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THE EISENHOWER LIBRARY
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EX LIBRIS
CAROLI WALDSTEIN.
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A^5"M£" LIBRARY
JOHNS HOPKINS UNIVERSITY
PRESENTED BY
Lady Walston
MITTHEILUNGEN
DES KAISERLICH DEUTSCHEN
ARCHAEOLOGISCHEN INSTITUTS
ROEMISCHE ABTHEILUNG
Band XIV.
BULLETTINO
DELL' IMPERIALE
1STITÜT0 ARCHEOLOGICO GERMANICO
SEZIONE ROMANA
Vol. XIV.
ROM
LOESCHER & C.°
(BRETSCHNEIDER & REGENBERG)
1899
ll
Tc Soor
24. ßߣ~
Gl*T Ofl T^APY WaXSTON.
UEBER EIN RELIEF IM MUSEO NAZIONALE ROMANO.
(Tafel I).
Im Bulleltino della Comm. arch. com. di Roma vom Jahre
1897 hat Savignoni ein Relief publiciert (T. V p. 73 ff.), das vom
Palatin in das Museo nazionale romano gekommen ist. Es stellt
drei weibliche Wesen neben einander stehend dar. Leider ist der
Zustand sehr trümraerhaft; man erkennt nur, dass die beiden links
stehenden näher mit einander verbunden sind, während die dritte
rechts isoliert steht, aber das Gesicht nach den anderen zurückwen-
det. Das Relief hat sich rechts und links nicht fortgesetzt; bei-
derseits ist Rand erhalten (l); auch ist die Composition in sich
abgechlossen.
Trotz der schlechten Arbeit des Exemplares erkennt man leicht,
dass das einstige Original sich durch eine vornehme, ruhige Schönheit
ausgezeichnet haben muss, die uns die bereits bekannten Dreifi-
guren-Reliefs des fünften Jahrhunderts ins Gedächtnis ruft; des-
wegen wird man gerne der bei dem fragmentarischen Zustande
des Werkes natürlichen Neigung folgen, dem ursprünglichen Sinne
und Bestände der Darstellung nachzuforschen. Allerdings scheint das
Erhaltene zu gering, um mit seiner Hülfe zu einem sicheren Ziele
gelangen zu können ; aber Savignoni glaubte diesem Mangel durch
die Heranziehung eines anderen Kunstwerkes abhelfen zu können,
das seiner Meinung nach den gleichen Gegenstand darstellt, des
bekannten Gemäldes des Atheners Alexandros aus Herculaneum,
auf dem man heute übereinstimmend die Versöhnung der Leto und
Niobe nach einem ersten Bruch ihrer Freundschaft erkennt, dem
Vorboten jenes unheilbaren, der zum Tode der Niobiden führt.
0) Ich habe diese Thatsache genau constatieren können ; vgl. Savignoni
a. a. 0. p. 74.
\V. AMELUNG
Savignoni hat zur Verdeutlichung seiner Anschauung auch eine
Reconstructions-Skizze veröffentlicht (Fig. 2), auf der aber soviel
der Willkür der ergänzenden Phantasie zufällt, dass wir sie besser
bei Seite lassen. An zwei Punkten hat zudem Savignoni sicher
nicht das Richtige getroffen; so vor Allem in der Ergänzung der
Büste der mittleren Frau — doch davon nachher — , dann in der
ihrer linken Hand. Die Finger müssten in der Haltung, die ihnen
S. giebt, auf dem Oberschenkel der anderen Frau Spuren hinter-
lassen haben, was in der That nicht der Fall ist.
So hat denn auch Robert im XXI. Hallischen Winckelmanns-
programm p. 4 ff. die Deutung Savignoni's und vor allem die Be-
ziehung des Reliefs auf das Gemälde, wie mir scheint, mit Recht
bestritten. Nur hat er S. misverstanden : dieser hält nicht die
linke Figur für Niobe, die mittlere für die vermittelnde Phoibe.
sondern umgekehrt die in der Mitte für Niobe, die um die Ver-
mittelung der links stehenden Phoibe bittet. Die Deutung dieser
Figur als Phoibe alias Artemis ist einer der bedenklichsten Punkte
in Savignoni's Auseinandersetzung. Robert betont mit vollem Recht,
dass es gar nicht angeht, die Phoibe auf dem Gemälde von der
Hileaira ebenda zu trennen. Man könnte zu Savignoni's Gunsten
höchstens anführen, dass die Verbindung der Leukippiden mit Leto,
Niobe und ihrer Tochter uns rätselhaft scheint, und dass vielleicht
diese Namenbeischriften erst eine Erfindung des Alexandros seien,
den man dann als Copisten nehmen muss. Bliebe aber immer noch
zu erklären, wie Alexandros auf diese Erfindung verfallen sei, be-
sonders befremdlich bei zwei Figuren, die im Bilde nicht eng ver-
bunden sind.
Mir scheint, ebenso wie Robert, aus dem Vergleich mit dem
Gemälde weder für die Ergänzung noch für die Erklärung des Re-
liefs etwas zu gewinnen zu sein. Robert schliesst mit Recht seine
Besprechung mit dem Satz, dass jede Deutung des Reliefs so lange
hypothetisch bliebe, bis vielleicht einmal die Auffindung einer
besser erhaltenen Replik Licht brächte, — oder, kann man ange-
sichts dessen, dass das Werk vom Palatin stammt, und in Rück-
sicht auf das Schicksal des Palatin und der dort gefundenen
Skulpturen hinzufügen, bis vielleicht weitere Fragmente desselben
Reliefs in anderen Sammlungen zu Tage kämen.
UEBER EIN RELIEF IM MUSEO NAZIONALE ROMANO 5
E i n solches Fragment ist mir nun in der That gelungen zu
entdecken. Es war bis vor Kurzem im Giardino della Pigna des
Vatican eingemauert ('); jetzt ist es aus der Wand gelöst und harrt
seiner Placierung in den Räumen des Museums. Durch das Entge-
genkommen der Museumsverwaltung wurde es mir ermöglicht, einen
Gypsabguss von dem Fragment nehmen zu lassen, der jetzt mit
dem Original im Museo nazionale romano vereinigt ist ; in dieser
Vereinigung zeigt das Relief unsere Tafel, deren Vorlage mit güti-
ger Erlaubnis der Direction des genannten Museums hergestellt
werden konnte.
Auf dem Fragment ist die Büste der mittleren Figur erhalten,
auf der rechten Schulter die Finger von der linken Hand der links
stehenden Frau.
Unten und z. Th. an den Seiten passt Rand auf Rand.
Der Marmor ist identisch. Die Erhaltung der Oberfläche ist
besser als an dem Uebrigen, dessen flauer Eindruck durch die
ziemlich starke Ueberarbeitung noch verstärkt worden ist. Die
Nase ist bestossen. Die Figur wendet ihren Kopf nach rechts ;
darin also hat Savignoni bei seiner Reconstruction, wie schon oben
angedeutet, das Richtige nicht getroffen. Das Haupt ist geschmückt
mit einem Diadem, an dem Rosetten und Palmetten in Relief ab-
wechseln (die Figur links hat Rosetten im Haar). Die Haare sind
hinten aufgebunden ; sie endigen in einen Schopf kurzer natürlicher
Locken, während — ebenso wie bei der Figur links — auf die
Schultern sehr dünne künstlich gedrehte Lochen herabfallen, die
in eigentümlich spielender Weise von der links stehenden Figur
zwischen die Finger der linken Hand genommen werden. Auf der
linken Schulter liegt ein Bausch des Mantels, zu dem jedenfalls auch
das Stück Stoff gehören wird, das am rechten Oberarm sichtbar wird.
Das Gesicht hat einen ernsten hoheitsvollen Ausdruck, der durch
die energische Wendung des Kopfes und die stolze, aufrechte Hal-
tung von Hals und Kopf wesentlich gehoben wird.
Die Composition gewinnt durch diese Bereicherung sehr an
Leben. Klar tritt jetzt hervor, dass die Figur, die im Mittelpunkt
des Vorganges steht, die Figur rechts ist, denn die beiden andern
wenden ihre Blicke ihr zu; klar wird, dass die Figur in der Mitte
(*) In der Beschreibung Rom's ist es nicht erwähnt; auch sonst nicht.
W. AMELUNG
ihre Gefährtin links an Rang und Bedeutung überragt ; auch äusser-
lieh ist sie grösser an Gestalt. Damit sind die elementarsten Grund-
züge der Deutung festgelegt: von den drei dargestellten Figuren
sind zwei, eine königliche Tran und ihre Begleiterin, in engster,
vertraulichster Beziehung ; beide sind innerlich beschäftigt mit der
dritten, die im Begriff scheint, sich zu entfernen. Wir können es
Savignoni zugeben, dass diese Gundzüge mit denen seiner Deutung
übereinstimmen, und müssen doch darauf bestehen, dass auch jetzt
noch ein weiteres Detaillieren dieser Erklärung jenseits der Grenze
liegt, die uns durch das Fehlen des Kopfes der Hauptfigur, ihrer
Hände und der linken Hand der Mittelfigur gezogen ist, d. h. ge-
rade der Teile, in denen sich der Vorgang am deutlichsten ausspre-
chen musste.
Savignoni stellt das Relief seinem Stil nach neben die be-
kannteste Gruppe der Dreifiguren-Reliefs: Orpheus, Peliaden, Pei-
rithoos. Doch ergeben sich hier sogleich gewisse Verschiedenheiten,
die auch S. nicht verkennt und die sich nicht allein durch das
verändernde Eingreifen des Copisten erklären dürften. Indes ist ja
die Art der Composition eines Reliefs in drei Figuren nicht nur
auf die Zeit jener drei Werke beschränkt, wie z. B. das Relief der
Villa Albani beweist, das Herakles bei den Hesperiden darstellt
(Heibig, Führer II1 nr. 778) und sicher erheblich jünger ist als
jene andern. So dürfte auch das Oiiginal unseres Reliefs am wahr-
scheinlichsten am Ende des 5. Jahrhunderts entstanden sein (1).
(*) Für den Lockenschopf der mittleren Figur und die merkwürdig klein-
lich gedrehten Schulterlocken fehlen allerdings bisher Parallelen aus jener
Zeit. Hier also könnte man eine selbständige Veränderung seitens des Co-
UEBER EIN RELIEF IM MUSEO NAZIONALE ROMANO 7
Das ganze Werk wegen der mit dem Stil jener Zeit nicht über-
einstimmenden Einzelheiten und wegen der Art der Arbeit für die
Originalerfindling eines etwa neu-attischen Künstlers römischer Zeit
zu erklären, halte ich angesichts des Charakters und der künst-
lerischen Schönheit der Composition für ausgeschlossen.
W. Amelüng.
pisten annehmen. Für die Art, wie die Figur links den Mantel trägt, bieten
die schlagendste Analogie eine Figur in Venedig (Clarac 774, 1930; Dütschke,
Ant. Bildw. in Oberitalien V nr. 203), die Demeter eines Votivreliefs aus
Eleusis (Athen. Mitth. 1895 T. VI) und zwei Figuren von den Reliefs des
Hyposkenion im Dionysostheater zu Athen (Mon. d. J. IX tav. XVI), die sicher
auch auf Originale vom Ende des 5. Jahrhundert zurückgehen. Siehe über diese
Gruppe von Figuren jetzt Furtwängler, Griech. Originalstatuen in Venedig
p. 305 ff. T. V.
KYBELE-ORANS.
Zosiraos berichtet im II. Buche seiner Historia nova Cap. 31,
am Schluss des Passus über die Verschönerung und Bereicherung
von Byzanz durch Konstantinos, Folgendes : ovarjg 6$ iv %y Bv-
£ccvTi(p [AeyiGTrjg dyoqäg TexqaGroov, xcctcc tag xi]g fiiag (Troäg
axqag, elg rjv avdyovGiv ovx oXiyoi ßaßfioi, vaovg (ffxodofnqaazo
dvo eyxa&idqvöag äyccXfiara, ^axequt fiev firjrqdg -frewv cPe'ag,
orteq h'TV%ov ot dvv *Iäöovi nXevüavTeg idqvGccfievoi xatd rd Jiv-
Svfiov bqog rd Kv^ixov rrjg noXecog VTceqxei/jievov. (faul db dag xai
zrjv rreql tö &eiov eXwßrjüaTo qa^v/niav, rovg xe neql exdreqa
Xeovxag n eqieXmv xai rd <f%rj/ua tcüv xeiqäv evaX-
Xd£ag' xat e%eiv yäq rcdXai 6 oxovG a rodg Xeovxag
vvv elg e v %o [it'vrjg [isra ße ß Xrjrai G%ij[ia, rrjv noXiv e<po-
ociötTa xai neqienovöa. ev de &aie'qrp cPo)f.i7]g tdvGaro xvyy]v.
Die Stelle ist bisher, soweit mir bekannt, von archäologischer
Seite noch gar nicht in Betracht gezogen worden, und doch verdient
sie das in mehrfacher Hinsicht. Beschäftigen wir uns zunächst nur
mit den Worten über die Statue der Rhea — wir dürfen statt dessen
ohne weiteres Kybele sagen, denn nur diese wurde auf dem Din-
dymon verehrt — , die in eine Orans verwandelt wurde, so müssen
wir zur Ergänzung der hier enthaltenen Angaben eine Stelle des
Apollonios Rhodios (I 1117 ff.) heranziehen, die jene Sage von der
ursprünglichen Errichtung der Bildsäule durch die Argonauten dichte-
risch behandelt.
eöye de vi ücißaqov Gtvnog dfin e'Xov eviqoyov vXfl,
nq6%vv yeqdvdqvov to fj,ev exta/nov, bcpqa neXoixo
daifiovog ovqeirjg ieqov ßqe'cag' treffe (T "Aqyog
evx6(S[xa>g (').
(*) Siehe das Scholion zu 1119 = Meineke, Analecta Alexandr. p. 150
CXLVI : xai EvyoQiiov xo t-o'avov xrjg firjrqog w &ewv (prjaiy afAneXtpop civcu
(vielleicht aus dem 'JnoX'koSwQog des Euphorion ; s. Meineke a. a. 0. p. 40 f.
u. p. 18). Ueber den mythischen Künstler Argos siehe Koscher, Mythol. Lex.
I Sp. 539 Z. 49 ff.
W. AMELUNG. RYBELE-ORANS V
Augenscheinlich hatte es also bis zu den Zeiten Konstantin' s
ein altes Holzbild in dem Heiligtum der Jiv6v[ii'a auf Kyzikos
gegeben, dessen Aufstellung die Sage den Argonauten zuschrieb, und
das dann von dem Kaiser nach Byzanz überführt und in der von
Zosimos beschriebenen Weise verändert wurde ('). Von dem Aus-
sehen dieses Bildes können wir uns aber nach den Worten unseres
Geschichtschreibers eine recht genaue Vorstellung machen, und die-
ses Resultat kann uns zu wiederum bedeutsamen Schlüssen dienen.
Zunächst kommt hier in Betracht, dass die Figur durch die an ihr
vorgenommenen Veränderungen zu einer svxofievt], einer Orans
wurde. Für diese hatte sich in altchristlicher Zeit eiu fester Typus
gebildet, der sich bis in's Mittelalter unverändert erhalten hat :
eine in langem Gewände aufrecht stehende, dem Beschauer gerade
zugewandte Frau, die die beiden Unterarme gleichmässig seitlich vom
Körper abstreckt, sie bald mehr, bald weniger erhebt und dabei die
innere Fläche der geöffneten Hand dem Beschauer zukehrt (s. Kraus,
Real-Encyklopädie d. ehr. Altert. II p. 538 ff. u. Gesch. d. christl.
Kunst I p. 126 ff.). Es ist der Typus, den man Maria oder Anima
genannt oder für eine Personilication der christlichen Kirche erklärt
hat. Von ihm müssen wir denn auch die allgemeinen Züge nehmen,
um dann, das Veränderte wieder entfernend, das Entfernte wieder
an seine Stelle setzend, das alte Bild der Kybele zurückzugewinnen.
Entfernen wir also von der Orans die ausgebreiteten Hände,
denn die Veränderung des <fxWtt der Hände hat sie, wie Zosimos
sagt, erst znr Beterin gemacht, und geben wir ihr jederseits einen
Löwen (rovg ttsqi ixätsQct Xiovzag) ; damit es scheine, dass sie
diese Löwen niederhalte oder in ihrer Gewalt halte (xcct6'%hv),
müssen die Hände die Löwen gepackt haben, und die natürlichste
Annahme wäre, dass die Löwen sich jederseits an der Figur auf-
gerichtet hatten, und die Hände sie an der Mähne oder an einer
Pranke hielten, denn so konnte wirklich die Vorstellung des xare-
%€iv erweckt werden. Man könnte bei diesem Wort auch daran
denken, dass die Göttin etwa ihre Hände wie schützend auf den
Köpfen der sitzenden Thiere habe ruhen lassen ; aber diese hätten
dann von ganz unverhältnismässiger Grösse sein müssen, um bis zu
(') Siehe über Kvßskr] JivJvpia Röscher, Mythol. Lex. II Sp. 1653 Z. 22 ff.
u. Sp. 2856 Z 41 ff u. Daremberg et Saglio I 2 p. 1680.
10 W. AMELUNG
den erhobenen Händen der stehenden Figur emporzureichen. Ent-
scheidend ist jedoch, dass es nie einen derartigen Typus der Kybele
gegeben hat ('), während der Typus, den wir oben durch die einfache
Benützung der Worte des Zosimos gewonnen haben, uns wohl be-
kannt ist : es ist der Typus der griechischen nötvicc &r]Q(0v (cf.
Röscher, Mythol. Lex. I Sp. 564 ff.).
Die Einfachheit, mit der sich dieses Resultat aus der gege-
benen Ueberlieferung gewinnen Hess, scheint mir für sich selbst zu
sprechen und gegen die Annahme, dass hinter der Nachricht des
Zosimos ein Gewebe von bewusst oder unbewusst falschen Combi-
nationen verborgen sei, eine Annahme, die auch Marquardt {Cyzicus
p. 96) und V. Schultze (Geschichte des Untergangs des griech.-
röm. Heidentums I p. 50 ff. II p. 279 ff. und Untersuchungen zur
Geschichte Konstantin d. Gr. i. d. Zeitschr. für Kirchengeschichte
VII p. 355) zu teilen scheinen (vgl. Röscher, Mythol. Lex. II Sp.
2904 Z. 33 ff.). Jedenfalls nehmen beide auf die Stelle bei Apol-
lonios Rh. keine Rücksicht ; Marquardt nimmt an, die nach Byzanz
versetzte Statue sei aus Marmor gewesen ; Schultze spricht in seiner
b Geschichte » dagegen von einem Erzbild (p. 54), die Hände seien
« umgebogen ■ worden (p. 50), und giebt in den ■ Untersuchun-
gen » folgende willkürliche Uebersetzung von der Stelle des Zosi-
mos : « Man erzählt, er habe dieselbe in seiner Verachtung des
Göttlichen verstümmelt, indem er die Löwen auf beiden Seiten
(der Deichsel) hinwegnahm und die Gestalt der Arme verän-
derte. Denn während sie früher die Löwen lenkend dargestellt
war, gab er ihr jetzt die Haltung einer Betenden, die über die
Stadt hinschaut und sie beschirmt * . Er nimmt also den Typus der
Göttermutter an, der sie auf einem "Wagen, von Löwen gezogen,
darstellt. Doch ist von alledem im Text des Zosimos nirgend die
Rede ; xcctsxhv bedeutet nicht lenken ; nicht die Arme, sondern nur
(J) Ohne Berücksichtigung des Typus der Orans — eine sit-
zende Evxofiiyrj ist undenkbar — könnte mann zunächst an den der sitzenden
Kybele denken, neben deren Thron jederseits ein Löwe Wache hält; doch auch
bei diesem Typus kommt es — abgesehen von den sehr zweifelhaften zwei
Figuren der Collection Mattet, Clarac 396, 664 B, C — niemals vor, dass die
Göttin die Tiere mit ihren Händen berührt. Hiergegen spricht nicht etwa das
Relief der Sammlung Sabouroff (T. 137 der Publication), auf dem nur e i n Löwe
vorhanden ist, den die Göttin liebkost wie einen Hund.
KYBELE-OKANS 11
die Hände werden verändert, und auf jeden Fall wäre wiederum das
Sitzen für die Beterin nicht passend.
Wir können deshalb bei unserem Resultat beharren. Mit dem
Typus ist zugleich auch die Entstehungszeit der Figur gegeben, die
man nicht vor dem VII. und nicht nach dem VI. vorchristlichen
Jahrhundert annehmen darf. Sicherlich war sie von einem griechi-
schen Künstler gearbeitet und geweiht von Griechen, als sie Ky-
zikos kolonisierten.
Unsicher ist es, ob die Figur geflügelt oder ungeflügelt war.
Beides kommt auf archaischen Denkmälern vor. Nach Studniczka
(Kyrene p. 158) ist der Typus ohne Flügel der ältere, und (p. 159)
die vollkommen symmetrische Darstellung, wie wir sie bei unserer
Figur voraussetzen müssen, erst am Ende des VII. Jahrhunderts
typisch geworden.
Ebendort schreibt Studniczka : « Gestalten, wie die des Bron-
zereliefs in Olympia und die ihr nächst verwandten, liessen sich
sehr wohl in Abhängigkeit von Cultstatuen denken ■ . Jener Bericht
des Zosimos giebt uns die erste Nachricht von dem Vorhandensein
eines solchen Cultbildes.
Unser also gewonnenes Resultat hat aber auch ein besonderes
Interesse für die antike Religionsgeschichte : Wir finden eine grie-
chische Statue der griechischen norvicc ürjQwv in höchster Verehrung
in einem Centrum des Cultes der phrygischen KvßsXrj. Diese That-
sache findet ihre Parallele in einer anderen, deren Mittheilung wir
A. Körte verdanken (Athen. Mitth. 1895 p. 1 T. MI). Zu Dorylaion
hat sich eine Grabstele aus dem VI. Jahrh. v. Chr. gefunden, auf
deren Rückseite von der Hand eines griechischen Künstlers in Relief
eine geflügelte Göttin dargestellt ist, die einen Löwen an einer Pranke
hält. Körte nimmt ohne Zweifel mit Recht an, dass der ionische
Künstler des Reliefs hier ohne Weiteres seine Göttin, die nüxvia
&t]Q(öv, dargestellt habe, während der Phrygier, für den die Stele
gearbeitet war, in demselben Bilde Kvßthp die grosse Göttin seines
einheimischen Cultes, erkannt habe. Es scheint mir natürlich, dass
da, wo sich die äusserlichen Vorstellungen zweier Religionen so
stark vermischten, auch der Ideengehalt der einen nicht unberührt
von dem der andern bleiben konnte (').
0) Cf. Körte a. a. 0. p. 12 ; S. Reinach im Bullet, de corr. hell. XIII
p. 558 ff. Vgl. auch das in Phrygien gefundene Relief der Kybele bei Perrot
12 W. AMELUNG. KYBELE-ORANS
Kehren wir endlich zu den Worten des Zosimos zurück. Es
ist klar, dass Konstantin diese Kybele nicht zum Schmuck der Stadt
aufstellen Hess, wie die Statuen der Dioskuren, des Apollon und
der Musen, mit denen er den Circus zieren liess. Darin, dass ihr
in einem eigenen Tempel, der Tyche von Rom entsprechend, ihr
Platz angewiesen wurde, spricht sich vielmehr eine besondere Ab-
sicht aus, die auch nicht nur darin bestanden haben kann, das Bild
der grossen heidnischen Göttin durch die Geberde des Betens zu
erniedrigen. Mir scheint die Lösung vielmehr darin zu liegen, dass
Kybele, im Schmuck ihrer Mauerkrone, als Schirmerin der Städte
verehrt wurde. In dieser Eigenschaft steht nun die Göttin entschie-
den auch hier, entsprechend der Tyche von Rom ; neben Rom konnte
aber nur eine andere Stadt durch ihre Göttin vertreten sein, nur
Byzanz selbst. Zu der Tyche dieses zweiten Centrums des neuen
Reiches war die grosse Herrin über Leben und Tod gestempelt wor-
den. Auch Zosimos deutet dieses Schutzverhältnis mit den Worten
an: trjv nöXiv eyoowcfu xccl nsgisTiovaa. Die gleiche Verbindung
beider religiösen Vorstellungen ist übrigens für Byzanz wohl auch
bezeugt durch einen Satz des Hesych von Milet ( Orlgines Constan-
tinopolis § 15 Fragm. hist. graec. IV p. 149) in der Erzählung
des Mythos von Byzas, dem sagenhaften Gründer der Stadt : lPt'ccz
fihv xccxct xov rijg BccGi'kixrfi Xeyojiievov rorrov vscov rs xccl ayaXjAa
xa3idQV<TccTO, ort xccl Tvycaov xolz tioXitcciz reTifirjro (1).
Zum Schluss sei noch auf ein Monument altchristlicher Kunst
verwiesen, ein Bronze-Gefäss, auf dem in Relief ebenfalls eine Stadt-
gottheit mit dem Gestus der Orans erscheint. Das Gefäss wurde in
Tunis gefunden, und die betreffende Figur ist die Personification
von Carthago (2).
W. Amelüng.
u. Chipiez, Histoire de Vart V p. 157 Fig. 110. Da auch hier die beiden
Löwen von der Göttin nicht gefasst werden, kann das Kelief mit unserer Statue
nichts gemein haben.
(!) Vgl. Schultze, Zeitschr. f. K. p. 355.
(s) Garrucci, Storia deWarte cristiana VI p. 34 tav. 428, 1 ; Kraus,
Gesch. d. christl. Kunst I p. 127. Auf Münzen von Alexandria ist die Göttin
dieser Stadt mit einem Gestus ihrer Rechten dargestellt, der kaum etwas an-
deres sein dürfte, als die im Altertum gebräuchlichste Geberde des Betens ;
Catalogue of the coins of Alexandria PI. XXIV nr. 2033 u. 2082.
CERAMICA DELL'APÜLIA PREELLENICA
IL LA PEUCEZIA
(Tav. II-V)
In un primo capitolo (') avevo incominciato a chiarire un poco
i concetti piuttosto vaghi che si avevano della ceramica appula
in quanto non era ellenica, e a distinguerne le varie classi
secondo l'eta e il territorio, appartando in primo luogo le torzelle
proprie a quella regione che e oggi la provincia di Lecce, specie
di vasi di cui anche dopo la pubblicazione son venuti in luce
parecchi esemplari, limitati sempre a quella regione, sempre fog-
giati a manichi a punta, diversi in tutto da quelli della Lucania
comparsi anch' essi quest' anno passato. Che il materiale appulo
sia una 'rudis indigestaque molis', appare chiaro anche dal tenta-
tivo di G. Patroni, (2) articolo ove entravano anche vasi per niente
(!) Boll. d. Ist. XII pag. 201-252. I. La Messapia.
(*) Mon. d. Line. 1896. Siccome Patroni in altro periodico, Bull. d. Pal.
etnol. 1898 p. 65, pubblicando le medesime figure la seconda e in parte la
terza volta, si mostra preoecupato di attaccare il mio lavoro, conviene notare
che le sue osservazioni sembrano destinate a chi non abbia letto i miei lavori
in questione. Cosi ad es. egli a p. 67, 2 fa credere il lettore che io mi trovi
in contraddizione coi fatti risultanti da « inventari e cataloghi», mentre io
avevo segnatamente riferito che nel Museo in questione non esisteva fino al
1891 un inventario e che questo poi venne compilato a base delle etichette
incollate sui vasi stessi (Messap. p. 251, 1). Pare che il diritto di esaminare
con proprio criterio le provenienze incerte, P. Io riserba per se solo. (Mon.
d. Line. VI 371), applicandolo unicamente al Museo Naz. di Napoli, ove, come
egli assicura (iv. 402, 1), fino alla sua venuta, maneavano braccia adatte per
far ordine. Se poi il P. si vanta (Bull. pal. p. 67, 2) di esser egli stato il primo
a richiamare l'attenzione dei dotti sulla ceramica indigena delle Puglie, e un
semplice dovere verso l' Istituto Germanico d'Atene, frequentato anche da lui
per molto tempo, il constatare, che nelle Mittheilungen di quest' Istituto giä
nel 1887 Winter e Wolters avevano assegnato all'Apulia certi vasi del Museo
14 M. MAYER
appuli e si mescolavano oggetti dell' epoca antica con molti che si
e poi dimostrato appartenere all'epoca dei Tolomei. Di fronte a tale
esposiziöne nessuno avrebbe imaginato con qnanti precisi criteri
si distinguono questi vasi, i quali per localitä e provenienza si
distribuiscono in un territorio che si estende nientemeno dalla
terra d'Otranto flno a Melfi ed al Gargano. Forse quella fräse
latina dice anche troppo, perche fa credere che il materiale stesso
giä si trovasse ammucchiato, mentre alcune classi importanti non
sono affatto rappresentate nei Musei ; e cid va detto peculiarmente
della ceramica peucetica, di cui trattiamo in questo capitolo.
A dir vero, ogni ricerca sulla civiltä e storia dei Japigi e
Messapi, dovrebbe muovere da Taranto, e per varie ragioni. In
prima perche ivi soltanto furono con solerzia raccolti prodotti di
strati antichissimi, per la intelligente cura dei Viola; poi perche
quella contrada segna su per giü il punto di distacco dal ramo
Orientale dei Japigi da quello occidentale, che fu precocemente
assorbito dai popoli Bruttii. Finalmente nelle lotte svoltesi nel V se-
colo per Taranto e il suo territorio, Messapi e Japigi, nella nostra
tradizione, non appaiono ancora disgiunti, mentre in seguito il nome
Japigio svanisce ed il nome Messapico va sempre piü restringendosi
al braccio meridionale, cioe al territorio Leccese. Si aggiungano
di Napoli, ritenuti allora per Ciprioti. Sono costretto per la mia difesa di ri-
levare, che nel Museo di Bari il P. prese 72 disegni di vasi, tutti italo-greci,
a fig. r., senza punto incaricarsi dei vasi Messapici. Di questa classe preelle-
lenica alcuni disegni vennero richiesti e speditigli a Siracusa non prima dei
secondo anno dei mio servizio, quando io aveva segregato quel materiale, inte-
ressandone da principio la Commissione Provinciale per la pubblicazione. —
In quanto poi all'accennato lavoro di premio sugli ultimi vasi figurati, ai quali
venne aggiunto, non so con quäl rapporto interno, un capitolo sull'epoca pri-
mitiva (La Ceramica antica. Napoli 1897), avverto i lettori per mio conto —
lasciando ad altri di richiamare la loro proprietä — che la teoria accennata
colä p. 34 sg., e desunta dalla mia relazione, Not. d. Sc. 1896, p. 539, come
(cosa meno rilevante) il nome ' torzella ', malgrado la diveraa ortografia,
fu preso dallo stesso articolo, medesima pagina. — Noto infine per le due
brocche, Mon. d. Line. VI p. 383, 384 fig. 29, 30, che io, e vero, le feci foto-
grafare a Napoli, ma quali rappresentanti di un tipo Suessolano (conf. Not.
d. Sc. 1878, tav. V, 1), senza immaginarmi, che esse poi verrebbero pubbli-
cate dal P. quali vasi di Bari !
CERAMICA DELL'APULIA PREELLENICA 15
le ragioni che derivano dalla ceramica Tarantina. Tralasciando la
roba primitiva d' impasto nero e prendendo in esame soltanto i vasi
d'argilla dipinti a stile geometrico, si trovano colä giä in grau
parte i motivi della ceramica posteriore, e cioe in una forma
ancora semplice e senza le complicazioni che sopravvengono in
seguito; le forme stesse dei vasi presentano grande semplicitä e
predomina fra loro, oltre ad alcune forme piü semplici di tazza e
di urna, un tipo Italico, affine a quello detto di Villanova, che
in altre parti della Apulia, se pur non impossibile, e perö difficile
rinvenire.
E pure non possiamo adottare il criterio di muovere da Ta-
ranto. Tale metodo si potrebbe seguire qualora il ricchissimo
materiale ceramico delle Puglie fosse giä pubblicato e alla mano
di tutti, di modo che non abbisognerebbe altro che farne l'ana-
lisi. E nei vasi stessi di Taranto c'e la circostanza speciale, che non
sono dovuti a scavi sistematici, fatti in vari luoghi, bensi ad un
rinvenimento fortuito in una certa localitä, anzi, per quanto si assi-
cura, ad u n a grande tomba a pozzo, che avrebbe contenuto tanto
i vasi dipinti, che sono piü o meno di una epoca, quanto i vasi
a bucchero e quelli ad impasto nerastro; rappresentanti non solo
un' altra civiltä o nazione, ma anche una evoluzione molto piü
estesa (,). Noi invece, seguendo il metodo contrario, cerchiamo
dai vasi piü recenti e di data certa, risalire a quelli di epoca
precedente. Questo metodo si imponeva in Lecce per via della defi-
cienza di classi molto antiche e d' altra parte a cagione delle iscri-
zioni messapiche e del contatto palese con modelli greci. E per
avventura nella regione contraria, a Canosa, ove comincia la civiltä
nord-appula, un piccolo scavo ci condusse anche addirittura nel-
l'ultima epoca, vicino alla fine della civiltä Japigia, quella dei
vasi listati (succedanei dei geometrici), che abbiamo potuto cir-
coscrivere al IV e III secolo av. C. {Notizie degli Scavi 1898
p. 206): risultato, come si vede, assai diverso dalla cronologia
arbitraria di G. Patroni, la quäle presa sul serio fuorviö altri ar-
cheolögi di giungere alWIH-XIH secolo con vasi canosini che
alla detta classe grecizzante precedono quasi direttamente.
Essendo giä cosi sull'avviso di non esagerare nella data della
(*) Alquanto diversi sono i fatti esposti oltre pag. 64 seg.
16 M. MAYER
ceramica pugliese, crediamo utile fare subito un cenno cronologico
sui vasi suddetti di Taranto stesso. Credo sarebbe imprudente argo-
mentare che tutti quanti debbano essere anteriori alla colonizza-
zione dorica, la cui data del resto Consta soltanto in modo
approssimativo (J). In prima, vi e fra i saggi raccolti da me a Ta-
ranto anche qualche pezzo simile piuttosto alla ceramica micenaica
del terzo o quarto stile, anziehe alla protocorinzia, sieche non pos-
siamo dire senz'altro che quei vasi japigi siano assolutamente i piü
antichi fra i ritrovamenti del terreno. Poi, collocando la roba di-
pinta japigia di Taranto nel IX o VIII secolo, si presumerebbe
che con la entrata dei Lacedemoni la popolazione indigena fosse stata
subito distrutta o cacciata completamente, mentre sappiamo da
buona fönte (Strab. 279), che quei coloni furono bene aecolti dai
' ßccQßaqoi del paese ' e vissero per un certo tempo con essi in
rapporti amichevoli. E sebbene in seguito i Greci si facessero
sempre piü padroni del paese, oecorrevano certo le lotte fiere e
sanguinose del V secolo, per estingere nel territorio tarantino
gli ultftni avanzi dell' elemento indigeno, quelli che p. e. nel
V secolo continuarono a fabbricare colä torzelle messapiche (2).
Forse la condizione nella quäle si trovavano gli avanzi indi-
geni attorno a Taranto prima della grande sollevazione dei loro
connazionali, riceve una certa illustrazione da quella storia che
raeconta Ateneo XII, 523 b (dal Clearcho). Si tratta della famosa
conquista di Carbina, fatto di data perfettamente oscura. Un tempo,
vi e detto, i Greci Tarantini andarono in quei paese dei Japigi,
lo presero profanando i santuari e sottoponendo gli abitanti, uo-
mini, donne e fanciulli, ad abusi e lazzi umiglianti ed osceni. Se-
guiva indi la pena degli dei, in ispecie di Giove xaTccißccrrjg,
il quäle sceso col fulmine uccise molti degli oltraggianti, di cui si
scorgevano ancora a Taranto le tombe segnate da (TrfjXai davanti
alle abitazioni. La localitä ignota di Carbina va generalmente
cercata nell'odierno Carovigno vicino ad Ostuni. Ma se il nome
sia veramente geografico e non semplicemente una varietä mezzo-
mitica di xaQßirai (-- ßagßaQixai Hesycb.) o di xäqßav e xdqßavoq
(cfr. specialmente Lycophr. 605 dai Japigi) o simile parola significa-
(*) Busolt, Griech. Geschichte, I* 409.
(2) Ved. Bull. d. Ist., XII, fig. 4.
CERAMICA DELL'APULIA PREELLEN1CA 17
tiva per il popolo ' barbaro' , se adunque esisteva una cittä di tal
nome che ricorderebbe Carpiüa sul Gargano, Carbila dei Baebi
Plin. III, 10 od i Carbileti Tbrazi (ib. IV 70), resterebbe sempre
il dubbio, come mai i sepolcri dei caduti in una giierra alla
spiaggia Ädriatica si trovassero nella cittä di Taranto. Non avremmo
forse una invenzione di epoca posteriore, probabilmente di autori
venuti dalla Grecia, che non avvezzi a vedere sepolcri e stele sepol-
crali nell'abitato davanti alle case secondo il costume japigio (l), ne
cercavano la spiegazione in qualche fatto straordinario dei passato?
D'altronde tutta la regione, ove si vorrebbe porre il sito di Carbina,
cioe fra Brindisi ed Egnazia con Ostuni nel niezzo, tre cittä con grandi
fortificazioni, fra le quali Brindisi con proprio principe (2), era nel
possesso degli indigeni, che non avrebbero tollerato un simile
misfatto commesso quasi sotto le mura di Ostuni (3). Sembrerebbe
trattarsi nieno di una regolare spedizione militare che della sca-
ramuccia occasionale di una soldatesca baldanzosa, avvenuta non
tanto lontano da Taranto, in qualche stazione ove continuavano gl' in-
digeni, che appaiono quasi ridotti a meteci, non preparati alla
difesa armata, ina vendicati unicamente con la pena divina. Se
questo rapporto forse non e ben d'accordo con le nostre idee del-
1' indole bellicosa dei popoli Japigi in genere, pur tuttavia si ca-
pisce come tali maltrattamenti di qualche avanzo della popolazione
indigena, sia isolato, sia bloccato dall'ambiente greco, abbia con-
tribuito -a provocare 1' insurrezione generale contro i conquistatori.
Lasciando ora il territorio di Taranto, per circoscrivere la
regione dei Peucezii o Pedicoli, oggetto di questo articolo, vi e
da ricordare, che gli antichi badando specialmente ai territori vicini
alla spiaggia, la fanno cominciare da Egnazia o fra Brindisi ed
Egnazia, e finire all'Ofanto (Aufidus), cioe alla linea Barletta-Canosa-
Spinazzola; mentre la frontiera naturale verso la montagna e
fornaata daU'andamento delle colline dette Murge, ove la cittä di
Silvion, probabilmente fra Spinazzola e Gravina, ci e indicata come
0 Conf. Not. d. Scavi 1898 p. 196, I.
(2) Antiochos presso Strab. 282 tj nöhg ßaatXevo/niyrj.
(3) Questi scrupoli poi non vengono nemmeno scemati riconoscendo il
sito di Karbina accennato dal Pais I 248, 2.
18 M. MAYER
termine dei Pedicoli. Verso il Sud nell' interno tutto vaga nell' in-
certezza.
Stanno per verificare e completare queste indicazioni generali,
i monumenti, vale a dire nel caso nostro i vasi, i quali lasciano
difatti distinguere nettamente tre classi. secondo le tre regioni
appule degli antichi, se non che la roba peucetica, cioe della
odierna provincia di Bari, s'estende al Nord fino a Ruvo, esclu-
dendo l'Ofanto con Canosa; essa non si rinviene nella penisola me-
ridionale, la cui ceramica viceversa differisce molto da ambedue
le altre classi.
Con questa delineazione generale che bisognava nel principio
di tale studio, non abbiamo perö chiuso gli occhi davanti a certe sot-
todivisioni, ne agli elementi possibili fuori di questa classificazione.
Ed e specialmente il Sud ove verso la regione centrale si spingono
tali elementi. Non parlo *qui del problema della immigrazione Cre-
tica. Vi sono perö nei tempi storici i Salentini e Calabri, i cui
nomi emergono improvvisamente nel secolo IV quando giä i Romani
apparvero sull'orizzonte meridionale. Di sicuro questi popoli, le
cui origini si sono potute rintracciare molto piü a Nord, non erano
immigrati in epoca cosi bassa, ma rimanevano nascosti sotto il nome
generale dei Japigi (cfr. Herod. IV 99), finche spezzata questa forza
politica perfino allo svanire del nome Japigio stesso, venivano a
galla tali nomi parziali. E non erano forse gli unici elementi
della massa smembrata. Giä abbiamo parlato altrove di Egnazia
illustrandone la civiltä speciale, erede o contemporanea della mes-
sapica, e ben diversa, come vedremo, dalla peucetica, malgrado
la vicinanza immediata. Fra Egnazia e la Messapia propria resta
Brindisi ; un' altra isola etnogratica, antichissima stazione degli
Japigi, che respinti da Taranto, si concentravano colä in grande
moltitudine, estendendosi certamente nei territori vicini lungo la
costa marina. Ma mentre per il nome del primo paese, dei rväüm,
non potremmo enunziare altro che vaghe congetture, e quello del
paese situato nel mezzo, Ostuni, vorrebbesi dedurre anche dal
greco ('), i Brindisini si presentano invece chiaramente con un antico
nome nazionale. Si tratta di rettificare la spiegazione antica, de-
[}) Cioe da üaxv, per il nome medioevale Astunium ; etimologia assai
dubbia; io sospetto qui l'antico Stulnium o Sturnium (sulle monete Stv-).
CERAMICA. DELL'APULIA PREELLENICA 19
dotta dalla forma del porto, che sarebbe somigliante ad una testa
di cervo, ßot'idov nella lingua messapica ; il che, pur contenendo
un cenno utile, non pud stare, per varie consrderazioni. Prima
il nome, e specialmente se indigeno, dev' essere anteriore alla
frequente navigazione in quel porto, che appena era cominciata
nell' epoca classica greca. Poi una popolazione che conservava
dei ricordi cosi antichi come quello della affinitä nazionale coi
Bottiaei, abitanti nel golfo Termaico in Macedonia, non avrä
mancato facilmente di un nome proprio, indipendentemente dalla
localitä italiana, ove si era stanziata ftnalmente. Non dubito,
che questa tribü si chiamava cosi dal cervo nel senso prei-
storico come altri popoli da altri animali, i Picenti dal picus,
gli Irpini dal hirpus, i Vitelli dal vitello o toro ('). Rivolgendoci
poi all' interno della regione, seguendo il contine ideato fra 1b
Messapia e la regione centrale, il quäle comincia da Egnazia e si
dirige verso 1' ' Hinterland ' del territorio tarantino, c' imbattiamo
ivi in quei due paesi rimarchevoli che sono Mottola e Castellaneta,
la cui importanza oggi non possiamo che indovinare. Mi pare
incredibile che la roccia di Mottola, che sembra dominare tutta
la pianura fino a Taranto, non abbia avuto una importanza stra-
tegica se non centrale nei movimenti di questi popoli, durante i
tempi delle lotte attorno a quel golfo. E se la storia tace questa
circostanza, forse perche appartenente ad un tempo piü remoto degli
ayvenimenti che si aggirarono attorno alla spiaggia stessa, se anche
di scavi archeologici non si e fatto finora un principio, stä invece il
nome stesso per attestare, se non isbaglio, um delle primissime sta-
zioni dei Japigi spintisi verso il mare mediterraneo. Potremmo mi-
sconoscere MttovXov o MexovXov, V] rcor 'Iccnodwv eCxl xsyaXrj (2),
cioe la capitale nordica dei Japigi, trapiantata nella vicinanza del
golfo meridionale ? A Castellaneta si sono rinvenuti in scavi fortuiti
dei vasi italo-greci ed altri oggetti dell' epoca progredita. Intanto
non e improbabile, vista la tenacitä con cui l'Apulia conserva
tuttora i nomi antichi, che nel Castello di Neta o Aneta ri-
(*) Conf per queste analogie, G. Pais, Storia d. Sic. e d. M. Grecia,
I, 37.
(2) Appian Illyr., 19, Strab. 314. Japodi o Japidi = Japigi: v. Pais I, 66.
Si noti che Motula (sie) e la forma con cui la cittä appula appare prima
neH'epoca Langobarda.
20 M. MAYER
suoni im eleraento identico al Netium (') dei Pedicoli, situato
sulla strada interna conducente a Canosa.
Non ci meraviglieremo, se nel Sud i confini della Peucezia si
confondono per i geografi antichi, inentre il territorio quasi trian-
golare fra Matera, Metaponto e Taranto resta dapertutto fuori del
loro calcolo. II popolo Japigio, quello almeno che i Greci identi-
ficarono per la lingua coi Messapi, si era spinto verso il golfo e
diffuso a tutte le parti intorno; poi respinto e spezzato in vari
modi finiva, pare, per raccogliersi in quelle l isole ' ; forse anche in
piü di quelle annoverate, che formavano quasi il passaggio ai paesi
interni dei loro connazionali, rimasti piü in fondo ma in massa piü
compatta ed uniforme.
CERAMICA DELLA APÜLIA CENTRALE.
I vasi che si devono descrivere e che si possono nel senso
proprio raggruppare sotto il nome di vasi Baresi, si rinvengono
specialmente in quel gruppo di paesi siti nella parte sud della
cittä di Bari (*) : Canneto, Ceglie, Kutigliano e Noicattaro ; si rinven-
gono anche verso il Sud della provincia: in Casamassima, Puti-
gnano e Santeramo ; e verso il Nord, in Bitonto, e con qualche mo-
dilicazione, a Kuvo, dove perö la civiltä Peucezia, sotto 1' influenza
del Nord (Canosa) resta vinta e sopraffatta. Ed e non improbabile
che simili prodotti vengano fuori in altre localitä della provincia
Peucezia, dove sinora non si e badato molto ai vasi rozzi per essersi
tenuto in maggior conto i vasi figurati ; ciö fors' anche perche in
genere gli uni e gli altri non si trovavano insieme nella medesima
tomba, mentre soltanto questi ultimi cioe i vasi a vernice erano cri-
terio per giudicar pagana greca nella loro idea una tomba, ed erano
considerati degni di conservazione. S' intende che di fronte a si
grande quantitä di vasi geometrici che vengono fuori quasi annual-
mente dagli scavi di questi territori, specie dopo che richiamammo
l'attenzione sulla loro importanza, i pochissimi esemplari dispersi
(') Strab. 282. Una cittä Netum esisteva anche in Sicilia.
(2) Nella cittä stessa, piazza Cavour, fu trovato un esemplare regalato
da Giov. Rogadeo: Mus. prov. 3296. Altre tombe di Bari, della medesima
epoca ved. oltre § IV. i
CERAMICA DELL'APULIA PREELLENICA 21
fuori della regione non possono cambiare il fatto in se. Cosi im
esemplare che esiste nella collezione Bourguignon a Napoli, acqui-
stato a Pozzuoli, con im biglietto attaccato, su cui e scritto Cumai,
un altro dell'antica collezione Campana detta. allora di prove-
nienza Caeretana, ora conservato nel Louvre, D 95 del Catalogo illu-
strato di Pottier; cf. giü p. 37; finalmente uno del Museo di Bo-
logna, il quäle potrebbe essere stato importato li nell' antichitä come
il yaso Bologna 334 di stile Nord-Pugliese ed i vasi Appuli di
Novilara (Mon. d. Line. V 298). Poco dubbio resta per la coppa di
stile Peucetico (ad alti manichi) della collezione Bourguignon che
porta 1' indieazione S. Maria di Capua, ove 1' oggetto resterebbe iso-
lato ; come ancora p'er un vaso di stile Nord-Appulo, Firenze Mus.
Arch. 2967, che porta 1' indieazione vecchia priva d'ogni valore,
Maremme di Toscana. —
I vasi di Bari del resto si possono facilmente riconoscere pei-
le forme ed i disegni caratteristici che or ora studieremo ; sono
sempre dipinti a tinta cupa di un color bruno o nerastro, ed anche
perciö si distinguono subito dalla ceramica del Nord (compresa par-
zialmente quella di Ruvo), ove la classe geometrica conserva i due
colori, bruno e rosso o violetto; mentre sono poche le tracce di
un' epoca antecedente in cui anche la Peucezia aveva vasi a vari
colori che verranno descritti nel § VII con tav. V.
I. Urne (').
1. Tav. II. Bari, Museo provinciale 3148, da Canneto. Alt. 0,28.
2. Tav. IL Bari 342. A. 0,32.
3. Tav. II. Bari 3150. Canneto. A. 0,31.
Cratere o urna, che, a parte le varietä dei manichi, rappre-
senta per il corpo il tipo principale del maggior numero dei vasi
peueezi. La metä inferiore del corpo e tonda, un po' panciuta, la
metä superiore piü o meno inclinata. II tipo a avvicina forse piü
che ad altro alle urne di Golasecca, che lo mostrano puro e sem-
plice senza manichi affatto, e s' intende senza cenno di piede o base.
(*) Noto che- i numeri dei vasi sono conservati puranche sulle tavole.
Gli oggetti fuori della serie sono marcati con lettere. Si distingua inoltre la
numerazione dei frammenti § VII.
22 M. MAYER
1. II n. 1 ha manichi a forma di sella per cosi dire, forma
conosciuta in ispecie dalla ceramica sicula antichissima. II piede e
conico e breve come quasi sempre. II disegno della spalla, chia-
miamo cosi la metä superiore, consiste in fasce che chiudono serie
di piccoli quadrati messi a punta, che sono riempiti a lineette paral-
lele ; una delle serie corre attorno al vaso intero, 1' altra muore ove
cominciano i manichi. La pancia o metä inferiore, pel disegno sepa-
rate nettamente con fasce fortissime, offre quel motivo principale
e caratteristico dell' arte peucetica, che rassomiglia ad un p e 1 1 i n e,
nome questo piü adatto a descrivere im oggetto bislungo formato
da una forte cornice a tre lati, aperta al disotto, piena di linee fine
verticali. L' oggetto scompare sempre dal di sotto in una fascia o
in varie fasce del vaso, quasi come un grande pettine intromesso
in un nastro od una cintura. Seguendo il movimento del vaso stesso.
esso si apre un poco, quando e collocato sulla zona superiore, e si
ritira un poco quando sulla inferiore. Non di rado i due larghi travi
laterali sono rastremati in giü. II concetto e 1' origine di questo
Schema verrä spiegato meglio quando si conoscerä piü largamente
il nostro materiale (§ IX in line).
II presente vaso offre un paio di questi pettini morenti in giü
coi denti in un largo sistema di strie parallele. I pettini sono messi
simmetricamente con un grande campo o quadro nel mezzo riem-
pito in senso diagonale con vari sistemi di scacchi e di triangoli
colorati.
2. La differenza principale dal 1° sta nei manichi, che congiun-
gono labbro e spalla come braccia appoggiate sul fianco, ma di una
foggia piuttosto avanzata, cioe di larghe fasce senza sensibile spes"
sore. Spiccano in essi le clepsydre dipinte ; ciascuna fra due punti
tondi ai lati. Del resto gli elementi decorativi sono quasi identici
con quei del n. 1. Nel quadro centrale spicca una grande scacchiera
messa in cima con macchiette nei vuoti triangolari che avanzano.
La divisione che si scorge in questi triangoli, non e arbitraria,
bensi queste linee sono ideate, malgrado le loro irregolaritä. come
i termini di lunghe diagonali incrociate, attraversanti tutt' il quadro,
come e visibile piü chiaramente nel piccolo vaso n. 25 Fig. (§ III). —
Sulla spalla la pittura non poteva portarsi intorno, come nel n. 1,
ove il manico aperto dal di sopra non opponeva ostacolo al pennello
del pittore. Quindi lo spazio vuoto al di sotto del manico oppure
CERAMICA DELL'APULIA PREELLEMCA 23
nell' interno, che dava luogo ad un altro ornamento, formato da
linee convergenti non dissimile a tettoie messe l'una sopra l'altra.
3. L' antica forma indigena qui subisce una trasformazione in
una specie di cratere greco. Perö il manico congiunto col labbro
non rinnega la sua origine dalla ' sella ' semplice per i rifinimenti
a guisa di aculei, piü accentuati ancora nel n. 21., che qui sono
in direzione orizzontale per via del labbro allungato. Si confronti
il cratere rosso di Lecce (34) ove non esistono piü queste differenze
capricciose dovute al sentimento Don ancora perduto del proprio stile.
Quanto alla decorazione, essa mostra sulle parti laterali della
pancia la svastica della quäle si parlerä subito, e parecchie serie
di corte zig-zag a forma di S sulla pancia, sulla spalla, sul labbro
e financo sui manichi. Fra i piedi dei manichi si osserva un qua-
drato di scacchi messo in piedi, e negli spazi irregolari a destra
e a sinistra, gruppi di macchiette.
4. Bari Mus. prov. 666. Alt. 0,30.
Spalla: quadretti a 2 righe, tre fascie, al di sopra zig-zag
a nodi. AI di sotto dei manichi : tettoie. Campo centrale come nel
n. 2, ma i quadretti scuri della scacchiera, invece di essere riem-
piti di colori, hanno una cancellata fine a croce. Campi laterali:
ciascuno ha quattro clepsidre. Manichi, che qui sono perforati:
la fascia divisa da linee trasversali in quadretti vuoti; a questa
fascia precede, come spesso sui manichi, un quadretto largo che
si osserva anche nel n. 2: come il principio di un nastro che
scompare e poi ricompare da capo ; ma colä resta inosservata quasi
come uno sbaglio della pittura ove la tinta non abbia presa, mentre
qui esso e distinto da una serie di macchiette, anzi globuli dise-
gnati con diligenza, accostati di sopra e di sotto da linee paral-
lele. Tali punti o macchiette circondano anche l'orlo del labbro
del presente come del n. 2. Della decorazione interna delle labbra
che e quasi comune a tutti, si parlerä a suo luogo. II piede ha
sistemi di semicerchi ma non pendenti, bensi rovesciati.
Altri vasi un po' piü piccoli dei tipi descritti che si asso-
ciano al n. 2 e 4, sono Bari Mus. prov. 3412 (da Bitonto, Not.
d. scavi 1897, p. 434, fig. 2). 2928.3153; ove s' incontrano nei
campi disponibili talvolta degli asterischi, uno in ciascun campo.
Una impressione alquanto diversa fa 1' urna Bari 3149 colle
due serie verticali di quadretti neri messi in cima, che servono
invece del solito campo quadrato, a separare i pettini.
24 M. MAYER
Accanto al pettine figura in genere una grande svastica,
che va sempre collocata in un posto molto cospicuo. Questo sim-
bolo, ignoto allo stile Nord-Appulo, ha sempre la forma di quattro
gambe con piede, e va eseguito con linee piü forti dal di fuori e
piü fine nell' interno, abbellimento che non manca mai.
Di quei vasi che portano la grande svastica nel quadro cen-
trale o rispettivamente nel laterale, sia in luogo degli scacchi o sia
alternata con esse, vanno rilevati i vasi del Museo di Bari nn. 177.
3657. 3653. 2927.
Delle particolaritä interessanti offre la grande urna seguente
(ed il suo compagno che si trova in possesso privato).
5. Tav. IL Bari Mus. prov. 3149. Alt. 0,27; da Canneto.
Für. 1.
E questo non tanto nella parte inferiore che ha i pettini con
grande svastica in mezzo, quanto nella parte superiore, ove i pet-
tini si trovano insieme con altri ornati. Invece della scacchiera
v' e un sistema di quadretti semplici messi in cima, disegnati se-
condo 1' uso del presente stile con distinzione di uno piü forte ed
altri piü fini. Negli angoli del campo vi sono crescenti dai
quattro lati del quadrato, altrettanti elementi meandrici, cioe uncini
voltati ad angolo nell' interno parecchie fiate, ma non in modo
precisamente rettangolare. Nel centro del quadro v'e un motivo
che non devesi confondere con la svastica; sono due S incrociate,
ciascuno con rifinimenti quasi meandrici ; si potrebbe confrontare
n. 14, ove le due S servono per un simile quadretto, ma collocateuna
CERAMICA DELL'APULIA PRF.ELLENICA 25
accanto all' altra. Fra le strie che riempiono il resto di questa
metä del vaso, si distingue una stretta zona con lunghi uncini
obliqui addentellati, che da lontano, per la piccolezza, rassomi-
gliano a spirali. Tutta speciale e la figura che spicca fra i ma-
nichi (a sella). L' ampio sisteraa di triangoli che colla base comune
rassomiglia ad una tenda, e tanto piü perche i lati prendono spesso
una leggera incurvatura concava, lo si conosce dai primi tempi
dell'arte meridionale ; schema infatti che attraversa tutte le classi
della ceramica appula. Insolito perö e il trinchetto a croce che
si eleva colä al di sopra, con due piccoli rifinimenti verticali a
ciascun braccio : cosa che vuol' essere studiata assieme con certe
altre figure non del tutto identiche, che s' incontreranno sui vasi
presenti.
Per ragione della decorazione identica devono collocarsi in
questa serie alcune urne con m a n i c h i a forma di t u b o.
6. Fig. 1. Bari Mus. prov. 125 A. 0,24.
7. Ivi 3154. A. 0,245; da Canneto.
8. Fig. 2. Ivi 3714. A. 0,26; da Montrone.
Fig. 2.
La maniera di conservare i tubi verticali degli askoi anti-
chissimi in un senso quasi nettamente decorativo anche in vasi
che, essendo largamente aperti, non avevano piü bisogno di quei
scolatoi a canale, e conosciuta dai vasi Leccesi (*) e s' incontra, come
si sa, anche p. es. nel Lazio (Roma), a Suessola ed altrove. A
0) Bull. d. Ist. XII, p. 216.
26 M. MAYER
Bari e nella Peucetia in genere i tubi compressi e trasforaiati in
manichi offrono la particolaritä di restringersi in un collo con la
bocca distaccata come un bottone.
II n. 6 ha un manico a sella e invece dell' altro, un tubo in-
tero come gli askoi veri (n. 15-17) che poteva servire da scolatoio,
mentre si copriva l'apertura centrale. La forma e la probabile
funzione ricorda un poco quello pseudo-askos con decorazione Nord-
Appula trovato nelle Pizzughe d' Istria (l) e queilo di disegno piü si-
mile allo Stile peucezio, che e pubblicato da Laborde Vases Lamberg
II 48, 43. Questi sono sormontati da unansa semicerchiale imitando
un forte filo di bronzo per sospendere il vaso. II corpo dei vasi
Baresi e piü tondo, per non dire sferico, delle urne studiate finora,
ma non senza accentuare, almeno nel disegno, la distinzione della
spalla. La parte inferiore offre i soliti motivi del pettine e della
grande svastica (6) o dei pettini soli nel mezzo separati da sem-
plici tratti orizzontali (7). La spalla del n. 7, dipinta in maniera
piü andante, ha un grande zig-zag a linea raddoppiata, quella
del n. 8 un ornato piü fine, che vedremo meglio poi (conf. n. 21).
II primo (6) ha bisogno di essere descritta nei particolari. Una
delle strette zone della spalla, che sono spesso interrotte da li-
neette verticali, tiene quegli uncini obliqui, giä incontrati nel
n. 5 ma piü corte e fatte in una maniera un poco trascurata ;
il tubo offre alla fronte un altro pettine, dove e rilevato soltanto
il bordo orizzontale, e alla parte contraria, cioe del manico, una
figura assai speciale: prima il conosciuto sistema triangolare a
' tenda ' onde si eleva quasi come un candelabro con molte can-
dele, un fusto verticale con uno trasversale, il quäle ultimo e guar-
nito di 11 o 13 piccoli oggetti verticali; il fusto principale e
condotto a traverso la ' tenda ' fin alla base, forse per la sola
comoditä del pittore, che trovava tale espediente piü semplice che
attaccare la linea in senso strettamente verticale sulla cima della
base. E palese la somiglianza con la figura dell' urna 5, ma non
meno evidente la differenza.
La fine di questa enumerazione facciamo con due vasi di
una fattura non identica, ma ben diversa da quella presentatasi
i1) A. Amoroso, Le Necropoli preistoriche dei Pizzughi. Atti e Mem.
d. Soc. Istr. di Archeol. 1889, tav. V, 1.
CEKAMICA DEIX'AHULIA PREEI.LENICA 27
nei prodotti finora descritti. La provenienza non e accertata, ma
di sicuro non lontana da Bari:
9. Fig. 3. Bari Mus. prov. 3650. Alt. 0,25. ürna come
n. 1 segg. con manichi a sella a piede svelto. Sulla spalla due
serie, non separate, di quadrati con cancellata e croce ; i quadrati,
messi sulla punta piü grandi del solito. Sulla metä inferiore,
Fig. 3.
grandi pettini e nel mezzo, disposti secondo la diagonale, scacchi
e quadrati (mezzi e intieri) come quei primi. AI disotto le solite
strisce o fasce parallele, continuate qui anche sul piede piuttosto
alto, ove poi le due ultime strisce sono congiunte da gruppetti
di verticali.
10. Tav. III. Bari Mus. prov. 3651. Alt. 0,195. Urna 'di
corpo piü tondo, piü globoloso ancora di quelle due munite del
tubo. II labbro e attondato e non si distacca, come i precedenti,
ad angolo con profilo dritto dal corpo. Le anse di forma tonda
piü semplice delle altre stanno di sbiego, e restano molto al di-
sotto dell'altezza del vaso. Precisamente questo tipo di cratere
o zuppiera si trova giä fra i vasi geometrici di Taranto (e si incon-
trerä in una forma piü rüde a Santeramo ; 24). Ma il loro stato fran-
tumato non permette di constatare se il piede giä era foggiato
come il presente, che sebbene basso, e di una certa eleganza,
concavo e senza sensibile distacco dal corpo. In quanto alla deco-
razione, che riguarda soltanto la parte superiore, essa offre senza
simmetria la solita svastica accanto ad un altro pettine, quest' ul-
timo con poca distinzione del bordo e con denti meno fini del
28 M. MAYER
solito. Nel campo laterale presso ai manichi vi sono due sistemi
triangolari opposti con le punte a modo della clepsidra, ma a
linee curvate, concave in specie nella metä superiore, che anche
nell* interno differisce, offrendo una linea incurvata in se stessa
in modo di un triangolo aperto, motivo caratteristico per il pre-
sente stile. Dal disopra e dai lati della figura, che non giunge
l'altezza del quadro, escono per animare l'avanzo di spazio, linee
dritte a croce, come i rifinimenti di una croce irregolare in parte
coperta dalla clepsidra. (l)
Un gruppo per se formano le tre urne seguenti di stile quasi
identico, che presentano forma e decorazione della serie 1 segg.
in uno stadio alquanto anteriore (2).
11. Tay. IV e. Fig. 4. Bari Mus. prov. 3508. Alt. 0,25 ; da Ca-
samassima.
12. Fig. 5. 3493. Alt. 0,20 : probabilmente da Ceglie di Bari.
13. ib. 3152. Alt. 0,235; da Canneto.
La forma e quella del n. 2 con manichi a fascia, di propor-
zioni piü pesanti nella metä inferiore, con la spalla alta, cioe
assai inchinata, di proülo duro, dritto, che per il distacco dalla
pancia ha quasi l'effetto della concavitä. Come le fasce orizzontali
che dividono le due metä, sono relativamente deboli, cosi 1' intera
pittura ha qualche cosa di magro in confronto alle precedenti,
che hanno spesso un aspetto ricco, pe:- non dire ingombrato. Pet-
tini e svastiche, alternate con simmetria e senza, adornano la parte
inferiore ; i pettini con poca distinzione del bordo. Sulla spalla si
distingue una zona principale e piü in giü un'altra, stretta. In
quest' ultima si scorgono o piccoli triangoli (con un secondo nel-
1' interno, e base comune) contrapposti in senso alternante, o
quegli uncini ritrovati nel n. 5 e 6 che si direbbero spirali ad
angoli, se non fossero lievemente addentellati anzi che realmente
congiunti. La zona piü larga, vicina al labbro, offre nei n. 11-12
quei motivi interessanti che non puö descriversi altrimenti che
quäle meandro triangolare ; cioe la base di un triangolo maggiore
e da ciascuna parte rivolta all' interno, in modo da formare due
(*) Quasi un compagno di questo, anche per la provenienza, e Mus.
prov. 3652, ove la metä superiore della clepsidra falsa e ripetuta in senso
rovesciato al di sotto dei manichi.
(2) Di questo tipo e il vaso di Berlino 3908.
CERAMICA DELLAPULIA I'REEIXENICA
29
uncini triangolari; cosi almeno nel n. 11, mentre nell' 12 le
curvature sono meno regolari formando anche tre o quattro volte
angoli diversi, tendenti ora al quadrato, ora al trapezoide. E di
Fier. 4.
questo tipo irregolare e anche quell' uncino isolato che va annesso
(sempre internamente) vicino alla cima della figura principale,
sieche — a parte la base aperta — si ha 1' idea di ud triangolo
Fig. 5.
con ornati piü o meno eguali nei tre angoli. A traverso del tutto
passa come linea conduttoria un grande zig-zag. Corrisponde nella
maniera perfettamente il disegno visibile sul manico del n. 11,
30 M. MAYER
una specie di clepsidra, ma con le basi aperte da una parte,
perche formato da due uncini incrociati rivolti in senso triangolare.
Brevi cenni triangolari sono inseriti sul labbro.
II pittore del terzo vaso si e liraitato a mettere invece di
quel sistema un poco complicato, due cenni triangolari con in
mezzo la figura 1 1 (pag. 39) che ritorna nell' askos 30 in forma
piü semplice, cioe i motivi che il n. 11 adoperava in luogo se-
condario e sui manichi, il saggio di una linea ondulata ad angoli,
specie di greca primitiva.
Questi tre vasi ed i precedenti n. 5 e 6 ci offrono nientemeno
che gli elementi fondamentali, dai quali dovette svilupparsi il
meandro greco. V'e l'uncino meandrico, v'e la fascia accennata
che continuata s' incontra almeno su di un vaso, una tazza Barese
dell'epoca; ne mancava finalmente in un'altra parte di questo am-
biente (37. fr. 9, 10) il meandro a forma di piede, l'elemento isolato
o in due. Bastava di congiungere parecchi dell'uno o l'altro tipo,
per arrivare alla fascia meandrica, la cui giunzione interna degli
elementi giä era indicata dal tipo a forma di piede. Ma non si
giunse oltre all' unire due uncini in senso contrario a forma di
un S, come vedremo nel prossimo vaso. E neppure questo passo
si e fatto ancora nelle urne presenti. Tanto lontani si erano dalla
idea della fascia greca, che punto badavano quäl specie di figura
tendesse a formare la linea spezzata, se triangolare o rettangolare
o poligonale o — ciö che non avviene punto raramente — un sistema
misto da due elementi diversi. Ci troviamo dinnanzi ad uno stile
tutto speciale, che con la sua maniera, di trattare e variare la
linea spezzata sia a forma di sporgenze o di figure indipendenti,
affronta in principio i freni della fascia rigata e piü di tutto la
norma orizzontale. Sembrando a prima vista bizzarri e capricciosi,
ma seguendo una legge interna stilistica, i tratti scorrono come una
scrittura, che si direbbe talvolta quasi r.orsiva, guardando p. es. la
croce del n. 24, in modo che non riesce facile' rendere subito o
imitare dalla memoria, figure come quella 11 pag. 39.
Proprio questa maniera si osserva nelle spirali geometriche
che si scorgono qui soltanto nell'arte paesana dall'Apulia. Certo
nella classe Barese, priva completamente del compasso per fino
alla deflcienza di ogni traccia di cerchio, non aspetteremo i cerchi
con tangenti. Ma sorprende a vedere con quanta cura minuziosa
CKRAMICA DELL'aPULIA PREELLENICA 31
anzi con quanta speditezza gli uncini vanno eseguiti e spezzati
piü tosto 3 o 4 volte, addentati fra loro ma senza contatto dei
rifinimenti, mentre sembrerebbe cosa piü ovvia e commoda di
attondirli ad un solo tratto. E le varietä che si verificano anche
qui, confrontando p. es. il n. 6 e 5 con il tipo del n. 12, rivelano di
nuovo una maniera abbarbicata, non inspirata da qualsiasi influenza
estrinseca.
Una conferma per quel che si e detto, possediamo in quel bel-
lissimo vaso, regalato con un altro (n. 24) dal cav. De Laurentiis :
14. Tav. III. Bari; Mus. pr. 3646, alt. 0,17 senza manichi;
contrada di Santeramo.
La forma ben diversa dalle precedenti, si presenta quasi
come due emisferi, privi della calotta polare, onde si elevano due
manichi ad orecchio appuntato. La parete e finissima ed il tutto
della massima perfezione tecnica, alla quäle corrisponde la rara
precisione e nettezza del disegno. La zona inferiore adornano grandi
svastiche e pettini, alternati senza simmetria, la superiore ha da
ciascuna parte due campi quadrati, uno colla svastica, l'altro con
un bellissimo sistema di meandri, messi in senso diagonale. A
primo aspetto si crede di scoprire un sistema di vere greche, men-
tre in realtä le diagonali consistono soltanto in sistemi di due
elementi meandrici uniti in un gruppo a forma 'di un S, alla quäle
composizione si aggiunge un elemento isolato nel centro e uno in
ciascun angolo esterno della figura. In forma piü semplice i due S
sono ripetuti sui manichi in un quadrato messo sulla punta, con
elementi isolati aggiunti questa volta ai lati per riempire gli an-
goli vuoti; altri saggi meandrici sono sparsi sul collo, yicino al
labbro del vaso. Si deve confessare che questi artisti analfabeti
sapevano profittare dei pochi motivi di cui disponevano, con una
abilitä ed un talento, che sorprende e che produce degli effetti dav-
vero simpatici. E pure il tipo un po' arcaico del vaso, foggiato
senza piede e con queste anse, nonche del pettine, coi denti
grossi nell'interno, muove dubbi, se il pittore volendo, avrebbe
potuto continuare il sistema meandrico perfino ad una fascia sana
orizzontale, e se cid non uscisse dalla cerchia della sua conoscenza
e tradizione. Questo passo non lo vediamo fatto se non su vasi
imitanti anche nella forma, modelli greci.
32
IL Altre forme. — Decorazione ad arco.
Finora abbiamo taciuto costantemente della decorazione del
labbro, di quella parte cioe interna che, sebbene non e sempre vi-
sibile sulle nostre figure, certo non sarä rimasta grezza in vasi
cosi riccamente dipinti. Nel solo n° 3 fu notata la serie di zig-zag
del vaso, ripetuta sul labbro, proprio perche si trattava di una
eccezione. II resto di questa serie, compresi molti simili esemplari
non descritti, e costante ed offre, se mai il labbro ha sufficiente
larghezza, o archi lineari o merletti neri ad arco, orlati o no
di lineamento fine o, finalmente, raggi neri piü o meno fini,
inclusi o no da una striscia larga inerente alla parte interna
ed esterna del labbro. S' intende che questi Ultimi motivi deri-
vano dal sistema degli archi lineari; riempita di colore la
parte interna del labbro, nacquero prima i merletti neri con
segmenti bianchi al di fuori, e per un processo di degenerazione
quei raggi stretti che si conservano poscia anche su vasi mi
nori, p. e., bicchieri di disegno non piü geometrico. Un processo
alquanto simile si svolge sulla spalla dei vasi. La dai tempi an-
tichissimi, esistevano spesso due serie di triangoli contrapposte a
denti alternati (l), fra le quali rimase un vuoto a forma di zig-zag;
col tempo si cominciava ad accentuare questo movimento con una
linea, che in seguito rinforzata ed abbellita, fini per scacciare o
assorbire i triangoli, come si scorge su varie urne (2), del resto identi-
che con le altre per stile e fattura. — In quanto al labbro lo svolgi-
mento dal sistema lineare, contornato, al massiccio, per cosi dire,
dev' essere cominciato assai presto. I pizzi neri sono comuni giä in
classi molto anteriori (§ VII) e compaiono poi ridotti a raggi
stretti, maniera in genere. che per la sua eleganza stona alquanto
dal restante, e se ritrovati in frammenti come a Putignano, fa-
rebbero facilmente aspettarci un corpo giä decorato quasi in uno
stile greco. Le tre urne 11-13, di certo le piü antiche in questa
serie, d' altronde affinissime fra loro, mostrano tutte e tre varietä ;
gli archi soli (11), i pizzi neri (12) ed i raggi stretti, qui anche
separati e messi in distanza (13).
(i) Per es. Tarauto 34.
(2) Per es. n. 7 e Bari 128. 3151.
CERAMICA DELL'APULIA PREELLENICA 33
Tale decorazione e abituale anche allo stile delle altre re-
gioni, ma per il labbro solo e per il piede, se ce n' e. La pre-
sente classe invece 1' adopera pure per il corpo, come si vede nei
seguenti vasi, che ho dovuto rimandare fino a qui, malgrado la
identica epoca e fattura, trattandosi di forme differenti con dimen-
sioni minori, che forse perciö si prestavano meno alla decorazione
larga e ricca prescelta per le urne.
15. Fig. 6. Bari. Mus. pr. 1551. Alt. 0,135. Askos di
corpo un poco ovale con bocca a foggia di tubo corto e largo e
Fig. 6.
con canaletto per sugare alla parte contraria ; piede breve conico,
manico sul dorso a forma di fiocco o anello allungato. Sul dorso
una serie di zig-zag a forma di 2 e un doppio ordine di quadrati
(in piedi) riempiti di lineette; conf. n. 21. Due metä del corpo sono
anche qui distinte da una fascia larga; da essa pendono semicer-
chi in serie doppia, il resto del corpo e coperto di strie paral-
lele. II collo offre, laddove egli si attacca al corpo, un disegno
che ricorda quasi il petto di un cavallo bell' e guarnito, rispec-
chiando bene, con le strie inclinate che ricevono in fine due orizzon-
tali morenti, il movimento piuttosto ideato che eseguito del collo :
insomma tutto rivela quel sentimento fino e sicuro per stile e con-
sistenza che distingue questa intiera ceramica.
3
34 M. MAYER
16. Tav. III. Bari. Mus. pr. 2395. Alt. 0,14. Jskos si-
mile al n° 15. Qui nella zona inferiore si riscontra quel che si e
detto sulla decorazione dei labbri delle urne : lo spazio presso le
parti concave, che prima rimase bianco, e riempito di colore e si
prevede, che, come i due archi sono in genere ridotti ad uno (con
eccezioni visibili a destra), cosi in im prossimo yaso, dipinto forse
con un po' di trascuratezza, anche quest'ultimo arco verrä omesso.
In quanto al disegno del dorso, vi e soltanto la serie di zig-zag
che si estende fin vicino al collo.
17. Fig. 6 bis. Bari. Mus. pr. 2962. Askos, da Noicattaro.
Alt. con manico 0,155. II corpo, piü globoso con piede brevis-
simo, manico piü alto, e intieramente coperto da strie parallele ;
fra quelle della parte inferiore si distingue una serie di archi pen-
denti, e fra quelle piü fine della spalla, due serie (separate) di punti :
il resto col manico, trattato quasi come un coperchio, riprende le
strie piuttosto larghe. Notevole il pettine applicato al collo, e al
di sotto della base una grande croce colorata, motivo giä incon-
trato sulla grande tazza a torzella Messap. flg. 20 (1), cf. il nostro
n° 23, e ripetuto due volte su di una urna o zuppiera di Sante-
ramo, qui sotto, n° 24, raffigurata Tav. IV.
18. Fig. 7. Bari Mus. pr. 3498. Alt. 0,125 Diam. mass. 0,17,
probabilmente da Ceglie del Campo.
Specie di ' fruttiera ', che serviva perö piü probabilmente da
sostegno per qualche altro vaso privo di piede, sia un askos — gli
askoi perö di stile corrispondente sono tutti appianati al di sotto
(') Bull. d. Ist. 1897 p. 245.
CERAMICA DELl/APUUA PREEl.LENICA 35
o muniti di una base — ossia per una coppa emisferica di metallo o
vetro o qualche materiale esotico, come se ne trovano p. es. a Ca-
nosa tanto in originali che imitati in creta, e proprio di dimensioni
corrispondenti (Bari 1478. 1232. 3325 =Not. d. Sc. 1898, pag. 203
fig. 6). Una 'fruttiera' di simili dimen-
sioni trovai a Canosa füori dello scavo,
perduta nel terreno (Bari 3327) ; la coppa
e piü bassa, ma proprio per questa ragione
non adatta a ricevere frutta o simile, bensi
fatta per appoggiare qualche altro piatto.
L'interno della nostra e riccamente dipinto.
Fi 7 Un cerchio diviso in quattro parti come
le roteile dei vasi Leccesi, schema che ri-
corre al di sotto del piede ('), e circondato a poca distanza da un
largo sistema di archi colorati e contornati come se ne vedono sulla
parte esterna. Per tener la distanza fra l'uno e 1' altro serve una
di quelle zone strettissime divise con gruppi di lineette.
19. Bari Mus. pr. 3499, provenienza uguale. Piccola coppa
diam. 0,117 con cenno di base, decorato all' interno in simile ma-
niera, sistema di archi colorati con grande ornato centrale. Quest' ul-
timo, per quanto la condizione sciupata lascia discernere, dev' es-
sere stata quella svastica complicata o croce meandrica che — per
non uscire dalla Apulia — si scorge nel nostro vaso 31 fig. 17 e su
di una gioielliera d'oro, trovata a Noicattaro, conservato nel Museo
di Bari (2) che riproduco qui per curiositä tav. III F). Sui vasi
Baresi propri della classe presente quel motivo si trova raramente,
p. e. su 308 al di sotto del piede.
20. Tav. IV. Di simile stile e di uguale provenienza e anche
la urnetta (alt. 0, 11) Bari Mus. prov. 3794, di cui non avrei
data la figura se non avesse una certa raritä di forma con le anse
messe vicino alla base: forma resa con poca chiarezza del profilo,
(J) Tra i vasi della presente classe cf. Bari 3151.
(2) No. 1660, 1660 a. Diam. 0,045. 1 piccoli coni, dei quali uno e con-
servato (alt. 0,016), erano una volta muniti di pietre dure. Di altre tre pietre,
piü piccole, la lastrina a d. conserva le montature. II cono ha in rilievo tre
svastiche della forma comune, segregate per piccoli triangoli ascendenti, con
alcuni archi rovesciati, immisti irregolarmente. Per i due serpi aggruppati con
le svastiche conf. la scatola Tebana, Jahrb. d. Inst. III p. 357.
36 M. MAYER
raa che giudicando da vasi come flg. B tav. IV Bari 2828 (Egna-
zia), 3407 (Canosa) ed altre analogie (fig. A tav. IV, Mus. di
Taranto 135) deve rimontare ad un tipo antichissimo, che riscon-
treremo nelle classi anteriori (*).
21. Fig. 8. Un poco diverso per la fattura e V aspetto ge-
nerale e il cratere da Valenzano, di possesso privato. Oltre alla
decorazione a semiarchi concentrici, prescelta per le discrete dimen-
Fig. 8.
sioni del vaso che ha, per questo tipo di urna cosa insolita, soltanto
l'altezza di 0,18, spicca sulla parte superiore una fascia alquanto
speciale, che ricorre, se se ne tolga la piccola modificazione nel
n. 15, su altre diie urne: una giä 1' abbiamo incontrata (n. 8);
1' altra di uguale decorazione (pettini, svastica) del corpo, simil-
mente tondo ma con manichi a sella, fu trovata a Putignano ed
e conservata colä nel Municipio. Queste due hanno i quadretti
riempiti di puntini ad una o due serie o gruppetti meno regolari.
Alla presente classe appartiene chiaramente il vaso pubblicato
da Läborde, Vases Lamberg II 48, 42; una pignatta ad un ma-
nico, di tipo poco caratteristico (cfr. la nota pag. 38, 1). Ess a ha,
per eccezione, i semicerchi incorniciati in un campo bislungo, e sul
Q) Conf. anche Berlino 253.
CERAMICA DELL'aPULIA PREELLEMCA 37
labbro archi con triangoli im po' attonditi ; sull'orlo del labbro
piccoli punti o macchiette (').
Temerei di stancare il lettore, se volessi qui enumerare e
catalogare tutto il raateriale Barese decorato in questo stile, visto
che ci resta ancora da studiare piü di una classe diversa e piü
antica. Basti menzionare sommariamente il gran numero di urne
decorate cogli elementi osservati finora in due serie di vasi. Se-
condo le dimensioni prevale 1* uno o 1' altro sisteraa, in modo che
il secondo, quello ad archi, va prescelto per i vasi minori, pur
dominando nell' uno e nell' altro sui labbri, spesso intimamente
connesso con elementi triangolari, abilmente inseriti nei segnienti
ed altri spazi yuoti.
Nella gradazione di dimensioni che insensibilmente scende fin
alla tazza, nel senso moderno, una notevole differenza si verifica
tutt'al piü nei manichi, che con la loro
fascia larga e fina, foggiata ad orecchio
tondo, spesso superaoo 1' altezza della
urnetta. Le tazze hanno spesso uno o
due manichi ad orecchio appuntato, perö
con la cima solcata come cuojo, non
proprio biforcati come quei della Dau-
nia. Di questo tipo raffigurato qui (22,
... 0 fig. 9) in un esemplare di Putignano
e in un altro trovato a Bari (gruppo
fig. 9 pag. 38) e p. es. una tazza a Bologna, Sala VI, che per
forma, disegno e creta mi ricordö subito la roba Peucezia in
ispecie della contrada di Rutigliano ; essa ha nella parte inferiore
semicerchi concentrici, sulla spalla, vicino al labbro, una serie
di questi uncini \\\\ comunissimo disegno, e sul labbro stesso
gruppi di linee verticali. Si confrontino le numerose tazze Baresi, alle
quali pure appartiene, come giä fu notato a principio, il vaso (2)
(') Finito lo stile geometrico, appare talvolta su certi bicchieri greciz-
zanti, messa vicina all'orlo, una serie di piccoli semicerchi duplici di una forma
un poco allungata, avvicinata all' ovale, che potrebbe essere inspirata dagli
ovuli dei vasi greci figurati.
(*) Non capisco perche 1' autore voglia confrontarlo con tazze di Rodi
come A 288 del catalogo (si poteva con lo stesso diritto o torto riferire al
Dipylon), che oltre ad una decorazione diversissima, hanno manichi alti e quasi
diritti ed un collo verticale senza labbro.
38 M. MAYER
Louvre D 95, che nel catalogo di Pottier non lascia ben discernere
gli archi pendenti concentrici.
Le stoviglie di questa classe, secondo la sobrietä del loro ca-
rattere generale, si limitano a poche forme, e non presentano punto
quella varietä bizarra propria all' arte del nord. Oltre alle tazze
— che del resto, qualora sieno di qualche dimensione e ad un
manico tondo, portano talvolta una sporgenza a spina, conosciuta
anche in altre regioni, sul manico laddove la mano di quel che
versa o beve, metterebbe il pollice (l) — meritano una breve men-
zione le coppe, che sono quasi sempre grandi (0,16-0,19) e della
forma profonda conica, come sulla fig. 10 in genere munite del ma-
Fig. 10.
nico a sella, piü raramente attondito. La loro decorazione e sempre
della piü grande semplicita, con gruppetti di tratti verticali sull'ansa
e attorno al labbro, che e rivolto all' interno, e con un cenno di
disegno nel centro, questo perö senza cerchi circondanti, perche in tal
luogo ristretto ci voleva il compasso e non bastava il tornio solo ; i
primi tentativi titubanti di mettere colä i cerchi, si verificano sotto
1' influenza greca e col finire del disegno geometrico, anche di quel
•0 Per es. Bari 3155, 3158, c di epoca un poco posteriore 3164, 3612
La forma del vaso di Novilara Mon. d. Line. 1895 p. 121 fig. 12, attribuito
all'Apulia, non trova colä finora riscontro preciso. Si potrebbe magari confron-
tare il vaso Laborde, v. p. 36 ; sorprenderebbe perö in questo ambiente ]a
fascia greca, continuata attorno al vaso. Una somiglianza anche lontana coi
vasi del Museo Napol. illustrati dal Winter Ath. Mitth. XII 241, 11, cioe con
roba Nord-Appula, non rai riesce di vederla. Con questo perö non intendo
di eseludere la possibilitä della attribuzione fatta dal Brizio.
CERAMICA DELL'APULIA PREKLLENICA 39
poco nel centro delle coppe. — Conviene in fine notare, che se alcuni
tipi di urne o cratere come il n. 6 abbisognavano assolutamente di
un coperchio, e d'altra parte v'e nessuna traccia di coperchi negli
scavi, dovevano proprio essere queste coppe o sxno^iara che ser-
vivano — come si e osservato in altri siti antichi, — allo stesso
tempo per coprire il recipiente. II fatto e che esse per foggia e
misure si combaciano completamente alle aperture delle urne.
Fig. 11. Fig. 11 bis (v. pag. 46).
III. Un supplemento
non privo di qualche interesse formano i vasi seguenti, in maggior
parte tazze a due rnanichi, ad orecchio tondo.
*23. Bari Mus. prov. 2445. Bullet, d. Ist. XII p. 245 fig. 20.
Questa pignatta — giä prima illustrata e perciö rilevata con
un asterisco dalla serie nuova — che per la foggia del corpo e
dei rnanichi un po' compressi, lasciavasi confrontare con le torzelle
primitive, risulta appartenere all' ambiente Peucezio tanto per la
disposizione dei disegni che per la fattura un po'rozza ed irrego-
lare — il vaso sta male in piedi — che lo avvicina alle tre tazze
che seguiranno. In quanto ai quadrati graticolati della spalla, messi
a qualche distanza fra loro, non trovo sinora riscontro per tale dispo-
sizione se non sul n. 32, che e pure di un tipo speciale e si
allontana alquanto dal presente stile. II tipo delle grandi croci
invece con la concavitä dei lati esterni ed un quadrato nel centro,
s' incontra tal quäle sul fondo dell'askos 17 e su ciascun lato di
una zuppiera di fattura piuttosto irregolare che arcaica, proveniente
dalla tenuta De Laurentiis vicino a Santeramo:
24. Tav. IV. Bari Mus. prov. 3647 alt. 0,21. In questa ma-
niera a linee curve sono altrove (l) trattate talvolta le clepsidre,
0) Cfr. la brocca Caeretana, Louvre catal. ill. D 75, o la coppa Eodia
ivi A 298.
40 M. MAYER
sembra per mera trascuratezza, meotre nell' arte presente ci entra
una certa tendenza a variare, come si vede dalla clepsidra lineare
tra i manichi del n. 10. Quella stessa croce perö che troviamo
giä nella ceramica antichissima dell' Oriente Greco, di Cipro ('),
Rodi e Creta (2) che altro e se non una coppia di clepsidre incro-
ciate, motivo in ispecie comodo per ravvivare uno spazio quadrato
o circolare (3). II quadrato centrale serve a distaccare meglio le
braccia, e si faceva in modo seraplicissimo quando in due coppie
di diagonali s' introduceva colore nei quattro angoli, lasciando vuoto
o no il quadrato centrale (4).
25-27. Tre piccole pignatte di Ceglie; alt. 0,06-0,08.
25. Fig. 12. Bari Mus. prov. 3495.
Da ciascuna parte vi e un campo quadrato con diagonali
tutto in linee doppie, con un altro quadrato messo al di sopra in
senso diagonale; metodo di decorazione
giä notato sopra, nelle urne n. 2 e 10
(in fine) ; 1' interno rassomigliante da
lontano alla scacchiera, consiste invece
di serie confuse di raacchie bianche con
dentro macchiette nere; le linee verti-
cali che accompagnano la cornice, sem-
brano rivelare la dipendenza da una
composizione di campi quadrati, di-
visi come di solito, con linee piü fine.
„. 10 Dai manichi alla base si estendono tre
Fig. 12.
larghe strisce. La spalla accenna fra
istrettissime fasce due serie di triangoli ed inoltre — sproposito
portato seco dalla trascuratezza evidente — degli uncini contrap-
posti come quelli del n. 31, ma in senso orizzontale. Le labbra
offrono un cenno trascurato dei pizzi neri ad arco. — Subito si
riconosce che i motivi principali sono presi in prestito dalle grandi
urne, non ostante le doppie strisce verticali, avanzo un po' ar-
C1) Coli. Cesnola tav. CVIII 865-867.
(8) Cf. Jahrb. d. Instit. I Anz. 134. Louvre, A 298 del catal. illustr. di
Pottier. Cf. anche la brocca Caeretana Louvre D 75 catal. ill.
(3) Cf. Wide, Mitth. d. Ath. Inst. XXII fig. 10. 12.
(4) Questo tipo offrono anche bronzi di Olympia, Furtwängler XXV 502 ;
e in graffiatura, di Glasinac : Hoernes Urgeschichte d. bild. Kunst. Taf. XX 4.
CERAMICA DELL APULIA PREKLLENICA
41
caico. La prova ne e data dal 26, che e rimasto in possesso
privato, mentre le altre due passavano al Museo. Una grande sva-
stica, copiata nello stile conosciuto, copre la maggior parte della
parete ; dal rovescio si scorgono, uno sull' altro, due sistemi lineari
di losanghe, con dentro due altri colorati ; per il terzo, che si era
cominciato, non bastö lo spazio, mentre un quarto fu annesso al
di fuori. Fra questo gruppo irregolare e la svastica vi sono dei
travi larghi verticali (due) similmente al n. precedente, congiunti
perö con due tronchi di non minore doppiezza (').
27. Fig. 13. Bari Mus. prov. 3496.
La forma dei manichi e im po' com-
pressa come nel 23. Sulla spalla un me-
schino saggio di scacchiera. Sulla metä
inferiore alcune losanghe a graticola, spro-
porzionate anche queste alla piccolezza
dei vaso, incluso in due paia di forti ver-
ticali, che perö da fuori s' incurvano in
modo da formare un trapezio concavo ;
s' incrociano con una simile cornice allar-
gata in giü, contenente linee piü fine, figura che occupa il posto al
disotto dei manichi.
Un altro gruppo e formato da due urnette o grandi tazze a
manichi alti e tondi, al quäle si associa, per certi particolari, un
piccolo Askos.
28. Fig. 14. possesso privato; da Putignano. Alt. senza ma-
nico 0,135.
29. Fig. 15. Bari, Mus. prov. 3156; da Canneto. Alt. senza
man. 0,16.
30. Fig. 16. Bari, Mus. prov. 3500; da Ceglie. Alt. senza
mau. 0,13.
II primo vaso offre nel campo della spalla le conosciute figure
triangolari in due serie contrapposte, attraversate da una fine linea
a zig-zag; nella zona al disopra, vicino al labbro, campi bislunghi,
alcuni con un zig-zag irregolare, la quäle decorazione e anche
applicata, sui manichi (conf. inoltre la nota 1 ). Insignificanti sono le
linee convergenti al disotto dei manichi ed il disegno che si trova
Fig. 13.
(») Cfr. § VII framra. 10.
42
M. MAYER
al di sotto della base, cioe due diagonali cogli angoli congiunti da
linee concave. 11 labbro ha archi con saggi di meandro triango-
lare nei vuoti. Desta invece interesse la metä inferiore del corpo,
ove, alternati con piccoli sistemi triangolari sporgenti dalla fascia
principale, appaiono elementi meandrici rettangolari ('); e a ciascuno
di questi ulimi si attacca una linea prima rotta, poi dritta, quasi
come un fulmine, estendendosi sino alla fine del vaso, al cui piano
e soltanto tolta una strettissima zona per non porre la stria finale
proprio sul piede.
In forma piü genuina lo stesso particolare si presenta sul
piccolo Askos (30), ove la linea passa svelta e senza ostacolo
proprio sino alla base, che e priva di piede. II resto del disegno
e semplice, notevole perö sul petto o per meglio dire sulla parte
anteriore del collo, una figura simile del n. 13, ma abbreviata; una
nuova combinazione dei noti elementi.
Figr. 14.
Fior ]5.
D' altronde la seconda urna (29), per il detto motivo, si allon-
tana ancora piü della prima dal tipo originale, qualunque fosse 1' idea
della linea a fulmine. Come sulla spalla, che offre un disegno
simile al primo, il grande zig-zag e formato da due linee, cosi
anche la linea a fulmine e raddoppiata ed inoltre ripetuta a modo
di un gruppo simmetrico che finisce molto prima del corpo, essen-
dovi due fasce orizzontali aggiunte, giusta la maggior altezza del
piede. Nel mezzo, fra i due fulmini, si osservano alcune lineette
sporgenti dalla fascia principale.
{}) Un simile elemento rettangolare si trova anche sul principio delle anse.
CERAMICA DF.LL'aPLLIA. PREELLEMCA 43
In quanto alle brevi linee pendenti ed agli altri brevi ornati
(triangolari e qnadrati) sporgenti dalla fascia principale del vaso, vi
si riconosce una ereditä vetusta dello stile appulo, visibile, comin-
ciando da Taranto, sotto varie forme in quasi tutte le classi. In
origine tali sporgenze venivano attaccate ai contorni delle figure
geometriche, in qualunque direzione, e non regolate ancora secondo
la norma orizzontale, che giä prevale nello stadio attuale. Un cri-
terio diverso richiedono le linee lunghe a fulmine, che sembrano
come termini di qualche filo volante liberamente, e percid nel n. 28
aggiunte inorganicainente alle sporgenze della cinta. Se esse sem-
bravano finora dure come fili di ferro, e sti-
lizzate da ambedue i termini, lo stesso con-
cetto possiamo, in forma piü libera, ricono-
scere su quella pignattina trovata a Suessula
(Notizie degli Scavi, 1878, tav. IV, 4), e ri-
cordante piuttosto lo stile appulo che sues-
sulano. Cola, pendono nella sfera inferiore
priva di decorazione, dei corti fili svolazzanti
liberamente, affatto verticali, muniti alla fine di piccoli anelli anzi
lastrine tonde, aventi dentro un punto. ßiscontro tanto meno dub-
bioso, in quanto sul collo del vaso si scorgono due fnlmini incro-
ciati, elementi dunque propri anche a questo vaso, che coi manichi,
adesso rotti, si sarä ancora di piü avvicinato al tipo pugliese. Un
vaso proprio corrispondente non trovasi attualmente in Apulia; si
possono pero confrontare per ora alcuni vasi Canosini, come quello
pubblicato nelle Notizie degli Scavi, 1897, p. 196, fig. 1 per il collo,
e Bari, Mus. prov. 3442 per la prossima zona con gruppo di denti.
