pyrit  fehlt  dem  Gestein  gänzlich. 


15.  Diorit  von  Lilbsic. 

Im  westlichen  Ende  des  Dorfes,  in  der  Nähe  des  Friedhofes, 
erheben  sich  aus  verkieselten,  unteren  Untersilur-Grauwackenschiefern 
kleine  Kuppen  von  Diorit,  der  ziemlich  kurzklüftig  erscheint,  und  durch 
Quarz-  und  Calcitadern  durchsetzt  wird.  Die  schmutzigbräunlichen  oder 
grauschwarzen,  kurzklüftigen  Bruchflächen  lassen  den  frischen  Bruch 
des  Gesteines  nicht  leicht  zum  Vorschein  kommen.  Im  frischen,  klein- 
körnigen Bruche  ist  er  grau,  aus  anscheinend  vorherrschenden,  weissen 
und  dunkel  ölgrünen  Nädelchen  in  wirrem  Durcheinander  bestehend. 

In  verdünnter  Säure  zeigt  derselbe  kaum  die  Spur  eines  Auf- 
brausens. 

Im  Dünnschliffe  erscheint  der  blassgrüne  Amphibol  als  vorherr- 
schender Gemengtheil  und  die  Oligoklasleisten  heben  sich  von  demselben 
auffallend  ab.  Dieselben  sind  auf  grünlichem,  durchsichtigem  Grunde 
als  weisse,  kaum  durchscheinende  bis  undurchsichtige  Stäbe  von  der 
Länge  bis  etwas  über  1 mm  und  von  der  Breite  von  1/16  bis  x/8  mm  nach 
allen  Richtungen  zerstreut.  Der  Amphibol,  welcher  bei  bedeutenderer 
Vergrösserung,  von  etwa  260  Mal,  sich  als  sehr  zart  parallelfaserig 
und  im  polarisirten  Lichte  deutliche  Farben  zeigend,  überhaupt  als 
unzersetzt  erweiset,  sticht  bedeutend  von  den  weissen  Oligoklasstäben  ab, 
welche  weder  auf  polarisirtes  Licht  einwirken,  noch  weniger  aber  Zwil- 
lingsstreifung erkennen  lassen. 

Diese  Umwandlung  des  Oligoklases  bei  Anwesenheit  von  unzer- 
setztem  Amphibol  ist  um  so  auffallender,  als  die  weissen  Plagioklas- 
leistchen  am  Bruche  noch  ziemliche  Spaltbarkeit  erkennen  lassen  und 
auch  in  Säuren  nicht  aufbrausen. 

Vielleicht  sind  die  Zersetzungsmineralien  desselben  der  Quarz 
und  Calcit,  welche  in  den  das  Gestein  durchziehenden  Klüften  ent- 
halten sind. 

Spärlich  sind  in  dem  Gemenge,  meist  in  den  Winkeln  der  sich 
Übereinanderlegenden  Plagioklasstäbchen,  kleine  körnige  Aggregate  von 
Magnetit  zu  finden,  welche  aus  winzigen  Octaedern  aufgebaut  zu  sein 
scheinen.  Viel  seltener  sind  einige  aus  wenigen  deutlichen,  verzogenen, 
hexagonalen  Schüppchen  von  hyacinthrother  Farbe  bestehenden  Aggre- 
gate von  Haematit,  wahrscheinlich  ein  Zersetzungsproduct  des  Mag- 
netites. 

Das  Gestein  wird  durch  rissige  Ktüftchen  von  besonderer  Zart- 
heit durchsetzt,  welche  bei  schwächerer  Vergrösserung  vielfach  rissig 


200 


R.  Helmliacker. 


[22] 


unterbrochen  erscheinen  und  mit  schwarzen  Psilomelanpartien  ausge- 
füllt sind,  in  denen  nur  ganz  vereinzelt  kleinwinzige  Pyritkörnchen 
oder  Gruppen  von  verwachsenen  Haematitschüppchen  stecken.  Nach 
diesen  Psilomelanldüftchen  bricht  der  Diorit  so  leicht.  Manches  Mal 
sind  die  Pyrite  in  einer  braunen  Wolke  von  langgezogener  Form  ein- 
gehüllt, was  der  aus  demselben  durch  Umwandlung  entstandene  Limo- 
nit ist,  welcher  ebenfalls  an  manchen  Klüftchen  als  Anflug  erscheint. 

Bei  stärkerer  Vergrösserung  erweist  sich,  dass  die  rissigen  Spalten 
Stränge,  oder  vielmehr  wolkig  gehäufte  Punkte  von  Psilomelan  ent- 
halten, welche  sich  oft  zu  häufigen  Aggregaten  sehr  zusammendrängen. 
Eines  der  undurchsichtigen  Psilomelanköruer,  jedoch  nicht  das  kleinste 
mass  a/soo mm,  so  dass  die  kleineren  als  wolkig  gehäufter  Staub  auf 
Viooo mm  Breite  veranschlagt  werden  können.  Bei  dieser  Vergrös- 
serung gewahrt  man  auch,  wie  die  zu  einer  Schicht  dicht  gedrängten 
Psilomelanstäubchen  in  einige  Amphibole  und  Plagioklase  als  Infiltra- 
tionsmineral gewissen  Spaltungsrichtungen  nach  selbst  ziemlich  tief 
eindringen. 

Apatit  und  Pyrit  konnten  im  krystallinischen  Gemenge  nicht  nach- 
gewiesen werden.  — 

Ausser  im  westlichen  Centralböhmen  finden  sich  Gesteine,  welche 
wahrscheinlich  ebenfalls  dem  Silur,  und  zwar  vorherrschend,  wenn 
nicht  gänzlich  dem  Untersilur  angehören,  im  Eisengebirge,  insbesondere 
in  dessen  nordöstlicher  Abdachung  in  bedeutenderer  Ausdehnung,  ab- 
gesehen von  den  zahlreichen  in  Granit  eingeschlossenen,  grossen  Schol- 
len untersilurischer  Gesteine  des  östlichen  Böhmens. 

Diese  wahrscheinlich  untersilurischen  Gesteine  werden  von  jün- 
geren oder  selbst  ein  sibirisches  Alter  besitzenden  Eruptivgesteinen  wie 
Graniten,  Quarz-  und  Orthoklasporphyren,  Syeniten,  Minetten,  Corsiten, 
Diabasen  und  Dioriten  durchsetzt. 

Von  diesen  Gesteinen,  die  für  die  Beschreibung  der  Gegend  be- 
arbeitet sind,  soll  hier  nur  ein  Theil  der  Diorite,  und  zwar  die  Ab- 
theilung der  Olivin-Diorite  Platz  finden,  weil  diese  Art  von  Dioriten 
in  Böhmen  bisher  noch  nicht  nachgewiesen  worden  ist  und  dieselben 
demnach  ein  erhöhtes  Interesse  darbieten. 

Es  sollen  hier  Olivin-Diorite  von  zwei  Fundörtern  beschrieben 
werden. 


IG.  Olivindiorit  yoii  Präcov. 

Der  Ort  Präcov  liegt  8V2  Kilometer  südlich  von  Chrudim,  am 
linken  Ohebka(Chrudi'mka)-Ufer.  Unter  der  Präcover  Kirche  ist  eine 
Wehre,  von  welcher  aus  nördlich  dem  rechten  Bachufer  entlang,  zwi- 
schen der  Wehre  und  der  darunter  liegenden  Mühle  von  Svidnic,  ein 
etwa  10  bis  12  Meter  mächtiger  Gang  von  Diorit,  steil  nach  Süden 
fallend,  an  der  Grenze  zwischen  aufgelösten,  metamorphischen  Schiefern 
und  nicht  mehr  frischem  Porphyr,  also  als  Contactgang  in  ziemlich 
frischer  Erhaltung  ausbeisst. 


[23]  Ueber  einige  Quarzporphyre  und  Diorite  aus  dem  Silur  von  Böhmen.  201 

Der  Dioritgang  besteht  aus  ziemlich  kleinkörnigem  und  feinkörnigem 
Gestein.  Im  ziemlich  kleiukörnigen  Olivin-Diorit  von  schmutzig  grau- 
lichgrüner Farbe  sind  mit  dem  scharfen  Auge,  noch  besser  mit  der 
Loupe,  diese  vier  Gemengtheile  zu  erkennen:  schwarzgrüne  Säulchen 
von  Amphibol,  weisse  Leistchen  von  Plagioklas  mit  nicht  recht  wahr- 
nehmbarer Streifung  auf  einer  der  Spaltungsflächen,  ölgrüne  Körnchen 
von  Olivin  und  Pyritkörnchen,  diese  letzteren  in  geringster  Menge  als 
accessorischer  Gemengtheil. 

Dass  das  ölgrüne  Mineral  wirklich  Olivin  ist,  wurde  durch  dessen 
Unschmelzbarkeit  vor  dem  Löthrohr  nachgewiesen. 

Ebenso  gut  zeigt  sich  die  Zusammensetzung  an  einer  angeschlif- 
fenen Fläche. 

In  verdünnten  Säuren  entwickelt  der  Olivin-Diorit  nur  unbedeu- 
tend wenig  Gasblasen. 

Im  Dünnschliff  sticht  der  Olivin  sogleich  vom  Amphibol  durch 
seine  lichtölgrüne  Farbe  ab,  wenn  das  Plättchen  noch  etwas  dicker 
erscheint;  in  ganz  dünnen  Plättchen  hellt  sich  die  Farbe  des  dunkel 
grasgrünen  Amphiboles  mehr  auf  und  die  Farbenunterschiede  des  liclit- 
ölgrünen  und  licht  grasgrünen  sind  nicht  mehr  so  schroff. 

Es  hat  den  Anschein,  als  wenn  Amphibol  und  Oligoklas  im  Gleich- 
gewichte vorhanden  wären,  die  grösseren  deutlichen  Säulen  des  meist 
in  unregelmässigen  Formen  erscheinenden  Amphiboles  von  faseriger 
Zusammensetzung  sind  beinahe  1 mm  lang  und  etwa  1/B  mm  breit,  kleinere 
Säulen  sind  jedoch  ebenfalls  zu  bemerken. 

Der  Oligoklas  tritt  besonders  im  polarisirten  Lichte  in  regellos 
gelegenen  Säulen  von  ziemlicher  Frische  und  sehr  deutlicher  Zwillings- 
streifung zum  Vorschein.  Die  meisten  Leisten  messen  in  der  Länge 
kaum  1 mm,  in  der  Breite  etwa  l/6 """.  Die  unbedeutenden,  etwas 
getrübten  Fleckchen  desselben  verhindern  nicht  die  Erscheinungen  der 
Polarisation. 

In  geringerer  Menge  tritt  der  Olivin  auf,  seine  Form  ist  meist 
regellos  begränzt,  obwohl  auch  rectanguläre,  kurze  Säulen  und  selbst 
hexagonale  Querschnitte  beobachtet  werden  können.  Das  Mineral,  welches 
in  der  Zusammensetzung  des  Gesteines  als  wesentlich  und  nicht  als 
accessorisch  zu  betrachten  ist,  erscheint  ganz  klar  ohne  Einschlüsse 
und  demnach  trotz  seiner  zahlreichen  Sprünge  ganz  frisch  und  deut- 
liche Farben  im  polarisirten  Lichte  zeigend,  indem  auch  die  Rissig- 
keit desselben  besonders  gut  zum  Vorschein  tritt.  Selbst  an  den  Rän- 
dern zeigt  es  keine  Anfänge  von  Umwandlung. 

In  ziemlich  wahrnehmbarer  Menge  treten  schwarze  Erzkörner 
zum  Vorschein.  Die  kleineren,  in  den  bei  einem  Oktaeder  möglichen 
Querschnitten,  die  grösseren  als  Aggregate  von  wenigen  kleineren.  Es 
ist  dies  Magnetit,  der  sich  am  Bruch  wegen  seiner  Kleinheit  nicht 
gezeigt  hat.  Die  grössten  einfachen  Magnetitkrystalle,  meist  als  Qua- 
drate im  Schliffe  zum  Vorschein  kommend,  messen  1j6  mm;  die  Aggre- 
gate von  kleineren  sind  natürlich  noch  etwas  ausgedehnter.  An  manchen 
Magnetit- Aggregaten  haften  wenige,  unregelmässig  hexagonale  Schuppen 


202 


R.  Helmliacker. 


[24] 


von  hyacintlirother  Durchscheinheit,  also  Haematit.  Die  Art  des  Vor- 
kommens des  Haematites  lässt  der  Vermuthung  Raum,  dass  derselbe 
ein  Zersetzungsproduct  des  Magnetites  sein  könnte. 

Den  Magnetit  findet  man  sehr  spärlich  im  Oligoklas  eingewachsen, 
häufiger  im  Amphibol,  am  häufigsten  aber  an  den  Amphibolrändern 
und  in  denselben  haftend;  dass  der  Olivin  ganz  frei  von  Einschlüssen, 
demnach  auch  frei  von  Magnetit  erscheint,  wurde  schon  oben  erwähnt. 

Sehr  spärlich  finden  sich  auch  kurze  (V 12  mm  lange,  V6o  mm  breite) 
Stäbchen  von  schwarzem  Erz,  welche  wohl  auf  Ilmenit  zurückzuführen 
wären. 

Ausserdem  sind  auch  sehr  wenige  regellos  geformte  Aggregate 
von  Pyrit  zu  bemerken. 

Bei  stärkerer  Vergrösserung  erscheinen  ziemlich  zahlreiche,  etwa 
1hoomm  breite  und  bis  1/3.mm  lange  Apatitnadeln  in  dem  Gemenge, 
meistens  im  Oligoklas  zerstreut.  — 

In  dem  feinkörnigen  Diorit  sieht  man  am  Bruche  bis  auf  den 
Olivin  dieselben  Gemengtheile  wie  in  dem  andern.  In  verdünnten  Säuren 
entwickelt  das  Gestein  etwas  weniger  Kohlensäurebläschen  und  ins- 
besondere aus  den  Oligoklaskörnchen. 

Im  Dünnschliffe  zeigt  sich  das  Gestein  ganz  ähnlich  wie  das  vor- 
hergehende zusammengesetzt,  nur  sind  die  Oligoklasleisten  halb  so 
gross  wie  früher,  der  Amphibol  noch  bedeutend  kleiner  als  die  Hälfte 
und  der  Magnetit  ebenfalls  etwas  kleiner  als  vordem. 

Der  Oligoklas  herrscht  vor  und  die  Leisten  desselben  zeigen 
deutliche  Zwillingsstreifung  im  polarisirten  Lichte,  obwohl  sie  ziemlich 
kleintleckig  getrübt  erscheinen.  Kur  die  grösseren  Oligoklase  sind  ziem- 
lich bedeutend  wolkig  getrübt  und  dürften  besonders  der  Sitz  des  Cal- 
cites  sein,  welcher  das  Aufbrausen  in  verdünnten  Säuren  bedingt. 

Der  Magnetit  und  Amphibol,  die  in  geringerer  Menge  als  der 
Oligoklas  vorhanden  sind,  halten  sich  der  Menge  nach  das  Gleich- 
gewicht. Die  Magnetitkörner  sind  an  die  grünen  Amphibole  gebunden 
und  immer  in  denselben,  oder  ihrem  Rande  nahe. 

Etliche  hexagonale  Körner  von  etwa  Vs  mm  Breite,  völliger  Durch- 
sichtigkeit und  Homogenität,  nur  manche  mit  kleinen  Sprüngen,  mit 
lebhaften  Farbenerscheinungen  im  polarisirten  Lichte  lassen  sich  als 
Olivin  deuten. 

Einige  Erzkörnchen  sind  Pyrit,  jedoch  im  Vergleich  zum  Mag- 
netit sehr  spärlich. 

Noch  kleinere,  sehr  spärliche,  rissige  Körnchen  von  Olivin  treten 
in  diesem  Gestein  beinahe  ganz  in  Hintergrund.  Apatitnadeln  konnten 
nicht  nachgewiesen  werden. 


Ueber  einige  Quarzporphyre  und  Diorite  aus  dem  Silur  von  Böhmen.  203 


17.  Olivin-Diorit  von  Bnkovan. 

Bukovany  liegt  beinahe  in  der  Mitte  an  der  Reichsstrasse  zwi- 
schen Chrudim  und  Cäslav;  von  Chrudim  16  Kilometer  gegen  Westen 
gerechnet.  Am  südöstlichen  Ende  von  Bukovan  erhebt  sich  ein  Hügel 
von  diesem  Gestein,  dessen  Blöcke  hier  zahlreich  herumliegen;  dasselbe 
bildet  einen  Gang-Stock  in  wahrscheinlich  tiefen  Untersilurgrauwacken. 

Entweder  bricht  das  Gestein  unregelmässig  polyedrisch,  oder 
haben  manche  Bruchstücke  eine  Tendenz  zum  unvollkommen  grob- 
schieferigen. Die  Farbe  ist  schmutzig  grünlich,  im  Bruche  ist  es  sehr 
feinkörnig.  Mit  der  Loupe  besehen  löst  sich  das  feinkörnige  Gemenge 
schwierig  in  dunkelgrüne  und  weisse  Punkte  auf.  Man  könnte  dem 
Gesteine  auch  den  Namen  eines  Aphanites  geben,  denn  die  Textur 
steht  nahe  der  Grenze  zum  dichten. 

In  diesem  sehr  feinkörnigen  Gesteine  finden  sich  deutliche  Körn- 
chen von  Olivin,  von  ölgrüner  Färbung,  stellenweise  bis  zur  Hanfkorn- 
grösse zerstreut. 

Verdünnte  Säuren  bleiben  ohne  Wirkung  auf  das  einem  Block 
entnommene  Handstück. 

Macht  man  aus  dem  Gestein  Dünnschliffe,  so  erkennt  man,  in 
nicht  völlig  dünn  geschliffenen  Proben  unter  dem  Mikroskope,  in  dem 
nicht  ganz  deutlichen  Gemenge  von  Amphibol  und  Oligoklas'  sogleich 
die  hexagonalen  oder  rechteckigen  Querschnitte  von  rissigem,  deutlich 
durchsichtigem,  lichtölgriinem  Olivin.  Die  grössten  hexagonalen  Olivin- 
querschnitte deuten  auf  bis  über  */ 2rara  breite,  und  dem  entsprechend 
lange  Olivinkrystalle. 

In  ganz  dünnen  Schliffen  ist  die  Textur  eine  mikrophyrartige. 
Grössere  Krystalle  von  ganz  frischem  Olivin  sind  in  einer  kleinkrystal- 
linischen  Masse  eingewachsen. 

Die  Grundmasse  besteht  aus  einem  regellosen  Gemenge  von  un- 
förmlichen Amphibol-Querschnitten  von  grasgrüner  Farbe,  unter  denen 
einzelne  gut  begränzte  Amphibolleistchen  zu  bemerken  sind,  mit  eben- 
solchen Leistchen  von  Plagioklas,  wahrscheinlich  Oligoklas. 

Die  messbaren  Leistchen  von  Amphibol  und  Oligoklas,  welcher 
frisch  ist,  sind  gleich  gross,  etwa  V12 mm  lang  und  V60  mm  breit. 

Die  Oligoklasleistchen  zeigen  im  polarisirten  Lichte  nur  einerlei 
Farbe,  da  sie  zu  eng  sind,  um  Zwillingsstreifen  zeigen  zu  können. 

Zwischen  dem  Gemenge  sind  nun  schwarze  Magnetitkörnchen  in 
mehreren  sich  vielfach  biegenden  Reihen  zerstreut,  so  dass  dadurch 
eine  Fluctuationstextur  angedeutet  erscheint.  Die  kleineren  Körner,  von 
denen  viele  deutlich  quadratisch  begränzt  sind,  haben  etwa  Vsso mm 
Oktaederkantenlängen,  obwohl  dies  nicht  die  kleinsten  sind. 

Selbst  an  den  Leistchen  der  beiden  anderen  Gemengtheile  bemerkt 
man,  einmal  auf  die  Textur  aufmerksam  gemacht,  dass  dieselben  sich 


204 


R.  Helmliacker. 


[261 


mit  ihrer  Längenrichtung  den  zeilenweise  gerichteten,  zerstreuten  Mag- 
netiterzkörnchen  anzupassen  scheinen  und  dadurch  die  Mikrofluctuations- 
textur  mit  bedingen  helfen. 

Die  Olivinkrystalle  bleiben  gänzlich  von  den  Einschlüssen  frei. 
Pyrit  und  Apatit  konnten  nicht  nachgewiesen  werden. 

Trotz  der  Rissigkeit  der  Olivinkrystalle  sind  dieselben  durchaus 
ganz;  nur  in  einem  Falle  wurde  ein  gesprungener  und  in  seinen 
beiden  Trümmern  klein  wenig  von  einander  geschobener  Olivinkrystall 
bemerkt. 


VI.  Augit  - Andesite  des  Smrekouz-  Gebirges  in  Süd- 

Steiermark. 


Von  Dr.  Felix  Kreutz. 

Die  tertiären  Eruptivgesteine  von  Süd-Steiermark  sind  bereits 
mehrfach  beschrieben  und  ein  grosser  Theil  derselben  ist  auch  ein- 
gehend mikroskopisch  und  chemisch  untersucht  worden.  Die  gesammte 
bezügliche  Literatur  ist  in  der  letzten  in  dieser  Zeitschrift  (J.  1873, 
Heft  1)  über  die  Eruptivgesteine  von  Steiermark  veröffentlichten  Ab- 
handlung von  Dr.  Richard  v.  Dräsche  angegeben.  Aus  dieser  wich- 
tigen Arbeit  ersieht  man,  wie  mannigfaltig  die  Zusammensetzung  der 
Andesite  in  diesem  beschränkten  Gebiete  ist,  indem  darin  ausser  einem 
Quarztrachyt  und  verschiedenen  Hornfelstrachyten  Quarz-Hornblende- 
Andesit,  Hornblende-Augit-Andesit,  Augit-Andesit,  Diallag-Andesit  und 
Hypersthen-Andesit *)  angeführt  werden. 

Sehr  ähnlich  diesen  Gesteinen  sind  auch  die  Gesteine  des  Smre- 
kouz-Gebirges  (von  welchem  v.  Dräsche  auch  einen  Diallag-Andesit 
beschreibt),  welches  an  der  Grenze  von  Steiermark  und  Kärnthen  über 
die  übrigen  Eruptivmassen  hervorragt,  verdienen  aber  ein  besonderes 
Interesse,  da  dieses  Gebirge  als  die  Haupteruptionsstelle  derselben 
bezeichnet  wird. 

Die  fünf  untersuchten  Gesteinsstücke  verdanke  ich  der  Güte  des 
Herrn  Prof.  Dr.  Eduard  Suess,  welcher  sie  selbst  an  Ort  und  Stelle 
geschlagen  und  deren  Vorkommen  in  den  Verhandlungen  der  k.  k.  geo- 
logischen Reichsanstalt  vom  J.  1868,  Nr.  2,  geschildert  hat;  es  sind 
durchwegs  Augit-Andesit e,  obgleich  sie  sich  untereinander  auffallend 
unterscheiden. 


‘)  Niedzwiedzki,  Andesit  von  St.  Egidi  in  Süd-Steiermark.  Mineralogische 
Mittheilungen  1872,  4.  Heft. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1877.  2.  Heft.  (Kreutz.) 


27 


206 


Felix  Kreutz. 


[2] 


1.  Grestein  vom  Kamen  Verch. 

Das  grünlich  braune,  dicht  weissgesprenkelte  Gestein  vom  Kamen 
Verch  (unter  dem  Gipfel)  besitzt  einen  sehr  unregelmässigen  Bruch 
und  zerfällt  bei  jedem  Versuch,  Splitter  vom  Handstück  abzuschlagen, 
in  grosse  Brocken.  Mit  freiem  Auge  kann  man  im  Gestein  nur  eine 
dicht  aussehende,  grünlichbraune,  schwach  fettglänzende  Grundmasse, 
welche  sich  leicht  in  unregelmässige  Körner  absondert  und  sehr  reich- 
lich in  derselben  eingebettete,  rauhe,  weisse  Feldspathkryställchen  von 
1-3”"“  Grösse  unterscheiden. 

Im  Dünnschliff  erscheint  bei  bedeutender  Vergrösserung  die  Grund- 
masse als  dichtes  Gemenge  feiner,  lichtgrüner  Augitmikrolithe,  in  wel- 
chem regelmässig,  aber  nicht  besonders  reichlich,  kleine  Magneteisen- 
körnchen vertheilt  sind;  sehr  spärlich  sind  dem  Augitmikrolithen- 
Gemenge  feine,  farblose  (Feldspath  ?)-Mikrolithe  eingestreut.  Bei  sehr 
starker  Vergrösserung  gewahrt  man  zwischen  den  Mikrolithen  etwas 
lichtgrünliches,  beinahe  farbloses  Glas. 

In  dieser  Grundmasse  liegen  in  grosser  Menge  schön  krystallisirte 
Feldspathe,  spärlicher  Augitkrystalle  und  schwarze,  opake  Körner.  Rost- 
braune Streifen,  welche  wahrscheinlich  von  einem  Zersetzungsproduct 
des  Eisenerzes  herrühren,  umgeben  als  schmale  Zone  beinahe  alle  aus- 
geschiedenen, grösseren  Feldspath-  und  Augit-Krystalle  und  ziehen 
sich  an  Rissen  und  Spalten  in  dieselben  hinein. 

Der  Feldspath  ist  deutlich  krystallisirt  und  ziemlich  klar;  er 
ist  vorwiegend  Plagioklas  und  nur  in  geringer  Menge  tritt  daneben 
auch  Sanidin  auf.  Die  den  Plagioklas  zusammensetzenden  Leisten  sind 
häufig  von  verschiedener  Länge,  wodurch  die  polysynthetischen,  läng- 
lichen Krystalle  an  ihren  Enden  ausgezackt  und  tief  eingesägt  erschei- 
nen. Der  Sanidin  in  regelmässig  ausgebildeten,  einfachen  Krystallen 
und  (karlsbader  Zwillingen  zeigt  sehr  deutlich  einen  schaligen  Bau,  die 
einzelnen  Schalen  haben  eine  sehr  verschiedene  Dicke.  Kleine  Ein- 
schlüsse von  Grundmasse  häufen  sich  meist  in  der  Mitte  der  Feld- 
spathkrystalle  an,  farblose  nadelförmige  Mikrolithe,  sowie  winzige  Magnet- 
eisenkörnchen finden  sich  hingegen  nur  sehr  spärlich  in  denselben  vor. 

Die  in  der  Grundmasse  ausgeschiedenen  Augitkrystalle  stehen 
an  Menge  den  Feldspathkrystallen  bedeutend  nach,  erreichen  jedoch 
die  Grösse  derselben,  da  sie  aber  mit  der  Grundmasse,  welche  dieselbe 
Farbe  wie  die  Augite  besitzt,  innig  verwachsen  sind,  so  kann  man  sie 
mit  freiem  Auge  im  Gestein  kaum  herausfinden.  Die  meisten  Augit- 
krystalle besitzen  abgerundete  Ecken,  viele  jedoch  haben  sehr  regel- 
mässige, scharfe  Formen.  Mehrere  Querschnitte  nach  der  Basis  durch 
Augitkrystalle  im  Dünnschliff  erscheinen  wegen  herrschenden  Pinakoiden 
fast  quadratisch  oder  rectangulär  mit  schmal  durch  die  Säulenflächen 
abgestumpften  Ecken. 

Im  polarisirten  Licht  treten  einige  schöne  Augitzwillinge  deutlich 
hervor;  es  sind  längliche,  dem  orthodiagonalen  Hauptschnitt  entspre- 
chende Krystalldurchschnitte,  in  welchen  mehrere  (4 — 12)  feine,  ver- 
schiedenfarbig erscheinende  Leisten  parallel  zu  einer  der  zwei,  den 


[3] 


Augit-Andesite  des  Smrekouz-Gebirges  in  Süd-Steiermark. 


207 


Säulendurchschnitt  an  den  beiden  Enden  begrenzenden  Linien  liegen. 
Der  Winkel,  welchen  die  zwei  den  langgezogenen  Säulendurchschnitt 
an  beiden  Enden  zuspitzenden  Linien  einschliessen,  wurde-  mit  dem 
Ocularmikrometer  in  einem  derselben  auf  121°,  in  einem  zweiten  auf 
122°  bestimmt.  Diese  sehr  häufig  an  den  Enden  länglicher  Augitdurch- 
schnitte  auftretenden  Linien  sind  demnach  wohl  Durchschnittslinien 
durch  die  Flächen  der  gewöhnlichen  Hemipyramide  P mit  einem  Winkel 
von  120°  48'  und  da  Zwillinge  nach  dieser  Fläche  nicht  bekannt  sind, 
so  ist  es  wahrscheinlich,  dass  die  besprochenen  Zwillingslamellen  nicht 
dieser  Fläche  vollkommen  parallel,  wie  es  den  Anschein  hat,  sondern 
der  Fläche  der  Hemipyramide  P2  entsprechend  eingelagert  sind. 

Eine  solche  Interponirung  von  Zwillingslamellen  in  den  Augiten, 
in  welchen,  wie  mir  scheint  die  Fläche  der  P2,  keineswegs  aber  das 
Orthopinakoid,  als  Zwillingsfläche  anzusehen  ist,  habe  ich  auch  in 
vielen  Augit-Andesiten  vom  Vihorlat-Gutin-Gebirge  beobachtet;  es  ist 
demnach  eine  in  den  Augit-Andesiten  ziemlich  häufige  Erscheinung. 

In  den  Augiten  sind  hin  und  wieder  Feldspathkörnchen,  feine 
Augitmikrolithe,  sowie  Magneteisenkörnchen  und  gelblichbraune  Körn- 
chen mit  verwaschenen  Umrissen  von  zersetztem  Magneteisen  einge- 
schlossen. In  den  meisten  Augitkrystallen  wimmelt  es  auch  stellenweise 
von  winzigen  ovalen  Glaseinschlüssen  mit  und  ohne  Bläschen. 

Die  ausgeschiedenen  opaken  Körner  sind  zum  Theil  Magneteisen, 
zum  Theil  scheinen  sie,  namentlich  die  grösseren,  welche  mit  einer 
weisslichen  Substanz,  die  auch  ihre  Umrisse  verwischt,  bedeckt  sind, 
Titaneisen  zu  sein. 


2.  Gestein  von  St.  Nicolai. 

Ein  bei  St.  Nicolai  ober  Laufen  einen  Lagergang  bildendes  graues, 
weiches  Gestein  von  ebenem,  etwas  feinerdigem  Bruch,  besteht  aus 
einer  grünlich  grauen  Grundmasse  und  reichlich  in  derselben  ausge- 
schiedenen 2— 4mm  grossen,  stark  zersetzten  Feldspath-Krystallen,  ihre 
Durchschnitte  auf  den  Bruchflächen  des  Gesteins  sind  meist  rechteckig. 

An  der  Oberfläche  ist  das  Gestein  in  Folge  der  Auswitterung  des 
Feldspathes  stellenweise  stark  porös  und  zellig.  Mit  Salzsäure  benetzt, 
braust  das  Gestein,  namentlich  der  Feldspath,  in  demselben  sehr  stark 
und  anhaltend. 

Die  Feldspathe  erscheinen  im  Dünnschliff  trüb  und  staubig,  doch 
kann  man  im  polarisirten  Lichte  Plagioklase  und  Carlsbader  Zwillinge 
unterscheiden,  obgleich  die  Grenzlinien  der  verzwillingten  Individuen 
undeutlich  und  verwaschen  erscheinen,  an  vielen  kann  man  jedoch  die- 
selben nicht  erkennen  und  es  bleibt  zweifelhaft,  ob  es  Orthoklase  oder 
sehr  zersetzte  Plagioklase  sind.  Ein  im  polarisirten  Lichte  deutlich  im 
Ton  der  schwachen  Färbung  sich  unterscheidender,  pai’allele  Streifen 
zeigender  Plagioklas,  in  welchem  kein  Kalkspath  zu  erkennen  war, 
wurde  bei  Benetzung  des  Dünnschliffs  mit  Salzsäure  unter  Aufbrausen 
beinahe  vollkommen  aufgelöst,  so  dass  nur  etwas  gelblicher  Staub  am 
Glase  zurückgeblieben  ist.  In  den  meisten  Feldspath-Krystallen  sind 

27* 


208 


Felix  Kreutz. 


[4J 

Einschlüsse  der  Grundmasse  von  rechteckigem  oder  unregelmässigem 
Umriss  in  der  Mitte  des  Krystalls  angehäuft,  in  vielen  ist  die  Grund- 
masse auch  zonenförmig  eingeschlossen.  Kleine,  gelblichbraune  Flecke 
in  den  Feldspathen  rühren  von  der  Zersetzung  kleiner  Magneteisen- 
körnchen her.  Winzige,  wasserhelle  Körnchen,  welche  hin  und  wieder 
in  der  matten  Feldspathmasse  liegen,  sind  Kalkspath,  der  grösste 
Theil  des  kohlensauren  Kalkes  scheint  sich  jedoch  als  feiner  Staub  in 
den  Poren  der  zersetzten  Feldspathe  abgesetzt  zu  haben. 

Die  schmutzig  grünlichgraue,  thonig  verwitterte  Grundmasse  ist 
dicht  erdig,  mit  wenigen  farblosen  und  gelblichen,  undeutlich  begrenzten 
Mikrolithen  und  zerstreuten,  mit  einem  gelblichbraunen  Saum  umgebe- 
nen Magneteisenkörnchen,  ausserdem  liegen  in  der  Grundmasse  grös- 
sere, meist  rundliche  Partieen  einer  gelblichgrünen,  wahrscheinlich 
durch  Umwandlung  von  Augit  entstandenen  Substanz.  In  einem  aus 
einem  kleinen  Brocken  des  Gesteinsstückes  angefertigten  Dünnschliff 
liegen  ziemlich  klare  Sanidine  und  Plagioklase,  sowie  einige  Augit- 
körner,  wie  solche  in  zwei  grösseren  Dünnschliffen  dieses  Gesteines 
nicht  zu  finden  waren. 


3.  Gestein  von  Fortance  Staue  am  Kamen  Verch. 

Das  dem  Felsit  oder  noch  mehr  einigen  Porphyriten  ähnliche, 
braunrothe,  dichte  Gestein,  mit  wenigen  Einsprenglingen  von  weissen, 
meist  gegen  lmm  grossen,  kaolinisirten  Feldspathkörnchen , besitzt 
matten  Glanz  und  beinahe  Quarzhärte.  Dünne,  sehr  scharfkantige 
Splitter  lassen  sich  leicht  vom  Handstück,  welches  eine  weisslichgraue 
Chalcedonader  durchzieht,  absprengen. 

Bei  grosser  Feinheit  des  Dünnschliffs  und  starker  Vergrösserung 
ersieht  man,  dass  das  Gestein  aus  einer  amorphen,  farblosen,  dichten, 
von  röthlichgelben  Globulithen  erfüllten  Masse  und  wenigen  darin  ein- 
gebetteten, kleinen  Feldspath-Kry Ställchen  und  Augitkörnern,  sowie  ein- 
gestreuten Magneteisenkörnchen  besteht. 

Der  Feldspath  ist  sehr  trüb  und  erscheint  im  polarisirten  Licht 
nur  sehr  schwach  gefärbt,  an  den  länglichen  Säulen  kann  man  meist 
keine  Zwillingsbildung  erkennen,  hin  und  wieder  kann  man  jedoch  einen 
Carlsbader  Zwilling  und  einige  schwach  gestreifte  Plagioklase  unter- 
scheiden. 

Spärlicher  noch  als  Feldspath  ist  der  Augit;  er  ist  klar,  gelblich- 
grün und  von  Sprüngen  nach  allen  Richtungen  durchsetzt  und  schliesst 
immer  ein  oder  auch  mehrere  Magneteisenkörnchen  ein. 

Kleine,  schwarze  Körner,  welche  in  der  Basis  vertheilt  liegen, 
sind  Magneteisen;  undurchsichtige,  schmutzig  braune,  dicht  von  röth- 
lichen  Globulithen  umgebene  Körner  oder  Blättchen  sind  wahrschein- 
lich Eisenglanz. 

In  Salzsäure  gelegt  wird  das  dunkle,  braunrothe  Gestein  lichtgrau. 

Nur  5'5  Proc.  des  Gesteins  sind  in  Salzsäure  löslich,  die  Auf- 
lösung enthält  Fe  und  Ca. 


[5] 


Augit-Andesite  des  Smrekouz-Gebirges  in  Süd-Steiermark. 


209 


Der  Kieselsäure-Gehalt  des  Gesteines  beträgt  69‘13  Proc.,  das 
specifische  Gewicht  ist  2-64. 

Ich  stelle  dieses  Gestein,  welches  Stur ’s  Hornfelstrachyten  ent- 
spricht, zu  den  Andesiten,  weil  es,  wenn  auch  spärlich  Augit  und  neben 
Orthoklas  auch  Plagioklas  führt  und  sein  speciiisches  Gewicht  dem  der 
quarzführenden  Augit-Andesite  vollkommen  entspricht,  für  einen  Liparit 
aber  zu  hoch  ist. 

In  dem  sogen.  Hornfelstrachyt  an  der  Pireschitz  fand  v.  Dräsche 
nur  Plagioklas  ohne  Orthoklas  und  das  specifische  Gewicht  des  Horn- 
felstrachytes  von  Tüffer  hat  er  sogar  zu  2‘75  gefunden.1)  (Das 
specifische  Gewicht  des  quarzfreien  Hypersthen-Andesites  von  St.  Egidi 
ist  nach  Niedzwiedzki  2‘72.) 

Der  hohe  Kieselsäure-Gehalt  dieses  Gesteines  ist  wohl  auffallend, 
doch  widerstreitet  er  nicht  der  Annahme,  dass  es  ebenso  den  quarz- 
führenden  Andesiten,  wie  die  Lithoidite  den  Quarztrachyten  entspricht. 


Gesteins-Einschlüsse  im  Tuff  von  Kamen  Yerch. 

Zwei  Gesteinsstücke,  welche  im  Tuff  unter  dem  Gipfel  von  Kamen 
Verdi  eingeschlossen  waren,  besitzen  ein  von  den  beschriebenen  Ge- 
steinen verschiedenes,  für  Augit-Andesite  überhaupt  fremdartiges  Aus- 
sehen ; sie  sind  den  Tescheniten  täuschend  ähnlich,  führen  jedoch  keine 
Zeolithe. 

4.  Das  eine  dieser  Gesteinsstücke  ist  durchaus  körnigkrystallinisch; 
es  besteht  nur  aus  rissigen,  länglichen,  ziemlich  frisch  aussehenden,  glän- 
zenden Plagioklaskrystallen  und  schwärzlichbraunen,  langen  Augitsäul- 
chen.  In  concentrirte  Salzsäure  gelegt,  zerfallen  die  Stücke  des  Gesteins 
in  einigen  Stunden  zu  Grus. 

Die  langsäulenförmigen  Plagioklase  herrschen  im  Gestein  bedeu- 
tend über  den  Augit  vor  und  sind  meist  in  Häufchen  verwachsen.  Im 
Dünnschliff  erscheinen  sie,  obgleich  makroskopisch  glasig  und  ziemlich 
frisch  aussehend,  stark  zersetzt,  porös  und  trübe,  doch  zeigen  sie  sehr 
schön  und  deutlich  ihre  polysynthetische  Zusammensetzung.  Die  Pla- 
gioklassäulen sind  nicht  wie  gewöhnlich  ausgezackt,  sondern  regelmässig 
umgrenzt.  Ausser  dem  Plagioklas  findet  man  im  Dünnschliff  nur  einige 
kleine,  feine,  im  polarisirten  Licht  einfarbig  erscheinende  Feldspath- 
säulchen,  welche  wahrscheinlich  Sanidin  sind. 

Die  aus  dem  Gestein  in  grösserer  Anzahl  herausgelösten  Feld- 
spathkrystalle  lösten  sich  in  concentrirter  Salzsäure  mit  Zurücklassung 
eines  leichten,  feinen,  weissen  Staubes  (Schüppchen)  von  Kieselsäure 
auf,  einige  kleine  Feldspathkörnchen  wurden  jedoch  nicht  aufgelöst. 
Der  Plagioklas  ist  demnach  Anorthit,  die  wenigen  ungelösten  Feldspath- 
körnchen gehören  dem,  auch  mikroskopisch  nachgewiesenen  obgleich 
sehr  spärlichen  Sanidin  an. 

Der  Augit  bildet  schön  ausgebildete,  lange  Säulen  mit  Pyramiden- 
flächen. In  jedem  Schliff  findet  man  mehrere  solcher  Augitsäulen-Durch- 


')  Diese  Mittheil.  1873,  S.  7 u.  9. 


210 


Felix  Kreutz. 


[6] 


schnitte  mit,  dem  Augenschein  nach  parallel  zu  einer  der  den  Säulen- 
durchschnitt an  den  Enden  begrenzenden  Linien,  interponirten  Leisten 
von  verschiedener  Dicke  und  Anzahl,  wie  in  dem  unter  1.  beschriebenen 
Gestein  vom  Gipfel  des  Kamen  Verch.  In  einem  Schliff  liegen  noch 
zwei  Contact-Zwillinge  nach  demselben  Gesetz  (Zwillingsebene  eine 
Fläche  der  Hemipyramide  P2?). 

Neben  diesen  Zwillingsbildungen  kommen  im  Gestein  auch  Augit- 
krystalle  mit  nach  dem  Orthopinakoid  interponirten  Lamellen  vor. 

Die  Augite  sind  klar,  die  meisten  enthalten  nur  stellenweise 
Schaaren  von  winzigen,  elyptischen  Glaseinschlüssen  mit  und  ohne 
Bläschen,  spärliche,  grössere,  schwarze  Einschlüsse  von  rundlicher  Form 
erweisen  sich  bei  starker  Vergrösserung  als  mit  feinem,  schwarzem 
Staub  erfülltes  Glas.  Die  meisten  Augite  enthalten  auch  ein  kleines 
Magneteisenkörnchen  eingeschlossen.  Feldspath  dringt  hin  und  wieder 
von  der  Seite  in  die  Augitkrystalle,  welche  auch  Körner  desselben 
umschliessen,  ein. 

In  einigen  Augiten  sieht  man  noch  bei  sehr  starker  (800maliger) 
Vergrösserung  schwarze,  undurchsichtige,  feine,  nadelförmige  (den 
schwarzen  Stäbchen  in  den  Labradoriten  ähnliche),  parallele  Mikrolithe, 
welche  von  einem  zweiten  System  solcher  paralleler  Mikrolithe  unter 
einem  spitzen  Winkel  (die  Messung  mit  dem  Ocular-Goniometer  ergab 
74°)  durchkreuzt  werden,  wie  man  sich  jedoch  durch  Drehen  der 
Mikroskopschraube  überzeugt,  liegen  die  einzelnen  Mikrolithen- Systeme 
nicht  in  einem  Niveau,  sondern  in  übereinander  liegenden  parallelen 
Ebenen.  Wegen  der  zur  Beobachtung  dieser  Stäbchen  nöthigen,  starken 
Vergrösserung,  bei  welcher  die  Umrisse  des  sie  einschliessenden  Kry- 
stalls  ausserhalb  des  Gesichtsfeldes  liegen,  konnte  die  Lage  der  Mikro- 
lithe im  Ivrystall  nicht  bestimmt  werden. 

5.  Das  zweite  im  Tuff  von  Kamen  Verch  eingeschlossene  Gesteins- 
stück ist  ebenfalls  vollkommen  krystallinisch  und  besteht  aus  einem 
Gemenge  kleiner,  weisser  Feldspathkörnchen,  in  welchem  stark  glän- 
zende, grüne  Augitsäulchen  liegen.  In  Salzsäure  gelegt,  zerfallen  die 
Stückchen  des  bröcklichen  Gesteins  bald  in  Grus. 

Im  Dünnschliff  erscheint  das  Gestein  als  ein  Aggregat  klarer, 
kleiner,  gut  ausgebildeter  Kryställchen  von  Plagioklas  und  Sanidin, 
zwischen  denen  klare  Augite,  sowie  einige  kleine,  makroskopisch  nicht 
erkennbare  Quarzkörnchen  eingestreut  sind,  stellenweise  drängen  sich 
wieder  mehrere  Augitkrystalle,  zwischen  welche  Feldspathe  und  Quarz- 
körnchen gleichsam  eingeklemmt  sind,  zusammen. 

Der  Feldspath  herrscht  im  Gestein  über  den  Augit  bedeutend 
vor,  ob  aber  Plagioklas  über  den  Sanidin  vorwaltet,  ist  schwierig  zu 
entscheiden. 

Der  Augit  bildet  scharfkantige  Säulchen,  die  jedoch  vielfach  zer- 
brochen sind,  so  dass  häufig  die  zwei  Hälften  derselben  ein  Knie  bil- 
den, manche  sind  wie  zerdrückt  und  ganz  zerbröckelt. 

Der  Quarz  kommt  nur  in  kleinen,  eckigen,  unregelmässigen  Körn- 
chen, welche  die  Lücken  zwischen  den  Feldspath-  und  Augitkrystallen 
ausfüllen,  untergeordnet  vor,  winzige  Glaseinschlüsse  in  demselben 
beweisen  seine  Ursprünglichkeit  im  Gestein. 


Augit-Andesite  des  Smrekouz-Gebirges  in  Süd-Steiermark. 


211 


P] 

Die  gegenseitige  Lage  der  Feldspathkryställclien,  sowie  der  häufig 
zerbrochenen  Augitsäulchen  ist  eine  solche,  wie  sie  lose,  auf  einen 
Haufen  zusammengeschobene  Kryställchen  haben  würden. 

Diese  eigenthümliche,  erst  im  Dünnschliff  sichtbare  Structur  des 
Gesteins  könnte  auf  die  Vermuthung  führen,  dass  seine  Gemengtheile 
ehemals  lose  angehäuft  waren,  dagegen  sprechen  jedoch  der  ganze  rein 
krystallinische  Habitus  des  Gesteins,  die  Schärfe  der  Umrisse  der  Feld- 
spathkrystalle  und  der  Augitsäulen  und  deren  Fragmente,  welche  keine 
Abrundung  der  Ecken  und  Kanten  zeigen,  sowie  der  Umstand,  dass 
zwischen  den  Krystallen  und  den  auseinandergedrängten  Fragmenten 
der  Augitkrystalle  keine  zerriebene  Mineralmasse  vorhanden  ist  und 
theilweise  auch  die  Glasführung  der  Quarzkörnchen. 

Mir  scheint  es  wahrscheinlich,  dass  dieses  (quarzführende  Augit- 
Andesit.) -Gesteinsstück  bei  einer  Eruption  fortgerissen  und  herausge- 
worfen worden  ist,  wobei  es  eine  starke,  die  Verschiebung  der  Gemeng- 
theile desselben  bewirkende  Pressung  erleiden  konnte.  Da  das  oben 
beschriebene,  ebenfalls  vollkommen  krystallinische  Anorthit-Gesteins- 
stiick  in  demselben  Tuff  eingeschlossen  war,  so  ist  es  nicht  unwahr- 
scheinlich, dass  es  auch  ein  vulkanischer  Auswürfling  sei. *) 

Die  Tuffrinde,  welche  dieses  Gesteinsstück  umhüllt,  ist  von  dem- 
selben scharf  getrennt,  lässt  sich  aber  schwer  absprengen.  Sie  besteht 
aus  einer  dichten  Masse  von  Gesteinsstaub,  in  welcher  kleine  Brocken 
von  allen  hier  beschriebenen  Gesteinen,  hauptsächlich  von  dem  harten, 
dichten  unter  Nr.  3 angeführten  kieselsäurereichen  Gestein  von  For- 
tance  Stane,  sowie  Krystall-Fragmente,  hin  und  wieder  auch  ganze 
Kryställchen  von  Sanidin,  Plagioklas  und  Augit  liegen. 


Die  Mannigfaltigkeit  der  Zusammensetzung  und  Structur  der 
Andesite,  welche  einer  Reihe  von  verschiedenen,  älteren  Eruptivgestei- 
nen entsprechen,  scheint  eine  Erweiterung  ihres  Begriffes  zu  verlangen, 
da  aber  Hypersthen  oder  Diallag  führende  Andesite  nur  untergeordnet 
neben  den  Augit-Andesiten  auftreten,  so  ist  es  angezeigt,  diese  Gemeng- 
theile nur  als  Vertreter  von  Augit  zu  betrachten;  die  Art-Verschieden- 
heit der  Plagioklase  in  den  Andesiten  kann  nur  zur  Aufstellung  von 
Unter- Abtheilungen  berechtigen. 

Als  eine  zwischen  den  Trachyten  und  Basalten  stehende  Gesteins- 
gruppe gehen  die  Andesite  scheinbar  in  diese  Gesteine  über,  so  dass 
man  versucht  sein  könnte,  die  Hornblende-Andesite  den  trachytischen 
Gesteinen  zuzutheilen  und  die  Augit-Andesite,  welche  ja  dieselben 
Gemengtheile  wie  die  Basalte  besitzen,  mit  diesen  zu  vereinigen,  da 
man  den  fast  constanten  Mangel  an  Olivin,  sowie  das  häufige  Eintreten 
von  Sanidin  und  Hornblende  in  den  Augit-Andesiten  nicht  als  deren 
entscheidendes  Merkmal  ansehen  kann.  Die  Zutheilung  der  Hornblende- 
Andesite  zu  den  Trachyten  und  der  Augit-Andesite  zu  den  Basalten 
würde  jedoch  ihrem  Wesen  nicht  entsprechen,  da  hierdurch  diese  beiden 


ff  Auffallend  ist  der  Umstand,  dass  jüngere  Anorthitgesteine  häufig  nur  in 
losen  Blöcken  gefunden  werden. 


212 


Felix  Kreutz. 


[8] 


Andesit-Arten  oder  eigentlich  Varietäten,  welche  denselben  charakteri- 
stischen, ebenso  von  dem  der  Trachyte  als  dem  der  Basalte  verschie- 
denen Habitus  besitzen,  in  der  Natur  meist  zusammen  Vorkommen  und 
in  einander  übergehen,  ungebührlich  weit  auseinander  gerissen  würden. 
Die  Andesite  lehnen  sich  wohl  an  die  Trachyte  einerseits  und  die 
Basalte  andererseits  durch  ihre  Endglieder  an,  so  dass  die  Entscheidung 
über  die  Einreihung  derselben  bei  Handstücken  manchmal  schwierig 
sein  kann,  da  sie  in  der  Zusammensetzung  und  dem  Aussehen  den 
Gesteinen  der  angrenzenden  Gesteinsgruppe  nahe  stehen,  ihr  wirkliches 
Uebergehen  in  Trachyte  und  Basalte  scheint  mir  jedoch  nicht  vollkom- 
men zweifellos  zu  sein,  da,  so  viel  mir  bekannt  ist,  nicht  festgestellt 
ist,  dass  irgendwo  ein  Gesteinslager  sich  in  einem  Theil  als  unzweifel- 
hafter Andesit,  in  einem  anderen  aber  als  unzweifelhafter  Basalt  er- 
wiesen hätte. 

Die  Verschiedenheit  des  Habitus  verschiedener  Gesteinsarten  von 
ähnlicher  mineralischer  Zusammensetzung  und  Structur  wird  nur  durch 
den  Unterschied  des  Quantitäts-Verhältnisses  ihrer  Gemengtheile  be- 
wirkt, namentlich  ist  der  Unterschied  des  Quantitäts- Verhältnisses  des 
Feldspathes  (mit  Quarz)  zu  dem  basischeren  Gemengtheil  (dem  Augit 
oder  der  Hornblende  mit  Glimmer,  Olivin,  Magneteisen,  Titaneisen, 
Eisenglanz,  gediegen  Eisen,  Kies)  der  verschiedenen  Gesteine  meist 
auffallend  und  charakteristisch.  So  unterscheidet  man  z.  B.  Syenit  von 
Diorit  gewöhnlich  auf  den  ersten  Blick  darnach,  dass  ersterer  feldspath- 
reicher  ist,  wenn  auch  das  Quantitäts-Verhältniss  von  Plagioklas  zu 
Orthoklas  in  den  verglichenen  Gesteinen  sehr  nahe  steht;  ebenso  unter- 
scheidet sich  Sanidin-Plagioklas-Trachyt  von  Hornblende-Andesit.  Angit- 
Andesit  unterscheidet  sich  auch  durch  die  grössere  Quantität  von  Feld- 
spatli  gegenüber  den  basischeren  Gemengtheilen  von  Basalt,  in  welchem 
den  letzteren,  namentlich  durch  grösseren  Eisenerzgehalt,  eine  bedeu- 
tendere Rolle  zukommt. 

Die  Art  und  das  relative  Mengen-Verhältniss  der  Gemengtheile 
der  Gesteine  bedingen  die  Grösse  ihres  specifischen  Gewichtes,  dieses 
ist  demnach  ein  sehr  wichtiges  Unterscheidungs-Kennzeichen  ähnlich 
zusammengesetzter  Gesteine,  wenn  man  dabei  ihre  Ausbildung  (körnig, 
halbkrystallinisch,  glasig),  welche  ebenfalls  das  specifische  Gewicht  be- 
•einflusst,  berücksichtigt. 

Ist  ein  wirklicher  Uebergang  von  Andesit  in  Basalt  vorhanden, 
d.  i.  kommen  Ströme  oder  Lager  von  Augit-Plagioklas-Gesteinen  vor, 
welche  in  einem  Theil  Andesit,  in  einem  anderen  Basalt  sind,  so  wäre 
das  einzige  Unterscheidungs-Merkmal  der  Endglieder  dieser  Gesteine 
nur  im  specifischen  Gewicht  zu  suchen. 


VII.  lieber  Miargyrit  und  Kenngottit. 

Von  L.  Sipöcz. 

Ueber  die  chemische  Zusammensetzung  des  Miargyrites  sind  bis- 
her nur  zwei  Untersuchungen  bekannt  geworden;  die  eine  bezieht  sich 
auf  das  Mineral  von  dem  Fundorte  Bräunsdorf  bei  Freiberg,  sie  wurde 
von  H.  Rose1)  ausgeführt,  die  zweite,  welche  von  R.  Helm  hack  er2) 
herrührt,  ist  unvollständig  und  bezieht  sich  auf  das  im  Adalberti' 
Hauptgange  zu  Pfibram  gefundene  Mineral. 

Es  konnte  daher  eine  neue  Untersuchung  des  Miargyrites  von 
einem  anderen  Fundorte  nur  willkommen  sein  und  ich  führte  desshalb 
eine  solche  aus,  als  ich  vor  Kurzem  von  Herrn  Dr.  A.  Brezina, 
Custos  am  k.  k.  Hof-Mineralien-Cabinet,  ein  mit  grosser  Sorgfalt  aus- 
gesuchtes, in  jeder  Beziehung  tadelloses  Material  erhielt.  Herr  Dr. 
A.  Brezina  theilt  mir  über  dasselbe  folgendes  mit:  „Auf  einem  ober- 
flächlich mit  feiudrusigen  Quarzkryställchen  bedeckten  Stücke  eines 
zersetzten  quarztracbytischen  Gesteines  sitzen  von  unten  nach  oben 
Sphalerit,  Miargyrit  und  Schilfglaserz,  die  letzteren  beiden 
zum  Theil  noch  von  gleichzeitiger  Bildung.  Als  Fundort  des  Stückes 
ist  mit  grosser  Wahrscheinlichkeit  Felsöbänya  anzusehen.“ 

Die  qualitative  Analyse  ergab  als  Bestandtheile  des  Minerales 
Schwefel,  Antimon,  Silber,  Blei,  Kupfer  und  Eisen;  die  Probe  auf 
Arsen  ergab  ein  negatives  Resultat. 


‘)  H.  Rose,  Ueber  die  in  der  Natur  vorkommenden  nicht  oxydirten  Verbin- 
dungen des  Antimons  und  des  Arseniks.  Poggendorff,  Annalen  der  Physik  und 
Chemie.  Bd.  XV,  S.  469. 

2)  R.  Helmhacker,  Berg-  und  Hüttenmännisches  Jahrbuch  der  Berg- Aka- 
demien zu  Leoben  und  Schemnitz  und  der  Montan-Lehranstalt  zu  Pi'ibram.  Bd.  XIII, 
S.  379;  ferner  A.  Kenngott,  Uebersicht  der  Resultate  mineralogischer  Forschungen 
in  den  Jahren  1862 — 1865,  S.  311. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1877.  2.  Heft.  (Sipöcz.), 


28 


214 


L.  Sipöcz. 


[2] 


Zur  quantitativen  Bestimmung  der  einzelnen  Bestandteile  wurde 
die  von  Berzelius  und  H.  Rose1)  angegebene  Behandlung  des  er- 
wärmten Minerals  mit  Chlor  angewendet,  die  Trennungen  und  Einzel- 
bestimmungen wurden  nach  den  gebräuchlichen  Methoden  ausgeführt. 

In  der  Anordnung  des  Apparates  zur  Aufschliessung  im  Chlor- 
gase habe  ich  eine  Modification  vorgenommen,  die  sich  als  recht  zweck- 
mässig erwiesen  hat;  das  gepulverte  Mineral  befand  sich  in  einem 
Porcellanschiffchen  und  dieses  in  einem  Verbrenuungsrohre,  das  an 
einem  Ende  ausgezogen,  nach  abwärts  gebogen  und  in  entsprechender 
Weise  mit  einem  Pettenkof er’schen  Absorptionsrohre  von  12 mm 
innerem  Durchmesser  in  Verbindung  stand;  diesem  Rohre  war  noch 
ein  kleiner  P eligot’scher  Absorptions- Apparat  angefügt.  Die  beiden 
Absorptions-Apparate  waren  mit  einer  Mischung  von  wässeriger  Salz- 
säure und  Weinsäurelösung  gefüllt.  Die  Anwendung  des  einen  Absorp- 
tions-Apparates genügt,  wie  die  Erfahrung  lehrte,  nicht,  um  alle  bei 
der  Einwirkung  des  Chlors  auf  die  Schwefelverbindung  entstehenden 
Producte  vollständig  aufzunehmen,  denn  obgleich  das  von  mir  verwen- 
dete Pettenkof  er’sche  Rohr  eine  Länge  von  nahezu  einem  Meter 
hatte,  so  gingen  doch  aus  demselben,  selbst  bei  sehr  mässig  geleitetem 
Chlorstrome,  noch  weisse  Nebel  fort;  dieselben  wurden  erst  in  dem 
Peligot’schen  Apparat  vollständig  zurückgehalten. 

Diese  Einrichtung  hat  sich  mir  viel  besser  bewährt  als  wenn  ich 
zwei  Peligot’sche  Apparate  nebeneinander  an  wandte,  in  welchem 
detzteren  Fall  gewöhnlich  noch  etwas  von  unabsorbirten  Nebeln  entwich. 

Die  Bestimmung  des  specifischen  Gewichtes  mit  dem  Picnometer 
ergab  bei  zwei  Versuchen  5'273  und  5-322,  im  Mittel  5'298.  Breit- 
haupt gibt  in  seiner  „Charakteristik  des  Mineralsystems“  1832,  S.  281 
für  den  Miargyrit  von  Bräunsdorf  das  specifisclie  Gewicht  zu  5"333 
bis  5'34  an.  R.  Helmhacker2)  fand  für  den  Miargyrit  vom  Adal- 
berti  Hauptgange  zu  Pribram  das  specilische  Gewicht  5'3.  Nach 
A.  W ei ss b ach3)  haben  die  Miargyrite  von  verschiedenen  Fundorten 
folgende  specifischen  Gewichte  („reducirt  auf  den  thermischen  Nullpunkt 
und  den  leeren  Raum“):  der  sächsische  5-236,  der  spanische  5-230, 
der  mexikanische  (von  Potosi)  5 -229. 

Bei  der  quantitativen  Analyse  wurden  folgende  Resultate  erhalten : 

I.  0-5912  Gramm  Miargyrit  gaben:  0-9319  Gramm  schwefelsaures 
Baryum,  entsprechend  0*128  Gramm  Schwefel,  0'3050  Gramm  antimon- 
saures Antimonoxyd,  entsprechend  0‘2416  Gramm  Antimon,  0-2468 
Gramm  Chlorsilber  und  0-0078  Gramm  metallisches  Silber,  entsprechend 
0-1935  Gramm  Silber,  0 0342  Gramm  schwefelsaures  Blei,  entsprechend 


q Handbuch  der  analytischen  Chemie  von  Heinrich  Rose,  6.  Aufl.,  herausg. 
von  R.  Finken  er.  Bd.  II,  S.  479. 

2)  1.  c. 

s)  A.  W ei  ss  b ach,  Beitrag  zur  Kenntniss  des  Miargyrits.  Poggendorff, 
Annalen  der  Physik  und  Chemie.  Bd.  125,  S.  455. 


[3] 


Ueber  Miargyrit  und  Kenngottit. 


215 


0-02336  Gramm  Blei,  0-0037  Gramm  Kupferoxyd,  entsprechend  0-00296 
Gramm  Kupfer  und  0'002  Gramm  Eisenoxyd,  entsprechend  0-0014 
Gramm  Eisen. 

II.  0-5818  Gramm  Miargyrit  gaben:  0’9296  Gramm  schwefelsaures 
Baryum,  entsprechend  0H276  Gramm  Schwefel,  0-2975  Gramm  antimon- 
saures Antimonoxyd,  entsprechend  0-23565  Gramm  Antimon,  0’250 
Gramm  Chlorsilber  und  0*0027  Gramm  metallisches  Silber,  entspre- 
chend 0-19085  Gramm  Silber,  0-0347  Gramm  schwefelsaures  Blei,  ent- 
sprechend 0-0237  Gramm  Blei,  0-0038  Gramm  Kupferoxyd,  entspre- 
chend 0 00303  Gramm  Kupfer  und  0-0012  Gramm  Eisenoxyd,  ent- 
sprechend 0-00084  Gramm  Eisen. 

Aus  diesen  beiden  quantitativen  Analysen  ergibt  sich  für  den 
untersuchten  Miargyrit  folgende  procentische  Zusammensetzung: 


I. 

H. 

Mittel 

Schwefel 

. . 21-65 

21-94 

21*80  Proc 

Antimon 

. . 40-86 

40-50 

40-68 

Silber 

. . 32-74 

32-80 

32-77 

n 

Blei  . . 

. . 3-95 

4*07 

4*01 

3) 

Kupfer  . 

. . 0-50 

0-52 

0*51 

3) 

Eisen 

. . 0-23 

0*14 

0-19 

33 

99-93 

99-97 

99*96 

33 

Die  Analysen  von  II.  Rose  und  R.  II  elmhack  er  haben  für 
den  Miargyrit  bis  auf  den  Bleigehalt  näherungsweise  dieselben  Resul- 
tate geliefert  wie  aus  der  folgenden  Zusammenstellung  ersichtlich  wird: 


H.  Rose1) 

R.  Helmhacker2) 

L.  Sipöcz 

Schwefel  . 

. 21*95 

20-86 

21*80 

Antimon  . 

. 38-61  3) 

38-42 

40-68 

Silber  . . 

. 36-40 

34*87 

32-77 

Blei  . . . 

— 

— 

4-01 

Kupfer  . . 

. 1-06 

— 

0*51 

Eisen  . . 

. 0-62 

— 

0-19 

98*64 

94*15 

99-96 

Eine  erhebliche  Differenz  besteht  nur  in  den  Zahlen,  welche  den 
Silbergehalt  ausdrücken,  und  diese  ist  darin  zu  suchen,  dass  in  dem 
von  mir  untersuchten  Minerale  eine  nicht  unbedeutende  Menge  von 
Blei  enthalten  ist,  während  der  von  H.  Rose,  sowie  der  von  R.  Helm- 
hacker untersuchte  Miargyrit  kein  Blei  enthielt.  R.  Helmhacker 


')  l.  c. 

2)  1.  c.  Helmhacker  hat  nur  Schwefel,  Silber  und  Antimon  quantitativ 
bestimmt,  Angaben  über  die  anderen  Bestandtheile  fehlen. 

8)  In  der  Abhandlung  von  Rose  ist  für  das  Antimon  die  Percentzahl  39’ 14 
angegeben,  dieselbe  ist  unter  Zugrundelegung  des  Atomgewichtes  von  Antimon  = 
129  erhalten ; wird  das  jetzt  gütige  Atomgewicht  des  Antimons  = 122  angenommen, 
so  ergibt  sich  die  obige  Percentzahl. 


28* 


216 


L.  Sipöcz. 


[4] 


hat  zwar  keine  vollständige  quantitative  Analyse  des  Miargyrites  ge- 
liefert, er  führt  aber  doch  das  Blei  überhaupt  nicht  unter  den  Bestand- 
teilen desselben  auf. 

H.  Rose  sagt  in  seiner  classischen  Arbeit:  „Ueber  die  in  der 
Natur  vorkommenden  nicht  oxydirten  Verbindungen  des  Antimons  und 
des  Arseniks“ Q bezüglich  des  Vorkommens  von  Blei  in  den  Verbin- 
dungen der  schweien  Metalle  mit  Schwefel  folgendes:  „Die  Schwefel- 
basen, mit  welchen  Schwefelantimon  und  Schwefelarsenik  zusammen 
Vorkommen,  sind  folgende : Schwefelblei,  Schwefelsilber,  Schwefelkupfer, 
Schwefelzink  und  Schwefeleisen.  Alle  diese  kommen  nie,  wenigstens  in 
den  Verbindungen,  die  ich  analysirt  habe,  zusammen  vor,  doch  finden 
sich  häufig  die  vier  letzten  zugleich  in  Verbindungen,  z.  B.  in  den 
Fahlerzen.  Ich  habe  nie  gesehen,  dass  Schwefelblei  mit  den  übrigen 
Schwefelbasen  zusammen  vorkommt,  ausgenommen  mit  dem  Schwefel- 
kupfer und  manchmal  mit  kleinen  Quantitäten  von  Schwefeleisen,  die 
jedoch  so  klein  sind,  dass  sie  nicht  wesentlich  zur  Zusammensetzung 
der  Verbindungen  zu  gehören  scheinen.  Die  Verbindungen,  die  kein 
Schwefelblei  enthalten,  sind  völlig  frei  von  Blei,  auch  wenn  sie  mit 
Bleiglanz  umgeben  sind,  oder  ihre  Krystalle  in  denen  des  Bleiglanzes 
sitzen.  Ich  fand  ferner,  dass  Schwefelblei  nur  mit  Schwefelantimon, 
nie  aber  mit  Schwefelarsenik  Verbindungen  bildet,  während  die  übrigen 
Schwefelbasen  mit  beiden  verbunden  Vorkommen.“ 

Diese  Angabe  von  H.  Rose  ist  durch  spätere  Untersuchungen 
nicht  bestätigt  worden;  ich  erinnere  nur  an  den  Jordan it,  von 
welchem  ich  nachgewiesen  habe* 2),  dass  er  nach  der  Formel  As2  Vb^  S7 
zusammengesetzt  ist.  Auch  der  vorliegende  Fall  entspricht  nicht  den 
Erfahrungen  H.  Rose’s,  der  nie  Schwefelblei  neben  Schwefelsilber  in 
einer  Verbindung  mit  Schwefelantimon  oder  Schwefelarsen  gefunden  hat. 

H.  Rose  hat  die  Zusammensetzung  des  Miargyrits  nach  seiner 
Analyse  durch  die  Formel  Sb  Ag  S2  (jetzige  Atomgewichte)  ausgedrückt; 
dieser  Zusammensetzung  entspricht  nach  der  jetzt  gebräuchlichen 
Nomenclatur  die  Benennung  sulfantimonigsaures  Silber  oder  Silbersulf- 
an timonit. 3) 

Der  von  mir  untersuchte  Miargyrit  entspricht  derselben  Formel, 
wenn  man  die  Annahme  macht,  dass  ein  Theil  des  Silbers  durch  das 
Blei  isomorph  vertreten  ist  und  zu  dieser  Annahme  ist  man  wohl 
berechtigt,  man  braucht  nur  an  die  silberhaltigen  Bleiglanze  zu  denken. 

Rechnet  man  nämlich  aus  den  Resultaten  meiner  Analysen  das 
Verhältniss  der  Atomgewichte,  so  ergibt  sich  (wenn  man  die  geringen 
Mengen  von  Kupfer  und  Eisen  unberücksichtigt  lässt  und  1 Atom  Blei, 
2 Atomen  Silber  gleichwerthig  setzt)  dasselbe  für  Schwefel  : Antimon  : 

: Silber  = OBS  13  : 03334  : 0‘3422,  welches  sehr  näherungsweise  auf 


‘)  Poggendorff,  Annalen  der  Physik  und  Chemie,  Bd.  XY,  S.  454. 

2)  Jordanit  von  Imfeld  im  Binnenthal,  von  L.  Sipo'cz.  Tschermak’s  Min. 
Mittheil.  1873.  S.  29  und  132. 

3)  Yergl.  Geuther,  Lehrbuch  der  Chemie  1870.  S.  515. 


[5] 


Ueber  Miargyrit  und  Kenngottit. 


217 


die  Formel  S2  Sb  Ag  passt.  Die  mittleren  analytischen  Resultate  stim- 
men, wie  die  folgende  Zusammenstellung  zeigt,  recht  gut  mit  den  aus 
dieser  Formel  berechneten  Werthen.  Die  4-01  Proc.  Blei  sind  in  die 
äquivalente  Menge  Silber,  d.  i.  4'18  Proc.  umgerechnet,  Kupfer  und 
Eisen  nicht  berücksichtigt: 


Berechnet  Gefunden 

S2  . 64  21  77  21-80 

Sb  . 122  41-50  40-68 

Ag  . 108  36-73  36’95 


294  100-00 


Nachdem  ich  durch  die  eben  beschriebene  Untersuchung  des 
Miargyrites  von  Felsöbänya  dessen  Zusammensetzung  ermittelt  hatte 
und  mit  dieser  das  über  die  chemische  Zusammensetzung  des  Kenn- 
gottit’s  Bekannte  verglich,  schien  es  mir  sehr  wahrscheinlich,  dass 
diese  beiden  Minerale  identisch  oder  doch  mindestens  sehr  nahe  ver- 
wandt mit  einander  sein  müssten.  Kenngott1)  macht  über  die  Eigen- 
schaften des  nach  ihm  von  Haidinger2)  benannten  Minerales  fol- 
gende Angaben:  Es  schmilzt  vor  dem  Löthrohr  auf  der  Kohle  leicht 
zu  einer  schwarzen  glänzenden  Kugel  und  hinterlässt  in  der  Reduc- 
tionsflamme  zuletzt  ein  Silberkorn  (etwa  30  Proc.  betragend);  ausser 
Silber  enthält  es  noch  Blei,  Antimon  und  Schwefel  als  wesentliche 
Bestandtheile. 

A.  Weissbach3)  zieht  aus  seinen  krystallographischen  Unter- 
suchungen am  Miargyrit  und  Kenngottit  den  Schluss,  dass  wenn  die 
beiden  Minerale  nicht  identisch,  so  doch  mit  einander  isomorph  sein 
dürften.  Er  sagt  (1.  c.  Seite  457)  bei  Gelegenheit  der  Besprechung  des 
Vorkommens  vom  Miargyrit:  „Endlich  würde  zu  den  angeführten  fünf 
Localitäten  noch  Felsöbänya  als  sechster  Fundort  des  Miargyrits  hin- 
zugefügt werden  müssen,  falls  eine  genauere  Analyse  eine  wesentliche 
Verschiedenheit  in  der  chemischen  Zusammensetzung  zwischen  Kenn- 
gottit und  Miargyrit  nicht  ergeben  sollte.“ 

Um  eine  definitive  Entscheidung  zu  ermöglichen,  musste  nun 
zunächst  daran  gedacht  werden,  die  quantitative  Zusammensetzung 
des  Kenngottit’s  zu  ermitteln,  da  eine  vollständige  quantitative  Analyse 
dieses  seltenen  Minerals  bisher  nicht  ausgeführt  worden  war.  Ich  wen- 
dete mich  desshalb  an  Herrn  Director  Tschermak  mit  der  Bitte, 


')  A.  Kenngott,  Beschreibung  eines  neuen  Minerals  von  Felsöbänya  in 
Ungarn.  Poggendorff,  Annalen  der  Physik  und  Chemie.  Bd.  98,  S.  165. 

2)  M.  W.  Haidinger,  Der  Kenngottit,  eine  neue  Mineralspecies  von  Felsö- 
bänya. Sitzungsber.  d.  matkem.-naturwiss.  Classe  der  Academ.  d.  Wissenschaft,  zu 
Wien.  Bd.  XXII,  S.  236. 

3)  1.  c. 


218 


L.  Sipöcz. 


[6] 


er  möchte  diese  Untersuchung  durch  Ueberlassung  einer  genügenden 
Menge  von  Kenngottit  ermöglichen.  Herr  Director  Tschermak  hatte 
die  Güte,  meiner  Bitte  zu  entsprechen,  indem  er  mir  einige  Krystalle 
des  in  Rede  stehenden  Minerals  gab ; ich  erfülle  eine  angenehme  Pflicht, 
indem  ich  ihm  dafür  meinen  innigsten  Dank  ausspreche. 

Zunächst  bestimmte  ich  an  dem  Kenngottit  das  specifische  Gewicht 
und  fand  dasselbe  in  zwei  Versuchen  5-3822  und  5-2918,  im  Mittel 
5-337. 

Als  Bestandtheile  ergab  die  qualitative  Analyse  genau  so  wie 
beim  Miargyrit:  Schwefel,  Antimon,  Silber,  Blei,  Kupfer  und  Eisen. 

Die  quantitative  Analyse  wurde  genau  so  ausgeführt,  wie  die  des 
Miargyrits,  ich  erhielt  folgende  Zahlen: 

0-4813  Gramm  Kenngottit  gaben:  0-7299  Gramm  schwefelsaures 
Baryum,  entsprechend  0-10024  Gramm  Schwefel,  0-2417  antimonsaures 
Antimonoxyd,  entsprechend  0-1915  Gramm  Antimon,  0-2165  Chlorsilber 
und  0 0082  Gramm  metallisches  Silber,  entsprechend  0-1712  Gramm 
Silber,  0'0125  Gramm  schwefelsaures  Blei,  entsprechend  0-00854  Gramm 
Blei,  0-0030  Gramm  Kupferoxyd,  entsprechend  0’0024  Gramm  Kupfer 
und  0-0017  Gramm  Eisenoxyd,  entsprechend  0’0012  Gramm  Eisen. 

Daraus  folgt  als  procentisehe  Zusammensetzung  für  den  Kenn- 
gottit: 

Schwefel  ....  20-66  Proc. 

Antimon 39"46  „ 

Silber 35-28  „ 

Blei 176  „ 

Kupfer 0'50  „ 

Eisen 0-25  „ 

97-91  Proc. 

Der  etwas  grössere  Verlust  bei  dieser  Analyse  ist  theilweise 
darauf  zurückzuführen,  dass  die  verwendeten  Kenngottit-Krystalle  an 
der  Oberfläche  ein  wenig  verwittert  und  demnach  mit  einer  dünnen 
Oxydschichte  bedeckt  waren.  Ich  konnte  mich  begreiflicherweise  nicht 
dazu  entschliessen,  die  oberflächliche  Schichte  mechanisch  zu  entfernen, 
weil  ich  dadurch  zu  grosse  Verluste  an  dem  ohnediess  spärlichen 
Material  erlitten  hätte. 

Das  Verhältniss  der  Atomgewichte  von  Schwefel : Antimon  : Silber 
ist  hier  (1  Atom  Blei  wieder  2 Atomen  Silber  gleich werthig  gesetzt) 
= 0*6456  : 0 3234  : 0"3437  und  aus  diesen  geht  die  kleinste  Formel 
S2  Sb  Ag  hervor.  Die  Uebereinstimmung  der  analytischen  Daten,  mit 
den  aus  dieser  Formel  berechneten  Zahlen  ist  aus  Folgendem  er- 
sichtlich : 


berechnet 

gefunden 

64 

= 21-77  • 

• • 20-66 

Sb 

122 

= 41-50  • 

• • 39-46 

Ag 

108 

= 36-73  • 

• • 3712 

294 


100-00 


[7] 


Ueber  Miargyrit  und  Kenngottit. 


219 


Auch  hier  habe  ich  die  gefundene  Bleimenge  in  die  äquivalente  Silber- 
menge umgerechnet,  sowie  Kupfer  und  Eisen  nicht  berücksichtigt. 

Der  bequemen  Uebersicht  wegen  habe  ich  noch  in  der  folgenden 
Tabelle  sämintliche,  von  mir  für  den  Miargyrit  und  Kenngottit  erhal- 
tenen Mittelzahlen,  sowie  die  von  H.  Rose  für  den  Miargyrit  von 
Bräunsdorf  gefundenen  Zahlen  und  endlich  die  aus  der  Formel  Sb  Ag  S, 
berechneten  Werthe  zusammengestellt: 


berechnet  für 

Miargyrit 

Miargyrit 

Sb  A g S,, 

von  Bräunsdorf 

von  Felsöbänya 

Schwefel 

• • 21-77 

21-95 

21-80 

20-66 

Antimon 

• • 41-50 

38-61 

40-68 

39-46 

Silber  • 

• • 36-73 

36-40 

32'77  1 . 

35-28 

Blei  • • 

. . — 

— 

4‘01  1 ) 

1-76 

Kupfer  • 

. . _ 

1-06 

0-51 

0-50 

Eisen  • 

• • — 

062 

0-19 

0-25 

10000 

98-64 

99-96 

97-91 

Specifisches  Gewicht  • 

• • 5-336 

5-298 

5-337 

37121) 


Aus  meinen  Untersuchungen  geht  demnach  hervor,  dass  der 
Miargyrit  von  Felsöbänya  und  der  Kenngottit  ebenso  nach 
der  Formel  Sb  Ag  S,  zusammengesetzt  sind,  wie  der  Miargyrit  von 
Bräun  sdorf  und  Pf  ihr  am,  ein  Theil  des  Silbers  ist  in  den  von 
mir  untersuchten  Mineralen  durch  Blei  ersetzt.  Man  wird  demnach  den 
Kenngottit  als  bleihaltigen  Miargyrit  aufzufassen  haben,  d.  i.  als 
eine  isomorphe  Mischung  der  beiden  Verbindungen  Sb,  Ag,  und 
Sb. j Pb  * S^,  von  denen  nach  den  Untersuchungen  von  H.  Rose  die 
erstere  als  Miargyrit  von  Bräunsdorf,  die  zweite  als  Zinckenit 
bereits  bekannt  ist. 


Die  natürlichen  Antimonverbindungen:  Antimonglanz,  Miargyrit, 
Kenngottit,  Zinckenit,  Brogniartit  und  dunkles  Rothgültigerz  lassen 
sich  so  in  eine  Reihe  anordnen,  wie  das  Antimonigsäure-Anhydrid  und 
dessen  drei  theoretisch  mögliche  Hydrate: 


Sb  , 03 

Antimonigsäure-Anhydrid 

Sb  0 ( OH) 
erstes  Hydrat. 

