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Full text of "Mitteilungen des Kaiserlich Deutschen Archaeologischen Instituts, Roemische Abtheilung = Bullettino dell'Imperiale instituto archeologico germanico, sezione romana"

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THE  EISENHOWER  LIBRARY 


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EX    LIBRIS 


CAROLI     WALDSTEIN. 


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A^5"M£"    LIBRARY 
JOHNS    HOPKINS    UNIVERSITY 


PRESENTED  BY 


Lady  Walston 


MITTHEILUNGEN 

DES     KAISERLICH     DEUTSCHEN 

ARCHAEOLOGISCHEN  INSTITUTS 

ROEMISCHE   ABTHEILUNG 
Band  XIV. 


BULLETTINO 

DELL'    IMPERIALE 

1STITÜT0  ARCHEOLOGICO  GERMANICO 

SEZIONE   ROMANA 
Vol.  XIV. 


ROM 

LOESCHER    &    C.° 

(BRETSCHNEIDER  &  REGENBERG) 
1899 


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Tc  Soor 

24.  ßߣ~ 


Gl*T   Ofl   T^APY    WaXSTON. 


UEBER  EIN  RELIEF  IM  MUSEO  NAZIONALE  ROMANO. 

(Tafel  I). 


Im  Bulleltino  della  Comm.  arch.  com.  di  Roma  vom  Jahre 
1897  hat  Savignoni  ein  Relief  publiciert  (T.  V  p.  73  ff.),  das  vom 
Palatin  in  das  Museo  nazionale  romano  gekommen  ist.  Es  stellt 
drei  weibliche  Wesen  neben  einander  stehend  dar.  Leider  ist  der 
Zustand  sehr  trümraerhaft;  man  erkennt  nur,  dass  die  beiden  links 
stehenden  näher  mit  einander  verbunden  sind,  während  die  dritte 
rechts  isoliert  steht,  aber  das  Gesicht  nach  den  anderen  zurückwen- 
det. Das  Relief  hat  sich  rechts  und  links  nicht  fortgesetzt;  bei- 
derseits ist  Rand  erhalten  (l);  auch  ist  die  Composition  in  sich 
abgechlossen. 

Trotz  der  schlechten  Arbeit  des  Exemplares  erkennt  man  leicht, 
dass  das  einstige  Original  sich  durch  eine  vornehme,  ruhige  Schönheit 
ausgezeichnet  haben  muss,  die  uns  die  bereits  bekannten  Dreifi- 
guren-Reliefs des  fünften  Jahrhunderts  ins  Gedächtnis  ruft;  des- 
wegen wird  man  gerne  der  bei  dem  fragmentarischen  Zustande 
des  Werkes  natürlichen  Neigung  folgen,  dem  ursprünglichen  Sinne 
und  Bestände  der  Darstellung  nachzuforschen.  Allerdings  scheint  das 
Erhaltene  zu  gering,  um  mit  seiner  Hülfe  zu  einem  sicheren  Ziele 
gelangen  zu  können ;  aber  Savignoni  glaubte  diesem  Mangel  durch 
die  Heranziehung  eines  anderen  Kunstwerkes  abhelfen  zu  können, 
das  seiner  Meinung  nach  den  gleichen  Gegenstand  darstellt,  des 
bekannten  Gemäldes  des  Atheners  Alexandros  aus  Herculaneum, 
auf  dem  man  heute  übereinstimmend  die  Versöhnung  der  Leto  und 
Niobe  nach  einem  ersten  Bruch  ihrer  Freundschaft  erkennt,  dem 
Vorboten  jenes  unheilbaren,  der  zum  Tode  der  Niobiden  führt. 


0)  Ich  habe  diese  Thatsache  genau  constatieren  können ;  vgl.  Savignoni 
a.  a.  0.  p.  74. 


\V.    AMELUNG 


Savignoni  hat  zur  Verdeutlichung  seiner  Anschauung  auch  eine 
Reconstructions-Skizze  veröffentlicht  (Fig.  2),  auf  der  aber  soviel 
der  Willkür  der  ergänzenden  Phantasie  zufällt,  dass  wir  sie  besser 
bei  Seite  lassen.  An  zwei  Punkten  hat  zudem  Savignoni  sicher 
nicht  das  Richtige  getroffen;  so  vor  Allem  in  der  Ergänzung  der 
Büste  der  mittleren  Frau  —  doch  davon  nachher  — ,  dann  in  der 
ihrer  linken  Hand.  Die  Finger  müssten  in  der  Haltung,  die  ihnen 
S.  giebt,  auf  dem  Oberschenkel  der  anderen  Frau  Spuren  hinter- 
lassen haben,  was  in  der  That  nicht  der  Fall  ist. 

So  hat  denn  auch  Robert  im  XXI.  Hallischen  Winckelmanns- 
programm  p.  4  ff.  die  Deutung  Savignoni's  und  vor  allem  die  Be- 
ziehung des  Reliefs  auf  das  Gemälde,  wie  mir  scheint,  mit  Recht 
bestritten.  Nur  hat  er  S.  misverstanden :  dieser  hält  nicht  die 
linke  Figur  für  Niobe,  die  mittlere  für  die  vermittelnde  Phoibe. 
sondern  umgekehrt  die  in  der  Mitte  für  Niobe,  die  um  die  Ver- 
mittelung  der  links  stehenden  Phoibe  bittet.  Die  Deutung  dieser 
Figur  als  Phoibe  alias  Artemis  ist  einer  der  bedenklichsten  Punkte 
in  Savignoni's  Auseinandersetzung.  Robert  betont  mit  vollem  Recht, 
dass  es  gar  nicht  angeht,  die  Phoibe  auf  dem  Gemälde  von  der 
Hileaira  ebenda  zu  trennen.  Man  könnte  zu  Savignoni's  Gunsten 
höchstens  anführen,  dass  die  Verbindung  der  Leukippiden  mit  Leto, 
Niobe  und  ihrer  Tochter  uns  rätselhaft  scheint,  und  dass  vielleicht 
diese  Namenbeischriften  erst  eine  Erfindung  des  Alexandros  seien, 
den  man  dann  als  Copisten  nehmen  muss.  Bliebe  aber  immer  noch 
zu  erklären,  wie  Alexandros  auf  diese  Erfindung  verfallen  sei,  be- 
sonders befremdlich  bei  zwei  Figuren,  die  im  Bilde  nicht  eng  ver- 
bunden sind. 

Mir  scheint,  ebenso  wie  Robert,  aus  dem  Vergleich  mit  dem 
Gemälde  weder  für  die  Ergänzung  noch  für  die  Erklärung  des  Re- 
liefs etwas  zu  gewinnen  zu  sein.  Robert  schliesst  mit  Recht  seine 
Besprechung  mit  dem  Satz,  dass  jede  Deutung  des  Reliefs  so  lange 
hypothetisch  bliebe,  bis  vielleicht  einmal  die  Auffindung  einer 
besser  erhaltenen  Replik  Licht  brächte,  —  oder,  kann  man  ange- 
sichts dessen,  dass  das  Werk  vom  Palatin  stammt,  und  in  Rück- 
sicht auf  das  Schicksal  des  Palatin  und  der  dort  gefundenen 
Skulpturen  hinzufügen,  bis  vielleicht  weitere  Fragmente  desselben 
Reliefs  in  anderen  Sammlungen  zu  Tage  kämen. 


UEBER    EIN    RELIEF    IM    MUSEO    NAZIONALE    ROMANO  5 

E  i  n  solches  Fragment  ist  mir  nun  in  der  That  gelungen  zu 
entdecken.  Es  war  bis  vor  Kurzem  im  Giardino  della  Pigna  des 
Vatican  eingemauert  (');  jetzt  ist  es  aus  der  Wand  gelöst  und  harrt 
seiner  Placierung  in  den  Räumen  des  Museums.  Durch  das  Entge- 
genkommen der  Museumsverwaltung  wurde  es  mir  ermöglicht,  einen 
Gypsabguss  von  dem  Fragment  nehmen  zu  lassen,  der  jetzt  mit 
dem  Original  im  Museo  nazionale  romano  vereinigt  ist ;  in  dieser 
Vereinigung  zeigt  das  Relief  unsere  Tafel,  deren  Vorlage  mit  güti- 
ger Erlaubnis  der  Direction  des  genannten  Museums  hergestellt 
werden  konnte. 

Auf  dem  Fragment  ist  die  Büste  der  mittleren  Figur  erhalten, 
auf  der  rechten  Schulter  die  Finger  von  der  linken  Hand  der  links 
stehenden  Frau. 

Unten  und  z.  Th.  an  den  Seiten  passt  Rand  auf  Rand. 

Der  Marmor  ist  identisch.  Die  Erhaltung  der  Oberfläche  ist 
besser  als  an  dem  Uebrigen,  dessen  flauer  Eindruck  durch  die 
ziemlich  starke  Ueberarbeitung  noch  verstärkt  worden  ist.  Die 
Nase  ist  bestossen.  Die  Figur  wendet  ihren  Kopf  nach  rechts ; 
darin  also  hat  Savignoni  bei  seiner  Reconstruction,  wie  schon  oben 
angedeutet,  das  Richtige  nicht  getroffen.  Das  Haupt  ist  geschmückt 
mit  einem  Diadem,  an  dem  Rosetten  und  Palmetten  in  Relief  ab- 
wechseln (die  Figur  links  hat  Rosetten  im  Haar).  Die  Haare  sind 
hinten  aufgebunden ;  sie  endigen  in  einen  Schopf  kurzer  natürlicher 
Locken,  während  —  ebenso  wie  bei  der  Figur  links  —  auf  die 
Schultern  sehr  dünne  künstlich  gedrehte  Lochen  herabfallen,  die 
in  eigentümlich  spielender  Weise  von  der  links  stehenden  Figur 
zwischen  die  Finger  der  linken  Hand  genommen  werden.  Auf  der 
linken  Schulter  liegt  ein  Bausch  des  Mantels,  zu  dem  jedenfalls  auch 
das  Stück  Stoff  gehören  wird,  das  am  rechten  Oberarm  sichtbar  wird. 
Das  Gesicht  hat  einen  ernsten  hoheitsvollen  Ausdruck,  der  durch 
die  energische  Wendung  des  Kopfes  und  die  stolze,  aufrechte  Hal- 
tung von  Hals  und  Kopf  wesentlich  gehoben  wird. 

Die  Composition  gewinnt  durch  diese  Bereicherung  sehr  an 
Leben.  Klar  tritt  jetzt  hervor,  dass  die  Figur,  die  im  Mittelpunkt 
des  Vorganges  steht,  die  Figur  rechts  ist,  denn  die  beiden  andern 
wenden  ihre  Blicke  ihr  zu;  klar  wird,  dass  die  Figur  in  der  Mitte 

(*)  In  der  Beschreibung  Rom's  ist  es  nicht  erwähnt;  auch  sonst  nicht. 


W.   AMELUNG 


ihre  Gefährtin  links  an  Rang  und  Bedeutung  überragt ;  auch  äusser- 
lieh  ist  sie  grösser  an  Gestalt.  Damit  sind  die  elementarsten  Grund- 
züge der  Deutung  festgelegt:  von  den  drei  dargestellten  Figuren 
sind  zwei,  eine  königliche  Tran  und  ihre  Begleiterin,  in  engster, 
vertraulichster  Beziehung ;  beide  sind  innerlich  beschäftigt  mit  der 
dritten,  die  im  Begriff  scheint,  sich  zu  entfernen.  Wir  können  es 
Savignoni  zugeben,  dass  diese  Gundzüge  mit  denen  seiner  Deutung 
übereinstimmen,  und  müssen  doch  darauf  bestehen,  dass  auch  jetzt 
noch  ein  weiteres  Detaillieren  dieser  Erklärung  jenseits  der  Grenze 
liegt,  die  uns  durch  das  Fehlen  des  Kopfes  der  Hauptfigur,  ihrer 
Hände  und  der  linken  Hand  der  Mittelfigur  gezogen  ist,  d.  h.  ge- 
rade der  Teile,  in  denen  sich  der  Vorgang  am  deutlichsten  ausspre- 
chen musste. 


Savignoni  stellt  das  Relief  seinem  Stil  nach  neben  die  be- 
kannteste Gruppe  der  Dreifiguren-Reliefs:  Orpheus,  Peliaden,  Pei- 
rithoos.  Doch  ergeben  sich  hier  sogleich  gewisse  Verschiedenheiten, 
die  auch  S.  nicht  verkennt  und  die  sich  nicht  allein  durch  das 
verändernde  Eingreifen  des  Copisten  erklären  dürften.  Indes  ist  ja 
die  Art  der  Composition  eines  Reliefs  in  drei  Figuren  nicht  nur 
auf  die  Zeit  jener  drei  Werke  beschränkt,  wie  z.  B.  das  Relief  der 
Villa  Albani  beweist,  das  Herakles  bei  den  Hesperiden  darstellt 
(Heibig,  Führer  II1  nr.  778)  und  sicher  erheblich  jünger  ist  als 
jene  andern.  So  dürfte  auch  das  Oiiginal  unseres  Reliefs  am  wahr- 
scheinlichsten  am  Ende  des  5.  Jahrhunderts   entstanden  sein  (1). 


(*)  Für  den  Lockenschopf  der  mittleren  Figur  und  die  merkwürdig  klein- 
lich gedrehten  Schulterlocken  fehlen  allerdings  bisher  Parallelen  aus  jener 
Zeit.  Hier  also  könnte  man  eine    selbständige    Veränderung    seitens  des  Co- 


UEBER   EIN   RELIEF   IM   MUSEO   NAZIONALE   ROMANO  7 

Das  ganze  Werk  wegen  der  mit  dem  Stil  jener  Zeit  nicht  über- 
einstimmenden Einzelheiten  und  wegen  der  Art  der  Arbeit  für  die 
Originalerfindling  eines  etwa  neu-attischen  Künstlers  römischer  Zeit 
zu  erklären,  halte  ich  angesichts  des  Charakters  und  der  künst- 
lerischen Schönheit  der  Composition  für  ausgeschlossen. 

W.  Amelüng. 


pisten  annehmen.  Für  die  Art,  wie  die  Figur  links  den  Mantel  trägt,  bieten 
die  schlagendste  Analogie  eine  Figur  in  Venedig  (Clarac  774, 1930;  Dütschke, 
Ant.  Bildw.  in  Oberitalien  V  nr.  203),  die  Demeter  eines  Votivreliefs  aus 
Eleusis  (Athen.  Mitth.  1895  T.  VI)  und  zwei  Figuren  von  den  Reliefs  des 
Hyposkenion  im  Dionysostheater  zu  Athen  (Mon.  d.  J.  IX  tav.  XVI),  die  sicher 
auch  auf  Originale  vom  Ende  des  5.  Jahrhundert  zurückgehen.  Siehe  über  diese 
Gruppe  von  Figuren  jetzt  Furtwängler,  Griech.  Originalstatuen  in  Venedig 
p.  305  ff.  T.  V. 


KYBELE-ORANS. 


Zosiraos  berichtet  im  II.  Buche  seiner  Historia  nova  Cap.  31, 
am  Schluss  des  Passus  über  die  Verschönerung  und  Bereicherung 
von  Byzanz  durch  Konstantinos,  Folgendes :  ovarjg  6$  iv  %y  Bv- 
£ccvTi(p  [AeyiGTrjg  dyoqäg  TexqaGroov,  xcctcc  tag  xi]g  fiiag  (Troäg 
axqag,  elg  rjv  avdyovGiv  ovx  oXiyoi  ßaßfioi,  vaovg  (ffxodofnqaazo 
dvo  eyxa&idqvöag  äyccXfiara,  ^axequt  fiev  firjrqdg  -frewv  cPe'ag, 
orteq  h'TV%ov  ot  dvv  *Iäöovi  nXevüavTeg  idqvGccfievoi  xatd  rd  Jiv- 
Svfiov  bqog  rd  Kv^ixov  rrjg  noXecog  VTceqxei/jievov.  (faul  db  dag  xai 
zrjv  rreql  tö  &eiov  eXwßrjüaTo  qa^v/niav,  rovg  xe  neql  exdreqa 
Xeovxag  n eqieXmv  xai  rd  <f%rj/ua  tcüv  xeiqäv  evaX- 
Xd£ag'  xat  e%eiv  yäq  rcdXai  6 oxovG a  rodg  Xeovxag 
vvv  elg  e v %o [it'vrjg  [isra ße ß Xrjrai  G%ij[ia,  rrjv  noXiv  e<po- 
ociötTa  xai  neqienovöa.  ev  de  &aie'qrp  cPo)f.i7]g  tdvGaro  xvyy]v. 

Die  Stelle  ist  bisher,  soweit  mir  bekannt,  von  archäologischer 
Seite  noch  gar  nicht  in  Betracht  gezogen  worden,  und  doch  verdient 
sie  das  in  mehrfacher  Hinsicht.  Beschäftigen  wir  uns  zunächst  nur 
mit  den  Worten  über  die  Statue  der  Rhea  —  wir  dürfen  statt  dessen 
ohne  weiteres  Kybele  sagen,  denn  nur  diese  wurde  auf  dem  Din- 
dymon  verehrt  — ,  die  in  eine  Orans  verwandelt  wurde,  so  müssen 
wir  zur  Ergänzung  der  hier  enthaltenen  Angaben  eine  Stelle  des 
Apollonios  Rhodios  (I  1117  ff.)  heranziehen,  die  jene  Sage  von  der 
ursprünglichen  Errichtung  der  Bildsäule  durch  die  Argonauten  dichte- 
risch behandelt. 

eöye  de  vi  ücißaqov  Gtvnog  dfin e'Xov  eviqoyov  vXfl, 
nq6%vv  yeqdvdqvov  to  fj,ev  exta/nov,  bcpqa  neXoixo 
daifiovog  ovqeirjg  ieqov  ßqe'cag'  treffe  (T  "Aqyog 
evx6(S[xa>g  ('). 

(*)  Siehe  das  Scholion  zu  1119  =  Meineke,  Analecta  Alexandr.  p.  150 
CXLVI :  xai  EvyoQiiov  xo  t-o'avov  xrjg  firjrqog  w  &ewv  (prjaiy  afAneXtpop  civcu 
(vielleicht  aus  dem  'JnoX'koSwQog  des  Euphorion ;  s.  Meineke  a.  a.  0.  p.  40  f. 
u.  p.  18).  Ueber  den  mythischen  Künstler  Argos  siehe  Koscher,  Mythol.  Lex. 
I  Sp.  539  Z.  49  ff. 


W.    AMELUNG.    RYBELE-ORANS  V 

Augenscheinlich  hatte  es  also  bis  zu  den  Zeiten  Konstantin' s 
ein  altes  Holzbild  in  dem  Heiligtum  der  Jiv6v[ii'a  auf  Kyzikos 
gegeben,  dessen  Aufstellung  die  Sage  den  Argonauten  zuschrieb,  und 
das  dann  von  dem  Kaiser  nach  Byzanz  überführt  und  in  der  von 
Zosimos  beschriebenen  Weise  verändert  wurde  (').  Von  dem  Aus- 
sehen dieses  Bildes  können  wir  uns  aber  nach  den  Worten  unseres 
Geschichtschreibers  eine  recht  genaue  Vorstellung  machen,  und  die- 
ses Resultat  kann  uns  zu  wiederum  bedeutsamen  Schlüssen  dienen. 
Zunächst  kommt  hier  in  Betracht,  dass  die  Figur  durch  die  an  ihr 
vorgenommenen  Veränderungen  zu  einer  svxofievt],  einer  Orans 
wurde.  Für  diese  hatte  sich  in  altchristlicher  Zeit  eiu  fester  Typus 
gebildet,  der  sich  bis  in's  Mittelalter  unverändert  erhalten  hat : 
eine  in  langem  Gewände  aufrecht  stehende,  dem  Beschauer  gerade 
zugewandte  Frau,  die  die  beiden  Unterarme  gleichmässig  seitlich  vom 
Körper  abstreckt,  sie  bald  mehr,  bald  weniger  erhebt  und  dabei  die 
innere  Fläche  der  geöffneten  Hand  dem  Beschauer  zukehrt  (s.  Kraus, 
Real-Encyklopädie  d.  ehr.  Altert.  II  p.  538  ff.  u.  Gesch.  d.  christl. 
Kunst  I  p.  126  ff.).  Es  ist  der  Typus,  den  man  Maria  oder  Anima 
genannt  oder  für  eine  Personilication  der  christlichen  Kirche  erklärt 
hat.  Von  ihm  müssen  wir  denn  auch  die  allgemeinen  Züge  nehmen, 
um  dann,  das  Veränderte  wieder  entfernend,  das  Entfernte  wieder 
an  seine  Stelle  setzend,  das  alte  Bild  der  Kybele  zurückzugewinnen. 

Entfernen  wir  also  von  der  Orans  die  ausgebreiteten  Hände, 
denn  die  Veränderung  des  <fxWtt  der  Hände  hat  sie,  wie  Zosimos 
sagt,  erst  znr  Beterin  gemacht,  und  geben  wir  ihr  jederseits  einen 
Löwen  (rovg  ttsqi  ixätsQct  Xiovzag) ;  damit  es  scheine,  dass  sie 
diese  Löwen  niederhalte  oder  in  ihrer  Gewalt  halte  (xcct6'%hv), 
müssen  die  Hände  die  Löwen  gepackt  haben,  und  die  natürlichste 
Annahme  wäre,  dass  die  Löwen  sich  jederseits  an  der  Figur  auf- 
gerichtet hatten,  und  die  Hände  sie  an  der  Mähne  oder  an  einer 
Pranke  hielten,  denn  so  konnte  wirklich  die  Vorstellung  des  xare- 
%€iv  erweckt  werden.  Man  könnte  bei  diesem  Wort  auch  daran 
denken,  dass  die  Göttin  etwa  ihre  Hände  wie  schützend  auf  den 
Köpfen  der  sitzenden  Thiere  habe  ruhen  lassen ;  aber  diese  hätten 
dann  von  ganz  unverhältnismässiger  Grösse  sein  müssen,  um  bis  zu 

(')  Siehe  über  Kvßskr]  JivJvpia  Röscher,  Mythol.  Lex.  II  Sp.  1653  Z.  22  ff. 
u.  Sp.  2856  Z    41  ff  u.  Daremberg  et  Saglio  I  2  p.  1680. 


10  W.   AMELUNG 

den  erhobenen  Händen  der  stehenden  Figur  emporzureichen.  Ent- 
scheidend ist  jedoch,  dass  es  nie  einen  derartigen  Typus  der  Kybele 
gegeben  hat  ('),  während  der  Typus,  den  wir  oben  durch  die  einfache 
Benützung  der  Worte  des  Zosimos  gewonnen  haben,  uns  wohl  be- 
kannt ist :  es  ist  der  Typus  der  griechischen  nötvicc  &r]Q(0v  (cf. 
Röscher,  Mythol.  Lex.  I  Sp.  564  ff.). 

Die  Einfachheit,  mit  der  sich  dieses  Resultat  aus  der  gege- 
benen Ueberlieferung  gewinnen  Hess,  scheint  mir  für  sich  selbst  zu 
sprechen  und  gegen  die  Annahme,  dass  hinter  der  Nachricht  des 
Zosimos  ein  Gewebe  von  bewusst  oder  unbewusst  falschen  Combi- 
nationen  verborgen  sei,  eine  Annahme,  die  auch  Marquardt  {Cyzicus 
p.  96)  und  V.  Schultze  (Geschichte  des  Untergangs  des  griech.- 
röm.  Heidentums  I  p.  50  ff.  II  p.  279  ff.  und  Untersuchungen  zur 
Geschichte  Konstantin  d.  Gr.  i.  d.  Zeitschr.  für  Kirchengeschichte 
VII  p.  355)  zu  teilen  scheinen  (vgl.  Röscher,  Mythol.  Lex.  II  Sp. 
2904  Z.  33  ff.).  Jedenfalls  nehmen  beide  auf  die  Stelle  bei  Apol- 
lonios  Rh.  keine  Rücksicht ;  Marquardt  nimmt  an,  die  nach  Byzanz 
versetzte  Statue  sei  aus  Marmor  gewesen ;  Schultze  spricht  in  seiner 
b  Geschichte  »  dagegen  von  einem  Erzbild  (p.  54),  die  Hände  seien 
«  umgebogen  ■  worden  (p.  50),  und  giebt  in  den  ■  Untersuchun- 
gen »  folgende  willkürliche  Uebersetzung  von  der  Stelle  des  Zosi- 
mos :  «  Man  erzählt,  er  habe  dieselbe  in  seiner  Verachtung  des 
Göttlichen  verstümmelt,  indem  er  die  Löwen  auf  beiden  Seiten 
(der  Deichsel)  hinwegnahm  und  die  Gestalt  der  Arme  verän- 
derte. Denn  während  sie  früher  die  Löwen  lenkend  dargestellt 
war,  gab  er  ihr  jetzt  die  Haltung  einer  Betenden,  die  über  die 
Stadt  hinschaut  und  sie  beschirmt  * .  Er  nimmt  also  den  Typus  der 
Göttermutter  an,  der  sie  auf  einem  "Wagen,  von  Löwen  gezogen, 
darstellt.  Doch  ist  von  alledem  im  Text  des  Zosimos  nirgend  die 
Rede ;  xcctsxhv  bedeutet  nicht  lenken ;  nicht  die  Arme,  sondern  nur 


(J)  Ohne  Berücksichtigung  des  Typus  der  Orans  —  eine  sit- 
zende Evxofiiyrj  ist  undenkbar  —  könnte  mann  zunächst  an  den  der  sitzenden 
Kybele  denken,  neben  deren  Thron  jederseits  ein  Löwe  Wache  hält;  doch  auch 
bei  diesem  Typus  kommt  es  —  abgesehen  von  den  sehr  zweifelhaften  zwei 
Figuren  der  Collection  Mattet,  Clarac  396,  664  B,  C  —  niemals  vor,  dass  die 
Göttin  die  Tiere  mit  ihren  Händen  berührt.  Hiergegen  spricht  nicht  etwa  das 
Relief  der  Sammlung  Sabouroff  (T.  137  der  Publication),  auf  dem  nur  e  i  n  Löwe 
vorhanden  ist,  den  die  Göttin  liebkost  wie  einen  Hund. 


KYBELE-OKANS  11 

die  Hände  werden  verändert,  und  auf  jeden  Fall  wäre  wiederum  das 
Sitzen  für  die  Beterin  nicht  passend. 

Wir  können  deshalb  bei  unserem  Resultat  beharren.  Mit  dem 
Typus  ist  zugleich  auch  die  Entstehungszeit  der  Figur  gegeben,  die 
man  nicht  vor  dem  VII.  und  nicht  nach  dem  VI.  vorchristlichen 
Jahrhundert  annehmen  darf.  Sicherlich  war  sie  von  einem  griechi- 
schen Künstler  gearbeitet  und  geweiht  von  Griechen,  als  sie  Ky- 
zikos  kolonisierten. 

Unsicher  ist  es,  ob  die  Figur  geflügelt  oder  ungeflügelt  war. 
Beides  kommt  auf  archaischen  Denkmälern  vor.  Nach  Studniczka 
(Kyrene  p.  158)  ist  der  Typus  ohne  Flügel  der  ältere,  und  (p.  159) 
die  vollkommen  symmetrische  Darstellung,  wie  wir  sie  bei  unserer 
Figur  voraussetzen  müssen,  erst  am  Ende  des  VII.  Jahrhunderts 
typisch  geworden. 

Ebendort  schreibt  Studniczka :  «  Gestalten,  wie  die  des  Bron- 
zereliefs in  Olympia  und  die  ihr  nächst  verwandten,  liessen  sich 
sehr  wohl  in  Abhängigkeit  von  Cultstatuen  denken  ■ .  Jener  Bericht 
des  Zosimos  giebt  uns  die  erste  Nachricht  von  dem  Vorhandensein 
eines  solchen  Cultbildes. 

Unser  also  gewonnenes  Resultat  hat  aber  auch  ein  besonderes 
Interesse  für  die  antike  Religionsgeschichte :  Wir  finden  eine  grie- 
chische Statue  der  griechischen  norvicc  ürjQwv  in  höchster  Verehrung 
in  einem  Centrum  des  Cultes  der  phrygischen  KvßsXrj.  Diese  That- 
sache  findet  ihre  Parallele  in  einer  anderen,  deren  Mittheilung  wir 
A.  Körte  verdanken  (Athen.  Mitth.  1895  p.  1  T.  MI).  Zu  Dorylaion 
hat  sich  eine  Grabstele  aus  dem  VI.  Jahrh.  v.  Chr.  gefunden,  auf 
deren  Rückseite  von  der  Hand  eines  griechischen  Künstlers  in  Relief 
eine  geflügelte  Göttin  dargestellt  ist,  die  einen  Löwen  an  einer  Pranke 
hält.  Körte  nimmt  ohne  Zweifel  mit  Recht  an,  dass  der  ionische 
Künstler  des  Reliefs  hier  ohne  Weiteres  seine  Göttin,  die  nüxvia 
&t]Q(öv,  dargestellt  habe,  während  der  Phrygier,  für  den  die  Stele 
gearbeitet  war,  in  demselben  Bilde  Kvßthp  die  grosse  Göttin  seines 
einheimischen  Cultes,  erkannt  habe.  Es  scheint  mir  natürlich,  dass 
da,  wo  sich  die  äusserlichen  Vorstellungen  zweier  Religionen  so 
stark  vermischten,  auch  der  Ideengehalt  der  einen  nicht  unberührt 
von  dem  der  andern  bleiben  konnte  ('). 

0)  Cf.  Körte  a.  a.  0.  p.  12 ;  S.  Reinach  im  Bullet,  de  corr.  hell.  XIII 
p.  558  ff.  Vgl.  auch  das  in  Phrygien  gefundene  Relief  der  Kybele  bei  Perrot 


12  W.   AMELUNG.   KYBELE-ORANS 

Kehren  wir  endlich  zu  den  Worten  des  Zosimos  zurück.  Es 
ist  klar,  dass  Konstantin  diese  Kybele  nicht  zum  Schmuck  der  Stadt 
aufstellen  Hess,  wie  die  Statuen  der  Dioskuren,  des  Apollon  und 
der  Musen,  mit  denen  er  den  Circus  zieren  liess.  Darin,  dass  ihr 
in  einem  eigenen  Tempel,  der  Tyche  von  Rom  entsprechend,  ihr 
Platz  angewiesen  wurde,  spricht  sich  vielmehr  eine  besondere  Ab- 
sicht aus,  die  auch  nicht  nur  darin  bestanden  haben  kann,  das  Bild 
der  grossen  heidnischen  Göttin  durch  die  Geberde  des  Betens  zu 
erniedrigen.  Mir  scheint  die  Lösung  vielmehr  darin  zu  liegen,  dass 
Kybele,  im  Schmuck  ihrer  Mauerkrone,  als  Schirmerin  der  Städte 
verehrt  wurde.  In  dieser  Eigenschaft  steht  nun  die  Göttin  entschie- 
den auch  hier,  entsprechend  der  Tyche  von  Rom ;  neben  Rom  konnte 
aber  nur  eine  andere  Stadt  durch  ihre  Göttin  vertreten  sein,  nur 
Byzanz  selbst.  Zu  der  Tyche  dieses  zweiten  Centrums  des  neuen 
Reiches  war  die  grosse  Herrin  über  Leben  und  Tod  gestempelt  wor- 
den. Auch  Zosimos  deutet  dieses  Schutzverhältnis  mit  den  Worten 
an:  trjv  nöXiv  eyoowcfu  xccl  nsgisTiovaa.  Die  gleiche  Verbindung 
beider  religiösen  Vorstellungen  ist  übrigens  für  Byzanz  wohl  auch 
bezeugt  durch  einen  Satz  des  Hesych  von  Milet  ( Orlgines  Constan- 
tinopolis  §  15  Fragm.  hist.  graec.  IV  p.  149)  in  der  Erzählung 
des  Mythos  von  Byzas,  dem  sagenhaften  Gründer  der  Stadt :  lPt'ccz 
fihv  xccxct  xov  rijg  BccGi'kixrfi  Xeyojiievov  rorrov  vscov  rs  xccl  ayaXjAa 
xa3idQV<TccTO,  ort  xccl   Tvycaov  xolz  tioXitcciz  reTifirjro  (1). 

Zum  Schluss  sei  noch  auf  ein  Monument  altchristlicher  Kunst 
verwiesen,  ein  Bronze-Gefäss,  auf  dem  in  Relief  ebenfalls  eine  Stadt- 
gottheit mit  dem  Gestus  der  Orans  erscheint.  Das  Gefäss  wurde  in 
Tunis  gefunden,  und  die  betreffende  Figur  ist  die  Personification 
von  Carthago  (2). 

W.  Amelüng. 


u.  Chipiez,  Histoire  de  Vart  V  p.  157  Fig.  110.  Da  auch  hier  die  beiden 
Löwen  von  der  Göttin  nicht  gefasst  werden,  kann  das  Kelief  mit  unserer  Statue 
nichts  gemein  haben. 

(!)  Vgl.  Schultze,  Zeitschr.  f.  K.  p.  355. 

(s)  Garrucci,  Storia  deWarte  cristiana  VI  p.  34  tav.  428,  1  ;  Kraus, 
Gesch.  d.  christl.  Kunst  I  p.  127.  Auf  Münzen  von  Alexandria  ist  die  Göttin 
dieser  Stadt  mit  einem  Gestus  ihrer  Rechten  dargestellt,  der  kaum  etwas  an- 
deres sein  dürfte,  als  die  im  Altertum  gebräuchlichste  Geberde  des  Betens ; 
Catalogue  of  the  coins  of  Alexandria  PI.  XXIV  nr.  2033  u.  2082. 


CERAMICA  DELL'APÜLIA  PREELLENICA 

IL  LA  PEUCEZIA 

(Tav.  II-V) 


In  un  primo  capitolo  (')  avevo  incominciato  a  chiarire  un  poco 
i  concetti  piuttosto  vaghi  che  si  avevano  della  ceramica  appula 
in  quanto  non  era  ellenica,  e  a  distinguerne  le  varie  classi 
secondo  l'eta  e  il  territorio,  appartando  in  primo  luogo  le  torzelle 
proprie  a  quella  regione  che  e  oggi  la  provincia  di  Lecce,  specie 
di  vasi  di  cui  anche  dopo  la  pubblicazione  son  venuti  in  luce 
parecchi  esemplari,  limitati  sempre  a  quella  regione,  sempre  fog- 
giati  a  manichi  a  punta,  diversi  in  tutto  da  quelli  della  Lucania 
comparsi  anch'  essi  quest'  anno  passato.  Che  il  materiale  appulo 
sia  una  'rudis  indigestaque  molis',  appare  chiaro  anche  dal  tenta- 
tivo  di  G.  Patroni,  (2)  articolo  ove  entravano  anche  vasi  per  niente 

(!)  Boll.  d.  Ist.  XII  pag.  201-252.  I.  La  Messapia. 

(*)  Mon.  d.  Line.  1896.  Siccome  Patroni  in  altro  periodico,  Bull.  d.  Pal. 
etnol.  1898  p.  65,  pubblicando  le  medesime  figure  la  seconda  e  in  parte  la 
terza  volta,  si  mostra  preoecupato  di  attaccare  il  mio  lavoro,  conviene  notare 
che  le  sue  osservazioni  sembrano  destinate  a  chi  non  abbia  letto  i  miei  lavori 
in  questione.  Cosi  ad  es.  egli  a  p.  67,  2  fa  credere  il  lettore  che  io  mi  trovi 
in  contraddizione  coi  fatti  risultanti  da  « inventari  e  cataloghi»,  mentre  io 
avevo  segnatamente  riferito  che  nel  Museo  in  questione  non  esisteva  fino  al 
1891  un  inventario  e  che  questo  poi  venne  compilato  a  base  delle  etichette 
incollate  sui  vasi  stessi  (Messap.  p.  251,  1).  Pare  che  il  diritto  di  esaminare 
con  proprio  criterio  le  provenienze  incerte,  P.  Io  riserba  per  se  solo.  (Mon. 
d.  Line.  VI  371),  applicandolo  unicamente  al  Museo  Naz.  di  Napoli,  ove,  come 
egli  assicura  (iv.  402,  1),  fino  alla  sua  venuta,  maneavano  braccia  adatte  per 
far  ordine.  Se  poi  il  P.  si  vanta  (Bull.  pal.  p.  67,  2)  di  esser  egli  stato  il  primo 
a  richiamare  l'attenzione  dei  dotti  sulla  ceramica  indigena  delle  Puglie,  e  un 
semplice  dovere  verso  l'  Istituto  Germanico  d'Atene,  frequentato  anche  da  lui 
per  molto  tempo,  il  constatare,  che  nelle  Mittheilungen  di  quest' Istituto  giä 
nel  1887  Winter  e  Wolters  avevano  assegnato  all'Apulia  certi  vasi  del  Museo 


14  M.    MAYER 

appuli  e  si  mescolavano  oggetti  dell'  epoca  antica  con  molti  che  si 
e  poi  dimostrato  appartenere  all'epoca  dei  Tolomei.  Di  fronte  a  tale 
esposiziöne  nessuno  avrebbe  imaginato  con  qnanti  precisi  criteri 
si  distinguono  questi  vasi,  i  quali  per  localitä  e  provenienza  si 
distribuiscono  in  un  territorio  che  si  estende  nientemeno  dalla 
terra  d'Otranto  flno  a  Melfi  ed  al  Gargano.  Forse  quella  fräse 
latina  dice  anche  troppo,  perche  fa  credere  che  il  materiale  stesso 
giä  si  trovasse  ammucchiato,  mentre  alcune  classi  importanti  non 
sono  affatto  rappresentate  nei  Musei ;  e  cid  va  detto  peculiarmente 
della  ceramica  peucetica,  di  cui  trattiamo  in  questo  capitolo. 

A  dir  vero,  ogni  ricerca  sulla  civiltä  e  storia  dei  Japigi  e 
Messapi,  dovrebbe  muovere  da  Taranto,  e  per  varie  ragioni.  In 
prima  perche  ivi  soltanto  furono  con  solerzia  raccolti  prodotti  di 
strati  antichissimi,  per  la  intelligente  cura  dei  Viola;  poi  perche 
quella  contrada  segna  su  per  giü  il  punto  di  distacco  dal  ramo 
Orientale  dei  Japigi  da  quello  occidentale,  che  fu  precocemente 
assorbito  dai  popoli  Bruttii.  Finalmente  nelle  lotte  svoltesi  nel  V  se- 
colo  per  Taranto  e  il  suo  territorio,  Messapi  e  Japigi,  nella  nostra 
tradizione,  non  appaiono  ancora  disgiunti,  mentre  in  seguito  il  nome 
Japigio  svanisce  ed  il  nome  Messapico  va  sempre  piü  restringendosi 
al  braccio  meridionale,  cioe  al  territorio  Leccese.  Si  aggiungano 


di  Napoli,  ritenuti  allora  per  Ciprioti.  Sono  costretto  per  la  mia  difesa  di  ri- 
levare,  che  nel  Museo  di  Bari  il  P.  prese  72  disegni  di  vasi,  tutti  italo-greci, 
a  fig.  r.,  senza  punto  incaricarsi  dei  vasi  Messapici.  Di  questa  classe  preelle- 
lenica  alcuni  disegni  vennero  richiesti  e  speditigli  a  Siracusa  non  prima  dei 
secondo  anno  dei  mio  servizio,  quando  io  aveva  segregato  quel  materiale,  inte- 
ressandone  da  principio  la  Commissione  Provinciale  per  la  pubblicazione.  — 
In  quanto  poi  all'accennato  lavoro  di  premio  sugli  ultimi  vasi  figurati,  ai  quali 
venne  aggiunto,  non  so  con  quäl  rapporto  interno,  un  capitolo  sull'epoca  pri- 
mitiva  (La  Ceramica  antica.  Napoli  1897),  avverto  i  lettori  per  mio  conto  — 
lasciando  ad  altri  di  richiamare  la  loro  proprietä  —  che  la  teoria  accennata 
colä  p.  34  sg.,  e  desunta  dalla  mia  relazione,  Not.  d.  Sc.  1896,  p.  539,  come 
(cosa  meno  rilevante)  il  nome  '  torzella  ',  malgrado  la  diveraa  ortografia, 
fu  preso  dallo  stesso  articolo,  medesima  pagina.  —  Noto  infine  per  le  due 
brocche,  Mon.  d.  Line.  VI  p.  383,  384  fig.  29,  30,  che  io,  e  vero,  le  feci  foto- 
grafare  a  Napoli,  ma  quali  rappresentanti  di  un  tipo  Suessolano  (conf.  Not. 
d.  Sc.  1878,  tav.  V,  1),  senza  immaginarmi,  che  esse  poi  verrebbero  pubbli- 
cate  dal  P.  quali  vasi  di  Bari ! 


CERAMICA   DELL'APULIA   PREELLENICA  15 

le  ragioni  che  derivano  dalla  ceramica  Tarantina.  Tralasciando  la 
roba  primitiva  d'  impasto  nero  e  prendendo  in  esame  soltanto  i  vasi 
d'argilla  dipinti  a  stile  geometrico,  si  trovano  colä  giä  in  grau 
parte  i  motivi  della  ceramica  posteriore,  e  cioe  in  una  forma 
ancora  semplice  e  senza  le  complicazioni  che  sopravvengono  in 
seguito;  le  forme  stesse  dei  vasi  presentano  grande  semplicitä  e 
predomina  fra  loro,  oltre  ad  alcune  forme  piü  semplici  di  tazza  e 
di  urna,  un  tipo  Italico,  affine  a  quello  detto  di  Villanova,  che 
in  altre  parti  della  Apulia,  se  pur  non  impossibile,  e  perö  difficile 
rinvenire. 

E  pure  non  possiamo  adottare  il  criterio  di  muovere  da  Ta- 
ranto.  Tale  metodo  si  potrebbe  seguire  qualora  il  ricchissimo 
materiale  ceramico  delle  Puglie  fosse  giä  pubblicato  e  alla  mano 
di  tutti,  di  modo  che  non  abbisognerebbe  altro  che  farne  l'ana- 
lisi.  E  nei  vasi  stessi  di  Taranto  c'e  la  circostanza  speciale,  che  non 
sono  dovuti  a  scavi  sistematici,  fatti  in  vari  luoghi,  bensi  ad  un 
rinvenimento  fortuito  in  una  certa  localitä,  anzi,  per  quanto  si  assi- 
cura,  ad  u  n  a  grande  tomba  a  pozzo,  che  avrebbe  contenuto  tanto 
i  vasi  dipinti,  che  sono  piü  o  meno  di  una  epoca,  quanto  i  vasi 
a  bucchero  e  quelli  ad  impasto  nerastro;  rappresentanti  non  solo 
un'  altra  civiltä  o  nazione,  ma  anche  una  evoluzione  molto  piü 
estesa  (,).  Noi  invece,  seguendo  il  metodo  contrario,  cerchiamo 
dai  vasi  piü  recenti  e  di  data  certa,  risalire  a  quelli  di  epoca 
precedente.  Questo  metodo  si  imponeva  in  Lecce  per  via  della  defi- 
cienza  di  classi  molto  antiche  e  d' altra  parte  a  cagione  delle  iscri- 
zioni  messapiche  e  del  contatto  palese  con  modelli  greci.  E  per 
avventura  nella  regione  contraria,  a  Canosa,  ove  comincia  la  civiltä 
nord-appula,  un  piccolo  scavo  ci  condusse  anche  addirittura  nel- 
l'ultima  epoca,  vicino  alla  fine  della  civiltä  Japigia,  quella  dei 
vasi  listati  (succedanei  dei  geometrici),  che  abbiamo  potuto  cir- 
coscrivere  al  IV  e  III  secolo  av.  C.  {Notizie  degli  Scavi  1898 
p.  206):  risultato,  come  si  vede,  assai  diverso  dalla  cronologia 
arbitraria  di  G.  Patroni,  la  quäle  presa  sul  serio  fuorviö  altri  ar- 
cheolögi  di  giungere  alWIH-XIH  secolo  con  vasi  canosini  che 
alla  detta  classe  grecizzante  precedono  quasi  direttamente. 

Essendo  giä  cosi  sull'avviso  di  non  esagerare  nella  data  della 

(*)  Alquanto  diversi  sono  i  fatti  esposti  oltre  pag.  64  seg. 


16  M.    MAYER 

ceramica  pugliese,  crediamo  utile  fare  subito  un  cenno  cronologico 
sui  vasi  suddetti  di  Taranto  stesso.  Credo  sarebbe  imprudente  argo- 
mentare  che  tutti  quanti  debbano  essere  anteriori  alla  colonizza- 
zione  dorica,  la  cui  data  del  resto  Consta  soltanto  in  modo 
approssimativo  (J).  In  prima,  vi  e  fra  i  saggi  raccolti  da  me  a  Ta- 
ranto anche  qualche  pezzo  simile  piuttosto  alla  ceramica  micenaica 
del  terzo  o  quarto  stile,  anziehe  alla  protocorinzia,  sieche  non  pos- 
siamo  dire  senz'altro  che  quei  vasi  japigi  siano  assolutamente  i  piü 
antichi  fra  i  ritrovamenti  del  terreno.  Poi,  collocando  la  roba  di- 
pinta  japigia  di  Taranto  nel  IX  o  VIII  secolo,  si  presumerebbe 
che  con  la  entrata  dei  Lacedemoni  la  popolazione  indigena  fosse  stata 
subito  distrutta  o  cacciata  completamente,  mentre  sappiamo  da 
buona  fönte  (Strab.  279),  che  quei  coloni  furono  bene  aecolti  dai 
'  ßccQßaqoi  del  paese  '  e  vissero  per  un  certo  tempo  con  essi  in 
rapporti  amichevoli.  E  sebbene  in  seguito  i  Greci  si  facessero 
sempre  piü  padroni  del  paese,  oecorrevano  certo  le  lotte  fiere  e 
sanguinose  del  V  secolo,  per  estingere  nel  territorio  tarantino 
gli  ultftni  avanzi  dell'  elemento  indigeno,  quelli  che  p.  e.  nel 
V  secolo  continuarono  a  fabbricare  colä  torzelle  messapiche  (2). 

Forse  la  condizione  nella  quäle  si  trovavano  gli  avanzi  indi- 
geni  attorno  a  Taranto  prima  della  grande  sollevazione  dei  loro 
connazionali,  riceve  una  certa  illustrazione  da  quella  storia  che 
raeconta  Ateneo  XII,  523  b  (dal  Clearcho).  Si  tratta  della  famosa 
conquista  di  Carbina,  fatto  di  data  perfettamente  oscura.  Un  tempo, 
vi  e  detto,  i  Greci  Tarantini  andarono  in  quei  paese  dei  Japigi, 
lo  presero  profanando  i  santuari  e  sottoponendo  gli  abitanti,  uo- 
mini,  donne  e  fanciulli,  ad  abusi  e  lazzi  umiglianti  ed  osceni.  Se- 
guiva  indi  la  pena  degli  dei,  in  ispecie  di  Giove  xaTccißccrrjg, 
il  quäle  sceso  col  fulmine  uccise  molti  degli  oltraggianti,  di  cui  si 
scorgevano  ancora  a  Taranto  le  tombe  segnate  da  (TrfjXai  davanti 
alle  abitazioni.  La  localitä  ignota  di  Carbina  va  generalmente 
cercata  nell'odierno  Carovigno  vicino  ad  Ostuni.  Ma  se  il  nome 
sia  veramente  geografico  e  non  semplicemente  una  varietä  mezzo- 
mitica  di  xaQßirai  (--  ßagßaQixai  Hesycb.)  o  di  xäqßav  e  xdqßavoq 
(cfr.  specialmente  Lycophr.  605  dai  Japigi)  o  simile  parola  significa- 

(*)  Busolt,  Griech.  Geschichte,  I*  409. 
(2)  Ved.  Bull.  d.  Ist.,  XII,  fig.  4. 


CERAMICA    DELL'APULIA    PREELLEN1CA  17 

tiva  per  il  popolo  '  barbaro'  ,  se  adunque  esisteva  una  cittä  di  tal 
nome  che  ricorderebbe  Carpiüa  sul  Gargano,  Carbila  dei  Baebi 
Plin.  III,  10  od  i  Carbileti  Tbrazi  (ib.  IV  70),  resterebbe  sempre 
il  dubbio,  come  mai  i  sepolcri  dei  caduti  in  una  giierra  alla 
spiaggia  Ädriatica  si  trovassero  nella  cittä  di  Taranto.  Non  avremmo 
forse  una  invenzione  di  epoca  posteriore,  probabilmente  di  autori 
venuti  dalla  Grecia,  che  non  avvezzi  a  vedere  sepolcri  e  stele  sepol- 
crali  nell'abitato  davanti  alle  case  secondo  il  costume  japigio  (l),  ne 
cercavano  la  spiegazione  in  qualche  fatto  straordinario  dei  passato? 
D'altronde  tutta  la  regione,  ove  si  vorrebbe  porre  il  sito  di  Carbina, 
cioe  fra  Brindisi  ed  Egnazia  con  Ostuni  nel  niezzo,  tre  cittä  con  grandi 
fortificazioni,  fra  le  quali  Brindisi  con  proprio  principe  (2),  era  nel 
possesso  degli  indigeni,  che  non  avrebbero  tollerato  un  simile 
misfatto  commesso  quasi  sotto  le  mura  di  Ostuni  (3).  Sembrerebbe 
trattarsi  nieno  di  una  regolare  spedizione  militare  che  della  sca- 
ramuccia  occasionale  di  una  soldatesca  baldanzosa,  avvenuta  non 
tanto  lontano  da  Taranto,  in  qualche  stazione  ove  continuavano  gl'  in- 
digeni, che  appaiono  quasi  ridotti  a  meteci,  non  preparati  alla 
difesa  armata,  ina  vendicati  unicamente  con  la  pena  divina.  Se 
questo  rapporto  forse  non  e  ben  d'accordo  con  le  nostre  idee  del- 
1'  indole  bellicosa  dei  popoli  Japigi  in  genere,  pur  tuttavia  si  ca- 
pisce  come  tali  maltrattamenti  di  qualche  avanzo  della  popolazione 
indigena,  sia  isolato,  sia  bloccato  dall'ambiente  greco,  abbia  con- 
tribuito  -a  provocare  1'  insurrezione  generale  contro  i  conquistatori. 

Lasciando  ora  il  territorio  di  Taranto,  per  circoscrivere  la 
regione  dei  Peucezii  o  Pedicoli,  oggetto  di  questo  articolo,  vi  e 
da  ricordare,  che  gli  antichi  badando  specialmente  ai  territori  vicini 
alla  spiaggia,  la  fanno  cominciare  da  Egnazia  o  fra  Brindisi  ed 
Egnazia,  e  finire  all'Ofanto  (Aufidus),  cioe  alla  linea  Barletta-Canosa- 
Spinazzola;  mentre  la  frontiera  naturale  verso  la  montagna  e 
fornaata  daU'andamento  delle  colline  dette  Murge,  ove  la  cittä  di 
Silvion,  probabilmente  fra  Spinazzola  e  Gravina,  ci  e  indicata  come 


0  Conf.  Not.  d.  Scavi  1898  p.  196,  I. 

(2)  Antiochos  presso  Strab.  282  tj  nöhg  ßaatXevo/niyrj. 

(3)  Questi  scrupoli  poi  non  vengono  nemmeno  scemati  riconoscendo  il 
sito  di  Karbina  accennato  dal  Pais  I  248,  2. 


18  M.  MAYER 

termine  dei  Pedicoli.  Verso  il  Sud  nell'  interno  tutto  vaga  nell'  in- 
certezza. 

Stanno  per  verificare  e  completare  queste  indicazioni  generali, 
i  monumenti,  vale  a  dire  nel  caso  nostro  i  vasi,  i  quali  lasciano 
difatti  distinguere  nettamente  tre  classi.  secondo  le  tre  regioni 
appule  degli  antichi,  se  non  che  la  roba  peucetica,  cioe  della 
odierna  provincia  di  Bari,  s'estende  al  Nord  fino  a  Ruvo,  esclu- 
dendo  l'Ofanto  con  Canosa;  essa  non  si  rinviene  nella  penisola  me- 
ridionale,  la  cui  ceramica  viceversa  differisce  molto  da  ambedue 
le  altre  classi. 

Con  questa  delineazione  generale  che  bisognava  nel  principio 
di  tale  studio,  non  abbiamo  perö  chiuso  gli  occhi  davanti  a  certe  sot- 
todivisioni,  ne  agli  elementi  possibili  fuori  di  questa  classificazione. 
Ed  e  specialmente  il  Sud  ove  verso  la  regione  centrale  si  spingono 
tali  elementi.  Non  parlo  *qui  del  problema  della  immigrazione  Cre- 
tica.  Vi  sono  perö  nei  tempi  storici  i  Salentini  e  Calabri,  i  cui 
nomi  emergono  improvvisamente  nel  secolo  IV  quando  giä  i  Romani 
apparvero  sull'orizzonte  meridionale.  Di  sicuro  questi  popoli,  le 
cui  origini  si  sono  potute  rintracciare  molto  piü  a  Nord,  non  erano 
immigrati  in  epoca  cosi  bassa,  ma  rimanevano  nascosti  sotto  il  nome 
generale  dei  Japigi  (cfr.  Herod.  IV  99),  finche  spezzata  questa  forza 
politica  perfino  allo  svanire  del  nome  Japigio  stesso,  venivano  a 
galla  tali  nomi  parziali.  E  non  erano  forse  gli  unici  elementi 
della  massa  smembrata.  Giä  abbiamo  parlato  altrove  di  Egnazia 
illustrandone  la  civiltä  speciale,  erede  o  contemporanea  della  mes- 
sapica,  e  ben  diversa,  come  vedremo,  dalla  peucetica,  malgrado 
la  vicinanza  immediata.  Fra  Egnazia  e  la  Messapia  propria  resta 
Brindisi ;  un'  altra  isola  etnogratica,  antichissima  stazione  degli 
Japigi,  che  respinti  da  Taranto,  si  concentravano  colä  in  grande 
moltitudine,  estendendosi  certamente  nei  territori  vicini  lungo  la 
costa  marina.  Ma  mentre  per  il  nome  del  primo  paese,  dei  rväüm, 
non  potremmo  enunziare  altro  che  vaghe  congetture,  e  quello  del 
paese  situato  nel  mezzo,  Ostuni,  vorrebbesi  dedurre  anche  dal 
greco  ('),  i  Brindisini  si  presentano  invece  chiaramente  con  un  antico 
nome   nazionale.  Si  tratta  di  rettificare  la   spiegazione  antica,  de- 

[})  Cioe  da  üaxv,  per  il  nome  medioevale  Astunium ;  etimologia  assai 
dubbia;  io  sospetto  qui  l'antico  Stulnium  o  Sturnium  (sulle  monete  Stv-). 


CERAMICA.   DELL'APULIA   PREELLENICA  19 

dotta  dalla  forma  del  porto,  che  sarebbe  somigliante  ad  una  testa 
di  cervo,  ßot'idov  nella  lingua  messapica ;  il  che,  pur  contenendo 
un  cenno  utile,  non  pud  stare,  per  varie  consrderazioni.  Prima 
il  nome,  e  specialmente  se  indigeno,  dev'  essere  anteriore  alla 
frequente  navigazione  in  quel  porto,  che  appena  era  cominciata 
nell'  epoca  classica  greca.  Poi  una  popolazione  che  conservava 
dei  ricordi  cosi  antichi  come  quello  della  affinitä  nazionale  coi 
Bottiaei,  abitanti  nel  golfo  Termaico  in  Macedonia,  non  avrä 
mancato  facilmente  di  un  nome  proprio,  indipendentemente  dalla 
localitä  italiana,  ove  si  era  stanziata  ftnalmente.  Non  dubito, 
che  questa  tribü  si  chiamava  cosi  dal  cervo  nel  senso  prei- 
storico  come  altri  popoli  da  altri  animali,  i  Picenti  dal  picus, 
gli  Irpini  dal  hirpus,  i  Vitelli  dal  vitello  o  toro  (').  Rivolgendoci 
poi  all'  interno  della  regione,  seguendo  il  contine  ideato  fra  1b 
Messapia  e  la  regione  centrale,  il  quäle  comincia  da  Egnazia  e  si 
dirige  verso  1'  '  Hinterland  '  del  territorio  tarantino,  c'  imbattiamo 
ivi  in  quei  due  paesi  rimarchevoli  che  sono  Mottola  e  Castellaneta, 
la  cui  importanza  oggi  non  possiamo  che  indovinare.  Mi  pare 
incredibile  che  la  roccia  di  Mottola,  che  sembra  dominare  tutta 
la  pianura  fino  a  Taranto,  non  abbia  avuto  una  importanza  stra- 
tegica  se  non  centrale  nei  movimenti  di  questi  popoli,  durante  i 
tempi  delle  lotte  attorno  a  quel  golfo.  E  se  la  storia  tace  questa 
circostanza,  forse  perche  appartenente  ad  un  tempo  piü  remoto  degli 
ayvenimenti  che  si  aggirarono  attorno  alla  spiaggia  stessa,  se  anche 
di  scavi  archeologici  non  si  e  fatto  finora  un  principio,  stä  invece  il 
nome  stesso  per  attestare,  se  non  isbaglio,  um  delle  primissime  sta- 
zioni  dei  Japigi  spintisi  verso  il  mare  mediterraneo.  Potremmo  mi- 
sconoscere  MttovXov  o  MexovXov,  V]  rcor  'Iccnodwv  eCxl  xsyaXrj  (2), 
cioe  la  capitale  nordica  dei  Japigi,  trapiantata  nella  vicinanza  del 
golfo  meridionale  ?  A  Castellaneta  si  sono  rinvenuti  in  scavi  fortuiti 
dei  vasi  italo-greci  ed  altri  oggetti  dell' epoca  progredita.  Intanto 
non  e  improbabile,  vista  la  tenacitä  con  cui  l'Apulia  conserva 
tuttora  i  nomi  antichi,  che  nel  Castello  di  Neta  o  Aneta  ri- 

(*)  Conf  per  queste  analogie,  G.  Pais,  Storia  d.  Sic.  e  d.  M.  Grecia, 
I,  37. 

(2)  Appian  Illyr.,  19,  Strab.  314.  Japodi  o  Japidi  =  Japigi:  v.  Pais  I,  66. 
Si  noti  che  Motula  (sie)  e  la  forma  con  cui  la  cittä  appula  appare  prima 
neH'epoca  Langobarda. 


20  M.  MAYER 

suoni  im  eleraento   identico  al  Netium  (')  dei  Pedicoli,  situato 
sulla  strada  interna  conducente  a  Canosa. 

Non  ci  meraviglieremo,  se  nel  Sud  i  confini  della  Peucezia  si 
confondono  per  i  geografi  antichi,  inentre  il  territorio  quasi  trian- 
golare  fra  Matera,  Metaponto  e  Taranto  resta  dapertutto  fuori  del 
loro  calcolo.  II  popolo  Japigio,  quello  almeno  che  i  Greci  identi- 
ficarono  per  la  lingua  coi  Messapi,  si  era  spinto  verso  il  golfo  e 
diffuso  a  tutte  le  parti  intorno;  poi  respinto  e  spezzato  in  vari 
modi  finiva,  pare,  per  raccogliersi  in  quelle  l  isole  ' ;  forse  anche  in 
piü  di  quelle  annoverate,  che  formavano  quasi  il  passaggio  ai  paesi 
interni  dei  loro  connazionali,  rimasti  piü  in  fondo  ma  in  massa  piü 
compatta  ed  uniforme. 

CERAMICA  DELLA  APÜLIA  CENTRALE. 

I  vasi  che  si  devono  descrivere  e  che  si  possono  nel  senso 
proprio  raggruppare  sotto  il  nome  di  vasi  Baresi,  si  rinvengono 
specialmente  in  quel  gruppo  di  paesi  siti  nella  parte  sud  della 
cittä  di  Bari  (*) :  Canneto,  Ceglie,  Kutigliano  e  Noicattaro ;  si  rinven- 
gono anche  verso  il  Sud  della  provincia:  in  Casamassima,  Puti- 
gnano  e  Santeramo ;  e  verso  il  Nord,  in  Bitonto,  e  con  qualche  mo- 
dilicazione,  a  Kuvo,  dove  perö  la  civiltä  Peucezia,  sotto  1'  influenza 
del  Nord  (Canosa)  resta  vinta  e  sopraffatta.  Ed  e  non  improbabile 
che  simili  prodotti  vengano  fuori  in  altre  localitä  della  provincia 
Peucezia,  dove  sinora  non  si  e  badato  molto  ai  vasi  rozzi  per  essersi 
tenuto  in  maggior  conto  i  vasi  figurati ;  ciö  fors'  anche  perche  in 
genere  gli  uni  e  gli  altri  non  si  trovavano  insieme  nella  medesima 
tomba,  mentre  soltanto  questi  ultimi  cioe  i  vasi  a  vernice  erano  cri- 
terio  per  giudicar  pagana  greca  nella  loro  idea  una  tomba,  ed  erano 
considerati  degni  di  conservazione.  S'  intende  che  di  fronte  a  si 
grande  quantitä  di  vasi  geometrici  che  vengono  fuori  quasi  annual- 
mente  dagli  scavi  di  questi  territori,  specie  dopo  che  richiamammo 
l'attenzione  sulla  loro  importanza,  i  pochissimi  esemplari  dispersi 


(')  Strab.  282.  Una  cittä  Netum  esisteva  anche  in  Sicilia. 

(2)  Nella  cittä  stessa,  piazza  Cavour,  fu  trovato  un  esemplare  regalato 
da  Giov.  Rogadeo:  Mus.  prov.  3296.  Altre  tombe  di  Bari,  della  medesima 
epoca  ved.  oltre  §  IV.  i 


CERAMICA   DELL'APULIA   PREELLENICA  21 

fuori  della  regione  non  possono  cambiare  il  fatto  in  se.  Cosi  im 
esemplare  che  esiste  nella  collezione  Bourguignon  a  Napoli,  acqui- 
stato  a  Pozzuoli,  con  im  biglietto  attaccato,  su  cui  e  scritto  Cumai, 
un  altro  dell'antica  collezione  Campana  detta.  allora  di  prove- 
nienza  Caeretana,  ora  conservato  nel  Louvre,  D  95  del  Catalogo  illu- 
strato  di  Pottier;  cf.  giü  p.  37;  finalmente  uno  del  Museo  di  Bo- 
logna, il  quäle  potrebbe  essere  stato  importato  li  nell'  antichitä  come 
il  yaso  Bologna  334  di  stile  Nord-Pugliese  ed  i  vasi  Appuli  di 
Novilara  (Mon.  d.  Line.  V  298).  Poco  dubbio  resta  per  la  coppa  di 
stile  Peucetico  (ad  alti  manichi)  della  collezione  Bourguignon  che 
porta  1'  indieazione  S.  Maria  di  Capua,  ove  1'  oggetto  resterebbe  iso- 
lato ;  come  ancora  p'er  un  vaso  di  stile  Nord-Appulo,  Firenze  Mus. 
Arch.  2967,  che  porta  1' indieazione  vecchia  priva  d'ogni  valore, 
Maremme  di  Toscana.  — 

I  vasi  di  Bari  del  resto  si  possono  facilmente  riconoscere  pei- 
le forme  ed  i  disegni  caratteristici  che  or  ora  studieremo ;  sono 
sempre  dipinti  a  tinta  cupa  di  un  color  bruno  o  nerastro,  ed  anche 
perciö  si  distinguono  subito  dalla  ceramica  del  Nord  (compresa  par- 
zialmente  quella  di  Ruvo),  ove  la  classe  geometrica  conserva  i  due 
colori,  bruno  e  rosso  o  violetto;  mentre  sono  poche  le  tracce  di 
un'  epoca  antecedente  in  cui  anche  la  Peucezia  aveva  vasi  a  vari 
colori  che  verranno  descritti  nel  §  VII  con  tav.  V. 

I.  Urne  ('). 

1.  Tav.  II.  Bari,  Museo  provinciale  3148,  da  Canneto.  Alt.  0,28. 

2.  Tav.  IL  Bari  342.  A.  0,32. 

3.  Tav.  II.  Bari  3150.  Canneto.  A.  0,31. 

Cratere  o  urna,  che,  a  parte  le  varietä  dei  manichi,  rappre- 
senta  per  il  corpo  il  tipo  principale  del  maggior  numero  dei  vasi 
peueezi.  La  metä  inferiore  del  corpo  e  tonda,  un  po'  panciuta,  la 
metä  superiore  piü  o  meno  inclinata.  II  tipo  a  avvicina  forse  piü 
che  ad  altro  alle  urne  di  Golasecca,  che  lo  mostrano  puro  e  sem- 
plice  senza  manichi  affatto,  e  s'  intende  senza  cenno  di  piede  o  base. 


(*)  Noto  che-  i  numeri  dei  vasi  sono  conservati  puranche  sulle  tavole. 
Gli  oggetti  fuori  della  serie  sono  marcati  con  lettere.  Si  distingua  inoltre  la 
numerazione  dei  frammenti  §  VII. 


22  M.    MAYER 

1.  II  n.  1  ha  manichi  a  forma  di  sella  per  cosi  dire,  forma 
conosciuta  in  ispecie  dalla  ceramica  sicula  antichissima.  II  piede  e 
conico  e  breve  come  quasi  sempre.  II  disegno  della  spalla,  chia- 
miamo  cosi  la  metä  superiore,  consiste  in  fasce  che  chiudono  serie 
di  piccoli  quadrati  messi  a  punta,  che  sono  riempiti  a  lineette  paral- 
lele ;  una  delle  serie  corre  attorno  al  vaso  intero,  1'  altra  muore  ove 
cominciano  i  manichi.  La  pancia  o  metä  inferiore,  pel  disegno  sepa- 
rate nettamente  con  fasce  fortissime,  offre  quel  motivo  principale 
e  caratteristico  dell'  arte  peucetica,  che  rassomiglia  ad  un  p  e  1 1  i  n  e, 
nome  questo  piü  adatto  a  descrivere  im  oggetto  bislungo  formato 
da  una  forte  cornice  a  tre  lati,  aperta  al  disotto,  piena  di  linee  fine 
verticali.  L'  oggetto  scompare  sempre  dal  di  sotto  in  una  fascia  o 
in  varie  fasce  del  vaso,  quasi  come  un  grande  pettine  intromesso 
in  un  nastro  od  una  cintura.  Seguendo  il  movimento  del  vaso  stesso. 
esso  si  apre  un  poco,  quando  e  collocato  sulla  zona  superiore,  e  si 
ritira  un  poco  quando  sulla  inferiore.  Non  di  rado  i  due  larghi  travi 
laterali  sono  rastremati  in  giü.  II  concetto  e  1'  origine  di  questo 
Schema  verrä  spiegato  meglio  quando  si  conoscerä  piü  largamente 
il  nostro  materiale  (§  IX  in  line). 

II  presente  vaso  offre  un  paio  di  questi  pettini  morenti  in  giü 
coi  denti  in  un  largo  sistema  di  strie  parallele.  I  pettini  sono  messi 
simmetricamente  con  un  grande  campo  o  quadro  nel  mezzo  riem- 
pito  in  senso  diagonale  con  vari  sistemi  di  scacchi  e  di  triangoli 
colorati. 

2.  La  differenza  principale  dal  1°  sta  nei  manichi,  che  congiun- 
gono  labbro  e  spalla  come  braccia  appoggiate  sul  fianco,  ma  di  una 
foggia  piuttosto  avanzata,  cioe  di  larghe  fasce  senza  sensibile  spes" 
sore.  Spiccano  in  essi  le  clepsydre  dipinte ;  ciascuna  fra  due  punti 
tondi  ai  lati.  Del  resto  gli  elementi  decorativi  sono  quasi  identici 
con  quei  del  n.  1.  Nel  quadro  centrale  spicca  una  grande  scacchiera 
messa  in  cima  con  macchiette  nei  vuoti  triangolari  che  avanzano. 
La  divisione  che  si  scorge  in  questi  triangoli,  non  e  arbitraria, 
bensi  queste  linee  sono  ideate,  malgrado  le  loro  irregolaritä.  come 
i  termini  di  lunghe  diagonali  incrociate,  attraversanti  tutt'  il  quadro, 
come  e  visibile  piü  chiaramente  nel  piccolo  vaso  n.  25  Fig.  (§  III).  — 
Sulla  spalla  la  pittura  non  poteva  portarsi  intorno,  come  nel  n.  1, 
ove  il  manico  aperto  dal  di  sopra  non  opponeva  ostacolo  al  pennello 
del  pittore.  Quindi  lo  spazio  vuoto  al  di  sotto  del  manico  oppure 


CERAMICA    DELL'APULIA    PREELLEMCA  23 

nell'  interno,  che  dava  luogo    ad    un    altro  ornamento,  formato  da 
linee  convergenti  non  dissimile  a  tettoie  messe  l'una  sopra  l'altra. 

3.  L'  antica  forma  indigena  qui  subisce  una  trasformazione  in 
una  specie  di  cratere  greco.  Perö  il  manico  congiunto  col  labbro 
non  rinnega  la  sua  origine  dalla  '  sella '  semplice  per  i  rifinimenti 
a  guisa  di  aculei,  piü  accentuati  ancora  nel  n.  21.,  che  qui  sono 
in  direzione  orizzontale  per  via  del  labbro  allungato.  Si  confronti 
il  cratere  rosso  di  Lecce  (34)  ove  non  esistono  piü  queste  differenze 
capricciose  dovute  al  sentimento  Don  ancora  perduto  del  proprio  stile. 
Quanto  alla  decorazione,  essa  mostra  sulle  parti  laterali  della 
pancia  la  svastica  della  quäle  si  parlerä  subito,  e  parecchie  serie 
di  corte  zig-zag  a  forma  di  S  sulla  pancia,  sulla  spalla,  sul  labbro 
e  financo  sui  manichi.  Fra  i  piedi  dei  manichi  si  osserva  un  qua- 
drato  di  scacchi  messo  in  piedi,  e  negli  spazi  irregolari  a  destra 
e  a  sinistra,  gruppi  di  macchiette. 

4.  Bari  Mus.  prov.  666.  Alt.  0,30. 

Spalla:  quadretti  a  2  righe,  tre  fascie,  al  di  sopra  zig-zag 
a  nodi.  AI  di  sotto  dei  manichi :  tettoie.  Campo  centrale  come  nel 
n.  2,  ma  i  quadretti  scuri  della  scacchiera,  invece  di  essere  riem- 
piti  di  colori,  hanno  una  cancellata  fine  a  croce.  Campi  laterali: 
ciascuno  ha  quattro  clepsidre.  Manichi,  che  qui  sono  perforati: 
la  fascia  divisa  da  linee  trasversali  in  quadretti  vuoti;  a  questa 
fascia  precede,  come  spesso  sui  manichi,  un  quadretto  largo  che 
si  osserva  anche  nel  n.  2:  come  il  principio  di  un  nastro  che 
scompare  e  poi  ricompare  da  capo ;  ma  colä  resta  inosservata  quasi 
come  uno  sbaglio  della  pittura  ove  la  tinta  non  abbia  presa,  mentre 
qui  esso  e  distinto  da  una  serie  di  macchiette,  anzi  globuli  dise- 
gnati  con  diligenza,  accostati  di  sopra  e  di  sotto  da  linee  paral- 
lele. Tali  punti  o  macchiette  circondano  anche  l'orlo  del  labbro 
del  presente  come  del  n.  2.  Della  decorazione  interna  delle  labbra 
che  e  quasi  comune  a  tutti,  si  parlerä  a  suo  luogo.  II  piede  ha 
sistemi  di  semicerchi  ma  non  pendenti,  bensi  rovesciati. 

Altri  vasi  un  po'  piü  piccoli  dei  tipi  descritti  che  si  asso- 
ciano  al  n.  2  e  4,  sono  Bari  Mus.  prov.  3412  (da  Bitonto,  Not. 
d.  scavi  1897,  p.  434,  fig.  2).  2928.3153;  ove  s' incontrano  nei 
campi  disponibili  talvolta  degli  asterischi,  uno  in  ciascun  campo. 

Una  impressione  alquanto  diversa  fa  1'  urna  Bari  3149  colle 
due  serie  verticali  di  quadretti  neri  messi  in  cima,  che  servono 
invece  del  solito  campo  quadrato,  a  separare  i  pettini. 


24  M.  MAYER 

Accanto  al  pettine  figura  in  genere  una  grande  svastica, 
che  va  sempre  collocata  in  un  posto  molto  cospicuo.  Questo  sim- 
bolo,  ignoto  allo  stile  Nord-Appulo,  ha  sempre  la  forma  di  quattro 
gambe  con  piede,  e  va  eseguito  con  linee  piü  forti  dal  di  fuori  e 
piü  fine  nell'  interno,  abbellimento  che  non  manca  mai. 

Di  quei  vasi  che  portano  la  grande  svastica  nel  quadro  cen- 
trale o  rispettivamente  nel  laterale,  sia  in  luogo  degli  scacchi  o  sia 
alternata  con  esse,  vanno  rilevati  i  vasi  del  Museo  di  Bari  nn.  177. 
3657.  3653.  2927. 

Delle  particolaritä  interessanti  offre  la  grande  urna  seguente 
(ed  il  suo  compagno  che  si  trova  in  possesso  privato). 

5.  Tav.  IL  Bari  Mus.  prov.  3149.  Alt.  0,27;  da  Canneto. 


Für.  1. 


E  questo  non  tanto  nella  parte  inferiore  che  ha  i  pettini  con 
grande  svastica  in  mezzo,  quanto  nella  parte  superiore,  ove  i  pet- 
tini si  trovano  insieme  con  altri  ornati.  Invece  della  scacchiera 
v'  e  un  sistema  di  quadretti  semplici  messi  in  cima,  disegnati  se- 
condo  1'  uso  del  presente  stile  con  distinzione  di  uno  piü  forte  ed 
altri  piü  fini.  Negli  angoli  del  campo  vi  sono  crescenti  dai 
quattro  lati  del  quadrato,  altrettanti  elementi  meandrici,  cioe  uncini 
voltati  ad  angolo  nell'  interno  parecchie  fiate,  ma  non  in  modo 
precisamente  rettangolare.  Nel  centro  del  quadro  v'e  un  motivo 
che  non  devesi  confondere  con  la  svastica;  sono  due  S  incrociate, 
ciascuno  con  rifinimenti  quasi  meandrici ;  si  potrebbe  confrontare 
n.  14,  ove  le  due  S  servono  per  un  simile  quadretto,  ma  collocateuna 


CERAMICA   DELL'APULIA    PRF.ELLENICA  25 

accanto  all'  altra.  Fra  le  strie  che  riempiono  il  resto  di  questa 
metä  del  vaso,  si  distingue  una  stretta  zona  con  lunghi  uncini 
obliqui  addentellati,  che  da  lontano,  per  la  piccolezza,  rassomi- 
gliano  a  spirali.  Tutta  speciale  e  la  figura  che  spicca  fra  i  ma- 
nichi  (a  sella).  L'  ampio  sisteraa  di  triangoli  che  colla  base  comune 
rassomiglia  ad  una  tenda,  e  tanto  piü  perche  i  lati  prendono  spesso 
una  leggera  incurvatura  concava,  lo  si  conosce  dai  primi  tempi 
dell'arte  meridionale ;  schema  infatti  che  attraversa  tutte  le  classi 
della  ceramica  appula.  Insolito  perö  e  il  trinchetto  a  croce  che 
si  eleva  colä  al  di  sopra,  con  due  piccoli  rifinimenti  verticali  a 
ciascun  braccio :  cosa  che  vuol'  essere  studiata  assieme  con  certe 
altre  figure  non  del  tutto  identiche,  che  s'  incontreranno  sui  vasi 
presenti. 

Per  ragione    della  decorazione    identica  devono  collocarsi   in 
questa  serie  alcune  urne  con  m  a  n  i  c  h  i  a  forma  di  t  u  b  o. 

6.  Fig.  1.  Bari  Mus.  prov.  125  A.  0,24. 

7.  Ivi  3154.  A.  0,245;  da  Canneto. 

8.  Fig.  2.  Ivi  3714.  A.  0,26;  da  Montrone. 


Fig.  2. 

La  maniera  di  conservare  i  tubi  verticali  degli  askoi  anti- 
chissimi  in  un  senso  quasi  nettamente  decorativo  anche  in  vasi 
che,  essendo  largamente  aperti,  non  avevano  piü  bisogno  di  quei 
scolatoi  a  canale,  e  conosciuta  dai  vasi  Leccesi  (*)  e  s'  incontra,  come 
si  sa,  anche  p.  es.  nel   Lazio  (Roma),  a  Suessola  ed   altrove.  A 

0)  Bull.  d.  Ist.  XII,  p.  216. 


26  M.  MAYER 

Bari  e  nella  Peucetia  in  genere  i  tubi  compressi  e  trasforaiati  in 
manichi  offrono  la  particolaritä  di  restringersi  in  un  collo  con  la 
bocca  distaccata  come  un  bottone. 

II  n.  6  ha  un  manico  a  sella  e  invece  dell'  altro,  un  tubo  in- 
tero  come  gli  askoi  veri  (n.  15-17)  che  poteva  servire  da  scolatoio, 
mentre  si  copriva  l'apertura  centrale.  La  forma  e  la  probabile 
funzione  ricorda  un  poco  quello  pseudo-askos  con  decorazione  Nord- 
Appula  trovato  nelle  Pizzughe  d'  Istria  (l)  e  queilo  di  disegno  piü  si- 
mile  allo  Stile  peucezio,  che  e  pubblicato  da  Laborde  Vases  Lamberg 
II  48,  43.  Questi  sono  sormontati  da  unansa  semicerchiale  imitando 
un  forte  filo  di  bronzo  per  sospendere  il  vaso.  II  corpo  dei  vasi 
Baresi  e  piü  tondo,  per  non  dire  sferico,  delle  urne  studiate  finora, 
ma  non  senza  accentuare,  almeno  nel  disegno,  la  distinzione  della 
spalla.  La  parte  inferiore  offre  i  soliti  motivi  del  pettine  e  della 
grande  svastica  (6)  o  dei  pettini  soli  nel  mezzo  separati  da  sem- 
plici  tratti  orizzontali  (7).  La  spalla  del  n.  7,  dipinta  in  maniera 
piü  andante,  ha  un  grande  zig-zag  a  linea  raddoppiata,  quella 
del  n.  8  un  ornato  piü  fine,  che  vedremo  meglio  poi  (conf.  n.  21). 
II  primo  (6)  ha  bisogno  di  essere  descritta  nei  particolari.  Una 
delle  strette  zone  della  spalla,  che  sono  spesso  interrotte  da  li- 
neette  verticali,  tiene  quegli  uncini  obliqui,  giä  incontrati  nel 
n.  5  ma  piü  corte  e  fatte  in  una  maniera  un  poco  trascurata ; 
il  tubo  offre  alla  fronte  un  altro  pettine,  dove  e  rilevato  soltanto 
il  bordo  orizzontale,  e  alla  parte  contraria,  cioe  del  manico,  una 
figura  assai  speciale:  prima  il  conosciuto  sistema  triangolare  a 
'  tenda '  onde  si  eleva  quasi  come  un  candelabro  con  molte  can- 
dele,  un  fusto  verticale  con  uno  trasversale,  il  quäle  ultimo  e  guar- 
nito  di  11  o  13  piccoli  oggetti  verticali;  il  fusto  principale  e 
condotto  a  traverso  la  '  tenda '  fin  alla  base,  forse  per  la  sola 
comoditä  del  pittore,  che  trovava  tale  espediente  piü  semplice  che 
attaccare  la  linea  in  senso  strettamente  verticale  sulla  cima  della 
base.  E  palese  la  somiglianza  con  la  figura  dell'  urna  5,  ma  non 
meno    evidente  la  differenza. 

La  fine  di  questa  enumerazione  facciamo  con  due  vasi  di 
una  fattura  non  identica,  ma  ben  diversa  da   quella  presentatasi 


i1)  A.  Amoroso,  Le  Necropoli  preistoriche  dei  Pizzughi.  Atti   e  Mem. 
d.  Soc.  Istr.  di  Archeol.  1889,  tav.  V,  1. 


CEKAMICA    DEIX'AHULIA    PREEI.LENICA  27 

nei  prodotti  finora  descritti.    La  provenienza  non  e    accertata,  ma 
di  sicuro  non  lontana  da  Bari: 

9.  Fig.  3.  Bari  Mus.  prov.  3650.  Alt.  0,25.  ürna  come 
n.  1  segg.  con  manichi  a  sella  a  piede  svelto.  Sulla  spalla  due 
serie,  non  separate,  di  quadrati  con  cancellata  e  croce ;  i  quadrati, 
messi   sulla   punta  piü   grandi    del   solito.   Sulla   metä  inferiore, 


Fig.  3. 

grandi  pettini  e  nel  mezzo,  disposti  secondo  la  diagonale,  scacchi 
e  quadrati  (mezzi  e  intieri)  come  quei  primi.  AI  disotto  le  solite 
strisce  o  fasce  parallele,  continuate  qui  anche  sul  piede  piuttosto 
alto,  ove  poi  le  due  ultime  strisce  sono  congiunte  da  gruppetti 
di  verticali. 

10.  Tav.  III.  Bari  Mus.  prov.  3651.  Alt.  0,195.  Urna  'di 
corpo  piü  tondo,  piü  globoloso  ancora  di  quelle  due  munite  del 
tubo.  II  labbro  e  attondato  e  non  si  distacca,  come  i  precedenti, 
ad  angolo  con  profilo  dritto  dal  corpo.  Le  anse  di  forma  tonda 
piü  semplice  delle  altre  stanno  di  sbiego,  e  restano  molto  al  di- 
sotto dell'altezza  del  vaso.  Precisamente  questo  tipo  di  cratere 
o  zuppiera  si  trova  giä  fra  i  vasi  geometrici  di  Taranto  (e  si  incon- 
trerä  in  una  forma  piü  rüde  a  Santeramo ;  24).  Ma  il  loro  stato  fran- 
tumato  non  permette  di  constatare  se  il  piede  giä  era  foggiato 
come  il  presente,  che  sebbene  basso,  e  di  una  certa  eleganza, 
concavo  e  senza  sensibile  distacco  dal  corpo.  In  quanto  alla  deco- 
razione,  che  riguarda  soltanto  la  parte  superiore,  essa  offre  senza 
simmetria  la  solita  svastica  accanto  ad  un  altro  pettine,  quest'  ul- 
timo con  poca  distinzione   del   bordo    e    con  denti  meno   fini  del 


28  M.  MAYER 

solito.  Nel  campo  laterale  presso  ai  manichi  vi  sono  due  sistemi 
triangolari  opposti  con  le  punte  a  modo  della  clepsidra,  ma  a 
linee  curvate,  concave  in  specie  nella  metä  superiore,  che  anche 
nell*  interno  differisce,  offrendo  una  linea  incurvata  in  se  stessa 
in  modo  di  un  triangolo  aperto,  motivo  caratteristico  per  il  pre- 
sente  stile.  Dal  disopra  e  dai  lati  della  figura,  che  non  giunge 
l'altezza  del  quadro,  escono  per  animare  l'avanzo  di  spazio,  linee 
dritte  a  croce,  come  i  rifinimenti  di  una  croce  irregolare  in  parte 
coperta  dalla  clepsidra.  (l) 

Un  gruppo  per  se  formano  le  tre  urne  seguenti  di  stile  quasi 
identico,  che  presentano  forma  e  decorazione  della  serie  1  segg. 
in  uno  stadio  alquanto  anteriore  (2). 

11.  Tay.  IV  e.  Fig.  4.  Bari  Mus.  prov.  3508.  Alt.  0,25 ;  da  Ca- 
samassima. 

12.  Fig.  5.  3493.  Alt.  0,20 :  probabilmente  da  Ceglie  di  Bari. 

13.  ib.  3152.  Alt.  0,235;  da  Canneto. 

La  forma  e  quella  del  n.  2  con  manichi  a  fascia,  di  propor- 
zioni  piü  pesanti  nella  metä  inferiore,  con  la  spalla  alta,  cioe 
assai  inchinata,  di  proülo  duro,  dritto,  che  per  il  distacco  dalla 
pancia  ha  quasi  l'effetto  della  concavitä.  Come  le  fasce  orizzontali 
che  dividono  le  due  metä,  sono  relativamente  deboli,  cosi  1'  intera 
pittura  ha  qualche  cosa  di  magro  in  confronto  alle  precedenti, 
che  hanno  spesso  un  aspetto  ricco,  pe:-  non  dire  ingombrato.  Pet- 
tini  e  svastiche,  alternate  con  simmetria  e  senza,  adornano  la  parte 
inferiore ;  i  pettini  con  poca  distinzione  del  bordo.  Sulla  spalla  si 
distingue  una  zona  principale  e  piü  in  giü  un'altra,  stretta.  In 
quest'  ultima  si  scorgono  o  piccoli  triangoli  (con  un  secondo  nel- 
1' interno,  e  base  comune)  contrapposti  in  senso  alternante,  o 
quegli  uncini  ritrovati  nel  n.  5  e  6  che  si  direbbero  spirali  ad 
angoli,  se  non  fossero  lievemente  addentellati  anzi  che  realmente 
congiunti.  La  zona  piü  larga,  vicina  al  labbro,  offre  nei  n.  11-12 
quei  motivi  interessanti  che  non  puö  descriversi  altrimenti  che 
quäle  meandro  triangolare ;  cioe  la  base  di  un  triangolo  maggiore 
e  da  ciascuna  parte   rivolta   all'  interno,  in  modo  da  formare  due 

(*)  Quasi  un  compagno  di  questo,  anche  per  la  provenienza,  e  Mus. 
prov.  3652,  ove  la  metä  superiore  della  clepsidra  falsa  e  ripetuta  in  senso 
rovesciato  al  di  sotto  dei  manichi. 

(2)  Di  questo  tipo  e  il  vaso  di  Berlino  3908. 


CERAMICA    DELLAPULIA    I'REEIXENICA 


29 


uncini  triangolari;  cosi  almeno  nel  n.  11,  mentre  nell'  12  le 
curvature  sono  meno  regolari  formando  anche  tre  o  quattro  volte 
angoli  diversi,  tendenti  ora    al  quadrato,  ora  al  trapezoide.  E   di 


Fier.  4. 


questo  tipo  irregolare  e  anche  quell' uncino  isolato  che  va  annesso 
(sempre  internamente)  vicino  alla  cima  della  figura  principale, 
sieche  —  a  parte  la  base  aperta  —  si  ha  1'  idea  di  ud   triangolo 


Fig.  5. 


con  ornati  piü  o  meno  eguali  nei  tre  angoli.  A  traverso  del  tutto 
passa  come  linea  conduttoria  un  grande  zig-zag.  Corrisponde  nella 
maniera   perfettamente  il  disegno  visibile   sul  manico  del  n.  11, 


30  M.  MAYER 

una  specie  di  clepsidra,  ma  con  le  basi  aperte  da  una  parte, 
perche  formato  da  due  uncini  incrociati  rivolti  in  senso  triangolare. 
Brevi  cenni  triangolari  sono  inseriti  sul  labbro. 

II  pittore  del  terzo  vaso  si  e  liraitato  a  mettere  invece  di 
quel  sistema  un  poco  complicato,  due  cenni  triangolari  con  in 
mezzo  la  figura  1 1  (pag.  39)  che  ritorna  nell'  askos  30  in  forma 
piü  semplice,  cioe  i  motivi  che  il  n.  11  adoperava  in  luogo  se- 
condario  e  sui  manichi,  il  saggio  di  una  linea  ondulata  ad  angoli, 
specie  di  greca  primitiva. 

Questi  tre  vasi  ed  i  precedenti  n.  5  e  6  ci  offrono  nientemeno 
che  gli  elementi  fondamentali,  dai  quali  dovette  svilupparsi  il 
meandro  greco.  V'e  l'uncino  meandrico,  v'e  la  fascia  accennata 
che  continuata  s'  incontra  almeno  su  di  un  vaso,  una  tazza  Barese 
dell'epoca;  ne  mancava  finalmente  in  un'altra  parte  di  questo  am- 
biente  (37.  fr.  9,  10)  il  meandro  a  forma  di  piede,  l'elemento  isolato 
o  in  due.  Bastava  di  congiungere  parecchi  dell'uno  o  l'altro  tipo, 
per  arrivare  alla  fascia  meandrica,  la  cui  giunzione  interna  degli 
elementi  giä  era  indicata  dal  tipo  a  forma  di  piede.  Ma  non  si 
giunse  oltre  all'  unire  due  uncini  in  senso  contrario  a  forma  di 
un  S,  come  vedremo  nel  prossimo  vaso.  E  neppure  questo  passo 
si  e  fatto  ancora  nelle  urne  presenti.  Tanto  lontani  si  erano  dalla 
idea  della  fascia  greca,  che  punto  badavano  quäl  specie  di  figura 
tendesse  a  formare  la  linea  spezzata,  se  triangolare  o  rettangolare 
o  poligonale  o  —  ciö  che  non  avviene  punto  raramente  —  un  sistema 
misto  da  due  elementi  diversi.  Ci  troviamo  dinnanzi  ad  uno  stile 
tutto  speciale,  che  con  la  sua  maniera,  di  trattare  e  variare  la 
linea  spezzata  sia  a  forma  di  sporgenze  o  di  figure  indipendenti, 
affronta  in  principio  i  freni  della  fascia  rigata  e  piü  di  tutto  la 
norma  orizzontale.  Sembrando  a  prima  vista  bizzarri  e  capricciosi, 
ma  seguendo  una  legge  interna  stilistica,  i  tratti  scorrono  come  una 
scrittura,  che  si  direbbe  talvolta  quasi  r.orsiva,  guardando  p.  es.  la 
croce  del  n.  24,  in  modo  che  non  riesce  facile'  rendere  subito  o 
imitare  dalla  memoria,  figure  come  quella  11  pag.  39. 

Proprio  questa  maniera  si  osserva  nelle  spirali  geometriche 
che  si  scorgono  qui  soltanto  nell'arte  paesana  dall'Apulia.  Certo 
nella  classe  Barese,  priva  completamente  del  compasso  per  fino 
alla  deflcienza  di  ogni  traccia  di  cerchio,  non  aspetteremo  i  cerchi 
con  tangenti.  Ma  sorprende   a  vedere  con   quanta  cura  minuziosa 


CKRAMICA    DELL'aPULIA    PREELLENICA  31 

anzi  con  quanta  speditezza  gli  uncini  vanno  eseguiti  e  spezzati 
piü  tosto  3  o  4  volte,  addentati  fra  loro  ma  senza  contatto  dei 
rifinimenti,  mentre  sembrerebbe  cosa  piü  ovvia  e  commoda  di 
attondirli  ad  un  solo  tratto.  E  le  varietä  che  si  verificano  anche 
qui,  confrontando  p.  es.  il  n.  6  e  5  con  il  tipo  del  n.  12,  rivelano  di 
nuovo  una  maniera  abbarbicata,  non  inspirata  da  qualsiasi  influenza 
estrinseca. 

Una  conferma  per  quel  che  si  e  detto,  possediamo  in  quel  bel- 
lissimo  vaso,  regalato  con  un  altro  (n.  24)  dal  cav.  De  Laurentiis : 

14.  Tav.  III.  Bari;  Mus.  pr.  3646,  alt.  0,17  senza  manichi; 
contrada  di  Santeramo. 

La  forma  ben  diversa  dalle  precedenti,  si  presenta  quasi 
come  due  emisferi,  privi  della  calotta  polare,  onde  si  elevano  due 
manichi  ad  orecchio  appuntato.  La  parete  e  finissima  ed  il  tutto 
della  massima  perfezione  tecnica,  alla  quäle  corrisponde  la  rara 
precisione  e  nettezza  del  disegno.  La  zona  inferiore  adornano  grandi 
svastiche  e  pettini,  alternati  senza  simmetria,  la  superiore  ha  da 
ciascuna  parte  due  campi  quadrati,  uno  colla  svastica,  l'altro  con 
un  bellissimo  sistema  di  meandri,  messi  in  senso  diagonale.  A 
primo  aspetto  si  crede  di  scoprire  un  sistema  di  vere  greche,  men- 
tre in  realtä  le  diagonali  consistono  soltanto  in  sistemi  di  due 
elementi  meandrici  uniti  in  un  gruppo  a  forma  'di  un  S,  alla  quäle 
composizione  si  aggiunge  un  elemento  isolato  nel  centro  e  uno  in 
ciascun  angolo  esterno  della  figura.  In  forma  piü  semplice  i  due  S 
sono  ripetuti  sui  manichi  in  un  quadrato  messo  sulla  punta,  con 
elementi  isolati  aggiunti  questa  volta  ai  lati  per  riempire  gli  an- 
goli  vuoti;  altri  saggi  meandrici  sono  sparsi  sul  collo,  yicino  al 
labbro  del  vaso.  Si  deve  confessare  che  questi  artisti  analfabeti 
sapevano  profittare  dei  pochi  motivi  di  cui  disponevano,  con  una 
abilitä  ed  un  talento,  che  sorprende  e  che  produce  degli  effetti  dav- 
vero  simpatici.  E  pure  il  tipo  un  po'  arcaico  del  vaso,  foggiato 
senza  piede  e  con  queste  anse,  nonche  del  pettine,  coi  denti 
grossi  nell'interno,  muove  dubbi,  se  il  pittore  volendo,  avrebbe 
potuto  continuare  il  sistema  meandrico  perfino  ad  una  fascia  sana 
orizzontale,  e  se  cid  non  uscisse  dalla  cerchia  della  sua  conoscenza 
e  tradizione.  Questo  passo  non  lo  vediamo  fatto  se  non  su  vasi 
imitanti  anche  nella  forma,  modelli  greci. 


