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Full text of "Mirabilia Romae"

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Ulrich  Middeldorf 


Mirabilia  Romae. 


Die  Mirabilia  Romae. 


In  der  Geschichte  des  Buchdrucks  nehmen  die  Block- 
bücher, d,  h.  diejenigen  Bücher,  welche  von  geschnittenen 
Holztafeln  abgedruckt  sind,  eine  besondere  Stellung  ein. 
Früher  als  Vorläufer  des  Buchdrucks  angesehen,  sind  sie 
nach  den  neueren  Untersuchungen  als  gleichzeitig  mit  den 
Typenfrühdrucken  erkannt  worden;  lediglich  wegen  der 
'mechanischen  Art  der  Vervielfältigung  und  der  Zeit  nach, 
nicht  aber  als  Repräsentanten  einer  Entwickelungsstufe 
des  Typendrucks  gehören  sie  mit  diesem  zusammen. 
Unter  diesen  Blockbüchern  ist  das  deutsche  Büchlein, 
welches  mit  einem  unrichtigen,  aber  fast  allgemein  an- 
genommenen Namen  als  Mirabilia  Romae  bezeichnet  wird, 
ebenso  wertvoll  wegen  seiner  Seltenheit  als  interessant 
wegen  seiner  Form  und  seines  Inhalts. 

Nur  sechs  Exemplare  sind  dem  besten  Kenner  dieser 
Werke  des  Holzschnitts  und  ihrer  Literatur,  F.W.Schrei- 
ber, bekannt  geworden.  Je  eins  befindet  sich  jetzt  im 
Britischen  Museum,  in  Manchester,  in  München,  in  Gotha, 
in  St.  Gallen ;  wo  ein  früher  in  Parma  vorhandenes  jetzt 
aufbewahrt  wird,  ist  unbekannt.  Das  in  unserem  Fak- 
similedruck vervielfältigte  ist  das  der  Herzoglichen  Biblio- 
thek zu  Gotha.  Die  Literatur  über  die  Blockbücher  hat 
W.  L.  Schreiber  in  seinem  vortrefflichen  Manuel  de  l'ama- 
teur  de  la  gravure  sur  bois  et  metal  au  XV^  siecle  (Leip- 
zig 1902)  IV  p.  XI  ff.  vollständig  zusammengestellt;  nur 
sein  eigener,  einen  ausgezeichneten  Überblick  über  die 
Geschichte  der  Blockbücher  gebender  Aufsatz  über  »Die 
Vorstufen  der  Typographie«  in  der  »Festschrift  zum  fünf- 
hundertjährigen Geburtstage  von  Johann  Gutenberg< 
(Mainz  1900)  S.  25— 58  ist  nachzutragen. 


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Der  Name  Mirabilia  Romae  ist,  ähnlich  wie  der  der 
BibHa  pauperum,  von  einem  Buche,  das  inhalth'ch  an  sich 
nichts  mit  dem  unseren  zu  tun  hat,  auf  dieses  übertragen 
worden.  Die  eigentHchen  Mirabiha  Romae  nämhch,  deren 
erste  Abfassung  ins  XII.  Jahrhundert  zurückreicht,  gaben 
eine  Periegese  der  Trümmerstätte  des  heidnischen  Roms 
unter  Hinzufügung  der  »für  den  neugierigen  Wanderer 
interessantesten  Kapitel  der  christlichen  Topographie«. 
Unser  Buch  beschäftigt  sich  in  seinem  topographischen 
Teil  nur  mit  den  christHchen  Kirchen,  und  zwar  nicht, 
um  sie  zu  beschreiben,  sondern  um  die  Pilger  über  ihre 
religiöse  Wichtigkeit,  die  in  ihnen  verwahrten  »Heil- 
tümer«  und  den  in  ihnen  zu  gewinnenden  Ablaß  zu  be- 
lehren. Oft  im  XV.  Jahrhundert^)  gedruckt  finden  sich 
diese  eigentlichen  Mirabilia  mehrfach  mit  der  lateinischen 
Bearbeitung  unseres  Buches,  so  z.  B.  in  zwei  Münchener 
Exemplaren  (Hain  *11189 +  *11180  und  *11194  +  *11181) 
und  in  einem  Zwickauer  Sammelband,  in  einem  Einband 
vereinigt,  so  daß,  abgesehen  davon,  daß  an  sich  die  Be- 
zeichnung durchaus  nicht  unpassend  war,  auch  durch 
diesen  Umstand  die  Übertragung  sich  leicht  einführte. 
Da  das  Buch  selbst  weder  in  der  deutschen  noch  in  der 
lateinischen  Ausgabe  einen  Titel  hat,  so  empfiehlt  es  sich 
der  Kürze  halber  —  der  ihm  mehrfach  beigelegte  »Das 
weltliche  und  geistliche  Rom<  oder  »Historia  et  descriptio 
Romae«  ist  ebenso  willkürhch  — ,  ebenso  wie  für  die 
BibHa  pauperum  die  nun  einmal  rezipierte  Bezeichnung 
beizubehalten. 

Die  Zeit  unseres  Blockbuchs  wird  im  allgemeinen  be- 
stimmt durch  das  auf  dem  Holzschnitt  des  letzten  Blattes 


1)  Siehe  Hain,  Repertor.  typogr.  n.  11174  —  11188;  Copinger, 
Supplem.  to  Hain's  Rep.  typ.  n.  4045—4052. 


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unter  dem  Bilde  vom  Schweißtuch  der  Veronika  sich  fin- 
dende Papstwappen,  welches  (vgl.  Bonanni,  Numismata 
pontificum  I  49  ff.)  das  eines  Rovere  ist.  Da  Julius  II. 
(1503  —  1513)  nicht  in  Betracht  kommen  kann,  so  ist  damit 
Herstellung  unter  Sixtus  IV.  (1471—1484)  erwiesen.  Eine 
genauere  Zeitbestimmung  wird  sich  schwer  gewinnen 
lassen.  Weit  verbreitet,  zuletzt  auch  von  Schreiber  wieder- 
holt, ist  die  Meinung,  daß  das  Büchlein  zum  Jubiläumsjahr 
1474/75  gedruckt  sei,  da  für  dieses  ein  gewaltiger  Zuzug 
nach  der  heiligen  Stadt  zu  erwarten  war,  wie  zweifelsohne 
andere  Blockbücher  für  solche  besonderen  Feste  herge- 
stellt sind  und  wahrscheinlich  auch  Gutenberg  seine  Spie- 
gel für  die  große  Aachener  Heiltumsfahrt  angefertigt  hat. 
Der  größte  Forscher  über  das  christliche  Rom,  Gianb.  de 
Rossi  (LaRomasotterranea  I  163),  scheint  für  die  deutsche 
Bearbeitung,  die  er  fälschlich  als  Typendruck  bezeichnet, 
mit  dem  Münchener  Katalog  und  Hain  als  Abfassungsjahr 
1472  anzunehmen;  wenn  derselbe  Gelehrte  die  Editio 
princeps  der  lateinischen  Schrift  in  das  Jahr  1475  setzt, 
so  kann  sich  dies  nur  auf  den  Rom  1475  erschienenen 
Druck  der  Indulgentiae  principalium  ecclesiarum  urbis 
Romae  —  Hain  *9176  beziehen,  der  selbst  freilich  schwer- 
lich der  erste  ist. 