Sb , 0,  (OH), 

erstes  Hydrat  (2  Moleküle). 


Sb,  s3 

Antimonglanz. 

Sb  S (SAg) 

Miargyrit. 

Sb,  S,  ( S,Pb ) 

Zinckenit. 


')  Das  Blei  ist  hier  auf  die  äquivalente  Menge  Silber  umgerechnet  worden. 


20 


Sb2  0 (OH)i 

zweites  Hydrat. 

Sb  (OH) 3 

drittes  Hydrat. 


L.  Sipcicz. 

Sb2  S (ÄgS)2  ( PbS2 ) 

Brongniartit. 

Sb  (SArj% 
dunkles  Rothgültigerz. 


[8] 


Wien,  Laboratorium  des  Prof.  E.  Ludwig.  April  1877. 


VIII.  Notizen. 

Nachtrag  zu  A.  Sadebeck,  über  die  Krystallisation  des  Struvits. 

Ulrich  beschreibt  in  „Contributions  to  the  Mineralogy  of  Vic- 
toria, Melbourne  1870“  Krystalle  aus  dem  australischen  Guano,  welche 
in  den  Skipton  caves  bei  Ballarat  gefunden  wurden.  Dieselben  haben 
im  Wesentlichen  den  IV.  Typus  und  lassen  den  Hemimorphismus  etwas 
zurücktreten,  indem  derselbe  hauptsächlich  nur  durch  den  Unterschied 
der  obern  und  untern  Basisfläche  erkennbar  ist.  Alle  sieben,  schon  von 
Marx  beobachteten  Formen  sind  vorhanden  und  die  Winkel  stimmen 
gut  mit  denen  der  Hamburger  Krystalle  überein : 

m/m  Ulrichs  o/o  = 95°  20' 

p\p  „ n/n  = 83°  24' 

p/o  „ n/m  = 138°  12' 

hjh  „ plp  = 58° 

s/s  „ t/t  = 63°  20'. 

Ulrichs  oktaedrische  Flächen  scheinen  mit  t identisch  zu  sein 
und  sollen  auch  Neigung  zur  hemiedrischen  Ausbildung  haben. 

Sand  aus  der  Sahara. 

Zu  der  hier  erwähnten  Untersuchung  dienten  Sande  von  folgenden 
Punkten: 

1.  Von  den  grossen  Dünen  bei  Tuggurt. 


2-  n >) 

n 

„ Temain,  Gegend  von  Ziona. 

3-  „ „ 

n 

„ Souf  bei  El-Goub. 

4.  „ „ 

n 

n 

„ Sidi-Rachel,  Strasse  nach  Tuggurt 

an  der  Grenze  des  Schott  Melgirh. 

5.  Von  den  kleinen  Dünen  an  der  Grenze  des  Oued-Retem,  Pla- 
teau von  Harkath. 

Von  diesen  Sandproben  wurden  von  jeder  gleich  viel  genommen 
und  wurde  das  Ganze  gemischt,  um  annähernd  die  Zusammensetzung  der 
Oberfläche  jener  grossen  Sahara-Depression  zu  erhalten,  welche  sich 
von  Elgouath  bis  Gdamie  und  bis  an  den  Fuss  des  Djebel-Hogar  erstreckt 
und  deren  Mittelpunkt  die  grosse  Schott-Megrirh  ist.  Die  Sande  gleichen 
sich  übrigens  und  haben  dasselbe  Aussehen,  sowie  dieselbe  fahle  Farbe 
(Algerische  Sande). 

Mineralogische  Mittheilungen.  1877.  2.  Heft.  (Notizen.) 


29 


222 


Notizen. 


[2] 


Der  Sand  enthält  vorwiegend  weisse,  durchsichtige  Körner  von 
Quarz,  dagegen  keinen  Feldspath,  jedoch  Körnchen  von  eisen-  und 
thonerdehaltigem  Gyps  und  auch  von  reinem  Gyps. 

Unter  den  Körnern  des  letzteren  sieht  man  oft  solche,  die  theil- 
weise  ihr  Wasser  verloren  haben.  Die  Blättchen  sind  voll  von  weissen 
undurchsichtigen  Pünktchen,  welche  die  Stellen  angeben,  wo  der  Anhy- 
drit gebildet  wurde.  Die  Erscheinung  rührt  wohl  von  glatten  Quarz- 
körnern her,  welche  in  der  Sonne  als  Brenngläser  wirkten. 

Graue  körnige  Partikel  im  Sande  bestehen  aus  Kalk-  und  Mag- 
nesia-Carbonat. Man  findet  auch  abgerollte  Körnchen  von  Eisenoxyd, 
welche  aus  Eisenkies  entstanden  sind,  dessen  Krystallform  zuweilen 


noch  erkannt  werden  kann. 

Die  Analyse  ergab : 

Kieselsäure,  in  kochendem  Königswasser  löslich 2*29 

„ unlöslich 70*57 

Thonerde,  in  kochendem  Königswasser  löslich  • • 0*30 

„ unlöslich 3*06 

Kalkerde 7*06 

Magnesia 0*33 

Eisenoxyd 0*63 

Schwefelsäure 9*78 


Wasser  und  organ.  Substanz  (Glühverlust  bei  dunkler  Rothgluth)  4*92 

lüm 

Die  Sande  geben  oft  an  das  Wasser  kleine  Mengen  von  Chlor- 
natrium und  von  schwefelsaurem  Natron  ab.  In  einem  Falle  war  die 
Menge  beider  ungefähr  0*085  Proc.  Hievon  abgesehen,  kann  man  die 
mineralogische  Zusammensetzung  folgender  Art  berechnen: 

Kieselsäure  f ^ ....  , ) 72*86 

Thoneide  • { Quarz  und  Thon  Wdeud  ) 3 06 


Gyps  (enthaltend  4*15  Wasser) 19*84 

Schwefelsaures  Eisenoxyd 0*95 

Schwefelsäure  Thonerde 0*54 

Kohlensaurer  Kalk 1*07 

Kohlensäure  Magnesia 0*70 

Organische  Substanz 0*77 


99*79 


Genf,  März  1876. 


J.  Brun. 


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Erklärung  der  Tafel  X 


Fig.  1.  Struvit  von  Hamburg,  I.  Typus.  S.  115,  118. 

Fig.  2.  „ „ „ IV.  Typus.  S.  119. 

Fig.  3.  „ „ „ I.  Typus  mit  angeschliffener  positiver  Endfläche  und 


geätzt.  S.  123. 

Fig.  4.  Struvit  von  Hamburg,  I.  Typus,  projicirt  auf  die  Querflächen,  Vertiefungen 
auf  den  Flächen.  S.  125. 

Fig.  5.  Struvit  von  Hamburg,  Zwilling.  S.  121. 

Fig.  6.  „ „ „ III.  Typus.  Projection  auf  die  Querfläche.  S.  119. 

Fig.  7.  „ „ „I.  Typus.  Projection  auf  die  Längsfläche.  S.  119. 

Fig.  8.  „ „ „ I.  Typus.  Projection  auf  die  Längsfläche.  S.  125. 

Fig.  9.  „ „ „ Subindividuum  auf  der  Längsfläche  o.  S.  124. 

Fig.  10.  „ „ „ III.  Typus.  Projection  auf  r.  S.  119. 

Fig.  11.  Struvit  von  Braunschweig  ohne  Hemimorphismus.  S.  120. 

Fig.  12.  „ „ „ IV.  Typus  mit  hemimorpher  Ausbildung.  S.  120. 

Fig.  13.  „ „ „ II.  Typus.  S.  119,  120. 

Fig.  14 — 17.  Struvit  von  Braunschweig,  Zwillinge.  S.  120,  121,  122. 


Sadebeck  : Struvit . Taf.  10  . 


Jahrb.  d.  geol,  Reitlisanstalt.BdJ0.ViL 


JAHRGANG  1877. 


III.  HEFT. 


GESAMMELT  VON 


G.  TSCHERMAK 

DIRECTOR  DES  K.  K.  MINERALOGISCHEN  HOF-MUSEÜMS. 


I.  Die  Grünsteine  des  Pribramer  Erzrevieres. 

• Von  Carl  Vrba. 

Die  Pribramer  Schiefer  und  Sandsteine  — Barrande’s  Etage  B 
des  böhmischen  Silurs  — sind  an  vielen  Stellen  von  Grünsteinen  durch- 
brochen, die  bald  gangförmig,  bald  stockförmig  oder  als  Gangstücke 
auftreten  und  mannigfache  Störungen  und  Verwerfungen  in  der  Schich- 
tenlagerung verursacht  haben,  wie  die  zahlreichen  unterirdischen  Auf- 
schlüsse des  nach  allen  Richtungen  durchgekutteten  Erzrevieres  dar- 
thun.  Wenn  der  Grünstein  zu  Tage  tritt,  bildet  er  isolirte  Kuppen. 
Die  sämmtlichen  Grünsteine  kann  man  als  zwei  mächtigen  Zügen  an- 
gehörig betrachten,  welche  sich  von  Süden  nach  Norden  in  nahezu 
paralleler  Richtung  erstrecken;  der  eine  von  den  beiden  Zügen  beginnt 
zwischen  Bohutin  und  Tisov,  zieht  sich  über  den  Franz-  und  Segen- 
gottes-Schacht  gegen  den  Birkenberg,  seine  Fortsetzung  findet  man 
beim  Ferdinand-  und  Strachen-Schachte  und  die  nördlichsten  Ausläufer 
lassen  sich  bis  oberhalb  Lhota  verfolgen.  Der  zweite  Grünsteinzug  tritt 
im  Hatür  Gebirge  südlich  von  Pfibram  auf,  setzt  östlich  vom  heiligen 
Berg  gegen  Norden  über  den  Gerichtsberg  und  bildet  die  Anhöhen 
östlich  vom  Kvetna-Berge.  Zwischen  diesen  beiden  Hauptzügen  fand 
man  noch  isolirte  Grünsteinstöcke  im  Martins-Stollen  des  Johannis- 
Berges,  dann  am  Certovy  Pahorek  und  in  den  Jalovciner  Anhöhen. J) 

Oberbergrath  J.  Grimm  hat  sich  während  seiner  langjährigen 
Thätigkeit  als  Professor  und  Director  der  Pribramer  Berg-Akademie 
mit  dem  Studium  der  Grünsteine  eingehend  beschäftigt  und  zum  grossen 
Theil  die  Abhängigkeit  der  Erzführung  von  dem  Auftreten  der  Grün- 
steingänge klar  nachgewiesen,  indem  er  erkannte,  dass  die  Grünstein- 
gänge fast  immer  in  grösserer  oder  geringerer  Entfernung  die  Erz- 
gänge begleiten  und  ihr  geologisches  Alter  grösser  ist  als  jenes  der 
letzteren;  nur  selten  wurde  beobachtet,  dass  der  Erzgang  vom  Grün- 
stein durchsetzt  wird,  somit  letzterer  entschieden  als  jüngeres  Gebilde 


’)  Der  Silber-  und  Blei-Bergbau  zu  Pfibram.  Wien  1875,  56. 

Mineralogisch©  Mittheilungen.  1877.  3.  Heft.  (Vrba,) 


30 


224 


K.  Vrba. 


[2] 


aufzufassen  ist.  Grimm’s  Forschungen  hatten  nicht  blos  das  geologische 
Auftreten  der  Grünsteine  des  genannten  Districtes,  sondern  auch  deren 
mineralogische  Zusammensetzung  zum  Gegenstände.  Sorgfältige  Unter- 
suchung frischer  Bruchflächen  der  Gesteine,  sowie  eine  grosse  Reihe 
von  Lösungsversuchen  bestimmten  Grimm  einen  grossen  Theil  der 
fraglichen  Grünsteine  entgegen  der  bislang  üblichen  Ansicht,  für  Diabas 
zu  halten,  während  er  andere  als  Diorite  ansprechen  zu  müssen  glaubte.1) 
Nachdem  der  augitische  Bestandtheil  der  untersuchten  Gesteine  von 
feinkörniger  bis  fast  dichter  Ausbildung,  zumal  sich  dieselben  schon 
meist  in  einem  weiteren  Stadium  der  Zersetzung  befinden,  mit  alleiniger 
Handhabung  der  Loupe  nicht  mit  genügender  Sicherheit  zu  constatiren 
war,  finden  wir  die  Pribramer  Grünsteine  wieder  sämmtlich  als  Horn- 
blende-Grünsteine oder  Diorite  angeführt. 

Beim  Abteufen  des  Adalbert-Schachtes  hat  man  in  1000  Meter 
Teufe  als  Begleiter  des  Adalbert-Liegendganges  im  Liegenden  desselben 
einen  Grünstein  angefahren,  von  dem  ich  durch  Herrn  Sectionschef 
Freiherrn  von  Schröckinger  Proben  zur  Untersuchung  erhalten 
habe,  die  als  Bestandtheile  Plagioklas,  Augit,  Quarz,  Calcit,  impellucides 
Erz  und  eine  chloritische  Substanz  ergab,  Hornblende  wurde  unzwei- 
deutig nur  sehr  selten  beobachtet. 2)  Nachdem  diese  Grünsteine  aus 
dem  Adalbert -Schachte  entschieden  als  Diabase  aufgefasst  werden 
müssen  (und  ihres  Quarzgehaltes  wegen  als  Quarzdiabase  zu  bezeichnen 
wären)  schien  mir  eine  Untersuchung  der  sämmtlichen  Grünsteine  des 
Erzreviers  sehr  wünschenswert!].  Durch  die  Güte  des  Herrn  Hofrathes 
F.  Ritter  v.  Jeschke  in  Pfibram  ist  mir  eine  grosse  Collection  von 
Grünsteinen  zugekommen,  die  auf  seine  Veranlassung  von  den  Herren 
Werksbeamten  in  der  Grube  geschlagen  und  mit  wichtigen  Angaben 
über  ihr  Auftreten  und  ihre  Verhältnisse  zum  Erzgange  versehen 
wurden.  Es  ist  mir  eine  angenehme  Pflicht,  sowohl  Herrn  Hofrath 
v.  Jeschke  als  auch  den  Herren  Bergverwaltern  Auer,  Babänek, 
Broz,  Hozäk  und  Nömeöek  für  ihre  freundliche  Unterstützung 
den  besten  Dank  zu  sagen. 

Die  Proben  gehören,  wie  die  Untersuchung  gelehrt  hat,  dem 
Diabas,  Diorit  und  einem  Gesteine  au,  das  manchen  Minetten  in  vieler 
Hinsicht  sehr  ähnlich  ist  und  wegen  des  hohen  Augit-Gehaltes  neben 
dunklem  Glimmer  als  Augit-Minette  zu  bezeichnen  wäre. 


Diabas. 

Die  überwiegende  Mehrzahl  der  Pribramer  Grünsteine  sind  Plagio- 
klas-Augit-Gesteine,  sie  wurden  nachstehend  (in  süd-nördlicher  Reihen- 
folge) angeführten  Orten  entnommen : 

1.  Von  der  Hügelreihe  zwischen  dem  Franz-  und  Stephans- 
Schacht  (Pfibram  SO.). 


’)  Berg-  und  Hüttenmännisches  Jahrbuch  der  k.  k.  Montan-Lehranstalten. 
1866.  XV.  231. 

2)  Oesterr.  Ztschrft.  f.  Berg-  u.  Hüttenwesen,  1875.  December. 


[3] 


Die  Grünsteine  des  Pribramer  Erzrevieres. 


225 


2.  Vom  Feldorte  an  der  Dislocationsspalte  „Lettenkluft“  am  Kaiser- 
stollen, 2.  Lauf  des  Stephans-Schachtes  in  Bohutin.  (Pribram  SSO.) 

3.  Vom  Clementi-Hauptgang,  nördliches  Feld,  7.  Lauf,  Stephans- 
Schacht,  Bohutin. 

4.  detto  vom  8.  Lauf. 

o.  „ „ 9.  „ 

6.  „ „ 10.  „ 

7.  Von  der  Anhöhe  beim  Franz-Schacht,  Bohutin. 

8.  Von  dem  Hügel  beim  Segengottes-Schacht  in  der  Ortschaft 
Hochofen.  (Pribram  SO.) 

9.  Von  Segengottes-Liegendtrumm  am  Kaiserstollen,  Segengottes- 
Schacht,  Hochofen. 

10.  Vom  Segengottes-Hauptgang,  3.  Lauf,  Segengottes-Schacht, 
Hochofen. 

11.  Vom  Querschlag,  Morgenschlag,  Kozicin.  (Pribram  OSO.) 

12.  Vom  Wolfgange,  2.  Lauf,  August-Schacht. 

13.  Vom  13.  Laufe,  Abendschlag,  August-Schacht. 

14.  Vom  Mariahilfer  Gange  am  Kaiserstollen,  August-Schacht. 

15.  20.  Lauf,  Hangend  und  Liegend  vom  Adalbertgang,  Maria- 
Schacht,  Birkenberg. 

16.  Vom  17.  Lauf,  Abendschlag,  Prokopi-Schacht,  in  der  Nähe 
des  Mariaganges,  Birkenberg. 

17.  Vom  Abendschlag  aus  dem  Liegenden  des  Liegendganges 
Liegendtrumm,  Adalbert-Schacht,  Birkenberg. 

18.  Vom  Abendschlag  im  Liegenden  des  Liegendganges,  23.  Lauf, 
Adalbert-Schacht. 

19.  Vom  Hangenden  des  Liegendganges,  26.  Lauf,  Adalbert- 
Schacht. 

20.  detto  vom  29.  Lauf. 

21.  „ „ 30.  „ 

22.  Vom  17.  Lauf,  Abendschlag  beim  Fundgrubner  Gang,  Anna- 
Schacht. 

23.  Vom  Mittagsort  des  Fundgrubner  Ganges,  17.  Lauf  vom  Pro- 
kopi-Schächter  Abendschlage  im  äussersten  südlichen  Felde,  Anna- 
Schacht. 

24.  Vom  17.  Laufe  beim  Prokopi  - Schachte  in  der  Nähe  des 
Mariaganges,  Anna-Schacht. 

25.  Vom  oberen  18.  Laufe,  13.  nördliche  First  des  Fundgrubner 
Ganges,  Anna-Schacht. 

26.  Vom  Hangendschlag  vom  Francisci- Gange  am  22.  Laufe, 
Anna-Schacht. 

27.  Vom  Francisci -Liegendtrumm  am  23.  Laufe,  südlich  vom 
Abendschlag,  Anna-Schacht. 

28.  detto  23.  Lauf. 

29.  Vom  9.  Laufe,  Mitternachtsort,  Lill-Schacht. 

30.  Vom  16.  Laufe,  Abendquerschlag,  Lill-Schacht. 

31.  Vom  5.  Laufe,  Abendquerschlag,  Kvötna-Schacht. 

Die  sämmtlichen  untersuchten  Gesteine  besitzen,  seltene  Fälle 
ausgenommen,  eine  feinkörnige  Structur  (1,  3,  6,  8,  9,  11,  12,  13, 

30* 


226 


K.  Yrba. 


[4] 


28,  29  etc.1),  oft  sinkt  das  Korn  so  weit,  dass  dieselbe  dicht  (4,  14, 
16,  21,  27  etc.)  genannt  werden  kann.  Mitunter  sind  die  Gesteins- 
elemente winzige  Lamellen , die  im  wirren  Gefüge  durcheinander 
gewachsen  sind  und  im  Querbruche  scheinbar  dichte  Massen  darstellen. 

Wenn  auch  scheinbar  die  meisten  Proben  ganz  frisch  aussehen, 
so  ist  doch  schon  stets  eine  Zersetzung  ihrer  Elemente  bedeutend  vorge- 
schritten und  Umbildungs-Produkte  in  reichlicher  Menge  ausgeschieden 
Ein  sorgfältiges  Stadium  einer  grossen  Anzahl  von  Schliffen  (über 
150)  hat  dargethan,  dass  nicht  ein  Bestandtheil  seinen  ursprüng- 
lichen Charakter  bewahrt  hat.  Besonders  ist  es  der  Augit,  der  oft 
einen  sehr  weit  vorgeschrittenen  Grad  der  Umwandlung  bekundet. 
Durch  vielfache  Zwischenstufen  sind  mit  dem  in  beginnender  Zersetz- 
ung begriffenen  Gesteinen  andere  verbunden,  die  keinen  ihrer  Bestand- 
teile zweifellos  erkennen  lassen  und  ohne  vorhergehende  Untersuchung 
der  weniger  veränderten  Vorkommnisse,  sowie  ohne  ihren  Zusammen- 
hang mit  letzteren,  kaum  als  Grünsteine  erkannt  werden  könnten  (2, 
4,  5,  25). 

Die  Farbe  der  weniger  zersetzten  Diabase  ist  auf  frischen  Bruch- 
flächen graugrün,  ihre  Härte  etwa  gleich  jener  des  Feldspathes,  ihr 
Bruch  splittrig;  die  in  einem  weiteren  Stadium  der  Umwandlung 
begriffenen  Gesteine  zeigen  dunklere  schwärzlich  grüne  Farben  und 
geringere  Härte;  ganz  zersetzte  Varietäten  erweisen  sich  oft  licht  ge- 
färbt, schmutzig  gelblich- und  grünlichgrau,  ihre  Härte  ist  unbedeutend, 
(oft  lassen  sie  sich  mit  einem  Fingernagel  ritzen),  ihr  Bruch  erdig. 
Die  Dichte  ist  bei  verschiedenen  Proben  2'61  bis  2'83  gefunden  worden. 

Unter  dem  Mikroskop  lösen  sich  die  sämmtlichen  Diabase  in  ein 
körniges  Aggregat  von  Plagioklas  und  Augit  in  sehr  wechselnden 
Mengen  auf,  desgleichen  ist  auch  die  grüne  chloritische  Substanz,  die, 
wie  zuletzt  Dathe  dargethan  hat2),  vorzugsweise  als  ein  Neubildungs- 
product  des  Augites  aufzufassen  ist,  bald  sehr  reichlich  (1,  4,  6,  9, 
10,  11,  12,  13,  15,  17,  18,  19,  22,  23,  27),  bald  nur  in  geringerer 
Menge  vorhanden  (3,  7,  14,  16,  20,  24,  28,  30,  31).  Neben  diesen 
Gemengtheilen  ist  noch  impellucides  Erz  in  allen,  Quarz,  Calcit  und 
Apatit  in  den  meisten  Schliffen  erkannt  worden,  und  konnten  noch 
Hornblende,  dunkler  Glimmer,  Epidot,  Pyrit  und  Eisenglanz  nachge- 
wiesen werden.  Eine,  die  einzelnen  Bestandtheile  verkittende  Grund- 
masse, wie  solche  in  verschiedenen  Diabasen  beobachtet  wurde,  tritt  in 
unseren  Gesteinen  nicht  auf,  sie  besitzen  stets  eine  rein  krystallinische 
Ausbildung 3). 

Die  Feldspäthe  sind  in  den  meisten  Fällen  rectangulär  begrenzt 
und  erreichen  höchstens  6mra  Länge  und  2 bis  3mm  Breite,  sinken 
aber  auch  bis  zu  wahrhaft  mikroskopischer  Kleinheit  herab.  Nur  in 
verhältnissmässig  wenigen  Fällen  sind  dieselben  frisch  und  fast  unzer- 
setzt  (8,  9,  10,  29,  in  28  mitunter  ganz  frisch  und  vollkommen  pellucid  ; 


‘)  Die  Zahlen  beziehen  sich  auf  die  Nummern  der  Fundorte. 

9 Zeitschrift  d.  deutsch,  geolog.  Gesellsch.  1874,  11. 

s)  Grundmasse  hat  Cohen  in  einem  afrikanischen  Diabas,  Neues  J.  f.  M. 
1874,  474,  ich  in  Grönländischen  Gesteinen,  Sitzungsber.  d.  k.  Akad.  d.  Wissensch. 
in  Wien,  1874,  Bd.  69,  I.  Abth.  115. 


[5] 


Die  Grünsteine  des  Pfibramer  Erzrevieres. 


227 


weitaus  häufiger  verrathen  dieselben  durch  den  Mangel  an  Glanz 
Abgang  der  Pellucidität  und  milchweisse,  graulich-  oder  gelblichweisse 
Farbe  einen  mehr  oder  weniger  vorgeschrittenen  Grad  der  Umwandlung. 
Auf  Spaltflächen  zeigen  selbst  die  grösseren  Feldspath-Individuen,  mit 
einer  starken  Hartnack’schen  Loupe  betrachtet,  selten  die  für  Pla- 
gioklase charakteristische  Zwillingsriefung,  unter  dem  Mikroskope  lassen 
sie  dieselbe  stets,  wenn  sie  auch  schon  bedeutend  umgewandelt  sind, 
deutlich  erkennen  und  ausserdem  in  vielen  Fällen  auch  noch  eine  con- 
centrisch-schalige  Structur  wahrnehmen,  zumal  recht  häufig  die  grösseren 
Individuen.  First  wenn  der  Plagioklas  ganz  in  eine  feinkörnige,  weisse, 
graue  oder  röthlichgelbe  Masse  umgewandelt  ist,  und  selbst  in  sehr 
dünnen  Schliffen  kaum  durchscheinend  wird,  ist  der  polysynthetische  Bau 
nicht  mehr  nachzuweisen.  Die  Zersetzung  der  F'eldspäthe  ist  oft  nur 
eine  partielle,  so  dass  ein  Theil  derselben  noch  Zwillings-Riefung,  der 
andere  aber  Aggregat-Polarisation  zeigt.  Die  partielle  Zersetzung  folgt 
häufig  der  Peripherie  und  muss  wohl  unterschieden  werden  von  oft 
massenhaften  Anhäufungen  von  Einschlüssen,  die  gleichfalls  nicht  selten 
beobachtet  werden  und  dessgleichen  recht  häufig  die  peripherische 
Zone  erfüllen,  so  dass  dieselbe  fast  undurchsichtig  erscheint.  In  anderen 
Fällen  sind  die  Einschlüsse  central  gehäuft,  und  die  Randzone  mehr 
oder  minder  frei  von  denselben. 

Ausserordentlich  zahlreich  nimmt  man  in  fast  jedem  Feldspath 
kleine  rundliche  Schuppen  und  nadelförmige  Kryställchen  von  licht- 
bläulichgrüner Farbe  wahr,  letztere  häufig  zu  radialfaserigen  Aggre- 
gaten verbunden,  erstere  zu  ganzen  Klumpen  und  Strängen  vereint. 
Mit  Vorliebe  folgen  sie  den  Sprüngen  und  Klüften  im  Feldspath,  sind 
aber  auch  sehr  oft  von  vollkommen  compacter  Feldspathsub stanz  ganz 
umschlossen,  ohne  dass  ein  Sprung  oder  wie  immer  gearteter  Hohl- 
raum mit  denselben  in  Verbindung  stehen  würde.  Für  die  letzteren, 
von  Feldspathmasse  ganz  umschlossenen  Partien  ist  die  Annahme  ihrer 
Bildung  aus  dem  Augit,  wie  diess  Dathe  versucht  hat1),  schon  auch 
aus  dem  Grunde  nicht  ganz  über  allen  Zweifel  erhaben,  weil  dieselben 
oft  reichlich  im  Feldspath  anzutreften  sind,  während  der  Augit  noch 
ziemlich  frisch  oder  doch  nur  wenig  zersetzt  erscheint  (30).  Auch 
Dathe  beobachtete  reichlichen  „Viridit“  in  FVldspäthen  der  Diabase 
von  Neustadt  bei  Stolpen  und  Wiesa  bei  Camenz  in  Sachsen , deren 
Augit  nicht  bedeutend  zersetzt  war.  Dessgleichen  hat  Sen  ft  er  in 
Feldspäthen  des  Diabases  von  Gräveneck  bei  Weilburg  wolkige  Nester 
von  chloritischer  Substanz  wahrgenommen,  während  Augit  nur  wenig 
verändert  war2).  Die  Annahme  einer  Umbildung  des  Feldspathes  in 
„Chlorit“  scheint  mir  nicht  ungerechtfertigt,  zumal  pseudomorphe  Bil- 
dungen von  dichtem  Pennin  aus  Feldspath  makroskopisch  bekannt  sind.3) 

Der  dichte  Pennin  von  Plaben  und  von  Ökyn  in  Böhmen  zeigt  oft 
zum  Nachweis  seiner  Entstehung  eine  deutliche  Plagioklas-Structur,  so 


>)  A.  a.  0. 

2)  Neues  Jalirb.  f.  Min.  etc.,  1872,  682. 

s)  R.  v.  Dräsche,  Tschermak  Min.  Mittheil.  1873,  125  und  v.  Zepharo- 
vich,  ebendas.  1874,  7. 


228 


K.  Vrba. 


[6] 


dass  man  in  Dünnschliffen  im  polarisirten  Lichte  die  Zwillingsbildung 
in  vieleu  Fällen  deutlich  nachweisen  kann.  Das  Auftreten  des  Viridit 
auf  Sprüngen  im  Quarz  ist  keineswegs  überzeugend  genug,  um  seiner 
Parasitennatur  das  Wort  zu  reden,  es  ist  fraglich,  ob  er  auf  Sprüngen 
eingedrungen  ist  und  nicht  vielmehr  von  dem  Quarz  dessen  secundäre 
Bildung  mir  nach  Durchsicht  von  mehr  als  Hundert  Dünnschliffen 
höchst  wahrscheinlich  erscheint,  bei  seiner  Bildung  umschlossen  worden 
ist,  und  vielleicht  zur  Bildung  des  Sprunges  Veranlassung  gegeben  hat. 

An  Einschlüssen  sind  die  Plagioklase  im  Allgemeinen  nicht  reich, 
meist  sind  es  Apatitnadeln,  impellucide  Erztheilchen  und  dunkelbraun 
durchscheinende  Partikel,  denen  man  begegnet,  nur  in  selteneren  Fällen 
häufen  sich  dieselben,  wie  schon  erwähnt,  in  grösserer  Menge  im 
Inneren  des  Krystalles  oder  erfüllen  seine  peripherische  Zone. 

In  paragenetischer  Hinsicht  scheint  in  den  körnigen  Diabasen 
der  Plagioklas  ausnahmslos  früherer  Bildung  zu  sein  als  der  Augit,  da 
der  letztere  häufig  den  Plagioklas  einschliesst  und  umgekehrt  nur  ein- 
mal unter  den  zahlreichen  durchgemusterten  Feldspäthen  sich  ein  Augit 
als  Einschluss  im  Plagioklas  gefunden  hat.  In  den  aphanitischen  Ge- 
steinen scheinen  beide  Hauptgemengtlieile  von  gleichzeitiger  Bildung 
zu  sein,  da  weder  Plagioklas  noch  Augit  frei  entwickelte  Formen  zur 
Schau  tragen. 

Die  Versuche,  den  Plagioklas  in  genügender  Quantität  zum  Behufe 
der  Ermittelung  seines  Eigengewichtes  und  für  eine  quantitative  Ana- 
lyse die  von  hohem  Interesse  wäre,  da  Liebe1)  drei,  Sen  ft  er2)  zwei 
verschiedene  Plagioklase  in  den  von  ihnen  untersuchten  Diabasen  ange- 
nommen haben,  aus  dem  Gesteine  rein  zu  isoliren,  scheiterten  an  der 
Kleinheit  der  Lamellen  und  an  der  Zähigkeit  des  noch  halbwegs  fri- 
schen Gesteines. 

Feine  Splitter  Hessen  vor  dem  Löthrohr  eine  intensive  Natrium- 
färbung der  Flamme  constatiren,  wobei  dieselben  deutlich  an  den  Kan- 
ten geschmolzen  erschienen.  Gegen  Chlorwasserstoffsäure  verhält  sich 
der  Plagioklas  ungleich.  Von  allen  untersuchten  Proben  wurde  ein 
Schliff  kurze  Zeit  geätzt  und  unter  dem  Mikroskop  untersucht,  dann 
die  Aetzung  fortgesetzt.  In  manchen  Schliffen  wurde  derselbe  nach 
kurzer  Einwirkung  der  Säure  merklich  angegriffen,  in  anderen  bewirkte 
selbst  eine  tagelang  andauernde  Behandlung  mit  Säure  keine  merkliche 
Veränderung.  Nachdem  jedoch  die  mehr  frischen  Pagioklase  gegen  die 
Säure  sich  sehr  widerstandsfähig  erwiesen  und  die  deutliche  Zersetzung 
mehr  die  bereits  in  weiterem  Stadium  der  Umwandlung  begriffenen 
betroffen  hat,  ist  der  Feldspath  mit  grosser  Wahrscheinlichkeit  als  ein 
Glied  der  Oligoklas-Reihe  anzusehen,  da  ja  die  weit  basischeren  La- 
bradorite doch  meist  von  Säure  merklich  angegriffen  werden3).  Ob  sich 
auch  der  monokline  Orthoklas  an  der  Zusammensetzung  unserer  Ge- 
steine betheiligt,  ist  nicht  mit  Sicherheit  zu  entscheiden,  obwohl  der 


’)  Neues  Jahrb.  f.  Min.  etc.  1871,  395. 

2)  Ebend.  1872,  698. 

3)  Dathe  entschied  sich  a.  a.  0.  für  den  Oligoklas,  Senfter  nahm  gleich* 
falls  die  Oligoklas-Mischung  für  die  Feldspäthe  der  von  ihm  untersuchten  Diabase 
an.  Neues  Jahrb.  f.  Min.  1872,  673. 


[7] 


Die  Grünsteine  des  Pribramer  Erzrevieres. 


229 


Kaligehalt,  den  die  meisten  Diabasanalysen  aufweisen,  diese  Annahme 
unterstützen  würde.  Auf  optischem  Wege  ist  die  Frage  nicht  zu  ent- 
scheiden, zumal  die  für  Plagioklase  charakteristische  Zwillingsriefung  nicht 
immer  vorhanden  ist  und  dieselben  auch  nur  einfache  Individuen  der  dem 
Karlsbader  Orthoklase  analogen  Zwillinge  bilden,  wie  ich  solche  in  den 
Augit-Laven  von  den  Kaimenen  fast  ausschliesslich  beobachtet  habe1). 

Der  zweite  Hauptbestandteil  der  Diabase,  der  Augit,  bietet,  wie 
auch  Dathe  ausdrücklich  hervorhebt,  die  meisten  Schwierigkeiten,  da 
er  selbst  in  verhältnissmässig  frischem  Gesteine  eine  meist  bedeutende 
Umwandlung  erfahren  hat,  in  zersetztem  Gesteine  aber  oft  ganz  ver- 
schwunden ist  und  an  seine  Stelle  Neubildungen  der  verschiedensten 
Art  eingetreten  sind2).  Diese  letzteren  bezeichnet  Dathe  durchwegs 
mit  dem  von  Vogelsang3)  vorgeschlagenen  Collectiv-Namen  „Viridit“, 
obzwar  er  die  schuppigen  mit  Chlorit,  die  faserigen  mit  Serpentin  iden- 
tificiren  zu  können  glaubt.  Nach  Vogelsang’s  Vorschläge  sollte  man 
nur  die  näher  nicht  bestimmbaren  Eisenoxydul-Magnesia  Silicate 
von  grünlicher  Farbe  und  schuppigem  oder  faserigem  Gefüge,  die  sich 
als  Umwandlungsproducte  von  Hornblende,  Augit,  Olivin  u.  s.  w, 
ergeben,  mit  „Viridit“  bezeichnen. 

In  den  meisten  Fällen  bildet  der  Augit  unregelmässig  begränzte 
Körner,  seltener  sind  seine  Durchschnitte  regelmässig  gestaltet  und 
verweisen  auf  eine  den  Augiten  der  Basalte  ähnliche  Form.  Ihre  Farbe 
ist  im  durchfallenden  Lichte  meist  röthlichgelb,  licht  bräunlichgelb  oder 
schmutzig  graulichgelb,  seltener  nelkenbraun.  Letztere  Farbe  kommt 
nur  ganz  frischer  Substanz,  die  nur  in  30  beobachtet  wurde,  zu ; meist 
erscheinen  die  Augite  schon  bedeutend  verändert  und  mit  Mühe  gelingt 
es  in  einem  Haufwerke  von  Neubildungs-Producten  einen  Augit-Rest  zu 
entdecken,  oft  ist  aber  auch  dieser  verschwunden.  Die  Umwandlung 
scheint  stets  mit  einer  Bleichung  begonnen  zu  haben,  unter  gleichzei- 
tiger Ausscheidung  von  kleinen,  schwach  braun  durchscheinenden  Par- 
tikelchen, die  nach  Vogelsang’s  Vorgänge  als  Ferrit  zu  bezeichnen 
wären. 

Ein  weiteres  Stadium  der  Umwandlung  besteht  darin,  dass  sich 
der  Augit  peripherisch  und  längs  der  Sprünge  und  Spaltklüfte  in  eine 
gelblichgrüne,  schuppigfaserige  Masse  verändert  hat  (sehr  schön  in  20 
zum  Theil  mit  wohlbegränzten  Krystall-Durchschnitten  versehen).  Diese 
Ausbildung  erinnert  lebhaft  an  in  der  Zersetzung  begriffene  Olivine 
der  Basalte.  Eine  fortschreitende  Veränderung  giebt  sich  an  einer  Fase- 
rung des  Augitkernes  zu  erkennen,  während  gleichzeitig  die  umgewan- 
delte peripherische  Hülle  und  die  von  derselben  längs  der  Sprünge 
sich  fortziehenden  Partien  eine  grasgrüne  bis  dunkelgrüne  Färbung 
und  oft  deutliche  Faserung  angenommen  haben.  Die  Umwandlungs- 
producte, die  früher  gar  nicht  oder  ganz  unbedeutend  dichroitisch 
waren,  offenbaren  nun  einen  sehr  lebhaften  Dichroismus  und  bilden 


')  Lotos.  1875,  17. 

2)  Vergl.  auch  H.  Möhl,  Neues  Jahrb.  f.  Miu.  etc.  1874.  791  u.  E.  Cohen 
ebene!.  1874,  475. 

®)  Zeitschrift  d.  deutsch,  geol.  Gesellsch.  1872.  529 


230 


K.  Vrba. 


[8] 


Mikrolithe,  die  oft  ziemlich  gross  werden  und  mit  ihrer  Längsrichtung 
den  Spaltklüften  des  Augitrestes  oder,  wenn  dieser  ganz  verschwunden 
ist,  der  Faserung  parallel  gelagert  sind;  die  Augit-Pseudomorphose 
erscheint  dann  durch  dieselben  an  den  beiden  Enden  ruinen-  oder 
kammartig  eingezackt  (1,  9,  11,  13).  Diese  äussere  Umwandlungszone 
besteht  aus  Hornblende,  für  welche  Annahme  nicht  nur  der  sehr  leb- 
hafte Dichroismus  und  die  Orientirung  der  Hauptschwingungs-Richtun- 
gen,  sondern,  und  vornehmlich,  auch  Querschnitte  dieser  säulenförmigen 
Kryställchen  sprechen , die  den  Amphibolwinkel  mit  Sicherheit  zu 
bestimmen  gestatteten;  grössere  derselben  lassen  sogar  manchmal  eine 
Spaltrichtung,  die  der  äusseren  Umgrenzung  parallel  verläuft,  erkennen. 
An  der  Grenze  der  Amphibolzone  und  des  schwach  dichroitischen 
faserig-schuppigen  Zersetzungs-Productes  erfolgte  in  der  Regel  eine 

theils  schwach  bräunlich 

Beistehende  Zeichnung 
stellt  in  340facher  Ver- 
grösserung  einen  Augit  in 
dem  geschilderten  Stadium 
der  Umwandlung  dar,  wie 
er  in  1 beobachtet  wurde. 
A der  faserige  Augitrest 
mit  bräunlich  durchschei- 
nenden Ferrit -Ausschei- 
dungen, C faserig- schup- 
pige, schwach  dichroitische 
Masse,  H Hornblendekranz, 
an  dessen  Gränze  sich 
gleichfalls  impellucide  oder 
nur  schwach  durchschei- 
nende Körnchen  ausgeschie- 
den haben.  Seitlich  ist  der 
Hornblendekranz  mit  einem 
Aggregat  von  Hornblende- 
Nadeln  und  Säulchen  in 
Verbindung,  die  zwischen  zwei  Feldspäthen  eingeschlossen  liegen. 
Wenn  Dathe  zweifellose  Hornblende  niemals  neben  Augit  in  Diabasen 
beobachtete,  so  kann  diess  wohl  nur  von  ursprünglichen  Amphibol- 
Ausscheidungen  gelten,  dass  aber  die  Hornblende  als  Zersetzungsproduct 
des  Augites  in  Augitgrünsteinen  auftritt,  ist  aus  dem  Angeführten 
klar;  noch  deutlicher  ist  jedoch  diese  Umwandlung  besonders  in  7 
und  8 zu  beobachten.  Die  hier  nicht  selten  polygonal  begränzten  Augite 
besitzen  einen  breiten  Amphibol-Mantel;  hat  der  Schnitt  den  Krystall 
senkrecht  zur  Spaltbarkeit  getroffen,  so  sieht  man  in  demselben  die 
Spaltrichtungen  unter  124°,  in  dem  Augitrest  aber  unter  87°  zu- 
sammenstossen.  In  3 habe  ich  einen  Durchschnitt  beobachtet,  der  vom 
Augitprisma,  der  Quer-  und  Längsflächen  begränzt  war,  aber  die  Spalt- 
barkeit der  Hornblende  zeigte,  indem  der  Augit  ganz  verschwunden 
war.  In  diesem  Falle  liegt  also  eine  Pseudomorphose  vor,  die  G.  Rose 


Ausscheidung  von  winzigen  theils  opaken , 
durchscheinenden  Partikelchen. 


m 


Die  Grünateine  des  Pribramer  Erzrevieres. 


231 


mit  dem  Namen  „Uralit“  bezeichnete  *).  Die  nicht  regelmässig  begrenz- 
ten Augitumwandlungen  lösen  sich  häufig  in  einen  Bart  von  Horn- 
blende-Mikrolithen  auf. 

Das  Gestein  vom  Querschlag  in  Kozicin  (11)  weicht  schon  makro- 
skopisch von  den  übrigen  ab,  die  Structur  ist  deutlich  körnig,  hervor- 
gebracht durch  den  augitischen  Bestandteil,  der  einen  seidenartigen 
Glanz,  dunkelbraune  Farbe  und  lamellare  Structur  zeigt.  Im  Dünn- 
schliff zeigt  der  genannte  Gemengtheil  eine  Structur , die  jener  der 
Diallage  aus  dem  Gabbro  ganz  ähnlich  ist,  schliesst  aber  fast  immer 
einen  Kern  von  gewöhnlichem  Augit  ein.  Ich  habe  schon  auf  die  mit- 
unter vollkommen  diallagartige  Beschaffenheit  der  Augite  der  Quarz- 
Diabase  des  Adalbert-Schachtes  aufmerksam  gemacht* 2),  im  vorliegenden 
Gestein  tritt  die  Aehnlichkeit  noch  mehr  hervor.  Die  diallagähnlichen 
Partien  sind  oft  mit  dunkel  durchscheinenden  Lamellen  reichlich 
versehen  und  übergehen  nach  Aussen  in  eine  dünne  Hornblendezone, 
die  ihre  Fortsätze  weiter  zwischen  die  Feldspäthe  ausschickt3).  Ver- 
muthlich  ist  auch  die  diallagartige  Beschaffenheit  des  Augites  ein 
Stadium  seiner  Umwandlung  ein  weiteres  Product  derselben  der 
Hornblendekranz. 

In  vielen  der  untersuchten  Proben  sind  die  von  Dathe  erwähnten 
lichtgelblichen  Gebilde  wahrzunehmen,  die  er  als  Epidot  deutet.  In 
dem  stark  zersetzten  Nr.  17  sind  reichlich  Viridit,  Hornblende-Nädelchen 
und  lichtgelblichgrüne  Epidotpartien  wahrzunehmen,  besonders  häufen 
sich  dieselben  an  der  Grenze  von  zahlreichen  das  Gestein  durchziehen- 
den Quarzadern.  Ein  Scherben,  den  ich  der  Contactstelle  des  Ganges 
entnommen  habe,  bestand  fast  nur  aus  Quarz,  in  dem  sehr  reich  Epidot, 
mitunter  winzige  und  gut  ausgebildete  Kryställchen,  enthalten  war. 
Chlorophoeit  konnte  in  keinem  der  untersuchten  Schliffe  nachgewiesen 
werden. 

Zu  den  Einschlüssen  der  Augite  unserer  Grünsteine,  die  als  Pro- 
ducte  der  Umwandlung  angesehen  werden  können,  ist  noch  Eisenglanz 
zu  rechnen,  der  jedoch  nur  selten  beobachtet  wurde;  schöne,  scharfe, 
blutroth  durchscheinende  Hexagone  dieser  Substanz,  gleich  jenen  im 
Sonnensteine  von  Tvedestrand  und  im  Carnallit  von  Stassfurt,  sind  in  8, 
doch  nicht  zahlreich  vorhanden.  Magnetit  und  vielleicht  auch  Titan- 
eisen sind  in  Augiten  oft  sehr  reichlich  eingeschlossen,  oft  fehlen 
dieselben  fast  ganz , letzteres  ist  namentlich  häufig  in  frischeren 
Augiten  der  Fall.  Selten  nur  häuft  sich  das  impellucide  Erz  zu  einem 
centralen  Kern  oder  einer  Randzone.  Plagioklasleistchen  sind  sehr 
häufig,  mitunter  von  bedeutender  Grösse,  so  dass  mehrere  Zwillings- 
Lamellen  gezählt  werden  konnten,  als  Einschluss  vorhanden;  Apatit 
tritt  seltener  von  Augit  umschlossen,  häufiger  hingegen  und  mitunter 
in  ansehnlichen  Säulchen,  in  der  Gesteinsmasse  auf. 


')  Poggendorff,  Ami.  22,  342. 

2)  A.  a.  0. 

3)  Schilling  hat  in  Diabasen  neben  Augit  auch  Diallag  erkannt.  Die  chem. 
min.  Z.  d.  Grünsteine  d.  Südharzes.  Göttingen  1869. 

Mineralogisch©  Mittheilungen.  3.  Heft.  1877.  (Vrfcrn.) 


31 


232 


K.  Yrba. 


[10] 


In  sämmtlichen  untersuchten  Gesteinsproben  sind  impellucide 
Erzpartikel  reichlich  vorhanden,  sie  gehören  theils  dem  Magneteisen, 
theils  dem  Titaneisen,  theils  dem  Pyrit  an.  Die  meisten  Proben  wirken, 
wenn  einige  auch  nur  unbedeutend,  auf  die  Magnetnadel  und  aus  allen 
lässt  sich  mit  dem  Magnetstabe  Magnetit  herausziehen.  Der  Pyrit  ist 
meist  in  grösseren  Einsprenglingen  vorhanden,  im  Gestein  sehr  ungleich- 
massig  und  verhältnissmässig  spärlich  vertheilt  (eine  quantitative  Be- 
stimmung ergab  Schwefel  = O'OOl  Proc.). 

Das  Titaneisen  wurde  in  28  durch  eine  intensive  violette  Färbung 
der  Solution  des  mit  saurem  schwefelsaurem  Kali  geschmolzenen  Gesteins- 
pulvers in  Chlorwasserstoffsäure  unter  Zusatz  von  Zink  nachgewiesen. 
Auch  spricht  für  die  Anwesenheit  des  Titaneisens  der  Umstand,  dass 
durch  mehrtägige  Behandlung  des  Gesteinspulvers  mit  Salzsäure  nicht 
alles  schwarze  Erz  entfernt  wird,  sondern  ein  grosser  Theil  desselben 
ganz  intact  bleibt. 

Das  Magneteisen  tritt  theils  in  Form  von  Kryställchen,  theils  in 
unregelmässig  geformten  Körnchen  auf;  selten  nur  sind  grössere  An- 
häufungen derselben  wahrgenommen  worden,  meist  ist  es  im  Gesteins- 
gewebe gleichmässig  vertheilt.  Zierliche  gestrickte  Gruppirungen  sind 
mitunter  beobachtet  worden,  wie  solche  in  anderen  Diabasen  und 
namentlich  in  Basalten  häutig  auftreten.  Obwohl  das  Magneteisen  in 
sämmtlichen  Gemengtheilen  constatirt  werden  konnte,  ist  es  doch  stets 
am  reichlichsten  in  den  Zersetzungsproducten  des  Augites  vorhanden 
und  zwar  in  desto  grösserer  Menge,  je  weiter  die  Umwandlung  des 
letztgenannten  Bestandtheiles  vorgeschritten  ist. 

Frische  oder  nur  ganz  unbedeutend  veränderte  Augite  erweisen 
sich,  wie  schon  oben  bemerkt  wurde,  mitunter  ganz  frei  von  demselben. 
Dieser  Umstand  gibt  der  Vermutkung  Raum,  dass  der  Magnetit,  wenn 
auch  nicht  durchwegs,  so  doch  zum  grossen  Theile  erst  secundären 
Ursprunges  ist.  Auch  die  Magnetite  haben  häufig  eine  Veränderung 
erfahren,  indem  ein  brauner  Hof  von  Eisenoxydhydrat  dieselben  umgibt. 

Das  Titaneisen  tritt  meist  in  kolbenförmigen  Gebilden  auf,  die 
mannigfaltige,  oft  zierliche  Aggregate  zusammensetzen,  nicht  selten 
kann  man  aber  auch  deutliche,  polygonal  begrenzte  Durchschnitte,  meist 
Drei-  und  Sechsecke  oder  Rhomboide  wahrnehmen.  Im  durchfallenden 
Lichte  ist  es  gleich  dem  Magneteisen  vollkommen  opak,  bei  auffallender 
Beleuchtung  hingegen  zeigt  es  einen  eigentkümlichen  bläulichweissen 
oder  gelblichweissen  Schimmer  und  ist  sehr  häufig  von  weissen,  meist 
geradlinig  verlaufenden  Partien  unterbrochen,  die  gleich  dem  Erze, 
vollkommen  undurchsichtig  sind;  häufig  kann  man  auch  eine  periphe- 
rische, weisse,  fast  impellucide  Zone  wahrnehmen;  in  vielen  Fällen  ist 
sogar  die  weisse  Masse  ganz  vorherrschend  und  wird  nur  von  wenigen 
schwarzen  Strichen  und  Punkten  von  Titaneisen  durchspickt.  Diese 
weisse  Masse,  offenbar  ein  Umwandlungsproduct  des  Titaneisens  — 
vermuthlich  ein  Titan-Silicat,  — charakterisirt  unter  dem  Mikroskop, 
wie  Dathe1)  ganz  richtig  bemerkt,  dasselbe  im  Gegensatz  zu  dem 
Magnetit,  der  sich,  wie  oben  angeführt,  in  eine  braune  Substanz  ver- 


')  A.  a.  0.  26. 


[11] 


Die  Grünsteine  des  Pfibramer  Erzrevieres. 


233 


ändert.  Während  der  Magnetit  sich  fast  immer  in  den  Gemengtheilen 
der  Gesteine,  so  namentlich  in  den  Zersetzungsproducten  des  Augites, 
eingeschlossen  findet,  ist  das  Titaneisen,  besonders  grössere  Brocken 
desselben,  zwischen  die  Gesteinselemente  zwischengeklemmt,  selten  fand 
ich  dasselbe  unzweifelhaft  eingeschlossen. 

Der  speisgelbe  Pyrit  ist,  wie  angeführt  worden,  in  den  Gesteinen 
uugleiclimässig  vertheilt,  oft  fehlt  er  ganz.  Nur  selten  wurden  Durch- 
schnitte beobachtet,  die  eine  regelmässige  Umgrenzung  anzunehmen 
gestatten,  meist  sind  dieselben  regellos.  Die  Grösse  der  Körnchen  ist 
in  der  Regel  eine  so  ansehnliche,  dass  man  dieselben  schon  mit  unbe- 
waffnetem Auge  wahrnehmen  kann  und  ihre  Anzahl  durch  Anwendung 
des  Mikroskopes  kaum  gesteigert  wird;  sie  bilden  theils  selbstständige 
Einsprenglinge,  theils  sind  sie  mit  dem  Magnet-  und  Titaneisen  innig 
gemengt  und  verwachsen.  Ausser  im  Gestein  eingesprengt,  trifft  man 
den  Pyrit  auch  als  ziemlich  dicken,  zusammenhängenden  Anflug  auf 
Kluftflächen  (28).  Auch  dieser  offenbar  jüngere  Bestandtheil  blieb  von 
einer  weiteren  Umwandlung  nicht  verschont;  in  vielen  Fällen  deutet 
eine  dunkelbraune  oder  schwarze  Randzone  auf  eine  stattgefundene 
Veränderung  in  Brauneisen  hin. 

Ein  Bestandtheil  der  meisten  untersuchten  Diabase  ist  der  Quarz, 
den  man  bis  in  die  neueste  Zeit  in  diesem  Gesteine  übersehen  hatte, 
wiewohl  er  schon  früher  in  den  verwandten  schottischen  Trappen  be- 
kannt war.  Behrens  bemerkt  in  seiner  Abhandlung,  dass  er  in  den 
von  ihm  untersuchten  Grünsteinen  nicht  viel  Quarz  gefunden  habe, 
übrigens  seien  jene  Körnchen,  die  er  für  Quarz  halten  zu  müssen 
glaubt,  schwer  vom  glasigen  Feldspath  zu  unterscheiden  Q.  Ich  habe 
Quarz  in  ansehnlicher  Menge  in  grönländischen* 2)  und  Dathe  in  zahl- 
reichen sächsischen  Diabasen  gefunden 3).  In  den  Pfibramer  Grünsteinen 
wurde  von  Grimm  nur  in  dem  Gesteine  aus  der  Drkolnower  Grube 
makroskopisch  Quarz  beobachtet4)  und  von  mir  die  Diabase  aus  dem 
Adalbert-Schacht  als  quarzführend  erkannt.  Die  mikroskopische  Unter- 
suchung hat  den  Quarz  in  fast  allen  durchmusterten  Diabasen  des 
Pfibramer  Erzrevieres  deutlich  nachgewiesen,  meist  gab  er  sich  schon 
bei  der  Herstellung  der  Dünnschliffe  an  der  bedeutenden  Härte  der 
Gesteine  zu  erkennen;  dessgleichen  zeigen  angeschliffene  und  polirte 
Scherben  feine  nadelstichgrosse  Pünktchen,  die  einen  ungleich  höheren 
Grad  des  Glanzes  annehmen  und  unter  dem  Mikroskop  als  Quarz  er- 
kannt werden;  nie  erreichen  dieselben  lmm  Durchmesser. 

Die  Begränzung  der  Quarze  ist  im  Allgemeinen  eine  regellose  zu 
nennen , im  durchfallenden  Lichte  ist  er  ganz  farblos  und  seine 
Mikrostructur  gleich  jener  der  Quarze  in  alten  Massengesteinen. 

Einzelne  Körnchen  erweisen  sich,  wie  die  Betrachtung  im  polari» 
sirten  Lichte  lehrt,  oft  aus  mehreren  ungleich  orientirten  Individuen 
zusammengesetzt,  die  lebhafte  chromatische  Polarisations-Erscheinungen 


!)  Neues  Jahrb.  f.  Min.  etc,  1871,  463. 

5)  A.  a.  0.  118. 

3)  A.  a.  0. 

4)  Jahrb,  d.  Berg-Akademie  zu  Pfibram  und  Leoben.  XY.  Bd.  1866,  221, 

31* 


234 


K.  Yrba. 


[12] 


zeigen  und  deren  Ränder  die  bekannte  buntfarbige  Interferenzstreifung 
zu  erkennen  geben.  Nur  sehr  selten  konnten  unter  den  zahlreichen 
Quarzen  einige  wenige  entdeckt  werden,  deren  Durchschnitte  mehr  oder 
minder  gut  ausgebildete  Hexagone  gewesen  sind;  sie  wurden  stets  in 
stärker  zersetzten  Partien  und  meist  von  den  Neubildungs-Producten 
des  Augites  allseits  umschlossen  gefunden  (12,  13,  22,  26).  Mitunter 
sind  die  Quarze,  namentlich  die  kleinsten  ziemlich  frei  von  Einschlüssen 
fremder  Substanzen,  häufiger  sind  sie  aber  reichlich  mit  denselben 
imprägnirt. 

Flüssigkeits-Einschlüsse  mit  beweglichen  Libellen,  Apatitsäulchen, 
Hornblendenädelchen  und  graulichgrüne,  schmutzige,  staubartige  Masse 
wechseln  an  Menge  und  Anordnung  mit  einander.  Sehr  schöne  Ein- 
schlüsse von  Flüssigkeit,  ein  Negativ  der  Quarzpyramide  darstellend, 
sind  in  einem  hexagonalen  Quarzdurchschnitt  (8)  beobachtet  worden, 
derselbe  Durchschnitt  liess  auch  zweifellos  eine  radiäre  Anordnung  der 
eingeschlossenen  Hornblende  - Säulchen  erkennen.  Wenige  gerundete 
Hexagone  von  bräunlicher  Farbe,  die  vom  Quarz  umschlossen  beobach- 
tet wurden,  dürften  dunkler  Glimmer  sein  (28).  Erztheilchen,  Magnet- 
und  Titaneisen  scheinen  als  Einschluss  im  Quarz  ganz  zu  fehlen  oder 
doch  nur  sehr  selten  vorzukommen;  die  wenigen  ganz  undurchsichtigen 
Einschlüsse  im  Quarz,  welche  beobachtet  wurden,  Hessen  die  Frage 
ganz  ungelöst.  Längs  der  Sprünge  im  Quarz  sieht  man  oft  Infiltrat.ions- 
Producte  von  gelber,  brauner,  rother  und  grüner  Farbe,  die  nicht 
selten  eine  moireeartige  Zeichnung  an  den  Kluftwänden  hervor- 
bringen. 

Ausser  die  eben  beschriebenen  körnigen  Einsprenglinge  bildet  der 
Quarz  in  vielen  der  untersuchten  Gesteine  Ausfüllungen  von  Spalten, 
die  er  entweder  allein,  oder  in  Gesellschaft  von  Calcit  ausgeklei- 
det hat. 

Die  Menge  des  Quarzes  in  den  verschiedenen  Proben  ist  sehr 
variabel,  in  verschiedenen  Schliffen  von  einem  Handstücke  ist  sie  oft 
wechselnd.  Dathe  bemerkt,  dass  in  Gesteinen,  in  denen  sich  der  Quarz 
an  der  Zusammensetzung  betheiligt,  derselbe  fast  dem  Feldspath  an 
Menge  das  Gleichgewicht  hält,  (Diabas  von  Klunst  und  Kottmar  bei 
Ebersbach,  Kunnersdorf)  oder  ihn  sogar  übertrifft.  (Neustadt  bei 
Stolpen,  Jackwitz  bei  Bautzen,  Keltershaus  bei  Ehrenbreitstein.)  In  den 
von  mir  untersuchten  Gesteinen  tritt  der  Quarz  gegen  den  Feldspath 
stets  stark  zurück.  Im  Allgemeinen  wurde  aber  constatirt,  dass  die  Menge 
des  Quarzes  mit  der  Zersetzung  des  Gesteines  zunimmt.  Während  die 
secundäre  Bildung  des  auf  Spalten  und  Klüften  ausgeschiedenen  Quarzes 
ausser  Zweifel  ist,  erfordert  die  Frage  nach  der  Entstehung  der  kör- 
nigen Einsprenglinge  dieses  Gemengtheiles  im  Gesteine  eine  sorgsame 
Prüfung.  Wir  haben  gesehen,  dass  die  Quarze  mit  seltenen  Ausnahmen 
regellos  begränzt  sind,  dass  die  regelmässig  begränzten  Individuen  stets 
in  dem  Neubildungs-Produet  des  Augites  eingeschlossen  Vorkommen, 
dass  ferner  der  Quarz  Hornblende-Nadeln  einschliesst  und  im  Allge- 
meinen seine  Quantität  mit  der  Zersetzung  des  Gesteines  zunimmt. 

Bekanntlich  pflegt  der  Quarz  in  Porphyrgesteinen,  zu  denen  wir 
auch  den  Diabas  zählen , stets  als  ursprünglicher  Gemengtheil  in 


[13] 


Die  Grünsteine  des  Pfibramer  Erzrevieres. 


235 


Krystallen  aufzutreten,  diese  sind  aber  in  unseren  Gesteinen  grosse 
Seltenheiten,  und  wenn  auch  ein  hexagonaler  Durchschnitt  angetroffen 
wird,  so  ist  derselbe  in  der  secundär  gebildeten  chloritischen  Substanz 
eingeschlossen. 

Wäre  es  geglückt,  einen  derartigen  Quarz  im  frischen  Augit  als 
Einschluss  wahrzunehmen,  so  wäre  wohl  die  Annahme  seiner  ursprüng- 
lichen Bildung  gerechtfertigt;  nachdem  jedoch  in  keinem  der  zahlreichen 
frischen  Augite  ein  wie  immer  begränztes  Quarzkorn  wahrgenommen 
werden  konnte,  erlaubt  die  Annahme  seiner  secundären  mit  jener  der 
chloritischen  Masse  etwa  gleichzeitigen  Entstehung  eine  befriedigende 
Lösung  der  Frage  nach  seinem  Ursprung.  Eine  wesentliche  Stütze  für 
diese  Annahme  bieten  die  oben  erwähnten  Hornblende-Nadeln,  von 
denen  früher  gezeigt  wurde,  dass  sie  als  entschiedene  Zersetzungs* 
producte  des  Augites  aufgefasst  werden  müssen.  Wie  sollen  nun  diese 
unzweifelhaften  Neubildungs-Producte  in  den  Quarz  gelangt  sein,  wenn 
sich  derselbe  aus  dem  Diabasmagma  direct  bei  seinem  Uebergang  in 
den  krystallinischen  Zustand  ausgeschieden  hätte!  Es  wäre  auch  durch- 
aus unerklärlich,  dass  gerade  die  zersetzteren  Varietäten  die  quarz - 
reichsten  sein  sollten.  Diese  sämmtlichen  Beobachtungen  scheinen  mir 
überzeugend  genug  zu  sein , um  die  secundäre  Bildung  des  Quarzes 
aus  dem  Feldspath  unumstösslich  darzuthun,  zumal  es  eine  bekannte 
Thatsache  ist,  dass  bei  der  Umwandlung  der  Feldspäthe  in  ihre  Zer- 
setzungs-Producte  (Kaolin  etc.)  stets  Kieselsäure  sich  ausscheidet.  Die 
hier  ausgesprochene  Ansicht  soll  zunächst  für  die  Pfibramer  Diabase 
gelten,  keineswegs  soll  aber  behauptet  werden , dass  aller  Quarz  in 
allen  Diabasen  secundären  Ursprunges  ist.  In  einem  Diabas  vom  Zu- 
fluchtsfjord auf  Südgrönland  beobachtete  ich  Quarzkörnchen  von  oft 
bedeutender  Grösse,  die  von  einem  Mikrolithenkranz  umgeben  waren, 
der  zarte  Apophysen  in  die  Quarzmasse  entsendete;  für  diese  ist  eine 
ursprüngliche  Bildung  oder  die  Annahme  wahrscheinlich,  dass  dieselben 
von  der  Diabasmasse  umschlossen  wurden1). 

Hand  in  Hand  mit  der  Ausscheidung  der  Kieselsäure  aus  der 
Zersetzung  von  kalkerdehaltigen  Silicaten  durch  kohlensäurehältige 
Wässer  geht  die  Bildung  von  kohlensaurem  Kalk  vor  sich;  wir  treffen 
daher  auch  den  Calcit  in  sämmtlichen  untersuchten  Gesteinen,  bald 
ausserordentlich  reich,  bald  spärlicher.  Manche  Proben  sind  von  reich- 
lichen Calcitadern  und  Schnüren  kreuz  und  quer  durchsetzt  und 
schliessen  diesen  Bestandtheil  in  zahlreichen  kleinen  Nesterchen  ein, 
andere,  namentlich  die  aphanitischen,  lassen  denselben  weder  makro- 
skopisch noch  mikroskopisch  wahrnehmen,  brausen  aber  doch  stets  mit 
Säure.  Die  ganz  zersetzten  Varietäten  allein  lassen  weder  mikro- 
skopisch noch  durch  chemische  Reagentien  einen  Gehalt  von  Kalkcarbo- 
nat nachweisen,  offenbar  ist  derselbe  aus  den  erdigen  porösen,  den 
circulirenden  Wässern  leicht  zugänglichen  Gesteinen  ganz  ausgelaugt 
worden.  Die  klaren  ganz  durchsichtigen  Calcitpartien  zeigen  stets  die 
bekannte  Zwillingsstreifung,  die  nach  zwei  sich  unter  spitzem  Winkel 
schneidenden  Richtungen  verläuft.  Eingeschlossen  finden  sich  in  den- 


*)  A.  a 0. 


236 


K.  Yrba. 


[14] 


selben  sämmtliche  Zersetzungsproducte  des  Augites  und  der  andern 
Gemengtheile,  sehr  häufig  Quarzkörnchen. 

Ein  Gemengtheil  unserer  Diabase , der  wenn  auch  stets  nur 
mikroskopisch,  so  doch  fast  immer  erkannt  wurde,  ist  der  Apatit 
(apatitfrei  9,  -arm  11,  12).  Seine  schlanken,  oft  zugespitzten  und  ge- 
gliederten Säulchen  sind  zu  bekannt,  als  dass  wir  eine  Beschreibung 
derselben  folgen  lassen  müssten.  Biotit  bildet  kleine  und  dünne  hexa- 
gonale Schüppchen,  die  oft  gerundet  erscheinen,  scharfe,  winzige,  blut- 
rothe  Hexagone  liefert  der  Eisenglanz;  beide  Minerale  sind  jedoch 
selten  zu  treffen  und  schon  früher  erwähnt  worden. 

Herrn  Dr.  G.  H.  Dietrich,  k.  k.  Probir-Adjunkt  in  Pfibram, 
verdanke  ich  die  Mittheilung  nachstehender  Analysen  von  21 ; A bezieht 
sich  auf  einen  feinkörnigen,  quarzführenden  Diabas,  dessen  Dichte  = 
2- 79  bestimmt  wurde,  B auf  eine  aphanitische  Varietät  von  der 
Dichte  = 2'86. 


A 

B 

Si02 

58-61 

51-56 

ai2oz 

10-12 

13-72 

Fe203 

4-03 

3-52 

Mrto  Ö3 

— • — 

0-08 

FeO 

7-10 

6-92 

CaO 

9-43 

8-03 

MyO 

4-12 

7-62 

k2o 

0-97 

1-21 

Na20 

1-86 

1-94 

P*Oü 

0-98 

0-60 

co2 

1-32 

1-91 

h20 

1-62 

2-82 

100-16  99-93 


Eine  approximative  Berechnung  der  einzelnen  das  Gestein  zusam- 
mensetzenden Mineralien,  in  runden  Zahlen  ausgedrückt,  würde  ergeben 
in  Percenten : für  A Calcit  3,  Apatit  2,  Magnetit  6,  chloritische 
Substanz  16,  Kali-Feldspath  6,  Natron-Feldspath  31,  Augit  19,  Quarz  17; 
für  B Calcit  4V2,  Apatit  V/2,  Magnetit  5,  chloritische  Substanz  32, 
Kali-Feldspath  6,  Natron-Feldspath  38,  Quarz  13,  was  mit  dem  mikro- 
skopischen Befunde  ziemlich  im  Einklänge  stehen  würde. 


Diorit. 

Unzweifelhafte  Hornblende-Plagioldas-Gesteine  sind  in  dem  ge- 
nannten Erzreviere  nicht  häufig.  Ein  schöner  Diorit  ist  das  Gestein 
aus  dem  Sadeker  Schachte;  der  Grünsteingang  begleitet  den  nach  h 
22  streichenden  30  Centimeter  in  Spatheisenstein  und  Fahlerzen  mäch- 
tigen Sadeker  Gang  bald  im  Liegenden,  bald  im  Hangenden  auf  eine 
Erstreckung  von  100  Meter,  bewirkt  eine  Hebung  der  Grauwacken- 
Schichten  und  bildet  ober  Tags  eine  ansehnliche  Kuppe.  Ein  zweiter 
Diorit  tritt  stockförmig  zwischen  dem  Schwarzenberg-  und  August- 
Schacht  im  Kaiserstollner  Flügelschlage  auf  und  bildet  in  seiner  Fort- 


[15] 


Die  Grünsteine  des  Pfibramer  Erzrevieres. 


237 


Setzung  die  Anhöhe  beim  Zdabofer  Schachte  in  der  Nähe  vom  August- 
Schachte. 

Das  Sadeker  Gestein  ist  gleichmässig  feinkörnig,  hart  und  zähe, 
besitzt  splittrigen  Bruch  und  ein  Eigengewicht  = 2*83 ; seine  Farbe 
ist  dunkel  grünlichgrau,  schmutziggelb  gesprenkelt.  Mit  der  Loupe  lässt 
sich  auf  frischen  Bruchflächen  deutlich  der  graulichgelbe  Feldspath  von 
dem  dunklen  Bestandtheil  unterscheiden,  selten  sind  die  Spaltflächen 
glänzend  und  mit  Zwillingsriefung  versehen,  auch  ist  die  Begrenzung 
der  Plagioklase  häufiger  eine  regellose  als  eine  rectanguläre.  Hornblende 
lässt  sich  mit  der  Loupe,  wenn  auch  starkglänzende,  winzige  Spalt- 
flächen häufig  wahrzunehmen  sind,  nicht  zweifellos  constatiren.  Der 
Zdabofer  Diorit  ist  lichter  grünlichgrau,  weniger  hart  als  der  vorher 
beschriebene,  jedoch  ebenso  zähe,  sein  Bruch  uneben,  das  Eigengewicht 
bestimmte  sich  = 2*78.  Frische  Bruchflächen  unter  der  Loupe  betrachtet, 
zeigen  eine  dichte  Grundmasse,  in  welcher  reichlich  kleine,  bis  4mm 
lange  und  ebenso  breite  Plagioklas-Kryställchen  mit  ausgezeichneter 
Riefung  eingeschlossen  sind.  Mit  Ausnahme  einer  papierdünnen,  graulich- 
weissen  Randzone  sind  die  Plagioklase  stark  glas-  bis  fettglänzend, 
erstere  jedoch  matt,  selten  wurden  Fortsätze  derselben  nach  dem  inneren, 
frischen  Feldspathkern  verlaufend  wahrgenommen;  von  Hornblende  ist 
keine  Spur  wahrzunehmen.  Eine  Eigenthümlichkeit  des  Zdabofer  Gestei- 
nes, sowohl  des  in  der  Grube  gebrochenen,  als  auch  des  ober  Tags 
gesammelten,  ist  eine  kugelförmige  Absonderung,  die  besonders  bei  ein- 
getretener Umwandlung  sehr  deutlich  hervortritt. 

Das  Mikroskop  löst  beide  genannten  Gesteine  in  ein  Aggregat 
von  Plagioklas  und  Hornblende  auf,  zu  denen  sich  noch  Quarz  und 
dunkler  Glimmer  in  reichlicher  Menge  gesellen,  Calcit,  im  Sadeker 
Gesteine  eine  häufige  Erscheinung,  ist  im  Zdabofer  Diorit  mikroskopisch 
nicht  wahrzunehmen  und  seine  Gegenwart  nur  durch  ein  äusserst 
spärliches  Brausen  mit  Säure  zu  constatiren.  Apatit  ist  in  geringerer 
Menge,  dafür  aber  in  grösseren  Kryställchen  vorhanden,  Erztheilchen 
— wohl  ausschliesslich  nur  Magneteisen  — sind  in  äusserst  beschei- 
dener Anzahl  vorhanden,  dessgleichen  ist  die  grünliche,  faserig  schuppige 
Substanz,  der  wir  in  den  Diabasen  so  massenhaft  begegneten,  nur  sehr 
spärlich  und  nur  stellenweise  vorhanden;  von  Augit  ist  selbstverständ- 
lich keine  Spur  wahrzunehmen.  Das  mikroskopische  Bild  ist,  wie  leicht 
einzusehen,  von  jenem  der  früher  beschriebenen  Gesteine  ein  total  ver- 
schiedenes. 

Der  Plagioklas  im  Sadeker  Diorit  überwiegt  nur  wenig  an  Menge 
die  Hornblende;  er  ist  stets  bedeutend  verändert  und  lässt  im  polari- 
sirten  Lichte  eine  körnige  oder  eisblumenartige  Structur  wahrnehmen, 
immer  sieht  man  aber  noch  seine  lamellare  Zusammensetzung,  in  vielen 
Fällen  deutlicher,  wenn  ein  Gypsblättchen  eingeschaltet  wurde.  Ein- 
schlüsse birgt  der  Plagioklas,  mit  Ausnahme  spärlicher  Hornblende- 
und  Apatit-Säulchen,  keine. 

Die  Plagioklase  im  Zdabofer  Gesteine  sind,  wie  oben  erwähnt, 
theils  porphyrisch  ausgeschieden,  tlieils  Elemente  der  scheinbar  dichten 
Grundmasse,  letztere  gewöhnlich  mit  den  Hornblende-Individuen  innig 
regellos  verwachsen.  Die  ersteren,  vollkommen  klar  und  durchsichtig, 


238 


K.  Vrba. 


[16] 

besitzen  stets  einen  milchweissen,  trüben  Rand.  Neben  der  prachtvollen 
Zwillingsstreifung  lassen  die  grösseren  Individuen  einen  ausgezeichneten 
zonalen  Aufbau,  besonders  schön  im  polarisirten  Lichte  erkennen. 

Die  milchweisse  Zone  ist  nicht  allein  in  Folge  einer  beginnenden 
peripherischen  Zersetzung  entstanden,  sondern  wird  vorzugsweise  durch 
reichliche  Einlagerung  von  Hornblende,  Biotit.  Apatit,  winzigen,  kaum 
0'0003 mm  grossen  Flüssigkeits-Einschlüssen  mit  beweglichen  Bläschen 
und  mitunter  scharfer,  rectangulärer  Begrenzung x)  und  anderen  fremd- 
artigen Substanzen  hervorgebracht,  die  im  centralen  Theile  des  Krystal- 
les  entweder  nur  sparsam  vorhanden  sind  oder  auch  ganz  vermisst 
werden.  In  einigen  vollkommen  wasserklaren,  grösseren  Plagioklasen 
wurden  lange,  kaum  durchscheinende  Mikrolithe  nach  drei  Raumrich- 
tungen parallel  eingeschlossen  gefunden,  ganz  ähnlich  jenen,  die  in 
ungleich  grösserer  Anzahl  und  Kleinheit  die  Plagioklase  vieler  Gabbro 
durchspicken.  Diese  Nädelchen  sind  so  orientirt,  dass  ein  System 
parallel  der  Zwillingsriefung  des  Plagioklases,  das  zweite  nahe  senkrecht 
zu  derselben  verläuft,  während  das  dritte  sich  in  einer  nahezu  senk- 
rechten Richtung  zu  den  erstgenannten  befindet  und  in  Form  von  kleinen 
Punkten  projicirt  erscheint. 

Die  Hornblende  bildet  im  Diorit  aus  dem  Sadek-Schachte  mit- 
unter deutliche  Krystalle  von  der  Form  °o  P . o oP<>=  . P (oP  scheint 
zu  fehlen),  ihre  Farbe  ist  im  durchfallenden  Lichte  dem  starken 
Dichroismus  entsprechend  licht  bis  dunkelbraun,  je  nachdem  der  Kry- 
stall  vom  Schnitte  getroffen  wurde. 

Häufig  hat  sich  um  einen  Kernkrystall  von  brauner  Farbe  eine 
grüne  Schale  gebildet,  jedoch  stets  unter  Wahrung  eines  vollkommenen 
Parallelismus.  Einschlüsse  in  der  Hornblende  beschränken  sich  auf  im- 
pellucide  Partikel  — vermuthlich  Magneteisen  — wenig  Apatit  und 
Feldspath.  Die  Hornblende  in  dem  Zdabofer  Gesteine  ist  stets  nur 
grün  gefärbt,  die  Individuen  mit  seltenen  Ausnahmen  mikroskopisch 
klein,  jedoch  stets  mehr  oder  minder  scharf  polygonal  begrenzt.  Ein 
grösserer  Durchschnitt,  senkrecht  zur  Spaltrichtung  gestattete  eine 
genaue  Bestimmung  des  Amphibolwinkels,  ein  zweiter  Schnitt  parallel 
den  Spaltrissen  ergab  eine  Neigung  der  Hauptschwingungsrichtung  zur 
Prismenkante  gleich  15  Grad.  Ausser  Apatit  und  wenig  Magneteisen 
sind  Einschlüsse  keinerlei  Art  wahrgenommen  worden. 

Im  Allgemeinen  hat  die  Hornblende  im  scharfen  Gegensatz  zu 
den  früher  beschriebenen  Augiten  in  beiden  Gesteinen  ein  vollkommen 
frisches  Aussehen,  ihre  Contouren  sind  scharf,  ihre  Masse  erweist  sich, 
von  den  Einschlüssen  abgesehen,  im  polarisirten  Lichte  homogen;  nur 
ganz  vereinzelt  hat  die  Umwandlung  einen  oder  den  andern  Krystall 
bereits  ergriffen,  eine  Faserung  und  Bleichung  hat  sich  an  den  beiden 
Polen  eingestellt  und  in  der  nächsten  Umgebung  desselben  ein  licht- 
bläulich grünes  Zersetzungsproduct  abgelagert ; häufiger  kann  man  diese 
Erscheinung  in  dem  Sadeker  als  im  Zdaborer  Gesteine  beobachten. 


*)  Prachtvolle,  regelmässig  begrenzte  Flüssigkeits-Einschlüsse  habe  ich  in  dem 
Plagioklas  des  Diorites  von  der  Patursokbai  in  Westgrönland  beobachtet.  Sitzungs- 
bericht d.  k.  Akad.  d.  Wissensch.  Wien,  69.  Bd.,  I.  Abth.,  1874,  119. 


[17] 


Die  Grünsteine  des  PfiJiramer  Erzrevieres. 


239 


In  beiden  Gesteinen  tritt,  die  Hornblende  vertretend,  dunkler 
Glimmer  recht  häufig  auf;  selten  regelmässig  begränzt,  ist  er  meist  in 
Form  von  fetzen-  oder  lappenartigen  Gebilden  im  Gestein  vertheilt.  Seine 
ausgezeichnete  Spaltbarkeit,  der  starke  Dichroismus  und  die  Richtung 
seiner  optischen  Hauptschnitte  unterscheiden  denselben  scharf  von  der 
braunen  Hornblende. 

