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Mittheilungen
aus den Verhandlungen
LIBRARY
NEW YORK
BOTANICAL
GARDEN
Gesellschaft naturforschender
Freunde zu Berlin.
Erstes Quartal 1836.
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BERLIN, 1836.
In der Nicolai’schen Buchhandlung.
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LIBRARY
NEW YORK
BOTANICAL
GARDEN
Mittheilungen
aus den Verhandlungen der Gesellschaft naturforschen-
der Freunde zu Berlin.
Erstes Quartal 1836.
Versammlung am 19ten Januar.
Her Prof. Ehrenberg überreichte der Gesellschaft als Ge-
schenk seine Abhandlung: Ueber das Leuchten des Meeres etc.
Berlin, 1835. 4.
Derselbe zeigte der Gesellschaft mehrere kleine Thiere der
Nordsee, aus Helgoland und einige aus dem Cattegat bei Go-
thenburg, lebend vor, welche seit Monat August vorigen Jah-
res, also seit 4 Monaten, in Berlin fortgelebt und sich fort-
gepflanzt hatten. Die Erhaltung war dadurch erreicht, dafs
Hr. E. im Seewasser gleichzeitig frische kleine Seepflanzen
wachsen liefs. Auf ähnliche Weise hatte er schon früher
durch Conferven- und Meerlinsen- Vegetation viele seltne In-
fusorien lange Zeit erhalten, schon 1823 in Arabien am Sinai,
dann öfter (vergl. geographische Verbreitung der Infusorien
1830. pag. 6. Organisation im kleinsten Raume 1832. pag. 3.),
auch die Leuchtthierchen von Kiel. Von diesen lebenden See-
thierchen nun sind die interessantesten aus den Classen der
Corallenthiere, der Ringwürmer und wieder der Infusorien
oder Räderthiere und Magenthiere. Dazwischen befanden sich
auch noch Formen kleiner Entomostraca, auch selbst ein Floh-
Krebs, Gammarus Pulex, der Nordsee hatte sich noch in einem
Exemplare so lange erhalten.
1
ADD > NN
APR 18 1903
Das merkwürdigste aller dieser Seethierchen war eine
bisher noch nirgends beobachtete neue Form der Ringwür-
mer, welche an Gestalt der Gattung Sabella unter den Röh-
renwürmern zunächst steht, und die Hr. E. Amphicora Sabella
nennt (s. unten deren systematische Beschreibung). Dieser
von allen bekannten Formen des ganzen Thierreichs sehr auf-
fallend abweichende kleine Wurm zeigt nämlich eine natür-
liche Duplieität mehrerer höheren Organe. Er besitzt, _ wie
kein anderer Röhrenwurm, 2 deutliche Augen vorn unter den
Kiemen, aber nicht blofs diese, sondern auch 2 eben solche
Augen am hinteren Körperende. Eine gleiche Duplieität zeigt
das Gefälssystem, indem an der Kiemenbasis vorn 2 herzar-
arlige pulsirende Gefäßserweiterangen als Umbiegungen der
Hauptstämme und 2 ähnliche, nur etwas kleinere hinten dicht
neben der Afteröffnung sind. Letztere wird durch einen brei-
ten, abgerundeten, kopfartigen Vorsprung des Rückens über-
ragt, welcher die hinteren Augen trägt. Diefs wunderbare
Thierchen, von welchem noch etwa 20 Exemplare am Leben
sind (deren mehrere von Hrn. E. unterm Mikroskope vorgezeigt
wurden) lebt in einer häutigen Röhre, wie Sabella, aus wel-
cher es einen weilsen oder fleischrotlien doppelten Kiemen-
büschel schirmartig hervorstreekt. Beunruhigt, verläfst es die
Röhre und kriecht, mit dem Hintertheil voran, so fort, dafs
es die beiden Kiemenbüschel zusammengefaltet wie einen qua-
stenförmigen Schwanztheil hinter sich herschleppt. Hr. E.
kennt das kieferlose, 2—3 Linien grolse Thierchen schon seit
dem Jahre 1833, wo er es zuerst in Droebak bei Christiania
fand und es für eine der Nais digitata verwandte Form hielt.
Das Entfalten des Kiemenbüschels und die Röhre sah er erst
im August vorigen Jahres in Helgoland, von wo er es mil-
brachte. (Herr Johannes Müller hat dasselbe\Thierchen
im September 1835 bei Kopenhagen gefunden.)
Eine andere lebende Form ist ebenfalls noch unbeschrie-
ben. Es ist eine der Hydra squamata der Zoologia danica
(Coryna multieornis) sehr nahe verwandte rosenfarbene Art
der Gallung Syncoryna, die Hr. E. Syncoryna multicornis nennt.
An ihrer Basis treibt sie Knospen und Ausläufer (Röhren)
3
hervor, aus denen sich neue Individuen entwickeln, wodurch
kleine Bäumchen entstehen.‘ Sie ist aus Helgoland.
Eine dritte lebende Form ist die schon bekannte Sertu-
laria dichotoma aus Helgoland, deren niedliche quastenartige
Thierchen von Farbe weils sind, und durch Knospenbildung
ebenfalls Bäumchen bilden.
Die im Seewasser noch fortlebenden Pflänzchen sind be-
sonders Ula Lactuca und Callithamnium fruticulosum. -Am
letzteren aus Gothenburg befindet sich in grofser Menge eine
neue Art von Panzer-Infusorien, einer bisher als Algenform
beschriebenen Gattung, Isthmia, die Hr. E. Isthmia enervis
nennt. Herumsehwimmend im Wasser ist zahlreich eine
neue Infusorien-Form der Magenthierchen von rother Farbe,
Oxytricha rubra, und eine von Hrn. E. schon beschriebene
Form der Räderthierchen des Meeres, Monura Colurus. Vor-
gelegte Zeichnungen erläuterten diese Gegenstände.
Ferner zeigte Hr. E. ein vor wenig Tagen (im Januar)
im Thiergarten gefundenes lebendes Exemplar der Tremella
meteorica (alba) Persoon, nach Gmelin, vor und bemerkte,
dafs dieselbe Substanz schon unter vielen anderen generischen
Namen, theils als Algengattung, theils als Pilzgattung, in den
Pflanzenverzeichnissen aufgeführt worden sei. Alcyonidium
nannte sie Lamouroux, Nostoc commune 8 carneum Lyng-
bye, Meyen nannte sie Acfinomyce Horkelii, undSchwabe
neuerlich Anhaltia Fridericae. Dieselbe Substanz ist die ei-
gentliche Sternschnuppenmaterie der Volkssage dann, wenn
sie auf feuchter Erde oder auf Moos gewachsen ist. Sehr
häufig wächst’ sie auf den von Vögeln umhergeworfenen Ein-
geweiden der Frösche auf Wiesen. Gegenwärtiges Exem-
plar fand sich etwa 2 Fufs unter Wasser in einer oflenen
Stelle eines übrigens zugefrornen Wasserbassins an den noch
deutlich erkennbaren Eingeweiden eines todten Frosches, und
ist also eine sehr deutliche Alge. Vergl. Hrn. Ehrenberg’s
Abhandlung über das Leuchten des Meeres pag. 106.
Endlich legte Hr. E. der Gesellschaft mehrere neue Ta-
feln seines bei Leopold Vols in Leipzig erscheinenden Wer-
kes über die Organisation der Infusorien vor.
1*
Characteres animalium novorum.
I. Amphicora Sabella, Novum Genus et Nova Fami-
lia Classis Annulatorum ex Ordine Nereideorum; An
ordo proprius?
Forma Serpulae affinis sed ocellata, tubum membra-
naceum tenuem fabricans sed extra tubum eadem, libere
et inverso corpore repens. Corpus mirum in modum
utroque fine ocellatum.
Caput anticum distinetum ocellis duobus, tentaculis et
branchiis tolidem instructum. Branchiae in partes 24
simplieiter divisae in formam infundibuli expandendae,
longae, repentis animalis caudam multipartitam referunt.
Tentacula duo crassa brevia anteriora. Os anticum ob-
liguum. Mandibulae nullae.
Corporis articuli 12, primus articulus (caput) et ulti-
mus pedibus carent. Ultimus, compressus, rotundatus,
nudus, duos ocellos alteros gerens, caput alterum refert,
sed rimam analem includit.
Pedum aequalium brevissimorum paria 10. Cirri pe-
dum nulli. Singulorum pedum festucae 4 subulalae.
Uncini dorsuales brevissimi in quovis articulo utrinque
s—10.
Intestinum simplex, ventriculo amplo articulum no-
num allingente, dein attenuatum. Vasa duo sanguini-
era pulsantia intestini lutera concomilanltur et ramis
transversis confluunt. Corda 4, duo antica in branchia-
rum basi, duo postica rima anali proxima. Testiculi
duo antici. Ovaria duo per totum corpus expansa ovis
ovalibus numerosissimis repleta. Sub quovis ocello gan-
glion glanduliforme nerveum.
II. Syncoryna multicornis n. sp.
Expansa trilinearis glabra mollis ex albo dilute ro-
sea, stolonibus filiformibus repentibus multiplicata,
brachis 12 aut paucioribus papillosis.
III. Isthmia enervis n. sp.
Singula ad 4 lineae longa breviter stipitata, I. obli-
5
quata longior, divisione spontanea arbusculiformis,
turgidula, eleganter reticulata, nec nervosa.
IV. Oxytricha rubra n. sp.
Expansa -!;" longa vermicularis elongata ulroque fine
rotundata, lateritio-rubra, oris longi rima terliam
‚fere corporis partem aequante, rependo procedens ra-
rius natans.
Versammlung am 16ten Februar.
Hr. Prof. Ehrenberg theilte der Gesellschaft mit, dafs
ein günstiges Zusammentreflen der Umstände ihm erlaube, auch
die Luftform der Tremella meteorica nun lebend vorzuzeigen,
und zwar theils mit thierischer Unterlage, theils ohne die-
selbe. Er hatte nämlich einen Theil der kopfgrofsen Masse,
welche er theilweis in der vorigen Versammlung vorzeigte, auf
der Wiese umhergestreut, als er jenes Präparat einsammelte.
Nach 14 Tagen fand sich gerade an jener Stelle der Wiese
auf Moos und Baumblättern eine fast zahllose Menge von
. Exemplaren der sonst ziemlich seltenen Luftalge. Das Aus-
streuen der Wasser- Alge hatte diese ganz offenbar hervorge-
rufen. Sie waren von Erbsengröfse bis zur Grölse einer
Faust. Viele waren darmartig lang und gewunden, andere
sphärisch entwickelt. An den folgenden Tagen fror es wie-
der, und Hr. E. fand alle Exemplare zu Eis fest gefroren, so
dafs er sie zerbrechen konnte. Beim folgenden Thauwetter
waren sie wieder ganz gallertartig und frisch. Unter dem
Mikroskope zeigte die Gallerte jene gegliederten ästigen Fä-
den, welche Schwabe abgebildet hat, und die bei der Was-
serform nur gestreckter, laxer und weniger gliederreich wa-
ren. Er sammelte viele Exemplare zu einer chemischen Ana-
lyse, weil eine vorläufige oberflächliche Untersuchung viel
Kieselerde in der Gallerte vermuthen liefs. Es liefs sich je-
doch allmälig das Ganze spurlos verbrennen, obschon die
Kohle dem Glühen sehr lange Widerstand leistete. Ein Leuch-
ten der Substanz im Finstern hat Hr. E. oft wiederholt um-
6
sonst zu beobachten gesucht, obschon es von einigen Englän-
dern behauptet worden ist.
Ferner legte Hr. E. der Gesellschaft mehrere neue Tafeln
des Infusorien- Werkes vor und sprach einige Worte über
Peltier’s neueste Täuschungen bei Infusorien-Beobachtun-
gen aus unbegreiflicher Flüchtigkeit durch die Farbenspectra
des Mikroskopes, deren weitere Erörterung in Berlin nicht
nöthig erschien, wo Jeder, dem es daran gelegen ist, sich
ein Urtheil über die Organisationserscheinungen der Infuso-
rien zu verschaffen, leicht und vielfach bei ihm und andern
mikroskopischen Beobachtern alle Gelegenheit hat.
Hierauf zeigte derselbe getrocknete Exemplare des Pa-
ramecium Aurelia vor, welches bei gemischt ‘violetter Farbe-
nahrung (aus Carmin und Indigo) die beiden Farbestofle ge-
schieden in verschiedene Magenblasen aufgenommen, einige
rein roth, andere rein blau angefüllt zeigt, was einen be-
stimmten Geschmackssinn zu erkennen giebt. Oelter füllen
diese Thierchen ihre Magenblasen mit beiden Stoffen zugleich,
violet an, allein die genannte, anschaulich gemachte Erschei-
nung hat Hr. E. schon öfter beobachtet, und ihr speeielles
Interesse liegt am Tage.
In Bezug auf seine der Gesellschaft übergebene Abhand-
lung über das Leuchten des Meeres gab er verschiedene Er-
läuterungen durch Vorzeigen von Leuchtthieren aus Helgo-
land, nämlich. Photocharis cirrigera und Mammaria secintil-
laus in Zeichnungen und getrockneten Exemplaren, und zwei
anderen von eben daher in Zeichnungen.
Ferner zeigte er unterm Mikroskope die innere wirbelnde
Chymusbewegung im Darmkanale der nun seit mehr als 5 Mo-
naten in Berlin lebenden Sertularia dichotoma aus der Nord-
see vor, welche man noch neuerlich ganz fälschlich eine Cir-
eulation genannt hat, die aber deutlich ein und dasselbe Phä-
nomen mit dem Wirbeln der innern Darmhaut bei Nais und
der ähnlichen von Hrn. E. schon 1830 (Infusorien, Taf. VIIL f.k)
bei Rädertliieren abgebildeten Erscheinung ist.
Hierauf sprach Hr. Prof. J. Müller über die Structur
der Knochen. Der Knorpel der Knochen besteht nach den
7
Untersuchungen von Purkinje und Deutsch aus concentri
schen Schichten, welche theils um die Markzellen und Mark-
kanäle verlaufen, theils in grölseren Kreisen mit der Peri-
pherie des Knochens parallel laufen. In den Knorpelschich-
ten befinden sich die von Purkinje entdeckten Knorpelkör-
perchen, die man als Knochenkörperchen in den geschliffenen
feinen Knochenplättchen wiedererkennt. An diesen Knochen-
körperchen hat Hr. M. Folgendes beobachtet. Werden Kno-
chenlamellen sehr fein geschliffen, so werden sie so durch-
sichtig, dafs man die kleinste Schrift dadurch lesen kann.
Bei Betrachtung solcher Plättchen auf dunkelm Grunde mit
der Loupe sieht man, dafs alles weilse Ansehen der Knochen
von den Knochenkörperchen herrührt, dafs die Zwischensub-
stanz derselben aber ganz durchsichtig ist. Bei Anwendung
stärkerer Vergröfserungen sah Hr. M., dafs die Knochenkör-
perchen von ovaler, selten unregelmälsig eckiger Form, fast
immer aber in der Riehtung der Knorpelschichten abgeplat-
tet, von ihren Wänden, namentlich von ihren platten Seiten
viele sehr feine Gefälse ausschicken, welche ziemlich unre-
gelmäfsig die Schichten der durchsichtigen Zwischensubstanz
durchsetzen und sich mit denen anderer Körperchen hier und
da netzförmig verbinden. Die Knochenkörperchen messen im
längsten Durchmesser 0,0048— 0,0072, die von ihnen ausge-
henden Kanälchen 0,0002 — 0,0003 engl. Lin. Betrachtet man
die feinen Knochenplättchen unter dem Mikroskop bei durch-
scheinendem Lichte, so sind die Knochenkörperchen und ihre
Kanälchen dunkel, die Zwischensubstanz durchsichtig hell; be-
trachtet man sie auf dunkelm Grunde bei auffallendem Lichte,
so erscheinen die Körperchen und ihre Kanälchen ganz weils,
besonders wenn sie trocken untersucht werden; die Zwischen-
substanz erscheint jetzt auf dem dunkeln Grunde dunkel. Die
weilse Farbe jener Figuren rührt nicht vom Ankleben des
beim Schleifen entstehenden Pulvers her. Denn man bemerkt
dasselbe Verhalten an sehr feinen ungeschliffenen Knochen-
plättchen, wie z. B. aus dem Siebbein verschiedener Thiere.
Ein Fett, welches bei gewöhnlicher Temperatur fest wäre,
kann die Ursache des weilsen Ansehens und der Undurch-
8
sichtigkeit nicht seyn. Hr. M. hat fein geschliffene Knochen-
plätichen unter dem Mikroskop bis zu 60° R. erhitzt; die
weilse Farbe der Körperehen und ihrer Kanälchen blieb; auch
durch Behandlung der Knochenplättehen mit kochendem Ae-
iher oder Alkohol verändern sich die weilsen Figuren nicht.
In krankhaft erweichten Knochen, welche durch Osteomala-
cie die Kalkerde verloren haben, ist die weilse Farbe und
Undurchsichtigkeit der Körperchen und ihrer Kanälchen ver-
schwunden und die letzteren nicht mehr sichtbar; die Kör-
perchen sind noch sichtbar, aber ganz durchsichtig wie der
übrige Knorpel. In fossilen Knochen und in solchen, aus de-
nen Hr. M. den Knorpel durch langes Kochen mit Potasche
ausgezogen, sind die Körperchen und ihre Kanälchen noch
vorhanden. Die fossilen und die mit Potasche, gekochten
Knochen sind aber in den Zwischenräumen der Knochenkör-
perchen nicht mehr durchsichtig, und man sieht daher die
Figuren der letzteren und ihrer Kanälchen erst beim Befeuch-
ten der geschliffenen Plättchen, oder noch deutlicher beim
beginnenden Abtrocknen der befeuchteten Lamellen. Werden
fein geschliffene Plättchen frischer (d. h. nicht fossiler und
nicht mit Potasche behandelter Knochen) unter dem Mikro-
skop mit Säuren behandelt, so dals die Kalksalze unter Ent-
wickelung von Luftbläschen ausgezogen werden, so bleibt die
Zwischensubstanz zwischen den Körperchen durchsichtig, aber
die Körperchen und ihre Kanälchen verlieren ihre weilse
Farbe und werden gleich durchsichtig wie der nun von der
Kalkerde befreite Knorpel der Zwischensubstanz. Werden die
so behandelten Lamellen dann getrocknet, so werden die Kör-
perchen und ihre Kanälchen gleichwohl nicht wieder weils.
Hieraus kann man mit ziemlicher Gewilsheit schlielsen, dafs
die Knochenkörperchen und ihre Kanälchen entweder in ih-
rem Innern oder in ihren Wänden Kalksalze enthalten müssen.
Ob diese aber im Innern der Körperchen und Kanälchen ab-
gelagert oder nur in den Wänden enthalten sind, läfst sich
bei der Kleinheit der Theile nicht ausmachen. Dinte und
andere Färbestofle verbreiten sich von der Oberfläche der ge-
schliffenen Knochenplättchen nicht weiter durch Vermittelung
9
der Körperchen und Kanälchen ins Innere des Knochens, selbst
nicht bis auf die geringste Tiefe. Welcherlei erdige oder
durch Säuren ausziehbare Bestandtheile die weilse Farbe der
Knochenkörperchen und ihrer Kanälchen bewirken, läfst sich
nieht ausmachen. In wässriger Kohlensäure, welche sonst
kohlensauren Kalk löst, verändern sich die Körperchen und
ihre Kanälchen nicht. Behandelte Hr. M. aber ganz feine Plätt-
chen von Knochen, deren Knorpel durch Kochen mit Pot-
asche grölstentheils ausgezogen war, unter dem Mikroskop
mit sehr verdünnter Salzsäure oder Salpetersäure, so entwik-
kelte sich regelmäßsig, wenn die Säure vom Rande aus die
Körperchen erreichte, aus jedem etwas Luft, und zwar meist
viel mehr als die Capacität des Körperchens betrug.
So gewils es nun ist, dals die weilse Farbe der Knochen
von jenen Figuren herrührt, dafs die weilse Farbe dieser Fi-
guren durch Säuren getilgt wird, während die Organe durch-
sichtig zurückbleiben, dafs diese Organe vor der Ossifieation
des Knorpels vorhanden (die Körperchen, ohne Kanälchen),
aber noch nicht weils gefärbt, sondern durchsichtig sind, und
dafs die weilse Farbe hinwieder bei der Knochen-Erweichung
verschwindet, so können doch die Knochenkörperchen und
die Kanälchen nicht der einzige Sitz der Kalksalze seyn, und
der größsere Theil der Kalkerde ist entweder an den Knor-
pel gebunden oder frei in dem durchsichtigen Theil des Kno-
chens aufser jenen Organen und zwischen denselben enthal-
ten. Diefs läfst sich ganz entschieden beweisen. Denn 1)
fehlen die Knochenkörperchen und ihre Kanälchen in den
Knochen vieler Fische, z. B. des Hechtes u. a. 2) geben
die Knochen beim Verbrennen und Behandeln mit kochen-
der Potaschenlauge viel mehr Kalkerde, als jene Organe und
die Kanälchen, wenn sie auch ganz mit Kalksalzen gefüllt
wären, enthalten können. Die Kalksalze betragen mehr als
die Hälfte vom Gewicht der Knochen. Verbrannte Knochen
haben fast noch ganz die Form und Grölse, welche sie vor
dem Verbrennen hatten; man sieht diefs bei Versuchen an
kleinen Knochenplättchen sehr deutlich. Eben so ist es mit
den Knochenplättchen, deren Knorpel durch Kochen mit Pot-
10
asche ausgezogen wird. Wenn nun auch die Kanälchen der
Knochenkörperchen ein dichtes Netzwerk bilden und weni-
ger feine Knochenplättchen zum grolsen Theile aus diesen
Organen zusammengefügt erscheinen, so sieht man doch bei
immer feinerem Schleifen, dafs die Knochenkörperchen zer-
streut liegen, dals die Zwischenstellen mehrmal, oft vielmal
den Durchmesser der Knochenkörperchen übertreffen und dafs
auch die Kanälchen, wenn sie noch so dicht sind, doch noch
Substanz zwischen sich lassen, die viel mehr beträgt als die
Kanälehen und Knochenkörperchen. Diese Zwischensubstanz
ist es aber, welche durch Kochen der Knochenplättchen mit
Potasche und Ausziehen des Knorpels kreideweils wird.
Werden Knochen viele Stunden mit Potasche gekocht,
so werden sie ganz weils, glanzlos, äufserst zerbrechlich, ja
zerreiblich und der Knorpel ist gröfstentheils ausgezogen. Man
erkennt den noch vorhandenen Theil der thierischen Materie
an dem Schwarzwerden beim Verbrennen. Ein noch siche-
reres Resultat erhält man durch Kochen der Knochen mit
wässrigem Kali. Diese letztere Behandlung ist aber deswe-
gen unzweckmäfsig, weil die Knochen von aller thierischen
Materie befreit zu leicht zerfallen, nicht mehr geschliffen und
untersucht werden können, und weil durch die Behandlung
der Knochen mit Kali eine neue Verbindung zwischen die-
sem und dem phosphorsauren Kalk entstehen muls. Die mit
Potasche behandelten Knochen enthalten noch etwas Oel, wel-
ches sich durch Kochen der Theile in Aether leicht auszie-
hen läfst. Kleine Plättchen von diesen Knochen fein geschlif-
fen, bleiben ganz undurchsichtig; nur mit Wasser befeuchtet
werden sie durchscheinend und man erkennt dann die Kno-
chenkörperchen und ihre strahligen Kanälchen wieder; diese
sind jetzt auch durchsichtig, und nur beim Trocknen der be-
feuchteten Plättchen werden sie wie die ganzen Plättchen
dunkel, und zwar werden sie beim Trocknen zuerst dunkel,
dann auch die Zwischensubstanz. Man kann den Versuch
auch so machen, dafs man vorher fein geschliffene Knochen-
plättchen, dann mit Potasche gekocht und undurchsichtig ge-
worden, noch feiner zu schleifen sucht, was freilich aufser-
11
ordentlich schwierig ist. Der Kalk des vorher durchsichti-
gen Theils des Knochens ist scheinbar ganz zusammenhän-
gend, so als ob der Knochen durch das Ausziehen der thie-
rischen Materie nichts von seiner Struetur verloren habe. Er
erscheint in allen Zwischenräumen der Knochenkörperchen
und Kanälchen als eine feinkörnige Materie, und die weilsen
Körnchen haben ungefähr die Stärke der strahligen Kanäl-
chen der Knochenkörperchen.
Es fragt sich nun, ob der auf diese Art dargestellte kör-
nige Kalk vorher mit dem Knorpel chemisch . verbunden oder
als phosphorsaure Kalkerde in demselben vertheilt war, so
wie der kohlensaure Kalk der Krebsschalen in überaus fei-
nen Röhrchen enthalten ist, welche die Krebsschale dicht ge-
häuft senkrecht durchziehen und welche vom Kalk befreit
.sich als häutige Röhrchen darstellen lassen. Dafs die Körn-
chen des phosphorsauren Kalkes im durchsichtigen Theil des
Knochens nicht erkannt werden, kann davon herrühren, dafs
jene mit den Knorpeltheilchen gleiche Durchsichtigkeit und
Brechkraft besitzen. Gegen eine chemische Verbindung der
phosphorsauren Kalkerde und des Knorpels spricht, dafs man
in der That bei starken Vergrölserungen auch im durchsich-
tigen Theil der Knochenplättchen etwas Feinkörniges bemerkt,
besonders in den feinen Plättchen der Vogelknochen. Fer-
ner spricht dagegen, dafs der Knorpel zur Zeit der Ossifica-
tion erst die Kalkerde aufnimmt und dafs der Knorpel nach
dem Ausziehen der Kalksalze durch Säuren noch ganz fest
und zusammenhängend ist und sogar noch eine bestimmte
Structur besitzt. Der Knochenknorpel der Säugethiere und
des Menschen lälst sich nur in bestimmten Richtungen in
ganz feine Lamellen reifsen und zasert sich auch in dieser
Richtung beim Abreifsen der Lamellen, besitzt auch in sol-
chen gerissenen Lamellen eine undeutlich faserige Structur.
Eine Spur von faseriger Bildung sieht man zuweilen auch
noch in den befeuchteten Knochenplättchen, deren Knorpel
durch Potasche gröfstentheils ausgezogen worden, und in Plätt-
chen von Fischknochen, die auf diese Art behandelt worden,
sah Hr. M. ziemlich deutlich feine, in verschiedenen Schichten
12
verschieden laufende helle Fasern von nicht ganz geradem .
Verlauf. Bei der Beleuchtung von oben sieht man an trock-
nen Knochenplättchen, deren Knorpel gröfstentheils extrahirt
ist, die kreideweils erscheinende Masse nur feinkörnig.
Die Knochen der mit Färberröthe gefütterten Thiere ge-
ben keine bestimmten Aufschlüsse; denn sowohl die Knochen-
körperchen als der durchsichtige Theil der Knochen erschei-
nen dann röthlich; bei auflallendem Licht mehr die ersteren,
bei durchscheinendem mehr die letzteren; und die Röthe ist
so schwach, dafs man den Sitz derselben nicht unterschei-
den kann.
—
Versammlung am 15ten März.
An Geschenken waren eingegangen: Franz Xav. Mez-
ler (ehmaliger Geh. Rath u. Leibarzt zu Sigmaringen, Mitgl.
d. Ges. nat. Fr. u. s. f.) nach seinem Leben und Wirken ge-
schildert von Franz ‘Jos. v. Mezler, Prag 1835. 8. —
v. Schlechtendal: Linnaea, 10. Bdes. 3. Hft. — Höning-
haus: Abbildung eines Dentalium (D. Saturni Hön.) aus
dem Uebergangskalkstein von Gerolstein in der Eifel. —
Eine Suite des Steinsalz- Vorkommens von Wilhelmsglück bei
Schwäbisch Hall nebst dazu gehöriger kurzer Beschreibung,
eingesendet von Hrn. D. Kober zu Schwäbisch Hall.
Hr. L. v. Buch legte einen von Prof. Göppert in Bres-
lau eingesendelen Gypsabguls eines grolsen muthmafslichen
Fruchtabdruckes aus dem Steinkohlengebirge von Waldenburg
in Schlesien vor.
Prof. Weifs eine Reihe seltener Exemplare des König-
lichen mineralogischen Museums in Betreff innerer Krystalli-
sationen in versteinerten Echiniten (Ananchyten und Spatan-
gen). Einige derselben nämlich zeigten Kalkspathkrystalle
auf die innere Fläche der Asseln oder Täfelchen der Echini-
tenschaale mit erstaunenswürdiger Regelmäfßsigkeit so aufge-
wachsen, dafs auf jeder Assel ein Krystall mit seiner Axe
senkrecht auf der Fläche derselben, diese als Grundfläche ein-
nehmend, sich gebildet hatte, und daher nicht allein die
13
Axen sämmtlicher Krystalle regelmäfsig nach dem Mittelpunete
des Echiniten convergiren, sondern auch, in den Reihen ge-
ordnet, die von der Spitze des Echiniten nach seiner Basis
gehen, gleichförmig und mit der höchsten Regelmäßsigkeit an
Gröfse nach der Spitze ab-, nach der Basis zunehmen *).
Daran schlossen sich einige Exemplare der schon den älteren
petrefactologischen Schriftstellern (unter dem Namen bienen-
zellige Echiniten) bekannten verkieselten Ananchyten
mit zelligen Quarzbildungen nach innen, welche, zusammen-
gehalten mit den vorhergehenden Stücken, für nichts andres
genommen werden können als für Quarzbildungen,. welche
sich als Ueberzüge auf Kalkspathkrystalle der vorigen Art
aufgesetzt haben, und nach späterer Zerstörung jenes Kalk-
spathes als zellige Bildungen zurückgeblieben sind. Diels
wurde durch ein anderes vorgelegtes Exemplar eines mit der
zelligen Quarzbildung versehenen Ananchyten (A. ovatus) be-
stätiget, an welchem die kalkige Schaale sowohl als die
Kalkspathkrystalle noch unzerstört geblieben waren, von wel-
chen der Quarz sich abgeformt hatte. Das Innere desselben
war vollständig feuersteinartig verkieselt. Der Vortragende
machte noch auf die besondere Merkwürdigkeit aufmerksam,
welche zwei vorgelegte Exemplare (beide in unserem aufge-
schwemmten Lande, das eine bei Lübben, das andere bei
Crossen gefunden) auf die frappanteste Weise zeigen, und
welche an dem von Walch abgebildeten Exemplare (Th. I.
Abschn. 1. Taf. E.1.a. n. 3. des Knorrischen Versteinerungs-
werkes) offenbar ebenfalls Statt gefunden hat, dafs nämlich
der zellige. Bau auf einer vollkommen wagerechten
Ebene, von welcher an der Ananchyt die gewöhnlich bis
auf die äulsere Schaale reichende Verkieselung zu einer horn-
stein- oder feuersteinartigen Masse zeigt, — abschneidet, so
dals der zellige Bau oberhalb dieser Ebene frei steht, unter-
halb derselben sich aber allerdings noch in die hornsteinar-
*) Ein Gegenstück lieferte ein Exemplar von Spatangus cor angui-
num, in welchem umgekehrt jedes Täfelchen auf der äulseren Ober-
fläche der Schaale mit einem eben solchen Kalkspathkrystalle besetzt war.
14
tige Masse verfolgen läfst. Diese wagerecht abschneidende
Ebene liegt in jedem Exemplar schief, mit einer für jedes
Stück variablen, zufälligen Neigung gegen die Axe, wie ge-
gen die Basis des Echiniten; daher sie eben so wenig auf
die organische Stractur als auf die Kalkspathstructur Bezug
haben, und eben so wenig, wie schon der Augenschein er-
giebt, einem mechanischen Sprunge zugeschrieben werden
kann. Eine genügende Erklärung . der räthselhaften Erschei-
nung glaubte der Vortragende darin zu finden, dafs jene ab-
schneidende Ebene das Niveau einer Flüssigkeit gewesen seyn
müsse, welche im Innern des Ananchyten, als er schon das-
zellige Quarzgebilde gehabt habe, zu der Zeit seiner horn-
steinartigen Verkieselung gestanden, und den oberhalb
dieses Niveau’s herausragenden Theil in einen anderen Zu-
stand versetzt habe, als den unterhalb desselben in sie ein-
getauchten; daher denn die Verkieselung nicht auf jenen, nur
auf diesen sich erstreckt, zuletzt aber die Auflösung der Kalk-
spathkrystalle, auf welche der zellige Quarz sich aufgesetzt,
diesen entblöfst zurückgelassen habe.
Herr Geh. Rath Link gab Nachricht von den Beobach-
tungen über das Stärkemehl (amylum), als eine Fortsetzung
der Nachrichten über dasselbe im vorigen Jahre. Er bestä-
tigte die Beobachtungen von Fritzsche, nach welchem viele
Stärkemehlarten aus Schiehten bestehen, welche sich um einen
Kern ansetzen; aber sie schliefsen Raspail’s Beobachtungen
nicht aus, dafs nämlich jedes Korn in der Wärme und so
auch im warmen Wasser aufsehwillt, reilst und einen andern
Stofl ausschüttet. Dieser Stoff wird dureh Jodtinetur eben
so blau gefärbt, als die Haut des Korns. Auch hat Hr. L.
nieht bemerkt, dafs in keimenden Kartofleln die Schichten
der Körner sich nach und nach ablösen und eben so wenig
platzen; in der Nähe der jungen Pflanze und in den untern
Zellen sind die Körner unverändert, wie in der Kartoffel
überhaupt auch grols und klein; in den obern Zellen werden
sie seltner und kleiner. Im Salepknollen sieht man eine un-
geformte Masse, die durch Jod blau wird, eben so in den
Knollen von Orchis latifolia vor der Blüthe; aber in der
15
Blüthe und nachher sieht man deuilich Körner. Inulin
zeigt nie Körner. Maissame, welcher gekeimt hat, zeigte
nach vielen Richtungen aufgerissene Körner. Wenn man
Stärkemehl aus Waizen in warmem Wasser durch Digestion
auflöst, filtrirt, dann abdampft und scharf trocknet, bis die
Masse gelb aber nicht braun wird, so sieht man mit Wasser
unter dem Mikroskop sehr unregelmäfsige Körner, die durch
Jod nicht gefärbt werden; nur zuweilen schwimmt eine blaue,
äufserst feinkörnige Materie darin. Auch ästig zusammenge-
fügte kleine Krystalle zeigten sich. Der Altheeschleim be-
steht ganz aus Körnern, die von Jod blau gelärbt werden.
Wenn man sie in warmem Wasser auflöst, filtrirt, abdampft
und trocknet, so sieht man mit Wasser unter dem Mikroskop
keine Körner, aber jene Krystalle. Jod färbte nichts mehr
blau.
Ferner trug Hr. Link Beobachtungen über den Ursprung
der Spiralgefälse vor. Die zweite Haut der Samen der Ka-
suarinen besteht aus entwickelten Spiralgelälsen, wie Rob.