I pendagli dipinti posso tali quali, cioe con anello o lastrina vo-
lanti liberamente in vario senso, presentare su di un vaso appulo :
31. Fig. 17. Bari, Mus. prov. 3500 ; da Ceglie. Alt. 0,13
senza man.
Qui inoltre la fascia principale del vaso e guarnita da linee
corte, sebbene adesso molto sbiadite e appena visibili, tutt'attorno.
e non solo a piccoli gruppi come nel n. 29. In tutti i modi restiamo
nello stesso ordine di idee decorative (')•
(!) I pendagli svolazzanti di sbiego sono numerosi sul vaso, e special-
mente sul rovescio, ma le tracce, per se certissime, sono deboli, tänto da non
prestarsi ad un discreto metodo di riproduzione. Vicino al piede si discerne
44
II restante del vaso non ha rapporto col tema presente. Per
i maniehi verticali e pel loro forte distacco dal labbro esso si allon-
tana altrettanto dal carattere Peucezio quanto si avvicina allo stile
Fig. 17.
Leccese, che esso ricorda pure per la perfezione tecnica vista nella
superficie dell'argilla, che appare, rna non e, coperta di una fine
engobe. Questi bicchieri, in genere, e piü particolarmente un tipo
affine senza angolo fra labbro e maniehi, vengono in voga assieme
con i grandi vasi a cestello, precisamente quando lo stile geome-
trico sta per finire; il presente e uno dei pochi a pittura netta-
mente geometrica.
Non trovo luogo piü conveniente che sotto questo supplemento,
di far conoscere due vasi R u v e s i , soli che da quel materiale
abbondante di carattere Nord-pugliese si distacchi nettamente,
rispecchiando invece certa affinitä coli' arte Barese.
32. Tav. III. Ruvo, Mus. Jatta, senza numero. Alt. 0,10.
33. Ruvo, Coli. Caputi, 57, Alt. 0.16.
11 corpo di ambedue rassomiglia ai nostri N. 11-13, se non
che nel profilo della parte superiore si distinguono tra loro alquanto
ancora, ma non senza fatica, una fina stria con trattini pendenti come sulla
fascia principale; ma il tutto e sbiadito.
Un vaso a cantaro, esistente nella piecola collezione del Municipio di
Foggia, che contiene anche molti oggetti comperati nella provincia di Bari,
mi ricordava il bicchiere presente, tanto per la forma identica che per la creta
Ana liscia (rossiccia, credo), e la pittura rossa, che consiste, perö, di sole
strisce forti verticali.
CERAMICA DELL'aPUI.IA PREELLENICA 45
il collo e la spalla. I manichi del primo sono (cosa rara in questo
ambiente) foggiati — secondo modelli di Rodi o simili — ciascuno
come un pajo di funi intrecciate, la cui mvidezza si voleva forse
accennare coi tratti dipinti irregolarmente ; mentre il secondo ha
le anse a fascia, un poco piü alte del #corpo e compresse, anzi
appuntate lievemente. L'argilla di quest'ultirno e molto chiara e
tina, cid che si verifica meno nell'altro, che, sebbene non trovato
a Kuvo stesso, ma piü al sud, ha pure molta affinitä, anche per
la pittura bruna e violetto, combinazione non comune nei vasi di
Kuvo. L'effetto grazioso del vaso Jatta, bene apprezzato dai pro-
prietari, e raggiunto con mezzi piut'tosto semplici, propriamente
con due soli ornati ripetuti e disposti con gusto e abilitä: essi
cioe sono (a) la croce meandrica o svastica complicata giä incontrata
sopra al n. 19 un quadrato o losaDga diviso in quattro quadretti
con dentro un uncino: il collo ha ima serie di a a piccole distanze,
la spalla una serie di b messe sulla punta, divise da 3-4 linee
dritte a guisa di quadri o metope. La parte inferiore del vaso
ripete questi motivi in senso verticale, perö in modo che
questa volta sono le losanghe che stanno a distanze e quindi spie-
cano di piü, mentre con contrasto ben calcolato nella fascia densa
si confondono all'occhio le svastiche colle liüee trasversali. — II vaso
Caputi ha sulla metä superiore soltanto alcune strie, fra le quali
si discerne una stretta zona di uncini contrapposti, come nel n. 25,
e ritti come nel n. 31. La parte tonda inferiore ha di comune col-
l'antecedente la disposizione verticale, che consiste perö in mas-
sima di semplici fasce scure, simili al n. 27; con la modificazione
speciale che di ciascun gruppo di quattro parallele le due esterne
si incurvano e si coagiungono col prossimo gruppo a guisa di una
finestra o porta ad arco, idea suggeritaci ancora di piü per una fine
fascia meandrica verticale, che si dirige verso la cinta dell'arco. Io
non scorgo in questo strano motivo altro che gli elementi del n. 27
rovesciati e combinati in un modo nuovo ed originale. Quelle stesse
pignattine ci sono anche rammentata dal vaso Jatta con le losan-
ghe ascendente dal fondo.
46 M. MAYER
IV. Cronologia.
Sarebbe far torto al lettore il voler tacere che le circostanze degli
scavi onde sogliono provenire i nostri vasi, sieno state malissimo
notate. Nessuno si curava di questa roba, che non era mai accom-
pagnata da vasi figurata, o altri oggetti di qualche pregio o curio-
sitä. Ma sbaglierebbe chi volesse concluderne che siamo in una
epoca di molto anteriore ai vasi attici, cioe a figure rosse, quando
cioe questa importazione non si etfettuava ancora nella Apulia interna.
Anzi la speranza di poter penetrare con questi prodotti cosi carat-
teristici del paese in una antichitä lontana e piena di buio, sem-
brerebbe fino a un certo punto delusa; tanto risulta dalle notizie
raccolte da me in questi pochi anni e dai ritrovamenti recenti di
sepolcri, le cui stoviglie i contadini, compresane finalmenta 1' impor-
tanza, hanno cominciato a portare in modo piü completo al Museo di
Bari. Assistere ad uno scavo, di fresco aperto, non riesce facilmente,
poiche i sepolcri di questo genere, invece di essere bislunghi e di
annunziarsi con la grande lastra di pietra, sono, almeno in Can-
neto, spesso a forma di piccoli p o z z i raggruppati in gran numero,
contenenti ciascuno pochi vasi, che vengono poi raccolti alla rin-
fusa, cioe senza prendere nota dei pozzi onde provengono.
D' altronde la vicinanza di tanti sepolcri ad una certa ed iden-
tica profonditä, come spesso avviene, permette di presumere che si
tratti di sepolture non troppo distanti per 1' epoca, di tombe ap-
partenenti a gente di qualche masseria o a poche famiglie abitanti
in vicinanza di esse. Difatti anche senza poter assegnare il suo posto e
l'assieme a ciascun oggetto pervenutoci in tali occassioni di ritrova-
menti, possiamo quasi sempre osservare i medesimi fatti, uno svi-
luppo non troppo esteso che finisce nel V secolo, forse anche circa
il 400 av. Cr. Questo limite va segnato a mo' di documento da una
coppa con le lettere AM (') dipinte nel centro interno (flg. 11 bis, Bari,
Mus. 2394), unica traccia epigrafica che ho potuto trovare, se se ne
(*) Kiferibili forse non tanto a nomi come Anxa, Anxani o simili, che al
vicino Azetium, cittä il cui nome Messapico e reso cosi nella lingua greca
delle monete, mentre Plin. N. H. III 105 offre Aegetium, Tab. Peuting.
Echetium o Ezetium.
CERAMICA DELL'aPUUA PREELLEMCA 47
toglie un N dipinto sulla spalla di im cratere a colonuette (•), per la
tecnica affine alla detta coppa, il quäle cratere, dipinto con edera
sul collo, costituisce una delle numerose irnitazioni locali dei vasi
italo-greci figurati che hanno quasi sempre una simüe decorazione
al collo; lavori dunque non anteriori al 400. La coppa proveniente
da uno dei detti sepolcreti di Canneto, foggiata sul modello greco,
con piede sviluppato, ma senza manichi, offre la fattura pesante
propria alle coppe paesane ; essa si e dei resto torta nella fornace
o durante la lavorazione. Se i caratteri epigrafici sono un po' piü
antichi, non impressionerä chi ha letto le nostre osservazioni sulla
Messapia, Bull. d. Ist. XII p. 226. Essa e giä dipinta d'un colore
un po' luccicante, diverso dalla tinta cupa color cioccolata, pecu-
liare ai vasi georaetrici. L'applicazione di questa vernice primitiva
comincia nel secolo quinto a. Cr. e procede di pari passo con altri
tentativi pure diversi dalla tecnica indigena, che si osservano sui
numerosi vasi grecizzanti che, se non accompagnano, seguono perö
a breve distanza i vasi geometrici ; sono : 1) brocche quasi com-
pletamente grezze di un tipo derivato dal corinzio, di corpo larga-
mente cilindrico, attondito alla base; 2) oenochoe trilobe, un po'
panciute, con manico spesso diviso (cioe quasi a due funi), ma senza
i bottoni laterali sull'attacco superiore, insomma di tipo piuttosto
attico che rodio o corinzio ; 3) un tipo semplice di cratere o zuppiera,
sempre privo di disegno, tranne qualche striscia, ed appartenente
per l'assieme (2) e per i sepolcri dello strato superiore (3), certa-
mente alle generazioni anteriori al quarto secolo av. Cr. ; 4) piü
raramente una specie di urne dei tipo descritto oltre, p. 60. Le
oenochoe si distinguono per la finezza della parete, e rivelano piü
o meno una speciale fabbrica eccellente in questo genere, ma di
certo non greca (4).
Volevo soltanto rilevare con quäle roba i vasi geometrici si
trovano in prossimitä. Vi e perö anche qualche prova della loro
coesistenza. Una tomba a Noicattaro, per esempio, conteneva, oltre
alcune tazze geometriche, una oenochoe tinta di nerastro, imita-
C1) Bari Mus. prov. 341.
(*) Bari Mus. prov. 2414. 2415.
(3) Bari Mus. prov. 2416.
(4) Questo risulta da certi cenni di disegno.
48 M. MAYER
zione meschina della vernice greca, con disegno (a violetto) di ba-
stoncini sulla spalla. Conteneva anche due coppe di tipo greco,
frammenti di una grande coppa oppure caldaia di bronzo, una pic-
cola fibula di bronzo e una di ferro, e dei coralli di ambra (').
Due sepolcri nelle adiacenze della cittä di Bari contenevano,
oltre alle tazze geometriche di fattura ordinaria (2), roba grezza insi-
gnificante ed una grande tazza con spina sul manico, con una pit-
tura rossa, poca ma caratteristica, che mi sembrava indicare una
fabbrica affine, se non identica, a quella dei tipi 2 e 4 fra le sto-
viglie ora menzionate (3).
Delle stoviglie antiche geometriche, sono le tazze a due ma-
nichi, che sembrano continuare piü a lungo e quasi sopravvivere al-
l'epoca propriamente geometrica. Ma, in genere, il processo di deca-
denza, se raai, e quasi insensibile; quest'arte cessö all' improvviso,
come era apparsa, quasi bell' e fatta, senza uno sviluppo notevole,
almeno nel centro della produzione, il quäle era presso Bari.
Difficilmente si riesce a far rimontare questo stile fin alla metä
dei secolo VI, e piü difficilmente ad assegnargli una durata che
comprendesse due secoli, cioe lo spazio dal 600-400 a. Cr. Non
importa se spesso s' incontra il tipo corinzio della larga brocca ci-
lindrica, sebbene im po' deformato con base arrotondita. Poiche
anche gli originali stessi di questa roba a buon mercato, non
erano veramente corinzi, ma imitazioni locali, dipinti in stile e co-
lore italo-greco, come si vede dall'esemplare, Bari, Mus. prov. 2727.
Si noti poi che la padella di bronzo con manico arcaico, descritta
dall'Helbig (4) ed ora passata colla restante suppellettile al Museo
di Bari (3060), fu trovata in un sepolcro di Canneto, insieme a
bronzi, certo dei V secolo, e con vasi attici a figure rosse di stile
ben avanzato, vasi attribuiti allora (quando li vide 1' Heibig) alla
fine, oggi probabilmente alla metä dei V secolo. Ayviene sempre
(i) Bari Mus. prov. 3343-3349.
(8) Una di queste e il vaso medio dei nostro gruppo fig. 10.
(3) Bari Mus. prov. 3617-3620.
(*) Bull. d. Ist. 1881 p. 181 No. 5. Conf. ib. 1875 p. 149. II tipo e piü
o meno quello di Karlsruhe 488 (Catal. Schumacher) ; cfr. De Kidder, Bronzes
d'Athönes 709-715. Imitate in creta si trovano, a Canosa, padelle di questu
o simile tipo (Schumacher 489) ancho in tombe piü recenti ; esempi Bari Mus.
165. 166.
CERAMICA DELLAPULIA PREELLEMCA
49
quello che non cessö di assicurare (') che, cioe, gli indigeni pu-
gliesi, specialmente quelli dell'interno del paese, lontani dalla
costa Tarantina, conservavano gelosamente per generazioni gli og-
getti greci, finche 1' invadente popolazione ed arte greca con pro-
prie officine, e con im commercio facilitato andö scemando il pregio
di quei cimeli, ciö che si veiificö sin dal IV secolo.
Se il nostro calcolo, riguardo all'alta antichitä, forse supposta
da taluno pei vasi di nno Stile cosi puramente geometrico, riesce in
un senso piuttosto negativo, esso alla fin dei conti non troppo
sorprenderä chi riguarda le forme stesse, in ispecie delle urne,
che non nascondono 1' influenza del cratere greco, malgrado l'abile
combinazione col tipo locale di vaso ad urna. Caratteristico in tal
rispetto e un vaso trovato a Bitonto insieme con un'urna pura-
mente Barese (cfr. sopra pag. 24), con un altro di tipo Canosino
o del Nord in genere e con un elmo greco del VI-V sec. (2) : E (34
Fig. 18.
tav. III) una oenochoe triloba, larga e panciuta, come il tipo ar-
caico greco p. es. di Corinto. La decorazione del corpo, a grandi raggi
o denti, vista per la prima volta in queste contrade, non ci ha,
s intende, che fare col motivo di ' pettine ' ; essa si scorge accennata
anche sulla zona mediana (perö confusa colä nella decorazione a
liste, con fiori ecc.) di un piccolo askos doppio, stile posteriore di
Canosa (Bari, Mus. 3449). II motivo deriva invece da quello che
s' incontra'piü puramente nella penisola Messapica, prima in Ta-
ranto (fig. 18 D, tazza n. 36 della antichissima serie) e poi in
(!) Bull. d. Ist. XII p. 228 segg. Not. d. Scavi 1896 p. 539.
(«) Not. d. Scavi 1897 p. 434, fig. 1-4.
50 M. MAYER
un'arte molto piü recente, su di un askos leccese con testa di bue
(fig. 18 E) (>).
La brocca di Bitonto presenta sulla spalla i quadretti messi
in punta, con linee parallele di dentro, disegno, che, qualora conti-
nuato a serie, e non troncato o interrotto come nello stile del Nord,
e stereotipato nella classe di Bari e si avvicina piuttosto a quella
serie antichissima di Taranto (fig. 18 C, Tar. n. 43) (2).
VI. Tappe mediane fra lo stile Barese
e le sue origini (tav. IV 35-37).
In vano si cercherebbe nel territorio di Bari e Ceglie qual-
che traccia di uno stadio anteriore dello stile su illustrato, qual-
che oggetto che annunziasse un'arte cosi spiccata, presentatasi anche
subito con una tecnica cosi perfezionata. Ciö che si puö trovare di
interessante nel nostro materiale di scavo, sarä magari qualche
oggetto ricordante altre regioni, come un bicchiere a foggia di piccolo
piede (3) mal formato, (ved. la fig. 19) ; una specie di candelabro o
sostegno, fusto con coppino da ambo le parti (fig. 10), una scodella
o coppa di carattere misto con elementi esistenti o conservati di so-
lito nella Daunia sola (ved. fig. 19 con la nota *). AI tri oggetti, come i
bicchieri conici o cilindrici a due colori, diffuse anticamente in varie
parti dell'Apulia, sono difiicilmente di fattura Barese, mentre alcuni
semplici vasi (scodelle profonde o piccole zuppiere) lavorati a Ce-
(1) Mus. prov. di Lecce n. 42; tinto in bianco con pittura color rosa.
II vaso non porta indicazione della provenienza, mentre il compagno n. 44
offre ■ Canosa \ e un terzo, munito di altra testa raa del tutto inseparabile,
n. 48, rivela l'unica provenienza probabile per tutti e tre : 'Kugge'. A questo
gruppo volli riferirmi Bull. d. Ist. XII 214, 1.
(2) I disegni C D e A (tav. IV) sono stati eseguiti dietro gli schizzi fatti
da. me nell' inverno 1894/5.
(3) Tra i piedi o vasi a piede delle varie regioni antiche non trovo niuno
per forma e decorazione cosi simile al presente come quelli applicati ad un
vaso Ungherese : Hoernes Urgesch. d. bild. Kunst Taf. XXII 7 (non XXV,
come e stampato colä pag. 576). Erroneamente essi sono ritenuti per braccia
e mani, ivi pag. 517. 576 ; vasi con mani offre del resto l'Apulia stessa: Not.
d. scavi 1898 fig. 8-10. Non manco a richiamare 1' attenzione su altri vasi
Ungheresi come ivi XXII 8 con disegni Appuli ; cfr. specialmente il meandro
triangolare sulla spalla con le nostre urne 11. 12.
CEKAMICA DELL'APULIA PREELLEMCA 51
glie, rivelano forse quel contatto con l'arte arcaica delle altre due
regioni, ma non hanno rapporto con lo stile da noi illustrato. Per
indagare questo in uno stadio anteriore, veramente arcaico e na-
Fig. 19 (*).
scente, dovremmo allontänarci un po' dal territorio Barese e diri-
gerci verso il Sud della provincia Peucetica.
Prima perö di maoverci nella direzione indicata, fa duopo par-
lare di tre vasi che occupano come un posto mediano, connetten-
dosi da una parte alla classe Barese, dall' altra a stadi di certo
ad essa precedenti. E siccome della roba antichissima il materiale
di cui disponiamo finora e soltanto frammentario, vale la pena fer-
marsi per un momento. Ed e nuovo ed essenziale per due di essi
(*) Questo gruppo abbisogna di alcune dilucidazioni.
1. Bari Mus. prov. 3161 ; da Canneto. Diamet. 0,14. La coppa a sini-
stra, e identica con quella che si scorge piü a basso, ivi riprodotta sopra
altra scala, troppo piccola per lasciar discernere i dettagli della decorazione
interna, che si conosceranno meglio nell'arte Nord-Appula. La creta e verda-
stra come spesso a Canneto.
2. Bari Mus. prov. 3162; da Canneto. Diaraet. mass. 0,165. La coppa
sfondata, visibile a destra, rassomigliante un poco all' hnbuto di uno ' sfagion '
(Notizie d. Scavi 1898 pag. 204 sg.). Creta giallognola.
3. II piede. Bari Mus. prov. 3163; da Canneto. Alt. 0,085. Fattura
simile alla coppa 1.
52 M. MAYZR
vasi il color rosso predominante, cioe di una tinta feccia di Tino,
con disegni bruni o neri, mentre il terzo, che uon conosco che dal
catalogo, e tinto in nero con intonaco rosso.
35. Tav. IV. Lecce, Mus. prov. 92. Alt. 0,26.
36. Tav. IV. Bari, Mus. prov. 1536. Alt. 0,22 provenienza
ignota.
37. Tav. IV. Berlino, Mus. Reale 254. Alt. 0,245.
Nel n. 35 ci si presenta un tipo di cratere puramente greco,
il quäle perö, in quanto alla formazione del manico e del labbro, e
anticipato in certo modo nei vasi grecizzanti messapici, in ispecie le
urne, illustrati in una prima Memoria (p. 216). II labbro piano,
schiacciato, perfettamente verticale ma non aguzzo, caratteristico
dei vasi leccesi, non ricorre piü verso Nord, e nemmeno il collo
dritto e breve sul corpo largamente panciuto. La parte inferiore
ha i motivi conosciuti : pettini e svastica, perö alternati con grandi
s p i r a 1 i , che sarebbero impossibili nello stile di Bari : sono dipinte
con pennello pieno e largo, sempre perö in modo piü corretto e
senza quel nocciolo che si vede nella torzella 16 (Messap. tav. X,
p. 237). Questi vari elementi sono divisi da alcune linee semplici
(äne e parallele) o da due gruppi di parallele con brevi tratti nel
mezzo, alternati come da denti. Sulla parte superiore v'e un quadro
rigurato, stretto e lungo, fra due striscie verticali. In queste stri-
scie vi sono sul fondo risparmiato piccoli sistemi di cerchi (a
due). Nel quadro con cornice posto nel fondo naturale si scorgono
quattro grandi uccelli acquatici, evidentemente anitre, malgrado le
teste ornate di una cresta, specialitä che non trova facilmente ri-
scontro nella zoologia. Il corpo e la coda sono ravvivati con graf-
fiatura a zig-zag, per accennare le penne. Una simile graffiatura e
fatta sulla cornice del quadro. II margine del vaso ha tre simili
quadri con uccelli piü svelti, forse cigni; ai fianchi. anche qui,
striscie verticali con cerchietti, e per dividere i tre quadri servono
altrettanti ornati tondi dipinti pure sul fondo risparmiato ; il mo-
tivo rassomiglia ad una ruota con quattro raggi a slancio oscil-
lante, quasi come una svastica a curve, inclusa in un cerchio. Tale
ornamento e anche applicato sul piano sporgente dei manichi. —
La mancata simmetria della pittura, sul labbro, con un quadro piü
lungo degli altri, e l'esecuzione difettosa delle figure pare indicare
che questo modo di decorazione era una novitä aggiunta ai disegni
CERAMICA DELl/APULIA PREELLEMCA 53
lineari tradizionali. E tra questi nuovi elementi possiamo anche
annoverare la mota, seppure non significa soltanto una svastica
tras form ata.
36. Per il cratere di Bari possiamo sbrigarci in poche parole.
II quadro con la cornice e colä dipinto a nero, a parte alcuni pic-
coli particolari (') che mostrano una tinta piü leggera, forse la
medesima, ma allungata. Abbenche questo col suo fregio di uccelli,
si avvicina ancora di piü all' arte greca, rinunziando ai disegni geo-
metrici, tranne che pel gruppo di cerchietti che si scopre al di-
sotto delle anse; pure la forma del vaso, col labbro sporgente di
sbiego direttamente dal corpo, resta piuttosto indipeodente dal greco ;
a parte la maggior larghezza del corpo, per le quali proporzioni
liansa tonda, dipinta con l'antico filo dentato, ebbe una posizione
piü ritta del tradizionale. Del resto, chi guarda da vicino, almeno
sull'originale, i cigtn qui dipinti, si persuaderä subito di non tro-
varsi dinanzi ad im prodotto di quell' arte greca od italo-greca, che
forniva al paese i bei piatti (a coppa senza piede) neri verniciati (-)
che hanno nel centro spesso il cigno o l'oca, e sulla parte esterna
sempre il ramo di lauro o d'olivo, tntto dipinto a color bianco o
piü comunemente rosso oscuro sovrapposto. Ma per il quadro lungo
a coraice. collocato sulla spalla del vaso, possiamo notare che tale
disposizione, perfettamente estranea all' arte del Nord e di Bari,
s' incontra invece, anche su vasi puramente geometrici, avvi-
cinandosi alla regione meridionale. ßimando ai vasi di Sante-
ramo (24) e di Putignano (28), e d'altra parte alle torzelle lec-
cesi Messap. fig. 18, 19, 22, per non parlare di quelle che nel
disegno rivelano qualche influenza della ceramica greca figurata. A
questi esempi si aggiunge senz'altro il cratere leccese. E verso la
stessa regione Sud siamo indirizzati dal disegno geometrico del
medesimo cratere rosso, il quäle stile spiccatamente Peucetico, ha
il suo apogeo a Bari, ma le origini piü al Sud, mentre esso si
perde completamente verso il confine della Daunia, anzi giä nel
territorio di Ruvo. Quindi l'indicazione ' Canosa ' data sul cartello
del vaso, se non e una delle sbagliate, che sono numerose nel
Museo di Lecce, non avrebbe altro significato se non di assicurare
che il vaso anticamente fu venduto colä.
(') Becco e penne sporgenti degli uccelli.
(2) Per es. Bari, Mus. prov. 1234.
54 M. MAYER
37. II terzo cratere, di cui si conosce la provenienza com-
merciale di Bari, sembra a primo aspetto cosa nuova e diversa
dal vaso leccese. La forma e pure larga, panciuta, ma con manichi
a sella, e con alto piede, e vi predomina il disegno geometrico. Vada
perciö subito detto che nello spazio fra i manichi si discerne un
fregio verticale di uccelli (non visibili sulla nostra figura) volanti,
disegnati con le due ali visibili, cioe piü o meno nel concetto dei
vasi arcaici greci. Per quel tanto che desumo dagli schizzi favo-
ritimi, oltre alla fotografia, da Berlino, il disegno di questi uccelli
e trascurato ed il tipo ridotto ad elemento decorativo, ma nello
stesso tempo per l'esattezza e la caratteristica dei volatili di molto
piü affine al cratere leccese che ad ogni altra cosa. Chi confronti
nella Puglia centrale e settentrionale i tentativi per imitare qual-
che cosa di figurativo, penserä subito ad una officina Messapica o
almeno affine a quella Messapia, la cui arte eccelle quasi dal primo
momento in un eclettismo ben temperato ad eiementi greci. Cola,
e soltanto colä si trova quel disegno greco a bastoncini o foglie
ottuse che adorna la bocca dei presente vaso; rammento la tor-
zella tarantina col fregio di polli (Mess. p. 207) e la torzella Egna-
ziana con figure nere arcaiche (1).
Passando ora alla descrizione della parte principale che consiste
essenzialmente in un grande quadro bislungo col restante libero,
scorgiamo due larghi eiementi meandrici uniti a forma di un lungo S
coricato. Sono formati da una doppia fascia nera accompagnata
sulla parte chiusa da una fina fascia rossa di lineette parallele,
mentre nel piü interno vuoto della figura, che dopo un angolo si
apre, stanno, su fondo risparmiato, sistemi di cerchietti (ciascuno
a due) come ne abbiamo trovati sugli altri due vasi. Altre fine
bände (due) con lineette girano attorno al vaso sopra e sotto. II
campo stesso, oltre alla cornice scura, e circondato da una fascia
rossa con brevi tratti alternati fra le due righe in modo simile,
ma piü trascurato dei vaso leccese. Una stretta relazione con que-
st' ultimo in ispecie, e costituita prima dalla ruota caratteristica
con razzuoli oscillanti (non visibile nella nostra figura), quali esi-
stono da ciascuna parte dei quadro ; poi coi pettini sul piede,
(*) Quest'ultima ha l'ornato in questione sul c o 1 1 o , non sulla spalla,
come fu detto colä, p. 208, n. 9.
CERAMICA DELL'APULIA PREELLENICA 55
forse alternati con altri motivi Peucetici, per quanto si possa di-
scernere, anzi sospettare fra la incrostazione che tuttora ricopre
una parte del piede.
Abbiaino giä accennato alla Messapia per gli elementi greci
e per gli elementi geometrici. alla parte meridionale della Peucezia.
Mi ricordo che nella prima stazione da Santeramo verso le mon-
tagne, in Mater a, vidi un cratere rosso affine ai due primi vasi
con un simile fregio di uccelli, ma dipinti in un modo mälissimo
inteso o trasformando le anitre in una specie di motivi geometrici.
Passiamo ora a Putignano, ove si ritrova la medesima roba tinta
in rosso con uguali disegni lineari.
VII. Classi anteriori (Tav. V).
Nella parte esterna a Nord-Ovest della fortificazione medioe-
vale ('-) di Putignano, la quäle seguiva probabilmente il tratto antico,
a destra di chi usciva dalla porta allora esistente, accadde di im-
battersi molti anni fä, in una camera a volta, forse di una tomba.
ove si trovavano ammucchiate molte ossa e frammenti di vasi, rac-
colti probabilmente da cristiani. che ritenevano per sepolcri cristiani
le tombe distrutte da loro per lavori campestri. Questi rottami con-
servati nel Municipio di quel comune e poi gentilmente donati al
Museo di Bari (2), comprendono le classi piü varie, fino all' inizio
dell'epoca dei vasi italo-greci verniciati al modo greco.
Passo subito a descrivere la nostra tavola colorata, ove si
scorge la roba rossa ed inoltre alcuni altri pezzi.
Framm. 1. Facilmente si riconosce la ceramica affine al terzo
dei crateri (37) innanzi illustrato: i medesimi cerchietti (in due)
in identiche proporzioni e distanze dei gruppi, per lo piü allun-
gati oltre all' ovale, spesso appuntati, insomma disegnati o senza
esperienza o senza la cura necessaria.
Per le fasce a due serie di macchiette, che presentava il cra-
tere, possiamo subito confrontare due altri frammenti, 1' uno con
larghe fasce di nero cupo e strie di rosso vino (fr. 18), e 1' altro
(J) Essa venne abbattuta per nuovi fabbricati circa una ventina di anni
addietro.
(*) Numero collettivo : 3080.
56 M. MAYER
di un vaso diverso. dipinto in im color solo. La somigiianza e piü
grande a confronto della fotografia del cratere, che non del nostro
disegno.
Pramm. 2 e 3. La tinta nera e identica al fr. 1, la rossa un
po'meno viva. Si scorge il motivo del pettine, una volta grosso,
senza distinzione di cornice e denti, 1' altra volta con bordo prin-
cipale accennato. II fr. 2 proviene dalla parte inferiore di un'urna,
come dimostra la forma del pettine e a destra 1' avanzo di una
zona superiore con qualche quadro trapezoide.
Pramm. 4. Questo pezzo appartenente, come anche i primi,
ad una urna piuttosto grande, ha nondimeno una parete assai
fine, piü tine dei precedenti. II rosso vino tende un poco al vio-
letto, almeno nella presente condizione. Le linee fine appaiono
brime, perfettamente come i particolari minuti dei volatili sul cra-
tere (36) ; sfumatura forse prodotta dal color nero allungato e peg-
giorata ora dalla decomposizione del colore. Per ottenere un nuovo
effetto i cerchi, invece che sul fondo naturale, sono stati messi, me-
diante un disco risparmiato, su di una fascia rossa ed, almeno in
parte della serie, aumentati di uno. Ma il carattere del disegno
rimase identico. Una novitä sono le lunghe losanghe, comuni tali
e quali — graticola in cornice separata — sulle torzelle di Egna-
zia, ma rarissimi nella ceramica Peucetica.
Pramm. 5. Segue il framm. 5 appartenente ad uno di questi
vasi e piü particolarmente alla spalla vicino al collo. I semicer-
chi fra un sistema di righe ci riconducono, come propriamente giä
facevano i pettini, all'ambiente di Bari. Essi s' incontrano in questo
rottame pure su di un askos (Fr. 15), sernpre in serie semplice,
non raddoppiata. Sono dipinti, specialmente su questo frammento, di
rnano ferma a pennello pieno, e non hanno niente di quel carat-
tere incerto, titubante dei piccoli cerchi concentrici, che la pit-
tura Barese o ignora o schiva saviamente, mentre abbonda in quei
semicerchi svelti ed eleganti.
Di roba a color rosso vino vi e ancora un pezzo della spalla
di un" urna, ove perö sembra predominare il color nerastro ; e
quello giä menzionato con le due righe di macchiette in una
zona stretta-
Framm. 6. Questo pezzo, piü curvato dei primi, che e da attri-
buirsi ad un vaso di minori proporzioni, ha il color nero predo-
CERAMICA DELL APULIA PREELLEMCA
57
minante con im rosso, che adesso si presenta diversarnente sulla
stria mediana e sui quadrati piccoli, che nel quadrato grande si al-
ternano con altri neri graticolati. Questo alternare in un medesimo
sistema (conf. sopra 1' urna 1), poi la posizione diagonale del si-
stema dominante, finalmente la disposizione generale a quadri nel-
1' inizio asimmetrici, ci preparano allo stile trovato a Bari. La
parete del vaso e di simile finezza del fr. 4, la cottura forte come
in tutta questa roba arcaica.
I frammenti 7 ed 8 ho creduto di rendere, non tanto per le
incerte traccie di disegno, bensi per la raritä del color giallo, il quäle
o un simile colore si riconosce anche sul prossimo importante vaso
che, per la sua specialitä meritava forse una tavola a colori.
Fr. 9 e 10.
Framm. 9 e 10. La creta e scura, brunastra, la fattura meno
fina, la decorazione piü arcaica dei vasi prenotati. Spiccano in
due piani i grossi travi verticali, talvolta congiunti a due per
mezzo di una breve e grossa trasversale, maniera giä osservata su
una pignattina di Ceglie (26). Alternati con essi vi sono campi
quadrati. Quelli del piano superiore contenevano un grande elemento
meandrico, a forma di piede, come sul cratere 37, col principio di
un secondo. Nel piano inferiore si scorgono gli avanzi di un grande
quadrato messo sulla punta, con piccole sporgenze di fuori e nel-
1' interno. Presso al collo, sono attaccati, in distanza, alla fascia
superiore, uncini meandrici, non perfettamente rettangolari, ma un
po' trapezoidi in armonia colla forma allargantesi del vaso. Si con-
58 M. MAYER
frontino i simili pendagli meandrici del frammento (Fr. 17) messi
sul passaggio dal collo alla spalla. Con lo strettissimo filo di mac-
chiette tonde che ravviva le grandi fasce orizzontali, si annunzia
un piccolo particolare non trascurabile, che poi diventa tipico sui
vasi del territorio Barese (Ceglie), specialmente sull'orlo delle
labbia, talvolta anche del piede. La pittura e, come sempre, nera ;
soltanto agli angoli del grande meandro si vedono dipinti in un
colore che appare adesso arancio o giallognolo, due uncini contrap-
posti, come se ne sono trovati sopra (25. 31).
Non essendo il caso di descrivere
e studiare tutti i frammenti, rilevo i
tipi principali.
Framm. 11 e 12, offrono una creta
la quäle, si ignora come, ha preso un
colore verdastro. II primo appartiene ad
una scodella profonda di forma non
comune, e conserva l'avanzo di qualche
disegno a forti travi verticali. L'altro,
a quanto pare, da un vaso piü grande,
conserva l'attacco inferiore di un manico
a forma di tubo falso compresso, del
quäl tipo un esemplare e conservato nel
rottame, simile a quello dell'urna n. 8.
Entrambi questi pezzi sono dipinti sol-
tanto in nero.
Framm. 13 e 14, di lavoro piü fino,
quasi simile al fr. 6 (Tav. V) forse en-
trambi pezzi di un medesimo vaso, lasciano discernere, in due piani,
quadri asimmetrici con un motivo che s' incontra anche in altre classi
appule : Not. d. Scavi, 1 898, p. 204, fig. 8. La pittura e in nero.
Altri frammenti, tutti in pittura nera, offrono saggi isolati (sul
collo del vaso) del meandro misto fra elementi rettangolari e trian-
golari, gli Ultimi come rifinimenti ; o avanzi di quadrati con quegli
angoli a nodo triangolare che si ravvisano sulla torzella 5 (Bull,
d. Ist. XII 205 fig. 2) in maniera un po' diversa nell' arte del-
1' Oriente greco, particolare che sembrerebbe perö abbarbicato nel-
F indole dell'arte japigia, giudicando dal fatto che a Taranto si
Fr. l:
Fr. 13 e 14.
CEKAMICA DEIXAPULIA PREELLEN1CA
59
vedono tali sporgenze triangolari colorate anche aggiunte alla punta
dei merletti neri (colä n. 90).
II prossimo gruppo (Fr. 15) mostra un askos di im tipo co-
nosciuto; esso e molto piü rozzo di quello che il disegno lascia
Fr. 15.
intravedere, di una creta rossiccia che si trova qui anche in altri
vasi quasi simili, pure con bocca stretta, lavorati a mano. I razzi
sulla spalla, che finiscono perö in una breve striscia orizzontale,
ricordano il motivo illustrato di sopra (cfr. n. 34). Caratteristici
sono i tratti vaghi, alquanto paralleli, gittati a pennello pieno,
nella raaniera che si vede al fr. 3 della tavola; si confronti anche
fr. 2. II ruanico a staffa e dipinto con semicerchi, la bocca con
tre archi riempiti a colore.
Questo disegno a pizzi neri o ad archi piü o meno colorati nella
parte convessa, cioe 1' interna del labbro, e predominante sui nu-
raerosi frammenti di bocche, e ne diiferisce un solo esemplare dipinto
in nero con orlo rosso mattone (fr. 16). Per la forma tutte stanno
piü o meno di sbiego e sono ingrossate alla gola, strette e quasi
aguzzate all' orlo. La forma piü comune del corpo era, ci pare,
quella dei due vasi Kuvesi (32-33) o delle urne 11-13, ma spesso
piü arcaica di questi due tipi, con un profilo dell' alto collo o un po'
gonfiato o con un altro distacco sensibile verso la spalla (fr. 17),
insomma piü affine a quel tipo fondamentale esistente a Taranto
60 M. MAYER
(Tav. IV A). Fra le bocche che hanno una larghezza del labbro poco
Variante dai 4 ai 5 centimetri, vi e quäl che esemplare con appena
il duplice diametro nell'apertura, tanto si restringevano queste urne
verso la cima. S' intende che v'erano anche dei vasi piü tondi, pan-
Fr. 16. Fr. 17.
ciuti, senza quelle precise sfumature, tipi che non mancavano mai
(cf.urne 9 e 24). E specialmente nelle numerose urnette o pignat-
tine di circa 0,10 alt. si perdeva facilmente tale caratteristica.
In quanto ai manichi fra questo rottame la forma a sella e
rara, i piü sono tondi ; fatto che sta in stretta relazione con la
forma suppostta dei vasi che avrebbero avuto 1' ingrossamento mag-
giore verso la base.
Appare perö accanto a questo im altro tipo di urna, meno an-
tico ('). Rassomiglia ad una hydria greca, senza collo e senza terzo
manico, cioe munita di due anse piü o meno orizzontali e con bocca
sporgente direttamente dalla spalla, la quäle e piuttosto piana,
tendente all' orizzontale. Di lä sono nei nostri rottami i vari pezzi
piani come al fr. 5 e fr. 17. II passaggio dalla spalla al corpo non e
conservato che in un pezzo piü recente (fr. 19), dipinto con fogliame,
adoperando una tinta nera poco diversa dal solito color cupo, ma ac-
canto ad un giallo opaco, che si trova giä prima, cosi sul fr. 7. 8
(tav. V), frammento pure di una spalla e del collo, distaccati fra
essi lievemente. Un esemplare splendido, decorato a motivi greci,
perö nella tecnica paesana a colore opaco e fondo rustico, esiste nel
Museo di Lecce (colä n. 47, ved. la fig. pag. 80), lavoro senza dub-
bio meridionale, affine ai bei cestelli e bicchieri a cantaro dif-
fus! nelle varie regioni pugliesi. Nella Apulia centrale tino a Ruvo
(') Cfr. Bari Mus. prov. 158. 160.
CERAMICA DELL'äPULIA PREELLEMCA 61
questo tipo di urna s' incontra ne di rado ne troppo spesso, sempre
rustico, tranne qualche stria o linea ondulata (')• üna diramazione
ancora posteriore offre la Lucania, ove fra i vari tipi di urne dipinte
a figure greche, e lnunite ad alto manico con piccole roteile, appare
anche quest'uma che finora non era conosciuta in uno stile geometrico.
Fr. 18. Fr. 19
VIII. Conclusione.
Anche chi non conoscesse altro che questi vari rottami, non
esiterebbe a collocare alla fine della serie i pezzi di roba Barese,
stile di Ceglie, Canneto, ecc, che segnano la maggiore perfezione
artistica e finezza tecnica, traendo la somma dell' intiero sviluppo,
tanto vero che quella roba Cegliese si trova sempre o spesso negli
scavi, avendo da ultimo spodestato ogni altra cosa. Difatti la roba
di Putignano non e solo piü antica, ma segna pure lo stadio o
uno degli stadi che precedono direttamente la ceramica Barese.
Essa contiene tutti gli elementi decorativi dello stile Barese se ne
togli la svastica, deficienza forse fortuita, forse no, piü qualche ele-
mento arcaico perdutosi in seguito. 11 pettine invece si va for-
mando davanti ai nostri occhi. Nel principio vi sono soltanto le
forti verticali, aggruppate, che non mancano neppure nello stile
Nord-Appulo, con la differenza perd non trascurabile che colä stanno
quasi al disotto della pancia, sempre vicino alla base, come per
(*) Un eseraplare proveniente da Lecce ha una piccola svastica su cia-
scuna parte della spalla.
62 M. MAYER
appoggiare V intiera costruzione, mentre qui 1' incontriamo giä nelle
varie parti superiori. Man mano si vanno distaccando dalle strie
dominanti e raccogliendo in un sistema, unito da una trave spe-
ciale. Sviluppo questo che finora non si e potuto osservare in altre
regioni. Ed e forse significante che l'askos tondo tutto a globo
pubblicato dal Laborde (') con il pettine sul collo ed un simile cenno
alla base giü sul fondo, va colä riportato assieme con un vaso di
stile puramente Peucetico, mentre nell' askos di simile forma tro-
vato in Istria (2) con un cratere appulo, ambedue di stile Nord-Pu-
gliese, il pettine figura piuttosto chiaramente da simbolo, senza
essere ancora entrato nel sistema decorativo. Era 1' ultimo passo,
qaello che scorgiamo fatto a Bari, di perfezionare questo motivo
nel senso proprio, accentuando bene ed appuntando i bordi este-
riori che includono i denti fini. E il medesimo sviluppo si verifica
in tutti gli elementi della decorazione, come pure nella forma dei
vasi, che vanno allargandosi nella parte superiore, accentuando il
piede, e arrivando in ultimo ad un tipo che privo di collo distingue
solamente una metä superiore piü dritta, e una inferiore piü tonda,
tipo misto dei due osservati a Putignano.
Tornando ora ai due crateri a color rosso, che sono affinissimi
nella parte geometrica allo stile Peucetico, l'uno, quello di Lecce,
allo stile sviluppato, V altro ad uno stadio anteriore, entrambi in-
separabili dalla roba tinta in rosso di Putignano: possiamo con-
statare che essi si distinguono dallo stile indigeno soltanto per gli
elementi greci che vi si aggiungono; abbellimento che attribuimmo
al maggiore contatto con la civiltä della spiaggia meridionale, e
alla capacitä distintiva dei Messapi meridionali di adattarsi allo
stile greco. Vista la distanza di tempo fra gli originali e l'imi-
tazione, che si verifica quasi dappertutto nella Puglia, la Messapia
non esclusa, arriveremo col cratere di Lecce precisamente all' epoca
dello stile perfezionato di Bari, probabilmente, per la forma dei
vaso, al 500, mentre 1' altro cratere resta in uno stadio un poco
anteriore, al quäle la roba r o s s a di Putignano dev' essere piü o
meno contemporanea. Da questo calcolo, se pure colpisce nel vero,
risulterebbe la data approssimativa delle p r i m e classi esistenti
(*) V. sopra pag. 26, e pag. 36.
(') V. sopra pag. 26, 1.
CKRAMICA DEI.l'aPULIA PREELLEXICA 63
a Putignano. Misurarli perö, pensiero che sembrerebbe ovvio, alla
scala della cerainica tarantina, la piü antica conosciuta finora, non
conviene, poiche questa, che öftre con disegni piü semplici giä una
tecnica in parte piü fina di Putignano, segue in genere una strada di-
versa, mentre Putignano öftre elementi che poi a Bari si uniscono con
elementi tarantini, o, per meglio dire, con elementi conservati net-
tamente a Taranto.
Putignano di certo era un'antichissima stazione, che sembra
pure si possa rintracciare ed illustrare da altra via, come verrä
dimostrato in seguito. Nondiineno, per il criterio cronologico in
genere non devo omettere un fatto che riguarda non quel paese
solo, ne solo il territorio di Bari, bensi l'intera regione. Vi si tro-
vano spesso saggi di una ceramica primitiva, cioe vasi fatti con la
raano, e da una massa che non e argilla figulina, ma un impasto
rozzo, misto talvolta con sabbia. Sono cotti senza fornace, al fuoco
vivo, ed in tutto o in parte neri. Aleuni sono stati levigati e pare
anche impregnati di qualche grasso, altri rimasero rozzi. A parte
una scodella (nera) di corpo quasi cilindrico, tipo che non ho in-
contrato finora nella Puglia, ed un coperchio perforato nel bottone (' ),
tutti sono bicchien, coppe o tazze, probabilmente perche pei vasi
di maggiori proporzioni era giä in uso il tornio del pignattaio. In-
fatti nessuno dei vasi in questione — sempre parlando della Peu-
cezia — si lascia con certezza assegnare ad una epoca veramente
primitiva e preistorica. Alcuni provengono dagli stessi piecoli pozzi
che contenevano delle urne dipinte, altri rispecchiano giä forme bene
inoltrate. D'altra parte i vasi dipinti (cioe in istile lineare) conser-
vano talvolta forme piuttosto primitive ; il tipo semplice della coppa
di Canneto (fig. 19 p. 51) si ritrova senza accenno di base, s'intende,
fra i rottami di Putignano in un pezzo d'impasto rozzo (in parte nera-
stro, in parte tendente al rosso), e a Canneto stesso impastato roz-
zamente da una creta bianca ; il quäle ultimo oggetto fu trovato con
un altro di uguale fattura (bianco) imitante un candelabro o soste-
gno, cioe fusto munito di una coppa da eiaseun termine, tipo comune
nel suppellettile arcaico. Insomma si ha l'impressione di costumi
arretrati, coesistenti a quella civiltä che vediamo sorgere in rapido
(x) Ambedue seavati vicino a Putignano dal sig. Nicola Colavecchio.
64 M. MAY KR
progresso, sempre in direzione dai Sud al Nord, prima a Putignano,
poi nei territori di Bari e Ceglie. Cosi si comprende come si tro-
vano bicchieri di varie forme con buona pittura arcaica ed anche
non piü arcaica, e pure lavorati a mano, riusciti piü o meno ir-
regolari ; come peraltro vasi piü grandi, fatti a tornio, privi di
pittura, riuscirono in un modo incredibile pesanti e grossolani ('),
perche eseguiti fuori contatto con le officine che stavano giä eser-
citando l'arte figulina con tanto successo. A proposito vorrei fra
questi prodotti arretrati piü che antichissimi ascrivere, e special-
mente per ragione del manico a tubo falso invece del canale, quel-
l'askos dipinto frantumato (fr. 15),
Quel che notiamo per lo scarso materiale primitivo raccolto
da me in questi pochi anni, cioe il fatto che esso si connette assai
da vicino alle classi progredite dipinte, senza notevole passaggio
da una civiltä all'altra : questo riceve una certa illustrazione dai
fatti notati da persona competente ad Egnazia (2).
Cola nella spiaggia corrosa dal mare e tagliata a trincee, si
distinguevano chiaramente due strati divisi, insieme alti 1,60, e
fra ambedue un corso di pietre squadrate della prima cinta, ante-
riore a quella in parte esistente tuttora. Lo strato superiore alto
0,90 che l'osservatore chiama storico, conteneva, come risulta dalla
descrizione, vasi verniciati con figure e senza, e molta varietä di
vasellame sottile elegante, proprio all'epoca dal 400 in poi ; inol-
tre delle torzelle, s'intende senza smalto, come oggi appena occorre
rilevare ; flnalmente del vasellame rustico, cioe privo di pittura,
roba di meno importanza. ' Lo strato inferiore (riporto le sue pa-
role) potremmo dirlo preistorico, che qui starebbe a rappresentare
come un anello di passaggio dai periodi arcaici (nel senso del-
(:) Olla da Barletta (coli. Cafieri) con due cenni di zigzag, sovrapposti
in rilievo ; conf. la nota 1 pag. 65. L'orlo e foggiato come ad es. il noto vaso
dell'Aristonothos (Baumeister, Denkm. Vasenkunde p. 1956). Sembra apparte-
nere allo stesso ritrovamento una coppa o tazza con ansa, piuttosto rozza, la-
vorata a mano (Bari Mus. pr. 3631, 3632).
(2) Lettera del Dott. De Giorgi, riportata da Ludovico Pepe, Gnathia
(1883, Ostuni), pag. 86, monografia che mi duole di non aver giä menzionata
nel mio primo articolo.
CERAMICA IiELL'aPULIA PKEELI.EMCA 65
l'autore : priraitivi) a quelli storici propriamente detti ' (1). I vari
pezzi descritti da lui rivelano infatti una civiltä ne piü ne raeno
primitiva di quella che s'incontra nei luoghi da noi illustrati. Non
sappiamo quanto tempo sia passato d'allora fino alla costruzione
della muraglia a pietre squadrate che resta al disopra e deve ap-
partenere all'epoca delle torzelle o precederla di poco. Ma sembra
che anche qui, come negli altri paesi, i fatti indichino l'assenza di
una civiltä mediana che potrebbe veramente fornire il desiderato
anello di passaggio. Di Taranto neppure qui e il caso di discor-
rere, vista la ceramica fina, lucida, specie di bucchero, che precede
colä i lavori di figulino dipinti, e trattandosi di una localitä sog-
getta a tante influenze estere, centro per il sito incomparabile, giä
dai primi tempi. Del resto le condizioni storiche di Egnazia diffe-
riscono tanto da quelle della restante regione Peucetica, compreso
probabilmente Putignano, che si amerebbe schivare piü che farne
uno stretto confronto (2).
(*) Egli descrive poi i fraramenti da lui raccolti : ' 1. Un'ansa obliqua
appartenente ad una larga coppa di forme grossolane e massicce, con cinque
rilievi spiraliformi nella parte esterna. E formata di una pasta di argilla
nerastra, quasi carbonizzata, che non da effervescenza con gli acidi. La spes-
sezza del vaso era assai notevole, cioe di 13 mm. — 2. Frammento di base
di una ciottola formata di argilla rossastra nella quäle sono copiosamente
disseminati dei cristallini di spato calcare di struttura romboedrica. La gros-
sezza e di 20 mm. alla base e 12 nel resto. — 3. Frammenti di bocca a
ventre di un' olla con orlo rovesciato in fuori formata di argilla nerastra con
cristallini di calcite : grossezza mm. 6. — In tutti questi frammenti non si
vede calcinato il calcare, il che esclude *la cottura di quelle terrecotte nelle
fornaci. Alcune sono soltanto arrossite nella superficie per azione superficiale
del fuoco che ha mutato il protossido in sesquiossido di ferro, lasciando allo
stato primitivo e nerastro la parte mediana. Questi frammenti sono pesanti
e massicci, e di una grossezza tripla e quadrupla di quelli dello strato
superiore, nei quali l'argilla e purissima e senza traccia di calcare. Possono
quindi paragonarsi agli analoghi delle stazioni preistoriche della valle della
Vibrata, ecc. '.
(*) Noto che le torzelle d'Egnazia si estesero anche ai paesi vicini; ma
quelle che si scorgono a Putignano, sono fra gli Ultimi e trascurati prodotti
di questa industria Messapica ; e che inoltre la restante roba di scavo che
si vede accanto ad esse nelle case di chi ne possiede, sembra rimandarci ad
un tempo non anteriore al 400.
5
CG M. MAYER
Chi prende a raccogliere ed esaminare im materiale non solo
nuovo e inedito, ma neppure esistente nei Musei, non assume con
ciö anche Vobbligo di trarne subito le conclusioni possibili sia per
la determinazione dei popoli che esso rappresenta nei vari strati di
scavo, sia per i rapporti fra le classi illustrate con altre fuori della
regione in cui esso fu rinvenuto. E in quäle abisso di discussioni
verremmo noi portati se volessimo assegnare, per esempio, la ceramica
ad impasto rosso-nerastro o a bucchero ad una popolazione indigena,
e quella ad argilla figulina dipinta a popoli immigrati, invasione
che a Egnazia potrebbe rimontare appena al VI secolo? D'altronde,
guardando i disegni della classe Barese coi loro archi fra ampi
sistemi di striscie parallele, vogliamo noi forse pensare alle in-
fluenze di una importazione greca (stile Dipylon o anteriore), le
quali sarebbero state applicate a forme di vasi miste di crateri e
di urne paesane, cioe ad influenze diverse venute ad im tratto, ma
distanti fra loro di secoli ? Ipotesi che si complicherebbe ancora
coll'osservare in quäl grado l'arte Peucetica si mostra padrona di
quei disegni, intimamente rannodati cogli altri motivi, mentre,
ovunque entrano motivi estranei, come palmette, lotos, tutto in classi
posteriori, per non parlare di tentativi figurativi, 1' arte paesana
rivela la sua piena ingenuitä. Si risponderä che lo stile geometrico
era piü simpatico, piü omogeneo all' indole di questo popolo, e
perciö penetrava piü facilmente nella loro vena artistica. Ma al-
lora si dömanda, perche, trattandosi di una classe cosi speciale, gli
elementi affini ad altri stili geometrici dovevano essere portati dal
di fuori, perche non potevansi derivare dalle medesime fonti ed ori-
gini preelleniche, onde dipendevano gli stili greci corrispondenti in
uno o altro dettaglio, il beoto, il cipro-arcadico, quello del Dipylon
primitivo ecc. ?
Sono questi problemi tutti nei quali non conviene adden-
trarsi senza conoscere tutta la ceramica Appula, e che conviene
quindi rimandare fino ad avere presentato e confrontato il ricco
materiale che ci resta ad illustrare, cioe quello proprio dell'Apulia
del Nord, e quello diffuso in diverse regioni, privo di affinitä spe-
ciale con l'una o l'altra classe.
Vogliamo invece fermarci nella localitä, che ci ha fornito finora
il materiale piü antico della ceramica Peucetica, cioe a Puti-
gnano. Se non isbaglio, ci siamo imbattuti in un sito adatto ai
CEKAMICA DELL'aPLLIA PREELLENICA 67
culti di quegli elementi popolari, che veneravano la grotta del
Monte Gargano e che rivedevano in essa il sacro luogo in minori
proporzioni.
IX. Putinianum. — Pine.
Questa cittä si eleva su im altipiano, che proprio di lä scende
verso la pianura e prospetta le elevazioni di Gioja e le montagne
nel fondo Orientale. Proseguendo su quell* altipiano la strada al
Sud verso Noci, si scorge, a sinistra, una collina isolata, la quäle
attira subito l'attenzione di chi suol badare ai siti antichi. Sulla
collina, coperta da un boschetto con avanzi del lauro che una volta
giustilicava il nome di ' Monte Laureto ' (P. Gioia, Conferenze istor.
III 175), non esisteva ancora il villino moderno, quando mi toccö di
fermarmi la prima volta, inconscio della curiositä che ci attendeva
sulla cima di essa. Si entra colä, per un'apertura discreta, in un'ampia
grotta ('), nella quäle si scende per mezzo di 38 gradini allargantisi
all'interno. 11 fondo contiene una nicchia con volta, come una cap-
pella, e a ciascun lato di essa una piccola nicchia. Quella a sinistra
contiene la statua di San Michele, lavoro del Rinascimento, avente
un altare sul davanti. La statua del santo, che ha dato il nome
al sito stesso, porta un elmo di bronzo e sta su di un plinto tondo
con iscrizione dell' artista, pei caratteri del tutto simile a quella
incisa al di sotto dell'altra nicchia con la data di 1591, la quäle
invece della statua conserva oggi soltanto un affresco della Madonna
1 de lo Carmine ' con due santi, pittura del 1538.
La nicchia di S. Michele e fiancheggiata da due pilastri, sui
quali, tolto il gesso, si scoprirono rilievi a piccoli quadri, uno sopra
l'altro, di stile medioevale, rappresentanti in parte scene mitolo-
giche. Negli angoli superiori si vedono le immagini di due Pani,
a basso rilievo, di stile molto piü svelto, quasi antico greco-romano,
forse del Rinascimento. La tradizione locale vuole, contrariamente
alla evidenza, che la statua del Santo abbia prima rappresentato
l'Apollo Pitio o Pitoctono, volendo dire che il culto del paese altra
volta erapagano: opinione che accetteremo senz'altro e specialmente
guardando le altre curiositä della grotta, le quali sono poco note.
("■) Largh. mass. 17 m., lungh. 27.
68 M. MAYER
All'entrata, presso ai gradini, si vede un po' a sinistra, un
antico pozzo di profonditä ragguardevole, circondato da un puteal
moderno, cioe rinnovato ; e nella parete vicina un foro con un pic-
colo iinestrino, alt. 0,57, largh. 0,35, situato molto basso, quasi a
terra. Questo piccolo Iinestrino proviene da uno stretto c o r r i d o i o ,
piü profondo del livello del paviniento in sasso della grotta stessa,
come ho potuto assicurarmi con un piccolo scavo, affrettato per la
deficienza di luce adatta e per l'acqua stillante in quella stagione
dalla umida grotta. Notevole e un fatto osservato dagli abitanti
del paese, che accostando l'orecchio al puteal si sente ogni parola
pronunziata anche a bassa voce nel corridoio segreto, mentre di-
versamente queste parole si perdono nella grotta quasi inosservate.
II corridoio corre parallelo con la parete della grotta, almeno per
quanto si puö proseguirlo finora, il resto essendo crollato o ingom-
bro da pietre e terra.
Kivolgendoci di qua in diagonale all' angolo contrario della
grotta, si trova in fondo l'ingresso di un altro corridoio, che volta
a sinistra e tinisce nella cappella cristiana, mentre anticamente,
accompagnando il fondo della grotta, girava probabilraente tutt'at-
torno, in corrispondenza con quel corridoio a sinistra.
Ci auguriamo uno scavo completo di questi misteri.
Intanto quäle primo visitatore che studiava il sito dal punto
di vista archeologico, non posso tacere che mi ritornava fortemente
il ricordo della sacra grotta di Aesculapio, descritta da Pausania
in Lebadeia della Beozia; impressione alla quäle allora non si
associava ancora l'altra reminiscenza che sul Monte Gargano i
popoli Japigi avevano il culto di Podalirio con oracolo ed incu-
bazione sanitaria (1).
(!) Noto che a 10 kilom. verso Ovest, sul Monte Sannace. esiste una antica
grotta con un pozzo <T acqua e in fondo un affresco dell'Annunziata, la cui
festa nella piccola chiesa, sovrapposta nel medioevo, va celebrata poche set-
timane prima di S. Michele. Questa grotta e piü stretta e irregolare, a forma
di un corridoio voltato e interrotto parecchie volte. Una parte ne e, con qualche
difficoltä, accessibile per una stretta discesa al di sotto della cappella, mentre
V ingresso antico si trovava prohabilmente alla parte contraria, circa 50 m.
distante, che venne poi trasformata in un gramie pozzo fabbricato di 6 * « mq.
La tradizione sostiene che vi era una volta il culto di Pallade Atena. Una Mi-
nerba nei dintorni o dipendenze di Conversano e menzionata nei tempi Bizantini
CERAMICA DELL'APULIA PREELLENICA 69
Considerando tutta l'importanza del sito, che col Gargano divide
anche il nome di San Michele, pare incredibile, che storia e lette-
ratura antica non ne abbiano conservato qualsiasi ricordo.
II noine Putinianum (*) non dev'essere latino come Conver-
sano o Rutigliano, pure deformati o tradotti da un'altra lingua (2),
bensi nascondere un elemento straniero, forse greco.
Se le monete dell'Apulia centrale con l'iscrizione Tqv vauno
rettamente attribuite a Grumo (con meno ragione a Grumentum),
possiamo per analogia azzardare la congettura che anche nel pre-
sente nome la prima vocale sia stata un v. Tolta la terminazione
romana esce ITvtivcc o Ilvira, in ogni modo un nome simile a
quello di Creta Orientale, famosa per la Grotta Dictea. Trjg J*
' Idrtg Xoipoq Tlvxvu — äcp' ob lIsqduvivcc tq noXig (Strab. 472).
Con un altro nome, tuttora esistente la cittä cretese si chiamava
'IsQCCTZkTQCC.
Invito ora il lettore a leggere la favola appula, che Antoninus
Liberalis cap. 31 racconta (dal Nicandro) di una gara di danza
fatta fra giovani pastori messapici e le ninfe pecorali smprjXidsg,
nella quaie gara i pastöri vinti vennero trasformati in alberi che
sempre lasciavano udire un suono flebile. La divisione delle tre
regioni appule, fatta da Nicandro in modo che Messapia sia intesa
per la parte meridionale sv ij nöXig fpxrjrai Bosweaiov, lascia
sottointendere, che il conflne coi Peucezii era imaginato piü al
Nord che Brindisi, sieche Putignano resterebbe quasi vicino ai
confini o nel territorio finitimo. Alla prima lettura sembra ch e
l'autore non indichi la localitä propria in cui sarebbe avvenuta
quella metamorfosi. Si noti perö che il prineipio del raeconto
iv xfj MsGGctniuiv yjj naoä rag Xsyofisvag tsoäg nsroug e la
fine di esso: 6 o*s xonog ovojid^tai vvf.i(f(ov ts xal Traidwv stanno
quasi in contradizione qualora ambedue notizie avessero un sigDi-
(Morea, Chartularium Cupersan. I p. 27 e 50). I pendii sono pieni di tonibe
italo-greche e di avanzi di muraglie rozze, come di terrazze primitive. ' La
grotta ' della carta militare significa una masseria, non il santuario, che si
trova sulla eima, in altezza identica con S. Michele di Putignano.
(•) Nel medioevo anche Potignano e, corrotto dal dialetto, Pautignano.
(2) Ciö verrä dimostrato altrove per Rutigliano ; in quanto a Conversano
v. pag. 77.
70 M. MAYER
ficato nettamente mitologico o leggendario. Una delle due denomi-
nazioni dev'essere geografica, vale a dire la prima, cioe 'legal uhiqui
che in Creta era un altro nome di Pytna. Infatti non si compren-
derebbe come la saga parlando di a 1 b e r i suonanti avrebbe potuto
attaccarsi ad un sito detto ' sacre pietre ', se quest' ultimo nome fosse
stato anch'esso leggendario anziehe dato dalla geografia od almeno
inerente a certa loealitä. Del resto il fatto degli alberi, ideati quasi
come 1' elemento onde nacquero gli aborigines, sta probabilmente
in relazione col nome dei Peucezii, che si voleva derivare da nevxai,
ed e forse perciö che la favola si trova riportata in prossimitä di
' Dryopes ' (cap. 32) originati da Sgig (robur) o 'ÄfiadQvddsg.
Nessuno poträ disconoscere a priori la probabilitä che in Apulia
come in Creta la loealitä segnata dalle Pietre Sacre eoineida col
Pytna o col Pytina esistente colä ugualmente. Prima perö d' insi-
stere su tale argomento, giova confrontare Ovidio, il quäle nelle
Metamorfosi XIV 512 raeconta sulla Messapia la medesima fa-
vola in una versione un poco modificata e parlando segnatamente
di grotte, se pur ' antra ' non voglia, come pare, indicar per uso
poetico una grotta sola.
.... Venulus Calydonia regna (cioe la Daunia)
Peucetiosque sinus Messapiaque arva relinquit :
In quibus antra videt, quae multa nubila silva,
et levibus stagnis latitantia semicaper Pan
nunc tenet : at quondam tenuerunt tempore nymphae.
Apulus has illa pastor regione fugatas
terruit et primo subita formidine movit.
mox, ubi mens rediit, et contempsere sequentem,
ad numerum rnotis pedibus duxere choreas.
improbat has pastor saltuque imitatus agresti
addidit obscenis convicia rustica dictis.
nee prius os taeuit, quam guttura condidil arbor.
arbor enim sueoque licet cognoscere mores :
quippe notam linguae bacis oleaster amaris
exhibet ; asperitas verborum cessit in Mas.
Questa versione, si vede, e meno graziosa della Nicandrea,
ed ha invece una impronta piü arcaica. Ricordiamoci un poco, per
mezzo del treppiede figurato di Lucera, quäl concetto il popolo
CERAMICA DELL'APULIA PREELLENICA 71
avesse della vita pastorale ('). « Gli annati, dice la descrizione,
e quello che suona il corno a conchiglia, sono vestiti, mentre chi
spinge l'armento e nudo, non solo, ma distinto anche con un brusco
particolare fatto ad avvicinarne il carattere al satiresco ». Se poi
in Ovidio figura il dio Pan, si immiscbia, se non isbaglio, un mo-
niento locale o, per dir cosi, storico. Accenno a quel paese, pre-
dorico, Satyrion, promesso dall'oracolo ai Greci, nella Messapia,
chiamato cosi non dai Satiri bacchici, bensi da un certo demone
come era in Arcadia quel cattivo Satiro, specie di pastore malan-
drino, che rubava le pecore ai contadini, e che fu ucciso — an-
che esso un tratto diverso dal carattere dei soliti satiri — dall'eroe
Argos (2). La favola rara non omette di rilevare che l'eroe indos-
sava una pelle bovina; altro tratto caratteristico per una civiltä
primitiva pastorale, anteriore alla viticoltura e simile a quella con-
servatasi piü a lungo nei Japigii, che solevano financo in tempi
recenti, dormire nella grotta sacra del Gargano, avvolti nelle loro
pelli di pecora. Del resto fra i culti esistenti su e presso il Gar-
gano, di cui siamo informati da quei dotti autori che sono Timaeos
e Lycofron, non v'e traccia del dio Pan, sieche, poesia a parte, il ri-
scontro offertoci dalla Messapia meridionale, conserya il suo valore.
In quanto al sito delle grotte, la gente di Putignano, che
scolpiva la figura del dio Pan nella grotta del proprio paese, avrä
letto i versi di Ovidio riferendoli appunto a quella contrada. Se
questa era la loro opinione non potremmo dar loro torto, qualora
si trattase di eseludere la grande grotta sul Gargano, visto che la
celebritä di questa e di data medioevale e che il poeta Sulmonese,
se voleva riferirsi ad essa e porre l'origine dell'olivo selvaggio sulla
montagna piuttosto che sulla pianura, non avrebbe omesso di rile-
vare brevemente la montagna ed il promontorio d' Italia, in vece
di parlare di un bosco qualunque, che, preso il testo verbalmente,
sarebbe situato nella Peucezia o nella Messapia. Si deve censide-
rare che, nei tempi antichi, anzi fino ai tempi medioevali, un grande
bosco con molto selvaggiume si estendeva da Gioja fino a Monopoli,
comprendendo dunque la contrada in questione. D'altronde non na-
scondo il mio dubbio, che il poeta o il suo autore, se voleva al-
0) Bull. d. Istit. Arch. Germ., XII pag. 4, fig. 1, Petersen.
(«) Apollodoro bibl. II, 1, 3.
72 M. MAYER
ludere a una certa localitä, forse non pensava tanto in genere ad
una grotta sacra, chiusa, quanto ad una di quelle profane, mezzo
aperte, che distinguono le varie ' Gravine ' appule, da Silvion fin
a Massafra di Taranto, oppure a quelle simili che hanno dato il
nome alla cittä di Grottaglie, vicino Taranto, alla Grottola medio-
evale (*), e a quella stazione ' Speluncae ' vicino Ostuni, indicata
sulle piante e negl' itinerari antichi.
E sembra finalmente lo schietto fatto delle ' Pietre Sacre '
contenere un indizio in favore delle contrade meridionali, se non
addirittura della contrada fra Putignano e la costa Adriatica.
Giacche escluderei le colonne o sassi miracolosi di Diomede, po-
sti in luogo favoloso dell'Adriatico settentrionale piü o meno fi-
cino al Gargano ; fenomeno mitico che trova riscontro nelle colonne
di Ercole, poste alla fine dell'orizzonte marittimo verso l'occidente,
e nelle Plancte che segnavano quasi la fine contraria, cioe l'entrata
nel regno favoloso del Mare Euxino. Nell'Adriatico la navigazione
greca per secoli non andö di molto oltre il Gargano (2), e perciö tro-
viamo qui l'idea delle pietre o colonne terminali, che con il ca-
rattere miracoloso di potere, se rovesciate, rialzarsi di nuovo, ricor-
dano addirittura le Plancte, rispecchiando le idee degli stessi na-
vigatori e coloni Kodo-Milesi, che per primi penetrarono nel mare
Euxino e che~approdarono alle coste appule sino al Gargano. Elimi-
nato dunque il regno nordico di Diomede, rivolgiamoci alla fine
opposta della Iapigia. AI capo Leuca si vedeva, una volta (3),
una grande pietra che Ercole, quando vi andö per domarne gli in-
digeni, sollevö con un solo dito. Per bene intendere questa leggenda,
conviene ricordarsi, che ddxiv'/.og nella mitologia (4) contiene sem-
pre qualche ricordo oscurato dei Dactyli o Corybanti, sia nel signi-
ficato delle persone, sia nel significato delle pietre sacre dei culti
primitivi, che erano a forma di xvgßig, cioe piramidali, o a forma
di colonna o phallos, detto däxtvloq per eufemismo. II migliore
riscontro per questo doppio senso, offre la Hierapetra Cretese stessa,
che si diceva fondata da certo Kyrbas e chiamata in origine Kyrba.
C1) Cfr D'ürso, Storia di Andria, p. 52.
(2) Probabilmente per la pirateria dei Libarni.
(3) Pseudo-Aristot. Mirabil. XCVII (100) Westerm. Cfr. anche la pietra
sacra e miracolosa di Egnazia, Plin. n. h. II 240.
(4) Cf. Röscher Lexic. mit. II 1, 1535.
CERAMICA DELL'APULIA PREELLENICA 73
Che questi rapporti non erano mera mitologia, raa basati su
certe osservazioni di fatti storici o nazionali, forse balzerebbe fuori
dal classico trattato di Demetrio Scepsio, presso di Strabone, nel
libro X, se non sfortunatamente il rispettivo passo 473 fosse cor-
rotto anzi lacunoso, fatto neppure notato nelle edizioni. JaxivXovg
6' Idaiovg (pafft nveg xsxXrjöücu rovg TTQcovovg oi'xrjvoQctg rrjg xcträ
trjv'Id'tjv vnoaqsCag' nödccg fliv yccQ Xkyefföui rag vmoqeiac,
xoqvifug Sh t« axQa twv oqwv. Ne l'uno ne l'altro concetto
trova dove attaccarsi. Ma ciö che si comprende, non ostante le
deficienze del periodo, e questo che siccome xogvcpai addita un xo-
Qvßavteg che manca, cosi nödsg doveva servire a spiegare un pre-
cedente 3Icc7todsg, nome che forse dava offesa al copista per,l' in-
solito ambiente in cui figura qui. I Japodes o Japudi, altrove
nienzionati dal geografo, popolo nordico dei paesi Balcanici, sono
generalmente riconosciuti identici agli Japigi entrati in Italia (1).
Le ragioni per cui si volle introdurre questa nazione, stanno in
fatto nei liniiti dell'Apulia, ossia nei paesi che avevano relazioni
siano vere siano presunte dell'Apulia con l'isola di Creta o con altri
paesi dei Cureti. Si puö pensare prima alle danze (conf. diTtödia,
tripudid), caratteristico mitologico degli 'länodeg in Apulia. La fa-
vola dei pastori e delle ninfe ballanti con un Pane o Satiro in mezzo
lo addita ; essa ci presenta un simile aggruppamento corae il noto
frammento attribuito ad Esiodo (2) ; e forse e degno di attenzione
il fatto che le ninfe salutano i pastori Apuli gridando loro « xovqoi
invece di dire noit-uitg o vearka, come ancora nell'estratto in prosa
di Anionino Liberale.
Questa interpretazione, e vero, non e quella che ci da Stra-
bone. Ma anche la sua (nödtg = vjimqho), che fa derivare il nome
dalla pianura, e che pare non convenga ai montani, quali furono
in origine gli Iapodi, bene si spiega studiando le condizioni del-
l'Apulia. Ivi ciöe i IledtxoXoi o, come spesso si scrive questo nome,
Ilotdi'xokoi, abitano tra le Messapia arva e il ' tavoliere di Foggia '.
Essi, nella tripartizione in Daunii, Peucezii, Messapii, si lasciano
(1) Ved. sopia pag. 19.
(2) Fr. 28 Markscheff. — Strab. X 471.
'E£ ixiv ovQiutt, Nt'fKfai d-eai e^eyivoyio,
Kai ye'rog ovti&cviüv ZatvQütv xcd il^irj^avoeQyiuv
Kov Qtj r es re 9eol <pi).oiiaiy^ioves oQX>]OirJQes-
74 M. MAYER
da parte ed in genere convengono coi Peucezii, senza perö iden-
tificarsi con essi (1). Per quanto si vede il nome di Peucezii e di
senso piü esteso, che si espande fin sui monti; invece, quando si
parla dei Poedicoli con piii marcata precisione, si comprende ciö che
piü brevernente risulta anche da Strabone: trattarsi cioe degli abi-
tanti della costa, eccettuate le Murge, specialmente quelle fra Egna-
zia e 1' Ofanto.
Se si riflette che di Peucezii si parla anche in contrade ove
essi, in tempi anteriori, potrebbero aver abitato benissimo, che di
Pedicoli o Poediculi all'incontro fuori dell'Apulia non evvi traccia
alcuna. a meno che con Kiepert si voglia pensare a Poedicum
sul confine della Pannonia e del Noricum, potrebbe credersi che
questi ultirni, i quali anche presso Plinio (III, 101) stanno come
gente Illirica non diversa di razza dai Japigi, non avessero un nome
individuale, ma si chiamassero semplicemente ütäuU quali abi-
tanti della pianura (2).
E ciö, se anche non fosse la veritä, sembra perö essere il
senso nascosto delle parole corrotte di Strabone. In ogni caso bi-
sogna accennarlo, sperando che da questo punto possa uscire un
po' piü di luce, sebbene per il momento cresca forse il numero
delle quistioni.
In fondo anche presso Strabone si tratta dell'antica identifl-
cazione di Cretesi ed Appuli, ipotesi emessa da Erodoto sotto la
immane forma di un'emigrazione generale di quasi tutti i Cretesi
verso l'occidente. Chiunque oggi si occupa di questo spinoso problema
dovrä prendere il suo punto di vista un po' piü alto o piü distante
che non poterono fare gli antichi. Anzitutto egli farä ricordare che
non vi e piü contatto con l'isola di Creta che con altri paesi greci,
dai quali i Cretesi stessi una volta si dipartirono. Qui perö dob-
biamo occuparci solo di ciö che ci insegnano i ritrovamenti cera-
mici. Ed a questo tema dopo breve giro ci vedremo ricondotti.
(1) II Kiepert, Geogr. p. 450, 3, poco bene tenta di identificare i due
nomi, e Keller, Lat. Volksetym. p. 183, troppo condiscendente si e mostrato
a siffatta tesi.
(2) Per la formazione del nome conf. incola, ßovxobog, cdnokog, JfMpino-
kog (n = x), evxoko;, dvoxo'Aog ecc. Cfr. G. Curtius, Gr. Etymologie* p. 463.
CKRAMICA DELL'APULIA PRHELLEMCA 75
I numismatici fanno osservare, senza perö tirarne conclusioni,
che la monetazione della Cretese Hierapytna va d'accordo in modo
sorprendente con quella degli Aeniani. Tale concordanza fra due
paesi cosi distanti pare non sia spiegabile se non da vera affinitä
cod relazioni antichissime non mai neglette, sebbene esse comin-
cino ad apparire soltanto in tempi relativamente tardi (circa
l'anno 300) con la coniazione autonoma di questi paesi. Gli Eniani,
uno di quei popoli della Grecia settentrionale che rimasero presso
a poco intatti dallo sviluppo storico dopo le grandi migrazioni,
abitavano prima la Tessaglia piü settentrionale, e soltanto dopo
molti giri nella Grecia media, che li portarono anche al golfo di
Orissa e Cirrha, essi presero posto definitivo sul lato nord dell'Oeta
con la capitale Hypata.
Le loro tradizioni tramandateci da Plutarco (Quaest. gr. XIII)
trattano di culti e costumi antichissimi, cioe dell'epoca in cui la
fronda era ancora 1' arma principale e una pietra avvolta, chia-
mata allora mm%txav xgtac, fu sacro simbolo di Apollo ovvero
Zeus (vedi Plutarco). In quel nome, nonostante la metamorfosi
leggendaria, sembra nascondersi un nome proprio, forse lo Iliwhiov
con le vicine vette dello Hypatos e del Messapios, e la cittä di
Anthedon, donde secondo la tradizione avrebbe incominciato la mi-
grazione Messapica (*), la quäle si diresse verso l'isola di Creta e
verso l'Apulia. Le piü antiche sedi, con quelle dei Bottiei (2), pos-
sono forse segnarsi con le cittä di Pella, Pydna ed Ainea. Dal quäl
punto non vi e che un passo agli Edoni, ai quali pare si riferisca
'Av&rjdu'n', la cosi detta cittä k Tracia ' (Lycophr. v. 754), ed ai
Brysai ed Haleti del Pangaion (Plin. n. h. IV. 40), i quali si ri-
trovauo nel cuore di Sparta in un ambiente del tutto preellenico
(Paus. III. 20). Ivi troviamo strette, l'una accanto all' altra, cÄkt-
aCa, Takttöc e Bgvaeai, paese sparito; poi una divinitä chiamata
MtaaccTttvt; (Zeus), presso un fiumicello (VtXXia e probabilmente
presso il paese Mtaaunhai (Theopomp. fr. 274) e sulla ciraa del
monte i sacrifizi di cavalli in onore di Helios, quali dai Sallentini
si facevano al Menzana (3). Con ciö tocchiamo uno dei centri del
0) Strab. IX 405, Paus. IX 22.
(*) Ved. sopiu pag. 19.
(3) Cfr. Mommsen, Unteritalische Dialekte p. 70.
76 M. MAYER
problema Messapico. In fatto, attraverso tutta 1' Ellade restano an-
cora le traccie di una popolazione esistita pure in Apulia e che
dal linguaggio si mostra ne Greca, ne Italica.
Basta, prescindendo dal locale Spartano con la sorgente Mes-
seis, rivolgere lo sguardo all'antico paese di Messa, situato sulla
punta meridionale del Peloponneso. II nome di questo paese ben
presto sparito xai' arcoxoTzrjV si crede signiticare Messenia; (Steph.
Byz.). In fatto perö tuttora il locale tiene il nome MtcGanö (').
La medesima divisione si trova sul lato Italico. Ivi pure fra Taranto
e Brindisi l'una presso l'altra si trovano le cittä Messapia (2) e Mes-
senia (oggi Mesagne) ; fenomeno che ricorre poi alle sbocche del Po,
ove la cittä di Adria (Etym. M. s. v.) si presenta con X eroe Mes-
sapios, e Ravenna col canale ' Padusa quondam Messanicus appel-
latus' (Plin. III 119). Sieche, se da una parte pare si confermi ciö
che giä lo Stndniczka (Kyrene, p. 175 sg.) ha provato con le
tradizioni di Phalanthos, 1' esistenza cioe in Messapia di una popo-
lazione predorica, acheo-arcadica, s' intravede altronde la vastitä del
problema: la possibile estensione della civiltä Appulo-Messapica,
la confusione con gli Japigi, venuti dal nord, ecc.
La necessitä di sfiorare qui siffatte questioni sarebbe chiara
senz'altro, se la congettura del Dümmler (3), che Aineas fosse l'e-
ponimo degli Eniani, trovasse appoggio nei fatti; ma tale ipotesi
finora non trova la sua dimostrazione se non per la via della Pu-
glia e forse del Peloponoeso, via che per ora non posso seguire.
Ciö che importa qui si e la dea col pettine strettamente
collegata con Aenea. Nello scolion Hom. B 820 si annota al nome
3A(fooS(tri • Tuvxiqq xo üyak[ia Tc"käxvovai xre'va (pt'gov, particolare
della sua rappresentazione che appena in tal modo si sarebbe ac-
centuato e generalizzato, se esso non fosse, come nello scolion di
poi si fa, messo in relazione speciale coi Romani e con Enea. II
eulto Romano, cui allude lo scolion nel luogo classico di Servio
(Aen. I. 720), e specirlcato con quello della Venus calva. L'iden-
titä risulta specialmente da Serv. II 632, dal quäle passo di piü
poi risulta che nel luogo precitato e proprio il eulto della calva
C1) Cfr. Bursian, Griech. Geogr. II 152.
(2) II Corcia, Storia della Sicilia, III, ammoni di non alterare il passo
di Plinio n. h. III. 100.
(3) Presso Studniczka, Kyrene, p. 195.
ceramfca dell'apulja preellenica 77
o un altro simile cui si riferiscono le parole ginnte in fine : apud
Cyprios Venus in modum umbilici vel ut quidam volunt metae
colitur. Onde segne anche questo, mi pare, che il nome di calva
non e originale, ma latinizzato da altra lingna.
All'Apulia tocca anche la storia della Venus verticordia ('),
nella quäle lo xthc fa le sue parti assai manifeste come simbolo
mistico, come le faceva quäl simbolo mistico nelle feste delle donne
greche, p. e. nelle Tesmoforia (2).
Oltre a questi vi era in Apulia un culto di Venere sul capo
Leuca, il quäle ben presto venne oscurato da quello di Athena (3),
e massima poi in quella contrada, dalla quäle abbiamo preso le
mosse nella vicinanza di Putignano. Ivi, cioe fra Conversano e
Castellana, era un tempio molto frequentato che diede nome alla
statlo ad Veneris. Venendosi ora a sapere che Conversano prima
ebbe un altro nome, il quäle si mantenne tino al medio evo, cioe
Cupersanum (4), con ciö s'intenderä che la dea qui chiamavasi Cu-
pra, cioe col nome medesimo col quäle veniva chiamata nel Piceno.
E cosi si comprende presto perche del culto ciprio si fa menzione
appunto presso la Calva. Siccome perö questa fu la dea col pettine, il
nome Conversano mediante metatesi sarä nato da Corvansano, unen-
dovisi il significato di Verticordia', e Calva si spiegherä da Carva o
xugßav, cui viene luce dalla serie Carovigno, Carbonara, xdgßiva (5).
Dopo tutto ciö non sarä da sorprendere, qualora si afferma
che la ceramica della Puglia media si serva con tanta predilezione
dell'orDamento del pettine. Non importa molto che questo ornamento
quasi sotto gli occhi nostri si sviluppi da altra tigura, seppure viene
un tempo, dal quäle esso si presenta chiaramente da pettine con-
servando costantemente tale caratteristica.
La svastica, di cui si presenta il tipo perfetto, potrebbe essere
importata. Essa fa il suo apparire quasi contemporaneamente col tipo
(*) V. Preller-Jordan, Rom. Myth. I, 446. II nome stesso della fami-
glia Elvia forse sta in connessione colla parola Appula Elpi.
(2) Callimaco fr. 308 Sehn., Anthol. Pal. V 132; Poll. II, 174; Etym.
M. 9s<rtuo(p.
(3) Cf. Corcia, Storia d. Sic. III, 425. Differisce l'opinione del Pais I 55").
(4) Domenico Morea, Chartularium di Conversano I (dal 815 d. Cr. in
poi), Montecassino 1892.
(5) Cf. anche il popolo dei Carbelas sul Pangaion. Plin. IV, 44.
78
M. MAYER
de! pettine quasi pienamente sviluppato. In tale unione esso pud-
aver valore di simbolo, come nella Grecia settentrionale, ove l'ba
conservato lungo tempo: cosi le monete di Mesembria hanno la
leggenda Mea con aggiunta la svastica, la quäle quindi significhe-
rebbe tjiikQa, rjXtog (l). Con ciö saremrao ricondotti alla vicinanza
di im" antica cittä di Enea, quäle e Ainos, sulla costa della Tracia.
Non ometto qui, riguardo al pettine, di far osservare che tale
simbolo di una dea dal Petersen (Bullett. dipaletnol. ital. XXXIII,
p. 81) venne riconosciuto in figure molto antiche della Beozia.
Si sa poi quanto e facile trovare pettini di vario materiale,
non tutti fatti per servirsene in realtä, ma anche per portarli come
amuleti, tanto nei paesi deH'Istria quanto neH'Italia settentrionale.
Fig. 20.
E qui finalmente e il luogo opportuno onde spiegare la figura
singolare che si vede su parecchi dei nostri vasi, cioe quel trin-
chetto con maggiore o minor numero di punte, piantato sopra ba.se
triangolare. Sopra alcune urne (2) essa ha due sporgenze verticali al-
l'estremita di ciascun braccio, e ne ha una soltanto sopra un'urna
che qui non abbiamo raffigurata (3). Appena osservato questo tipo noi
potremo sovvenirci di alcuni simboli, o, per meglio dire, di alcuni
C1) Brit. Mus. Catal. Thrace, pag 132, 4.
(2) No. 5 e compagno.
(3) Bari Mus. 3715 ; da Montrone.
CERAMICA DELL'aPULIA PREELLENICA 79
idoli primitivi, come quelli che si vedono sopra alcune stele neo-
puniche nonche quelli che si vedono piü verso il nord, come per
esempio, ad Este (') noi li troviamo quali amuleti, o esemplari rap-
presentanti figure di donne, come sul vaso di Oedenburg (2), ove
si scorge che la testa fu nello stesso modo trascurata. Con tale
idea perö sarebbe incompatibile V urna n. 6,ove tutta la linea tras-
versale e piena di punte come lo sarebbe un candelabro : fig. 20 b.
E qui non si puö pensare a im pettine, ma bensi dappertutto a un
trinchetto impiantato, ciö che risulta senz' altro da quei vasi Ap-
puli, ove l'oggetto in quistione si vede munito di manico ed isolato,
cioe senza base ; cosi fig. 20 c, graffiato al di sotto di una coppa
Cegliese (Bari Mus. 773) e fig. 2Qd,e, dipinto due volte sul ma-
nico di un askos Carosino (Bari Mus. 2298).
Gli esempi riprodotti, pare, non lasciano alcun dubbio che
sopra i vasi predetti la troppa brevitä e la troppa larghezza del-
l'oggetto non possa essere decisiva e forse non si debba attribuire
ad altro che ad una imperfetta caratteristica.
Sopra uno dei vasi di stile Appulo del nord (3), trovati nell'Istria,
avente un rettangolo a guisa di finestra, si vedono, in direzione per-
pendicolare due oggetti di questo genere ; con le punte in giü, ciö
che con ogni pro'cabilitä risulta dalla piccola piramide di argilla
(uno dei cosiddetti pesi) di Megara Iblaea (4), ove siffatta figura,
appoggiata sulle punte, dirette in giü, al manico si vede munita di
asta trasversale.
La figura di un tridente impiantato, se cosi possiamo chia-
mare il trinchetto (5), nel modo piü naturale, credo, si spiegä
dalle condizioni della Tessaglia settentrionale, specialmente da
quelle dei Perrebi, antichi vicini degli Eniani, ove uno degli au-
toctoni, Ceneo, nemico e rivale di Apollo, nella sua superbia (in
questo modo cioe si caratterizza lo stato di cose piü antico) si dice
che abbia piantato la sua lancia come sacramento e aver forzato
la gente a far giuramento su questa (6). La trinchetta stessa e
(!) C Hoemes, Urgeschichte der bild. Kunst, Taf. X, 12.
{*) Cf. Hoemes 1. c. tav. XXX 1-2.
(3) Amoroso, Le necropoli preistoriche dei Pizzughi. Atti e Mernorie
d. Soc. Istr. V fasc. 1, 2. tav. V 1.
(4) Hoemes, Urgesch. d. B. K. p. 474.
(5) Essa si allarga talvolta anche sugli arcaici pinakes di Corinto.
(6) Cf. Schol. di Apoll, rod. I 57.
80 M. MAYER. CERAMICA DELL'aPL'LIA PREELLENICA
la sua apparizione in Apulia non sarä piü sorprendente dopo tutto
ciö che da altri fu esposto intorno a Phalanthos (Messap. Bale-
&ag, faXs&oc) quäle eroe predorico di Brindisi e di Taranto, ed
intorno alle di ini vestigia in Tessaglia e Creta accompagnate
sempre dal tridente. Giacche puranche l'emigrazione dei Messapi
da Anthedon sta in diretta correlazione con Glaucos Pontios. Fin-
anco il Messapus di Virgilio e figlio di Nettuno.
Da queste circostanze, se si traducessero nel Greco, risulterebbe
una unione dei culti di Aphrodite e di Poseidon tale quäle esistette
in Messene, in Aigion, nell'Arcadica Orchomenos ed in Corinto (').
M. Mayer.
(') Cfr. Welcker Griech. Götterlehre II, 706.
SONOGRAPHISCHE STUDIEN (')
XIV. Maussollos Fürst von Mylasa,
Satrap von Karien.
Vor Jahren lernte ich aus einem Abguss Imhoofs, eine Münze
von Kos, aus der Sammlung Waddington (2) kennen mit dem
bärtigen Herakleskopf, der eine merkwürdige Aehnlichkeit mit den
Zügen des damaligen Beherrschers der Insel (3), mit Maussollos zeigt.
Beif einem Besuch des Britischen Museums, im J. 1885, fand ich
dazu ein verwandtes Exemplar (4), das aber in der Prägung weniger
vollständig gerathen ist.
Ich habe damals diese Bemerkung als eine immerhin ganz
hübsche, aber ohne weitere Bedeutung aufgehoben, und würde jetzt
kaum dazu kommen sie zu veröffentlichen, wenn sich die Sachlage
nicht etwas verschoben hätte. Damals galt die bekannte Statue
fast allgemein als integrirender Bestandtheil des Viergespannes
(») S. Rom. Mitth. 1898 XIII S. 60. Dort ist auf Seite 61 das Stirnhaar
des Londoner Homerkopfes auf den Kopf gestellt, dasselbe wird deshalb hier
richtig gestellt gedruckt.
(*) Babelon Inventaire de la coli. Waddington n 2720. Paton und Hicks
the Inscriptions of Cos, S. 305.
(3) Paton und Hicks, a. a. 0. S. XXIX.
(4) Catalogue, Carla and Islands PL XXX, 6.
6
82 J. six
vom Gipfel des Maussolleums und deshalb sebstverständlich als
Maussollos ; jetzt da Percy Gardner (') tiberzeugend dargethan hat,
dass sie von diesem Viergespann nicht herrühren kann, ist jener
Name ihr freilich von niemand streitig gemacht, aber thatsächlich
ohne jegliche Begründung geblieben. Unter diesen Umstanden kann
meine Bemerkung willkommen sein um die gemeingültige Be-
nennung zu stützen.
Ich stelle hier eine Profilansicht des Statuenkopfes neben ein
Exemplar des gewöhnlichen Typus und jenes mit den angeäh-
nelten Zügen aus der Sammlung Waddington. Es leuchtet ein, wie
gross die Uebereinstimmung ist. Dieselbe spricht sich besonders
aus in der kräftigen Stirne und in der Weise, wie sich daran die
starke Nase anschliesst. Zwar scheint die Münze eine breitere
Nasenspitze zu zeigen als der Marmor ; aber diesem fehlt die
Nasenspitze, die am Abguss wohl zu schmal restaurirt ist. Ein
etwas kräftiger Nasenknopf, würde die Nase ungemein beleben.
Freilich ist es nur in der Profilansicht dass die Restauratioif zu
tadeln wäre, sonst stimmt die Form zum Münzbilde.
Ebenso stimmt die hoch und rund gezogene Braue vorzüglich,
und scheint das Auge in der Profilaufnahme viel kleiner als an
der Münze, so belehrt uns auch hier wieder das Original, dass
ein sehr weit geöffnetes, gross scheinendes Auge, von dem Stem-
pelschneider naturgetreuer wie von einer Profilphotographie wieder-
gegeben wird. Auch Lippen- und Schnurrbart des, im Vergleich
mit den anderen Zügen, kleinen Mundes sind noch verwandt. Nur
der Kinnbart scheint am Marmor kürzer geschnitten zu sein als
im Münzbilde ; aber auch dieses kann nur Schein sein, wenn man
darauf achtet, wie am Koloss zwar kurze aber doch bestimmt
getrennte Locken angedeutet sind, die im Münzbilde, im Stil jener
Zeit, kaum viel anders wiedergegeben werden konnten, als wie
geschehen ist. Es gilt ja nicht die Frage, ob der Münzstempel
nach der Statue, sondern ob beide nach der Person des Maussollos
gearbeitet sind.
Was schliesslich auch hier wieder den Ausschlag geben muss,
ist der Eindruck der ganzen, grossen und grossartig aufgefassten
(*) Journal of Hellenic Studies XIII S. 188. Die Argumente, die Oldfield
Archaeologia 55, 2. S. 365 f. dagegen anführt, sind ungenügend. Die Statuen
bleiben zu klein für die Pferde.
SONOGRAPHISCHE STUDIEN
Züge und breiten Formen, ein Eindruck, den ich nicht besser
anzudeuten weiss als durch den Verweis auf durch eine Lupe
gesehene Formen.
XV. Alexander III König von Makedonien.
Dieser und der nächstfolgende Aufsatz, verdanken ihre Ent-
stehung einer Anregung meines Vaters und einer gemeinschaftlichen
Ueberlegung, wobei ihm in diesen numismatischen Dingen selbst-
verständlich der Hauptanteil zukommt.
84 j. six
Die Ikonographie Alexanders lässt, so wichtiges und vorzüg-
lich bearbeitetes Material wir auch besitzen, doch noch eine
eingehende Untersuchung vermissen über das was aus den eigenen
Münzen des Königs über sein Aeusseres zu ermitteln wäre.
Die Münzen nämlich mit den Ammonshörnern die, wie allgemein
anerkannt wird, wenigstens zum Theil die Züge Alexanders zeigen,
sind bekanntlich erst von Lysimachos geprägt worden. Die Münzen
mit der Elephanteohaut, die auch als Bildnisse Alexanders gelten,
und auf die wir unten zurückzukommen haben, rühren von Ptole-
maios Soter her ; hier handelt es sich um den Heraklestypus der
bei Lebzeiten des Königs geprägten Münzen.