Der  vollkommen  wasserhelle  Quarz  ist  nie  in  Krystalldurchschnit- 
ten  beobachtet  worden,  stets  sind  es  regellos  begränzte  Körnchen,  die 
im  Gesteine  ziemlich  gleiclnnässig  vertheilt  erscheinen;  mitunter  trifft 
man  kleine  Klüfte  im  Gestein  ganz  von  körnigen  Quarzindividuen 
erfüllt.  Seine  Mikrostructur  gleicht  genau  jener  der  Quarze  in  den 
früher  beschriebenen  Diabasen.  Der  Abgang  einer  regelmässigen  Um- 
gränzung,  sein  häufigeres  Auftreten  im  Sadeker  Gesteine,  dessen  Feld- 
späthe  stark  verändert  sind  und  sein  selteneres  Vorkommen  im  Diorit 
vom  Zdabofer  Schachte,  der  fast  ganz  frische  Plagioklase  einschliesst, 
erfordern  auch  für  die  Quarze  der  Diorite  von  den  beiden  Fundorten 
eine  Annahme  seiner  secundären  Bildung.  Mit  dieser  Auffassung  steht 
auch  das  häufige  und  ansehnliche  Vorkommen  des  Calcites  im  erstge- 
nannten, das  fast  gänzliche  Fehlen  desselben  im  Zdabofer  Gesteine  im 
Einklänge. 

Apatit  und  Magneteisen  gleichen  vollkommen  jenen  in  den 
Diabasen;  Pyrit  wurde  nicht  wahrgenommen,  dessgleichen  konnte  auch 
Titaneisen  nicht  constatirt  werden. 

Anhangsweise  möge  hier  noch  ein  Gestein  erwähnt  werden,  das 
am  3.  Clementi-Liegendgange  am  Kaiserstollner-Laufe  des  Stephans- 
schachtes in  Bohutin  angefahren  wurde;  es  tritt  in  Gemeinschaft  mit 
Diabas  gangförmig  auf.  In  einer  dunkelgrünen  dichten  Grundmasse 
sind  sehr  reichlich  blass  fleischrothe  Feldspath-Krystalle  eingesprengt, 
die  unter  der  Loupe  keine  Zwillingsstreifung,  wohl  aber  häufig  eine 
Zwillingsbildung  nach  dem  Karlsbader  Gesetze  erkennen  lassen.  Das 
ganze  Gestein  wird  von  feinen  licht  pistaziengrünen  Adern  durchsetzt, 
in  denen  zahlreiche  Pyritkryställchen,  die  sonst  im  Gesteine  ganz  ver- 
misst werden,  eingeschlossen  sind. 

Im  Dünnschliff  löst  sich  das  Gestein  in  ein  Gemenge  von  zer- 
setzten Felspath-Krystallen  und  faserigen  Hornblende- Aggregaten  auf, 
die  von  Feldspäthen  umschlossene  Nester  bilden  und  zwischen  dieselben 
eindringen.  Die  Feldspäthe  selbst  enthalten  Hornblende-Nädelchen  in 
sehr  grosser  Anzahl  eingeschlossen.  Zu  den  genannten  Gemengtheilen 
tritt  noch  spärlich  Quarz  und  sehr  selten  Magneteisen  hinzu;  Calcit 
ist  sehr  untergeordnet  vorhanden. 

Im  polarisirten  Lichte  erweisen  sich  die  Feldspäthe  als  ein  kör- 
niges Aggregat,  nur  selten  ist  noch  die  trikline  Natur  derselben  deut- 
lich wahrzunehmen.  Die  rothe  Farbe  wird  wahrscheinlich  durch  Eisen- 
oxyd hervorgerufen  , das  in  Form  winziger  Partikelchen  in  der 
zersetzten  Feldspathsubstanz  eingeschlossen  und  aus  Magneteisen  her- 
vorgegangen ist.  Man  sieht  nämlich  häufig  ein  schwarzes  opakes  Korn, 

Mineralogische  Mittheilungen,  3.  Heft.  1877.  (Vrba.)  32 


K.  Yrba. 


240 


ns] 


(las  peripherisch  in  die  rothe  Masse  verändert  ist,  von  der  sich  dann 
die  Färbung  in’s  Innere  des  Krystalles  weiterzieht.1) 

Ob  die  Hornblende  in  diesem  Gesteine  sich  ursprünglich  als 
solche  ausgeschieden  habe,  oder  ein  Umbildungs-Product  ist,  kann  man 
nicht  sicher  entscheiden,  wahrscheinlicher  scheint  das  erstere  der  Fall 
zu  sein,  wiewohl  das  Zusammenvorkommen  dieses  Grünsteines  mit  ech- 
tem Diabas  und  der  Uebergang  in  denselben  für  die  letztere  Annahme 
sprechen  würde.  Jedenfalls  erscheint  es  richtiger,  dasselbe  als  Diorit 
zu  bezeichnen,  nachdem  weder  Augit  noch  seine  Zersetzungs-Producte 
constatirt  werden  konnten,  das  Gestein  aber  von  Hornblende  und  Pla- 
gioklas zusammengesetzt  ist. 


Augit-Minette. 

Im  Kaiserstollen  des  Augustschächter  Grubenbaues  bei  Pfibram  tritt 
ein  sehr  zähes  Gestein  auf,  das  in  einer  dunkel  grünlichgrauen  dichten 
Grundmasse  sehr  reich  Schuppen  und  Blättchen  von  bräunlich-  oder 
grünlichschwarzem  Glimmer  porphyrartig  ausgeschieden  enthält.  Eine 
genaue  Untersuchung  frischer  Bruchflächen  mit  der  Loupe  lässt  keinen 
weiteren  Gemengtheil  makroskopisch  wahrnehmem,  dessgleichen  geben 
auch  angeschliffene  und  polirte  Gesteinsstückchen  keinen  weiteren  Auf- 
schluss über  die  Zusammensetzung  der  Grundmasse.  Der  Habitus  des 
Gesteines  gleicht  in  vieler  Hinsicht  jenem  der  bretonischen  Kersantone, 
von  denen  es  jedoch  durch  den  gänzlichen  Mangel  des  Plagioklases 
und  durch  Anwesenheit  von  Augit  verschieden  ist2 3 *) ; letzterer  Gemeng- 
theil unterscheidet  dasselbe  von  den  Minetten,  denen  es  jedoch  durch 
den  Orthoklasgehalt  neben  dem  porphyrisch  ausgeschiedenen  dunklen 
Glimmer  nahesteht8)  und  jedenfalls  als  eine  augithältige  Minette-Varietät 
aufgefasst  werden  kann , die  man  passend  mit  dem  Namen  Augit- 
Minette  bezeichnen  könnte. 

Die  Grauwacke  ist  im  Contacte  mit  dem  genannten  Gesteine  voll- 
kommen dicht  und  sehr  quarzreich;  zwischen  den  mikroskopischen 
Quarzkörnchen  sind  trübe  Feldspath-Individuen,  Magneteisen-Kryställchen 
und  Körnchen  nebst  winzigen  Glimmerschüppchen,  letztere  in  deutlich 
paralleler  Lagerung  eingeschlossen;  die  sämmtlichen  Elemente  sind 
durch  ein  quarziges  Cement  zu  einer  sehr  compacten  und  spröden 
Gesteinsmasse  verkittet.  In  grösserer  Entfernung  vom  Gange  besitzt 
die  Grauwacke  ihren  gewöhnlichen  Charakter. 

Unter  dem  Mikroskop  löst  sich  die  Grundmasse  der  Augit-Minette 
in  ein  Gemenge  von  Augit-  und  Biotit-Kryställchen,  Chloritschüppchen, 
Apatit-Nädelchen,  Magneteisen-Körnchen  und  nur  selten  regelmässig 
umgränzten  Feldspath  auf,  letzterer  vertritt,  wie  bei  den  Minetten  fast 
allgemein,  auch  hier  die  cementirende  Grundmasse,  die  übrigens  nicht 


‘)  Vergl.  über  die  Färbung  der  Feldspäthe  Laspeyre’s  Zeitschr.  d.  deutsch, 
geol.  Gesellsch.  XVI,  1864,  431  und  Zirkel  ebendort  XXIII,  1871,  47. 

9)  Grimm  führt  Kersantite  aus  dem  Lill-Schacht  und  der  Drkolnower  Grube 
an.  A.  a.  0.  229. 

3)  Möhl  fand  Augit  als  Gemengtheil  der  Minette  von  Seifersdorf  in  Sachsen. 

Neues  Jahrb.  f.  Min.  etc.  1874,  794. 


119) 


Die  Grünsteine  des  Pfibramer  Erzreviere®. 


241 


ganz  zu  fehlen  scheint,  da  wiederholt  zwischen  den  krystalliniseh  aus- 
geschiedenen Gemengtheilen  kleine  Partien  einer  isotropen  Glasbasis 
beobachtet  wurden.  Reichlich  kommt  als  secundäres  Product  Calcit  in 
kleinen  Nestern  und  Schnürchen  in  der  Gesteinsmasse  vertheilt  vor. 

Der  dunkle  Glimmer  bildet  oft  hexagonale  Täfelchen,  von  denen 
die  porphyrisch  ausgeschiedenen  bis  5mm  Durchmesser  und  lmm  Dicke 
erreichen;  nur  die  kleinen  Kryställchen  zeigen  eine  scharfe  Umgren- 
zung, die  grösseren  erweisen  sich  aus  mehreren  kleineren,  in  mehr 
oder  weniger  paralleler  Stellung  befindlichen  Individuen  zusammen- 
gesetzt. Querschnitte  der  grösseren  Glimmertäfelchen  erscheinen  daher 
selten  als  Rechtecke,  sondern  sind  an  beiden  Enden  rinnenartig  aus- 
gezackt. Die  meisten  Glimmerplättchen  besitzen  einen  sehr  dunklen 
Rand,  der  in  eine  schuppige,  grüne  Zone  von  chloritischer  Substanz 
übergeht  und  in  die  feldspathige  Grundmasse  verschwimmt. x)  Von  der 
letzteren  aus  ragen  sehr  zarte  Nüdelchen  oft  bis  zur  Hälfte  in  die 
dunkle  Glimmerzone  hinein,  oft  erfüllen  sie  dieselbe  sogar  ganz,  wäh- 
rend das  Innere  des  Glimmers  fast  immer  von  denselben  vollkommen 
frei  zu  sein  pflegt.  Oft  enthält  der  Glimmer  mehr  oder  minder  centrisch 
einen  grünen  Kern  oder  umschliesst  eine  Partie  farbloser  Feldspath- 
masse,  die  meist  regellos  begrenzt,  selten  nur  den  Glimmerumrissen 
parallel  orientirt  ist.  Die  meisten  und  namentlich  die  grösseren  Glim- 
mertäfelchen sind  mannigfach  geknickt  und  gewunden,  oft  zerborsten 
und  fächerartig  aufgeblättert,  zwischen  die  einzelnen  Theile  ist  Feld- 
spathmasse  eingedrungen  und  hat  dieselben  verkittet.  Nicht  selten  ist 
das  Glimmersäulchen  in  zwei  Theile  gespalten,  die  gegen  einander  ver- 
rückt sind  und  von  einer  zarten  Spaltlamelle,  die  sich  von  einer  zur 
anderen  Hälfte  hinzieht,  verbunden  und  durch  Feldspath  verkittet  werden. 
Die  kleinen  Glimmerblättchen,  sowie  die  anderen  mikrolithischen  Aus- 
scheidungen zeigen  eine  deutliche  Fluctuations-Structur. 

Nächst  dem  dunklen  Glimmer  ist  der  reichlichste  Gemengtheil 
Augit;  seine  Individuen  zeigen  meist  eine  regelmässige  Begrenzung, 
sind  in  der  Richtung  der  Vertikalaxe  stark  gestreckt  und  rissig.  Die 
Farbe  derselben  ist  eine  sehr  schwach  schmutziggelbliche,  der  Pleochrois- 
mus und  Absorption  kaum  merklich.  An  der  Peripherie  und  längs  der 
Sprünge  hat  den  Augit  die  Umwandlung  in  eine  dunkelgraugrüne,  erdige 
Masse  ergriffen,  nie  ist  aber  dieselbe  tiefer  in  das  Innere  vorgeschritten. 
Von  Einschlüssen  erweist  sich  der  Augit  ganz  frei. 

Die  chloritische  Substanz  gleicht  jener  in  den  früher  besprochenen 
Diabasen,  öfter  zeigt  dieselbe  Schüppchen,  die  meist  scharfe  sechsseitige 
Umrisse  zu  erkennen  geben. 

Magneteisen  und  Apatit,  letzterer  recht  zahlreich  und  zum  Theil 
in  ansehnlichen  Kryställchen,  zeigen  die  gewöhnliche  Entwicklung. 

Der  Feldspath  ist  nur  selten  individualisirt  wahrgenommen  worden, 
in  der  Regel  bildet  er  einen,  die  früher  genannten  Gesteinselemente 
verbindenden  Grundteig. 


■)  Eine  ähnliche  Bildung  hat  Zirkel  im  Kersanton  von  Brest  beobachtet. 
Ber.  d.  sächs.  Gesellsch.  d.  Wissensch.  Math.  Phys.  Classe.  1875.  202. 

32* 


242 


K.  Vrba. 


m 


In  wenigen  Fällen  ist,  namentlich  deutlich  im  polarisirten  Lichte, 
eine  schalenförmige  Structur  der  grösseren  Feldspathindividuen  beob- 
achtet worden ; eine  lamellare  Zwillings-Zusammensetzung  ist  in  Ueber- 
einstimmung  mit  der  chemischen  Zerlegung  des  Gesteines,  die  fast 
kein  Natron  aufweist,  nie  wahrgenommen  worden,  daher  man  wohl 
berechtigt  ist,  den  feldspathigen  Gemengtheil  lediglich  für  Orthoklas 
zu  halten.  Die  Zersetzung  hat  den  Feldspath  fast  gar  nicht,  oder  doch 
nur  unbedeutend  ergriffen,  indem  derselbe  fast  ganz  wasserhell,  oder 
nur  schwach  getrübt  und  gewölkt  erscheint,  wobei  sich  Spuren  einer 
Faserung  kenntlich  machen. 

Calcit  lässt  sich  als  reichlicher,  zarte  Spalten  ausfüllender,  sekun- 
därer Gemengtheil,  sowohl  unter  dem  Mikroskope  als  auch  durch 
Salzsäure  nachweisen,  von  Quarz,  den  wir  in  den  früher  beschriebenen 
Gesteinen  stets  mit  Calcit  vergesellschaftet  gefunden,  ist  im  vorliegenden 
Gesteine  nicht  eine  Spur  zu  finden. 

Das  Eigengewicht  des  Gesteines  wurde  (mit  2147,  l-368,  P943 
Gramm)  übereinstimmend  = 2-675  ermittelt;  die  Analyse,  welche  ich 
Herrn  Prof.  Th.  Morawski  verdanke,  ergab: 


Si02 

Al203 

Fe203 

FeO 

CoO 

MnO 

CaO 

MgO 

K20 

Na20 

C02 

Ti02 

I\0h 

h20 


44-94 

10-77 

6-95 

6-61 

Spur 

Spur 

9-96 

10-39 

5-17 

0-43 

2-47 

Spur 

0-93 

2-68 


101-30 


Eine  annähernde  Zusammensetzung  des  Gesteines  würde,  in  Pro- 
centen  ausgedrückt,  sein:  Calcit  5 xl2,  Apatit  2,  Magneteisen  61/3,  Kali- 
und  Natron-Feldspath  34,  Biotit  27,  Augit  22,  Chlorit  3,  ein  Ergebniss, 
das  mit  der  mikroskopischen  Beobachtung  gut  tibereinstimmt. 


II.  Ueber  die  Krystallform  des  Zinnsteins. 

Von  Friedrich  Kecke. 

(Mit  2 Tafeln.) 

Die  Krystallform  des  Zinnsteins  hat  von  Hauy  bis  auf  die 
Gegenwart  zahlreiche  Bearbeitungen  erfahren.  Die  aus  früherer  Zeit 
stammenden  leiden  jedoch  an  einer  leicht  erklärlichen  Unvollständigkeit, 
die  jüngeren  Arbeiten  beziehen  sich  meist  nur  auf  einzelne  Fundorte 
und  entbehren  somit  jener  umfassenden  Allgemeinheit,  die  nothwendig 
ist,  um  ein  vollständiges  Bild  der  Krystallisationsform  einer  Mineral- 
species  zu  bieten. 

Der  Hauptzweck  des  vorliegenden  Aufsatzes  ist  nun,  das  zerstreut 
in  der  Literatur  vorknmmende  Materiale  zu  einem  Gesammtbilde  zu 
vereinigen.  An  geeigneter  Stelle  werde  ich  sodann  auch  das  anführen, 
was  ich  selbst  zu  beobachten  Gelegenheit  hatte. 

Dass  mir  nun  diese  Gelegenheit  nicht  mangelte,  verdanke  ich  vor 
allem  meinem  verehrten  Lehrer,  Herrn  Director  Dr.  G.  Tschermak, 
der  mir  nicht  nur  die  reichen  Schätze  des  k.  k.  Hof-Mineralien-Cabinets 
zugänglich  machte,  sondern  mich  auch  bei  diesem  Erstlingsversuch  mit 
Rath  und  That  kräftigst  unterstützte;  sodann  Sr.  Exc.  dem  Herrn  Staats- 
rath Freiherrn  v.  Braun  und  dem  Herrn  Franz  Eggerth,  die  mir  in 
liberalster  Weise  die  interessanten  Zinnsteine  ihrer  reichen  Sammlungen 
zum  Studium  überliessen.  Es  sei  mir  gestattet,  den  genannten  Herren 
gleich  an  dieser  Stelle  meinen  aufrichtigsten  und  ergebensten  Dank 
abzustatten. 

Geschichtliches  und  Literatur.  Die  älteren  Autoren  bis 
Levy  weichen  in  der  Aufstellung  von  Miller  und  den  neueren  ab. 
Bei  Hauy,1)  Mohs,2)  Breithaupt3)  erscheint  das.  was  gegenwärtig 
als  verwendete  Pyramide  bezeichnet  wird,  als  Grundpyramide,  unsere 


‘)  Hauy,  Traite  de  Mineralogie  sec.  edition,  1822.  IV.  etain  oxyde. 
5)  Mohs,  Grundriss  der  Mineralogie.  II,  pag.  422. 
s)  Breithaupt,  Handb.  d.  Mineralogie  III. 

Mineralogische  Mitteilungen.  1877.  3.  Heft.  (Becke.) 


244 


Friedrich  Becke. 


[^] 


heutige  Grundpyramide  ist  dann  eine  steilere,  verwendete  Pyramide, 
entsprechend  sind  auch  die  Bezeichnungen  des  Prisma’s  erster  und 
zweiter  Ordnung  zu  vertauschen.  Erst  bei  Levy1)  findet  man  unsere 
Grundpyramide  mit  a 1 bezeichnet  und  Miller2)  hat  diese  Aufstellung 
beibehalten  und  der  ganzen  Betrachtungsweise  zu  Grunde  gelegt.  Dieser, 
wie  mir  scheint,  natürlicheren  Aufstellung  sind  auch  alle  neueren 
Autoren  gefolgt. 

Miller  ist  auch  der  erste,  der  nebst  einer  grösseren  Zahl  von 
Einzelformen  (12)  genauere  und  umfassendere  Messungen  veröffent- 
lichte. 

Der  Zeit  nach  folgen  zunächst  die  Beobachtungen  A.  Gadolin’s3) 
am  Zinnstein  von  Pitkäranta  in  Finnland,  welche  von  A.  E.  Norden- 
skiöld4)  fortgesetzt  wurden.  Vereinzelte  interessante  Mittheilungen 
findet  man  in  Hessenberg’s  Mineralogischen  Notizen.5)  In  Bezug 
auf  Zwillingsbildung  und  Beschaffenheit  der  Oberfläche  hat  Sadebeck6) 
den  Zinnstein  mehrfach  als  Beispiel  citirt  und  auf  interessante  Verhält- 
nisse desselben  aufmerksam  gemacht. 

Axenverhältniss,  Einzelformen.  Miller  führt  als  Grund- 
messung den  Winkel  101.001  mit  33°  55’2'  an7);  daraus  berechnet 
sich  für  die  verticale  Axe  der  Werth: 

c = tang  33°  55-2'  = 0'67247. 

Einen  etwas  abweichenden  Werth  fand  Norde  ns  kiöld  am 
fiunländischen  Zinnstein: 

c = tang  33°  53-5'  = 0'67176. 

Ich  fand  an  einem  ausgezeichneten  Krystall  von  Graupen  der 
Combination  110.111.  Die  Combinationskante  dieser  Gestalten  gleich 
46°  26'  40",  daraus  ergibt  sich: 

e = tang  33°  54'  50"  = 0-67232 

also  ein  Werth,  der  zwischen  den  beiden  angeführten,  aber  dem  ersteren 
viel  näher  liegt. 

Von  Einzelformen  des  Zinnsteins  sind  bisher  folgende  26  beob- 
achtet worden : 


*)  Levy,  Atlas  zu  Description  d’une  collection  de  Mineraux.  Londres  1838. 
T.  71  und  72. 

2)  Phillips,  Elementary  introduction  in  Mineralogy  new.  edition  by  Brooke 
and  Miller.  1852.  pag.  231. 

3)  A.  Gadolin  in  Verhandlungen  der  k.  russ.  mineral.  Gesellschaft.  1855 
bis  1856,  pag.  161. 

4)  A.  E.  Nordenskiöld  in  Poggendorff’s  Annalen,  101,  pag.  637  und 
Finnländische  Mineralien,  162,  1855;  26,  1863. 

5)  Hess enb erg,  Mineralog.  Notizen  I,  pag.  28  u.  VI,  pag.  18. 

6)  Rose-Sadebeck,  Krystallographie  II. 

’)  Bei  Miller  steht  (offenbar  ein  Druckfehler)  35°  55’2'. 


[3] 


lieber  die  Krystallform  des  Zinnsteins. 


245 


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246 


Friedrich  Becke. 


[4] 


In  der  vorstehenden  Tabelle  sind  die  bis  jetzt  beobachteten 
Flächen  mit  ihren  gebräuchlichen  Signaturen,  ihren  krystallographischen 
Zeichen  und  ihren  Winkelelementen,  die  nach  dem  Axenverhältniss 
c — tang  30°  54'  50“  berechnet  sind,  zusammengestellt.  Es  bezeichnet 
(p  den  Winkel,  den  der  die  betreffende  Fläche  mit  a (100)  verbindende 
Bogen  am  Pole  001  umspannt.  L ist  die  Mittelkante,  K die  normale, 
F die  diagonale  Polkante.  Es  sind  die  halben  Winkel  angeführt,  weil 
diese  durch  die  Rechuung  erhalten  werden  und  bei  weiteren  Rechnungen 
bequemer  sind  als  die  ganzen  Winkel. 

c (001)  findet  sich  nicht  besonders  häufig.  Regelmässig  und  domi- 
nirend  an  den  finnländischen  Krystallen,  selten  an  den  böhmischen,  da 
hier  wegen  fortgesetzter  Zwillingsbildung  die  Enden  selten  ausgebildet 
sind.  (Siehe  übrigens  den  schönen,  einfachen  Krystall  von  Schlacken- 
wald aus  dem  Wiener  Hof-Mineralien-Cabinet.  Fig.  1.) 

a (100)  gehört  zu  den  gewöhnlichsten  Formen;  in  der  Regel  sehr 
glatt  und  glänzend,  aber  meist  gegen  m an  Ausdehnung  zurücktretend. 
Eine  Ausnahme  hievon  machen  die  Zwillinge  von  Graupen. 

m (110).  Ist  immer  vorhanden  an  den  säulenförmigen  und  wenig- 
stens in  Andeutungen  an  den  flach  pyramidalen  Gestalten.  Meist  ge- 
streift, gekrümmt,  durch  Subindividuen  unterbrochen. 

h (210).  Ist  sehr  häufig;  stumpft  gewöhnlich  mit  a die  Kanten 
von  m ab.  Scheint  am  Zinnstein  von  Pitkäranta  zu  fehlen. 

r (320).  Sah  ich  nur  als  Begleiter  von  h,  dessen  Combinationskaute 
mit  m dieses  Prisma  abstumpft.  Nach  Gadolin  tritt  es  am  Zinnstein 
von  Pitkäranta  auch  selbstständig  auf. 

7\  (430).  Wird  von  Gadolin  und  Nordenskiöld  am  finnländi- 
schen, von  Hessenberg  am  cornischen  Zinnstein  beschrieben.  (Hes- 
senberg, Min.  Not.  VI,  pag.  18,  gibt  dieser  Fläche  die  Signatur  k , 
diese  muss  jedoch  der  älteren  von  Gadolin  weichen.) 

(14,  13,  0).  Kommt  nach  Gadolin  am  Zinnstein  von  Pitkä- 
ranta vor. 

e (101).  Ist  sehr  häufig  namentlich  an  den  böhmischen  Krystallen; 
meist  gestreift  parallel  mit  den  Kanten  zu  s (111). 

tv  (501).  Wird  von  Miller  ohne  weitere  Angabe  angeführt. 

7i  (771)  und  5p  (551)  finden  sich  nach  Gadolin  und  Nordenskiöld 
am  Zinnstein  von  Pitkäranta.  Erstere  Fläche  sah  ich  auch  an  schönen 
cornischen  Krystallen  aus  der  Sammlung  von  Staatsrath  Braun  (Fig.  8). 
Am  selben  Krystall  findet  sich  auch  die  sonst  ziemlich  seltene  Fläche 

i (552)  die  ebenso  wie 

y (335)  für  das  cornische  Nadelzinnerz  charakteristisch  ist. 

s (1 1 1).  Kommt  wohl  an  allen  Zinnsteinkrystallen  vor,  manchmal 
tritt  es  sogar  selbstständig  auf  (z.  B.  an  den  Krystallen  von  Penouta 
in  Galizien). 


[5] 


Uebei'  die  Krystallform  des  Zinnsteins. 


247 


x (114).  Findet  sich  nur  an  den  Zinnsteinen  von  Pitkäranta  und 
vertritt  hier  bisweilen  die  Endfläche. 

z (321).  Ist  die  häufigste  der  achtseitigen  Pyramiden.  Sie  beherrscht 
die  typischen  Formen  des  Nadelzinnerzes,  findet  sich  aber  auch  an 
böhmischen  und  finnländischen  Krystallen. 

t (313)  tritt  seltener  auf  als  die  vorige,  hauptsächlich  an 
böhmischen  Krystallen;  an  englischen  habe  ich  diese  Fläche  nicht 
gesehen. 

Die  Flächen  v (21.  14.  18),  ux  (7.  4.  2),  u2  (17.  13.-  6),  us  (9. 
4.  2),  u (19.  16.  7),  '(  (3.  1.  12)  wurden  bis  jetzt  nur  von  Gadolin, 
letztere  auch  von  Nordenskiöld  am  Zinnstein  von  Pitkäranta  nach- 
gewiesen. 

u liegt  in  den  zwei  Zonen  zz  und  srx.  ux  und  % liegen  tautozo- 
nal  mit  z und  dem  nächsten  a.  u2  endlich  liegt  in  einer  Zone  mit  z 
und  u.  v liegt  in  der  Zone  zc,  '(  bildet  mit  x eine  Zone,  die  in  ihrer 
Verlängerung  a treffen  würde.  (Siehe  die  Projection.) 

v (752)  wurde  bisher  noch  nicht  beobachtet.  Ich  bestimmte  diese 
Fläche  an  kleinen  englischen  Krystallen,  die  sich  in  dem  Besitze  von 
Staatsrath  Freih.  v.  Braun  befinden.  Sie  sind  kurz  säulenförmig  und  zeigen 
die  Combination  mhsz.  An  den  Kanten  zwischen  2 und  in  tritt  nun  die 
neue  Pyramide  als  äusserst  schmale  Fagette  auf.  Es  ist  daher  auch  die  aus- 
geführte Messung  der  Kante  Z'i  ziemlich  unsicher,  doch  stimmt  sie 
noch  am  besten  mit  der  angegebenen  Formel. 

\ (761)  wurde  von  Hessenberg  gleichfalls  an  cornischen  Krystallen 
aufgefunden  und  liegt  wie  v in  der  Zone  z m.  (Das  von  Hessenberg 
gewählte  Zeichen  x musste  geändert  werden,  da  es  von  Gadolin  schon 
früher  für  die  Pyramide  114  gebraucht  worden  war.) 

Betrachtet  man  die  Vertheilung  dieser  Flächen  auf  der  Projec- 
tion Fig.  9,  so  fallen  zwei  Momente  besonders  auf;  die  Anhäufung 
der  zahlreichen  achtseitigen  Prismen  um  die  Fläche  m,  und  die  Gruppe 
achtseitiger  Pyramiden  die  z zu  ihrem  Mittelpunkte  hat. 

Zu  dem  ersterem  Umstand  ist  noch  zu  bemerken,  dass  Gadolin 
ausser  den  angeführten  Prismen  noch  acht  andere  bestimmte , die 
sämmtlich  zwischen  320  und  110  liegen.  Ich  glaubte  dieselben  über- 
gehen zu  dürfen,  da  sie  nach  ihres  Autoren  eigenem  Ausspruche  „un- 
sicher bestimmt“  sind.  Kein  einziges  Prisma  ist  bekannt,  welches  sich 
der  Fläche  a mehr  näherte  als  h (210).  Die  Sache  wird  dadurch  noch 
auffallender,  dass  a in  der  Regel  weit  vollkommener  ist  als  die  anderen 
Prismen,  sowie,  dass  parallel  mit  a die  vollkommenste  Spaltbarkeit 
herrscht.  Fast  macht  es  — um  ein  Bild  zu  gebrauchen  — den  Ein- 
druck, als  habe  man  es  hier  mit  den  Schichtenköpfen  von  Spaltungs- 
lamellen zu  thun.  Ebenso  auffallend  ist  die  Flächengruppe,  die  um  z 
herum  liegt.  Manche  dieser  Flächen  sind  2 so  nahe,  dass  man  sie 
gewiss  zu  den  Vicinalflächen  zählen  würde,  wenn  sie  statt  z oder  auf  z 


Mineralogische  Mittheilungen.  3.  Heft.  1877.  (Becke.) 


33 


248 


Friedrich  Becke. 


[6] 

auftreten  würden,  wie  diess  z.  B.  bei  den  Vicinalflächen  der  Pyramide 
s (111)  so  gewöhnlich  ist;  allein  sowohl  nach  den  Zeichnungen  Gado- 
lins  als  nach  meinen  Beobachtungen  treten  sie  immer  als  schmale 
Kantenabstumpfungen  auf,  und  öfter  räumlich  ziemlich  getrennt  von  z. 

An  zahlreichen  Krystallen  von  böhmischen,  sächsischen  und  engli- 
schen Fundorten  wurden  folgende  Messungen  und  zwar  mit  einem  mit 
2 Fernrohren  versehenen  Reflexionsgoniometer  nach  Mitscherlich 
ausgeführt : 


m . s 

beobachtet 

46°  26'  40" 

berechnet 

Grundmessung. 

a . m 

45° 

45° 

a . h 

26°  38' 

26°  33'  51" 

a . r 

33°  42' 

33°  41'  24" 

m . h 

18°  30-7' 

18°  26'  9" 

e . m 

66°  44-5' 

66°  45'  51" 

a . e 

56°  2-5' 

56°  5'  10" 

a . s 

60°  50-9' 

60°  50'  27" 

s . s 

58°  20' 

58°  19'  6" 

Ueber  die  Polkante. 

h . s 

49°  6-6' 

49°  10'  46" 

s . t 

26°  30' 

26°  33'  54" 

s . z 

25°  43' 

25°  41'  40" 

z . z 

20°  53-5' 

20°  53'  23" 

üeber  die  diagonale  j po|kan(e 
Ueber  die  normale  J 

z . z 

61°  39-5' 

61°  41'  47" 

Z . V 

3°  18' 

3°  45'  20" 

Zwillingsbildung.  Die  Zwillingsbildung  ist  beim  Zinnstein  so 
häufig,  dass  einfache  Krystalle  viel  seltener  sind  als  Zwillinge.  Das 
Gesetz  ist  immer  dasselbe:  Zwillingsfläche  ist  eine  Fläche  der  verwen- 
deten Pyramide  e (101). 


Die  Hauptaxen  bilden  hiebei  Winkel  von  112°  10'  20"  und  67° 


49'  40". 

An  Zwillingskrystallen  v 

beobachtet 

berechnet 

m . w, 

46°  26' 

46°  28' 

46°  28*  25" 

a . «j 

67°  48' 

67°  51' 

67°  49'  40" 

S . Si 

38°  25' 

38°  29'  4" 

e.e1 

43°  57' 

44°  40" 

a . e-L 

11°  45-5' 

11°  44'  30" 

m . sx 

18°  20' 

18°  19'  20" 

1 


Einspringender  Winkel. 


Die  Zwillinge  sind  sowohl  Appositions-  als  Penetrationszwillinge. 
Die  Ausbildung  ist  je  nach  dem  Typus  der  Combination  eine  ziemlich 
mannigfaltige.  Die  besonderen  Ausbildungsweisen  sind  daher  bei  den 
Combinationen  besprochen. 

Combinationen.  Die  Combinationen  des  Zinnsteins  leiden  an 
einer  gewissen  Eintönigkeit  der  Flächen,  die  sie  zusammensetzen.  Es 


m 


Ueber  die  Krystallform  des  Zinnsteins. 


249 


ist  nur  eine  geringe  Anzahl  von  häufiger  vorkommenden  Flächen 
(nämlich  s,  x,  e,  g,  a,  m , h , r,  c)  die  mit  Ausnahme  der  Pyramide 
x (114),  die  dem  Kassiterit  von  Pitkäranta  eigenthümlich  ist,  immer 
wiederkehren  und  mehr  durch  ihr  gegenseitiges  Grössenverhältniss  als 
durch  ihr  Auftreten  oder  Fehlen  den  Typus  der  Combination  bestimmen. 
Alle  anderen  Gestalten  sind  zu  selten , als  dass  sie  auf  das  Aussehen 
der  Krystalle  einen  Einfluss  nehmen  könnten.  Man  kann  im  Allgemeinen 
3 Haupttypen  feststellen : 

I.  Typus  der  böhmischen  und  sächsischen  Zinnerze  (Zinngraupen, 
Visirgraupen).  Ziemlich  grosse,  dicke  Krystalle  von  mässiger  Längen- 
ausdehnung. In  der  Prismenzone  m (110)  in  der  Endigung  s (111)  und 
c (101)  vorherrschend,  a (100)  und  h (210)  sind  sehr  häufig,  r (320) 
ziemlich  selten.  Von  achtseitigen  Pyramiden  findet  sich  g (321)  ziem- 
lich häufig  als  Abstumpfung  der  Kanten  s . li,  t (313)  zwischen  s und  e, 
aber  seltener,  c (001)  tritt  wegen  fortgesetzter  Zwillingsbildung  sehr 
selten  auf.  Ueberhaupt  der  flächenärmste  Typus.  Fig.  1—5. 

Bei  diesem  Typus  sind  Zwillinge  die  herrschende  Kegel.  Ich  habe 
einen  einzigen  grösseren,  einfachen  Krystall  aus  den  böhmischen  Zinn- 
lagerstätten gesehen.  Es  ist  der  in  Fig.  1 abgebildete  Krystall  von 
Schlackenwald  im  Besitze  des  Wiener  Hof-Mineralien-Cabinetes;  und 
selbst  dieser  auch  durch  das  Auftreten  der  Endfläche  ausgezeichnete 
Krystall  zeigt  an  den  beiden  oberen  Ecken,  so  wie  an  der  Prismen- 
fläche deutliche  Spuren , dass  Zwillingslamellen  seine  Masse  durch- 
setzen. 

Die  regelmässigste  Form,  in  der  die  Zinnsteine  aus  dem  Erz- 
gebirge auftreten,  ist  die,  bei  welcher  beide  Individuen  mit  ihren  freien 
Enden  aufgewachsen,  die  verwachsenen  aufwärts  gekehrt  sind.  An  dieser 
Stelle  bilden  die  Pyramidenflächen  s (111)  und  e (101)  einspringende  Win- 
kel, die  den  Krystallen  den  Namen  Visirgraupen  eingetragen  haben.  Dieses 
Visir  ist  oft  einseitig  ausgebildet,  so  dass  die  Flächen  e und  s des 
einen  Individuums  unmittelbar  mit  a und  in  des  zweiten  Zusammen- 
treffen. (Fig.  3.)  Diess  kommt  besonders  häufig  bei  den  Krystallen  von 
Graupen  vor,  wo  a und  e über  m und  s das  Uebergewicht  erlangen. 
Hier  tritt  das  Visir  öfter  ganz  zurück  und  es  entstehen  dann  kurze 
quergestreckte  Säulen.  Seltener  verschwindet  das  Visir  vollständig  bei 
vorherrschendem  Prisma  in,  wodurch  dann  Gestalten  entstehen,  ähnlich 
den  Speerkiesen  des  Markasits. 

Nicht  immer  sind  blos  zwei  Individuen  nach  dem  Zwillingsgesetz 
verbunden,  ja  mehrfache  Zwillinge  sind  sogar  die  Regel.  Meist  wieder- 
holt sich  die  Zwillingsbildung  in  einer  Ebene;  dann  entstehen  stern- 
förmige Aggregate,  die  bis  zu  fünf  Individuen  umfassen  könnten;  da 
jedoch  die  Krystalle  immer  aufgewachsen  sind,  so  gelangen  meist  nur 
drei  zur  Ausbildung.  Oft  wiederholt  sich  die  Zwillingsbildung  auf  jeder 
Fläche  der  Pyramide  c (101)  eines  grösseren  Krystalls,  so  dass  neun 
oder  genauer  fünf  Individuen  einen  solchen  Zwillingskrystall  bilden, 
da  zu  jedem  der  vier  oberen  Individuen  ein  unteres  parallel  steht. 
Hesse nberg  hat  einen  derartigen  Krystall  als  Z Wölfling  abgebildet 

33* 


250 


Friedrich  Becke, 


[8] 


und  beschrieben  (Min.  Not.  VI.,  S.  18).  Oft  sitzen  auch  noch  mehr 
Individuen  oder  besser  gesagt  selbstständig  ausgebildete  Partieen  eines 
Individuums  auf  den  Flächen  der  Pyramide  e auf,  so  dass  nun  ganze 
Reihen  von  einspringenden  Winkeln  auf  einer  Fläche  zu  sehen  sind; 
dadurch  dass  jedes  dieser  kleineren  Individuen  selbst  wieder  seine 
Zwillingsparasiten  trägt,  wenn  dieser  Ausdruck  erlaubt  ist,  entstehen 
oft  recht  wirre  und  complicirte  Gestalten.  Uebrigens  finden  sich  solche 
vielfach  combinirte  Zwillingsbildungen  nur  an  solchen  Krystallen,  welche 
deutliche  Spuren  einer  gestörten  Bildung  zeigen,  oder  deren  Masse  von 
anderen  Substanzen  unterbrochen  wird.  Ein  dritter  Fall  der  wieder- 
holten Zwillingsbildung  ist  endlich  der,  dass  bei  reihenförmiger  Anlage- 
rung der  Einzelkrystalle  die  Ebene,  welche  die  Hauptaxe  beider  Zwil- 
lings-Individuen enthält,  von  Fall  zu  Fall  ganz  unregelmässig  wechselt. 
Es  kommen  hiedurch  oft  sehr  complicirte  Gestalten  zum  Vorschein,  die 
aber  bei  dem  gänzlichen  Mangel  jeder  weiteren  Gesetzmässigkeit  kein 
Interesse  haben. 

Zu  dem  eben  beschriebenen  Typus  gehören  ausser  den  böhmischen 
und  sächsischen  Zinnsteinen  die  Zinnerze  von  Gallicien  in  Spanien  (hier 
auch  sehr  flache  Krystalle,  die  fast  blos  s zeigen),  die  sibirischen  von  Ner- 
tschinsk,  dann  alles  was  ich  von  Zinnsteinen  aus  Peru  und  Quito  sah. 
Auch  manche  englische  Zinnsteine  müssen  hieher  gerechnet  werden, 
doch  verrathen  sich  diese  gewöhnlich  durch  die  Ausbildung  deutlicher 
Endigungen,  wodurch  sie  sich  an  den  2.  Typus  anlehnen,  andererseits 
erinnern  sie  durch  das  häufigere  Auftreten  der  Endfläche  c an  die 
Krystalle  von  Pitkäranta  und  bilden  so  ein  Mittelglied,  das  Uebergänge 
in  alle  drei  Haupttypen  aufweist. 

II.  Der  eigentliche  Typus  der  englischen  Zinnerze  ist  indess  der 
des  Nadelzinnerzes,  der  in  seiner  ausgeprägten  Form  durch  iangsäulen- 
förmige,  einfache  Krystalle  mit  freier  Endigung  charakterisirt  ist.  Die 
Spitze  wird  meist  durch  die  Combinationen  sz,  se , sez  gebildet,  doch 
finden  sich  auch  andere  Pyramiden  als:  i (552),  y (335),  v\  (771), 
\ (761),  v (752),  sowie  die  Endfläche  c.  Unter  den  Prismen,  die 
indess  bei  diesen  Krystallen  auffallend  unvollkommen  und  gestreift  sind, 
ist  a (100)  seltener  als  bei  den  vorigen,  h und  r finden  sich  ziemlich 
häufig,  rx  (430)  fand  Hessenberg.  (Fig.  6,  7,  8.) 

Hierher  gehören  die  schönen  Krystalle  von  Cornwallis,  die  indi- 
schen von  Malacca  und  Banca,  ferner  auch  Krystalle  von  Potosi.  Eigen- 
thümlich  sind  die  einfachen  Krystalle  von  einem  anderen  Fundorte  in 
Bolivia,  die  ich  an  einer  Stufe  sah,  die  sich  im  Besitze  des  Herrn 
Staatsrathes  Freih.  v.  Braun  befindet.  Es  sind  einfache  Krystalle  von 
der  Combination  ms  von  Säulenform,  die  aber  von  ähnlichen  englischen 
Formen  dadurch  abweichen,  dass  sie  mit  liegender  Hauptaxe  aufge- 
wachsen sind. 

Zum  Typus  des  Nadelzinnerzes  gehören  auch  jene  strahligen 
und  radialfaserigen,  mikrokrystallinischen  Vorkommnisse,  welche  unter 
dem  Namen  Holzzinnerz,  Cornischzinnerz  bekannt  sind.  Gewöhnlich 
bekommt  man  von  dieser  Varietät  nur  aus  ihrem  Muttergestein 
herausgelöste,  abgerollte  Stücke  zu  sehen,  die  freilich  von  einer 


[9] 


lieber  die  Krystallform  des  Zinnsteins. 


251 


Krystallform  nichts  mehr  erkennen  lassen.  Im  Wiener  Hof-Minera- 
lien-Cabinet  befindet  sich  indessen  eine  ausgezeichnete  Stufe,  welche 
die  Untersuchung  dieser  Varietät  an  ihrer  ursprünglichen  Lager- 
stätte erlaubte.  Makroskopisch  bemerkt  man  in  einer  körnigen  Quarz- 
masse zahllose,  radialfaserige  Kugeln  und  Kugel-Aggregate,  die  einen 
dunklen  Kern  und  einen  lichten,  seidenglänzenden  Hof  zeigten.  Im  Dünn- 
schliff (s.  Fig.  12 au.  b)  erscheinen  diese  Kugeln  aus  strahlenförmig  gestell- 
ten Nadeln  zusammengesetzt,  die  in  der  umgebenden  Quarzmasse  prachtvoll 
auskrystallisirt  sind.  Der  Durchmesser  der  Nadeln  variirt  von  1h50mm  bis 
etwa  1/eomm  • Wo  sie  der  Quere  nach  getroffen  sind,  zeigen  sie  vier- 
seitige Umrisse,  wenn  sie  horizontal  liegen,  eine  pyramidale  Endigung. 
Jede  Nadel  ist  gegen  die  Spitze  heller  gefärbt  als  gegen  das  dunkelbraune 
Centrum.  Manche  der  Kugeln  zeigen  eine  undeutlich  concentrisch-schalige 
Zusammensetzung,  indem  dunkler  und  heller  gefärbte  Ringe  abwechseln. 
Die  Krystallkugeln  liegen  in  einer  grosskörnigen  Quarzmasse;  die  ein- 
zelnen Quarzindividuen  lassen  sich  im  polarisirten  Lichte  bis  tief  zwi- 
schen die  Nadeln  hinein  als  gleichförmig  gefärbten  Grund  verfolgen. 
Gegen  das  Centrum  berühren  sich  die  Nadeln  und  sind  zu  einer  com- 
pacten strahligen  Masse  verbunden,  die  blos  aus  Zinnerz  besteht.  Wo 
eine  Kugel  über  oder  unter  ihrem  grössten  Querschnitt  getroffen  wurde, 
erscheint  das  Centrum  körnig  und  ist  in  Folge  des  lockeren  Zusam- 
menhanges häufig  ausgefallen.  Ausserdem  kommen  hin  und  wieder 
grössere  Körner  von  Zinnerz  vor,  die  braun,  sehr  schwach  dichroitisch 
und  von  unregelmässigen  Sprüngen  durchzogen  sind.  Dann  finden  sich 
kleine  Krystalle  und  strahlig-faserige  Aggregate  eines  grünlichen  Mine- 
rals, das  sehr  stark  dichroitisch  ist  und  hie  und  da  Spuren  von  mono- 
klinen Umrissen  zeigt;  wahrscheinlich  ist  es  Hornblende. 

An  einigen  stärkeren  Nadeln  wurde  eine  Messung  der  Kante 
zwischen  der  auftretenden  Pyramide  und  dem  Prisma  versucht.  Es 
musste  dabei  berücksichtigt  werden,  dass  die  Hauptaxe  der  Nadel 
möglichst  horizontal  liege,  dann,  dass  die  zu  messende  Kante  senkrecht 
sei  auf  der  Bildebene.  Es  zeigte  sich,  dass  nur  zwei  stärkere  Krystalle 
diesen  Forderungen  ziemlich  annähernd  entsprechen.  An  diesen  wurde 
für  die  Combinationskante  zwischen  Pyramide  und  Prisma  gefunden: 


I. 

47-1° 


II. 

47-8° 


Der  Winkel  zwischen  m und  s wurde  an  anderen  Krystallen  ge- 
messen mit  46°  26'  40".  Die  Abweichung  beträgt  somit  bei  I.  39', 
bei  II.  81'.  Diess  sind  aber  Fehler,  die  sich  bei  der  Schwierigkeit,  mit 
welcher  sich  die  Fäden  des  Fadenkreuz- Goniometers  auf  sehr  kurze 
Kanten  einstellen  lassen,  wohl  noch  erklären  lassen. 

Jedenfalls  hat  das  Holzzinnerz  dieselbe  oder  doch  nahezu  dieselbe 
Krystallform,  wie  das  gewöhnliche  Zinnerz,  und  die  Radialfasern  des- 
selben zeigen,  wenn  sie  frei  auskrystallisiren  können,  einfache  Combi- 
nationen,  die  dem  Typus  des  Nadelzinnerzes  angehören. 


252 


Friedrich  Becke. 


[10] 


Auch  die  bekannten  Pseudomorphosen  von  Kassiterit  nach  Ortho- 
klas sind  in  den  cornischen  Stücken  zu  diesem  Typus  zu  zählen. 
Wenigstens  vermochte  ich  bei  einigen  Exemplaren  mit  Hilfe  der  Loupe 
die  langsäulenförmige  Gestalt  der  einzelnen  Individuen  zu  erkennen. 
Uebrigens  beobachtete  ich  derartige  Gebilde  noch  eingewachsen  in  das 
Muttergestein  auch  an  einer  Stufe  von  Zinnwald,  nur  waren  die  ein- 
zelnen Individuen  grösser  und  lockerer  mit  einander  verbunden,  als  in 
den  cornischen  Pseudomorphosen,  sonst  von  rundlichem  Umriss  ohne 
erkennbare  Krystallgestalt.  In  beiden  Fällen  wird  übrigens  der  Raum, 
den  früher  der  Orthoklas  einnahm,  von  einem  Gemenge  von  Zinnstein- 
körnern und  Quarzkörnern  ausgefüllt. 

Zwillinge  sind  bei  diesem  Typus  viel  seltener  als  beim  vorigen  und 
unterscheiden  sich  von  den  böhmischen  und  sächsischen  Visirgraupen 
auch  durch  die  Stellung.  Das  Knie,  das  nämlich  bei  diesen  frei  und 
durch  das  Auftreten  des  einspringenden  Winkels  ausgezeichnet  ist,  ist 
bei  den  englischen  Zwillingen  aufgewachsen,  die  Spitzen  der  Krystalle 
ragen  frei  unter  einem  stumpfen  Winkel  von  der  Unterlage  empor. 
(S.  Fig.  8.)  Auch  Penetrationszwillinge  von  der  Form  Fig.  6 kommen 
vor.  Kur  das  eine  Individuum  ist  über  die  Zwillingsgränze  hinausge- 
wachsen, das  andere  als  eingeschaltete  Zwillingslamelle  ausgebildet. 
Mehrfache  Zwillinge  kommen  nicht  vor.  Merkwürdig  ist  es  auch,  dass 
die  Zwillingsbildung  auf  jene  Fälle  beschränkt  scheint,  wo  die  Fläche 
s (111)  über  2 (321)  entschiedenes  Uebergewiclit  hat.  Zwillinge  von 
Krystallen  wie  Fig.  7 sah  ich  nicht,  einen  einzigen  Fall  ausgenommen. 
Dieser  betrifft  eine  interessante  Stufe  aus  der  Sammlung  des  Herrn 
Eggerth.  Bei  oberflächlicher  Betrachtung  bemerkt  man  zahllose 
spiessige  Krystalle  die  beiläufig  dieselbe  Combination  zeigen  wie  Fig.  7, 
nur  tritt  z noch  mehr  hervor.  Sieht  man  genauer  zu,  so  bemerkt  man 
bald,  dass  je  eine  Anzahl  von  Krystallen  parallel  stehen  und  zu  einem 
Krystallstock  verwachsen  sind;  ja  noch  mehr:  je  zwei  dieser  Krystall- 
stoeke  stehen  gegeneinander  in  Zwillingsstellung  in  der  Weise,  wie  es 
bei  den  cornischen  Zwillingen  gewöhnlich  ist;  das  Knie  nach  abwärts, 
die  Spitzen  des  als  Individuum  gedachten  Krystallstockes  nach  aufwärts 
gekehrt.  Ich  kann  mir  diese  sonderbare  Erscheinung  nur  so  erklären, 
dass  ursprünglich  zwei  Krystalle  in  Zwillingsstellung  gebildet  wurden; 
später  müssen  dann  Verhältnisse  eingetreten  sein,  welche  bewirkten, 
dass  die  Ausbildung  des  Zwillings  unterblieb,  dafür  wuchs  jedes  Indi- 
viduum in  zahlreiche  selbstständige  Spitzen  aus,  die  eine  Form  zeigen, 
die  wir  an  Zwilliugskrystallen  nicht  gewohnt  sind. 

Der  III.  Typus  ist  durch  das  Vorherrsehen  der  Endfläche  c und  des 
achtseitigen  Prisma’s  r (320)  ausgezeichnet.  (S.  Fig.  10.)  Nebst  c treten  an 
der  Endigung  auf:  s (111),  x (114),  2 (321);  anschliessend  an  z eine 
grosse  Reihe  achtseitiger  Pyramiden.  Obzwar  dieser  Typus,  der  durch 
die  von  A.  E.  Nordens kiöld  und  A.  Gadolin  beschriebenen 
Krystalle  von  Pitkäranta  in  Finnland  repräsentirt  wird,  der  tlächen- 
reichste  von  allen  ist,  scheinen  ihm  doch  mehrere  Flächen  des  corni- 
schen Zinnsteins  zu  fehlen.  Die  Pyramiden  y (335),  w (501),  v (752), 
c(761);  merkwürdigerweise  auch  das  sonst  so  häufige  Prisma  h (210). 


[11] 


Heber  die  Krj'stallform  des  Zinnsteins. 


253 


Zwillinge  sind  bei  diesem  Typus  sehr  selten.  Wenn  sie  auftreten, 
haben  sie  stets  die  Form,  dass  an  einem  grösserem  Individuum  seitlich 
ein  kleineres  ansitzt,  eine  Ausbildungsweise,  die  man  hie  und  da  auch 
an  englischen  Krystallen  sehen  kann. 

Vielleicht  ist  es  mehr  als  ein  blosser  Zufall,  dass  gerade  bei 
jenem  Typus,  bei  welchem  die  Zone  s e,  die  die  Zwillingsfläche  ent- 
hält, am  stärksten  hervortritt  und  fast  ausschliesslich  die  Endigungen 
beherrscht,  dass  gerade  bei  diesem  Typus  die  Zwillinge  so  häufig  sind, 
während  sie  bei  anderen  Krystallen , bei  denen  diese  Zone  anderen 
Flächen,  namentlich  der  Pyramide  z (321)  und  der  Endfläche  c Platz 
macht,  so  selten  sind. 

Spaltbarkeit.  Die  Spaltbarkeit  des  Zinnsteins  ist  eine  ziemlich 
unvollkommene;  doch  sind  mehrere  Spaltungsrichtungen  vorhanden.  Am 
deutlichsten  ist  die  parallel  dem  verwendeten  Prisma  a (100);  eine 
zweite  minder  vollkommene  entspricht  der  Pyramide  s (111).  Auch 
parallel  der  Fläche  m (110)  erhielt  ich  Spaltungsflächen,  doch  wäre  es 
nicht  unmöglich,  dass  dies  nur  eine  Folge  des  eminent  schichtenförmi- 
gen Baues,  also  eine  Art  lamellarer  Absonderung  sei.  Parallel  zu 
e (101),  in  welcher  Richtung  gleichfalls  eine  Spaltbarkeit  angegeben  wird, 
erhielt  ich  keine  Spaltflächen;  möglich  übrigens,  dass  sie  in  Spuren 
vorkommt,  da  der  Grad  der  Spaltbarkeit  beim  Zinnstein  überhaupt  ein 
sehr  variabler  ist.  Es  erübrigt  noch  auf  einen  eigenthümlichen  Zusam- 
menhang zwischen  der  Spaltbarkeit  und  der  Oberflächen-Beschaffenheit 
des  Zinnsteines  hinzuweisen.  Es  zeigt  sich  nämlich,  dass  diejenigen 
Flächen,  die  in  der  Richtung  eines  Blätterdurchganges  liegen,  stets 
viel  glatter  und  glänzender  sind,  als  andere  Flächen  derselben  Zone. 
So  ist  in  der  Prismenzone  a (100)  stets  viel  vollkommener  als  m 
(110).  In  der  Zone  s e ist  s zwar  häufig  durch  Subindividuen  und 
Vicinalflächen  unterbrochen,  doch  sind  diejenigen  Flächenstückchen, 
welche  wirklich  die  Fläche  s zeigen,  stets  stark  glänzend , während  e 
immer  matter  ist,  ja  häufig  so  stark  gestreift  ist,  dass  es  oft  kaum 
einen  Schimmer  zeigt. 

Nicht  immer  sind  die  Krystalle  des  Zinnsteins  so  vollkommen, 
dass  sie  der  Theorie  genau  entsprechen.  Häufig  finden  sich  an  den 
Flächen,  namentlich  an  gewissen  Flächen  Unvollkommenheiten,  Abwei- 
chungen, die  sich  dann  auch  im  Resultate  der  Messung  manifestiren. 
Diese  Abweichungen  lassen  sich  in  zwei  Kategorien  bringen:  Entweder 
sind  statt  der  normalen  Fläche  oder  auch  neben  derselben  andere 
Krystallflächen  vorhanden,  deren  Indices  nur  wenig  von  denen  der 
normalen  Fläche  sich  unterscheiden  (Vicinalflächen  nach  Websky  in 
Verhandlungen  der  deutschen  geologischen  Gesellschaft  Bd.  XV, 
p.  677);  oder  zweitens  es  sind  Störungen  der  Structur  vorhanden,  die 
sich  dann  auch  an  der  Oberfläche  in  einer  entsprechenden  Abweichung 
der  Flächen  von  der  normalen  Lage  offenbaren. 

Was  nun  die  Vicinalflächen  des  Zinnsteins  betrifft,  so  sind  die- 
selben sehr  häufig  zu  beobachten,  namentlich  an  der  Grundpyramide  s 
und  dem  zugehörigen  Prisma  in.  An  den  Flächen  e (101)  und  a (100) 


254 


Friedrich  Becke. 


[12] 


fehlen  sie  gänzlich.  Sie  sind  gewöhnlich  von  einer  jede  Messung  illuso- 
risch machenden  Krümmung  begleitet  und  verrathen  sich  häufig,  wenn 
sie  auch  nicht  deutlich  ausgebildet  erscheinen,  durch  eine  Streifung  auf 
der  zugehörigen  Normalfläche. 

Besonders  zahlreich  treten  sie  an  der  Fläche  m auf;  sie  liegen 
hier  hauptsächlich  in  der  Zone  parallel  der  Hauptaxe.  Eine  stetige 
Krümmung,  oft  auch  durch  oscillatorische  Combination  unterbrochen, 
verbindet  oft  das  Prisma  110  mit  210.  Dazwischen  liegen  alle  mögli- 
chen Prismen,  von  denen  nur  320  und  vielleicht  auch  430  eine  gewisse 
Selbstständigkeit  behaupten.  Gadolin  gibt  zwischen  r (320)  und 
m (110)  nicht  weniger  als  11  verschiedene  Prismen  an,  die  offenbar 
in  die  Kategorie  der  Vicinalflächen  gehören,  dagegen  kein  einziges 
zwischen  r (320)  und  a (100).  An  den  böhmischen  und  englischen 
Zinnsteinen  ist  die  Zone  bis  h (210)  entwickelt,  hier  aber  durch  eine 
stets  scharfe  Grenze  von  a (100)  geschieden. 

Seltener  bemerkt  man  an  m schief  gestellte,  schmale  und  hohe 
Dreiecke,  die  auf  sehr  steile  achtseitige  Pyramiden  hinweisen. 

Interessanter  und  mannigfaltiger  gestalten  sich  die  Verhältnisse 
auf  der  Fläche  s (111).  Hier  liegen  die  Vicinalflächen  nach  3 Zonen 
orientirt ; die  erste  Zone  s . c umfasst  lauter  stumpfere  tetragonale 
Pyramiden,  deren  allgemeines  Zeichen  somit  h h l ist,  wobei  l>h. 
Sie  ist  am  seltensten  ausgebildet  und  oft  nur  durch  eine  schwach 
markirte  Streifung  angedeutet  (S.  den  einfachen  Krystall  von  Schlacken- 
wald Fig.  1).  Eine  zweite  Zone  führt  zur  Fläche  e (101)  hinüber.  Sie 
ist  die  häufigste  von  allen,  eine  ihr  entsprechende  Streifung  ist  fast 
immer  vorhanden , eine  Krümmung  der  Fläche  s in  diesem  Sinne 
gehört  namentlich  bei  den  grossen  Visirgraupen  zu  den  gewöhnlichsten 
Erscheinungen.  Das  allgemeine  Zeichen  der  in  dieser  Zone  liegenden 
Vicinalflächen  ist  JilcJi,  h^>  Je. 

Eine  3.  Reihe  von  Vicinalflächen  liegt  unterhalb  der  vorigen ; 
sie  würde  eine  Zone  bilden  mit  der  Fläche  m des  benachbarten  Qua- 
dranten. Diese  Flächen,  welche  wie  die  vorigen  achtseitige  Pyramiden 
sind,  erscheinen  namentlich  bei  grösseren  englischen  Zwillingskrystallen 
des  1.  Typus  oft  sehr  schön  und  wie  ächte  Krystallflächen  ausgebildet; 
nur  der  geringe  Neigungswinkel  gegen  s und  die  Krümmung  der  Flächen 
verräth  ihren  wahren  Charakter. 

Dass  derartige  Vicinalflächen  einen  störenden  Einfluss  auf  die 
Messung  haben  können,  liegt  auf  der  Hand;  einmal  dadurch,  dass 
mehrere  Reflexionen  erzeugt  werden,  wenn  die  Vicinalflächen  neben 
der  Normalfläche  auftreten.  Noch  schlimmer  ist  es  aber,  wenn  die 
Normalfläche  ganz  verschwindet  und  an  ihrer  Stelle  eine  der  Vicinal- 
flächen vorwaltet,  wie  diess  namentlich  im  „Visir“  an  der  Grund- 
pyramide s nicht  selten  vorkommt.  Ein  sonst  sehr  regelmässiger  Kry- 
stall von  Schlackenwald  der  Combination  a m s t e zeigte  an  den 
Flächen  des  Visirs  folgende  Abmessungen: 


[13] 

Ueber  die  Krystallform  des  Zinnsteins. 

255 

a . s 

59°  45'  30" 

statt  60°  50'  27" 

Differenz 



1°  4' 

57" 

s . s1 

57°  50'  30" 

„ 58°  19'  6" 

7) 

- — 

28' 

s . e 

29°  43' 

„ 29°  9'  33" 

91 

+ 

32' 

Aus  diesen  Messungen  ergiebt  sich,  dass  statt  s eine 

Fläche 

aus- 

gebildet 

war,  welche 

um  mehr  als  einen 

Grad  näher 

an 

a lag, 

also 

eine  Vicinalfläche  der  3.  Zone.  In  Folge  dessen  war  auch  die  Fläche 
e um  ein  bedeutendes  aus  der  Zone  s . sx  nach  oben  gerückt. 

Subindividuen.  Eine  Erscheinung,  die  mit  den  Vicinalflächen 
oft  zugleich  vorkommt,  ist  das  Auftreten  von  Subiudividuen,  d.  i.  kleiner 
mehr  oder  weniger  individualisirter  Partien  eines  grösseren  Krystalls, 
des  Hauptindividuums.  (Rose-Sadebeck,  Krystallographie  II.).  Derartige 
Subindividuen  finden  sich  gleichfalls  am  häufigsten  auf  s und  in%  dann 
auf  c.  Auf  e und  a treten  derartige  Partien  nicht  auf. 

Auf  der  Grundpyramide  erscheinen  sie  in  der  Form  gleichschenk- 
liger Dreiecke,  die  entweder  der  Pyramidenfläche  s ähnlich  oder  steiler 
sind,  je  nachdem  als  seitliche  Begränzung  e oder  eine  Vicinalfläche  der 
Zone  s . e oder  aber  eine  Vicinalfläche  der  3.  Zone  auftritt.  An  der 
gegen  c (001)  gerichteten  Spitze  des  Dreieckes  findet  man  bisweilen 
eine  Vicinalfläche  der  1.  Reihe  als  Begrenzung  des  halberhabenen 
Dreieckes.  An  grossen  Ivrystallen  sind  diese  Subindividuen  oft  mehrere 
Millimeter  dick,  namentlich  wenn  e oder  gar  eine  der  benachbarten 
Pyramidenflächen  s als  seitliche  Begränzung  auftritt;  oft  ist  aber  auch 
nur  eine  wenig  erhabene  Damascirung  aus  lauter  kleinen  Dreieckchen 
bestehend  wahrzunehmen.  Im  Allgemeinen  tritt  die  Erscheinung  häufiger 
bei  stark  entwickelten  Pyramidenflächen  und  flachen  Krystallen  auf, 
als  bei  lang-säulenförmigen.  Sie  ist  daher  eine  Specialität  des  ersten 
Combinationstypus  und  charakteristisch  für  die  böhmischen  und  sächsi- 
schen Zinnsteine. 

Auf  der  Fläche  in  treten  Subindividuen  weniger  häufig  auf  als 
auf  s.  Die  einzelnen  Subindividuen  zeigen  seitliche  Begränzungen,  die 
der  Fläche  h (210)  angehören,  wenn  sie  schön  ausgebildet  sind.  Dann 
kann  man  sehen,  wie  die  seitliche  Begränzung  der  äussersten  am 
Rande  liegenden  Subindividuen  zusammenfällt  mit  der  Fläche  h des 
Hauptindividuums.  Sonst  treten  auch  gekrümmte  Flächen  auf,  die  in 
den  Bereich  der  oben  erwähnten  Vicinalflächen  der  Prismenzone  gehö- 
ren. Oben  und  unten  findet  man  bei  regelmässiger  Entwickelung  eine 
Pyramide,  die  gegen  in  nahezu  gleich  stark  geneigt  ist  wie  ~h\  denn 
die  oft  recht  deutlich  erkennbare  Kante  zwischen  der  seitlichen  und 
oberen  Begränzung  fällt  mit  den  als  Quadrat  gedachten  Stückchen  der 
Fläche  in  ungefähr  in  eine  Richtung;  diess  entspricht  somit  der  Pyra- 
mide i (552).  mi  beträgt  22°  49'  mli  18°  26'.  Indess  sind  die  Subindi- 
viduen selten  so  scharf  begränzt,  wie  diess  z.  B.  die  Zeichnung 
Sadebecks  zeigt;  gewöhnlich  sind  die  Umrisse  mehr  oder  weniger 
unbestimmt  und  verwaschen.  Auch  diese  Subindividuen  finden  sich  fast 
ausschliesslich  an  den  böhmischen  Visirgraupen.  (S.  Fig.  2.) 

Auch  auf  der  Fläche  c (001)  finden  sich  Subindividuen  und  zwar 
von  ziemlich  verschiedener  Form,  je  nach  dem  Fundorte.  So  beschreibt 

Mineralogische  Mittheilungen.  1877.  3.  Heft.  (Becke.)  34 


256 


Friedrich  Becke. 


[14] 


schon  Miller  eine  drüsige  Beschaffenheit  der  Fläche  c mit  einem 
Lichtschimmer  in  der  Richtung  von  e (101).  Ich  habe  dieselbe  Beob- 
achtung an  mehreren  Stufen  aus  Cornwall  gemacht.  Eine  ähnliche 
Erscheinung  beschreibt  Gadolin  am  Zinnstein  von  Pitkäranta;  jedoch 
gibt  er  als  seitliche  Begrenzung  der  herausstehenden  Spitzen  die  acht- 
seitige Pyramide  z (321)  an. 

An  den  böhmischen  Zinnerz-Krystallen  kommt  die  Fläche  c in 
Folge  der  vorherrschenden  Zwillingsbilduug  selten  zum  Vorschein;  doch 
zeigt  der  mehrfach  erwähnte,  einfache  Krystall  von  Schlackenwald  auf 
der  hier  ausnahmsweise  ausgebildeten  Endfläche  ein  sehr  interessantes 
Vorkommen  von  Subindividuen.  Die  ganze  Fläche  erscheint  nämlich 
aus  viereckigen  Flächenstückchen  zusammengesetzt,  die  — im  Gegen- 
satz zur  Begrenzung  der  Endfläche  durch  die  Combinationskanten  mit 
c (101)  — an  den  Seiten  durch  schmale  Fagetten  der  Grundpyramide 
a (111)  begrenzt  sind.  (S.  Fig.  1&.)  Diese  Subindividuen  sind  in  zwei- 
facher Hinsicht  interessant.  Erstens  ist  dieses  Vorkommen  ein  weiterer 
Hinweis  auf  das  Verhältniss  der  Flächen  s (111)  und  e (101)  des 
Zinnsteins.  Es  zeigt  sich  nämlich,  dass  in  allen  jenen  Fällen,  wo  un- 
günstige Verhältnisse  oder  irgend  welche  Störungen  das  regelmässige 
YVachsthuni  der  Krystalle  hinderten,  zwar  immer  die  Fläche  s,  nicht 
aber  e auftritt.  So  zeigen  die  oben  besprochenen  Krystalle  des  Holz- 
zinnerzes keine  Spur  von  e,  wohl  aber  ganz  gut  entwickelte  Flächen 
von  s.  Die  Subindividuen  auf  der  Endfläche  des  einfachen  Sehlacken- 
walder  Krystalles  sind  seitlich  von  s,  nicht  von  e begrenzt,  wie  die 
Endfläche  des  Hauptindividuums.  Es  ist  hier  der  Ort,  auf  jene  so  häufig 
bemerkbare  Streifung  der  Fläche  e aufmerksam  zu  machen,  welche 
ihre  Entstehung  der  oscillirenden  Combination  der  benachbarten  Pyra- 
midenflächen verdankt.  Es  ergibt  sich  hieraus,  dass  die  Zone  m s c 
eine  tektonische  Hauptzone  des  Zinnsteins  ist. 

Man  kann  ganz  deutlich  das  Entstehen  der  Fläche  e durch  das 
Zusammenrücken  der  Rinnen,  welche  oft  die  Flächen  s bilden,  beob- 
achten von  dem  einen  Extrem,  wo  an  Stelle  der  Fläche  e eine  einzige 
grosse  Rinne  vorhanden  ist  und  der  Krystall  oben  in  zwei  getrennte 
Spitzen  auskrystallisirt  ist  (s.  den  Krystall  von  Penouta  in  Gallicien, 
Fig.  4)  bis  zum  anderen  Extrem,  wo  die  Rinnen  gar  nicht  mehr  wahr- 
genommen werden  und  sich  nur  in  dem  schwächeren  Glanze  der 
Reflexion  verrathen.  Es  ist  diess  ein  ganz  ähnliches  Verhältniss,  wie 
zwischen  dem  Oktaeder  und  Rhombendodekaeder  des  Magnetits,  und 
daher  hatte  Miller  vollständig  recht,  wenn  er  abweichend  von  den 
älteren  die  Pyramide  s zur  Grundpyramide,  e zur  zugehörigen,  verwen- 
deten Pyramide  machte. 

Ein  zweiter  Umstand,  der  Beachtung  verdient,  ist  der,  dass  die 
Subindividuen  genau  den  Symmetrie-Verhältnissen  eines  holoedrisch  tetra- 
gonalen  Krystalls  folgen.  An  ihnen  müsste  sich  jede  Spur  einer  Hemie- 
drie,  ähnlich  wie  bei  den  Aetzfiguren  verrathen.  Da  diess  nicht  der 
Fall  ist,  müssen  wir  den  Zinnstein  als  ein  holoedrisch  tetragonales 
Mineral  betrachten,  wie  diess  auch  schon  die  Ausbildungsweise  seiner 
Combinatiouen  verlangt. 


[15] 


lieber  die  Krystallform  des  Ziimsteins. 


257 


Eine  zweite  Art  von  Abweichungen  in  der  Lage  der  Krystall- 
fiächen  hat  ihren  Grund  in  Störungen  der  Structur.  Auch  diese  Ab- 
weichung spielt  beim  Zinnsteine  eine  Rolle.  Wenn  man  eine  Platte 
aus  einem  Kassiteritkrystall  herausschneidet,  senkrecht  auf  die  Haupt- 
axe,  so  fällt  zuerst  der  eminent  schichtenförmige  Bau  der  Krystalle  auf. 
(S.  Fig.  11.)  Diese  Schichtung  zeigt  sich  nicht  nur  bei  den  grossen  böhmi- 
schen Krystallen,  sondern  auch  bei  den  haarfeinen  Krystallen  des  Holzzinn- 
erzes.  Auch  bei  diesen  lässt  sich,  wo  eine  Nadel  im  Dünnschliff  senk- 
recht durchschnitten  wurde,  ein  dunklerer  Kern  und  ein  hellerer  Saum 
unterscheiden.  Die  äusseren  Schichten  sind  überhaupt  immer  lichter 
gefärbt  als  die  inneren,  was  auf  eine  allmälige,  jedoch  nicht  stetige 
Abnahme  des  Gehaltes  der  Lösung  an  färbenden  Bestandteilen  hin- 
weist, aus  der  sich  der  Krystall  bildete. 

Den  regelmässigen,  schichtenförmigen  Bau  durchsetzen  nun  Zwil- 
lingslamellen von  scharfem,  aber  unregelmässigem  Umriss  (a,  b).  Sie  ver- 
raten sich  durch  die  anders  gerichtete  Schichtung,  welche  die  Schichten 
des  Hauptindividuums  unter  einem  Winkel  von  45°  durchschneidet,  durch 
die  dunklere  Färbung  die  dadurch  zu  Stande  kommt,  dass  bei  einiger 
Dicke  der  Platte,  in  Folge  des  schiefen  Neigungswinkels  der  Schichten 
gegen  die  Ebene  der  Platte  mehrere  dunkle  Schichten  übereinander 
liegen,  und  die  helleren,  dazwischen  liegenden,  sich  nicht  geltend  machen 
können,  während  man  bei  den  senkrecht  getroffenen  Schichten  des 
Hauptindividuums  jede  Schichte  in  senkrechter  Richtung  erblickt,  so 
dass  die  helleren  von  den  dunklen  unbedeckt  zum  Vorschein  kommen. 
Endlich  zeigen  die  senkrecht  durchschnittenen  Partieen  des  Hauptindivi- 
duums  im  polar isirten  Licht  das  schwarze  Kreuz,  die  schief  getroffenen 
Zwillingslamellen  nicht.  Diese  Lamellen  befinden  sich  nicht  sämmtlich 
in  einer  Stellung  und  man  kann  einzelne  beobachten,  die  äusserlich  an 
dem  Krystall  gar  nicht  zu  sehen  waren. 

Die  zwischen  diesen  Zwillingslamellen  eingekeilten  Partieen  des 
Grundindividuums  zeigen  nur  an  manchen  Stellen  eine  ziemlich  bedeu- 
tende Abweichung  von  der  herrschenden  Schichtung  des  Hauptindivi- 
duums (c).  Diese  Abweichung  beträgt  einige  Grade  und  gehört  wirklich 
Partieen  des  Hauptindividuums  an,  denn  dieselben  zeigen  gleichfalls 
das  schwarze  Kreuz.  So  lange  nun  solche  Partieen,  von  parallel  ge- 
schichteten nicht  bedeckt,  die  Oberfläche  erreichten,  musste  sich  diese 
Structurstörung  auch  an  der  Oberfläche  an  der  Fläche  m (110)  zeigen. 
In  diesem  Falle  hat  man  es  also  mit  einer  Abweichung  von  der  nor- 
malen Lage  einer  Fläche  zu  thun,  die  in  einer  Störung  der  inneren 
Structur  ihren  Grund  hat,  also  eine  Erscheinung,  auf  welche  W e b s k y 
a.  a.  0.  den  von  Sacchi  vorgeschlagenen  Ausdruck  Polyedrie  be- 
schränkt wissen  will.  Das  störende  Moment  ist  in  unserem  Falle  die 
Unterbrechung  des  Zusammenhanges  durch  eingeschobene  Zwillings- 
lamellen. 

Diese  Störuug  der  Structur  fällt  so  ziemlich  mit  dem  zusammen, 
was  Sadebeck  mit  dem  Ausdrucke  Hypoparallelismus  bezeichnet,  nur  geht 
Sadebeck  von  den  Subindividuen  aus,  denen  er  die  Fähigkeit  zu- 
schreibt, ihre  Stellung  durch  eine  Drehung  entweder  um  eine  Axe 

34* 


258 


Friedrich  Becke. 


[16] 


(partieller  H.)  oder  um  zwei  auf  einander  senkrechte  Axen  (totaler  H.) 
innerhalb  gewisser  Gränzen  ändern  zu  können.  Unser  Fall  wäre  von 
diesem  Gesichtspunkte  aus  ein  Beispiel  von  partiellem  Hypopa- 
rallelismus, wobei  Drehungsaxe  die  Hauptaxe  ist. 

Manche  Unregelmässigkeit  der  Oberfläche  namentlich  in  der 
Prismenzone  dürfte  wohl  durch  derartige  Structurstörungen  hervorge- 
rufen werden,  und  es  wird  gewiss  das  Vorhandensein  von  Zwillings- 
lamellen nicht  die  einzige  Ursache  sein.  Es  ist  aber  schwer  zu  sagen,  ob 
eine  bestimmte  Abweichung  durch  Vicinalflächen  oder  durch  irgend- 
welche Störung  der  Structur  hervorgerufen  sei;  hier  kann  dann  nur 
die  Untersuchung  einer  senkrecht  auf  die  Hauptaxe  geschnittenen 
Platte  Aufschluss  geben. 

Eingeschaltete  Zwillingslamellen  rufen  auch  andere  Erscheinungen 
an  der  Oberfläche  der  Krystalle  hervor.  Hieher  gehört  die  schiefe 
Streifung  auf  der  Fläche  m (110),  die  auch  der  mehrfach  erwähnte 
einfache  Krystall  von  Schlackenwald  zeigt.  Die  Streifung  ist  aber 
manchmal  viel  dichter  und  oft  nach  zwei  sich  kreuzenden  Pachtungen 
aber  immer  entsprechend  dem  Zwillingsgesetz  ausgebildet.  Eingescho- 
bene Zwillingslamellen  sind  es  auch,  die  eine  eigenthümliche  Zeichnung 
am  Prisma  m (110)  hervorrufen,  dort  wo  es  an  der  Zwillingsgrenze 
unter  einem  einspringenden  Winkel  mit  der  Fläche  e (101)  des  anderen 
Individuums  zusammentrifft,  und  von  der  Fig.  3 b ein  Bild  gibt.  Die 
kleinen  scharf  begrenzten  aus  der  Fläche  herausstehenden  Dreieckchen 
gehören  offenbar  dem  Grundprisma  kleiner  Individuen  an,  die  sich  zu 
der  anstossenden  Fläche  e des  unteren  Individuums  in  Zwillingsstellung 
befinden.  Man  könnte  diese  Erscheinung  auch  als  einen  besonderen, 
durch  das  Zwillingsgesetz  hervorgerufenen  Fall  von  Hypoparallelismus 
auffassen,  wenn  man  die  kleinen  Partien  als  Subindividuen  des  oberen 
Krystalls  auffasst,  die  durch  die  Nachbarschaft  des  unteren  Individuums 
veranlasst,  sich  nicht  in  paralleler  Stellung  zu  ihrem  Hauptindividuum, 
sondern  in  Zwillingsstellung  zur  nächsten  Fläche  e (101)  des  unteren 
Zwillingsindividuums  ansetzten. 

Ueberhaupt  scheint  die  Nachbarschaft  der  Zwillingsgränze  auf 
alle  derartigen  Unregelmässigkeiten  Einfluss  zu  nehmen.  Wir  haben 
oben  gesehen,  wie  im  „Visir“  anstatt  der  Fläche  s (111)  eine  Vicinal- 
fläche  auftrat,  die  eine  Verflachung  des  einspringenden  Winkels  veranlasste. 
Auch  alle  Streifungen  treten  in  der  Nähe  der  Zwillingsgränze  viel 
deutlicher  hervor ; so  namentlich  die  parallele  Streifung  auf  der  Fläche 
e (101),  wenn  sie  im  Visir  auftritt.  Die  einzelnen  Riefen  der  beiden 
Flächen,  die  hier  in  einem  einspringenden  Winkel  Zusammentreffen, 
scheinen  sich  gegen  die  Zwillingsgränze  hin  zu  erhöhen,  und  treffen 
unter  einem  stumpferen  Winkel  zusammen,  als  es  die  Flächen  eigent- 
lich sollten.  Sadebeck  hat  auf  ähnliche  Erscheinungen  an  anderen 
Mineralien  aufmerksam  gemacht,  die  auf  ein  stärkeres  Wachsthum 
längs  der  Zwillingsgränze  hinzuweisen  scheinen. 