Brown zuerst gezeigt hat. Unter dieser befindet sich eine
andere Haut aus länglichen Zellen bestehend. Oft sieht man
die Zelle an einem Ende ganz durchsichtig, häutig, weiter-
hin erscheint darin eine Spiralfaser, erst schwach, dann
deutlicher, dann sehr bestimmt, und am andern Ende rollt
sich die Zelle in ein Spiralgefäfs ab. Aehnliche Beobach-
tungen machte er im Samen vom Opuntia. Ist die Faser
dicht zusammengewickelt, so ist wenig oder keine Membran
zwischen den Windungen, sonst viel. Jetzt im ersten Früh-
ling findet man in der Mitte einer jeden Knospe einen Haufen
halsbandförmiger Gelälse, gleichsam fibröse Zellen, die sich
nach oben und unten ausdehnen, einander gleichsam einim-
pfen, und so die langen Spiralgefälse darstellen. Abbildun-
gen von allen diesen Gegenständen werden in den Tabulae
anatomico-botanicae, wovon schon zwei Tafeln abgedruckt
sind, bald erscheinen.
Herr Apoth. Lucae zeigte aus dem Stamme geflossenes
und mit der Rinde noch versehenes Kautschuck vor.
Herr Prof. Wiegmann Abgüsse, die er von den Fuls-
16
sohlen lebender Didelphis- Arten genommen hatte, zur Ver-
gleichung mit deu berühmten Thierfährten von Hildburg-
hausen.
Herr Prof. Ehrenberg sprach über das Häuten der Sa-
lamander (Triton taeniatus) auf doppelte Weise, durch Aus-
schlüpfen wie ein Schmetterling aus der Puppenhülse und
dureh Ueberstreifen und Umkehren der Haut, wobei der Hin-
tertheil im übergestülpten Vordertheil zum Theil sitzen bleibt,
beides erläuternd durch vollständig erhaltene natürlich abge-
streifte Häute.
Ferner zeigte er mehrere, darunter zwei über 3 Zoll
grolse, Monadenstöcke (Polypenstöcke) von Ophrydium ver-
satile, einem Infusionsihierchen, mit zahllosen schöngrünen
Thieren, lebend vor, bemerkend, dafs es seit Mitte Januars
gar viele auflallende vorzeitige Entwicklungs-Erscheinungen
in den Gewässern bei Berlin gegeben habe.
Aus einem Schreiben des Dr. Focke in Bremen theilte
Hr. E. mit, dafs derselbe das Leuchten des Meeres bei Vene-
dig durch ein Räderthierchen bedingt gefunden, welches, der
eingesendeten Zeichnung nach, jedenfalls zur Gattung Syn-
chaeta gehört, aber von der Synchaeta baltica der Ostsee .et-
was verschieden scheint.
Aus einem Schreiben des Regimentsarztes Dr. Werneck
in Salzburg theilte Hr. E. endlich mit, dafs derselbe ebenfalls,
auch bei- den kleinsten Monaden der Infusorien (Monas
Termo), einen Rüssel beobachtet hat. Ueberdiels legte er
dessen sorgfältige Zeichnungen mehrerer zum Theil noch un-
bekannter Infusorien, mit vielem Detail ihres Organismus, der
Gesellschaft vor. Unter diesen ist eine Art der Gattung Eo-
sphora besonders hervorgehoben, weil diese Gattung der Rä-
derthiere nur erst 2 bekannte Arten hat. Eine dritte hat
zwar Hr. E. seitdem selbst beobachtet, aber diefs wäre dann
eine vierte Art, Eosphora aurita Werneck, die vielleicht je-
doch mit Diglena aurita einerlei Thier ist, da früher leicht
das von Herrn Werneck entdeckte Nackenauge überschen
seyn konnte,
End-
; 17
Endlich theilte Herr Prof. J. Müller einen Fall über
Echinococcus hominis mit.
Bei einem von Herrn Professor Hecker behandelten jun-
gen Mann, der offenbar an“den Nieren litt, gehen von Zeit
zu Zeit Blasen von sehr verschiedener Grölse durch den Urin
ab. Hr. M. untersuchte die Blasen auf Echinococcus, und
‘fand diese kleinen Würmer in einigen der Blasen, in andern
nicht. Die Hfn. M. durch die Gefälligkeit des Herrn Prof.
Hecker mitgetheiltei, noch frischen Blasen bestanden aus
einer weichen dicken Haut, die sich nur künstlich in Schich-
“ten irennen liefs. Die in der Flüssigkeit enthaltenen Echi-
nococei hatten die bekannte Gestalt und Grölse und waren
in beiden gröfstentheils übereinstimmend, mit deutlichem Ha-
kenkranz und mit vier stumpfen Fortsätzen an dem auf den
Hakenkranz folgenden Theil des Körpers versehen, übrigens
dem Kopfe einer Taenia sehr ähnlich. Das hintere Ende des
'Körpers war stumpf. Diejenigen Blasen, in welchen Echino-
cocci waren, glichen den leeren Blasen vollkommen. Die
Würmer waren theils frei in der Flüssigkeit der Blase ent-'
halten, theils festsitzend, theils in kleinen Bläschen einge-
schlossen, die in der grofsen Blase enthalten waren. Alle
diese Formen wurden einigemal in einer und derselben grö-
fsern Blase angetroffen; in einem Fall fanden sich vorzugs-
weise festsitzende, in mehreren Fällen die in kleinen Bläs-
chen eingeschlossenen Würmer. Ueber die einfachen, frei in
der Flüssigkeit liegenden Echinocoecen läfst sich nichts wei-
ter sagen, als dals sie den bekannten Abbildungen vollkom-
men entsprachen. Im hintern Theil des Körpers konnte man
kleine, zerstreute, durchsichtige, bläschenartige Körnchen be-
merken. Einige dieser Würmchen hatten den Theil des Ko-
pfes, woran der Hakenkranz, eingezogen, so dafs man den
Kranz im Innern wahrnahm; in diesem Fall bildeten die vier
stumpfen Fortsätze den vordersten Theil des Körpers. Bei
einigen wenigen der freien bemerkte man am hintern stum-
pfen Ende des Körpers eine Spur eines häutigen Stranges, der
wie abgerissen erschien, als wenn diese Würmer früher fest-
gesessen hätten. Was die in kleinen Bläschen enthaltenen
2
18
Eehinoeoecen betrifft, so waren sowohl diese in der Flüssig-
keit der grofsen Blasen enthaltenen, kleinen Bläschen, so wie
die darin enthaltenen Würmcehen, an Gröfse ungleich. Diese
Bläschen hatten einen Durchmesser von 4 Linie bis 1 Linie
und mehr, ünd waren theils rundlich, theils oval. In den
Bläschen waren einige Echinoeoecen, bald von der Gröfse der
freien, bald auch kleinere enthalten. Ob sie im Innern des
Blächens befestigt waren, konnte nicht ermittelt werden. Die
festsitzenden Echinocoecen wurden in zweifacher Form beob-
achtet. In einer Blase fanden sich aulser freien Echinoeoe-
cen einzelne Aggregate in der Flüssigkeit. Es safsen näm-
lieh 5, 6, 8 und mehr Echinoeoceen auf der Oberfläche eines
sehr kleinen Bläschens auf, welches im Durchmesser die Länge
der Würmehen nur einigemal übertraf. Die Verbindung der
Würmehen mit der Oberfläche des Bläschens geschah bei je-
dem Individuum durch einen dünnen, ganz kurzen, häutigen
Strang, welcher von der Oberfläche des kleinen Bläschens zu
dem hintern Ende des ‘Wurmes ging. In dieser Form hat
Hr. M. die Würmehen den Herren v. Olfers und Hecker
zeigen können. In einem Fall befand sich in einer der Hy-
datiden eine zarte, zusammengefaltete Haut, die schon so ma-
cerirt war, dafs sie nicht vollständig herausgebracht werden
konnte, wahrscheinlich auch eine Blase. Sie war an vielen
Stellen mit Echinoeoccen besetzt. Da die Haut aber nicht
mehr vollständig war, so blieb es ungewils, ob in diesem
Fall die Echinocoecen an der äufsern oder innern Fläche der
Haut festsalsen. Die Befestigung geschah in diesen Fällen
auch durch einen dünnen, ganz kurzen, häutigen Strang. An
einigen Stellen salsen die Echinocoecen dieht wie zu Häuf-
chen auf. Diese Verschiedenheiten deuten auf Entwicklungs-
zustände, welche durch weitere Beobachtungen aufgeklärt
werden müssen. .
- Wei/s,
d. Z. Director.
Mittheilungen
aus den Verhandlungen
der
Gesellschaft naturforschender
Freunde zu Berlin.
Zweites und drittes Quartal 1836.
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BERLIN, 1836.
In der Nicolai’sehen Buchhandlung.
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Mittheilungen
aus den Verhandlungen der Gesellschaft naturforschen-
der Freunde zu Berlin.
Zweites Quartal 1836.
Versammlung am 19ten April.
ae Professor Goeppert aus Breslau, heute in der Gesell-
schaft gegenwärtig, berichtete von seinen fortgesetzten Unter-
suchungen über fossile Pflanzen-Ueberreste. Er zeigte zu-
nächst eine ansehnliche Sammlung, zum Theil bereits litho-
graphirter Zeichnungen zu dem umfassenden Werk gehörig,
das er darüber herauszugeben im Begriff ist. Demnächst
legte er der Gesellschaft viele bis jetzt noch nicht bekannt
gewesene Arten fossiler Pflanzen in den natürlichen Abdrük-
ken vor, in welchen er sie in den tertiären Schichten der
schlesischen Gebirge entdeckt hatte. Eine unter diesen, der
Braunkohlenformation angehörig, zog die Aufmerksamkeit der
Versammlung vor allen übrigen auf sich, da sie nicht nur
Blüthentheile,. sondern innerhalb derselben kleine Gruppen
von Körnern wahrnehmen liefs, die sich unter dem Mikro-
skop vollkommen deutlich als Pollen zu erkennen gaben.
Vielfache vergleichende Versuche, die Herr Goeppert ange-
stellt hat, um die ursprünglichen Bedingungen bei dem Ent-
stehn der fossilen Pflanzen- Abdrücke zu ermitteln, haben ihm
auch die Ueberzeugung gewährt, dafs von allen Pflanzenthei-
len der Pollen am meisten den Einwirkungen eines hohen
Wärmegrades, eines heftigen Druckes u. s. w. widerstehe und
2*
20
sich kenntlich erhalte. Die Gattung, welcher diese Pflanze
angehört haben könne, genauer zu bestimmen, behielt Hr. G.
weiterer Mittheilung vor.
Herr H. Rose trug Folgendes über die Destillations-
Produkte des Cautschucks und die technische Benutzung der-
selben vor. In der Fabrik des Herrn Enderby für Taue und
Segeltuch, zwischen Greenwich und Woolwich bei London,
werden erstere mit einem Theere behandelt, welcher durch
Destillation von Cautschuck gewonnen wird. Es wird dazu
nur Cautschuck in derben Massen, nie in Beuteln, genom-
men, weil dieses zu theuer ist.
Das Cautschuck kommt theils aus Parä in Brasilien,
theils aus Valparaiso, theils aus Singapore. Ersteres besteht
aus Stücken, welche besonders in der Mitte fast ganz weils
sind und etwas Wasser enthalten.
In einer Blase von Gufseisen werden 800 Pfund Caut-
schuck mit einem Male der Destillation unterworfen. Das
Destillat ist ein Oel oder vielmehr eine Mengung von ölar-
tigen Körpern von dunkelbrauner Farbe und von ziemlich
dünnflüssiger Consistenz, doch minder dünnflüssig, als Was-
ser. An Gewicht beträgt es beinahe eben so viel, als das
angewandte Cautschuck; es bleiben nur die mechanisch ein-
geschlossenen Unreinigkeiten desselben zurück. Das weilse
Cautschuck von Para giebt zugleich aulser dem Oele noch
Wasser.
Das Destillat wird einer Rectification unterworfen, 3 da-
von abgezogen und ‚+ im Destillations- Gefälse zurückgelassen.
Dies hat eine theerartige Consistenz und eine dunkelbraune
Farbe, und von allen Destillations-Produkten des Cautschucks
wird es allein in der Fabrik. verbraucht.
Mit einer gleichen Menge von Holziheer (aus Schweden,
nicht mit Steinkohlentheer) vermischt, wird es für die Taue
angewandt.
Das reetifieirle Destillat hat eine weit heller braune
Farbe, als das erste Destillat, ist dünnflüssiger und hat ein
speeif. Gewieht von 0,84. Nochmals in gläsernen Retorten
mit Wasser bei einer Temperatur vo 90° F. destillırt, erhält
21
man ein farbloses, sehr dünnflüssiges, höchst flüchtiges Pro-
-dukt; es beträgt ungefähr die Hälfte des angewandten Destil-
lats: Es wird in England Cautschucine genannt, und ist ein
vortreflliches Auflösungs-Mittel für Schellack, Bernstein und
für Cautschuck selbst. Es hat ein sehr geringes specif. Ge-
wicht; doch ist dieses Destillat noch im Gemenge mehrerer
Flüssigkeiten, welche durch sehr oft wiederholte Destillatio-
nen bei sehr geringen Temperaturen nicht von einander ge-
irennt werden können. Die bei der niedrigsten Temperatur
übergetriebene Flüssigkeit hat ein specif. Gewicht von 0,62,
und ist also von allen bekannten Flüssigkeiten die leich-
teste.
Im Verhältnisse zu der grofsen Flüchtigkeit der Substanz
ist indessen der Geruch, obgleich charakteristisch und ziem-
lich stark, doch nicht zu auffallend.
In der genannten Fabrik wird zu den Tauen viel soge-
nannter neuseeländischer Flachs (Phormium tenaxr) angewandt,
doch nur mit Hanf gemengt, weil er für sich allein zu leicht
reilst. Aus diesem Grunde steht er an Brauchbarkeit dem
Hanfe weit nach.
Es wurden in der Sitzung alle Arten des angewandten
Cautschucks, so wie sämmtliche Destillations- Produkte der-
selben vorgezeigl.
Versammlung am 24sten Mai.
An Geschenken waren eingegangen:
Necker Le regne animal. 2 Voll. Paris 1835. >.
Schönherr Genera et species Curculionidum Tom. III.
p- 1. Par. et Lips. 1836. 8.
- Bibliotheque universelle de Geneve Janv. Fevr.
Abhandlungen der Berliner Akad. der Wissensch. aus dem
J. 1832. 2ter Band.
Dieselben aus d. J. 1834.
Encke, astronomisches Jahrbuch für 1837.
22
Van Hoeven de Frieze Tydschrift voor natuurlyke Ge-
schiedenes v. 1834.
Asmus monstrosilales Coleopterorum. Riga 1835. 8.
Herr Link hielt einen ausführlichen Vortrag über die
Bewegung der Körner in den Papillen des Stigma der Tul-
pen, von welcher er meint, dals sie Beziehung auf die Be-
fruchtung habe. Er legte auch eine Zeichnung davon vor.
Aus ‚einem Schreiben des Prof. Goeppert in Breslau
theilte Herr Weifs der Gesellschaft mit, dafs er seit seiner
Abreise von Berlin aufser den am 19. April der Gesellschaft
vorgelegten fossilen Blüthen mit Pollen aus der Braun-
kohle noch drei andere verschiedene Blumen mit Pollen
und eine andere ohne Pollen in Braunkohle aus der Wet-
terau und andern Gegenden am Rhein entdeckt hat, auch
weibliche Kätzchen einer Alnus, die zu der früher beob-
achteten männlichen gehören dürfte. — In Moskau fand
Hr. Prof. G. in dem dortigen Braunkohlenlager zwar keine
Blüthen, aber sehr häufig Bernstein eingesprengt, und selbst
noch in der Rinde der Baumstämme, denen er ohne Zweifel
seinen Ursprung verdankt.
Herr Ehrenberg gab eine kurze mündliche Nachricht
über die neu (1835) erschienene sehr interessante und muster-
hafte Schrift des Predigers Sars in Norwegen über die klei-
neren Seethiere der norwegischen Küste, und äufserte seine
Meinung über die zwei merkwürdigsten Formen, welche den
bisherigen Charakteren ihrer und aller Thier-Klassen zu wi-
derstreben scheinen, der Actinia prolifera und der Strobila
octoradiata, dahin, dafs er sie beide für in der Queertheilung
begriffene Anthozoa halten möchte. ‘Die Längstheilung der
Actinien hatte er schon früher zwar selbst beobachtet und
in der Abhandlung über die Corallenthiere des rothen Mee-
res 1834. pag. 31. angezeigt; er hielt sie aber ihrer Selten-
heit halber für Monstruosität. Es scheint ihm nun doch, dals
beide Arten von Selbsttheilung auch als normale Entwicke-
lung vorkommen. Die Gattung Strobila, welche Herr Sars
‚ sehon früher (1829) als eine ganz abweichende Form der
23
Acalephen-Klasse ansah, ist nun noch umständlicher von ihm
in gleichem Sinne beschrieben.
- Da jedoch sowohl das Fesisitzen, als die Selbsttheilung
ganz gegen den Charakter der Klasse der Acalephen streiten,
so hält Referent für sehr wünschenswerth, dafs die Beobach-
tung darauf gelenkt würde, ob die Form nicht vielmehr eine
Lucernaria sei, welche sich in mehrfacher Queertheilung be-
findet und deren frei-werdende Theile eine Zeit lang stiel-
los herumschwimmen, bis der Stiel oder Fuls gewachsen ist,
welches Letztere vielleicht auch gar nicht geschieht. Die
scheinbaren braunen Körper im Einschnitte der 8 Randtheile,
welche an die Augenstiele der Medusen erinnern, könnten
leicht einzelne Saugwarzen sein, wie sie die Lucernarien ge-
wöhnlich bündelweis führen. Bei dieser Ansicht jener son-
derbaren Thierforin scheinen sämmtliche Schroffheiten für seine
Einreihung in das System sich so sehr zu verlieren, dafs fast
kein rechter Grund übrig bleibt, eine besondere neue Gat-
tung daraus zu bilden. Sie ist offenbar ziemlich genau das-
selbe für die Gattung Lucernaria, was Actinia prolifera für
die Gattung Actinia ist. Da es schon achtstrahlige Lucernarien
giebt, so würde bei dieser Ansicht auch der Special- Name
octoradiata« nicht bezeichnend sein und man also wohl bes-
ser diese höchst interessante Form nach ihrem sehr achtungs-
werthen Entdecker Lucernaria oder Strobila Sarsii nennen.
Versammlung am 2lsten Juni.
Herr Horkel las eine Abhandlung über die Befruchtung
der Irideen, Asphodeleen und Liliaceen, in welcher er zu-
nächst die früheren Beobachtungen und Entdeckungen beleuch-
tete, und hierauf seine Ansicht entwickelte, dafs die Bewe-
gungen in den Papillen des Stigma keinen. Einfluls auf die
Befruchtung haben, sondern dafs diese vielmehr dadurch be-
wirkt werde, dafs Pollenschläuche durch den Kanal im Grif-
fel bis zu derı Samen gelangen und in die Mikropyle ein-
dringen. Nicht allein bei Monokotyledonen, fügte Hr. Horkel
24
hinzu, sondern auch bei vielen Familien der Dikotyledonen
habe er die Pollenschläuche auf ihrem Durchgange durch den
Kanal des Griflels beobachtet.
“ Herr Dove zeigte ein polarisirendes Mikroskop vor, wel-
ches, wenn es statt des gewöhnlichen Oculars in den von
ihm in Pogg. Ann. Band 35. beschriebenen Polarisationsappa-
rat eingeschraubt wird, die Ringsysteme in Krystallen schwa-
cher doppelter Strahlenbrechung in voller Deutlichkeit über-
sehen läfst. Da die Einrichtung aller übrigen Theile des Ap-
parates dieselbe bleibt, so kann derselbe auch mit dem mi-
kroskopischen Ocular für beliebige Beleuchtungen gebraucht
werden, auch das linear polarisirt einfallende Licht sogleich
in eircular oder elliptisch polarisirtes verwandelt und eben
so analysirt werden. Während das gewöhnliche Ocular für
gekählte und geprefste Gläser, Kalkspath-, Salpeter- und Ar-
ragonitplatten und sämmtliche Erscheinungen der gewöhnli-
chen Polarisation ohne zwischen eingeschaltete Krystallplat-
ten, vorzüglich brauchbar ist, sind bei Anwendung des mi-
kroskopischen die Farbencurven der Bergkrystalle, senkrecht
gekreuzter Glimmerplatten, der Berylle in allen ihren Nüan-
eirungen leicht zu übersehen.
Herr G. Rose theilte einige Bemerkungen über den gro-
fsen Diamanten mit, den der Persische Prinz Cosrhoös, der
jüngere Sohn des Abbas Mirza, im Jahre 1829 dem Russi-
schen Kaiser zum Geschenk machte. Bei seinem Aufenthalte
in Petersburg hatte Herr R. Gelegenheit, denselben zu sehen,
und ein bleiernes Modell von ihm zu erhalten, das sich jetzt
in der Königl. Mineraliensammlung in Berlin befindet. Der
Diamant, obwohl bedeutend grofs, gehört nicht zu den Dia-
manten erster Gröfse, denn sein Gewicht beträgt nur 86 Ka-
rat, aber er ist dadurch interessant, dafs er nur zum Theil
geschliffen ist, zum Theil aber noch seine natürlichen Flächen
besitzt. Seine Form ist im Allgemeinen die eines Octaäders,
an welchem 4 Flächen, die einer und derselben Octaeder-
kante parallel gehen, sehr grols geworden sind. Diese gro-
fsen Flächen sind zum Theil überschliflen, die kleinern nicht.
Seine größste Länge beträgt 1 Zoll 54 Linien, seine grölste
25
Breite 8 Linien. Er ist vollkommen klar und von schönem
Wasser, ohne Sprünge und Federn. Auf dreien seiner über-
schliffenen Flächen sind persische Inschriften eingegraben,
von denen der Herr Akademiker Frähn in Petersburg die
Güte hatte, eine Uebersetzung mitzutheilen. Die eine heifst:
Burhan Nizam Schah II. im Jahr 1000, die zweite: Schah-
Dschihan der Sohn Dsehihangir’s 1051, die dritte: der Sultan
Feth-Aly Schah Katschar. Ueber und unter der dritien In-
schrift befinden sich noch einige Schriftzüge, die Hr. Frähn
in der Abschrift, nach welcher er die Uebersetzung mit-
theilte, nicht lesen konnte. Die Jahre 1000 und 1051 ent-
sprechen den Jahren 1592 und 1643 unserer "Zeitrechnung.
An dem einen Ende befindet sich eine kleine Rinne, die ganz
um den Diamant herumgeht, an welcher man wahrscheinlich
eine Schnur befestigt hat, um ihn mittelst derselben am Halse
zu tragen.
Aulserdem zeigte Herr G. Rose noch ein bleiernes Mo-
dell von dem 1943 Karat schweren Diamante vor, der sich
an der Spitze des Russischen Scepters befindet, so wie ein
hölzernes Modell von dem sog. Pitt oder Regenten, der 1363
Karat wiegt. Das Modell von diesem Diamanten befindet
sich schon seit längerer Zeit in der Königl. Mineraliensamm-
lung, und wurde zur Zeit der Französischen Revolution ge-
macht, wo der Diamant sich in Berlin. befand, und an den
Kaufmann Treskow verpfändet war.
Demnächst übergab Herr Ehrenberg die in der vori-
gen Versammlung angezeigte Schrift von Sars Beskrivelser og
Jagtiagelser over neglige merkelige elver nye levende Dyr etc.
Christiania 1835. 8., der Gesellschaft als Geschenk.
Derselbe theilte daun mit, dafs er in den Knoten des
Sium angustifolium und einiger anderen Umbelliferen eine
sehr eigenthümliche, bisher unbeachtete Gefälsverästelung auf-
gefunden habe, die beim Queerdurchschnitt arabischen Cha-
rakteren sehr ähnliche Zeichen bildet. Dieses Gefälsgeflecht
ist mit den sogenannten Wundernetzen in verschiedenen Stel-
“len des thierischen Körpers zu vergleichen, und hat bei Pflan-
zen nur seines Gleichen in den Knollen und Früchten. In
" 26
seiner Erscheinung im Stamme der Umbelliferen ist es beson-
ders defshalb merkwürdig, weil es gegen die sonstige Regel
der Organisation des Pflanzenstammes streitet, nach welcher
alle Gefäfse parallel mit der Axe des Stammes oder der Aeste
gehen.
Die Bündel dieses Gefälsnetzes schneiden die Axe des
Stammes im rechten Winkel. Sie bestehen aus Holzfaser-
bündeln und vielen von diesen umhüllten Spiralgefäfsen. Sie
sind abgebogene Theile, Aeste der Randholzbündel des Stam-
mes und gleichen diesen ganz. Ihre scharf dichotomische
Verästelung und ihr Anastomosiren gleicht nicht einer wah-
ren Verästelung und Anastomose von Gefälsen, sondern der
Bildung eines Nervengeflechtes im Thierkörper, worin die ein-
zelnen Elementartheile einfach bleiben, nur abwechselnd ihr
Bündel verlassen, um in einem andern weiter fortzugehen.
Bei Queerdurchsehnitten bilden die getroffenen Theile
dieses aus 4, je 2 von den entgegengesetzten Wänden kom-
menden Hauptstämmen gebildeten Adernetzes V-förmige und
hakenförmige, geradlinige und punktförmige, nicht weniger
auflallende Charaktere, als der bekannte Adler im Adlerfarrn
(Pteris aquilina). Ja es lassen sich, wenn (was nicht schwer
ist) der Schnitt gelingt, in den Charakteren ganz scharf und
deutlich gezeichnete alt-arabische Zahlen erkennen, welche
1VVA ıvvq
je nach dem Schnitte die Jahreszahlen 1778 oder 1779 oder
1vVVvg.
17790 darstellen. Herr Ehrenberg zeigte diese Bildung
in feinen Queerdurchschnitten, auf Glimmer getrocknet, ganz
wohl erhalten, vor, und gleichzeitig auch die eben so schön
erhaltenen Adler der Pferis aquilina.
Bei der Balsamine (Impatiens Balsamina) zeigt sich in
den Knoten zwar kein Rete mirabile, aber die zum Blatt
oder zu den Zweigen abgehenden Gefälsbündel bilden eben-
falls eine Figur, die sich, entfernter jedoch, mit einem Stier-
kopf vergleichen läfst und eher auch interessant ist. Auch
diese Bildung wurde getrocknet vorgelegt.
Ferner gab derselbe neue Beobachtungen über die Orga-
27
nisation der Armpolypen. Es liegt nämlich für die Unter-
suchung der sehr bekannten und zu zahllosen Beobachtungen
benutzten Armpolypen (Hydra) eine besondere Schwierigkeit
in der grofsen Weichheit und der Contraetilität ihrer Sub-
stanz, und so fehlt es noch immer an einer klaren Kenntnis
ihres Organismus, den man jeden Falls aber sehr mit Unrecht
für besonders einfach erklärt hat. Allmälig rückte die Kennt-
nils einer grölsern Zusammensetzung schon etwas weiter vor,
allein die speculativen Beschreibungen, welche von Circula-
tion, Eierstöcken und deren Mündungen u. s. w. sprachen,
liefsen sich bisher auf die angegebene Weise nicht bestätigen.
Als festes Resultat neuer Untersuchungen, welches an jedem
Individuum jederzeit zu demonstriren ist, hat sich ergeben,
dafs die Arme hohl sind und in ihrer Mitte eine Saftbewe-
gung haben. Diese Bewegung ist nun aber sehr deutlich
keine Blut-Circulation, sondern sie ist der Chymus-Bewe-
gung im Darme der Sertularien und Medusen analog und
wohl gleich. Offenbar ist sie durch bewegte Falten oder
Wimpern der innern Darmhaut bedingt.
Diese ziemlich geräumigen innern Höhlen der Arme ste-
hen mit der Leibhöhle in Verbindung, und sonach ist die Bil-
dung eines Armpolypen sehr verschieden von den ihm sonst
verwandten Sertularien. Hiernach hätte dann Hydra (viri-
dis, vulgaris und oligactis) an einem magenärtigen Schlunde
so viel Blinddärme (Magen?) nach vorn gerichtet abgehend,
als sie Arme besitzt. Durch farbige Nahrung diese Blind-
fortsätze des Schlundes oder die Magen zu erfüllen, ist vom
Referenten vielfach versucht worden, aber noch nicht gelun-
gen. Ist nun diese Ansicht richtig, so hat man beim Um-
kehren dieser Polypen, wie eines Handschuh’s, nicht, wie
man immer meint, alle innern Theile nach aulsen gebracht,
sondern man hat nur den Schlund (was man gemeiniglich
den Magen nennt) umgestülpt, die wahrscheinlicher eigent-
lich verdauenden und ernährenden Blindfortsätze aber unver-
ändert gelassen.
Eben so interessant ist die bisher unbekannte Organisa-
28
tion eines Fang-Apparats bei den Armpolypen. Man hat
zwar von Giftbläschen auf der Oberfläche gesprochen, allein
diese Sache verhält sich ganz anders.
Die Oberfläche der Polypen-Arme ist mit bekannten
Wärzchen besetzt, und aus einigen von diesen hängen sehr
feine Fäden hervor, welche die eigentlichen Fühl- und Fang-
Organe zu sein scheinen.
Diese feinen Fäden kann man beim Antrocknen der Arme
auf Glas oder Glimmer und bei 300 maliger Vergröfserung sehr
deutlich sehen. Diefs ist die gröbere äulsere Einrichtung.
Bei schärferer Untersuchung erkennt man am Ende vieler
(nicht aller) der feinen Fäden einen äufserst durchsichtigen,
keulen- oder birnförmigen Krystall- Körper, welcher mit sei-
nem dünnen Ende am Faden hängt und an der Insertions-
Stelle drei starke Widerhaken hat. Diese Angeln (ohne Gift
“ und Zauberei) sind es besonders, deren sich der Polyp zum
Festhalten selbst sehr grofser Thiere bedient. Er kann die
feinen, zahlreich von den Armen herabhangenden Angelfäden
sehr lang ausdehnen und jeden einzeln wieder an sich her-
anziehen.
Sobald eine der dreizackigen Angeln sich an ein Thier-
chen festgehakt hat, zieht er es an zum Arme, der es dann
umschlingt. Oft auch erscheint der Arm ohne Thätigkeit da-
bei, wo dann oflenbar das Geschäft des weitern Befesligens
durch die feinen Fangfäden besorgt wird, deren grolse Con-
tractilität und Tenacität überraschend ist. Endlich hat das
Thierchen noch die Fähigkeit, die feinen Fangfäden der Arme
in die Wärzehen beliebig ‘ganz zurückzuziehen, in welchem
Fall man sie spiral-förmig zusammengeknäult darin sogar er-
kennen kann. Gleichzeitig liegen dann die Angelblasen mit
dem Dreizack dieht auf der Mündung des Wärzchens, wel-
ches ihre Fäden beherbergt.
Uebrigens schien es dem Referenten, als ob die grölse-
ren Blasen der Armoberfläche nur Fangfädchen ohne Angeln
besäfsen, während die Angeln immer von kleineren dazwi-
sehen liegenden Wärzchen angezogen wurden.
Diese Struktur ist bei alleu obengenannten drei Arten
29
von Hydra, welche bei Berlin vorkommen, sehr übereinstim-
mend, auch die Form und Gröfse der Angelkörperchen ist
nur wenig verschieden. !
Diese Verhältnisse wurden durch Zeichnungen erläutert.
Drittes Quartal 1836. /
Versammlung am 19ten Juli.
Der aus Petersburg zum Besuch hier anwesende Kaiserl.
Collegien-Rath Herr Dr. Brandt legte der Gesellschaft die
Aushängebogen und Probeblätter seines nächstens erscheinen-
den Werkes! Descriptiones et Icones a rossicorum
novorum vel minus cognilorum, so wie die für die Fortset-
zung bereits fertigen Zeichnungen zur Ansicht vor und er-
läuterte sie durch hinzugefügte Bemerkungen. Die Werke
von Pallas bilden die Grundlage für alle neueren Arbeiten
über die nordasiatische Fauna. Sie gestatten ein sicheres An-
knüpfen neuer Entdeckungen an Thatsachen und Ansichten
von allgemein anerkannter Begründung, deren Berichtigung
und Erweiterung, wo sie sich darbieten, aber auch deshalb
eine um so grölsere Wichtigkeit für die Wissenschaft haben.
Solcher ist Herr Brandt im Stande zahlreiche und bedeu-
tende zu liefern. Diese ersten Hefte beschäftigen sich haupt-
sächlich mit siberischen Säugethieren und hochnordischen Vö-
geln. Unter den ersten erfährt das Moschusthier eine durch-
aus neue anatomische Untersuchung, deren wichtigste Resul-
tate durch die vortrefllichen Abbildungen klar dargelegt sind.
Nächst diesem ist die Geschichte der siberischen Steinböcke
Gegenstand genauer kritischer Beleuchtung und Aufhellung.
Unter den Vögeln der Polargegenden werden zunächst die
Gattungen Anser, Halieus, Alca und Mormon abgehandelt
und durch eine Reihe ‘von Schädelabbildungen sowohl .die
30 2
generischen als speeifischen Kennzeichen, soweit sie im Schna-
belbau und dessen Anhängen liegen, auf eine neue Weise ver-
sinnlicht.
Sodann zeigte Herr Ehrenberg die fossilen Infusorien
des Bergmehls von San Fiore und des Polirschiefers unter
dem Mikroskop vor. Zur Vergleichung der fossilen Gaillo-
nella distans zeigle er die noch lebende sehr ähnliche Gail-
lonella nummuloides lebend vor. Ueberdiefs theilte er mit,
dafs Meerschaum, Bergleder, Bergseife und Steinnark aus
sehr regelmäfsig gegliederten Fäden bestehen, welches eben-
falls besondere Aufmerksamkeit zu verdienen scheine.
Derselbe theilte mit, dafs das berühmt gewordene rothe
Infusorium, welches durch seine zahllose Menge Sümpfe und
Teiche zuweilen mit Blutfarbe überzieht und ganz röthet,
Euglena sanguinea, jetzt bei Berlin von ihm wieder beob-
achtet worden ist. Es färbt nämlich jetzt und wahrschein-
lich diesen ganzen Sommer hindurch ‘die nicht austrocknen-
den, freilich schon sehr wasserarmen Lachen und das Was-
ser der Chaussee-Gräben am Eingange der Birkenstralse in die
Jungfernheide jenseit der Pulver-Magazine an der Oberfläche
intensiv roth. Die Entfernung - ist ziemlich Charlottenburg
gleich. Referent fand es im vorigen Jahre nicht, aber vor-
her in zwei Jahren an derselben Stelle. Bei grölserem Was-
serstande ist die Erscheinung imponirend und verdient wohl
die autoptische Bekanntschaft jedes Naturforschers.
Ueberdiefs sprach derselbe über das in den Anschwellun-
gen der Schläuche der Vaucheria vorkommende Räderthier-
chen, Notommata Wernecki. Es ist dieses Thierchen zuerst
1803 von Vaucher selbst beobachtet worden, welcher es
für ein krebsartiges Thierchen hielt und Cyclops Lupula von
Müller (?) nannte. Er beobachtete es in der, Vaucheria
(Eetosperma) racemosa. Lyngbye sah es nach ihm wieder
in der Vaucheria dichotoma bei Kopenhagen, wie es scheint,
( Tentamen Hydrophytologiae danicae‘, 1819. pag. 82.). Im
Jahre 1833 hatte es Herr Professor Wimmer in Breslau in
Schlesien wieder beobachtet, und diese Beobachtung mit Dr.
