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Full text of "Mitteilungen aus den Verhandlungen der Gesellschaft Naturforschender Freunde zu Berlin"

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Mittheilungen 


aus den Verhandlungen 
LIBRARY 
NEW YORK 
BOTANICAL 
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Gesellschaft naturforschender 
Freunde zu Berlin. 


Erstes Quartal 1836. 


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BERLIN, 1836. 


In der Nicolai’schen Buchhandlung. 


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LIBRARY 
NEW YORK 
BOTANICAL 

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Mittheilungen 


aus den Verhandlungen der Gesellschaft naturforschen- 
der Freunde zu Berlin. 


Erstes Quartal 1836. 


Versammlung am 19ten Januar. 


Her Prof. Ehrenberg überreichte der Gesellschaft als Ge- 
schenk seine Abhandlung: Ueber das Leuchten des Meeres etc. 
Berlin, 1835. 4. 

Derselbe zeigte der Gesellschaft mehrere kleine Thiere der 
Nordsee, aus Helgoland und einige aus dem Cattegat bei Go- 
thenburg, lebend vor, welche seit Monat August vorigen Jah- 
res, also seit 4 Monaten, in Berlin fortgelebt und sich fort- 
gepflanzt hatten. Die Erhaltung war dadurch erreicht, dafs 
Hr. E. im Seewasser gleichzeitig frische kleine Seepflanzen 
wachsen liefs. Auf ähnliche Weise hatte er schon früher 
durch Conferven- und Meerlinsen- Vegetation viele seltne In- 
fusorien lange Zeit erhalten, schon 1823 in Arabien am Sinai, 
dann öfter (vergl. geographische Verbreitung der Infusorien 
1830. pag. 6. Organisation im kleinsten Raume 1832. pag. 3.), 
auch die Leuchtthierchen von Kiel. Von diesen lebenden See- 
thierchen nun sind die interessantesten aus den Classen der 
Corallenthiere, der Ringwürmer und wieder der Infusorien 
oder Räderthiere und Magenthiere. Dazwischen befanden sich 
auch noch Formen kleiner Entomostraca, auch selbst ein Floh- 
Krebs, Gammarus Pulex, der Nordsee hatte sich noch in einem 
Exemplare so lange erhalten. 

1 


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APR 18 1903 


Das merkwürdigste aller dieser Seethierchen war eine 
bisher noch nirgends beobachtete neue Form der Ringwür- 
mer, welche an Gestalt der Gattung Sabella unter den Röh- 
renwürmern zunächst steht, und die Hr. E. Amphicora Sabella 
nennt (s. unten deren systematische Beschreibung). Dieser 
von allen bekannten Formen des ganzen Thierreichs sehr auf- 
fallend abweichende kleine Wurm zeigt nämlich eine natür- 
liche Duplieität mehrerer höheren Organe. Er besitzt, _ wie 
kein anderer Röhrenwurm, 2 deutliche Augen vorn unter den 
Kiemen, aber nicht blofs diese, sondern auch 2 eben solche 
Augen am hinteren Körperende. Eine gleiche Duplieität zeigt 
das Gefälssystem, indem an der Kiemenbasis vorn 2 herzar- 
arlige pulsirende Gefäßserweiterangen als Umbiegungen der 
Hauptstämme und 2 ähnliche, nur etwas kleinere hinten dicht 
neben der Afteröffnung sind. Letztere wird durch einen brei- 
ten, abgerundeten, kopfartigen Vorsprung des Rückens über- 
ragt, welcher die hinteren Augen trägt. Diefs wunderbare 
Thierchen, von welchem noch etwa 20 Exemplare am Leben 
sind (deren mehrere von Hrn. E. unterm Mikroskope vorgezeigt 
wurden) lebt in einer häutigen Röhre, wie Sabella, aus wel- 
cher es einen weilsen oder fleischrotlien doppelten Kiemen- 
büschel schirmartig hervorstreekt. Beunruhigt, verläfst es die 
Röhre und kriecht, mit dem Hintertheil voran, so fort, dafs 
es die beiden Kiemenbüschel zusammengefaltet wie einen qua- 
stenförmigen Schwanztheil hinter sich herschleppt. Hr. E. 
kennt das kieferlose, 2—3 Linien grolse Thierchen schon seit 
dem Jahre 1833, wo er es zuerst in Droebak bei Christiania 
fand und es für eine der Nais digitata verwandte Form hielt. 
Das Entfalten des Kiemenbüschels und die Röhre sah er erst 
im August vorigen Jahres in Helgoland, von wo er es mil- 
brachte. (Herr Johannes Müller hat dasselbe\Thierchen 
im September 1835 bei Kopenhagen gefunden.) 

Eine andere lebende Form ist ebenfalls noch unbeschrie- 
ben. Es ist eine der Hydra squamata der Zoologia danica 
(Coryna multieornis) sehr nahe verwandte rosenfarbene Art 
der Gallung Syncoryna, die Hr. E. Syncoryna multicornis nennt. 
An ihrer Basis treibt sie Knospen und Ausläufer (Röhren) 


3 


hervor, aus denen sich neue Individuen entwickeln, wodurch 
kleine Bäumchen entstehen.‘ Sie ist aus Helgoland. 

Eine dritte lebende Form ist die schon bekannte Sertu- 
laria dichotoma aus Helgoland, deren niedliche quastenartige 
Thierchen von Farbe weils sind, und durch Knospenbildung 
ebenfalls Bäumchen bilden. 

Die im Seewasser noch fortlebenden Pflänzchen sind be- 
sonders Ula Lactuca und Callithamnium fruticulosum. -Am 
letzteren aus Gothenburg befindet sich in grofser Menge eine 
neue Art von Panzer-Infusorien, einer bisher als Algenform 
beschriebenen Gattung, Isthmia, die Hr. E. Isthmia enervis 
nennt. Herumsehwimmend im Wasser ist zahlreich eine 
neue Infusorien-Form der Magenthierchen von rother Farbe, 
Oxytricha rubra, und eine von Hrn. E. schon beschriebene 
Form der Räderthierchen des Meeres, Monura Colurus. Vor- 
gelegte Zeichnungen erläuterten diese Gegenstände. 

Ferner zeigte Hr. E. ein vor wenig Tagen (im Januar) 
im Thiergarten gefundenes lebendes Exemplar der Tremella 
meteorica (alba) Persoon, nach Gmelin, vor und bemerkte, 
dafs dieselbe Substanz schon unter vielen anderen generischen 
Namen, theils als Algengattung, theils als Pilzgattung, in den 
Pflanzenverzeichnissen aufgeführt worden sei. Alcyonidium 
nannte sie Lamouroux, Nostoc commune 8 carneum Lyng- 
bye, Meyen nannte sie Acfinomyce Horkelii, undSchwabe 
neuerlich Anhaltia Fridericae. Dieselbe Substanz ist die ei- 
gentliche Sternschnuppenmaterie der Volkssage dann, wenn 
sie auf feuchter Erde oder auf Moos gewachsen ist. Sehr 
häufig wächst’ sie auf den von Vögeln umhergeworfenen Ein- 
geweiden der Frösche auf Wiesen. Gegenwärtiges Exem- 
plar fand sich etwa 2 Fufs unter Wasser in einer oflenen 
Stelle eines übrigens zugefrornen Wasserbassins an den noch 
deutlich erkennbaren Eingeweiden eines todten Frosches, und 
ist also eine sehr deutliche Alge. Vergl. Hrn. Ehrenberg’s 
Abhandlung über das Leuchten des Meeres pag. 106. 

Endlich legte Hr. E. der Gesellschaft mehrere neue Ta- 
feln seines bei Leopold Vols in Leipzig erscheinenden Wer- 
kes über die Organisation der Infusorien vor. 

1* 


Characteres animalium novorum. 


I. Amphicora Sabella, Novum Genus et Nova Fami- 
lia Classis Annulatorum ex Ordine Nereideorum; An 
ordo proprius? 

Forma Serpulae affinis sed ocellata, tubum membra- 
naceum tenuem fabricans sed extra tubum eadem, libere 
et inverso corpore repens. Corpus mirum in modum 
utroque fine ocellatum. 

Caput anticum distinetum ocellis duobus, tentaculis et 
branchiis tolidem instructum. Branchiae in partes 24 
simplieiter divisae in formam infundibuli expandendae, 
longae, repentis animalis caudam multipartitam referunt. 
Tentacula duo crassa brevia anteriora. Os anticum ob- 
liguum. Mandibulae nullae. 

Corporis articuli 12, primus articulus (caput) et ulti- 
mus pedibus carent. Ultimus, compressus, rotundatus, 
nudus, duos ocellos alteros gerens, caput alterum refert, 
sed rimam analem includit. 

Pedum aequalium brevissimorum paria 10. Cirri pe- 
dum nulli. Singulorum pedum festucae 4 subulalae. 
Uncini dorsuales brevissimi in quovis articulo utrinque 
s—10. 

Intestinum simplex, ventriculo amplo articulum no- 
num allingente, dein attenuatum. Vasa duo sanguini- 
era pulsantia intestini lutera concomilanltur et ramis 
transversis confluunt. Corda 4, duo antica in branchia- 
rum basi, duo postica rima anali proxima. Testiculi 
duo antici. Ovaria duo per totum corpus expansa ovis 
ovalibus numerosissimis repleta. Sub quovis ocello gan- 
glion glanduliforme nerveum. 

II. Syncoryna multicornis n. sp. 

Expansa trilinearis glabra mollis ex albo dilute ro- 

sea, stolonibus filiformibus repentibus multiplicata, 

brachis 12 aut paucioribus papillosis. 
III. Isthmia enervis n. sp. 

Singula ad 4 lineae longa breviter stipitata, I. obli- 


5 


quata longior, divisione spontanea arbusculiformis, 
turgidula, eleganter reticulata, nec nervosa. 

IV. Oxytricha rubra n. sp. 
Expansa -!;" longa vermicularis elongata ulroque fine 
rotundata, lateritio-rubra, oris longi rima terliam 
‚fere corporis partem aequante, rependo procedens ra- 


rius natans. 


Versammlung am 16ten Februar. 


Hr. Prof. Ehrenberg theilte der Gesellschaft mit, dafs 
ein günstiges Zusammentreflen der Umstände ihm erlaube, auch 
die Luftform der Tremella meteorica nun lebend vorzuzeigen, 
und zwar theils mit thierischer Unterlage, theils ohne die- 
selbe. Er hatte nämlich einen Theil der kopfgrofsen Masse, 
welche er theilweis in der vorigen Versammlung vorzeigte, auf 
der Wiese umhergestreut, als er jenes Präparat einsammelte. 
Nach 14 Tagen fand sich gerade an jener Stelle der Wiese 
auf Moos und Baumblättern eine fast zahllose Menge von 
. Exemplaren der sonst ziemlich seltenen Luftalge. Das Aus- 
streuen der Wasser- Alge hatte diese ganz offenbar hervorge- 
rufen. Sie waren von Erbsengröfse bis zur Grölse einer 
Faust. Viele waren darmartig lang und gewunden, andere 
sphärisch entwickelt. An den folgenden Tagen fror es wie- 
der, und Hr. E. fand alle Exemplare zu Eis fest gefroren, so 
dafs er sie zerbrechen konnte. Beim folgenden Thauwetter 
waren sie wieder ganz gallertartig und frisch. Unter dem 
Mikroskope zeigte die Gallerte jene gegliederten ästigen Fä- 
den, welche Schwabe abgebildet hat, und die bei der Was- 
serform nur gestreckter, laxer und weniger gliederreich wa- 
ren. Er sammelte viele Exemplare zu einer chemischen Ana- 
lyse, weil eine vorläufige oberflächliche Untersuchung viel 
Kieselerde in der Gallerte vermuthen liefs. Es liefs sich je- 
doch allmälig das Ganze spurlos verbrennen, obschon die 
Kohle dem Glühen sehr lange Widerstand leistete. Ein Leuch- 
ten der Substanz im Finstern hat Hr. E. oft wiederholt um- 


6 


sonst zu beobachten gesucht, obschon es von einigen Englän- 
dern behauptet worden ist. 

Ferner legte Hr. E. der Gesellschaft mehrere neue Tafeln 
des Infusorien- Werkes vor und sprach einige Worte über 
Peltier’s neueste Täuschungen bei Infusorien-Beobachtun- 
gen aus unbegreiflicher Flüchtigkeit durch die Farbenspectra 
des Mikroskopes, deren weitere Erörterung in Berlin nicht 
nöthig erschien, wo Jeder, dem es daran gelegen ist, sich 
ein Urtheil über die Organisationserscheinungen der Infuso- 
rien zu verschaffen, leicht und vielfach bei ihm und andern 
mikroskopischen Beobachtern alle Gelegenheit hat. 

Hierauf zeigte derselbe getrocknete Exemplare des Pa- 
ramecium Aurelia vor, welches bei gemischt ‘violetter Farbe- 
nahrung (aus Carmin und Indigo) die beiden Farbestofle ge- 
schieden in verschiedene Magenblasen aufgenommen, einige 
rein roth, andere rein blau angefüllt zeigt, was einen be- 
stimmten Geschmackssinn zu erkennen giebt. Oelter füllen 
diese Thierchen ihre Magenblasen mit beiden Stoffen zugleich, 
violet an, allein die genannte, anschaulich gemachte Erschei- 
nung hat Hr. E. schon öfter beobachtet, und ihr speeielles 
Interesse liegt am Tage. 

In Bezug auf seine der Gesellschaft übergebene Abhand- 
lung über das Leuchten des Meeres gab er verschiedene Er- 
läuterungen durch Vorzeigen von Leuchtthieren aus Helgo- 
land, nämlich. Photocharis cirrigera und Mammaria secintil- 
laus in Zeichnungen und getrockneten Exemplaren, und zwei 
anderen von eben daher in Zeichnungen. 

Ferner zeigte er unterm Mikroskope die innere wirbelnde 
Chymusbewegung im Darmkanale der nun seit mehr als 5 Mo- 
naten in Berlin lebenden Sertularia dichotoma aus der Nord- 
see vor, welche man noch neuerlich ganz fälschlich eine Cir- 
eulation genannt hat, die aber deutlich ein und dasselbe Phä- 
nomen mit dem Wirbeln der innern Darmhaut bei Nais und 
der ähnlichen von Hrn. E. schon 1830 (Infusorien, Taf. VIIL f.k) 
bei Rädertliieren abgebildeten Erscheinung ist. 

Hierauf sprach Hr. Prof. J. Müller über die Structur 
der Knochen. Der Knorpel der Knochen besteht nach den 


7 


Untersuchungen von Purkinje und Deutsch aus concentri 

schen Schichten, welche theils um die Markzellen und Mark- 
kanäle verlaufen, theils in grölseren Kreisen mit der Peri- 
pherie des Knochens parallel laufen. In den Knorpelschich- 
ten befinden sich die von Purkinje entdeckten Knorpelkör- 
perchen, die man als Knochenkörperchen in den geschliffenen 
feinen Knochenplättchen wiedererkennt. An diesen Knochen- 
körperchen hat Hr. M. Folgendes beobachtet. Werden Kno- 
chenlamellen sehr fein geschliffen, so werden sie so durch- 
sichtig, dafs man die kleinste Schrift dadurch lesen kann. 
Bei Betrachtung solcher Plättchen auf dunkelm Grunde mit 
der Loupe sieht man, dafs alles weilse Ansehen der Knochen 
von den Knochenkörperchen herrührt, dafs die Zwischensub- 
stanz derselben aber ganz durchsichtig ist. Bei Anwendung 
stärkerer Vergröfserungen sah Hr. M., dafs die Knochenkör- 
perchen von ovaler, selten unregelmälsig eckiger Form, fast 
immer aber in der Riehtung der Knorpelschichten abgeplat- 
tet, von ihren Wänden, namentlich von ihren platten Seiten 
viele sehr feine Gefälse ausschicken, welche ziemlich unre- 
gelmäfsig die Schichten der durchsichtigen Zwischensubstanz 
durchsetzen und sich mit denen anderer Körperchen hier und 
da netzförmig verbinden. Die Knochenkörperchen messen im 
längsten Durchmesser 0,0048— 0,0072, die von ihnen ausge- 
henden Kanälchen 0,0002 — 0,0003 engl. Lin. Betrachtet man 
die feinen Knochenplättchen unter dem Mikroskop bei durch- 
scheinendem Lichte, so sind die Knochenkörperchen und ihre 
Kanälchen dunkel, die Zwischensubstanz durchsichtig hell; be- 
trachtet man sie auf dunkelm Grunde bei auffallendem Lichte, 
so erscheinen die Körperchen und ihre Kanälchen ganz weils, 
besonders wenn sie trocken untersucht werden; die Zwischen- 
substanz erscheint jetzt auf dem dunkeln Grunde dunkel. Die 
weilse Farbe jener Figuren rührt nicht vom Ankleben des 
beim Schleifen entstehenden Pulvers her. Denn man bemerkt 
dasselbe Verhalten an sehr feinen ungeschliffenen Knochen- 
plättchen, wie z. B. aus dem Siebbein verschiedener Thiere. 
Ein Fett, welches bei gewöhnlicher Temperatur fest wäre, 
kann die Ursache des weilsen Ansehens und der Undurch- 


8 


sichtigkeit nicht seyn. Hr. M. hat fein geschliffene Knochen- 
plätichen unter dem Mikroskop bis zu 60° R. erhitzt; die 
weilse Farbe der Körperehen und ihrer Kanälchen blieb; auch 
durch Behandlung der Knochenplättehen mit kochendem Ae- 
iher oder Alkohol verändern sich die weilsen Figuren nicht. 
In krankhaft erweichten Knochen, welche durch Osteomala- 
cie die Kalkerde verloren haben, ist die weilse Farbe und 
Undurchsichtigkeit der Körperchen und ihrer Kanälchen ver- 
schwunden und die letzteren nicht mehr sichtbar; die Kör- 
perchen sind noch sichtbar, aber ganz durchsichtig wie der 
übrige Knorpel. In fossilen Knochen und in solchen, aus de- 
nen Hr. M. den Knorpel durch langes Kochen mit Potasche 
ausgezogen, sind die Körperchen und ihre Kanälchen noch 
vorhanden. Die fossilen und die mit Potasche, gekochten 
Knochen sind aber in den Zwischenräumen der Knochenkör- 
perchen nicht mehr durchsichtig, und man sieht daher die 
Figuren der letzteren und ihrer Kanälchen erst beim Befeuch- 
ten der geschliffenen Plättchen, oder noch deutlicher beim 
beginnenden Abtrocknen der befeuchteten Lamellen. Werden 
fein geschliffene Plättchen frischer (d. h. nicht fossiler und 
nicht mit Potasche behandelter Knochen) unter dem Mikro- 
skop mit Säuren behandelt, so dals die Kalksalze unter Ent- 
wickelung von Luftbläschen ausgezogen werden, so bleibt die 
Zwischensubstanz zwischen den Körperchen durchsichtig, aber 
die Körperchen und ihre Kanälchen verlieren ihre weilse 
Farbe und werden gleich durchsichtig wie der nun von der 
Kalkerde befreite Knorpel der Zwischensubstanz. Werden die 
so behandelten Lamellen dann getrocknet, so werden die Kör- 
perchen und ihre Kanälchen gleichwohl nicht wieder weils. 
Hieraus kann man mit ziemlicher Gewilsheit schlielsen, dafs 
die Knochenkörperchen und ihre Kanälchen entweder in ih- 
rem Innern oder in ihren Wänden Kalksalze enthalten müssen. 
Ob diese aber im Innern der Körperchen und Kanälchen ab- 
gelagert oder nur in den Wänden enthalten sind, läfst sich 
bei der Kleinheit der Theile nicht ausmachen. Dinte und 
andere Färbestofle verbreiten sich von der Oberfläche der ge- 
schliffenen Knochenplättchen nicht weiter durch Vermittelung 


9 


der Körperchen und Kanälchen ins Innere des Knochens, selbst 
nicht bis auf die geringste Tiefe. Welcherlei erdige oder 
durch Säuren ausziehbare Bestandtheile die weilse Farbe der 
Knochenkörperchen und ihrer Kanälchen bewirken, läfst sich 
nieht ausmachen. In wässriger Kohlensäure, welche sonst 
kohlensauren Kalk löst, verändern sich die Körperchen und 
ihre Kanälchen nicht. Behandelte Hr. M. aber ganz feine Plätt- 
chen von Knochen, deren Knorpel durch Kochen mit Pot- 
asche grölstentheils ausgezogen war, unter dem Mikroskop 
mit sehr verdünnter Salzsäure oder Salpetersäure, so entwik- 
kelte sich regelmäßsig, wenn die Säure vom Rande aus die 
Körperchen erreichte, aus jedem etwas Luft, und zwar meist 
viel mehr als die Capacität des Körperchens betrug. 

So gewils es nun ist, dals die weilse Farbe der Knochen 
von jenen Figuren herrührt, dafs die weilse Farbe dieser Fi- 
guren durch Säuren getilgt wird, während die Organe durch- 
sichtig zurückbleiben, dafs diese Organe vor der Ossifieation 
des Knorpels vorhanden (die Körperchen, ohne Kanälchen), 
aber noch nicht weils gefärbt, sondern durchsichtig sind, und 
dafs die weilse Farbe hinwieder bei der Knochen-Erweichung 
verschwindet, so können doch die Knochenkörperchen und 
die Kanälchen nicht der einzige Sitz der Kalksalze seyn, und 
der größsere Theil der Kalkerde ist entweder an den Knor- 
pel gebunden oder frei in dem durchsichtigen Theil des Kno- 
chens aufser jenen Organen und zwischen denselben enthal- 
ten. Diefs läfst sich ganz entschieden beweisen. Denn 1) 
fehlen die Knochenkörperchen und ihre Kanälchen in den 
Knochen vieler Fische, z. B. des Hechtes u. a. 2) geben 
die Knochen beim Verbrennen und Behandeln mit kochen- 
der Potaschenlauge viel mehr Kalkerde, als jene Organe und 
die Kanälchen, wenn sie auch ganz mit Kalksalzen gefüllt 
wären, enthalten können. Die Kalksalze betragen mehr als 
die Hälfte vom Gewicht der Knochen. Verbrannte Knochen 
haben fast noch ganz die Form und Grölse, welche sie vor 
dem Verbrennen hatten; man sieht diefs bei Versuchen an 
kleinen Knochenplättchen sehr deutlich. Eben so ist es mit 
den Knochenplättchen, deren Knorpel durch Kochen mit Pot- 


10 


asche ausgezogen wird. Wenn nun auch die Kanälchen der 
Knochenkörperchen ein dichtes Netzwerk bilden und weni- 
ger feine Knochenplättchen zum grolsen Theile aus diesen 
Organen zusammengefügt erscheinen, so sieht man doch bei 
immer feinerem Schleifen, dafs die Knochenkörperchen zer- 
streut liegen, dals die Zwischenstellen mehrmal, oft vielmal 
den Durchmesser der Knochenkörperchen übertreffen und dafs 
auch die Kanälchen, wenn sie noch so dicht sind, doch noch 
Substanz zwischen sich lassen, die viel mehr beträgt als die 
Kanälehen und Knochenkörperchen. Diese Zwischensubstanz 
ist es aber, welche durch Kochen der Knochenplättchen mit 
Potasche und Ausziehen des Knorpels kreideweils wird. 
Werden Knochen viele Stunden mit Potasche gekocht, 
so werden sie ganz weils, glanzlos, äufserst zerbrechlich, ja 
zerreiblich und der Knorpel ist gröfstentheils ausgezogen. Man 
erkennt den noch vorhandenen Theil der thierischen Materie 
an dem Schwarzwerden beim Verbrennen. Ein noch siche- 
reres Resultat erhält man durch Kochen der Knochen mit 
wässrigem Kali. Diese letztere Behandlung ist aber deswe- 
gen unzweckmäfsig, weil die Knochen von aller thierischen 
Materie befreit zu leicht zerfallen, nicht mehr geschliffen und 
untersucht werden können, und weil durch die Behandlung 
der Knochen mit Kali eine neue Verbindung zwischen die- 
sem und dem phosphorsauren Kalk entstehen muls. Die mit 
Potasche behandelten Knochen enthalten noch etwas Oel, wel- 
ches sich durch Kochen der Theile in Aether leicht auszie- 
hen läfst. Kleine Plättchen von diesen Knochen fein geschlif- 
fen, bleiben ganz undurchsichtig; nur mit Wasser befeuchtet 
werden sie durchscheinend und man erkennt dann die Kno- 
chenkörperchen und ihre strahligen Kanälchen wieder; diese 
sind jetzt auch durchsichtig, und nur beim Trocknen der be- 
feuchteten Plättchen werden sie wie die ganzen Plättchen 
dunkel, und zwar werden sie beim Trocknen zuerst dunkel, 
dann auch die Zwischensubstanz. Man kann den Versuch 
auch so machen, dafs man vorher fein geschliffene Knochen- 
plättchen, dann mit Potasche gekocht und undurchsichtig ge- 
worden, noch feiner zu schleifen sucht, was freilich aufser- 


11 


ordentlich schwierig ist. Der Kalk des vorher durchsichti- 
gen Theils des Knochens ist scheinbar ganz zusammenhän- 
gend, so als ob der Knochen durch das Ausziehen der thie- 
rischen Materie nichts von seiner Struetur verloren habe. Er 
erscheint in allen Zwischenräumen der Knochenkörperchen 
und Kanälchen als eine feinkörnige Materie, und die weilsen 
Körnchen haben ungefähr die Stärke der strahligen Kanäl- 
chen der Knochenkörperchen. 

Es fragt sich nun, ob der auf diese Art dargestellte kör- 
nige Kalk vorher mit dem Knorpel chemisch . verbunden oder 
als phosphorsaure Kalkerde in demselben vertheilt war, so 
wie der kohlensaure Kalk der Krebsschalen in überaus fei- 
nen Röhrchen enthalten ist, welche die Krebsschale dicht ge- 
häuft senkrecht durchziehen und welche vom Kalk befreit 
.sich als häutige Röhrchen darstellen lassen. Dafs die Körn- 
chen des phosphorsauren Kalkes im durchsichtigen Theil des 
Knochens nicht erkannt werden, kann davon herrühren, dafs 
jene mit den Knorpeltheilchen gleiche Durchsichtigkeit und 
Brechkraft besitzen. Gegen eine chemische Verbindung der 
phosphorsauren Kalkerde und des Knorpels spricht, dafs man 
in der That bei starken Vergrölserungen auch im durchsich- 
tigen Theil der Knochenplättchen etwas Feinkörniges bemerkt, 
besonders in den feinen Plättchen der Vogelknochen. Fer- 
ner spricht dagegen, dafs der Knorpel zur Zeit der Ossifica- 
tion erst die Kalkerde aufnimmt und dafs der Knorpel nach 
dem Ausziehen der Kalksalze durch Säuren noch ganz fest 
und zusammenhängend ist und sogar noch eine bestimmte 
Structur besitzt. Der Knochenknorpel der Säugethiere und 
des Menschen lälst sich nur in bestimmten Richtungen in 
ganz feine Lamellen reifsen und zasert sich auch in dieser 
Richtung beim Abreifsen der Lamellen, besitzt auch in sol- 
chen gerissenen Lamellen eine undeutlich faserige Structur. 
Eine Spur von faseriger Bildung sieht man zuweilen auch 
noch in den befeuchteten Knochenplättchen, deren Knorpel 
durch Potasche gröfstentheils ausgezogen worden, und in Plätt- 
chen von Fischknochen, die auf diese Art behandelt worden, 
sah Hr. M. ziemlich deutlich feine, in verschiedenen Schichten 


12 


verschieden laufende helle Fasern von nicht ganz geradem . 
Verlauf. Bei der Beleuchtung von oben sieht man an trock- 
nen Knochenplättchen, deren Knorpel gröfstentheils extrahirt 
ist, die kreideweils erscheinende Masse nur feinkörnig. 

Die Knochen der mit Färberröthe gefütterten Thiere ge- 
ben keine bestimmten Aufschlüsse; denn sowohl die Knochen- 
körperchen als der durchsichtige Theil der Knochen erschei- 
nen dann röthlich; bei auflallendem Licht mehr die ersteren, 
bei durchscheinendem mehr die letzteren; und die Röthe ist 
so schwach, dafs man den Sitz derselben nicht unterschei- 
den kann. 


— 


Versammlung am 15ten März. 


An Geschenken waren eingegangen: Franz Xav. Mez- 
ler (ehmaliger Geh. Rath u. Leibarzt zu Sigmaringen, Mitgl. 
d. Ges. nat. Fr. u. s. f.) nach seinem Leben und Wirken ge- 
schildert von Franz ‘Jos. v. Mezler, Prag 1835. 8. — 
v. Schlechtendal: Linnaea, 10. Bdes. 3. Hft. — Höning- 
haus: Abbildung eines Dentalium (D. Saturni Hön.) aus 
dem Uebergangskalkstein von Gerolstein in der Eifel. — 
Eine Suite des Steinsalz- Vorkommens von Wilhelmsglück bei 
Schwäbisch Hall nebst dazu gehöriger kurzer Beschreibung, 
eingesendet von Hrn. D. Kober zu Schwäbisch Hall. 

Hr. L. v. Buch legte einen von Prof. Göppert in Bres- 
lau eingesendelen Gypsabguls eines grolsen muthmafslichen 
Fruchtabdruckes aus dem Steinkohlengebirge von Waldenburg 
in Schlesien vor. 

Prof. Weifs eine Reihe seltener Exemplare des König- 
lichen mineralogischen Museums in Betreff innerer Krystalli- 
sationen in versteinerten Echiniten (Ananchyten und Spatan- 
gen). Einige derselben nämlich zeigten Kalkspathkrystalle 
auf die innere Fläche der Asseln oder Täfelchen der Echini- 
tenschaale mit erstaunenswürdiger Regelmäfßsigkeit so aufge- 
wachsen, dafs auf jeder Assel ein Krystall mit seiner Axe 
senkrecht auf der Fläche derselben, diese als Grundfläche ein- 
nehmend, sich gebildet hatte, und daher nicht allein die 


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Axen sämmtlicher Krystalle regelmäfsig nach dem Mittelpunete 
des Echiniten convergiren, sondern auch, in den Reihen ge- 
ordnet, die von der Spitze des Echiniten nach seiner Basis 
gehen, gleichförmig und mit der höchsten Regelmäßsigkeit an 
Gröfse nach der Spitze ab-, nach der Basis zunehmen *). 
Daran schlossen sich einige Exemplare der schon den älteren 
petrefactologischen Schriftstellern (unter dem Namen bienen- 
zellige Echiniten) bekannten verkieselten Ananchyten 
mit zelligen Quarzbildungen nach innen, welche, zusammen- 
gehalten mit den vorhergehenden Stücken, für nichts andres 
genommen werden können als für Quarzbildungen,. welche 
sich als Ueberzüge auf Kalkspathkrystalle der vorigen Art 
aufgesetzt haben, und nach späterer Zerstörung jenes Kalk- 
spathes als zellige Bildungen zurückgeblieben sind. Diels 
wurde durch ein anderes vorgelegtes Exemplar eines mit der 
zelligen Quarzbildung versehenen Ananchyten (A. ovatus) be- 
stätiget, an welchem die kalkige Schaale sowohl als die 
Kalkspathkrystalle noch unzerstört geblieben waren, von wel- 
chen der Quarz sich abgeformt hatte. Das Innere desselben 
war vollständig feuersteinartig verkieselt. Der Vortragende 
machte noch auf die besondere Merkwürdigkeit aufmerksam, 
welche zwei vorgelegte Exemplare (beide in unserem aufge- 
schwemmten Lande, das eine bei Lübben, das andere bei 
Crossen gefunden) auf die frappanteste Weise zeigen, und 
welche an dem von Walch abgebildeten Exemplare (Th. I. 
Abschn. 1. Taf. E.1.a. n. 3. des Knorrischen Versteinerungs- 
werkes) offenbar ebenfalls Statt gefunden hat, dafs nämlich 
der zellige. Bau auf einer vollkommen wagerechten 
Ebene, von welcher an der Ananchyt die gewöhnlich bis 
auf die äulsere Schaale reichende Verkieselung zu einer horn- 
stein- oder feuersteinartigen Masse zeigt, — abschneidet, so 
dals der zellige Bau oberhalb dieser Ebene frei steht, unter- 
halb derselben sich aber allerdings noch in die hornsteinar- 


*) Ein Gegenstück lieferte ein Exemplar von Spatangus cor angui- 
num, in welchem umgekehrt jedes Täfelchen auf der äulseren Ober- 
fläche der Schaale mit einem eben solchen Kalkspathkrystalle besetzt war. 


14 


tige Masse verfolgen läfst. Diese wagerecht abschneidende 
Ebene liegt in jedem Exemplar schief, mit einer für jedes 
Stück variablen, zufälligen Neigung gegen die Axe, wie ge- 
gen die Basis des Echiniten; daher sie eben so wenig auf 
die organische Stractur als auf die Kalkspathstructur Bezug 
haben, und eben so wenig, wie schon der Augenschein er- 
giebt, einem mechanischen Sprunge zugeschrieben werden 
kann. Eine genügende Erklärung . der räthselhaften Erschei- 
nung glaubte der Vortragende darin zu finden, dafs jene ab- 
schneidende Ebene das Niveau einer Flüssigkeit gewesen seyn 
müsse, welche im Innern des Ananchyten, als er schon das- 
zellige Quarzgebilde gehabt habe, zu der Zeit seiner horn- 
steinartigen Verkieselung gestanden, und den oberhalb 
dieses Niveau’s herausragenden Theil in einen anderen Zu- 
stand versetzt habe, als den unterhalb desselben in sie ein- 
getauchten; daher denn die Verkieselung nicht auf jenen, nur 
auf diesen sich erstreckt, zuletzt aber die Auflösung der Kalk- 
spathkrystalle, auf welche der zellige Quarz sich aufgesetzt, 
diesen entblöfst zurückgelassen habe. 

Herr Geh. Rath Link gab Nachricht von den Beobach- 
tungen über das Stärkemehl (amylum), als eine Fortsetzung 
der Nachrichten über dasselbe im vorigen Jahre. Er bestä- 
tigte die Beobachtungen von Fritzsche, nach welchem viele 
Stärkemehlarten aus Schiehten bestehen, welche sich um einen 
Kern ansetzen; aber sie schliefsen Raspail’s Beobachtungen 
nicht aus, dafs nämlich jedes Korn in der Wärme und so 
auch im warmen Wasser aufsehwillt, reilst und einen andern 
Stofl ausschüttet. Dieser Stoff wird dureh Jodtinetur eben 
so blau gefärbt, als die Haut des Korns. Auch hat Hr. L. 
nieht bemerkt, dafs in keimenden Kartofleln die Schichten 
der Körner sich nach und nach ablösen und eben so wenig 
platzen; in der Nähe der jungen Pflanze und in den untern 
Zellen sind die Körner unverändert, wie in der Kartoffel 
überhaupt auch grols und klein; in den obern Zellen werden 
sie seltner und kleiner. Im Salepknollen sieht man eine un- 
geformte Masse, die durch Jod blau wird, eben so in den 
Knollen von Orchis latifolia vor der Blüthe; aber in der 


15 


Blüthe und nachher sieht man deuilich Körner. Inulin 
zeigt nie Körner. Maissame, welcher gekeimt hat, zeigte 
nach vielen Richtungen aufgerissene Körner. Wenn man 
Stärkemehl aus Waizen in warmem Wasser durch Digestion 
auflöst, filtrirt, dann abdampft und scharf trocknet, bis die 
Masse gelb aber nicht braun wird, so sieht man mit Wasser 
unter dem Mikroskop sehr unregelmäfsige Körner, die durch 
Jod nicht gefärbt werden; nur zuweilen schwimmt eine blaue, 
äufserst feinkörnige Materie darin. Auch ästig zusammenge- 
fügte kleine Krystalle zeigten sich. Der Altheeschleim be- 
steht ganz aus Körnern, die von Jod blau gelärbt werden. 
Wenn man sie in warmem Wasser auflöst, filtrirt, abdampft 
und trocknet, so sieht man mit Wasser unter dem Mikroskop 
keine Körner, aber jene Krystalle. Jod färbte nichts mehr 
blau. 