32 


IL  Altre  forme.  —  Decorazione  ad  arco. 

Finora  abbiamo  taciuto  costantemente  della  decorazione  del 
labbro,  di  quella  parte  cioe  interna  che,  sebbene  non  e  sempre  vi- 
sibile  sulle  nostre  figure,  certo  non  sarä  rimasta  grezza  in  vasi 
cosi  riccamente  dipinti.  Nel  solo  n°  3  fu  notata  la  serie  di  zig-zag 
del  vaso,  ripetuta  sul  labbro,  proprio  perche  si  trattava  di  una 
eccezione.  II  resto  di  questa  serie,  compresi  molti  simili  esemplari 
non  descritti,  e  costante  ed  offre,  se  mai  il  labbro  ha  sufficiente 
larghezza,  o  archi  lineari  o  merletti  neri  ad  arco,  orlati  o  no 
di  lineamento  fine  o,  finalmente,  raggi  neri  piü  o  meno  fini, 
inclusi  o  no  da  una  striscia  larga  inerente  alla  parte  interna 
ed  esterna  del  labbro.  S'  intende  che  questi  Ultimi  motivi  deri- 
vano  dal  sistema  degli  archi  lineari;  riempita  di  colore  la 
parte  interna  del  labbro,  nacquero  prima  i  merletti  neri  con 
segmenti  bianchi  al  di  fuori,  e  per  un  processo  di  degenerazione 
quei  raggi  stretti  che  si  conservano  poscia  anche  su  vasi  mi 
nori,  p.  e.,  bicchieri  di  disegno  non  piü  geometrico.  Un  processo 
alquanto  simile  si  svolge  sulla  spalla  dei  vasi.  La  dai  tempi  an- 
tichissimi,  esistevano  spesso  due  serie  di  triangoli  contrapposte  a 
denti  alternati  (l),  fra  le  quali  rimase  un  vuoto  a  forma  di  zig-zag; 
col  tempo  si  cominciava  ad  accentuare  questo  movimento  con  una 
linea,  che  in  seguito  rinforzata  ed  abbellita,  fini  per  scacciare  o 
assorbire  i  triangoli,  come  si  scorge  su  varie  urne  (2),  del  resto  identi- 
che  con  le  altre  per  stile  e  fattura.  —  In  quanto  al  labbro  lo  svolgi- 
mento  dal  sistema  lineare,  contornato,  al  massiccio,  per  cosi  dire, 
dev'  essere  cominciato  assai  presto.  I  pizzi  neri  sono  comuni  giä  in 
classi  molto  anteriori  (§  VII)  e  compaiono  poi  ridotti  a  raggi 
stretti,  maniera  in  genere.  che  per  la  sua  eleganza  stona  alquanto 
dal  restante,  e  se  ritrovati  in  frammenti  come  a  Putignano,  fa- 
rebbero  facilmente  aspettarci  un  corpo  giä  decorato  quasi  in  uno 
stile  greco.  Le  tre  urne  11-13,  di  certo  le  piü  antiche  in  questa 
serie,  d'  altronde  affinissime  fra  loro,  mostrano  tutte  e  tre  varietä ; 
gli  archi  soli  (11),  i  pizzi  neri  (12)  ed  i  raggi  stretti,  qui  anche 
separati  e  messi  in  distanza  (13). 

(i)  Per  es.  Tarauto  34. 

(2)  Per  es.  n.  7  e  Bari  128.  3151. 


CERAMICA   DELL'APULIA   PREELLENICA  33 

Tale  decorazione  e  abituale  anche  allo  stile  delle  altre  re- 
gioni,  ma  per  il  labbro  solo  e  per  il  piede,  se  ce  n'  e.  La  pre- 
sente  classe  invece  1'  adopera  pure  per  il  corpo,  come  si  vede  nei 
seguenti  vasi,  che  ho  dovuto  rimandare  fino  a  qui,  malgrado  la 
identica  epoca  e  fattura,  trattandosi  di  forme  differenti  con  dimen- 
sioni  minori,  che  forse  perciö  si  prestavano  meno  alla  decorazione 
larga  e  ricca  prescelta  per  le  urne. 

15.  Fig.  6.  Bari.  Mus.  pr.  1551.  Alt.  0,135.  Askos  di 
corpo  un  poco  ovale  con  bocca  a  foggia  di  tubo  corto    e   largo  e 


Fig.  6. 


con  canaletto  per  sugare  alla  parte  contraria ;  piede  breve  conico, 
manico  sul  dorso  a  forma  di  fiocco  o  anello  allungato.  Sul  dorso 
una  serie  di  zig-zag  a  forma  di  2  e  un  doppio  ordine  di  quadrati 
(in  piedi)  riempiti  di  lineette;  conf.  n.  21.  Due  metä  del  corpo  sono 
anche  qui  distinte  da  una  fascia  larga;  da  essa  pendono  semicer- 
chi  in  serie  doppia,  il  resto  del  corpo  e  coperto  di  strie  paral- 
lele. II  collo  offre,  laddove  egli  si  attacca  al  corpo,  un  disegno 
che  ricorda  quasi  il  petto  di  un  cavallo  bell'  e  guarnito,  rispec- 
chiando  bene,  con  le  strie  inclinate  che  ricevono  in  fine  due  orizzon- 
tali  morenti,  il  movimento  piuttosto  ideato  che  eseguito  del  collo : 
insomma  tutto  rivela  quel  sentimento  fino  e  sicuro  per  stile  e  con- 
sistenza  che  distingue  questa  intiera  ceramica. 

3 


34  M.  MAYER 

16.  Tav.  III.  Bari.  Mus.  pr.  2395.  Alt.  0,14.  Jskos  si- 
mile  al  n°  15.  Qui  nella  zona  inferiore  si  riscontra  quel  che  si  e 
detto  sulla  decorazione  dei  labbri  delle  urne :  lo  spazio  presso  le 
parti  concave,  che  prima  rimase  bianco,  e  riempito  di  colore  e  si 
prevede,  che,  come  i  due  archi  sono  in  genere  ridotti  ad  uno  (con 
eccezioni  visibili  a  destra),  cosi  in  im  prossimo  yaso,  dipinto  forse 
con  un  po'  di  trascuratezza,  anche  quest'ultimo  arco  verrä  omesso. 
In  quanto  al  disegno  del  dorso,  vi  e  soltanto  la  serie  di  zig-zag 
che  si  estende  fin  vicino  al  collo. 

17.  Fig.  6  bis.  Bari.  Mus.  pr.  2962.  Askos,  da  Noicattaro. 
Alt.    con    manico  0,155.  II  corpo,  piü  globoso  con   piede  brevis- 


simo,  manico  piü  alto,  e  intieramente  coperto  da  strie  parallele  ; 
fra  quelle  della  parte  inferiore  si  distingue  una  serie  di  archi  pen- 
denti,  e  fra  quelle  piü  fine  della  spalla,  due  serie  (separate)  di  punti : 
il  resto  col  manico,  trattato  quasi  come  un  coperchio,  riprende  le 
strie  piuttosto  larghe.  Notevole  il  pettine  applicato  al  collo,  e  al 
di  sotto  della  base  una  grande  croce  colorata,  motivo  giä  incon- 
trato  sulla  grande  tazza  a  torzella  Messap.  flg.  20  (1),  cf.  il  nostro 
n°  23,  e  ripetuto  due  volte  su  di  una  urna  o  zuppiera  di  Sante- 
ramo,  qui  sotto,  n°  24,  raffigurata  Tav.  IV. 

18.  Fig.  7.  Bari  Mus.  pr.  3498.  Alt.  0,125  Diam.  mass.  0,17, 
probabilmente  da  Ceglie  del  Campo. 

Specie  di  '  fruttiera ',  che  serviva  perö  piü  probabilmente  da 
sostegno  per  qualche  altro  vaso  privo  di  piede,  sia  un  askos  —  gli 
askoi  perö  di  stile  corrispondente  sono  tutti  appianati  al  di  sotto 


(')  Bull.  d.  Ist.  1897  p.  245. 


CERAMICA   DELl/APUUA    PREEl.LENICA  35 

o  muniti  di  una  base  —  ossia  per  una  coppa  emisferica  di  metallo  o 
vetro  o  qualche  materiale  esotico,  come  se  ne  trovano  p.  es.  a  Ca- 
nosa  tanto  in  originali  che  imitati  in  creta,  e  proprio  di  dimensioni 
corrispondenti  (Bari  1478. 1232.  3325  =Not.  d.  Sc.  1898,  pag.  203 

fig.  6).  Una  'fruttiera'  di  simili  dimen- 
sioni trovai  a  Canosa  füori  dello  scavo, 
perduta  nel  terreno  (Bari  3327) ;  la  coppa 
e  piü  bassa,  ma  proprio  per  questa  ragione 
non  adatta  a  ricevere  frutta  o  simile,  bensi 
fatta  per  appoggiare  qualche  altro  piatto. 
L'interno  della  nostra  e  riccamente  dipinto. 
Fi     7  Un  cerchio  diviso  in    quattro  parti  come 

le  roteile  dei  vasi  Leccesi,  schema  che  ri- 
corre  al  di  sotto  del  piede  ('),  e  circondato  a  poca  distanza  da  un 
largo  sistema  di  archi  colorati  e  contornati  come  se  ne  vedono  sulla 
parte  esterna.  Per  tener  la  distanza  fra  l'uno  e  1' altro  serve  una 
di  quelle  zone  strettissime  divise  con  gruppi  di  lineette. 

19.  Bari  Mus.  pr.  3499,  provenienza  uguale.  Piccola  coppa 
diam.  0,117  con  cenno  di  base,  decorato  all'  interno  in  simile  ma- 
niera,  sistema  di  archi  colorati  con  grande  ornato  centrale.  Quest'  ul- 
timo, per  quanto  la  condizione  sciupata  lascia  discernere,  dev'  es- 
sere  stata  quella  svastica  complicata  o  croce  meandrica  che  —  per 
non  uscire  dalla  Apulia  —  si  scorge  nel  nostro  vaso  31  fig.  17  e  su 
di  una  gioielliera  d'oro,  trovata  a  Noicattaro,  conservato  nel  Museo 
di  Bari  (2)  che  riproduco  qui  per  curiositä  tav.  III  F).  Sui  vasi 
Baresi  propri  della  classe  presente  quel  motivo  si  trova  raramente, 
p.  e.  su  308  al  di  sotto  del  piede. 

20.  Tav.  IV.  Di  simile  stile  e  di  uguale  provenienza  e  anche 
la  urnetta  (alt.  0,  11)  Bari  Mus.  prov.  3794,  di  cui  non  avrei 
data  la  figura  se  non  avesse  una  certa  raritä  di  forma  con  le  anse 
messe  vicino  alla  base:  forma  resa  con  poca  chiarezza  del  profilo, 

(J)  Tra  i  vasi  della  presente  classe  cf.  Bari  3151. 

(2)  No.  1660,  1660  a.  Diam.  0,045.  1  piccoli  coni,  dei  quali  uno  e  con- 
servato (alt.  0,016),  erano  una  volta  muniti  di  pietre  dure.  Di  altre  tre  pietre, 
piü  piccole,  la  lastrina  a  d.  conserva  le  montature.  II  cono  ha  in  rilievo  tre 
svastiche  della  forma  comune,  segregate  per  piccoli  triangoli  ascendenti,  con 
alcuni  archi  rovesciati,  immisti  irregolarmente.  Per  i  due  serpi  aggruppati  con 
le  svastiche  conf.  la  scatola  Tebana,  Jahrb.  d.  Inst.  III  p.  357. 


36  M.  MAYER 

raa  che  giudicando  da  vasi  come  flg.  B  tav.  IV  Bari  2828  (Egna- 
zia),  3407  (Canosa)  ed  altre  analogie  (fig.  A  tav.  IV,  Mus.  di 
Taranto  135)  deve  rimontare  ad  un  tipo  antichissimo,  che  riscon- 
treremo  nelle  classi  anteriori  (*). 

21.  Fig.  8.  Un  poco  diverso  per  la  fattura  e  V  aspetto  ge- 
nerale e  il  cratere  da  Valenzano,  di  possesso  privato.  Oltre  alla 
decorazione  a  semiarchi  concentrici,  prescelta  per  le  discrete  dimen- 


Fig.  8. 

sioni  del  vaso  che  ha,  per  questo  tipo  di  urna  cosa  insolita,  soltanto 
l'altezza  di  0,18,  spicca  sulla  parte  superiore  una  fascia  alquanto 
speciale,  che  ricorre,  se  se  ne  tolga  la  piccola  modificazione  nel 
n.  15,  su  altre  diie  urne:  una  giä  1'  abbiamo  incontrata  (n.  8); 
1'  altra  di  uguale  decorazione  (pettini,  svastica)  del  corpo,  simil- 
mente  tondo  ma  con  manichi  a  sella,  fu  trovata  a  Putignano  ed 
e  conservata  colä  nel  Municipio.  Queste  due  hanno  i  quadretti 
riempiti  di  puntini  ad  una  o  due  serie  o  gruppetti  meno  regolari. 
Alla  presente  classe  appartiene  chiaramente  il  vaso  pubblicato 
da  Läborde,  Vases  Lamberg  II  48,  42;  una  pignatta  ad  un  ma- 
nico,  di  tipo  poco  caratteristico  (cfr.  la  nota  pag.  38,  1).  Ess  a  ha, 
per  eccezione,  i  semicerchi  incorniciati  in  un  campo  bislungo,  e  sul 


Q)  Conf.  anche  Berlino  253. 


CERAMICA    DELL'aPULIA    PREELLEMCA  37 

labbro  archi  con  triangoli   im  po'  attonditi ;    sull'orlo   del   labbro 
piccoli  punti  o  macchiette  ('). 

Temerei  di  stancare  il  lettore,  se  volessi  qui  enumerare  e 
catalogare  tutto  il  raateriale  Barese  decorato  in  questo  stile,  visto 
che  ci  resta  ancora  da  studiare  piü  di  una  classe  diversa  e  piü 
antica.  Basti  menzionare  sommariamente  il  gran  numero  di  urne 
decorate  cogli  elementi  osservati  finora  in  due  serie  di  vasi.  Se- 
condo  le  dimensioni  prevale  1*  uno  o  1'  altro  sisteraa,  in  modo  che 
il  secondo,  quello  ad  archi,  va  prescelto  per  i  vasi  minori,  pur 
dominando  nell'  uno  e  nell'  altro  sui  labbri,  spesso  intimamente 
connesso  con  elementi  triangolari,  abilmente  inseriti  nei  segnienti 
ed  altri  spazi  yuoti. 

Nella  gradazione  di  dimensioni  che  insensibilmente  scende  fin 
alla  tazza,  nel  senso  moderno,  una    notevole    differenza  si  verifica 

tutt'al  piü  nei  manichi,  che  con  la  loro 
fascia  larga  e  fina,  foggiata  ad  orecchio 
tondo,  spesso  superaoo  1'  altezza  della 
urnetta.  Le  tazze  hanno  spesso  uno  o 
due  manichi  ad  orecchio  appuntato,  perö 
con  la  cima  solcata  come  cuojo,  non 
proprio  biforcati  come  quei  della  Dau- 
nia.  Di  questo  tipo  raffigurato  qui  (22, 
...     0  fig.  9)  in  un  esemplare  di  Putignano 

e  in  un  altro  trovato  a  Bari  (gruppo 
fig.  9  pag.  38)  e  p.  es.  una  tazza  a  Bologna,  Sala  VI,  che  per 
forma,  disegno  e  creta  mi  ricordö  subito  la  roba  Peucezia  in 
ispecie  della  contrada  di  Rutigliano ;  essa  ha  nella  parte  inferiore 
semicerchi  concentrici,  sulla  spalla,  vicino  al  labbro,  una  serie 
di  questi  uncini  \\\\  comunissimo  disegno,  e  sul  labbro  stesso 
gruppi  di  linee  verticali.  Si  confrontino  le  numerose  tazze  Baresi,  alle 
quali  pure  appartiene,  come  giä  fu  notato  a  principio,  il  vaso  (2) 

(')  Finito  lo  stile  geometrico,  appare  talvolta  su  certi  bicchieri  greciz- 
zanti,  messa  vicina  all'orlo,  una  serie  di  piccoli  semicerchi  duplici  di  una  forma 
un  poco  allungata,  avvicinata  all'  ovale,  che  potrebbe  essere  inspirata  dagli 
ovuli  dei  vasi  greci  figurati. 

(*)  Non  capisco  perche  1'  autore  voglia  confrontarlo  con  tazze  di  Rodi 
come  A  288  del  catalogo  (si  poteva  con  lo  stesso  diritto  o  torto  riferire  al 
Dipylon),  che  oltre  ad  una  decorazione  diversissima,  hanno  manichi  alti  e  quasi 
diritti  ed  un  collo  verticale  senza  labbro. 


38  M.  MAYER 

Louvre  D  95,  che  nel  catalogo  di  Pottier  non  lascia  ben  discernere 
gli  archi  pendenti  concentrici. 

Le  stoviglie  di  questa  classe,  secondo  la  sobrietä  del  loro  ca- 
rattere  generale,  si  limitano  a  poche  forme,  e  non  presentano  punto 
quella  varietä  bizarra  propria  all'  arte  del  nord.  Oltre  alle  tazze 
—  che  del  resto,  qualora  sieno  di  qualche  dimensione  e  ad  un 
manico  tondo,  portano  talvolta  una  sporgenza  a  spina,  conosciuta 
anche  in  altre  regioni,  sul  manico  laddove  la  mano  di  quel  che 
versa  o  beve,  metterebbe  il  pollice  (l)  —  meritano  una  breve  men- 
zione  le  coppe,  che  sono  quasi  sempre  grandi  (0,16-0,19)  e  della 
forma  profonda  conica,  come  sulla  fig.  10  in  genere  munite  del  ma- 


Fig.  10. 

nico  a  sella,  piü  raramente  attondito.  La  loro  decorazione  e  sempre 
della  piü  grande  semplicita,  con  gruppetti  di  tratti  verticali  sull'ansa 
e  attorno  al  labbro,  che  e  rivolto  all'  interno,  e  con  un  cenno  di 
disegno  nel  centro,  questo  perö  senza  cerchi  circondanti,  perche  in  tal 
luogo  ristretto  ci  voleva  il  compasso  e  non  bastava  il  tornio  solo ;  i 
primi  tentativi  titubanti  di  mettere  colä  i  cerchi,  si  verificano  sotto 
1'  influenza  greca  e  col  finire  del  disegno  geometrico,  anche  di  quel 


•0  Per  es.  Bari  3155,  3158,  c  di  epoca  un  poco  posteriore  3164,  3612 
La  forma  del  vaso  di  Novilara  Mon.  d.  Line.  1895  p.  121  fig.  12,  attribuito 
all'Apulia,  non  trova  colä  finora  riscontro  preciso.  Si  potrebbe  magari  confron- 
tare  il  vaso  Laborde,  v.  p.  36 ;  sorprenderebbe  perö  in  questo  ambiente  ]a 
fascia  greca,  continuata  attorno  al  vaso.  Una  somiglianza  anche  lontana  coi 
vasi  del  Museo  Napol.  illustrati  dal  Winter  Ath.  Mitth.  XII  241,  11,  cioe  con 
roba  Nord-Appula,  non  rai  riesce  di  vederla.  Con  questo  perö  non  intendo 
di  eseludere  la  possibilitä  della  attribuzione  fatta  dal  Brizio. 


CERAMICA    DELL'APULIA    PREKLLENICA  39 

poco  nel  centro  delle  coppe.  —  Conviene  in  fine  notare,  che  se  alcuni 
tipi  di  urne  o  cratere  come  il  n.  6  abbisognavano  assolutamente  di 
un  coperchio,  e  d'altra  parte  v'e  nessuna  traccia  di  coperchi  negli 
scavi,  dovevano  proprio  essere  queste  coppe  o  sxno^iara  che  ser- 
vivano  —  come  si  e  osservato  in  altri  siti  antichi,  —  allo  stesso 
tempo  per  coprire  il  recipiente.  II  fatto  e  che  esse  per  foggia  e 
misure  si  combaciano  completamente  alle  aperture  delle  urne. 


Fig.  11.  Fig.  11  bis  (v.  pag.  46). 

III.  Un  supplemento 

non  privo  di  qualche  interesse  formano  i  vasi  seguenti,  in  maggior 
parte  tazze  a  due  rnanichi,  ad  orecchio  tondo. 

*23.  Bari  Mus.  prov.  2445.  Bullet,  d.  Ist.  XII  p.  245  fig.  20. 

Questa  pignatta  —  giä  prima  illustrata  e  perciö  rilevata  con 
un  asterisco  dalla  serie  nuova  —  che  per  la  foggia  del  corpo  e 
dei  rnanichi  un  po'  compressi,  lasciavasi  confrontare  con  le  torzelle 
primitive,  risulta  appartenere  all'  ambiente  Peucezio  tanto  per  la 
disposizione  dei  disegni  che  per  la  fattura  un  po'rozza  ed  irrego- 
lare  —  il  vaso  sta  male  in  piedi  —  che  lo  avvicina  alle  tre  tazze 
che  seguiranno.  In  quanto  ai  quadrati  graticolati  della  spalla,  messi 
a  qualche  distanza  fra  loro,  non  trovo  sinora  riscontro  per  tale  dispo- 
sizione se  non  sul  n.  32,  che  e  pure  di  un  tipo  speciale  e  si 
allontana  alquanto  dal  presente  stile.  II  tipo  delle  grandi  croci 
invece  con  la  concavitä  dei  lati  esterni  ed  un  quadrato  nel  centro, 
s'  incontra  tal  quäle  sul  fondo  dell'askos  17  e  su  ciascun  lato  di 
una  zuppiera  di  fattura  piuttosto  irregolare  che  arcaica,  proveniente 
dalla  tenuta  De  Laurentiis  vicino  a  Santeramo: 

24.  Tav.  IV.  Bari  Mus.  prov.  3647  alt.  0,21.  In  questa  ma- 
niera  a  linee  curve  sono  altrove  (l)  trattate  talvolta  le  clepsidre, 

0)  Cfr.  la  brocca  Caeretana,  Louvre  catal.  ill.  D  75,  o  la  coppa  Eodia 
ivi  A  298. 


40  M.  MAYER 

sembra  per  mera  trascuratezza,  meotre  nell'  arte  presente  ci  entra 

una  certa  tendenza  a  variare,  come  si  vede  dalla  clepsidra  lineare 

tra  i   manichi  del  n.  10.  Quella    stessa  croce  perö    che   troviamo 

giä  nella  ceramica  antichissima  dell'  Oriente  Greco,  di   Cipro  ('), 

Rodi  e  Creta  (2)  che  altro  e  se  non  una  coppia  di  clepsidre  incro- 

ciate,  motivo  in  ispecie  comodo  per  ravvivare  uno  spazio  quadrato 

o   circolare  (3).  II   quadrato  centrale  serve  a  distaccare  meglio  le 

braccia,  e  si  faceva  in  modo  seraplicissimo  quando  in  due  coppie 

di  diagonali  s'  introduceva  colore  nei  quattro  angoli,  lasciando  vuoto 

o  no  il  quadrato  centrale  (4). 

25-27.  Tre  piccole  pignatte  di  Ceglie;  alt.  0,06-0,08. 

25.  Fig.  12.  Bari  Mus.  prov.  3495. 

Da  ciascuna  parte   vi   e   un   campo   quadrato  con  diagonali 

tutto  in  linee  doppie,  con  un  altro  quadrato  messo  al  di  sopra  in 

senso  diagonale;  metodo  di  decorazione 

giä  notato  sopra,  nelle  urne  n.  2  e  10 

(in  fine) ;  1'  interno   rassomigliante  da 

lontano  alla  scacchiera,  consiste  invece 

di  serie  confuse  di  raacchie  bianche  con 

dentro  macchiette  nere;  le  linee  verti- 

cali  che  accompagnano  la  cornice,  sem- 

brano  rivelare   la   dipendenza  da  una 

composizione    di    campi   quadrati,   di- 

visi  come  di  solito,  con  linee  piü  fine. 

„.     10  Dai  manichi  alla  base  si  estendono  tre 

Fig.  12. 

larghe  strisce.  La  spalla  accenna  fra 
istrettissime  fasce  due  serie  di  triangoli  ed  inoltre  —  sproposito 
portato  seco  dalla  trascuratezza  evidente  —  degli  uncini  contrap- 
posti  come  quelli  del  n.  31,  ma  in  senso  orizzontale.  Le  labbra 
offrono  un  cenno  trascurato  dei  pizzi  neri  ad  arco.  —  Subito  si 
riconosce  che  i  motivi  principali  sono  presi  in  prestito  dalle  grandi 
urne,  non  ostante    le   doppie   strisce   verticali,  avanzo   un  po'  ar- 

C1)  Coli.  Cesnola  tav.  CVIII  865-867. 

(8)  Cf.  Jahrb.  d.  Instit.  I  Anz.  134.  Louvre,  A  298  del  catal.  illustr.  di 
Pottier.  Cf.  anche  la  brocca  Caeretana  Louvre  D  75  catal.  ill. 

(3)  Cf.  Wide,  Mitth.  d.  Ath.  Inst.  XXII  fig.  10.  12. 

(4)  Questo  tipo  offrono  anche  bronzi  di  Olympia,  Furtwängler  XXV  502 ; 
e  in  graffiatura,  di  Glasinac :  Hoernes  Urgeschichte  d.  bild.  Kunst.  Taf.  XX  4. 


CERAMICA  DELL  APULIA  PREKLLENICA 


41 


caico.  La  prova  ne  e  data  dal  26,  che  e  rimasto  in  possesso 
privato,  mentre  le  altre  due  passavano  al  Museo.  Una  grande  sva- 
stica,  copiata  nello  stile  conosciuto,  copre  la  maggior  parte  della 
parete ;  dal  rovescio  si  scorgono,  uno  sull'  altro,  due  sistemi  lineari 
di  losanghe,  con  dentro  due  altri  colorati ;  per  il  terzo,  che  si  era 
cominciato,  non  bastö  lo  spazio,  mentre  un  quarto  fu  annesso  al 
di  fuori.  Fra  questo  gruppo  irregolare  e  la  svastica  vi  sono  dei 
travi  larghi  verticali  (due)  similmente  al  n.  precedente,  congiunti 
perö  con  due  tronchi  di  non  minore  doppiezza  ('). 

27.  Fig.  13.  Bari  Mus.  prov.  3496. 
La  forma  dei  manichi  e  im  po'  com- 
pressa  come  nel  23.  Sulla  spalla  un  me- 
schino  saggio  di  scacchiera.  Sulla  metä 
inferiore  alcune  losanghe  a  graticola,  spro- 
porzionate  anche  queste  alla  piccolezza 
dei  vaso,  incluso  in  due  paia  di  forti  ver- 
ticali, che  perö  da  fuori  s'  incurvano  in 
modo  da  formare  un  trapezio  concavo  ; 
s'  incrociano  con  una  simile  cornice  allar- 
gata  in  giü,  contenente  linee  piü  fine,  figura  che  occupa  il  posto  al 
disotto  dei  manichi. 

Un  altro  gruppo  e  formato  da  due  urnette  o  grandi  tazze  a 
manichi  alti  e  tondi,  al  quäle  si  associa,  per  certi  particolari,  un 
piccolo  Askos. 

28.  Fig.  14.  possesso  privato;  da  Putignano.  Alt.  senza  ma- 
nico  0,135. 

29.  Fig.  15.  Bari,  Mus.  prov.  3156;  da  Canneto.  Alt.  senza 
man.  0,16. 

30.  Fig.  16.  Bari,  Mus.  prov.  3500;  da  Ceglie.  Alt.  senza 
mau.  0,13. 

II  primo  vaso  offre  nel  campo  della  spalla  le  conosciute  figure 
triangolari  in  due  serie  contrapposte,  attraversate  da  una  fine  linea 
a  zig-zag;  nella  zona  al  disopra,  vicino  al  labbro,  campi  bislunghi, 
alcuni  con  un  zig-zag  irregolare,  la  quäle  decorazione  e  anche 
applicata,  sui  manichi  (conf.  inoltre  la  nota  1 ).  Insignificanti  sono  le 
linee  convergenti  al  disotto  dei  manichi  ed  il  disegno  che  si  trova 


Fig.  13. 


(»)  Cfr.  §  VII  framra.  10. 


42 


M.    MAYER 


al  di  sotto  della  base,  cioe  due  diagonali  cogli  angoli  congiunti  da 
linee  concave.  11  labbro  ha  archi  con  saggi  di  meandro  triango- 
lare  nei  vuoti.  Desta  invece  interesse  la  metä  inferiore  del  corpo, 
ove,  alternati  con  piccoli  sistemi  triangolari  sporgenti  dalla  fascia 
principale,  appaiono  elementi  meandrici  rettangolari  (');  e  a  ciascuno 
di  questi  ulimi  si  attacca  una  linea  prima  rotta,  poi  dritta,  quasi 
come  un  fulmine,  estendendosi  sino  alla  fine  del  vaso,  al  cui  piano 
e  soltanto  tolta  una  strettissima  zona  per  non  porre  la  stria  finale 
proprio  sul  piede. 

In  forma  piü  genuina  lo  stesso  particolare  si  presenta  sul 
piccolo  Askos  (30),  ove  la  linea  passa  svelta  e  senza  ostacolo 
proprio  sino  alla  base,  che  e  priva  di  piede.  II  resto  del  disegno 
e  semplice,  notevole  perö  sul  petto  o  per  meglio  dire  sulla  parte 
anteriore  del  collo,  una  figura  simile  del  n.  13,  ma  abbreviata;  una 
nuova  combinazione  dei  noti  elementi. 


Figr.  14. 


Fior      ]5. 


D'  altronde  la  seconda  urna  (29),  per  il  detto  motivo,  si  allon- 
tana  ancora  piü  della  prima  dal  tipo  originale,  qualunque  fosse  1'  idea 
della  linea  a  fulmine.  Come  sulla  spalla,  che  offre  un  disegno 
simile  al  primo,  il  grande  zig-zag  e  formato  da  due  linee,  cosi 
anche  la  linea  a  fulmine  e  raddoppiata  ed  inoltre  ripetuta  a  modo 
di  un  gruppo  simmetrico  che  finisce  molto  prima  del  corpo,  essen- 
dovi  due  fasce  orizzontali  aggiunte,  giusta  la  maggior  altezza  del 
piede.  Nel  mezzo,  fra  i  due  fulmini,  si  osservano  alcune  lineette 
sporgenti  dalla  fascia  principale. 

{})  Un  simile  elemento  rettangolare  si  trova  anche  sul  principio  delle  anse. 


CERAMICA    DF.LL'aPLLIA.    PREELLEMCA  43 

In  quanto  alle  brevi  linee  pendenti  ed  agli  altri  brevi  ornati 
(triangolari  e  qnadrati)  sporgenti  dalla  fascia  principale  del  vaso,  vi 
si  riconosce  una  ereditä  vetusta  dello  stile  appulo,  visibile,  comin- 
ciando  da  Taranto,  sotto  varie  forme  in  quasi  tutte  le  classi.  In 
origine  tali  sporgenze  venivano  attaccate  ai  contorni  delle  figure 
geometriche,  in  qualunque  direzione,  e  non  regolate  ancora  secondo 
la  norma  orizzontale,  che  giä  prevale  nello  stadio  attuale.  Un  cri- 
terio  diverso  richiedono  le  linee  lunghe  a  fulmine,  che  sembrano 
come  termini  di  qualche  filo  volante  liberamente,  e  percid  nel  n.  28 
aggiunte  inorganicainente  alle  sporgenze  della  cinta.  Se  esse  sem- 
bravano  finora  dure  come  fili  di  ferro,  e  sti- 
lizzate  da  ambedue  i  termini,  lo  stesso  con- 
cetto  possiamo,  in  forma  piü  libera,  ricono- 
scere  su  quella  pignattina  trovata  a  Suessula 
(Notizie  degli  Scavi,  1878,  tav.  IV,  4),  e  ri- 
cordante  piuttosto  lo  stile  appulo  che  sues- 
sulano.  Cola,  pendono  nella  sfera  inferiore 
priva  di  decorazione,  dei  corti  fili  svolazzanti 
liberamente,  affatto  verticali,  muniti  alla  fine  di  piccoli  anelli  anzi 
lastrine  tonde,  aventi  dentro  un  punto.  ßiscontro  tanto  meno  dub- 
bioso,  in  quanto  sul  collo  del  vaso  si  scorgono  due  fnlmini  incro- 
ciati,  elementi  dunque  propri  anche  a  questo  vaso,  che  coi  manichi, 
adesso  rotti,  si  sarä  ancora  di  piü  avvicinato  al  tipo  pugliese.  Un 
vaso  proprio  corrispondente  non  trovasi  attualmente  in  Apulia;  si 
possono  pero  confrontare  per  ora  alcuni  vasi  Canosini,  come  quello 
pubblicato  nelle  Notizie  degli  Scavi,  1897,  p.  196,  fig.  1  per  il  collo, 
e  Bari, Mus.  prov.  3442  per  la  prossima  zona  con  gruppo  di  denti. 
I  pendagli  dipinti  posso  tali  quali,  cioe  con  anello  o  lastrina  vo- 
lanti  liberamente  in  vario  senso,  presentare  su  di  un  vaso  appulo : 

31.  Fig.  17.  Bari,  Mus.  prov.  3500  ;  da  Ceglie.  Alt.  0,13 
senza  man. 

Qui  inoltre  la  fascia  principale  del  vaso  e  guarnita  da  linee 
corte,  sebbene  adesso  molto  sbiadite  e  appena  visibili,  tutt'attorno. 
e  non  solo  a  piccoli  gruppi  come  nel  n.  29.  In  tutti  i  modi  restiamo 
nello  stesso  ordine  di  idee  decorative  (')• 

(!)  I  pendagli  svolazzanti  di  sbiego  sono  numerosi  sul  vaso,  e  special- 
mente  sul  rovescio,  ma  le  tracce,  per  se  certissime,  sono  deboli,  tänto  da  non 
prestarsi  ad  un  discreto  metodo  di  riproduzione.  Vicino  al  piede  si  discerne 


44 


II  restante  del  vaso  non  ha  rapporto  col  tema  presente.  Per 
i  maniehi  verticali  e  pel  loro  forte  distacco  dal  labbro  esso  si  allon- 
tana  altrettanto  dal  carattere  Peucezio  quanto  si  avvicina  allo  stile 


Fig.  17. 

Leccese,  che  esso  ricorda  pure  per  la  perfezione  tecnica  vista  nella 
superficie  dell'argilla,  che  appare,  rna  non  e,  coperta  di  una  fine 
engobe.  Questi  bicchieri,  in  genere,  e  piü  particolarmente  un  tipo 
affine  senza  angolo  fra  labbro  e  maniehi,  vengono  in  voga  assieme 
con  i  grandi  vasi  a  cestello,  precisamente  quando  lo  stile  geome- 
trico  sta  per  finire;  il  presente  e  uno  dei  pochi  a  pittura  netta- 
mente  geometrica. 


Non  trovo  luogo  piü  conveniente  che  sotto  questo  supplemento, 
di  far  conoscere  due  vasi  R  u  v  e  s  i ,  soli  che  da  quel  materiale 
abbondante  di  carattere  Nord-pugliese  si  distacchi  nettamente, 
rispecchiando  invece  certa  affinitä  coli' arte  Barese. 

32.  Tav.  III.  Ruvo,  Mus.  Jatta,  senza  numero.  Alt.  0,10. 

33.  Ruvo,  Coli.  Caputi,  57,  Alt.  0.16. 

11  corpo  di  ambedue  rassomiglia  ai  nostri  N.  11-13,  se  non 
che  nel  profilo  della  parte  superiore  si  distinguono  tra  loro  alquanto 


ancora,  ma  non  senza  fatica,  una  fina  stria  con  trattini  pendenti  come  sulla 
fascia  principale;  ma  il  tutto  e  sbiadito. 

Un  vaso  a  cantaro,  esistente  nella  piecola  collezione  del  Municipio  di 
Foggia,  che  contiene  anche  molti  oggetti  comperati  nella  provincia  di  Bari, 
mi  ricordava  il  bicchiere  presente,  tanto  per  la  forma  identica  che  per  la  creta 
Ana  liscia  (rossiccia,  credo),  e  la  pittura  rossa,  che  consiste,  perö,  di  sole 
strisce  forti  verticali. 


CERAMICA   DELL'aPUI.IA   PREELLENICA  45 

il  collo  e  la  spalla.  I  manichi  del  primo  sono  (cosa  rara  in  questo 
ambiente)  foggiati  —  secondo  modelli  di  Rodi  o  simili  —  ciascuno 
come  un  pajo  di  funi  intrecciate,  la  cui  mvidezza  si  voleva  forse 
accennare  coi  tratti  dipinti  irregolarmente ;  mentre  il  secondo  ha 
le  anse  a  fascia,  un  poco  piü  alte  del  #corpo  e  compresse,  anzi 
appuntate  lievemente.  L'argilla  di  quest'ultirno  e  molto  chiara  e 
tina,  cid  che  si  verifica  meno  nell'altro,  che,  sebbene  non  trovato 
a  Kuvo  stesso,  ma  piü  al  sud,  ha  pure  molta  affinitä,  anche  per 
la  pittura  bruna  e  violetto,  combinazione  non  comune  nei  vasi  di 
Kuvo.  L'effetto  grazioso  del  vaso  Jatta,  bene  apprezzato  dai  pro- 
prietari,  e  raggiunto  con  mezzi  piut'tosto  semplici,  propriamente 
con  due  soli  ornati  ripetuti  e  disposti  con  gusto  e  abilitä:  essi 
cioe  sono  (a)  la  croce  meandrica  o  svastica  complicata  giä  incontrata 
sopra  al  n.  19  un  quadrato  o  losaDga  diviso  in  quattro  quadretti 
con  dentro  un  uncino:  il  collo  ha  ima  serie  di  a  a  piccole  distanze, 
la  spalla  una  serie  di  b  messe  sulla  punta,  divise  da  3-4  linee 
dritte  a  guisa  di  quadri  o  metope.  La  parte  inferiore  del  vaso 
ripete  questi  motivi  in  senso  verticale,  perö  in  modo  che 
questa  volta  sono  le  losanghe  che  stanno  a  distanze  e  quindi  spie- 
cano  di  piü,  mentre  con  contrasto  ben  calcolato  nella  fascia  densa 
si  confondono  all'occhio  le  svastiche  colle  liüee  trasversali.  —  II  vaso 
Caputi  ha  sulla  metä  superiore  soltanto  alcune  strie,  fra  le  quali 
si  discerne  una  stretta  zona  di  uncini  contrapposti,  come  nel  n.  25, 
e  ritti  come  nel  n.  31.  La  parte  tonda  inferiore  ha  di  comune  col- 
l'antecedente  la  disposizione  verticale,  che  consiste  perö  in  mas- 
sima  di  semplici  fasce  scure,  simili  al  n.  27;  con  la  modificazione 
speciale  che  di  ciascun  gruppo  di  quattro  parallele  le  due  esterne 
si  incurvano  e  si  coagiungono  col  prossimo  gruppo  a  guisa  di  una 
finestra  o  porta  ad  arco,  idea  suggeritaci  ancora  di  piü  per  una  fine 
fascia  meandrica  verticale,  che  si  dirige  verso  la  cinta  dell'arco.  Io 
non  scorgo  in  questo  strano  motivo  altro  che  gli  elementi  del  n.  27 
rovesciati  e  combinati  in  un  modo  nuovo  ed  originale.  Quelle  stesse 
pignattine  ci  sono  anche  rammentata  dal  vaso  Jatta  con  le  losan- 
ghe ascendente  dal  fondo. 


46  M.  MAYER 

IV.    Cronologia. 

Sarebbe  far  torto  al  lettore  il  voler  tacere  che  le  circostanze  degli 
scavi  onde  sogliono  provenire  i  nostri  vasi,  sieno  state  malissimo 
notate.  Nessuno  si  curava  di  questa  roba,  che  non  era  mai  accom- 
pagnata  da  vasi  figurata,  o  altri  oggetti  di  qualche  pregio  o  curio- 
sitä.  Ma  sbaglierebbe  chi  volesse  concluderne  che  siamo  in  una 
epoca  di  molto  anteriore  ai  vasi  attici,  cioe  a  figure  rosse,  quando 
cioe  questa  importazione  non  si  etfettuava  ancora  nella  Apulia  interna. 
Anzi  la  speranza  di  poter  penetrare  con  questi  prodotti  cosi  carat- 
teristici  del  paese  in  una  antichitä  lontana  e  piena  di  buio,  sem- 
brerebbe  fino  a  un  certo  punto  delusa;  tanto  risulta  dalle  notizie 
raccolte  da  me  in  questi  pochi  anni  e  dai  ritrovamenti  recenti  di 
sepolcri,  le  cui  stoviglie  i  contadini,  compresane  finalmenta  1'  impor- 
tanza,  hanno  cominciato  a  portare  in  modo  piü  completo  al  Museo  di 
Bari.  Assistere  ad  uno  scavo,  di  fresco  aperto,  non  riesce  facilmente, 
poiche  i  sepolcri  di  questo  genere,  invece  di  essere  bislunghi  e  di 
annunziarsi  con  la  grande  lastra  di  pietra,  sono,  almeno  in  Can- 
neto,  spesso  a  forma  di  piccoli  p  o  z  z  i  raggruppati  in  gran  numero, 
contenenti  ciascuno  pochi  vasi,  che  vengono  poi  raccolti  alla  rin- 
fusa,  cioe  senza  prendere  nota  dei  pozzi  onde  provengono. 

D'  altronde  la  vicinanza  di  tanti  sepolcri  ad  una  certa  ed  iden- 
tica  profonditä,  come  spesso  avviene,  permette  di  presumere  che  si 
tratti  di  sepolture  non  troppo  distanti  per  1'  epoca,  di  tombe  ap- 
partenenti  a  gente  di  qualche  masseria  o  a  poche  famiglie  abitanti 
in  vicinanza  di  esse.  Difatti  anche  senza  poter  assegnare  il  suo  posto  e 
l'assieme  a  ciascun  oggetto  pervenutoci  in  tali  occassioni  di  ritrova- 
menti, possiamo  quasi  sempre  osservare  i  medesimi  fatti,  uno  svi- 
luppo  non  troppo  esteso  che  finisce  nel  V  secolo,  forse  anche  circa 
il  400  av.  Cr.  Questo  limite  va  segnato  a  mo'  di  documento  da  una 
coppa  con  le  lettere  AM  (')  dipinte  nel  centro  interno  (flg.  11  bis,  Bari, 
Mus.  2394),  unica  traccia  epigrafica  che  ho  potuto  trovare,  se  se  ne 


(*)  Kiferibili  forse  non  tanto  a  nomi  come  Anxa,  Anxani  o  simili,  che  al 
vicino  Azetium,  cittä  il  cui  nome  Messapico  e  reso  cosi  nella  lingua  greca 
delle  monete,  mentre  Plin.  N.  H.  III  105  offre  Aegetium,  Tab.  Peuting. 
Echetium  o  Ezetium. 


CERAMICA   DELL'aPUUA    PREELLEMCA  47 

toglie  un  N  dipinto  sulla  spalla  di  im  cratere  a  colonuette  (•),  per  la 
tecnica  affine  alla  detta  coppa,  il  quäle  cratere,  dipinto  con  edera 
sul  collo,  costituisce  una  delle  numerose  irnitazioni  locali  dei  vasi 
italo-greci  figurati  che  hanno  quasi  sempre  una  simüe  decorazione 
al  collo;  lavori  dunque  non  anteriori  al  400.  La  coppa  proveniente 
da  uno  dei  detti  sepolcreti  di  Canneto,  foggiata  sul  modello  greco, 
con  piede  sviluppato,  ma  senza  manichi,  offre  la  fattura  pesante 
propria  alle  coppe  paesane ;  essa  si  e  dei  resto  torta  nella  fornace 
o  durante  la  lavorazione.  Se  i  caratteri  epigrafici  sono  un  po'  piü 
antichi,  non  impressionerä  chi  ha  letto  le  nostre  osservazioni  sulla 
Messapia,  Bull.  d.  Ist.  XII  p.  226.  Essa  e  giä  dipinta  d'un  colore 
un  po'  luccicante,  diverso  dalla  tinta  cupa  color  cioccolata,  pecu- 
liare  ai  vasi  georaetrici.  L'applicazione  di  questa  vernice  primitiva 
comincia  nel  secolo  quinto  a.  Cr.  e  procede  di  pari  passo  con  altri 
tentativi  pure  diversi  dalla  tecnica  indigena,  che  si  osservano  sui 
numerosi  vasi  grecizzanti  che,  se  non  accompagnano,  seguono  perö 
a  breve  distanza  i  vasi  geometrici ;  sono :  1)  brocche  quasi  com- 
pletamente  grezze  di  un  tipo  derivato  dal  corinzio,  di  corpo  larga- 
mente  cilindrico,  attondito  alla  base;  2)  oenochoe  trilobe,  un  po' 
panciute,  con  manico  spesso  diviso  (cioe  quasi  a  due  funi),  ma  senza 
i  bottoni  laterali  sull'attacco  superiore,  insomma  di  tipo  piuttosto 
attico  che  rodio  o  corinzio ;  3)  un  tipo  semplice  di  cratere  o  zuppiera, 
sempre  privo  di  disegno,  tranne  qualche  striscia,  ed  appartenente 
per  l'assieme  (2)  e  per  i  sepolcri  dello  strato  superiore  (3),  certa- 
mente  alle  generazioni  anteriori  al  quarto  secolo  av.  Cr. ;  4)  piü 
raramente  una  specie  di  urne  dei  tipo  descritto  oltre,  p.  60.  Le 
oenochoe  si  distinguono  per  la  finezza  della  parete,  e  rivelano  piü 
o  meno  una  speciale  fabbrica  eccellente  in  questo  genere,  ma  di 
certo  non  greca  (4). 

Volevo  soltanto  rilevare  con  quäle  roba  i  vasi  geometrici  si 
trovano  in  prossimitä.  Vi  e  perö  anche  qualche  prova  della  loro 
coesistenza.  Una  tomba  a  Noicattaro,  per  esempio,  conteneva,  oltre 
alcune  tazze  geometriche,  una  oenochoe  tinta  di  nerastro,  imita- 


C1)  Bari  Mus.  prov.  341. 

(*)  Bari  Mus.  prov.  2414.  2415. 

(3)  Bari  Mus.  prov.  2416. 

(4)  Questo  risulta  da  certi  cenni  di  disegno. 


48  M.  MAYER 

zione  meschina  della  vernice  greca,  con  disegno  (a  violetto)  di  ba- 
stoncini  sulla  spalla.  Conteneva  anche  due  coppe  di  tipo  greco, 
frammenti  di  una  grande  coppa  oppure  caldaia  di  bronzo,  una  pic- 
cola  fibula  di  bronzo  e  una  di  ferro,  e  dei  coralli  di  ambra  ('). 
Due  sepolcri  nelle  adiacenze  della  cittä  di  Bari  contenevano, 
oltre  alle  tazze  geometriche  di  fattura  ordinaria  (2),  roba  grezza  insi- 
gnificante  ed  una  grande  tazza  con  spina  sul  manico,  con  una  pit- 
tura  rossa,  poca  ma  caratteristica,  che  mi  sembrava  indicare  una 
fabbrica  affine,  se  non  identica,  a  quella  dei  tipi  2  e  4  fra  le  sto- 
viglie  ora  menzionate  (3). 

Delle  stoviglie  antiche  geometriche,  sono  le  tazze  a  due  ma- 
nichi,  che  sembrano  continuare  piü  a  lungo  e  quasi  sopravvivere  al- 
l'epoca  propriamente  geometrica.  Ma,  in  genere,  il  processo  di  deca- 
denza,  se  raai,  e  quasi  insensibile;  quest'arte  cessö  all'  improvviso, 
come  era  apparsa,  quasi  bell'  e  fatta,  senza  uno  sviluppo  notevole, 
almeno   nel   centro   della    produzione,    il    quäle    era   presso  Bari. 

Difficilmente  si  riesce  a  far  rimontare  questo  stile  fin  alla  metä 
dei  secolo  VI,  e  piü  difficilmente  ad  assegnargli  una  durata  che 
comprendesse  due  secoli,  cioe  lo  spazio  dal  600-400  a.  Cr.  Non 
importa  se  spesso  s'  incontra  il  tipo  corinzio  della  larga  brocca  ci- 
lindrica,  sebbene  im  po'  deformato  con  base  arrotondita.  Poiche 
anche  gli  originali  stessi  di  questa  roba  a  buon  mercato,  non 
erano  veramente  corinzi,  ma  imitazioni  locali,  dipinti  in  stile  e  co- 
lore  italo-greco,  come  si  vede  dall'esemplare,  Bari,  Mus.  prov.  2727. 
Si  noti  poi  che  la  padella  di  bronzo  con  manico  arcaico,  descritta 
dall'Helbig  (4)  ed  ora  passata  colla  restante  suppellettile  al  Museo 
di  Bari  (3060),  fu  trovata  in  un  sepolcro  di  Canneto,  insieme  a 
bronzi,  certo  dei  V  secolo,  e  con  vasi  attici  a  figure  rosse  di  stile 
ben  avanzato,  vasi  attribuiti  allora  (quando  li  vide  1'  Heibig)  alla 
fine,  oggi  probabilmente  alla  metä  dei  V  secolo.  Ayviene  sempre 


(i)  Bari  Mus.  prov.  3343-3349. 

(8)  Una  di  queste  e  il  vaso  medio  dei  nostro  gruppo  fig.  10. 

(3)  Bari  Mus.  prov.  3617-3620. 

(*)  Bull.  d.  Ist.  1881  p.  181  No.  5.  Conf.  ib.  1875  p.  149.  II  tipo  e  piü 
o  meno  quello  di  Karlsruhe  488  (Catal.  Schumacher) ;  cfr.  De  Kidder,  Bronzes 
d'Athönes  709-715.  Imitate  in  creta  si  trovano,  a  Canosa,  padelle  di  questu 
o  simile  tipo  (Schumacher  489)  ancho  in  tombe  piü  recenti ;  esempi  Bari  Mus. 
165.  166. 


CERAMICA    DELLAPULIA    PREELLEMCA 


49 


quello  che  non  cessö  di  assicurare  (')  che,  cioe,  gli  indigeni  pu- 
gliesi,  specialmente  quelli  dell'interno  del  paese,  lontani  dalla 
costa  Tarantina,  conservavano  gelosamente  per  generazioni  gli  og- 
getti  greci,  finche  1'  invadente  popolazione  ed  arte  greca  con  pro- 
prie  officine,  e  con  im  commercio  facilitato  andö  scemando  il  pregio 
di  quei  cimeli,  ciö  che  si  veiificö  sin  dal  IV  secolo. 

Se  il  nostro  calcolo,  riguardo  all'alta  antichitä,  forse  supposta 
da  taluno  pei  vasi  di  nno  Stile  cosi  puramente  geometrico,  riesce  in 
un  senso  piuttosto  negativo,  esso  alla  fin  dei  conti  non  troppo 
sorprenderä  chi  riguarda  le  forme  stesse,  in  ispecie  delle  urne, 
che  non  nascondono  1'  influenza  del  cratere  greco,  malgrado  l'abile 
combinazione  col  tipo  locale  di  vaso  ad  urna.  Caratteristico  in  tal 
rispetto  e  un  vaso  trovato  a  Bitonto  insieme  con  un'urna  pura- 
mente Barese  (cfr.  sopra  pag.  24),  con  un  altro  di  tipo  Canosino 
o  del  Nord  in  genere  e  con  un  elmo  greco  del  VI-V  sec.  (2) :  E  (34 


Fig.  18. 

tav.  III)  una  oenochoe  triloba,  larga  e  panciuta,  come  il  tipo  ar- 
caico  greco  p.  es.  di  Corinto.  La  decorazione  del  corpo,  a  grandi  raggi 
o  denti,  vista  per  la  prima  volta  in  queste  contrade,  non  ci  ha, 
s  intende,  che  fare  col  motivo  di  '  pettine  ' ;  essa  si  scorge  accennata 
anche  sulla  zona  mediana  (perö  confusa  colä  nella  decorazione  a 
liste,  con  fiori  ecc.)  di  un  piccolo  askos  doppio,  stile  posteriore  di 
Canosa  (Bari,  Mus.  3449).  II  motivo  deriva  invece  da  quello  che 
s'  incontra'piü  puramente  nella  penisola  Messapica,  prima  in  Ta- 
ranto  (fig.  18  D,  tazza   n.   36  della  antichissima  serie)  e  poi  in 


(!)  Bull.  d.  Ist.  XII  p.  228  segg.  Not.  d.  Scavi  1896  p.  539. 
(«)  Not.  d.  Scavi  1897  p.  434,  fig.  1-4. 


50  M.  MAYER 

un'arte  molto  piü  recente,  su  di  un  askos  leccese  con  testa  di  bue 
(fig.  18  E)  (>). 

La  brocca  di  Bitonto  presenta  sulla  spalla  i  quadretti  messi 
in  punta,  con  linee  parallele  di  dentro,  disegno,  che,  qualora  conti- 
nuato  a  serie,  e  non  troncato  o  interrotto  come  nello  stile  del  Nord, 
e  stereotipato  nella  classe  di  Bari  e  si  avvicina  piuttosto  a  quella 
serie  antichissima  di  Taranto  (fig.  18  C,  Tar.  n.  43)  (2). 

VI.    Tappe   mediane   fra   lo   stile   Barese 
e  le  sue  origini  (tav.  IV  35-37). 

In  vano  si  cercherebbe  nel  territorio  di  Bari  e  Ceglie  qual- 
che  traccia  di  uno  stadio  anteriore  dello  stile  su  illustrato,  qual- 
che  oggetto  che  annunziasse  un'arte  cosi  spiccata,  presentatasi  anche 
subito  con  una  tecnica  cosi  perfezionata.  Ciö  che  si  puö  trovare  di 
interessante  nel  nostro  materiale  di  scavo,  sarä  magari  qualche 
oggetto  ricordante  altre  regioni,  come  un  bicchiere  a  foggia  di  piccolo 
piede  (3)  mal  formato,  (ved.  la  fig.  19) ;  una  specie  di  candelabro  o 
sostegno,  fusto  con  coppino  da  ambo  le  parti  (fig.  10),  una  scodella 
o  coppa  di  carattere  misto  con  elementi  esistenti  o  conservati  di  so- 
lito  nella  Daunia  sola  (ved.  fig.  19  con  la  nota  *).  AI  tri  oggetti,  come  i 
bicchieri  conici  o  cilindrici  a  due  colori,  diffuse  anticamente  in  varie 
parti  dell'Apulia,  sono  difiicilmente  di  fattura  Barese,  mentre  alcuni 
semplici  vasi  (scodelle  profonde  o  piccole  zuppiere)  lavorati  a  Ce- 


(1)  Mus.  prov.  di  Lecce  n.  42;  tinto  in  bianco  con  pittura  color  rosa. 
II  vaso  non  porta  indicazione  della  provenienza,  mentre  il  compagno  n.  44 
offre  ■  Canosa  \  e  un  terzo,  munito  di  altra  testa  raa  del  tutto  inseparabile, 
n.  48,  rivela  l'unica  provenienza  probabile  per  tutti  e  tre :  'Kugge'.  A  questo 
gruppo  volli  riferirmi  Bull.  d.  Ist.  XII  214,  1. 

(2)  I  disegni  C  D  e  A  (tav.  IV)  sono  stati  eseguiti  dietro  gli  schizzi  fatti 
da.  me  nell'  inverno  1894/5. 

(3)  Tra  i  piedi  o  vasi  a  piede  delle  varie  regioni  antiche  non  trovo  niuno 
per  forma  e  decorazione  cosi  simile  al  presente  come  quelli  applicati  ad  un 
vaso  Ungherese :  Hoernes  Urgesch.  d.  bild.  Kunst  Taf.  XXII  7  (non  XXV, 
come  e  stampato  colä  pag.  576).  Erroneamente  essi  sono  ritenuti  per  braccia 
e  mani,  ivi  pag.  517.  576  ;  vasi  con  mani  offre  del  resto  l'Apulia  stessa:  Not. 
d.  scavi  1898  fig.  8-10.  Non  manco  a  richiamare  1'  attenzione  su  altri  vasi 
Ungheresi  come  ivi  XXII  8  con  disegni  Appuli ;  cfr.  specialmente  il  meandro 
triangolare  sulla  spalla  con  le  nostre  urne  11.  12. 


CEKAMICA    DELL'APULIA    PREELLEMCA  51 

glie,  rivelano  forse  quel  contatto  con  l'arte  arcaica  delle  altre  due 
regioni,  ma  non  hanno  rapporto  con  lo  stile  da  noi  illustrato.  Per 
indagare  questo  in  uno  stadio  anteriore,  veramente  arcaico  e  na- 


Fig.  19  (*). 

scente,  dovremmo  allontänarci  un  po'  dal  territorio  Barese  e  diri- 
gerci  verso  il  Sud  della  provincia  Peucetica. 

Prima  perö  di  maoverci  nella  direzione  indicata,  fa  duopo  par- 
lare  di  tre  vasi  che  occupano  come  un  posto  mediano,  connetten- 
dosi  da  una  parte  alla  classe  Barese,  dall'  altra  a  stadi  di  certo 
ad  essa  precedenti.  E  siccome  della  roba  antichissima  il  materiale 
di  cui  disponiamo  finora  e  soltanto  frammentario,  vale  la  pena  fer- 
marsi  per  un  momento.  Ed  e  nuovo  ed  essenziale  per  due  di  essi 

(*)  Questo  gruppo  abbisogna  di  alcune  dilucidazioni. 

1.  Bari  Mus.  prov.  3161 ;  da  Canneto.  Diamet.  0,14.  La  coppa  a  sini- 
stra,  e  identica  con  quella  che  si  scorge  piü  a  basso,  ivi  riprodotta  sopra 
altra  scala,  troppo  piccola  per  lasciar  discernere  i  dettagli  della  decorazione 
interna,  che  si  conosceranno  meglio  nell'arte  Nord-Appula.  La  creta  e  verda- 
stra  come  spesso  a  Canneto. 

2.  Bari  Mus.  prov.  3162;  da  Canneto.  Diaraet.  mass.  0,165.  La  coppa 
sfondata,  visibile  a  destra,  rassomigliante  un  poco  all'  hnbuto  di  uno  '  sfagion  ' 
(Notizie  d.  Scavi  1898  pag.  204  sg.).  Creta  giallognola. 

3.  II  piede.  Bari  Mus.  prov.  3163;  da  Canneto.  Alt.  0,085.  Fattura 
simile  alla  coppa  1. 


52  M.  MAYZR 

vasi  il  color  rosso  predominante,  cioe  di  una  tinta  feccia  di  Tino, 
con  disegni  bruni  o  neri,  mentre  il  terzo,  che  uon  conosco  che  dal 
catalogo,  e  tinto  in  nero  con  intonaco  rosso. 

35.  Tav.  IV.  Lecce,  Mus.  prov.  92.  Alt.  0,26. 

36.  Tav.  IV.  Bari,  Mus.  prov.  1536.  Alt.  0,22  provenienza 
ignota. 

37.  Tav.  IV.  Berlino,  Mus.  Reale  254.  Alt.  0,245. 

Nel  n.  35  ci  si  presenta  un  tipo  di  cratere  puramente  greco, 
il  quäle  perö,  in  quanto  alla  formazione  del  manico  e  del  labbro,  e 
anticipato  in  certo  modo  nei  vasi  grecizzanti  messapici,  in  ispecie  le 
urne,  illustrati  in  una  prima  Memoria  (p.  216).  II  labbro  piano, 
schiacciato,  perfettamente  verticale  ma  non  aguzzo,  caratteristico 
dei  vasi  leccesi,  non  ricorre  piü  verso  Nord,  e  nemmeno  il  collo 
dritto  e  breve  sul  corpo  largamente  panciuto.  La  parte  inferiore 
ha  i  motivi  conosciuti :  pettini  e  svastica,  perö  alternati  con  grandi 
s  p  i  r  a  1  i ,  che  sarebbero  impossibili  nello  stile  di  Bari :  sono  dipinte 
con  pennello  pieno  e  largo,  sempre  perö  in  modo  piü  corretto  e 
senza  quel  nocciolo  che  si  vede  nella  torzella  16  (Messap.  tav.  X, 
p.  237).  Questi  vari  elementi  sono  divisi  da  alcune  linee  semplici 
(äne  e  parallele)  o  da  due  gruppi  di  parallele  con  brevi  tratti  nel 
mezzo,  alternati  come  da  denti.  Sulla  parte  superiore  v'e  un  quadro 
rigurato,  stretto  e  lungo,  fra  due  striscie  verticali.  In  queste  stri- 
scie  vi  sono  sul  fondo  risparmiato  piccoli  sistemi  di  cerchi  (a 
due).  Nel  quadro  con  cornice  posto  nel  fondo  naturale  si  scorgono 
quattro  grandi  uccelli  acquatici,  evidentemente  anitre,  malgrado  le 
teste  ornate  di  una  cresta,  specialitä  che  non  trova  facilmente  ri- 
scontro  nella  zoologia.  Il  corpo  e  la  coda  sono  ravvivati  con  graf- 
fiatura  a  zig-zag,  per  accennare  le  penne.  Una  simile  graffiatura  e 
fatta  sulla  cornice  del  quadro.  II  margine  del  vaso  ha  tre  simili 
quadri  con  uccelli  piü  svelti,  forse  cigni;  ai  fianchi.  anche  qui, 
striscie  verticali  con  cerchietti,  e  per  dividere  i  tre  quadri  servono 
altrettanti  ornati  tondi  dipinti  pure  sul  fondo  risparmiato ;  il  mo- 
tivo  rassomiglia  ad  una  ruota  con  quattro  raggi  a  slancio  oscil- 
lante,  quasi  come  una  svastica  a  curve,  inclusa  in  un  cerchio.  Tale 
ornamento  e  anche  applicato  sul  piano  sporgente  dei  manichi.  — 
La  mancata  simmetria  della  pittura,  sul  labbro,  con  un  quadro  piü 
lungo  degli  altri,  e  l'esecuzione  difettosa  delle  figure  pare  indicare 
che  questo  modo  di  decorazione  era  una  novitä  aggiunta  ai  disegni 


CERAMICA    DELl/APULIA    PREELLEMCA  53 

lineari  tradizionali.  E  tra  questi  nuovi  elementi  possiamo  anche 
annoverare  la  mota,  seppure  non  significa  soltanto  una  svastica 
tras  form  ata. 

36.  Per  il  cratere  di  Bari  possiamo  sbrigarci  in  poche  parole. 
II  quadro  con  la  cornice  e  colä  dipinto  a  nero,  a  parte  alcuni  pic- 
coli  particolari  (')  che  mostrano  una  tinta  piü  leggera,  forse  la 
medesima,  ma  allungata.  Abbenche  questo  col  suo  fregio  di  uccelli, 
si  avvicina  ancora  di  piü  all'  arte  greca,  rinunziando  ai  disegni  geo- 
metrici,  tranne  che  pel  gruppo  di  cerchietti  che  si  scopre  al  di- 
sotto  delle  anse;  pure  la  forma  del  vaso,  col  labbro  sporgente  di 
sbiego  direttamente  dal  corpo,  resta  piuttosto  indipeodente  dal  greco ; 
a  parte  la  maggior  larghezza  del  corpo,  per  le  quali  proporzioni 
liansa  tonda,  dipinta  con  l'antico  filo  dentato,  ebbe  una  posizione 
piü  ritta  del  tradizionale.  Del  resto,  chi  guarda  da  vicino,  almeno 
sull'originale,  i  cigtn  qui  dipinti,  si  persuaderä  subito  di  non  tro- 
varsi  dinanzi  ad  im  prodotto  di  quell' arte  greca  od  italo-greca,  che 
forniva  al  paese  i  bei  piatti  (a  coppa  senza  piede)  neri  verniciati  (-) 
che  hanno  nel  centro  spesso  il  cigno  o  l'oca,  e  sulla  parte  esterna 
sempre  il  ramo  di  lauro  o  d'olivo,  tntto  dipinto  a  color  bianco  o 
piü  comunemente  rosso  oscuro  sovrapposto.  Ma  per  il  quadro  lungo 
a  coraice.  collocato  sulla  spalla  del  vaso,  possiamo  notare  che  tale 
disposizione,  perfettamente  estranea  all'  arte  del  Nord  e  di  Bari, 
s'  incontra  invece,  anche  su  vasi  puramente  geometrici,  avvi- 
cinandosi  alla  regione  meridionale.  ßimando  ai  vasi  di  Sante- 
ramo  (24)  e  di  Putignano  (28),  e  d'altra  parte  alle  torzelle  lec- 
cesi  Messap.  fig.  18,  19,  22,  per  non  parlare  di  quelle  che  nel 
disegno  rivelano  qualche  influenza  della  ceramica  greca  figurata.  A 
questi  esempi  si  aggiunge  senz'altro  il  cratere  leccese.  E  verso  la 
stessa  regione  Sud  siamo  indirizzati  dal  disegno  geometrico  del 
medesimo  cratere  rosso,  il  quäle  stile  spiccatamente  Peucetico,  ha 
il  suo  apogeo  a  Bari,  ma  le  origini  piü  al  Sud,  mentre  esso  si 
perde  completamente  verso  il  confine  della  Daunia,  anzi  giä  nel 
territorio  di  Ruvo.  Quindi  l'indicazione  '  Canosa '  data  sul  cartello 
del  vaso,  se  non  e  una  delle  sbagliate,  che  sono  numerose  nel 
Museo  di  Lecce,  non  avrebbe  altro  significato  se  non  di  assicurare 
che  il  vaso  anticamente  fu  venduto  colä. 

(')  Becco  e  penne  sporgenti  degli  uccelli. 
(2)  Per  es.  Bari,  Mus.  prov.  1234. 


54  M.  MAYER 

37.  II  terzo  cratere,  di  cui  si  conosce  la  provenienza  com- 
merciale  di  Bari,  sembra  a  primo  aspetto  cosa  nuova  e  diversa 
dal  vaso  leccese.  La  forma  e  pure  larga,  panciuta,  ma  con  manichi 
a  sella,  e  con  alto  piede,  e  vi  predomina  il  disegno  geometrico.  Vada 
perciö  subito  detto  che  nello  spazio  fra  i  manichi  si  discerne  un 
fregio  verticale  di  uccelli  (non  visibili  sulla  nostra  figura)  volanti, 
disegnati  con  le  due  ali  visibili,  cioe  piü  o  meno  nel  concetto  dei 
vasi  arcaici  greci.  Per  quel  tanto  che  desumo  dagli  schizzi  favo- 
ritimi,  oltre  alla  fotografia,  da  Berlino,  il  disegno  di  questi  uccelli 
e  trascurato  ed  il  tipo  ridotto  ad  elemento  decorativo,  ma  nello 
stesso  tempo  per  l'esattezza  e  la  caratteristica  dei  volatili  di  molto 
piü  affine  al  cratere  leccese  che  ad  ogni  altra  cosa.  Chi  confronti 
nella  Puglia  centrale  e  settentrionale  i  tentativi  per  imitare  qual- 
che  cosa  di  figurativo,  penserä  subito  ad  una  officina  Messapica  o 
almeno  affine  a  quella  Messapia,  la  cui  arte  eccelle  quasi  dal  primo 
momento  in  un  eclettismo  ben  temperato  ad  eiementi  greci.  Cola, 
e  soltanto  colä  si  trova  quel  disegno  greco  a  bastoncini  o  foglie 
ottuse  che  adorna  la  bocca  dei  presente  vaso;  rammento  la  tor- 
zella  tarantina  col  fregio  di  polli  (Mess.  p.  207)  e  la  torzella  Egna- 
ziana  con  figure  nere  arcaiche  (1). 

Passando  ora  alla  descrizione  della  parte  principale  che  consiste 
essenzialmente  in  un  grande  quadro  bislungo  col  restante  libero, 
scorgiamo  due  larghi  eiementi  meandrici  uniti  a  forma  di  un  lungo  S 
coricato.  Sono  formati  da  una  doppia  fascia  nera  accompagnata 
sulla  parte  chiusa  da  una  fina  fascia  rossa  di  lineette  parallele, 
mentre  nel  piü  interno  vuoto  della  figura,  che  dopo  un  angolo  si 
apre,  stanno,  su  fondo  risparmiato,  sistemi  di  cerchietti  (ciascuno 
a  due)  come  ne  abbiamo  trovati  sugli  altri  due  vasi.  Altre  fine 
bände  (due)  con  lineette  girano  attorno  al  vaso  sopra  e  sotto.  II 
campo  stesso,  oltre  alla  cornice  scura,  e  circondato  da  una  fascia 
rossa  con  brevi  tratti  alternati  fra  le  due  righe  in  modo  simile, 
ma  piü  trascurato  dei  vaso  leccese.  Una  stretta  relazione  con  que- 
st'  ultimo  in  ispecie,  e  costituita  prima  dalla  ruota  caratteristica 
con  razzuoli  oscillanti  (non  visibile  nella  nostra  figura),  quali  esi- 
stono    da   ciascuna   parte    dei  quadro ;  poi  coi  pettini  sul  piede, 

(*)  Quest'ultima  ha  l'ornato  in  questione  sul  c  o  1 1  o  ,  non  sulla  spalla, 
come  fu  detto  colä,  p.  208,  n.  9. 


CERAMICA    DELL'APULIA    PREELLENICA  55 

forse  alternati  con  altri  motivi  Peucetici,  per  quanto  si  possa  di- 
scernere,  anzi  sospettare  fra  la  incrostazione  che  tuttora  ricopre 
una  parte  del  piede. 

Abbiaino  giä  accennato  alla  Messapia  per  gli  elementi  greci 
e  per  gli  elementi  geometrici.  alla  parte  meridionale  della  Peucezia. 
Mi  ricordo  che  nella  prima  stazione  da  Santeramo  verso  le  mon- 
tagne,  in  Mater a,  vidi  un  cratere  rosso  affine  ai  due  primi  vasi 
con  un  simile  fregio  di  uccelli,  ma  dipinti  in  un  modo  mälissimo 
inteso  o  trasformando  le  anitre  in  una  specie  di  motivi  geometrici. 
Passiamo  ora  a  Putignano,  ove  si  ritrova  la  medesima  roba  tinta 
in  rosso  con  uguali  disegni  lineari. 

VII.    Classi   anteriori   (Tav.  V). 

Nella  parte  esterna  a  Nord-Ovest  della  fortificazione  medioe- 
vale  ('-)  di  Putignano,  la  quäle  seguiva  probabilmente  il  tratto  antico, 
a  destra  di  chi  usciva  dalla  porta  allora  esistente,  accadde  di  im- 
battersi  molti  anni  fä,  in  una  camera  a  volta,  forse  di  una  tomba. 
ove  si  trovavano  ammucchiate  molte  ossa  e  frammenti  di  vasi,  rac- 
colti  probabilmente  da  cristiani.  che  ritenevano  per  sepolcri  cristiani 
le  tombe  distrutte  da  loro  per  lavori  campestri.  Questi  rottami  con- 
servati  nel  Municipio  di  quel  comune  e  poi  gentilmente  donati  al 
Museo  di  Bari  (2),  comprendono  le  classi  piü  varie,  fino  all'  inizio 
dell'epoca  dei  vasi  italo-greci  verniciati  al  modo  greco. 

Passo  subito  a  descrivere  la  nostra  tavola  colorata,  ove  si 
scorge  la  roba  rossa  ed  inoltre  alcuni  altri  pezzi. 

Framm.  1.  Facilmente  si  riconosce  la  ceramica  affine  al  terzo 
dei  crateri  (37)  innanzi  illustrato:  i  medesimi  cerchietti  (in  due) 
in  identiche  proporzioni  e  distanze  dei  gruppi,  per  lo  piü  allun- 
gati  oltre  all' ovale,  spesso  appuntati,  insomma  disegnati  o  senza 
esperienza  o  senza  la  cura  necessaria. 

Per  le  fasce  a  due  serie  di  macchiette,  che  presentava  il  cra- 
tere, possiamo  subito  confrontare  due  altri  frammenti,  1'  uno  con 
larghe  fasce  di  nero  cupo  e  strie  di  rosso  vino  (fr.  18),  e  1'  altro 

(J)  Essa  venne  abbattuta  per  nuovi  fabbricati  circa  una  ventina  di  anni 
addietro. 

(*)  Numero  collettivo  :  3080. 


56  M.  MAYER 

di  un  vaso  diverso.  dipinto  in  im  color  solo.  La  somigiianza  e  piü 
grande  a  confronto  della  fotografia  del  cratere,  che  non  del  nostro 
disegno. 

Pramm.  2  e  3.  La  tinta  nera  e  identica  al  fr.  1,  la  rossa  un 
po'meno  viva.  Si  scorge  il  motivo  del  pettine,  una  volta  grosso, 
senza  distinzione  di  cornice  e  denti,  1'  altra  volta  con  bordo  prin- 
cipale  accennato.  II  fr.  2  proviene  dalla  parte  inferiore  di  un'urna, 
come  dimostra  la  forma  del  pettine  e  a  destra  1'  avanzo  di  una 
zona  superiore  con  qualche  quadro  trapezoide. 

Pramm.  4.  Questo  pezzo  appartenente,  come  anche  i  primi, 
ad  una  urna  piuttosto  grande,  ha  nondimeno  una  parete  assai 
fine,  piü  tine  dei  precedenti.  II  rosso  vino  tende  un  poco  al  vio- 
letto,  almeno  nella  presente  condizione.  Le  linee  fine  appaiono 
brime,  perfettamente  come  i  particolari  minuti  dei  volatili  sul  cra- 
tere (36) ;  sfumatura  forse  prodotta  dal  color  nero  allungato  e  peg- 
giorata  ora  dalla  decomposizione  del  colore.  Per  ottenere  un  nuovo 
effetto  i  cerchi,  invece  che  sul  fondo  naturale,  sono  stati  messi,  me- 
diante  un  disco  risparmiato,  su  di  una  fascia  rossa  ed,  almeno  in 
parte  della  serie,  aumentati  di  uno.  Ma  il  carattere  del  disegno 
rimase  identico.  Una  novitä  sono  le  lunghe  losanghe,  comuni  tali 
e  quali  —  graticola  in  cornice  separata  —  sulle  torzelle  di  Egna- 
zia,  ma  rarissimi  nella  ceramica  Peucetica. 

Pramm.  5.  Segue  il  framm.  5  appartenente  ad  uno  di  questi 
vasi  e  piü  particolarmente  alla  spalla  vicino  al  collo.  I  semicer- 
chi  fra  un  sistema  di  righe  ci  riconducono,  come  propriamente  giä 
facevano  i  pettini,  all'ambiente  di  Bari.  Essi  s'  incontrano  in  questo 
rottame  pure  su  di  un  askos  (Fr.  15),  sernpre  in  serie  semplice, 
non  raddoppiata.  Sono  dipinti,  specialmente  su  questo  frammento,  di 
rnano  ferma  a  pennello  pieno,  e  non  hanno  niente  di  quel  carat- 
tere incerto,  titubante  dei  piccoli  cerchi  concentrici,  che  la  pit- 
tura  Barese  o  ignora  o  schiva  saviamente,  mentre  abbonda  in  quei 
semicerchi  svelti  ed  eleganti. 

Di  roba  a  color  rosso  vino  vi  e  ancora  un  pezzo  della  spalla 
di  un"  urna,  ove  perö  sembra  predominare  il  color  nerastro ;  e 
quello  giä  menzionato  con  le  due  righe  di  macchiette  in  una 
zona  stretta- 

Framm.  6.  Questo  pezzo,  piü  curvato  dei  primi,  che  e  da  attri- 
buirsi  ad  un  vaso  di  minori   proporzioni,  ha  il  color  nero  predo- 


CERAMICA    DELL  APULIA    PREELLEMCA 


57 


minante  con  im  rosso,  che  adesso  si  presenta  diversarnente  sulla 
stria  mediana  e  sui  quadrati  piccoli,  che  nel  quadrato  grande  si  al- 
ternano  con  altri  neri  graticolati.  Questo  alternare  in  un  medesimo 
sistema  (conf.  sopra  1' urna  1),  poi  la  posizione  diagonale  del  si- 
stema  dominante,  finalmente  la  disposizione  generale  a  quadri  nel- 
1'  inizio  asimmetrici,  ci  preparano  allo  stile  trovato  a  Bari.  La 
parete  del  vaso  e  di  simile  finezza  del  fr.  4,  la  cottura  forte  come 
in  tutta  questa  roba  arcaica. 

I  frammenti  7  ed  8  ho  creduto  di  rendere,  non  tanto  per  le 
incerte  traccie  di  disegno,  bensi  per  la  raritä  del  color  giallo,  il  quäle 
o  un  simile  colore  si  riconosce  anche  sul  prossimo  importante  vaso 
che,  per  la  sua  specialitä  meritava  forse  una  tavola  a  colori. 


Fr.  9  e  10. 


Framm.  9  e  10.  La  creta  e  scura,  brunastra,  la  fattura  meno 
fina,  la  decorazione  piü  arcaica  dei  vasi  prenotati.  Spiccano  in 
due  piani  i  grossi  travi  verticali,  talvolta  congiunti  a  due  per 
mezzo  di  una  breve  e  grossa  trasversale,  maniera  giä  osservata  su 
una  pignattina  di  Ceglie  (26).  Alternati  con  essi  vi  sono  campi 
quadrati.  Quelli  del  piano  superiore  contenevano  un  grande  elemento 
meandrico,  a  forma  di  piede,  come  sul  cratere  37,  col  principio  di 
un  secondo.  Nel  piano  inferiore  si  scorgono  gli  avanzi  di  un  grande 
quadrato  messo  sulla  punta,  con  piccole  sporgenze  di  fuori  e  nel- 
1'  interno.  Presso  al  collo,  sono  attaccati,  in  distanza,  alla  fascia 
superiore,  uncini  meandrici,  non  perfettamente  rettangolari,  ma  un 
po'  trapezoidi  in  armonia  colla  forma  allargantesi  del  vaso.  Si  con- 


58  M.  MAYER 

frontino  i  simili  pendagli  meandrici  del  frammento  (Fr.  17)  messi 
sul  passaggio  dal  collo  alla  spalla.  Con  lo  strettissimo  filo  di  mac- 
chiette  tonde  che  ravviva  le  grandi  fasce  orizzontali,  si  annunzia 
un  piccolo  particolare  non  trascurabile,  che  poi  diventa  tipico  sui 
vasi  del  territorio  Barese  (Ceglie),  specialmente  sull'orlo  delle 
labbia,  talvolta  anche  del  piede.  La  pittura  e,  come  sempre,  nera ; 
soltanto  agli  angoli  del  grande  meandro  si  vedono  dipinti  in  un 
colore  che  appare  adesso  arancio  o  giallognolo,  due  uncini  contrap- 
posti,  come  se  ne  sono  trovati  sopra  (25.  31). 

Non  essendo  il  caso  di  descrivere 
e  studiare  tutti  i  frammenti,  rilevo  i 
tipi  principali. 

Framm.  11  e  12,  offrono  una  creta 
la  quäle,  si  ignora  come,  ha  preso  un 
colore  verdastro.  II  primo  appartiene  ad 
una  scodella  profonda  di  forma  non 
comune,  e  conserva  l'avanzo  di  qualche 
disegno  a  forti  travi  verticali.  L'altro, 
a  quanto  pare,  da  un  vaso  piü  grande, 
conserva  l'attacco  inferiore  di  un  manico 
a  forma  di  tubo  falso  compresso,  del 
quäl  tipo  un  esemplare  e  conservato  nel 
rottame,  simile  a  quello  dell'urna  n.  8. 
Entrambi  questi  pezzi  sono  dipinti  sol- 
tanto in  nero. 

Framm.  13  e  14,  di  lavoro  piü  fino, 
quasi  simile  al  fr.  6  (Tav.  V)  forse  en- 
trambi pezzi  di  un  medesimo  vaso,  lasciano  discernere,  in  due  piani, 
quadri  asimmetrici  con  un  motivo  che  s'  incontra  anche  in  altre  classi 
appule :  Not.  d.  Scavi,  1 898,  p.  204,  fig.  8.  La  pittura  e  in  nero. 
Altri  frammenti,  tutti  in  pittura  nera,  offrono  saggi  isolati  (sul 
collo  del  vaso)  del  meandro  misto  fra  elementi  rettangolari  e  trian- 
golari,  gli  Ultimi  come  rifinimenti ;  o  avanzi  di  quadrati  con  quegli 
angoli  a  nodo  triangolare  che  si  ravvisano  sulla  torzella  5  (Bull, 
d.  Ist.  XII  205  fig.  2)  in  maniera  un  po'  diversa  nell'  arte  del- 
1' Oriente  greco,  particolare  che  sembrerebbe  perö  abbarbicato  nel- 
F  indole  dell'arte  japigia,  giudicando  dal  fatto  che  a  Taranto  si 


Fr.  l: 


Fr.  13  e  14. 


CEKAMICA    DEIXAPULIA    PREELLEN1CA 


59 


vedono  tali  sporgenze  triangolari  colorate  anche  aggiunte  alla  punta 
dei  merletti  neri  (colä  n.  90). 

II  prossimo  gruppo  (Fr.  15)  mostra  un  askos  di  im  tipo  co- 
nosciuto;  esso   e  molto  piü  rozzo  di  quello  che   il   disegno  lascia 


Fr.  15. 


intravedere,  di  una  creta  rossiccia  che  si  trova  qui  anche  in  altri 
vasi  quasi  simili,  pure  con  bocca  stretta,  lavorati  a  mano.  I  razzi 
sulla  spalla,  che  finiscono  perö  in  una  breve  striscia  orizzontale, 
ricordano  il  motivo  illustrato  di  sopra  (cfr.  n.  34).  Caratteristici 
sono  i  tratti  vaghi,  alquanto  paralleli,  gittati  a  pennello  pieno, 
nella  raaniera  che  si  vede  al  fr.  3  della  tavola;  si  confronti  anche 
fr.  2.  II  ruanico  a  staffa  e  dipinto  con  semicerchi,  la  bocca  con 
tre  archi  riempiti  a  colore. 

Questo  disegno  a  pizzi  neri  o  ad  archi  piü  o  meno  colorati  nella 
parte  convessa,  cioe  1'  interna  del  labbro,  e  predominante  sui  nu- 
raerosi  frammenti  di  bocche,  e  ne  diiferisce  un  solo  esemplare  dipinto 
in  nero  con  orlo  rosso  mattone  (fr.  16).  Per  la  forma  tutte  stanno 
piü  o  meno  di  sbiego  e  sono  ingrossate  alla  gola,  strette  e  quasi 
aguzzate  all'  orlo.  La  forma  piü  comune  del  corpo  era,  ci  pare, 
quella  dei  due  vasi  Kuvesi  (32-33)  o  delle  urne  11-13,  ma  spesso 
piü  arcaica  di  questi  due  tipi,  con  un  profilo  dell'  alto  collo  o  un  po' 
gonfiato  o  con  un  altro  distacco  sensibile  verso  la  spalla  (fr.  17), 
insomma  piü  affine  a  quel  tipo  fondamentale  esistente  a  Taranto 


60  M.  MAYER 


(Tav.  IV  A).  Fra  le  bocche  che  hanno  una  larghezza  del  labbro  poco 
Variante  dai  4  ai  5  centimetri,  vi  e  quäl  che  esemplare  con  appena 
il  duplice  diametro  nell'apertura,  tanto  si  restringevano  queste  urne 
verso  la  cima.  S'  intende  che  v'erano  anche  dei  vasi  piü  tondi,  pan- 


Fr.  16.  Fr.  17. 

ciuti,  senza  quelle  precise  sfumature,  tipi  che  non  mancavano  mai 
(cf.urne  9  e  24).  E  specialmente  nelle  numerose  urnette  o  pignat- 
tine  di  circa  0,10  alt.  si  perdeva  facilmente  tale  caratteristica. 

In  quanto  ai  manichi  fra  questo  rottame  la  forma  a  sella  e 
rara,  i  piü  sono  tondi ;  fatto  che  sta  in  stretta  relazione  con  la 
forma  suppostta  dei  vasi  che  avrebbero  avuto  1'  ingrossamento  mag- 
giore  verso  la  base. 

Appare  perö  accanto  a  questo  im  altro  tipo  di  urna,  meno  an- 
tico  (').  Rassomiglia  ad  una  hydria  greca,  senza  collo  e  senza  terzo 
manico,  cioe  munita  di  due  anse  piü  o  meno  orizzontali  e  con  bocca 
sporgente  direttamente  dalla  spalla,  la  quäle  e  piuttosto  piana, 
tendente  all'  orizzontale.  Di  lä  sono  nei  nostri  rottami  i  vari  pezzi 
piani  come  al  fr.  5  e  fr.  17.  II  passaggio  dalla  spalla  al  corpo  non  e 
conservato  che  in  un  pezzo  piü  recente  (fr.  19),  dipinto  con  fogliame, 
adoperando  una  tinta  nera  poco  diversa  dal  solito  color  cupo,  ma  ac- 
canto ad  un  giallo  opaco,  che  si  trova  giä  prima,  cosi  sul  fr.  7.  8 
(tav.  V),  frammento  pure  di  una  spalla  e  del  collo,  distaccati  fra 
essi  lievemente.  Un  esemplare  splendido,  decorato  a  motivi  greci, 
perö  nella  tecnica  paesana  a  colore  opaco  e  fondo  rustico,  esiste  nel 
Museo  di  Lecce  (colä  n.  47,  ved.  la  fig.  pag.  80),  lavoro  senza  dub- 
bio  meridionale,  affine  ai  bei  cestelli  e  bicchieri  a  cantaro  dif- 
fus! nelle  varie  regioni  pugliesi.  Nella  Apulia  centrale  tino  a  Ruvo 

(')  Cfr.  Bari  Mus.  prov.  158.  160. 


CERAMICA   DELL'äPULIA   PREELLEMCA  61 

questo  tipo  di  urna  s'  incontra  ne  di  rado  ne  troppo  spesso,  sempre 
rustico,  tranne  qualche  stria  o  linea  ondulata  (')•  üna  diramazione 
ancora  posteriore  offre  la  Lucania,  ove  fra  i  vari  tipi  di  urne  dipinte 
a  figure  greche,  e  lnunite  ad  alto  manico  con  piccole  roteile,  appare 
anche  quest'uma  che  finora  non  era  conosciuta  in  uno  stile  geometrico. 


Fr.  18.  Fr.  19 

VIII.  Conclusione. 

Anche  chi  non  conoscesse  altro  che  questi  vari  rottami,  non 
esiterebbe  a  collocare  alla  fine  della  serie  i  pezzi  di  roba  Barese, 
stile  di  Ceglie,  Canneto,  ecc,  che  segnano  la  maggiore  perfezione 
artistica  e  finezza  tecnica,  traendo  la  somma  dell'  intiero  sviluppo, 
tanto  vero  che  quella  roba  Cegliese  si  trova  sempre  o  spesso  negli 
scavi,  avendo  da  ultimo  spodestato  ogni  altra  cosa.  Difatti  la  roba 
di  Putignano  non  e  solo  piü  antica,  ma  segna  pure  lo  stadio  o 
uno  degli  stadi  che  precedono  direttamente  la  ceramica  Barese. 
Essa  contiene  tutti  gli  elementi  decorativi  dello  stile  Barese  se  ne 
togli  la  svastica,  deficienza  forse  fortuita,  forse  no,  piü  qualche  ele- 
mento  arcaico  perdutosi  in  seguito.  11  pettine  invece  si  va  for- 
mando  davanti  ai  nostri  occhi.  Nel  principio  vi  sono  soltanto  le 
forti  verticali,  aggruppate,  che  non  mancano  neppure  nello  stile 
Nord-Appulo,  con  la  differenza  perd  non  trascurabile  che  colä  stanno 
quasi  al  disotto  della  pancia,  sempre  vicino  alla  base,  come   per 

(*)  Un  eseraplare  proveniente  da  Lecce  ha  una  piccola  svastica  su  cia- 
scuna  parte  della  spalla. 


62  M.  MAYER 

appoggiare  V  intiera  costruzione,  mentre  qui  1'  incontriamo  giä  nelle 
varie  parti  superiori.  Man  mano  si  vanno  distaccando  dalle  strie 
dominanti  e  raccogliendo  in  un  sistema,  unito  da  una  trave  spe- 
ciale. Sviluppo  questo  che  finora  non  si  e  potuto  osservare  in  altre 
regioni.  Ed  e  forse  significante  che  l'askos  tondo  tutto  a  globo 
pubblicato  dal  Laborde  (')  con  il  pettine  sul  collo  ed  un  simile  cenno 
alla  base  giü  sul  fondo,  va  colä  riportato  assieme  con  un  vaso  di 
stile  puramente  Peucetico,  mentre  nell'  askos  di  simile  forma  tro- 
vato  in  Istria  (2)  con  un  cratere  appulo,  ambedue  di  stile  Nord-Pu- 
gliese,  il  pettine  figura  piuttosto  chiaramente  da  simbolo,  senza 
essere  ancora  entrato  nel  sistema  decorativo.  Era  1' ultimo  passo, 
qaello  che  scorgiamo  fatto  a  Bari,  di  perfezionare  questo  motivo 
nel  senso  proprio,  accentuando  bene  ed  appuntando  i  bordi  este- 
riori  che  includono  i  denti  fini.  E  il  medesimo  sviluppo  si  verifica 
in  tutti  gli  elementi  della  decorazione,  come  pure  nella  forma  dei 
vasi,  che  vanno  allargandosi  nella  parte  superiore,  accentuando  il 
piede,  e  arrivando  in  ultimo  ad  un  tipo  che  privo  di  collo  distingue 
solamente  una  metä  superiore  piü  dritta,  e  una  inferiore  piü  tonda, 
tipo  misto  dei  due  osservati  a  Putignano. 

Tornando  ora  ai  due  crateri  a  color  rosso,  che  sono  affinissimi 
nella  parte  geometrica  allo  stile  Peucetico,  l'uno,  quello  di  Lecce, 
allo  stile  sviluppato,  V  altro  ad  uno  stadio  anteriore,  entrambi  in- 
separabili  dalla  roba  tinta  in  rosso  di  Putignano:  possiamo  con- 
statare  che  essi  si  distinguono  dallo  stile  indigeno  soltanto  per  gli 
elementi  greci  che  vi  si  aggiungono;  abbellimento  che  attribuimmo 
al  maggiore  contatto  con  la  civiltä  della  spiaggia  meridionale,  e 
alla  capacitä  distintiva  dei  Messapi  meridionali  di  adattarsi  allo 
stile  greco.  Vista  la  distanza  di  tempo  fra  gli  originali  e  l'imi- 
tazione,  che  si  verifica  quasi  dappertutto  nella  Puglia,  la  Messapia 
non  esclusa,  arriveremo  col  cratere  di  Lecce  precisamente  all'  epoca 
dello  stile  perfezionato  di  Bari,  probabilmente,  per  la  forma  dei 
vaso,  al  500,  mentre  1'  altro  cratere  resta  in  uno  stadio  un  poco 
anteriore,  al  quäle  la  roba  r  o  s  s  a  di  Putignano  dev'  essere  piü  o 
meno  contemporanea.  Da  questo  calcolo,  se  pure  colpisce  nel  vero, 
risulterebbe  la  data  approssimativa  delle  p  r  i  m  e  classi  esistenti 


(*)  V.  sopra  pag.  26,  e  pag.  36. 
(')  V.  sopra  pag.  26,  1. 


CKRAMICA   DEI.l'aPULIA   PREELLEXICA  63 

a  Putignano.  Misurarli  perö,  pensiero  che  sembrerebbe  ovvio,  alla 
scala  della  cerainica  tarantina,  la  piü  antica  conosciuta  finora,  non 
conviene,  poiche  questa,  che  öftre  con  disegni  piü  semplici  giä  una 
tecnica  in  parte  piü  fina  di  Putignano,  segue  in  genere  una  strada  di- 
versa,  mentre  Putignano  öftre  elementi  che  poi  a  Bari  si  uniscono  con 
elementi  tarantini,  o,  per  meglio  dire,  con  elementi  conservati  net- 
tamente  a  Taranto. 