Valentin im Jahres-Bericht der schlesischen vaterländischen
i 3
Gesellschaft, 1834. p. 71. beschrieben. E$ ist daselbst in der
umständlichen Mitiheilung jedoch weder die Gatiung, noch
die Klasse des Thieres bezeichnet oder kennbar gemacht
worden.
Am 27. März 1834 beobachtete es Dr. Unger in Vau-
cherien bei Kitzbühel und sandte es zur genaueren Untersu-
chung an Dr. Werneck in Salzburg. Von letzterem er-
hielt Referent im Sommer 1834 die Anzeige und eine sehr
schöne detaillirte Zeichnung, aus der sich ganz klar erken-
nen lies, dafs das Thier eine besondere Species der Gattung
Notommata der Räderthiere sei. Der so vollständigen genauen
Beobachtung halber nannte er. das Thierchen Notommata
Werneckii und beschrieb es im dritten Beitrag zur Kenntnils
der Organisation im kleinsten Raume.
Da Vaucher einen Cyclops, aber kein Räderthier in der
Vaucheria beobachtet hatte, so habe Ref. diels sammt allen
übrigen zahlreichen Beobachtungen von lebenden Monaden in
Vaucherien als nicht dahin gehörige Erscheirungen unerwähnt
gelassen. Herrn Wimmer’s Beobachtung war ihm aber ganz
unbekannt geblieben, da jene neue, nicht in den Buchhandel
gekommene, schlesische Zeitschrift ihm in Berlin nicht zu-
. gänglich und gar nicht bekannt geworden war. Dr. Valen-
tin in Breslau hat darauf in Purkinje’s und seiner Schrift
über die Flimmer-Bewegung bei den Wirbelthieren, 1835.
pag. 34. diese Nichtbeachtung der Vorgänger folgendermafsen
angezeigt: Denique (Ehrenberg) animalculum illud rotatorium,
quod nos jam ante annum observavimus et demonstravimus —
tanguam novum quoddam atque inauditum nulloque (!) ante«
visum Notommata Werneckii nominatum — describit.
Da diese auch in Rücksicht auf Herrn Wimmer, wel-
‘ cher der Entdecker in Schlesien war, nicht ganz gerechte
Anzeige zur Irrung führen kann, und Referent besonders gro-
fsen Werth, ja den eigentlichen Werth eines Naturforschers
auf gewissenhafte Benutzung der Vorgänger legt, so hält er
für nöthig, sich von der darin enthaltenen Anklage zu rei-
nigen. Herr Professor Wimmer hat neuerlich noch die au-
fserordentliche Güte gehabt, sowohl die getrockneten Kapseln
32
der Vaucherien, als auch sogar die damals von Herrn Va-
lentin gemachten Zeichnungen zu übersenden, und da aus
diesen, welche hier ‘vorliegen, sich durchaus keine sichern
Charaktere eines Räderthiers eruiren lassen, so glaubt er,
Niemanden, am wenigsten aber Herrn Dr. Valentin, beein-
trächtigt zu haben.
Abgesehen nun von diesen geschichtlichen Erörterungen,
hat Referent, selbst auch noch die Anschauung dieses parasi-
tischen Thieres erlangt.
Ganz neuerlich, vor wenigen Tagen nämlich, ist diese
Notommata Werneckii bei Zerbst und Dessau in Kolben der
Vaucheria, dichotoma und racemosa von Ihrer Königlichen Ho-
heit der Frau Herzogin. von Dessau aufgefunden und durch
Herrn Hofrath Schwabe nach Berlin lebend überbracht wor-
den. Mithin ist diese merkwürdige entophytische Thierform
nun 5 Mal in 4 verschiedenen Ländern beobachtet worden,
wenn man nämlich jenen Cyelops Vaucher’s und Lyngbye’s
für dasselbe hält, wie man wohl nicht sehr behindert ist.
So verdankt die Gesellschaft es denn- der Wissenschaftlich-
keit dieser Fürstin, dafs Referent es ebenfalls lebend dersel-
ben vorzeigen kann.
Bei Berlin hatte er es bisher stets umsonst gesucht. An
den übersandten Exemplaren der Vaucheria dichotoma lassen
sich zwar auch keine ganz entwiekelten Thiere mehr finden,
allein viele Kolben siroizen von noch lebenden Eiern von
2; Linie Gröfse. Er zählte zuweilen 20 bis 30 Eier in ei-
nem Kolben. In den reifen Eiern ließ sich sowohl die Wir-
bel-Bewegung‘ des Räderorgans, als der schr kurz zweispil-
zige Zangenfuls, ferner das rothe Nackenauge, welches in ei-
nigen Eiern doppelt erschien (die also vielleicht einer Di-
glena angehören), und endlich der monogomphische Zahnap-
parat deutlich erkennen. Die Fötus hatten in vielen Eiern
sehr kräftige Bewegung.
Besonders bemerkenswerlh ist, dafs fast in allen Kolben
zugleich. Monaden verschiedener Art sich bewegten, und dafs
alle Kolben olne Ausnahme, wie auch Vaucher bemerkte,
schon desorganisirt und der Auflösung sehr nahe waren, wes-
’ halb
33
halb es allerdings ganz wahrscheinlich, ja der Möglichkeit
nach erweislich ist, dals die Eier von aufsen hinein gelangten,
wie die Insecteneier in Pflanzenzellen, oder wie die der No-
tommata Parasita in den Volvox Globator.
Schliefslich legte derselbe wieder, wie in allen früheren
Sitzungen, eine Anzahl fertiger Tafeln des gröfseren Infuso-
rien- Werkes vor, von dessen 64 Tafeln nur noch 2 zu ste-
chen übrig sind.
Versammlung am 16ten August.
Als eingegangene Geschenke der Verfasser wurden vor-
gelegt: Herrn Freiesleben’s Magazin für die Oryctographie
von Sachsen, 7tes Heft, und Burkhardt’s Aufenthalt und
Reisen in Mexico, Ister und 2ter Band, Stuttgart 1836. 8.
Herr Klug zeigte die Eier eines Phasma und die aus
demselben hier in grofser Menge zur Entwickelung gekom-
menen, noch lebenden und wohl gedeihenden Jungen vor.
Er hatte (diese Eier aus Süd-Carolina von dem jetzt dort be-
schäftigten fleilsigen Entomologen Herrn Zimmermann er-
halten. Sie haben durchaus keine Aehnlichkeit mit denen
von Mantis, sondern sind von schwarzer Farbe und gestaltet
wie Samenkörner von Leguminosen; an ihrem Rande zeigt
sich ein weilser Streif, der wie der umdilicus jener Samen
aussieht. — Herr Klug gab ferner Nachricht von dem bis
jetzt noch nie beobachteten Vorkommen eines Hymenopte-
ren-Zwitters, den ebenfalls Hr. Zimmermann aus Nord-
amerika überschiekt hat. Es ist eine kleine noch unbeschrie-
bene erzfarbige Art von Hylaeus, der dieser Zwitter angehört.
Ueber die optischen Eigenschaften des Amethyst bemerkte
Hr. Dove Folgendes: Seitdem Herschel nachgewiesen hat,
dafs die optisch rechts und links eireular polarisirenden Berz-
krystalle durch die Rhombenflächen charakterisirt werden,
nach welchen die Krystalle krystallographisch in rechts und
links gewundene eingetheilt werden, und Brewster gezeigt
3
34
hat,«dals die Amethyste aus rechts und links cireular polari-
sirenden Individuen: bestehen, welche gegenseitig in: einander
übergehen, war es von Interesse, Individuen optisch zu un-
tersuchen, an welchen: beiderlei Rhombenflächen zugleich vor-
kommen. Professor Dove that diels an zweien solcher Kry-
stalle, welche Herr Prof. Weis ihm zur Untersuchung gü-
tigst überlassen halte. Der eine derselben zeigte die Erschei-
nungen eines rechts eircular polarisirenden Krystalls, der an-
dere sehr complieirte Figuren, unter denen die mit vorzüg-
licher Schönheit hervortraten, welche zuerst von Airy durch
Combination einer rechts und links gewundenen Platte dar-
gestellt worden sind.. Die Sförmigen in einander geschlun-
genen Spiralen erscheinen auch hier bei Umkehrung der Platte
nach entgegengesetzter Richtung gewendet. Da aulserdem
Stellen vorkommen, in welchen, wie im Amethyst, das Ring-
system der einachsigen Krystalle mit dem schwarzen Kreuz
erscheint, so dürfte es kaum zu rechtfertigen sein, den Ame-
thyst- entschieden von dem Bergkrystall wegen seiner opti-
schen. Eigenschaften zu trennen.
Hierauf theilte Herr Gurlt Bemerkungen über die Ver-
bindung, der. rechten hinteren Hohlvene mit dem Stamme der
Lebervenen ‚beim‘ Embryo mit. ‚Schon im Jahre 1830 hat
Rathke (in Meckel’s Archiv, Jahrg. 1830. S. 63. Tab. I.)
an dem Embryo des Schafes gezeigt, dals in der ersten Zeit
der Entwickelung des Venensystems zwei vordere und zwei
hintere Hohlvenen vorhanden sind. Die. rechte vordere Hohl-
vene (eigentlich Schlüsselbeinvene) verbindet sich in der Nähe
des Herzens; mit der rechten hinteren Hohlvene, welche das
Blut von beiden hinteren Gliedmaßen, vom Schwanze und
vom rechten 'Wolfl’schen Körper empfängt, die linke vordere
_ verbindet sich in derselben Gegend mit. der linken. hinteren,
die indem linken Wolf’schen Körper entspringt. « Es ergie-
(sen sich also nur zwei Venenstämme in das Herz ,, wozu je-
doch der Stamm. der Lebervenen als dritter hinzukommt.
Später verschmelzen auch die beiden vorderen Stämme zu
der einfachen vorderen Hohlvene.
Es war nun noch darzutliun, wie sich die in der Folge
35
einfache hintere Hohlvene mit dem Stamme der Lebervenen
verbindet, und dieses habe ich jetzt bei Hunde-Embryonen,
' die ungefähr 23—24 Tage alt, und 1 Zoll, vom Scheitel bis
zur Schwanzwurzel, lang sind, sehr gut gesehen. Bei diesen
Embryonen sind die Nieren schon gebildet, etwa 1 Linie. lang,
und von jeder geht ein sehr dünnes Venenstämmehen indie
rechte hintere. :Hohlvene. Unmittelbar vor der Verbindung
der rechten Nierenvene mit ‘der rechten hinteren Hohlvene
geht von dieser. ein kleines Venenstämmehen an die vordere
Fläche der: Leber und verbindet sich mit. dem: viel .diekeren
Stamme der Lebervenen. Dieses Venenstämmchen erweitert
sich in der Folge, wenn der gröfsere Theil: des Blutes. aus
der hinteren Körperhälfte durch ‘dasselbe dem -Stamme der
Lebervenen und so dem Herzen zuströmt, und wenn es end-
lich alles Blut aus der hinteren Körperhälfte (mit Ausnahme
dessen, was in die Pfortader übergeht) aufnimmt,. dann schwin-
det der Theil der rechten vorderen Hohlvene, wo jenes Ver-
bindungsstämmchen abgeht, immer mehr, und wird zur Vena
azygos. Eben so wird mit dem Schwinden des linken Wolf?-
schen Körpers die linke hintere Hohlvene kleiner, und wird,
nachdem auch. ihr vorderer Theil geschwunden ist, zur Vena
hemiazygea. Bei der Beschreibung der Venen sagt: man im-
mer: - die Lebervenen ergielsen sich in die hintere Hohlvene;
eigentlich mülste man aber sagen: die hintere Hohlvene er-
gielst sich in den Stamm der Lebervenen.
Die 'Kenntnifs der Bildungsgeschichte im Venensystem
trägt sehr viel zur- richtigeren Erklärung von Mifsbildungen
in diesem Systeme bei. Es kommt nämlich bei ausgetrage-
nen Früchten nicht selten vor, dafs zwei vordere Hohlvenen
und ein »Stamm. der Lebervenen sich in das Herz ergielsen;
die hintere Hohlvene geht dann an der rechten. Seite der
Wirbelsäule hinauf, bis an das Herz, und ergielst sich in die
rechte vordere Hohlvene. Inu diesem’ Falle: hat also die Ver-
bindung: der ‚beiden vorderen Hohlvenen nicht stattgefunden,
und. der Verbindungsast zwischen ‘der rechten 'hinteren Hohl-
vene und dem Stamme der Lebervenen hat sich nicht gebil-
36
det, es ist vielmehr Alles in dem Zustande geblieben, wie es
bei dem Embryo auf einer früheren Bildungsstufe war.
Ferner trug Herr Müller.seine Untersuchungen über die
Verschiedenheiten des Leimes der Knochen und Knorpel vor.
Durch Kochen erhält man aus Knochen den gewöhnlichen
Tischlerleim, aus den permanenten Knorpeln dagegen eine
ganz andere Art von Leim, welche Chondrin, Knorpelleim
zu nennen wäre. Beide Leimarten gelatiniren gleich gut,
sind beide von Chlor, Gerbestofl, Weingeist fällbar; aber nur
Chondrin wird von Essigsäure, Alaun, schwefelsaurer Thon-
erde, essigsaurem Bleioxyd und schwefelsaurem Eisenoxyd ge-
fällt. Der Niederschlag von Alaun wird in überschüssigem
Alaun wieder aufgelöst, der Niederschlag von Essigsäure nicht.
Ein Minimum von Alaun fällt schon alles Chondrin in einer
Lösung von Rippenknorpel, Kehlkopfknorpel, Gelenkknorpel,
die übrige Flüssigkeit enthält dann nur sehr wenig Thierstoff
mehr und gelatinirt nicht mehr nach dem Eindampfen. Von
Käsestoff unterscheidet sich Chondrin durch das Gelatiniren,
durch das Verhalten zum Kaliumeisencyanid, indem die salz-
saure Auflösung von Chondrin von Kaliumeiseneyanid nicht
gefällt wird, und durch das Verhalten zum Alaun und zur
Essigsäure. Käsestoff und Chondrin werden zwar beide von
Alaun und Essigsäure gefällt; aber nur der Niederschlag von
Chondrin. ist in überschüssigem Alaun und nur der Nieder-
schlag von Käsestoff in überschüssiger Essigsäure löslich.
Das Chondrin kommt nur in den Knochenknorpeln vor
der Ossification, in den permanenten Knorpeln und in der
Cornea des Auges vor. Der gewöhnliche Leim findet sich
in den Knochen, in krankhaft ossifieirten Knorpeln, in den
Faserknorpeln oder Zwischengelenkknorpeln, in der äufsern
Haut, im Zellgewebe, im serösen Gewebe, im Sehnengewebe,
im Gewebe der Tunica dartos des Hodensacks.
Der Leim vom elastischen Gewebe der Arterien und des
Ligamentum nuchae der Thiere stimmt nicht ganz mit Chon-
drin, aber auch nicht ganz mit dem gewöhnlichen Leim
überein.
37
Herr von Olfers zeigte ihm von Hrn. Goeppert in
Breslau übersandte Proben künstlich verfertigter Pflanzenab-
drücke in gebranntem Thon vor, die den Zweck haben, die
Entstehung der in der Braunkohlen-Formation und andern so
häufig vorkommenden natürlichen Pflanzen- Abdrücke zu ver-
sinnlichen.
Endlich gab noch der Unterzeichnete einen kurzen Bericht
von einigen flüchtigen Beobachtungen, die er im vorigen Herbst
an lebenden Exemplaren der Testudo graeca im südlichen
Frankreich zu machen Gelegenheit hatte. Einer seiner Freunde
hielt deren mehrere seit vielen Jahren lebendig, unter andern
eins, das schon 40 Jahre vorher im Besitz eines dortigen Land-
manns gewesen war. Dieses Thier, wiewohl bissig gegen
die jüngeren Exemplare seiner Art, war ungemein zahm ge-
gen die Menschen und liefs sich von Kindern alle kleinen
Mifshandlungen geduldig gefallen. Am Tage lief es auf einem
grolsen Balcon im Freien umher, suchte aber das Obdach,
sobald sich Regen einstellte, gegen den es sehr empfindlich
schien. Hatte man Abends die Thür des Balcons geschlos-
sen, ehe es herein war, so pflegte es durch starkes Anstolsen
des vordern Schalen-Randes so lange zu klopfen, bis man
ihm öffnete. Auch die Begattung wurde beobachtet, bei wel-
cher indessen hauptsächlich nur der schwerfällig stöhnende
Laut, den das Männchen dabei hören liels, und die Schwie-
rigkeit der ganzen Verrichtung, wenn beide Individuen in
der Gröfse nicht genau zu einander passen, einiger Aufmerk-
samkeit und der Erwähnung an diesem Ort würdig zu sein
‚schienen.
Lichtenstein.
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Mittheilungen
aus den Verhandlungen
der
Gesellschaft naturforschender
Freunde zu Berlin.
Viertes Quartal 1836.
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BERLIN, 1837.
In der Nicolai’schen Buchhandlung.
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Mittheilungen
aus. den Verhandlungen der Gesellschaft naturforschen-
der Freunde zu Berlin.
Viertes Quartal 1836.
Aus den Verhandlungen in der Versammlung vom 19. Juli
des vorigen Quartals ist noch eine Mittheilung des Hrn. H.
Rose: über die Gewinnung des Jods in Schottland, nachzu-
bringen. In Glasgow, bemerkte Hr. H. Rose, wird eine
sehr. bedeutende Menge von Jod aus Kelp .auf eine eigen-
thümliche Weise bereitet. Man wendet nur Kelp an, der
von der Westküste von Irland kommt und aus Fucus palma-
tus gewonnen wird. Er wird mit heilsem Wasser übergos-
sen, und die gesättigte Auflösung zum Erkalten hingestellt,
wodurch eine bedeutende Menge Chlorkalium herauskrystal-
lisirt, das in reichlicher Menge besonders in den Kelparten
enthalten ist, welche Jod enthalten. Die Flüssigkeit wird
dann ferner durch Abdampfen concentrirt, und während des
Abdampfens das sich ausscheidende Kochsalz und kohlensaure
Natron herausgenommen. Die erhaltene Mutterlauge wird
nach dem Erkalten nach und nach vorsichtig mit concentrir-
ter Schwefelsäure versetzt, so dafs diese zuletzt in einem
sehr kleinen Ueberschusse vorwaltet, wozu auf acht Volumen
Mutterlauge ungefähr 1 Volum Schwefelsäure nothwendig ist,
und 24 Stunden hindurch ruhig stehen gelassen. ‘Durch das
vorsichtige Zusetzen der Schwefelsäure zu der verdünnten
Mutterlauge wird kein Jod frei; es entweichen Kohlensäure-
4*
40
und Schwefelwasserstollgas, zuletzt auch schweflichte Säure,
und es krystallisirt schwefelsaures Natron aus der Flüssigkeit.
Die abgegossene Flüssigkeit wird in einen Destillalionsappa-
rat von Blei gegossen; er besteht aus einem bleiernen Cy-
linder, der mit einem Helme von Blei versehen ist. Der
Cylinder steht bis ungefähr zur Hälfte seiner Höhe in einem
Sandbade in einem Kasten von Eisen. Man erwärmt die
Flüssigkeit vorsichtig bis zu 150° F., setzt dann Braunstein
zu, und verschliefst den Cylinder mit dem Helme, an wel-
chen eine Reihe gläserner Ballons, die wie Vorstölse in ein-
ander passen, angelegt werden. Man erhöht nun die Tem-
peratur bis zu 212° F., aber erhitzt nicht stärker. Bei die-
ser Temperatur entwickelt sich Jod mit den Wasserdämpfen,
und condensirt sich besonders in dem ersten Ballon. Steigt
die Temperatur nur etwas über 212° F., ungefähr bis zu
245° F., so entwickelt sieh Chlorjod, dessen Bildung bei der
Temperatur des kochenden Wassers noch nicht Statt findet.
Durch die Erzeugung des Chlorjods entsteht ein nieht unbe-
trächtlieher Verlust an Jod, da das Chlorjod im Wasser auf-
löslich ist. Man muls,. ist der Bleicylinder zu stark erhitzt,
denselben, so weit er aus dem Sandbade herausragt, mit nas-
sen Tüchern abkühlen.
Bei dieser Bereitung erspart man eine bedeutende Menge
an Schwefelsäure, denn wollte man aus der eingedickten
Mutterlauge das Jod durch eoncentrirte Schwefelsäure ent-
wickeln, so würde man 6- bis 8mal se viel Schwefelsäure
dazu anwenden müssen, als bei der beschriebenen Methode
erforderlich ist.
Die im Bleieylinder zurückbleibende Flüssigkeit wird fort-
gegossen. Sie enthält ein gelbes Pulver, das Jodblei ist, und
ein krystallinisches Doppelsalz aus Jodblei und Jodnatrium,
das durch mehr hinzugefügtes Wasser sich zersetzt, indem
dureh dasselbe sich Jodnatrium auflöst und Jodblei ungelöst
zurückbleibt.
Herr Whytelaw, der Besitzer dieser Fabrik, theilte
Hrn. Rose mit, dals"in derselben wöchentlich 1500 Unzen
Jod bereitet würden. . Der gröfste Theil davon geht nach
41
Frankreich. Wozu das Jod in so grofsen Mengen angewandt
wird, konnte Hr. Rose weder in Schottland und England,
noch selbst in Paris erfahren. Man soll es als Quecksilber-
jodid in Mühlhausen. in der Kattundruckerei versuchsyyeise
angewandt haben, doch mit schlechtem Erfolge, da die Farbe
flüchtig ist. Die medicinische Anwendung kann um so we-
niger den grolsen Verbrauch erklären, als auch aufser dieser
Schottischen Fabrik noch in Frankreich einige Jodfabriken
' bestehen.
Versammlung am 15. November 1836.
An Geschenken waren eingegangen:
Linnaea. B. X. Hft. 6.
Hartig, Erfahrungen über d.”Dauer des Holzes.
Transact. of the zool. Society. P. 4.
Proceedings of the same. P. 3. 1835.
Hr. A. Erman trug Bemerkungen vor von einem eisen-
haltigen Sandstein, welcher die Bernstein haltige Braunkohle,
sowohl an der Nordküste von Ostpreufsen, als an der West-
küste von Kamtschatka bedeckt, und zeigte Versteinerungen
von der erstern, und Thier- und Pflanzen- Versteinerungen
von der zweiten der genannten Lokalitäten.
Hr. G. Rose entwickelte den Zusammenhang der Kry-
stallform mit der elektrischen Polarität des Turmalins. Aus
der Form läfst sich im Voraus bestimmen, welches Ende des
Krystalles bei Temperatur- Veränderungen positiv, und wel-
ches negativ wird. Bei abnehmender Temperatur wird näm-
lich das Ende des Turmalins, bei welchem die Flächen des
Haupt-Rhomboöders (mit den Winkeln von 133° 26’ in den
Endkanten) auf den Flächen des 3-seitigen Prisma’s auf-
gesetzt ist, negativ elektrisch; das andere, an welchem das
Haupt-Rhomboeder auf den Kanten des 3-seitigen Pris-
ma’s aufgesetzt ist, positiv elektrisch.
42
Hr. Weifs machte über zwei, der Gesellschaft natur-
forschender Freunde vorgelegte Stücke mit Thierfährten von
höheren Tliieren in Sandstein, eines mit den Buckland’schen
Schildkrötenspuren von Dumfries, das andere mit den Hitch-
cock’schen Vogeltritten aus Nordamerika, folgende Mitthei-
lung:
Das hiesige Königl. Mineralienkabinet war schon längst
durch die Güte der Herren v. Dechen und v. Oeynhausen
im Besitz eines Exemplars der merkwürdigen Fufsstapfen ei-
nes höheren Thieres, nach Buckland einer Schildkröte, im
bunten Sandsteine von Dumfriesshire in Schottland, welche
von Dr. Duncan zuerst in dem Steinbruche von Corn Cockle
Muir entdeckt, und bekanntlich in den Transactions der Ro-
yal Soc. of Edinburgh vom Jahre 1828 beschrieben worden
sind.
Indefs ist es doch erst möglich gewesen, aus diesem
Exemplare alle die Belehrung zu schöpfen, die es wirklich
zu gewähren im Stande ist, seit Hr. Prof. Buckland in sei-
nem geistreichen und vielfach belehrenden Werke, seiner
Bridgewater- Abhandlung über Geologie u. s. w. (London,
1836, in 2 Bänden) auf Taf. 26 nach einem Abgufs eine Ab-
bildung einer ganzen Platte mit solchen Fufsstapfen — es
sind deren 9 auf derselben — in ihren gegenseitigen Bezie-
hungen gegeben hat. Vergleicht man unser Exemplar mit
dieser Abbildung, so wird nicht allein Alles weit klarer, was
bei der isolirten Betrachtung des Stückes zweifelhafter er-
scheinen konnte, sondern man endet die Betrachtung mit der
vollkommenen Ueberzeugung, dafs jener berühmte Fund in
Dumfriesshire, der sich glücklicherweise neuerlich noch in
der dortigen Gegend an mehreren Orten wiederholt hat *),
an Evidenz in Bezug auf seine Bedeutung dem köstlichen
Funde von Hildburghausen wenig oder gar nicht nachsteht,
und wirklich die Bahn gebrochen hat, den Spuren, den
Fufsstapfen der allerältesten Thiere der höheren Klassen,
von denen wir wissen, auch solcher, von denen wir nicht
*) Buckland a. a. O. Vol. I. p. 259.
43
einen Knochen mehr besitzen, dennoch mit eben so grofser
Sicherheit, als wo wir die letzteren noch erhalten finden,
und in einer vorher nicht geahneten Verbreitung und Man-
nigfaltigkeit, mit Zuversicht zu folgen; eine Bahn, die von
nun an im Grolsen betreten worden ist.
Wenn wir unser Exemplar betrachten, und mit Buck-
land a. a. ©. Taf. 26. vergleichen, so zeigt sich augenschein-
lich, dafs das Thier zuerst die, ich möchte sagen, nur über-
harrschte Kruste der damaligen Oberfläche der Sandsteinlage
durchbrochen hat; die Masse scheint, vergleichbar einer dün-
nen Eiskruste, auf der Oberfläche eine etwas festere Consi-
stenz, wie durch beginnende Trocknung, damals so eben er-
langt zu haben, fester als der gleich unter ihr folgende, noch
nasse, breiähnlichere, immer mit etwas Thon gemengte, rothe
Sand; die Contoure der Zehen des Thieres haben sich bei Durch-
brechung der Kruste ganz deutlich eingedrückt, und die Kru-
ste hat einen ziemlich scharfen Rand, ganz den vorderen Um-
rissen der Pfote folgend, bekommen, welcher sich an allen
einzelnen Fulsstapfen um so vollkommner erhalten hat, als
wegen der geneigten Lage der Schicht das Thier und die
Pfote vom Moment des Durchbrechens der Kruste an, ein
wenig herabgeglitten ist, wie sich das in der Buckland-
schen Abbildung durch den Schatten kenntlich macht, wel-
cher bei jeder einzelnen Stapfe der Randlinie der durchbro-
chenen Kruste zunächst folgt, und sie von dem ‚gebliebenen
Abdruck der Zehe selbst in einer überall nahe gleichen
Breite trennt. Die Spur und die Richtung des ‚Gleitens ist
an unserem Exemplare vollkommen deutlich, ja die Linie des
vorderen Zehenumrisses, wo das Gleiten aufgehört hat, hat
vollkommene Schärfe; es ist ein neuer, dem vorigen paralle-
ler Rand entstanden, welcher aber nun nicht blos als eine
eingeknickte Stelle sich zeigt, sondern wie ein kleiner
Wall auch auswärts wieder aufgeworfen ist neben der ein-
wärts gerichteten kleinen Vertiefung.
Von grölster und augenfälligster Evidenz aber ist der
grolse eigentliche Wulst, der sich durch das Herabgleiten
mit dem Ballen rückwärts gebildet hat bis. dahin, wo die
44
Pfote wieder den festen Ruhepunkt gewann, und auf wel-
chem nun zunächst der Abdruck des Ballens geblieben ist,
an welchen sieh der der Zehen und Nägel anschliefst; die
Vertiefungen der Zehenabdrücke sind auch wirklich mit eini-
gem besonderen Schmutz gefüllt, der in den Gruben zurück-
geblieben ist. An der Rückseite des Wulstes, d. i. der ab-
wärts gekehrten, befindet sich ein neuer Eindruck von vier
Zehen — so zähle ieh — neben einander, nicht minder deut-
lich, offenbar der folgenden Pfote des Thieres in der Reihe
der Spur angehörig; unter der letzteren aber ein nochmali-
ger Eindruck, welchen man beim ersten Anblick für der
Ferse des Thieres angehörig nehmen könnte, der aber doch
wiederum einen zu scharfen und gezackten Rand hat, von
anderer Form als die vorigen, und, gleich dem ersten, ein
(schwächeres) Einknicken der derzeitigen Oberfläche mit
schwachem Gleiten erkennen lassend.
Die Totalgestalt unseres Exemplares der grölseren Fährte
möchte am besten mit der zweiten Spur von oben links
auf der Buckland’schen Tafel zu vergleichen seyn, wenn man,
wie durch den Spiegel gesehen, die rechte und linke Seite des
Trittes vertauscht. Die nähere orycetognostische Beschreibung
des Stückes scheint überflüssig zu seyn. Die Sandsteinbank,
welcher es angehört, hat eine Dicke von etwa einem Zoll;
obere und untere Seite haben vollkommne Ablosungsfläche,
und sind mit einem dünnen, schlammigen Thonüberzug be-
kleidet; die Bauk oder Sandsteinlage ist in ihrem untersten
Theile durch geradlinige Streifen in zarte, parallele und gerad-
flächige Schichten abgetheilt, welche sich aber nicht mehr
von einander trennen lassen; in dem oberen Theile unabge-
theilter, und von etwas gröberem Korne des Sandes; übri-
gens durch und durch roth gefärbt; der Abdruck der Pfote
ist zwar nicht vollständig, sondern an der Stelle, welche,
“wenn wir der oben bezeichneten Figur in der Buckland’schen
Abbildung folgen, die äufsere seyn würde, unvollständig
und abgebrochen, aber dennoch so lehrreich, wie es die ge-
sebene möglichst getreue Beschreibung ausdrückt.
45
Das Königl. Mineralienkabinet ist ferner glücklich ge-
nug gewesen, auch von den durch Herrn Hitcheock in
Massachussets in den Vereinigten Staaten aufgefundenen und
nicht minder berühmt gewordenen Fährten grofser Vö-
gel in einem Sandstein, der von Hrn. Hitchcock auch zum
bunten Sandstein (new red sandstone) gerechnet wird, ein
deutliches Exemplar zu erhalten, und verdankt es der Güte
des kürzlich aus Nordamerika zurückgekehrten Hrn. Dr. Ju-
lius, welcher es, mit der Etikette des Herrn Hitchcock
selbst versehen, dem Kabinet zu überlassen die Gefälligkeit
hatte. Es entspricht den bekannten und allgemein verbrei-
teten Abbildungen *) vollkommen; und wenn man gleich ei-
nem sonst Ungläubigen nicht zumuthen würde, von der Wahr-
heit auch dieser wichtigen Entdeckung sich durch unser Exem-
plar überzeugen zu lassen, so möchte doch auch gegentheils
sich nicht läugnen lassen, dafs eine sorgfältige und fortge-
setzte Betrachtung, und eine ganz unbefangene Prüfung un-
seres Stückes zu der Anerkennung nölhigen würde, dafs die
Erscheinung, auch so wie sie sich hier an dem Stücke dar-
bietet, kaum auf eine andere Art sich genügend erklären
liefse, wenn man es nicht anerkennen wollte, dafs man den
Eindruck der langen und spitzigen Zehen eines schreitenden
Thieres vor sieh habe. |
Unser Exemplar ist, der Gebirgsart nach, ein grauer,
ganz dünn- und geradschiefriger, mit Glimmerschüppchen
durch und durch erfüllter, Sandsteinschiefer, welcher,
der oryctognostischen Beschaffenheit nach, eher für einen
Grauwackenschiefer oder einen Sandsteinschiefer des Kohlen-
gebirges, als für ein Glied des bunten Sandsteins gehalten
werden würde;ı worüber jedoch allein die Lagerungsverhält-
nisse eine gültige Entscheidung geben können. Die obere
Fläche des Stückes, mit dem veıtieften Eindruck, ist nicht
*) Die des Hrn. Hitchcock, s. American Journal of Science
and arts, January, 1836, sind inehreremale copirt; in Buckland’s
oben angeführtem Werke: Geology and mineralogy considered with
reference to natural theology, Taf. 26. a. b.; in Froriep’s Notizen
ws. f. Jahrg. 1836. u. m.
46
die Trittfläche des Thieres selbst, sondern die einer etwas
tiefer gelegenen Schicht, auf welcher sich die Vertiefungen
und Erhabenheiten, parallel denen der eigentlichen Fläche des
Trittes selbst, wiederholen. Die untere Fläche des Stückes
zeigt dieselben Concavitäten der oberen Fläche als Convexi-
täten, also durch alle die feinen Lagen des Stückes durch-
gehend, und in beiderlei Richtungen, nach oben wie nach
unten, über die Grenzen des Stückes selbst, welches etwa
4 Zoll Dieke hat, sich weiter fortsetzend. Obwohl an Schärfe
abnehmend, sind doch die Umrisse auf der unteren Seite noch
recht deutlich. Die Last des Thieres, welches durch diese
Schichten nicht eigentlich hindurch getreten, sie nicht ge-
trennt, sondern blos so stark verdrückt und gequetscht hat,
ist eben daraus wohl ersichtlich. Ganz unverkennbar ist die
Richtung der vorwärts schreitenden.Bewegung des Fufses
an der Beschaflenheit des Eindruckes selbst. Der Eindruck
der kleineren, mehr seitwärts gerichteten Zehe nämlich zeigt
seine beiden Räuder, den vorwärts- und den rückwärtsge-
kehrten, ganz verschieden gebildet; der letztere ist ganz sanft
abfallend, gleitend, und hat einen längeren flachen Strei-
fen, der von dem früher den Schlamm berührenden Hinter-
theile des Fufses herrührt, hinter sich herziehend; der vordere
Rand ist schärfer abfallend, mehr wulstig, von der mit etwas
Schlamm heranrückenden Zehe vielmehr gedrängt, als, wie
der hintere, sanft herabgedrückt und geglättet. Auch in dem
Eindruck der langen Mittelzehe erkennt man die Richtung
derselben vorwärts schreitenden Bewegung wieder. Von bei-
den Seiten symmetrisch schieben sich da an beiden Seiten-
rändern bis zu dem ganz scharfen Ende des Nageleindrucks
hin die gequetschten Schlammlagen nach vorn über einander.
Von der dritten Zehe ist an unserem Stück, welches eben
da abgebrochen ist, wenig zu sehen. Die Länge der Mittel-
zehe ist etwa die eines Zeigefingers des Menschen.
Das Ganze kann, wie gesagt, nur zur vollsten Bestäti-
gung der schönen Entdeckung des Hrn. Hitehcock dienen.
Herr Ehrenberg theilte zuerst mit, dals er in den
Feuersteinen der Gegend von Delitzsch bei Leipzig noch weil
47
deutlichere Infusorien-Formen als Hauptbestandtheil aufgefun-
den, als die waren, welche er früher bei Berlin erkannt hatte.