Die  optischen  Eigenschaften  des  Zinnsteins  scheinen  seit 
Brewster  nicht  untersucht  worden  zu  sein;  wenigstens  beruft  sich 


|T7] 


Ueber  die  Krystallform  des  Zinnsteins. 


259 


Des  Cloizeaux  (Annales  des  Mines  1857  p.  300),  der  den  Zinnstein 
unter  den  einaxigen  und  positiven  Stoffen  aufführt,  auf  Brewster.  Es 
wurde  zur  Untersuchung  der  optischen  Eigenschaften  ein  Querschnitt 
senkrecht  auf  die  Hauptaxe  des  einen  Individuums  eines  Zwillings- 
kry  stalls  von  Schlacken  wähl  benüt  zt,  dessen  eingeschaltete  Zwillings- 
lamellen auch  eine  Untersuchung  auf  Dichroismus  gestatteten. 

Im  Polarisationsmikroskop  zeigte  sich  in  weissem  Lichte  ein 
dunkles  verwaschenes  Kreuz,  jedoch  ohne  eine  Andeutung  von  farbigen 
Ringen,  obzwar  die  Platte  immerhin  1 mm  dick  war.  Durch  Anwendung 
eines  zweiaxigen  Glimmerplättchens  wurde  dasselbe  in  zwei  Hyperbeln 
aufgelöst,  deren  grosse  Axe  senkrecht  steht  auf  dem  optischen  Haupt- 
schnitt des  Glimmerplättchens.  Der  Zinnstein  ist  somit  einaxig  und 
positiv. 

Die  Zwillingslamellen,  die  im  Polarisationsmikroskop  selbstverständ- 
lich kein  Kreuz  zeigten,  wurden  mit  der  Haidinger’schen  Loupe  unter- 
sucht und  erwiesen  sich  in  sehr  geringem  Grade  dichroitisch;  die 
beiden  Bilder  zeigten  einen  kaum  merklichen  Unterschied  in  der  Nuance 
der  braunen  Farbe,  und  zwar  erschien  das  eine  mehr  sattbraun  mit 
einem  Stich  ins  Rothbraune,  das  andere  erschien  etwas  matter  mit 
einem  etwas  grünlichen  Schimmer. 

Die  chemische  Zusammensetzung  des  Zinnsteins  ist  bekannt.  Er 
besteht  aus  Zinnoxyd  mit  sehr  geringen  Mengen  verunreinigender  Sub- 
stanzen; als  solche  waren  bis  jetzt  bekannt;  Kieselsäure,  Titansäure, 
Tantalsäure,  Eisenoxyd,  Manganoxyd.  Auch  Kalkerde  fand  sich  bei  der 
Analyse  eines  Schlackenwalder  Zinnstein  die  ich  im  Laboratorium  und 
unter  Leitung  des  Herrn  Professors  Dr.  E.  Ludwig  ausführte,  wofür 
ich  dem  genannten  Herrn  meinen  ergebensten  Dank  abzustatten  mir 
erlaube. 

Die  qualitative  Analyse  ergab:  Zinnoxyd,  Kieselsäure,  Eisenoxyd 
und  Kalkerde.  Die  Untersuchung  auf  andere  Metallsäuren,  namentlich 
Titan-,  Tantal-  und  Wolframsäure  sowie  auf  Manganoxyd  ergab  nega- 
tive Resultate. 

Da  das  Mineral  weder  durch  saures  schwefelsaures  Kalium,  noch 
durch  kohlensaures  Natron-Kali,  noch  durch  schmelzendes  Alkali  zur 
Lösung  gebracht  werden  konnte,  wurde  folgender  Weg  eingeschlagen: 

Das  pulverisirte  Mineral  wurde  in  einer  Glasröhre  unter  hoher 
Temperatur  der  Einwirkung  von  Wasserstoff  ausgesetzt.  Die  reducirte 
Masse  wurde  mit  Salzsäure  gelöst  und  ein  paar  Tropfen  Salpetersäure 
hinzugefügt.  Zinn,  Eisen  und  Kalkerde  gingen  in  Lösung  und  wurden 
nach  den  gewöhnlichen  Methoden  bestimmt.  Im  Rückstand  wurde  die 
Kieselsäure  durch  Behandlung  mit  Schwefelsäure  und  Flusssäure  aus 
dem  Gewichtsverluste  bestimmt.  Ein  kleiner  Rückstand  gab  mit  Kupfer- 
oxyd in  der  Boraxperle  und  — nach  der  Reduction  mit  Cyankalium  und 
Lösung  in  Salzsäure  — mit  Quecksilberchlorid  Zinnreaction  und  wurde 
daher  als  Zinnoxyd  gerechnet.  Die  Ergebnisse  der  Analyse  waren  folgende: 


260 


Friedrich  Becke. 


[18] 


Zinnoxyd  . . 98'740/0 

Kieselsäure  . . 019 

Eisenoxyd  . . 012 

Kalkerde  ♦ . 0’41 

Summe  99’46 

Auffallend  ist  bei  dem  Umstande,  dass  der  betreffende  Krystall 
sehr  dunkel  gefärbt  war,  der  geringe  Gehalt  an  Eisen,  dem  sonst  in 
der  Regel  die  Färbung  zugeschrieben  wird. 


III.  Die  optischen  Eigenschaften  des  Rohrzuckers. 

Von  Friedrich  Becke. 

Eine  vollständige  Bestimmung  der  optischen  Constanten  des  Rohr- 
zuckers fehlte  bis  jetzt,  obzwar  sich  in  der  Literatur  vereinzelte  An- 
gaben vorfinden.  So  gibt  Miller1)  den  Winkel  der  optischen  Mittel- 
linie mit  der  Hauptaxe  c c mit  22°  12',  den  mittleren  Brechungsquo- 
tienten mit  L57,  den  scheinbaren  Axenwinkel  mit  79°  1'  an  uud 
berechnet  daraus  2 V mit  47°  16'. 

Descl oizeaux 2)  bestimmte  den  scheinbaren  Axenwinkel  2E  — 
78°  45';  später3)  veröffentlichte  er  weitere  Beobachtungen,  nach  welchen 
2E  = 79°  18'— 77°  53'  für  roth, 

79°  55' — 79°  5'  für  violett. 

In  einer  dritten  Abhandlung4)  beschreibt  Descloizeaux  die 
Aenderung  des  scheinbaren  Axenwinkels  bei  einer  Temperatursteigerung. 
Nach  seinen  Beobachtungen  nimmt  der  Axenwinkel  für  Roth  bei  einer 
Steigerung  der  Temperatur  von  17  — 121°  C.  zu  von  78°  35' bis  84°  40'. 
Diess  ist  so  ziemlich  alles,  was  über  die  optischen  Eigenschaften  des 
Rohrzuckers  bekannt  war.  Eine  vollständige  Bearbeitung  des  Rohr- 
zuckers in  optischer  Hinsicht  erschien  daher  wünschenswerth. 

» Während  ich  auf  Anregung  meines  verehrten  Lehrers,  des  Herrn 
Director  Tschermak,  mit  dieser  Arbeit  beschäftigt  war,  erschien 
eine  Abhandlung  von  Herrn  Calderon  in  Strassburg5),  welche  den- 
selben Gegenstand  behandelte.  Die  Publication  meiner  Beobachtungen 
könnte  daher  überflüssig  erscheinen.  Allein  da  ich  einige  Bestimmungen 
ausführte,  welche  Herr  Calderon  theils  gänzlich  überging,  theils  aus 


‘)  Miller,  Krystallograpliie  übers,  von  Grailich,  pag.  311. 

2)  Annales  des  mines,  tome  XI,  1857,  pag.  336. 

3)  Annales  des  mines,  tome  XIY,  1858,  pag.  416. 

4)  Nou veiles  Recherches,  pag.  170. 

“)  Groth,  Zeitschr.  f.  Krystallographie,  I.  Bd.,  1.  Heft,  pag.  73. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1877.  3.  Heft.  (Becke.) 


262  Friedrich  Becke.  |2] 

älteren  Angaben  benützte,  so  glaubte  ich  gleichwohl  meine  Arbeit  der 
Oeffentlichkeit  übergeben  zu  dürfen. 

Ich  bestimmte  zunächst  die  Lage  der  Mittellinien  an  drei  der 
Symmetrieebene  parallel  geschliffenen  Platten  und  erhielt  für  Natrium- 
licht folgende  Werthe: 

I II  III  Mittel 

cc  = 23°27'  23°  39'  23°  4'  23°  23'  ca  = 66°  37'. 


Die  Bestimmung  geschah  mittelst  des  Polarisations-Mikroskopes 
durch  Einstellung  auf  Dunkelheit.  Platte  I und  II  wurden  mit  der 
Kante  zu  (100)  parallel  einer  eingerissenen  Linie  aufgeklebt.  Platte  III 
wurde  getheilt  und  ein  künstlicher  Zwilling  nach  (100)  gemacht.  Die 
Doppelbrechung  ist  negativ,  Axenebene  ist  die  Symmetrieebene. 

Der  Axenwinkel  für  Luft  beträgt: 

Roth  ...  78°  11' 

Gelb  ...  78°  26' 

Grün  ...  78°  54'. 


Bei  diesen,  wie  bei  allen  folgenden  Bestimmungen,  wurde  gelbes 
Licht  durch  Natrium  erzeugt,  für  Roth  und  Grün  wandte  ich  mono- 
chromatische Gläser  an.  Die  Dispersion  der  Axen  ist  sehr  gering  v >>  p. 
Die  von  der  Theorie  geforderte  geneigte  Dispersion  zeigt  sich  nur  in 
einem  sehr  geringen  Intensitäts  - Unterschiede  der  farbigen  Säume, 
welche  die  Hyperbeln  umgeben,  was  auch  Descloizeaux  angibt.1) 
Allerdings  erhielt  ich  auch  einen  Unterschied  der  Ablesungsmittel 
der  beiden  Axen  für  die  verschiedenen  Farben,  nach  welchem  die 
Dispersion  der  Mittellinien  für  Roth  und  Grün  6'  betragen  würde,  in 
dem  Sinne,  dass  der  Winkel  c c für  Roth  um  6'  grösser  wäre,  als  für 
Grün;  doch  dürfte  diese  Zahl  in  Folge  von  Versuchsfehlern  etwas  zu 
gross  ausgefallen  sein. 


Den  wahren  Axenwinkel  bestimmte  ich  durch  Beobachtung  des 
spitzen  und  des  stumpfen  Axenwinkels  in  Oel.  Ich  erhielt: 


Spitzer  Winkel 
für  Oel 

Roth  . 50°  54' 

Gelb  . 51°  0' 
Grün  . 51°  9' 


Stumpfer  Winkel 
für  Oel 

152°  44' 
152°  30' 
152°  11' 


Daraus  berechnet 
2V 

47°  42'  30" 
47°  48'  20" 
47°  57'  56". 


Als  Dispersion  der  Mittellinien  für  Roth  und  Grün  erhielt  ich 
bei  der  Beobachtung  des  spitzen  Winkels  3‘5',  beim  stumpfen  Winkel  8', 
im  selben  Sinne,  wie  bei  der  Bestimmung  des  scheinbaren  Axenwinkels 
für  Luft. 


‘)  Annales  des  mines,  t.  XIV,  1858,  pag.  412. 


[3] 


Die  optischen  Eigenschaften  des  Rohrzuckers. 


263 


Zur  Bestimmung  der  Brechungsquotienten  wurden  drei  Prismen 
geschnitten,  deren  Kanten  parallel  den  Mittellinien  orientirt  waren. 


I.  Kante  parallel  a 
68°  4P 

Roth  a — P5351 
Gelb  1-5371 

Grün  1 -5404 


II.  Kante  parallel  b 

42°  52'  46" 
ß = 1-5630 
1-5653 
1-5687 


III.  Kante  parallel  c 
70°  17' 
y = 1*5679 
1-5705 
1-5737 


Calderon  erhielt  mit  zwei  Prismen  Werthe  die  erst  in  der  vierten 
Stelle  im  Maximum  um  zwei  Einheiten  differiren.  Seine  Messungen 
ergaben : 


Lithium 

Natrium 

Thallium 


1-5379 

1-5397 

1-5422 


ß 

1-5639 

1-5667 

1-5685 


y 

1-5693 

1-5716 

1-5734 


Berechnet  man  den  wahren  Axenwinkel  aus  dem  scheinbaren 
Axenwinkel  für  Luft  und  ß,  dann  aus  den  drei  Brechungsquotienten, 
so  erhält  man  folgende  Zahlen,  neben  die  ich  die  aus  der  Beobachtung 
in  Öhl  gerechneten  nochmals  ansetze : 


I.  Aus  der  Beobachtung  in  Öhl. 

Roth  47°  42'  30" 

Gelb  47°  48'  20" 

Grün  47°  57'  56" 


II.  Aus  2 E.  und  ß. 
47°  35'  14" 

47°  38'  46" 

47°  47'  20" 


III.  Aus  a,  ß,  y 

44°  39'  53" 
45°  27'  36" 
5' 


Die  Uebereinstimmung  der  Zahlen  iu  I und  II  ist  eine  ganz  be- 
friedigende. In  III  erscheinen  die  Werthe  für  Roth  und  Grün  zu  klein 
im  Yerhältniss  zu  der  Zahl,  die  ich  für  Natriumlicht  erhielt.  Es  ist 
diess  leicht  erklärlich,  da  die  reciproken  Quadrate  der  Brechungs- 
quotienten sich  erst  in  der  zweiten  respective  dritten  Decimale  unter- 
scheiden, derart,  dass  eine  kleine  Aenderung  in  der  dritten  oder  vierten 

Decimalstelle  der  Grössen  4,  -4-,  Aenderungen  von  einigen  Graden 

a"  ß-  y 

im  Axenwinkel  bewirkt.  Die  vierte  Decimale  dieser  Grössen  wird  aber 
durch  einen  Fehler  von  1 bis  2 Minuten  bei  der  Beobachtung  der 
Ablenkung  sehr  bedeutend  alterirt.  Ein  Beispiel  mag  diess  illustriren. 
Für  grünes  Licht  war  die  Rechnung  folgende: 


Brechende  Kante  a 


I.  Prisma 
68°  41'  0“ 


Ablenkung 


8 =.  51°  59'  43' 
a = 1-54038 

1 0-4214454 


= 0-0176703 


II.  Prisma 
42°  52'  46" 
27°  5'  41" 
ß — 1-56869 

: 0-4063730 

i_  l 

ß2  r 


i 

J 1 


III.  Prisma 
70°  17'  0" 
59°  35'  22" 
y = 1-57373 

= 0-4037751 


l 


0-0025979 


9-5836926  — 10  = log  sin  22°  32'  48" 
2F=  45°  5'  36" 


Mineralogische  Mittheilungen.  1877.  3.  Heft.  (Becke.) 


35 


264 


Friedrich  Becke. 


[4] 


Nimmt  man  bei  ß statt  <5  = 27°  5'  41"  ö — 27°  4'  41"  was 
noch  innerhalb  der  Beobachtungsgränzen  liegt  (Maximum  27°  7'  10"; 
Minimum  27°  4'  0"),  so  erhält  man: 

ß = 1-56835;  ~ = 0-4065420;  ^ — ~ = 0-0027669 

l i 

t £ = 9-5973782  — 10  = log  sin  23°  18'  30" 

\ — 4-  2 V — 46°  37" 

a2  y2 

Ein  Beobachtungsfehler  von  einer  Minute  bewirkt  also  eine  Aencle- 
rung  im  Resultate  von  mehr  als  ll/2  Graden.  Es  ist  einleuchtend, 
dass  unter  diesen  Verhältnissen  eine  genauere  Uebereinstimmung  zwi- 
schen Beobachtung  und  Rechnung  nicht  erwartet  werden  kann.  Ueber- 
haupt  hat  der  aus  den  Brechungsquotienten  berechnete  Axenwinkel  nur 
dann  einen  Werth,  wenn  die  Bestimmung  der  ersteren  auf  fünf  bis 
sechs  Stellen  genau  erfolgen  kann.  Diess  ist  aber  bei  der  gewöhnlichen 
Methode  mittels  des  Fadenkreuz-Goniometers  und  bei  Anwendung  far- 
biger Gläser,  die  immer  ein  mehrere  Minuten  breites,  verwaschenes 
Theilspectrum  liefern,  nicht  zu  erreichen.  Calderon,  der  Lithium-, 
Natrium-  und  Thalliumlicht  anwandte,  fand : 

2 V.  aus  2 E.  und  ß 2 V.  aus  a,  ß,  y 

Lithium  47°  56'  48°  53' 

Natrium  48°  0'  48°  22' 

Thallium  48°  8'  47°  52' 

Zum  Schlüsse  verweise  ich  bezüglich  der  Orientirung  noch  auf 
die  beistehende  Figur,  welche  die  Vertheilung  der  optischen  Linien  im 

Zucker-Krystall  zu  versinnlichen  sucht. 
Man  ersieht  aus  derselben,  dass  die 
eine  Axe  beinahe  normal  ist  zur  Fläche 
(100).  Da  parallel  zu  dieser  zugleich 

die  vollkommenste  Spaltbarkeit  herrscht, 
so  erhält  man  bei  Untersuchung  einer 
Spaltungslamelle  im  Polarisations-Instru- 
ment die  eine  Axe  im  Mittelpunkte  des 
Gesichtsfeldes. 

Die  zweite  Axe  bekömmt  man  am 
Rande  des  Gesichtsfeldes  zu  sehen,  wenn 
man  durch  einen  kleineren,  durchsich- 
tigen Krystall  normal  zu  (001)  durch- 
sieht. Da  die  Krystalle  des  Rohrzuckers  parallel  zu  dieser  Fläche 
häufig  eine  falsche  Spaltbarkeit  zeigen,  die  wahrscheinlich  durch  paral- 
lele Interpositionen  hervorgerufen  wird,  so  gelingt  es  auch  nicht  selten, 
dünnere  Platten  zu  erhalten,  die  diese  Erscheinuqg  deutlicher  zeigen, 
als  die  meist  allzudicken  Krystalle.  Eine  ähnliche  plattenförmige  Ab- 
sonderung, wenn  auch  nicht  so  deutlich  wie  parallel  zu  (001)  zeigt 
sich  manchmal  auch  parallel  mit  (100).  Auch  hier  dürfte  die  Ursache 
die  gleiche  sein:  das  Auftreten  von  zahlreichen,  parallel  angelagerten 
Flüssigkeits-Einschlüssen. 

Wien,  Mineralogisch-Petrographisches  Universitäts-Institut,  Juli  1877. 


IV.  Analysen  aus  dem  Laboratorium  des  Herrn 
Professors  E.  Ludwig. 


(Oligoklas,  Skapolith,  Leonhardit,  Muscovit,  Glaukonit,  Sahlit, 
Chondrodit,  Fahlerz,  Copalm,  Traehyt,  Gabbro,  Paläopikrit). 

Plagioklas  von  Soboth  in  Steiermark. 

Von  Arthur  Smita,  stud.  phil. 

Ein  wasserheller  Plagioklas,  der  mit  Orthoklas  und  Muscovit  ein 
grobkörniges  Gemenge  bildet,  und  schöne  bis  7cm  lange  Individuen 
bildet,  wurde  nach  sorgfältiger  Auswahl  der  durchsichtigen  Partikel  der 
Analyse  unterworfen. x) 

Sp  ec.  Gewicht  2-62. 


Kieselsäure  • • • 

• • 64-75 

Proc. 

Thonerde  • • • • 

• • 22-25 

Kalk 

• • 2-67 

1? 

Kali 

• ■ 0-37 

Natron 

• • 10-17 

100-21 

V) 

Nach  diesen  analytischen  Resultaten  entspricht  das  untersuchte 
Mineral  im  Sinne  der  T schermak’schen  Feldspath-Theorie  einem 
Gemenge  von  15  Proc.  An orthit  und  85  Proc.  Albit.  Ein  solches 
Gemenge  verlangt  nach  der  von  Bunsen* 2)  gegebenen  Tabelle  folgende 
Werthe: 

Kieselsäure 64-74  Proc. 

Thonerde 22-21  „ 

Kalk 3-01  „ 

Natron 1004  „ 

100-00 


b Das  Material  zu  den  folgenden  Analysen  wurde,  wofern  nicht  das  Gegen- 
theil  bemerkt  ist,  von  dem  Herrn  Director  Tschermak  übergeben. 

2)  Annalen  der  Chemie  und  Pharmacie,  VI.  Suppl.-Bd.  pg.  188. 


Mineralogische  Mittheilungen.  1877.  3.  Heft.  (Ludwig.) 


35* 


266  Analysen  aus  dem  Laboratorium  des  Herrn  Professors  E.  Ludwig. 


Skapolith  von  Rossie,  New-York. 

Von  L.  Sipöcz. 

Blassgrünliche  durchscheinende,  im  Bruche  fettglänzende  Säulen, 
mit  dunkelgrünem  Augit  und  Lederit  verwachsen.  Das  zur  Analyse 
verwendete  Material  war  in  Splittern  sorgfältig  ausgewählt. 

Das  spec.  Gewicht  wurde  hei  zwei  Bestimmungen  2-7302  und 
2-7317,  demnach  im  Mittel  2-731  gefunden.  Die  chemische  Analyse 
lieferte  folgende  Zahlen: 


I. 

II. 

III. 

IV. 

Mittel 

Kieselsäure 

46-16 

— 

— 

— 

46-16  Proc. 

Thonerde 

28-05 

— 

— 

— 

28-05 

3) 

Eisenoxydul 

0-31 

0-28 

— 

— 

0-30 

33 

Kalk 

18-50 

— 

— 

— 

18-50 

3) 

Magnesia 

Spur 

— 

— 

— 

Spur 

33 

Kali 

0-74 

— 

— 

— 

0-74 

33 

Natron 

2-91 

— 

— 

— 

2-91 

33 

Wasser 

0-61 

0-54 

0-59 

0-66 

0-60 

33 

Kohlensäure 

2-84 

2-92 

3-25 

— 

3-00 

33 

Chlor 

0.14 

0-11 

— 

— 

0-12 

100-38 

V 

Dem  Chlor  äquiv.  Sauerstoffmenge 

0-03 

100-35 

Nach  Abzug  des  der  Kohlensäure  entsprechenden  kohlensauren 
Calciums  (6'82  Proc.)  resultirt  ein  Rest  von  der  folgenden  procentischen 
Zusammensetzung : 


Kieselsäure 
Thonerde  • 
Eisenoxydul 
Kalk  • • • 
Kali  • • • 
Natron  • • 
Wasser  • • 
Chlor  • • • 


49-40  Proc. 


30-02 

0-32 

15-62 

0-79 

3-11 

0-64 

0-13 


33 


y) 

n 

33 

3? 


100-03 

Dem  Chlor  äquiv.  Sauerstoffmenge  0.03 


100-00 


Analysen  aus  dem  Laboratorium  des  Herrn  Professors  E.  Ludwig.  267 


Skapolith.  von  Boxborough,  Massachussets. 

Von  Friedrich  Beeke. 

Das  Mineral  bildet  weisse  dicke  Säulen  von  deutlicher  Spaltbar- 
keit, welche  stellenweise  glatte  Krystallflächen  erscheinen  lassen  und 
mit  Actinolith  und  Biotit  verwachsen  sind. 

Spec.  Gewicht  2-7204. 

Die  Analyse  ergab  folgende  Zusammensetzung: 


Kieselsäure 

• 4712 

Proc. 

Thonerde 

• 27.33 

Kalk 

• 15-94 

Eisenoxydul • 

• 0-46 

)) 

Magnesia 

• 0-43 

Natron 

• 3-65 

Kali 

• 1-15 

Wasser 

• 0-50 

)J 

Kohlensäure . . . 

• 2-73 

?5 

Chlor 

• 0-20 
99-51 

M 

Dem  Chlor  entspr.  Sauerstoff  • 

• 005 

99*46 

Zieht  man  die  der  gefundenen  Kohlensäure  entsprechende  Quan- 
tität von  kohlensaurem  Calcium,  nämlich  6"2  Proc.  ab,  so  ergiebt  sich 
für  den  Rest  die  folgende  procentische  Zusammensetzung: 


Kieselsäure 

Thonerde  • • 

Kalk 

Eisenoxydul 

Magnesia 

Natron  ••••••■••• 

Kali 

Wasser 

Chlor 

Dem  Chlor  entspr.  Sauerstoff 


50*53  Proc. 


29-31 

13-37 

0-49 

0- 46 
3-91 

1- 23 
0-54 
0-21 


n 


)) 

5) 

5) 


» 


100-05 

0-05 


100-00 


268  Analysen  aus  dem  Laboratorium  des  Herrn  Professors  E.  Ludwig. 


Leonhardit  aus  dem  Floitenthale. J) 


Von  Arthur  Smita,  stud.  philos. 


Das  Material  zu  der  vorliegenden  Untersuchung  wurde  von  Herrn 
Dr.  A.  Brezina,  Custos  am  k.  k.  Hof-Mineraliencabinet  übergeben. 
Es  bestand  aus  schonen,  weissen  Prismen,  die  mit  der  grössten  Sorgfalt 
ausgesucht  waren,  so  dass  nichts  von  fremden  Beimengungen  anhaftete. 

Das  specifische  Gewicht  der  lufttrockenen  Krystalle  wurde  mit 
dem  Pyknometer  bestimmt  und  bei  Anwendung  von  2-3828  Grm.  des 
Minerales  2'374  gefunden. 

Zur  Analyse  dienten,  sofern  die  Bestimmung  der  Gesammtmenge 
des  Wassers  vorgenommen  wurde,  ganze  Krystalle  in  lufttrockenem 
Zustande,  sonst  wurde  das  über  Schwefelsäure  bis  zum  constanten 
Gewichte  getrocknete  und  einmal  das  geglühte,  also  wasserfreie  Mineral 
verwendet. 

Die  Analyse  (I)  des  geglühten  Minerals  ergab: 

Kieselsäure 60 15  Proc. 

Thonerde 25-91  „ 

Kalk 14-19  „ 

100-25 

Bei  der  Analyse  (II)  des  über  Schwefelsäure  bis  zum  constanten 
Gewichte  getrockneten  Minerales  wurden  folgende  Resultate  erhalten: 


I.  II.  Mittel 

Kieselsäure  • • • 52*92  — 52’92  Proc. 

Thonerde  • • • 22‘44  — 22'44  „ 

Kalk 12-23  — 12-23  „ 

Wasser  ....  12-42  12.34  12-38  „ 

99-97 


Diese  Zahlen  führen  für  die  wasserfreie  Substanz  zu  der  kleinsten 
Formel  Si4  Al2  Ca  012;  für  die  wasserhaltige,  über  Schwefelsäure  bis 
zum  constanten  Gewichte  getrocknete  Substanz  ergeben  sie  die  für  den 
Leonhardit  allgemein  gebräuchliche  Formel  SiA  Äl2  Ca  H6  ö16. 
Die  folgende  Zusammenstellung  macht  den  Grad  der  Uebereinstimmung 
der  gefundenen  und  berechneten  Wer the  ersichtlich;  aus  der  Analyse  II 
ist  auch  die  Zusammensetzung  der  wasserfreien  Substanz  gerechnet 
worden  : 

A.  Wasserfreie  Substanz 


berechnet 

4 Si  02  240-0  — 60-18 

A\  03  102-8  - 25-78 
Ca  0 56-0  — 14-04 

398-8  — 100-00 


Proc. 

35 

33 


gefunden 

l„  I,  I 

I.  II. 

60-15  — 60-42  Proc. 

25-91  - 25-62  „ 

14-19  — 13-96  „ 

100-25  — 100-00 


J)  Herr  Dr.  Brezina  bat  über  das  Vorkommen  dieses  Minerals  berichtet  in 
diesen  Mittheilungen,  1877,  pag.  98. 


Analysen  aus  dem  Laboratorium  des  Herrn  Professors  E.  Ludwig.  269 


B.  Wasserhaltige  Substanz. 

berechnet  gefunden 


4 Si  02 

240 

— 53-00 

Proc. 

52-92 

Äl2  03 

102-8 

— 22-70 

3? 

22-44 

Ca  0 

56-0 

— 12-37 

12-23 

3 H,  0 

54-0 

— 11-93 

3) 

12-38 

452-8 

— 100-00 

99-97 

Die  älteren  Analysen  vom  Leonhardit  haben  Resultate  geliefert, 
welche  mit  den  aus  der  gebräuchlichen  Formel  dieses  Minerales 
berechneten  Werthen  nicht  in  wiinschenswerther  Weise  übereinstimmen; 
man  kann  sich  davon  durch  die  folgende  Zusammenstellung  überzeugen. 


Kieselsäure 

berechnet 

53.00 

Delffs  l) 

56-128 

Babo  2) 

55-00 

G.  0.  Barnes  3) 

I.  II.  ' 

55.96  55-04 

Thonerde 

22-70 

22-980 

24-36 

21.04 

22-34 

Kalk 

12-37 

9-251 

10-50 

10-49 

10-64 

Wasser 

11-93 

11-641 

12-30 

11.93 

11-93 

Die  Wasserbestimmungen  in  diesen  Analysen  beziehen  sich  auf 
das  bei  100°  getrocknete  Mineral.  Das  lufttrockene  Mineral  efgab 
Delffs  beim  Glühen  13-807  und  13-547  Proc.  Wasser;  ich  erhielt 
beim  Glühen  von  lufttrockenen  Krystallen  13’7  und  beim  Glühen  des 
lufttrockenen  gepulverten  Minerals  13-83  Proc.  Wasser. 

R a m m e 1 s b e r g 4)  führt  den  Leonhardit  als  einen  Laumontit 
auf,  der  1 Mol.  Wasser  verloren  hat.  Die  Formel  des  Leonhardits 
Sit  Al 2 Ca  H6  015  verlangt  1P93  Proc.,  die  des  Laumontits 
SC  Äl2  Ca  H8  Oie  verlangt  15-3  Proc.  Wasser.  Die  Annahme 
Rammelsberg’s  gilt  somit  nach  den  bisherigen  Untersuchungen  nur 
für  den  durch  Trocknen  über  Schwefelsäure  oder  bei  100°  C.  theilweise 
entwässerten  Leonhardit ; für  das  unveränderte  Mineral  hat  dieselbe 
nicht  strenge  Giltigkeit. 

Ich  habe  mit  dem  Materiale,  das  mir  von  den  Analysen  übrig 
geblieben  war,  noch  Versuche  darüber  angestellt,  in  welchen  Quantitäten 
der  Leonhardit  unter  bestimmten  Bedingungen  Wasser  abgibt;  be- 
kanntlich sind  in  dieser  Richtung  von  Malaguti  und  Durocher0) 
Untersuchungen  über  den  Laumontit  angestellt  worden.  Diese  Forscher 
gelangten  zu  folgenden  Resultaten  : Der  Laumontit  verliert  ein  Viertel 
seines  gesammten  Wassers,  wenn  er  längere  Zeit  in  einer  durch  Schwefel- 
säure trocken  erhaltenen  Atmosphäre  oder  bei  100°  C.  erhalten  wird, 
bis  sich  sein  Gewicht  nicht  mehr  ändert,  das  zweite  Viertel  des 
Wassers  entweicht,  wenn  das  Erwärmen  bis  auf  300°  gesteigert  wird 
und  die  letzten  zwei  Viertel  gehen  erst  beim  gelinden  Glühen  fort. 
Nach  den  von  mir  mit  dem  Leonhardit  vorgenommenen  Versuchen 


')  Poggendorff  Arm,  der  Physik  und  Chemie,  LIX,  339. 
a)  ibidem 

3)  Sillirn.  Am.  Journ.  of  Science  II.  Ser.  XV,  440. 

*)  Mineralchemie,  II.  Aufl.  622. 

“)  Annales  des  mines  IV.  Ser.  T.  IX,  325, 


270  Analysen  aus  dem  Laboratorium  des  Herrn  Professors  E.  Ludwig. 


verlor  dieses  Mineral  beim  Erwärmen  auf  100°,  sowie  beim  Stehen 
über  Schwefelsäure  in  zwei  Versuchen  U7  und  U9  Proc.  Wasser;  die 
trockene  Substanz  hatte  nun  die  Zusammensetzung  des  bei  100°  getrock- 
neten Laumontits,  dessen  vonMalaguti  und  Durocher  beobachtetes 
Verhalten  sie  nun  auch  weiter  zeigte.  Beim  Erwärmen  auf  300°  ging 
aus  der  trockenen  Substanz  ein  Drittel  des  Wassers  fort,  die  zwei 
übrigen  Drittel  wurden  erst  beim  Glühen  ausgetrieben. 

Der  bei  300°  getrocknete  gepulverte  Leonhardit  wurde  in  eine 
mit  Wasserdampf  gesättigte  Atmosphäre  gebracht;  nach  etwa  12  Stunden 
war  so  viel  Wasser  aufgenommen  worden,  dass  der  nunmehrige  Wasser- 
gehalt etwas  grösser  erschien,  als  er  für  die  entsprechende  Menge  von 
Laumontit  hätte  sein  sollen;  liess  man  nun  die  Krystalle  etwa 
1 Stunde  lang  an  freier  Luft  liegen,  so  erfolgte  eine  mässige  Gewichts- 
abnahme und  eine  vorgenommene  Wägung  ergab,  dass  nun  sehr 
näherungsweise  der  Wassergehalt  des  Laumontits  erreicht  sei.  Als  ich 
bei  einem  zweiten  Versuche  lufttrockene  Leonharditkrystalle  in  eine 
mit  Wasserdampf  gesättigte  Atmosphäre  brachte  und  einen  Tag  lang 
darin  verweilen  liess,  nahmen  dieselben  so  viel  Wasser  auf,  dass  ihr 
Wassergehalt  ebenfalls  etwas  grösser  als  der  des  Laumontits  wurde; 
nachdem  die  Krystalle  etwa  1 Stunde  an  freier  Luft  gelegen  waren, 
war  eine  Gewichtsabnahme  eingetreten,  der  zufolge  die  Krystalle  jetzt 
fast  genau  den  Wassergehalt  des  Laumontits  besassen. 

Durch  häufig  angestellte  Wägungen  konnte  nun  constatirt  werden, 
dass  beim  längeren  Liegen  an  der  Luft  der  Wasserverlust  sich  so  lange 
fortsetzte,  bis  das  ursprüngliche  Gewicht  der  lufttrockenen  Substanz 
erreicht  war ; dies  dauerte  ungefähr  24  Stunden ; nun  zeigte  sich  selbst 
nach  2 Tagen  keine  Gewichtsabnahme  mehr. 

Der  bei  300°  getrocknete  Leonhardit  wird  durch  Salzsäure,  sowie 
im  lufttrockenen  Zustande  leicht  und  vollständig  aufgeschlossen ; wird 
die  getrocknete,  feingepulverte  Substanz  mit  Salzsäure  erwärmt,  so 
gesteht  das  ganze  nach  wenig  Augenblicken  zu  einer  Gallerte;  das 
geglühte  Mineral  dagegen  wird  durch  Salzsäure  nicht  mehr  vollständig 
aufgeschlossen.  Als  ich  das  geglühte  Mineral  einigemale  hintereinander 
mit  concentrirter  Salzsäure  zur  Trockene  verdampfte,  und  den  beim 
Auflösen  der  trockenen  Masse  in  Salzsäure  zurückgebliebenen,  gut 
gewaschenen  Puickstand  mit  Flusssäure  und  Schwefelsäure  behandelte, 
blieben,  auf  die  geglühte  Substanz  berechnet,  40°/0  zurück. 

Aus  den  bisherigen  Untersuchungen  über  den  Laumontit  und 
Leonhardit  lassen  sich  demnach  folgende  Schlüsse  ziehen: 

1.  Der  Laumontit  enthält  zwei  Moleküle  Krystall wasser  (die 

Formel  A l2  Ca  H8  Ol6  zu  Grunde  gelegt),  deren  eines  in  .trockener 

Luft  allmälig,  bei  100°  rasch  entweicht,  während  das  zweite  erst  bei 
300°  vollständig  fortgeht;  die  beiden  anderen  in  der  Glühhitze  ent- 
weichenden Wassermoleküle  sind  sogenanntes  Constitutionswasser,  d.  h. 
sie  sind  in  dem  Minerale  als  Hydroxylgruppen  vorhanden. 

2.  Der  Leonhardit  ist.  soweit  die  Untersuchungen  bis  jetzt 
reichen,  ein  Laumontit,  der  einen  Theil  (etwa  die  Hälfte)  des  ersten, 
bei  100°  entweichenden  Moleküls  Krystallwasser  verloren  hat,  er  ent- 
spricht daher  in  dem  Zustande,  wie  er  in  der  Natur  gefunden  wird, 


Analysen  aus  dem  Laboratorium  des  Herrn  Professors  E.  Ludwig.  271 


nicht  der  Formel  Sit  AL2  Ca  i/6  016,  sondern  genügt  dieser  erst  dann, 
wenn  er  durch  längeres  Liegen  an  trockener  Luft  oder  in  einem  auf 
100°  erwärmten  Raume  einen  Theil  seines  Wassers  verloren  hat. 


Muscovit  von  Soboth,  Steiermark. 


Von  Dr.  W.  F.  Löbisch. 

Hellbraune  durchsichtige  Tafeln,  welche  mit  grossen  Individuen 
von  Oligoklas  und  Orthoklas  einen  Pegmatit  bilden  und  zuweilen 
Krystallflächen  zeigen,  gaben  das  spec.  Gewicht  = 2-7745  und  liefer- 
ten bei  der  Analyse: 

Kieselsäure 48’76  Proc. 

Thonerde 29-91  „ 

Eisenoxyd 4*24  „ 

Eisenoxydul 0’41  „ 

Magnesia 2'63  „ 

Kalkerde 033  „ 

Kali 6*83  „ 

Natron 2'31  „ 

Wasser 4*60  „ 

100-02 


Der  relativ  bedeutende  Natrongehalt  zeichnet  diesen  Muscovit  vor 
vielen  anderen  aus,  auch  der  Gehalt  an  Kieselsäure  ist  grösser  als 
gewöhnlich. 

Das  physikalische  Verhalten  dieses  Glimmers  ist  von  Herrn 
Director  Tschermak  beschrieben  '). 


Glaukonit  von  der  Insel  Gozzo. 

Von  E.  v.  Bamberger,  stud.  med. 

Aus  einem  Glaukonitsande,  welchen  Herr  Th.  Fuchs  auf  Gozzo 
antraf  und  welcher  zwischen  dem  Leithakalk  und  Schlier  Lager  bildet, 
wurden  die  dunkelgrünen  Körnchen  rein  ausgesucht. 

Spec.  Gew.  3-314. 

Ergebnisse  der  quantitativen  Analyse: 


Kieselsäure  • • • 

Proc. 

Thonerde  

n 

Eisenoxyd 

j? 

Kalk 

V 

Magnesia 

M 

Eisenoxydul 

2-64 

J? 

Natron 

19 

Kali 

V 

Wasser 

.....  4-71 

n 

99-93 

*)  Sitzungsbericht  d.  k.  Akademie  in  Wien.  1877.  Juliheft. 

Minerulogische  Mittheiluugen.  1877.  3.  Heft.  (Ludwig») 


36 


272  Analysen  ans  dem  Laboratorium  des  Herrn  Professors  E.  Ludwig. 


Das  Wasser  wurde  durch  Glühen  der  Substanz  im  Platinrohre 
ausgetrieben,  im  Absorptionsrohre  aufgesammelt  und  gewogen. 

Die  Zusammensetzung  des  Glaukonits  von  Gozzo  nähert  sich 
einigermassen  derjenigen,  welche  K.  Haushofer1)  für  den  Glaukonit 
des  Kressenberges  bei  Traunstein  und  für  den  Glaukonit  von  Ro di  ng 
fand,  wie  die  folgende  Zusammenstellung  zeigt: 


Kieselsäure 

Kressenb  e rg 

49-6 

Roding 

49-0 

Gozzo 

46.91 

Eisenoxyd 

21-3 

20-1 

23-06 

Thonerde 

3-4 

7-3 

7-04 

Kalk 

• — 

— 

2-95 

Magnesia 

0-3 

— 

4-40 

Eisenoxydul 

6-9 

3-9 

2-64 

Kali 

7-8 

5-8 

7-31 

Natron 

— 

— 

0-91 

Wasser 

9-6 

12-8 

4-71 

Die  auffallendste  Differenz  ist  die  in  den  Wassergehalten. 
Haushofer  fand  in  den  von  ihm  untersuchten  Glaukoniten  von 
7’7  bis  14-7  Procent  Wasser. 


Chondrod.it  von  Pargas. 
Von  Dr.  Fried.  Berwerth. 


Fast  alle  Analysen  des  Chondrodits  und  des  Humits  ergeben 
einen  bedeutenden  Verlust,  der  bisher  nicht  aufgeklärt  war.  Die  Summe 
der  Analyse  gibt  wohl  nahezu  hundert  Procent,  aber  nur  deshalb,  weil 
die  oft  über  3 Procent  betragende  Sauerstoffmenge,  welche  dem  Fluor 
entspricht,  hinzugerechnet  ist.  Um  die  Ursache  dieser  Erscheinung  zu 
ermitteln,  wurde  eine  vorläufige  Analyse  ausgeführt,  welche  den  gelben 
körnigen  Chondrodit  von  Pargas  zum  Gegenstände  hat,  der  aber  nicht 
rein  war,  sondern  etwas  Phlogopit  beigemengt  enthielt.  Das  Resultat 
sollte  keineswegs  dazu  dienen,  die  Formel  dieses  Minerales  zu  ermitteln, 
sondern  nur  eine  Vorarbeit  für  eine  später  an  reinem  Material  auszu- 
führende Untersuchung  bilden. 

Das  spec.  Gewicht  war  3-216  und  das  Ergebniss  der  Analyse: 

Fluor 8’62 

Kieselsäure 29 -56 

Thonerde 0'77 

Eisenoxyd 3"06 

Eisenoxydul 5-09 

Magnesia 51-01 

Kali 1-31 

Natron 2-11 

Lithion Spur 

Wasser  1-58 


103-11 

Dem  Fluor  äquival.  Sauerstoffmenge  • • 3-62 

Summe  • • 99-49 


')  Journal  für  prakt.  Chemie,  Bd,  97,  pg.  363, 


Analysen  aus  dem  Laboratorium  des  Herrn  Professors  E.  Ludwig.  273 


Da  die  Menge  der  Alkalien  grösser  ist,  als  die  vorhandene  Thon- 
erde und  das  Eisenoxyd  erfordern,  um  Phlogopit  zu  bilden,  so  ist  zu 
schliessen,  dass  ein  Theil  der  Alkalien  dem  Chondrodit  angehört.  Da 
nun  die  Bestimmung  der  Alkalien  vielfach  unterblieb,  so  dürfte  sich 
die  obenerwähnte  Thatsache  durch  diese  Unterlassung  erklären. 


Salit  von  Albrechtsberg  in  Niederösterreich. 

Von  E.  y.  Bamberger,  stud.  med. 

Das  weisse  Mineral  bildet  Individuen,  welche  bis  12 om  Länge 
haben.  Dieselben  bilden  Aggregate  im  körnigen  Kalk,  welchen  sie 
gangförmig  oder  in  Gestalt  von  Adern  durchziehen. 

Das  spec.  Gew.  wurde  3'167  gefunden.  Die  Analyse  ergab: 

Kieselsäure 55  60  Proc. 

Thonerde  ......  0'16  „ 

Eisenoxydul 0-56  „ 

Kalk 26-77  „ 

Magnesia 18-34  „ 

Diese  Zahlen  entsprechen,  wenn  man  von  der  ganz  unbedeuten- 

den Menge  der  Thonerde  absieht  und  statt  des  Eisens  die  äquivalente 
Menge  Magnesium  in  Rechnung  zieht,  bis  auf  den  etwas  zu  hoch  ge- 
fundenen Kalkgehalt,  sehr  gut  der  Formel  des  Salits  Si2  06  Mg  Ca, 
welche  verlangt: 

Kieselsäure 55-56  Proc. 

Magnesia 18 '52  „ 

Kalk  . • 25-92  „ 

100-00 


Fahlerz  vom  Kleinkogel  bei  Brixlegg  in  Tirol. 

Von  Friedrich  Becke. 

Dieses  Fablerz,  welches  in  schwarzen  Krystallen  eingewachsen  in 
blättrigem  Baryt  vorkommt,  wurde  bereits  analysirt  von  Herrn  Un  tchj x) 
in  Graz.  Derselbe  erhielt  folgende  Resultate. 


Schwefel 

25*59  Proc. 

Kupfer  • 

......  39-37  „ 

Eisen  • • 

3-26  „ 

Zink  • • 

4-43  „ 

Arsen  • • 

6-96  „ 

Antimon 

......  20-44  „ 

100-05 

Berechnet  man  aus  diesen  Zahlen  das  Verhältniss  der  Atom- 
gewichte für  Schwefel  einerseits,  für  die  Metalle,  die  theils  als  ein- 


‘)  Mittheilungen  des  naturwissensch.  Vereines  für  Steiermark  1872.  p.  60—63. 

36* 


274  Analysen  aus  dem  Laboratorium  des  Herrn  Professors  E.  Ludwig. 


werthig,  theils  als  zweiwerthig  anzusehen  sind,  andererseits,  indem  man 
die  Summe  der  Atomgewichte  von  Arsen  und  Antimon  gleich  2 setzt, 
so  erhält  man  folgende  Verhältnisszahlen: 

S 6-16 
As  1 o 

Sb  ] w 

Cu 

Fe  } 5-76 
Zn  I 


Diese  Zahlen  stimmen  mit  der  aus  den  besten  Fahlerz-Analysen 
abgeleiteten  Formel,  nach  welcher  für  Schwefel  7,  für  die  übrigen  Metalle  6 
herauskommen  sollte,  nicht  genügend  überein.  Eine  neuerliche  Unter- 
suchung dieses  Fahlerz-Vorkommens  schien  daher  nicht  ohne  Interesse. 

Herr  Director  Tschermak  hatte  die  Güte,  mir  ein  reichliches 
Material  von  Brixlegger  Fahlerz  zu  übergeben.  Die  Krystalle  waren 
dunkel  gefärbt,  aussen  etwas  oxydirt  und  mit  rauher  Oberfläche,  im 
Innern  dagegen  frisch  und  glänzend. 

Das  specifische  Gewicht  ausgesucht  frischer  Stücke  ergab  sich 
zu  4-721.  Die  qualitative  Untersuchung  ergab:  Schwefel,  Arsen, 
Antimon,  Kupfer,  Eisen,  Zink,  Silber  und  eine  Spur  von  Kobalt. 

Die  quantitative  Analyse  wurde  nach  H.  Rose  mittels  Aufschlies- 
sung mit  Chlorgas  vorgenommen,  wobei  jene  Modificationen  in  An- 
wendung kamen,  die  L.  Sipöcz  in  der  Abhandlung  „Ueber  Miargyrit 
und  Kenngottit“  (Tschermak,  Mineralogische  Mittheilungen  1877, 
2.  Heft.  p.  214)  angegeben  hat.  Dabei  wurden  folgende  Zahlen  er- 
halten : 


Schwefel  • • • 

Arsen 

• • ■ 8-50  „ 

Antimon  • • • 

• • • 15-80  „ 

Silber 

• • • 0-23  „ 

Kupfer  . • • • 

■ • • 40-84  „ 

Eisen 

• • • 1-44  „ 

Zink 

• • • 6-26  „ 

99-62 

Berechnet  man  aus  diesen  Zahlen  das  Verhältniss  zwischen 
Schwefel,  Arsen  und  Antimon,  und  den  übrigen  Metallen,  so  erhält 
man : 


S 

As 

Sb 

Cu 

Ag 

Fe 

Zn 

welche  Zahlen  mit  den  durch  d 

einstimmen. 


6-84 
■ 2 

> 6-33 

Theorie  geforderten  genügend  über- 


Analysen  aus  dem  Laboratorium  des  Herrn  Professors  E.  Ludwig.  275 


Copalin  von  Lunz,  Niederösterreich, 
von  Gustav  Hornung. 

Das  in  der  Gesammtmenge  von  ungefähr  15  Gramm  vorliegende 
Harz  war  mir  von  Herrn  Director  Tschermak  übergeben,  welcher 
es  von  Herrn  Haberfellner  in  Lunz  erhielt.  Es  kommt  in  rundlichen, 
bis  2’5  Cm.  langen  Stücken  in  einem  dunklen  Schieferthon  vor,  welcher 
ungemein  reich  an  Blattabdrücken  ist.  Auch  an  der  Grenze  zwischen 
der  lockeren  Braunkohle  und  dem  Schieferthon  finden  sich  zuweilen  Harz- 
stücke. Dieselben  sind  honiggelb  und  durchsichtig  bis  dunkelbraun  und 
undurchsichtig,  im  letzteren  Falle  durch  ein  beigemengtes  kohlenartiges 
Mineral  verunreinigt.  Zur  Untersuchung  diente  das  reine  gelbe  Mineral. 
Das  specif.  Gewicht  wurde  mittels  des  Pyknometers  zu  1’109  bestimmt. 
Der  Schmelzpunkt  liegt  zwischen  1959  und  200°  C.  Das  Harz  ist 
spröde,  geruch-  und  geschmacklos,  brennt  mit  leuchtender,  russender 
Flamme  unter  Verbreitung  eines  angenehmen  Geruches,  beim  Reiben 
wird  es  stark  elektrisch. 

Gegen  Lösungsmittel  zeigt  das  Mineral  folgendes  Verhalten : In 
kaltem  und  heissem  Wasser  ist  es  fast  ganz  unlöslich,  nur  eine  Spur 
von  Gelöstem  zeigte  sich  nach  dem  Abdampfen  der  filtrirten  Flüssigkeit, 

In  kaltem  und  heissem  Alkohol  ist  es  ebenfalls  fast  unlöslich. 

In  conc.  Schwefelsäure  löste  sich  die  Substanz  grösstentheils  zu 
einer  schwarzen  Flüssigkeit  auf  und  wurde  durch  Zusatz  von  Wasser 
schwarz  und  flockig  gefällt.  Dieser  Niederschlag  abfiltrirt,  löste  sich 
theilweise  in  Aether  und  in  Chloroform  zu  einer  gelben  Flüssigkeit. 

Mit  conc.  Salpetersäure  mehrere  Tage  hindurch  im  Wasserbade 
erhitzt,  löste  sich  nur  ein  Theil  des  Harzes  zu  einer  rothbraunen, 
stark  färbenden  Flüssigkeit,  während  der  andere  Theil  aufgequollen, 
gelblich  gefärbt,  ungelöst  blieb.  Dieser  ungelöst  gebliebene  Theil 
löste  sich  beinahe  vollständig  in  Alcohol,  Aether,  Chloroform, 
Ammoniak  und  Natronlauge  zur  braunen  Flüssigkeit,  in  Kalilauge  zu 
einer  schwarzen  auf. 

Der  Theil,  welcher  sich  in  der  Salpetersäure  gelöst  hatte  und 
nach  Entfernung  derselben  zurückblieb,  löste  sich  leicht  in  Wasser  und 
Salzsäure.  Die  wässerige  Lösung  färbte  sich  auf  Zusatz  einer  Lösung 
von  Cyankalium  tiefer  roth,  was  auf  Pikrinsäure  hinweist.  Oxalsäure 
liess  sich  in  der  wässerigen  Lösung  nicht  mit  genügender  Sicherheit 
nachweisen. 

In  Aether  löst  sich  ein  bedeutender  Theil  der  Substanz  zu  einer 
gelben,  neutral  reagirenden  Flüssigkeit,  der  übrige  Theil  bleibt  aufge- 
quollen. Der  Abdampfrückstand  der  ätherischen  Lösung  zeigt  sich  als 
eine  gelbbraune,  amorphe,  spröde  und  rissige  Masse,  die  sich  in 
Ammoniak  nicht  löst. 

In  Benzol  löst  sich  schon  bei  gewöhnlicher  Temperatur  ein  grosser 
Theil  des  Harzes  zu  einer  gelben,  neutral  reagirenden  Flüssigkeit, 
der  andere  Theil  bleibt  aufgequollen.  Der  Abdampf- Rückstand  ist 
glasartig,  gelblich,  durchsichtig. 


276  Analysen  aus  dem  Laboratorium  des  Herrn  Professors  E.  Ludwig. 


In  Chloroform  löst  sich  ein  Theil  der  Substanz  zu  einer  gelblichen 
Flüssigkeit.  Der  Abdampf-Rückstand  ist  eine  braune,  glänzende,  spröde 
und  rissige  Masse,  die  sich  nicht  in  Ammoniak  löst. 

In  Schwefelkohlenstoff  löst  sich  ein  geringer  Theil  der  Substanz. 
Der  Abdampf-Rückstand  ist  weiss  und  löst  sich  weder  in  Ammoniak, 
noch  in  Kalilauge,  noch  in  concentrirter  Schwefelsäure. 

In  heissem  Terpentinöl  löst  sich  das  Harz  ziemlich  leicht  und 
vollständig  auf.  Die  Lösung  trübte  sich  auf  Zusatz  von  Alcohol. 

In  süssem  Mandelöl  löst  sich  ein  Theil  der  Substanz ; beim 
Erhitzen  trübt  sich  die  Lösung.  Von  Aether  wird  die  Lösung  sofort 
aufgenommen  und  beim  Zusatz  von  Alcohol  milchig  getrübt. 

In  conc.  Kalilauge  löst  sich  das  Harz  nicht. 

In  conc.  Ammoniak  löst  sich  das  Harz  nicht. 

Bei  der  trockenen  Destillation  des  Harzes  in  einer  Eprouvette 
Hess  sich  mit  Bleizuckerpapier  ganz  deutlich  Schwefelwasserstoff  nach- 
weisen,  wodurch  der  Schwefelgehalt  des  Harzes  constatirt  ist.  Dieser 
ist  übrigens  nur  gering.  Zur  Bestimmung  des  Gehaltes,  der  Substanz 
an  Kohlenstoff  und  Wasserstoff  wurden  möglichst  reine,  lichtgelbe, 
durchsichtige  Harzstücke  verwendet  und  ergaben  2 angestellte  Ver- 
brennungs-Analysen folgende  Resultate: 

I.  0,2745  gr-  bei  100°  C.  getrockneter  Substanz  gaben : 0,8403  gr- 
C02,  0,2507  gr-  H2  0 und  hinterliessen  0.0041  gt-  Asche. 

II.  0,3176 gr>  bei  100°  C getrockneter  Substanz  gaben:  0,9673  gr- 
C02,  0,2956  gr-  H2  0 und  hinterliessen  0,0050  gr-  Asche. 


Daraus  ergibt  sich: 

Kohlenstoff  • 
Wasserstoff 
Asche  • • • 


I.  II. 

• . 84,75°/0  84,38% 

• • 10,30%  10,50% 

• • 1-49%  1-57% 


Die  Asche  löste  sich  theilweise  in  verdünnter  Salzsäure  und 
wurden  in  der  Lösung  Kalk,  Eisenoxyd  und  Schwefelsäure  nachgewiesen ; 
von  der  Salzsäure  ungelöst  blieb  ein  braunroth  gefärbter  Sand. 

Das  untersuchte  Harz  nähert  sich  in  seinen  Eigenschaften  und  in 
seiner  Zusammensetzung  dem  Copalin  Hausmanns. 


Quarztrachyt  von  Gleichenberg  (Schaufelgraben). 
Von  Hugo  Frisch,  stud.  med. 

Das  weisse  Gestein  besteht  aus  einer  matten,  etwas  porösen 
Grundmasse  und  darin  liegenden  Partikeln  von  Sanidin  sowie  Quarz- 
körnern. Es  wurde  von  Herrn  Prof.  J.  Rumpf  gesammelt. 


Analysen  aus  dem  Laboratorium  des  Herrn  Professors  E.  Ludwig.  277 


Die  Analyse  dieses  Gesteines  ergab  die  folgenden  Zahlen: 


I. 

II. 

III. 

Mittel 

Kieselsäure 

73-21 

— 

73-57 

73-39  Proc. 

Thonerde 

14-07 

14-171 

1412  „ 

Eisenoxyd 

0-77 

- 

16-13 

0-77  „ 

Eisenoxydul 

0-67 

- I 

0-67  „ 

Kalk 

1-25 

— 

— 

1-25  „ 

Magnesia 

0-29 

— 

— 

0-29  „ 

Kali 

4-47 

— 

— 

4-47  „ 

Natron 

3-66 

— 

— 

3-66  „ 

Wasser 

1-22 

— 

— 

1-22  „ 

99-84 


Bei  der  Aufschliessung  des  fein  gepulverten  Gesteines  mit  Fluss- 
säure und  Schwefelsäure  blieben  27-14  Procent  der  angewendeten 
Substanz  ungelöst;  dieser  unlösliche  Theil  erwies  sich  bei  der  näheren 
Untersuchung  als  Quarz. 


Trachyt  von  Gleichen  berg. 

Von  Arthur  Srnita,  stud.  phil. 

Dieses  Gestein  tritt  im  Norden  des  Curortes  Gleichenberg  auf 
und  steht  mit  den  Trachyten  der  Gleichenberger  Kogel  im  Zusammen- 
hänge. Es  wurde  vom  Herrn  Director  Tschermak  gesammelt. 
Ergebnisse  der  Analyse: 


Kieselsäure  • • • 

Thonerde  • • • 

■ • • 17-08 

n 

Eisenoxyd  • • • ■ 

• • • 3-67 

JJ 

Eisenoxydul  • • • 

• • 2-42 

M 

Kalk 

• • 6-21 

n 

Magnesia  • • • • 

• • 1-14 

n 

Kali 

■ • • 3-86 

» 

Natron  • • • • « 

■ • • 4-06 

Wasser 

• • • 2-04 

10192 


Trachyt  von  Gleichenberg  (Villa  Schuh). 

Von  Jos«  Utscliik,  stud.  phil. 

Dieser  Trachyt  enthält  eine  kleine  Menge  von  Siderit  in  sparsam 
verstreuten  winzigen  Hohlräumen,  ist  aber  im  Uebrigen  dem  vorigen 
Gestein  gleich. 


278  Analysen  aus  dem  Laboratorium  des  Herrn  Professors  E.  Ludwig. 


Resultate  der  Analyse: 
Kieselsäure  • • 
Thonerde  • • • 
Eisenoxyd  • • • 
Eisenoxydul  • • 

Kalk 

Magnesia  • • • 

Kali 

Natron  • • • • 
Wasser  .... 
Kohlensäure  • • 


61-54  Proc. 


15-97 

1- 93 

2- 98 
5-52 
0-82 
4-55 
4-48 

1- 39 

2- 43 
101-61 


J) 


n 

11 

)) 


ii 


Gabbro  von  Langenlois. 
Von  Friedrich  Becke. 


Im  Norden  von  Langenlois  in  Niederösterreich  findet  sich  ein 
hellgefärbter  Gabbro  theils  anstehend,  theils  in  losen  Blöcken.  Er 
enthält  weissen  Feldspath  und  dunkelgrünen  Diallag. 

Die  Analyse  ergab: 

Kieselsäure 48-99  Proc. 


Thonerde 16-92 

Eisenoxyd 0-81 

Eisenoxydul 5*56 

Kalk  ■ ' 16-69 

Magnesia 10-76 

Kali 0-16 

Natron 1-44 

Wasser 1-16 


102-49 


n 

ii 

n 


T) 

n 


Paläopikrit  von  Ottenschlag,  Nieder  Österreich. 

Von  Alois  Gfamroth,  stud.  phil. 

Am  genannten  Orte  kommen  zahlreiche  grosse  Blöcke  eines 
schwarzen  Gesteines  vor,  das  ausserordentlich  zähe  ist  und  welches 
nach  der  Bestimmung  des  Herrn  Directors  Tschermak  zum  Paläopi- 
krit zu  stellen  ist. 


Die  Analyse  lieferte: 

Kieselsäure 

• • • • 45-93 

Proc. 

Thonerde 

• • • • 15-09 

)) 

Eisenoxyd 

• • • • 1-87 

n 

Eisenoxydul 

....  n-45 

ii 

Kalk 

• • • • 8-92 

i) 

Magnesia 

• • • • 14-82 

ii 

Kali 

• - • • 0-22 

ii 

Natron 

• • • - 1-93 

n 

Wasser 

....  0-58 

» 

100-81 


V.  Zur  Kenntniss  der  chemischen  Zusammensetzung 

des  Augits. 


Von  C.  Doelter. 

Nach  der  Anzahl  der  vorhandenen  Analysen  zu  schliessen,  würde 
man  kaum  glauben,  dass  Uber  so  manche  Mineralien  der  Silicatgruppe 
noch  so  grosse  Unsicherheit  herrscht  in  Betreff  ihrer  chemischen 
Constitution. 

So  hat  sich  denn  in  Bezug  auf  eine  Reihe  von  Silicaten  die 
Nothwendigkeit  erwiesen,  neue  Analysen  zur  Richtigstellung  ihrer 
Formeln  auszuführen,  und  ich  brauche  hier  nur  auf  die  Arbeiten  von 
Ludwig,  Tschermak,  Rammeisberg  u.  A.,  die  in  den  letzten 
Jahren  veröffentlicht  wurden,  hinzuweisen. 

Was  die  Glieder  der  Pyroxengruppe  anbelangt,  so  ist  die  Zahl 
der  bezüglichen  Analysen  überhaupt  eine  sehr  beträchtliche,  die  der, 
zur  Berechnung  brauchbaren,  eine  geringe.  Ich  setze  die  Gründe  hier 
näher  auseinander,  denen  die  Unbrauchbarkeit  so  vieler  Analysen  zu- 
zuschreiben ist. 

1.  Bei  den  meisten  älteren  und  auch  bei  vielen  neueren  Unter- 
suchungen fehlt  die  Trennung  der  beiden  Oxydationsstufen  des  Eisens ; 
bei  manchen  dürfte  auch  letztere  nicht  ganz  richtig  ausgeführt  sein, 
da  die  Bestimmung  des  Eisenoxyduls  in  manchen  Fällen  vermittelst 
mangelhafter  Methoden  durchgeführt  wurde  ; ich  komme  darauf  später 
zurück. 

2.  Manche  ältere  Analysen  sind  überhaupt  nach  mangelhaften 
Methoden  ausgeführt;  aber  es  dürften  die  wenigsten  Untersuchungen 
aus  diesem  Grunde  oder  wegen  eines  anderen  analytischen  Fehlers 
unbrauchbar  sein. 

3.  Sehr  viele  Analysen  sind  mit  unreinem  Material  ausgeführt, 
es  sei  nun,  dass  die  betreffenden  Mineralien  zersetzt  waren,  oder 
dass  sie  Einschlüsse  enthielten;  letzteres  ist  bekanntlich  bei  den 
vulkanischen  Mineralien,  also  bei  sehr  vielen  analysirten  Augiten 
der  Fall. 

Namentlich  ist  dies  bei  solchen  Analysen  häufig,  bei  welchen  das 
Material  nicht  von  einem  Mineralogen  stammt;  in  früherer  Zeit  wurden 

Mineralogische  Mittheilungen.  1877.  3.  Heft.  (Dölter.)  37 


280 


C.  Doelter. 


[2] 

die  Krystalle  oder  krystallinischen  Aggregate  einfach  zerschlagen  und 
verarbeitet,  ohne  einer  genaueren  Untersuchung  unterworfen  zu  werden. 

In  neuester  Zeit  wird  allerdings  in  vielen  Fällen  eine  mikroskopische 
Besichtigung  des  zu  verarbeitenden  Minerals  vorgenommen,  und  nur 
solches  Material  zur  Analyse  benützt,  welches  unzersetzt  und  frei  von 
Einschlüssen  ist;  jedoch  geschieht  dies  noch  nicht  immer,  manche 
Forscher  analysiren  nach  wie  vor  zersetztes  und  unreines  Material. 
Die  Analyse  von  solchem  ist  dann  wohl  nicht  ohne  Nutzen,  wenn  man 
über  die  Art  der  Zersetzung  und  der  Natur  der  Einschlüsse  orientirt 
ist;  ist  dies  nicht  der  Fall,  so  ist  die  Analyse  nicht  nur  unnöthig, 
sondern  sie  schadet,  indem  sie  über  die  chemische  Constitution  des 
betreffenden  Minerals  nur  unrichtige  Begriffe  verbreitet.  Wie  leicht 
wäre  oft  die  chemische  Formel  eines  Minerales  festzusetzen,  wenn 
man  wüsste,  welche  unter  den  vielen  Analysen  mit  reinem  Material 
ausgeführt  wurden. 

Denn  man  kennt  allerdings  die  Zersetzung  in  einigen  Fällen 
an  den  Resultaten  der  Analyse  wohl  selten  aber  die  Verunreini- 
gung durch  andere  Mineralien;  andererseits  konnte  man  ganz  reine 
Mineralien  als  verunreinigt  darstellen,  wenn  die  analytischen  Re- 
sultate mit  unseren  üblichen  Anschauungen  nicht  stimmen  wollten; 
manche  Controversen  über  die  chemische  Natur  eines  oder  des  anderen 
Minerals  sind  nur  desshalb  möglich  gewesen,  weil  neben  guten  Analysen 
auch  so  viel  schlechte  Vorlagen  und  jede  Ansicht  dadurch  scheinbar 
auf  eine  Reihe  von  Analysen  sich  stützen  konnte;  daher  kömmt  es  nun 
auch,  dass  eine  grosse  Anzahl  von  Mineralien  neu  analysirt  werden 
muss ; es  scheint  aber  geboten,  dass  in  Zukunft  jeder  Analytiker  ausser 
der  analytischen  Methode  auch  angebe: 

a ) ob  das  betreffende  Mineral  hei  der  mikroskopischen  Unter- 
suchung sich  als  frei  von  Einschlüssen  erwiesen  hat  oder  nicht; 

b)  ob  dasselbe  unzersetzt  war,  und  wenn  nicht,  welches  der  Grad 
der  Zersetzung; 

c)  ferner  zur  näheren  Bestimmung  des  betreffenden  Materials  die 
Krystallform  und  womöglich  das  Vorkommen. 

Auf  diese  Weise  wird  sich  dann  leicht  das  gute  Material  zu 
erkennen  geben. 

In  Betreff  der  unrichtigen  Analysen  scheinen  die  meisten  Fehler 
durch  mangelhafte  Trennung  der  beiden  Oxydationsstufen  des  Eisens, 
so  wie  auch  wegen  des  unreinen  Materials  hervorgerufen  zu  werden ; 
dies  dürfte  speciell  für  den  Augit  gelten. 

Von  diesem  Mineral,  speciell  von  dem  Tlioner deaugit,  sehen 
wir  in  Rammelsberg’s  Handbuch  *)  eine  Reihe  von  Analysen,  von  denen 
aber  nur  etwa  die  Hälfte  in  Betracht  kommt,  da  die  anderen  keine 
Bestimmung  des  Eisenoxyduls  enthalten;  leider  haben  wir  aber  nur 
für  die  wenigsten  der  analytisch  brauchbaren  die  Gewissheit,  dass  sie 
an  reinem  Material  ausgeführt  worden  sind,  so  dass  bei  der  Wichtigkeit 
des  Gegenstandes  es  sehr  wünschenswerth  erschien,  eine  Reihe  von 


*)  Berlin  1875. 


[3] 


Zur  Kenntniss  der  chemischen  Zusammensetzung  des  Augits. 


281 


Analysen  zu  erneuern,  worauf  sowohl  Tschermak  x)  als  auch  Rammeis- 
berg* 2) aufmerksam  machten. 

Von  den  vorliegenden  Analysen  sind  nur  einige  ganz  neu,  andere 
wurden  an  früher  schon  untersuchtem  Material  ausgeführt.  Da  aber  die 
nähere  Bestimmung,  welche  unter  3.  c vorhin  angedeutet  wurde,  nicht 
immer  vorlag,  so  war  die  Identität  manchmal  zweifelhaft. 

Ausser  7 Analysen  von  Thonerde-Augiten  habe  ich  noch  zwei 
Diopsidanalysen  ausgeführt,  um  den  Unterschied  zwischen  farblosem  und 
grünem  Diopsid  kennen  zu  lernen,  ferner  noch  eine  Fassaitanalyse  als 
Ergänzung  meiner  schon  früher  gegebenen. 


Vor  Allem  gebe  ich  hier  den  Gang  der  Analyse;  es  ist  dies 
der  fast  allgemein  übliche;  Aufschliessung  mit  kohlensaurem  Natron- 
Kali,  Trennung  von  Thonerde  und  Eisenoxyd  mit  reinem  Aetznatron,  etc. 

Nur  in  Betreff  des  Eisenoxyduls  mache  ich  einige  Bemerkungen: 

Es  hat  sich  ergeben,  dass  die  vielfach  früher  angewandten 
Methoden,  namentlich  die  des  Zusammenschmelzens  mit  Borax,  unrichtig 
seien  3),  daher  auch  in  letzterer  Zeit  von  sehr  vielen  Analytikern  das 
Mineral  mit  Flusssäure  aufgeschlossen  ward ; dies  geschieht  meist  unter 
Zusatz  von  Schwefelsäure  durch  Behandlung  des  Materials  in  einer 
zugeschmolzenen  Röhre  bei  mehrstündiger  Erhitzung.  Dazu  muss 
jedoch  die  Flusssäure  vollkommen  rein  sein,  da  sich  sonst  nicht  unbe- 
deutende Differenzen  ergeben;  es  kann  dies  nur  durch  Flusssäure 
geschehen,  die  bei  Zusatz  von  übermangansaurem  Kali  in  einer  Platin- 
retorte destillirt  wurde.  Setzt  man  einfach  der  gewöhnlichen  Säure 
vor  dem  Gebrauche  übermangansaures  Kali  hinzu,  so  erhält  man  keine 
ganz  genauen  Resultate,  wovon  ich  mich  überzeugt  habe.  Da  mir 
jedoch  eine  solche  Platinretorte  nicht  zu  Gebote  stand,  habe  ich  mich 
einer  von  mir  schon  früher  angedeuteten  Methode  bedient,  deren 
Princip  von  Prof.  v.  Pebal  mir  mitgetheilt  wurde. 

Dieselbe  besteht  darin,  das  Mineral  mit  Flusssäure  in  Schwefel- 
säure zu  behandeln  und  mit  übermangansaurem  Kali  zu  titriren,  vorher 
aber  die  Flusssäure  zu  verjagen;  dazu  bedarf  es  nur  einer  geringen 
Temperaturerhöhung  und  muss  selbstverständlich  die  Operation  bei 
Luftabschluss  vollzogen  werden. 

Das  Mineral  wird  in  einem  Platintiegel  mit  Flusssäure  und 
Schwefelsäure  aufgeschlossen;  es  handelt  sich  nur  darum  dasselbe  bei 
Luftausschluss  zu  behandeln,  dazu  wird  eine  Kohlensäure-Atmosphäre 
verwendet.  Das  Mineral  wird  im  Platintiegel  auf  einen  eisernen  Teller 
gebracht,  der  von  unten  schwach  erhitzt  wird,  am  besten  auf  einem 
Wasserbade.  Auf  diesem  Teller  wird  ein  grosses  Becherglas  mit  dem 
offenen  Theil  gegen  den  Teller  zu  gesetzt.  Der  Boden  des  Becherglases 
ist  durchbohrt.  Die  Kohlensäure  wird  durch  ein  Glasrohr  in  den 
unteren  Theil  des  Gefässes  geleitet,  so  dass  die  Röhre  über  dem 


*)  Mineral.  Mittheil.  1871.  1.  Heft. 

2)  Loc.  cit.  p.  409. 

3)  Siehe  Mineral.  Mittheil.  1876,  4.  Heft. 

37* 


282 


C.  Doelter. 


[4] 


Platintiegel  endigt;  der  eiserne  Teller  trägt  an  seinem  Rande  eine 
Rinne  und  in  diese  wird  der  Rand  des  Becherglases  gesetzt;  es  wird 
nun  entweder  durch  Sand,  Quecksilber  oder  ein  anderes  Mittel  das 
Gefäss  von  unten  so  verschlossen,  dass  keine  Luft  in  dasselbe  eindringen 
kann;  am  besten  dient  dazu  Quecksilber,  welches  in  die  Rinne  des 
eisernen  Tellers  gebracht  wird  und  somit  hermetisch  die  Luft  von  dem 
Inneren  des  Glasgefässes  abschliesst;  da  die  Temperatur  zur  Vertreibung 
der  Flusssäure  keine  sehr  bedeutende  ist,  so  ist  auch  der  Gebrauch 
von  Quecksilber  ohne  Schaden. 

Nach  circa  zweistündiger  Erhitzung  ist  die  Substanz  vollkommen 
aufgeschlossen  und  die  Flusssäure  verjagt,  ohne  dass  während  des 
Versuches  Nachgiessen  von  Flusssäure  nothwendig  wäre ; ebenso  ist  es 
auch  überflüssig,  wenn  man  einen  grossen  Platintiegel  gebraucht 
Schwefelsäure  nachzugiessen. 

Ich  gebe  nun  diejenigen  Versuche,  welche  ich  angestellt  habe,  um 
mich  zu  überzeugen,  dass  weder  eine  Reduction  noch  eine  Oxydation 
während  der  Operation  stattfindet. 

1.  0-8343gr-  schwefelsaures  Eisenoxydul- Ammoniak  wurden  in 
Schwefelsäure  und  Wasser  gelöst.  Dieselben  erfordern  119cc5  der 
sehr  verdünnten  Chamaeleonlösung;  diese  Operation  wird  noch  zweimal 
wiederholt,  und  es  ergibt  sich  als  Titer  der  Flüssigkeit 

cc  1 = 0000985  Fe. 

2.  0-705gr-  schwefelsaures  Eisenoxydul-Ammoniak  werden  in  einer 
Platinschale  mit  Schwefelsäure  in  Wasser  2 Stunden  lang  in  dem  eben 
beschriebenen  Apparat  bei  Erhitzung  über  dem  Wasserbad  digerirt;  die 
Titration  ergiebt ; 

100cc,  4. 

Dieser  Versuch  wird  mit  043 lgr-  wiederholt;  es  ergibt  sich 
62cc,  1. 

3.  0235gr-  schwefelsaures  Eisenoxydul-Ammoniak  werden  auf 
dieselbe  Weise  behandelt,  vorher  aber  etwas  Flusssäure  zugesetzt.  Es 
ergibt  sich  34'3CC . 

Man  sieht,  dass  die  Resultate  gut  stimmen,  indem  man  bei  den 
verschiedenen  Versuchen  folgende  Abweichungen  von  den  theoretisch- 
nothwendigen  Mengen  hat. 


2.  a — 05cc 

2.  b + 0-4cc 

3.  + 0-7cc 


Dass  geringe  Abweichungen  bei  einer  so  verdünnten  Lösung 
Vorkommen,  kann  wohl  hier  nicht  in  Betracht  kommen. 

Ich  glaube,  dass  diese  Versuche  in  Verbindung  mit  den  früheren1) 
genügen,  um  die  Zuverlässigkeit  der  Methode  nachzuweisen. 

Ich  gehe  nun  über  zu  den  Resultaten  der  einzelnen  Analysen. 


')  Diese  Mittheilungen  1877,  1.  Heft. 


[5] 


283 


Zar  Kenntniss  der  chemischen  Zusammensetzung  des  Augits. 

1.  Schwarzer  Augit  vom  Vesuv. 

In  einet  Bombe  aus  Sanidin  finden  sich  Krystalle  von  Augit 
4— 12mm  lang  frei  aus  den  Hohlräumen  herausragend.  Die  Form  ist 
die  gewöhnliche  Augitform 

CO  P . CO  Poo  ooPooP. 

Die  Krystalle  erwiesen  sich  als  ganz  rein  und  nur  an  den 
Stellen , wo  sie  aufgewachsen  sind , von  dem  Gestein  der  Bombe 
begleitet;  mit  der  Zange  durch  Entfernung  letzterer  Bruchstücke 
ergibt  sich  ganz  reines  Material.  Ungefähr  l-5gr-,  wovon  0’9  gr-  zur 
Bestimmung  von  Si  02,  A l2  03  Fe2  03  Ca  0,  Mg  0 verwendet  wer- 
den, während  0’6 gr-  zur  Bestimmung  des  Eisenoxyduls  verbraucht 
werden;  letztere  wird  in  der  Kohlensäureatmosphäre  im  Platintiegel 
durchgeführt. 

. s = 3-275. 

Die  Analyse  ergibt: 


Si02  • • 

■ • • • 46-95 

CaO  • • 

• • • • 19-02 

MgO  • • 

• • • • 16-04 

FeO  ■ • 

....  4-09 

Fe2  03  • 

....  4-47 

Al20z 

....  9-75 

100-32 

Der  Kieselsäuregehalt  ist  hier  etwas  niedriger  als  bei  den  Vesuv- 
augiten,  und  Eisenoxyd  und  Eisenoxydul  in  gleichen  percentualen 
Mengen  vertreten. 


2.  Dunkelgrüner  Augit  vom  Vesuv. 

Ebenfalls  in  einer  Sommabombe  aus  Nephelin,  Sanidin  bestehend. 

Es  war  dies  ein  einziger  25 mm  langer  und  15 mm  dicker  Krystall 
von  dunkelgrüner  Farbe. 

Krystallform  wieder  die  gewöhnliche 

OoPoO  CoPcO  OOP  P 

s = 3-203 

Beim  Zerbrechen  des  Krystalls  ergaben  sich  makroskopische  Ein- 
schlüsse von  Nephelin,  von  denen  vor  dem  Zerbrechen  keine  Spur 
sichtbar  war;  dieselben  sind  jedoch  leicht  von  der  dunkelgrünen  Augit- 
substanz  zu  trennen,  daher  auch  hier  reines  Material  erhalten  wird, 
was  auch  durch  die  mikroskopische  Untersuchung  bestätigt  wird. 

Zur  Aufschliessung  mit  kohlensaurem  Natron-Kali  werden  0-9gr- 
verwendet  und  zur  Bestimmung  von  Eisenoxydul  in  zugeschmolzenem 
Glasrohre  0-7gr-  zur  Bestimmung  vermittelst  Flusssäure  in  der  Kohlen- 
säureatmosphäre 0-65gr-  Es  ergibt  sich  aus  der  Bestimmung 

I.,  3’06  perc.  FeO\ 
nach  der  zweiten  Methode  erhält  man 

3-34  FeO ; 

Mittel  aus  beiden  Bestimmungen 


3-16. 


284 


C.  Doelter. 


[6] 


Die  Resultate  der  Analyse  sind: 

SiO a . • • 

• • • 51-01 

CaO  ■ ■ • 

• • • 20-80 

MgO  ■ • • 

• • • 16-58 

FeO  • • • 

- • • 3-16 

Fe2Oz  • • 

• - • 3-51 

H/203  • • 

• • • 4-84 

99-90 

Wie  in  dem  erstgenannten 

schwarzen  Augit  ist  auch 

hier  die 

Menge  des  Eisenoxyds  in  Percenten  fast  gleich  oder  nur  um 

weniges 

höher  als  die  des  Eisenoxyduls. 