Der  lateinische  Text,  dessen  älteste  Exemplare  nicht 
das  Wappen  Sixtus'  IV.,  sondern  das  Innozenz'  VIII. 
(1484—1492)  tragen,  enthält  folgende  Stelle:  Etiani  miiltis 
per  totam  iirbern  Romanam  (imago  beate  Marie  virgüiis, 
qiie  inter  omnes  quas  sanctas  Lucas  depinxit  satis  figiira 
exlstit)  clarait  nüraciilis  tempore  Innocentii pape  VIII  Anno 
doniini  nostri  lesii  chrlsti  M.CCCC.LXXXV:  damit  ist, 
in  Übereinstimmung  mit  demWappen,  seine  Zeit  bestimmt. 
Diese  Stelle  gibt  aber  vielleicht  auch  einen  Terminus  ante 
quem  für  das  deutsche  Blockbuch.   Es  ist  in  ihr  die  Rede 


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von  der  Kirche  San  Agostino,  die  erst  1479 — 1483  vom 
Kardinal  d'Estoutville  erbaut  ist.  Das  lateinische  Buch 
sagt  von  ihr:  Ad  sanctam  Trip  ho  nein  est  ecclesia  contigna 
ecclesie  sancti  Augiistini  . .  Ad  sanctam  Aagastinam  in 
regio ne  canipi  niartis.  Est  ana  ecclesia  nova  nunc  a  funda- 
mentis  pulchre  erecta  et  constructa,  tiic  est  sepultura  sancie 
Monice,  Im  deutschen  Blockbuch  lautet  die  Stelle  so: 
Za  scind  crisono  (1.  trifone)  ist  ayn  closter  augustiner  orden 
Do  leyt  Scta  Monica  ...zu  sand  Augustin  ist  do  nahet  Die 
Kirche  besingen  auch  die  Augustiner  Do  ist  auch  vil 
heyltum  vnd  ablas  Der  neue  Prachtbau,  den  der  latei- 
nische Text  ervi^ähnt,  ist  an  Stelle  einer  alten  Kirche  des 
heiligen  Augustin  errichtet  worden;^)  die  Reliquien  der 
heiligen  Monika,  die  die  alte  noch  nicht  hatte,  werden 
aus  St.Tripho  in  die  neue  übertragen  sein.  Ich  glaube 
daher,  dieses  alte  Kirchlein  erwähnt  das  Blockbuch ,  das, 
wenn  meine  Vermutung  richtig  ist,  vor  1479  verfaßt  wäre, 
ohne  daß  dadurch  Beziehung  auf  das  Jubiläumsjahr  not- 
wendig wird.  Denn  mit  keinem  Wort  ist  von  den  großen 
von  Sixtus  IV.  für  das  Jubiläumsjahr  unternommenen 
Kirchenbauten  (Pastor,  Gesch.  d.  Päpste  II  482 ff.),  nicht 
einmal  von  der  Erneuerung  des  im  Blockbuch  doch  er- 
wähnten Hospitals  von  San  Spirito  die  Rede;  erst  die 
lateinische  Ausgabe  von  1491  hat  an  dieser  Stelle  den 
Zusatz  quod  hospitale  Sixtus  papa  IUI.  de  novo  a  fun- 
damento  niaximis  structuris  renovavit!^)  Freilich  werden 
die  großen  Bauten  Sixtus'  IV.  auch  in  den  der  Zeit  nach 


1)  Vgl.  Armellini ,  Le  chiese  di  Roma  S.  471 ;  Plattner,  Gesch.  der 
Stadt  Rom  III  3,  311  ;  Reumont,  Gesch.  der  Stadt  Rom  III  1,  256.  408. 

Wohl  nach  Piatina,  Vita  di  Sisto  IV:  Egli  spianb  da^  fondameiiti 
lo  Jpedale  di  sau  Spirito,  ch^  eva  per  V  antichitä  quasi  tutto  in  niiua, 
e  con  bellissiuü  edificii  V  anipliö  &  in  niigliore  e  piii  vaga  forma  il 
riduffe. 


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sicher  in  das  Jubiläumsjahr  gehörigen  Drucken  der  Indul- 
genzien  (s.  u.  S.23)  nicht  hervorgehoben.  Da  aber  das 
Blockbuch  das  Haus  ayti  reychs  spltale  nennte  so  kann  sich 
das  nur  auf  das  von  Sixtus  erneuerte  Haus  beziehen; 
doch  gewinnen  wir  auch  damit  noch  keinen  sicheren 
Hinweis  auf  das  Jubiläumsjahr,  weil  der  Bau  (vgl.  Pastor, 
Gesch.  d.  Päpste  II  629)  erst  1482  beendet  worden  ist: 
immerhin  kann  das  Epitheton  sehr  gut  das  noch  im  Um- 
bau begriffene  Gebäude  bezeichnen ,  so  daß  wir  auch  da- 
durch auf  die  siebziger  Jahre  gewiesen  würden.^)  In  diese 
aber  fallen  auch  eine  Reihe  anderer,  sicher  datierter  Block- 
bücher: so  ist  die  erste  deutsche  Armenbibel  1470,  die 
zweite  1471,  die  zweite  Ausgabe  des  Entkrist  1472,  die 
erste  Ausgabe  des  Defensorium  beatae  Mariae  1470,  die 
zweite  1471,  die  Sporersche  Ars  moriendi  1473  datiert. 
Von  diesen  Büchern  gehören  die  an  2.,  3.  und  letzter 
Stelle  genannten  sicher  nach  Nürnberg,  und  nach  Nürn- 
berg gehört  wahrscheinlich,  wie  schon  Schreiber  ver- 
mutet hat,  auch  unser  Buch.  In  der  Sprache,  die  nach 
fachmännischem  Urteil  einen  entschieden  bayerischen,  von 
allemannischen  Formen  freien  Dialekt  aufweist,  und  in 
der  Form  der  Buchstabenplatten,  die  denen  der  Sporer- 
schen  Armenbibel  und  besonders  des  Entkrist  sehr  ähnlich 
sind,  findet  diese  Vermutung  eine  Stütze. 

Innerhalb  der  uns  erhaltenen  Blockbücher  selbst  aber 
stehen  die  Mirabilia  in  einer  auffallenden  Weise  für  sich 
allein.  Nicht  sowohl  wegen  ihres  Inhalts;  denn  auch  sie 
sind  berechnet  für  den  >ungelehrten  Mann« ;  sie  sollen 
den  gewöhnlichen  Pilger  begleiten  und  geleiten,  der  nach 
Rom  wallfahrtet,  um  Erlösung  von  seinen  Sünden  zu  er- 
langen.  Ein  praktischer,  nicht  ein  gelehrter  Zweck  aber 


^)  Vgl.  das  bei  Pastor  zitierte  Gedicht  aus  dem  Jahre  1477. 