Die bei Berlin gesammelten Feuersteine liefsen nämlich eine
vermuthliche Art der Gattung Pyxidicula, vielleicht die P.
operculata (Frustulia operculata Agardh) selbst, als Einschlufs
erkennen, und dieselbe kugelartige mikroskopische Form fand
sich auch in dem die Feuersteine einhüllenden . Kieselmehle
mit Schwammnadeln, denselben Spongillen - Theilen, welche
Lyngbye früher Echinella acuta, Agardh Frustulia acuta,
und Bory de St. Vincent Lunulina nannten, und mit vie-
len unbestimmbaren Fragmenten. Weit anschaulicher waren
die organischen Formen vieler Feuersteine bei Delitzsch. . Sie
gehörten gerade zu den recht ausgezeichneten und leicht wie-
der zu erkennenden Bildungen der Jetztwelt, und waren in
solcher Menge zusammengehäuft, dafs sie offenbar die Haupt-
masse der Kieselsubstanz selbst bildeten. Diese: ausgezeich-
neteren Formen waren 4 Arten der schon 1832 aufgestellten
Gattung Xanthidium (Klettenthierchen) der Familie der Ba-
cillarien, und 2 Arten der schon 1830 begründeten Familie
und Gattung der Kranzthierchen, Peridinium. Drei Arten
der Klettenthierchen der Feuersteine schienen von den 3 bei
Berlin im Sumpfwasser lebenden, 1833 in den Schriften der
Berliner Akademie beschriebenen Xanthidium furcatum, acu-
leatum und pilosum sich speeifisch nicht zu unterscheiden;
denn dafs die Klettenthierchen lebend immer paarweis zu-
sammenhängen, ist ein nicht nothwendiger Fortpflanzungszu-
stand, und es finden sich die jetzt lebenden im Tode oft ein-
zeln in den Feuersteinen, sind aber auch schon mehrmals
doppelt gefunden. Eine 4te Art der Feuersteinthierchen ist
nicht lebend bekannt; sie hat vielverzweigte Stacheln, oft
3-zackige, zuweilen 5- bis 6-zackige; sie läfst sich mit dem
Namen X. ramosum bezeichnen. Diese Formen der Kletten-
thierchen sind im Feuerstein nie so zahlreich, dafs sie als
Masse bildend anzusehen wären; doch liegen zuweilen 6 bis
10 in einem Haufen beisammen, öfter liegen sie einzeln, sehr
oft sind sie auf das überraschendste bis in ihren feinsten Ver-
ästelungen schön erhalten.
48
Viel zahlreicher an Individuen sind in den Feuersteinen
die beiden Arten der Gattung Peridinium, deren eine P. py-
rophorum, deren andere P. delitiense genannt worden sind.
Die erstere Form gleicht fast genau der Abbildung, welche
Dr. Michaelis in Kiel in seiner Schrift über die Leucht-
thierchen der Ostsee von einem der. Haupt-Leucht- Infusorien
gegeben hat, und welches er Cercaria nennt, das Hr. E. aber
Peridinium Michaelis genannt hat. Das Genus ist oflenbar
identisch; die Species scheint aber doch verschieden. Diese
Form hat vorn 2 sehr kurze Hörnchen oder Spitzen, hinten
eine, zuweilen kaum bemerkbare, ist aber oft wie lebend
schön erhalten. Die zweite Art, P. delitiense, ist ebenfalls
sehr ausgezeichnet durch ihre Gestalt. Sie hat nur eine seit-
liche hörnchenartige Spitze, ist sonst fast kuglig und sehr
deutlich facettirt oder netzartig überstrickt. Sie hat eine
diekere Schaale, erscheint dem blofsen Auge weils, während
die erstere gelblich ist, und ist bei durchgehendem Lichte,
im Mikroskope, fast schwarz. Diese beiden Formen liegen
oft so dicht gedrängt in den Feuersteinen, wie die G@aillonel-
len im Halbopal, und bilden offenbar das Ueberwie-
gende der Masse.
Diese Mittheilungen wurden durch mikroskopische De-
monsirationen an geschliffenen Blättchen von Feuersteinen
und Halbopalen erläutert. i
Ferner benachrichtigte Hr. Ehrenberg die Gesellschaft,
dafs es ihm endlich gelungen‘ sey, auch die grölseren zarte-
sten Seethiere bis nach Berlin lebend zu befördern, um hier
weitere physiologische Untersuchungen an ihnen anzustellen.
Er zeigte ein 3 Zoll grofses und ein etwas kleineres, noch
lebendes Exemplar der Medusa aurita aus der Ostsee vor,
welche der eifrige Studiosus der Mediein Herr Hecht naclı
den ihm mitgetheilten Vorsichtsmalsregeln von Stralsund mit
der Post nach Berlin gesendet hatte. Es waren dergleichen
7 Stück lebend und ganz wohl erhalten in Berlin angekom-
men, wovon am Sitzungstage der Versammlung, dem 4ten
nach der Ankunft, noch 2 am Leben waren, die wegen Man-
gels an frischem Seewasser freilich dem sichern Untergange
Ä 49
nahe waren. Herr E. hatte schon früher vielfache Sendun-
gen aus Wismar und Kopenhagen erhalten, wo Hr. Dr. Fer-
dinand Rose und Hr. Dr. Switzer sich seiner Wünsche
eifrigst und treulichst angenommen hatten; allein es mulsten
erst Erfahrungen gesammelt werden, auf deren /Stufen sich
endlich auch das für physiologische und anatomische Unter-
suchungen nützliche Ziel erreichen lies. Nothwendige Be-
dingungen für solche Transporte scheinen zu seyn, dafs sie
nicht in (hölzernen) Gefälsen geschehen, welche das Wasser
verändern können, dafs sie nicht bei zu heilsem Wetter ge-
schehen, dafs nur wenig aber ein wenig Luft über dem
Wasser bleibe, dafs kein Verband mit Blase oder einem an-
dern auflöslichen, das Wasser verändernden Mittel angewendet
werde, und dafs das Gefäls, worin sie transportirt werden
sollen, etwa 5- bis 6mal. mehr Wasser fasse, als sie selbst
Raum einnehmen. Die 7 sind in einem Gefälse angekom-
men. Einzeln transportirte kamen früher auch nicht lebend
an, weil jene Bedingungen noch nicht erkannt und berück-
sichtigt waren. Einige Untersuchungen dieser in Berlin le-
benden Medusen sind noch für die Abhandlung über die Or-
ganisation der Medusen der Ostsee benutzt worden.
Versammlung am 22. December 1836.
Herr Wiegmann stattete einen Bericht ab von seiner
im August und September 1836 unternommenen naturhisto-
rischen Reise nach der Südküste Norwegens, behielt sich
aber vor, die ausführlicheren Mittheilungen in seinem Ar-
chive zu geben.
Herr Ehrenberg machte die Mittheilung, dafs er die
Synedra capitata, das Infusionsthierchen, welches den Haupt-
bestandtheil des Bergmehls von Santafiora in Toscana bildet,
und bisher unter den jetzt noch lebenden Formen nicht auf-
gefunden worden war, seit wenigen Tagen auch im Thier-
garten bei Berlin in Menge lebend angetroffen habe. Es hat
einen 2-theiligen, vielleicht auch 4-theiligen, bräunlich - grü-
nen Eierstock, welcher im jungen Thierchen den inneren
Raum bis ans Ende erfüllt; bei älteren Formen theilt sich
die Eiermasse in mehrere Parthieen, so dals sie zuweilen
eine Reihe von bräunlich-grünen Kugeln bildet. Ueberdiefs
sind im Innern in einer sehr durchsichtigen gallertartigen
Masse, dem eigentlichen Thierkörper, zerstreute Bläschen
kenntlich, welche polygastrischen Magenzellen vergleichbar
erscheinen. Oeffnungen sind nur vorn und hinten, nicht in
der Mitte, was gegen die Bildung der Naviculae, aber für
die der Synedrae spricht. Seine Bewegung ist im freien Zu-
stande deutlich, allein es sitzt eigentlich mit einem ganz kur-
zen weichen Fufse auf Conferven fest, und gehört allerdings
der Gattung Synedra an, wohin es also, des mangelnden Cha-
rakters im fossilen Zustande ungeachtet, wegen Analogie der
Gestalt der Stäbchen, und der Lokalität der Oeflnungen mit
Recht gestellt worden war. Lebende Thiere wurden unter
dem Mikroskope zur Anschauung vorgelegt. |
Ferner gab Herr Ehrenberg Nachricht über eine bei
ihm eingegangene Sendung von Polirschiefer aus Cassel, wel-
chen Herr Doctor Philippi selbst eingesammelt und gütigst
übersendet hat. Nach Herrn Dr. Philippi’s Mittheilung fin-
51
det sich dieser Polirschiefer etwa eine halbe Stunde von der
Löwenburg bei Cassel, am südlichen Abhange der breiten
Kuppe, welche den Herkules trägt, in einem Steinbruche des
Basalt-Conglomerats, welcher seit vielen Jahren verlassen ist.
Das Basalt-Conglomerat ist deutlich fast horizontal geschich-
tet, etwas gegen Süden einschielsend. Der Polirschiefer bil-
det horizontale Schichten im Basalt-Conglomerat. Etwa 20 Fuls
unter der Oberfläche liegt eine Schicht des Polirschiefers von
kaum 1 Fufs Mächtigkeit, dann folgen aufwärts 6 bis 8 Fufs
Conglomeratschichten, auf diese eine 2te noch weniger mäch-
tige Schicht Polirschiefer, und einige Fuls darüber wahr-
‘ scheinlich noch eine dritte dünnste. Darüber liegt wieder
Basalt-Conglomerat, und in diesem sind 2 schwache Kohlen-
flötze von 1 Fuls und kaum einigen Zollen Mächtigkeit.
Ueber diesen liegen etwa 3 Fuls Dammerde.
Die übersandten sehr schönen Proben des Polirschiefers
von fast 6 Zoll Länge und 3 Zoll Dicke unterscheiden sich
vom gelblichen und erdigen Biliner Polirschiefer durch eine
silbergraue Farbe und etwas Fettiges im Anfühlen, welcher
letztere Charakter durch die stab- oder nadelähnlichen con-
stituirenden Infusorien bedingt seyn kann. Hr. Ehrenberg
hat diese Masse von Neuem mikroskopisch analysırt. Die
ganze Masse besteht in manchen Stücken ganz und gar aus
Infusorien; zuweilen scheint es eine kieselige, unförmliche
Zwischenmasse zu geben, doch können es feine Fragmente
seyn. Es haben sich aufser den schon früher angezeigten 7 Ar-
ten von Infusorien noch 8 verschiedene Species erkennen las-
sen, von denen jedoch keine einer neuen ‘Gattung, auch, wie
es scheint, keine mit Sicherheit einer neuen Art angehört.
Diese Formen sind folgende: 1) Cocconema cymbiforme, 2) C.
Cystula, 3) €. gibbum: sämmtlich bekannte, bei Berlin noch
lebende Arten; 4) Mavicula lanceolata? in kleinen nicht si-
cher bestimmbaren Exemplaren; 5) Fragilaria diophthalma?
nicht selten in noch langen Bändern zusammenhängend; 6)
Fragilaria rhabdosoma, in meist vereinzelten Stäbchen, über-
aus zahlreich. Diese letzteren 3 sind noch jetzt lebende Ar-
ten. 7) Gaillonella distans, welche in Bilin die Hauptmasse
52
bildet, ist hier nur sehr einzeln; endlich 8) Cocconeis Seu-
tellum, eine noch jetzt bei Berlin lebende Art. _ Aufser die-
sen Infusorien haben sich auch noch die überall gleichzeitig
“vorkommenden Kieselnadeln von Spongien oder Spongillen
einzeln vorgefunden. Von all diesen 8 und den früheren 7,
also 15 Infusorien, und den Spongillennadeln bilden die Fra-
gilarien die Hauptmasse, und es scheint, dafs die jetzt noch
auch lebend geographisch sehr verbreitete Fragilaria rhabdo-
soma des sülsen Wassers die überwiegende sey.
Aufserdem legte Hr. Ehrenberg fertige colorirte Probe- _
blätter der Kupfertafeln zu seiner Abhandlung über die Struc-
tur der Medusa aurita vor, und zeigte ein lebendes Exem-
plar des Ophrydium versatile von der Grölse eines Zolles,
welches noch. jetzt, im December, im Thiergarten gefunden
wurde. und zeigte die von ihm aus lebenden Infusorien be-
reiteten künstlichen Bergmehle oder Kieselguhen, mehrere
Unzen an Masse vor. $. die Berichte der Akad. der Wis-
senschaften zu Berlin 1836,
Karsten,
d. z. Director.
Gedruckt bei A. W. Schade.
Mittheilungen
aus den Verhandlungen
Gesellschaft naturforschender
Freunde zu Berlin.
Zweites Jahr.
1837.
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BERLIN, 1838.
In der Nicolai’schen Buchhandlung.
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Mittheilungen
aus den Verhandlungen der Gesellschaft naturforschen-
der Freunde zu Berlin.
Versammlung am 17ten Januar.
Her Link hielt einen Vortrag über eine in den Kö-
niglichen Sammlungen befindliche Graburne, vermuthlich
aus norddeutschem Boden, in welcher eine Palmfrucht
von unbekannter Art durch Pech befestigt war. Dafs
sie nach dem Aufgraben hineingebracht sein sollte, ist
nicht glaublich, da die Frucht nicht zu den gewöhnli-.
chen gehört. Vermuthlich war sie also als eine Selten-
heit in der Urne beigelegt.
Herr v. Olfers zeigte ein Stück Muschelkalk von
Egeln vor, welches er vom Dr. Quenstädt erhalten,
und woraus er einen kleinen, aber wohlerhaltenen und
merkwürdigen fossilen Knochen hervorgezogen hat. Der
Knochen hat eine sehr eigenthümliche Bildung, kommt
jedoch dem ersten Rückenwirbel eines Cheloniers noch
am nächsten. Die gröfste Länge des Knochens war 4}
Linien, die gröfste Breite 75 Linien preufs.
Herr Eichwald aus Wilna legte Zeichnungen von
Tbieren vom Caspischen Meere und dem Caucasus vor.
Herr Lucae zeigte ein grofses Stück japanisches
Wachs von Rhus succedanea, durch Auskochung der
Früchte gewonnen, vor, welches jetzt in Baiern häufig
zum pharmaceutischen Gebrauche angewendet wird.
1*
4
Herr Ehrenberg übergab der Gesellschaft seine
neueste Schrift über die Akalephen des rothen Meeres
und den Organismus der Medusen der Ostsee.
Derselbe zeigte zwei verschiedene künstliche Nach-
ahmungen von sogenannten Elementar- Nervenröhren vor,
welche in der Ruhe und Contraction cylindrisch erschie-
nen, bei geringer Spannung aber gegliedert und beim
Nachlassen der Spannung wieder cylindrisch wurden.
Diese Erscheinung war einmal dadurch erreicht, dafs
längliche Stücke einer elastischen Schnur, welche @ummi
elasticum enthielt und mit Seide übersponnen war, ab-
wechselnd mit kugeligen Stücken einer nicht elastischen
Schnur von gleicher Stärke fest zusammengesetzt waren.
Bei mäfsiger Dehnung blieben die kugeligen, nicht elasti-
schen Stücke in ihrer Form, die länglichen elastischen
aber wurden dünner und länger, was einen gerade sol-
chen Gliederfaden vorstellte, wie er bei den Nervenröh-
ren sichtbar ist. Die andere Art bestand aus einer fuls-
langen elastischen, innen @ummäi elasticum enthaltenden,
äufserlich mit Seide überzogenen Schnur, welche ‘in klei-
nern Abständen während 2 Dehnung fest mit Seiden-
faden so stark umwickelt war, dals in der Contraction
alle Theile in gleicher Cylinderfläche lagen. Bei der
Dehnung behielten die umwickelten Stellen ihre Gestalt,
und die andern dehnten sich, wurden daher dünner und
gaben ebenfalls das Bild eines gegliederten Nervenfa-
dens. Herr E. knüpfte an diese, nicht zu einer Erklä-
rung, nur zu einer Verdeutlichung des Gegenstandes be-
stimmten Präparate eine kurze Darstellung seiner neue-
sten Ansicht über die prädisponirte charakteristische Glie-
derform gewisser Nervenfaserungen, da in der geringern
oder grölsern Dehnbarkeit gewisse ringartige Stellen so
liegen können, wie das Verknöchern de Blutgefäfse im
höhern Alter locale Ringe bilde, oder wie die Kalkab-
sonderung im Knorpel Ne jungen Knochen von gewis-
sen localen Anhäufungen ausgehe. Wie nun aber einige
5
Knorpel nie zu Knochen werden, sondern stets Knorpel
bleiben, so könnten auch wohl die stets gegliedert oder
der Gliederung fähig bleibenden Nervenröhren des Ge-
hirns und Rückenmarks dem nie erhärtenden Knorpel
hierin vergleichbar sein, während die Muskelnerven zu
gliederlosen Gliederröhren erstarrten. Uebrigens war er
nicht der Meinung, als seien die Anschwellungen nur an
den mehr erhärteten Stellen, vielmehr hielt er die Er-
scheinung für mannigfach complieirt und durch die zu-
fälligen localen Anhäufungen des Inhaltes der Röhren
während der Längen - Ausdehnung derselben mit bedingt,
so dafs also zuweilen der durch die Dehnung local an-
gehäufte Inhalt der Röhren Anschwellungen weicherer
Stellen hervorrufe, während anderwärts die weicheren
Stellen der Dehnung nachgebend Einschnürungen und
dagegen die härteren Stellen Knoten bildeten. Nirgends
folge der Organismus ganz einem physikalischen Ge-
selze, aber eine Gesetzmäfsigkeit sei bei diesen Differen-
zen der Hirn- und Muskel-Nerven jedenfalls vorhanden
und unläugbar.
Hierauf gab derselbe einige Bemerkungen über die
von mehreren jüngern Anatomen neuerlich gesehenen
Nervenschlingen und Anastomosen als Endigungen der
Nerven, mit der Erklärung, dafs er diese Nervenschlin-
gen weder für natürlich, noch für Endigungen halte, ob-
schon sie auch ihm sehr wohl bekannt seien. Er halte
sie vielmehr für blofses seitliches Auseinanderweichen
von Bündeln gröberer Nervenröhren, wie eine an irgend
einer Stelle in die Breite gezogene Zwirnflechte Ver-
schlingungen der Fäden zeigen könne, die nichts weni-
ger als Enden seien. Die Enden der Nerven seien mit
den jetzigen optischen Hülfsmitteln seiner Erfahrung nach
noch gar nicht zu beweisen, da sich dieselben bis zu so
zarten Theilen verfolgen liefsen, in denen die optischen
Schwierigkeiten nicht mehr mit Klarheit zu überwinden
wären. Auch sprach er die Meinung aus, dafs diejeni-
6
gen Beobachter, welche eine Zusammensetzung der Ele-
mentarröhren der Muskelnerven aus noch feineren Röh-
ren durch Juxtaposition zu sehen vorgeben, so wenig er
selbst auch ausdrücklich je geneigt gewesen sei, die Ele-
mentarröhren für einfache Häute zu halten, doch wohl
seine Bündel von Nervenröhren aus irgend einem der
zusammengesetzten Gangliennerven für Elementarröhren
gehalten haben möchten.
Versammlung am 2l1sten Februar.
Herr Ehrenberg trug einen Auszug aus einer Ab-
handlung des Herrn Dr. Philippi in Cassel: Ueber die
Structur der Kalkalgen, vor, worin nachgewiesen und
durch Zeichnungen erläutert wird, dafs viele bisher, auch
neuerlich noch für Kalksinter, Nulliporen und korallen-
artige Thierkörper gehaltene Seeprodukte mit Kalk über-
zogene Algen: sind. (S. Wiegmann’s Archiv.)
Derselbe übergab seine Abhandlung: Zusätze zur
Kenntnifs der kleinsten Organismen, und legte die er-
sten 16 Druckbogen seines gröfseren Infusorienwer-
kes vor.
Herr Klug theilte neuere, von dem Reisenden Herrn
Moritz erhaltene Nachrichten aus Valencia über dor-
tige Brenn- und Gift-Raupen mit, die nicht, wie unsere
Raupen, durch das Eindringen ihrer vom Körper getrenn-
ten Haare in die Haut Brennen erregen, sondern will-
kührlich stechen, und deren einfliefsendes Gift heftig
brennenden Schmerz, zuweilen Fieber hervorbringen soll.
Der Eintheilung dieser Raupen in Giftdorn- Raupen, Gift-
haar-Raupen und fufslose Giftraupen folgte eine Angabe
der jeder Abtheilung eignen Charaktere. *)
*) Der Brief vom l5ten November 1836 ist später in Wieg-
mann’s Archiv für Naturgeschichte, 3ter Jahrgang 2tes Heft, ab-
/
7
Herr H. Rose sprach über die Bereitung des Pal-
ladiums in London: In London wird das Palladium in
grofser Menge durch Herrn Johnson aus dem brasilia-
nischen Golde gewonnen. Dieses Gold kommt in einem
eisenhaltigen Sande vor, der Jacotinga genannt wird.
Das Gold, welches aus demselben durch Waschen ge-
wonnen wird, hat eine braune Farbe und im Durch-
schnitt folgende Zusammensetzung im Hundert:
keines Gold. .- Ieivertaneine 82,50
ST RE
Boalladıumr.. raue .de min
+
Plain... „\ cases REN N
er Erdige ‚Stoffe .. . .....,., 1,66
Kupfer, Eisen u. s. w. .-. 4,49
100,00 *).
Das Verfahren, um das Gold und Palladium zu
scheiden, ist folgendes: 6 Pfund des palladiumhaltigen
Goldes werden mit 12 Pfund Silber zusammen geschmol-
zen, die zusammengeschmolzene Masse granulirt und mit
18 Pfund reiner Salpetersäure (die zur Hälfte aus Was-
ser und aus Säure besteht) digerirt, wobei reines Gold
zurückbleibt, und die andern Metalle, selbst auch Platin
in seiner Verbindung mit Silber, aufgelöst werden. Die
Auflösung wird mit einer Auflösung von Kochsalz ver-
setzt, um das Silber als Chlorsilber auszuscheiden, das
man vermittelst Zinks und Wasser reducirt. Das erhal-
tene Silber wird zu neuen Schmelzungen mit dem ‚palla-
gedruckt worden. Die Nachrichten über die Giftraupen finden sich
Seite 187 und folgende.
*) Berzelius fand in einem palladiumhaltigen Golde aus Bra-
silien unter dem Namen Ouro poudre (faules Gold), welches durch
Herrn Pohl zugesandt war:
85,98 Gold,
9,385 Palladium,
4,17 Silber, ohne Spuren von Kupfer.
(Poggendorf’s Annalen, Bd. XXXV. S. 514.)
8
diumhaltigen Golde benutzt. Aus der vom Chlorsilber
getrennten Flüssigkeit werden die Metalle durch Zink
präcipitirt, worauf man dieselben mit Salpetersäure be-
handelt, welche das Platin ungelöst zurückläfst, Palladium
und Kupfer aber auflöst. Die Auflösung wird, nachdem
Salzsäure hinzugefügt worden ist, mit ätzendem Ammo-
niak als ein fleischfarbener Niederschlag gefällt, das Kupfer
aber bleibt aufgelöst. Man vermeidet einen zu grofsen
Ueberschufs von Ammoniak,‘ weil durch denselben ein
Theil des Niederschlags oder auch die ganze Menge des-
selben aufgelöst werden könnte. ‘Durch Glühen des Nie-
derschlags erhält man metallisches Palladium als blau-
angelaufene, zusammengesinterte Körner.
Zur technischen Anwendung wird das Palladium mit
10 Procent Silber versetzt, um es streckbar zu machen.
Die fast einzige Anwendung ist, dafs man den Draht des
silberhaltigen Palladiums zur Befestigung falscher Zähne
benutzt, zu welchem Zwecke es sich leichter eignet als
reiner Silberdraht, da er hierbei nicht schwarz, wie die-
ser, wird, und nicht so theuer wie Platindraht ist. —
Das Palladium ist etwas schwerer schmelzbar als Mangan.
Herr Wiegmann zeigte ein von Herrn Moritz
aus Columbien eingesandtes Exemplar des Peripates von
Guilding vor, erläuterte dessen richtige Stellung bei
den Ännulaten, und berichtigte einige Irrthümer der frü-
heren Beschreiber. Augen sind nicht die körnigen Hök-
ker, welche Guilding und Milne-Edwars dafür an-
sehen, sondern es finden sich zwei einfache Ocelli, je-
derseits eins hinten am Grunde der Fühler. Was jene
Naturforscher für aggregirte Augen ‘ansahen, ist das ru-
dimentäre erste Fufspaar, welches in seiner Verkürzung
als ein blofser Höcker erscheint. Die Fülse sind stumpf
conisch und endigen mit einem treffleförmigen Klauen-
gliede, welches zwei gekrümmte Krallen trägt.
Herr Weifs theilte aus den Verhandlungen der
vorjährigen Bristoler Zusammenkunft. englischer Natur-
9
forscher das auf die Versuche und Beobachtungen des
Herrn Crofs Bezügliche, über Bildung von Quarzkry-
stallen aus Kieselflufssäure unter Einwirkung eines elek-
trischen Apparates, mit, welche Beobachtungen ein so
grofses Aufsehen erregt hatten, ein Aufsehen, das weit
über ihren Werth gegangen zu sein schien.
Herr Joh. Müller gab von den Untersuchungen
des Herrn Dr. Schwann über Fäulnifs und Weingäh-
rung in Beziehung auf generatio aequivoca folgende
vorläufige Nachricht: Bei der letzten Versammlung der
Naturforscher in Jena hat Herr Schwann Versuche
mitgetheilt, aus denen hervorgeht, dafs, wenn eine ver-
schlossene Glaskugel, die mit atmosphärischer Luft ge-
füllt ist, und aufserdem ein wenig einer Infusion von
Muskellleisch enthält, der Siedhitze des Wassers ausge-
setzt wird, so dafs Flüssigkeit und Luft der Glaskugel
bis 80° R. erwärmt werden, nachher in der Flüssigkeit
innerhalb mehrerer Monate keine Infusorienbildurıg und
keine Fäulnifs Statt findet, und zwar selbst dann nicht,
wenn die Quantität der in der Glaskugel enthaltenen
thierischen Substanz so gering ist, dafs an eine vollstän-
dige Verschluckung des Sauerstoffs aus der Luft deı
Glaskugel nicht zu denken ist. Es war indessen doch
wünschenswerth, den Versuch in der Art zu modificiren,
dafs eine Erneuerung der Luft möglich würde, doch so,
dafs die neu hinzugeführte Luft, wie in den vorigen Ver-
suchen, vorher einer höhern Temperatur ausgesetzt würde.
Dies wurde auf folgende Weise bewirkt.
Ein Fläschchen, welches einige Stückchen Muskel-
fleisch enthielt und bis zu einem Drittel mit Wasser ge-
füllt war, wurde mit einem Stöpsel geschlossen, der von
zwei dünnen Glasröhren durchbohrt war. Diese Glas-
röhren wurden in einer Strecke von ungefähr drei Zoll
durch eine leichtflüssige Metallmischung geleitet, welche
anhaltend in einer dem Siedepunkt des Quecksilbers nahe
liegenden Temperatur erhalten wurde. Die eine dieser
10
Glasröhren wurde mit ihrem aus dem Metall hervorra-
genden Ende mit einem Gasometer in Verbindung ge-
setz. Nun wurde die Flüssigkeit in dem Fläschchen
stark gekocht, so dafs alle Luft, die in dem Fläschchen
und in der Glasröhre enthalten war, theils ausgetrieben,
theils bis zum Siedepunkte des Wassers erwärmt wurde.
Nach dem Erkalten wurde mehrere Wochen lang ein an-
haltender Strom atmosphärischer Luft aus dem Gasome-
ter durch das erste Glasröhrchen in das Fläschchen, und
nachdem so hierin die Luft erneuert worden war, durch das
zweite Glasröhrchen wieder fortgeleitet. Die hinzuge-
leitete Luft aber wurde, indem sie durch die in dem er-
hitzten Metallbade liegende Glasröhre strich, vorher stark
erwärmt. Auch in diesen Versuchen, deren mehrere an-
gestellt wurden, zeigte sich nach mehreren Wochen keine
Infusorien- oder Schimmelbildung und keine Fäulnifs,
sondern das Fleisch blieb unverändert, und die Flüssig-
keit so klar, wie sie nach dem Kochen war. "
Ob sich aus diesen Versuchen, zu deren Vervoll-
ständigung noch viele andere Versuche angestellt wur-
den, ein Schluls über generatio aequivoca ziehen lasse
oder nicht, soll an einem andern Orte auseinanderge-
setzt werden; hier wurde nur bemerkt, dafs diese Ver-
suche, wenn man sie vom Standpunkte der Gegner der
generatio aequivoca betrachtet, sich so erklären lassen,
dafs die Keime des Schimmels und der Infusorien, die
‘nach dieser Ansicht in der atmosphärischen Luft vor-
handen sind, beim Ausglühen der Luft zerstört werden.
Alsdann mufs die Fäulnifs so erklärt werden, dafs die
Keime, indem sie sich entwickeln und auf Kosten der
organischen Substanz ernähren, eine solche Zersetzung
in dieser hervorbringen, wodurch die Phänomene der
Fäulnifs entstehen, eine Ansicht, für die auch der Um-
stand spricht, dafs gerade diejenigen Stoffe, welche für
Infusorien und Schimmel nachweisbar starke Gifte sind,
z. B. Arsenik oder Sublimat, auch am besten die Fäul-
11
nifs verhüten, und dafs diejenigen Stoffe, die nur für In-
fusorien Gifte sind, z. B. Extractum Nucis vomicae spi-
riluosum, nicht für den Schimmel, alle Erscheinungen,
unter denen sich die mit Infusorienbildung verbundene
Fäulnifs kund giebt, namentlich den Schwefelwasserstoff-
geruch, verhindern, und blos die Reihe von Erscheinun-
gen gestatten, welche der mit Schimmelbildung verbun-
denen Fäulnifs angehören.
Dies sollte indefs nur im Eingange erwähnt werden,
da es auf Versuche über die Weingährung leitete, wel-
che geeignet scheinen, den Untersuchungen über diesen
Procefs eine andere Wendung zu geben. In der Ab-
sicht, nachzuweisen, dafs bei andern Processen, bei de-
nen atmosphärische Luft mitwirkt, bei denen aber, so
viel bekannt war, keine Bildung neuer Thiere oder Pflan-
zen stattfindet, es gleichgültig ist, ob die Luft vorher ge-
glüht wird oder nicht, wurden Versuche über die Re-
spiration und über die Weingährung angestellt. Es zeigte
sich auch, dafs ein Frosch in ausgeglühter Luft sehr gut-
fortlebte.
Mit der Weingährung machte Herr Schwann den
Versuch auf folgende Weise. Eine Auflösung von Rohr-
zucker wurde mit Bierhefe vermischt und vier Fläsch-
chen damit ganz angefüllt und verkorkt. Die Fläsch-
chen wurden alsdann gleich lange (etwa 10 Minuten
lang) in siedendes Wasser gestellt, so dafs die ganze
Flüssigkeit in denselben die Siedhitze erreichte. Dann
wurden sie herausgenommen, unter Quecksilber umge-
stülpt und nach dem Erkalten in alle vier Fläschchen
atmosphärische Luft hineingeleitet, die etwa 4 bis 5 vom
Volumen der ganzen Flüssigkeit betrug. Dies geschah
bei zweien durch eine dünne Glasröhre, die an einer
Stelle bis zur Rothglühhitze erwärmt war, bei den bei-
den andern durch dieselbe, aber nicht erwärmte Glas-
röhre. Eine Analyse mit Hülfe eines Platinkügelchens
ergab, dais atmosphärische Luft, die durch eine glühende
12
Glasröhre geleitet worden ist, noch ungefähr 19,4 Proc.
Sauerstoff enthält. Dem Einflufs, der sich aus dieser
geringen Sauerstoffgas- Verminderung hernehmen liefse,
wurde dadurch vorgebeugt, dafs in eines der Gläschen,
welche ausgeglühte Luft enthielten, etwas mehr von die-
ser hineingeleitet wurde als in die übrigen. Die Fläsch-
chen wurden dann verkorkt und bei einer Temperatur .
von 10° bis 14° umgekehrt hingestellt. Nach 4 bis 6
Wochen trat in den beiden Fläschchen, welche nicht
ausgeglühte Luft enthielten, die Gährung ein und zeigte
sich dadurch, dafs die Fläschchen, da sie umgestülpt wa-
ren, weggeschleudert wurden. Die beiden andern Fläsch-
chen stehen auch jetzt noch nach der doppelten Zeit
ganz ruhig.
Es ist also auch bei der Weingährung wie bei der
Fäulnifs nicht der Sauerstoff, wenigstens nicht allein der
Sauerstoff der atmosph. Luft, welcher dieselbe veran-
lafst, sondern ein in der atmosph. Luft enthaltener, durch
Hitze zerstörbarer Stoff.
Es drängte sich sofort der Gedanke auf, dafs viel-
leicht auch die Weingährung eine Zersetzung des Zuckers
sei, welche durch die Entwicklung von Infusorien oder
irgend einer Pflanze veranlafst werde. Da Extr. Nueis
vomicae spirit. ein Gift für Infusorien, nicht für Schim-
mel ist, Arsenik aber nicht nur Infusorien, sondern auch
die meisten Schimmelarten tödtet, so wurden von Herrn
Schwann zunächst diese Stoffe angewandt, um vor-
läufig auszumitteln, ob derselbe seine Aufmerksamkeit
mehr auf Infusorien oder auf Pflanzen zu richten hätte.
Es ergab sich, dafs nicht das Extr. Nue. vom., wohl aber
einige Tropfen einer Auflösung von arsenichtsaurem Kali
die Weingährung aufheben. Es war also wahrscheinli-
cher eine Pflanze zu erwarten,
Bei der mikroskopischen Untersuchung der Bierhefe
zeigten sich die bekannten Körnchen, welche das Fer-
ent bilden, allein .es stellten sich zugleich die meisten
13
derselben als in Reihen zusammenhängend dar. Es sind
theils runde, gröfstentheils aber ovale Körnchen von gelb-
lichweifser Farbe, die theils einzeln vorkommen, gröfs-
tentheils aber in Reihen von zwei bis acht oder noch
mehreren zusammenhängen. Auf einer solchen Reihe
stehen gewöhnlich eine oder mehrere andere Reihen schief
auf. Häufig sieht man auch zwischen zwei Körnchen
einer Reihe seitwärts ein kleines Körnchen aufsitzen als
Grundlage einer neuen Reihe, und meistens befindet sich
an dem letzten Körnchen einer Reihe ebenfalls ein klei-
nes, zuweilen etwas in die Länge gezogenes Körperchen.
Kurz das Ganze hat grofse Aehnlichkeit mit manchen ge-
gliederten Pilzen und ist ohne Zweifel eine Pflanze.
Herr Prof. Meyen, der diese Substanz auf Veran-
lassung des Herrn Schwann ebenfalls untersuchte, war
ganz derselben Meinung, und äufserte sich dahin, dafs
man nur zweifelhaft sein könne,, ob es mehr für eine
Alge oder für einen Fadenpilz zu halten sei, welches
Letztere ihm wegen des Mangels an grünem Pigment rich-
tiger schien.
Die Bierhefe besteht fast ganz aus diesen Pilzen.