Putignano  di  certo  era  un'antichissima  stazione,  che  sembra 
pure  si  possa  rintracciare  ed  illustrare  da  altra  via,  come  verrä 
dimostrato  in  seguito.  Nondiineno,  per  il  criterio  cronologico  in 
genere  non  devo  omettere  un  fatto  che  riguarda  non  quel  paese 
solo,  ne  solo  il  territorio  di  Bari,  bensi  l'intera  regione.  Vi  si  tro- 
vano  spesso  saggi  di  una  ceramica  primitiva,  cioe  vasi  fatti  con  la 
raano,  e  da  una  massa  che  non  e  argilla  figulina,  ma  un  impasto 
rozzo,  misto  talvolta  con  sabbia.  Sono  cotti  senza  fornace,  al  fuoco 
vivo,  ed  in  tutto  o  in  parte  neri.  Aleuni  sono  stati  levigati  e  pare 
anche  impregnati  di  qualche  grasso,  altri  rimasero  rozzi.  A  parte 
una  scodella  (nera)  di  corpo  quasi  cilindrico,  tipo  che  non  ho  in- 
contrato  finora  nella  Puglia,  ed  un  coperchio  perforato  nel  bottone  (' ), 
tutti  sono  bicchien,  coppe  o  tazze,  probabilmente  perche  pei  vasi 
di  maggiori  proporzioni  era  giä  in  uso  il  tornio  del  pignattaio.  In- 
fatti  nessuno  dei  vasi  in  questione  —  sempre  parlando  della  Peu- 
cezia  —  si  lascia  con  certezza  assegnare  ad  una  epoca  veramente 
primitiva  e  preistorica.  Alcuni  provengono  dagli  stessi  piecoli  pozzi 
che  contenevano  delle  urne  dipinte,  altri  rispecchiano  giä  forme  bene 
inoltrate.  D'altra  parte  i  vasi  dipinti  (cioe  in  istile  lineare)  conser- 
vano  talvolta  forme  piuttosto  primitive ;  il  tipo  semplice  della  coppa 
di  Canneto  (fig.  19  p.  51)  si  ritrova  senza  accenno  di  base,  s'intende, 
fra  i  rottami  di  Putignano  in  un  pezzo  d'impasto  rozzo  (in  parte  nera- 
stro,  in  parte  tendente  al  rosso),  e  a  Canneto  stesso  impastato  roz- 
zamente  da  una  creta  bianca ;  il  quäle  ultimo  oggetto  fu  trovato  con 
un  altro  di  uguale  fattura  (bianco)  imitante  un  candelabro  o  soste- 
gno,  cioe  fusto  munito  di  una  coppa  da  eiaseun  termine,  tipo  comune 
nel  suppellettile  arcaico.  Insomma  si  ha  l'impressione  di  costumi 
arretrati,  coesistenti  a  quella  civiltä  che  vediamo  sorgere  in  rapido 

(x)  Ambedue  seavati  vicino  a  Putignano  dal  sig.  Nicola  Colavecchio. 


64  M.  MAY KR 

progresso,  sempre  in  direzione  dai  Sud  al  Nord,  prima  a  Putignano, 
poi  nei  territori  di  Bari  e  Ceglie.  Cosi  si  comprende  come  si  tro- 
vano  bicchieri  di  varie  forme  con  buona  pittura  arcaica  ed  anche 
non  piü  arcaica,  e  pure  lavorati  a  mano,  riusciti  piü  o  meno  ir- 
regolari ;  come  peraltro  vasi  piü  grandi,  fatti  a  tornio,  privi  di 
pittura,  riuscirono  in  un  modo  incredibile  pesanti  e  grossolani  ('), 
perche  eseguiti  fuori  contatto  con  le  officine  che  stavano  giä  eser- 
citando  l'arte  figulina  con  tanto  successo.  A  proposito  vorrei  fra 
questi  prodotti  arretrati  piü  che  antichissimi  ascrivere,  e  special- 
mente  per  ragione  del  manico  a  tubo  falso  invece  del  canale,  quel- 
l'askos  dipinto  frantumato  (fr.  15), 

Quel  che  notiamo  per  lo  scarso  materiale  primitivo  raccolto 
da  me  in  questi  pochi  anni,  cioe  il  fatto  che  esso  si  connette  assai 
da  vicino  alle  classi  progredite  dipinte,  senza  notevole  passaggio 
da  una  civiltä  all'altra  :  questo  riceve  una  certa  illustrazione  dai 
fatti  notati  da  persona  competente  ad  Egnazia  (2). 

Cola  nella  spiaggia  corrosa  dal  mare  e  tagliata  a  trincee,  si 
distinguevano  chiaramente  due  strati  divisi,  insieme  alti  1,60,  e 
fra  ambedue  un  corso  di  pietre  squadrate  della  prima  cinta,  ante- 
riore a  quella  in  parte  esistente  tuttora.  Lo  strato  superiore  alto 
0,90  che  l'osservatore  chiama  storico,  conteneva,  come  risulta  dalla 
descrizione,  vasi  verniciati  con  figure  e  senza,  e  molta  varietä  di 
vasellame  sottile  elegante,  proprio  all'epoca  dal  400  in  poi ;  inol- 
tre  delle  torzelle,  s'intende  senza  smalto,  come  oggi  appena  occorre 
rilevare ;  flnalmente  del  vasellame  rustico,  cioe  privo  di  pittura, 
roba  di  meno  importanza.  '  Lo  strato  inferiore  (riporto  le  sue  pa- 
role)  potremmo  dirlo  preistorico,  che  qui  starebbe  a  rappresentare 
come  un  anello  di  passaggio  dai    periodi    arcaici   (nel   senso  del- 


(:)  Olla  da  Barletta  (coli.  Cafieri)  con  due  cenni  di  zigzag,  sovrapposti 
in  rilievo  ;  conf.  la  nota  1  pag.  65.  L'orlo  e  foggiato  come  ad  es.  il  noto  vaso 
dell'Aristonothos  (Baumeister,  Denkm.  Vasenkunde  p.  1956).  Sembra  apparte- 
nere  allo  stesso  ritrovamento  una  coppa  o  tazza  con  ansa,  piuttosto  rozza,  la- 
vorata  a  mano  (Bari  Mus.  pr.  3631,  3632). 

(2)  Lettera  del  Dott.  De  Giorgi,  riportata  da  Ludovico  Pepe,  Gnathia 
(1883,  Ostuni),  pag.  86,  monografia  che  mi  duole  di  non  aver  giä  menzionata 
nel  mio  primo  articolo. 


CERAMICA    IiELL'aPULIA    PKEELI.EMCA  65 

l'autore  :  priraitivi)  a  quelli  storici  propriamente  detti '  (1).  I  vari 
pezzi  descritti  da  lui  rivelano  infatti  una  civiltä  ne  piü  ne  raeno 
primitiva  di  quella  che  s'incontra  nei  luoghi  da  noi  illustrati.  Non 
sappiamo  quanto  tempo  sia  passato  d'allora  fino  alla  costruzione 
della  muraglia  a  pietre  squadrate  che  resta  al  disopra  e  deve  ap- 
partenere  all'epoca  delle  torzelle  o  precederla  di  poco.  Ma  sembra 
che  anche  qui,  come  negli  altri  paesi,  i  fatti  indichino  l'assenza  di 
una  civiltä  mediana  che  potrebbe  veramente  fornire  il  desiderato 
anello  di  passaggio.  Di  Taranto  neppure  qui  e  il  caso  di  discor- 
rere,  vista  la  ceramica  fina,  lucida,  specie  di  bucchero,  che  precede 
colä  i  lavori  di  figulino  dipinti,  e  trattandosi  di  una  localitä  sog- 
getta  a  tante  influenze  estere,  centro  per  il  sito  incomparabile,  giä 
dai  primi  tempi.  Del  resto  le  condizioni  storiche  di  Egnazia  diffe- 
riscono  tanto  da  quelle  della  restante  regione  Peucetica,  compreso 
probabilmente  Putignano,  che  si  amerebbe  schivare  piü  che  farne 
uno  stretto  confronto  (2). 


(*)  Egli  descrive  poi  i  fraramenti  da  lui  raccolti :  '  1.  Un'ansa  obliqua 
appartenente  ad  una  larga  coppa  di  forme  grossolane  e  massicce,  con  cinque 
rilievi  spiraliformi  nella  parte  esterna.  E  formata  di  una  pasta  di  argilla 
nerastra,  quasi  carbonizzata,  che  non  da  effervescenza  con  gli  acidi.  La  spes- 
sezza  del  vaso  era  assai  notevole,  cioe  di  13  mm.  —  2.  Frammento  di  base 
di  una  ciottola  formata  di  argilla  rossastra  nella  quäle  sono  copiosamente 
disseminati  dei  cristallini  di  spato  calcare  di  struttura  romboedrica.  La  gros- 
sezza  e  di  20  mm.  alla  base  e  12  nel  resto.  —  3.  Frammenti  di  bocca  a 
ventre  di  un'  olla  con  orlo  rovesciato  in  fuori  formata  di  argilla  nerastra  con 
cristallini  di  calcite :  grossezza  mm.  6.  —  In  tutti  questi  frammenti  non  si 
vede  calcinato  il  calcare,  il  che  esclude  *la  cottura  di  quelle  terrecotte  nelle 
fornaci.  Alcune  sono  soltanto  arrossite  nella  superficie  per  azione  superficiale 
del  fuoco  che  ha  mutato  il  protossido  in  sesquiossido  di  ferro,  lasciando  allo 
stato  primitivo  e  nerastro  la  parte  mediana.  Questi  frammenti  sono  pesanti 
e  massicci,  e  di  una  grossezza  tripla  e  quadrupla  di  quelli  dello  strato 
superiore,  nei  quali  l'argilla  e  purissima  e  senza  traccia  di  calcare.  Possono 
quindi  paragonarsi  agli  analoghi  delle  stazioni  preistoriche  della  valle  della 
Vibrata,  ecc. '. 

(*)  Noto  che  le  torzelle  d'Egnazia  si  estesero  anche  ai  paesi  vicini;  ma 
quelle  che  si  scorgono  a  Putignano,  sono  fra  gli  Ultimi  e  trascurati  prodotti 
di  questa  industria  Messapica ;  e  che  inoltre  la  restante  roba  di  scavo  che 
si  vede  accanto  ad  esse  nelle  case  di  chi  ne  possiede,  sembra  rimandarci  ad 
un  tempo  non  anteriore  al  400. 

5 


CG  M.  MAYER 

Chi  prende  a  raccogliere  ed  esaminare  im  materiale  non  solo 
nuovo  e  inedito,  ma  neppure  esistente  nei  Musei,  non  assume  con 
ciö  anche  Vobbligo  di  trarne  subito  le  conclusioni  possibili  sia  per 
la  determinazione  dei  popoli  che  esso  rappresenta  nei  vari  strati  di 
scavo,  sia  per  i  rapporti  fra  le  classi  illustrate  con  altre  fuori  della 
regione  in  cui  esso  fu  rinvenuto.  E  in  quäle  abisso  di  discussioni 
verremmo  noi  portati  se  volessimo  assegnare,  per  esempio,  la  ceramica 
ad  impasto  rosso-nerastro  o  a  bucchero  ad  una  popolazione  indigena, 
e  quella  ad  argilla  figulina  dipinta  a  popoli  immigrati,  invasione 
che  a  Egnazia  potrebbe  rimontare  appena  al  VI  secolo?  D'altronde, 
guardando  i  disegni  della  classe  Barese  coi  loro  archi  fra  ampi 
sistemi  di  striscie  parallele,  vogliamo  noi  forse  pensare  alle  in- 
fluenze  di  una  importazione  greca  (stile  Dipylon  o  anteriore),  le 
quali  sarebbero  state  applicate  a  forme  di  vasi  miste  di  crateri  e 
di  urne  paesane,  cioe  ad  influenze  diverse  venute  ad  im  tratto,  ma 
distanti  fra  loro  di  secoli  ?  Ipotesi  che  si  complicherebbe  ancora 
coll'osservare  in  quäl  grado  l'arte  Peucetica  si  mostra  padrona  di 
quei  disegni,  intimamente  rannodati  cogli  altri  motivi,  mentre, 
ovunque  entrano  motivi  estranei,  come  palmette,  lotos,  tutto  in  classi 
posteriori,  per  non  parlare  di  tentativi  figurativi,  1'  arte  paesana 
rivela  la  sua  piena  ingenuitä.  Si  risponderä  che  lo  stile  geometrico 
era  piü  simpatico,  piü  omogeneo  all'  indole  di  questo  popolo,  e 
perciö  penetrava  piü  facilmente  nella  loro  vena  artistica.  Ma  al- 
lora  si  dömanda,  perche,  trattandosi  di  una  classe  cosi  speciale,  gli 
elementi  affini  ad  altri  stili  geometrici  dovevano  essere  portati  dal 
di  fuori,  perche  non  potevansi  derivare  dalle  medesime  fonti  ed  ori- 
gini  preelleniche,  onde  dipendevano  gli  stili  greci  corrispondenti  in 
uno  o  altro  dettaglio,  il  beoto,  il  cipro-arcadico,  quello  del  Dipylon 
primitivo  ecc.  ? 

Sono  questi  problemi  tutti  nei  quali  non  conviene  adden- 
trarsi  senza  conoscere  tutta  la  ceramica  Appula,  e  che  conviene 
quindi  rimandare  fino  ad  avere  presentato  e  confrontato  il  ricco 
materiale  che  ci  resta  ad  illustrare,  cioe  quello  proprio  dell'Apulia 
del  Nord,  e  quello  diffuso  in  diverse  regioni,  privo  di  affinitä  spe- 
ciale con  l'una  o  l'altra  classe. 

Vogliamo  invece  fermarci  nella  localitä,  che  ci  ha  fornito  finora 
il  materiale  piü  antico  della  ceramica  Peucetica,  cioe  a  Puti- 
gnano.  Se  non  isbaglio,  ci  siamo  imbattuti  in  un  sito  adatto  ai 


CEKAMICA   DELL'aPLLIA    PREELLENICA  67 

culti  di  quegli  elementi  popolari,  che  veneravano  la  grotta  del 
Monte  Gargano  e  che  rivedevano  in  essa  il  sacro  luogo  in  minori 
proporzioni. 

IX.  Putinianum.  —  Pine. 

Questa  cittä  si  eleva  su  im  altipiano,  che  proprio  di  lä  scende 
verso  la  pianura  e  prospetta  le  elevazioni  di  Gioja  e  le  montagne 
nel  fondo  Orientale.  Proseguendo  su  quell*  altipiano  la  strada  al 
Sud  verso  Noci,  si  scorge,  a  sinistra,  una  collina  isolata,  la  quäle 
attira  subito  l'attenzione  di  chi  suol  badare  ai  siti  antichi.  Sulla 
collina,  coperta  da  un  boschetto  con  avanzi  del  lauro  che  una  volta 
giustilicava  il  nome  di '  Monte  Laureto  '  (P.  Gioia,  Conferenze  istor. 
III  175),  non  esisteva  ancora  il  villino  moderno,  quando  mi  toccö  di 
fermarmi  la  prima  volta,  inconscio  della  curiositä  che  ci  attendeva 
sulla  cima  di  essa.  Si  entra  colä,  per  un'apertura  discreta,  in  un'ampia 
grotta  ('),  nella  quäle  si  scende  per  mezzo  di  38  gradini  allargantisi 
all'interno.  11  fondo  contiene  una  nicchia  con  volta,  come  una  cap- 
pella, e  a  ciascun  lato  di  essa  una  piccola  nicchia.  Quella  a  sinistra 
contiene  la  statua  di  San  Michele,  lavoro  del  Rinascimento,  avente 
un  altare  sul  davanti.  La  statua  del  santo,  che  ha  dato  il  nome 
al  sito  stesso,  porta  un  elmo  di  bronzo  e  sta  su  di  un  plinto  tondo 
con  iscrizione  dell'  artista,  pei  caratteri  del  tutto  simile  a  quella 
incisa  al  di  sotto  dell'altra  nicchia  con  la  data  di  1591,  la  quäle 
invece  della  statua  conserva  oggi  soltanto  un  affresco  della  Madonna 
1  de  lo  Carmine  '  con  due  santi,  pittura  del  1538. 

La  nicchia  di  S.  Michele  e  fiancheggiata  da  due  pilastri,  sui 
quali,  tolto  il  gesso,  si  scoprirono  rilievi  a  piccoli  quadri,  uno  sopra 
l'altro,  di  stile  medioevale,  rappresentanti  in  parte  scene  mitolo- 
giche.  Negli  angoli  superiori  si  vedono  le  immagini  di  due  Pani, 
a  basso  rilievo,  di  stile  molto  piü  svelto,  quasi  antico  greco-romano, 
forse  del  Rinascimento.  La  tradizione  locale  vuole,  contrariamente 
alla  evidenza,  che  la  statua  del  Santo  abbia  prima  rappresentato 
l'Apollo  Pitio  o  Pitoctono,  volendo  dire  che  il  culto  del  paese  altra 
volta  erapagano:  opinione  che  accetteremo  senz'altro  e  specialmente 
guardando  le  altre  curiositä  della  grotta,  le  quali  sono  poco  note. 

("■)  Largh.  mass.  17  m.,  lungh.  27. 


68  M.  MAYER 

All'entrata,  presso  ai  gradini,  si  vede  un  po'  a  sinistra,  un 
antico  pozzo  di  profonditä  ragguardevole,  circondato  da  un  puteal 
moderno,  cioe  rinnovato ;  e  nella  parete  vicina  un  foro  con  un  pic- 
colo  iinestrino,  alt.  0,57,  largh.  0,35,  situato  molto  basso,  quasi  a 
terra.  Questo  piccolo  Iinestrino  proviene  da  uno  stretto  c  o  r  r  i  d  o  i  o , 
piü  profondo  del  livello  del  paviniento  in  sasso  della  grotta  stessa, 
come  ho  potuto  assicurarmi  con  un  piccolo  scavo,  affrettato  per  la 
deficienza  di  luce  adatta  e  per  l'acqua  stillante  in  quella  stagione 
dalla  umida  grotta.  Notevole  e  un  fatto  osservato  dagli  abitanti 
del  paese,  che  accostando  l'orecchio  al  puteal  si  sente  ogni  parola 
pronunziata  anche  a  bassa  voce  nel  corridoio  segreto,  mentre  di- 
versamente  queste  parole  si  perdono  nella  grotta  quasi  inosservate. 
II  corridoio  corre  parallelo  con  la  parete  della  grotta,  almeno  per 
quanto  si  puö  proseguirlo  finora,  il  resto  essendo  crollato  o  ingom- 
bro  da  pietre  e  terra. 

Kivolgendoci  di  qua  in  diagonale  all'  angolo  contrario  della 
grotta,  si  trova  in  fondo  l'ingresso  di  un  altro  corridoio,  che  volta 
a  sinistra  e  tinisce  nella  cappella  cristiana,  mentre  anticamente, 
accompagnando  il  fondo  della  grotta,  girava  probabilraente  tutt'at- 
torno,  in  corrispondenza  con  quel  corridoio  a  sinistra. 

Ci  auguriamo  uno  scavo  completo  di  questi  misteri. 

Intanto  quäle  primo  visitatore  che  studiava  il  sito  dal  punto 
di  vista  archeologico,  non  posso  tacere  che  mi  ritornava  fortemente 
il  ricordo  della  sacra  grotta  di  Aesculapio,  descritta  da  Pausania 
in  Lebadeia  della  Beozia;  impressione  alla  quäle  allora  non  si 
associava  ancora  l'altra  reminiscenza  che  sul  Monte  Gargano  i 
popoli  Japigi  avevano  il  culto  di  Podalirio  con  oracolo  ed  incu- 
bazione  sanitaria  (1). 


(!)  Noto  che  a  10  kilom.  verso  Ovest,  sul  Monte  Sannace.  esiste  una  antica 
grotta  con  un  pozzo  <T  acqua  e  in  fondo  un  affresco  dell'Annunziata,  la  cui 
festa  nella  piccola  chiesa,  sovrapposta  nel  medioevo,  va  celebrata  poche  set- 
timane  prima  di  S.  Michele.  Questa  grotta  e  piü  stretta  e  irregolare,  a  forma 
di  un  corridoio  voltato  e  interrotto  parecchie  volte.  Una  parte  ne  e,  con  qualche 
difficoltä,  accessibile  per  una  stretta  discesa  al  di  sotto  della  cappella,  mentre 
V  ingresso  antico  si  trovava  prohabilmente  alla  parte  contraria,  circa  50  m. 
distante,  che  venne  poi  trasformata  in  un  gramie  pozzo  fabbricato  di  6  *  «  mq. 
La  tradizione  sostiene  che  vi  era  una  volta  il  culto  di  Pallade  Atena.  Una  Mi- 
nerba  nei  dintorni  o  dipendenze  di  Conversano  e  menzionata  nei  tempi  Bizantini 


CERAMICA    DELL'APULIA    PREELLENICA  69 

Considerando  tutta  l'importanza  del  sito,  che  col  Gargano  divide 
anche  il  nome  di  San  Michele,  pare  incredibile,  che  storia  e  lette- 
ratura  antica  non  ne  abbiano  conservato  qualsiasi  ricordo. 

II  noine  Putinianum  (*)  non  dev'essere  latino  come  Conver- 
sano  o  Rutigliano,  pure  deformati  o  tradotti  da  un'altra  lingua  (2), 
bensi  nascondere  un  elemento  straniero,  forse  greco. 

Se  le  monete  dell'Apulia  centrale  con  l'iscrizione  Tqv  vauno 
rettamente  attribuite  a  Grumo  (con  meno  ragione  a  Grumentum), 
possiamo  per  analogia  azzardare  la  congettura  che  anche  nel  pre- 
sente  nome  la  prima  vocale  sia  stata  un  v.  Tolta  la  terminazione 
romana  esce  ITvtivcc  o  Ilvira,  in  ogni  modo  un  nome  simile  a 
quello  di  Creta  Orientale,  famosa  per  la  Grotta  Dictea.  Trjg  J* 
'  Idrtg  Xoipoq  Tlvxvu  —  äcp'  ob  lIsqduvivcc  tq  noXig  (Strab.  472). 
Con  un  altro  nome,  tuttora  esistente  la  cittä  cretese  si  chiamava 

'IsQCCTZkTQCC. 

Invito  ora  il  lettore  a  leggere  la  favola  appula,  che  Antoninus 
Liberalis  cap.  31  racconta  (dal  Nicandro)  di  una  gara  di  danza 
fatta  fra  giovani  pastori  messapici  e  le  ninfe  pecorali  smprjXidsg, 
nella  quaie  gara  i  pastöri  vinti  vennero  trasformati  in  alberi  che 
sempre  lasciavano  udire  un  suono  flebile.  La  divisione  delle  tre 
regioni  appule,  fatta  da  Nicandro  in  modo  che  Messapia  sia  intesa 
per  la  parte  meridionale  sv  ij  nöXig  fpxrjrai  Bosweaiov,  lascia 
sottointendere,  che  il  conflne  coi  Peucezii  era  imaginato  piü  al 
Nord  che  Brindisi,  sieche  Putignano  resterebbe  quasi  vicino  ai 
confini  o  nel  territorio  finitimo.  Alla  prima  lettura  sembra  ch  e 
l'autore  non  indichi  la  localitä  propria  in  cui  sarebbe  avvenuta 
quella  metamorfosi.  Si  noti  perö  che  il  prineipio  del  raeconto 
iv  xfj  MsGGctniuiv  yjj  naoä  rag  Xsyofisvag  tsoäg  nsroug  e  la 
fine  di  esso:  6  o*s  xonog  ovojid^tai  vvf.i(f(ov  ts  xal  Traidwv  stanno 
quasi  in  contradizione  qualora  ambedue  notizie  avessero  un  sigDi- 


(Morea,  Chartularium  Cupersan.  I  p.  27  e  50).  I  pendii  sono  pieni  di  tonibe 
italo-greche  e  di  avanzi  di  muraglie  rozze,  come  di  terrazze  primitive.  '  La 
grotta '  della  carta  militare  significa  una  masseria,  non  il  santuario,  che  si 
trova  sulla  eima,  in  altezza  identica  con  S.  Michele  di  Putignano. 

(•)  Nel  medioevo  anche  Potignano  e,  corrotto  dal  dialetto,  Pautignano. 

(2)  Ciö  verrä  dimostrato  altrove  per  Rutigliano ;  in  quanto  a  Conversano 
v.  pag.  77. 


70  M.  MAYER 

ficato  nettamente  mitologico  o  leggendario.  Una  delle  due  denomi- 
nazioni  dev'essere  geografica,  vale  a  dire  la  prima,  cioe  'legal  uhiqui 
che  in  Creta  era  un  altro  nome  di  Pytna.  Infatti  non  si  compren- 
derebbe  come  la  saga  parlando  di  a  1  b  e  r  i  suonanti  avrebbe  potuto 
attaccarsi  ad  un  sito  detto  '  sacre  pietre  ',  se  quest' ultimo  nome  fosse 
stato  anch'esso  leggendario  anziehe  dato  dalla  geografia  od  almeno 
inerente  a  certa  loealitä.  Del  resto  il  fatto  degli  alberi,  ideati  quasi 
come  1'  elemento  onde  nacquero  gli  aborigines,  sta  probabilmente 
in  relazione  col  nome  dei  Peucezii,  che  si  voleva  derivare  da  nevxai, 
ed  e  forse  perciö  che  la  favola  si  trova  riportata  in  prossimitä  di 
'  Dryopes  '  (cap.  32)  originati  da  Sgig  (robur)  o  'ÄfiadQvddsg. 

Nessuno  poträ  disconoscere  a  priori  la  probabilitä  che  in  Apulia 
come  in  Creta  la  loealitä  segnata  dalle  Pietre  Sacre  eoineida  col 
Pytna  o  col  Pytina  esistente  colä  ugualmente.  Prima  perö  d'  insi- 
stere  su  tale  argomento,  giova  confrontare  Ovidio,  il  quäle  nelle 
Metamorfosi  XIV  512  raeconta  sulla  Messapia  la  medesima  fa- 
vola in  una  versione  un  poco  modificata  e  parlando  segnatamente 
di  grotte,  se  pur  '  antra  '  non  voglia,  come  pare,  indicar  per  uso 
poetico  una  grotta  sola. 

....   Venulus  Calydonia  regna  (cioe  la  Daunia) 

Peucetiosque  sinus  Messapiaque  arva  relinquit  : 

In  quibus  antra  videt,  quae  multa  nubila  silva, 

et  levibus  stagnis  latitantia  semicaper  Pan 

nunc  tenet :  at  quondam  tenuerunt  tempore  nymphae. 

Apulus  has  illa  pastor  regione  fugatas 

terruit  et  primo  subita  formidine  movit. 

mox,  ubi  mens  rediit,  et  contempsere  sequentem, 

ad  numerum  rnotis  pedibus  duxere  choreas. 

improbat  has  pastor  saltuque  imitatus  agresti 

addidit  obscenis  convicia  rustica  dictis. 

nee  prius  os  taeuit,  quam  guttura  condidil  arbor. 

arbor  enim  sueoque  licet  cognoscere  mores  : 

quippe  notam  linguae  bacis  oleaster  amaris 

exhibet ;  asperitas  verborum  cessit  in  Mas. 

Questa  versione,  si  vede,  e  meno  graziosa  della  Nicandrea, 
ed  ha  invece  una  impronta  piü  arcaica.  Ricordiamoci  un  poco,  per 
mezzo  del  treppiede  figurato  di  Lucera,    quäl   concetto   il  popolo 


CERAMICA    DELL'APULIA    PREELLENICA  71 

avesse  della  vita  pastorale  (').  «  Gli  annati,  dice  la  descrizione, 
e  quello  che  suona  il  corno  a  conchiglia,  sono  vestiti,  mentre  chi 
spinge  l'armento  e  nudo,  non  solo,  ma  distinto  anche  con  un  brusco 
particolare  fatto  ad  avvicinarne  il  carattere  al  satiresco  ».  Se  poi 
in  Ovidio  figura  il  dio  Pan,  si  immiscbia,  se  non  isbaglio,  un  mo- 
niento  locale  o,  per  dir  cosi,  storico.  Accenno  a  quel  paese,  pre- 
dorico,  Satyrion,  promesso  dall'oracolo  ai  Greci,  nella Messapia, 
chiamato  cosi  non  dai  Satiri  bacchici,  bensi  da  un  certo  demone 
come  era  in  Arcadia  quel  cattivo  Satiro,  specie  di  pastore  malan- 
drino,  che  rubava  le  pecore  ai  contadini,  e  che  fu  ucciso  —  an- 
che esso  un  tratto  diverso  dal  carattere  dei  soliti  satiri  —  dall'eroe 
Argos  (2).  La  favola  rara  non  omette  di  rilevare  che  l'eroe  indos- 
sava  una  pelle  bovina;  altro  tratto  caratteristico  per  una  civiltä 
primitiva  pastorale,  anteriore  alla  viticoltura  e  simile  a  quella  con- 
servatasi  piü  a  lungo  nei  Japigii,  che  solevano  financo  in  tempi 
recenti,  dormire  nella  grotta  sacra  del  Gargano,  avvolti  nelle  loro 
pelli  di  pecora.  Del  resto  fra  i  culti  esistenti  su  e  presso  il  Gar- 
gano, di  cui  siamo  informati  da  quei  dotti  autori  che  sono  Timaeos 
e  Lycofron,  non  v'e  traccia  del  dio  Pan,  sieche,  poesia  a  parte,  il  ri- 
scontro  offertoci  dalla  Messapia  meridionale,  conserya  il  suo  valore. 
In  quanto  al  sito  delle  grotte,  la  gente  di  Putignano,  che 
scolpiva  la  figura  del  dio  Pan  nella  grotta  del  proprio  paese,  avrä 
letto  i  versi  di  Ovidio  riferendoli  appunto  a  quella  contrada.  Se 
questa  era  la  loro  opinione  non  potremmo  dar  loro  torto,  qualora 
si  trattase  di  eseludere  la  grande  grotta  sul  Gargano,  visto  che  la 
celebritä  di  questa  e  di  data  medioevale  e  che  il  poeta  Sulmonese, 
se  voleva  riferirsi  ad  essa  e  porre  l'origine  dell'olivo  selvaggio  sulla 
montagna  piuttosto  che  sulla  pianura,  non  avrebbe  omesso  di  rile- 
vare brevemente  la  montagna  ed  il  promontorio  d'  Italia,  in  vece 
di  parlare  di  un  bosco  qualunque,  che,  preso  il  testo  verbalmente, 
sarebbe  situato  nella  Peucezia  o  nella  Messapia.  Si  deve  censide- 
rare  che,  nei  tempi  antichi,  anzi  fino  ai  tempi  medioevali,  un  grande 
bosco  con  molto  selvaggiume  si  estendeva  da  Gioja  fino  a  Monopoli, 
comprendendo  dunque  la  contrada  in  questione.  D'altronde  non  na- 
scondo  il  mio  dubbio,  che  il  poeta  o  il  suo  autore,  se  voleva  al- 


0)  Bull.  d.  Istit.  Arch.  Germ.,  XII  pag.  4,  fig.  1,  Petersen. 
(«)  Apollodoro  bibl.  II,  1,  3. 


72  M.  MAYER 

ludere  a  una  certa  localitä,  forse  non  pensava  tanto  in  genere  ad 
una  grotta  sacra,  chiusa,  quanto  ad  una  di  quelle  profane,  mezzo 
aperte,  che  distinguono  le  varie  '  Gravine '  appule,  da  Silvion  fin 
a  Massafra  di  Taranto,  oppure  a  quelle  simili  che  hanno  dato  il 
nome  alla  cittä  di  Grottaglie,  vicino  Taranto,  alla  Grottola  medio- 
evale  (*),  e  a  quella  stazione  '  Speluncae  '  vicino  Ostuni,  indicata 
sulle  piante  e  negl'  itinerari  antichi. 

E  sembra  finalmente  lo  schietto  fatto  delle  '  Pietre  Sacre  ' 
contenere  un  indizio  in  favore  delle  contrade  meridionali,  se  non 
addirittura  della  contrada  fra  Putignano  e  la  costa  Adriatica. 
Giacche  escluderei  le  colonne  o  sassi  miracolosi  di  Diomede,  po- 
sti  in  luogo  favoloso  dell'Adriatico  settentrionale  piü  o  meno  fi- 
cino  al  Gargano ;  fenomeno  mitico  che  trova  riscontro  nelle  colonne 
di  Ercole,  poste  alla  fine  dell'orizzonte  marittimo  verso  l'occidente, 
e  nelle  Plancte  che  segnavano  quasi  la  fine  contraria,  cioe  l'entrata 
nel  regno  favoloso  del  Mare  Euxino.  Nell'Adriatico  la  navigazione 
greca  per  secoli  non  andö  di  molto  oltre  il  Gargano  (2),  e  perciö  tro- 
viamo  qui  l'idea  delle  pietre  o  colonne  terminali,  che  con  il  ca- 
rattere  miracoloso  di  potere,  se  rovesciate,  rialzarsi  di  nuovo,  ricor- 
dano  addirittura  le  Plancte,  rispecchiando  le  idee  degli  stessi  na- 
vigatori  e  coloni  Kodo-Milesi,  che  per  primi  penetrarono  nel  mare 
Euxino  e  che~approdarono  alle  coste  appule  sino  al  Gargano.  Elimi- 
nato  dunque  il  regno  nordico  di  Diomede,  rivolgiamoci  alla  fine 
opposta  della  Iapigia.  AI  capo  Leuca  si  vedeva,  una  volta  (3), 
una  grande  pietra  che  Ercole,  quando  vi  andö  per  domarne  gli  in- 
digeni,  sollevö  con  un  solo  dito.  Per  bene  intendere  questa  leggenda, 
conviene  ricordarsi,  che  ddxiv'/.og  nella  mitologia  (4)  contiene  sem- 
pre  qualche  ricordo  oscurato  dei  Dactyli  o  Corybanti,  sia  nel  signi- 
ficato  delle  persone,  sia  nel  significato  delle  pietre  sacre  dei  culti 
primitivi,  che  erano  a  forma  di  xvgßig,  cioe  piramidali,  o  a  forma 
di  colonna  o  phallos,  detto  däxtvloq  per  eufemismo.  II  migliore 
riscontro  per  questo  doppio  senso,  offre  la  Hierapetra  Cretese  stessa, 
che  si  diceva  fondata  da  certo  Kyrbas  e  chiamata  in  origine  Kyrba. 

C1)  Cfr  D'ürso,  Storia  di  Andria,  p.  52. 

(2)  Probabilmente  per  la  pirateria  dei  Libarni. 

(3)  Pseudo-Aristot.  Mirabil.  XCVII  (100)  Westerm.  Cfr.  anche  la  pietra 
sacra  e  miracolosa  di  Egnazia,  Plin.  n.  h.  II  240. 

(4)  Cf.  Röscher  Lexic.  mit.  II  1,  1535. 


CERAMICA    DELL'APULIA    PREELLENICA  73 

Che  questi  rapporti  non  erano  mera  mitologia,  raa  basati  su 
certe  osservazioni  di  fatti  storici  o  nazionali,  forse  balzerebbe  fuori 
dal  classico  trattato  di  Demetrio  Scepsio,  presso  di  Strabone,  nel 
libro  X,  se  non  sfortunatamente  il  rispettivo  passo  473  fosse  cor- 
rotto  anzi  lacunoso,  fatto  neppure  notato  nelle  edizioni.  JaxivXovg 
6'  Idaiovg  (pafft  nveg  xsxXrjöücu  rovg  TTQcovovg  oi'xrjvoQctg  rrjg  xcträ 
trjv'Id'tjv  vnoaqsCag'  nödccg  fliv  yccQ  Xkyefföui  rag  vmoqeiac, 
xoqvifug  Sh  t«  axQa  twv  oqwv.  Ne  l'uno  ne  l'altro  concetto 
trova  dove  attaccarsi.  Ma  ciö  che  si  comprende,  non  ostante  le 
deficienze  del  periodo,  e  questo  che  siccome  xogvcpai  addita  un  xo- 
Qvßavteg  che  manca,  cosi  nödsg  doveva  servire  a  spiegare  un  pre- 
cedente  3Icc7todsg,  nome  che  forse  dava  offesa  al  copista  per,l'  in- 
solito  ambiente  in  cui  figura  qui.  I  Japodes  o  Japudi,  altrove 
nienzionati  dal  geografo,  popolo  nordico  dei  paesi  Balcanici,  sono 
generalmente  riconosciuti  identici  agli  Japigi  entrati  in  Italia  (1). 

Le  ragioni  per  cui  si  volle  introdurre  questa  nazione,  stanno  in 
fatto  nei  liniiti  dell'Apulia,  ossia  nei  paesi  che  avevano  relazioni 
siano  vere  siano  presunte  dell'Apulia  con  l'isola  di  Creta  o  con  altri 
paesi  dei  Cureti.  Si  puö  pensare  prima  alle  danze  (conf.  diTtödia, 
tripudid),  caratteristico  mitologico  degli  'länodeg  in  Apulia.  La  fa- 
vola  dei  pastori  e  delle  ninfe  ballanti  con  un  Pane  o  Satiro  in  mezzo 
lo  addita ;  essa  ci  presenta  un  simile  aggruppamento  corae  il  noto 
frammento  attribuito  ad  Esiodo  (2) ;  e  forse  e  degno  di  attenzione 
il  fatto  che  le  ninfe  salutano  i  pastori  Apuli  gridando  loro  «  xovqoi 
invece  di  dire  noit-uitg  o  vearka,  come  ancora  nell'estratto  in  prosa 
di  Anionino  Liberale. 

Questa  interpretazione,  e  vero,  non  e  quella  che  ci  da  Stra- 
bone. Ma  anche  la  sua  (nödtg  =  vjimqho),  che  fa  derivare  il  nome 
dalla  pianura,  e  che  pare  non  convenga  ai  montani,  quali  furono 
in  origine  gli  Iapodi,  bene  si  spiega  studiando  le  condizioni  del- 
l'Apulia. Ivi  ciöe  i  IledtxoXoi  o,  come  spesso  si  scrive  questo  nome, 
Ilotdi'xokoi,  abitano  tra  le  Messapia  arva  e  il  '  tavoliere  di  Foggia  '. 
Essi,  nella  tripartizione  in  Daunii,  Peucezii,  Messapii,  si  lasciano 

(1)  Ved.  sopia  pag.  19. 

(2)  Fr.  28  Markscheff.  —  Strab.  X  471. 

'E£  ixiv  ovQiutt,  Nt'fKfai  d-eai  e^eyivoyio, 

Kai  ye'rog  ovti&cviüv  ZatvQütv  xcd  il^irj^avoeQyiuv 

Kov Qtj r es  re  9eol  <pi).oiiaiy^ioves  oQX>]OirJQes- 


74  M.  MAYER 

da  parte  ed  in  genere  convengono  coi  Peucezii,  senza  perö  iden- 
tificarsi  con  essi  (1).  Per  quanto  si  vede  il  nome  di  Peucezii  e  di 
senso  piü  esteso,  che  si  espande  fin  sui  monti;  invece,  quando  si 
parla  dei  Poedicoli  con  piii  marcata  precisione,  si  comprende  ciö  che 
piü  brevernente  risulta  anche  da  Strabone:  trattarsi  cioe  degli  abi- 
tanti  della  costa,  eccettuate  le  Murge,  specialmente  quelle  fra  Egna- 
zia  e  1'  Ofanto. 

Se  si  riflette  che  di  Peucezii  si  parla  anche  in  contrade  ove 
essi,  in  tempi  anteriori,  potrebbero  aver  abitato  benissimo,  che  di 
Pedicoli  o  Poediculi  all'incontro  fuori  dell'Apulia  non  evvi  traccia 
alcuna.  a  meno  che  con  Kiepert  si  voglia  pensare  a  Poedicum 
sul  confine  della  Pannonia  e  del  Noricum,  potrebbe  credersi  che 
questi  ultirni,  i  quali  anche  presso  Plinio  (III,  101)  stanno  come 
gente  Illirica  non  diversa  di  razza  dai  Japigi,  non  avessero  un  nome 
individuale,  ma  si  chiamassero  semplicemente  ütäuU  quali  abi- 
tanti  della  pianura  (2). 

E  ciö,  se  anche  non  fosse  la  veritä,  sembra  perö  essere  il 
senso  nascosto  delle  parole  corrotte  di  Strabone.  In  ogni  caso  bi- 
sogna  accennarlo,  sperando  che  da  questo  punto  possa  uscire  un 
po'  piü  di  luce,  sebbene  per  il  momento  cresca  forse  il  numero 
delle  quistioni. 

In  fondo  anche  presso  Strabone  si  tratta  dell'antica  identifl- 
cazione  di  Cretesi  ed  Appuli,  ipotesi  emessa  da  Erodoto  sotto  la 
immane  forma  di  un'emigrazione  generale  di  quasi  tutti  i  Cretesi 
verso  l'occidente.  Chiunque  oggi  si  occupa  di  questo  spinoso  problema 
dovrä  prendere  il  suo  punto  di  vista  un  po'  piü  alto  o  piü  distante 
che  non  poterono  fare  gli  antichi.  Anzitutto  egli  farä  ricordare  che 
non  vi  e  piü  contatto  con  l'isola  di  Creta  che  con  altri  paesi  greci, 
dai  quali  i  Cretesi  stessi  una  volta  si  dipartirono.  Qui  perö  dob- 
biamo  occuparci  solo  di  ciö  che  ci  insegnano  i  ritrovamenti  cera- 
mici.  Ed  a  questo  tema  dopo  breve  giro  ci  vedremo  ricondotti. 


(1)  II  Kiepert,  Geogr.  p.  450,  3,  poco  bene  tenta  di  identificare  i  due 
nomi,  e  Keller,  Lat.  Volksetym.  p.  183,  troppo  condiscendente  si  e  mostrato 
a   siffatta  tesi. 

(2)  Per  la  formazione  del  nome  conf.  incola,  ßovxobog,  cdnokog,  JfMpino- 
kog  (n  =  x),  evxoko;,  dvoxo'Aog  ecc.  Cfr.  G.  Curtius,  Gr.  Etymologie*  p.  463. 


CKRAMICA    DELL'APULIA    PRHELLEMCA  75 

I  numismatici  fanno  osservare,  senza  perö  tirarne  conclusioni, 
che  la  monetazione  della  Cretese  Hierapytna  va  d'accordo  in  modo 
sorprendente  con  quella  degli  Aeniani.  Tale  concordanza  fra  due 
paesi  cosi  distanti  pare  non  sia  spiegabile  se  non  da  vera  affinitä 
cod  relazioni  antichissime  non  mai  neglette,  sebbene  esse  comin- 
cino  ad  apparire  soltanto  in  tempi  relativamente  tardi  (circa 
l'anno  300)  con  la  coniazione  autonoma  di  questi  paesi.  Gli  Eniani, 
uno  di  quei  popoli  della  Grecia  settentrionale  che  rimasero  presso 
a  poco  intatti  dallo  sviluppo  storico  dopo  le  grandi  migrazioni, 
abitavano  prima  la  Tessaglia  piü  settentrionale,  e  soltanto  dopo 
molti  giri  nella  Grecia  media,  che  li  portarono  anche  al  golfo  di 
Orissa  e  Cirrha,  essi  presero  posto  definitivo  sul  lato  nord  dell'Oeta 
con  la  capitale  Hypata. 

Le  loro  tradizioni  tramandateci  da  Plutarco  (Quaest.  gr.  XIII) 
trattano  di  culti  e  costumi  antichissimi,  cioe  dell'epoca  in  cui  la 
fronda  era  ancora  1'  arma  principale  e  una  pietra  avvolta,  chia- 
mata  allora  mm%txav  xgtac,  fu  sacro  simbolo  di  Apollo  ovvero 
Zeus  (vedi  Plutarco).  In  quel  nome,  nonostante  la  metamorfosi 
leggendaria,  sembra  nascondersi  un  nome  proprio,  forse  lo  Iliwhiov 
con  le  vicine  vette  dello  Hypatos  e  del  Messapios,  e  la  cittä  di 
Anthedon,  donde  secondo  la  tradizione  avrebbe  incominciato  la  mi- 
grazione  Messapica  (*),  la  quäle  si  diresse  verso  l'isola  di  Creta  e 
verso  l'Apulia.  Le  piü  antiche  sedi,  con  quelle  dei  Bottiei  (2),  pos- 
sono  forse  segnarsi  con  le  cittä  di  Pella,  Pydna  ed  Ainea.  Dal  quäl 
punto  non  vi  e  che  un  passo  agli  Edoni,  ai  quali  pare  si  riferisca 
'Av&rjdu'n',  la  cosi  detta  cittä  k  Tracia  '  (Lycophr.  v.  754),  ed  ai 
Brysai  ed  Haleti  del  Pangaion  (Plin.  n.  h.  IV.  40),  i  quali  si  ri- 
trovauo  nel  cuore  di  Sparta  in  un  ambiente  del  tutto  preellenico 
(Paus.  III.  20).  Ivi  troviamo  strette,  l'una  accanto  all'  altra,  cÄkt- 
aCa,  Takttöc  e  Bgvaeai,  paese  sparito;  poi  una  divinitä  chiamata 
MtaaccTttvt;  (Zeus),  presso  un  fiumicello  (VtXXia  e  probabilmente 
presso  il  paese  Mtaaunhai  (Theopomp.  fr.  274)  e  sulla  ciraa  del 
monte  i  sacrifizi  di  cavalli  in  onore  di  Helios,  quali  dai  Sallentini 
si  facevano  al  Menzana  (3).  Con  ciö  tocchiamo  uno  dei  centri  del 


0)  Strab.  IX  405,  Paus.  IX  22. 

(*)  Ved.  sopiu  pag.  19. 

(3)  Cfr.  Mommsen,  Unteritalische  Dialekte  p.  70. 


76  M.  MAYER 

problema  Messapico.  In  fatto,  attraverso  tutta  1' Ellade  restano  an- 
cora  le  traccie  di  una  popolazione  esistita  pure  in  Apulia  e  che 
dal  linguaggio  si  mostra  ne  Greca,  ne  Italica. 

Basta,  prescindendo  dal  locale  Spartano  con  la  sorgente  Mes- 
seis, rivolgere  lo  sguardo  all'antico  paese  di  Messa,  situato  sulla 
punta  meridionale  del  Peloponneso.  II  nome  di  questo  paese  ben 
presto  sparito  xai'  arcoxoTzrjV  si  crede  signiticare  Messenia;  (Steph. 
Byz.).  In  fatto  perö  tuttora  il  locale  tiene  il  nome  MtcGanö  ('). 
La  medesima  divisione  si  trova  sul  lato  Italico.  Ivi  pure  fra  Taranto 
e  Brindisi  l'una  presso  l'altra  si  trovano  le  cittä  Messapia  (2)  e  Mes- 
senia (oggi  Mesagne) ;  fenomeno  che  ricorre  poi  alle  sbocche  del  Po, 
ove  la  cittä  di  Adria  (Etym.  M.  s.  v.)  si  presenta  con  X  eroe  Mes- 
sapios,  e  Ravenna  col  canale  '  Padusa  quondam  Messanicus  appel- 
latus'  (Plin.  III  119).  Sieche,  se  da  una  parte  pare  si  confermi  ciö 
che  giä  lo  Stndniczka  (Kyrene,  p.  175  sg.)  ha  provato  con  le 
tradizioni  di  Phalanthos,  1'  esistenza  cioe  in  Messapia  di  una  popo- 
lazione predorica,  acheo-arcadica,  s'  intravede  altronde  la  vastitä  del 
problema:  la  possibile  estensione  della  civiltä  Appulo-Messapica, 
la  confusione  con  gli  Japigi,  venuti  dal  nord,  ecc. 

La  necessitä  di  sfiorare  qui  siffatte  questioni  sarebbe  chiara 
senz'altro,  se  la  congettura  del  Dümmler  (3),  che  Aineas  fosse  l'e- 
ponimo  degli  Eniani,  trovasse  appoggio  nei  fatti;  ma  tale  ipotesi 
finora  non  trova  la  sua  dimostrazione  se  non  per  la  via  della  Pu- 
glia  e  forse  del  Peloponoeso,  via  che  per  ora  non  posso  seguire. 

Ciö  che  importa  qui  si  e  la  dea  col  pettine  strettamente 
collegata  con  Aenea.  Nello  scolion  Hom.  B  820  si  annota  al  nome 
3A(fooS(tri •  Tuvxiqq  xo  üyak[ia  Tc"käxvovai  xre'va  (pt'gov,  particolare 
della  sua  rappresentazione  che  appena  in  tal  modo  si  sarebbe  ac- 
centuato  e  generalizzato,  se  esso  non  fosse,  come  nello  scolion  di 
poi  si  fa,  messo  in  relazione  speciale  coi  Romani  e  con  Enea.  II 
eulto  Romano,  cui  allude  lo  scolion  nel  luogo  classico  di  Servio 
(Aen.  I.  720),  e  specirlcato  con  quello  della  Venus  calva.  L'iden- 
titä  risulta  specialmente  da  Serv.  II  632,  dal  quäle  passo  di  piü 
poi  risulta  che  nel  luogo  precitato  e  proprio  il  eulto  della  calva 

C1)  Cfr.  Bursian,  Griech.  Geogr.  II  152. 

(2)  II  Corcia,  Storia  della  Sicilia,  III,  ammoni  di  non  alterare  il  passo 
di  Plinio  n.  h.  III.  100. 

(3)  Presso  Studniczka,  Kyrene,  p.  195. 


ceramfca  dell'apulja  preellenica  77 

o  un  altro  simile  cui  si  riferiscono  le  parole  ginnte  in  fine :  apud 
Cyprios  Venus  in  modum  umbilici  vel  ut  quidam  volunt  metae 
colitur.  Onde  segne  anche  questo,  mi  pare,  che  il  nome  di  calva 
non  e  originale,  ma  latinizzato  da  altra  lingna. 

All'Apulia  tocca  anche  la  storia  della  Venus  verticordia  ('), 
nella  quäle  lo  xthc  fa  le  sue  parti  assai  manifeste  come  simbolo 
mistico,  come  le  faceva  quäl  simbolo  mistico  nelle  feste  delle  donne 
greche,  p.  e.  nelle  Tesmoforia  (2). 

Oltre  a  questi  vi  era  in  Apulia  un  culto  di  Venere  sul  capo 
Leuca,  il  quäle  ben  presto  venne  oscurato  da  quello  di  Athena  (3), 
e  massima  poi  in  quella  contrada,  dalla  quäle  abbiamo  preso  le 
mosse  nella  vicinanza  di  Putignano.  Ivi,  cioe  fra  Conversano  e 
Castellana,  era  un  tempio  molto  frequentato  che  diede  nome  alla 
statlo  ad  Veneris.  Venendosi  ora  a  sapere  che  Conversano  prima 
ebbe  un  altro  nome,  il  quäle  si  mantenne  tino  al  medio  evo,  cioe 
Cupersanum  (4),  con  ciö  s'intenderä  che  la  dea  qui  chiamavasi  Cu- 
pra,  cioe  col  nome  medesimo  col  quäle  veniva  chiamata  nel  Piceno. 
E  cosi  si  comprende  presto  perche  del  culto  ciprio  si  fa  menzione 
appunto  presso  la  Calva.  Siccome  perö  questa  fu  la  dea  col  pettine,  il 
nome  Conversano  mediante  metatesi  sarä  nato  da  Corvansano,  unen- 
dovisi  il  significato  di  Verticordia',  e  Calva  si  spiegherä  da  Carva  o 
xugßav,  cui  viene  luce  dalla  serie  Carovigno,  Carbonara,  xdgßiva  (5). 

Dopo  tutto  ciö  non  sarä  da  sorprendere,  qualora  si  afferma 
che  la  ceramica  della  Puglia  media  si  serva  con  tanta  predilezione 
dell'orDamento  del  pettine.  Non  importa  molto  che  questo  ornamento 
quasi  sotto  gli  occhi  nostri  si  sviluppi  da  altra  tigura,  seppure  viene 
un  tempo,  dal  quäle  esso  si  presenta  chiaramente  da  pettine  con- 
servando  costantemente  tale  caratteristica. 

La  svastica,  di  cui  si  presenta  il  tipo  perfetto,  potrebbe  essere 
importata.  Essa  fa  il  suo  apparire  quasi  contemporaneamente  col  tipo 

(*)  V.  Preller-Jordan,  Rom.  Myth.  I,  446.  II  nome  stesso  della  fami- 
glia  Elvia  forse  sta  in  connessione  colla  parola  Appula  Elpi. 

(2)  Callimaco  fr.  308  Sehn.,  Anthol.  Pal.  V  132;  Poll.  II,  174;  Etym. 
M.  9s<rtuo(p. 

(3)  Cf.  Corcia,  Storia  d.  Sic.  III,  425.  Differisce  l'opinione  del  Pais  I  55"). 

(4)  Domenico  Morea,  Chartularium  di  Conversano  I  (dal  815  d.  Cr.  in 
poi),  Montecassino  1892. 

(5)  Cf.  anche  il  popolo  dei  Carbelas  sul  Pangaion.  Plin.  IV,  44. 


78 


M.   MAYER 


de!  pettine  quasi  pienamente  sviluppato.  In  tale  unione  esso  pud- 
aver  valore  di  simbolo,  come  nella  Grecia  settentrionale,  ove  l'ba 
conservato  lungo  tempo:  cosi  le  monete  di  Mesembria  hanno  la 
leggenda  Mea  con  aggiunta  la  svastica,  la  quäle  quindi  significhe- 
rebbe  tjiikQa,  rjXtog  (l).  Con  ciö  saremrao  ricondotti  alla  vicinanza 
di  im"  antica  cittä  di  Enea,  quäle  e  Ainos,  sulla  costa  della  Tracia. 

Non  ometto  qui,  riguardo  al  pettine,  di  far  osservare  che  tale 
simbolo  di  una  dea  dal  Petersen  (Bullett.  dipaletnol.  ital.  XXXIII, 
p.  81)  venne  riconosciuto  in  figure  molto  antiche  della  Beozia. 

Si  sa  poi  quanto  e  facile  trovare  pettini  di  vario  materiale, 
non  tutti  fatti  per  servirsene  in  realtä,  ma  anche  per  portarli  come 
amuleti,  tanto  nei  paesi  deH'Istria  quanto  neH'Italia  settentrionale. 


Fig.  20. 

E  qui  finalmente  e  il  luogo  opportuno  onde  spiegare  la  figura 
singolare  che  si  vede  su  parecchi  dei  nostri  vasi,  cioe  quel  trin- 
chetto  con  maggiore  o  minor  numero  di  punte,  piantato  sopra  ba.se 
triangolare.  Sopra  alcune  urne  (2)  essa  ha  due  sporgenze  verticali  al- 
l'estremita  di  ciascun  braccio,  e  ne  ha  una  soltanto  sopra  un'urna 
che  qui  non  abbiamo  raffigurata  (3).  Appena  osservato  questo  tipo  noi 
potremo  sovvenirci  di  alcuni  simboli,  o,  per  meglio  dire,  di  alcuni 


C1)  Brit.  Mus.  Catal.  Thrace,  pag    132,  4. 

(2)  No.  5  e  compagno. 

(3)  Bari  Mus.  3715 ;  da  Montrone. 


CERAMICA    DELL'aPULIA    PREELLENICA  79 

idoli  primitivi,  come  quelli  che  si  vedono  sopra  alcune  stele  neo- 
puniche  nonche  quelli  che  si  vedono  piü  verso  il  nord,  come  per 
esempio,  ad  Este  (')  noi  li  troviamo  quali  amuleti,  o  esemplari  rap- 
presentanti  figure  di  donne,  come  sul  vaso  di  Oedenburg  (2),  ove 
si  scorge  che  la  testa  fu  nello  stesso  modo  trascurata.  Con  tale 
idea  perö  sarebbe  incompatibile  V  urna  n.  6,ove  tutta  la  linea  tras- 
versale  e  piena  di  punte  come  lo  sarebbe  un  candelabro :  fig.  20  b. 
E  qui  non  si  puö  pensare  a  im  pettine,  ma  bensi  dappertutto  a  un 
trinchetto  impiantato,  ciö  che  risulta  senz'  altro  da  quei  vasi  Ap- 
puli,  ove  l'oggetto  in  quistione  si  vede  munito  di  manico  ed  isolato, 
cioe  senza  base ;  cosi  fig.  20  c,  graffiato  al  di  sotto  di  una  coppa 
Cegliese  (Bari  Mus.  773)  e  fig.  2Qd,e,  dipinto  due  volte  sul  ma- 
nico di  un  askos  Carosino  (Bari  Mus.  2298). 

Gli  esempi  riprodotti,  pare,  non  lasciano  alcun  dubbio  che 
sopra  i  vasi  predetti  la  troppa  brevitä  e  la  troppa  larghezza  del- 
l'oggetto  non  possa  essere  decisiva  e  forse  non  si  debba  attribuire 
ad  altro  che  ad  una  imperfetta  caratteristica. 

Sopra  uno  dei  vasi  di  stile  Appulo  del  nord  (3),  trovati  nell'Istria, 
avente  un  rettangolo  a  guisa  di  finestra,  si  vedono,  in  direzione  per- 
pendicolare  due  oggetti  di  questo  genere ;  con  le  punte  in  giü,  ciö 
che  con  ogni  pro'cabilitä  risulta  dalla  piccola  piramide  di  argilla 
(uno  dei  cosiddetti  pesi)  di  Megara  Iblaea  (4),  ove  siffatta  figura, 
appoggiata  sulle  punte,  dirette  in  giü,  al  manico  si  vede  munita  di 
asta  trasversale. 

La  figura  di  un  tridente  impiantato,  se  cosi  possiamo  chia- 
mare  il  trinchetto  (5),  nel  modo  piü  naturale,  credo,  si  spiegä 
dalle  condizioni  della  Tessaglia  settentrionale,  specialmente  da 
quelle  dei  Perrebi,  antichi  vicini  degli  Eniani,  ove  uno  degli  au- 
toctoni,  Ceneo,  nemico  e  rivale  di  Apollo,  nella  sua  superbia  (in 
questo  modo  cioe  si  caratterizza  lo  stato  di  cose  piü  antico)  si  dice 
che  abbia  piantato  la  sua  lancia  come  sacramento  e  aver  forzato 
la  gente  a  far  giuramento  su  questa  (6).  La  trinchetta  stessa  e 

(!)  C  Hoemes,  Urgeschichte  der  bild.  Kunst,  Taf.  X,  12. 

{*)  Cf.  Hoemes  1.  c.  tav.  XXX  1-2. 

(3)  Amoroso,  Le  necropoli  preistoriche  dei  Pizzughi.  Atti  e  Mernorie 
d.  Soc.  Istr.  V  fasc.  1,  2.  tav.  V  1. 

(4)  Hoemes,  Urgesch.  d.  B.  K.  p.  474. 

(5)  Essa  si  allarga  talvolta  anche  sugli  arcaici  pinakes  di  Corinto. 

(6)  Cf.  Schol.  di  Apoll,  rod.  I  57. 


80  M.    MAYER.    CERAMICA    DELL'aPL'LIA    PREELLENICA 

la  sua  apparizione  in  Apulia  non  sarä  piü  sorprendente  dopo  tutto 
ciö  che  da  altri  fu  esposto  intorno  a  Phalanthos  (Messap.  Bale- 
&ag,  faXs&oc)  quäle  eroe  predorico  di  Brindisi  e  di  Taranto,  ed 
intorno  alle  di  ini  vestigia  in  Tessaglia  e  Creta  accompagnate 
sempre  dal  tridente.  Giacche  puranche  l'emigrazione  dei  Messapi 
da  Anthedon  sta  in  diretta  correlazione  con  Glaucos  Pontios.  Fin- 
anco  il  Messapus  di  Virgilio  e  figlio  di  Nettuno. 

Da  queste  circostanze,  se  si  traducessero  nel  Greco,  risulterebbe 
una  unione  dei  culti  di  Aphrodite  e  di  Poseidon  tale  quäle  esistette 
in  Messene,  in  Aigion,  nell'Arcadica  Orchomenos  ed  in  Corinto  ('). 

M.  Mayer. 


(')  Cfr.  Welcker  Griech.  Götterlehre  II,  706. 


SONOGRAPHISCHE  STUDIEN  (') 


XIV.  Maussollos  Fürst  von  Mylasa, 
Satrap  von  Karien. 

Vor  Jahren  lernte  ich  aus  einem  Abguss  Imhoofs,  eine  Münze 
von  Kos,  aus  der  Sammlung  Waddington  (2)  kennen  mit  dem 
bärtigen  Herakleskopf,  der  eine  merkwürdige  Aehnlichkeit  mit  den 
Zügen  des  damaligen  Beherrschers  der  Insel  (3),  mit  Maussollos  zeigt. 
Beif  einem  Besuch  des  Britischen  Museums,  im  J.  1885,  fand  ich 
dazu  ein  verwandtes  Exemplar  (4),  das  aber  in  der  Prägung  weniger 
vollständig  gerathen  ist. 

Ich  habe  damals  diese  Bemerkung  als  eine  immerhin  ganz 
hübsche,  aber  ohne  weitere  Bedeutung  aufgehoben,  und  würde  jetzt 
kaum  dazu  kommen  sie  zu  veröffentlichen,  wenn  sich  die  Sachlage 
nicht  etwas  verschoben  hätte.  Damals  galt  die  bekannte  Statue 
fast  allgemein    als   integrirender  Bestandtheil  des  Viergespannes 

(»)  S.  Rom.  Mitth.  1898  XIII  S.  60.  Dort  ist  auf  Seite  61  das  Stirnhaar 
des  Londoner  Homerkopfes  auf  den  Kopf  gestellt,  dasselbe  wird  deshalb  hier 
richtig  gestellt  gedruckt. 


(*)  Babelon  Inventaire  de  la  coli.  Waddington  n  2720.  Paton  und  Hicks 
the  Inscriptions  of  Cos,  S.  305. 

(3)  Paton  und  Hicks,  a.  a.  0.  S.  XXIX. 

(4)  Catalogue,  Carla  and  Islands  PL  XXX,  6. 

6 


82  J.  six 

vom  Gipfel  des  Maussolleums  und  deshalb  sebstverständlich  als 
Maussollos ;  jetzt  da  Percy  Gardner  (')  tiberzeugend  dargethan  hat, 
dass  sie  von  diesem  Viergespann  nicht  herrühren  kann,  ist  jener 
Name  ihr  freilich  von  niemand  streitig  gemacht,  aber  thatsächlich 
ohne  jegliche  Begründung  geblieben.  Unter  diesen  Umstanden  kann 
meine  Bemerkung  willkommen  sein  um  die  gemeingültige  Be- 
nennung zu  stützen. 

Ich  stelle  hier  eine  Profilansicht  des  Statuenkopfes  neben  ein 
Exemplar  des  gewöhnlichen  Typus  und  jenes  mit  den  angeäh- 
nelten  Zügen  aus  der  Sammlung  Waddington.  Es  leuchtet  ein,  wie 
gross  die  Uebereinstimmung  ist.  Dieselbe  spricht  sich  besonders 
aus  in  der  kräftigen  Stirne  und  in  der  Weise,  wie  sich  daran  die 
starke  Nase  anschliesst.  Zwar  scheint  die  Münze  eine  breitere 
Nasenspitze  zu  zeigen  als  der  Marmor ;  aber  diesem  fehlt  die 
Nasenspitze,  die  am  Abguss  wohl  zu  schmal  restaurirt  ist.  Ein 
etwas  kräftiger  Nasenknopf,  würde  die  Nase  ungemein  beleben. 
Freilich  ist  es  nur  in  der  Profilansicht  dass  die  Restauratioif  zu 
tadeln  wäre,  sonst  stimmt  die  Form  zum  Münzbilde. 

Ebenso  stimmt  die  hoch  und  rund  gezogene  Braue  vorzüglich, 
und  scheint  das  Auge  in  der  Profilaufnahme  viel  kleiner  als  an 
der  Münze,  so  belehrt  uns  auch  hier  wieder  das  Original,  dass 
ein  sehr  weit  geöffnetes,  gross  scheinendes  Auge,  von  dem  Stem- 
pelschneider naturgetreuer  wie  von  einer  Profilphotographie  wieder- 
gegeben wird.  Auch  Lippen-  und  Schnurrbart  des,  im  Vergleich 
mit  den  anderen  Zügen,  kleinen  Mundes  sind  noch  verwandt.  Nur 
der  Kinnbart  scheint  am  Marmor  kürzer  geschnitten  zu  sein  als 
im  Münzbilde ;  aber  auch  dieses  kann  nur  Schein  sein,  wenn  man 
darauf  achtet,  wie  am  Koloss  zwar  kurze  aber  doch  bestimmt 
getrennte  Locken  angedeutet  sind,  die  im  Münzbilde,  im  Stil  jener 
Zeit,  kaum  viel  anders  wiedergegeben  werden  konnten,  als  wie 
geschehen  ist.  Es  gilt  ja  nicht  die  Frage,  ob  der  Münzstempel 
nach  der  Statue,  sondern  ob  beide  nach  der  Person  des  Maussollos 
gearbeitet  sind. 

Was  schliesslich  auch  hier  wieder  den  Ausschlag  geben  muss, 
ist  der  Eindruck  der  ganzen,  grossen  und   grossartig   aufgefassten 

(*)  Journal  of  Hellenic  Studies  XIII  S.  188.  Die  Argumente,  die  Oldfield 
Archaeologia  55,  2.  S.  365  f.  dagegen  anführt,  sind  ungenügend.  Die  Statuen 
bleiben  zu  klein  für  die  Pferde. 


SONOGRAPHISCHE    STUDIEN 


Züge  und  breiten  Formen,  ein  Eindruck,  den  ich  nicht  besser 
anzudeuten  weiss  als  durch  den  Verweis  auf  durch  eine  Lupe 
gesehene  Formen. 


XV.  Alexander  III  König  von  Makedonien. 

Dieser  und  der  nächstfolgende  Aufsatz,  verdanken  ihre  Ent- 
stehung einer  Anregung  meines  Vaters  und  einer  gemeinschaftlichen 
Ueberlegung,  wobei  ihm  in  diesen  numismatischen  Dingen  selbst- 
verständlich der  Hauptanteil  zukommt. 


84  j.  six 

Die  Ikonographie  Alexanders  lässt,  so  wichtiges  und  vorzüg- 
lich bearbeitetes  Material  wir  auch  besitzen,  doch  noch  eine 
eingehende  Untersuchung  vermissen  über  das  was  aus  den  eigenen 
Münzen  des  Königs  über  sein  Aeusseres  zu  ermitteln  wäre. 

Die  Münzen  nämlich  mit  den  Ammonshörnern  die,  wie  allgemein 
anerkannt  wird,  wenigstens  zum  Theil  die  Züge  Alexanders  zeigen, 
sind  bekanntlich  erst  von  Lysimachos  geprägt  worden.  Die  Münzen 
mit  der  Elephanteohaut,  die  auch  als  Bildnisse  Alexanders  gelten, 
und  auf  die  wir  unten  zurückzukommen  haben,  rühren  von  Ptole- 
maios  Soter  her ;  hier  handelt  es  sich  um  den  Heraklestypus  der 
bei  Lebzeiten  des  Königs  geprägten  Münzen. 

Das  was  für  und  gegen  die  Anschauung  zu  sagen  ist,  wonach 
man  in  jenem  Herakleskopf  das  Bild  Alexanders  erkennt,  hat  schon 
L.  Müller  (')  ansführlich  erörtert.  Imhoof  hat  die  Hauptsachen 
dieser  Ausführungen,  höchst  vorsichtig  kurz  so  formulirt  (2) :  «  Auf 
einem  von  Agathokles  in  Baktrien  zur  Erinnerung  an  Alexander 
geprägten  Tetradachmon  (der  zweiten  Hälfte  des  3.  Jahrhunderts 
vor  Chr.)  erscheint  dieser  mit  dem  Attribute  des  Herakles,  dem 
Löwenfelle  (Gardner,  Num.  Chronicle  1880.  Taf.  X.  1)  und  ebenso 
in  der  Kaiserzeit,  auf  makedonischen  Bronzen  (3),  einem  anderen  (4) 
Goldmedaillon  mit  identischem  Revers  (Taf.  X  fax  Revue  Num.  1868) 
und  Contorniaten.  Es  ist  daher  die  Annahme,  auch  der  Kopftypus 
der  sogenannten  Alexandermünzen,  derjenige  des  jugendlichen  He- 
rakles, sei  für  ein  Abbild  Alexanders  gehalten  worden,  nicht 
durchaus  zu  verwerfen.  » 

Weiter  geht  Koepp  (5)  «  Dann  sah  man  in  dem  Herakleskopf 
der  Silber-und  Kupfermünzen  den  Kopf  des  Königs  mit  dem 
Abzeichen  seines  Ahnherrn.  Dieses  Costüm  konnte  nicht  befrem- 
den, und    Münzen  der  römischen   Kaiserzeit,  die  demselben  Kopf 

0)  Numismatique  d' Alexandre  le  Grand  S.  12  f. 

(2)  Gr.  Porträtköpfe  S.  14. 

(3)  Denen  sind  jetzt  die  Bronzen  von  Apollonia  Mordiaea  hinzuzufügen 
{British  Museum,  Catalogue,  Lycia  etc.  PL  XXXIII,  1  und  5)  wo  der  Typus 
als  Alexander,  Stifter  der  Stadt  bezeichnet  wird  und,  merkwürdiger  Weise, 
nicht  eine  beliebige  Alexander-Münze  copiert  ist,  sondern  eben  ein  Exemplar 
derjenigen  Classe,  die  wir  bald  zu  erwähnen  haben. 

(*)  Zu  wissen  aus  dem  Funde  von  Tarsos. 

(5)  lieber  das  Bildnis  Alexanders  des  Grossen,  52.  WinckelmannsrPro- 
gramm.  y 


SONOGRAPHISCHE   STUDIEN  85 

die  Inschrift  'AXel-dvdQov  beifügten,  scheinen  die  Deutung  zu 
beweisen;  ja  man  konnte  sich  auf  Münzen  des  Alexander  Balas 
aus  der  Mitte  des  zweiten  Jahrhunderts  v.  Chr.,  die  den  Kopf 
dieses  Fürsten  in  derselben  Tracht  zeigen,  berufen  als  auf  Zeugnisse 
dafür,  dass  schon  damals  der  Herakleskopf  als  das  Bildnis  Alexan- 
ders galt.  Aber  der  Herakleskopf  kommt,  wie  bereits  Eckhel 
gesehen  hat,  schon  vor  Alexander  auf  makedonischen  Münzen  vor 
und  kann  also  unmöglich  ursprünglich  als  Bildnis  des  Königs 
gemeint  sein;  und  dass  die  Diadochen  erst  erheblich  später  den 
eigenen  Kopf  auf  ihren  Münzen  zu  prägen  beginnen,  und  dass 
das  Bildnis  der  Scheinkönige  der  Zwischenzeit  auf  den  Münzen 
fehlt,  spricht  dafür,  dass  hier  Alexander  nicht  mit  seinem  Bei- 
spiel vorangegangen  war.  Einige  Numismatiker  wollten,  wie  auch 
Visconti,  wenigstens  auf  den  Prägungen  einzelner  Städte  die  Züge 
des  Herakles  denen  des  Königs  angeähnlicht  finden.  Wer  die,  bei 
der  Zahl  der  Prägstätten,  sehr  begreiflichen  Verschiedenheiten  des 
Herakleskopfes  überblickt,  wird  diese  Möglichkeit  nicht  durchaus 
bestreiten  wollen ;  aber  sie  kann  an  der  Thatsache,  dass  der  Kopf 
Herakles  darstellt  und  einen  überkommenen  T}'pus  wiedergibt, 
nichts  ändern  und  ist  für  die  Ikonographie  Alexanders  wertlos.  ■ 
Wertlos  nun  scheint  mir  jene  Aehnlichkeit  keineswegs,  und 
sie  kann  es  auch  nicht  sein,  wenn  man  darauf  achtet,  welche 
Stücke  am  meisten  Uebereinstimmung  mit  den  anerkannten  Typen 
aufweisen,  worunter  neben  der  Herme  des  Louvre,  mit  der  mo- 
dernen Nase,  und  dem  Mosaikbild  der  Alexanderschlacht,  der  wun- 
dervolle Kopf  der  Perserschlacht,  am  s.  g.  Alexandersarkophag,  die 
erste  Stelle  einnimmt  (').  Es  sind  dies  nämlich  mehrere  Münzen 
der  zweiten  Klasse  Müllers  (2),  die  nicht,  wie  er  meinte,  nach 
Kilikien  hingehören,  sondern  eher  nach  Syrien  oder  Mesopotamien, 
jedenfalls  mit  zu  den  ältesten  Prägungen  dieses  Typus  zu  rechnen 
sind.  Ein  Monogramm  scheint  sogar  auf  Damaskus,  wo  Alexander 
zuerst  durch  Parmenion  in  Besitz  von  grösseren  Schätzen  ge- 
langte (*),  zu  weisen. 

(!)  Damit  man  nicht  wegen  des  Löwenhelmes  dieses  Kopfes  geneigt  sei 
an  einen  Zirkelschluss  zu  denken,  weise  ich  darauf  hin,  dass  dieser  Kopf  dem 
Ammonskopfe  der  Lysimachosmünzen  am  nächsten  steht. 

(2)  Ein  schönes  Exemplar  hei  Head  Guide  PL  27.  7. 

(3)  Arrianus  Anabasis  II,  11,  10. 


86  J.  six 

Besonders  zu  vergleichen  ist  die  Nase,  die,  wie  aus  dem 
Mosaik,  dem  Sarkophag  und  den  Lysimachosmünzen  hervorgeht, 
ein  ziemlich  starkes  Nasenbein  sehen  lässt  und  von  da  zur  Spitze 
ganz  leise  eingebogen  ist  (l),  das  hochliegende  Auge  auch  und  der 
kleine  Mund  mit  der  kurzen  Oberlippe,  eine  allgemeine  Aehn- 
lichkeit  endlich,  die  nicht  sehr  weit  geht  aber  doch  genügt,  um 
augenblicklich  die  Exemplare  dieses  Typus  auszusondern  aus  der 
grösseren  Masse,  der  die  Aehnlichkeit  fehlt,  wie  sie  in  der  Haupt- 
sache die  anderen  Klassen  Müllers  bilden. 

In  einer  Beziehung  aber  weicht  der  Münztypus  ganz  bestimmt 
von  dem  bishergenannten  Bildnisse  Alexanders  ab,  indem  diese  die 
Züge  edel  und  fein,  ja  beinahe  etwas  mager  zeigen,  der  Herakles- 
kopf dagegen  grob  kräftig  und  schwer,  mehr  sogar  als  es  aus 
künstlerischer  Kücksicht  der  Heros  verlangt.  Das  ist  auch  nicht 
die  Fülle  der  Formen,  die  uns  die  Münchener  Statue  in  einem 
Bilde  der  blühenden  Jngend  des  Königs  zeigt,  sondern  eine  Fett- 
ablagerung, die  die  Züge  vergröbert  und  an  deren  Entstehung 
Ausschweifungen  nicht  fremd  gewesen  sein  mögen.  Mehr  als  die 
eben  genannte  Gruppe  zeigen  noch  diese  Eigenschaft  die  Münzen 
(der  dritten  Classe)  die  Imhoof  der  Münzstätte  Babylon  und  der 
letzten  Lebenszeit  Alexanders  zugewiesen  hat  (-).  Bei  diesen  hat 
denn  auch  die  Aehnlichkeit  mit  den  genannten  Bildnissen  des  Kö- 
nigs wieder  einiges  eingebüsst. 

Absichtlich  habe  ich  bis  jetzt  noch  unerwähnt  gelassen  ein 
Bildniss,  das  hier  zu  vergleichen  ist,  dasjenige  nämlich  in  der 
Löwenjagd  des  Alexandersarkophags  (3),  das  auffallend  dieselben 
Abweichungen  vom  gewöhnlichen  Typus  aufweist  wie  diese  Münzen. 
Auch  hier  sind  die  Formen  schwerer,  stärker,  gröber,  voller,  be- 
sonders an  Wangen  und  Nase.  Stirne  und  Augenhöhlen  haben  sich 


(!)  Es  liegt  besonders  an  dem  Fehlen  dieser  Nase,  dass  die  Herme  das 
(<QQ6va)növ  vermissen  lässt,  welches  doch  in  den  Werken  Lysipp's  nach  Plu- 
tarch  (d.  Alex.  magn.  s.  virt.  s.  fort.  II  2)  nicht  fehlen  darf  und  in  den 
Lysimachosmünzen  sowie  am  Sarkophag  zu  erkennen  ist.  Das  fcovTwifeg  spricht 
sich  ja  auch  in  der  Herme  sehr  klar  aus  in  dem  mähnenartigen  Wuchs  der 
Haare  an  der  Stirne. 

(*)  Numismatische  Zeitschrift  1895  S.  4.  Taf.  I.  3,  4. 

(3)  Hamdy-Bey  u.  Th.  Reinach  la  Necropole  de  Sidon  PI.  XXX. 


IKONOGRAPHISCHK    STUDIEN  87 

am  wenigsten  geändert;  der  Mund  lässt  sich  noch  vergleichen, 
besser  aber  mit  demjenigen  der  Reiterstatuette  aus  Neapel  ('). 

Wann  war  überhaupt  Lysipp,  auf  welchen  Koepp  den  Typus 
der  Herme  zurückgeführt  hat,  in  der  Lage  Alexander  nach  dem 
Leben  zu  bilden?  Hat  der  König  ihm  gesessen  vor  seinem  Auf- 
bruch gegen  die  Perser  im  J.  334,  als  er  22  Jahr  alt  war,  oder 
soll  man  glauben  dass  Lysipp  ihm  im  J.  332  nach  Aegypten,  im 
nächsten  Jahr  nach  Babylon  nachgereist  wäre  ?  Er  wird  ihm  doch 
auf  keinen  Fall  nach  Gedrosien  und  Indien  gefolgt  sein,  und  für 
die  Rückkehr  nach  Babylon  im  J.  323  ist  das  Bild  jedenfalls  zu 
jugendlich.  , 

Ich  sehe  m  der  Herme  überhaupt  nichts,  was  der  Annahme 
widerspräche,  dieses  Bild  sei  noch  in  Griechenland  oder  Makedo- 
nien entstanden,  ja  es  scheint  nichts  der  Vermuthung  im  Wege 
zu  stehen,  dass  Lysipp,  der  in  Sikyon  lebte,  den  König,  bei  seiner 
Anwesenkeit  in  Korinth  im  J.  336,  also  20  Jahr  alt,  zuerst 
und  vielleicht  zuletzt  nach  dem  Leben  gebildet  hat.  Als  er 
zwei  Jahre  später,  nach  der  Schlacht  am  Granikos  die  turma 
Alexandri  darstellen  sollte,  kann  er  den  König  noch  leicht  persön- 
lich im  J.  334  in  Asien  aufgesucht  haben,  kann  sich  aber  auch  mit 
einer    übersandten   Skizze  von   anderer   Hand  (2)  geholfen  haben. 

Jedenfalls  zeigt  die  Neapeler  Bronze,  die  wahrscheinlich  jene 
Reiterstatue  wiedergibt,  schon  reifere  Formen  als  die  Herme. 

Für  die  spätere  Ikonographie  des  Eroberers  von  Asien  wären 
somit  die  bei  seinem  Leben  geprägten  Heraklesköpfe  der  Münzen, 
die  im  Altertum  allgemein  als  Bildniss  Alexanders  galten  (3) 
und  der  Kopf  der  Löwenjagd,  vorläufig  unsere  einzige  Zengen. 
Aber  mit  diesen  zeigt  eine  merkwürdige  Uebereinstimmung  ein 
unbärtiger,  kurzgelockter  Kopf  des   Lateran  (4)   mit    Königsbinde 


(J)  Visconti  Iconographie  Grecque  T.  39,  4;  Koepp  a.  a.  0.  S.  27. 

(2)  Apelles  malte  damals  den  König  zu  Ephesos. 

(3)  Ein  analoger  Vorgang  ladet  zur  Vergleichung  ein.  Es  gibt  von  Rem- 
brandt  Selbstbildnisse  die  Menge;  und  doch  kennen  weitere  Kreise  ihn  beson- 
ders aus  der  Radirung,  wo  er  an  seinen  natürlich  wallenden  Locken,  deren 
Umrisz  noch  erkenntlich  bleibet,  längere  Sträne  anradirte.  So  scheint  auch 
im  späten  Altertum  Alexander  am  meisten  aus  dem  Herakles-Bildnisse  be- 
kannt gewesen  zu  sein. 

{*)  Benndorf-Schöne  no.  236:  Arndt  Gr.  u.  R.  Purträtköpfe  no.  351,  352. 


und  wachsenden  Stierhörnern,  sowohl  im  Bau  wie  in  den  Zügen 
und  sogar  im  wuthschnaubenden  Ausdruck.  Leider  ist  an  diesem 
Exemplar  die  ganze  Nase  modern  und  wäre  eine  besser  erhaltene 
Replik  sehr  erwünscht  zum  Vergleich.  Aber  schon  jetzt  wage  ich 
es  auf  dieses  Werk  hinzuweisen,  da  der  sich  mir  immer  stärker 
aufdrängenden  Aehnlichkeit  keine  einzige  Form  widerspricht. 

Allerdings  wüsste  ich  nicht,  dass  Alexander  sonst  so  mit 
wachsenden  Stierhörnern  dargestellt  wäre,  aber  dem  Eroberer  von 
Indien  möchte  man  meinen,  komme  dieses  Dionysische  Attribut 
wie  keinem  andern  zu. 

XVI.  Alexander  IV.  König  von  Makedonien. 

Einen  Typus,  den  Imhoof  (x)  noch  als,  sei  es  auch  ideali- 
sirten,  Alexander  gelten  lassen  will,  den  Kopf  mit  den  kleinen 
Ammonshörnern  und  der  Elephantenhaut,  haben  wir  bis  jetzt  ganz 
ausser  Acht  gelassen.  Es  scheint  nämlich  einleuchtend,  dass  der 
Kopf  nicht  so  sehr  idealisirt  ist,  als  vielmehr  viel  zu  jugendlich 
um  Alexander  den  Grossen  darstellen  zu  können,  und  dass  er,  trotz 
einer  gewissen  Aehnlichkeit,  jemand  anders  darstellt.  Vor  allem 
ist  die  Profillinie  verschieden,  was  zunächst  an  der  flachen  Stirne 
und  dem  ungebrochenen  Verlauf  der  Nase  Hegt,  aber  auch  an 
dem  Stand,  den  das  Untergesicht  dem  Oberkopfe  gegenüber  ein- 
nimmt. Wen  dieser  Knabenkopf  mit  dem  Ammonshorn  und  der 
Elephantenkappe  und  Aegis,  und  bald  auch  mit  einer  Art  Dia- 
dem (2),  darstellen  kann,  wird  kaum  fraglich  sein,  wenn  man 
bedenkt,  dass  Ptolemaios  diese  Münzen  mit  der  Aufschrift  3AXs- 
%uvöqov  schon  prägen  liess  während  der  Zeit,  da  er  im  Namen 
Alexanders,  des  Sohnes  der  Roxane  die  Herrschaft  führte,  d.  h. 
nach  den  Aegyptischen  Königslisten,  bis  er  selber  im  J.  305  den 
Königstitel  annahm  (3). 

Die  ältere  Serie,  der  meistens  noch  das  Diadem  fehlt,  und 
deren  Rückseite  den  Zeus  der  Alexandermünzen  zeigt,  setzt  Poole 

(i)  Gr.  Porträtköpfe  S.  14. 

(*)  Die  Köpfe  der  Bronzemünzen  (Imhoof  Taf.  II.  2),  denen  die  Ele- 
phantenhaut fehlt,  zeigen  durch  das  Fehlen  der  Schleife,  dass  dieses  Diadem 
kein  Königsdiadem  ist.  Vielleicht  weist  es  auf  Vergötterung. 

(*)  Lepsius  Königsbuch  XXXII.  III. 


IK.ONOGRAPH ISCHE   STUDIEN  89 

noch  während  des  Lebens  des  jungen  Alexander  an,  nach  dem 
Tode  des  Philippos  Arrhidaios  (317),  also  von  316-11 ;  die  zweite, 
der  das  Diadem  nicht  fehlt,  und  deren  Revers  schon  die  Athene 
des  Ptolemaios  zeigt,  schreibt  er  zweifelnd  dem  Interregnum  zu  (l). 
Eine  seltene  Münze  (2)  aber,  die  noch  den  Zeus  der  Kehrseite 
und  doch  das  Diadem  hat,  zeigt  durch  den  Adler  auf  dem  Blitz, 
das  Königssymbol  des  Soter,  dass  sie  erst  nach  305  geprägt  worden 
ist.  Auch  das  Fehlen  des  Wortes  ßacnAtcog  bei  dem  Namen  Alex- 
anders macht  es  fraglich,  ob  nicht  eher  der  ganze  Typus  erst 
nach  dem  Tode  des  jungen  Königs  entstanden  ist  und  ihn  von 
Anfang  an  vergöttert  darstellt. 

Auch  hier  besitzen  wir  ein  Mittel  der  Controle,  das  leider 
aber  nicht  ganz  so  unzweideutig  scheint,  wie  man  wünschen 
könnte.  Es  ist  die  kolossale  Statue  in  aegyptischer  Königstracht, 
die  Maspero,  Ärcheologie  Egyptienne,  S.  229  fig.  202  abbildet 
als  im  Museum  zu  ßoulaq  befindlich.  Wahrscheinlich  ist  das 
Werk  jetzt  im  Museum  von  Gizeh,  dessen  Catalog  mir  aber  nicht 
zugänglich  ist.  Baedeker  (8)  verzeichnet  diesen  Koloss  nicht. 

Nach  den  Worten  Maspero's  zu  urtheilen,  soll  das  Werk 
noch  fast  durchaus  aegyptisch  sein  und  kaum  hie  und  da  die  Spuren 
von  griechischem  Einfluss  vermerken  lassen.  Nach  der  zwar  kleinen, 
aber  scheinbar  sehr  charakteristischen  Abbildung  würde  man  geneigt 
sein,  den  Kopf  für  nicht  allzu  aegyptisch  zu  nehmen.  Das  sehr 
kurze  Dntergesicht,  Kinn  und  Mund,  mag  auf  aegyptische  Gewohn- 
heit zurückzuführen  sein,  das  sehr  grosse  Auge,  an  Alexandrini- 
sche  Mode,  wie  wir  sie  aus  den  späteren  Ptolemäer-Münzen  und 
den  süditalischen  Fresken  kennen,  gemahnen;  im  übrigen  scheint 
doch  das  Gesicht  einen  durchaus  griechischen  Typus  zu  haben, 
der  sich  mit  dem  Münztypus  wohl  vergleichen  lässt.  Besonders 
achte  man  auf  die  Profillinie,  die,  wie  wir  gesehen,  für  das  Münz- 
bild charakteristisch  ist  und  an  dem  Koloss  sich  wieder  findet. 
Die  gerade  Nase  sitzt  in  derselben  Weise  an  der  flachen  Stirne; 
der  kleine  Mund  ist  ganz  ähnlich,  nur  am  Koloss  vielleicht  noch 
kleiner,  wie  auch  das  Kinn ;  ja  die  Formen  sind  am  Koloss  über- 


(')  Cataloque  of  Greek  Co  ins,  The  Ptolemies  S.  1  ff. 

(*)  A.  a.  0.  Taf.  XXXII.  2. 

(3)  Unteraegypten  III.  Auflage  1894. 


90  J.    SIX,    SONOGRAPHISCHE   STUD  EN 

haupt  weniger  voll ;  aber  nirgends  finde  ich  Abweichungen,  die 
unserem  Vorschlag  widersprechen.  Das  Haar  der  Statue  hängt 
schlicht  nieder,  und  so  auch  das  Haar  des  ersten  Münztypus,  da 
wo  es  unter  dem  Ammonshorn  hervortritt;  erst  im  zweiten  ringelt 
es  sich  um  das  Stirnband,  und  an  dem  unbedeckten  Typus  der 
Bronzen  ist  das  Haar  zwar  nicht  so  schlicht  wie  am  Koloss,  aber 
doch  viel  schlichter  als  an  Alexanderköpfen.  Viel  darf  dabei  einer- 
und andererseits  auf  Rechnung  der  verschiedenen  Auffassung  der 
Stempelschneider  und  des  aegyptischen  Bildhauers  geschrieben  wer- 
den, aber  jedenfalls  wäre  für  eine  sichere  Beurtheilung  eine  bessere 
Publication  des  merkwürdigen  Werkes  sehr  erwünscht.  Es  wäre 
doch  wichtig,  ein  sicheres  Bildniss  zu  kennen  von  dem  unglückli- 
chen Knaben,  in  dessen  Antlitz  sich  die  königlichen  Züge  seines 
Vaters  mit  der  wunderbaren  Schönheit  seiner  Mutter  vermischt 
zu  haben  scheinen  (]). 

J.  Six. 


(l)  Wem  der  Typus  der  Münzen  nicht  jung  genug  scheinen  sollte  für 
einen  zwölfjährigen  Knaben,  der  mag  bedenken,  dass  die  Statue  keinen  jün- 
geren Eindruck  macht,  und  dass  wohl  auch  in  jenen  Ländern  ein  Kind  von  elf 
bis  zwölf  Jahren  mit  einem  nordischen  Knaben  von  vierzehn  bis  fünfzehn  zu 
vergleichen  sein  mag. 


ARTEMIS  UND  HIPPOLYTOS 


Vier  Wiederholungen  zählt  man  von  einer  noch  unerklärten 
Darstellung  aus  dem  Mythenkreise  der  Artemis,  drei  davon  bei 
Heibig,  Wandgemälde  n.  253  ff.  beschrieben,  das  vierte  von  So- 
gliano,  le  pitture  muralt  n.  119,  auch  von  Knapp  in  unserm  Bul- 
lettino  1879  S.  108  mit  Zusatz  von  Mau.  Sie  seien  hier  in  dersel- 
ben Reihenfolge  A-D  genannt,  davon  A  hier  auf  S.  92  abgebildet. 

Das  besterhaltene  und  vollständigste  ist  Heibig  n.  253  also  A  : 
im  Waldgebirge  liegt  ein  Heiligthum,  kenntlich  als  solches  an  dem 
hohen  Pfeiler.  Ist  auch  das  Cultusobjekt  oder  Anathem,  welches 
oben  darauf  errichtet  steht,  nicht  deutlich,  so  lässt  doch  die  in 
D  mit  einer  Binde  an  dem  Pfeiler  befestigte  Fackel  das  Heilig- 
thum der  Waldesgöttin  Artemis  erkennen.  In  der  That  sitzt  Ar- 
temis, sie  wenigstens  hier  nie  verkannt,  rechts  hinter  einer  niedrigen 
Schranke,  die  von  jenem  Pfeiler  sich  herzieht  und  als  Einfriedigung 
des  Heiligthums  verstanden  werden  muss.  Die  Zackenkrone  auf  ihrem 
Kopfe,  das  kurze  Kleid  der  Jägerin  bei  hohen  Stiefeln,  rechts  neben 
ihr  das  an  den  Felsensitz  gelehnte  Schiesszeug  und  zwei  Wurf- 
spiesse kennzeichnen  zur  genüge  die  Göttin  des  Waldreviers.  Auf- 
fallend nur  grade  bei  ihr  ist,  dass  ein  kleiner  Eros  mit  erhobenen 
Flügeln  an  die  jungfräuliche  Göttin  gelehnt  steht,  mit  ernstem 
Auge  sie  anblickend,  während  er  einen  seiner  Pfeile  wie  spielend 
zwischen  den  Fingern  hält,  also  dass  die  Spitze  gegen  die  Brust  der 
Spröden  gekehrt  ist. 

Während  diese,  die  Inhaberin  des  Heiligthums,  die  einzige  Sit- 
zende ist  ('),  sind  drei  ihrer  Begleiterinnen  mehr  zurück  stehend 
dargestellt,  zwei  weiter  rechts  hinter  dem  Felsen  hervorragend,  an 


(*)  Nach  Sogliano,  Mau  a.  a.  0.  sitzt  auch  die  Dritte  in  D  ähnlich  wie 
Artemis. 


92 


E.    PETERSEN 


welchem  Artemis  sitzt,  die  dritte  weiter  links  neben  der  Schranke. 
Alle  drei  sind  mit  Blumen  unbestimmten  Charakters  gekränzt;  der 
ersten  hängt  auch  ein  Schleier  von  Kopf  herab.  Diese  legt  die  Fin- 
gerspitzen der  Rechten  an  den  Mund ;  die  zweite,  die  hinter  jener 


vorschaut,  giebt  sich  durch  zwei  Wurfspiesse  an  der  Schulter  als 
Jagdgenossin  der  Artemis  zu  erkennen ;  die  dritte  hat  in  D  einen 
Nimbus  ums  Haupt  bekommen  und  einen  Hirtenstecken  in  die 
Linke.  Auch  sie  steht  noch  innerhalb  des  Peribolos  aber  zunächst 
dem  Jüngling,  der  von  aussen  an  die  Schranke  herangetreten,  die 


ARTEMIS   UND    HIPPOLYTOS 


93 


Aufmerksamkeit  aller  vier  Jungfrauen  auf  sich  zieht  und  durch  seine 
Rede  ihre  Theilnahme  in  verschiedener  Weise  erregt. 