Das was für und gegen die Anschauung zu sagen ist, wonach
man in jenem Herakleskopf das Bild Alexanders erkennt, hat schon
L. Müller (') ansführlich erörtert. Imhoof hat die Hauptsachen
dieser Ausführungen, höchst vorsichtig kurz so formulirt (2) : « Auf
einem von Agathokles in Baktrien zur Erinnerung an Alexander
geprägten Tetradachmon (der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts
vor Chr.) erscheint dieser mit dem Attribute des Herakles, dem
Löwenfelle (Gardner, Num. Chronicle 1880. Taf. X. 1) und ebenso
in der Kaiserzeit, auf makedonischen Bronzen (3), einem anderen (4)
Goldmedaillon mit identischem Revers (Taf. X fax Revue Num. 1868)
und Contorniaten. Es ist daher die Annahme, auch der Kopftypus
der sogenannten Alexandermünzen, derjenige des jugendlichen He-
rakles, sei für ein Abbild Alexanders gehalten worden, nicht
durchaus zu verwerfen. »
Weiter geht Koepp (5) « Dann sah man in dem Herakleskopf
der Silber-und Kupfermünzen den Kopf des Königs mit dem
Abzeichen seines Ahnherrn. Dieses Costüm konnte nicht befrem-
den, und Münzen der römischen Kaiserzeit, die demselben Kopf
0) Numismatique d' Alexandre le Grand S. 12 f.
(2) Gr. Porträtköpfe S. 14.
(3) Denen sind jetzt die Bronzen von Apollonia Mordiaea hinzuzufügen
{British Museum, Catalogue, Lycia etc. PL XXXIII, 1 und 5) wo der Typus
als Alexander, Stifter der Stadt bezeichnet wird und, merkwürdiger Weise,
nicht eine beliebige Alexander-Münze copiert ist, sondern eben ein Exemplar
derjenigen Classe, die wir bald zu erwähnen haben.
(*) Zu wissen aus dem Funde von Tarsos.
(5) lieber das Bildnis Alexanders des Grossen, 52. WinckelmannsrPro-
gramm. y
SONOGRAPHISCHE STUDIEN 85
die Inschrift 'AXel-dvdQov beifügten, scheinen die Deutung zu
beweisen; ja man konnte sich auf Münzen des Alexander Balas
aus der Mitte des zweiten Jahrhunderts v. Chr., die den Kopf
dieses Fürsten in derselben Tracht zeigen, berufen als auf Zeugnisse
dafür, dass schon damals der Herakleskopf als das Bildnis Alexan-
ders galt. Aber der Herakleskopf kommt, wie bereits Eckhel
gesehen hat, schon vor Alexander auf makedonischen Münzen vor
und kann also unmöglich ursprünglich als Bildnis des Königs
gemeint sein; und dass die Diadochen erst erheblich später den
eigenen Kopf auf ihren Münzen zu prägen beginnen, und dass
das Bildnis der Scheinkönige der Zwischenzeit auf den Münzen
fehlt, spricht dafür, dass hier Alexander nicht mit seinem Bei-
spiel vorangegangen war. Einige Numismatiker wollten, wie auch
Visconti, wenigstens auf den Prägungen einzelner Städte die Züge
des Herakles denen des Königs angeähnlicht finden. Wer die, bei
der Zahl der Prägstätten, sehr begreiflichen Verschiedenheiten des
Herakleskopfes überblickt, wird diese Möglichkeit nicht durchaus
bestreiten wollen ; aber sie kann an der Thatsache, dass der Kopf
Herakles darstellt und einen überkommenen T}'pus wiedergibt,
nichts ändern und ist für die Ikonographie Alexanders wertlos. ■
Wertlos nun scheint mir jene Aehnlichkeit keineswegs, und
sie kann es auch nicht sein, wenn man darauf achtet, welche
Stücke am meisten Uebereinstimmung mit den anerkannten Typen
aufweisen, worunter neben der Herme des Louvre, mit der mo-
dernen Nase, und dem Mosaikbild der Alexanderschlacht, der wun-
dervolle Kopf der Perserschlacht, am s. g. Alexandersarkophag, die
erste Stelle einnimmt ('). Es sind dies nämlich mehrere Münzen
der zweiten Klasse Müllers (2), die nicht, wie er meinte, nach
Kilikien hingehören, sondern eher nach Syrien oder Mesopotamien,
jedenfalls mit zu den ältesten Prägungen dieses Typus zu rechnen
sind. Ein Monogramm scheint sogar auf Damaskus, wo Alexander
zuerst durch Parmenion in Besitz von grösseren Schätzen ge-
langte (*), zu weisen.
(!) Damit man nicht wegen des Löwenhelmes dieses Kopfes geneigt sei
an einen Zirkelschluss zu denken, weise ich darauf hin, dass dieser Kopf dem
Ammonskopfe der Lysimachosmünzen am nächsten steht.
(2) Ein schönes Exemplar hei Head Guide PL 27. 7.
(3) Arrianus Anabasis II, 11, 10.
86 J. six
Besonders zu vergleichen ist die Nase, die, wie aus dem
Mosaik, dem Sarkophag und den Lysimachosmünzen hervorgeht,
ein ziemlich starkes Nasenbein sehen lässt und von da zur Spitze
ganz leise eingebogen ist (l), das hochliegende Auge auch und der
kleine Mund mit der kurzen Oberlippe, eine allgemeine Aehn-
lichkeit endlich, die nicht sehr weit geht aber doch genügt, um
augenblicklich die Exemplare dieses Typus auszusondern aus der
grösseren Masse, der die Aehnlichkeit fehlt, wie sie in der Haupt-
sache die anderen Klassen Müllers bilden.
In einer Beziehung aber weicht der Münztypus ganz bestimmt
von dem bishergenannten Bildnisse Alexanders ab, indem diese die
Züge edel und fein, ja beinahe etwas mager zeigen, der Herakles-
kopf dagegen grob kräftig und schwer, mehr sogar als es aus
künstlerischer Kücksicht der Heros verlangt. Das ist auch nicht
die Fülle der Formen, die uns die Münchener Statue in einem
Bilde der blühenden Jngend des Königs zeigt, sondern eine Fett-
ablagerung, die die Züge vergröbert und an deren Entstehung
Ausschweifungen nicht fremd gewesen sein mögen. Mehr als die
eben genannte Gruppe zeigen noch diese Eigenschaft die Münzen
(der dritten Classe) die Imhoof der Münzstätte Babylon und der
letzten Lebenszeit Alexanders zugewiesen hat (-). Bei diesen hat
denn auch die Aehnlichkeit mit den genannten Bildnissen des Kö-
nigs wieder einiges eingebüsst.
Absichtlich habe ich bis jetzt noch unerwähnt gelassen ein
Bildniss, das hier zu vergleichen ist, dasjenige nämlich in der
Löwenjagd des Alexandersarkophags (3), das auffallend dieselben
Abweichungen vom gewöhnlichen Typus aufweist wie diese Münzen.
Auch hier sind die Formen schwerer, stärker, gröber, voller, be-
sonders an Wangen und Nase. Stirne und Augenhöhlen haben sich
(!) Es liegt besonders an dem Fehlen dieser Nase, dass die Herme das
(<QQ6va)növ vermissen lässt, welches doch in den Werken Lysipp's nach Plu-
tarch (d. Alex. magn. s. virt. s. fort. II 2) nicht fehlen darf und in den
Lysimachosmünzen sowie am Sarkophag zu erkennen ist. Das fcovTwifeg spricht
sich ja auch in der Herme sehr klar aus in dem mähnenartigen Wuchs der
Haare an der Stirne.
(*) Numismatische Zeitschrift 1895 S. 4. Taf. I. 3, 4.
(3) Hamdy-Bey u. Th. Reinach la Necropole de Sidon PI. XXX.
IKONOGRAPHISCHK STUDIEN 87
am wenigsten geändert; der Mund lässt sich noch vergleichen,
besser aber mit demjenigen der Reiterstatuette aus Neapel (').
Wann war überhaupt Lysipp, auf welchen Koepp den Typus
der Herme zurückgeführt hat, in der Lage Alexander nach dem
Leben zu bilden? Hat der König ihm gesessen vor seinem Auf-
bruch gegen die Perser im J. 334, als er 22 Jahr alt war, oder
soll man glauben dass Lysipp ihm im J. 332 nach Aegypten, im
nächsten Jahr nach Babylon nachgereist wäre ? Er wird ihm doch
auf keinen Fall nach Gedrosien und Indien gefolgt sein, und für
die Rückkehr nach Babylon im J. 323 ist das Bild jedenfalls zu
jugendlich. ,
Ich sehe m der Herme überhaupt nichts, was der Annahme
widerspräche, dieses Bild sei noch in Griechenland oder Makedo-
nien entstanden, ja es scheint nichts der Vermuthung im Wege
zu stehen, dass Lysipp, der in Sikyon lebte, den König, bei seiner
Anwesenkeit in Korinth im J. 336, also 20 Jahr alt, zuerst
und vielleicht zuletzt nach dem Leben gebildet hat. Als er
zwei Jahre später, nach der Schlacht am Granikos die turma
Alexandri darstellen sollte, kann er den König noch leicht persön-
lich im J. 334 in Asien aufgesucht haben, kann sich aber auch mit
einer übersandten Skizze von anderer Hand (2) geholfen haben.
Jedenfalls zeigt die Neapeler Bronze, die wahrscheinlich jene
Reiterstatue wiedergibt, schon reifere Formen als die Herme.
Für die spätere Ikonographie des Eroberers von Asien wären
somit die bei seinem Leben geprägten Heraklesköpfe der Münzen,
die im Altertum allgemein als Bildniss Alexanders galten (3)
und der Kopf der Löwenjagd, vorläufig unsere einzige Zengen.
Aber mit diesen zeigt eine merkwürdige Uebereinstimmung ein
unbärtiger, kurzgelockter Kopf des Lateran (4) mit Königsbinde
(J) Visconti Iconographie Grecque T. 39, 4; Koepp a. a. 0. S. 27.
(2) Apelles malte damals den König zu Ephesos.
(3) Ein analoger Vorgang ladet zur Vergleichung ein. Es gibt von Rem-
brandt Selbstbildnisse die Menge; und doch kennen weitere Kreise ihn beson-
ders aus der Radirung, wo er an seinen natürlich wallenden Locken, deren
Umrisz noch erkenntlich bleibet, längere Sträne anradirte. So scheint auch
im späten Altertum Alexander am meisten aus dem Herakles-Bildnisse be-
kannt gewesen zu sein.
{*) Benndorf-Schöne no. 236: Arndt Gr. u. R. Purträtköpfe no. 351, 352.
und wachsenden Stierhörnern, sowohl im Bau wie in den Zügen
und sogar im wuthschnaubenden Ausdruck. Leider ist an diesem
Exemplar die ganze Nase modern und wäre eine besser erhaltene
Replik sehr erwünscht zum Vergleich. Aber schon jetzt wage ich
es auf dieses Werk hinzuweisen, da der sich mir immer stärker
aufdrängenden Aehnlichkeit keine einzige Form widerspricht.
Allerdings wüsste ich nicht, dass Alexander sonst so mit
wachsenden Stierhörnern dargestellt wäre, aber dem Eroberer von
Indien möchte man meinen, komme dieses Dionysische Attribut
wie keinem andern zu.
XVI. Alexander IV. König von Makedonien.
Einen Typus, den Imhoof (x) noch als, sei es auch ideali-
sirten, Alexander gelten lassen will, den Kopf mit den kleinen
Ammonshörnern und der Elephantenhaut, haben wir bis jetzt ganz
ausser Acht gelassen. Es scheint nämlich einleuchtend, dass der
Kopf nicht so sehr idealisirt ist, als vielmehr viel zu jugendlich
um Alexander den Grossen darstellen zu können, und dass er, trotz
einer gewissen Aehnlichkeit, jemand anders darstellt. Vor allem
ist die Profillinie verschieden, was zunächst an der flachen Stirne
und dem ungebrochenen Verlauf der Nase Hegt, aber auch an
dem Stand, den das Untergesicht dem Oberkopfe gegenüber ein-
nimmt. Wen dieser Knabenkopf mit dem Ammonshorn und der
Elephantenkappe und Aegis, und bald auch mit einer Art Dia-
dem (2), darstellen kann, wird kaum fraglich sein, wenn man
bedenkt, dass Ptolemaios diese Münzen mit der Aufschrift 3AXs-
%uvöqov schon prägen liess während der Zeit, da er im Namen
Alexanders, des Sohnes der Roxane die Herrschaft führte, d. h.
nach den Aegyptischen Königslisten, bis er selber im J. 305 den
Königstitel annahm (3).
Die ältere Serie, der meistens noch das Diadem fehlt, und
deren Rückseite den Zeus der Alexandermünzen zeigt, setzt Poole
(i) Gr. Porträtköpfe S. 14.
(*) Die Köpfe der Bronzemünzen (Imhoof Taf. II. 2), denen die Ele-
phantenhaut fehlt, zeigen durch das Fehlen der Schleife, dass dieses Diadem
kein Königsdiadem ist. Vielleicht weist es auf Vergötterung.
(*) Lepsius Königsbuch XXXII. III.
IK.ONOGRAPH ISCHE STUDIEN 89
noch während des Lebens des jungen Alexander an, nach dem
Tode des Philippos Arrhidaios (317), also von 316-11 ; die zweite,
der das Diadem nicht fehlt, und deren Revers schon die Athene
des Ptolemaios zeigt, schreibt er zweifelnd dem Interregnum zu (l).
Eine seltene Münze (2) aber, die noch den Zeus der Kehrseite
und doch das Diadem hat, zeigt durch den Adler auf dem Blitz,
das Königssymbol des Soter, dass sie erst nach 305 geprägt worden
ist. Auch das Fehlen des Wortes ßacnAtcog bei dem Namen Alex-
anders macht es fraglich, ob nicht eher der ganze Typus erst
nach dem Tode des jungen Königs entstanden ist und ihn von
Anfang an vergöttert darstellt.
Auch hier besitzen wir ein Mittel der Controle, das leider
aber nicht ganz so unzweideutig scheint, wie man wünschen
könnte. Es ist die kolossale Statue in aegyptischer Königstracht,
die Maspero, Ärcheologie Egyptienne, S. 229 fig. 202 abbildet
als im Museum zu ßoulaq befindlich. Wahrscheinlich ist das
Werk jetzt im Museum von Gizeh, dessen Catalog mir aber nicht
zugänglich ist. Baedeker (8) verzeichnet diesen Koloss nicht.
Nach den Worten Maspero's zu urtheilen, soll das Werk
noch fast durchaus aegyptisch sein und kaum hie und da die Spuren
von griechischem Einfluss vermerken lassen. Nach der zwar kleinen,
aber scheinbar sehr charakteristischen Abbildung würde man geneigt
sein, den Kopf für nicht allzu aegyptisch zu nehmen. Das sehr
kurze Dntergesicht, Kinn und Mund, mag auf aegyptische Gewohn-
heit zurückzuführen sein, das sehr grosse Auge, an Alexandrini-
sche Mode, wie wir sie aus den späteren Ptolemäer-Münzen und
den süditalischen Fresken kennen, gemahnen; im übrigen scheint
doch das Gesicht einen durchaus griechischen Typus zu haben,
der sich mit dem Münztypus wohl vergleichen lässt. Besonders
achte man auf die Profillinie, die, wie wir gesehen, für das Münz-
bild charakteristisch ist und an dem Koloss sich wieder findet.
Die gerade Nase sitzt in derselben Weise an der flachen Stirne;
der kleine Mund ist ganz ähnlich, nur am Koloss vielleicht noch
kleiner, wie auch das Kinn ; ja die Formen sind am Koloss über-
(') Cataloque of Greek Co ins, The Ptolemies S. 1 ff.
(*) A. a. 0. Taf. XXXII. 2.
(3) Unteraegypten III. Auflage 1894.
90 J. SIX, SONOGRAPHISCHE STUD EN
haupt weniger voll ; aber nirgends finde ich Abweichungen, die
unserem Vorschlag widersprechen. Das Haar der Statue hängt
schlicht nieder, und so auch das Haar des ersten Münztypus, da
wo es unter dem Ammonshorn hervortritt; erst im zweiten ringelt
es sich um das Stirnband, und an dem unbedeckten Typus der
Bronzen ist das Haar zwar nicht so schlicht wie am Koloss, aber
doch viel schlichter als an Alexanderköpfen. Viel darf dabei einer-
und andererseits auf Rechnung der verschiedenen Auffassung der
Stempelschneider und des aegyptischen Bildhauers geschrieben wer-
den, aber jedenfalls wäre für eine sichere Beurtheilung eine bessere
Publication des merkwürdigen Werkes sehr erwünscht. Es wäre
doch wichtig, ein sicheres Bildniss zu kennen von dem unglückli-
chen Knaben, in dessen Antlitz sich die königlichen Züge seines
Vaters mit der wunderbaren Schönheit seiner Mutter vermischt
zu haben scheinen (]).
J. Six.
(l) Wem der Typus der Münzen nicht jung genug scheinen sollte für
einen zwölfjährigen Knaben, der mag bedenken, dass die Statue keinen jün-
geren Eindruck macht, und dass wohl auch in jenen Ländern ein Kind von elf
bis zwölf Jahren mit einem nordischen Knaben von vierzehn bis fünfzehn zu
vergleichen sein mag.
ARTEMIS UND HIPPOLYTOS
Vier Wiederholungen zählt man von einer noch unerklärten
Darstellung aus dem Mythenkreise der Artemis, drei davon bei
Heibig, Wandgemälde n. 253 ff. beschrieben, das vierte von So-
gliano, le pitture muralt n. 119, auch von Knapp in unserm Bul-
lettino 1879 S. 108 mit Zusatz von Mau. Sie seien hier in dersel-
ben Reihenfolge A-D genannt, davon A hier auf S. 92 abgebildet.
Das besterhaltene und vollständigste ist Heibig n. 253 also A :
im Waldgebirge liegt ein Heiligthum, kenntlich als solches an dem
hohen Pfeiler. Ist auch das Cultusobjekt oder Anathem, welches
oben darauf errichtet steht, nicht deutlich, so lässt doch die in
D mit einer Binde an dem Pfeiler befestigte Fackel das Heilig-
thum der Waldesgöttin Artemis erkennen. In der That sitzt Ar-
temis, sie wenigstens hier nie verkannt, rechts hinter einer niedrigen
Schranke, die von jenem Pfeiler sich herzieht und als Einfriedigung
des Heiligthums verstanden werden muss. Die Zackenkrone auf ihrem
Kopfe, das kurze Kleid der Jägerin bei hohen Stiefeln, rechts neben
ihr das an den Felsensitz gelehnte Schiesszeug und zwei Wurf-
spiesse kennzeichnen zur genüge die Göttin des Waldreviers. Auf-
fallend nur grade bei ihr ist, dass ein kleiner Eros mit erhobenen
Flügeln an die jungfräuliche Göttin gelehnt steht, mit ernstem
Auge sie anblickend, während er einen seiner Pfeile wie spielend
zwischen den Fingern hält, also dass die Spitze gegen die Brust der
Spröden gekehrt ist.
Während diese, die Inhaberin des Heiligthums, die einzige Sit-
zende ist ('), sind drei ihrer Begleiterinnen mehr zurück stehend
dargestellt, zwei weiter rechts hinter dem Felsen hervorragend, an
(*) Nach Sogliano, Mau a. a. 0. sitzt auch die Dritte in D ähnlich wie
Artemis.
92
E. PETERSEN
welchem Artemis sitzt, die dritte weiter links neben der Schranke.
Alle drei sind mit Blumen unbestimmten Charakters gekränzt; der
ersten hängt auch ein Schleier von Kopf herab. Diese legt die Fin-
gerspitzen der Rechten an den Mund ; die zweite, die hinter jener
vorschaut, giebt sich durch zwei Wurfspiesse an der Schulter als
Jagdgenossin der Artemis zu erkennen ; die dritte hat in D einen
Nimbus ums Haupt bekommen und einen Hirtenstecken in die
Linke. Auch sie steht noch innerhalb des Peribolos aber zunächst
dem Jüngling, der von aussen an die Schranke herangetreten, die
ARTEMIS UND HIPPOLYTOS
93
Aufmerksamkeit aller vier Jungfrauen auf sich zieht und durch seine
Rede ihre Theilnahme in verschiedener Weise erregt.
Auch er ist Jäger, angethan mit kurzem violettem langerera-
ligem Chiton, mit weisser oder geblicher Chlamys und hohen Stie
94 E. PETERSEN
fein. In der Linken hat er zwei Speere, auf dem Rücken (in D)
Bogen und Köcher. Sein lockiges Haar ist von einer Binde um-
wunden. Haltung und Gesichtsausdruck sind, soweit noch kenntlich,
namentlich in A ernst und gemessen. Dass er spricht, erkennt mau
an der über die Schranke hin vorgestreckten Rechten, deren Zeige-
und Mittelfinger, wie es scheint den Gestus der corna machen ; und
dass Liebe im spiel ist zeigt auch der halb versteckt unten im
Mittelpunkt der fein zusammengeschlossenen Composition stehende
Eros.
Die Kunst des Malers, der dieses Bild erdacht und zuerst
gemalt hat, war aber nicht darauf zumeist gerichtet, die anmuthi-
gen Gestalten, lauter Jugend und Liebreiz in Auge und SinH er-
frischender Umgebung des im Waldgebirg versteckten Heiligthums
vorzustellen, sondern augenscheinlich galt sein bestes Können dem
seelischen Ausdruck aller sechs im Bilde vereinten Personen. Wie
sich Spiel und Ernst, Schelmerei und Tiefsin in Blick und Thun
des Eros verbanden, das lässt sein emporgewandtes Antlitz nur
ahnen, das Spiel mit dem Pfeile noch erkennen. Artemis hebt
die Linke mit der gegen den Jüngling zugekehrten Innenseite.
Deutlich spricht sich darin Abwehr, vielleicht Abscheu aus; aber
nur dem was der Jüngling berichtet gilt die Abwehr ; denn ihn
selbst blickt sie dabei vielmehr mit innig besorgtem Ausdruck an.
Die Verschleierte scheint, indem sei die Fingerspitzen an das
Kinn und den geschlossenen Mund legt, und dabei mit ein wenig
zurückgezogenem Kopfe den Jüngling scharf ansieht, zum Schweigen
zu mahnen. Ganz nur innige Theilnahme, fast Liebe zu dem schö-
nen Jäger drückt sich in Blick und Kopfneigung der Zweiten
aus. Zur Vorsicht endlich mahnt die Dritte, indem sich ihre
Rechte, die Innenfläche nach unten, auf den gesticulierenden Arm
des Jünglings legen zu wollen scheint.
Wem fiele dabei nicht Timanthes' Opferung der Iphigeneia ein,
mit der, nach Art und Verhältniss zur Geopferten, verschiedenen
Färbung und Abstufung der Theilnahme, wovon ja ein schwacher
Abglanz in einem pompejanischen Bilde gesehen wird? Mehr Ver-
gleichungspunkte, scheint mir, bieten ein par Bilder Pompejis, die
eine andere Composition etwas freier variieren. Es sind die von
mir in der Arch. Zeit. 1863 S. 105 ff., jetzt allgemein auf Admet
und Alkestis bezogenen Darstellungen, Taf. CLXXX 1 und 2. Aus
ARTEMIS UND HIPPOLYTOS 95
freier Natur ist hier allerdings die Handlung ins Innere des Hauses
verlegt, aber übereinstimmend mit den Artemisbildern ist die Ge-
schlossenheit der Composition, besonders in 1, fast auch die gleiche
Zahl der Personen, die allgemeine Aufmerksamkeit auf das Wort
des Boten, die je nach Alter, Charakter und innerer Beziehung zu
Admet bei allen verschiedene Wirkung dieses Wortes, also wie-
derum im Psychologischen die eigentliche Pointe des Bildes. Ja auch
kleinere Einzelheiten darf man vergleichen, die mit der Innenflä-
che nach aussen erhobene Hand, die aus Kinn gelegten Finger und
in 2 die Schranke ('). Und zu all diesen Uebereinstimmungen wird
noch hinzukommen, dass beide Compositionen aus derselben Quelle
geschöpft sind, und nach gewissermassen gleicher Methode.
Dass es nicht angeht, diese Bilder, wie Heibig einst wollte,
auf eine Werbung des Aktaion zu beziehen, für welche die betref-
fende Version des Mythos vorausgesetzt wird, das ist so selbst-
verständlich, dass man kein Wort darüber zu verlieren braucht.
Auch die Deutung des Jägers als Orion, wie sie früher von C. Dil-
they, dann von Maass, neuerdings von A. Rehm (2) vorgetragen
ist, findet in alexandrin ischer Litteratur allerdings insofern eine
Stütze, als dort Orion als Genosse und Liebling der Artemis sich
darstellt. Alle drei sehen aber in den pompejanischen Bildern ganz
Verschiedenes. Dilthey den Orion, der durch Ruhmredigkeit die Ar-
temis beleidigt ; Maass den, welcher der Artemis seine Liebe erklärt
(aus Istros bei Hygin poet. astron. II 34 frei geschlossen) ; Rehm den-
selben, wie er, um Leto vor dem Stachel des Skorpion zu schützen,
selber sich ihm preisgiebt. Man kann nur sagen, dass keiner von
ihnen die wesentlichen Züge des Bildes gewürdigt hat, ganz abge-
sehen von der Frage, ob Gedankeninhalt und Form dieser Bilder
von jener Litteratur (nach Maass freilich Korinna), abhängig ge-
dacht werden könne. Bevor der richtige Name ausgesprochen wird,
der dem Leser vielleicht schon auf der Zunge liegt, ist erst noch
ein kürzlich hinzugekommenes pompejanisches Wandbild zu be-
0) Vielleicht möchte sogar die Dritte mit Nimbus (in D), welche Heibig
in A männlich erschien, mir in D zweifelhaft war, Apollo sein wie in den
Alkestisbildern.
(2) C. Dilthey im Bullett. d. Inst. 1869 S. 151; Maass ebda 1882 S. 156;
A. Rehm, Mythographische Untersuchungen über griechische Sternsagen, Pro-
gramm der K. Wilhelms-Gymnasiums, München 1896 S. 27, 1.
96 E. FETKBSKN
trachten, das von dem Herausgeber Sogliano in den Notisie 1897
S.- 32 f. sogleich richtig auf dieselben Hauptpersonen bezogen
wurde, hier S. 93 abgebildet (l).
Nicht Waldgebirge sondern wilde Felslandschaft bildet hier
die Scenerie. Im Hintergrund wölben sich die Felsen nicht zu einer
Grotte sondern zu einem arco naturale, wie er in Wirklichkeit,
allbekannt in Capri vorhanden ist, wie er gemalt z. B. den Ein-
gang zur Unterwelt bildet in den esquilinischen Odysseelandschaften,
und namentlich in den Dirkebildern häufig erscheint, und dort ein-
mal von Rühl, wie früher schon von R. Rochette, für einen Dol-
men erklärt worden war (2). Tn beträchtlichem Abstände von diesem
Felsenthor finden wir auf natürlichem Felsthron sitzend die beiden
Hauptfiguren der vorher beschriebenen Composition wieder. Ange-
lehnt sitzt der Jüngling, den 1. Fuss weit vorgesetzt, den rechten
anziehend und den 1. Arm auf die Felslehne stützend. Zwar hat
er Sandalen statt der Jagdstiefel, nicht einen Chiton sondern nur
eine Chlamys, die aussen zinnoberroth, innen blau gefüttert, ihm über
den Schoss gebreitet ist, auch das rechte Knie bedeckt und zwi-
schen den Beinen herabhängt; zwar hält die Linke lose das Para-
zonion : aber als Jäger ist doch auch dieser durch den rechts an
den Sitz gelehnten Spiess und durch den abgelegten Köcher (mit
Bogen) gekennzeichnet.
Und nun sitzt ja auch neben ihm unverkennbar Artemis, mit
Jagdstiefeln, kurzem hellem Chiton und darüber dem gewöhnlichen
sbawlartigen Mäntelchen, das hier grün, die Farbe des Waldes
hat. Mit Ohrringen und Armbändern geschmückt, hat sie das Haar
zum Wirbel hinaufgekämmt, Bogen und Köcher auf dem Rücken.
Auch sie hat im Sitzen den einen Fuss vorgesetzt, den andern
angezogen, stärker, weil sie mit dem Oberkörper ganz sich gegen
(l) Sogliano verdanke ich die hier beigegehene Abbildung. Mau beschrieb
das Bild in diesen Mitth., 1898 S. 26, unentschieden lassend, ' ob es sich hier
um einen sonst unbekannten Artemismythos handelt, etwa denselben, auf den
sich die Bilder Heibig 253-255, Sogliano 119 beziehen, oder ob Selene und En-
dymion gemeint sind, etwa im Anschluss an Darstellungen von Aphrodite und
Adonis '. Eehm (s. S. 95, 2) erkennt auch hier Orion neben Artemis. Dieser
würde sich dann hier grade als das Gegentheil des d-Qcorvg dvalfiegos, des
temptator Dianae zeigen.
(*) Vgl. Köm. Mittheill. 1888 S. 237. und Arch. Zeit. 1853 S. 98, 82.
ARTEMIS UND HIPPOLYTOS 97
ihren Liebling wendet, dem sie die Linke um den Hals auf die
Schulter legt, während sie mit den Fingern der Rechten sein Kinn
fasst und ihm — das kann trotz der mangelhaften Erhaltung nicht
zweifelhaft sein — liebevoll in die Augen blickt.
Ganz eigenartig ist dieses Liebespaar ; wie können wir es an-
ders nennen, da doch jedem von beiden ein Eros zur Seite ist.
Bei ihm steht der Eros oben auf der Felsenlehne, und schaut dem
Jüngling von hinten über die Schulter, was an bekannte Verbin-
dungen des Eros mit Aphrodite und Paris erinnert ; bei ihr lehnt
sich der kleine Liebesgott fast ebenso wie in der andern Darstel-
lung an das Knie der Göttin, den Kopf in die Linke stützend und
nachdenklich das Paar anblickend oder Artemis, deren Strahlen-
krone der Schelm sich auf den Kopf gesetzt hat. Auch die Eroten
scheinen neugierig zugleich und gehalten das ungewöhnlich Gemes-
sene dieser Liebenden zu betrachten. Wie die scharfgebogenen Kniee
der beiden Sitzenden nebeneinander stehen, muss man sich der schö-
nen Bronzegruppe erinnern, die Wolters in der Arch. Zeit. 1884
T. I herausgegeben hat, wo der knabenhafte Eros mit dem jung-
fräulichen Flügelmädchen zusammensteht. Auch da ist durch die
Art des Standes wie hier des Sitzens weitere Annäherung eher aus-
geschlossen, womit doch die Wendung des Knaben zum Mädchen
und das Fassen nach dem Kinn, dort bei dem Knaben noch nicht
so zum Ziele gelaugt, wie hier bei Artemis, im Widerspruch zu
stehen scheint. Mehr als das Flügelmädchen im Bronzerelief dem
Eros, kommt im Gemälde der Jüngling der Göttin entgegen, nicht
freilich mit Armen und Händen, indem ja die Linke das Parazo-
nion hält, die Rechte (jetzt nicht zu sehen) vielleicht auf dem Ge-
wand im Schosse lag, sicher nicht mit Sogliano, der doch selber
anerkennt, dass von des Hand nichts zu sehen sei, liebend um die
Göttin geschlungen gedacht werden darf. Denn damit wird der Sinn
des Bildes völlig zerstört, und jeder müsste finden, dass solche Be-
wegung der Rechten mit dem gleichgiltigen Thun der Linken un-
verträglich wäre. Nein, unbewegt, fast apathisch gegenüber der zärt-
lichen Göttin möchte man den Jüngling nennen, suchte nicht sein
Auge begeistert das Auge der Geliebten, la guarda quasi estatico
sagt Sogliano treffend, nur möchte man zufügen 'und ehrfurchtsvoll'.
Man braucht sich nur dieses eigenthümlichen Verhaltens beider
Liebenden bewusst zu werden, deren Zärtlichkeit nicht über ge-
7
98 E PETERSEN
schwisterliche Liebkosung hinausgeht, um sofort zu wissen, dass es
Artemis und Hippolytos sind, die hier ausruhend von der
Jagd in Gebirgseinsamkeit einander huldigen, die Göttin dem Sterb-
lichen freundlich entgegenkommend, sein Antlitz zu sich kehrend ;
er schwärmerisch ihr hingegeben und doch in scheuer Ehrfurcht
körperliche Berührung nicht suchend. So schildert ja Euripides die
keusche Liebe dieser zwei Jungfräulichen schon mit den Worten
der Aphrodite V. 17
"Agte/uir Jiug xögrjv
ri[iä. fityCdr^v daifiöroiv i)yovfitvoq
yXwQav <f uv vXr.v naQ&kv'iß £vvo)v aal ....
fi€i'£o) ßgoreiac tiqocttkImv uj.nA.iag
und namentlich in Hippolytos' eigenen Worten V. 1092, in denen
man dem Maler die conkrete Idee gegeben glauben möchte, wie
der in die Verbannung Hinausgestossene ausruft:
o') (fiXTtirrj fioi daitiörwv Arjtovg xoorn
üvv-Oaxe, avyxvraye . . . . (1).
Hippolytos werden wir nun auch den schönen Jäger der andern
Bilder nennen. Mochte dem Maler des sitzenden Paares die über
den Schoss des Hippolytos gebreitete Chlamys genügend erscheinen,
um den züchtigen Anstand des keuschen Jünglings zu wahren, so
konnte ihm füglich da wo er Artemis und ihren Jungfrauen gegen-
übersteht auch der Chiton gegeben werden. Vielleicht genügt es,
um solche Tracht des Jägers zu erweisen, an den vatikanischen
Jäger zu erinnern, dem der Kopf des Commodus aufgesetzt ist (2).
Auf der Bühne erschien Hippolytos natürlich anders (3) als auf den
Sarkophagen; und selbst auf einem von diesem (Arch. Zeit. 1883
T. 8, 1) zeigt er sich mit Chiton und Mäntelchen und Gamaschen,
was Heibig an die Tracht des Circusfahres, Kalkmaun (a. a. 0.
S. 77) an den bestiarius erinnerte. Noch mehr in Verlegenheit setzte
Heibig und Kalkmann die Vereinigung des Hippolytos* mit Artemis,
(!) Vgl. V. 948 Theseus' Vorwurf av d»? &eo?oiv, wg neQiaaos wv clvrjQ, \
£vvei.
(2) Vgl. Heibig, Führer I n. 2 im Braccio nuovo und, ebenda angefübrt,
ein zweites unvollständigeres Exemplar im Eingang zum Belvedere.
(3) Euripides Hipp. 606 ov turj nQoaoiasig xE^Qa PW^ uipei nenXwv ist
zu unbestimmt.
ARTEMIS UND HIPPOLYTOS 99
in der wir nunmehr einen Nachklang unserer Gemälde anerkennen
werden.
Vielleicht hat aber der Künstler, auf dessen Schöpfung die
Bilder A-D zurückgehen, die in späteren Zeiten immerhin unge-
wöhnliche Tracht des Jägers zu besonderer Charakteristik des Hip-
polytos gewählt. Dieser ist ja Orphiker bei Euripides (V. 952), und
früher in die Eleusinien eingeweiht (V. 24), was Ovid, Heroid. IV 67
ausgeführt hat. Seine Tracht nun in genannten Bildern ist wesent-
lich dieselbe, wie sie Eleusinische Cultusfunctionäre auf berühmten
Vasenbildern (') haben.
Was nun Hippolytos der Artemis und ihren Begleiterinnen
mitzutheilen komme, und was es sei, das die Hörerinnen so lebhaft
ergreift, darüber kann man nicht lange im Ungewissen sein : es ist
die unerlaubte Liebe Phaidras, das schändliche Ansinnen der Amme,
das ihn aus dem Hause trieb V. 659
vvv <P ex dofiwv fuev. tOT cev e'x6tituog ^#ovog
Grcfevc, uTtei/xi ' üTya <T t'Xoiit-v Cxöiicc.
i
Der Dichter sagt uns nicht, wohin er gegangen sei. Die kurze Zeit,
welche bei ihm die dramatische Oekonomie zwischen dem Abgang
V. 667 und dem Wiederauftreten des Hippolytos V. 895 nach dem
Tode Phaidras und nach Theseus' Rückkehr lässt, kann für die
künstlerische Phantasie nicht maassgebend sein und ist es nicht
gewesen. Die Sarkophage zeigen uns ja Hippolytos in dem Augen-
blicke, wo die Amme ihren Brief übergiebt, bereit zur Jagd aus-
zuziehn, und wohin könnte Hippolytos, beflissen das Haus des Va-
ters zu meiden, empört über die unreine Liebe der Phaidra, natür-
licher sich wenden als zur Reinheit der Natur und der ^iXtarrj
dccif.i6vm: Sein Gelöbniss zu schweigen galt natürlich nur den Men-
schen. Dass er der Göttin, die es ja ohnehin wissen kann und beim
Dichter 1283 alles wissend auftritt, sein Erlebniss mittheilt muss
demjenigen, der in die Dichtung als einen lebendigen Vorgang sich
hineindenkt, durchaus natürlich und nothwendig erscheinen. So hat
denn der Künstler, grade wie der Schöpfer jener Alkestisbilder (2),
eine in der Euripidischen Tragoedie nicht vorgestellte, auch nicht
einmal bestimmt angedeutete Situation, in eigener Ausdichtung der
von jenem gezeichneten Linien für seine Darstellung gewählt. Hip-
(») Overbeck, Kunstmythologie. Taf. XVIII 17-19 mit S. 551 ff.
(2) Vgl. Arch. Zeit. 1863 S. 111. f.
100 E. PETERSEN. ARTEMIS UND HIPPOI.YTOS
polytos, der sich bei Euripides V. 1399 den dyaXfxaTwv <ftXa$ der
Artemis nennt, doch wohl nicht blos des vorm Palast des Pittheus
aufgestellten V. 738, sondern vor allem der im einsamen Wald
gelegenen, er geht zum Heiligthum der Göttin, sie dort zu finden
gewiss. Da weilt sie mit ihren Gespielen, die vielleicht mit Nimbus,
Jagdspeeren und Schleier verschiedene Seiten der Göttin widerspie-
geln sollen. Betroffen und theilnahmvoll besorgt um ihrem Liebling
vernimmt Artemis seine Erzählung ; und nun verstehn wir die
Mahnung zur Vorsicht, zum Schweigen, alles freilich vergeblich.
Es ist schon gesagt, dass die beiden Maler, derjenige welcher
das Alkestisbild zuerst entworfen und derjenige welcher den Hip-
polytos der Artemis und ihren Nymphen erzählen lässt — wenn er
nicht, wie mir sehr wohl möglich scheint, derselbe Künstler war —
zu aller sonstigen geistigen Verwandtschaft auch aus demselben
Tragiker ihren Stoff genommen, in derselben Weise die Dichtung
sozu sagen ausgestaltet haben. Beidemal ist es tragisches Geschick,
welches blühendes Leben hinrafft, eines wie das andre auch in Lie-
dern gefeiert :
noXXä ü8 /novConöXot
fieXtpovüi xaO-' €71tütovuv r' ogtiav
ytXvv tv t* dXvQOig xXeiovrsg vfivoig
singt der Chor von Alkestis V. 445 ; und dem sterbenden Hippoly-
tos verheisst tröstend Artemis.
del de fAov(To7toidg elg ff* nctQ-dtvwv
Beide, Hippolytos wie Alkestis, haben dann eine Art Aufer-
stehung, Alkestis schon bei Euripides, Hippolytos erst später als
Virbius. Dies Moment spielt aber weder in das Alkestis- noch in
das Hippolytosbild hinein.
Es wäre nun wohl denkbar; dass auch die beiden Hippolytos-
compositionen, der erzählende und der von Artemis geliebkoste auf
einen und denselben Maler zurückgingen ; aber die ähnliche Eros-
figur, die ja auch bei Phaidrabildern und sonst vorkommt, ist zu
wenig beweisend. Kaum wird man auch fragen wollen, welches von
den beiden Bildern das frühere gewesen sein, das andre hervorge-
rufen haben möge.
E. Petersen.
ZU XIII S. 97 ff.
(Orphisches in der unteritalischen Vasenmalerei.)
Amelung hat oben S. 97 ff. zu dem Streit über die Bedeutung
des Orpheus auf Unterweltsvasen die Ruveser Prachtvase (Heyde-
mann 3256, abgeb. Mon. ined. d. last. II 30 f., danach Robert,
18. Hall. Winckelmannsprogr. S. 30 f.) herangezogen. Indem er der
evidenten Deutung auf den Raub der Köre zustimmt, giebt er
nur (') dem mittleren der drei Figurenstreifen eine neue Erklärung.
Athena, Artemis in den zwei nur zuoberst erhaltenen Figuren in der
Mitte, desgleichen Apollo und Ares in den zwei Kriegern rechts zu
erkennen weigert er sich, gewiss mit Recht, und sehr gut macht
er das Kymbalon in der erhobenen Rechten der angeblichen Arte-
mis geltend : ich glaubte kürzlich bei Prüfung dieser freilich da-
mals besonders schlecht beleuchteten Seite des Gefässes auch das
Kymbalon der andern Hand für alt halten zu müssen. Amelung
gründet darauf die Erklärung aller dieser Figuren als Korybanten,
und findet damit einen neuen orphischen Zug in dieser Vasenmalerei,
da seit Lobecks Aglaophamus S. 546 u. 1139 die Korybanten im or-
phischen Gedicht als Hüter der Kindheit Kores gleichwie des Zeus
anerkannt sind. In der That, wie auch Robert verstanden; .sjcliei-nt
es, als ob diese Bewaffneten alle sich zur Verfolgung des Säubers
aufmachten, wie wir es im Fries von Trysa auch beim Raube der
Leukippiden geschehen sehen (Das Heroon von G. Trysa T. XVI),
wo Bewaffnete zu Fuss und zu Pferde die Räuber verfolgen. Aber
kann man wirklich mit A. von den Korybanten-Kureten sagen : ' ihre
Erscheinung entspricht überall der Darstellung auf unserer Vase ' ?
Wo erscheinen sie je in Bild oder Wort als Reiter ? Was haben
die Tänzer oder Springer mit Rossen zu schaffen ? Selbst wo sie mit
den Dioskuren sich berühren, ist was diese und jene verbindet etwas
andres (2). Aber vielleicht dürfen wir auf Grund der in R. M. 1890
S. 219 f. und 221 für das unteritalische Lokri erschlossenen Be-
ziehung der Dioskuren zu Persephone, wonach jene als von dieser
(') Einige Abweichungen in Beurtheilung der Figuren des oberen Strei-
fens darf ich auf sich beruhen lassen.
(*) S. Immisch in Roschers Lexikon III S. 1623-
102 E. PETEKSEN, ZU XIII S. 97 FF.
aufgebotene Schützer speciell ihres Tempels erscheinen, und mit
Berufung auf jene orphische Tradition, wo ij rüv KoQvßüirwv
(rä^ig) TTQoßctirovGa Gvv zy Kögrj xal (fQOVQOvffcc navraxo^tv
avrrjv (Orphiea rec. Abel fr. 210), beides verbindend, den orien-
talischen Kymbelschläger der Neapler Vase und vielleicht auch die
Bewaffneten zu Fuss für Korybanten, die Reiter aber für die Dio-
skuren halten. Genug, das völlig treffende Wort ist noch zu finden,
und orphische Einflüsse in dieser Vasenmalerei sind durch dieses
Beispiel noch nicht genügend sicher begründet.
Wenn aber auch, so scheint mir doch, was den von Kuhnert (')
versuchten Nachweis betrifft, nachdem Amelung selbst S. 102 ff.
denselben noch weiter eingeschränkt hat, nichts mehr davon übrig
zu bleiben, auch nicht dass Orpheus auf den Unterweltsvasen dazu
im Hades ist, wie A. mit Dieterich sagt: 'dass er den Menschen
ein Bote werde der Dinge da drunten und sie dadurch für seine
Lehre gewinne und zu dem laboq ^v bekehre '. Von solchem Zweck
seiner Hadeswanderung ist ja in jenen Bildern nicht die leiseste Spur
zu erkennen. Wie Herakles in Ausführung des sagenberühmten
Athlon, und daneben bisweilen auch als Befreier des Theseus (2), so
ist Orpheus in dem gleichfalls mindestens seit dem 5. Jhdt. allbe-
kannten Werben um Loslassung seiner geliebten Eurydike dargestellt.
E. Petersen.
(') im Philologus 1895, 201 hat derselbe sogar, noch viel weiter gehend,
den orphischen Priester die Eingeweihten den Unterweltsgöttern empfehlend
auf einer unteritalischen Vase erkennen wollen. Aber dieselbe war längst von
Welcker (Alte Denkm. III 393, vgl. Arch. epigr. Mitth. aus Oesterr. VI (1882)
S. 53, 1) richtig auf Teiresias vor König Oedipus bezogen, wie an lelzter
Stelle auch das dazu von. Kuhnert S. 201 angeführte Bild einer sfg. Lekythos
(Wiener V. B. C. VIII) seine richtige Erklärung erhielt.
(2) Auch A. betont die Parallele zwischen Herakles und Orpheus, und
meint . ' nicht ohne Absicht scheint hierbei der Hinweis anf die Erlösung des
Theseus ganz unterdrückt, um den Gedanken an die Erlösung der Eur3rdike,
garnicht aufkommen zu lassen. Allerdings ist die Rückführung der Kurydike
durch Orpheus nur auf eben derselben Vase dargestellt, auf welcher auch
die Erlösung des Theseus durch Herakles unzweideutig gezeigt wird. Dieser
Vasenmaler, der sonst durchaus in derselben Tradition lebt, hat eben für beide
Gruppen einen späteren Moment gewählt. Die Erlösung des Theseus ist in
Wiener V. Bl. C. I, III, VI 5 dadurch angedeutet, dass Theseus zum Wandern
bereit steht (wie in dem bekannten Relief, Peirithoos dagegen, wo Inschriften
beigesetzt sind, so benannt, sitzend dargestellt ist.
SITZUNGEN
13. Januar : Krohn über die Statue des Knaben von Subiaco.
Dazu Huelsen und Petersen. — Petersen über die soffen.
Gladiatorenkaserne in Pompeji. Dazu Mau. —
Che la cosidetta caserma dei gladiatori negli ultimi tempi di Pompei
abbia in realtä servito allo scopo indicato con questo nome, ciö chiarisce dai
fatti rilevati dal Nissen, Pompejanische Studien p. 253 sgg., ove poi a ragione
si richiede un' altra destinazione piü antica di quella fabbrica. e rifiutando
l'opinione che essa possa essere stato un niercato, il Nissen (e cosi pure Mau,
Führer durch Pompeji 3. Aufl. S. 43) si contenta di credere tutto il quadri-
driportico fatto secondo le prescrizioni di Vitruvio V 9, onde gli spettatori
potessero ripararvisi in caso di pioggia. Se non che sembra un po' troppo di
lusso, poiche al medesimo scopo potevano servire giä prima il piccolo portico
dietro la scena, secondo il grande del foro triangolare, terzo il teatro piccolo.
Per conseguenza sarä lecito di presumere un'altra destinazione primaria del-
l'edifizio. E vero poi che le Celle attorno al quadriportico sono di data piü
recente, ma chi guarda la pianta delF intiera localitä, appena poträ dubitare
che anche ab origine vi dovessero essere Celle o esedre almeno sui Uti me-
ridionale, Orientale ed occidentale. Con siffatte celle o esedre perö il^ locale
riesce perfettamente analog«) alla palestra di Olimpia (1). Quindi sorge Tidea
che 1' edifizio dietro il teatro pompeiano sia stato il ginnasio o la palestra
della cittä osca. E tale idea da me venne brevemente accennata giä nel libro
di Lanckoro aski, Städte Pamphyliens und Pisidiens I p. 134, 2, ove oltre
all'analogia della pianta che la ' caserma ' offre con la palestra (2), rilevai
0) V. Ausgrabungen von Olympia II p. 113, tav. LXXIII sgg. Con la
quäle palestra fu illustrata anche la descrizione di Vitruvio V 11, come vide
il Curtius (Arch. Anzeiger 1889 p. 143) e poi Wernicke (Jahrbuch 1894 p. 191),
quest'nltimo pero un po' all'arbitrio forzando l'analogia.
(*) Una palestra di pianta conforme si ha anche nell1 isola di Delos,
Bull. d. corr. hell. 1891 p. 246. Di Adriano in Atene vi erano due peristilii
di cento colonne ciascuno, l'uno chiamato ginnasio presso Pausania I 18. 9:
l'altro, con un edificio per la biblioteca, pare sia quello scavato nel 1885, di
cui la pianta si pubblicö nelle Praktika per quell' anno tav. I. E degno di
osservazione quanto l'ediflzio centrale di questo ultimo per la sua pianta ir-
regolare a quattro absidi sia simigliante all'edifizio palatino nel quäle il eh.
Deglane {Gazette arche'ol. 1888 p. 152 e Jftlanges de Vecole francaise 1889
p. 199) con assenso di Hülsen (v. questo Bullettino 1896 p. 207) ravviso la
biblioteca palatina. La rovina di un edificio centrale ho notato anche nel gin-
nasio di Termessos, Lanckoronski 1. 1.
104 SITZUNGEN
anche la stretta unione del presuntivo ginnasio di Pompei coi teatri. esse11'
dosi la vicinanza del ginnasio al teatro verificata in varii luoghi, come p. e.
n Pergamo, in Termesso e resa probabile anche in Side (1).
Dice Vitruvio in palaestris peristylia quadrata sive oblonga ita sunt
facienda, uti duorum stadiorum nabeant ambulationis circumitionem, ove il
quadrata corrisponde con il peristilio della palestra di Olimpia, Voblonga con
quella di Pompei ; la lunghezza pero di due stadii non si ha ne nell'uno ne
nell'altro, ma esattamente la metä, l'ambito cioe di uno stadio, ciö che e una
nuova, non lieve conferma della palestra pompeiana. Un'altra poi trovo nella
piccola * palestra ' situata dall'altra parte del teatro, e 1'ultima pare stia nel
fatto che i gladiatori vi son divenuti i successori degli atleti.
27. Januar : die Sitzung fiel aus.
10. Februar : E. Steinmann über die Chiaroscuri in den Stanze
della Segnatura und di Eliodoro. — Huelsen über die trofei
di Mario. Dazu Petersen.
24. Februar : Vopel über vergoldete Glasgefässe mit Heiligenbil-
dern. — Petersen über die trofei di Mario.
10. März : Huelsen über zwei römische Reliefs. Dazu Petersen.
— Petersen über pompejanische Wandgemälde (s. S. 91).
24. März : Mau über oskische Inschriften von Pompeji, die sich
auf die sullanische Belagerung beziehen. — Groag : Verwer-
thung einer in Lykien gefundenen Inschrift für die Severia-
nischen Akten der ludi saeculares. — Wilpert über die Papst-
bildnisse in der alten Paulsbasilika.
7. April : Petersen legt vor G. Wilpert un capitolo di storia
del vestiario I und II {Estratto da i'Arte I. II) Rom 1898 f.
und B. Sauer, das Theseion. — E. Bormann über denkmäler
etruskischer Schriftsteller. — E. Steinmann : Andrea Bregno
und seine Schule. — G. Ghirardini über die antiken Vor-
lagen des Nicolö Pisano.
21. April, Paliliensitzung : G. B. Giovenale über die römische
Tradition in der Basilika S. Maria in Cosmedin. — G. Karo
über eine etruskische Bronze der auf einem Widder gelagerten
Aphrodite. — Petersen über römische Reliefs aus der Zeit
von Augustus bis M. Aurel.
(!) Per Side v. Lanckoronski op. cit. ; per Termessos ivi II p. 41,
e questa cittä offre una analogia veramente sorprendente, essendovi il ginnasio
in contatto tanto col grande teatro scoperto, quanto col piccolo coperto, e
terzo anche in prossimitä del tempio principale ; per Pergamon v. die Er-
gebnisse der Ausgrabungen in Pergamon 1880 p. 101.
DIE OSKISCHEN WEGWEISERINSCHRIFTEN
IN POMPEJI
Zu den seit Nissen (Pomp. St. 492 ff.) wohl ziemlich allge-
mein auf die sullanische Belagerung bezogenen oskischen gemalten
Wandinschriften ist durch eine glückliche Entdeckung H. Dege-
ring's (Mitth. XIII, 1898, S. 124) eine fünfte hinzugekommen. In
dankenswerter Weise hat der Entdecker auch die schon bekannten
Inschriften revidirt, ihre Lesung in wichtigen Punkten berichtigt
und eine ganz neue Erklärungsweise derselben aufgestellt. Diese
letztere ist nun freilich ganz unhaltbar, wie im Folgenden, damit
nicht das Schweigen als Zustimmung gedeutet werde, in der Kürze
gezeigt werden soll.
Wir geben hierbei eine ganz summarische Planskizze der Nord-
westecke Pompeji' s, in der mit F, P, S die Casa del Fauno, di
Pansa und di Sallustio, mit 1, 2, 3, 4 die Plätze der schon früher
bekannten vier Inschriften bezeichnet sind. Bei Besprechung der-
selben soll von sprachlichen Erörterungen, für die ich nicht com-
petent bin, abgesehen werden; die Unhaltbarkeit der Degering' sehen
Hypothese kann aus topographischen und sachlichen Erwägungen
zu voller Evidenz gebracht werden.
Die Inschriften lauten nach Degering's Lesung :
1. eksuk amvianud eltuns anter tiurri X Inl XI puf faamat
t. fisanis 0.
2. eksuk amvianud eltuns anter tiurri XII Inl ver sarinu
puf faamat mr aadirüs v.
3. eksuk amviannud elt. anter tiurri XII zni veru sarinu
puf faamat mr aadirüs v.
4. eksuk amvianud eltuns anter trllbu na kastrlkilels Inl
mr spurnels l puf faamat v sehsimbriis v.
5. (die neu gefundene) eksuk amviannud eltuns ampt trlbud
tov. ampt mener(v).
8
106
A. MAU
Erhaltenes und nicht erhaltenes ist hier, da der Text hinläng-
lich feststeht, nicht unterschieden. Das letzte v in 5 ist nicht ganz
deutlich : der Buchstabenrest könnte allenfalls auch zu b, e, h, r
ergänzt werden.
Nissen's Erklärung nimmt Degering ihrem Grundgedanken nach
an : es wird den zur Zeit der Belagerung in Pompeji liegenden
fremden Kriegsvölkern der Weg gewiesen zu gewissen Mauerstrecken,
wo Fisanius und Adirius commandiren. Nach Nissen bezeichnet am-
viannud in 1 die links von der Casa del Fauno, in 2 die in der
Frontrichtung der Casa di Sallustio zur Mauer führende enge Gasse :
wie die Inschriften sagen, führt jene zwischen den 10. und 11. Turm,
diese zwischen den 12. Turm und das Tor, welches unter dem un-
erklärten veru sarinu zu verstehen unvermeidlich scheint. In 3
bezeichnet amviannud die rechts vom Hause des Pansa abgehende
DIE OSKISCHEN WEGWEISERl.vSCHRIFTEN IN POMPEJI 107
und zur Mauer führende Gasse. Diese führt nun freilich nicht, wie
die Inschrift sagt, zwischen den 12. Turm und das Tor, sondern
zwischen den 11. und 12. Turm. Doch lässt sich hierfür eine Er-
klärung finden. Fisanius commandirte den 10. und 11. Turm und
das Zwischenstück, Adirius den 12. Turm und das Tor, nebst dem
Zwischenstück. Sicher aber stand kein dritter Commandant zwischen
dem 11. und 12. Turm, sondern in der Mitte dieses Stückes war
die Grenze zwischen dem Commando des Fisanius und des Adirius.
So führte also die fragliche Gasse in der Tat zu der von Adirius
befehligten Mauerstrecke, und der Sinn der Inschrift ist : hier geht
es dahin wo Adirius commandirt, nämlich zwischen dem 12. Turm
und dem Tor. Eine solche, etwas ungenaue Ausdrucksweise über-
schreitet keineswegs die Grenzen des Möglichen und Wahrschein-
lichen. Und schliesslich ist es nicht einmal notwendig, eine unge-
naue Ausdrucksweise anzunehmen. Sowohl Nissen als Degering
nehmen an, dass die Gasse links vom Hause des Pansa ungangbar
war. In der Tat ist es ja sehr wohl denkbar, dass man die Aus-
mündungen einiger dieser Strassen, und darunter eben dieser, gegen
die Mauer gesperrt hatte. Wer also von dem Punkte 3 aus das
Mauerstück des Adirius erreichen sollte, verfolgte die Gasse zwi-
schen den Insulae V. VI und VII. VIII bis an die Mauer, wandte
sich dann links, stieg in den 12. Turm und war am Ziel. Hier also
kann ich, abweichend von Degering, keine ernste Schwierigkeit
«finden. Und wenn Degering fragt, weshalb zu der Mauerstrecke des
Adirius zwei Wege gewiesen werden, so mochte es aus Gründen,
die wir so genau nicht übersehen können, erwünscht sein, sowohl
von dem Punkte 2 als von dem Punkte 3 aus den Weg zu weisen.
Eine andere Schwierigkeit findet Degering darin, dass nach Nis-
sens Erklärung die Worte eksuk amviannud, ■ auf diesem Wege n
nicht überall in gleicher Weise zu verstehen sind. Bei 1 und 3
bezeichnen sie, an der Hauptstrasse stehend, das an diesem Punkt
abzweigende Gässchen : consequenter Weise müsste also bei 2 das
Gässchen zwischen den Insulae II und III, bei 4 das zwischen V
und VI verstanden werden ; dagegen soll nun hier wie dort viel-
mehr die Strasse selbst, an der die Inschrift angebracht ist, weiter
verfolgt werden, dort zwischen I und II, hier zwischen VI und
VII ; denn nur diese führt direct an den Rand des Stadthügels. Nun
wäre es aber doch unbillig, die Möglichkeit zu leugnen, dass man
108 A. MAU
in dem Schrecken der Belagerung nicht nach einem wohl durch-
dachten Plan verfuhr, sondern der mit Anbringung der Inschriften
Beauftragte von Fall zu Fall, wie es grade kam, sich einen geeig-
neten Platz suchte. Und schliesslich ist doch die Inconsequenz nicht
so arg. Bei 2 geht doch auch ein Gässchen von der Hauptstrasse
ab. Und bei 4 geht die von Osten bis an das Nordende der Fo-
rums führende sehr frequente Strasse in ein stilles Gässchen über:
es wäre doch recht wohl denkbar, dass dies seinen besonderen Na-
men gehabt und im Gegensatz zur oia als amviannum, afiyodog
bezeichnet worden wäre. Also die Inschriften stehen da, wo man
von der Hauptstrasse in das Gässchen eintreten sollte ; wo letzterer
zwei waren, da traute man eben dem Scharfsinn der Soldaten zu,
dass sie das zu der ganz nahen und sichtbaren Mauer oder zum
Stadtrande führende einschlagen würden. Also auch hier sehe ich
keine Schwierigkeit und kein Bedürfniss nach einer neuen Erklä-
rungsweise.
So bliebe denn als einziger nicht recht erklärter Umstand
übrig, dass die Inschrift 3 nicht unmittelbar an der Ecke des be-
züglichen Gässchens, sondern auf dem Pfeiler zwischen dem ersten
und zweiten Laden steht. Hierfür eine Erklärung zu finden, wäre
um so wünschenswerter, als es sich auch bei der neugefundenen
Inschrift, auf die ich weiterhin zurückkomme, wiederholt. Und ein
merkwürdiges Zusammentreffen ist es immerhin, dass auch die In-
schrift 2 auf dem zweiten Pfeiler von der Ecke eines Gässchens
steht. Der Grund dieser Erscheinung ist uns unbekannt. Degering
freilich weiss sie zu erklären: nach ihm (S. 132) sind die Inschrif-
ten 2, 3, 5 nicht auf die Ecke gesetzt, weil sie sich nach seiner
Meinung nicht auf das hier abzweigende Gässchen beziehen, und
um den Irrtum zu vermeiden, als ob dies der Fall sei. Nun dürfen
wir freilich wieder fragen, warum man sie dann nicht gleich noch
weiter von der Ecke fortgerückt und so das Missverständniss noch
sicherer vermieden hat, da doch nach Degering' s Theorie jede an-
dere Stelle der Strasse ebenso geeignet gewesen wäre. Keinenfalls
aber ist die hier vorliegende Schwierigkeit bedeutend genug, um
so gewagte Hypothesen, wie die Degering vorträgt, zu berechtigen.
Nach seiner Ansicht nämlich werden alle Schwierigkeiten besei-
tigt durch folgende Annahmen. Erstens, amvianuud ist das Trottoir,
margo ; also : immer auf diesem Trottoir entlang, grade aus und
DIE OSKISCHEN WEGWEISKRINSCHRIFTEN IN POMPEJI 109
um die Ecken, gelangt man ans Ziel. Zweitens, die Richtung, in
der man dem Trottoir folgen soll, wird durch die Schriftrichtung
bezeichnet; also, da die oskische Schrift linksläufig ist, für den
vor der Inschrift stehenden immer nach links. Drittens, einige Stras-
sen waren, zu militärischen Zwecken, gesperrt; wer, dem Trottoir
folgend, an eine solche Sperrung kam, überschritt den Fahrdamm
und folgte wieder dem Trottoir an der nächsten Insula. Also von
1 aus links an der Insula XII entlang gehend fand man bei b den
Vicolo di Mercurio gesperrt, ging über die Strasse und weiter an
Insula XI entlang. Von 3 aus links gehend fand man bei c das
Gässchen zwischen III und VI und wieder bei a den Vicolo di
Mercurio gesperrt und kam an II entlang zum Ziel.
Wir bemerken zunächst, dass dies Ueberschreiten der gesperrten
Strassen im Widerspruch steht mit dem Grundgedanken des ganzen
Systems, nach dem das Trottoir, gradeaus und um die Ecken, der
Ariadnefaden sein soll : die Strasse überschreitend bin ich doch
nicht mehr auf demselben Trottoir. Ferner : wie sollte man dazu
kommen, bei 1 und 2, wo der Weg gradeaus zum Ziel führt, zu
sagen : ■ auf diesem Trottoir > statt ■ auf diesem Wege ■ ? Und
wie sollten, da doch alle oskische Schrift linksläutig ist, die Sol-
daten dazu kommen, diesem Umstand irgend welche Bedeutung
beizulegen, und daraus zu schliessen, dass links zu gehen sei? Für
beides ist Voraussetzung, dass diese Methode der Wegweisung, mit-
tels Trottoir und Schriftrichtung, allgemein üblich und jedem ge-
läufig war. Dies ist aber ganz unmöglich ; denn sie ist nur an-
wendbar, wenn einige Strassen gesperrt sind ; sonst führt unfehlbar
jedes Trottoir um die Insula herum an den Ausgangspunkt zurück.
Und selbst bei gesperrten Strassen ist sie nicht allgemein anwend-
bar, auch abgesehen von dem schon hervorgehobenen, in dem Ue-
berschreiten der Strassen liegenden Widerspruch. Wer z. B. vom
Forum kommend auf der Nolanerstrasse weiter östlich gehen und
dann nordwärts zur Mauer abbiegen soll, dem kann nie auf diese
Weise der Weg gewiesen werden. Denn um mittels der Schrift-
richtung ostwärts zu weisen, müsste die Inschrift auf der Südseite
stehen, von wo es doch unmöglich ist, auf demselben Trottoir nach
Norden zu gelangen.
Es ist nach alle dem vielleicht überflüssig, zu bemerken, dass
auch die von Degering angenommenen Strassensperrungen ganz un-
110 A. MAU
glaublich sind. An zwei Stellen soll der Vicolo di Mereurio gesperrt
gewesen sein, da er doch als die nächste der Verteidigungslinie pa-
rallele Strasse von der grössten Wichtigkeit war, um einem bedrohten
Punkte schnell Verstärkung zuführen zu können. Auch die Sperrung
bei c ist unverständlich. Welche Strassen sperrt man denn bei einer
Belagerung, und zu welchem Zweck ? Vor f'allem doch die Ausmünd-
ungen auf den Raum hinter der Mauer, um hier durch die befe-
stigten und besetzten Häuser eine zweite Verteidigungslinie zu
schaffen, damit, wenn einmal, etwa durch Ueberraschung, an einer
Stelle Feinde auf und über die Mauer gelangt sind, ihnen doch
nicht gleich der Weg in das Innere der Stadt offen steht, sondern
die Chance bleibt, sie wieder hinaus zu werfen. Nach Philon (bei
Nissen S. 505) soll dies durch Tore geschehen, so dass die Wege
für die Verteidiger gangbar bleiben ; man kann sich ja aber auch
ein primitiveres Verfahren denken, dass nämlich einige Strassen
durch Barrikaden gesperrt, für die zum Verkehr notwendigen aber
das Material zu gleichem Verfahren bereit gehalten wird. Etwas
anderes als die Sperrung gegen die Mauer kann ich auch in der
von Nissen citirten Stelle Philon's nicht finden ; es ist ein Miss-
verständniss wenn Nissen (dem Degering folgt) aus den Worten,
xal roTg dficpöSoig sxareQwd-tv TCvXctQ xaTccGxevccGTilov entnimmt,
die Vici seien ■ an beiden Enden » durch Tore gesperrt worden ; es
ist nur gemeint, dass an beiden Seiten des Vicus je ein Torflügel
angebracht sein soll. Eine Sperrung bei a und c könnte nur den
Sinn haben, dass man den ganzen Complex, also etwa die Insulae II,
III, V, VI, VII, VIII in eine Art Festung verwandelt hätte, um
sie auch gegen einen schon in der Stadt befindlichen Feind be-
haupten zu können. Wie unwahrscheinlich dies ist, bedarf kaum
weiterer Ausführung. Den letzten, hoffnungslosen Verzweiflungs-
kampf wird die Leitung der Verteidigung nicht vorbereitet, viel-
mehr ihre Anstrengungen auf die Sicherung der wirklich haltbaren
Verteidigungslinie, der Stadtmauer concentrirt haben.
Ich glaube damit hinlänglich gezeigt zu haben, dass Dege-
ring's Einwendungen gegen die topographische Seite der Nissen' sehen
Erklärung belanglos sind, seine eigene Erklärungsweise aber ver-
fehlt und unhalthar ist.
Puf faamat versteht Nissen ubi habilat, d. i. ubi tendit, in-
dem er faamat mit familia zusammenbringt. Degering bringt es
DIE OSKISCHEN WEGWEISERINSCHRIF IEN IN POMPEJI 111
mit fari, fama zusammen und übersetzt : quos adloquilur, d. i.
quibus imperat. Also: hier soll die Truppe des Fisanius, des Adi-
rius an den und den Platz gehen. Ich unterlasse es auch hier, auf
sprachliches einzugehen, glaube aber aus sachlichen Gründen diese
Uebersetzung abweisen zu müssen. Es handelt sich hier um die von
Natur schwächste Seite der Stadt, auf die sich ohne Zweifel der
Angriff der Belagerer concentrirte (vgl. Nissen S. 496) ; dass einem
bestimmten Truppenkörper ein für allemal dieser gefährlichste Po-
sten angewiesen sein sollte, ist nicht glaublich, sondern die ver-
schiedenen, in der Stadt liegenden Truppenkörper mussten sich hier
ablösen. Aus demselben Grunde scheint es mir auch untunlich, die
Inschriften so zu verstehen, als ob hier die Bewohner des Vicus
aufgefordert würden, jenen Posten zu beziehen. Die Aufforderung
darf sich nicht an bestimmte Personen richten, sondern muss all-
gemein gehalten sein. Und so muss es wohl bei puf = ubi sein Be-
wenden haben. Die Frage nach der Etymologie von faamat ist davon
unabhängig.
' Wenn ich im Vorigen Nissen s Erklärung gegen Degering' s
Einwendungen verteidigt habe, so glaube ich doch hervorheben zu
müssen, dass dieselbe kein festes Resultat ist, sondern eine Hypo-
these, an deren Stelle ich nichts besseres zu setzen weiss, die aber
doch nicht alles in ganz befriedigender Weise erklärt. Und zwar
macht Schwierigkeit namentlich die Inschrift 4 nach der von De-
gering berichtigten Lesung. Wir meinten bisher, dass hier zu lesen
sei : ant trtlbu, zum Hause, und weiter v. sehs imbrlr v, und dass
hier der Weg gewiesen werde zur Wohnung eines Imperator. Nun
rückt aber die Inschrift in die Reihe der übrigen : auch hier eine
durch zwei Endpunkte, zwei Häuser, begrenzte Strecke und ein
Commandant derselben. Hier ist nun eigentlich alles seltsam : dass
diese von Natur sehr feste Strecke — es kann sich nur um das
kleine Stück zwischen Nolaner Strasse und Seetor handeln — einen
eigenen Commandanten hat ; dass den fremden Truppen — für die
Einheimischen waren doch die Inschriften nicht nötig — die zu
verteidigende Strecke bezeichnet wird durch die Namen zweier ihnen
sicher unbekannten Hausbesitzer ; dass endlich nicht als der eine
Endpunkt das Seetor erscheint. Aber, wie gesagt, ich weiss nichts
besseres.
112 A. MAU
Auch für die neuentdeckte Inschrift (4) findet sich keine ganz
befriedigende Erklärung. Buecheler (Rhein. Mus. LIII, 205 f.) be-
handelt sie auf Grund einer irrigen Lesung (zweimal amat für ampt).
Degering nimmt an, dass noch zwei Zeilen folgten : ampt mener-
v(as) sakaraklud puf faamat N. N. Möglich ist dies, aber nicht
sicher : ich fand keine Farbenreste, die ich mit Bestimmtheit als
von dieser Inschrift herrührend bezeichnen möchte. Soviel scheint
ziemlich sicher, dass hier der Weg zu einem Minervatempel ge-
wiesen wird. Die Inschrift steht auf der Südseite der Strada del-
l'Abbondanza, auf dem zweiten Pfeiler von der Ecke eines Gäss-
chens, das jetzt als Sackgasse in die Insula V. VI der 8. Region
hineinführt, vermutlich aber damals durch sie hindurch führte.
Amviannud kann weder das Trottoir sein, wie hinlänglich gezeigt
worden ist, noch die Hauptstrasse selbst, die als via bezeichnet
sein müsste, sondern nur eben das Gässchen. Und da dies zu keinem
anderen Tempel führt als zu dem dorischen auf dem Forum trian-
guläre, dessen Gottheit bisher unbekannt war, so müssen wir in
diesem den Minerventempel erkennen. Tribud tov{tikad) übersetzt
Buecheler villa publica, vielleicht richtig, nur dass hier nicht an
eine Villa, sondern an ein Haus in der Stadt zu denken wäre :
domus publica könnte ein Haus sein, in dem die Stadt ihre Gäste
aufnahm und das auch sonst öffentlichen Zwecken diente. Ich möchte
dabei nicht an die Gladiatorenkaserne denken. Diese sieht zwar
einem Wirtshaus sehr ähnlich, ist aber viel zu gross für die Gäste
der kleinen Stadt; auch sind ja die Kammern, auf denen jener
Eindruck beruht, jüngeren Ursprunges als die Inschrift ; die domus
publica konnte ein beliebiges, uns jetzt nicht kenntliches Haus
sein. Die Schwierigkeit liegt aber in den Praepositionen. Nach
Degering wäre ampt = ä[i<fiJ amb, tribu wäre ■ Platz », und tribu
ampt menerv[as sakaraklud~\ wäre der Platz um den Minerven-
tempel, d. h. das sogen. Forum trianguläre. Damit wäre ja das
zweite ampt erklärt. Aber das erste ? Statt zu sagen : ■ hier geht
zu dem Platze ■ u. s. w., oder einfacher « hier geht es zum Mi-
nervatempel ■ , oder « zum Portikus der Minerva ■ , soll man gesagt
haben: « hier geht es um den Platz um den Tempel der Minerva ».
Das ist doch wenig einleuchtend. Einen passenden Sinn erhalten
wir, wenn wir ampt für ant nehmen, mit falscher Orthographie, wie
temptare : « hier geht es zum städtischen Hause (und) zum Tempel ■ .
DIE OSKISCHKN WEGWEISERINSCHRIFTEN IN POMPEJI 113
An dem Fehlen des »und» würde ich nicht, mit Degering, beson-
deren Anstoss nehmen ; wir kennen die Gewohnheiten der oskischen
Sprache zu wenig, um die Möglichkeit eines solchen Asyndeton zu
leugnen. Aber freilich würden wir bei ant den Accusativ erwarten,
wie in der Wegebauinschrift des Stabianer Thores {ant ponttram
stafianam), nicht den Ablativ (tribud): falsche Orthographie und
falscher Casus, das ist doch etwas viel auf einmal. So bleibt schliess-
lich als das erträglichste : ■ hier geht es in die Umgebung des Stadt-
hauses (und) in die des Minervatempels ■ . Aber freilich recht be-
friedigend ist auch das nicht : wenn man die Localität nicht prae-
ciser bezeichnen wollte, so wäre es einfacher gewesen, zu sagen :
hier geht es zum Stadthaus, zum Tempel.
A. Maü.
ATHENA HEPHAISTIA
(Tafel VI)
In dem ergebnisreichen Aufsatze von Emil Reisch über Athena
Hephaistia (Jahresh. I S. 55 ff.) ist der Typus der Athena von
Cherchel (Gauckler, Musee de Cherchel Taf. XVI, Jahresh. I
S. 65 Fig. 33) ausführlich behandelt worden. Neulich hat auch
Bruno Sauer in seinem grossen Werke ■ Das sog. Theseion und sein
plastischer Schmuck » S. 231 ff. in seiner Rekonstruktion der Cult-
bilder diesen Athenatypus eingehend berücksichtigt. Der genannten
Statue, welche die stilistischen Eigentümlichkeiten des in die letzten
Jahrzehnte des fünften Jahrhunderts gehörenden Originales am treu-
esten wiederzugeben scheint, fehlt, wie bekannt, der Kopf. Der Re-
konstruktion des Kopftypus will nun Reisch den Kopf der ■ Athena
mit der Ciste » aus Kreta im Louvre (Cat. sommaire N. 847. Jamot,
Monuments grecs N. 21/22 1893/94 S. 17 ff. Taf. XII. Jahresh. I
S. 55 Fig. 32 und S. 72 Fig. 35 Bruno Sauer a. a. 0. S. 242 f.) die
nach ihm eine ■ sklavische Abhängigkeit (*) » von jener in Afrika ge-
fundenen Statue aufweisen soll, zu Grunde legen. Die flüchtige, aber
schwungvolle Art der Arbeit, welche die echt griechische Statue im
Louvre auszeichnet, und der Umstand, dass der Künstler einen
bekannten, althergebrachten Typus mit grossem Geschick umge-
bildet und für ein anderes Motiv verwendet hat, legen doch die
Vermutung nahe, dass er auch in der Bildung des Kopfes sich
nicht allzu sklavisch an sein Vorbild hielt, sondern dort seinen
eigenen künstlerischen Eingebungen mit Glück folgte. Nun giebt
es aber einen anderen Athenakopf, der in der Gesammtanlage,
(!) Auch Jamot a. a. 0. S, 20 hebt die mutmassliche Treue gegen das
Original hervor, indem er ihre griechische Herkunft ins Feld führt. Aber aus
dieser ist eher das Gegenteil zu schliessen.
LENNART KJEI.I.HERG. ATHENA HEPHAISTIA 115
der Stellung, der Haaranordnung und der Form des Helmes so
viele Analogien mit dem Pariser Kopfe aufweist, dass an einem
gemeinsamen Ursprünge kaum zu zweifeln ist. Dieser Kopf (*)
befindet sich jetzt im Nationalmuseum zu Stockholm (N. 2,
Photogr. Lagrelius N. 2, Clarac 462 B, 860 A, Heydemann, Arch.
Anz. 1865 S. 152 N. 12, Wieseler, Philol. XXVII S. 219. N. 132),
wo er auf eine nicht zugehörige Athenastatue aufgesetzt ist, eine
Replik der schönen Statue in Ince Blundell Hall (Michaelis,
Atic. Marbles S. 338 N. 8. Clarac 473, 899 A), die Furtwängler,
Statuenkopieen im Altertum S. 31 (555) ff. Taf. IV publicirt
hat. Der ungebrochene Kopf dieser Statue ist nach der rechten
Seite gewendet, während der Stockholmer, dessen Blick mehr
nach unten gerichtet ist, sich nach links dreht. Trotz ihrer im Ganzen
ähnlichen Gesichtsbildung kann es kaum zwei im Ausdrucke ver-
schiedenere Köpfe desselben Idealwesens geben als diese beiden. Das
Offene und Freundliche, jugendlich Unbefangene und Liebenswürdige
des Stockholmer Kopfes, das selbst in dieser unbedeutenden römi-
schen Kopie noch eine grosse Wirkung auf den Zuschauer ausübt,
contrastirt erheblich mit dem in seiner finster-vornehmen Abge-
schlossenheit zwar edlen und erhabenen, aber stolz unnahbaren
Wesen der Athena von Ince Blundell Hall. Diese erscheint wie
die hohe, schützende, wehrhafte Stadtgöttin, die Athena rrofoovxog,
die andere wie die milde, menschenfreundliche Pflegemutter des
Erichthonios , die Athena xovQOTQÜtpoc.
(*) Modern sind: Nasenspitze und Kinn, die Schläfe mit der angrenzen-
den Haarpartie, der ganze Hinterkopf mit dem Haarschopfe und dem grössten
Teil des Helmes, Hals und Brust oberhalb der Aegis. Die Ergänzung des Halses
ist fehlerhaft. Sie entspricht nämlich nicht der durch die erhaltene obere
Halspartie gegebenen Neigung des Kopfes, die ursprünglich nicht unbedeutend
grösser gewesen sein muss. Stark geputzt.
Maasse des Kopfes : Nase.iwurzel-Kinn ra. 0,105 ; Haaransatz-Nasen-
wurzel m. 0,045 ; Entfernung der äusseren Augenwinkel m. 0,08 ; der inneren
Augenwinkel m. 0,027 ; Mundbreite m. 0,029 ; Nasenbreite (zwischen den
Nasenflügeln) m. 0,026; Ohrenentfernung m. 0,114; Kinn-Ohrenspitze m. 0,098 ;
innerer Augenwinkel-Ohrenspitze m. 0,088.
Herrn Ingenieur Axel Lagrelius, Chef der lithographischen Anstalt des
Kgl. schwedischen Generalstabes, sei für die freundliche Zuvorkommenheit, mit
welcher er die Herstellung der Photographie des Kopfes ermöglicht hat, be-
ster Dank gesagt.
116 LENNART KJELLBERG
Diese Göttin, die sich uns in der Pariser Statue in einem
sehr sprechenden Motiv offenbart, mit dem aber der kalte, in-
differente Ausdruck des Kopfes viel weniger harmonirt, als der
fröhliche, schalkhaft tändelnde des Stockholmer Kopfes, hatte,
wie bekannt, als Athena Hephaistia im Hephaistostempel in der
Nähe des athenischen Marktes einen Cult. Die Worte des Pau-
sanias (I 14, 6), welche das Cultbild betreffen, lassen auf eine
Statuengruppe, die Athena in ihrer nahen mythischen Beziehung zu
Hephaistos darstellte, schliessen. Es ist ein glücklicher Gedanke von
Reisch (Eranos Vindob. S. 21, Jahresh. I 55 ff.) die athenischen
Inschriften C. I. A. I 318 und 319 auf diese Tempelgruppe zu
beziehen. Wir erfahren durch diese Inschriften das ungefähre Da-
tum der Cultgruppe 421/20-417/16 v. Chr., das Material, Erz,
und lernen ein Detail kennen, das in der zweiten Inschrift nicht
weniger als dreimal erwähnte avVsßov aus Zinn unter dem Schilde
der Athena, welches das Auffinden von Copieen und Weiterbildun-
gen dieser Statue ermöglicht hat. Von diesen trägt nur die Athena
Cherchel, wie oben hervorgehoben wurde, die sicheren stilistischen
Merkmale des ausgehenden fünften Jahrhunderts an sich und darf
deswegen für die Rekonstruktion des Kunstwerkes herangezogen
werden. Dass Alkamenes, dessen in Athen befindliche Hephai-
stosstatue ja sehr berühmt war ('), der Künstler der Cultgruppe
des Hephaistostempels gewesen und demnach als der Schöpfer
des milden, friedlichen Athenaideals der Statue von Cherchel
mit ihren Weiterbildungen zu betrachten sei, ist eine im höch-
sten Grade wahrscheinliche Vermutung von Reisch, die, wie ich
glaube, nach stilistischer Seite hin eine Bestätigung durch den
Stockholmer Kopf findet, über dessen Alkamenischen Character
keine Meinungsverschiedenheit herrschen sollte. Es ist derselbe
ungemein persönliche, huldvolle und freundliche Ausdruck der an
den Sorgen und Freuden der Menschen teilnehmenden Gottheiten,
wie er uns an dem Berliner Asklepios (Beschr. N. 68, Kjellberg,
Asklepios II Taf. I) und an der Aphrodite von Frejus und ihrer
Sippschaft fesselt (2).
(*) Vgl. Cicero, De nat. deorum I 30; Valerius Maximus VIII 11.
(*) Trotz der Einwendungen von Winter (50. Berl. Winckelmannsprogr.
S. 117 ff.) Heibig (Führer II N° 908) und Reisch (Eranos Vindob. S. 18 ff.
ATHENA HEPHAISTIA 117
Diese beiden Statuen bieten in der Haltung des Kopfes, in
der leichten, lockeren Haarbehandlung, die in der schlechten, spä-
ten Arbeit der Stockholmer und der Berliner Statue vielfach miss-
verstanden und verballhornt erscheint, in der flachen Bogenlinie
und Jahresh. I 77 f.) muss ich au der Hypothese von Furtwängler und Reinach
als einer eminent wahrscheinlichen festhalten. Von der « herben Zierlichkeit ».
die Reisch in jener Statue ausgeprägt finden will, vermag ich nichts zu sehen,
Es scheint mir im Gegenteil das glücklich gefundene Ehenmass zwischen die-
sen beiden entgegengesetzten Eigenschaften zu sein, welches den eigentüm-
lichen Reiz dieser Statue ausmacht. Die Gestalt der Aphrodite von Frejus
zeichnet sich durchaus nicht durch übermässige jugendliche Zartheit aus ;
im Gegenteil, und der Kopf hat das unbestimmbare Alter, welches den besten
griechischen Idealköpfen eigen ist. Sie führen uns eben über die Grenzen der
Zeit und die relativen Altersbestimmungen hinaus. Von einer « schwungvollen
Beweglichkeit», die Reisch neben der Zierlichkeit der Genetrix ausgeprägt
finden will, kann meiner Meinung nach hier gar nicht die Rede sein. Besser
hat Winter a. a. 0. 119 das Bewegungsmotiv dieses Typus mit den Worten
charakterisirt : «sie scheint anzuhalten, bescheiden, zweifelnd ». Nur setzt
Winter diese zarte, keusche, weibliche Anmuth, welche das Pheidiasische
Aphroditeideal vor allen anderen auszeichnet, in den Gegensatz zu dem Ethos
der Polykletischen Gestalten, « die mit frei zurückgenommenen Schultern, in
den starken Hüften selbstbewusst sich wiegend dahin schreiten». Sollte aber
Polyklet zwischen einem jungen siegesfrohen Athleten und der holden Göttin
der Grazien in diesem für den Charakter der dargestellten Persönlichkeit so
wichtigen Punkte keinen Unterschied gemacht haben? Die Schrittstellung
allein verbietet meiner Ansicht nach die Originalstatue einem vorpolykleti-
schen Künstler zuzuschreiben. Wenn Winter von dem Kopfe der Aphrodite
sagt, dass er von « einer seltenen Anmut und Lieblichkeit » sei, kann man ihm
nur beistimmen. Wenn er aber hinzufügt: «und von einem archaischen Reiz
der Züge, welchen » etc., muss ich ihm meine Zustimmung versagen. Denn
wie in der Stellung und der Ponderation, in der Behandlung des Nackten und
des Gewandes, so ist in diesem Kopfe der Archaismus, wenn wir diesem
Begriffe die Bedeutung des irgendwie Unbeholfenen und Steifen noch geben
wollen, vollständig überwunden und zwar in einer Weise, welche den gewal-
tigen Stilumschwung der Pheidiasischen Schule zur Voraussetzung hat. Der
selbständige Rhythmus des Gewandes, dessen Bewegung ihren eigenen, dem
Motiv der Gestalt selbst zwar entnommenen, aber in eigenartiger Harmonie
ausgebildeten Gesetzen folgt, und dessen prachtvoll auf- und abwogendes Linien-
spiel wir in den betreffenden Aphroditestatuen bewundern können, ist der
vorpheidiasischen Epoche ebenso fremd, wie der systematisch durchgeführte
periodische Rhythmus der Sprache der Epoche der griechischen Prosa, welche
dem Auftreten der beiden grossen Redekünstler Gorgias und Thrasymachos
voraufgeht.
118 LENNART KJELLBERG. ATHENA HEPHAISTIA
der Augenbrauen sowie in dem stark ausgeprägten Oberlide, in der
breiten Nasenwurzel mit den weit auseinander liegenden Augen,
in dem feingezeichneten gleichsam sprechenden Munde mit der
schön geschwungenen, etwas zurückgezogenen Oberlippe, schliess-
lich in dem breiten, runden, festen Kinn so viele stilistischen Ana-
logien mit der Stockholmer Athena, dass an einen gemeinsamen
Urheber der Originale dieser drei Statuen kaum gezweifelt werden
kann (1).
Eom, Juni 1899.
Lennart Kjellberg.
0) [Der Athenakopf, den E. A. Gardner im Journal of hellenic studies,
XIX, 1 S. 1. ff. so eben publiciert hat, ist ein neues Zeugniss für die Popu-
larität des Originales unseres Typus. Seine Zurückführung auf eine berühmte
Cultstatue und die Zutheilung dieser Statue an einen bedeutenden Künstler
gewinnt dadurch weitere Sicherheit. Der geistige Ausdruck des englischen
Kopfes scheint etwas abgeschwächt zu sein. Bei eingehender Prüfung der
stilistischen Einzelheiten tritt doch eine überraschende Uebereinstimmung mit
denjenigen des Stockholmer Kopfes zutage — auch die Lasche der Lederkappe
kommt an der r. Seite dieses Kopfes, wo Haar und Helm antik sind, sehr deut-
lich zum Vorschein — so dass über den gemeinsamen Ursprung dieser beiden
Köpfe kein Zweifel bestehen kann.]
UEBER DIE EINGESETZTEN HOLZTAPELN IN POMPEJI
UND DIE PLINIÜSSTELLE XXXV, 149.
Bekanntlich erregten bei der Aufdeckung der casa di M. Lu-
cresio in Pompeji zwei in dem Tablinum rechts und links von dem
Eintretenden vorhandene, viereckig überhöhte, flache Vertieiungen
in dem dicken tectorium der Seitenwände an denselben Stellen, an
welchen dieser Raum häufig mit Wandgemälden geschmückt ist,
die lebhafte Aufmerksamkeit der Archäologen. Man glaubte nach
den deutlich erkennbaren Kohlenresten schliessen zu dürfen, dass
Gemälde auf Holztafeln die vorhandenen Vertiefungen ausgefüllt
haben müssten. So schloss auch Fiorelli, der bei der Ausgrabung
zugegen war und mir im Sommer 1867 mündlich das Vorhanden-
sein jener Kohlenreste bestätigte ; ich selbst sah noch solche Reste
in den Rauhigkeiten des Verputzes haften. Nach genauer Prüfung
des Sachverhaltes an Ort und Stelle zu genannter Zeit konnte ich
jedoch zu der Anschauung Fiorelli's mit Sicherheit nicht gelangen
und machte mir desshalb im September 1867 eine genaue Zeich-
nung des Zustandes, in welchem ich die beiden Stellen fand, um
sie gelegentlich Interessenten vorlegen zu können (S. Abb. 1. 2)
Diese Zeichnung war gerade noch zu rechter Zeit gemacht, denn
im Juni 1868 fand ich bei erneutem Besuch in Pompeji die Ränder
der Vertiefungen mit einer breiten Cementlage bedeckt und damit
waren die zur Beurtheilung wichtigsten Anhaltspunkte für immer
verloren.
Im Juni 1868 gab ich in den Nachträgen zu meiner Abhand-
lung in Helbigs « Wandgemälde der vom Vesuv verschütteten Städte
Campaniens ■ S. CXXVI über den damaligen Fundbestand einen
genauen Bericht, dem ich als solchem auch heute nichts hinzuzu-
fügen habe. Ich schloss mit den Worten : ■ Hoffentlich geben uns
spätere Funde noch deutlichere Aufschlüsse über diese noch nicht
ganz klaren Einzelerscheinungen ». Im Interesse aller Archäologen,
welche erst nach dem Juni 1868 die casa di M. Lucresio besucht
haben, halte ich es nun für eine nachträgliche Pflichterfüllung,
120
0. DONNER VON RICHTER
ihnen durch Veröffentlichung meiner Zeichnung die Gelegenheit zu
geben, sich ein eigenes Urtheil über den Sachverhalt und die aus
demselben etwa zu ziehenden Folgerungen bilden zu können.
*
Fig. 2.
(Fig. 1)
(Fig. 1)
Fig. 1.
Fig. 1 auf der Wand zur Linken, mit den Profilen bei a und bc, und mit Details oben links und
rechts unter Fig. 2, der Wand zur Beeilten.
Dass eine solche Publication wünschenswert sei, ergab sich mir
aus dem Umstand, dass C. Kobert in dem 21ten Hallischen Win-
ckelmanns-Programm von 1897 ■ die Knöchelspielerinnen des Ale-
xandros » jene beiden leeren Vertiefungen in der casa di M. Lucre-
zio erneuert in den Bereich seiner Untersuchungen gezogen hat ; er
stellt sie zusammen mit der von mir in vorstehend erwähnten ■ Nach-
trägen ■ gleichfalls genau beschriebenen leeren Wandvertiefung in
UKBER DIE EINGESETZTEN HOLZTAFELN IN POMPEJI
121
casa di M. Spurio und mit jenen ähnlichen, im Juni 1879 in dem
Hause N. 14 der Insula 15 in der Region VI gefundenen, über welche
zuerst Sogliano in Notisie degli Scavi 1897, S. 271 berichtete und
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Fig. 3 (Tafel auf der Rückseite des Atriums).
vorsichtig hinzufügte: « d probabile che fossero due tavole
dipinte, addossate allo inlonaco fresco della parete e formanti un
corpo solo con l'intonaco stesso ». Er beschränkt sich also auf das
Aussprechen einer Vermuthung.
9
122
O. DONNER VON RICHTER
Ausführlichere Mittheilungen verdanken wir der gewissenhaften
Berichterstattung des um die Erforschung Pompeji's so hochver-
dienten Aug. Mau in Mittheil. d. Archaeol. Inst. 1898, XIII. S. 48.
Er schliesst mit den Worten : ■ Ueber beobachtete ähnliche Spu-
ren s. Donner - v. Richter bei Heibig Wandgem. S. CXXVI. Die
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Fig. 4 (links am Atrium).
dort erhobenen Bedenken gegen die Annahme, dass auf diese Holz-
tafeln Bilder gemalt waren, kommen in gleicher Weise auch hier
zur Geltung. Es ist aber doch kaum möglich für alle diese, genau
die den Bildern zukommende Stelle einnehmenden Holztafeln eine
andere Bestimmung zu erdenken. Aus der geringen Dicke dieser
Tafeln werden wir schliessen dürfen, dass die Bilder nicht beson-
ders werthvoll waren ■ . Zu klarerer Anschauung für mich u. Andere
habe ich nach Maus Angaben a. a. 0. auf Abb. 3. 4. 5 Zuschnitt
und Construction der eingesetzten Holztafeln aufgezeichnet, wie
UEBEK DIE EINGESETZTEN HOLZTAFELN IN POMPEJI 123
deren Rückseite nach den in der weichen Mörtelunterlage hinter-
lassenen Eindrücken sich darstellt (1).
In der That sind einige der von Mau erwähnten, von mir her-
vorgehobenen Bedenken bei den früheren ähnlichen Funden auch auf
diese neuen Vorkommnisse anzuwenden, ja in noch höherem Grade,
vor Allem in Betreff des unregelmässigen Zuschnittes und der ver-
wunderlichen Construction dieser Schreinerarbeiten, Beides Dinge, die
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Fig. 5 (im Tablinum).
sich mit dem subtilen Wesen einer Gemäldetafel nicht wohl ver-
tragen, ebenso wenig wie dieses sich damit verträgt, dass man die
(!) [Der Herr Verfasser hatte in den von ihm eingesandten Zeichnungen
diese Eindrücke nach meinen Angaben Mitth. 1898 S. 48 construirt. Statt
dessen geben obige Figuren dieselben nach den Originalen und auf Grund
erneuter Untersuchung. Mit vollen Linien sind vor- und zurücktretende Teile,
mit punktirten die Fugen der in gleicher Fläche liegenden bezeichnet. In Fig. 3
und 4 bestand die Tafel aus mehreren, in eine ringsum laufende Falzleiste (in
beiden Fällen oben nicht deutlich ; in Fig. 4 nicht vortretend) eingelassenen
schmalen Brettern, auf denen in Fig. 3 eine Leiste querüber auflag, in Fig. 4
ihrer zwei in der Längenrichtung. In Fig 5 war die stark vortretende Falz-
leiste unten nicht vorhanden ; alles übrige ist undeutlich, obgleich die nicht
eben feinen Holzfasern deutlich zu erkennen sind. Es scheint dass auf die
Rückseite der Tafel drei sehr dünne Brettchen aufgelegt waren. Eisen war zur
Befestigung der Tafeln nirgends verwandt. A. Mau.]