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lag  auch  allen  übrigen  Blockbüchern  zugrunde :  sie  sind 
verfaßt  zur  Selbstbelehrung,  zum  Unterricht,  zur  Erbauung 
für  Kirche,  Schule  und  Haus  und  hergestellt,  im  Gegen- 
satz zu  den  teuren  illuminierten  Handschriften,  zur  An- 
schaffung für  das  große,  nach  dem  veranschaulichenden 
Bild  neben  dem  Text  verlangenden  Publikum.  Wohl  aber 
wegen  seiner  Form.  Entstanden  in  Nachahmung  der 
Miniatur,  haben  die  ältesten  Blockbücherplatten  geschnit- 
tene Schrift  fast  gar  nicht  geboten ;  der  erklärende  Text, 
selbst  der  der  Bandrollen ,  wurde  handschriftlich  (in  eini- 
gen seltenen  Fällen  typographisch)  hinzugefügt;  seine 
Herstellung  war  im  Anfang  Sache  des  vom  Holzschneider 
zugezogenen  Schreibers.  Die  lateinischen  Armenbibeln 
geben  den  Text  auf  der  Bildfläche.  Schon  die  deutschen 
Armenbibeln  aber,  der  Entkrist,  das  Defensorium  beate 
Marie  u.  a.  haben  einen  xylographischen  Text  über  oder 
unter  der  Bildfläche  auf  besonders  abgeteiltem  Raum, 
während  die  Ars  moriendi  und  Ars  memorandi  volle  Text- 
seiten auf  den  den  Bildtafeln  gegenüberstehenden  Seiten 
bieten  und  ebenso,  um  Bücher  gleichen  Formats  wie  die 
Mirabilia  zu  nennen,  die  Passio  domini  (s.  Schreiber, 
Manuel  VII  pl.  LXI)  und  die  Septem  vitia  mortaha  (Schrei- 
ber pl.  LXIII) ;  der  Entkrist  hat  am  Anfang  eine,  am  Ende 
zwei  volle  Textseiten  auf  einseitig  bedruckten  Blättern,  die 
Meinradslegende  dagegen  schon  (Schreiber VII  pl.  LXIX. 
IV  385)  am  Anfang  zwei,  am  Ende  elf  aufeinanderfol- 
gende Textseiten  auf  zweiseitig  gedruckten  Blättern.  Daß 
aber  beide  Blattseiten  eines  ganzen  Blockbuches  mit  Text 
bedruckt  sind,  findet  sich  nur  in  den  Mirabilia,  die  sich 
dadurch  dem  durch  Typendruck  geschaffenen  Buche  am 
meisten  nähern  und  dadurch,  daß  der  Bildschmuck  ganz 
zurücktritt,  sich  von  der  ursprünglichen  und  naturgemäßen 
Verwendung  des  Holzschnitts  für  bildliche  Reproduktion 


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am  meisten  entfernt  haben.  Bei  der  Schwierigkeit  des 
Buchstabenholzschnitts  gegenüber  der  raschen  und  leich- 
ten Herstellung  jedes  beliebigen  Textes  mit  beweglichen 
Lettern  und  beider  immer  weiteren  Verbreitung  der  Typo- 
graphie kann  man  sich  nicht  wundern,  wenn  der  Versuch 
auf  unser  Buch  beschränkt  geblieben  ist 

Die  einzelnen  Seiten  haben,  wie  in  den  ältesten 
Drucken,  weder  Kustoden  noch  Signaturen  noch  Blatt- 
oder  Seitenzahlen,  und  ebensowenig  findet  sich,  wenn 
man  von  dem  Papstwappen  absieht,  irgend  ein  Hinweis 
auf  Ort  und  Zeit.  Das  Papier,  obschon  im  Gothaer  und 
Münchener  Exemplar  von  verschiedener  Stärke ,  stammt 
doch,  wie  das  gleiche  Wasserzeichen  der  in  einen  Kreis 
eingeschlossenen,  senkrecht  durchstrichenen  Krone  er- 
weist,^) aus  ein  und  derselben  Fabrik;  Interpunktionen 
finden  sich  nicht. 

Von  den  beigegebenen  Bildern  zeigt  das  auf  S.  2  die 
Vorweisung  des  Tuches  der  Veronika  durch  einen  von 
zwei  kerzentragenden  Diakonen  begleiteten  Priester, 
während  eine  dichtgedrängte  Menge  von  Mönchen  und 
Laien  die  Kanzel  umsteht.  S.  4  ist  auf  dem,  wie  schon 
Schreiber  betont,  auf  italienische  Vorlage  hinweisenden 
Holzschnitt  rechts  Rea  Silvia  dargestellt,  y^die  langkfraii 
als  sie  was  in  dem  tempel  vesto  des  abtgocz  <,  Hnks  im 
Vordergrund  die  Wölfin  mit  den  Knaben  und  oben  das 
Kapitol.  Auf  der  folgenden  Textseite  erscheinen  oben 
drei  Wappen:  in  der  Mitte  das  von  der  Tiara  ohne  Kreuz 
gekrönte  päpstliche,  rechts  das  die  Inschrift  S(enatus) 
P(opulus)  Q(ue)  R(omanus)  tragende,  ROMA  über- 
schriebene  römische,  links  das  kaiserliche  Wappen  mit 


1)  Goth.  Ex.  Bl.  159/60  vgl.  Maßmann  im  Serapeum  II  (1842)  310; 
die  übrigen  Wasserzeichen  im  Gotliaer  Exemplar  bleiben  unsicher. 


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dem  doppelköpfigen  Adler  mit  der  Überschrift  IMP(er)- 
IVM.  Auffallend  ist  die  in  den  Überschriften  verwen- 
dete, auch  in  der  Schlußschrift  des  Büchleins  wieder- 
kehrende Form  des  M,  welche  vollständig  mit  der  ita- 
lienischen Form  der  entsprechenden  griechischen  Ma- 
juskel, wie  sie  z.B.  in  der  zu  Florenz  1488  gedruckten 
Editio  princeps  des  Homer  verwendet  ist,  übereinstimmt. 
Die  von  der  Initiale  R  ausgehende,  den  Text  dieser  Seite 
auf  drei  Seiten  umgebende  Rankendekoration  erinnert  an 
die  entsprechenden  Ornamente  des  Ulmer  Druckers  Joh. 
Zeiner  bzw.  an  dessen  Vorlagen;  eine  ähnliche  findet  sich 
auf  dem  oberen  Seitenrand  und  im  Anschluß  an  die,  wie 
häufig  bei  Miniaturen,  in  ein  Quadrat  gesetzte,  mit  dem 
Bild  des  Papstes  Silvester  geschmückte  S- Initiale  S.  53. 
Auf  der  Innenseite  des  Schlußblatts  hat  der  Holzschneider 
unter  dem  von  zwei  Engeln  gehaltenen  Veronikatuch 
drei  ähnlich  wie  S.  5  verbundene  Wappen  angebracht: 
der  unter  der  hier  mit  dem  Kreuz  geschmückten  Tiara 
stehende  Schild  enthält  die  Eiche  der  Rovere  (s.  o.  S.5), 
links  steht  das  römische,  rechts  das  päpstliche  Wappen. 

In  der  Reihenfolge  der  Bilder  unterscheiden  sich  die 
einzelnen  erhaltenen  Exemplare,  und  Schreiber  vermutet 
aus  diesem  Umstand  mit  Recht,  daß  verschiedene  Aus- 
gaben des  Buches  hergestellt  worden  sind. 

Das  Münchener  Exemplar  hat  das  Blatt  mit  dem  Ro- 
vere wappen  nach  S.  52,  also  am  Schluß  des  historischen 
Teils,  das  von  Graesse  (Tresor  de  livres  rares  IV  535) 
beschriebene,  jetzt  im  Britischen  Museum  befindliche  hat 
an  dieser  Stelle  das  Blatt  mit  dem  das  Veronikatuch  zei- 
genden Priester  und  nach  S.109  das  Wappenblatt,  wäh- 
rend das  Panzersche  Exemplar  (s.  Panzer,  Annalen  der 
ält.  deutschen  Litt.  S.45)  wie  das  Münchener  und  Gothaer 
mit  dem  großen  Veronikabild  anfängt,  aber  mit  dem 


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Wappenbild  schließt.  Das  St.  Galler  hat  sowohl  die  An- 
fangs- wie  die  Schlußblätter  verloren,  hat  aber  am  Schluß 
der  römischen  Geschichte  keine  Lücke;  es  steht  demnach 
wohl  fest,  daß  auch  dieses  ursprünglich  Holzschnitte  nur 
am  Anfang  und  am  Schluß  gehabt  hat;  denn  um  die 
Holzschnitte  zu  gewinnen,  wird  irgend  ein  Sammler  An- 
fangs- und  Schlußblätter  weggenommen  haben.  Ebenso 
müssen  die  Holzschnitte  im  Gothaer  Buch  verteilt  ge- 
wesen sein:  zuerst  das  große  Veronikabild,  dann  Rea 
und  die  Wölfin,  am  Schluß  das  Veronikatuch  mit  dem 
Papstwappen;  dieses  fehlt  jetzt:  aber  deutliche  Reste 
zeigen ,  daß  das  Schlußblatt  ausgerissen  worden  ist.  Ich 
habe  in  dem  Faksimiledruck,  der,  wie  schon  bemerkt, 
das  Gothaer  Buch  wiedergibt,  dieses  Blatt  ans  Ende 
setzen  lassen,  wo  es,  wie  ich  glaube,  als  eine  Art  bild- 
lichen Kolophons  auch  sachlich  seine  richtigste  Stelle  hat. 