Auch  er  ist  Jäger,  angethan  mit  kurzem  violettem  langerera- 
ligem  Chiton,  mit  weisser  oder  geblicher  Chlamys  und  hohen  Stie 


94  E.    PETERSEN 

fein.  In  der  Linken  hat  er  zwei  Speere,  auf  dem  Rücken  (in  D) 
Bogen  und  Köcher.  Sein  lockiges  Haar  ist  von  einer  Binde  um- 
wunden. Haltung  und  Gesichtsausdruck  sind,  soweit  noch  kenntlich, 
namentlich  in  A  ernst  und  gemessen.  Dass  er  spricht,  erkennt  mau 
an  der  über  die  Schranke  hin  vorgestreckten  Rechten,  deren  Zeige- 
und  Mittelfinger,  wie  es  scheint  den  Gestus  der  corna  machen ;  und 
dass  Liebe  im  spiel  ist  zeigt  auch  der  halb  versteckt  unten  im 
Mittelpunkt  der  fein  zusammengeschlossenen  Composition  stehende 
Eros. 

Die  Kunst  des  Malers,  der  dieses  Bild  erdacht  und  zuerst 
gemalt  hat,  war  aber  nicht  darauf  zumeist  gerichtet,  die  anmuthi- 
gen  Gestalten,  lauter  Jugend  und  Liebreiz  in  Auge  und  SinH  er- 
frischender Umgebung  des  im  Waldgebirg  versteckten  Heiligthums 
vorzustellen,  sondern  augenscheinlich  galt  sein  bestes  Können  dem 
seelischen  Ausdruck  aller  sechs  im  Bilde  vereinten  Personen.  Wie 
sich  Spiel  und  Ernst,  Schelmerei  und  Tiefsin  in  Blick  und  Thun 
des  Eros  verbanden,  das  lässt  sein  emporgewandtes  Antlitz  nur 
ahnen,  das  Spiel  mit  dem  Pfeile  noch  erkennen.  Artemis  hebt 
die  Linke  mit  der  gegen  den  Jüngling  zugekehrten  Innenseite. 
Deutlich  spricht  sich  darin  Abwehr,  vielleicht  Abscheu  aus;  aber 
nur  dem  was  der  Jüngling  berichtet  gilt  die  Abwehr ;  denn  ihn 
selbst  blickt  sie  dabei  vielmehr  mit  innig  besorgtem  Ausdruck  an. 
Die  Verschleierte  scheint,  indem  sei  die  Fingerspitzen  an  das 
Kinn  und  den  geschlossenen  Mund  legt,  und  dabei  mit  ein  wenig 
zurückgezogenem  Kopfe  den  Jüngling  scharf  ansieht,  zum  Schweigen 
zu  mahnen.  Ganz  nur  innige  Theilnahme,  fast  Liebe  zu  dem  schö- 
nen Jäger  drückt  sich  in  Blick  und  Kopfneigung  der  Zweiten 
aus.  Zur  Vorsicht  endlich  mahnt  die  Dritte,  indem  sich  ihre 
Rechte,  die  Innenfläche  nach  unten,  auf  den  gesticulierenden  Arm 
des  Jünglings  legen  zu  wollen  scheint. 

Wem  fiele  dabei  nicht  Timanthes'  Opferung  der  Iphigeneia  ein, 
mit  der,  nach  Art  und  Verhältniss  zur  Geopferten,  verschiedenen 
Färbung  und  Abstufung  der  Theilnahme,  wovon  ja  ein  schwacher 
Abglanz  in  einem  pompejanischen  Bilde  gesehen  wird?  Mehr  Ver- 
gleichungspunkte, scheint  mir,  bieten  ein  par  Bilder  Pompejis,  die 
eine  andere  Composition  etwas  freier  variieren.  Es  sind  die  von 
mir  in  der  Arch.  Zeit.  1863  S.  105  ff.,  jetzt  allgemein  auf  Admet 
und  Alkestis  bezogenen  Darstellungen,  Taf.  CLXXX  1  und  2.  Aus 


ARTEMIS    UND    HIPPOLYTOS  95 

freier  Natur  ist  hier  allerdings  die  Handlung  ins  Innere  des  Hauses 
verlegt,  aber  übereinstimmend  mit  den  Artemisbildern  ist  die  Ge- 
schlossenheit der  Composition,  besonders  in  1,  fast  auch  die  gleiche 
Zahl  der  Personen,  die  allgemeine  Aufmerksamkeit  auf  das  Wort 
des  Boten,  die  je  nach  Alter,  Charakter  und  innerer  Beziehung  zu 
Admet  bei  allen  verschiedene  Wirkung  dieses  Wortes,  also  wie- 
derum im  Psychologischen  die  eigentliche  Pointe  des  Bildes.  Ja  auch 
kleinere  Einzelheiten  darf  man  vergleichen,  die  mit  der  Innenflä- 
che nach  aussen  erhobene  Hand,  die  aus  Kinn  gelegten  Finger  und 
in  2  die  Schranke  (').  Und  zu  all  diesen  Uebereinstimmungen  wird 
noch  hinzukommen,  dass  beide  Compositionen  aus  derselben  Quelle 
geschöpft  sind,  und  nach  gewissermassen  gleicher  Methode. 

Dass  es  nicht  angeht,  diese  Bilder,  wie  Heibig  einst  wollte, 
auf  eine  Werbung  des  Aktaion  zu  beziehen,  für  welche  die  betref- 
fende Version  des  Mythos  vorausgesetzt  wird,  das  ist  so  selbst- 
verständlich, dass  man  kein  Wort  darüber  zu  verlieren  braucht. 
Auch  die  Deutung  des  Jägers  als  Orion,  wie  sie  früher  von  C.  Dil- 
they,  dann  von  Maass,  neuerdings  von  A.  Rehm  (2)  vorgetragen 
ist,  findet  in  alexandrin ischer  Litteratur  allerdings  insofern  eine 
Stütze,  als  dort  Orion  als  Genosse  und  Liebling  der  Artemis  sich 
darstellt.  Alle  drei  sehen  aber  in  den  pompejanischen  Bildern  ganz 
Verschiedenes.  Dilthey  den  Orion,  der  durch  Ruhmredigkeit  die  Ar- 
temis beleidigt ;  Maass  den,  welcher  der  Artemis  seine  Liebe  erklärt 
(aus  Istros  bei  Hygin  poet.  astron.  II  34  frei  geschlossen) ;  Rehm  den- 
selben, wie  er,  um  Leto  vor  dem  Stachel  des  Skorpion  zu  schützen, 
selber  sich  ihm  preisgiebt.  Man  kann  nur  sagen,  dass  keiner  von 
ihnen  die  wesentlichen  Züge  des  Bildes  gewürdigt  hat,  ganz  abge- 
sehen von  der  Frage,  ob  Gedankeninhalt  und  Form  dieser  Bilder 
von  jener  Litteratur  (nach  Maass  freilich  Korinna),  abhängig  ge- 
dacht werden  könne.  Bevor  der  richtige  Name  ausgesprochen  wird, 
der  dem  Leser  vielleicht  schon  auf  der  Zunge  liegt,  ist  erst  noch 
ein  kürzlich  hinzugekommenes  pompejanisches  Wandbild  zu  be- 

0)  Vielleicht  möchte  sogar  die  Dritte  mit  Nimbus  (in  D),  welche  Heibig 
in  A  männlich  erschien,  mir  in  D  zweifelhaft  war,  Apollo  sein  wie  in  den 
Alkestisbildern. 

(2)  C.  Dilthey  im  Bullett.  d.  Inst.  1869  S.  151;  Maass  ebda  1882  S.  156; 
A.  Rehm,  Mythographische  Untersuchungen  über  griechische  Sternsagen,  Pro- 
gramm der  K.  Wilhelms-Gymnasiums,  München  1896  S.  27,  1. 


96  E.    FETKBSKN 

trachten,  das  von  dem  Herausgeber  Sogliano  in  den  Notisie  1897 
S.-  32  f.  sogleich  richtig  auf  dieselben  Hauptpersonen  bezogen 
wurde,  hier  S.  93  abgebildet  (l). 

Nicht  Waldgebirge  sondern  wilde  Felslandschaft  bildet  hier 
die  Scenerie.  Im  Hintergrund  wölben  sich  die  Felsen  nicht  zu  einer 
Grotte  sondern  zu  einem  arco  naturale,  wie  er  in  Wirklichkeit, 
allbekannt  in  Capri  vorhanden  ist,  wie  er  gemalt  z.  B.  den  Ein- 
gang zur  Unterwelt  bildet  in  den  esquilinischen  Odysseelandschaften, 
und  namentlich  in  den  Dirkebildern  häufig  erscheint,  und  dort  ein- 
mal von  Rühl,  wie  früher  schon  von  R.  Rochette,  für  einen  Dol- 
men erklärt  worden  war  (2).  Tn  beträchtlichem  Abstände  von  diesem 
Felsenthor  finden  wir  auf  natürlichem  Felsthron  sitzend  die  beiden 
Hauptfiguren  der  vorher  beschriebenen  Composition  wieder.  Ange- 
lehnt sitzt  der  Jüngling,  den  1.  Fuss  weit  vorgesetzt,  den  rechten 
anziehend  und  den  1.  Arm  auf  die  Felslehne  stützend.  Zwar  hat 
er  Sandalen  statt  der  Jagdstiefel,  nicht  einen  Chiton  sondern  nur 
eine  Chlamys,  die  aussen  zinnoberroth,  innen  blau  gefüttert,  ihm  über 
den  Schoss  gebreitet  ist,  auch  das  rechte  Knie  bedeckt  und  zwi- 
schen den  Beinen  herabhängt;  zwar  hält  die  Linke  lose  das  Para- 
zonion  :  aber  als  Jäger  ist  doch  auch  dieser  durch  den  rechts  an 
den  Sitz  gelehnten  Spiess  und  durch  den  abgelegten  Köcher  (mit 
Bogen)  gekennzeichnet. 

Und  nun  sitzt  ja  auch  neben  ihm  unverkennbar  Artemis,  mit 
Jagdstiefeln,  kurzem  hellem  Chiton  und  darüber  dem  gewöhnlichen 
sbawlartigen  Mäntelchen,  das  hier  grün,  die  Farbe  des  Waldes 
hat.  Mit  Ohrringen  und  Armbändern  geschmückt,  hat  sie  das  Haar 
zum  Wirbel  hinaufgekämmt,  Bogen  und  Köcher  auf  dem  Rücken. 
Auch  sie  hat  im  Sitzen  den  einen  Fuss  vorgesetzt,  den  andern 
angezogen,  stärker,  weil  sie  mit  dem  Oberkörper  ganz  sich  gegen 


(l)  Sogliano  verdanke  ich  die  hier  beigegehene  Abbildung.  Mau  beschrieb 
das  Bild  in  diesen  Mitth.,  1898  S.  26,  unentschieden  lassend,  '  ob  es  sich  hier 
um  einen  sonst  unbekannten  Artemismythos  handelt,  etwa  denselben,  auf  den 
sich  die  Bilder  Heibig  253-255,  Sogliano  119  beziehen,  oder  ob  Selene  und  En- 
dymion  gemeint  sind,  etwa  im  Anschluss  an  Darstellungen  von  Aphrodite  und 
Adonis '.  Eehm  (s.  S.  95,  2)  erkennt  auch  hier  Orion  neben  Artemis.  Dieser 
würde  sich  dann  hier  grade  als  das  Gegentheil  des  d-Qcorvg  dvalfiegos,  des 
temptator  Dianae  zeigen. 

(*)  Vgl.  Köm.  Mittheill.  1888  S.  237.  und  Arch.  Zeit.  1853  S.  98,  82. 


ARTEMIS   UND    HIPPOLYTOS  97 

ihren  Liebling  wendet,  dem  sie  die  Linke  um  den  Hals  auf  die 
Schulter  legt,  während  sie  mit  den  Fingern  der  Rechten  sein  Kinn 
fasst  und  ihm  —  das  kann  trotz  der  mangelhaften  Erhaltung  nicht 
zweifelhaft  sein  —  liebevoll  in  die  Augen  blickt. 

Ganz  eigenartig  ist  dieses  Liebespaar ;  wie  können  wir  es  an- 
ders nennen,  da  doch  jedem  von  beiden  ein  Eros  zur  Seite  ist. 
Bei  ihm  steht  der  Eros  oben  auf  der  Felsenlehne,  und  schaut  dem 
Jüngling  von  hinten  über  die  Schulter,  was  an  bekannte  Verbin- 
dungen des  Eros  mit  Aphrodite  und  Paris  erinnert ;  bei  ihr  lehnt 
sich  der  kleine  Liebesgott  fast  ebenso  wie  in  der  andern  Darstel- 
lung an  das  Knie  der  Göttin,  den  Kopf  in  die  Linke  stützend  und 
nachdenklich  das  Paar  anblickend  oder  Artemis,  deren  Strahlen- 
krone der  Schelm  sich  auf  den  Kopf  gesetzt  hat.  Auch  die  Eroten 
scheinen  neugierig  zugleich  und  gehalten  das  ungewöhnlich  Gemes- 
sene dieser  Liebenden  zu  betrachten.  Wie  die  scharfgebogenen  Kniee 
der  beiden  Sitzenden  nebeneinander  stehen,  muss  man  sich  der  schö- 
nen Bronzegruppe  erinnern,  die  Wolters  in  der  Arch.  Zeit.  1884 
T.  I  herausgegeben  hat,  wo  der  knabenhafte  Eros  mit  dem  jung- 
fräulichen Flügelmädchen  zusammensteht.  Auch  da  ist  durch  die 
Art  des  Standes  wie  hier  des  Sitzens  weitere  Annäherung  eher  aus- 
geschlossen, womit  doch  die  Wendung  des  Knaben  zum  Mädchen 
und  das  Fassen  nach  dem  Kinn,  dort  bei  dem  Knaben  noch  nicht 
so  zum  Ziele  gelaugt,  wie  hier  bei  Artemis,  im  Widerspruch  zu 
stehen  scheint.  Mehr  als  das  Flügelmädchen  im  Bronzerelief  dem 
Eros,  kommt  im  Gemälde  der  Jüngling  der  Göttin  entgegen,  nicht 
freilich  mit  Armen  und  Händen,  indem  ja  die  Linke  das  Parazo- 
nion  hält,  die  Rechte  (jetzt  nicht  zu  sehen)  vielleicht  auf  dem  Ge- 
wand im  Schosse  lag,  sicher  nicht  mit  Sogliano,  der  doch  selber 
anerkennt,  dass  von  des  Hand  nichts  zu  sehen  sei,  liebend  um  die 
Göttin  geschlungen  gedacht  werden  darf.  Denn  damit  wird  der  Sinn 
des  Bildes  völlig  zerstört,  und  jeder  müsste  finden,  dass  solche  Be- 
wegung der  Rechten  mit  dem  gleichgiltigen  Thun  der  Linken  un- 
verträglich wäre.  Nein,  unbewegt,  fast  apathisch  gegenüber  der  zärt- 
lichen Göttin  möchte  man  den  Jüngling  nennen,  suchte  nicht  sein 
Auge  begeistert  das  Auge  der  Geliebten,  la  guarda  quasi  estatico 
sagt  Sogliano  treffend,  nur  möchte  man  zufügen  'und  ehrfurchtsvoll'. 

Man  braucht  sich  nur  dieses  eigenthümlichen  Verhaltens  beider 
Liebenden  bewusst  zu  werden,  deren  Zärtlichkeit  nicht   über  ge- 

7 


98  E     PETERSEN 

schwisterliche  Liebkosung  hinausgeht,  um  sofort  zu  wissen,  dass  es 
Artemis  und  Hippolytos  sind,  die  hier  ausruhend  von  der 
Jagd  in  Gebirgseinsamkeit  einander  huldigen,  die  Göttin  dem  Sterb- 
lichen freundlich  entgegenkommend,  sein  Antlitz  zu  sich  kehrend ; 
er  schwärmerisch  ihr  hingegeben  und  doch  in  scheuer  Ehrfurcht 
körperliche  Berührung  nicht  suchend.  So  schildert  ja  Euripides  die 
keusche  Liebe  dieser  zwei  Jungfräulichen  schon  mit  den  Worten 
der  Aphrodite  V.  17 

"Agte/uir  Jiug  xögrjv 
ri[iä.  fityCdr^v  daifiöroiv  i)yovfitvoq 
yXwQav  <f  uv    vXr.v  naQ&kv'iß  £vvo)v  aal .... 

fi€i'£o)  ßgoreiac  tiqocttkImv  uj.nA.iag 

und  namentlich  in  Hippolytos'  eigenen  Worten  V.  1092,  in  denen 
man  dem  Maler  die  conkrete  Idee  gegeben  glauben  möchte,  wie 
der  in  die  Verbannung  Hinausgestossene  ausruft: 

o')  (fiXTtirrj  fioi  daitiörwv  Arjtovg  xoorn 

üvv-Oaxe,  avyxvraye  .  .  .  .  (1). 

Hippolytos  werden  wir  nun  auch  den  schönen  Jäger  der  andern 
Bilder  nennen.  Mochte  dem  Maler  des  sitzenden  Paares  die  über 
den  Schoss  des  Hippolytos  gebreitete  Chlamys  genügend  erscheinen, 
um  den  züchtigen  Anstand  des  keuschen  Jünglings  zu  wahren,  so 
konnte  ihm  füglich  da  wo  er  Artemis  und  ihren  Jungfrauen  gegen- 
übersteht auch  der  Chiton  gegeben  werden.  Vielleicht  genügt  es, 
um  solche  Tracht  des  Jägers  zu  erweisen,  an  den  vatikanischen 
Jäger  zu  erinnern,  dem  der  Kopf  des  Commodus  aufgesetzt  ist  (2). 
Auf  der  Bühne  erschien  Hippolytos  natürlich  anders  (3)  als  auf  den 
Sarkophagen;  und  selbst  auf  einem  von  diesem  (Arch.  Zeit.  1883 
T.  8,  1)  zeigt  er  sich  mit  Chiton  und  Mäntelchen  und  Gamaschen, 
was  Heibig  an  die  Tracht  des  Circusfahres,  Kalkmaun  (a.  a.  0. 
S.  77)  an  den  bestiarius  erinnerte.  Noch  mehr  in  Verlegenheit  setzte 
Heibig  und  Kalkmann  die  Vereinigung  des  Hippolytos*  mit  Artemis, 

(!)  Vgl.  V.  948  Theseus'  Vorwurf  av  d»?  &eo?oiv,  wg  neQiaaos  wv  clvrjQ,  \ 
£vvei. 

(2)  Vgl.  Heibig,  Führer  I  n.  2  im  Braccio  nuovo  und,  ebenda  angefübrt, 
ein  zweites  unvollständigeres  Exemplar  im  Eingang  zum  Belvedere. 

(3)  Euripides  Hipp.  606  ov  turj  nQoaoiasig  xE^Qa  PW^  uipei  nenXwv  ist 
zu  unbestimmt. 


ARTEMIS    UND    HIPPOLYTOS  99 

in  der  wir  nunmehr  einen  Nachklang  unserer  Gemälde  anerkennen 
werden. 

Vielleicht  hat  aber  der  Künstler,  auf  dessen  Schöpfung  die 
Bilder  A-D  zurückgehen,  die  in  späteren  Zeiten  immerhin  unge- 
wöhnliche Tracht  des  Jägers  zu  besonderer  Charakteristik  des  Hip- 
polytos  gewählt.  Dieser  ist  ja  Orphiker  bei  Euripides  (V.  952),  und 
früher  in  die  Eleusinien  eingeweiht  (V.  24),  was  Ovid,  Heroid.  IV  67 
ausgeführt  hat.  Seine  Tracht  nun  in  genannten  Bildern  ist  wesent- 
lich dieselbe,  wie  sie  Eleusinische  Cultusfunctionäre  auf  berühmten 
Vasenbildern  (')  haben. 

Was  nun  Hippolytos  der  Artemis  und  ihren  Begleiterinnen 
mitzutheilen  komme,  und  was  es  sei,  das  die  Hörerinnen  so  lebhaft 
ergreift,  darüber  kann  man  nicht  lange  im  Ungewissen  sein :  es  ist 
die  unerlaubte  Liebe  Phaidras,  das  schändliche  Ansinnen  der  Amme, 
das  ihn  aus  dem  Hause  trieb  V.  659 

vvv  <P  ex  dofiwv  fuev.  tOT    cev  e'x6tituog  ^#ovog 

Grcfevc,  uTtei/xi '  üTya  <T  t'Xoiit-v  Cxöiicc. 

i 

Der  Dichter  sagt  uns  nicht,  wohin  er  gegangen  sei.  Die  kurze  Zeit, 
welche  bei  ihm  die  dramatische  Oekonomie  zwischen  dem  Abgang 
V.  667  und  dem  Wiederauftreten  des  Hippolytos  V.  895  nach  dem 
Tode  Phaidras  und  nach  Theseus'  Rückkehr  lässt,  kann  für  die 
künstlerische  Phantasie  nicht  maassgebend  sein  und  ist  es  nicht 
gewesen.  Die  Sarkophage  zeigen  uns  ja  Hippolytos  in  dem  Augen- 
blicke, wo  die  Amme  ihren  Brief  übergiebt,  bereit  zur  Jagd  aus- 
zuziehn,  und  wohin  könnte  Hippolytos,  beflissen  das  Haus  des  Va- 
ters zu  meiden,  empört  über  die  unreine  Liebe  der  Phaidra,  natür- 
licher sich  wenden  als  zur  Reinheit  der  Natur  und  der  ^iXtarrj 
dccif.i6vm:  Sein  Gelöbniss  zu  schweigen  galt  natürlich  nur  den  Men- 
schen. Dass  er  der  Göttin,  die  es  ja  ohnehin  wissen  kann  und  beim 
Dichter  1283  alles  wissend  auftritt,  sein  Erlebniss  mittheilt  muss 
demjenigen,  der  in  die  Dichtung  als  einen  lebendigen  Vorgang  sich 
hineindenkt,  durchaus  natürlich  und  nothwendig  erscheinen.  So  hat 
denn  der  Künstler,  grade  wie  der  Schöpfer  jener  Alkestisbilder  (2), 
eine  in  der  Euripidischen  Tragoedie  nicht  vorgestellte,  auch  nicht 
einmal  bestimmt  angedeutete  Situation,  in  eigener  Ausdichtung  der 
von  jenem  gezeichneten  Linien  für  seine  Darstellung  gewählt.  Hip- 

(»)  Overbeck,  Kunstmythologie.  Taf.  XVIII  17-19  mit  S.  551  ff. 
(2)  Vgl.  Arch.  Zeit.  1863  S.  111.  f. 


100  E.    PETERSEN.    ARTEMIS    UND    HIPPOI.YTOS 

polytos,  der  sich  bei  Euripides  V.  1399  den  dyaXfxaTwv  <ftXa$  der 
Artemis  nennt,  doch  wohl  nicht  blos  des  vorm  Palast  des  Pittheus 
aufgestellten  V.  738,  sondern  vor  allem  der  im  einsamen  Wald 
gelegenen,  er  geht  zum  Heiligthum  der  Göttin,  sie  dort  zu  finden 
gewiss.  Da  weilt  sie  mit  ihren  Gespielen,  die  vielleicht  mit  Nimbus, 
Jagdspeeren  und  Schleier  verschiedene  Seiten  der  Göttin  widerspie- 
geln sollen.  Betroffen  und  theilnahmvoll  besorgt  um  ihrem  Liebling 
vernimmt  Artemis  seine  Erzählung ;  und  nun  verstehn  wir  die 
Mahnung  zur  Vorsicht,  zum  Schweigen,  alles  freilich  vergeblich. 
Es  ist  schon  gesagt,  dass  die  beiden  Maler,  derjenige  welcher 
das  Alkestisbild  zuerst  entworfen  und  derjenige  welcher  den  Hip- 
polytos  der  Artemis  und  ihren  Nymphen  erzählen  lässt  —  wenn  er 
nicht,  wie  mir  sehr  wohl  möglich  scheint,  derselbe  Künstler  war  — 
zu  aller  sonstigen  geistigen  Verwandtschaft  auch  aus  demselben 
Tragiker  ihren  Stoff  genommen,  in  derselben  Weise  die  Dichtung 
sozu  sagen  ausgestaltet  haben.  Beidemal  ist  es  tragisches  Geschick, 
welches  blühendes  Leben  hinrafft,  eines  wie  das  andre  auch  in  Lie- 
dern gefeiert : 

noXXä  ü8  /novConöXot 

fieXtpovüi  xaO-'  €71tütovuv  r'  ogtiav 

ytXvv  tv  t*  dXvQOig  xXeiovrsg  vfivoig 

singt  der  Chor  von  Alkestis  V.  445 ;  und  dem  sterbenden  Hippoly- 
tos  verheisst  tröstend  Artemis. 

del  de  fAov(To7toidg  elg  ff*  nctQ-dtvwv 

Beide,  Hippolytos  wie  Alkestis,  haben  dann  eine  Art  Aufer- 
stehung, Alkestis  schon  bei  Euripides,  Hippolytos  erst  später  als 
Virbius.  Dies  Moment  spielt  aber  weder  in  das  Alkestis-  noch  in 
das  Hippolytosbild  hinein. 

Es  wäre  nun  wohl  denkbar;  dass  auch  die  beiden  Hippolytos- 
compositionen,  der  erzählende  und  der  von  Artemis  geliebkoste  auf 
einen  und  denselben  Maler  zurückgingen ;  aber  die  ähnliche  Eros- 
figur, die  ja  auch  bei  Phaidrabildern  und  sonst  vorkommt,  ist  zu 
wenig  beweisend.  Kaum  wird  man  auch  fragen  wollen,  welches  von 
den  beiden  Bildern  das  frühere  gewesen  sein,  das  andre  hervorge- 
rufen haben  möge. 

E.  Petersen. 


ZU  XIII  S.  97  ff. 

(Orphisches  in  der  unteritalischen  Vasenmalerei.) 


Amelung  hat  oben  S.  97  ff.  zu  dem  Streit  über  die  Bedeutung 
des  Orpheus  auf  Unterweltsvasen  die  Ruveser  Prachtvase  (Heyde- 
mann  3256,  abgeb.  Mon.  ined.  d.  last.  II  30  f.,  danach  Robert, 
18.  Hall.  Winckelmannsprogr.  S.  30  f.)  herangezogen.  Indem  er  der 
evidenten  Deutung  auf  den  Raub  der  Köre  zustimmt,  giebt  er 
nur  (')  dem  mittleren  der  drei  Figurenstreifen  eine  neue  Erklärung. 
Athena,  Artemis  in  den  zwei  nur  zuoberst  erhaltenen  Figuren  in  der 
Mitte,  desgleichen  Apollo  und  Ares  in  den  zwei  Kriegern  rechts  zu 
erkennen  weigert  er  sich,  gewiss  mit  Recht,  und  sehr  gut  macht 
er  das  Kymbalon  in  der  erhobenen  Rechten  der  angeblichen  Arte- 
mis geltend :  ich  glaubte  kürzlich  bei  Prüfung  dieser  freilich  da- 
mals besonders  schlecht  beleuchteten  Seite  des  Gefässes  auch  das 
Kymbalon  der  andern  Hand  für  alt  halten  zu  müssen.  Amelung 
gründet  darauf  die  Erklärung  aller  dieser  Figuren  als  Korybanten, 
und  findet  damit  einen  neuen  orphischen  Zug  in  dieser  Vasenmalerei, 
da  seit  Lobecks  Aglaophamus  S.  546  u.  1139  die  Korybanten  im  or- 
phischen Gedicht  als  Hüter  der  Kindheit  Kores  gleichwie  des  Zeus 
anerkannt  sind.  In  der  That,  wie  auch  Robert  verstanden;  .sjcliei-nt 
es,  als  ob  diese  Bewaffneten  alle  sich  zur  Verfolgung  des  Säubers 
aufmachten,  wie  wir  es  im  Fries  von  Trysa  auch  beim  Raube  der 
Leukippiden  geschehen  sehen  (Das  Heroon  von  G.  Trysa  T.  XVI), 
wo  Bewaffnete  zu  Fuss  und  zu  Pferde  die  Räuber  verfolgen.  Aber 
kann  man  wirklich  mit  A.  von  den  Korybanten-Kureten  sagen  :  '  ihre 
Erscheinung  entspricht  überall  der  Darstellung  auf  unserer  Vase  '  ? 
Wo  erscheinen  sie  je  in  Bild  oder  Wort  als  Reiter  ?  Was  haben 
die  Tänzer  oder  Springer  mit  Rossen  zu  schaffen  ?  Selbst  wo  sie  mit 
den  Dioskuren  sich  berühren,  ist  was  diese  und  jene  verbindet  etwas 
andres  (2).  Aber  vielleicht  dürfen  wir  auf  Grund  der  in  R.  M.  1890 
S.  219  f.  und  221  für  das  unteritalische  Lokri  erschlossenen  Be- 
ziehung der  Dioskuren  zu  Persephone,  wonach  jene  als  von  dieser 

(')  Einige  Abweichungen  in  Beurtheilung  der  Figuren  des  oberen  Strei- 
fens darf  ich  auf  sich  beruhen  lassen. 

(*)  S.  Immisch  in  Roschers  Lexikon  III  S.  1623- 


102  E.    PETEKSEN,    ZU    XIII    S.    97    FF. 

aufgebotene  Schützer  speciell  ihres  Tempels  erscheinen,  und  mit 
Berufung  auf  jene  orphische  Tradition,  wo  ij  rüv  KoQvßüirwv 
(rä^ig)  TTQoßctirovGa  Gvv  zy  Kögrj  xal  (fQOVQOvffcc  navraxo^tv 
avrrjv  (Orphiea  rec.  Abel  fr.  210),  beides  verbindend,  den  orien- 
talischen Kymbelschläger  der  Neapler  Vase  und  vielleicht  auch  die 
Bewaffneten  zu  Fuss  für  Korybanten,  die  Reiter  aber  für  die  Dio- 
skuren  halten.  Genug,  das  völlig  treffende  Wort  ist  noch  zu  finden, 
und  orphische  Einflüsse  in  dieser  Vasenmalerei  sind  durch  dieses 
Beispiel  noch  nicht  genügend  sicher  begründet. 

Wenn  aber  auch,  so  scheint  mir  doch,  was  den  von  Kuhnert  (') 
versuchten  Nachweis  betrifft,  nachdem  Amelung  selbst  S.  102  ff. 
denselben  noch  weiter  eingeschränkt  hat,  nichts  mehr  davon  übrig 
zu  bleiben,  auch  nicht  dass  Orpheus  auf  den  Unterweltsvasen  dazu 
im  Hades  ist,  wie  A.  mit  Dieterich  sagt:  'dass  er  den  Menschen 
ein  Bote  werde  der  Dinge  da  drunten  und  sie  dadurch  für  seine 
Lehre  gewinne  und  zu  dem  laboq  ^v  bekehre  '.  Von  solchem  Zweck 
seiner  Hadeswanderung  ist  ja  in  jenen  Bildern  nicht  die  leiseste  Spur 
zu  erkennen.  Wie  Herakles  in  Ausführung  des  sagenberühmten 
Athlon,  und  daneben  bisweilen  auch  als  Befreier  des  Theseus  (2),  so 
ist  Orpheus  in  dem  gleichfalls  mindestens  seit  dem  5.  Jhdt.  allbe- 
kannten Werben  um  Loslassung  seiner  geliebten  Eurydike  dargestellt. 

E.  Petersen. 

(')  im  Philologus  1895,  201  hat  derselbe  sogar,  noch  viel  weiter  gehend, 
den  orphischen  Priester  die  Eingeweihten  den  Unterweltsgöttern  empfehlend 
auf  einer  unteritalischen  Vase  erkennen  wollen.  Aber  dieselbe  war  längst  von 
Welcker  (Alte  Denkm.  III  393,  vgl.  Arch.  epigr.  Mitth.  aus  Oesterr.  VI  (1882) 
S.  53,  1)  richtig  auf  Teiresias  vor  König  Oedipus  bezogen,  wie  an  lelzter 
Stelle  auch  das  dazu  von. Kuhnert  S.  201  angeführte  Bild  einer  sfg.  Lekythos 
(Wiener  V.  B.  C.  VIII)  seine  richtige  Erklärung  erhielt. 

(2)  Auch  A.  betont  die  Parallele  zwischen  Herakles  und  Orpheus,  und 
meint .  '  nicht  ohne  Absicht  scheint  hierbei  der  Hinweis  anf  die  Erlösung  des 
Theseus  ganz  unterdrückt,  um  den  Gedanken  an  die  Erlösung  der  Eur3rdike, 
garnicht  aufkommen  zu  lassen.  Allerdings  ist  die  Rückführung  der  Kurydike 
durch  Orpheus  nur  auf  eben  derselben  Vase  dargestellt,  auf  welcher  auch 
die  Erlösung  des  Theseus  durch  Herakles  unzweideutig  gezeigt  wird.  Dieser 
Vasenmaler,  der  sonst  durchaus  in  derselben  Tradition  lebt,  hat  eben  für  beide 
Gruppen  einen  späteren  Moment  gewählt.  Die  Erlösung  des  Theseus  ist  in 
Wiener  V.  Bl.  C.  I,  III,  VI  5  dadurch  angedeutet,  dass  Theseus  zum  Wandern 
bereit  steht  (wie  in  dem  bekannten  Relief,  Peirithoos  dagegen,  wo  Inschriften 
beigesetzt  sind,  so  benannt,  sitzend  dargestellt  ist. 


SITZUNGEN 


13.  Januar :  Krohn  über  die  Statue  des  Knaben  von  Subiaco. 
Dazu  Huelsen  und  Petersen.  —  Petersen  über  die  soffen. 
Gladiatorenkaserne  in  Pompeji.  Dazu  Mau.  — 

Che  la  cosidetta  caserma  dei  gladiatori  negli  ultimi  tempi  di  Pompei 
abbia  in  realtä  servito  allo  scopo  indicato  con  questo  nome,  ciö  chiarisce  dai 
fatti  rilevati  dal  Nissen,  Pompejanische  Studien  p.  253  sgg.,  ove  poi  a  ragione 
si  richiede  un'  altra  destinazione  piü  antica  di  quella  fabbrica.  e  rifiutando 
l'opinione  che  essa  possa  essere  stato  un  niercato,  il  Nissen  (e  cosi  pure  Mau, 
Führer  durch  Pompeji  3.  Aufl.  S.  43)  si  contenta  di  credere  tutto  il  quadri- 
driportico  fatto  secondo  le  prescrizioni  di  Vitruvio  V  9,  onde  gli  spettatori 
potessero  ripararvisi  in  caso  di  pioggia.  Se  non  che  sembra  un  po'  troppo  di 
lusso,  poiche  al  medesimo  scopo  potevano  servire  giä  prima  il  piccolo  portico 
dietro  la  scena,  secondo  il  grande  del  foro  triangolare,  terzo  il  teatro  piccolo. 
Per  conseguenza  sarä  lecito  di  presumere  un'altra  destinazione  primaria  del- 
l'edifizio.  E  vero  poi  che  le  Celle  attorno  al  quadriportico  sono  di  data  piü 
recente,  ma  chi  guarda  la  pianta  delF  intiera  localitä,  appena  poträ  dubitare 
che  anche  ab  origine  vi  dovessero  essere  Celle  o  esedre  almeno  sui  Uti  me- 
ridionale,  Orientale  ed  occidentale.  Con  siffatte  celle  o  esedre  perö  il^  locale 
riesce  perfettamente  analog«)  alla  palestra  di  Olimpia  (1).  Quindi  sorge  Tidea 
che  1'  edifizio  dietro  il  teatro  pompeiano  sia  stato  il  ginnasio  o  la  palestra 
della  cittä  osca.  E  tale  idea  da  me  venne  brevemente  accennata  giä  nel  libro 
di  Lanckoro  aski,  Städte  Pamphyliens  und  Pisidiens  I  p.  134,  2,  ove  oltre 
all'analogia    della    pianta  che  la  '  caserma '  offre  con  la  palestra  (2),  rilevai 

0)  V.  Ausgrabungen  von  Olympia  II  p.  113,  tav.  LXXIII  sgg.  Con  la 
quäle  palestra  fu  illustrata  anche  la  descrizione  di  Vitruvio  V  11,  come  vide 
il  Curtius  (Arch.  Anzeiger  1889  p.  143)  e  poi  Wernicke  (Jahrbuch  1894  p.  191), 
quest'nltimo  pero  un  po'  all'arbitrio  forzando  l'analogia. 

(*)  Una  palestra  di  pianta  conforme  si  ha  anche  nell1  isola  di  Delos, 
Bull.  d.  corr.  hell.  1891  p.  246.  Di  Adriano  in  Atene  vi  erano  due  peristilii 
di  cento  colonne  ciascuno,  l'uno  chiamato  ginnasio  presso  Pausania  I  18.  9: 
l'altro,  con  un  edificio  per  la  biblioteca,  pare  sia  quello  scavato  nel  1885,  di 
cui  la  pianta  si  pubblicö  nelle  Praktika  per  quell'  anno  tav.  I.  E  degno  di 
osservazione  quanto  l'ediflzio  centrale  di  questo  ultimo  per  la  sua  pianta  ir- 
regolare  a  quattro  absidi  sia  simigliante  all'edifizio  palatino  nel  quäle  il  eh. 
Deglane  {Gazette  arche'ol.  1888  p.  152  e  Jftlanges  de  Vecole  francaise  1889 
p.  199)  con  assenso  di  Hülsen  (v.  questo  Bullettino  1896  p.  207)  ravviso  la 
biblioteca  palatina.  La  rovina  di  un  edificio  centrale  ho  notato  anche  nel  gin- 
nasio di   Termessos,  Lanckoronski  1.  1. 


104  SITZUNGEN 

anche  la  stretta  unione  del  presuntivo  ginnasio  di  Pompei  coi  teatri.  esse11' 
dosi  la  vicinanza  del  ginnasio  al  teatro  verificata  in  varii  luoghi,  come  p.  e. 
n  Pergamo,  in  Termesso  e  resa  probabile  anche  in  Side  (1). 

Dice  Vitruvio  in  palaestris  peristylia  quadrata  sive  oblonga  ita  sunt 
facienda,  uti  duorum  stadiorum  nabeant  ambulationis  circumitionem,  ove  il 
quadrata  corrisponde  con  il  peristilio  della  palestra  di  Olimpia,  Voblonga  con 
quella  di  Pompei ;  la  lunghezza  pero  di  due  stadii  non  si  ha  ne  nell'uno  ne 
nell'altro,  ma  esattamente  la  metä,  l'ambito  cioe  di  uno  stadio,  ciö  che  e  una 
nuova,  non  lieve  conferma  della  palestra  pompeiana.  Un'altra  poi  trovo  nella 
piccola  *  palestra '  situata  dall'altra  parte  del  teatro,  e  1'ultima  pare  stia  nel 
fatto  che  i  gladiatori  vi  son  divenuti  i  successori  degli  atleti. 

27.  Januar :  die  Sitzung  fiel  aus. 

10.  Februar :  E.  Steinmann  über  die  Chiaroscuri  in  den  Stanze 
della  Segnatura  und  di  Eliodoro.  —  Huelsen  über  die  trofei 
di  Mario.  Dazu  Petersen. 

24.  Februar :  Vopel  über  vergoldete  Glasgefässe  mit  Heiligenbil- 
dern. —  Petersen  über  die  trofei  di  Mario. 

10.  März  :  Huelsen  über  zwei  römische  Reliefs.  Dazu  Petersen. 
—  Petersen  über  pompejanische  Wandgemälde  (s.  S.   91). 

24.  März  :  Mau  über  oskische  Inschriften  von  Pompeji,  die  sich 
auf  die  sullanische  Belagerung  beziehen.  —  Groag  :  Verwer- 
thung  einer  in  Lykien  gefundenen  Inschrift  für  die  Severia- 
nischen  Akten  der  ludi  saeculares.  —  Wilpert  über  die  Papst- 
bildnisse in  der  alten  Paulsbasilika. 

7.  April :  Petersen  legt  vor  G.  Wilpert  un  capitolo  di  storia 
del  vestiario  I  und  II  {Estratto  da  i'Arte  I.  II)  Rom  1898  f. 
und  B.  Sauer,  das  Theseion.  —  E.  Bormann  über  denkmäler 
etruskischer  Schriftsteller.  —  E.  Steinmann  :  Andrea  Bregno 
und  seine  Schule.  —  G.  Ghirardini  über  die  antiken  Vor- 
lagen des  Nicolö  Pisano. 

21.  April,  Paliliensitzung :  G.  B.  Giovenale  über  die  römische 
Tradition  in  der  Basilika  S.  Maria  in  Cosmedin.  —  G.  Karo 
über  eine  etruskische  Bronze  der  auf  einem  Widder  gelagerten 
Aphrodite.  —  Petersen  über  römische  Reliefs  aus  der  Zeit 
von  Augustus  bis  M.  Aurel. 


(!)  Per  Side  v.  Lanckoronski  op.  cit. ;  per  Termessos  ivi  II  p.  41, 
e  questa  cittä  offre  una  analogia  veramente  sorprendente,  essendovi  il  ginnasio 
in  contatto  tanto  col  grande  teatro  scoperto,  quanto  col  piccolo  coperto,  e 
terzo  anche  in  prossimitä  del  tempio  principale ;  per  Pergamon  v.  die  Er- 
gebnisse der  Ausgrabungen  in  Pergamon  1880  p.  101. 


DIE  OSKISCHEN  WEGWEISERINSCHRIFTEN 
IN  POMPEJI 


Zu  den  seit  Nissen  (Pomp.  St.  492  ff.)  wohl  ziemlich  allge- 
mein auf  die  sullanische  Belagerung  bezogenen  oskischen  gemalten 
Wandinschriften  ist  durch  eine  glückliche  Entdeckung  H.  Dege- 
ring's  (Mitth.  XIII,  1898,  S.  124)  eine  fünfte  hinzugekommen.  In 
dankenswerter  Weise  hat  der  Entdecker  auch  die  schon  bekannten 
Inschriften  revidirt,  ihre  Lesung  in  wichtigen  Punkten  berichtigt 
und  eine  ganz  neue  Erklärungsweise  derselben  aufgestellt.  Diese 
letztere  ist  nun  freilich  ganz  unhaltbar,  wie  im  Folgenden,  damit 
nicht  das  Schweigen  als  Zustimmung  gedeutet  werde,  in  der  Kürze 
gezeigt  werden  soll. 

Wir  geben  hierbei  eine  ganz  summarische  Planskizze  der  Nord- 
westecke Pompeji' s,  in  der  mit  F,  P,  S  die  Casa  del  Fauno,  di 
Pansa  und  di  Sallustio,  mit  1,  2,  3,  4  die  Plätze  der  schon  früher 
bekannten  vier  Inschriften  bezeichnet  sind.  Bei  Besprechung  der- 
selben soll  von  sprachlichen  Erörterungen,  für  die  ich  nicht  com- 
petent  bin,  abgesehen  werden;  die  Unhaltbarkeit  der  Degering' sehen 
Hypothese  kann  aus  topographischen  und  sachlichen  Erwägungen 
zu  voller  Evidenz  gebracht  werden. 

Die  Inschriften  lauten  nach  Degering's  Lesung : 

1.  eksuk  amvianud  eltuns  anter  tiurri  X  Inl  XI  puf  faamat 
t.  fisanis  0. 

2.  eksuk  amvianud  eltuns  anter  tiurri  XII  Inl  ver  sarinu 
puf  faamat  mr  aadirüs  v. 

3.  eksuk  amviannud  elt.  anter  tiurri  XII  zni  veru  sarinu 
puf  faamat  mr  aadirüs  v. 

4.  eksuk  amvianud  eltuns  anter  trllbu  na  kastrlkilels  Inl 
mr  spurnels  l  puf  faamat  v  sehsimbriis  v. 

5.  (die  neu  gefundene)  eksuk  amviannud  eltuns  ampt  trlbud 
tov.  ampt  mener(v). 

8 


106 


A.    MAU 


Erhaltenes  und  nicht  erhaltenes  ist  hier,  da  der  Text  hinläng- 
lich feststeht,  nicht  unterschieden.  Das  letzte  v  in  5  ist  nicht  ganz 
deutlich :  der  Buchstabenrest  könnte  allenfalls  auch  zu  b,  e,  h,  r 
ergänzt  werden. 


Nissen's  Erklärung  nimmt  Degering  ihrem  Grundgedanken  nach 
an :  es  wird  den  zur  Zeit  der  Belagerung  in  Pompeji  liegenden 
fremden  Kriegsvölkern  der  Weg  gewiesen  zu  gewissen  Mauerstrecken, 
wo  Fisanius  und  Adirius  commandiren.  Nach  Nissen  bezeichnet  am- 
viannud  in  1  die  links  von  der  Casa  del  Fauno,  in  2  die  in  der 
Frontrichtung  der  Casa  di  Sallustio  zur  Mauer  führende  enge  Gasse : 
wie  die  Inschriften  sagen,  führt  jene  zwischen  den  10.  und  11.  Turm, 
diese  zwischen  den  12.  Turm  und  das  Tor,  welches  unter  dem  un- 
erklärten veru  sarinu  zu  verstehen  unvermeidlich  scheint.  In  3 
bezeichnet  amviannud  die  rechts  vom  Hause  des  Pansa  abgehende 


DIE    OSKISCHEN    WEGWEISERl.vSCHRIFTEN    IN    POMPEJI  107 

und  zur  Mauer  führende  Gasse.  Diese  führt  nun  freilich  nicht,  wie 
die  Inschrift  sagt,  zwischen  den  12.  Turm  und  das  Tor,  sondern 
zwischen  den  11.  und  12.  Turm.  Doch  lässt  sich  hierfür  eine  Er- 
klärung finden.  Fisanius  commandirte  den  10.  und  11.  Turm  und 
das  Zwischenstück,  Adirius  den  12.  Turm  und  das  Tor,  nebst  dem 
Zwischenstück.  Sicher  aber  stand  kein  dritter  Commandant  zwischen 
dem  11.  und  12.  Turm,  sondern  in  der  Mitte  dieses  Stückes  war 
die  Grenze  zwischen  dem  Commando  des  Fisanius  und  des  Adirius. 
So  führte  also  die  fragliche  Gasse  in  der  Tat  zu  der  von  Adirius 
befehligten  Mauerstrecke,  und  der  Sinn  der  Inschrift  ist :  hier  geht 
es  dahin  wo  Adirius  commandirt,  nämlich  zwischen  dem  12.  Turm 
und  dem  Tor.  Eine  solche,  etwas  ungenaue  Ausdrucksweise  über- 
schreitet keineswegs  die  Grenzen  des  Möglichen  und  Wahrschein- 
lichen. Und  schliesslich  ist  es  nicht  einmal  notwendig,  eine  unge- 
naue Ausdrucksweise  anzunehmen.  Sowohl  Nissen  als  Degering 
nehmen  an,  dass  die  Gasse  links  vom  Hause  des  Pansa  ungangbar 
war.  In  der  Tat  ist  es  ja  sehr  wohl  denkbar,  dass  man  die  Aus- 
mündungen  einiger  dieser  Strassen,  und  darunter  eben  dieser,  gegen 
die  Mauer  gesperrt  hatte.  Wer  also  von  dem  Punkte  3  aus  das 
Mauerstück  des  Adirius  erreichen  sollte,  verfolgte  die  Gasse  zwi- 
schen den  Insulae  V.  VI  und  VII.  VIII  bis  an  die  Mauer,  wandte 
sich  dann  links,  stieg  in  den  12.  Turm  und  war  am  Ziel.  Hier  also 
kann  ich,  abweichend  von  Degering,  keine  ernste  Schwierigkeit 
«finden.  Und  wenn  Degering  fragt,  weshalb  zu  der  Mauerstrecke  des 
Adirius  zwei  Wege  gewiesen  werden,  so  mochte  es  aus  Gründen, 
die  wir  so  genau  nicht  übersehen  können,  erwünscht  sein,  sowohl 
von  dem  Punkte  2  als  von  dem  Punkte  3  aus  den  Weg  zu  weisen. 
Eine  andere  Schwierigkeit  findet  Degering  darin,  dass  nach  Nis- 
sens  Erklärung  die  Worte  eksuk  amviannud,  ■  auf  diesem  Wege  n 
nicht  überall  in  gleicher  Weise  zu  verstehen  sind.  Bei  1  und  3 
bezeichnen  sie,  an  der  Hauptstrasse  stehend,  das  an  diesem  Punkt 
abzweigende  Gässchen :  consequenter  Weise  müsste  also  bei  2  das 
Gässchen  zwischen  den  Insulae  II  und  III,  bei  4  das  zwischen  V 
und  VI  verstanden  werden  ;  dagegen  soll  nun  hier  wie  dort  viel- 
mehr die  Strasse  selbst,  an  der  die  Inschrift  angebracht  ist,  weiter 
verfolgt  werden,  dort  zwischen  I  und  II,  hier  zwischen  VI  und 
VII ;  denn  nur  diese  führt  direct  an  den  Rand  des  Stadthügels.  Nun 
wäre  es  aber  doch  unbillig,  die  Möglichkeit  zu  leugnen,  dass  man 


108  A.   MAU 

in  dem  Schrecken  der  Belagerung  nicht  nach  einem  wohl  durch- 
dachten Plan  verfuhr,  sondern  der  mit  Anbringung  der  Inschriften 
Beauftragte  von  Fall  zu  Fall,  wie  es  grade  kam,  sich  einen  geeig- 
neten Platz  suchte.  Und  schliesslich  ist  doch  die  Inconsequenz  nicht 
so  arg.  Bei  2  geht  doch  auch  ein  Gässchen  von  der  Hauptstrasse 
ab.  Und  bei  4  geht  die  von  Osten  bis  an  das  Nordende  der  Fo- 
rums führende  sehr  frequente  Strasse  in  ein  stilles  Gässchen  über: 
es  wäre  doch  recht  wohl  denkbar,  dass  dies  seinen  besonderen  Na- 
men gehabt  und  im  Gegensatz  zur  oia  als  amviannum,  afiyodog 
bezeichnet  worden  wäre.  Also  die  Inschriften  stehen  da,  wo  man 
von  der  Hauptstrasse  in  das  Gässchen  eintreten  sollte ;  wo  letzterer 
zwei  waren,  da  traute  man  eben  dem  Scharfsinn  der  Soldaten  zu, 
dass  sie  das  zu  der  ganz  nahen  und  sichtbaren  Mauer  oder  zum 
Stadtrande  führende  einschlagen  würden.  Also  auch  hier  sehe  ich 
keine  Schwierigkeit  und  kein  Bedürfniss  nach  einer  neuen  Erklä- 
rungsweise. 

So  bliebe  denn  als  einziger  nicht  recht  erklärter  Umstand 
übrig,  dass  die  Inschrift  3  nicht  unmittelbar  an  der  Ecke  des  be- 
züglichen Gässchens,  sondern  auf  dem  Pfeiler  zwischen  dem  ersten 
und  zweiten  Laden  steht.  Hierfür  eine  Erklärung  zu  finden,  wäre 
um  so  wünschenswerter,  als  es  sich  auch  bei  der  neugefundenen 
Inschrift,  auf  die  ich  weiterhin  zurückkomme,  wiederholt.  Und  ein 
merkwürdiges  Zusammentreffen  ist  es  immerhin,  dass  auch  die  In- 
schrift 2  auf  dem  zweiten  Pfeiler  von  der  Ecke  eines  Gässchens 
steht.  Der  Grund  dieser  Erscheinung  ist  uns  unbekannt.  Degering 
freilich  weiss  sie  zu  erklären:  nach  ihm  (S.  132)  sind  die  Inschrif- 
ten 2,  3,  5  nicht  auf  die  Ecke  gesetzt,  weil  sie  sich  nach  seiner 
Meinung  nicht  auf  das  hier  abzweigende  Gässchen  beziehen,  und 
um  den  Irrtum  zu  vermeiden,  als  ob  dies  der  Fall  sei.  Nun  dürfen 
wir  freilich  wieder  fragen,  warum  man  sie  dann  nicht  gleich  noch 
weiter  von  der  Ecke  fortgerückt  und  so  das  Missverständniss  noch 
sicherer  vermieden  hat,  da  doch  nach  Degering' s  Theorie  jede  an- 
dere Stelle  der  Strasse  ebenso  geeignet  gewesen  wäre.  Keinenfalls 
aber  ist  die  hier  vorliegende  Schwierigkeit  bedeutend  genug,  um 
so  gewagte  Hypothesen,  wie  die  Degering  vorträgt,  zu  berechtigen. 

Nach  seiner  Ansicht  nämlich  werden  alle  Schwierigkeiten  besei- 
tigt durch  folgende  Annahmen.  Erstens,  amvianuud  ist  das  Trottoir, 
margo ;  also :  immer  auf  diesem  Trottoir  entlang,  grade  aus  und 


DIE    OSKISCHEN    WEGWEISKRINSCHRIFTEN   IN   POMPEJI  109 

um  die  Ecken,  gelangt  man  ans  Ziel.  Zweitens,  die  Richtung,  in 
der  man  dem  Trottoir  folgen  soll,  wird  durch  die  Schriftrichtung 
bezeichnet;  also,  da  die  oskische  Schrift  linksläufig  ist,  für  den 
vor  der  Inschrift  stehenden  immer  nach  links.  Drittens,  einige  Stras- 
sen waren,  zu  militärischen  Zwecken,  gesperrt;  wer,  dem  Trottoir 
folgend,  an  eine  solche  Sperrung  kam,  überschritt  den  Fahrdamm 
und  folgte  wieder  dem  Trottoir  an  der  nächsten  Insula.  Also  von 
1  aus  links  an  der  Insula  XII  entlang  gehend  fand  man  bei  b  den 
Vicolo  di  Mercurio  gesperrt,  ging  über  die  Strasse  und  weiter  an 
Insula  XI  entlang.  Von  3  aus  links  gehend  fand  man  bei  c  das 
Gässchen  zwischen  III  und  VI  und  wieder  bei  a  den  Vicolo  di 
Mercurio  gesperrt  und  kam  an  II  entlang  zum  Ziel. 

Wir  bemerken  zunächst,  dass  dies  Ueberschreiten  der  gesperrten 
Strassen  im  Widerspruch  steht  mit  dem  Grundgedanken  des  ganzen 
Systems,  nach  dem  das  Trottoir,  gradeaus  und  um  die  Ecken,  der 
Ariadnefaden  sein  soll :  die  Strasse  überschreitend  bin  ich  doch 
nicht  mehr  auf  demselben  Trottoir.  Ferner :  wie  sollte  man  dazu 
kommen,  bei  1  und  2,  wo  der  Weg  gradeaus  zum  Ziel  führt,  zu 
sagen  :  ■  auf  diesem  Trottoir  >  statt  ■  auf  diesem  Wege  ■  ?  Und 
wie  sollten,  da  doch  alle  oskische  Schrift  linksläutig  ist,  die  Sol- 
daten dazu  kommen,  diesem  Umstand  irgend  welche  Bedeutung 
beizulegen,  und  daraus  zu  schliessen,  dass  links  zu  gehen  sei?  Für 
beides  ist  Voraussetzung,  dass  diese  Methode  der  Wegweisung,  mit- 
tels Trottoir  und  Schriftrichtung,  allgemein  üblich  und  jedem  ge- 
läufig war.  Dies  ist  aber  ganz  unmöglich ;  denn  sie  ist  nur  an- 
wendbar, wenn  einige  Strassen  gesperrt  sind  ;  sonst  führt  unfehlbar 
jedes  Trottoir  um  die  Insula  herum  an  den  Ausgangspunkt  zurück. 
Und  selbst  bei  gesperrten  Strassen  ist  sie  nicht  allgemein  anwend- 
bar, auch  abgesehen  von  dem  schon  hervorgehobenen,  in  dem  Ue- 
berschreiten der  Strassen  liegenden  Widerspruch.  Wer  z.  B.  vom 
Forum  kommend  auf  der  Nolanerstrasse  weiter  östlich  gehen  und 
dann  nordwärts  zur  Mauer  abbiegen  soll,  dem  kann  nie  auf  diese 
Weise  der  Weg  gewiesen  werden.  Denn  um  mittels  der  Schrift- 
richtung ostwärts  zu  weisen,  müsste  die  Inschrift  auf  der  Südseite 
stehen,  von  wo  es  doch  unmöglich  ist,  auf  demselben  Trottoir  nach 
Norden  zu  gelangen. 

Es  ist  nach  alle  dem  vielleicht  überflüssig,  zu  bemerken,  dass 
auch  die  von  Degering  angenommenen  Strassensperrungen  ganz  un- 


110  A.    MAU 

glaublich  sind.  An  zwei  Stellen  soll  der  Vicolo  di  Mereurio  gesperrt 
gewesen  sein,  da  er  doch  als  die  nächste  der  Verteidigungslinie  pa- 
rallele Strasse  von  der  grössten  Wichtigkeit  war,  um  einem  bedrohten 
Punkte  schnell  Verstärkung  zuführen  zu  können.  Auch  die  Sperrung 
bei  c  ist  unverständlich.  Welche  Strassen  sperrt  man  denn  bei  einer 
Belagerung,  und  zu  welchem  Zweck  ?  Vor  f'allem  doch  die  Ausmünd- 
ungen auf  den  Raum  hinter  der  Mauer,  um  hier  durch  die  befe- 
stigten und  besetzten  Häuser  eine  zweite  Verteidigungslinie  zu 
schaffen,  damit,  wenn  einmal,  etwa  durch  Ueberraschung,  an  einer 
Stelle  Feinde  auf  und  über  die  Mauer  gelangt  sind,  ihnen  doch 
nicht  gleich  der  Weg  in  das  Innere  der  Stadt  offen  steht,  sondern 
die  Chance  bleibt,  sie  wieder  hinaus  zu  werfen.  Nach  Philon  (bei 
Nissen  S.  505)  soll  dies  durch  Tore  geschehen,  so  dass  die  Wege 
für  die  Verteidiger  gangbar  bleiben ;  man  kann  sich  ja  aber  auch 
ein  primitiveres  Verfahren  denken,  dass  nämlich  einige  Strassen 
durch  Barrikaden  gesperrt,  für  die  zum  Verkehr  notwendigen  aber 
das  Material  zu  gleichem  Verfahren  bereit  gehalten  wird.  Etwas 
anderes  als  die  Sperrung  gegen  die  Mauer  kann  ich  auch  in  der 
von  Nissen  citirten  Stelle  Philon's  nicht  finden ;  es  ist  ein  Miss- 
verständniss  wenn  Nissen  (dem  Degering  folgt)  aus  den  Worten, 
xal  roTg  dficpöSoig  sxareQwd-tv  TCvXctQ   xaTccGxevccGTilov  entnimmt, 

die  Vici  seien  ■  an  beiden  Enden  »  durch  Tore  gesperrt  worden ;  es 
ist  nur  gemeint,  dass  an  beiden  Seiten  des  Vicus  je  ein  Torflügel 
angebracht  sein  soll.  Eine  Sperrung  bei  a  und  c  könnte  nur  den 
Sinn  haben,  dass  man  den  ganzen  Complex,  also  etwa  die  Insulae  II, 
III,  V,  VI,  VII,  VIII  in  eine  Art  Festung  verwandelt  hätte,  um 
sie  auch  gegen  einen  schon  in  der  Stadt  befindlichen  Feind  be- 
haupten zu  können.  Wie  unwahrscheinlich  dies  ist,  bedarf  kaum 
weiterer  Ausführung.  Den  letzten,  hoffnungslosen  Verzweiflungs- 
kampf wird  die  Leitung  der  Verteidigung  nicht  vorbereitet,  viel- 
mehr ihre  Anstrengungen  auf  die  Sicherung  der  wirklich  haltbaren 
Verteidigungslinie,  der  Stadtmauer  concentrirt  haben. 

Ich  glaube  damit  hinlänglich  gezeigt  zu  haben,  dass  Dege- 
ring's  Einwendungen  gegen  die  topographische  Seite  der  Nissen' sehen 
Erklärung  belanglos  sind,  seine  eigene  Erklärungsweise  aber  ver- 
fehlt und  unhalthar  ist. 

Puf  faamat  versteht  Nissen  ubi  habilat,  d.  i.  ubi  tendit,  in- 
dem er  faamat  mit  familia  zusammenbringt.  Degering  bringt  es 


DIE   OSKISCHEN    WEGWEISERINSCHRIF IEN    IN    POMPEJI  111 

mit  fari,  fama  zusammen  und  übersetzt :  quos  adloquilur,  d.  i. 
quibus  imperat.  Also:  hier  soll  die  Truppe  des  Fisanius,  des  Adi- 
rius  an  den  und  den  Platz  gehen.  Ich  unterlasse  es  auch  hier,  auf 
sprachliches  einzugehen,  glaube  aber  aus  sachlichen  Gründen  diese 
Uebersetzung  abweisen  zu  müssen.  Es  handelt  sich  hier  um  die  von 
Natur  schwächste  Seite  der  Stadt,  auf  die  sich  ohne  Zweifel  der 
Angriff  der  Belagerer  concentrirte  (vgl.  Nissen  S.  496) ;  dass  einem 
bestimmten  Truppenkörper  ein  für  allemal  dieser  gefährlichste  Po- 
sten angewiesen  sein  sollte,  ist  nicht  glaublich,  sondern  die  ver- 
schiedenen, in  der  Stadt  liegenden  Truppenkörper  mussten  sich  hier 
ablösen.  Aus  demselben  Grunde  scheint  es  mir  auch  untunlich,  die 
Inschriften  so  zu  verstehen,  als  ob  hier  die  Bewohner  des  Vicus 
aufgefordert  würden,  jenen  Posten  zu  beziehen.  Die  Aufforderung 
darf  sich  nicht  an  bestimmte  Personen  richten,  sondern  muss  all- 
gemein gehalten  sein.  Und  so  muss  es  wohl  bei  puf  =  ubi  sein  Be- 
wenden haben.  Die  Frage  nach  der  Etymologie  von  faamat  ist  davon 
unabhängig. 

'  Wenn  ich  im  Vorigen  Nissen  s  Erklärung  gegen  Degering' s 
Einwendungen  verteidigt  habe,  so  glaube  ich  doch  hervorheben  zu 
müssen,  dass  dieselbe  kein  festes  Resultat  ist,  sondern  eine  Hypo- 
these, an  deren  Stelle  ich  nichts  besseres  zu  setzen  weiss,  die  aber 
doch  nicht  alles  in  ganz  befriedigender  Weise  erklärt.  Und  zwar 
macht  Schwierigkeit  namentlich  die  Inschrift  4  nach  der  von  De- 
gering berichtigten  Lesung.  Wir  meinten  bisher,  dass  hier  zu  lesen 
sei :  ant  trtlbu,  zum  Hause,  und  weiter  v.  sehs  imbrlr  v,  und  dass 
hier  der  Weg  gewiesen  werde  zur  Wohnung  eines  Imperator.  Nun 
rückt  aber  die  Inschrift  in  die  Reihe  der  übrigen :  auch  hier  eine 
durch  zwei  Endpunkte,  zwei  Häuser,  begrenzte  Strecke  und  ein 
Commandant  derselben.  Hier  ist  nun  eigentlich  alles  seltsam :  dass 
diese  von  Natur  sehr  feste  Strecke  —  es  kann  sich  nur  um  das 
kleine  Stück  zwischen  Nolaner  Strasse  und  Seetor  handeln  —  einen 
eigenen  Commandanten  hat ;  dass  den  fremden  Truppen  —  für  die 
Einheimischen  waren  doch  die  Inschriften  nicht  nötig  —  die  zu 
verteidigende  Strecke  bezeichnet  wird  durch  die  Namen  zweier  ihnen 
sicher  unbekannten  Hausbesitzer ;  dass  endlich  nicht  als  der  eine 
Endpunkt  das  Seetor  erscheint.  Aber,  wie  gesagt,  ich  weiss  nichts 
besseres. 


112  A.    MAU 

Auch  für  die  neuentdeckte  Inschrift  (4)  findet  sich  keine  ganz 
befriedigende  Erklärung.  Buecheler  (Rhein.  Mus.  LIII,  205  f.)  be- 
handelt sie  auf  Grund  einer  irrigen  Lesung  (zweimal  amat  für  ampt). 
Degering  nimmt  an,  dass  noch  zwei  Zeilen  folgten :  ampt  mener- 
v(as)  sakaraklud  puf  faamat  N.  N.  Möglich  ist  dies,  aber  nicht 
sicher :  ich  fand  keine  Farbenreste,  die  ich  mit  Bestimmtheit  als 
von  dieser  Inschrift  herrührend  bezeichnen  möchte.  Soviel  scheint 
ziemlich  sicher,  dass  hier  der  Weg  zu  einem  Minervatempel  ge- 
wiesen wird.  Die  Inschrift  steht  auf  der  Südseite  der  Strada  del- 
l'Abbondanza,  auf  dem  zweiten  Pfeiler  von  der  Ecke  eines  Gäss- 
chens,  das  jetzt  als  Sackgasse  in  die  Insula  V.  VI  der  8.  Region 
hineinführt,  vermutlich  aber  damals  durch  sie  hindurch  führte. 
Amviannud  kann  weder  das  Trottoir  sein,  wie  hinlänglich  gezeigt 
worden  ist,  noch  die  Hauptstrasse  selbst,  die  als  via  bezeichnet 
sein  müsste,  sondern  nur  eben  das  Gässchen.  Und  da  dies  zu  keinem 
anderen  Tempel  führt  als  zu  dem  dorischen  auf  dem  Forum  trian- 
guläre, dessen  Gottheit  bisher  unbekannt  war,  so  müssen  wir  in 
diesem  den  Minerventempel  erkennen.  Tribud  tov{tikad)  übersetzt 
Buecheler  villa  publica,  vielleicht  richtig,  nur  dass  hier  nicht  an 
eine  Villa,  sondern  an  ein  Haus  in  der  Stadt  zu  denken  wäre : 
domus  publica  könnte  ein  Haus  sein,  in  dem  die  Stadt  ihre  Gäste 
aufnahm  und  das  auch  sonst  öffentlichen  Zwecken  diente.  Ich  möchte 
dabei  nicht  an  die  Gladiatorenkaserne  denken.  Diese  sieht  zwar 
einem  Wirtshaus  sehr  ähnlich,  ist  aber  viel  zu  gross  für  die  Gäste 
der  kleinen  Stadt;  auch  sind  ja  die  Kammern,  auf  denen  jener 
Eindruck  beruht,  jüngeren  Ursprunges  als  die  Inschrift ;  die  domus 
publica  konnte  ein  beliebiges,  uns  jetzt  nicht  kenntliches  Haus 
sein.  Die  Schwierigkeit  liegt  aber  in  den  Praepositionen.  Nach 
Degering  wäre  ampt  =  ä[i<fiJ  amb,  tribu  wäre  ■  Platz  »,  und  tribu 
ampt  menerv[as  sakaraklud~\  wäre  der  Platz  um  den  Minerven- 
tempel, d.  h.  das  sogen.  Forum  trianguläre.  Damit  wäre  ja  das 
zweite  ampt  erklärt.  Aber  das  erste  ?  Statt  zu  sagen  :  ■  hier  geht 
zu  dem  Platze  ■  u.  s.  w.,  oder  einfacher  «  hier  geht  es  zum  Mi- 
nervatempel ■ ,  oder  «  zum  Portikus  der  Minerva  ■ ,  soll  man  gesagt 
haben:  «  hier  geht  es  um  den  Platz  um  den  Tempel  der  Minerva  ». 
Das  ist  doch  wenig  einleuchtend.  Einen  passenden  Sinn  erhalten 
wir,  wenn  wir  ampt  für  ant  nehmen,  mit  falscher  Orthographie,  wie 
temptare :  « hier  geht  es  zum  städtischen  Hause  (und)  zum  Tempel  ■ . 


DIE   OSKISCHKN    WEGWEISERINSCHRIFTEN    IN   POMPEJI  113 

An  dem  Fehlen  des  »und»  würde  ich  nicht,  mit  Degering,  beson- 
deren Anstoss  nehmen ;  wir  kennen  die  Gewohnheiten  der  oskischen 
Sprache  zu  wenig,  um  die  Möglichkeit  eines  solchen  Asyndeton  zu 
leugnen.  Aber  freilich  würden  wir  bei  ant  den  Accusativ  erwarten, 
wie  in  der  Wegebauinschrift  des  Stabianer  Thores  {ant  ponttram 
stafianam),  nicht  den  Ablativ  (tribud):  falsche  Orthographie  und 
falscher  Casus,  das  ist  doch  etwas  viel  auf  einmal.  So  bleibt  schliess- 
lich als  das  erträglichste :  ■  hier  geht  es  in  die  Umgebung  des  Stadt- 
hauses (und)  in  die  des  Minervatempels  ■ .  Aber  freilich  recht  be- 
friedigend ist  auch  das  nicht :  wenn  man  die  Localität  nicht  prae- 
ciser  bezeichnen  wollte,  so  wäre  es  einfacher  gewesen,  zu  sagen : 
hier  geht  es  zum  Stadthaus,  zum  Tempel. 

A.  Maü. 


ATHENA  HEPHAISTIA 

(Tafel  VI) 


In  dem  ergebnisreichen  Aufsatze  von  Emil  Reisch  über  Athena 
Hephaistia  (Jahresh.  I  S.  55  ff.)  ist  der  Typus  der  Athena  von 
Cherchel  (Gauckler,  Musee  de  Cherchel  Taf.  XVI,  Jahresh.  I 
S.  65  Fig.  33)  ausführlich  behandelt  worden.  Neulich  hat  auch 
Bruno  Sauer  in  seinem  grossen  Werke  ■  Das  sog.  Theseion  und  sein 
plastischer  Schmuck »  S.  231  ff.  in  seiner  Rekonstruktion  der  Cult- 
bilder  diesen  Athenatypus  eingehend  berücksichtigt.  Der  genannten 
Statue,  welche  die  stilistischen  Eigentümlichkeiten  des  in  die  letzten 
Jahrzehnte  des  fünften  Jahrhunderts  gehörenden  Originales  am  treu- 
esten  wiederzugeben  scheint,  fehlt,  wie  bekannt,  der  Kopf.  Der  Re- 
konstruktion des  Kopftypus  will  nun  Reisch  den  Kopf  der  ■  Athena 
mit  der  Ciste  »  aus  Kreta  im  Louvre  (Cat.  sommaire  N.  847.  Jamot, 
Monuments  grecs  N.  21/22  1893/94  S.  17  ff.  Taf.  XII.  Jahresh.  I 
S.  55  Fig.  32  und  S.  72  Fig.  35  Bruno  Sauer  a.  a.  0.  S.  242  f.)  die 
nach  ihm  eine  ■  sklavische  Abhängigkeit  (*) »  von  jener  in  Afrika  ge- 
fundenen Statue  aufweisen  soll,  zu  Grunde  legen.  Die  flüchtige,  aber 
schwungvolle  Art  der  Arbeit,  welche  die  echt  griechische  Statue  im 
Louvre  auszeichnet,  und  der  Umstand,  dass  der  Künstler  einen 
bekannten,  althergebrachten  Typus  mit  grossem  Geschick  umge- 
bildet und  für  ein  anderes  Motiv  verwendet  hat,  legen  doch  die 
Vermutung  nahe,  dass  er  auch  in  der  Bildung  des  Kopfes  sich 
nicht  allzu  sklavisch  an  sein  Vorbild  hielt,  sondern  dort  seinen 
eigenen  künstlerischen  Eingebungen  mit  Glück  folgte.  Nun  giebt 
es  aber  einen  anderen   Athenakopf,    der  in    der    Gesammtanlage, 


(!)  Auch  Jamot  a.  a.  0.  S,  20  hebt  die  mutmassliche  Treue  gegen  das 
Original  hervor,  indem  er  ihre  griechische  Herkunft  ins  Feld  führt.  Aber  aus 
dieser  ist  eher  das  Gegenteil  zu  schliessen. 


LENNART    KJEI.I.HERG.    ATHENA    HEPHAISTIA  115 

der  Stellung,  der  Haaranordnung  und  der  Form  des  Helmes  so 
viele  Analogien  mit  dem  Pariser  Kopfe  aufweist,  dass  an  einem 
gemeinsamen  Ursprünge  kaum  zu  zweifeln  ist.  Dieser  Kopf  (*) 
befindet  sich  jetzt  im  Nationalmuseum  zu  Stockholm  (N.  2, 
Photogr.  Lagrelius  N.  2,  Clarac  462  B,  860  A,  Heydemann,  Arch. 
Anz.  1865  S.  152  N.  12,  Wieseler,  Philol.  XXVII  S.  219.  N.  132), 
wo  er  auf  eine  nicht  zugehörige  Athenastatue  aufgesetzt  ist,  eine 
Replik  der  schönen  Statue  in  Ince  Blundell  Hall  (Michaelis, 
Atic.  Marbles  S.  338  N.  8.  Clarac  473,  899  A),  die  Furtwängler, 
Statuenkopieen  im  Altertum  S.  31  (555)  ff.  Taf.  IV  publicirt 
hat.  Der  ungebrochene  Kopf  dieser  Statue  ist  nach  der  rechten 
Seite  gewendet,  während  der  Stockholmer,  dessen  Blick  mehr 
nach  unten  gerichtet  ist,  sich  nach  links  dreht.  Trotz  ihrer  im  Ganzen 
ähnlichen  Gesichtsbildung  kann  es  kaum  zwei  im  Ausdrucke  ver- 
schiedenere Köpfe  desselben  Idealwesens  geben  als  diese  beiden.  Das 
Offene  und  Freundliche,  jugendlich  Unbefangene  und  Liebenswürdige 
des  Stockholmer  Kopfes,  das  selbst  in  dieser  unbedeutenden  römi- 
schen Kopie  noch  eine  grosse  Wirkung  auf  den  Zuschauer  ausübt, 
contrastirt  erheblich  mit  dem  in  seiner  finster-vornehmen  Abge- 
schlossenheit zwar  edlen  und  erhabenen,  aber  stolz  unnahbaren 
Wesen  der  Athena  von  Ince  Blundell  Hall.  Diese  erscheint  wie 
die  hohe,  schützende,  wehrhafte  Stadtgöttin,  die  Athena  rrofoovxog, 
die  andere  wie  die  milde,  menschenfreundliche  Pflegemutter  des 
Erichthonios ,    die  Athena  xovQOTQÜtpoc. 


(*)  Modern  sind:  Nasenspitze  und  Kinn,  die  Schläfe  mit  der  angrenzen- 
den Haarpartie,  der  ganze  Hinterkopf  mit  dem  Haarschopfe  und  dem  grössten 
Teil  des  Helmes,  Hals  und  Brust  oberhalb  der  Aegis.  Die  Ergänzung  des  Halses 
ist  fehlerhaft.  Sie  entspricht  nämlich  nicht  der  durch  die  erhaltene  obere 
Halspartie  gegebenen  Neigung  des  Kopfes,  die  ursprünglich  nicht  unbedeutend 
grösser  gewesen  sein  muss.  Stark  geputzt. 

Maasse  des  Kopfes :  Nase.iwurzel-Kinn  ra.  0,105 ;  Haaransatz-Nasen- 
wurzel m.  0,045 ;  Entfernung  der  äusseren  Augenwinkel  m.  0,08 ;  der  inneren 
Augenwinkel  m.  0,027 ;  Mundbreite  m.  0,029 ;  Nasenbreite  (zwischen  den 
Nasenflügeln)  m.  0,026;  Ohrenentfernung  m.  0,114;  Kinn-Ohrenspitze  m.  0,098  ; 
innerer  Augenwinkel-Ohrenspitze  m.  0,088. 

Herrn  Ingenieur  Axel  Lagrelius,  Chef  der  lithographischen  Anstalt  des 
Kgl.  schwedischen  Generalstabes,  sei  für  die  freundliche  Zuvorkommenheit,  mit 
welcher  er  die  Herstellung  der  Photographie  des  Kopfes  ermöglicht  hat,  be- 
ster Dank  gesagt. 


116  LENNART    KJELLBERG 

Diese  Göttin,  die  sich  uns  in  der  Pariser  Statue  in  einem 
sehr  sprechenden  Motiv  offenbart,  mit  dem  aber  der  kalte,  in- 
differente Ausdruck  des  Kopfes  viel  weniger  harmonirt,  als  der 
fröhliche,  schalkhaft  tändelnde  des  Stockholmer  Kopfes,  hatte, 
wie  bekannt,  als  Athena  Hephaistia  im  Hephaistostempel  in  der 
Nähe  des  athenischen  Marktes  einen  Cult.  Die  Worte  des  Pau- 
sanias  (I  14,  6),  welche  das  Cultbild  betreffen,  lassen  auf  eine 
Statuengruppe,  die  Athena  in  ihrer  nahen  mythischen  Beziehung  zu 
Hephaistos  darstellte,  schliessen.  Es  ist  ein  glücklicher  Gedanke  von 
Reisch  (Eranos  Vindob.  S.  21,  Jahresh.  I  55  ff.)  die  athenischen 
Inschriften  C.  I.  A.  I  318  und  319  auf  diese  Tempelgruppe  zu 
beziehen.  Wir  erfahren  durch  diese  Inschriften  das  ungefähre  Da- 
tum der  Cultgruppe  421/20-417/16  v.  Chr.,  das  Material,  Erz, 
und  lernen  ein  Detail  kennen,  das  in  der  zweiten  Inschrift  nicht 
weniger  als  dreimal  erwähnte  avVsßov  aus  Zinn  unter  dem  Schilde 
der  Athena,  welches  das  Auffinden  von  Copieen  und  Weiterbildun- 
gen dieser  Statue  ermöglicht  hat.  Von  diesen  trägt  nur  die  Athena 
Cherchel,  wie  oben  hervorgehoben  wurde,  die  sicheren  stilistischen 
Merkmale  des  ausgehenden  fünften  Jahrhunderts  an  sich  und  darf 
deswegen  für  die  Rekonstruktion  des  Kunstwerkes  herangezogen 
werden.  Dass  Alkamenes,  dessen  in  Athen  befindliche  Hephai- 
stosstatue  ja  sehr  berühmt  war  ('),  der  Künstler  der  Cultgruppe 
des  Hephaistostempels  gewesen  und  demnach  als  der  Schöpfer 
des  milden,  friedlichen  Athenaideals  der  Statue  von  Cherchel 
mit  ihren  Weiterbildungen  zu  betrachten  sei,  ist  eine  im  höch- 
sten Grade  wahrscheinliche  Vermutung  von  Reisch,  die,  wie  ich 
glaube,  nach  stilistischer  Seite  hin  eine  Bestätigung  durch  den 
Stockholmer  Kopf  findet,  über  dessen  Alkamenischen  Character 
keine  Meinungsverschiedenheit  herrschen  sollte.  Es  ist  derselbe 
ungemein  persönliche,  huldvolle  und  freundliche  Ausdruck  der  an 
den  Sorgen  und  Freuden  der  Menschen  teilnehmenden  Gottheiten, 
wie  er  uns  an  dem  Berliner  Asklepios  (Beschr.  N.  68,  Kjellberg, 
Asklepios  II  Taf.  I)  und  an  der  Aphrodite  von  Frejus  und  ihrer 
Sippschaft  fesselt  (2). 

(*)  Vgl.  Cicero,  De  nat.  deorum  I  30;  Valerius  Maximus  VIII  11. 
(*)  Trotz  der  Einwendungen  von  Winter  (50.  Berl.  Winckelmannsprogr. 
S.  117  ff.)  Heibig  (Führer  II  N°  908)  und  Reisch  (Eranos   Vindob.  S.  18  ff. 


ATHENA    HEPHAISTIA  117 

Diese  beiden  Statuen  bieten  in  der  Haltung  des  Kopfes,  in 
der  leichten,  lockeren  Haarbehandlung,  die  in  der  schlechten,  spä- 
ten Arbeit  der  Stockholmer  und  der  Berliner  Statue  vielfach  miss- 
verstanden und  verballhornt  erscheint,   in  der  flachen  Bogenlinie 


und  Jahresh.  I  77  f.)  muss  ich  au  der  Hypothese  von  Furtwängler  und  Reinach 
als  einer  eminent  wahrscheinlichen  festhalten.  Von  der  «  herben  Zierlichkeit  ». 
die  Reisch  in  jener  Statue  ausgeprägt  finden  will,  vermag  ich  nichts  zu  sehen, 
Es  scheint  mir  im  Gegenteil  das  glücklich  gefundene  Ehenmass  zwischen  die- 
sen beiden  entgegengesetzten  Eigenschaften  zu  sein,  welches  den  eigentüm- 
lichen Reiz  dieser  Statue  ausmacht.  Die  Gestalt  der  Aphrodite  von  Frejus 
zeichnet  sich  durchaus  nicht  durch  übermässige  jugendliche  Zartheit  aus ; 
im  Gegenteil,  und  der  Kopf  hat  das  unbestimmbare  Alter,  welches  den  besten 
griechischen  Idealköpfen  eigen  ist.  Sie  führen  uns  eben  über  die  Grenzen  der 
Zeit  und  die  relativen  Altersbestimmungen  hinaus.  Von  einer  «  schwungvollen 
Beweglichkeit»,  die  Reisch  neben  der  Zierlichkeit  der  Genetrix  ausgeprägt 
finden  will,  kann  meiner  Meinung  nach  hier  gar  nicht  die  Rede  sein.  Besser 
hat  Winter  a.  a.  0.  119  das  Bewegungsmotiv  dieses  Typus  mit  den  Worten 
charakterisirt :  «sie  scheint  anzuhalten,  bescheiden,  zweifelnd  ».  Nur  setzt 
Winter  diese  zarte,  keusche,  weibliche  Anmuth,  welche  das  Pheidiasische 
Aphroditeideal  vor  allen  anderen  auszeichnet,  in  den  Gegensatz  zu  dem  Ethos 
der  Polykletischen  Gestalten,  «  die  mit  frei  zurückgenommenen  Schultern,  in 
den  starken  Hüften  selbstbewusst  sich  wiegend  dahin  schreiten».  Sollte  aber 
Polyklet  zwischen  einem  jungen  siegesfrohen  Athleten  und  der  holden  Göttin 
der  Grazien  in  diesem  für  den  Charakter  der  dargestellten  Persönlichkeit  so 
wichtigen  Punkte  keinen  Unterschied  gemacht  haben?  Die  Schrittstellung 
allein  verbietet  meiner  Ansicht  nach  die  Originalstatue  einem  vorpolykleti- 
schen  Künstler  zuzuschreiben.  Wenn  Winter  von  dem  Kopfe  der  Aphrodite 
sagt,  dass  er  von  «  einer  seltenen  Anmut  und  Lieblichkeit  »  sei,  kann  man  ihm 
nur  beistimmen.  Wenn  er  aber  hinzufügt:  «und  von  einem  archaischen  Reiz 
der  Züge,  welchen »  etc.,  muss  ich  ihm  meine  Zustimmung  versagen.  Denn 
wie  in  der  Stellung  und  der  Ponderation,  in  der  Behandlung  des  Nackten  und 
des  Gewandes,  so  ist  in  diesem  Kopfe  der  Archaismus,  wenn  wir  diesem 
Begriffe  die  Bedeutung  des  irgendwie  Unbeholfenen  und  Steifen  noch  geben 
wollen,  vollständig  überwunden  und  zwar  in  einer  Weise,  welche  den  gewal- 
tigen Stilumschwung  der  Pheidiasischen  Schule  zur  Voraussetzung  hat.  Der 
selbständige  Rhythmus  des  Gewandes,  dessen  Bewegung  ihren  eigenen,  dem 
Motiv  der  Gestalt  selbst  zwar  entnommenen,  aber  in  eigenartiger  Harmonie 
ausgebildeten  Gesetzen  folgt,  und  dessen  prachtvoll  auf-  und  abwogendes  Linien- 
spiel wir  in  den  betreffenden  Aphroditestatuen  bewundern  können,  ist  der 
vorpheidiasischen  Epoche  ebenso  fremd,  wie  der  systematisch  durchgeführte 
periodische  Rhythmus  der  Sprache  der  Epoche  der  griechischen  Prosa,  welche 
dem  Auftreten  der  beiden  grossen  Redekünstler  Gorgias  und  Thrasymachos 
voraufgeht. 


118  LENNART    KJELLBERG.   ATHENA   HEPHAISTIA 

der  Augenbrauen  sowie  in  dem  stark  ausgeprägten  Oberlide,  in  der 
breiten  Nasenwurzel  mit  den  weit  auseinander  liegenden  Augen, 
in  dem  feingezeichneten  gleichsam  sprechenden  Munde  mit  der 
schön  geschwungenen,  etwas  zurückgezogenen  Oberlippe,  schliess- 
lich in  dem  breiten,  runden,  festen  Kinn  so  viele  stilistischen  Ana- 
logien mit  der  Stockholmer  Athena,  dass  an  einen  gemeinsamen 
Urheber  der  Originale  dieser  drei  Statuen  kaum  gezweifelt  werden 
kann  (1). 

Eom,  Juni  1899. 

Lennart  Kjellberg. 


0)  [Der  Athenakopf,  den  E.  A.  Gardner  im  Journal  of  hellenic  studies, 
XIX,  1  S.  1.  ff.  so  eben  publiciert  hat,  ist  ein  neues  Zeugniss  für  die  Popu- 
larität des  Originales  unseres  Typus.  Seine  Zurückführung  auf  eine  berühmte 
Cultstatue  und  die  Zutheilung  dieser  Statue  an  einen  bedeutenden  Künstler 
gewinnt  dadurch  weitere  Sicherheit.  Der  geistige  Ausdruck  des  englischen 
Kopfes  scheint  etwas  abgeschwächt  zu  sein.  Bei  eingehender  Prüfung  der 
stilistischen  Einzelheiten  tritt  doch  eine  überraschende  Uebereinstimmung  mit 
denjenigen  des  Stockholmer  Kopfes  zutage  —  auch  die  Lasche  der  Lederkappe 
kommt  an  der  r.  Seite  dieses  Kopfes,  wo  Haar  und  Helm  antik  sind,  sehr  deut- 
lich zum  Vorschein  —  so  dass  über  den  gemeinsamen  Ursprung  dieser  beiden 
Köpfe  kein  Zweifel  bestehen  kann.] 


UEBER  DIE  EINGESETZTEN  HOLZTAPELN  IN  POMPEJI 
UND  DIE  PLINIÜSSTELLE  XXXV,  149. 


Bekanntlich  erregten  bei  der  Aufdeckung  der  casa  di  M.  Lu- 
cresio  in  Pompeji  zwei  in  dem  Tablinum  rechts  und  links  von  dem 
Eintretenden  vorhandene,  viereckig  überhöhte,  flache  Vertieiungen 
in  dem  dicken  tectorium  der  Seitenwände  an  denselben  Stellen,  an 
welchen  dieser  Raum  häufig  mit  Wandgemälden  geschmückt  ist, 
die  lebhafte  Aufmerksamkeit  der  Archäologen.  Man  glaubte  nach 
den  deutlich  erkennbaren  Kohlenresten  schliessen  zu  dürfen,  dass 
Gemälde  auf  Holztafeln  die  vorhandenen  Vertiefungen  ausgefüllt 
haben  müssten.  So  schloss  auch  Fiorelli,  der  bei  der  Ausgrabung 
zugegen  war  und  mir  im  Sommer  1867  mündlich  das  Vorhanden- 
sein jener  Kohlenreste  bestätigte ;  ich  selbst  sah  noch  solche  Reste 
in  den  Rauhigkeiten  des  Verputzes  haften.  Nach  genauer  Prüfung 
des  Sachverhaltes  an  Ort  und  Stelle  zu  genannter  Zeit  konnte  ich 
jedoch  zu  der  Anschauung  Fiorelli's  mit  Sicherheit  nicht  gelangen 
und  machte  mir  desshalb  im  September  1867  eine  genaue  Zeich- 
nung des  Zustandes,  in  welchem  ich  die  beiden  Stellen  fand,  um 
sie  gelegentlich  Interessenten  vorlegen  zu  können  (S.  Abb.  1.  2) 
Diese  Zeichnung  war  gerade  noch  zu  rechter  Zeit  gemacht,  denn 
im  Juni  1868  fand  ich  bei  erneutem  Besuch  in  Pompeji  die  Ränder 
der  Vertiefungen  mit  einer  breiten  Cementlage  bedeckt  und  damit 
waren  die  zur  Beurtheilung  wichtigsten  Anhaltspunkte  für  immer 
verloren. 

Im  Juni  1868  gab  ich  in  den  Nachträgen  zu  meiner  Abhand- 
lung in  Helbigs  «  Wandgemälde  der  vom  Vesuv  verschütteten  Städte 
Campaniens  ■  S.  CXXVI  über  den  damaligen  Fundbestand  einen 
genauen  Bericht,  dem  ich  als  solchem  auch  heute  nichts  hinzuzu- 
fügen habe.  Ich  schloss  mit  den  Worten :  ■  Hoffentlich  geben  uns 
spätere  Funde  noch  deutlichere  Aufschlüsse  über  diese  noch  nicht 
ganz  klaren  Einzelerscheinungen  ».  Im  Interesse  aller  Archäologen, 
welche  erst  nach  dem  Juni  1868  die  casa  di  M.  Lucresio  besucht 
haben,  halte  ich  es  nun   für   eine   nachträgliche   Pflichterfüllung, 


120 


0.    DONNER   VON    RICHTER 


ihnen  durch  Veröffentlichung  meiner  Zeichnung  die  Gelegenheit  zu 
geben,  sich  ein  eigenes  Urtheil  über  den  Sachverhalt  und  die  aus 
demselben  etwa  zu  ziehenden  Folgerungen  bilden  zu  können. 


* 


Fig.  2. 


(Fig.  1) 


(Fig.  1) 


Fig.  1. 

Fig.  1  auf  der  Wand  zur  Linken,  mit  den  Profilen  bei  a  und  bc,  und  mit  Details  oben  links  und 
rechts  unter  Fig.  2,  der  Wand  zur  Beeilten. 


Dass  eine  solche  Publication  wünschenswert  sei,  ergab  sich  mir 
aus  dem  Umstand,  dass  C.  Kobert  in  dem  21ten  Hallischen  Win- 
ckelmanns-Programm  von  1897  ■  die  Knöchelspielerinnen  des  Ale- 
xandros  »  jene  beiden  leeren  Vertiefungen  in  der  casa  di  M.  Lucre- 
zio  erneuert  in  den  Bereich  seiner  Untersuchungen  gezogen  hat ;  er 
stellt  sie  zusammen  mit  der  von  mir  in  vorstehend  erwähnten  ■  Nach- 
trägen ■  gleichfalls  genau  beschriebenen  leeren  Wandvertiefung  in 


UKBER    DIE    EINGESETZTEN    HOLZTAFELN    IN    POMPEJI 


121 


casa  di  M.  Spurio  und  mit  jenen  ähnlichen,  im  Juni  1879  in  dem 
Hause  N.  14  der  Insula  15  in  der  Region  VI  gefundenen,  über  welche 
zuerst  Sogliano  in  Notisie  degli  Scavi  1897,  S.  271  berichtete  und 


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Fig.  3  (Tafel  auf  der  Rückseite  des  Atriums). 


vorsichtig  hinzufügte:  «  d  probabile  che  fossero  due  tavole 
dipinte,  addossate  allo  inlonaco  fresco  della  parete  e  formanti  un 
corpo  solo  con  l'intonaco  stesso  ».  Er  beschränkt  sich  also  auf  das 
Aussprechen  einer  Vermuthung. 

9 


122 


O.    DONNER    VON    RICHTER 


Ausführlichere  Mittheilungen  verdanken  wir  der  gewissenhaften 
Berichterstattung  des  um  die  Erforschung  Pompeji's  so  hochver- 
dienten Aug.  Mau  in  Mittheil.  d.  Archaeol.  Inst.  1898,  XIII.  S.  48. 
Er  schliesst  mit  den  Worten :  ■  Ueber  beobachtete  ähnliche  Spu- 
ren s.  Donner  -  v.  Richter  bei  Heibig  Wandgem.  S.  CXXVI.  Die 


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Fig.  4  (links  am  Atrium). 

dort  erhobenen  Bedenken  gegen  die  Annahme,  dass  auf  diese  Holz- 
tafeln Bilder  gemalt  waren,  kommen  in  gleicher  Weise  auch  hier 
zur  Geltung.  Es  ist  aber  doch  kaum  möglich  für  alle  diese,  genau 
die  den  Bildern  zukommende  Stelle  einnehmenden  Holztafeln  eine 
andere  Bestimmung  zu  erdenken.  Aus  der  geringen  Dicke  dieser 
Tafeln  werden  wir  schliessen  dürfen,  dass  die  Bilder  nicht  beson- 
ders werthvoll  waren  ■ .  Zu  klarerer  Anschauung  für  mich  u.  Andere 
habe  ich  nach  Maus  Angaben  a.  a.  0.  auf  Abb.  3.  4.  5  Zuschnitt 
und   Construction    der  eingesetzten  Holztafeln  aufgezeichnet,  wie 


UEBEK    DIE    EINGESETZTEN    HOLZTAFELN    IN    POMPEJI  123 

deren  Rückseite  nach  den  in  der  weichen  Mörtelunterlage  hinter- 
lassenen  Eindrücken  sich  darstellt  (1). 