Ferner trug Hr. Link Beobachtungen über den Ursprung 
der Spiralgefälse vor. Die zweite Haut der Samen der Ka- 
suarinen besteht aus entwickelten Spiralgelälsen, wie Rob. 
Brown zuerst gezeigt hat. Unter dieser befindet sich eine 
andere Haut aus länglichen Zellen bestehend. Oft sieht man 
die Zelle an einem Ende ganz durchsichtig, häutig, weiter- 
hin erscheint darin eine Spiralfaser, erst schwach, dann 
deutlicher, dann sehr bestimmt, und am andern Ende rollt 
sich die Zelle in ein Spiralgefäfs ab. Aehnliche Beobach- 
tungen machte er im Samen vom Opuntia. Ist die Faser 
dicht zusammengewickelt, so ist wenig oder keine Membran 
zwischen den Windungen, sonst viel. Jetzt im ersten Früh- 
ling findet man in der Mitte einer jeden Knospe einen Haufen 
halsbandförmiger Gelälse, gleichsam fibröse Zellen, die sich 
nach oben und unten ausdehnen, einander gleichsam einim- 
pfen, und so die langen Spiralgefälse darstellen. Abbildun- 
gen von allen diesen Gegenständen werden in den Tabulae 
anatomico-botanicae, wovon schon zwei Tafeln abgedruckt 
sind, bald erscheinen. 

Herr Apoth. Lucae zeigte aus dem Stamme geflossenes 
und mit der Rinde noch versehenes Kautschuck vor. 

Herr Prof. Wiegmann Abgüsse, die er von den Fuls- 


16 


sohlen lebender Didelphis- Arten genommen hatte, zur Ver- 
gleichung mit deu berühmten Thierfährten von Hildburg- 
hausen. 

Herr Prof. Ehrenberg sprach über das Häuten der Sa- 
lamander (Triton taeniatus) auf doppelte Weise, durch Aus- 
schlüpfen wie ein Schmetterling aus der Puppenhülse und 
dureh Ueberstreifen und Umkehren der Haut, wobei der Hin- 
tertheil im übergestülpten Vordertheil zum Theil sitzen bleibt, 
beides erläuternd durch vollständig erhaltene natürlich abge- 
streifte Häute. 

Ferner zeigte er mehrere, darunter zwei über 3 Zoll 
grolse, Monadenstöcke (Polypenstöcke) von Ophrydium ver- 
satile, einem Infusionsihierchen, mit zahllosen schöngrünen 
Thieren, lebend vor, bemerkend, dafs es seit Mitte Januars 
gar viele auflallende vorzeitige Entwicklungs-Erscheinungen 
in den Gewässern bei Berlin gegeben habe. 

Aus einem Schreiben des Dr. Focke in Bremen theilte 
Hr. E. mit, dafs derselbe das Leuchten des Meeres bei Vene- 
dig durch ein Räderthierchen bedingt gefunden, welches, der 
eingesendeten Zeichnung nach, jedenfalls zur Gattung Syn- 
chaeta gehört, aber von der Synchaeta baltica der Ostsee .et- 
was verschieden scheint. 

Aus einem Schreiben des Regimentsarztes Dr. Werneck 
in Salzburg theilte Hr. E. endlich mit, dafs derselbe ebenfalls, 
auch bei- den kleinsten Monaden der Infusorien (Monas 
Termo), einen Rüssel beobachtet hat. Ueberdiels legte er 
dessen sorgfältige Zeichnungen mehrerer zum Theil noch un- 
bekannter Infusorien, mit vielem Detail ihres Organismus, der 
Gesellschaft vor. Unter diesen ist eine Art der Gattung Eo- 
sphora besonders hervorgehoben, weil diese Gattung der Rä- 
derthiere nur erst 2 bekannte Arten hat. Eine dritte hat 
zwar Hr. E. seitdem selbst beobachtet, aber diefs wäre dann 
eine vierte Art, Eosphora aurita Werneck, die vielleicht je- 
doch mit Diglena aurita einerlei Thier ist, da früher leicht 
das von Herrn Werneck entdeckte Nackenauge überschen 


seyn konnte, 
End- 


; 17 
Endlich theilte Herr Prof. J. Müller einen Fall über 


Echinococcus hominis mit. 

Bei einem von Herrn Professor Hecker behandelten jun- 
gen Mann, der offenbar an“den Nieren litt, gehen von Zeit 
zu Zeit Blasen von sehr verschiedener Grölse durch den Urin 
ab. Hr. M. untersuchte die Blasen auf Echinococcus, und 
‘fand diese kleinen Würmer in einigen der Blasen, in andern 
nicht. Die Hfn. M. durch die Gefälligkeit des Herrn Prof. 
Hecker mitgetheiltei, noch frischen Blasen bestanden aus 
einer weichen dicken Haut, die sich nur künstlich in Schich- 
“ten irennen liefs. Die in der Flüssigkeit enthaltenen Echi- 
nococei hatten die bekannte Gestalt und Grölse und waren 
in beiden gröfstentheils übereinstimmend, mit deutlichem Ha- 
kenkranz und mit vier stumpfen Fortsätzen an dem auf den 
Hakenkranz folgenden Theil des Körpers versehen, übrigens 
dem Kopfe einer Taenia sehr ähnlich. Das hintere Ende des 
'Körpers war stumpf. Diejenigen Blasen, in welchen Echino- 
cocci waren, glichen den leeren Blasen vollkommen. Die 
Würmer waren theils frei in der Flüssigkeit der Blase ent-' 
halten, theils festsitzend, theils in kleinen Bläschen einge- 
schlossen, die in der grofsen Blase enthalten waren. Alle 
diese Formen wurden einigemal in einer und derselben grö- 
fsern Blase angetroffen; in einem Fall fanden sich vorzugs- 
weise festsitzende, in mehreren Fällen die in kleinen Bläs- 
chen eingeschlossenen Würmer. Ueber die einfachen, frei in 
der Flüssigkeit liegenden Echinocoecen läfst sich nichts wei- 
ter sagen, als dals sie den bekannten Abbildungen vollkom- 
men entsprachen. Im hintern Theil des Körpers konnte man 
kleine, zerstreute, durchsichtige, bläschenartige Körnchen be- 
merken. Einige dieser Würmchen hatten den Theil des Ko- 
pfes, woran der Hakenkranz, eingezogen, so dafs man den 
Kranz im Innern wahrnahm; in diesem Fall bildeten die vier 
stumpfen Fortsätze den vordersten Theil des Körpers. Bei 
einigen wenigen der freien bemerkte man am hintern stum- 
pfen Ende des Körpers eine Spur eines häutigen Stranges, der 
wie abgerissen erschien, als wenn diese Würmer früher fest- 
gesessen hätten. Was die in kleinen Bläschen enthaltenen 

2 


18 


Eehinoeoecen betrifft, so waren sowohl diese in der Flüssig- 
keit der grofsen Blasen enthaltenen, kleinen Bläschen, so wie 
die darin enthaltenen Würmcehen, an Gröfse ungleich. Diese 
Bläschen hatten einen Durchmesser von 4 Linie bis 1 Linie 
und mehr, ünd waren theils rundlich, theils oval. In den 
Bläschen waren einige Echinoeoecen, bald von der Gröfse der 
freien, bald auch kleinere enthalten. Ob sie im Innern des 
Blächens befestigt waren, konnte nicht ermittelt werden. Die 
festsitzenden Echinocoecen wurden in zweifacher Form beob- 
achtet. In einer Blase fanden sich aulser freien Echinoeoe- 
cen einzelne Aggregate in der Flüssigkeit. Es safsen näm- 
lieh 5, 6, 8 und mehr Echinoeoceen auf der Oberfläche eines 
sehr kleinen Bläschens auf, welches im Durchmesser die Länge 
der Würmehen nur einigemal übertraf. Die Verbindung der 
Würmehen mit der Oberfläche des Bläschens geschah bei je- 
dem Individuum durch einen dünnen, ganz kurzen, häutigen 
Strang, welcher von der Oberfläche des kleinen Bläschens zu 
dem hintern Ende des ‘Wurmes ging. In dieser Form hat 
Hr. M. die Würmehen den Herren v. Olfers und Hecker 
zeigen können. In einem Fall befand sich in einer der Hy- 
datiden eine zarte, zusammengefaltete Haut, die schon so ma- 
cerirt war, dafs sie nicht vollständig herausgebracht werden 
konnte, wahrscheinlich auch eine Blase. Sie war an vielen 
Stellen mit Echinoeoccen besetzt. Da die Haut aber nicht 
mehr vollständig war, so blieb es ungewils, ob in diesem 
Fall die Echinocoecen an der äufsern oder innern Fläche der 
Haut festsalsen. Die Befestigung geschah in diesen Fällen 
auch durch einen dünnen, ganz kurzen, häutigen Strang. An 
einigen Stellen salsen die Echinocoecen dieht wie zu Häuf- 
chen auf. Diese Verschiedenheiten deuten auf Entwicklungs- 
zustände, welche durch weitere Beobachtungen aufgeklärt 
werden müssen. . 
-  Wei/s, 
d. Z. Director. 


Mittheilungen 


aus den Verhandlungen 
der 


Gesellschaft naturforschender 
Freunde zu Berlin. 


Zweites und drittes Quartal 1836. 


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BERLIN, 1836. 


In der Nicolai’sehen Buchhandlung. 


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Mittheilungen 


aus den Verhandlungen der Gesellschaft naturforschen- 
der Freunde zu Berlin. 


Zweites Quartal 1836. 


Versammlung am 19ten April. 


ae Professor Goeppert aus Breslau, heute in der Gesell- 
schaft gegenwärtig, berichtete von seinen fortgesetzten Unter- 
suchungen über fossile Pflanzen-Ueberreste. Er zeigte zu- 
nächst eine ansehnliche Sammlung, zum Theil bereits litho- 
graphirter Zeichnungen zu dem umfassenden Werk gehörig, 
das er darüber herauszugeben im Begriff ist. Demnächst 
legte er der Gesellschaft viele bis jetzt noch nicht bekannt 
gewesene Arten fossiler Pflanzen in den natürlichen Abdrük- 
ken vor, in welchen er sie in den tertiären Schichten der 
schlesischen Gebirge entdeckt hatte. Eine unter diesen, der 
Braunkohlenformation angehörig, zog die Aufmerksamkeit der 
Versammlung vor allen übrigen auf sich, da sie nicht nur 
Blüthentheile,. sondern innerhalb derselben kleine Gruppen 
von Körnern wahrnehmen liefs, die sich unter dem Mikro- 
skop vollkommen deutlich als Pollen zu erkennen gaben. 
Vielfache vergleichende Versuche, die Herr Goeppert ange- 
stellt hat, um die ursprünglichen Bedingungen bei dem Ent- 
stehn der fossilen Pflanzen- Abdrücke zu ermitteln, haben ihm 
auch die Ueberzeugung gewährt, dafs von allen Pflanzenthei- 
len der Pollen am meisten den Einwirkungen eines hohen 
Wärmegrades, eines heftigen Druckes u. s. w. widerstehe und 
2* 


20 


sich kenntlich erhalte. Die Gattung, welcher diese Pflanze 
angehört haben könne, genauer zu bestimmen, behielt Hr. G. 
weiterer Mittheilung vor. 

Herr H. Rose trug Folgendes über die Destillations- 
Produkte des Cautschucks und die technische Benutzung der- 
selben vor. In der Fabrik des Herrn Enderby für Taue und 
Segeltuch, zwischen Greenwich und Woolwich bei London, 
werden erstere mit einem Theere behandelt, welcher durch 
Destillation von Cautschuck gewonnen wird. Es wird dazu 
nur Cautschuck in derben Massen, nie in Beuteln, genom- 
men, weil dieses zu theuer ist. 

Das Cautschuck kommt theils aus Parä in Brasilien, 
theils aus Valparaiso, theils aus Singapore. Ersteres besteht 
aus Stücken, welche besonders in der Mitte fast ganz weils 
sind und etwas Wasser enthalten. 

In einer Blase von Gufseisen werden 800 Pfund Caut- 
schuck mit einem Male der Destillation unterworfen. Das 
Destillat ist ein Oel oder vielmehr eine Mengung von ölar- 
tigen Körpern von dunkelbrauner Farbe und von ziemlich 
dünnflüssiger Consistenz, doch minder dünnflüssig, als Was- 
ser. An Gewicht beträgt es beinahe eben so viel, als das 
angewandte Cautschuck; es bleiben nur die mechanisch ein- 
geschlossenen Unreinigkeiten desselben zurück. Das weilse 
Cautschuck von Para giebt zugleich aulser dem Oele noch 
Wasser. 

Das Destillat wird einer Rectification unterworfen, 3 da- 
von abgezogen und ‚+ im Destillations- Gefälse zurückgelassen. 
Dies hat eine theerartige Consistenz und eine dunkelbraune 
Farbe, und von allen Destillations-Produkten des Cautschucks 
wird es allein in der Fabrik. verbraucht. 

Mit einer gleichen Menge von Holziheer (aus Schweden, 
nicht mit Steinkohlentheer) vermischt, wird es für die Taue 
angewandt. 

Das reetifieirle Destillat hat eine weit heller braune 
Farbe, als das erste Destillat, ist dünnflüssiger und hat ein 
speeif. Gewieht von 0,84. Nochmals in gläsernen Retorten 
mit Wasser bei einer Temperatur vo 90° F. destillırt, erhält 


21 


man ein farbloses, sehr dünnflüssiges, höchst flüchtiges Pro- 
-dukt; es beträgt ungefähr die Hälfte des angewandten Destil- 
lats: Es wird in England Cautschucine genannt, und ist ein 
vortreflliches Auflösungs-Mittel für Schellack, Bernstein und 
für Cautschuck selbst. Es hat ein sehr geringes specif. Ge- 
wicht; doch ist dieses Destillat noch im Gemenge mehrerer 
Flüssigkeiten, welche durch sehr oft wiederholte Destillatio- 
nen bei sehr geringen Temperaturen nicht von einander ge- 
irennt werden können. Die bei der niedrigsten Temperatur 
übergetriebene Flüssigkeit hat ein specif. Gewicht von 0,62, 
und ist also von allen bekannten Flüssigkeiten die leich- 
teste. 

Im Verhältnisse zu der grofsen Flüchtigkeit der Substanz 
ist indessen der Geruch, obgleich charakteristisch und ziem- 
lich stark, doch nicht zu auffallend. 

In der genannten Fabrik wird zu den Tauen viel soge- 
nannter neuseeländischer Flachs (Phormium tenaxr) angewandt, 
doch nur mit Hanf gemengt, weil er für sich allein zu leicht 
reilst. Aus diesem Grunde steht er an Brauchbarkeit dem 
Hanfe weit nach. 

Es wurden in der Sitzung alle Arten des angewandten 
Cautschucks, so wie sämmtliche Destillations- Produkte der- 
selben vorgezeigl. 


Versammlung am 24sten Mai. 


An Geschenken waren eingegangen: 


Necker Le regne animal. 2 Voll. Paris 1835. >. 

Schönherr Genera et species Curculionidum Tom. III. 
p- 1. Par. et Lips. 1836. 8. 

- Bibliotheque universelle de Geneve Janv. Fevr. 

Abhandlungen der Berliner Akad. der Wissensch. aus dem 
J. 1832. 2ter Band. 

Dieselben aus d. J. 1834. 

Encke, astronomisches Jahrbuch für 1837. 


22 


Van Hoeven de Frieze Tydschrift voor natuurlyke Ge- 
schiedenes v. 1834. 
Asmus monstrosilales Coleopterorum. Riga 1835. 8. 


Herr Link hielt einen ausführlichen Vortrag über die 
Bewegung der Körner in den Papillen des Stigma der Tul- 
pen, von welcher er meint, dals sie Beziehung auf die Be- 
fruchtung habe. Er legte auch eine Zeichnung davon vor. 

Aus ‚einem Schreiben des Prof. Goeppert in Breslau 
theilte Herr Weifs der Gesellschaft mit, dafs er seit seiner 
Abreise von Berlin aufser den am 19. April der Gesellschaft 
vorgelegten fossilen Blüthen mit Pollen aus der Braun- 
kohle noch drei andere verschiedene Blumen mit Pollen 
und eine andere ohne Pollen in Braunkohle aus der Wet- 
terau und andern Gegenden am Rhein entdeckt hat, auch 
weibliche Kätzchen einer Alnus, die zu der früher beob- 
achteten männlichen gehören dürfte. — In Moskau fand 
Hr. Prof. G. in dem dortigen Braunkohlenlager zwar keine 
Blüthen, aber sehr häufig Bernstein eingesprengt, und selbst 
noch in der Rinde der Baumstämme, denen er ohne Zweifel 
seinen Ursprung verdankt. 

Herr Ehrenberg gab eine kurze mündliche Nachricht 
über die neu (1835) erschienene sehr interessante und muster- 
hafte Schrift des Predigers Sars in Norwegen über die klei- 
neren Seethiere der norwegischen Küste, und äufserte seine 
Meinung über die zwei merkwürdigsten Formen, welche den 
bisherigen Charakteren ihrer und aller Thier-Klassen zu wi- 
derstreben scheinen, der Actinia prolifera und der Strobila 
octoradiata, dahin, dafs er sie beide für in der Queertheilung 
begriffene Anthozoa halten möchte. ‘Die Längstheilung der 
Actinien hatte er schon früher zwar selbst beobachtet und 
in der Abhandlung über die Corallenthiere des rothen Mee- 
res 1834. pag. 31. angezeigt; er hielt sie aber ihrer Selten- 
heit halber für Monstruosität. Es scheint ihm nun doch, dals 
beide Arten von Selbsttheilung auch als normale Entwicke- 
lung vorkommen. Die Gattung Strobila, welche Herr Sars 
‚ sehon früher (1829) als eine ganz abweichende Form der 


23 


Acalephen-Klasse ansah, ist nun noch umständlicher von ihm 
in gleichem Sinne beschrieben. 

- Da jedoch sowohl das Fesisitzen, als die Selbsttheilung 
ganz gegen den Charakter der Klasse der Acalephen streiten, 
so hält Referent für sehr wünschenswerth, dafs die Beobach- 
tung darauf gelenkt würde, ob die Form nicht vielmehr eine 
Lucernaria sei, welche sich in mehrfacher Queertheilung be- 
findet und deren frei-werdende Theile eine Zeit lang stiel- 
los herumschwimmen, bis der Stiel oder Fuls gewachsen ist, 
welches Letztere vielleicht auch gar nicht geschieht. Die 
scheinbaren braunen Körper im Einschnitte der 8 Randtheile, 
welche an die Augenstiele der Medusen erinnern, könnten 
leicht einzelne Saugwarzen sein, wie sie die Lucernarien ge- 
wöhnlich bündelweis führen. Bei dieser Ansicht jener son- 
derbaren Thierforin scheinen sämmtliche Schroffheiten für seine 
Einreihung in das System sich so sehr zu verlieren, dafs fast 
kein rechter Grund übrig bleibt, eine besondere neue Gat- 
tung daraus zu bilden. Sie ist offenbar ziemlich genau das- 
selbe für die Gattung Lucernaria, was Actinia prolifera für 
die Gattung Actinia ist. Da es schon achtstrahlige Lucernarien 
giebt, so würde bei dieser Ansicht auch der Special- Name 
octoradiata« nicht bezeichnend sein und man also wohl bes- 
ser diese höchst interessante Form nach ihrem sehr achtungs- 
werthen Entdecker Lucernaria oder Strobila Sarsii nennen. 


Versammlung am 2lsten Juni. 


Herr Horkel las eine Abhandlung über die Befruchtung 
der Irideen, Asphodeleen und Liliaceen, in welcher er zu- 
nächst die früheren Beobachtungen und Entdeckungen beleuch- 
tete, und hierauf seine Ansicht entwickelte, dafs die Bewe- 
gungen in den Papillen des Stigma keinen. Einfluls auf die 
Befruchtung haben, sondern dafs diese vielmehr dadurch be- 
wirkt werde, dafs Pollenschläuche durch den Kanal im Grif- 
fel bis zu derı Samen gelangen und in die Mikropyle ein- 
dringen. Nicht allein bei Monokotyledonen, fügte Hr. Horkel 


24 


hinzu, sondern auch bei vielen Familien der Dikotyledonen 
habe er die Pollenschläuche auf ihrem Durchgange durch den 
Kanal des Griflels beobachtet. 

“ Herr Dove zeigte ein polarisirendes Mikroskop vor, wel- 
ches, wenn es statt des gewöhnlichen Oculars in den von 
ihm in Pogg. Ann. Band 35. beschriebenen Polarisationsappa- 
rat eingeschraubt wird, die Ringsysteme in Krystallen schwa- 
cher doppelter Strahlenbrechung in voller Deutlichkeit über- 
sehen läfst. Da die Einrichtung aller übrigen Theile des Ap- 
parates dieselbe bleibt, so kann derselbe auch mit dem mi- 
kroskopischen Ocular für beliebige Beleuchtungen gebraucht 
werden, auch das linear polarisirt einfallende Licht sogleich 
in eircular oder elliptisch polarisirtes verwandelt und eben 
so analysirt werden. Während das gewöhnliche Ocular für 
gekählte und geprefste Gläser, Kalkspath-, Salpeter- und Ar- 
ragonitplatten und sämmtliche Erscheinungen der gewöhnli- 
chen Polarisation ohne zwischen eingeschaltete Krystallplat- 
ten, vorzüglich brauchbar ist, sind bei Anwendung des mi- 
kroskopischen die Farbencurven der Bergkrystalle, senkrecht 
gekreuzter Glimmerplatten, der Berylle in allen ihren Nüan- 
eirungen leicht zu übersehen. 

Herr G. Rose theilte einige Bemerkungen über den gro- 
fsen Diamanten mit, den der Persische Prinz Cosrhoös, der 
jüngere Sohn des Abbas Mirza, im Jahre 1829 dem Russi- 
schen Kaiser zum Geschenk machte. Bei seinem Aufenthalte 
in Petersburg hatte Herr R. Gelegenheit, denselben zu sehen, 
und ein bleiernes Modell von ihm zu erhalten, das sich jetzt 
in der Königl. Mineraliensammlung in Berlin befindet. Der 
Diamant, obwohl bedeutend grofs, gehört nicht zu den Dia- 
manten erster Gröfse, denn sein Gewicht beträgt nur 86 Ka- 
rat, aber er ist dadurch interessant, dafs er nur zum Theil 
geschliffen ist, zum Theil aber noch seine natürlichen Flächen 
besitzt. Seine Form ist im Allgemeinen die eines Octaäders, 
an welchem 4 Flächen, die einer und derselben Octaeder- 
kante parallel gehen, sehr grols geworden sind. Diese gro- 
fsen Flächen sind zum Theil überschliflen, die kleinern nicht. 
Seine größste Länge beträgt 1 Zoll 54 Linien, seine grölste 


25 


Breite 8 Linien. Er ist vollkommen klar und von schönem 
Wasser, ohne Sprünge und Federn. Auf dreien seiner über- 
schliffenen Flächen sind persische Inschriften eingegraben, 
von denen der Herr Akademiker Frähn in Petersburg die 
Güte hatte, eine Uebersetzung mitzutheilen. Die eine heifst: 
Burhan Nizam Schah II. im Jahr 1000, die zweite: Schah- 
Dschihan der Sohn Dsehihangir’s 1051, die dritte: der Sultan 
Feth-Aly Schah Katschar. Ueber und unter der dritien In- 
schrift befinden sich noch einige Schriftzüge, die Hr. Frähn 
in der Abschrift, nach welcher er die Uebersetzung mit- 
theilte, nicht lesen konnte. Die Jahre 1000 und 1051 ent- 
sprechen den Jahren 1592 und 1643 unserer "Zeitrechnung. 
An dem einen Ende befindet sich eine kleine Rinne, die ganz 
um den Diamant herumgeht, an welcher man wahrscheinlich 
eine Schnur befestigt hat, um ihn mittelst derselben am Halse 
zu tragen. 

Aulserdem zeigte Herr G. Rose noch ein bleiernes Mo- 
dell von dem 1943 Karat schweren Diamante vor, der sich 
an der Spitze des Russischen Scepters befindet, so wie ein 
hölzernes Modell von dem sog. Pitt oder Regenten, der 1363 
Karat wiegt. Das Modell von diesem Diamanten befindet 
sich schon seit längerer Zeit in der Königl. Mineraliensamm- 
lung, und wurde zur Zeit der Französischen Revolution ge- 
macht, wo der Diamant sich in Berlin. befand, und an den 
Kaufmann Treskow verpfändet war. 

Demnächst übergab Herr Ehrenberg die in der vori- 
gen Versammlung angezeigte Schrift von Sars Beskrivelser og 
Jagtiagelser over neglige merkelige elver nye levende Dyr etc. 
Christiania 1835. 8., der Gesellschaft als Geschenk. 

Derselbe theilte daun mit, dafs er in den Knoten des 
Sium angustifolium und einiger anderen Umbelliferen eine 
sehr eigenthümliche, bisher unbeachtete Gefälsverästelung auf- 
gefunden habe, die beim Queerdurchschnitt arabischen Cha- 
rakteren sehr ähnliche Zeichen bildet. Dieses Gefälsgeflecht 
ist mit den sogenannten Wundernetzen in verschiedenen Stel- 
“len des thierischen Körpers zu vergleichen, und hat bei Pflan- 
zen nur seines Gleichen in den Knollen und Früchten. In 


" 26 


seiner Erscheinung im Stamme der Umbelliferen ist es beson- 
ders defshalb merkwürdig, weil es gegen die sonstige Regel 
der Organisation des Pflanzenstammes streitet, nach welcher 
alle Gefäfse parallel mit der Axe des Stammes oder der Aeste 
gehen. 

Die Bündel dieses Gefälsnetzes schneiden die Axe des 
Stammes im rechten Winkel. Sie bestehen aus Holzfaser- 
bündeln und vielen von diesen umhüllten Spiralgefäfsen. Sie 
sind abgebogene Theile, Aeste der Randholzbündel des Stam- 
mes und gleichen diesen ganz. Ihre scharf dichotomische 
Verästelung und ihr Anastomosiren gleicht nicht einer wah- 
ren Verästelung und Anastomose von Gefälsen, sondern der 
Bildung eines Nervengeflechtes im Thierkörper, worin die ein- 
zelnen Elementartheile einfach bleiben, nur abwechselnd ihr 
Bündel verlassen, um in einem andern weiter fortzugehen. 

Bei Queerdurchsehnitten bilden die getroffenen Theile 
dieses aus 4, je 2 von den entgegengesetzten Wänden kom- 
menden Hauptstämmen gebildeten Adernetzes V-förmige und 
hakenförmige, geradlinige und punktförmige, nicht weniger 
auflallende Charaktere, als der bekannte Adler im Adlerfarrn 
(Pteris aquilina). Ja es lassen sich, wenn (was nicht schwer 
ist) der Schnitt gelingt, in den Charakteren ganz scharf und 
deutlich gezeichnete alt-arabische Zahlen erkennen, welche 


1VVA ıvvq 
je nach dem Schnitte die Jahreszahlen 1778 oder 1779 oder 


1vVVvg. 
17790 darstellen. Herr Ehrenberg zeigte diese Bildung 


in feinen Queerdurchschnitten, auf Glimmer getrocknet, ganz 
wohl erhalten, vor, und gleichzeitig auch die eben so schön 
erhaltenen Adler der Pferis aquilina. 

Bei der Balsamine (Impatiens Balsamina) zeigt sich in 
den Knoten zwar kein Rete mirabile, aber die zum Blatt 
oder zu den Zweigen abgehenden Gefälsbündel bilden eben- 
falls eine Figur, die sich, entfernter jedoch, mit einem Stier- 
kopf vergleichen läfst und eher auch interessant ist. Auch 
diese Bildung wurde getrocknet vorgelegt. 

Ferner gab derselbe neue Beobachtungen über die Orga- 


27 


nisation der Armpolypen. Es liegt nämlich für die Unter- 
suchung der sehr bekannten und zu zahllosen Beobachtungen 
benutzten Armpolypen (Hydra) eine besondere Schwierigkeit 
in der grofsen Weichheit und der Contraetilität ihrer Sub- 
stanz, und so fehlt es noch immer an einer klaren Kenntnis 
ihres Organismus, den man jeden Falls aber sehr mit Unrecht 
für besonders einfach erklärt hat. Allmälig rückte die Kennt- 
nils einer grölsern Zusammensetzung schon etwas weiter vor, 
allein die speculativen Beschreibungen, welche von Circula- 
tion, Eierstöcken und deren Mündungen u. s. w. sprachen, 
liefsen sich bisher auf die angegebene Weise nicht bestätigen. 
Als festes Resultat neuer Untersuchungen, welches an jedem 
Individuum jederzeit zu demonstriren ist, hat sich ergeben, 
dafs die Arme hohl sind und in ihrer Mitte eine Saftbewe- 
gung haben. Diese Bewegung ist nun aber sehr deutlich 
keine Blut-Circulation, sondern sie ist der Chymus-Bewe- 
gung im Darme der Sertularien und Medusen analog und 
wohl gleich. Offenbar ist sie durch bewegte Falten oder 
Wimpern der innern Darmhaut bedingt. 

Diese ziemlich geräumigen innern Höhlen der Arme ste- 
hen mit der Leibhöhle in Verbindung, und sonach ist die Bil- 
dung eines Armpolypen sehr verschieden von den ihm sonst 
verwandten Sertularien. Hiernach hätte dann Hydra (viri- 
dis, vulgaris und oligactis) an einem magenärtigen Schlunde 
so viel Blinddärme (Magen?) nach vorn gerichtet abgehend, 
als sie Arme besitzt. Durch farbige Nahrung diese Blind- 
fortsätze des Schlundes oder die Magen zu erfüllen, ist vom 
Referenten vielfach versucht worden, aber noch nicht gelun- 
gen. Ist nun diese Ansicht richtig, so hat man beim Um- 
kehren dieser Polypen, wie eines Handschuh’s, nicht, wie 
man immer meint, alle innern Theile nach aulsen gebracht, 
sondern man hat nur den Schlund (was man gemeiniglich 
den Magen nennt) umgestülpt, die wahrscheinlicher eigent- 
lich verdauenden und ernährenden Blindfortsätze aber unver- 
ändert gelassen. 

Eben so interessant ist die bisher unbekannte Organisa- 


28 


tion eines Fang-Apparats bei den Armpolypen. Man hat 
zwar von Giftbläschen auf der Oberfläche gesprochen, allein 
diese Sache verhält sich ganz anders. 

Die Oberfläche der Polypen-Arme ist mit bekannten 
Wärzchen besetzt, und aus einigen von diesen hängen sehr 
feine Fäden hervor, welche die eigentlichen Fühl- und Fang- 
Organe zu sein scheinen. 

Diese feinen Fäden kann man beim Antrocknen der Arme 
auf Glas oder Glimmer und bei 300 maliger Vergröfserung sehr 
deutlich sehen. Diefs ist die gröbere äulsere Einrichtung. 
Bei schärferer Untersuchung erkennt man am Ende vieler 
(nicht aller) der feinen Fäden einen äufserst durchsichtigen, 
keulen- oder birnförmigen Krystall- Körper, welcher mit sei- 
nem dünnen Ende am Faden hängt und an der Insertions- 
Stelle drei starke Widerhaken hat. Diese Angeln (ohne Gift 
“ und Zauberei) sind es besonders, deren sich der Polyp zum 
Festhalten selbst sehr grofser Thiere bedient. Er kann die 
feinen, zahlreich von den Armen herabhangenden Angelfäden 
sehr lang ausdehnen und jeden einzeln wieder an sich her- 
anziehen. 

Sobald eine der dreizackigen Angeln sich an ein Thier- 
chen festgehakt hat, zieht er es an zum Arme, der es dann 
umschlingt. Oft auch erscheint der Arm ohne Thätigkeit da- 
bei, wo dann oflenbar das Geschäft des weitern Befesligens 
durch die feinen Fangfäden besorgt wird, deren grolse Con- 
tractilität und Tenacität überraschend ist. Endlich hat das 
Thierchen noch die Fähigkeit, die feinen Fangfäden der Arme 
in die Wärzehen beliebig ‘ganz zurückzuziehen, in welchem 
Fall man sie spiral-förmig zusammengeknäult darin sogar er- 
kennen kann. Gleichzeitig liegen dann die Angelblasen mit 
dem Dreizack dieht auf der Mündung des Wärzchens, wel- 
ches ihre Fäden beherbergt. 

Uebrigens schien es dem Referenten, als ob die grölse- 
ren Blasen der Armoberfläche nur Fangfädchen ohne Angeln 
besäfsen, während die Angeln immer von kleineren dazwi- 
sehen liegenden Wärzchen angezogen wurden. 

Diese Struktur ist bei alleu obengenannten drei Arten 


29 


von Hydra, welche bei Berlin vorkommen, sehr übereinstim- 
mend, auch die Form und Gröfse der Angelkörperchen ist 
nur wenig verschieden. ! 

Diese Verhältnisse wurden durch Zeichnungen erläutert. 


Drittes Quartal 1836. / 


Versammlung am 19ten Juli. 


Der aus Petersburg zum Besuch hier anwesende Kaiserl. 
Collegien-Rath Herr Dr. Brandt legte der Gesellschaft die 
Aushängebogen und Probeblätter seines nächstens erscheinen- 
den Werkes! Descriptiones et Icones a rossicorum 
novorum vel minus cognilorum, so wie die für die Fortset- 
zung bereits fertigen Zeichnungen zur Ansicht vor und er- 
läuterte sie durch hinzugefügte Bemerkungen. Die Werke 
von Pallas bilden die Grundlage für alle neueren Arbeiten 
über die nordasiatische Fauna. Sie gestatten ein sicheres An- 
knüpfen neuer Entdeckungen an Thatsachen und Ansichten 
von allgemein anerkannter Begründung, deren Berichtigung 
und Erweiterung, wo sie sich darbieten, aber auch deshalb 
eine um so grölsere Wichtigkeit für die Wissenschaft haben. 
Solcher ist Herr Brandt im Stande zahlreiche und bedeu- 
tende zu liefern. Diese ersten Hefte beschäftigen sich haupt- 
sächlich mit siberischen Säugethieren und hochnordischen Vö- 
geln. Unter den ersten erfährt das Moschusthier eine durch- 
aus neue anatomische Untersuchung, deren wichtigste Resul- 
tate durch die vortrefllichen Abbildungen klar dargelegt sind. 
Nächst diesem ist die Geschichte der siberischen Steinböcke 
Gegenstand genauer kritischer Beleuchtung und Aufhellung. 
Unter den Vögeln der Polargegenden werden zunächst die 
Gattungen Anser, Halieus, Alca und Mormon abgehandelt 
und durch eine Reihe ‘von Schädelabbildungen sowohl .die 


30 2 


generischen als speeifischen Kennzeichen, soweit sie im Schna- 
belbau und dessen Anhängen liegen, auf eine neue Weise ver- 
sinnlicht. 

Sodann zeigte Herr Ehrenberg die fossilen Infusorien 
des Bergmehls von San Fiore und des Polirschiefers unter 
dem Mikroskop vor. Zur Vergleichung der fossilen Gaillo- 
nella distans zeigle er die noch lebende sehr ähnliche Gail- 
lonella nummuloides lebend vor. Ueberdiefs theilte er mit, 
dafs Meerschaum, Bergleder, Bergseife und Steinnark aus 
sehr regelmäfsig gegliederten Fäden bestehen, welches eben- 
falls besondere Aufmerksamkeit zu verdienen scheine. 

Derselbe theilte mit, dafs das berühmt gewordene rothe 
Infusorium, welches durch seine zahllose Menge Sümpfe und 
Teiche zuweilen mit Blutfarbe überzieht und ganz röthet, 
Euglena sanguinea, jetzt bei Berlin von ihm wieder beob- 
achtet worden ist. Es färbt nämlich jetzt und wahrschein- 
lich diesen ganzen Sommer hindurch ‘die nicht austrocknen- 
den, freilich schon sehr wasserarmen Lachen und das Was- 
ser der Chaussee-Gräben am Eingange der Birkenstralse in die 
Jungfernheide jenseit der Pulver-Magazine an der Oberfläche 
intensiv roth. Die Entfernung - ist ziemlich Charlottenburg 
gleich. Referent fand es im vorigen Jahre nicht, aber vor- 
her in zwei Jahren an derselben Stelle. Bei grölserem Was- 
serstande ist die Erscheinung imponirend und verdient wohl 
die autoptische Bekanntschaft jedes Naturforschers. 

Ueberdiefs sprach derselbe über das in den Anschwellun- 
gen der Schläuche der Vaucheria vorkommende Räderthier- 
chen, Notommata Wernecki. Es ist dieses Thierchen zuerst 
1803 von Vaucher selbst beobachtet worden, welcher es 
für ein krebsartiges Thierchen hielt und Cyclops Lupula von 
Müller (?) nannte. Er beobachtete es in der, Vaucheria 
(Eetosperma) racemosa. Lyngbye sah es nach ihm wieder 
in der Vaucheria dichotoma bei Kopenhagen, wie es scheint, 
( Tentamen Hydrophytologiae danicae‘, 1819. pag. 82.). Im 
Jahre 1833 hatte es Herr Professor Wimmer in Breslau in 
Schlesien wieder beobachtet, und diese Beobachtung mit Dr. 
Valentin im Jahres-Bericht der schlesischen vaterländischen 


i 3 


Gesellschaft, 1834. p. 71. beschrieben. E$ ist daselbst in der 
umständlichen Mitiheilung jedoch weder die Gatiung, noch 
die Klasse des Thieres bezeichnet oder kennbar gemacht 
worden. 