Auffallend  ist  die  zweimalige  Darstellung  des  Veronika- 
tuchs, da  dieses  zwar  in  den  Legenden  unseres  Büchleins 
mehrfach  (s.  S.20.  76)  erwähnt,  aber  nicht  besonders  be- 
handelt wird,  wie  dies  in  den  lateinischen  Ausgaben 
allerdings  geschieht,  wo  vor  der  Aufzählung  der  Indul- 
genzien  der  Hauptkirchen  die  Veronikasequenz  Salue 
sancta  facies  nostri  redemptoris  (s.  Acta  Sanctorum  febr.  1, 
452  ff.)  samt  Versen  und  Gebet  abgedruckt  ist:  für  diese 
Feier  ist  allerdings  das  jetzt  ohne  inneren  Zusammen- 
hang mit  dem  Buche  stehende  erste  Bild  eine  passende 
Illustration;  bemerkenswert  ist  es  auch,  daß  keins  der 
beiden  Veronikabilder  das  Antlitz  mit  der  Dornenkrone 
zeigt.  Weiter  ist  auffallend,  daß  genau  dieselben  Holz- 
schnitte, die  das  Blockbuch  hat,  in  der  ältesten,  wohl 
bei  Stephan  Planck  in  Rom  (vgl.  R.  Proctor,  An  index 
of  the  early  printed  books  in  the  Brit.  Mus.  I  242)  ge- 
druckten Ausgabe  wiedererscheinen,  nur  die  beiden  Ini- 


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tialen  und  die  Randornamente  sind  weggelassen.  In 
dem  Gothaer  Exemplar  dieser  Ausgabe  es  muß  späte-- 
stens  1489  gedruckt  sein,  da  der  Rubrikator  am  Schluß 
diese  Jahreszahl  eingetragen  hat  —  ist  auf  dem  das  Papst- 
wappen unter  dem  Veronikabild  zeigenden  Blatte  die  Tiara 
und  der  Eichbaum  der  Rovere  beseitigt  und  statt  des  letz- 
teren das  Wappenzeichen  der  genuesischen  Cibo,  d.  h. 
Innocenz' VIII.,  mit  der  Hand  eingezeichnet,  ein  unwider- 
sprechlicher  Beweis  dafür,  daß  hier  ein  älterer  Schnitt  für 
die  neue  Ausgabe  verwendet  ist.  Es  ist  demnach  zweifel- 
los, daß  derselbe  Holzstock  von  dem  Verfertiger  des  deut- 
schen Blockbuchs  und  des  italienischen  Druckes  verwendet 
ist,  und  wahrscheinlich,  daß  die  Veronikabilder  geschnit- 
ten sind  für  eine  Fassung,  in  der  diese  Legende  eine 
besonders  hervortretende  Behandlung  gefunden  hatte. 

Die  ältesten  deutschen  Druckausgaben,  d.  h.  die 
von  Hans  Awrl  1481  (=  Hain  *11209  vgl.  K.  Burger, 
Deutsche  und  Ital.  Inkunabeln  Taf.  50,  2)  an  einem  un- 
bekannten Druckort  und  die  von  Hans  Schauer  1482 
(=  Hain  *11210  vgl.  K.  Burger,  Taf.  143,  1)  in  München, 
und  zwar  als  erstes  Druckwerk  Münchens  gedruckten, 
haben  keine  Bilder:  bei  dem  veränderten  Format  —  sie 
sind  in  Quart  gedruckt  —  paßten  die  Schnitte  nicht.  Die 
lateinischen  Ausgaben,  die  ich  außer  dem  Gothaer  Exem- 
plar kenne,^)  haben  neue  Schnitte:  die  Planckschen  Aus- 
gaben bieten  das  Romulus-  und  Veronikablatt  in  engem 
Anschluß,  die  Silbersche  wenigstens  in  unverkennbarer 
Anlehnung  an  die  oben  beschriebenen  Bilder;  keine  der 
Ausgaben  hat  das  Blatt  mit  dem  Papstwappen  unter  dem 
Veronikatuch  und  keiner  hat  die  Rankenornamente  über- 

1)  Unter  Innocenz  VIII.:  Hain  *11190,  Proctor  3775:  St.  Planck 
O.J.,  Hain*11194:  St.  Planck  Rom  1491;  unter  Alexander  VI. :  Hain 
*11189:  Eucharius  Silber,  Rom  nach  1492. 


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nommen;  dagegen  bieten  alle  über  dem  Anfang  der  römi- 
schen Geschichte  die  drei  Wappenschilde,  nur  ist  das 
Wappenzeichen  des  mittleren,  die  päpstlichen  Schlüssel, 
ersetzt  durch  das  der  Cibo  bzw.  der  Borgia.  Am  An- 
fang der  Indulgenzien  der  Nebenkirchen  hat  die  ältere 
Plancksche  Ausgabe  (Hain  -11190)  einen  St.  Peter  und 
St.  Paul  darstellenden  Holzschnitt,  die  von  1491  an  der- 
selben Stelle  die  heil.  Jungfrau  auf  dem  Halbmond  in 
Strahlen,  die  Silbersche  vor  den  Indulgenzien  der  Haupt- 
kirchen St.  Johannes,  dann  St.  Peter  und  St.  Paul,  die 
Mutter  Gottes  auf  dem  Halbmond  in  Strahlen,  St.  Lorenz, 
St.  Sebastian,  Jesus  am  Kreuz  mit  Maria  und  Johannes. 

Das  genauere  Verhältnis  der  deutschen  typographi- 
schen Ausgaben  zum  Blockbuch  ist  schwer  zu  bestimmen ; 
im  allgemeinen  haben  sie  genau  denselben  Text.  Daß 
beide  auf  das  engste  zusammengehören,  erweist  schon 
die  Einleitung  zum  zweiten  Teil,  wo  in  beiden  Texten 
zu  lesen  ist :  Sandus  Silvester  der  schreibt  in  seiner  Co- 
ronica  (diese  Form  hat  auch  die  Ausgabe  der  Indul- 
genzien von  1475)  das  zu  Rome  (roni)  sein  gebest  (ge- 
wesen) tausend  (taasent)  vnd  CCCC  vnd  V(fünf)  kyrchen 
(kirchen)  der  sein  (send)  vil  zerbrochen  worden  (die  ein- 
geklammerten Formen  sind  die  des  Druckes),  während 
der  lateinische  Text,  mit  dem  die  Ausgaben  der  Indul- 
genzien stimmen,  die  Zahl  der  Kirchen  übereinstimmend 
auf  1505  angibt.  Ebenso  fehlt  in  der  Aufzählung  der 
Kirchen  im  Blockbuch  wie  in  den  Drucken  die  Erwäh- 
nung von  St.  Vitalis,  welche  die  lateinischen  Texte  mit 
folgenden  Worten  geben:  Ad  sanctuni  Vitalem  est  una 
ecclesia  per  papani  Sixtani  qiiartam  Pontificeni  niaximam 
restaarata  tempore  siio  anno Jubilei,  est  statio  titulus  Car- 
dinalis.  Nicht  weniger  belehrend  ist  folgende  Stelle  in 
der  Beschreibung  von  Sta.  Bibiana,  wo  das  Blockbuch  und 