Von  dem  Augit  vom  Vesuv, 

der  dem  unserem  nahe  zu 

kommen 

scheint,  erwähne  ich  die  von  Wedding,  welche  jedoch  an  Material  aus- 
geführt  wurde,  das  aus  der  Lava  selbst  stammt;  der  Eisenoxydul- 

Gehalt  ist  darin  beträchtlich  grösser  als  bei  uns,  ebenso 

auch  der 

Kalkgehalt. 

Ich  gebe  hier  anhangsweise 

diese  Analyse: 

Si02  • • • 

• • • 48-86 

Äl203  • • 

• • • 8.63 

Fe203  • • 

• • • 2-73 

FeO  • • • 

• • • 4-55 

CaO  • • • 

• • • 20-62 

MgO  - ■ • 

• • . 14-00 

99-39 

Siehe  die  Berechnung  dieser  Analyse  bei  Tschermak  (Pyroxen 
und  Amphibol)  Mineralogische  Mittheilungen  1871. 


3.  Gelber  Augit  vom  Vesuv. 

Stammt  ebenfalls  aus  einer  Sommabombe,  wo  sich  in  Hohlräumen 
kleinere  Krystalle  2 — 8mm  lang  befinden.  Die  Bombe  besteht  aus 
Nephelin,  Sanidin,  Biotit,  Spinell  und  schwarzem  Augit. 

Die  gelben  Augitkrystalle  zeigen  die  Form 
oo  P • ooPoo  oo  Poo  P 2 P. 

Sie  sind  rein  im  Innern,  müssen  jedoch  von  der  anhängenden 
Substanz  der  Bombe  getrennt  werden,  was  namentlich  für  Spinell  und 
Glimmer  ziemlich  viel  Zeit  erfordert. 

Angewandt  wurden  zur  Aufschliessung  mit  kohlensaurem  Kali- 
Natron  0"85  zur  Bestimmung  des  Eisenoxyduls  vermittelst  Flusssäure 
in  der  Kohlensäureatmosphäre  0-58. 


s — 3-298. 


[7] 


Zur  Kenntniss  der  chemischen  Zusammensetzung  des  Augits. 


285 


Die  Resultate  der  Analyse  sind  folgende: 


Si02  • 

50-41 

CaO  • 

• • • • • 22-75 

31g  0 * 

12-92 

FeO  • 

6-78 

PCoOq 

1-09 

Äh03 

6-07 

100-02 

Wir  haben  hier,  wie  man  sieht,  sehr  wenig  Eisenoxyd  im  Ver- 
hältniss  zu  den  früher  ergebenen  Daten. 

Anhangsweise  erwähne  ich  noch,  dass  auch  G.  v.  Rath  eine 
Analyse  eines  gelben  Augites  ausgeführt  hat;  derselbe  ist  jedoch  nicht 
ident  mit  dem  unseren,  wie  schon  aus  der  Krystallform  hervorgeht, 
welche  bei  unserem  eine  einfache  ist,  während  G.  v.  Rath  Krystalle 
der  Combination 

P,  2 P,  2 Poo , Poo,  CO  P,  coP3,  ooPoo,  OP 
untersuchte ; auch  finden  sich  letztere  zusammen  mit  röthlichem  Augit, 
Glimmer  und  Humit,  also  in  einem  anderen  Aggregate  J). 


4.  Augit  von  Lipari. 

Es  waren  zwei  Krystalle  der  gewöhnlichen  Form; 

co  P • co  P oo  • ooPco  • P. 

ungefähr  lcc  gross,  der  eine  davon  war  ein  Zwilling  nach  dem  bekann- 
ten Gesetze: 

Zwillingsehene  oo  P oo 

Die  Krystalle  erwiesen  sich  unter  dem  Mikroskope  als  rein;  der 
Fundort  derselben  ist  die  Insel  Lipari,  wo  sie  als  Auswürflinge  Vor- 
kommen sollen. 

Es  stand  mir  im  Ganzen  l'4gr  Substanz  zu  Gebote.  Die  Bestimmung 
des  Eisenoxyduls  wurde  im  Platintiegel  mit  Flusssäure  vorgenommen. 

Die  Resultate  der  Analyse  sind : 

Si02  48'45 

CaO 20-30 

McjO 14-35 

FeO 6"94 

Fe203 3-57 

Äl203 6-68 


100-29 


Spec.  Gewicht  = 3-225. 


])  Die  Analyse  ergab  (Pogg.  Annalen  Bd.  158,  p.  413.) 


Kieselsäure  .... 

53-2 

Thonerde  .... 

1-5 

Eisenoxydul  . . . 

23 

Kalk 

23'4 

Magnesia  .... 

19-3 

Glühverlust  .... 

. 0’2 

99  9 

286 


C.  Doelter. 


[8] 


5.  Augit  Ton  Ouglieri. 


Diese  Augite  stammen  aus  einer  basaltischen  Lava,  die  sich  bei 
Cuglieri  auf  der  Insel  Sardinien  findet  ; die  Krystalle  haben  eine  Grösse 
von  1 — 2cm,  sind  von  dick  säulenförmigem  Habitus  und  repräsentiren 
die  öfter  genannte  gewöhnliche  Combination,  und  sind  zum  Theil 
einfache  Krystalle,  zum  Theil  Zwillinge ; sie  kommen  mit  Biotit  und 
Hornblende-Krystalien  zusammen  vor. 

Dieselben  sind  rein  ohne  bemerkenswerthe  Einschlüsse,  wie  unter 
dem  Mikroskope  sich  ergab. 

Die  Eisenoxydulbestimmung  wurde  zweimal  ausgeführt,  beidemal 
im  Platintiegel  mit  Flusssäure. 

Die  beiden  Resultate  waren: 

1.  5-09  perc.  Fe  0 

2.  5-02  perc. 

stimmen  also  sehr  gut  überein. 

Die  Resultate  der  Analyse  sind: 


Si02  • • 

■ • • 45-65 

CaO  • • 

• • • 21-09 

MgO  • • 

• • • 13-60 

FeO  • • 

• • • 505 

Fe203  ■ ■ 

• • • 6-32 

Al203  • • 

• • • 8-61 

100-32 


Spec.  Gewicht  = 3-299. 

Der  Thonerdegehalt  ist  hier  ein  sehr  beträchtlicher,  desgleichen 
der  Eisenoxydgehalt,  sowie  der  Eisengehalt  überhaupt. 


6.  Augit  von  Greenwood  Fournace. 

Zur  Analyse  lagen  vor  säulenförmige  längliche  Krystalle,  welche 
das  Prisma  und  die  beiden  Pinakoide  ohne  Endflächen  repräsentiren 
und  6— 12mm  lang  waren.  Dieselben  waren  zwar  etwas  auf  der 
Oberfläche  braun,  was  auf  eine  Zersetzung  schliessen  lässt,  im  Innern 
jedoch  ganz  frisch  und  von  lichtgrüner  Farbe,  so  dass  auch  hier 
reines  Mineral  erzielt  werden  konnte;  zur  Analyse  lagen  vor  l-8er. 
Der  Eisenoxydulgehalt  wurde  im  Platintiegel  mit  Flusssäure  bestimmt. 

Die  Analyse  ergab : 


SiO%  • • 

• • • 49-18 

CaO  • • 

• • • 20-62 

MgO  • • 

• • • 16-83 

FeO  ■ • 

• • • 2-55 

Fe203  ■ • 

• • • 5-05 

Äl203  • • 

• • • 5-09 

99-32 

Spec.  Gewicht  = 3-295. 

Bei  dieser  Analyse  ist  der  etwas  hohe  Gehalt  an  Eisenoxyd  zu 
constatiren  gegenüber  einem  viel  geringeren  Gehalte  an  Oxydul,  was 


[9] 


Zur  Renntniss  der  chemischen  Zusammensetzung  des  Augits 


287 


jedoch  bei  mehreren  der  von  uns  ausgeführten  Analysen  der  Fall  ist, 
und  auch  bei  einigen  älteren  Analysen  vorkommt,  so  namentlich  bei 
den  Analysen  in  Rammelsberg’s  Verzeichnisse. 

Bei  den  meisten  älteren  Analysen  dagegen  ist  der  Gehalt  an 
Eisenoxydul  sonst  grösser  als  der  an  Oxyd,  was  jedoch  hei  manchen 
vielleicht  an  einem  analytischen  Fehler  liegen  könnte.  J) 


7.  Augit  vom  Bufaure. 


Vorliegende  Analyse  wurde  an  Krystallen  ausgeführt,  die  aus  dem 
Melaphyr  vom  Bufaureberge  in  Südtirol  stammen  und  schon  öfters 
beschrieben  wurden.  Sie  kommen  porphyrartig  eingesprengt  vor  in 
einem  dichten  Augit-Plagioklas-Melaphyr  und  erreichen  oft  beträchtliche 
Grösse.  Die  mir  vorliegenden  Krystalle  zeigen  die  Combination 


ooP  . ooPoo  . ooPoo  . P.  O P | Poo 
und  sind  8— 14mm  gross  von  dicksäulenförmigem  Habitus.  Einige  im 
Innern  vorkommende  Einschlüsse  von  Feldspath  können  mit  einigem 
Aufwand  von  Mühe  entfernt  werden. 

Die  Bestimmung  des  Eisenoxyduls  wurde  ausgeführt  I.  im  zu- 
geschmolzenen  Glasrohre  mit  reiner  Flusssäure,  II.  und  III.  im  Platin- 
tiegel mit  Flusssäure. 

Die  Versuche  ergaben : 

I.  angewandt  wurden  0512  Gramm  7-71  perc.  Fe  0 


II. 

„ 0-634 

7-63  „ 

III. 

„ 0701  „ 

7-87  „ 

Als  Mittel  erg 

ibt  sich  7 ‘74  perc. 

, 

Die  Analyse  ergab 

Si02  .... 

• 49-01 

CaO  .... 

• 20-01 

MgO  .... 

• 14-55 

FeO  .... 

• 7-74 

Fe203  .... 

• 3-77 

äi2o3  .... 

• 5-09 

10017 

Spec.  Gewicht 

= 3-299. 

Bei  diesem  Augit  ist  also  die  Menge  des  Eisenoxyduls  bedeutend 

grösser  als  die  des  Eisenoxyds.  Wahrscheinlich  von  demselben  Material 

wurde  die  Analyse  ausgeführt,  welche 

von  Kudernatsch  am 

Augit 

vom  Zigolonberge  gegeben  wurde.  Es 

stimmen  die  Resultate 

beider 

nicht  gar  schlecht. 

Jedoch  fehlt  der  Analyse  Kudern  atsch’s  die 

Eisen- 

oxydulbestimmung  2) 

. 

‘)  Für  den  Fundort  dieses  Augits  siehe  Dana’s  Mineralogy  p.  600. 

~)  Die  Resultate  dieser  Analyse  sind  nach  Rammelsberg’s  Handbuch 

p.  409. 

Si02  .... 

. 5012 

CaO  .... 

. 2005 

MgO  .... 

. 13-76 

FeO  .... 

. 11-60 

Fe203  .... 

. — • — 

Al.2Os  ... 

. 4-20 

99-67 

Mineralogische  Mittheilungen.  1877.  3.  Heft.  (Dölter 

.)  38 

288 


C.  Doelter. 


[10] 


8.  Fassait. 

In  meinen  Beiträgen  zur  Mineralogie  des  Fassa-  und  Fleimser- 
thales  habe  ich  drei  Analysen  von  Fassait  gegeben,  hier  gebe  ich  nun 
eine  weitere,  welche  ich  an  sehr  frischem  Material  ausgeführt  habe, 
es  lagen  mir  Krystalle  der  früher  unter  II  angeführten  Varietät  vor, 
die  sich  in  körnigem  Fassait  in  Hohlräumen  desselben  vorfanden. 

Die  Analyse  ergab: 


SiOz 44-76 

CaO  .....  • 24-90 

MgO 13-65 

FeO 2-09 

jFc203  5'01 

Äl203 1010 

100-51 

Specifisches  Gewicht  = 2‘979. 


Man  sieht,  dass  diese  Analyse  gut  stimmt  mit  der  früher  an  der 
Varietät  II  angeführten. 


Diopsid  von  Ala. 

Die  folgenden  Analysen  wurden  unternommen,  um  den  Unterschied 
zwischen  farblosem  und  gefärbtem  Diopsid  kennen  zu  lernen,  und  um 
zu  constatiren,  ob  der  kleine,  bei  den  Diopsiden  oft  constatirte  Thon- 
erdegehalt blos  einer  Verunreinigung  zuzuschreiben  ist  oder  nicht; 
dazu  war  vor  Allem  ganz  reines  Material  nothwendig.  Ich  hatte  mehrere 
grüne  und  farblose  durchsichtige  Diopside  von  Ala  von  säulenförmigem 
Habitus  zur  Verfügung,  die  2 — 3 Cm.  lang  waren  und  die  Combination 

ooPoo  . QO_Poo  . OOP  . 2 P • OP  • Poo  . 2 P°o 

zeigten. 

Am  besten  geeignet  zur  Analyse  schien  ein  grosser  Krystall,  der 
am  oberen  Ende  farblos,  am  unteren  Ende  dunkelgrün  war;  es  wurden 
zur  ersten  Analyse  Stücke  des  dunkelgrünen  Diopsids  gewählt,  zur 
zweiten  solche  des  farblosen,  beide  waren  ganz  rein. 


9.  Dunkelgrüner  Diopsid. 

Zur  Analyse  wurden  gebraucht  0"9  Gr.  für  die  Aufschliessung 
mit  Natron-Kali,  05— 0-7  Gr.  für  die  Bestimmung  des  Eisenoxyduls; 
letztere  wurde  einmal  im  Platintiegel  in  der  Kohlensäure,  das  zweite 
Mal  in  der  zugeschmolzenen  Piöhre  ausgeführt,  die  Versuche  ergaben: 

I • . . 1-96 

II  • • • 1-88 


Zur  Kemitniss  der  chemischen  Zusammensetzung  des  Augits. 


289 


Die  Resultate  der  Analyse  sind: 

Si02 54*28 

CaO  • 25-04 

MgO 17-30 

FeO 1-91 

Fb203  0‘98 

Al2Os  .....  0-51 

100-02 

10.  Farbloser  Diopsid. 

Es  wurden  zwei  Analysen  ausgeführt,  das  Eisenoxydul  in  einem 
Falle  im  Platintiegel  bestimmt,  im  anderen  als  Eisenoxyd  gew'ogen. 

Die  Analysen  ergaben: 


I. 

II. 

Mittel 

Si02  • . • 

• 54-99 

54-48 

54-74 

CaO  • • • 

• 25-88 

26-16 

26-03 

MgO  ■ • • 

• 16-95 

17-10 

17-02 

FeO  • • > 

. 2-99 

2-82 

2-91 

100-81 

100-56 

100-70 

Berechnung  der  Analysen. 

Ich  werde  nun  zeigen,  welche  Folgerungen  aus  dem  früher  erhal- 
tenen Resultate  sich  ergeben. 

Bekanntlich  herrschen  über  die  Constitution  der  Augite,  speciell 
der  Thonerde-Augite  zwei  Ansichten,  wovon  die  eine  von  Tschermak, 
die  andere  von  Rammeisberg  vertreten  wird. 

Gestützt  auf  die  Wahrnehmung,  dass  bei  den  Thonerde-Augiten 
Ca  <i  Mg  + Fe 

ist,  während  bei  thonerdefreien  Augiten 

Ca  = Mg  + Fe 

und  dass  die  Menge  der  Kalkerde  und  Thonerde  gleich  der  der  Mag- 
nesia sei,  hat  Tschermak  die  Ansicht  aufgestellt,  dass  Thonerde 
und  Eisenoxyd  als  Silicate  gebunden  an  Mg  Vorkommen  und  zwar 
glaubt  er,  dass  diesen  Silicaten  möglicherweise  die  Formeln 
Mg  Al  Al  Si06  und  Mg  Fe  Fe  S106 

zukämen. 

Rammeisberg  dagegen  hält  alle  Augite,  seien  sie  thonerdefrei 
oder  nicht,  für  normale  Silicate  RSiOs , denen  Thonerde  und  Eisenoxyd 
nur  isomorph  beigemengt  seien ; nach  Rammeisberg  spricht  haupt- 
sächlich gegen  die  Tschermak’sche  Ansicht  die  Thatsache,  dass  bei 
manchen  Thonerde-Augiten 

Ca  = Mg  -f-  Fe 

und  dass  bei  thonerdefreien  Augiten 

Ca  nicht  immer  gleich  Mg  + Fe  sei, 


38* 


290  0.  Doelter.  [12] 

Aus  meinen  Analysen  ergibt  sich,  dass  bei  reinen  unzersetzten 
Augiten,  die  Thonerde  und  Eisenoxyd  enthalten 

Ca  <(  Mg  + Fe 

während  allerdings  Si  = Ca  + Mg  + Fe  in  den  meisten  Fällen  ist, 
sonach  scheinbar  Al  und  Fe  nur  beigemengt  erscheinen  können. 

Die  Thatsache  aber,  dass  bei  den  meisten  aus  reinem  Material 
bestehenden  Augiten,  die  der  Analyse  unterworfen  wurden 

Ca  <C  Mg  -f-  Fe 

lässt  auf  eine  gewisse  Gesetzmässigkeit  schliessen,  und  die  Ansicht 
berechtigt  erscheinen,  dass  Thonerde  und  Eisenoxyd  als  Silicate  vor- 
handen sind,  wenn  auch  vielleicht  die  endgiltige  Formel  letzterer  noch 
nicht  festgestellt  werden  kann. 

Ich  gebe  nun  hier  die  einzelnen  Analysen  und  habe  unter  I.  die 
aus  der  Analyse  berechneten  Mengen,  unter  II.  die  Quotienten  jener 
Mengen  durch  die  Atomgewichte,  ainter  III.  das  approximative  Atomen- 
verhältniss  gesetzt. 


1.  Schwarzer  Augit  vom  Vesuv. 


I. 

II. 

III. 

Sauerstoff 

Silicium  .... 

• 21.91 

0.783 

28 

56 

Calcium  .... 

• 13.57 

0.339 

12 

12 

Magnium  • • • • 

• 9.60 

0.400 

14 

14 

Eisen  (als  Oxydul) 

• 3.17 

0.056 

2 

2 

Eisen  (als  Oxyd)  • 

• 3.13 

0.056 

2 

3 

Aluminium  • • • 

• 5.19 

0.189 

6 

9 

Sauerstoff  • • • • 

• 43.43 

2.714 

97 

96 

Es  ergibt  sich  die  Formel : 

Si28  Ca12  Mg14  Fe2  fe  Alz  096,  wenn  wir  die  2 Fe  als  Oxyd 
mit  fff  bezeichnen. 

Zwischen  dem  Sauerstoff  der  aus  der  Differenz  berechneten  und 
dem  für  die  Mengen  von  Si,  Ca,  Mg  nothwendigen  ergibt  sich  eine 
Differenz  von  1. 

Die  Analyse  führt  also  zu  dem  Resultate : 

28  Si02,  12  CaO,  14  MgO,  2 FeO,  Fe203,  3 Äl3Os. 

Man  bemerkt,  dass  hier 

Ca  : Mg  : Fe 
0.339  0.400  0.056 

also  Ca  Mg  + Fe 

Wenden  wir  die  von  Tschermak  gegebene  Deutung  an,  indem 
wir  uns  Al  als 

MgO,  AkOASiO« 

denken,  ferner  Fe203  als 


Mg0,mFc203  Si02 


291 


[13] 


Zur  Kenntniss  der  chemischen  Zusammensetzung  des  Augits. 


das  übrige  als  Diopsid,  so  haben 

wir 

10  (CaO 

MgO 

2 Si02) 

2 (CaO 

FeO 

2 Si02) 

3 (MgO 

ai2os 

Si02j 

1 (MgO 

Fe2Os 

Si02 ) 

2.  Dunkelgrüner  Augit 

vom  Vesuv. 

I. 

II. 

III. 

Silicium  .... 

• 23-81 

0-850 

39 

Calcium  .... 

• 14-85 

0-371 

18 

Magnium  .... 

• 9-95 

0-414 

19 

Eisen  (als  Oxydul) 

• 2-46 

0-045 

2 

Eisen  (als  Oxyd)  • 

• 2-43 

0-043 

2 

Aluminium  • • • 

• 2-58 

0-094 

4 

Sauerstoff  .... 

• 43-93 

2-746 

125 

Die  Menge  der  aus  den  gefundenen 
stoffmenge  ergibt  sich 

Zahlen 

berechneten 

für  Si  • * • 

• 78 

Ca  • • • 

• 18 

Mg-  ■ • 

• 19 

Fe  • • • 

Fe  ■ ' • 

• 3 

M • • • 

• 6 

126 

Sauer- 


Bezeichnet  man  das  als  Oxyd,  Eisen  als  fa,  so  erhält  man  die 
Formel: 

Si39  Ca18  Mgls  Fe2  fy  Ah  0,26  oder  auch 
39  SiOa  18  CaO  19  MgO  2 FeO  Fe2Os  2 Äl203 

welche,  wenn’  man  annimmt,  dass  und  M als  Magnesiasilicate  vor- 
handen sind,  geschrieben  wird 

16  ( CaO  MgO  2 SiO 2) 

2 ( CaO  Fe  0 2Si02) 

MgO  Fe2Oz  Si02 

2 (MgO  Al,Oz  SiOz ) 

Man  sieht,  dass  auch  hier 

Ca  : Mg  : Fe  wie 
0.371  : 0.414  : 0.045  oder 

9 : 9.5  : 1 dass  also 

Ca  <[  Mg  + Fe 

und  ferner  dass  hier: 

Si  >>  Mg  + Ca  M Fe  da 
0.851  > 0.371  -f  0.414  + 0.045. 


292 


C.  Doelter.  [14] 


3.  Gelber  Augit  vom  Vesuv. 


I. 

II. 

III. 

Silicium  .... 

• 23.52 

0.840 

120 

Calcium  .... 

• 16.25 

0.406 

58 

Magnium  .... 

• 7.76 

0.324 

46 

Eisen  (als  Oxydul) 

• 5.28 

0.095 

14 

Eisen  (als  Oxyd)  • 

• 0.76 

0.014 

2 

Aluminium  • • • 

• 3.22 

0.118 

16 

Sauerstoff  .... 

• 43.19 

2.700 

386 

Die  Differenz  zwischen  dem  aus  dem  Verluste  berechneten  Sauerstoffe 
und  dem,  welcher  sich  aus  den  verschiedenen  analytisch  gewonnenen 
Mengen  berechnet,  ist  gleich  1,  da  für  die  oben  erhaltenen  Atomver- 
hältnisse die  nothwendige  Zahl  von  Sauerstoff  385  ist.  Auch  hier  hat 
man  Ca  <<  Mg  -f  Fe,  jedoch  ist  der  Unterschied  ein  auffallend 
geringer,  eine  einfache  Formel  auf  Grund  der  früher  angewendeten 
Hypothese  isomorpher  Silicate  lässt  sich  nun  aus  den  erhaltenen  Zahlen 
nicht  ganz  zwangslos  berechnen,  da  die  Mengen  von  Ca  und  Mg  zu 
sehr  von  einander  verschieden  sind. 


4.  Augit  von  Lipari. 


I. 

II. 

III. 

Silicium  .... 

• 22.61 

0.808 

36 

Calcium  .... 

• 14.50 

0.362 

16 

Magnium  .... 

• 8.61 

0.359 

16 

Eisen  (als  Oxydul) 

• 5.39 

0.096 

4 

Eisen  (als  Oxyd)  • 

• 2.51 

0.045 

2 

Aluminium  • • • 

• 3.56 

0.127 

6 

Sauerstoff  .... 

• 42.80 

2.676 

119 

Die  aus  der  Berechnung  sich  ergebende  Menge  von  Sauerstoff  ist 
also  etwas  geringer  als  die  für  die  durch  die  Analyse  enthaltenen 
Mengen  nothwendige. 

Wir  haben  hier  wiederum : 

Ca  : Mg  : Fe 
0.362  : 0.359  : 0.096 
8:8:2 

also  auch  hier 
Ca  <(  Mg  + Fe 

Wenn  wir  wiederum  Fe 3 als  Oxyd  mit  fl#  bezeichnen,  erhalten 
wir  die  Formel : 

<8*36  0«16  Mg16  Fei  fe  Äh  01% 0 oder  auch 
36  Si02  1 6 CaO  16  MgO  4FeO a Fea03  3^,0* 


Zur  Kenntniss  der  chemischen  Zusammensetzung  des  Augits. 


293 


[15] 


was  wir  auf  folgende  Weise  schreiben  können 

12  ( MgO  CaO  2 Si09) 
4 (. FeO  CaO  2 SiOa) 
1 (MgO  Fe2 03  S/.(\) 
3 (MgO  AkOs  Si02) 


5.  Augit  von  Cuglieri. 


I 

II 

III 

Silicium  • 

• • • • 21-30 

0-768 

44 

Calcium 

• • • • 15-06 

0-376 

21 

Magnium 

• • • • 8-16 

0-340 

19 

Eisen  (als  Oxydul)  • • • 

■ • • • 3-93 

0-070 

4 

Eisen  (als  Oxyd)  • • • 

• • • • 4-41 

0-078 

4 

Aluminium 

0-168 

10 

Sauerstoff 

2-659 

152 

Es  kann  also  das  Resultat  der  Analyse  ausgedrückt  werden  durch 


die  Formel: 

Sin  Ca 21  Mg10 

Fe, 

oder  auch 

44 

Si02 

21 

CaO 

19 

MgO 

4 

FeO 

2 

Feä  ü. 

5 

A\0Z 

Wir  haben  hier 


Ca  : Mg  : Fe 
0-376  : 0-340  : 0070 
5-3  : 4-8  : 1 


Also  auch  hier  Ca  -<  Mg  + Fe,  wenngleich  die  Differenz  in 
diesem  Falle  keine  sehr  grosse  ist;  bemerkens werth  ist,  dass  hier  sehr 
wenig  Magnesia  vorhanden  ist  gegenüber  dem  höheren  Kalkgehalt; 
desshalb  führt  auch  die  Analyse  zu  keiner  einfachen  Formel  unter 
Annahme  der  früher  gebrauchten  Formeln  für  die  isomorphen  Silicate. 


6.  Augit  von  Greenwood. 


I 

II 

III 

Silicium  ....... 

• . » . 22-95 

0-820 

47 

Calcium  ....... 

• • • • 14-72 

0-368 

21 

Magnium 

• • • • 10.09 

0.420 

24 

Eisen  (als  Oxydul)  > • • 

■ • • • 1-98 

0-035 

2 

Eisen  (als  Oxyd)  • • • 

• • • • 3-54 

0-063 

4 

Aluminium 

• • • 2-72 

o-ioo 

6 

Sauerstoff 

• • • 44-00 

2-751 

156 

294 


C.  Doelter. 


[16] 


Daraus  ergibt  sich  das  Verhältniss 

Siiv  C$21  ^24  Ätz  Ft?2  Fe  2 01BG 

wobei  die  aus  dem  Verluste  berechnete  Sauerstoffmenge  157  ist,  also 
von  den  für  die  einzelnen  Mengen  von  Si,  Ca , Mg  etc.  um  1 Atom 
differirt;  die  Formel  lässt  sich  auch  schreiben 

47  Siö2 
21  CaO 
24  MgO 
2 FeO 

2 Fe2  ()> 

3 AUO, 

Wir  können  diese  Verbindung  betrachten  als 

19  ( MgO , CaO  2 Si02) 

2 (CaO,  FeO , 2 /SiOä) 

2 (O203,  %0,  &'02) 

3 (Äl203,  MgO , Ä»02) 

Wir  bemerken,  dass  hier 

Ca  : Mg  : Fe  sich  verhält  wie 
0368  : 0"420  : 0035  oder  wie 
11-5  : 12  : 1 

Dass  also  auch  hier 

Ca  < Mg  + Fe. 


7.  Augit  von  Bufaure. 


I 

II 

III 

Silicium 

■ • • • 22-87 

0-817 

71 

Calcium 

■ • • • 14-29 

0-357 

30 

Magnium 

■ • • • 8*73 

0-363 

32 

Eisen  (als  Oxydul)  • • • 

• • • • 6-02 

0106 

9 

Eisen  (als  Oxyd)  • • • ■ 

■ • • • 2-64 

0-046 

4 

Aluminium 

■ • • • 2-71 

0-099 

8 

Sauerstoff 

• • • 42-74 

2-671 

232 

Die  aus  der  Differenz  berechnete  Menge  weicht  von  der  aus  den 
erhaltenen  Mengen  für  die  einzelnen  Elemente  um  1 Atom  ab. 

Es  ergibt  sich  die  Formel: 

71  Si02  30  CaO  32  MgO  9 FeO  2 Fe2(K  4 Al203 

Bemerkenswerth  ist,  dass  hier  Ca  um  ein  sehr  Beträchtliches 
geringer  ist,  als  Mg  -f-  Fe , was  hier  mehr  als  bei  allen  anderen 
Augiten  stattfindet. 


Zur  Keimtniss  der  chemischen  Zusammensetzung  des  Augits. 


295 


Die  Darstellung,  wie  sie  für  die  übrigen  Analysen  gegeben  wurde 
unter  Annahme  isomorpher  Silicate,  ist  hier  nicht  so  einfach,  da  zu 
wenig  Kalkerde  vorhanden  ist. 


8.  Grüner  Diopsid  von  Ala. 


I 

II 

III 

Silicium  ........ 

• • • • 25-33 

0-904 

180 

Calcium  ....... 

• • • • 17-89 

0-447 

89 

Magnium  ........ 

• • • • 10-39 

0-431 

86 

Eisen  (als  Oxydul)  • • • 

. . . . i-48 

0-026 

5 

Eisen  (als  Oxyd)  • • • ■ 

. . . . o-69 

0-012 

2 

Aluminium 

■ • • • 0*28 

o-oio 

2 

Sauerstoff  

■ • • • 43-94 

2-74 

549 

Man  sieht  also,  dass  selbst  bei  dem  kleinen  Thonerde-Gehalt 
von  051 

Ca  : Mg  : Fe 
0-447  : 0-431  : 0*026 
17-4  : 17-2  : 1 

Also  auch  in  diesem  Falle  ist  die  Menge  von  Ca  <;  Fe  -f-  Mg  ; 
ich  glaube  also,  dass  hier  keine  blosse  Verunreinigung  vorliegt,  und 
dass  auch  in  diesem  Falle  die  Thonerde  als  Silicat  vorhanden  sein 
könnte. 

Die  Berechnung  ergibt  unter  Annahme  der  T scher mak’schen 

Daten  ° 

84  (MgO,  CaO , 2 SiOa) 

5 (FeO,  CaO , 2 Si02) 

(MgO,  Ä1.20,,  SiOO 
( MgO , Fe,03,  SiO 2 


9.  Farbloser  Diopsid. 

Diese  Analyse  stimmt  so  ziemlich  mit  den  Mengenverhältnissen 
überein,  welche  Tschermak  berechnet  hat,  für  eine  lOproc.  Bei- 
mengung von  Hedenbergit  zu  dem  normalen  Diopsid  MgO,  CaO , 2 Si02, 
nur  ist  bei  unserer  Analyse  eher  etwas  zu  viel  Kalk  vorhanden. 

Aus  diesen  Berechnungen  ergibt  sich,  dass  bei  allen  Analysen 
die  Menge  der  Kalkerde  geringer  ist,  als  die  der  Magnesia  und  des 
Eisenoxyduls  zusammen;  ferner  dass  die  obige  Differenz  in  manchen 
Fällen  eine  sehr  bedeutende  ist,  und  nur  selten,  wie  bei  dem  gelben 
Vesuv-Augit,  eine  geringe:  die  meisten  unserer  Thonerde-Augite  lassen 
sich  bei  Annahme  isomorpher  Silicate  auf  einfache  Formeln  zurück- 
führen, und  nur  bei  zweien  (III  u.  V)  lässt  sich  diess  auf  zwangslose 
Weise  nicht  leicht  durchführen,  da  eben  bei  letzteren  die  Differenz 
zwischen  Kalkerde  und  Magnesia- Eisenoxydul  eine  geringere  war. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1877.  3.  Heft.  (Doelter.)  39 


296 


C.  Doelter. 


[18] 

Ferner  ergibt  sich,  dass  auch  bei  jenen  Diopsiden,  die  wenig 
Thonerde  beigemischt  enthalten,  deren  Thonerde-Gehalt  nicht  immer 
als  einfache  Verunreinigung  betrachtet  werden  kann,  sondern  dass  mit 
dem  Erscheinen  der  Thonerde  auch  eine  Verminderung  des  Kalk- 
gehaltes gegenüber  der  Summe  von  Eisenoxydul  und  Magnesia  eintritt; 
alles  dieses  lässt  die  Annahme  von  Thonerde-  und  Eisenoxyd- Silicaten 
im  Augit  nicht  unberechtigt  erscheinen,  wenngleich  die  definitive  Zu- 
sammensetzung letzterer  noch  nicht  ganz  sicher  ermittelt  ist. 


Mineralogisches  aus  dem  Ostindischen  Archipel. 

Von  A.  Frenzei. 

Herr  Dr.  A.  B.  Meyer,  Director  des  k.  zoologischen  Museums  zu 
Dresden,  bereiste  in  den  Jahren  1870 — 1873  den  Ostindischen  Archipel 
inclusive  Neu-Guinea  behufs  zoologischer,  anthropologischer  und  ethno- 
graphischer Forschungen.  Die  bei  dieser  Reise  selbst  gesammelten  und 
sonst  zusammen  gebrachten  Mineralien  und  Gesteine *)  sind  mir  von 
Demselben  zur  Bestimmung  anvertraut  worden  und  lasse  ich  hiermit 
im  Nachstehenden,  die  Mineralien  nach  den  Fundorten  zusammen- 
gestellt, die  Ergebnisse  meiner  Durchsicht  folgen. 

1.  Borneo.* 2) 

Vorherrschend  Antimon-Mineralien  und  Zinnober  aus  dem  west- 
lichen Borneo,  dem  Reich  Sarawak. 

Antimonit  kommt  am  häufigsten  und  auch  in  grossen  Massen 
vor,  es  finden  sich  grosse  Blöcke  — wovon  zwei  Exemplare  Vorlagen  — 
theils  ganz,  rein,  von  breitstänglicher,  faseriger  bis  dichter  Structur, 
theils  mit  Quarz  verunreinigt  und  von  der  Oberfläche  aus  umgewandelt 
in  Antimon ocker.  Eine  Prüfung  auf  einen  etwaigen  Goldgehalt 
ergab  ein  negatives  Resultat.  Als  nähere  Fundorte  waren  die  Orte 
Tambusan  und  Tagui  bezeichnet.  Indessen  ist  Schwefelantimon  an 
vielen  Punkten  im  Districte  des  Sarawakflusses  gefunden  worden.  Nach 
F.  Gröger3)  ist  jedoch  das  Terrain,  in  welchem  bis  jetzt  reiche 
Funde  von  Antimonglanz  gemacht  und  ausgebeutet  worden  sind,  nicht 
von  grosser  Ausdehnung.  Das  Terrain  bildet  ein  wellenförmiges  Hügel- 


')  Dieselben  werden  an  das  k.  mineralogische  Museum  in  Dresden  abgegeben. 

2)  Die  Borneo-Objecte  wurden  Dr.  Meyer  theilweise  von  dem  Beherrscher 
Sarawaks,  dem  Radja  Brooke  übergeben. 

3)  Verhandlungen  der  k.  k.  geologischen  Reichsanstalt  1876,  Nr.  4 und  Oester. 
Ztschr.  f.  Berg-  und  Hüttenwesen  1866,  118. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1877.  3.  Heft.  (Frenzei.) 


39* 


298 


A.  Frenzei. 


[2] 

land  und  besteht  aus  einem  System  von  Thonschiefer,  wechselnd  mit 
Sandsteinbänken,  das  theilweise  von  einem  dunkeln  Kalke  unterlagert 
wird.  Einzelne  aus  dem  Hügellande  sich  bis  zu  200  Mr.  erhebende 
Berge  sind  theils  aus  einem  ähnlichen  Kalke,  theils  aus  Porphyr  zusam- 
mengesetzt. Der  Porphyr  tritt  auch,  namentlich  in  der  Nähe  seiner 
Massenausbrüche  gangförmig  auf  und  nicht  selten  findet  man  das 
Antimon  im  Contacta  mit  Porphyrgängen.  Ausserdem  findet  man  Durch- 
brüche von  quarzitischen  Gesteinen;  fast  stete  Begleiter  der  Antimon- 
Vorkommnisse.  An  einigen  Punkten  sind  reiche  Anbrüche  aufge- 
schlossen worden,  die  den  Kalksteinschichten  parallel  eingebettet 
erscheinen ; auch  die  Höhen  der  Kalkberge  sind  theilweise  von  Antimon- 
glanzgängen durchzogen.  Das  Erz  wird  vorzugsweise  in  grösseren 
Blöcken  auf  und  in  der  Nähe  des  Fusses  der  Berge  und  Hügel  und 
auf  dem  Ausgehenden  der  Quarzitgänge  gefunden.  Das  Ausgehende 
solcher  Gänge  zeigt  sich  hier  und  da  erweitert,  an  verschiedenen  Stellen 
offen;  die  in  diesen  höhlenartigen  Bildungen  aufgefundenen  Erzstücke 
sind  die  Reste  der  zerstörten  Erzadern  und  nicht  selten  theilweise  in 
Antimonoxyd  umgewandelt;  vereinzelt  wird  hier  auch  metallisches 
Antimon  gefunden. 

Seit  den  letzten  20  Jahren  beträgt  die  durchschnittlich  jährliche 
Production  von  Schwefelantimon  25.000  Centner. 

Antimon ocker  ist  neben  Schwefelantimon  schon  seit  längerer 
Zeit  nach  Europa  gekommen,  soll  jedoch  von  den  Antimon-Fabrikanten 
vielfach  als  werthlose  Gangart  weggeworfen  worden  sein. x)  Man  ver- 
hüttet jetzt  auch  diesen  Ocker,  welcher  in  der  reinsten  Form  bis 
65  Proc.  Antimon  ergibt;  auch  wird  das  geröstete  Mineral  jetzt  als 
gelblichweisse  Farbe  zu  Anstrichen  benützt,  und  es  soll  diese  Farbe 
so  gut  decken,  als  Bleiweiss,  ohne  jedoch  giftig  zu  sein. 

Der  Antimonocker  wird  gleichfalls  in  grossen  Blöcken  gefunden, 
und  ist  durchgängig  ein  Oxydationsproduct  des  Schwefelantimons.  Mit- 
unter, ja  zum  grössten  Theile,  erkennt  man  noch  die  faserige  Structur 
des  Antimonglanzes,  und  sehr  gewöhnlich  enthalten  die  Antimonoxyd- 
stücke im  Innern  noch  unzersetzte  Theile  von  Schwefelantimon,  andern- 
theils  sind  auch  grosse  Blöcke  durch  und  durch  oxydirt. 

Bekanntlich  werden  drei  verschiedene  Mineralien  unter  dem  Tri- 
vialnamen „Antimonocker“  verstanden.  Der  eigentliche  Antimonocker 
Sb208  -f-  H20* 2)  existirt  vielleicht  gar  nicht,  wenigstens  nicht  von 
dieser  Mischung.  Breithaupt  nennt  das  Mineral  Gelbantimonerz, 
und  besteht  dasselbe  nach  einer  Untersuchung  Plattner’s  in  der 
Hauptsache  aus  antimonsaurer  Kalkerde.  Borneo  wird  als  Fundort 
dieses  Minerals  nicht  aufgeführt,  und  ich  habe  es  auch  nicht  auffinden 
können.  Dagegen  findet  man  Borneo  angegeben  als  Fundort  der 
andern  beiden  Antimonocker,  des  Stiblith  und  Cervantit,  wovon  der 
erstere  wasserhaltiges,  letzterer  wasserfreies  antimonsaures  Antimon- 
oxyd ist;  vom  Stiblith  wird  das  specifische  Gewicht  5'28,  vom  Cer- 
vantit 4*08  angegeben.  Von  dem  vorliegenden  Ocker  konnten  aller- 


9 Dingler’s  Polytecbn.  Journ.  173,  152. 

2)  Blum  und  Delff’s,  Jabrb.  f.  Min.  1847,  256. 


[3] 


Mineralogisches  aus  dem  Ostindischen  Archipel. 


299 


dings  zwei  Varietäten  unterschieden  werden,  die  eine  in  langfaserigen 
Aggregaten  von  poröser  Beschaffenheit,  strohgelber  Farbe,  Härte  3 
und  dem  niederen  specifischen  Gewicht  2*7 — 2*8 ; die  andere  von  röth- 
lichgelber  Farbe,  kurzfaserig,  porös,  Härte  5 und  specifischen  Gewicht 
5-09.  Die  leichte  Varietät  bleibt  vor  dem  Löthrohr  fast  unverändert, 
während  die  schwere  sich  bis  auf  einen  geringen  Rückstand  verflüch- 
tigen lässt,  ohne  zu  schmelzen  oder  ein  Metallkorn  zu  geben.  Die 
Analyse  des  leichten  Ockers  ergab  folgende  Zusammensetzung: 


Sb204  • . . 

• • • 72-30 

Si02  • • • 

• • • 5-20 

CaO  • • • 

• • • 7-85 

MgO  • • • 

• • • 0-03 

Fe203  • • • 

• • • 5-24 

h2o  . • • 

• • • 9-24 

99-86 

Das  Eisen  ist  als  Brauneisenerz  beigemengt x),  dasselbe  daher  in 
Abzug  zu  bringen.  Bezüglich  der  Kieselsäure  war  ich  lange  im  Zweifel, 
ob  sie  dem  Mineral  eigenthümlich  oder  nur  beigemengt  sei;  durch  ver- 
schiedene Versuche  kam  ich  schliesslich  zu  dem  Resultat  der  Bei- 
mengung. Nach  Abzug  dieser  Beimengungen  ergibt  sich  folgende  Zu- 
sammensetzung : 


Sb204  • • • 

CaO  • • • 

• • • 8-85 

MgO  - • • 

• • • 0-03 

h2o  • . • 

• • • 9-43 

99-86 

Dieser  Ocker  ist  somit  jedenfalls  eine  Verbindung  von  antimon- 
saurem Antimonoxyd,  antimonsaurer  Kalkerde  und  Wasser;  der  Anti- 
monsäure-Gehalt lässt  sich  leider  nicht  direct  bestimmen,  das  Mineral 
ist  unlöslich  in  Säuren. 

Die  schwere  Varietät  verhält  sich,  wie  gesagt,  ganz  anders;  sie 
löst  sich  zum  Theil  in  Säuren,  verraucht  fast  vollständig  auf  Kohle 
und  wird  nach  dem  Glühen,  wobei  nur  ein  ganz  geringer  Verlust  statt- 
findet, rein  weiss.  Als  Mischung  wurde  gefunden: 


Sb204  98-00 

CaO 2-10 

MgO 015 

H20 0-70 

100-95 


Dieser  Ocker  ist  also  wasserfreies,  antimonsaures  Antimonoxyd 
oder  Cervantit,  obwohl  das  specifische  Gewicht  mehr  dem  Stiblith 
entspricht. 


‘)  In  manchen  Stücken  mit  blossem  Auge  erkennbar. 


300 


A.  Frenzei. 


[4] 


Phipson  analysirte  schon  einen  Antimonocker  von  Borneo,  wel- 
chen er  für  ein  Hydrat  erklärte,  die  Zusammensetzung  sei  entspre- 
chend der  Formel  Sb204  + H20  , allein  Dana  und  Brush  haben 
das  Mineral  für  Cervantit  angesprochen,  und  mit  Recht.  Der  geringe 
Wassergehalt  kann  bei  der  grossen  Menge  fremder  Bestandtheile  nicht 
in  Betracht  kommen ; Phipson  fand  nämlich : 


Sb204  65-00 

Fe203,  A1203  • • • 10-00 
SiOo,  etc  (!)  • • • 21-25 

H2Ö _3(75 

100-00 


Brush  fand  Brauneisenerz  und  Kaolin  beigemengt,  bekanntlich 
wasserhaltige  Mineralien. 

Heisse  Quellen  sollen  Schwefelantimon  zu  Antimon  reducirt 
haben,  das  gediegene  Antimon  wird  aber  gleichfalls  in  grösseren, 
bis  pfundschweren  Stücken  gefunden,  es  ist  sehr  rein,  zeigt  starken 
Glanz,  rein  zinnweisse  Farbe  und  läuft  nicht  an,  von  körnig-blättriger 
Structur;  frei  von  Gold.  Das  Antimon  von  Borneo  ist  ein  sehr  schönes 
Vorkommen,  jedenfalls  das  schönste  nach  dem  von  Sala. 

Als  Oxydationsproducte  des  Antimons  finden  sich  in  Hohlräumen 
grösserer  Stücke 

Valentinit,  in  schönen,  diamantglänzenden,  rein  weissen,  büschel- 
förmigen Partien  und 

Antimonblende,  gleichfalls  in  büschelförmigen  Gruppen. 

In  Hohlräumen  des  Antimon  finden  sich  ferner  winzig  kleine, 
diamantglänzende  Kryställchen,  dieselben  sind  farblos,  häufiger  noch 
weingelb  bis  grünlichgelb  gefärbt,  durchsichtig,  sehr  weich.  Die  Kry- 
ställchen, die  mir  Vorlagen,  waren  bei  ihrer  ausserordentlichen  Klein- 
heit nicht  mit  Sicherheit  zu  bestimmen,  sie  sind  sehr  flächenreich  und 
die  Kanten  gerundet.  Es  ist  bemerkenswerth,  dass  diamantglänzende 
Mineralien  so  häufig  an  Kanten  und  Flächen  gerundete  Krystalle  zeigen, 
wie  z.  B.  Diamant,  Eulytin,  Pucherit,  Cerussit  etc.  Die  in  Rede 
stehenden  Kryställchen  halte  ich  übrigens  für  tetragonal,  indessen  kann 
ich  nicht  anders  sagen  als  „wahrscheinlich  tetragonal“.  Das  Mineral 
verflüchtigt  sich  vollständig,  der  Hauptbestandtheil  ist  Antimon,  den 
zweiten,  gleichfalls  flüchtigen  Bestandtheil,  konnte  ich  nicht  sicher  er- 
mitteln ; das  Mineral  ist  wasserfrei  und  dürfte  wohl  eine  Chlorantimon- 
Verbindung  sein. 

Trotz  der  wenigen  Beobachtungen,  die  ich  an  dem  Minerale  an- 
stellen konnte,  ist  doch  sicher  dasselbe  ein  neues,  welches  ich  unter 
dem  Namen 

Sarawakit  einführen  will.  Gern  hätte  ich  diese  geringen  Notizen 
für  mich  behalten,  allein  der  Umstand,  dass  der  Sarawakit  zu  unseren 
schöneren  Mineralien  gehören  dürfte,  bewog  mich  zur  Veröffentlichung, 
welche  vielleicht  auch  zu  grösserer  Aufmerksamkeit  und  gründlicher 
Bestimmung  des  Minerales  anregt. 


[5] 


Mineralogisches  aus  dem  Ostindischen  Archipel. 


301 


Gediegen  Arsen  tritt  in  zwei  Varietäten  auf,  einmal  in 
krummschaligen,  nierenförmigen  Massen,  welche  sich  von  unsern  erz- 
gebirgischen  Vorkommnissen  nicht  unterscheiden  lassen;  dann  aber 
auch  in  einer  merkwürdigen,  körnig  bis  kurzblätterigen  Abänderung, 
welche  ungemein  rasch,  augenblicklich  mit  tief  schwarzgrauer  Farbe 
anläuft;  diese  Abänderung  stammt  von  Gading.  Als  Begleiter  des 
gediegenen  Arsens  treten  Antimonglanz,  Realgar  und  Quarz  auf.  Der 
nähere  Fundort  des  krummschaligen  Arsen  war  nicht  verzeichnet1), 
dessgleichen  auch  nicht  der  Fundort  schöner  Krystalle  von  gemeinem 
Quarz.  Diese  Quarzkrystalle  sind  von  guter  Ausbildung  und  aus- 
gezeichnet durch  ihre  Grösse;  die  Pyramidenkanten  erreichen  eine 
Länge  von  12  Cm.;  sie  zeigen  die  einfache  Combination  ooR.R. — R. 

Sehr  interessant  und  vielleicht  von  grosser  bergmännischer  Wich- 
tigkeit ist  das  Auftreten  von 

Zinnober  auf  Borneo,  von  dem  in  Deutschland  bis  jetzt  fast 
nichts  bekannt  war.  Zwei  Notizen  hat  Grog  er2)  gegeben.  Nach 
Demselben  ist  das  Vorkommen  von  Quecksilbererzen  erst  seit  dem 
Jahre  1868  bekannt  geworden.  Der  Hauptfundort  ist  Tegora,  ein 
anderer  Fundort  Gading,  beide  im  Reiche  Sarawak.  Die  Gesteine,  in 
denen  der  Zinnober  auftritt,  bestehen  aus  Thonschiefer,  welche  in  ver- 
schiedenen Horizonten  Einlagerungen  von  Sandsteinbänken  enthalten; 
dieses  Gesteinssystem  wird  überlagert  von  einem  mächtigen  System 
von  Sandsteinbänken.  Das  Erzvorkommen  gehört  dem  ersteren  System 
an,  welches  den  circa  600  Fuss  hohen  Berg  Tegora  bildet,  aus  wel- 
chem eine  bei  500  Fuss  lange  und  200  Fuss  breite  Bergspitze  hervor- 
ragt, die  im  Wesentlichen  aus  denselben  Gesteinen  besteht,  und  welche 
Masse  der  Träger  des  Erzes  ist.  Ein  Nebengestein  besteht  aus  einer 
dichten  felsitischen  Masse  von  weisser  Farbe.  Die  Ränder  der  vorlie- 
genden Stücke  befinden  sich  in  angehender  Verwitterung  und  zeigen 
graue  Farbe;  das  Gestein  enthält  Einsprenglinge  von  Magnetkies  und 
führt  auf  Kluftflächen  neben  Zinnober  noch  Kupferkies  und  Malachit. 
Die  chemische  Zusammensetzung  des  frischen  weissen  Gesteins  ist  die 
folgende: 


Kieselsäure  • • 

• 69-05 

Thonerde  • • • 

• 19-70 

Kalkerde  • • • 

• 2-85 

Magnesia  • • • 

• 0-46 

Kali  und  Natron  • 

■ 4-37 

Glühverlust  • • 

• 3-57 

100-00 

Die  Hauptmasse  des  Zinnobers  findet  sich  indessen  eingesprengt 
in  einem  dichten,  grauen,  thonigen  Gestein,  welches  durch  und  durch 
mit  Eisenkies  und  Leberkies  imprägnirt  ist,  dieses  Muttergestein  lässt 


')  Nach  Gröger  wird  Arsen  nur  an  einem  einzigen  Punkte  in  Kalkstein 
gefunden. 

3)  Fr.  Gröger,  Verhandl.  der  k.  k.  geolog.  Reichsanstalt  1876,  Nr.  3 und 
Oesterr.  Zeitschr.  f.  Berg-  u.  Hüttenwesen  1876,  118. 


302 


A.  Frenzei. 


[6] 


sich  daher  auch  nicht  näher  bestimmen.  Der  Eisenkies  oder  wahr- 
scheinlicher der  Leberkies,  vitriolescirt  sehr  leicht  und  die  Stücke  sind 
oft  mit  einer  weissen  oder  grünen  Efflorescenz  bedeckt.  Ausserdem 
enthält  das  Gestein  Partikelchen  eines  weissen  weichen  Minerals,  wahr- 
scheinlich Schwerspath.  Der  Zinnober  führende  Sandstein  ist  stark 
eisenschüssig,  eine  Probe  enthielt : 

Kieselsäure  • • • • 76'0 

Eisenoxyd 20’ 1 

Wasser 3-9 

Togo 

Das  sind  76  Proc.  Quarzsand  und  24  Proc.  Brauneisenerz.  . 

Ausser  in  Tegora  findet  man  Zinnober  auch  noch  an  andern 
Orten,  er  kommt  mehrorts  in  der  Dammerde  und  den  Flussbetten  vor; 
ein  sehr  schönes  und  grosses  Geschiebe  liegt  vor. 

In  Höhlungen  des  Eisenkiesreichen  Muttergesteins  finden  sich 
kleine  zierliche  Kryställehen  von 

Kalome  1,  gebildet  von  der  einfachen  Combination  P.  oP , stark 
glänzend  und  wasserhell. 

Aus  dem  Süden  von  Borneo,  von  Banjermassin,  liegt  prächtige 

Braunkohle  vor.  Diese  Kohlen  werden  nach  Singapore  ver- 
schifft, wo  sie,  mit  englischen  Kohlen  vermischt,  von  den  Dampfschiffen 
verbraucht  werden. 

Die  Kohle  hat  ganz  das  Aussehen  der  Steinkohle  *) ; es  ist  eine 
schöne  pechschwarze  Kohle,  schieferig  bis  dicht,  z.  Th.  mit  musche- 
ligem Bruch  (Gagat).  Die  Kohle  gibt  indessen  braunes  Strichpulver 
und  mit  Kalilauge  eine  braune  Lösung.  Sie  führt  ferner  auf  Klüften 
ein  schönes,  bernsteinartiges  Harz,  das  leider  ungenügenden  Materials 
wegen  nicht  näher  untersucht  werden  konnte.  Das  Harz  dürfte  entweder 

Retinit  oder  Sch  raufit  sein;  mit  letzterem  schönen  Mineral 
hat  es  grosse  Aehnlichkeit. 


2.  Philippinen. 

a ) Luzon. 

Von  der  Insel  Luzon  lagen  Erzproben  von  den  bekannten  Kupfer- 
erzgängen zu  Mancayan  im  Districte  Lepanto  vor.  Die  Erze  sind 
Enargit,  Luzonit  und  Kupferkies. 

Enargit  kommt  derb  und  krystallisirt  vor.  Die  Krystalle  — 
entweder  kleine,  gut  ausgebildete  und  stark  glänzende  oder  grosse 
rauhe  und  zerrissene  — sitzen  auf  Luzonit  und  Eisenkies  auf  und  zeigen 
dieselben  Formen,  wie  der  bekannte  Enargit  von  Morococha  in  Peru; 


J)  In  der  Zeitschrift  der  deutschen  geologischen  Gesellschaft  1,  307  werden 
sie  auch  als  Steinkohlen  aufgeführt. 


[7]  Mineralogisches  aus  dem  Ostindischen  Archipel.  303 

ausserdem  finden  sich  als  Begdeiter  Quarz,  Schwerspath  und  Pseudo- 
morphosen  von  Quarz  nach  Schwerspath. 

Luzonit,  gleichfalls  derb  und  krystallisirt,  die  Krystalle  sind 
indessen  winzig  klein  und  dazu  so  ungünstig  aufgewachsen,  dass  sich 
die  Formen  nur  schwer  ermitteln  lassen;  auch  haben  die  Krystalle 
durchaus  nicht  so  schöne  ebene  und  glänzende  Flächen,  wie  die  kleinen 
Enargitkrystalle,  sondern  sie  sind  uneben,  gerieft  und  die  Krystalle 
überhaupt  auch  undeutlich  ausgebildet.  Wenn  man  den  Luzonit  jedoch 
nur  als  eine  Varietät  des  Ena.rgit  betrachtet,  wie  es  hin  und  wieder 
noch  geschieht,  so  ist  man  im  Irrthum,  der  Luzonit  ist  unzweifelhaft 
eine  selbstständige  Species.  Er  ist  überhaupt  nicht  rhombisch  kry- 
stallisirt, sondern  monoklin,  vielleicht  selbst  triklin,  die  Krystalle 
erinnern  an  gewisse  Epidotformen.  Aber  auch  an  eine  Vereinigung 
mit  dem  Clarit  darf  nicht  gedacht  werden,  und  es  ist  somit  die  Gruppe 
Enargit-Luzonit-Clarit  zu  einer  der  interessantesten  im  Mineralreich 
geworden.  Wenn  auch  nicht  mit  Sicherheit,  so  lässt  sich  doch  mit 
höchster  Wahrscheinlichkeit  sagen,  dass  der  Famatinit  isomorph  mit 
dem  Luzonit,  und  somit  gleichfalls  monoklin  krystallisiren  dürfte. 

Kupferkies  nur  derb  und  verwachsen  mit  Buntkupferkies. 

Dessgleichen  lagen  eine  Anzahl 

Hütten producte  vor,  als : Kupferstein  mit  schönem  haar- 
förmigen Kupfer,  sowie  Arsenikalien,  Realgar,  derb  und  krystallisirt, 
und  Arsenige  Säure  in  schönen  grossen  Octaedern. 

Zwischen  Lukban  und  Bilukan  auf  Luzon  tritt  ein  schöner 

Phonolith  auf,  welcher  säulenförmige  Absonderungen  zeigt. 
Das  Gestein  ist  von  dunkelbräunlich-  bis  grünlichgrauer  Farbe  und 
lässt  in  der  feinen  Grundmasse  Sanidintäfelchen  erkennen. 

b)  Camiquin. 

Von  Camiquin  sind  zwei  Laven  von  dem  Ausbruch  im  Jahre  1872, 
kurz  nach  welchem  Dr.  Meyer  sich  nahe  dabei  auf  der  Insel  Negros 
aufhielt,  mitgebracht  worden,  wovon  die  eine  von  brauner  Farbe  und 
porös  ist,  mit  weissen  Einsprenglingen  von  glasigem  Feldspath,  die 
andere  ist  von  blaugrauer  Farbe  und  mehr  dichter  Beschaffenheit. 
Ueber  die  Zusammensetzung  dieser  Laven  siehe  weiter  unten  Laven 
von  Celebes. 


c)  Ne gr os. 

Holz  stein,  ein  schönes  Stammstück  und  einige  Splitter,  von 
Valentia.  Hr.  Dr.  Conwentz  in  Breslau  hatte  die  Gefälligkeit,  einen 
Dünnschliff  bezüglich  der  Natur  des  ursprünglichen  Holzes  mikrosko- 
pisch zu  untersuchen,  leider  waren  die  organischen  Gewebe  vollständig 
durch  Kieselsäure  verdrängt  und  nur  an  einer  einzigen  Stelle  noch 
Zellen  wahrzunehmen,  welche  auf  einen  Dicotylenstamm  schliessen  lassen. 

Von  demselben  Orte  lag  aus  einer  Solfatare  eine  weisse,  glän- 
zende, krystallinisclie  Masse  vor.  Dieselbe  konnte  nach  äusseren  Kenn- 

Mineralogiache  Mittheilungen.  1877.  3.  Heft.  (Frenzei.)  40 


A.  Frenzei. 


304 


[8] 


Zeichen  nicht  sofort  bestimmt  werden,  und  die  desshalb  vorgenommene 
Analyse  ergab,  dass  ein  seltenes  Mineral, 

Mag  ne  sia-  Alaun,  vorlag.  Die  chemische  Zusammensetzung 
ist  folgende: 


Schwefelsäure 

• • 37-76 

Thonerde  • • 

• • 12-60 

Magnesia  • • 

• • 3-52 

Kalkerde  • • 

• • 091 

Wasser  • • • 

• • 45-21 

100*00 

Das  Mineral  von  Negros  hat  somit  gleiche  Zusammensetzung  mit 
den  amerikanischen  und  afrikanischen  Vorkommnissen,  nur  ist  es  frei 
von  Manganoxydul.  Es  stammt  aus  einer  vulkanischen  Gegend  — auf 
Negros  sind  noch  thätige  Vulcane  — und  es  hat  sich  daher  gebildet 
durch  Einwirkung  von  schwefligsauren  Dämpfen  auf  Thonerde-  und 
Magnesia-haltige  Gesteine. 

Indem  in  der  krystallinisch-blätterigen  Masse  sich  auch  lang- 
faserige, seidenglänzende  Partieen  vorfanden,  hielt  ich  das  Mineral 
zunächst  für  Keramohalit.  Um  nun  vielleicht  über  die  Krystallform 
des  vermeintlichen  Keramohalit  etwas  beobachten  zu  können,  betrachtete 
ich  feines  Pulver  unter  dem  Mikroskop,  ohne  indessen  das  Mindeste 
von  Krystallformen  zu  sehen;  die  Substanz  zeigte  sich  sogar  apolar. 
Ich  löste  desshalb  das  Pulver  in  einigen  Tropfen  Wasser,  liess  dasselbe 
verdunsten,  und  siehe  da  — es  bildeten  sich  kleine  schöne  Octaeder- 
chen  mit  abgestumpften  Ecken! 


d)  C e b u. 


Von  verschiedenen  Fundorten  dieser  Insel  brachte  der  Reisende 
zehn  Nummern  Mineralien  metallischen  Inhalts  mit,  hauptsächlich 
Bleiglanz  und  Eisenkies.  Der  Bleiglanz  derb,  der  Eisenkies  theils  derb, 

co  0 2 

theils  krystallisirt  in  der  Form  °°0°°  • — - — . Das  Mitvorkommen  von 


Zinkblende  und  Quarz  deutet  auf  Gangvorkommnisse  und  da  der  Blei- 
glanz sehr  silberarm  ist,  findet  sich  vielleicht  die  kiesige  Bleiformation 
auf  Cebu  vor.  Auf  Cebu  ist  schon  viel  Bergbau  getrieben  worden, 
welcher  jetzt  jedoch  darnieder  liegt.  Es  fand  sich  ausserdem  auch 
noch  Eisenkies  derb  und  eingewachsen  in  einem  Aphanit,  vergesell- 
schaftet mit  grünem  Granat,  welches  Vorkommen  vielleicht  analog 
unsern  obererzgebirgischen  Lagergängen  sein  könnte.  Ausserdem  wird 
auf  Cebu  auch  Glanzeisenerz  in  schuppigen  und  körnigen  Massen 
gefunden. 


3.  Molukken. 

a)  T e r n a t e. 

Es  wurden  zwei  grosse,  prächtige  Stücke  Bimsstein  mitgebracht, 
welche  von  einem  noch  thätigen  Vulcane  und  zwar  von  einer  Eruption 


[9] 


Mineralogisches  aus  dem  Ostindischen  Archipel. 


305 


im  Jahre  1872  stammen;  der  Bimsstein  ist  von  rein  weisser  Farbe 
und  schöner,  schaumiger  Beschaffenheit.  Ferner  einige,  aber  nur  kleine 
Bröckelten  von  Lava,  in  welcher  tafelartige  Krystalle  des  glasigen  Feld- 
spathes  zu  erkennen  waren. 

Sonderbarerweise  befanden  sich  unter  den  Sachen  von  Ternate 
zwei  Stücke,  von  welchen  es  sich  nicht  mit  Sicherheit  behaupten  lässt, 
ob  es  Natur-  oder  Kunstproducte  sind,  es  sind  das  ein  Stück  arsenige 
Säure  und  ein  Stück  Sublimat  (Quecksilberchlorid).  Ich  hielt  dieselben 
ohne  Frage  für  chemische  Präparate,  allein  Dr.  Meyer  gibt  an,  dass 
dieselben  an  Orten  gefunden  worden  seien,  die  fern  von  aller  mensch- 
lichen Thätigkeit  liegen.  Es  handelte  sich  also  eventuell  um  wirkliche 
Naturproducte  und  diese  Ansicht  könnte  eine  Stütze  darin  finden,  dass 
das  Stück  arsenige  Säure  mit  etwas  Lava  verwachsen  ist.  Weit  ent- 
fernt, arsenige  Säure  und  Quecksilberchlorid  etwa  mit  Bestimmtheit 
als  Producte  vulcanischer  Thätigkeit  ausgeben  zu  wollen,  glaubte  ich 
jedoch  die  Sache  nicht  verschweigen  zu  dürfen.  Kennen  wir  doch  schon 
die  Chlorverbindungen  von  Ammonium,  Kalium,  Natrium,  Calcium, 
Magnesium,  Aluminium,  Eisen,  Blei,  Kupfer  als  Producte  des  Vulcanis- 
mus,1)  warum  könnte  nicht  auch  einmal  Quecksilber  und  Arsen  gefun- 
den werden? 

b)  Batjan. 


Von  der  Nordostspitze^)  Geschiebe  von  schön  rothem  Jaspis  und 
Karneol. 


4.  Timor  und  Flores. 


Schon  seit  langer  Zeit  kennt  man  die  Kupfererze  von  Timor. 
Man  machte  wiederholt  Anstrengungen,  um  die  Erze  zu  gewinnen, 
indessen  immer  ohne  Erfolg.  Jedenfalls  sind  die  Erze  nicht  zu  arm, 
wie  man  mitunter  angibt,  sondern  die  Schwierigkeiten  liegen  in  dem 
grossen  Wassermangel  der  Insel  und  den  Feindseligkeiten  der  Ein- 
wohner. Die  Erze  sind  gediegen  Kupfer,  Rothkupfererz,  Kupferglanz, 
Arsenkupfer,  Malachit,  Kupferlasur,  Kieselkupfer,  ferner  Ziegelerz  und 
Brauneisenstein. 

Es  lagen  von  der  Kupfermine  Usu,  Makonar  in  Kupang,  kleine, 
bohnerzähnliche  Kugeln  vor,  welche  im  Innern  aus  Rothkupfererz 
bestehen,  äusserlich  aber  in  Malachit  und  Kupferlasur  umgewandelt 
sind.  Diese  Kugeln  befinden  sich  in  1 Fuss  Tiefe.  In  4 Fuss  Tiefe 
finden  sich  ähnliche  Bildungen,  indessen  sind  diese  nicht  mehr  kugel- 
förmig, sondern  langgestreckte  Stücke.  In  8 Fuss  Tiefe  finden  sich 
wiederum  langgestreckte  Kupfererzfragmente  vor,  und  tritt  ausser 
Rothkupfererz,  das  z.  Th.  in  kleinen  Oktaedern  krystallisirt  vorkommt, 
auch  gediegen  Kupfer  und  Arsenkupfer  auf,  vergesellschaftet  mit  Mala- 
chit und  Braunspath.  Leider  konnte  ungenügenden  Materiales  wegen 
das  Arsenkupfer  nicht  näher  bestimmt  werden,  es  war  zu  sehr  ver- 
unreinigt mit  Kupfer  und  Rothkupfererz. 

An  einem  anderen  Fundorte,  Atapupo  in  Makonar,  treten  auf 
Malachit,  dicht,  traubig,  zum  Theil  mit  Magneteisenerz  vergesellschaftet. 


J)  vom  Rath:  Verhandl.  d.  N.  V.  Jahrg.  34,  144. 


40* 


306 


A.  Frenzei. 


[10] 


Kieselkupfer  und  zwar  Kupfergrün  und  Kupferblau,  derb,  traubig  und 
eiugewachsen  in  einem  Serpentin  von  grünlichgrauer  Farbe,  welcher 
noch  sehr  kleine,  schwarze  Glimmerblättchen  enthält.  Ferner  Kalkspath 
und  ein  Kaliglimmer  von  lichtgrünlichgrauer  Farbe. 

Als  Hüttenproduct  lag  eine  Legirung  von  Zinn  und  Kupfer  von 
Rokke  auf  Flores  vor. 

5.  Singapore. 

Von  Singapore  sind  zwei  schöne  Granite  mitgebracht  worden, 
ein  feinkörniger,  aus  grauem  Quarz,  weissem  Orthoklas  und  schwarzem 
Glimmer  bestehend ; der  andere,  ein  grobkörniger  Granit  oder  Pegmatit, 
ist  ein  sehr  schönes  Gestein,  bestehend  aus  weissem  Orthoklas,  weissem 
Kaliglimmer  und  rothem  Granat,  Quarz  tritt  nur  untergeordnet  auf. 
Ferner  derbe  und  krystallisirte  Quarze,  der  derbe  Quarz  ist  theils  von 
dichter  Beschaffenheit,  theils  stänglich  und  sogenannter  Sternquarz, 
letzterer  hat  das  specifische  Gewicht  2-60;  mitunter  sitzt  auf  Klüften 
des  Sternquarzes  gemeiner  krystallisirter  Quarz  auf,  die  Stengel  laufen 
indessen  nicht  in  Krystallspitzen  aus.  Grosse,  leider  unregelmässig 
ausgebildete  Quarzkrystalle  tragen  auf  den  Rhomboederflächen  Auf- 
lagerungen von  Albit  und  stammen  jedenfalls  aus  oben  erwähntem 
Pegmatit. 

6.  Ceylon. 

Von  Point  de  Galle  ist  ein  einziges,  sehr  kleines  Gneisstückchen 
mitgebracht  worden,  das  zweierlei  Glimmer,  von  schwarzer  und  grauer 
Farbe,  und  wenig  Quarz  enthält ; merkwürdig  ist  darin  ein  braunes 
Mineral,  das  man  den  Spaltungsflächen  nach  als  Orthoklas  bestimmen 
möchte,  das  im  Uebrigen  aber  weit  mehr  dem  Dichroit  gleicht. 

7.  Neu-Guinea. 

Ueber  die  Geologie  von  Neu-Guinea  ist  äusserst  wenig  bekannt, 
ein  Geolog  war  wohl  überhaupt  noch  nie  im  Lande  der  Papuas. 
William  Macleay  von  Australien  sammelte  an  den  Küsten  geogno- 
stische  Handstücke  und  Versteinerungen  aus  dem  Tertiär  und  C.  S. 
Wilkinson  beschrieb  dieselben  in  „The  Annals  and  Magazine  of 
Natural  History,  Vol.  18,  p.  190.“  Was  Dr.  Meyer  mitbrachte,  führe  ich 
im  Nachstehenden  auf,  es  wird  das  freilich  keine  „Geologie  von  Neu- 
Guinea“,  man  betrachte  es  nur  als  gelegentlich  aufgerafftes  Material 
eines  Zoologen!  Vielleicht  werden  es.  doch  einige  Bausteine  für  das 
Werk  des  späteren  Geologen  von  Neu-Guinea. 

Von  Kordo  auf  der  Insel  Mysore  stammen  die  Nummern  1 — 8. 

1.  Grauer  Quarzschiefer,  durchsetzt  von  weissen  Quarztrümchen; 
an  vorliegendem  Specimen  ist  zu  erkennen,  dass  dasselbe  einem  ge- 
schichteten Gesteine  angehörte,  welches  ausgelaugt  wurde,  wobei  die 
Quarzmasse  unangegriffen  blieb. 

2.  Derselbe,  mit  etwas  mehr  Quarz  und  mit  Faserkiesel. 

3.  Quarzfels,  aus  weissem  und  grauem  Quarz  bestehend,  letzterer 
ist  etwas  zerfressen,  porös. 

4.  Reiner  Quarz  von  weisser  Farbe. 


[11] 


Mineralogisches  aus  dem  Ostindischen  Archipel, 


307 


5.  Total  zersetztes  Gestein,  lässt  sich  als  Gelberde  bestimmen, 
ist  ganz  weich,  thonig,  boiartig,  von  ockergelber  Farbe,  mit  einzelnen 
rothen  Punkten  von  Eisenoxyd;  ist  das  Umwandlungsproduct  eines 
Schiefers,  da  die  Schieferung  noch  deutlich  erkennbar  ist. 

6.  Ein  graulichweisser,  dichter,  unreiner  Kalkstein,  mit  splittrigem 
Bruch. 

7.  Schöner,  dichter  Korallenkalk  von  gelblichweisser  Farbe,  in 
Drusenräumen  mit  Krystallbildungen  von  Kalkspath,  welche  an  die 
Iberger  spitzen  Rhomboeder  erinnern. 

8.  Einer  kleinen  vulcanischen  Bombe  vergleichbar,  von  15 mm 
Durchmesser,  wurde  im  Magen  einer  Gourn  Victoriae  (Krontaube) 
gefunden.  Das  Specimen  ist  äusserlich  blaugrau  und  wenig  weicher 
geworden,  im  Innern  gelblichgrau  und  sehr  hart,  es  ist  ein  poröser  Quarz. 

9.  Von  Ansus  auf  der  Insel  Jo  bi  in  der  Geelvinksbai. 

Ein  Flussgerölle,  ist  ein  Grünstein  von  sehr  fester  Beschaffenheit, 

das  Gestein  ist  dem  Diabas  von  Kupferberg  in  Baiern  sehr  ähnlich. 

10.  Aus  dem  Rubiflusse  in  der  Südspitze  der  Geelvinksbai 
auf  Neu-Guinea.  Bruchstück,  von  einem  haushohen  Block  abgeschlagen, 
ist  ein  Granit  aus  weissem  Quarz,  weissem  Orthoklas  und  schwarzem 
Glimmer  bestehend. 

11.  Geschiebe  aus  dem  Gerolle  des  Rubiflusses. 

Ein  sehr  feinkörniges  bis  fast  dichtes  Gestein  von  lichtblaugrauer 
Farbe,  ein  Sandstein,  jedenfalls  der  ältesten  Formation  angehörig,  also 
ein  Grauwackensandstein.  Derselbe  hat  folgende  Zusammensetzung: 


Kieselsäure 
Thonerde  • 
Eisenoxydul 
Kalkerde  • 
Magnesia  • 
Glühverlust 


92-15 

3-75 

2-03 

1-10 

0-28 

1-25 


100-56. 


12.  Inwiorage  (Nappan)  auf  Neu-Guinea.  Anstehendes  Gestein, 
aus  grosskörnigem  Granit,  Pegmatit  bestehend.  Das  Gestein  zeigt  grosse, 
weisse  Quarzpartien  und  grosse  Blätter  silberweissen  Kaliglimmers  mit 
wenig  Feldspath  und  ist  in  den  vorliegenden  Handstücken  frei  von 
accessorischen  Gemengtheilen. 

13.  Von  Passim  („Red  steep  point“)  auf  Neu-Guinea  in  der 
Geelvinksbai. 

Acht  bis  zehn  in  das  Meer  verlaufende  Vorgebirge,  aus  Schiefer- 
thon bestehend.  Der  Schieferthon  ist  weich,  schön  geschichtet,  ganz 
ähnlich  dem  Röthel  von  Saalfeld.  Er  enthält  in  100  Theilen: 


Kieselsäure 
Thonerde  • 
Eisenoxyd  • 
Eisenoxydul 
Alkalien  • 


61-10 

23-45 

7-81 

0-79 

2-10 

4-75 


Glühverlust 


100-00. 


308 


A.  Frenzei. 


[12] 


14.  Jerakobe.  Anstehend  am  Strand.  (Ausgangspunkt  der 
Kreuzungstour  Dr.  Meyer’s  nach  dem  Mac-Cluer-Golf).  Die  ganze 
Küstengegend  besteht  aus  diesem  Gestein.  Das  Gestein  ist  ein  Kalk- 
stein von  schwarzer  Farbe  und  von  weissen  Kalkspathtrümmern  durch- 
zogen. Das  Gestein  gleicht  durchaus  dem  Grauwackenkalkstein  des 
Fichtelgebirges  und  Thüringerwaldes.  Es  hat  folgende  Zusammen- 


setzung : 

Kohlensäure 43‘00 

Kalkerde 54'80 

Magnesia 1*24 

Eisenoxydul 0'21 


Kieselsäure  und  Kohle  • 2-10 

TÖD35: 

15.  Mesmeri.  Ein  circa  1000 Fuss  hoher  Trümmerberg,  welchen 
Dr.  Meyer  auf  dem  Wege  von  der  Geelvinksbai  nach  dem  Mac- 
Cluer-Golf  passirte,  besteht  aus  einem  körnigen  Kalkstein  von  blau- 
grauer Farbe. 

16.  Mac-Cluer-Golf.  Eine  hohe  weisse  Felsenwand  am  rechten 
Ufer  des  Jakati,  besteht  aus  einem  Mergel  von  dichter  Beschaffen- 
heit und  hellgrauer  Farbe. 

Aus  dem  6 — 8000  Fuss  hohen  Arfakgebirge,  im  Nordwesten 
Neu-Guinea’s  liegt  vor. 

17.  Granit,  grosskörnige  Ausscheidungen,  enthaltend  weissen 
Quarz , weissen  Orthoklas  und  weissen  Kaliglimmer  (Katzensilber), 
sowie  wenig  rothen  Granat,  also  wiederum  Pegmatit. 

18.  Grauer  Gneis,  schön  geschichtet,  mit  dunkelgrauem  Glimmer. 

Die  nächsten  Nummern  sind  von  der  Artrolabebai,  im  Nord- 
osten von  Neu-Guinea  und  es  sind  dieselben  von  den  Officieren  eines 
russischen  Kriegsschiffes  von  dorther  mitgebracht  und  Hrn.  Dr.  Meyer 
übergeben  worden. 

19.  Jaspis,  mit  splittrigem  Bruch,  feuersteinartig,  graugelb. 

20.  Aphanit,  ein  grünlichgrauer,  ganz  dichter  Grünstein. 

21.  Holzstein,  ein  Flussgerölle,  langfaserig,  schön  erhalten.  Nach 
der  gefälligen  Bestimmung  des  Herrn  Dr.  Conwentz  in  Breslau  dürfte 
die  Versteinerung  einem  Laurineenholze  angehören. 

22.  Zweiundzwanzig  Stück  Flussgeschiebe  aus  dem  Artrolabebai- 
Flusse.  Darunter  befinden  sich  ein  dichter,  grünlichgrauer  Kalkstein, 
welcher  sehr  unrein  ist,  beim  Auflösen  hinterbleibt  viel  Rückstand,  von 
chloritischer  oder  hornblendiger  Natur.  Handstückchen  weissen  Kalk- 
steins, durchaus  ähnlich  einem  weissen  Jurakalkstein ; desgleichen  eines 
grauen  und  eines  rothen  Mergels.  Ferner  einige  Quarze,  Flusskiesel, 
Jaspis,  Hornstein.  Dann  Glimmerschiefer,  grauer,  sehr  glimmerreicher 
Gneis  und  Quarzschiefer.  Ein  Melaphyrmandelstein  mit  Kalkspath  und 
Grünerde,  sowie  dichte,  rothe  Felsitporphyre,  durchzogen  von  Kalk- 
spath- und  Quarzadern.  Endlich  Triplit,  welcher  leider  wegen  Unrein- 
heit nicht  analysirt  werden  konnte. 

(Fortsetzung  folgt.) 


VII.  Notizen. 


Vermehrung  der  Meteoritensammlung  des  Mineralogischen 
Hofniuseuins  bis  Ende  September  1877. 

Als  Ergänzung  des  Verzeichnisses,  welches  in  diesen  Mittheilungen 
1872,  pag.  165  abgedruckt  ist,  gebe  ich  im  Folgenden  eine  Aufzählung 
der  seither  erworbenen  Meteoriten.  Die  Zahl  der  neuerdings  hinzu- 
gekommenen Exemplare  beträgt  87.  Unter  diesen  sind  Steine  von  zwölf 
bis  dahin  noch  nicht  vertretenen  Fallorten  und  Eisen  von  acht  neuen 
Localitäten. 