Am 27. März 1834 beobachtete es Dr. Unger in Vau- 
cherien bei Kitzbühel und sandte es zur genaueren Untersu- 
chung an Dr. Werneck in Salzburg. Von letzterem er- 
hielt Referent im Sommer 1834 die Anzeige und eine sehr 
schöne detaillirte Zeichnung, aus der sich ganz klar erken- 
nen lies, dafs das Thier eine besondere Species der Gattung 
Notommata der Räderthiere sei. Der so vollständigen genauen 
Beobachtung halber nannte er. das Thierchen Notommata 
Werneckii und beschrieb es im dritten Beitrag zur Kenntnils 
der Organisation im kleinsten Raume. 

Da Vaucher einen Cyclops, aber kein Räderthier in der 
Vaucheria beobachtet hatte, so habe Ref. diels sammt allen 
übrigen zahlreichen Beobachtungen von lebenden Monaden in 
Vaucherien als nicht dahin gehörige Erscheirungen unerwähnt 
gelassen. Herrn Wimmer’s Beobachtung war ihm aber ganz 
unbekannt geblieben, da jene neue, nicht in den Buchhandel 
gekommene, schlesische Zeitschrift ihm in Berlin nicht zu- 
. gänglich und gar nicht bekannt geworden war. Dr. Valen- 
tin in Breslau hat darauf in Purkinje’s und seiner Schrift 
über die Flimmer-Bewegung bei den Wirbelthieren, 1835. 
pag. 34. diese Nichtbeachtung der Vorgänger folgendermafsen 
angezeigt: Denique (Ehrenberg) animalculum illud rotatorium, 
quod nos jam ante annum observavimus et demonstravimus — 
tanguam novum quoddam atque inauditum nulloque (!) ante« 
visum Notommata Werneckii nominatum — describit. 

Da diese auch in Rücksicht auf Herrn Wimmer, wel- 
‘ cher der Entdecker in Schlesien war, nicht ganz gerechte 
Anzeige zur Irrung führen kann, und Referent besonders gro- 
fsen Werth, ja den eigentlichen Werth eines Naturforschers 
auf gewissenhafte Benutzung der Vorgänger legt, so hält er 
für nöthig, sich von der darin enthaltenen Anklage zu rei- 
nigen. Herr Professor Wimmer hat neuerlich noch die au- 
fserordentliche Güte gehabt, sowohl die getrockneten Kapseln 


32 


der Vaucherien, als auch sogar die damals von Herrn Va- 
lentin gemachten Zeichnungen zu übersenden, und da aus 
diesen, welche hier ‘vorliegen, sich durchaus keine sichern 
Charaktere eines Räderthiers eruiren lassen, so glaubt er, 
Niemanden, am wenigsten aber Herrn Dr. Valentin, beein- 
trächtigt zu haben. 

Abgesehen nun von diesen geschichtlichen Erörterungen, 
hat Referent, selbst auch noch die Anschauung dieses parasi- 
tischen Thieres erlangt. 

Ganz neuerlich, vor wenigen Tagen nämlich, ist diese 
Notommata Werneckii bei Zerbst und Dessau in Kolben der 
Vaucheria, dichotoma und racemosa von Ihrer Königlichen Ho- 
heit der Frau Herzogin. von Dessau aufgefunden und durch 
Herrn Hofrath Schwabe nach Berlin lebend überbracht wor- 
den. Mithin ist diese merkwürdige entophytische Thierform 
nun 5 Mal in 4 verschiedenen Ländern beobachtet worden, 
wenn man nämlich jenen Cyelops Vaucher’s und Lyngbye’s 
für dasselbe hält, wie man wohl nicht sehr behindert ist. 
So verdankt die Gesellschaft es denn- der Wissenschaftlich- 
keit dieser Fürstin, dafs Referent es ebenfalls lebend dersel- 
ben vorzeigen kann. 

Bei Berlin hatte er es bisher stets umsonst gesucht. An 
den übersandten Exemplaren der Vaucheria dichotoma lassen 
sich zwar auch keine ganz entwiekelten Thiere mehr finden, 
allein viele Kolben siroizen von noch lebenden Eiern von 
2; Linie Gröfse. Er zählte zuweilen 20 bis 30 Eier in ei- 
nem Kolben. In den reifen Eiern ließ sich sowohl die Wir- 
bel-Bewegung‘ des Räderorgans, als der schr kurz zweispil- 
zige Zangenfuls, ferner das rothe Nackenauge, welches in ei- 
nigen Eiern doppelt erschien (die also vielleicht einer Di- 
glena angehören), und endlich der monogomphische Zahnap- 
parat deutlich erkennen. Die Fötus hatten in vielen Eiern 
sehr kräftige Bewegung. 

Besonders bemerkenswerlh ist, dafs fast in allen Kolben 
zugleich. Monaden verschiedener Art sich bewegten, und dafs 
alle Kolben olne Ausnahme, wie auch Vaucher bemerkte, 


schon desorganisirt und der Auflösung sehr nahe waren, wes- 
’ halb 


33 


halb es allerdings ganz wahrscheinlich, ja der Möglichkeit 
nach erweislich ist, dals die Eier von aufsen hinein gelangten, 
wie die Insecteneier in Pflanzenzellen, oder wie die der No- 
tommata Parasita in den Volvox Globator. 

Schliefslich legte derselbe wieder, wie in allen früheren 
Sitzungen, eine Anzahl fertiger Tafeln des gröfseren Infuso- 
rien- Werkes vor, von dessen 64 Tafeln nur noch 2 zu ste- 
chen übrig sind. 


Versammlung am 16ten August. 


Als eingegangene Geschenke der Verfasser wurden vor- 
gelegt: Herrn Freiesleben’s Magazin für die Oryctographie 
von Sachsen, 7tes Heft, und Burkhardt’s Aufenthalt und 
Reisen in Mexico, Ister und 2ter Band, Stuttgart 1836. 8. 


Herr Klug zeigte die Eier eines Phasma und die aus 
demselben hier in grofser Menge zur Entwickelung gekom- 
menen, noch lebenden und wohl gedeihenden Jungen vor. 
Er hatte (diese Eier aus Süd-Carolina von dem jetzt dort be- 
schäftigten fleilsigen Entomologen Herrn Zimmermann er- 
halten. Sie haben durchaus keine Aehnlichkeit mit denen 
von Mantis, sondern sind von schwarzer Farbe und gestaltet 
wie Samenkörner von Leguminosen; an ihrem Rande zeigt 
sich ein weilser Streif, der wie der umdilicus jener Samen 
aussieht. — Herr Klug gab ferner Nachricht von dem bis 
jetzt noch nie beobachteten Vorkommen eines Hymenopte- 
ren-Zwitters, den ebenfalls Hr. Zimmermann aus Nord- 
amerika überschiekt hat. Es ist eine kleine noch unbeschrie- 
bene erzfarbige Art von Hylaeus, der dieser Zwitter angehört. 

Ueber die optischen Eigenschaften des Amethyst bemerkte 
Hr. Dove Folgendes: Seitdem Herschel nachgewiesen hat, 
dafs die optisch rechts und links eireular polarisirenden Berz- 
krystalle durch die Rhombenflächen charakterisirt werden, 
nach welchen die Krystalle krystallographisch in rechts und 
links gewundene eingetheilt werden, und Brewster gezeigt 

3 


34 


hat,«dals die Amethyste aus rechts und links cireular polari- 
sirenden Individuen: bestehen, welche gegenseitig in: einander 
übergehen, war es von Interesse, Individuen optisch zu un- 
tersuchen, an welchen: beiderlei Rhombenflächen zugleich vor- 
kommen. Professor Dove that diels an zweien solcher Kry- 
stalle, welche Herr Prof. Weis ihm zur Untersuchung gü- 
tigst überlassen halte. Der eine derselben zeigte die Erschei- 
nungen eines rechts eircular polarisirenden Krystalls, der an- 
dere sehr complieirte Figuren, unter denen die mit vorzüg- 
licher Schönheit hervortraten, welche zuerst von Airy durch 
Combination einer rechts und links gewundenen Platte dar- 
gestellt worden sind.. Die Sförmigen in einander geschlun- 
genen Spiralen erscheinen auch hier bei Umkehrung der Platte 
nach entgegengesetzter Richtung gewendet. Da aulserdem 
Stellen vorkommen, in welchen, wie im Amethyst, das Ring- 
system der einachsigen Krystalle mit dem schwarzen Kreuz 
erscheint, so dürfte es kaum zu rechtfertigen sein, den Ame- 
thyst- entschieden von dem Bergkrystall wegen seiner opti- 
schen. Eigenschaften zu trennen. 

Hierauf theilte Herr Gurlt Bemerkungen über die Ver- 
bindung, der. rechten hinteren Hohlvene mit dem Stamme der 
Lebervenen ‚beim‘ Embryo mit. ‚Schon im Jahre 1830 hat 
Rathke (in Meckel’s Archiv, Jahrg. 1830. S. 63. Tab. I.) 
an dem Embryo des Schafes gezeigt, dals in der ersten Zeit 
der Entwickelung des Venensystems zwei vordere und zwei 
hintere Hohlvenen vorhanden sind. Die. rechte vordere Hohl- 
vene (eigentlich Schlüsselbeinvene) verbindet sich in der Nähe 
des Herzens; mit der rechten hinteren Hohlvene, welche das 
Blut von beiden hinteren Gliedmaßen, vom Schwanze und 
vom rechten 'Wolfl’schen Körper empfängt, die linke vordere 
_ verbindet sich in derselben Gegend mit. der linken. hinteren, 
die indem linken Wolf’schen Körper entspringt. « Es ergie- 
(sen sich also nur zwei Venenstämme in das Herz ,, wozu je- 
doch der Stamm. der Lebervenen als dritter hinzukommt. 
Später verschmelzen auch die beiden vorderen Stämme zu 
der einfachen vorderen Hohlvene. 

Es war nun noch darzutliun, wie sich die in der Folge 


35 
einfache hintere Hohlvene mit dem Stamme der Lebervenen 
verbindet, und dieses habe ich jetzt bei Hunde-Embryonen, 
' die ungefähr 23—24 Tage alt, und 1 Zoll, vom Scheitel bis 
zur Schwanzwurzel, lang sind, sehr gut gesehen. Bei diesen 
Embryonen sind die Nieren schon gebildet, etwa 1 Linie. lang, 
und von jeder geht ein sehr dünnes Venenstämmehen indie 
rechte hintere. :Hohlvene. Unmittelbar vor der Verbindung 
der rechten Nierenvene mit ‘der rechten hinteren Hohlvene 
geht von dieser. ein kleines Venenstämmehen an die vordere 
Fläche der: Leber und verbindet sich mit. dem: viel .diekeren 
Stamme der Lebervenen. Dieses Venenstämmchen erweitert 
sich in der Folge, wenn der gröfsere Theil: des Blutes. aus 
der hinteren Körperhälfte durch ‘dasselbe dem -Stamme der 
Lebervenen und so dem Herzen zuströmt, und wenn es end- 
lich alles Blut aus der hinteren Körperhälfte (mit Ausnahme 
dessen, was in die Pfortader übergeht) aufnimmt,. dann schwin- 
det der Theil der rechten vorderen Hohlvene, wo jenes Ver- 
bindungsstämmchen abgeht, immer mehr, und wird zur Vena 
azygos. Eben so wird mit dem Schwinden des linken Wolf?- 
schen Körpers die linke hintere Hohlvene kleiner, und wird, 
nachdem auch. ihr vorderer Theil geschwunden ist, zur Vena 
hemiazygea. Bei der Beschreibung der Venen sagt: man im- 
mer: - die Lebervenen ergielsen sich in die hintere Hohlvene; 
eigentlich mülste man aber sagen: die hintere Hohlvene er- 
gielst sich in den Stamm der Lebervenen. 

Die 'Kenntnifs der Bildungsgeschichte im Venensystem 
trägt sehr viel zur- richtigeren Erklärung von Mifsbildungen 
in diesem Systeme bei. Es kommt nämlich bei ausgetrage- 
nen Früchten nicht selten vor, dafs zwei vordere Hohlvenen 
und ein »Stamm. der Lebervenen sich in das Herz ergielsen; 
die hintere Hohlvene geht dann an der rechten. Seite der 
Wirbelsäule hinauf, bis an das Herz, und ergielst sich in die 
rechte vordere Hohlvene. Inu diesem’ Falle: hat also die Ver- 
bindung: der ‚beiden vorderen Hohlvenen nicht stattgefunden, 
und. der Verbindungsast zwischen ‘der rechten 'hinteren Hohl- 
vene und dem Stamme der Lebervenen hat sich nicht gebil- 


36 


det, es ist vielmehr Alles in dem Zustande geblieben, wie es 
bei dem Embryo auf einer früheren Bildungsstufe war. 

Ferner trug Herr Müller.seine Untersuchungen über die 
Verschiedenheiten des Leimes der Knochen und Knorpel vor. 
Durch Kochen erhält man aus Knochen den gewöhnlichen 
Tischlerleim, aus den permanenten Knorpeln dagegen eine 
ganz andere Art von Leim, welche Chondrin, Knorpelleim 
zu nennen wäre. Beide Leimarten gelatiniren gleich gut, 
sind beide von Chlor, Gerbestofl, Weingeist fällbar; aber nur 
Chondrin wird von Essigsäure, Alaun, schwefelsaurer Thon- 
erde, essigsaurem Bleioxyd und schwefelsaurem Eisenoxyd ge- 
fällt. Der Niederschlag von Alaun wird in überschüssigem 
Alaun wieder aufgelöst, der Niederschlag von Essigsäure nicht. 
Ein Minimum von Alaun fällt schon alles Chondrin in einer 
Lösung von Rippenknorpel, Kehlkopfknorpel, Gelenkknorpel, 
die übrige Flüssigkeit enthält dann nur sehr wenig Thierstoff 
mehr und gelatinirt nicht mehr nach dem Eindampfen. Von 
Käsestoff unterscheidet sich Chondrin durch das Gelatiniren, 
durch das Verhalten zum Kaliumeisencyanid, indem die salz- 
saure Auflösung von Chondrin von Kaliumeiseneyanid nicht 
gefällt wird, und durch das Verhalten zum Alaun und zur 
Essigsäure. Käsestoff und Chondrin werden zwar beide von 
Alaun und Essigsäure gefällt; aber nur der Niederschlag von 
Chondrin. ist in überschüssigem Alaun und nur der Nieder- 
schlag von Käsestoff in überschüssiger Essigsäure löslich. 

Das Chondrin kommt nur in den Knochenknorpeln vor 
der Ossification, in den permanenten Knorpeln und in der 
Cornea des Auges vor. Der gewöhnliche Leim findet sich 
in den Knochen, in krankhaft ossifieirten Knorpeln, in den 
Faserknorpeln oder Zwischengelenkknorpeln, in der äufsern 
Haut, im Zellgewebe, im serösen Gewebe, im Sehnengewebe, 
im Gewebe der Tunica dartos des Hodensacks. 

Der Leim vom elastischen Gewebe der Arterien und des 
Ligamentum nuchae der Thiere stimmt nicht ganz mit Chon- 
drin, aber auch nicht ganz mit dem gewöhnlichen Leim 
überein. 


37 


Herr von Olfers zeigte ihm von Hrn. Goeppert in 
Breslau übersandte Proben künstlich verfertigter Pflanzenab- 
drücke in gebranntem Thon vor, die den Zweck haben, die 
Entstehung der in der Braunkohlen-Formation und andern so 
häufig vorkommenden natürlichen Pflanzen- Abdrücke zu ver- 
sinnlichen. 

Endlich gab noch der Unterzeichnete einen kurzen Bericht 
von einigen flüchtigen Beobachtungen, die er im vorigen Herbst 
an lebenden Exemplaren der Testudo graeca im südlichen 
Frankreich zu machen Gelegenheit hatte. Einer seiner Freunde 
hielt deren mehrere seit vielen Jahren lebendig, unter andern 
eins, das schon 40 Jahre vorher im Besitz eines dortigen Land- 
manns gewesen war. Dieses Thier, wiewohl bissig gegen 
die jüngeren Exemplare seiner Art, war ungemein zahm ge- 
gen die Menschen und liefs sich von Kindern alle kleinen 
Mifshandlungen geduldig gefallen. Am Tage lief es auf einem 
grolsen Balcon im Freien umher, suchte aber das Obdach, 
sobald sich Regen einstellte, gegen den es sehr empfindlich 
schien. Hatte man Abends die Thür des Balcons geschlos- 
sen, ehe es herein war, so pflegte es durch starkes Anstolsen 
des vordern Schalen-Randes so lange zu klopfen, bis man 
ihm öffnete. Auch die Begattung wurde beobachtet, bei wel- 
cher indessen hauptsächlich nur der schwerfällig stöhnende 
Laut, den das Männchen dabei hören liels, und die Schwie- 
rigkeit der ganzen Verrichtung, wenn beide Individuen in 
der Gröfse nicht genau zu einander passen, einiger Aufmerk- 
samkeit und der Erwähnung an diesem Ort würdig zu sein 
‚schienen. 


Lichtenstein. 


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Mittheilungen 


aus den Verhandlungen 
der 


Gesellschaft naturforschender 
Freunde zu Berlin. 


Viertes Quartal 1836. 


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BERLIN, 1837. 


In der Nicolai’schen Buchhandlung. 


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Mittheilungen 


aus. den Verhandlungen der Gesellschaft naturforschen- 
der Freunde zu Berlin. 


Viertes Quartal 1836. 


Aus den Verhandlungen in der Versammlung vom 19. Juli 
des vorigen Quartals ist noch eine Mittheilung des Hrn. H. 
Rose: über die Gewinnung des Jods in Schottland, nachzu- 
bringen. In Glasgow, bemerkte Hr. H. Rose, wird eine 
sehr. bedeutende Menge von Jod aus Kelp .auf eine eigen- 
thümliche Weise bereitet. Man wendet nur Kelp an, der 
von der Westküste von Irland kommt und aus Fucus palma- 
tus gewonnen wird. Er wird mit heilsem Wasser übergos- 
sen, und die gesättigte Auflösung zum Erkalten hingestellt, 
wodurch eine bedeutende Menge Chlorkalium herauskrystal- 
lisirt, das in reichlicher Menge besonders in den Kelparten 
enthalten ist, welche Jod enthalten. Die Flüssigkeit wird 
dann ferner durch Abdampfen concentrirt, und während des 
Abdampfens das sich ausscheidende Kochsalz und kohlensaure 
Natron herausgenommen. Die erhaltene Mutterlauge wird 
nach dem Erkalten nach und nach vorsichtig mit concentrir- 
ter Schwefelsäure versetzt, so dafs diese zuletzt in einem 
sehr kleinen Ueberschusse vorwaltet, wozu auf acht Volumen 
Mutterlauge ungefähr 1 Volum Schwefelsäure nothwendig ist, 
und 24 Stunden hindurch ruhig stehen gelassen. ‘Durch das 
vorsichtige Zusetzen der Schwefelsäure zu der verdünnten 
Mutterlauge wird kein Jod frei; es entweichen Kohlensäure- 
4* 


40 


und Schwefelwasserstollgas, zuletzt auch schweflichte Säure, 
und es krystallisirt schwefelsaures Natron aus der Flüssigkeit. 
Die abgegossene Flüssigkeit wird in einen Destillalionsappa- 
rat von Blei gegossen; er besteht aus einem bleiernen Cy- 
linder, der mit einem Helme von Blei versehen ist. Der 
Cylinder steht bis ungefähr zur Hälfte seiner Höhe in einem 
Sandbade in einem Kasten von Eisen. Man erwärmt die 
Flüssigkeit vorsichtig bis zu 150° F., setzt dann Braunstein 
zu, und verschliefst den Cylinder mit dem Helme, an wel- 
chen eine Reihe gläserner Ballons, die wie Vorstölse in ein- 
ander passen, angelegt werden. Man erhöht nun die Tem- 
peratur bis zu 212° F., aber erhitzt nicht stärker. Bei die- 
ser Temperatur entwickelt sich Jod mit den Wasserdämpfen, 
und condensirt sich besonders in dem ersten Ballon. Steigt 
die Temperatur nur etwas über 212° F., ungefähr bis zu 
245° F., so entwickelt sieh Chlorjod, dessen Bildung bei der 
Temperatur des kochenden Wassers noch nicht Statt findet. 
Durch die Erzeugung des Chlorjods entsteht ein nieht unbe- 
trächtlieher Verlust an Jod, da das Chlorjod im Wasser auf- 
löslich ist. Man muls,. ist der Bleicylinder zu stark erhitzt, 
denselben, so weit er aus dem Sandbade herausragt, mit nas- 
sen Tüchern abkühlen. 

Bei dieser Bereitung erspart man eine bedeutende Menge 
an Schwefelsäure, denn wollte man aus der eingedickten 
Mutterlauge das Jod durch eoncentrirte Schwefelsäure ent- 
wickeln, so würde man 6- bis 8mal se viel Schwefelsäure 
dazu anwenden müssen, als bei der beschriebenen Methode 
erforderlich ist. 

Die im Bleieylinder zurückbleibende Flüssigkeit wird fort- 
gegossen. Sie enthält ein gelbes Pulver, das Jodblei ist, und 
ein krystallinisches Doppelsalz aus Jodblei und Jodnatrium, 
das durch mehr hinzugefügtes Wasser sich zersetzt, indem 
dureh dasselbe sich Jodnatrium auflöst und Jodblei ungelöst 
zurückbleibt. 

Herr Whytelaw, der Besitzer dieser Fabrik, theilte 
Hrn. Rose mit, dals"in derselben wöchentlich 1500 Unzen 
Jod bereitet würden. . Der gröfste Theil davon geht nach 


41 


Frankreich. Wozu das Jod in so grofsen Mengen angewandt 
wird, konnte Hr. Rose weder in Schottland und England, 
noch selbst in Paris erfahren. Man soll es als Quecksilber- 
jodid in Mühlhausen. in der Kattundruckerei versuchsyyeise 
angewandt haben, doch mit schlechtem Erfolge, da die Farbe 
flüchtig ist. Die medicinische Anwendung kann um so we- 
niger den grolsen Verbrauch erklären, als auch aufser dieser 
Schottischen Fabrik noch in Frankreich einige Jodfabriken 
' bestehen. 


Versammlung am 15. November 1836. 


An Geschenken waren eingegangen: 
Linnaea. B. X. Hft. 6. 
Hartig, Erfahrungen über d.”Dauer des Holzes. 
Transact. of the zool. Society. P. 4. 
Proceedings of the same. P. 3. 1835. 


Hr. A. Erman trug Bemerkungen vor von einem eisen- 
haltigen Sandstein, welcher die Bernstein haltige Braunkohle, 
sowohl an der Nordküste von Ostpreufsen, als an der West- 
küste von Kamtschatka bedeckt, und zeigte Versteinerungen 
von der erstern, und Thier- und Pflanzen- Versteinerungen 
von der zweiten der genannten Lokalitäten. 

Hr. G. Rose entwickelte den Zusammenhang der Kry- 
stallform mit der elektrischen Polarität des Turmalins. Aus 
der Form läfst sich im Voraus bestimmen, welches Ende des 
Krystalles bei Temperatur- Veränderungen positiv, und wel- 
ches negativ wird. Bei abnehmender Temperatur wird näm- 
lich das Ende des Turmalins, bei welchem die Flächen des 
Haupt-Rhomboöders (mit den Winkeln von 133° 26’ in den 
Endkanten) auf den Flächen des 3-seitigen Prisma’s auf- 
gesetzt ist, negativ elektrisch; das andere, an welchem das 
Haupt-Rhomboeder auf den Kanten des 3-seitigen Pris- 
ma’s aufgesetzt ist, positiv elektrisch. 


42 


Hr. Weifs machte über zwei, der Gesellschaft natur- 
forschender Freunde vorgelegte Stücke mit Thierfährten von 
höheren Tliieren in Sandstein, eines mit den Buckland’schen 
Schildkrötenspuren von Dumfries, das andere mit den Hitch- 
cock’schen Vogeltritten aus Nordamerika, folgende Mitthei- 
lung: 

Das hiesige Königl. Mineralienkabinet war schon längst 
durch die Güte der Herren v. Dechen und v. Oeynhausen 
im Besitz eines Exemplars der merkwürdigen Fufsstapfen ei- 
nes höheren Thieres, nach Buckland einer Schildkröte, im 
bunten Sandsteine von Dumfriesshire in Schottland, welche 
von Dr. Duncan zuerst in dem Steinbruche von Corn Cockle 
Muir entdeckt, und bekanntlich in den Transactions der Ro- 
yal Soc. of Edinburgh vom Jahre 1828 beschrieben worden 
sind. 

Indefs ist es doch erst möglich gewesen, aus diesem 
Exemplare alle die Belehrung zu schöpfen, die es wirklich 
zu gewähren im Stande ist, seit Hr. Prof. Buckland in sei- 
nem geistreichen und vielfach belehrenden Werke, seiner 
Bridgewater- Abhandlung über Geologie u. s. w. (London, 
1836, in 2 Bänden) auf Taf. 26 nach einem Abgufs eine Ab- 
bildung einer ganzen Platte mit solchen Fufsstapfen — es 
sind deren 9 auf derselben — in ihren gegenseitigen Bezie- 
hungen gegeben hat. Vergleicht man unser Exemplar mit 
dieser Abbildung, so wird nicht allein Alles weit klarer, was 
bei der isolirten Betrachtung des Stückes zweifelhafter er- 
scheinen konnte, sondern man endet die Betrachtung mit der 
vollkommenen Ueberzeugung, dafs jener berühmte Fund in 
Dumfriesshire, der sich glücklicherweise neuerlich noch in 
der dortigen Gegend an mehreren Orten wiederholt hat *), 
an Evidenz in Bezug auf seine Bedeutung dem köstlichen 
Funde von Hildburghausen wenig oder gar nicht nachsteht, 
und wirklich die Bahn gebrochen hat, den Spuren, den 
Fufsstapfen der allerältesten Thiere der höheren Klassen, 
von denen wir wissen, auch solcher, von denen wir nicht 


*) Buckland a. a. O. Vol. I. p. 259. 


43 


einen Knochen mehr besitzen, dennoch mit eben so grofser 
Sicherheit, als wo wir die letzteren noch erhalten finden, 
und in einer vorher nicht geahneten Verbreitung und Man- 
nigfaltigkeit, mit Zuversicht zu folgen; eine Bahn, die von 
nun an im Grolsen betreten worden ist. 

Wenn wir unser Exemplar betrachten, und mit Buck- 
land a. a. ©. Taf. 26. vergleichen, so zeigt sich augenschein- 
lich, dafs das Thier zuerst die, ich möchte sagen, nur über- 
harrschte Kruste der damaligen Oberfläche der Sandsteinlage 
durchbrochen hat; die Masse scheint, vergleichbar einer dün- 
nen Eiskruste, auf der Oberfläche eine etwas festere Consi- 
stenz, wie durch beginnende Trocknung, damals so eben er- 
langt zu haben, fester als der gleich unter ihr folgende, noch 
nasse, breiähnlichere, immer mit etwas Thon gemengte, rothe 
Sand; die Contoure der Zehen des Thieres haben sich bei Durch- 
brechung der Kruste ganz deutlich eingedrückt, und die Kru- 
ste hat einen ziemlich scharfen Rand, ganz den vorderen Um- 
rissen der Pfote folgend, bekommen, welcher sich an allen 
einzelnen Fulsstapfen um so vollkommner erhalten hat, als 
wegen der geneigten Lage der Schicht das Thier und die 
Pfote vom Moment des Durchbrechens der Kruste an, ein 
wenig herabgeglitten ist, wie sich das in der Buckland- 
schen Abbildung durch den Schatten kenntlich macht, wel- 
cher bei jeder einzelnen Stapfe der Randlinie der durchbro- 
chenen Kruste zunächst folgt, und sie von dem ‚gebliebenen 
Abdruck der Zehe selbst in einer überall nahe gleichen 
Breite trennt. Die Spur und die Richtung des ‚Gleitens ist 
an unserem Exemplare vollkommen deutlich, ja die Linie des 
vorderen Zehenumrisses, wo das Gleiten aufgehört hat, hat 
vollkommene Schärfe; es ist ein neuer, dem vorigen paralle- 
ler Rand entstanden, welcher aber nun nicht blos als eine 
eingeknickte Stelle sich zeigt, sondern wie ein kleiner 
Wall auch auswärts wieder aufgeworfen ist neben der ein- 
wärts gerichteten kleinen Vertiefung. 

Von grölster und augenfälligster Evidenz aber ist der 
grolse eigentliche Wulst, der sich durch das Herabgleiten 
mit dem Ballen rückwärts gebildet hat bis. dahin, wo die 


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Pfote wieder den festen Ruhepunkt gewann, und auf wel- 
chem nun zunächst der Abdruck des Ballens geblieben ist, 
an welchen sieh der der Zehen und Nägel anschliefst; die 
Vertiefungen der Zehenabdrücke sind auch wirklich mit eini- 
gem besonderen Schmutz gefüllt, der in den Gruben zurück- 
geblieben ist. An der Rückseite des Wulstes, d. i. der ab- 
wärts gekehrten, befindet sich ein neuer Eindruck von vier 
Zehen — so zähle ieh — neben einander, nicht minder deut- 
lich, offenbar der folgenden Pfote des Thieres in der Reihe 
der Spur angehörig; unter der letzteren aber ein nochmali- 
ger Eindruck, welchen man beim ersten Anblick für der 
Ferse des Thieres angehörig nehmen könnte, der aber doch 
wiederum einen zu scharfen und gezackten Rand hat, von 
anderer Form als die vorigen, und, gleich dem ersten, ein 
(schwächeres) Einknicken der derzeitigen Oberfläche mit 
schwachem Gleiten erkennen lassend. 

Die Totalgestalt unseres Exemplares der grölseren Fährte 
möchte am besten mit der zweiten Spur von oben links 
auf der Buckland’schen Tafel zu vergleichen seyn, wenn man, 
wie durch den Spiegel gesehen, die rechte und linke Seite des 
Trittes vertauscht. Die nähere orycetognostische Beschreibung 
des Stückes scheint überflüssig zu seyn. Die Sandsteinbank, 
welcher es angehört, hat eine Dicke von etwa einem Zoll; 
obere und untere Seite haben vollkommne Ablosungsfläche, 
und sind mit einem dünnen, schlammigen Thonüberzug be- 
kleidet; die Bauk oder Sandsteinlage ist in ihrem untersten 
Theile durch geradlinige Streifen in zarte, parallele und gerad- 
flächige Schichten abgetheilt, welche sich aber nicht mehr 
von einander trennen lassen; in dem oberen Theile unabge- 
theilter, und von etwas gröberem Korne des Sandes; übri- 
gens durch und durch roth gefärbt; der Abdruck der Pfote 
ist zwar nicht vollständig, sondern an der Stelle, welche, 
“wenn wir der oben bezeichneten Figur in der Buckland’schen 
Abbildung folgen, die äufsere seyn würde, unvollständig 
und abgebrochen, aber dennoch so lehrreich, wie es die ge- 
sebene möglichst getreue Beschreibung ausdrückt. 


45 


Das Königl. Mineralienkabinet ist ferner glücklich ge- 
nug gewesen, auch von den durch Herrn Hitcheock in 
Massachussets in den Vereinigten Staaten aufgefundenen und 
nicht minder berühmt gewordenen Fährten grofser Vö- 
gel in einem Sandstein, der von Hrn. Hitchcock auch zum 
bunten Sandstein (new red sandstone) gerechnet wird, ein 
deutliches Exemplar zu erhalten, und verdankt es der Güte 
des kürzlich aus Nordamerika zurückgekehrten Hrn. Dr. Ju- 
lius, welcher es, mit der Etikette des Herrn Hitchcock 
selbst versehen, dem Kabinet zu überlassen die Gefälligkeit 
hatte. Es entspricht den bekannten und allgemein verbrei- 
teten Abbildungen *) vollkommen; und wenn man gleich ei- 
nem sonst Ungläubigen nicht zumuthen würde, von der Wahr- 
heit auch dieser wichtigen Entdeckung sich durch unser Exem- 
plar überzeugen zu lassen, so möchte doch auch gegentheils 
sich nicht läugnen lassen, dafs eine sorgfältige und fortge- 
setzte Betrachtung, und eine ganz unbefangene Prüfung un- 
seres Stückes zu der Anerkennung nölhigen würde, dafs die 
Erscheinung, auch so wie sie sich hier an dem Stücke dar- 
bietet, kaum auf eine andere Art sich genügend erklären 
liefse, wenn man es nicht anerkennen wollte, dafs man den 
Eindruck der langen und spitzigen Zehen eines schreitenden 
Thieres vor sieh habe. | 

Unser Exemplar ist, der Gebirgsart nach, ein grauer, 
ganz dünn- und geradschiefriger, mit Glimmerschüppchen 
durch und durch erfüllter, Sandsteinschiefer, welcher, 
der oryctognostischen Beschaffenheit nach, eher für einen 
Grauwackenschiefer oder einen Sandsteinschiefer des Kohlen- 
gebirges, als für ein Glied des bunten Sandsteins gehalten 
werden würde;ı worüber jedoch allein die Lagerungsverhält- 
nisse eine gültige Entscheidung geben können. Die obere 
Fläche des Stückes, mit dem veıtieften Eindruck, ist nicht 


*) Die des Hrn. Hitchcock, s. American Journal of Science 
and arts, January, 1836, sind inehreremale copirt; in Buckland’s 
oben angeführtem Werke: Geology and mineralogy considered with 
reference to natural theology, Taf. 26. a. b.; in Froriep’s Notizen 
ws. f. Jahrg. 1836. u. m. 


46 


die Trittfläche des Thieres selbst, sondern die einer etwas 
tiefer gelegenen Schicht, auf welcher sich die Vertiefungen 
und Erhabenheiten, parallel denen der eigentlichen Fläche des 
Trittes selbst, wiederholen. Die untere Fläche des Stückes 
zeigt dieselben Concavitäten der oberen Fläche als Convexi- 
täten, also durch alle die feinen Lagen des Stückes durch- 
gehend, und in beiderlei Richtungen, nach oben wie nach 
unten, über die Grenzen des Stückes selbst, welches etwa 
4 Zoll Dieke hat, sich weiter fortsetzend. Obwohl an Schärfe 
abnehmend, sind doch die Umrisse auf der unteren Seite noch 
recht deutlich. Die Last des Thieres, welches durch diese 
Schichten nicht eigentlich hindurch getreten, sie nicht ge- 
trennt, sondern blos so stark verdrückt und gequetscht hat, 
ist eben daraus wohl ersichtlich. Ganz unverkennbar ist die 
Richtung der vorwärts schreitenden.Bewegung des Fufses 
an der Beschaflenheit des Eindruckes selbst. Der Eindruck 
der kleineren, mehr seitwärts gerichteten Zehe nämlich zeigt 
seine beiden Räuder, den vorwärts- und den rückwärtsge- 
kehrten, ganz verschieden gebildet; der letztere ist ganz sanft 
abfallend, gleitend, und hat einen längeren flachen Strei- 
fen, der von dem früher den Schlamm berührenden Hinter- 
theile des Fufses herrührt, hinter sich herziehend; der vordere 
Rand ist schärfer abfallend, mehr wulstig, von der mit etwas 
Schlamm heranrückenden Zehe vielmehr gedrängt, als, wie 
der hintere, sanft herabgedrückt und geglättet. Auch in dem 
Eindruck der langen Mittelzehe erkennt man die Richtung 
derselben vorwärts schreitenden Bewegung wieder. Von bei- 
den Seiten symmetrisch schieben sich da an beiden Seiten- 
rändern bis zu dem ganz scharfen Ende des Nageleindrucks 
hin die gequetschten Schlammlagen nach vorn über einander. 
Von der dritten Zehe ist an unserem Stück, welches eben 
da abgebrochen ist, wenig zu sehen. Die Länge der Mittel- 
zehe ist etwa die eines Zeigefingers des Menschen. 

Das Ganze kann, wie gesagt, nur zur vollsten Bestäti- 
gung der schönen Entdeckung des Hrn. Hitehcock dienen. 