14 


die  ältesten  Drucke  folgendes  bieten :  Do  stet  ayn  (ain) 
staindor  (Dar)  in  ist gehaven  die geschrift  also  Hicfuenint 
sepulti  tpe  (tempore)  anthoni  Imperatoris  qainqe  Milia 
duceta  et  sexaginta  sex  Milia  absque  parfalis  (paruu- 
lis)  et  mulier ihaSy  während  der  Text  des  lateinischen  Buches 
so  lautet:  Fiierunt  in  isto  loco  sepelita quinque milia corpora 
sanctoruni  martyrum  absque  parvulis  et  mulieribus.  Es  ist 
interessant  zu  bemerken,  daß  das  deutsche  Buch  mit  der 
Angabe,  daß  eine  Inschrift  vorhanden  sei,  recht  hat  (vgl. 
Armelhni,  Chiese  di  Roma  S.  806),  daß  aber  seine  An- 
gabe (auch  ohne  das  unsinnige  zweite  Milia)  ebenso 
falsch  ist  wie  die  des  lateinischen:  denn  die  Inschrift 
lautete  in  quo  cimeterio  requiescunt  quatuor  millia  et 
CCL  VII  corpora  Sanctoruni  exceptis  parvulis  et  mulieribus. 
Und  das  gleiche,  d.  h.  die  enge  Zusammengehörig- 
keit des  Blockbuchs  und  des  deutschen  Drucks  gegen- 
über dem  lateinischen  Text,  erweist,  um  noch  ein  Bei- 
spiel anzuführen,  die  Art  und  Weise,  in  der  die  drei 
Kirchen  St.  Anastasius  (die  deutschen  Texte  nennen  die 
Kirche  Sta  Anastasia),  Sta  Maria  in  scala  celi  und  Ad  de- 
capitationem  S.  Pauli  (vgl.  Armellini  p.  938  ff.)  im  Gegen- 
satz zum  lateinischen  Buch  aufgezählt  und  beschrieben 
werden. 

So  viel  steht  also  fest,  daß  ein  und  dieselbe  Quelle 
dem  Holzschneider  und  Awrl,  dem  ersten  Drucker  des 
deutschen  Textes,  vorgelegen  hat;  der  Druck  Schauers 
kann  für  diese  Frage  ausscheiden,  da  er  eine,  Seite  für 
Seite  in  den  Anfangs-  und  Schlußworten  genau  stim- 
mende Wiederholung  des  Awrlschen  Druckes  ist:  es 
gilt  für  diese  beiden  Ausgaben  der  Mirabilia  genau  das- 
selbe wie  für  die  Mainzer  48zeiligen  Bibeln  von  1462  und 
1472.  Aber  wahrscheinlicher  scheint  mir  doch,  daß  Awrl 
unter  Einsetzung  vielfacher  sprachlicher,  besonders  dia- 


15 


lektischer  Änderungen  und  der  Verbesserung  mancher 
offenkundiger  Versehen  (so  schreibt  er  z.  B.  statt  Excel- 
sas  richtig  Geisas  und  statt  Sta  Maria  yniolata,  St.  Maria 
inviolata  gleich  dem  lateinischen  Text,  was  freilich  selbst 
ein  fast  komischer  Fehler  ist  statt  Sta  Maria  in  Via  lata, 
vgl.  Armellini,  Chiese  di  Roma  472)  doch  das  Blockbuch 
selbst  als  Vorlage  benutzt  hat.  Ich  will  für  diese  Ver- 
mutung nur  eine  Stelle  anführen.  In  der  bekannten  Er- 
zählung von  der  Päpstin  Johanna,  in  der  nebenbei  be- 
merkt die  lateinische  und  die  deutsche  Fassung  in  we- 
sentlichen Punkten  nicht  zusammen  stimmen  (vgl.  auch 
J.  DöUinger,  Die  Papst- Fabeln  des  Mittelalters  S.  26), 
heißt  es  im  Blockbuch :  Do  sie  ging  in  pebstlicheni  wesen 
mit  allen  den  Cardinalen  in  der  processe  vnd  vil  Volkes 
Bey  der  kyrch  ||  (Schluß  der  Seite)  sie  des  kyndes.  Es  ist 
klar,  daß  die  Worte  ausgefallen  sind:  was,  do  genas  , . . 
Der  Druck  gibt  folgenden  Text:  Da  si  gieng  in  pebst- 
lichen  wesen  mit  allen  den  cardinalen  in  der  proceß  vnd 
vil  Volkes  pey  der  kirch  si  des  kindes  genaß.  Hätte  diese 
Fassung  in  einer  gemeinsamen  Vorlage  sich  gefunden, 
so  wäre  das  Versehen  des  Holzschneiders  unerklärlich 
und  ebenso  das  Auffallende  in  der  Konstruktion  und  im 
Ausdruck  Awrls. 

Das  Buch  zerfällt  inhaltlich  in  drei  Teile:  einen  ge- 
schichtlichen, einen  periegetischen  und  in  einen  mit  dem 
zweiten  eng  zusammenhängenden  sakralen.  Im  ersten 
wird  die  Geschichte  Roms  von  Gründung  der  Stadt  bis 
Konstantin  mit  besonderer  Hervorhebung  der  für  die  Ge- 
schichte der  christlichen  Kirche  wichtigen  Tatsachen  der 
Kaiserzeit  erzählt;  der  zweite  behandelt  zunächst  die  sie- 
ben Hauptkirchen  Roms  —  dieses  Stück  ist  durch  die 
Unterschrift  Also  haben  die  Syben  hawbt  kyrchen  ayn  ende 
Got  vns  allen  vnsern  kiüner  wende  Amen  als  besonderer  Ab- 


16 


schnitt  hervorgehoben  — ,  dann  die  übrigen  Heiltum- 
kirchen  der  Papststadt.  Diese  Aufzählung  beginnt  mit 
Trastevere,  führt  über  die  Tiberinsel  auf  das  Hnke  Tiber- 
ufer, dann  über  S.  Nicolo  in  carcere  nach  Süden  zum 
Fluß  zurück,  von  da  über  den  Aventin  nach  S.  Balbina, 
dann  nach  Norden  über  Colosseum  und  Forum  bis  zum 
Corso,  um  nach  einem  Abstecher  nach  rechts  den  nörd- 
Hchsten  Punkt  in  S.  Maria  del  popolo  zu  erreichen.  Ein 
neuer  Giro  beginnt  bei  S.  Bibiana  bei  Porta  S.  Lorenzo 
im  äußersten  Osten:  dieser  wendet  sich  zunächst  nach 
Nordwest  nach  S.  Prassede  und  S.  Lorenzo  in  Panisperna, 
gelangt  über  S.  Maria  in  ara  celi  nach  dem  Pantheon  (S. 
Maria  rotunda),  von  da  südlich  nach  S.  Maria  in  Monti- 
celli,  biegt  von  da  nach  Norden  zurück  zum  Campo  di 
Fiore  und  seiner  Umgebung  und  erreicht  bei  S.  Pancra- 
zio  auf  dem  Janiculus  die  Gegend,  von  der  der  erste  Giro 
ausgegangen  war.  Im  ganzen  werden  außer  den  sieben 
Hauptkirchen  noch  zweiundachtzig  Kirchen  im  deutschen 
Text  erwähnt;  der  lateinische,  der  noch  S.Vitalis  nennt, 
hat  dreiundachtzig. 