In  der  That  sind  einige  der  von  Mau  erwähnten,  von  mir  her- 
vorgehobenen Bedenken  bei  den  früheren  ähnlichen  Funden  auch  auf 
diese  neuen  Vorkommnisse  anzuwenden,  ja  in  noch  höherem  Grade, 
vor  Allem  in  Betreff  des  unregelmässigen  Zuschnittes  und  der  ver- 
wunderlichen Construction  dieser  Schreinerarbeiten,  Beides  Dinge,  die 

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Fig.  5  (im  Tablinum). 


sich  mit  dem  subtilen  Wesen  einer  Gemäldetafel  nicht  wohl  ver- 
tragen, ebenso  wenig  wie  dieses  sich  damit  verträgt,  dass  man  die 


(!)  [Der  Herr  Verfasser  hatte  in  den  von  ihm  eingesandten  Zeichnungen 
diese  Eindrücke  nach  meinen  Angaben  Mitth.  1898  S.  48  construirt.  Statt 
dessen  geben  obige  Figuren  dieselben  nach  den  Originalen  und  auf  Grund 
erneuter  Untersuchung.  Mit  vollen  Linien  sind  vor-  und  zurücktretende  Teile, 
mit  punktirten  die  Fugen  der  in  gleicher  Fläche  liegenden  bezeichnet.  In  Fig.  3 
und  4  bestand  die  Tafel  aus  mehreren,  in  eine  ringsum  laufende  Falzleiste  (in 
beiden  Fällen  oben  nicht  deutlich ;  in  Fig.  4  nicht  vortretend)  eingelassenen 
schmalen  Brettern,  auf  denen  in  Fig.  3  eine  Leiste  querüber  auflag,  in  Fig.  4 
ihrer  zwei  in  der  Längenrichtung.  In  Fig  5  war  die  stark  vortretende  Falz- 
leiste unten  nicht  vorhanden ;  alles  übrige  ist  undeutlich,  obgleich  die  nicht 
eben  feinen  Holzfasern  deutlich  zu  erkennen  sind.  Es  scheint  dass  auf  die 
Rückseite  der  Tafel  drei  sehr  dünne  Brettchen  aufgelegt  waren.  Eisen  war  zur 
Befestigung  der  Tafeln  nirgends  verwandt.  A.  Mau.] 


124  O.    DOMNER    VON    RICHTER 

durch  starke  Feuchtigkeit  zum  Werfen  und  Kreisen  geneigte  dünne 
Holztafel  in  einem  weichen,  lange  nass  bleibenden  Mörtel  so  fest 
eindrückt,  dass  der  genaue  Abklatsch  ihrer  Rückseite  nach  Mau 
a.  a.  0.  S.  48  ■  mit  vollkommener  Schärfe  ■  zurückbleibt,  wie  dies 
bei  den  drei  Tafeln  in  dem  Hause  N.  13  der  Fall  ist.  Die  Feuch- 
tigkeit der  nassen  Mörtelunterlage  muss  sich  mit  Notwendigkeit 
in  das  aufsaugungsfähige  Holz  ziehen;  hätte  man  aber,  um  dies  zu 
vermeiden,  die  Tafel  wieder  von  dem  Mörtel  losgerissen  und  diesen 
vor  ihrer  Wiedereinsetzung  trocknen  lassen,  so  hätte  durch  das  Hän- 
genbleiben der  zähen  Masse  am  Holz  kein  so  scharfer  Abdruck 
zurückbleiben  können  und  ein  genaueres  Wiedereinpassen,  so  dass, 
wie  Sogliano  a.  a.  0.  sich  ausdrückt  ■  die  Tafel  mit  dem  Bewurf 
ein  und  denselben  Körper  bildet  ■  wäre  nicht  mehr  zu  erreichen 
gewesen.  Aber  diese  innige  Verbindung  hätte  man  bewerkstelligen 
und  dabei  die  vorstehend  bezeichneten  Missstände,  wenn  auch  nicht 
ganz  aufheben,  doch  jedenfalls  bedeutend  abschwächen  können,  wenn 
man  die  Tafeln,  bevor  man  sie  in  den  Stuck  eindrückte,  auf  ihrer 
Rückseite  mit  heissflüssigem  Wachs  oder  Pech  bestrichen  hätte, 
wodurch  die  Tafel  vor  dem  Eindringen  der  Feuchtigkeit  bewahrt 
worden  wäre,  welche,  ihren  Weg  nach  unten  nehmend,  allmählig 
hätte  verdunsten  müssen.  Immerhin  würde  bei  dem  geringen  Bin- 
dungsvermögen der  genannten  Ingredienzen  mit  dem  Mörtel  noch 
eine  besondere  Befestigung  der  Tafeln  mit  Nägeln,  Hacken  oder  Klam- 
mern nöthig  gewesen  sein;  doch  berichtet  Mau  von  solchen  nichts. 

Die  vorstehend  bezeichneten  Schutzmittel  wären  jedoch  für  j  ede 
Holztafel,  gleichviel  für  welchen  Zweck  sie  dienen  sollte,  rathsam 
gewesen,  nicht  nur  für  Gemäldetafeln.  Gegen  die  Annahme  von 
solchen  treten  uns  aber  auch  in  vorliegendem  Falle  mancherlei 
Bedenken  entgegen. 

Zieht  man  neben  dem  wenig  Rationellen  eines  solchen  Ein- 
setzens von  Gemälden  auf  Holztafeln  in  Betracht,  mit  welchen 
umständlichen  Manipulationen  es  verknüpft  sein  musste,  so  kann 
man  sich  kaum  einen  Grund  denken,  welcher  den  Besitzer  solcher 
Gemälde  dazu  hätte  veranlassen  können,  namentlich  wenn  dieselben 
bereits  eingerahmt  waren,  wie  Robert  von  diesen  drei  Tafeln  a.  a. 
0.  S.  9  annimmt.  Warum  sollte  der  Besitzer  sie  nicht  als  Ersatz 
für  ein  Wandgemälde  an  jenen  Stellen  aufgehängt  haben,  was  doch 
schöner,  vernünftiger  und  billiger  gewesen  wäre?  Weiss  doch  jeder 


UEBEK    DIE    EINGESETZTEN    HOLZTAFELN    IN    POMPEJI  125 

Kenner  der  pompejanischen  "Wanddecorationen,  dass  das  Anfhän- 
gen  von  Gemäldetafeln  in  einfachen  Rahmen  aus  dünnen 
vierkantigen  Holzleisten,  welche  an  den  Ecken  sich 
etwas  vorragend  überkreuzen  (jetzt  in  England  Oxford-fra- 
mes  genannt)  theils  mit,  theils  ohne  Seitenflügel  zum  Zuklappen 
und  Beschützen  des  Bildes  so  sehr  üblich  war,  dass  die  maleri- 
sche Nachahmung  solcher  vorgeneigt  oder  vertical  aufgehängten  oder 
auch  aufgestellten,  eingerahmter  Gemälde  ein  beliebtes  Motiv  der 
pompejanischen  Maler  bildet  (1). 

Andere  Holzrahmen  formen  als  die  beschriebe- 
nen finden  wir  in  den  zahllosen  antiken  Wand- 
malereien nirgends  abgebildet.  Dagegen  besitzen  wir 
ein  wohlerhaltenes  antikes  Exemplar  jener  Rahmen  aus  einfachem 
braunem  Holz,  welches  Plinders  Petrie  bei  seinen  Ausgrabungen 
im  Fajjum  auf  dem  Haupt  einer  Mumie  liegend  als  Einrahmung 
des  Portraits  der  Verstorbenen  gefunden  hat;  es  ist  von  eigen- 
thümlich  kunstvoller  Construction,  welche  zu  beschreiben  hier  zu 
weit  führen  würde  (2).  Wenn  daher  Robert  a.  a.  0.  S.  9  als 
Beispiel  eines  Tafelgemälderahmens  ■  die  gemalte  Umrahmung  der 
imitirten  Tafelbilder  mit  den  Hetären  aus  Casa  Tiberina  {Mon.  d. 
Inst.  XII,  18)  ■  vergleichend  heranzieht,  so  scheint  mir  dies  nicht 
zutreffend  zu  sein,  denn  diese  Bilder  sind  keine  Imitationen  von 
Tafelbildern,  sondern  müssen  gerade  weil  ihnen  der  typische 
Holzrahmen  fehlt,  der  auf  den  Wänden  dieses  Hauses  mehrfach 
abgebildet  ist,  als  Wandgemälde  mit  breiter,  gemalter  Ornamen- 
tierung umgeben  betrachtet  werden.  Wohl  aber  können  wir  die 
innerste  Einfassung  des  Bildes  und  die  äusserste  der  gemalten,  nicht 
plastisch  sein  sollenden  Ornamente,  als  Imitation  plastischer  Stuck- 
leisten auffassen,  wie  solche  aufgesetzte  plastische  Teile  nicht  selten 
zwischen  den  Malereien  angebracht  sind. 

Die  Annahme  wirklicher  Gemälderahmen  bei  den  drei  Holz- 
tafeln aus  Haus  N°  13  seitens  Roberts,  welche  Form  sie  auch 
gehabt   haben   mögen,    erscheint   schon   dadurch   nicht   genügend 

(\)  Siehe  in  Heibig  «  Wandgemälde  etc.  »  Taf.  C.  Fig.  3;  dgl.  in  Monum. 
d.  Inst.  XII,  Tav.  Va  und  Tav.  Villi  die  Cubiculumscenen  in  casa  Tiberina 
in  Rom. 

(2)  Jetzt  im  British  Museum.  Abgebildet  bei  Flinders  Petrie  «  Hawara, 
Biahrnu  and  Arsinoe  »  Taf.  12.  Ich  besitze  eine  genaue  Nachbildung  desselben. 


126  O.    DONNER    VON    RICHTER 

begründet,  dass  wir  nur  den  Abdruck  der  Eückseiten  kennen.  Man 
spricht  nur  von  einem  bei  allen  drei  Tafeln  auf  der  Rückseite 
nachweisbaren  «  etwa  0,05  breiten  Rand  »,  der  bei  der  leeren 
Stelle  in  der  Rückwand  des  Atriums  ■  etwa  0,002  vor  die  übrige 
Rückfläche  vortrat  ■ ,  also  ein  Minimum.  Die  ganze  nachweisbare 
Dicke  dieses  Randstückes,  also  von  der  Wandfläche  hinab  in  den 
Verputz,  beträgt  nur  0,02.  Ob  es  als  Rahmen  über  die  Wandfläche 
heraustrat,  ist  nicht  festzustellen.  Dieser  ■  Rand  ■  ist  es,  den  Ro- 
bert als  Rahmen  auffasst.  Die  Abdrücke  der  Rückseite  stimmen 
aber  nicht  überein  mit  der  kunstvollen  Rückseite  des  graeco-ägy- 
ptischen  Originalrahmens;  doch  würde  dies  noch  kein  sicheres  Ar- 
gument gegeu  die  Annahme  eines  wirklichen  Gemälderahmens  sein, 
denn  in  vorliegendem  Falle  könnte  die  Behandlung  der  Rückseite, 
resp.  die  Art  der  Einsetzung  der  Bildtafel  in  den  Rahmen  eine 
einfachere,  rohere,  unserer  Methode  ähnlichere  gewesen  sein.  Was 
aber  entschieden  gegen  die  Annahme  eines  Gemälderahmens,  wie 
die  Alten  ihn  bildeten,  spricht,  das  ist  der  Umstand,  dass  erstens 
keine  Ueberkreuzung  der  Rahmenstücke  an  den  Ecken  in  Stuck 
nachweisbar  ist,  und  zweitens  und  namentlich,  dass  sich  überhaupt 
um  derartig  unregelmässige  nicht  rechtwinklig  zugeschnittene  Ta- 
feln ein  rechtwinkliger,  gut  aussehender  Rahmen  gar  nicht  anfer- 
tigen lässt.  Die  von  Mau  als  ■  Rand  ■  bezeichneten  Theile  können 
ihrem  Abdruck  noch  sehr  wohl  nur  Falzleisten  sein,  in  welche 
man  die  Tafeln  zu  möglichster  Verhütung  des  Werfens  eingelassen 
hatte.  Mit  dem  Wegfallen  des  Gemälderahmens  fällt  aber 
wiederum  ein  Argument  zu  Gunsten  der  Annahme 
eines    eingesetzten    Holztafelgemäldes    hinweg. 

Hier  muss  ich  nun  aber  auch  noch  ganz  besonders  hervor- 
heben, dass  die  beiden  weit  grösseren  leeren  Stellen  in  casa  di 
M.  Lucrezio  —  ihre  Breite  beträgt  1,22,  zu  1,50  ca.  Höhe  —  eine 
ungleich  rationellere  Behandlung  der  eingesetzten  Holztafeln  zeigen: 
sie  waren  nicht  auf  den  feuchten  Mörtel  eingedrückt,  der  nöthige 
Raum  für  die  sehr  kräftigen  Traversen  oder  Binder  der  einzelnen 
Dielen  aus  welchen  die  Tafeln  zusammengesetzt  waren,  war  aus 
dem  trockenen  dicken  Verputz  bis  auf  die  Mauersteine  herausge- 
schlagen, von  der  obersten  Putzschichte  aber  nur  so  viel,  als  nöthig 
war,  um  Raum  für  die  Dicke  der  Holztafel  zu  erlangen;  nur  an 
den  abgehauenen  Verputzrändern  war  zur  Ausgleichung  etwas  fri- 


UEBER   DIE   EINGESETZTEN    HOLZTAFELN   IN    POMPEJI  127 

scher  Stuck  aufgetragen  worden,  um  die  Tafelränder  fest  anschlies- 
send in  denselben  eindrücken  zu  können  und  eine  glatte  Verbin- 
dung mit  der  Wandfläche  herzustellen  (s.  Fig.  1.  2).  Verständiger- 
weise traten  die  Traversen  über  die  Tafelränder  vor  und  boten 
in  diesen  vier  vorstehenden,  abgerundeten  Enden  die  Gelegenheit 
starke,  lange  Eisen  durch  sie  bis  in  den  Mauergrund  einzuschlagen 
und  fest  zu  gipsen.  Trotz  dieser  soliden  Befestigungsweise  wurden 
noch  zahlreiche  Nägel  durch  die  Tafel  selbst  in  die  Mauer  getrieben, 
entweder  um  sie  schon  von  Anfang  an  noch  mehr  vor  dem  Werfen 
zu  schützen,  oder  auch  nur  zur  nachträglichen  Correctur,  nachdem 
das  Werfen  trotz  aller  Vorsicht  dennoch  stattgefunden  hatte.  Dieses 
Durchschlagen  der  Nägel  allein  schliesst  jeden  Gedanken  an  eine 
Geraäldetafel  aus,  damit  auch  den  Gedanken  an  einen  Gemälde- 
Holzrahmen,  welchen  Robert  a.  a.  0.  8.  9  annehmen  zu  können 
glaubt,  während  sich  in  dem  Abdruck  der  Tafelränder  auf  der 
Rückseite  keine  Spur  eines  Rahmens  zeigt,  sondern  nur  der  scharfe 
Abdruck  der  Tafel  selbst  (s.  S.  120,  Fig.  1  von  bc  aufwärts). 
Die  aus  den  Traversen  bedeutend  über  die  Wandfläche  hinausra- 
genden Bankeisen  konnten  also  auch  nicht,  wie  Robert  anzunehmen 
scheint,  zur  Befestigung  eines  Gemälderahmens  dienen;  es  waren 
deren,  als  ich  die  Zeichnung  machte,  von  den  ursprünglich  vieren 
nur  noch  die  beiden  oberen  vorhanden  (s.  Fig.  1  bc,  unten). 

Auch  kann  ich  der  Erklärung  Roberts  in  Betreff  der  durch 
die  Tafel  getriebenen  Nägel  nicht  beipflichten,  wenn  er  sagt :  ■  man 
braucht  sich  nur  vorzustellen,  dass  die  Bildtafeln  wie  in  dem 
Jüngst  ausgegrabenen  Hause  auf  ihrer  Rückseite  mit  Leisten  ver- 
sehen waren  ■ .  Letzteres  ist  nicht  möglich,  denn  ausser  den  beiden 
tiefen  Traversenrinnen  sind  keine  Vertiefungen  für  solche  Leisten 
in  dem  Mörtel  vorhanden,  und  selbst  angenommen,  solche  Leisten 
wären  vorhanden  gewesen,  so  musste  man  die  Nägel,  um  sie  bis 
in  die  Mauer  zu  treiben,  von  der  Aussenseite  durch  Tafel  und 
Leisten  durchschlagen,  wie  man  es  allenfalls  bei  einem  Kisten- 
deckel oder  -boden  thut,  nicht  aber  bei  Gemäldetafeln.  Bei  letz- 
teren müssen  solche  Leisten  entweder  aufgeleimt  oder  mit  sehr 
exacter,  subtiler  Arbeit  in  die  Tafel  eingeschoben  werden,  was  um 
so  schwieriger  wird,  je  dünner  dieselbe  ist.  Dass  die  pompejani- 
schen  Schreiner  befähigt  waren  solche  subtile  Arbeiten  auszuführen, 
da  wo   es   angebracht  war,   das   sehen  wir  z.  B.  an  den  schönen 


128  O.    DONNER   VON    RICHTER 

abgebildeten  Holzthüren  mit  coraplizirten  Füllungen  in  dem  Haus 
des  Sallust  (1).  Bei  der  rohen  Herstellungsweise  der  drei  Tafeln  in 
Haus  n.  13  ist  wohl  auch  kaum  etwas  Andres  anzunehmen,  als 
dass  die  Leisten  angenagelt  waren.  Hier  sei  auch  noch  bemerkt, 
dass  Roberts  Vermuthung,  dass  an  diesen  drei  Tafeln  ■  die  bald 
horizontal,  bald  vertical  gestellten  Leisten  dazu  gedient  haben 
mochten,  hinter  der  Bildtafel  einen  Luftraum  herzustellen  »  nicht 
haltbar  ist,  weil  die  Tafeln  fest  in  den  weichen  Stuck  eingedrückt 
waren. 

Gegenüber  der  Schwierigkeit  einer  befriedigenden  Erklärung 
der  vorstehend  erörterten  verschiedenen  Fälle  habe  ich  mit  Bezug 
auf  jene  in  casa  dl  M.  Lucrezio  schon  früher  a.  a.  0.  S.  CXXVI 
auf  Plinius  XXXV,  6  verwiesen  und  an  die  Möglichkeit  gedacht, 
dass  die  in  dem  Tablinum  eingesetzten  Tafeln  als  die  Stuckwände 
flacher  Schränke  mit  Thüren  betrachtet  werden  könnten,  welche 
zur  Aufbewahrung  der  Wachsmasken  der  Ahnen  dienten.  Will 
man  sich  aber  in  weiteren  Vermuthungen  ergehen,  so  könnte  man 
allenfalls  anführen,  dass  jene  drei  Tafeln  im  Haus  n.  13  zur  Auf- 
nahme von  Nägeln  oder  Hacken  bestimmt  gewesen  sein  mochten, 
an  welchen  man  kleinere  Gegenstände  u.  Instrumente  des  Gebrau- 
ches aufhängen  konnte,  ohne  die  Wand  zu  beschädigen;  oder  auch 
als  Tafeln  mit  dunkelm  Grund  zum  Aufzeichnen  von  Notizen  mit 
weisser  Kreide,  oder  auch  wiederum  als  Rückwände  kleinerer, 
flacher  Schränken en. 

Zur  Klarstellung  aller  controversen  Einzelheiten  in  vorlie- 
gender Materie  muss  ich  auch  noch  betonen,  dass  es  dem  That- 
bestand  nicht  entspricht,  wenn  Robert  a.  a.  0.  S.  10,  von  dem 
Haus  n.  13  redend,  ■  diese  Wandvertiefungen  als  ganz  analog  mit 
jener  in  einem  Gemach  des  Hauses  des  M.  Spurius  Mesor  ■  be- 
zeichnet und  ■  den  Rundstab,  dessen  Abdruck  Donner  und  Heibig 
(Letzterer  im  Bull.  d.  Inst.  1864,  p.  121)  constatiren  »,  als  eine 
Umrahmung  ähnlich,  wie  sie  sich  gemalt  an  den  Hetärenbildern 
der  Casa  Tiberina  befindet,  betrachtet.  Es  handelt  sich  hier  näm- 
lich gar  nicht  um  den  Abdruck  eines  rahmenartigen  Rundstabes, 
der,  wenn  er  überhaupt  vorhanden  wäre,  und  als  Rahmentheil  der 

(')  Abgebildet  bei  Mau  <<  Geschichte  der  decorativen  Wandmalerei  in 
Pompeji».  Taf.  II. 


IEBER   DIE    E^GESETZTEN    HOLZTAFELN    IN   POMPEJI  129 

Vorderseite  hätte  angehören  müssen,  sich  nicht  auf  der  Rückseite 
abdrücken  konnte;  ich  bemerkte  vielmehr  a.  a.  0.  S.  CXXVII : 
Dass  jene  kleine  Tafel  nach  den  Eindrücken,  die  ihre  Ränder  in 
dem  weichen  Stuck  hinterlassen  haben,  zwischen  0,003  und  0,015 
variiren,  und  dass  der  Rand  derselben  (d.  h.  ihre  Dicke)  an  der 
linken  Seite  hohlkehlen-  und  oben  rundstabartig  geformt  war ; 
an  der  rechten  Seite  dagegen  rechtwinkelig  und  unten  schräge. 
Welcher  Tischler  würde  wohl  jemals  eine  Tafel  für  ein  Bild  so 
zugeschnitten  haben?  In  Anbetracht  dieser  Seltsamkeiten,  auch 
in  Anbetracht  der  Abrundung  der  oberen  Ecken  dieser  Tafel,  eine 
Form,  die  bei  pompejanischen  Gemälden  gar  nicht  vorkommt,  und 
bei  der  Zweifelhaftigkeit,  ob  die  eingesetzte  Tafel  überhaupt  Holz 
und  nicht  ein  ganz  andres  Material  gewesen  sei,  kann  ich  auch 
dieses  Vorkommen  als  analog'  mit  jenem  in  casa  di  M.  Lucrezio 
durchaus  nicht  betrachten.  Dagegen  habe  ich  die  Analogie  der 
Abdrücke  in  dieser  Vertiefung  mit  jener  für  den  schwarzen  Glas- 
spiegel in  casa  del  Gitarista  auf  der  rechten  Langseite  des  Mit- 
telperistyls  schon  hervorgehoben. 

Wenn  wir  uns  nach  vorstehenden  Untersuchungen  noch  ver- 
gegenwärtigen, dass  bei  der  ausserordentlich  grossen  Anzahl  von 
Wandgemälden  in  Pompeji  seit  dem  Beginn  der  Ausgrabungen 
und  seit  1847,  d.  h.  seit  der  Aufdeckung  der  casa  di  M.  Lucrezio 
bis  1897  nur  die  besprochenen  drei  ähnlichen  Stellen  im  Haus 
N.  13  der  Insula  VI,  15  gefunden  worden  sind,  und  selbst  ange- 
nommen, dass  trotz  aller  entgegenstehender  Bedenken  diese  leeren 
Vertiefungen  dennoch  Gemälde  auf  Holztafeln  enthalten  haben 
sollten,  so  können  wir  doch  Robert  nicht  folgen,  wenn  er  von  dem 
vorausgesetzten  Einlassen  von  Tafelgemälden  in  Pompeji  sagt : 
»Aber  es  war  üblich»  (a.  a.  0.  S.  9). 

Hiermit  gelange  ich  zu  einem  andern  Theil  der  Ausführungen 
Roberts  in  dem  21ten  Winckelmanns-Programm. 

Er  wendet  sich  in  demselben  gegen  Franz  Winters  in  der 
Maisitzung  der  Archäologischen  Gesellschaft  in  Berlin  (')  nach 
Sempera  Vorgang  ausgesprochenen  Anschauung,  dass  die  im  Natio- 
nalmuseum von  Neapel  aufbewahrten  sechs  kleinen  Marmortafeln 


(J)  Abgedruckt  in  «  Wochenschrift  für  klassische  Philologie,  1897  »,  und 
in  Separatabdruck. 


130  O.    DONNER   VON    RICHTER 

mit  figürlichen  Darstellungen,  aus  Herculanum  und  Pompeji  stam- 
mend, auf  welchen  jetzt  nur  geringe  Farbenspuren  enthalten  sind, 
ursprünglich  enkaustisch  bemalt  gewesen  seien,  unter  ihnen  die 
Astragalenspielerinnen ;  ferner,  dass  das  Gemälde  des  Nikias,  welches 
Augustus  in  die  Wandbekleidung  der  Curia  Julia  einfügen  liess, 
nämlich  die  Nemea  auf  Marmor  gemalt  gewesen  sei  und  zwar 
enkaustisch,  da  Plinius  XXXV,  27  berichtet,  dass  Nikias  auf  das 
Bild  geschrieben  hatte:  se  inussisse.  Kobert  wirft  hiergegen  die 
Frage  auf:  «  woraus  folgt,  dass  die  Nemea  nicht  auf  Holz  sondern 
auf  Marmor  gemalt  war?  ■  und  bemüht  sich,  wie  ich  schon  gezeigt 
habe,  nachzuweisen,  dass  es  bei  den  Alten  üblich  war, 
Gemälde  auf  Holztafeln  in  den  Mauerbewurf  einzulassen. 

Es  ist  nicht  meine  Absicht  mich  hier  über  die  Differenzpunkte 
der  beiden  gelehrten  Archäologen  eingehend  zu  äussern.  Aber  da 
in  den  Ausführungen  Beider  meine  früheren  u.  späteren  Untersu- 
chungen und  Darlegungen  der  malerisch-technischen  Verfahrungs- 
weisen  der  Alten  mehrfach  angeführt  werden,  theils  mit  freundlicher 
Anerkennung,  theils  auch  negierend,  so  möchte  ich  durch  Still- 
schweigen nicht  den  Schein  erwecken,  als  erkennte  ich  diese  Ne- 
gierungen als  zutreffend  an.  Vielmehr  halte  ich  es  für  eine  ernste 
Pflicht  nicht  zu  schweigen,  wenn  ich  für  die  Wissenschaft  gewonnene 
Kesultate,  welche  ich  nach  gewissenhaftester  Prüfung  unverändert 
für  richtig  halte,  in  Zweifel  gestellt  sehe.  Andernfalls  würde  ich 
freudig  Belehrung  annehmen. 

Das  Einlassen  von  bemalten  oder  nur  mit  Umrisszeichnungen 
versehenen  Marmortafeln  in  eine  so  dicke  Mörtel-  oder  Stuckbeklei- 
dung, wie  die  antiken  Wände  sie  aufweisen,  kann  an  und  für 
sich  nur  als  etwas  durchaus  Rationelles  betrachtet  werden,  denn 
der  Marmor  bindet  vorzüglich  mit  dem  nassen  Bewurf  und  die 
Berührung  mit  Letzterem  ändert  in  keiner  Weise  weder  die  Beschaffen- 
heit des  Marmors  selbst  noch  der  auf  seiner  Vorderseite  aufge- 
tragenen  Farben,  seien   es  Temperafarben    oder  enkaustische  ('). 

(*)  Analog  dem  Einlassen  von  Marmortafeln  in  die  Wandbekleidungen 
älterer,  aus  schadhaften  oder  abgebrochenen  Mauern  herausgesägter  Fresko- 
gemälde, welches  ich  als  ein  bei  den  Alten  in  der  That  «  übliches  Verfahren  » 
in  zahlreichen  Beispielen  nachgewiesen  habe,  Die  erhalt,  ant.  Wandmal.  bei 
Heibig  «  Wandgemälde.  Zufällig  besitzt  gerade  die  casa  di  M.  Lucrezio 
zwei  Beispiele  dieser  Art  in  den  beiden  1,92  hohen  Gemälden   der   Omphale 


UEBER    DIE    EINGESETZTEN    HOLZTAFELN    IN    POMPEJI  131 

Für  diese  letzteren  ist  der  Marmor  ein  ganz  vorzüglicher  Unter- 
grund, da  das  Wachs  der  gefärbten  Wachspasten,  welche  man  bei 
der  Cestrum-Malerei  mit  diesem  Instrument  in  kaltem  Zustande 
aufträgt,  sich  bei  der  Schlussbehandlung  dieser  Malweise,  dem 
Einbrennen  oder  Einschmelzen  des  Gemalten,  auf  das  Innigste 
mit  der  nicht  polirten,  sondern  fein  porösen  Marmoroberfläche  ver- 
bindet, indem  es  in  deren  Poren  etwas  eindringt. 

Ich  verweise  hier  auf  meine  ausführlichen  Darlegungen  der 
verschiedenen  Arten  der  enkaustischen  Malerei  (*),  über  welche  Ko- 
bert  a.  a.  o.  S.  10  Anm.  24  sich  in  folgender  Weise  äussert:  «  Die 
Schwäche  der  Donner' sehen  Theorie  liegt  darin,  dass  das  tyxaieiv 
so  wenig  zu  seinem  Rechte  kommt.  Er  bezeichnet  es  selbst  als 
eine  Nebensache,  nur  bestimmt  eine  gleichmässige  Oberfläche  her- 
zustellen. Aber  sollte  eine  Nebensache  der  ganzen  Technik  den 
Namen  gegeben  haben?  »  Hierauf  habe  ich  zu  bemerken:  bei 
allen  Gemälden  ist  wohl  die  Darstellung  des  Gewollten,  das  in 
die  Erscheinungtreten  desselben,  die  Hauptsache,  Nebensache  die 
technischen  dazu  verwendeten  Mittel.  Da  aber  in  der  sogenannten 
enkaustischen  Malerei  in  grellem  Contrast  zu  allen  anderen  Mal- 
weisen des  Alterthums,  der  Leim-  Tempera-  und  Freskomalerei,  das 
Mittel  starker  Wärme,  das  Einbrennen,  zur  Anwendung  kommt, 
so  scheint  mir  schon  darin  hinreichende  Berechtigung  zu  liegen 
dieser  Technik  danach  den  Namen  zu  geben,  einerlei  ob  die  Wärme 
nur  am  Ende  der  Arbeit  zu  Hülfe  genommen  wird  oder  schon 
während  derselben.  Dass  letzteres  aber  bei  der  für  Gemälde  übli- 


(Helbig  1140)  und  dem  Silen  mit  dem  Dionysosknaben  im  Triclinium  (Hei- 
big 379).  Dies  könnte  die  Vormuthung  bestärken,  dass  auch  die  eingesetzten 
Holztafeln  im  Tablinum  Gemäldetafeln  gewesen  sein,  wenn  nicht  so  viele  Be- 
denken dagegen  sprächen. 

(x)  1868:  «über  die  antiken  Wandmalereien  in  technischer  Beziehung  » 
in  Helbigs  Wandgemälde  der  vom  Vesuv  verschütteten  Städte  Campaniens ; 
1885:  «  Ueber  Technisches  in  der  Malerei  der  Alten,  insbesondere  in  deren 
Enkaustik  »  in  den  «  Praktisch-  und  chemisch-technischen  Mittheilungen  » 
von  A.  Klein  in  München ;  auch  in  Separatabdruck,  im  Verlag  von  Karl  Scholze 
in  Leipzig  1885:  1888  «die  enkaustische  Malerei  der  Alten»  in  der  Beilage 
zu  Münchener  Allgemeinen  Zeitung  N.  180  vom  30.  Juni  1888;  auch  abgedruckt 
in  u  eine  Gallerie  antiker  Portraits  »  von  Georg  Ebers.  München,  Cotta'sche 
Buchhandlung  1888. 


132  O.    DONNER    VON    RICHTER 

chen  Art,  der  Malerei  mit  dem  Cestrum,  nicht  geschah,  ist  so 
schlagend  wie  nur  möglich  von  Plinius  XXXV,  122  in  den  Worten 
ausgesprochen:  ceris  pingere  ac  picturam  inurere,  quis  primus 
excogitaverit  non  constat;  d.  h.  «mit  Wachs  zu  malen  u.  das 
Gemälde  einzubrennen,  wer  das  zuerst  ausgedacht  haben  mag,  ist 
nicht  ermittelt  ■ .  Man  sollte  meinen,  das  Aufeinanderfolgen  zweier 
verschiedener  Handlungen  könnte  kaum  klarer  ausgedrückt  sein. 
Robert  aber  sagt  in  der  Note  weiter :  ■  Dass  das  Auftragen  der 
Farben  dem  Einbrennen  vorausgegangen  sein  müsse,  wird  von  Donner 
und  Winter  aus  Plinius  XXXV,  122  mit  Unrecht  gefolgert. 
Diese  Worte  können,  wie  mir  Leo  bestätigt,  auch  als  eine  blosse 
Umschreibung  von  encausto  pingere  verstanden  werden;  Plinius 
beschreibt  die  Technik  als  die,  deren  Material  Wachs  und  deren 
Verfahren  das  Einbrennen  ist.  Ein  anderer  hätte  ceris  pingere  et 
quidem  picturam  inurere  gesagt.  Dass  hier,  wo  vom  tvQerijs  die 
Rede  ist,  ein  Verfahren  in  seinen  Stadien  beschrieben  sein  soll, 
kommt  mir  sogar  stilwidrig  vor  ».  Speziell  zu  letzter  Bemerkung 
möchte  ich  gegenüber  dem  gelehrten  Philologen  doch  in  aller 
Bescheidenheit  hervorbeben,  dass  zwar  am  Schluss  des  Satzes  von 
dem  iVQ€Trjg,  dem  unbekannten  Erfinder,  die  Rede  ist,  aber  doch 
in  erster  Linie  von  den  Prozeduren,  die  er  erfunden 
und  ausgeübt  hat.  Ich  muss  daher  auch  den  Versuch  der 
Verwischung  der  markigen  Pliniusstelle  in  eine  blosse  Umschrei- 
bung von  encausto  pingere  als  keinen  glücklichen  bezeichnen.  Wenn 
man  analog  unsrer  Stelle  z.  B.  sagen  würde :  Brodteig  zu  kneten 
und  die  Brode  zu  backen,  wer  das  zuerst  ausgedacht  hat  usw.,  so 
sind  hier  doch  offenbar  zwei  aufeinanderfolgende  Handlungen 
geschildert  und  der  evgtT^g,  der  unbekannte  Erfinder,  der  Bäcker, 
könnte  sich  dabei  doch  nicht  über  Mangel  an  genügender  Be- 
rücksichtigung beklagen. 

In  der  citirten  Note  sagt  Robert  ferner:  ■  Könnte  nicht  das 
pastenartige  Wachs  mit  einem  metallnen  Spatel,  den  man  vorher 
erhitzt  hatte,  aufgetragen  und  so  eine  festere  Verbindung  mit  dem 
Grund  erzielt  worden  sein?  ■  Ich  hege  das  Vertrauen,  dass  wenn 
Robert  mir  bei  der  Arbeit  des  Copirens  einiger  graeco-äegyptischer 
enkaustischer  Portraits,  ceris  pingendo  ac  picturam  inurendoJ 
zugesehen  hätte,  so  würde  er  obigen  Passus  nicht  geschrieben 
haben;  denn  er  würde   gesehen    haben,  dass    es   doch    eine  ganz 


UEBER   DIE   EINGESETZTEN   HOLZTAFELN    IN   POMPEJI  133 

unerträgliche  Zumuthung  an  einen  Maler  wäre,  sich  abzuquälen 
mit  dem  Erhitzen  eines  metallenen  Spatels  und  sich  an  demselben 
die  Pinger  zu  verbrennen,  oder  darauf  zu  blasen  bis  er  den  rich- 
tigen Wärmegrad  erreicht  hat,  wenn  der  Maler  in  aller  Ruhe 
und  Bequemlichkeit  mit  seinem  Cestrum  aus  Holz  oder  Bein, 
allenfalls  auch  aus  Metall,  und  mit  seinen  kalten  ductilen  Wachs- 
farben aus  punischem  Wachs  mit  einem  geringen  Zusatz  balsa- 
mischen Harzes  und  einem  Minimum  von  Olivenöl  seine  Gemälde 
ausführen  kann?  (')  Wozu  sollte  er  diese  schon  weiche  Masse  mit 
einem  erhitzten  Spatel  berühren?  Sie  würde  ihm  zerfliessen  und 
seine  Arbeit  zerstört  werden,  gerade  wie  dies  geschehen  kann, 
wenn  man  bei  dem  Einbrennen  den  Metallstab  zu  stark  erhitzt. 
Das  Einbrennen  zum  Schluss  ist  aber  eine  Notwen- 
digkeit: das  Cestrum  muss  nämlich  mit  seinen  gezahnten 
Rändern  bald  in  dieser,  bald  in  jener  Richtung  geführt  werden, 
theils  um  zu  starke  Farbenanhäufungen  wegzunehmen,  theils  um 
die  Farbentöne  ineinander  zu  ziehen,  und  hierdurch  entsteht  ein 
störender  in  verschiedenen  Richtungen  laufender  Glanz,  der  erst 
durch  das  Einbrennen,  das  wie  ein  Firniss  wirkt,  beseitigt  wird, 
das  aber  als  noch  wichtigere  Wirkung  die  Eindrücke  der  gebrauchten 
Cestern  an  ihren  Rändern  schmilzt,  dadurch  die  Furchungen  aus- 
füllt und  der  ganzen  Bildoberfläche  ein  weiches,  angenehmes  und 
einheitliches  Aussehen  gibt. 

Meine  Auffassung  und  Uebersetzung  der  Pliniusstelle  XXXV 
149:  encausto  pingendi  duo  fuere  antiquitus  generaJ  cera  —  et 
in  ebore  —  cestro,  id  est  verriculo ;  donec  classis  pingi  coepere 
hoc  tertium  accessit  resolutis  igni  ceris  penicillo  utendo  etc. 
theilt  Robert  a.  a.  0.  S.  10  mit  und  führt  S.  11  seine  abweichenden 
Ansichten  aus,  durch  welche  er  mich  zwingt  ihm  Satz  für  Satz  zu 
folgen.  Er  beginnt:  ■  In  der  Sache  wird  Donner  Recht  haben,  in 
der  Interpretation  jener  Pliniusstelle  hat  er  es  sicher  nicht.  Wie  die 
Worte  überliefert  sind,  muss  jeder  Philologe  die  ersten  der  beiden 
angekündigten  Classen  in  cera  suchen,  wie  dies  von  den  älteren  In- 
terpreten Caylus,  Letronne,  Hirt  und  Welcker,  von  den  Neueren 


(J)  Ich  bewahre  diese  Copien  und  die  Instrumente,  mit  welchen  sie 
gearbeitet  sind,  nebst  einigen  Originalstücken  noch  bei  mir,  und  jeder  Inte- 
ressent ist  freundlichst  eingeladen,  sie  bei  mir  anzusehen. 


134  O.    DONNER    VON    RICHTER 

Henry  und  Berger  mit  vollem  Recht  thun  und  Donner  hätte  in  diesem 
Punkt  nicht  wiedersprechen  dürfen  ».  Aber  warum  hätte  ich  das 
nicht  thun  dürfen,  wenn  ich  durch  das  Studium  des  Plinius,  Vitruv 
und  andrer  antiker  Autoren,  und  durch  meine  damit  verbundenen 
praktischen  Versuche  und  sodann  später  nach  Auffindung  der  graeco- 
aegyptischen  Portraits  und  meiner  Untersuchungen  derselben  zu  der 
festen  Ueberzeugung  gekommen  war,  dass  die  Genannten  auf  durch- 
aus falschem  Wege  waren  ?  Ausserdem  war  ich  nicht  so  unvorsichtig, 
meine  Interpretation  der  Stelle  vor  ihrer  Veröffentlichung  nicht  auch 
von  namhaften  Philologen  prüfen  zu  lassen,  welche  sie  nach  meiner 
Auseinandersetzung  der  ihnen  zuvor  ganz  unverständlichen  enkau- 
stischen  Technik  nicht  nur  als  durchaus  zulässig  bezeichneten, 
sondern  auch  hervorhoben,  dass  nur  ein  Techniker  diese  Erklärung 
finden  konnte,  nicht  aber  der  Philologe.  Nach  Auffindung  der  grae- 
co-ägyptischen  Portraits  sagte  mir  Georg  Ebers :  ■  Ich  hatte  die  Pli- 
niusstelle,  bevor  ich  Ihre  Schriften  las,  auch  nicht  so  aufgefasst, 
aber  die  Thatsachen  geben  jetzt  Ihrer  Erklärung  Recht  ■. 

Weiter  sagt  Robert :  ■  Auch  die  ausserordentlich  harte  Verbin- 
dung der  instrumentalen  Dative  cera  cestro  pingere  spricht  gegen 
Donner,  vor  allem  aber  der  auch  von  Henry  bereits  richtig  beob- 
achtete Sprachgebrauch,  der  für  den  Begriff  «  Wachsfarben  ■  durch- 
aus den  Plural  cerae  verlangt,  vgl.  d.  0.  resolutis  igni  ceris; 
XXXV  49  cerae  tinguntur  iisdem  his  coloribus;  122  ceris  pin- 
gere ».  Hier  gebe  ich  unbedingt  zu,  dass  ■  cera  cestro  pingere 
in  der  That  sehr  hart  klingt;  desshalb  aber  gebraucht  auch  Pli- 
nius diesen  Ausdruck  gar  nicht  in  dieser  Weise,  sondern  die  Stelle 
lautet  bei  ihm :  cera  —  et  in  ebore  —  cestro,  id  est  verriculo, 
wobei  die  Härte  durch  das  parenthetisch  gebrauchte  et  in  ebore 
wesentlich  gemildert  ist.  Aber  wie  sollte  selbst  eine  Härte  im  Aus- 
druck einen  wohl  bedachten  Sinn  aufheben,  zweitens  wie  könnte  sie 
gegen  meine  Erklärung  dieses  Sinnes  sprechen  ?  Als  ganz  hinfällig 
aber  muss  ich  die  Auffassung  Roberts  von  dem  sprachlichen  Ge- 
brauche der  Formen  cera  und  cerae  bezeichnen,  finde  ich  auch 
nicht  einmal  seine  Berufung  auf  Henry  zutreffend.  Letzterer  sagt 
vorsichtiger  als  er  (*) :  ■  quand  le  singulier  ■  cera  ■  est  em- 
ploye,   il   semble   ne  designer  quune   simple   couche   de 

0)  Cros  und  Henry:  Vencaustique  S.  8 


UEBER   DIE   EINGESETZTEN    HOLZTAFELN    IN   POMPEJI  135 

cire  incolore  ou  d'une  seule  couleur,  appliquCe  sur  un  subjec- 
tue  quelcotique  ».  Henry  spricht  also  nur  eine  Vermuthung  aus 
keine  Behauptung.  Aber  auch  diese  Vermuthung  stimmt  nicht 
mit  den  Texten.  Sie  ist  ungerechtfertigt  und  willkührlich,  nament- 
lich in  Bezug  auf  die  «  simple  couche  de  cire  incolore  »;  denn 
wie  wäre  es  denkbar,  in  der  fraglichen  Stelle,  die  von  den  drei 
Arten  der  enkaustischen  Malerei,  also  selbstverständlich  auch  von 
den  znr  Malerei  unumgänglich  nöthigen  Farben  und  den  dazu  ge- 
bräuchlichen Instrumenten,  d.  h.  Cestern  und  Pinsel,  handelt, 
unter  ■  cera  »  eine  einfache  Lage  weissen  Wachses  oder  gar  nur 
eine  Anstreicherei  mit  einer  einzigen  Farbe  verstehen  zu  wollen? 
Der  Gebrauch  des  Singulars  ■  cera  ■  oder  des  Plurals  cerae  bei 
Plinius,  bei  welcher  letzteren  Form  allerdings  nur  eine  Anzahl 
verschieden  gefärbter  oder  nicht  gefärbter  Wachspräparate  gemeint 
sein  können,  während  durch  den  Singular  einfach  das  Wachs 
als  Ingredienz,  als  Träger  der  Farben,  bezeichnet  wird, 
entspricht  genau  der  in  unsrer  Sprache  gebräuchlichen  Ausdrucks- 
weise: ein  Bild  mit  (in)  Oel  oder  mit  (in)  Oelfarben  ma- 
len. In  gleichem  Sinne  kann  man  bei  dem  Gebrauch  von  cera 
oder  cerae  übersetzen:  mit  Wachs  oder  mit  Wachs  färben 
malen,  und  in  gleichen  Sinne  bedienen  sich  auch  Plinius  und 
Vitruv  mit  aller  Freiheit  bald  dieser,  bald  jener  Ausdrucksweise. 
Dies  zeigt  sich  klar  gerade  bei  jenem  von  Robert  zu  seinem  Zwecke 
nicht  zweckentsprechend  angeführten  Satz :  cerae  tinguntur  indem 
his  coloribus  etc. ;  denn  hier  kann  man  doch  unmöglich  übersetzen : 
die  Wachsfarben  werden  gefärbt  mit  jenen  Farben  etc.  und 
bei  Plinius  eine  solche  Geschmacklosigkeit  des  Ausdruckes  voraus- 
setzen ;  er  will  vielmehr  sagen :  die  Wachspräparate  (kurz  ge- 
sagt: das  Wachs)  werden  mit  jenen  Farben  gefärbt  etc.  hier  ist 
also  gerade  der  Plural  in  dem  Sinne  gebraucht,  den  Robert  ihm 
abspricht.  Anderseits  wird  wiederum  entgegen  Roberts  Auffassung 
der  Singular  direct  als  ■  Wachsfarbe  ■  von  Vitruv  gebraucht 
Lib.  VI,  c.  II,  29 ;  triglyphi. . . .  cera  caerulea  depinxerunt;  hier 
kann  man  doch  sicherlich  nicht  übersetzen :  man  bemalte  die  Tri- 
glyphen  mit  blauem  Wachs,  denn  es  gibt  wohl  gelbes,  unge- 
bleichtes und  weisses  gebleichtes,  aber  es  gibt  kein  blaues  Wachs, 
und  man  muss  also  übersetzen :  man  bemalte  die  Triglyphen  mit 
bl  au  erWachs  färbe!  Wenn  mir  aber  Robert  S.  1 1  weiter  unten 


136  O.    DONNER    VON    RICHTER 

vorwirft,  ich  hätte  «  dem  Singular  »  cera  ■  die  unmögliche  Be- 
deutung ■  Wachsfarben  ■  unterschieben  wollen  »,  so  weiss  ich 
wahrlich  nicht,  wo  ich  mir  das  hätte  zu  Schulden  kommen  lassen. 
Doch  wie  dem  auch  sei,  glaube  ich  meine  Anschauungen  über  die- 
sen Punkt  in  Vorstehendem  genügend  deutlich  ausgesprochen  zu 
haben. 

Ich  kehre  wieder  zu  dem  Punkte  zurück,  an  welchen  ich  Ro- 
berts Ausführungen  verliess.  Er  fährt  fort:  ■  Allerdings  ist  die 
von  Donner  hier  supponirte  Brachylogie,  zufolge  deren  von  zwei 
Gliedern  das  eine  als  selbstverständlich  übergangen  und  nur  das 
zweite  als  das  seltnere  angeführt  wird,  dem  Stile  des  Plinius  kei- 
neswegs fremd.  Unsrer  Stelle  am  ähnlichsten  würde  XXIX,  60  sein: 
mustelarum  duo  genera  alterum  silvestre.  Aber  um  diese  Figur 
herzustellen,  musste  nothwendig  cera,  das  bei  solcher  Auffassung 
völlig  entbehrlich  ist  und  sehr  wohl  Glossem  zu  encausto  pin- 
gendi  sein  kann,  getilgt  werden :  also  encausto  pingendi  duo  fitere 
antiquitus  genera,  et  in  ebore  cestro,  id  est  verriculo,  donec 
classes  pingi  coepere.  So  erhält  der  Satz  zwar  ein  durchaus  Pli- 
nianischen  Gepräge,  aber  zu  Donners  Theorie  stimmt  er  nur  noch 
theilweise:  denn  nun  muss  man  durchaus  cestro  eng  mit  ebore 
verbinden  und  für  die  erste,  nicht  ausdrücklich  genannte  Malweise, 
die  auf  Holz,  ein  andres  Instrument  als  das  Cestrum  postuliren. 
Donners  Auffassung  lässt  sich  nur  dann  in  ihrem  ganzen  Umfang 
halten,  wenn  man  mit  Henry  unter  cera  den  Wachsgrund  versteht. 
Im  Grunde  haben  das  schon  Caylus  und  Hirt  gethan,  mit  deren 
Ansicht  sich  Donner  (die  erhaltenen  antiken  Wandmalereien  A.  38) 
unter  Berufung  auf  Letronne  (lettres  d'un  antiquaire  381)  und 
Welcker  (kl.  Sehr.  III  414)  gar  zu  leicht  abfindet.  Allerdings  scheint 
sich  für  die  Stellung  der  Präposition  vor  dem  zweiten  Gliede  bei 
Plinius  kein  Beispiel  zu  finden,  aber  bei  dem  Zustand  unseres  Pli- 
niustextes  ist  es  wahrlich  keine  Hexerei,  vielmehr  durchaus  erlaubt, 
vor  cera  ein  in  einzuschieben  ». 

Hierauf  kann  ich  in  Kürze  entgegnen:  Für  die  von  Robert 
versuchte  Nachahmung  einer  vermeintlichen  Musterfigur  aus  einer 
ganz  andern  Materie  scheint  mir  weder  Nothwendigkeit  noch  Be- 
rechtigung vorzuliegen,  denn  warum  sollte  Plinius  bei  den  verschie- 
denartigsten Dingen  seine  Ausdruckweise  immer  über  denselben 
Leisten  schlagen?  Auf  welche  bedenkliche  Wege  man  mit  einem 


UFBER    DIE    HINGESETZTEN    HOLZTAFEI.N    IN    POMPEJI  137 

solchen  Verfahren  geräth,  zeigen  Roberts  hier  oben  wiedergegebe- 
nen Ausführungen,  die  ihn  schliesslich  dahin  bringen,  nach  eige- 
nem Ermessen  in  den  Originaltext  vor  cera  ein  in  hinein  zu  cor- 
rigiren  und  sich  zu  dem  Vertreter  der  unhaltbarsten  der  unhaltbaren 
Anschauungen  zu  machen,  die  über  die  Technik  der  Enkaustik  ins 
Leben  gesetzt  worden  sind,  nämlich  die  Anschauung  von  der  An- 
wendung eines  vorausgesetzten  Wachsgrundes  oder  einer  vorausge- 
setzten Wachstafel,  denn  er  fährt  fort: 

«  Jedenfalls  ist  es  methodischer  ( —  nämlich  die  Textumän- 
derung — )  als  dem  Singular  die  unmögliche  Bedeutung  «  Wachs- 
farben »  unterschieben  zu  wollen  (').  Nur  möchte  ich  unter  cera 
nicht  mit  den  beiden  französischen  Forschern  jede  beliebige  Unter- 
lage mit  Wachs-überzug,  sondern  nach  einem  Vorschlag  von  Wis- 
sowa  lediglich  die  Wachstafel  verstehen.  Ich  habe  diese  Auffassung 
der  Stelle  bereits  oben  durch  die  Interpunktion  angedeutet :  ■  auf 
die  Wachstafel  und  auf  Elfenbein,  in  beiden  Fällen  mit  dem  Ce- 
strum.  Die  einzige  Moditication,  die  sich  Donners  Resultate  ge- 
fallen lassen  müssen,  besteht  also  darin,  dass  im  ersten  Falle 
nicht  auf  die  blosse,  sondern  auf  die  mit  Wachs  grundirte  Tafel 
gemalt  wurde.  Uebrigens  spricht  Donner  in  seiner  ersten  Abhand- 
lung von  «  grundirten  oder  nicht  grundirten  »  Holztafeln  ohne 
sich  allerdings  über  die  Art  der  Grundirung  näher  zu  äussern. 
Dieser  Wachsüberzug  hatte  bei  der  enkaustischen  Malerei  den- 
selben Zweck  wie  bei  der  Temperamalerei  das  Leukoma,  bei  den 
Lekythen  der  Pfeifenthon,  nämlich  den  in  der  älteren  Periode  der 
griechischen  Malerei  durchaus  obligatorischen  hellen  Grund  her- 
zustellen. Bei  der  Malerei  auf  Elfenbein  bot  das  Material  selbst 
diesen  hellen  Grund ;  es  war  also  überflüssig,  erst  noch  mit  Wachs 
zu  grundiren;  vielmehr  wurde  die  Farbe  mit  dem  Spatel  direct 
auf  das  Elfenbein  aufgetragen  ». 

Bei  diesen  Ausführungen  muss  ich  vor  Allem  dankend  den 
freundlichen  Willen  Roberts  anerkennen,  die  Resultate  meiner 
Untersuchungen  gelten  zu  lassen,  jedoch  unter  der  Annahme  eini- 
ger Modifikationen  derselben.  Aber  ich  bedaure,  die  Bedingungen, 
unter  welchen  dies  geschieht,  ehrlicher  Weise  nicht  annehmen  zu 
können.  Denn,  wie  ich  weiter  oben    schon  bemerkt  habe,  ist   die 

0)  Hierüber  vgl.  meine  vorstehenden  Ausführungen.  S.  133  ff. 

10 


138  0.    DONNER    VON    RICHTER 

Annahme  einer  mit  Wachs  grundirten  Holztafel  als  Unterlage  für 
die  erste  Art  der  enkaustischen  Malerei  durchaus  unhaltbar,  denn 
hiefür  liegen  die  unumstösslichsten  Beweise  in  der  Thatsache  Tor, 
dass  ich  unter  der  grossen  Anzahl  der  graeco-ägyptischen  enkaus- 
tischen Portraits,  die  ich  1888  in  der  Graf  sehen  Sammlung  zu 
untersuchen  die  Gelegenheit  hatte,  und  unter  diesen  namentlich  an 
Bruchstücken  mit  starken  Abblätterungen  der  Farbenlage,  von 
welchen  einige  noch  in  meinem  Besitz  sind,  mit  untrüglicher  Si- 
cherheit feststellen  konnte,  dass  kein  einziges  auf  eine 
solche  mit  Wachs  grundirte  Holztafel  gemalt  war. 
Alle  waren  auf  das  nackte,  meist  sehr  dunkle  Holz  ohne  jeglicha 
Wachsgrundirung  gemalt,  nur  bei  einem  einzigen  der  Bruchstücke 
fand  sich  ein  ganz  dünner  Harzüberzug  vor,  der  sehr  nachtheilig 
gewirkt  zu  haben  scheint,  denn  hier  waren  die  Abblätterungen 
am  stärksten,  die  Verbindung  der  Farben  mit  dem  Holz  also  am 
mangelhaftesten. 

Das  nicht  nur  überflüssige  sondern  direct  hinderliche  einer 
Wachsgrundirung  hatte  ich  schon  1868  bei  meinem  ersten  prakti- 
schen Versuchen  erkannt.  Und  zwar'  dadurch,  dass  wenn  ich  mit 
harter  Wachsfarbe  und  heissem  Metalicestrum,  —  anknüpfend  an 
die  alten  Anschauungen  von  Caylus,  Hirt  und  Raoul-ßochette,  — 
arbeitete,  diese  weisse  Wachs-Grundirung  sich  mit  der  Farbe  zu- 
gleich erweichte  und  nachgab,  sich  mit  der  Farbe  vermischte  und 
den  Ton  verdarb,  wobei  ausserdem  widerwärtige  Höhen  und  Tiefen 
entstanden.  Bei  dem  Arbeiten  mit  kalten,  ductilen  Wachspasten 
aber  glitten  dieselben  unter  dem  Druck  des  nicht  erwärmten  Ce- 
strums  aus  und  bei  nur  etwas  zu  heissem  Einbrennen,  wie  schon 
erwähnt,  vermischte  sich  die  Grundirung  wieder  in  nachtheiliger 
Weise  mit  der  Farbe.  Im  Gegentheil  aber  zeigte  es  sich  bei  letz- 
teren Versuchen  in  vorteilhafter  Weise,  dass  sich  die  auf  das 
natürliche  nackte  Holz  aufgetragene  Wachsfarbe  in  die  Poren 
desselben  einsaugt,  auf  das  Festeste  an  ihm  heftet ;  auch  ist  die 
Malerei  durch  die  geringere  Dicke  des  auf  das  Holz  gebrachten 
Gesammtwachskörpers  nach  dem  Erhärten  weit  weniger  dem  Ab- 
blättern ausgesetzt  als  wenn  dieser  Wachskörper  durch  eine  weisse 
Wachslage  verdickt  wird.  Wenn  ich  1868  in  ■  die  erhaltenen  an- 
tiken Wandmalereien  S.  13  ■  für  die  erste  Art  der  enkaustischen 
Malerei  von  ■  grundirten  oder  nicht  grundirten  Holztafeln  «  sprach, 


LEBER   DIE   EINGESETZTEN    HOLZTAFELN    IN   POMPEJI  139 

so  war  damit  die  für  alle  Gemälde-Holztafeln  bei  der  Temperama- 
lerei schon  im  AUerthum  übliche,  dünne  Grundirung  mit  Kreide 
und  Leim,  die  ■  cretula  »  gemeint,  die  auch  vorteilhaft  für  die 
enkaustische  Malerei  bei  Holztafeln  sein  kann,  um  die  etwaigen 
Unebenheiten  auszugleichen  oder  um  faserige  Theilchen  zu  fixiren. 
Bei  einer  gut  bearbeiteten  Holztafel  ist  sie  aber  überflüssig,  um 
so  mehr,  als  die  Wachsfarben  weit  pastoser  und  somit  deckender 
sind  als  die  Temperafarben,  desshalb  auch  eines  weissen  Unter- 
grundes nicht  bedürfen  (•). 

Fällt  aber  die  von  Robert  angenommene  weisse  Wachsgrun- 
dirung,  —  und  sie  kann  gegenüber  ihrem  Nichtvorhandensein  bei 
den  graeco-ägyptischen  Originalen  nicht  aufrecht  erhalten  werden 
—  so  fällt  auch  die  von  Robert  weit  ihr  verbundene  Annahme, 
dass  durch  sie  der  Zweck  hätte  erreicht  werden  sollen,  einen  hellen 
Grund  auf  der  Tafel  herzustellen  •  wie  bei  der  Temperamalerei 
das  Leukoma,  bei  den  Lekythen  der  Pfeifenthon  »,  und  wie  bei 
dem  Elfenbein  seine  Naturfarbe  ihn  bietet.  Ferner  fällt  damit 
absolut  die  Zulässigkeit  des  Einschiebens  des  «  in  »  von  «  cera  » 
und  hierdurch  der  Gegensatz,  den  sich  Robert  zwischen  der  ersten 
Art  auf  Holz  und  der  zweiten  Art  auf  Elfenbein  dadurch  construirt 
hat,  dass  er  annimmt,  das  Unterlagsmaterial  bei  der  ersten  Art 
bedürfe  einer  Wachsgrundirung,  bei  der  zweiten  aber  nicht. 

Im  Zusammenhang  hiermit  muss  ich  auch  den  von  Robert 
S.  13  als  Schlussfolgerung  seiner  von  mir  citirten  Ausführungen 
so  positiv  ausgesprochenen  Satz  über  «jenes  von  Plinius 
bezeugte  Aufsetzen  der  Wachsfarben  auf  den  Wachsüberzug  der 
Holztafel  »  nur  als  eigene  Combination  Roberts  betrachten;  in  dem 

(i)  Wegen  dieser  pastosen  Beschaffenheit  der  Wachsfarben  bedurften 
auch  Terracotten  oder  Marmorbautheile,  wenn  sie  mit  Ornamenten  in  platten 
Tönen  vermittelst  heissflüssiger  Wachsfarbe  und  dem  Pinsel  verziert  wurden 
einer  solchen  Wachsgrundirung  nicht;  und  ebenso  wenig  bedurfte  man  der- 
selben, wenn  man  Marmor-  oder  Terrae ottatafeln  mit  Werken  höherer  Kunst 
vermittelst  kalter  Wachspasten  und  dem  Cestrum  bemalen  wollte,  Materialien 
die  durch  ihre  Schwere  unbequemer  zu  behandeln  sind,  als  Holz  und  Elfenbein, 
desshalb  auch  gewiss  nur  für  besondere  Zwecke  benutzt  wurden,  aus  welchem 
Grunde  für  Plinius  auch  keine  Veranlassung  vorlag,  sie  in  seiner  knappen 
Angabe  über  enkaustische  Malerei  besonders  mit  anzuführen,  so  wenig  wie 
Kupferplatten  oder  aus  altem  Mauerbewurf  ausgeschnittene  Platten,  die  zu 
gleichem  Zwecke  dienen  konnten. 


140  O.    DONNER    VON    RICHTER 

Originaltext  ist   dies  keineswegs  bezeugt,  noch    lässt  es  sich,  wie 
ich  versucht  habe  nachzuweisen,  in  denselben  hineindeuten. 

In  vorstehenden  Ausführungen  habe  ich,  wie  ich  glaube,  alles 
für  die  Klarstellung  meiner  Auslegung  der  Pliniusstelle  XXXV, 
149  Nötige  in  Bezug  auf  Roberts  Einwendungen  berührt  und  kann 
darauf  verzichten,  auf  die  von  ihm  a.  a.  0.  S.  12,  Anm.  32  vor- 
geschlagenen Einschiebungen  in  die  berühmte  Stelle  näher  ein- 
zugehen (!).  Aber  den  Wunsch  möchte  ich  aussprechen,  dass  man 
sie  in  ihrem  Originaltext  belasse  und  sich  allseitig  bemühen  möge, 
sie  unverändert  nur  aus  sich  selbst  heraus  verstehen  zu  lernen. 

Otto  Donner  von  Richter. 


(')  Die  bei  diesen  Veranlassungen  von  Robert  herangezogenen  Anschau- 
ungen der  Herrn  Cros  und  Henry  habe  ich  schon  ausführlich  besprochen  in : 
u  Uebei-  Technisches  in  der  Malerei  der  Alten,  insbesondere  in  deren  En- 
kaustik  » ;  jene  von  Berger  in  den  «  prakt.  und  chem.-technischen  Mitth. » 
Jahrgang  1893,  N.  171. 


DAS  ANGEBLICHE  TEMPLÜM  MATIDIAE 
BEI  PIAZZA  CAPRANICA 


Die  folgenden  Bemerkungen  beruhen  auf  örtlichen  Nachfor- 
schungen, die  ich  vor  nunmehr  vierzehn  Jahren  zusammen  mit  dem 
verstorbenen  F.  0.  Schulze  angestellt  habe,  und  sind,  in  allem  We- 
sentlichen, schon  damals  zu  Papier  gebracht.  Sie  zu  veröffentlichen 
hat  mich  bisher  das  negative  Resultat  unserer  Untersuchung  ab- 
gehalten; ich  hätte  gewünscht,  nicht  nur  das  von  Lanciani  auf 
Grund  unsicherer  Materialien  errichtete  Phantasiegebäude  des  4  Tem- 
plum  Matidiae '  von  der  archäologischen  Karte  Roms  zu  tilgen, 
sondern  auch  an  seine  Stelle  etwas  positives  setzen  zu  können ;  wo- 
für jedoch  weder  unsere  damaligen  Lokaluntersuchungen,  noch  spä- 
tere Durcharbeitung  alter  Handzeichnungen  und  Fundberichte  ge- 
nügenden Anhalt  geboten  haben.  Wenn  ich  mich  nunmehr  doch 
zur  Veröffentlichung  entschliesse,  so  geschieht  es  hauptsächlich 
desshalb,  damit  nicht  jene  willkürliche  Construction  zum  Funda- 
ment weiterer  unerspriesslicher  Hypothesen  genommen  werde. 

In  seinem  Aufsatze:  La  basilica  Matidies  et  Marcianes  dei 
cataloghi  {bull,  comun.  1883  p.  5-16)  hat  Lanciani  zu  beweisen 
versucht,  dass  die  früheren  Topographen  geirrt  hätten,  indem  sie 
zwischen  Pantheon  und  templum  divi  Antonini  zwei  Basiliken 
annahmen,  deren  eine  der  Namen  der  Matidia,  die  andere  den  der 
Marciana  trug.  Vielmehr  sei  beiden  Kaiserinnen  nur  ein  einziger 
Bau,  in  Form  eines  Peripteraltempels  und  desshalb  auch  ein- 
fach Templum  Matidiae  genannt,  geweiht  gewesen.  Bei  einer 
Ausgrabung  auf,  resp.  neben  Piazza  Capranica  um  1520  sei  dieser 
Tempel  so  vollständig  zu  Tage  gekommen,  dass  A.  da  Sangallo 
einen  Plan  von  ihm  habe  entwerfen  können,  demzufolge  er  von  W. 
nach  0.  orientirt  gewesen  sei,  und  sechs  Säulen  in  der  Front, 
zehn  an  den  Seiten  gehabt  habe.  Die  grossen  noch  heute  existie- 


142  CH.    HUKLSEN 

renden  Säulen  aus  Cipollino  im  Vicolo  della  Spada  d'Orlando  (zwi- 
schen Via  dei  Pastini  und  Piazza  Capranica)  schreibt  Lanciani 
der  Südseite  des  Tempels  zu,  während  sich  die  Nordseite  desselben 
ungefähr  bis  Piazza  Capranica  erstreckt  habe. 

Das  geschickt  geführte  Plaidöyer,  welches  antike  Texte  und  In- 
schriften, Ausgrabungsberichte  und  Handzeichnungen  der  Renais- 
sance mit  gleicher  Sicherheit  ins  Feld  führt,  hat  zunächst  etwas  be- 
stechendes: und  der  stattliche,  auf  Tf.  I.  II  des  bull,  eomunale  1883 
wie  auf  Blatt  15  der  Forma  Urbis  Romae  gezeichnete  Tempel  sieht 
so  vertrauenerweckend  aus,  dass  man  sich  ungern  entschliesst,  an 
seine  Stelle  wieder  ein  grosses  Fragezeichen  zu  setzen.  Aber  zu 
diesem  Resultate  führt  uns  leider  eine  gründliche  Nachprüfung  der 
Lancianischen  Argumente. 

Beginnen  wir  mit  dem  einfachsten,  der  Untersuchung  der  exi- 
stierenden Reste.  Trattandosi  di  una  questione  assolutamente  pra- 
lica  e  materiale,  sagt  Lanciani  p.  7,  si  dovrebbe  credere  ad  un 
pieno  e  completo  aeeordo  dei  topograß  sul  numero  e  sulla  qua- 
litä  delle  eolonne.  Invece  « tot  capita,  tot  sententiae  » ;  il  che  signi- 
fica  che  tutti  hanno  scritto  dei  monumento  in  casa  loro,  senza 
darsi  V  incomodo  di  scendere  nei  sotterranei  dell'  ospisio  degli 
orfani  e  delle  case  vicine.  Io  ho  eseguito  tutte  le  indagini  pos- 
sibili,  ma  conpoco  frutto,  perche  molti  avanzi  dei  colonnato  visi- 
bili  nel  secolo  passato  o  nella  prima  metä  dei  presente,  ora  piü 
non  lo  sono  —  Nach  dieser  Abkanzelung  der  Vorgänger  —  unter 
ihnen  sind  Piranesi,  Venuti,  Nibby,  Faustino  Corsi,  Urlichs  —  wird 
der  Leser  die  auf  Tf.  I.  II.  gezeichneten  Säulenspuren  als  Ergebniss 
gewissenhaftester  Nachforschungen  gläubig  hinnehmen,  und  der  An- 
sicht sein,  dass  Lanciani  drei  Cipollinsäulen  in  den  Kellern  der 
casa  degli  orfani,  eine  in  der  Aussenwand  desselben  Hauses  nach 
dem  Vicolo  della  Spada  d'  Orlando,  und  zwei  weitere  in  dem  Hause 
Piazza  Capranica  76  verbaut  gefunden  habe  (').  —  Einen  Stoss 
wird  sein  Vertrauen  schon  erleiden,  wenn  er  einmal  bei  einem  Gange 
durch  jenen  Vicolo  die  einzige  über  Tage  sichtbare  Säule  ins  Auge 
fasst:  schon  das  Augenmass  zeigt  (was  Nachmessungen  bestätigen), 


Q)  So  nach  dem  Plan  im  Bullettino;  auf  Bl.  15  der  Forma  Urbis  Romae 
ist  die  Zeichnung  auch  insofern  weniger  correct,  als  die  vierte  Säule  aus 
der  Front  der  casa  degli  orfani  gar  in  die  Mitte  des  Vicolo  gerückt  erscheint. 


DAS    ANGEBLICHE    TKMPI.UM    MATIDIAE  143 

dass  dieselbe  nahezu  in  der  Mitte  der  Gasse,  nicht,  wie  auf  L.'s 
Tafeln  angegeben  ist,  nahe  dem  südlichen  Ende  derselben  steht  ('). 
Und  noch  mehr  wird  frappirt  sein,  wer  sich  die  Mühe,  giebt  in  die 
Keller  der  casa  degli  orfani  hinabzusteigen.  Von  den  drei  Cipollin- 
säulen,  welche  L.  dort  angiebt  findet  sich  nämlich  nicht  die  ge- 
ringste Spur;  die  dort  eingemauerten  Schäfte  sind  sämtlich  von 
Granit,  und  gehören  nach  Stellung  und  Höhenlage  vielmehr  einem 
mittelalterlichen  Bau  an.  Von  erheblich  kleinerem  Durchmesser  als 
die  Cipollinsäulen,  sind  sie  doch  viel  weiter  hinauf  erhalten  (drei 
sind  noch  im  Refectorium  des  Waisenhauses  im  ersten  Stock  sicht- 
bar) :  sie  stehen  nicht  auf  dem  Boden  des  antiken  Korns.  Die  am 
besten  erhaltene,  westlichste,  lehnt  sich  ferner  (vgl.  die  Planskizze 
am  Schlüsse  dieses  Aufsatzes)  unmittelbar  an  die  Cipollinsäule  im 
Vicolo  an.  Diese  Granitsäulen  also  sind  bei  Erörterung  des  antiken 
Gebäudes  auszuscheiden. 

Cipollinsäulen  östlich  vom  Vicolo  della  Spada,  in  den  Kellern 
der  casa  degli  orfani,  existiren  weder  jetzt,  noch  sind  sie  in  den 
drei  letzten  Jahrhunderten  beobachtet  worden.  Dagegen  dehnt  sich, 
wie  existierende  Reste  und  namentlich  ältere  Zeugnisse  beweisen, 
die  Säulenreihe  westlich  vom  Vicolo  erheblich  weiter  aus  als  Lan- 
ciani  annimmt.  Uns  selbst  gelang  es  zwar  nur  Spuren  zweier  Säulen 
—  in  dem  Eckhause  des  Vicolo,  Piazza  Capranica  76  —  zu  consta- 
tiren :  dieselben  hat,  wenn  auch  nicht  in  ganz  richtiger  Stellung, 
Lanciani ;  ferner  sind  sie  erwähnt  von  Reber,  Urlichs,  Faustino  Corsi, 
Nibby,  Gerhard.  Sicher  zu  lokalisiren  sind  ferner  zwei  im  vorigen 
Jahrhundert  im  Hofe  des  anstossenden  Palazzo  della  Confraternilä 
del  Rosario  existirende  Säulen,  die  von  Piranesi  genannt,  von  G.  B. 

(!)  Die  Entfernung  vom  südliche  Ende  des  Vicolo  beträgt  nach  Lanciani 
nur  8  resp.  10  m.,  in  Wahrheit  16 ;  die  Länge  der  Gasse  36.  Die  ganze  Säu- 
lenreihe steht  also  auf  L.'s  Plänen  er.  6  m.  zu  weit  südlich.  —  Die  Säule  war 
bis  zu  dem  er.  1824  erfolgten  Neubau  der  casa  degli  orfani  von  aussen  ganz 
sichtbar.  Piranesi  [Antichitä  Romane  tom.  I  p.  10  n.  77;  der  «  cod.  Vat.  8091, 
scritto  da  un  scolaro  o  da  un  ammiratore  del  Piranesi  »  den  Lanciani  S.  8 
citirt,  ist  nichts  als  eine  wertlose  Abschrift  des  gedruckten  Textes  zum  Band  I 
der  Antichitä!)  sagt:  Questa  colonna  apparteneva  aWantica  fontana  delVAc- 
qua  Vergine  e  perciö  si  vede  V  ineavo  per  un  tubo  perpendicolare  che  eiacu- 
lava  Vacqua.  Dagegen  meint  F.  A.  Visconti  zu  Venuti  (Roma  antica,  2a  ed. 
p.  II  c.  III  p.  112)  usembra  il  lavoro  di  questa  colonna  un  ornamento  piut- 
tosto  che  un  canale  d'aequa,  giacche  va  a  poco  a  poco  diminuendo». 


144  CH.    Hl.'ElSEN 

Nolli  auf  seinem  Plane  Roms  (den  Lanciani  nicht  benutzt  hat) 
eingezeichnet  sind.  Nicht  ganz  so  sicher  sind  die  andern  Säulen, 
welche  Piranesi  und  andere  ältere  Topographen  in  weniger  klarer 
Weise  erwähnen:  es  scheint,  dass  eine  derselben  noch  im  Hause 
Piazza  Capranica  76,  zwei  im  Palazzo  della  Confraternitä  del  Ro- 
sario  gesehen  worden  sind  ('). 

Wahrscheinlich  standen  die  zwei  von  Piranesi  ausser  der  Reihe 
gesehenen  Säulen  südwärts,   nach  Via  dei  Pastini  zu  (2).   Leider 

(J)  F.  Reber,  Ruinen  Roms2  262  (nach  Erwähnung  der  Cipollinsäule  im 
Vicolo) :  zwei  andere  gleicher  Art,  doch  noch  höher  erhalten,  findet  man  in 
dem  Hause  No.  76  (Piazza  Capranica^,  welche  zeigen,  dass  die  Säulenreihe  von 
Ost  nach  West  lief.  Ihr  Durchmesser  beträgt  1,70  m.,  ihr  Abstand  4,50  m. 
—  Faustino  Corsi,  delle  pietre  antiche  (Rom  1848)  p.  320:  Piazza  Capranica 
n.  76.  Nella  bottega,  tre  volonne  di  cipollino  .  .  .  (p.  321).  Vicolo  della 
Spada  d'  Orlando,  sulla  strada  due  colonne  di  cipollino  in  gran  parte  inter- 
rate.  —  L.  Urlichs  Beschreibung  Roms  III,  3  S.  145:  im  Hause  n.°  76  auf 
Piazza  Capranica ....  sind  noch  zwei  andere  Säulen,  und  zwar  in  bedeutender 
Höhe,  erhalten.  Die  eine  mag  etwa  18  Fuss  hoch  sein,  so  weit  sie  noch  vorhan- 
den ist.  Die  beiden  sind  etwa  6  Schritte  von  einander  entfernt,  während  die 
"  Spada  d'  Orlando  »  [so  nennt  Urlichs  irriger  Weise  die  Cipollinsäule  an  der 
Ostseite  des  Vicolo]  weiter  davon  absteht,  so  dass  offenbar  dazwischen  eine 
Säule  verschwunden  sein  muss.  —  Nibby  R.  A.  2,  843:  abbassandosi  il  livello 
del  vicolo  detlo  della  Spada  d'  Orlando  Vanno  1824 . . .  venne  alla  luce  un 
rocchio  grande  di  colonna  di  cipollino,  o  marrno  caristio,  di  circa  sei  piedi 

di  diametro questo  c  parte  di  un  porlico  sontuoso  che  si  mostra  tanto 

sotlo  la  casa  degli  orfanelli,  verso  Oriente,  quanto  neue  case  verso  occidente, 
dove  nella  casa  del  saponaro  [dies  ist  Piazza  Capranica  76]  se  ne  trovano 
tre  ...  .  —  Gerhard,  Kunstblatt  1825  S.  502  =  Hyperboreisch-römische  Stu- 
dien S.  140 :  von  dem  (Porticus  Argonautarum)  wurde  im  Vicolo  degli  Orfa- 
nelli vor  zwei  Jahren  ein  Säulenstück  von  Cipollino  gefunden,  den  beiden  am 
Hause  eines  Seifensieders  bei  Spada  di  Orlando  noch  vorhandenen  ähnlich.  — 
Piranesi  Ant.  rom.  I  p.  77 :  Otto  colonne  di  vasta  mole,  le  quali  si  dimostrano 
nella  tav.  XIV  di  questo  tomo  alla  fig.  I.  Seite  di  esse  sono  di  cipollino  e 
della  stessa  grossezza  di  quelle  del  pronao  del  Pantheon.  Quexte  s'  internano 
per  metä  parte  ne1  muri  del  cortiletto  del  palazzo  spettante  alla  confraternitä, 
del  Rosario,  incontro  il  teatro  Capranica,  e  parte  neue  case  circonvicine  e 
specialmente  nella  bottega  del  saponajo.  Esse  appartenevano  al  tempio  di 
Giuturna.  Voltava  poi  e  di  granito  u.  s.  w.,  s.  o.  S.  143  Anm. 

(*)  So  scheint  es  sowohl  nach  dem  Plan  in  den  Antichitä  a.  a.  O.,  wie 
nach  der  Perspective  ebd.  Tf.  14  fig.  I.  Dazu  stimmt  dass  er  in  der  grossen 
Construction  des  Campus  Martius  \ü  C.  M.  Tf.  V)  das  '  Templum  Juturnae  * 
so  legt,  dass  die  nördliche  Langseite  südlich  der  Axe  des  Tempels  von  Piazza 
di  Pietra  fällt.  Die  Perspective  Campo  Marzo  Tf.  34  ist  weniger  deutlich, 
aber  auch  nicht  widersprechend. 


DAS   ANGEBLICHE   TEMPLUM    MATIDIAE  145 

sind  aber  seine  Angaben  nicht  genau  genug,  um  die  Säulen  in 
den  modernen  Stadtplan  einzutragen.  Nur  soviel  ist  klar,  dass 
die  Beste  der  Cipollin-Porticus  ganz  anders  liegen  und  lagen,  als 
Lancianis  Plan  vermuten  lässt. 

Wir  gehen  über  zur  Nachprüfung  der  alten  Handzeichnungen. 
Lanciani  zieht  zwei  Blätter  aus  den  Offizien  in  Florenz  heran,  633 
(so,  nicht  632)  von  B.  Peruzzi,  welches  einen  eleganten  Basisablauf 
mit  der  Beischrift  '  fu  reperta  in  Piazza  Capranica  in  Roma 
e  disfatta,  era  di  marmo  '  darstellt,  und  n.  1154  von  Antonio 
da  Sangallo.  Die  Zugehörigkeit  des  Peruzzischen  Blattes,  auf  wel- 
ches L.  auch  nicht  weiter  eingeht,  zum  übrigen  muss  gänzlich 
dahingestellt  bleiben :  den  Hauptwert  legt  L.  auf  das  Sangallo-Blatt 
1154.  Dasselbe  enthält  auf  der  Vorderseite  die  genaue  Aufmessung 
von  —  so  scheint  es  auf  den  ersten  Blick  —  zwei  oder  sogar  vier 
Säulen  des  Tempels  (')  und  den  zugehörigen  Intercolumnien,  ferner 
die  Umrisszeichnung  eines  korinthischen  Kapitells;  auf  der  Rückseite 
einen  vollständigen  Grundriss  des  Tempels.  Unter  Voraussetzung 
dass  das  auf  der  Vorderseite  gezeichnete  Intercolumnium  am  nörd- 
lichen Ende  des  Vicolo  della  Spada,  wo  derselbe  in  die  Piazza  Ca- 
pranica mündet,  ausgegraben  sei,  reconstruirt  Lanciani  danach  den 
Plan  des  gesamten  Gebäudes. 

Hier  ist  zunächst  eine  Ungenauigkeit  Lancianis  zu  berichtigen : 
der  Tempel  hat  auf  Sangallos  Zeichnung  nicht  zehn,  sondern 
elf  Säulen  in  der  Seitenfront.  Die  letzte  Reihe  ist  allerdings  beim 
Beschneiden  des  Blattes  stark  beschädigt,  aber  doch  noch  erkennbar ; 
ferner  hat  Sangallo  durch  das  sechste  Säulenpaar  die  Queraxe  des 
Tempels  gezogen ;  und  endlich  findet  sich  derselbe  Grundriss  mit 
elf  Säulen  sauber  ins  Reine  gezeichnet  aber  ohne  Ortsangabe, 
auf  dem  Blatte  Uffizien  n.  1305.  Auf  diesem  sind  auch  einige 
Masse  mehr  beigeschrieben,  als  auf  Blatt  1154,  und  zwar  sämt- 
lich zwischen  den  Säulen  der  Vorhalle ;  nämlich : 

1154:       O  O       2|       O         3         O  p.  15.4JO  O 

p.  6.25J 

1305:       O  P-  14.27  O  O  p.  19.16  O  p.  14.27  O  O 

2!  2|  3 

Eustilo  Diastilo 

(*)  Beigeschrieben  sind  dem  Kapitell  die  Höhe  :  p.  7-21  si  e  minuti  441 ; 
die  Höhe  der  Deckplatte  {minuti)  51,  sowie  der  untere  Durchmesser:  390  si 
e  p.  6  minuti  30. 


146 


CH.    HUELSEN 


Man  wird  es  zunächst  widersprechend  finden,  dass  Lanciani 
einmal  den  Grundiiss  für  ernst  nimmt,  und  dann  die  zwei  von 
Sangallo  genau  gemessenen  Säulen  nicht  der  Vorhalle,  sondern  der 
nördlichen  Seite  zuschreibt.  Aber  wir  brauchen  uns  mit  der  Erör- 
terung dieser  willkürlichen  Aenderung  nicht  aufzuhalten,  es  lässt 


-jn  jm*2*  g^f  fcwisf* 


Fig.  1. 

sich  zeigen,  dass  die  Masse  jener  Säulen  und  Intercolumnien  gar 
nicht  direct  genommen,  sondern  nur  durch  Rechnung  erschlos- 
sen sind. 

Der  grösste  Teil  der  Vorderseite  des  Blattes  1154,  namentlich 
die  Umrisse  des  korinthischen  Kapitells,  Durchmesser  einer  Säule  und 
Schema  eines  Intercolumniums  (s.  Fig.  1),  stammen  gar  nicht  von 
A.  von  Sangallo  d.  J.,  sondern  von  der  Hand  Antonio  des  Aelteren. 
Sehr  befremdend  ist  nun  die  Art,  wie  dies  Intercolumnium  gemessen 


DAS    ANGEBLICHE    TEMPLUM    MATIÜIAE 


147 


ist:  ausser  dem  Abstand  der  Säulen  im  Lichten  und  der  Distanz 
von  Centrum  zu  Centrum  sind  an  beide  Säulen  Tangenten  (Lauge 
4  p{almi)  11  minuti  =  m.  0,94)  gelegt  mit  Lothen  an  den  Enden 
(Länge  minuti  46  */3  =  m.  0,174);  auch  die  Entfernung  zwischen 
den  inneren  Lothen,  p.  16.  32  ya  ist  eingeschrieben.  Diese  Masse 


t»  '7-  6 


Fig.  2. 


zu  nehmen  wäre  zwecklos,  wenn  man  Axweite  und  Durchmesser  der 
Säulen  direkt  messen  kann;  ein  solches  Messverfahren  wird  nur 
zur  Anwendung  bringen,  wer  zwei  zum  grössten  Teil  ummauerte 
Säulen  vorfindet,  und  aus  den  Massen  des  hervorstehenden  Segments 
die  für  das  ganze  Säulenrund  ableiten  muss. 

Antonio  da  Sangallo  scheint  sich  aber  in  seiner  Rechnung 
nicht  ganz  sicher  gefühlt  zu  haben,  und  hat  sich  desshalb  noch- 
mals an  seinen  Neffen  Antonio  d.  J.  gewandt,  der  dann   auf  der 


148  CH.    HUELSEN 

Rückseite  des  Blattes  zu  der  beistehenden  Zeichnung  (Fig.  2  S.  147) 
die  folgenden  Bemerkungen  gemacht  hat : 

Tu.  di  che  la  colonna  si  e  palmi  6.30  sono  minuti     390 

Lo  intercolumnio  essere  palmi  14-13  l/3  che  sono  853  Vs 

somma  tutto  1252  '/a 

di  questi  se  ne  a  fare  13  parti  e  una  di  ditte  parti 

sara  una  quarta  parte  della  colonna  e  nove  parti  allo 
intercolumnio,  sendo  Eustilo,  deuessere  lo  intercolumnio 
due  grossere  di  colonne.  e  una  quarta  parte. 

La  ditta  tredicesima  parte  si  e  96  73  *  13  vie  96  l/3  fa 
1252  y3;  di  modo  che  la  colonna  aria  a  essere  385  l/3 
che  sono  p.  6  minuti  25  73- 
Lo  intercolumnio  si  e  867  che  sono  palmi  14.27  ('). 

Hieraus  folgt,  dass  die  Masse  p.  6.  25  73  für  den  Säulen- 
durchmesser, so  wie  p.  14.27  für  das  Intercolumnium  nicht  wirk- 
lich gemessen,  sondern  durch  Rechnung  abgeleitet  sind:  mithin 
die  beiden  von  diesen  Massen  ausgehenden  Grundrisse  nur  als 
ideelle  Reconstructionen,  keineswegs  als  wirkliche  Aufnahmen  zu 
betrachten  sind.  —  Welche  von  den  sieben  Piranesischen  Säulen 
die  Sangallos  gesehen  haben  (2),  ist  nicht  auszumachen,  auch  an 
sich  gleichgültig.  Jedenfalls  fanden  sie  dieselben  in  Wände  ver- 
mauert und  die,  auch  an  sich  schwer  glaubliche,  Annahme  dass 
um  1520  mitten  im  Marsfelde  ein  Areal  von  er.  1500  qm.  aus- 
gegraben und  in  demselben  ein  vollständig  erhaltener  antiker  Tem- 
pel gefunden  sei,  ohne  dass  sich  darüber  irgend  etwas  in  der  zeitge- 


(')  Unter  der  Voraussetzung,  dass  die  Sangallo  mit  dem  üblichen  palmo 
von  0,223  m.  gemessen  haben,  reduziren  sich  diese  Masse  auf  metrisches  wie 
folgt: 

Höhe  des  Kapitells  f.  7  m.  21 1,64 

Oberer  Säulendurchmesser  p.  6  m.  30  ....  1 ,45 

Intercolumnium  p.  14  m.  13  Vs 3,17 

[Berechneter  Säulendurchmesser  p.  6  m.  25  1/s  1,42] 
[Berechnetes  Intercolumnium  p.  14  m.  27  .  .  3,20] 

(2)  Dass  es  sich  nur  um  diese  handeln  kann,  zeigt  das  Mass  des  oberen 
Durchmessers  von  1,45  m.,  welchem  bei  Annahme  der  üblichen  Verjüngungs- 
verhältnisse  an  römisch-korinthischen  Bauten  ein  unterer  von  1,68  entsprechen 
würde.  Die  Granitsäulen  in  Casa  degli  Orfani  sind  viel  dünner. 


DAS    ANGEBLICHE    TEMpLUM    MATIDIAE  149 

nössischen  und  späteren  topographischen  Litteratur  fände,  wird 
durch  die  Florentiner  Blätter  selbst  widerlegt. 

Was  wir  sonst  über  ältere  Ausgrabungen  auf  Piazza  Capra- 
nica  wissen,  ist  wenig.  Die  Notizen  Caninas  (Iadicazione  p.  399) 
über  Funde  auf  dem  Platze  1824  und  im  Hofe  des  Collegio  Capra- 
nica  1848  (s.  u.  S.  153)  sind,  wie  Lanciani  mit  Recht  sagt,  dürftig 
und  unklar.  Der  Berichtigung  aber  bedarf,  was  L.  zu  Gunsten  der 
von  ihm  vorgeschlagenen  Stellung  des  Tempels  über  Ausgrabungen 
von  1745  vorbringt.  Negli  scavi  del  1745  (sagt  er  S.  13)  ese- 
guiti  in  mezzo  della  Piazza,  fü  ritrovata  una  vasta  platea  di 
grandi  lauole  di  travertino,  appartenente  sensa  dubbio  al  sa- 
cro  recinto  del  ternpio  {Nibby  al  Nardini  III  p.  122).  Schlägt 
man  Nibby  nach,  so  findet  man,  dass  bei  ihm  die  Worte  eseguiti 
nel  centro  della  piazza  nicht  stehen ;  und  geht  man  auf  seine 
Quelle,  Venuti  (descrizione  di  Roma  II,  p.  125  ed.  Piale)  zurück, 
so  findet  man :  nel  1 745  rifacendosi  la  casa  del  Sig.  Carlo  Gian- 
nini  incontro  la  chiesa,  ne'  fondamenti  vi  fu  trovata  una 
vasta  platea  di  smisurati  travertini,  che  non  so  a  quäl  fabbrica 
potessero  servire,  essendo  messi  uno  sopra  l'altro,  e  prendendo 
considerabile  spazio.  Die  scavi  del  1745  sind  also  er.  40  m. 
weiter  westlich  anzugeben,  als  sie  bull.  Tf.  I.  II  und  V.  TJ.  R. 
Bl.  15  eingezeichnet  sind,  und  der  grosse  travertingetäfelte  Platz 
unter  Piazza  Capranica,  der  nach  Lanciani  gegen  das  Vorhanden- 
sein von  Bauten  an  dieser  Stelle  spricht,  existirt  nicht. 

Ich  komme  nun  zu  einem  der  Hauptargumente  Lanciani's, 
der  Bleiröhreninschrift  mit  TEMPLO  MATIDIAE.  Dieselbe  steht, 
wie  bekannt,  einzig  auf  der  Abschrift  Alessandro  Donati's  (*).  Dieser 
ist  an  sich  ein  durchaus  glaubwürdiger  Autor,  und  die  beiden  mit 
dieser  zusammen  überlieferten  Bleiröhreninschriften  erwecken  auch 
keinen   Verdacht  (2).    Aber   gegen  die   Matidia-Inschrift  erheben 

(*)  Roma  antiqua  p.  292  ed.  1648:  cum  inventas  cloacas  (in  Via  del  Se- 
minario,  zwischen  S.  Ignazio  und  dem  Collegio  Germanico)  fossores  repurga- 
runt,partem  ingentis  fistulae  plumbeae  non  longe  a  Pantheo  Agrippae  repere- 
runt,  eratque  fusilibus  litteris  in  ea  inscriptum  templo  •  matidiae.  Danach 
G.  I.  L.  XV,  7248. 

(2)  Es  sind  CLL.  XV,  7500,  c:  Narcissi  Aug.  Hb.  ab  epistul(is)  und 
C.L.L.  XV,  7316:  Lmp.  Caes.  Hadriani  Antonini.  Pii  sub  cur(a)  Porci  Po- 
titi  proc  ann.  Sympo.  f{ecit).  Letztere  wiederholt  Donati  auf  der  Kupferta- 


150  CH.    HUELSKN 

sich  doch  gewichtige  innere  Bedenken.  Erstens  ist  die  Fassung 
mit  der  Ortsangabe  ungewöhnlich.  Dass  man  Röhren  mit  eige- 
nen Stempeln  für  einen  grossen  Complex,  wie  die  castra  prae- 
toria,  die  horti  Sallustiani  herstellte,  ist  begreiflich;  auffallend 
ist  das  gleiche  für  einen  Tempel,  dessen  Zweigleitung  kaum  75  m. 
lang  angenommen  werden  darf.  Ferner :  die  seltenen  Bleiröhren 
mit  Gebäudenamen  nennen  diese  fast  durchweg  im  Genitiv  (1), 
nicht  wie  hier  im  Dativ.  Noch  viel  bedenklicher  aber  ist  der  Name 
Templum  Matidiae  ohne  divae.  Wenn  auch  Schriftsteller,  selbst 
Sueton  und  die  Kaiserbiographen,  manchmal  von  einem  Augusti  tem- 
plum oder  templum  Hadriani  sprechen,  so  verlangt  doch  der  strenge 
Sprachgebrauch  neben  dem  Namen  das  Consecrationsprädicat ;  kei- 
nesfalls dürfte  auf  einer  Inschrift  der  Name  anders  als  in  der  offi- 
ziellen Form  erscheinen.  Endlich  aber  und  vor  allem  ist  die  Existenz 
eines  Tempels  der  Matidia  an  und  für  sich  sehr  unwahrscheinlich. 
Bis  zum  Jahre  120  waren  von  Frauen  aus  der  kaiserlichen  Familie 
consecrirt  die  Kaiserinnen  Livia  und  Poppaea,  ferner  die  Schwester 
des  Gaius,  Drusilla;  die  Tochter  des  Nero,  Claudia,  die  Gattin 
Vespasians  Domitilla,  die  Tochter  des  Titus  Julia;  wir  hören  wohl 
von  Statuen  und  Priestertümern,  die  ihnen  gestiftet  worden,  aber 
nicht  von  Tempeln,  besonders  nicht  in  der  Hauptstandt  (2).  Der  Bio- 
graph des  Hadrian  kommt  zweimal  auf  die  ausserordentlichen  Ehren 
zu  sprechende  der  Kaiser  seiner  Schwiegermutter  erwies  (c.  9,  9 : 
socrui  suae  honores  praecipuos  impendit  ludis  gladiatoriis  cete- 
risque  oßciis ;  c.  19,  5 :  Romae  post  ceteras  immensissimas  volupta- 
tes  in  honorem  socrus  suae  aromatica  populo  donavit.  Vgl.  auch 


fei  p.  294  in  der  verkürzten  Form  Imp.  Hadriani  Aug.,  woraus  der  nachlässig 
arbeitende  Alb.  Cassio  {cor so  delVacque  2,  388)  eine  von  der  ersten  verschie- 
dene Inschrift  macht,  die  auch  Lanciani  sill.  aq.  n.  141  getrennt  aufführt. 
Gefunden  ist  sie  aber  nicht,  wie  Lanciani  F.  U.R  Bl.  15  zeichnet,  auf  dem  Platze 
vor  S.  Ignazio,  sondern  in  ipsis  fabricae  Collegii  fundamentis,  vielleicht  östlich 
von  der  Kirche,  nach  dem  Corso  zu. 