Herr Ehrenberg theilte zuerst mit, dals er in den 
Feuersteinen der Gegend von Delitzsch bei Leipzig noch weil 


47 


deutlichere Infusorien-Formen als Hauptbestandtheil aufgefun- 
den, als die waren, welche er früher bei Berlin erkannt hatte. 
Die bei Berlin gesammelten Feuersteine liefsen nämlich eine 
vermuthliche Art der Gattung Pyxidicula, vielleicht die P. 
operculata (Frustulia operculata Agardh) selbst, als Einschlufs 
erkennen, und dieselbe kugelartige mikroskopische Form fand 
sich auch in dem die Feuersteine einhüllenden . Kieselmehle 
mit Schwammnadeln, denselben Spongillen - Theilen, welche 
Lyngbye früher Echinella acuta, Agardh Frustulia acuta, 
und Bory de St. Vincent Lunulina nannten, und mit vie- 
len unbestimmbaren Fragmenten. Weit anschaulicher waren 
die organischen Formen vieler Feuersteine bei Delitzsch. . Sie 
gehörten gerade zu den recht ausgezeichneten und leicht wie- 
der zu erkennenden Bildungen der Jetztwelt, und waren in 
solcher Menge zusammengehäuft, dafs sie offenbar die Haupt- 
masse der Kieselsubstanz selbst bildeten. Diese: ausgezeich- 
neteren Formen waren 4 Arten der schon 1832 aufgestellten 
Gattung Xanthidium (Klettenthierchen) der Familie der Ba- 
cillarien, und 2 Arten der schon 1830 begründeten Familie 
und Gattung der Kranzthierchen, Peridinium. Drei Arten 
der Klettenthierchen der Feuersteine schienen von den 3 bei 
Berlin im Sumpfwasser lebenden, 1833 in den Schriften der 
Berliner Akademie beschriebenen Xanthidium furcatum, acu- 
leatum und pilosum sich speeifisch nicht zu unterscheiden; 
denn dafs die Klettenthierchen lebend immer paarweis zu- 
sammenhängen, ist ein nicht nothwendiger Fortpflanzungszu- 
stand, und es finden sich die jetzt lebenden im Tode oft ein- 
zeln in den Feuersteinen, sind aber auch schon mehrmals 
doppelt gefunden. Eine 4te Art der Feuersteinthierchen ist 
nicht lebend bekannt; sie hat vielverzweigte Stacheln, oft 
3-zackige, zuweilen 5- bis 6-zackige; sie läfst sich mit dem 
Namen X. ramosum bezeichnen. Diese Formen der Kletten- 
thierchen sind im Feuerstein nie so zahlreich, dafs sie als 
Masse bildend anzusehen wären; doch liegen zuweilen 6 bis 
10 in einem Haufen beisammen, öfter liegen sie einzeln, sehr 
oft sind sie auf das überraschendste bis in ihren feinsten Ver- 
ästelungen schön erhalten. 


48 


Viel zahlreicher an Individuen sind in den Feuersteinen 
die beiden Arten der Gattung Peridinium, deren eine P. py- 
rophorum, deren andere P. delitiense genannt worden sind. 
Die erstere Form gleicht fast genau der Abbildung, welche 
Dr. Michaelis in Kiel in seiner Schrift über die Leucht- 
thierchen der Ostsee von einem der. Haupt-Leucht- Infusorien 
gegeben hat, und welches er Cercaria nennt, das Hr. E. aber 
Peridinium Michaelis genannt hat. Das Genus ist oflenbar 
identisch; die Species scheint aber doch verschieden. Diese 
Form hat vorn 2 sehr kurze Hörnchen oder Spitzen, hinten 
eine, zuweilen kaum bemerkbare, ist aber oft wie lebend 
schön erhalten. Die zweite Art, P. delitiense, ist ebenfalls 
sehr ausgezeichnet durch ihre Gestalt. Sie hat nur eine seit- 
liche hörnchenartige Spitze, ist sonst fast kuglig und sehr 
deutlich facettirt oder netzartig überstrickt. Sie hat eine 
diekere Schaale, erscheint dem blofsen Auge weils, während 
die erstere gelblich ist, und ist bei durchgehendem Lichte, 
im Mikroskope, fast schwarz. Diese beiden Formen liegen 
oft so dicht gedrängt in den Feuersteinen, wie die G@aillonel- 
len im Halbopal, und bilden offenbar das Ueberwie- 
gende der Masse. 

Diese Mittheilungen wurden durch mikroskopische De- 
monsirationen an geschliffenen Blättchen von Feuersteinen 
und Halbopalen erläutert. i 

Ferner benachrichtigte Hr. Ehrenberg die Gesellschaft, 
dafs es ihm endlich gelungen‘ sey, auch die grölseren zarte- 
sten Seethiere bis nach Berlin lebend zu befördern, um hier 
weitere physiologische Untersuchungen an ihnen anzustellen. 
Er zeigte ein 3 Zoll grofses und ein etwas kleineres, noch 
lebendes Exemplar der Medusa aurita aus der Ostsee vor, 
welche der eifrige Studiosus der Mediein Herr Hecht naclı 
den ihm mitgetheilten Vorsichtsmalsregeln von Stralsund mit 
der Post nach Berlin gesendet hatte. Es waren dergleichen 
7 Stück lebend und ganz wohl erhalten in Berlin angekom- 
men, wovon am Sitzungstage der Versammlung, dem 4ten 
nach der Ankunft, noch 2 am Leben waren, die wegen Man- 
gels an frischem Seewasser freilich dem sichern Untergange 


Ä 49 
nahe waren. Herr E. hatte schon früher vielfache Sendun- 
gen aus Wismar und Kopenhagen erhalten, wo Hr. Dr. Fer- 
dinand Rose und Hr. Dr. Switzer sich seiner Wünsche 
eifrigst und treulichst angenommen hatten; allein es mulsten 
erst Erfahrungen gesammelt werden, auf deren /Stufen sich 
endlich auch das für physiologische und anatomische Unter- 
suchungen nützliche Ziel erreichen lies. Nothwendige Be- 
dingungen für solche Transporte scheinen zu seyn, dafs sie 
nicht in (hölzernen) Gefälsen geschehen, welche das Wasser 
verändern können, dafs sie nicht bei zu heilsem Wetter ge- 
schehen, dafs nur wenig aber ein wenig Luft über dem 
Wasser bleibe, dafs kein Verband mit Blase oder einem an- 
dern auflöslichen, das Wasser verändernden Mittel angewendet 
werde, und dafs das Gefäls, worin sie transportirt werden 
sollen, etwa 5- bis 6mal. mehr Wasser fasse, als sie selbst 
Raum einnehmen. Die 7 sind in einem Gefälse angekom- 
men. Einzeln transportirte kamen früher auch nicht lebend 
an, weil jene Bedingungen noch nicht erkannt und berück- 
sichtigt waren. Einige Untersuchungen dieser in Berlin le- 
benden Medusen sind noch für die Abhandlung über die Or- 
ganisation der Medusen der Ostsee benutzt worden. 


Versammlung am 22. December 1836. 


Herr Wiegmann stattete einen Bericht ab von seiner 
im August und September 1836 unternommenen naturhisto- 
rischen Reise nach der Südküste Norwegens, behielt sich 
aber vor, die ausführlicheren Mittheilungen in seinem Ar- 
chive zu geben. 

Herr Ehrenberg machte die Mittheilung, dafs er die 
Synedra capitata, das Infusionsthierchen, welches den Haupt- 
bestandtheil des Bergmehls von Santafiora in Toscana bildet, 
und bisher unter den jetzt noch lebenden Formen nicht auf- 
gefunden worden war, seit wenigen Tagen auch im Thier- 
garten bei Berlin in Menge lebend angetroffen habe. Es hat 
einen 2-theiligen, vielleicht auch 4-theiligen, bräunlich - grü- 
nen Eierstock, welcher im jungen Thierchen den inneren 
Raum bis ans Ende erfüllt; bei älteren Formen theilt sich 
die Eiermasse in mehrere Parthieen, so dals sie zuweilen 
eine Reihe von bräunlich-grünen Kugeln bildet. Ueberdiefs 
sind im Innern in einer sehr durchsichtigen gallertartigen 
Masse, dem eigentlichen Thierkörper, zerstreute Bläschen 
kenntlich, welche polygastrischen Magenzellen vergleichbar 
erscheinen. Oeffnungen sind nur vorn und hinten, nicht in 
der Mitte, was gegen die Bildung der Naviculae, aber für 
die der Synedrae spricht. Seine Bewegung ist im freien Zu- 
stande deutlich, allein es sitzt eigentlich mit einem ganz kur- 
zen weichen Fufse auf Conferven fest, und gehört allerdings 
der Gattung Synedra an, wohin es also, des mangelnden Cha- 
rakters im fossilen Zustande ungeachtet, wegen Analogie der 
Gestalt der Stäbchen, und der Lokalität der Oeflnungen mit 
Recht gestellt worden war. Lebende Thiere wurden unter 
dem Mikroskope zur Anschauung vorgelegt. | 

Ferner gab Herr Ehrenberg Nachricht über eine bei 
ihm eingegangene Sendung von Polirschiefer aus Cassel, wel- 
chen Herr Doctor Philippi selbst eingesammelt und gütigst 
übersendet hat. Nach Herrn Dr. Philippi’s Mittheilung fin- 


51 


det sich dieser Polirschiefer etwa eine halbe Stunde von der 
Löwenburg bei Cassel, am südlichen Abhange der breiten 
Kuppe, welche den Herkules trägt, in einem Steinbruche des 
Basalt-Conglomerats, welcher seit vielen Jahren verlassen ist. 
Das Basalt-Conglomerat ist deutlich fast horizontal geschich- 
tet, etwas gegen Süden einschielsend. Der Polirschiefer bil- 
det horizontale Schichten im Basalt-Conglomerat. Etwa 20 Fuls 
unter der Oberfläche liegt eine Schicht des Polirschiefers von 
kaum 1 Fufs Mächtigkeit, dann folgen aufwärts 6 bis 8 Fufs 
Conglomeratschichten, auf diese eine 2te noch weniger mäch- 
tige Schicht Polirschiefer, und einige Fuls darüber wahr- 
‘ scheinlich noch eine dritte dünnste. Darüber liegt wieder 
Basalt-Conglomerat, und in diesem sind 2 schwache Kohlen- 
flötze von 1 Fuls und kaum einigen Zollen Mächtigkeit. 
Ueber diesen liegen etwa 3 Fuls Dammerde. 

Die übersandten sehr schönen Proben des Polirschiefers 
von fast 6 Zoll Länge und 3 Zoll Dicke unterscheiden sich 
vom gelblichen und erdigen Biliner Polirschiefer durch eine 
silbergraue Farbe und etwas Fettiges im Anfühlen, welcher 
letztere Charakter durch die stab- oder nadelähnlichen con- 
stituirenden Infusorien bedingt seyn kann. Hr. Ehrenberg 
hat diese Masse von Neuem mikroskopisch analysırt. Die 
ganze Masse besteht in manchen Stücken ganz und gar aus 
Infusorien; zuweilen scheint es eine kieselige, unförmliche 
Zwischenmasse zu geben, doch können es feine Fragmente 
seyn. Es haben sich aufser den schon früher angezeigten 7 Ar- 
ten von Infusorien noch 8 verschiedene Species erkennen las- 
sen, von denen jedoch keine einer neuen ‘Gattung, auch, wie 
es scheint, keine mit Sicherheit einer neuen Art angehört. 
Diese Formen sind folgende: 1) Cocconema cymbiforme, 2) C. 
Cystula, 3) €. gibbum: sämmtlich bekannte, bei Berlin noch 
lebende Arten; 4) Mavicula lanceolata? in kleinen nicht si- 
cher bestimmbaren Exemplaren; 5) Fragilaria diophthalma? 
nicht selten in noch langen Bändern zusammenhängend; 6) 
Fragilaria rhabdosoma, in meist vereinzelten Stäbchen, über- 
aus zahlreich. Diese letzteren 3 sind noch jetzt lebende Ar- 
ten. 7) Gaillonella distans, welche in Bilin die Hauptmasse 


52 


bildet, ist hier nur sehr einzeln; endlich 8) Cocconeis Seu- 
tellum, eine noch jetzt bei Berlin lebende Art. _ Aufser die- 
sen Infusorien haben sich auch noch die überall gleichzeitig 
“vorkommenden Kieselnadeln von Spongien oder Spongillen 
einzeln vorgefunden. Von all diesen 8 und den früheren 7, 
also 15 Infusorien, und den Spongillennadeln bilden die Fra- 
gilarien die Hauptmasse, und es scheint, dafs die jetzt noch 
auch lebend geographisch sehr verbreitete Fragilaria rhabdo- 
soma des sülsen Wassers die überwiegende sey. 

Aufserdem legte Hr. Ehrenberg fertige colorirte Probe- _ 
blätter der Kupfertafeln zu seiner Abhandlung über die Struc- 
tur der Medusa aurita vor, und zeigte ein lebendes Exem- 
plar des Ophrydium versatile von der Grölse eines Zolles, 
welches noch. jetzt, im December, im Thiergarten gefunden 
wurde. und zeigte die von ihm aus lebenden Infusorien be- 
reiteten künstlichen Bergmehle oder Kieselguhen, mehrere 
Unzen an Masse vor. $. die Berichte der Akad. der Wis- 
senschaften zu Berlin 1836, 


Karsten, 
d. z. Director. 


Gedruckt bei A. W. Schade. 


Mittheilungen 
aus den Verhandlungen 


Gesellschaft naturforschender 
Freunde zu Berlin. 


Zweites Jahr. 


1837. 


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BERLIN, 1838. 
In der Nicolai’schen Buchhandlung. 


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Mittheilungen 


aus den Verhandlungen der Gesellschaft naturforschen- 
der Freunde zu Berlin. 


Versammlung am 17ten Januar. 


Her Link hielt einen Vortrag über eine in den Kö- 
niglichen Sammlungen befindliche Graburne, vermuthlich 
aus norddeutschem Boden, in welcher eine Palmfrucht 
von unbekannter Art durch Pech befestigt war. Dafs 
sie nach dem Aufgraben hineingebracht sein sollte, ist 
nicht glaublich, da die Frucht nicht zu den gewöhnli-. 
chen gehört. Vermuthlich war sie also als eine Selten- 
heit in der Urne beigelegt. 

Herr v. Olfers zeigte ein Stück Muschelkalk von 
Egeln vor, welches er vom Dr. Quenstädt erhalten, 
und woraus er einen kleinen, aber wohlerhaltenen und 
merkwürdigen fossilen Knochen hervorgezogen hat. Der 
Knochen hat eine sehr eigenthümliche Bildung, kommt 
jedoch dem ersten Rückenwirbel eines Cheloniers noch 
am nächsten. Die gröfste Länge des Knochens war 4} 
Linien, die gröfste Breite 75 Linien preufs. 

Herr Eichwald aus Wilna legte Zeichnungen von 
Tbieren vom Caspischen Meere und dem Caucasus vor. 

Herr Lucae zeigte ein grofses Stück japanisches 
Wachs von Rhus succedanea, durch Auskochung der 
Früchte gewonnen, vor, welches jetzt in Baiern häufig 
zum pharmaceutischen Gebrauche angewendet wird. 

1* 


4 


Herr Ehrenberg übergab der Gesellschaft seine 
neueste Schrift über die Akalephen des rothen Meeres 
und den Organismus der Medusen der Ostsee. 

Derselbe zeigte zwei verschiedene künstliche Nach- 
ahmungen von sogenannten Elementar- Nervenröhren vor, 
welche in der Ruhe und Contraction cylindrisch erschie- 
nen, bei geringer Spannung aber gegliedert und beim 
Nachlassen der Spannung wieder cylindrisch wurden. 
Diese Erscheinung war einmal dadurch erreicht, dafs 
längliche Stücke einer elastischen Schnur, welche @ummi 
elasticum enthielt und mit Seide übersponnen war, ab- 
wechselnd mit kugeligen Stücken einer nicht elastischen 
Schnur von gleicher Stärke fest zusammengesetzt waren. 
Bei mäfsiger Dehnung blieben die kugeligen, nicht elasti- 
schen Stücke in ihrer Form, die länglichen elastischen 
aber wurden dünner und länger, was einen gerade sol- 
chen Gliederfaden vorstellte, wie er bei den Nervenröh- 
ren sichtbar ist. Die andere Art bestand aus einer fuls- 
langen elastischen, innen @ummäi elasticum enthaltenden, 
äufserlich mit Seide überzogenen Schnur, welche ‘in klei- 
nern Abständen während 2 Dehnung fest mit Seiden- 
faden so stark umwickelt war, dals in der Contraction 
alle Theile in gleicher Cylinderfläche lagen. Bei der 
Dehnung behielten die umwickelten Stellen ihre Gestalt, 
und die andern dehnten sich, wurden daher dünner und 
gaben ebenfalls das Bild eines gegliederten Nervenfa- 
dens. Herr E. knüpfte an diese, nicht zu einer Erklä- 
rung, nur zu einer Verdeutlichung des Gegenstandes be- 
stimmten Präparate eine kurze Darstellung seiner neue- 
sten Ansicht über die prädisponirte charakteristische Glie- 
derform gewisser Nervenfaserungen, da in der geringern 
oder grölsern Dehnbarkeit gewisse ringartige Stellen so 
liegen können, wie das Verknöchern de Blutgefäfse im 
höhern Alter locale Ringe bilde, oder wie die Kalkab- 
sonderung im Knorpel Ne jungen Knochen von gewis- 
sen localen Anhäufungen ausgehe. Wie nun aber einige 


5 


Knorpel nie zu Knochen werden, sondern stets Knorpel 
bleiben, so könnten auch wohl die stets gegliedert oder 
der Gliederung fähig bleibenden Nervenröhren des Ge- 
hirns und Rückenmarks dem nie erhärtenden Knorpel 
hierin vergleichbar sein, während die Muskelnerven zu 
gliederlosen Gliederröhren erstarrten. Uebrigens war er 
nicht der Meinung, als seien die Anschwellungen nur an 
den mehr erhärteten Stellen, vielmehr hielt er die Er- 
scheinung für mannigfach complieirt und durch die zu- 
fälligen localen Anhäufungen des Inhaltes der Röhren 
während der Längen - Ausdehnung derselben mit bedingt, 
so dafs also zuweilen der durch die Dehnung local an- 
gehäufte Inhalt der Röhren Anschwellungen weicherer 
Stellen hervorrufe, während anderwärts die weicheren 
Stellen der Dehnung nachgebend Einschnürungen und 
dagegen die härteren Stellen Knoten bildeten. Nirgends 
folge der Organismus ganz einem physikalischen Ge- 
selze, aber eine Gesetzmäfsigkeit sei bei diesen Differen- 
zen der Hirn- und Muskel-Nerven jedenfalls vorhanden 
und unläugbar. 

Hierauf gab derselbe einige Bemerkungen über die 
von mehreren jüngern Anatomen neuerlich gesehenen 
Nervenschlingen und Anastomosen als Endigungen der 
Nerven, mit der Erklärung, dafs er diese Nervenschlin- 
gen weder für natürlich, noch für Endigungen halte, ob- 
schon sie auch ihm sehr wohl bekannt seien. Er halte 
sie vielmehr für blofses seitliches Auseinanderweichen 
von Bündeln gröberer Nervenröhren, wie eine an irgend 
einer Stelle in die Breite gezogene Zwirnflechte Ver- 
schlingungen der Fäden zeigen könne, die nichts weni- 
ger als Enden seien. Die Enden der Nerven seien mit 
den jetzigen optischen Hülfsmitteln seiner Erfahrung nach 
noch gar nicht zu beweisen, da sich dieselben bis zu so 
zarten Theilen verfolgen liefsen, in denen die optischen 
Schwierigkeiten nicht mehr mit Klarheit zu überwinden 
wären. Auch sprach er die Meinung aus, dafs diejeni- 


6 

gen Beobachter, welche eine Zusammensetzung der Ele- 
mentarröhren der Muskelnerven aus noch feineren Röh- 
ren durch Juxtaposition zu sehen vorgeben, so wenig er 
selbst auch ausdrücklich je geneigt gewesen sei, die Ele- 
mentarröhren für einfache Häute zu halten, doch wohl 
seine Bündel von Nervenröhren aus irgend einem der 
zusammengesetzten Gangliennerven für Elementarröhren 
gehalten haben möchten. 


Versammlung am 2l1sten Februar. 


Herr Ehrenberg trug einen Auszug aus einer Ab- 
handlung des Herrn Dr. Philippi in Cassel: Ueber die 
Structur der Kalkalgen, vor, worin nachgewiesen und 
durch Zeichnungen erläutert wird, dafs viele bisher, auch 
neuerlich noch für Kalksinter, Nulliporen und korallen- 
artige Thierkörper gehaltene Seeprodukte mit Kalk über- 
zogene Algen: sind. (S. Wiegmann’s Archiv.) 

Derselbe übergab seine Abhandlung: Zusätze zur 
Kenntnifs der kleinsten Organismen, und legte die er- 
sten 16 Druckbogen seines gröfseren Infusorienwer- 
kes vor. 

Herr Klug theilte neuere, von dem Reisenden Herrn 
Moritz erhaltene Nachrichten aus Valencia über dor- 
tige Brenn- und Gift-Raupen mit, die nicht, wie unsere 
Raupen, durch das Eindringen ihrer vom Körper getrenn- 
ten Haare in die Haut Brennen erregen, sondern will- 
kührlich stechen, und deren einfliefsendes Gift heftig 
brennenden Schmerz, zuweilen Fieber hervorbringen soll. 
Der Eintheilung dieser Raupen in Giftdorn- Raupen, Gift- 
haar-Raupen und fufslose Giftraupen folgte eine Angabe 
der jeder Abtheilung eignen Charaktere. *) 


*) Der Brief vom l5ten November 1836 ist später in Wieg- 
mann’s Archiv für Naturgeschichte, 3ter Jahrgang 2tes Heft, ab- 
/ 


7 


Herr H. Rose sprach über die Bereitung des Pal- 
ladiums in London: In London wird das Palladium in 
grofser Menge durch Herrn Johnson aus dem brasilia- 
nischen Golde gewonnen. Dieses Gold kommt in einem 
eisenhaltigen Sande vor, der Jacotinga genannt wird. 
Das Gold, welches aus demselben durch Waschen ge- 
wonnen wird, hat eine braune Farbe und im Durch- 
schnitt folgende Zusammensetzung im Hundert: 

keines Gold. .- Ieivertaneine 82,50 
ST RE 
Boalladıumr.. raue .de min 


+ 


Plain... „\ cases REN N 
er Erdige ‚Stoffe .. . .....,., 1,66 
Kupfer, Eisen u. s. w. .-. 4,49 

100,00 *). 


Das Verfahren, um das Gold und Palladium zu 
scheiden, ist folgendes: 6 Pfund des palladiumhaltigen 
Goldes werden mit 12 Pfund Silber zusammen geschmol- 
zen, die zusammengeschmolzene Masse granulirt und mit 
18 Pfund reiner Salpetersäure (die zur Hälfte aus Was- 
ser und aus Säure besteht) digerirt, wobei reines Gold 
zurückbleibt, und die andern Metalle, selbst auch Platin 
in seiner Verbindung mit Silber, aufgelöst werden. Die 
Auflösung wird mit einer Auflösung von Kochsalz ver- 
setzt, um das Silber als Chlorsilber auszuscheiden, das 
man vermittelst Zinks und Wasser reducirt. Das erhal- 
tene Silber wird zu neuen Schmelzungen mit dem ‚palla- 


gedruckt worden. Die Nachrichten über die Giftraupen finden sich 
Seite 187 und folgende. 


*) Berzelius fand in einem palladiumhaltigen Golde aus Bra- 
silien unter dem Namen Ouro poudre (faules Gold), welches durch 
Herrn Pohl zugesandt war: 

85,98 Gold, 
9,385 Palladium, 
4,17 Silber, ohne Spuren von Kupfer. 

(Poggendorf’s Annalen, Bd. XXXV. S. 514.) 


8 


diumhaltigen Golde benutzt. Aus der vom Chlorsilber 
getrennten Flüssigkeit werden die Metalle durch Zink 
präcipitirt, worauf man dieselben mit Salpetersäure be- 
handelt, welche das Platin ungelöst zurückläfst, Palladium 
und Kupfer aber auflöst. Die Auflösung wird, nachdem 
Salzsäure hinzugefügt worden ist, mit ätzendem Ammo- 
niak als ein fleischfarbener Niederschlag gefällt, das Kupfer 
aber bleibt aufgelöst. Man vermeidet einen zu grofsen 
Ueberschufs von Ammoniak,‘ weil durch denselben ein 
Theil des Niederschlags oder auch die ganze Menge des- 
selben aufgelöst werden könnte. ‘Durch Glühen des Nie- 
derschlags erhält man metallisches Palladium als blau- 
angelaufene, zusammengesinterte Körner. 

Zur technischen Anwendung wird das Palladium mit 
10 Procent Silber versetzt, um es streckbar zu machen. 
Die fast einzige Anwendung ist, dafs man den Draht des 
silberhaltigen Palladiums zur Befestigung falscher Zähne 
benutzt, zu welchem Zwecke es sich leichter eignet als 
reiner Silberdraht, da er hierbei nicht schwarz, wie die- 
ser, wird, und nicht so theuer wie Platindraht ist. — 
Das Palladium ist etwas schwerer schmelzbar als Mangan. 

Herr Wiegmann zeigte ein von Herrn Moritz 
aus Columbien eingesandtes Exemplar des Peripates von 
Guilding vor, erläuterte dessen richtige Stellung bei 
den Ännulaten, und berichtigte einige Irrthümer der frü- 
heren Beschreiber. Augen sind nicht die körnigen Hök- 
ker, welche Guilding und Milne-Edwars dafür an- 
sehen, sondern es finden sich zwei einfache Ocelli, je- 
derseits eins hinten am Grunde der Fühler. Was jene 
Naturforscher für aggregirte Augen ‘ansahen, ist das ru- 
dimentäre erste Fufspaar, welches in seiner Verkürzung 
als ein blofser Höcker erscheint. Die Fülse sind stumpf 
conisch und endigen mit einem treffleförmigen Klauen- 
gliede, welches zwei gekrümmte Krallen trägt. 

Herr Weifs theilte aus den Verhandlungen der 
vorjährigen Bristoler Zusammenkunft. englischer Natur- 


9 


forscher das auf die Versuche und Beobachtungen des 
Herrn Crofs Bezügliche, über Bildung von Quarzkry- 
stallen aus Kieselflufssäure unter Einwirkung eines elek- 
trischen Apparates, mit, welche Beobachtungen ein so 
grofses Aufsehen erregt hatten, ein Aufsehen, das weit 
über ihren Werth gegangen zu sein schien. 

Herr Joh. Müller gab von den Untersuchungen 
des Herrn Dr. Schwann über Fäulnifs und Weingäh- 
rung in Beziehung auf generatio aequivoca folgende 
vorläufige Nachricht: Bei der letzten Versammlung der 
Naturforscher in Jena hat Herr Schwann Versuche 
mitgetheilt, aus denen hervorgeht, dafs, wenn eine ver- 
schlossene Glaskugel, die mit atmosphärischer Luft ge- 
füllt ist, und aufserdem ein wenig einer Infusion von 
Muskellleisch enthält, der Siedhitze des Wassers ausge- 
setzt wird, so dafs Flüssigkeit und Luft der Glaskugel 
bis 80° R. erwärmt werden, nachher in der Flüssigkeit 
innerhalb mehrerer Monate keine Infusorienbildurıg und 
keine Fäulnifs Statt findet, und zwar selbst dann nicht, 
wenn die Quantität der in der Glaskugel enthaltenen 
thierischen Substanz so gering ist, dafs an eine vollstän- 
dige Verschluckung des Sauerstoffs aus der Luft deı 
Glaskugel nicht zu denken ist. Es war indessen doch 
wünschenswerth, den Versuch in der Art zu modificiren, 
dafs eine Erneuerung der Luft möglich würde, doch so, 
dafs die neu hinzugeführte Luft, wie in den vorigen Ver- 
suchen, vorher einer höhern Temperatur ausgesetzt würde. 
Dies wurde auf folgende Weise bewirkt. 

Ein Fläschchen, welches einige Stückchen Muskel- 
fleisch enthielt und bis zu einem Drittel mit Wasser ge- 
füllt war, wurde mit einem Stöpsel geschlossen, der von 
zwei dünnen Glasröhren durchbohrt war. Diese Glas- 
röhren wurden in einer Strecke von ungefähr drei Zoll 
durch eine leichtflüssige Metallmischung geleitet, welche 
anhaltend in einer dem Siedepunkt des Quecksilbers nahe 
liegenden Temperatur erhalten wurde. Die eine dieser 


10 


Glasröhren wurde mit ihrem aus dem Metall hervorra- 
genden Ende mit einem Gasometer in Verbindung ge- 
setz. Nun wurde die Flüssigkeit in dem Fläschchen 
stark gekocht, so dafs alle Luft, die in dem Fläschchen 
und in der Glasröhre enthalten war, theils ausgetrieben, 
theils bis zum Siedepunkte des Wassers erwärmt wurde. 
Nach dem Erkalten wurde mehrere Wochen lang ein an- 
haltender Strom atmosphärischer Luft aus dem Gasome- 
ter durch das erste Glasröhrchen in das Fläschchen, und 
nachdem so hierin die Luft erneuert worden war, durch das 
zweite Glasröhrchen wieder fortgeleitet. Die hinzuge- 
leitete Luft aber wurde, indem sie durch die in dem er- 
hitzten Metallbade liegende Glasröhre strich, vorher stark 


erwärmt. Auch in diesen Versuchen, deren mehrere an- 


gestellt wurden, zeigte sich nach mehreren Wochen keine 
Infusorien- oder Schimmelbildung und keine Fäulnifs, 
sondern das Fleisch blieb unverändert, und die Flüssig- 
keit so klar, wie sie nach dem Kochen war. " 

Ob sich aus diesen Versuchen, zu deren Vervoll- 
ständigung noch viele andere Versuche angestellt wur- 
den, ein Schluls über generatio aequivoca ziehen lasse 
oder nicht, soll an einem andern Orte auseinanderge- 
setzt werden; hier wurde nur bemerkt, dafs diese Ver- 
suche, wenn man sie vom Standpunkte der Gegner der 
generatio aequivoca betrachtet, sich so erklären lassen, 
dafs die Keime des Schimmels und der Infusorien, die 
‘nach dieser Ansicht in der atmosphärischen Luft vor- 
handen sind, beim Ausglühen der Luft zerstört werden. 
Alsdann mufs die Fäulnifs so erklärt werden, dafs die 
Keime, indem sie sich entwickeln und auf Kosten der 
organischen Substanz ernähren, eine solche Zersetzung 
in dieser hervorbringen, wodurch die Phänomene der 
Fäulnifs entstehen, eine Ansicht, für die auch der Um- 
stand spricht, dafs gerade diejenigen Stoffe, welche für 
Infusorien und Schimmel nachweisbar starke Gifte sind, 
z. B. Arsenik oder Sublimat, auch am besten die Fäul- 


11 


nifs verhüten, und dafs diejenigen Stoffe, die nur für In- 
fusorien Gifte sind, z. B. Extractum Nucis vomicae spi- 
riluosum, nicht für den Schimmel, alle Erscheinungen, 
unter denen sich die mit Infusorienbildung verbundene 
Fäulnifs kund giebt, namentlich den Schwefelwasserstoff- 
geruch, verhindern, und blos die Reihe von Erscheinun- 
gen gestatten, welche der mit Schimmelbildung verbun- 
denen Fäulnifs angehören. 

Dies sollte indefs nur im Eingange erwähnt werden, 
da es auf Versuche über die Weingährung leitete, wel- 
che geeignet scheinen, den Untersuchungen über diesen 
Procefs eine andere Wendung zu geben. In der Ab- 
sicht, nachzuweisen, dafs bei andern Processen, bei de- 
nen atmosphärische Luft mitwirkt, bei denen aber, so 
viel bekannt war, keine Bildung neuer Thiere oder Pflan- 
zen stattfindet, es gleichgültig ist, ob die Luft vorher ge- 
glüht wird oder nicht, wurden Versuche über die Re- 
spiration und über die Weingährung angestellt. Es zeigte 
sich auch, dafs ein Frosch in ausgeglühter Luft sehr gut- 
fortlebte. 

Mit der Weingährung machte Herr Schwann den 
Versuch auf folgende Weise. Eine Auflösung von Rohr- 
zucker wurde mit Bierhefe vermischt und vier Fläsch- 
chen damit ganz angefüllt und verkorkt. Die Fläsch- 
chen wurden alsdann gleich lange (etwa 10 Minuten 
lang) in siedendes Wasser gestellt, so dafs die ganze 
Flüssigkeit in denselben die Siedhitze erreichte. Dann 
wurden sie herausgenommen, unter Quecksilber umge- 
stülpt und nach dem Erkalten in alle vier Fläschchen 
atmosphärische Luft hineingeleitet, die etwa 4 bis 5 vom 
Volumen der ganzen Flüssigkeit betrug. Dies geschah 
bei zweien durch eine dünne Glasröhre, die an einer 
Stelle bis zur Rothglühhitze erwärmt war, bei den bei- 
den andern durch dieselbe, aber nicht erwärmte Glas- 
röhre. Eine Analyse mit Hülfe eines Platinkügelchens 
ergab, dais atmosphärische Luft, die durch eine glühende 


12 


Glasröhre geleitet worden ist, noch ungefähr 19,4 Proc. 
Sauerstoff enthält. Dem Einflufs, der sich aus dieser 
geringen Sauerstoffgas- Verminderung hernehmen liefse, 
wurde dadurch vorgebeugt, dafs in eines der Gläschen, 
welche ausgeglühte Luft enthielten, etwas mehr von die- 
ser hineingeleitet wurde als in die übrigen. Die Fläsch- 
chen wurden dann verkorkt und bei einer Temperatur . 
von 10° bis 14° umgekehrt hingestellt. Nach 4 bis 6 
Wochen trat in den beiden Fläschchen, welche nicht 
ausgeglühte Luft enthielten, die Gährung ein und zeigte 
sich dadurch, dafs die Fläschchen, da sie umgestülpt wa- 
ren, weggeschleudert wurden. Die beiden andern Fläsch- 
chen stehen auch jetzt noch nach der doppelten Zeit 
ganz ruhig. 

Es ist also auch bei der Weingährung wie bei der 
Fäulnifs nicht der Sauerstoff, wenigstens nicht allein der 
Sauerstoff der atmosph. Luft, welcher dieselbe veran- 
lafst, sondern ein in der atmosph. Luft enthaltener, durch 
Hitze zerstörbarer Stoff. 

Es drängte sich sofort der Gedanke auf, dafs viel- 
leicht auch die Weingährung eine Zersetzung des Zuckers 
sei, welche durch die Entwicklung von Infusorien oder 
irgend einer Pflanze veranlafst werde. Da Extr. Nueis 
vomicae spirit. ein Gift für Infusorien, nicht für Schim- 
mel ist, Arsenik aber nicht nur Infusorien, sondern auch 
die meisten Schimmelarten tödtet, so wurden von Herrn 
Schwann zunächst diese Stoffe angewandt, um vor- 
läufig auszumitteln, ob derselbe seine Aufmerksamkeit 
mehr auf Infusorien oder auf Pflanzen zu richten hätte. 
Es ergab sich, dafs nicht das Extr. Nue. vom., wohl aber 
einige Tropfen einer Auflösung von arsenichtsaurem Kali 
die Weingährung aufheben. Es war also wahrscheinli- 
cher eine Pflanze zu erwarten, 

Bei der mikroskopischen Untersuchung der Bierhefe 
zeigten sich die bekannten Körnchen, welche das Fer- 
ent bilden, allein .es stellten sich zugleich die meisten 


13 


derselben als in Reihen zusammenhängend dar. Es sind 
theils runde, gröfstentheils aber ovale Körnchen von gelb- 
lichweifser Farbe, die theils einzeln vorkommen, gröfs- 
tentheils aber in Reihen von zwei bis acht oder noch 
mehreren zusammenhängen. Auf einer solchen Reihe 
stehen gewöhnlich eine oder mehrere andere Reihen schief 
auf. Häufig sieht man auch zwischen zwei Körnchen 
einer Reihe seitwärts ein kleines Körnchen aufsitzen als 
Grundlage einer neuen Reihe, und meistens befindet sich 
an dem letzten Körnchen einer Reihe ebenfalls ein klei- 
nes, zuweilen etwas in die Länge gezogenes Körperchen. 
Kurz das Ganze hat grofse Aehnlichkeit mit manchen ge- 
gliederten Pilzen und ist ohne Zweifel eine Pflanze. 

Herr Prof. Meyen, der diese Substanz auf Veran- 
lassung des Herrn Schwann ebenfalls untersuchte, war 
ganz derselben Meinung, und äufserte sich dahin, dafs 
man nur zweifelhaft sein könne,, ob es mehr für eine 
Alge oder für einen Fadenpilz zu halten sei, welches 
Letztere ihm wegen des Mangels an grünem Pigment rich- 
tiger schien. 