Der  letzte  Teil  unseres  Buches  bietet  nach  einigen  ein- 
leitenden Bemerkungen  über  Heiltümer  im  allgemeinen 
ein  nach  den  Wochenbuchstaben  geordnetes,  mit  Ascher- 
mittwoch beginnendes  Verzeichnis  der  Fastenstationen, 
dem  sich  ein  zweites  anschließt,  das  die  Stationen  nach 
Ostern  und  in  der  Adventszeit  enthält.  Unter  Stationen 
sind  diejenigen  Zusammenkünfte  der  Gläubigen  zu  ver- 
stehen, in  denen  an  bestimmten  Tagen  (meist  an  den 
Kirchweihtagen  oder  den  Tagen  der  betreffenden  Heili- 
gen) prozessionsmäßig  in  die  betreffenden  Kirchen,  die 
sogenannten  Stationskirchen,  zur  feierlichen  Messe  ge- 
zogen und  ein  besonders  reicher  Ablaß  erteilt  wird. 
Auch  das  Stationenverzeichnis  schließt  mit  dem  Verse: 


17 


Also  hat  das  puch  ayti  end  ihs  vns  allen  kumer  wend 
Darunter  steht  ein  A  (wohl  gleich  Amen)  und  darunter 
.  P{raese)NS  •  P(raeten)  TVM  •  FVTVR  VM 

Die  Bestimmung  des  Buches  für  den  gewöhnhchen 
Rompilger  ist  am  Schluß  der  Aufzählung  der  Ablaßkirchen 
deutlich  ausgesprochen:  Es  sind  noch  vll  kyrchen  vnd 
Capel  in  Rome  in  verspertten  clostern  vnd  in  Cardinal 
hofe  vnd  in  grosser  her(re)n  heuser  do  pilgrani  nicht  ein 
magen  geen  Daß  das  Buch  einem  in  weiten  Kreisen  ge- 
fühlten Bedürfnis  entgegenkam,  zeigen  die  zahlreichen 
Auflagen,  die  es  bis  ins  XVI.  Jahrhundert  erlebt  hat 
(Hain  11211-M1219,  Copinger  II  4056  f.).  Unzähligen 
wird  es  als  Führer  gedient  haben,  keinem  berühmteren 
und  keinem,  der  mit  inbrünstigerem  Verlangen  nach  Seelen- 
heil die  heiligen  Stätten  aufgesucht  hatte,  als  Martin 
Luther,  der  nach  dem  Nachweis  Hausraths  (Martin  Luthers 
Romfahrt,  Berlin  1894,  S.  XII  ff.)  bei  seiner  Reise  nach 
Rom  und  vielleicht  auch  später  unser  Pilgerbuch  in  irgend- 
einer seiner  vielen  Bearbeitungen  benutzte.  Mit  beson- 
derem Interesse  werden  viele  deshalb  die  Legende  von 
S.Maria  del  popolo  (S.  129 ff.)  lesen,  bei  deren  Kirche 
das  Augustinerkloster  lag,  in  dem  Luther  während  seines 
Aufenthaltes  in  Rom  gewohnt  hat. 

Auch  in  polemischer  Absicht  ist  das  Büchlein  verwertet 
worden:  so  ließ  es  noch  1571  Johannes  Petrejus,  Super- 
attendent  zu  Mühlhausen,  nach  der  noch  jetzt  in  der 
Ratsbibliothek  zu  Zwickau  aufbewahrten  Nürnberger  Aus- 
gabe von  1491  (Hain  11212)  mit  Weglassung  des  geschicht- 
lichen Teils  abdrucken  unter  dem  Titel  Ablas  Büchlein, 
Erzellinge  des  MeilthumbSy  Gnade  vnd  Ablaß,  aller  Kirchen 
in  Rom,  Ein  altes  Büchlein,  fiir  90.  Iharn  zu  Rom  Latei- 
nisch, vndhernachmalsziiNiirnbergDeiitzschaiisgangen.  — 
letzt  aber  zu  Dienst  f romer  Christen,  auffs  new  gedruckt. 


2 


18 


Ebenso  findet  sich  eine  Ausgabe  des  ganzen  Buches 
von  1594,  in  der  die  Plancksche  Ausgabe  von  1500  wieder- 
holt ist,  mit  dem  Titel  Mimbilia  Vrhis  Roniae.  Das  ist: 
Die  wundersame  verwunderliche  Wunder^  so  in  der  Stat 
Rom,  dem  grossen  Römischen  Binnkorb  zufinden,  mit  er- 
zehlung  derselben  Zellinen  vnnd  Hülinen,  Auch  was  für 
Binnenkönig,  von  anfang  desselben,  biß  auff  die  grosse 
Huihel  Syluestrum,  /.  In  dem  regiert  den  besessen  vnd  jnn 
gehabt  haben  ClD.lD.LXXXXlllL  Diese  Neuaus- 
gabe gehört  zusammen  mit  der  in  demselben  Jahr  er- 
schienenen Ausgabe  der  Übersetzung  von  J.  Calvins  be- 
rühmten Advertifsement  tresutile  du  grand  proffit  qui  re- 
viendroit  ä  la  chrestiente  sUl  faisoit  inventoire  de  tous  les 
Corps  sainctz  et  reliques  quisont  tant  en  Italie  qu^en  France, 
Allemagne,  Hespaigne,  et  autres  royaumes  et  pays\  diese 
Übersetzung  selbst  aber  hat  folgenden  Titel  Der  heilig 
Brotkorb  der  h.  Römischen  Reliquien,  oder  Würdigen  Heil- 
thumbs  Procken:  Das  ist,  loannis  Calvini  Notwendige 
vermanung,  von  der  Papisten  Heiligthumb :  Darauß  zu 
sehen,  was  damit  für  Abgötterey  vnnd  Betrug  getrieben 
worden,  dem  Christlichen  Leser  zu  gute  verteutscht.  Sam.pt 
beigethanen  Wunders  Wundern,  in  der  Stadt  Rom .  Getruckt 
zu  Christiingen,  Bei  Ursino  Gutwino.  1594.  Die  ver- 
schiedenen Ausgaben  dieses  Buches  selbst  selbst  sind  meist 
zusammengebunden  mit  Ausgaben  von  Marnix-Fischarts 
Bienenkorb  deß  heil.  Röm.  Imenschwarms  s.  Graesse,  Tre- 
sor II  587.  IV408.  —  Das  lateinische  Buch  hat  1722 G.Tent- 
zel  in  Arnstadt  unter  dem  Titel  Historia  Romana  usw.  neu- 
drucken  lassen;  von  ihm  sind  auch  italienische  Übersetzun- 
gen bekannt,  s.  Hain  11220,  Copinger  II  n.4058  (Rom  1490). 

Daß  der  Verfasser  der  deutschen  Bearbeitung  selbst 
in  Rom  war,  ergibt  sich  aus  den  zahlreichen  Ortsangaben, 
die  sich  bei  ihm  genauer  als  im  römischen  Texte  finden. 


19 


In  der  Stoffverteilung,  der  Anordnung  innerhalb  der  Teile, 
vor  allem  in  der  Reihenfolge  der  Kirchen  und  dem  Haupt- 
sächlichsten der  Beschreibung  stimmt  das  deutsche  Buch 
vollständig  mit  dem  lateinischen  überein;  nur  hat  es  außer 
dem  auf  die  heil.  Veronika  bezüglichen  Stück  (s.  o.  S.  1 1 )  die 
für  deutsche  Leser  unbrauchbaren  Merkverse  für  die  Sta- 
tionen weggelassen  und  die  allgemeinen  Bemerkungen 
über  die  Reliquien  eingeschoben.  Vollständig  verschieden 
aber  ist  in  beiden  Büchern  die  Fassung,  die  Absicht  und 
die  Stoffauswahl;  von  einer  Übersetzung  aus  dem  Latei- 
nischen kann  gar  nicht  die  Rede  sein. 