(!)  Castrae  pretorie  XV,  7239  ;  domus  Augustanae  XV,  7246;  hortorum 
Sallustianorum  XV,  7248,  7250.  Daneben  castris  praetoris  7237 .  7238.  7239, 
castrum  praetorium  7239  und  das  ganz  unsichere  lavacro  Aprippinae  7247. 

(2)  Der  erste  Fall  eines  vaog  für  eine  diva  wäre  der  für  Plotina  (nach  1 22) : 
Cass.  Dio.  69,  10,  3;  aber  dass  er  in  Rom  erbaut  sei,  ist  nicht  überliefert 
und  wenig  glaublich.  Hier  betrifft  der  erste  Fall  die  diva  Faustina. 


DAS   ANGEBLICHE   TEMPLUM    MATIDIAE  151 

das  Tiburtiner  Fragment  der  laudatio  Matidiae  C.  I.  L.  XV,  3579 
Z.  5 :  Sabinae  meae  [matri  honores  impendi,  quales  vix~\  matri  meae 
facerem,  und  dazu  Cantarelli  Studj  e  documenti  1894  p.  127) ;  sollte 
er  verschwiegen  haben,  dass  ihr,  zuerst  unter  allen  divae,  ein  Tempel 
in  der  Hauptstadt  errichtet  wurde,  wo  doch  für  die  Kaiser  mit  grosser 
Kegelmässigkeit  angemerkt  wird  meruit  templum  u.  dgl.?  Schon 
Eckhel  (DK  6,  471)  hat  dies  für  unglaublich  erklärt  und  ange- 
nommen dass  die  Consecration  der  Matidia  erst  unter  Antoninus 
Pius  erfolgt  sei,  in  dessen  Biographie  das  Factum  eher  übergan- 
gen sein  könne.  Aber  wir  wissen  jetzt  aus  den  Arvalakten,  dass 
Matidias  Consecration  bereits  am  23.  Dezember  119  statt  fand 
(Henzen  Acta  Arv.  p.  CLVIII  u.  88 ;  C.  I.  L.  VI  2080).  Nach  allem 
diesem  die  Existenz  eines  Tempels  der  Matidia  nur  auf  die  einmal  in 
17.  Jhdt.  abgeschriebene  Bleiröhreninschrift  zu  behaupten,  scheint 
mir  mehr  als  bedenklich.  Es  mag  wohl  sein,  dass  bei  den  Ausgra- 
bungen eine  Bleiröhre  mit  dem  Namen  der  Matidia  (')  gefunden 
ist,  und  dass  Donati  oder  sein  Gewährsmann  (denn  er  giebt  gar 
nicht  an,  dass  er  das  Stück  selbst  gesehen  und  abgeschrieben  habe ; 
il  P.  Donati  teslimonio  oculare  sagt  Lanc.  p.  7  willkürlich)  aus 
unsicheren  Spuren  am  Anfang  das  Wort  TEMPLO  zu  lesen  glaubten. 
Aber  diese  Lesung  als  sicher  anzunehmen  und  auf  ihr  weiter  zu 
bauen,  werden  wir  uns  hüten  müssen. 

Es  bleibt  die  Stelle  aus  der  Constantinischen  Stadtbeschrei- 
bung, wo  in  der  neunten  Region  überliefert  ist  (Jordan  II  p.  556) : 
Curiosum  Notitia 

pantheum  pantheum 

basüicam  Neptuni 

Matidies  basüicam  Matidies  et 

Marciani  Marcianes 

templum  Antonini  et  templum  Antonini  et 

columnam  coclidem  columnam  coclidem 

Hadrianeum 

thermas  Alexandrinas  thermas  Alexandrinas 

et  Agrippinas  et      Agrippinas 

porticum  argonautarum  porticum  Argonautarum 

et  Meleagri  et  Meleagri 

0)  Vgl.  C  I.  L.  XV,  7306  (von  Esquilin):  matidiae  ■  avg  .  fil  0 ;  7737 

(Ostia)  MATIDIAE    •    AVG  *  F  GS    Q_-  PVBLI  •  SECVNDVS  '     FEC    0  ;   7822  (zw. 

Frascati  u.  Monte  Porzio)  matidiae  avg  fil  lxxxii  salon  .  epictetvs.  f  ' 


152  CH.    HUELSEN 

Lanciani  behauptet,  der  Text  der  Notitia  sei  correcter  als  der 
des  Curiosum,  denn  letzteres  nenne  die  basilica  Neptuni  neben  der 
porticus  Argonautarum  —  separando  ü  contenuto  del  continente; 
daher  sei  auch  der  Notitia  zufolge  nur  eine  basilica  Matidiae  et 
Marcianae,  nicht  zwei,  wie  das  Curiosum  angiebt,  anzunehmen. 
Er  hat  dabei,  wie  es  leider  häufig  zu  geschehen  pflegt,  nur  den 
von  Jordan  constituirten  Text,  nicht  aber  die  varia  lectio  und  die 
Anmerkungen  ins  Auge  gefasst ;  es  wäre  ihm  sonst  nicht  entgan- 
gen, dass  von  den  drei  Handschriften  der  Notitia  eine  die  basi- 
lica Neptuni  nennt,  wie  auch  dass  eine  andere,  und  zwar  die  äl- 
teste, die  Copula  et  zwischen  Matidiae  und  Marcianae  auslässt. 
Endlich  berücksichtigt  er  gar  nicht,  dass  die  breviaria,  sowohl  im 
Curiosum  wie  in  der  Notitia  angeben:  basilicae  X,  und  die  b.  Neptuni, 
Matidiae  und  Marcianae  als  drei  verschiedene  Gebäude  zählen. 
Dass  aber  die  breviaria  nicht  nur  Auszüge  aus  den  vorhergehen- 
den Einzelbeschreibungen  der  Regionen  sind,  sondern  selbständigen 
urkundlichen  Wert  besitzen,  dafür  darf  ich  auf  Jordans  Ausführun- 
gen (Top.  2  S.  40  ff.)  verweisen.  Ich  teile  also  vollkommen  Jor- 
dans Ansicht,  dass  die  basilica  Neptuni  nur  durch  einen  Fehler  des 
Archetypus  der  Notitia  in  dieser  ausgefallen  ist,  beide  also  wohl 
im  Original  des  Regionenbuches  standen.  Auch  der  Text  der  Regio- 
narier spricht  also  nicht  für,  sondern  gegen  L.'s  Hypothese. 

Das  Resultat  unserer  Untersuchung  ist  also  folgendes:  Zwi- 
schen dem  Pantheon,  dem  Nordende  der  Saepta  und  der  Columna 
Divi  Marci,  und  zwar  höchst  wahrscheinlich  nördlich  der  modernen 
Via  dei  Pastini  (*)  lag  eine  Gruppe  von  drei  Gebäuden,  deren 
Namen  an  Mitglieder  des  Kaiserhauses  aus  dem  Anfange  des  zwei- 
ten Jahrhunderts  anküpfen :  zwei  Hallen,  benannt  nach  der  Schwie- 
germutter Hadrians  Matidia  und  der  Schwester  Trajans  Marciana, 
beide  vermutlich  Parallelbauten  aus  trajanischer  Zeit:  sowie  ein 
dem  Hadrian  nach  seinem  Tode  erbautes  Heroon.  Die  grossen  Ci- 
pollinsäulen  zwischen  Vicolo  della  Spada  d' Orlando  und  Pantheon 
werden  einem  dieser  drei  Gebäude  angehören,   doch  ist  ungewiss, 

(')  Denn  bis  zu  dieser  südwärts  erstreckte  sich  die  von  Augustus  der 
Bebauung  entzogene  Zone  des  freien  Campus  Martius;  wie  der  1592  unter 
Palazzo  Serlupi-Crescenzi  gefundene  grosse  Travertincippus  C.  I.  L.  VI  874 
beweist:  id  quod  intra  cippos  ad  Campum  soll  est,  Caesar  Augustus  redemptum 
a  privato  publicavit.  Vgl.  Lanciani  S.  11  f. 


Vi*.  *at 


DAS   ANGEBLICHE   TEMPLUM    MATIDIAE  153 

welchem.  Ebenso  wenig  lassen  sich  die  wenigen  sonst  in  dieser 
Gegend  constatierten  Beste  römischer  Monumentalbauten  (Pracht- 
saal unter  Palazzo  Serlupi  ('),  travertingepflasterte  Area  westlich 
von  Piazza  Capranica),  mit  Sicherheit  deuten.  Nur  ist  gewiss,  dass 
die  Orientirung  dieser  Reste  identisch  ist  mit  der  des  Pantheon 
und  der  seinen  Vorplatz  umgebenden  Hallen  einerseits,  dem  Tempel 
und  der  Porticus  auf  Piazza  di  Pietra  andererseits. 

Ch.  Hüelsen. 


l,1)  Ich  will  nicht  unterlassen,  hier  eine  merkwürdige  Notiz  Fr.  Piranesis 
zu  wiederholen,  da  sie  in  einem  der  seltener  benutzten  Werke  desselben  (il  Pan- 
theon Tf.  1)  steht,  und  man  sie  nach  Lancianis  Citat  'scavi  PiranesV  schwerlich 
finden  wird:  J.  Ruine  di  una  fabbrica  antica  scoperta  nelV  edificare  il  Pa- 
lazzo Serlupi  nel  1779.  Dalla  costruzione  delle  parti  ritrovate  si  puö  sup- 
porre  che  fosse  un  tempio,  dove  furono  trovati  molti  pezzi  di  cornici,  ar- 
chitravi  di  marmo  e  colonne  di  granito  della  grossezza  di  quattro  palmi  e 
tre  once,  con  le  sue  basi  ancora  in  opera,  come  veggonsi  segnate.  II  tutto 
era  di  semplice  ed  elegante  arckitettura.  II  pavirnento  era  a  riquadri  di 
giallo  antico  contornato  di  fascie  di  marmo  bianco,  le  quali  erano  tagliate 
alV  angolo  dei  riquadri  medesimi  da  altri  piccioli  quadrati  di  verde  antico, 
della  grandezza  delle  sudette  fasce.  —  Die  von  Lanciani  Ruins  and  Excava- 
tions  505  nach  Alö  Giovannoli  ( Vestigj  di  Roma,  1616,  f.  39)  reproduzierte 
merkwürdige  Vedute  eines  Halbkuppelbaus  mit  Säulen  im  '  Palazzo  dei 
Sigg.  Capranica '  weiss  ich  nicht  sicher  z>u  deuten ;  möglicherweise  ist  sie 
identisch  mit  den  1848  nel  primo  cortile  dei  Gollegio  Capranica  entdeckten 
reliquie  di  mura  che,  quantunque  di  evidente  costruzione  dei  medio  evo, 
pure  si  videro  appartenere  ad  una  qualche  fabbrica  privata,  nella  quäle  eravi 
una  cella  semicircolare  decorata  con  marmi  e  statue  (Canina  Indicazione  5, 
p.  399). 


11 


DIE  GEBURT  DER  APHRODITE. 
(Taf.  VII). 


Die  auf  Taf.  VII  abgebildete  Vase  bedarf  zu  ihrer  Begleitung 
nicht  vieler  Worte.  In  der  städtischen  Gallerie  im  Municipio  von 
Genua  ist  sie  jedenfalls  das  Hauptstück  einer  kleiner  Vasen- 
sammlung, welche  vom  Principe  Oddone,  wie  es  scheint,  in  Italien 
zusammengebracht,  nach  dessen  Tode  der  Stadt  Genua  geschenkt 
worden  ist. 

Die  Vase  ist  eine  zierliche  attische  Hydria  0,28  hoch,  gebro- 
chen aber  ohne  Ergänzungen  wieder  zusammengesetzt.  Nach  dem 
Stil  der  Zeichnung  ist  sie  nicht  lange  nach  der  Mitte  des  V.  Jhdts 
gearbeitet. 

Ungefähr  mit  halbem  Leibe  ragt  über  der  graden  Fussboden- 
linie  eine  weibliche  Gestalt  empor,  die  nur  mit  knapp  anliegen- 
dem Chiton  mit  kurzem  Kolpos  bekleidet  ist;  und  deren  lang  über 
den  Rücken  herabhangendes  Haar  von  einer  rings  mit  Mäander 
verzierten  und  vorn  mit  Blättern  bekrönten  Stephane  umfasst  ist. 
Die  Gestalt  wendet  sich  nach  links  und  hebt  die  Hände  mit  aus- 
gebreiteten Fingern  um  die  Tänie  zu  empfangen,  welche  ihr  Eros 
mit  beiden  Händen  in  die  ihrigen  zu  legen  im  Begriffe  steht.  Nur 
mit  shawlartigem  Mäntelchen  bekleidet,  das  um  den  Rücken  gehend 
über  beide  Arme  einwärts  hängt,  kommt  er  eilends  geschritten. 
Obgleich  der  etwas  hagere  grossgewachsene  Jüngling  mit  verhält- 
nismässig kleinen  Flügeln,  trotz  seines  Vorüberneigens  die  Empor- 
kommende beträchtlich  überragt,  biegt  er  doch  den  Kopf  zurück, 
um  jene  besser  zu  schauen. 

Auch  von  der  anderen  Seite  wird  der  Auftauchenden  etwas 
dargeboten,  nämlich  ein  zusammengelegtes  Gewandstüok,  das  ein 
vollbekleidetes  Weib  mit  beiden  Händen  ihr  darreicht,  nachdem 
sie  es  selber  aus  dem  Heiligthum  hinter  ihr  genommen  zu  haben 
scheint.  Denn  ein  solcher  ist  durch  den  Altar  unter  einem  Palm- 
baum genügend  kenntlich  gemacht.  An  der  Palme  fällt  nicht  sowohl 


E.   PETERSEN,  DIE   GEBURT   DER   APHRODITE  155 

das  auf,  dass  sie  nicht  blos  oben  eine  Blätterkrone  hat,  sondern 
weiter  unten  ein  zweiter  Büschel  sich  ausbreitet,  der  nur  des  Altars 
wegen  nicht  noch  tiefer,  wo  sein  naturgemässer  Platz  wäre,  näm- 
lich über  der  Wurzel  angebracht  scheint;  sondern  vielmehr  das  an- 
dre ist  zu  bemerken,  dass  die  Blätter  sowohl  oben  wie  unten  dem 
Stamme  wie  angebunden  erscheinen.  Dass  jenes  "Weib  ihr  Gewand- 
stück aus  diesem  Heiligthum  genommen,  scheint  durch  die  Stellung 
ihrer  Füsse,  derjenigen  des  Kopfes  entgegengesetzt,  unzweideutig 
ausgesprochen  zu  sein  ('). 

Die  also  dargestellte  Geburt  Aphrodites  ist  verwandt  dem  be- 
rühmten Ludovisischen  —  wenn  noch  Ludovisischen  —  Relief,  so  nah 
verwandt,  dass  mehre  Einwendungen,  die  man  gegen  die  Erklärung 
jenes  Reliefs  erhoben  hat,  durch  diese  neue,  über  jedem  Zweifel  erha- 
bene Darstellung  des  Mythos  einfach  widerlegt  werden.  Die  grade 
Linie  unten,  die  man  trotz  der  Strandkiesel  unter  den  Füssen  der 
Nebenfiguren  auf  dem  Relief  nicht  als  Wasser  erkennen  wollte,  sie 
findet  sich  auf  der  Vase  sogar  ohne  die  Kiesel ;  und  wenn  man  im 
Reliefbilde,  wegen  der  jederseits  so  dicht  daneben  stehenden  Fi- 
guren, leugnete  dass  zwischen  diesen  das  Meer  zu  denken  sei,  wo 
höchstens  von  einem  Brunnen  die  Rede  sein  könne,  so  verkannte 
man  eben  den  Idealismus  des  hohen  Stiles  griechischer  Kunst.  Sind 
doch  auf  der  Vase,  gar  ohne  jede  Unterscheidung  des  festen  und 
des  flüssigen  Elements,  die  auf  festem  Boden  stehenden  Eros  und 
Peitho  ebenso  unmittelbar  neben  die  aus  der  Meerestiefe  auftau- 
chende Aphrogeneia  gestellt. 

Im  Relief  hat  man  ferner  das  von  den  Hören  gehaltene  Zeug 
nicht  als  einen  zur  Bekleidung  der  Neugeborenen  bestimmten  Mantel 
anerkennen  wollen,  hat  es  vielmehr  für  das  untere  Ende  des  be- 

(!)  Weniger  Hesiods  (Theog.  192)  Kv&rjgoiaiv  $u&eoiaiv  wird  die  Idee 
des  Heiligthums  gegeben  haben  als  dass  im  Hom.  Hymnus  IV,  58  Baden  und 
Schmücken  der  Göttin  im  Paphischen  Heiligthum  vor  sich  geht,  wie  denn 
die  Götter  auf  Erden  überhaupt  in  ihr  Heiligthum  einkehren.  Es  ist  nicht  unmög- 
lich dass  der  Vasenmaler,  den  wir  ja  auch  in  der  Hauptsache  als  Nachahmer 
des  Phidias  rinden,  bei  dieser  Figur  des  Peplosempfängers  am  Parthenonsfries 
sich  erinnert  habe.  Bei  letzterem  freilich  ist  die  Drehung  nach  aussen  ohne 
alles  Ungeschick  gezeichnet.  Nur  wolle  man  nicht  mit  dem  Vasenbilde  beweisen, 
dass  auch  der  Mann  am  Friese  das  ja  in  der  That  ganz  ähnlich  zusammenge- 
legte und  gefasste  Zeug  vielmehr  hingebe  als  empfange ;  denn  der  Knabe  ihm 
gegenüber  ist  eben  deutlich  das  Gewand  loslassend,  nicht  empfangend  dargestellt 


156  K.    PETERSEN 

reits  angezogenen  Chitons  der  Aphrodite  ausgeben  wollen,  das,  weil 
vom  Wasser  beschwert,  von  den  Freundinnen  emporgehoben  werde,  um 
der  Auftauchenden  das  Emporkommen  zu  erleichtern.  Glücklicher- 
weise brauchen  wir  nicht  zu  fragen,  ob  denn  dies  eine  anmuthige, 
ob  eine  dem  Idealismus  dieser  Kunst  angemessene  und  damit,  dass 
die  Auftauchende  ja  keinen  Boden  unter  den  Füssen  hat,  dass  sie 
nicht  schreitet  sondern  gehoben  wird,  verträgliche  Idee  sei.  Auch  das 
brauchen  wir  nicht  zu  fragen,  ob  jener  Künstler,  wenn  er  wirklich 
diese  Idee  zum  Ausdruck  bringen  wollte,  so  von  jeglicher  Vermitte- 
lung  zwischen  dem  einen  und  dem  andern  Theile  des  Chitons  ab- 
gesehen haben  würde ;  auch  das  endlich  nicht,  ob  denn  überhaupt 
ein  ionischer  Chiton  so  an  beiden  Seiten  mit  einer  Kante  enden 
konnte :  Das  alles  braucht  man  nicht  zu  fragen ;  denn  es  ist  ja  au- 
genscheinlich, dass  das  Zeug,  welches  die  Hören  des  Ludovisischen 
Marmors  halten,  eben  dasselbe  ist,  welches  die  Peitho  der  Vase 
darbietet,  indem  sie  es,  soweit  die  veränderte  Composition  gestattet, 
ebenso  mit  beiden  Händen  hält,  wie  jene  je  mit  einer. 

Bei  aller  dieser  Uebereinstimmung  des  Vasenbildes  mit  dem 
Kelief  in  der  ganzen  Composition,  in  der  Bewegung  Aphrodites, 
ihrer  Wendung  nach  links,  in  ihrem  aufgelösten  Haar  und  dem 
anliegenden  Chiton,  in  dem  Ueberneigen  wenigstens  der  linken 
Seitenfigur  ist  gleichwohl  gewiss,  das  zwischen  dem  Marmorrelief 
und  unserem  Vasenbilde  noch  ein  Mittelglied  wenigstens  sich 
befunden  hat,  und  zwar  kein  geringeres  als  die  Thronbasis  des 
Olympischen  Zeus  von  Phidias.  Denn  hier  fand  sich  das  worin 
sich  die  Darstellung  der  Vase  hauptsächlich  von  dem  Marmor  un- 
terscheidet :  "EQwg  iüilv  ix  f)cc%d(T(Tr]g  'AcpQodixrjV  dviovüav  vno- 
dsxöfisvoq '  xi\v  dh  lAyQodizrjv  (Trsgiavoi  IIsi&w  beschreibt  Pausa- 
nias  VII,  8  dort  die  Mittelgruppe,  statt  der  zweiten  Höre  also  Eros 
(und  die  einzelne  Dienerin  Aphrodites  nun  natürlich  Peitho  ge- 
heissen).  Da  aber  Pausanias,  mit  Helios  beginnend  (*),  aller  Wahr- 
scheinlichkeit nach  von  links  her  beschreibt,  so  hatten  die  genannten 
drei  Figuren  auch  denselben  Platz  wie  im  Vasenbilde :  Eros  links, 
Peitho  rechts  von  Aphrodite.  Auch  das  Motiv  der  Kränzung  —  nur 
mit  der  Tänie  statt  mit  einem  Kranze,  wenn  Pausanias  so  wörtlich  zu 


0)  Petersen,  Kunst  des  Pheidias  S.  323   und  372.   Gerhard,  Akad.  Ab- 
handll.  I  S.  199,  26;  351,  Taf.  XVII  2  stellt  zwar  Helios  links  aber  Eros  rechts. 


DIE  GEBURT  DER  APHRODITE  157 

nehmen  ist  —  hat  die  Vase  mit  Phidias'  Goldrelief  gemein ;  aber  von 
Peitho  ist  diese  Handlung  auf  Eros  übergegangen,  der  bei  Phidias, 
wie  im  Marmorrelief  beide  Hören,  und  wie  im  Silbermedaillon  von 
Galaxidi  (s.  Rom.  Mitth.  92  S.  49)  der  alleinstehende  Eros,  Aphro- 
dite emporhob,  ein  Motiv  das  dem  Vasenmaler  vielleicht  zu  com- 
pliciert  war.  Wenn  aber  Eros  links  stand,  wie  auf  der  Vase,  dann 
wandte  sich  die  Neugeborne  auch  bei  Phidias  ebenso  wie  in  Mar- 
morrelief  und  Vase,  gewiss  nach  links,  nach  der  Seite  wo  Helios, 
Zeus,  auch  Hephaistos  sich  befanden,  und  Peitho  setzte  ihr  von  rück- 
wärts den  Kranz  auf,  wie  auf  dem  eleusinischen  Relief  Köre,  '  na- 
türlich '  nicht  Demeter,  dem  Triptolemos. 

Das  beschriebene  Vasenbild  tritt  also  zwischen  das  Ludovi- 
sische  Relief,  welches  älter,  und  das  Silbermedaillon,  welches  jünger 
ist  als  des  Phidias  Bathronrelief,  das  Vasenbild  unstreitig  der 
Composition  des  grossen  Meisters  am  nächsten  stehend.  Wenn  Puch- 
stein  (Jahrbuch  V  1890  S.  112)  die  Bewegung  der  Göttin  im  Sil- 
bermedaillon zu  schwungvoll  für  Phidias  fand,  so  hatte  er  recht  ('), 
nur  dass  er,  was  Furtwängler  M.  W.  S.  68  ff.  ihm  vorwerfen  durfte, 
die  Compositionsweise  des  grossen  Atheners  doch  zu  beschränkt  ar- 
chaisch und  zu  einförmig  darzustellen  bemüht  war. 

Wir  sehen  jetzt,  wie  die  Bewegung  der  Auftauchenden  vom 
Ludovisischen  Relief  zur  Vasendarstellung  und  von  dieser  zum  Sil- 
bermedaillon sich  entwickelt,  sich  steigert  und  belebt.  Es  liegt  am 
bessern  Können  dessen  der  das  Marmorrelief  gearbeitet,  eines  wirk- 
lichen und  grossen  Künstlers,  der  an  sich  ganz  wohl  der  junge 
Phidias  gewesen  sein  könnte,  dass  Sehnen  und  Begeisterung  in  der 
Neugeborenen  hier  dennoch  so  viel  inniger  und  wahrer  zum  Aus- 
druck gekommen  ist,  aber  doch  eigentlich  nur  in  der  Bewegung 
des  Kopfes.  Dazu  kommt  freilich  das  Umschlingen  der  beiden 
Freundinnen  mit  den  Armen :  aber  die  Gesammtbewegung  der  Auf- 
tauchenden ist  dabei  doch  durch  die  für  jenen  Stil  so  charakteri- 
stische Symmetrie  der  Composition  gebunden  (2).  Erst  durch  deren 

0)  Indessen  vergleiche  man  sowohl  zur  Bewegung  was  Furtwängler 
a.  a.  0.  bemerkt  hat,  und  namentlich  zum  Gewandmotiv  die  Nike  des  Paio- 
nios  und  die  von  Studniczka,  die  Siegesgöttin  Taf.  VI  34.  35  mit  ihr  ver- 
glichenen Nereiden. 

(*)  In  diesem  Mitth.  95  S.  74  habe  ich  die  schöne  Spiegelgravierung 
(Etrusk.  Spieg.  V  Taf.  113)  verglichen,  als  der  Composition  des  Reliefs  noch 
näher  kommend  als  die  früher  herangezogene  Dolonie. 


158  K.    PETERSEN 

Auflösung  und  die  völlige  Seitenwendung  Aphrodites,  wie  sie  auf 
Grund  der  Vase  und  namentlich  der  Beschreibung  des  Pausanias 
dem  Phidias  zugeschrieben  werden  darf,  wird  für  die  auftauchende 
Aphrodite  etwas  Aehnliches  möglich,  wie  es  —  viel  folgenreicher  — 
für  Nike  (l)  und  die  andern  flügeltragenden  Götter  durch  den  Ueber- 
gang  von  der  laufenden  zu  wirklichem  Schweben,  dem  Schwimmen 
ähnlich  erreicht  worden  ist ;  und  dass  grade  die  Schwimmbewegung 
auch  auf  die  Gestaltung  der  Anadyomene  Einfluss  gewann,  ist  ja 
durchaus  begreiflich.  Denken  wir  nur  die  so  zur  Seite  (nach  links) 
gewandte  ein  wenig  mehr  vorgeneigt  mit  erhobenen  Armen,  wie 
in  allen  drei  Nachbildungen  aufwärts  strebend,  an  Arm  und  Hand 
von  Eros  gefasst,  von  rückwärts  durch  Peitho  gekränzt,  das  Ganze 
aber  gross  und  lebendig  erfasst,  eines  Phidias  würdig,  so  sind  wir 
freilich  bei  einer  ganz  anderen  Vorstellung  angelangt,  als  die  im 
Bade  kauernde  war,  die  Gerhard  a.  a.  0.  gedacht,  und  als  die  steif 
in  der  Muschel  stehende  —  eine  dviovaa  ebensowenig  wie  die 
Gerhardische  —  wie  sie  noch  Stephani  in  seinem  Compte-rendu 
für  70/71  S.  50  ff.  mit  grossem  Anspruch  vortrug.  Viel  einfacher, 
viel  mehr  innerhalb  der  herkömmlichen  Ideen  sich  bewegend,  und  an 
Ueberliefertes  anknüpfend  (-)  —  wenn  doch  das  Ludo visische  Ke- 
lief  nicht  sein  Werk  war  —  stellt  sich  Phidias'  Schöpfung  uns 
auch  hier  dar,  grundverschieden  von  dem  ihm  zugeschriebenen  Ideal- 
schaffen (3). 

Bei  Herstellung  der  Gruppe  des  Commodus  mit  den  Tritonen 
(Köm.  Mitth.  88  S.  309, 1)  habe  ich  mit  ein  par  Beispielen  das  Künst- 
lermotiv, einem  Kopfe  oder  einer  Figur  durch  ein  Gewandstück 
einen  Hintergund  zu  schaffen,  bis  etwa  ins  vierte  Jahrhundert  zurück 
nachgewiesen.  Da  ein  ganz  ähnliches  Kunstmittel  schon  der  Poly- 
gnotischen  Malerei  geläufig  gewesen  zu  sein  scheint,  indem  sie  zu 
ähnlichem  Zwecke  der  Terrainwellen  sich  bediente  (4),  kann  es  uns 
nicht  wundernehmen,  auch  jene  Verwendung  von  Gewandstücken 
bereits  im  fünften  Jahrhundert  anzutreffen.  Auf  eine  vielleicht  chrvs- 


C1)  Vgl.  Studniczka,  die  Siegesgöttin  S.  12  (388). 

(2)  Dasselbe  ergiebt  sieb  auch  für  die  so  ähnliche  Mittelgruppe  der  Par- 
thenosbasis,  wenn  Furtwängler  M.  W.  S.  9,  5  mit  Hecht  das  feine  Schalenbild) 
das  Puchstein  für  Phidias  heranzog,  als  erheblich  vorausliegend  nachweist, 
wofür  namentlich  die  Tracht  Athenas  maassgebend  ist. 

(3)  S.  Brunn,  griechische  Götterideale  S.  1  unten. 

(4)  Vgl.  Petersen,  Trnjans  Dakische  Kriege  S.  91,  1. 


DIE  GEBURT  DER  APHRODITE  159 

elephantine  Gruppe  des  vierten,  wenn  nicht  gar  des  fünften  Jahr- 
hunderts, habe  ich  die  schöne  Darstellung  von  Aphrodite  Peitho  und 
Eros  in  dem  einen  rothen  Schlafgeraach  der  casa  tiberina  (Mon. 
ined.  d.  Inst.  XII  19  n.  21)  zurückgeführt  (').  Um  nicht  das  weisse 
Antlitz  der  thronenden  Göttin  auf  dem  weissen  Grunde  des  Bildes 
stehen  zu  lassen,  hat  der  Künstler  dort  der  hinter  dem  Thron  ste- 
henden Peitho  ein  röthliches  Tuch  in  die  Hände  gegeben,  offenbar 
den  Schleier  welchen  sie  der  bräutlich  geschmückten  Herrin  über  den 
bereits  mit  der  Stephane  gekrönten  Kopf  legen  will.  Augenblicklich 
aber  hält  Peitho  jenen  Schleier  grade  so  dass  er  dem  Antlitz  der 
Göttin  zum  Hintergrund  dient. 

Kann  es  dafür  eine  zutreffendere  Analogie  geben  als  das  Ge- 
wand, welches  die  hinter  der  auftauchenden  Aphrodite  auf  unse- 
rem Vasenbilde  stehende  Peitho  so  hinter  den  Kopf  der  Göttin 
hält,  dass  es  ihr  schwarzes  Haar  von  dem  schwarzen  Grunde  des 
Vasenbildes  absondert? 

Zusatz:  über  die  Schranken  am  Zeusthron. 

Die  von  Pausanias  VII,  4  beschriebenen  igv/xara  hat,  entge- 
gen früherer,  namentlich  von  Brunn  begründeter  Vorstellung,  zu- 
nächst Murray  Athen.  Mittheil.  VII  1882  S.  274,  dann,  oder  viel- 
mehr eigentlich  schon  vorher  nur  unausgesprochen,  Dörpl'eld,  Olym- 
pia Text  II  S.  13  mit  gewissen  Schranken,  deren  Spuren  zwischen 
den  vier  mittleren  Säulen  jederseits  in  der  Cella  des  grossen  Tem- 
pels nachgewiesen  sind,  identificieren  wollen.  Dass  dieses  durch 
nichts  geforderte  Vorgehn,  das  zuletzt  bei  der  absonderlichen 
Vorstellung  der  zwei  Hesperiden  auf  zwei  doch  wohl  hölzernen  Thür- 
flügeln  als  Fortsetzung  von  Wandmalereien  anlangt,  mit  den  hin- 
länglich deutlichen  Angaben  des  Pausanias  Punkt  für  Punkt  in 
Widerspruch  steht,  hat  E.  A.  Gardner  im  Journal  of  hell.  stud. 
1894  XIV  S.  233  schlagend  dargethan,  obgleich  er  noch  nicht  mal 
Alles  gesagt  hat,  was  gegen  die  völlig  willkürliche  Anordnung  der 
drei  mal  drei  Panaenosbilder  zu  sagen  wäre.  Trendelenburg  (2) 
durfte  also  nicht  auf  eine  hinfällige  Grundlage  bauen:  er  scheint 
freilich  Gardners  Aufsatz  nicht  gekannt   zu   haben.   Die  positiven 


(«)  Rom.  Mitth.  92  VIII  S.  60. 

(2)  Arch.  Anz.  1897  S.  25.  Wochenschr.  für  klass.  Philologie  1897. 


160  E.    PETERSEN 

Aufstellungen  dieses  Aufsatzes  sind  indessen  auch  nicht  haltbar;  sie 
vernichten  die  ganze  Harmonie  des  Kosmos  am  Throne  und  die  so 
augenfällige  Symmetrie  der  je  drei  Figurenpaare. 

Jedesmal  stellt  das  erste  dieser  Paare  (nach  Pausanias'  Auf- 
zählung) die  That  des  Helden  dar,  das  letzte  den  Siegespreis,  jenes 
den  Mann,  dieses  das  Weib,  das  mittlere  den  Mann  in  Beziehung 
zum  Weibe,  der  Liebe  Gewalt,  die  bei  Aias  und  Peirithoos  ent- 
schieden zum  Frevel  an  der  Gottheit  führt,  Achilleus  nur  dem 
Tadel  des  Thersites  aussetzt.  Kann  man  das  verkennen?  Kann  man 
gegen  die  Triaden  geltend  machen,  dass  die  zwei  Frauen  zu  an- 
dersartig componiert  seien  (')?  Waren  denn  nicht  auch  die  zwei 
Männer  zweier  erster  Bilder  nach  Pausanias  im  Wesentlichen  einan- 
der ruhig  gegenübergestellt?  Und  kann  man  überhaupt  erwarten, 
dass  ein  Panainos  in  drei  Triaden  nicht  trotz  des  gleichen  Grund- 
themas, nach  einer  gewissen  Abwechselung  gestrebt  habe  ? 

Es  giebt,  so  viel  ich  sehe,  keine  besser  zu  vergleichende  Ana- 
logie als  die  nun  schon  wiederholt  zusammengestellten  Reliefs  mit 
Medea  und  Peliaden,  Hermes  Orpheus  und  Eurydike,  Herakles, 
Peirithoos  und  Theseus.  Die  Einheit  der  Idee  ist  anderswo  darge- 
legt (2),  ebenso  wie  das  alle  drei  Bilder  einende  Princip  der  Com- 
position,  das  bei  diesen  dreifigurigen  Gruppen  dasselbe  oder  ein 
ganz  ähnliches  wie  bei  jenen  zweifigurigen :  Männer  allein  auf  der 
einen,  Weiber  allein  auf  der  andern  Seite,  Mann  und  Weib  in  der 
Mitte.  Dies  ist  bei  der  einen  Triade  der  dreifigurigen  Reliefs  stricte 
beobachtet ;  von  den  drei  Triaden  des  Panainos  nur  in  der  ersten, 
während  in  den  beiden  anderen  je  in  einem  Bilde  eine  Abweichung 
beliebt  ist.  Aehnliches  scheint  von  der  Composition  zu  gelten : 
wie  von  den  drei  Reliefs  nur  das  mittlere  drei  aufrechte  Figuren 
neben  einander  enthielt,  so  scheint  dies  Panainos  für  die  je  zwei 
äusseren  jeder  Triade  vorgezogen  zu  haben,  für  das  Mittelbild  einer 
jeden  dagegen  mehr  Bewegung  und  Ungleichheit  der  Schemata; 
aber  auch  in  dieser  Beziehung  hat  er  durch  Abwechselung  Mono- 

(*)  Gardner  S.  239  but  tohat  seems  to  be  the  third  group  in  each  case 
is  of  a  different  nature  from  the  other  two  .  .  .  not  a  group  at  all,  Man 
sehe  seine  erste  'Gruppe'  auf  S.  240! 

(*)  Petersen,  Vom  alten  Kom  S.  116.  Puchsteins,  Jahrbuch  90  S.  112  f., 
Bemühen  das  Medea-  und  das  Peirithoosrelief  von  Orpheus  und  Eurydike  zu 
scheiden,  müsste  consequent  dahin  führen  auch  drei  der  Schrankenhilder  dem 
Panainos  abzusprechen. 


DIE   GEBl'RT   DKR   APHRODITE  161 

tonie  vermieden,  wiederum  nur  die  erste  Triade  rein  gestimmt,  die 
folgenden  mit  Dissonanz  je  im  ersten  Bilde. 

Kurz,  der  aus  den  Themen  und  der  Composition  hergenommene 
Grund  gegen  die  frühere  Anordnung  ist  absolut  nichtig ;  und  dass 
mit  Gardners  Absonderung  der  je  zwei  Frauen  in  jedem  dritten 
Bilde  und  ihrer  Anordnung,  je  einer  Einzelfigur  unter  jedem  Zwei- 
figurenbilde der  Aufbau  des  Thrones  vernichtet  wird,  muss  einem 
jeden  einleuchten,  der  seine  Restauration  der  linken  Thronseite  auf 
S.  240  oder  das  Schema  auf  S.  239  ansieht.  Der  Thronsitz  wird 
ja,  statt  ungefähr  ein  Würfel,  viel  mehr  ein  Pfeiler,  wenn  schon 
die  Schranken  allein  ein  Rechteck  mehr  hoch  als  breit  bilden. 

Aber  auch  der  grammatische  Anstoss  den  Gardner  daran  nahm, 
dass  Pausanias  schon  das  zweite,  nicht  erst  das  letzte  Bild  der 
letzten  Triade  mit  Tslavrata  d&  iv  rfj  YQa(Pfi  anknüpft,  auch  er 
streitet  durchaus  nicht  gegen  die  frühere  Ansicht.  Ist  es  denn  nicht 
sonnenklar,  dass  diese  Wendung  zu  Gardners  Anordnung,  wie  sie 
auf  S.  240  sich  darstellt  (')  viel  schlechter  passt,  als  wenn  die 
letzten  beiden  Bilder  auf  einer  Linie  liegen  ?  Bietet  nicht  Pausa- 
nias gleich  daneben  grade  zu  Letzterem  eine  schlagende  Analogie, 
wo  er,  das  Bathron  mit  der  Aphroditegeburt  beschreibend,  den 
Schluss  macht  mit  den  Worten  xal  ij6rj  xov  ßct&qov  nqog  ry  nt- 
Quji  (2),  danach  aber  nicht  blos  Selene  mit  ihrem  Pferde,  sondern 
auch  noch  das  letzte  Götterpaar  davor  erwähnt? 

Gardner  scheint  im  Uebrigen  Pausanias  auch  (3)  an  der  linken 
Thronseite  (d.  h.  unter  der  1.  Hand  des  Zeus)  am  1.  Ende  beginnen  zu 
lassen.  Es  ist  dieselbe  Richtung  von  links  nach  rechts  die  Pausanias 
auch  bei  Beschreibung  des  Bathron  nimmt,  entsprechend  dem  Vor- 
herrschen rechtsläufiger  Richtung  antiker  Darstellung  (4).  Dass  in 
der  That  in  jeder  Triade  ein  Fortschritt  vom  ersten  zum  dritten 
Bilde  zu  beobachten  ist,  historisch  minder  streng  als  ethisch,  wurde 
bereits  gesagt. 

Es  darf  bei  Pausanias  Art  zu   beschreiben   als  ausgemacht 

(*)  Pausanias  hätte  nach  Gardner  mit  seinem  '  schliesslich '  die  halbe 
obere  und  die  ganze  untere  Seite  angereiht. 

(2)  Worte  aus  denen  Stephani  Compte-rendu  für  70/71  S.  49  einen  ganz 
verfehlten  Schluss  zog. 

(3)  Wie  Petersen,  Kunst  des  Pheidias  S.  359  f. 

(4)  Loeschcke,  Arch.  Zeit.  1876  S.  113  zunächst  von  der  sfg.  Vasen- 
malerei; Marcus-Säule  S.  39. 


162  E.   PETERSEN,   DIE   GEBURT   DER   APHRODITE 

gelten  (*),  dass  er  auch  in  der  Nennung  der  einzelnen  Figuren  seine 
Richtung  einhält,  also  dass,  wenn  er  wirklich  an  dem  1.  Ende  der 
1.  Thronseite  anfing,  je  die  erstgenannte  Figur  links  im  Bilde  stand ; 
wenn  aber  am  rechten  Ende  der  rechten  Thronseite,  dass  dann 
umgekehrt  je  die  erstgenannte  Figur  rechts  stand.  Nun  ist  zwar 
bei  der  Mehrheit  der  neun  Bilder,  so  viel  ich  sehe,  keine  feste 
Tradition  für  diese  oder  jene  Stellung  der  Figuren  geltend  zu  machen ; 
bei  zweien  aber  ist  das  doch  wohl  der  Fall.  Herakles  pflegt  den 
Löwen  von  links  her  anzugreifen,  dem  Prometheus  von  rechts  her 
zu  nahen.  Man  sieht  dass  hiermit,  bei  der  obigen  Annahme,  auch 
die  Bilder  des  Panainos  in  Uebereinstimmung  sind.  Theseus  da- 
gegen würde  bei  Panainos  links  stehn,  während  er  bei  Polygnot  (2) 
und  in  dem  bekannten  Relief  rechts  steht.  Auch  Aias  und  Achil- 
leus,  in  den  beiden  andern  Mittelbildern,  würde  man  nach  Maassgabe 
der  älteren  Vasenbilder  links  stehend  denken,  während  sie  nach 
obiger  Annahme  den  Platz  rechts  bekommen.  Aber  dass  die  hohe 
Kunst  des  5.  Jhdts  in  beiden  Scenen  eine  Vertauschung  der  Plätze 
vornahm  zeigt  für  Kassandra  das  schöne  Vaseubild  das  Klein 
Ann.  77  S.  246  ff.  Taf.  N  würdigte,  zeigen  für  Penthesileia 
nicht  bloss  Darstellungen  der  Tödtung  wie  die  grossartige  Berliner 
Schale,  Gerhard,  Trksch.  u.  Gef.  I  Taf.  C,  die  Klein  a.  a.  0.  S.  267 
des  Stiles  wegen  heranzog,  sondern  auch  eine  vereinzelte  (vgl.  Klüg- 
mann, Ann.  74  S.  214)  Vasendarstellung  des  Axillevg  avi$mv  avjrjv: 
Tischbein-Hamilton  II  5  =  Overbeck  H.  G.  XXI  15,  bietet  eine 
Composition  die  augenscheinlich  der  am  Sarkophag  S.-Reliefs  II  69a 
von  Roberts  griechischer  Klasse  nah  verwandt  ist.  Und  dass  dieses 
Reliefbild  der  bekannten  Gruppe  des  Phigaliafrieses  mit  Deida- 
meia  am  Götterbild  compositionell  verwandt  ist,  wird  man  wohl 
ebenso  zugeben,  wie  dass  wir  damit  auch  wieder  jenes  Kassandra- 
bild  vergleichen  dürfen. 

Atlas  und  die  Hesperiden  bleiben  so  wie  so,  mag  Pausanias 
an  der  linken,  mag  er  an  der  rechten  Seite  begonnen  haben,  ge- 
trennt, aber  nur  getrennt  durch  das  bildlose  vordere  e'QVfia ;  so  dass 
man  darin  vielmehr  sogar  einen  gewissen  Zusammenschluss  der 
ersten  mit  der  dritten  Triade  erkennen  kann. 

E.  Petersen. 

C1)  Vgl.  Heydemann,  Hermes  IV  381 ;  Gurlitt,  Pausanias  S.  261. 
(8)  Wenn  Pausanias,  wie  ich  Trajans  Dakische  Kriege  S.  84,  1  zu  zeigen 
versucht  habe,  die  Nekyia  von  rechts  her  beschreibt. 


FUNDE  UND  FORSCHUNG 


Seit  meinem  letzten  Bericht  (ß.  M.  98  S.  150-191)  ist  zur  älte- 
sten Archaeologie  von  Sicilien  und  Unteritalien  nicht  wenig  Neues 
beigebracht,  wovon  nur  erst  Einzelnes  R.  M.  98  S.  414  berührt 
wurde. 

Im  Bull,  di  paletn.  XXIV  98  S.  165  legt  Orsi  Grundrisse 
und  Durchschnitte  der  Grotten  und  Gräber  vor,  welche  er  in  und 
auf  den  Bergen  Monte  Tabuto  und  Monteracello  bei  Comiso 
(Syracus)  erforscht  hat  (').  Es  sind  Gänge  und  Kammern  zur  Ge- 
winnung von  Flintstein  (selce).  Mit  ihren  dem  Gestein  nachgehen- 
den Windungen,  mit  Pfeilern,  die  man  als  Stützen  hat  stehen 
lassen  und  mit  trotzdem  erfolgten  Einstürzen  sind  diese  oft  sehr 
engen  und  niedrigen  Gänge  von  unregelmässigem  und  oft  complicier- 
tem  Grundriss,  wie  z.  B.  Fig.  4  S.  174  zeigt.  Abgenutzte  Basaltäxte 
und  nicht  allein  Splitter  von  Flint  sondern  auch  fein  ausgearbei- 
tete Messer  aus  diesem  Material  zeigen  die  Zeit  an,  welcher  nun 
auch  die  sehr  zahlreiche  Thonware  angehört,  nicht  blos  Scherben 
sondern  auch  heile  Gefässe.  Zum  Gebrauch  der  Arbeiten  seien  die 
Gefässe  hierher  gebracht  worden,  vornehmlich  um  "Wasser  in  Vorrath 
zu  haben,  zu  vertheilen,  und  zu  trinken.  Man  mag  sich  wundern, 
dass  den  Minenarbeitern  hier  so  viel  verziertes  Geschirr  gedient 
habe,  aber  die  Spuren  von  Bewohnung  fehlen  eben.  Die  Menge  der 
Gefässe  in  einer  einzigen  Grotte  erklärt  0.  durch  eine  Katastrophe ; 
die  dabei  umgekommenen  Arbeiter  seien  in  einer  ihres  Flintge- 
haltes entleerten  Kammer  beigesetzt,  also  nachträglich  ausgegraben. 

0)  Vorläufige  Kunde  wird  von  einer  •'  presikelischen  '  Höhlenwohnung  bei 
Grotta  Torruggi  (Pachino  A*.  S.  99,  35)  gegeben.  In  Grotta  di  Cala  Farina 
S.  36  soll  Bewohnung  und  Bestattung  constatiert  sein.  Wichtig  wird  dieser 
Fund  sein,  wenn  hier,  wie  Orsi  B.  p.  i.  98,  191  meint,  sich  die  Incunabeln 
der  I.  (d.  h.  erster  Periode)  Malerei  gefunden  hätten. 


164  E.    PETERSEN 

Die  Thonware  ist  gemalte  und  ungemalte,  nach  Technik,  Form  und 
Verzierung  zur  I.  Periode  gehörig;  die  ungemalte  mit  Reifen  oder 
Bändern  in  Relief  verziert.  Die  Hauptformen  sind  hochfüssige 
Kelche  mit  oder  ohne  Stützen  (s.  R.  M.  98  S.  166,  8.  12  und  9). 
Becher  mit  einem  oder  zwei  Henkeln  (S.  166.  Fig.  1-5),  auch  ganz 
gedrückte  und  zweihenklige  Kannen,  nach  Orsi  Hydrien.  wie  mau 
einhenklige  von  Girgenti  kannte  (S.  178).  Neu  in  der  Malweise 
sind  die  weiss,  der  Farbe  des  Grundes  entsprechend,  auf  schwarze 
oder  rothe  Malerei  aufgemalten  (statt  ausgesparten)  Ornamente  (so 
Taf.  XXI  8).  Der  Fortschritt  von  dünnstrichigem  zu  breitgemal- 
tem, Flächen  deckendem  Ornament,  wie  ich  ihn  grade  an  Bechern 
eben  dieses  Fundorts  nachwies,  die  Pennavaria  B.  p.  i.  XXI  91 
Taf.  V  veröffentlicht  hatte,  macht  sich  auch  an  den  neuen  von  Orsi 
gelieferten  Proben  bemerklich. 

Wie  hier  Orsis  I.  Periode,  so  ist  die  II.  in  einer  Nekropole 
von  Plemmyrion  vertreten,  wo  Orsi  im  J.  1891  vierzig  Gräber 
untersucht  hatte,  über  weitere  41-53  jetzt  N.  S.  99,  26  berichtet. 
Bemerkenswerth,  weil  frühere  Aufstellungen  0. 's  etwas  modificierend, 
ist  dass  auch  hier  noch  grosse  Zahlen  von  Todten  in  den  einzelnen 
Grotten  gefunden  wurden,  so  in  der  grossen  schönen  XLVIII  ohne 
Nischen  mindestens  fünfzig,  in  XLVII,  mit  einer  Nische,  zweiund- 
zwanzig; ferner  dass  hier  deutlicher  als  sonst  irgendwo  die  Be- 
stimmung der  Nischen  für  einzubettende  Todte  (R.  M.  98  S.  162), 
XLVII,  XLIX  f.,  LH  ersichtlich  geblieben  ist. 

Von  Einzeldingen  scheint  bemerkenswerth  der  im  Gewölbschei- 
tel von  Grotte  XLIII  nach  unten  vorragende  Knauf,  dem  ein- 
geklemmten Schlusssteine  eines  Scheingewölbes  vergleichbar;  ferner 
das  in  XLVIII  gefundene  spessamento  di  lama  di  coltello,  von 
Bronze,  S.  31.  Die  Abbildung  Fig.  6  zeigt  es  allerdings  einem 
Schwert  oder  gar  einer  Axt  viel  weniger  ähnlich  als  den  Rasier- 
messern von  Pantalica  (R.  M.  98  S.  169,1),  sowohl  hinsichtlich  der 
Grösse,  der  conkaven  Schneide,  der  Nietlöcher  für  Befestigung  eines 
Griffs,  als  auch  hinsichtlich  der  Länge  und  Schmalheit  der  Schneide, 
so  besonders  einem  mit  N.  15768  im  Museum  von  Syrakus  bezeich- 
neten. Bemerkenswerth  ist  auch  der  elfenbeinerne  Kamm  Fig.  7, 
den  0.  für  mykenischen  Import  hält. 

An  die  Musterung  des  Vasenmaterials  von  Monte  Tabuto  knüpft 
Orsi  S.  190  die  Bemerkung,  dass,  obwohl  im  Grossen  und  Ganzen 


FUNDE    UND    FORSCHUNG  165 

der  Charakter  dieses  Materials  durchaus  conform  den  anderswo 
gefundenen  aus  dieser  Periode  sei,  doch  hier  in  einigen  Gefässfor- 
men,  den  ovalen  bottini,  den  hochfüssigen  Kelchen  und  Henkel- 
formen ein  Bindeglied  zwischen  der  I.  und  II.  Periode  sich  zeige, 
eine  Bemerkung  die  wohl  nicht  ausser  Zusammenhang  mit  dem  da- 
mals, scheint  es,  schon  gemachten  Funde  von  Catania  steht,  der 
N.  S.  98,  223  kurz  angekündigt  und  R.  M.  98,  414  bereits  er- 
wähnt worden  ist.  An  beiden  Stellen  B.  p.  i.  98.  und  N.  S.  98,  223 
sagt  Orsi  dass  zwischen  beiden  civiltä  vi  e  semplicemente  un  pas- 
saggio  '  hiatus  ',  dovuto  anche  a  progresso  di  tempo  e  di  Influenza, 
non  una  barriera  di  divisione  nelta  e  precisa.  Erst  aus  der  aus- 
führlichen Darlegung  wird  man  ersehen  können,  wie  sich  dieses 
passaggio, '  hiatus  ',  in  Uebereinstimmung  bringen  lässt  damit  dass 
N.  S.  98,  222  gesagt  war,  dass  die  Funde  von  Catania  und  andre 
dimostrano  in  modo  evidente  la  fusione  delle  due  prime  fast 
della  civiltä  preellenica  delV  isola.  Weil  früheren  Anschauungen 
sehr  entgegen,  ist  jedenfalls  auch  das  zu  beachten,  dass  jetzt  auch 
in  der  IL  Periode  noch  natürliche  Grotten  in  solchem  Umfang  auch 
als  Wohnstätten  anerkannt  werden. 

Es  drängt  sich  die  Frage  auf,  ob  und  was  für  Analogien  zu 
diesen  sikelischen  Funden  sich  auf  dem  italischen  Festland  finden. 
Antwort  auf  diese  Frage  giebt  die  fieissige  Zusammenstellung  von 
Colini  in  einer  noch  nicht  abgeschlossenen  Reihe  von  Aufsätzen,  im 
B.p.i.  1898  f.,  zusammengedruckt  unter  dem  Titel,  G.  A.  Colini, 
ü  sepolcreto  di  Remedello  Scotto  nel  Bresciano  e  il  periodo  eneo- 
litico  in  llalia,  parte  prima,  Parma  (L.  Battei  99)  mit  zwanzig 
Tafeln.  Denn  Colini' s  Ausgangspunkt  ist  nicht  Sicilien  sondern  die 
sorgfältig  beschriebenen  Funde  in  der  aeneolithischen  Ansiedelung 
und  Nekropole  von  Remedello,  aus  den  Jahren  1885  und  1886. 

Im  Gegensatz  zu  der  Cultur  der  Bronze-  und  ersten  Eisenzeit 
(Terremare  und  Villanova)  mit  ihrer  Leichenverbrennung,  werden 
hier  die  Reste  der  voraufliegenden  jüngeren  Stein-  und  der  Kupfer- 
zeit mit  dem  Ritus  der  Leichenbestattung  gesammelt  von  den  Al- 
pen bis  Cap  Leuca.  Die  an  dieser  Stelle  zu  gebende  Uebersicht 
muss  sich  beschränken  das  Gemeinsame  und  ganz  besonders  das 
Unterscheidende  hervorzuheben. 

Als  Wohnungen  der  Lebenden  sind  natürliche  Höhlen  beson- 
ders in  Ligurien  ermittelt,  sonst  vornehmlich  die  halbunterirdischen 


16C  E.    PETERSEN 

Hütten  üb8r  den  allein  erhaltenen  runden  oder  ovalen  fondi  di 
capanna,  öfters,  wie  grade  in  Remedello,  in  der  Nähe  der  Nekro- 
polen  nachgewiesen,  aber  grade  diese  sind  in  Sicilien  bis  jetzt 
mehr  gesucht  als  gefunden. 

Als  Gräber  sind  wiederum  natürliche  Höhlen,  z.  T.  dieselben 
die  zu  andrer  Zeit  als  Wohnung  gedient  haben,  wie  in  Ligurien 
(Colini  S.  225,  sonst  228  ff.  253),  häufiger  ausschliesslich  sepul- 
cral  benutzt  worden  in  den  verschiedensten  Theilen  Italiens,  wo 
die  Natur  solche  darbot.  Künstliche  Grotten,  namentlich  von  ähn- 
licher backofenartiger  Form  wie  die  altsikelischen  sind  auf  dem 
Festland  weiter  nördlich  bisher  kaum  nachgewiesen;  erst  in  Süd- 
italien wie  bei  Matera  zwischen  .Tarent  und  Potenza  ('),  und  auf 
den  Inseln  Pianosa,  Sardinien  sind  wirkliche  Analogien  nachgewie- 
sen, indessen  auch  hier  nicht  so,  dass  man  nicht  eingehendere  Beob- 
achtung bei  künftigen  Funden  und  namentlich  die  Auffindung  in- 
takter Gräber  wünschen  müsste,  die  in  Sicilien  ja  doch  auch  nur 
die  Ausnahmen  bilden,  und  die,  wie  Orsi  gezeigt  hat,  systematisch 
gesucht  sein  wollen. 

Auch  der  Ritus  der  Bestattung  weist  im  Besonderen  nicht 
so  viel  Uebereinstimmung  auf  (2).  Eine  negative  Uebereinstim- 
mung  ohne  allen  Belang  ist  dass  das  scarnimento  in  Italien 
sowenig  wie  auf  Sicilien  sicher  erwiesen  ist.  Das  wirre  Durchein- 
ander, in  dem  man  öfters  (Remedello  S.  107)  die  Todtengebeine 
gefunden  hat,  ebenso  das  Fehlen  mancher  Theile  oder  Verletzungen 
vorgefundener  durch  Kannibalismus  oder  durch  vorläufige  Beisetzung 
anderswo  zu  erklären  mag  ja  möglich  erscheinen  (3) ;  aber  Colini 
bemerkt  wiederholt,  dass  jene  Thatsachen  sich  anders  erklären  las- 
sen; und  vorläufige  Beisetzung  zugegeben,  so  würde  solche,  wenn 
zum  Zweck  der  scarnitura  angenommen,  jene  Thatsachen  in  den 
vermeintlichen  tombe  secondarie  offenbar  grade  am  wenigsten  er- 

(!)  Die  von  Sgurgola  S.  207  und  Cantalupo-Mandela  S.  208,  Caraeraia 
S.  211  sind  nicht  nur  vereinzelt,  sondern  auch  nicht  genügend  beobachtet 
worden  vor  ihrer  Zerstörung.  Ueber  Matera  s.  unten. 

(2)  Auch  untereinander  weichen  die  verschiedenen  Nekropolen  des  Con- 
tinents  ab,  z.  B.  .u  der  Orientation,  die  nach  allen  Himmelsgegenden  vor- 
kommt. 

(3)  Vgl.  Colini  S.  227,  229,  233  f.,  238,  253  (Sardinien\  wo  immer  es  als 
Ausnahme  zu  betrachten  ist  nach  Colini  S.  221,  242. 


FUNDE   UND   FORSCHUNG  167 

klären.  Färbung  des  Schädels  (Sgurgola  S.  207,  Taf.  XVI)  ist  nicht 
bloss  zu  vereinzelt  constatiert,  sondern  erklärt  sich  eben  in  diesem 
Falle,  dadurch  dass  auch  ein  par  mitbestattete  Pfeilspitzen  in 
gleicher  Weise  gefärbt  sind,  am  wahrscheinlichsten  als  Zufall. 
Die  öfter  beobachtete  Beigabe  von  Schminkstoffen  zur  Bemalung  des 
Leibes,  also  zum  Gebrauch  des  Todten  selbst  (vgl.  Colini  S.  227, 
243),  könnte  die  Ursache  sein ;  sie  ist  aber  doch  noch  etwas  ganz 
andres  als  die  Färbung  des  Skeletts. 

Das  Bemerkenswertheste  am  altsikelischen  Ritus  ist  aber  jene 
Versammlung  der  Gestorbenen  eines  Geschlechtes  im  Grabe  wie 
zum  Mahle  s.  R.  M.  98  S.  159  ff.,  mochten  auch  des  Raumes 
wegen  meist  die  früher  Bestatteten  bei  seite  geschoben  werden,  um 
Neuankömmlingen  Platz  zu  machen.  Weil  jener  mit  etruskischem 
Grabbrauch  verglichene  Ritus  in  der  II  Sikelerperiode  mit  ihren 
geräumigeren  Kammern  sich  deutlicher  herausstellt,  deshalb  ist 
er  noch  nicht  als  neuer  Ritus  anzusehen ;  und  wenn  man  ihn 
dennoch,  wie  Patroni  (vgl.  R.  M.  98  S.  171)  als  neuen  Brauch 
eben  durch  die  Einwanderung  der  Sikeler  vom  Festland  erklären 
möchte,  so  müsste  er  auf  dem  Festland,  da  wo  Sikeler  vorher  ge- 
sessen hatten,  und  gar  wo  auch  nachher  noch  welche  geblieben 
waren,  sich  nachweisen  lassen.  Dass  Patroni  das  zu  thun  vergebens 
sich  bemüht  hat  werden  wir  bald  sehn.  In  dem  was  Colini  ge- 
sammelt hat  tritt  jener  Ritus  nicht  hervor  (,).  Denn  wo  in  Höhlen 
Reste  von  vielen  Todten  gefunden  sind,  war  es  meist  zusammen- 
geworfenes Gebein ;  wo  aber  sorgfältige  Beisetzung  der  Todten  mit 
Kleidung  Schmuck  und  Geräth  beobachtet  worden,  wie  namentlich 
in  Remedello  (Colini  S.  105  f.  von  andern  Orten  und  Gegenden 
S.  215  ff.),  da  waren  sie  einzeln  bestattet,  nicht  sitzend  oder 
hockend  sondern  liegend  (2),  meist  auf  der  1.  Seite  und  nicht  zum 
Mahl  —  denn  Gefässe  fanden  sich  vorwiegend  in  den  Gräbern  der 

(»)  Vgl.  Colini  S.  211  (bei  Livorno),  212  ff.  bei  Vecchiano  in  den  Monti 
Pisani,  245  Tana  della  Mussina  (Prov.  Reggio  d'Emilia).  Ordentlichere  Bei- 
setzung scheint  in  den  der  Höhlen  Inseln  Pianosa  und  Sardinien  in  der  Umge- 
bung von  Cagliari  252  ff.  beobachtet  zu  sein. 

(*)  Selbst  in  natürlichen  Höhlen  vgl.  S.  242.  So  auch  in  den  wenigen 
grotte  artificiali,  mit  einer,  zwei  und  drei  Leichen.  Das  ganze  sepolcreto 
mit  seinen  vielen  Einzelgräbern  einer  natürlichen  oder  künstlichen  Grotte  zu 
vergleichen,  wie  Colini  z.  B.  S.  226  thut,  scheint  mir  nicht  zulässig. 


108  E.    PETERSEN 

Frauen  (Colini  S.  108,  223),  nicht  der  Männer  —  sondern  eher 
schlafend,  da  so  oft  (Taf.  II,  IV)  die  eine  Hand  an  den  Kopf  ge- 
legt ist,  während  die  andre  eine  Waffe  fasste  oder  ihr  nahe  lag. 
Wo  endlich  Speisereste  mit  Kohlen  untermischt  gefunden  wurden, 
da  scheint  der  Gedanke  an  wirklichen  Leichenschmaus  der  Ueber- 
lebenden  näher  zu  liegen  als  an  Todtenspenden  ('). 

Grösser  als  die  Aehnlichkeit  der  Gräberform  und  des  Bestat- 
tungsritus  scheint  diejenige  der  Beigaben,  des  Steingräths,  nur  dass 
auf  dem  Festland  die  Lanzenspitzen  oder  pugnali  und  Pfeilspitzen 
häufiger,  in  Sicilien  die  collelli.  Aehnlich  sind  kupferne  Lanzen- 
spitzen und  kurze  dreieckige  Dolche,  und  von  der  Thonwaare  z. 
T.  Formen  und  Ornamentik.  Hervorzuheben  ist  der  eigenthümHche 
'  neolithische  '  (2)  Becher  (R.  M.  98  S.  178  VII  6)  mit  geschweiftem 
Umriss,  den  ich,  weitergehend  noch  als  a.  a.  0.  S.  181  von  dem  in 
Sicilien  (a.  a.  0.  S.  166  V  1  f.)  so  oft  und  in  so  vielen  Varianten 
gefundenen  l  troischen '  Becher  (3)  ableiten  möchte,  seit  auf  Monte 
Tabuto  solche  wie  B.  f.  i.  98  T.  XX  18  und  auf  Monte  Kacello 
solche  wie  XXII  16  zutage  gekommen  sind,  und  seit  ich  Hörnes 
Urgeschichte  S.  272  Fig.  98  einen  Becher  dieser  Form  mit  einem 
Henkel,  und  mit  einem  Ornament  gefunden  das,  obwohl  in  andrer 
Technik,  nicht  gemalt,  doch  mit  Ornamenten  wiederum  von  M.  Ta- 
buto T.  XX  6,  XXI  2  (vgl.  XXII  2),  grosse  Aehnlichkeit  zeigt. 
Beispiele  aus  dem  Bresciano  bildet  Colini  Taf.  XI  ab.  Gemalte 
Keramik,  in  der  sikelischen  I.  Periode  so  hervorragend,  ist  auf  dem 
Festland  rar  (Ligurien  D.  93  Taf.  IX) ;  aber  zu  der  eingepressten 
von  Stentinello  und  andern  Orten  (s.  Andrian,  Praehist.  Studien  Taf.  V 
11  und  R.  M.  98  S.  178)  bieten  Colinis  Tafeln  VII  und  XI,  aus 
dem  Bresciano,  und  XVIII,  von  Sardinien,  Analogien,  letztere  frei- 
lich, wie  die  ganze  Stentinello  Keramik,  '  Schnur  '-  und  '  Band- 
verzierung' (s.  Hörnes,  Urgeschichte  S.  260)  vereinend,  und  schon 
stark  der  II.  Sikelerperiode  sich  nähernd,  auch  durch  die  Taf.  XVI. 
abgebildeten  Formen  mit  den  scharfkantigen  Profilen. 

(>)  Vgl.  Colini  S.  212,  214,  227,  230,  254. 

(2j  Vgl.  Pigorini  B.  p.  i.  VIII  Taf  II  und  Hörnes,  Urgeschichte  S.  271. 

(3)  Ich  verdanke  Colini  S.  286,  124  die  Berichtigung  eines  Irrthums, 
den  ich  ß.  M.  98  S.  166  begangen,  indem  ich  den  daselbst  V  5  wiedergegebenen 
und  S.  180  besprochenen  als  aus  Villafrati  im  NW  der  Insel  statt  aus  Grotta 
Lazaro  im  SO  herstammend  ausgegeben  habe. 


FUNDE    UND   FORSCHUNG  169 

Bestimmtere  Züge,  besser  zu  vergleichen  mit  dem  Altsikeli- 
schen  rinden  sich,  wie  gesagt,  im  Gebiet  von  Matera.  Auf  einer 
gegen  Norden  abfallenden  Terrasse,  der  Murgia  Timone  sind  es 
eine  Anzahl  (Patroni  verzeichnet  siebzehn)  Hüttenböden,  nicht  ein- 
getieft, sondern  im  Gegentheil  erhöhte,  etwas  gewölbte  Sockel  von 
Steinen,  wie  sie  die  Hütten  der  alten  Germanen  und  Sarmaten  auf 
der  Marcussäule  (z.  B.  Sc.  XVIII,  XX,  LXXI,  CII)  haben,  und  wie  der 
Theil  eines  solchen,  den  Orsi  noch  auf  Monteracello  fand  und  a.  0. 
S.  204  darstellte.  In  einem,  dem  von  Matera,  welchen  er  auf  S.  426 
abgebildet  hat,  erkannte  P.  zu  beiden  Seiten  des  Mittelpunkts  zwei 
rohbearbeitete  Herdsteine  (alari),  und  daneben  ein  rundes  Loch,  einst 
die  Centralstütze  der  Hütte  aufzunehmen  bestimmt,  wie  P.  anspre- 
chend vermuthet.  Nahe  den  '  Hüttenböden  '  liegen  drei  Gräber,  nur  1 
unter  sorgfältiger  Beobachtung  von  Patroni  ausgegraben,  2  und  3 
früher  ohne  solche.  Zwei  davon  liegen  an  einem  Graben,  der,  fast 
schon  abseits  von  den  Hütten,  1,80  breit,  0,80  tief  in  den  weichen 
Kalkstein  hineingetrieben,  164  Meter  weit  von  P.  verfolgt  ist,  ohne 
dass  seine  Bestimmung  klar  geworden  wäre.  Er  scheint  ausser  Be- 
ziehung zu  den  Gräbern,  obgleich  das  eine  derselben  unmittelbar, 
das  andere  dicht  an  demselben  gelegen  ist,  und  beide  zwar  nicht 
mit  ihrer  ersten  Anlage,  wohl  aber  mit  ihrem  Abschluss  wenigstens 
die  partielle  Ausfüllung  des  Grabens  zur  Voraussetzung  haben. 

Denn  die  Mündung  des  senkrecht  in  den  Boden  getriebenen 
Schachtes,  des  jwssettQ,  ist  von  einem  einfachen  Steinkreise  bei 
Grab  1  und  3,  von  einem  zweifachen  bei  dem  Doppelgrab  2  um- 
geben, und  diese  Kreise,  die  an  die  Circoli  vornehmer  Gräber  von 
Vetulonia,  oder  an  die  Steinkreise  von  Golasecca,  und  in  Mittel- 
italien bei  Tolentino  (s.  Gentiloni-Silveri  N.  S.  83  S.  3  f.),  oder  um 
noch  Grösseres  und  Ferneres  heranzuziehn,  an  den  vielbesprochenen 
Plattenkreis  von  Mykenae  erinnern  mögen  (l),<  greifen  über  den  aus- 
gefüllten und  gegen  den  Schacht  von  3  abgemauerten  (2)  Graben 

0)  Vgl.  Falchi,  Vetulonia  S.  75  circoli  interrotti  und  S.  91  c.  continui;  für 
Golasecca  Montelius,  civilisation  I,  Taf.  43,  Text  S.  234  ;  für  Mykene  Bel- 
gers  Referat  über  Tsuntas  -  Dörpfeld's  Controverse  im  Arch.  Jahrbuch  95, 
123  fg.  Vgl.  auch  die  Steinkreise  der  Samischen  Nordnekropole  bei  Boehlau, 
aus  ionischen  und  ital.  Nekrop.  S.  32  f. 

(2)  Diese  Abraauerung  wäre  ebenfalls  sehr  wohl,  ja  nothwendig  erst  bei 
Anlegung  des  Grabes  ausgeführt  zu  denken. 

12 


170  E.    PETERSEN 

hinüber.  Vom  Boden  des  Schachtes  aus  führt  die  fensterähnlich  kleine 
Thür  mit  hoher  Schwelle  in  die  Kammer  nicht  ganz  regelmässiger 
Form,  mit  vier  abgerundeten  Ecken,  darin  eine  sehr  erhebliche  Zahl 
von  Skeletten  lag,  und  mit  diesen  beigesetzt  allerlei  persönliche  Aus- 
stattung von  Stein,  Bronze  oder  Kupfer,  Glas,  Harz.  Bergkristall, 
Knochen,  endlich  Thongeschirr.  Das  sind  unleugbare  Uebereinstim- 
mungen  mit  den  altsikelischen  Gräbern,  die  schon  Quagliati  B.  96, 
282  ff.  hervorgehoben,  Patroni  dann  noch  greifbarer  herauszuarbeiten 
sich  scharfsinnig  aber  nicht  vorurteilsfrei  bemüht  hat.  Bei  den,  nach 
Füllung  der  Kammer  von  1,  in  dem  engen  Schacht  noch  Beigesetz- 
ten, deren  Leichen  in  dem  1,05  X  0,90  messenden  Raum  überhaupt 
kaum  anders  als  gekrümmt,  und  mit  den  Köpfen  an  die  Wände 
lehnend  liegen  konnten,  darf  von  dem  in  den  sikelischen  Kammern 
—  nicht  den  Vorräumen  —  beobachteten  Ritus  (s.  R.  M.  98  S.  161) 
den  P.  erkennt,  nicht  die  Rede  sein :  und  in  der  Kammer  ist  nur 
ein  völliges,  nach  Patroni  durch  Thiere  verursachtes  Durcheinander 
gefunden  worden.  Also  der  ritus,  den  Patroni  S.  504  und  508  als 
fatto  hinstellt  und  ausmalt,  ist  in  "Wirklichkeit  hier  gar  nicht  beob- 
achtet worden.  Das  von  Orsi  für  Sicilien  mehr  angenommene  als 
bewiesene  scarnimento  will  P.  hier  durch  zwei  Beobachtungen  fest- 
gestellt (vgl.  S.  504  und  508)  haben,  die  andre  schwerlich  für 
beweiskräftig  halten  werden  (l). 

Die  Form  der  Gräber,  weniger  noch  der  schon  annähernd  re- 
gelmässigen 1-3,  als  vielmehr  der  gewöhnliche  materanische  runde 
backofenartige  Typus,  von  welchem  P.  f.  511  ff.  ein  Beispiel  abbil- 
det, sodann  die  Massenbeisetzung  lassen  diese  in  Matera  nachge- 
wiesene Culturschicht  besonders  mit  den  Gräbern  von  Orsi's  I.  Sike- 
lischer  Periode  übereinstimmend  erscheinen,  deren  Ausstattung  nur 

(l)  S.  449  f.  dient  als  Beweis  wieder  die  Unmöglichkeit,  in  so  engem 
Kaum  zweiundzwanzig  Leichen  beizusetzen,  als  ob  alle  zugleich  beerdigt  wären ; 
S.  450  der  Fund  eines  Flintmessers  nahe  einem  Schädel  (vgl.  E.  M.  98,  161). 
Der  Hauptbeweis  ist,  dass  in  die  Augenhöle  eines  Schädels,  der  in  einer  Ecke 
des  pozzetto  1  gefunden  wurde  (S.  444  f.)  eine  Glasperle  eingedrungen  war. 
Das  soll  nach  S.  494  nur  so  möglich  gewesen  sein,  dass  der  Kopf  sich  vor- 
gebeugt und  die  am  Halse  desselben  Todten  noch  hangende  Perle  aufgefangen 
habe;  und  auf  gleiche  Weise  wird  das  Eindringen  einer  Muschel  fig.  70  auf 
S.  480  erklärt  und  als  novella  prova  questa  della  pronta  scarnificazione  che 
si  eseguiva  sul  morto  ausgegeben.  Ein  wenig  überzeugend  aufgebotenes  Spiel 
der  Phantasie  oder  des  Scharfsinns. 


FUNDE    UND    FORSCHUNG  171 

an  Steingeräth  ('),  vielleicht  aus  localen  Ursachen,  reicher,  sonst,  wie 
sie  R.  M.  98  S.  164  kurz  angegeben  ist,  wesentlich  dieselbe  ist 
wie  im  Grabe  1  von  Matera. 

Anders  urtheilt  Patroni,  der  in  Matera  die  Bestätigung  seiner 
R.  M.  98  S.  170  beleuchteten  Ansicht  findet,  wonach  Orsi's  I.  Periode 
noch  den  Sikanern,  und  erst  die  IL  den  aus  Italien  eingewanderten 
Sikelern  gehören  soll.  Es  ist  diese  Beweisführung  ein  weiterer 
Schritt  auf  der  R.  M.  98.  S.  174  charakterisierten  Bahn. 

"Was  P.  von  Uebereinstimmung  der  Grabform  und  des  Ritus 
sagt,  das  steht  mit  seinen  eigenen  früheren  allerdings  schillernden 
Aufstellungen,  in  Widerspruch  (2) ;  so  bleibt  als  Beweis  nur  der 
behauptete  gleiche  Charakter  der  Keramik '  ad  impasto  bruno,  priva 
di  colori,  con  piani  che  talora  s'incontrano  ad  angolo  vivo '  (S.  513, 
genauer  S.  481,  etwas  anders  die  nach  P.  altertümlicheren  Scherben 
aus  dem  zugeschütteten  Graben  S.  439).  In  Wahrheit  steht  die  Sache 
vielmehr  so,  dass  die  Bereitung  und  Glättung  des  Thones  (nicht 
Färbung  wie  in  II),  die  Formen  der  Gefässe  und  besonders  auch 
der  Henkel,  endlich  die  Musterung  vielmehr,  wie  Quagliati  richtig 
bemerkte,  in  Stentinello  Bull.  1890  T.  VI  ff.  (vgl.  besonders  VI  22 
und  VIII  4,  14  mit  N.  S.  97  S.  207,  32,  und  ebda  33  mit  VI  10) 
und  Castelluccio  B.  1892  T.  III  ff.  1893  T.  V  f.  also  in  der  ■  presike- 
lischen '  und  I  eher  als  in  der  schon  so  viel  vollkommeneren,  und 
speciell  auf  der  Grundlage  von  I  vervollkommneten  Keramik  von  II 
ihres  Gleichen  finden.  Patroni  betont  dass  in  Matera  wie  in  der 
II.  Periode  die  Malerei  fehle  (3) ;  aber  Quagliati  S.  283  bezeugt 
ausdrücklich :  ma  fra  i  cocci  della  caverna  '  de  pipistrelli '  pa- 
recchi  assumono  speciale  importanm  perche,  essendo  frammenti 

(*)  Indessen  bezeugt  Quagliati  S.  284  la  suppellettile  litica  della  Ca- 

verna  dey  pipistrelli  e  numerosissima molte  laminetie  a  mö1  di  coltellini ; 

weiter  le  ascie,  come  nel  siracusano,  sono  poche  u.  s.  w. 

(?)  Früher  (vgl.  R.  M.  98,  171)  schien  P.  mit  den  Sikelern  in  Sicilien  un 
rite  funSraire  nouveau  eingezogen,  der  sich  in  Nischen  an  den  /brwo-Grotten 
und  in  dem  Aufhören  des  scarnimento  kundgäbe.  In  Matera  findet  P.,  wie  er 
meint,  sichere  Beweise  der  scarnitura,  und  Nischen  sind  daselbst  (vgl.  auch 
.V.  S.  97  S.  211)  nicht  häufiger  als  in  I.  Nekropolen  Siciliens. 

(3)  In  N.  97,  204  erwähnt  er  rothgebrannte  Scheiben  mit  alcune  deco- 
razioni  a  piccole  bände  trasversali  brune  e  rosso-carminio.  Non  saprei  indi- 
care  riscontri  per  tali  vasi  che  non  somigliano  in  nulla  quelli  del  Castel- 
luccio. 


172  E.    PETERSEN 

di  vaso  a  fondo  rossiccio  con  ornalo  e  fascie  dipinte  in  nero, 
come  sono  i  noti  frammenti  eolorati . . . .  del  Finalese, . . .  od  ancor 
sviluppati,  ricordano  la  ceramica  . . .  del  villaggio  di  Castelluccio. 
Und  damit  nicht  genug,  auch  das  Ornament,  welches  aus  eingeritzten 
Linien  und  eingestochenen  Punkten  besteht,  geht  über  das  an  den 
eben  genannte  Plätzen  gefundene  nicht  hinaus,  kaum  auch  mit  dem 
unförmlichen  '  Mäander  '  (»)  fig.  101  (vgl.  Stentinello  VII  20,  Mon- 
teracello  B.  98  XXII,  2). 

Der  Versuch  in  Matera  die  Sikeler  auf  ihrer  Wanderung  nach 
Sicilien  zu  beobachten  ist  also  ebenso  fehlgeschlagen  wie  früher  der 
Versuch,  die  Funde  Orsi's  zwischen  Sikelern  und  Sikanern  in  Si- 
cilien aufzuteilen. 

Bei  der  Besprechung  der  Gräber  von  Pachynon  aus  der  IL  Pe- 
riode wirft  0.  den  schon  N.  92  S.  324,  2  angedeuteten,  bald  aus- 
zuführenden Gedanken  hin,  dass  alle  zunächst  um  Syrakus  herum 
gelegene  Nekropolen  Plemmyrion,  Pachynon,  Cozzo  del  Pantano  nicht 
über  die  IL  Periode  hinabgingen.  Diese  Thatsache  erkläre  sich  nur 
durch  das  Zurückweichen  der  Sikeler  vor  einem  übermächtigen 
Eindringling,  und  dieses  könnten,  da  von  Phoenikern,  trotz  Thu- 
kydides,  keine  Spur  sei,  nur  die  Griechen  sein.  Da  nun  die  IL  Pe- 
riode nur  bis  zum  10.  Jhdt.  v.  C.  reiche,  müsste  das  Auftreten  der 
Griechen  in  Sicilien  um  zwei  bis  drei  Jahrhunderte  früher  angesetzt 
werden  als  nach  den  traditionellen  Colonisationsdaten.  So  käme 
denn  das  von  Heibig  und  andern  zurückgewiesene  frühe  Datum  von 
Kymes  Gründung  wieder  in  Frage.  Indessen  darf  man  zweifeln, 
ob  die  gut  bezeugten  Gründungsdaten  dem  hauptsächlich  aus  den 
mykenischen  Vasen  in  den  Gräbern  der  IL  Periode  abgeleiteten 
Calcül  zu  opfern  sei;  zweifeln  auch,  ob  die  III.  Periode  mit  conkreter 
Eigenart  jene  drittehalb  Jahrhundert  genügend  fülle,  um  eben  die 


(l)  Zu  ihm  macht  Patroni  eine  befremdliche  Bemerkung  S.  493  questo 
fatto,  in  ambiente  preistorico  e  nelV  assoluta  impossibilitd  di  contatti  con 
la  genta  ellenica  e  la  civiltä  che  fiorl  poi  nel  bacino  Orientale  mediterraneo 
mostra  quanta  tara  bisogna  fare  aW  opinione  che  la  decorazione  a  meandro 
sia  nel  suolo  italico  un'  importazione  greca.  Orientalische  Einflüsse  erkennt 
P.  schon  in  Grab  1,  wie  in  den  anderen,  von  denen  2  b  (worin  die  Scherbe  mit 
Mäander  sich  fand)  jünger  ist  als  2a;  und  3  enthielt  Fibeln,  wie  sie  weiter 
entwickelt  in  sicilischen  Gräbern  der  III.  Periode  vorkommen,  in  denen  auch 
entwickeltere  Mäander  erscheinen. 


FUNDE   UND   FORSCHUNG  173 

IL  von  der  IV.  soweit  abzuhalten.  Es  will  mir  vielmehr  scheinen, 
dass  die  IV.,  welche  durch  den  Parallelismus  der  letzten  sikelischen 
mit  der  besser  bekannten  und  zeitlich  fixierten  griechischen  Keramik 
in  der  That  etwa  vom  8  bis  5.  Jhdt  reicht,  mit  der  III.  zu  einem 
guten  Theil  zusammenfällt.  Das  Hauptmerkmal  der  III.  sind  die 
Anfänge  des  in  der  IV.  herrschenden  geometrischen  Stiles  im  en- 
geren Sinne,  vertreten  durch  importierte  Gefässe  und  deren  locale 
Nachahmungen. 

Auf  den  ersten  Blick  könnte  häufigeres  Vorkommen  von  gra-. 
vierten  Gefässen  in  III  (vgl.  z.  B.  Finocchito  B.p.  i.  79  T.  VI)  noch  grös- 
sere Nähe  der  II.  Periode  anzuzeigen  scheinen ;  aber  dieselben  sind 
entweder  mit  den  jüngeren  zusammengefunden,  wie  T.  VI  23  und  24 
S.  171,  oder  selbst  von  jüngerer  Form,  wie  der  Askos  VI  6,  oder 
durch  das  Ornament  selbst  als  jünger  erwiesen,  wie  die  Mäander- 
vasen B.  97  S.  167  und  T.  VI,  11.  Die  protogriechischen  Gefässe, 
die  nicht  etwa  in  einzelnen  Gräbern  blos  vorkommen,  sind  also  das 
Bestimmende.  Sie  würden  die  III.  Periode,  die  sich  somit  als  den 
Uebergang  und  Anfang  der  IV.  darstellt,  nach  den  gewöhnlichen 
Daten  um  die  zweite  Hälfte  des  8.  Jhdts.  ansetzen  lassen,  und 
thatsächlich  nennt  Orsi  oft  die  III.  und  IV.  zusammen,  und  zählt, 
in  seinem  Verzeichniss  der  Nekropolen  IV.  Periode  auch  die  zur  III. 
gerechneten  wieder  auf  (,). 

Beachtenswerth  ist  allerdings,  dass  nicht  etwa  blos  die  imitier- 
ten sikelischen  Gefässe  in.Syrakus  und  Megara  nicht  gefunden  wur- 
den, sondern  auch  nicht  die  originalen  (2).  Diese  Thatsache  recht- 
fertigt aber  noch  nicht  den  Schluss  auf  einen  den  Gründungsjahren 
734  von  Syrakus  und  von  Megara  weit  voraufliegenden  Verkehr 
mit  den  Griechen.  Denn  wie  sollte  der  nach  Finocchito  hin  reichende 
Verkehr  nicht  auch  schon  Syrakus  berührt  haben,  einerlei  ob  man 
ihn  mit  Orsi  überhaupt  zwei  bis  drei  Jahrhunderte  früher  beginnen 
lässt  oder  nicht?  Da  ist  es  doch  einfacher  jene  Gefässe  aus  oder 

(')  Finocchito,  Tremenzano,  Noto  Vecchio,  Lentini. 

(*)  Dies  constatierte  Orsi  schon  B.  94,  S.  61;  nur  eines  gäbe  es  aus  Me- 
gara. Aber  eine  Amphora  von  Syrakus  ist  wenigstens  N.  93,  463,  aus  späterer 
Zeit,  die  ja  auch  an  einem  Theil  der  grossen  Krater  del  Fusco  (die  Orsi  we- 
nigstens erwähnt  S.  351)  sich  zu  erkennen  giebt,  wie  N.  95,  185,  verglichen 
mit  den  rein  geometrischen  N.  93,  477  und  95,  135,  137,  161,  172,  176  und 
93,  459  f.  und  95,  159,  die  einen  Uebergang  machen. 


174  E     PETERSEN 

über  eine  andere,  etwa  ionische  Colonie  der  sicilischen  Küste  ein- 
geführt zu  denken.  Genug,  es  ist  kein  neues  Element,  dessen  Auf- 
treten die  IV.  Periode,  gegenüber  der  III.  so  charakterisierte  und 
absonderte,  wie  die  I.  durch  die  gemalte  Keramik,  die  IL  durch 
die  mykenische,  die  III.  durch  die  frühgriechischen  Gefässe  gekenn- 
zeichnet wird.  Denn  die  lokalen  Nachahmungen  dieser  frühgriechi- 
schen Erzeugnisse  beginnen  alsbald  neben  dem  Import,  und  auch 
grössere  geometrische  Gefässe,  die  anforoni  sind  z.  B.  in  Finocchito 
nicht  etwa  blos  in  den  spätesten  Gräbern  gefunden  (1).  Endlich 
ist  auch  die  Form  der  Gräber  in  IV,  so  richtig  sie  von  Orsi  für 
den  sikelischen  Charakter  der  Nekropole  geltend  gemacht  wird 
(S.  326),  doch  nicht  aus  der  Grabform  der  III.  Periode  abzuleiten 
sondern  aus  einer  älteren.  Denn  die  loculi,  welche  in  Licodia-Eubea 
links  und  rechts  neben  dem  grabenartigen  Gang  zu  liegen  pflegen, 
der  vom  pozsetto,  dem  Schacht  her  führt,  sie  sind  nicht  entstanden 
aus  den  viereckigen  Kammern  mit  Kopfbank  an  einer  Wand  entlang 
wie  sie  in  Finocchito  (B.  94  T.  II)  und  Tremenzano  (B.  92  T.  I.) 
üblich  sind;  sondern  sie  leiten  sich  ebenso  wie  diese  direkt  aus 
der  alten  Nischen-Kammer  der  II.  und  I.  Periode  her,  und  schon 
die  Grotten  von  Matera  mit  den  erhöhten  Betten  neben  dem  schmalen 
tieferen  gangförmigen  Mittelraum  haben  mit  den  Kammern  von 
Licodia  grössere  Aehnlichkeit  als  die  von  Finocchito. 

Von  dem  Thongeschirr  gilt  dasselbe.  Orsi  selbst  hat  wiederholt, 
z.  B.  R.  M.  98,  349  f.  hervorgehoben  dass  die  Formen  der  besseren 
sikelischen  Gefässe  in  der  letzten  Periode  ein  Gemisch  aus  Sikeli- 
schem  und  Griechischem  darstellen,  indem  sowohl  Amphoren  —  we- 
niger die  Hydrien  —  als  Schüsseln  scodelloni,  die  Schalen  Ky- 
likes  und  Kannen  oder  Oenochoen  ihre  Vorläufer  in  den  frühe- 
ren Perioden  haben,  was  nur  vom  Askos  nicht  gesagt  werden  kann. 


(!)  Im  Ganzen  waren  deren  zwölf  (B.  97  S.  191),  in  elf  Gräbern.  Keines 
aber  dieser  Gräber,  soweit  wir  Genaueres  von  ihnen  hören,  enthielt  neben  jenen 
Amphoren  etwas  aus  dem  Kahmen  der  III.  Periode  herausfallendes.  Im  Gegen- 
theil  waren  im  Grabe  n.  54  auch  noch  zwei  ollette  con  anse  acuminate,  eine 
ältere  Form  nach  Orsi ;  und  in  n.  44  rechnet  Orsi  selbst  den  anforone  offenbar  zu 
einer  der  ältesten  der  sieben  deposizioni  dieses  Grabes.  Not.  92  S.  324,  2  erfahren 
wir  sogar  dass  eines  der  grössten  sikelisch-geometrischen  Gefässe  in  Donna- 
scala  bei  Giarratana  in  den  Bergen  südlich  von  Monte  Lauro  mit  zahlreichen 
Flintmessern  gefunden  wurde. 


FUNDE    UND   FORSCHUNG  175 

Besonders  reich  entwickelt  ist  das  Geschlecht  der  Kannen,  deren 
Spielarten  bis  in  die  II.  und  I.  Periode  hinauf  sich  zurückver- 
folgen lassen,  bei  deren  Formenentwickelung  wir  aber  zu  berück- 
sichtigen haben,  dass  das  sikelische  Geschirr  diese  Entwickelung 
doch  nur  in  Reflexen  zeigt,  dass  die  eigentliche  lebendige  Entwicke- 
lung dagegen  auswärts  zu  suchen  ist,  sei  es  an  einem  sei  es  an 
verschiedenen  Orten. 