Die Bierhefe besteht fast ganz aus diesen Pilzen. 
In frisch ausgepreistem Traubensaft ist nichts der Art 
vorhanden. Setzt man denselben aber einer Tempera- 
tur von ungefähr 20° R. aus, so finden sich schon nach 
36 Stunden einige solche Pflanzen darin, die aber erst 
aus wenigen solchen Körnern bestehen. Diese wachsen 
sichtbar unter dem Mikroskop, so dafs man schon nach 
+ bis 1 Stunde die Zunahme des Volumens eines sehr 
kleinen Körnchens, welches auf einem gröfsern aufsitzt, 
beobachten kann. Erst einige Stunden später, als man 
die ersten dieser Pflanzen beobachtet, zeigt sich die Gas- 
entwickelung, weil die erste Kohlensäure im Wasser 
aufgelöst bleibt. Die Bildung solcher Pflanzen nimmt 
nun im Verlauf der Gährung sehr zu, und nach Been- 
digung derselben setzen sie sich in grofser Quantität als 
ein gelblichweilses Pulver zu Boden. Sie zeigen gröfs- 


4 


14 


tentheils einige geringe Verschiedenheiten von den Pilzen 
in der Bierhefe. Nur einige stimmen ganz mit densel- 
ben überein. Bei den meisten andern nähern sich die 
Körnchen mehr der runden Form, liegen nicht so regel- 
mälsig in geraden Linien; endlich ist die Zahl der ein- 
zelnen Körnchen und solcher, wo aus einem einzelnen 
Körnchen nur noch ein zweites kleines Körnchen her- 
vorwächst, weit gröfser als dies in der Bierhefe der Fall 
ist. Die Beobachtung ihres Wachsens läfst aber über 
ihre Natur «als Pflanzen keinen Zweifel. 

Aus diesen Untersuchungen lassen sich demnach fol- 
gende Thatsachen als die Hauptsache festsetzen: 

1) Eine gekochte organische Substanz oder eine ge- 
kochte vorher gährungsfähige Flüssigkeit geräth nicht in 
Fäulnifs, resp. in Gährung, wenn auch hinlänglicher Zu- 
tritt von atmosphärischer Luft, die aber atisgegläht wor- 
den ist, Stattfindet. 

2) Zur Fäulnifs wie zur Gährung, überhaupt zu Pro- 
cessen, wobei neue Thiere oder Pflanzen zum Vorschein 
kommen, mufs entweder ungekochte organische Substanz 
da sein oder nicht ausgeglühte atmosphärische Luft zu- 
geführt werden. 

3) In ausgeprefstem Traubensafte tritt die sichtbare 
Gasentwickelung als Zeichen der Gährung ein, bald nach- 
dem die ersten Exemplare eines eigenthümlichen Faden- 
pilzes, den man Zuckerpilz nennen könnte, sichtbar ge- 
worden sind. Während der Dauer der Gährung wach- 
sen diese Pflanzen und vermehren sich der Zahl nach. 

4) Wird Ferment, welches schon gebildete Pflan- 
zen enthält, in eine Zuckerauflösung gebracht, so treten 
die Erscheinungen der Gährung sehr bald ein, viel schnel- 
ler, als wenn sich diese Pflanzen erst bilden müssen. 

5) Gifte, die nur für Infusorien, nicht für niedere 
Pflanzen tödtlich sind (Extr. Nucis vomicae spirit.), 
hindern die Erscheinungen, welche die mit Infusorien- 


15 


entwickelung verbundene Fäulnifs charakterisiren, nicht 
die Weingährung und die Fäulnifs mit Schimmelbildung; 
Gifte, die für Thiere und Pflanzen tödtlich sind (Arse- 
nik), hindern die Fäulnifs sowohl als die Weingährung. 

Der Zusammenhang zwischen der Weingährung und 
der Entwickelung des Zuckerpilzes ist also nicht zu ver- 
kennen, und es ist höchst wahrscheinlich, dafs letzterer 
durch seine Entwickelung die Erscheinungen der Gäh- 
rung veranlafst. Da aber zur Gährung aufser dem Zuk- 
ker ein stickstoffhaltiger Körper nothwendig ist, so scheint 
es, dafs dieser ebenfalls eine Bedingung zum Leben je- 
ner Pflanze ist, wie es denn an und für sich schon wahr- 
scheinlich ist, dafs jener Pilz Stickstoff enthält. Die Wein- 
gährung wird man sich demnach so vorstellen müssen als 
diejenige Zersetzung, welche dadurch hervorgebracht wird, 
dafs der Zuckerpilz dem Zucker‘ und einem stickstoff- 
haltigen Körper die zu seiner Ernährung und zu seinem 
Wachsthum nothwendigen Stoffe entzieht, wobei die nicht 
in die Pflanze übergehenden Elemente dieser Körper (wahr- 
scheinlich unter mehreren andern Stoffen) vorzugsweise 
sich zu Alkohol verbinden. Aus dieser Erklärung erge- 
ben sich die meisten über die Weingährung gemachten 
Beobachtungen sehr natürlich. Herr Schwann be- 
schränkte sich hier, da die Untersuchung noch nicht be- 
endigt ist, auf diese vorläufigen Mittheilungen, und ver- 
wies auf das Weitere, sowohl die Gährung als die Fäul- 
nifs betreffend, auf seine bald herauszugebenden „phy- 
siologischen Beiträge“. 

Herr Ehrenberg theilte noch seine Beobachtung 
des Eierlegens des Distomum globiporum mittelst einer 
bisher unbekannten besonderen Legeröhre mit, und sprach 
über ein wahrscheinliches Respirationsorgan und über 
die Organisation dieser Würmer im Allgemeinen. 

Zuletzt theilte derselbe aus einem Briefe des Herrn 
Carl Ehrenberg aus Real del monte bei Mexico mit, 


16 


dafs dieser dort Mammuths - Knochen habe ausgraben 
lassen, welche nach Berlin abgesendet worden sind. 


Versammlung am 2lsten März. 


Herr L. von Buch gab Mittheilungen über die 
durch den Herrn Geh. Medicinalrath Otto in Breslau 
bei Ebersdorf in der Grafschaft Glatz entdeckten Cepha- 
‚ lopoden, unter welchen sich ein ganz neuer Ammonit 
aus der Familie der Goniatiten: Ammonites pessoides, 
neben den schon bekannten @on. (_Ammonites ) bino- 
dosus Münster und contiguus M. befindet. Dabei sind 
ferner mehrere durch den Grafen Münster im Bayreu- 
tischen Fichtelgebirge schon vorher entdeckte Nautilus- 
Arten aus der Abtheilung der Clymenen, nämlich: Cl. 
striata, undulata, linearis und laevigeta, welche in Schle- 
sien bisher noch nicht gesehen waren. ‘Herr v: Buch 
machte bemerklich, wie diese ältesten Formen der Schö- 
pfung, nachdem sie durch soviel dazwischen-liegende For- 
mationen völlig unterbrochen gewesen seien, in der Ter- 
tiärformation unerwartet in dem Nautilus lingulatus, der 
nicht selten zu Traunstein in Baiern gefunden wird und 
von dem Grafen von Marmora auch auf Malta entdeckt 
worden ist, so wie in dem merkwürdigen und schönen 
Nautilus Aturi Baster von Dax bei Bayonne wieder 
auftreten, 

Herr Link legte die genauere anatomische Unter- 
suchung von der Ausfüllung in den Buchstaben vor, wel- 
che mitten im Stamme einer Buche zu Französisch Buch- 
holz bei dem Fällen derselben gefunden und von Sr. 
Excellenz dem Wirklichen Geh. Staatsminister, Grafen 
von Lottum, ihm zugesandt waren, 

Herr Weifs theilte aus einem Briefe des Herrn 
Prof. Studen in Bern einige geognostische Resultate 


von dessen im vorigen Jahre " gemeinschaftlich mit Herrn 
Arn. 


17 


Arn. Escher von Zürich unternommenen Bereisung der 
Alpen des Berner Oberlandes mit. Herr Studer fand 
sich durch Beobachtungen am Faulhorn und an den Ge- 
birgen des Engstlen- und Gadmen-Thales in der An- 
sicht bestätigt, dafs östlich vom Thuner See kein Ooli- 
thenkalk mehr Antheil an der Zusammensetzung des Al- 
penkalks nehme, sondern der Lias unmittelbar von den 
unteren Theilen der Kreideformation berührt werde. An- 
dere Beobachtungen betrafen die Auflagerung des Gra- 
nits auf den Versteinerungen führenden Kalkstein im Ur- 
bachthale und am Mottenberge bei Grindelwald (Herr 
Studer nennt dies „das Weinböhla der Schweiz“), fer- 
ner die Eigenthümlichkeiten und sonderbaren Uebergänge 
der Gesteine an der Grenze, das Auftreten des Feld- 
spathgehaltes meist erst in einiger Entfernung von der 
Grenze, endlich die merkwürdige Thatsache, dafs die 
Schieferung der krystallinischen und halbkrystallinischen _ 
Schiefer in der Nähe des Kalkes der Schichtung des 
letzteren parallel gehe und erst in einiger Entfernung 
von der Grenze das umgekehrte. Einschielsen der Schich- 
ten stattfinde. Zugleich theilte Herr Weils aus einem 
Briefe des Dr. Lufser in Altorf einige nachträgliche 
Verbesserungen zu dessen geognostischem Profile vom 
St. Gotthard durch das Reufsthal herab bis in die Na- 
gelfluhformation mit. 

Herr Bremer sprach über den Einflufs der im Ja- 
nuar herrschend gewesenen Grippe in Berlin auf die 
Mortalität, und machte die durchschnittlichen Verhältnisse 
der letzteren in den Jahren 1836 und 1837 durch eine 
graphische Darstellung anschaulich. Die Sterblichkeit 
hatte das normale Verhältnifs bedeutend überschritten. 
Nach einer genauen Zusammenstellung der täglichen To- 
desfälle waren im Januar d.'J. 1028 Menschen gestor- 
ben — 374 mehr als im Januar v. J. — Bei einer Ein- 
wohnerzahl von 270000 starb also von 263 Einer. Nach 
einem dreijährigen Mittel solcher Jahre, in welchen keine 

2 


18 


epidemischen Krankheiten herrschten, beträgt die Zahl der 
täglichen Todesfälle in diesem Monat 19, im Januar d. J. 
dagegen 33; die wenigsten fielen auf den 28sten, näm- 
lich 21, die meisten auf den 20sten, nämlich 51. Die- 
jenigen Krankheiten, in deren Rubrik die Zunahme der 
Sterblichkeit am bemerkbarsten hervortrat, waren: 


1837. 1536. 
Entkräftung A. w. 86 den 12ten. | ++40 den 16ten. 
Unter Krämpfen 104 » 10ten. | +56 » 12ten. 


Lungenschwindsucht 133 »  8ten. | +70 » 16ten. 

Schlag- und Stickflufs, | 

Lungenlähmung und ) 196 » Öten. | +87 »  Sten. 

Lungenschlag 

Lungenentzündung 73 » lÄäten. | +21 » 31sten. 
Bis zu den dreifsiger Jahren blieb die Mortalität im 

normalen Verhältnils; höher hinauf treten bedeutende 

Abweichungen hervor, besonders auch in ‚Bezug auf das 

Geschlecht. Zur Vergleichung sind die Zahlen aus dem 

Jahre 1836 in ( ) beigefügt. Es starben: 

‘ Von 20 — 30 Jahren 35 M. 30 W. (35 M. 19 W.) 


».30—40  ».66» 43» (29» 23 » ) 
u 5 Zn re A 
» 50-60 » 4» 36» (29» 20») 
» 60-70.» 66» 60» (34» 31» ) 
» 70-80». 26» 62 ».(18» 20%) 
».80—90..0».1.20.» 18.» (IT 4m) 


Es erschien der Bemerkung werth, dafs beinahe re- 
gelmäfsig das Steigen der Mortalität mit einem Fallen 
des Barometers zusammentraf, — 

Herr Ehrenberg erläuterte eine ihm zur Bestim- 
mung übergebene, als Schmuck gefalste Jericho-Rose im 
Besitz Ihrer Königl. Hoheit der Frau Herzogin von Cum- 
berland, welche nicht die wahre Jericho-Rose (Ana- 
stalica hierochuntica ), sondern die weit schönere und 
seltnere, auch, wie Herr Prof. Horkel vermuthete, von 
Hagen 1777 als trüffelartiger Pilz unter dem (in den 


19 


neueren botanischen Nomenclaturen ganz übersehenen) 
Gattungsnamen Rediviva quindecimfida beschriebene Sa- 
- menkapsel eines südafrikanischen, dem M. pugioniforme 
oder pomeridianum verwandten Mesembryanthemums ist, 
und hatte die Erlaubnifs, den botanisch so interessanten 
Schmuck selbst unter Wasser vorzuzeigen. 

Derselbe sprach über von ihm häufig beobachtete 
Zwillings-Krystalle auch im Innern der Spirogura_prin- 
ceps, und zeigte das schwedische, zu Brod verbackene 
Infusorienmehl vor, daran die Bemerkung knüpfend, dafs 
ganz neuerlich sich im Königl. Mineralien-Cabinet eine 
aus Klaproth’s Sammlung stammende Erde von Kym- 
mene Gard bei Helsingfors in Finnland vorgefunden 
habe, welche er so ganz aus denselben höchst eigenthüm- 
lichen schwedischen Infusorien bestehend erkannt, dafs 
von den 24 Organismen 18 der ausgezeichnetsten diesel- 
ben sind. Auch hier fand sich mitten in’der Masse viel 
Fichten-Pollen verstreut. Zunotia tetraodon und Na- 
vicula glans waren 2 ganz neue charakteristische Ar- 
ten fossiler Infusorien dieser Erde. 


Versammlung am 28sten April. 


Herr Link zeigte ein Stück des Stammes einer Xan- 
torrhoea vor, und suchte durch Darstellung des inneren 
Baues darzuthun, dafs der Stamm mit einem Knollstocke 
zu vergleichen sei, nur gigantisch ausgebildet und ver- 
-holzt, völlig ähnlich -dem unteren Stamme von Ura- 
nia, wovon ein Durchschnitt zur Vergleichung vorgelegt 
wurde. 

Herr Dove gab einen kurzen Bericht über seine 
neuesten Untersuchungen der positiven und negativen 
Krystalle in circular-polarisirtem Lichte. . Rechtsecircula- 
res Licht bringt in einem positiven Krystalle genau die- 
selben optischen Erscheinungen hervor wie linkscircula- 

. 2%* 


20 


res in einem negativen. Zufolge dieser Bemerkung dient 
das polarisirende Mikroskop zur einfachen Unterschei- 
dung der Krystalle in dieser Hinsicht, 

Herr Magnus sprach über den Kohlensäuregehalt 
des Blutes, den er nach eignen vielfältigen genauen Un- 
tersuchungen bestätigte. Diese Gasart läfst sich von dem 
Blute durch andere Gasarten, vorzüglich durch Wasser- 
stoff-und Stickstoff, vermittelst eines Absorptions - Aus- 
tausches austreiben. Ebenso lälst sie sich aber auch 
durch die Luftpumpe trennen. Für die letzte Operation 
hat sich Herr M. eines eignen, sehr zweckmäfsigen Ap- 
‚parates bedient, um die Luftarten bequem aus dem Blute 
absondern und untersuchen zu können. Nach diesen 
Untersuchungen enthält das venöse Blut aufser der Koh- 
lensäure noch Sauerstoff und Stickstoff, doch im Ver- 
hältnifs zum Stickstoff mehr Sauerstoff als atmosphäri- 
sche Luft. Das arterielle Blut enthält ebenfalls Koh- 
lensäure und Stickstoff, aber weniger Kohlensäure und 
mehr Sauerstoff als das venöse. 

Herr Ehrenberg sprach über die, nach der An- 
gabe des Herın Donn&, in den RR Eye Auswurfs- 
flüssigkeiten enthaltenen Infusorien, und hielt es für 
wahrscheinlich, dafs es cher Akariden gewesen sein 
möchten. Die Ansicht des Herrn Turpin, dafs die in 
den Feuersteinen mikroskopisch beobachteten stachlichen 
Körperchen nicht Xanthidien, sondern vielmehr Crista- 
tellen sein sollen, bestritt Herr E. als nicht gehörig be- 
gründet und der Beobachtung selbst widersprechend. 


Versammlung am 16ten Mai. 


Herr Seebeck theilte seine Untersuchungen über 
den Mangel des Farbensinnes mit. Seine zahlreichen 
Beobachtungen, deren Resultate er in einigen von den 
untersuchten Individuen selbst angeordneten Farbentafeln 


21 


der Gesellschaft vorlegte, zeigten bei einem Theile die- 
ser Personen die merkwürdige Verwechselung von Roth 
und Grün mit Grau und einen ähnlichen, jedoch ge- 
ringeren Mangel an Unterscheidung für die übrigen Far- 
ben, während sich ein anderer Theil derselben durch 
eine geschwächte Empfindung für die mindest beachtba- 
ren Strahlen von jenen unterscheidet, was Herr S. durch 
anderweitige prismatische Versuche noch genauer ermit- 
telt hatte, indem diese letzteren Personen die obere 
Grenze des prismatischen Farbenbildes da angaben, wo- 
hin sie ein normales Auge gleichfalls setzt, die untere 
aber merklich höher. Zugleich hatte sich Herr $. durch 
seine Versuche überzeugt, dafs ein von seinem Vater an- 
gegebenes Verfahren, durch farbige Gläser auch für sol- 
che Augen einen Unterschied hervorzurufen, sich voll- 
kommen gut bewähre. Die Bemerkung, dafs unter 50 
jungen Leuten, die gleichzeitig geprüft wurden, sich 5 
fanden, die mehr oder minder Mängel des Farbensinnes 
bewiesen, läfst vermuthen, dafs dieser Fehler ebenso ver- 
breitet ist, wie der Mangel eines guten musikalischen 
Gehörs. 

Herr Müller machte auf den Fisch Amphioxus 
lanceolatus aufmerksam, der die einfachste Fischbildung 
habe und deshalb auch von Pallas als Zimax lanceo- 
latus aufgeführt sei. 

Herr Dove theilte einige Beobachtungen über die 
Depolarisation polarisirten Lichtes durch rauhe Flächen 
mit. Durchsichtige Glasuren verhalten sich wie rauhe 
Flächen, weil die Reflexion des Lichtes hier hauptsäch- 
lich auf der einen Seite geschieht. Auf spiegelnden durch- 
sichtigen Flächen unregelmäfsig zerstreutes Licht ist nie 
ganz depolarisirt. 

Derselbe sprach dann über die Entstehung subjek- 
tiver Farben in einfachem Lichte. Betrachtet man eine, 
auf die Achse senkrecht geschnittene Bergkrystallplatte 
in einem dunklen Zimmer bei einer monochromatischen 


22 


gelben Lampe, so sieht man, wenn man plötzlich weifses 
Licht auf das Auge fallen läfst, alle schwarzen Ringe 
lebhaft violett werden. Läfst man nun auf das . Auge 
rothes einfaches Licht von hinlänglicher Intensität fallen, 
so giebt das Erscheinen oder Nichterscheinen einer vio- 
letten- Färbung ein Criterion über die subjective oder 
objective Natur dieser Farbenerscheinungen. 

Herr August berichtete über die ausgedehnten Ver- 
suche, welche Herr Prinsep in Calcutta über die Ver- 
dunstungskälte unter sehr verschiedenen (natürlichen und 
künstlich hervorgebrachten) Temperatur- und Druck- 
Verhältnissen, so wie in verschiedenen Gasarten ange- 
stellt hat, durch welche sich die bisherigen theoretischen 
Ansichten über diesen Gegenstand zum Theil bestätig- 
ten, zum Theil aber auch als einer Berichtigung bedür- 
fend auswiesen. Als besonders interessant darf hervor- 
gehoben werden, dafs in einem heifsen atmosphärischen 
Luftstrom, der Zinn zum Schmelzen brachte, ein mit de- 
stillirtem Wasser befeuchtetes Thermometer nur 145° F. 
—= 505° R. zeigte, wodurch der Satz, dafs die Verdun- 
stungskälte den zu dem obwaltendem Drucke gehören- 
den Siedepunkt nie überschreitet, bestätigt, und das be- 
kannte Leidenfrostische Phänomen von einer Seite her 
erklärt wird. Die Versuche in Hydrogen und in Koh- 
lensäure verdienen deshalb Beachtung, weil sie auf eine 
den bisherigen Untersuchungen nicht entsprechende Gröfse 
der specifischen Wärme dieser Gasarten schliefsen las- 
sen. (Für Hydrogen 1,220 gegen atm, Luft und für 
Kohlensäure 1,087.) 

Herr Link zeigte ein Stück des Stammes von Pan- 
danus utilis vor, dessen Inneres mit einem Netzwerk 
von Gefäfsbündeln überall so durchflochten war, wie es 
bei den Querwänden im Stamme der Gräser und der 
anderen Monokotyledonen der Fall ist, so dafs der ganze 
Stamm als stätige Folge von Knoten anzusehen ist. 

Herr Ehrenberg sprach über das jetzige Vorkom- 


23 


men der @allionella ferruginea bei Berlin, und zeigte 
das mit ihnen erfüllte gelbgefärbte Wasser vor. Auch 
zeigte derselbe aus der heilsen Quelle in Arkansos (N. 
America) vom Herrn Dr. Engelmann entnommene Con- 
ferven vor, unter denen sich Oseillatoria labyrinthifor- 
mis mit anderen noch unbeschriebenen befanden, wel- 
che dort die organischen Niederschläge ohne Infusorien 
bilden. 


Versammlung am 20sten Juni. 


Herr Link legte Zeichnungen über die Nervenver- 
theilung in Blumenkronen vor, besonders der Composi- 
tae, und zwar der Cichoraceen. Sie werden im 3ten 
Hefte der Icones analomico-botanicae erscheinen. 

Herr Reith sprach über einige neue Coleopteren- 
Gattungen: Pristidius, Peltophorus, Leptichus etc., de- 
ren Abbildungen vorgewiesen wurden. 

. Herr Ehrenberg theilte mit, dafs es im Thiergar- 
ten in der Nähe des Försterhauses und der Buchenallee, 
östlich von dieser in einem Quergraben der Bellevue- 
strafse, besonders nahe der Brücke des Fulssteiges, eine 
durch zahllose Mengen eines Infusions- Thierchens (_Mo- 
nas Okenii) erzeugte intensive lackrothe, mehrere hun- 
dert Schritt weit ausgedehnte Färbung des Gewässers, 
ein sogenanntes Blutwasser gebe, und zeigte die lackro- 
then lebenden, nur ;4;stel einer Linie grofsen Thierchen 
vor. Derselbe gab die Anschauung der durch Indigo- 
Nahrung erfüllten Ernährungsorgane der bisher immer 
noch häufig für Pflanzen gehaltenen Naviculae, welche 
mit ihren Kieselschalen den Polirschiefer bilden helfen, 
und theilte mit, dafs er die gleiche Anschauung auch bei 
den Gattungen Aosterium und Arthrodesmus erlangt 
habe. Ferner sprach derselbe über eine grofse, sehr 
reichhaltige Sammlung mexicanischer Naturkörper, welche 


24 


sein Bruder Carl Ehrenberg in Real-del-monte ge- 
macht, die alle Naturreiche umfafst und wovon einzelne 
Gegenstäude von besonderem Interesse vorgelegt wur- 
den. Dahin gehörten bisher nie gesehene, 6 Zoll grofse 
Puppennester eines Tagschmetterlings der Gattung Pontia. 
Aus dem begleitenden Briefe theilte er umständliche No- 
tizen über das Entglasen und völlige wirkliche 
Verwittern des Obsidians in.dem Cerro de los na- 
bajas mit, welches durch eingesandte und vorliegende 
unzweideutige, mit Moos bedeckte Proben des Obsidians 
entschieden war, und schlofs mit dem Vorlegen der frü- 
her angekündigten, jetzt eingetroffenen Mammuthsknochen 
aus der Hochebene von Mexico (Schienbein, Schädel- 
theile und 4 Zähne), welche einer von den bekannten 
abweichenden Art der Gattung Mastodon angehören, 
Herr E. behält sich vor, diese naturwissenschaftlich werth- 
vollen Gegenstände den hiesigen Museen zu übergeben. 


Versammlung am 18ten Juli. 


Herr Ehrenberg theilte seine Erfahrungen und Be- 
stätigungen der von Rösel und Trembley nur ober- 
flächlich beobachteten zackigen Eier des gelben Armpo- 
Iypen (Hydra ) mit, welche er zu Anfang Juni d. J. bei 
Berlin gefunden, zeigte dergleichen wohl getrocknet un- 
ter dem Mikroskop vor, und gab Anschauungen ihrer Aechn- 
lichkeit, aber grofsen Verschiedenheit von den fossi- 
len Xanthidien der Feuersteine. Ferner zeigte derselbe 
das Kugelthier ( Volvox globator ) mit parasitischen Rä- 
derthieren im Innern der Kugel, welche seine Knospen- 
haufen verzehren, lebend vor, darauf aufmerksam machend, 
dafs es also nicht ein Thier, sondern ein Haufe von 
Thieren, ein Polypenstock sei. 


25 


Versammlung am 15ten August. 


Herr Joh. Müller theilte Bemerkungen und Zeich- 
nungen mit über die Genesis der Wirbel bei den Fischen, 
namentlich über den Antheil, welchen die Verknöche- 
rung der äufsern Schichten der Scheide der chorda dor- 
salis an der Bildung des centralen Theils des Wirbel- 
körpers hat, den man von dem corticalen Theil des Wir- 
belkörpers unterscheiden mufs. Dann erläuterte derselbe 
durch Zeichnungen den Antheil, welchen die Hautknochen 
an der Bildung der Rückenschale der Schildkröten haben. 

Endlich theilte derselbe ein Bruchstück aus der Ana- 
tomie des Pentacrinus caput Medusae mit. 

Bei einem grofsen Exemplar von Pentacrinus ca- 
put Medusae von St. Thomas, das Herr M. vor einiger 
Zeit in Weingeist erhielt, waren zwar die Verdauungs- 
organe zerstört und die Scheibe leer, aber die Arme wa- 
ren sämmtlich mit allen ihren Weichtheilen vollständig 
erhalten. Die Structur der Skelettheile des Stiels und 
der Arme haben vor geraumer Zeit Guetard und neu- 
lich wieder Müller vollständig beschrieben; Herr M. 
setzte sie als bekannt voraus. Aber über die Weich- 
theile wufste man noch gar nichts, und wenn es gleich 
wahrscheinlich war, dafs diese Thiere in ihrem Baue mit 
den Comatulen übereinkommen, so kennt man auch die 
Structur der letzteren noch nicht hinreichend. Herr M. 
fand am Stengel keine Spur von Muskeln, dagegen diese 
an den Armen aufserordentlich zahlreich sind. Die Sten- 
gelglieder sind bekanntlich . durch fünftheilige sternför- 
mige gezähnelte Facetten verbunden, deren Zähnelungen 
in einander greifen, wie Guetard beschrieben. Aber 
bemerkenswerth ist, dafs durch den ganzen Stiel 5 Seh- 
nen ohne Unterbrechung durchgehen, sie kommen in den 
5 Blättern der sternförmigen Facetten der Glieder zum 
Vorschein, von einem Gliede zum andern übersetzend. 
Zwischen den Gliedern ist die Sehne frei und ohne Kalk- 


26 


kruste, in der Substanz der Glieder hingegen sind die 
Sehnen nicht blos von dem Skelet eingeschlossen, son- 
dern die kalkhaltige Substanz der Glieder dringt auch. 
zwischen die Faserbündel der Sehnen und incrustirt sie, 
so dafs man auf dem Durchschnitt der Glieder selbst 
die Sehnenfäden nicht sogleich bemerkt, während sie auf 
dem Durchschnitte der Verbindungsstellen der Glieder 
leichter bemerkt werden. Legt man Stücke des Stiels, 
die aus mehreren Gliedern bestehen, in verdünnte Säure, 
so wird der Skelettheil der Glieder bis auf die überaus 
zarte thierische Grundlage der Glieder zerstört, indem 
die Kalkerde ausgezogen wird. Dann bleiben aber die 
5 Längssehnen des Stiels unverändert, und es zeigt sich 
deutlich, dafs diese Sehnen in der Substanz der Glieder 
ebenso fortlaufen, wie sie an den Verbindungsstellen vor- 
handen sind. Beim Zerbrechen des Stengels müssen also 
die Sehnen immer erst zerreifsen, entweder in der Dicke 
der Glieder oder zwischen denselben; denn an beiden 
Stellen bricht der Stengel gleich leicht, und die Structur 
des Skelets der Glieder des Stengels, wie auch der Arme, 
Nebenarme, pinnulae, ist ganz so wie bei den Seeigeln 
und andern Echinodermen, nämlich, bei mäfsigen Ver- 
gröfserungen und bei Tageslicht untersucht, spongiös zel- 
lig, so zwar, dafs ein mikroskopisch netzartiges Gewebe 
zwischen seinen Balken rundliche oder ovale, hier mehr 
oder weniger symmetrische Zellchen oder Räumchen in 
seinen Maschen hat. Die thierische Substanz des Ske- 
lets ist ein überaus zartes Gewebe, welches durch den 
kohlensauren Kalk seine Flüssigkeit erhält; an der Ober- 
fläche der Glieder wird dies zarte Gewebe etwas, aber 
nur wenig fester, so dafs es eine äufsere Haut als Grenze 
bildet, die aber von dem übrigen thierischen Gewebe 
nicht isolirt ist und sich ohne Extraction der Kalkerde 
nicht erkennen läfst. In der Mitte des Stengels und sei- 
ner Cirren, des Skelets der- Arme, Nebenarme, läuft ein 
Kanal, den schon Guetard kannte, von einer häutigen 


27 


Röhre. ausgekleidet. Diese Röhre sendet Aeste in die 
Cirren des Stengels, in die Skelettheile der Arme, Se- 
cundärarme, Arme dritter Ordnung u. s. w., aber immer 
läuft nur ein Kanal im Skelettheile dieser Organe, und 
zwar in der Achse derselben. Diese Röhre läfst sich 
leicht aus dem Kanal, worin sie liegt, herausziehen. 
Das Wachsthum der Glieder des Stengels an Zahl 
und die Vergröfserung derselben wurde Herrn M. bald 
klar. Die Glieder des Stengels haben in seinem unte- 
ren Theile eine gleiche Höhe, nach oben, gegen die 
Scheibe zu, sind sie nicht blos niedriger, sondern auch 
ungleich hoch, so dafs oft und meist ein minder hohes 
Glied zwischen 2 höheren liegt, und also die stärkern 
und dünnern Glieder alterniren. Die an Höhe gleichen 
Glieder des untern Theils des Stengels sind ausgewach- 
sen, die Glieder des obern Theiles des Stengels sind im 
Wachsthum begriffen, doch entstehen die neuen Glieder 
nicht etwa blos an der Grenze des Stengels und der 
Scheibe, sondern jedesmal zwischen 2 schon formirten Glie- 
dern. Am ganzen obern Theil des Stengels bilden sich 
neue Glieder zwischen den schon vorhandenen. Dies 
geschieht folgendermafsen: Betrachtet man den oberen 
Theil des Stengels nahe der Scheibe genau und mit ei- 
ner Loupe, so sieht man an der Verbindungsstelle zweier 
Glieder, die an den jungen Gliedern immer gezähnelt 
ist, in der gezähnten Nath einen feinen Streifen von 
neuer fester Substanz, von derselben Festigkeit und von 
derselben Bildung wie alle Theile des Skelets. Die Nath 
gewinnt gleichsam Körper. An der Verbindungsstelle 
anderer Glieder sieht man diesen Streifen schon so ver- 
dickt, dafs man ihn als junges Glied sogleich erkennt, 
welches sich in der gezähnten Verbindung zweier Glie- 
der entwickelt hat und selbst gezähnt ist; und weiter 
hinab sieht man, dafs diese so entstandenen jungen Glie- 
der es sind, welche die Ungleichheit und das Alterniren 
dünnerer Glieder mit dickeren älteren verursachen. Am 


28 


unteren Theil des Stengels und schon 6 Zoll unter der 
Scheibe haben sich diese Unterschiede ausgeglichen, die 
jüngeren Glieder sind ausgewachsen, und nach unten 
sind alle Glieder an Dicke gleich. In dem Maafse als 
dies geschieht, wird auch die gezähnte Nath an der Ver- 
bindungsstelle der Glieder undeutlich und mehr gerade. 
Der Umstand, dafs am untern Theil des Stengels keine 
neuen Glieder mehr entstehen, ist auch die Ursache, dafs 
die cirrentragenden Glieder gleich weit von einander ab- 
stehen, indem meist gegen 16 Glieder zwischen ihnen 
liegen. Am obern Theile des Stengels liegen die cirren- 
tragenden Glieder einander näher, und an dem ober- 
sten am nächsten, so dafs sie unter der Scheibe dicht 
aufeinander folgen. Ueberall, wo die cirrentragenden 
Glieder um weniger als 16 Glieder entfernt sind, bilden 
sich noch neue Glieder. Da die Glieder zunächst unter 
der Scheibe hintereinander cirrentragend sind, so mufs 
man an dieser Stelle hauptsächlich die Bildung der cir- 
rentragenden Glieder suchen. An ihnen sind die Cirren 
am kleinsten und bestehen aus ganz kurzen, von weni- 
gen Cylinderchen gebildeten, knospenartigen Fortsätzen, 
welche an den nächstfolgenden cirrentragenden Gliedern 
länger werden. Zwischen den gebildeten cirrentragen- 
den Gliedern entstehen nun in der Nath neue cirrenlose 
Glieder, zwischen diesen wieder neue, und so fort, bis 
nach unten die cirrentragenden Glieder immer weiter bis 
zum Maximum auseinander rücken, welches Maximum 
eben die Distanz von 10, 15 und 16 Gliedern ist. Da 
die neuen Glieder sogleich so fest wie die alten sind und 
‘ dieselbe Structur besitzen, so folgt, dafs das Wachsthum 
der gebildeten Glieder nur an den Verbindungsflächen 
geschehen kann, nicht aber im Innern der Glieder ge- 
schieht, wie solches auch nach den Beobachtungen von 
Agassiz und Philippi an den Skelettheilen anderer 
Echinodermen stattfindet. 

Die Structur der Arme, Secundär- und Tertiär- Arme 


29 


ist sehr zusammengesetzt. Bekanntlich bilden die Glie- 
der der Arme, Nebenarme, Tertiärarme und pinnulae ei- 
nen nach der Innenseite der Blume oder nach dem Munde 
des Thiers offenen Halbkanal. Zwischen den Gliedern 
der Arme, Secundärarme, Tertiärarme liegt jederseits der 
Rinne in einer Vertiefung ein Muskel, auswendig von 
einer Kalkkruste bedeckt; ein anderer liegt in einer Ver- 
tiefung an der Einlenkungsstelle der pinnula. Der er- 
stere bewegt die Glieder der Arme gegen einander, der 
letztere zieht die pinnula gegen den Arm an.  Dicse 
Muskeln sehen gelbbräunlich aus, ihre Primitivfäden sind 
glatt, ohne Anschwellungen, wie man bereits von andern 
Echinodermen wufste. Im Centrum der Glieder der 
Arme, Nebenarme und pinnulae läuft der Centralkanal, 
die Fortsetzung des Stengelkanals. Diesen Kanal, der 
innen und von allen Seiten von der Substanz des Ske- 
lets eingeschlossen ist, haben alle Skelettheile mit ein- 
ander gemein. Die Organe hingegen, welche in der 
Rinne der Arme, Nebenarme und pinnulae liegen, sind 
diesen allein und zum Theil auch den radialen Rinnen 
der Scheiben eigen, kommen aber nicht am Stengel vor. 
Am tiefsten auf dem Boden der Rinnen der Arme ver- 
läuft ein Kanal, von einer häutigen Röhre gebildet. 
Dieser Kanal giebt einen cylindrischen blinden Fort- 
satz in die feste Substanz der Cylinder der Arme 
und Nebenarme. Ueber diesem Kanal liegt ein zweiter 
häutiger Kanal ohne Fortsätze. Zwischen dem tiefen 
und dem oberflächlichen Kanal der Arme und Neben- 
arme liegt der Nervenstrang der Arme, welcher in jede 
alternirend abgehende pinnula einen Ast abgiebt. Ueber 
dem oberflächlichen Kanal der Arme, welcher auch eine 
vollständige Röhre ist, verläuft der von einer weichen 
Haut ausgekleidete gewimperte Halbkanal der Arme und 
Nebenarme, welcher sich in den gewimperten Halbkanal 
der pinnulae fortsetzt. Die Membran dieses Halbkanals 
bildet an allen diesen Theilen einen weichen, häutigen 


30 


Saum, welcher von aufsen durch kleine kalkartig inkru- 
stirte Blättchen geschützt ist. Die innern Seiten des 
häutigen Saumes sind mit Büscheln kleiner Fühlerchen 
besetzt, so dafs die Fühlerchen beider Seiten einander 
zugewandt sind, Diese Fühlerchen scheinen hohl zu 
sein. Vielleicht steht ihre Höhlung mit der Höhle des 
oberflächlichen Kanals in Verbindung, welcher unter dem 
fühlertragenden Halbkanal liegt. Jedes Fühlerchen, das 
man nur mit einer starken Loupe erkennt, zeigt sich, mi- 
kroskopisch untersucht, wieder mit cylindrischen, am Ende 
abgerundeten, ziemlich starken Wimpern besetzt. 