124 O. DOMNER VON RICHTER
durch starke Feuchtigkeit zum Werfen und Kreisen geneigte dünne
Holztafel in einem weichen, lange nass bleibenden Mörtel so fest
eindrückt, dass der genaue Abklatsch ihrer Rückseite nach Mau
a. a. 0. S. 48 ■ mit vollkommener Schärfe ■ zurückbleibt, wie dies
bei den drei Tafeln in dem Hause N. 13 der Fall ist. Die Feuch-
tigkeit der nassen Mörtelunterlage muss sich mit Notwendigkeit
in das aufsaugungsfähige Holz ziehen; hätte man aber, um dies zu
vermeiden, die Tafel wieder von dem Mörtel losgerissen und diesen
vor ihrer Wiedereinsetzung trocknen lassen, so hätte durch das Hän-
genbleiben der zähen Masse am Holz kein so scharfer Abdruck
zurückbleiben können und ein genaueres Wiedereinpassen, so dass,
wie Sogliano a. a. 0. sich ausdrückt ■ die Tafel mit dem Bewurf
ein und denselben Körper bildet ■ wäre nicht mehr zu erreichen
gewesen. Aber diese innige Verbindung hätte man bewerkstelligen
und dabei die vorstehend bezeichneten Missstände, wenn auch nicht
ganz aufheben, doch jedenfalls bedeutend abschwächen können, wenn
man die Tafeln, bevor man sie in den Stuck eindrückte, auf ihrer
Rückseite mit heissflüssigem Wachs oder Pech bestrichen hätte,
wodurch die Tafel vor dem Eindringen der Feuchtigkeit bewahrt
worden wäre, welche, ihren Weg nach unten nehmend, allmählig
hätte verdunsten müssen. Immerhin würde bei dem geringen Bin-
dungsvermögen der genannten Ingredienzen mit dem Mörtel noch
eine besondere Befestigung der Tafeln mit Nägeln, Hacken oder Klam-
mern nöthig gewesen sein; doch berichtet Mau von solchen nichts.
Die vorstehend bezeichneten Schutzmittel wären jedoch für j ede
Holztafel, gleichviel für welchen Zweck sie dienen sollte, rathsam
gewesen, nicht nur für Gemäldetafeln. Gegen die Annahme von
solchen treten uns aber auch in vorliegendem Falle mancherlei
Bedenken entgegen.
Zieht man neben dem wenig Rationellen eines solchen Ein-
setzens von Gemälden auf Holztafeln in Betracht, mit welchen
umständlichen Manipulationen es verknüpft sein musste, so kann
man sich kaum einen Grund denken, welcher den Besitzer solcher
Gemälde dazu hätte veranlassen können, namentlich wenn dieselben
bereits eingerahmt waren, wie Robert von diesen drei Tafeln a. a.
0. S. 9 annimmt. Warum sollte der Besitzer sie nicht als Ersatz
für ein Wandgemälde an jenen Stellen aufgehängt haben, was doch
schöner, vernünftiger und billiger gewesen wäre? Weiss doch jeder
UEBEK DIE EINGESETZTEN HOLZTAFELN IN POMPEJI 125
Kenner der pompejanischen "Wanddecorationen, dass das Anfhän-
gen von Gemäldetafeln in einfachen Rahmen aus dünnen
vierkantigen Holzleisten, welche an den Ecken sich
etwas vorragend überkreuzen (jetzt in England Oxford-fra-
mes genannt) theils mit, theils ohne Seitenflügel zum Zuklappen
und Beschützen des Bildes so sehr üblich war, dass die maleri-
sche Nachahmung solcher vorgeneigt oder vertical aufgehängten oder
auch aufgestellten, eingerahmter Gemälde ein beliebtes Motiv der
pompejanischen Maler bildet (1).
Andere Holzrahmen formen als die beschriebe-
nen finden wir in den zahllosen antiken Wand-
malereien nirgends abgebildet. Dagegen besitzen wir
ein wohlerhaltenes antikes Exemplar jener Rahmen aus einfachem
braunem Holz, welches Plinders Petrie bei seinen Ausgrabungen
im Fajjum auf dem Haupt einer Mumie liegend als Einrahmung
des Portraits der Verstorbenen gefunden hat; es ist von eigen-
thümlich kunstvoller Construction, welche zu beschreiben hier zu
weit führen würde (2). Wenn daher Robert a. a. 0. S. 9 als
Beispiel eines Tafelgemälderahmens ■ die gemalte Umrahmung der
imitirten Tafelbilder mit den Hetären aus Casa Tiberina {Mon. d.
Inst. XII, 18) ■ vergleichend heranzieht, so scheint mir dies nicht
zutreffend zu sein, denn diese Bilder sind keine Imitationen von
Tafelbildern, sondern müssen gerade weil ihnen der typische
Holzrahmen fehlt, der auf den Wänden dieses Hauses mehrfach
abgebildet ist, als Wandgemälde mit breiter, gemalter Ornamen-
tierung umgeben betrachtet werden. Wohl aber können wir die
innerste Einfassung des Bildes und die äusserste der gemalten, nicht
plastisch sein sollenden Ornamente, als Imitation plastischer Stuck-
leisten auffassen, wie solche aufgesetzte plastische Teile nicht selten
zwischen den Malereien angebracht sind.
Die Annahme wirklicher Gemälderahmen bei den drei Holz-
tafeln aus Haus N° 13 seitens Roberts, welche Form sie auch
gehabt haben mögen, erscheint schon dadurch nicht genügend
(\) Siehe in Heibig « Wandgemälde etc. » Taf. C. Fig. 3; dgl. in Monum.
d. Inst. XII, Tav. Va und Tav. Villi die Cubiculumscenen in casa Tiberina
in Rom.
(2) Jetzt im British Museum. Abgebildet bei Flinders Petrie « Hawara,
Biahrnu and Arsinoe » Taf. 12. Ich besitze eine genaue Nachbildung desselben.
126 O. DONNER VON RICHTER
begründet, dass wir nur den Abdruck der Eückseiten kennen. Man
spricht nur von einem bei allen drei Tafeln auf der Rückseite
nachweisbaren « etwa 0,05 breiten Rand », der bei der leeren
Stelle in der Rückwand des Atriums ■ etwa 0,002 vor die übrige
Rückfläche vortrat ■ , also ein Minimum. Die ganze nachweisbare
Dicke dieses Randstückes, also von der Wandfläche hinab in den
Verputz, beträgt nur 0,02. Ob es als Rahmen über die Wandfläche
heraustrat, ist nicht festzustellen. Dieser ■ Rand ■ ist es, den Ro-
bert als Rahmen auffasst. Die Abdrücke der Rückseite stimmen
aber nicht überein mit der kunstvollen Rückseite des graeco-ägy-
ptischen Originalrahmens; doch würde dies noch kein sicheres Ar-
gument gegeu die Annahme eines wirklichen Gemälderahmens sein,
denn in vorliegendem Falle könnte die Behandlung der Rückseite,
resp. die Art der Einsetzung der Bildtafel in den Rahmen eine
einfachere, rohere, unserer Methode ähnlichere gewesen sein. Was
aber entschieden gegen die Annahme eines Gemälderahmens, wie
die Alten ihn bildeten, spricht, das ist der Umstand, dass erstens
keine Ueberkreuzung der Rahmenstücke an den Ecken in Stuck
nachweisbar ist, und zweitens und namentlich, dass sich überhaupt
um derartig unregelmässige nicht rechtwinklig zugeschnittene Ta-
feln ein rechtwinkliger, gut aussehender Rahmen gar nicht anfer-
tigen lässt. Die von Mau als ■ Rand ■ bezeichneten Theile können
ihrem Abdruck noch sehr wohl nur Falzleisten sein, in welche
man die Tafeln zu möglichster Verhütung des Werfens eingelassen
hatte. Mit dem Wegfallen des Gemälderahmens fällt aber
wiederum ein Argument zu Gunsten der Annahme
eines eingesetzten Holztafelgemäldes hinweg.
Hier muss ich nun aber auch noch ganz besonders hervor-
heben, dass die beiden weit grösseren leeren Stellen in casa di
M. Lucrezio — ihre Breite beträgt 1,22, zu 1,50 ca. Höhe — eine
ungleich rationellere Behandlung der eingesetzten Holztafeln zeigen:
sie waren nicht auf den feuchten Mörtel eingedrückt, der nöthige
Raum für die sehr kräftigen Traversen oder Binder der einzelnen
Dielen aus welchen die Tafeln zusammengesetzt waren, war aus
dem trockenen dicken Verputz bis auf die Mauersteine herausge-
schlagen, von der obersten Putzschichte aber nur so viel, als nöthig
war, um Raum für die Dicke der Holztafel zu erlangen; nur an
den abgehauenen Verputzrändern war zur Ausgleichung etwas fri-
UEBER DIE EINGESETZTEN HOLZTAFELN IN POMPEJI 127
scher Stuck aufgetragen worden, um die Tafelränder fest anschlies-
send in denselben eindrücken zu können und eine glatte Verbin-
dung mit der Wandfläche herzustellen (s. Fig. 1. 2). Verständiger-
weise traten die Traversen über die Tafelränder vor und boten
in diesen vier vorstehenden, abgerundeten Enden die Gelegenheit
starke, lange Eisen durch sie bis in den Mauergrund einzuschlagen
und fest zu gipsen. Trotz dieser soliden Befestigungsweise wurden
noch zahlreiche Nägel durch die Tafel selbst in die Mauer getrieben,
entweder um sie schon von Anfang an noch mehr vor dem Werfen
zu schützen, oder auch nur zur nachträglichen Correctur, nachdem
das Werfen trotz aller Vorsicht dennoch stattgefunden hatte. Dieses
Durchschlagen der Nägel allein schliesst jeden Gedanken an eine
Geraäldetafel aus, damit auch den Gedanken an einen Gemälde-
Holzrahmen, welchen Robert a. a. 0. 8. 9 annehmen zu können
glaubt, während sich in dem Abdruck der Tafelränder auf der
Rückseite keine Spur eines Rahmens zeigt, sondern nur der scharfe
Abdruck der Tafel selbst (s. S. 120, Fig. 1 von bc aufwärts).
Die aus den Traversen bedeutend über die Wandfläche hinausra-
genden Bankeisen konnten also auch nicht, wie Robert anzunehmen
scheint, zur Befestigung eines Gemälderahmens dienen; es waren
deren, als ich die Zeichnung machte, von den ursprünglich vieren
nur noch die beiden oberen vorhanden (s. Fig. 1 bc, unten).
Auch kann ich der Erklärung Roberts in Betreff der durch
die Tafel getriebenen Nägel nicht beipflichten, wenn er sagt : ■ man
braucht sich nur vorzustellen, dass die Bildtafeln wie in dem
Jüngst ausgegrabenen Hause auf ihrer Rückseite mit Leisten ver-
sehen waren ■ . Letzteres ist nicht möglich, denn ausser den beiden
tiefen Traversenrinnen sind keine Vertiefungen für solche Leisten
in dem Mörtel vorhanden, und selbst angenommen, solche Leisten
wären vorhanden gewesen, so musste man die Nägel, um sie bis
in die Mauer zu treiben, von der Aussenseite durch Tafel und
Leisten durchschlagen, wie man es allenfalls bei einem Kisten-
deckel oder -boden thut, nicht aber bei Gemäldetafeln. Bei letz-
teren müssen solche Leisten entweder aufgeleimt oder mit sehr
exacter, subtiler Arbeit in die Tafel eingeschoben werden, was um
so schwieriger wird, je dünner dieselbe ist. Dass die pompejani-
schen Schreiner befähigt waren solche subtile Arbeiten auszuführen,
da wo es angebracht war, das sehen wir z. B. an den schönen
128 O. DONNER VON RICHTER
abgebildeten Holzthüren mit coraplizirten Füllungen in dem Haus
des Sallust (1). Bei der rohen Herstellungsweise der drei Tafeln in
Haus n. 13 ist wohl auch kaum etwas Andres anzunehmen, als
dass die Leisten angenagelt waren. Hier sei auch noch bemerkt,
dass Roberts Vermuthung, dass an diesen drei Tafeln ■ die bald
horizontal, bald vertical gestellten Leisten dazu gedient haben
mochten, hinter der Bildtafel einen Luftraum herzustellen » nicht
haltbar ist, weil die Tafeln fest in den weichen Stuck eingedrückt
waren.
Gegenüber der Schwierigkeit einer befriedigenden Erklärung
der vorstehend erörterten verschiedenen Fälle habe ich mit Bezug
auf jene in casa dl M. Lucrezio schon früher a. a. 0. S. CXXVI
auf Plinius XXXV, 6 verwiesen und an die Möglichkeit gedacht,
dass die in dem Tablinum eingesetzten Tafeln als die Stuckwände
flacher Schränke mit Thüren betrachtet werden könnten, welche
zur Aufbewahrung der Wachsmasken der Ahnen dienten. Will
man sich aber in weiteren Vermuthungen ergehen, so könnte man
allenfalls anführen, dass jene drei Tafeln im Haus n. 13 zur Auf-
nahme von Nägeln oder Hacken bestimmt gewesen sein mochten,
an welchen man kleinere Gegenstände u. Instrumente des Gebrau-
ches aufhängen konnte, ohne die Wand zu beschädigen; oder auch
als Tafeln mit dunkelm Grund zum Aufzeichnen von Notizen mit
weisser Kreide, oder auch wiederum als Rückwände kleinerer,
flacher Schränken en.
Zur Klarstellung aller controversen Einzelheiten in vorlie-
gender Materie muss ich auch noch betonen, dass es dem That-
bestand nicht entspricht, wenn Robert a. a. 0. S. 10, von dem
Haus n. 13 redend, ■ diese Wandvertiefungen als ganz analog mit
jener in einem Gemach des Hauses des M. Spurius Mesor ■ be-
zeichnet und ■ den Rundstab, dessen Abdruck Donner und Heibig
(Letzterer im Bull. d. Inst. 1864, p. 121) constatiren », als eine
Umrahmung ähnlich, wie sie sich gemalt an den Hetärenbildern
der Casa Tiberina befindet, betrachtet. Es handelt sich hier näm-
lich gar nicht um den Abdruck eines rahmenartigen Rundstabes,
der, wenn er überhaupt vorhanden wäre, und als Rahmentheil der
(') Abgebildet bei Mau << Geschichte der decorativen Wandmalerei in
Pompeji». Taf. II.
IEBER DIE E^GESETZTEN HOLZTAFELN IN POMPEJI 129
Vorderseite hätte angehören müssen, sich nicht auf der Rückseite
abdrücken konnte; ich bemerkte vielmehr a. a. 0. S. CXXVII :
Dass jene kleine Tafel nach den Eindrücken, die ihre Ränder in
dem weichen Stuck hinterlassen haben, zwischen 0,003 und 0,015
variiren, und dass der Rand derselben (d. h. ihre Dicke) an der
linken Seite hohlkehlen- und oben rundstabartig geformt war ;
an der rechten Seite dagegen rechtwinkelig und unten schräge.
Welcher Tischler würde wohl jemals eine Tafel für ein Bild so
zugeschnitten haben? In Anbetracht dieser Seltsamkeiten, auch
in Anbetracht der Abrundung der oberen Ecken dieser Tafel, eine
Form, die bei pompejanischen Gemälden gar nicht vorkommt, und
bei der Zweifelhaftigkeit, ob die eingesetzte Tafel überhaupt Holz
und nicht ein ganz andres Material gewesen sei, kann ich auch
dieses Vorkommen als analog' mit jenem in casa di M. Lucrezio
durchaus nicht betrachten. Dagegen habe ich die Analogie der
Abdrücke in dieser Vertiefung mit jener für den schwarzen Glas-
spiegel in casa del Gitarista auf der rechten Langseite des Mit-
telperistyls schon hervorgehoben.
Wenn wir uns nach vorstehenden Untersuchungen noch ver-
gegenwärtigen, dass bei der ausserordentlich grossen Anzahl von
Wandgemälden in Pompeji seit dem Beginn der Ausgrabungen
und seit 1847, d. h. seit der Aufdeckung der casa di M. Lucrezio
bis 1897 nur die besprochenen drei ähnlichen Stellen im Haus
N. 13 der Insula VI, 15 gefunden worden sind, und selbst ange-
nommen, dass trotz aller entgegenstehender Bedenken diese leeren
Vertiefungen dennoch Gemälde auf Holztafeln enthalten haben
sollten, so können wir doch Robert nicht folgen, wenn er von dem
vorausgesetzten Einlassen von Tafelgemälden in Pompeji sagt :
»Aber es war üblich» (a. a. 0. S. 9).
Hiermit gelange ich zu einem andern Theil der Ausführungen
Roberts in dem 21ten Winckelmanns-Programm.
Er wendet sich in demselben gegen Franz Winters in der
Maisitzung der Archäologischen Gesellschaft in Berlin (') nach
Sempera Vorgang ausgesprochenen Anschauung, dass die im Natio-
nalmuseum von Neapel aufbewahrten sechs kleinen Marmortafeln
(J) Abgedruckt in « Wochenschrift für klassische Philologie, 1897 », und
in Separatabdruck.
130 O. DONNER VON RICHTER
mit figürlichen Darstellungen, aus Herculanum und Pompeji stam-
mend, auf welchen jetzt nur geringe Farbenspuren enthalten sind,
ursprünglich enkaustisch bemalt gewesen seien, unter ihnen die
Astragalenspielerinnen ; ferner, dass das Gemälde des Nikias, welches
Augustus in die Wandbekleidung der Curia Julia einfügen liess,
nämlich die Nemea auf Marmor gemalt gewesen sei und zwar
enkaustisch, da Plinius XXXV, 27 berichtet, dass Nikias auf das
Bild geschrieben hatte: se inussisse. Kobert wirft hiergegen die
Frage auf: « woraus folgt, dass die Nemea nicht auf Holz sondern
auf Marmor gemalt war? ■ und bemüht sich, wie ich schon gezeigt
habe, nachzuweisen, dass es bei den Alten üblich war,
Gemälde auf Holztafeln in den Mauerbewurf einzulassen.
Es ist nicht meine Absicht mich hier über die Differenzpunkte
der beiden gelehrten Archäologen eingehend zu äussern. Aber da
in den Ausführungen Beider meine früheren u. späteren Untersu-
chungen und Darlegungen der malerisch-technischen Verfahrungs-
weisen der Alten mehrfach angeführt werden, theils mit freundlicher
Anerkennung, theils auch negierend, so möchte ich durch Still-
schweigen nicht den Schein erwecken, als erkennte ich diese Ne-
gierungen als zutreffend an. Vielmehr halte ich es für eine ernste
Pflicht nicht zu schweigen, wenn ich für die Wissenschaft gewonnene
Kesultate, welche ich nach gewissenhaftester Prüfung unverändert
für richtig halte, in Zweifel gestellt sehe. Andernfalls würde ich
freudig Belehrung annehmen.
Das Einlassen von bemalten oder nur mit Umrisszeichnungen
versehenen Marmortafeln in eine so dicke Mörtel- oder Stuckbeklei-
dung, wie die antiken Wände sie aufweisen, kann an und für
sich nur als etwas durchaus Rationelles betrachtet werden, denn
der Marmor bindet vorzüglich mit dem nassen Bewurf und die
Berührung mit Letzterem ändert in keiner Weise weder die Beschaffen-
heit des Marmors selbst noch der auf seiner Vorderseite aufge-
tragenen Farben, seien es Temperafarben oder enkaustische (').
(*) Analog dem Einlassen von Marmortafeln in die Wandbekleidungen
älterer, aus schadhaften oder abgebrochenen Mauern herausgesägter Fresko-
gemälde, welches ich als ein bei den Alten in der That « übliches Verfahren »
in zahlreichen Beispielen nachgewiesen habe, Die erhalt, ant. Wandmal. bei
Heibig « Wandgemälde. Zufällig besitzt gerade die casa di M. Lucrezio
zwei Beispiele dieser Art in den beiden 1,92 hohen Gemälden der Omphale
UEBER DIE EINGESETZTEN HOLZTAFELN IN POMPEJI 131
Für diese letzteren ist der Marmor ein ganz vorzüglicher Unter-
grund, da das Wachs der gefärbten Wachspasten, welche man bei
der Cestrum-Malerei mit diesem Instrument in kaltem Zustande
aufträgt, sich bei der Schlussbehandlung dieser Malweise, dem
Einbrennen oder Einschmelzen des Gemalten, auf das Innigste
mit der nicht polirten, sondern fein porösen Marmoroberfläche ver-
bindet, indem es in deren Poren etwas eindringt.
Ich verweise hier auf meine ausführlichen Darlegungen der
verschiedenen Arten der enkaustischen Malerei (*), über welche Ko-
bert a. a. o. S. 10 Anm. 24 sich in folgender Weise äussert: « Die
Schwäche der Donner' sehen Theorie liegt darin, dass das tyxaieiv
so wenig zu seinem Rechte kommt. Er bezeichnet es selbst als
eine Nebensache, nur bestimmt eine gleichmässige Oberfläche her-
zustellen. Aber sollte eine Nebensache der ganzen Technik den
Namen gegeben haben? » Hierauf habe ich zu bemerken: bei
allen Gemälden ist wohl die Darstellung des Gewollten, das in
die Erscheinungtreten desselben, die Hauptsache, Nebensache die
technischen dazu verwendeten Mittel. Da aber in der sogenannten
enkaustischen Malerei in grellem Contrast zu allen anderen Mal-
weisen des Alterthums, der Leim- Tempera- und Freskomalerei, das
Mittel starker Wärme, das Einbrennen, zur Anwendung kommt,
so scheint mir schon darin hinreichende Berechtigung zu liegen
dieser Technik danach den Namen zu geben, einerlei ob die Wärme
nur am Ende der Arbeit zu Hülfe genommen wird oder schon
während derselben. Dass letzteres aber bei der für Gemälde übli-
(Helbig 1140) und dem Silen mit dem Dionysosknaben im Triclinium (Hei-
big 379). Dies könnte die Vormuthung bestärken, dass auch die eingesetzten
Holztafeln im Tablinum Gemäldetafeln gewesen sein, wenn nicht so viele Be-
denken dagegen sprächen.
(x) 1868: «über die antiken Wandmalereien in technischer Beziehung »
in Helbigs Wandgemälde der vom Vesuv verschütteten Städte Campaniens ;
1885: « Ueber Technisches in der Malerei der Alten, insbesondere in deren
Enkaustik » in den « Praktisch- und chemisch-technischen Mittheilungen »
von A. Klein in München ; auch in Separatabdruck, im Verlag von Karl Scholze
in Leipzig 1885: 1888 «die enkaustische Malerei der Alten» in der Beilage
zu Münchener Allgemeinen Zeitung N. 180 vom 30. Juni 1888; auch abgedruckt
in u eine Gallerie antiker Portraits » von Georg Ebers. München, Cotta'sche
Buchhandlung 1888.
132 O. DONNER VON RICHTER
chen Art, der Malerei mit dem Cestrum, nicht geschah, ist so
schlagend wie nur möglich von Plinius XXXV, 122 in den Worten
ausgesprochen: ceris pingere ac picturam inurere, quis primus
excogitaverit non constat; d. h. «mit Wachs zu malen u. das
Gemälde einzubrennen, wer das zuerst ausgedacht haben mag, ist
nicht ermittelt ■ . Man sollte meinen, das Aufeinanderfolgen zweier
verschiedener Handlungen könnte kaum klarer ausgedrückt sein.
Robert aber sagt in der Note weiter : ■ Dass das Auftragen der
Farben dem Einbrennen vorausgegangen sein müsse, wird von Donner
und Winter aus Plinius XXXV, 122 mit Unrecht gefolgert.
Diese Worte können, wie mir Leo bestätigt, auch als eine blosse
Umschreibung von encausto pingere verstanden werden; Plinius
beschreibt die Technik als die, deren Material Wachs und deren
Verfahren das Einbrennen ist. Ein anderer hätte ceris pingere et
quidem picturam inurere gesagt. Dass hier, wo vom tvQerijs die
Rede ist, ein Verfahren in seinen Stadien beschrieben sein soll,
kommt mir sogar stilwidrig vor ». Speziell zu letzter Bemerkung
möchte ich gegenüber dem gelehrten Philologen doch in aller
Bescheidenheit hervorbeben, dass zwar am Schluss des Satzes von
dem iVQ€Trjg, dem unbekannten Erfinder, die Rede ist, aber doch
in erster Linie von den Prozeduren, die er erfunden
und ausgeübt hat. Ich muss daher auch den Versuch der
Verwischung der markigen Pliniusstelle in eine blosse Umschrei-
bung von encausto pingere als keinen glücklichen bezeichnen. Wenn
man analog unsrer Stelle z. B. sagen würde : Brodteig zu kneten
und die Brode zu backen, wer das zuerst ausgedacht hat usw., so
sind hier doch offenbar zwei aufeinanderfolgende Handlungen
geschildert und der evgtT^g, der unbekannte Erfinder, der Bäcker,
könnte sich dabei doch nicht über Mangel an genügender Be-
rücksichtigung beklagen.
In der citirten Note sagt Robert ferner: ■ Könnte nicht das
pastenartige Wachs mit einem metallnen Spatel, den man vorher
erhitzt hatte, aufgetragen und so eine festere Verbindung mit dem
Grund erzielt worden sein? ■ Ich hege das Vertrauen, dass wenn
Robert mir bei der Arbeit des Copirens einiger graeco-äegyptischer
enkaustischer Portraits, ceris pingendo ac picturam inurendoJ
zugesehen hätte, so würde er obigen Passus nicht geschrieben
haben; denn er würde gesehen haben, dass es doch eine ganz
UEBER DIE EINGESETZTEN HOLZTAFELN IN POMPEJI 133
unerträgliche Zumuthung an einen Maler wäre, sich abzuquälen
mit dem Erhitzen eines metallenen Spatels und sich an demselben
die Pinger zu verbrennen, oder darauf zu blasen bis er den rich-
tigen Wärmegrad erreicht hat, wenn der Maler in aller Ruhe
und Bequemlichkeit mit seinem Cestrum aus Holz oder Bein,
allenfalls auch aus Metall, und mit seinen kalten ductilen Wachs-
farben aus punischem Wachs mit einem geringen Zusatz balsa-
mischen Harzes und einem Minimum von Olivenöl seine Gemälde
ausführen kann? (') Wozu sollte er diese schon weiche Masse mit
einem erhitzten Spatel berühren? Sie würde ihm zerfliessen und
seine Arbeit zerstört werden, gerade wie dies geschehen kann,
wenn man bei dem Einbrennen den Metallstab zu stark erhitzt.
Das Einbrennen zum Schluss ist aber eine Notwen-
digkeit: das Cestrum muss nämlich mit seinen gezahnten
Rändern bald in dieser, bald in jener Richtung geführt werden,
theils um zu starke Farbenanhäufungen wegzunehmen, theils um
die Farbentöne ineinander zu ziehen, und hierdurch entsteht ein
störender in verschiedenen Richtungen laufender Glanz, der erst
durch das Einbrennen, das wie ein Firniss wirkt, beseitigt wird,
das aber als noch wichtigere Wirkung die Eindrücke der gebrauchten
Cestern an ihren Rändern schmilzt, dadurch die Furchungen aus-
füllt und der ganzen Bildoberfläche ein weiches, angenehmes und
einheitliches Aussehen gibt.
Meine Auffassung und Uebersetzung der Pliniusstelle XXXV
149: encausto pingendi duo fuere antiquitus generaJ cera — et
in ebore — cestro, id est verriculo ; donec classis pingi coepere
hoc tertium accessit resolutis igni ceris penicillo utendo etc.
theilt Robert a. a. 0. S. 10 mit und führt S. 11 seine abweichenden
Ansichten aus, durch welche er mich zwingt ihm Satz für Satz zu
folgen. Er beginnt: ■ In der Sache wird Donner Recht haben, in
der Interpretation jener Pliniusstelle hat er es sicher nicht. Wie die
Worte überliefert sind, muss jeder Philologe die ersten der beiden
angekündigten Classen in cera suchen, wie dies von den älteren In-
terpreten Caylus, Letronne, Hirt und Welcker, von den Neueren
(J) Ich bewahre diese Copien und die Instrumente, mit welchen sie
gearbeitet sind, nebst einigen Originalstücken noch bei mir, und jeder Inte-
ressent ist freundlichst eingeladen, sie bei mir anzusehen.
134 O. DONNER VON RICHTER
Henry und Berger mit vollem Recht thun und Donner hätte in diesem
Punkt nicht wiedersprechen dürfen ». Aber warum hätte ich das
nicht thun dürfen, wenn ich durch das Studium des Plinius, Vitruv
und andrer antiker Autoren, und durch meine damit verbundenen
praktischen Versuche und sodann später nach Auffindung der graeco-
aegyptischen Portraits und meiner Untersuchungen derselben zu der
festen Ueberzeugung gekommen war, dass die Genannten auf durch-
aus falschem Wege waren ? Ausserdem war ich nicht so unvorsichtig,
meine Interpretation der Stelle vor ihrer Veröffentlichung nicht auch
von namhaften Philologen prüfen zu lassen, welche sie nach meiner
Auseinandersetzung der ihnen zuvor ganz unverständlichen enkau-
stischen Technik nicht nur als durchaus zulässig bezeichneten,
sondern auch hervorhoben, dass nur ein Techniker diese Erklärung
finden konnte, nicht aber der Philologe. Nach Auffindung der grae-
co-ägyptischen Portraits sagte mir Georg Ebers : ■ Ich hatte die Pli-
niusstelle, bevor ich Ihre Schriften las, auch nicht so aufgefasst,
aber die Thatsachen geben jetzt Ihrer Erklärung Recht ■.
Weiter sagt Robert : ■ Auch die ausserordentlich harte Verbin-
dung der instrumentalen Dative cera cestro pingere spricht gegen
Donner, vor allem aber der auch von Henry bereits richtig beob-
achtete Sprachgebrauch, der für den Begriff « Wachsfarben ■ durch-
aus den Plural cerae verlangt, vgl. d. 0. resolutis igni ceris;
XXXV 49 cerae tinguntur iisdem his coloribus; 122 ceris pin-
gere ». Hier gebe ich unbedingt zu, dass ■ cera cestro pingere
in der That sehr hart klingt; desshalb aber gebraucht auch Pli-
nius diesen Ausdruck gar nicht in dieser Weise, sondern die Stelle
lautet bei ihm : cera — et in ebore — cestro, id est verriculo,
wobei die Härte durch das parenthetisch gebrauchte et in ebore
wesentlich gemildert ist. Aber wie sollte selbst eine Härte im Aus-
druck einen wohl bedachten Sinn aufheben, zweitens wie könnte sie
gegen meine Erklärung dieses Sinnes sprechen ? Als ganz hinfällig
aber muss ich die Auffassung Roberts von dem sprachlichen Ge-
brauche der Formen cera und cerae bezeichnen, finde ich auch
nicht einmal seine Berufung auf Henry zutreffend. Letzterer sagt
vorsichtiger als er (*) : ■ quand le singulier ■ cera ■ est em-
ploye, il semble ne designer quune simple couche de
0) Cros und Henry: Vencaustique S. 8
UEBER DIE EINGESETZTEN HOLZTAFELN IN POMPEJI 135
cire incolore ou d'une seule couleur, appliquCe sur un subjec-
tue quelcotique ». Henry spricht also nur eine Vermuthung aus
keine Behauptung. Aber auch diese Vermuthung stimmt nicht
mit den Texten. Sie ist ungerechtfertigt und willkührlich, nament-
lich in Bezug auf die « simple couche de cire incolore »; denn
wie wäre es denkbar, in der fraglichen Stelle, die von den drei
Arten der enkaustischen Malerei, also selbstverständlich auch von
den znr Malerei unumgänglich nöthigen Farben und den dazu ge-
bräuchlichen Instrumenten, d. h. Cestern und Pinsel, handelt,
unter ■ cera » eine einfache Lage weissen Wachses oder gar nur
eine Anstreicherei mit einer einzigen Farbe verstehen zu wollen?
Der Gebrauch des Singulars ■ cera ■ oder des Plurals cerae bei
Plinius, bei welcher letzteren Form allerdings nur eine Anzahl
verschieden gefärbter oder nicht gefärbter Wachspräparate gemeint
sein können, während durch den Singular einfach das Wachs
als Ingredienz, als Träger der Farben, bezeichnet wird,
entspricht genau der in unsrer Sprache gebräuchlichen Ausdrucks-
weise: ein Bild mit (in) Oel oder mit (in) Oelfarben ma-
len. In gleichem Sinne kann man bei dem Gebrauch von cera
oder cerae übersetzen: mit Wachs oder mit Wachs färben
malen, und in gleichen Sinne bedienen sich auch Plinius und
Vitruv mit aller Freiheit bald dieser, bald jener Ausdrucksweise.
Dies zeigt sich klar gerade bei jenem von Robert zu seinem Zwecke
nicht zweckentsprechend angeführten Satz : cerae tinguntur indem
his coloribus etc. ; denn hier kann man doch unmöglich übersetzen :
die Wachsfarben werden gefärbt mit jenen Farben etc. und
bei Plinius eine solche Geschmacklosigkeit des Ausdruckes voraus-
setzen ; er will vielmehr sagen : die Wachspräparate (kurz ge-
sagt: das Wachs) werden mit jenen Farben gefärbt etc. hier ist
also gerade der Plural in dem Sinne gebraucht, den Robert ihm
abspricht. Anderseits wird wiederum entgegen Roberts Auffassung
der Singular direct als ■ Wachsfarbe ■ von Vitruv gebraucht
Lib. VI, c. II, 29 ; triglyphi. . . . cera caerulea depinxerunt; hier
kann man doch sicherlich nicht übersetzen : man bemalte die Tri-
glyphen mit blauem Wachs, denn es gibt wohl gelbes, unge-
bleichtes und weisses gebleichtes, aber es gibt kein blaues Wachs,
und man muss also übersetzen : man bemalte die Triglyphen mit
bl au erWachs färbe! Wenn mir aber Robert S. 1 1 weiter unten
136 O. DONNER VON RICHTER
vorwirft, ich hätte « dem Singular » cera ■ die unmögliche Be-
deutung ■ Wachsfarben ■ unterschieben wollen », so weiss ich
wahrlich nicht, wo ich mir das hätte zu Schulden kommen lassen.
Doch wie dem auch sei, glaube ich meine Anschauungen über die-
sen Punkt in Vorstehendem genügend deutlich ausgesprochen zu
haben.
Ich kehre wieder zu dem Punkte zurück, an welchen ich Ro-
berts Ausführungen verliess. Er fährt fort: ■ Allerdings ist die
von Donner hier supponirte Brachylogie, zufolge deren von zwei
Gliedern das eine als selbstverständlich übergangen und nur das
zweite als das seltnere angeführt wird, dem Stile des Plinius kei-
neswegs fremd. Unsrer Stelle am ähnlichsten würde XXIX, 60 sein:
mustelarum duo genera alterum silvestre. Aber um diese Figur
herzustellen, musste nothwendig cera, das bei solcher Auffassung
völlig entbehrlich ist und sehr wohl Glossem zu encausto pin-
gendi sein kann, getilgt werden : also encausto pingendi duo fitere
antiquitus genera, et in ebore cestro, id est verriculo, donec
classes pingi coepere. So erhält der Satz zwar ein durchaus Pli-
nianischen Gepräge, aber zu Donners Theorie stimmt er nur noch
theilweise: denn nun muss man durchaus cestro eng mit ebore
verbinden und für die erste, nicht ausdrücklich genannte Malweise,
die auf Holz, ein andres Instrument als das Cestrum postuliren.
Donners Auffassung lässt sich nur dann in ihrem ganzen Umfang
halten, wenn man mit Henry unter cera den Wachsgrund versteht.
Im Grunde haben das schon Caylus und Hirt gethan, mit deren
Ansicht sich Donner (die erhaltenen antiken Wandmalereien A. 38)
unter Berufung auf Letronne (lettres d'un antiquaire 381) und
Welcker (kl. Sehr. III 414) gar zu leicht abfindet. Allerdings scheint
sich für die Stellung der Präposition vor dem zweiten Gliede bei
Plinius kein Beispiel zu finden, aber bei dem Zustand unseres Pli-
niustextes ist es wahrlich keine Hexerei, vielmehr durchaus erlaubt,
vor cera ein in einzuschieben ».
Hierauf kann ich in Kürze entgegnen: Für die von Robert
versuchte Nachahmung einer vermeintlichen Musterfigur aus einer
ganz andern Materie scheint mir weder Nothwendigkeit noch Be-
rechtigung vorzuliegen, denn warum sollte Plinius bei den verschie-
denartigsten Dingen seine Ausdruckweise immer über denselben
Leisten schlagen? Auf welche bedenkliche Wege man mit einem
UFBER DIE HINGESETZTEN HOLZTAFEI.N IN POMPEJI 137
solchen Verfahren geräth, zeigen Roberts hier oben wiedergegebe-
nen Ausführungen, die ihn schliesslich dahin bringen, nach eige-
nem Ermessen in den Originaltext vor cera ein in hinein zu cor-
rigiren und sich zu dem Vertreter der unhaltbarsten der unhaltbaren
Anschauungen zu machen, die über die Technik der Enkaustik ins
Leben gesetzt worden sind, nämlich die Anschauung von der An-
wendung eines vorausgesetzten Wachsgrundes oder einer vorausge-
setzten Wachstafel, denn er fährt fort:
« Jedenfalls ist es methodischer ( — nämlich die Textumän-
derung — ) als dem Singular die unmögliche Bedeutung « Wachs-
farben » unterschieben zu wollen ('). Nur möchte ich unter cera
nicht mit den beiden französischen Forschern jede beliebige Unter-
lage mit Wachs-überzug, sondern nach einem Vorschlag von Wis-
sowa lediglich die Wachstafel verstehen. Ich habe diese Auffassung
der Stelle bereits oben durch die Interpunktion angedeutet : ■ auf
die Wachstafel und auf Elfenbein, in beiden Fällen mit dem Ce-
strum. Die einzige Moditication, die sich Donners Resultate ge-
fallen lassen müssen, besteht also darin, dass im ersten Falle
nicht auf die blosse, sondern auf die mit Wachs grundirte Tafel
gemalt wurde. Uebrigens spricht Donner in seiner ersten Abhand-
lung von « grundirten oder nicht grundirten » Holztafeln ohne
sich allerdings über die Art der Grundirung näher zu äussern.
Dieser Wachsüberzug hatte bei der enkaustischen Malerei den-
selben Zweck wie bei der Temperamalerei das Leukoma, bei den
Lekythen der Pfeifenthon, nämlich den in der älteren Periode der
griechischen Malerei durchaus obligatorischen hellen Grund her-
zustellen. Bei der Malerei auf Elfenbein bot das Material selbst
diesen hellen Grund ; es war also überflüssig, erst noch mit Wachs
zu grundiren; vielmehr wurde die Farbe mit dem Spatel direct
auf das Elfenbein aufgetragen ».
Bei diesen Ausführungen muss ich vor Allem dankend den
freundlichen Willen Roberts anerkennen, die Resultate meiner
Untersuchungen gelten zu lassen, jedoch unter der Annahme eini-
ger Modifikationen derselben. Aber ich bedaure, die Bedingungen,
unter welchen dies geschieht, ehrlicher Weise nicht annehmen zu
können. Denn, wie ich weiter oben schon bemerkt habe, ist die
0) Hierüber vgl. meine vorstehenden Ausführungen. S. 133 ff.
10
138 0. DONNER VON RICHTER
Annahme einer mit Wachs grundirten Holztafel als Unterlage für
die erste Art der enkaustischen Malerei durchaus unhaltbar, denn
hiefür liegen die unumstösslichsten Beweise in der Thatsache Tor,
dass ich unter der grossen Anzahl der graeco-ägyptischen enkaus-
tischen Portraits, die ich 1888 in der Graf sehen Sammlung zu
untersuchen die Gelegenheit hatte, und unter diesen namentlich an
Bruchstücken mit starken Abblätterungen der Farbenlage, von
welchen einige noch in meinem Besitz sind, mit untrüglicher Si-
cherheit feststellen konnte, dass kein einziges auf eine
solche mit Wachs grundirte Holztafel gemalt war.
Alle waren auf das nackte, meist sehr dunkle Holz ohne jeglicha
Wachsgrundirung gemalt, nur bei einem einzigen der Bruchstücke
fand sich ein ganz dünner Harzüberzug vor, der sehr nachtheilig
gewirkt zu haben scheint, denn hier waren die Abblätterungen
am stärksten, die Verbindung der Farben mit dem Holz also am
mangelhaftesten.
Das nicht nur überflüssige sondern direct hinderliche einer
Wachsgrundirung hatte ich schon 1868 bei meinem ersten prakti-
schen Versuchen erkannt. Und zwar' dadurch, dass wenn ich mit
harter Wachsfarbe und heissem Metalicestrum, — anknüpfend an
die alten Anschauungen von Caylus, Hirt und Raoul-ßochette, —
arbeitete, diese weisse Wachs-Grundirung sich mit der Farbe zu-
gleich erweichte und nachgab, sich mit der Farbe vermischte und
den Ton verdarb, wobei ausserdem widerwärtige Höhen und Tiefen
entstanden. Bei dem Arbeiten mit kalten, ductilen Wachspasten
aber glitten dieselben unter dem Druck des nicht erwärmten Ce-
strums aus und bei nur etwas zu heissem Einbrennen, wie schon
erwähnt, vermischte sich die Grundirung wieder in nachtheiliger
Weise mit der Farbe. Im Gegentheil aber zeigte es sich bei letz-
teren Versuchen in vorteilhafter Weise, dass sich die auf das
natürliche nackte Holz aufgetragene Wachsfarbe in die Poren
desselben einsaugt, auf das Festeste an ihm heftet ; auch ist die
Malerei durch die geringere Dicke des auf das Holz gebrachten
Gesammtwachskörpers nach dem Erhärten weit weniger dem Ab-
blättern ausgesetzt als wenn dieser Wachskörper durch eine weisse
Wachslage verdickt wird. Wenn ich 1868 in ■ die erhaltenen an-
tiken Wandmalereien S. 13 ■ für die erste Art der enkaustischen
Malerei von ■ grundirten oder nicht grundirten Holztafeln « sprach,
LEBER DIE EINGESETZTEN HOLZTAFELN IN POMPEJI 139
so war damit die für alle Gemälde-Holztafeln bei der Temperama-
lerei schon im AUerthum übliche, dünne Grundirung mit Kreide
und Leim, die ■ cretula » gemeint, die auch vorteilhaft für die
enkaustische Malerei bei Holztafeln sein kann, um die etwaigen
Unebenheiten auszugleichen oder um faserige Theilchen zu fixiren.
Bei einer gut bearbeiteten Holztafel ist sie aber überflüssig, um
so mehr, als die Wachsfarben weit pastoser und somit deckender
sind als die Temperafarben, desshalb auch eines weissen Unter-
grundes nicht bedürfen (•).
Fällt aber die von Robert angenommene weisse Wachsgrun-
dirung, — und sie kann gegenüber ihrem Nichtvorhandensein bei
den graeco-ägyptischen Originalen nicht aufrecht erhalten werden
— so fällt auch die von Robert weit ihr verbundene Annahme,
dass durch sie der Zweck hätte erreicht werden sollen, einen hellen
Grund auf der Tafel herzustellen • wie bei der Temperamalerei
das Leukoma, bei den Lekythen der Pfeifenthon », und wie bei
dem Elfenbein seine Naturfarbe ihn bietet. Ferner fällt damit
absolut die Zulässigkeit des Einschiebens des « in » von « cera »
und hierdurch der Gegensatz, den sich Robert zwischen der ersten
Art auf Holz und der zweiten Art auf Elfenbein dadurch construirt
hat, dass er annimmt, das Unterlagsmaterial bei der ersten Art
bedürfe einer Wachsgrundirung, bei der zweiten aber nicht.
Im Zusammenhang hiermit muss ich auch den von Robert
S. 13 als Schlussfolgerung seiner von mir citirten Ausführungen
so positiv ausgesprochenen Satz über «jenes von Plinius
bezeugte Aufsetzen der Wachsfarben auf den Wachsüberzug der
Holztafel » nur als eigene Combination Roberts betrachten; in dem
(i) Wegen dieser pastosen Beschaffenheit der Wachsfarben bedurften
auch Terracotten oder Marmorbautheile, wenn sie mit Ornamenten in platten
Tönen vermittelst heissflüssiger Wachsfarbe und dem Pinsel verziert wurden
einer solchen Wachsgrundirung nicht; und ebenso wenig bedurfte man der-
selben, wenn man Marmor- oder Terrae ottatafeln mit Werken höherer Kunst
vermittelst kalter Wachspasten und dem Cestrum bemalen wollte, Materialien
die durch ihre Schwere unbequemer zu behandeln sind, als Holz und Elfenbein,
desshalb auch gewiss nur für besondere Zwecke benutzt wurden, aus welchem
Grunde für Plinius auch keine Veranlassung vorlag, sie in seiner knappen
Angabe über enkaustische Malerei besonders mit anzuführen, so wenig wie
Kupferplatten oder aus altem Mauerbewurf ausgeschnittene Platten, die zu
gleichem Zwecke dienen konnten.
140 O. DONNER VON RICHTER
Originaltext ist dies keineswegs bezeugt, noch lässt es sich, wie
ich versucht habe nachzuweisen, in denselben hineindeuten.
In vorstehenden Ausführungen habe ich, wie ich glaube, alles
für die Klarstellung meiner Auslegung der Pliniusstelle XXXV,
149 Nötige in Bezug auf Roberts Einwendungen berührt und kann
darauf verzichten, auf die von ihm a. a. 0. S. 12, Anm. 32 vor-
geschlagenen Einschiebungen in die berühmte Stelle näher ein-
zugehen (!). Aber den Wunsch möchte ich aussprechen, dass man
sie in ihrem Originaltext belasse und sich allseitig bemühen möge,
sie unverändert nur aus sich selbst heraus verstehen zu lernen.
Otto Donner von Richter.
(') Die bei diesen Veranlassungen von Robert herangezogenen Anschau-
ungen der Herrn Cros und Henry habe ich schon ausführlich besprochen in :
u Uebei- Technisches in der Malerei der Alten, insbesondere in deren En-
kaustik » ; jene von Berger in den « prakt. und chem.-technischen Mitth. »
Jahrgang 1893, N. 171.
DAS ANGEBLICHE TEMPLÜM MATIDIAE
BEI PIAZZA CAPRANICA
Die folgenden Bemerkungen beruhen auf örtlichen Nachfor-
schungen, die ich vor nunmehr vierzehn Jahren zusammen mit dem
verstorbenen F. 0. Schulze angestellt habe, und sind, in allem We-
sentlichen, schon damals zu Papier gebracht. Sie zu veröffentlichen
hat mich bisher das negative Resultat unserer Untersuchung ab-
gehalten; ich hätte gewünscht, nicht nur das von Lanciani auf
Grund unsicherer Materialien errichtete Phantasiegebäude des 4 Tem-
plum Matidiae ' von der archäologischen Karte Roms zu tilgen,
sondern auch an seine Stelle etwas positives setzen zu können ; wo-
für jedoch weder unsere damaligen Lokaluntersuchungen, noch spä-
tere Durcharbeitung alter Handzeichnungen und Fundberichte ge-
nügenden Anhalt geboten haben. Wenn ich mich nunmehr doch
zur Veröffentlichung entschliesse, so geschieht es hauptsächlich
desshalb, damit nicht jene willkürliche Construction zum Funda-
ment weiterer unerspriesslicher Hypothesen genommen werde.
In seinem Aufsatze: La basilica Matidies et Marcianes dei
cataloghi {bull, comun. 1883 p. 5-16) hat Lanciani zu beweisen
versucht, dass die früheren Topographen geirrt hätten, indem sie
zwischen Pantheon und templum divi Antonini zwei Basiliken
annahmen, deren eine der Namen der Matidia, die andere den der
Marciana trug. Vielmehr sei beiden Kaiserinnen nur ein einziger
Bau, in Form eines Peripteraltempels und desshalb auch ein-
fach Templum Matidiae genannt, geweiht gewesen. Bei einer
Ausgrabung auf, resp. neben Piazza Capranica um 1520 sei dieser
Tempel so vollständig zu Tage gekommen, dass A. da Sangallo
einen Plan von ihm habe entwerfen können, demzufolge er von W.
nach 0. orientirt gewesen sei, und sechs Säulen in der Front,
zehn an den Seiten gehabt habe. Die grossen noch heute existie-
142 CH. HUKLSEN
renden Säulen aus Cipollino im Vicolo della Spada d'Orlando (zwi-
schen Via dei Pastini und Piazza Capranica) schreibt Lanciani
der Südseite des Tempels zu, während sich die Nordseite desselben
ungefähr bis Piazza Capranica erstreckt habe.
Das geschickt geführte Plaidöyer, welches antike Texte und In-
schriften, Ausgrabungsberichte und Handzeichnungen der Renais-
sance mit gleicher Sicherheit ins Feld führt, hat zunächst etwas be-
stechendes: und der stattliche, auf Tf. I. II des bull, eomunale 1883
wie auf Blatt 15 der Forma Urbis Romae gezeichnete Tempel sieht
so vertrauenerweckend aus, dass man sich ungern entschliesst, an
seine Stelle wieder ein grosses Fragezeichen zu setzen. Aber zu
diesem Resultate führt uns leider eine gründliche Nachprüfung der
Lancianischen Argumente.
Beginnen wir mit dem einfachsten, der Untersuchung der exi-
stierenden Reste. Trattandosi di una questione assolutamente pra-
lica e materiale, sagt Lanciani p. 7, si dovrebbe credere ad un
pieno e completo aeeordo dei topograß sul numero e sulla qua-
litä delle eolonne. Invece « tot capita, tot sententiae » ; il che signi-
fica che tutti hanno scritto dei monumento in casa loro, senza
darsi V incomodo di scendere nei sotterranei dell' ospisio degli
orfani e delle case vicine. Io ho eseguito tutte le indagini pos-
sibili, ma conpoco frutto, perche molti avanzi dei colonnato visi-
bili nel secolo passato o nella prima metä dei presente, ora piü
non lo sono — Nach dieser Abkanzelung der Vorgänger — unter
ihnen sind Piranesi, Venuti, Nibby, Faustino Corsi, Urlichs — wird
der Leser die auf Tf. I. II. gezeichneten Säulenspuren als Ergebniss
gewissenhaftester Nachforschungen gläubig hinnehmen, und der An-
sicht sein, dass Lanciani drei Cipollinsäulen in den Kellern der
casa degli orfani, eine in der Aussenwand desselben Hauses nach
dem Vicolo della Spada d' Orlando, und zwei weitere in dem Hause
Piazza Capranica 76 verbaut gefunden habe ('). — Einen Stoss
wird sein Vertrauen schon erleiden, wenn er einmal bei einem Gange
durch jenen Vicolo die einzige über Tage sichtbare Säule ins Auge
fasst: schon das Augenmass zeigt (was Nachmessungen bestätigen),
Q) So nach dem Plan im Bullettino; auf Bl. 15 der Forma Urbis Romae
ist die Zeichnung auch insofern weniger correct, als die vierte Säule aus
der Front der casa degli orfani gar in die Mitte des Vicolo gerückt erscheint.
DAS ANGEBLICHE TKMPI.UM MATIDIAE 143
dass dieselbe nahezu in der Mitte der Gasse, nicht, wie auf L.'s
Tafeln angegeben ist, nahe dem südlichen Ende derselben steht (').
Und noch mehr wird frappirt sein, wer sich die Mühe, giebt in die
Keller der casa degli orfani hinabzusteigen. Von den drei Cipollin-
säulen, welche L. dort angiebt findet sich nämlich nicht die ge-
ringste Spur; die dort eingemauerten Schäfte sind sämtlich von
Granit, und gehören nach Stellung und Höhenlage vielmehr einem
mittelalterlichen Bau an. Von erheblich kleinerem Durchmesser als
die Cipollinsäulen, sind sie doch viel weiter hinauf erhalten (drei
sind noch im Refectorium des Waisenhauses im ersten Stock sicht-
bar) : sie stehen nicht auf dem Boden des antiken Korns. Die am
besten erhaltene, westlichste, lehnt sich ferner (vgl. die Planskizze
am Schlüsse dieses Aufsatzes) unmittelbar an die Cipollinsäule im
Vicolo an. Diese Granitsäulen also sind bei Erörterung des antiken
Gebäudes auszuscheiden.
Cipollinsäulen östlich vom Vicolo della Spada, in den Kellern
der casa degli orfani, existiren weder jetzt, noch sind sie in den
drei letzten Jahrhunderten beobachtet worden. Dagegen dehnt sich,
wie existierende Reste und namentlich ältere Zeugnisse beweisen,
die Säulenreihe westlich vom Vicolo erheblich weiter aus als Lan-
ciani annimmt. Uns selbst gelang es zwar nur Spuren zweier Säulen
— in dem Eckhause des Vicolo, Piazza Capranica 76 — zu consta-
tiren : dieselben hat, wenn auch nicht in ganz richtiger Stellung,
Lanciani ; ferner sind sie erwähnt von Reber, Urlichs, Faustino Corsi,
Nibby, Gerhard. Sicher zu lokalisiren sind ferner zwei im vorigen
Jahrhundert im Hofe des anstossenden Palazzo della Confraternilä
del Rosario existirende Säulen, die von Piranesi genannt, von G. B.
(!) Die Entfernung vom südliche Ende des Vicolo beträgt nach Lanciani
nur 8 resp. 10 m., in Wahrheit 16 ; die Länge der Gasse 36. Die ganze Säu-
lenreihe steht also auf L.'s Plänen er. 6 m. zu weit südlich. — Die Säule war
bis zu dem er. 1824 erfolgten Neubau der casa degli orfani von aussen ganz
sichtbar. Piranesi [Antichitä Romane tom. I p. 10 n. 77; der « cod. Vat. 8091,
scritto da un scolaro o da un ammiratore del Piranesi » den Lanciani S. 8
citirt, ist nichts als eine wertlose Abschrift des gedruckten Textes zum Band I
der Antichitä!) sagt: Questa colonna apparteneva aWantica fontana delVAc-
qua Vergine e perciö si vede V ineavo per un tubo perpendicolare che eiacu-
lava Vacqua. Dagegen meint F. A. Visconti zu Venuti (Roma antica, 2a ed.
p. II c. III p. 112) usembra il lavoro di questa colonna un ornamento piut-
tosto che un canale d'aequa, giacche va a poco a poco diminuendo».
144 CH. Hl.'ElSEN
Nolli auf seinem Plane Roms (den Lanciani nicht benutzt hat)
eingezeichnet sind. Nicht ganz so sicher sind die andern Säulen,
welche Piranesi und andere ältere Topographen in weniger klarer
Weise erwähnen: es scheint, dass eine derselben noch im Hause
Piazza Capranica 76, zwei im Palazzo della Confraternitä del Ro-
sario gesehen worden sind (').
Wahrscheinlich standen die zwei von Piranesi ausser der Reihe
gesehenen Säulen südwärts, nach Via dei Pastini zu (2). Leider
(J) F. Reber, Ruinen Roms2 262 (nach Erwähnung der Cipollinsäule im
Vicolo) : zwei andere gleicher Art, doch noch höher erhalten, findet man in
dem Hause No. 76 (Piazza Capranica^, welche zeigen, dass die Säulenreihe von
Ost nach West lief. Ihr Durchmesser beträgt 1,70 m., ihr Abstand 4,50 m.
— Faustino Corsi, delle pietre antiche (Rom 1848) p. 320: Piazza Capranica
n. 76. Nella bottega, tre volonne di cipollino . . . (p. 321). Vicolo della
Spada d' Orlando, sulla strada due colonne di cipollino in gran parte inter-
rate. — L. Urlichs Beschreibung Roms III, 3 S. 145: im Hause n.° 76 auf
Piazza Capranica .... sind noch zwei andere Säulen, und zwar in bedeutender
Höhe, erhalten. Die eine mag etwa 18 Fuss hoch sein, so weit sie noch vorhan-
den ist. Die beiden sind etwa 6 Schritte von einander entfernt, während die
" Spada d' Orlando » [so nennt Urlichs irriger Weise die Cipollinsäule an der
Ostseite des Vicolo] weiter davon absteht, so dass offenbar dazwischen eine
Säule verschwunden sein muss. — Nibby R. A. 2, 843: abbassandosi il livello
del vicolo detlo della Spada d' Orlando Vanno 1824 . . . venne alla luce un
rocchio grande di colonna di cipollino, o marrno caristio, di circa sei piedi
di diametro questo c parte di un porlico sontuoso che si mostra tanto
sotlo la casa degli orfanelli, verso Oriente, quanto neue case verso occidente,
dove nella casa del saponaro [dies ist Piazza Capranica 76] se ne trovano
tre ... . — Gerhard, Kunstblatt 1825 S. 502 = Hyperboreisch-römische Stu-
dien S. 140 : von dem (Porticus Argonautarum) wurde im Vicolo degli Orfa-
nelli vor zwei Jahren ein Säulenstück von Cipollino gefunden, den beiden am
Hause eines Seifensieders bei Spada di Orlando noch vorhandenen ähnlich. —
Piranesi Ant. rom. I p. 77 : Otto colonne di vasta mole, le quali si dimostrano
nella tav. XIV di questo tomo alla fig. I. Seite di esse sono di cipollino e
della stessa grossezza di quelle del pronao del Pantheon. Quexte s' internano
per metä parte ne1 muri del cortiletto del palazzo spettante alla confraternitä,
del Rosario, incontro il teatro Capranica, e parte neue case circonvicine e
specialmente nella bottega del saponajo. Esse appartenevano al tempio di
Giuturna. Voltava poi e di granito u. s. w., s. o. S. 143 Anm.
(*) So scheint es sowohl nach dem Plan in den Antichitä a. a. O., wie
nach der Perspective ebd. Tf. 14 fig. I. Dazu stimmt dass er in der grossen
Construction des Campus Martius \ü C. M. Tf. V) das ' Templum Juturnae *
so legt, dass die nördliche Langseite südlich der Axe des Tempels von Piazza
di Pietra fällt. Die Perspective Campo Marzo Tf. 34 ist weniger deutlich,
aber auch nicht widersprechend.
DAS ANGEBLICHE TEMPLUM MATIDIAE 145
sind aber seine Angaben nicht genau genug, um die Säulen in
den modernen Stadtplan einzutragen. Nur soviel ist klar, dass
die Beste der Cipollin-Porticus ganz anders liegen und lagen, als
Lancianis Plan vermuten lässt.
Wir gehen über zur Nachprüfung der alten Handzeichnungen.
Lanciani zieht zwei Blätter aus den Offizien in Florenz heran, 633
(so, nicht 632) von B. Peruzzi, welches einen eleganten Basisablauf
mit der Beischrift ' fu reperta in Piazza Capranica in Roma
e disfatta, era di marmo ' darstellt, und n. 1154 von Antonio
da Sangallo. Die Zugehörigkeit des Peruzzischen Blattes, auf wel-
ches L. auch nicht weiter eingeht, zum übrigen muss gänzlich
dahingestellt bleiben : den Hauptwert legt L. auf das Sangallo-Blatt
1154. Dasselbe enthält auf der Vorderseite die genaue Aufmessung
von — so scheint es auf den ersten Blick — zwei oder sogar vier
Säulen des Tempels (') und den zugehörigen Intercolumnien, ferner
die Umrisszeichnung eines korinthischen Kapitells; auf der Rückseite
einen vollständigen Grundriss des Tempels. Unter Voraussetzung
dass das auf der Vorderseite gezeichnete Intercolumnium am nörd-
lichen Ende des Vicolo della Spada, wo derselbe in die Piazza Ca-
pranica mündet, ausgegraben sei, reconstruirt Lanciani danach den
Plan des gesamten Gebäudes.
Hier ist zunächst eine Ungenauigkeit Lancianis zu berichtigen :
der Tempel hat auf Sangallos Zeichnung nicht zehn, sondern
elf Säulen in der Seitenfront. Die letzte Reihe ist allerdings beim
Beschneiden des Blattes stark beschädigt, aber doch noch erkennbar ;
ferner hat Sangallo durch das sechste Säulenpaar die Queraxe des
Tempels gezogen ; und endlich findet sich derselbe Grundriss mit
elf Säulen sauber ins Reine gezeichnet aber ohne Ortsangabe,
auf dem Blatte Uffizien n. 1305. Auf diesem sind auch einige
Masse mehr beigeschrieben, als auf Blatt 1154, und zwar sämt-
lich zwischen den Säulen der Vorhalle ; nämlich :
1154: O O 2| O 3 O p. 15.4JO O
p. 6.25J
1305: O P- 14.27 O O p. 19.16 O p. 14.27 O O
2! 2| 3
Eustilo Diastilo
(*) Beigeschrieben sind dem Kapitell die Höhe : p. 7-21 si e minuti 441 ;
die Höhe der Deckplatte {minuti) 51, sowie der untere Durchmesser: 390 si
e p. 6 minuti 30.
146
CH. HUELSEN
Man wird es zunächst widersprechend finden, dass Lanciani
einmal den Grundiiss für ernst nimmt, und dann die zwei von
Sangallo genau gemessenen Säulen nicht der Vorhalle, sondern der
nördlichen Seite zuschreibt. Aber wir brauchen uns mit der Erör-
terung dieser willkürlichen Aenderung nicht aufzuhalten, es lässt
-jn jm*2* g^f fcwisf*
Fig. 1.
sich zeigen, dass die Masse jener Säulen und Intercolumnien gar
nicht direct genommen, sondern nur durch Rechnung erschlos-
sen sind.
Der grösste Teil der Vorderseite des Blattes 1154, namentlich
die Umrisse des korinthischen Kapitells, Durchmesser einer Säule und
Schema eines Intercolumniums (s. Fig. 1), stammen gar nicht von
A. von Sangallo d. J., sondern von der Hand Antonio des Aelteren.
Sehr befremdend ist nun die Art, wie dies Intercolumnium gemessen
DAS ANGEBLICHE TEMPLUM MATIÜIAE
147
ist: ausser dem Abstand der Säulen im Lichten und der Distanz
von Centrum zu Centrum sind an beide Säulen Tangenten (Lauge
4 p{almi) 11 minuti = m. 0,94) gelegt mit Lothen an den Enden
(Länge minuti 46 */3 = m. 0,174); auch die Entfernung zwischen
den inneren Lothen, p. 16. 32 ya ist eingeschrieben. Diese Masse
t» '7- 6
Fig. 2.
zu nehmen wäre zwecklos, wenn man Axweite und Durchmesser der
Säulen direkt messen kann; ein solches Messverfahren wird nur
zur Anwendung bringen, wer zwei zum grössten Teil ummauerte
Säulen vorfindet, und aus den Massen des hervorstehenden Segments
die für das ganze Säulenrund ableiten muss.
Antonio da Sangallo scheint sich aber in seiner Rechnung
nicht ganz sicher gefühlt zu haben, und hat sich desshalb noch-
mals an seinen Neffen Antonio d. J. gewandt, der dann auf der
148 CH. HUELSEN
Rückseite des Blattes zu der beistehenden Zeichnung (Fig. 2 S. 147)
die folgenden Bemerkungen gemacht hat :
Tu. di che la colonna si e palmi 6.30 sono minuti 390
Lo intercolumnio essere palmi 14-13 l/3 che sono 853 Vs
somma tutto 1252 '/a
di questi se ne a fare 13 parti e una di ditte parti
sara una quarta parte della colonna e nove parti allo
intercolumnio, sendo Eustilo, deuessere lo intercolumnio
due grossere di colonne. e una quarta parte.
La ditta tredicesima parte si e 96 73 * 13 vie 96 l/3 fa
1252 y3; di modo che la colonna aria a essere 385 l/3
che sono p. 6 minuti 25 73-
Lo intercolumnio si e 867 che sono palmi 14.27 (').
Hieraus folgt, dass die Masse p. 6. 25 73 für den Säulen-
durchmesser, so wie p. 14.27 für das Intercolumnium nicht wirk-
lich gemessen, sondern durch Rechnung abgeleitet sind: mithin
die beiden von diesen Massen ausgehenden Grundrisse nur als
ideelle Reconstructionen, keineswegs als wirkliche Aufnahmen zu
betrachten sind. — Welche von den sieben Piranesischen Säulen
die Sangallos gesehen haben (2), ist nicht auszumachen, auch an
sich gleichgültig. Jedenfalls fanden sie dieselben in Wände ver-
mauert und die, auch an sich schwer glaubliche, Annahme dass
um 1520 mitten im Marsfelde ein Areal von er. 1500 qm. aus-
gegraben und in demselben ein vollständig erhaltener antiker Tem-
pel gefunden sei, ohne dass sich darüber irgend etwas in der zeitge-
(') Unter der Voraussetzung, dass die Sangallo mit dem üblichen palmo
von 0,223 m. gemessen haben, reduziren sich diese Masse auf metrisches wie
folgt:
Höhe des Kapitells f. 7 m. 21 1,64
Oberer Säulendurchmesser p. 6 m. 30 .... 1 ,45
Intercolumnium p. 14 m. 13 Vs 3,17
[Berechneter Säulendurchmesser p. 6 m. 25 1/s 1,42]
[Berechnetes Intercolumnium p. 14 m. 27 . . 3,20]
(2) Dass es sich nur um diese handeln kann, zeigt das Mass des oberen
Durchmessers von 1,45 m., welchem bei Annahme der üblichen Verjüngungs-
verhältnisse an römisch-korinthischen Bauten ein unterer von 1,68 entsprechen
würde. Die Granitsäulen in Casa degli Orfani sind viel dünner.
DAS ANGEBLICHE TEMpLUM MATIDIAE 149
nössischen und späteren topographischen Litteratur fände, wird
durch die Florentiner Blätter selbst widerlegt.
Was wir sonst über ältere Ausgrabungen auf Piazza Capra-
nica wissen, ist wenig. Die Notizen Caninas (Iadicazione p. 399)
über Funde auf dem Platze 1824 und im Hofe des Collegio Capra-
nica 1848 (s. u. S. 153) sind, wie Lanciani mit Recht sagt, dürftig
und unklar. Der Berichtigung aber bedarf, was L. zu Gunsten der
von ihm vorgeschlagenen Stellung des Tempels über Ausgrabungen
von 1745 vorbringt. Negli scavi del 1745 (sagt er S. 13) ese-
guiti in mezzo della Piazza, fü ritrovata una vasta platea di
grandi lauole di travertino, appartenente sensa dubbio al sa-
cro recinto del ternpio {Nibby al Nardini III p. 122). Schlägt
man Nibby nach, so findet man, dass bei ihm die Worte eseguiti
nel centro della piazza nicht stehen ; und geht man auf seine
Quelle, Venuti (descrizione di Roma II, p. 125 ed. Piale) zurück,
so findet man : nel 1 745 rifacendosi la casa del Sig. Carlo Gian-
nini incontro la chiesa, ne' fondamenti vi fu trovata una
vasta platea di smisurati travertini, che non so a quäl fabbrica
potessero servire, essendo messi uno sopra l'altro, e prendendo
considerabile spazio. Die scavi del 1745 sind also er. 40 m.
weiter westlich anzugeben, als sie bull. Tf. I. II und V. TJ. R.
Bl. 15 eingezeichnet sind, und der grosse travertingetäfelte Platz
unter Piazza Capranica, der nach Lanciani gegen das Vorhanden-
sein von Bauten an dieser Stelle spricht, existirt nicht.
Ich komme nun zu einem der Hauptargumente Lanciani's,
der Bleiröhreninschrift mit TEMPLO MATIDIAE. Dieselbe steht,
wie bekannt, einzig auf der Abschrift Alessandro Donati's (*). Dieser
ist an sich ein durchaus glaubwürdiger Autor, und die beiden mit
dieser zusammen überlieferten Bleiröhreninschriften erwecken auch
keinen Verdacht (2). Aber gegen die Matidia-Inschrift erheben
(*) Roma antiqua p. 292 ed. 1648: cum inventas cloacas (in Via del Se-
minario, zwischen S. Ignazio und dem Collegio Germanico) fossores repurga-
runt,partem ingentis fistulae plumbeae non longe a Pantheo Agrippae repere-
runt, eratque fusilibus litteris in ea inscriptum templo • matidiae. Danach
G. I. L. XV, 7248.
(2) Es sind CLL. XV, 7500, c: Narcissi Aug. Hb. ab epistul(is) und
C.L.L. XV, 7316: Lmp. Caes. Hadriani Antonini. Pii sub cur(a) Porci Po-
titi proc ann. Sympo. f{ecit). Letztere wiederholt Donati auf der Kupferta-
150 CH. HUELSKN
sich doch gewichtige innere Bedenken. Erstens ist die Fassung
mit der Ortsangabe ungewöhnlich. Dass man Röhren mit eige-
nen Stempeln für einen grossen Complex, wie die castra prae-
toria, die horti Sallustiani herstellte, ist begreiflich; auffallend
ist das gleiche für einen Tempel, dessen Zweigleitung kaum 75 m.
lang angenommen werden darf. Ferner : die seltenen Bleiröhren
mit Gebäudenamen nennen diese fast durchweg im Genitiv (1),
nicht wie hier im Dativ. Noch viel bedenklicher aber ist der Name
Templum Matidiae ohne divae. Wenn auch Schriftsteller, selbst
Sueton und die Kaiserbiographen, manchmal von einem Augusti tem-
plum oder templum Hadriani sprechen, so verlangt doch der strenge
Sprachgebrauch neben dem Namen das Consecrationsprädicat ; kei-
nesfalls dürfte auf einer Inschrift der Name anders als in der offi-
ziellen Form erscheinen. Endlich aber und vor allem ist die Existenz
eines Tempels der Matidia an und für sich sehr unwahrscheinlich.
Bis zum Jahre 120 waren von Frauen aus der kaiserlichen Familie
consecrirt die Kaiserinnen Livia und Poppaea, ferner die Schwester
des Gaius, Drusilla; die Tochter des Nero, Claudia, die Gattin
Vespasians Domitilla, die Tochter des Titus Julia; wir hören wohl
von Statuen und Priestertümern, die ihnen gestiftet worden, aber
nicht von Tempeln, besonders nicht in der Hauptstandt (2). Der Bio-
graph des Hadrian kommt zweimal auf die ausserordentlichen Ehren
zu sprechende der Kaiser seiner Schwiegermutter erwies (c. 9, 9 :
socrui suae honores praecipuos impendit ludis gladiatoriis cete-
risque oßciis ; c. 19, 5 : Romae post ceteras immensissimas volupta-
tes in honorem socrus suae aromatica populo donavit. Vgl. auch
fei p. 294 in der verkürzten Form Imp. Hadriani Aug., woraus der nachlässig
arbeitende Alb. Cassio {cor so delVacque 2, 388) eine von der ersten verschie-
dene Inschrift macht, die auch Lanciani sill. aq. n. 141 getrennt aufführt.
Gefunden ist sie aber nicht, wie Lanciani F. U.R Bl. 15 zeichnet, auf dem Platze
vor S. Ignazio, sondern in ipsis fabricae Collegii fundamentis, vielleicht östlich
von der Kirche, nach dem Corso zu.
(!) Castrae pretorie XV, 7239 ; domus Augustanae XV, 7246; hortorum
Sallustianorum XV, 7248, 7250. Daneben castris praetoris 7237 . 7238. 7239,
castrum praetorium 7239 und das ganz unsichere lavacro Aprippinae 7247.
(2) Der erste Fall eines vaog für eine diva wäre der für Plotina (nach 1 22) :
Cass. Dio. 69, 10, 3; aber dass er in Rom erbaut sei, ist nicht überliefert
und wenig glaublich. Hier betrifft der erste Fall die diva Faustina.
DAS ANGEBLICHE TEMPLUM MATIDIAE 151
das Tiburtiner Fragment der laudatio Matidiae C. I. L. XV, 3579
Z. 5 : Sabinae meae [matri honores impendi, quales vix~\ matri meae
facerem, und dazu Cantarelli Studj e documenti 1894 p. 127) ; sollte
er verschwiegen haben, dass ihr, zuerst unter allen divae, ein Tempel
in der Hauptstadt errichtet wurde, wo doch für die Kaiser mit grosser
Kegelmässigkeit angemerkt wird meruit templum u. dgl.? Schon
Eckhel (DK 6, 471) hat dies für unglaublich erklärt und ange-
nommen dass die Consecration der Matidia erst unter Antoninus
Pius erfolgt sei, in dessen Biographie das Factum eher übergan-
gen sein könne. Aber wir wissen jetzt aus den Arvalakten, dass
Matidias Consecration bereits am 23. Dezember 119 statt fand
(Henzen Acta Arv. p. CLVIII u. 88 ; C. I. L. VI 2080). Nach allem
diesem die Existenz eines Tempels der Matidia nur auf die einmal in
17. Jhdt. abgeschriebene Bleiröhreninschrift zu behaupten, scheint
mir mehr als bedenklich. Es mag wohl sein, dass bei den Ausgra-
bungen eine Bleiröhre mit dem Namen der Matidia (') gefunden
ist, und dass Donati oder sein Gewährsmann (denn er giebt gar
nicht an, dass er das Stück selbst gesehen und abgeschrieben habe ;
il P. Donati teslimonio oculare sagt Lanc. p. 7 willkürlich) aus
unsicheren Spuren am Anfang das Wort TEMPLO zu lesen glaubten.
Aber diese Lesung als sicher anzunehmen und auf ihr weiter zu
bauen, werden wir uns hüten müssen.
Es bleibt die Stelle aus der Constantinischen Stadtbeschrei-
bung, wo in der neunten Region überliefert ist (Jordan II p. 556) :
Curiosum Notitia
pantheum pantheum
basüicam Neptuni
Matidies basüicam Matidies et
Marciani Marcianes
templum Antonini et templum Antonini et
columnam coclidem columnam coclidem
Hadrianeum
thermas Alexandrinas thermas Alexandrinas
et Agrippinas et Agrippinas
porticum argonautarum porticum Argonautarum
et Meleagri et Meleagri
0) Vgl. C I. L. XV, 7306 (von Esquilin): matidiae ■ avg . fil 0 ; 7737
(Ostia) MATIDIAE • AVG * F GS Q_- PVBLI • SECVNDVS ' FEC 0 ; 7822 (zw.
Frascati u. Monte Porzio) matidiae avg fil lxxxii salon . epictetvs. f '
152 CH. HUELSEN
Lanciani behauptet, der Text der Notitia sei correcter als der
des Curiosum, denn letzteres nenne die basilica Neptuni neben der
porticus Argonautarum — separando ü contenuto del continente;
daher sei auch der Notitia zufolge nur eine basilica Matidiae et
Marcianae, nicht zwei, wie das Curiosum angiebt, anzunehmen.
Er hat dabei, wie es leider häufig zu geschehen pflegt, nur den
von Jordan constituirten Text, nicht aber die varia lectio und die
Anmerkungen ins Auge gefasst ; es wäre ihm sonst nicht entgan-
gen, dass von den drei Handschriften der Notitia eine die basi-
lica Neptuni nennt, wie auch dass eine andere, und zwar die äl-
teste, die Copula et zwischen Matidiae und Marcianae auslässt.
Endlich berücksichtigt er gar nicht, dass die breviaria, sowohl im
Curiosum wie in der Notitia angeben: basilicae X, und die b. Neptuni,
Matidiae und Marcianae als drei verschiedene Gebäude zählen.
Dass aber die breviaria nicht nur Auszüge aus den vorhergehen-
den Einzelbeschreibungen der Regionen sind, sondern selbständigen
urkundlichen Wert besitzen, dafür darf ich auf Jordans Ausführun-
gen (Top. 2 S. 40 ff.) verweisen. Ich teile also vollkommen Jor-
dans Ansicht, dass die basilica Neptuni nur durch einen Fehler des
Archetypus der Notitia in dieser ausgefallen ist, beide also wohl
im Original des Regionenbuches standen. Auch der Text der Regio-
narier spricht also nicht für, sondern gegen L.'s Hypothese.
Das Resultat unserer Untersuchung ist also folgendes: Zwi-
schen dem Pantheon, dem Nordende der Saepta und der Columna
Divi Marci, und zwar höchst wahrscheinlich nördlich der modernen
Via dei Pastini (*) lag eine Gruppe von drei Gebäuden, deren
Namen an Mitglieder des Kaiserhauses aus dem Anfange des zwei-
ten Jahrhunderts anküpfen : zwei Hallen, benannt nach der Schwie-
germutter Hadrians Matidia und der Schwester Trajans Marciana,
beide vermutlich Parallelbauten aus trajanischer Zeit: sowie ein
dem Hadrian nach seinem Tode erbautes Heroon. Die grossen Ci-
pollinsäulen zwischen Vicolo della Spada d' Orlando und Pantheon
werden einem dieser drei Gebäude angehören, doch ist ungewiss,
(') Denn bis zu dieser südwärts erstreckte sich die von Augustus der
Bebauung entzogene Zone des freien Campus Martius; wie der 1592 unter
Palazzo Serlupi-Crescenzi gefundene grosse Travertincippus C. I. L. VI 874
beweist: id quod intra cippos ad Campum soll est, Caesar Augustus redemptum
a privato publicavit. Vgl. Lanciani S. 11 f.
Vi*. *at
DAS ANGEBLICHE TEMPLUM MATIDIAE 153
welchem. Ebenso wenig lassen sich die wenigen sonst in dieser
Gegend constatierten Beste römischer Monumentalbauten (Pracht-
saal unter Palazzo Serlupi ('), travertingepflasterte Area westlich
von Piazza Capranica), mit Sicherheit deuten. Nur ist gewiss, dass
die Orientirung dieser Reste identisch ist mit der des Pantheon
und der seinen Vorplatz umgebenden Hallen einerseits, dem Tempel
und der Porticus auf Piazza di Pietra andererseits.
Ch. Hüelsen.
l,1) Ich will nicht unterlassen, hier eine merkwürdige Notiz Fr. Piranesis
zu wiederholen, da sie in einem der seltener benutzten Werke desselben (il Pan-
theon Tf. 1) steht, und man sie nach Lancianis Citat 'scavi PiranesV schwerlich
finden wird: J. Ruine di una fabbrica antica scoperta nelV edificare il Pa-
lazzo Serlupi nel 1779. Dalla costruzione delle parti ritrovate si puö sup-
porre che fosse un tempio, dove furono trovati molti pezzi di cornici, ar-
chitravi di marmo e colonne di granito della grossezza di quattro palmi e
tre once, con le sue basi ancora in opera, come veggonsi segnate. II tutto
era di semplice ed elegante arckitettura. II pavirnento era a riquadri di
giallo antico contornato di fascie di marmo bianco, le quali erano tagliate
alV angolo dei riquadri medesimi da altri piccioli quadrati di verde antico,
della grandezza delle sudette fasce. — Die von Lanciani Ruins and Excava-
tions 505 nach Alö Giovannoli ( Vestigj di Roma, 1616, f. 39) reproduzierte
merkwürdige Vedute eines Halbkuppelbaus mit Säulen im ' Palazzo dei
Sigg. Capranica ' weiss ich nicht sicher z>u deuten ; möglicherweise ist sie
identisch mit den 1848 nel primo cortile dei Gollegio Capranica entdeckten
reliquie di mura che, quantunque di evidente costruzione dei medio evo,
pure si videro appartenere ad una qualche fabbrica privata, nella quäle eravi
una cella semicircolare decorata con marmi e statue (Canina Indicazione 5,
p. 399).
11
DIE GEBURT DER APHRODITE.
(Taf. VII).
Die auf Taf. VII abgebildete Vase bedarf zu ihrer Begleitung
nicht vieler Worte. In der städtischen Gallerie im Municipio von
Genua ist sie jedenfalls das Hauptstück einer kleiner Vasen-
sammlung, welche vom Principe Oddone, wie es scheint, in Italien
zusammengebracht, nach dessen Tode der Stadt Genua geschenkt
worden ist.
Die Vase ist eine zierliche attische Hydria 0,28 hoch, gebro-
chen aber ohne Ergänzungen wieder zusammengesetzt. Nach dem
Stil der Zeichnung ist sie nicht lange nach der Mitte des V. Jhdts
gearbeitet.
Ungefähr mit halbem Leibe ragt über der graden Fussboden-
linie eine weibliche Gestalt empor, die nur mit knapp anliegen-
dem Chiton mit kurzem Kolpos bekleidet ist; und deren lang über
den Rücken herabhangendes Haar von einer rings mit Mäander
verzierten und vorn mit Blättern bekrönten Stephane umfasst ist.
Die Gestalt wendet sich nach links und hebt die Hände mit aus-
gebreiteten Fingern um die Tänie zu empfangen, welche ihr Eros
mit beiden Händen in die ihrigen zu legen im Begriffe steht. Nur
mit shawlartigem Mäntelchen bekleidet, das um den Rücken gehend
über beide Arme einwärts hängt, kommt er eilends geschritten.
Obgleich der etwas hagere grossgewachsene Jüngling mit verhält-
nismässig kleinen Flügeln, trotz seines Vorüberneigens die Empor-
kommende beträchtlich überragt, biegt er doch den Kopf zurück,
um jene besser zu schauen.
Auch von der anderen Seite wird der Auftauchenden etwas
dargeboten, nämlich ein zusammengelegtes Gewandstüok, das ein
vollbekleidetes Weib mit beiden Händen ihr darreicht, nachdem
sie es selber aus dem Heiligthum hinter ihr genommen zu haben
scheint. Denn ein solcher ist durch den Altar unter einem Palm-
baum genügend kenntlich gemacht. An der Palme fällt nicht sowohl
E. PETERSEN, DIE GEBURT DER APHRODITE 155
das auf, dass sie nicht blos oben eine Blätterkrone hat, sondern
weiter unten ein zweiter Büschel sich ausbreitet, der nur des Altars
wegen nicht noch tiefer, wo sein naturgemässer Platz wäre, näm-
lich über der Wurzel angebracht scheint; sondern vielmehr das an-
dre ist zu bemerken, dass die Blätter sowohl oben wie unten dem
Stamme wie angebunden erscheinen. Dass jenes "Weib ihr Gewand-
stück aus diesem Heiligthum genommen, scheint durch die Stellung
ihrer Füsse, derjenigen des Kopfes entgegengesetzt, unzweideutig
ausgesprochen zu sein (').
Die also dargestellte Geburt Aphrodites ist verwandt dem be-
rühmten Ludovisischen — wenn noch Ludovisischen — Relief, so nah
verwandt, dass mehre Einwendungen, die man gegen die Erklärung
jenes Reliefs erhoben hat, durch diese neue, über jedem Zweifel erha-
bene Darstellung des Mythos einfach widerlegt werden. Die grade
Linie unten, die man trotz der Strandkiesel unter den Füssen der
Nebenfiguren auf dem Relief nicht als Wasser erkennen wollte, sie
findet sich auf der Vase sogar ohne die Kiesel ; und wenn man im
Reliefbilde, wegen der jederseits so dicht daneben stehenden Fi-
guren, leugnete dass zwischen diesen das Meer zu denken sei, wo
höchstens von einem Brunnen die Rede sein könne, so verkannte
man eben den Idealismus des hohen Stiles griechischer Kunst. Sind
doch auf der Vase, gar ohne jede Unterscheidung des festen und
des flüssigen Elements, die auf festem Boden stehenden Eros und
Peitho ebenso unmittelbar neben die aus der Meerestiefe auftau-
chende Aphrogeneia gestellt.
Im Relief hat man ferner das von den Hören gehaltene Zeug
nicht als einen zur Bekleidung der Neugeborenen bestimmten Mantel
anerkennen wollen, hat es vielmehr für das untere Ende des be-
(!) Weniger Hesiods (Theog. 192) Kv&rjgoiaiv $u&eoiaiv wird die Idee
des Heiligthums gegeben haben als dass im Hom. Hymnus IV, 58 Baden und
Schmücken der Göttin im Paphischen Heiligthum vor sich geht, wie denn
die Götter auf Erden überhaupt in ihr Heiligthum einkehren. Es ist nicht unmög-
lich dass der Vasenmaler, den wir ja auch in der Hauptsache als Nachahmer
des Phidias rinden, bei dieser Figur des Peplosempfängers am Parthenonsfries
sich erinnert habe. Bei letzterem freilich ist die Drehung nach aussen ohne
alles Ungeschick gezeichnet. Nur wolle man nicht mit dem Vasenbilde beweisen,
dass auch der Mann am Friese das ja in der That ganz ähnlich zusammenge-
legte und gefasste Zeug vielmehr hingebe als empfange ; denn der Knabe ihm
gegenüber ist eben deutlich das Gewand loslassend, nicht empfangend dargestellt
156 K. PETERSEN
reits angezogenen Chitons der Aphrodite ausgeben wollen, das, weil
vom Wasser beschwert, von den Freundinnen emporgehoben werde, um
der Auftauchenden das Emporkommen zu erleichtern. Glücklicher-
weise brauchen wir nicht zu fragen, ob denn dies eine anmuthige,
ob eine dem Idealismus dieser Kunst angemessene und damit, dass
die Auftauchende ja keinen Boden unter den Füssen hat, dass sie
nicht schreitet sondern gehoben wird, verträgliche Idee sei. Auch das
brauchen wir nicht zu fragen, ob jener Künstler, wenn er wirklich
diese Idee zum Ausdruck bringen wollte, so von jeglicher Vermitte-
lung zwischen dem einen und dem andern Theile des Chitons ab-
gesehen haben würde ; auch das endlich nicht, ob denn überhaupt
ein ionischer Chiton so an beiden Seiten mit einer Kante enden
konnte : Das alles braucht man nicht zu fragen ; denn es ist ja au-
genscheinlich, dass das Zeug, welches die Hören des Ludovisischen
Marmors halten, eben dasselbe ist, welches die Peitho der Vase
darbietet, indem sie es, soweit die veränderte Composition gestattet,
ebenso mit beiden Händen hält, wie jene je mit einer.
Bei aller dieser Uebereinstimmung des Vasenbildes mit dem
Kelief in der ganzen Composition, in der Bewegung Aphrodites,
ihrer Wendung nach links, in ihrem aufgelösten Haar und dem
anliegenden Chiton, in dem Ueberneigen wenigstens der linken
Seitenfigur ist gleichwohl gewiss, das zwischen dem Marmorrelief
und unserem Vasenbilde noch ein Mittelglied wenigstens sich
befunden hat, und zwar kein geringeres als die Thronbasis des
Olympischen Zeus von Phidias. Denn hier fand sich das worin
sich die Darstellung der Vase hauptsächlich von dem Marmor un-
terscheidet : "EQwg iüilv ix f)cc%d(T(Tr]g 'AcpQodixrjV dviovüav vno-
dsxöfisvoq ' xi\v dh lAyQodizrjv (Trsgiavoi IIsi&w beschreibt Pausa-
nias VII, 8 dort die Mittelgruppe, statt der zweiten Höre also Eros
(und die einzelne Dienerin Aphrodites nun natürlich Peitho ge-
heissen). Da aber Pausanias, mit Helios beginnend (*), aller Wahr-
scheinlichkeit nach von links her beschreibt, so hatten die genannten
drei Figuren auch denselben Platz wie im Vasenbilde : Eros links,
Peitho rechts von Aphrodite. Auch das Motiv der Kränzung — nur
mit der Tänie statt mit einem Kranze, wenn Pausanias so wörtlich zu
0) Petersen, Kunst des Pheidias S. 323 und 372. Gerhard, Akad. Ab-
handll. I S. 199, 26; 351, Taf. XVII 2 stellt zwar Helios links aber Eros rechts.
DIE GEBURT DER APHRODITE 157
nehmen ist — hat die Vase mit Phidias' Goldrelief gemein ; aber von
Peitho ist diese Handlung auf Eros übergegangen, der bei Phidias,
wie im Marmorrelief beide Hören, und wie im Silbermedaillon von
Galaxidi (s. Rom. Mitth. 92 S. 49) der alleinstehende Eros, Aphro-
dite emporhob, ein Motiv das dem Vasenmaler vielleicht zu com-
pliciert war. Wenn aber Eros links stand, wie auf der Vase, dann
wandte sich die Neugeborne auch bei Phidias ebenso wie in Mar-
morrelief und Vase, gewiss nach links, nach der Seite wo Helios,
Zeus, auch Hephaistos sich befanden, und Peitho setzte ihr von rück-
wärts den Kranz auf, wie auf dem eleusinischen Relief Köre, ' na-
türlich ' nicht Demeter, dem Triptolemos.
Das beschriebene Vasenbild tritt also zwischen das Ludovi-
sische Relief, welches älter, und das Silbermedaillon, welches jünger
ist als des Phidias Bathronrelief, das Vasenbild unstreitig der
Composition des grossen Meisters am nächsten stehend. Wenn Puch-
stein (Jahrbuch V 1890 S. 112) die Bewegung der Göttin im Sil-
bermedaillon zu schwungvoll für Phidias fand, so hatte er recht ('),
nur dass er, was Furtwängler M. W. S. 68 ff. ihm vorwerfen durfte,
die Compositionsweise des grossen Atheners doch zu beschränkt ar-
chaisch und zu einförmig darzustellen bemüht war.
Wir sehen jetzt, wie die Bewegung der Auftauchenden vom
Ludovisischen Relief zur Vasendarstellung und von dieser zum Sil-
bermedaillon sich entwickelt, sich steigert und belebt. Es liegt am
bessern Können dessen der das Marmorrelief gearbeitet, eines wirk-
lichen und grossen Künstlers, der an sich ganz wohl der junge
Phidias gewesen sein könnte, dass Sehnen und Begeisterung in der
Neugeborenen hier dennoch so viel inniger und wahrer zum Aus-
druck gekommen ist, aber doch eigentlich nur in der Bewegung
des Kopfes. Dazu kommt freilich das Umschlingen der beiden
Freundinnen mit den Armen : aber die Gesammtbewegung der Auf-
tauchenden ist dabei doch durch die für jenen Stil so charakteri-
stische Symmetrie der Composition gebunden (2). Erst durch deren
0) Indessen vergleiche man sowohl zur Bewegung was Furtwängler
a. a. 0. bemerkt hat, und namentlich zum Gewandmotiv die Nike des Paio-
nios und die von Studniczka, die Siegesgöttin Taf. VI 34. 35 mit ihr ver-
glichenen Nereiden.
(*) In diesem Mitth. 95 S. 74 habe ich die schöne Spiegelgravierung
(Etrusk. Spieg. V Taf. 113) verglichen, als der Composition des Reliefs noch
näher kommend als die früher herangezogene Dolonie.
158 K. PETERSEN
Auflösung und die völlige Seitenwendung Aphrodites, wie sie auf
Grund der Vase und namentlich der Beschreibung des Pausanias
dem Phidias zugeschrieben werden darf, wird für die auftauchende
Aphrodite etwas Aehnliches möglich, wie es — viel folgenreicher —
für Nike (l) und die andern flügeltragenden Götter durch den Ueber-
gang von der laufenden zu wirklichem Schweben, dem Schwimmen
ähnlich erreicht worden ist ; und dass grade die Schwimmbewegung
auch auf die Gestaltung der Anadyomene Einfluss gewann, ist ja
durchaus begreiflich. Denken wir nur die so zur Seite (nach links)
gewandte ein wenig mehr vorgeneigt mit erhobenen Armen, wie
in allen drei Nachbildungen aufwärts strebend, an Arm und Hand
von Eros gefasst, von rückwärts durch Peitho gekränzt, das Ganze
aber gross und lebendig erfasst, eines Phidias würdig, so sind wir
freilich bei einer ganz anderen Vorstellung angelangt, als die im
Bade kauernde war, die Gerhard a. a. 0. gedacht, und als die steif
in der Muschel stehende — eine dviovaa ebensowenig wie die
Gerhardische — wie sie noch Stephani in seinem Compte-rendu
für 70/71 S. 50 ff. mit grossem Anspruch vortrug. Viel einfacher,
viel mehr innerhalb der herkömmlichen Ideen sich bewegend, und an
Ueberliefertes anknüpfend (-) — wenn doch das Ludo visische Ke-
lief nicht sein Werk war — stellt sich Phidias' Schöpfung uns
auch hier dar, grundverschieden von dem ihm zugeschriebenen Ideal-
schaffen (3).
Bei Herstellung der Gruppe des Commodus mit den Tritonen
(Köm. Mitth. 88 S. 309, 1) habe ich mit ein par Beispielen das Künst-
lermotiv, einem Kopfe oder einer Figur durch ein Gewandstück
einen Hintergund zu schaffen, bis etwa ins vierte Jahrhundert zurück
nachgewiesen. Da ein ganz ähnliches Kunstmittel schon der Poly-
gnotischen Malerei geläufig gewesen zu sein scheint, indem sie zu
ähnlichem Zwecke der Terrainwellen sich bediente (4), kann es uns
nicht wundernehmen, auch jene Verwendung von Gewandstücken
bereits im fünften Jahrhundert anzutreffen. Auf eine vielleicht chrvs-
C1) Vgl. Studniczka, die Siegesgöttin S. 12 (388).
(2) Dasselbe ergiebt sieb auch für die so ähnliche Mittelgruppe der Par-
thenosbasis, wenn Furtwängler M. W. S. 9, 5 mit Hecht das feine Schalenbild)
das Puchstein für Phidias heranzog, als erheblich vorausliegend nachweist,
wofür namentlich die Tracht Athenas maassgebend ist.
(3) S. Brunn, griechische Götterideale S. 1 unten.
(4) Vgl. Petersen, Trnjans Dakische Kriege S. 91, 1.
DIE GEBURT DER APHRODITE 159
elephantine Gruppe des vierten, wenn nicht gar des fünften Jahr-
hunderts, habe ich die schöne Darstellung von Aphrodite Peitho und
Eros in dem einen rothen Schlafgeraach der casa tiberina (Mon.
ined. d. Inst. XII 19 n. 21) zurückgeführt ('). Um nicht das weisse
Antlitz der thronenden Göttin auf dem weissen Grunde des Bildes
stehen zu lassen, hat der Künstler dort der hinter dem Thron ste-
henden Peitho ein röthliches Tuch in die Hände gegeben, offenbar
den Schleier welchen sie der bräutlich geschmückten Herrin über den
bereits mit der Stephane gekrönten Kopf legen will. Augenblicklich
aber hält Peitho jenen Schleier grade so dass er dem Antlitz der
Göttin zum Hintergrund dient.