Der  Zusammenhang  der  III.  u.  IV.  Keramik  mit  der  älteren, 
den  Orsi  für  die  Formen  zugiebt,  besteht  nun  ohne  Zweifel  auch 
für  das  Ornament  wo  Orsi  ihn  leugnet.  Was  dieser  nämlich  S.  351 
von  den  Amphoren  und  355  von  den  Askoi  sagt,  versteht  er  offenbar 
von  dem  ganzen  Decorationssystem,  das  für  ausschliesslich  grie- 
chisch und  grundverschieden  von  der  Decorationsweise  der  IL  und 
I.  Periode  ausgegeben  wird,  von  denen  jene  unorganisch  sei,  diese 
nun  einmal  durchaus  Geflechtformen  nachahmen  soll,  die  ja  doch 
auch  auf  jenes  System  sich  rechtwinklig  kreuzender  Linien  führen 
müssten.  In  diesen  Mittheill.  98  S.  177  ff.  ist  schon  in  der  Sten- 
tinello-Keramik,  also  der  '  vorsikelischen  '  Periode  die  beginnende 
Organisierung  des  Ornaments  nachgewiesen;  auch  in  der  reichen  I. 
Ornamentik  fehlen  weder  die  horizontalen  Zonen  noch  die  vertika- 
len Theilungen,  es  fallen  nur  die  Schrägen  der  Zickzacke,  der  Rhom- 
ben u.  s.  w.  stärker  ins  Auge;  und  andrerseits  fehlen  diese  auch 
den  Amphoren  u.  s.  w.  der  III.  IV.  Periode  nicht.  Ebenso  ist  die 
Vertikaltheilung  bei  etwa  der  Hälfte  der  abgebildeten  Gefässe  der 
IV.  Periode  nicht  vorhanden.  Kurz,  ein  Princip  organischer  Raum- 
theilung  und  bewusster  Unterordnung  der  ornamentalen  Elemente 
unter  jene  Raumtheilung,  ja  auch  bestimmte  Wahl  gewisser  Ele- 
mente für  gewisse  Theile  des  Gefässkörpers  wird  man  der  Keramik 
von  Monte  Tabuto  B.  95  T.  VI  und  98  T.  XX-XXII  oder  von 
Girgenti  B.  95  T.  IV  und  97  T.  I  unmöglich  absprechen  können. 
Die  geometrischen  Vasen,  die  Conze  in  seiner  berühmten  Abhand- 
lung sammelte,  sind  ja  im  Allgemeinen  in  Form  und  Verzierung  sehr 
verschieden  von  jenen  sikelischen,  die  zweifellos  älter  sind,  und  denen 
eine  Reihe  von  Elementen,  die  auf  jenen  gebräuchlich  sind,  fehlen. 
Dennoch  darf  man  getrost  behaupten,  dass  Gefässe  wie  die  Leydener 
Amphora  (Conze,  Zur  Gesch.  d.  Anf.  T.  I  oder  die  Kopenhagener 
T.  IX  2)  hinsichtlich  der  Gesammtwirkung  des  Ornaments  viel  mehr 
Aehnlichkeit  mit  der  Amphora  (mit  zwei  Henkelpaaren)  aus  der  Um- 


17G  E.    PETERSEN 

gegend  von  Girgenti  B.  95  T.  IV,  2  haben  als  mit  irgend  einem  der  von 
Orsi  abgebildeten  Gefässe  der  IV.  Periode.  Dass  geometrisch  verzierte 
Gefässe  solcher  Art,  wie  sie  in  Cypern  oder  in  Athen  oder  in  Boeotien 
gefunden  sind,  den  sikelisch-geometrischen  der  III.  IV.  Periode  ver- 
wandt sind  ist  gewiss  richtig ;  dass  solche  Verwandtschaft  griechischer 
geometrischer  Stile  sich  aber  auch  nach  oben  zu  der  Keramik  der  I. 
sikelischen  Periode  erstreckt  wird  begreiflich  durch  das  was  schon 
R.  M.  98  S.  190  bemerkt  wurde,  dass  ein  Hauptmotiv  der  sikeli- 
schen I.  Ornamentik,  nämlich  die  sich  kreuzenden  Doppel-Diago- 
nalen mit  anderen  Motiven,  gewiss  mehreren,  als  wir  zufällig  noch 
erkennen,  den  Sikelern  auf  jenen  knöchernen  '  Dolchscheiden  '  zu- 
getragen wurden.  Einzelnes  dafür  anzuführen  wird  später  Gele- 
genheit sein;  hier  sollen  nur  einige  Motive  von  Orsi's  sikelisch- 
geometrischem  Stil  genannt  sein,  die  auch  schon  der  I.  und  II- 
Keramik  eignen,  so  die  schon  R.  M.  98  S.  189  durch  II  und  I  bis  auf 
troische  Vasen  zurückgeführten  svolassi,  d.  h.  die  von  den  unteren 
Henkelansätzen  ausgehenden  geschweiften,  schwingenden  Band-Enden 
gleichenden  Linien  (Orsi  flg.  17,  mit  R.  M.  89  S.  188  X  4  f.,  unten 
Fig.  2,  zu  vergleichen  auch  Orsi  18  und  26,  wenn  diese  nicht  wie  71 
und  72  das  bekannte  S  Ornament  sind);  die  festoni  17  und  18  (vgl. 
R.  M.  98  S.  189) ;  die  Iremoli,  namentlich  wo  als  Doppellinie  vertikal 
zwischen  Horizontalen  oder  umgekehrt,  wie  Orsi  46,  zu  vergleichen 
mit  den  I.  Bechern  R.  M.  98  S.  185  VIII  3;  die  Diagonalen  0.  46,  65 
mit  eben  jenen  Bechern ;  ferner  die  Romben  54,  die  innen  von  Punkten 
begleiteten  Doppellinien  0.  74,  wie  schon  in  Stentinello  und  dann 
besonders  in  der  II.  Periode:  R.  M.  98  S.  163  III.  und  S.  178  VII  5; 
ganz  besonders  aber  die  X  mit  zwei  gefüllten  Scheitelwinkeln 
(clepsidre)  wie  74,  76,  77,  die  ebenso  wie  das  aus  dem  Hakenkreuz 
enstandene  Schema  0.  78  schon  in  der  I.  Malerei  auftaucht :  R.  M.  98 
S.  185  VIII  6  und  10  und  ebenda  13  und  1  (ein  wenig  anders). 
Nachdem  in  der  durch  Ors'is  Verdienst  soviel  besser  bekann- 
ten Keramik  seiner  dritten  und  vierten  Periode  das  Fortleben 
von  in  vorhistorischen  Zeiten  überkommenen  Formen  auch  noch 
in  historischer  Zeit  constatiert  ist,  trotz  der  Uebermacht  notorisch 
griechischer  Einflüsse,  die  freilich  auch  selber  von  jenen  in  vorhisto- 
rischer Zeit  nach  Sikelien  reichenden  Anregungen  nicht  unberührt 
sein  können,  sehen  wir  nun  wie  weit  auch  in  Süditalien  ähnliche 
Beobachtungen  zu  machen  durch  Forschungen  der  letzten  Jahre 


FUNDE   UND   FORSCHUNG  177 

Gelegenheit  gegeben  ist.  G.  Patroni  hat  in  den  Momtmenti  antiehi 
der  Lineei  VI  (allerdings  schon  1896)  über  vasi  arcaici  delle 
Puglie  nel  Museo  Nationale  dl  Napoli,  eine  Studie  mit  guten 
Abbildungen  veröffentlicht,  deren  Inhalt  in  Kürze  als  Eingang  zu 
weiteren  Untersuchungen  wiederholt  ist  in  desselben  La  Ceramica 
antiea  nell' Italia  meridioiiale,  Neapel  1897  S.  19  f.  (1). 

Mit  Recht  scheidet  P.  sein  Material  zunächst  einmal  in  zwei 
Theile ;  aber  es  war  ein  grosser,  von  M.  Mayer  N.  98  S.  207  be- 
leuchteter Irrthum,  durch  ein  par  x\eusserlichkeiten,  wie  etwa  die 
Form  des  Doppelaskos  oder  durch  die  Zeichnung  der  menschlichen 
Köpfe,  sich  verleiten  zu  lassen,  die  erste  dieser  Klassen,  wenn  auch 
durch  Jahrhunderte  getrennt,  dennoch  für  direkt  von  '  aegaeischer  ' 
d.  h.  mykenischer  Tradition  abhangen  zu  lassen,  wo  trotz  aller, 
nicht  so  sehr  aus  Ungeschick  wie  aus  flüchtigem  Handwerk  ent- 
sprungener Kritzelei  sogleich  deutlich  sein  musste,  dass  nicht  eine 
Degeneration  mykenischer  sondern  griechischer  z.  T.  spätitalisch- 
griechischer  Ornamente  vorliegt.  Grade  weil  die  Langlebigkeit,  man 
möchte  sagen  Unsterblichkeit  gewisser  Motive  oft  zweifeln  lässt, 
welchen  Alters  die  einzelne  Erscheinung  derselben  sein  möge,  deshalb 
ist  es  lehrreich,  hier  einmal  recht  deutlich  zu  erkennen,  dass  diese 
Kritzeleien  nicht  mykenische  sondern  griechische  Ausgestaltung  der 
Motive  zur  Grundlage  haben,  wie  bei  dem  Gefäss  auf  P.'s  Tafel  XIII 
1  in  Ornament  1  =  5  (von  oben  gezählt)  3  =  7,  mit  den  auf  den 
Ranken  laufenden  Thieren,  6  der  dreistrichigen  Ranke  (vgl.  R.  M.  97 
T.  X),  ohne  Weiteres  klar  ist;  die  letztere  erst  apulischen  Vasen 
nachgebildet.  In  dem  Landschaftsbild  genügt  ein  Blick  auf  das 
Ganze,  auf  die  Bewegung  der  Figuren  —  deutlicher  bei  denen 
S.  361  und  wiederholt  La  Ceramica  S.  19,  gar  bei  den  lustigen 
N.  98  S.  210  —  endlich  auf  die  Zeichnung  der  Blätter,  um  das 
Richtige  zu  erkennen,  das  ja  auch  durch  die  Inschrift  Fig.  3  nicht 
eben  verdunkelt  wird.  Ganz  bekannte  griechische  Schemata  sind 
auch  T.  XIII  Fig.  2  Orn.  1  und  3.  Unter  diese,  als  Zeugen  alter 

(!)  Vgl.  B.  p.  i.  98  S.  67,2.  Die  apulischen  geometrischen  Vasen  waren 
längst  beachtet,  auch  von  solchen  die  nichts  darüber  veröffentlichten.  Sie  ha- 
ben aber  auch  ,in  neueren  Vasenkatalogen  lange  ihren  Platz,  so  bei  Furtwäng- 
ler,  Beschreibung  d.  Vas.  i.  Ant.  Berlin,  1887  S.  29  ff.;  Winnefeld  Beschr. 
d.  Vasensamml.  Karlsruhe  1887  S.  6;  Masner,  Sammlung  ant.  Vas.  u.  Terrae. 
Oesterr.  Mus.  Wien  1892. 


178  E.    PETERSEN 

Tradition  so  gut  wie  gar  nicht  in  Betracht  kommenden  Gefässe  ist 
nun  aber  achtlos  eines  von  ganz  verschiedener  Art  gerathen ;  näm- 
lich der  kleine  unförmliche  Askos  o  Fig.  12,  welcher  vielmehr  in 
die  zweite  Klasse,  die  geometrischen  Vasen  gehört,  auch  hier  etwas 
isoliert.  Werden  aus  dieser  die  wiederum  ungehörig  eingemischten 
Stücke  (')  ausgeschieden,  so  ist  an  dem  Kest  der  eigenartige  und  alter- 
tümliche Charakter  des  Ornaments  wirklich  auffällig.  Aber  nicht  ge- 
nug dass  die  bis  jetzt  älteste  Keramik  jener  Gegenden,  nämlich  die 
Tarentiner  in  der  ersten  Arbeit  P.  noch  unbekannt  geblieben  (2) 
scheint,  und  erst  in  der  zweiten  S.  7  ff.  herangezogen  wird,  so 
werden  auch  noch  unterschiedslos  Gefässe  zusammengebracht,  welche 
von  andrer  Seite,  nämlich  von  M.  Mayer,  dem  Direktor  des  Mu- 
seums in  Bari,  auf  Grund  grosser  Vertrautheit  mit  dem  apulischen 
Material,  strikt  zu  scheiden  versucht  wird,  in  diesen  Mittheilun- 
gen 1897  S.  201,  1898  S.  13.  Freilich  sind  bei  diesen  Zuteilun- 
gen manche  Provenienzangaben  in  aufgeklebten  Zetteln  alter  Mu- 
seumsstücke verworfen,  aber  nie  ohne  Angabe  bestimmter  Gründe. 
Als  südapulisch  stehen  hier  voran  die  Kotellenamphoren 
(torseile  mit  landesüblichem  Namen  schon  bei  Lenormant,  Ga- 
zette archeolog.  1881/2 S.  106  genannt;  s.  Furtwängler  Berl.  Vas. 
Taf.  IV  14)  mit,  der  Regel  nach,  zwei  Scheibenpaaren,  die  senk- 
recht aussen  an  die  Henkel  sich  heften,  eines  am  Mundansatz, 
eines  in  der  scharfen  Biegung  des  Henkels ;  hoch  über  dem  Munde ; 
danach  Kannen  (brocke),  A.skoi,urne  besser  Krater  genannt.  Letztere, 
z.  T.  sehr  ähnlicher  Form,  sind  das  Hauptgefäss  der  mittelapu- 
lischen  Zone,  daneber  wieder  Askoi,  ein-  und  zweihenklige  Tassen 
oder  Kannen,  Schalen,  Schüsseln  u.  s.  w.  Die  systematische  Behand- 
lung der  nordapulischen  Gattung  von  Mayer  liegt  noch  nicht 
vor;  als  Ersatz  mag  aber  einstweilen  ein  ausführlicher  Bericht 
(N.  98  S.  195)  von  Mayer  über  Funde  in  Canosa,  einem  Hauptorte 
dieser  Zone  dienen.  Hierher  gehört  auch  das  Meiste  von  dem  was 
Patroni  seiner  zweiten  Klasse  zutheilte :  Tassen  flach  und  tief,  mit 
hohem  bandartigem  Henkel,  Kannen  oder  Tassen,  deren  flache  Mün- 

0  Z.  Th.  von  P.  selbst  bemerkt,  (vgl.  auch  M.  Mayer  R.  M.  1899  S.  14 
Anm.)  so  alles  von  ßß  an.  Den  Askros  s.  unter  Fig.  4. 

(*)  S.  9  sagt  der  Verf.  allerdings:  In  conclusione,  per  i  veri  conoscitori 
del  materiale  archeologico  della  bassa  Italia,  questi  vasi  dl  Taranto  non 
sono  una  novitd. 


KUNDE    UND   FORSCHUNG  179 

dung  ohne  Hals  auf  dem  birnförmigen  Körper  sitzt,  von  wunder- 
licherer Form  die  gedrückt  birnförmigen  Krüge  mit  trichterförmi- 
ger Mündung,  zwei  Stümpfen  neben  zwei  wirklichen  Henkeln,  Askoi 
mit  vogelähnlichem  Leibe,  ferner  jenes  seltsame  aus  dem  Askos 
gewordene  Gefäss,  das  Patroni  für  eine  Lampe  hält,  das  aber  viel- 
mehr zugleich  zum  Trinken  durch  ein  Sieb  oder  zum  Saugen,  so- 
fern der  Kopf  des  Thieres  gegenüber  dem  Sieb  durchbohrt  ist  (bez. 
wenn  die  zweite  Mündung  weit,  gleich  der  Eingussmündung  ist, 
zum  Giessen)  geignet  ist:  Mon.  Line.  VI  S.  378,  Fig.  21  f.,  die 
Form  Furtwängler  Berl.  Vas.  Taf.  V  86.  Aus  dem  Askos,  der  selber 
rundbauchig  wird,  entwickeln  sich  dann  auch  die  grossen  Doppel- 
askoi,  sei  es  durch  ein  gewisses  Gefühl  für  Symmetrie,  sei  es  durch 
denselben  Sinn,  der  auch  schon  jene  barocken  Giess-Trinkgefässe 
und  nun  auch  die  Doppelsitulae  erzeugte.  Damit  und  mit  den  auch 
in  der  Form  hellenischen  Thymiaterien,  Kalathoi  u.  s.  w.  ist  diese 
Entwickelung  bei  jenen  letzten  Phasen  angelangt,  die  Patroni  als 
Italisch-Mykenisches  an  den  Anfang  stellte.  Das  zeigt  sich  auch 
im  Ornament,  das  in  der  süd-  und  nordapulischen  Keramik  von  rein 
geometrischem  Linienspiel  sich  mehr  und  mehr  zur  Nachahmung 
von  Pflanzen  und  lebenden  Geschöpfen  wendet ;  während  die  mittel- 
apulische  bei  ihren  rein  abstracten  Schemata  verharrt.  Was  dies 
verursachte,  das  brauche  ich  hier  nicht  zu  erörtern;  wohl  aber 
inuss  betont  werden,  dass  die  nord-  mittel-  und  südapulische  Kera- 
mik trotz  aller  späteren  Differenzierung  gemeinsame  Grundzüge  hat, 
sowohl  in  den  Formen  als  im  Ornament. 

Was  die  Formen  anlangt,  so  ist  nicht  blos  der  Askos  allen 
drei  Zonen  gemeinsam;  auch  der  Krater  mit  den  Köhrenhenkeln 
und  der  Annäherung  an  den  Colonnettkrater  Mittel-  und  Südapu- 
lien  gemeinsam,  sondern  Amphora,  Kanne,  Tasse  haben  in  Nord-, 
Mittel-  und  Südapulien  dieselbe  kugelige  oder  besser  birnförmige 
Grundform.  Dazu  kommen  recht  auffällige  Uebereinstimmungen  in 
der  Henkelbildung,  nicht  blos  die  Neigung  den  Henkel  oben  in  schar- 
fem Knick  zu  biegen,  sondern,  vorzüglich  charakteristisch  die  Ver- 
zierung mit  den  Scheibchen  roteile,  die  entweder  quer  dem  Henkel 
aussen  angeheftet  sind,  oder  der  Fläche  aufliegend.  Das  bekannteste 
Beispiel  solcher  Henkelverzierung  bieten  eben  die  südapulischen 
torzelle,  bei  denen  Patroni  und  Mayer  jeder  eine  andre  Erklärung 
dieser  Henkelzuthat  geben.  Jener  glaubt  die  Form  von  Lucanien 


180  E.    PETEHSEN  \ 

herübergekommen  wo  er  zwei  (l)  bauchige  Gefässe  abgebildet  N. 
97  S.  168,  18  und  169,  20  B.  98  S.  70  und  72)  gefunden  hat, 
auf  deren  geometrisches  Ornament  noch  zurückzukommen  ist  (2).  Das 
eine  einhenklige,  wohl  als  Kanne  anzusehen,  hat  die  Scheibchen 
am  oberen  Ansatz  des  nur  bis  zur  Mündung,  nicht  darüber,  sich 
erhebenden  Henkels,  also  ähnlich  wie  die  zwei  südapulischen  Kan- 
nen, Mayer  98  S.  213,  welche  indessen  die  Scheibchen  auch  am 
unteren  Ansatz  haben.  Das  andre  war  zweihenklig,  der  Form  nach 
der  torsella  Mayer  98  S.  204  ziemlich  ähnlich,  nur  die  Henkel 


A/f*a.p. 


mehr  wie  bei  Fig.  2  auf  der  folgenden  Seite  gebogen.  Jenes  luka- 
nische  Gefäss  nun  hat  die  Scheibchen  nicht  an  einem  der  Ansätze 
sondern  an  der  oberen  Biegung  des  Henkels,  und  diese  Gefässe 
schreibt  P.  nach  den  mitgefundenen  Bronzen  dem  6.  Jhdt.  v.  Ch. 
zu.  Sie  wären  also  älter  als  irgend  eine  apulische   torsella  nach 


0  Im  B.  98  S.  74  Anm.  erwähnt  P.  allerdings  noch  ein  par  '  archaische  ' 
winzig  kleine  torzelle  im  Museum  von  Capua. 

(2)  In  meiner  Figur  1,  gleich  den  folgenden  einem  Nothbehelf.  sind  nur 
Henkelformen  skizziert,  oben  in  der  Mitte  der  eigentlichen  Torzelle,  links  2 
und  3  von  Patroni's  Vasen  aus  Vallo  di  Diano,  rechts  von  Mayers  Lecceser 
Amphora,  weiter  rechts  und  unten  die  von  mir  weiterhin  verglichenen  Henkel- 
formen von  Tarentiner  und  apulischen  Gefässen  in  Neapel  und  Bologna  mit 
an-  und  aufliegenden  Rotellen  und  Augen. 


FUNDE   UND    FORSCHUNG 


1S1 


Mayers  eigener  Zeitschätzung.  Aber  das  Beispiel  ist  vereinzelt ;  und 
ausserdem  ist  es,  wenn  griechisches  Vorbild  zugegeben  wird,  nicht 
so  erheblich,  ob  dieses  über  Lucanien  nach  Apulien  oder  um- 
gekehrt seine  Wirkung  ausgeübt  (!).  Darf  man  doch  auch  nicht  glau- 
ben, den  Strom  solcher  Einwirkung  grade  handwerklicher  Erzeugnisse 
in  ein  einziges   Bett  zwängen   zu   können.   Wichtiger  ist  für  den 


j/tr/lo  cid  JL>''oi9 


Fig.  2. 


f1)  Man  vergleiche  in  Fig.  2  das  Gefäss  von  Vallo  di  Piano  mit  dem 
von  Metapont,  genauer  von  einer  14  kilom.  von  Metapont  entferten  Stelle,  und 
man  wird  nicht  in  Abrede  stellen  können,  dass  die  sonderbaren  Haken  an  der 
unteren  Zone  beider  gleichen  Ursprungs  sind.  Bei  Metapont  sind  wir  aber 
ebenso  weit  von  Südapulien  entfernt  wie  von  jenem  Theile  Lucaniens.  Der- 
selben Herkunft  bei  Metapont  notierte  ich  im  dortigen  Museum  vor  etwa  zehn 
Jahren  sowohl  bessere  Vasen  gleicher  Form,  auch  ohne  den  horizontalen 
Henkel  mit  derselben  Ornamentik :  wechselnd  Gruppen  schwarz  und  hellbraun- 
röthlich  auf  gelblichem  (von  Ueberzug  ?)  Grund  gemalter  Zonen,  als  auch 
gemeine  mit  schmutziggrauem  Grund  und  von  plumperer  Form,  beide  mit 
denselben  Haken  oder  bald  mehr  hängenden,  bald  mehr  schwingenden  Schwänz- 
chen an  der  unteren  Zone.  Es  ist  evident  dass  diese  Schwänzchen  einer 
Abstammung  sind  mit  den  schon  erwähnten  svolazzi,  welche  von  den  Hen- 
keln sikelisch-geometrischer  Hydrien  ausgehn,  so  auf  dem  nach  R.  M.  98  S.  315 
hier  in  Fig.  2  wiederholten  Stück  von  Licodia,  mit  solchen  gemalten  Fortset- 
zungen sowohl  des  vertikalen  wie  des  horizontalen  Henkels.  Zu  beiden  finden 
sich  mehr  Beispiele  R.  M.  98  S.  188  17  f.;  besonders  18  b.  Ebenda  sind  auch 
schon  die  z.  T.  völlig  gleichen  Henkelfortsetzungen  in  sikelischer  Keramik 
verglichen,  gravierte  der  zweiten,  gemalte  der  ersten  Periode.  Täuscht  mich 
eine  Skizze  nicht,  so  bietet  ein  doppelkonischer  Kelch  mit  drei  Stützen  im 
Syrakusaner  Museum,  bei  jüngeren  Sachen  von  Pantalika  gesehen,  aber  au- 
genscheinlich erster  Periode,  ganz  ähnlich  geschwungene  Fortsetzungen  der 
vertikalen  Stützen.  Auch  auf  Troisches  ist  a.  a.  0.  schon  hingewiesen;  auf 
Aehnliches  im  Villanovakreise  ist  später  zu  kommen.  Dass  aus  denselben 
geschwungenen  Endigungen  I.  sikelischen  und  mykenischen  Forraenschatzes 
auch  die  eckigen  Hakenmotive  in  Italien  wie  in  Sicilien  sich  entwickeln  ist 
unten  zu  sagen. 


182  E.  PETERSEN 

Augenblick  die  q u e r  und  die  anliegenden  Scheibchen  als  zwei 
Varianten  desselben  Motivs  zu  verstehen.  Torzellen  ähnliche  Am- 
phoren nämlich,  statt  mit  den  regelmässigen  zwei  Paar  Rotellen, 
giebt  es  mit  sonst  wesentlich  gleichgebildeten  Henkeln  auch  ohne 
alle  Rotellen,  oder  mit  nur  einem  Paar  (an  der  Biegung),  oder  mit 
zwei  aufliegenden  Scheibchenpaaren,  das  eine  nahe  der  oberen  Bie- 
gung des  Henkels,  das  andre  beim  oberen  Ansatz,  an  dem  Lecceser 
Gefäss  R.  M.  98  S.  247.  Hier  ist  namentlich  der  Platz,  den  die 
Scheibchen  am  Ansatz  haben,  beweisend,  da  dies  bei  den  griechi- 
schen Vorbildern  ja  der  reguläre  Platz  des  einen  Rotellenpaares  ist, 
der  "bei  den  Torzellen  zu  Gunsten  der  Henkelbiegung  aufgegeben 
ist,  vielleicht  unter  Einwirkung  der  bekannten  Neigung,  hier  oben 
auf  dem  Henkel  dem  Daumen  der  fassenden  Hand  gleichsam  einen 
Sattel  zu  bereiten  (vgl.  unten  S.  187).  Dieselben  nagelartigen  Scheib- 
chen, wie  in  Nachahmung  von  Metalltechnik,  fand  ich  auf  dem 
Ansatz  des  breiten  bandartigen  Henkels  einer  oder  mehreren  tiefen 
nordapulischen  Tassen  im  Museum  von  Neapel  und  an  gleicher  Stelle 
bei  einer  birnförmigen  Kanne,  abgebildet  Mon.  Line.  VI  S.  382,  27, 
auch  hier  noch,  wie  Patroni  bezeugt,  plastisch  und  zugleich  mit  con- 
centrischen  Kreisen  bemalt.  Weitergehend  muss  man  aber  auch  die 
nicht  mehr  plastischen,  gelegentlich  sogar  eingebohrten  aber  immer 
mit  Ringen  oder  Spiralen  gezeichneten  '  Augen '  an  den  wunderlichen 
Griffen  (neben  Henkeln)  oder  selbst  Henkeln  jener  '  Lampen '  -  Trink- 
gefässe  und  der  gedrückten  Krüge  mit  trichterförmiger  Mündung, 
Patronis  orcio  appulo  (Mon.  Line.  VI  S.  374  f.  Fig.  16.  17,  die 
Form  Furtwängler,  Berl.  Vas.  Taf.  IV  8)  heranziehen,  wo  von  zwei 
Augenpaaren  eines,  sonst  das  einzige  denselben  Platz  unten  gegen 
den  Gefässrand  einnimmt,  und  namentlich  wo  die  Augen  seitlich  vor- 
treten, wenn  auch  nicht  querstehend  wie  die  eigentlichen  Rotellen, 
vgl.  Mon.  Line.  VI  S.  380  ff.  Fig.  25  ff.  Ursprünglich  scheint  dieser 
Griff  ein  Thierkopf  zu  sein,  wie  bei  einem  Pariser  Exemplar  des 
orcio  appulo:  Pottier,  Vases  ant.  du  Louvrepl.  29  D  20  noch  deutlich 
ist.  Verdunkelt  ist  diese  Vorstellung  bei  dem  andern  Gefäss,  das  ja 
einen  Thierkopf,  Vogel  wie  es  scheint  (s.  Fig.  1),  an  andrer  Stelle 
hat,  vom  Askos  hergenommen.  Eine  ähnliche  birnförmige  Kanne  wie 
Mon.  Line.  VI  S.  382  Fig.  27  ist  in  Suessula  gefunden  (N.  78 
T.  IV  4),  kein  ausreichender  Grund,  um  auch  jene  und  Fig.  26  mit 
Patroni  S.  382  Anm.  2  und  Rendiconti  95  S.  303  für  campanisch  zu 


FUNDE   UND    FORSCHUNG  183 

halten,  da  Vasen  gleicher  Form  und  Ornamentik  auch  in  Lecce  und 
Ruvo  begegnen,  und  eine,  genügend  bezeugt  N.  97  S.  433,  in  Bi- 
tonto  gefunden  ist,  speciell  auch  mit  dem  Henkel  mit  zwei  spitzen 
Ohren,  auch  dieser  ähnlich  in  Suessula  gefunden,  N.  78  IV  22. 
Auf  diese  Form  ist  unten  zurückzukommen.  Ist  doch  auch  noch  eine 
andre  Form  in  diesen  Zusammenhang  gehörig,  eine  Art  primitiver 
Colon nettkrater  anders  freilich  als  die  altsyrakusanischen  (vgl.  R.  M. 
96  S.  264),  mit  vier  oder  zwei  einfachen  Henkeln,  wie  die  S.  179  er- 
wähnten süd-  und  mittelapulischen.  Denn  diese  röhrenförmigen  Hen- 
kel sind  oben  nicht  immer  trichterförmig  abgeschlossen,  sondern 
öfters  auch  mit  Scheiben,  die  nun  freilich  wieder  anders  zu  Henkel 
und  Gefässrund  stehen  als  die  schon  besprochenen  (s.  Fig.  1). 

Deutlicher  noch  als  die  Henkel  zeugt  nun  aber  das  geometri- 
sche Ornament  für  gemeinsame  Abstammung  der  nord-  mittel-  und 
südapulischen  Keramik,  der  wir  nach  dem  oben  Bemerkten  nun  z.  T. 
auch  Altlucanisches  und  Altcampanisches  anschliessen  dürfen.  (Vgl. 
die  mit  denselben  Nummern  wie  im  Folgenden  bezeichneten  Sche- 
mata in  Fig.  3  und  4). 

Gemeinsam  Süd-  Mittel-und  Nordapulien  sind  la  einfaches  und 
lb  geknotetes  Zickzack,  auch  mit  kleinen  in  die  Winkel  eingelegten 
Dreiecken,  Romben,  ohne  2a  und  mit  Knoten  an  den  Ecken  2b,  erstere 
einzeln  oder  gereiht,  auch  gefüllt  mit  Gitterwerk;  3  Schachbrett, 
grad  oder  schräg  liegend,  dann  auch  rombisch  3b;  4  clepsidre 
d.  h.  durch  Diagonalen  getheilte  Quadrate,  von  deren  vier  Dreiecken 
zwei  gegenüberliegende,  sei  es  die  über-,  sei  es  die  nebeneinander 
liegenden  gleichgefärbt  sind,  gewöhnlich  die  einen  mit  der  Mal- 
farbe, die  andern  in  der  Grundfarbe,  oder  sonst  mit  hellerem 
Ton ;  bei  letzteren  fehlen  auch  oft  die  Quadratseitenlinien.  Wie  das 
vorige  Schema  aus  einfachen  sich  kreuzenden  Diagonalen,  so  geht 
aus  gekreuzten  Doppeldiagonalen  5  ein  andres  schöneres  Schema 
hervor.  Da  hier  das  von  den  Doppellinien  gebildete  Kreuz  die  vier 
Dreiecke  auseinanderhält,  werden  alle  vier  gleich  gefärbt  und  ihre 
Spitzen  werden  verbunden  durch  das  in  der  Linienkreuzung  lie- 
gende den  Dreiecken  gleich  gefärbte  Rechteck  (*).  Jenachdem  die 

Q)  Diese  Linienschemata  haben  ihre  Etymologie ;  die  hier  gegebene  von 
der  Figur  R.  M.  98  S.  245  und  99  S.  34  6bis  ist  augenscheinlich  richtiger 
als  die  von  Mayer  als  clepsidre  incrociate  S.  246.  Denn  die  geschweiften 
Grundlinien  der  vier  Dreiecke  entsprangen  aus  dem  Streben,  vor  allem  das  helle 
Diagonalkreuz  hervortreten  zu  lassen.  Vgl.  auch  99  Taf.  IV  24,  hier  Fig.  3. 


184  E.    PETERSKN 

gekreuzten  Doppellinien  enger  oder  weiter  gestellt  werden,  sind  die 
Dreiecke  kleiner  oder  grösser,  in  umgekehrtem  Verhältniss  zum 
Mittelquadrat  oder  Kombus;  denn  zwischen  den  Extremen  in  der 
Mitte  liegt  das  schachbrettförmige  System  von  neun  Quadraten  oder 
Romben ;  ein  Extrem  dagegen  sind  die  oben  2b  genannten  Romben 
mit  Knötchen  an  den  Ecken  (Vgl.  Fig.  3,  Schema  2b  und  5). 

In  der  exclusiv  geometrischen  Zone  Mittelapuliens  sind  nament- 
lich diese  letzteren  Muster  reicher  entwickelt,  ebenso  fast  aus- 
schliesslich eignen  ihr  G  die  semicerchi  pendenti  (aus  Südapulien 
nur  R.  M.  98  S.  211,  18  ;  die  ovoli  der  canosinischen  hellenisier- 
ten  Doppelasken  u.  s.  w.  darf  man  kaum  hierher  rechnen),  die  Doppel- 


A^  4C; 


m 


■vg^rV*^*^ 


— —  X. 


ere 


^ 


ij) 


Fig.  3. 


spirale  R.  M.  99  Taf.  IV  35  besonders  endlich  7.  8  das  Hakenkreuz, 
und  die  ihm  nah  verwandten  Mäanderformen,  jene  in  verschiede- 
nen Varianten  auch  in  Nordapulien  und  Suessula,  dieser  in  Süd- 
apulien vereinzelt  in  einfachen  und  mehr  classischen  Formen,  so 
auch  in  den  späten  Canosiner  Vasen;  in  absonderlichen  Formen 
dagegen  in  Mittel-  und  Nordapulien  und  desgleichen  in  Suessula :  es 
ist  die  eckig  gebrochene  Spiralwindung  oder  wie  Mayer  99  S.  30  sagt 
spirali  geometriche,  die  sowohl  dem  Dreieck  wie  dem  Viereck  ein- 
gefügt wird  und  sowohl  andern  Dreiecks-  und  Vierecksmotiven  als 
Füllung  sich  aupasst  als  auch  ganz  isoliert  sich  anhängt  (s.  Fig.  3).  In- 
teressante Beispiele  aus  Mittelapulien  giebt  Mayer  99  S.  29  Fig.  4 
(vgl.  Taf.  II  H)  5,  S.  31,  14  Taf.  III,  wo  die  Etymologie  der 
kunstreichen  Mäanderfigur  nicht  ganz  richtig  scheint,  da  die  Grund- 
form eben  nur  die  oben  unter  5  genannte  ist,  das  ja  oft  berei- 


KUNDE   UND    FORSCHUNG  185 

chert  ist  dadurch  dass  in  das  grosse  Quadrat  mit  Diagonalen- 
kreuz ein  kleineres  übereck  hineingestellt  ist,  das  bald  mehr  vor 
(so  Taf.  II  2),  bald  mehr  hinter  dem  Diagonalenkreuz  zu  stehen 
scheint  (so  II  1).  Ein  solches  Schema  ist  in  der  angeführten  Figur  II 
14  gänzlich  mit  einzelnen  Mäanderwindungen  gefüllt.  Es  mag  nun 
hier  schon  angedeutet  werden,  dass  diese  Dreiecks-  und  Vierecks- 
raäander  eben  deswegen  von  besonderem  Interesse  sind,  weil  sie  ja 
einen  der  deutlischsten  Verbindungfäden  dieser  süditalischen  und 
der  Villanovaornamentik  mit  ihren  Dreiecks-  und  Vierecksmäandern 
bilden. 

An  die  von  Mayer  99  S.  41  ff.  besprochene  mittelapulische 
Gruppe  von  Gefässen  mit  den  9  bizarren  Hakenmotiven  an  isoliertem 
Mäander  (Fig.  14)  und  10  den  hängenden  Kreisen  Fig.  17  schliesst 
sich  wiederum  das  ebenfalls  mit  winzig  feinen  wie  hängend 
schwingenden  Kreisen  gezierte  Suessulaner  Gefäss  N.  78  IV  4  an. 
Und  nur  hier  kann  auch  der  von  Patroni  seiner  '  messapischen ' 
Klasse  angereihte  Askos  Mon.  VI  S.  370,  12  seinen  Platz  finden 
wegen  der,  freilich  gekreuzt,  hängenden  Haken-  und  der  '  Mäan- 
derwucherungen \  Insofern  er  freilich  durch  letztere  direkt  mit  Vil- 
lanovagefässen,  durch  jene  ebenso  nahe  mit  altsikelischen  sich  be- 
rührt, mag  er  zunächst  räthselhaft  und  wegen  seiner  Vereinzelung 
ungeeignet  erscheinen,  als  Bindeglied  zwischen  räumlich  und,  wie  man 
meint,  auch  zeitlich  soweit  auseinanderliegenden  Techniken  ange- 
sehen zu  werden.  Es  wird  gelten,  ihn  nach  beiden  Seiten  fester  zu 
verknüpfen;  zunächst  aber  ihm  in  Apulien  selbst  (vermuthlich  Nord- 
apulien,  schwerlich  Campanien  entstammt  er)  noch  an  die  Seite  zu 
stellen  was,  durch  Patroni  selbst  meine  ich,  im  Museum  von  Neapel 
daneben  steht  ein  andrer  Askos  ähnlicher  Technik,  nur  von  etwas 
röthlicherem  Thon,  der  statt  der  gekreuzten  Haken  eine  ganze  Keihe 
derselben  Haken  oder  gebrochenen  IJnien  hat,  wie  Ma}rer  98  Fig.  14 
und  16,  aber  schräg  hängend,  zwischen  links  und  rechts  hängenden 
Kreislein  oder  Augen  (vgl.  Fig.  4  und  oben  S.  181  Anm.  1)  ('). 

P)  Bei  Seite  lasse  ich  zwei  mittelapulische  Ornamentmotive,  auf  die 
Mayer  99  S.  76  ff.  ethnographische  Schlüsse  haut,  die  durch  scharfsinnige  Na- 
mensvergleichungen vorbereitet,  mir  doch  zu  wenig  sicheren  Boden  zu  haben 
scheinen.  Nicht  aus  Mitgebrachtem  sondern  aus  Zugeführtem  scheint  diese 
Keramik  und  ihre  Formen  entstanden  zu  sein.  Ausserdem  kann  ich  aber  in 
dem  99  S.  78  abgebildeten  Schema  11,  namentlich  nicht  wie  es  auf  T.  II  5  hinter 

13 


186 


E.    PETERSEN 


Wie  Mayer  beabsichtigt,  an  die  apulische  Keramik  die  älteste 
tarentinische  anschliessend  zu  besprechen,  die  er  jetzt  nur  beiläufig 
berührt,  darf  sie  auch  hier  wegen  einiger  Verwandtschaft  mit  der 
apulischen  stehn  (s.  Fig.  5)  Gesammelt  und  geordnet  von  Viola,  war 
sie  schon  vor  zehn  Jahren  leicht  zu  übersehen.  Dankenswerth  ist  dass 
Patroni  La  ceramica  S.  12  noch  Einiges  über  den  Fundort  fest- 
gestellt hat.  Zusammen  gefunden  in  einem  pozso,  aber  wie  es 
scheint  nicht  einem  Grabe,  wie  Mayer  99  S.  15  dort  gehört  haben 
will,  sind  es  theils  rohe  handgemachte  schwärzliche  und  schwarz- 
braune, theils  mit  viel  besserer  Technik  gearbeitete,  und  mit  roth.  u. 


Fig.  4. 


schwarzem  Ornament  auf  gelb  -  grau  -  röthlichem  Grunde  mit  fei- 
nem Pinsel  bemalt,  entsprechend  den  nicht  bedeutenden  Dimensio- 
nen der  Gefässe.  Die  Technik  hat  mit  der  älteren  nordapulischen, 
irre  ich  nicht,  am  meisten  Aehnlichkeit ;  z.  T.  auch  die  Formen, 
die  übrigens  auch  bei  den  schwarzbraunen  ziemlich  übereinstimmend 
sind.  Einhenklige  wie  zweihenklige  Gefässe  (vgl.  Patroni  Ceramica 
S.  6)  kommen  namentlich  auch  so  birnförmig  vor  wie  in  Apulien(1); 


dem  Henkel  sichtbar  ist,  einen  Dreizack  erkennen ;  noch  weniger  aber  in  der 
andern  auf  Taf.  II  1,  2,  3,  5  und  sonst  sichtbaren  Figur  12  einen  Kamm. 
Wenn  ein  solcher  als  heiliges  Symbol  den  Vasenmalern  vorgeschwebt  hätte» 
würde  der  Entwickelungsgang  m.  E.  grade  der  entgegengesetzte  gewesen  sein 
von  dem  welchen  M.  selbst  S.  77  constatiert,  che  questo  ornamento  quasi  sotto 
ffli  occhi  nostri  si  sviluppi  da  altra  figura.  Wie  das  Schema  auf  Taf.  V  2 
oder  III  14,  auch  S.  24,  27,  25,  5,  vgl.  S.  36  und  57  sich  zeigt,  liegt  der 
Gedanke  absolut  fern.  Kammähnlich  hat  die  spätere  Form  auch  Furtwängler 
genannt,  aber  offenbar  nicht  an  ein  Symbol  gedacht. 

(x)  Vgl.  auch  die  S.  181  Anm.  1  besprochenen  Gefässe  von  Metapont. 


FUNDE   UNÖ   FORSCHUNG 


187 


zweihenklige  durfte  Mayer  mit  Recht  den  torzelle  vergleichen,  und 
nicht  blos  unter  den  besseren,  geraalten  sind  solche,  die  Taramelli 
und  Mayer  an  die  Form  der  Villanovaurne  erinnert  haben. 

Auch  die  Henkel  bieten  einige  Vergleichungspunkte.  Ein  dem 
bei  Patroni  Ceramica  S.  7,  9  abgebildeten  ähnliches  Gefäss  hat 
wie  Patronis  orcio  appulo  (ebda  S.  21)  zwei  Vorsprünge  und  zwei 
Henkel,  letztere  ähnlich  denen  seiner  Urne  99  S.  21  ff.,  nur  minder 
entwickelt;  andre  Henkel  zeigen  denselben  scharfen  Knick  oben 
wie  die  Torzellen,  und  auch  zu  Rotellenbildung  am  oberen  Ansatz 
findet  sich  ein  schwacher  Anlauf.  Eine  Art  Sattelbildung  auf  an- 


Fig.  5. 

dem  Henkeln  ist  allerdings  ganz  eigenartig,  auch  dadurch  dass  der 
Sattel  quer  zum  Henkel  liegt,  also  für  ein  ganz  verschiedenes  Fassen 
des  Gefässes  berechnet.  Endlich  giebt  es  einen  Henkel  der  ähnlich 
wie  die  nordapulischen  gehörnten  breit  aber  ungespalten  über  den 
hinteren  Henkelansatz  aufsteigt,  und  auf  der  Vorderseite  zwar  nicht 
mit  Nagelköpfen  aber  mit  runden  Eindrücken  in  mehreren  Reihen 
übereinander  versehen  ist,  die  untere  in  Höhe  des  Gefässrundes,  also 
wie  jene  Scheibchen  von  Mayers  Urtorzella. 

Die  Ornamentik  ist  durchaus  geometrisch.  Doppellinien,  jede 
nach  aussen  mit  feinen  Strichen  besetzt,  sind  kaum  noch  als  Zweige 
gedacht.  Thiere  kommen  nicht  vor,  ausser  Vögel,  minder  hochbeinig 
als  auf  den  Torzellen  bei  Mayer  98  S.  204  f.,  entschieden  Wasser- 
vögel (s.  Fig.  5)  gänzlich  geometrisiert  d.  h.  mit  fünf  bis  sechs  kleinen 
graden  Strichen  gezeichnet,  und  doch  stehende  und  schwimmende 
unterschieden;    Zickzackborten,  grundfarben  zwischen    gegitterten 


188  E.    PETERSEN 

Dreiecken  hervortretend,  auch  eine  einfachere  Form  des  oben  lb  be- 
zeichneten Zickzacks,  Romben  einzeln  und  gereiht  clepsidre,  das 
complicierteste  ein  Schulterornament,  ein  grosses  Zickzack,  dessen 
stehende  Dreiecke  nicht  mit  Gitterung  noch  Parallelen  zur  einen, 
sondern  zu  beiden  Seiten  also  durch  immer  kleinere  Winkel  gefüllt 
sind(1),  ein  Schema  wie  es  auf  den  Canosinischen  Doppelaskoi  öfters 
unten  an  den  Röhrenhälsen  sich  zeigt.,  und  in  die  leeren  hängenden 
Dreiecke  dazwischen  von  oben  schief  hereinfahrende  Zickzackli- 
nien, dreistrichig,  wie  sie  anderswo  zweistrichig  vorkommen,  auch 
sie  an  jene  mittelapulischen  Hakenmotive  erinnernd.  Hierher  gehö- 
ren auch  die  zweistrichige  einfache  Mäanderform  (n.  208),  und  kaum 
verschieden  davon  das  dreistrichige  Schema  rechts  und  links  vom 
Henkel  des  von  Patroni  Ceramica  S.  10  abgebildeten  Gefässes, 
und  bemerkenswerth  ist  schon  allein  die  Anwendung  solchen  mehr- 
strichigen  Ornaments,  wieder  wegen  des  Vergleichs  mit  Villanova- 
ornamentik. Ebenso  wie  die  mittelapulische  Amphora  Mayer  99 
T.  II  11  ist  auch  die  kleine  Tarentiner  n.  130  innen  auf  der  Lippe 
mit  einem  Viereck  aus  eingebogenen  Linien  bezeichnet.  Endlich 
eine  Vorliebe  für  stark  markierte  Horizontalen,  wie  sie  im  Nordapu- 
lischen  noch  bemerklich  ist.  Im  Ganzen  also  ein  geometrischer  Stil 
der  erheblich  einfacher  als  der  apulische,  von  dessen  oben  aufgezählten 
Hauptschematen  nur  1  und  2,  selten  4,  gar  nicht  3  und  5  benützt; 
aber,  vergessen  wir  es  nicht,  auch  nur  in  Gefässen  einer  und 
derselben  Werkstatt,  vielleicht  eines  und  desselben  Jahres  vorliegt. 
Es  ist  natürlich  weder  griechische  noch  rein  epichorische  Keramik, 
sondern  eine  durch  griechisches  Vorbild  beeinflusste,  und  das  grie- 
chische Vorbild  scheint  keineswegs  von  dem  der  apulischen  Ke- 
ramik ganz  verschieden  und  fremd  gewesen  zu  sein. 

Wenn,  wie  von  Taramelli  B.  XX  94  S.  20  und  Mayer  98 
S.  202  und  im  Vorstehenden  wiederholt,  zum  Vergleich  auf  Form 
und  Ornamentik  von  Villanovagefässen  hingewiesen  ist,  und  von 
A.  Evans  und  Taramelli  eben  dieselbe  Tarentiner  Keramik  auch 
mit  der  altsikelischen  der  I.  Periode  verglichen  wird,  so  wird 
dies  durch  Patronis  in  hochfahrendem  Ton  ertheilten  Verweis  (/?. 
98,  65  ff.  und  Ceramica  S.  10)  noch  nicht  widerlegt,  da  P.  hier 
einen  ganz  andern  Maasstab  an  solche  Vergleichungen  legt  als  bei 

(')  In  Fig.  5  von  Vase  91.  Vgl.  die  sikelisch-geometrische,  E.  M.  98 
S.  359  and  die  karische,  Athen.  Mitth.  87  S.  229. 


FUNDE    UND   FORSCHUNG  189 

seiner  eigenen  Zusammenstellung  canosiner  Ware  des  3.  oder  selbst 
der  5.  Jhdts.,  wie  er  meinte,  mit  mykenischer.  Villanova  möge  einst- 
weilen auf  sich  beruhen ;  aber  auf  die  sikelische  Keramik  muss  doch 
nach  dem  Ueberblick  über  die  süditalische  (nichtgriechische)  ein 
Seitenblick  geworfen  werden,  wobei  nicht  die  schwerer  übertragene 
Technik  sondern  nur  die  Ornamentik  kurz  ins  Auge  gefasst  werden 
soll.  Auch  apulische  und  tarentinische  Formen  können  als  sikeli- 
schen  verwandt  angesehen  werden,  so  die  birnförmigen  Tassen  oder 
Kannen  dem  troischen  Becher  mit  seiner  allmählich  sich  vermin- 
dernden Lippe ;  auch  der  "Villanovaurne  ähnliche  Urnen  mit  verti- 
kalen wie  die  torzella  und  mit  horizontalen  Henkeln  finden  sich  dort. 
Noch  mehr  sind  Henkelformen  verwandt,  so  den  R.  M.  98  S.  187 
IX  6-8  abgebildeten,  mit  denen  sich  auch  solche  von  Matera  verglei- 
chen, die  mittelapulischen  R.  M.  99  Taf.  II,  und  den  nordapulischen 
gehörnten  mit  den  Augen  solche  der  IL  Sikelerperiode  ebda  IX  9 
und  20 :  und  wenn  das  merkwürdige  Stück  von  Stentinello  B.  90 
Taf.  VII  16,  ein  Hundekopf  mit  glotzenden  Augen  und  gespitzten 
Ohren,  zu  langhalsig  und  platt  ist,  um  für  den  Theil  einer  Thierfigur 
genommen  zu  werden,  was  könnte  es  da  eher  gewesen  sein  als  ein 
Gefässgriff  wie  an  den  apulischen  '  Lampen ',  s.  Patroni  Ceramica 
378,  21  (!)?  Der  Castelluccio  -  Henkel  a.  0.  S.  187  IX  5  findet 
sich  gleicher  Gestalt,  der  andre  B.  p.  i.  92  V  64  auch  gleich  or- 
namentirt  in  Tarent  n.  32. 

Die  aufgezählten  apulischen  Ornamentschemata  kommen  in  der 
gemalten  und  gravierten  Keramik  der  vorsikelischen  und  derl.  und  II. 
Periode  fast  alle  vor,  so  1,  auch  das  so  zusagen  negative  (R.  M.  98 
S.  175  mit  S.  163,  III  10)  Zickzack,  und  lb,  (auch  in  derTaren- 
tiner  Form  Fig.  5)  a.  0.  S.  185,  VIII  19;  für  2  bedarf  es  keines 
Verweises,  2b.  S.  185,  VIII  4;  3  (rombisch)  ebda  27,  normal  erst 
in  der  IV.  Periode;  4  häufig  in  III  aber  schon  in  I  a.  0.  VIII  6 
und  10;  5  ist  ein  Hauptornament  der  I  Periode  vgl.  a.  0.  VIII  5,  2, 
noch  nicht  so  sauber  reguliert  und  durch  Einlegung  eines  zweiten 
Quadrats  compliciert  wie  an  den  so  viel  späteren  mittelapulischen 
und  den  (2)   damit  verglichenen  phoenikischen  Vasen,  aber  doch 

(*)  Vgl.  den  ebenfalls  langhalsigen    '  Rinds '  köpf  unter   der   geometri- 
schen Keramik  von  Aphidna,  Athen.  Mitth.  96  Taf.  XV  1  mit  S.  389. 
(*)  Von  Winter,  Athen.  Mitth.  1887  XII  S.  240. 


190  E.    PETERSEN 

schon  nahekommend  B.  p.  i.  92  VI  2  und  41 ;  und  solche  Sche- 
mata wie  K.  M.  98  S.  185  VIII  4  finden  sich  auf  mittelitalischen 
Fibeln  (Montelius  civilisation  I  Taf.  II;  vgl.  I  9  ohne  nähere 
Angabe  und  II  13  süditalisch);  apulisch  6  ist  beliebt  in  der  si- 
kelischen  II  Periode  s.  K.  M.  98  S.  178  VII  5  und  ähnlich  an 
der  Mündung  des  Tarentiner  Gefässes  32  innen ;  7  findet  sich 
ureinfach  und  selten,  augenscheinlich  wie  ein  Versuch  der  Nach- 
ahmung a.  0.  S.  185  VIII  14.  wenig  verschieden  ebda  6  und  11, 
und  häufiger  als  die  X,  mit  hakenartigen  Enden  oben  und  unten, 
sind  9  zwei  parallel  nebeneinanderstehende  oder  zwei  sich  kreuzende 
Haken,  jene  wie  diese  aus  Castelluccio,  jene  a.  0.  S.  185  VIII  23, 
diese  S.  166,  7,  letztere  genau  wie  an  dem  merkwürdigen  oben 
erwähnten  Neapler  Askos  mit  Villanovamäander,  nur  dass  die  Haken 
an  diesem  nicht  stehend  sondern  hängend  erscheinen.  Aber  auch 
das  habe  ich  an  einem  Bruchstück  von  Castelluccio  in  Syrakus 
n.  9673  notiert,  wo  sie  von  dem  erhaltenen  Kande  des  Kelches  nach 
innen  herabhängen,  nun  freilich  nicht  gekreuzt,  sondern  parallel  (l). 
Auch  zu  den  hängenden  Kreislein  10,  stellt  sich  ähnlich  vereinzelt 
die  hängende  Doppelspirale  der  Tasse  von  Pietrarossa  Annali  80 
AB  5,  womit  K.  M.  98  S.  191  schon  ein  ähnliches  Motiv,  stehend 
gekreuzt  S.  185  VIII  3,  verglichen  wurde  und  hängend,  mehr  über- 
einstimmend die  nach  mykenischen  Mustern  sculpierten  Thürver- 
schlussplatten  S.  185.  Auch  auf  mykenischen  Vasen  kommt  die 
unvermittelt   von   einer  Querlinie   herabhängende   Spirale  einzeln 


(!)  Die  Entstehung  dieses  Hakenmotivs  scheint  sich  vor  unseren  Augen 
abzuspielen.  Wie  in  dem  apulischen  (und  sikelischen)  Zickzack  lb  die  Enden 
der  Zickzacklinien  sich  ein  wenig  vorstehend,  kreuzen,  ein  auch  der  myke- 
nischen Vasenmalerei  geläufiges  Motiv ;  so  sind  die  äusseren  Umrisslinien 
des  Zickzackbandes  EL  M.  98  S.  185  VIII  9  nicht  blos  vorstehend  sondern 
auch  hakenartig  umgebogen  (vgl.  ebda  19  mit  28).  Die  vorspringenden 
Haken  an  Mustern  wie  ebda  16  und  27  aus  Castelluccio  und  neuerdings 
ß.  p.  i.  98  T.  XXI)  auch  von  Monte-Tabuto  wird  man  gewiss  ursprünglich 
als  die  durchgezogenen  Enden  der  Gitterstriche  zu  verstehen  haben,  wie  das 
bei  27  noch  fast  ersichlich,  bei  15  ungewiss,  bei  dem  Beispiel  von  M.  Tabuto 
aber  und  einem  andern  von  Castelluccio  in  SjTakus  durch  leeren  Zwischen- 
raum hinter  der  Linie  ausgeschlossen  ist.  Eine  andre  Entstehung  der  ge- 
kreuzten Haken  zeigt  das  Henkelstück  von  Pietrarossa  Annali  80  DC  7. 
Uebrigens  können  diese  eckigen  Haken  von  den  S.  181  Anm.  1  besprochenen 
runden  natürlich  nicht  getrennt  werden. 


FUNDE    UND   FORSCHUNG 


.191 


(M.  V.  VII  37,  XXXV  350  vor  und  gedoppelt  XXXI  298,  wo 
daran  wieder  das  andre  bekannte  Hängemotiv  eines  oder  zweier 
Bandenden  gehängt  ist  (').  Als  mykenische  wurde  ja  auch  das  R. 
M.  98  S.  158  abgebildete  Plattenornament  mit  der  hängenden 
Doppelspirale  bezeichnet. 

In  Fig.  VIII  a.  a.  0.  sind  links  einige  seltene  und  ungewöhn- 
liche Schemata  der  sikelischen  I.  Periode,  besonders  aus  der  Um- 
gegend von  Girgenti  zusammengestellt.  Einzelnes  ist  davon  schon 
angeführt;  sie  geben  aber  noch  zu  anderen  Vergleichen  mit  Süd- 
italischem Anlass  und  zeigen  zugleich,  wie  zeitlich  weitaus  einan- 
derliegendes  doch  nahverwandt  ist.  An  jene  Stelle  gehörte  13  nicht 


Fig.  6. 
hin,  denn  es  war  einer  Kanne  in  Syrakus  entnommen,  die  nicht  1. 
oder  II.  sondern  III-IV.  Stiles  ist,  abgebildet  jetzt  R.  M.  98  S.  362, 
78.  Was  dazu  verleitet  hatte  war  die  in  die  Augen  springende  Ver- 
wandtschaft mit  ebda  1,  einem  Viertel  des  Ornaments  im  Inneren 
eines  hochfüssigen  Bechers  der  I.  Periode  von  Pietrarossa  aus  SW 
Sicilien,  Ann.  80  AB  7.  Dass  aber  auch  dieses  letztere  Schema 
nicht  sikelischen  Ursprungs  ist  wird  eine  ostgriechische  Scherbe 
im  Tarentiner  Museum,  in  Fig.  6  nach  meiner  Skizze,  womit  zu 
vergleichen  ein  selbst  merkwürdigerweise  im  Bruch  ähnliches  Ge- 
genstück, aus  Cypern,  ohne  Weiteres  klar  machen.  Von  jenem  Vier- 


(*)  Die  K.  M.  98  S.  191  angeführten  Beispiele  mykenischen  Einflusses 
auf  die  sikelische  I.  Malerei  lassen  sich  vermehren. 


102  E  PETERSEN,  FUNDE  UND  FORSCHUNG 

Üügelornament,  nicht  direkt  von  einem  Hakenkreuz  stammt  endlich 
die  zierliche  Windmühle,  möchte  man  sagen  auf  dem  Xeapler  Be- 
cher mit  Hörnerhenkel  Mon.  Line.  VI  S.  381  Fig.  26,  oben  Fig.  1. 

Genug,  an  Übereinstimmungen  der  süditalischen  Keramik 
namentlich  im  Ornament  mit  altsikelischem  fehlt  es  nicht.  Aus  Si- 
kelerwanderungen  sind  sie  offenbar  nicht  zu  erklären.  Die  Verzie- 
rungsweise die  in  Sicilien  früh  zurückgedrängt  wurde  durch  Ue- 
berhandnehmen  der  uralten  eingeritzten  Zeichnung,  kann  ja  auch 
nicht  so  viel  später  auf  Süditalien  eingewirkt  haben.  In  Matera  ist 
denn  auch  wenigstens  die  Hoffnung  erweckt,  dass  bessere  Proben 
einer  die  mittelapulischen  Keramik  vorbereitenden  älteren  Gattung 
noch  gefunden  werden.  Warum  sollten  aber  auch  die  für  Ostsici- 
lien  durch  die  knöchernen  Dolchscheiden  (s.  R.  M.  98  S.  164)  und 
die  mykenischen  Vasen  erhärteten  früheren  Verbindungen  mit  dem 
Osten  nicht  auch  Süditalien  erreicht  haben,  wo  aus  Oria  z.  B. 
eine  mykenische  Vase  (Pottier  V.  a.  d.  L.  pl.  29  D  1)  bezeugt  ist? 
Dass  die  geschichtliche  Abfolge  hier  so  viel  weniger  klar  vorliegt 
erklärt  sich  daraus,  dass  hier  niemals  so  umfassend  und  gewissenhaft 
gegraben  und  die  Funde  controliert  sisd  wie  durch  Orsi  in  Sicilien. 

Vom  Süden  gilt  es  nun  nach  Mittel-  und  Norditalien  den 
Blick  zu  richten. 

E.  Petersen. 


POMPEIANA. 


Durch  sein  Pompeianarum  quaestionum  specimen,  das  1868 
als  Berliner  Habilitationsschrift  erschien,  hat  Richard  Schoene  vor 
einem  Menschenalter  der  baulichen  und  geschichtlichen  Erforschung 
Pompeiis  neue  Wege  gewiesen.  Die  Arbeiten  Fiorellis  (1873),  Nis- 
sens  und  Schoenes  selbst  (1877),  Maus  (seit  1879)  haben  durch 
Verfolgung  dieses  Weges  ein  ganz  neues  Bild  der  verschütteten 
Stadt  gewonnen  und  das  geschichtliche  Nacheinander  an  die  Stelle 
des  buntscheckigen,  nur  scheinbar  einheitlichen  Nebeneinander  ge- 
stellt. Hoffentlich  ist  die  Zeit  nicht  mehr  fern,  wo  auch  populäre 
Bücher,  anstatt  einer  blossen  Periegese  oder  einer  Anordnung  nach 
Gattungen  von  Gebäuden  und  Kunstwerken,  sich  die  dankbare  Auf- 
gabe stellen  werden,  den  Spuren  namentlich  Nissens  folgend,  mit 
der  politischen  Umbildung  der  Stadt  zugleich  ihre  künstlerische 
Entwicklung  historisch  zu  schildern  und  so  den  Verlauf  dieses 
städtischen  Gemeinwesens  nach  allen  Seiten  zu  verfolgen.  Durch 
Lösung  dieser  schönen  Aufgabe  wird  sich  doppelten  Dank  verdie- 
nen, wer  dabei  Pompeii  von  dem  Isolierschemel  einseitig  italisch- 
pompeianischer  Betrachtung  herabheben  und  es  namentlich  in  seiner 
künstlerisch  bedeutendsten  Zeit  in  den  Zusammenhang  der  ganzen 
hellenistischen  Kunstentwicklung  hineinstellen  wird.  Zu  dieser  Auf- 
gabe sollen  die  folgenden  Bemerkungen  einen  bescheidenen  Beitrag 
liefern  ('). 

I. 

Unter  den  Tempeln  Pompeiis  wird  gemeiniglich  der  sog. 
dorische  Tempel  oder  Hekatompedos  als  Beispiel  einer  giechischen 


(')  Die  Ergebnisse  der  Abschnitte  I  und  III  habe  ich  bereits  in  meiner 
Bearbeitung  von  A.  Springers  Handbuch  der  Kunstgeschichte,  I5,  Leipzig  1898» 
S.  1)4  und  126  f.  kurz  angedeutet. 

14 


104  AD.   MICHAELIS 

Anlage  in  Gegensatz  gestellt  gegen  alle  übrigen  Tempel  als  eine 
geschlossene  Gruppe  italischen  Charakters,  insofern  letztere  nicht 
au  allen  vier  Seiten  aufgetreppt,  sondern  auf  einem  Podium  gele- 
gen, nur  an  der  Vorderseite  durch  Stufen  zugänglich  sind.  Dass 
beim  Vespasianstempel  die  Stufen  seitlich  angebracht  sind  und  von 
hinten  auf  das  Podium  führen,  mag  als  eine  durch  den  beengten 
Kaum  entschuldigte  Abweichung  ausser  Betracht  bleiben ;  quae  so- 
tent  esse  in  fronte  ad  latera  sunt  translata,  wie  es  bei  Vitruv  4,  8,  4 
von  verwandten  Dingen  heisst.  Eine  nähere  Betrachtung  ergibt  in- 
dessen deutliche  Unterschiede  innerhalb  der  zweiten  Gruppe;  auch 
ist  es  falsch  den  Podiumtempel  als  eine  ausschliesslich  italische 
Tempelform  zu  betrachten. 


Tempel  der  capitolinischen 
Götter. 


Fig.  1. 


Tempeljler~  Fortuna  Augusta. 
Tempel  jVespasians. 


Da  bei  dem  italischen  Tempel  nach  Vitruvs  Angabe  (4,  7,  1) 
der  Platz  für  die  Cella  oder  die  Cellen  die  gleiche  Tiefe  hatte  wie 
die  mit  Säulen   umgebene    Vorhalle,    so  lag  die  Thür  der    Cella 


POMPEIANA.  195 

(bzw.  der  mittleren  Cellu)  genau  in  der  Mitte  der  ganzen  Anlage  (2). 
Dies  trifft  vollkommen  zu  bei  dem  grossen  Tempel  der  drei 
capitolinischen  Götter  auf  dem  Forum  (Fig.  1  links)  (3), 
falls  man  zu  der  Säulenhalle  den  ganzen  Treppenbau  hinzunimmt, 
wenn  man  also  den  vollständigen,  über  den  Boden  hervorragenden 
Bau  als  ein  Ganzes  fasst.  Nicht  ganz  so  einfach  liegt  die  Sache 
bei  dem  schönen  Tempel  der  Fortuna  August a  (Fig.  1 
rechts  oben).  Hier  stimmt  die  Entfernung  von  der  Tiefe  der  Aedi- 
cula  innerhalb  der  Apsis  (ohne  die  Mauerdicke)  bis  zur  Mitte  der 
Thürschwelle  genau  überein  mit  dem  Abstand  des  letzteren  Punktes 
von  dem  unteren  Beginn  der  breiten  Haupttreppe ;  dabei  bleibt  aber 
einerseits  die  Altarterrasse  mit  den  beiden  Seitentreppen  aus- 
geschlossen, andrerseits  bleibt  ausser  Acht,  dass  die  Apsis  nach 
Schoenes  und  Maus  Beobachtungen  (4)  ein  späterer  Anbau  ist.  Im- 
merhin ist  jene  Halbierung  der  Hauptaxe  durch  die  Thür  so  auffällig, 
dass  man  sie  ungern  dem  Zufall  zuschreiben  möchte.  Bei  dem  drit- 
ten Tempel  dieser  Gruppe,  dem  des  Vespasian  (Fig.  1  rechts 
unten),  ist  schon  durch  die  schiefe  Lage  des  Tempels  zu  der  Rück- 
mauer der  Area  eine  genaue  Bestimmung  der  Cellalänge  schwierig; 
ausserdem  ist  hier,  wie  oben  erwähnt,  der  Aufgang  von  der  Front 
an  die  Nebenseiten  verlegt.  Somit  passt  das  Schema  des  italischen 
Tempels  nicht  ganz  auf  diesen  Grundriss ;  es  mag  der  Hinweis  ge- 
nügen, das  die  grösste  Länge  der  Cella  (Südwand)  einschliesslich 
der  Mauerdicke,  bis  zur  Mitte  der  Schwelle  gerechnet,  genau  der 
Tiefe  der  Vorhalle  sammt  der  Länge  der  Treppe  entspricht. 

Diese  drei  Tempel,  die  von  der  letzten  samnitischen,  aber  schon 
von  römischen  Einflüssen  durchsetzten  Zeit  bis  nahe  an  den  Un- 
tergang der  Stadt  reichen,  zeigen  somit  alle  den  italischen  Typus, 
wenn  auch  je  nach  den  Umständen  leicht  abgewandelt.  Vom  Isis- 


(*)  Vgl.  Degering,  Göttinger  Nachrichten  1897  S.  145  f. 

(3)  Die  diesem  Aufsatz  beigegebenen  Pläne  pompeianiseher  Tempel  sind, 
da  die  kleinen  Pläne  bei  Overbeck  und  in  anderen  Handbüchern  für  meinen 
Zweck  nicht  ausreichten,  sämmtlich  dem  Werke  C.  Weichardts,  Pompeji  vor 
der  Zerstörung,  Leipzig  [1897],  entnommen.  Den  neuentdeckten  Tempel,  der 
vermuthlich  der  ersten  Gruppe  angehört  [Not.  degli  scavi  1899,  S.  17  ff.)  habe 
ich  als  zu  arg  zerstört  bei  Seite  gelassen. 

(4)  Schoene  bei  Nissen,  Pompeian.  Studien  S.  179  f.  Mau  in  diesen 
Mittheilungen  1896  S.  270. 


196 


AD     MICHAELIS 


t  c  m  p  e  1  sehe  ich  ab,  da  hier  fremde  Kücksichten  mitgespielt  haben 
können  (5);  die  Cellatiefe  einschliesslich  der  hinteren  Mauer  ent- 
spricht übrigens  ungefähr,  nicht  genau,  der  Tiefe  der  Vorhalle. 


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Tempel  des  Zeus  Milichios. 


Fig.  2. 


Ionischer  Tempel  in  Pergamon. 


(5)  Die  bekannten  beiden  herculanensischen  Abbildungen  alexandrini- 
scher  Tempel  (Heibig  n.  1111  f.  Ant.  di  Ercolano  II,  59  f.)  zeigen  Treppen  in 
der  ganzen  Breite  des  Hofraums  und  keine  Säulenstellung  vor  der  Cella.  Am 
(jetzt  wieder  verschütteten)  Dromos  des  Sarapeion  von  Memphis  stehen  neben 
einander  eine  unaufgetreppte  Cella  ägyptischen  Stiles,  die  den  Apisstier  be- 
herbergte, und  eine  hellenistische  Kapelle  des  Sarapis  von  geringer  Tiefe,  vorn 
mit  zwei  uncannelierten  korinthischen  Säulen  zwischen  zwei  Anten  sich  öffnend 
gegen  eine  sechsstufige,  in  ganzer  Breite  vorgelagerte  Treppe  (Mariette,  Choix 


POMPEIANA  197 

Eine  besondere  Stelling  nimmt  der  Tenrpel  des  Zeus  Mi- 
lien ios  (Fig.  2  links)  ein,  der  ja  nach  der  bekannten  Inschrift  (6) 
wenigstens  seiner  Anlage  nach  sicher  der  samnitischen  Zeit  ange- 
hört. Es  ist  kein  eigentlicher  Podiumtempel,  sondern  der  hinterste 
Theil  der  Area  ist  erhöht  und  mittelst  einer  Freitreppe  in  der  ganzen 
Breite  des  Hofes  zugänglich,  auf  dem  erhöhten  Boden  aber  liegt  die 
Cella  mit  ihrer  Vorhalle,  an  beiden  Seiten  und  hinten  durch  einen 
schmalen  Gang  von  etwa  1  Meter  Breite  von  der  Umfassungsmauer 
getrennt:  ein  deutliches  Beispiel  des  ambilus,  d.  h.  cireuilus  aedi- 
ficiorum,  patens  in  lalitudinem  pedes  duos  et  semissem(7).  Auch 
hier  zerfällt  die  ganze  erhöhte  Anlage  einschliesslich  der  Treppe 
und  des  ambitus  der  Länge  nach  in  zwei  gleiche  Theile,  deren  Scheide 
wiederum  die  Schwelle  der  Cellathür  bildet.  So  weit  entspricht  also 
die  Anlage  italischem  Brauch,  daneben  aber  drängt  sich  die  Ana- 
logie mit  dem  sog.  ionischen  Tempel  (vermuthlich  des  Dionysos)  in 
Pergamon  (8)  auf  (Fig.  2  rechts).  Am  Ende  der  langen  schmalen 
Theaterterrasse  belegen,  ist  der  Tempel  ebenfalls  durch  eine  viel- 
stufige, die  ganze  Breite  der  Terrasse  einnehmende  Treppe  zugäng- 
lich. Diese  führt  zu  einer  Plattform,  auf  der  die  Cella  mit  ihrer 
viersäuligen  Vorhalle  genau  ebenso  von  einem  verhältnismässig 
schmalen  Gange  (2,37  M.)  umgeben  liegt,  der  rechts  von  einer 
Stützmauer,  hinten  von  der  künstlich  abgeschrofften  Felswand,  links 
über  dem  Abhänge  von  einem  Geländer  umgeben  war.  Um  die  Ana- 
logie vollständig  zu  machen,  ist  hier  wie  dort  der  Altar  nicht  quer 
vor  die  Treppe,  sondern  der  Länge  nach  in  die  Axe  des  Tempels 
gestellt;  der  Grund  hierfür  scheint  beidemal,  wenigstens  zum  Theil, 
in  der  Schmalheit  des  vorgelagerten  Eaumes  zu  liegen.  Der  am- 
bilus ist  bei  beiden  Tempeln  wohl  zunächst  um  des  stilieidium 
willen  angeordnet.    In  Pergamon  kommt  hinzu  die  Nachbarschaft 


de  monuments  et  de  dessins  de"couverts  ou  exe'eute's  pendant  le  diblaiement 
du  Sfrapeum  de  Memphis,  Paris  1856,  Taf.  4). 

(6)  Zvetaieff,  Sylt,  inscr.  Ose.  n.  62.  —  Hinsichtlich  der  Vorhalle  habe 
ich  die  mit  dem  pergamenischen  Tempel  übereinstimmende  Lösung  von  Mazois 
der  künstlichen  Anordnung  Schweichardts  vorgezogen. 

(7)  Festus  epit.  p.  5.  Vgl.  Nissen,  Pomp.  Stud.  S.  567  f.  2  •  '2  oskische 
Fuss  =  l,02  Meter. 

(8)  Alterthümer  von  Pergamon  IV  Taf.  25  ff.  Fig.  2  ist  von  Tafel  45 
entnommen. 


198 


A.D.    MICHAELIS 


des  hohen  und  schroffen  Felsabsturzes,  an  den  sich  der  Tempel 
kaum  mit  der  Rückseite,  garnicht  mit  der  Seitenwand  unmittelbar 
anlehnen  konnte,  ohne  die  ganze  prächtige  Wirkung  zu  gefährden. 
In  Pompeii  besteht  nicht  der  gleiche  Zwang,  da  die  Umfassungs- 
mauer niedriger  war  als  der  Tempel,  doch  ist  auch  bei  den  übri- 
gen Tempeln  immer  für  eine  seitlich  freie  Lage  Sorge  getragen 
worden.  Die  Lösung  der  ganzen  Aufgabe  bietet  aber  solche  Aehn- 
lichkeit  mit  dem  wahrscheinlich  älteren,  in  seiner  ursprünglichen 
Gestalt  der  Königszeit  augehörigen  Tempel  in  Pergamon,  dass  man 
auf  eine  in  hellenistischer  Zeit  verbreitete  Art  der  Anlage  zurück- 
schliessen  möchte  (9). 


□ 


Fig.  3. 
Tempel  des  Apollo. 

Vollends  erweist  sich  der  Apollotempel  (Fig.  3)  als  eine  ita- 
lischem Brauche  fremde  Anlage  hellenistischen  Stils.  Innerhalb  des 
von  Säulenhallen  umgebenen  Hofes  erhebt  sich  das  Podium  aller- 
seits frei,  ist  also  nicht,  wie  es  bei  den  italischen  Tempeln  fester 
Brauch  ist,  mit  seiner  Rückseite  an  eine  abschliessende  Mauer  ge- 
lehnt. Dem  entsprechend  ist  der  Tempel  selbst  auf  dem  Podium 
ein  Peripteros,  von  allerdings  sehr  kurzer  Form  (6  zu  10  Säulen)  (I0). 


(9)  Darauf  wird  kein  Gewicht  zu  legen  sein,  dass  beim  pergamenischen 
Tempel  die  Länge  der  Cella  einschliesslich  der  Rückmauer  genau  mit  der 
Tiefe  der  Vorhalle  nebst  dem  oberen  siebenstufigen,  durch  besondere  Seiten- 
wangen ausgezeichneten  Abschnitt  der  Treppe  übereinstimmt  (vgl.  a.  a.  0. 
Taf.  41). 

(10)  Hierin  entspricht  er  dem  Tempel  der  Athena  Polias  in  Pergamon 
(Alterth.  von  Pergamon  II,  12).  6  zu  11  Säulen  in  Tennessos  und  Sagalassos, 
s.  Niemann  bei  Lanckoronski,  Städte  Pamphyliens  und  Pisidic  ns  II,  Taf.  3.  24. 


POMPEIANA  199 

Vom  Gewöhnlichen  abweichend  ist  die  Lage  der  Cella  innerhalb 
des  Pteroma,  insofern  der  hintere  Umgang,  obscbon  breiter  als  die 
Seitengänge,  doch  nicht  einmal  ein  Drittel  der  Tiefe  des  Vorplatzes 
vor  der  Cella  einnimmt.  Wollte  man  etwa  als  Grund  dieses  starken 
Zurücktretens  der  Cella  den  Wunsch  annehmen,  auch  hier  nach  ita- 
lischer Weise  die  Cellathür  mit  ihrer  Schwelle  in  den  Mittelpunkt 
des  ganzen  Peripteros  zu  verlegen,  so  widerspricht  dem  der  That- 
bestand.  Zwar  ist  die  Tiefe  der  Cella  (einschliesslich  der  Rückwand) 
gleich  der  Tiefe  der  Vorhalle  bis  an  den  vorderen  Rand  des  Po- 
diums; misst  man  aber  das  Podium  in  seiner  vollen  Länge,  so 
liegt  die  Hälfte  anderthalb  Meter  hinter  dem  Mittelpunkt,  zwei 
Meter  hinter  der  Vorderkante  der  Thürsch welle.  Wollte  man  end- 
lich die  schmale  Treppe  hinzurechnen,  so  würde  man  ebenso  wenig 
dahin  gelangen  der  Cellathür  einen  centralen  Platz  anzuweisen. 
Kurz  die  bei  den  anderen  Tempeln  der  Thürschwelle  zukommende 
Rolle,  die  in  italischen  Kultanschauungen  begründet  ist,  trifft  bei 
diesem  Tempel  so  wenig  zu  wie  bei  dem  dorischen  Hekatompedos : 
er  ist  in  seiner  Anlage  rein  griechisch.  Die  ungewöhnlich  grosse 
Vorhalle  und  deren  Tiefenverhältnis  zum  hinteren  Umgang  findet 
ihre  nächstliegende  Analogie  in  dem  alten  mittleren  Burgtempel  C 
in  Selinus(n),  in  beschränkterem  Masse  in  dem  Apollonion  G  der 
dortigen  sog.  Neapolis  (,2);  wenn  in  beiden  Tempeln  innere  Säulen- 
stellungen innerhalb  der  Vorhalle  hinzukommen,  so  liegt  der  Grund 
in  den  viel  bedeutenderen  Grössenverhältnissen  und  in  dem  schwe- 
reren dorischen  Gebälk. 

Dem  griechischen  Charakter  des  pompeianischen  Apollotempels 
widerspricht  auch  nicht  das  Podium  das  ihn  trägt.  Dass  dieses 
eine  Eigenthümlichkeit  des  italischen  Tempels  sei,  ist  eine  oft  wie- 
derkehrende, aber  irrige  Meinung.  Vitruv  erwähnt  in  seiner  Bespre- 
chung des  tuscanischen  Tempels  (4,  7)  nichts  davon,  und  auch  sonst 
finde  ich  keine  solche  Angabe;  vielmehr  erweisen  die  neuerdings 
in  grösserer  Zahl  bekannt  werdenden  etruskischen  und  mittelita- 
lischen Tempelpläne  (13)  den  Brauch  als  nichts  weniger  als  regel- 

C1)  Benndorf,  Metopen  von  Selinunt  Taf.  12.  Aus  dem  classischen 
Süden  Taf.  E.  Koldewey  und  Puchstein,  Die  griech.  Tempel  in  Unteritalien  und 
Sicilien,  Berlin  1899,  Taf.  12. 

(1?)  Benndorf  Taf.  13.  Aus  dem  class.  Süden  Taf.  G.  Koldewey  u.  Puch- 
stein Taf.  17. 

(W)  Degering  (Anm.  2)  S.  137  ff. 


200  AD.    MICHAELIS 

massig.  Dagegen  unterscheidet  Vitruv  beim  griechischen  Tempel 
die  beiden  Fälle,  si  circa  aedem  gradus  futuri  sunt  und  si  circa 
aedem  ex  tribus  lateribus  podium  facieadum  erit  (3,  3,  4  f.). 
Koldewey  hat  in  seinem  Programm  über  Neandria  (H)  eine  Anzahl 
von  Beispielen  peripterer  Podiumtempel  zusammengestellt.  Sehen 
wir  von  dem  hochalten  Tempel  in  Neandria  ab,  den  Dörpfeld  dem 
Vernehmen  nach  ebenfalls  für  einen  Peripteros  hält,  so  bietet  der  von 
Koldewey  durch  Deutung  der  Reste  erst  wiedergewonnene  Kolossal- 
tempel in  Tarsos  (Fig.  4),  der  sog.  Dönik-Tasch  (,5),  ein  zutreffen- 


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Fig.  4. 
Tempel  in  Tarsos. 

des  Beispiel:  ein  etwa  6  Meter  hohes  Podium,  auf  dem  die  Cella 
eine  ähnlich  zurückgeschobene  Lage  hat  wie  die  Cella  des  pom- 
peianischen  Tempels ;  vor  der  Cella  eine  weite  Halle,  durch  mehr- 
fache Säulenstellungen,  die  bei  den  mächtigen  Grössenverhältnissen 
zum  Tragen  der  Decke  nothwendig  waren,  gegliedert ;  an  der  nörd- 
lichen Vorderseite  die  gradus  in  fronte  in  Gestalt  einer  in  voller 
Breite  vorgelagerten  vielstufigen  Treppe.  Die  Entstehungszeit  des 
Tempels  ist  leider  nicht  genau  bestimmbar;  wenn  Koldewey  ihn 
für  griechisch-römisch  erklärt,  so  ist  damit  nur  der  Gegensatz  gegen 
die  Annahme  althetitischen  oder  assyrischen  Ursprungs  bezeichnet. 
Koldewey  nimmt  die  gleiche  Anlage  auch  für  das  Smintheion 


('<)  Neandria,  Berlin  1891,  S.  31  f. 

(15)  Aus  der  Anomia  S    178  ff.  Daher  ist  Fig.  4  entlehnt.  Zu  dem  selt- 
samen Erhaltungszustand  vgl,  den  neuen  Tempel  in  Pompeii  (Anm.  3). 


POMPEIAXA  201 

und  das  ephesische  Artemision  an(16).  Leider  ist  Pullans  Publi- 
cation  des  Smintheion  (17)  so  lückenhaft  —  es  fehlt  jede  Wieder- 
gabe des  heutigen  Zustandes  —  dass  ein  Urtheil  schwierig  ist,  doch 
haben  sich  nach  den  Angaben  des  Textes  nur  an  der  südwestlichen 
Schmalseite  Stufen  gefunden,  und  für  den  Grundplan  wird  eine 
iunere  Säulenstellung  (nQoörvXia)  anstatt  des  tiefen  Pronaos  ia 
antls  als  nicht  unwahrscheinlich  bezeichnet.  Hierdurch  erscheint  Kol- 
dewej's  Almahme  eines  bloss  vorn  aufgetreppten  Podiumtempels 
wenigstens  als  möglich,  und  wenn  Pullan  die  Vorderwand  der  Cella 
richtig  angesetzt  hat  (was  man  nach  den  erhaltenen  Grundmauern 
wohl  annehmen  darf),  so  erhalten  wir  wiederum  das  gleiche  Ver- 
hältnis einer  Vorhalle  von  etwa  dreifacher  Tiefe  gegenüber  dem 
Säulengang  hinter  der  Cella.  Pullans  Aufrisse  aber,  mit  dem  rings- 
umlaufenden zehnstufigen  Krepidoma,  sind  wohl  geeignet  die  un- 
günstige Wirkung  eines  so  grossen  Stufenapparates  vor  Augen  zu 
stellen  und  auch  für  das  Artemision  zu  Ephesos,  für  das  bekannt- 
lich Philon  (18)  eine  xQ^nlda  dsxaßaüpiov  bezeugt,  Koldeweys  An- 
nahme einer  blossen  Fronttreppe  wahrscheinlich  zu  machen.  Ist 
dem  aber  so,  so  geht  die  Anlage  eines  bloss  vorn  aufgetreppten 
peripteren  Podiumtempels  bis  ins  vierte  Jahrhundert  zurück,  in  das 
nicht  bloss  das  Artemision,  sondern,  nach  der  Angabe  über  Skopas 
Thätigkeit  für  das  Smintheion  (I9),  auch  die  Anlage  dieses  Tempels 
gehört  (20). 

Der  Anlass  zu  dieser  Abweichung  vom  althergebrachten  grie- 
chischen Schema  des  Peripteros  liegt  auf  der  Hand:  sie  ist  aus 
dem  Bedürfnis  hervorgegangen  den  Tempel  höher  über  den  umgeben- 

(lö)  Auch  für  den  prächtig  erhaltenen  Tempel  in  Aizanof  (Texier,  Asie 
Min.  I  Taf.  23  ff.  Le  Bas,  Voyage  arche'ol.,  Arch.it.  Taf.  18  ff.),  von  dem  ich 
aber  wegen  seiner  späten  Entstehungszeit  (A.  Körte  in  der  Festschrift  für 
0.  Benndorf,  "Wien  1898,  S.  209  ff.)  hier  abgehe. 

(«)  Antiquities  of  Ionia  IV  Taf.  26  ff. 

(18)  De  Septem  orbis  spectaculis  c.6  (nach  Erwähnung  der  Fundamente) 
7iQwtoy  pev  egio&ev  eßdXtxo  xgrjnidit  dexußa&jjov  dtsytigtot/  ngog  ßceoiv  usiem- 
qo(fuvi?  (?  {AtTewQotpavTJ  ?)  xai  nsQi...  Leider  bricht  das  erhaltene  Fragment 
mit  diesen  Worten  ab,  die  nach  Koldeweys  scharfsinniger  Vermuthung  zu  den 
anderen,  den  vermuthlichen  Podiumseiten  des  Tempels  (negi)  überleiteten. 

(19j  Strabon  13  p.  604. 

(20)  Die  Anlage,  denn  die  Ausführung  ist  nach  Pullan  nicht  gkichmäss'g 
und  zeugt  für  verschiedene  Buuzdten. 


202  AD.    MICHAELIS 

den  Grund  hinauszuheben.  Hätte  man  z.  B.  in  Pergamon  den  ioni- 
schen Tempel  (Fig.  2)  am  Ende  der  schmalen,  250  M.  langen  Ter- 
rasse nur  auf  die  üblichen  drei  Stufen  gestellt,  so  wäre  er  ohne 
Wirkung  geblieben,  während  jetzt  die  Erhebung  über  die  Terrasse 
um  Allz  Meter  ihn  als  den  beherschenden  Zielpunkt  des  laugen 
Prospects  erscheinen  lässt.  Die  hohe  breite  Flucht  der  Stufen,  in 
richtigem  Verhältnis  zu  den  Massen  des  Tempels  darüber,  vol- 
lends wenn  man  sie  sich  mit  Menschen  angefüllt  denkt,  wirkt 
ebenso  wie  die  breite  Treppe  am  grossen  Altar  zu  Pergamon  (21). 
Aehnlich  steht  es  mit  den  nach  allen  Seiten  frei  liegenden  Ko- 
lossaltempeln, wie  sie  von  Alters  her  in  Kleinasien  beliebt  waren. 
Eine  allseitige  vielstufige  Anlage  des  Krepidoma  nahm  zu  viel  Kaum 
in  Anspruch  und  war  schwerfällig  in  der  Wirkung.  Auch  war  der 
Weg  längst  gewiesen.  Eine  bescheidene  Hervorhebung  der  Front- 
stufen bietet  schon  der  archaische  Tempel  C  in  Selinunt  (n),  an 
dem  vorne  neun,  an  den  anderen  drei  Seiten  nur  vier  Stufen  an- 
geordnet sind.  Der  etwa  ein  Jahrhundert  jüngere  sog.  Cerestempel 
in  Paestum  (22),  der  ebenfalls  eine  weite  Halle  vor  der  Cella  hat, 
zeigt  die  üblichen  drei  Stufen  nur  in  seiner  vorderen  Hälfte,  wäh- 
rend die  hintere  des  Krepidoma  ganz  entbehrt.  Am  etwa  gleich- 
zeitigen Hekatompedos  in  Pompeii  (23)  treten,  wohl  nur  infolge 
von  Terrain  Verschiedenheiten  des  umgebenden  Platzes,  geringere 
Unregelmässigkeiten  des  Krepidoma  auf,  hier  mit  einer  besonderen 
schmaleren  Treppe  in  der  Mitte  der  Front,  nach  Art  der  Rampenzu- 
gänge peloponnesischer  Tempel,  verbunden.  Jedoch  sind  die  bei- 
den letzten  Beispiele  unsicher,  da  die  neueste  Aufnahme  Kol- 
deweys  die  Stufenreihen  bei  dem  Paestaner  Tempel  als  allseitig 
herumgehend  gibt,  so  dass  die  scheinbare  Unregelmässigkeit  nur 
Folge  von  Zerstörung  wäre,  bei  dem  Hekatompedos  in  Pompeii 
aber   die   ursprünglichen   Verhältnisse  sich  nicht  mehr  feststellen 

(*»)  Vgl.  die  Ansichten  Alt.  von  Pergamon  IV  Taf.  26.  4B.  46. 

(22)  Durm,  Baukunst  der  Griechen  2  S.  305.  Koldewey  und  Puchstein 
(Anin.  11)  Taf.  3,  Text  S.  19. 

(23)  Am  besten  Mon.  ined.  dei  Lincei  I,  zu  S.  199,  jetzt  bei  Koldewey 
und  Puchstein  Taf.  5,  Text  S.  45  f.  Zur  schmalen  Fronttreppe  in  Verbindung 
mit  dem  gewöhnlichen  Krepidoma  vgl.  den  alten  Apollontempel  in  Syrakus, 
den  Tempel  zu  Egesta,  den  Heratempel  E  in  Selinunt  (Aus  dem  class.  Süden 
Taf.  D  und  G.  Koldewey  und  Puchstein  Taf.  7.  19.  18). 


POMPEIANA  203 

lassen.  Auf  alle  Fälle  lassen  sich  auf  Grund  des  alten  selinun- 
tischen  Tempels  gewisse  Ansätze  jener  Bildung  bis  in  die  Anfänge 
griechischen  Tempelbaues  zurückverfolgen.  In  hellenistischer  Zeit 
ward  aber  die  Anlage  des  Podiumtempels  mit  vorderer  Freitreppe 
von  den  grossen  Peripteroi  auch  auf  kleinere  prostyle  Tempel  über- 
tragen. Dafür  legen  die  Wandgemälde  Pompeiis  deutliches  Zeugnis 
ab.  Das  Bild,  das  Iasons  Erscheinen  vor  Peiias  darstellt  (24), 
dasjenige  der  casa  del  cilarista  mit  Iphigenia  die  zu  Thoas  und 
den  Gefangenen  herabsteigt  (25),  das  ähnliche  aus  dem  Hause  des 
L.  Caecilius  Iucundus  (2(i)  mögen  als  Belege  dienen ;  es  sind  lauter 
Bilder  die  mit  voller  Sicherheit  auf  hellenistische  Vorbilder  zu- 
rückgehen und  uns  die  besprochene  Tempelform  als  Lieblingsform 
dieser  Zeit  vorführen.  Von  hier  fand  sie  auch  Eingang  in  die  helle- 
nisierende  Architektur  Roms  (27). 

Ich  kehre  zum  Apollotempel  in  Pompeii  zurück.  Der  Altar 
vor  der  Treppe  hat  dieselbe  Aienstellung  zum  Tempel  wie  der  des 
Zeus  Milichios  (Fig.  2).  Da  aber,  abweichend  von  letzterem,  beim 
Apollotempel  kein  Zwang  wegen  Enge  des  Hofraums  in  Betracht 
kommen  kann,  so  muss  ein  anderer  Grund  zu  jener  Stellung  des 
Altars  geführt  haben.  Nun  ist  der  Apollotempel  gegen  Süden  orien- 
tiert, ebenso  wie  der  ionische  Tempel  in  Pergamon,  bei  dem  sich 
die  gleiche  Richtung  des  Altars  wiederholt  (Fig.  2).  Es  liegt  nahe 
für  beide  Fälle  den  gleichen  Grund  vorauszusetzen.  Beim  perga- 
menischen  Altar  ist  die  breitere  westliche  Stufe  deutlich  als  Stand- 
platz des  Opferers  bezeichnet,  der  also  beim  Opfer  gegen  Osten 
schaute,  dem  herschenden,  wenn  auch  nicht  allein  giltigen  griechi- 
schen Brauch  entsprechend  (28).  Vermuthlich  gilt  dies  auch  für  den 

f24)  Am  besten  bei  Winter,  Eine  attische  Lekythos  des  Berliner  Mu- 
seums, Berlin  1895,  S.  12.  Winter  scheint  mir  allerdings  das  Originalbild  viel 
zu  hoch  hinaufzurücken;  es  ist  gewiss  erst  hellenistisch. 

(25)  Mon.  ined.  delV  Inst.  VIII,  22. 

(*6)  Arch.  Zeitung  1875  Taf.  13. 

(27)  Das  älteste  bekannte  Beispiel  bietet  der  191  vollendete  palatinische 
Tempel  der  Magna  Mater  (Hülsen  in  diesen  Mittheil.  1895  S.  3  ff.).  Ebenso 
war  allem  Anschein  nach  Metellus'  Juppitertempel,  bekanntlich  ein  Werk 
des  Hermodoros  von  Kypros,  ein  peripterer  Podiumtempel,  vgl.  Yitr.  3,  2,  5 
und  den  Grundriss  des  späteren  Umbaus  bei  Jordan,  Forma  url/is  Romae 
Taf.  5. 

(28)  Vitr.  4,  8  (9)  arae  spectent  ad  orientem,  vgl.  Reisch  bei  Pauly- Wis- 
se wa  I,  1655  f. 


204  AD.    MICHAELIS 

Altar  des  Apollotempels.  Allerdings  verlangt  Vitruv  (29)  auch  fin- 
den italischen  Altar  die  gleiche  Orientierung,  im  Zusammenhang 
mit  der  von  ihm  als  normal  geforderten  Orientierung  des  Tempels 
gegen  Westen;  so  gilt  es  denn  auch  für  die  Tempel  der  Fortuna 
Augusta  und  des  Vespasian  (Fig.  1).  Aber  diese  Richtung  des  Tem- 
pels ist  ja  keineswegs  die  Eegel;  bei  dem  gegen  Süden  sich  öff- 
nenden Tempel  der  drei  Götter  auf  dem  Forum  (ebenda)  ist  nach 
der  Gestalt  der  Plattform  doch  wohl  anzunehmen,  dass  der  Altar 
dem  Tempel  quer  vorgelagert  war.  Dann  würde  er  also  als  eine 
samnitisch-römische  Anlage  in  einem  Gegensatz  stehen  zu  dem  Altar 
des  gleich  orientierten  griechischen  Apollotempels  (30). 

Hellenistischem  Brauch  entspricht  auch  die  Umfassung  der  Area 
des  Apollotempels  mit  einer  ursprünglich  zweistöckigen  Säu- 
lenhalle. Die  Erfindung  einer  solchen  porticus  pensilis,  der  die 
zweistöckigen  Säulenstellungen  im  Innern  der  Tempelcellen  vorge- 
arbeitet hatte,  wird  Sostratos  von  Knidos  zugeschrieben,  dem  Er- 
bauer des  Pharos  von  Alexandrien  zur  Zeit  des  Ptolemaios  Soter  (3I). 
So  begegnen  uns  denn  neqinaxoi  dmloT  auf  drei  Seiten  des  für 
Ptolemaios  IV  erbauten  Nilschiffes  (M).  Ein  treffliches  Beispiel  eines 
so  eingefassten  Tempelhofes  bietet  das  unter  Eumenes  II  neu  her- 
gerichtete Temenos  der  Athena  Polias  in  Pergamon  (33) ;  ohne  Be- 
ziehung auf  einen  Tempel  ist  die  doppelstöckige  Stoa  Attalos'  II 
in  Athen  (34).  In  Rom  lässt  sich  ein  von  Hallen  umrahmter  Tem- 
pelhof wohl  zuerst  in  den  von  Hermodoros  von  Kypros  ausgeführ- 
ten Anlagen  des  Metellus  (nach  146)  nachweisen  (35) ;  bald  darauf 
(138)  umgab   P.  Scipio   Nasica   auch  den   capitolinischen  Tempel 

(29)  Vitr.  4,  5,  1.  Vgl.  Nissen,  Templum,  S.  169  f. 

(30)  Eine  gewisse  Analogie  bietet  der  Apolloterapel  zu  Bassai.  Während 
der  ganze  Tempel  nach  Norden  orientiert  ist  und  der  Altar  sicherlich  vor  der 
Nordfronte  stand,  öffnet  sich  der  Theil  des  Inneren  der  das  Bild  enthielt  mit 
einer  besonderen  Thür  gegen  Osten,  und  ohne  Zweifel  schaute  der  Gott  eben- 
dahin. Vgl.  Arch.  Zeitung  1876  S.  161  f. 