Der  deutsche  Verfasser  verzichtet  vollständig  auf  jedes 
gelehrte  Beiwerk,  das  der  Verfasser  des  lateinischen  Buches 
in  zahlreichen  Zitaten  aus  den  Klassikern ,  aus  Rufin,  aus 
Leonardus  Aretinus,  Jacobus  de  Voragine,  Piatina  vitae 
pontificum  einstreut:  diese  Schrift  wurde  1474  oder  1475 
(s.  Pastor,  Gesch.  der  Päpste  II  618)  vollendet  und  1479 
(Hain  *1 3045)  zuerst  gedruckt.  Bemerkenswert  und  wichtig 
für  die  Frage  nach  der  Persönlichkeit  des  Verfassers  sind 
die  Verweisungen  prout  scripsi  eodem  libro  virgiliicapitiilo, 
R  (reqiiire)  eodem  IL  virg,  iibi  scripsi  de  Constantino,  Ii 
plene  illiid  scriptum  in  sexto  capitiilo  para.  qiiod  edidi  super 
dante.  Der  Stoff,  den  der  Deutsche  vor  allem  heranzieht, 
ist  die  Legende,  die  fromme  Sage,  die  sich  an  die  ein- 
zelnen Orte  anknüpft,  und  neben  den  christlichen  Legen- 
den hat  er  auch  heidnische  eingesetzt,  wie  die  drastische 
von  dem  mutwillig  iungling  genant  martin,  der  an  Stelle 
des  römischen  Curtius  getreten  ist,  und  die  vom  Zauberer 
Virgilius,  den  er  nicht  weniger  als  dreimal  (S.  63. 116.  130) 
erwähnt  hat,  während  der  lateinische  Text  nichts  von 
ihm  weiß. 

Die  Quellen,  die  für  das  deutsche  Blockbuch  benutzt 
sind,  lassen  sich  in  der  Hauptsache  noch  jetzt  nachweisen. 


20 


Für  den  geschichtlichen  Teil  gibt  der  Verfasser  selbst  S.  8 
einen  Quellenvermerk  in  den  Worten  als  vns  die  romisch 
Cronica  sagt.  Daß  hier  nicht  ein  lateinisches  Geschichts- 
werk, sondern  eine  Kaiserchronik,  eine  Chronik  von  >  te- 
serfiy  bebesten  vnd  vil  andern  Dingen«^  gemeint  sei,  lag 
nahe  zu  vermuten,  und  in  der  Tat  entspricht,  v\^as  von 
da  an  erzählt  wird,  meist  fast  wörtlich  der  im  XV.  Jahr- 
hundert handschriftHch  weitverbreiteten  Chronik  des  Ja- 
kob Twinger  von  Königshofen,  dessen  Werk  nach  der 
Heidelberger  Handschrift  zum  ersten  Male  in  Augsburg 
etwa  1474  (Hain  *9791)  von  Johannes  Bämler  und  zum 
zweiten  Male,  unter  Weglassung  des  ersten  Kapitels,  be- 
ginnend mit  der  römischen  Geschichte,  also  mit  demselben 
Anfang  wie  das  Blockbuch,  von  demselben  Augsburger 
Drucker  1476  (Hain  *9792)  herausgegeben  worden  ist  mit 
der  Überschrift  hie  nach  volget  ein  Cronica  vö  allen 
kay\sern  vn  kiinigen  die  seyder  xpi  gepurd  geRe\giert  vnd 
gereychßnet  habe  welich  Cronica  gar  \  Imrczweylig  nüczlich 
vn  lieplich  zu  hören  ist;  jetzt  ist  das  für  die  deutsche 
Geschichtsschreibung  des  ausgehenden  Mittelalters  be- 
sonders wertvolle  Werk  am  bequemsten  zu  benutzen  in 
der  trefflichen  Ausgabe  C.  Hegels  im  8.  Band  der  Chro- 
niken der  deutschen  Städte  vom  14.  bis  ins  16.  Jahrhundert. 

Der  Erzählung  Twingers,  die  in  weitgehendster  Weise 
den  Wünschen  und  Interessen  des  Verfassers  des  im 
Blockbuch  wiedergegebenen  Textes  für  seine  Leser  ent- 
gegenkam, ist  dieser  fast  durchaus  gefolgt.  Während 
das  lateinische  Buch  unmittelbar  an  die  Königsgeschichte 
die  Aufzählung  der  Kaiser  anknüpft,  hat  das  deutsche 
im  Anschluß  an  Twinger  auch  einige  Mitteilungen  aus 
der  Zwischenzeit;  auch  die  Erzählung  von  Curtius-Martin 
ist  ihm  entnommen.  Ich  will  wenigstens  eine  Stelle  zur 
Vergleichung  anführen,  um  die  Art,  wie  der  Verfasser 


21 


seine  Quelle  benutzt,  an  einem  Beispiel  zu  veranschau- 
lichen. Der  Bericht  über  Casars  Kämpfe  in  Gallien  und 
Germanien  lautet  im  Blockbuch  so :  Item  vor  xps  gebärd 
L  VIII  iar  ward Julias  gemacht  der  burg(er)malster  ayner  zu 
rome  vtid  sy  santten  in  mit  grossem  volk  in  lampartten  . . . 
vnd  es  ging  im  gluklich  bezwang  lampartten  vnd  für  darnach 
in  teutsche  land  vnd  gesigt  peymund  vnd yngram  die  zwen 
großmechtigen  herczogen  von  payern  vnd  norkau  die  sich  gen 
iulio  erhebt  hetten  die  huldtten  im  dor  nach  zoch Julius  fuer 
thrier  fuer  die  haubtstat  in  teutschen  landen  die  stat  bracht 
er  auch  vnder  sich  vnd  gewan  koln  vnd  mayncz  vnd  stros- 
burgk  . . .  Dasselbe  erzählt  Twinger  nach  der  Bämlerschen 
Chronik  von  1476  mit  folgenden  Worten :  Da  nun  zalt  von 
der  stat  Rom  anfang  VII.  hundert  jar  minder  VII  iar  das 
was  vor  gottes  gepurd  L  VIII  jar,  vnd  wart  Julius  gemachet 
der  meister  einer  zu  Rome  .  .  vnd  als  die  Römer  zu  disen 
zeytten  hetten  alle  land  bezwungen  an  teutsche  land  lamp  arten 
vnd  franckreich  Do  sandten  die  römer  disen  frumen  streyt- 
pern  man  julium  auß,  mit  einem  grossen  volck  ....  vnd 
beczwang  zu  dem  ersten  lamp  arten  alles  miteinander.  Dar- 
nach  für  er  in  tewtsche  landt,  do  zogen  die  zwen  herc- 
zogen von  beyrn  genandt  Peymunt  vnd  Yngram  (über 
den  der  bayerischen  Überlieferung  entsprechenden  Zusatz 
des  Blockbuchs  vnd  norkau  vgl.  Maßmann,  Kaiserchronik 
III  473)  mit  einem  grossen  volck  gegen  Julio,  vnd  thetten 
einen  grossen  streyt  mit  im  das  fast  vil  volcks  ward  er- 
schlagen, doch  überkam  lulius  das  im  die  herczogen  vnter- 
tänig  wurden  Darnach  für  er  gen  trier  vnd  vmblöget  die 
stat  wann  es  die  haubtstat  was  in  teutschen  landen,  die 
von  Tryer  wartent  sich  fast  gegen  im.  Doch  gewan  er  die 
stat  .  .  vnd  belib  zu  Trier  piß  des  im  kölen  mencze  speyr 
straßpurg  vnd  die  andern  stötte  alle  in  tewtschen  landen 
vndertänig  wurden  mit  guttem  willen. 