Kann es dafür eine zutreffendere Analogie geben als das Ge-
wand, welches die hinter der auftauchenden Aphrodite auf unse-
rem Vasenbilde stehende Peitho so hinter den Kopf der Göttin
hält, dass es ihr schwarzes Haar von dem schwarzen Grunde des
Vasenbildes absondert?
Zusatz: über die Schranken am Zeusthron.
Die von Pausanias VII, 4 beschriebenen igv/xara hat, entge-
gen früherer, namentlich von Brunn begründeter Vorstellung, zu-
nächst Murray Athen. Mittheil. VII 1882 S. 274, dann, oder viel-
mehr eigentlich schon vorher nur unausgesprochen, Dörpl'eld, Olym-
pia Text II S. 13 mit gewissen Schranken, deren Spuren zwischen
den vier mittleren Säulen jederseits in der Cella des grossen Tem-
pels nachgewiesen sind, identificieren wollen. Dass dieses durch
nichts geforderte Vorgehn, das zuletzt bei der absonderlichen
Vorstellung der zwei Hesperiden auf zwei doch wohl hölzernen Thür-
flügeln als Fortsetzung von Wandmalereien anlangt, mit den hin-
länglich deutlichen Angaben des Pausanias Punkt für Punkt in
Widerspruch steht, hat E. A. Gardner im Journal of hell. stud.
1894 XIV S. 233 schlagend dargethan, obgleich er noch nicht mal
Alles gesagt hat, was gegen die völlig willkürliche Anordnung der
drei mal drei Panaenosbilder zu sagen wäre. Trendelenburg (2)
durfte also nicht auf eine hinfällige Grundlage bauen: er scheint
freilich Gardners Aufsatz nicht gekannt zu haben. Die positiven
(«) Rom. Mitth. 92 VIII S. 60.
(2) Arch. Anz. 1897 S. 25. Wochenschr. für klass. Philologie 1897.
160 E. PETERSEN
Aufstellungen dieses Aufsatzes sind indessen auch nicht haltbar; sie
vernichten die ganze Harmonie des Kosmos am Throne und die so
augenfällige Symmetrie der je drei Figurenpaare.
Jedesmal stellt das erste dieser Paare (nach Pausanias' Auf-
zählung) die That des Helden dar, das letzte den Siegespreis, jenes
den Mann, dieses das Weib, das mittlere den Mann in Beziehung
zum Weibe, der Liebe Gewalt, die bei Aias und Peirithoos ent-
schieden zum Frevel an der Gottheit führt, Achilleus nur dem
Tadel des Thersites aussetzt. Kann man das verkennen? Kann man
gegen die Triaden geltend machen, dass die zwei Frauen zu an-
dersartig componiert seien (')? Waren denn nicht auch die zwei
Männer zweier erster Bilder nach Pausanias im Wesentlichen einan-
der ruhig gegenübergestellt? Und kann man überhaupt erwarten,
dass ein Panainos in drei Triaden nicht trotz des gleichen Grund-
themas, nach einer gewissen Abwechselung gestrebt habe ?
Es giebt, so viel ich sehe, keine besser zu vergleichende Ana-
logie als die nun schon wiederholt zusammengestellten Reliefs mit
Medea und Peliaden, Hermes Orpheus und Eurydike, Herakles,
Peirithoos und Theseus. Die Einheit der Idee ist anderswo darge-
legt (2), ebenso wie das alle drei Bilder einende Princip der Com-
position, das bei diesen dreifigurigen Gruppen dasselbe oder ein
ganz ähnliches wie bei jenen zweifigurigen : Männer allein auf der
einen, Weiber allein auf der andern Seite, Mann und Weib in der
Mitte. Dies ist bei der einen Triade der dreifigurigen Reliefs stricte
beobachtet ; von den drei Triaden des Panainos nur in der ersten,
während in den beiden anderen je in einem Bilde eine Abweichung
beliebt ist. Aehnliches scheint von der Composition zu gelten :
wie von den drei Reliefs nur das mittlere drei aufrechte Figuren
neben einander enthielt, so scheint dies Panainos für die je zwei
äusseren jeder Triade vorgezogen zu haben, für das Mittelbild einer
jeden dagegen mehr Bewegung und Ungleichheit der Schemata;
aber auch in dieser Beziehung hat er durch Abwechselung Mono-
(*) Gardner S. 239 but tohat seems to be the third group in each case
is of a different nature from the other two . . . not a group at all, Man
sehe seine erste 'Gruppe' auf S. 240!
(*) Petersen, Vom alten Kom S. 116. Puchsteins, Jahrbuch 90 S. 112 f.,
Bemühen das Medea- und das Peirithoosrelief von Orpheus und Eurydike zu
scheiden, müsste consequent dahin führen auch drei der Schrankenhilder dem
Panainos abzusprechen.
DIE GEBl'RT DKR APHRODITE 161
tonie vermieden, wiederum nur die erste Triade rein gestimmt, die
folgenden mit Dissonanz je im ersten Bilde.
Kurz, der aus den Themen und der Composition hergenommene
Grund gegen die frühere Anordnung ist absolut nichtig ; und dass
mit Gardners Absonderung der je zwei Frauen in jedem dritten
Bilde und ihrer Anordnung, je einer Einzelfigur unter jedem Zwei-
figurenbilde der Aufbau des Thrones vernichtet wird, muss einem
jeden einleuchten, der seine Restauration der linken Thronseite auf
S. 240 oder das Schema auf S. 239 ansieht. Der Thronsitz wird
ja, statt ungefähr ein Würfel, viel mehr ein Pfeiler, wenn schon
die Schranken allein ein Rechteck mehr hoch als breit bilden.
Aber auch der grammatische Anstoss den Gardner daran nahm,
dass Pausanias schon das zweite, nicht erst das letzte Bild der
letzten Triade mit Tslavrata d& iv rfj YQa(Pfi anknüpft, auch er
streitet durchaus nicht gegen die frühere Ansicht. Ist es denn nicht
sonnenklar, dass diese Wendung zu Gardners Anordnung, wie sie
auf S. 240 sich darstellt (') viel schlechter passt, als wenn die
letzten beiden Bilder auf einer Linie liegen ? Bietet nicht Pausa-
nias gleich daneben grade zu Letzterem eine schlagende Analogie,
wo er, das Bathron mit der Aphroditegeburt beschreibend, den
Schluss macht mit den Worten xal ij6rj xov ßct&qov nqog ry nt-
Quji (2), danach aber nicht blos Selene mit ihrem Pferde, sondern
auch noch das letzte Götterpaar davor erwähnt?
Gardner scheint im Uebrigen Pausanias auch (3) an der linken
Thronseite (d. h. unter der 1. Hand des Zeus) am 1. Ende beginnen zu
lassen. Es ist dieselbe Richtung von links nach rechts die Pausanias
auch bei Beschreibung des Bathron nimmt, entsprechend dem Vor-
herrschen rechtsläufiger Richtung antiker Darstellung (4). Dass in
der That in jeder Triade ein Fortschritt vom ersten zum dritten
Bilde zu beobachten ist, historisch minder streng als ethisch, wurde
bereits gesagt.
Es darf bei Pausanias Art zu beschreiben als ausgemacht
(*) Pausanias hätte nach Gardner mit seinem ' schliesslich ' die halbe
obere und die ganze untere Seite angereiht.
(2) Worte aus denen Stephani Compte-rendu für 70/71 S. 49 einen ganz
verfehlten Schluss zog.
(3) Wie Petersen, Kunst des Pheidias S. 359 f.
(4) Loeschcke, Arch. Zeit. 1876 S. 113 zunächst von der sfg. Vasen-
malerei; Marcus-Säule S. 39.
162 E. PETERSEN, DIE GEBURT DER APHRODITE
gelten (*), dass er auch in der Nennung der einzelnen Figuren seine
Richtung einhält, also dass, wenn er wirklich an dem 1. Ende der
1. Thronseite anfing, je die erstgenannte Figur links im Bilde stand ;
wenn aber am rechten Ende der rechten Thronseite, dass dann
umgekehrt je die erstgenannte Figur rechts stand. Nun ist zwar
bei der Mehrheit der neun Bilder, so viel ich sehe, keine feste
Tradition für diese oder jene Stellung der Figuren geltend zu machen ;
bei zweien aber ist das doch wohl der Fall. Herakles pflegt den
Löwen von links her anzugreifen, dem Prometheus von rechts her
zu nahen. Man sieht dass hiermit, bei der obigen Annahme, auch
die Bilder des Panainos in Uebereinstimmung sind. Theseus da-
gegen würde bei Panainos links stehn, während er bei Polygnot (2)
und in dem bekannten Relief rechts steht. Auch Aias und Achil-
leus, in den beiden andern Mittelbildern, würde man nach Maassgabe
der älteren Vasenbilder links stehend denken, während sie nach
obiger Annahme den Platz rechts bekommen. Aber dass die hohe
Kunst des 5. Jhdts in beiden Scenen eine Vertauschung der Plätze
vornahm zeigt für Kassandra das schöne Vaseubild das Klein
Ann. 77 S. 246 ff. Taf. N würdigte, zeigen für Penthesileia
nicht bloss Darstellungen der Tödtung wie die grossartige Berliner
Schale, Gerhard, Trksch. u. Gef. I Taf. C, die Klein a. a. 0. S. 267
des Stiles wegen heranzog, sondern auch eine vereinzelte (vgl. Klüg-
mann, Ann. 74 S. 214) Vasendarstellung des Axillevg avi$mv avjrjv:
Tischbein-Hamilton II 5 = Overbeck H. G. XXI 15, bietet eine
Composition die augenscheinlich der am Sarkophag S.-Reliefs II 69a
von Roberts griechischer Klasse nah verwandt ist. Und dass dieses
Reliefbild der bekannten Gruppe des Phigaliafrieses mit Deida-
meia am Götterbild compositionell verwandt ist, wird man wohl
ebenso zugeben, wie dass wir damit auch wieder jenes Kassandra-
bild vergleichen dürfen.
Atlas und die Hesperiden bleiben so wie so, mag Pausanias
an der linken, mag er an der rechten Seite begonnen haben, ge-
trennt, aber nur getrennt durch das bildlose vordere e'QVfia ; so dass
man darin vielmehr sogar einen gewissen Zusammenschluss der
ersten mit der dritten Triade erkennen kann.
E. Petersen.
C1) Vgl. Heydemann, Hermes IV 381 ; Gurlitt, Pausanias S. 261.
(8) Wenn Pausanias, wie ich Trajans Dakische Kriege S. 84, 1 zu zeigen
versucht habe, die Nekyia von rechts her beschreibt.
FUNDE UND FORSCHUNG
Seit meinem letzten Bericht (ß. M. 98 S. 150-191) ist zur älte-
sten Archaeologie von Sicilien und Unteritalien nicht wenig Neues
beigebracht, wovon nur erst Einzelnes R. M. 98 S. 414 berührt
wurde.
Im Bull, di paletn. XXIV 98 S. 165 legt Orsi Grundrisse
und Durchschnitte der Grotten und Gräber vor, welche er in und
auf den Bergen Monte Tabuto und Monteracello bei Comiso
(Syracus) erforscht hat ('). Es sind Gänge und Kammern zur Ge-
winnung von Flintstein (selce). Mit ihren dem Gestein nachgehen-
den Windungen, mit Pfeilern, die man als Stützen hat stehen
lassen und mit trotzdem erfolgten Einstürzen sind diese oft sehr
engen und niedrigen Gänge von unregelmässigem und oft complicier-
tem Grundriss, wie z. B. Fig. 4 S. 174 zeigt. Abgenutzte Basaltäxte
und nicht allein Splitter von Flint sondern auch fein ausgearbei-
tete Messer aus diesem Material zeigen die Zeit an, welcher nun
auch die sehr zahlreiche Thonware angehört, nicht blos Scherben
sondern auch heile Gefässe. Zum Gebrauch der Arbeiten seien die
Gefässe hierher gebracht worden, vornehmlich um "Wasser in Vorrath
zu haben, zu vertheilen, und zu trinken. Man mag sich wundern,
dass den Minenarbeitern hier so viel verziertes Geschirr gedient
habe, aber die Spuren von Bewohnung fehlen eben. Die Menge der
Gefässe in einer einzigen Grotte erklärt 0. durch eine Katastrophe ;
die dabei umgekommenen Arbeiter seien in einer ihres Flintge-
haltes entleerten Kammer beigesetzt, also nachträglich ausgegraben.
0) Vorläufige Kunde wird von einer •' presikelischen ' Höhlenwohnung bei
Grotta Torruggi (Pachino A*. S. 99, 35) gegeben. In Grotta di Cala Farina
S. 36 soll Bewohnung und Bestattung constatiert sein. Wichtig wird dieser
Fund sein, wenn hier, wie Orsi B. p. i. 98, 191 meint, sich die Incunabeln
der I. (d. h. erster Periode) Malerei gefunden hätten.
164 E. PETERSEN
Die Thonware ist gemalte und ungemalte, nach Technik, Form und
Verzierung zur I. Periode gehörig; die ungemalte mit Reifen oder
Bändern in Relief verziert. Die Hauptformen sind hochfüssige
Kelche mit oder ohne Stützen (s. R. M. 98 S. 166, 8. 12 und 9).
Becher mit einem oder zwei Henkeln (S. 166. Fig. 1-5), auch ganz
gedrückte und zweihenklige Kannen, nach Orsi Hydrien. wie mau
einhenklige von Girgenti kannte (S. 178). Neu in der Malweise
sind die weiss, der Farbe des Grundes entsprechend, auf schwarze
oder rothe Malerei aufgemalten (statt ausgesparten) Ornamente (so
Taf. XXI 8). Der Fortschritt von dünnstrichigem zu breitgemal-
tem, Flächen deckendem Ornament, wie ich ihn grade an Bechern
eben dieses Fundorts nachwies, die Pennavaria B. p. i. XXI 91
Taf. V veröffentlicht hatte, macht sich auch an den neuen von Orsi
gelieferten Proben bemerklich.
Wie hier Orsis I. Periode, so ist die II. in einer Nekropole
von Plemmyrion vertreten, wo Orsi im J. 1891 vierzig Gräber
untersucht hatte, über weitere 41-53 jetzt N. S. 99, 26 berichtet.
Bemerkenswerth, weil frühere Aufstellungen 0. 's etwas modificierend,
ist dass auch hier noch grosse Zahlen von Todten in den einzelnen
Grotten gefunden wurden, so in der grossen schönen XLVIII ohne
Nischen mindestens fünfzig, in XLVII, mit einer Nische, zweiund-
zwanzig; ferner dass hier deutlicher als sonst irgendwo die Be-
stimmung der Nischen für einzubettende Todte (R. M. 98 S. 162),
XLVII, XLIX f., LH ersichtlich geblieben ist.
Von Einzeldingen scheint bemerkenswerth der im Gewölbschei-
tel von Grotte XLIII nach unten vorragende Knauf, dem ein-
geklemmten Schlusssteine eines Scheingewölbes vergleichbar; ferner
das in XLVIII gefundene spessamento di lama di coltello, von
Bronze, S. 31. Die Abbildung Fig. 6 zeigt es allerdings einem
Schwert oder gar einer Axt viel weniger ähnlich als den Rasier-
messern von Pantalica (R. M. 98 S. 169,1), sowohl hinsichtlich der
Grösse, der conkaven Schneide, der Nietlöcher für Befestigung eines
Griffs, als auch hinsichtlich der Länge und Schmalheit der Schneide,
so besonders einem mit N. 15768 im Museum von Syrakus bezeich-
neten. Bemerkenswerth ist auch der elfenbeinerne Kamm Fig. 7,
den 0. für mykenischen Import hält.
An die Musterung des Vasenmaterials von Monte Tabuto knüpft
Orsi S. 190 die Bemerkung, dass, obwohl im Grossen und Ganzen
FUNDE UND FORSCHUNG 165
der Charakter dieses Materials durchaus conform den anderswo
gefundenen aus dieser Periode sei, doch hier in einigen Gefässfor-
men, den ovalen bottini, den hochfüssigen Kelchen und Henkel-
formen ein Bindeglied zwischen der I. und II. Periode sich zeige,
eine Bemerkung die wohl nicht ausser Zusammenhang mit dem da-
mals, scheint es, schon gemachten Funde von Catania steht, der
N. S. 98, 223 kurz angekündigt und R. M. 98, 414 bereits er-
wähnt worden ist. An beiden Stellen B. p. i. 98. und N. S. 98, 223
sagt Orsi dass zwischen beiden civiltä vi e semplicemente un pas-
saggio ' hiatus ', dovuto anche a progresso di tempo e di Influenza,
non una barriera di divisione nelta e precisa. Erst aus der aus-
führlichen Darlegung wird man ersehen können, wie sich dieses
passaggio, ' hiatus ', in Uebereinstimmung bringen lässt damit dass
N. S. 98, 222 gesagt war, dass die Funde von Catania und andre
dimostrano in modo evidente la fusione delle due prime fast
della civiltä preellenica delV isola. Weil früheren Anschauungen
sehr entgegen, ist jedenfalls auch das zu beachten, dass jetzt auch
in der IL Periode noch natürliche Grotten in solchem Umfang auch
als Wohnstätten anerkannt werden.
Es drängt sich die Frage auf, ob und was für Analogien zu
diesen sikelischen Funden sich auf dem italischen Festland finden.
Antwort auf diese Frage giebt die fieissige Zusammenstellung von
Colini in einer noch nicht abgeschlossenen Reihe von Aufsätzen, im
B.p.i. 1898 f., zusammengedruckt unter dem Titel, G. A. Colini,
ü sepolcreto di Remedello Scotto nel Bresciano e il periodo eneo-
litico in llalia, parte prima, Parma (L. Battei 99) mit zwanzig
Tafeln. Denn Colini' s Ausgangspunkt ist nicht Sicilien sondern die
sorgfältig beschriebenen Funde in der aeneolithischen Ansiedelung
und Nekropole von Remedello, aus den Jahren 1885 und 1886.
Im Gegensatz zu der Cultur der Bronze- und ersten Eisenzeit
(Terremare und Villanova) mit ihrer Leichenverbrennung, werden
hier die Reste der voraufliegenden jüngeren Stein- und der Kupfer-
zeit mit dem Ritus der Leichenbestattung gesammelt von den Al-
pen bis Cap Leuca. Die an dieser Stelle zu gebende Uebersicht
muss sich beschränken das Gemeinsame und ganz besonders das
Unterscheidende hervorzuheben.
Als Wohnungen der Lebenden sind natürliche Höhlen beson-
ders in Ligurien ermittelt, sonst vornehmlich die halbunterirdischen
16C E. PETERSEN
Hütten üb8r den allein erhaltenen runden oder ovalen fondi di
capanna, öfters, wie grade in Remedello, in der Nähe der Nekro-
polen nachgewiesen, aber grade diese sind in Sicilien bis jetzt
mehr gesucht als gefunden.
Als Gräber sind wiederum natürliche Höhlen, z. T. dieselben
die zu andrer Zeit als Wohnung gedient haben, wie in Ligurien
(Colini S. 225, sonst 228 ff. 253), häufiger ausschliesslich sepul-
cral benutzt worden in den verschiedensten Theilen Italiens, wo
die Natur solche darbot. Künstliche Grotten, namentlich von ähn-
licher backofenartiger Form wie die altsikelischen sind auf dem
Festland weiter nördlich bisher kaum nachgewiesen; erst in Süd-
italien wie bei Matera zwischen .Tarent und Potenza ('), und auf
den Inseln Pianosa, Sardinien sind wirkliche Analogien nachgewie-
sen, indessen auch hier nicht so, dass man nicht eingehendere Beob-
achtung bei künftigen Funden und namentlich die Auffindung in-
takter Gräber wünschen müsste, die in Sicilien ja doch auch nur
die Ausnahmen bilden, und die, wie Orsi gezeigt hat, systematisch
gesucht sein wollen.
Auch der Ritus der Bestattung weist im Besonderen nicht
so viel Uebereinstimmung auf (2). Eine negative Uebereinstim-
mung ohne allen Belang ist dass das scarnimento in Italien
sowenig wie auf Sicilien sicher erwiesen ist. Das wirre Durchein-
ander, in dem man öfters (Remedello S. 107) die Todtengebeine
gefunden hat, ebenso das Fehlen mancher Theile oder Verletzungen
vorgefundener durch Kannibalismus oder durch vorläufige Beisetzung
anderswo zu erklären mag ja möglich erscheinen (3) ; aber Colini
bemerkt wiederholt, dass jene Thatsachen sich anders erklären las-
sen; und vorläufige Beisetzung zugegeben, so würde solche, wenn
zum Zweck der scarnitura angenommen, jene Thatsachen in den
vermeintlichen tombe secondarie offenbar grade am wenigsten er-
(!) Die von Sgurgola S. 207 und Cantalupo-Mandela S. 208, Caraeraia
S. 211 sind nicht nur vereinzelt, sondern auch nicht genügend beobachtet
worden vor ihrer Zerstörung. Ueber Matera s. unten.
(2) Auch untereinander weichen die verschiedenen Nekropolen des Con-
tinents ab, z. B. .u der Orientation, die nach allen Himmelsgegenden vor-
kommt.
(3) Vgl. Colini S. 227, 229, 233 f., 238, 253 (Sardinien\ wo immer es als
Ausnahme zu betrachten ist nach Colini S. 221, 242.
FUNDE UND FORSCHUNG 167
klären. Färbung des Schädels (Sgurgola S. 207, Taf. XVI) ist nicht
bloss zu vereinzelt constatiert, sondern erklärt sich eben in diesem
Falle, dadurch dass auch ein par mitbestattete Pfeilspitzen in
gleicher Weise gefärbt sind, am wahrscheinlichsten als Zufall.
Die öfter beobachtete Beigabe von Schminkstoffen zur Bemalung des
Leibes, also zum Gebrauch des Todten selbst (vgl. Colini S. 227,
243), könnte die Ursache sein ; sie ist aber doch noch etwas ganz
andres als die Färbung des Skeletts.
Das Bemerkenswertheste am altsikelischen Ritus ist aber jene
Versammlung der Gestorbenen eines Geschlechtes im Grabe wie
zum Mahle s. R. M. 98 S. 159 ff., mochten auch des Raumes
wegen meist die früher Bestatteten bei seite geschoben werden, um
Neuankömmlingen Platz zu machen. Weil jener mit etruskischem
Grabbrauch verglichene Ritus in der II Sikelerperiode mit ihren
geräumigeren Kammern sich deutlicher herausstellt, deshalb ist
er noch nicht als neuer Ritus anzusehen ; und wenn man ihn
dennoch, wie Patroni (vgl. R. M. 98 S. 171) als neuen Brauch
eben durch die Einwanderung der Sikeler vom Festland erklären
möchte, so müsste er auf dem Festland, da wo Sikeler vorher ge-
sessen hatten, und gar wo auch nachher noch welche geblieben
waren, sich nachweisen lassen. Dass Patroni das zu thun vergebens
sich bemüht hat werden wir bald sehn. In dem was Colini ge-
sammelt hat tritt jener Ritus nicht hervor (,). Denn wo in Höhlen
Reste von vielen Todten gefunden sind, war es meist zusammen-
geworfenes Gebein ; wo aber sorgfältige Beisetzung der Todten mit
Kleidung Schmuck und Geräth beobachtet worden, wie namentlich
in Remedello (Colini S. 105 f. von andern Orten und Gegenden
S. 215 ff.), da waren sie einzeln bestattet, nicht sitzend oder
hockend sondern liegend (2), meist auf der 1. Seite und nicht zum
Mahl — denn Gefässe fanden sich vorwiegend in den Gräbern der
(») Vgl. Colini S. 211 (bei Livorno), 212 ff. bei Vecchiano in den Monti
Pisani, 245 Tana della Mussina (Prov. Reggio d'Emilia). Ordentlichere Bei-
setzung scheint in den der Höhlen Inseln Pianosa und Sardinien in der Umge-
bung von Cagliari 252 ff. beobachtet zu sein.
(*) Selbst in natürlichen Höhlen vgl. S. 242. So auch in den wenigen
grotte artificiali, mit einer, zwei und drei Leichen. Das ganze sepolcreto
mit seinen vielen Einzelgräbern einer natürlichen oder künstlichen Grotte zu
vergleichen, wie Colini z. B. S. 226 thut, scheint mir nicht zulässig.
108 E. PETERSEN
Frauen (Colini S. 108, 223), nicht der Männer — sondern eher
schlafend, da so oft (Taf. II, IV) die eine Hand an den Kopf ge-
legt ist, während die andre eine Waffe fasste oder ihr nahe lag.
Wo endlich Speisereste mit Kohlen untermischt gefunden wurden,
da scheint der Gedanke an wirklichen Leichenschmaus der Ueber-
lebenden näher zu liegen als an Todtenspenden (').
Grösser als die Aehnlichkeit der Gräberform und des Bestat-
tungsritus scheint diejenige der Beigaben, des Steingräths, nur dass
auf dem Festland die Lanzenspitzen oder pugnali und Pfeilspitzen
häufiger, in Sicilien die collelli. Aehnlich sind kupferne Lanzen-
spitzen und kurze dreieckige Dolche, und von der Thonwaare z.
T. Formen und Ornamentik. Hervorzuheben ist der eigenthümHche
' neolithische ' (2) Becher (R. M. 98 S. 178 VII 6) mit geschweiftem
Umriss, den ich, weitergehend noch als a. a. 0. S. 181 von dem in
Sicilien (a. a. 0. S. 166 V 1 f.) so oft und in so vielen Varianten
gefundenen l troischen ' Becher (3) ableiten möchte, seit auf Monte
Tabuto solche wie B. f. i. 98 T. XX 18 und auf Monte Kacello
solche wie XXII 16 zutage gekommen sind, und seit ich Hörnes
Urgeschichte S. 272 Fig. 98 einen Becher dieser Form mit einem
Henkel, und mit einem Ornament gefunden das, obwohl in andrer
Technik, nicht gemalt, doch mit Ornamenten wiederum von M. Ta-
buto T. XX 6, XXI 2 (vgl. XXII 2), grosse Aehnlichkeit zeigt.
Beispiele aus dem Bresciano bildet Colini Taf. XI ab. Gemalte
Keramik, in der sikelischen I. Periode so hervorragend, ist auf dem
Festland rar (Ligurien D. 93 Taf. IX) ; aber zu der eingepressten
von Stentinello und andern Orten (s. Andrian, Praehist. Studien Taf. V
11 und R. M. 98 S. 178) bieten Colinis Tafeln VII und XI, aus
dem Bresciano, und XVIII, von Sardinien, Analogien, letztere frei-
lich, wie die ganze Stentinello Keramik, ' Schnur '- und ' Band-
verzierung' (s. Hörnes, Urgeschichte S. 260) vereinend, und schon
stark der II. Sikelerperiode sich nähernd, auch durch die Taf. XVI.
abgebildeten Formen mit den scharfkantigen Profilen.
(>) Vgl. Colini S. 212, 214, 227, 230, 254.
(2j Vgl. Pigorini B. p. i. VIII Taf II und Hörnes, Urgeschichte S. 271.
(3) Ich verdanke Colini S. 286, 124 die Berichtigung eines Irrthums,
den ich ß. M. 98 S. 166 begangen, indem ich den daselbst V 5 wiedergegebenen
und S. 180 besprochenen als aus Villafrati im NW der Insel statt aus Grotta
Lazaro im SO herstammend ausgegeben habe.
FUNDE UND FORSCHUNG 169
Bestimmtere Züge, besser zu vergleichen mit dem Altsikeli-
schen rinden sich, wie gesagt, im Gebiet von Matera. Auf einer
gegen Norden abfallenden Terrasse, der Murgia Timone sind es
eine Anzahl (Patroni verzeichnet siebzehn) Hüttenböden, nicht ein-
getieft, sondern im Gegentheil erhöhte, etwas gewölbte Sockel von
Steinen, wie sie die Hütten der alten Germanen und Sarmaten auf
der Marcussäule (z. B. Sc. XVIII, XX, LXXI, CII) haben, und wie der
Theil eines solchen, den Orsi noch auf Monteracello fand und a. 0.
S. 204 darstellte. In einem, dem von Matera, welchen er auf S. 426
abgebildet hat, erkannte P. zu beiden Seiten des Mittelpunkts zwei
rohbearbeitete Herdsteine (alari), und daneben ein rundes Loch, einst
die Centralstütze der Hütte aufzunehmen bestimmt, wie P. anspre-
chend vermuthet. Nahe den ' Hüttenböden ' liegen drei Gräber, nur 1
unter sorgfältiger Beobachtung von Patroni ausgegraben, 2 und 3
früher ohne solche. Zwei davon liegen an einem Graben, der, fast
schon abseits von den Hütten, 1,80 breit, 0,80 tief in den weichen
Kalkstein hineingetrieben, 164 Meter weit von P. verfolgt ist, ohne
dass seine Bestimmung klar geworden wäre. Er scheint ausser Be-
ziehung zu den Gräbern, obgleich das eine derselben unmittelbar,
das andere dicht an demselben gelegen ist, und beide zwar nicht
mit ihrer ersten Anlage, wohl aber mit ihrem Abschluss wenigstens
die partielle Ausfüllung des Grabens zur Voraussetzung haben.
Denn die Mündung des senkrecht in den Boden getriebenen
Schachtes, des jwssettQ, ist von einem einfachen Steinkreise bei
Grab 1 und 3, von einem zweifachen bei dem Doppelgrab 2 um-
geben, und diese Kreise, die an die Circoli vornehmer Gräber von
Vetulonia, oder an die Steinkreise von Golasecca, und in Mittel-
italien bei Tolentino (s. Gentiloni-Silveri N. S. 83 S. 3 f.), oder um
noch Grösseres und Ferneres heranzuziehn, an den vielbesprochenen
Plattenkreis von Mykenae erinnern mögen (l),< greifen über den aus-
gefüllten und gegen den Schacht von 3 abgemauerten (2) Graben
0) Vgl. Falchi, Vetulonia S. 75 circoli interrotti und S. 91 c. continui; für
Golasecca Montelius, civilisation I, Taf. 43, Text S. 234 ; für Mykene Bel-
gers Referat über Tsuntas - Dörpfeld's Controverse im Arch. Jahrbuch 95,
123 fg. Vgl. auch die Steinkreise der Samischen Nordnekropole bei Boehlau,
aus ionischen und ital. Nekrop. S. 32 f.
(2) Diese Abraauerung wäre ebenfalls sehr wohl, ja nothwendig erst bei
Anlegung des Grabes ausgeführt zu denken.
12
170 E. PETERSEN
hinüber. Vom Boden des Schachtes aus führt die fensterähnlich kleine
Thür mit hoher Schwelle in die Kammer nicht ganz regelmässiger
Form, mit vier abgerundeten Ecken, darin eine sehr erhebliche Zahl
von Skeletten lag, und mit diesen beigesetzt allerlei persönliche Aus-
stattung von Stein, Bronze oder Kupfer, Glas, Harz. Bergkristall,
Knochen, endlich Thongeschirr. Das sind unleugbare Uebereinstim-
mungen mit den altsikelischen Gräbern, die schon Quagliati B. 96,
282 ff. hervorgehoben, Patroni dann noch greifbarer herauszuarbeiten
sich scharfsinnig aber nicht vorurteilsfrei bemüht hat. Bei den, nach
Füllung der Kammer von 1, in dem engen Schacht noch Beigesetz-
ten, deren Leichen in dem 1,05 X 0,90 messenden Raum überhaupt
kaum anders als gekrümmt, und mit den Köpfen an die Wände
lehnend liegen konnten, darf von dem in den sikelischen Kammern
— nicht den Vorräumen — beobachteten Ritus (s. R. M. 98 S. 161)
den P. erkennt, nicht die Rede sein : und in der Kammer ist nur
ein völliges, nach Patroni durch Thiere verursachtes Durcheinander
gefunden worden. Also der ritus, den Patroni S. 504 und 508 als
fatto hinstellt und ausmalt, ist in "Wirklichkeit hier gar nicht beob-
achtet worden. Das von Orsi für Sicilien mehr angenommene als
bewiesene scarnimento will P. hier durch zwei Beobachtungen fest-
gestellt (vgl. S. 504 und 508) haben, die andre schwerlich für
beweiskräftig halten werden (l).
Die Form der Gräber, weniger noch der schon annähernd re-
gelmässigen 1-3, als vielmehr der gewöhnliche materanische runde
backofenartige Typus, von welchem P. f. 511 ff. ein Beispiel abbil-
det, sodann die Massenbeisetzung lassen diese in Matera nachge-
wiesene Culturschicht besonders mit den Gräbern von Orsi's I. Sike-
lischer Periode übereinstimmend erscheinen, deren Ausstattung nur
(l) S. 449 f. dient als Beweis wieder die Unmöglichkeit, in so engem
Kaum zweiundzwanzig Leichen beizusetzen, als ob alle zugleich beerdigt wären ;
S. 450 der Fund eines Flintmessers nahe einem Schädel (vgl. E. M. 98, 161).
Der Hauptbeweis ist, dass in die Augenhöle eines Schädels, der in einer Ecke
des pozzetto 1 gefunden wurde (S. 444 f.) eine Glasperle eingedrungen war.
Das soll nach S. 494 nur so möglich gewesen sein, dass der Kopf sich vor-
gebeugt und die am Halse desselben Todten noch hangende Perle aufgefangen
habe; und auf gleiche Weise wird das Eindringen einer Muschel fig. 70 auf
S. 480 erklärt und als novella prova questa della pronta scarnificazione che
si eseguiva sul morto ausgegeben. Ein wenig überzeugend aufgebotenes Spiel
der Phantasie oder des Scharfsinns.
FUNDE UND FORSCHUNG 171
an Steingeräth ('), vielleicht aus localen Ursachen, reicher, sonst, wie
sie R. M. 98 S. 164 kurz angegeben ist, wesentlich dieselbe ist
wie im Grabe 1 von Matera.
Anders urtheilt Patroni, der in Matera die Bestätigung seiner
R. M. 98 S. 170 beleuchteten Ansicht findet, wonach Orsi's I. Periode
noch den Sikanern, und erst die IL den aus Italien eingewanderten
Sikelern gehören soll. Es ist diese Beweisführung ein weiterer
Schritt auf der R. M. 98. S. 174 charakterisierten Bahn.
"Was P. von Uebereinstimmung der Grabform und des Ritus
sagt, das steht mit seinen eigenen früheren allerdings schillernden
Aufstellungen, in Widerspruch (2) ; so bleibt als Beweis nur der
behauptete gleiche Charakter der Keramik ' ad impasto bruno, priva
di colori, con piani che talora s'incontrano ad angolo vivo ' (S. 513,
genauer S. 481, etwas anders die nach P. altertümlicheren Scherben
aus dem zugeschütteten Graben S. 439). In Wahrheit steht die Sache
vielmehr so, dass die Bereitung und Glättung des Thones (nicht
Färbung wie in II), die Formen der Gefässe und besonders auch
der Henkel, endlich die Musterung vielmehr, wie Quagliati richtig
bemerkte, in Stentinello Bull. 1890 T. VI ff. (vgl. besonders VI 22
und VIII 4, 14 mit N. S. 97 S. 207, 32, und ebda 33 mit VI 10)
und Castelluccio B. 1892 T. III ff. 1893 T. V f. also in der ■ presike-
lischen ' und I eher als in der schon so viel vollkommeneren, und
speciell auf der Grundlage von I vervollkommneten Keramik von II
ihres Gleichen finden. Patroni betont dass in Matera wie in der
II. Periode die Malerei fehle (3) ; aber Quagliati S. 283 bezeugt
ausdrücklich : ma fra i cocci della caverna ' de pipistrelli ' pa-
recchi assumono speciale importanm perche, essendo frammenti
(*) Indessen bezeugt Quagliati S. 284 la suppellettile litica della Ca-
verna dey pipistrelli e numerosissima molte laminetie a mö1 di coltellini ;
weiter le ascie, come nel siracusano, sono poche u. s. w.
(?) Früher (vgl. R. M. 98, 171) schien P. mit den Sikelern in Sicilien un
rite funSraire nouveau eingezogen, der sich in Nischen an den /brwo-Grotten
und in dem Aufhören des scarnimento kundgäbe. In Matera findet P., wie er
meint, sichere Beweise der scarnitura, und Nischen sind daselbst (vgl. auch
.V. S. 97 S. 211) nicht häufiger als in I. Nekropolen Siciliens.
(3) In N. 97, 204 erwähnt er rothgebrannte Scheiben mit alcune deco-
razioni a piccole bände trasversali brune e rosso-carminio. Non saprei indi-
care riscontri per tali vasi che non somigliano in nulla quelli del Castel-
luccio.
172 E. PETERSEN
di vaso a fondo rossiccio con ornalo e fascie dipinte in nero,
come sono i noti frammenti eolorati . . . . del Finalese, . . . od ancor
sviluppati, ricordano la ceramica . . . del villaggio di Castelluccio.
Und damit nicht genug, auch das Ornament, welches aus eingeritzten
Linien und eingestochenen Punkten besteht, geht über das an den
eben genannte Plätzen gefundene nicht hinaus, kaum auch mit dem
unförmlichen ' Mäander ' (») fig. 101 (vgl. Stentinello VII 20, Mon-
teracello B. 98 XXII, 2).
Der Versuch in Matera die Sikeler auf ihrer Wanderung nach
Sicilien zu beobachten ist also ebenso fehlgeschlagen wie früher der
Versuch, die Funde Orsi's zwischen Sikelern und Sikanern in Si-
cilien aufzuteilen.
Bei der Besprechung der Gräber von Pachynon aus der IL Pe-
riode wirft 0. den schon N. 92 S. 324, 2 angedeuteten, bald aus-
zuführenden Gedanken hin, dass alle zunächst um Syrakus herum
gelegene Nekropolen Plemmyrion, Pachynon, Cozzo del Pantano nicht
über die IL Periode hinabgingen. Diese Thatsache erkläre sich nur
durch das Zurückweichen der Sikeler vor einem übermächtigen
Eindringling, und dieses könnten, da von Phoenikern, trotz Thu-
kydides, keine Spur sei, nur die Griechen sein. Da nun die IL Pe-
riode nur bis zum 10. Jhdt. v. C. reiche, müsste das Auftreten der
Griechen in Sicilien um zwei bis drei Jahrhunderte früher angesetzt
werden als nach den traditionellen Colonisationsdaten. So käme
denn das von Heibig und andern zurückgewiesene frühe Datum von
Kymes Gründung wieder in Frage. Indessen darf man zweifeln,
ob die gut bezeugten Gründungsdaten dem hauptsächlich aus den
mykenischen Vasen in den Gräbern der IL Periode abgeleiteten
Calcül zu opfern sei; zweifeln auch, ob die III. Periode mit conkreter
Eigenart jene drittehalb Jahrhundert genügend fülle, um eben die
(l) Zu ihm macht Patroni eine befremdliche Bemerkung S. 493 questo
fatto, in ambiente preistorico e nelV assoluta impossibilitd di contatti con
la genta ellenica e la civiltä che fiorl poi nel bacino Orientale mediterraneo
mostra quanta tara bisogna fare aW opinione che la decorazione a meandro
sia nel suolo italico un' importazione greca. Orientalische Einflüsse erkennt
P. schon in Grab 1, wie in den anderen, von denen 2 b (worin die Scherbe mit
Mäander sich fand) jünger ist als 2a; und 3 enthielt Fibeln, wie sie weiter
entwickelt in sicilischen Gräbern der III. Periode vorkommen, in denen auch
entwickeltere Mäander erscheinen.
FUNDE UND FORSCHUNG 173
IL von der IV. soweit abzuhalten. Es will mir vielmehr scheinen,
dass die IV., welche durch den Parallelismus der letzten sikelischen
mit der besser bekannten und zeitlich fixierten griechischen Keramik
in der That etwa vom 8 bis 5. Jhdt reicht, mit der III. zu einem
guten Theil zusammenfällt. Das Hauptmerkmal der III. sind die
Anfänge des in der IV. herrschenden geometrischen Stiles im en-
geren Sinne, vertreten durch importierte Gefässe und deren locale
Nachahmungen.
Auf den ersten Blick könnte häufigeres Vorkommen von gra-.
vierten Gefässen in III (vgl. z. B. Finocchito B.p. i. 79 T. VI) noch grös-
sere Nähe der II. Periode anzuzeigen scheinen ; aber dieselben sind
entweder mit den jüngeren zusammengefunden, wie T. VI 23 und 24
S. 171, oder selbst von jüngerer Form, wie der Askos VI 6, oder
durch das Ornament selbst als jünger erwiesen, wie die Mäander-
vasen B. 97 S. 167 und T. VI, 11. Die protogriechischen Gefässe,
die nicht etwa in einzelnen Gräbern blos vorkommen, sind also das
Bestimmende. Sie würden die III. Periode, die sich somit als den
Uebergang und Anfang der IV. darstellt, nach den gewöhnlichen
Daten um die zweite Hälfte des 8. Jhdts. ansetzen lassen, und
thatsächlich nennt Orsi oft die III. und IV. zusammen, und zählt,
in seinem Verzeichniss der Nekropolen IV. Periode auch die zur III.
gerechneten wieder auf (,).
Beachtenswerth ist allerdings, dass nicht etwa blos die imitier-
ten sikelischen Gefässe in.Syrakus und Megara nicht gefunden wur-
den, sondern auch nicht die originalen (2). Diese Thatsache recht-
fertigt aber noch nicht den Schluss auf einen den Gründungsjahren
734 von Syrakus und von Megara weit voraufliegenden Verkehr
mit den Griechen. Denn wie sollte der nach Finocchito hin reichende
Verkehr nicht auch schon Syrakus berührt haben, einerlei ob man
ihn mit Orsi überhaupt zwei bis drei Jahrhunderte früher beginnen
lässt oder nicht? Da ist es doch einfacher jene Gefässe aus oder
(') Finocchito, Tremenzano, Noto Vecchio, Lentini.
(*) Dies constatierte Orsi schon B. 94, S. 61; nur eines gäbe es aus Me-
gara. Aber eine Amphora von Syrakus ist wenigstens N. 93, 463, aus späterer
Zeit, die ja auch an einem Theil der grossen Krater del Fusco (die Orsi we-
nigstens erwähnt S. 351) sich zu erkennen giebt, wie N. 95, 185, verglichen
mit den rein geometrischen N. 93, 477 und 95, 135, 137, 161, 172, 176 und
93, 459 f. und 95, 159, die einen Uebergang machen.
174 E PETERSEN
über eine andere, etwa ionische Colonie der sicilischen Küste ein-
geführt zu denken. Genug, es ist kein neues Element, dessen Auf-
treten die IV. Periode, gegenüber der III. so charakterisierte und
absonderte, wie die I. durch die gemalte Keramik, die IL durch
die mykenische, die III. durch die frühgriechischen Gefässe gekenn-
zeichnet wird. Denn die lokalen Nachahmungen dieser frühgriechi-
schen Erzeugnisse beginnen alsbald neben dem Import, und auch
grössere geometrische Gefässe, die anforoni sind z. B. in Finocchito
nicht etwa blos in den spätesten Gräbern gefunden (1). Endlich
ist auch die Form der Gräber in IV, so richtig sie von Orsi für
den sikelischen Charakter der Nekropole geltend gemacht wird
(S. 326), doch nicht aus der Grabform der III. Periode abzuleiten
sondern aus einer älteren. Denn die loculi, welche in Licodia-Eubea
links und rechts neben dem grabenartigen Gang zu liegen pflegen,
der vom pozsetto, dem Schacht her führt, sie sind nicht entstanden
aus den viereckigen Kammern mit Kopfbank an einer Wand entlang
wie sie in Finocchito (B. 94 T. II) und Tremenzano (B. 92 T. I.)
üblich sind; sondern sie leiten sich ebenso wie diese direkt aus
der alten Nischen-Kammer der II. und I. Periode her, und schon
die Grotten von Matera mit den erhöhten Betten neben dem schmalen
tieferen gangförmigen Mittelraum haben mit den Kammern von
Licodia grössere Aehnlichkeit als die von Finocchito.
Von dem Thongeschirr gilt dasselbe. Orsi selbst hat wiederholt,
z. B. R. M. 98, 349 f. hervorgehoben dass die Formen der besseren
sikelischen Gefässe in der letzten Periode ein Gemisch aus Sikeli-
schem und Griechischem darstellen, indem sowohl Amphoren — we-
niger die Hydrien — als Schüsseln scodelloni, die Schalen Ky-
likes und Kannen oder Oenochoen ihre Vorläufer in den frühe-
ren Perioden haben, was nur vom Askos nicht gesagt werden kann.
(!) Im Ganzen waren deren zwölf (B. 97 S. 191), in elf Gräbern. Keines
aber dieser Gräber, soweit wir Genaueres von ihnen hören, enthielt neben jenen
Amphoren etwas aus dem Kahmen der III. Periode herausfallendes. Im Gegen-
theil waren im Grabe n. 54 auch noch zwei ollette con anse acuminate, eine
ältere Form nach Orsi ; und in n. 44 rechnet Orsi selbst den anforone offenbar zu
einer der ältesten der sieben deposizioni dieses Grabes. Not. 92 S. 324, 2 erfahren
wir sogar dass eines der grössten sikelisch-geometrischen Gefässe in Donna-
scala bei Giarratana in den Bergen südlich von Monte Lauro mit zahlreichen
Flintmessern gefunden wurde.
FUNDE UND FORSCHUNG 175
Besonders reich entwickelt ist das Geschlecht der Kannen, deren
Spielarten bis in die II. und I. Periode hinauf sich zurückver-
folgen lassen, bei deren Formenentwickelung wir aber zu berück-
sichtigen haben, dass das sikelische Geschirr diese Entwickelung
doch nur in Reflexen zeigt, dass die eigentliche lebendige Entwicke-
lung dagegen auswärts zu suchen ist, sei es an einem sei es an
verschiedenen Orten.
Der Zusammenhang der III. u. IV. Keramik mit der älteren,
den Orsi für die Formen zugiebt, besteht nun ohne Zweifel auch
für das Ornament wo Orsi ihn leugnet. Was dieser nämlich S. 351
von den Amphoren und 355 von den Askoi sagt, versteht er offenbar
von dem ganzen Decorationssystem, das für ausschliesslich grie-
chisch und grundverschieden von der Decorationsweise der IL und
I. Periode ausgegeben wird, von denen jene unorganisch sei, diese
nun einmal durchaus Geflechtformen nachahmen soll, die ja doch
auch auf jenes System sich rechtwinklig kreuzender Linien führen
müssten. In diesen Mittheill. 98 S. 177 ff. ist schon in der Sten-
tinello-Keramik, also der ' vorsikelischen ' Periode die beginnende
Organisierung des Ornaments nachgewiesen; auch in der reichen I.
Ornamentik fehlen weder die horizontalen Zonen noch die vertika-
len Theilungen, es fallen nur die Schrägen der Zickzacke, der Rhom-
ben u. s. w. stärker ins Auge; und andrerseits fehlen diese auch
den Amphoren u. s. w. der III. IV. Periode nicht. Ebenso ist die
Vertikaltheilung bei etwa der Hälfte der abgebildeten Gefässe der
IV. Periode nicht vorhanden. Kurz, ein Princip organischer Raum-
theilung und bewusster Unterordnung der ornamentalen Elemente
unter jene Raumtheilung, ja auch bestimmte Wahl gewisser Ele-
mente für gewisse Theile des Gefässkörpers wird man der Keramik
von Monte Tabuto B. 95 T. VI und 98 T. XX-XXII oder von
Girgenti B. 95 T. IV und 97 T. I unmöglich absprechen können.
Die geometrischen Vasen, die Conze in seiner berühmten Abhand-
lung sammelte, sind ja im Allgemeinen in Form und Verzierung sehr
verschieden von jenen sikelischen, die zweifellos älter sind, und denen
eine Reihe von Elementen, die auf jenen gebräuchlich sind, fehlen.
Dennoch darf man getrost behaupten, dass Gefässe wie die Leydener
Amphora (Conze, Zur Gesch. d. Anf. T. I oder die Kopenhagener
T. IX 2) hinsichtlich der Gesammtwirkung des Ornaments viel mehr
Aehnlichkeit mit der Amphora (mit zwei Henkelpaaren) aus der Um-
17G E. PETERSEN
gegend von Girgenti B. 95 T. IV, 2 haben als mit irgend einem der von
Orsi abgebildeten Gefässe der IV. Periode. Dass geometrisch verzierte
Gefässe solcher Art, wie sie in Cypern oder in Athen oder in Boeotien
gefunden sind, den sikelisch-geometrischen der III. IV. Periode ver-
wandt sind ist gewiss richtig ; dass solche Verwandtschaft griechischer
geometrischer Stile sich aber auch nach oben zu der Keramik der I.
sikelischen Periode erstreckt wird begreiflich durch das was schon
R. M. 98 S. 190 bemerkt wurde, dass ein Hauptmotiv der sikeli-
schen I. Ornamentik, nämlich die sich kreuzenden Doppel-Diago-
nalen mit anderen Motiven, gewiss mehreren, als wir zufällig noch
erkennen, den Sikelern auf jenen knöchernen ' Dolchscheiden ' zu-
getragen wurden. Einzelnes dafür anzuführen wird später Gele-
genheit sein; hier sollen nur einige Motive von Orsi's sikelisch-
geometrischem Stil genannt sein, die auch schon der I. und II-
Keramik eignen, so die schon R. M. 98 S. 189 durch II und I bis auf
troische Vasen zurückgeführten svolassi, d. h. die von den unteren
Henkelansätzen ausgehenden geschweiften, schwingenden Band-Enden
gleichenden Linien (Orsi flg. 17, mit R. M. 89 S. 188 X 4 f., unten
Fig. 2, zu vergleichen auch Orsi 18 und 26, wenn diese nicht wie 71
und 72 das bekannte S Ornament sind); die festoni 17 und 18 (vgl.
R. M. 98 S. 189) ; die Iremoli, namentlich wo als Doppellinie vertikal
zwischen Horizontalen oder umgekehrt, wie Orsi 46, zu vergleichen
mit den I. Bechern R. M. 98 S. 185 VIII 3; die Diagonalen 0. 46, 65
mit eben jenen Bechern ; ferner die Romben 54, die innen von Punkten
begleiteten Doppellinien 0. 74, wie schon in Stentinello und dann
besonders in der II. Periode: R. M. 98 S. 163 III. und S. 178 VII 5;
ganz besonders aber die X mit zwei gefüllten Scheitelwinkeln
(clepsidre) wie 74, 76, 77, die ebenso wie das aus dem Hakenkreuz
enstandene Schema 0. 78 schon in der I. Malerei auftaucht : R. M. 98
S. 185 VIII 6 und 10 und ebenda 13 und 1 (ein wenig anders).
Nachdem in der durch Ors'is Verdienst soviel besser bekann-
ten Keramik seiner dritten und vierten Periode das Fortleben
von in vorhistorischen Zeiten überkommenen Formen auch noch
in historischer Zeit constatiert ist, trotz der Uebermacht notorisch
griechischer Einflüsse, die freilich auch selber von jenen in vorhisto-
rischer Zeit nach Sikelien reichenden Anregungen nicht unberührt
sein können, sehen wir nun wie weit auch in Süditalien ähnliche
Beobachtungen zu machen durch Forschungen der letzten Jahre
FUNDE UND FORSCHUNG 177
Gelegenheit gegeben ist. G. Patroni hat in den Momtmenti antiehi
der Lineei VI (allerdings schon 1896) über vasi arcaici delle
Puglie nel Museo Nationale dl Napoli, eine Studie mit guten
Abbildungen veröffentlicht, deren Inhalt in Kürze als Eingang zu
weiteren Untersuchungen wiederholt ist in desselben La Ceramica
antiea nell' Italia meridioiiale, Neapel 1897 S. 19 f. (1).
Mit Recht scheidet P. sein Material zunächst einmal in zwei
Theile ; aber es war ein grosser, von M. Mayer N. 98 S. 207 be-
leuchteter Irrthum, durch ein par x\eusserlichkeiten, wie etwa die
Form des Doppelaskos oder durch die Zeichnung der menschlichen
Köpfe, sich verleiten zu lassen, die erste dieser Klassen, wenn auch
durch Jahrhunderte getrennt, dennoch für direkt von ' aegaeischer '
d. h. mykenischer Tradition abhangen zu lassen, wo trotz aller,
nicht so sehr aus Ungeschick wie aus flüchtigem Handwerk ent-
sprungener Kritzelei sogleich deutlich sein musste, dass nicht eine
Degeneration mykenischer sondern griechischer z. T. spätitalisch-
griechischer Ornamente vorliegt. Grade weil die Langlebigkeit, man
möchte sagen Unsterblichkeit gewisser Motive oft zweifeln lässt,
welchen Alters die einzelne Erscheinung derselben sein möge, deshalb
ist es lehrreich, hier einmal recht deutlich zu erkennen, dass diese
Kritzeleien nicht mykenische sondern griechische Ausgestaltung der
Motive zur Grundlage haben, wie bei dem Gefäss auf P.'s Tafel XIII
1 in Ornament 1 = 5 (von oben gezählt) 3 = 7, mit den auf den
Ranken laufenden Thieren, 6 der dreistrichigen Ranke (vgl. R. M. 97
T. X), ohne Weiteres klar ist; die letztere erst apulischen Vasen
nachgebildet. In dem Landschaftsbild genügt ein Blick auf das
Ganze, auf die Bewegung der Figuren — deutlicher bei denen
S. 361 und wiederholt La Ceramica S. 19, gar bei den lustigen
N. 98 S. 210 — endlich auf die Zeichnung der Blätter, um das
Richtige zu erkennen, das ja auch durch die Inschrift Fig. 3 nicht
eben verdunkelt wird. Ganz bekannte griechische Schemata sind
auch T. XIII Fig. 2 Orn. 1 und 3. Unter diese, als Zeugen alter
(!) Vgl. B. p. i. 98 S. 67,2. Die apulischen geometrischen Vasen waren
längst beachtet, auch von solchen die nichts darüber veröffentlichten. Sie ha-
ben aber auch ,in neueren Vasenkatalogen lange ihren Platz, so bei Furtwäng-
ler, Beschreibung d. Vas. i. Ant. Berlin, 1887 S. 29 ff.; Winnefeld Beschr.
d. Vasensamml. Karlsruhe 1887 S. 6; Masner, Sammlung ant. Vas. u. Terrae.
Oesterr. Mus. Wien 1892.
178 E. PETERSEN
Tradition so gut wie gar nicht in Betracht kommenden Gefässe ist
nun aber achtlos eines von ganz verschiedener Art gerathen ; näm-
lich der kleine unförmliche Askos o Fig. 12, welcher vielmehr in
die zweite Klasse, die geometrischen Vasen gehört, auch hier etwas
isoliert. Werden aus dieser die wiederum ungehörig eingemischten
Stücke (') ausgeschieden, so ist an dem Kest der eigenartige und alter-
tümliche Charakter des Ornaments wirklich auffällig. Aber nicht ge-
nug dass die bis jetzt älteste Keramik jener Gegenden, nämlich die
Tarentiner in der ersten Arbeit P. noch unbekannt geblieben (2)
scheint, und erst in der zweiten S. 7 ff. herangezogen wird, so
werden auch noch unterschiedslos Gefässe zusammengebracht, welche
von andrer Seite, nämlich von M. Mayer, dem Direktor des Mu-
seums in Bari, auf Grund grosser Vertrautheit mit dem apulischen
Material, strikt zu scheiden versucht wird, in diesen Mittheilun-
gen 1897 S. 201, 1898 S. 13. Freilich sind bei diesen Zuteilun-
gen manche Provenienzangaben in aufgeklebten Zetteln alter Mu-
seumsstücke verworfen, aber nie ohne Angabe bestimmter Gründe.
Als südapulisch stehen hier voran die Kotellenamphoren
(torseile mit landesüblichem Namen schon bei Lenormant, Ga-
zette archeolog. 1881/2 S. 106 genannt; s. Furtwängler Berl. Vas.
Taf. IV 14) mit, der Regel nach, zwei Scheibenpaaren, die senk-
recht aussen an die Henkel sich heften, eines am Mundansatz,
eines in der scharfen Biegung des Henkels ; hoch über dem Munde ;
danach Kannen (brocke), A.skoi,urne besser Krater genannt. Letztere,
z. T. sehr ähnlicher Form, sind das Hauptgefäss der mittelapu-
lischen Zone, daneber wieder Askoi, ein- und zweihenklige Tassen
oder Kannen, Schalen, Schüsseln u. s. w. Die systematische Behand-
lung der nordapulischen Gattung von Mayer liegt noch nicht
vor; als Ersatz mag aber einstweilen ein ausführlicher Bericht
(N. 98 S. 195) von Mayer über Funde in Canosa, einem Hauptorte
dieser Zone dienen. Hierher gehört auch das Meiste von dem was
Patroni seiner zweiten Klasse zutheilte : Tassen flach und tief, mit
hohem bandartigem Henkel, Kannen oder Tassen, deren flache Mün-
0 Z. Th. von P. selbst bemerkt, (vgl. auch M. Mayer R. M. 1899 S. 14
Anm.) so alles von ßß an. Den Askros s. unter Fig. 4.
(*) S. 9 sagt der Verf. allerdings: In conclusione, per i veri conoscitori
del materiale archeologico della bassa Italia, questi vasi dl Taranto non
sono una novitd.
KUNDE UND FORSCHUNG 179
dung ohne Hals auf dem birnförmigen Körper sitzt, von wunder-
licherer Form die gedrückt birnförmigen Krüge mit trichterförmi-
ger Mündung, zwei Stümpfen neben zwei wirklichen Henkeln, Askoi
mit vogelähnlichem Leibe, ferner jenes seltsame aus dem Askos
gewordene Gefäss, das Patroni für eine Lampe hält, das aber viel-
mehr zugleich zum Trinken durch ein Sieb oder zum Saugen, so-
fern der Kopf des Thieres gegenüber dem Sieb durchbohrt ist (bez.
wenn die zweite Mündung weit, gleich der Eingussmündung ist,
zum Giessen) geignet ist: Mon. Line. VI S. 378, Fig. 21 f., die
Form Furtwängler Berl. Vas. Taf. V 86. Aus dem Askos, der selber
rundbauchig wird, entwickeln sich dann auch die grossen Doppel-
askoi, sei es durch ein gewisses Gefühl für Symmetrie, sei es durch
denselben Sinn, der auch schon jene barocken Giess-Trinkgefässe
und nun auch die Doppelsitulae erzeugte. Damit und mit den auch
in der Form hellenischen Thymiaterien, Kalathoi u. s. w. ist diese
Entwickelung bei jenen letzten Phasen angelangt, die Patroni als
Italisch-Mykenisches an den Anfang stellte. Das zeigt sich auch
im Ornament, das in der süd- und nordapulischen Keramik von rein
geometrischem Linienspiel sich mehr und mehr zur Nachahmung
von Pflanzen und lebenden Geschöpfen wendet ; während die mittel-
apulische bei ihren rein abstracten Schemata verharrt. Was dies
verursachte, das brauche ich hier nicht zu erörtern; wohl aber
inuss betont werden, dass die nord- mittel- und südapulische Kera-
mik trotz aller späteren Differenzierung gemeinsame Grundzüge hat,
sowohl in den Formen als im Ornament.
Was die Formen anlangt, so ist nicht blos der Askos allen
drei Zonen gemeinsam; auch der Krater mit den Köhrenhenkeln
und der Annäherung an den Colonnettkrater Mittel- und Südapu-
lien gemeinsam, sondern Amphora, Kanne, Tasse haben in Nord-,
Mittel- und Südapulien dieselbe kugelige oder besser birnförmige
Grundform. Dazu kommen recht auffällige Uebereinstimmungen in
der Henkelbildung, nicht blos die Neigung den Henkel oben in schar-
fem Knick zu biegen, sondern, vorzüglich charakteristisch die Ver-
zierung mit den Scheibchen roteile, die entweder quer dem Henkel
aussen angeheftet sind, oder der Fläche aufliegend. Das bekannteste
Beispiel solcher Henkelverzierung bieten eben die südapulischen
torzelle, bei denen Patroni und Mayer jeder eine andre Erklärung
dieser Henkelzuthat geben. Jener glaubt die Form von Lucanien
180 E. PETEHSEN \
herübergekommen wo er zwei (l) bauchige Gefässe abgebildet N.
97 S. 168, 18 und 169, 20 B. 98 S. 70 und 72) gefunden hat,
auf deren geometrisches Ornament noch zurückzukommen ist (2). Das
eine einhenklige, wohl als Kanne anzusehen, hat die Scheibchen
am oberen Ansatz des nur bis zur Mündung, nicht darüber, sich
erhebenden Henkels, also ähnlich wie die zwei südapulischen Kan-
nen, Mayer 98 S. 213, welche indessen die Scheibchen auch am
unteren Ansatz haben. Das andre war zweihenklig, der Form nach
der torsella Mayer 98 S. 204 ziemlich ähnlich, nur die Henkel
A/f*a.p.
mehr wie bei Fig. 2 auf der folgenden Seite gebogen. Jenes luka-
nische Gefäss nun hat die Scheibchen nicht an einem der Ansätze
sondern an der oberen Biegung des Henkels, und diese Gefässe
schreibt P. nach den mitgefundenen Bronzen dem 6. Jhdt. v. Ch.
zu. Sie wären also älter als irgend eine apulische torsella nach
0 Im B. 98 S. 74 Anm. erwähnt P. allerdings noch ein par ' archaische '
winzig kleine torzelle im Museum von Capua.
(2) In meiner Figur 1, gleich den folgenden einem Nothbehelf. sind nur
Henkelformen skizziert, oben in der Mitte der eigentlichen Torzelle, links 2
und 3 von Patroni's Vasen aus Vallo di Diano, rechts von Mayers Lecceser
Amphora, weiter rechts und unten die von mir weiterhin verglichenen Henkel-
formen von Tarentiner und apulischen Gefässen in Neapel und Bologna mit
an- und aufliegenden Rotellen und Augen.
FUNDE UND FORSCHUNG
1S1
Mayers eigener Zeitschätzung. Aber das Beispiel ist vereinzelt ; und
ausserdem ist es, wenn griechisches Vorbild zugegeben wird, nicht
so erheblich, ob dieses über Lucanien nach Apulien oder um-
gekehrt seine Wirkung ausgeübt (!). Darf man doch auch nicht glau-
ben, den Strom solcher Einwirkung grade handwerklicher Erzeugnisse
in ein einziges Bett zwängen zu können. Wichtiger ist für den
j/tr/lo cid JL>''oi9
Fig. 2.
f1) Man vergleiche in Fig. 2 das Gefäss von Vallo di Piano mit dem
von Metapont, genauer von einer 14 kilom. von Metapont entferten Stelle, und
man wird nicht in Abrede stellen können, dass die sonderbaren Haken an der
unteren Zone beider gleichen Ursprungs sind. Bei Metapont sind wir aber
ebenso weit von Südapulien entfernt wie von jenem Theile Lucaniens. Der-
selben Herkunft bei Metapont notierte ich im dortigen Museum vor etwa zehn
Jahren sowohl bessere Vasen gleicher Form, auch ohne den horizontalen
Henkel mit derselben Ornamentik : wechselnd Gruppen schwarz und hellbraun-
röthlich auf gelblichem (von Ueberzug ?) Grund gemalter Zonen, als auch
gemeine mit schmutziggrauem Grund und von plumperer Form, beide mit
denselben Haken oder bald mehr hängenden, bald mehr schwingenden Schwänz-
chen an der unteren Zone. Es ist evident dass diese Schwänzchen einer
Abstammung sind mit den schon erwähnten svolazzi, welche von den Hen-
keln sikelisch-geometrischer Hydrien ausgehn, so auf dem nach R. M. 98 S. 315
hier in Fig. 2 wiederholten Stück von Licodia, mit solchen gemalten Fortset-
zungen sowohl des vertikalen wie des horizontalen Henkels. Zu beiden finden
sich mehr Beispiele R. M. 98 S. 188 17 f.; besonders 18 b. Ebenda sind auch
schon die z. T. völlig gleichen Henkelfortsetzungen in sikelischer Keramik
verglichen, gravierte der zweiten, gemalte der ersten Periode. Täuscht mich
eine Skizze nicht, so bietet ein doppelkonischer Kelch mit drei Stützen im
Syrakusaner Museum, bei jüngeren Sachen von Pantalika gesehen, aber au-
genscheinlich erster Periode, ganz ähnlich geschwungene Fortsetzungen der
vertikalen Stützen. Auch auf Troisches ist a. a. 0. schon hingewiesen; auf
Aehnliches im Villanovakreise ist später zu kommen. Dass aus denselben
geschwungenen Endigungen I. sikelischen und mykenischen Forraenschatzes
auch die eckigen Hakenmotive in Italien wie in Sicilien sich entwickeln ist
unten zu sagen.
182 E. PETERSEN
Augenblick die q u e r und die anliegenden Scheibchen als zwei
Varianten desselben Motivs zu verstehen. Torzellen ähnliche Am-
phoren nämlich, statt mit den regelmässigen zwei Paar Rotellen,
giebt es mit sonst wesentlich gleichgebildeten Henkeln auch ohne
alle Rotellen, oder mit nur einem Paar (an der Biegung), oder mit
zwei aufliegenden Scheibchenpaaren, das eine nahe der oberen Bie-
gung des Henkels, das andre beim oberen Ansatz, an dem Lecceser
Gefäss R. M. 98 S. 247. Hier ist namentlich der Platz, den die
Scheibchen am Ansatz haben, beweisend, da dies bei den griechi-
schen Vorbildern ja der reguläre Platz des einen Rotellenpaares ist,
der "bei den Torzellen zu Gunsten der Henkelbiegung aufgegeben
ist, vielleicht unter Einwirkung der bekannten Neigung, hier oben
auf dem Henkel dem Daumen der fassenden Hand gleichsam einen
Sattel zu bereiten (vgl. unten S. 187). Dieselben nagelartigen Scheib-
chen, wie in Nachahmung von Metalltechnik, fand ich auf dem
Ansatz des breiten bandartigen Henkels einer oder mehreren tiefen
nordapulischen Tassen im Museum von Neapel und an gleicher Stelle
bei einer birnförmigen Kanne, abgebildet Mon. Line. VI S. 382, 27,
auch hier noch, wie Patroni bezeugt, plastisch und zugleich mit con-
centrischen Kreisen bemalt. Weitergehend muss man aber auch die
nicht mehr plastischen, gelegentlich sogar eingebohrten aber immer
mit Ringen oder Spiralen gezeichneten ' Augen ' an den wunderlichen
Griffen (neben Henkeln) oder selbst Henkeln jener ' Lampen ' - Trink-
gefässe und der gedrückten Krüge mit trichterförmiger Mündung,
Patronis orcio appulo (Mon. Line. VI S. 374 f. Fig. 16. 17, die
Form Furtwängler, Berl. Vas. Taf. IV 8) heranziehen, wo von zwei
Augenpaaren eines, sonst das einzige denselben Platz unten gegen
den Gefässrand einnimmt, und namentlich wo die Augen seitlich vor-
treten, wenn auch nicht querstehend wie die eigentlichen Rotellen,
vgl. Mon. Line. VI S. 380 ff. Fig. 25 ff. Ursprünglich scheint dieser
Griff ein Thierkopf zu sein, wie bei einem Pariser Exemplar des
orcio appulo: Pottier, Vases ant. du Louvrepl. 29 D 20 noch deutlich
ist. Verdunkelt ist diese Vorstellung bei dem andern Gefäss, das ja
einen Thierkopf, Vogel wie es scheint (s. Fig. 1), an andrer Stelle
hat, vom Askos hergenommen. Eine ähnliche birnförmige Kanne wie
Mon. Line. VI S. 382 Fig. 27 ist in Suessula gefunden (N. 78
T. IV 4), kein ausreichender Grund, um auch jene und Fig. 26 mit
Patroni S. 382 Anm. 2 und Rendiconti 95 S. 303 für campanisch zu
FUNDE UND FORSCHUNG 183
halten, da Vasen gleicher Form und Ornamentik auch in Lecce und
Ruvo begegnen, und eine, genügend bezeugt N. 97 S. 433, in Bi-
tonto gefunden ist, speciell auch mit dem Henkel mit zwei spitzen
Ohren, auch dieser ähnlich in Suessula gefunden, N. 78 IV 22.
Auf diese Form ist unten zurückzukommen. Ist doch auch noch eine
andre Form in diesen Zusammenhang gehörig, eine Art primitiver
Colon nettkrater anders freilich als die altsyrakusanischen (vgl. R. M.
96 S. 264), mit vier oder zwei einfachen Henkeln, wie die S. 179 er-
wähnten süd- und mittelapulischen. Denn diese röhrenförmigen Hen-
kel sind oben nicht immer trichterförmig abgeschlossen, sondern
öfters auch mit Scheiben, die nun freilich wieder anders zu Henkel
und Gefässrund stehen als die schon besprochenen (s. Fig. 1).
Deutlicher noch als die Henkel zeugt nun aber das geometri-
sche Ornament für gemeinsame Abstammung der nord- mittel- und
südapulischen Keramik, der wir nach dem oben Bemerkten nun z. T.
auch Altlucanisches und Altcampanisches anschliessen dürfen. (Vgl.
die mit denselben Nummern wie im Folgenden bezeichneten Sche-
mata in Fig. 3 und 4).
Gemeinsam Süd- Mittel-und Nordapulien sind la einfaches und
lb geknotetes Zickzack, auch mit kleinen in die Winkel eingelegten
Dreiecken, Romben, ohne 2a und mit Knoten an den Ecken 2b, erstere
einzeln oder gereiht, auch gefüllt mit Gitterwerk; 3 Schachbrett,
grad oder schräg liegend, dann auch rombisch 3b; 4 clepsidre
d. h. durch Diagonalen getheilte Quadrate, von deren vier Dreiecken
zwei gegenüberliegende, sei es die über-, sei es die nebeneinander
liegenden gleichgefärbt sind, gewöhnlich die einen mit der Mal-
farbe, die andern in der Grundfarbe, oder sonst mit hellerem
Ton ; bei letzteren fehlen auch oft die Quadratseitenlinien. Wie das
vorige Schema aus einfachen sich kreuzenden Diagonalen, so geht
aus gekreuzten Doppeldiagonalen 5 ein andres schöneres Schema
hervor. Da hier das von den Doppellinien gebildete Kreuz die vier
Dreiecke auseinanderhält, werden alle vier gleich gefärbt und ihre
Spitzen werden verbunden durch das in der Linienkreuzung lie-
gende den Dreiecken gleich gefärbte Rechteck (*). Jenachdem die
Q) Diese Linienschemata haben ihre Etymologie ; die hier gegebene von
der Figur R. M. 98 S. 245 und 99 S. 34 6bis ist augenscheinlich richtiger
als die von Mayer als clepsidre incrociate S. 246. Denn die geschweiften
Grundlinien der vier Dreiecke entsprangen aus dem Streben, vor allem das helle
Diagonalkreuz hervortreten zu lassen. Vgl. auch 99 Taf. IV 24, hier Fig. 3.
184 E. PETERSKN
gekreuzten Doppellinien enger oder weiter gestellt werden, sind die
Dreiecke kleiner oder grösser, in umgekehrtem Verhältniss zum
Mittelquadrat oder Kombus; denn zwischen den Extremen in der
Mitte liegt das schachbrettförmige System von neun Quadraten oder
Romben ; ein Extrem dagegen sind die oben 2b genannten Romben
mit Knötchen an den Ecken (Vgl. Fig. 3, Schema 2b und 5).
In der exclusiv geometrischen Zone Mittelapuliens sind nament-
lich diese letzteren Muster reicher entwickelt, ebenso fast aus-
schliesslich eignen ihr G die semicerchi pendenti (aus Südapulien
nur R. M. 98 S. 211, 18 ; die ovoli der canosinischen hellenisier-
ten Doppelasken u. s. w. darf man kaum hierher rechnen), die Doppel-
A^ 4C;
m
■vg^rV*^*^
— — X.
ere
^
ij)
Fig. 3.
spirale R. M. 99 Taf. IV 35 besonders endlich 7. 8 das Hakenkreuz,
und die ihm nah verwandten Mäanderformen, jene in verschiede-
nen Varianten auch in Nordapulien und Suessula, dieser in Süd-
apulien vereinzelt in einfachen und mehr classischen Formen, so
auch in den späten Canosiner Vasen; in absonderlichen Formen
dagegen in Mittel- und Nordapulien und desgleichen in Suessula : es
ist die eckig gebrochene Spiralwindung oder wie Mayer 99 S. 30 sagt
spirali geometriche, die sowohl dem Dreieck wie dem Viereck ein-
gefügt wird und sowohl andern Dreiecks- und Vierecksmotiven als
Füllung sich aupasst als auch ganz isoliert sich anhängt (s. Fig. 3). In-
teressante Beispiele aus Mittelapulien giebt Mayer 99 S. 29 Fig. 4
(vgl. Taf. II H) 5, S. 31, 14 Taf. III, wo die Etymologie der
kunstreichen Mäanderfigur nicht ganz richtig scheint, da die Grund-
form eben nur die oben unter 5 genannte ist, das ja oft berei-
KUNDE UND FORSCHUNG 185
chert ist dadurch dass in das grosse Quadrat mit Diagonalen-
kreuz ein kleineres übereck hineingestellt ist, das bald mehr vor
(so Taf. II 2), bald mehr hinter dem Diagonalenkreuz zu stehen
scheint (so II 1). Ein solches Schema ist in der angeführten Figur II
14 gänzlich mit einzelnen Mäanderwindungen gefüllt. Es mag nun
hier schon angedeutet werden, dass diese Dreiecks- und Vierecks-
raäander eben deswegen von besonderem Interesse sind, weil sie ja
einen der deutlischsten Verbindungfäden dieser süditalischen und
der Villanovaornamentik mit ihren Dreiecks- und Vierecksmäandern
bilden.
An die von Mayer 99 S. 41 ff. besprochene mittelapulische
Gruppe von Gefässen mit den 9 bizarren Hakenmotiven an isoliertem
Mäander (Fig. 14) und 10 den hängenden Kreisen Fig. 17 schliesst
sich wiederum das ebenfalls mit winzig feinen wie hängend
schwingenden Kreisen gezierte Suessulaner Gefäss N. 78 IV 4 an.
Und nur hier kann auch der von Patroni seiner ' messapischen '
Klasse angereihte Askos Mon. VI S. 370, 12 seinen Platz finden
wegen der, freilich gekreuzt, hängenden Haken- und der ' Mäan-
derwucherungen \ Insofern er freilich durch letztere direkt mit Vil-
lanovagefässen, durch jene ebenso nahe mit altsikelischen sich be-
rührt, mag er zunächst räthselhaft und wegen seiner Vereinzelung
ungeeignet erscheinen, als Bindeglied zwischen räumlich und, wie man
meint, auch zeitlich soweit auseinanderliegenden Techniken ange-
sehen zu werden. Es wird gelten, ihn nach beiden Seiten fester zu
verknüpfen; zunächst aber ihm in Apulien selbst (vermuthlich Nord-
apulien, schwerlich Campanien entstammt er) noch an die Seite zu
stellen was, durch Patroni selbst meine ich, im Museum von Neapel
daneben steht ein andrer Askos ähnlicher Technik, nur von etwas
röthlicherem Thon, der statt der gekreuzten Haken eine ganze Keihe
derselben Haken oder gebrochenen IJnien hat, wie Ma}rer 98 Fig. 14
und 16, aber schräg hängend, zwischen links und rechts hängenden
Kreislein oder Augen (vgl. Fig. 4 und oben S. 181 Anm. 1) (').
P) Bei Seite lasse ich zwei mittelapulische Ornamentmotive, auf die
Mayer 99 S. 76 ff. ethnographische Schlüsse haut, die durch scharfsinnige Na-
mensvergleichungen vorbereitet, mir doch zu wenig sicheren Boden zu haben
scheinen. Nicht aus Mitgebrachtem sondern aus Zugeführtem scheint diese
Keramik und ihre Formen entstanden zu sein. Ausserdem kann ich aber in
dem 99 S. 78 abgebildeten Schema 11, namentlich nicht wie es auf T. II 5 hinter
13
186
E. PETERSEN
Wie Mayer beabsichtigt, an die apulische Keramik die älteste
tarentinische anschliessend zu besprechen, die er jetzt nur beiläufig
berührt, darf sie auch hier wegen einiger Verwandtschaft mit der
apulischen stehn (s. Fig. 5) Gesammelt und geordnet von Viola, war
sie schon vor zehn Jahren leicht zu übersehen. Dankenswerth ist dass
Patroni La ceramica S. 12 noch Einiges über den Fundort fest-
gestellt hat. Zusammen gefunden in einem pozso, aber wie es
scheint nicht einem Grabe, wie Mayer 99 S. 15 dort gehört haben
will, sind es theils rohe handgemachte schwärzliche und schwarz-
braune, theils mit viel besserer Technik gearbeitete, und mit roth. u.
Fig. 4.
schwarzem Ornament auf gelb - grau - röthlichem Grunde mit fei-
nem Pinsel bemalt, entsprechend den nicht bedeutenden Dimensio-
nen der Gefässe. Die Technik hat mit der älteren nordapulischen,
irre ich nicht, am meisten Aehnlichkeit ; z. T. auch die Formen,
die übrigens auch bei den schwarzbraunen ziemlich übereinstimmend
sind. Einhenklige wie zweihenklige Gefässe (vgl. Patroni Ceramica
S. 6) kommen namentlich auch so birnförmig vor wie in Apulien(1);
dem Henkel sichtbar ist, einen Dreizack erkennen ; noch weniger aber in der
andern auf Taf. II 1, 2, 3, 5 und sonst sichtbaren Figur 12 einen Kamm.
Wenn ein solcher als heiliges Symbol den Vasenmalern vorgeschwebt hätte»
würde der Entwickelungsgang m. E. grade der entgegengesetzte gewesen sein
von dem welchen M. selbst S. 77 constatiert, che questo ornamento quasi sotto
ffli occhi nostri si sviluppi da altra figura. Wie das Schema auf Taf. V 2
oder III 14, auch S. 24, 27, 25, 5, vgl. S. 36 und 57 sich zeigt, liegt der
Gedanke absolut fern. Kammähnlich hat die spätere Form auch Furtwängler
genannt, aber offenbar nicht an ein Symbol gedacht.
(x) Vgl. auch die S. 181 Anm. 1 besprochenen Gefässe von Metapont.
FUNDE UNÖ FORSCHUNG
187
zweihenklige durfte Mayer mit Recht den torzelle vergleichen, und
nicht blos unter den besseren, geraalten sind solche, die Taramelli
und Mayer an die Form der Villanovaurne erinnert haben.
Auch die Henkel bieten einige Vergleichungspunkte. Ein dem
bei Patroni Ceramica S. 7, 9 abgebildeten ähnliches Gefäss hat
wie Patronis orcio appulo (ebda S. 21) zwei Vorsprünge und zwei
Henkel, letztere ähnlich denen seiner Urne 99 S. 21 ff., nur minder
entwickelt; andre Henkel zeigen denselben scharfen Knick oben
wie die Torzellen, und auch zu Rotellenbildung am oberen Ansatz
findet sich ein schwacher Anlauf. Eine Art Sattelbildung auf an-
Fig. 5.
dem Henkeln ist allerdings ganz eigenartig, auch dadurch dass der
Sattel quer zum Henkel liegt, also für ein ganz verschiedenes Fassen
des Gefässes berechnet. Endlich giebt es einen Henkel der ähnlich
wie die nordapulischen gehörnten breit aber ungespalten über den
hinteren Henkelansatz aufsteigt, und auf der Vorderseite zwar nicht
mit Nagelköpfen aber mit runden Eindrücken in mehreren Reihen
übereinander versehen ist, die untere in Höhe des Gefässrundes, also
wie jene Scheibchen von Mayers Urtorzella.
Die Ornamentik ist durchaus geometrisch. Doppellinien, jede
nach aussen mit feinen Strichen besetzt, sind kaum noch als Zweige
gedacht. Thiere kommen nicht vor, ausser Vögel, minder hochbeinig
als auf den Torzellen bei Mayer 98 S. 204 f., entschieden Wasser-
vögel (s. Fig. 5) gänzlich geometrisiert d. h. mit fünf bis sechs kleinen
graden Strichen gezeichnet, und doch stehende und schwimmende
unterschieden; Zickzackborten, grundfarben zwischen gegitterten
188 E. PETERSEN
Dreiecken hervortretend, auch eine einfachere Form des oben lb be-
zeichneten Zickzacks, Romben einzeln und gereiht clepsidre, das
complicierteste ein Schulterornament, ein grosses Zickzack, dessen
stehende Dreiecke nicht mit Gitterung noch Parallelen zur einen,
sondern zu beiden Seiten also durch immer kleinere Winkel gefüllt
sind(1), ein Schema wie es auf den Canosinischen Doppelaskoi öfters
unten an den Röhrenhälsen sich zeigt., und in die leeren hängenden
Dreiecke dazwischen von oben schief hereinfahrende Zickzackli-
nien, dreistrichig, wie sie anderswo zweistrichig vorkommen, auch
sie an jene mittelapulischen Hakenmotive erinnernd. Hierher gehö-
ren auch die zweistrichige einfache Mäanderform (n. 208), und kaum
verschieden davon das dreistrichige Schema rechts und links vom
Henkel des von Patroni Ceramica S. 10 abgebildeten Gefässes,
und bemerkenswerth ist schon allein die Anwendung solchen mehr-
strichigen Ornaments, wieder wegen des Vergleichs mit Villanova-
ornamentik. Ebenso wie die mittelapulische Amphora Mayer 99
T. II 11 ist auch die kleine Tarentiner n. 130 innen auf der Lippe
mit einem Viereck aus eingebogenen Linien bezeichnet. Endlich
eine Vorliebe für stark markierte Horizontalen, wie sie im Nordapu-
lischen noch bemerklich ist. Im Ganzen also ein geometrischer Stil
der erheblich einfacher als der apulische, von dessen oben aufgezählten
Hauptschematen nur 1 und 2, selten 4, gar nicht 3 und 5 benützt;
aber, vergessen wir es nicht, auch nur in Gefässen einer und
derselben Werkstatt, vielleicht eines und desselben Jahres vorliegt.
Es ist natürlich weder griechische noch rein epichorische Keramik,
sondern eine durch griechisches Vorbild beeinflusste, und das grie-
chische Vorbild scheint keineswegs von dem der apulischen Ke-
ramik ganz verschieden und fremd gewesen zu sein.
Wenn, wie von Taramelli B. XX 94 S. 20 und Mayer 98
S. 202 und im Vorstehenden wiederholt, zum Vergleich auf Form
und Ornamentik von Villanovagefässen hingewiesen ist, und von
A. Evans und Taramelli eben dieselbe Tarentiner Keramik auch
mit der altsikelischen der I. Periode verglichen wird, so wird
dies durch Patronis in hochfahrendem Ton ertheilten Verweis (/?.
98, 65 ff. und Ceramica S. 10) noch nicht widerlegt, da P. hier
einen ganz andern Maasstab an solche Vergleichungen legt als bei
(') In Fig. 5 von Vase 91. Vgl. die sikelisch-geometrische, E. M. 98
S. 359 and die karische, Athen. Mitth. 87 S. 229.
FUNDE UND FORSCHUNG 189
seiner eigenen Zusammenstellung canosiner Ware des 3. oder selbst
der 5. Jhdts., wie er meinte, mit mykenischer. Villanova möge einst-
weilen auf sich beruhen ; aber auf die sikelische Keramik muss doch
nach dem Ueberblick über die süditalische (nichtgriechische) ein
Seitenblick geworfen werden, wobei nicht die schwerer übertragene
Technik sondern nur die Ornamentik kurz ins Auge gefasst werden
soll. Auch apulische und tarentinische Formen können als sikeli-
schen verwandt angesehen werden, so die birnförmigen Tassen oder
Kannen dem troischen Becher mit seiner allmählich sich vermin-
dernden Lippe ; auch der "Villanovaurne ähnliche Urnen mit verti-
kalen wie die torzella und mit horizontalen Henkeln finden sich dort.
Noch mehr sind Henkelformen verwandt, so den R. M. 98 S. 187
IX 6-8 abgebildeten, mit denen sich auch solche von Matera verglei-
chen, die mittelapulischen R. M. 99 Taf. II, und den nordapulischen
gehörnten mit den Augen solche der IL Sikelerperiode ebda IX 9
und 20 : und wenn das merkwürdige Stück von Stentinello B. 90
Taf. VII 16, ein Hundekopf mit glotzenden Augen und gespitzten
Ohren, zu langhalsig und platt ist, um für den Theil einer Thierfigur
genommen zu werden, was könnte es da eher gewesen sein als ein
Gefässgriff wie an den apulischen ' Lampen ', s. Patroni Ceramica
378, 21 (!)? Der Castelluccio - Henkel a. 0. S. 187 IX 5 findet
sich gleicher Gestalt, der andre B. p. i. 92 V 64 auch gleich or-
namentirt in Tarent n. 32.
Die aufgezählten apulischen Ornamentschemata kommen in der
gemalten und gravierten Keramik der vorsikelischen und derl. und II.
Periode fast alle vor, so 1, auch das so zusagen negative (R. M. 98
S. 175 mit S. 163, III 10) Zickzack, und lb, (auch in derTaren-
tiner Form Fig. 5) a. 0. S. 185, VIII 19; für 2 bedarf es keines
Verweises, 2b. S. 185, VIII 4; 3 (rombisch) ebda 27, normal erst
in der IV. Periode; 4 häufig in III aber schon in I a. 0. VIII 6
und 10; 5 ist ein Hauptornament der I Periode vgl. a. 0. VIII 5, 2,
noch nicht so sauber reguliert und durch Einlegung eines zweiten
Quadrats compliciert wie an den so viel späteren mittelapulischen
und den (2) damit verglichenen phoenikischen Vasen, aber doch
(*) Vgl. den ebenfalls langhalsigen ' Rinds ' köpf unter der geometri-
schen Keramik von Aphidna, Athen. Mitth. 96 Taf. XV 1 mit S. 389.
(*) Von Winter, Athen. Mitth. 1887 XII S. 240.
190 E. PETERSEN
schon nahekommend B. p. i. 92 VI 2 und 41 ; und solche Sche-
mata wie K. M. 98 S. 185 VIII 4 finden sich auf mittelitalischen
Fibeln (Montelius civilisation I Taf. II; vgl. I 9 ohne nähere
Angabe und II 13 süditalisch); apulisch 6 ist beliebt in der si-
kelischen II Periode s. K. M. 98 S. 178 VII 5 und ähnlich an
der Mündung des Tarentiner Gefässes 32 innen ; 7 findet sich
ureinfach und selten, augenscheinlich wie ein Versuch der Nach-
ahmung a. 0. S. 185 VIII 14. wenig verschieden ebda 6 und 11,
und häufiger als die X, mit hakenartigen Enden oben und unten,
sind 9 zwei parallel nebeneinanderstehende oder zwei sich kreuzende
Haken, jene wie diese aus Castelluccio, jene a. 0. S. 185 VIII 23,
diese S. 166, 7, letztere genau wie an dem merkwürdigen oben
erwähnten Neapler Askos mit Villanovamäander, nur dass die Haken
an diesem nicht stehend sondern hängend erscheinen. Aber auch
das habe ich an einem Bruchstück von Castelluccio in Syrakus
n. 9673 notiert, wo sie von dem erhaltenen Kande des Kelches nach
innen herabhängen, nun freilich nicht gekreuzt, sondern parallel (l).
Auch zu den hängenden Kreislein 10, stellt sich ähnlich vereinzelt
die hängende Doppelspirale der Tasse von Pietrarossa Annali 80
AB 5, womit K. M. 98 S. 191 schon ein ähnliches Motiv, stehend
gekreuzt S. 185 VIII 3, verglichen wurde und hängend, mehr über-
einstimmend die nach mykenischen Mustern sculpierten Thürver-
schlussplatten S. 185. Auch auf mykenischen Vasen kommt die
unvermittelt von einer Querlinie herabhängende Spirale einzeln
(!) Die Entstehung dieses Hakenmotivs scheint sich vor unseren Augen
abzuspielen. Wie in dem apulischen (und sikelischen) Zickzack lb die Enden
der Zickzacklinien sich ein wenig vorstehend, kreuzen, ein auch der myke-
nischen Vasenmalerei geläufiges Motiv ; so sind die äusseren Umrisslinien
des Zickzackbandes EL M. 98 S. 185 VIII 9 nicht blos vorstehend sondern
auch hakenartig umgebogen (vgl. ebda 19 mit 28). Die vorspringenden
Haken an Mustern wie ebda 16 und 27 aus Castelluccio und neuerdings
ß. p. i. 98 T. XXI) auch von Monte-Tabuto wird man gewiss ursprünglich
als die durchgezogenen Enden der Gitterstriche zu verstehen haben, wie das
bei 27 noch fast ersichlich, bei 15 ungewiss, bei dem Beispiel von M. Tabuto
aber und einem andern von Castelluccio in SjTakus durch leeren Zwischen-
raum hinter der Linie ausgeschlossen ist. Eine andre Entstehung der ge-
kreuzten Haken zeigt das Henkelstück von Pietrarossa Annali 80 DC 7.
Uebrigens können diese eckigen Haken von den S. 181 Anm. 1 besprochenen
runden natürlich nicht getrennt werden.
FUNDE UND FORSCHUNG
.191
(M. V. VII 37, XXXV 350 vor und gedoppelt XXXI 298, wo
daran wieder das andre bekannte Hängemotiv eines oder zweier
Bandenden gehängt ist ('). Als mykenische wurde ja auch das R.
M. 98 S. 158 abgebildete Plattenornament mit der hängenden
Doppelspirale bezeichnet.
In Fig. VIII a. a. 0. sind links einige seltene und ungewöhn-
liche Schemata der sikelischen I. Periode, besonders aus der Um-
gegend von Girgenti zusammengestellt. Einzelnes ist davon schon
angeführt; sie geben aber noch zu anderen Vergleichen mit Süd-
italischem Anlass und zeigen zugleich, wie zeitlich weitaus einan-
derliegendes doch nahverwandt ist. An jene Stelle gehörte 13 nicht
Fig. 6.
hin, denn es war einer Kanne in Syrakus entnommen, die nicht 1.
oder II. sondern III-IV. Stiles ist, abgebildet jetzt R. M. 98 S. 362,
78. Was dazu verleitet hatte war die in die Augen springende Ver-
wandtschaft mit ebda 1, einem Viertel des Ornaments im Inneren
eines hochfüssigen Bechers der I. Periode von Pietrarossa aus SW
Sicilien, Ann. 80 AB 7. Dass aber auch dieses letztere Schema
nicht sikelischen Ursprungs ist wird eine ostgriechische Scherbe
im Tarentiner Museum, in Fig. 6 nach meiner Skizze, womit zu
vergleichen ein selbst merkwürdigerweise im Bruch ähnliches Ge-
genstück, aus Cypern, ohne Weiteres klar machen. Von jenem Vier-
(*) Die K. M. 98 S. 191 angeführten Beispiele mykenischen Einflusses
auf die sikelische I. Malerei lassen sich vermehren.
102 E PETERSEN, FUNDE UND FORSCHUNG
Üügelornament, nicht direkt von einem Hakenkreuz stammt endlich
die zierliche Windmühle, möchte man sagen auf dem Xeapler Be-
cher mit Hörnerhenkel Mon. Line. VI S. 381 Fig. 26, oben Fig. 1.
Genug, an Übereinstimmungen der süditalischen Keramik
namentlich im Ornament mit altsikelischem fehlt es nicht. Aus Si-
kelerwanderungen sind sie offenbar nicht zu erklären. Die Verzie-
rungsweise die in Sicilien früh zurückgedrängt wurde durch Ue-
berhandnehmen der uralten eingeritzten Zeichnung, kann ja auch
nicht so viel später auf Süditalien eingewirkt haben. In Matera ist
denn auch wenigstens die Hoffnung erweckt, dass bessere Proben
einer die mittelapulischen Keramik vorbereitenden älteren Gattung
noch gefunden werden. Warum sollten aber auch die für Ostsici-
lien durch die knöchernen Dolchscheiden (s. R. M. 98 S. 164) und
die mykenischen Vasen erhärteten früheren Verbindungen mit dem
Osten nicht auch Süditalien erreicht haben, wo aus Oria z. B.
eine mykenische Vase (Pottier V. a. d. L. pl. 29 D 1) bezeugt ist?
Dass die geschichtliche Abfolge hier so viel weniger klar vorliegt
erklärt sich daraus, dass hier niemals so umfassend und gewissenhaft
gegraben und die Funde controliert sisd wie durch Orsi in Sicilien.
Vom Süden gilt es nun nach Mittel- und Norditalien den
Blick zu richten.
E. Petersen.
POMPEIANA.
Durch sein Pompeianarum quaestionum specimen, das 1868
als Berliner Habilitationsschrift erschien, hat Richard Schoene vor
einem Menschenalter der baulichen und geschichtlichen Erforschung
Pompeiis neue Wege gewiesen. Die Arbeiten Fiorellis (1873), Nis-
sens und Schoenes selbst (1877), Maus (seit 1879) haben durch
Verfolgung dieses Weges ein ganz neues Bild der verschütteten
Stadt gewonnen und das geschichtliche Nacheinander an die Stelle
des buntscheckigen, nur scheinbar einheitlichen Nebeneinander ge-
stellt. Hoffentlich ist die Zeit nicht mehr fern, wo auch populäre
Bücher, anstatt einer blossen Periegese oder einer Anordnung nach
Gattungen von Gebäuden und Kunstwerken, sich die dankbare Auf-
gabe stellen werden, den Spuren namentlich Nissens folgend, mit
der politischen Umbildung der Stadt zugleich ihre künstlerische
Entwicklung historisch zu schildern und so den Verlauf dieses
städtischen Gemeinwesens nach allen Seiten zu verfolgen. Durch
Lösung dieser schönen Aufgabe wird sich doppelten Dank verdie-
nen, wer dabei Pompeii von dem Isolierschemel einseitig italisch-
pompeianischer Betrachtung herabheben und es namentlich in seiner
künstlerisch bedeutendsten Zeit in den Zusammenhang der ganzen
hellenistischen Kunstentwicklung hineinstellen wird. Zu dieser Auf-
gabe sollen die folgenden Bemerkungen einen bescheidenen Beitrag
liefern (').