Bei den Comatulen ist der Bau der Arme ganz der- 
selbe, nur schien der oberflächliche Kanal unter dem 
fühlertragenden Halbkanal doppelt, indem 2 Röhren über- 
einander lagen. Die Blättchen, welche die Fühlerchen 
von aufsen schützen, sind bei Comatula stark röthlich 
gefärbt. 

Der tiefe Kanal in der Rinne der Arme des Pen- 
tacrinus scheint zur Scheibe zu gehen, welche die teller- 
förmige Stütze der Eingeweide ist; denn beim Aufblasen 
des Kanals hob sich ein Kanal an der Oberfläche der 
leeren Scheibe, der sich aus jedem Strahl des Thiers ge- 
gen das Centrum der Scheibe fortsetzt. Wie sich der 
oberflächliche Kanal verhält, ist noch unermittelt. Der 
Fühlergang oder fühlertragende Halbkanal setzt sich be- 
kamntlich bei Comatula aus jedem Strahl über die Ober- 
fläche des mittleren Theiles des Thiers bis zum Munde 
fort, So ist es auch bei Pentacrinus. Die Scheibe be- 
steht wie bei Comatula aus der die Eingeweide decken- 
den lederartigen Decke und der Basis, auf welcher die 
Eingeweide liegen, die letztere entsteht aus der Vereini- 
gung der Anfangstheile der Arme durch eine interme- 
diäre Production von der Substanz, aus welcher das 
ganze Skelet besteht. Hier weichen die Elemente der 
Arme gleichsam auseinander, indem zwischen der Decke 


3l 


und der Basis der Scheibe wie bei Comatula die Ver- 
dauungseingeweide sich entwickeln. Die mit Fühlern be- 
setzteh Halbkanäle der Arme bleiben auf der Decke der 
Eingeweide und verlaufen gegen den Mund. An un- 
serm Exemplar von Pentacrinus ist die Decke der Ein- 
geweide zerrissen, und es sind nur noch Lappen davon 
vorhanden. Da der Darmkanal bei Comatula zwischen 
der Basis und Decke der Scheibe liegt, so kann man 
sich die Verdauungsorgane dieser Thiere und der Pen- 
tacrinus als zwischen der centralen Fortsetzung der Ele- 
mente der Arme entwickelt denken. Das vorhandene 
Exemplar von Pentaer. caput Medusae trägt keine Eier, 
dagegen hat Herr Müller Exemplare von Comatula 
med. untersucht, welche eiertragend waren. Die Eier 
liegen, wie Dujardin richtig beobachtet hat, an dem 
Anfangstheile der pinnulae auf der weichen, mit dem 
Fühlerkanal besetzten Seite der pinnulae. Dieser- Theil 
der pinnula ist bei geschlechtsreifen Exemplaren unver- 
hältnifsmäfsig angeschwollen, während er sich bei ande- 
ren Exemplaren wie der übrige Theil der pinnula ver- 
hält. Die Eier entwickeln sich unter der Haut des Füh- 
lerganges, also auch wie im Centraltheil des Thiers der 
Darm unter der Decke der Scheibe, auf welcher die Füh- 
lergänge bis zum Munde sich fortsetzen. Dahin geht der 
Fühlergang mit allen beschriebenen Organtheilen, die 
zu ihm gehören, über den ganzen Eierstock an dieser 
Stelle gebogen hinweg. Wie die Eier heraus gelangen, 
weils man nicht, vielleicht durch Berstung der Haut an 
den Seiten. Dafs die Stelle Eierstock ist, beweist die 
Verschiedenheit der Gröfse der Eier, man trifft sie hier 
in allen Variationen an. Die Eier bestehen aus Dotter- 
haut, Keimbläschen und dem Keimfleck, der hier wie ein 
rundlicher Kern oder Bläschen aussieht. Diese Theile 
des Eies sah Herr M. ebenso an den Eiern der Ophiura, 
die sich jedoch in Hinsicht der Lage des Eierstockes 


32 


ganz von den Comatulen entfernen und sich wie in ih- 
rer gänzen Organisation mit der Euryale den Seesternen 
anschliefsen. £ 
Die Comatulen liefern uns ein in der Thierwelt bis- 
jetzt ungekanntes Beispiel von ungeheurer Multiplication 
der Geschlechtsorgane. Da allein jeder der 20 Arme 
‚dritter Ordnung an jeder Seite gegen 60 pinnulae trägt, 
so beträgt die Zahl der Eierstöcke über 2000 an einem 
sonst nicht zusammengesetzten Thiere. Hierdurch schlie- 
{sen sich die Comatulen und wahrscheinlich auch die 
Pentacrinen an die Pflanzen mit einfachen Organismen. 
Ein annäherndes ähnliches Beispiel liefern die vielglie- 
drigen Taenioiden, bei denen sich die Geschlechtsorgane 
mit den Gliedern multipliciren, während diese Thiere 
doch sonst durchaus nicht zusammengesetzt sind. Diese 
Art von Zusammensetzung, welche bei den kurzen Tae- 
nioiden, den Tetrarhynchen, Antocephalen zu fehlen 
scheint, bezieht sich auf die ortsbewegenden Glieder und 
Genitalien. Dagegen sind die vielköpfigen Crenuren und 
nach Herrn Müller’s Beobachtungen auch die Echino- 
coccen (letztere zu einer gewissen Zeit ihrer Entwick- 
lung, s. Müller’s Archiv 1836, Jahresbericht CVU.) so 
gut wie die Polypen wirklich zusammengesetzte Thiere. 
Herr Wiegmann erläuterte zwei neue Arten von 
Procyon. Die eine, Pr. brachyurus, stammt wahrschein- 
lich aus Westindien, steht dem Pr. lotor am nächsten, 
unterscheidet sich aber durch eine breitere und stumpfere 
Schnauze, eine mehr weifslichgraue Körperfarbe und be- 
sonders durch ihren auffallend kurzen Schwanz, welcher 
nur die Länge des Kopfes hat, dabei aber dieselbe Bin- 
denzahl (6), wie der des Pr. lotor zeigt, und ungleich 
dichter behaart ist, als bei diesem. Die andere Art, Pr. 
obscurus, ist durch einen Naturalienhändler acquirirt, und 
über ihr Vaterland läfst sich nichts ermitteln. Sie zeich- 
net sich durch eine'einfarbige, glänzend dunkelbraune Fär- 
bung des Pelzes aus. Der Schwanz hat etwa dieselbe 
Länge 


33 


Länge wie bei Pr. lotor, aber ist viel dichter behaart, 
und zeigt eine minder deutliche, auf der Oberseite fast 
erloschene Bindenzeichnung. Auch ist die Schnauze 
kürzer und die Beine schlanker als beim Pr. lotor. 

Herr v. Olfers gab Nachricht von der Erwerbung 
mehrerer Häute und Skelette von Auerochsen für die 
Königl. Sammlungen, welche mit Kaiserl. Russischer Bewil- 
ligung aus den Kronwaldungen von Biatowieza geliefert 
und durch den Conservator Wiedemann vom zoologi- 
schen Museum zu Königsberg mit vielem Fleilse vorläufig 
zubereitet worden sind. Vorgelegt wurden von den mit- 
gebrachten Gegenständen: Skizzen von den verschiede- 
nen erlegten Auerochsen mit genauen Ausmessungen der 
hauptsächlichsten Dimensionen, welche die äulsere Form 
bedingen. — Exemplare des wohlriechenden Grases, wel- 
ches als eins der Hauptnahrungsmittel der Auerochsen 
in den dortigen Waldungen häufig vorkommt. Es er- 
giebt sich, dafs es nicht Anthoxanthum odoratum (wie 
früher z. B. von B. Brinken behauptet wurde), son- 
dern Hierochloa borealis ist, wie schon der Prof. Ja- 
rocki richtig bemerkt hat. — Amphistoma conicum aus 
dem Magen des Auers, welches auch bei dem zahmen 
Rindvieh vorkommt. 

Herr Ehrenberg sprach über das Spirillum Bryo- 
xoon, welches Herr Dr. Unger 1834 in den Antheren 
des Sphagnum eapillifolium entdeckt und Herr Dr. W er- 
‚neck für ein Spermatozoon gehalten hat. Er macht 
darauf aufmerksam, dafs Herr Prof. Friedr. Nees von 
Esenbeck an derselben Stelle 1822 Monaden beobach- 
tet hat, und dafs diese zu Spirillen verlängerten Körper- 
chen leicht das wahre Pollen des Sphagnum aufser Zwei- 
fel setzen könnten. Derselbe zeigte ein von Herrn Prof. 
Lehmann in Hamburg gesandtes-Exemplar von Codium 
Bursa vor, welches an Felsen festsitzend beobachtet 
worden war. Endlich sprach er über zuweilen fufslange 


3 


34 


Infusorienstöcke, den Polypenstöcken gleich, und zeigte 
ein über einen Zoll groises Exemplar des Micromega 
corniceulatum Agardh von Venedig in Weingeist gut er- 
halten vor. 


Versammlung am 2lsten November. 


© Herr G. Rose berichtete über einige Versuche, die 
er angestellt hatte, um die Bedingungen kennen zu ler- 
nen, unter denen sich Kalkspath und Arragonit bil- 
den. Ersterer entsteht, wenn sich kohlensaure Kalkerde 
aus einer Auflösung in kohlensaurem Wasser durch Ent- 
weichen der Kohlensäure bei der gewöhnlichen Tempe- 
ratur ausscheidet, oder wenn man eine Auflösung von 
salzsaurer Kalkerde durch. kohlensaure Alkalien bei der 
gewöhnlichen Temperatur fällt; letzterer dagegen, wenn 
man die Auflösung von kohlensaurer Kalkerde in koh- 
lensaurem Wasser im Wasserbade zur Trocknils ab- 
dampft oder eine kochend heifse Auflösung von einem 
kohlensauren Alkali durch eine kochend heilse Auflösung 
von salzsaurer Kalkerde fällt. Der flockige Niederschlag, 
der sich zuerst bei der Fällung der salzsauren Kalkerde 
durch kohlensaures Ammoniak bildet, verhält sich wie 
Kreide. Herr G. Rose zeigte die krystallinischen For- 
men unter dem Mikroskope vor. 

Herr H, Rose sprach über das Vorkommen des 
Zinnobers in Idria in Begleitung einer fettartigen Sub- 
stanz, welche Herr Dumas zuerst rein darstellte und 
Idrialin nannte. Nach Schrötter kommt sie beson- 
ders im sogenannten Branderz vor, das sie fast ganz bil- 
det. In geringerer Menge ist sie im Quecksilbererz. Die 
merkwürdigste Eigenschaft dieses Fettes, das nur aus 
Kohle und Wasserstoff besteht, ist, mit concentrirter 


35 


Schwefelsäure beim Erwärmen eine schöne dunkel indi- 
goblaue Auflösung zu geben. 

Herr Ehrenberg theilte neue Beobachtungen über 
die Epistylis Galea (das Helm-Glockenthierchen, die 
gröfste und bisher sehr seltene Vorticelle) mit. Sie ist 
neuerlich bei Berlin in grofser Menge an abgestorbenen 
Schilfblättern vorgekommen und hat ein bisher unbe- 
kanntes schönes Schillern des bäumchenartigen Stieles 
erkennen lassen, welches durch feine Streifung der Ober- 
fläche bedingt ist und sehr lebhafte, rothe, grüne und 
blaue metallige Farben zeigt. Sie wurden lebend und 
getrocknet vorgelegt. 


Versammlung am 19ten Dezember. 


} 


Herr Weifs legte eine Karte und Profile vom Salz- 
berge in Hallstadt im österreichischen Salzkammergute vor, 
und erläuterte dieselben, so wie das dortige Vorkommen 
des sogenannten Heidengebirges, unter Vorzeigung ver- 
schiedener Gegenstände daraus, namentlich eines Stückes 
von Gemsenfell, mit einigen Bemerkungen. 

Hierauf theilte Herr Ehrenberg aus einem Briefe 
seines Bruders Carl Ehrenberg von Mexiko die Nach- 
richt mit, dafs sich aufser den bereits vorgelegten Mam- 
muths- ( Mastodon) Knochen und Zähnen aus jenem 
Hochlande auch neuerlich bei Zimapan wieder fossile 
Elephanten-Zähne gefunden haben, von deren einem 
Herr Carl Ehrenberg eine Skizze beigegeben hatte. 
— Derselbe zeigte dann die beiden gelblichen Arten 
von Armpolypen, Hydra, welche schwer zu unterschei- 
den sind, neben einander in mehreren Exemplaren le- 
bend vor. — Auch zeigte Herr Ehrenberg lebende und 
getrocknete Exemplare einer ganz neuen, kleinen Thier- 

3* 


36 


gattung und Art aus dem Gewässer bei Berlin vor, wel- 
che sich durch einen vielköpfigen verästeten Leib sehr 
auszeichnet und die er Dendrosoma radians, Strahlen- 
bäumchen, benannt hat. 

Herr Gurlt legte zuletzt die Abbildung einer inter- 
essanten thierischen Mifsbildung mit Verdoppelung der 
Nieren vor. 


Gedruckt bei A. W. Schade. 


Mittheilungen 


aus den Verhandlungen 
der 


Gesellschaft naturforschender 
Freunde zu Berlin. 


Drittes Jahrs. 
1838. 


BERLIN, 1839. 


In der Nicolaischen Buchhandlung. 


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Mittheilungen 


aus den Verhandlungen der Gesellschaft naturforschender 
Freunde zu Berlin. 


Versammlung am 16ten Januar. 


Her Lichtenstein theilte über die Versuche, das 
rothe Rebhuhn nach Schlesien (in die Gegend von Lö- 
wenberg) zu verpflanzen, Einiges mit. Man hat im Früh- 
ling 1837 einige hundert Eier im südlichen Frankreich 
sammeln, durch Fufsboten hertragen und durch Puten- 
hennen ausbrüten lassen; ungefähr die Hälfte ist ausge- 
bracht. Die Brut hat sich bald nach dem Flüggewerden 
in die nahe gelegene Waldung verbreitet, im Herbst aber 
in mehreren Flügen die offenen Höhen und Thäler auf- 
gesucht. Bis um Weihnacht sind sie immer noch auf 
den sehr sorgfältig angelegten Futterplätzen erschienen. 
Seit dem Eintritt strengerer Kälte mit tiefem Schnee 
sind sie, bis auf wenige, die man einzeln gesehn, ver- 
schwunden. 

Nachtrag im Januar 1839. Im Laufe des Sommers 
1838 sind kleine Flüge von 5 bis 6 Hühnern an meh- 
reren einsamen Stellen wieder zum Vorschein gekommen, 
aber immer sehr unstät und die bewohnteren Gegenden 
sorglich vermeidend. Man ist begierig, zu beobachten, 
wie sie nach dem gegenwärtigen milderen Winter sich 


zeigen werden. 
1* 


A 


Herr Ehrenberg zeigte die Infusorien-Erde der 
Lüneburger Haide unter dem Mikroskop vor. Derselbe 
sprach dann über eine durch das Mikroskop er- 
kennbare, jetzt im Handel vorkommende Versetzung 
der theuren Carmintusche durch vieles Amylum (‘W ei- 
zenstärkemehl) und zeigte ‚sie ebenfalls vor. Ferner 
machte derselbe an lebenden Regenwürmern anschaulich, 
dafs die Verdauung dieser Thiere so wenig als die des 
Porcellio scaber und Julus terrestris im Stande sei, die 
Kieselpanzer der Infusorien zu zerstören, sondern dafs 
die von ihnen massenweise genossenen Bacillarien in 
ihrer völlig erhaltenen Form, nur oft ohne den thieri- 
schen Inhalt, sich im hintern Darme vorfinden und wieder 
ausgeworfen werden. Die Excremente waren mit leeren 
Infusorienschaalen dicht erfüllt. 

Herr Joh. Müller legte Kupfertafeln über die 
Structur der Geschwülste vor. 


Versammlung am 20sten Februar. 


Herr Link sprach über das Anwachsen der Wur- 
zeln in der Länge. Es geschieht nicht an der Spitze 
selbst, sondern in einiger Entfernung von der Spitze, 
und zwar da wo das Holz — der Theil nämlich, in wel- 
chem sich Spiralgefälse und Spiroiden erzeugen — sich 
endigt. Es legt sich nämlich eine Schicht von Zellge- 
webe gegen die Spitze an, welches durch seine Zartheit 
zeigt, dafs es jünger ist, als das darüber befindliche. 
Es geschieht dieses auf dieselbe Weise, nur gegen die 
Spitze, wie sich der Splint und das Holz im Stamm, 
nur gegen den Umfang anlegt. Diese Abhandlung ist 
mit Zusätzen in der Linnaea gedruckt, die Abbildungen 
dazu werden in den Icones anatomico- botanicae folgen. 

Derselbe legte die in Griechenland und Istrien von 
ihm beobachteten Eichenarten erläuternd vor, @Quercus 


b) 


Pseudosuber, Aegilops, pubescens, Cerris oder austriaca 
Willd., welche nur Abarten sind, und sprach über die 
in Sicilien, Istrien und Griechenland wild wachsende 
Pyrus cuneifolia @ussone oder amygdaliformis Koch. 

Herr Ehrenberg übergab der Gesellschaft Nürn- 
berger’s natur- und gewerbswissenschaftliche Berichte 
oder Darstellung der neuesten Physik und Technologie 
in aphoristischer Form, Kempten 1837, 8., welches Buch 
er der Gesellschaft im Namen des Verfassers als Ge- 
schenk zu überreichen den Auftrag hatte. Derselbe theilte 
dann mit, dafs die diesjährige strenge und anhaltende 
Winterkälte die als Dammerde im Thiergarten befindli- 
chen lebenden Infusorien nicht ertödtet habe, sondern 
dafs nach 18 bis 20° R. Kälte bei behutsamem Auf- 
thauen der Erdschollen vor wenigen Tagen noch viele 
Thierchen lebendig umherkrochen, viele aber allerdings 
gestorben zu seyn schienen. Dann zeigte er eine grö- 
fsere Masse ihm aus Schweden zugeschickter Infusorien- 
Erde aus dem See Lillhaggsjön vor, welche dort bei 
Umeä, wie bei Wasa in Finland aus alter Gewohnheit 
zum Brodte gemischt und gegessen wird, und erinnerte 
an das geschichtliche Verhältnifs der, oft dem Tabaks- 
rauchen ähnlichen, bisher für Europa unbekannten Ge- 
wohnheit des Erdessens der Bewohner sehr vieler, selbst 
reicher Erdgegenden, ohne Schaden für die Gesundheit. 
Zugleich gedachte er des unglücklichen Schicksals der 
auf der Insel S. Matwey beinahe ganz verhungerten rus- 
sischen Colonisten, die ihr Leben nur durch den Genufs 
einer von Herrn von Chamisso mitgebrachten unorga- 
nischen Thon- und Erdmasse, welche aus dem Königl. 
Mineralien-Kabinet vorgezeigt wurde, längere Zeit ge- 
fristet hatten. 

Herr v. Olfers legte mehrere Bruchstücke von zwei 
Arten der fossilen Fischgattung Zepidotus aus den Port- 
land-Schichten vor, welche dem Zepidotus ornatus und 
minor Ag. am nächsten kommen. Die Exemplare gehö- 


6 


ren dem hiesigen Königlichen Mineralien-Kabinet an. 
Durch eine sorgfältige Bearbeitung ist es möglich gewor- 
den, die hauptsächlichsten Theile nicht nur der äufseren 
Form, sondern auch der Skeletbildung sichtbar zu mä- 
chen, welche diesemnach an den vorgelegten Exempla- 
ren, mit Rücksicht auf die Skeletbildung bei Fischen 
überhaupt, erläutert wurden. 

Herr Schleiden trug Beobachtungen über die Ver- 
wandlung der Holzfaser des Kiehnholzes in Stärkemehl 
durch Kochen mit kaustischem Kali vor, und bestätigte 
die concentrisch-schaalige Bildung der Stärkemehlkügel- 
chen. Die mit Jod-Tinctur blau gefärbten Holzfasern 
wurden unter dem Mikroskop vorgezeigt. 


Versammlung am 20sten März. 


Herr Weifs legte Frischschlacken von Ilsenburg 
am Harze vor, auf welchen sich reguläre Octa@der von 
Magneteisenstein künstlich gebildet hatten. 


Versammlung am 17ten April. 


Herr Link theilte mikroskopische Untersuchungen 
der Steinkohlen mit. Die aus Columbien, von Beuthen 
in Ober-Schlesien, aus Nieder-Schlesien, von Neweastle 
und St. Etienne glichen Torf; eben so die Braunkohle 
mit Natrinasphalt aus Grönland. Eine Steinkohle aus 
N. Granada glich Palmenholz. Als Coniferenholz zeigte 
sich Lignit aus Thüringen, und versteinertes Holz aus 
dem Siebengebirge. Auch kommen in Ober - Schlesien 
Steinkohlen vor, welche deutlich zeigen, dafs sie auf 
der Oberfläche verbrannt, wie Holzkohlen sind. 

Herr Ehrenberg legte eine ausgezeichnete Reihe 
von gemeinen und Feuer-Opalen, ferner von Selenqueck- 


_ 
‘ 


silber und Basalt aus Zimapan und der Umgegend in 
Mexico vor, welche sein Bruder Herr Carl Ehren- 
berg geschickt hatte. Er machte besonders auf die ku- 
nike Gestalten des dort im vulkanischen Gebirge 
vorkommenden Opals aufmerksam, welche ganz das An- 
sehn eines früheren gallertarligen Zustandes tragen und 
von der klarsten farblosen Durchsichtigkeit bis zu milch- 
artiger weilser oder gelber und röthlicher Trübung und 
endlich bis zur Farbe des intensiv rothen Feueropals 
gefunden werden. Die weilse Farbe des Milchopals be- 
steht aus weilsen sehr dicht aneinander liegenden sechs- 
seitigen säulenartigen Crystallen mit grad abgestumpften 
Enden. 

Das Selenquecksilber und die Basaltstücke wurden 
dem mineralogischen Cabinet zur Disposition gestellt. 

Herr Joh. Müller sprach über die Gattungen der 
Sägefische Pristis und Pristophorus, wovon jene zu 
den Rochen, diese zu den Haifischen gehört. Ferner 
über die Structur des Pentacrinus europaeus in n Vergleich 
mit Pentacrinus Caput Medusae. 


Versammlung am l5ten Mai. 


Herr Link gab die Fortsetzung seiner Untersuchung 
über die Steinkohlen, welche die Meinung des Ursprungs 
aus Torf bestätigen. Derselbe sprach ferner über Braun- 
kohlen und fossiles Holz. Das Bernsteinholz scheint nicht 
von Coniferen herzurühren. 

Die Abhandlung wird in den Abhandlungen der Aka- 
 demie der ‘Wissenschaften erscheinen und ist jetzt unter 
der Presse. 

Herr Ehrenberg legte die Infusorien -Dammerde 
aus dem Thiergarten vor, die im Juni vorigen Jahres 
‚gesammelt war und noch lebende Thierchen enthielt. 
Dann sprach er über die Xanthidien der Feuersteine, 


8 


die Turpin für Cristatellen-Eier gehalten, dessen Mei- 
nung er widerlegte. Er machte darauf aufmerksam, dafs 
die kugelförmigen Eier der Hydra vulgaris noch viel 
mehr Aehnlichkeit in der Form mit den Xanthidien hät- 
ten, als die linsenförmigen Cristatellen-Eier, dals aber 
diese verwandten Formen so wenig (Gemeinschaft im in- 
nern Wesen hätten als Hydra und Octopus, deren äu- 
fsere Form ebenfalls ähnlich sei, wie auch ein Frosch 
und ein Mensch gar manche Formähnlichkeit unläugbar 
hätten. Weit näher liege es, die aus einem Netz von 
Kieselfasern gebildeten Spongillen-Körner ins Auge zu 
fassen. All dieser Aehnlichkeiten ungeachtet seien die 
klettenartigen Körperchen der Feuersteine den noch jetzt 
lebenden Xanthidien am nächsten vergleichbar. — Fer- 
ner tadelte er die kürzlich von Corda in den Act. 
Acad. Caesar. Leopold. gegebenen grofsen Abbildungen 
der Hydra, die eine hintre Darmöffnung darstellen, wel- 
che nicht vorhanden sei, die unzähligen Fangorgane, wel- 
che vorhanden sind, aber nicht darstellen. 

Herr v. Olfers legte Zeichnung und Beschreibung 
(aus den Preufsischen Provinzialblättern) eines fossilen 
Schulterblattes von einem Wallfische ( Balaena ) vor, 
welches der Angabe nach zu Tannenberg in Preufsen, 
15 Meilen von der Ostsee gefunden worden ist. Dafs 
es wirklich fossil sei, hat Herr Medizinal-Rath Rathke 
in der erwähnten Beschreibung nachgewiesen. Unter 
den bisher bekannten Arten kommt dies Schulterblatt 
dem einer Balaena vom Cap der guten Hoffnung Cu 
rech. s. I. oss. foss. Tome V. tab. 26. fig. 7. am näch- 
sten. — Ferner legte derselbe Knochen von Mammuth 
und Mastodon vor, welche von Herrn v. Humboldt 
aus Mexico mitgebracht worden sind, und sich gegen- 
wärtig im Königl. Mineralienkabinet befinden. Er knüpfte 
hieran Bemerkungen über das Vorkommen von Knochen 
«olossaler Säugthiergattungen in dem Bassin von Mexico, 
von welchem auch neuerlich wieder in dem dortigen 


9 


Kalender für 1836 (Calendario de Galva) in Beziehung 
auf ältere und neuere Fundorte die Rede gewesen ist. 


Versammlung am 19ten Juni. 


Herr Link legte Abbildungen von sogenannten po- 
rösen Gefäfsen aus der Wurzel einer alten Kiefer (Pi- 
nus uneinata) vor, woraus erhellt, dafs diese Poren 
Zellen oder Glandeln sind; ferner von Saftgängen aus 
der Wurzel von Zevisticum mit deutlich eigener Haut, 
wodurch erwiesen wird, dafs diese Saftgänge wirklich 
eigene Gefälse sind. 

Auch zeigte er Rothboella loliacea der Exped. d. I. 
Moree aus Istrien vor. Es ist ohne Zweifel eine eigene, 
Zelium nahe stehende Gattung, die er Urypturus zu 
nennen vorschlug. 

Herr Ehrenberg hatte rothgefärbtes Wasser aus 
dem Thiergarten mitgebracht, welches seine Farbe von 
einer unbeschriebenen Art von Palmella habe, die er 
Palmella prodigiosa nannte. Sie erfüllte wieder wie 
Monas Okenii im vorigen Jahre den Queergraben in der 
Nähe der Buchen- Allee zwischen dem Försterhause und 
der Luisen-Insel schon seit Anfang Juni, und zwischen 
ihr lebte in grofser Menge auch die ähnlich roth gefärbte 
Monas Okenii, deren Farbe aber doch, wo sie sich an- 
häufte, einen weniger bläulichen, reiner rothen Farbeton 
hatte, während die Palmella sich dem Violetten mehr 
näherte. Getrocknet und dem Lichte ausgesetzt verliert 
sich die rothe Farbe ins Gelbliche und Grünliche. Uebri- 
gens verbreitet sie einen lästigen Sumpfgeruch oder ent- 
wickelt sich in dergleichen führendem Wasser. Die spe- 
cifische Diagnose giebt er folgendermaafsen : 

Palmella prodigiosa: aquatica, submersa, ge- 
latina subtilissime flocculosa, tenerrima, hyalina, granus 
lis minimis nudo oculo dilule purpureis dense referta. 


10 


Ihre Flocken bilden blutfarbiges Gewässer oder einen 
mehr oder weniger intensiv rothen Ueberzug der unter 
Wasser befindlichen Körper, Blätter, Zweige, auch todter 
Fische. 

Herr v. Olfers legte fossile Knochen von Ichthyo- 
saurus und Plesiosaurus von Lyme Regis in England 
vor, auch merkwürdig gezahnte Kinnladen aus der Kreide 
von Lewes in England, welche einer zwischen Fisch und 
Saurier stehenden Thiergattung anzugehören scheinen. Am 
nächsten kommen sie dem Belonostomus cinctus Ag., 
doch ist die Zahnbildung immer noch sehr verschieden, 
wenn die Abbildungen in Agassiz poiss. foss. Vol. 2. 
tab. 66. a. fig. 10 — 12, wie wohl anzunehmen ist, ‚ge- 
nau sind. 

Herr Erichson hielt einen Vortrag über die sy- 
stematischen Verhältnisse der Orthopteren und Neurop- 
teren, und wies nach, dafs die Unterschiede im Bau der 
Flügel diese Ordnungen nicht hinlänglich sondern und 
begränzen, und zeigte, dafs die Bildung der Mundtheile 
sicherere Charactere gebe, die mit der Form der Ver- 
wandlung im genauen Bezuge ständen. Die Orthopteren 
kommen darin überein, dafs bei ihnen die äufseren Ma- 
xillarladen die eigenthümliche Gestalt haben, die Fabri- 
cius mit dem Ausdruck galea zu bezeichnen suchte, und 
die am füglichsten mit einem Spitzendecker an chirurgi- 
schen Instrumenten verglichen werden kann, um so mehr, 
als die innere Lade immer scharf und mehrfach gezähnt 
ist; die Lippe erscheint aber noch ausgezeichneter, näm- 
lich vollkommen viertheilig, indem die beiden inneren 
Lappen, die die Zunge vorstellen, bis zum Kinn herab 
gespalten sind, die äulseren, grofsentheils überwiegend 
entwickelten Lappen, die den Paraglossen der Coleopte- 
ren und Hymenopteren entsprechen, eingelenkt sind. 
Dieselbe Bildung des Mundes findet sich nun auch bei 
allen bisherigen Neuropteren mit unvollkomme- 
ner Verwandlung, und zwar mit der Modification, 


11 


dafs bei Termes die galea die Spitze der innern Lade 
unbedeckt läfst, bei Perla die Theile alle mehr häu- 
tiger als horniger Substanz sind, bei Psocus die Lip- 
pentaster, bei den Libellen beide Tasterpaare feh- 
len, und bei letzteren die Unterlippe die Eigenthünlich- 
keit zeigt, dafs die inneren Lappen (der Zunge) unter 
sich mehr verwachsen sind, die ursprüngliche Trennung 
indefs immer noch durch eine deutliche Nath angegeben 
ist, die äufseren Lappen (Paraglossen) dagegen desto mehr 
abgesetzt und freier geworden sind, so dafs man sie 
schon für die modificirten Taster angesprochen hat. 
Alle Neuropteren mit vollkommener Ver- 
wandlung, so wenig Characteristisches sie auch in der 
Gestalt der Mundtheile haben, kommen wenigstens darin 
überein, dafs die äufsere Maxillarlade, wenn sie vorhan- 
den, nicht die Form einer galea hat, und dafs die Zunge 
immer ganz einfach und ungetheilt, auch ohne alle Spur 
von Nebenzungen ist. Es liegt daher der Gedanke schr 
nahe, die Verschiedenheiten im Flügelbau denen in der 
Gestaltung der Mundtheile unterzuordnen, und alle bis- 
herigen Neuropteren mit unvollkommener Ver- 
wandlung den Orthopteren zuzuweisen, und die 
Ordnung ‘der Neuropteren auf diejenigen mit vollkom- 
mener Verwandlung zu beschränken. Es würden 
dann die Insecten mit unvollkommener Verwandlung völ- 
lig von denen mit vollkommener Verwandlung abgeschlos- 
sen sein, und aufser den Zpizoen, die wohl eine eigene 
Ordnung bilden müfsten, da weder die saugenden mit 
den Hemipteren, noch die beifsenden mit den Orthopte- 
ren natürlich zu vereinigen sind, aus den Ordnungen 
Orthopteren und Hemipteren bestehen. So wie die Or- 
thopteren und Hemipteren sich eben so wesentlich unter 
einander, als von den übrigen Insecten-Ordnungen im 
Bau des Mundes unterscheiden, bilden sie mit den letz- 
teren nicht allein in der Form der Verwandlung, son- 
dern auch im Verhalten der Flügel einen völligen Ge- 


12 


gensatz. Bei jeder Ordnung der Inseeten mit vollkom- 
mener Verwandlung ist die Form der Flügel eine be- 
ständige, und wenn auch gerade nicht als wesentli- 
ches doch als natürliches Merkmal für dieselbe zu be- 
trachten. Bei den beiden genannten Ordnungen aber, 
so wie sie jetzt aufgefalst werden, gehen die Flügel alle 
möglichen Stufen der Veränderung durch, und zwar hal- 
ten die Oberflügel in den typischen Formen beider Ord- 
nungen die Mitte zwischen Flügeldecken und Flügeln, 
und zwar so, dafs bei den Orthopteren auf der einen 
Seite eine überwiegende Hinneigung zur Form der Flü- 
geldecken bei Forfieula, Blatta und gröfstentheils selbst 
Phasma, auf der anderen Seite eine überwiegende Hin- 
neigung zur Form der häutigen Flügel bei manchen Zo- 
custen, @ryllen und besonders bei den Männchen von 
Mantis sich bemerkbar macht, während die MHemipteren 
durch die Vereinigung beider Flügelformen in einem und 
demselben Flügel sich auszeichnen. Dann gewinnen ganz 
allmälig in beiden Ordnungen die Deckflügel dieselbe 
häutige Consistenz wie die Unterflügel (bei Mantis, 
Termes und den Cicaden), dann werden die vollkom- 
men häutigen Oberflügel noch so getragen, dafs sie die 
Hinterflügel decken, wie bei Psocus und Psylla, dann 
breiten sich beide Flügelpaare aus, wie bei Zibellula 
und Aphis, endlich verkümmern die Hinterflügel, wie bei 
Ephemera und Coceus. 

So wie bei den Insecten mit vollkommener Ver- 
wandlung der vordere Brustring sich mehr absetzt, wo, 
wie bei den Käfern, die Oberflügel Flügeldecken sind, 
aber wo die Vorderflügel häutig bleiben, sehr verküm- 
mert und als: blofser kragenförmiger Ring erscheinen, 
ebenso findet sich die Entwickelung des Prothorax bei 
den Orthopteren und Hemipteren im genausten Zusam- 
menhange mit der Form der Oberflügel, so dals überall 
eine Beziehung zwischen diesen beiden Theilen stattzu- 
finden scheint. 


13 


Die Ordnung der Neuropteren in der Beschränkung 
auf diejenigen der bisherigen, die eine vollkommene Ver- 
wandlung haben, bietet in ihrem Verhalten zu den übri- 
gen Ordnungen der Insecten kein geringes Interesse dar, 
indem jede ihrer drei Familien gleichsam aus zweien der 
übrigen Ordnungen combinirt erscheint. Die Hemero- 
bien haben den äufseren Bau und die vier häutigen nack- 
ten Flügel der Hymenopteren, dagegen ist der Bau des 
Mundes im Wesentlichen der der Coleopteren, die Pa- 
norpen erinnern dagegen im Bau des Mundes besonders 
durch die Zusammenfügung der Mundtheile an die Ay- 
menopleren, während einzelne derselben (Bittaeus) ganz, 
das Aeufsere einzelner Dipteren (Tipula) zeigen; die 
Phryganeen endlich machen sich durch eine grofse äu- 
{sere Aehnlichkeit mit den eulenartigen Zepidopteren be- 
merkbar, während sie in der Form des Mundes am ehe- 
sten mit der oben schon genannten Gattung Tpula aus 
der Ordnung der Dipteren sich vergleichen lassen. 


Versammlung am I17ten Juli. 


Herr Lichtenstein zeigte ein Vliels von Alpaca 
vor, das der französische Gesandte, Graf Bresson, dem 
Zoologischen Museum geschenkt hat. Es ist von einer 
ausnehmenden Feinheit, Länge und Dichtigkeit der Be- 
haarung und übertrifft darin alle Lama’s und Guanaco’s, 
die man in den letzten Jahren häufig genug lebendig in 
Europa gesehn hat; doch stimmt weder die geringe Gröfse, 
noch die dunkle, hin und wieder durch grofse weilse 
Flecke variirte Farbe zu dem Bilde, das man sich nach 
den vorliegenden mangelhaften Beschreibungen vom. Al- 
paca (Auchenia Paco) bisher hat entwerfen können. 
Der Mangel des Kopfes und der Extremitäten macht die 
Entscheidung unmöglich. 