In frisch ausgepreistem Traubensaft ist nichts der Art
vorhanden. Setzt man denselben aber einer Tempera-
tur von ungefähr 20° R. aus, so finden sich schon nach
36 Stunden einige solche Pflanzen darin, die aber erst
aus wenigen solchen Körnern bestehen. Diese wachsen
sichtbar unter dem Mikroskop, so dafs man schon nach
+ bis 1 Stunde die Zunahme des Volumens eines sehr
kleinen Körnchens, welches auf einem gröfsern aufsitzt,
beobachten kann. Erst einige Stunden später, als man
die ersten dieser Pflanzen beobachtet, zeigt sich die Gas-
entwickelung, weil die erste Kohlensäure im Wasser
aufgelöst bleibt. Die Bildung solcher Pflanzen nimmt
nun im Verlauf der Gährung sehr zu, und nach Been-
digung derselben setzen sie sich in grofser Quantität als
ein gelblichweilses Pulver zu Boden. Sie zeigen gröfs-
4
14
tentheils einige geringe Verschiedenheiten von den Pilzen
in der Bierhefe. Nur einige stimmen ganz mit densel-
ben überein. Bei den meisten andern nähern sich die
Körnchen mehr der runden Form, liegen nicht so regel-
mälsig in geraden Linien; endlich ist die Zahl der ein-
zelnen Körnchen und solcher, wo aus einem einzelnen
Körnchen nur noch ein zweites kleines Körnchen her-
vorwächst, weit gröfser als dies in der Bierhefe der Fall
ist. Die Beobachtung ihres Wachsens läfst aber über
ihre Natur «als Pflanzen keinen Zweifel.
Aus diesen Untersuchungen lassen sich demnach fol-
gende Thatsachen als die Hauptsache festsetzen:
1) Eine gekochte organische Substanz oder eine ge-
kochte vorher gährungsfähige Flüssigkeit geräth nicht in
Fäulnifs, resp. in Gährung, wenn auch hinlänglicher Zu-
tritt von atmosphärischer Luft, die aber atisgegläht wor-
den ist, Stattfindet.
2) Zur Fäulnifs wie zur Gährung, überhaupt zu Pro-
cessen, wobei neue Thiere oder Pflanzen zum Vorschein
kommen, mufs entweder ungekochte organische Substanz
da sein oder nicht ausgeglühte atmosphärische Luft zu-
geführt werden.
3) In ausgeprefstem Traubensafte tritt die sichtbare
Gasentwickelung als Zeichen der Gährung ein, bald nach-
dem die ersten Exemplare eines eigenthümlichen Faden-
pilzes, den man Zuckerpilz nennen könnte, sichtbar ge-
worden sind. Während der Dauer der Gährung wach-
sen diese Pflanzen und vermehren sich der Zahl nach.
4) Wird Ferment, welches schon gebildete Pflan-
zen enthält, in eine Zuckerauflösung gebracht, so treten
die Erscheinungen der Gährung sehr bald ein, viel schnel-
ler, als wenn sich diese Pflanzen erst bilden müssen.
5) Gifte, die nur für Infusorien, nicht für niedere
Pflanzen tödtlich sind (Extr. Nucis vomicae spirit.),
hindern die Erscheinungen, welche die mit Infusorien-
15
entwickelung verbundene Fäulnifs charakterisiren, nicht
die Weingährung und die Fäulnifs mit Schimmelbildung;
Gifte, die für Thiere und Pflanzen tödtlich sind (Arse-
nik), hindern die Fäulnifs sowohl als die Weingährung.
Der Zusammenhang zwischen der Weingährung und
der Entwickelung des Zuckerpilzes ist also nicht zu ver-
kennen, und es ist höchst wahrscheinlich, dafs letzterer
durch seine Entwickelung die Erscheinungen der Gäh-
rung veranlafst. Da aber zur Gährung aufser dem Zuk-
ker ein stickstoffhaltiger Körper nothwendig ist, so scheint
es, dafs dieser ebenfalls eine Bedingung zum Leben je-
ner Pflanze ist, wie es denn an und für sich schon wahr-
scheinlich ist, dafs jener Pilz Stickstoff enthält. Die Wein-
gährung wird man sich demnach so vorstellen müssen als
diejenige Zersetzung, welche dadurch hervorgebracht wird,
dafs der Zuckerpilz dem Zucker‘ und einem stickstoff-
haltigen Körper die zu seiner Ernährung und zu seinem
Wachsthum nothwendigen Stoffe entzieht, wobei die nicht
in die Pflanze übergehenden Elemente dieser Körper (wahr-
scheinlich unter mehreren andern Stoffen) vorzugsweise
sich zu Alkohol verbinden. Aus dieser Erklärung erge-
ben sich die meisten über die Weingährung gemachten
Beobachtungen sehr natürlich. Herr Schwann be-
schränkte sich hier, da die Untersuchung noch nicht be-
endigt ist, auf diese vorläufigen Mittheilungen, und ver-
wies auf das Weitere, sowohl die Gährung als die Fäul-
nifs betreffend, auf seine bald herauszugebenden „phy-
siologischen Beiträge“.
Herr Ehrenberg theilte noch seine Beobachtung
des Eierlegens des Distomum globiporum mittelst einer
bisher unbekannten besonderen Legeröhre mit, und sprach
über ein wahrscheinliches Respirationsorgan und über
die Organisation dieser Würmer im Allgemeinen.
Zuletzt theilte derselbe aus einem Briefe des Herrn
Carl Ehrenberg aus Real del monte bei Mexico mit,
16
dafs dieser dort Mammuths - Knochen habe ausgraben
lassen, welche nach Berlin abgesendet worden sind.
Versammlung am 2lsten März.
Herr L. von Buch gab Mittheilungen über die
durch den Herrn Geh. Medicinalrath Otto in Breslau
bei Ebersdorf in der Grafschaft Glatz entdeckten Cepha-
‚ lopoden, unter welchen sich ein ganz neuer Ammonit
aus der Familie der Goniatiten: Ammonites pessoides,
neben den schon bekannten @on. (_Ammonites ) bino-
dosus Münster und contiguus M. befindet. Dabei sind
ferner mehrere durch den Grafen Münster im Bayreu-
tischen Fichtelgebirge schon vorher entdeckte Nautilus-
Arten aus der Abtheilung der Clymenen, nämlich: Cl.
striata, undulata, linearis und laevigeta, welche in Schle-
sien bisher noch nicht gesehen waren. ‘Herr v: Buch
machte bemerklich, wie diese ältesten Formen der Schö-
pfung, nachdem sie durch soviel dazwischen-liegende For-
mationen völlig unterbrochen gewesen seien, in der Ter-
tiärformation unerwartet in dem Nautilus lingulatus, der
nicht selten zu Traunstein in Baiern gefunden wird und
von dem Grafen von Marmora auch auf Malta entdeckt
worden ist, so wie in dem merkwürdigen und schönen
Nautilus Aturi Baster von Dax bei Bayonne wieder
auftreten,
Herr Link legte die genauere anatomische Unter-
suchung von der Ausfüllung in den Buchstaben vor, wel-
che mitten im Stamme einer Buche zu Französisch Buch-
holz bei dem Fällen derselben gefunden und von Sr.
Excellenz dem Wirklichen Geh. Staatsminister, Grafen
von Lottum, ihm zugesandt waren,
Herr Weifs theilte aus einem Briefe des Herrn
Prof. Studen in Bern einige geognostische Resultate
von dessen im vorigen Jahre " gemeinschaftlich mit Herrn
Arn.
17
Arn. Escher von Zürich unternommenen Bereisung der
Alpen des Berner Oberlandes mit. Herr Studer fand
sich durch Beobachtungen am Faulhorn und an den Ge-
birgen des Engstlen- und Gadmen-Thales in der An-
sicht bestätigt, dafs östlich vom Thuner See kein Ooli-
thenkalk mehr Antheil an der Zusammensetzung des Al-
penkalks nehme, sondern der Lias unmittelbar von den
unteren Theilen der Kreideformation berührt werde. An-
dere Beobachtungen betrafen die Auflagerung des Gra-
nits auf den Versteinerungen führenden Kalkstein im Ur-
bachthale und am Mottenberge bei Grindelwald (Herr
Studer nennt dies „das Weinböhla der Schweiz“), fer-
ner die Eigenthümlichkeiten und sonderbaren Uebergänge
der Gesteine an der Grenze, das Auftreten des Feld-
spathgehaltes meist erst in einiger Entfernung von der
Grenze, endlich die merkwürdige Thatsache, dafs die
Schieferung der krystallinischen und halbkrystallinischen _
Schiefer in der Nähe des Kalkes der Schichtung des
letzteren parallel gehe und erst in einiger Entfernung
von der Grenze das umgekehrte. Einschielsen der Schich-
ten stattfinde. Zugleich theilte Herr Weils aus einem
Briefe des Dr. Lufser in Altorf einige nachträgliche
Verbesserungen zu dessen geognostischem Profile vom
St. Gotthard durch das Reufsthal herab bis in die Na-
gelfluhformation mit.
Herr Bremer sprach über den Einflufs der im Ja-
nuar herrschend gewesenen Grippe in Berlin auf die
Mortalität, und machte die durchschnittlichen Verhältnisse
der letzteren in den Jahren 1836 und 1837 durch eine
graphische Darstellung anschaulich. Die Sterblichkeit
hatte das normale Verhältnifs bedeutend überschritten.
Nach einer genauen Zusammenstellung der täglichen To-
desfälle waren im Januar d.'J. 1028 Menschen gestor-
ben — 374 mehr als im Januar v. J. — Bei einer Ein-
wohnerzahl von 270000 starb also von 263 Einer. Nach
einem dreijährigen Mittel solcher Jahre, in welchen keine
2
18
epidemischen Krankheiten herrschten, beträgt die Zahl der
täglichen Todesfälle in diesem Monat 19, im Januar d. J.
dagegen 33; die wenigsten fielen auf den 28sten, näm-
lich 21, die meisten auf den 20sten, nämlich 51. Die-
jenigen Krankheiten, in deren Rubrik die Zunahme der
Sterblichkeit am bemerkbarsten hervortrat, waren:
1837. 1536.
Entkräftung A. w. 86 den 12ten. | ++40 den 16ten.
Unter Krämpfen 104 » 10ten. | +56 » 12ten.
Lungenschwindsucht 133 » 8ten. | +70 » 16ten.
Schlag- und Stickflufs, |
Lungenlähmung und ) 196 » Öten. | +87 » Sten.
Lungenschlag
Lungenentzündung 73 » lÄäten. | +21 » 31sten.
Bis zu den dreifsiger Jahren blieb die Mortalität im
normalen Verhältnils; höher hinauf treten bedeutende
Abweichungen hervor, besonders auch in ‚Bezug auf das
Geschlecht. Zur Vergleichung sind die Zahlen aus dem
Jahre 1836 in ( ) beigefügt. Es starben:
‘ Von 20 — 30 Jahren 35 M. 30 W. (35 M. 19 W.)
».30—40 ».66» 43» (29» 23 » )
u 5 Zn re A
» 50-60 » 4» 36» (29» 20»)
» 60-70.» 66» 60» (34» 31» )
» 70-80». 26» 62 ».(18» 20%)
».80—90..0».1.20.» 18.» (IT 4m)
Es erschien der Bemerkung werth, dafs beinahe re-
gelmäfsig das Steigen der Mortalität mit einem Fallen
des Barometers zusammentraf, —
Herr Ehrenberg erläuterte eine ihm zur Bestim-
mung übergebene, als Schmuck gefalste Jericho-Rose im
Besitz Ihrer Königl. Hoheit der Frau Herzogin von Cum-
berland, welche nicht die wahre Jericho-Rose (Ana-
stalica hierochuntica ), sondern die weit schönere und
seltnere, auch, wie Herr Prof. Horkel vermuthete, von
Hagen 1777 als trüffelartiger Pilz unter dem (in den
19
neueren botanischen Nomenclaturen ganz übersehenen)
Gattungsnamen Rediviva quindecimfida beschriebene Sa-
- menkapsel eines südafrikanischen, dem M. pugioniforme
oder pomeridianum verwandten Mesembryanthemums ist,
und hatte die Erlaubnifs, den botanisch so interessanten
Schmuck selbst unter Wasser vorzuzeigen.
Derselbe sprach über von ihm häufig beobachtete
Zwillings-Krystalle auch im Innern der Spirogura_prin-
ceps, und zeigte das schwedische, zu Brod verbackene
Infusorienmehl vor, daran die Bemerkung knüpfend, dafs
ganz neuerlich sich im Königl. Mineralien-Cabinet eine
aus Klaproth’s Sammlung stammende Erde von Kym-
mene Gard bei Helsingfors in Finnland vorgefunden
habe, welche er so ganz aus denselben höchst eigenthüm-
lichen schwedischen Infusorien bestehend erkannt, dafs
von den 24 Organismen 18 der ausgezeichnetsten diesel-
ben sind. Auch hier fand sich mitten in’der Masse viel
Fichten-Pollen verstreut. Zunotia tetraodon und Na-
vicula glans waren 2 ganz neue charakteristische Ar-
ten fossiler Infusorien dieser Erde.
Versammlung am 28sten April.
Herr Link zeigte ein Stück des Stammes einer Xan-
torrhoea vor, und suchte durch Darstellung des inneren
Baues darzuthun, dafs der Stamm mit einem Knollstocke
zu vergleichen sei, nur gigantisch ausgebildet und ver-
-holzt, völlig ähnlich -dem unteren Stamme von Ura-
nia, wovon ein Durchschnitt zur Vergleichung vorgelegt
wurde.
Herr Dove gab einen kurzen Bericht über seine
neuesten Untersuchungen der positiven und negativen
Krystalle in circular-polarisirtem Lichte. . Rechtsecircula-
res Licht bringt in einem positiven Krystalle genau die-
selben optischen Erscheinungen hervor wie linkscircula-
. 2%*
20
res in einem negativen. Zufolge dieser Bemerkung dient
das polarisirende Mikroskop zur einfachen Unterschei-
dung der Krystalle in dieser Hinsicht,
Herr Magnus sprach über den Kohlensäuregehalt
des Blutes, den er nach eignen vielfältigen genauen Un-
tersuchungen bestätigte. Diese Gasart läfst sich von dem
Blute durch andere Gasarten, vorzüglich durch Wasser-
stoff-und Stickstoff, vermittelst eines Absorptions - Aus-
tausches austreiben. Ebenso lälst sie sich aber auch
durch die Luftpumpe trennen. Für die letzte Operation
hat sich Herr M. eines eignen, sehr zweckmäfsigen Ap-
‚parates bedient, um die Luftarten bequem aus dem Blute
absondern und untersuchen zu können. Nach diesen
Untersuchungen enthält das venöse Blut aufser der Koh-
lensäure noch Sauerstoff und Stickstoff, doch im Ver-
hältnifs zum Stickstoff mehr Sauerstoff als atmosphäri-
sche Luft. Das arterielle Blut enthält ebenfalls Koh-
lensäure und Stickstoff, aber weniger Kohlensäure und
mehr Sauerstoff als das venöse.
Herr Ehrenberg sprach über die, nach der An-
gabe des Herın Donn&, in den RR Eye Auswurfs-
flüssigkeiten enthaltenen Infusorien, und hielt es für
wahrscheinlich, dafs es cher Akariden gewesen sein
möchten. Die Ansicht des Herrn Turpin, dafs die in
den Feuersteinen mikroskopisch beobachteten stachlichen
Körperchen nicht Xanthidien, sondern vielmehr Crista-
tellen sein sollen, bestritt Herr E. als nicht gehörig be-
gründet und der Beobachtung selbst widersprechend.
Versammlung am 16ten Mai.
Herr Seebeck theilte seine Untersuchungen über
den Mangel des Farbensinnes mit. Seine zahlreichen
Beobachtungen, deren Resultate er in einigen von den
untersuchten Individuen selbst angeordneten Farbentafeln
21
der Gesellschaft vorlegte, zeigten bei einem Theile die-
ser Personen die merkwürdige Verwechselung von Roth
und Grün mit Grau und einen ähnlichen, jedoch ge-
ringeren Mangel an Unterscheidung für die übrigen Far-
ben, während sich ein anderer Theil derselben durch
eine geschwächte Empfindung für die mindest beachtba-
ren Strahlen von jenen unterscheidet, was Herr S. durch
anderweitige prismatische Versuche noch genauer ermit-
telt hatte, indem diese letzteren Personen die obere
Grenze des prismatischen Farbenbildes da angaben, wo-
hin sie ein normales Auge gleichfalls setzt, die untere
aber merklich höher. Zugleich hatte sich Herr $. durch
seine Versuche überzeugt, dafs ein von seinem Vater an-
gegebenes Verfahren, durch farbige Gläser auch für sol-
che Augen einen Unterschied hervorzurufen, sich voll-
kommen gut bewähre. Die Bemerkung, dafs unter 50
jungen Leuten, die gleichzeitig geprüft wurden, sich 5
fanden, die mehr oder minder Mängel des Farbensinnes
bewiesen, läfst vermuthen, dafs dieser Fehler ebenso ver-
breitet ist, wie der Mangel eines guten musikalischen
Gehörs.
Herr Müller machte auf den Fisch Amphioxus
lanceolatus aufmerksam, der die einfachste Fischbildung
habe und deshalb auch von Pallas als Zimax lanceo-
latus aufgeführt sei.
Herr Dove theilte einige Beobachtungen über die
Depolarisation polarisirten Lichtes durch rauhe Flächen
mit. Durchsichtige Glasuren verhalten sich wie rauhe
Flächen, weil die Reflexion des Lichtes hier hauptsäch-
lich auf der einen Seite geschieht. Auf spiegelnden durch-
sichtigen Flächen unregelmäfsig zerstreutes Licht ist nie
ganz depolarisirt.
Derselbe sprach dann über die Entstehung subjek-
tiver Farben in einfachem Lichte. Betrachtet man eine,
auf die Achse senkrecht geschnittene Bergkrystallplatte
in einem dunklen Zimmer bei einer monochromatischen
22
gelben Lampe, so sieht man, wenn man plötzlich weifses
Licht auf das Auge fallen läfst, alle schwarzen Ringe
lebhaft violett werden. Läfst man nun auf das . Auge
rothes einfaches Licht von hinlänglicher Intensität fallen,
so giebt das Erscheinen oder Nichterscheinen einer vio-
letten- Färbung ein Criterion über die subjective oder
objective Natur dieser Farbenerscheinungen.
Herr August berichtete über die ausgedehnten Ver-
suche, welche Herr Prinsep in Calcutta über die Ver-
dunstungskälte unter sehr verschiedenen (natürlichen und
künstlich hervorgebrachten) Temperatur- und Druck-
Verhältnissen, so wie in verschiedenen Gasarten ange-
stellt hat, durch welche sich die bisherigen theoretischen
Ansichten über diesen Gegenstand zum Theil bestätig-
ten, zum Theil aber auch als einer Berichtigung bedür-
fend auswiesen. Als besonders interessant darf hervor-
gehoben werden, dafs in einem heifsen atmosphärischen
Luftstrom, der Zinn zum Schmelzen brachte, ein mit de-
stillirtem Wasser befeuchtetes Thermometer nur 145° F.
—= 505° R. zeigte, wodurch der Satz, dafs die Verdun-
stungskälte den zu dem obwaltendem Drucke gehören-
den Siedepunkt nie überschreitet, bestätigt, und das be-
kannte Leidenfrostische Phänomen von einer Seite her
erklärt wird. Die Versuche in Hydrogen und in Koh-
lensäure verdienen deshalb Beachtung, weil sie auf eine
den bisherigen Untersuchungen nicht entsprechende Gröfse
der specifischen Wärme dieser Gasarten schliefsen las-
sen. (Für Hydrogen 1,220 gegen atm, Luft und für
Kohlensäure 1,087.)
Herr Link zeigte ein Stück des Stammes von Pan-
danus utilis vor, dessen Inneres mit einem Netzwerk
von Gefäfsbündeln überall so durchflochten war, wie es
bei den Querwänden im Stamme der Gräser und der
anderen Monokotyledonen der Fall ist, so dafs der ganze
Stamm als stätige Folge von Knoten anzusehen ist.
Herr Ehrenberg sprach über das jetzige Vorkom-
23
men der @allionella ferruginea bei Berlin, und zeigte
das mit ihnen erfüllte gelbgefärbte Wasser vor. Auch
zeigte derselbe aus der heilsen Quelle in Arkansos (N.
America) vom Herrn Dr. Engelmann entnommene Con-
ferven vor, unter denen sich Oseillatoria labyrinthifor-
mis mit anderen noch unbeschriebenen befanden, wel-
che dort die organischen Niederschläge ohne Infusorien
bilden.
Versammlung am 20sten Juni.
Herr Link legte Zeichnungen über die Nervenver-
theilung in Blumenkronen vor, besonders der Composi-
tae, und zwar der Cichoraceen. Sie werden im 3ten
Hefte der Icones analomico-botanicae erscheinen.
Herr Reith sprach über einige neue Coleopteren-
Gattungen: Pristidius, Peltophorus, Leptichus etc., de-
ren Abbildungen vorgewiesen wurden.
. Herr Ehrenberg theilte mit, dafs es im Thiergar-
ten in der Nähe des Försterhauses und der Buchenallee,
östlich von dieser in einem Quergraben der Bellevue-
strafse, besonders nahe der Brücke des Fulssteiges, eine
durch zahllose Mengen eines Infusions- Thierchens (_Mo-
nas Okenii) erzeugte intensive lackrothe, mehrere hun-
dert Schritt weit ausgedehnte Färbung des Gewässers,
ein sogenanntes Blutwasser gebe, und zeigte die lackro-
then lebenden, nur ;4;stel einer Linie grofsen Thierchen
vor. Derselbe gab die Anschauung der durch Indigo-
Nahrung erfüllten Ernährungsorgane der bisher immer
noch häufig für Pflanzen gehaltenen Naviculae, welche
mit ihren Kieselschalen den Polirschiefer bilden helfen,
und theilte mit, dafs er die gleiche Anschauung auch bei
den Gattungen Aosterium und Arthrodesmus erlangt
habe. Ferner sprach derselbe über eine grofse, sehr
reichhaltige Sammlung mexicanischer Naturkörper, welche
24
sein Bruder Carl Ehrenberg in Real-del-monte ge-
macht, die alle Naturreiche umfafst und wovon einzelne
Gegenstäude von besonderem Interesse vorgelegt wur-
den. Dahin gehörten bisher nie gesehene, 6 Zoll grofse
Puppennester eines Tagschmetterlings der Gattung Pontia.
Aus dem begleitenden Briefe theilte er umständliche No-
tizen über das Entglasen und völlige wirkliche
Verwittern des Obsidians in.dem Cerro de los na-
bajas mit, welches durch eingesandte und vorliegende
unzweideutige, mit Moos bedeckte Proben des Obsidians
entschieden war, und schlofs mit dem Vorlegen der frü-
her angekündigten, jetzt eingetroffenen Mammuthsknochen
aus der Hochebene von Mexico (Schienbein, Schädel-
theile und 4 Zähne), welche einer von den bekannten
abweichenden Art der Gattung Mastodon angehören,
Herr E. behält sich vor, diese naturwissenschaftlich werth-
vollen Gegenstände den hiesigen Museen zu übergeben.
Versammlung am 18ten Juli.
Herr Ehrenberg theilte seine Erfahrungen und Be-
stätigungen der von Rösel und Trembley nur ober-
flächlich beobachteten zackigen Eier des gelben Armpo-
Iypen (Hydra ) mit, welche er zu Anfang Juni d. J. bei
Berlin gefunden, zeigte dergleichen wohl getrocknet un-
ter dem Mikroskop vor, und gab Anschauungen ihrer Aechn-
lichkeit, aber grofsen Verschiedenheit von den fossi-
len Xanthidien der Feuersteine. Ferner zeigte derselbe
das Kugelthier ( Volvox globator ) mit parasitischen Rä-
derthieren im Innern der Kugel, welche seine Knospen-
haufen verzehren, lebend vor, darauf aufmerksam machend,
dafs es also nicht ein Thier, sondern ein Haufe von
Thieren, ein Polypenstock sei.
25
Versammlung am 15ten August.
Herr Joh. Müller theilte Bemerkungen und Zeich-
nungen mit über die Genesis der Wirbel bei den Fischen,
namentlich über den Antheil, welchen die Verknöche-
rung der äufsern Schichten der Scheide der chorda dor-
salis an der Bildung des centralen Theils des Wirbel-
körpers hat, den man von dem corticalen Theil des Wir-
belkörpers unterscheiden mufs. Dann erläuterte derselbe
durch Zeichnungen den Antheil, welchen die Hautknochen
an der Bildung der Rückenschale der Schildkröten haben.
Endlich theilte derselbe ein Bruchstück aus der Ana-
tomie des Pentacrinus caput Medusae mit.
Bei einem grofsen Exemplar von Pentacrinus ca-
put Medusae von St. Thomas, das Herr M. vor einiger
Zeit in Weingeist erhielt, waren zwar die Verdauungs-
organe zerstört und die Scheibe leer, aber die Arme wa-
ren sämmtlich mit allen ihren Weichtheilen vollständig
erhalten. Die Structur der Skelettheile des Stiels und
der Arme haben vor geraumer Zeit Guetard und neu-
lich wieder Müller vollständig beschrieben; Herr M.
setzte sie als bekannt voraus. Aber über die Weich-
theile wufste man noch gar nichts, und wenn es gleich
wahrscheinlich war, dafs diese Thiere in ihrem Baue mit
den Comatulen übereinkommen, so kennt man auch die
Structur der letzteren noch nicht hinreichend. Herr M.
fand am Stengel keine Spur von Muskeln, dagegen diese
an den Armen aufserordentlich zahlreich sind. Die Sten-
gelglieder sind bekanntlich . durch fünftheilige sternför-
mige gezähnelte Facetten verbunden, deren Zähnelungen
in einander greifen, wie Guetard beschrieben. Aber
bemerkenswerth ist, dafs durch den ganzen Stiel 5 Seh-
nen ohne Unterbrechung durchgehen, sie kommen in den
5 Blättern der sternförmigen Facetten der Glieder zum
Vorschein, von einem Gliede zum andern übersetzend.
Zwischen den Gliedern ist die Sehne frei und ohne Kalk-
26
kruste, in der Substanz der Glieder hingegen sind die
Sehnen nicht blos von dem Skelet eingeschlossen, son-
dern die kalkhaltige Substanz der Glieder dringt auch.
zwischen die Faserbündel der Sehnen und incrustirt sie,
so dafs man auf dem Durchschnitt der Glieder selbst
die Sehnenfäden nicht sogleich bemerkt, während sie auf
dem Durchschnitte der Verbindungsstellen der Glieder
leichter bemerkt werden. Legt man Stücke des Stiels,
die aus mehreren Gliedern bestehen, in verdünnte Säure,
so wird der Skelettheil der Glieder bis auf die überaus
zarte thierische Grundlage der Glieder zerstört, indem
die Kalkerde ausgezogen wird. Dann bleiben aber die
5 Längssehnen des Stiels unverändert, und es zeigt sich
deutlich, dafs diese Sehnen in der Substanz der Glieder
ebenso fortlaufen, wie sie an den Verbindungsstellen vor-
handen sind. Beim Zerbrechen des Stengels müssen also
die Sehnen immer erst zerreifsen, entweder in der Dicke
der Glieder oder zwischen denselben; denn an beiden
Stellen bricht der Stengel gleich leicht, und die Structur
des Skelets der Glieder des Stengels, wie auch der Arme,
Nebenarme, pinnulae, ist ganz so wie bei den Seeigeln
und andern Echinodermen, nämlich, bei mäfsigen Ver-
gröfserungen und bei Tageslicht untersucht, spongiös zel-
lig, so zwar, dafs ein mikroskopisch netzartiges Gewebe
zwischen seinen Balken rundliche oder ovale, hier mehr
oder weniger symmetrische Zellchen oder Räumchen in
seinen Maschen hat. Die thierische Substanz des Ske-
lets ist ein überaus zartes Gewebe, welches durch den
kohlensauren Kalk seine Flüssigkeit erhält; an der Ober-
fläche der Glieder wird dies zarte Gewebe etwas, aber
nur wenig fester, so dafs es eine äufsere Haut als Grenze
bildet, die aber von dem übrigen thierischen Gewebe
nicht isolirt ist und sich ohne Extraction der Kalkerde
nicht erkennen läfst. In der Mitte des Stengels und sei-
ner Cirren, des Skelets der- Arme, Nebenarme, läuft ein
Kanal, den schon Guetard kannte, von einer häutigen
27
Röhre. ausgekleidet. Diese Röhre sendet Aeste in die
Cirren des Stengels, in die Skelettheile der Arme, Se-
cundärarme, Arme dritter Ordnung u. s. w., aber immer
läuft nur ein Kanal im Skelettheile dieser Organe, und
zwar in der Achse derselben. Diese Röhre läfst sich
leicht aus dem Kanal, worin sie liegt, herausziehen.
Das Wachsthum der Glieder des Stengels an Zahl
und die Vergröfserung derselben wurde Herrn M. bald
klar. Die Glieder des Stengels haben in seinem unte-
ren Theile eine gleiche Höhe, nach oben, gegen die
Scheibe zu, sind sie nicht blos niedriger, sondern auch
ungleich hoch, so dafs oft und meist ein minder hohes
Glied zwischen 2 höheren liegt, und also die stärkern
und dünnern Glieder alterniren. Die an Höhe gleichen
Glieder des untern Theils des Stengels sind ausgewach-
sen, die Glieder des obern Theiles des Stengels sind im
Wachsthum begriffen, doch entstehen die neuen Glieder
nicht etwa blos an der Grenze des Stengels und der
Scheibe, sondern jedesmal zwischen 2 schon formirten Glie-
dern. Am ganzen obern Theil des Stengels bilden sich
neue Glieder zwischen den schon vorhandenen. Dies
geschieht folgendermafsen: Betrachtet man den oberen
Theil des Stengels nahe der Scheibe genau und mit ei-
ner Loupe, so sieht man an der Verbindungsstelle zweier
Glieder, die an den jungen Gliedern immer gezähnelt
ist, in der gezähnten Nath einen feinen Streifen von
neuer fester Substanz, von derselben Festigkeit und von
derselben Bildung wie alle Theile des Skelets. Die Nath
gewinnt gleichsam Körper. An der Verbindungsstelle
anderer Glieder sieht man diesen Streifen schon so ver-
dickt, dafs man ihn als junges Glied sogleich erkennt,
welches sich in der gezähnten Verbindung zweier Glie-
der entwickelt hat und selbst gezähnt ist; und weiter
hinab sieht man, dafs diese so entstandenen jungen Glie-
der es sind, welche die Ungleichheit und das Alterniren
dünnerer Glieder mit dickeren älteren verursachen. Am
28
unteren Theil des Stengels und schon 6 Zoll unter der
Scheibe haben sich diese Unterschiede ausgeglichen, die
jüngeren Glieder sind ausgewachsen, und nach unten
sind alle Glieder an Dicke gleich. In dem Maafse als
dies geschieht, wird auch die gezähnte Nath an der Ver-
bindungsstelle der Glieder undeutlich und mehr gerade.
Der Umstand, dafs am untern Theil des Stengels keine
neuen Glieder mehr entstehen, ist auch die Ursache, dafs
die cirrentragenden Glieder gleich weit von einander ab-
stehen, indem meist gegen 16 Glieder zwischen ihnen
liegen. Am obern Theile des Stengels liegen die cirren-
tragenden Glieder einander näher, und an dem ober-
sten am nächsten, so dafs sie unter der Scheibe dicht
aufeinander folgen. Ueberall, wo die cirrentragenden
Glieder um weniger als 16 Glieder entfernt sind, bilden
sich noch neue Glieder. Da die Glieder zunächst unter
der Scheibe hintereinander cirrentragend sind, so mufs
man an dieser Stelle hauptsächlich die Bildung der cir-
rentragenden Glieder suchen. An ihnen sind die Cirren
am kleinsten und bestehen aus ganz kurzen, von weni-
gen Cylinderchen gebildeten, knospenartigen Fortsätzen,
welche an den nächstfolgenden cirrentragenden Gliedern
länger werden. Zwischen den gebildeten cirrentragen-
den Gliedern entstehen nun in der Nath neue cirrenlose
Glieder, zwischen diesen wieder neue, und so fort, bis
nach unten die cirrentragenden Glieder immer weiter bis
zum Maximum auseinander rücken, welches Maximum
eben die Distanz von 10, 15 und 16 Gliedern ist. Da
die neuen Glieder sogleich so fest wie die alten sind und
‘ dieselbe Structur besitzen, so folgt, dafs das Wachsthum
der gebildeten Glieder nur an den Verbindungsflächen
geschehen kann, nicht aber im Innern der Glieder ge-
schieht, wie solches auch nach den Beobachtungen von
Agassiz und Philippi an den Skelettheilen anderer
Echinodermen stattfindet.
Die Structur der Arme, Secundär- und Tertiär- Arme
29
ist sehr zusammengesetzt. Bekanntlich bilden die Glie-
der der Arme, Nebenarme, Tertiärarme und pinnulae ei-
nen nach der Innenseite der Blume oder nach dem Munde
des Thiers offenen Halbkanal. Zwischen den Gliedern
der Arme, Secundärarme, Tertiärarme liegt jederseits der
Rinne in einer Vertiefung ein Muskel, auswendig von
einer Kalkkruste bedeckt; ein anderer liegt in einer Ver-
tiefung an der Einlenkungsstelle der pinnula. Der er-
stere bewegt die Glieder der Arme gegen einander, der
letztere zieht die pinnula gegen den Arm an. Dicse
Muskeln sehen gelbbräunlich aus, ihre Primitivfäden sind
glatt, ohne Anschwellungen, wie man bereits von andern
Echinodermen wufste. Im Centrum der Glieder der
Arme, Nebenarme und pinnulae läuft der Centralkanal,
die Fortsetzung des Stengelkanals. Diesen Kanal, der
innen und von allen Seiten von der Substanz des Ske-
lets eingeschlossen ist, haben alle Skelettheile mit ein-
ander gemein. Die Organe hingegen, welche in der
Rinne der Arme, Nebenarme und pinnulae liegen, sind
diesen allein und zum Theil auch den radialen Rinnen
der Scheiben eigen, kommen aber nicht am Stengel vor.
Am tiefsten auf dem Boden der Rinnen der Arme ver-
läuft ein Kanal, von einer häutigen Röhre gebildet.
Dieser Kanal giebt einen cylindrischen blinden Fort-
satz in die feste Substanz der Cylinder der Arme
und Nebenarme. Ueber diesem Kanal liegt ein zweiter
häutiger Kanal ohne Fortsätze. Zwischen dem tiefen
und dem oberflächlichen Kanal der Arme und Neben-
arme liegt der Nervenstrang der Arme, welcher in jede
alternirend abgehende pinnula einen Ast abgiebt. Ueber
dem oberflächlichen Kanal der Arme, welcher auch eine
vollständige Röhre ist, verläuft der von einer weichen
Haut ausgekleidete gewimperte Halbkanal der Arme und
Nebenarme, welcher sich in den gewimperten Halbkanal
der pinnulae fortsetzt. Die Membran dieses Halbkanals
bildet an allen diesen Theilen einen weichen, häutigen
30
Saum, welcher von aufsen durch kleine kalkartig inkru-
stirte Blättchen geschützt ist. Die innern Seiten des
häutigen Saumes sind mit Büscheln kleiner Fühlerchen
besetzt, so dafs die Fühlerchen beider Seiten einander
zugewandt sind, Diese Fühlerchen scheinen hohl zu
sein. Vielleicht steht ihre Höhlung mit der Höhle des
oberflächlichen Kanals in Verbindung, welcher unter dem
fühlertragenden Halbkanal liegt. Jedes Fühlerchen, das
man nur mit einer starken Loupe erkennt, zeigt sich, mi-
kroskopisch untersucht, wieder mit cylindrischen, am Ende
abgerundeten, ziemlich starken Wimpern besetzt.