22 


Von  alledem  steht  im  lateinischen  Büchlein  nichts. 
Der,  der  den  deutschen  Text  für  den  Holzschneider  ver- 
faßte, hat,  um  diesem  die  Arbeit  zu  erleichtern,  gekürzt, 
so  sehr  er  konnte ;  aber  die  Vorlage  selbst  ist  trotzdem 
in  der  Hauptsache  und  selbst  im  Ausdruck  noch  ohne 
weiteres  erkennbar. 

Sehr  merkwürdig  und  belehrend  ist  die  Stelle,  in  der 
das  Blockbuch  von  der  Krankheit  des  Kaisers  Tiberius, 
seiner  Heilung  durch  das  Tuch  der  Veronika  (nur  diese 
erwähnt  der  lateinische  Text)  und  der  Bestrafung  des 
Pilatus  erzählt.  Hier  berichtet  Königshofen  (S.  340  der 
Hegeischen  Ausgabe)  nur,  Tiberius  habe  den  Pilatus  ge- 
fangen nach  y>Lugdune  in  Burgondiem'  gesandt  und  dort 
habe  sich  dieser  erstochen;  doch  setzt  er  hinzu:  Wer  Pila- 
tus leben  welle  gantz  wissen ^  der  suche  es  in  lompartica 
historia  von  dem  Karfritage.  Und  in  Jacobus  de  Vora- 
gine  Legenda  aurea  oder  Lombardica  historia  c.  51  wird 
nicht  nur  des  Pilatus  Tod  ganz  übereinstimmend  er- 
zählt,^) sondern  auch  alles  andere,  was  sonst  an  dieser 
Stelle  des  Blockbuchs  von  frommer  Legende  berichtet 
ist!  So  finden  sich  auch  sonst  noch  Ergänzungen  zu 
Königshofen  im  Blockbuch  und  ebenso  Mißverständ- 
nisse und  Abweichungen;  einmal  (S.  38f.)  spricht  es 
der  Verfasser  selbst  aus,  daß  er  die  Darstellung  seiner 
Vorlage  (es  ist  Königshofen  S.  359  bei  Hegel)  kürze: 
Zu  Rome  vnd  zu  Mayland  wurden  getoet  zu  iren  czeitten 
Der  edel  ritter  sand  Jorg  sota  Agatha  vnd  scts  Criso- 
gonus  vnd  vll  ander  genenyger  {derjenigen!)  heyligen 


^)  Jacobus  de  Voragine :  audiens  hoc  pilatus  culteUo  proprio  se 
necavit .  .  mole  ingenti  alligatiir  et  in  tyberim  fliiuiiim  immergitiir  \ 
Blockbuch :  do  pylatus  vernani  das  er  wos  vernrtaylt  da  stach  er  sich 
zu  tode  da  warf  man  in  in  die  typer  (vgl.  W.  Creizenacli  in  Paul  und 
Braunes  Beiträgen  I  91). 


23 


(Awrl  ander  vil  heiligen)  die  ich  von  kitrcze  vndenvegen 
lasse. 

Die  Neigung  für  die  Legende  bleibt  auch,  wie  be- 
sonders hervorgehoben  werden  muß,  in  den  beiden  Auf- 
zähhmgen  des  zweiten  Teils,  wo  die  lateinischen  Bear- 
beitungen die  Frage  nach  dem  gegenseitigen  Verhältnis 
nahelegen. 

Es  fallen  für  die  Quellenuntersuchung  des  zweiten 
Teils  ganz  aus  die  Indulgenzbeschreibungen  Hain  *9174 
*9176,  die,  wie  die  Zeit  ihrer  Drucklegung  ergibt  (*9174  ist 
undatiert,  stammt  aber  den  Typen  nach  aus  der  Druckerei 
Adam  Rots  in  Rom,  für  die  datierte  Drucke  nur  bis 
1474  nachzuweisen  sind;  *9176  hat  die  Unterschrift  Finis 
Indalgentiarum  Rome .  Anno  .  M  .  CCCC .  LXXV.  Prima 
februarii .  Deo  gratias.),  für  das  Jubeljahr  1475  verfaßt, 
nur  die  Heiltümer  der  sieben  Hauptkirchen  und  in  einem 
kurzen  Anfang  nur  die  hauptsächlichsten  anderen  Princi- 
pales  ecclesiae  behandeln.  Dieses  Verzeichnis  ging,  bis 
auf  den  Anhang,  in  erweiterter  Gestalt  in  die  lateinische 
Bearbeitung  über;  für  die  deutsche  ist  über  diese  hinaus 
nichts  zu  gewinnen. 

Die  Zusammengehörigkeit  des  deutschen  und  lateini- 
schen Textes  für  die  Kirchenbeschreibungen  ergibt  außer 
der  Gemeinsamkeit  des  Stoffes  vielfach  Übereinstimmung 
im  Inhalt,  ja  auch  im  Ausdruck  und  vor  allem  in  der 
Reihenfolge.  Aber  da  sich  nirgends  über  längere  Strecken 
eine  stark  hervortretende  Beziehung  nachweisen  läßt, 
wohl  aber,  abgesehen  von  der  Verschiedenheit  des  Grund- 
charakters der  Bearbeitungen  und  der  ungleich  größeren 
Ausführlichkeit  des  Deutschen,  auch  in  der  Darstellung 
—  man  vergleiche  nur  den  Eingang  der  Erzählungen 
über  San  Giovanni  in  Laterano  —  entschiedene  und  auf- 
fallende Unterschiede  sich  finden,  so  glaube  ich,  daß  eine 


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auch  von  dem  lateinischen  Bearbeiter  benutzte  Fassung 
dem  Verfasser  des  deutschen  Blockbuchs  vorgelegen  hat: 
in  ihr  fand  er  das  Schema  und  das  Gerippe  für  seine 
Arbeit.  Seinen  Text  aber  hat  er  nach  der  lokalen,  an 
Ort  und  Stelle  ihm  bekannt  gewordenen  Überlieferung 
und  der  kirchlichen  Legende  ausgestaltet,  so  daß  man 
von  einer  über  die  angedeutete  Benutzung  hinausgehenden 
Abhängigkeit  seiner  Arbeit  von  jener  Vorlage  nicht  reden 
kann. 

Das  dem  Faksimile  zugrunde  gelegte  Original  ist  für 
die  Gothaer  Bibliothek  im  Auftrage  des  Herzogs  Ernst  II. 
von  Sachsen- Gotha -Altenburg  1801  von  Schlichtegroll, 
dem  bekannten  Verfasser  des  Nekrologs  und  späteren 
Sekretär  der  Akademie  der  Wissenschaften  in  München, 
in  Erfurt  von  dem  bekannten  Erfurter  Gelehrten  und 
Schriftsteller  Lossius  gekauft;  weiter  läßt  sich  seine  Ge- 
schichte nicht  zurückverfolgen.  Das  Schlußblatt  (s.  o.  S.  1 1 ) 
ist  nach  dem  betreffenden  Blatt  des  Münchener  Exemplares 
hergestellt  worden.  Faksimiliert  sind  die  Mirabilia  schon 
einmal  worden  von  M.  Berjeau,  aber  nur  in  zwölf  Exem- 
plaren, von  denen  das  eine  oder  das  andere  gelegentlich 
auch  in  den  Handel  gekommen  ist.  Wir  hoffen,  daß  das 
nach  so  vielen  Seiten  hin  merkwürdige  Büchlein  eine 
willkommene  Gabe  für  alle  BibHophilen  sein  wird. 

Gotha. 


R.  Ehwald. 


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