Die  Sammlung  hat  am  Gewichte  bedeutend  zugenommen  und 
zwar  beträgt  die  Zunahme  bei  den  Steinen  78  Kilo,  bei  den  Eisen 
263  Kilo.  Zusammen  341  Kilo.  Diese  Vermehrungen  erhielt  das  Museum 
als  freundlichst  dargebrachte  Geschenke  des  Herrn  Heinrich  Ritter 
v.  Drasche-Wartinberg  in  Wien  (zusammen  247  Kilo),  des  Herrn 
Gust.  Hinrichs  in  Iowa,  der  Naturforschenden  Gesellschaft  in  Pest, 
ferner  im  Wege  des  Austausches  von  den  Herren  Prof.  v.  Baumhauer 
in  Harlem,  Prof.  L.  Smith  in  Louisville,  Baron  v.  Schilling  in  Reval, 
Prof.  Brio  in  Charkow,  Prof.  Shepard  in  Amhei’st.  Ausserdem  wurden 
54  Exemplare  von  verschiedenen  Seiten  käuflich  erworben  und  zwei  von 
mir  als  Geschenk  dargebracht. 

Durch  Ankauf  des  vierten  Stückes  ist  der  grosse  Stein  von 
Knyahinya  completirt  worden,  so  dass  jetzt  sein  Gesammtgewicht 
293  Kilo  beträgt.  Von  den  ganzen  und  vollständig  umrindeten  Exem- 
plaren sind  die  Steine  von  New-Concord  mit  1-12  Kilo,  die  beiden 
grossen  Steine  von  Pultusk  mit  7-l  und  von  2'1  Kilo,  ferner  der  Stein 
von  Iowa  mit  2’8  Kilo  hervorzuheben.  Die  bedeutendste  Erwerbung 
ist  der  grosse,  schöne  Stein  von  Lance  mit  47  Kilo.  Unter  den  Eisen 
ist  eine  33  Cm.  hohe  Platte  von  Toluca  mit  21*3  Kilo,  welche  die 
Widmannstädten’schen  Figuren  in  grosser  Vollkommenheit  darbietet, 
besonders  zu  erwähnen.  Das  photographische  Bild  des  letzteren,  20  Cm. 
hoch,  wird  vervielfältigt  und  kann  auf  Verlangen  abgegeben  werden. 
Der  Meteorit  vom  Janacera-Pass  ist  ein  vollständiges  Exemplar  ohne 
erkennbare  Rinde.  Das  grösste  Exemplar  unter  den  Meteoreisen  ist 
nunmehr  der  Block  aus  der  Wüste  Bolson  de  Mapini  mit  198  Kilo. 
Das  Eisen  von  Ovifak  ist  noch  unter  dem  Meteoriten  aufgezählt,  ob- 
gleich den  Berichten  über  das  Vorkommen  desselben  zufolge  die  tellu- 
rische  Herkunft  wahrscheinlich  geworden. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1877.  3.  Heft.  (Notizen.) 


310 


Notizen. 


[2] 


Jahr 


Monat  und  Ta? 


Geographische  Nachweisung 


Gewicht 
in  Gramm 


1728 

1808 

1808 

1808 

1812 

1814 

1843 

1843 

1849 

1852 

1852 

1858 

1859 

1860 
1866 

1868 

1868 

1868 

1869 

1869 

1869 

1871 

1871 

1872 
1872 
1872 

1872 

1873 

1874 

1875 
1875 


1784 

1801 

1827 

1844 

1847 

1861 

1861 

1862 

1863 

1864 
1866 

1867 

1868 
1868 
1869 

1869 

1870 

1871 

1872 
1872 


22.  Juni 
19.  April 

22.  Mai 

3.  September 
5.  August 
15.  Februar 

2.  Juni 

12.  Novemb. 
31.  October 

4.  September 

13.  October 

9.  December 
28.  März 

1.  Mai 
9.  Juni 

30.  Jänner 

27.  Novemb. 

5.  December 
24.  Mai 

19.  Septemb. 

6.  October 
21.  Mai 

10.  December 
28.  Juni 

23.  Juli 

31.  August 

22.  Septemb. 

12.  Mai 
12.  Februar 
31.  März 


Steine. 

Plosckkowitz,  Leitmeritz,  Böhmen 

Parma  (Casignano.  Borgo  San  Donino),  Italien  • 

Stannern,  Iglau,  Mähren 

Lissa,  Bunzlau,  Böhmen 

Chantonnay,  Vendee,  Frankreich 

Backmut  Jekaterinoslaw,  Russland 

Utrecht  (Zwarte  Water),  Niederlande 

Wercline  Tschirskaja  Staniza.  Land  der  Donischen  Kosaken,  Russland 
Cabarras  County,  Nord-Carolina,  N.-A.  • • 

Mezö-Madarasch,  Marosch,  Siebenbürgen  • • - 

Borkut,  Marmarosck,  Ungarn 

Aussun,  Haute  Garonne,  Frankreich 

Harrison  Cty,  Indiana,  N -A. 

New  Concord,  Muskingum  Cty,  Ohio,  N.-A.  • • 
Knyahinya,  Ungkvar,  Ungarn,  Hauptexemplar  • 
„ „ „ 26  kleinere  Stücke 

Pultusk,  Sielce  Nowy,  Polen,  Hauptexemplar  • • 
„ „ „ „ 2 kleinere  Stücke 

Danville,  Alabama,  N.-A. 

Francfort,  Alabama,  N.-A. 

Cleguerec,  Bretagne,  Frankreich 

Tjabe,  Pandangan,  Java • 

Stewart  Cty,  Georgia,  N.-A. 

Searsmont,  Waldo  Cty,  Maine  N.-A. 

Bandong,  Java  

Tennasilm,  Turgel,  Esthland 

Lance,  Orleans,  Frankreich 

Orvinio,  Rom,  Italien 

Waconda,  Mitchell  Cty,  Kansas,  N.-A.  • • • • • 

Khaipur,  Mooltan,  Indien 

Belgorod,  Tula,  Russland 

Iowa  Cty  (Amana)  Iowa,  N.-A. 

Zsadany,  Temeser  Comitat,  Ungarn 

Eisen 


Toluca,  Mexiko,  grosses  Exemplar 

„ „ kleineres  Exemplar 

Capland,  Afrika 

Atacama,  Bolivia,  S.-A. 

Arva  Szlanicza,  Ungarn 

Braunau,  Hauptmannsdorf,  Böhmen 

Robertson  Cty,  Tennessee,  N.-A. 

Rittersgrün,  Königreich  Sachsen 

Sierra  de  Chaco,  Wüste  Atacama,  S.-A. 

Janacera-Pass,  Wüste  Atacama 

Südöstl.  Missouri,  N.-A. 

Prambanan,  Sokracarta,  Indien 

Milwaukee,  Wisconsin,  N.-A. 

Auburn,  Macon  Cty,  Alabama,  N.-A. 

Bolson  de  Mapini,  Cohahuila,  Mexiko,  ein  Exemplar 

Tueson  Ainsa,  Sonora,  Mexiko 

Trenton,  Washington  Cty.  Wisconsin,  N.-A.  .... 
Ovifak,  Godhavn,  Disco  Grönland,  ein  Exemplar  • • 

„ „ „ „ kleines  Exemplar 

Rockingham  Cty,  Nord-Carolina,  N.-A. 

Howard  Cty,  Indiana,  N.-A. 

Nenntmannsdorf,  Pirna,  Königreich  Sachsen  • • • • 


2 

183 

25 

360 

119 

384 

203 

94 

84 

83 

66 

290 

7 

1- 125 
13700 

2- 483 

7-150 

2-374 

19 

32 

604 

37 

10 

18 

113 

614 

47000 

575 

47 

8 
18 
22 

2-860 


2P370 

291 

191 

113 

41 

20 

140 

54 

28 

1-518 

21 

24 

72 

17 

198-000 

9 

700 

41-000 

78 

56 

14 

10 


[3] 


Notizen. 


311 


Zu  den  Meteoreisen  wäre  noch  eines  von  unbekanntem  Fundort, 
aus  der  Sammlung  des  Herrn  Geheimrathes  v.  Wohl  er  herrührend, 
eines  mit  der  Angabe  Sibirien  und  ein  zweifelhaftes  mit  der  Angabe 
Brasilien  hinzuzufügen. 

Die  Zahl  der  in  der  Sammlung  vertretenen  Localitäten  ist  gegen- 
wärtig 308.  Im  Jahre  1819  betrug  diese  Zahl  36,  im  Jahre  1843 
schon  94,  im  Jahre  1862  stieg  sie  auf  176  und  war  Ende  1868  bei 
244  angelangt.  Durch  das  Interesse,  welches  v.  Schreibers  dem 
Gegenstände  widmete  und  durch  den  Eifer,  mit  welchem  Parts ch, 
Haidinger  und  Hörn  es  an  der  Vermehrung  der  Sammlung  thätig 
waren,  ist  dieselbe  zu  solchem  Umfange  gediehen. 

Während  der  Zeit  meiner  Verwaltung  von  1869  bis  jetzt  hat  die 
Zahl  der  vertretenen  Localitäten  um  64  zugenommen.  Das  Gesammt- 
gewicht  ist  in  diesem  Zeiträume  von  570  Kilo  auf  1025  Kilo  gestiegen. 

T schermak. 


Krystallisirter  Vivianit  in  Säugethierknoclien  ans  dem  Laübacher 

Torfmoor. 

Durch  Herrn  Dr.  Deschmann,  Custos  am  Museum  in  Laibach, 
erhielt  das  k.  k.  Mineralogische  Hof-Museum  vor  Kurzem  einige  Knochen- 
fragmente, welche  bei  Gelegenheit  der  letzten  Ausgrabungen  in  den 
Pfahlbauten  des  Laibacher  Torfmoores  gefunden  wurden.  Nach  der 
Bestimmung  des  Herrn  Custos  Th.  Fuchs  gehören  drei  derselben  einem 
Hirsch,  das  vierte  einem  Rinde  an.  Das  für  den  Mineralogen  interes- 
sante liegt  indess  in  den  Krystallen  von  Vivianit,  welche  sich  in  und 
auf  den  Knochen  gebildet  haben.  Derselbe  tritt  theils  in  tafelförmigen 
Aggregaten  von  parallel  verwachsenen  Individuen  auf,  theils  in  kleinen 
nadelförmigen  Kryställchen,  die  selten  grösser  als  2—3  mm  werden  und 
bisweilen  die  Combination  100 . 010  . 110  . 111  . 101  erkennen  lassen, 
theils  endlich  in  radialfaserigen,  schwach  seidenglänzenden  Büscheln. 
Letztere  finden  sich  namentlich  auf  der  Aussenseite  der  Knochen,  die 
deutlicher  krystallisirten  im  Inneren;  die  reichlichste  Bildung  von 
Vivianit  fand  an  jener  Stelle  statt,  wo  die  äussere  compacte  Knochen- 
masse an  das  innere  zellige  Gewebe  gränzt. 

Die  Krystalle  und  Krystall-Aggregate  haben  auf  010  einen  deut- 
lichen Perlmutterglanz,  die  übrigen  Flächen  sind,  wo  sie  überhaupt 
deutlich  sichtbar  werden,  gestreift  und  matt.  Im  auffallenden  Lichte 
zeigen  sie  eine  schöne  indigoblaue  Farbe;  im  durchfallenden  Lichte 
werden  sie  fast  farblos  mit  einem  intensiver  gefärbten  Saum ; ein  Zeichen, 
dass  die  Blaufärbung  noch  nicht  tief  in  das  Innere  eingedrungen  ist. 
Das  Vorkommen  von  Vivianit,  namentlich  der  erdigen  Varietäten,  Blau- 
erde, in  Knochen  wurde  öfter  beobachtet;  seltener  fand  man  ihn  kry- 
stallisirt. 

Ein  dem  vorliegenden  sehr  ähnliches  Vorkommen  beschreibt 
J.  Rumpf  in  den  Mittheilungen  des  naturwissenschaftlichen  Vereins 

Mineralogische  Mittheilungen,  1877.  3.  Heft.  (Notizen.)  41 


312 


Notizen. 


[4] 


für  Steiermark  1871,  pag.  402  aus  dem  Hangend-Thone  des  Lignit- 
flötzes  von  Köflach.  Die  Bedingungen  zur  Yivianitbildung  sind  bei  dem 
vorliegenden  Falle  so  klar  zu  erkennen,  dass  sie  wohl  nicht  erst  er- 
örtert werden  müssen.  F.  Becke. 


Bemerkung  zu  den  Beiträgen  zur  Mineralogie  des  Fassa-  und 

Fleimsertliales. 

In  der  Tabelle,  welche  die  verschiedenen  Analysen  des  Fassaits  enthält,  ist 
statt  Kalkerde  Magnesia  gesetzt  und  umgekehrt. 

Der  Fundort  der  Mineralien  im  Contact  zwischen  Melaphyr  und  Kalkstein 
heisst  richtiger  Cor  non  statt  Comon.  C.  Doelter. 


Becke.  Zinnsteiji 


Tafel.  1. 


B e cJce  de  I . Lifh y.  F.  Kölce  , Wi  e n . 

Tschermak:  Mineralogische  Mrttheilim^eji,  1877  Heft  1H 

Jahrbuch  der  jeolotj'  Beichsanstalt,  BcLEffil . 


Becke:  Ziansteia 


Tafel . II . 


Becke  del  Xith  v B Koke , Wi en . 

Tschermak-.Mnieralo^tscke  Mittheikm&eri,  1877. lieft Hf . 

Jahrbuch  ier  (jeolog.  Reichs anstatt,  Bd.IXVTI . 


JAHRGANG  1877. 


IV.  HEFT. 


GESAMMELT  VON 


G.  TSCHERMAK. 


i.  Der  Meteorstein  von  Hungen. 

Von  0.  Büchner  in  Giessen. 

Zum  erstenmal  wurde  im  kleinen  Grossherzogthum  Hessen  ein 
Meteorsteinfall  wirklich  beobachtet.  Derselbe  ereignete  sich  am  1 7.  Mai 
1877  Morgens  7 Uhr  in  der  Provinz  Oberhessen  im  Walde  zwischen 
Steinheim  und  Borsdorf,  5 Km.  von  Hungen.  Das  gewöhnlich  einem 
Meteoritenfall  vorausgehende  donnerähnliche  Getöse  wurde  an  ver- 
schiedenen Orten  der  Nachbarschaft,  selbst  in  Langsdorf  wahrgenommen. 
Zufällig  ging  gerade  der  Schreiner  Herr  Scharmann  von  Steinheim  auf 
dem  Weg  nach  Borsdorf,  auch  er  hörte  das  Donnern  gerade  über  sich, 
ohne  eine  Spur  von  Wolke  zu  sehen;  dann  beim  Eintritt  in  den  Wald 
hörte  er  ein  Brausen,  Zischen,  Pfeifen,  als  wenn  viele  Steine  durch  den 
Wald  flögen.  Da  schlug  unmittelbar  neben  ihm  ein  Stein  gegen  eine 
Fichte,  brach  einen  fingerdicken  Ast  ab  und  fiel  ihm  vor  die  Füsse. 
Der  Mann  war  so  sehr  erschrocken,  dass  er  erst  nach  einiger  Zeit  und 
nachdem  er  sich  überzeugt  hatte,  dass  es  nichts  Lebendiges  sei,  den 
Stein  aufnahm.  Er  war  kalt. 

Doch  gab  der  Stein  nur  zu  Wirthshausgesprächen  für  die  Bauern 
Veranlassung.  So  hörte  ich  erst  Ende  August  von  dem  Ereigniss;  da 
ich  den  grössten  Theil  des  September  abwesend  war,  konnte  ich  erst 
nach  der  Rückkehr  an  Ort  und  Stelle  die  Thatsachen  feststellen.  Durch 
ungünstiges  Wetter  verhindert  konnte  ich  dann  erst  am  15.  October 
mit  einer  kleinen  Anzahl  von  Collegen  und  Schülern  nochmals  an  den 
Fallort  gehen  und  waren  wir  gleich  beim  Beginn  der  Suche  so  glücklich, 
noch  einen  kleinen  Stein  von  26  Gr.  zu  finden  ; das  weitere  21/2stündige 
Abtreiben  des  Waldes  war  aber  fruchtlos;  das  frischgefallene  Laub 
verhinderte  das  Auffinden  weiterer  Steine,  die  ohne  Zweifel  noch 
gefallen  sind. 

In  der  Richtung  von  NW. — SO.,  in  welcher  das  Getöse  vielfach 
gehört  wurde,  müssen  nach  Aussage  des  Zeugen  und  nach  dem  Augen- 
schein auch  die  Steine  geflogen  sein.  Der  erste  gefundene  Stein  wog 
über  86  Gr.  Doch  brach  der  Finder  ein  oder  einige  kleine  Stücke 
davon  ab ; eins  von  3‘32  Gramm  konnte  ich  noch  von  ihm  erhalten. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1877.  4.  Heft.  (Büchner.)  42 


314 


0.  Büchner. 


[2] 


Um  eine  politurfähige  ebene  Stelle  zu  erhalten,  liess  ich  ein  kleines 
Eckchen  von  10  Grm.  absägen,  und  so  wiegt  der  Hauptstein  jetzt 
73-26  Grm.  Er  ist  in  die  Mineraliensammlung  der  Universität  Giessen 
übergegangen.  Derselbe  hat  eine  unregelmässig  dreieckige,  platten- 
förmige Gestalt,  ist  6*8  Cm.  lang,  4-3  Cm.  breit,  er  hat  2 Cm.  an  der 
dicksten  und  12  Cm.  an  der  dünnsten  Stelle.  Es  scheint,  dass  kaum  1/4 
des  ganzen  Steines  abgebrochen  ist.  Sonst  ist  er  ringsum  mit  einer 
matten,  dünnen,  schwarzen  Schmelzrinde  überzogen;  Orientirungsleisten 
fehlen.  Einzelne  Eisenkörnchen  sind  auch  in  der  Rinde  sichtbar. 

Die  Bruchfläche  zeigt  eine  graue,  stellenweise  bräunlich  gefärbte 
Grundmasse.  Besonders  auffallend  aber  ist  ein  quer  durch  den  Stein 
und  schief  zu  den  Plattenseiten  gestellter,  schwarzer,  glänzender,  sehr 
dünner  Blätterdurchgang,  der  auch  bei  dem  zweiten,  5 Monate  nach 
dem  Fall  gefundenen  Stein  vorhanden  ist,  obgleich  dieser  offenbar  nicht 
von  dem  Hauptstein  abbrach.  Eine  andere  kleinere  Stelle  auf  dem 
Bruch  des  Hauptsteins  zeigt  einen  ähnlichen  Gang  parallel  mit  dem 
Vorigen,  aber  weniger  schwarz  und  weniger  graphitartig  glänzend.  Mit 
der  Lupe  erkennt  man  eine  ähnliche  schwarze  faserige  Masse,  die 
überlagert  ist  von  glänzendem,  graugelbem  Troilit  in  feinen,  aber  zahl- 
reichen Körnchen.  Sie  zieht  sich  als  feine  schwarze  Linie  durch  den 
ganzen  Stein. 

Der  Chondritcharakter  des  Steins  lässt  sich  selbst  mit  der  Lupe 
auf  der  Bruchfläche  nur  schwer  erkennen;  sie  erscheint  gleichmässig 
grau  mit  sehr  zahlreichen  Einlagerungen  von  Eisen  und  Troilit,  die 
namentlich  auf  der  polirten  Fläche  deutlich  hervortreten.  Auf  derselben 
durch  Säure  Aetzfiguren  zu  erzeugen,  misslang,  es  wurden  die  dünnen 
Partikelchen  aufgelöst,  aber  Figuren  entstanden  nicht. 

Doch  treten  die  chondritischen  Kügelchen  schon  mit  der  Lupe 
deutlich  hervor.  Zahlreiche  undurchsichtige  Partien  bestehen  aus  deutlich 
erkennbarem  Eisen,  schwer  davon  zu  unterscheidendem  Troilit,  andere 
aber  sind  schwarz  und  undurchsichtig  wie  die  Rindenmasse  und  in 
grösserer  Menge  vorhanden;  kleine  schwarze  Körnchen  mögen  wohl 
Magnet-  und  Chromeisen  sein. 

Die  mikroskopische  Prüfung  zeigt,  dass  die  Rinde  etwa  zur  Hälfte 
aus  Eisen  besteht  und  sehr  wenige  durchsichtige  Partikelchen  (Olivin) 
einschliesst.  Die  Grundmasse  des  Steins  ist  farblos  und  durchsichtig 
und  nach  allen  Richtungen  hin  von  zahlreichen  Sprüngen  durchzogen ; 
ich  halte  sie  für  Olivin.  Nur  an  wenigen  Stellen  sind  einzelne  Partien 
schwach  bräunlich  gefärbt,  namentlich  in  der  Nähe  von  Eisen,  doch 
enthält  Pultusk  diese  braunen  Stellen  weit  zahlreicher.  Deutlich  sind 
einige  Olivinkugeln  unterscheidbar,  die  theilweise  von  der  erwähnten 
schwarzen  Masse,  theilweise  auch  von  metallischem  Eisen  eingefasst 
sind.  Bei  sehr  wenigen  deutet  eine  geradlinige  Umgrenzung  auf  ein 
Krystallindividuum. 

Eine  zweite  Art  von  kugeligen  Einschlüssen  besteht  aus  parallel- 
oder  radial-strahligen  Krystallmassen , denselben,  die  Tschermak1) 
bei  den  Meteoriten  von  Shergotty  und  Gopalpur  als  Bronzit  erkannt 


‘)  Sitz.-Bericht.  Ac.  Wien  I.  B.  65,  1872,  Feb. 


[3] 


Anhang  zu  der  vorstehenden  Mittheilung. 


315 


hat.  Endlich  finden  sich  noch  Kügelchen  aus  einer  gleichmässig  grau 
durchscheinenden,  nicht  oder  kaum  von  Rissen  durchzogenen  Masse. 
Auch  hier  erinnern  selten  vorkommende  geradlinige  Umgrenzungen  an 
einer  oder  zwei  Seiten  an  Krystallbildung. 

Im  Ganzen  genommen  erscheint  also  der  Meteorstein  von  Hungen 
als  zu  den  häufigst  vorkommenden  Meteoriten  gehörig,  und  doch  lässt 
er  sich  nicht  mit  Agen,  Girgenti,  Buschhof,  N.  Concord,  Knyahinya, 
Ensisheim,  Pohlitz,  Vouille,  Bremervörde,  Krähenberg,  Seres  und 
Pultusk  verwechseln,  mit  welchen  ich  ihn  verglich. 


II.  Anhang  zu  der  vorstehenden  Mitteilung. 

Von  G.  Tscliermak. 

Von  dem  Meteoritenfall  zu  Hungen  hat  Herr  0.  Büchner  in 
Giessen  ein  vollständiges  Exemplar  von  25*8  Grm.  an  das  k.  k.  Hof- 
Mineraliencabinet  als  Geschenk  übergeben  und  hat  auch  einen  Dünn- 
schliff dieses  Meteorsteines  beigefügt.  Diese  Gabe,  werthvoll  durch  die 
Seltenheit  des  Meteoriten,  ist  ein  schönes  Erinnerungszeichen,  welches 
die  Wiener  Sammlung  von  dem  Autor  jenes  Werkes  erhält,  das  die 
Erforschung  der  Meteoriten  so  wesentlich  förderte. 

Der  genannte  Stein  ist  tief  schwarz,  hat  eine  beiläufig  fünfseitige 
Form,  eine  stark  gewölbte  Vorderseite  (Brustseite)  und  eine  flachere 
Rückenseite.  In  der  Form  und  der  schwach  angedeuteten  Orientirung 
gleicht  er  manchen  Steinen  von  Pultusk.  Die  Rückenseite  ist  an  der 
glatteren  Rinde  und  an  dem  blasigen  Schmelz,  welcher  sich  dem  Rande 
zu  anhäuft,  zu  erkennen.  An  einer  kleinen  Stelle  der  Vorderseite 
erscheint  als  Unterbrechung  eine  rauhe  Fläche,  die  von  einer  blasigen 
Rinde  überzogen  ist,  während  die  Vorderseite  im  übrigen  von  einer 
homogenen  matten  Rinde  ohne  Unebenheiten  gebildet  wird.  Jene  Stelle 
verdankt  ihre  Rauhheit  ohne  Zweifel  dem  Abspringen  eines  Splitters. 
Am  Rande  ist  ausserdem  eine  Stelle  zu  bemerken,  die  gleichfalls  auf 
ein  solches  Abspringen  zurückzuführen  ist.  Sie  erscheint  aber  nicht 
ganz  mit  Rindenschmelz  überzogen,  sondern  der  letztere  greift  nur  an 
den  Umrissen  der  entblössten  Stelle  hinein.  Auf  der  Rückenseite 
erscheint  die  Form  des  Steines  gleichfalls  in  der  Weise  gestört,  dass 
die  Abtrennung  eines  kleinen  Stückes  angenommen  werden  muss.  Die 
Stelle  ist,  wie  auch  Herr  0.  Büchner  bemerkt,  mit  einem  Harnisch 
d.  i.  mit  einer  ziemlich  glatten,  gerieften,  metallisch  glänzenden  Fläche 
bedeckt.  Die  Trennungsfläche  war  also  schon  durch  das  Gefüge  des 
Meteoriten  gegeben.  Da  der  Harnisch  nun  an  den  Umrissen  einen 
übergreifenden  Schmelzanflug  zeigt,  so  dürfte  die  Abtrennung  des 
Stückes  erst  spät,  also  kurz  vor  dem  Niederfallen  geschehen  sein.  Das 
Auftreten  von  Harnischen  wird  auch  an  manchen  anderen  Meteoriten 
beobachtet,  besonders  häufig  an  den  Steinen  von  Pultusk. 


42* 


316 


G.  Tsckermak. 


[2] 


Die  schwarze  Rinde  ist  ungewöhnlich  dick,  viel  dicker  als  an  dem 
Meteorstein  von  Pultusk.  Der  Dünnschliff  des  Steines  zeigt  bis  R5  Mm. 
grosse  Partikel  von  Eisen,  wenige  kleine  Körner  von  Magnetkies,  beide 
in  einer  aus  grösseren  und  kleineren  Fragmenten  und  nicht  häufigen 
Kügelchen  bestehenden  Masse.  Diese  enthält  vielfach  kleine  undurch- 
sichtige Körnchen  ohne  Metallglanz,  die  wol  als  Chromit  oder  Picotit 
zu  denken  sind. 

Die  durchsichtigen  Minerale  sind  nach  meinem  Dafürhalten  von 
dreierlei  Art.  Das  eine  ist  zuweilen  durch  Krystallumrisse  und  im 
übrigen  stets  durch  die  unvollkommene  rechtwinklige  Spaltbarkeit  bei 
entsprechender  optischer  Orientirung  als  Olivin  gekennzeichnet.  Derselbe 
zeigt  nur  wenige  Einschlüsse,  die  aus  Nadeln  und  aus  Körnern  eines 
wasserhellen  Minerals,  ferner  aus  einem  staubartig  vertheilten  undurch- 
sichtigen Mineral  — wohl  Chromit  — bestehen.  Der  Olivin  bildet  im 
Uebrigen  kleine  und  grössere  eckige  Splitter,  zuweilen  auch  etwas  abge- 
rundete Körnchen,  doch  trägt  er  zur  Bildung  von  Kügelchen  wenig  bei. 

Häufiger  als  jene  Splitter  und  Körner  sind  Körnchen  und  Krystall- 
aggregate  die  ich  auf  Bronzit  beziehen  möchte.  Die  einzelnen  Körner 
lassen  zuweilen  eine  prismatische  Spaltbarkeit  bei  entsprechender 
optischer  Orientirung  erkennen.  Die  Aggregate  erscheinen  parallel- 
stänglig  oder  radialstängelig,  zuweilen  auch  verworrenstängelig.  Diese 
Aggregate  bilden  die  meisten  Kügelchen  in  der  an  Kügelchen  ziemlich 
armen  Gesteinsmasse.  Der  Bronzit  enthält  oft  feine  braune  Nadeln, 
auch  braune  Körnchen  als  Einschlüsse,  ebenso  die  staubartigen  als 
Chromit  gedeuteten  Partikel.  Ein  fast  ganz  trübes  Mineral,  welches  hie 
und  da  Körner  oder  Kügelchen  bildet,  möchte  ich  ebenfalls  zum 
Bronzit  zählen.  Es  zeigt  Spuren  einer  radialfaserigen  Textur. 

Ein  braunes  Mineral  von  feinschaliger  Textur,  welches  durch 
seine  tiefere  Färbung  und  das  Gefüge  von  den  anderen  absticht,  ist 
auch  in  der  optischen  Orientirung  davon  verschieden.  Es  bildet  eckige 
Körnchen.  An  einem  grösseren  Durchschnitte  wurde  der  Winkel 
zwischen  einer  Auslöschungszurichtung  und  der  Richtung  der  parallelen 
Blättchen  zu  38°  bestimmt.  Daraus  lässt  sich  nur  entnehmen,  dass  das 
Mineral  nicht  dem  rhombischen  Systeme  angehört.  Ich  möchte  dasselbe  für 
einen  diallagartigen  Augit  halten.  Nach  meinen  Beobachtungen  ist  die 
Abweichung  der  einen  Äuslöschungsrichtung  von  der  Kante  des  auf- 
rechten Prisma  in  der  Ebene  010,  bei  den  Mineralen  der  Diopsidreihe 
38°  54'  bis  45°  56',  bei  den  Augiten,  36°  bis  44°  30'.  Da  nun  die 
Schiefe  des  Schnittes  gegen  010  diesen  Winkel  verkleinert,  so  ergibt 
sich,  dass  obige  Beobachtung  meiner  Deutung  nicht  widerspricht. 

Ausser  den  genannten  Erscheinungen  ist  noch  das  Auftreten  fein- 
körniger Aggregate  hervorzuheben,  welches  sich  durch  ein  sehr  gleich- 
förmiges Korn  und  eine  gleichförmige  Vertlieilung  jenes  als  Chromit 
angesprochenen  Minerales  auszeichnen.  Das  letztere  kommt  darin  theils 
in  Körnern,  theils  in  würfligen  Krystallen  vor  und  seine  Individuen 
sind  grösser  als  im  übrigen  Meteoriten.  Im  ferneren  bestehen  die 
Aggregate  theils  aus  Olivin,  theils  aus  dem  braunen  für  Augit  gehaltenen 
Mineral.  Ihr  Umriss  ist  immer  eckig,  nicht  kugelig. 


III.  Mineralogisch  -petrographische  Notizen  aus 
Siebenbürgen. 

Cölestin.  — Glaubersalz.  — Steinsalz.  — Adular.  — Einschlüsse 
des  Repser  Basalttuffes.  — Gesteine  und  Minerale  des  Csicsöberges. 
— Eläolith  und  Sodalith  von  Ditro. 

(Aus  einer  im  Februar  1877  der  uDg.  Akad.  d.  Wissensch.  vorgelegten  Abhandlung.) 
Von  Prof.  Dr.  A.  Koch  in  Klausenburg. 


1.  Neue  Fundorte  des  Cölestin  in  Siebenbürgen. 

Der  Cölestin  wird  in  Ackner’s  „Mineralogie  Siebenbürgens“ 
S.  153  bestimmt  blos  von  einem  Fundorte  erwähnt,  und  dieser  ist 
Dobring  (Reussmarkter  St.),  wo  das  Mineral  faserig  in  Gypslagern  vor- 
kömmt. Belegstücke  dieses  Vorkommens  habe  ich  in  keiner  Sammlung 
gesehen.  Bei  Kl.  Kapus  (Koloscher  Gesp.),  welches  Ackner  als  wahr- 
scheinlichen Fundort  angibt,  konnte  ich  keinen  auffinden. 

Im  vergangenen  Jahre  lernte  ich  in  der  Nähe  Klausenburgs  zwei 
neue  Vorkommen  kennen,  der  eine  Fundort  befindet  sich  hei  dem 
Dorfe  Bäcs  nächst  Klausenburg,  in  der  sogenannten  „Bäcsi  torok“ 
(Bäcser  Schlucht),  in  deren  Steinbrüchen  das  Mineral  ziemlich  häufig 
ist,  und  wo  es  mein  Schüler,  Herr  M.  Töth  entdeckte;  der  andere 
Fundort  ist  hei  Gyalu  der  Berg  Namens  Szölöalja,  wo  mein 
Assistent,  Herr  A.  Kürthy  einige  Stücke  an  der  Oberfläche  fand. 
Die  näheren  Umstände  des  Vorkommens  am  letzteren  Orte  sind  unbe- 
kannt; die  abgerundeten  Stücke  lagen  am  Rücken  des  Berges  unter 
den  unzähligen  Versteinerungen  von  Nummulites  perforata , Ostreen 
und  Gryplmea  Eszterlidzyi  Päv .,  es  ist  also  wahrscheinlich,  dass  der 
Cölestin  hier  in  der  Nummulitenbreccie  mit  rothem  Thon-Bindemittel 
schmale  Gänge  bildet.  Die  gefundenen  Stücke  sind  stängelig-faserig, 
durch  die  Sonne  gebleicht,  bläulich  weiss.  und  an  der  Oberfläche  haftet 
noch  rother  Thon.  Die  Fasern  sind  6 Cm.  lang,  das  wäre  also  auch 
die  Breite  des  Ganges,  von  welchem  das  Stück  stammt. 

Den  Cölestiufundort  bei  Bacs  hingegen  untersuchte  ich  eingehend 
und  sammelte  reiches  Material  zur  genaueren  Prüfung  des  Minerals. 
Ich  will  die  Resultate  meiner  Untersuchung  kurz  mittheilen. 

Mineralogische  Mittheilungen  1877.  4.  Heft.  (Koch.) 


318 


A.  Koch. 


[2] 


Umstände  des  Vorkommens  des  Bäcser  Cölestin.  Der 
Cölestin  findet  sich  in  zwei  Steinbrüchen  der  Bäcser  Schlucht,  im  ersten 
wenig,  im  zweiten  ziemlich  viel.  Eine  Skizze  des  zweiten  Steinbruches 
(Taf.  13,  Fig.  1)  stellt  das  Vorkommen  genau  dar. 

1.  Alluvialer  und  diluvialer  Schutt,  d.  i.  gelber 
Mergelschlamm,  erfüllt  mit  erdigen  Stücken  von  Grobkalk  1 — 2 Meter 

2.  Darunter  an  der  linken  Seite  des  Steinbruches 
tafelig  - schieferiger  Ostreakalk  mit  Ostr.  multicostata , 

Vulsella  legumen , Anomga  tenuistriata 1 — 2 „ 

3.  Gelblichbrauner  Tegel  mit  hellen  bläulichgrauen 

Zwischenschichten 1 „ 

4.  Hell  bläulichgrauer,  sehr  zerklüfteter  Tegel,  durch 

welchen  der  Cölestin  gang  ( x — y ) streicht 4 „ 

5.  Dicktafeliger  und  bankiger  Grobkalk  (Eocän). 

Der  Cölestingang  (x—y),  wie  in  der  Skizze  ersichtlich,  streicht 
quer  durch  die  Schichtung  des  Tegels  und  nimmt  abwärts  immer  mehr 
eine  verticale  Richtung.  Sowohl  abwärts  als  auch  aufwärts  lässt  sich 
aber  die  Auskeilung  des  Ganges  verfolgen,  so  dass  die  ganze  vertikale 
Ausdehnung  kaum  mehr  als  3 Meter  beträgt.  Der  Gang  gabelt  sich 
ferner  in  seinem  Verlauf  mehrmal,  indem  der  Tegel  sich  zwischen 
beiden  Zweigen  einschiebt,  und  diese  sich  bald  wieder  vereinigen.  Die 
grösste  Breite  des  Ganges  beträgt  nicht  mehr  als  25  Mm.  Etwa 
30  Decim.  weiter  verlauft  ein  zweiter,  noch  dünnerer  Gang  parallel 
mit  dem  Hauptgange,  keilt  sich  aber  bald  papierdünn  aus.  Beide 
Cölestingänge  werden  von  Krystallgruppen  und  verästelten  Nachahmungs- 
gestalten des  Gyps  begleitet  (in  der  Skizze  durch  schwarze  Punkte 
bezeichnet),  welche  beiderseits  an  die  Flächen  der  Gänge  sich  an- 
schmiegen. Der  Tegel  ist  ferner  in  der  Nähe  der  Gänge  erfüllt  mit 
Limonitnestern,  dessen  innerster  Kern  oft  noch  aus  Pyrit  besteht,  und 
diese  sind  sphaeroradial  durch  Gypskrystalle  umgeben.  Der  Cölestin- 
gang reicht  aus  dem  bläulichgrauen  Tegel  in  den  hangenden  braunen 
Tegel  hinein,  wodurch  man  genau  bemerken  kann,  dass  der  Gang  eine 
kleine  Verwerfungsspalte  ausfüllt,  deren  Länge  etwa  30  Cm.  beträgt. 
Die  oberhalb  des  Cölestinganges  befindliche  Tegelmasse  gleitete  in  der 
Richtung  des  Pfeiles  hinab,  wie  es  deutlich  auch  an  der  Structur  des 
Ganges  zu  sehen  ist. 

Die  Structur  des  Cö lesti n gan ges.  Die  grösste  Breite  des 
Ganges  beträgt  25  Mm.,  doch  bekommt  man  die  meisten  Stücke  mit 
10  bis  20  Mm.  Dicke.  Die  Structur  ist  grobfaserig  bis  stängelig,  hie  und 
da  bemerkt  man  auch  Spaltungsflächen  nach  der  Richtung  der  Fasern 
(nach  P°o).  Viel  vollkommener  aber  ist  die  Spaltungsrichtung  senk- 
recht auf  die  Fasern,  wodurch  man  kleine,  glänzend  glatte  Flächen 
erhält.  Da  dies  die  Hauptspaltungsrichtung  (ooPoo  nach  Naumann) 
ist,  so  ist  es  klar,  dass  die  Fasern  als  nach  der  Makrodiagonale  sehr 
verlängerte,  unvollständige  Krystalle  betrachtet  werden  müssen.  Die 
Fasern  stehen  in  Folge  der  Verwerfung  grösstentheils  schief  und  ge- 
krümmt auf  der  Oberfläche  des  Ganges.  In  der  Mitte  entlang  zieht 
sich  eine  papierdünne  Schichte  von  rostbraunem  Limonit,  dies  ist  die 


[3] 


Mineralogisch  - petrograpliische  Notizen  aus  Siebenbürgen. 


319 


Medianebene,  wo  die  von  den  Kluftflächen  beginnenden  Cölestinfasern 
zusammenstiessen.  In  dickeren  Partieen  des  Ganges  befindet  sich 
gewöhnlich  noch  eine  Tegelschichte  in  der  Mitte.  An  beiden  Flächen 
des  Ganges  begrenzen  wieder  papierdünne  braune  Limonitschichtchen 
den  faserigen  Cölestin  und  auf  diesen  sitzen  dann  dünne  Schichten 
von  Cölestin-Kryställchen.  Die  Farbe  des  faserigen  Cölestins  ist  smalte- 
oder  weisslichblau,  gegen  die  Aussenflächen  des  Ganges  übergeht  sie 
oft  in’s  röthlichweisse  in  Folge  von  etwas  Eisenoxyd- Gehalt. 

Die  Cölestin-Kryställchen  sind  in  zwei  Schichtchen  auf 
die  Aussenflächen  des  Ganges  angewachsen.  Die  untere  Schichte  besteht 
aus  bläulichgrauen  oder  weingelblichen,  fettglänzenden  Kryställchen, 
welche  ohne  Ausnahme  mit  der  Fläche  00P00  (100)  aufgewachsen,  und 
parallel  neben  einander  gelagert  sind.  Die  Kryställchen  sind  also  mit 
den,  die  Unterlage  bildenden  unvollständigen  Krystallen  (Fasern)  in 
paralleler  Stellung.  Die  Grösse  der  Krystalltäfelchen  beträgt  gewöhnlich 
nur  1 Mm.  in  der  Länge  und  1/3 — Va  Mm.  in  der  Breite,  es  finden 
sich  aber  auch  6 — 12  QMm.  grosse  Täfelchen.  An  den  dünnsten 
Stellen  des  Ganges  bekam  ich  ein  16  □Mm.  grosses  Täfelchen,  an 
welchem  die  Kantenwinkel  mittelst  Anlegegoniometer  gemessen  wurden. 

Auf  dieser  unteren  Krystallschickte  folgt  eine,  oft  unterbrochene 
zweite  Schichte,  welche  aus  graulichen  oder  gelblichweissen,  manchmal 
mit  Eisenoxydhydrat  überzogenen,  weniger  gut  ausgebildeten  Kryställ- 
chen besteht,  deren  Flächen  ausgefressen  und  matt,  und  die  meistens 
zu  rundlichen  Gruppen  verwachsen  sind.  Diese  Kryställchen  und  Kry- 
stallgruppen  haften  weniger  fest  an  der  unteren  Schichte  und  können 
leichter  ausgelöst  werden.  Einzeln  zerstreute,  besser  ausgebildete  Kry- 
ställchen  sind  mit  der  Fläche  °°P2  (210)  oder  P°°  (101)  schwach 
angewachsen  und  können  beinahe  unversehrt  abgelöst  werden.  Diese 
zweite  Schichte  von  Cölestinkryställehen  bildete  sich  wahrscheinlich 
hineinragend  in  den  Tegel,  da  ich  einzelne,  ganz  freie  Kryställchen 
aus  dem  daran  heftenden  Tegel  wirklich  herausschlemmte. 

Die  Kryställchen  zeigen  die  einfachsten  Combinationen  des  Cöle- 
stins. Nach  der  Aufstellung  Naumann’s  ist  an  ihnen  ausgebildet: 
»Pco  (100);  <*>P2  (210)  und  P°°  (101).  Dies  bestätigen  die  mit 
dem  Anlegegoniometer  erzielten  Winkelwerthe: 

101:  100  ergab  127°  bis  129°,  im  Mittel  128°  (genau  127°  35') 

210  : 100  „ 138°  30'  „ 142°  40',  „ „ 140°  ( „ 140°  36'). 

Die  allgemeine  Form  betreffend  sind  die  Kryställchen  dünne 
Tafeln,  wenn  die  100  Flächen  stark  entwickelt  sind,  oder  sargähnlich, 
wenn  die  Flächen  210  und  101  besser  ausgebildet  sind,  oder  endlich 
tafelig-säulenförmig,  wenn  sie  nach  der  Brachydiagonale  verlängert 
sind.  Sehr  häufig  ist  die  treppenförmig  parallele  Verwachsung  und  An- 
einanderlagerung. 

Das  specifische  Gewicht  des  faserigen  Cölestins  fand  ich  zu  3'968, 
jenes  der  Kryställchen  aber  nur  2-78.  Das  kleinere  Gewicht  der  letz- 
teren weist  darauf  hin,  dass  das  Material  nicht  ganz  rein  war,  wahr- 
scheinlich waren  winzige  Gypskryställchen  untermengt. 


320 


A.  Koch. 


[4] 


Chemische  Zusammensetzung  des  faserigen  Cölestins. 
Es  wurde  zur  Analyse  0-9511  Grm.  Cölestinpulver  genommen  und 
folgendes  Resultat  erzielt: 

SOz 43-476 

SrO 53-769 

CaO 1-682 

Fe203  0-210 

Glühverlust 0-420 

99 -557. 

Bildung  des  Bäcser  Cölestins.  Die  Bildung  lässt  sich  aus 
den  genauen  Umständeu  des  Vorkommens  ziemlich  gut  erklären.  In 
dem  mit  Eisenkies- Knollen  erfüllten  eocänen  Tegel  bildeten  sich  in 
Folge  der  Hebung  Risse  und  Klüfte,  worauf  die  circulirenden  CO 2- 
haltigen  Grundwässer  ihre  Einwirkung  beginnen  konnten.  Die  C02-hal- 
tigen  Wässer  lösten  den  Kalk  und  auch  die  Strontia,  welche  wahr- 
scheinlich im  Tegel  und  im  Grobkalk  selbst  als  einfach  kohlensaure 
Verbindung  fein  vertheilt  war;  zugleich  zersetzte  sich  durch  Einwir- 
kung der  Atmosphärilien  der  Eisenkies  und  es  bildete  sich  einerseits 
pseudomorphes  Brauneisenerz,  andererseits  IPSO*,  welche  sich  sogleich 
mit  dem  Ca  und  Sr  verband  und  CO 2 frei  machte.  Wegen  der  Un- 
löslichkeit des  SrSO 4 ist  es  aber  noch  wahrscheinlicher,  dass  die  Klüfte 
auf  diese  Weise  zuerst  mit  faserigem  Gyps  angefüllt  wurden,  und  dass 
erst  nach  der  Verwerfung,  welche  die  weichen  Gypsfasern  krümmen 
konnte,  SrCOz  in  Lösung  durch  die  Gypsgänge  sickerte,  und  somit 
der  Gyps  durch  wechselseitige  Zersetzung  allmälig  in  Cölestin  umge- 
wandelt wurde.  Dafür  würde  auch  der  ganze  Kalkgehalt  des  Cölestins 
sprechen. 

2.  Auswitterungen  von  Glaubersalz  und  glaubersalzhältige 
Wässer  bei  Klausenburg. 

Als  ich  im  Frühjahre  des  verflossenen  Jahres  eine  Excursion  in 

das  Kajantöer  Thal,  auf  den  Berg  Szt.  György  und  auf  die  Szenafüvek 
(Heuwiesen)  machte,  fiel  mir  an  unzähligen  Stellen,  meistens  an  kahlen 
Gehängen  und  in  Vertiefungen,  an  den  Rändern  der  vielen  Pfützen 
und  Tümpel,  ja  sogar  am  Ufer  und  an  den  Gerollen  des  Kajantöer 
Baches,  eine  rein  weisse  Salzauswitterung  auf,  aus  welcher  man  auf 
den  reichen  Salzgehalt  jener  Wässer  schliessen  kann.  Für  den  ersten 
Augenblick  ist  man  geneigt,  diese  Auswitterung  für  Kochsalz  zu  halten, 
da  thatsächlich  der  sogenannte  Salzthon,  welcher  nämlich  die  Sieben- 
bürgischen  Salzlager  in  sich  birgt,  hier  den  Grund  bildet,  und  ganz 
nahe,  bei  Szanosfalva,  wirklich  Salzquellen  vorhanden  sind.  Der 
Geschmack  des  Salzes  ist  anfangs  der  des  Kochsalzes,  doch  etwas 
kühlend,  der  Nachgeschmack  aber  ist  bitter,  wodurch  die  Möglichkeit 
des  Kochsalzes  sogleich  ausgeschlossen  wurde.  Ich  sammelte  eine 
genügende  Menge  des  Salzes,  und  indem  ich  es  zu  Hause  auskrystal- 
lisiren  liess,  bekam  ich  sehr  schöne  gelblich  durchsichtige,  flächenreiche, 
tafelige  Krystalle,  deren  grösster  3 Cm.  lang,  2 Cm.  breit  und  5 Mm. 


[5] 


Mineralogisch  - petrographische  Notizen  aus  Siebenbürgen. 


321 


dick  wurde.  An  der  Luft  verloren  die  Ivrystalle  sogleich  Krystallwasser 
und  es  bildete  sich  ein  weisser  Pulverüberzug  an  ihnen.  Der  Geschmack 
und  die  Form  dieses  Salzes  Hess  sogleich  auf  Glaubersalz  schliessen, 
was  auch  durch  eine  Analyse  bestätigt  wurde. 

Die  Form  der  Krystalle  weicht  von  den  bisher  bekannten  Formen 
des  Glaubersalzes  nicht  ab.  Es  sind  folgende  Flächen  an  ihnen  aus- 
gebildet:1) o = P (111);  o'  = — P (111);  ~ = 1liP  (112); 

= — 1/2P(112);p  = ooP(llO);  g = P°°  (011);  r‘  = — Poo  (fOl); 

Y = x/2 P°°  (102);  a = ooPoo  (100);  b = ooPoo  (010);  c = oP  (001). 

Die  Krystalle  sind  nach  den  Flächen  001  minder  oder  mehr  tafelig, 
und  die  in  der  Lösung  freistehende  Seite  stets  besser  ausgebildet. 
Die  allgemeine  Form  ist  entweder  hexagonal  tafelig  durch  proportio- 
nirte  und  herrschende  Ausbildung  der  Flächen  110  und  100,  oder  sie 
ist  eine  nach  der  Orthodiagonale  verlängerte  Tafelform. 


Die  chemische  Analyse  des  Salzes  ergab  folgendes  Resultat: 


Im  ausgeglühten  Salze  Im  Ivrystallsalze 

Krystallwasser  aus  dem 

Glühverlust  nach  zwei 

Bestimmungen  • • • • 

• 56-46 

In  0'1975  Grm.  In 

0-8565  Grm. 

CI  • • 0-0006  Grm. 

— 

0-30  Proc. 

0-13 

CaO  • — 

0-0019  Grm. 

0-22  „ 

o-io 

MgO  • — 

0-0150  „ 

1-75  „ 

0-76 

SO3  • — 

0-4789  „ 

55-92  „ 

24-35 

Na20  • — 

0-3578  „ 

41-77  „ 

18-19 

0-8536  Grm. 

99 "96  Proc. 

99‘99 

Wenn  man  aus  diesen  Bestandteilen 

die  Salze  eonstruiren  wollte. 

so  könnte  man  am  wahrscheinlichsten  folgende  Gruppirung  annehmen: 
CINa  + CaS0\2H20  + MgSO\  7IPO  + Na2SO\  10H20:  und  wenn 
man  obige  Werthe  darnach  umrechnet,  so  bekommen  wir  folgende 
Procente  dieser  Salze: 

CINa 0’22  Proc. 

CaSO\  2PPO  ■ • • • 0-13  „ 

MgSO\  7PPO  ....  3-46  „ 

Na2SO\  10H2O  • •••  91-82  „ 

wobei  noch  restiren: 

Na20  0-40  „ 

PPO 3 94  „ 

Der  Rest  des  NarO  ist  Fehler  der  Analyse,  der  Rest  des  Pl10 
aber  kommt  auf  das  durch  die  Krystalle  mechanisch  gebundene  Wasser 
(d.  i.  Einschlüsse  und  anhaftende  Feuchtigkeit). 


')  Siehe  Rammeisberg,  Handb.  d.  krystallogr.  Chemie,  pag.  84,  Fig.  97  u.  98. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1877.  4 Heft.  (Koch.)  43 


322  A-  Kocb-  [6] 

Aus  diesen  Eesultaten  geht  hervor,  dass  das  auswitternde  Salz 
unreines  Glaubersalz  sei. 

Was  die  Menge  dieses  auswitternden  Glaubersalzes  betrifft,,  so 
ist  selbe,  wenn  wir  den  grossen  Flächencomplex  betrachten,  auf  dessen 
unzähligen  Stellen  das  Salz  dicht  auszuwittern  pflegt,  sehr  bedeutend 
zu  nennen,  und  gewiss  könnte  man  an  mehreren  Stellen  durch  Graben 
eines  seichten  Brunnens  oder  eines  Beckens  das  glaubersalzhältige 
Wasser  einsammeln  und  für  Heilzwecke,  besonders  als  Bäder  benutzen. 
Sehr  wahrscheinlich  ist  auch  das  Wasser  des  Nadas-Flusses  reich  an 
Glaubersalz  und  verdankt  demselben  die  Heilwirkung,  welche  man  dem- 
selben als  Badewasser  zuschreibt. 

Was  endlich  die  Bildungsverhältnisse  dieses  Glaubersalzes 
betrifft,  so  meine  ich,  dass  es  — ausgenommen  das  CINa  — nicht 
fertig  im  neogenen  Tegel  vorkomme,  sondern  sich  allmälig  und  fort- 
während bilde.  Der  im  Tegel  fein  vertheilte  Eisenkies  und  die  mit 
den  Tegelschichten  wechsellagernde  Quarzandesittuffe  liefern  die  Haupt- 
bestandteile, die  IPSO 4 und  das  Na20 , welche  in  Folge  der  langsamen 
Zersetzung  fortwährend  frei  werden  und  sich  verbinden  müssen;  der 
CaO-,  MgO-  und  C/iVa-Gehalt  des  Tegels  aber  liefert  die  verunreini- 
genden Bestandtheile.  Jedenfalls  kann  aber  das  Glaubersalz  auch  dadurch 
entstehen,  dass  H‘1SOi , welche  durch  Zersetzung  des  Pyrites  frei  wird, 
auf  das  CINa  des  Salztegels  einwirkt  und  sich  mit  dem  Na  zu  Glau- 
bersalz verbindet.  Vielleicht  bildet  sich  auf  beiden  Wegen  fortwäh- 
rend Glaubersalz  und  ist  somit  Ursache,  warum  der  neogene  Tegel  durch 
die  Grundwässer  nicht  schon  längst  ausgelaugt  ist. 

3.  Krystallotektonik  eines  Steinsalz-Vorkommens  von 

Maros-Ujvär. 

Im  verflossenen  Jahre  erhielt  die  Mineralsammlung  des  sieben- 
bürgischen  Museum-Vereines  von  Herrn  Salinenverwalter  Franz  Juch 6 
in  Maros-Ujvär  eine  prachtvolle  Krystallgruppe  von  neugebildetem  Stein- 
salz, an  welchen  die  bisher  sogenannte  unvollständige  Ausbildung,  nach 
A.  Sadebeck1)  die  krystallotektonischen  Verhältnisse  sehr  schön  ent- 
wickelt sind.  Es  sei  mir  erlaubt,  darüber  kurz  zu  berichten. 

Diese  Krystallgruppen  bildeten  sich  an  den  Wänden  eines  alten, 
verlassenen  Schachtes,  indem  sie  die  Holzverzimmerung  überkrusteten. 
Die  Oberfläche  der  Salzkrystalle  ist  oft  durch  Eisenoxydhydrat  gelb 
gefärbt,  das  Innere  ist  aber  stets  durchscheinend,  milchweiss  gefärbt, 
und  diese  Farbe  bemerkt  man  auch  an  den  durch  Wasser  aufs  Neue 
abgeleckten  Krystallen. 

In  der  ganzen  ziemlich  grossen  Gruppe  sieht  man  keinen  einzigen 
vollständig  ausgebildeten  grösseren  Würfel,  diese  befinden  sich  alle  in 
den  Stadien  des  Aufbaues.  Die  Subindividuen  (jedenfalls  nur  zweiter 
Ordnung)  sind  ohne  Unterschied  kleine  Würfel,  und  aus  diesen  bauen 
sich  nach  bestimmtem  Gesetz  die  grösseren  unvollständigen  Würfel  auf. 


')  Siehe  in  seiner  „Angewandten  Krystallographie“  das  Capitel  über  Krystallo- 
tektonik. 


m 


Mineralogisch  - petrographische  Notizen  aus  Siebenbürgen. 


323 


Die  tektonischen  Axen,  nach  welchen  die  Subindividuen  über  einander 
gelagert  sind,  sind  die  trigonalen  Axen,  woraus  folgt,  dass  von 
einem  Mittelpunkte  ausgehend,  der  Aufbau  der  Steinsalz-Krystalle  nach 
acht  Richtungen  vorschreiten  kann,  und  alle  Fälle  dieses  Aufbaues 
wurden  durch  unsere  Krystallgruppe  prachtvoll  illustrirt.  Unter  den 
verschiedenen  Fällen  will  ich  stufenweise  vorschreitend  die  Auffallendsten 
und  Häufigsten  kurz  beschreiben. 

1.  Die  Subindividuen  sind  nach  einer  trigonalen  Axe  übereinander 
gelagert.  Dadurch  entstehen  Streitkolben- ähnliche  Gestalten,  nämlich 
ein  kürzerer  oder  längerer  gerundeter  Stiel  und  am  Ende  desselben 
anstatt  des  Knopfes  ein  gut  ausgebildeter  grösserer  Würfel  (Fig.  3). 

2.  Auf  einzelnen  Subindividuen  solcher  einfachen  Aeste,  wachsen 
Nebenäste  in  der  Weise  heraus,  dass  andere  Subindividuen  in  den 
Richtungen  der  geneigten  trigonalen  Axen  über  einander  lagern.  Dadurch 
entstehen  hübsche  verästelte  Gruppen  (Fig.  4). 

3.  Die  Subindividuen  lagern  sich  von  einem  Mittelpunkte  aus- 
gehend in  den  Richtungen  aller  4 trigonalen  Axen,  jedoch  blos  gegen 
eine  Seite  zu  über  einander,  wodurch  ein  quadratisch  trichterförmiges 
Skelett  des  Sextanten  eines  Würfels  entsteht.  Die  einzelnen  Sub- 
individuen der  vier  trigonalen  Halbaxen  senden  seitlich  gegen  einander 
abermals  Aestchen,  wodurch  auch  die  Seiten  des  quadratischen  Trichter- 
chen  ausgefüllt  werden  (Fig.  5). 

4.  Die  beschriebenen  Trichterchen  kommen  in  einander  einge- 
schachtelt vor,  wobei  die  den  Trichterchen  entsprechenden  vollständigen 
Würfel  abermals  nach  einer  seitlichen  trigonalen  Axe  aneinander  gereiht 
sind  (Fig  6). 

5.  Die  Subindividuen  lagern  sich,  ausgehend  vom  Mittelpunkte, 
in  allen  acht  Richtungen  der  trigonalen  Axen  über  einander,  und  indem 
sie  auch  seitlich  Aestchen  aussendend,  die  Ebenen  des  Axenskeletes 
ausfüllen,  entstehen  die  längst  bekannten  trichterförmig  vertieften  Würfel, 
welche  in  einer  Richtung  wieder  über  einander  gelagert  erscheinen 

(Fig-  7)- 

6.  Die  Subindividuen  bilden  nach  der  ersten  Art  über  einander 
gelagert  einen  Stiel,  aus  welchem  am  einen  Ende  seitlich  nach  drei 
Richtungen  (der  geneigten  trigonalen  Axen)  parallel  neue  Reihen  an- 
wachsen  und  sich  zu  Flächen  ergänzend,  einem  dreiblätterigen  Streit- 
kolben ähnliche  Form  hervorbringen  (Fig.  8). 

Alle  diese  sechs  Fälle  sieht  man  in  schönsten  Abänderungen  und 
Uebergängen  an  der  genannten  Steinsalz-Krystallgruppe  vertreten,  und 
bilden  selbe  insgesammt  die  auffallend  zierlichsten  Formen,  welche 
durch  eine  Gesammtabbildung  kaum  so  übersichtlich  dargestellt  werden 
könnten,  als  durch  die  isolirte  Vorführung  der  einzelnen  Fälle. 

4.  Ueher  den  Adular  von  Verespatak. 

In  der  Mineraliensammlung  des  siebenbürgischen  Museum-Vereines 
(Erdelyi  Müzeum-Egylet)  ist  das  Gold  Vorkommen  von  Verespatak  durch 
viele,  und  einige  recht  schöne  Stücke  vertreten.  Bei  der  Durchsicht, 
dieser  fielen  mir  an  vier  Exemplaren  hübsche  Adularkrystalle  auf,  und 

43* 


324 


A.  Koch. 


[8] 


besonders  an  der  Stufe  Nr.  20  fand  ich  sie  so  schön  und  die 
paragenetischen  Beziehungen  der  damit  ausgebildeten  Mineralien  so 
lehrreich  und  deutlich,  dass  ich  es  nicht  für  überflüssig  erachte,  eine 
kurze  Beschreibung  davon  zu  geben.  Ueber  den  Adular  von  Veres- 
patak  finden  wir  zwar  mehrere  Notizen  in  der  Literatur,  so  z.  B.  von 
Posepny  Q und  dann  von  Prof.  J.  Szabö *  2),  diese  aber  enthalten  zu  wenig 
auf  diese  Mittheilung  bezügliches. 

Das  Muttergestein  unserer  Goldstufe  ist  der  Quarz-Orthoklas- 
Trachyt  des  Kirnik  mit  kaolinisirter  Grundmasse  und  Ortlioklaskrystallen, 
dann  mit  grossen  Quarzdipyramiden.  Die  eine  Fläche  wird  durch  eine 
4 Mm.  dicke  Gangader  bedeckt,  deren  Ausfüllung  bilden : wasserklarer 
Bergkrystall,  milchweisser  Adular,  gelblichweisse,  kugelige  Braunspath- 
gruppen,  feinfädiges,  moos-  und  blechartiges  und  auch  theilweise  krystalli- 
sirtes  Gold  und  Pyritkryställchen  von  der  Form  °oO°o  oder  ooOco.  co  02. 

Die  an  den  1 — 2 Mm.  dicken  und  4 Mm.  breiten  Adularkrystallen 
zu  beobachtenden  Flächen  sind:  I = °°P  (110);  x — P° o (101); 
P = oP  (001);  M — “ofoo  (010).  Die  M.-Flächen  sind  sehr  unter- 
geordnet, die  x Fläche  besitzt  horizontal  parallele  Combinationsstreifen. 
Die  Krystalle  sind  mit  der  Fläche  x oder  P angewachsen  und  nach 
der  Fläche  °oPoo  (101)  parallel  in  Reihen  geordnet.  Die  Folgenreihe 
der  Ausbildung  dieser  Mineralien  ist: 

1.  Wasserhelle  Kryställchen  von  wenig  Quarz,  welche  durch  die 
übrigen  Mineralien  hindurchragen.  2.  Adular.  3.  Gerundete  Krystall- 
gruppen  von  gelblichem  Braunspath.  4.  Gold  und  Pyrit  neben  einander. 


5.  Die  Mineral-  und  Gesteins-Einschlüsse  der  Basalte  des 
Persänyer  Gebirges. 

In  den  Basaltstuffen  und  Lapilli’s  des  Repser  Schlossberges,  des 
Freythumes,  dann  der  Umgebungen  von  Heviz  und  Hidegküt,  sind  schon 
vor  längerer  Zeit  verschiedene  interessante  Mineral-  und  Gesteins-Ein- 
schlüsse aufgefallen.  Blum  beschreibt  in  Bronn’s  und  Leonhards 
Jahrb.  f.  Min.  1851,  S.  660,  einen  auffallend  grossen  Olivinkrystall  aus 
der  Umgebung  von  Reps,  welcher  sich  in  der  Mineralsammlung  der 
Universität  zu  Heidelberg  befiudet.  M.  Ackner  in  seiner  „Mineralogie 
Siebenbürgens“  erwähnt  Olivinkugeln,  an  denen  man  bis  4Q'"  grosse 
Krystallflächen  beobachten  kann,  und  zählt  aus  den  Basalttufien  des 
Repser  Freythum’s  noch  folgende  Mineralien  auf:  Leucit,  Amphibol, 
Hyalith  und  schwarze  Biotit-Täfelchen. 

G.  Tschermak  in  seinem  Werke:  „Die  Porphyrgesteine  Oester- 
reichs etc.“  S.  223  bestimmte  die  Mineralien  der  Olivinbomben,  an 
welchen  oft  noch  Schmelzrinden  und  Basaltschaum  anhaften,  als  gelbe 
Olivinkörner  und  dunkelgrünen  Bronzit. 

Fr.  Herb  ich  beschrieb  in  den  „Jahrbüchern  des  siebenb.  Mus.- 
Yereines  (Erdelyi  Müzeum-Egylet  evkönyvei)  VI  Bd.,  S.  VII,  (deutscher 


*)  Verhandl.  der  k.  k.  geol.  Reichsanst.  1875  S.  97. 

2)  Földtany  Közlöny  (Geologischer  Anzeiger)  1874  S.  210. 


[9] 


Mineralogisch -petrographische  Notizen  aus  Siebenbürgen. 


325 


Auszug)  aus  der  Umgebung  von  Heviz  und  Hidegküt  Basaltobsidian, 
d.  i.  Tachylith. 

Ich  selbst  besuchte  letztere  Orte  im  Sommer  1875  in  Gesellschaft 
des  Herrn  Prof.  G.  vom  Rath,  und  sammelte  neues  Material ; ausserdem 
stand  mir  das  durch  Hrn.  Custos  Fr.  Herbich  eingesammelte 
reiche  Material  zur  Verfügung.  Die  Untersuchung  dieses  Materiales 
führte  zu  folgenden  Resultaten. 

a)  Die  Mineralien  der  Gesteinseinschlüsse  des  Ba- 
saltes. 1.  Olivin  findet  sich  ausser  den,  unwesentlichen  Gemengtheil 
bildenden  Körnern  nach  Herbich  in  Einschlüssen  (Bomben)  bis  zu 
2 — 3'  Durchmesser.  Die  Farbe  wechselt  von  gelb  durch  alle  Grade 
des  ölgrüns  bis  zu  dunkelbraun.  Nahe  zur  Oberfläche  ist  er  gewöhnlich 
sehr  zersetzt  und  bröckelig.  In  den  Bomben  findet  er  sieb  stets  mit 
wenigen  kleinen  Körnern  eines  grasgrünen  Minerales  gemengt,  welches 
ich  für  Omphacit  bestimmte. 

In  den  Blasenräumen  des  sogleich  näher  zu  beschreibenden  derben 
Omphacits  kann  man  an  den  aufgewachsenen  Olivinkörnern  manchmal 
einzelne  kleine,  glänzende  Krystallflächen  beobachten.  Nur  an  einem, 
kaum  1 Mm.  breiten,  zur  Hälfte  angewachsenen  Kryställchen  sah  ich 
mehrere  glänzende  Flächen,  deren  Verhältniss  zu  einander  wohl  genau 
zu  entnehmen  ist,  die  Neigungswinkel  aber  nicht  gemessen  werden 
konnten.  Ich  glaube  folgende  Flächen  beobachtet  zu  haben : ooPoo  (010); 
°°P  (110);  P (111);  P°°  (011)  und  oP  (001).  Es  ist  also  wohl 
möglich,  dass  man  bei  genauer  Durchforschung  des  Grüju  Berges 
bei  Hidegküt,  von  welchem  Orte  Herr  Herbich  das  beschriebene 
Exemplar  mitbrachte,  auch  schönere  und  besser  ausgebildete  Kryställchen 
bekommen  würde. 

2.  Omphacit  kommt  in  lichter  oder  dunkler  grasgrünen, 
krystallinisch  körnigen  Stücken  bis  zur  Nussgrösse,  stets  in  Begleitung 
von  Olivinkörnern,  und  seltener  auch  mit  anderen  Mineralien  vor.  An 
den  grösseren  Stücken  kann  man  zwei  Spaltungsrichtungen  wahrnehmen, 
die  Spaltungsflächen  sind  aber  derart  uneben  und  splitterig,  dass  ich 
mittelst  Anlegegoniometer  sehr  abweichende  Winkelwerthe  bekam.  An 
Dünnschliffen  senkrecht  auf  die  beiden  Spaltungsrichtungen  aber  konnte 
ich  leicht  die  regelmässigsten  Spalten  wählen  und  mittelst  Mikrogonio- 
meter öfters  messen.  Ich  bekam  Werthe  zwischen  82  und  88°,  welche 
dem  durch  R.  v.  Dräsche1)  gefundenen  Winkelwerthe  von  87°  der 
Omphacite  von  Karlstätten  und  der  Saualpe  ziemlich  nahe  kommen. 

Das  Mineral  ist  im  Uebrigen  stark  glasglänzend,  stellenweise  zum 
Fettglanze  neigend ; der  dem  Bronzit  und  Enstatit  eigenthümliche 
seidenartige  Perlmutterglanz  und  die  welligen  Unebenheiten  der 
Spaltungsflächen  zeigen  sich  nirgends.  Härte  5'5,  Spec.  Gew.  3'25. 
Ein  dünner  Splitter  des  Minerales  schmolz  während  einer  Minute  in 
5 Mm.  Höhe  der  Gasflamme  blos  an  den  Ecken  und  Kanten,  im 
Schmelzraume  in  einer  Minute  zeigte  sich  auch  an  den  Flächen  ein 
Schmelzüberzug,  das  Korn  schmilzt  aber  nicht  zur  Perle,  bleibt  grün, 


J)  Ueber  die  mineralogische  Zusammensetzung  der  Eklogite.  Tschermak’s 
„Miner.  Mitth.“  1871  Heft  II.  S.  85—91. 


326 


A.  Koch. 


[10] 


durchsichtig  und  enthält  kleine  Bläschen.  Der  Schmelzgrad  ist  also 
2—3  nach  Prof.  Szabö’s  Schmelzprobe.  a)  Das  feine  Pulver  des  Minerales 
stand  6 Monate  lang  der  Salzsäure  ausgesetzt,  ohne  zersetzt  zu  werden, 
blos  etwas  Fe 2 O3  wurde  ausgezogen. 

Ein  Dünnschliff  gelang  auf  die  beiden  Spaltungsrichtungen  nahezu 
senkrecht.  (Siehe  Fig.  2.)  Dieser  Dünnschliff  ist  durchsichtig,  besitzt 
eine  licht  grasgrüne  Farbe;  die  eine  Spaltungsrichtung  zeigt  gerade, 
ununterbrochene  und  parallele  Spaltenlinien,  während  die  andere 
Richtung  quer  darauf  weniger  regelmässige  Linien  bildet.  Bei  Drehung 
des  unteren  Nikol’s  zeigt  sich  schwacher  Dichroismus  (bläulich-  und 
gelblich  grün)  ohne  Lichtabsorption.  Zwischen  gekreuzten  Nikols  ist 
der  Dünnschliff  stets  in  solchen  Stellungen  dunkel,  wenn  die  Spaltungs- 
richtungen quer  auf  die  Nikolschnitte  stehen,  welches  Verhalten  auf 
das  mono-  oder  triklinische  System  hinweist.  Alle  diese  Eigenschaften 
stimmen  mit  jenen  des  Omphacites  überein  und  schliessen  die  Möglich- 
keit des  Bronzites  aus. 

3.  Muscheliger  Augit  kommt  in  Gesellschaft  des  Olivin  und 
Omphacit,  in  glasig  aussehenden,  pechschwarzen  Körnern  bis  zu  nuss- 
grossen Stücken,  mit  vollkommenem  muscheligem  Bruche  vor.  Härte  6‘5, 
Spec.  3-28.  Dünne  Splitter  davon  sind  durchscheinend,  gelblich  oder 
grünlich  rauchgrau.  In  der  Gasflamme  schmolz  es  5 Mm.  hoch  in 
einer  Minute  kaum,  im  Schmelzraume  aber  während  einer  Minute  leicht 
zu  einer  bouteillegriinen,  durchscheinenden  Perle.  Salzsäure  zersetzte 
das  Pulver  auch  nach  längerem  Digeriren  nicht,  blos  wenig  Fe 2 0 3 
wurde  ausgezogen.  Ein  Dünnschliff  verhielt  sich  in  Allem  ebenso,  wie 
Augit,  zwischen  gekreuzten  Nikol’s  zeigen  sich  prachtvolle  Interferenz- 
farben. 

Aus  allem  dem  ist  es  zweifellos,  dass  wir  es  mit  muscheligem 
Augit  zu  thun  haben  und  nicht  mit  Basaltobsidian,  d.  i.  Tachylith, 
für  welchen  es  Herr  Herb  ich  hielt. 

4.  Pyrop  kommt  in  4 — 10  Mm.  im  Durchmesser  betragenden 
runden,  im  Innern  sehr  zerklüfteten  Körnern  von  schöner  blutrother 
Farbe,  in  Gesellschaft  der  obigen  Mineralien  vor.  Die  Klüfte  und 
Spalten  werden  von  gelber  oder  grüner  serpentinartiger  weicher  Sub- 
stanz erfüllt.  Dass  es  wirklich  Pyrop  sei,  dafür  sprechen  alle  Versuche, 
die  ich  anstellte.  Dünne  Splitter  schmelzen  5 Mm.  hoch  in  der  Gas- 
flamme kaum,  im  Schmelzraume  aber  blos  zu  grünlichbrauner  Schlacke, 
nicht  zur  vollständigen  Perle  (2  Schmelzgrad  Pr.  Szabö’s).  Lange 
geglüht  bekommt  man  zuletzt  eine  braune  glänzende,  undurchsichtige 
Perle.  Bis  zur  Rothgluth  erhitzt,  wird  das  Mineral  grün,  nimmt 
während  dem  Auskühlen  eine  ganz  dunkle  Farbe  an,  und  übergeht 
allmählig  wieder  in  das  Blutroth.  Mit  Borax  und  Phosphorsalz  gibt 
es  die  Reaction  auf  Chrom,  indem  die  Perle  eine  schöne  graugrüne 
Fa^-be  bekömmt. 

Andere  Mineralien  fand  ich  in  den  Einschlüssen  des  Basaltes  nicht. 


0 Ueber  eine  neue  Methode,  die  Feldspathe  auch  in  Gesteinen  zu  bestimmen. 
Budapest  1876.  S.  19. 


[11] 


Mineralogisch -petrographische  Notizen  aus  Siebenbürgen. 


327 


b)  Was  ferner  die  Association  dieser  Mineralien  betrifft,  ist  diese 
folgende: 

1.  Die  Olivinkugeln  (Bomben)  bestehen  gewöhnlich  aus  viel 
gelben,  ölgrünen  bis  grünlichbraunen  Olivinkörnern,  und  wenig  sehr 
kleinen,  grasgrünen  Omphacitkörnern,  wozu  seltener  auch  etwas 
muscheliger  Augit  hinzukommt. 

2.  Körner  von  Omphacit,  Pyrop,  Olivin  und  muscheligem  Augit 
bilden  zusammengemengt  ein  etwa  faustgrosses  Stück,  welches  Herr 
Herbich  nur  in  einem  einzigen  Exemplar  mitbrachte. 

3.  Am  häufigsten  findet  man  das  Gemenge  von  Ophacit,  Olivin  und 
muscheligem  Augit,  wobei  die  Olivinkörner  (und  zuweilen  auch  Kryställ- 
chen)  untergeordnet  sind. 

Aus  der  Gegenwart  des  Omphacites  und  des  Pyrop’s  kann 
man  schliessen,  dass  ausser  dem  Olivingestein  auch  Eklogitartige  Ge- 
steinsfragmente durch  die  Basaltlava  eingeschlossen  wurden ; was  aber 
den  muscheligen  Augit  betrifft,  ist  es  am  wahrscheinlichsten,  dass 
derselbe  sich  aus  dem  Basaltmagma  ausschied,  und  sich  zwischen  die 
Mineralien  der  eingeschlossenen  älteren  Gesteinsfragmente  hineindrängte. 
Unter  den  Olivin-,  Enstatit-  und  Bastithältigen  Gesteinen  des  Alth- 
durchbruches  ist  also  das  Vorkommen  des  Eklogites,  oder  eines 
ähnlichen  Gesteines  sehr  wahrscheinlich,  wenn  selbes  überhaupt  auf  die 
Oberfläche  gelangte,  wie  die  übrigen. 


6.  Geologische  Verhältnisse,  Gesteine  und  Mineralien  des 
Csicsöberges  im  Norden  Siebenbürgens. 

Der  im  Szolnok-Dobokaer  Comitat,  NNW.  von  Retteg  sich 
erhebende  Csicsöberg  ist  seines  rauhporösen  und  zelligen  Gesteines 
wegen,  aus  welchem  die  Bewohner  der  umliegenden  Ortschaften  ausge- 
zeichnete Mühlsteine  machen,  in  Siebenbürgen  weit  berühmt.  In 
Hauer  und  Stach e’s  „Geologie  Siebenbürgens“  sind  die  geologischen 
Verhältnisse  dieses  Berges  nach  dem  Tagebuch  von  Parts ch  kurz 
beschrieben.  Part  sch  vergleicht  das  Gestein  mit  dem  Verespataker 
Csetatye  - Gestein  und  nennt  es  einen  porösen-zelligen  Trachyt  mit 
eingesprengten,  kleinen  Quarzkörnern  und  Feldspathkryställchen.  Dr. 
Stäche  rechnet  das  Gestein  zu  den  Rhyolithen  mit  rauher,  bims- 
steinartiger Grundmasse  und  hielt  den  glasigen  rissigen  Feldspath  noch 
für  Sanidin. 

Im  vergangenen  Sommer  besuchte  ich  in  Gesellschaft  des  Herrn 
K.  Torma  diesen  Berg,  diesen  Sommer  abermals,  untersuchte  ihn  und 
sein  Gestein  eingehend  und  kam  zu  folgendem  Resultate. 

Der  Berg  erhebt  sich  nicht  aus  eocäuen  Schichten,  wie  es  die 
Uebersichtsaufnahme  Siebenbürgens  angibt,  denn  sowohl  in  dem  Csicsö- 
Györgyfalvaer,  als  auch  im  Läbfalvaer  Thale,  von  wo  aus  ich  den  Berg 
bestieg,  finden  sich  blos  neogene  Tegel-,  Sand-  und  wenig  Sandstein- 
Schichten,  und  diesen  eingelagert  grüne,  tafelig  schieferige  Trachyttuffe 
aufgeschlossen.  Selbst  die  eruptive  Masse  des  Berges  erhebt  sich  aus 


328  A.  Koch.  [12] 

der  Hülle  ähnlicher  grüner  Trachyttuffe,  welche  gegen  das  massige 
Gestein  vorherrschend  sind. 