I.
Unter den Tempeln Pompeiis wird gemeiniglich der sog.
dorische Tempel oder Hekatompedos als Beispiel einer giechischen
(') Die Ergebnisse der Abschnitte I und III habe ich bereits in meiner
Bearbeitung von A. Springers Handbuch der Kunstgeschichte, I5, Leipzig 1898»
S. 1)4 und 126 f. kurz angedeutet.
14
104 AD. MICHAELIS
Anlage in Gegensatz gestellt gegen alle übrigen Tempel als eine
geschlossene Gruppe italischen Charakters, insofern letztere nicht
au allen vier Seiten aufgetreppt, sondern auf einem Podium gele-
gen, nur an der Vorderseite durch Stufen zugänglich sind. Dass
beim Vespasianstempel die Stufen seitlich angebracht sind und von
hinten auf das Podium führen, mag als eine durch den beengten
Kaum entschuldigte Abweichung ausser Betracht bleiben ; quae so-
tent esse in fronte ad latera sunt translata, wie es bei Vitruv 4, 8, 4
von verwandten Dingen heisst. Eine nähere Betrachtung ergibt in-
dessen deutliche Unterschiede innerhalb der zweiten Gruppe; auch
ist es falsch den Podiumtempel als eine ausschliesslich italische
Tempelform zu betrachten.
Tempel der capitolinischen
Götter.
Fig. 1.
Tempeljler~ Fortuna Augusta.
Tempel jVespasians.
Da bei dem italischen Tempel nach Vitruvs Angabe (4, 7, 1)
der Platz für die Cella oder die Cellen die gleiche Tiefe hatte wie
die mit Säulen umgebene Vorhalle, so lag die Thür der Cella
POMPEIANA. 195
(bzw. der mittleren Cellu) genau in der Mitte der ganzen Anlage (2).
Dies trifft vollkommen zu bei dem grossen Tempel der drei
capitolinischen Götter auf dem Forum (Fig. 1 links) (3),
falls man zu der Säulenhalle den ganzen Treppenbau hinzunimmt,
wenn man also den vollständigen, über den Boden hervorragenden
Bau als ein Ganzes fasst. Nicht ganz so einfach liegt die Sache
bei dem schönen Tempel der Fortuna August a (Fig. 1
rechts oben). Hier stimmt die Entfernung von der Tiefe der Aedi-
cula innerhalb der Apsis (ohne die Mauerdicke) bis zur Mitte der
Thürschwelle genau überein mit dem Abstand des letzteren Punktes
von dem unteren Beginn der breiten Haupttreppe ; dabei bleibt aber
einerseits die Altarterrasse mit den beiden Seitentreppen aus-
geschlossen, andrerseits bleibt ausser Acht, dass die Apsis nach
Schoenes und Maus Beobachtungen (4) ein späterer Anbau ist. Im-
merhin ist jene Halbierung der Hauptaxe durch die Thür so auffällig,
dass man sie ungern dem Zufall zuschreiben möchte. Bei dem drit-
ten Tempel dieser Gruppe, dem des Vespasian (Fig. 1 rechts
unten), ist schon durch die schiefe Lage des Tempels zu der Rück-
mauer der Area eine genaue Bestimmung der Cellalänge schwierig;
ausserdem ist hier, wie oben erwähnt, der Aufgang von der Front
an die Nebenseiten verlegt. Somit passt das Schema des italischen
Tempels nicht ganz auf diesen Grundriss ; es mag der Hinweis ge-
nügen, das die grösste Länge der Cella (Südwand) einschliesslich
der Mauerdicke, bis zur Mitte der Schwelle gerechnet, genau der
Tiefe der Vorhalle sammt der Länge der Treppe entspricht.
Diese drei Tempel, die von der letzten samnitischen, aber schon
von römischen Einflüssen durchsetzten Zeit bis nahe an den Un-
tergang der Stadt reichen, zeigen somit alle den italischen Typus,
wenn auch je nach den Umständen leicht abgewandelt. Vom Isis-
(*) Vgl. Degering, Göttinger Nachrichten 1897 S. 145 f.
(3) Die diesem Aufsatz beigegebenen Pläne pompeianiseher Tempel sind,
da die kleinen Pläne bei Overbeck und in anderen Handbüchern für meinen
Zweck nicht ausreichten, sämmtlich dem Werke C. Weichardts, Pompeji vor
der Zerstörung, Leipzig [1897], entnommen. Den neuentdeckten Tempel, der
vermuthlich der ersten Gruppe angehört [Not. degli scavi 1899, S. 17 ff.) habe
ich als zu arg zerstört bei Seite gelassen.
(4) Schoene bei Nissen, Pompeian. Studien S. 179 f. Mau in diesen
Mittheilungen 1896 S. 270.
196
AD MICHAELIS
t c m p e 1 sehe ich ab, da hier fremde Kücksichten mitgespielt haben
können (5); die Cellatiefe einschliesslich der hinteren Mauer ent-
spricht übrigens ungefähr, nicht genau, der Tiefe der Vorhalle.
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Tempel des Zeus Milichios.
Fig. 2.
Ionischer Tempel in Pergamon.
(5) Die bekannten beiden herculanensischen Abbildungen alexandrini-
scher Tempel (Heibig n. 1111 f. Ant. di Ercolano II, 59 f.) zeigen Treppen in
der ganzen Breite des Hofraums und keine Säulenstellung vor der Cella. Am
(jetzt wieder verschütteten) Dromos des Sarapeion von Memphis stehen neben
einander eine unaufgetreppte Cella ägyptischen Stiles, die den Apisstier be-
herbergte, und eine hellenistische Kapelle des Sarapis von geringer Tiefe, vorn
mit zwei uncannelierten korinthischen Säulen zwischen zwei Anten sich öffnend
gegen eine sechsstufige, in ganzer Breite vorgelagerte Treppe (Mariette, Choix
POMPEIANA 197
Eine besondere Stelling nimmt der Tenrpel des Zeus Mi-
lien ios (Fig. 2 links) ein, der ja nach der bekannten Inschrift (6)
wenigstens seiner Anlage nach sicher der samnitischen Zeit ange-
hört. Es ist kein eigentlicher Podiumtempel, sondern der hinterste
Theil der Area ist erhöht und mittelst einer Freitreppe in der ganzen
Breite des Hofes zugänglich, auf dem erhöhten Boden aber liegt die
Cella mit ihrer Vorhalle, an beiden Seiten und hinten durch einen
schmalen Gang von etwa 1 Meter Breite von der Umfassungsmauer
getrennt: ein deutliches Beispiel des ambilus, d. h. cireuilus aedi-
ficiorum, patens in lalitudinem pedes duos et semissem(7). Auch
hier zerfällt die ganze erhöhte Anlage einschliesslich der Treppe
und des ambitus der Länge nach in zwei gleiche Theile, deren Scheide
wiederum die Schwelle der Cellathür bildet. So weit entspricht also
die Anlage italischem Brauch, daneben aber drängt sich die Ana-
logie mit dem sog. ionischen Tempel (vermuthlich des Dionysos) in
Pergamon (8) auf (Fig. 2 rechts). Am Ende der langen schmalen
Theaterterrasse belegen, ist der Tempel ebenfalls durch eine viel-
stufige, die ganze Breite der Terrasse einnehmende Treppe zugäng-
lich. Diese führt zu einer Plattform, auf der die Cella mit ihrer
viersäuligen Vorhalle genau ebenso von einem verhältnismässig
schmalen Gange (2,37 M.) umgeben liegt, der rechts von einer
Stützmauer, hinten von der künstlich abgeschrofften Felswand, links
über dem Abhänge von einem Geländer umgeben war. Um die Ana-
logie vollständig zu machen, ist hier wie dort der Altar nicht quer
vor die Treppe, sondern der Länge nach in die Axe des Tempels
gestellt; der Grund hierfür scheint beidemal, wenigstens zum Theil,
in der Schmalheit des vorgelagerten Eaumes zu liegen. Der am-
bilus ist bei beiden Tempeln wohl zunächst um des stilieidium
willen angeordnet. In Pergamon kommt hinzu die Nachbarschaft
de monuments et de dessins de"couverts ou exe'eute's pendant le diblaiement
du Sfrapeum de Memphis, Paris 1856, Taf. 4).
(6) Zvetaieff, Sylt, inscr. Ose. n. 62. — Hinsichtlich der Vorhalle habe
ich die mit dem pergamenischen Tempel übereinstimmende Lösung von Mazois
der künstlichen Anordnung Schweichardts vorgezogen.
(7) Festus epit. p. 5. Vgl. Nissen, Pomp. Stud. S. 567 f. 2 • '2 oskische
Fuss = l,02 Meter.
(8) Alterthümer von Pergamon IV Taf. 25 ff. Fig. 2 ist von Tafel 45
entnommen.
198
A.D. MICHAELIS
des hohen und schroffen Felsabsturzes, an den sich der Tempel
kaum mit der Rückseite, garnicht mit der Seitenwand unmittelbar
anlehnen konnte, ohne die ganze prächtige Wirkung zu gefährden.
In Pompeii besteht nicht der gleiche Zwang, da die Umfassungs-
mauer niedriger war als der Tempel, doch ist auch bei den übri-
gen Tempeln immer für eine seitlich freie Lage Sorge getragen
worden. Die Lösung der ganzen Aufgabe bietet aber solche Aehn-
lichkeit mit dem wahrscheinlich älteren, in seiner ursprünglichen
Gestalt der Königszeit augehörigen Tempel in Pergamon, dass man
auf eine in hellenistischer Zeit verbreitete Art der Anlage zurück-
schliessen möchte (9).
□
Fig. 3.
Tempel des Apollo.
Vollends erweist sich der Apollotempel (Fig. 3) als eine ita-
lischem Brauche fremde Anlage hellenistischen Stils. Innerhalb des
von Säulenhallen umgebenen Hofes erhebt sich das Podium aller-
seits frei, ist also nicht, wie es bei den italischen Tempeln fester
Brauch ist, mit seiner Rückseite an eine abschliessende Mauer ge-
lehnt. Dem entsprechend ist der Tempel selbst auf dem Podium
ein Peripteros, von allerdings sehr kurzer Form (6 zu 10 Säulen) (I0).
(9) Darauf wird kein Gewicht zu legen sein, dass beim pergamenischen
Tempel die Länge der Cella einschliesslich der Rückmauer genau mit der
Tiefe der Vorhalle nebst dem oberen siebenstufigen, durch besondere Seiten-
wangen ausgezeichneten Abschnitt der Treppe übereinstimmt (vgl. a. a. 0.
Taf. 41).
(10) Hierin entspricht er dem Tempel der Athena Polias in Pergamon
(Alterth. von Pergamon II, 12). 6 zu 11 Säulen in Tennessos und Sagalassos,
s. Niemann bei Lanckoronski, Städte Pamphyliens und Pisidic ns II, Taf. 3. 24.
POMPEIANA 199
Vom Gewöhnlichen abweichend ist die Lage der Cella innerhalb
des Pteroma, insofern der hintere Umgang, obscbon breiter als die
Seitengänge, doch nicht einmal ein Drittel der Tiefe des Vorplatzes
vor der Cella einnimmt. Wollte man etwa als Grund dieses starken
Zurücktretens der Cella den Wunsch annehmen, auch hier nach ita-
lischer Weise die Cellathür mit ihrer Schwelle in den Mittelpunkt
des ganzen Peripteros zu verlegen, so widerspricht dem der That-
bestand. Zwar ist die Tiefe der Cella (einschliesslich der Rückwand)
gleich der Tiefe der Vorhalle bis an den vorderen Rand des Po-
diums; misst man aber das Podium in seiner vollen Länge, so
liegt die Hälfte anderthalb Meter hinter dem Mittelpunkt, zwei
Meter hinter der Vorderkante der Thürsch welle. Wollte man end-
lich die schmale Treppe hinzurechnen, so würde man ebenso wenig
dahin gelangen der Cellathür einen centralen Platz anzuweisen.
Kurz die bei den anderen Tempeln der Thürschwelle zukommende
Rolle, die in italischen Kultanschauungen begründet ist, trifft bei
diesem Tempel so wenig zu wie bei dem dorischen Hekatompedos :
er ist in seiner Anlage rein griechisch. Die ungewöhnlich grosse
Vorhalle und deren Tiefenverhältnis zum hinteren Umgang findet
ihre nächstliegende Analogie in dem alten mittleren Burgtempel C
in Selinus(n), in beschränkterem Masse in dem Apollonion G der
dortigen sog. Neapolis (,2); wenn in beiden Tempeln innere Säulen-
stellungen innerhalb der Vorhalle hinzukommen, so liegt der Grund
in den viel bedeutenderen Grössenverhältnissen und in dem schwe-
reren dorischen Gebälk.
Dem griechischen Charakter des pompeianischen Apollotempels
widerspricht auch nicht das Podium das ihn trägt. Dass dieses
eine Eigenthümlichkeit des italischen Tempels sei, ist eine oft wie-
derkehrende, aber irrige Meinung. Vitruv erwähnt in seiner Bespre-
chung des tuscanischen Tempels (4, 7) nichts davon, und auch sonst
finde ich keine solche Angabe; vielmehr erweisen die neuerdings
in grösserer Zahl bekannt werdenden etruskischen und mittelita-
lischen Tempelpläne (13) den Brauch als nichts weniger als regel-
C1) Benndorf, Metopen von Selinunt Taf. 12. Aus dem classischen
Süden Taf. E. Koldewey und Puchstein, Die griech. Tempel in Unteritalien und
Sicilien, Berlin 1899, Taf. 12.
(1?) Benndorf Taf. 13. Aus dem class. Süden Taf. G. Koldewey u. Puch-
stein Taf. 17.
(W) Degering (Anm. 2) S. 137 ff.
200 AD. MICHAELIS
massig. Dagegen unterscheidet Vitruv beim griechischen Tempel
die beiden Fälle, si circa aedem gradus futuri sunt und si circa
aedem ex tribus lateribus podium facieadum erit (3, 3, 4 f.).
Koldewey hat in seinem Programm über Neandria (H) eine Anzahl
von Beispielen peripterer Podiumtempel zusammengestellt. Sehen
wir von dem hochalten Tempel in Neandria ab, den Dörpfeld dem
Vernehmen nach ebenfalls für einen Peripteros hält, so bietet der von
Koldewey durch Deutung der Reste erst wiedergewonnene Kolossal-
tempel in Tarsos (Fig. 4), der sog. Dönik-Tasch (,5), ein zutreffen-
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Fig. 4.
Tempel in Tarsos.
des Beispiel: ein etwa 6 Meter hohes Podium, auf dem die Cella
eine ähnlich zurückgeschobene Lage hat wie die Cella des pom-
peianischen Tempels ; vor der Cella eine weite Halle, durch mehr-
fache Säulenstellungen, die bei den mächtigen Grössenverhältnissen
zum Tragen der Decke nothwendig waren, gegliedert ; an der nörd-
lichen Vorderseite die gradus in fronte in Gestalt einer in voller
Breite vorgelagerten vielstufigen Treppe. Die Entstehungszeit des
Tempels ist leider nicht genau bestimmbar; wenn Koldewey ihn
für griechisch-römisch erklärt, so ist damit nur der Gegensatz gegen
die Annahme althetitischen oder assyrischen Ursprungs bezeichnet.
Koldewey nimmt die gleiche Anlage auch für das Smintheion
('<) Neandria, Berlin 1891, S. 31 f.
(15) Aus der Anomia S 178 ff. Daher ist Fig. 4 entlehnt. Zu dem selt-
samen Erhaltungszustand vgl, den neuen Tempel in Pompeii (Anm. 3).
POMPEIAXA 201
und das ephesische Artemision an(16). Leider ist Pullans Publi-
cation des Smintheion (17) so lückenhaft — es fehlt jede Wieder-
gabe des heutigen Zustandes — dass ein Urtheil schwierig ist, doch
haben sich nach den Angaben des Textes nur an der südwestlichen
Schmalseite Stufen gefunden, und für den Grundplan wird eine
iunere Säulenstellung (nQoörvXia) anstatt des tiefen Pronaos ia
antls als nicht unwahrscheinlich bezeichnet. Hierdurch erscheint Kol-
dewej's Almahme eines bloss vorn aufgetreppten Podiumtempels
wenigstens als möglich, und wenn Pullan die Vorderwand der Cella
richtig angesetzt hat (was man nach den erhaltenen Grundmauern
wohl annehmen darf), so erhalten wir wiederum das gleiche Ver-
hältnis einer Vorhalle von etwa dreifacher Tiefe gegenüber dem
Säulengang hinter der Cella. Pullans Aufrisse aber, mit dem rings-
umlaufenden zehnstufigen Krepidoma, sind wohl geeignet die un-
günstige Wirkung eines so grossen Stufenapparates vor Augen zu
stellen und auch für das Artemision zu Ephesos, für das bekannt-
lich Philon (18) eine xQ^nlda dsxaßaüpiov bezeugt, Koldeweys An-
nahme einer blossen Fronttreppe wahrscheinlich zu machen. Ist
dem aber so, so geht die Anlage eines bloss vorn aufgetreppten
peripteren Podiumtempels bis ins vierte Jahrhundert zurück, in das
nicht bloss das Artemision, sondern, nach der Angabe über Skopas
Thätigkeit für das Smintheion (I9), auch die Anlage dieses Tempels
gehört (20).
Der Anlass zu dieser Abweichung vom althergebrachten grie-
chischen Schema des Peripteros liegt auf der Hand: sie ist aus
dem Bedürfnis hervorgegangen den Tempel höher über den umgeben-
(lö) Auch für den prächtig erhaltenen Tempel in Aizanof (Texier, Asie
Min. I Taf. 23 ff. Le Bas, Voyage arche'ol., Arch.it. Taf. 18 ff.), von dem ich
aber wegen seiner späten Entstehungszeit (A. Körte in der Festschrift für
0. Benndorf, "Wien 1898, S. 209 ff.) hier abgehe.
(«) Antiquities of Ionia IV Taf. 26 ff.
(18) De Septem orbis spectaculis c.6 (nach Erwähnung der Fundamente)
7iQwtoy pev egio&ev eßdXtxo xgrjnidit dexußa&jjov dtsytigtot/ ngog ßceoiv usiem-
qo(fuvi? (? {AtTewQotpavTJ ?) xai nsQi... Leider bricht das erhaltene Fragment
mit diesen Worten ab, die nach Koldeweys scharfsinniger Vermuthung zu den
anderen, den vermuthlichen Podiumseiten des Tempels (negi) überleiteten.
(19j Strabon 13 p. 604.
(20) Die Anlage, denn die Ausführung ist nach Pullan nicht gkichmäss'g
und zeugt für verschiedene Buuzdten.
202 AD. MICHAELIS
den Grund hinauszuheben. Hätte man z. B. in Pergamon den ioni-
schen Tempel (Fig. 2) am Ende der schmalen, 250 M. langen Ter-
rasse nur auf die üblichen drei Stufen gestellt, so wäre er ohne
Wirkung geblieben, während jetzt die Erhebung über die Terrasse
um Allz Meter ihn als den beherschenden Zielpunkt des laugen
Prospects erscheinen lässt. Die hohe breite Flucht der Stufen, in
richtigem Verhältnis zu den Massen des Tempels darüber, vol-
lends wenn man sie sich mit Menschen angefüllt denkt, wirkt
ebenso wie die breite Treppe am grossen Altar zu Pergamon (21).
Aehnlich steht es mit den nach allen Seiten frei liegenden Ko-
lossaltempeln, wie sie von Alters her in Kleinasien beliebt waren.
Eine allseitige vielstufige Anlage des Krepidoma nahm zu viel Kaum
in Anspruch und war schwerfällig in der Wirkung. Auch war der
Weg längst gewiesen. Eine bescheidene Hervorhebung der Front-
stufen bietet schon der archaische Tempel C in Selinunt (n), an
dem vorne neun, an den anderen drei Seiten nur vier Stufen an-
geordnet sind. Der etwa ein Jahrhundert jüngere sog. Cerestempel
in Paestum (22), der ebenfalls eine weite Halle vor der Cella hat,
zeigt die üblichen drei Stufen nur in seiner vorderen Hälfte, wäh-
rend die hintere des Krepidoma ganz entbehrt. Am etwa gleich-
zeitigen Hekatompedos in Pompeii (23) treten, wohl nur infolge
von Terrain Verschiedenheiten des umgebenden Platzes, geringere
Unregelmässigkeiten des Krepidoma auf, hier mit einer besonderen
schmaleren Treppe in der Mitte der Front, nach Art der Rampenzu-
gänge peloponnesischer Tempel, verbunden. Jedoch sind die bei-
den letzten Beispiele unsicher, da die neueste Aufnahme Kol-
deweys die Stufenreihen bei dem Paestaner Tempel als allseitig
herumgehend gibt, so dass die scheinbare Unregelmässigkeit nur
Folge von Zerstörung wäre, bei dem Hekatompedos in Pompeii
aber die ursprünglichen Verhältnisse sich nicht mehr feststellen
(*») Vgl. die Ansichten Alt. von Pergamon IV Taf. 26. 4B. 46.
(22) Durm, Baukunst der Griechen 2 S. 305. Koldewey und Puchstein
(Anin. 11) Taf. 3, Text S. 19.
(23) Am besten Mon. ined. dei Lincei I, zu S. 199, jetzt bei Koldewey
und Puchstein Taf. 5, Text S. 45 f. Zur schmalen Fronttreppe in Verbindung
mit dem gewöhnlichen Krepidoma vgl. den alten Apollontempel in Syrakus,
den Tempel zu Egesta, den Heratempel E in Selinunt (Aus dem class. Süden
Taf. D und G. Koldewey und Puchstein Taf. 7. 19. 18).
POMPEIANA 203
lassen. Auf alle Fälle lassen sich auf Grund des alten selinun-
tischen Tempels gewisse Ansätze jener Bildung bis in die Anfänge
griechischen Tempelbaues zurückverfolgen. In hellenistischer Zeit
ward aber die Anlage des Podiumtempels mit vorderer Freitreppe
von den grossen Peripteroi auch auf kleinere prostyle Tempel über-
tragen. Dafür legen die Wandgemälde Pompeiis deutliches Zeugnis
ab. Das Bild, das Iasons Erscheinen vor Peiias darstellt (24),
dasjenige der casa del cilarista mit Iphigenia die zu Thoas und
den Gefangenen herabsteigt (25), das ähnliche aus dem Hause des
L. Caecilius Iucundus (2(i) mögen als Belege dienen ; es sind lauter
Bilder die mit voller Sicherheit auf hellenistische Vorbilder zu-
rückgehen und uns die besprochene Tempelform als Lieblingsform
dieser Zeit vorführen. Von hier fand sie auch Eingang in die helle-
nisierende Architektur Roms (27).
Ich kehre zum Apollotempel in Pompeii zurück. Der Altar
vor der Treppe hat dieselbe Aienstellung zum Tempel wie der des
Zeus Milichios (Fig. 2). Da aber, abweichend von letzterem, beim
Apollotempel kein Zwang wegen Enge des Hofraums in Betracht
kommen kann, so muss ein anderer Grund zu jener Stellung des
Altars geführt haben. Nun ist der Apollotempel gegen Süden orien-
tiert, ebenso wie der ionische Tempel in Pergamon, bei dem sich
die gleiche Richtung des Altars wiederholt (Fig. 2). Es liegt nahe
für beide Fälle den gleichen Grund vorauszusetzen. Beim perga-
menischen Altar ist die breitere westliche Stufe deutlich als Stand-
platz des Opferers bezeichnet, der also beim Opfer gegen Osten
schaute, dem herschenden, wenn auch nicht allein giltigen griechi-
schen Brauch entsprechend (28). Vermuthlich gilt dies auch für den
f24) Am besten bei Winter, Eine attische Lekythos des Berliner Mu-
seums, Berlin 1895, S. 12. Winter scheint mir allerdings das Originalbild viel
zu hoch hinaufzurücken; es ist gewiss erst hellenistisch.
(25) Mon. ined. delV Inst. VIII, 22.
(*6) Arch. Zeitung 1875 Taf. 13.
(27) Das älteste bekannte Beispiel bietet der 191 vollendete palatinische
Tempel der Magna Mater (Hülsen in diesen Mittheil. 1895 S. 3 ff.). Ebenso
war allem Anschein nach Metellus' Juppitertempel, bekanntlich ein Werk
des Hermodoros von Kypros, ein peripterer Podiumtempel, vgl. Yitr. 3, 2, 5
und den Grundriss des späteren Umbaus bei Jordan, Forma url/is Romae
Taf. 5.
(28) Vitr. 4, 8 (9) arae spectent ad orientem, vgl. Reisch bei Pauly- Wis-
se wa I, 1655 f.
204 AD. MICHAELIS
Altar des Apollotempels. Allerdings verlangt Vitruv (29) auch fin-
den italischen Altar die gleiche Orientierung, im Zusammenhang
mit der von ihm als normal geforderten Orientierung des Tempels
gegen Westen; so gilt es denn auch für die Tempel der Fortuna
Augusta und des Vespasian (Fig. 1). Aber diese Richtung des Tem-
pels ist ja keineswegs die Eegel; bei dem gegen Süden sich öff-
nenden Tempel der drei Götter auf dem Forum (ebenda) ist nach
der Gestalt der Plattform doch wohl anzunehmen, dass der Altar
dem Tempel quer vorgelagert war. Dann würde er also als eine
samnitisch-römische Anlage in einem Gegensatz stehen zu dem Altar
des gleich orientierten griechischen Apollotempels (30).
Hellenistischem Brauch entspricht auch die Umfassung der Area
des Apollotempels mit einer ursprünglich zweistöckigen Säu-
lenhalle. Die Erfindung einer solchen porticus pensilis, der die
zweistöckigen Säulenstellungen im Innern der Tempelcellen vorge-
arbeitet hatte, wird Sostratos von Knidos zugeschrieben, dem Er-
bauer des Pharos von Alexandrien zur Zeit des Ptolemaios Soter (3I).
So begegnen uns denn neqinaxoi dmloT auf drei Seiten des für
Ptolemaios IV erbauten Nilschiffes (M). Ein treffliches Beispiel eines
so eingefassten Tempelhofes bietet das unter Eumenes II neu her-
gerichtete Temenos der Athena Polias in Pergamon (33) ; ohne Be-
ziehung auf einen Tempel ist die doppelstöckige Stoa Attalos' II
in Athen (34). In Rom lässt sich ein von Hallen umrahmter Tem-
pelhof wohl zuerst in den von Hermodoros von Kypros ausgeführ-
ten Anlagen des Metellus (nach 146) nachweisen (35) ; bald darauf
(138) umgab P. Scipio Nasica auch den capitolinischen Tempel
(29) Vitr. 4, 5, 1. Vgl. Nissen, Templum, S. 169 f.
(30) Eine gewisse Analogie bietet der Apolloterapel zu Bassai. Während
der ganze Tempel nach Norden orientiert ist und der Altar sicherlich vor der
Nordfronte stand, öffnet sich der Theil des Inneren der das Bild enthielt mit
einer besonderen Thür gegen Osten, und ohne Zweifel schaute der Gott eben-
dahin. Vgl. Arch. Zeitung 1876 S. 161 f.
(31) Plin. 36, 83.
(32) Athimaeus 5 p. 204 F mit Unterscheidung des xura/etog und des
v/jsowog nsginaco?. Zum Gebrauch von &tnkov$ vgl. Lysias /, 9.
(33) Alterth. von Pergamon II Taf. 21 ff.
(34) Adler, die Stoa des Königs Attalos II in Athen, Berlin 1875, mit
den epikritischen Bemerkungen von Buhn in der Zeitschrift für Bauwesen 1882.
(») Velleius 1, 11. Vitr. 3, 2, 5.
POMPEIANA
205
mit diesem hellenistischen Schmuck (36). Ob diese beiden römischen
Säulenhallen zweistöckig waren, wissen wir freilich nicht; waren
sie einstöckig, wie die Hallen um den Hof des Isistempels in Pom-
peii, so bietet unser Apollotempel das älteste Beispiel auf itali-
schem Boden für eine porticus pensüis. Uebrigens findet auch die
von Vitruv 1, 2, 6 getadelte Verbindung ionischer Säulen und
Kpistylien mit dorischem Triglyphon, wie sie in der unteren Halle
des pompeianischen Tempelhofs bestand — bekanntlich sind erst in
der letzten Zeit Pompeiis die Kapitelle in korinthische, des Tri-
glyphon in einen ionischen Fries verwandelt und die obere Halle
anscheinend getilgt worden — , in dem oberen Stockwerk jener per-
gamenischen Ringhalle ein etwas älteres Vorbild.
Fig. 5.
. Von der Vorhalle des Forum trianguläre
Endlich noch ein Wort über die Gestaltung des ionischen
Kapitells. In der Tuffperiode herscht in Pompeii fast ausschliess-
lich die Form des ionischen Kapitells mit vier gleichen Seiten,
ohne Polster, die Voluten diagonal gestellt (37) ; so im Apollotempel,
in der Vorhalle des Forum trianguläre (Fig. 5), in den Häusern des
(3«) Velleius 2, 1.
(37) Overbeck-Mau Pompeji * S. 517. Durm, Baukunst der Griechen «
S. 252 Fig. 174. Mazois III, 13. 19 f.
206 AD. MICHAELIS
Fauns, des Pansa, des M. Epidius Ruftis, der capltelli figurati
n. s. w. Die Unbequemlichkeiten, die das nach je zwei Seiten ver-
schieden gestaltete normal-ionische Kapitell der Verwendung bot
und die ja schon zur besonderen Gestaltung des Eckkapitells ge-
führt hatten, haben, offenbar unter Einwirkung des korinthischen Ka-
pitells mit seinen hochgeschwungenen Diagonalvoluten, die entspre-
chende Umbildung des ionischen Kapitells herbeigeführt (38). Sie
ist freilich so wenig organisch empfunden wie das ganze ionische,
aus fremden Elementen gebildete Kapitell, empfahl sich aber durch
ihre Brauchbarkeit für alle Fälle. Ihr Grundgedanke tritt bereits
in der alterthümlichen Säule vom Heiligthum der Artemis Limna-
tis (3?) zu Tage, ähnlich in den Kapitellen der Dreiviertelsäulen
in der Cella des Apollontempels zu Bassai (40), sowie an den Halb-
säulen des Propylon der grossartigen Villa in Palatitza in Make-
donien, die anscheinend sehr guter, jedenfalls vorhellenistischer Zeit
angehört (4l). Aber hier handelt es sich überall nur um lauter recht-
winklig zu einander gestellte flache oder nur ganz schwach ein-
gebogene Volutenseiten, die keinen Einfluss auf einander ausüben,
nicht um das Herausdrängen je zweier, sich vereinigender Volu-
teu in diagonaler Richtung, wie beim Eckkapitell. Letztere Form ist
besonders aus Sicilien und Süditalien belegt (42). Kekule gibt ein
thönernes Halbsäulenkapiteli aus Kentoripa (43), andere Beispiele
werden aus Akragas and Solunt angeführt (44); dazu die pompeia-
(38) Semper, Stil II, 441. In dieser Form die Grundform des ionischen
Kapitells zu erblicken ist unmöglich , da sich dann die Polsterform nicht
erklären Hesse; auch widerspricht die nachweisliche Entwicklung des ioni-
schen Kapitells (Puchstein, das ionische Capitell, Berlin 1887).
(39) Semper, Stil II, 440.
(4n) Puchstein S. 30. Durm S. 271. Die Einzelbildung des nur in Bruch-
stücken erhaltenen Kapitells steht freilich nicht fest (vgl. Stackeiberg, Apollo-
tempel Taf. 3. Anc. Marbles in the Brit. Museum IV Taf. 25, 3. Cockerell,
Tempels of Aegina and Bassae, ßassae Taf. 13 f.). Die Strassburger Biblio-
thek bewahrt in den Skizzenbüchern Hallers von Hallerstein noch unbenutztes
Material für diese Frage.
(41) Heuzey und Daumet, Mission archöol. de Maccdoine Taf. 10 ff. S. 197-
(«) Durm S. 252.
(4:«) Terracotten von Sicilien S. 46 Fig. 98 f.
(44) Vom sog. Grabe Therons bei Akragas: Serradifalco, Antich. d. Si-
cilia III Taf. 31. Newton, Halicarnassus Taf. 31, 4. Die Form des Kapitells»
das aufrecht stehende Eichenblatt neben der Volute (vgl. Kapitelle aus Solunt
POMPEIANA 207
irischen Kapitelle. Aber es wäre ein Irrthum, deshalb die Kapitell-
form auf den Westen beschränkt oder auch nur hier entstanden zu
denken. Mindestens ganz nahe verwandt sind die Kapitelle zweier
Halbsäulen einer Grabfacade im lykischen Antiphellos, von denen
leider nur die Vorderansicht abgebildet ist (45) ; sie mögen etwa
dem vierten Jahrhundert angehören. Genauer übereinstimmend mit
den pompeianischen Kapitellen, und zugleich sicher datierbar, ist
ein Antenkapitell (Fig. 6) vom Obergeschoss des Propylon das zum
Fig. 6.
Kapitell aus Pergainon.
Temenos der Athena Polias in Pergamon führte (4ß). Da für eine
Ante das normale Kapitell keine Schwierigkeit bietet, ja bei dem
verschiedenen Werthe der Front und der Seiten fast natürlicher
zu sein scheint, so weist dies Antenkapitell ohne Frage auf den
Gebrauch der gleichen Bildung für Säulenkapitelle hin, wenn sich
auch kein Beispiel erhalten hat. Dass aber das Diagonalkapitell
in Palermo bei Durm S. 252), und die Verbindung mit einem vollständigen
dorischen Gebälk lassen das Grab als ziemlich spät erscheinen ; daher ich den
Einfall Schubrings (histor. Topographie von Akragas, Leipzig 1870 S. 71), das
seltsame Gebäude möge ein Kenotapbion des 337 verstorbenen Timoleon sein,
für verfehlt halte.
(<5) Texier, Asie Mineure III Taf. 198. Durm 2 S. 235. Puchstein S. 35
Fig. 26.
(46) Alterth. von Pergamon II Taf. 23. 30.
208 AD. MICHAELIS
grade iin Osten heimisch war, beweist sein zähes Nachleben in
späten Denkmälern Syriens (47).
Indessen ist auch der Osten nicht die Heimat des Diagonal-
kapitells, vielmehr tritt es schon früher, und zwar wiederum als
Halbsäulenkapitell, am Proskenion des Theaters im epidaurischen
Asklepiosheiligthum auf(48). Der Erbauer dieses Mustertheaters, der
jüngere Po ly kl et, stellt sich uns — falls nicht einige seiner
Neuerungen auf Rechnung des Skopas kommen sollten, dessen tegea-
tischen Athenatempel wir leider in seinen architektonischen Ein-
zelheiten noch so wenig kennen — als einen der bedeutendsten
Neuerer in der Architektur des vierten Jahrhunderts dar. Aus seiner,
mit unglaublich vollendeter Technik ausgeführten Thymele (Tholos)
stammt das älteste uns erhaltene korinthische Kapitell des kano-
nischen, von der ganzen späteren Architektur nur leise umgebilde-
ten Typus (49). An der Sima desselben Rundbaues erscheint, ebenso
wie in etwas einfacherer Form am Tempel zu Tegea (50), ein hori-
zontal sich hinschlängelndes plastisches Rankenwerk zwischen den
Löwenköpfen (5I), wo im fünften Jahrhundert eine Reihe nur ge-
malter, senkrecht emporstrebender Anthemien üblich war (52). Frei-
lich zeigte die Thymele — wiederum im Einklang mit Skopas'
Tempel, der auch die gleiche Verbindung einer äusseren dorischen
(47) Durm, Baukunst der Etrusker und Römer S. 246 (Nebi S« ffa). 248
(Sicgestempel in Suleim). Undeutlich ist das Beispiel bei De Vogüe und Wad-
dington. Syrie centrale, Archit. Taf. 93 (Grab in Dana\
(«8) Cavvadias, Fouilles d'Epidaure I, Athen 1891, Taf. 3. 7.
(4P) Cavvadias Taf. 10. Durm I«, 287, Fig. 204. Das Kapitell, unvollen-
det, vielleicht nur ein Modell, ist von sehr lebensvoller Ausfübrung. Davon
abhängig ist scbon das korinthische Kapitell vom Philippeion in Olympia
(Olympia U Taf. 81. Lalonx und Monceaux, Restauration d'Olympie S. 111,
Bötticher, Olympia2 S. 361, Fig. 76). Poetiseher empfunden freilich, aber
viel individueller ist das Kapitell des Lysikratesdenkmals in Athen.
(5°) Athen. Mittheil. 1883 Taf. 13.
(5I) Cavvadias Taf. 5, 1. 10. Fenger, Dorische Polychromie Taf. 6, 11.
Diese lebendigere Verzierung der Sima ist seitdem vielfach angenommen
(z. B. Messene, Le Bas, Voy. archeol. Archit. Taf. 5). Die alte Weise tritt
noch in Hermogenes' Tempel zu Teos auf (Antiq. of Ionia JV, 25), etwas
modificiert an Pytheos' Athenatempel in Priene (ebenda Taf. 9. 18. Eayet und
Thomas, Milet Taf. 13, eine Verbindung beider Ornamentweisen am Smin-
theion (Antiq. of Ionia IV, 29).
(5?) S. die Zusammenstellung bei Fenger Taf. 6.
POMPEWNA 209
Peristasis mit einer inneren korinthischen Säulenstellung auf-
wies (53) — einen Rückgang in dem leblosen gradlinigen Umriss des
Echinos am dorischen Kapitell, der so deutlich das beginnende Ein-
trocknen dieses vornehmen Baustils verkündet (54). Andrerseits eröff-
net der leicht geschwungene Umriss des ionischen Frieses an den
Seiteneingängen des polykletischen Theaters (55) für dieses Bauglied
eine neue Entwickelung. Also überall ein neuer, für den ionischen
und korinthischen Stil nach reicherer Durchbildung strebender Sinn.
Bei dieser Bedeutung der polykletischen Bauten für die Entwicke-
lung der Einzelformen scheint mir die Annahme nicht allzu gewagt,
dass wir den Erfinder des Diagonalkapitells — Skopas' etwanige
Ansprüche immer vorbehalten (56) — in dem jüngeren Polyklet
erkennen dürfen, dessen Namen somit denen eines Mnesikles (Pro-
pyläen in Athen) und Philokles (Erechtheion) an die Seite träte.
Auffallend bleibt es dabei nur, dass im eigentlichen Hellas, auch
in Olympia, meines Wissens bisher keine Nachwirkungen dieser
Neuerung an den Tag getreten sind.
Für Pompeii ist dies Kapitell auf die ganz von hellenistischen
Einflüssen beherschte Tuffperiode beschränkt ; im römischen Pompeii
tritt das normale ionische Kapitell in seiner späten schwunglosen
Bildung an dessen Stelle. So begegnet es uns schon in der Cella
des capitolinischen Tempels auf dem Forum, hier dadurch besonders
gerechtfertigt, dass die Säulen wegen ihrer Stellung nahe vor der
Wand keine gleichmässige Entwicklung nach allen vier Seiten ver-
(*») Athen. Mittheil. a. a. 0.
(54) Cavvadias Taf. 5, 1. Andere Beispiele in Messene am Stadion {Exped.
de Moree I Taf. 27 f.), am Heräon von Olympia (Olympia I Taf. 21 f. Laloux
und Monceaux S. 103. Bötticher Olympia2 S. 198, Fig. 42) und oft.
(55) Cavvadias Taf. 3, 1.
(56) Der jüngere Polyklet nimmt innerhalb der einförmigen polykleti-
schen Schule durch seine zahlreichen Götterbilder und durch Verwendung
des Marmors neben dem Erz ein Ausnahmsstellung ein, für die wir am einfach-
sten eine Erklärung finden, wenn wir ihn uns von dem aus gleicher Schule
hervorgegangenen, früh im Peloponnes thätigen Skopas beeinflusst denken.
Denn Skopas' Thätigkeit in Tegea für älter zu halten, daran macht mich
Kleins Herabdatierung (Praxiteles S. 321) nicht irre ; es ist mir schier unver-
ständlich, wie die tegeatischen Skulpturreste gleichzeitig mit dem Mausoleion
oder gar später sein sollen!
15
210 AD. MICHAELIS
langen (57). In der Hauptstadt scheint das Diagonalkapitell kei-
nen Fuss gefasst zu haben, wenigstens ist mir nur ein spätes und
schlechtes Beispiel aus Kora, der Saturntempel über dem Forum, be-
kannt (58). Dagegen erlebt es eine Art trauriger Fortdauer im oberen
Theil des für uns erst seit dem Untergang Pompeiis nachweisba-
ren Compositakapitells (59). Wo mag aber wohl der romanische
Architekt des Münsters zu Essen (um 1000 n. Chr.) das Vorbild
zum Kapitell einer Ziersäule gefunden haben, das aus vier platten
Vorderseiten mit Eierstab je zwischen den Voluten gebildet ist (60) ?
Die Renaissance, die ja überhaupt den ionischen Stil nicht eben liebt,
scheint das Diagonalkapitell, obschon Palladio es kennt, doch nur
wenig anzuwenden (61). Dagegen verwendet es die französische Archi-
tektur des Rococo ; ein hübsches Beispiel bieten die Eingangshallen
des früher bischöflichen Schlosses der Rohan in Strassburg (jetzt
städtischen Museums), das in den dreissiger Jahren des achtzehnten
Jahrhunderts nach den Plänen von Robert de Cotte gebaut ward (62).
Ebenso tritt es an der 1785 begonnenen Deutschhauskirche in Nürn-
berg auf (63). So findet sich das Diagonalkapitell gelegentlich auch
heute noch verwendet (64). —
Anhangsweise eine Frage betreffend die Alae des pompeiani-
schen Hauses. Nissen (65) hat den Plan des italischen Hauses mit
dem des altsächsischen Hauses, wie es noch heutzutage in einem
(57) Mazois TU, 35. Weichardt, Pompeii S. 70.
(58) Desgodetz, Les tdifices ant. de Rorne S. 123. 125. Die Formen sind
hier äussert plump und willkürlich.
(59) Sehr deutlich an einem Capitell des lateranischen Museums, Sprin-
ger, Handbuch d. Kunstgeschichte I5 S. 278 Fig. 490.
(60) Dehio und v. Bezold, Kirchl. Baukunst des Abendlandes Taf.303, 13.
(61) Z. B. in Michelangelos capitolinischem Conservatorenpalast, sodann
im siebzehnten Jahrhundert in der oberen Halle der Universität zu Genua und
unten im Treppenhause des Klosters von S. Giorgio Maggiore in Venedig (Pa-
last-Architektur Italiens: Beichardt, Genua Taf. 18. 19. Raschdorf, Venedig
Taf. 85. 88).
(6») Strassburg und seine Bauten, Slrassb. 1894, S. 328.
(63) Ke"e, Nürnberg, Leipzig und Berlin 1900, S. 205, Fig. 162.
(64) Z. B. in zwei ehemaligen Friedensgerichten in Strassburg, in der
Kuhnengasse (gebaut 1868) und in der Schiffleutgasse (gebaut 1869).
(65) Pompeian. Studien S. 612 f.
POMPEIANA
211
bedeutenden Theile Norddeutschlands üblich ist, zusammengestellt
und darauf hingewiesen, dass die Alae sich in den Erweiterungen
der « Fleet » gegenüber der ■ Diele « wiederfinden. Ohne mich auf
die Frage einzulassen, wie sich das altsächsische Haus zu anderen
Formen des alten deutschen Hauses verhält und ob ein directer
Zusammenhang zwischen ihm und dem altitalischen Bauernhause
bestanden haben kann, glaube ich doch, dass die Aehnlichkeit beider
Anlagen augenfällig genug ist um eine Dunkelheit der einen aus der
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Fig. 7.
Casa del chirurgo. Sächsisches Bauernhaus.
anderen zu erklären. Figur 7 stellt die sog. casa del chirurgo, den
reinsten Typus des alten samnitischen Kalksteinhauses, in ihrem
ursprünglichen Zustand, ohne die späteren Anbauten, mit derjenigen
Form des altsächsischen Bauernhauses zusammen, welche in meiner
holsteinischen Heimat am gewöhnlichsten ist (66). Durch die fauces
A oder das Thor a betritt man den Hauptraum, das atrium B oder
die Diele b, neben der sich die cubicula FF und der Laden G
oder die Kammern ff und die Ställe gg hinziehen. Im Hinter-
gründe erweitert sich das Atrium durch die alae CG, die Diele zur
Fleet c-c, in der noch oft der Heerd c' seinen alten Platz ein-
(66) Die casa del chirurgo nach Overbeck-Mau, Pompeji 4 S. 297, das
altsächsische Haus nach R. Henning, das altdeutsche Haus (Quellen u. Forschun-
gen zur Sprach- und Culturgeschichte der germanischen Völker, Band XLVH),
Strassburg 1882, S. 31.
212 AD. MICHAELIS, POMPEIANA
nimmt; dahinter liegen das tablinum I), umgeben von zwei tricli-
nia oder ähnlichen Zimmern EE, andrerseits die Wohnstube oder
der Pesel d, umgeben von zwei Kammern ee. Hinter dem Hause
liegt hier wie dort ein Garten. Bei dieser fast vollständigen Ueber-
einstimmung der Eintheilung ist es beachtenswerth, dass die Sei-
tenräume der Fleet cc mit Thür und Fenstern sich nach beiden
Seiten öffnen und ihre Bedeutung eben in der dadurch erzielten
Beleuchtung und Zngänglichkeit der Fleet haben. Sollte nicht dieses
auch der ursprüngliche Zweck der italischen alae gewesen sein, so
lange das Bauernhaus allein stand und als atrium tesludinatum,
ebenso wie das von einem mächtigen Strohdach bedeckte altsächsische
Bauernhaus, auf seitliche Beleuchtung durch Thüren angewiesen
war? Die Verwandlung in ein atrium displuviatum oder Tusca-
nicum mit Oberlicht ward nöthig, sobald das bisher einzelstehende
Haus in der Stadt sich rechts und links unmittelbar an Nachbar-
häuser anschloss. Die alae verloren nunmehr ihre Bedeutung sowohl
als lichtspendende Käume wie als postica, für welch letztere man
andere Auswege in Nebenstrassen suchen musste ; sie wurden aber
bei dem conservativen Zuge der älteren Zeiten als überkommene
Räume beibehalten und, da sie keinen baulichen Zweck mehr er-
füllten, zur Aufstellung von Schränken (67), in vornehmen Häusern
zur Unterbringung der imagines cum suis ornamentis (68) benutzt.
Ausnahmsweise wurden auch wohl die alae von ihrem hergebrachten
Platz am Ende des atrium in die Mitte der Seitenwände verlegt ;
so im atrium tetrastylum des Hauses des Fauns (ß9). Weiterhin
wurden sie gelegentlich stattlich erweitert, durch Säulen der Ar-
chitektur des atrium Corinthium angeglichen, und demnächst als
häusliches Heiligthum eingerichtet; so in dem ebenfalls der Tuff-
periode agehörigen Hause des M. Epidius Sabinus (70). Sehr be-
greiflich ist es, wenn schliesslich auf die zwecklos gewordenen alae.
gänzlich verzichtet ward, wie das ja in vielen Häusern Pompeiis
der Fall ist(?').
(Fortsetzung folgt.) Ad. Michaelis.
(67) Beispiele: Mau bei Pauly-Wissowa I, 1224.
(68) Vitr. 6, 3 (4), 6.
(69) Overbeck-Mau * S. 347.
C70) Overbeck-Mau4 S. 297 ff.
(71) Als Beispiel kann das Haus des Epidius Sabinus dienen, Overbeck-
Mau 4, Plan. no. 117.
EIN PRIESRELIEF DES TABULARIUMS.
In den Räumen des Tabularhims über dem römischen Forum
sah ich Ende 1897 das Fragment eines Friesreliefs, das sowohl
durch seine Darstellung wie seine architektonische Form Interesse
zu erwecken geeignet ist. Die Mitteilung des wichtigen Stückes,
das bisher meines Wissens eine Publication oder Beschreibung nicht
erfahren hat ('), wird daher manchem nicht unwillkommen sein.
o,85-
Das Bruchstück, dessen Hauptmasse in die beistehende Abbil-
dung eingesetzt sind, besteht aus Fries sowie oberster Architrav-
(') Auch über Fundort und- zeit habe ich nichts ermitteln können: das
Bullettino comunale dl Roma von 1876-1898 wie auch die letzten Bände der
Notisie degli scavi gaben darüber keinen Aufschluss. Weit zurück kann die
Auffindung nicht liegen, da weder Brizio (1876) noch Robert (1878) bei ihrer
Besprechung der esquilinischen Wandgemälde von unserm in denselben My-
tlienkreis fallenden Friese Kenntnis halten.
214 H. LUCAS
fascie und ist unten glatt abgeschnitten : die folgenden Streifen des
Architravs bildeten also ein besonderes Stück für sich. Die Dicke
des Keliefgrundes am Fries ist ca. 0,12 m, die Gesamtdicke des
Blockes 0,26. Das Material ist weisser Marmor.
Die Darstellung zeigt zwei lebhaft bewegte, einander zuge-
wandte Knaben, den einen in, den andern auf dem Kande einer
ziemlich stark bestossenen muldenartigen Wanne, welche — bis
auf die eigentümlich ausgeschnittene Gestalt des einen Endes —
sehr der ovalen Larnax gleicht, in welcher auf dem pergamenischen
Telephosfries Auge dem Meere preisgegeben werden soll (l), weni-
ger dem geflochtenen Bohrkästchen, in welchem auf dem esquilini-
schen Wandgemälde Romulus und Kemus ausgesetzt werden (2).
Der links sitzende Knabe erhebt, weit vorgebeugt, die Arme — nur
der 1. ist erhalten — anscheinend nach einer rechts befindlichen Per-
son. Der Kopf ist stark abgesplittert, r. Oberschenkel und Hüfte
bestossen. Sein kleiner Gefährte liegt soweit vornüber, dass er mit
dem verlorenen 1. Arm eine Stütze gesucht haben muss : vielleicht
fasste er die R. des andern. Die r. Hand greift hinter dessen Rücken.
Kopf und der obere Teil des Rückens fehlen, auch derl. Schenkel hat
gelitten. Im Hintergrund erhebt sich ein Baum mit gespaltener
Rinde, daneben eine Felspartie. Am Ende des Baumes nahe dem 1.
Fuss des liegenden Knaben wird der 1. Fuss eines stehenden Mannes
sichtbar, zum Teil verdeckt durch eine halbzerstörte, undeutliche
Masse, die sich nicht wohl anders erklären lässt denn als Rest des
r. Fusses, den der Stehende über den andern setzte. An der 1.
Seite mag der Mann ein Fell getragen haben, dessen zottiges, bis auf
den Boden herabhängendes Ende, wenn wir uns nicht täuschen,
erhalten ist. Haltung und Kostüm dieser so stark zerstörten Figur
sind wohl ähnlich zu denken wie bei dem Faustulus der Mosaik
Colonna, Rom. Mitth. I Taf. 1. Die Partie am untern Ende des
Baumes hat eine rauhe Oberfläche, begreiflich, da sie einst von dem
jetzt weggebrochenen Körper verdeckt war.
(1) Jahrbuch des Instituts II p. 244 (B).
(2) Helbig Führer II* p. 257 ff.; Guida del Museo nazionale Romano
p. 91 ff; Brizio, Pitture e sepolcri scoperti sulV Esquilino (Roma 1876)
p. 9-24, tav. 2; Annali delV inst. 1878 p. 234 ff (Robert); Mon. delV Inst. X
tav. 60. 60a. Photograplrieen : Moscioni (Rom) n. 6172 und o. N.
EIN FRIESRELIEK DES TABULARIUMS 215
Die einstige Höhe des speziellen Reliefteiles war, wie ersicht-
lich, bedeutend grösser als das Vorhandene; sie kann etwa das
Doppelte betragen haben, M. 0,60-70. Die Arbeit ist fein und
erlaubt den Fries der ersten Kaiserzeit, vielleicht noch der augu-
steischen Periode zuzuweisen.
Die Deutung der Scene begegnet keinen erheblichen Schwie-
rigkeiten. Soviel wird sofort klar geworden sein, dass wir das in
der Wanne ausgesetzte Zwillingspaar der römischen Stammessage,
Komulus und Remus, vor uns haben. Wie aber ist die Situation
des genaueren aufzufassen ? Ist der fellbekleidete Mann rechts ein
Diener, der, vielleicht im Verein mit verlorengegangenen Genossen,
die Kinder auf Befehl des Amulius ausgesetzt hat und sie nun
nachdenklich, mitleidig betrachtet ? Eine derartige sentimentale
Auffassung würde für eine solche Handlung wenig passen. Dazu
vermisst man unter der Wanne jede Andeutung von Wasser, das
nicht fehlen durfte, da das Gefäss entweder im Tiber selbst oder
in dem ausgetretenen, seichten Uferwasser niedergesetzt wurde.
Wir hätten demnach vielmehr das Auffinden der Zwillinge durch
einen Hirten zu erkennen, der in erstaunte Betrachtung der hülf-
losen Kleinen versunken steht. Hierfür spricht auch die Haltung
der Knaben, die, worauf mich Petersen aufmerksam macht, in wohl-
berechneter Weise verschieden charakterisiert sind, ähnlich wie der
schlangenwürgende Herakles und sein furchtsamer Halbbruder Iphi-
kles auf Vasenbildern, z. B. der r. f. Hydria Mon. dell'Inst. XI
Taf. 42, 2 (') : der Knabe rechts, unzweifelhaft Remus, wendet sich
schreiend von dem Fremden ab und sucht Schutz bei seinem Bru-
der, welcher unbefangen und mutig die Arme ausstreckt nach der
neuen Erscheinung. Dies kann unmöglich der Diener sein, der die
Knaben zum Flusse getragen hat, sondern eine fremde Persönlich-
keit, welche erst eben hinzugetreten ist zu der nach dem Zurück-
treten der Gewässer auf dem Trockenen sitzengebliebenen Wanne.
Für die Wölfin ist auf unserer Scene kein Platz. Vielleicht
möchte mancher vermuten, dass sie in dem r. oder 1. sich an-
schliessenden Bilde enthalten gewesen sei; doch dürfte dagegen das
Vorhandensein der Wanne sprechen: diese kommt niemals vor auf
(!) Die bildlichen Darstellungen dieses Mythus gesammelt: Arch. Zeit.
1868 S. 33, Röscher Lexikon d. Myth. 1,2. Sp. 2222 f. u. 2242.
21 G H. LUCAS
den Darstellungen der die Zwillinge nährenden Wölfin. Auch würde
dann unser Bild keinen Sinn haben. Denn ein erstauntes Betrach-
ten der säugenden Wölfin ist ein passender Darstellungsgegenstand,
desgleichen die Betrachtung des gelandeten Kahnes mit seinen In-
sassen, wie wir das Relief auffassen. Was aber sollte, wenn der
Hirt die Wölfin verjagt hätte, dann noch ein tiefsinniges Anstarren
der zurückbleibenden Zwillinge? Wir glauben demnach, dass auf
dem Relief eine Sagenversion wiedergegeben ist, welche, ganz ohne
das wunderthätige Eingreifen des Gottes durch sein geheiligtes Tier,
die Zwillinge nach dem Verlaufen der Flut von Menschen aufge-
funden werden lässt. Dies würde weiter nichts Verwunderliches
haben, da für die ungefähr derselben Zeit angehörigen Wandge-
mälde des esquilinischen Columbariums Robert ein Gleiches nach-
gewiesen hat. Für das überraschende Fehlen nämlich der hochwich-
tigen, in Dichtung und Kunst gleich gefeierten Auffindungsscene
mit der Wölfin auf dem Wandgemälde, neben verhältnismässig so
unbedeutenden Scenen wie der Aussetzung der Kinder u. a., hat Ro-
bert mit mehr Recht als Brizio (') den Grund darin gefunden,
dass die Quelle der in den Fresken wiedergegebenen Sagenfassung
eine Erzählung pragmatisierender Tendenz aus augusteischer Zeit
war, welche die Gründungssage mehr als einen Roman auffasste,
daher das Wunderbare, Märchenhafte wie die Wölfin und die alba-
nische Sau (2) möglichst beseitigte (a. a. 0. p. 270 f.). Acca La-
(') Brizio (p. 22, vgl. p. 11) erklärt das Auslassen der Wölfin durch
Verkürzung eines ursprünglich vollständigeren und für ein anderes Gebäude,
einen Tempel, bestimmten Cyklus, der für das Columbarium nur copiert wor-
den sei. Doch ist die Annahme einer solchen Verkürzung bedenklich, bei wel-
cher gerade die wichtigsten Scenen fallen gelassen, unbedeutende beibehalten
werden. — Robert's Ansicht stimmt jetzt auch Heibig zu (Führer II2 S. 258).
(2) Es sei mir bei dieser Gelegenheit gestattet zu bemerken, dass ans
der Reihe der Darstellungen der albanischen Sau (vgl. Klausen Aeneas u. die
Penaten II p. 675 Anm.; Heydemann arch. Zeit. 1872 p. 122 Anm. 53) einige
mit Unrecht dahin bezogene Denkmäler auszuscheiden haben. So die Gruppe
des Vatikan (Heibig Führer I2 n. 182; Reinach röpertoire II 748, 6), deren
Kunstwert von Heibig vortrefflich gewürdigt ist. Für die Zugehörigkeit zu einer
historischen Composition spricht nichts : es ist schlechthin eine hellenistische
Genregruppe, die sich vollkommen selbst genügt und keine Ergänzung durch
hinzuzudenkende Personen verlangt. Weiter das Relief im Airio des capitoli-
nischen Museums unter n. 23, eine gewöhnliche Jagdscene darstellend (Armel-
lini II tav. 140; Nuova descrizione, 1888, p. 26), und das Basisrelief der
EIN FRIESRELIEF DES TABULARIUMS 217
rentia, die neubenannte Gemahlin des Oberhirten Faustulus, über-
nimmt in dieser jungen rationalistischen Sagenversion, z. B. der des
Macer, die Rolle der Wölfin, die Mutterstelle bei den Findlingen (').
Einen Diener des Faustulus also, der jenem von dem Funde Mittei-
lung machen, oder den Oberhirten selbst, der seiner Frau die Kna-
ben zum Ersatz für ihr totgeborenes Kind bringen wird, dürfen wir
in der männlichen Figur unsres Frieses erkennen.
Die Wichtigkeit des mitgeteilten Friesfiagmentes braucht kaum
besonders hervorgehoben zu werden. Sie beruht einmal darauf, dass
wir hiermit überhaupt eine neue Darstellung eines Vorganges aus
der Romulussage, und zwar in einer nicht ganz gewöhnlichen, in-
teressanten Fassung, gewinnen, sodann darin, dass das Stück die
Existenz eines ganzen Gebäudes bezeugt, dessen Fries mit einer
fortlaufenden Reihe von Scenen aus der römischen Stammessage ge-
schmückt war. Hierdurch tritt das kleine, unbeachtete Reliefstück
den esquilinischen Wandbildern an die Seite.
Viel näher aber liegt es, unser Relief mit einem schon ein-
mal publicierten, dann aber wieder unverdienter Vergessenheit an-
heimgefallenen, in der Form ähnlichen Friesrelief des Neapler Mu-
seums zusammenzustellen (n. 6607, im Saale der Salpionvase). Nach
einer ungenauen, durch die ungünstigen Umstände entschuldigten
Beschreibung Jordan's (Arch. Zeit. 26, 1868, S. 97 Anm. 4) hat
es Heydemann ebd. 29 (1872) Taf. 54 n. 2 abgebildet und S. 118 ff.
eingehend besprochen und richtig gewürdigt. Heydemann's Deutung
auf die Landung des Aeneas ist evident und so selbstverständlich,
dass, als ich zum ersten Mal vor dem Relief stand, ohne Kenntnis
Pariser Tiberstatue (Visconti mus. Pio-Clem. Itav. 39; Reinach repertoire 168,
vgl. 171, 5), welches, wie man schon aus dem Gegenstück, dem Nil des Va-
tikan, hätte entnehmen können, wie dieses die Bewohner des Nil, so seiner-
seits das tägliche Leben und Treiben im und am Tiber in echt alexandrini-
schen Gonretypen zur Anschauung bringt. Von Aeneas, dessen Landung in
Italien Visconti bier dargestellt fand, ist in Wahrheit keine Spur zu entdecken.
(Den Aeneas lässt auch Froehner notice n. 449 fallen, während er an Alba
und der historischen Sau festhält). Umgekehrt wird man sagen dürfen, dass
die Gruppe der S iu mit den Ferkeln, wo sie in unzweifelhafter mythischer
Bedeutung auftritt, z. B. auf der vatikanischen Augustus-Ara (Raoul-Rochette
mon. intd. pl. 69, 3; G. I. L. VI, 1 n. 876; Arch. Zeit. 29, 1872, p. 122; Massi
descrizione p. 77 4-.J, dem hellenistischen Tiergenre entlehnt ist.
(') Mommsen röm. Forschungen II S 14 ff.
218 H. LUCAS
von H.'s Aufsatz, ich sofort auf dieselbe Deutung kam ('). Die Dar-
stellung zeigt fünf Männer im Aussteigen aus einem Schiff begriffen :
Aeneas, den schwachen Vater aufrichtend und dem voraneilenden
Ascanius beim Hinabsteigen behülflich, den Steuermann und etwa
Achates. Am Lande stehen vier Bewaffnete, z. T. nach r., der
Landungsscene zugewandt, z. T. nach 1. zu dem folgenden Vorgang.
Noch ist hier der Best eines lagernden Tieres erkennbar. Ob gerade
die Landung bei Drepana in Sizilien zu verstehen ist, wie Heyde-
mann will, möchte ich dahingestellt sein lassen, jedenfalls nicht
die letzte Landung des Aeneas in Italien, da dann Anchises als
bereits verstorben fehlen muss, wie es die bekannte Münze des An-
toninus Pins vorführt (2).
Die auf die Landung links folgende Scene — die Scenenfolge
dieses Frieses scheint von r. nach 1. fortzuschreiten, ebenso wie
es für den Gemäldecyklus des esquilinischen Columbariums Robert
erwiesen hat — zu erklären bin ich ebensowenig imstande wie
Heydemann. Doch weiche ich darin von ihm ab, dass ich nicht
bewillkommnende Einwohner des Landes, sondern bereits gelandete
Trojaner eines andern Schiffes erkennen möchte, da es mir wenig
"Wahrscheinlichkeit hat, dass Aeneas seinen jugendlichen Sohn zuerst
an das feindliche Land, dessen Gefahren ihm noch unbekannt sind,
vorausgeschickt habe. Würde doch auch genau genommen zu ei-
ner Begrüssungsscene nur der erste der vier Männer gehören können,
indem der zweite schon durch die erstaunte Handbewegung voraus-
weist auf den Vorgang am Ufer, zu welchem der dritte Genosse,
halb umgewandt, und der vierte, völlig nach 1., hineilen, nämlich
anscheinend ein Omen, die Auffindung eines gelagerten Tieres, von
dem jetzt nur das Hinterteil erhalten. Hätte H. Recht, dass man
(') In den Aeneas-Artikeln von Baumeister's Denkmälern des klass. Al-
tertums (I 30 ff.) und Koscher's Lexikon der Mythol. (I, 1 Sp. 183-187, Wör-
ner) sucht man vergebens eine Erwähnung dieses Monuments. Auch Heibig
kann sich nicht entschliessen, in seiner Ueberschau der Darstellungen zur Ae-
neassage (Untersuch, üb. camp. Wandmalerei S. 4 ff.) das Eelief einzureihen
(erwähnt Anm. 3). Doch kann über die Zugehörigkeit zum Aeneasmythus kein
Zweifel bestehen, da die drei Hauptpersonen unzweideutig sind, Anchises kennt-
lich an der von Heydemann in zahlreichen Beispielen nachgewiesenen Pe-
natencista.
(2) Klausen, Aeneas u. die Penaten I Taf. 2 n. 12; Stevenson, dictio-
nary of Roman coins p. 17; Cohen 2 II p. 393 n. 1171.
EIN FRIESREI.IEF DES TABUI.ARIUMS 219
dieses Tier zur Not für ein Pferd halten könnte, so würde ich kei-
nen Augenblick zaudern an die erste flüchtige Landung des Aeneas
in Hesperien und die unb eilbedeutende Erscheinung der vier weissen
Rosse zu denken (Aen. III 537 sqq.). Leider schliesst die Gestalt
des dünnen, glatten, in einer Haarquaste endigenden Schwanzes den
Gedanken an ein Pferd aus. Es könnte etwa ein Rind sein ; doch
macht dann die Deutung Schwierigkeiten. Wäre es möglich, dass
hier eine uns nicht bekannte Sagenerzählung zu Grunde lag und
die Erscheinung von Rindern, mit Bezug auf die alte, vielleicht
richtige Etymologie ('), den Trojanern die Gewissheit geben sollte,
in dem 'Rinderlande' Italien angekommen zu sein?
Für die genauere Beschreibung des Einzelnen kann auf H. ver-
wiesen werden. Nur möchten wir noch die dort gegebenen Masse
vervollständigen. Die Länge des Ganzen beträgt 1,15 m, die Höhe
des Reliefs allein 0,42. Der Pries und Architrav trennende Streifen
ist 0,05, das obere Blattornament des Architravs 0,08 hoch (dies
beides also übereinstimmend mit dem Friese des Tabulariums).
Der Architrav ist hier ganz erhalten (Höhe 0,22), aus zwei Fascien
gebildet, deren oberste von dem Blattstreifen zur Hälfte eingenommen
wird, derart dass für das Auge der Eindruck eines dreiteiligen
Epistyls entsteht. Die Gesamthöhe der Reliefplatte ist demnach
0,69 nach meiner Messung, bei H. dagegen 0,73, die Differenz
erklärlich, da H. das Stück noch frei im Hofraum sah, während
ich es bereits in der Wand eingemauert fand, die äussersten Ränder
also vielleicht in der Mauer verborgen. Daher entzog sich auch die
Dicke, 0,44 nach H., meiner Controlle.
Es muss nun noch die Frage aufgeworfen werden, ob die bei-
den besprochenen Friesreliefs Reste eines und desselben Gebäudes
sind. Dass es zulässig war, die Aeneassage durch den Romulus-
mythus fortzusetzen, erweist schon allein die wiederholt angezogene
Gemäldeserie des römischen Columbariums. Aber auch für die Gie-
belreliefs des Tempels der Venus und Roma hat Petersen mit hoher
Wahrscheinlichkeit angenommen, dass hier Scenen aus beiden Sa-
genkreisen vereinigt waren (2). Endlich bin ich geneigt die schöne
(J) Varro rer. rust. 11. II 5, 3.
(2) Rom. Mitth. X (1895) S. 248 f., Vom alten Rom S. 5G ff. Vgl. Matz-
Duhn n. 3519; Heibig Führer2 I n. 647, II n. 1037.
220 H. LUCAS
Ära aus Ostia im Thermenmuseum, mit von der üblichen abwei-
chender Deutung ihrer Darstellungen, in den Kreis derartiger Mo-
numente einzureihen ('). Erhebt sich also von inhaltlicher Seite
kein Bedenken, so verbietet doch andrerseits die grosse Verschie-
denheit beider Monumente in Massen und stilistischer Behandlung
dem verlockenden Gedanken an eine Zusammengehörigkeit weiter
Raum zu geben. Höhe und Dicke des Friesteiles weichen bei beiden
Stücken stark von einander ab. Sehr misslich ist weiter, dass an
dem römischen Relief nur die oberste Fascie des Epistyls mit dem
Fries in einem Stück gearbeitet ist, bei dem Neapler das ganze.
Auch die stilistischen Unterschiede sind erheblich : die gute Arbeit
des römischen Reliefs fanden wir uns veranlasst dem Anfang der
Kaiserzeit zuzuschreiben, das Neapler Stück versetzt Heydemann
in das dritte Jh., ungefähr richtig, obwohl man gewiss noch bis
in das Ende des zweiten hinaufgehen könnte. Endlich zeigt das Ro-
(!) Heibig Führer II2 n. 1086 ; Guida del Museo nazionale Romano
p. 13 f.; Lanciani, ancient Rome p. 35. Photogr. : Tuminello (Rom) n. 1611-1614,
Moscioni n. 5016. Die eine Seite des Altars giebt die Auffindung der Zwillinge
unter der Wölfin. Die Darstellung der Hauptseite hat Lanciani gedeutet auf
Mars und Venus, die Stammgötter des julischen Hauses, die der beiden Nach-
barseiten als Eroten, mit den Waffen und dem Gespann des Kriegsgottes be-
schäftigt. Dieser Auslegung erweist sich aber hinderlich die Unmöglichkeit,
den halbwüchsigen Knaben r. von Venus, deutlich unterschieden von den
kleinen geflügelten Eroten, zu benennen. Dies kann m. E. nur Ascanius oder
Julus sein (vgl. auch Guida p. 14); in dem zerbrochenen Gegenstand in sei-
ner R. darf man vielleicht ein Messinstrument erkennen als Hinweis auf die
Gründung Albaiongas (nicht unähnlich das Gerät in der Hand Alexanders als
Stifters von Alexandria auf der Tazza Farnese, Mus. Borb. XII 47; vgl. neuer-
dings Jahrb. d. Inst. 1899. Anz. S. 130 ff). Für die männliche Gestalt in Helm
und Chlamys, der sich Venus zuwendet, bleibt füglich nur die Benennung Ae-
neas. Der zwischen Venus und Aeneas schwebende Eros braucht als ständiger
Begleiter der Liebesgöttin kein verliebtes Verhältnis anzudeuten. Die Eroten auf
den beiden anstosscnden Seiten meistern dann in lustigem Spiele Kriegswagen
und Waffen des Aeneas. Lieber als an eine allgemeine, situationslose Zusammen-
stellung dieser Figuren möchte ich an den bestimmten Moment denken, wo die
Göttin ihrem Sohne die von Vulcan geschmiedeten Waffen überbringt (Aen. VIII
608 sqq.). Erinnern will ich noch zum Beweise, wie nahe eine solche Auf-
fassungsweise dieses vergilischen Motives liegt, an das den gleichen Vorgang
darstellende Gemälde des Batoni in der Liechtenstein'schen Galerie zu Wien
(n. 163): auch hier halten Putten, der eine den Helm des Helden, der andere
den Schild, dessen Darstellungen Venus dem staunenden Sohne erläutert.
EIN KRIESRELIEF DES TABUIARIUMS 221
mulusrelief eine reiche Verwendung landschaftlicher Motive und
nähert sich hierin dem malerischen Stile hellenistischer Reliefcom-
positionen wie des Telephosfrieses, während das Aeneasrelief, soweit
über das Fragment ein Urteil gestattet ist, nichts von landschaft-
lichen Elementen aufzuweisen hat. Denn die Angabe des Wassers
unter dem Schiffe ist selbstverständlich und nicht dagegen geltend
zu machen.
Das Ergebnis ist also, dass die beiden Friesbruchstücke zwei
verschiedenen Gebäuden von ungleichen Grössenverhältnissen an-
gehörten, beide Ueberreste einer vollständigeren, grösseren Scenen-
reihe. Der Vermutung steht nichts im Wege, dass der Bilderschmuck
beider Baulichkeiten die Aeneas- und die Romulussage vereint
enthalten habe. Ueber die Art der Baulichkeiten bleibt man auf
blosse Vermutung angewiesen. Man wird am ehesten auf Tempel
raten wollen, doch darf man auch an eine offene Area mit hohen
Seitenwänden denken wie das Nervaforum, dessen Reliefschmuck
in mehr als einer Hinsicht uns als Analogie dienen kann, beson-
ders wenn Petersen's Annahme das Richtige treffen würde, dass auf
der linken Längswand die Teilnahme der Minerva an kriegerischen
Ereignissen zur Anschauung gebracht war (1).
Der Gewinn, der sich aus der Betrachtung der beiden bisher
gering geschätzten Denkmäler für Monumentenkenntnis und Sagen-
geschichte ziehen lässt, ist nicht gering anzuschlagen. Dem Reize
freilich, nachzuforschen, was für Baulichkeiten es waren, von deren
Schmuck jene Reste auf uns gekommen sind, müssen wir für jetzt
widerstehen, bis es gelingt, über die Fundumstände Licht zu ver-
breiten. Ueber die Herkunft des Neapler Reliefs konnte bereits
Heydemann nichts mehr erfahren. Nicht für ausgeschlossen halte
ich, dass es aus Rom, vielleicht mit den farnesischen Funden, in
die campanische Hauptstadt überführt worden ist.
Charlottenburg.
H. Lucas.
(') Rom. Mitth.1889 p. 88, Vom alten Rom p. 46.
HADRIANS STEUERERLASS.
(Taf. VIII).
Dass auf der einst südlichen der beiden Forumsschranken die
von Trajan verfügte Erlassung rückständiger Steuern (der vige-
sima hereditatum) dargestellt sei ('), ist jetzt wohl die allgemeine
Annahme. Zwar ist sowohl dieser als auch der auf der andern
Schranke zu erkennende Vorgang, die Stiftung für die pueri et puel-
lae alimentär iae, wie von Trajan, so auch von Hadrian bezeugt, in
dessen Leben von Spartian (2), wo beide sogar nebeneinander genannt
werden ; aber Hadrian hatte die Schuldtafeln auf dem Trajansforum
verbrennen lassen, Trajan muss es, nach Ausweis eben des Schranken-
bildes auf dem alten Forum gethan haben. Nicht unerwünschte, wenn
auch indirekte Bestätigung der Beziehung der Schrankenbilder auf
Trajan gibt ein schönes Eelief, leider nur ein kleiner Teil des ein-
stigen Ganzen, indem es denselben Staatsakt mit dem unverkenn-
baren Gepräge Hadrianischer Kunst darstellt.
Es ist ein Relief des Duke of Devomhire in Chatsworth,
welches auf unserer Tafel abgebildet wird. Die Photographie, mit
der Erlaubniss sie zu veröffentlichen danke ich der freundlichen Ver-
mittelung von S. Arthur Strong, dem Bibliothekar Sr. Durchlaucht.
Zuerst aufmerksam geworden auf das Relief ist, wie ich höre, Furt-
wäDgler ; in Michaelis Ancient marbles, in Great Britain S. 276 f.
(!) Vgl. Die Reliefschranken auf dem Römischen Forum (in Abhand-
lungen Alex. v. Oettingen zum 70. Geburtstag gewidmet von Freunden, Schülern)
S. 7 (134).
(2) De vita Hadriani c. 7: inßnitam pecuniam, quae fisco debebatur,
privatis debitoribus in urbe atque Italia, in provinciis vero etiam ex reli-
quis ingentes summas remisit, syngrafis in foro divi Traiani, quo magis secu-
ritas omnibus roboraretur, incensis pueris ac puellis, quibus etiam
Traianus alimenta detulerat, incrementum liberalitatis adiecit.
E. PETERSEN, HADRIANS STEUERERLASS 223
ist es nicht erwähnt (,). Einige Fragen bezüglich des Reliefs hatte Dr.
J. P. Richter die Güte mir nach Besichtigung des Marmors zu
beantworten.
Die Reliefplatte ist 1, 66 lang, 0,84 hoch; die Dicke lässtsich
wegen Einmauerung nicht messen (2); das Relief erhebt sich 0,12.
Dass rechts und unten Schnittfuge sei hatte ich nach dem Augen-
schein der Photographie angenommen; mein Gewährsman verneint
es, und wenigstens das eine erscheint dann minder unerklärlich : dass
nämlich den Figuren, je weiter nach rechts desto höher, unten die
Beine durchschnitten sind. Denn, wäre der grade Abschnitt unten eine
ursprüngliche, natürlich horizontale Lagerfuge, so müsste man die
Figuren ja auf einer abwärts geneigten Fläche schreitend denken,
was schwer möglich ist. Die Figuren haben ungefähr dieselbe Grösse
wie die entsprechenden der Ostschranke auf dem Forum : die mitt-
lere der fünf misst 0,66 ; an einer möglichst in derselben Weise
stehenden der Forumsschranke, nämlich der fünften vor dem Mar-
syas, fand ich 0,72 für den gleichen Theil des Ganzen.
Vier Soldaten in Civil sind es, zwei links zwei rechts, die
von einem in der Mitte stehenden Officier angewiesen werden. Dieser
steht nach rechts gekehrt, doch hatte er den Kopf allem Anschein
nach linkshin gewandt, zu den von links noch Kommenden. Für die
schon Vorangeschrittenen hätte ja auch seine Weisung keine Be-
deutung mehr. Eine solche ist aber mit Sicherheit an der Haltung
der Arme zu erkennen, wenn es auch ungewiss ist, ob die schräg
abwärts weisende Bewegung der Arme noch durch einer stabarti-
gen Gegenstand verdeutlicht wurde. Am Gewandsaum des voran-
schreitenden Soldaten könnte vielleicht ein Stützenbruch erkannt
werden, aber dass die Linke des Officiers innen sich so ausgearbei-
(*) In dem Katalog der Sammlung, den Michaelis nicht einsehen konnte,
steht nichts Näheres, z. B. über die Herkunft des Reliefs, wie Mrs. Strong
mir zu versichern die Güte hatte. Auch Furtwängler hatte die Gefälligkeit mir
mitzutheilen, dass er nichts darüber erfahren hätte. (Einen Bericht über die
dortigen Antiken verhiess er Münch. Akad. Abhandll. I Cl. XX, III Abth.
über Statuenkopien I S. 26.) Die Herkunft aus Rom ist indessen selbstver-
ständlich.
(2) ' Dicke des Marmorgrundes 2 cm., rechts und links ist das Ende nicht
zu sehn '. Letzter Umstand und das zu geringe Maass der Dicke scheinen mir
das oben Ausgesprochene zu rechtfertigen.
224 E. PETERSEN
tet zeigt, desgleichen Nacktes, Grund und Gewand zwischen beiden
Händen das lässt doch viel eher annehmen, dass nur die blossen
Hände den Herankommenden die Weisung geben, auf dem Boden
abzulegen was sie herbeibringen, wie die Vorangeschrittenen zu
thun vielleicht noch von weiter rechts befindlichen Personen ange-
wiesen wurden.
Alle vier Soldaten sind, wie gesagt, in Civil, wenn es erlaubt
ist, so die Tracht zu nennen, welche sie zwar im Dienst aber nicht
feldmässig in kriegerischem haben (*) : sie tragen die tunica und
caligae, wie scheint. Ausser letzteren kennzeichnet sie das un-
guium mit dem Behang vorn und ein kurzes Schwert oder Dolch
an ihrer rechten Seite, dazu ein über die linke Schulter und un-
ter der rechten Achsel durchgehender balteus, der keinen ersicht-
lichen Zweck hat, da jener Dolch auf diesem Relief immer deutlich
an dem unguium hängt. Der vorderste Soldat schreitet noch aus,
so dass das Ziel noch weiter rechts zu denken ist. Er macht auch
noch nicht Miene, die Kiste son seinem Nacken zu nehmen; die
Vorneigung ist durch das Gewicht welches er trägt verursacht, ein
gorundeter Kasten, in welchem zwei Partien Tafeln stehen. Diese
Kiste ruht nicht eben geschickt auf seinem Rücken, zu tief und
zu ausschliesslich mit der Kante am Rücken anliegend (2). Wie die
Linke des Soldaten nur mit zwei Fingern den Kasten fasst, mnss
man dessen Gewicht allerdings nicht gross denken. Der zweite zeigt
sich nicht wie jener von der Vorderseite sondern in Rückenansicht.
Er hält vierzehn Tafeln mit beiden Händen so dass sie, zunächst
die erste diesseits, an dem rechten Unterarm Widerhalt finden,
und wie die vorderste unten, die hinterste oben von der Hand
gehalten wird. Aber wie das Tragen der Kiste bei dem ersten, so
ist auch das Halten der blossen Tafeln beim Zweiten in wenig
correkter und der Wirklichkeit gemässer Weise dargestellt. Es wäre
überhaupt schier unmöglich vierzehn solche Tafeln so zu tragen,
wenn die Tafeln nicht durch Umschnürung zusammengehalten
(!) Vgl. Alb. Müller, das Cingulum militiae (Gymn. Progr. Ploen 1873)
S. 14. Der doppelte Saum am Aermel des dritten hat wohl nichts zu bedeuten.
Diese Civiltracht ist freilich noch verschieden vom ' Bürgerkleid '. Vgl. von
Domaszewski, Wiener Jahreshefte II S. 190.
(2) Die krause Masse in seinem Nacken weiss ich nicht zu erklären,
wenn sie antik ist. Als Theil eines Unterlagers wäre sie kaum am rechten Platz.
HADR1ANS STELERERI.ASS 225
werden, wie in dem Relief der Forumsschranke alle noch getrage-
nen Tafeln packetartig zusammengeschnürt sind, während die nie-
dergelegten gelöst sind, um ohne die Riemen oder Binden verbrannt
zu werden. Die Umschnürung, im Kasten unnöthig, würde bei den
zwischen den Händen getragenen Tafeln sichtbar zu machen ein
Leichtes gewesen sein, wenn der Künstler in diesen Dingen mit
Ueberlegung verfahren wäre. Aber auch wenn wir die Tafeln um-
schnürt denken wollten, bliebe immer noch ein anderer Fehler, dass
nämlich jede weiter rückwärts folgende Tafel über die vordere
aufragt. Es wird sich zeigen, weshalb auf solche Fehler aufmerksam
gemacht wird.
Der Dritte hatte sein Packet in einem Sack getragen ; den ge-
leerten bringt er über die linke Schulter geworfen und mit der
Linken gefasst zurück: es scheint, dass er die Rechte gehoben hatte:
vielleicht fasste sie denselben Sack über der r. Schulter. So begegnet
er dem Vierten, der in gleicher Bewegung wie die beiden Vordersten
nach rechts schreitet, beide Arme wohl gehoben, zum Fassen der
auf dem Rücken getragenen Tafeln. Arme, Schultern Kopf fehlen,
wie die Köpfe auch dem Dritten und dem Officier.
Es ist klar dass die Darstellung rechts und links unvollstän-
dig ist, dass links wohl noch mehr Träger von Tafeln, und rechts
das Niederlegen und Häufen, wohl auch das Anzünden derselben
vor den Augen des Kaisers dazugehörte ; und dass das Ganze nach ei-
ner, seit Augustus immer mehr überhandnehmenden Vorliebe vor
einem Hintergrund von Architekturen sich abspielte lässt sich noch
eben erkennen.
Neben dem vordersten Soldaten rechts sieht man nämlich auf drei
Stufen eine uncannelierte Säule auf attischer Basis (mit stark mar-
kiertem unterem Ablauf des Säulenschaftes). Die Stufen enden rechts
nahe dem seitlichen Ende der Platte in einem gradem Abschnitt,
als ob die Stufen nicht seitwärts umliefen, und doch ohne die übliche
Treppenwange. Auch an der andern Seite des Mannes ist über sei-
nem rechten Arm eine Säule in der Photographie sichtbar und am
Original ' deutlich zu erkennen '. Dass die Säule dicker ist als die
andre, und dass unten weder ihre Basis noch die Stufen sichtbar
sind, das scheint wieder der Unachtsamkeit des ausführenden Mar-
morarbeiters zugeschrieben werden zu müssen. Sonst ist nur noch
ein Stück der Umgebung zwischen den Figuren zu sehen : ein senk-
16
226 E. PETERSEN
rechter Leisten hinter dem rechten Bein des Zurückschreitenden.
Und wenn wir die entsprechende Darstellung der Forumsschranke
vergleichen, werden wir allerdings gewahr, dass auch dort die Archi-
tektur, wie gewöhnlich, nur den oberen Theil des Bildes füllt, in
dem unteren dagegen, soweit etwa in dem Chatsworth-Kelief erhal-
ten, nichts anderes zwischen oder neben den Figuren sichtbar ist
als was in diesem freien Mittelraum sich befand, wie der Marsyas,
das Trajansbild oder die Rostra. Mit den Basen jener Bilder hat
der Leisten in unserem Relief auch noch am ersten Aehnlichkeit,
unterscheidet sich freilich dadurch dass nicht neben dem Leisten
noch, wie auf den Reliefs der Forumsschranken bei jeder solchen
Basis, ein Ablauf oder Kyma ausgemeisselt ist, so dass wir gar-
nicht sehen, ob der von diesem Leisten eingefasste Körper links
oder rechts stand, und nur darum weil er rechts nicht wohl an-
genommen werden kann, ihn links fortgesetzt und natürlich oben
mit etwas gekrönt denken müssen.
In diesen so geringen Resten der umgebenden Oertlichkeit
schon ein bestimmtes Local des alten Roms erkennen zu wollen,
um danach zu entscheiden, ob Trajans oder Hadrians Liberalität
dargestellt sei, würde ein nicht zu billigendes Unterfangen sein.
Und daraus dass die Trajanische auf der Forumsschranke darge-
stellt ist, folgt noch nicht, dass eine analoge Darstellung auf Ha-
drian zu beziehen sei : Trajans Handlung könnte ja mehrmals dar-
gestellt gewesen sein. Es gilt also beide Darstellungen zu verglei-
chen, um zu sehen, ob sich solche Unterschiede finden, die auf
einen etwas weiteren Abstand des einen Werkes von dem andern
schliessen lassen.
In dem Aufsatze über die Reliefschranken des Forums S. 7
hatte ich gesagt : ' dass die ganze Art der Darstellung in ihrer fri-
schen freien Natürlichkeit mehr im Geiste trajanischer als hadria-
nischer Kunst ist, das wird ein geübtes Auge vielleicht rasch sehen,
aber mit wenig Worten auseinander zusetzen ist es nicht '. Hält
man jetzt die zwei Darstellungen derselben Handlung — der Kürze
halber sei F die vom Forum, C die von Chatsworth — nebenein-
ander, so springt es in die Augen, wie in F die Soldaten in ihrem
dichteren Gedränge, den simpleren Stellungen, der mannigfachen aber
immer natürlichen Art des Tragens weit mehr den Eindruck eines
wirklichen Vorgangs auf öffentlichem Platze machen, während die
HADRIANS STEUERERLASS 227
Figuren in C gesondert, jede genau in den Raum zwischen den
zwei nächsten sich fügt und ihn füllt; ihre Bewegungen rascher,
man kann sagen, eleganter geworden, und zwar insofern eine gewisse
Abwechselung hereingebracht ist, als jeder die Tafeln in anderer
Weise zur Stelle schafft, der erste im Kasten, der zweite ohne
Behälter, der dritte sich dazu eines Sackes bedient hatte, aber
damit das der Wirklichkeit abgesehene Hantieren der Soldaten
mit ihren Tafelpacketen in F nur sehr mangelhaft ersetzt ist. Denn
waren dort auch die Packete selbst im Wesentlichen eines wie das
andre, so trägt oder hält sie jeder auf seine Weise, jeder aber auf
durchaus angemessene und so dass an den verschiedenen Trägern
die verschiedenen Uebergangsmomente, von da wo das Packet noch
auf der Schulter ruht bis da wo es auf den Haufen gelegt wird,
anschaulich gemacht werden. In C dagegen musste sowohl bei dem
ersten wie bei dem zweiten Träger eine wenig richtige Dastellung
eben der Tragens selbst anerkannt werden. Was scharfe Beobachtung
der lebendigen Wirklichkeit und Gewissenhaftigkeit der künstle-
rischen Nachbildung anlangt, steht also C um ein Beträchtliches F
nach, und so sehr letzteres in beiden Hinsichten den Reliefs der
Trajanssäule verglichen werden darf, so wenig können wir das so
augenfällige Nachlassen in C derselben Zeit zuschreiben: F zeigt
durchaus die Vollwichtigkeit in jedem einzelnen Theile der Dar-
stellung, die einer ersten und originalen Behandlung eines Gegen-
standes zu eignen pflegt; C giebt sich als Nachahmung zu er-
kennen, die durch äusseren Aufputz die Abnahme innerer Lebens-
energie zu verdecken sucht. Ist also F Trajanisch, so können wir
C kaum anders als seinem Nachfolger zutheilen.
Hadrianisch — wenn mit dem Wort alles dieser Zeit Ange-
hörige bezeichnet werden darf — ist nun mit allem Nachdruck
der Stil der beider einzigen Köpfe an C zu nennen. Nicht genug,
dass diese einzigen Köpfe beide zwar nicht lang- aber vollbärtig
sind, wie Hadrian selbst es war, während an den Forumsschranken
zwar von den Liktoren der Westschranke zwei ganz knappen Bart
tragen ('), von den Soldaten bei der Tafelverbrennung die einzi-
gen noch einigermaassen erhaltenen keinen bemerkenswertheu Bart
(') Selbst von den Liktoren die den triumphierenden Titus an seinem Bo-
gen umgeben hat der am meisten links diesen kurzen Bart.
228 E. PETERSEN
haben. Doch nicht dieser Wechsel der Sitte blos, sondern auch eine
Aenderung in der Stilisierung der Haares im Stein verräth uns die
Hadrianische Zeit. Es sind namentlich Antinousköpfe, an denen
man eine Haarbildung ähnlich derjenigen der beiden vordersten
Tafelträger von C wahrnehmen kann : nicht mehr so schlichtes, in
knappem Relief gehaltenes Haar, wie es besonders Trajan selbst
trägt, sondern die einzelnen Strähnen mehr gesondert, stärker ge-
krümmt und zwar nicht blos um einen Mittelpunkt sich krüm-
mend sondern auch um sich selber sich drehend, infolge dessen
auch freier und loser, ein erster Anfang zu der Aufbauschung und
Lockerung des Haares, die dann von Antoninus zu Marc Aurel und
Commodus so grossen Fortschritt macht.
Nicht ohne Bedeutung ist auch noch ein kleines Stück der sol-
datischen Civiltracht. Der Behang vorn am Cingulum besteht näm-
lich auf F constant aus vier Streifen, auf C ebenso constant, d. h.
bei den drei von vorn gesehenen Soldaten, aus dreien. Man möchte
also kaum diese durchgehende Aenderung bei einer sonst won F ab-
hängigen Darstellung anders als aus einer wirklich inzwischen
durchgeführten Aenderung dieses Uniformstückes erklären, was zu
Trajans Zeit noch nicht gesehen zu sein scheint. Denn an der
Trajanssäule findet sich wohl auch der dreistreifige Behang, aber,
meistens neben dem, öfters allein vorkommenden, vierstreifigen.
Ein günstiger Zufall hat uns also sowohl die Trajanische wie
die Hadrianische Liberalität in einer gleichzeitigen Reliefdarstellung
erhalten, die Hadrianische allerdings weit unvollständiger als die
Trajanische, namentlich auch hinsichtlich des Locals. Hier tritt ja
nun aber die schriftliche Ueberlieferung ergänzend ein. Würden
wir, auf die Darstellung allein angewiesen, schwerlich eine be-
stimmte Oertlichkeit des alten Roms erkennen können, ja vielleicht
nicht mal bestimmt in Abrede stellen können, dass auch hier das
alte Forum dargestellt sei, so fragt es sich jetzt vielmehr, ob denn
die wenigen Andeutungen die erhalten sind mit jener Angabe der
Spartianischen Vita in Einklang sind. In der That scheint es mir
nach dem oben Bemerkten möglich, bei dem Leisten, welcher als
Kante einer Basis verstanden werden musste, an den equus Traiani
zu denkem, welcher, als Hauptwahrzeichen des freien Forumsplat-
zes südlich vor der grossen Basilica Ulpia, kaum zu entbehren,
in den Vordergrund gerückt werden und also, wie Marsyas, ftcus,
HADRIANS STEUERERLASS 229
rnstra der Forurnsschranken, im Gegensatz zu den zurückliegenden
höher gestellten Bauten, auf gleicher Bodenhöhe mit den Men-
schen stehen musste. Zugleich wird es sinnreich erscheinen, wenn
Hadrian seine das Andenken Trajans ehrende Freigebigkeit vor dem
Bilde di3s Vorgängers ausführte ; und wenn er sie auf dem Forum-
ausführte, war es ja kaum anders möglich. Denken wir Hadrian vor
dem Haupteingang der Basilika postiert, die Träger mit den Tafeln
vom Eingangsbogen gegenüber herankommend, so konnte man, als
schaute man von der quirinalischen Seite des Prachtbaus her, im
Hintergrunde links den Arcus Traiani, in der Mitte die Südwest-
hallen des Forums, davor das Reiterbild, rechts die Basilika sehen,
wenn die seitlich anschliessenden Gebäude, so wie es auf den Fo-
rumsschranken geschehen ist, den gradevor liegenden anschlössen.
Da die vordersten Träger noch nicht am aufgeschichteten Haufen,
geschweige denn beim Kaiser und seinen Begleitern angelangt sind,
so können die zwei Säulen hinter dem ersten Träger rechts nichts
andres als ein Theil der an der Capitolsseite liegenden Hallen sein ;
dass sie sich noch weiter nach links fortgesetzt hätten wird man
kaum deswegen in Abrede stellen können, weil zwischen dem
zweiten Träger und dem Officier eine Säule sichtbar sein müsste.
Denn das Fehlen der drei Stufen unten zwischen den beiden er-
sten Trägern, wo doch oben die Säule vorhanden ist, beweist ja zur
genüge, dass eine genaue Durchführung des Architekturhintergrundes
in den unteren Theilen nicht angestrebt worden ist.
Von was für einem Denkmal die Reliefplatte Chatsworth her-
rührt, ob auch hier die andre Liberalität als Gegenstück darge-
stellt war, darüber Vermuthungen zu äussern wäre müssiges Be-
ginnen.
E. Petersen.
UEBER ALT-ITALISCHE WEIHGESCHENKE.
Unter den mannigfachen Weihgaben oder Weihgeschenken,
die in den alt-italischen Heiligthümern gefunden worden, zieht
eine Gruppe insbesondere die Aufmerkesamkeit der Mediziner auf
sich. Es sind diejenigen Weihegaben, die den Körper des
Menschen oder einzelne Teile desselben zur Darstellung bringen.