Bei den Comatulen ist der Bau der Arme ganz der-
selbe, nur schien der oberflächliche Kanal unter dem
fühlertragenden Halbkanal doppelt, indem 2 Röhren über-
einander lagen. Die Blättchen, welche die Fühlerchen
von aufsen schützen, sind bei Comatula stark röthlich
gefärbt.
Der tiefe Kanal in der Rinne der Arme des Pen-
tacrinus scheint zur Scheibe zu gehen, welche die teller-
förmige Stütze der Eingeweide ist; denn beim Aufblasen
des Kanals hob sich ein Kanal an der Oberfläche der
leeren Scheibe, der sich aus jedem Strahl des Thiers ge-
gen das Centrum der Scheibe fortsetzt. Wie sich der
oberflächliche Kanal verhält, ist noch unermittelt. Der
Fühlergang oder fühlertragende Halbkanal setzt sich be-
kamntlich bei Comatula aus jedem Strahl über die Ober-
fläche des mittleren Theiles des Thiers bis zum Munde
fort, So ist es auch bei Pentacrinus. Die Scheibe be-
steht wie bei Comatula aus der die Eingeweide decken-
den lederartigen Decke und der Basis, auf welcher die
Eingeweide liegen, die letztere entsteht aus der Vereini-
gung der Anfangstheile der Arme durch eine interme-
diäre Production von der Substanz, aus welcher das
ganze Skelet besteht. Hier weichen die Elemente der
Arme gleichsam auseinander, indem zwischen der Decke
3l
und der Basis der Scheibe wie bei Comatula die Ver-
dauungseingeweide sich entwickeln. Die mit Fühlern be-
setzteh Halbkanäle der Arme bleiben auf der Decke der
Eingeweide und verlaufen gegen den Mund. An un-
serm Exemplar von Pentacrinus ist die Decke der Ein-
geweide zerrissen, und es sind nur noch Lappen davon
vorhanden. Da der Darmkanal bei Comatula zwischen
der Basis und Decke der Scheibe liegt, so kann man
sich die Verdauungsorgane dieser Thiere und der Pen-
tacrinus als zwischen der centralen Fortsetzung der Ele-
mente der Arme entwickelt denken. Das vorhandene
Exemplar von Pentaer. caput Medusae trägt keine Eier,
dagegen hat Herr Müller Exemplare von Comatula
med. untersucht, welche eiertragend waren. Die Eier
liegen, wie Dujardin richtig beobachtet hat, an dem
Anfangstheile der pinnulae auf der weichen, mit dem
Fühlerkanal besetzten Seite der pinnulae. Dieser- Theil
der pinnula ist bei geschlechtsreifen Exemplaren unver-
hältnifsmäfsig angeschwollen, während er sich bei ande-
ren Exemplaren wie der übrige Theil der pinnula ver-
hält. Die Eier entwickeln sich unter der Haut des Füh-
lerganges, also auch wie im Centraltheil des Thiers der
Darm unter der Decke der Scheibe, auf welcher die Füh-
lergänge bis zum Munde sich fortsetzen. Dahin geht der
Fühlergang mit allen beschriebenen Organtheilen, die
zu ihm gehören, über den ganzen Eierstock an dieser
Stelle gebogen hinweg. Wie die Eier heraus gelangen,
weils man nicht, vielleicht durch Berstung der Haut an
den Seiten. Dafs die Stelle Eierstock ist, beweist die
Verschiedenheit der Gröfse der Eier, man trifft sie hier
in allen Variationen an. Die Eier bestehen aus Dotter-
haut, Keimbläschen und dem Keimfleck, der hier wie ein
rundlicher Kern oder Bläschen aussieht. Diese Theile
des Eies sah Herr M. ebenso an den Eiern der Ophiura,
die sich jedoch in Hinsicht der Lage des Eierstockes
32
ganz von den Comatulen entfernen und sich wie in ih-
rer gänzen Organisation mit der Euryale den Seesternen
anschliefsen. £
Die Comatulen liefern uns ein in der Thierwelt bis-
jetzt ungekanntes Beispiel von ungeheurer Multiplication
der Geschlechtsorgane. Da allein jeder der 20 Arme
‚dritter Ordnung an jeder Seite gegen 60 pinnulae trägt,
so beträgt die Zahl der Eierstöcke über 2000 an einem
sonst nicht zusammengesetzten Thiere. Hierdurch schlie-
{sen sich die Comatulen und wahrscheinlich auch die
Pentacrinen an die Pflanzen mit einfachen Organismen.
Ein annäherndes ähnliches Beispiel liefern die vielglie-
drigen Taenioiden, bei denen sich die Geschlechtsorgane
mit den Gliedern multipliciren, während diese Thiere
doch sonst durchaus nicht zusammengesetzt sind. Diese
Art von Zusammensetzung, welche bei den kurzen Tae-
nioiden, den Tetrarhynchen, Antocephalen zu fehlen
scheint, bezieht sich auf die ortsbewegenden Glieder und
Genitalien. Dagegen sind die vielköpfigen Crenuren und
nach Herrn Müller’s Beobachtungen auch die Echino-
coccen (letztere zu einer gewissen Zeit ihrer Entwick-
lung, s. Müller’s Archiv 1836, Jahresbericht CVU.) so
gut wie die Polypen wirklich zusammengesetzte Thiere.
Herr Wiegmann erläuterte zwei neue Arten von
Procyon. Die eine, Pr. brachyurus, stammt wahrschein-
lich aus Westindien, steht dem Pr. lotor am nächsten,
unterscheidet sich aber durch eine breitere und stumpfere
Schnauze, eine mehr weifslichgraue Körperfarbe und be-
sonders durch ihren auffallend kurzen Schwanz, welcher
nur die Länge des Kopfes hat, dabei aber dieselbe Bin-
denzahl (6), wie der des Pr. lotor zeigt, und ungleich
dichter behaart ist, als bei diesem. Die andere Art, Pr.
obscurus, ist durch einen Naturalienhändler acquirirt, und
über ihr Vaterland läfst sich nichts ermitteln. Sie zeich-
net sich durch eine'einfarbige, glänzend dunkelbraune Fär-
bung des Pelzes aus. Der Schwanz hat etwa dieselbe
Länge
33
Länge wie bei Pr. lotor, aber ist viel dichter behaart,
und zeigt eine minder deutliche, auf der Oberseite fast
erloschene Bindenzeichnung. Auch ist die Schnauze
kürzer und die Beine schlanker als beim Pr. lotor.
Herr v. Olfers gab Nachricht von der Erwerbung
mehrerer Häute und Skelette von Auerochsen für die
Königl. Sammlungen, welche mit Kaiserl. Russischer Bewil-
ligung aus den Kronwaldungen von Biatowieza geliefert
und durch den Conservator Wiedemann vom zoologi-
schen Museum zu Königsberg mit vielem Fleilse vorläufig
zubereitet worden sind. Vorgelegt wurden von den mit-
gebrachten Gegenständen: Skizzen von den verschiede-
nen erlegten Auerochsen mit genauen Ausmessungen der
hauptsächlichsten Dimensionen, welche die äulsere Form
bedingen. — Exemplare des wohlriechenden Grases, wel-
ches als eins der Hauptnahrungsmittel der Auerochsen
in den dortigen Waldungen häufig vorkommt. Es er-
giebt sich, dafs es nicht Anthoxanthum odoratum (wie
früher z. B. von B. Brinken behauptet wurde), son-
dern Hierochloa borealis ist, wie schon der Prof. Ja-
rocki richtig bemerkt hat. — Amphistoma conicum aus
dem Magen des Auers, welches auch bei dem zahmen
Rindvieh vorkommt.
Herr Ehrenberg sprach über das Spirillum Bryo-
xoon, welches Herr Dr. Unger 1834 in den Antheren
des Sphagnum eapillifolium entdeckt und Herr Dr. W er-
‚neck für ein Spermatozoon gehalten hat. Er macht
darauf aufmerksam, dafs Herr Prof. Friedr. Nees von
Esenbeck an derselben Stelle 1822 Monaden beobach-
tet hat, und dafs diese zu Spirillen verlängerten Körper-
chen leicht das wahre Pollen des Sphagnum aufser Zwei-
fel setzen könnten. Derselbe zeigte ein von Herrn Prof.
Lehmann in Hamburg gesandtes-Exemplar von Codium
Bursa vor, welches an Felsen festsitzend beobachtet
worden war. Endlich sprach er über zuweilen fufslange
3
34
Infusorienstöcke, den Polypenstöcken gleich, und zeigte
ein über einen Zoll groises Exemplar des Micromega
corniceulatum Agardh von Venedig in Weingeist gut er-
halten vor.
Versammlung am 2lsten November.
© Herr G. Rose berichtete über einige Versuche, die
er angestellt hatte, um die Bedingungen kennen zu ler-
nen, unter denen sich Kalkspath und Arragonit bil-
den. Ersterer entsteht, wenn sich kohlensaure Kalkerde
aus einer Auflösung in kohlensaurem Wasser durch Ent-
weichen der Kohlensäure bei der gewöhnlichen Tempe-
ratur ausscheidet, oder wenn man eine Auflösung von
salzsaurer Kalkerde durch. kohlensaure Alkalien bei der
gewöhnlichen Temperatur fällt; letzterer dagegen, wenn
man die Auflösung von kohlensaurer Kalkerde in koh-
lensaurem Wasser im Wasserbade zur Trocknils ab-
dampft oder eine kochend heifse Auflösung von einem
kohlensauren Alkali durch eine kochend heilse Auflösung
von salzsaurer Kalkerde fällt. Der flockige Niederschlag,
der sich zuerst bei der Fällung der salzsauren Kalkerde
durch kohlensaures Ammoniak bildet, verhält sich wie
Kreide. Herr G. Rose zeigte die krystallinischen For-
men unter dem Mikroskope vor.
Herr H, Rose sprach über das Vorkommen des
Zinnobers in Idria in Begleitung einer fettartigen Sub-
stanz, welche Herr Dumas zuerst rein darstellte und
Idrialin nannte. Nach Schrötter kommt sie beson-
ders im sogenannten Branderz vor, das sie fast ganz bil-
det. In geringerer Menge ist sie im Quecksilbererz. Die
merkwürdigste Eigenschaft dieses Fettes, das nur aus
Kohle und Wasserstoff besteht, ist, mit concentrirter
35
Schwefelsäure beim Erwärmen eine schöne dunkel indi-
goblaue Auflösung zu geben.
Herr Ehrenberg theilte neue Beobachtungen über
die Epistylis Galea (das Helm-Glockenthierchen, die
gröfste und bisher sehr seltene Vorticelle) mit. Sie ist
neuerlich bei Berlin in grofser Menge an abgestorbenen
Schilfblättern vorgekommen und hat ein bisher unbe-
kanntes schönes Schillern des bäumchenartigen Stieles
erkennen lassen, welches durch feine Streifung der Ober-
fläche bedingt ist und sehr lebhafte, rothe, grüne und
blaue metallige Farben zeigt. Sie wurden lebend und
getrocknet vorgelegt.
Versammlung am 19ten Dezember.
}
Herr Weifs legte eine Karte und Profile vom Salz-
berge in Hallstadt im österreichischen Salzkammergute vor,
und erläuterte dieselben, so wie das dortige Vorkommen
des sogenannten Heidengebirges, unter Vorzeigung ver-
schiedener Gegenstände daraus, namentlich eines Stückes
von Gemsenfell, mit einigen Bemerkungen.
Hierauf theilte Herr Ehrenberg aus einem Briefe
seines Bruders Carl Ehrenberg von Mexiko die Nach-
richt mit, dafs sich aufser den bereits vorgelegten Mam-
muths- ( Mastodon) Knochen und Zähnen aus jenem
Hochlande auch neuerlich bei Zimapan wieder fossile
Elephanten-Zähne gefunden haben, von deren einem
Herr Carl Ehrenberg eine Skizze beigegeben hatte.
— Derselbe zeigte dann die beiden gelblichen Arten
von Armpolypen, Hydra, welche schwer zu unterschei-
den sind, neben einander in mehreren Exemplaren le-
bend vor. — Auch zeigte Herr Ehrenberg lebende und
getrocknete Exemplare einer ganz neuen, kleinen Thier-
3*
36
gattung und Art aus dem Gewässer bei Berlin vor, wel-
che sich durch einen vielköpfigen verästeten Leib sehr
auszeichnet und die er Dendrosoma radians, Strahlen-
bäumchen, benannt hat.
Herr Gurlt legte zuletzt die Abbildung einer inter-
essanten thierischen Mifsbildung mit Verdoppelung der
Nieren vor.
Gedruckt bei A. W. Schade.
Mittheilungen
aus den Verhandlungen
der
Gesellschaft naturforschender
Freunde zu Berlin.
Drittes Jahrs.
1838.
BERLIN, 1839.
In der Nicolaischen Buchhandlung.
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Mittheilungen
aus den Verhandlungen der Gesellschaft naturforschender
Freunde zu Berlin.
Versammlung am 16ten Januar.
Her Lichtenstein theilte über die Versuche, das
rothe Rebhuhn nach Schlesien (in die Gegend von Lö-
wenberg) zu verpflanzen, Einiges mit. Man hat im Früh-
ling 1837 einige hundert Eier im südlichen Frankreich
sammeln, durch Fufsboten hertragen und durch Puten-
hennen ausbrüten lassen; ungefähr die Hälfte ist ausge-
bracht. Die Brut hat sich bald nach dem Flüggewerden
in die nahe gelegene Waldung verbreitet, im Herbst aber
in mehreren Flügen die offenen Höhen und Thäler auf-
gesucht. Bis um Weihnacht sind sie immer noch auf
den sehr sorgfältig angelegten Futterplätzen erschienen.
Seit dem Eintritt strengerer Kälte mit tiefem Schnee
sind sie, bis auf wenige, die man einzeln gesehn, ver-
schwunden.
Nachtrag im Januar 1839. Im Laufe des Sommers
1838 sind kleine Flüge von 5 bis 6 Hühnern an meh-
reren einsamen Stellen wieder zum Vorschein gekommen,
aber immer sehr unstät und die bewohnteren Gegenden
sorglich vermeidend. Man ist begierig, zu beobachten,
wie sie nach dem gegenwärtigen milderen Winter sich
zeigen werden.
1*
A
Herr Ehrenberg zeigte die Infusorien-Erde der
Lüneburger Haide unter dem Mikroskop vor. Derselbe
sprach dann über eine durch das Mikroskop er-
kennbare, jetzt im Handel vorkommende Versetzung
der theuren Carmintusche durch vieles Amylum (‘W ei-
zenstärkemehl) und zeigte ‚sie ebenfalls vor. Ferner
machte derselbe an lebenden Regenwürmern anschaulich,
dafs die Verdauung dieser Thiere so wenig als die des
Porcellio scaber und Julus terrestris im Stande sei, die
Kieselpanzer der Infusorien zu zerstören, sondern dafs
die von ihnen massenweise genossenen Bacillarien in
ihrer völlig erhaltenen Form, nur oft ohne den thieri-
schen Inhalt, sich im hintern Darme vorfinden und wieder
ausgeworfen werden. Die Excremente waren mit leeren
Infusorienschaalen dicht erfüllt.
Herr Joh. Müller legte Kupfertafeln über die
Structur der Geschwülste vor.
Versammlung am 20sten Februar.
Herr Link sprach über das Anwachsen der Wur-
zeln in der Länge. Es geschieht nicht an der Spitze
selbst, sondern in einiger Entfernung von der Spitze,
und zwar da wo das Holz — der Theil nämlich, in wel-
chem sich Spiralgefälse und Spiroiden erzeugen — sich
endigt. Es legt sich nämlich eine Schicht von Zellge-
webe gegen die Spitze an, welches durch seine Zartheit
zeigt, dafs es jünger ist, als das darüber befindliche.
Es geschieht dieses auf dieselbe Weise, nur gegen die
Spitze, wie sich der Splint und das Holz im Stamm,
nur gegen den Umfang anlegt. Diese Abhandlung ist
mit Zusätzen in der Linnaea gedruckt, die Abbildungen
dazu werden in den Icones anatomico- botanicae folgen.
Derselbe legte die in Griechenland und Istrien von
ihm beobachteten Eichenarten erläuternd vor, @Quercus
b)
Pseudosuber, Aegilops, pubescens, Cerris oder austriaca
Willd., welche nur Abarten sind, und sprach über die
in Sicilien, Istrien und Griechenland wild wachsende
Pyrus cuneifolia @ussone oder amygdaliformis Koch.
Herr Ehrenberg übergab der Gesellschaft Nürn-
berger’s natur- und gewerbswissenschaftliche Berichte
oder Darstellung der neuesten Physik und Technologie
in aphoristischer Form, Kempten 1837, 8., welches Buch
er der Gesellschaft im Namen des Verfassers als Ge-
schenk zu überreichen den Auftrag hatte. Derselbe theilte
dann mit, dafs die diesjährige strenge und anhaltende
Winterkälte die als Dammerde im Thiergarten befindli-
chen lebenden Infusorien nicht ertödtet habe, sondern
dafs nach 18 bis 20° R. Kälte bei behutsamem Auf-
thauen der Erdschollen vor wenigen Tagen noch viele
Thierchen lebendig umherkrochen, viele aber allerdings
gestorben zu seyn schienen. Dann zeigte er eine grö-
fsere Masse ihm aus Schweden zugeschickter Infusorien-
Erde aus dem See Lillhaggsjön vor, welche dort bei
Umeä, wie bei Wasa in Finland aus alter Gewohnheit
zum Brodte gemischt und gegessen wird, und erinnerte
an das geschichtliche Verhältnifs der, oft dem Tabaks-
rauchen ähnlichen, bisher für Europa unbekannten Ge-
wohnheit des Erdessens der Bewohner sehr vieler, selbst
reicher Erdgegenden, ohne Schaden für die Gesundheit.
Zugleich gedachte er des unglücklichen Schicksals der
auf der Insel S. Matwey beinahe ganz verhungerten rus-
sischen Colonisten, die ihr Leben nur durch den Genufs
einer von Herrn von Chamisso mitgebrachten unorga-
nischen Thon- und Erdmasse, welche aus dem Königl.
Mineralien-Kabinet vorgezeigt wurde, längere Zeit ge-
fristet hatten.
Herr v. Olfers legte mehrere Bruchstücke von zwei
Arten der fossilen Fischgattung Zepidotus aus den Port-
land-Schichten vor, welche dem Zepidotus ornatus und
minor Ag. am nächsten kommen. Die Exemplare gehö-
6
ren dem hiesigen Königlichen Mineralien-Kabinet an.
Durch eine sorgfältige Bearbeitung ist es möglich gewor-
den, die hauptsächlichsten Theile nicht nur der äufseren
Form, sondern auch der Skeletbildung sichtbar zu mä-
chen, welche diesemnach an den vorgelegten Exempla-
ren, mit Rücksicht auf die Skeletbildung bei Fischen
überhaupt, erläutert wurden.
Herr Schleiden trug Beobachtungen über die Ver-
wandlung der Holzfaser des Kiehnholzes in Stärkemehl
durch Kochen mit kaustischem Kali vor, und bestätigte
die concentrisch-schaalige Bildung der Stärkemehlkügel-
chen. Die mit Jod-Tinctur blau gefärbten Holzfasern
wurden unter dem Mikroskop vorgezeigt.
Versammlung am 20sten März.
Herr Weifs legte Frischschlacken von Ilsenburg
am Harze vor, auf welchen sich reguläre Octa@der von
Magneteisenstein künstlich gebildet hatten.
Versammlung am 17ten April.
Herr Link theilte mikroskopische Untersuchungen
der Steinkohlen mit. Die aus Columbien, von Beuthen
in Ober-Schlesien, aus Nieder-Schlesien, von Neweastle
und St. Etienne glichen Torf; eben so die Braunkohle
mit Natrinasphalt aus Grönland. Eine Steinkohle aus
N. Granada glich Palmenholz. Als Coniferenholz zeigte
sich Lignit aus Thüringen, und versteinertes Holz aus
dem Siebengebirge. Auch kommen in Ober - Schlesien
Steinkohlen vor, welche deutlich zeigen, dafs sie auf
der Oberfläche verbrannt, wie Holzkohlen sind.
Herr Ehrenberg legte eine ausgezeichnete Reihe
von gemeinen und Feuer-Opalen, ferner von Selenqueck-
_
‘
silber und Basalt aus Zimapan und der Umgegend in
Mexico vor, welche sein Bruder Herr Carl Ehren-
berg geschickt hatte. Er machte besonders auf die ku-
nike Gestalten des dort im vulkanischen Gebirge
vorkommenden Opals aufmerksam, welche ganz das An-
sehn eines früheren gallertarligen Zustandes tragen und
von der klarsten farblosen Durchsichtigkeit bis zu milch-
artiger weilser oder gelber und röthlicher Trübung und
endlich bis zur Farbe des intensiv rothen Feueropals
gefunden werden. Die weilse Farbe des Milchopals be-
steht aus weilsen sehr dicht aneinander liegenden sechs-
seitigen säulenartigen Crystallen mit grad abgestumpften
Enden.
Das Selenquecksilber und die Basaltstücke wurden
dem mineralogischen Cabinet zur Disposition gestellt.
Herr Joh. Müller sprach über die Gattungen der
Sägefische Pristis und Pristophorus, wovon jene zu
den Rochen, diese zu den Haifischen gehört. Ferner
über die Structur des Pentacrinus europaeus in n Vergleich
mit Pentacrinus Caput Medusae.
Versammlung am l5ten Mai.
Herr Link gab die Fortsetzung seiner Untersuchung
über die Steinkohlen, welche die Meinung des Ursprungs
aus Torf bestätigen. Derselbe sprach ferner über Braun-
kohlen und fossiles Holz. Das Bernsteinholz scheint nicht
von Coniferen herzurühren.
Die Abhandlung wird in den Abhandlungen der Aka-
demie der ‘Wissenschaften erscheinen und ist jetzt unter
der Presse.
Herr Ehrenberg legte die Infusorien -Dammerde
aus dem Thiergarten vor, die im Juni vorigen Jahres
‚gesammelt war und noch lebende Thierchen enthielt.
Dann sprach er über die Xanthidien der Feuersteine,
8
die Turpin für Cristatellen-Eier gehalten, dessen Mei-
nung er widerlegte. Er machte darauf aufmerksam, dafs
die kugelförmigen Eier der Hydra vulgaris noch viel
mehr Aehnlichkeit in der Form mit den Xanthidien hät-
ten, als die linsenförmigen Cristatellen-Eier, dals aber
diese verwandten Formen so wenig (Gemeinschaft im in-
nern Wesen hätten als Hydra und Octopus, deren äu-
fsere Form ebenfalls ähnlich sei, wie auch ein Frosch
und ein Mensch gar manche Formähnlichkeit unläugbar
hätten. Weit näher liege es, die aus einem Netz von
Kieselfasern gebildeten Spongillen-Körner ins Auge zu
fassen. All dieser Aehnlichkeiten ungeachtet seien die
klettenartigen Körperchen der Feuersteine den noch jetzt
lebenden Xanthidien am nächsten vergleichbar. — Fer-
ner tadelte er die kürzlich von Corda in den Act.
Acad. Caesar. Leopold. gegebenen grofsen Abbildungen
der Hydra, die eine hintre Darmöffnung darstellen, wel-
che nicht vorhanden sei, die unzähligen Fangorgane, wel-
che vorhanden sind, aber nicht darstellen.
Herr v. Olfers legte Zeichnung und Beschreibung
(aus den Preufsischen Provinzialblättern) eines fossilen
Schulterblattes von einem Wallfische ( Balaena ) vor,
welches der Angabe nach zu Tannenberg in Preufsen,
15 Meilen von der Ostsee gefunden worden ist. Dafs
es wirklich fossil sei, hat Herr Medizinal-Rath Rathke
in der erwähnten Beschreibung nachgewiesen. Unter
den bisher bekannten Arten kommt dies Schulterblatt
dem einer Balaena vom Cap der guten Hoffnung Cu
rech. s. I. oss. foss. Tome V. tab. 26. fig. 7. am näch-
sten. — Ferner legte derselbe Knochen von Mammuth
und Mastodon vor, welche von Herrn v. Humboldt
aus Mexico mitgebracht worden sind, und sich gegen-
wärtig im Königl. Mineralienkabinet befinden. Er knüpfte
hieran Bemerkungen über das Vorkommen von Knochen
«olossaler Säugthiergattungen in dem Bassin von Mexico,
von welchem auch neuerlich wieder in dem dortigen
9
Kalender für 1836 (Calendario de Galva) in Beziehung
auf ältere und neuere Fundorte die Rede gewesen ist.
Versammlung am 19ten Juni.
Herr Link legte Abbildungen von sogenannten po-
rösen Gefäfsen aus der Wurzel einer alten Kiefer (Pi-
nus uneinata) vor, woraus erhellt, dafs diese Poren
Zellen oder Glandeln sind; ferner von Saftgängen aus
der Wurzel von Zevisticum mit deutlich eigener Haut,
wodurch erwiesen wird, dafs diese Saftgänge wirklich
eigene Gefälse sind.
Auch zeigte er Rothboella loliacea der Exped. d. I.
Moree aus Istrien vor. Es ist ohne Zweifel eine eigene,
Zelium nahe stehende Gattung, die er Urypturus zu
nennen vorschlug.
Herr Ehrenberg hatte rothgefärbtes Wasser aus
dem Thiergarten mitgebracht, welches seine Farbe von
einer unbeschriebenen Art von Palmella habe, die er
Palmella prodigiosa nannte. Sie erfüllte wieder wie
Monas Okenii im vorigen Jahre den Queergraben in der
Nähe der Buchen- Allee zwischen dem Försterhause und
der Luisen-Insel schon seit Anfang Juni, und zwischen
ihr lebte in grofser Menge auch die ähnlich roth gefärbte
Monas Okenii, deren Farbe aber doch, wo sie sich an-
häufte, einen weniger bläulichen, reiner rothen Farbeton
hatte, während die Palmella sich dem Violetten mehr
näherte. Getrocknet und dem Lichte ausgesetzt verliert
sich die rothe Farbe ins Gelbliche und Grünliche. Uebri-
gens verbreitet sie einen lästigen Sumpfgeruch oder ent-
wickelt sich in dergleichen führendem Wasser. Die spe-
cifische Diagnose giebt er folgendermaafsen :
Palmella prodigiosa: aquatica, submersa, ge-
latina subtilissime flocculosa, tenerrima, hyalina, granus
lis minimis nudo oculo dilule purpureis dense referta.
10
Ihre Flocken bilden blutfarbiges Gewässer oder einen
mehr oder weniger intensiv rothen Ueberzug der unter
Wasser befindlichen Körper, Blätter, Zweige, auch todter
Fische.
Herr v. Olfers legte fossile Knochen von Ichthyo-
saurus und Plesiosaurus von Lyme Regis in England
vor, auch merkwürdig gezahnte Kinnladen aus der Kreide
von Lewes in England, welche einer zwischen Fisch und
Saurier stehenden Thiergattung anzugehören scheinen. Am
nächsten kommen sie dem Belonostomus cinctus Ag.,
doch ist die Zahnbildung immer noch sehr verschieden,
wenn die Abbildungen in Agassiz poiss. foss. Vol. 2.
tab. 66. a. fig. 10 — 12, wie wohl anzunehmen ist, ‚ge-
nau sind.
Herr Erichson hielt einen Vortrag über die sy-
stematischen Verhältnisse der Orthopteren und Neurop-
teren, und wies nach, dafs die Unterschiede im Bau der
Flügel diese Ordnungen nicht hinlänglich sondern und
begränzen, und zeigte, dafs die Bildung der Mundtheile
sicherere Charactere gebe, die mit der Form der Ver-
wandlung im genauen Bezuge ständen. Die Orthopteren
kommen darin überein, dafs bei ihnen die äufseren Ma-
xillarladen die eigenthümliche Gestalt haben, die Fabri-
cius mit dem Ausdruck galea zu bezeichnen suchte, und
die am füglichsten mit einem Spitzendecker an chirurgi-
schen Instrumenten verglichen werden kann, um so mehr,
als die innere Lade immer scharf und mehrfach gezähnt
ist; die Lippe erscheint aber noch ausgezeichneter, näm-
lich vollkommen viertheilig, indem die beiden inneren
Lappen, die die Zunge vorstellen, bis zum Kinn herab
gespalten sind, die äulseren, grofsentheils überwiegend
entwickelten Lappen, die den Paraglossen der Coleopte-
ren und Hymenopteren entsprechen, eingelenkt sind.
Dieselbe Bildung des Mundes findet sich nun auch bei
allen bisherigen Neuropteren mit unvollkomme-
ner Verwandlung, und zwar mit der Modification,
11
dafs bei Termes die galea die Spitze der innern Lade
unbedeckt läfst, bei Perla die Theile alle mehr häu-
tiger als horniger Substanz sind, bei Psocus die Lip-
pentaster, bei den Libellen beide Tasterpaare feh-
len, und bei letzteren die Unterlippe die Eigenthünlich-
keit zeigt, dafs die inneren Lappen (der Zunge) unter
sich mehr verwachsen sind, die ursprüngliche Trennung
indefs immer noch durch eine deutliche Nath angegeben
ist, die äufseren Lappen (Paraglossen) dagegen desto mehr
abgesetzt und freier geworden sind, so dafs man sie
schon für die modificirten Taster angesprochen hat.
Alle Neuropteren mit vollkommener Ver-
wandlung, so wenig Characteristisches sie auch in der
Gestalt der Mundtheile haben, kommen wenigstens darin
überein, dafs die äufsere Maxillarlade, wenn sie vorhan-
den, nicht die Form einer galea hat, und dafs die Zunge
immer ganz einfach und ungetheilt, auch ohne alle Spur
von Nebenzungen ist. Es liegt daher der Gedanke schr
nahe, die Verschiedenheiten im Flügelbau denen in der
Gestaltung der Mundtheile unterzuordnen, und alle bis-
herigen Neuropteren mit unvollkommener Ver-
wandlung den Orthopteren zuzuweisen, und die
Ordnung ‘der Neuropteren auf diejenigen mit vollkom-
mener Verwandlung zu beschränken. Es würden
dann die Insecten mit unvollkommener Verwandlung völ-
lig von denen mit vollkommener Verwandlung abgeschlos-
sen sein, und aufser den Zpizoen, die wohl eine eigene
Ordnung bilden müfsten, da weder die saugenden mit
den Hemipteren, noch die beifsenden mit den Orthopte-
ren natürlich zu vereinigen sind, aus den Ordnungen
Orthopteren und Hemipteren bestehen. So wie die Or-
thopteren und Hemipteren sich eben so wesentlich unter
einander, als von den übrigen Insecten-Ordnungen im
Bau des Mundes unterscheiden, bilden sie mit den letz-
teren nicht allein in der Form der Verwandlung, son-
dern auch im Verhalten der Flügel einen völligen Ge-
12
gensatz. Bei jeder Ordnung der Inseeten mit vollkom-
mener Verwandlung ist die Form der Flügel eine be-
ständige, und wenn auch gerade nicht als wesentli-
ches doch als natürliches Merkmal für dieselbe zu be-
trachten. Bei den beiden genannten Ordnungen aber,
so wie sie jetzt aufgefalst werden, gehen die Flügel alle
möglichen Stufen der Veränderung durch, und zwar hal-
ten die Oberflügel in den typischen Formen beider Ord-
nungen die Mitte zwischen Flügeldecken und Flügeln,
und zwar so, dafs bei den Orthopteren auf der einen
Seite eine überwiegende Hinneigung zur Form der Flü-
geldecken bei Forfieula, Blatta und gröfstentheils selbst
Phasma, auf der anderen Seite eine überwiegende Hin-
neigung zur Form der häutigen Flügel bei manchen Zo-
custen, @ryllen und besonders bei den Männchen von
Mantis sich bemerkbar macht, während die MHemipteren
durch die Vereinigung beider Flügelformen in einem und
demselben Flügel sich auszeichnen. Dann gewinnen ganz
allmälig in beiden Ordnungen die Deckflügel dieselbe
häutige Consistenz wie die Unterflügel (bei Mantis,
Termes und den Cicaden), dann werden die vollkom-
men häutigen Oberflügel noch so getragen, dafs sie die
Hinterflügel decken, wie bei Psocus und Psylla, dann
breiten sich beide Flügelpaare aus, wie bei Zibellula
und Aphis, endlich verkümmern die Hinterflügel, wie bei
Ephemera und Coceus.
So wie bei den Insecten mit vollkommener Ver-
wandlung der vordere Brustring sich mehr absetzt, wo,
wie bei den Käfern, die Oberflügel Flügeldecken sind,
aber wo die Vorderflügel häutig bleiben, sehr verküm-
mert und als: blofser kragenförmiger Ring erscheinen,
ebenso findet sich die Entwickelung des Prothorax bei
den Orthopteren und Hemipteren im genausten Zusam-
menhange mit der Form der Oberflügel, so dals überall
eine Beziehung zwischen diesen beiden Theilen stattzu-
finden scheint.
13
Die Ordnung der Neuropteren in der Beschränkung
auf diejenigen der bisherigen, die eine vollkommene Ver-
wandlung haben, bietet in ihrem Verhalten zu den übri-
gen Ordnungen der Insecten kein geringes Interesse dar,
indem jede ihrer drei Familien gleichsam aus zweien der
übrigen Ordnungen combinirt erscheint. Die Hemero-
bien haben den äufseren Bau und die vier häutigen nack-
ten Flügel der Hymenopteren, dagegen ist der Bau des
Mundes im Wesentlichen der der Coleopteren, die Pa-
norpen erinnern dagegen im Bau des Mundes besonders
durch die Zusammenfügung der Mundtheile an die Ay-
menopleren, während einzelne derselben (Bittaeus) ganz,
das Aeufsere einzelner Dipteren (Tipula) zeigen; die
Phryganeen endlich machen sich durch eine grofse äu-
{sere Aehnlichkeit mit den eulenartigen Zepidopteren be-
merkbar, während sie in der Form des Mundes am ehe-
sten mit der oben schon genannten Gattung Tpula aus
der Ordnung der Dipteren sich vergleichen lassen.
Versammlung am I17ten Juli.
Herr Lichtenstein zeigte ein Vliels von Alpaca
vor, das der französische Gesandte, Graf Bresson, dem
Zoologischen Museum geschenkt hat. Es ist von einer
ausnehmenden Feinheit, Länge und Dichtigkeit der Be-
haarung und übertrifft darin alle Lama’s und Guanaco’s,
die man in den letzten Jahren häufig genug lebendig in
Europa gesehn hat; doch stimmt weder die geringe Gröfse,
noch die dunkle, hin und wieder durch grofse weilse
Flecke variirte Farbe zu dem Bilde, das man sich nach
den vorliegenden mangelhaften Beschreibungen vom. Al-
paca (Auchenia Paco) bisher hat entwerfen können.