14 


Herr Ehrenberg theilte neue Erfahrungen über 
‚die Eier der Süfswasser-Polypen und deren wahrschein- 
liche männliche Geschlechtstheile mit. 

In den Schriften der Akademie der Wissenschaften 
1836 hat derselbe Abbildungen der reifen Eier gegeben, 
seitdem aber auch die Entwicklung der Eikeime bei Hy- 
dra vulgaris beobachtet, und sich überzeugt, dafs die 
stachlige Oberfläche der durch einen Rifs der Oberhaut 
hervortretenden Eier durch Erhärten und Zusammen- 
schrumpfen einer zelligen Gallertschicht daselbst gebildet 
wird, deren Substanz in Wasser unlöslich ist. 

Ueberdiefs hat derselbe noch weitere Gelegenheit 
gesucht und gefunden, einen Blick in das männliche Se- 
xualverhältnifs der Armpolypen zu thun. Die von ihm 
in dem gröfseren Infusorien-Werke pag. 488 und 539 
(Knollenbildung) bereits angezeigte periodische Knollen- 
bildung am vordern Körpertheile derselben, und die im 
Innern dieser Knollen oder Warzen befindlichen beweg- 
ten geschwänzten Körperchen erlauben an männliche Se- 
xual-Organe zu denken, welche bisher bei diesen For- 
men völlig unbekannt geblieben waren. ‘Die Hydern 
hätten demnach sich aufserhalb am Körper entwickelnde, 
periodisch erscheinende Sexual-Organe beiderlei Art, die 
männlichen mehr nach vorn, die weiblichen mehr nach 
hinten, ein Verhältnils, welches bei einem Ueberblick 
des allgemeinen Verhältnisses dieses organischen Systems 
von mannichfachem, später weiter zu entwickelndem In- 
teresse ist. Die Spermatozoen der Hydra gehören zur 
Abtheilung der Cephalozoen (Cephalozoon Hydrae) und 
mithin vorläufig in die Classe der Saugwürmer. Es giebt 
endlich scheinbar rein männliche Hydren und scheinbar 
rein weibliche, auch solche wo gleichzeitig beide Organe 
entwickelt sind, eine Erscheinung die an die polygami- 
schen Pflanzen erinnert. Die Anlage ist offenbar herma- 
phroditisch. 

Herr Joh. Müller legte einige Apparate zur Er- 


* 


15 


läuterung der Physiologie des Gehörs vor, so wie Prä- 
parate von den menschlichen Stimm - Organen. 

“ Herr Gurlt handelte von den Exostosen in den 
Kopfhöhlen der Hausthiere, namentlich von denen, die 
bei den Kühen in der Schädelhöhle vorkommen, das grofse 
Gehirn zu einem grofsen Theil verdrängen und dessen 
Functionen beträchtlich hindern, wogegen die bei Pfer- 
den in den Highmor's-Höhlen vorkommenden keine auf- 
fallenden Krankheits - Symptome erzeugen. Die letzten 
Exostosen werden gröfser, als die ersten; beide sind 
entweder fest, wie Elfenbein, oder die aus der Schä- 
delhöhle sind bisweilen löcherig. Es wurden verschie- 
dene Specimina vorgezeigt. 

Herr Schleiden hielt einen Vortrag über die Rich- 
tung der Spiralfasern in den Pflanzen, über die Entste- 
hung der Ring-Gefäfse aus der Spirale und über einige 
scheinbar pathologische Zustände der Spiralgefälse. 


Versammlung am 21sten August. 


Herr Klug las ein:von Herrn Link zurückgelas- 
senes Manuscript über die Bildung der Frucht bei den 
Gräsern. Es war mit Zeichnungen begleitet. Die Frucht 
der Gräser besteht deutlich aus zwei zusammengewach- 
senen Fruchtknoten, wovon der eine unfruchtbar ist und 
‚bleibt, im Anfange gäch sehr dünn zeigt, dann sich ver- 
gröfsert und endiikl wiederum eig ganz schwindet. 
Der andere enthält den Embryo in seinem Schildchen 
(Cotyledon) und vergröfsert sich immer mehr und mehr, 
bis er endlich bei der Reife des Saamens ihn fast ganz 
einnimmt. Die Abbildungen werden in den Icon. ana- 
tom. botan. nächstens erscheinen. 

Herr Lichtenstein legte eine Zeichnung von einem 
monströsen Frosch (R. temporaria) vor, der doppelte 
vordere Extremitäten (in einen mifsgestalteten Mittelfuls 


16 


verwachsen) zeigte. Das Thier wurde im Junius leben- 


dig im Thiergarten gefangen und hat noch mehrere Mo- 
nate (bis zum December) gelebt. Das überzählige Glied 
geht vom Körper des Brustbeins aus, erstreckt sich einige 
Linien abwärts unter der Haut und tritt mit einem Ge- 
lenk hervor, aus welchem eine Doppelröhre entspringt, 
an deren Ende neun mehr‘ oder weniger unter einander 
verwachsene, theilweise aber auch ganz frei ausgewach- 
sene Zehen im Halbkreis sitzen. Beim Athmen bewegt 
sich dieses Glied, wie ein am Halse befestigter Bart, mit 
dem Brustbein auf und ab. 

Herr H. Rose sprach über das Selenquecksilber 
aus Mexico. 

Unter einer Sendung von Minerklieil, welche Herr 
Prof. Ehrenberg durch Herrn Carl Ehrenberg, Ren- 
danten des Bergwerks von Mineral del Monte in Mexico, 
erhalten hatte, befand sich eine Reihe von Quecksilber- 
erzen, die zu San Onafne gefunden worden waren, und 
welche dort in solcher Menge vorzukommen scheinen, 
dafs man das Quecksilber im Grofsen aus diesen Erzen 
darzustellen beabsichtigt: Diese Erze bestanden gröfs- 
tentheils aus Selen- und Schwefelquecksilber. 

Das von Herrn Rose untersuchte Quecksilbererz 
ist von schwärzlich -bleigrauer Farbe, metallisch glänzend, 
und einem Fahlerze in Glanz und Farbe sehr ähnlich. 
Es ist milde, und von einer Härte zwischen der des 
Steinsalzes und des Kalkspathes. Es findet sich derb, 
mit körnigen, stark umwachsenen Zusammensetzungsflä- 
chen, ohne Zeichen eines blättrigen Bruches, in Kalk- 
spath und Schwerspath, Vorsichtig getrennt von der 
Bergart ist es ohne Zersetzung in einem kleinen Glas- 
kolben vollständig flüchtig, und hinterläfst nicht den ge- 


ringsten Rückstand; das Sublimat ist schwarz, auch zu 


Pulver gerieben behält es die schwarze Farbe; das Pul- 
ver zeigt keinen Stich ins Röthliche. Mit basischen Sub- 


stanzen zusammen erhitzt giebt es Quecksilberkügelchen 
in 


17 


in Menge. Auf Kohle vor dem Löthrohre erhitzt, ver- 
breitet er den bekannten Selengeruch, und beschlägt die 
Kohle mit einem weifsen Rauche. Ein Geruch nach 
schweflicher Säure kann dabei, ungeachtet des bedeuten- 
den Schwefelgehalts, nicht wahrgenommen werden. 

Von Salpetersäure wird das Mineral auch beim Er- 
hitzen nicht angegriffen, — eine Eigenschaft, welche das 
Selenquecksilber mit dem Schwefelquecksilber zu theilen 
scheint. Durch Königswasser hingegen erfolgt eine schnelle 
Einwirkung, wenn es damit erhitzt wird. 


dv’ 
Die chemische Analyse ergab im Hundert: 
Selen 6,49 


Schwefel 10,30 
Quecksilber 81,33 oder 
95,12 
Selenquecksilber 23,10 
Schwefelquecksilber 75,11 
98,21 

Der Verlust entstand besonders dadurch, dafs nur” 
eine geringe Menge der Substanz, mit vielem Schwer- 
spath gemengt, zur Untersuchung angewandt worden war. 

Die Menge des Quecksilbers im Selen- und im 
 Schwefelquecksilber verhält sich annähernd wie 1:4, in- 
dem das Selen 16,61 Theile, und der Schwefel 64,81 
Theile Quecksilber aufnehmen, 'so dafs man sich das Mi- 
neral als aus 1 Atom Selenquecksilber, verbunden mit 
4 Atomen Schwefelquecksilber zusammengesetzt denken 
kann, HgSe-++4Hg5. Wahrscheinlich indessen können 
sich Selen- und Schwefelquecksilber als isomorphe Kör- 
per in allen Verhältnissen verbinden, 

Unter den erwähnten Quecksilberfossilen befinden 
sich mehrere, welche auch eine bedeutende Menge von 
regulinischem Quecksilber enthalten, das in kleinen Kü- 
gelchen in der Bergart und im Selen-Schwefelquecksil- 
ber enthalten ist. Auch kommt bisweilen Zinnober, doch 
in geringer Menge, in einigen Stufen vor. Die Stufe in- 

2 


18 


dessen, von welcher ich zur Analyse anwandte, war rein, 
sowohl vom gediegenen Quecksilber, als auch vom Zin- 
nober. 

Herr Troschel trug seine Untersuchungen über 
Amphipeplea glutinosa Nilss. (Limnaeus glutinos. Drap.) 
vor, die bisher bei Berlin nicht gefunden war, von ihm 
aber zuerst in der Nähe von Stralau entdeckt ist. Herr 
Troschel hat die Zunge und übrigen Mundtheile des 
Thieres genau untersucht, und weiset nach, dafs es dem- 
nach eben so wie nach der Bildung des Mantels und des 
Nervensystems, das von Vanbeneden beschrieben ist, 
eine eigene Gattung auszumachen, und von Zimnaeus 
und Physa getrennt zu werden verdient. Mit ersterer 
Gattung stimmt die Amphipeplea in der Bildung der Füh- 
ler, der Sohle und der Lage der Athmungs-, After- und 
Geschlechtsöffnung an der rechten Seite überein; mit letz- 
terer in dem Fehlen der seitlichen Kiefer, und darin, 
dafs die Zunge mit gesägten Zähnen besetzt ist. Es fin- 
det sich also zwischen den Gattungen Physa und Lim- 
naeus ein doppelter Uebergang: einmal durch die Gat- 
tung Planorbis, das andremal durch Amphipeplea. Da- 
her stellt derselbe folgendes Schema zur Familie der Was- 
serpulmonaten auf: 

I. Ein oberer Kiefer, gesägte Zähne auf der Zunge; 
der Mantel schlägt sich meist über die Schale. Thier 
rege, reizbar. 

1) Fühler fadenförmig; Sohle hinten zugespitzt; Ath- 
mungs-, After- und Geschlechtsöffnung links. 
Physa. 

2) Fühler dreieckig, Sohle hinten abgerundet, Ath- 
mungs-, After- und Geschlechtsöffnung rechts. 
Amphipeplea. 

U. Ein oberer und zwei seitliche Kiefer; einfach 
kegelförmige Zähne auf der Zunge, der Mantel schlägt 
sich nicht über die Schale. Thier träge, wenig reizbar. 

3) Fühler fadenförmig; Sohle hinten zugespitzt; Ath- 


19 


mungs-, After- und Geschlechtsöffnung links. Pla- 
norbis. 

4) Fühler dreieckig, Sohle hinten abgerundet, Ath- 
mungs-, After- und Geschlechtsöffnung rechts. 
Limnaeus. 


Versammlung am 20sten November. 


Herr Karsten las über Metall-Legirungen, beson- 
ders über die Legirung aus Kupfer und Zink. 

Die unter dem Namen des Messing eine häufige 
Anwendung findende Legirung des Kupfers mit Zink ist 
längst bekannt, denn so alt die Kenntnifs vom Kupfer 
ist, eben so weit reicht auch die Kunde vom Messing. 
Erst seit etwa vier Jahrhunderten weifs man indefs, dafs 
das Messing eine Legirung aus Kupfer und Zink ist. Als 
eine aus festen und unabänderlichen Verhältnissen seiner 
Bestandtheile zusammengesetzte Legirung kann jedoch das 
Messing nicht betrachtet werden, indem man auf den 
Messinghütten dem Kupfer um so mehr Zink zuzusetzen 
pflegt, je reiner beide Metalle von fremden Beimischun- 
gen sind. Reines Kupfer kann 1 bis 24 Procent Zink 
im Messing mehr aufnehmen als unreines Kupfer und 
wird doch noch ein besseres Product liefern, als dieses. 
Im Allgemeinen läfst sich annehmen, dafs das verkäuf- 
liche Messing aus 71,5 Kupfer und 28,5 Zink, und das 
sogenannte Rothmessing (der Tomback) welches gleich- 
falls auf den Messinghütten dargestellt wird, aus 84,5 
Kupfer und 15,5 Zink besteht. Unter allen Legirungen 
des Kupfers mit Zink, von 6 Mischungsgewichten Kupfer 
‘ und 1 M.G. Zink an, bis zu gleichen Mischungsgewich- 
ten beider Metalle, giebt es keine Legirung die gröfsere 
Festigkeit besäfse als das gewöhnliche Messing und der 
Tomback. Die Legirung aus gleichen M. G. beider Me- 
talle ist schon so spröde, dafs sie sich unter den Wal- 

2* 


20 


zen und unter den Hämmern nicht mehr zu Blechen aus- 
dehnen läfst, ohne durch starke Risse unbrauchbar zu 
werden. Die reine messinggelbe Farbe scheint gewisser- 
mafsen in Verbindung mit der Festigkeit derjenigen Me- 
tallgemische zu stehen, bei denen das Verhältnifs des 
Zinks zum Kupfer gröfser wird als es im Messing vor- 
handen ist. Die röthliche Farbe des Rothmessings läfst 
sich aus dem überwiegend vorwaltenden Verhältnifs des 
Kupfers erklären, welches seine eigenthümliche rothe 
Farbe geltend macht. Aber diese rothe Farbe der Le- 
girungen kommt wieder viel stärker zum Vorschein, wenn 
das Verhältnils des Zinks zum Kupfer gröfser wird wie 
bei dem Messing. Bei einem Verhältnifs von 1 M.G. 
Zink zu 2 M.G. Kupfer (das Messing besteht etwa aus 
2 M.G. Zink zu 1M.G. Kupfer) tritt die rothe Farbe 
der Legirung schon stark hervor und bei gleichen Mi- 
schungsgewichten beider Metalle ist sie am lebhaftesten. 
Dafs eine Legirung aus 50 Theilen Kupfer und 50 Thei- 
len Zink bedeutend dunkler ist und ungleich mehr Roth 
in der Färbung zeigt, als ein aus 80 Theilen Kupfer 
und 20 Theilen Zink zusammengesetztes Metallgemisch, 
verdient alle Aufmerksamkeit und entbehrt einer genü- 
genden Erklärung. Merkwürdig ist das chemisch- elektri- 
sche Verhalten dieser Legirungen. Alle Legirungen aus 
Kupfer und Zink, in welchen nicht mehr Zink als 1M. G. 
desselben mit 1 M.G. Kupfer verbunden ist, scheinen 
sich gegen Säuren, sowohl für sich als in der galvani- 
schen Kette, nicht anders zu verhalten als reines Kupfer. 
Schwerlich hätte man erwarten können, dafs das Zink 
seinen ausgezeichnet starken elektrisch positiven Charak- 
ter auch dann noch gänzlich zu verlieren scheint, wenn 
es nur mit einem gleichen M. G. Kupfer verbunden ist. 
Nach der gewöhnlichen Annahme hätte die Auflösbarkeit 
des Zinks in Säuren, durch die Verbindung mit Kupfer, 
besonders wenn letzteres nicht in gröfserer Menge als 
in gleichen M. G. beider Metalle vorhanden ist, sogar 


21 


erhöht werden müssen, weil sich das Kupfer in Combi- 
nation mit dem Zink ausgezeichnet negativ verhält. Aber 
alle diese Legirungen reagiren gar nicht auf die Kupfer- 
salze und lösen sich in den Säuren entweder gar nicht, 
oder gänzlich, aber niemals theilweise auf; sie verhalten 
sich wie reines Kupfer, und der Zinkgehalt der Legirung 
bleibt, wenn er auch bis zu 50 Procent steigt, ganz un- 
thätig. 

Unter den Legirungen aus Zink und Kupfer bei de- 
nen das Zink den vorwaltenden Bestandtheil ausmacht, 
giebt es keine einzige die hinreichende Festigkeit zur 
Bearbeitung unter den Walzen und Hämmern besäfse. . 
Alle Legirungen von 11 M. G. Zink und 10 M.G. Kupfer 
an, bis zu denen aus 9 M.G. Zink und 1M. G. Kupfer, 
sind so spröde, dafs sie zum Theil nicht einmal zum Gufs, 
oder zur Darstellung von gegossenen Waaren- brauchbar 
sind. Den höchsten Grad der Sprödigkeit besitzen die 
Gemische aus 13 und aus 2 M. G. Zink zu 1M.G. Kupfer. 
Diese Gemische haben muschliche Bruchflächen und sehen - 
Schwefelmetallen ähnlicher als einem Gemisch aus zwei 
Metallen. Das Kupfer scheint seinen färbenden Einflufs 
noch bis zu dem Verhältnifs von 1 M.G. zu 11 M.G. 
Zink zu äufsern; dann aber, und vielleicht noch etwas 
früher, verschwindet die röthliche Färbung gänzlich und 
wird durch eine blaugraue verdrängt. 

Die Legirungen, in denen das Verhältnifs der glei- 
chen Mischungsgewichte beider Metalle durch einen grö- 
fseren Zinkgehalt derselben überschritten ist, verhalten 
sich ganz anders als die vorigen zu den Säuren und zu 
den Kupfersalzen. Sie zersetzen die letzteren und än- 
dern sich dabei ganz in Kupfer um. In den Säuren, in 
welchen das Kupfer und die Legirungen bis zu gleichem 
M.G. von Kupfer und Zink nicht aufgelöst werden, lö- 
sen sich die Legirungen auf, jedoch in dem Verhältnifs 
langsamer und schwieriger, je gröfser der Kupfergehalt 
ist. Weil die Legirungen aber auf die Kupfersalze rea- 


22 


giren, so schlagen sie das von den Säuren mit aufge- 
löste Kupfer wieder nieder. Wenn daher weniger Säure 
angewendet wird als zur Auflösung der Legirung erfor- 
derlich ist, oder wenn die Auflösung in einer Säure statt- 
findet, welche das Kupfer nicht angreift, so giebt im er- 
sten Fall die Legirung so viel Zink ab, als zum Nieder- 
schlagen des aufgelösten Kupfers erforderlich ist, und im 
letzten Fall bleibt der ganze Kupfergehalt der Legirung 
als ein braunrothes Pulver, ohne metallischen Glanz, so 
vollständig zurück, dafs sich in der Flüssigkeit keine 
Spur von Kupfer auffinden läfs. Aus dem Verhalten 
aller dieser Legirungen läfst sich der Schlufs ziehen, dafs 
sie wahre chemische Verbindungen und nicht etwa Ge- 
menge von einer bestimmten Legirung mit dem im Ueber- 
schufs vorhandenen Metall sind. Alle Gemische, die nur 
etwas mehr als 1 M.G. Zink zu 1 M.G. Kupfer enthal- 
ten, würden, wenn sie Gemenge wären, von den Säu- 
ren, namentlich von der Schwefelsäure und von der Salz- 
säure, nur theilweise aufgelöst werden können. Die Säu- 
ren würden den Ueberschufs an Zink auflösen und die 
nach einem bestimmten Verhältnifs zusammengesetzte, in 
der Säure unauflösliche Legirung zurücklassen müssen. 
Eben so würden die Gemische die Kupfersalze nur theil- 
weise, nämlich in so fern als sie einen Ueberschufs an 
Zink enthalten, zersetzen können. Aber die Auflösung 
dort und die Zersetzung hier sind ganz vollständig. Es 
ist immer merkwürdig, dafs die verdünnte Schwefelsäure, 
welche das Kupfer gar nicht angreift, eine vollständige 
Auflösung in Metallmischungen mit Zink bewirkt, in wel- 
chen über 24 Procent Kupfer enthalten sind. Es ist 
nicht zweifelhaft, dafs bei der unter dem Namen der 
Scheidung durch die Quart bewirkten Scheidung des Gol- 
des vom Silber durch Salptersäure ein ähnliches Ver- 
halten der Gold- und Silber-Legirungen zur Salpeter- 
säure statt findet, wie die Legirungen von Kupfer und 
Zink zur Schwefelsäure darbieten. Dafs dort die Salpe- 


23 


tersäure durch das Gold von der Einwirkung auf das 
Silber, so wie hier die Schwefelsäure durch das Kupfer 
von der Einwirkung auf das Zink, auf eine rein mecha- 
nische.Weise abgehalten würde, wenn die Mischung dort 
zu wenig Silber und hier zu wenig Zink enthält, ist eine 
Erklärungsart die jetzt schwerlich mehr befriedigen kann. 
Die Kupfersalze werden von den Legirungen aus 
Kupfer und Zink nicht zersetzt, so lange dieselben kei- 
nen gröfseren Zinkgehalt haben als derjenige ist, welcher 
den gleichen M.G. beider Metalle entspricht. Aber bei 
einem nur unbedeutend gröfseren Zinkgehalt tritt sogleich 
die Reduction der Kupfersalze ein, und diese hört nicht 
etwa auf, wenn die Legirung einige Zeit lang wirksam 
gewesen ist, sondern sie schreitet so lange fort bis die 
Legirung vollständig zerlegt ist. Wäre das Metallgemisch 
bei diesem Proceis nur durch den überschüssigen Gehalt 
an Zink wirksam, so würde ein Zeitpunkt eintreten müs- 
sen, wo die Legirung zu dem Verhältnifs von gleichen 
M.G. Zink und Kupfer gelangt ist, also zu einem Ver- 
hältnifs, bei welchem, wenn es ursprünglich vorhanden 
ist, eine Einwirkung auf die Kupfersalze gar nicht mehr 
statt findet. Dies Verhalten der Kupfer- und Zink-Le- 
girungen gab Veranlassung zu der Untersuchung, ob Le- 
girungen aus anderen Metallen vielleicht ein ähnliches 
Gesetz befolgen möchten. Es fand sich, dafs Legirungen 
von Kupfer und Silber die Auflösungen von salpetersau- 
rem Silberoxyd nicht zersetzen, wenn der Silbergehalt 
der Legirung etwa 78 Procent oder darüber beträgt. Das 
‚Kupfer welches bekanntlich das salpetersaure Silberoxyd 
mit derselben Heftigkeit zersetzt, mit welcher der Kupfer- 
vitriol durch Zink zerlegt wird, verhält sich ganz unthä- 
tig in den Legirungen mit Silber, so lange es nicht in 
einem gröflseren Verhältnifs als in dem von 22 Procent 
in der Metallmischung vorhanden ist. Geht der Kupfer- 
gehalt des Silbers über dies Verhältnifs hinaus, ‚so tritt 
die Reduction des Silbers aus der salpetersauren Auflö- 


24 


sung sogleich ein, jedoch um so schwieriger und langsa- 
mer, je ärmer an Kupfer die Legirung ist. Diese wird 
dabei in derselben Art vollständig zersetzt, in welcher 
es bei den Legirungen von Kupfer und Zink mit den 
Kupfersalzen der Fall ist, so dafs das legirte Silber die 
Zerlegung des salpetersauren Silberoxyds immer noch be- 
wirkt, wenn die Legirung auch schon ungleich mehr als 
78 Procent Silber enthält, in sofern dies Verhältnifs nur 
kein ursprüngliches gewesen ist. Eine Legirung aus glei- 
chen Mischungsgewichten Silber und Kupfer besteht aber 
aus etwa 77,2 Procent Silber und 22,8 Kupfer, so dafs 
sich die Legirungen aus Silber und Kupfer zu den Sil- 
bersalzen genau so verhalten, wie die Legirungen aus 
Zink und Kupfer zu den Kupfersalzen. 

Sehr wahrscheinlich wird sich bei allen Verbindun- 
gen von zwei Metallen, besonders von solchen die in 
einem starken elektrischen Gegensatz zu einander stehn, 
allgemein das Verhalten zeigen, dafs das eine Metall in 
der Legirung, bis zu einem gewissen und bestimmten Mi- 
schungsverhältnifs, das andere»gegen die Einwirkung der- 
jenigen Säuren schützt, in denen das eine von beiden 
nicht auflöslich ist; dafs bei einem jenes Verhältnifs über- 
steigenden Gehalt des in der Säure auflöslichen Metalls 
auch das andere von der Säure mit aufgenommen wird, 
und dafs die Salze welche das negativere Metall mit den 
Säuren bildet, von dem positiveren Metall in der Legi- 
rung, bis zu einem gewissen Mischungsverhältnifs mit dem 
negativen Metall, gar nicht zersetzt werden, dafs aber 
über dieses Verhältnifs hinaus die Zersetzung der Salze 
durch das positivere Metall dergestalt eintritt, dafs die 
Legirung selbst vollständig dabei zerlegt wird. 

Auffallend ist der Einflufs den sehr geringe Beimi- 
schungen von anderen Metallen auf die Festigkeit eines 
Metalles zu äufsern vermögen. Sehr geringe Beimischun- 
gen von Kupfer, Blei, Eisen, Quecksilber und Zinn ver- 
windern die Festigkeit des Zinks in einem mehr oder 


25 


weniger bedeutenden Grade, und beschleunigen oder ver- 
zögern die Auflösung in Säuren. Sehr wenig Kupfer und 
sehr wenig Eisen dem Zink beigemischt, beschleunigen 
die Auflösung. Nächst dem Quecksilber vermindert be- 
sonders das Blei die Auflösbarkeit des Zinks in verdünn- 
ter Schwefelsäure. Weil das im Handel vorkommende 
- Zink fast niemals ganz frei von einem Bleigehalt ist, so 
eignet sich das ungereinigte Zink zum Volta’schen Appa- 
rat in der Regel besser als das in Schwefelsäure schnel- 
ler auflösliche gereinigte Zink. 

Herr Ehrenberg sprach über Francis Bauer, 
den verdienstvollen greisen aber noch thätigen Anatomen 
und Botaniker in Kew Green bei London, dessen per- 
sönliche Bekanntschaft er in England gemacht, und theilte 
die Nachricht mit, dafs einige seiner mühsamern, in der 
Darstellung wohl unübertroffenen, daher nicht zu ver- 
vielfältigenden Arbeiten, um sie nur zugänglich zu ma- 
chen, in den englischen Pfennig-Magazinen nach seinen 
Manuscripten und Zeichnungen roh mitgetheilt sind. Da- 
hin gehören besonders die Entwickelung der Waizen- 
Aelchen im trocknen Waizenkorn. Von solchen Wai- 
‚ zenkörnern mit Aelchen, welche Herr Ehrenberg von 
Herrn Bauer erhielt, wurde von ihm eine Partie vorge- 
zeigt und der Inhalt unter dem Mikroskop anschaulich 
gemacht. In den acht Jahre alten Körnern waren die 
Aelchen, obwohl nicht mehr lebend, doch noch deutlich 
sichtbar. 

Sodann zeigte Derselbe eine aus zum Theil noch 
lebenden Süfswasser -Infusorien bestehende Erde aus Eng- 
land bei Newcastle, sprach über deren Verhältnils zu 
der bei Berlin vorgekommenen, und schlofs mit Vorzei- 
gen einer ähnlichen Erde aus Seethierchen, welche bei 
Gravesand in den Niederungen an der Themse von ihm 
beobachtet wurden. 

Herr Prof. Poggendorff sprach über die von ihm 
beobachteten Magnetisirungs - Erscheinungen. 


26 


Wenn zwei elektrische Ströme von gleicher Inten- 
sität und paralleler, aber entgegengesetzter Richtung, 
mittelst eines Multiplicators mit doppelten Drahtwindun- 
gen, gleichzeitig auf eine Magnetnadel einwirken, so fin- 
det, sowohl der Theorie, als der Erfahrung nach, eine 
vollkommene Aufhebung derselben statt, und es tritt 
demnach keine Ablenkung der Nadel ein. Läfst man 
dagegen zwei solche gleich starke und entgegengesetzt 
gerichtete Ströme abwechselnd und in rascher Auf- 
einanderfolge durch einen und denselben Draht gehen, 
‘so findet merkwürdigerweise eine sehr bedeutende Ein- 
wirkung auf die Magnetnadel statt, die, aufser mehrern 
Umständen, namentlich von der ursprünglichen Lage der 
Nadel abhängt. Wich nämlich der Nordpol der Nadel, 
vor der Einwirkung der Ströme, nur etwa 10° nach 
Osten ab, so wird die Ableitung nach dieser Seite hin 
vergröfsert; war dagegen derselbe Pol zuvor um etwa 
dieselbe Gröfse nach Westen abgelenkt, so erfolgt eine 
weitere Abweichung auch nach dieser Seite hin. Nur 
wenn die Nadel, vor der Einwirkung der Ströme, den 
Drahtwindungen parallel lag, sind die abwechselden Strö- 
me, wie die gleichzeitigen, ohne Wirkung auf die Nadel. 

Durch eine zahlreiche Reihe von Versuchen hat 
Herr P. gefunden, dafs die Ursache dieser räthselhaften 
Erscheinung in einer vorübergehenden Magnetisi- 
rung der Magnetnadel abseiten der elektrischen Ströme 
zu suchen sei. Ist nämlich ein elektrischer Strom stark 
genug um eine Stahl- oder Eisennadel zu magnetisiren, 
so geschieht diese Magnetisirung erfahrungsgemäls immer 
in Uebereinstimmung mit der Ablenkung, welche er ihr 
nach der Magnetisirung zu geben trachtet, oder, wenn 
die Nadel schon vorher mit Magnetismus begabt war, in 
Uebereinstimmung mit der Ablenkung, welche er vorher 
bereits gegeben hatte. Dem zufolge werden die Ströme 
der einen Richtung, welche, für sich wirkend, den Nord- 
pol der Nadel z. B. nach der Rechten führen würden, 


27 


diesen Pol um eine gewisse Gröfse verstärken, wenn die 
Nadel ursprünglich nach der Rechten abgelenkt war, die 
Ströme der andern Richtung aber, welche für sich den- 
selben Pol nach der Linken führen würden, um dieselbe 
Gröfse schwächen; oder anders gesagt, es werden die 
ersteren Ströme an dem Nordende der Nadel einen 
neuen Nordpol, und die letzteren Ströme einen eben 
so starken Südpol erzeugen. Die Wirkung, welche 
die Ströme von beiderlei Richtungen auf den schon vor- 
handenen Nordpol ausüben, ist entgegengesetzter Art, und 
wird daher, bei einer raschen Folge und kurzen Dauer 
dieser Ströme, vollkommen aufgehoben. Dagegen ist die 
Wirkung, welche die Ströme der einen Richtung auf den 
durch: sie hervorgerufenen Nordpol ausüben, von glei- 
cher Art wie der, welche die Ströme von der entgegen- 
gesetzten Richtung auf den durch sie erzeugten Südpol 
hervorbringen. Dasselbe findet statt, wenn die Nadel 
ursprünglich nach der Linken abgelenkt war, nur werden 
dann die ersteren Ströme einen Südpol und die letzte- 
ren einen Nordpol erzeugen. In beiden Fällen werden 
sich also die secundären Wirkungen addiren, d. h. Ab- 
lenkungen der Nadel im Sinne der ursprünglichen erfol- 
gen. Hatte die Nadel keine ursprüngliche Ablenkung, 
lag sie den Drahtwindungen parallel, so erfolgt keine 
Magnetisirung, weil zu dieser immer ein gewisser Win- 
kel der Nadel mit der Stromrichtung nöthig ist. Dann 
fallen die secundären Wirkungen fort, und bleiben nur 
die primären, die auf die ursprüngliche Polarität der 
Nadel, und da diese einander aufheben, so bewirkt die 
Reihe der abwechselnd entgegengesetzien Ströme von 
gleicher Intensität keine Ablenkung der Nadel. Dies in 
Kurzem die Theorie des Phänomens der doppelsinnigen 
Ablenkung. 

Herr P. beobachtete das Phänomen zunächst an 
magneto-elektrischen Strömen, als er die Drahtenden 
eines Multiplicators in die Quecksilberbehälter einer Sax- 


28 


ton’schen Maschine tauchte, mit welchen die Enden des 
um den rotirenden Anker gewickelten Drahts durch 
Kupferscheiben auf eine stetige Weise verbunden waren. 
Man erhält dann bekanntlich ohne Weiteres in dem Mul- 
tiplictordraht eine Reihe abwechselnd entgegengesetzter 
und gleich starker Ströme. 

Um der in neuerer Zeit von einem ausgezeichneten 
Physiker aufgestellten Ansicht von einer specifischen Ver- 
schiedenheit der magneto-elektrischen und Volta’schen 
Ströme zuvorzukommen, suchte Herr P. indefs auch spä- 
terhin die Erscheinung mittelst der letzteren Ströme her- 
vorzubringen. Zu dem Ende liefs er ein kleines Instru- 
ment anfertigen, welches den Strom der Volta’schen Kette 
mindestens eben so rasch umzukehren erlaubte, als es 
bei dem Spiel der Saxton’schen Maschine mit den ma- 
gneto-elektrischen Strömen der Fall ist; der Erfolg ent- 
sprach ganz der Erwartung. Als er nämlich mittelst die- 
ses Instruments, welches er passend mit dem Namen 
Inversor glaubte belegen zu müssen, und bei dieser 
Gelegenheit der Gesellschaft vorzeigte, den Strom einer 
grofsplattigen einfachen Volta’schen Kette etwa 20 Mal 
in einer Sekunde umkehrte, erhielt er bei Wirkung auf 
die Doppelnadel eines Multiplicators ganz dieselben Er- 
scheinungen wie mit den magneto-elektrischen Strömen. 

Auch die Wirkung zweier Magnete auf einander giebt 
zu derselben Erscheinung Anlals. Hängt man nämlich 
den einen in horizontaler Lage auf, und läfst den an- 
dern um eine gegen seine Längenrichtung winkelrechte 
Axe in einer vertikalen Ebene rotiren, so dafs seine Pole 
einer nach dem andern in einigem Abstande neben den 
Polen des ersteren Magneten vorbeigehen müssen, so 
üben, nachdem die Rotation einen hinreichenden Grad 
von Geschwindigkeit erreicht hat, beide Magnete unter 
allen Verhältnissen immer eine Anziehung auf einan- 
der aus. Der Grund ist auch hier einfach der, dafs die 
primären Wirkungen der beiden Pole des rotirenden‘ 


29 


Magneten auf einen jeden des hängenden von entgegen- 
gesetzter Art sind, mithin bei der raschen Aufeinander- 
folge einander vernichten, während die secundären, auf 
gegenseitiger Magnetisirung beruhenden Wirkungen bei 
beiden Polen von gleicher, nämlich anziehender Art 
sind, und daher einander unterstützen. 

Herr Gurlt zeigte lebende Räude- oder Krätzmil- 
ben von Pferden unter dem Mikroskop, beide Geschlech- 
ter in der Begattung. 


Versammlung am 18ten December. 


Herr Weifs übergab die von Herrn Bergrath Schü- 
ler, jetzt in Bucharest, herausgegebene Bee clraihine der 
Wirkungen des dortigen Erdbebens vom 23sten Januar 
1838, a legte sodann der Gesellschaft Zeichnungen 
von Thierfährten vor, welche denen des Cheirotherium 
von Hildburghausen vollkommen gleich, in England, und 
zwar in einem Steinbruch des Storeton-hill bei Bebbing- 
ton in Cheshire, im dortigen new red sandstone gefun- 
den worden sind. 

Herr Karsten hielt über die Reduction der Eisen- 
erze in den Schachtöfen bei heifsem und kaltem Winde 
und bei rohem und verkohltem Brennmaterial folgenden 
Vortrag. 