Derartige Weihegaben sind vom Standpunkt des Künstlers und
des Alterthumsforschers vielfach untersucht und beschrieben wor-
den, und man hat die Ergebnisse nicht allein für die Geschichte
der Religion, sondern auch für die Geschichte der Kunst und der
Kultur verwerthet.
Vom Standpunkt des Mediziners und des Anatomen sind jene
Weihegaben bisher nicht betrachtet worden; und doch giebt es
unter den den menschlichen Körper darstellenden Bildern solche,
die sehr merkwürdig sind und in hohem Masse die Berücksichti-
gung vonseiten der Mediziner und Anatomen verdienen. Es sind
diejenigen Bilder, welche Darstellungen von inneren Körpertheilen,
von den Eingeweiden geben. Mit diesen alten bildlichen
Darstellungen des menschlichen Körpers sollen sich diese Zeilen
beschäftigen.
Ich richte diese Zeilen zunächst an die Archäologen und Phi-
lologen; eine ausführliche Abhandlung, die durch Abbildungen
erläutert werden und insbesondere das Medizinische hervorheben
soll, wird später in einer anderen Zeitschrift veröffentlicht werden.
Die Veranlassung zu meiner Untersuchung war folgende : Auf
der letzten deutschen Naturforscher-Versammlung (1898) in Düs-
seldorf zeigte Herr Prf. Dr. A. Körte- Greifswald zwei dem Kunst-
museum in Bonn zugehörige aus Veji stammende Terracotten vor:
Bruchstücke von menschlichen Rümpfen, an denen die Eingeweide
der Brust- und Bauchhöhle sichtbar waren. Prof. Körte wies darauf
L. STIEDA, UEBEK. ALT-ITALISCHE WEIHGES3HENKE 231
hin, dass die Rümpfe offenbar Weihgeschenke seien ; er meinte,
dass derartige Stücke noch gar nicht untersucht worden seien.
Die Stücke erregten mein Interesse ; ich beschloss diese Ange-
legenheit weiter zu verfolgen. Während der Osterferien 1899 war
ich in Rom, besuchte die dortigen Museen und insbesondere die
bei den Museen befindlichen ■ Magazzini ■ wozu ich von Herrn Com-
mendatore Barnabei, dem Generaldirector der Künste und Museen
in liberalster Weise die Erlanbniss erhielt. Vor allem sei dafür
diesem mein verbindlichster Dank gesagt ; ferner danke ich hier
dem Herrn Professor G. Sergi und seinem Assistenten Dr. Vrara,
dem Herrn Doctor Vaglieri, sowie allen anderen Herren für die mir
gewährte freundliche Unterstützung bei meinen Arbeiten.
Eine allgemeine Beschreibung und Erörterung der alt- ita-
lischen Weihegaben ist mir nicht bekannt; es scheint keine
solche zu geben. Für die griechischen Weihgeschenke
liegt eine derartige Arbeit von E. Reisch (Wien 1890) vor. Auch
eine Abhandlung von A. Körte (Bezirk eines Heilgottes. Athen.
Mitteilungen Bd. XIII, 1893, p. 231 u. ff.) berücksichtigt in
erster Linie die griechischen Weihgeschenke. Trotzdem aber
dürfte es doch, bei der ausserordentlich nahen Verwandtschaft der
griechischen und alt-italischen Religion, gestattet sein, hier an die
Aeusserungen Reisch's und Körte's anzuknüpfen.
Die Weihgeschenke, die den Göttern dargebracht wurden, sind
eben so mannigfaltig, wie die Beweggründe, um derentwillen die
Weihgaben in Anwendung kamen. Sehen wir von den Beweggrün-
den ab, die, falls nicht schriftliche Aeusserungen die Geschenke
begleiten, uns doch unbekannt bleiben, so können wir uns nur an
die Weihgaben selbst halten.
Kann man um eine Uebersicht über die grosse Masse zu
erleichtern, die Weihgaben nicht in Gruppen und Ordnungen
theilen ?
Den Versuch einer Eintheilung macht E. Reisch (1. c. S. 16). Er
nimmt drei gegenständlich verschiedene Gruppen von Weihga-
ben an; er geht dabei von der gewiss vollkommen berechtigten
Anschauung aus, dass man die Anatheme nach ■ Gegenstän-
den » gruppiren müsse.
1) Anatheme, in denen die Gottheit allein oder im Ver-
kehr mit den Menschen dargestellt ist.
232 L. STIEDA
2) Anatheme, die ihren Inhalt den Kreisen des mensch-
lichen Lebens entlehnen.
3) Anatheme, welche Gegenstände des göttlichen und mensch-
lichen Besitzes oder Gebrauchs (Thiere, Gebäudo, Geräthe,
Schmuck) im Original und Abbild zum Object haben.
Es ist mir diese Eintheilung nicht scharf genug; ich vermisse
darin einen Platz für die zahlreichen Theile des menschlichen
Körpers, Arme, Brust, Kopf, von denen im übrigen Reisch gar
nicht redet. Mir erschiene es einfacher, wenn Reisch gesagt hätte:
1) Götterbilder,
2) Menschenbilder,
3) Sachen.
Dann hätte man die Möglichkeit die einzelnen Körpertheile
in die zweite Kategorie der Weihgaben einzureihen. — Aber die
Götter erscheinen auch in der Gestalt des Menschen — oft ist es
nicht möglich zu entscheiden, ob die betreffende Figur einen
Gott oder einen Menschen darstellt.
A. Körte giebt mit Rücksicht auf die Beziehungen der
Weihgaben zu den Heilgöttern eine andere Eintheilung, nämlich
er unterscheidet:
1) Einfache Nachbildung der geheilten Glieder,
2) Nachbildung der Personen, die für ihre Heilung dem
Gott ihren Dank bringen,
3) Darstellung der Heilung durch den Gott selbst.
Gegen diese Eintheilung Hesse sich einwenden, dass hier das
Motiv der Darbringung, das uns oft unbekannt, zu sehr in den
Vordergrund gestellt ist.
Um den mich interessirenden Weihgeschenken einen sichern
Platz im S}rstom zu schaffen, unterscheide ich, im Anschluss an
Reisch und dessen Auffassung, zwei grosse Hauptgruppen, je nach-
dem die Weihgeschenke Sachen oder Personen (oder Theile
der selben) darstellen.
I. Die sachlichen Weihgeschenke können sehr verschieden
sein, ob Gaben aus Gold, ob Thiere oder Schmuck, ob Waffen oder
Hausgeräth. das kommt hier nicht in Betracht. Alle diese Gegen-
stände liegen ausserhalb meines Arbeitsbezirkes.
II. Ich habe der zweiten Gruppe die Bezeichnung « Perso-
nen» gegeben, weil ich damit die Möglichkeit habe, Götter und
UEBER ALT-ITALISCHE WEIHGESCHENKE 233
Menschen zusammenzufassen ; weil damit der Gegensatz zu den Sa-
chen (res) schon ausgeprägt ist. Ob es sich hierbei um Bilder
(Statuen) handelt, ob um scenische Darstellungen (Reliefbilder),
das ist einerlei.
Wenn ich von den scenischen Darstellungen absehe und zu-
nächst die andern ■ Bilder ■ in Betracht ziehe, so unterscheide ich.
Gruppe 1: Darstellungen ganzer (unversehrter) mensch-
licher Körper, Bilder (Statuen), (als Untergruppe scenische Darstel-
lungen- Relief bilder).
Gruppe 2 : Darstellungen von einzelnen Theilen des
menschlichen Körpers, äussere wie innere (Eingeweide).
Bei dieser Eintheilung kann ich die Motive der Darbringung
(Körte) ganz bei Seite lassen. Auf das Material, aus dem die Weih-
gaben geformt sind, ist kein Unterschied zu begründen, sondern nur
auf die Form des Dargestellten- auf den Gegenstand (Reisch).
Die erste Gruppe der Personendarstellungen, die Bilder
ganzer Menschen (Götter), die für den Künstler, den Archäologen
und Philologen ein hervorragendes Interesse besitzt, kann ich zu-
nächst ganz bei Seite lassen. Die ganzen unversehrten, bekleideten
wie unbekleideten, Gestalten der Götter und Menschen haben zu-
nächst kein medizinisches oder anatomisches Interesse. Damit will
ich aber keineswegs sagen, dass sie ohne alles Interesse für Me-
dizin sind: ich erinnere an die Wickelkinder, ich erinnere an die
scenischen Darstellungen von kranken Menschen und von hülfe-
leistenden Aerzten (Göttern). Aus solchen ■ Bildern » kann der
Arzt mancherlei Schlüsse in Betreff der damaligen ärztlichen Kunst
ziehen. Solche Bilder, wie sie Körte z. B. anführt, haben, ebenso
wie die ■ Wickelkinder », unzweifelhaft auch eine medizinische
Bedeutung. Aber jetzt lasse ich diese Bilder bei Seite.
Ich lenke die Aufmerksamkeit auf die zweite Gruppe: bild-
liche Darstellungen einzelner äusserer und innerer Körpertheile des
Menschen.
Ich unterscheide vom anatomischen Standpunkte.
1. Köpfe, und zwar
a) ganze, b) halbe.
2. Gesichter und einzelne Theile des Gesichts:
a) ganze Gesichter (Ganzmasken), b) Halbmasken, c) Au-
gen, d) Lippen, e) Ohren.
234 L. STIEDA
3. Arme und Hände.
4. Beine und Füsse.
5. Eingeweide:
a) Rümpfe mit sichtbarem Eingeweide, b) Einge-
weide ohne Rumpf, c) einzelne Eingeweide (im Anhang: Mammae).
6. Aeussere und innere Geschlechtsorgane. Als Material für
meine Untersuchungen dienten mir:
1) Die Sammlungen des Museo nazionale (Museo delle
Terme) in Rom; hier befinden sich Weihgeschenke die auf der
Tiber-Insel bei Rom gefunden worden sind;
2) Die Sammlungen des Magazzino archeologico im Orto
botanico in Rom (Ergebnisse der Ausgrabungen vom Minerva-
Tempel bei Rom);
3) Das etruskische Museum in der Villa Papa Giulio in
Rom ; es enthält Weihgaben, die in Civita-Lavinia und Civita
Castellana gefunden worden;
4) Eine Anzahl Alterthümer, die aus Veji stammen.
Dass auch ausserhalb Rom — in den Museen anderer italieni-
scher Städte — viele alt- italische Alterthümer, insonderheit Weih-
gaben, sich befinden, ist bekannt. Ebenso ist sicher, dass viele
alt-italische Alterthümer, z. B. die aus Nemi und Veji stammenden,
nach Deutschland, Frankreich, England und Amerika fortgeführt
sind, und hier in den Museen aufbewahrt werden. Ich habe bis
jetzt keine Gelegenheit gehabt, die alt-italischen Alterthümer
anderer Museen als der römischen zu untersuchen.
Ueber die verschiedenen Ausgrabungen selbst, bei denen die
Weihgeschenke zu Tage gefördert worden sind, vermag ich hier keine
näheren Angaben zu machen, weil mir keine bekannt sind, oder
weil, wie z. B. in Veji, gar keine Berichte publicirt sind.
Für meine Untersuchungen dürfte eine genaue Beschreibung
der Ausgrabungen auch nur von nebensächlichem Interesse sein.
Es unterliegt keinem Zweifel, dass die betreffenden Stücke aus
Heiligthümern, aus Tempeln herstammen; welcher Art die Hei-
ligthümer waren, welchen Göttern sie geweiht waren, ob es die
sogenannten Heilgötter oder andere Götter waren, erscheint mir für
die Beurtheilung und Deutung der Weihgaben gleichgültig.
Was die Zeit betrifft, aus welcher die betreffenden Weih-
gaben stammen, so begnüge ich mich damit, zu sagen, dass die
UEBER ALT-ITAI.ISCHE WKIHGESCHENKE 235
Weihgaben aus den letzten Jahrhunderten der vorchristlichen Zeit-
rechnung stammen. Als Anhaltpunkt dient für Veji die Zerstörung
der Stadt durch Camillus 396 y. Chr. und für die Tiber-Insel die
Thatsache, dass der Aesculap-Dienst im Jahr 291 v. Chr. von
Griechenland nach Rom verpflanzt ist.
Was das Material betrifft, aus dem die betreffenden Weihge-
schenke angefertigt sind, so sind nur solche aus gebrannter Erde
oder Thon (Terracotta) an den eben namhaft gemachten Stellen:
Veji — Rom — Tiber-Insel — Nemi gefunden worden. Doch un-
terliegt es keinem Zweifel, dass auch anderes Material, Marmor oder
Metall, für die Herstellung der Weihgaben verwendet wurde. Aus
Marmor angefertigt ist der Rumpf in der Vatican- Sammlung
(N. 2444). Dass Gold- und Silber-Geschenke sich nicht bis auf
unsere Tage erhalten haben, ist eine sehr begreifliche Thatsache.
Ueber die künstlerische Ausführung so wie über die Technik steht
mir kein Urtheil zu, das ist Sache der Archäologen und Kunst-
historiker.
1. Die Köpfe.
Ueber die Köpfe sowohl die ganzen wie die halben, kann ich
kurz hinweggehen. Es ist bekannt, dass an all' den Weihe-Köpfen
nur der vo rdere Theil künstlerisch ausgeführt ist, der hintere Theil
ist gar nicht modellirt, sondern unausgeführt geblieben ; es erklärt
sich dies daraus, dass die Köpfe zum Aufhängen bestimmt waren.
Sie sind hohl und haben hinten ein Loch, mittelst dessen sie an
einen Nagel aufgehängt werden konnten.
Die halben Köpfe sind Hälften eines ganzen, der durch einen
medialen Sagittal schnitt (Medianschnitt) in zwei Theile zerlegt ist;
es sind entweder rechte oder linke Kopfhälften. Bei diesen
Halbköpfen ist ebenfalls, wie bei der ganzen, die hintere Fläche
nicht ausgeführt, die Schnittfläche ist vollkommen glatt.
Die Köpfe sind sehr verschieden gestaltet : sowohl die Ge-
sichtsbilduDg wie die Haartracht sind ganz verschieden. Auffallend
ist es mir, dass ich gar keinen bärtigen Kopf gesehen habe,
obwohl ich einzelne als männliche zu erkennen glaubte.
Köpfe, an denen krankhafte -Veränderungen dargestellt sind,
habe ich nicht gesehen; doch ist nicht daran zu zweifeln, dass
236 L. STIEDA
solche Bilder vorkommen. In einem römischen Museum — in wel-
chem, ist mir unbekannt — soll ein kranker Kopf zu sehen sein:
ich habe nichts näheres ermitteln können.
2. Gesichter und Gesichts- Theile.
Noch weniger habe ich über die Ganzmasken (Stirn, Augen,
Nase, Mund), über die Halbmasken (Stirn, Augen und Nase)
und über einzelne Theile des Gesichts zu sagen. Es finden sich
ausser den Ganzmasken auch einzelne Augen, Ohren, Lippen
(Mund). Ob einzelne Nasen vorkommen, weiss ich nicht, ich habe
keine Einzel-Nase gesehen. Krankhaft verbildete Gesichtstheile habe
ich nicht gesehen. Warum wir so zahlreiche scheinbar vollkom-
men gesunde Köpfe, Gesichter und Gesichtstheile als Weihge-
schenke finden, weiss ich nicht. Körte meint, die Leute hätten die
Nachbildungen der « geheilten » Glieder dargebracht, — das
bezweifle ich: die damaligen Tempel waren vielfach Heilstätten
(Krankenhäuser). Die Kranken kamen dahin, wie sie heut zum Arzt
gehen; sie brachten die Nachbildungen kranker Glieder dar; —
wenn sie gesund wurden, so gingen sie nach Hause. Gesund ge-
wordene gingen damals gewiss eben so wenig zum Arzt, wie heute.
Es müssen doch wohl andere Motive vorhanden gewesen sein, die
die Leute veranlassten, Abbildungen einzelner Körpertheile dar-
zubringen. Vielleicht brachte Jemand, der an Kopfschmerz (Mi-
graena, hemicrania) litt, der Heilstätte den halben Kopf dar, der
ihn schmerzte. Vielleicht brachten Ohrenkranke den Heilstätten
Ohren, Augenkranke die Augen aus Terracotta dar, und beteten
dazu Wenn es nichts half, schaden konnte es nicht. Und diese
kleinen Sächelchen aus Terracotta waren gewiss sehr wohlfeil.
— Da Krankheiten der Nase doch so häufig sind, so ist es mir
auffallend, dass ich gar keine einzelne Nase gesehen habe ; es wäre
doch wünschenswerth, wenn man in den Museen sich nach « Nasen »
umschauen wollte.
3. Arme und Hände.
Einzelne Arme habe ich nicht gesehen, aber es ist vielfach
darüber berichtet, dass Arme als Weihgaben vorkommen. Die Hände,
(
UEBEK ALT-ITALISCHE WEIHGKSCHENK.K 237
die ich zu Gesicht bekomme, sind sehr verschieden ausgeführt.
Gewöhnlich ist nur eine Fläche, entweder der Handrücken oder
der Handteller genauer dargestellt. Am Handteller sind die Linien
deutlich sichtbar, am Handrücken die Nägel, doch giebt es auch
Hände, an denen sowohl die Nägel wie die Linien des Handtellers
kenntlich sind. — Einzelne Finger habe ich nicht gesehen, doch
sollen dieselben auch vorkommen.
Hände und Finger, die mit Symbolen bedeckt waren, habe
ich selbst bisher nicht zu Gesicht bekommen. Es scheint mir, dass
derartige Hände nicht aus gebranntem Thon, sondern aus Metall
angefertigt wurden. Vortreffliche Abbildungen solcher symbolischen
Hände finden sich in Michaeli Angeli Chausei de la Chansse Pari-
sieasis düser tatio I de Vasis — et de Manibus aeneis, Tab. XI-XIV
(G. Graevii thesaurus. Tom. XII, pag. 963).
Unter den vielen Händen, die ich zu sehen Gelegenheit hatte,
ist nur eine einzige gewesen, die das Interesse der Aerzte beson-
ders fesseln könnte : eine in Veji gefundene linke Hand mit einer
deutlichen Geschwulst des Handtellers. Auf solche Befunde — Dar-
stellungen krankhaft veränderter Körpertheile — gründe ich meine
Behauptung, dass die Leute nicht das Abbild des geheilten Organs
dem Heilgott darbrachten, sondern das Abbild des krankhaften
Organs.
4. Beine und Füsse.
Unter den Weihgeschenken, die ich gesehen habe, waren keine
Beine, sondern nur Füsse. Die Füsse waren von verschiedener
Grösse, zeigten sehr deutlich Nägel; meist war den Füssen eine
Art Sohle untergelagert. Die von mir untersuchten Füsse waren
alle unbekleidet. Krankhaft veränderte Füsse habe ich nicht
gesehen.
Es scheint, man hat Füsse nicht allein mit Rücksicht auf
ihre Erkrankung geweiht, sondern auch aus andern Gründen. Auf
einigen Weihgeschenken, an denen Inschriften sich befinden, ist
gesagt, dass die betreffenden Gaben nach einer glücklich zurückge-
legten Reise der Gottheit zum Dank einen Fuss oder ein Paar
widmeten.
Sowohl die Köpfe, wie auch die Hände und Füsse
könnten immerhin zu anthropologischen Untersuchungen Anlass ge-
238 L. STIEDA
ben. Die Köpfe könnte man auf gewisse Rassen-Eigenthüralichkeiten
untersuchen, die Hände auf die verschiedene Länge der Finger
(Vergleich zwischen Zeigefinger und Ringfinger), die Füsse in Be-
zug auf den Einschnitt zwischen der grossen und zweiten Zehe, in
Bezug auf die Verkrüppelung (Rückbildung) der kleinen Zehe
u. s. w. Ich habe jetzt keine Veranlassung gehabt, auf solche
Aufgaben einzugehen.
5. Eingeweide.
Diese Gruppe der Weihgeschenke ist für den Mediziner die
interessanteste — sie bringt uns bildliche Darstellungen der in-
neren Körperorgane (Eingeweide) aus uralter Zeit. Es liegen unzwei-
felhaft in diesen italischen Weihgeschenken die ältesten bildli-
chen Darstellungen von Eingeweiden des Menschen vor, die wir
bisher kennen. In Aegypten ist, so viel ich weiss, nichts derar-
tiges gefunden worden, in Babylon und Griechenland auch nichts.
Die sog. babylonische Leber ist entschieden eine Thierleber,
die Eingeweide der italischen Weihgeschenke dagegen sollen unzwei-
felhaft menschliche Eingeweide darstellen.
Die bisher von mir beobachteten bildlichen Darstellungen
der Eingeweide sind sehr mannigfaltig. Ich versuche, sie in fol-
gender Weise zu ordnen:
a) bildliche Darstellungen von bekleideten oder un-
bekleideten Menschen mit geöffneter Leibeshöhle;
b) die auf einer Platte ausgebreiteten Eingeweide der Brust
und des Bauches, oder des Bauches allein;
c) einzelne Eingeweide.
d) im Anhang: Mammae.
Die bildlichen Darstellungen von Menschen mit geöffneter
Leibeshöhle sind sehr mannigfach. So weit meine Erfahrung reicht,
sind die bisher gefundenen Bilder einander nicht gleich. Doch ist
die Zahl der bisher bekannten derartigen Darstellungen im Allge-
meinen noch sehr gering. —
Ich lasse eine Aufzählung der mir bekannten Bilder folgen.
1. Am längsten bekannt ist das Bruststück eines marmornen
Rumpfes im Vatikan, Gallerie der Statuen N. 284. Aus welcher
Zeit das Bruststück stammt und wo es gefunden ist, ist unbekannt.
f
LEBER. ALT-ITALISCHE WEIHGESCHENKE 239
2 und 3. Bruchstücke zweier kleinen menschlichen Rümpfe
mit geöffneter Leibeshöhle {Bullettino deU'Istitulo 1885, p. 144
Helbig Scavi di Civita Lavinia), aufbewahrt im etruskischen
Museum in der Villa di Papa Giulio.
4. Gewand-Figur (ohne Kopf) gefunden in Nemi (cf. Rossbach,
Bull. delV Istituto per l'anno 1885, Roma, p. 149-157; und Ver-
handlungen der 40. Vers, deutscher Philologen und Schulmänner
in Görlitz 1889. Leipzig. S. 147-164).
5 und 6. Bruchstücke zweier Rümpfe im Bonner Museum;
sie stammen aus Veji.
7, a und b. Bruchstücke zweier Rümpfe im Museo Nasionale
in Rom. (Tiber-Insel).
8. Bruchstück eines Rumpfes, der auf der Turiner Aus-
stellung 1898 sich befand.
9 und 10. Bruchstücke zweier aus Veji stammenden Rümpfe,
die ich in Rom erworben habe. —
Im Ganzen sind mir also 11 Bilder menschlicher Leiber mit
geöffneter Leibeshöhle bekannt, von denen nur zwei, und zwar die
beiden im römischen Museo Nasionale befindlichen, einander glei-
chen, d. h. nach demselben Modell angefertigt sind.
Alle andern sind verschieden, also kennt man bis jetzt 10 ver-
schiedene Typen, davon drei umstehend abgebildet.
Ich beschreibe jetzt nicht die einzelnen Stücke; ich gebe
keine anatomische Analyse der einzelnen Theile, die in den Stücken
sichtbar und erkennbar sind. Ich beschränke mich hier auf die
kurze Bemerkung, dass ich zu erkennen meine: das Herz und
die Lunge; die Leber und ihre Theile; einzelne Abschnitte
des Darmkanals: die Milz, die beiden Nieren und die
Harnblase. Eine ausführliche Erörterung, sowie der Versuch,
die gegebene Erklärung näher zu begründen, geht zu weit ins
medizinische Gebiet hinein, um hier verständlich zu sein. Ueber-
dies müsste das an der Hand von anderen Abbildungen geschehen,
die ich dieser Mittheilung nicht beifügen kann.
Es wäre mir sehr erwünscht, wenn die Herren Archäologen
mich auf neue in der Uebersicht noch nicht aufgezählte Stücke,
in denen Eingeweide sichtbar sind, aufmerksam machen wollten.
Von einzelnen Eingeweiden kann ich hier das Bild
eines Kehlkopfes mit Luftröhre namhaft machen. Ich kenne
240 L. STIEDA
das betreffende Stück zunächst nur aus Photographien, die mir
Herr Dr. Oefele aus Neuenahr freundlichst zu Gebot gestellt hat.
Das Stück stammt so weit mir bekannt aus dem Heiligtum der
Tiber-Insel. Ferner ist ein Bild bekannt, das ein Convolut von
Darmschlingen darstellt (Rom).
Die bekannte Bronze-Leber von Piacenza (cf. Deecke,
Etruskische Forschungen, Stuttgart 1880, und Etr. Forschungen
und Studien, 2tes Heft 1882) gehört entschieden nicht zu den
Weihgeschenken, darum muss ich die Besprechung derselben hier
bei Seite lassen. Es ist die Bronze-Leber aus Piacenza, wie die
Alabaster-Leber (G. Körte), wie die babylonische Leber (Cunei-
form Text 6) unbedingt als das Modell einer Säugethier-Leber,
und zwar als das einer Schafleber (Hammelleber) anzusehn. Ich
werde an einem andern Orte die drei Lebern besprechen.
Im Anschluss an die Rumpf- und Baucheingeweiden muss ich
an die zahlreichen Weihgeschenke erinnern, die offenbar weib-
liche Brüste {Mammae) darstellen. Es sind verhältniss- massig
grosse Halbkugeln, deren Durchmesser von 6-12 cm., deren Höhe
von 4-8 cm. schwankt. Die alt-italischen, die ich in Rom und Veji
gesehen habe, waren alle aus Terracotta, doch soll es an andern
Orten auch Brüste aus Marmor geben.
DUR A.LT-ITAUSOHE WEIHGESCHENKE 241
t>. Geschlechtsorgane; Räthselhafte Organe.
Ich habe den Geschlechtsorganen eine besondere Stelle an-
gewiesen, weil ich ihnen einige eigentümliche Stücke ansohlies-
sen muss, deren Erklärung nicht sicher ist, obgleich es wahrschein-
lich, dass die räthselhaften Stücke eine gewisse Beziehung zu den
Geschlechtsorganen haben.
Nachbildungen der äusseren männlichen Geschlechtsorgane
( Organa genitalia masculina externa) sind sehr häufig ; man erkennt
den Penis und das Scroton nobst den Testikeln; die Theile sind
sehr getreu naturalistisch dargestellt; ein Stück, das mir vorliegt,
lässt an der Vorhaut ringförmige Erscheinung erkennen, die bei
der Anwendung des Abbindens entstehen musste. (Ich werde diese
Angelegenheit an einem andern Orte ausführlich behandeln.)
Dass es richtig ist, diese Stücke als ■ phalli n zu bezeichnen, be-
zweifle ich.
Es finden sich nun ausserdem ziemlich häufig Stücke, die
ich hier den männlichen Geschlechtsorganen anreihe.
Es sind kegelförmige oder pyramidale Körper, die auf einer
etwas breiteren Basis aufsitzen. Sie sind etwa 6-8 cm. hoch, die
etwas vorragende Basis misst etwa 8-10 cm.
Die Leute in Veji wussten keinen Namen dafür, die Bedien-
steten der Museen in Rom benannten sie als ■ bubboni »,
deuteten auf die Leistengegend, um verständlich zu machen, dass
sie damit gewisse Erkrankungen der Leisten-Gegend zu bezeichnen
wünschten.
Ich bin vorläufig mit dieser Deutung nicht einverstanden:
ich halte die betreffenden Stücke für die krankhaft veränderte
Eichel des männlichen Gliedes (glans peräs).
Vielleicht finden sich derartige Stücke in Verbindung mit
einem menschlichen Rumpfe oder in scenischen Relief-Darstel-
lungen, mit deren Hülfe man eine sichere Entscheidung treffen
könnte.
Auch Nachbildungen der äusseren weiblichen Geschlechtsor-
gane (Organa genitalia muliebria externa) der weiblichen Scham-
spalte — in höchst primiviter Form — kommen als Weihgeschenke
vor. Sie scheinen sehr selten zu sein. Im reichen Magazzino des
17
242 L. STIEDA
Museo Nasionale fand ich keine, wohl aber zwei Exemplare im Ma-
gazin des etruskischen Museums der Villa di Papa Giulio.
Nun aber kommen noch eigentümliche Stücke vor, denen von
Seiten der Archäologen eine Beziehung zu den weiblichen Ge-
schlechtsorganen zugeschrieben wird. Von den Archäologen werden
die betreffenden Stücke als ■ Vulva • (Rossbach), von den Leuten
in Veji und den Bediensteten der Museen als Uteri bezeichnet. Es
sind platte, elliptische, in der Mitte leicht gewölbte Körper mit
deutlichen Querwülsten ; an dem einen Ende ist eine Art Oeffnung.
Bereits 1654 hat Tomassini (Graevii Thesaurus, Tom. XII, 1699,
Tomassini, de donariis) ein derartiges Stück abgebildet, das aus
Nemi stammt und daselbst im Heiligthum der Diana Nemorensis
gefunden worden ist.
Joh. Argola, der Sekretär des Kardinals Laetio Biscia, der
im Auftrage seines Herrn über die Alterthümer von Nemi berichtet,
erklärt das Stück für ein Wassergefäss zum Aufnehmen
von Weihwasser (Urnula). An vielen dieser « Streifen-
Körper » sitzt an dem einen oder dem andern Rand ein kleiner
längsovaler nach unten zu leicht gewundener Körper an. Wollte
man den grossen Streifenkörper für den Uterus (die Gebärmutter)
halten, so könnte man den kleinen Körper daneben als Ooarlum
■ Eierstock ■ auffassen. Aber zu jedem Uterus gehören zwei Ovaria
— warum ist nur eines abgebildet? Ich habe unter den vielen
derartigen Stücken keinen mit zwei Anhängen gesehen, will aber
keineswegs in Abrede stellen, dass auch solche Stücke vorkommen.
Wollte man diese Körper für Abbilder der Vulva, der weiblichen
Scheide, halten, so müsste dabei schon auffallen, dass die Runzeln
(Rugae) an der äusseren Fläche angebracht sind; dann müssten
die kleinen Nebenkörper als « Blase » gedeutet werden.
Nun ist zu bemerken: diese kleinen Nebenkörper kommen
auch als E i n z e 1 s t ü c k e, als einzelne Weihgeschenke vor — von
sehr verschiedener Grösse. Das Magazzino archeologico im bota-
nischen Garten in Rom besitzt ein sehr grosses, etwa 15 cm.
langes und 8 cm. breites Exemplar, doch giebt es auch viel kleinere
Exemplare.
Die Leute in Veji benannten solche Einzelstücke fegato, das
heisst eigentlich Leber, soll aber wohl Gallenblase bedeuten. Wenn
das seine Richtigkeit hätte, so könnte jener « Streifenkörper •
IEBER ALT-ITALISCHE WEIHGESCHENKK 248
weder Vulva noch Uterus sein. Ich vermag keine endgültige, ein-
wandfreie Deutung dieser Körper zu geben. —
Zum Schluss meiner kurzen Mittheilung sei hier der Wunsch
ausgesprochen, dass in Rom an irgend einer Stelle, vielleicht im
etruskischen Museum (Villa di Papa Giulio) alle die me-
dizinisch ( — anatomisch — ) interessanten Weihgeschenke zu einer
Sammlung vereinigt würden, um das eingehende Studium der
äusserst interessanten Objecte den Archäologen wie den Medizinern
zu erleichten und dem gebildeten Publikum klar vor Augen zu
stellen, was für Kenntnisse vom Bau des menschlichen Körpers
vor etwa 2000 Jahren die alten Italer besassen.
Königsberg i. Pr.
L. Stieda
Prof. der Anatomie.
MODERNE KAISERGEMMEN.
In der Römischen Quartalschrift XIII 1899, Tafel X, 2 wird
als ' römischantike Kaisergemme ' ein Cammeo zum zweiten oder
dritten Mal veröffentlicht. Wie die dazu schon in J. 1880 geschrie-
bene, ' doch bis jetzt ungedruckt gebliebene kleine Abhandlung '
von Dr. Hermann Rollett, S. 138 sagt, ist der Cammeo im J. 1879
aus dem Besitze des griechischen Wiener Bankiers Demeter (De-
metrios ?) Tirka in denjenigen des Wiener Privatiers Thomas Biehler
übergegangen, und nach dessen Tode 1890 an einen Privaten in
Philadelphia verkauft worden. Wie vor ihm C. W. King, bezieht
auch Rollett die Darstellung wegen des vorgeblichen Labarums auf
einen Triumph Constantius' IL Die Darstellung ist im Wesentlichen
dem Titus Triumphator an seinem Bogen über der Sacra Via nach-
gebildet. Das scheint King wie Rollett entgangen zu sein, nicht
so natürlich Wieseler, der im XXX. Bande der Abhandlungen der
K. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen 1883 auf einer
Tafel neben der Biehlerschen Gemme (1) noch eine ähnliche (2)
abgebildet hat, die v. Sacken im J. 1869 ' von einem Händler au^
Lyon erstand ', nach der Händlers Angabe ' im südlichen Frank-
reich ' gefunden ; dazu einen dritten ähnlichen Stein bespricht,
den Conze im Arch. Anzeiger 1864 S. 167 als Hawkinssche Gemme,
im South-Kensingtonmuseum gesehen beschrieb, danach Michaelis
Arch. Zeitung 1874 S. 12 und Ancient Marbles in Great Britain
S. 213. Diesen hatte Conze gegen Constantinische Zeit gesetzt
(ähnlich Michaelis), ebenso Kenner den Wiener Cammeo, Wieseler
gleich King und Rollet den Biehlerschen. Er fand keinen Grund an
der Echtheit der Biehlerschen Gemme zu zweifeln, trotzdem die-
selbe nach einer Bemerkung Biehlers ' nicht unter der Erde gele-
gen haben kann ', und benutzt die drei Steine als secundäre Zeugen
neben dem berühmten Relief. Die einzig richtige Methode, die doch
K. PETERSEN, MODERNE KAISERGEMMEN 2-15
mit Hilfe von Photographien und evt. Nachfragen in Rom auch
damals schon möglich gewesen wäre, ergiebt dass alle diese Steine
moderne Arbeiten sind; sie sind natürlich nicht aus der Urhand-
schrift abgeschrieben, sondern aus einer Abschrift und zwar einer
interpolierten; wo das Marmorrelief beschädigt ist, lässt eine ge-
naue Untersuchung desselben Besseres erkennen als was die Gemmen-
schneider geben, und die von Wieseler S. 8 geltend gemachte Ue-
bereinstimmung des Wiener Cammeo mit dem Titusbogenrelief und
wiederum mit der Darstellung des Biehlerschen Cammeo ergiebt
etwas ganz andres als, wie Wieseler meint, die Treue des Barto-
lischen Stiches.
Zunächst der Wiener Cammeo, bei Wieseler 2. Hier hat
der Triumphator in der Rechten einen kurzen Gegenstand; einen
ähnlichen in der Linken ; jenen erklärt W. für einer Zweig, diesen für
eine Rolle. Ersteres ist gewiss richtig ; und wenn der Steinschneider
einen Zweig gemeint hat, was möglich, so konnte er das von Münzen
und Schriftstellen oder Compendien her leicht wissen. Aber der
Zweig der Titus war erheblich grösser. Auf dem Reliefgrunde sind
drei Stützenbrüche, ein mittlerer mittelgrosser von der Hand, ein
kleinerer darunter vom unteren Ende des Zweiges und ein grosser
darüber. Danach war der Zweig, wie auf Münzen, etwas mehr als
die kleinen Büschel in den Händen andrer Pestzugstheilnehmer ;
und auch die kleine Krümmung des Zweigs entspricht jenen Münz-
bildern ('). In die andre Hand gehört nun aber das Adlerscepter
und in der That befindet sich, auf Photographien kenntlich, in der
Linie der vermeintlichen Rolle auf dem Gewände weiter oben ein
Stützenbruch : hier muss entweder der Knauf oder der Körper des
Adlers angesessen haben, von dessen Fittigen noch atwas höher
eine Abbruchsteile herrühren dürfte, für die eine andre Erklärung
kaum möglich ist.
(!) Es genügt auf Cohen P Vespasian 475 zu verweisen ; desgleichen auf
Titus 226 ff., II Trajan 92 ff., 585: triumphus Parthicus, III Commodus 507, 557,
wo die Rechte ohne Zweig grüssend, das Adlerscepter aber sehr deutlich ist.
Die Haltung der Rechten entspricht genau der Beschreibung des triumphie-
renden Aemilius Paullus bei Plutarch 34 : dricpvTjg xXwv« rf, (fsgiii rrporeiVwj',
wie auch Wieseler S. 19 bemerkt. Ueber den Triumphzug am Bogen von Be-
nevent s. Rom. Mitth. 1892 S. 245 Anm.
246 E. PETERSEN
Zweitens der halbnackte Jüngling diesseits neben dem Wa-
gen, selbstverständlich eine Idealfigur, wie die Führerin der Rosse
und wahrscheinlich auch die beiden andern Figuren rechts und links
im Vordergrunde. Der Wiener Cammeo lässt ihn mit der bis an
die Zügel reichenden Rechten vorweisen, in der Linken einen Zweig
tragen. Die Rechte kann aber nie so weit gereicht haben; viel-
mehr gelangte sie weiter diesseits dahin, wo auf dem Kreuz des
Pferdes ein Stützenbruch ist. Eine zweite Stütze kommt zwischen
Zügeln und Wagen hervor, ist aber dort abgebrochen: sie stützte
vermuthlich das Attribut der Rechten, einen ähnlich wie vom Kai-
ser selbst vorgestreckten Lorberzweig. Denn die Zweige werden, wie
am besten der Kaiser zeigt, der Regel nach in der Rechten ge-
halten. Dass diese Idealfigur jedenfalls in der Linken nicht einen
Zweig getragen hat, so wie auf dem Wiener Stein, zeigt das um den
Handabbruch rings wohl erhaltene Gewand. Aber die von diesem
gradherausstehenden Armstumpf nach oben laufende Bruchrläche,
welche mit einem schmalen Streifen das über den Unterarm gelegte
Gewand durchschneidet, zeigt dass die Hand einen vor diesem Ge-
wand liegenden, nach oben gehenden Gegenstand hielt ; und dieser
Gegenstand wurde nach Ausweis der Bruchfläche nach oben breiter,
bis da wo er, eben unterhalb der Schulter, aufhört; er reichte mit
einem dünneren ringsum ausgearbeiteten und etwas einwärts gebo-
genen Ende auch unterhalb der Hand abwärts, wo auf den Falten
ein Stützenbruch sein Ende anzeigt. Diese seine Spuren lassen kaum
zweifeln, dass was die Linke trug ein Füllhorn war. Der Jüngling —
als solchen lassen ihn die Körperformen erkennen — ist also der
Genius Populi Romanü der, wie am Halsbruch noch heute sichtbar
scheint, den Kopf zu den Nachfolgenden umgewandt hatte. Roma
vor, und der Genius P. R. hinter dem Wagen haben so dieselbe
Stelle wie an den Schlusssteinen der Bogenwölbung, erstere an der
inneren, der Stadtseite, letzterer nach aussen (*).
(!) Purgold, Archaeologische Bemerkungen zu Claudian und Sidonius S. 20
ff. findet die langbekleidete Koma wo sie nicht ist, sowohl bei Dichtern
wie Sidonius und Claudian als auch in Bildwerken, wie an dem Sockel der
Antoninssäule, wo unter dem Mantel kein langes Kleid zum Vorschein kommt.
Von hier aus gelangt er dahin, die typische Gestalt der Roma in Triumphal-
raonumenten, auch unsere "vor Titus' Wagen Virtus zu nennen. Dem stärksten
Gegenargument, das in den Versen Claudians XXVIII 369 liegt, wo eben
MODERNE KAISERGEMMEN 247
Drittens, auch der dein Genius P. R. folgenden Figur giebt
der Wiener Cammeo wieder den Zweig in die Linke, während die
geschlossene fast in Schulterhöhe gehaltene Rechte einen Gegenstand
vermissen lässt. Dass nun die Rechte wirklich das Zweiglein ge-
halten, wie es ihr an sich und nach ihrer Hebung zukommt, ist
am Marmor freilich heute nicht mehr zu erkennen.
Viertens endlich der vor der Roma voraufschreitende; er ist
besonders stark zerstört, nur der Zweig in der Rechten ist noch
erhalten, ob die Linke eine Rolle oder Aehnliches gehalten, wie
auf dem Cammeo, ist nicht mehr zu sagen; das aber ist gewiss,
dass das Gewand nicht so sein konnte wie auf dem Cammeo, weil
dies überhaupt eine unmögliche Trachtform ist, auch soviel wenig-
stens noch am Marmor deutlich ist, dass das über dem 1. Arm lie-
gende Gewand nicht bloss aussen, sondern auch innen vom Arm
niederhängt. Eine Toga freilich, wie ich früher angenommen habe,
kann es trotzdem nicht sein, wegen der um die linke Schulter nach
innen oder von da horizontal gerichteten Faltenmasse (').
In allen diesen Punkten nun, wo die Wiener Gemme etwas
andres giebt, als nach den vorhandenen Spuren einst am Titusbo-
gen selbst dargestellt war, stimmt sie mit — Bartolis Stich über-
ein. Es ist also gewies, dass der Steinschneider nach diesem oder
der ihm zugrunde liegenden Zeichnung gearbeitet hat, wahrschein-
lich also im vorigen Jahrhundert. Dass er dabei die Absicht gehabt
habe, sein Werk für ein antikes auszugeben, ist indessen gar nicht
mit Sicherheit vorauszusetzen.
Wenn dies Ergebniss noch irgend welchem Zweifel begegnen
könnte, so wird doch solcher vor einer weiteren Thatsache sich beu-
Roraa sich selbst schildert, dem Augustus den Dienst erweisend, den die frag-
liche Gestalt dem Titus thut, begegnet Purgold mit dem Hinweis auf jene
zweite Idealgestalt, die nun, als Honos gedeutet, auch Virtus erweisen soll.
So gewiss wie Roma statt Virtus zu erkennen, ist es der Genius P. R. und
nicht Honos. Vgl. Wieseler S. 31 ff. Den Genius P. R. mit dem Senatus, den
mit mir, R. M. 1892 S. 255, v. Domaszewski, Jahreshefte des Oesterreich. Arch.
Inst. II S. 179, erkennt, sahen auf dem Capitolinischen Relief aus Antoni-
nischer Zeit auch schon Visconti und so, nur den Genius wegen fehlenden
Füllhorns auslassend, Wieseler S. 33.
(') Rom. Mitth. 1892 S. 257. Das Obergewand muss wie eine Paenula
oder ein Paludamentum vorn geknüpft und seitlich über die r. Schulter zu-
rück geworfen sein.
248 E. PETERSEN
gen. Ehe nämlich noch ein Wort über die andern von Wieseler
verglichenen Steine gesagt wird, sei hier noch ein vierter ganz
gleichartiger beigebracht, für welchen der gleiche Ursprung noch
anderweitig sich ergiebt. Engraved gems, their history and place
in an elaborate view of their place in art by Maxwell Sommer-
ville, ist der Titel eines in Philadelphia 1889 erschienen Buches,
darin sich a descriptive list of the authors cabinet of gems for-
ming a compend of greek and roman classics and antiquäies
findet. Der Werth der Sammlung und der aus diesem Buch zu
schöpfenden Belehrung ergiebt sich aus der hier mitzuteilenden
Probe. N. 1348 ' orienlal alabaster (from the Zanetti Üollec-
tion, Venice ' ), giebt dieselbe Darstellung wie der Wiener Cammeo
' aus Südfrankreich ', nur ohne einfassenden Kranz und nicht oval
sondern viereckig. Auch hier sind an allen oben aufgeführten Stellen
S. Bartolis Interpolationen befolgt. Dieselbe Sammlung
nun bietet auf n. 1349, gleichen Materials und gleicher Herkunft,
wie sich gebührt, auch das Gegenstück vom Titusbogen, den an-
dern Theil der Triumphzuges — ich habe an andrer Stelle betont, dass
Fries und beide Durchgangsreliefs des Bogens als drei gleichsam
zu verschiedener Zeit oder an verschiedener Stelle gesehene Theile
desselben Zuges zu verstehen sind, am Fries der Anfang, im Durch-
gang links die Mitte, rechts das Ende — nach Sommerville freilich
vielmehr the Exit from Jerusalem. Und damit nicht genug: die
ganze Serie 1326 bis 1351 (also auch jene obigen zwei einbe-
griffen — ' were the subjects (?) of bassorilievos which once adorned
a triumphal Arch erected in honour of Trajan. In the reign of
Conslantine these subjects (?) were removed and employed to Or-
nament the new Arch of Conslantine. This series of cameos,
except two numbers, 1327 and 1330 ■ Ihe Orient* and « The Occi-
dent * are all works of the most eminent artists of the epoch
of Trajan '. Also alle nicht constantinischen Reliefs des Constan-
tinsbogens, sowohl die Trajanischen, wie die M. Aurel geltenden
(s. Rom. Mitth. 1890 S. 73) sind hier in demselben oriental ala-
baster geschnitten; dass sie auch aus Venedig herstammen wird
nicht gesagt. Es braucht kaum noch zugefügt zu werden, dass auch
diese ganze Serie -nicht nach den Marmorreliefs selber in Stein ge-
schnitten sind : auch hier sind S. Bartolis Stiche die Grundlage, wie
die Uebereinstimmung mit dessen Interpolationen beweist, die ich
MODERNK KAISERGEMMEN 219
für die Trajanischen Medaillons (Antike Denkmäler I S. 31) nach-
gewiesen habe. So ist z. B. der kleine Hercules, welchem die Exu-
vien des gejagten Löwen geweiht werden, auch hier wie bei Bellori
Taf. 39 durch eine Lanze zum Mars gemacht (vgl. Rom. Mitth. 1889
8. 330, und in n. 1335 = Bellori tav. 33 ist statt des Bärenfells
am Baume eine Syrinx aufgehängt.
Schon damit dass für zwei dieser Tituscammeen der moderne
Ursprung nachgewiesen ist, fällt auch auf die beiden andern ein
starker Verdacht. Für die Hawkinssche kann ich, da keine Abbil-
dung vorliegt diesen Verdacht nicht voll begründen. Bei dem ' von
Roma gelenkten Viergespanne ' ist gewiss nur an die entsprechende
Gruppe des Bogenreliefs zu denken. Wenn der ' Halbnackte ' (der
Genius P. 7?.), wie Conze sagt, in der Rechten den Zweig hält,
so liegt da eine Abweichung von S. Bartoli und den als modern
erwiesenen Gemmen, und eine Uebereinstimmung mit dem Original-
relief vor, die indes nicht schwer ins Gewicht fällt, so wenig wie
dass neben diesem noch die drei andern Männer erscheinen wie auf
dem Bogen; auch die Sommervillesche Gemme hat sie, während
die andern einen oder zwei davon auslassen. Das Entscheidende
ist, dass jenem Haibackten das Füllhorn fehlt, und dass * oben
ein Eros schwebt mit einem undeutlichen Gegenstand in der Lin-
ken ', eine jedenfalls unantike Interpolation, für die im nächsten
Bereiche z. B. Sol oder Lima des Constantinsbogens Vorbilder lie-
ferten ('), wie sie auch für die ' Gefangene mit gesenktem Kopfe '
im Abschnitt unten leicht zu linden war.
Und nun zurück zur Biehlerschen Gemme. Auch sie ist von
S. Bartoli unabhängig, aber auch sie giebt das Titusbogenrelief
an den beschädigten Stellen mit unrichtigen Ergänzungen, und fügt
dazu, wie die Hawkinssche, noch ganz willkürliche Interpolationen.
Der Kaiser hat weder Scepter noch Zweig, in der Rechten nur
einen kurzen Stab, mit der Linken scheint er die Zügel zu halten ;
der Genius P. R. hat weder Zweig noch Füllhorn ; aus den zwei
Männern ganz rechts und links sind gar zwei Weiber geworden.
Also wenn, wie selbstverständlich, der Steinschneider nach einer
(') Vielleicht auch eine Münze, wie die des Marc Aurel Cohen III2 367,
wo im Triumphwagen ausser Marcus auch noch sein Sohn Commodus steht,
und deshalb die Victoria klein über den Rossen schwebt, dem Kaiser voraus-
fliegend.
250 E. PETERSEN, MODERNE KAISERGEMMEN
gezeichneten Vorlage arbeitete, so war es eine nicht sehr genaue,
sicherlich aber erst von dem stark beschädigten Relief genommene.
Willkürliche Zuthaten sind erstens die auf einer Stange getragene
tabula ansala, die aus dem andern Titustriumphrelief genommen
sein wird: in der That gehören diese Tafeln ja nicht in die Nähe
des Triumphators, sondern weiter nach vorn im Zuge ('). Eine
durchaus moderne Zuthat aber ist das SPQR darauf. Und eine
andre ebenso wenig hierhergehörige Zuthat ist das unmittelbar vor
dem Kaiser sichtbare vexülum, doppelt absurd, weil es nicht getra-
gen sondern aufgepflanzt zu sein scheint. In diesem vexillum aber
das Labarum zu sehen, das ist allermodernste Vision : das Chri-
stusmonogramm findet sich weder auf dem Fahnentuch noch darü-
ber. Man sehe, wie Wieseler sich bemüht hat, es gegen den Au-
genschein zu erkennen, um schliesslich doch zuzugestehen, dass es
keiner der üblichen Gestaltungen entspricht: es ist nicht nur das
Monogramm nicht vorhanden, sondern vorhanden ist, auf der Wie-
selerschen Abbildung, die viel genauer ist als die der R. Quar-
talschrift, deutlich kenntlich, die Lanzenspitze über der das Tuch
tragenden Querhaste.
Sollte die Biehlersche Gemme, die ja auch nach Philadelphia
gekommen ist, etwa in die Sommervillesche Sammlung gelangt sein.
so ist sie dort jedenfalls am Platz, und wegen dieses Verlustes
wenigstens Europa nicht zu beklagen.
E. Petersen.
(') Neben die Gefangenen und Beutestücke, deren Namen und Deutung
der schauenden Menge auf diesen Tafeln mitgetheilt wurde. Neben dem Kaiser
und mit dieser Inschrift ist die Tafel eine Abgeschmacktheit
MISCELLANEA EP1GRAFICA.
(Continuazione, v. Mittheilungen 1896 p. 227-257).
XXIV. Iscrizione relativa al teatro di Pompeo.
Parecchie volte in queste miscellanee mi sono occupato d' iscri-
zioni tinora credute antiche ma che sono opera di falsificatori mo-
derni : questa volta il mio scopo e contrario, vorrei cioe dimostrare
genuina un'epigrafe che figura fra le falsae et suspectae del vol. VI
del Corpus Inscriptionum Laiinarum. Se il mio ragionamento e
convincente, ne guadagneremo un particolare non privo d' interesse
per la storia di uno dei piü nobili edifizi della Koma antica; e
nel medesimo tempo, un autore di fede ottima sarä liberato del-
1' unico sospetto di falsificazione, che finora gli sia stato attribuito.
Flavio Biondo da Forli, in quel paragrafo della sua Roma inslau-
rata (üb. II § 109 f. 25 ed. Venet. 1514), ove ragiona del Teatro
di Pompeo, riferisce un singulare ritrovamento accaduto al tempo
suo. Dopo aver parlato di certe rovine esistenti presso al monaste-
rio di Donna Rosa (oggi S. Caterina dei Funari) ch' egli crede (erro-
neamente) appartenere al detto Teatro, prosegue cosi : Remotüsimo
ab inde loco qua certiores ex fama theatri ipsius ruinae ad
sancli Laurentii in Damaso aream ecclesiae vergunt, Angelus
Pontianus iureconsultus quom proximis diebus cellae vinariae
locum altius e/foderet, fundamenta reperit saxo quadrato ingenti
tiructa, in quorum uno quod cementarii extraxerunl, liilerae
essent cubitales GENIVM THEATRI POMPEIANI dicentes: ut coni-
cere liceat, genium ibi pro iacti primo fundamenti thealralis
initio in ceteris si aeducerentur lüteris ostendi. Dal libro del
Biondo, la notizia passö nella traduzione italiana fatta da L. Fauno
(Venez. 1548), poi nel Thesaurus del Gruter ed in moltissimi libri
di topografia ed antichitä romana. Ma dopo che lo Henzen nel
252 CH. Hl ELSEN
C. I. L. (VI, 55*) 1' ebbe messa fra le falsae et suspectae, gli
seien ziati moderni si sono astenuti affatto di citarla.
Amee stato sempre sommamente improbabile che un autore
come il Biondo, quello scienziato modesto e coscienzioso, il quäle
per primo iniziö lo studio critico della romana topografia, abbia
falsificato un' iscrizione ; eppure, nel caso nostro le sue parole sern-
brano eseludere la supposizione che egli sia stato ingannato da una
terza persona. Ma siamo per Ventura in grado di togliere ogni
dubbio ed asserire la veritä della sua notizia.
II fatto cioe viene attestato anche da autori contemporanei del
Biondo ed indipendenti da lui, ma le cui notizie pare siano sfug-
gite agli epigi'afisti moderni. In primo luogo Poggio Bracciolini.
nel libro primo de Varietate Fortunae (p. 240 nel codex Urbis
Romae topographicus dell' Urlichs) narra quanto segue : Pars theatri
Pompeiani haud proeul ab eo, quem Campum Florae appellant,
superextat, etiam ipsa privatis aedißeiis oecupata. Idut credam,
literae quaedam addueunt, effossis nuper marmoribus, quae in
eius collapsa porticu columnis immixta reperta sunt, incisae.
Alterae, epigrammata effracto, genium theatri a quodam Prae-
fecto urbis insiauratum ferunt; alterae a Symmaeho urbis prae-
fecto Honorio Augusto dicatum.
Che non si tratti poi di semplici dicerie, viene constatato da
un terzo autore, Ciriaco d' Ancona, il quäle ha conservato un apo-
grafo completo del titolo secondo. Nel suo codice Parmense a foglio 98,
coli' indieazione ' in porticu theatri Pompeiani ' egli ha copiato il
titolo seguente {€. I. L. VI, 1193):
romani orbis libertatisque
custodi d. n. Honorio Pio Aug
atque invicto prineipi
Aur. Anicius Symmachus v. c.
praef. urbi. iterum. vice
sacra iudicans devotes
numini maiestatiq. eius
dieavit
V
Dalle parole del Poggio litterae, epigrammate effracto ge-
nivm theatri a quodani praefecto vrbis instavratviw ferunt mi
riesce sommamente probabile che l'epigrafe fosse composta di due
MISCEI.LANEA EPIGRAFICA 258
righe, e che le lettere della seconda fossero tralasciate dal Biondo
per essere troppo danneggiate. Possiamo quindi ricostruire il saxura
litteris cubitalibus come segue
/GENIVM .'THEATRI • POMPEIANI
/ PRAEFECT VS • VRB1 ■ f ^, I NSTAVRAVIT
e questa da V impressione di una lunga epigrafe, forse di un epi-
stilio di cui sia conservata soltanto Y ultima parte.
A primo sguardo potrebbe parere che la ragione principale
per la quäle lo Henzen credette spuria 1' iscrizione la menzione
del genius theatri rimanga serapre in vigore {}). Anzi la fräse ge-
NIVM • THEATRI . . . PRAEFECTVS ■ INSTAVRAVIT piÜ Che del ÜngUaggiO
romauo hanno il sentore di una falsificazione del rinascimento. Ma
la soluzione di questa difficoltä e assai facile. Tanto il Biondo quanto
il Poggio hanno sbagliato nel copiare la prima lettera, la quäle non
era G, ma C. Ed invece di un genius, secondo me vi fu menzio-
nato il proscenium del teatro di Pompeo.
Si potrebbe fare una obbiezione relativa all' ortografia : che
cioe invece di proscenivm. si dovrebbe aspettare proscaenivm. Ma
tale obbiezione sarebbe fondata soltanto se si trattasse di una epi-
grafe dei tempi buoni. II teatro di Pompeo perö fu ristaurato in
gran parte sul principio del secolo quinto. L' anonimo Einsidlense
vide ancora nel posto una iscrizione monumentale cosi concepita
{CIL. VI, 1191):
d. nn. Arcadius et Honorius invicti et
perpetui Augg. theatrum Pompei collapso
exteriore ambitu magna etiam ex parte
interiore ruente convulsum ruderibus
subductis et excitatis invicew fabricis
novis restituerunt
Questa e proprio contemporanea alla base dedicata dal pre-
fetto Aurelio Anicio Simmaco, la quäle fu trovata insierae coli' iscri-
zione riferita dal Poggio e dal Biondo: ed al medesimo gruppo
(l) Sebbene anche nell' iscrizione certamente genuina di Capua C. I. L.
X, 3821, della quäle mi ricordd il eh. dott. V'aglieri, abbiamo una dedica fatta
Genio theatri da un redemptor theatri.
254 CH. HUELSEN
apparterrä una quarta epigrafe conservata dal solo codice Ciriacano
f. 100, ma senza indicazione di luogo (CIL. VI, 1719):
reparatori rei publicae et
parenti invictissimo/*jm
principum Fl. Cowtantio
v. c. et inlustri comiti et
inagistro utriusq. müitiae
patricio et tertio eons a. p. Chr. 419
ordinario Aur . Anicius
Symniachus v . c . pr . urb
vice sacra iudicans (')
dedicavit
Vi e intine im quinto frammento, copiato e vero in epoca piü
moderna, ma che ha tutta l'apparenza di appartenere al mede-
simo gruppo, dico il frammento veduto da Pietro Stefanoni (circa
V anno 1620) ne' giponari (Via dei Giubbonari) :
jRVDERIBVS OCCVPATVM ET/
IDEFORMI • FA/
(dallo Stefanoni G. B. Doni inscr. ant. 2,43; CIL. VI, 30345).
Che questi ristauri si riferissero anche al proscenio del tea-
tro e verosimile per se : le nostre fonti storiche naturalmente non
dicono niente in proposito. Ma voglio rilevare la curiosa coincidenza,
che 1' unica menzione di tal proscenio si trovi in un documento
quasi contemporaneo, cioe nella nona relazione di Siminaco (2).
Quindi sebbene il nome del prefetto resti incerto, sarä permesso
di proporre a mo' d'esempio la seguente restituzione :
salvis dd. nn. arcadio et
honorio augg. scenam et pros
aur. anicius symmachus v .c
CENIVM • THEATRI • POMPEIANI
PRAEF-VRBI < vice Sacra iudicans INSTAVRAVIT
novo cultusplen-
didiore ornatu
ac dedicavit
(') Del personaggio si veda Seeck, prefazione alle opere di Simraaco,
p. LIII, il quäle osserva: neque oratoris filius neque nepos fuisse potest.
(2) Alii triumphis suis haec dona servassent, ut posita lauru novis
auctoribus personarent Pompeiana proscaenia. La relazione e diretta a Teo-
dosio ed Arcadio, nell'anno 384 o 385, secondo il Seeck.
MISCELI.ANEA EPIGRAKKA 255
La situazione della scena e del proscenio del teatro Pompeiano
e perfettamente conosciuta : e sebbene non abbia trovato finora docu-
raenti attestanti 1' esatto posto della casa di Angelo Pontano, non
dubito che debba cercarsi nella strada dei Chiavari, e precisamente
all' estremitä nord presso S. Andrea della Valle, ' laddoue si va
alla 'piazza di S. Lorenzo in Damaso'. In questo punto dunque
la carta archeologica di Roma avrä da segnare gli 'scavi del 1440",
e come frutto di essi, insieme alle due iscrizioni VI, 1193 e 1719,
anche quella VI*, 55, la cui autenticitä, insieme con la fede del
Biondo, spero che sia stabilita da queste mie osservazioni.
XXV. lscrizione riferibile ai trofei di Mario?
Che le brevi indicazioni epigrafiche date dal Poggio nel
dialogo de varietate fortunae, e finora tenute in poco conto dagli
epigrafisti, possono essere di qualche utilitä, sebbene i testi non
vi siano interamente riferiti, spero di aver mostrato nella nota
precedente. Mi pare quindi non superfluo di richiamare 1' attenzione
degli studiosi ad un altro passo della medesima opera, riferibile
ad un insigne monumento romano, sulla cui etä e denominazione si
e dibattuto da lungo tempo.
Nel principio del dialogo (pag. 236 nell' ediz. dell' Urlichs,
Codex U. R. topogr.), il 'Poggio annovera le opera publica et pri-
oata liberae quondam civitatis, quorum vestigia visuntur, e sono :
1) gli archi del Tabulario con 1' iscrizione di Catulo (CIL.
VI, 1314);
2) il sepolcro di Bibulo (C VI, 1319);
3) il ponte Fabricio (C. VI, 1305);
4) 1' arco di Lentulo e Crispino sotto l'Aventino (C. VI,
1385);
5) monumenta quaedam prisca, quae hodie Cimbrum ap-
pellant ; templum ex manubiis Cimbricis a C. Mario factum,
in quo adhuc eius trophaea conspiciuntur ;
6) la piramide di C. Cestio (C. VI, 1374).
Come si vede, di sei monumenti, cinque sono insigniti di epi-
grafi molto conosciute ; e 1' interlocutore infatti prosegue : in hoc
laudo curam et diligentiam tuam, Poggi, qui ista tum publico-
rum tum privatorum operum epigrammata intra urbem et foris
256 CH. HI/ELSEN
quoque multis in locis conquisita atque in parvum volumen coacta
litter aram studiosis legendas tradidisti ('). Sorge dunque spon-
taneamente la quistione, se il Poggio voglia accennare a qualche
epigrafe esistente al tenipo suo presso il 'Cimbrum', dalla quäle egli
rilevasse che fosse monumento di una vittoria su barbari del Nord.
In questa ricerca perö non dobbiamo limitarci alla piccola sil-
loge epigrafica Poggiana contenuta nei codici Vaticano ed Ange-
licano (v. CIL. VI, praef. p. XXVIII-XL), — perche essa, come
anche abbiamo veduto piü sopra, non contiene punto tutte le iscri-
zioni conosciute al Poggio, — ma bisogna estenderla sopra tutto il
materiale epigrafico conosciuto in quel tempo. E se ne la silloge
Einsidlense, ne la signoriliana suppeditano im' iscrizione adatta per
il nostro scopo, mi pare che la troviamo presso un altro contem-
poraneo del Poggio, cioe Francesco Petrarca. Egli, nel suo libro
de remediis utriusque fortunae (lib. I, dial. CXIII), parlando di
Druso seniore, dice che: ille gesserat quibus vere gloriaretur,
quod romanis in saxis, primis aliquot syllabis casu aliquo deie-
ctis, nunc etiam sculptvm viget hisce versiculis:
. ... ad divortia Rheni
Pervasi hostiles depopulatus agros
Dum tibi Roma decus aeternaque sudo tropaea
Hister pacatis lenior ibit a/uis.
L' indicazione del Petrarca Romanis in saxis e abbastanza
vaga : ma ch' egli vedesse la lapide nella parte Orientale della cittä.
diventa probabile dal fatto, che una parte di essa nei secoli se-
guenti esistesse presso il Laterano. Circa il 1470, Barnabas Cri-
stinus (cod. Stuttgart, f. 58 : cf. Mommsen in questo bull. 1890.
p. 85-91) e Fra Giocondo (cod. Marc. f. 212), nel 1550 il Pighio,
nel 1578 Paolo Melisso copiarono ' post S. Johannem in quadam
(') Ne si dica che il Poggio, in questo primo capitolo, voglia anno-
verare tutti i raonumenti di etä repubblicana a lui conosciuti, siano o no di-
stinti con epigrafi ; perche egli sulla pagina seguente (237 ed. Urlichs) de-
scrive a lungo, p. es., il ! Templum Vestae ' (presso il Ponte Rotto) ed il
Templum Castoris et Pollucis ' (dinao di Venere e Roma), invocando le
ombre di Crasso, Ortensio e Cicerone : anche questi sarehbero monumenti ane-
pigrafi dell'epoca della libera respublica.
MISCELLANEA EPIGRAFICA 257
maceria ' ovvero ' post areara templi Laterani ' la medesima la-
pide in questa guisa:
/aD DIVORTIA RHENI PERVASI HOSTILES DEPOPVLATOR AGr|
DVM TIBI BELLA FORIS AETERNAQVE SVDO TROPAEA HISTER ~*
Dalle copie dei Pighio e del Melisso risulta inoltre, che l'iscri-
zione aveva due sole righe, delle quali ognuna conteneva un distico
intero: ed il Melisso aggiunge che 1' epigramma fu scritto grandi-
bus omnino litteris. Un' epigrafe di queste dimensioni si adatta a
stento ad una base, e nemmeno ad un arco trionfale : ci vorrebbe
una facciata lunga, quäle e appunto quella di un ninfeo. E la di-
stanza fra il Cimbrum Marii ed il Laterano e tanto breve (poco
piü di un chilometro), che tra 1' epoca del Petrarca e quella del
Giocondo i marmi possono bene essere stati trasportati per ser-
vire in qualche fabbrica moderna presso S. Giovanni.
Non si poträ negare poi, che il contenuto dell' iscrizione ad
un letterato del trecento poteva sembrare alludere al piü famoso
vincitore dei popoli nordici, Gaio Mario. Ma oltracciö il ninfeo
Esquiiino aveva portato giä da secoli il nome di Cimbrum: cosi
lo dicono non soltanto le Mirabilia (c. 27), ma anche 1' Ordo Be-
nedict canonici di 1143, ed un documento del 1176 (presso Coppi,
Atti dell'Acc. Pontif. 15 p. 226: u.iam petiam vinee posita iuxta
formam Cimbri in regione III). E con ragione lo Jordan (2, 517,
518) conchiude, che il nome di Cimbrum non e stato inventato
dall'autore delle Mirabilia, ma da lui soltanto raccolto, secondo
una tradizione secolare. E probabile anzi che questa falsa deno-
minazione rimonti tino all' ultimo periodo dell' antichitä, come,
p. es., il nome di SepuLcrum Scipionis alla piramide Vaticana viene
data giä dagli scoliasti di Orazio del VII e VIII secolo. Dai veri
trofei di Mario, esistiti anche sull' Esquiiino ma caduti in obblio ed
in rovina, in quell' epoca bassa il nome venne trasferito al ninfeo
dell' acqua Julia. Diventa quindi molto improbabile che quest' ul-
timo fosse insignito di un' epigrafe che chiaramente parlasse delle
gesta di un imperatore del quarto secolo, p. es., Valentiniano e
Valente.
Anche per questo riguardo, le espressioni molto vaghe del-
1' epigramma rendono piü probabile la nostra congettura. I filologi
che tinora si sono occupati di quei distici variano assai nel giu-
18
258 CH. HUELSEN
dizio sopra la loro etä. Mentre il Petrarca ed il Burmann (A. L. 2,
83) lo riferiscono al primo secolo, a Druso o Germanico, il Mommsen
{CIL. VI. 1206 nota) vi credette encomiato Domiziano, e recente-
mente il Buecheler (Anth. Lat. 895) per ragioni stilistiche voleva
abbassare l'epoca lino al quarto secolo, ed al regno di Valentiniano
e Valente. Disgraziatamente non possiamo decidere la questione
per ragioni paleografiche: il frammento veduto dal Melisso nel 1578
e scomparso, ed invano ho cercato, se forse dai lavori recenti presso
la basiiica Lateranense sia venuto fuori qualche brano delle let-
lere. E vero che la fräse aetemaque sudo tropaea, per noi trova
un riscontro soltanto presso Claudiano (quae proelia sudas?; epi-
thal. Honorii 111, cf. Birt. ind. in Claudian p. 586); raa del
resto, i versi non contengono niente che contraddirebbe all' epoca di
Domiziano. E che il Ninfeo dell' Esquilino sia costruito proprio in
quell' epoca, e cosa generalmente accettata : lo dimostrano tanto lo
stile dei trofei che oggi decorano la balaustrata del Campidoglio,
quanto la iscrizione copiata dal Cittadini sofcto il plinto di uno
dei trofei, quando essi, nel 1587, furono rimossi dal loro posto
antico (').
Che il nome di Domiziano dopo la sua caduta e la conse-
guente damnatio memoriae fosse cancellato da tutti i monumenti
pubblici e privati, e conosciuto da tutti : se tra i monumenti, di-
ventati per ciö anonimi, fu anche il ninfeo dell' Esquilino, tanto
piü facilmente poteva essere trasferito un nome falso. Anche tolta
dal suo posto V epigrafe principale col nome dell' imperatore, vi
rimaneva sempre V iscrizione metrica e le sculture, che per i pri-
gionieri raffigurativi, dimostravano essere il monumento eretto per
(l) Presso Martinelli, Eoraa ex ethnica sacrap. 430; imp • DOM • avg • I
ger • per | CRE(simum?) UB'ertum). Nei lavori moderni fu soltanto trovato
un meschino frammento con lettere ' di forma non perfetta, alte 20 cm. '
lo M AT
(bull. com. 1877, p. 11 ; CIL.YI 30237). Che nell' ossatura del monumento non
fu trovato un solo mattone con bollo (bensi molti tegoloni degli anni 123 e
126 nella völta dell' emissario), lo attesta espressamente il Lanciani (acque,
p. 172): che il bollo con il consolato del 9 a Ch. riferito dal Piranesi siauna
falsificazione, e generalmente riconosciuto.
MISCELLANEA EPIGBAFICA 259
vittorie sopra barbari nordici. E cosi a Domiziano ed i Catti suc-
cedettero nell' immaginazione doi terapi bassi, Gaio Mario con i
Cirabri e Teutoni.
So bene, che con questo ci siamo avanzati abbastanza nel
campo delle congetturo: ma la mutua relazione fra i diversi ar-
gomenti mi pare militi un poco in favore della mia tesi. In ogni
caso sarei lieto, se qualche nuova scoperta venisse a confermare
o a correggere cid che ho esposto sopra quel monumento tanto no-
tevole per la sua forma architettonica, quanto enimmatico per la
sua vera origine e denominazione.
XXVI. Di alcune iscrizioni recentemente trovate
nel Foro Romano.
Nel mio articolo Die Regia (Jahrbuch des Instituts 1889,
p. 228-253), io aveva parlato delle iscrizioni ritrovate nel 1546
insieme con i frammenti dei fasti consolari e trionfali ; ed aveva ri-
levato quanto importanti esse siano per stabilire con esattezza il
luogo degli scavi Farnesiani, che portarono alla luce quel docu-
mento storico singolarissimo. Io allora dovetti limitarmi a discutere
le testimonianze tramandateci dagli opigrafisti del Cinquecento : ma
siccome gli scavi recentissimi hanno fornito nuovi materiali anche
per queste quistioni, non mi sembra inutile di ritornarvi sopra.
Cinque sono le epigrafi che si dicono ritrovate ' eodem loco ubi
saoca consulum ', 'nel medesimo edifitio ' con i fasti (v. Jahrbuch
1. c. p. 231): di tre di esse, cioe le colonnette con i nomina le-
gionum (CLL. VI, 3492 ab), e 1' iscrizione dicata nel 729/25 a. C.
all' imperatore Augusto dal Senato e popolo romano (CLL. VI, 873),
non occorre parlare qui. Piü importante e la terza, che viene rife-
rita dal Manuzio, dal Panvinio e dal Ligorio nel modo seguente :
RINC . . . IVVENTVTIS. A . . .
QVEM • COS • POPVLVS • CREAVIT
A N N • N AT • X 1 1 1
. . NATVS • ET • POPVLVS • ROMANVS
Che essa si riferisca a Lucio Cesare, lo riconobbe il Mommsen
(C L L. VI, 900); e negli addenda al vol. VI n. 31272, io espressi
260 CH. HUELSEN
la congettura, che vi si debba congiungere un frammento copiato
da me nel 1893 fra un mucchio di sassi dinanzi al tempio di Ce-
sare. Questo frammento (a) rappresenta V angolo superiore sinistro
di un grande masso quadrato di marmo, e porta incisi con belli
caratteri, le sole lettere:
L-CAEj-
E questa congettura vien confermata dall'essersi trovato negli scavi
recenti, presso S. Cosma e Damiano, un altro pezzo (b) di base, nel
quäle e scritto con caratteri perfettamente identici:
Queste senza dubbio fanno parte del titolo di Lucio Cesare trovato
nel 1546; e ne completano il principio in questo modo:
a
CAE/ sa JRI \ aug. f. divi n
p/RTN"^I P I •) IVVENTVTIS A) ug.
Come si vede, nei pezzi recenti non vi e nemmeno una sola let-
tera (poiche della C di principi sul frammento nuovo vi e soltanto
una piccola traccia, nell' altro sasso ora perduto sarä stata la parte
maggiore copiata per lettera intera dagli autori del Cinquecento),
che ricorra sulla lapide scavata nel 1546: e sarebbe un caso stra-
nissimo, se appartenessero a due iscrizioni diverse.
Ma ciö che toglie ogni dubbio intorno a questa congettura, e
l'esistenza di un titolo compaguo dedicato a Gaio Cesare e ritro-
vato nelle medesime vicinanze. fi un masso quadrato di marmo alto
m. 0,60, largo m. 0,63, profondo m. 0,70, rotto da destra e da dietro,
ma di modo che poco vi manchi. La parte superiore fu trovata
giä nel 1872 presso 1' angolo nord-est della basilica Giulia (Brizio
Bull, dell' Ist. 1872 p. 229; Jordan Fph. epigr. III p. 283 n. 59;
C. 1. L. VI, 3748), mente la parte inferiore fu scavata recente-
MISCKLLANEA EPIGRAKICA. 261
raente nella sacra via, fra il tempio di Paustina e quello di Ro-
molo. Spetta al Gatti il merilo di averli riuniti e suppliti:
tf/AE SARI . A v) g. f. divi n
PRINCIPI- \fuuentutis
i cos. des.
seri&TVS E7\(fOPV\lus romanus
hi (X
annos natus
mum
os. creatus est
Le lottere sono belle e perfettamento conformi a quelle della epi-
grafe di Lucio Cesare: non puö recare meraviglia se sono un poco
piü grandi (le lettere del frammento a, L ■ CAE sono alte sei centi-
metri, quelle AESARI • AV soltaoto 5 l/2), perche il secondo titolo
conta sei righe, ed il priino soltanto cinque.
L'epoca dei titoli si puö rinchiudere nello spazio di pochi
anni. Quello di Lucio e posteriore al 752, nel quäle il giovinetto
fu designato console ; quello di Caio anteriore al 754, nel quäle
egli assunse il consolato e depose quindi il titolo di princeps iu-
ventutis (v. Mommsen Res gestae Divi Augusti (') p. 52. 53).
Essendo poi ambedue di argomento e di forma cosi uguale, facil-
mente supporremo che siano posti contemporaneamente, cioe nel-
l'anno 752 o 753. Che non siano semplici basi per statue, risulta dal
fatto che sono prive di ogni sagoma o profilo: ma a quäle edifizio
appartennessero, non saprei dirlo. II piü probabile mi sembra che
fossero poste in un edicola, forse lungo la sacra via, sotto il fianco
del tempio del Divo Giulio, dinanzi al tempio dei Castori e l'Arco
di Augusto(2).
(l) II Gatti ha giustamente riconosciuto che i due pezzi a e b appar-
tengono insieme: ma se egli ha voluto comporlo con un frammento giä esi-
stito nella raccolta dell' antiquario Guidi e pubblicato CLL. VI 901 (..au-
f/usti | . . uventuti | . . guri), questa congettura, ingegnosa per se, viene rifiutata
dall'esame del pezzo originale. La lapide Guidiana si trova nei magazzini del
Museo delle Terme: non e di una base, ma di una grossa lastra, anche le
diverse misure delle lettere dimostrano che non puö appartenere ai frammenti
del Foro.
(*) La base G. VI, 875 fu, secondo lo Smetio ed il Pighio ' longa ped. 9,
262 CH. HÜELSEN
Un supplemento interessante si aggiunge pure al titolo men-
zionato sotto il n. 4 nello Jahrbuch 1. c. Dal Manuzio (Vat. 5241
p. 52 e 357) e dal Panvinio (Vat. 6035 f. 43, fasti ad a. 748)
viene riferito immediatamente dopo 1' iscrizione di Lucio un fram-
inento : . . HONOREM • DOMVS • AVGVSTAE ■ KALAT Nel
CLL. VI, esso si trova nascosto tra la varia leclio al n. 900. Ma
che si tratti di un titolo affatto diverso, come io aveva sostenuto
nello Jahrbuch 1. c, vien confermato dall'essersi trovato ultima-
mente 1' altra nietä del medesimo, cioe un bei pezzo d' epistilio lungo
m. 1,80, con lettere perfettissime alte m. 0,06, il quäle si ricon-
giunge coli' altro in questa guisa :
I ) *
»'«HONOREM ■ DOMVS ' AVGVSTAE ■ KALAT ORES PONTIFICVM ■ ET ■ FLAMINVM
Essendo la lunghezza complessiva di c. metri 3,40, abbiamo da
fare non con una porta semplice, ma una grande apertura larga
tre metri (dteci piedi romani) che con somma probabilitä si poträ
spiegare come ingresso alla schola kalatorum pontißcum et fla-
minum. Dunque in modo simile come presso Yaerarium Saturni
esisteva la schola scribarum librariorum et praeconum aedilium
curulium (la cosidetta schola Xantha), cosi presso la Regia, il
locale uffiziale del Pontefice Massimo, avevano la loro schola i su-
balterni dei grandi sacerdozi. E giustamente metteremo in relazione
con questo i frammenti di una dedica fatta appunto dai kalalorcs
pontißcum et fiaminum, all' imperatore Traiano (C. I. Jj. VI, 2184:
cf. Jahrbuch a. a. 0. p. 232; Bull, comun. 1899 p. 146), che souo
stati trovati, parte nel secolo XVI, parte nel XVIII, sul Foro Romano.
L' importanza speciale perö consiste in questo, che il nuovo
pezzo b conferma la localitä degli scavi Farnesiani nel 1546. Si
vede, che quello scavo che portö alla luce i fasti, si e arrestato
lata 3, spissa 2 '. Se fosse lecito prendere qui spissa nel senso dell' altezza,
le misure si adatterebbero bene a quelle di Gaio e Lucio. [Dopo composta
questa nota, e stata trovata fra gli avanzi della stessa Basilica Aemilia, l'iscri-
zione mouumentale in caratteri cubitali: L. Caesari Aug[u\sti ffilio) divi n(e-
poti), principi iuventutis cofnjsuli desig(nato) cum esset ann. nat. XIII1, au-
g(uri), senatus. {Bull, comun. 1899 p. 141): non posso perö, per ora, discutere
se esiste una relazione fra qgsa e le dne epigrafi di cui abbiamo ragionato.]
MISCELI.ANKA EPIGRAKICA 263
a quel piano incirca, che fino ai tempi recentissimi fu il suolo del
Foro Romano. In questa altezza deve essere stato trovato il pezzo a
ora scomparso : il muro di epoca tarda, nel quäle fu incastrato il
pezzo b si trova ad una profonditä piü grande di quasi un metro,
e quindi non fu attinto dagli scavi del 1546, per ritornare alla
luce soltanto trecentocinquanta anni piü tardi.
(Sara continuato)
Ch. Hüelsen.
VITELLIÜS
(Taf. IX).
Auf Tafel ist, ich will nicht sagen das beste, aber gewiss eines
der besten Bildnisse des Vitellius abgebildet, von zweifelloser
Echtheit und schon dadurch, bei der Verdächtigkeit der meisten
andern Bilder dieses Kaisers, von Bedeutung. Ausgegraben bald
nach 1870 auf dem Gebiet der Diocletiansthermen, lagen Kopf und
Büste noch getrennt und ungereinigt in einem Keller, als der Bild-
hauer Fritz Schultze sie zuerst sah. Er erwarb und reinigte
beide Theile und fügte sie wieder zusammen.
Der Marmor ist lunensischer, wie ich von F. Schultze lerne,
von der minder harten Sorte, nach dem Bruch Detuglia benannt. Ein-
zelne härtere Striche durchziehen die Masse: ein solcher ist, an
hellerer Farbe kenntlich, an der linken Wange unseres Kopfes
sichtbar. Die Arbeit ist sehr gut und der Eindruck einer zarten
weichen Behandlung des Fleisches ist wohl noch ein wenig gestei-
gert durch die Zeit und die Einwirkung der Erde : die Oberfläche
erscheint wie leise verwischt und bekommt dadurch etwas was man
wohl sfumato nennen könnte. Die Erhaltung ist sonst vorzüglich:
nur das Haar an der 1. Schläfe, die 1. Braue, die Unterlippe haben
kleine Bestossungen erfahren ; die stärkste — von einem Ausbruch
an der Büste hinten links abgesehn — hat den Rand der r. Ohr-
muschel fortgenommen. An der Nase ist die Verreibung am stärk-
steh gewesen, und doch ist auch sie im Wesentlichen intakt.
Eine geringe Ueberarbeitung hat der Kopf allerdings erfahren,
aber nur an einzelnen Partien des Haares. Darauf hat mich
F. Schultze selbst aufmerksam gemacht, und ich habe die Spuren
dieser Uebergehung mit dem Zahneisen genau geprüft. Diese Ue-
bergehung ist zweifellos antik, und ich habe eine Zeitlang ge-
schwankt, ob sie nicht von der ersten Hand herrühre, weil sie stel-
E. PETERSEN, VITELLIUS 265
lenweise, namentlich an der linken Schläfe, so gut und sorgfältig
sich der ersten Ausführung mit Bohrer und Meissel anpasst. Denn
um die Spitzen, in welchen die einzelnen, hier in etwas stärkerer
Masse und Lockerung sich hebenden Haarsträhnen enden, zu son-
266 E. PETERSEN
dein, ist zuerst mit dem Bohrer hineingegangen, doch ohne dass
dessen Wirkung so sichtbar gelassen wäre, wie man es hundert Jahre
später zu thun liebte. In dieser ganzen Haarpartie hat unser Kopf
die grösste Aehnlichkeit mit dem grossartigen Neapler Caesar (l).
Aber während dieser letztere in der scharfen, präcisen Ausführung
nicht bloss von Kopf- und Brauenhaar, sondern auch des Gesichtes
den Eindruck von Bronzearbeit macht, zeigt der Vitellius Mar-
morstil. Das wenig gekräuselte und am ganzen Hinterkopf in sehr
schwachem Relief gehaltene Haar nun ist an manchen Stellen,
nachdem es mit dem Meissel — mit dem Bohrer nur in jenen
Schläfenpartien — gezeichnet und in kleine Löckchen gelegt wor-
den, noch mit einem Zahneisen gleichsam gekämmt. Diese feine
Strähnung ist aber ungleichmässig : an der linken Kopfseite ist sie
auch weiter vorn, um die Schläfe sichtbar, an der andern nicht ;
auch hinten nicht überall gleich, am auffälligsten im Nacken und
hinter dem rechten Ohr, und hier stellenweise nicht in Ueberein-
stimmung mit und Anpassung an die erste Zertheilung und Zeich-
nung der Haare, sondern über die Haarbüschel wie über die sie
sondernden Furchen weggehend, wie es scheint, zum Ersatz für
Beschädigung des Haarreliefs. Fände man Bedenken solche jeden-
falls nur geringfügige Beschädigung anzunehmen, so wäre vielleicht
eine andre Möglichkeit denkbar, dass nämlich der Künstler der
den Kopf gemacht, die Arbeit an der Rückseite nicht zu Ende ge-
führt, und dann eine andre Hand in ihrer Weise die Sache abge-
schlossen hätte. Wahrscheinlicher aber ist, dass eine noch spätere
Hand im Spiele ist.
Jedenfalls nämlich ist die Verbindung des Kopfes mit dieser
Büste, ob sie gleich aus demselben Marmor gearbeitet ist, das
Werk einer späteren Zeit. Denn vor Hadrian ist eine Büste dieser
Form, die nicht nur die ganze Brust, sondern mit den Schultern
auch ein Stück der Oberarme einbegreift, nicht denkbar. In diese
Büste ist der Kopf eingelassen, so genau hineinpassend, als ob sie
für ihn gemacht wäre: nur eine schmale Fuge, jetzt mit Gips ge-
füllt, läuft innen am Rand des Panzers um. Denn, mit dem Palu-
damentum bekleidet, soll die Büste Vitellius offenbar als Imperator
darstellen. Unter dem Mantel kommt vorn der Panzerrand und
(i) Bernoulli Rom. Ikonogr. I Taf. XUI, Baumeister Denkm. S. 678.
VITELLIUS 267
unter diesem die Tunica zum Vorschein. Was den rechten Ober-
arm umgiebt, sollen offenbar die Schulterstreifen des Panzers sein ;
doch sind dieselben nicht genauer ausgeführt. Als man der Kopf
also nach nicht viel weniger als einem Jahrhundert auf diese Büste
setzte, da wird vermuthlich auch jene Ueberarbeitung der Haares
stattgefunden haben.
Dieser Kopf des Vitellius zeigt im Wesentlichen dieselbe Be-
wegung wie die zwei von Bernoulli abgebildeten; Taf. V der von
Venedig und Taf. VI der Wiener, von denen jedenfalls der letztere
ebenso wie der Schultzesche zum Einlassen in eine Büste hergerichtet
ist. Alle drei sind etwas nach rechts gewandt und dabei nach dieser
Seite hängend. Bernoulli findet den Wiener ' etwas abwärts geneigt,
während sonst eher das Gegentheil stattfindet '. Ohne anders als
nach Bernoulli's Abbildung urtheilen zu können, bezweifle ich doch
diese Verschiedenheit bei sonst so weit gehender Uebereinstimmung
in allen Hauptzügen. Vermuthlich ist es nur Bernoulli's Photo-
graphie die dieser Eindruck macht, weil die Aufnahme von zu ho-
hem Standpunkt gemacht ist, mit so scharfem Licht von oben und
den tiefen Schatten unter dem Kinn. Ich meine von dem Schultze-
schen Kopf die gleiche Ansicht haben gewinnen zu können. Auch
zeigt die fleischige Masse des Unterkinns am Wiener Kopf keine
stärkere Zusammendrückung als an dem römischen ; eben sie dürfte
aucn der Grund sein, dass das vom Irdischen beschwerte Haupt
nicht nach vorn sondern zur Seite sich neigt. Eben das schlaffe,
durch Völlerei aller Energie beraubte Wesen ist in dem neuen Vi-
tellius noch besser zum Ausdruck gekommen als in dem Wiener,
obgleich die Verwandtschaft beider Bildnisse in die Augen springend
ist: ausser der, wie gesagt, gleichen Haltung, dieselbe oder wenig-
ste^ ähnliche Lockerung des sonst mehr flachen Haares in den
Schläfen, dasselbe Stirnbüschel, dieselben Stirnfalten, derselbe ge-
schlossene links etwas herabgezogene Mund ; dass das Gesicht am
Wiener Kopf schmäler, die Nase länger erscheint, ist wohl wieder
durch die Aufnahme bedingt (*).
(}) Auch die andern Köpfe, welche ich im Original (Bernoulli 1 Capitol.
2 ebda, 4 Altemps, 5 Barberini, oder in Abbildung (7 Torlonia, 8 Uffizien,
11 und 12 Mantua, — auch Labus LIV 1 scheint ein Vitellius zu sein — ,
19 und 20 Louvre und Berlin) habe vergleichen können, stimmen in der Be-
wegung überein und hängen alle von einem Originale oder Originalen der-
268 E PETERSEN, VITELLIUS
Beide Köpfe lassen auch in gleicher Weise die Uebereinstim-
mung mit den Münzbildern vermissen oder wenigstens nicht so gross
erscheinen, wie sie bei Kaiserbildnissen der ersten Jahrhunderte
die Regel ist. Und doch kann nicht wohl gezweifelt werden, dass die
Marmorporträts wirklich Vitellius darstellen : die Stirnlinie, die
Krümmung der Nase, der dicke Hals mit den Falten um den Mund
und das Doppelkinn sind immer noch genügend das zu beweisen:
es ist aber das Gesicht des Vitellius ein solches dass es seine Wir-
kung besser in der Vorderansicht thut, wie andre grade in der Sei-
tenansicht vorzugsweise zur Geltung kommen.
Eine Eigenthümlichkeit bemerke ich nur an dem Schultze-
schen Vitelliuskopf, dass nämlich links die Unter-, rechts die Ober-
lippe ein wenig vortritt. In unserer Tafelabbildung, wo die linke Seite
heller beleuchtet ist, leicht einseitig wahrgenommen, verleiht das
dem Gesicht einen gewissen Ausdruck von Verachtung. Fasst man
aber im Textbild beide Seiten ins Auge, so möchte man darin fast
den Nachklang einer Mundbewegung des Schmausenden erkennen.
E. Petersen.
selben Art wie die oben genannten ab. Ihr moderner Ursprung giebt sich, so-
weit ich gesehen, durch reichere Fülle und stärkere und zwar dem Stile jener
Zeit nicht gemässe Kräuselung des Haares, ganz besonders aber durch Verän-
derung das physiognomischen Ausdrucks zu erkennen, indem der Blick leb-
hafter (namentlich durch Einarbeitung in den Pupillen), und der geschlossene
Mund mehr Festigkeit des Willens als Uebersättigung auszusprechen scheint.
Durch etwas stärkere Hebung des Kopfes, und ganz in die linken Augenwinkel
gedrehte Pupillen mit runden Eintiefungen ist der Barberinische Kopf n. 5
ganz besonders auffällig. Jene Merkmale modernen Ursprungs hat auch der
Capitolinische Kopf n. 1.
[Nach gütiger Mittheilung von R. v. Schneider hält auch der Wiener
Vitellius den Kopf nicht ' abwärts geneigt ', ' da er ihn vielmehr etwas zurück-
zieht \ Er dürfte also eher noch mit dem Barberinischen als mit dem Schultze-
schen übereinstimmen, ausser im Blick, da der Wiener ' aus weitgeöffneten
Augen den Blick etwas noch unten lichtet. Ohne Zweifel fühlt sich der Schlem-
mer bei wohlbesetztem Mahle erhoben und erhaben ' R. v. Schneider kann
auch diesen Kopf nicht für antik halten, und nach dem Mitgetheilten dürfte
man geneigt sein, ihm beizustimmen].
DIE ADOPTION HADRIANS.
Man ist im Altertum sowol als in der Neuzeit verschiedener
Meinung darüber gewesen, ob Traian selbst auf dem Krankenbette
in Selinus den Hadrian zum Adoptivsohn und Nachfolger erklärte
oder ob die Designierung Hadrians unmittelbar nach Traians Tode
durch ein trügerisches Gaukelspiel der Kaiserin Plotina zustande-
gebracht wurde. Vor kurzer Zeit ist Hermann Dessau dem Problem
wiederum näher getreten und hat es in dem Sinne zu lösen ver-
sucht, dass Hadrians Thronbesteigung Plotinas Werk gewesen sei (').
Zu meinem Bedauern kann ich jedoch den Ausführungen des aus-
gezeichneten Forschers nicht beipflichten.
Von den beiden Autoren, deren Darstellung der Vorgänge in
Selinus, wenn auch nur im Auszuge, erhalten ist, leugnet Cassius
Dio den Excerpten des Xiphilinus und Zonaras zufolge die Adoption
Hadrians durch Traian ganz entschieden (2). Er beruft sich hiefür auf
das Zeugnis seines Vaters Cassius Apronianus, der Statthalter von
Kilikien gewesen war. Aber Apronianus war ungefähr 60 Jahre
nach Traians Tode Legat dieser Provinz (3) ; unmöglich konnte er
zu dieser Zeit auch in Selinus selbst authentische Nachrichten über
die Ereignisse beim Tode Traians erfahren; unmöglich können wir
(') « Die Vorgänge bei der Thronbesteigung Hadrians ». Festschrift für
Heinrich Kiepert, Berlin 1898 S. 85 ff.
(*) 'AÖQiavog di vno [xkf Tgaiavov ovx ioe7ioii}9t] (LXIX 1,1) vgl. Zo-
nar. XI 23.
(3) Vgl. Klebs Prosopogr. I 312 n. 413 ; Pauly-Wissowa R. E. III 1681
n. 27. Zu dem dort Bemerkten habe ich nachzutragen, dass in der Inschrift
C.I. L. XIV 4089, 26 = XV 2164 (Ostia) wol gleichfalls der Vater Dios ge-
nannt ist, dass derselbe demnach mit vollständigem Namen M. Cassius Apro-
nianus hiess. Da in dieser Periode der Kaiserzeit die Praenomina vom Vater
auf den Sohn vererben, wird dadurch die Vermutung nahegelegt, dass auch
Dio selbst den Vornamen Marcus führte.
270 E. GROAG
das Geschwätz der Provinzler, die in den Vorgängen am Hofe gerne
Geheimnisse suchten, als historische Quelle benützen.
Dio sieht ferner einen Beweis gegen die Adoption darin, dass
Hadrian von Traian keine ausserordentliche Auszeichnung empfieng
und nicht Consul Ordinarius wurde. Der Grund mag in der streng
loyalen Politik des ■ besten Kaisers ■ liegen, mit der die ungewöhn-
liche Ehrung selbst des Mannes, dessen Adoption er im Auge hatte,
nicht vereinbar war. Der Einzige, in dem die öffentliche Meinung
einen Rivalen Hadrians bezüglich der Thronfolge zu sehen glaubte,
— Neratius Priscus (4) — hat unseres Wissens ebensowenig wie Ha-
drian eine ausserordentliche Auszeichnung empfangen. Uebrigens ist
Dios Bemerkung bezüglich des Consulates nur teilweise richtig ; denn
im Jahre 118 sollte Hadrian seinen zweiten Consulat als Jahres-
consul antreten (5).
Endlich führt Dio noch als Grund für seine Meinung an, dass
das auf die Adoption bezügliche Schreiben an den Senat Plotinas
Unterschrift trug: die Krankheit des Kaisers giebt uns hiefür die
ausreichende Erklärung.