Der Mangel des Kopfes und der Extremitäten macht die
Entscheidung unmöglich.
14
Herr Ehrenberg theilte neue Erfahrungen über
‚die Eier der Süfswasser-Polypen und deren wahrschein-
liche männliche Geschlechtstheile mit.
In den Schriften der Akademie der Wissenschaften
1836 hat derselbe Abbildungen der reifen Eier gegeben,
seitdem aber auch die Entwicklung der Eikeime bei Hy-
dra vulgaris beobachtet, und sich überzeugt, dafs die
stachlige Oberfläche der durch einen Rifs der Oberhaut
hervortretenden Eier durch Erhärten und Zusammen-
schrumpfen einer zelligen Gallertschicht daselbst gebildet
wird, deren Substanz in Wasser unlöslich ist.
Ueberdiefs hat derselbe noch weitere Gelegenheit
gesucht und gefunden, einen Blick in das männliche Se-
xualverhältnifs der Armpolypen zu thun. Die von ihm
in dem gröfseren Infusorien-Werke pag. 488 und 539
(Knollenbildung) bereits angezeigte periodische Knollen-
bildung am vordern Körpertheile derselben, und die im
Innern dieser Knollen oder Warzen befindlichen beweg-
ten geschwänzten Körperchen erlauben an männliche Se-
xual-Organe zu denken, welche bisher bei diesen For-
men völlig unbekannt geblieben waren. ‘Die Hydern
hätten demnach sich aufserhalb am Körper entwickelnde,
periodisch erscheinende Sexual-Organe beiderlei Art, die
männlichen mehr nach vorn, die weiblichen mehr nach
hinten, ein Verhältnils, welches bei einem Ueberblick
des allgemeinen Verhältnisses dieses organischen Systems
von mannichfachem, später weiter zu entwickelndem In-
teresse ist. Die Spermatozoen der Hydra gehören zur
Abtheilung der Cephalozoen (Cephalozoon Hydrae) und
mithin vorläufig in die Classe der Saugwürmer. Es giebt
endlich scheinbar rein männliche Hydren und scheinbar
rein weibliche, auch solche wo gleichzeitig beide Organe
entwickelt sind, eine Erscheinung die an die polygami-
schen Pflanzen erinnert. Die Anlage ist offenbar herma-
phroditisch.
Herr Joh. Müller legte einige Apparate zur Er-
*
15
läuterung der Physiologie des Gehörs vor, so wie Prä-
parate von den menschlichen Stimm - Organen.
“ Herr Gurlt handelte von den Exostosen in den
Kopfhöhlen der Hausthiere, namentlich von denen, die
bei den Kühen in der Schädelhöhle vorkommen, das grofse
Gehirn zu einem grofsen Theil verdrängen und dessen
Functionen beträchtlich hindern, wogegen die bei Pfer-
den in den Highmor's-Höhlen vorkommenden keine auf-
fallenden Krankheits - Symptome erzeugen. Die letzten
Exostosen werden gröfser, als die ersten; beide sind
entweder fest, wie Elfenbein, oder die aus der Schä-
delhöhle sind bisweilen löcherig. Es wurden verschie-
dene Specimina vorgezeigt.
Herr Schleiden hielt einen Vortrag über die Rich-
tung der Spiralfasern in den Pflanzen, über die Entste-
hung der Ring-Gefäfse aus der Spirale und über einige
scheinbar pathologische Zustände der Spiralgefälse.
Versammlung am 21sten August.
Herr Klug las ein:von Herrn Link zurückgelas-
senes Manuscript über die Bildung der Frucht bei den
Gräsern. Es war mit Zeichnungen begleitet. Die Frucht
der Gräser besteht deutlich aus zwei zusammengewach-
senen Fruchtknoten, wovon der eine unfruchtbar ist und
‚bleibt, im Anfange gäch sehr dünn zeigt, dann sich ver-
gröfsert und endiikl wiederum eig ganz schwindet.
Der andere enthält den Embryo in seinem Schildchen
(Cotyledon) und vergröfsert sich immer mehr und mehr,
bis er endlich bei der Reife des Saamens ihn fast ganz
einnimmt. Die Abbildungen werden in den Icon. ana-
tom. botan. nächstens erscheinen.
Herr Lichtenstein legte eine Zeichnung von einem
monströsen Frosch (R. temporaria) vor, der doppelte
vordere Extremitäten (in einen mifsgestalteten Mittelfuls
16
verwachsen) zeigte. Das Thier wurde im Junius leben-
dig im Thiergarten gefangen und hat noch mehrere Mo-
nate (bis zum December) gelebt. Das überzählige Glied
geht vom Körper des Brustbeins aus, erstreckt sich einige
Linien abwärts unter der Haut und tritt mit einem Ge-
lenk hervor, aus welchem eine Doppelröhre entspringt,
an deren Ende neun mehr‘ oder weniger unter einander
verwachsene, theilweise aber auch ganz frei ausgewach-
sene Zehen im Halbkreis sitzen. Beim Athmen bewegt
sich dieses Glied, wie ein am Halse befestigter Bart, mit
dem Brustbein auf und ab.
Herr H. Rose sprach über das Selenquecksilber
aus Mexico.
Unter einer Sendung von Minerklieil, welche Herr
Prof. Ehrenberg durch Herrn Carl Ehrenberg, Ren-
danten des Bergwerks von Mineral del Monte in Mexico,
erhalten hatte, befand sich eine Reihe von Quecksilber-
erzen, die zu San Onafne gefunden worden waren, und
welche dort in solcher Menge vorzukommen scheinen,
dafs man das Quecksilber im Grofsen aus diesen Erzen
darzustellen beabsichtigt: Diese Erze bestanden gröfs-
tentheils aus Selen- und Schwefelquecksilber.
Das von Herrn Rose untersuchte Quecksilbererz
ist von schwärzlich -bleigrauer Farbe, metallisch glänzend,
und einem Fahlerze in Glanz und Farbe sehr ähnlich.
Es ist milde, und von einer Härte zwischen der des
Steinsalzes und des Kalkspathes. Es findet sich derb,
mit körnigen, stark umwachsenen Zusammensetzungsflä-
chen, ohne Zeichen eines blättrigen Bruches, in Kalk-
spath und Schwerspath, Vorsichtig getrennt von der
Bergart ist es ohne Zersetzung in einem kleinen Glas-
kolben vollständig flüchtig, und hinterläfst nicht den ge-
ringsten Rückstand; das Sublimat ist schwarz, auch zu
Pulver gerieben behält es die schwarze Farbe; das Pul-
ver zeigt keinen Stich ins Röthliche. Mit basischen Sub-
stanzen zusammen erhitzt giebt es Quecksilberkügelchen
in
17
in Menge. Auf Kohle vor dem Löthrohre erhitzt, ver-
breitet er den bekannten Selengeruch, und beschlägt die
Kohle mit einem weifsen Rauche. Ein Geruch nach
schweflicher Säure kann dabei, ungeachtet des bedeuten-
den Schwefelgehalts, nicht wahrgenommen werden.
Von Salpetersäure wird das Mineral auch beim Er-
hitzen nicht angegriffen, — eine Eigenschaft, welche das
Selenquecksilber mit dem Schwefelquecksilber zu theilen
scheint. Durch Königswasser hingegen erfolgt eine schnelle
Einwirkung, wenn es damit erhitzt wird.
dv’
Die chemische Analyse ergab im Hundert:
Selen 6,49
Schwefel 10,30
Quecksilber 81,33 oder
95,12
Selenquecksilber 23,10
Schwefelquecksilber 75,11
98,21
Der Verlust entstand besonders dadurch, dafs nur”
eine geringe Menge der Substanz, mit vielem Schwer-
spath gemengt, zur Untersuchung angewandt worden war.
Die Menge des Quecksilbers im Selen- und im
Schwefelquecksilber verhält sich annähernd wie 1:4, in-
dem das Selen 16,61 Theile, und der Schwefel 64,81
Theile Quecksilber aufnehmen, 'so dafs man sich das Mi-
neral als aus 1 Atom Selenquecksilber, verbunden mit
4 Atomen Schwefelquecksilber zusammengesetzt denken
kann, HgSe-++4Hg5. Wahrscheinlich indessen können
sich Selen- und Schwefelquecksilber als isomorphe Kör-
per in allen Verhältnissen verbinden,
Unter den erwähnten Quecksilberfossilen befinden
sich mehrere, welche auch eine bedeutende Menge von
regulinischem Quecksilber enthalten, das in kleinen Kü-
gelchen in der Bergart und im Selen-Schwefelquecksil-
ber enthalten ist. Auch kommt bisweilen Zinnober, doch
in geringer Menge, in einigen Stufen vor. Die Stufe in-
2
18
dessen, von welcher ich zur Analyse anwandte, war rein,
sowohl vom gediegenen Quecksilber, als auch vom Zin-
nober.
Herr Troschel trug seine Untersuchungen über
Amphipeplea glutinosa Nilss. (Limnaeus glutinos. Drap.)
vor, die bisher bei Berlin nicht gefunden war, von ihm
aber zuerst in der Nähe von Stralau entdeckt ist. Herr
Troschel hat die Zunge und übrigen Mundtheile des
Thieres genau untersucht, und weiset nach, dafs es dem-
nach eben so wie nach der Bildung des Mantels und des
Nervensystems, das von Vanbeneden beschrieben ist,
eine eigene Gattung auszumachen, und von Zimnaeus
und Physa getrennt zu werden verdient. Mit ersterer
Gattung stimmt die Amphipeplea in der Bildung der Füh-
ler, der Sohle und der Lage der Athmungs-, After- und
Geschlechtsöffnung an der rechten Seite überein; mit letz-
terer in dem Fehlen der seitlichen Kiefer, und darin,
dafs die Zunge mit gesägten Zähnen besetzt ist. Es fin-
det sich also zwischen den Gattungen Physa und Lim-
naeus ein doppelter Uebergang: einmal durch die Gat-
tung Planorbis, das andremal durch Amphipeplea. Da-
her stellt derselbe folgendes Schema zur Familie der Was-
serpulmonaten auf:
I. Ein oberer Kiefer, gesägte Zähne auf der Zunge;
der Mantel schlägt sich meist über die Schale. Thier
rege, reizbar.
1) Fühler fadenförmig; Sohle hinten zugespitzt; Ath-
mungs-, After- und Geschlechtsöffnung links.
Physa.
2) Fühler dreieckig, Sohle hinten abgerundet, Ath-
mungs-, After- und Geschlechtsöffnung rechts.
Amphipeplea.
U. Ein oberer und zwei seitliche Kiefer; einfach
kegelförmige Zähne auf der Zunge, der Mantel schlägt
sich nicht über die Schale. Thier träge, wenig reizbar.
3) Fühler fadenförmig; Sohle hinten zugespitzt; Ath-
19
mungs-, After- und Geschlechtsöffnung links. Pla-
norbis.
4) Fühler dreieckig, Sohle hinten abgerundet, Ath-
mungs-, After- und Geschlechtsöffnung rechts.
Limnaeus.
Versammlung am 20sten November.
Herr Karsten las über Metall-Legirungen, beson-
ders über die Legirung aus Kupfer und Zink.
Die unter dem Namen des Messing eine häufige
Anwendung findende Legirung des Kupfers mit Zink ist
längst bekannt, denn so alt die Kenntnifs vom Kupfer
ist, eben so weit reicht auch die Kunde vom Messing.
Erst seit etwa vier Jahrhunderten weifs man indefs, dafs
das Messing eine Legirung aus Kupfer und Zink ist. Als
eine aus festen und unabänderlichen Verhältnissen seiner
Bestandtheile zusammengesetzte Legirung kann jedoch das
Messing nicht betrachtet werden, indem man auf den
Messinghütten dem Kupfer um so mehr Zink zuzusetzen
pflegt, je reiner beide Metalle von fremden Beimischun-
gen sind. Reines Kupfer kann 1 bis 24 Procent Zink
im Messing mehr aufnehmen als unreines Kupfer und
wird doch noch ein besseres Product liefern, als dieses.
Im Allgemeinen läfst sich annehmen, dafs das verkäuf-
liche Messing aus 71,5 Kupfer und 28,5 Zink, und das
sogenannte Rothmessing (der Tomback) welches gleich-
falls auf den Messinghütten dargestellt wird, aus 84,5
Kupfer und 15,5 Zink besteht. Unter allen Legirungen
des Kupfers mit Zink, von 6 Mischungsgewichten Kupfer
‘ und 1 M.G. Zink an, bis zu gleichen Mischungsgewich-
ten beider Metalle, giebt es keine Legirung die gröfsere
Festigkeit besäfse als das gewöhnliche Messing und der
Tomback. Die Legirung aus gleichen M. G. beider Me-
talle ist schon so spröde, dafs sie sich unter den Wal-
2*
20
zen und unter den Hämmern nicht mehr zu Blechen aus-
dehnen läfst, ohne durch starke Risse unbrauchbar zu
werden. Die reine messinggelbe Farbe scheint gewisser-
mafsen in Verbindung mit der Festigkeit derjenigen Me-
tallgemische zu stehen, bei denen das Verhältnifs des
Zinks zum Kupfer gröfser wird als es im Messing vor-
handen ist. Die röthliche Farbe des Rothmessings läfst
sich aus dem überwiegend vorwaltenden Verhältnifs des
Kupfers erklären, welches seine eigenthümliche rothe
Farbe geltend macht. Aber diese rothe Farbe der Le-
girungen kommt wieder viel stärker zum Vorschein, wenn
das Verhältnils des Zinks zum Kupfer gröfser wird wie
bei dem Messing. Bei einem Verhältnifs von 1 M.G.
Zink zu 2 M.G. Kupfer (das Messing besteht etwa aus
2 M.G. Zink zu 1M.G. Kupfer) tritt die rothe Farbe
der Legirung schon stark hervor und bei gleichen Mi-
schungsgewichten beider Metalle ist sie am lebhaftesten.
Dafs eine Legirung aus 50 Theilen Kupfer und 50 Thei-
len Zink bedeutend dunkler ist und ungleich mehr Roth
in der Färbung zeigt, als ein aus 80 Theilen Kupfer
und 20 Theilen Zink zusammengesetztes Metallgemisch,
verdient alle Aufmerksamkeit und entbehrt einer genü-
genden Erklärung. Merkwürdig ist das chemisch- elektri-
sche Verhalten dieser Legirungen. Alle Legirungen aus
Kupfer und Zink, in welchen nicht mehr Zink als 1M. G.
desselben mit 1 M.G. Kupfer verbunden ist, scheinen
sich gegen Säuren, sowohl für sich als in der galvani-
schen Kette, nicht anders zu verhalten als reines Kupfer.
Schwerlich hätte man erwarten können, dafs das Zink
seinen ausgezeichnet starken elektrisch positiven Charak-
ter auch dann noch gänzlich zu verlieren scheint, wenn
es nur mit einem gleichen M. G. Kupfer verbunden ist.
Nach der gewöhnlichen Annahme hätte die Auflösbarkeit
des Zinks in Säuren, durch die Verbindung mit Kupfer,
besonders wenn letzteres nicht in gröfserer Menge als
in gleichen M. G. beider Metalle vorhanden ist, sogar
21
erhöht werden müssen, weil sich das Kupfer in Combi-
nation mit dem Zink ausgezeichnet negativ verhält. Aber
alle diese Legirungen reagiren gar nicht auf die Kupfer-
salze und lösen sich in den Säuren entweder gar nicht,
oder gänzlich, aber niemals theilweise auf; sie verhalten
sich wie reines Kupfer, und der Zinkgehalt der Legirung
bleibt, wenn er auch bis zu 50 Procent steigt, ganz un-
thätig.
Unter den Legirungen aus Zink und Kupfer bei de-
nen das Zink den vorwaltenden Bestandtheil ausmacht,
giebt es keine einzige die hinreichende Festigkeit zur
Bearbeitung unter den Walzen und Hämmern besäfse. .
Alle Legirungen von 11 M. G. Zink und 10 M.G. Kupfer
an, bis zu denen aus 9 M.G. Zink und 1M. G. Kupfer,
sind so spröde, dafs sie zum Theil nicht einmal zum Gufs,
oder zur Darstellung von gegossenen Waaren- brauchbar
sind. Den höchsten Grad der Sprödigkeit besitzen die
Gemische aus 13 und aus 2 M. G. Zink zu 1M.G. Kupfer.
Diese Gemische haben muschliche Bruchflächen und sehen -
Schwefelmetallen ähnlicher als einem Gemisch aus zwei
Metallen. Das Kupfer scheint seinen färbenden Einflufs
noch bis zu dem Verhältnifs von 1 M.G. zu 11 M.G.
Zink zu äufsern; dann aber, und vielleicht noch etwas
früher, verschwindet die röthliche Färbung gänzlich und
wird durch eine blaugraue verdrängt.
Die Legirungen, in denen das Verhältnifs der glei-
chen Mischungsgewichte beider Metalle durch einen grö-
fseren Zinkgehalt derselben überschritten ist, verhalten
sich ganz anders als die vorigen zu den Säuren und zu
den Kupfersalzen. Sie zersetzen die letzteren und än-
dern sich dabei ganz in Kupfer um. In den Säuren, in
welchen das Kupfer und die Legirungen bis zu gleichem
M.G. von Kupfer und Zink nicht aufgelöst werden, lö-
sen sich die Legirungen auf, jedoch in dem Verhältnifs
langsamer und schwieriger, je gröfser der Kupfergehalt
ist. Weil die Legirungen aber auf die Kupfersalze rea-
22
giren, so schlagen sie das von den Säuren mit aufge-
löste Kupfer wieder nieder. Wenn daher weniger Säure
angewendet wird als zur Auflösung der Legirung erfor-
derlich ist, oder wenn die Auflösung in einer Säure statt-
findet, welche das Kupfer nicht angreift, so giebt im er-
sten Fall die Legirung so viel Zink ab, als zum Nieder-
schlagen des aufgelösten Kupfers erforderlich ist, und im
letzten Fall bleibt der ganze Kupfergehalt der Legirung
als ein braunrothes Pulver, ohne metallischen Glanz, so
vollständig zurück, dafs sich in der Flüssigkeit keine
Spur von Kupfer auffinden läfs. Aus dem Verhalten
aller dieser Legirungen läfst sich der Schlufs ziehen, dafs
sie wahre chemische Verbindungen und nicht etwa Ge-
menge von einer bestimmten Legirung mit dem im Ueber-
schufs vorhandenen Metall sind. Alle Gemische, die nur
etwas mehr als 1 M.G. Zink zu 1 M.G. Kupfer enthal-
ten, würden, wenn sie Gemenge wären, von den Säu-
ren, namentlich von der Schwefelsäure und von der Salz-
säure, nur theilweise aufgelöst werden können. Die Säu-
ren würden den Ueberschufs an Zink auflösen und die
nach einem bestimmten Verhältnifs zusammengesetzte, in
der Säure unauflösliche Legirung zurücklassen müssen.
Eben so würden die Gemische die Kupfersalze nur theil-
weise, nämlich in so fern als sie einen Ueberschufs an
Zink enthalten, zersetzen können. Aber die Auflösung
dort und die Zersetzung hier sind ganz vollständig. Es
ist immer merkwürdig, dafs die verdünnte Schwefelsäure,
welche das Kupfer gar nicht angreift, eine vollständige
Auflösung in Metallmischungen mit Zink bewirkt, in wel-
chen über 24 Procent Kupfer enthalten sind. Es ist
nicht zweifelhaft, dafs bei der unter dem Namen der
Scheidung durch die Quart bewirkten Scheidung des Gol-
des vom Silber durch Salptersäure ein ähnliches Ver-
halten der Gold- und Silber-Legirungen zur Salpeter-
säure statt findet, wie die Legirungen von Kupfer und
Zink zur Schwefelsäure darbieten. Dafs dort die Salpe-
23
tersäure durch das Gold von der Einwirkung auf das
Silber, so wie hier die Schwefelsäure durch das Kupfer
von der Einwirkung auf das Zink, auf eine rein mecha-
nische.Weise abgehalten würde, wenn die Mischung dort
zu wenig Silber und hier zu wenig Zink enthält, ist eine
Erklärungsart die jetzt schwerlich mehr befriedigen kann.
Die Kupfersalze werden von den Legirungen aus
Kupfer und Zink nicht zersetzt, so lange dieselben kei-
nen gröfseren Zinkgehalt haben als derjenige ist, welcher
den gleichen M.G. beider Metalle entspricht. Aber bei
einem nur unbedeutend gröfseren Zinkgehalt tritt sogleich
die Reduction der Kupfersalze ein, und diese hört nicht
etwa auf, wenn die Legirung einige Zeit lang wirksam
gewesen ist, sondern sie schreitet so lange fort bis die
Legirung vollständig zerlegt ist. Wäre das Metallgemisch
bei diesem Proceis nur durch den überschüssigen Gehalt
an Zink wirksam, so würde ein Zeitpunkt eintreten müs-
sen, wo die Legirung zu dem Verhältnifs von gleichen
M.G. Zink und Kupfer gelangt ist, also zu einem Ver-
hältnifs, bei welchem, wenn es ursprünglich vorhanden
ist, eine Einwirkung auf die Kupfersalze gar nicht mehr
statt findet. Dies Verhalten der Kupfer- und Zink-Le-
girungen gab Veranlassung zu der Untersuchung, ob Le-
girungen aus anderen Metallen vielleicht ein ähnliches
Gesetz befolgen möchten. Es fand sich, dafs Legirungen
von Kupfer und Silber die Auflösungen von salpetersau-
rem Silberoxyd nicht zersetzen, wenn der Silbergehalt
der Legirung etwa 78 Procent oder darüber beträgt. Das
‚Kupfer welches bekanntlich das salpetersaure Silberoxyd
mit derselben Heftigkeit zersetzt, mit welcher der Kupfer-
vitriol durch Zink zerlegt wird, verhält sich ganz unthä-
tig in den Legirungen mit Silber, so lange es nicht in
einem gröflseren Verhältnifs als in dem von 22 Procent
in der Metallmischung vorhanden ist. Geht der Kupfer-
gehalt des Silbers über dies Verhältnifs hinaus, ‚so tritt
die Reduction des Silbers aus der salpetersauren Auflö-
24
sung sogleich ein, jedoch um so schwieriger und langsa-
mer, je ärmer an Kupfer die Legirung ist. Diese wird
dabei in derselben Art vollständig zersetzt, in welcher
es bei den Legirungen von Kupfer und Zink mit den
Kupfersalzen der Fall ist, so dafs das legirte Silber die
Zerlegung des salpetersauren Silberoxyds immer noch be-
wirkt, wenn die Legirung auch schon ungleich mehr als
78 Procent Silber enthält, in sofern dies Verhältnifs nur
kein ursprüngliches gewesen ist. Eine Legirung aus glei-
chen Mischungsgewichten Silber und Kupfer besteht aber
aus etwa 77,2 Procent Silber und 22,8 Kupfer, so dafs
sich die Legirungen aus Silber und Kupfer zu den Sil-
bersalzen genau so verhalten, wie die Legirungen aus
Zink und Kupfer zu den Kupfersalzen.
Sehr wahrscheinlich wird sich bei allen Verbindun-
gen von zwei Metallen, besonders von solchen die in
einem starken elektrischen Gegensatz zu einander stehn,
allgemein das Verhalten zeigen, dafs das eine Metall in
der Legirung, bis zu einem gewissen und bestimmten Mi-
schungsverhältnifs, das andere»gegen die Einwirkung der-
jenigen Säuren schützt, in denen das eine von beiden
nicht auflöslich ist; dafs bei einem jenes Verhältnifs über-
steigenden Gehalt des in der Säure auflöslichen Metalls
auch das andere von der Säure mit aufgenommen wird,
und dafs die Salze welche das negativere Metall mit den
Säuren bildet, von dem positiveren Metall in der Legi-
rung, bis zu einem gewissen Mischungsverhältnifs mit dem
negativen Metall, gar nicht zersetzt werden, dafs aber
über dieses Verhältnifs hinaus die Zersetzung der Salze
durch das positivere Metall dergestalt eintritt, dafs die
Legirung selbst vollständig dabei zerlegt wird.
Auffallend ist der Einflufs den sehr geringe Beimi-
schungen von anderen Metallen auf die Festigkeit eines
Metalles zu äufsern vermögen. Sehr geringe Beimischun-
gen von Kupfer, Blei, Eisen, Quecksilber und Zinn ver-
windern die Festigkeit des Zinks in einem mehr oder
25
weniger bedeutenden Grade, und beschleunigen oder ver-
zögern die Auflösung in Säuren. Sehr wenig Kupfer und
sehr wenig Eisen dem Zink beigemischt, beschleunigen
die Auflösung. Nächst dem Quecksilber vermindert be-
sonders das Blei die Auflösbarkeit des Zinks in verdünn-
ter Schwefelsäure. Weil das im Handel vorkommende
- Zink fast niemals ganz frei von einem Bleigehalt ist, so
eignet sich das ungereinigte Zink zum Volta’schen Appa-
rat in der Regel besser als das in Schwefelsäure schnel-
ler auflösliche gereinigte Zink.
Herr Ehrenberg sprach über Francis Bauer,
den verdienstvollen greisen aber noch thätigen Anatomen
und Botaniker in Kew Green bei London, dessen per-
sönliche Bekanntschaft er in England gemacht, und theilte
die Nachricht mit, dafs einige seiner mühsamern, in der
Darstellung wohl unübertroffenen, daher nicht zu ver-
vielfältigenden Arbeiten, um sie nur zugänglich zu ma-
chen, in den englischen Pfennig-Magazinen nach seinen
Manuscripten und Zeichnungen roh mitgetheilt sind. Da-
hin gehören besonders die Entwickelung der Waizen-
Aelchen im trocknen Waizenkorn. Von solchen Wai-
‚ zenkörnern mit Aelchen, welche Herr Ehrenberg von
Herrn Bauer erhielt, wurde von ihm eine Partie vorge-
zeigt und der Inhalt unter dem Mikroskop anschaulich
gemacht. In den acht Jahre alten Körnern waren die
Aelchen, obwohl nicht mehr lebend, doch noch deutlich
sichtbar.
Sodann zeigte Derselbe eine aus zum Theil noch
lebenden Süfswasser -Infusorien bestehende Erde aus Eng-
land bei Newcastle, sprach über deren Verhältnils zu
der bei Berlin vorgekommenen, und schlofs mit Vorzei-
gen einer ähnlichen Erde aus Seethierchen, welche bei
Gravesand in den Niederungen an der Themse von ihm
beobachtet wurden.
Herr Prof. Poggendorff sprach über die von ihm
beobachteten Magnetisirungs - Erscheinungen.
26
Wenn zwei elektrische Ströme von gleicher Inten-
sität und paralleler, aber entgegengesetzter Richtung,
mittelst eines Multiplicators mit doppelten Drahtwindun-
gen, gleichzeitig auf eine Magnetnadel einwirken, so fin-
det, sowohl der Theorie, als der Erfahrung nach, eine
vollkommene Aufhebung derselben statt, und es tritt
demnach keine Ablenkung der Nadel ein. Läfst man
dagegen zwei solche gleich starke und entgegengesetzt
gerichtete Ströme abwechselnd und in rascher Auf-
einanderfolge durch einen und denselben Draht gehen,
‘so findet merkwürdigerweise eine sehr bedeutende Ein-
wirkung auf die Magnetnadel statt, die, aufser mehrern
Umständen, namentlich von der ursprünglichen Lage der
Nadel abhängt. Wich nämlich der Nordpol der Nadel,
vor der Einwirkung der Ströme, nur etwa 10° nach
Osten ab, so wird die Ableitung nach dieser Seite hin
vergröfsert; war dagegen derselbe Pol zuvor um etwa
dieselbe Gröfse nach Westen abgelenkt, so erfolgt eine
weitere Abweichung auch nach dieser Seite hin. Nur
wenn die Nadel, vor der Einwirkung der Ströme, den
Drahtwindungen parallel lag, sind die abwechselden Strö-
me, wie die gleichzeitigen, ohne Wirkung auf die Nadel.
Durch eine zahlreiche Reihe von Versuchen hat
Herr P. gefunden, dafs die Ursache dieser räthselhaften
Erscheinung in einer vorübergehenden Magnetisi-
rung der Magnetnadel abseiten der elektrischen Ströme
zu suchen sei. Ist nämlich ein elektrischer Strom stark
genug um eine Stahl- oder Eisennadel zu magnetisiren,
so geschieht diese Magnetisirung erfahrungsgemäls immer
in Uebereinstimmung mit der Ablenkung, welche er ihr
nach der Magnetisirung zu geben trachtet, oder, wenn
die Nadel schon vorher mit Magnetismus begabt war, in
Uebereinstimmung mit der Ablenkung, welche er vorher
bereits gegeben hatte. Dem zufolge werden die Ströme
der einen Richtung, welche, für sich wirkend, den Nord-
pol der Nadel z. B. nach der Rechten führen würden,
27
diesen Pol um eine gewisse Gröfse verstärken, wenn die
Nadel ursprünglich nach der Rechten abgelenkt war, die
Ströme der andern Richtung aber, welche für sich den-
selben Pol nach der Linken führen würden, um dieselbe
Gröfse schwächen; oder anders gesagt, es werden die
ersteren Ströme an dem Nordende der Nadel einen
neuen Nordpol, und die letzteren Ströme einen eben
so starken Südpol erzeugen. Die Wirkung, welche
die Ströme von beiderlei Richtungen auf den schon vor-
handenen Nordpol ausüben, ist entgegengesetzter Art, und
wird daher, bei einer raschen Folge und kurzen Dauer
dieser Ströme, vollkommen aufgehoben. Dagegen ist die
Wirkung, welche die Ströme der einen Richtung auf den
durch: sie hervorgerufenen Nordpol ausüben, von glei-
cher Art wie der, welche die Ströme von der entgegen-
gesetzten Richtung auf den durch sie erzeugten Südpol
hervorbringen. Dasselbe findet statt, wenn die Nadel
ursprünglich nach der Linken abgelenkt war, nur werden
dann die ersteren Ströme einen Südpol und die letzte-
ren einen Nordpol erzeugen. In beiden Fällen werden
sich also die secundären Wirkungen addiren, d. h. Ab-
lenkungen der Nadel im Sinne der ursprünglichen erfol-
gen. Hatte die Nadel keine ursprüngliche Ablenkung,
lag sie den Drahtwindungen parallel, so erfolgt keine
Magnetisirung, weil zu dieser immer ein gewisser Win-
kel der Nadel mit der Stromrichtung nöthig ist. Dann
fallen die secundären Wirkungen fort, und bleiben nur
die primären, die auf die ursprüngliche Polarität der
Nadel, und da diese einander aufheben, so bewirkt die
Reihe der abwechselnd entgegengesetzien Ströme von
gleicher Intensität keine Ablenkung der Nadel. Dies in
Kurzem die Theorie des Phänomens der doppelsinnigen
Ablenkung.
Herr P. beobachtete das Phänomen zunächst an
magneto-elektrischen Strömen, als er die Drahtenden
eines Multiplicators in die Quecksilberbehälter einer Sax-
28
ton’schen Maschine tauchte, mit welchen die Enden des
um den rotirenden Anker gewickelten Drahts durch
Kupferscheiben auf eine stetige Weise verbunden waren.
Man erhält dann bekanntlich ohne Weiteres in dem Mul-
tiplictordraht eine Reihe abwechselnd entgegengesetzter
und gleich starker Ströme.
Um der in neuerer Zeit von einem ausgezeichneten
Physiker aufgestellten Ansicht von einer specifischen Ver-
schiedenheit der magneto-elektrischen und Volta’schen
Ströme zuvorzukommen, suchte Herr P. indefs auch spä-
terhin die Erscheinung mittelst der letzteren Ströme her-
vorzubringen. Zu dem Ende liefs er ein kleines Instru-
ment anfertigen, welches den Strom der Volta’schen Kette
mindestens eben so rasch umzukehren erlaubte, als es
bei dem Spiel der Saxton’schen Maschine mit den ma-
gneto-elektrischen Strömen der Fall ist; der Erfolg ent-
sprach ganz der Erwartung. Als er nämlich mittelst die-
ses Instruments, welches er passend mit dem Namen
Inversor glaubte belegen zu müssen, und bei dieser
Gelegenheit der Gesellschaft vorzeigte, den Strom einer
grofsplattigen einfachen Volta’schen Kette etwa 20 Mal
in einer Sekunde umkehrte, erhielt er bei Wirkung auf
die Doppelnadel eines Multiplicators ganz dieselben Er-
scheinungen wie mit den magneto-elektrischen Strömen.
Auch die Wirkung zweier Magnete auf einander giebt
zu derselben Erscheinung Anlals. Hängt man nämlich
den einen in horizontaler Lage auf, und läfst den an-
dern um eine gegen seine Längenrichtung winkelrechte
Axe in einer vertikalen Ebene rotiren, so dafs seine Pole
einer nach dem andern in einigem Abstande neben den
Polen des ersteren Magneten vorbeigehen müssen, so
üben, nachdem die Rotation einen hinreichenden Grad
von Geschwindigkeit erreicht hat, beide Magnete unter
allen Verhältnissen immer eine Anziehung auf einan-
der aus. Der Grund ist auch hier einfach der, dafs die
primären Wirkungen der beiden Pole des rotirenden‘
29
Magneten auf einen jeden des hängenden von entgegen-
gesetzter Art sind, mithin bei der raschen Aufeinander-
folge einander vernichten, während die secundären, auf
gegenseitiger Magnetisirung beruhenden Wirkungen bei
beiden Polen von gleicher, nämlich anziehender Art
sind, und daher einander unterstützen.
Herr Gurlt zeigte lebende Räude- oder Krätzmil-
ben von Pferden unter dem Mikroskop, beide Geschlech-
ter in der Begattung.
Versammlung am 18ten December.
Herr Weifs übergab die von Herrn Bergrath Schü-
ler, jetzt in Bucharest, herausgegebene Bee clraihine der
Wirkungen des dortigen Erdbebens vom 23sten Januar
1838, a legte sodann der Gesellschaft Zeichnungen
von Thierfährten vor, welche denen des Cheirotherium
von Hildburghausen vollkommen gleich, in England, und
zwar in einem Steinbruch des Storeton-hill bei Bebbing-
ton in Cheshire, im dortigen new red sandstone gefun-
den worden sind.
Herr Karsten hielt über die Reduction der Eisen-
erze in den Schachtöfen bei heifsem und kaltem Winde
und bei rohem und verkohltem Brennmaterial folgenden
Vortrag.
Die sehr bedeutende Ersparung an Brennmaterial,
welche in den Schachtöfen durch die Einführung des er-
hitzten Windes bewirkt worden ist, hat den Physikern
und Metallurgen schon vielfach Veranlassung gegeben,
die Ursache eines Erfolges zu ermitteln, der, durch die
Theorie nicht vorhergesehen, sogar im Widerspruch mit
der Erfahrung zu stehen schien, die man auf den Eisen-
‚hüttenwerken gemacht hatte. Diese Erfahrung besteht
darin, dafs der Gang der Hohöfen in heifsen Sommer-
tagen immer unvollkommener ist als in Tagen von mitt-
30
lerer Temperatur, und dafs Reduction, Schmelzung und
Absonderung des Roheisens von der Schlacke an kalten
und heiteren Wintertagen am vollständigsten erfolgen.