Die sehr bedeutende Ersparung an Brennmaterial, 
welche in den Schachtöfen durch die Einführung des er- 
hitzten Windes bewirkt worden ist, hat den Physikern 
und Metallurgen schon vielfach Veranlassung gegeben, 
die Ursache eines Erfolges zu ermitteln, der, durch die 
Theorie nicht vorhergesehen, sogar im Widerspruch mit 
der Erfahrung zu stehen schien, die man auf den Eisen- 
‚hüttenwerken gemacht hatte. Diese Erfahrung besteht 
darin, dafs der Gang der Hohöfen in heifsen Sommer- 
tagen immer unvollkommener ist als in Tagen von mitt- 


30 


lerer Temperatur, und dafs Reduction, Schmelzung und 
Absonderung des Roheisens von der Schlacke an kalten 
und heiteren Wintertagen am vollständigsten erfolgen. 
Seitdem die unerwartet günstigen Wirkungen der erhitz- 
ten Gebläseluft allgemein bekannt geworden sind, hat 
man angefangen, jene Erfahrung für einen Irrthum zu 
erklären. Man hat sich für berechtigt gehalten, auf den 
Grund einer neuen Erfahrung, die mit jener ersten nicht 
vereinbar zu sein schien, die ältere gänzlich abzuläug- 
nen, statt dafs man hätte bemüht sein sollen, die Ursa- 
che des scheinbaren Widerspruchs zu erforschen. Wenn 
man aus der früheren Erfahrung den Schlufs zog, dafs 
den Ofenschächten die Gebläseluft in einer möglichst nie- 
drigen Temperatur zugeführt werden müsse, damit sie 
den gröfsten und vortheilhaftesten Effekt leisten könne, 
so ist die Unrichtigkeit dieser Folgerung jetzt vollständig 
erwiesen. Daraus ergiebt sich aber nicht die Unrichtig- 
keit der Erfahrung selbst, welche keinem aufmerksamen 
praktischen Metallurgen entgangen ist, sondern es folgt 
nur daraus, dafs es nicht die thermometrische Beschaf- 
fenheit der atmosphärischen Luft, — wie man zu vor- 
eilig geschlossen hat, — sondern irgend ein anderer Zu- 
stand der Atmosphäre gewesen ist, der auf den Redu- 
etions- und Verbrennungs - Procels einen wesentlichen 
Einflufs ausübte. Dieser Zustand ist, so weit unsere 
jetzigen Kenntnisse reichen, der elektrische, und die auf- 
fallende Erschwerung des Verbrennungsprocesses in den 
Ofenschächten an schwülen und drückenden Sommerta- 
gen ist daher kein Wärme- sondern wahrscheinlich ein 
elektrisches Phänomen. Die Thatsache selbst ist unbe- 
streitbar und durch die sorgfältigen und aufmerksamen 
Beobachtungen der Metallurgen vollständig ermittelt; der 
Grund aber weshalb bei einem gewissen elektrischen Zu- 
stande der Atınosphäre der Reductions- und Verbren- 
nungsprocefs erschwert und verzögert werden, noch völ- 
lig unbekannt. Jener elektrische die Verbrennung ver- 


— 


31 


zögernde Zustand der Luft scheint mit der dieselbe be- 
fördernden Wirkung der Wärme geradezu im Gegensatz 
zu stehen, denn die Erscheinungen welche der Betrieb 
der Hohöfen mit Luft von atmosphärischer Temperatur 
bei einem stark elektrischen und bei einem nicht elek- 
trischen Zustande der Atmosphäre darbietet, stehen ge- 
nau in demselben Verhältnifs zu einander wie die Er- 
scheinungen beim Betriebe der Oefen mit kalter und mit 
erhitzter Gebläseluft. Dafs dieser elektrische Einflufs 
durch Erhitzung der Luft zerstört wird, scheint nicht un- 
wahrscheinlich, und dann würde zu den Vortheilen, wel- 
che die Erhitzung des Windes gewährt, auch noch der 
hinzutreten, dafs dadurch der störende elektrische Ein- 
fluls der atmosphärischen Luft vernichtet wird. Es scheint 
daher, dafs diese ältere Erfahrung, weit entfernt im Wi- 
derspruch mit der neueren Erfahrung über den günsti- 
gen Erfolg des erhitzten Windes zu stehen, nur dazu 
geeignet ist, sich über die Ursache dieses günstigen Fr- 
folges einen näheren Aufschlufs zu verschaffen. 

Kaum glaubte man sich über die Gründe verstän- 
digt zu haben, aus welchen die Anwendung der erhitz- 
ten Luft eine Ersparung an Brennmaterial in den Ofen- 
schächten bewirken müsse, als eine neue Erfahrung ge- 
macht ward, die für die metallurgischen Processe von 
nicht geringerer Wichtigkeit zu werden verspricht, näm- 
lich die aufserordentliche Ersparung an Brennmaterial 
durch die Anwendung desselben im rohen oder auch im 
nicht völlig verbhli Zustande. Hier schien der Grund 
des Erfolges weit näher zu liegen, denn man durfte nur 
auf die Brennkraft der flüchtigen Verbindungen verwei- 
sen, welche bei dem Verkohlungsprocefs entweichen und 
ganz verloren gehen, aber zur Benutzung kommen, wenn 
die Verkohlung im Schacht des Ofens selbst erfolgt. Es 
ist schon in den beiden vorhergehenden Aufsätzen ge- 
zeigt worden, dafs die flüchtigen Verbindungen an dem 
Verbrennungsprocefs durch die Gebläseluft keinen An- 


32 


theil nehmen können, weil sie in der oberen Region des 
Schachtes entwickelt werden, in welcher kein freier Sauer- 
stoff aus der in den Ofen gebrachten atmosphärischen 
Luft mehr vorhanden ist; dafs sie aber auch auf den ge- 
bundenen Sauerstoff im Eisenerz nicht einwirken können, 
weil die Reduction des oxydirten Eisens in der Tempe- 
ratur, bei welcher jene flüchtigen Verbindungen entwik- 
kelt werden, noch nicht erfolgt. Statt den Aufwand an 
Brennmaterial zu vermindern, würde die Entwicklung 
der flüchtigen Bestandtheile in den ÖOfenschächten also 
gerade umgekehrt eine Vermehrung des Brennmaterialien- 
verbrauchs zur Folge haben müssen, weil die Entmischung 
des rohen Brennmaterials nicht ohne einen sehr bedeu- 
tenden Aufwand von Wärme bewirkt werden kann, wel- 
cher bei dem Verkohlungsprocefs entweder durch einen 
Theil des Brennmaterials selbst, oder durch eine ange- 
wendete äufsere Erhitzung bestritten werden mufs. An- 
gemessener war daher die Annahme, dafs die Ersparung 
an Brennmaterial durch die Anwendung unverkohlter - 
brennbarer Körper dadurch herbeigeführt werde, dals 
sich bei dem gewöhnlichen Verkohlungsprocefs Verbin- 
dungen bilden, in deren Mischung eine grölsere Menge 
von Kohlenstoff eingeht, als bei den durch die Verkoh- 
‚Jung im Ofenschacht sich erzeugenden Verbindungen; 
dafs also im letzten Fall mehr darstellbare Kohle zurück- 
bleibt und dafs diese gröfsere Menge der darstellbaren 
Kohle beim Verbrennen eine so viel gröfsere Wärme- 
menge entwickelt, dafs dadurch nicht allein die zur Ver- 
flüchtigung der sich bildenden flüchtigen Verbindungen 
erforderliche Wärme herbeigeschafft werden kann, son- 
dern dafs auch noch ein Ueberschuls an Wärme ent- 
steht, durch welchen die Ersparung an Brennmaterial 
bewirkt wird. Es ist kaum zu bezweifeln, dafs dieser 
Erfolg auch wirklich eintritt und dafs darauf besonders 
bei der Anwendung des halbverkohlten Holzes ein gro- 
fser Werth gelegt werden mufs. Allein dieses Verhalten 


der 


33 


der brennbaren Körper bei der Verkohlung wird immer 
die aufserordentlich grofse Verschiedenheit.im Effekt bei 
den rohen und verkohlten Brennmaterialien, besonders 
bei den rohen Steinkohlen und bei den daraus darge- 
stellten Koaks, nicht erklären können, sondern es müs- 
sen nothwendig noch andere Gründe vorhanden sein, 
augwelchen der Effekt des nicht verkohlten Brennmate- 
rials in den Ofenschächten in einem so bedeutenden Grade 
gesteigert wird. Vielleicht wird man zu einer klareren 
Einsicht darüber gelangen, wenn man sich zuvor über 
die Wirkungsart der erhitzten Gebläseluft Rechenschaft 
gegeben haben wird. 

Bei der jetzt erwiesenen Ersparung an Bremmmate- 
rial, die aus der Anwendung des erhitzten Windes ent- 
springt, kommt es darauf an, den Zusammenhang nach- 
zuweisen, in welchem diese Ersparung mit den verän- 
derten Erscheinungen steht, die der Betrieb der Oefen 
mit kalter und mit erhitzter Luft darbietet. Dieser auf- 
fallende‘ Unterschied im Gange der Oefen mit erhitzter 
oder mit nicht erhitzter Luft besteht aber darin, dafs die 
Temperatur in dem eigentlichen Schmelzraume des Ofens, 
unmittelbar vor den Formen, durch die Anwendung des 
erhitzten Windes sehr beträchtlich gesteigert wird, und 
dafs mit dieser Erhöhung der Temperatur eine Zunahme 
der Hitze in den oberen Theilen des Ofens nicht ver- 
bunden ist, während bei kaltem Winde eine zunehmende 
stärkere Erhitzung im Schmelzraum nicht auf diesen allein 
beschränkt bleibt, sondern die Wärmezunahme in dem 
ganzen Ofenschacht auffallend bemerkbar wird. Offen- 
bar kann nur in dem Zusammenhange dieser Erscheinun- 
gen die Ursache dieses gröfseren Effekts der erhitzten 
Gebläseluft aufgesucht werden. Wenn bei der Anwen- 
dung von Gebläseluft von der gewöhnlichen Temperatur 
der Atmosphäre, an drückend heissen Gewittertagen, 
keine vollständige Scheidung des Eisens von der Schlacke 
vor den Formen im Ofengestell erfolgen will, und wenn 

3 


34 


dabei jede Verstärkung des Windes zur Hervorbringung 
einer gröfseren Hitze im Gestell erfolglos bleibt, so 
nimmt die Hitze im Schacht des Ofens nicht allein nicht 
ab, sondern sie wird vielmehr zu einem solchen Grade 
gesteigert, dafs aus der Gichtenflamme auf einen recht 
gaaren Gang des Ofens geschlossen werden mülste. Die- 
ser findet auch in der That statt, allein das Eisen bleibt 
weils und matt und scheidet sich, wegen unzureichender 
Hitze vor den Formen, nicht vollständig von der Schlacke, 
so dafs, ungeachtet der vollständigen Reduction des Er- 
zes, ein geringes Ausbringen an Roheisen aus dem Erz 
und ein grolser Aufwand an Brennmaterial die Folgen 
eines. solchen Betriebes sind. Dieser Erfolg scheint den 
Schlüssel zur Erklärung der verschiedenartigen Wirkung 
des heifsen und des kalten Windes zu enthalten. Es 
kommt dabei weniger darauf an, sich Rechenschaft dar- 
über zu geben, warum der Verbrennungsprocefs durch 
heifse Luft in einem höheren Grade befördert wird als 
durch kalte, sondern vielmehr darauf, den Zusammenhang 
der weniger lebhaften Verbrennung vor den Formen mit 
der stärkeren Erhitzung des Ofenschachtes und mit dem 
damit in Verbindung stehenden gröfseren Verbrauch an 
Brennmaterial zu erklären. Die Herren Buff und Ber- 
thier haben schon längst gezeigt, dafs es in der Eigen- 
schaft der erhitzten Luft selbst liegen müsse, welshalb 
durch sie die Verbrennung lebhafter und vollständiger 
als durch kalte Luft erfolgt,.eine Eigenschaft die sich 
auch bei der Luft von atımosphärischer Temperatur in 
ihrem elektrischen oder nicht elektrischen Zustande zu 
erkennen giebt; allein die mehr oder minder grofse Leb- 
haftigkeit des Verbrennungsprocesses würde an sich die 
mit der ersteren in Verbindung stehende Ersparung an 
Brennmaterial nicht vollständig erklären können, weil in 
allen Fällen der Sauerstoff der Gebläseluft vollständig 
consumirt wird, also die Quantität der beim Verbrennen 
sich entwickelnden Hitze immer dieselbe bleiben mufs. 


35 


Bei dem Vortrage über die Dimensionen der Schächte 
und Schmelzräume, besonders bei den Eisenhohöfen, hat 
sich mir, sowohl im Handbuch der Eisenhüttenkunde als 
in meinem System der Metallurgie, oft genug Veranlas- 
sung dargeboten, auf die Erscheinungen bei der Reduc- 
tion und Schmelzung der Erze aufmerksam zu machen. 
In jedem Schachtofen wird der Reductions- und Schmelz- 
procefs auf die Weise unterhalten, dafs abwechselnde 
Schichten von Brennmaterial und von dem zu verschmel- 
zenden Haufwerk nach und nach vor der Form nieder- 
sinken. Dort findet der höchste Grad der Hitze im Ofen 
statt, welche sich im stets abnehmenden Verhältnifs bis 
zur Gicht des Ofens vermindert, obgleich die Gichthöhe 
selbst, wegen der Berührung mit der Atmosphäre die 
dort den Procefs des Verbrennens unterhält, nicht im- 
mer der kälteste Theil des Schachtes ist. Es ist noth- 
wendig, das Brennmaterial und. das Erz schichtenweise, 
und nicht mit einander gemengt, im Ofenschacht nieder- 
gehen zu lassen. Durch das Vermengen würde sich die 
Hitze sehr unregelmäfsig im Schacht verbreiten und diese 
Verbreitung würde von dem zufälligen Umstande abhän- 
gig sein, ob sich auf einzelnen Punkten mehr Brennma- 
terial oder mehr Erz angehäuft habe, wogegen bei einer 
regelmäfsigen Schichtung Reduction und Erhitzung, bis 
zum beginnenden Schmelzen oberhalb der Form, stufen- 
weise fortschreiten. Man hat zwar behauptet, dafs in 
solchen Fällen, wo nicht blofs eine Schmelzung sondern 
auch eine Reduction stattfinden soll, die letztere durch 
eine vollständigere Berührung des Erzes mit dem brenn- 
baren Körper befördert werde, und aus diesem Grunde 
die Rathsamkeit einer Vermengung beider Körper gefol- 
gert; allein es ist bekannt, dafs die Reduction nur auf 
der Oberfläche eines Körpers eingeleitet werden darf, 
und dafs sie sich bis in das Innere desselben fortpflanzt, 
ohne dafs dort eine unmittelbare Berührung mit dem re- 
ducirenden Körper nöthig wäre. Herr le Play hat zwar 


3*# 


36 


erst kürzlich wiederholt auf die reducirende Wirkung 
des Kohlenoxydgases aufmerksam gemacht; er hat ge- 
zeigt, dafs oxydirtes Eisen, unter Umständen bei denen 
es mit der Kohle gar nicht in Berührung kam, in einem 
verschlossenen Gefäfs in welchem sich nur etwas atmo- 
sphärische Luft befand, in einer angemessenen Tempe- 
ratur reducirt ward, und daraus mit Recht geschlossen, 
dafs die Reduction dadurch bewirkt worden sein müsse, 
dafs das aus der Einwirkung der in dem Gefäls einge- 
schlossenen atmosphärischen Luft auf die glühende Kohle 
gebildete Kohlenoxydgas dem Eisenoxyd Sauerstoff ent- 
zogen habe und selbst dabei in kohlensaures Gas umge- 
ändert worden sei, welches dann abermals durch Auf- 
nahme von Kohle zu Kohlenoxydgas verändert worden 
und dafs diese Umänderung in Kohlenoxydgas und in 
Kohlensäure durch wechselsweise Aufnahme von Kohle 
oder von Sauerstoff bis zur vollständigen Verbrennung 
der Kohle, oder bis zur völligen Reduction des Eisen- 
oxyds fortgesetzt werde; allein auf solche Weise wird 
das oxydirte Eisen in den Ofenschächten unbezweifelt 
nicht reducirt, indem das aus der Einwirkung des koh- 
lensauren Gases auf die glühenden Kohlen im Ofen- 
schacht sich bildende Kohlenoxydgas zu schnell aus der 
Gicht des Ofens zu entweichen Gelegenheit findet, das 
oxydirte Eisen auch überall mit glühenden Kohlen um- 
geben ist, durch welche die Reduction unmittelbar ein- 
geleitet werden kann, ohne dafs es dazu erst der Zer- 
setzung eines Gases bedürfte, die aufserdem unter Um- 
ständen erfolgen müfste, unter welchen mehr die Bildung 
als die Zerlegung desselben veranlafst wird. 

Das Niedersinken des Brennmaterials mit dem Erz 
in abgesonderten Schichten verzögert also die Reduc- 
tion nicht, trägt aber zur gleichmäfsigen Verbreitung der 
Hitze von der Form bis zur Gicht ganz wesentlich bei. 
Diese regelmälsige Zunahme der Temperatur ist es, wo- 
durch das gleichmäfsige Niedersinken der Schichten, wel- 


37 


ches man einen guten Gang des Ofens nennt, herbeige- 
führt wird. Verbreitet sich die Hitze durch irgend eine 
Veranlassung unregelmäfsig, so entsteht die Erscheinung, 
welche man das Hängenbleiben oder das Kippen der 
Gichten genannt hat. Es kann sich dabei an einzelnen 
Stellen eine sehr starke Hitze entwickeln, die aber nur 
für die Wände des Schachtes nachtheilig wird und nicht 
hinreicht, die zusammengehäuften Massen des zu ver- 
schmelzenden Haufwerks in Flufs zu bringen. Mit der 
gröfseren Höhe und mit dem gröfseren räumlichen Inhalt 
des Schachtes wächst dann die Gefahr, des Erstickens, 
indem die nicht hinreichend zu erhitzenden zusammenge- 
sinterten Massen zu erstarren anfangen, und das regel- 
mäfsige Niedergehen der Kohlen in den Schmelzraum, 
folglich die Entwickelung der Hitze und deren Verbrei- 
tung, verhindern. Man kann annehmen, dafs die ganze 
Quantität des Sauerstoffs der ‘atmosphärischen Luft, wel- 
che durch die Form in.den ‚Ofen strömt, bei dem gün- 
stigsten Gange des Ofens durch diejenige Kohlengicht 
absorbirt wird, welche sich gerade vor oder über der 
Form im Schmelzraum befindet. Die zunächst nach oben 
folgenden Gichten werden also nicht mehr durch das 
unmittelbare Verbrennen des Brennmaterials durch den 
Sauerstoff der Gebläseluft erhitzt werden können, weil 
derselbe schon vollständig absorbirt sein mufs, sondern, 
die Erhitzung dieser Gichten wird nur durch die glühen- 
den Gasarten erfolgen, welche sich als das Resultat des 
Verbrennungsprocesses im Schmelzraum entwickeln und 
aus der Gicht des Schachtes ausströmen. Es sind also 
die im Schmelzraum gebildeten glühenden Gasarten, wel- 
che, indem sie ihre Wärme an die Schichten von Brenn- 
material und Erz absetzen, durch welche sie sich einen 
Weg bahnen müssen, sehr wesentlich dazu beitragen, 
die Reduction und die Schmelzung der Erzgichten vor- 
zubereiten. Die Reduction mufs schon vollendet sein, 
ehe die Erzgichten den Schmelzraum erreichen, weil sonst 


38 


ein Theil des Erzes unreducirt mit in die Schlacke über- 
gehen würde. Die glühenden Gasarten werden folglich 
eine eben so grofse Quantität Brennmaterial ersetzen, 
als erforderlich sein würde, um durch den Verbrennungs- 
procefs so viel Hitze zu entwickeln, als die Gasarten an 
die Erz- und Kohlengichten abgeben. 

Wenn der hier dargestellte und schon vor mehreren 
Jahren wiederholt vorgetragene Vorgang bei dem Re- 
ductions- und Schmelzprocels in den Schachtöfen der 
richtige ist, so wird es noch nöthig sein auf die Pro- 
ducte der Verbrennung selbst einen Blick zu werfen. 
Im Schmelzraum, nämlich vor den Formen, kann sich 
wegen des vorhandenen freien Sauerstoffs nur kohlen- 
saures Gas erzeugen. Dieses Gas sowohl als das un- 
zersetzt bleibende Stickgas der Gebläseluft, befinden sich 
in einem so hohen Grade der Temperatur, dafs sie die 
zunächst über dem Schmelzraum befindlichen Gichten 
noch in Weifsglühhitze versetzen, und dafs daher, in 
einer so geringen Höhe über der Form, die Bildung des 
Kohlenoxydgases durch die Einwirkung der im Schmelz- 
raum gebildeten Kohlensäure auf die weilsglühenden Koh- 
len eben so wenig erfolgt, als durch-die Reduction der 
noch unreducirt gebliebenen Antheile des Eisenerzes. Je 
mehr aber die Entfernung von der Form zunimmt und 
je mehr Wärme die glühenden Gasarten folglich schon 
an die Schichten abgesetzt haben, in denen sie aufstei- 
gen, desto mehr wird die Bildung des Kohlenoxydgases 
befördert. Zum Theil wird sich allerdings die aus den 
tieferen Schichten nach oben entweichende Kohlensäure, 
durch Aufnahme von Kohle aus den nur noch rothglü- 
henden Schichten des Brennmaterials, etwa in der Höhe 
des Kohlensacks und unmittelbar über demselben, in 
Kohlenoxydgas umändern; allein die eigentliche Quelle 
für die Bildung dieses Gases ist in der Reduction des 
oxydirten Erzes durch die rothglühende Kohle zu su- 
chen, und die Menge des sich bildenden Kohlenoxyds 


39 


wird um so gröfser sein, je weiter, bis zur Ofengicht 
hinauf, durch die Temperatur in den oberen Theilen 
des Schachtes, die Reduction des Erzes noch erfolgen 
kann. Es ist aber einleuchtend, dafs zur Reduction eines 
Oxyds gerade noch einmal so viel Kohle erforderlich 
ist, wenn die Reduction unter Umständen erfolgt, wel- 
che die Bildung von Kohlenoxydgas veranlassen, als wenn 
sie unter Umständen stattfindet, welche die Bildung von 
Kohlensäure begünstigen. Kaum kann es daher zweifel- 
haft sein, dafs die zur Reduction des Oxyds in den 
Ofenschächten erforderliche Quantität Kohle vorzugs- 
weise von dem Verhältnifs abhängig bleibt, in welchem 
sich kohlensaures Gas oder Kohlenoxydgas bilden. Bei 
einem regelmäfsigen Gange des Ofens verändern sich diese 
Umstände nicht und der Aufwand an Brennmaterial bleibt 
‚daher unverändert. Gäbe es ein Mittel die Bildung des 
Kohlenoxydgases zu verhindern, so würde dies zugleich 
das Mittel sein, die Reduction des Erzes mit einem 
Brennmaterial- Aufwande zu bewerkstelligen, welcher der 
möglichst geringste sein würde. Herr Berthier hat kürz- 
lich (Ann. des mines XII. 715.) wieder darauf aufmerk- - 
sam gemacht, dafs Herr Aubertot schon im Jahre 1814 
die Benutzung der aus der Gicht des Hohenofens ent- 
weichenden Gasarten, wegen der grofsen Quantität Brenn- 
stoff welche sie enthalten, dringend empfohlen habe, und 
dafs das Kohlenoxydgas es eigentlich sei, auf dessen Be- 
nutzung es ankomme; dafs aber die Annahme von einer 
reducirenden Wirkung dieser Gasart während ihrer Bil- 
dung im Ofenschacht unstatthaft sei; und darin stimme 
ich ihm gänzlich bei. Die Frage über die Benutzung des 
gebildeten Gases ist indefs eine andere, als die über die 
Mittel, durch welche die Bildung desselben, wenn auch 
nicht gänzlich zu verhindern, doch wenigstens nach Mög- 
lichkeit zu beschränken sein möchte. Eine nähere Be- 
leuchtung derselben wird vielleicht mit besserem Erfolg 
geschehen können, wenn zuvor der umgekehrte Fall be- 


40 


trachtet und die Verhältnisse untersucht werden, unter 
denen die Bildung dieses Gases im Ofenschacht beför- 
dert wird. 

Wenn durch eine besondere Constitution der atmo- 
sphärischen Luft, durch welche der Verbrennungsprocefs 
erschwert wird, oder durch weite Schmelzräume in de- 
nen der Wind aus dem Gebläse nicht mehr concentrirt 
- zusammengehalten werden kann, oder durch einen be- 
sonderen Umstand, welcher das Entweichen der Gasar- 
ten aus dem Schmelzraum entweder zu sehr beschleu- 
nigt, oder zu sehr verzögert, der regelmäfsige Gang der 
Schmelzarbeit unterbrochen wird: so beschränkt sich die 
Einwirkung der in den Schmelzraum geführten Gebläse- 
luft nicht auf die so eben niedergehende Kohlengicht, 
sondern ein mehr oder minder beträchtlicher Antheil der- 
selben tritt unzerlegt in die nächst höheren Schichten. 
Der Erfolg dieses Verhaltens wird darin bestehen, dafs 
denjenigen Schichten des Brennmaterials, welche nur 
durch glühende und von Sauerstoff ganz befreite Gasar- 
ten erhitzt werden sollten, noch freier Sauerstoff zuge- 
führt, dafs also die Verbrennung des Brennmaterials durch 
ungebundenen Sauerstoff und nicht durch den gebunde- 
nen Sauerstoff des zu reducirenden Erzes bewerkstelligt 
wird. Abgesehen davon, dafs der eigentliche Schmelz- 
raum nun nicht mehr gehörig erhitzt, also die Scheidung 
des reducirten Metalles von der Schlacke nur unvoll- 
ständig bewirkt werden kann, wird sich auch die Wir- 
kung des freien Sauerstoffs der Gebläseluft noch in den 
höheren Theilen des Ofenschachtes geltend machen. Statt 
einer progressiv nach oben abnehmenden Hitze werden 
die Schichten des Brennmaterials in den oberen Schacht- 
höhen keiner bedeutend geringeren Temperatur ausgesetzt 
sein, als die tieferen Schichten, obgleich die Hitze im 
Schacht im Allgemeinen aus dem Grunde geringer sein 
kann, wie bei dem vorhin betrachteten regelmäfsigen 
Ofengange, weil der Procefs der Verbrennung sich auf 


41 


einen weit gröfseren Raum erstreckt und durch den Ver- 
brennungsprocefs noch Glühhitze in denjenigen Schacht- 
höhen, mindestens auf einigen Punkten in diesen Höhen, 
entwickelt wird, in welchen die Temperatur bei einem 
regelmäfsigen Gange schon so gesunken ist, dafs sie zur 
Reduction des Erzes nicht mehr zureicht. Die verschie- 
denen Schichten des Brennmaterials im Ofenschacht be- 
finden sich also in Verhältnissen, durch welche die Bil- 
dung des Kohlenoxydgases, theils durch die Reduction 
des Erzes, theils durch die Höhe der Säule in welcher 
das beim Verbrennen entwickelte kohlensaure Gas auf- 
steigen mufs, ganz besonders begünstigt wird. Es wird 
folglich bei einem unregelmäfsigen Gange des Ofens mehr 
Kohlenoxydgas und weniger kohlensaures Gas als bei 
einem regelmäfsigen Betriebe gebildet werden müssen. 

Die Anwendung des hier dargestellten Erfolges auf 
die Wirkung der heifsen Gebläseluft ist ganz einfach 
und liegt sehr nahe. Die erhitzte Luft beschleunigt mehr 
als die kalte den Procefs des Verbrennens; es werden 
also bei der Anwendung des heifsen Windes diejenigen 
Erfolge vorzugsweise eintreten, welche so eben bei Be- 
trachtung eines regelmäfsigen Ofenganges dargestellt wor- 
den sind, nur dafs sie sich in einem noch höheren Grade 
durch bedeutende Erhöhung der Temperatur im Schmelz- 
raum und durch schnellere-Abnahme derselben im Schacht 
des Ofens zu erkennen geben müssen. Die Bedingun- 
gen zur Bildung des Kohlenoxydgases werden eben da- 
durch vermindert, und es mufs sich bei heifsem Winde 
mehr kohlensaures Gas und weniger Kohlenoxydgas als 
bei kaltem Winde bilden, woraus sich dann der gerin- 
gere Verbrauch an Brennmaterial bei der Anwendung 
der erhitzten Luft ebenfalls erklärt. Dafs aber auch bei 
der Anwendung der nicht erhitzten Gebläseluft eine stär- 
kere Pressung des Windes und engere Dimensionen des 
Schmelzraums eine Ersparung an Brennmaterial zur Folge 
haben müssen, beruht auf denselben Gründen. 


42 


Der mehr oder weniger vollkommene Verbrennungs- 
procels im Schmelzraum ist von dem Umstande: ob das 
Brennmaterial im verkohlten oder im unverkohlten Zu- 
stande angewendet wird, völlig unabhängig, indem die 
Verkohlung im Ofenschacht schon früher erfolgt, ehe das 
Brennmaterial den Schmelzraum erreicht. Aber durch die 
Anwendung des nicht verkohlten Brennmaterials wird, 
durch die starke Dampfentwickelung bei dem Procefs der 
Verkohlung im Ofenschacht, eine Quantität Wärme ge- 
bunden, welche bei der Anwendung des verkohlten Brenn- 
materials zur Erhitzung der oberen Erz- und Kohlen- 
schichten verwendet worden sein würde. Die Folge da- 
von wird eine stärkere Abkühlung des Schachtes in dem 
zwischen der Gicht und der Rast befindlichen Theil des- 
selben sein, so dafs die Reduction des Erzes im Ofen- 
schacht, bei der Anwendung des nicht verkohlten Brenn- 
materials, in tieferen Schichten, dann aber auch 
bei ungleich höheren Temperaturgraden erfolgt. 
Dies sind diejenigen Umstände unter welchen sich vor- 
zugsweise kohlensaures Gas und nicht Kohlenoxydgas bei 
der Reduction des Eisenoxyds bildet. Nächstdem wird 
aber auch die Höhe der rothglühenden Säule, in welcher 
das aus den tieferen Schichten und besonders aus dem 
Schmelzraum entwickelte kohlensaure Gas in die Höhe 
steigen mufs, bedeutend verringert und das kohlensaure 
Gas gelangt sehr bald in so stark abgekühlte Schichten, 
dafs die Umänderung desselben in Kohlenoxydgas nicht 
mehr erfolgen kann. 

Läfst sich aus dieser einfachen Betrachtung der Grund 
der bedeutenden Ersparung an Brennmaterial durch die 
Anwendung desselben im nicht verkohlten Zustande sehr 
klar und ungezwungen, und ganz in Uebereinstimmung 
mit den Erscheinungen entnehmen, welche der Betrieb 
der Oefen mit verkohltem und mit nicht verkohltem 
Brennmaterial darbietet: so würde daraus die Folgerung 
gezogen werden müssen, dafs sich durch die Anwendung 


43 


des lufttrocknen Holzes eine ungleich gröfsere Ersparung 
an Brennmaterial bewirken lassen müsse, als durch die 
Anwendung des halbverkohlten Holzes. Ohne Zweifel 
wird aber die Abkühlung der Schächte im ersten Fall 
in einem zu hohen Grade bewirkt, so dafs das Erz zu 
spät zur Reduction gelangt. Nächstdem sind die mecha- 
nischen Hindernisse zu berücksichtigen, welche durch das 
starke Schwinden des lufttrocknen Holzes beim Verkoh- 
len herbeigeführt werden, indem dadurch Veranlassung 
zum Durchrollen der Erze und zum Kippen der Gichten 
gegeben wird. Die starke Dampfentwickelung bei der 
Anwendung von unverkohlten Brennmaterialien ist es aber 
auch, welche auf den Betrieb des Ofens sehr störend ein- 
wirkt, wenn das schnelle Abziehen der Dämpfe aus der 
Gicht erschwert wird. Daher werden weder solche Brenn- 
materialien die nur geringe Zwischenräume gestatten (zer- 
kleinerte Steinkohlen) noch solche Eisenerze, die wegen 
ihrer ockrigen und mulmigen Beschaffenheit zu dicht über 
einander liegen, zur Anwendung von unverkohltem Brenn- 
material geeignet sein, indem sie den Gasen und den 
Dämpfen den Austritt aus der Gicht erschweren. End- 
lich ergiebt sich, dafs die Anwendung der nicht verkohl- 
ten Brennmaterialien nothwendig Ofenschächte mit nicht 
zu weiten Gichtöffnungen erfordert, um die Gase und 
Dämpfe durch einen starken Luftzug von unten nach 
oben schnell zu entfernen. 

Herr Ehrenberg zeigte wohlerhaltene mikroskopi- 
sche getrocknete Präparate von dem kürzlich in Potsdam 
getödteten Elephanten, Elephas indicus, vor: Elemen- 
tar-Muskelfasern, Blutkörperchen und Spermatozoen. 

Die Elementar - Muskelfasern der Schenkelmuskeln 
zeigten, bei ungefähr gleicher Stärke mit denen des Pfer- 
des und Ochsen, schärfere Queerfalten, sonst keinen 
bemerkbaren Unterschied. Die Blutkörperchen waren, 
ungeachtet der Tödtung des Elephanten durch Blausäure,, 
und seines durch den Transport von Potsdam stark auf- 


44 


getriebenen Körpers, häufig noch von scharfer, regelmä- 
{siger Form. Ihre Form war münzenförmig rund und 
platt, um etwa } gröfser als beim Menschen, in der Regel 
nämlich z4; paris. Linie im Durchmesser führend, während 
nur ausnahmsweise die gröfsten menschlichen Blutkörper- 
chen diese Gröfse besitzen. Der Kern der Blutkörper- 
chen war sehr grofs, im Verhältnifs wie beim Menschen, 
die Schaale also dünn. Die Gröfse der Kerne: betrug 
meist „I; paris. Linie, mithin beinahe die Normal-Gröfse 
der ganzen Blutkörperchen beim Menschen. Diese Kerne 
der Blutkörperchen erschienen auch beim Elephanten wie- 
der gekörnt und es liefsen sich sechs Körnchen im Durch- 
messer zählen, welche mithin einzeln an sich etwa 745 
paris. Linie grofs waren, grölser also als die menschli- 
chen. Die Blutkörperchen der Kuh sind im Mittel ziem- 
lich von gleicher Gröfse mit den menschlichen, kaum et- 
was kleiner, ;4; paris. Linie, entschieden etwas kleiner, 
45 paris. Linie, sind die des Pferdes. Zwischen den 
Blutkörperchen waren auch farblose Lymphkörperchen 
von der Form und Gröfse der Blutkerne und einzelne 
ovale farblose gröfsere Körperchen, doppelt so grofs als 
die Blutkörperchen. 

Die Spermatozoen des Elephanten, obwohl sie meh- 
rere Tage nach dem Tode und selbst todt erst unter- 
sucht werden konnten, waren noch recht wohl kennt- 
lich, wie es denn möglich gewesen ist ihre getrockneten 
Formen nach der vom Verf. mitgetheilten Methode kennt- 
lich aufzubewahren. Auch in den menschlichen -Leich- 
namen findet man sie mehrere Tage nach dem Tode noch 
in ihrer scheinbar unveränderten Form, nur pflegen die 
verdickten Vorderleiber vom schwanzartigen Hinterleibe 
häufig getrennt zu sein, ein Charakter von Gliederung, 
welcher diese Körperchen besonders entsprechend den 
Cerearien der Schneckenleber anreiht. Die Samenthier- 
chen des Elephanten sind den menschlichen an Gröfse 
und Form sehr ähnlich, nur sind die Vorderleiber der 


45 


des Elephanten etwas länger. Die ganze Länge beträgt 
meist „4 paris. Linie, die des Vorderkörpers oder Kopfes 
1; paris. Linie. Einige waren bis „ paris. Linie lang. 
Der Kopf der Normalformen war % der ganzen Länge, 
die kürzeren hatten einen längeren Schwanztheil. Die 
mittlere helle, der Saugscheibe der Cercarien vergleich- 
bare Stelle des ovalen etwas platten Kopfes war wie 
bei den menschlichen deutlich erkennbar. Der fadenar- 
tige Hinterleib war rund und conisch, vorn sehr ver- 
dickt, etwa von der Hälfte des Durchmessers der Kopf- 
breite, hinten sehr zart auslaufend, ohne flügelartige An- 
hänge. Die getrockneten Formen, welche vorgezeigt 
wurden, zeigten all diese Verhältnisse, selbst die Saug- 
scheibe noch. 

Herr v. Olfers zeigte zwei Arten von Trigonien 
(Tr. Daedalea und alaeformis) aus dem Gruesand von 
Blackdown vor, in welchen das ganze Innere der Schale 
frei gelegt war, zur Vergleichung mit der noch lebend 
vorkommenden Art — Trigonia peclinata — von wel- 
cher ein Exemplar mit dem Thiere aus der Königlichen 
Sammlung vorgewiesen wurde, und schlofs hieran Be- 
merkungen über das Verhältnifs der Trigonien zu den 
Areaceen. 

Herr Joh. Müller sprach mit Hinweisung auf vor- 
gelegte Zeichnungen über die Verbindung des Fötus 
einiger Haifische mit dem Uterus durch den Dottersack. 
Nicht blofs die Gattung Seoliodon, auch die eigentlichen 
Carcharias mit Sägezähnen gehören hierher. Der Dot- 
tergang der ersteren allein ist mit Zotten besetzt, bei 
den Carcharias aber nicht. Dies sind die glatten Hai- 
fische des Aristoteles. 


Gedruckt bei A. W. Schade. 


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Tat x . 
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