Der andere Historiker, Marius Maximus, dessen Bericht in der
Bearbeitung der historia August a vorliegt (6) und zum Teile wol
auf Hadrians eigene Aufzeichnungen (7) zurückgeht, hat die Ansicht
vertreten, dass Traian die Adoption Hadrians beschlossen hätte ;
dies geht aus dem Tenor der Erzählung hervor (8). Doch auch ge-
genteilige Gerüchte werden nicht verschwiegen (9) : dass Traian nicht
Hadrian sondern Neratius Priscus zur Adoption ausersehen habe (,0);
(4) Vgl. über ihn Dessau Prosop. II 402, n. 46 ; Ritterling Arch. epigr.
Mitth., XX, 1897, 14 ff.
(5) Hist. Aug. vit. Hadr. 4, 4 (der Ausdruck facere findet sich auch sonst
für kaiserliche Commendation beim Consulat, vgl. Mommsen St. K. II3 925, 2 ;
wahrscheinlich erfolgte die Designation Hadrians im Frühjahr 111, vgl. Momm-
sen P 586 f.).
(6) Vit. Hadr. 1-4; Marius Maximus wird 2, 10 citiert.
O Vgl. vit, 1, 1. 3, 3. 5.
(8) Vgl. fuit . . in amore Traiani (2, 7); ad spem successionis erectus
est (3, 7) ; a Sura comperit adoptandum se a Traiano esse (3, 10) ; defuncto
quidem Sura Traiani ei familiaritas crebuit (3, 11); in adoptionis spon-
sionem venit (4, 3); totam praesumptionem adoptionis emeruit (4, 4).
(9) Vit. 4, 8-10.
(io) Neratius kann nur um Weniges jünger als Traian gewesen sein.
DIE ADOPTION HADRIANS 271
dass er die Wahl des Nachfolgers dem Senate überlassen wollte;
endlich dass die Erklärung der Adoption nach dem Tode Traians
durch eine von Plotina unterschobene Person erfolgte, die mit er-
löschender Stimme für den todten Kaiser sprach ("). Schon hat der
Hofklatsch die Gewandung einer Serailgoschichte angenommen.
Einen neuen Grund hat Dessau beigebracht. Er weist darauf
hin, dass der Lictor proximus des Traian, Ulpius Phädimus, ob-
wol ein noch junger Mann, wenige Tage nach seinem Herren in
Selinus starb, und dass die Asche des Lictors erst 13 Jahre später
durch einen Freund nach Rom geschafft wurde (,2). Dessau schliesst
daraus, dass « Phädimus eines nicht natürlichen Todes gestorben
sei, und dass sein Tod zusammenhänge mit den geheimnisvollen
Vorgängen am Todtenbette Traians, von denen das Gerücht zu be-
richten gewusst hatte » (13).
Aber welchen Zweck konnte es für Plotina haben, gerade den
Lictor proximus kurze Zeit nach dem Tode ihres Gatten aus der
Welt zu schaffen? Der Lictor proximus begleitete den Kaiser, wenn
dieser öffentlich erschien; am Krankenbett des Imperators war er über-
flüssig. Da gab es Hofbedienstete, die weit mehr um die Person des
Herrschers beschäftigt waren und über Vorgänge, die sich am Kran-
kenlager abspielten, genauer Bescheid wissen mussten : wenn man
Phädimus tödtete, hätte man auch Aerzte und Kammerdiener (H)
(u) Vit. 4, 10; auf ähnliche Tradition gehen Vict., Caes. 13, 13 (abwei-
chend 13, 11) und Eutrop. 10, 6 zurück.
(>2) Grabschrift des Phädimus C. I. L. VI 1381 = Dessau Inscr. Lat.
sei. 1792. Phädimus wird darin bezeichnet als « divi Traiani Aug.a potione
item a laguna et Iricliniarch(a), lictor proximus et a comment(ariis) bene-
ßciorum » wozu Dessau bemerkt (S. 88), dass er das Amt eines Lictor pro-
ximus vielleicht noch gleichzeitig mit den früheren Chargen oder doch gleich
darauf bekleidet habe. Doch der Wortlaut der Inschrift besagt, dass Phädi-
mus zuerst die drei durch item und et verbundenen Aemter innehatte, und
dann erst zur Stellung eines Lictor proximus et a commentariis beneficio-
rum vorrückte ; es wäre auch wunderbar, wenn ein Mann fünf ihrem Charakter
nach zum Teile so verschiedene Hofstellungen vereinigt hätte. Zur Analogie
führe ich die Inschrift des Bucolas aus der Zeit Domitians an : Ti. Claudius
Aug. lib. (Bucolas praegustator, tricliniarc{a), proc. a munerib., proc. aquar.
cet. (C. I. L. XI. 3612 = Dessau Inscr. Lat. 1567).
(i3) A. a. 0. S. 88 f.
(u) Vgl. über die cubicularii Marquardt-Mau Privatleben der Römer I2
144, 5.
272 K. GROAG
beseitigen müssen. Aber nicht die mindeste Spur in unserer Ueber-
lieferung deutet auf eine solche Kabinetsjustiz, die der Aufmerksam-
keit der Zeitgenossen gewiss nicht entgangen wäre. Und selbst wenn
Phädimus allein — so wenig glaublich dies ist — um das Geheimnis
gewusst hätte : würde man nach der offiziellen Todesanzeige Traians
noch mehrere Tage (15) gewartet haben, um den Mitwisser aus dem
Wege zu schaffen ? Es war dann ebenso überflüssig, ihn zu tödten,
wenn er geschwiegen, wie wenn er das Geheimnis verraten hatte.
Die Tatsache, dass ein junger Mann aus dem sehr zahlreichen Hof-
personal einige Tage nach dem Kaiser starb, kann man daher wol
kaum zu weitreichenden Schlüssen benützen. Wie Traian selbst
mag sich Phädimus den Krankheitskeim bei der Belagerung von
Hatra in der mesopotamischen Wüste geholt haben (,(i).
Die Inscenierung des Gaukelspiels und Tödtung des Helfershel-
fers wird nun gerade Pompeia Plotina zugeschrieben, die unter den
römischen Kaiserinnen die reinste Figur ist(17). Wie mag man nur
annehmen, dass Plotina, von deren Einfluss auf die Politik ihres
Gatten nichts verlautet, die durch Sittenreinheit wie durch philo-
sophische Bildung — sie bekannte sich zu den Grundsätzen Epi-
kurs (l8) — ausgezeichnet war, eine Intrigue von so empörenden Pie-
tätlosigkeit durchgeführt und ihrem Helfer mit dem Tode gedankt
habe! Dies ist ebensowenig denkbar, als dass die alternde Kai-
(15) Am 11. August erhielt Hadrian in Antiochia die Nachricht von
Traians Tode (vit. Hadr. 4, 7), am 12. August starb Phädimus.
(16) Vgl. Dio LXVIII 31. 32, 1. Ohne Grund sucht Dessau die Spuren
eines Geheimnisses auch darin, dass die Ueberreste des Phädimus nicht mit
denen Traians nach Rom geschafft wurden. Wenn ein Kaiser stirbt, mag man
leicht des Lakaien vergessen. Auch wenn Phädimus wirklich das Geheimnis
verraten hätte, wäre es zwecklos gewesen, durch eine ungewöhnliche Behand-
lung seiner Leiche dem Gerücht, das sich ohne Zweifel an seine Person
geknüpft hätte, neue Nahrung zu geben. Erst Jahre später hat ein Freund
des Phädimus, der sich zur Zeit von Traians Tode wol nicht in Selinus befun-
den hatte und vielleicht im Gefolge Hadrians dahinkam, die Asche des Lictors
nach Rom schaffen lassen.
(17) oiircj ys eavjrjv diu näar\<; rijs aQ%i]S diijyctyev uiats firjthfxlav int]-
yoQiav ff/eti' sagt derselbe Dio (LXVIII, 5, 5), der sie nachher eine so unwür-
dige Rolle spielen lässt.
(18) Vgl, zu &em Schreiben der Plotina an Hadrian, das sich auf die
Epikureische Schulordnung bezieht: Diels, Archiv f. Geschichte der Philo-
sophie IV 1891, 486 ff. Wilhelm, Jahreshefte d. öst. &rch. Inst. II 1899, 270 ff.
DIE ADOPTION HADRIANS 273
serin ■ aus sinnlicher Liebe ■ zu Hadrian diesem zur Herrschaft
verholfen habe(19).
Wenden wir uns zu den Tatsachen, die dafür sprechen, dass
die Adoption Hadrians den Absichten des Kaisers entsprach (20).
Enge Bande fesselten schon den jungen Hadrian an den da-
maligen Senator Ulpius Traianus. Beide stammten aus demselben
Orte; Beider Familien waren durch Verschwägerung verbunden, so
dass Hadrian einer der wenigen männlichen Verwandten Traians
war(21). Noch als Privatmann übernahm Traian gemeinsam mit
Caelius Attianus, gleichfalls einem Landsmanne, die Vormund-
schaft über den Knaben. Als er Kaiser war, gab er dem Hadrian
seine Grossnichte Vibia Sabina zur Frau und kettete ihn so von
Neuem an sich. Und doch wäre dies der grösste Fehler gewesen,
wenn er nicht die Absicht gehabt hätte, Hadrian zu adoptieren;
denn durch diese Verbindung mussten die Hoffnungen, die Hadrian
von Jugend auf hegte (22), zur Gewissheit gesteigert werden. Ha-
drian stand überdies in ununterbrochenem Verkehr mit dem Kaiser;
er begleitete ihn in die beiden dacischen Feldzüge und erhielt
beidemal militärische Auszeichnungen (23) ; er verfasste nach dem
Tode des Licinius Sura die Reden für den Kaiser (24); er empfieng
von diesem den Diamant, den Traian von Nerva bekommen hatte (25).
In einem Relief des Triumphbogens von Benevent, den der
Senat im Jahre 114 dem Kaiser dedicierte (26), ist dargestellt,
(19) t£ iQioxtxTJg (piXLas Dio LXIX 1, 2. Die Bildnisse der Plotina zei-
gen durchwegs die Züge einer nicht mehr jungen Frau, vgl. Bernoulli Rom.
Ikonogr. II 2, 92 ff. Dass die wolwollende Gesinnung Plotinas Hadrian in
seiner Laufhahn geleitete und förderte, soll natürlich nicht bestritten werden.
(20) Auch dies leugnet Dessau (S. 86 f.). Für das Folgende vgl. Rohden
in Tauly-Wissowas R. E. I 493 ff. Duruy-Hertzberg, Gesch. d. röm. Kaiser-
reichs II 329 ff.
(21) Ausser Hadrian sind nur zu nennen der Gatte von Traians Schwe-
ster Marciana, wahrscheinlich C. Salonius Matidius Patruinus, der bereits im
Jahre 78 starb (Prosop. III 102 n. 81), und der Gemahl der Nichte Traians
(und Schwiegermutter Hadriansj Matidia, der L. Vibius hiess (vgl. Prosop. II
354), sonst aber gänzlich unbekannt ist ; vielleicht starb er in jungen Jahren.
(«) Vgl. vit. 2, 4 ff.
(23) C I. L. III 550.
(**) Vit. 3, 11.
(») Vit. 3, 7.
(26j Vgl. die Inschrift des Bogens C I. L. IX 1558 = Dessau Inscr.
Lat. 296.
19
274 E. GROAG
wie Traian vom Kampfe heimkehrend der Göttin Roma entgegen-
tritt. Diese aber legt ihre Rechte auf die Schulter Hadrians und
weist damit auf die Zukunft des Reiches hin (27). Allerdings hat
Alfred von Domaszewski auf Grund einer Bemerkung Benndorfs die
Ausarbeitung der Reliefs erst in die Zeit Hadrians selbst verlegt (28).
Aber abgesehen davon, dass es erstaunlich schiene, wenn die Arbeit
am Triumphbogen, die 114 begann, erst nach 117 soweit gediehen
wäre, dass man die Reliefs in Angriff nehmen konnte, scheint mir
Domaszewskis Deutung des einen Reliefs, das ihn zu dieser zeit-
lichen Ansetzung führt (2fl), nicht das Richtige zu treffen. Ich kann
mich seiner Meinung, dass dort die Unterwerfung Mesopotamiens
dargestellt sei, nicht anschliessen, weil ich es für kaum glaublich
halte, dass der Künstler grosse und seit uralten Zeiten berühmte
Ströme wie den Euphrat und Tigris als Knaben dargestellt habe;
zeigt doch auch das Münzbild das damals, auf die Eroberung Ar-
meniens und Mesopotamiens geprägt wurde, deutlich zwei bärtige
Plusgötter (30). Ebensowenig vermag ich der Deutung des neben
Traian stehenden Mannes auf Lusius Quietus, den Eroberer Meso-
potamiens (31), beizustimmen. Der Mann trägt nicht, wie Domas-
zewski meint, unrömische Tracht ; einer freundlichen Mitteilung
Eduard Hulas, der Petersen beistimmt, entnehme ich, dass er viel-
mehr mit der Toga bekleidet ist. Und dieser alte Mann im Frie-
(27) Vgl. Petersen Rom. Mitth. VII 1892, 252 ; v. Domaszewski Jahres-
hefte d. öst. arch. Inst. II 1899, 177 f. Courbaud, Le lasrelief Rom. ä repri-
sent. hist. Paris 1899, 144. Das Relief ist abgebildet bei Meomartini, / mo-
numenti di Benevento tav. XVIII und in den Jahresbeften S. 177.
(28) S. 186.
(29) Dasselbe ist abgebildet bei Meomartini tav. XXVI und in den
Jahresheften S. 185.
(3ft) Cohen II2 21 ; die obige Abbildung (nach einem Exemplar des Wie-
ner Münzkabinets) verdanke ich der gütigen Vermittelung Kubitscheks.
(3l) Vgl. über ihn Dessau Prosop. II 308 n. 325.
DIE ADOPTION HADRIANS 275
denskleide, soll den schneidigsten Reitergeneral seiner Zeit vorstel-
len ! Wir wissen überdies, dass Hadrian nach seiner Thronbestei-
gung den Lusius Quietus sofort seiner Stellung enthob (32) und ihn
bald darauf (noch im Jahre 118) tödten Hess (33) ; eine künstle-
rische Verherrlichung des Maurenscheikhs ist also gewiss nicht nach
seinem Wunsche gewesen. Schliesslich hätte man nach dem Tode
Traians wol kaum die Tactlosigkeit begangen, gerade die Unter-
werfung jenes Landes bildlich zu verewigen, in welchem den Kaiser
am Schlüsse seines ruhmreiehen Lebens sein Feldberrenglück im
Stiche gelassen hatte (34).
In diesem Relief des Triumphbogens dürfte also wol nicht die
Besitznahme Mesopotamiens, sondern, wie Petersen vermutete (35),
die Unterwerfung Daciens dargestellt sein; würde man doch sonst
in den Reliefs des Bogens einen unverkennbar deutlichen Hinweis
auf diese grösste Tat Traians vermissen (36).
Für die Entstehung der Reliefs noch unter Traian selbst
spricht auch, dass wir den Lictor proximus Ulpius Phädimus, von
dem oben die Rede war, auf dem Bogen dargestellt finden, wie aus
den individuellen Gesichtszügen des kaiserlichen Lictors geschlossen
wurde (37). Nach dem Tode des Phädimus wird man nicht mehr
in der Lage gewesen sein, die Züge des Verstorbenen wiedergeben
zu können. Dessaus Hypothese, die sich an diesen Mann knüpft,
wäre allerdings durch die Annahme der späteren Entstehung des
Bogens aufs schlagendste widerlegt. —
(32) Vit. 5, 8.
(33) Vit. 7, 2. Dio LXIX 2, 5.
(34) Vor Hatra, vgl. Dierauer Beitr. zu einer krit. Gesch. Traians in Bü-
dingers Untersuch, z. röm. Kaisergeschichte I 181 f.
(35) A. a. 0. S. 242. Die Plussgötter würden dann, wie Petersen meint,
zwei Nebenflüsse der Donau (etwa Theiss und Aluta) vorstellen wie sie in ähn-
licher Gestalt auf Münzen des Gallienus (Cohen V2 368 n. 224) und Probus
(Cohen VI2 316, n. 635) erscheinen, während der Hauptstrom durch eine
Brücke (vielleicht ein Hinweis auf Traians berühmte Donaubrücke) angedeu-
tet wäre, über welche eben Hadrian und zwei andere Bömer schreiten. Dass
Hadrian an den beiden dacischen Kriegen teilnahm, ist bekannt.
(3C) Ganz fehlt eine Hindeutung auf die Gewinnung des Petraeischen
Arabien: vielleicht weil der Eroberer Arabiens, Cornelius Palma, in der letzten
Zeit Traians in Ungnade gefallen war (vit. 4. 3).
(37) Meomartini 83. 93. Petersen 253. Dessau 89 Anm.
276 E. GROAG
Im parthischen Kriege erhob Traian den einstigen Mitvormund
Hadrians, Caelius Attianus (38), zum Praefectus praetorio und er-
nannte, als er, wahrscheinlich schon im Frühjahr 117 (3!)), er-
krankte und die Rückreise nach Rom antrat, Hadrian zum Statthal-
ter der wichtigsten Provinz, Syriens, und zum Kommandierenden
des Heeres, das er selbst im Kampfe geführt hatte (40). Damals
im Alter von 63 Jahren und von einem schweren Leiden heimge-
sucht (4I), musste ein Mann vorschauenden Geistes, wie Traian doch
ohne Zweifel gewesen ist, sich vor Augen halten, dass der Tod rasch an
ihn herantreten könne ; er musste wissen, dass es jetzt nur die Wahl
gab zwischen der Entlassung der eng verbundenen Kommandieren-
den der Orientarmee und der Leibgarde oder der Adoption Hadrians,
die, wenn auch nicht staatsrechtlich, so doch den Tatsachen nach
die Nachfolge desselben sicherte. Denn Hess er das Reich in Unge-
wissheit über den Nachfolger oder designierte er einen Anderen als
Hadrian, so war im Momente seines Hinscheidens die Entfesselung
eines Bürgerkrieges unausweichlich, der doch gerade in dieser Zeit,
da die letzten Schläge des parthischen Krieges nachzitterten und
ein grosser Judenaufstand eben erst niedergeschlagen war (42), um
jeden Preis vermieden werden musste (43). Die imposante culturelle
Arbeit seiner Regierung wäre dann vergeblich gewesen.
Die Lage gestaltete sich kaum anders, wenn Traian die Ent-
scheidung dem Senate überliess. Es konnte ihm nicht unbekannt sein,
(38) Vgl. über diesen Klebs Prosop. I 258 n. 96 ; Pauly-Wissowa R. E. III
1256 n. 17.
(39j Dio LXVIII 32, 1 vgl. Dierauer 182.
(40) Dio LXVIII 33, 1 ; vit. 4, 6. Hadrian war überdies für das nächste
Jabr zum Consul Ordinarius designiert, s. o. Anm. 5.
(41) Die Beschreibung, die Dio (LXVIII 33, 2 f.) von seiner Krankheit
giebt, ist nicht klar gtnug, um den Charakter derselben deutlich erkennen
zu lassen: Wassersucht (ro cF oXov vÖQwn'iuae) kann nur die Folgeerscheinung
von Herz-, Blut-, Nieren- oder Leberkrankheiten oder peripheren Circulationsstö-
rungen sein (vgl. Eulenburg Realencyclopädie der ges. Heilkunde XI3 127 ff.);
das Grundleiden kennen wir nicht; Dios Schilderung (emoxeSevTog avtw rov
al'ficaog, ü x«r' ero? xütcj efte/wp«) bezieht sich vielleicht auf Begleiterschei-
nungen hämorrhoidiilen Charakters (vgl. Eulenburg IX3 465 ff.).
(<2) Dio LXVIII 32 vgl. Dierauer 1*2 f.
(43) Hat doch selbst Hadrian unmittelbar nach seinem in alhr Ruhe
vollzogenen Regierungsantritt Aufstände und Einfälle der Mauren, Sarmaten
und Britannier zu bekämpfen gehabt (vit. 5, 2).
DIE ADOPTION HADRIANS 277
dass Hadrian unter den Senatoren viele und einflussreiche Feinde
zählte (44) ; bei aller Korrektheit gegenüber dem Senate hat er doch
seinen kaiserlichen Rechten nie etwas vergeben (45). Der Appell an
den Senat konnte nur in der Form eines Schreibens ergehen, das von
Plotina unterdrückt worden wäre: aber nichts berechtigt uns zu
dieser Annahme. Von Anfang seiner Regierung an hatten ihm doch
auch die Besten seiner Zeit (40) den Gedanken der Adoption nahe-
gelegt, dem er selbst die Herrschaft verdankte.
Traian hat Hadrian und Attianus in den wichtigsten Stel-
lungen belassen ; er hatte demnach ohne Zweifel die feste Absicht,
Hadrian zu adoptieren und damit zum Nachfolger zu designieren.
Wahrscheinlich sollte die Adoption in feierlicher Form in Rom
selbst vor dem Senate verkündigt werden. So wird es ausgemacht
worden sein, als sich der Kaiser in Antiochia von Hadrian trennte.
Aber die plötzliche Verschlimmerung seiner Krankheit, die wahr-
scheinlich damals eine Lähmung seines Körpers durch Schlagfluss(47)
zur Folge hatte, muss ihn veranlasst haben, schon in einer der
nächsten Stationen auf dem Wege nach Rom, in Selinus, seinen
Willen bezüglich der Thronfolge kundzugeben. Wir wissen, dass
Hadrian die Nachricht von der Adoption am 9. August (48), die
Kunde vom Tode des Kaisers am 11. August (49) empfieng. Es ist
kein Grund vorhanden, weshalb wir die Richtigkeit dieser offiziellen
Ueberlieferung in Frage ziehen sollten. An der Erklärung der Ado-
ption im Beisein von Zeugen ist, wie auch Dessau zugiebt (50), nicht
zu zweifeln ; dass dieselbe, weil Traians Tod plötzlich eingetreten war,
durch einen falschen Kaiser erfolgte, ist ein Märchen und völlig
unhistorischen Charakters. Versucht man, sich diesen Vorgang in
den Details zu reconstruieren, so wird man überall auf Rätsel stossen,
die nicht zu lösen sind. Trat der Tod Traians unerwartet ein, so
musste er auch Plotina und Attianus unvorbereitet treffen ; eine In-
(«) Vgl. vit. 4, 3. 5, 5. 8. 7, 1. 2.
(«) Vgl. Herzog Staats-Verfass. II 345 ff.
(46J Tacitus (hist. I 16) und Plinius (paneg. 94) vgl. Dessau S. 86.
(<?) Dio LXVIH 33, 3.
(«) Vit. 4, 6.
(*') Vit. 4, 7.
(50) S. 87. Für die Rechtsgiltigkeit der Adoption genügte die einfache
Erklärung des Kaisers, vgl. Mommsen St. R. II3 1137 f.
278 E. GROAG
trigue wie diese konnte jedoch ohne Vorbereitung nicht gelingen.
Es wäre kaum möglich gewesen, in der Provinzstadt, in der das
Hoflager in provisorischen und gewiss unzureichenden Verhältnis-
sen untergebracht war, den Tod des Kaisers mehrere Tage geheim
zu halten (8l). Was geschah in dieser Zeit mit des Leiche des Kai-
sers, die doch nach römischer Sitte vor der Verbrennung auf dem
Paradebette dem Volke gezeigt werden sollte (52). Das Leiden, an
dem der Kaiser gestorben war, die Hitze des kleinasiatischen Som-
mers mussten zur Folge haben, dass der Körper in kürzester Frist
in Verwesung übergieng, wenn man ihn nicht etwa durch Aerzte
und Einbalsamierer behandeln Hess und diesen damit das Geheim-
nis preisgab. Der Pseudotraian hätte übrigens nicht allein die Er-
klärung der Adoption zu verkünden gehabt; auch für das Schrei-
ben, das an den Senat gesandt wurde, war das persönliche Dictat
des Kaisers erforderlich. Welche Schwierigkeit liegt ferner in dem
Zusammenspiel Plotinas und Attians in Selinus und Hadrians in
Antiochia! Wieviel Hilfskräfte, die dadurch ebensoviele Mitwisser
des Geheimnisses geworden wären, waren zu alledem notwendig! Doch
der beste Beweis dafür, dass die Adoption Hadrians nicht das Werk
einer niedrigen Hofkabale war, liegt darin, dass sich das so be-
deutungsvolle Ereignis — der Wechsel in der Herrschaft über das
Weltreich — in aller Ruhe und ohne innere Erschütterung voll-
zogen hat.
Traian selbst hat also — wir dürfen es mit einem hohen Grade
von Wahrscheinlichkeit annehmen — am 7. August des Jahres 117
in Gegenwart von Herren seiner Umgebung die Erklärung abgege-
ben, dass er Hadrian zum Sohne nehme. Die vollzogene Adoption
teilte er dem Senate in einem Schreiben mit, das er allerdings
nicht mehr zu unterzeichnen vermochte (53). Zwei Tage nach seiner
(5I) 6 &dyazog rov TQaictvov rjfASQccg tivdg öid rovro avvexQv(p&r], Xv f)
noirjaig ngoExcpotrjjaoi (Dio LXIX 1, 3). Traian müsste dann bereits vor dem
7. August verschieden sein.
(5*) Vgl. Marquardt-Mau I« 347.
(53) S. o.; die Münze Cohen II2 246 n. 5 (Imp. Caes. Ner. Traian. Optim.
Aug. Germ. Dac. ^. Hadriano Traiano Caesari), für deren Echtheit nach
Eckhel (VI 473) auch Mommsen eintritt (St. R. II3 1154, 5), ist wegen des
Caesartitels, den Hadrian führt, doch wol hybrid.
DIE ADOPTION HADRIANS 279
Willensäusserung ist er gestorben. Trat der Tod so bald nach dem
Acte der Adoption ein, las man überdies in der offiziellen Zuschrift
an den Senat die Unterschrift, nicht wie sonst des Kaisers, son-
dern der Kaiserin, hatte den Schauplatz für diese Vorgänge eine
entlegene Provinzstadt abgegeben : so war natürlich phantastischen
Combinationen Thür und Thor geöffnet.
Wien, im December 1899. i
Edmund Groag.
FUNDE UND FORSCHUNG.
Dass doch wiederum zunächst nach Sicilien, nicht nach dem
Norden, wie oben S. 192 verheissen war, der Blick sich richten muss.
dazu nöthigt Orsi's rastlose Thätigkeit, deren Ergebnisse, wenn auch
zum guten Theile nur erst angekündigt, doch nicht, wie anfangs
beabsichtigt war, nachtragsweise in einer blossen Anmerkung sich
berichten lassen.
Nur erwähnt sei in Termini Im e res e gefundenes Steinge-
räth B{ullettino di paletnologia italiana), 99, 203 derselben Art
wie früher B. 86, 74 in der Nähe am Monte Faino gefundenes;
desgleichen die zahlreich in Serra d'Orlando (Caltanisetta)
gefundenen Basaltäxte B. 98, 307, selbst in Häusern griechischer
Zeit. Im Elymergebiet, zwischen Mte S. Giuliano und dem Meer ge-
fundene Vasen der I. Periode hat Rizzo in Trapani aufgespürt.
Zu weiterer Bestätigung des B. M. 98, 171 Gesagten sind sowohl
in M elilli TV. 99, 69 und B. 99, 204 wie in Calafarina B. 98, 163,
in Nekropolen der I. Periode etliche Grotten mit Nischen gefun-
den und solche mit nur wenigen Skeletten. In letzterer bestätigt
sich aufs Neue der Zusammenhang von I. und II. Cultur, desglei-
chen in Valsavoia (Catania), wo in höherer Schicht auch die
III. Periode vertreten ist, N. 99, 279. Eine Bestätigung des ß.
M. 98, 179 f. behaupteten Zusammenhangs auch des Presikeli-
schen mit der I. und II. Periode scheint mir in dem B. 99, 53
di un sepolcro neolitieo in S. Cono bei Licodia-Eubea (Catania)
Berichteten gegeben, mag auch der Berichterstatter, Cafici, Alles
mit Orsi's Abtrennung des Presikelischen in Einklang finden. Unge-
wöhnlich sind, hier nicht wie sonst seltene, Steinpfeilspitzen (Taf. V),
das Merkwürdigste aber Thongefässe (Taf. VI f.) von der Form einer
Schüssel oder Kumme, wie sie ähnlich in Castelluccio schon in
der I. Periode, B. 92 II 2 und IV 16, auch mit protuberanse ma-
E. PETERSEN, FUNDE UND FORSCHUNG 281
mülonari 20, mit Fuss 17, ferner in der II. Periode Mon. d. Line.
Taf. I 4, in III. Periode mit eingezogenem Mündnngsrand vorkom-
men. Vor allem bemerkenswerth sind indessen die eingeritzten und
mit Weiss gefüllten Zeichnungen, weil das Ornament hauptsächlich
mit Doppellinien gezeichnet ist, und weil es besonders in nach oben
oder nach unten gekrümmten festoni besteht, beides wie in der II.
Keramik, wo Orsi auch denselben Namen gebraucht, nur dass
die üoppellinien dort nicht mit Strichen gefüllt sind ('). Ausser-
dem giebt es in S. Cono Zickzacks, abwechselnd, in VI 4 nur die
nach unten, in VI 6 die nach oben gekehrten Dreiecke schraffiert,
und bei letzterem Gefäss die nach unten gekehrten durch senk-
rechte Doppellinien halbiert, was an ein Ornamentschema von
Castelluccio B. 93 VI 9 und 17 (R. M. 98 S. 185 VIII 8)
erinnern muss.
Der II. bis II [. Periode gehören Nekropolen von Buscemi
(Syrakus) B. 98, 164 und der I. und II. solche in Chiara-
monte Gulfi (Syrakus), dem ersten Platz, wo nach Orsi (/?. 98,
164) die IL Periode auch weiter im Inneren erkannt wird. Die
Flintmesser und Vasen I. Per. fanden sich daselbst in 6-7 m. langem
Graben mit Gebein, und auch in Granmichele wird als Neuestes
eine Nekropole mit Plattengodeckten fosse statt der grotticelle
(weil der Sandboden letztere nicht gestattet, sagt Orsi) verkündet,
doch wegen der molti bellissimi bronzi arcaici {fibuloni, col-
telli ecc.) wohl eher der II. Periode gehörig. Bronzen sind in Si-
cilien ja überhaupt auch noch in der II. Periode seltener als auf
dem Festland in den gleichgesetzten Perioden, der ' aeneolithi-
schen ' und der Bronzezeit. Ja, auf dem Festland tritt das Metall
schon bei einer Keramik auf, die in Sicilien noch ganz l neolithisch '
heisst. Der Becher von Villafrati R. M. 98 S. 178 VII 6, die ähnlich
gemusterte Keramik von Stentinello und jetzt die von S. Cono heissen
neolithisch. Nach Form und Verzierung ähnlich ist aber nicht
nur die der Polmen, (vgl. Pigorini B. 84, 225) sondern auch die
von Colini B. 99, 30 für gleichzeitig erachtete von Ca di Marco,
B. 98 T. XI, S. Cristina B. 99 II 2-4 III 5 (im Bresciano)
(•) Z. B. Mon. d. Line. II Taf. I 22 II 14 und VI Taf. IV 2, 10 V 3
(auch aus I konnte R. M. 98 S. 189 damit Einiges verglichen werden, mit
S. Cono jetzt auch Castelluccio B. 93 V 6).
282 E. PETERSEN
erstere ohne, letztere mit metallischem Geräth (Taf. IV 2 und 6)
zusammen gefunden. Sollte nicht die R. M. 98 S. 163 betr. des
in Stentinello fehlenden Metalls geäusserte Reserve dadurch gerecht-
fertigt werden ? Nicht in Gräbern und, weil ausser Zusammenhang,
ungewiss, welcher Periode angehörig ('), sind primitive Aexte von
Kupfer oder Bronze in Sicilien, früher von Pigorini B. 78, 204,
neuerdings von Orsi B. 98, 162 aus dem Gebiet von Syrakus,
Catania und Caltanisetta nachgewiesen (2).
Von grösserer Bedeutung ist die im IX. Bande der L i n c e i-
Monumenti (1. puntata) S. 33-116 erfolgte Untersuchung über
Pantalicaund S. 117-146 über die Nekropole am Cassibile
(vgl. R. M. 98 S. 153), beide der II., erstere z. Th. auch der III.
Periode angehörig. Schöne Pläne veranschaulichen das Gebiet von
Pantalica mit seinem Kranze von Nekropolen, im Ganzen den gräber-
reichsten von allen sikelischen. Und hier, wo ringsum die vorausge-
setzten Hütten der Gemeinen verschwunden sind, ist ziemlich im
Mittelpunkte, fast an der höchsten Stelle Gemäuer des Herrenpalastes
ein bis zwei Lagen hoch geblieben, das in Zeiten der Byzantiner, die
auch in den Gräbern und einigen kleinen Kirchen oder Kapellen (s.
Byzant. Zeitschr. VII 1 ) ihre Spuren hinterlassen haben, ausgeflickt,
in seiner ursprünglichen Anlage mykenischer Zeit und selbst aus
dem östlichen Mittelmeergebiet gekommenen Baumeistern zuge-
schrieben wird. Der sehr einfache Grundriss : eine Reihe von fünf
Räumen, deren vier kleineren an der NO-Seite noch eine zweite Reihe
ungleichartiger vorgelegt ist, hat allerdings mit den Palästen von
Tiryns, Mykene und Ilios keine oder geringe Aehnlichkeit. Ausser
dem Mauerwerk, das auch nur bei dem aussen c. 10 m. im Qua-
drat messenden Südgemach einigermaassen einheitlichen Charakter
hat, ist es vor allem die pavimentazione (3) und der Befund in den
Räumen, was Orsi diesen, sonst ohne Analogie im sikelischen Kreise
(') Nur dass eine (B. 98, 268) mit andern jüngeren Formen und aes
rüde zusammen in einer Grube, nicht Grabe, gefunden wurde.
(*) Vor fälschlich für sicilisch ausgegebenen, in Wahrheit aus Apulien
stammenden Bronzen warnt Orsi B. 99, 2.
(3) Das Citat S. 79 ist ausgefallen. Gemeint dürften die Grotten sein,
welche auch als Wohnuugen gedient hatten, wie die bei Pachino, N. 98, 35
und bei Catania S. 222, obgleich von gestampftem Fussboden daselbst nicht
die Rede ist.
FUNDE UND FORSCHUNG 283
dastehenden Baurest so hoch hinaufrücken lässt; dazu das negative
Moment, dass wohl sikelische Scherben der II. Art, aber nichts
Späteres, von Byzantinischem abgesehen, sich darin finde. Diese
Beweisführung ist in mehr als einer Hinsicht anfechtbar. Das pa-
vimento, nach Sp. 78 di un battume di cenere, paglia, trüumi
fittili e di ossa colte dal fuoco, wird Sp. 79 von foggia anti-
chissima genannt ; aber Sp. 84 sind die traccie di un gran foco-
lare, der vermeintlichen kaxia des (isyccqov, gefunden in i carboni,
Le ceneri, le ossa colle scomposte dal cumulo primitivo, pareg-
giate, disperse e ridotte a battuto di pavimenlo dai lardi Bizan-
tini. Wenn aber Byzantiner Asche und Knochenreste zum Fuss-
boden gestampft haben, woran woll man denn sehen, ob Asche und
Knochen von sikelischem vielmehr als von byzantinischem Feuer und
Mahlzeiten herstammen. Orsi nimmt ja Sp. 79 f. selber, an dass
die Byzantiner, die den Bau von Grund aus herstellten und mit Zie-
geldach versahen, die Räume auch ausgekehrt haben : wie wird man
also jene Reste den früheren eher als den letzten Bewohnern zu-
theilen ? Grade im Hauptgemach ein verhärteter Haufe von Asche
und Kohlen, der eine Fläche von mehr als 2 X 2 m. deckte, darin
Fragmente von fünf Gussformen, dazu andre, mit zum Einschmelzen
zerhackten Bronzewerkzeugen, draussen an der Mauer mit vielen
sikelischen Scherben gefunden, veranlassen Orsi, hier im fieyaqov
eine Erzgiesserei vorauszusetzen und solche Kunstübung als fürst-
liche Prerogative anzusehen. Wie viel natürlicher ist es aber, hier
die Spuren der letzten Bewohner, der Byzantiner zu finden, von
denen ja Orsi selbst nachgewiesen, dass sie die sikelischen Gräber
heimgesucht und ausgeraubt haben. Wie sollten sie also nicht
sowohl das Metallgeräth als auch die stattliche Thonwaare von
da sich geholt und zu eigenem Gebrauch verwandt oder umge-
schmolzen haben ? Damit soll über die ursprünglichen Baumeister
des ' Palastes ' nicht abgesprochen sein.
Classischer Zeit, etwa des älteren Dionysios, theilt Orsi eine
Befestigung des einzigen Zugangs zur Hochfläche von Pantalica zu,
mit Mauer und Graben davor. Von deren Bauweise, in regulären
Läufer- und Binderschichten, ist das Gemäuer der Palastes zu ver-
schieden, um nicht bedeutend älterer Zeit zugeschrieben werden zu
können. Ihn aus mykenischer Zeit zu glauben scheinen die an-
geführten Gründe nicht genügend.
284
E. PETERSEN
Die Grabgrotten sind sowohl in Pantalica wie am Cassibile
vorwiegend elliptischen oder halbkreis- oder trapezfömigen Grund-
risses, doch häufig auch regelmässiger, rechteckiger Form. Die
Nischen, die sonst bekanntlich in der II. Periode häufiger zu
werden pflegen (doch s. R. M. 98, 171) fehlen hier, aber wo um
einen grosses Centralgemach sich eine Anzahl kleiner Collen legen,
wie im Grab 56 der NW-Nekropole, da scheinen die Nischen wie
zu Cellen ausgeweitet. Häufiger freilich liegen die Cellen, wo in
grösserer Zahl beisammen, eine am Ende, die andern zu beiden Seiten
im
Fig. 1.
des Mittelganges, von welchem Seitengänge zu jenen sich abzweigen.
Die Thüren — in Cassibile ist eine mit fünffacher Umrahmung —
sind mit viel Bemühen verrammelt.
Die Zahl der in den einzelnen Cellen Beigesetzten ist nicht
gross, am häufigsten ist es nur einer, über fünf finden sich ganz
selten. Hockend beigesetzt, wie zum Mahle, sind noch viele, mehr
aber liegend, meist mit gebogenen Beinen, seltener auch Armen.
Von den Beigaben sei ein wenig Goldschmuck nur der Sel-
tenheit wegen erwähnt (Pa. Nord Gr. 37 Cass. 64) ; als etwas Neues
einige Bonzescheiben von Spiegeln, in NW. Grab 23, N, 3 und 37
gefunden, leider ohne Griff; der Taf. VIII 14 abgebildete war je-
denfalls am Ansatz breit genug für dreifache Nietung. Von Metall
FUNDE UND FORSCHUNG
285
sind das Wichtigste die Fibeln und Messer. Jene mit flachem oder
gebogenem Bügel, der ganz oder zwischen zwei Knoten mit ver-
schiedenen fein gravierten Zickzackmotiven verziert ist oder gedreht;
Schlangeutibeln noch einfacher Form sind in Pantalica seltener
(nur in Filiporto und Cavetta), häufiger in Cassibile. Wichtiger
noch scheinen mir die Messer, meist nur die Klingen, wenige mit
erhaltenem Griff aus Knochen oder Elfenbein, in Gestalt von Hals
und Kopf eines Pferdes, nicht einer Ente ('), Taf. VII 9 15 (18);
vereinzelt VII 17 mit umgeh ämmerten Rändern des oberen Endes
zur Einfügung der Griffverkleidung. Die Klingen, meist winzig
klein, sind 1) blattförmig grad, natürlich zweischneidig aber spitz,
2) einschneidig geschweiften Umrisses, 3) zweischneidig, z. T. gleich-
te1
falls geschweiften Umrisses, aber vorn nicht spitz sondern breit,
meist mit einem Ausschnitt, der breit und eckig oder schmal und
rund ist.
Das sind ' Rasiermesser ', die ja auch schon in Finocchito ge-
funden waren und von Orsi richtig mit den norditalischen rasoi ver-
glichen wurden. Besser als in den R. M. 98 S. 161, 1 lässt sich jetzt
ein weitreichender Zusammenhang an diesen Messerchen nachwei-
sen, von denen Orsi eines, vielleicht das wichtigste, verkannt hat (2).
(») Vgl. den Pferdekopf-Griff eines praehistorischen Messers Mortillet
Mus. pröh. 1194. und J. Mestorf, Vorgesch. Alt. aus Schlesw.-Holst. 247;
Entenkopf (?) dagegen 251.
(2) I Orsi, Cass. Sp. 125, ähnlich Sp. 133; 1 ebda Sp. 127, ähnlich von
Pantalica Taf. VIII 5; 3 ebda Sp. 135; 4 Pigorini /?. 94 T. I 1; ä ebda 3;
« ebda 6; 1 Mortillet Musee pröhist. 1195. "i^llfp^uegk «>*. 1895 Taf- 10> 145
H Hampel, Alterthümer der Bronzezeit in Ungarn XVII 7 ; Ha 'Fxp^ueQig %.
286 E. PETERSEN
Hatte Pigorini in einer lehrreichen Studie B. 94 S. 9 f. das
bekannte rasoio lunalo der ersten Eisenzeit, durch Halbierung des
älteren bronzezeitlichen zweischneidigen Rasirmessers der Terremare
entstanden gedacht, so zeigt uns jetzt das zweischneidige von Cas-
sibile, unsere Fig. 2, mit dem einschneidigen, Fig. 1, verglichen,
aufs Neue, was schon Gozzadini, Arnoaldi-Veli S. 62 aussprach,
dass vielmehr das zweischneidige nur eine Doppelung des einschnei-
digen ist. Das verräth besonders der obere Einschnitt, den auch
alle andern Doppelmesser von Pantalica auf Taf. VIII haben, ausser 1.
Ist jener Typus des Doppelmessers mit eingezogener Schneiden-
krümmimg nur hier in Sicilien gefunden, so ist dagegen das entspre-
chende einschneidige eine vom aegeischen Culturkreis im Südosten
nach dem Nordwesten verbreitete Form(').
In Cassibile hat sich aber auch ein anderer Typus des Doppel-
messers gefunden, den Orsi Sp. 135 abbildet (unsere Fig. 3), aber
das curiosissimo oggetto für einen Löffel hält, wogegen grade die
drei Einschnitte sprechen, die, zusammen mit den margini taglien/i,
eben das Doppelmesser erkennen lassen, ungeachtet es, durch Ver-
biegung natürlich, un po' cava war; fast idenstich, nur kleiner
(reichlich 70 mm. lang statt, wie jenes, 125), ist ein in England
gefundenes, unsere Fig. 9, bei dem nur die unteren Einschnitte
verschwunden sind; und vielleicht hatten auch Fig. 269, 271, 273
bei Evans, dge de hronze denselben gerundeten Umriss, sowie auch
ein in Brabant gefnndenes bei Undset, XXVII 3 S. 289 (2) ; alle
haben jedenfalls die scharfe Theilung vorn, während die spitzen
Winkel hinten, neben dem Griff, fast zu rechten geworden sind, am
wenigsten bei 274 = Fig. 10. Alle ausser 273 haben in der Mittel-
axe, unfern des vorderen Einschnitts, ein Löchlein, und dieses, das
88 T. 9, 18; » J. Evans Age de hronze S. 236, 270; 10 ebda fig.274; f f Mor-
tillet M. pr. 1187; 1* Hampel XVII 2.
(') Im my kenischen Troja: Schliemann, Ilios S. 565 f.; im vormykenischen
S. 284; in Mykene, Myognes S. 143; aus Norditalien Montelius civ. prim. 12, 7;
5, 11 f. 33, 1-3 u. s. w. ; aus der Schweiz und Frankreich Mortillet Mus. prilx.
T. LXXIX; aus Norddeutschland Undset, Das erste Auftr. d. Eisens, Taf. IV 4,
X 7 XXV 3, 4 13, 14.
(2) Oh solche Messer wie Evans S. 235 Fig. 267 f. von diesem Doppel-
messer oder der alten blattförmigen Klinge abzuleiten sind, kann man zwei-
feln; doch scheint das Ornament in der Mitte für ersteres zu sprechen.
KUNDE UND FORSCHUNG 287
wir in dieser Reihe schon immer kleiner werden, in 273 und ebenso
in jenem Cassibilemesser ganz verschwunden sehn, ist zu jenen
Einschnitten ein weiteres Ueberbleibsel des die zwei zum Doppel-
messer verbundenen Klingen trennenden Zwischenraumes. Dieses
Loch aber ist nach der mehr graden oder mehr gekrümmten Gestalt
der vereinten Klingen bald mehr eckig bald mehr gerundet, und
der Zwischenraum zwischen den beiden Klingen ist anfangs gross,
indem nur oben und unten eine je quer oder überkreuz gelegte
Verbindung angebracht wird(1). In sichtlichem Streben nach Zier-
lichkeit, vielleicht zugleich aus Gründen der Gusstechnik wird die-
ser Zwischenraum aber häufig mit Gitterwerk ausgefüllt, das zwi-
schen gerundeten Klingen selbst rundlinig ist, zwischen graden grad-
linig. Häufig aber findet sich auch ohne solche Füllung das Loch,
wenn auch bereits stark verkleinert, doch noch durch mehr kreis-
förmige oder mehr langgezogene Rundung die mehr oder weniger
gekrümmte Form der einzelnen Klingen in Erinnerung bringend.
Solche Einzelklingen, wegen ihrer geringen Grösse und ihrer
Leichtigkeit ebenfalls für Rasiermesser ausgegeben, sind in Mykene
sowohl von gekrümmter wie von grader Form gefunden (2), ge-
krümmte mit breitem Ende auch im Norden, auf der eimbrischen
Halbinsel (3), und deren alte Herkunft wird durch die ebenda und
sonst gefundenen graden mit dem drahtartig dünnen zurückgebo-
genen und aufgerollten Griff erwiesen. Die krummen mit überall
breiter Schneide, ganz entsprechend jenen Doppelmessern wie Fig. 11,
sind aus Norddeutschland Dänemark und weiter bezeugt (4), ohne
0) Man vergleiche Hampel, Alterthümer der Bronzezeit in Ungarn
Taf. XVII 4 mit 2. Das ebenda 5 abgebildete ist, wie das S. 239 bei Evans
a. 0. aus der Schweiz beigebrachte, wie vielleicht das von Orsi aus Vadena
La necrop. di V. T. VIII 5 mit S. 84 f.), nicht aus dem unten zu besprechenden
Typus abzuleiten, sondern dadurch entstanden, dass Loch und Einschnitt zu
einer einzigen grossen Einbuchtung geworden sind.
(*) Vgl. 'Erprj^eQig aQX. 1888 T. 9, 18 (unsere Figur 8a) und 17 ähnlich
unserer 7a.
(3) J. Mestorf, Vorgesch. Alterth. aus Schleswig-Holstein 251 und 247.
Undset, X 4, 8, XIX 1, XXII 7, XXVII 4, XXVIII 16, XXX 5.
(*) Bei Undset, XXV 5, XXVI, S. 379, 55; 399, 102; 475, 168. Das letzte,
fast ein Dreiviertelkreis mit rundem fast geschlossenem Loch darf man ver-
gleichen mit Garrucci's Beschreibung eines apulischen Messers (Ann. d. Inst.
1868 S. 57) angeführt von Gozzadini Arn.- Veli S. 58, 5 della figura di mezzo
288 E. PETERSEN
Griff, oder mit Nietloch an einem Ende, oder mit einem Ringgriff in
der Mitte des Rückenrundes, zu welchem mittleren sich wohl noch
zwei seitliche Ringe gesellen ('). Auch in der Form eines halben
oder nur Drittelkreises mit (oder ohne) Rest der Rückenrundung und
spitzigen Enden giebt es diese Messer, und solcher Gestalt ist
eines mit Ringgriff an einem Ende bei Mortillet 1179, in einem
Schweizer Pfahlbau gefunden. Mit längerem Griff, der in einem
Ring mit einer oder zwei Spitzen oder einer Volute endet, fanden
sie sich in Oberitalien und im Norden (*). Von diesen stehen manche
dem rasoio lunalo der Villanovazeit so nahe, dass dieses nicht
anderswoher abgeleitet werden kann.
Aus der Verdoppelung jener mehr graden Klingen hat sich
aber noch eine andere Form des zweischneidigen ' Rasiermessers '
ergeben, indem Loch und Einschnitt, welche durch die Verbindung
zweier Klingen entstanden waren, beide schwinden, und so ein un-
gefähr rechteckiges Blatt übrig bleibt, das zuletzt kaum an jenen
Ursprung erinnern würde, wenn nicht die Uebergangsformen vor-
handen wären. Schon an Terremaremessern sieht man diese Ent-
wicklung beginnen. So hat ein Messer bei Montelius I Taf. 23, 7
ziemlich viereckigen Umriss, aber noch gegittertes Loch und tiefen
Einschnitt vorn; ebenda 10 aber nur kleines Loch und flachen
Einschnitt, und noch näher kommen vielleicht die nicht vollstän-
digen Gussformen 7 und 12. Aber auch das ganz viereckige Blatt
erscheint bereits im Pfahlbau am Gardasee: ein Exemplar von mehre-
ren bildet Pigorini I 6 (unsere Figur 6) ab, wo das in die Form
mit mehrzinkiger Gabel eingerissene, also mitgegossene Ornament
disco con foro nel mezzo della lamina per inserirvi il dito pollice nelV ado-
perarlo : la parte affilata e tagliente e su tutta la linea curva ; la costa e
alla base.
(!) Vgl. Mortillet Mus. preh. 1183, 1184, 1185, dessen Schneide erst
durch den Gebrauch gerade geworden zu sein scheint. In letzterem und ähn-
lichen menschliche und Thierfiguren zu erkennen mit Hömes, Urgeschichte der
hild. Kunst S. 446, ist mir nicht möglich, so sehr sein Gedanke anderswo
zutreffend ist.
(2) Pigorini I, 11; Montelius civil, prim. I 34, 17 und 41, 2; aus Ungarn
bei Hampel a. 0. XVII, 1 ; Undset a. 0. IV 4, X 8, XII 2 (an eine andre Form
erinnernd) XXII 13, XXV 3, 4, 13,14; S. 400, 103 f.; 402, 202; 493, 204.
KINDE UND FORSCHUNG 289
als Ersatz der Gitterung anzusehen sein dürfte, wie auch der Ein-
schnitt, wenn auch klein und flach, noch vorhanden ist.
Beides, Loch and Ein- oder Ausschnitt, zusammen hat von
mir bekannten Rasiermessern dieses Typus nur eines aus Campa-
nien im Berliner Museum und die drei von Finochito, wenn sie alle
so gestaltet waren, wie das eine von Orsi ergänzt ist, dieses sogar
mit drei Löchlein in der Mittelaxe (,). Nur ein Loch (keinen Aus-
schnitt) haben eines von Vadena (2), eines von ' Rom ' bei Mortillet,
Mus. prehist. 1193, eines von Corneto im Museo civico n. 309, dessen
Griff vielleicht mit einem ausgebrochenen Stück verloren ging;
ferner neben dem Mittelloch jederseits noch ein Punktloch hat ein
solches Messer von Ascoli Piceno (3) ; ein zweites ebenda hat nur
Kreisornamente mit durchbohrtem Centrum : ein mittleres mit drei
andern daneben und darüber oder besser darunter. Denn dass diese
Messerchen, wie Kämme (4) und andre kleine für die Körperpflege
gebrauchte Geräthe hängend an Halsband oder Fibel getragen wur-
den, also der Griff — nicht zwecklos so oft mit einem Ringe endend —
oben, und die vorher als v o r d e r e bezeichnete Seite unten ist, das
zeigt uns jenes Berliner Exemplar, wenn es doch wohl an der Fi-
belnadel hangend gefunden wurde : das zeigt ferner ein drittes im
Museum von Ascoli von mir notiertes Messer dieses Typus, das
merkwürdigste von allen. Auch hier nimmt die Stelle des Lochs
ein Radornament, oder Kreis mit eingezeichnetem Kreuz und durch-
bohrtem Centrum ein ; dazu, gleichfalls fein graviert, ein Mäander
am Rande, der eben als unterer zu bezeichnen ist, weil darüber,
jederseits gegen das Radornament gekehrt, zwei streng geometrisch
(!) Vgl. über diese und das Campanische R. M. 98 S. 169.
(2) Orsi, La necrop. ital. di Vadena VIII 1, danach Pigorini S. 9.
(3) G. Gabrielli, II palazzo comun. di Ascoli P. p. 16 bildet dies erste,
von den Hügeln des Tronto, und das zweite, von Castel Trosino ab, erwähnt
das dritte nicht.
(4) Z. B. Montelius Civil, prim. I. Taf. 8, 14, 17, 19, 24. Einen ganz
ähnlichen Kamm hat die langhalsige Thonfigur in den Monum. Piot I Taf. III
(danach B. 97 S. 85) am Halsband hängen. Einen zum Anhängen bestimm-
ten Kamm von ähnlicher Form, wie die viereckigen Rasiermesser, nur mit
Ringgriff ohne längeren Stil hat das Museum von Ascoli. Einen zweiten ebda
mit schräger Zahnreihe würde ich aus einem Rasiermesser hergestellt glau-
ben, (wegen längeren Stiles), wenn die oberen Ecken abgerundet wären wie
bei den drei wirklichen Messern daselbst.
20
290 E. PETERSEN
gezeichnete Wasservögel stehn. Höher noch je ein Kreuzornament,
und das dreieckige Blech, mit welchem der Griff befestigt ist, zeigt
sich mit Wolfszähnen umsäumt, alles fein in geometrischem Stil
eingraviert wie auf cinturoni, Fibelfussscheiben der ersten und
folgenden Eisenzeit.
Das Loch ohne Ausschnitt hat ferner ein solches Messer von
Alfedena; eines von Tolentino dagegen nur ein Kreislein zwischen
vier andern gegen die Ecken gestellten. Eines von Suessula (Pigo-
rini I 10) hat zwei Löcher nebeneinander, kaum zur Befestigung
eines Griffes ; ein Loch dagegen eines von Capua, während ein zweites
ebenda (s. R. M. 98 S. 161, 1 nur vorn den Ausschnitt hat ('); ein
drittes weder Loch noch Ausschnitt, so wie eines von Castelmez-
zano (N. 96 S. 186). Auch im Norden wurden sie gefunden, eines
unweit Kamenz (Undset XXV 2), eines in Mecklenburg (ebenda
XIX 2) mit dem Gusszapfen, also dort gegossen.
Genug, das erste Zweischneidenmesser von Cassibile Fig. 1,
einer Culturschicht angehörig, in welcher mykenische Beziehungen
nicht selten sind, zeigt eine Klingenform verdoppelt, die vom vor-
mykenischen Troja, mehr oder weniger modificiert, nach Westen
südlich und nördlich von den Alpen verbreitet ist; das zweite
Doppelmesser von Cassibile, Fig. 3 findet seine nächsten Verwandten
in England und Holland und giebt eine Doppelung von Klingen,
wie sie in Mykene und zwischen Nord- und Ostsee gefunden wurden ;
der allmählich zum Viereck werdende Typus findet sich vom sici-
lischen Finochito durch ganz Italien bis in die Alpen und auch
nördlich von diesen und ist, gleich den andern Doppelmessern von
Pantalica, nur ein Abkömmling der in Terremare, in Ungarn wie
im Nordwesten Europas gefundenen Doppelung, die inmitten an
dem mit Gitterung gefüllten oder leeren, dann zusammenschrumpfen-
den, zuletzt verschwindenden Loch, vorn an dem erst tiefen dann
fiachen, zuletzt gleichfalls verschwindenden Ausschnitt, endlich an
den erst tiefer, später weniger einschneidenden Winkeln neben dem
Griff die Vereinigung zweier Messer am deutlichsten erkennen lässt.
Zusammengenommen, macht dieses die Herkunft unserer Messer aus
dem Südosten, wie sie schon Orsi B. 97 S. 196 aussprach, in hohem
(x) So auch ein ungarisches bei Hampel XVII 8, das aber durch den
weiten Ausschnitt und die spitzeren Winkel am Griff alterthümlicher ist.
FINDE UND FORSCHUNG 2l)l
Grade wahrscheinlich, und die Deutung, die ich B. 97 S. 81 (1 Mitte
und 3) zwei Piktogrammen von Inselsteinen gegeben, erheblich be-
gründeter, seitdem das Vorkommen der Zweischneidenmesser in Si-
cilien, eben im Bereich mykenischer Verbindungen erhärtet ist. Das
erste jener beiden Piktogramme würde zu den gradschneidigen ge-
hören und durch die Gitterung den Terremaremessern nahekommen.
Haben letztere gewöhnlich die stärkere Verbindung zwischen den
zwei Schneiden am Griff, nicht vorn, und hier nicht eine den Aus-
schnitt theilende Mittelzunge, so könnte letzteres doch auch bei
einem von Montelius civil, prim. I 23, 10 abgebildeten der Fall
gewesen sein, und in der andern Hinsicht wäre ebenda die Guss-
form 11 zu vergleichen. Das zweite Piktogramm würde durch un-
sere Figg. 11, 12 und die dazu verglichenen Formen bestätigt
werden. Aber ich bestreite natürlich keineswegs, dass wir das Dop-
pelmesser selbst aus jenen Gegenden damit noch nicht haben. —
Die Orientation und Limitation (') der Terramarestationen,
welche in so merkwürdiger Weise an zwei Beispielen : C a s t e 1 -
lazzo di Fontanellato und Rovere di Caorso (hier mit
F bezeichnet) constatiert waren, haben weitere Bestätigung erhalten
durch die im neunten Jahre endlich abschliessende Ausgrabung der
erstgenannten B. 97, 56 mit Taf. IV und durch zwei weitere Bei-
spiele im Piacentino, Montata dell'Orto (hier M), und bei
Carpi diejenige della Savana (hier S). Ueber die erstere liegt
ein von einer Anzahl von Offizieren und andern Notabein unter-
zeichnetes Protokoll vor (B. 98, 296), über letztere ein Bericht
in N. 99, 312, endlich ein kürzerer B. 98, 302 über die Ter-
ramare von Cebena (Modena, hier C). Ich fasse kurz die den
Stationen FMS (z. Th. auch für C lezeugt) gemeinsamen Züge zu-
sammen, die, wie bei M besonders hervorgehoben wird, bei auf einem
Hügel angelegten Stationen (M) dieselben wie bei in der Ebene ge-
legenen (F) seien : trapezförmiger Grundriss, die Langseiten gegen
Ost u. West (mit etwas Abweichung nach S u. N) orientiert, aussen
ein Graben, an diesem innen ein Damm, lehn nach aussen gegen
den Graben, innen senkrecht durch Pfahlwerk abgestützt. In ent-
gegengesetzter Weise wie der Serviuswall angelegt, welcher ja
innen den agger, aussen am Graben die senkrechte Steinmauer hatte,
(») Vgl. R. M. 96, 260; 95, 75.
292 E. PKTERSKN
muss der Damm der Terramare nicht gegen Menschen sondern gegen
Ueberschwemmung gedient haben. Bei S ist zwischen Damm und
Pfahlwerk der Länge nach eine erste Markierung durch ein mit
Kieseln, Thonscherben und Erde gefülltes Gräbchen, das man mit
Recht einen solco augurale zu nennen scheint, beobachtet. In der
Mitte der Ostseite liegt ein aufgehöhter abgesonderter Bezirk, den
man früher als templam, jetzt als arx zu bezeichnen liebt. Dieser
Bezirk ist selber wieder von Graben (er fehlt M und, wie S. 299, 8
bemerkt wird, auch in der Tm. Colombare di Bersano) und
Wall umgeben, so dass an seiner Ostseite zweimal Graben und Wall
aufeinanderfolgen würden ; er reicht westlich bis an den nordsüd-
lichen Mittelweg der stazione, den cardo und wird in seiner Mitte
von dem ostwestlichen Mittelweg, dem decumanus geschnitten, wel-
cher in der arx durch einen Graben markiert ist. In dessen Sohle
waren fünf Gruben pozzetti (F M) von 5,0 X 2,50 m. Ausdehnung
und 1,60 Tiefe ausgehoben und mit ähnlichem Gemisch wie jener
solco augurale, dazu auch gespaltenen Thierknochen und Flint-
steinsplittern gefüllt und in M einst mit Brettern gedeckt. An
den Ausgängen der beiden Mittelwege war der äussere Graben, nur
an der arx der innere überbrückt. Dem cardo maximus lief (F)
jederseits ein minor, dem decumanus max. je zwei minores paral-
lel ('), alle diese Wege aus Lehm gebildete Dämme, welche durch
senkrecht eingerammte und querverbundene Pfähle zusammenge-
halten waren. Durch besondere Beschaffenheit des Erdreichs ist in
F an einer Stelle dies Pfahlwerk erhalten, auf S. 63 photogra-
phisch abgebildet. Zwischen diesen sich kreuzenden Dämmen lagen
wie bacini die isole mit den Pfahlhütten, alle Inseln gleich gross,
ausgenommen die nördlich an der schrägen Linie des Trapezes gele-
genen. Die Maasse der Gräber, Dämme, Wege, der Pfahlabstände
in letzteren, der Brücken lassen ein Grundmaass von 0,30 m. also
fast identisch mit dem römischen Fuss von 0,296 m. erkennen. In S
haben die Bewohner, statt durch die Klappe unter die Hütte, viel-
mehr rundherum den Abfall geworfen. Gleichwohl soll hier eine
dreimalige Höherlegung der Hütten stattgefunden haben. Die foco-
lari, der Bewurf des Flechtwerks mit Lehm, die Funde von Thon-
(!) In kleineren Ansiedelungen, wie Bell an da (Mäntua), Rovere di
Caorso waren nur die zwei Hauptwege.
KINDE UM) FORSCHUNG 293
und (wenigen) Bronzesachen in S sind nichts Neues ; dass aber diese
Terramare bis iu römische Zeit bewohnt gewesen, würde ein No-
vum sein. Es wird gefolgert daraus, dass römische Ziegel unten
im Graben gefunden wurden. Aber es scheint nichts gefunden
zu sein was der langen Zwischenzeit vom 9. bis 3. Jhdt. v. C.
angehören könnte (1).
Von einschneidender Bedeutung ist eine Entdeckung Quagliatis
am mare piccolo von Taren t, über die gedruckt nur erst eine
kurze aus der Zeitung geschöpfte Notiz im B. 99, 202 vorliegt;
und persönlichen Mittheilungen gegenüber, die Quagliati selber
zu machen die Güte hatte, ziemt sich Zurückhaltung. Genug dass,
während bis dahin die ' Italiker als terramaricoli nicht weiter
südlich als in der Emilia angetroffen waren und deshalb eist in
einem späteren Stadium ihrer Entwickelung den Apennin über-
schritten haben sollten, nunmehr in Pfahlbauten und Thonware
mit den charakteristischen ansc cornute, auch Bronzen eben jene
frühere Zeit soweit südlich sich vor uns aufzuthun beginnt. Von
ganz besonderer Wichtigkeit ist aber noch die fernere Beobachtung
Quagliatis, dass mykenische Scherben, wie mir bei flüchtiger Be-
sichtigung schien, ähnlicher Art wie die von Orsi in Sicilien gefun-
denen, sich mit unverkennbar l protokorinthischen ' Scherben zu-
sammen (?) in einer höheren Schicht, nicht unerheblich über den
Pfahlbauresten gefunden haben. Die weitere Verfolgung dieses nach
verschiedenen Seiten hin Aufklärung versprechenden Fundes wird
man sich vom Eifer und Geschick Quagliatis und anderer zuge-
zogener Forscher versprechen dürfen.
Darf man auch noch nicht sagen, dass damit der Contakt
nicht nur des Sikelischen einer- und der Terremare andrerseits
mit wenigstens Spätmy kenischem, sondern auch jener zwei Sphären
miteinander gegeben sei, so berühren doch beide einen und den-
selben Punkt. Auch entspricht die zeitliche Aufeinanderfolge im
Allgemeinen der herrschenden Ansicht, nur dass das Mykenische
hier allem Anschein nach erheblich jünger sein muss, als es in
Orsis Berechnungen angesetzt war, gegen welche schon oben
(') Ein andres Beispiel solcher Continuität, bis ins Mittelalter sogar, fin-
det Brizio beim Monte Castellaccio (Iraola) N. 97, 54.
294 E- PETERSEN
S. 172 ein Zweifel geäussert wurde ('). Zwischen die ältere und
die jüngere jener am mare piccolo auftretenden Phasen fügt sich
nun jener in nächster Nähe in Tarent selbst gemachte Vasenfund
(oben S. 186), und die von verschiedenen Seiten behauptete Ver-
wandtschaft dieser Vasen mit der Villanovakeramik gewinnt erheb-
lich an Halt.
Sind doch auch in Cumae eben von Patroni (nach dem Vor-
gang von Stevens (2)) B. 99, 183 mit richtigem Urtheil aus der
Zahl der griechischen Vasen eine Anzahl solcher von primitivem
Aussehen ausgeschieden, welche nach der B. 99, 186 gegebenen
Charakteristik technisch wesentlich auf derselben Stufe, wenn nicht
noch etwas niedriger stehen wie die Villanovakeramik. Nament-
lich finden die Hauptformen daselbst Fig. 2 (3) aber auch 3-6
und 9 in jenen Tarentiner Vasen Parallelen und zwar nicht nur
in den feineren, bemalten sondern auch in den braunschwarzen, mit
welchen die Cumaner Vasen auch den primitiven Schmuck der War-
zen sporgense mamülari gemein haben.
Wie in Tarent haben auch hier einige Gefässe die Gestalt
der Villanovaurue (4). Dass sie viel kleiner sind und nicht einen
horizontalen sondern einen vertikalen Henkel haben, kann nicht
gegen die Verwandtschft beweisen, denn auch in Bologna (S. Fran-
cesco und Arnoaldi) an Stellen, wo der Zusammenhang mit ' Vil-
lanova ' feststeht, findet sich ähnliche Abwandelung des Typus.
Dazu kommt in Cuma die schon in Terremare gebräuchliche Tas-
senform Fig. 7, 8, einmal 10 sogar mit zwei Hörnchen auf dem
Henkel. Dazu das mit mehr zinkiger Gabel istrumento a denli
(*) Solchen scheint auch Karo in seiner eingehenden Widerlegung des
Monteliusschen chronologischen Schemas (s. oben 98 S. 151, 1) B 99 S. 144 f.
auszusprechen.
(*) Dessen bisher leider allzu sehr verborgen gehaltene Sammlung ist,
nach a. a. 0. Mitgetheiltem so in Unordnung gerathen, dass eine Scheidung
der Funde auch mittels sehr genauer Fundnotizen, deren Vorhandensein kaum
wahrscheinlich, schwer möglich sein dürfte.
(3) Noch näher kommt der Tarentiner Form (s. Patroni, La ceramica
ant. nelVIt. merid. S. 6 F. 1) ein Gefäss in Suessula, der Sammlung Spinelli.
(4) Patroni hat das hervorgehoben. Man kann ihm gern einräumen dass
es in Unteritalien keine genuina tradizione villanoviana gebe, weil die inci-
nerazione und damit der uso veramente rituale fehle. Dass aber eine Tra-
dition vorhanden, ist gewiss, wie mächtig, das ist noch zu erforschen.
FUNDS TOD FORSCHUNG 2!C>
eingeritzte Dreiecks- (Zickzack) und Vierecksornament (primitiver
Mäander, auch Hakenkrenz). Auch sind ja, wieder von Patroni,
kürzlich (') sowohl in Neapel, aus Cumae stammend, wie in Capua
Gefässe nachgewiesen, die der Villanovaurne auch in der Grösse
und Henkelform noch viel näher stehen.
Grössere Aehnlichkeit noch als mit den Vasen von Tarent ha-
ben die primitiven Cumaner mit solchen der frühen Fossagräber
von Narce, wo dieselben Formen, sogar die Tasse mit quergetheil-
tem, oben mit Hörnchen besetztem Henkel sich findet, wo auch die
von Killen umkreisten Warzen und geometrisches Dreiecks- und
Vierecksornament, und die Buckeln unter der Tasse den borchie
entsprechen, um deren willen Ghirardini la situla II Sp. 91 ff. (vgl.
besonders Fig. 23 und 24 ff. mehrere jener Vasen von Narce mit
norditalischen zusammenstellt.
Ausser der Urne vom Villanovatypus waren aber im Museum
von Capua, das ja auch jene hochalten Rasiermesser besitzt, noch
andre Vasen gleicher Technik, Ornamentik und z. Th. auch Form zu
nennen : ein riesiger Skyphos, eine winzige Amphora, eine gedrückter
herzförmiger Krug mit niedrigem dickem Hals, eine andre mit lan-
gem weitem Hals und bandartigem Henkel. Der schwärzliche im-
pasto italicOj das mit sechszinkiger Gabel eingerissene oder schnur-
artig eingepresste Zickzack- und Mäanderornament, die an den
Spitzen von Wolfszähnen eingepressten concentrischen Kreislein an
diesen Gefässen sind lauter Züge älterer oder jüngerer Villanova-
keramik. Hier ist nun auch der oben S. 185 erwähnte, S. 186,
Fig. 4 a-c skizzierte kleine Askos zu nennen, der mit seiner
Mäanderverzerrung an die Villanovaornamentik (-) erinnerte, wie
mit seinen gekreuzten Haken an sikelische Motive der I. Periode.
In Suessula, wo Patroni ähnliche Gefässe wie die von Cuma
und Capua bemerkte, gab es (vgl. oben S. 184) auch jene beson-
ders Nordapulien, z, B. Canosa eigenen Gefässe, die in so eigen-
tümlicher Weise breit- und feinstrichiges Ornament verbinden,
und unter letzterem namentlich jene Dreiecksmäander, die nur viel
grösser (3), eine so eigentümliche Erscheinung der Villanovake-
(>) Notizie 96, 531.
(2) Beabsichtigt war wohl das von Boehlau a. unten a. 0., Beilage 8
oder 13 abgebildete Schema.
(3) Die ungemeine Grösse der Ornamentschemata ist die Folge der mehr-
stri''hisen Zeichnung.
296 E. PETERSEN
ramik sind, diesseits wie jenseits des Gebirgs gebräuchlich, und
zwar augenscheinlich, nachdem einfache Dreiecksmotive, wie Wolfs-
zähne und Zickzacks, schon auf Terremarekeramik gebraucht waren,
neu hervorgerufen durch Anwendung des an Mäander und Haken-
kreuz geübten Linienzugs auf das Dreiecksornament.
Vereinzelt wie jene Vasen der Villanovaspecies in Campanien,
sind ferner zwei der eben genannten apulischen Gattung im Norden,
nicht etwa wie einige in den Museen von Bologna und Florenz als
Proben aufgestellte, neuerdings dahin geschaffte Vasen, sondern
unlängst bei sorgfältig überwachten und beschriebenen Ausgrabun-
gen gefundene. Es sind zwei Gefässe aus den Gräbern 81 und 50
von Novilara, unweit Pesaro, abgebildet und besprochen von Brizio
Mon. Line. V Sp. 297 f. Für das erste, einen birnförmigen Krug
hatten schon Orsi und Brizio auf Tarentiner und apulische Vasen
hingewiesen (wie oben S. 49); für den zweiten, einen zweihenkli-
gen Krater würde man gewiss dasselbe gethan haben, wenn Mayers
Arbeit über die mittelapulische Keramik, oben S. 13 ff. schon vor-
gelegen hätte (l).
Hier in Novilara, dessen Gräberinhalt, trotz des andern Bestat-
tungsritus, in festem Zusammenhang mit der Villanovacultur steht,
sind jene zwei apulischen Gefässe ein bemerkeuswerthes Verbindungs-
glied des Nord- und Süditalischen. Die Vereinzelung dieser wie der
andern hervorgehobenen Beziehungen mag noch befremdlich sein,
die Thatsache ist nicht wegzuleugnen und wird gewiss weitere Bestä-
tigung erfahren. Setzen wir nun mit Karo (B. 97 S. 161) die Villa-
novaperiode der cronologia elrusca, als anteriore all' importazione
greca, ins IX. und VIII. Jhdt. und die erste importazione greca
di vasi e bronsi geometriei ins VIII. und VII. und sehen wir jeden-
falls die ersten anerkannten griechischen Vasen, die geometrisch
bemalten Kannen sowohl wie die kaum aus sehr verschiedener
Fabrik entstammenden protokorinthischen Gefässe sowohl in Sici-
lien wie in Campanien und Etrurien ungefähr gleichzeitig auftre-
(l) Vgl. besonders S 27 Fig. 3 und die mit etwas andern Henkeln
versehenen Krater Taf. II und III. Es scheint mir kaum zweifelhaft, dass das
hier so gewöhnliche Ornament, dessen Deutung als Kamm ich oben S. 185, 1
ablehnte, namentlich wie es S. 24, 27, 29 (5), 36 und Taf. III 14, V 2 erscheint,
kein andres ist als das welches auf jenem Novilarakrug der untersten Zone
angehängt erscheint, und auf das noch zurückzukommen ist.
KINDE U1IS FORSCHUNG 297
ten, so stellt sich die Frage, ob dies wirklich der erste griechische
Import gewesen sei, und auf welche Weise und durch welcherlei
Gegenstände und woher denn die Anregungen zu den schon in der
ersten Eisenzeit und noch früher sich zeigenden dem Norden und
Süden Italiens gemeinsamen Dingen und Formen gekommen sind.
Ghirardini, la situla italica primitiva studiata specialmente
in Este im II. und VII. Band der Monument i antichi Line, hat
in sehr fleissiger aber auch sehr umständlicher Weise und mit kaum
gerechtfertigter Beschränkung auf eine Gefässform, den Eimer aus
Kupferblech mit getriebenem Ornament in seiner Verbreitung von
Latium bis in die Alpen behandelt. Einbezogen hat er auch die
thönernen Nachbildungen und, weiter abliegend, die Gattung der
mit eingedrückten borchie, d. i., Buckeln aus Kupferblech verzier-
ten Thongefässe verschiedener Gestalt. Das Ornament dieser ganz
aus dem Metall getriebenen oder mit Metalbuckeln wenigstens ver-
zierten Gefässe ist in den zahlreichen älteren, in frühe Eisenzeit
hinaufreichenden Exemplaren geometrisch, von einzelnen rundlini-
gen Schematen, namentlich jenen an grösseren Kreisen hängenden
und schwingenden Bändern oder Entenköpfen (') abgesehen, grad-
linig: es sind dieselben oder ähnliche Dreiecks- und Vierecksmäan-
der wie in der Villanovakeramik. Die Verbreitung dieser situla
von Bologna und Este nach dem Norden ist von Ghirardini besser
erwiesen, als dass sie auch nach Bologna von Süden, d. h. aus
Etrurien gekommen sei. Die ersten Vorbilder glaubt Gh. aus dem
Osten gekommen, durch Phoenizier übermittelt. Ein als Kefatribut
in aegyptischem Wandgemälde dargestelltes Gefäss I Sp. 56 hat
allerdings eine partielle Aehnlichkeit (*); sonst ist eben das Dogma,
0) Ghirardini scheint Undsets Herleitung von der Uraeusschlange mit
Hoernes anzunehmen I Sp. 25. Ich kann nicht umhin, auch hier eine Ver-
wandtschaft mit Süditalischem zu vermuthen, nämlich mit den oben S. 190
von Henkoln aber auch sonst herabhängenden Doppelbändern.
(2) Viel grösser ist diejenige eines wirklich nach Etrurien gebrachten
aegyptisierenden Gefässes, das Schiaparelli in Mon. Line. VIII Taf. II, Sp. 89
publiciert und commentiert hat. Von ihm zeitlich fixiert als um 728 v. C. nach
Ourneto gebracht, dort in einem Kammergrabe gefunden, ist es von hervorra-
gender Bedeutung für die Gräberchronologie (vgl. Karo, a. a. 0. S. 155 f.).
Den ältesten Situlen ungefähr gleichzeitig, hat es mit südapenninischen, wie
Ghirardini I Sp. 50, und nordapenninischen, wie Sp. 87, fast dieselbe Gestalt,
und hat auch allem Anschein nach einen Henkel gehabt wie Gh. 's erste, aus
Corneto I Sp. 45.
298 E. PETERSEN
dass es in der ersten Eisenzeit keinen griechischen Import gegeben
habe, Beweis.
Diesem Dogma entgegen hat Boehlau, zur Ornamentik der
Villanovaperiode, Cassel 1895, das Ornamentsystem dieser Periode
als griechisch angesprochen. Auf welchem Wege es nach Nordita-
lien gelangt sei, lässt er dahingestellt sein ('); die Herkunft glaubt
er, eben wegen der Verbindung von Dreiecks- und Vierecksmotiven,
weder im Dipytonstil, dem nur letztere, noch in der böotischen
geometrischen Keramik, der nur erstere eignen, sondern an dritter
Stelle, wo schon beides vereinigt gewesen sei, suchen zu müssen.
Es ist dagegen schon oben gesagt, dass die Dreiecksmäander, die
doch wohl specifisch italisch sind, aber nicht auf Norditalien be-
schränkt, nur eine durch den Mäander hervorgerufene Weiterbildung
des Dreieckornaments sein dürften. Nur der Mäander ist das neue von
aussen gekommene Element, das ungefähr zur selben Zeit spärli-
cher in Unteritalien und Sicilien, häufig in Oberitalien auftritt;
und das Fehlen dieses Ornaments, auch in seiner allereinfachsten
Form, in der reichen altsikelischen (I und II) Ornamentik, ebenso
wie in der norditalischen heimischen W^aare der Terremare, da doch
die Dreiecksmotive wie Wolfszähne und Zickzackbänder beider Or-
ten so häufig sind, ist ein sprechender Beweis dafür, wie mächtig
in diesem scheinbar so naheliegenden und dem Belieben oder Zu-
fall heimgegebenen Linienspiel die Tradition ist.
Die erste Eisenzeit und der Uebergang von der geometrischen
Verzierungsweise mit seinem beschränkten Figurenkreis zu orien-
talischem Reichthum hat durch Grabungen und Funde in Vetulo-
nia, Vol terra. Pitigliano (Grosseto), Verucchio (Kimini)
neues Licht erhalten.
In Vetuloni a (2), wo der unermüdliche Falchi bald hier bald
dort sucht und findet, sind auf dem Poggio alla Guardia und Ren-
(l) Nur dass aus der Häufigkeit der Mäanderverzerrungen nördlich, aus
ihrer Seltenheit südlich vom Apennin wohl mit Recht geschlossen wird, dass
dieses Ornament von Etrurien nach Bologna gewandert sei. Man möchte zufü-
gen, dass das neue Schema in Ktrurien zunächst den Dreiecksmäander her-
vorrief, dessen krause Windungen dann bei den Nördlichen auch den Mäander
rückwirkend entstellten. Mitwirken mochten die an der Adria nicht seltenen
Wellenbandsysteme, gerundete wie eckige. Vgl. unten bei Verucchio.
(8) Notizie 1898 S. 91, Berichte über die Jahre 1895 bis 1897.
KUNDE UND FORSCH t NG 299
zetto und an der via di Sagrona wieder zahlreiche Pozzogräber ge-
funden, mit dem bekannten dürftigen Inhalt: Cinerare, meist in
Urnen- selten in Hüttenform, mitunter eine auf die Deckplatte der
andern gestellt. Vom Inhalt hervorzuheben ist, wegen ethnographi-
scher Fragen, das Bronzefigürchen eines Kriegers mit Schild und
Helm (von der bekannten Form, die auch als Urnendeckel diente,
mit von vorn nach hinten gehendem Kamm) ; dazu auch wirkliche
Waffen in verschiedenen pozzi. Zwischen diesen finden sich die
Gräber a buca, meist a circolo benannt nach den sie auf der Ober-
Hache markierenden Steinkreisen, vielleicht den Abgrenzungen ein-
stiger Grabhügel. Diese Ansicht vertritt z. B. auch Milani in seinem
an kühnen Ideen reichen Museo topografico deW Etruria S. 25,
wo er nachdrücklich auch die Gleichzeitigkeit beider Grabarten,
jene der italischen und etruskischen (') Plebs, dieser dem etruski-
schen Adel zugeschrieben, behauptet, ohne dies vorerst zu bewei-
sen. Dagegen spricht ausser anderem auch Falchis Beobachtung
(N. 98, 101), dass die Steine der circoli, wo pozzi berührend,
kleiner sind. In den buche sind meist keine Ossuare gefunden und
von sterblichen Besten nur Zahnkronen, wie in Novilara (2). Wie
hier werden wir auch in den Circolo - Gräbern als die Regel Be-
stattung anzunehmen haben; aber dass man, wie gewöhnlich gesagt
wird, den mit seiner reichen Ausstattung ins Grab gelegten Todteu
erst mit Steinen, dann mit Erde verschüttet habe, ist schwer zu
glauben, da das sowohl dem vorher als dem nachher in Vetulonia
üblich gewesenen Bemühen, den Grabinhalt zu schirmen, wider-
spricht. Hier wie in Veji und Palestrina, wo man den glei-
chen Bestattungsmodus gefunden haben will ('), dürften die Steine
von innerer Ausmauerung und Ueberwölbung der fossa herrühren,
ähnlich wie es in Rom und Bologna constatiert (4), neuerdings auch
in Verucchio (N. 98, 348) erschlossen ist. Die Gräber, die kürzlich
(') Vgl. S. 21. Ob und wie sich diese beiden Volkstheile unterschieden
bleibt unklar.
(2) Mon. ant. Line. V Sp. 183. Bestattung ist hier nicht zu bezweifeln.
Wenn nach N. 95, 25 schwache Verbrennung die Kronen von den Zähnen lö-
sen konnte, wo blieben denn die Zähne ?
(3) Archaeologia 41, 1 S. 196 ff. 200 und 203.
(4) Für Rom vgl. Mariani, Bull, comun. 96 S. 20; für Villanova Goz-
zadini, Sepolcreto etrusco S. 6 und 12 Taf. I.
300 E. PETERSEN
in Palestrina unter genauerer Beobachtung aufgegraben wurden,
sind zu jung für den Vergleich. Es wird aber bei der Gelegenheit
JV. 97, 256 ein Beweis beigebracht, dass das berühmte reiche ' Grab
Bernardini ' welches auch für eines der verschütteten gilt, wirklich
ein Grab war. Die in diesem vorgefundene Ausmauerung der Grab-
höhle mit Quadern bis zu 1,70 m. Höhe ('), Aehnliches in Vetu-
lonia, und in zwei andern Gräbern von Palestrina die seitlich in
die Grabhöhlenwand eingearbeiteten Loculi (2) scheinen aufs be-
stimmteste dafür zu sprechen, dass diese Gräber zwar ohne Zugang
aber doch durch eine Ueberdeckung hohle, je nach der Grösse
mehr oder weniger kammerartige Räume waren. Wenn nicht wenige,
wie jenes von Palestrina und andre in Vetulonia, zu gross sind,
im in jener primitiven Weise überwölbt zu sein, nun so ist in
Conca N. 98, 166 constatiert, dass man die fosse oder Kammern
auch mit Holzbalken deckte, was bekanntlich auch in den Schacht-
gräbern von Mykene der Fall gewesen ist und von den Entdeckern
zuerst verkannt aber später eingesehen wurde.
Ein besonderes Interesse beanspruchen die Gräber von Vol-
terra (3 ), weil hier, wie in Rom auf dem Esquilin, ein Theil der
ältesten Nekropole später in die Stadt einbezogen ist. während der-
grösste in die balze di S. Giusto abgestürzt ist, wohin im Laufe
der Jahrhunderte das Uebrige nachfolgen wird. Das Alter der
jüngsten Gräber ergiebt also die obere Zeitgrenze für der Mauerbau.
An der Grabausstattung ist wieder der ununterbrochene Fortschritt
von den P^o-Gräbern zu den Fossa-GYäbem nachgewiesen. Die
ältesten von jenen stellen durchaus beste alte Villanovazeit dar. Ne-
ben deren charakteristischem Ossuar erscheint aber alsbald eines von
andrer Form und Farbe Fig. 6, 2, dasselbe mit kleinen Formnuancen
N auch in vollkommenerer Technik aus reinem Thon, gedreht, be-
malt mit bräunlichem oder röthlichem, Ornament auf weissgrauem
(M S. Bull. d. Inst. 1876 S. 117 ff.
(2) Vgl. Archaeologia 41. 1 S. 197 (Veji) an der rechten Seite, darin
Vasen; an der 1. Seite eine gewölbte Nische mit einem Gefäss; ebda in einem
andren Grabe in beiden Seitenwänden eingeschnittene repositories mit Bron-
zevasen, offenbar erheblich über dem Boden der Grabhöhle. Vgl. was .V. 98,
141 übe die tomba del littore berichtet wird.
(3) Worüber ausführlich jetzt Ghirardini in Mon. ant. Line. VIII S. 101 ff.
berichtet hat.
KINDE UND KORSO IHM; 301
Grunde, fremde Vorbilder und ihre Nachahmungen. Der Körper des
Gefässes ist kugelig, wenig eiförmig, Hals und Puss, wo letzterer
vorhanden (Fig. 42 ohne, 43 mit Fuss aus demselben Grabe) in
scharfer Umbiegungabsetzend. Ghirardini Sp. 102 f. vergleicht mit
Recht ähnliche Gefässe die in Narce, Vulci, Bisenzio und nament-
lich in Corneto in Gräbern gleicher Zeit gefunden sind.
Dazu das andre Gefäss, ein Henkelkrug (Fig. 24, 35 und etwas
verschieden 28, aus bucchero fiae; Nachbildungen Fig. 17 und 27)
auch kugelförmig, nur gedrückter, mit ähnlichem Fuss und Hals,
nur dass letzterer zunächst als weite Röhre ansteigt, bevor er zur
Lippe ausladet ; dazu ein vertikaler auch oben nicht am Halse,
sondern an der Schulter ansetzender Henkel mit fast rotellenar-
tigen Lappen an der oberen Biegung. Diese beiden Gefässe haben,
wenn ich nicht irre, weit, auf- wie abwärts, reichenden Zusammen-
hang. Wenn man ausser den mit eigenem Fuss versehenen Krate-
ren auch die fusslosen, auf Untersätze gestellten heranzieht, so ge-
hören zur Familie: a glatte roth- oder braunfärbige, nicht selten
in Corneto und im Faliskergebiet ; b ebenda gleichfalls rothe oder
braune geriefte, deren Riefen grade senkrecht oder oben um Warzen
herum, abwärts senkrecht verlaufen ; c geometrisch bemalte entweder
weiss auf rothem Grunde oder roth auf weissem ('). Mit b stehe
ich nicht an, die gerieften rothen Kratere von Pantalica Moa. ant.
Line. IX. Taf. IX 3, 4 für gleichen Ursprungs zu halten, denen
der sonst auch im Sikelischen übliche Untersatz als eigener hoher
Fuss angewachsen ist ; ja auch die gleichfalls gerieften speeifisch
1 roththonigen ' Gefässe möchten als etwas jüngere Glieder, zur Fa-
milie gehören. Auch c hat seine Verwandtschaft: in Novilara (Cam-
panien) und Mittelapulien (oben S. 296) den Krater, der so häufig
in der Nekropole del Fusco (vgl. N. 95 S. 159, 161, 176, 185),
und die Amphora der III. und IV. Sikelischen Periode (vgl. R. M. 98.
besonders S. 333 ff., 342 ff. und 350 ff., auch den Colonnettkrater
S. 362). Neben diesen Gefässen erscheint die geometrisch bemalte
Kanne, gewiss aus denselben Fabriken wie jene. Von gemalten Or-
namenten seien besonders genannt, die horizontalen Streifen, dicht
t1) Für a vgl. Mon. ant. Line. IV Sp. 235 ff.x besonders Fig. 108 und
Taf. VII 7 ; von b giebt es schöne Beispiele in Corneto, Phot. Moscioni 8354
und Sammlung Benedetti (Phot.); für c vgl. Mon. ant. Line. IV Taf. VII.
302 K. PETERSEN, FUNDE UND FORSCHUNG
oder weitläutig, fein oder dick, wo weitläuftig, die Zone durch tri-
glyphenartige Systeme rnetopenartig getheilt; endlich (Volt. flg. 42,
43, Corneto Mon. inecl. d. List. XI 59, 18) wenige kräftige Hori-
zontalen durch Senkrechte getheilt; die so entstehenden Felder
sind in dem ersten Volterraner Krater leer, in dem Cornetaner mit
Rechtecken gefüllt, die durch Diagonalen getheilt sind. Verbindet
dies Ornament unsere Vasengruppe mit der Villanovakeramik, so
ist das ähnliche Triglyphenrechteck so wie am Novilarakrug (oben
S. 296), und entstellter an den mittelapulischen Krateren, gar schon
in offenbar jüngerer Terramarekeramik von Gorzano vorhanden und
zwar mit jenen oben unter b genannten umrillten Warzen verbun-
den ('). Dass die kleinen Schmucksachen aus Knochen und Bronze in
den Terramare ausser andern Ornamentschematen auch schon das in
Sicilien (I. Per.) Mittelapulien, und Volterra angetroffene, von ge-
kreuzten Diagonalen getheilte Rechteck aufweisen, soll hier nur
angedeutet werden. Woher das Alles? Nun, Boehlau hat auf den
orientalischen Ursprung jener Cornetaner Krateren hingewiesen (2);
desselben Ursprungs sind natürlich auch die Volterraner Krüge.
Zur Bestätigung dient, wie mir scheint die von Loeschcke, Athen.
Mitth. 81, 7 beigebrachte Beschreibung einer in ' phoenikischer '
Schicht in Kameiros gefundenen Kanne, deren Form allerdings ganz
verschieden : « auf gelblichen Grund sind mit graubraunem Firniss
Quadrate gemalt, die in vier kleine Quadrate zerfallen, von denen
je zwei in der Diagonale liegende mit sich kreuzenden Linien aus-
gefüllt sind » , womit zu vergleichen die verschieden abgetheilten
Rechtecke von Villanovaurnen bei Gozzadini, sepoler. etr. Taf. II 7.
(Fortsetzung folgt.)
E. Petersen.
(1) S. Montelius, civilis prim. I Taf. 18, 15 und 10. In der Terramare-
keramik sind ja auch die Auswiechse oben am der sogen, ansa cornuta so
mannigfach abgewandelt.
(2) Aus ionischen und italischen Nekropolen S. 145. In einer folgender
Periode zeigt dieselbe henkellose Form, wie Karo bemerkt, das von ihm in
der Streuna Helbigiana S. 152, 3 (vgl. S. 150, 6) abgebildete ionische Gefäss.
SITZUNGEN UND ERNENNUNGEN
15. December: die Winckelmannssitzung wurde von dem Vorsit-
zenden eingeleitet mit Worten über archaeologische Tages-
fragen, den Wettbewerb der verschiedenen Nationen auf ar-
chaeologischem Gebiet des eigenen und fremden Bodens, die
Gründung von Instituten und die in Italien und Griechenland
ungleiche Betheiligung der Fremden an der Durchforschung
des Bodens. — Mau über den neuentdeckten Tempel von
Pompeji. — Amelung über einige Typen bärtiger Götter aus
der Zeit des Phidias.
22. December : Mau giebt noch speciellere Ausführungen über die
Baugeschichte und den jetzigen Zustand des pompejanischen
Tempels. — Petersen : Nochträgliches zum Torso des Bel-
vedere. — Derselbe über den colossalen Bronzekopf und die
zugehörige Hand als Reste einer Colossalstatue des Constantin
oder eines seiner Söhne.
Zur Winckelmannssitzung wurden erwählt als Ordentliche Mit-
glieder die Herren:
Georg Kaibel in Göttingen
Benedictus Niese in Marburg
Eduard Meyer in Halle ;
als Correspondierende Mitglieder die Herren:
E. Assmann in Berlin
Bodewig in Oberlahnstein
P. Herrmann in Dresden
G. Koenen in Bonn
Koehl in Worms
G. Oberziner in Genua
R. Oehler in Gross-Lichterfelde
H. Schmidt in Berlin
Vasilios auf der Insel Thera
Wecker li ng in Worms
Wheeler in Ithaka U. S. A.
INHALT
W. Amelung, lieber ein Relief im Museo Nasionale Romano
(Taf. I) S. 3-7.
» i Kybele-Orans S. 8-12.
0. Donner von Richter, lieber die eingesetzten Holztafeln in Pom-
peji und die Pliniusstelle XXXV, 149. S. 119-140.
E. Groag, Die Adoption Hadrians. S. 269-279.
Ch. Hüelsen, Das angebliche Templum Matidiae bei Piazza Ca-
pranica. S. 141-153.
» * Miscellanea epigrophica: XXIV. Iscrizione rela-
tiv a al teatro di Pompei S. 251-255. — XXV.
Iscrizione riferibile ai trofei di Mario S. 255-
529. — XXVI. Di alcune iscrizioni recentemenle
trovate nel Koro Romano. S. 259-263.
L. Kjellberg, Athena Hephaislia (Taf. VI). S. 114-118.
H. Lucas, Ein iriesrelief des Tabulariums S. 213-221.
A. Mau, Die oskischen Wegweiserinschriften in Pompeji.
S. 105-113.
M. Mayer, Ceramica dell' Apulia preellenica. II. La Peucezia
(Taf. II-V) S. 13-80.
A. Michaelis, Pompejana S. 193-212.
E. Petersen, Artemis und Hippolytos S. 91-100.
Zu XIII S. 97 ff. S. 101-102.
9 » Die Geburt der Aphrodite (Taf. VII). S. 154-162.
Hadrians Steuererlass (Taf. VIII) S. 222-229.
» " Moderne Kaisergemmen S. 244-250.
Vitellius (Taf. IX). S. 264-268.
Funde und Forschung. S. 163-192 und 280-302.
1. Six, Ikono graphische Studien: XIV. Maussollos, Fürst von
Mylasa, Satrap von Karlen. S. 81-83. — XV. Alex-
ander III, König von Makedonien. S. 83-88. —
XVI. Alexander IV, König von Makedonien.
S. 88-90.
L. Stieda, Altitalische Weihgeschenke S. 230-243.
Sitzungen und Ernennungen. S. 303.
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VASI DELL'APULIA MEDIA
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