Diesen  grünen  Trachyttuff  bezeichneten  die  Wiener  Geologen  mit 
dem  ungarischen  Namen  „Palla“  (richtig  geschrieben;  pala)  was  freilich 
hier  zu  Lande  ein  allgemeiner  Audruck  ist,  da  man  nicht  blos  dieses,  son- 
dern ein  jedes  schieferiges  Gestein  „pala“  nennt  und  damit  blos  die  Struk- 
tur bezeichnet.  Das  Verhältniss  dieses  grünen  Tuffes  zu  der  Salzformation, 
und  zu  den  neogenen  Schichten  überhaupt  haben  die  Wiener  Geologen 
richtig  hervorgehoben,  aber  die  Beziehung  zu  irgend  einem  eruptiven 
Gestein  nicht  bestimmt  ausgesprochen.  Am  Csfcsöberge  sieht  man  nun  ganz 
deutlich  und  klar,  dass  diese  Tuffe  und  der  eruptive  Trachyt  des 
Berges  zusammengehören  und  die  Produkte  gemeinsamer  submariner 
Eruptionen  sind.  Der  zeitig  poröse  verwitterte,  rhyolitische  Trachyt 
bildet  den  Kern  des  Berges,  aber  man  sieht  auch  deutlich,  dass  massige 
Lager,  oder  vielmehr  Ströme  davon  mit  Schichten  eruptiver  Breccie 
und  der  erwähnten  Tuffe  wechsellagern,  stellenweise  alle  diese  Gesteine 
durcheinander  geworfen  sind.  Der  eruptive  Trachyt  schliesst  ferner  aus 
den  ringsum  liegenden  neogenen  Schichten,  Sandstein-  und  Thonbrocken, 
ferner  auch  Stücke  seines  eigenen  Tuffes  in  grosser  Menge  ein.  Alle 
diese  Umstände  weisen  darauf  hin,  dass  wir  es  hier  mit  einem  Strato- 
Trachytvulkan  zu  thun  haben,  welcher  aus  dem  neogenen  Meere  sich 
erhebend,  lange  Zeit  hindurch  thätig  war  und  somit  in  seiner  Umgebung 
allmählig  viele  Eruptionsprodukte  zur  Ablagerung  kamen.  Solche  Trachyt- 
vulkane  mussten  entlang  dem  westlichen  Rande  des  siebenbürgischen 
Reckens  in  der  neogenen  Zeit  an  vielen  Punkten  thätig  sein,  denn 
überall  findet  man  liier  inmitten  der  neogenen  Schichten  ähnlich  zu- 
sammengesetzte Tuffe  und  Breccien  und  nicht  selten  bis  kopfgrosse, 
gerundete  Blöcke  des  Csfcsöer-Trachytes,  welche  aus  den  Trachyt- 
conglomeraten  stammen.  Ausser  dem  Csicsöberg  kenne  ich  noch  keinen 
Ort,  wo  das  eruptive  Gestein  aus  der  Hülle  seiner  deuterogenen 
Bildungen  hervortritt;  aber  zwischen  Dees  und  Klausenburg  sind  die 
Formen  der  aus  den  grünen  Tuffen  und  Breccien  bestehenden  Berge 
oft  so  auffallend,  dass  man  auf  einen  festen  Kern  schliessen  könnte. 
So  z.  B.  die  bei  Sölyomkö  sich  erhebende  steile  Kuppe  und  mehrere 
andere  gegen  Dees  zu.  In  der  nächsten  Umgebung  von  Klausenburg 
ist  der  hieher  gehörige  Trachyttuff  so  häufig,  dass  man  die  tafeligen 
Schichten  desselben  als  Baustein  gewinnt.  Weiter  am  Rande  des 
siebenbürgischen  Beckens  aber  glaube  ich  den  Sätor  Berg  bei  Sztöjka- 
falva,  den  Värhegy  bei  Mojgräd  und  den  Köveshegy  zwischen  Gyerö- 
Väsärhely  und  Kis-Kapus  hieher  rechnen  zu  können.  Am  östlichen 
Rande  des  Beckens  kenne  ich  keine  Eruptionsstelle  dieses  Trachytes ; 
aber  auch  hier  findet  man  die  grünen  Tuffe  desselben,  welche  nach 
Dr.  Herbich’s  Beobachtungen  den  neogenen  Schichten  entsprechend 
unter  den  sarmatischen  Schichten  liegen  und  älter  sind,  als  die  groben 
Breccien  und  Conglomerate  des  Hargita  Gebirges,  welche  der  sarmatischen 
und  theihveise  sogar  der  pontischen  Stufe  angehören. 

Das  geologische  Alter  der  Eruption  des  Csicsöberges  lässt  sich 
genau  bestimmen.  Südöstlich  vom  Berge  findet  man  nämlich  entlang 
des  Csicsö-Hagymäser  Baches  eine  untere  und  eine  obere  Ablagerung 


[13] 


Mineralogisch- petrograpbische  Notizen  aus  Siebenbürgen 


329 


von  diesen  grünen  Tuffen,  dazwischen  thonige  und  mergelige  Schichten 
mit  ziemlich  vielen  neogen  marinen  Versteinerungen,  von  welchen  ich 
etwa  40  Arten  genau  bestimmte  Q,  und  aus  welchen  hervorgeht,  dass 
die  Schichten  der  zweiten  mediterranen  Stufe  angehören.  Bei  Klausen- 
burg am  Berge  Höja  und  im  Bekaf  Bache  sind  die  Tuffe  zwischen 
Tegel-  und  Thonmergelschichten  gelagert,  welche  in  grosser  Menge 
Foraminiferen  des  Badener  Tegels  enthalten.  Dazu  gerechnet  die 
Beobachtungen  Dr.  Herbich’s  in  Ostsiebenbürgen,  kann  man  also 
den  Beginn  der  Eruption  dieses  Trachytes  auf  den  Anfang  der  zweiten 
mediterranen  Stufe  setzen  und  die  Dauer  der  Thätigkeit  bis  zur 
sarmatischen  Stufe  verfolgen. 

Ich  übergehe  nun  zur  Beschreibung  des  C s i c s ö - T r a chy  t e s 
und  der  darin  vorkommenden  Mineralien. 

Der  rhyolitisc.he  Trachyt  ist  grösstentheils  Beudant’s  sogenannter 
Mühlsteinporphyr  mit  der  bezeichnenden  rauhporös-  und  zellig  schlackigen 
Textur,  welche  hier  sicherlich  eine  Folge  der  Verwitterung  und  theil- 
weise  einer  Umwandlung  ist.  Es  finden  sich  aber  auch  noch  frische, 
unveränderte  Gesteinskerne  darin,  welche  den  ursprünglichen  normalen 
Zustand  des  Trachytes  anzeigen. 

Diese  frischen  Trachytkerne  haben  eine  dunkelgraue,  sehr  dichte, 
perlitisch  glänzende  Grundmasse,  aus  welcher  porphyrisch  ausgeschieden 
sind:  wasserhelle,  glasglänzende,  rissige  Feldspathkryställchen  (Andesin), 
kleinere  und  grössere  Quarzkörner  oder  auch  Krystalle,  und  glänzend 
schwarze,  oft  hexagonale  Biotitblättchen.  Der  Feldspath  ist  keineswegs 
Sanidin,  sondern  ein  der  Oligoklas-Reihe  nahe  stehender  Andesin,  die 
Prüfung  nach  Professor  Szabo’s  Methode,  eine  theilweise  quantitative 
Analyse  und  auch  die  Zersetzungsprodukte  weisen  sicher  darauf  hin. 
Das  geringe  spec.  Gew.  — 2*51 1 — des  Gesteines  weist  auf  einen 

grossen  Kieselgehalt  hin. 

Unter  dem  Mikroskop  sieht  man  bei  schwacher  Vergrösserung 
eine  wasserklare  Grundmasse  erfüllt  mit  kreisförmig  gruppirtem,  braunen 
Staube  und  welligen  schwarzen  Streifen,  welche  stellenweise  eine 
deutliche  Fluidalstruktur  erzeugen.  Bei  etwa  400facher  Vergrösserung 
löst  sich  dieser  Staub  in  dunkle  Opacitpunkte  und  Flecken,  in  trichit- 
artige  Ivrystallit  - Gebilde,  endlich  in  Luftporen  und  wurmartig  ge- 
wundene Canälchen  auf.  Im  polarisirten  Licht  zeigte  die  Basis 
Aggregatpolarisation,  indem  sie  ein  Aggregat  von  sehr  kleinen, 
abwechselnd  dunkeln  und  hellen  bläulichen  Körnern  bildet;  wirklich 
apolares  Glas  bemerkte  ich  wenig  dazwischen. 

Ausgeschieden  sieht  man  in  dieser  Basis:  d)  scharf  abgegrenzte 
Krystallschnitte  des  wasserhellen  Quarz,  b)  ebenfalls  wasserhelle,  regel- 
mässige Plagioklas-Schnitte  mit  parallelen  Spaltungsrichtungen  und  c) 
weniger  regelmässige  Biotit-Schnitte.  Magnetit  und  Amphibol  bemerkte 
ich  in  meinem  Dünnschliff  nicht. 

Das  Gestein  ist  somit  ein  Quarz-Biotit-Andesit  in  rhyoliti- 
scher  Modifikation. 


')  Das  Verzeichntes  dieser  Arten  gedenke  ich  nächstens  in  einer  besonderen 
Studie  über  die  Tertiärbildungen  Siebenbürgens  mitzutheilen. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1877.  4.  Heft.  (Koch.) 


44 


330 


A.  Koch. 


[14] 


An  den  Rändern  dieser  unveränderten,  frischen  Andesitkerne  kann 
man  stufenweise  die  einzelnen  Momente  des  Verwitterungsprocesses 
verfolgen,  in  Folge  dessen  das  Gestein  seinen  fettigen  Glanz  verlor, 
eine  hell  aschgraue,  durch  Eisenrost  gefleckte  Farbe  bekam,  und 
alltn ählig  die  rauh-poröse-zellige  Textur  erlangte.  Die  Auswitterungs- 
höhlen variiren  von  den  kleinsten  Poren  angefangen  bis  zu  faustgrossen 
Höhlungen;  am  häufigsten  sind  die  bis  haselnussgrossen  Zellen.  Die 
Zellen  und  Höhlungen  sind  erfüllt  mit  einem  rostgelben,  thonigen 
Pulver,  in  welchem  freie  Biotitblättchen,  Quarz-Kryställchen  und 
Andesi  n-Krystallgruppen  eingebettet  sind,  theilweise  aber  noch  an  den 
Wänden  der  Höhlung  haften.  Die  Wände  dieser  Höhlungen  sind  mit 
einer  dünnen  Schichte  von  traubigem,  aschgrauen  Chalcedon  oder 
Hyalit  überzogen,  und  auf  dieser  Schichte  findet  man  häufig  kleine 
Heulandit-Kryställchen  in  Gruppen  angewachsen.  Die  eingeschlossenen 
Sandsteinbrocken  sind  gewöhnlich  von  menilitischem  Opal  durch- 
drungen, die  Tegel-  und  Mergelbrocken  aber  grösstentheils  in  Horn- 
stein umgewandelt.  Endlich  findet  sich  auch  etwas  Obsidian  in 
kleinen  rissigen  Körnern  und  Adern  fest  mit  dem  Gestein  verschmolzen, 
welchen  bereits  Ackner  in  seiner  „Mineralogie  Siebenbürgens“  erwähnt. 

Ich  will  die  hier  aufgezählten  krystallisirten  Mineralien  etwas 
genauer  beschreiben. 

1.  An  des  in  in  milch  weissen  durchscheinenden,  mehr  oder  minder 
glänzenden,  tafeligen  Kryställchen  und  häufiger  noch  zu  Gruppen  ver- 
wachsen, kommt  ziemlich  häufig  in  den  Höhlungen  vor.  Die  grössten 
erreichen  bis  6 Q Mm.  Grösse,  gewöhnlich  sind  sie  aber  bedeutend 
kleiner.  Die  Flächen  sind  wohl  ausgebildet,  doch  nicht  glänzend  genug, 
um  mit  dem  Reflexionsgoniometer  gemessen  werden  zu  können.  Ich 
beobachtete  an  ihnen; 


M = 

oo  /'co 

(010); 

y 

— 2,P,o° 

(201); 

P = 

oP 

(001); 

0 

= Pr 

(111); 

T = 

oo /P 

(110); 

P 

= rP 

(in); 

l = 

° oP/ 

(HO); 

n 

= 2‘P° o 

(021); 

z = 

oo/P3 
OO  P/3 

(310); 

(310); 

e 

= 2, Po o 

(021); 

Die  Kryställchen  sind  nach  den  Flächen  M mehr  oder  minder 
tafelig  ausgebildet. 

Einfache  Krystalle  kommen  gar  nicht  vor,  blos  Zwillinge,  und 
zwar  nach  folgenden  zwei  Gesetzen  verwachsen: 

1.  Zwillingsaxe  die  Normale.  Nach  diesem  Gesetze  entstehen  den 
Karlsbader  Zwillingen  ähnliche  Verwachsungen.  Kommt  sehr  häufig  vor. 

2.  Zwillingsfläche  il/,  Zwillingsaxe  die  Normale  darauf.  Nach 
diesem  Gestze  sind  die  Krystalle  polysynthetisch  verwachsen,  was  sich 
durch  parallele  Riefen  auf  der  Fläche  P verräth. 

Behufs  einer  chemischen  Analyse  wurden  möglichst  reine  Kryställ- 
chen genommen,  wobei  aber  doch  nicht  vermieden  werden  konnte,  dass 


[15] 


Mineralogisch  - petrographische  Notizen  ans  Siebenbürgen. 


331 


etwas  Quarz  eingewachsen  mitanalysirt  wurde.  03651  Gr.  davon  ergab 
folgendes  Resultat: 

0 


SiO 2 

• 61-62 

32-86 

Al2Üz 

• 25-47 

11-87 

CaO 

• 5 72 

2-491 

Na20  (Differenz) 

• 6-31 

1 *63  J 

Glühverlust  • • • 

• 0-88 

0 Proportion 

SiO 2 : 

ACO* 

: BO 

8-56  : 

3 

: 102 

4.12 


Unser  Feldspath  steht  also  sehr  nahe  der  Zusammensetzung  des 
typischen  Andesins,  indem  die  grössere  Menge  der  SiO2,  wie  erwähnt, 
wahrscheinlich  von  etwas  freiem  Quarze  herrührt. 

Das  spec.  Gewicht  konnte  der  geringen  Menge  wegen  nicht  genau 
ermittelt  werden. 

2.  Der  Quarz  kommt  in  ringsum  ausgebildeten  Kryställchen  vor, 
an  welchen  ausser  den  Flächen  P untergeordnet  auch  °oP  entwickelt 
ist.  Die  Krystalle  sind  trübe,  milchweiss,  durchscheinend,  rissig ; die 
Kanten  sind  zwar  etwas  gerundet,  aber  nicht  in  dem  Maasse,  wie  jene 
des  Verespataker  Kirnik-Trachytes.  Es  finden  sich  aber  auch  ganz 
durchsichtige,  wasserhelle  oder  gelbliche,  scharfkantige  Kryställchen. 
Die  grössten  erreichen  die  Höhe  von  5 Mm.  bei  einer  Breite  von  4 Mm. 

3.  Heulandit  kommt  in  höchstens  1 Kub.  Mm.  grossen 
Kryställchen  vor,  welche  durchscheinend  sind,  stark  glänzende  Flächen 
und  eine  bläulich  oder  grünlich  graue  Farbe  besitzen.  Oft  sieht  man 
den  Perlmutterglanz  der  Flächen  ooPoo  (010).  Bei  schwachem  Drucke 
theilen  sich  die  Kryställchen  nach  ooPoo  (010)  in  dünne  Blätter.  In 
der  Gasflamme  wurden  sie  nahe  der  Rothglühhitze  dunkel,  bei  stärkerem 
Erhitzen  blätterten  sie  sich  und  blähten  sich  stark  auf,  schmolzen  zu 
einem  weissen  Email,  nach  längerem  Erhitzen  aber  zur  durchsichtigen 
Perle,  wobei  die  Flamme  die  röthlichgelbe  Farbe  des  Ca  zeigte.  An 
den  Kryställchen  beobachtete  ich  folgende  Flächen: 

P — oP  (001);  N — ooPjo  (100); 

M = ooPoo  (010);  T — P°o  (101); 

s — 2P  (221). 

Nach  allem  dem  glaube  ich  das  Mineral  sicher  erkannt  zu  haben. 
Ausser  den  Kryställchen  sieht  man  auch  graugelbliche,  brombeeren- 
ähnliche Kügelchen  einzeln  aufgewachsen,  welche  ebenfalls  demselben 
Zeolithe  angehören  dürften. 


Aus  dem  Vorkommen  dieser  Mineralien  lässt  sich  nun  bestimmt 
behaupten,  dass  der  rauhporöse-zellige  Quarzandesit  diese  Textur  nur 
in  Folge  der  Verwitterung  erlangte  und  diese  sich  nicht  schon  bei  der 
Erstarrung  bildete.  Der  Verwitterungsakt  wirkte  am  meisten  an  solchen 
Stellen,  wo  der  Andesit  und  Quarz  in  grösseren  Krystallen  und  am 
dichtesten  ausgeschieden  war.  Die  felsitisclie  Grundmasse  sammt  den 

44* 


332 


A.  Koch 


[16] 


kleineren  Andesinkryställchen  wurden  allmählig  zersetzt  und  in  Folge 
dessen  wurde  einerseits  freie  SiO 2 in  Form  von  Chalcedon  und  Hyalith 
ausgeschieden,  welche  die  Wände  der  Höhlungen  bekleidete  und  die 
Einschlüsse  durchdrang;  andererseits  wurde  ein  Kalkzeolith  abgesetzt 
und  es  blieb  Kaolin  mit  Eisenoxydhydrat  zurück,  welche  jetzt  die  Höh- 
lungen locker  ausfüllen,  und  in  welchen  jetzt  die  von  der  Verwitterung 
verschonten  Quarz-  und  Andesinkrystalle  frei  eingebettet  sind  oder 
hineinragen. 


Was  die  mineralische  Zusammensetzung  der  mit  diesen  rhyolithi- 
schen  Quarzandesiten  verbundenen  grünen  Tuffe  anbelangt,  so  bestehen 
diese,  wo  immer  ich  sie  bisher  untersuchte,  aus  eckigen  Bruchstücken 
von  herrschendem  Quarz,  untergeordneten  Andesin  und  häufigen  kleinen 
schwarzen  Biotitblättchen,  welche  in  einer  grünlichen,  bläulichen  oder 
auch  weisslich  grauen,  kaolinartigen  Grundmasse  eingebettet  sind.  Herr 
Herbich  brachte  aus  dem  Persänyer  Gebirge  solche  Quarzandesittuffe, 
in  welchen  man  spärlich  ganz  kleine  Sphaerulitkügelchen  bemerkt,  und 
welche  analysirt  bei  72 °/0  SiO2  Gehalt  ergaben.  Wahrscheinlich  sind 
alle  diese  Tuffe  so  sauer,  worauf  auch  schon  das  auffallend  geringe 
Gewicht  des  Gesteines  hinweist. 

Bemerkenswerth  ist  noch,  dass  sowohl  in  diesen  Quarzandesit- 
Tuffeu  selbst,  als  auch  in  den  Contaktschichten,  besonders  im  neogenen 
Sandstein,  die  sicheren  Spuren  von  SiO2  Ausscheidung  sich  zeigen, 
indem  die  Tuffe  oft  grössere  Nester  von  Menilith  und  Hyalith  enthalten, 
der  neogene  Sandstein  aber,  auch  in  der  Nähe  Klausenburg,  bis  2—3' 
weit  weg  von  amorpher  SiO2  durchdrungen,  also  opalisirt  wurde.  Es 
ist  kaum  zu  bezweifeln,  dass  der  sich  fortwährend  zersetzende  Andesin 
des  Tuffes  die  SiO2  liefert.  Dieser  opalisirte  Sandstein  diente  dem 
prähistorischen  Menschen  des  nordw.  Siebenbürgens  als  Werkzeugsmate- 
rial,  indem  in  den  Koloser  und  Szoluok-Dobokaer  Comitaten  eine  grosse 
Menge  Messer  und  Splitter  davon,  mit  geschliffenen  Steinwerkzeugen 
zusammen  gefunden  werden. 


7.  Ueber  den  Eläolith  und  Sodalith  von  Ditrö. 

Im  Sommer  1875  besuchte  ich  in  Gesellschaft  des  Herrn  Professors 
G.  vom  Rath  den  durch  seine  prachtvollen  Gesteine  wohlbekannten 
Syenitstock  von  Ditrö,  und  sammelte  unter  Andern  bis  faustgrosse 
Eläolithbrocken.  Zugleich  beobachteten  wir  Q,  dass  Eläolith  und 
Sodalith  in  den  dortigen  Gesteinen  sich  gewissermassen  ergänzen, 
indem  der  Eläolith  in  grosser  Menge  allein  den  Hauptgemengtheil  des 
Miascites  oder  Eläolith- Syenites,  der  Sodalith  aber  neben  Eläolith  den- 
selben des  Ditroites  (Sodalith-Syenit)  bilden,  in  welch’  Letzterem  je 
mehr  Sodalith  vorhanden  ist,  desto  weniger  Eläolith  und  umgekehrt. 


')  Siehe  6.  vom  Rath:  Das  Syenitgebirge  von  Ditro.  e.  c.  1.  Zwei  Vorträge. 
Sitzungsberichte  d.  nied.-rhein.  Ges.  f.  N.  u.  H.  Kunde.  Jahrg.  1875.  Sep.  Abdr.  p.  6- 


Mineralogisch  - petrographische  Notizen  aus  Siebenbürgen. 


333 


Wir  sammelten  auch  solche  Diorite,  in  welchen  die  grauen  oder  grün- 
lichen Eläolith-Ausscheidungen  durch  blauen  Sodalith  umrandet  oder 
eingefasst  sind.  Aus  diesen  Umständen  schlossen  wir,  dass  der  Soda- 
lith ein  Umwandlungsprodukt  des  Eläolithes  sei,  hervorgebracht  durch 
Einwirkung  CUVa-hältiger  Lösungen,  ebenso  wie  Cancrinit,  es  ist  hervor- 
gebracht durch  die  Einwirkung  GaüfU-hältiger  Lösungen.  Wenn  dieser 
Schluss  richtig  ist,  so  muss  die  chemische  Zusammensetzung  des 
Eläolithes,  Sodalith’s  und  Cancrinit’s  von  Ditro  nahe  übereinstimmend 
sein.  Indem  ich  die  vorhandenen  Analysen  dieser  drei  Mineralien 
zusammenstellte,  zeigte  es  sich,  dass  jene  des  Sodalith’s  und  Cancrinit’s 
wirklich  nahe  übereinstimmen,  die  des  Eläolith’s  aber  sehr  abweicht. 


Sodalith. 

Eläolith. 

Cancrinit. 

Analys. 

v.  Fleischer.1) 

Analys.  v.  Fellner2) 

Anal.  v.  Tschermak3) 

SiCP  ■ 

38-66 

52-71 

37-2 

APO 3 

31-81 

27’64  (Spur. 

v.  FeO)  30-3 

CaO  • 

0’95 

1-79 

5-1 

MgO 

— 

0-06 

— 

Na20 

13-281 

11-221 

Na 

3-97  18-93  UR20)  — 16.07 

17-4 

K20 

104) 

4 85) 

H20 

2-36 

1-99 

4-0 

CI  . 

6-08 

— 

— 

CO'2 

— 

— 

5-2 

Spec. 

Gew.  • 

2-324 

2-582 

2-42 

Nach  Fellners  Analyse  stimmt  die  Zusammensetzung  des  Eläolithes 
mit  keiner  der  bekannten  Nepheline,  da  wegen  dem  grossen  &‘02-Gehalt 
die  O-Proportion  = 1:3:  6'55  ist,  während  jene  der  Nepheline  blos 
1 : 3 4'5  ist.  Fellner  nimmt  daher  an,  dass  der  Eläolith  von  Ditro 
nicht  rein  sei,  sondern  ein  Gemenge  aus  Nephelin  normaler  Zusammen- 
setzung und  aus  dem,  im  Ditröer  Miascite  enthaltenen  Oligoklas  sei, 
und  berechnet  aus  den  O-Proportionen,  dass  beide  Mineralien  zu 
gleichen  Theilen  im  Eläolithe  enthalten  sind.  Er  weist  ferner  durch 
Analyse  und  Berechnung  nach,  dass  zwischen  Oligoklas  und  Eläolith 
alle  möglichen  Gemengsübergänge  vorhanden  seien. 

Wenn  dies  der  Fall  ist,  dann  muss  man  diese  Vermengung  auch 
unter  dem  Mikroscope  wahrnehmen  können.  Ich  stellte  Dünnschliffe 
aus  dem  möglichst  reinsten  Eläolithe  her,  welcher  aus  der  Mitte  eiues 
nussgrossen  Stückes  genommen  wurde.  Dieser  war  grünlich-  bis 
bläulichgrau,  uneben  bis  splitterig  im  Bruche,  fettglänzend.  Stellenweise 
sah  man  das  Flimmern  von  winzigen  Spaltungsflächen  und  hie  und  da 
auch  Einschlüsse  von  schwarzen,  glänzenden  Biotitschüppchen.  Die  Härte 
beträgt  nicht  ganz  6,  indem  es  das  Glas  ritzte,  den  Adular  aber  nicht, 


')  Abhand.  d.  ungar.  Akad.  d.  Wissv  1876,  VII  Bd.  Nr.  I.  (Ertekezesek  e.  c.  1). 
Deutsch  publiz.  in  Prof.  G.  vom  Ratb’s.  „Das  Syenitgebirge  von  Ditro  e.  c.  1.“ 
Sep.  Abr.  S.  6. 

2)  Verhandl.  d.  k.  k.  g.  Reicksanst.  1867.  S.  170. 

®)  Sitzungsber.  d.  k.  k.  Akademie  d.  Wiss.  Wien.  Bd.  44.  Abth.  2.  S.  134 — -136. 


A.  Koch. 


334 


[18] 


Spec.  Gew.  2’583.  Ich  muss  noch  erwähnen,  dass  auch  Rosenbusch  x) 
den  Eläolith  von  Ditrö  mikroskopisch  untersuchte. 

Bei  30facher  Vergrösserung  bemerkt  man  zweierlei  Substanzen 
im  Dünnschliffe  (Fig.  9),  eine  durch  unregelmässige  Sprünge  in 
rundlichen  Feldern  getheilte  wasserhelle  Substanz  mit  wenigen  Ein- 
schlüssen, und  eine  gelbliche,  durchscheinende  Substanz,  erfüllt  mit 
feinen  staubförmigen  Einschlüssen,  und  durchzogen  von  regelmässigen 
Spalten,  welche  man  für  Spaltungsrichtungen  nehmen  darf.  Die  wasser- 
helle Substanz  ist  gegen  die  Letztere  sehr  untergeordnet  und  füllt  blos 
die  Zwischenräume  derselben  aus.  Die  mit  feinem  Staube  erfüllte 
gelbliche  Substanz  bildet  im  Allgemeinen  Schnittformen,  welche  auf 
Prismen  schliessen  lassen,  grenzt  sich  ziemlich  scharf  von  der  wasser- 
hellen Substanz  ab  und  fällt  besonders  durch  die  regelmässigen 
Spaltungsrichtuugen  auf,  welche  quer  durch  die  Prismenschnitte  gehen 
und  sich  niemals  in  die  wasserhelle  Substanz  fortsetzen.  Es  ist  kaum 
zu  bezweifeln,  dass  man  es  hier  mit  den  Längsschnitten  des  krystalli- 
sirten  Nephelin  zu  thun  habe,  und  selten  kann  man  sogar  an  den 
Endigungen  einzelner  besser  abgegränzten  Prismen  schnitten,  obgleich 
nur  gerundet  und  verwischt,  die  Spuren  von  P ( L 1 1)  und  oP  (001) 
beobachten.  (Siehe  die  Abbild.  9.)  Auch  das  Verhalten  im  polarisirten 
Lichte  weist  mit  Bestimmtheit  auf  Nephelin,  dessen  Schnitte  dann 
besonders  scharf  hervortreten.  Das  wasserhelle  Mineral  zeigt  lebhafte 
Interferenzfarben,  der  Nephelin  erscheint  blos  im  lichter  oder  dunkler 
blauen  Lichte,  bei  Dunkelstellung  aber  fallen  die  Prismenschnitte  alle 
nach  ihrer  Längenaxe  mit  einem  der  Nikolschnitte  zusammen.  Einzelne 
Felder  des  wasserhellen  Minerales  zeigen  gewöhnlich  blos  eine  Inter- 
ferenzfarbe, nur  hie  und  da  bemerkte  ich  auch  einige  von  synthetischer 
Zwillingsbildung  herrührende  gebänderte  Felder.  Da  wegen  geringerer 
Härte  des  Eläolithes  der  Quarz  ausgeschlossen  ist,  kann  das  wasserhelle 
Mineral  blos  Feldspath  sein,  herrschend  wahrscheinlich  eher  Orthoklas, 
als  Plagioklas. 

Die  feinen  staubförmigen  Einschlüsse  der  Nephelin-  und  der 
Feldspathsubstanz  wurden  bei  350facher  Vergrösserung  untersucht.  Es 
zeigten  sich  da,  in  beiden  gleich,  unregelmässig  begrenzte  Höhlungen, 
Luftporen  und  wurmartig  gewundene  Canälchen,  untergeordnet  auch 
dunkle  Opacitkörner.  Bei  GOOfacher  Vergrösserung  endlich  bemerkte 
ich  ziemlich  häufig  Flüssigkeitseinschlüsse  mit  beweglicher  Libelle, 
welche  auch  Zirkel*  2)  in  Eläolithen  anderer  Fundorte  gefunden  hat.  Die 
auffallenden  Einschlüsse  des  Biotit  zeigen  sich  schon  bei  sehr  schwacher 
Vergrösserung  und  sind  selbe  gewöhnlich  in  der  Nephelinsubstanz, 
obgleich  sie  seltener  auch  in  der  Feldspathsubstanz  nicht  fehlen.  Zirkel 
fand  in  den  norwegischen  Eläolithen  Partikelchen  und  Kryställchen  von 
Amphibol  eingeschlossen  und  schreibt  diesen  die  Ursache  des  eigen- 
thümlichen  fettähnlichen  Glanzes  der  Eläolithe  zu.  Im  Eläolith  von 


r)  Mikroskopische  Physiographie  der  petrographisch  wichtigsten  Mineralien. 
1873.  S.  233. 

2)  Die  mikroskopische  Beschaffenheit  der  Mineralien  und  Gesteine.  1873. 

S.  146. 


[19] 


Mineralogisch- petrographisclie  Notizen  aus  Siebenbürgen 


335 


Ditrö  kann  vielleicht  die  Verwachsung  des  Nephelins  mit  Feldspath- 
substanz,  dann  die  vielen  staubartigen  Einschlüsse  im  Nephelin  die 
Ursache  davon  sein,  da  die  Biotit-Einschlüsse  sehr  untergeordnet  sind. 

Die  Folgerung  Fellner’s  also,  dass  im  Ditröer  Eläolithe  Feld- 
spathsubstanz  mit  Nephelin  gemengt  sei,  ist  wirklich  richtig;  nur  dass 
der  von  mir  untersuchte  Eläolith  viel  weniger  Feldspath  enthält,  als 
jener  durch  Fellner  analysirte,  folglich  ist  mein  Material  jedenfalls 
reiner  und  muss  der  Zusammensetzung  des  reinen  Nephelines  näher 
stehen. 

Eine  von  mir  durchgeführte  theilweise  Analyse  bezeugt  dies  zur 
Genüge.  Die  Aufschliessung  des  Eläolithes  geschah  blos  durch  Salz- 
säure, wodurch  die  Feldspathsubstanz  wahrscheinlich  zur  SiO 2 kam  und 
dessen  Menge  vermehrte.  Aber  trotz  diesem  verfehlten  Verfahren 
bekam  ich  bedeutend  weniger  SiO 2 als  Fellner,  welches  beweist,  wie 
unrein  das  Material  Fellner’s  gewesen  sein  mag.  Ich  bemerke  noch, 
dass  die  Alkalien  direkte  nicht  bestimmt  worden,  folglich  die  Differenz 
auf  sie  bezogen  wird.  Das  Resultat  dieser  Analyse  ist: 


0 


SiO 2 

43*20 

23  04 

Äl2Oz 

3F00 

14*45 

CaO 

1 10 

0-31) 

MgO 

0-48 

0-19J 

Alkalien  (Differenz) 

22-23 

5*74 

Glühverlust  • • • 

1-99 

100-00 

0.  Proportion  = 1 : 2 32  : 3-7. 

Dieses  Ergebniss  steht  also  bedeutend  näher  zur  Zusammensetzung 
des  reinen  Nephelines,  wegen  Unvollständigkeit  der  Analyse  aber  ist 
es  nicht  geeignet,  die  Frage  zu  entscheiden,  ob  der  Sodalith  aus  dem 
Eläolith  hervorgegangen  sei,  und  leider  konnte  ich  noch  nicht  dazu 
kommen,  eine  neue  vollständige  Analyse  vorzunehmen. 

Zugleich  untersuchte  ich  Dünnschliffe  von  S o d a 1 i th  (Fig.  10.) 
um  mich  zu  überzeugen,  ob  die  mikroskopische  Zusammensetzung  keinen 
Aufschluss  in  Betreff'  dieser  Frage  gibt.  Auch  die  reinsten  Stellen  des 
Sodalith  sind  voll  von  Interpositionen.  Er  behält  an  den  dünnsten 
Stellen  noch  die  Spur  seiner  blauen  Farbe  und  grenzt  sich  scharf,  aber 
unregelmässig  ausgezackt,  gegen  die  grauliche  Feldspathsubstanz  ab, 
zwischen  welche  der  Sodalith  eingebettet  ist.  Eine  Substanz  greift  in 
die  andere  tief  hinein,  doch  wird  auch  die  Feldspathsubstanz  oft  in 
Kryställchen  oder  krystallinischen  Körnern  durch  den  Sodalith  einge- 
schlossen. Die  Feldspathsubstanz  bestellt  vorherrschend  aus  kleineren 
Plagioklas- Kryställchen,  welche  wirr  neben  und  durcheinander  liegen 
und  im  polar.  Lichte  durch  ihre  bunten  Zwillingsstreifen  auffallen  ; es 
zeigen  sich  aber  auch  einfach  gefärbte  Schnitte,  welche  auf  Orthoklas 
hinweisen.  Der  Sodalith  verhaltet  sich  zwischen  gekreuzten  Nikol’s  in 
allen  Stellungen  dunkel. 


336 


A.  Koch. 


[20] 


Ausser  den  Feldspatheinschlüssen  kommen  Biotit-Einschlüsse  in 
Form  von  grösseren  oder  kleineren,  oft  winzigen  Fetzen,  in  solcher 
Menge  vor,  dass  man  kaum  eine  kleine  Stelle  ohne  Biotit  finden  kann. 
Man  sieht  ferner  feine,  unregelmässige  Risse  und  bei  oberer  Beleuchtung 
weisse,  wolkige  Flecken.  Letztere  erweisen  sich  bei  350-  und  600faeher 
Vergrösserung  ganz  als  dieselben  Gebilde,  welche  im  Nephelin  erwähnt 
worden  sind,  nämlich  als  Höhlungen,  Luftbläschen,  Canälchen  und 
Flüssigkeitseinschlüsse. 

Auf  Grund  der  mikroskopischen  Untersuchung  ist  es  also  wohl 
möglich,  dass  der  Sodalith  wirklich  aus  dem  Eläolith  entstand;  beide 
aber  ursprünglich  vielleicht  Plagioklas  waren,  dessen  SiO 2 Ueberschuss 
(gegen  Eläolith  und  Sodalith)  mit  ZrO2  und  TiO 2 zu  Zirkon  und 
Titanit  sich  vereinigte.  Eine  neue  sorgfältige  Analyse  des  Eläolithes 
dürfte  diese  Fragen  gewiss  noch  entscheiden. 


IV.  Untersuchung  der  Lithionglimmer  von  Paris,  Rozena 

und  Zinnwald. 


Von  Dr.  Fritz  Berwertli. 

Die  lithiumführenden  Glimmer  sind  wiederholt  Gegenstand  der 
chemischen  Analyse  gewesen.  Zu  einem  übereinstimmenden  Resultate 
haben  aber  alle  angestellten  Untersuchungen  bisher  nicht  geführt, 
obgleich  Analytiker,  aus  deren  Händen  nur  anerkannt  gute  Arbeiten 
hervorgegangen  sind,  Mühe  und  Fleiss  auf  die  Feststellung  der  rich- 
tigen Zusammensetzung  der  Lithionglimmer  verwendet  haben.  Nach 
Klaproth  wurde  durch  Ch.  Gmelin,  Turner,  Kralovanzky, 
R e g n a u 1 1,  in  R o s e’s  Laboratorium  durch  Lohmayer  und  Ros a- 
les,  Stein  und  in  neuerer  Zeit  durch  Rammeisberg  und  Co o per 
in  Bunsen's  Laboratorium  die  Lösung  dieser  Aufgabe  versucht.  Die 
Differenzen,  welche  in  den  älteren  Analysen  in  der  Kieselsäure,  Thon- 
erde und  dem  Eisengehalte  hervortraten,  scheinen  durch  die  neueren 
Arbeiten  zu  schwinden,  während  in  den  Angaben  über  den  Gehalt  der 
Alkalien  insbesondere  den  des  Lithiums  und  zum  Theile  den  des  Fluor 
noch  wesentliche  Abweichungen  bestehen,  welche  Differenzen  auf  den 
Mangel  guter  Trennungsmethoden  zurückzuführen  sind,  an  welchem 
Mangel  in  erster  Reihe}  die  Lithiumbestimmung  in  erheblicher  Weise 
leidet.  Ich  habe  das  Lithium  als  phosphorsaures  Salz  abgeschieden, 
da  nach  einer  Prüfung  vonJTFr  esenius  diese  Methode  brauchbare 
Resultate  liefert  und  den  Methoden,  das  Lithium  als  kohlensaures  oder 
schwefelsaures  Salz  und  der  indirecten  Methode  zu  bestimmen,  vorzu- 
ziehen ist.  Mit  welchen  Mitteln  den  für  eine  quantitative  Bestimmung 
nachtheiligen  Eigenschaften  des  phosphorsaurenl  Lithrms  begegnet 
wird  und  welche  Vorsicht  bei  der  Wahl  der  Reagentien  übt  werden 
muss,  will  ich  bei  der  Darstellung  des  experimentellen  Tb  eiles  aus- 
führen. Bis  dass  vollkommene  Methoden  gefunden  werden,  zählen 
die  Lithionglimmer  daher  auch  fernerhin  zu  den  schwierig  zerlegbaren 
Silicaten. 

Auch  diesesmal  verdanke  ich  der  Güte  des  Herrn  Prof.  E.  Lud- 
wig die  Begünstigung,  die  Untersuchung  dieser  Glimmer  in  seinem 

Mineralogische  Mittheilungen.  1877.  4.  Heft.  (Berwerth.)  45 


338 


Fritz  Berwerth. 


[2] 


Laboratorium  ausführen  zu  können.  Das  Material,  welches  mit  grosser 
Sorgfalt  ausgesucht  und  auf  seine  Reinheit  geprüft  war,  wurde  mir  von 
Herrn  Prof.  G.  Tschermak,  der  mich  zu  dieser  Arbeit  veranlasste, 
übergeben. 


Angewandte  Methoden. 

Gmelin  Ch.,  Gilb.  Ann.  IV.  371.  1820. 

dto.  dto.  Pogg.  „ III.  43.  1825. 

dto.  dto.  „ „ VI.  215.  1826. 

Hagen  Robert,  Pogg.  Ann.  XLVIII.  361.  1839. 

Rosales  (II.  Rose),  Pogg.  Ann.  LVIII.  154.  1843. 

Rammeisberg,  Pogg.  Ann.  LXXXV.  544.  1852. 
dto.  „ „ LXXXIX.  144.  1853. 

Diehl  K.,  Ann.  d.  Chem.  u.  Pharm.  CXXI.  Januar-Heft.  93.  1862. 

Fresenius  R.,  Zeitschr.  f.  analyt.  Chem.  I.  42.  1862. 

Schrötter,  Sitz.-Ber.  d.  W.  Ak.  2.  Abth.  L.  Juli  1864. 

Da  das  Lithium  wegen  seines  niederen  Atomgewichtes  die  che- 
mische Formel  sehr  beeinflusst,  so  ist  die  möglichst  genaue  Bestimmung 
desselben  in  allen  seinen  Verbindungen  der  wichtigste  Theil  solcher 
Analysen,  somit  auch  im  gegenwärtigen  Falle.  Ich  halte  es  daher  für 
empfehlenswerth,  die  angewandten  Methoden  etwas  eingehender,  als 
sonst  üblich,  darzulegen. 

Die  Trennung  der  Alkalien  von  der  Kieselsäure,  Thonerde  und 
dem  Eisengehalte  wurde  auf  drei  verschiedenen  Wegen  versucht.  Zwei- 
mal wurde  mit  über  permangansaures  Kali  destillirter  Flusssäure  auf- 
geschlossen, das  drittemal  mit  kohlensaurem  Natron-Kali;  in  der  alka- 
lischen Aufschliessung  sollte  nur  das  Lithium  gewonnen  werden.  Bei 
sämmtlichen  Analysen  kamen  nur  Platin-  und  Glasgefässe  in  An- 
wendung. 

I.  In  der  ersten  flusssauren  Aufschliessung  (Glimmer  von  Maine) 
wurde  zur  Entfernung  der  Schwefelsäure,  Thonerde  und  der  Eisen- 
spuren aus  der  salzsauren  Lösung  Baryt  angewendet,  um  die  Alkalien 
nach  der  allgemein  gebräuchlichen  Methode  auszuscheiden.  Nachdem 
der  Barytniederschlag,  bei  welchem  sich  auch  der  überschüssige,  mit 
kohlensaurem  Ammon  gefällte  Baryt  befand,  mit  einer  für  gewöhnlich 
genügenden  Menge  heissen  Wassers  durch  Decantation  und  am  Filter 
ausgewaschen  worden  war,  hielt  ich  es  für  gut,  die  ausgewaschenen 
Baryt niederschläge  auf  allenfalls  von  ihnen  zurückgehaltenes  Lithium 
vor  dem  Spectralapparat  zu  prüfen,  dessen  Flammenreaction  im  Spec- 
troskop  bekanntlich  bis  auf  eine  Spur  von  9/i,0oo*ooo  Milligr.  erkennbar 
ist.  Als  ich  zu  diesem  Versuche  auf  einem  dünnen  Platindraht  eine 
Spur  des  Barytniederschlages  in  die  Bunsen’sche  Flamme  brachte, 
wurde  zu  meiner  Ueberraschung  der  ganze  Mantelsaum  der  Flamme 
roth  gefärbt.  Statt  der  vermutheten  erst  spectroskopisch  erkennbaren 
Spur  von  Lithium  war  bei  dem  Barytniederschlage  nach  Massgabe  der 
energischen  Reaction  ein  Rest  von  Chlorlithium  zurückgeblieben,  dessen 
Menge  die  erlaubten  Fehlergrenzen  gewiss  überschritt.  Die  Auswaschung 


Untersuchung  der  Lithionglimmer  von  Paris,  Rozena  u.  Zinnwald.  339 


mit  heissem  Wasser  wurde  hierauf  wieder  begonnen  und  in  längeren 
Pausen  der  Niederschlag  auf  die  Anwesenheit  des  Lithium  geprüft.  Als 
nach  mehrtägigem  fortgesetzten  Aufgiessen  von  heissem  Wasser  die 
Lithiumreaction  im  Barytniederschlage  nicht  schwächer  wurde  — es 
waren  circa  20  Liter  Waschwasser  zum  Durchlauf  gebracht  worden  — 
stellte  ich  den  Versuch,  das  Chlorlithium  aus  dem  Barytniederschlage 
mittelst  Wasser  auszusaugen,  als  erfolglos  ein.  Die  gleichen  Erfah- 
rungen hatte  auch  Dielil  gemacht.  — Abgesehen  von  den  nachthei- 
ligen Folgen  so  bedeutender  Quantitäten  Wasser  für  die  Analyse,  waren 
die  Abdampfungsrückstände  während  der  mehrere  Tage  dauernden 
Abdampfung  in  der  Laboratorium-Atmosphäre  sehr  unrein  geworden. 
Ich  gab  daher  nach  der  gemachten  Erfahrung  die  weitere  Ausführung 
dieser  Analyse  auf  und  stellte  die  Alkalien  nach  Vertreibung  des  Chlor- 
ammoniums zur  späteren  Prüfung  auf  Rubidium  und  Cäsium  bei  Seite. 
— Während  der  Prüfung  des  Barytniederschlages  im  Spectroskop 
erschienen  auch  die  Kaliumlinien  mit  schwacher  Intensität  regelmässig, 
welche  bei  dem  fortgesetzten  Waschen  immer  rascher  aus  dem  Gesichts- 
felde schwanden;  sie  blieben  aber  nie  ganz  aus. 

Die  gemachten  Beobachtungen  ergeben  nun  als  Richtschnur  für 
zukünftige  Arbeiten,  dass  bei  der  Analyse  der  Lithionglimmer  und  über- 
haupt lithiumhaltiger  Minerale  der  Baryt  als  Reagens  auszuschliessen 
ist,  sobald  an  die  Lithiumbestimmung  strenge  Anforderungen  gestellt 
werden. 

II.  Zum  audernmale  wurde  in  der  salzsauren  Lösung  des  durch 
Flusssäure  aufgeschlossenen  Minerals  die  Thonerde  und  das  Eisen  durch 
Ammon,  Mangan  durch  Schwefelammon,  die  äusserst  geringen  Spuren 
von  Kalk  und  Magnesia  durch  oxals.  Ammon  und  Quecksilberoxyd 
gefällt.  Diese  Methode  hat  sich  zur  vollständigen  Gewinnung  der  Alka- 
lien, als  die  am  meisten  empfehlenswerthe  gezeigt;  ein  Verlust  an 
Lithium  war  während  der  Analyse  nicht  zu  constatiren.  Vorsorge  muss 
nur  bei  der  Fällung  der  Thonerde  getroffen  werden,  da  dieselbe  bei 
dem  Ausfällen  ebenfalls  Lithium  mit  niederreisst,  also  zu  ihm  ein  ana- 
loges Verhalten  zeigt,  wie  zur  Magnesia.  Ich  fand,  dass  bei  viermal 
wiederholter  Auflösung  und  Fällung  derselben  im  vierten  Niederschlage 
sich  vor  dem  Spectroskop  nur  eine  ganz  schwache  Spur  zu  erkennen 
gibt  und  dass  nach  einer  fünften  Auflösung  und  Ausfällung  aus  diesem 
Niederschlage  die  letzte  Spur  des  Lithium  verschwunden  ist.  Dieses 
Verhalten  der  Thonerde  und  des  Lithiums  fand  ich  in  vier  Fällen 
constant. 

Die  Alkalien  wurden  als  Chloride  gewogen.  Die  Ueberführung 
derselben  in  ein  anderes  Salz  erwies  sich  als  überflüssig,  da  ich  be- 
weisen konnte,  dass  bei  gut  angewandten  Vorsichtsmassregeln  eine 
Gewichtzunahme  durch  Anziehen  von  Luftfeuchtigkeit,  welche  Eigen- 
schaft das  Lithium  vorzüglich  besitzt,  nicht  zu  befürchten  ist.  Diesem 
Uebelstande  beugte  ich  vor,  indem  der  noch  heisse  Tiegel  mit  den 
Alkalien  in  ein  getrocknetes,  im  Exsiccator  aufbewahrtes,  luftdicht  ver- 
schlossenes Glasfläschchen  mit  weiter  Halsöffnung  gestellt  und  sammt 
demselben  gewogen  wurde.  Ich  habe  gefunden,  dass  die  Chloralkalien, 
auf  diese  Weise  geschützt,  während  mehrerer  Stunden  keine  Gewicht- 

45* 


340 


Fritz  Berwertli. 


[4] 


Zunahme  erfahren,  man  also  nach  der  gewohnheitsmässigen  halbstündigen 
Abkühlungszeit  bei  der  Waage  keinen  Fehler  macht.  Zweimal  wog  ich 
die  Chloralkalien  vierundzwanzig  Stunden  nach  der  Erhitzung,  und  ich 
fand,  dass  im  gleichen  Zeiträume  die  Gewichtzunahme  bis  in  die  vierte 
Decimale  gleich  war.  Den  Unterschied  im  Gewicht  bei  einer  Wägung 
nach  V211  und  nach  24h  zeigen  folgende  Zahlen: 

a/2h  nach  dem  Glühen  gewogen  = 182-5825  Gr. 

24h  „ „ „ „ = 182-584 1 „ 

Die  Gewichtvermehrung  betrug  nach  24h  somit  0"0022  Gr.  Nahm 
ich  die  Wägung  zwei  bis  drei  Stunden  nach  dem  Glühen  vor,  so  war 
eine  Zunahme  an  Gewicht  nicht  zu  erweisen.  Aus  dem  Vorstehenden 
erhellt,  dass  das  Chlorlithium  bei  Abhaltung  des  Luftzutrittes  sich  zur 
Wägung  eignet. 

Nachdem  in  der  stark  eingeengten  Auflösung  der  Chloralkalien 
das  Kalium  mit  Platinchlorid  niedergeschlagen  worden,  zeigte  es  sich, 
dass  der  Kalium-Platinniederschlag  lithiumhaltig  war.  Eine  Gewinnung 
des  Lithiums  daraus  wurde  aber  nicht  versucht.  Im  Filtrate  des 
Kalium-Platinchlorids  wurde  das  überschüssige  Platinchlorid  mittelst 
Wasserstoffgas  reducirt,  vom  Platin  abfiltrirt  und  in  dieser  Flüssigkeit 
nach  Zusatz  von  wenig  Aetznatron  das  Lithium  mit  phosphorsaurem 
Natron  gefällt. 

Im  Nachstehenden  übergebe  ich  einige  Beobachtungen,  die  ich 
bei  der  Ausführung  von  fünf  Lithiumbestimmungen  machte,  und  sehe 
ich  in  der  Mittheilung  derselben  einen  kleinen  Beitrag  über  das  Ver- 
halten der  Löslichkeit  des  phosphorsauren  Lithium.  Wenn  die  zur 
Fällung  vorbereitete  Flüssigkeit  mit  phosphorsaurem  Natron  versetzt 
wurde,  zeigte  sich  in  derselben  vorerst  keine  Veränderung.  Erst  nach 
geraumer  Zeit  trat  während  der  Abdampfung  auf  dem  Wasserbade  all- 
mälig  Trübung  ein,  welcher  rasch  eine  bockige  Abscheidung  des  phos- 
phorsauren Lithium  folgte.  Es  wurde  immer  zur  Trockne  eingedampft, 
die  rückständige  Salzmasse  mit  einer  Mischung,  zu  gleichen  Theilen 
aus  Ammoniak  und  Wasser  bestehend,  übergossen  und  zur  Abschei- 
dung des  Niederschlages  zwölf  Stunden  stehen  gelassen.  Der  jedesmal 
flockig  ausgeschiedene  Niederschlag  wurde  auf  dem  Filter  mit  Ammoniak- 
wasser ausgewaschen.  Diese  ganze  Operation  musste  noch  zweimal 
wiederholt  werden  und  es  stellte  sich  in  den  successive  abgeschiedenen 
Portionen  die  Löslichkeit  des  phosphorsauren  Lithiums  folgender- 
massen  dar: 


1.  Ausfällung  = 0-0503  Gr.  P2053Li20.‘ 


2.  „ = 00148 

3.  „ = 0-0052 


n 

v 


Im  vierten  Filtrate  war,  nachdem  es  wie  oben  angegeben  behandelt 
worden,  nur  eine  sehr  schwache  Trübung  wahrzunehmen. 

Bei  der  zweiten  Aufschliessung  des  Glimmer  von  Paris  fand  ich 
das  phosphorsaure  Lithium  schon  nach  zwei  Abdampfungen  gänzlich 
ausgeschieden,  und  zwar  in  folgendem  Verhältnisse: 

1.  Ausfällung  = 0-0799  Gr.  P2055Z?20. 

2.  - 0-0122  „ 


Untersuchung  der  Lithionglimmer  von  Paris,  Rozena  u.  Zinnwald. 


341 


Die  Prüfung  des  dritten  Filtrates  auf  P20b3Li20  gab  ein  nega- 
tives Resultat. 

In  der  Aufschliessung  des  Zinnwaldit  geschah  die  Ausfällung 
wieder  in  drei  Portionen,  und  zwar  in  folgendem  auffälligen  Ver- 
hältnisse  * 

1.  Ausfällung  = O0634  Gr.  P20b3Li20. 

2.  „ = 0-0149  „ 

3.  „ = 0 0151  „ 

Man  sieht  aus  dieser  Zahlenreihe,  dass  aus  dem  zweiten  Filtrate 
etwas  mehr  als  die  Hälfte  der  ganzen  Menge  P20b3Li20  in  das 
dritte  Filtrat  übergegangen  ist.  Diese  Anomalie  kehrte  auch  bei  der 
Ausfällung  des  Lithium  im  Roznaer  Glimmer  wieder.  Die  einzelnen 
Portionen  schieden  sich  nicht  annähernd  im  Sinne  einer  bestimmten 
Proportion  ab.  Diese  Unregelmässigkeit  in  der  Löslichkeit  dürfte 
ausser  in  der  Temperatur  in  der  verschiedenen  Menge  des  zugegebenen 
Natronsalzes  zu  suchen  sein.  In  den  zwei  Aufschliessungen  des  Glim- 
mer von  Rozena  summirte  sich  die  Gesammtmenge  des  P20b3Li20 
aus  folgenden  Portionen: 

A.  B. 

1.  Ausfällung  = 0-1202  Gr.  0T060  Gr.  P20b3Li20. 

2.  u.  3.  „ = 0-0394  „ 0-0122  „ 

4.  „ = 0-0136  „ 0-0671  „ 

5.  „ - - 0-0109  „ 

Unter  fünf  Fällen  verhielt  sich  die  Löslichkeit  des  phosphorsauren 
Lithium  nur  zweimal  gesetzmässig  zu  der  Anzahl  der  Fällungen,  wäh- 
rend in  den  drei  anderen  die  Abscheidung  des  Niederschlages  gegen 
die  Regel  stattfand.  Aus  den  gefundenen  Thatsachen  geht  für  jetzt 
so  viel  hervor,  dass  eine  Prüfung  auf  gelöstes  phosphorsaures  Lithium 
im  vierten,  eventuell  auch  fünften  Filtrate  vorzunehmen  ist. 

III.  Um  das  Lithium  ohne  Verlust  in  der  fällbaren  Lösung  zu 
erhalten,  wurde  ein  dritter  Versuch  angestellt.  Hierbei  wurde  mit 
lithiumfreiem  kohlensaurem  Natron-Kali  aufgeschlossen.  Die  mit  Wasser 
aufgeweichte  Schmelze  wurde  ausgewaschen  und  der  Rückstand  auf 
das  Filter  gebracht.  In  diesem  Rückstände  waren  nach  zwölfmaligem 
Aufgiessen  von  Wasser  noch  immer  Spuren  von  Lithium  zurückge- 
blieben. Im  Filtrate  wurde  die  Thonerde  mit  Ammoniak  gefällt  und 
bis  zur  Erhaltung  der  Alkalien  wie  im  Falle  II.  verfahren.  — Die 
trockenen  Chloralkalien  wurden  in  ein  Kölbchen  gebracht  und  mit 
absolutem  Alkohol  digerirt.  Der  Alkohol,  an  dessen  Stelle  ich  zum 
Schlüsse  Aether-Alkohol  anwendete,  wurde  zur  Digestion  oft  erneuert. 
Die  zusammengegossenen  Filtrate  wurden  abgedampft  und  in  der  wäs- 
serigen, alkalisch  gemachten  Lösung  wie  früher  das  Lithium  gefällt. 
Während  der  Auslaugung  der  Alkalien  mit  Alkohol  brachte  ich  von 
Zeit  zu  Zeit  eine  Probe  derselben  vor  das  Spectroskop,  in  welchem 
die  Lithiumlinie  aber  immer  ungeschwächt  auftrat.  Da  das  Chlor- 
lithium selbst  nach  einer  langwierigen  Digestion  durch  einfache  Lösung 
von  dem  Chlorkalium  und  Chlornatrium  nicht  zu  trennen  war,  kann 
ich  die  hierbei  erhaltene  Lithiummenge  nicht  in  Rechnung  stellen.  — 
Dieser  Versuch  wurde  einmal  am  Glimmer  von  Rozena  gemacht. 


342 


Fritz  Berwerth. 


[6] 


IV.  In  der  Mittheilung  der  Analyse  des  Glimmers  von  Juschakowa 
macht  H.  Rose  die  Bemerkung,  dass  das  Natron  in  den  Lithionglim- 
mern ganz  gewiss  in  vielen  Fällen  übersehen  worden  sei.  Es  wird 
nachher  aber  nicht  angegeben,  ob  Rosales,  welcher  diese  Ana- 
lyse ausführte,  das  Natron  auch  wirklich  in  irgend  einer  Form  zur 
Controle  gewogen  hat.  Ich  wage  es  zu  behaupten,  dass  in  vielen  Ana- 
lysen der  Natrongebalt  verschwinden  würde,  wenn  man  versucht,  den- 
selben direct  nachzuweisen.  Besonders  Baryt  schleicht  sich  sehr  leicht 
in  die  Lösung  der  Alkalien,  unter  denen  er  dann  unbemerkt  mittelst 
Differenz  für  Natron  genommen  wird. 

Im  Glimmer  von  Rozena  habe  ich  einmal  versucht,  das  Natrium  im 
Falle  seiner  Anwesenheit  direct  nachzuweisen.  Durch  die  wirkliche 
Bestimmung  desselben  konnte  ich  ja  auch  das  Resultat  der  Lithium- 
bestimmung controliren.  Zu  diesem  Behufe  setzte  ich  zu  der  Lösung,  in 
welcher  ich  das  Natrium  bestimmen  sollte,  einige  Tropfen  Schwefelsäure. 
Hierbei  erhielt  ich  einen  Niederschlag  von  schwefelsaurem  Baryt,  dessen 
Gewicht  0‘0105  Gr.  betrug.  Ich  brachte  diesen  Niederschlag,  auf  Chlor- 
baryum  umgerechnet,  von  der  Gesammtmenge  der  Alkalien  in  Abzug. 
Im  Filtrate  dieses  Niederschlages  konnte  ich  nunmehr  O’OOIO  Gr.  Rück- 
stand wägen,  welche  Menge  nach  einer  so  langwierigen  Arbeit  nicht 
als  positives  Resultat  genommen  werden  kann.  Indem  hiermit  die  Ab- 
wesenheit des  Natron  im  Lepidolith  von  Rozena  constatirt  ist,  gewinnt 
zugleich  die  Lithiumbestimmung  einen  Beweis  mehr  für  ihre  Richtig- 
keit. Wird  nämlich  nach  der  Abscheidung  des  Kalium  der  ganze  Rest 
des  Chloralkalis  auf  Lithion  gerechnet,  so  ergeben  sich  daraus  6*0 6°/0, 
während  aus  dem  gewogenen  phosphorsauren  Lithium  sich  6*16°/0 
ergeben.  Die  gute  Uebereinstimmung  dieser  Zahlen  erhöht  den  Werth 
der  Lithionbestimmung. 

V.  Auf  die  Fluorbestimmung  wurde  ebenfalls  grosse  Sorgfalt  ver- 
wendet. So  oft  ich  an  einem  und  demselben  Mineral  die  Fluorbestim- 
mung wiederholt  habe,  sind  die  Resultate  immer  gut  übereinstimmend 
ausgefallen,  und  ist  die  Verlässlichkeit  der  angewandten  Methode  (Ber- 
zelius-Rose),  welche  ich  kurz  angebe,  durch  verschiedene  Versuche 
im  Laboratorium  bestätigt  worden.  Nachdem  mit  kohlensaurem  Natron- 
Kali  aufgeschlossen,  die  alkalische  Schmelze  mit  Wasser  aufgeweicht 
und  gut  ausgewaschen  war,  wurde  das  Filtrat  mit  kohlensaurem  Ammon 
versetzt  und  auf  dem  Wasserbade  so  lange  abgedampft,  bis  dass  letzteres 
ganz  verflüchtigt  war.  Der  Niederschlag  wurde  abfiltrirt  und  zum  Fil- 
trate in  einem  Becherglase  Chlorcalcium  zugegeben.  Nach  zwölf  Stunden 
brachte  ich  den  Niederschlag  auf  das  Filter,  glühte  denselben  nachher 
und  übergoss  ihn  dann  mit  Essigsäure.  Nach  vollständiger  Eindampfung 
wurde  der  essigsaure  Kalk  in  Wasser  gelöst  und  das  Fluorcalcium  als 
Rückstand  erhalten. 

VI.  Zur  Bestimmung  der  Kieselsäure,  der  Erden  und  Metalloxyde 
dienten  die  heute  allgemein  angewandten  Methoden.  Bei  dem  Zinn- 
waldit  wurde  einmal  Thonerde  und  Eisenoxyd  vom  Mangan  mit  bern- 
steinsaurem Natron  getrennt. 


Unsersuchung  der  Lithionglimmer  von  Paris,  Rozena  u.  Zinnwald.  343 


YII.  Das  Wasser  wurde  nach  E.  Ludwig’s  Methode  durch  Auf- 
schliessen  mit  entwässertem  kohlensaurem  Natron-Kali  im  ausgebauchten 
Platinrohre  bestimmt.  (Tschermak,  Mineral.  Mitth.  V.  213.  1875.) 


Lepiclolitli  von  Paris,  Maine,  N.  Am. 

Der  Lepidolith  von  Paris  unterscheidet  sich  vom  Rozenaer  Vor- 
kommen bloss  durch  ein  grösseres  Korn  und  seine  schöne  Lilafarbe, 
welche  bei  dem  Glimmer  von  Rozena  eine  Nuance  mehr  in  das  rothe 
hesitzt.  Sonst  gleicht  er  in  seinem  übrigen  Verhalten  vollkommen  dem 
Lepidolith  von  Rozena. 

Das  Endresultat  der  Untersuchung  habe  ich  aus  folgenden  Zahlen 
erhalten : 

Fluor  bestimm  ung:  09735  Gr.  Subst.  bei  105°  C.  getrockn. 
gaben  01030  Gr.  Fluorcalcium,  welche  entsprechen  0-05017  Gr.  Fluor. 

Aufschliessung  mit  hohlensaurem  Natron -Kali: 
D0275  Gr.  Subst.  bei  105°  C.  getr.  gaben  0-5178  Gr.  Kieselsäure  und 
0-2897  Gr.  Thonerde. 

Aufschliessung  mit  Flusssäure:  1)  0'8769  Gr.  Subst. 
gaben  0-3555  Gr.  Cliloralkalien.  Erhalten  wurden  aus  denselben 
0.5800  Gr.  Kalium -Platinchlorid,  welche  entsprechen  0-1769  Gr.  Chlor- 
kaliuni oder  0-1116  Gr.  Kali.  — Basisch  phosphorsaures  Lithium 
wurden  erhalten  0"0703  Gr.,  welche  entsprechen  0-0774  Chlorlithium 
oder  0-0273  Gr.  Lithion  in  Procenten  gleich  3-11.  Dieses  Resultat 
stelle  ich  weiter  unten  nicht  in  Rechnung,  da  ich  mit  der  grössten 
Wahrscheinlichkeit  vermuthe,  bei  der  Analyse  einen  Verlust  erlitten 
zu  haben.  — 2)  Aus  0-7029  Gr.  Subst.  erhielt  ich  0-2834  Gr.  Chlor- 
alkalien, daraus  wurden  gefällt  0-4365  Gr.  Kalium-Platinchlorid,  welche 
entsprechen  0-1332  Gr.  Chlorkalium  oder  0-0840  Gr.  Kali.  — 0-0921  Gr. 
phosphorsaures  Lithium  entsprechen  0-035728  Gr.  Lithion. 

Resultat  in  Procenten  ausgedrückt: 

I.  II.  Mittelwerthe : 


Fluor  .... 

• 515 

— 

5-15 

Kieselsäure 

• 50-39 

— 

50-39 

Thonerde  • • 

• 28-19 

— 

28-19 

Manganoxydul 

— 

— 

Sp. 

Kali  .... 

• 12-73 

11-95 

12-34 

Lithion  • • • 

— 

5-08 

5-08 

Wasser  • • • 

. — 

2-36 

2-36 

103-51 

Dem  Fluor  äquiv.  Sauerstoffmenge  2"  17 

101-34 

Das  spec.  Gew.  mit  1-5883  Gr.  Substanz  in  Körnern  bestimmt, 
ist  gleich  2'8546.  Im  Spectroskop  war  neben  Rubidium  das  Cäsium 
besonders  schön  zu  erkennen. 


344 


Fritz  Berwerth. 


[8] 


Lcpidolitli  Ton  Rozena  in  Mähren. 

Crell’s  Ann.  II.  196.  1791. 

Klaproth,  Beitr.  I.  279.  II.  191. 

Gmelin  Cb.,  Schweigg.  J.  XXX.  173.  1820. 

Kralovanzky,  „ „ LIV.  230.  1828. 

Regnault,  J.  f.  pr.  Ch.  XVII.  488.  1839. 

Rammeisberg,  Pogg.  Ann.  LXXXI.  39.  1850. 

Cooper,  „ „ CXIII.  343.  1861. 

Reuter,  Rammelsb.  Min.  Chem.  II.  Aufl.  521.  1875. 

In  Verwendung  kamen  sehr  frische  Partien  von  einem  Block, 
welcher  eigens  zu  diesem  Zwecke  an  Ort  und  Stelle  ausgesucht  worden 
war.  Das  Verhalten  dieses  Lepidolith  vor  dem  Löthrohre,  gegen  Säu- 
ren, seiner  Schmelzbarkeit  ist  in  den  älteren  Arbeiten  wiederholt  mit- 
getheilt  und  müsste  ich  das  Bekannte  darüber  nur  wieder  bestätigen. 
Die  Ergebnisse  der  Analyse  sind: 

Fluorbestimmung:  0-8853  Gr.  Subst.  bei  105°  C.  getrocknet 
gaben  04440  Gr.  Fluorcalcium,  welche  entsprechen  0’0702  Gr.  Fluor. 
Von  dieser  Menge  Fluor  müssen  0-0004  Gr.  Phosphorsäure  abgezogen 
werden. 

A u f s c h 1 i e s s u n g mit  kohlensaurem  Natron-Kali: 

1.  P4310  Gr.  Subst.  bei  105°  C.  getr.  gaben  04360  Kieselsäure  und 
04047  Gr.  Thonerde. 

2.  1-017  Gr.  Subst.  gaben  0-5140  Gr.  Kieselsäure  und  0-2778  Gr. 
Thonerde  (kleine  Thonerde  fehlt). 

3.  D4310  Gr.  Subst.  gaben  04732  phosphorsaures  Lithium, 
welche  entsprechen  0-077188  Lithion  und  gleich  4-7O°/0  sind.  Da 
besonders  durch  Zurückhalten  des  Chlorlithiums  bei  dem  Chlorkalium 
und  Chlornatrium  Verlust  eingetreten  ist,  benütze  ich  dieses  Resul- 
tat nicht. 

4.  0-9512  Gr.  Subst.  bei  105°  C.  getr.  gaben  0-0091  Gr.  Wasser. 

Au fs chliessug  durch  Flusssäure:  1.  Zur  Controle  meiner 
Lithiumbestimmung  übernahm  es  gütigst  Herr  L.  Sipocz,  eine  Auf- 
schliessung zu  machen,  bei  welcher  er  aus  1-2432  Gr.  Subst.  04796  Gr. 
phosphorsaures  Lithium  erhielt,  welche  entsprechen  0D69672  Gr. 
Lithion. 

2.  1-2357  Gr.  Subst.  bei  105VC.  getr.^gaben  0-4336  Gr.  Chlor- 
alkalien. Kaliumplatinchlorid  wurden  erhalten  0-6926  Gr.,  welche  ent- 
sprechen 0-2113  Gr.  Chlorkalium  oder  04332  Gr.  Kali.  Als  phos- 
phorsaures Lithium  wurden  0-1962  Gr.  gefällt,  welche  entsprechen 
0-0761118  Gr.  Lithion. 

Bei  einer  Probe  auf  Eisenoxydul  wurden  erhalten  0-002733  Gr. 


Untersuchung  der  Lithionglimmer  von  Paris,  RoZena  u.  Zinnwald.  345 


Resultat  in  Procenten 

ausgedrückt: 

I. 

II. 

Mittelwerthe : 

Phosphorsäure  . . 

. 0-05 

— 

0-05 

Proc. 

Fluor  

7-88 

— 

7-88 

Kieselsäure  . . . 

. 51-43 

50-54 

50-98 

Thonerde  . . . 

. 28-28 

27-32 

27-80 

Eisenoxydul  . . . 

. 005 

— 

0-05 

Manganoxydul  . . 

Sp. 

— 

Sp. 

Kali 

— 

10-78 

10-78 

Lithion  .... 

5-60  (Sipöcz) 

6-16 

5-88 

r> 

Wasser  .... 

. 0-96 

— 

0-96 

104-38 

Dem  Fluor  aequiv.  Sauerstoffmenge  3-32 

101-06 


Das  spec.  Gewicht  wurde  im  Pyknometer  mit  Anwendung  von 
1-5547  Gr.  körniger  Subst.  gleich  2‘834  gefunden. 

Nach  Cooper  enthält  der  Rozenaer  Glimmer  0-24 °/0  Rubidium- 
oxyd und  sind  dieselben  bei  dem  Kali  in  Rechnung  zu  bringen.  Neben 
dem  Rubidium  zeigte  sich  im  Spektroscop  auch  das  Cäsium. 

Zinnwaldit  von  Zinnwald  in  Böhmen. 

Klaproth,  Beitr.  V.  64. 

Gmelin,  Ch.  Gilb.  Ann.  LXIV.  371.  1820. 

Turner,  Edinb.  J.  Sei.  III.  vj.  61. 

Lohmayer,  Pogg.  Ann.  LXI.  377.  1844. 

Stein,  Rammelsb.  Min.  Chem.  I.  Aufl.  663.  1860. 

Rammeisberg,  Pogg.  Ann.  LXXXI.  43.  1850. 

Das  Material  für  diese  Analyse  war  einer  Druse  entnommen, 
deren  Krystalle  fächerförmig  gruppirt  und  durcheinander  gewachsen 
waren.  Die  einzeln  geprüften  Blättchen  waren  von  braunem  Aussehen 
und  besassen  hohen  Glanz.  Das  physikalische  Verhalten  dieses  Glimmers 
ist  nachzusehen  bei  Tschermak:  Die  Glimmergruppe  I.  Th.  Sitz.- 
Ber.  d.  Wiener  Ak.  Bd.  LXXVI.  Juli-Heft.  31.  1877. 

Das  Endergebniss  ergiebt  sich  aus  folgenden  Zahlen: 

Fluor bestimmung:  1.  ,0-9501  Gr.  Subst.  bei  105°  C.  getr. 
gaben  Fluorcalcium  0-1618  Gr.,  woraus  sich  0-0788  Gr.  Fluor  be- 
rechnen. Abzuziehen  sind  0-00045  Gr.  Phosphorsäure. 

2.  0"7396  Gr.  Subst.  gaben  0-1179  Gr.  Fluorcalcium,  welche  ent- 
sprechen 0-0574  Gr.  Fluor.  Hievon  sind  abzuziehen  0"0009  Gr.  Phos- 
phorsäure. 

A u f s c h 1 i e s s u n g mit  kohlensaurem  Natron-Kali: 
1.  0-9768  Gr.  Subst.  gaben  0-4484  Gr.  Kieselsäure  und  0"2062  Gr. 
Thonerde. 

2.  0"9885  Gr.  Subst.  gaben  0*4535  Gr.  Kieselsäure  und  0-2372 
Gr.  Thonerde,  0*1342  Gr.  Eisenoxyd  und  0-0193  Gr.  Manganoxydul. 

3.  0-6640  Gr.  Subst.  bei  105°  C.  getr.  gaben  0-0063  Gr. 
Wasser. 


Mineralogische  Mittheilungen.  1877.  4.  Heft.  (Berwerth.) 


46 


346 


Fritz  Berwerth. 


[10] 


Eisenoxydulbestimmung:  1.  0'6696  Gr.  Subst.  im  zuge- 
schmolzenen Glasrohr  mit  Schwefelsäure  und  Flusssäure  aufgeschlossen 
verbrauchten  6*4  Cc.  Chamaeleon  (1  Cc.  Cham,  entsprach  0-0091 125Gr. 
Eisen),  welche  entsprechen  0-05832  Gr.  Eisen  oder  0-07498  Gr.  Eisen- 
oxydul. 

2.  0-5064  Gr.  aufgeschlossene  Subst.  verbrauchten  5*2  Ccm. 
Chamaeleon  entsprechend  0-060923  Gr.  Eisenoxydul. 

Flusssaure  Aufschliessung.  1*1046  Gr.  Subst.  bei  105°  C. 
getrocknet  gaben  0*2950  Gr.  Chlor- Alkalien,  aus  welchen  0-6012  Gr. 
Kaliumplatinchlorid  abgeschieden  wurden,  entsprechend  0-1834  Gr. 
Chlorkalium  oder  0-1156  Gr.  Kali.  Erhalten  wurden  0*0934  Gr. 
phosphorsaures  Lithium  entsprechend  0*10265  Gr.  Chlorlithium  oder 
0-03623  Gr.  Lithion.  Aus  der  Differenz  ergeben  sich  für  das  Chlor- 
natrium 0-0090  Gr.,  welche  0-0047  Gr.  Natron  entsprechen. 

Resultat  in  Procenten  ausgedrückt: 


I. 

II. 

Mittelwerthe 

Phosphorsäure 

. . . 0-05 

0-12 

0-08 

Fluor  . . . 

. . . 8-24 

7-64 

7-94 

Kieselsäure  . 

. . . 45-90 

45*84 

45*87 

Thonerde  . . 

. . . 21-11 

23-89 

22-50 

Eisenoxyd 

. . . — 

— 

0-66 

Eisenoxydul  . 

. . . 11-20 

12-03 

11*61 

Manganoxydul 

. . . — 

1*75 

1*75 

Kali  . . . 

. . . — 

10*46 

10*46 

Natron  . . . 

— 

0*42 

0*42 

Lithion  . . 

— 

3*28 

3-28 

Wasser  . . 

. . . 

0*91 

0-91 

105*48 

Dem 

Fluor  aequiv. 

Sauerstoft'menge 

3-34 

102*14 

Aus  zwei  Versuchen  ergab  sich  das  spec.  Gew.  mit  0-6823  Gr. 
und  F1202  Gr.  Subst.  im  Pyknometer  bestimmt  zu  2-987  und  2'956 
also  im  Mittel  2 97 15. 

Das  Rubidium  ebenso  auch  Cäsium  wurden  im  Spektroskop  sehr 
deutlich  erkannt,  während  ich  Thallium  in  keinem  der  drei  untersuchten 
Glimmer  habe  entdecken  können. 


V.  Ueber  den  Milarit. 

Von  E.  Ludwig. 

Der  Milarit  ist  bis  jetzt  nur  zweimal  analysirt  worden,  zuerst 
von  Frenzei1),  bald  darauf  von  Finken  er2);  die  beiden  Analysen 
haben  zu  folgenden  Zahlen  geführt: 


Frenzei 

Finkener 

Kieselsäure 

. . 71-12 

70-04  Procent 

Thonerde  . 

. . 8-45 

11-62  „ 

Kalk  . . 

. . 11-27 

10'05  „ 

Magnesia  . 

. . — 

0-20  „ 

Kali  . . 

. . — 

5-74  „ 

Natron  . . 

. . 7-61 

0-65  „ 

Wasser 

. . 1-55 

1-69 

100-00 

99-99 

Diese  Resultate  weichen  so  bedeutend  von  einander  ab,  dass 
durch  dieselben  die  Zusammensetzung  des  Milarits  nicht  festgestellt 
ist,  ja,  wenn  man  die  Zahlen  ins  Auge  fasst,  welche  die  zwei  Analysen 
für  die  Alkalien  ergaben,  so  kann  man  sich  kaum  des  Gedankens  er- 
wehren, die  beiden  Forscher  haben  zwei  verschiedene  Minerale  der 
Analyse  unterzogen. 

Es  ist  klar,  dass  bei  dieser  Sachlage  eine  Wiederholung  der 
Analyse  des  Milarits  unbedingt  nothwendig  war  und  dieselbe  wäre 
gewiss  schon  von  irgend  einer  Seite  erfolgt,  wenn  dieses  Mineral  wegen 
seines  seltenen  Vorkommens  nicht  so  schwierig  zu  beschaffen  wäre. 
Das  mineralog.  Univ.-Institut  und  das  Hofmineralien-Cabinet  haben 
eine  neue  Analyse  ermöglicht,  indem  die  Herren  Prof.  Tschermak 


’)  Jahrbuch  für  Mineralogie  1873,  Pag.  797. 

2)  Jahrbuch  für  Mineralogie  1874,  Pag.  61. 

46* 


348  E-  Ludwig.  [2] 

und  Dr.  Brezina  mit  dankenswerther  Bereitwilligkeit  mich  in  den 
Besitz  ausreichenden  Materiales  setzten. 

Ich  erhielt  ungefähr  2 Grm.  wohl  ausgebildeter,  vollkommen 
durchsichtiger  Milaritkrystalle,  die  auf  das  sorgfältigste  ausgelesen 
waren;  mit  diesem  Materiale  habe  ich  nun  die  im  folgenden  zu  be- 
schreibende Untersuchung  vorgenommen. 

Die  Bestimmung  des  specifischen  Gewichtes  ergab  mir  (bei  Ver- 
wendung von  1*8215  Grm.  Milarit)  2*5529,  Frenzei  hat  2*59, 
Finken  er  2*5  gefunden. 

Bei  der  qualitativen  Analyse  wurden  folgende  Bestandteile  ge- 
funden: Kieselsäure,  Thonerde,  Kalk,  Magnesia,  Kali,  Natron  und 
Wasser.  Magnesia  und  Natron  sind  in  so  geringen  Mengen  vorhanden, 
dass  eine  quantitative  Bestimmung  derselben  nicht  ausführbar  war, 
ich  begnügte  mich  daher  mit  dem  qualitativen  Nachweise  derselben. 

Ueber  das  Verhalten  des  Milarits  habe  ich  folgende  Beobachtun- 
gen gemacht:  Der  Milarit  gibt  beim  Glühen  Wasser  ab  und  zwar 
geht  dieses  Wasser  schon  vollständig  fort,  wenn  man  das  feingepul- 
verte Mineral  im  Platintiegel  mit  der  Flamme  eines  Bunsen’schen 
Gasbrenners  während  einer  halben  Stunde  erhitzt,  dabei  sintert  die 
Masse  ganz  wenig;  erhitzt  man  nun  weiter  im  Gebläsefeuer,  so  erfolgt 
keine  nennenswerthe  Gewichtsabnahme  mehr,  es  tritt  aber  jetzt  voll- 
ständige Schmelzung  ein  und  wenn  man  nach  dem  Schmelzen  allmählig 
erkalten  lässt,  so  erhält  man  eine  durchsichtige,  farblose,  glasartige 
Masse,  die  durch  Salzsäure  nicht  vollständig  aufgeschlossen  wird. 
Concentrirte  wässrige  Flusssäure  schliesst  den  feingepulverten  Milarit 
bei  Wasserbadwärme  in  ganz  kurzer  Zeit  vollständig  auf. 

Die  quantitative  Analyse  ergab  folgende  Resultate: 

I.  0*7775  Grm.  Milarit  mit  kohlensaurem  Natron-Kali  auf- 
geschlossen (nach  dem  von  L.  Sipöcz1)  beschriebenen  Verfahren  zur 
Bestimmung  des  Wassers  in  Silicaten),  lieferten  0*0105  Grm.  Wasser, 
0*5586  Grm.  Kieselsäure,  0*0835  Grm.  Thonerde  und  0*09  Grm.  Kalk. 