Seitdem die unerwartet günstigen Wirkungen der erhitz-
ten Gebläseluft allgemein bekannt geworden sind, hat
man angefangen, jene Erfahrung für einen Irrthum zu
erklären. Man hat sich für berechtigt gehalten, auf den
Grund einer neuen Erfahrung, die mit jener ersten nicht
vereinbar zu sein schien, die ältere gänzlich abzuläug-
nen, statt dafs man hätte bemüht sein sollen, die Ursa-
che des scheinbaren Widerspruchs zu erforschen. Wenn
man aus der früheren Erfahrung den Schlufs zog, dafs
den Ofenschächten die Gebläseluft in einer möglichst nie-
drigen Temperatur zugeführt werden müsse, damit sie
den gröfsten und vortheilhaftesten Effekt leisten könne,
so ist die Unrichtigkeit dieser Folgerung jetzt vollständig
erwiesen. Daraus ergiebt sich aber nicht die Unrichtig-
keit der Erfahrung selbst, welche keinem aufmerksamen
praktischen Metallurgen entgangen ist, sondern es folgt
nur daraus, dafs es nicht die thermometrische Beschaf-
fenheit der atmosphärischen Luft, — wie man zu vor-
eilig geschlossen hat, — sondern irgend ein anderer Zu-
stand der Atmosphäre gewesen ist, der auf den Redu-
etions- und Verbrennungs - Procels einen wesentlichen
Einflufs ausübte. Dieser Zustand ist, so weit unsere
jetzigen Kenntnisse reichen, der elektrische, und die auf-
fallende Erschwerung des Verbrennungsprocesses in den
Ofenschächten an schwülen und drückenden Sommerta-
gen ist daher kein Wärme- sondern wahrscheinlich ein
elektrisches Phänomen. Die Thatsache selbst ist unbe-
streitbar und durch die sorgfältigen und aufmerksamen
Beobachtungen der Metallurgen vollständig ermittelt; der
Grund aber weshalb bei einem gewissen elektrischen Zu-
stande der Atınosphäre der Reductions- und Verbren-
nungsprocefs erschwert und verzögert werden, noch völ-
lig unbekannt. Jener elektrische die Verbrennung ver-
—
31
zögernde Zustand der Luft scheint mit der dieselbe be-
fördernden Wirkung der Wärme geradezu im Gegensatz
zu stehen, denn die Erscheinungen welche der Betrieb
der Hohöfen mit Luft von atmosphärischer Temperatur
bei einem stark elektrischen und bei einem nicht elek-
trischen Zustande der Atmosphäre darbietet, stehen ge-
nau in demselben Verhältnifs zu einander wie die Er-
scheinungen beim Betriebe der Oefen mit kalter und mit
erhitzter Gebläseluft. Dafs dieser elektrische Einflufs
durch Erhitzung der Luft zerstört wird, scheint nicht un-
wahrscheinlich, und dann würde zu den Vortheilen, wel-
che die Erhitzung des Windes gewährt, auch noch der
hinzutreten, dafs dadurch der störende elektrische Ein-
fluls der atmosphärischen Luft vernichtet wird. Es scheint
daher, dafs diese ältere Erfahrung, weit entfernt im Wi-
derspruch mit der neueren Erfahrung über den günsti-
gen Erfolg des erhitzten Windes zu stehen, nur dazu
geeignet ist, sich über die Ursache dieses günstigen Fr-
folges einen näheren Aufschlufs zu verschaffen.
Kaum glaubte man sich über die Gründe verstän-
digt zu haben, aus welchen die Anwendung der erhitz-
ten Luft eine Ersparung an Brennmaterial in den Ofen-
schächten bewirken müsse, als eine neue Erfahrung ge-
macht ward, die für die metallurgischen Processe von
nicht geringerer Wichtigkeit zu werden verspricht, näm-
lich die aufserordentliche Ersparung an Brennmaterial
durch die Anwendung desselben im rohen oder auch im
nicht völlig verbhli Zustande. Hier schien der Grund
des Erfolges weit näher zu liegen, denn man durfte nur
auf die Brennkraft der flüchtigen Verbindungen verwei-
sen, welche bei dem Verkohlungsprocefs entweichen und
ganz verloren gehen, aber zur Benutzung kommen, wenn
die Verkohlung im Schacht des Ofens selbst erfolgt. Es
ist schon in den beiden vorhergehenden Aufsätzen ge-
zeigt worden, dafs die flüchtigen Verbindungen an dem
Verbrennungsprocefs durch die Gebläseluft keinen An-
32
theil nehmen können, weil sie in der oberen Region des
Schachtes entwickelt werden, in welcher kein freier Sauer-
stoff aus der in den Ofen gebrachten atmosphärischen
Luft mehr vorhanden ist; dafs sie aber auch auf den ge-
bundenen Sauerstoff im Eisenerz nicht einwirken können,
weil die Reduction des oxydirten Eisens in der Tempe-
ratur, bei welcher jene flüchtigen Verbindungen entwik-
kelt werden, noch nicht erfolgt. Statt den Aufwand an
Brennmaterial zu vermindern, würde die Entwicklung
der flüchtigen Bestandtheile in den ÖOfenschächten also
gerade umgekehrt eine Vermehrung des Brennmaterialien-
verbrauchs zur Folge haben müssen, weil die Entmischung
des rohen Brennmaterials nicht ohne einen sehr bedeu-
tenden Aufwand von Wärme bewirkt werden kann, wel-
cher bei dem Verkohlungsprocefs entweder durch einen
Theil des Brennmaterials selbst, oder durch eine ange-
wendete äufsere Erhitzung bestritten werden mufs. An-
gemessener war daher die Annahme, dafs die Ersparung
an Brennmaterial durch die Anwendung unverkohlter -
brennbarer Körper dadurch herbeigeführt werde, dals
sich bei dem gewöhnlichen Verkohlungsprocefs Verbin-
dungen bilden, in deren Mischung eine grölsere Menge
von Kohlenstoff eingeht, als bei den durch die Verkoh-
‚Jung im Ofenschacht sich erzeugenden Verbindungen;
dafs also im letzten Fall mehr darstellbare Kohle zurück-
bleibt und dafs diese gröfsere Menge der darstellbaren
Kohle beim Verbrennen eine so viel gröfsere Wärme-
menge entwickelt, dafs dadurch nicht allein die zur Ver-
flüchtigung der sich bildenden flüchtigen Verbindungen
erforderliche Wärme herbeigeschafft werden kann, son-
dern dafs auch noch ein Ueberschuls an Wärme ent-
steht, durch welchen die Ersparung an Brennmaterial
bewirkt wird. Es ist kaum zu bezweifeln, dafs dieser
Erfolg auch wirklich eintritt und dafs darauf besonders
bei der Anwendung des halbverkohlten Holzes ein gro-
fser Werth gelegt werden mufs. Allein dieses Verhalten
der
33
der brennbaren Körper bei der Verkohlung wird immer
die aufserordentlich grofse Verschiedenheit.im Effekt bei
den rohen und verkohlten Brennmaterialien, besonders
bei den rohen Steinkohlen und bei den daraus darge-
stellten Koaks, nicht erklären können, sondern es müs-
sen nothwendig noch andere Gründe vorhanden sein,
augwelchen der Effekt des nicht verkohlten Brennmate-
rials in den Ofenschächten in einem so bedeutenden Grade
gesteigert wird. Vielleicht wird man zu einer klareren
Einsicht darüber gelangen, wenn man sich zuvor über
die Wirkungsart der erhitzten Gebläseluft Rechenschaft
gegeben haben wird.
Bei der jetzt erwiesenen Ersparung an Bremmmate-
rial, die aus der Anwendung des erhitzten Windes ent-
springt, kommt es darauf an, den Zusammenhang nach-
zuweisen, in welchem diese Ersparung mit den verän-
derten Erscheinungen steht, die der Betrieb der Oefen
mit kalter und mit erhitzter Luft darbietet. Dieser auf-
fallende‘ Unterschied im Gange der Oefen mit erhitzter
oder mit nicht erhitzter Luft besteht aber darin, dafs die
Temperatur in dem eigentlichen Schmelzraume des Ofens,
unmittelbar vor den Formen, durch die Anwendung des
erhitzten Windes sehr beträchtlich gesteigert wird, und
dafs mit dieser Erhöhung der Temperatur eine Zunahme
der Hitze in den oberen Theilen des Ofens nicht ver-
bunden ist, während bei kaltem Winde eine zunehmende
stärkere Erhitzung im Schmelzraum nicht auf diesen allein
beschränkt bleibt, sondern die Wärmezunahme in dem
ganzen Ofenschacht auffallend bemerkbar wird. Offen-
bar kann nur in dem Zusammenhange dieser Erscheinun-
gen die Ursache dieses gröfseren Effekts der erhitzten
Gebläseluft aufgesucht werden. Wenn bei der Anwen-
dung von Gebläseluft von der gewöhnlichen Temperatur
der Atmosphäre, an drückend heissen Gewittertagen,
keine vollständige Scheidung des Eisens von der Schlacke
vor den Formen im Ofengestell erfolgen will, und wenn
3
34
dabei jede Verstärkung des Windes zur Hervorbringung
einer gröfseren Hitze im Gestell erfolglos bleibt, so
nimmt die Hitze im Schacht des Ofens nicht allein nicht
ab, sondern sie wird vielmehr zu einem solchen Grade
gesteigert, dafs aus der Gichtenflamme auf einen recht
gaaren Gang des Ofens geschlossen werden mülste. Die-
ser findet auch in der That statt, allein das Eisen bleibt
weils und matt und scheidet sich, wegen unzureichender
Hitze vor den Formen, nicht vollständig von der Schlacke,
so dafs, ungeachtet der vollständigen Reduction des Er-
zes, ein geringes Ausbringen an Roheisen aus dem Erz
und ein grolser Aufwand an Brennmaterial die Folgen
eines. solchen Betriebes sind. Dieser Erfolg scheint den
Schlüssel zur Erklärung der verschiedenartigen Wirkung
des heifsen und des kalten Windes zu enthalten. Es
kommt dabei weniger darauf an, sich Rechenschaft dar-
über zu geben, warum der Verbrennungsprocefs durch
heifse Luft in einem höheren Grade befördert wird als
durch kalte, sondern vielmehr darauf, den Zusammenhang
der weniger lebhaften Verbrennung vor den Formen mit
der stärkeren Erhitzung des Ofenschachtes und mit dem
damit in Verbindung stehenden gröfseren Verbrauch an
Brennmaterial zu erklären. Die Herren Buff und Ber-
thier haben schon längst gezeigt, dafs es in der Eigen-
schaft der erhitzten Luft selbst liegen müsse, welshalb
durch sie die Verbrennung lebhafter und vollständiger
als durch kalte Luft erfolgt,.eine Eigenschaft die sich
auch bei der Luft von atımosphärischer Temperatur in
ihrem elektrischen oder nicht elektrischen Zustande zu
erkennen giebt; allein die mehr oder minder grofse Leb-
haftigkeit des Verbrennungsprocesses würde an sich die
mit der ersteren in Verbindung stehende Ersparung an
Brennmaterial nicht vollständig erklären können, weil in
allen Fällen der Sauerstoff der Gebläseluft vollständig
consumirt wird, also die Quantität der beim Verbrennen
sich entwickelnden Hitze immer dieselbe bleiben mufs.
35
Bei dem Vortrage über die Dimensionen der Schächte
und Schmelzräume, besonders bei den Eisenhohöfen, hat
sich mir, sowohl im Handbuch der Eisenhüttenkunde als
in meinem System der Metallurgie, oft genug Veranlas-
sung dargeboten, auf die Erscheinungen bei der Reduc-
tion und Schmelzung der Erze aufmerksam zu machen.
In jedem Schachtofen wird der Reductions- und Schmelz-
procefs auf die Weise unterhalten, dafs abwechselnde
Schichten von Brennmaterial und von dem zu verschmel-
zenden Haufwerk nach und nach vor der Form nieder-
sinken. Dort findet der höchste Grad der Hitze im Ofen
statt, welche sich im stets abnehmenden Verhältnifs bis
zur Gicht des Ofens vermindert, obgleich die Gichthöhe
selbst, wegen der Berührung mit der Atmosphäre die
dort den Procefs des Verbrennens unterhält, nicht im-
mer der kälteste Theil des Schachtes ist. Es ist noth-
wendig, das Brennmaterial und. das Erz schichtenweise,
und nicht mit einander gemengt, im Ofenschacht nieder-
gehen zu lassen. Durch das Vermengen würde sich die
Hitze sehr unregelmäfsig im Schacht verbreiten und diese
Verbreitung würde von dem zufälligen Umstande abhän-
gig sein, ob sich auf einzelnen Punkten mehr Brennma-
terial oder mehr Erz angehäuft habe, wogegen bei einer
regelmäfsigen Schichtung Reduction und Erhitzung, bis
zum beginnenden Schmelzen oberhalb der Form, stufen-
weise fortschreiten. Man hat zwar behauptet, dafs in
solchen Fällen, wo nicht blofs eine Schmelzung sondern
auch eine Reduction stattfinden soll, die letztere durch
eine vollständigere Berührung des Erzes mit dem brenn-
baren Körper befördert werde, und aus diesem Grunde
die Rathsamkeit einer Vermengung beider Körper gefol-
gert; allein es ist bekannt, dafs die Reduction nur auf
der Oberfläche eines Körpers eingeleitet werden darf,
und dafs sie sich bis in das Innere desselben fortpflanzt,
ohne dafs dort eine unmittelbare Berührung mit dem re-
ducirenden Körper nöthig wäre. Herr le Play hat zwar
3*#
36
erst kürzlich wiederholt auf die reducirende Wirkung
des Kohlenoxydgases aufmerksam gemacht; er hat ge-
zeigt, dafs oxydirtes Eisen, unter Umständen bei denen
es mit der Kohle gar nicht in Berührung kam, in einem
verschlossenen Gefäfs in welchem sich nur etwas atmo-
sphärische Luft befand, in einer angemessenen Tempe-
ratur reducirt ward, und daraus mit Recht geschlossen,
dafs die Reduction dadurch bewirkt worden sein müsse,
dafs das aus der Einwirkung der in dem Gefäls einge-
schlossenen atmosphärischen Luft auf die glühende Kohle
gebildete Kohlenoxydgas dem Eisenoxyd Sauerstoff ent-
zogen habe und selbst dabei in kohlensaures Gas umge-
ändert worden sei, welches dann abermals durch Auf-
nahme von Kohle zu Kohlenoxydgas verändert worden
und dafs diese Umänderung in Kohlenoxydgas und in
Kohlensäure durch wechselsweise Aufnahme von Kohle
oder von Sauerstoff bis zur vollständigen Verbrennung
der Kohle, oder bis zur völligen Reduction des Eisen-
oxyds fortgesetzt werde; allein auf solche Weise wird
das oxydirte Eisen in den Ofenschächten unbezweifelt
nicht reducirt, indem das aus der Einwirkung des koh-
lensauren Gases auf die glühenden Kohlen im Ofen-
schacht sich bildende Kohlenoxydgas zu schnell aus der
Gicht des Ofens zu entweichen Gelegenheit findet, das
oxydirte Eisen auch überall mit glühenden Kohlen um-
geben ist, durch welche die Reduction unmittelbar ein-
geleitet werden kann, ohne dafs es dazu erst der Zer-
setzung eines Gases bedürfte, die aufserdem unter Um-
ständen erfolgen müfste, unter welchen mehr die Bildung
als die Zerlegung desselben veranlafst wird.
Das Niedersinken des Brennmaterials mit dem Erz
in abgesonderten Schichten verzögert also die Reduc-
tion nicht, trägt aber zur gleichmäfsigen Verbreitung der
Hitze von der Form bis zur Gicht ganz wesentlich bei.
Diese regelmälsige Zunahme der Temperatur ist es, wo-
durch das gleichmäfsige Niedersinken der Schichten, wel-
37
ches man einen guten Gang des Ofens nennt, herbeige-
führt wird. Verbreitet sich die Hitze durch irgend eine
Veranlassung unregelmäfsig, so entsteht die Erscheinung,
welche man das Hängenbleiben oder das Kippen der
Gichten genannt hat. Es kann sich dabei an einzelnen
Stellen eine sehr starke Hitze entwickeln, die aber nur
für die Wände des Schachtes nachtheilig wird und nicht
hinreicht, die zusammengehäuften Massen des zu ver-
schmelzenden Haufwerks in Flufs zu bringen. Mit der
gröfseren Höhe und mit dem gröfseren räumlichen Inhalt
des Schachtes wächst dann die Gefahr, des Erstickens,
indem die nicht hinreichend zu erhitzenden zusammenge-
sinterten Massen zu erstarren anfangen, und das regel-
mäfsige Niedergehen der Kohlen in den Schmelzraum,
folglich die Entwickelung der Hitze und deren Verbrei-
tung, verhindern. Man kann annehmen, dafs die ganze
Quantität des Sauerstoffs der ‘atmosphärischen Luft, wel-
che durch die Form in.den ‚Ofen strömt, bei dem gün-
stigsten Gange des Ofens durch diejenige Kohlengicht
absorbirt wird, welche sich gerade vor oder über der
Form im Schmelzraum befindet. Die zunächst nach oben
folgenden Gichten werden also nicht mehr durch das
unmittelbare Verbrennen des Brennmaterials durch den
Sauerstoff der Gebläseluft erhitzt werden können, weil
derselbe schon vollständig absorbirt sein mufs, sondern,
die Erhitzung dieser Gichten wird nur durch die glühen-
den Gasarten erfolgen, welche sich als das Resultat des
Verbrennungsprocesses im Schmelzraum entwickeln und
aus der Gicht des Schachtes ausströmen. Es sind also
die im Schmelzraum gebildeten glühenden Gasarten, wel-
che, indem sie ihre Wärme an die Schichten von Brenn-
material und Erz absetzen, durch welche sie sich einen
Weg bahnen müssen, sehr wesentlich dazu beitragen,
die Reduction und die Schmelzung der Erzgichten vor-
zubereiten. Die Reduction mufs schon vollendet sein,
ehe die Erzgichten den Schmelzraum erreichen, weil sonst
38
ein Theil des Erzes unreducirt mit in die Schlacke über-
gehen würde. Die glühenden Gasarten werden folglich
eine eben so grofse Quantität Brennmaterial ersetzen,
als erforderlich sein würde, um durch den Verbrennungs-
procefs so viel Hitze zu entwickeln, als die Gasarten an
die Erz- und Kohlengichten abgeben.
Wenn der hier dargestellte und schon vor mehreren
Jahren wiederholt vorgetragene Vorgang bei dem Re-
ductions- und Schmelzprocels in den Schachtöfen der
richtige ist, so wird es noch nöthig sein auf die Pro-
ducte der Verbrennung selbst einen Blick zu werfen.
Im Schmelzraum, nämlich vor den Formen, kann sich
wegen des vorhandenen freien Sauerstoffs nur kohlen-
saures Gas erzeugen. Dieses Gas sowohl als das un-
zersetzt bleibende Stickgas der Gebläseluft, befinden sich
in einem so hohen Grade der Temperatur, dafs sie die
zunächst über dem Schmelzraum befindlichen Gichten
noch in Weifsglühhitze versetzen, und dafs daher, in
einer so geringen Höhe über der Form, die Bildung des
Kohlenoxydgases durch die Einwirkung der im Schmelz-
raum gebildeten Kohlensäure auf die weilsglühenden Koh-
len eben so wenig erfolgt, als durch-die Reduction der
noch unreducirt gebliebenen Antheile des Eisenerzes. Je
mehr aber die Entfernung von der Form zunimmt und
je mehr Wärme die glühenden Gasarten folglich schon
an die Schichten abgesetzt haben, in denen sie aufstei-
gen, desto mehr wird die Bildung des Kohlenoxydgases
befördert. Zum Theil wird sich allerdings die aus den
tieferen Schichten nach oben entweichende Kohlensäure,
durch Aufnahme von Kohle aus den nur noch rothglü-
henden Schichten des Brennmaterials, etwa in der Höhe
des Kohlensacks und unmittelbar über demselben, in
Kohlenoxydgas umändern; allein die eigentliche Quelle
für die Bildung dieses Gases ist in der Reduction des
oxydirten Erzes durch die rothglühende Kohle zu su-
chen, und die Menge des sich bildenden Kohlenoxyds
39
wird um so gröfser sein, je weiter, bis zur Ofengicht
hinauf, durch die Temperatur in den oberen Theilen
des Schachtes, die Reduction des Erzes noch erfolgen
kann. Es ist aber einleuchtend, dafs zur Reduction eines
Oxyds gerade noch einmal so viel Kohle erforderlich
ist, wenn die Reduction unter Umständen erfolgt, wel-
che die Bildung von Kohlenoxydgas veranlassen, als wenn
sie unter Umständen stattfindet, welche die Bildung von
Kohlensäure begünstigen. Kaum kann es daher zweifel-
haft sein, dafs die zur Reduction des Oxyds in den
Ofenschächten erforderliche Quantität Kohle vorzugs-
weise von dem Verhältnifs abhängig bleibt, in welchem
sich kohlensaures Gas oder Kohlenoxydgas bilden. Bei
einem regelmäfsigen Gange des Ofens verändern sich diese
Umstände nicht und der Aufwand an Brennmaterial bleibt
‚daher unverändert. Gäbe es ein Mittel die Bildung des
Kohlenoxydgases zu verhindern, so würde dies zugleich
das Mittel sein, die Reduction des Erzes mit einem
Brennmaterial- Aufwande zu bewerkstelligen, welcher der
möglichst geringste sein würde. Herr Berthier hat kürz-
lich (Ann. des mines XII. 715.) wieder darauf aufmerk- -
sam gemacht, dafs Herr Aubertot schon im Jahre 1814
die Benutzung der aus der Gicht des Hohenofens ent-
weichenden Gasarten, wegen der grofsen Quantität Brenn-
stoff welche sie enthalten, dringend empfohlen habe, und
dafs das Kohlenoxydgas es eigentlich sei, auf dessen Be-
nutzung es ankomme; dafs aber die Annahme von einer
reducirenden Wirkung dieser Gasart während ihrer Bil-
dung im Ofenschacht unstatthaft sei; und darin stimme
ich ihm gänzlich bei. Die Frage über die Benutzung des
gebildeten Gases ist indefs eine andere, als die über die
Mittel, durch welche die Bildung desselben, wenn auch
nicht gänzlich zu verhindern, doch wenigstens nach Mög-
lichkeit zu beschränken sein möchte. Eine nähere Be-
leuchtung derselben wird vielleicht mit besserem Erfolg
geschehen können, wenn zuvor der umgekehrte Fall be-
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trachtet und die Verhältnisse untersucht werden, unter
denen die Bildung dieses Gases im Ofenschacht beför-
dert wird.
Wenn durch eine besondere Constitution der atmo-
sphärischen Luft, durch welche der Verbrennungsprocefs
erschwert wird, oder durch weite Schmelzräume in de-
nen der Wind aus dem Gebläse nicht mehr concentrirt
- zusammengehalten werden kann, oder durch einen be-
sonderen Umstand, welcher das Entweichen der Gasar-
ten aus dem Schmelzraum entweder zu sehr beschleu-
nigt, oder zu sehr verzögert, der regelmäfsige Gang der
Schmelzarbeit unterbrochen wird: so beschränkt sich die
Einwirkung der in den Schmelzraum geführten Gebläse-
luft nicht auf die so eben niedergehende Kohlengicht,
sondern ein mehr oder minder beträchtlicher Antheil der-
selben tritt unzerlegt in die nächst höheren Schichten.
Der Erfolg dieses Verhaltens wird darin bestehen, dafs
denjenigen Schichten des Brennmaterials, welche nur
durch glühende und von Sauerstoff ganz befreite Gasar-
ten erhitzt werden sollten, noch freier Sauerstoff zuge-
führt, dafs also die Verbrennung des Brennmaterials durch
ungebundenen Sauerstoff und nicht durch den gebunde-
nen Sauerstoff des zu reducirenden Erzes bewerkstelligt
wird. Abgesehen davon, dafs der eigentliche Schmelz-
raum nun nicht mehr gehörig erhitzt, also die Scheidung
des reducirten Metalles von der Schlacke nur unvoll-
ständig bewirkt werden kann, wird sich auch die Wir-
kung des freien Sauerstoffs der Gebläseluft noch in den
höheren Theilen des Ofenschachtes geltend machen. Statt
einer progressiv nach oben abnehmenden Hitze werden
die Schichten des Brennmaterials in den oberen Schacht-
höhen keiner bedeutend geringeren Temperatur ausgesetzt
sein, als die tieferen Schichten, obgleich die Hitze im
Schacht im Allgemeinen aus dem Grunde geringer sein
kann, wie bei dem vorhin betrachteten regelmäfsigen
Ofengange, weil der Procefs der Verbrennung sich auf
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einen weit gröfseren Raum erstreckt und durch den Ver-
brennungsprocefs noch Glühhitze in denjenigen Schacht-
höhen, mindestens auf einigen Punkten in diesen Höhen,
entwickelt wird, in welchen die Temperatur bei einem
regelmäfsigen Gange schon so gesunken ist, dafs sie zur
Reduction des Erzes nicht mehr zureicht. Die verschie-
denen Schichten des Brennmaterials im Ofenschacht be-
finden sich also in Verhältnissen, durch welche die Bil-
dung des Kohlenoxydgases, theils durch die Reduction
des Erzes, theils durch die Höhe der Säule in welcher
das beim Verbrennen entwickelte kohlensaure Gas auf-
steigen mufs, ganz besonders begünstigt wird. Es wird
folglich bei einem unregelmäfsigen Gange des Ofens mehr
Kohlenoxydgas und weniger kohlensaures Gas als bei
einem regelmäfsigen Betriebe gebildet werden müssen.
Die Anwendung des hier dargestellten Erfolges auf
die Wirkung der heifsen Gebläseluft ist ganz einfach
und liegt sehr nahe. Die erhitzte Luft beschleunigt mehr
als die kalte den Procefs des Verbrennens; es werden
also bei der Anwendung des heifsen Windes diejenigen
Erfolge vorzugsweise eintreten, welche so eben bei Be-
trachtung eines regelmäfsigen Ofenganges dargestellt wor-
den sind, nur dafs sie sich in einem noch höheren Grade
durch bedeutende Erhöhung der Temperatur im Schmelz-
raum und durch schnellere-Abnahme derselben im Schacht
des Ofens zu erkennen geben müssen. Die Bedingun-
gen zur Bildung des Kohlenoxydgases werden eben da-
durch vermindert, und es mufs sich bei heifsem Winde
mehr kohlensaures Gas und weniger Kohlenoxydgas als
bei kaltem Winde bilden, woraus sich dann der gerin-
gere Verbrauch an Brennmaterial bei der Anwendung
der erhitzten Luft ebenfalls erklärt. Dafs aber auch bei
der Anwendung der nicht erhitzten Gebläseluft eine stär-
kere Pressung des Windes und engere Dimensionen des
Schmelzraums eine Ersparung an Brennmaterial zur Folge
haben müssen, beruht auf denselben Gründen.
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Der mehr oder weniger vollkommene Verbrennungs-
procels im Schmelzraum ist von dem Umstande: ob das
Brennmaterial im verkohlten oder im unverkohlten Zu-
stande angewendet wird, völlig unabhängig, indem die
Verkohlung im Ofenschacht schon früher erfolgt, ehe das
Brennmaterial den Schmelzraum erreicht. Aber durch die
Anwendung des nicht verkohlten Brennmaterials wird,
durch die starke Dampfentwickelung bei dem Procefs der
Verkohlung im Ofenschacht, eine Quantität Wärme ge-
bunden, welche bei der Anwendung des verkohlten Brenn-
materials zur Erhitzung der oberen Erz- und Kohlen-
schichten verwendet worden sein würde. Die Folge da-
von wird eine stärkere Abkühlung des Schachtes in dem
zwischen der Gicht und der Rast befindlichen Theil des-
selben sein, so dafs die Reduction des Erzes im Ofen-
schacht, bei der Anwendung des nicht verkohlten Brenn-
materials, in tieferen Schichten, dann aber auch
bei ungleich höheren Temperaturgraden erfolgt.
Dies sind diejenigen Umstände unter welchen sich vor-
zugsweise kohlensaures Gas und nicht Kohlenoxydgas bei
der Reduction des Eisenoxyds bildet. Nächstdem wird
aber auch die Höhe der rothglühenden Säule, in welcher
das aus den tieferen Schichten und besonders aus dem
Schmelzraum entwickelte kohlensaure Gas in die Höhe
steigen mufs, bedeutend verringert und das kohlensaure
Gas gelangt sehr bald in so stark abgekühlte Schichten,
dafs die Umänderung desselben in Kohlenoxydgas nicht
mehr erfolgen kann.
Läfst sich aus dieser einfachen Betrachtung der Grund
der bedeutenden Ersparung an Brennmaterial durch die
Anwendung desselben im nicht verkohlten Zustande sehr
klar und ungezwungen, und ganz in Uebereinstimmung
mit den Erscheinungen entnehmen, welche der Betrieb
der Oefen mit verkohltem und mit nicht verkohltem
Brennmaterial darbietet: so würde daraus die Folgerung
gezogen werden müssen, dafs sich durch die Anwendung
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des lufttrocknen Holzes eine ungleich gröfsere Ersparung
an Brennmaterial bewirken lassen müsse, als durch die
Anwendung des halbverkohlten Holzes. Ohne Zweifel
wird aber die Abkühlung der Schächte im ersten Fall
in einem zu hohen Grade bewirkt, so dafs das Erz zu
spät zur Reduction gelangt. Nächstdem sind die mecha-
nischen Hindernisse zu berücksichtigen, welche durch das
starke Schwinden des lufttrocknen Holzes beim Verkoh-
len herbeigeführt werden, indem dadurch Veranlassung
zum Durchrollen der Erze und zum Kippen der Gichten
gegeben wird. Die starke Dampfentwickelung bei der
Anwendung von unverkohlten Brennmaterialien ist es aber
auch, welche auf den Betrieb des Ofens sehr störend ein-
wirkt, wenn das schnelle Abziehen der Dämpfe aus der
Gicht erschwert wird. Daher werden weder solche Brenn-
materialien die nur geringe Zwischenräume gestatten (zer-
kleinerte Steinkohlen) noch solche Eisenerze, die wegen
ihrer ockrigen und mulmigen Beschaffenheit zu dicht über
einander liegen, zur Anwendung von unverkohltem Brenn-
material geeignet sein, indem sie den Gasen und den
Dämpfen den Austritt aus der Gicht erschweren. End-
lich ergiebt sich, dafs die Anwendung der nicht verkohl-
ten Brennmaterialien nothwendig Ofenschächte mit nicht
zu weiten Gichtöffnungen erfordert, um die Gase und
Dämpfe durch einen starken Luftzug von unten nach
oben schnell zu entfernen.
Herr Ehrenberg zeigte wohlerhaltene mikroskopi-
sche getrocknete Präparate von dem kürzlich in Potsdam
getödteten Elephanten, Elephas indicus, vor: Elemen-
tar-Muskelfasern, Blutkörperchen und Spermatozoen.
Die Elementar - Muskelfasern der Schenkelmuskeln
zeigten, bei ungefähr gleicher Stärke mit denen des Pfer-
des und Ochsen, schärfere Queerfalten, sonst keinen
bemerkbaren Unterschied. Die Blutkörperchen waren,
ungeachtet der Tödtung des Elephanten durch Blausäure,,
und seines durch den Transport von Potsdam stark auf-
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getriebenen Körpers, häufig noch von scharfer, regelmä-
{siger Form. Ihre Form war münzenförmig rund und
platt, um etwa } gröfser als beim Menschen, in der Regel
nämlich z4; paris. Linie im Durchmesser führend, während
nur ausnahmsweise die gröfsten menschlichen Blutkörper-
chen diese Gröfse besitzen. Der Kern der Blutkörper-
chen war sehr grofs, im Verhältnifs wie beim Menschen,
die Schaale also dünn. Die Gröfse der Kerne: betrug
meist „I; paris. Linie, mithin beinahe die Normal-Gröfse
der ganzen Blutkörperchen beim Menschen. Diese Kerne
der Blutkörperchen erschienen auch beim Elephanten wie-
der gekörnt und es liefsen sich sechs Körnchen im Durch-
messer zählen, welche mithin einzeln an sich etwa 745
paris. Linie grofs waren, grölser also als die menschli-
chen. Die Blutkörperchen der Kuh sind im Mittel ziem-
lich von gleicher Gröfse mit den menschlichen, kaum et-
was kleiner, ;4; paris. Linie, entschieden etwas kleiner,
45 paris. Linie, sind die des Pferdes. Zwischen den
Blutkörperchen waren auch farblose Lymphkörperchen
von der Form und Gröfse der Blutkerne und einzelne
ovale farblose gröfsere Körperchen, doppelt so grofs als
die Blutkörperchen.
Die Spermatozoen des Elephanten, obwohl sie meh-
rere Tage nach dem Tode und selbst todt erst unter-
sucht werden konnten, waren noch recht wohl kennt-
lich, wie es denn möglich gewesen ist ihre getrockneten
Formen nach der vom Verf. mitgetheilten Methode kennt-
lich aufzubewahren. Auch in den menschlichen -Leich-
namen findet man sie mehrere Tage nach dem Tode noch
in ihrer scheinbar unveränderten Form, nur pflegen die
verdickten Vorderleiber vom schwanzartigen Hinterleibe
häufig getrennt zu sein, ein Charakter von Gliederung,
welcher diese Körperchen besonders entsprechend den
Cerearien der Schneckenleber anreiht. Die Samenthier-
chen des Elephanten sind den menschlichen an Gröfse
und Form sehr ähnlich, nur sind die Vorderleiber der
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des Elephanten etwas länger. Die ganze Länge beträgt
meist „4 paris. Linie, die des Vorderkörpers oder Kopfes
1; paris. Linie. Einige waren bis „ paris. Linie lang.
Der Kopf der Normalformen war % der ganzen Länge,
die kürzeren hatten einen längeren Schwanztheil. Die
mittlere helle, der Saugscheibe der Cercarien vergleich-
bare Stelle des ovalen etwas platten Kopfes war wie
bei den menschlichen deutlich erkennbar. Der fadenar-
tige Hinterleib war rund und conisch, vorn sehr ver-
dickt, etwa von der Hälfte des Durchmessers der Kopf-
breite, hinten sehr zart auslaufend, ohne flügelartige An-
hänge. Die getrockneten Formen, welche vorgezeigt
wurden, zeigten all diese Verhältnisse, selbst die Saug-
scheibe noch.
Herr v. Olfers zeigte zwei Arten von Trigonien
(Tr. Daedalea und alaeformis) aus dem Gruesand von
Blackdown vor, in welchen das ganze Innere der Schale
frei gelegt war, zur Vergleichung mit der noch lebend
vorkommenden Art — Trigonia peclinata — von wel-
cher ein Exemplar mit dem Thiere aus der Königlichen
Sammlung vorgewiesen wurde, und schlofs hieran Be-
merkungen über das Verhältnifs der Trigonien zu den
Areaceen.
Herr Joh. Müller sprach mit Hinweisung auf vor-
gelegte Zeichnungen über die Verbindung des Fötus
einiger Haifische mit dem Uterus durch den Dottersack.
Nicht blofs die Gattung Seoliodon, auch die eigentlichen
Carcharias mit Sägezähnen gehören hierher. Der Dot-
tergang der ersteren allein ist mit Zotten besetzt, bei
den Carcharias aber nicht. Dies sind die glatten Hai-
fische des Aristoteles.
Gedruckt bei A. W. Schade.
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