II.  0*4757  Grm.  Milarit  mit  Flusssäure  aufgeschlossen,  ergaben 
0*0389  Grm.  Chloride  der  Alkalimetalle.  Bei  der  Behandlung  mit 
Platinchlorid  wurden  erhalten:  0*1203  Grm.  Kaliumplatinchlorid  und 
eine  unwägbare  Menge  von  Chlornatrium.  Als  ich  nämlich  das  Filtrat 
vom  Kaliumplatinchlorid  durch  Verdampfen  von  Alkohol  und  Aether 
befreit  und  zur  Abscheidung  des  Platins  mit  Wasserstoff  behandelt 
hatte,  erhielt  ich  beim  Auswaschen  des  Platins  mit  heissem  Wasser 
eine  farblose  Flüssigkeit,  welche  beim  Verdampfen  eine  unwägbare 
Menge  von  Chlornatrium  zuriickliess,  das  an  Krystallform  unter  dem 
Mikroskope  und  durch  die  Flammenfärbung  erkannt  wurde.  Die  geringe 


')  Sitzungsberichte  der  kaiserl.  Akademie  der  Wissenschaften  zu  Wien, 
II.  Abtheil.  Bd.  LXXVI.  Pag. 


[3] 


Ueber  den  Milarit. 


349 


Differenz  von  00022  Grm.,  welche  sich  beim  Vergleich  des  direct 
gewogenen  Chlorkaliums  und  des  aus  dem  Platinniederschlage  berech- 
neten ergiebt,  ist  als  Versuchsfelder  aufzufassen,  der  wesentlich  durch 
die  hygroskopische  Eigenschaft  des  Chlorkaliums  bedingt  ist. 

III.  0-4352  Grm.  Milarit  verloren  beim  Glühen  im  Platintiegel 
mit  der  Flamme  des  Bunsen’schen  Gasbrenners  0'0058  Grm.  und  beim 
darauffolgenden  Glühen  im  Gebläsefeuer  nur  mehr  0'0002  Grm., 
zusammen  also  0-006  Grm.,  welche  als  Wasser  in  Rechnung  genommen 
werden.  Die  geglühte  Masse  gab  nach  dem  Aufschlüssen  mit  kohlen- 
saurem Natronkali  0'3124  Grm.  Kieselsäure,  0-0462  Grm.  Thonerde 
und  0-051  Grm.  Kalk. 


Diese  Daten  führen  zu  folgender  procentischer  Zusammen- 
setzung : 


Kieselsäure  . 

I. 

. 71-85 

II. 

III. 

71-78 

Mittel 

71-81 

Proc. 

Thonerde  . . 

. 10-74 

— 

10-61 

10-67 

Kalk  . . . 

. 11-58 

— 

11-71 

11-65 

» 

Magnesia  . . 

Spur 

— 

— 

Spur 

n 

Kali  . . . 

— 

4-86 

— 

4-86 

y> 

Natron  . . 

— 

Spur 

— 

Spur 

V 

Wasser  . . 

. 1-35 

— 

1-38 

1-36 

r> 

100-35 


Nach  den  Ergebnissen  meiner  Analyse  wird  die  chemische  Zu- 
sammensetzung des  Milarits  durch  die  kleinste  Formel 
Si12  Äl2  Ca2  K II  O30 

ausgedrückt;  die  aus  dieser  Formel  gerechneten  Zahlen  stimmen  mit 
den  mittleren  Werthen  meiner  Analysen  folgendermassen  überein: 


Berechnet 

Gefunden  (Mittel) 

Kieselsäure 

. . . 72-66 

71-81  Proc. 

Thonerde  . 

. . . 10-39 

10-67  „ 

Kalk  . . . 

. . . 11-30 

11-65  „ 

Kali  . . . 

. . . 4-74 

4-86  „ 

Wasser  . . 

. . . 0-91 

U36  „ 

100-00  100-35 


Die  Resultate  der  Analyse  von  Finken  er,  welche  ich  am  Ein- 
gänge angeführt  habe,  weichen  von  denen,  die  ich  erhielt,  nicht  sehr 
bedeutend  ab.  Bei  dem  Umstande,  dass  Finkener  0-65  Proc.  Natron 
fand,  während  der  von  mir  untersuchte  Milarit  fast  natronfrei  war, 
ist  vielleicht  die  Annahme  gestattet,  dass  der  von  Finkener  unter- 
suchte Milarit  nicht  so  rein  war,  als  derjenige,  über  den  ich  verfügte. 
Wenn  dem  Milarit  kleine  Mengen  von  Feldspath  beigemengt  sind 
(und  dieses  Mineral  kommt  ja  mit  dem  Milarit  zusammen  vor),  so 
werden  die  Zahlen  für  die  Kieselsäure  und  für  den  Kalk  herab- 


350 


E.  Ludwig. 


[4] 


gedrückt,  während  die  Werthe  für  die  Thonerde  steigen  und  Natron 
unter  den  Bestandtheilen  erscheint ; in  diesem  Sinne  weichen  die 
analytischen  Resultate  Finkener’s  von  den  meinen  ab. 

Ueber  die  physikalischen  Eigenschaften  der  Milaritkrystalle  theilte 
mir  Herr  Prof.  G.  Tschermak  folgendes  mit: 

Die  Krystalle  des  Milarits  zeigen  Formen,  welche  die  Symmetrie 
des  hexagonalen  Systems  nachahmen.  Daher  wurden  sie  von  Kenngott1) 
als  eine  Combination  des  hexagonalen  Prisma  mit  einer  hexagonalen 
Pyramide  in  verwendeter  Stellung  beschrieben.  Ausser  den  beiden 
Flächenarten  b und  o treten  auch  noch  eine  Endfläche  c und  schmale 
Abstumpfungen  der  Prismenkanten,  n hinzu. 


Gemessen  wurden  an  einem  Krystall: 


\ b2  = 59°  51'* 

b2  b3  =Z  59°  53 

b3  b‘  = 60°  11 

b‘  b " = 59°  49 

b“  b‘“  — 60°  11' 

b,u\  — 59°  57 


\ ox  — 58°  13'* 
0l  o3  = 63°  34  * 

o3  b‘  = 58°  7 

\ ox  — 58°  12* 

0l  o"  = 63°  34* 

o"  b“  — 58°  8' 


Die  mit  * bezeiclmeten  Messungen  sind  genau,  da  die  Flächen 
bx  b2  Oi  o3  o"  vorzüglich  spiegelten,  die  übrigen  Werthe  sind  weniger 
genau.  Die  Flächen  b3  und  b“  sind  nicht  einfach,  sondern  aus  je  zwei 
Flächen  zusammengesetzt,  welche  ausspringende  Winkel  bilden,  die 
10'  respective  31'  ergeben.  Die  Messung  bezieht  sich  beidemale  auf 
die  von  b‘  entferntere  Fläche.  Auf  den  meisten  Prismenflächen  b sieht 
man  sägeförmige  Zeichnungen  der  Länge  nach  in  der  Mitte  herab- 
laufend. Aus  den  besten  Messungen  berechnen  sich  die  Winkel 
Oy  o2  = 35°  19'  und  Oy  o'  = 74°  54,  während  Kenngott’s  Messun- 
gen 35°  14  und  74°  40  ergeben. 


')  Jalirb.  f.  Min.  1870.  Pag.  80. 


[5] 


lieber  den  Milarit. 


351 


Was  die  Messungen  in  der  Prismenzone  und  die  Zeichnungen 
auf  b schon  vermuthen  lassen,  ergibt  sich  sogleich  aus  der  optischen 
Untersuchung  eines  Querschnittes  aus  einem  Kryställchen  des  Milarits. 
Man  erkennt  eine  Drillingsverwachsung,  wofür  die  Fig.  3 ein  Beispiel 
angibt.  Jeder  Krystall  besteht  mindestens  aus  sechs  Individuen,  welche 
in  drei  um  ungefähr  120°  verschiedenen  Stellungen  mit  einander  ver- 
bunden sind.  Die  Krystalle  verhalten  sich  in  dieser  Beziehung  ähnlich 
wie  die  Drillinge  von  Aragonit,  Witherit,  Chrysoberyll  etc. 

Eine  Schwingungsrichtung  ist  immer  parallel  je  einer  Fläche  b. 
In  den  einzelnen  Individuen  lassen  sich  jedoch  Stellen  erkennen, 
welche  etwas  abweichend  orientirt  sind,  indem  in  denselben  eine 
Schwingungsrichtung  von  der  des  Hauptindividuums  um  15°  bis  17° 
verschieden  ist.  In  Fig.  3 geben  die  stärker  schraffirten  Stellen  die 
Einlagerung  solcher  Partikel  an.  In  der  Mitte,  wo  die  Spitzen  der 
sechs  Dreiecke  zusammenstossen,  zeigt  sich  ausserdem  ein  kleines 
Feld,  welches  zwischen  gekreuzten  Nicols  in  jeder  Lage  dunkel  bleibt, 
so  dass  man  im  Hinblick  auf  das  später  zu  beschreibende  Verhalten 
eines  Längsschnittes  sagen  kann,  der  Drilling  enthalte  einen  Kern- 
krystall,  welcher  optisch  einaxig  ist. 

Die  grösseren  Krystalle  sind  oft  noch  complicirter  zusammen- 
gesetzt, wofür  Fig.  2 ein  Beispiel  darbietet.  Die  Schraffirung  der  ein- 
zelnen Felder  gibt  die  Lage  einer  Schwingungsrichtung  an.  Das 
Mittelfeld,  soweit  es  doppelt  schraffirt  erscheint,  bleibt  in  allen 
Stellungen  dunkel. 

In  den  Seitenfeldern  3 und  6 herrscht  Einfachheit  und  die 
gleiche  Orientirung  der  Schwingungsrichtung  parallel  zur  Säulenfläche. 
In  den  übrigen  Seitenfeldern  bemerkt  man  zwei  bis  drei  verschieden 
orientirte  Antheile.  Die  Abweichung  der  Schwingungsrichtung  von  dem 
Parallelismus  mit  der  Fläche  1 wurde  gefunden: 

Für  das  2.  und  5.  Seitenfeld  51°  und  68° 

„ „ 3.  „ 6.  „ 120° 

„ „ 4.  „ 1.  „ 105°  „ 165°. 

Diese  Werthe  sind  nur  annähernde.  Gegen  die  Mitte  zu  erschei- 

nen noch  kleine  dreieckige  Felder  mit  der  durch  die  Fig.  2 angege- 
benen Lage  und  Orientirung.  Der  Kern  verhält  sich  bis  auf  einige 
Stellen  einfach  brechend,  doch  bemerkt  man  leicht,  dass  das  ganze 
Mittelfeld  nicht  homogen  sei,  sondern  sich  wie  ein  feines  Gewebe  ver- 
hält. Es  liegt  daher  die  Vermuthung  nahe,  dass  im  Innern  des 
Drillings  ein  inniges  Gemisch  der  regelmässig  verwachsenen  Theilchen 
stattfindet,  so  dass  die  Doppelbrechung  nach  der  Längsaxe  aufgehoben 
erscheint. 

Ein  Längsschnitt  desselben  Krystalls  zeigte  sich  in  den  äusseren 
Schichten  gleichartig,  im  Kern  zum  grössten  Theil  gleichartig,  doch 
waren  schmale  mit  c parallele  Streifen  bemerkbar,  welche  in  allen 
Stellungen  dunkel  blieben.  Die  Schwingungsrichtungen  sind  der  Längs- 
axe parallel.  Axenbilder  konnten  nicht  wahrgenommen  werden.  Aus 


352  E-  Ludwig.  [6] 

den  genannten  Beobachtungen  kann  man  auf  ein  rhombisches  Krystall- 
system  schliessen. 

Die  Individuen  wären  also  nach  einer  Fläche  m,  welche  als  110 
betrachtet  werden  mag,  zwillingsartig  verwachsen  und  es  wären 

b = (010)  c = (001)  p — (131)  n = (130). 

Das  Auftreten  von  Stellen  mit  einer  optischen  Orientirung,  welche 
von  jener  der  Hauptindividuen  abweicht,  deutet  auf  das  Vorhandensein 
einer  ferneren  zwillingsartigen  Verwachsung. 


VI.  Notizen. 


Winkel  des  Grlankodot  von  Hakansboe. 


Die  im  II.  Hefte  dieses  Jahrganges  der  mineralogischen  Mitthei- 
lungen erschienene  schätzenswerthe  Arbeit  des  Herrn  Friedrich  Becke 
„über  den  Glaukodot  von  Hakansboe  etc.“  gibt  mir  Veranlassung, 
einige  schon  vor  längerer  Zeit  angestellte  Messungen  mitzutheilen,  zu 
denen  ich  das  Material  von  Herrn  Mineralienhändler  Pech  erworben 
hatte.  Ich  glaubte  mit  den  Resultaten  umsoweniger  zurückhalten  zu 
dürfen,  als  die  Messungen  mit  grosser  Schärfe  an  stark  spiegelnden 
Flächen  vermittelst  des  Repetitions-Goniometers  vorgenommen  werden 
konnten  und  die  erhaltenen  Werthe  mit  denen  von  W.  J.  Lewis1) 
gut  übereinstimmen. 


Sadebeck  Tschermak  Becke 


Lewis 


mjm  — 69°  26' 

l/l  — 80°  0' 

m/l  = 1.  Bild  2.  Bild 

64°  64°  53' 

63°  59'  64°  52' 

63°  58'  64°  51' 

berechnet  64°  8' 


69°  30'  68°  4'  (8'  30")  69°  32' 

80°  7'  30"  79°  59' 

64°  31'  64°  4'  30" 

64°  1'  30" 


Der  aus  mjm  und  Iß  berechnete  Winkel  mjl  kommt  dem  von 
Lewis  gemessenen  Winkel  m 64°  4'  30"  am  nächsten.  Die  beiden 
Bilder  wurden  auf  m gesehen  und  sind  jedenfalls  die  Folge  eines 
Hypoparallelismus  auf  dieser  Fläche,  zwischen  ihnen  muss  das  dem 
berechneten  Winkel  zukommende  Bild  liegen.  Die  Winkel,  welche  mit 
Hilfe  des  2.  Bildes  erhalten  sind,  kann  man  nun  ganz  ausser 
Acht  lassen. 

Berechnet  man  aus  mjm  und  Ijl  das  Axen-Kreuz,  so  erhält  man 

a : b : c = 0-69292  : 1 : 1-1927  (Sadebeck) 

0-69416  : 1 : L 19245  (Lewis) 

0-6767  : 1 : L1891  (Becke). 

‘)  Philos.  Magaz.  1877,  Pag.  354. 

Mineralogische  Mittheilungen.  1877.  4.  Heft.  (Notizen.)  47 


354 


Notizen. 


[2] 


Wie  schon  aus  den  Winkeln  zu  vermuthen  war,  stimmen  meine 
und  Lewis  Axenverhältnisse  gut  überein,  weichen  aber  von  den 
Becke’schen  ab,  so  dass  auch  die  Folgerungen  des  letztem,  welche 
sich  auf  die  Winkelbeziehungen  der  Arsenikkies-Gruppe  überhaupt  be- 
ziehen, sich  ändern  müssen. 

Die  für  den  Glaukodot  von  Becke  angenommene  eigenthümliche 
Stellung  in  der  isomorphen  Gruppe,  lässt  sich  nicht  aufrechterhalten, 
der  Glaukodot  steht  nemlich  mit  dem  Verhältniss  der  Axen  a und  b 
nicht  in  der  Mitte  zwischen  Arsenikkiesen  und  Danaiten,  sondern  bil- 
det ein  Endglied,  welches  bei  Einheit  der  b Axe  charakterisirt  ist 
durch  die  grösste  Länge  der  a Axe  (vrgl.  die  Becke’sche  Tabelle 
S.  106).  Auch  die  c Axe  wird  in  ihrer  Länge  nur  von  dem  Danait  von 
Skutterad  übertroffen.  Aber  gerade  auf  die  den  letztem  betreffenden 
Angaben  glaubt  Becke  kein  grosses  Gewicht  legen  zu  dürfen. 


Fig.  l. 


Fig.  2.  Fig.  3. 


Die  von  mir  gemessenen  Krystalle  sind  Zwillinge  nach  dem 
gewöhnlichen  Gesetz,  Zwillingsaxe  die  Normale  einer  Fläche  des  ver- 
ticalen  Hauptprismas  m.  Fig.  1 stellt  einen  derartigen  Zwilling  dar, 
bei  welchem  die  Individuen  nur  von  den  Flächen  m und  l (Hauptlängs- 
prisma) begränzt,  also  Oblongoktaeder,  mit  der  Zwillingsebene  ver- 
bunden sind  und  einem  gewöhnlichen  Spinellzwilling  nicht  unähnlich 
sehen.  Bei  Fig.  2 ist  das  Individuum  I seitlich  über  II  ausgedehnt, 
entsprechend  den  Becke’schen  Figuren  auf  S.  103,  die  auf  der 
Zwillingsaxe  senkrechten  Prismenflächen  m und  m fallen  an  der  Zwil- 
lingsgrenze in  eine  Ebene.  Zu  den  Flächen  m und  l treten  bei  Fig.  3 
noch  das  Hauptoktaeder,  das  Längsprisma  s mit  halber  und  y mit 
doppelter  Hauptaxe. 


Alexander  Sadebeck. 


[3] 


Notizen. 


355 


Jamesonit  von  Wiltau. 

Die  Steinbrüche,  welche  zwischen  Wiltau  und  Aniras  in  dem 
quarzigen  Thonglimmerschiefer,  der  stellenweise  viel  Sericit  aufnimmt, 
angelegt  sind,  haben  bereits  ziemlich  viele  Mineralien  geliefert:  Arsen- 
kies, Magnetkies,  Markasit,  Pyrit,  Kupferkies  und  Bleiglanz.  Ich  habe 
diese  Vorkommnisse  und  ihre  Zersetzungsprodukte  gelegentlich  be- 
schrieben. Vor  einiger  Zeit  fand  sich  derb  und  eingesprengt,  jedoch 
ziemlich  selten  ein  Mineral,  welches  zuerst  als  ein  bleihaltiger  Anti- 
monit  angesprochen  wurde.  Es  ist  grau;  feinkörnig,  manchmal  faserig, 
einzelne  kleinspiessige  Nüdelchen,  welche  mit  dem  Gestein  verwachsen 
waren,  Hessen  keine  Untersuchung  der  Krystallisation  zu.  Das  spec. 
Gewicht  beträgt  als  Mittel  von  zwei  Wägungen  5-2;  wohl  nur  dess- 
wegen,  weil  sich  die  Gebirgsart  nicht  genau  trennen  lässt.  Alle  übrigen 
Eigenschaften  stimmen  mit  Jamesonit;  auch  die  chemische  Analyse, 
welche  Herr  S a r 1 a y im  Laboratorium  des  Herrn  Professors  S e n n- 
hofer  vornahm. 

Wir  fügen  das  Resultat  dieser  Analyse,  wie  es  sich  nach  Abzug 
der  fremden  Bestandtheile,  die  vom  Gebirg  stammen,  ergiebt, 
hier  bei: 

Pb.  40-39 
As.  0-39 
Sb.  34-02 
Fe.  3-43 
S.  21-66 
99-89 

Adolf  Pichler. 


Neue  Serie  der  Mineralogischen  Mittheilungen. 

Mit  dem  vorliegenden  Hefte  schliesst  die  erste  Serie  der  Mine- 
ralogischen Mittheilungen.  Die  neue  Folge  wird  unter  veränderten  Um- 
ständen ausgegeben.  Die  Zeitschrift  erscheint  fortan  unter  dem  Titel 
„Mineralogische  und  petrographische  Mittheilungen“  im  Verlage  von 
A.  Holder,  Hof-  und  Universitäts- Buchhändler  in  Wien,  in  Heften 
von  bestimmtem  Umfange.  Dieselben  werden  nur  für  sich  ausgegeben 
und  bilden  nicht  mehr,  wie  früher,  eine  Beilage  zum  Jahrbuche  der 
k.  k.  geologischen  Reichsanstalt.  Im  übrigen  wird  jedoch  der  bisherige 
Charakter  der  Zeitschrift  aufrecht  erhalten  und  wird  dieselbe  vorzugs- 
weise Original- Mittheilungen  grösseren  und  kleineren  Umfanges  aus 
den  Gebieten  der  Mineralogie  und  Petrographie  enthalten. 

Der  Herausgeber  erfüllt  eine  angenehme  Pflicht,  wenn  er  bei 
dieser  Gelegenheit  dankbar  anerkennt,  dass  die  Direction  der  k.  k. 
geologischen  Reichsanstalt  bisher  alles  aufgeboten  hat,  um  das  Unter- 
nehmen zu  begünstigen  und  zu  unterstützen.  Er  ist  auch  in  der  Lage 

47* 


Notizen. 


[4] 


356 

mittheilen  zu  können,  dass  die  genannte  Direction  sich  bereit  erklärt 
habe,  wie  früher  so  auch  in  Hinkunft  der  Redaction  fördernd  zur  Seite 
zu  stehen. 

Es  darf  daher  jetzt  schon  ausgesprochen  werden,  dass  beide 
Organe,  das  Jahrbuch  der  k.  k.  geologischen  Reichsanstalt  und  die 
Mineralogischen  und  petrographischen  Mittheilungen,  die  bisher  ver- 
bunden waren,  auch  nach  ihrer  Trennung  mit  ungeschwächter  Kraft 
und  in  förderlicher  Eintracht  ihr  gemeinsames  wissenschaftliches  Ziel 
verfolgen  werden. 


T. 


REGISTER 

zu  den  Jahrgängen  von  1871  bis  1877. 


(Die  römischen  Ziffern  bedeuten  den  Jahrgang  I ==  1871,  II  = 1872  u.  s.  w.,  die  arabischen  Ziffern 

die  Seitenzahl.) 


A.. 

Adular  v.  Verespatak,  VII,  321 

— Albit  Sulzbach,  II,  196 

— Krystallform,  IV,  95 
Aegirin,  I,  33. 

Akmit,  I,  33. 

Albit,  Krystallform,  III,  19. 

— einfache  Krystalle,  IV,  97. 

— vom  Schneeberg,  Analyse  IV,  176. 
Allemann,  Dachschiefer  Anal.,  I,  107. 
Almaden,  Diabas  von,  VII,  13. 
Alunit  Cicera,  IV,  27. 

Amphibol,  I,  17. 

Amphibolandesit,  Kaukasus,  II,  109. 

— von  Tokaj-Eperies,  IV,  214. 
Amphibolfels  v.  Felling,  An.,  IV,  243. 
Analcim,  Pseudomorphosen,  II,  113. 
Analysen  aus  dem  Laboratorium  des 

Herrn  Prof.  Bauer,  II,  79. 

— aus  dem  Laboratorium  des  Herrn 
Prof.  Ludwig  I,  55  u.  107. 

II,  257 

III,  29  „ 129 

IV,  175  „ 239 
VII,  265 

Anatas  Pfitsch,  III,  49, 

— Kauris,  II,  i 95. 

Andesite  a.  d.  Banat,  III,  255. 

— von  Czibles,  Analyse,  II,  261. 

— Sagai,  III,  4. 

— St.  Egidi,  II,  253. 

Anger,  Mikroskopische  Studien  über 
klastische  Gesteine,  V,  153. 
Anhydrit  vom  Semmering.  V,  309. 
Ankerit,  Chemische  Constitution  des, 
VI,  47. 


Ankeritähnliche  Minerale  Böh- 
mens, VI,  47. 

Anthophyllit,  I,  37, 

— vom  Hermannschlag,  Analyse,  IV,  247. 
Antimonitvor  kommen  Michelsberg, 

IV,  95. 

Apatit  und  Nephelin,  Mikroskopische 
Unterscheidung  von,  VI,  167. 

— Schlaggenwald,  Holoedrische  Formen, 
I,  105. 

— von  Untersulzbach.  V,  208. 
Ardennit,  Analyse,  III,  43. 
Argentinische  Republik,  Minerale,  III , 

219  u.  288. 

Argentit  in  Proustit  verw.,  IV,  87. 
Arran,  Pechsteine  von,  VI,  185. 
Aspidolith  von  Znaim,  I,  112. 
Atakamit,  Analyse,  III,  35, 

— Krystallform,  IV,  103. 

— Verwandlung  in  Malachit,  VII,  97. 

— Volumgewicht,  III,  42. 

Augit- Andesit,  Mähren,  VI,  150. 

— Kaukasus,  II,  108. 

— des  Smrekouz,  VII,  204. 

— von  Tokaj-Eperies,  IV,  201. 

— Videna,  III,  4. 

— Zalatna,  IV,  26. 

Augit,  Chem.  Zusammens.,  VII,  279. 

— vom  Vogelsgebirge,  II.  258. 
Augitporphyre  SO.  Tirols,  Mineral. 

Zusammensetzung  d.,  V,  289. 
Aurichalcit,  Banat,  III,  288. 

A xinit,  Striegau,  Krystallform,  II,  1. 

B. 

Babanek,  Minerale  von  Eule,  II,  239. 

— Pribramer  Mineralien,  II,  27  u.  V,  75. 


358 


Register. 


Baden,  Wässer  von,  Analyse,  IV,  251. 
Baikalsee,  Magnesiaglimmer  vom,  Ana- 
lyse, IV,  242. 

Bamberger  Glaukonit,  VII,  271. 

— Salit,  Analyse,  VII,  273. 

Ban  ater  Eruptivgesteine,  III,  255. 
Banow  in  Mähren,  Eruptivgesteine  von, 
VI,  143. 

Baryt  d.  Böhmischen  Silur,  II,  71. 

— von  Pfibram,  IV,  91. 

Bary tfeldspath,  VII,  99. 
Barytocölestin,  Krystallform  des, 

VI,  59. 

Basalt  vom  Kaukasus,  II,  107. 

— Mähren,  VI,  151. 

— Moldawa,  III,  261. 

— von  Ovifak,  IV,  109. 

— von  Reps,  VII,  322. 

— von  Samothrake,  V,  104. 

Becke,  Gabbro  v.  Langenlois,  Analyse, 

VII,  278. 

— Glaukodot,  VII,  101. 

— Fahlerz,  Tirol,  Analyse,  VII,  273. 

— opt.  Eigensch.  d.  Rohrzuckers,  VII,  261. 

— Skapolith,  Boxborough,  VII,  267. 

— Vivianit  in  Säugethierknoch.,  VII,  311. 

— Zinnstein,  VII,  243. 

Bergkrystall,  Grieswiesalpe,  II,  60. 

— Ilochnarr,  II,  61. 

— Kais,  II,  61. 

— Nächling,  III,  136. 

Bernstein,  fluorescirender,  I,  53. 
Berwerth,  Chondrodit,  Anal.,  VII,  272. 

— Felsarten  v.  Rosignano  u.  Castellina 
maritima  S.  v.  Pisa,  VI,  229. 

— Lithionglimmer,  VII,  337. 

— Ludwigit,  Umwandlung,  IV,  247. 

— Analyse  v.  Magnesiaglimmer,  VII,  109. 

— Neuer  Fundort  von  Pharmakosiderit, 
Hyalith  von  Königsberg,  Serpentin  von 
New- Jersey,  V,  109. 

— Salze  v.  Königsberg  in  Ung.,  V,  310, 

— Stängeliger  Ludwigit,  V,  42. 

Beryll  von  Eidsvold  in  Norwegen,  Kry- 

stallform,  VI,  117. 

— Neuer  Fundort  von,  V,  208. 
Biotittrachyt  von  Samothrake,  V,  104. 
Biotit,  Vesuv,  Analyse,  VII,  112. 
Biotitzwillinge  vom  Vesuv,  VI,  187. 
Bitterspath  nach  Cuprit,  V,  31. 
Blau,  Kaliglimmer,  Bengalen,  An  , UI,  32. 
Bleiglanz,  Krystallform,  V,  40. 

Bo  eck,  Grüner  Schiefer  v.  Reichenau, 
Analyse,  III,  130. 

Böhmen.  Mineralvorkommen  a.  d.  0. 
von,  VI,  25. 

Böhmerwald,  Minerale  a.  d.,  III,  273. 
Boracit  Stassfurth  II,  58  u.  114. 

Bo  fick  y,  Ueber  einige  ankeritähnliche 
Minerale,  VI,  47. 

Borneo,  Minerale  von,  VII,  297. 


Bourbon,  Ueber  den  Vulkan  und  die 
Insel,  V,  217. 

Bournonit  in  Markasit  verw.,  IV,  87. 
Brauneisenstein-Analysen,  II,  80. 
•Brezina,  Albit,  III,  19. 

— Anatas  u.  Brookit  v.  Pfitsch,  III,  49. 

— Anthophyllit  v.  Hermannschlag,  Ana- 
lyse, IV,  247. 

— Bergkrystall,  II,  50. 

— Bergkrystall  von  Nächling,  III,  136. 

— Grundform  des  Vesuvian,  VII,  98. 

— Guarinit,  IV,  285. 

— Hauptsätze  d.  Krystallograph.,  II,  125. 

— Isomorphie  und  Feldspathfrage,  V,  13 
und  V,  137. 

— Leonhardit  a.  d.  Floitenthal,  VII,  98. 

— Pyritgruppe,  II,  23. 

— Sulfuricin  u.  Melanophlogit,  VI,  243. 

— Sulzbacher  Epidote,  I,  49. 

— Wesen  der  Krystalle,  III,  141. 

— Wiserin,  Xenotim,  Mejonit,  Gyps, 
Erythrin,  Simonyit,  II,  7. 

Bronz  itreihe,  I,  17. 

Brookit,  Pfitsch,  III,  49. 

Brun.  Sahara-Sand,  VII,  221. 
Büchner,  Meteorit  Hungen,  VII,  313. 
Burkart,  Guadalcazarit,  II,  243. 
Bustamit,  Rezbanya,  Anal.,  III,  31,  45. 
Bytownit,  I,  61. 


C. 

Calcitdrilling,  Dognaczka,  IV,  180. 
Castellina  maritima  S.  v.  Pisa,  Fels- 
arten von,  VI,  229. 

Cerussit,  IH,  203. 

Circular-  Polarisation  des  Stearoptens, 
IV,  227. 

Chabasit,  Epidot  und  Eisenglanz  vom 
Mal  Inverno,  V,  176. 

Chalcedon  primitive  Krystalle, IV,  94. 
Chalkol  ith,  II,  181. 

Chlorit  nach  Granat,  II,  162. 
Chlorotil,  Ein  neues  Mineral,  V,  42. 
Chlorsilber  nach  Silber,  III,  247. 
Chondrodit  v.  Pargas,  Anal.,  VII,  272. 
Clausthalit,  Mendoza,  III,  254. 
Cölestin  aus  Siebenbürgen,  VII,  317. 
Cölestinvorkommen  von  Steierdorf, 
Banat,  IV.  95. 

Constantinopel,  Meteorit  von,  II,  85. 
Contactminerale,  VII,  73,  76. 

Co  palin  von  Lunz,  VII,  275. 
Crinoiden  von  Sunk,  IV,  282. 
Csicsöberg  in  Siebenbürgen,  VII,  326. 
Cuprit  in  Kupferkies  und  Bitterspath 
verwandelt,  V,  31. 

Cuprit  Liskeard  I,  106. 

Cziklowa  Gestein,  III,  258. 


Register. 


359 


Dachschiefer- Analysen,  1,  107. 
Dacite,  Siebenbürgen,  IV,  19. 

Dana,  Calcitdrill,  v.  Dognaczka,  IV,  180. 

— Datolith,  IV,  1. 

— Krystallform  d.  Atacamit,  IV,  103. 
Darkau,  Jodhaltige  Salzsoole  v.,  VI,  119. 
Datolith,  Krystallform  IV,  1. 
Descloizeaux,  Barytfeldspath,  VII,  99. 
Diabas  von  Almaden,  VII,  13. 

— Kaukasus,  II,  111  und  V,  131. 

— Krockersdorf,  Analyse,  I,  107. 

— von  Rosignano  u.  Castellina  maritima, 

VI,  230 

— Spitzbergen,  IV,  261. 

Diallag,  I,  25. 

— im  Quarzporphyr,  III,  47. 

— Andesit,  Smrkouz  III,  3. 

Diamant  optisch  einaxiger,  III,  289. 

— Der  Stern  von  Este,  VI,  241. 
Dichroit,  Krystallform,  V,  40. 
Dingeste  dt,  Olivin  v.  Vesuv,  Analyse 

III,  130. 

Diopsid,  Analyse,  VII,  288. 

Diopsidr eihe,  I,  21. 

Diorite  a.  d.  Banat,  III,  255. 

— aus  Böhmen,  VII,  179. 

— a.  d.  Kaukasus,  V,  132. 

Ditrö  Eläolith  und  Sodalith,  VII,  332. 
Dognaczka  Gestein,  III,  255. 

Döll,  Kupferkies  und  Bitterspath  nach 
Cuprit,  V,  31. 

— Nene  Pseudomorphosen,  IV,  85. 

— Tellurwismuth  im  Banat,  IV,  91. 
Dolomite,  II,  45. 

— vom  Rodellaberg,  V,  178. 

— Vigo,  Analyse.  III,  33. 
Dolomitische  Kalke,  Wirkung  von 

Essigsäure  auf,  VI,  69. 

D ölt  er,  Chem.  Zusammens.  d.  Augits, 

VII,  279. 

— Melaphyre  und  Augitporphyre,  SO. 
Tirols,  V,  289. 

— Minerale  des  Fassa-  u.  Fleimsertbales, 
V,  175,  VII,  64. 

— Muttergestein  d.  böhm.  Pyropen,  III.  13. 

— Porphyrit  von  Lienz,  IV,  89. 

— Quarzandesite,  III,  51  und  217. 

— Trachyte  Siebenbürgens,  IV,  13. 

— Trachyte  von  Tokaj-Eperies,  IV,  199. 
Dräsche,  Besteigung  des  Vulkans  von 

Bourbon  u.  Geologie  d.  Insel,  V,  217. 

— Eklogite,  I,  86. 

— Eruptivgesteine  Steiermarks,  III.  1. 

— Feldspatk-Pseudomorphose,  III,  125. 

— Geologie  v.  Reunion  u.  Mauritius,  VI, 39. 

— Japanische  Vulcane,  VII,  49. 

— Petrographisch-geologische  Beobacht, 
a.  d.  Westküste  Spitzbergens,  IV,  181 
und  261. 


Dräsche,  Phästin-  u.  Olivinfels  v.  Krau- 
hat, I,  57. 

— Serpentine,  I,  1. 

— Schweitzerit  v.  Feegletscher,  I,  57. 

— Ueber  d.  geol.  Bau  v.  Süd-Luzon,  VI, 
157. 

— Ueber  den  Meteoriten  v.  Lance,  V,  1. 
Drechsler,  Gabbro  v.  Prato,  An,,  II,  79. 

E. 

Edelsteine,  III,  213. 

Egger,  Amphibolfels  von  Felling,  Anal., 

IV,  243. 

— Ripidolith  a.  d.  Zillerthal,  Anal., IV, 244. 
Eisen  im  Basalt  von  Ovifak,  IV,  109. 
Eisenfund  bei  Ovifak,  I,  109. 
Eisenglanz  mit  Eisenkies  verwachsen, 
VI,  141. 

Eisenkies  mit  Eisenglanz  verwachsen, 
VI,  141. 

Eisennickelkies,  Sesiathal,  IV,  285. 
Eisenoxyd,  Verhalten  bei  hohen  Tem- 
peraturen, VI,  175. 

Eklogitv.  Eibiswald,  Analyse,  II,  261. 

— Mineral.  Zusammens.,  I,  86. 
Eläolith  von  Ditrö,  VII,  332. 
Enargit-Gänge,  Argentin.  Republik, 

III,  240. 

Epidot  vom  Alochetthale,  V,  175. 

— Sulzbach,  Analyse,  II,  187. 

— Sulzbacher,  I,  49,  II.  259. 

— von  Viezena.  VII,  77. 

— von  Zöptau,  Analyse,  II,  258. 
Eruptivgesteine,  Banat,  III,  255. 

— Steiermarks,  III,  1. 

Erythrin,  Krystallform,  II,  19. 
Erzgebirge,  Grünschiefer  vom  sächsi- 
schen, VI,  189. 

Eule,  Minerale  von,  II,  239. 
Eugenglanz,  Markasit  nach,  IV,  93. 
Exner,  Meteorit  v.  Gopalpur,  An.,  II,  41. 

E. 

Fahlerz,  Brixlegg.  Anal.,  VII,  273. 
Famatinit,  IV,  279. 

Faserquarz,  III,  117. 

Fassa  u.  Fleimserthal,  Miner,  a.  d., 

V,  175,  VII,  64. 

Fassait,  Analyse,  VII,  67,  288,  312. 

— v.  d.  südl.  Ricoletta-Abhang,  V,  176. 

— nach  Vesuvian  IV,  85. 

Feldspathe,  Zur  Gesch.  d.,  III,  285. 

— Pennin  nach,  III,  125. 

— a.  d.  Val  di  Madonna  b.  Val  Floriana, 
V,  180. 

Feldspathpseudomorphose,  Ckyn, 

IV,  7. 

Felling,  Amphibolfels  v.,  An.,  IV.  243. 
Felsite  u.  Pechsteine  Sachsens,  IV,  31. 
Felsö-Banya,  Wolframit  von,  V,  9. 


360 


Register. 


Fischer,  Katzenauge  und  Faserquarz, 

III,  117. 

— Nephrit-Block,  III,  135. 

Flach  au,  Magnesit  III.  265. 
Floitenthal,  Leouhardit,  VII,  98. 
Fluorescir ender  Bernstein.  I,  53. 
Fluorit  v.  d.  Cima  d’Asta,  V,  178. 

— Kapnik,  II,  77. 

Frenz  el,  Chlorotil,  V,  42. 

— Famatinit  u.  Wapplerit,  IV,  279. 

— Miner,  a.  d.  ostind.  Archipel,  VII,  297. 

— Tellurwismuth,  III,  293. 

Fried ek,  Analcim-Pseudomorphosen  v., 
II,  113. 

Frisch,  Quarztrachyt,  Anal.,  VII,  276. 
Fuchs  C.  W.  C.,  Bericht  üb.  d.  vulkan. 
Ereignisse  d.  J.  1872,  III,  107. 

1873,  IV,  67. 

1874,  V,  57. 

1875,  VI,  71. 

1876,  VII,  82. 

— Geolog,  v.  Ischia,  II,  199  u.  III,  43. 

— Veränderungen  i.  d.  Lava,  I,  65. 
Fuchs  T.,  Eisen  im  Basalt  von  Ovifak, 

IV,  109. 

Fumarolenbild ungen,  I,  54. 

Gr. 

Gabbro  von Langenlois,  Anal.,  VII,  278. 

— von  Prato,  Analyse,  II,  79. 

— von  Rosignano  u.  Castellina  maritima, 
VI,  235. 

— von  Samothrake,  V,  106. 
Galopagos -Inseln,  Vulkanische  Gest. 

der,  VI,  133. 

Gamroth,  Paläopikrit,  VII,  278. 
Gehlenit,  Orawitza,  III,  214. 

Geinitz,  Grünschiefer  d.  sächs.  Erzgeb.. 
VI,  189. 

Geschenke,  I,  53. 

II,  113. 

III,  213  u.  285. 

V,  309. 

VI,  241. 

Gesteine,  Einwirk.  v.  kohlensäurehalt. 

Wasser  auf,  VII,  25. 

Glauberit,  Pendschab,  III.  288. 
Glaukodotv.  Hakansboe,  VII.  101,  353. 
Glaukonit  v.  Gozzo,  Anal.,  VII,  271. 
Gleichenberg,  Trachyte,  Anal.,  VII, 
276,  277. 

Glimmer,  Analyse,  VII,  271. 

— Tscheborkul,  Anal.,  III,  129. 

— s.  Muscovit,  Magnesiaglimmer, Lithion- 
glimmer, Biotit. 

Gl  immerkugeln,  Hermannschi.  II,  264 
Gneiss,  Spitzbergen,  IV,  183. 

Gold  von  Olahlaposbanya,  II,  76. 

— von  Sysertsk,  VII,  1. 

Gold  eck,  Pinolit  von,  IV,  281. 


Go  och,  Pechsteine  von  Arran,  VI,  185. 

— Vulkanische  Gesteine  d.  Galopagos- 
Inseln,  VI,  133. 

Gopalpur,  Meteorit  v.,  II,  95,  An.  11,41. 
Grammatit  in  Talk  verwand.,  VI,  65. 
Granat,  Chlorit  nach.  II,  162. 

Granit  von  Samothrake,  V,  89. 

— Spitzbergen,  IV,  183. 

Grazer  Devon-Tuffe,  VI,  207. 
Greenockit,  Morawitza,  III,  218. 

Gr  os sau,  Mineralvorkommen  bei,  I,  112. 
Groth,  Bezeichn,  d.  hexagonal.  Krystall- 
formen,  IV,  222. 

Grünerde  v.  Perimov,  Anal.,  IV,  243. 
Grüne  Schiefer  Niederschles.’s,  VI,  87. 

— Reichenau,  Anal.,  III,  34  u.  130. 

— d.  sächs.  Erzgebirges,  VI,  189. 
Grünsteine,  Lennegebiet,  VII,  127. 

— von  Pfibram.  VII,  223. 
Guadalcazarit,  II,  69  u.  243. 
Guarinit,  IV,  285. 

— - Krystallform,  I,  81. 

Gyps,  Biegsamkeit  und  Spaltbarkeit  des, 

V,  123. 

— Krystallform.  II,  17,  V,  113,  VI,  67. 

II. 

Halloysit  von  Tüffer,  IV,  282. 
Hallstädter  Salzberg,  Minerale  des, 
I,  58. 

Hamm,  Pennin  v.  Zermatt,  An.,  II,  260. 
■ — Magnesiaglimmer  Greenwood-Fournace, 
Analyse,  III,  82. 

Hankock,  Melaphyr  von,  VII,  18. 
Harkänyer  Therme,  Analyse,  VI,  1. 
Hecla  Hook,  Formation  IV,  189. 
Helmhacker,  Baryt  d.  böhm.  Silur, II.  7 1 . 

— Diabas  von  Almaden.  VII,  13. 

— Fluorit  v.  Kapnik,  II.  77. 

— Gold  v.  Bajutz,  II,  76. 

— Gold  v.  Sysertsk,  VII,  1. 

— Mineralvork.  a.  d.  0.  v.  Böhmen,  VI,  25. 

— Mineralvork.  a.  d.  Böhmerw.,  IH,  273. 

— Melaphyr  von  Hankock,  VII,  18. 

— Pyrit  v.  Waldenst.  Krystallf.  VI,  13. 

— Pyrrhotin  Nagybanya,  II,  76. 

— Quarzporphyre  u.  Diorite,  VII,  179. 
Hermannschlag,  Anthophyllit  v.,  An., 

IV,  247. 

Hexagonale  Krystallformen,  Be- 
zeichnung der,  IV,  222. 

H i n t z e,  Stearopten  Circularpolarisation, 

IV.  227. 

— Verwachs,  v.  Eisenkies  m.  Eisenglanz, 

VI,  141. 

Hirschwald,  Z.  Kritik  d.  Leucitsystems, 

V,  227. 

— Theorie  d.  Krystallisationsg.,  III,  171. 
Holoedrische  Formen  d.  Apatit 

I,  105. 


Register. 


361 


Holzopal,  Ungarn,  IV,  94. 
Hornblende-Andesit,  Mälir.,VI,  144. 

— Andesite,  Siebenbürgen,  IV,  13. 

— Augit- Andesit,  Osloberg,  III,  3. 

— Gruppe,  I,  38 

— Krystalle  imMelaphyrb.  Roda, 
V,  179. 

Hornfelstr.acbyt,  Tüffer,  III,  7,  III  9, 

— Pirescbitz,  III,  7. 

Hornung  Copalin,  Analyse,  VII,  275. 
Hungen,  Meteorstein  v , VII,  313,  315. 
Hyalith  v.  Königsberg,  V,  109. 
Hydromagnesit,  Kraubat,  I,  113. 
Hygropkilit,  neues  Mineral,  III,  147. 

I. 

Inostranzeff,  Kalkst. u.  Dolomite, 1, 45. 

— Vesuv-Lava,  H,  101. 

Iowa,  Meteorit  v.,  V,  209. 

Isckia,  Geologie  v.,  H,  199  u.  III,  43. 
Isomorphie,  Das  Wesen  der,  V,  13  u. 
V,  137. 

J. 

Jamesonit,  Sierra  Famatina,  III,  247. 

— v.  Wüten,  VII.  354. 

Japanische  Vulcane,  VII,  49. 
Jarisch,  Steatit  v.  Plaben,  An.,  II,  257. 
Jodhaltige  Salzsoole,  An.,  VI,  119. 
John,  Grünerde  v.  Perimov,  An.,  IV,  243. 

— Magnesiagl.  v.  Baikalsee,  An.,  IV,  242. 
Jordanit  Imfeld,  Analyse,  III,  29. 

— Formel.  III,  131,  132. 

— Nagyag,  Krystallform  u.  An.,  III,  215. 

K. 

Kalisalze  bei  Davenstedt,  V,  283. 

— aus  Ostindien,  III,  135. 

Kalkowsky,  Grüne  Schiefer  Nieder- 
schlesiens, VI,  87. 

— Sachs.  Felsite  u Pechsteine,  IV,  31. 

— Salit  als  Gesteinsgemengtheil,  V,  45. 
Kalksteine,  Argent.  Republik,  III,  230. 

— u.  Dolomite,  II,  45. 

— Feldspathfiihrende,  v.  Sauerbrunngrab 
bei  Stainz,  V,  207. 

Kalkspat h,  Striegau,  II,  63. 

Kalusz,  Mineralvorkommen  in,  VII,  95. 
Kaluszit  v.  Kalusz,  II,  118. 

— Krystallform,  III,  47. 

— Syngenit,  II,  197. 

Kaukasus,  Felsarten  a.  d.,  II,  107  u. 
V,  131. 

Katzenauge,  III,  117. 

Kenngottit,  Analyse,  VII,  213. 
KlastischeGesteine,  Mikroskopische 
Studien  über,  V,  153. 

Klinochlor  v.  Chester,  An.,  IV,  176. 


Klinochlor,  Krystallform,  IV,  161. 
Klinoquadrat.  System,  IV.  161. 
KlinohexagonalesSystem,  IV,  161. 
Koch,  Minerale  von  Siebenb.  VII.  317. 
Kohle  v.  Kainach,  Analyse,  IV,  178. 
Kohlensäurehalt.  Wasser, Einwirk. 

auf  Minerale  und  Gesteine,  VII,  25. 
Kraubat,  Olivinfels  von,  An.,  II,  79. 

— Phästin  u.  Olivinfels  von,  I,  57. 
Krenn  er,  Wolframitv.  Felsö-Bänya,  V,  9. 
Kreutz,  Augitandesit  des  Smrekouz, 

VII,  204. 

Krystalle,  Wesen  der,  III,  141. 
Krystallberecknung,  HI,  184. 

Kry stal lis ation,  III,  175. 
Krystallisationsgesetze,  III,  171. 
Krystallographie,  Haupts,  d.,  II,  125. 
Krystallphysik,  Haupts,  d..  II,  125. 
Krystallschal  en,  V,  35. 
Krystallwachsthum,  III,  192. 
Kupfer  v.  Graupen,  II,  265. 

— Krystallform,  III,  290. 

— von  Wallaroo,  II,  53. 

Kupferglanz  v.  Catamarca,  An.,  II,  80. 
Kupferkies  nach  Cuprit,  V,  31. 

— in  Markasit  verwandelt,  IV.  88. 
Kupferkryst al le  v.  Bolivia,  IV,  94. 
Kupferlasur  v.  Nertschinsk,  I,  13. 
Kupferschaum,  Prein,  II,  263. 


L. 

Labradorit  v.  Verespatak,  Form  und 
Verwandlung,  IV,  269  u.  V,  41. 
Lanarkit,  Krystallform,  III,  137. 
Lance,  Meteorit  von,  V,  1. 

Lang,  Guarinit  u.  Leukophan,  I,  81. 
Langenlois,  Gabbro  v.,  An.,  VII,  278. 
Lava,  Mikrostruktur  d.  Vesuv-,  II,  101. 

— Veränderungen  in  der,  I,  65. 
Lavaschlacke,  v.  Ordjeow,  VI,  151. 
Lasaulx,  Ardennit,  III,  43. 

— Staurolith,  II,  173  und  263. 
Laspeyres,  Hygrophilit,  HI,  147. 

— Krystallogr.  Bemerk,  z.  Gyps,  V,  113. 
Lepidolitk  v.  Paris u.Rozena,VII,  337. 
Leonhardit  a.  d.  Floitenthal,  VII,  98. 

Analyse  268. 

Leucit,  Z.  Kritik  d.  Krystallsystems  d., 
V,  227. 

— Optisches  Verhalten,  VI,  66. 
Leukophan,  Krystallform,  I,  82. 
Lievrit,  Analyse,  V,  71. 

Li  11,  M.  v.,  Polyhalit,  Analyse,  IV,  89. 
Linarit,  Sierra  de  las Capillitas,  III,  249. 
Lithionglimmer,  Analyse,  VII,  337. 
Loebisch,  Analyse  des  Wassers  vom 
„Mare  morto“,  VI,  171. 

— Muscov^t  Soboth,  VII,  271. 
Löllingit,  Dobschau,  II,  161. 

48 


Mineralogische  Mittheilungen.  1877.  4.  Heft.  (Register.) 


362 


Register. 


Ludwig,  Albit  v.  Schneeberg,  Analyse, 
IV,  176. 

— Analysen  aus  seinem  Laboratorium, 

I,  55  u.  107. 

II,  257. 

III,  29  u.  129. 

IV,  175  u.  239. 

VII,  265. 

— Atabamit,  Analyse,  III,  35. 

— Chemische  Formel  d.  Epidot,  II,  187. 

— Darkauer  jodhaltige  Salzsoole,  VI,  119. 

— Krystallisirte  Schlacke,  An.,  III,  33. 

— Magnesiaglimmer  v.  Pargas,  Analyse, 
TV  93Q 

— Milarit,  VII,  347. 

— Ueber  d.  Pyrosmalith,  V,  211. 
Ludwigit  a.  d.  Banat,  IV,  58. 

— stängeliger,  V,  42. 

— Umwandlungsproduct,  IV,  247. 
Lumpe,  Meteorstein  v.  Shergotty,  Ana- 
lyse, I,  55. 

Luzon,  Ueber  d.  geolog.  Bau  d.  S.  v., 
VI,  157. 

Luzonit,  IV,  257. 

3M. 

Magnesiaglimmer,  Anal.,  VII,  109. 

— v.  Baikalsee,  Analyse,  IV,  242. 

— Greenwood-Fournace,  An.,  III,  32. 

— Morawitza,  Analyse,  IV,  177. 

— v.  Pargas,  Analyse,  IV,  239. 

— v.  Penneville,  Analyse,  IV,  241. 

— v.  Ratnapura,  Analyse,  IV,  241. 
Magnesite,  Pinolite,  III,  263. 
Magnetit  v.  Mulatto.  VII,  74. 

— v.  Monzoni,  VII,  78. 

Magnetkies  in  Markasit  verw.,  IV,  88. 
Malachit  n.  Atacamit,  III,  39.  VII,  97. 
Mare  morto,  Analyse  d.  Wassers  v. — 

VI,  171. 

Maria-Zell,  Magnesit,  III,  265. 
Markasit  nach  Bournonit,  IV,  87. 

• — nach  Eugenglanz,  IV,  93. 

— nach  Kupferkies,  IV,  88. 

— nach  Magnetkies,  IV,  88. 
Mauritius  u.  Reunion,  Geologie  von 

— VI,  39. 

Mauthner,  Eklogit  v.  Eibiswald,  An., 
II,  261. 

— Epidot  v.  Sulzbach,  Analyse,  II,  259. 
Mehner,  Porphyre  und  Grünsteine  d. 

Lennegebietes,  VII,  127. 

Mejonit,  Analyse,  V,  51.  VII,  60. 

— Krystallform,  II,  16. 
Melanophlogit,  VI,  243. 

Melaphyr  von  Hankock.  VIII,  18. 

— Kaukasus,  II,  111,  V,  132. 

— v.  Mulatto,  Minerale  darin,  VII,  80. 

— SO.  Tirols  mineral.  Zusammensetzung 
d.  — V,  289. 


Meroedrien,  Schlüsse  a.  d.  — V,  21. 
Meroxen  v.  Vesuv,  Analyse,  VII,  112. 
Metamorphismus,  II,  45. 
Meteoreisen  v.  Victoria  West,  I,  109. 
Meteorit,  Constantinopel,  II,  85. 

— v.  Gopalpur,  II,  95,  Anal.,  II,  41. 

— von  Iowa,  V,  209. 

— von  Lance,  V,  1. 

— von  Orvinio,  Analyse,  IV,  244. 

— von  Shergotty,  II,  87. 

— von  Stannern,  II,  83. 

Meteoriten  d.  Min.  Museums,  II,  165. 

VII,  309. 

Meteoritenfund  bei  Ovifak,  IV,  165. 
Meteorsteinfall  v.  Orvinio,  IV,  258. 
Meteorstein  von  Hungen,  VII,  313. 

— v.  Shergotty,  Anal.,  I,  55,  56. 
Miargyrit  und  Kenngottit,  VII,  213. 
Mikrostrucktur  d.  Vesuvlava,  II,  101. 
Milarit,  Fundort,  II,  265. 

— Kryst.-Form  u.  Anal.,  VII.  347. 
Minerale,  Einwirkung  von  kohlensäure- 
halt. Wasser  auf,  VII,  25. 

Mineral chemie,  Aufgaben  der,  I,  93. 
Misspickel  v.L  ey  er  schlag,  Krystall- 
form., IV,  231. 

— v.  Schladming,  Analyse,  IV,  177. 
Monzoni,  Minerale,  V,  181. 
Morawitza,  Greenockit  von,  HI,  218. 
Müller,  R.,  Einwirkung  des  kohlen- 
säurehaltigen Wassers  auf  Mineralien 
und  Gesteine,  VII,  25. 

Muscovit,  Bengalen,  An.,  III,  32. 

— Krystallsystem,  V,  309. 

— Ostindien,  An.,  III,  31. 

— Soboth.,  Anal.,  VII,  271. 

IST. 

Nauckoff,  Eisen  von  Ovifak,  IV,  109. 
Neminar,  Krystallform  d.  Barytocöle- 
stins,  VI,  59. 

— Ein  neuer  Fundort  von  Beryll,  V,  208. 

— Eruptivgesteine  von  Banow,  VI,  143. 

— Klinochlor  v.  Chester.  An.,  IV,  176. 

— Magnesiaglimmer  von  Penneville,  An,, 

IV,  241. 

— Mejonit-Analyse,  V,  51,  VII,  60. 

— Minerale  a.  d.  NW.  von  Schlesien, 
VI,  141. 

— Minerale  a.  d.  NW.  v.  Schlesien,  V,110. 

— Minerale  a.  d.  SO.  von  Schlesien, 

V,  207. 

— Ueber  die  Entstehungsweise  des  Zel- 
lenkalkes, V,  251. 

Nephelin  und  Apatit,  Mikroskopi- 
sche Unterscheidung  von  — , VI,  167 
Nephrit,  Block,  III,  135. 
Nertschinsk,  Kupferlasur,  I,  13. 
Niederschlesien,  Grüne  Schiefer  von 
-,  VI,  87. 


Register. 


363 


Niedzwiedzki,  Andesit  von  St. Egidi, 

II,  253. 

— Banater  Eruptionsgesteine,  III,  255. 

— Kupfer  von  Graupen,  II,  265. 

— Löllingit,  Granat,  Chlorit,  II.  161. 

— Mineralvorkommen  in  Kalusz,  VII,  95. 

— Ueber  Gesteine  von  Samotkrake,  V,  89. 
Nicolic,  Dachschiefer- Analysen,  I,  107. 

O. 

Oberhofer,  Schlacken- Analyse,  III,  34. 
Oberhollersbachthal,  Minerale, 

III,  46. 

Offenbanya,  Trachyte,  IV,  20. 
Olivin  v.  Vesuv,  Analyse,  III,  130. 
Olivindiorit  aus  Böhmen,  VII,  200. 
Olivinfels  Kraubat,  An.,  II,  79. 

— I,  57. 

Oligoklas,  Soboth,  Analyse,  VII,  265. 

■ — Wilmington,  Analyse,  I,  55. 
Orawicza  Gestein,  III,  258. 
Orthoklas-Augitporphyr  aus  dem 
Kaukasus,  V,  133. 

Orthoklasporphyr  a.  d.  Kaukasus, 
V,  1. 

Orvinio,  Meteorit  von,  An,,  IV,  244. 

— Meteorsteinfall,  IV,  258. 
Ostindischer  Archipel,  Minerale, 

VH,  297. 

Ottenschlag, Paläopikrit,  VII,  278. 
Ovifak,  Eisenfund  bei,  I,  109. 

— Eisen  im  Basalt  v.,  IV,  109. 

— Meteoritenfund  bei,  IV,  165. 

1*. 

Paläopikrit  v.  Ottenschlag,  VII,  278. 
Par  gas,  Magnesiagl.  v.,  An.,  IV,  239. 
Pech  st  eine  v.  Arran,  VI,  185. 

— u.  Felsite  Sachsens,  IV,  31. 
Penneville,  Magnesiagl.  v., An.,  IV,  241. 
Pennin  v.  Zermatt,  Analyse,  II,  260. 

— Zillerthal,  Analyse,  III,  33. 
Petersen,  Guadalcazarit,  II,  69. 
Pharmakolith,  Krystallform,  III,  138. 
Pharmakosiderit,  Neuer  Fundort  v., 

V,  109. 

Phästin  Kraubat,  I,  57. 
Philippinen,  Minerale  v.  d.,  VII,  302. 
Phlogopit,  barythaltiger,  VII,  109. 
Pichler,  Jamesonit  v.  Wilten,  VII,  354. 
Pinit-Gruppe,  III,  147. 

Pinolit,  III,  266. 

— v.  Goldeck,  IV,  281. 

Polyhalit,  Analyse,  IV,  89. 

Popovits,  Magnesiaglimmer  v.  Ratna- 

pura,  Analyse,  IV,  241. 

Porphyre,  Kaukasus,  II,  112. 

— Lennegebiet,  VII,  127. 

— a.  d.  Silur,  Böhmen,  VII,  179. 


Porphyrit  v.  Lienz,  IV,  89. 

Plaben,  Steatit  von,  Anal.,  II,  257. 
Plagioklas  von  Verespatak,  IV,  175. 
Pribramer  Erzgänge,  Min.  d.,  V,  75. 
Pribram,  Grünsteine  von,  VII,  223. 
Pribramer  Mineralien,  II,  27. 
Proustit  n.  Stefanit  u.  Argentit,  IV,  87. 
Pseudomalachit,  Krystallf.,  III,  139. 
Pseudomorphose,  Chlorsilber  nach 
Silber,  III,  247. 

— Fassait  nach  Vesuvian,  IV,  85. 

— nach  Feldspath,  III,  125. 

— Friedek,  II,  113. 

— Kupferkies  u.  Bitterspath  nach  Cuprit, 

V,  31. 

— Labradorit  v.  Verespatak,  IV,  269,  V,41. 

— Malachit  n.  Atacamit,  VII,  97,  III,  39. 

— Markasit  nach  Bournonit,  IV,  87. 

— Markasit  nach  Eugenglanz,  IV,  93. 

— Markasit  nach  Kupferkies,  IV,  88. 

— Markasit  nach  Magnetkies,  IV,  88. 

— Silber  nach  Rothgiltigerz,  IV,  86. 

— Steatit  nach  Feldspath,  IV,  7. 

— Steinsalz,  III,  251. 

— Talk  n.  Grammatit,  VI,  65. 
Pucherit,  Schneeb.  Krystallf.,  II,  245. 
Pyrrhotin,  Nagybänya,  II,  76. 

Pyrit,  Fassathal,  VII,  79. 

— Waldenstein,  VI,  13. 

Pyritgruppe,  II,  23. 

Pyrop,  Muttergestein  d,  III,  13. 
Pyrosmalith,  Analyse,  V,  211. 
Pyroxen,  I,  17. 

Q« 

Quarz  v.  d.  Saualpe,  IV,  284. 

— vom  Viesena,  V,  178. 
Quarzandesite  v.  Ungarn  u.  Sieben- 
bürgen, III,  51  u.  III,  217. 

— Siebenbürgen,  IV,  19. 
Quarz-Hornblende-Andesit,  Wöl- 

lan,  III,  5. 

Quarzporphyre,  Böhmen,  VII,  179. 
Quarztrachy t,  Cernolitza,  III,  10. 

— von  Gleichenberg,  An.,  VII,  276. 

— von  Samothrake,  V,  94. 

R. 

Ratnapura,  Magnesiaglimmer  v.,  An., 
IV,  241. 

Reichenau,  Mineralvorkommen,  II,  263. 
Reps.  Basalt,  VII,  322. 

Reunion  u Mauritius,  Geologie  v., 

VI,  39. 

Reusch,  Gyps,  VI,  67. 

Reyer,  Augit,  Vogelsgeb.,  An.,  II,  258. 
Rhyolithe  v.  Tokaj-Eperies,  IV,  216. 
Ripidolith  a.  d.  Zillerth.,  An., IV,  244. 
Rohrzucker,  Opt.  Eig.,  VII,  261. 

48* 


364 


Register. 


Roselitk,  Monographie  des,  IV,  137. 

— Charakteristik  des,  III,  291. 
Rosignano,  S.  v.  Pisa,  Felsarten  von, 

VI,  229. 

Roth,  Wirk.  v.  Essigs,  a.  Dolomit-Kalke, 

VI.  69. 

Rothgiltigerz  in  Silber  verw.,  IV,  86. 
Rumpf,  Einf.  Albitkrystalle,  IV.  97. 

— Crinoiden  a.  d.  Sunkgraben,  IV,  282. 

— Dolomit  v.  Vigo,  An.,  III,  33. 

— Feldspathf.  Kalkst,  v.  Sauerbrunngr. 
b.  Stainz,  V,  207. 

— Halloysit  v.  Ttiffer,  IV,  282. 

— Kaluszit.  II,  118 

— Kohle  v.  Kainach,  Anal.,  IV,  178. 

— Analyse  d.  Magnesiagl.  v.  Morawitza, 
IV,  177. 

— Magnesite,  III,  263. 

— Misspickel  v.  Leyerschlag,  Krystallf. 
IV,  231. 

— Misspickel  v.  Schladming,  An.,  IV,  177. 

— Pennin  a.  d.  Zillerthal,  An.,  III,  33. 

— Pinolit  v.  Goldek,  IV,  281. 

Rutil  v.  Rauris,  II,  195. 

S. 

Sachs.  Felsite  u.  Pechst.,  IV,  31. 
Sadebeck,  Glaukodot  von  Hakansboe, 

VII,  353. 

— Krystallf.  d.  Struvits,  VII,  113,  221. 
Sahara-Sand,  VII,  221. 

Salit,  Greiner,  II,  58. 

— v.  Albrechtsberg,  VII,  273. 

— als  Gesteinsgemengtheil,  V,  45. 
Salze  v.  Königsberg  i.  Ungarn,  V.  310. 
Samothrake,  Ueber  Gesteine  v.,  V,  89. 
Sand  Sahara,  VII,  221. 

Sandsteine,  Grauwacken  und  Mergel, 

Mikroskopische  Studien  über,  V,  154. 
Sarkany,  Stilpnomelansch.,  An.,  I,  108. 
Sau  alpe,  Quarz  von  der,  IV,  284. 
Schalige  Textur,  Steinsalz,  VI,  242. 
Schalstein,  Rietsch,  An,  I,  108. 
Scheelit,  Sulzbach,  II,  114. 

— Neues  Vorkommen,  II,  57. 
Schinnerer,  Kupfergl.  v.  Catamarca, 

Analyse,  Et,  80. 

Schlacke,  Analyse,  III,  33. 

— Analyse,  III.  34. 

Schlemmer,  Epidot  v.  Zöptau,  Anal., 
II,  258. 

Schlesien,  Minerale  a.  d.  NW.  von, 
VI,  141. 

— Minerale  a.  d.  SO.  von,  V,  207. 

— Minerale  a.  d.  NW.  von,  V,  110. 
Schlönbach,  Erbohrung  v.  Kalisalzen 

b.  Davenstedt,  V,  283. 

Sch  rauf,  Anatas  und  Rutil  v.  Rauris, 
II,  195. 

— Antimonit  Michelsberg,  IV,  95. 


S c h r a u f,  Apatit  v.  Schlaggenwald,  1, 105. 

— Boracit  v.  Stassfurth,  II,  114. 

— Chalkolith  u.  Zeunerit,  II,  181. 

— Coelestin  v.  Banat,  IV,  95. 

— Cuprit  v.  Liskeard,  I,  106. 

— Einaxiger  Diamant,  III,  289. 

— Klinochlor,  klinoquadr.  u.  klinohexag. 
System,  IV,  161. 

— Kupfer,  Krystallform,  III,  290. 

— Kupfer  von  Wallaroo,  II,  53. 

— Kupferlasur  v.  Nertschinsk,  I,  13. 

— Lanarkit  v.  Leadhills,  III,  137. 

— Monographie  d.  Roselith.  IV.  137. 

— Z.  Charakteristik  d.  Roselith,  III,  291. 

— Pharmakolith.  III,  138. 

— Pseudomalachit,  III,  139. 

— Schröckingerit,  III,  137. 

— Silber  v.  Copiapo,  II,  115. 

— Walpurgin  u.  Trögerit,  II.  183. 

— Weissbleierz,  Krystallform,  III,  203. 

— Zeunerit  v.  Joachimsthal,  III,  138. 
Schröckingerit,  Krystallf.,  III,  137. 
Schweitzerit  vom  Feegletscher,  I,  57. 
Selen  bl  ei,  Mendoza,  III,  254. 
Semmering  Pinolit,  III,  266. 

S erpentine,  I,  1. 

Serpentinähnliche  Gesteine,  I,  1. 
Serpentin  v.  New-Yersey,  V,  llO.i 
Serpentin  u.  Serpentingesteine 
von  Rosignano  u.  Castellina  maritima, 
VI,  237. 

Serpentine  d.  Vogesen,  V,  183. 
Shergotty,  Meteorit  von,  II,  87. 
Siebenbürgen,  Minerale  aus,  VII,  317. 

— Trachyte,  IV,  13. 

Sierra  Cordoba,  Minerale  d.,  III,  220. 
Sie  wert,  Triplit,  Anal.,  III.  225. 
Silber  Copiapo,  II,  115. 

— Chlorsilber  nach,  III,  247. 

— nach  Rothgiltigerz,  IV,  86. 

Silber  glanz,  Krystallform,  V,  40. 
Simony,  Minerale  d.  Hallstädter  Salz- 
berges, I,  58. 

Simony it  von  Ischl,  VII,  97. 

— Stassfurth.  II,  58. 

— Gruppe,  II,  20. 

Sipöcz,  Bustamit  Rezbanya,  An.,  HI,  31. 

— Jordanit  Imfeld,  III,  29,  III,  131. 

— Kaliglimmer,  Bengalen,  An.,  HI,  31. 

— Lievrit,  Analyse,  V,  7. 

— Analyse  d.  Wassers  v.  „Mare  morto“, 
VI,  171. 

— Meteorit  v.  Orvinio,  Anal.,  IV,  244. 

— Miargyrit  und  Kenngottit,  VII,  213. 

— Plagioklas  von  Verespatak,  IV,  175. 

— Skapoiith  v.  Rossie,  VII,  266. 

— Wässer  v.  Baden,  Anal.,  IV.  251. 
Skapoiith  v.  Boxborough,  VII,  267. 

— v.  Rossie,  Anal.,  VII,  266. 

Smita,  Leonhardit,  Anal.,  VII,  268. 

— Oligoklas  v.  Soboth,  VII,  265. 


Register. 


365 


Smita,  Trachyt,  Gleichenberg,  VII,  277. 
Smrekouz  Andesit,  VII,  204. 
Sodalith  von  Ditrö,  VII,  332. 
Sphärosiderit,  Stein,  III,  202. 
Spitzbergen-Gesteine,  IV,  183. 

— Petrographisch-geolog  Beobachtungen 
a.  d.  Westküste.  IV,  181  u.  261. 

Stalagmit  a.  d.  Adelsb. -Grotte,  IV,  179. 
Stannern,  Meteorit  von,  II,  83. 
Stassfurth,  Simonyit  u.  Boracit  von, 
II,  58. 

Staurolith,  II,  173  u.  263. 
Stearopten,  Circular-Polarisat.,IV,227. 
Steatit,  Plaben,  Analyse,  II,  257. 
Stefanit  in  Proustit  verw.,  IV,  87. 
Steiermark,  Eruptivgesteine,  III,  1. 
Steinsalz,  Maros  Ujvär,  VII,  320. 

— Pendscbab.  III.  288. 

— Pseudomorpbosen,  III.  251. 

— Schalige  Textur  in,  VI.  242. 
Stelzner,  Argent.  Republik,  III,  219. 
Stilpnomelanschiefer,  Bärn,  Anal., 

I,  108. 

Stingl,  Brauneisensteinanalysen,  II,  81. 
Streng,  Nephelin  u.  Apatit,  mikroskop. 
Unterscheidung,  VI,  167. 

— Neues  Vorkommen  v.  Tridymit,  I,  47. 
Striegau,  Axinit  von,  II,  1. 
Stromeyerit  Hoyada,  III,  250. 
Struvit,  Kry stallform,  VII,  113,  221. 
Südsteiermark,  Augitandesit,  VII, 204. 
Suida,  Verhalten  des  Eisenoxyds  bei 

hohen  Temperaturen.  VI,  175. 
Sulphuricin,  VI,  243. 

Sulzbacher  Epidote  des  Wiener 
Museums,  I,  49. 

Sulzbach,  Scbeelit  von,  II,  57. 

Sunk,  Pinolit,  III,  266. 

Sunkgraben,  Crinoiden  a.  d.,  IV,  282. 
Symmetrie  d.  Pyritgruppe,  II,  23. 
Sy  m metri  e ges  e tze,  III.  179 
Syngenit,  Kaluszit,  II,  197 

— Krystallform,  III,  47. 

Sysertsk,  Gold  von.  VII,  1. 
Szaszka-Gestein,  III,  260. 

T. 

Talk  n Grammatit,  VI,  65. 

Teclu,  Oligoklas  Wilmington,  Analyse, 
I,  55. 

Tellurwismuth,  III,  293. 

— Vorkommen  im  Banat,  IV,  91. 
Terglav,  Ueher  die  Tuffe  des  Grazer 

Devon,  VI,  207. 

Terminologie,  Bemerk,  zur,  V,  35, 
Teschenit  Kaukasus,  II.  100. 

Th  an,  Anal.  d.  Harkänyer  Therme,  VI,  1. 
Theorie  der  Krystallysationsge- 
setze,  UI,  171. 

Thonerdesilicat  v.  Stein,  III,  197. 


I Thonschiefer  und  S chieferthone, 
| Mikroskop.  Studien  über,  V,  162. 
Tokaj  - Eperieser  Gebirge,  Tra- 
chyte  des,  IV,  199. 

Trachyt,  Gleichenberg,  VII,  276,  277. 
Trachyte  von  Tokaj  - Eperies 

IV,  199. 

Trachyte  aus  dem  siebenbürgi- 
sch  en  Erzgebirge,  IV,  13. 

T remolitreihe.  I,  37. 

Tridymit,  neues  Vorkommen,  I,  47. 
Triplit,  Sierra  Cordoba,  An.,  III,  225. 
Trögerit,  II,  183. 

Tschermak,  Adular-Albit,  II,  196. 

— Analcim-Pseudomorphosen,  II,  113. 

— Anhydrit  vom  Semmering,  V,  399. 

— Apatit  von  Unter-Sulzbach,  V,  208. 

— Aspidolith  von  Znaim,  I,  112. 

— Ueher  Atakamit,  III,  39. 

— Verwandlung  von  Atacamit  in  Mala- 
chit, VII,  97. 

— Biotitzwillinge  vom  Vesuv,  VI,  187. 

— Diallag  im  Quarzporphyr,  III,  47. 

— Ungewöhnliche  Edelsteine,  III,  213. 

— Der  Stern  von  Este,  VI,  241. 

— Eisennickelkies,  Sesiathal,  IV,  285. 

— Zur  Geschichte  d.  Feldspathe,  III,  285. 

— Gehlenit  von  Orawitza,  III,  214. 

— Glauberit-Vorkommen  v.  Priola,  IV, 179. 

— Glimmerkugeln  vom  Hermannschlag, 

II,  264. 

— Verwandlung  von  Grammatit  in  Talk, 
VI,  65. 

— Greenockit  Moravitza,  III,  288. 

— Mineral  - Vorkommen  von  Grossau, 

I,  112. 

— Hydromagnesit,  Krauhat,  I,  109,  112, 
113. 

— Jordanit  von  Nagyag,  Krystallform, 

III,  215. 

— Kalisalze  aus  Ostindien,  III,  135. 

— Kaluszit-Syngenit.  II,  197.  * 

— Felsarten  aus  dem  Kaukasus,  II,  107 
und  V,  131. 

— Labradorit  von  Verespatak,  IV,  269, 

V,  41. 

— Ueber  Leucit,  VI,  66. 

— Ludwigit,  IV,  58. 

— Meteoriten  des  mineral.  Museums, 

II,  165  und  VII.  309. 

— Meteorit  von  Hungen,  VII,  315. 

— Meteorit  von  Iowa,  V,  209. 

— Eisenfund  hei  Ovifak,  I,  109. 

— Meteoritenfund  hei  Ovifak,  IV,  165. 

— Meteorit  von  Shergotty,  I,  56. 

— Meteoreisen  v.  Victoria-West,  I,  109. 

— Milarit,  II,  265,  VII,  350. 

— Aufgaben  der  Mineralchemie,  I,  93. 

— Muscovit,  Krystallsystem,  V.  309. 

— Minerale  vom  Oberhollersbachthal, 

III,  46. 


366 


Register. 


Tschermak,  Pyroxenu.  Amphib.,  I,  17. 

— Quarz  v.  d.  Saualpe,  IY.  284. 

— Mineralvork.  von  Reichenau,  II,  263. 

— Scbalige  Textur  v.  Steinsalz,  YI,  242. 

— Entstehung  schaliger  Textur  durch 
Schlag,  VI,  242. 

— Scheelit  v.  Sulzbach,  II.  57  und  114. 

— Simonyit  von  Ischl,  VII,  97. 

— Simonyit  u.  Boracit  v.  Stassfurth  II,  58. 

— Stalagmit  v.  Adelsberg,  IV,  179. 

— Steinsalz  und  Glauberit,  Pendscbab, 
III,  288. 

Tuffe  des  Grazer  Devon,  VI,  207. 

— Mikroskop.  Studien  über,  V,  167. 
Tiiffer,  Halloysit,  IV,  282. 

Turmalin,  Fundort,  V,  40. 
Turmalingranit  v.  Mulatto,  Minerale 

darin,  VIJ,  81. 

TJ. 

Ullik,  Sphaerosiderit  v.  Stein,  III,  197. 

— Thonerdesilicat  v.  Stein,  III,  197. 
Ural,  Gold  vom,  VII,  1. 

Utschik,  Trachyt,  Gleichenbg.,  VII,  277. 

V. 

Vrba,  Grünsteine  v.  Pfibram,  VII,  223. 
Vorhauseritv.  d.  Pesmedakamm,V,  177. 
Volkmer,  Andesitv.  Czibles,  An.,  II.  261. 
Vogesen,  Die  Serpentine  der,  V,  183. 
Victoria-West,  Meteoreisen  v.,  I,  109. 
Vesuvian,  Grundform,  VII,  98. 

— in  Fassait  verw.  IV,  85. 
Vesuv-Lava,  II,  101. 

Vesuv,  Biotitzwillinge  vom,  VI,  187. 
Verwachsungen  v.  Pyroxen  u.  Am- 
phibol, I,  43. 

V erespatak,  Plagioklas  v.,  An.,  IV,  175. 

— Labradorit  v.,  IV,  269,  V,  41. 
Veränderungen  in  der  flüssigen  und 

erstarrenden  Lava,  I,  65. 

Vulk.  Ereignisse  1872,  III,  107. 

1873,  IV,  67. 

1874,  V,  57. 

1875,  VI,  71. 

1876,  VII,  82. 

Vulkanische  Gesteine  d.  Galopagos- 
Inseln,  VI,  133. 

W. 

Wald,  Pinolit,  III,  266. 

Wallar oo,  Kupfer  von,  II,  53. 


Walpur gin,  II  183. 

Wap plerit,  IV,  279. 

Wartha,  Jordanitformel,  III,  131. 
Wasser  von  Baden,  Analyse.  IV,  251. 
Websky,  Axinit  v.  Striegau,  II,  1. 

— Beryll,  v.  Eidsvold,  VI,  117. 

— Kalkspath  v.  Striegau,  II,  63. 

— Pucherit  v.  Schneeberg,  II,  245. 
Weigand,  Die  Serpentine  der  Vogesen, 

V,  183. 

Weinhol  dt,  Schalstein  v.  Rietsch.  An., 
I,  108. 

Weisbach,  Luzonit,  IV,  257. 
Weissbleierz,  Krystallform,  III,  203. 
Westphalen,  Porphyre  u.  Grünsteine, 
VII,  127. 

Wieser,  Brauneisenstein-Anal.,  II,  80. 

— Olivinfels  Kraubat,  Analysen,  II,  79. 
Wilten,  Jamesonit  von,  VII,  354. 
Wiserin,  Krystallform,  II,  7. 

Wolff,  Diabas  Krockersdorf,  An.,  1, 107. 
Wolframit  a.  d.  Trachyte  von  Felsö- 

Banya,  V,  9. 

Wulfenit,  Krystallform,  IV,  91. 


X. 

Xe  not  im,  Krystallform,  II,  15. 


Z. 

Zellenkalk,  Ueber  den,  V,  251. 
Zellner,  Glimmer  v.  Tscheborkul,  An., 
III,  129. 

— Grüner  Schiefer  v.  Reichenau,  An., 

III.  34. 

Zepharovich,  Feldspath  - Pseudomor- 
phose,  IV,  7. 

Zerrenner,  Baryt  v.  Pribram,  IV,  91. 

— Bemerk,  z.  Terminologie,  V,  35. 

— Chalcedon,  IV,  94. 

— Holzopal,  IV,  94. 

— Krystallform  d.  Wulfenit,  IV,  91. 

— Krystallform  d.  Adular,  IV,  95. 

— Kupferkrystalle  v.  Bolivia,  IV,  94. 

— Markasit  n.  Eugenglanz,  IV,  93. 
Zeunerit,  II,  181. 

— von  Joachimsthal.  III,  138. 
Zillerthal,  Ripidolith  a.  d,  Analyse, 

IV,  244. 

Zinkspath,  Raibl,  Analyse,  I,  55. 
Zinnstein,  Krystallform,  VII,  243. 
Zinnwaldit,  Analyse,  VII,  345. 
Zirkel,  Bytownit,  I,  61. 


•+ 


V-