(31)  Plin.  36,  83. 

(32)  Athimaeus  5  p.  204  F  mit  Unterscheidung  des  xura/etog  und  des 
v/jsowog  nsginaco?.  Zum  Gebrauch  von  &tnkov$  vgl.  Lysias  /,  9. 

(33)  Alterth.  von  Pergamon  II  Taf.  21  ff. 

(34)  Adler,  die  Stoa  des  Königs  Attalos  II  in  Athen,  Berlin  1875,  mit 
den  epikritischen  Bemerkungen  von  Buhn  in  der  Zeitschrift  für  Bauwesen  1882. 

(»)  Velleius  1,  11.  Vitr.  3,  2,  5. 


POMPEIANA 


205 


mit  diesem  hellenistischen  Schmuck  (36).  Ob  diese  beiden  römischen 
Säulenhallen  zweistöckig  waren,  wissen  wir  freilich  nicht;  waren 
sie  einstöckig,  wie  die  Hallen  um  den  Hof  des  Isistempels  in  Pom- 
peii,  so  bietet  unser  Apollotempel  das  älteste  Beispiel  auf  itali- 
schem Boden  für  eine  porticus  pensüis.  Uebrigens  findet  auch  die 
von  Vitruv  1,  2,  6  getadelte  Verbindung  ionischer  Säulen  und 
Kpistylien  mit  dorischem  Triglyphon,  wie  sie  in  der  unteren  Halle 
des  pompeianischen  Tempelhofs  bestand  —  bekanntlich  sind  erst  in 
der  letzten  Zeit  Pompeiis  die  Kapitelle  in  korinthische,  des  Tri- 
glyphon in  einen  ionischen  Fries  verwandelt  und  die  obere  Halle 
anscheinend  getilgt  worden  — ,  in  dem  oberen  Stockwerk  jener  per- 
gamenischen  Ringhalle  ein  etwas  älteres  Vorbild. 


Fig.  5. 
.  Von  der  Vorhalle  des  Forum  trianguläre 

Endlich  noch  ein  Wort  über  die  Gestaltung  des  ionischen 
Kapitells.  In  der  Tuffperiode  herscht  in  Pompeii  fast  ausschliess- 
lich die  Form  des  ionischen  Kapitells  mit  vier  gleichen  Seiten, 
ohne  Polster,  die  Voluten  diagonal  gestellt  (37) ;  so  im  Apollotempel, 
in  der  Vorhalle  des  Forum  trianguläre  (Fig.  5),  in  den  Häusern  des 


(3«)  Velleius  2,  1. 

(37)  Overbeck-Mau  Pompeji  *    S.  517.  Durm,   Baukunst  der   Griechen  « 
S.  252  Fig.  174.  Mazois  III,  13.  19  f. 


206  AD.    MICHAELIS 

Fauns,  des  Pansa,  des  M.  Epidius  Ruftis,  der  capltelli  figurati 
n.  s.  w.  Die  Unbequemlichkeiten,  die  das  nach  je  zwei  Seiten  ver- 
schieden gestaltete  normal-ionische  Kapitell  der  Verwendung  bot 
und  die  ja  schon  zur  besonderen  Gestaltung  des  Eckkapitells  ge- 
führt hatten,  haben,  offenbar  unter  Einwirkung  des  korinthischen  Ka- 
pitells mit  seinen  hochgeschwungenen  Diagonalvoluten,  die  entspre- 
chende Umbildung  des  ionischen  Kapitells  herbeigeführt  (38).  Sie 
ist  freilich  so  wenig  organisch  empfunden  wie  das  ganze  ionische, 
aus  fremden  Elementen  gebildete  Kapitell,  empfahl  sich  aber  durch 
ihre  Brauchbarkeit  für  alle  Fälle.  Ihr  Grundgedanke  tritt  bereits 
in  der  alterthümlichen  Säule  vom  Heiligthum  der  Artemis  Limna- 
tis  (3?)  zu  Tage,  ähnlich  in  den  Kapitellen  der  Dreiviertelsäulen 
in  der  Cella  des  Apollontempels  zu  Bassai  (40),  sowie  an  den  Halb- 
säulen des  Propylon  der  grossartigen  Villa  in  Palatitza  in  Make- 
donien, die  anscheinend  sehr  guter,  jedenfalls  vorhellenistischer  Zeit 
angehört  (4l).  Aber  hier  handelt  es  sich  überall  nur  um  lauter  recht- 
winklig zu  einander  gestellte  flache  oder  nur  ganz  schwach  ein- 
gebogene Volutenseiten,  die  keinen  Einfluss  auf  einander  ausüben, 
nicht  um  das  Herausdrängen  je  zweier,  sich  vereinigender  Volu- 
teu  in  diagonaler  Richtung,  wie  beim  Eckkapitell.  Letztere  Form  ist 
besonders  aus  Sicilien  und  Süditalien  belegt  (42).  Kekule  gibt  ein 
thönernes  Halbsäulenkapiteli  aus  Kentoripa  (43),  andere  Beispiele 
werden  aus  Akragas  and  Solunt  angeführt  (44);  dazu  die  pompeia- 

(38)  Semper,  Stil  II,  441.  In  dieser  Form  die  Grundform  des  ionischen 
Kapitells  zu  erblicken  ist  unmöglich  ,  da  sich  dann  die  Polsterform  nicht 
erklären  Hesse;  auch  widerspricht  die  nachweisliche  Entwicklung  des  ioni- 
schen Kapitells  (Puchstein,  das  ionische  Capitell,  Berlin  1887). 

(39)  Semper,  Stil  II,  440. 

(4n)  Puchstein  S.  30.  Durm  S.  271.  Die  Einzelbildung  des  nur  in  Bruch- 
stücken erhaltenen  Kapitells  steht  freilich  nicht  fest  (vgl.  Stackeiberg,  Apollo- 
tempel Taf.  3.  Anc.  Marbles  in  the  Brit.  Museum  IV  Taf.  25,  3.  Cockerell, 
Tempels  of  Aegina  and  Bassae,  ßassae  Taf.  13  f.).  Die  Strassburger  Biblio- 
thek bewahrt  in  den  Skizzenbüchern  Hallers  von  Hallerstein  noch  unbenutztes 
Material  für  diese  Frage. 

(41)  Heuzey  und  Daumet,  Mission  archöol.  de  Maccdoine  Taf.  10  ff.  S.  197- 

(«)  Durm  S.  252. 

(4:«)  Terracotten  von  Sicilien  S.  46  Fig.  98  f. 

(44)  Vom  sog.  Grabe  Therons  bei  Akragas:  Serradifalco,  Antich.  d.  Si- 
cilia  III  Taf.  31.  Newton,  Halicarnassus  Taf.  31,  4.  Die  Form  des  Kapitells» 
das  aufrecht  stehende  Eichenblatt  neben  der  Volute  (vgl.  Kapitelle  aus  Solunt 


POMPEIANA  207 

irischen  Kapitelle.  Aber  es  wäre  ein  Irrthum,  deshalb  die  Kapitell- 
form auf  den  Westen  beschränkt  oder  auch  nur  hier  entstanden  zu 
denken.  Mindestens  ganz  nahe  verwandt  sind  die  Kapitelle  zweier 
Halbsäulen  einer  Grabfacade  im  lykischen  Antiphellos,  von  denen 
leider  nur  die  Vorderansicht  abgebildet  ist  (45) ;  sie  mögen  etwa 
dem  vierten  Jahrhundert  angehören.  Genauer  übereinstimmend  mit 
den  pompeianischen  Kapitellen,  und  zugleich  sicher  datierbar,  ist 
ein  Antenkapitell  (Fig.  6)  vom  Obergeschoss  des  Propylon  das  zum 


Fig.  6. 
Kapitell  aus  Pergainon. 

Temenos  der  Athena  Polias  in  Pergamon  führte  (4ß).  Da  für  eine 
Ante  das  normale  Kapitell  keine  Schwierigkeit  bietet,  ja  bei  dem 
verschiedenen  Werthe  der  Front  und  der  Seiten  fast  natürlicher 
zu  sein  scheint,  so  weist  dies  Antenkapitell  ohne  Frage  auf  den 
Gebrauch  der  gleichen  Bildung  für  Säulenkapitelle  hin,  wenn  sich 
auch  kein  Beispiel  erhalten  hat.  Dass  aber  das   Diagonalkapitell 


in  Palermo  bei  Durm  S.  252),  und  die  Verbindung  mit  einem  vollständigen 
dorischen  Gebälk  lassen  das  Grab  als  ziemlich  spät  erscheinen ;  daher  ich  den 
Einfall  Schubrings  (histor.  Topographie  von  Akragas,  Leipzig  1870  S.  71),  das 
seltsame  Gebäude  möge  ein  Kenotapbion  des  337  verstorbenen  Timoleon  sein, 
für  verfehlt  halte. 

(<5)  Texier,  Asie  Mineure  III  Taf.  198.  Durm  2  S.  235.  Puchstein  S.  35 
Fig.  26. 

(46)  Alterth.  von  Pergamon  II  Taf.  23.  30. 


208  AD.    MICHAELIS 

grade  iin   Osten   heimisch   war,   beweist  sein  zähes  Nachleben  in 
späten  Denkmälern  Syriens  (47). 

Indessen  ist  auch  der  Osten  nicht  die  Heimat  des  Diagonal- 
kapitells, vielmehr  tritt  es  schon  früher,  und  zwar  wiederum  als 
Halbsäulenkapitell,  am  Proskenion  des  Theaters  im  epidaurischen 
Asklepiosheiligthum  auf(48).  Der  Erbauer  dieses  Mustertheaters,  der 
jüngere  Po ly  kl  et,  stellt  sich  uns  —  falls  nicht  einige  seiner 
Neuerungen  auf  Rechnung  des  Skopas  kommen  sollten,  dessen  tegea- 
tischen  Athenatempel  wir  leider  in  seinen  architektonischen  Ein- 
zelheiten noch  so  wenig  kennen  —  als  einen  der  bedeutendsten 
Neuerer  in  der  Architektur  des  vierten  Jahrhunderts  dar.  Aus  seiner, 
mit  unglaublich  vollendeter  Technik  ausgeführten  Thymele  (Tholos) 
stammt  das  älteste  uns  erhaltene  korinthische  Kapitell  des  kano- 
nischen, von  der  ganzen  späteren  Architektur  nur  leise  umgebilde- 
ten Typus  (49).  An  der  Sima  desselben  Rundbaues  erscheint,  ebenso 
wie  in  etwas  einfacherer  Form  am  Tempel  zu  Tegea  (50),  ein  hori- 
zontal sich  hinschlängelndes  plastisches  Rankenwerk  zwischen  den 
Löwenköpfen  (5I),  wo  im  fünften  Jahrhundert  eine  Reihe  nur  ge- 
malter, senkrecht  emporstrebender  Anthemien  üblich  war  (52).  Frei- 
lich zeigte  die  Thymele  —  wiederum  im  Einklang  mit  Skopas' 
Tempel,  der  auch  die  gleiche  Verbindung  einer  äusseren  dorischen 

(47)  Durm,  Baukunst  der  Etrusker  und  Römer  S.  246  (Nebi  S«  ffa).  248 
(Sicgestempel  in  Suleim).  Undeutlich  ist  das  Beispiel  bei  De  Vogüe  und  Wad- 
dington.  Syrie  centrale,  Archit.  Taf.  93  (Grab  in  Dana\ 

(«8)  Cavvadias,  Fouilles  d'Epidaure  I,  Athen  1891,  Taf.  3.  7. 

(4P)  Cavvadias  Taf.  10.  Durm  I«,  287,  Fig.  204.  Das  Kapitell,  unvollen- 
det, vielleicht  nur  ein  Modell,  ist  von  sehr  lebensvoller  Ausfübrung.  Davon 
abhängig  ist  scbon  das  korinthische  Kapitell  vom  Philippeion  in  Olympia 
(Olympia  U  Taf.  81.  Lalonx  und  Monceaux,  Restauration  d'Olympie  S.  111, 
Bötticher,  Olympia2  S.  361,  Fig.  76).  Poetiseher  empfunden  freilich,  aber 
viel  individueller  ist  das  Kapitell  des  Lysikratesdenkmals  in  Athen. 

(5°)  Athen.  Mittheil.  1883  Taf.  13. 

(5I)  Cavvadias  Taf.  5,  1.  10.  Fenger,  Dorische  Polychromie  Taf.  6,  11. 
Diese  lebendigere  Verzierung  der  Sima  ist  seitdem  vielfach  angenommen 
(z.  B.  Messene,  Le  Bas,  Voy.  archeol.  Archit.  Taf.  5).  Die  alte  Weise  tritt 
noch  in  Hermogenes'  Tempel  zu  Teos  auf  (Antiq.  of  Ionia  JV,  25),  etwas 
modificiert  an  Pytheos'  Athenatempel  in  Priene  (ebenda  Taf.  9.  18.  Eayet  und 
Thomas,  Milet  Taf.  13,  eine  Verbindung  beider  Ornamentweisen  am  Smin- 
theion  (Antiq.  of  Ionia  IV,  29). 

(5?)  S.  die  Zusammenstellung  bei  Fenger  Taf.  6. 


POMPEWNA  209 

Peristasis  mit  einer  inneren  korinthischen  Säulenstellung  auf- 
wies (53)  —  einen  Rückgang  in  dem  leblosen  gradlinigen  Umriss  des 
Echinos  am  dorischen  Kapitell,  der  so  deutlich  das  beginnende  Ein- 
trocknen dieses  vornehmen  Baustils  verkündet  (54).  Andrerseits  eröff- 
net der  leicht  geschwungene  Umriss  des  ionischen  Frieses  an  den 
Seiteneingängen  des  polykletischen  Theaters  (55)  für  dieses  Bauglied 
eine  neue  Entwickelung.  Also  überall  ein  neuer,  für  den  ionischen 
und  korinthischen  Stil  nach  reicherer  Durchbildung  strebender  Sinn. 
Bei  dieser  Bedeutung  der  polykletischen  Bauten  für  die  Entwicke- 
lung der  Einzelformen  scheint  mir  die  Annahme  nicht  allzu  gewagt, 
dass  wir  den  Erfinder  des  Diagonalkapitells  —  Skopas'  etwanige 
Ansprüche  immer  vorbehalten  (56)  —  in  dem  jüngeren  Polyklet 
erkennen  dürfen,  dessen  Namen  somit  denen  eines  Mnesikles  (Pro- 
pyläen in  Athen)  und  Philokles  (Erechtheion)  an  die  Seite  träte. 
Auffallend  bleibt  es  dabei  nur,  dass  im  eigentlichen  Hellas,  auch 
in  Olympia,  meines  Wissens  bisher  keine  Nachwirkungen  dieser 
Neuerung  an  den  Tag  getreten  sind. 

Für  Pompeii  ist  dies  Kapitell  auf  die  ganz  von  hellenistischen 
Einflüssen  beherschte  Tuffperiode  beschränkt ;  im  römischen  Pompeii 
tritt  das  normale  ionische  Kapitell  in  seiner  späten  schwunglosen 
Bildung  an  dessen  Stelle.  So  begegnet  es  uns  schon  in  der  Cella 
des  capitolinischen  Tempels  auf  dem  Forum,  hier  dadurch  besonders 
gerechtfertigt,  dass  die  Säulen  wegen  ihrer  Stellung  nahe  vor  der 
Wand  keine  gleichmässige  Entwicklung  nach  allen  vier  Seiten  ver- 


(*»)  Athen.  Mittheil.  a.  a.  0. 

(54)  Cavvadias  Taf.  5,  1.  Andere  Beispiele  in  Messene  am  Stadion  {Exped. 
de  Moree  I  Taf.  27  f.),  am  Heräon  von  Olympia  (Olympia  I  Taf.  21  f.  Laloux 
und  Monceaux  S.  103.  Bötticher  Olympia2  S.  198,  Fig.  42)  und  oft. 

(55)  Cavvadias  Taf.  3,  1. 

(56)  Der  jüngere  Polyklet  nimmt  innerhalb  der  einförmigen  polykleti- 
schen Schule  durch  seine  zahlreichen  Götterbilder  und  durch  Verwendung 
des  Marmors  neben  dem  Erz  ein  Ausnahmsstellung  ein,  für  die  wir  am  einfach- 
sten eine  Erklärung  finden,  wenn  wir  ihn  uns  von  dem  aus  gleicher  Schule 
hervorgegangenen,  früh  im  Peloponnes  thätigen  Skopas  beeinflusst  denken. 
Denn  Skopas'  Thätigkeit  in  Tegea  für  älter  zu  halten,  daran  macht  mich 
Kleins  Herabdatierung  (Praxiteles  S.  321)  nicht  irre ;  es  ist  mir  schier  unver- 
ständlich, wie  die  tegeatischen  Skulpturreste  gleichzeitig  mit  dem  Mausoleion 
oder  gar  später  sein  sollen! 

15 


210  AD.   MICHAELIS 

langen  (57).  In  der  Hauptstadt  scheint  das  Diagonalkapitell  kei- 
nen Fuss  gefasst  zu  haben,  wenigstens  ist  mir  nur  ein  spätes  und 
schlechtes  Beispiel  aus  Kora,  der  Saturntempel  über  dem  Forum,  be- 
kannt (58).  Dagegen  erlebt  es  eine  Art  trauriger  Fortdauer  im  oberen 
Theil  des  für  uns  erst  seit  dem  Untergang  Pompeiis  nachweisba- 
ren Compositakapitells  (59).  Wo  mag  aber  wohl  der  romanische 
Architekt  des  Münsters  zu  Essen  (um  1000  n.  Chr.)  das  Vorbild 
zum  Kapitell  einer  Ziersäule  gefunden  haben,  das  aus  vier  platten 
Vorderseiten  mit  Eierstab  je  zwischen  den  Voluten  gebildet  ist  (60)  ? 
Die  Renaissance,  die  ja  überhaupt  den  ionischen  Stil  nicht  eben  liebt, 
scheint  das  Diagonalkapitell,  obschon  Palladio  es  kennt,  doch  nur 
wenig  anzuwenden  (61).  Dagegen  verwendet  es  die  französische  Archi- 
tektur des  Rococo ;  ein  hübsches  Beispiel  bieten  die  Eingangshallen 
des  früher  bischöflichen  Schlosses  der  Rohan  in  Strassburg  (jetzt 
städtischen  Museums),  das  in  den  dreissiger  Jahren  des  achtzehnten 
Jahrhunderts  nach  den  Plänen  von  Robert  de  Cotte  gebaut  ward  (62). 
Ebenso  tritt  es  an  der  1785  begonnenen  Deutschhauskirche  in  Nürn- 
berg auf  (63).  So  findet  sich  das  Diagonalkapitell  gelegentlich  auch 
heute  noch  verwendet  (64).  — 

Anhangsweise  eine  Frage  betreffend  die  Alae  des  pompeiani- 
schen  Hauses.  Nissen  (65)  hat  den  Plan  des  italischen  Hauses  mit 
dem  des  altsächsischen  Hauses,  wie  es  noch  heutzutage  in  einem 

(57)  Mazois  TU,  35.  Weichardt,  Pompeii  S.  70. 

(58)  Desgodetz,  Les  tdifices  ant.  de  Rorne  S.  123.  125.  Die  Formen  sind 
hier  äussert  plump  und  willkürlich. 

(59)  Sehr  deutlich  an  einem  Capitell  des  lateranischen  Museums,  Sprin- 
ger, Handbuch  d.  Kunstgeschichte  I5  S.  278  Fig.  490. 

(60)  Dehio  und  v.  Bezold,  Kirchl.  Baukunst  des  Abendlandes  Taf.303,  13. 

(61)  Z.  B.  in  Michelangelos  capitolinischem  Conservatorenpalast,  sodann 
im  siebzehnten  Jahrhundert  in  der  oberen  Halle  der  Universität  zu  Genua  und 
unten  im  Treppenhause  des  Klosters  von  S.  Giorgio  Maggiore  in  Venedig  (Pa- 
last-Architektur Italiens:  Beichardt,  Genua  Taf.  18.  19.  Raschdorf,  Venedig 
Taf.  85.  88). 

(6»)  Strassburg  und  seine  Bauten,  Slrassb.  1894,  S.  328. 

(63)  Ke"e,  Nürnberg,  Leipzig  und  Berlin  1900,  S.  205,  Fig.  162. 

(64)  Z.  B.  in  zwei  ehemaligen  Friedensgerichten  in  Strassburg,  in  der 
Kuhnengasse  (gebaut  1868)  und  in  der  Schiffleutgasse  (gebaut  1869). 

(65)  Pompeian.  Studien  S.  612  f. 


POMPEIANA 


211 


bedeutenden  Theile  Norddeutschlands  üblich  ist,  zusammengestellt 
und  darauf  hingewiesen,  dass  die  Alae  sich  in  den  Erweiterungen 
der  «  Fleet  »  gegenüber  der  ■  Diele  «  wiederfinden.  Ohne  mich  auf 
die  Frage  einzulassen,  wie  sich  das  altsächsische  Haus  zu  anderen 
Formen  des  alten  deutschen  Hauses  verhält  und  ob  ein  directer 
Zusammenhang  zwischen  ihm  und  dem  altitalischen  Bauernhause 
bestanden  haben  kann,  glaube  ich  doch,  dass  die  Aehnlichkeit  beider 
Anlagen  augenfällig  genug  ist  um  eine  Dunkelheit  der  einen  aus  der 


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Hn/iÖ 


Fig.  7. 
Casa  del  chirurgo.  Sächsisches  Bauernhaus. 


anderen  zu  erklären.  Figur  7  stellt  die  sog.  casa  del  chirurgo,  den 
reinsten  Typus  des  alten  samnitischen  Kalksteinhauses,  in  ihrem 
ursprünglichen  Zustand,  ohne  die  späteren  Anbauten,  mit  derjenigen 
Form  des  altsächsischen  Bauernhauses  zusammen,  welche  in  meiner 
holsteinischen  Heimat  am  gewöhnlichsten  ist  (66).  Durch  die  fauces 
A  oder  das  Thor  a  betritt  man  den  Hauptraum,  das  atrium  B  oder 
die  Diele  b,  neben  der  sich  die  cubicula  FF  und  der  Laden  G 
oder  die  Kammern  ff  und  die  Ställe  gg  hinziehen.  Im  Hinter- 
gründe erweitert  sich  das  Atrium  durch  die  alae  CG,  die  Diele  zur 
Fleet  c-c,  in  der  noch  oft  der  Heerd  c'  seinen  alten  Platz  ein- 

(66)  Die  casa  del  chirurgo  nach  Overbeck-Mau,  Pompeji  4  S.  297,  das 
altsächsische  Haus  nach  R.  Henning,  das  altdeutsche  Haus  (Quellen  u.  Forschun- 
gen zur  Sprach-  und  Culturgeschichte  der  germanischen  Völker,  Band  XLVH), 
Strassburg  1882,  S.  31. 


212  AD.    MICHAELIS,    POMPEIANA 

nimmt;  dahinter  liegen  das  tablinum  I),  umgeben  von  zwei  tricli- 
nia  oder  ähnlichen  Zimmern  EE,  andrerseits  die  Wohnstube  oder 
der  Pesel  d,  umgeben  von  zwei  Kammern  ee.  Hinter  dem  Hause 
liegt  hier  wie  dort  ein  Garten.  Bei  dieser  fast  vollständigen  Ueber- 
einstimmung  der  Eintheilung  ist  es  beachtenswerth,  dass  die  Sei- 
tenräume der  Fleet  cc  mit  Thür  und  Fenstern  sich  nach  beiden 
Seiten  öffnen  und  ihre  Bedeutung  eben  in  der  dadurch  erzielten 
Beleuchtung  und  Zngänglichkeit  der  Fleet  haben.  Sollte  nicht  dieses 
auch  der  ursprüngliche  Zweck  der  italischen  alae  gewesen  sein,  so 
lange  das  Bauernhaus  allein  stand  und  als  atrium  tesludinatum, 
ebenso  wie  das  von  einem  mächtigen  Strohdach  bedeckte  altsächsische 
Bauernhaus,  auf  seitliche  Beleuchtung  durch  Thüren  angewiesen 
war?  Die  Verwandlung  in  ein  atrium  displuviatum  oder  Tusca- 
nicum  mit  Oberlicht  ward  nöthig,  sobald  das  bisher  einzelstehende 
Haus  in  der  Stadt  sich  rechts  und  links  unmittelbar  an  Nachbar- 
häuser anschloss.  Die  alae  verloren  nunmehr  ihre  Bedeutung  sowohl 
als  lichtspendende  Käume  wie  als  postica,  für  welch  letztere  man 
andere  Auswege  in  Nebenstrassen  suchen  musste ;  sie  wurden  aber 
bei  dem  conservativen  Zuge  der  älteren  Zeiten  als  überkommene 
Räume  beibehalten  und,  da  sie  keinen  baulichen  Zweck  mehr  er- 
füllten, zur  Aufstellung  von  Schränken  (67),  in  vornehmen  Häusern 
zur  Unterbringung  der  imagines  cum  suis  ornamentis  (68)  benutzt. 
Ausnahmsweise  wurden  auch  wohl  die  alae  von  ihrem  hergebrachten 
Platz  am  Ende  des  atrium  in  die  Mitte  der  Seitenwände  verlegt ; 
so  im  atrium  tetrastylum  des  Hauses  des  Fauns  (ß9).  Weiterhin 
wurden  sie  gelegentlich  stattlich  erweitert,  durch  Säulen  der  Ar- 
chitektur des  atrium  Corinthium  angeglichen,  und  demnächst  als 
häusliches  Heiligthum  eingerichtet;  so  in  dem  ebenfalls  der  Tuff- 
periode agehörigen  Hause  des  M.  Epidius  Sabinus  (70).  Sehr  be- 
greiflich ist  es,  wenn  schliesslich  auf  die  zwecklos  gewordenen  alae. 
gänzlich  verzichtet  ward,  wie  das  ja  in  vielen  Häusern  Pompeiis 
der  Fall  ist(?'). 

(Fortsetzung  folgt.)  Ad.  Michaelis. 

(67)  Beispiele:  Mau  bei  Pauly-Wissowa  I,  1224. 

(68)  Vitr.  6,  3  (4),  6. 

(69)  Overbeck-Mau  *  S.  347. 
C70)  Overbeck-Mau4  S.  297  ff. 

(71)  Als  Beispiel  kann  das  Haus  des  Epidius  Sabinus  dienen,  Overbeck- 
Mau  4,  Plan.  no.  117. 


EIN  PRIESRELIEF  DES  TABULARIUMS. 


In  den  Räumen  des  Tabularhims  über  dem  römischen  Forum 
sah  ich  Ende  1897  das  Fragment  eines  Friesreliefs,  das  sowohl 
durch  seine  Darstellung  wie  seine  architektonische  Form  Interesse 
zu  erwecken  geeignet  ist.  Die  Mitteilung  des  wichtigen  Stückes, 
das  bisher  meines  Wissens  eine  Publication  oder  Beschreibung  nicht 
erfahren  hat  ('),  wird  daher  manchem  nicht  unwillkommen  sein. 


o,85- 


Das  Bruchstück,  dessen  Hauptmasse  in  die  beistehende  Abbil- 
dung eingesetzt  sind,  besteht  aus  Fries  sowie  oberster  Architrav- 


(')  Auch  über  Fundort  und-  zeit  habe  ich  nichts  ermitteln  können:  das 
Bullettino  comunale  dl  Roma  von  1876-1898  wie  auch  die  letzten  Bände  der 
Notisie  degli  scavi  gaben  darüber  keinen  Aufschluss.  Weit  zurück  kann  die 
Auffindung  nicht  liegen,  da  weder  Brizio  (1876)  noch  Robert  (1878)  bei  ihrer 
Besprechung  der  esquilinischen  Wandgemälde  von  unserm  in  denselben  My- 
tlienkreis  fallenden  Friese  Kenntnis  halten. 


214  H.    LUCAS 

fascie  und  ist  unten  glatt  abgeschnitten :  die  folgenden  Streifen  des 
Architravs  bildeten  also  ein  besonderes  Stück  für  sich.  Die  Dicke 
des  Keliefgrundes  am  Fries  ist  ca.  0,12  m,  die  Gesamtdicke  des 
Blockes  0,26.  Das  Material  ist  weisser  Marmor. 

Die  Darstellung  zeigt  zwei  lebhaft  bewegte,  einander  zuge- 
wandte Knaben,  den  einen  in,  den  andern  auf  dem  Kande  einer 
ziemlich  stark  bestossenen  muldenartigen  Wanne,  welche  —  bis 
auf  die  eigentümlich  ausgeschnittene  Gestalt  des  einen  Endes  — 
sehr  der  ovalen  Larnax  gleicht,  in  welcher  auf  dem  pergamenischen 
Telephosfries  Auge  dem  Meere  preisgegeben  werden  soll  (l),  weni- 
ger dem  geflochtenen  Bohrkästchen,  in  welchem  auf  dem  esquilini- 
schen  Wandgemälde  Romulus  und  Kemus  ausgesetzt  werden  (2). 
Der  links  sitzende  Knabe  erhebt,  weit  vorgebeugt,  die  Arme  —  nur 
der  1.  ist  erhalten  —  anscheinend  nach  einer  rechts  befindlichen  Per- 
son. Der  Kopf  ist  stark  abgesplittert,  r.  Oberschenkel  und  Hüfte 
bestossen.  Sein  kleiner  Gefährte  liegt  soweit  vornüber,  dass  er  mit 
dem  verlorenen  1.  Arm  eine  Stütze  gesucht  haben  muss :  vielleicht 
fasste  er  die  R.  des  andern.  Die  r.  Hand  greift  hinter  dessen  Rücken. 
Kopf  und  der  obere  Teil  des  Rückens  fehlen,  auch  derl.  Schenkel  hat 
gelitten.  Im  Hintergrund  erhebt  sich  ein  Baum  mit  gespaltener 
Rinde,  daneben  eine  Felspartie.  Am  Ende  des  Baumes  nahe  dem  1. 
Fuss  des  liegenden  Knaben  wird  der  1.  Fuss  eines  stehenden  Mannes 
sichtbar,  zum  Teil  verdeckt  durch  eine  halbzerstörte,  undeutliche 
Masse,  die  sich  nicht  wohl  anders  erklären  lässt  denn  als  Rest  des 
r.  Fusses,  den  der  Stehende  über  den  andern  setzte.  An  der  1. 
Seite  mag  der  Mann  ein  Fell  getragen  haben,  dessen  zottiges,  bis  auf 
den  Boden  herabhängendes  Ende,  wenn  wir  uns  nicht  täuschen, 
erhalten  ist.  Haltung  und  Kostüm  dieser  so  stark  zerstörten  Figur 
sind  wohl  ähnlich  zu  denken  wie  bei  dem  Faustulus  der  Mosaik 
Colonna,  Rom.  Mitth.  I  Taf.  1.  Die  Partie  am  untern  Ende  des 
Baumes  hat  eine  rauhe  Oberfläche,  begreiflich,  da  sie  einst  von  dem 
jetzt  weggebrochenen  Körper  verdeckt  war. 


(1)  Jahrbuch  des  Instituts  II  p.  244  (B). 

(2)  Helbig  Führer  II*  p.  257  ff.;  Guida  del  Museo  nazionale  Romano 
p.  91  ff;  Brizio,  Pitture  e   sepolcri    scoperti   sulV  Esquilino   (Roma    1876) 

p.  9-24,  tav.  2;  Annali  delV  inst.  1878  p.  234  ff  (Robert);  Mon.  delV  Inst.  X 
tav.  60.  60a.  Photograplrieen :  Moscioni  (Rom)  n.  6172  und  o.  N. 


EIN   FRIESRELIEK   DES   TABULARIUMS  215 

Die  einstige  Höhe  des  speziellen  Reliefteiles  war,  wie  ersicht- 
lich, bedeutend  grösser  als  das  Vorhandene;  sie  kann  etwa  das 
Doppelte  betragen  haben,  M.  0,60-70.  Die  Arbeit  ist  fein  und 
erlaubt  den  Fries  der  ersten  Kaiserzeit,  vielleicht  noch  der  augu- 
steischen Periode  zuzuweisen. 

Die  Deutung  der  Scene  begegnet  keinen  erheblichen  Schwie- 
rigkeiten. Soviel  wird  sofort  klar  geworden  sein,  dass  wir  das  in 
der  Wanne  ausgesetzte  Zwillingspaar  der  römischen  Stammessage, 
Komulus  und  Remus,  vor  uns  haben.  Wie  aber  ist  die  Situation 
des  genaueren  aufzufassen  ?  Ist  der  fellbekleidete  Mann  rechts  ein 
Diener,  der,  vielleicht  im  Verein  mit  verlorengegangenen  Genossen, 
die  Kinder  auf  Befehl  des  Amulius  ausgesetzt  hat  und  sie  nun 
nachdenklich,  mitleidig  betrachtet  ?  Eine  derartige  sentimentale 
Auffassung  würde  für  eine  solche  Handlung  wenig  passen.  Dazu 
vermisst  man  unter  der  Wanne  jede  Andeutung  von  Wasser,  das 
nicht  fehlen  durfte,  da  das  Gefäss  entweder  im  Tiber  selbst  oder 
in  dem  ausgetretenen,  seichten  Uferwasser  niedergesetzt  wurde. 
Wir  hätten  demnach  vielmehr  das  Auffinden  der  Zwillinge  durch 
einen  Hirten  zu  erkennen,  der  in  erstaunte  Betrachtung  der  hülf- 
losen Kleinen  versunken  steht.  Hierfür  spricht  auch  die  Haltung 
der  Knaben,  die,  worauf  mich  Petersen  aufmerksam  macht,  in  wohl- 
berechneter Weise  verschieden  charakterisiert  sind,  ähnlich  wie  der 
schlangenwürgende  Herakles  und  sein  furchtsamer  Halbbruder  Iphi- 
kles  auf  Vasenbildern,  z.  B.  der  r.  f.  Hydria  Mon.  dell'Inst.  XI 
Taf.  42,  2  (') :  der  Knabe  rechts,  unzweifelhaft  Remus,  wendet  sich 
schreiend  von  dem  Fremden  ab  und  sucht  Schutz  bei  seinem  Bru- 
der, welcher  unbefangen  und  mutig  die  Arme  ausstreckt  nach  der 
neuen  Erscheinung.  Dies  kann  unmöglich  der  Diener  sein,  der  die 
Knaben  zum  Flusse  getragen  hat,  sondern  eine  fremde  Persönlich- 
keit, welche  erst  eben  hinzugetreten  ist  zu  der  nach  dem  Zurück- 
treten der  Gewässer  auf  dem  Trockenen  sitzengebliebenen  Wanne. 

Für  die  Wölfin  ist  auf  unserer  Scene  kein  Platz.  Vielleicht 
möchte  mancher  vermuten,  dass  sie  in  dem  r.  oder  1.  sich  an- 
schliessenden Bilde  enthalten  gewesen  sei;  doch  dürfte  dagegen  das 
Vorhandensein  der  Wanne  sprechen:  diese  kommt  niemals  vor  auf 


(!)  Die  bildlichen  Darstellungen  dieses  Mythus  gesammelt:  Arch.  Zeit. 
1868  S.  33,  Röscher  Lexikon  d.  Myth.  1,2.  Sp.  2222  f.  u.  2242. 


21 G  H.    LUCAS 

den  Darstellungen  der  die  Zwillinge  nährenden  Wölfin.  Auch  würde 
dann  unser  Bild  keinen  Sinn  haben.  Denn  ein  erstauntes  Betrach- 
ten der  säugenden  Wölfin  ist  ein  passender  Darstellungsgegenstand, 
desgleichen  die  Betrachtung  des  gelandeten  Kahnes  mit  seinen  In- 
sassen, wie  wir  das  Relief  auffassen.  Was  aber  sollte,  wenn  der 
Hirt  die  Wölfin  verjagt  hätte,  dann  noch  ein  tiefsinniges  Anstarren 
der  zurückbleibenden  Zwillinge?  Wir  glauben  demnach,  dass  auf 
dem  Relief  eine  Sagenversion  wiedergegeben  ist,  welche,  ganz  ohne 
das  wunderthätige  Eingreifen  des  Gottes  durch  sein  geheiligtes  Tier, 
die  Zwillinge  nach  dem  Verlaufen  der  Flut  von  Menschen  aufge- 
funden werden  lässt.  Dies  würde  weiter  nichts  Verwunderliches 
haben,  da  für  die  ungefähr  derselben  Zeit  angehörigen  Wandge- 
mälde des  esquilinischen  Columbariums  Robert  ein  Gleiches  nach- 
gewiesen hat.  Für  das  überraschende  Fehlen  nämlich  der  hochwich- 
tigen, in  Dichtung  und  Kunst  gleich  gefeierten  Auffindungsscene 
mit  der  Wölfin  auf  dem  Wandgemälde,  neben  verhältnismässig  so 
unbedeutenden  Scenen  wie  der  Aussetzung  der  Kinder  u.  a.,  hat  Ro- 
bert mit  mehr  Recht  als  Brizio  (')  den  Grund  darin  gefunden, 
dass  die  Quelle  der  in  den  Fresken  wiedergegebenen  Sagenfassung 
eine  Erzählung  pragmatisierender  Tendenz  aus  augusteischer  Zeit 
war,  welche  die  Gründungssage  mehr  als  einen  Roman  auffasste, 
daher  das  Wunderbare,  Märchenhafte  wie  die  Wölfin  und  die  alba- 
nische Sau  (2)  möglichst  beseitigte  (a.  a.  0.  p.  270  f.).  Acca  La- 

(')  Brizio  (p.  22,  vgl.  p.  11)  erklärt  das  Auslassen  der  Wölfin  durch 
Verkürzung  eines  ursprünglich  vollständigeren  und  für  ein  anderes  Gebäude, 
einen  Tempel,  bestimmten  Cyklus,  der  für  das  Columbarium  nur  copiert  wor- 
den sei.  Doch  ist  die  Annahme  einer  solchen  Verkürzung  bedenklich,  bei  wel- 
cher gerade  die  wichtigsten  Scenen  fallen  gelassen,  unbedeutende  beibehalten 
werden.  —  Robert's  Ansicht  stimmt  jetzt  auch  Heibig  zu  (Führer  II2  S.  258). 

(2)  Es  sei  mir  bei  dieser  Gelegenheit  gestattet  zu  bemerken,  dass  ans 
der  Reihe  der  Darstellungen  der  albanischen  Sau  (vgl.  Klausen  Aeneas  u.  die 
Penaten  II  p.  675  Anm.;  Heydemann  arch.  Zeit.  1872  p.  122  Anm.  53)  einige 
mit  Unrecht  dahin  bezogene  Denkmäler  auszuscheiden  haben.  So  die  Gruppe 
des  Vatikan  (Heibig  Führer  I2  n.  182;  Reinach  röpertoire  II  748,  6),  deren 
Kunstwert  von  Heibig  vortrefflich  gewürdigt  ist.  Für  die  Zugehörigkeit  zu  einer 
historischen  Composition  spricht  nichts :  es  ist  schlechthin  eine  hellenistische 
Genregruppe,  die  sich  vollkommen  selbst  genügt  und  keine  Ergänzung  durch 
hinzuzudenkende  Personen  verlangt.  Weiter  das  Relief  im  Airio  des  capitoli- 
nischen  Museums  unter  n.  23,  eine  gewöhnliche  Jagdscene  darstellend  (Armel- 
lini  II  tav.  140;    Nuova  descrizione,    1888,  p.  26),  und  das   Basisrelief  der 


EIN    FRIESRELIEF   DES   TABULARIUMS  217 

rentia,  die  neubenannte  Gemahlin  des  Oberhirten  Faustulus,  über- 
nimmt in  dieser  jungen  rationalistischen  Sagenversion,  z.  B.  der  des 
Macer,  die  Rolle  der  Wölfin,  die  Mutterstelle  bei  den  Findlingen  ('). 
Einen  Diener  des  Faustulus  also,  der  jenem  von  dem  Funde  Mittei- 
lung machen,  oder  den  Oberhirten  selbst,  der  seiner  Frau  die  Kna- 
ben zum  Ersatz  für  ihr  totgeborenes  Kind  bringen  wird,  dürfen  wir 
in  der  männlichen  Figur  unsres  Frieses  erkennen. 

Die  Wichtigkeit  des  mitgeteilten  Friesfiagmentes  braucht  kaum 
besonders  hervorgehoben  zu  werden.  Sie  beruht  einmal  darauf,  dass 
wir  hiermit  überhaupt  eine  neue  Darstellung  eines  Vorganges  aus 
der  Romulussage,  und  zwar  in  einer  nicht  ganz  gewöhnlichen,  in- 
teressanten Fassung,  gewinnen,  sodann  darin,  dass  das  Stück  die 
Existenz  eines  ganzen  Gebäudes  bezeugt,  dessen  Fries  mit  einer 
fortlaufenden  Reihe  von  Scenen  aus  der  römischen  Stammessage  ge- 
schmückt war.  Hierdurch  tritt  das  kleine,  unbeachtete  Reliefstück 
den  esquilinischen  Wandbildern  an  die  Seite. 

Viel  näher  aber  liegt  es,  unser  Relief  mit  einem  schon  ein- 
mal publicierten,  dann  aber  wieder  unverdienter  Vergessenheit  an- 
heimgefallenen, in  der  Form  ähnlichen  Friesrelief  des  Neapler  Mu- 
seums zusammenzustellen  (n.  6607,  im  Saale  der  Salpionvase).  Nach 
einer  ungenauen,  durch  die  ungünstigen  Umstände  entschuldigten 
Beschreibung  Jordan's  (Arch.  Zeit.  26,  1868,  S.  97  Anm.  4)  hat 
es  Heydemann  ebd.  29  (1872)  Taf.  54  n.  2  abgebildet  und  S.  118  ff. 
eingehend  besprochen  und  richtig  gewürdigt.  Heydemann's  Deutung 
auf  die  Landung  des  Aeneas  ist  evident  und  so  selbstverständlich, 
dass,  als  ich  zum  ersten  Mal  vor  dem  Relief  stand,  ohne  Kenntnis 


Pariser  Tiberstatue  (Visconti  mus.  Pio-Clem.  Itav.  39;  Reinach  repertoire  168, 
vgl.  171,  5),  welches,  wie  man  schon  aus  dem  Gegenstück,  dem  Nil  des  Va- 
tikan, hätte  entnehmen  können,  wie  dieses  die  Bewohner  des  Nil,  so  seiner- 
seits das  tägliche  Leben  und  Treiben  im  und  am  Tiber  in  echt  alexandrini- 
schen  Gonretypen  zur  Anschauung  bringt.  Von  Aeneas,  dessen  Landung  in 
Italien  Visconti  bier  dargestellt  fand,  ist  in  Wahrheit  keine  Spur  zu  entdecken. 
(Den  Aeneas  lässt  auch  Froehner  notice  n.  449  fallen,  während  er  an  Alba 
und  der  historischen  Sau  festhält).  Umgekehrt  wird  man  sagen  dürfen,  dass 
die  Gruppe  der  S  iu  mit  den  Ferkeln,  wo  sie  in  unzweifelhafter  mythischer 
Bedeutung  auftritt,  z.  B.  auf  der  vatikanischen  Augustus-Ara  (Raoul-Rochette 
mon.  intd.  pl.  69,  3;  G.  I.  L.  VI,  1  n.  876;  Arch.  Zeit.  29,  1872,  p.  122;  Massi 
descrizione  p.  77  4-.J,  dem  hellenistischen  Tiergenre  entlehnt  ist. 
(')  Mommsen  röm.  Forschungen  II  S  14  ff. 


218  H.    LUCAS 

von  H.'s  Aufsatz,  ich  sofort  auf  dieselbe  Deutung  kam  (').  Die  Dar- 
stellung zeigt  fünf  Männer  im  Aussteigen  aus  einem  Schiff  begriffen : 
Aeneas,  den  schwachen  Vater  aufrichtend  und  dem  voraneilenden 
Ascanius  beim  Hinabsteigen  behülflich,  den  Steuermann  und  etwa 
Achates.  Am  Lande  stehen  vier  Bewaffnete,  z.  T.  nach  r.,  der 
Landungsscene  zugewandt,  z.  T.  nach  1.  zu  dem  folgenden  Vorgang. 
Noch  ist  hier  der  Best  eines  lagernden  Tieres  erkennbar.  Ob  gerade 
die  Landung  bei  Drepana  in  Sizilien  zu  verstehen  ist,  wie  Heyde- 
mann  will,  möchte  ich  dahingestellt  sein  lassen,  jedenfalls  nicht 
die  letzte  Landung  des  Aeneas  in  Italien,  da  dann  Anchises  als 
bereits  verstorben  fehlen  muss,  wie  es  die  bekannte  Münze  des  An- 
toninus  Pins  vorführt  (2). 

Die  auf  die  Landung  links  folgende  Scene  —  die  Scenenfolge 
dieses  Frieses  scheint  von  r.  nach  1.  fortzuschreiten,  ebenso  wie 
es  für  den  Gemäldecyklus  des  esquilinischen  Columbariums  Robert 
erwiesen  hat  —  zu  erklären  bin  ich  ebensowenig  imstande  wie 
Heydemann.  Doch  weiche  ich  darin  von  ihm  ab,  dass  ich  nicht 
bewillkommnende  Einwohner  des  Landes,  sondern  bereits  gelandete 
Trojaner  eines  andern  Schiffes  erkennen  möchte,  da  es  mir  wenig 
"Wahrscheinlichkeit  hat,  dass  Aeneas  seinen  jugendlichen  Sohn  zuerst 
an  das  feindliche  Land,  dessen  Gefahren  ihm  noch  unbekannt  sind, 
vorausgeschickt  habe.  Würde  doch  auch  genau  genommen  zu  ei- 
ner Begrüssungsscene  nur  der  erste  der  vier  Männer  gehören  können, 
indem  der  zweite  schon  durch  die  erstaunte  Handbewegung  voraus- 
weist auf  den  Vorgang  am  Ufer,  zu  welchem  der  dritte  Genosse, 
halb  umgewandt,  und  der  vierte,  völlig  nach  1.,  hineilen,  nämlich 
anscheinend  ein  Omen,  die  Auffindung  eines  gelagerten  Tieres,  von 
dem  jetzt  nur  das  Hinterteil  erhalten.  Hätte  H.  Recht,  dass  man 

(')  In  den  Aeneas-Artikeln  von  Baumeister's  Denkmälern  des  klass.  Al- 
tertums (I  30  ff.)  und  Koscher's  Lexikon  der  Mythol.  (I,  1  Sp.  183-187,  Wör- 
ner)  sucht  man  vergebens  eine  Erwähnung  dieses  Monuments.  Auch  Heibig 
kann  sich  nicht  entschliessen,  in  seiner  Ueberschau  der  Darstellungen  zur  Ae- 
neassage  (Untersuch,  üb.  camp.  Wandmalerei  S.  4  ff.)  das  Eelief  einzureihen 
(erwähnt  Anm.  3).  Doch  kann  über  die  Zugehörigkeit  zum  Aeneasmythus  kein 
Zweifel  bestehen,  da  die  drei  Hauptpersonen  unzweideutig  sind,  Anchises  kennt- 
lich an  der  von  Heydemann  in  zahlreichen  Beispielen  nachgewiesenen  Pe- 
natencista. 

(2)  Klausen,  Aeneas  u.  die  Penaten  I  Taf.  2  n.  12;  Stevenson,  dictio- 
nary  of  Roman  coins  p.  17;  Cohen  2  II  p.  393  n.  1171. 


EIN   FRIESREI.IEF   DES   TABUI.ARIUMS  219 

dieses  Tier  zur  Not  für  ein  Pferd  halten  könnte,  so  würde  ich  kei- 
nen Augenblick  zaudern  an  die  erste  flüchtige  Landung  des  Aeneas 
in  Hesperien  und  die  unb eilbedeutende  Erscheinung  der  vier  weissen 
Rosse  zu  denken  (Aen.  III  537  sqq.).  Leider  schliesst  die  Gestalt 
des  dünnen,  glatten,  in  einer  Haarquaste  endigenden  Schwanzes  den 
Gedanken  an  ein  Pferd  aus.  Es  könnte  etwa  ein  Rind  sein ;  doch 
macht  dann  die  Deutung  Schwierigkeiten.  Wäre  es  möglich,  dass 
hier  eine  uns  nicht  bekannte  Sagenerzählung  zu  Grunde  lag  und 
die  Erscheinung  von  Rindern,  mit  Bezug  auf  die  alte,  vielleicht 
richtige  Etymologie  ('),  den  Trojanern  die  Gewissheit  geben  sollte, 
in  dem  'Rinderlande'  Italien  angekommen  zu  sein? 

Für  die  genauere  Beschreibung  des  Einzelnen  kann  auf  H.  ver- 
wiesen werden.  Nur  möchten  wir  noch  die  dort  gegebenen  Masse 
vervollständigen.  Die  Länge  des  Ganzen  beträgt  1,15  m,  die  Höhe 
des  Reliefs  allein  0,42.  Der  Pries  und  Architrav  trennende  Streifen 
ist  0,05,  das  obere  Blattornament  des  Architravs  0,08  hoch  (dies 
beides  also  übereinstimmend  mit  dem  Friese  des  Tabulariums). 
Der  Architrav  ist  hier  ganz  erhalten  (Höhe  0,22),  aus  zwei  Fascien 
gebildet,  deren  oberste  von  dem  Blattstreifen  zur  Hälfte  eingenommen 
wird,  derart  dass  für  das  Auge  der  Eindruck  eines  dreiteiligen 
Epistyls  entsteht.  Die  Gesamthöhe  der  Reliefplatte  ist  demnach 
0,69  nach  meiner  Messung,  bei  H.  dagegen  0,73,  die  Differenz 
erklärlich,  da  H.  das  Stück  noch  frei  im  Hofraum  sah,  während 
ich  es  bereits  in  der  Wand  eingemauert  fand,  die  äussersten  Ränder 
also  vielleicht  in  der  Mauer  verborgen.  Daher  entzog  sich  auch  die 
Dicke,  0,44  nach  H.,  meiner  Controlle. 

Es  muss  nun  noch  die  Frage  aufgeworfen  werden,  ob  die  bei- 
den besprochenen  Friesreliefs  Reste  eines  und  desselben  Gebäudes 
sind.  Dass  es  zulässig  war,  die  Aeneassage  durch  den  Romulus- 
mythus  fortzusetzen,  erweist  schon  allein  die  wiederholt  angezogene 
Gemäldeserie  des  römischen  Columbariums.  Aber  auch  für  die  Gie- 
belreliefs des  Tempels  der  Venus  und  Roma  hat  Petersen  mit  hoher 
Wahrscheinlichkeit  angenommen,  dass  hier  Scenen  aus  beiden  Sa- 
genkreisen vereinigt  waren  (2).  Endlich  bin  ich  geneigt  die  schöne 


(J)  Varro  rer.  rust.  11.  II  5,  3. 

(2)  Rom.  Mitth.  X  (1895)  S.  248  f.,  Vom  alten  Rom  S.  5G  ff.  Vgl.  Matz- 
Duhn  n.  3519;  Heibig  Führer2  I  n.  647,  II  n.  1037. 


220  H.    LUCAS 

Ära  aus  Ostia  im  Thermenmuseum,  mit  von  der  üblichen  abwei- 
chender Deutung  ihrer  Darstellungen,  in  den  Kreis  derartiger  Mo- 
numente einzureihen  (').  Erhebt  sich  also  von  inhaltlicher  Seite 
kein  Bedenken,  so  verbietet  doch  andrerseits  die  grosse  Verschie- 
denheit beider  Monumente  in  Massen  und  stilistischer  Behandlung 
dem  verlockenden  Gedanken  an  eine  Zusammengehörigkeit  weiter 
Raum  zu  geben.  Höhe  und  Dicke  des  Friesteiles  weichen  bei  beiden 
Stücken  stark  von  einander  ab.  Sehr  misslich  ist  weiter,  dass  an 
dem  römischen  Relief  nur  die  oberste  Fascie  des  Epistyls  mit  dem 
Fries  in  einem  Stück  gearbeitet  ist,  bei  dem  Neapler  das  ganze. 
Auch  die  stilistischen  Unterschiede  sind  erheblich :  die  gute  Arbeit 
des  römischen  Reliefs  fanden  wir  uns  veranlasst  dem  Anfang  der 
Kaiserzeit  zuzuschreiben,  das  Neapler  Stück  versetzt  Heydemann 
in  das  dritte  Jh.,  ungefähr  richtig,  obwohl  man  gewiss  noch  bis 
in  das  Ende  des  zweiten  hinaufgehen  könnte.  Endlich  zeigt  das  Ro- 

(!)  Heibig  Führer  II2  n.  1086 ;  Guida  del  Museo  nazionale  Romano 
p.  13  f.;  Lanciani,  ancient  Rome  p.  35.  Photogr. :  Tuminello  (Rom)  n.  1611-1614, 
Moscioni  n.  5016.  Die  eine  Seite  des  Altars  giebt  die  Auffindung  der  Zwillinge 
unter  der  Wölfin.  Die  Darstellung  der  Hauptseite  hat  Lanciani  gedeutet  auf 
Mars  und  Venus,  die  Stammgötter  des  julischen  Hauses,  die  der  beiden  Nach- 
barseiten als  Eroten,  mit  den  Waffen  und  dem  Gespann  des  Kriegsgottes  be- 
schäftigt. Dieser  Auslegung  erweist  sich  aber  hinderlich  die  Unmöglichkeit, 
den  halbwüchsigen  Knaben  r.  von  Venus,  deutlich  unterschieden  von  den 
kleinen  geflügelten  Eroten,  zu  benennen.  Dies  kann  m.  E.  nur  Ascanius  oder 
Julus  sein  (vgl.  auch  Guida  p.  14);  in  dem  zerbrochenen  Gegenstand  in  sei- 
ner R.  darf  man  vielleicht  ein  Messinstrument  erkennen  als  Hinweis  auf  die 
Gründung  Albaiongas  (nicht  unähnlich  das  Gerät  in  der  Hand  Alexanders  als 
Stifters  von  Alexandria  auf  der  Tazza  Farnese,  Mus.  Borb.  XII 47;  vgl.  neuer- 
dings Jahrb.  d.  Inst.  1899.  Anz.  S.  130  ff).  Für  die  männliche  Gestalt  in  Helm 
und  Chlamys,  der  sich  Venus  zuwendet,  bleibt  füglich  nur  die  Benennung  Ae- 
neas.  Der  zwischen  Venus  und  Aeneas  schwebende  Eros  braucht  als  ständiger 
Begleiter  der  Liebesgöttin  kein  verliebtes  Verhältnis  anzudeuten.  Die  Eroten  auf 
den  beiden  anstosscnden  Seiten  meistern  dann  in  lustigem  Spiele  Kriegswagen 
und  Waffen  des  Aeneas.  Lieber  als  an  eine  allgemeine,  situationslose  Zusammen- 
stellung dieser  Figuren  möchte  ich  an  den  bestimmten  Moment  denken,  wo  die 
Göttin  ihrem  Sohne  die  von  Vulcan  geschmiedeten  Waffen  überbringt  (Aen.  VIII 
608  sqq.).  Erinnern  will  ich  noch  zum  Beweise,  wie  nahe  eine  solche  Auf- 
fassungsweise dieses  vergilischen  Motives  liegt,  an  das  den  gleichen  Vorgang 
darstellende  Gemälde  des  Batoni  in  der  Liechtenstein'schen  Galerie  zu  Wien 
(n.  163):  auch  hier  halten  Putten,  der  eine  den  Helm  des  Helden,  der  andere 
den  Schild,  dessen  Darstellungen  Venus  dem  staunenden  Sohne  erläutert. 


EIN   KRIESRELIEF   DES  TABUIARIUMS  221 

mulusrelief  eine  reiche  Verwendung  landschaftlicher  Motive  und 
nähert  sich  hierin  dem  malerischen  Stile  hellenistischer  Reliefcom- 
positionen  wie  des  Telephosfrieses,  während  das  Aeneasrelief,  soweit 
über  das  Fragment  ein  Urteil  gestattet  ist,  nichts  von  landschaft- 
lichen Elementen  aufzuweisen  hat.  Denn  die  Angabe  des  Wassers 
unter  dem  Schiffe  ist  selbstverständlich  und  nicht  dagegen  geltend 
zu  machen. 

Das  Ergebnis  ist  also,  dass  die  beiden  Friesbruchstücke  zwei 
verschiedenen  Gebäuden  von  ungleichen  Grössenverhältnissen  an- 
gehörten, beide  Ueberreste  einer  vollständigeren,  grösseren  Scenen- 
reihe.  Der  Vermutung  steht  nichts  im  Wege,  dass  der  Bilderschmuck 
beider  Baulichkeiten  die  Aeneas-  und  die  Romulussage  vereint 
enthalten  habe.  Ueber  die  Art  der  Baulichkeiten  bleibt  man  auf 
blosse  Vermutung  angewiesen.  Man  wird  am  ehesten  auf  Tempel 
raten  wollen,  doch  darf  man  auch  an  eine  offene  Area  mit  hohen 
Seitenwänden  denken  wie  das  Nervaforum,  dessen  Reliefschmuck 
in  mehr  als  einer  Hinsicht  uns  als  Analogie  dienen  kann,  beson- 
ders wenn  Petersen's  Annahme  das  Richtige  treffen  würde,  dass  auf 
der  linken  Längswand  die  Teilnahme  der  Minerva  an  kriegerischen 
Ereignissen  zur  Anschauung  gebracht  war  (1). 

Der  Gewinn,  der  sich  aus  der  Betrachtung  der  beiden  bisher 
gering  geschätzten  Denkmäler  für  Monumentenkenntnis  und  Sagen- 
geschichte ziehen  lässt,  ist  nicht  gering  anzuschlagen.  Dem  Reize 
freilich,  nachzuforschen,  was  für  Baulichkeiten  es  waren,  von  deren 
Schmuck  jene  Reste  auf  uns  gekommen  sind,  müssen  wir  für  jetzt 
widerstehen,  bis  es  gelingt,  über  die  Fundumstände  Licht  zu  ver- 
breiten. Ueber  die  Herkunft  des  Neapler  Reliefs  konnte  bereits 
Heydemann  nichts  mehr  erfahren.  Nicht  für  ausgeschlossen  halte 
ich,  dass  es  aus  Rom,  vielleicht  mit  den  farnesischen  Funden,  in 
die  campanische  Hauptstadt  überführt  worden  ist. 

Charlottenburg. 

H.  Lucas. 


(')  Rom.  Mitth.1889  p.  88,  Vom  alten  Rom  p.  46. 


HADRIANS  STEUERERLASS. 

(Taf.  VIII). 


Dass  auf  der  einst  südlichen  der  beiden  Forumsschranken  die 
von  Trajan  verfügte  Erlassung  rückständiger  Steuern  (der  vige- 
sima  hereditatum)  dargestellt  sei  ('),  ist  jetzt  wohl  die  allgemeine 
Annahme.  Zwar  ist  sowohl  dieser  als  auch  der  auf  der  andern 
Schranke  zu  erkennende  Vorgang,  die  Stiftung  für  die  pueri  et  puel- 
lae  alimentär iae,  wie  von  Trajan,  so  auch  von  Hadrian  bezeugt,  in 
dessen  Leben  von  Spartian  (2),  wo  beide  sogar  nebeneinander  genannt 
werden ;  aber  Hadrian  hatte  die  Schuldtafeln  auf  dem  Trajansforum 
verbrennen  lassen,  Trajan  muss  es,  nach  Ausweis  eben  des  Schranken- 
bildes auf  dem  alten  Forum  gethan  haben.  Nicht  unerwünschte,  wenn 
auch  indirekte  Bestätigung  der  Beziehung  der  Schrankenbilder  auf 
Trajan  gibt  ein  schönes  Eelief,  leider  nur  ein  kleiner  Teil  des  ein- 
stigen Ganzen,  indem  es  denselben  Staatsakt  mit  dem  unverkenn- 
baren Gepräge  Hadrianischer  Kunst  darstellt. 

Es  ist  ein  Relief  des  Duke  of  Devomhire  in  Chatsworth, 
welches  auf  unserer  Tafel  abgebildet  wird.  Die  Photographie,  mit 
der  Erlaubniss  sie  zu  veröffentlichen  danke  ich  der  freundlichen  Ver- 
mittelung  von  S.  Arthur  Strong,  dem  Bibliothekar  Sr.  Durchlaucht. 
Zuerst  aufmerksam  geworden  auf  das  Relief  ist,  wie  ich  höre,  Furt- 
wäDgler ;  in  Michaelis  Ancient  marbles,  in  Great  Britain  S.  276  f. 


(!)  Vgl.  Die  Reliefschranken  auf  dem  Römischen  Forum  (in  Abhand- 
lungen Alex.  v.  Oettingen  zum  70.  Geburtstag  gewidmet  von  Freunden,  Schülern) 
S.  7  (134). 

(2)  De  vita  Hadriani  c.  7:  inßnitam  pecuniam,  quae  fisco  debebatur, 
privatis  debitoribus  in  urbe  atque  Italia,  in  provinciis  vero  etiam  ex  reli- 
quis  ingentes  summas  remisit,  syngrafis  in  foro  divi  Traiani,  quo  magis  secu- 

ritas  omnibus  roboraretur,  incensis pueris  ac  puellis,  quibus  etiam 

Traianus  alimenta  detulerat,  incrementum  liberalitatis  adiecit. 


E.    PETERSEN,   HADRIANS   STEUERERLASS  223 

ist  es  nicht  erwähnt  (,).  Einige  Fragen  bezüglich  des  Reliefs  hatte  Dr. 
J.  P.  Richter  die  Güte  mir  nach  Besichtigung  des  Marmors  zu 
beantworten. 

Die  Reliefplatte  ist  1,  66  lang,  0,84  hoch;  die  Dicke  lässtsich 
wegen  Einmauerung  nicht  messen  (2);  das  Relief  erhebt  sich  0,12. 
Dass  rechts  und  unten  Schnittfuge  sei  hatte  ich  nach  dem  Augen- 
schein der  Photographie  angenommen;  mein  Gewährsman  verneint 
es,  und  wenigstens  das  eine  erscheint  dann  minder  unerklärlich :  dass 
nämlich  den  Figuren,  je  weiter  nach  rechts  desto  höher,  unten  die 
Beine  durchschnitten  sind.  Denn,  wäre  der  grade  Abschnitt  unten  eine 
ursprüngliche,  natürlich  horizontale  Lagerfuge,  so  müsste  man  die 
Figuren  ja  auf  einer  abwärts  geneigten  Fläche  schreitend  denken, 
was  schwer  möglich  ist.  Die  Figuren  haben  ungefähr  dieselbe  Grösse 
wie  die  entsprechenden  der  Ostschranke  auf  dem  Forum :  die  mitt- 
lere der  fünf  misst  0,66 ;  an  einer  möglichst  in  derselben  Weise 
stehenden  der  Forumsschranke,  nämlich  der  fünften  vor  dem  Mar- 
syas,  fand  ich  0,72  für  den  gleichen  Theil  des  Ganzen. 

Vier  Soldaten  in  Civil  sind  es,  zwei  links  zwei  rechts,  die 
von  einem  in  der  Mitte  stehenden  Officier  angewiesen  werden.  Dieser 
steht  nach  rechts  gekehrt,  doch  hatte  er  den  Kopf  allem  Anschein 
nach  linkshin  gewandt,  zu  den  von  links  noch  Kommenden.  Für  die 
schon  Vorangeschrittenen  hätte  ja  auch  seine  Weisung  keine  Be- 
deutung mehr.  Eine  solche  ist  aber  mit  Sicherheit  an  der  Haltung 
der  Arme  zu  erkennen,  wenn  es  auch  ungewiss  ist,  ob  die  schräg 
abwärts  weisende  Bewegung  der  Arme  noch  durch  einer  stabarti- 
gen Gegenstand  verdeutlicht  wurde.  Am  Gewandsaum  des  voran- 
schreitenden Soldaten  könnte  vielleicht  ein  Stützenbruch  erkannt 
werden,  aber  dass  die  Linke  des  Officiers  innen  sich  so  ausgearbei- 


(*)  In  dem  Katalog  der  Sammlung,  den  Michaelis  nicht  einsehen  konnte, 
steht  nichts  Näheres,  z.  B.  über  die  Herkunft  des  Reliefs,  wie  Mrs.  Strong 
mir  zu  versichern  die  Güte  hatte.  Auch  Furtwängler  hatte  die  Gefälligkeit  mir 
mitzutheilen,  dass  er  nichts  darüber  erfahren  hätte.  (Einen  Bericht  über  die 
dortigen  Antiken  verhiess  er  Münch.  Akad.  Abhandll.  I  Cl.  XX,  III  Abth. 
über  Statuenkopien  I  S.  26.)  Die  Herkunft  aus  Rom  ist  indessen  selbstver- 
ständlich. 

(2)  '  Dicke  des  Marmorgrundes  2  cm.,  rechts  und  links  ist  das  Ende  nicht 
zu  sehn '.  Letzter  Umstand  und  das  zu  geringe  Maass  der  Dicke  scheinen  mir 
das  oben  Ausgesprochene  zu  rechtfertigen. 


224  E.   PETERSEN 

tet  zeigt,  desgleichen  Nacktes,  Grund  und  Gewand  zwischen  beiden 
Händen  das  lässt  doch  viel  eher  annehmen,  dass  nur  die  blossen 
Hände  den  Herankommenden  die  Weisung  geben,  auf  dem  Boden 
abzulegen  was  sie  herbeibringen,  wie  die  Vorangeschrittenen  zu 
thun  vielleicht  noch  von  weiter  rechts  befindlichen  Personen  ange- 
wiesen  wurden. 

Alle  vier  Soldaten  sind,  wie  gesagt,  in  Civil,  wenn  es  erlaubt 
ist,  so  die  Tracht  zu  nennen,  welche  sie  zwar  im  Dienst  aber  nicht 
feldmässig  in  kriegerischem  haben  (*) :  sie  tragen  die  tunica  und 
caligae,  wie  scheint.  Ausser  letzteren  kennzeichnet  sie  das  un- 
guium mit  dem  Behang  vorn  und  ein  kurzes  Schwert  oder  Dolch 
an  ihrer  rechten  Seite,  dazu  ein  über  die  linke  Schulter  und  un- 
ter der  rechten  Achsel  durchgehender  balteus,  der  keinen  ersicht- 
lichen Zweck  hat,  da  jener  Dolch  auf  diesem  Relief  immer  deutlich 
an  dem  unguium  hängt.  Der  vorderste  Soldat  schreitet  noch  aus, 
so  dass  das  Ziel  noch  weiter  rechts  zu  denken  ist.  Er  macht  auch 
noch  nicht  Miene,  die  Kiste  son  seinem  Nacken  zu  nehmen;  die 
Vorneigung  ist  durch  das  Gewicht  welches  er  trägt  verursacht,  ein 
gorundeter  Kasten,  in  welchem  zwei  Partien  Tafeln  stehen.  Diese 
Kiste  ruht  nicht  eben  geschickt  auf  seinem  Rücken,  zu  tief  und 
zu  ausschliesslich  mit  der  Kante  am  Rücken  anliegend  (2).  Wie  die 
Linke  des  Soldaten  nur  mit  zwei  Fingern  den  Kasten  fasst,  mnss 
man  dessen  Gewicht  allerdings  nicht  gross  denken.  Der  zweite  zeigt 
sich  nicht  wie  jener  von  der  Vorderseite  sondern  in  Rückenansicht. 
Er  hält  vierzehn  Tafeln  mit  beiden  Händen  so  dass  sie,  zunächst 
die  erste  diesseits,  an  dem  rechten  Unterarm  Widerhalt  finden, 
und  wie  die  vorderste  unten,  die  hinterste  oben  von  der  Hand 
gehalten  wird.  Aber  wie  das  Tragen  der  Kiste  bei  dem  ersten,  so 
ist  auch  das  Halten  der  blossen  Tafeln  beim  Zweiten  in  wenig 
correkter  und  der  Wirklichkeit  gemässer  Weise  dargestellt.  Es  wäre 
überhaupt  schier  unmöglich  vierzehn  solche  Tafeln  so  zu  tragen, 
wenn   die   Tafeln   nicht   durch   Umschnürung    zusammengehalten 

(!)  Vgl.  Alb.  Müller,  das  Cingulum  militiae  (Gymn.  Progr.  Ploen  1873) 
S.  14.  Der  doppelte  Saum  am  Aermel  des  dritten  hat  wohl  nichts  zu  bedeuten. 
Diese  Civiltracht  ist  freilich  noch  verschieden  vom  '  Bürgerkleid '.  Vgl.  von 
Domaszewski,  Wiener  Jahreshefte  II  S.  190. 

(2)  Die  krause  Masse  in  seinem  Nacken  weiss  ich  nicht  zu  erklären, 
wenn  sie  antik  ist.  Als  Theil  eines  Unterlagers  wäre  sie  kaum  am  rechten  Platz. 


HADR1ANS    STELERERI.ASS  225 

werden,  wie  in  dem  Relief  der  Forumsschranke  alle  noch  getrage- 
nen Tafeln  packetartig  zusammengeschnürt  sind,  während  die  nie- 
dergelegten gelöst  sind,  um  ohne  die  Riemen  oder  Binden  verbrannt 
zu  werden.  Die  Umschnürung,  im  Kasten  unnöthig,  würde  bei  den 
zwischen  den  Händen  getragenen  Tafeln  sichtbar  zu  machen  ein 
Leichtes  gewesen  sein,  wenn  der  Künstler  in  diesen  Dingen  mit 
Ueberlegung  verfahren  wäre.  Aber  auch  wenn  wir  die  Tafeln  um- 
schnürt denken  wollten,  bliebe  immer  noch  ein  anderer  Fehler,  dass 
nämlich  jede  weiter  rückwärts  folgende  Tafel  über  die  vordere 
aufragt.  Es  wird  sich  zeigen,  weshalb  auf  solche  Fehler  aufmerksam 
gemacht  wird. 

Der  Dritte  hatte  sein  Packet  in  einem  Sack  getragen ;  den  ge- 
leerten bringt  er  über  die  linke  Schulter  geworfen  und  mit  der 
Linken gefasst  zurück:  es  scheint,  dass  er  die  Rechte  gehoben  hatte: 
vielleicht  fasste  sie  denselben  Sack  über  der  r.  Schulter.  So  begegnet 
er  dem  Vierten,  der  in  gleicher  Bewegung  wie  die  beiden  Vordersten 
nach  rechts  schreitet,  beide  Arme  wohl  gehoben,  zum  Fassen  der 
auf  dem  Rücken  getragenen  Tafeln.  Arme,  Schultern  Kopf  fehlen, 
wie  die  Köpfe  auch  dem  Dritten  und  dem  Officier. 

Es  ist  klar  dass  die  Darstellung  rechts  und  links  unvollstän- 
dig ist,  dass  links  wohl  noch  mehr  Träger  von  Tafeln,  und  rechts 
das  Niederlegen  und  Häufen,  wohl  auch  das  Anzünden  derselben 
vor  den  Augen  des  Kaisers  dazugehörte ;  und  dass  das  Ganze  nach  ei- 
ner, seit  Augustus  immer  mehr  überhandnehmenden  Vorliebe  vor 
einem  Hintergrund  von  Architekturen  sich  abspielte  lässt  sich  noch 
eben  erkennen. 

Neben  dem  vordersten  Soldaten  rechts  sieht  man  nämlich  auf  drei 
Stufen  eine  uncannelierte  Säule  auf  attischer  Basis  (mit  stark  mar- 
kiertem unterem  Ablauf  des  Säulenschaftes).  Die  Stufen  enden  rechts 
nahe  dem  seitlichen  Ende  der  Platte  in  einem  gradem  Abschnitt, 
als  ob  die  Stufen  nicht  seitwärts  umliefen,  und  doch  ohne  die  übliche 
Treppenwange.  Auch  an  der  andern  Seite  des  Mannes  ist  über  sei- 
nem rechten  Arm  eine  Säule  in  der  Photographie  sichtbar  und  am 
Original '  deutlich  zu  erkennen '.  Dass  die  Säule  dicker  ist  als  die 
andre,  und  dass  unten  weder  ihre  Basis  noch  die  Stufen  sichtbar 
sind,  das  scheint  wieder  der  Unachtsamkeit  des  ausführenden  Mar- 
morarbeiters zugeschrieben  werden  zu  müssen.  Sonst  ist  nur  noch 
ein  Stück  der  Umgebung  zwischen  den  Figuren  zu  sehen :  ein  senk- 

16 


226  E.    PETERSEN 

rechter  Leisten  hinter  dem  rechten  Bein  des  Zurückschreitenden. 
Und  wenn  wir  die  entsprechende  Darstellung  der  Forumsschranke 
vergleichen,  werden  wir  allerdings  gewahr,  dass  auch  dort  die  Archi- 
tektur, wie  gewöhnlich,  nur  den  oberen  Theil  des  Bildes  füllt,  in 
dem  unteren  dagegen,  soweit  etwa  in  dem  Chatsworth-Kelief  erhal- 
ten, nichts  anderes  zwischen  oder  neben  den  Figuren  sichtbar  ist 
als  was  in  diesem  freien  Mittelraum  sich  befand,  wie  der  Marsyas, 
das  Trajansbild  oder  die  Rostra.  Mit  den  Basen  jener  Bilder  hat 
der  Leisten  in  unserem  Relief  auch  noch  am  ersten  Aehnlichkeit, 
unterscheidet  sich  freilich  dadurch  dass  nicht  neben  dem  Leisten 
noch,  wie  auf  den  Reliefs  der  Forumsschranken  bei  jeder  solchen 
Basis,  ein  Ablauf  oder  Kyma  ausgemeisselt  ist,  so  dass  wir  gar- 
nicht  sehen,  ob  der  von  diesem  Leisten  eingefasste  Körper  links 
oder  rechts  stand,  und  nur  darum  weil  er  rechts  nicht  wohl  an- 
genommen werden  kann,  ihn  links  fortgesetzt  und  natürlich  oben 
mit  etwas  gekrönt  denken  müssen. 

In  diesen  so  geringen  Resten  der  umgebenden  Oertlichkeit 
schon  ein  bestimmtes  Local  des  alten  Roms  erkennen  zu  wollen, 
um  danach  zu  entscheiden,  ob  Trajans  oder  Hadrians  Liberalität 
dargestellt  sei,  würde  ein  nicht  zu  billigendes  Unterfangen  sein. 
Und  daraus  dass  die  Trajanische  auf  der  Forumsschranke  darge- 
stellt ist,  folgt  noch  nicht,  dass  eine  analoge  Darstellung  auf  Ha- 
drian  zu  beziehen  sei :  Trajans  Handlung  könnte  ja  mehrmals  dar- 
gestellt gewesen  sein.  Es  gilt  also  beide  Darstellungen  zu  verglei- 
chen, um  zu  sehen,  ob  sich  solche  Unterschiede  finden,  die  auf 
einen  etwas  weiteren  Abstand  des  einen  Werkes  von  dem  andern 
schliessen  lassen. 

In  dem  Aufsatze  über  die  Reliefschranken  des  Forums  S.  7 
hatte  ich  gesagt :  '  dass  die  ganze  Art  der  Darstellung  in  ihrer  fri- 
schen freien  Natürlichkeit  mehr  im  Geiste  trajanischer  als  hadria- 
nischer  Kunst  ist,  das  wird  ein  geübtes  Auge  vielleicht  rasch  sehen, 
aber  mit  wenig  Worten  auseinander  zusetzen  ist  es  nicht  '.  Hält 
man  jetzt  die  zwei  Darstellungen  derselben  Handlung  —  der  Kürze 
halber  sei  F  die  vom  Forum,  C  die  von  Chatsworth  —  nebenein- 
ander, so  springt  es  in  die  Augen,  wie  in  F  die  Soldaten  in  ihrem 
dichteren  Gedränge,  den  simpleren  Stellungen,  der  mannigfachen  aber 
immer  natürlichen  Art  des  Tragens  weit  mehr  den  Eindruck  eines 
wirklichen  Vorgangs  auf  öffentlichem  Platze  machen,  während  die 


HADRIANS   STEUERERLASS  227 

Figuren  in  C  gesondert,  jede  genau  in  den  Raum  zwischen  den 
zwei  nächsten  sich  fügt  und  ihn  füllt;  ihre  Bewegungen  rascher, 
man  kann  sagen,  eleganter  geworden,  und  zwar  insofern  eine  gewisse 
Abwechselung  hereingebracht  ist,  als  jeder  die  Tafeln  in  anderer 
Weise  zur  Stelle  schafft,  der  erste  im  Kasten,  der  zweite  ohne 
Behälter,  der  dritte  sich  dazu  eines  Sackes  bedient  hatte,  aber 
damit  das  der  Wirklichkeit  abgesehene  Hantieren  der  Soldaten 
mit  ihren  Tafelpacketen  in  F  nur  sehr  mangelhaft  ersetzt  ist.  Denn 
waren  dort  auch  die  Packete  selbst  im  Wesentlichen  eines  wie  das 
andre,  so  trägt  oder  hält  sie  jeder  auf  seine  Weise,  jeder  aber  auf 
durchaus  angemessene  und  so  dass  an  den  verschiedenen  Trägern 
die  verschiedenen  Uebergangsmomente,  von  da  wo  das  Packet  noch 
auf  der  Schulter  ruht  bis  da  wo  es  auf  den  Haufen  gelegt  wird, 
anschaulich  gemacht  werden.  In  C  dagegen  musste  sowohl  bei  dem 
ersten  wie  bei  dem  zweiten  Träger  eine  wenig  richtige  Dastellung 
eben  der  Tragens  selbst  anerkannt  werden.  Was  scharfe  Beobachtung 
der  lebendigen  Wirklichkeit  und  Gewissenhaftigkeit  der  künstle- 
rischen Nachbildung  anlangt,  steht  also  C  um  ein  Beträchtliches  F 
nach,  und  so  sehr  letzteres  in  beiden  Hinsichten  den  Reliefs  der 
Trajanssäule  verglichen  werden  darf,  so  wenig  können  wir  das  so 
augenfällige  Nachlassen  in  C  derselben  Zeit  zuschreiben:  F  zeigt 
durchaus  die  Vollwichtigkeit  in  jedem  einzelnen  Theile  der  Dar- 
stellung, die  einer  ersten  und  originalen  Behandlung  eines  Gegen- 
standes zu  eignen  pflegt;  C  giebt  sich  als  Nachahmung  zu  er- 
kennen, die  durch  äusseren  Aufputz  die  Abnahme  innerer  Lebens- 
energie zu  verdecken  sucht.  Ist  also  F  Trajanisch,  so  können  wir 
C  kaum  anders  als  seinem  Nachfolger  zutheilen. 

Hadrianisch  —  wenn  mit  dem  Wort  alles  dieser  Zeit  Ange- 
hörige bezeichnet  werden  darf  —  ist  nun  mit  allem  Nachdruck 
der  Stil  der  beider  einzigen  Köpfe  an  C  zu  nennen.  Nicht  genug, 
dass  diese  einzigen  Köpfe  beide  zwar  nicht  lang-  aber  vollbärtig 
sind,  wie  Hadrian  selbst  es  war,  während  an  den  Forumsschranken 
zwar  von  den  Liktoren  der  Westschranke  zwei  ganz  knappen  Bart 
tragen  ('),  von  den  Soldaten  bei  der  Tafelverbrennung  die  einzi- 
gen noch  einigermaassen  erhaltenen  keinen  bemerkenswertheu  Bart 


(')  Selbst  von  den  Liktoren  die  den  triumphierenden  Titus  an  seinem  Bo- 
gen umgeben  hat  der  am  meisten  links  diesen  kurzen  Bart. 


228  E.    PETERSEN 

haben.  Doch  nicht  dieser  Wechsel  der  Sitte  blos,  sondern  auch  eine 
Aenderung  in  der  Stilisierung  der  Haares  im  Stein  verräth  uns  die 
Hadrianische  Zeit.  Es  sind  namentlich  Antinousköpfe,  an  denen 
man  eine  Haarbildung  ähnlich  derjenigen  der  beiden  vordersten 
Tafelträger  von  C  wahrnehmen  kann :  nicht  mehr  so  schlichtes,  in 
knappem  Relief  gehaltenes  Haar,  wie  es  besonders  Trajan  selbst 
trägt,  sondern  die  einzelnen  Strähnen  mehr  gesondert,  stärker  ge- 
krümmt und  zwar  nicht  blos  um  einen  Mittelpunkt  sich  krüm- 
mend sondern  auch  um  sich  selber  sich  drehend,  infolge  dessen 
auch  freier  und  loser,  ein  erster  Anfang  zu  der  Aufbauschung  und 
Lockerung  des  Haares,  die  dann  von  Antoninus  zu  Marc  Aurel  und 
Commodus  so  grossen  Fortschritt  macht. 

Nicht  ohne  Bedeutung  ist  auch  noch  ein  kleines  Stück  der  sol- 
datischen Civiltracht.  Der  Behang  vorn  am  Cingulum  besteht  näm- 
lich auf  F  constant  aus  vier  Streifen,  auf  C  ebenso  constant,  d.  h. 
bei  den  drei  von  vorn  gesehenen  Soldaten,  aus  dreien.  Man  möchte 
also  kaum  diese  durchgehende  Aenderung  bei  einer  sonst  won  F  ab- 
hängigen Darstellung  anders  als  aus  einer  wirklich  inzwischen 
durchgeführten  Aenderung  dieses  Uniformstückes  erklären,  was  zu 
Trajans  Zeit  noch  nicht  gesehen  zu  sein  scheint.  Denn  an  der 
Trajanssäule  findet  sich  wohl  auch  der  dreistreifige  Behang,  aber, 
meistens  neben  dem,  öfters  allein  vorkommenden,  vierstreifigen. 

Ein  günstiger  Zufall  hat  uns  also  sowohl  die  Trajanische  wie 
die  Hadrianische  Liberalität  in  einer  gleichzeitigen  Reliefdarstellung 
erhalten,  die  Hadrianische  allerdings  weit  unvollständiger  als  die 
Trajanische,  namentlich  auch  hinsichtlich  des  Locals.  Hier  tritt  ja 
nun  aber  die  schriftliche  Ueberlieferung  ergänzend  ein.  Würden 
wir,  auf  die  Darstellung  allein  angewiesen,  schwerlich  eine  be- 
stimmte Oertlichkeit  des  alten  Roms  erkennen  können,  ja  vielleicht 
nicht  mal  bestimmt  in  Abrede  stellen  können,  dass  auch  hier  das 
alte  Forum  dargestellt  sei,  so  fragt  es  sich  jetzt  vielmehr,  ob  denn 
die  wenigen  Andeutungen  die  erhalten  sind  mit  jener  Angabe  der 
Spartianischen  Vita  in  Einklang  sind.  In  der  That  scheint  es  mir 
nach  dem  oben  Bemerkten  möglich,  bei  dem  Leisten,  welcher  als 
Kante  einer  Basis  verstanden  werden  musste,  an  den  equus  Traiani 
zu  denkem,  welcher,  als  Hauptwahrzeichen  des  freien  Forumsplat- 
zes südlich  vor  der  grossen  Basilica  Ulpia,  kaum  zu  entbehren, 
in  den  Vordergrund  gerückt  werden  und  also,   wie  Marsyas,  ftcus, 


HADRIANS  STEUERERLASS  229 

rnstra  der  Forurnsschranken,  im  Gegensatz  zu  den  zurückliegenden 
höher  gestellten  Bauten,  auf  gleicher  Bodenhöhe  mit  den  Men- 
schen stehen  musste.  Zugleich  wird  es  sinnreich  erscheinen,  wenn 
Hadrian  seine  das  Andenken  Trajans  ehrende  Freigebigkeit  vor  dem 
Bilde  di3s  Vorgängers  ausführte  ;  und  wenn  er  sie  auf  dem  Forum- 
ausführte, war  es  ja  kaum  anders  möglich.  Denken  wir  Hadrian  vor 
dem  Haupteingang  der  Basilika  postiert,  die  Träger  mit  den  Tafeln 
vom  Eingangsbogen  gegenüber  herankommend,  so  konnte  man,  als 
schaute  man  von  der  quirinalischen  Seite  des  Prachtbaus  her,  im 
Hintergrunde  links  den  Arcus  Traiani,  in  der  Mitte  die  Südwest- 
hallen des  Forums,  davor  das  Reiterbild,  rechts  die  Basilika  sehen, 
wenn  die  seitlich  anschliessenden  Gebäude,  so  wie  es  auf  den  Fo- 
rumsschranken geschehen  ist,  den  gradevor  liegenden  anschlössen. 
Da  die  vordersten  Träger  noch  nicht  am  aufgeschichteten  Haufen, 
geschweige  denn  beim  Kaiser  und  seinen  Begleitern  angelangt  sind, 
so  können  die  zwei  Säulen  hinter  dem  ersten  Träger  rechts  nichts 
andres  als  ein  Theil  der  an  der  Capitolsseite  liegenden  Hallen  sein ; 
dass  sie  sich  noch  weiter  nach  links  fortgesetzt  hätten  wird  man 
kaum  deswegen  in  Abrede  stellen  können,  weil  zwischen  dem 
zweiten  Träger  und  dem  Officier  eine  Säule  sichtbar  sein  müsste. 
Denn  das  Fehlen  der  drei  Stufen  unten  zwischen  den  beiden  er- 
sten Trägern,  wo  doch  oben  die  Säule  vorhanden  ist,  beweist  ja  zur 
genüge,  dass  eine  genaue  Durchführung  des  Architekturhintergrundes 
in  den  unteren  Theilen  nicht  angestrebt  worden  ist. 

Von  was  für  einem  Denkmal  die  Reliefplatte  Chatsworth  her- 
rührt, ob  auch  hier  die  andre  Liberalität  als  Gegenstück  darge- 
stellt war,  darüber  Vermuthungen  zu  äussern  wäre  müssiges  Be- 
ginnen. 

E.  Petersen. 


UEBER  ALT-ITALISCHE  WEIHGESCHENKE. 


Unter  den  mannigfachen  Weihgaben  oder  Weihgeschenken, 
die  in  den  alt-italischen  Heiligthümern  gefunden  worden,  zieht 
eine  Gruppe  insbesondere  die  Aufmerkesamkeit  der  Mediziner  auf 
sich.  Es  sind  diejenigen  Weihegaben,  die  den  Körper  des 
Menschen  oder  einzelne  Teile  desselben  zur  Darstellung  bringen. 
Derartige  Weihegaben  sind  vom  Standpunkt  des  Künstlers  und 
des  Alterthumsforschers  vielfach  untersucht  und  beschrieben  wor- 
den, und  man  hat  die  Ergebnisse  nicht  allein  für  die  Geschichte 
der  Religion,  sondern  auch  für  die  Geschichte  der  Kunst  und  der 
Kultur  verwerthet. 

Vom  Standpunkt  des  Mediziners  und  des  Anatomen  sind  jene 
Weihegaben  bisher  nicht  betrachtet  worden;  und  doch  giebt  es 
unter  den  den  menschlichen  Körper  darstellenden  Bildern  solche, 
die  sehr  merkwürdig  sind  und  in  hohem  Masse  die  Berücksichti- 
gung vonseiten  der  Mediziner  und  Anatomen  verdienen.  Es  sind 
diejenigen  Bilder,  welche  Darstellungen  von  inneren  Körpertheilen, 
von  den  Eingeweiden  geben.  Mit  diesen  alten  bildlichen 
Darstellungen  des  menschlichen  Körpers  sollen  sich  diese  Zeilen 
beschäftigen. 

Ich  richte  diese  Zeilen  zunächst  an  die  Archäologen  und  Phi- 
lologen; eine  ausführliche  Abhandlung,  die  durch  Abbildungen 
erläutert  werden  und  insbesondere  das  Medizinische  hervorheben 
soll,  wird  später  in  einer  anderen  Zeitschrift  veröffentlicht  werden. 

Die  Veranlassung  zu  meiner  Untersuchung  war  folgende :  Auf 
der  letzten  deutschen  Naturforscher-Versammlung  (1898)  in  Düs- 
seldorf zeigte  Herr  Prf.  Dr.  A.  Körte-  Greifswald  zwei  dem  Kunst- 
museum in  Bonn  zugehörige  aus  Veji  stammende  Terracotten  vor: 
Bruchstücke  von  menschlichen  Rümpfen,  an  denen  die  Eingeweide 
der  Brust-  und  Bauchhöhle  sichtbar  waren.  Prof.  Körte  wies  darauf 


L.    STIEDA,    UEBEK.   ALT-ITALISCHE    WEIHGES3HENKE  231 

hin,  dass  die  Rümpfe   offenbar  Weihgeschenke  seien  ;    er  meinte, 
dass  derartige  Stücke  noch  gar  nicht  untersucht  worden  seien. 

Die  Stücke  erregten  mein  Interesse ;  ich  beschloss  diese  Ange- 
legenheit weiter  zu  verfolgen.  Während  der  Osterferien  1899  war 
ich  in  Rom,  besuchte  die  dortigen  Museen  und  insbesondere  die 
bei  den  Museen  befindlichen  ■  Magazzini  ■  wozu  ich  von  Herrn  Com- 
mendatore  Barnabei,  dem  Generaldirector  der  Künste  und  Museen 
in  liberalster  Weise  die  Erlanbniss  erhielt.  Vor  allem  sei  dafür 
diesem  mein  verbindlichster  Dank  gesagt ;  ferner  danke  ich  hier 
dem  Herrn  Professor  G.  Sergi  und  seinem  Assistenten  Dr.  Vrara, 
dem  Herrn  Doctor  Vaglieri,  sowie  allen  anderen  Herren  für  die  mir 
gewährte  freundliche  Unterstützung  bei  meinen  Arbeiten. 

Eine  allgemeine  Beschreibung  und  Erörterung  der  alt- ita- 
lischen Weihegaben  ist  mir  nicht  bekannt;  es  scheint  keine 
solche  zu  geben.  Für  die  griechischen  Weihgeschenke 
liegt  eine  derartige  Arbeit  von  E.  Reisch  (Wien  1890)  vor.  Auch 
eine  Abhandlung  von  A.  Körte  (Bezirk  eines  Heilgottes.  Athen. 
Mitteilungen  Bd.  XIII,  1893,  p.  231  u.  ff.)  berücksichtigt  in 
erster  Linie  die  griechischen  Weihgeschenke.  Trotzdem  aber 
dürfte  es  doch,  bei  der  ausserordentlich  nahen  Verwandtschaft  der 
griechischen  und  alt-italischen  Religion,  gestattet  sein,  hier  an  die 
Aeusserungen  Reisch's  und  Körte's  anzuknüpfen. 

Die  Weihgeschenke,  die  den  Göttern  dargebracht  wurden,  sind 
eben  so  mannigfaltig,  wie  die  Beweggründe,  um  derentwillen  die 
Weihgaben  in  Anwendung  kamen.  Sehen  wir  von  den  Beweggrün- 
den ab,  die,  falls  nicht  schriftliche  Aeusserungen  die  Geschenke 
begleiten,  uns  doch  unbekannt  bleiben,  so  können  wir  uns  nur  an 
die  Weihgaben  selbst  halten. 

Kann  man  um  eine  Uebersicht  über  die  grosse  Masse  zu 
erleichtern,  die  Weihgaben  nicht  in  Gruppen  und  Ordnungen 
theilen  ? 

Den  Versuch  einer  Eintheilung  macht  E.  Reisch  (1.  c.  S.  16).  Er 
nimmt  drei  gegenständlich  verschiedene  Gruppen  von  Weihga- 
ben an;  er  geht  dabei  von  der  gewiss  vollkommen  berechtigten 
Anschauung  aus,  dass  man  die  Anatheme  nach  ■  Gegenstän- 
den »   gruppiren  müsse. 

1)  Anatheme,  in  denen  die  Gottheit  allein  oder  im  Ver- 
kehr mit  den  Menschen  dargestellt  ist. 


232  L.  STIEDA 

2)  Anatheme,  die  ihren  Inhalt  den  Kreisen  des  mensch- 
lichen Lebens  entlehnen. 

3)  Anatheme,  welche  Gegenstände  des  göttlichen  und  mensch- 
lichen Besitzes  oder  Gebrauchs  (Thiere,  Gebäudo,  Geräthe, 
Schmuck)  im  Original  und  Abbild  zum  Object  haben. 

Es  ist  mir  diese  Eintheilung  nicht  scharf  genug;  ich  vermisse 
darin  einen  Platz  für  die  zahlreichen  Theile  des  menschlichen 
Körpers,  Arme,  Brust,  Kopf,  von  denen  im  übrigen  Reisch  gar 
nicht  redet.  Mir  erschiene  es  einfacher,  wenn  Reisch  gesagt  hätte: 

1)  Götterbilder, 

2)  Menschenbilder, 

3)  Sachen. 

Dann  hätte  man  die  Möglichkeit  die  einzelnen  Körpertheile 
in  die  zweite  Kategorie  der  Weihgaben  einzureihen.  —  Aber  die 
Götter  erscheinen  auch  in  der  Gestalt  des  Menschen  —  oft  ist  es 
nicht  möglich  zu  entscheiden,  ob  die  betreffende  Figur  einen 
Gott  oder  einen  Menschen  darstellt. 

A.  Körte  giebt  mit  Rücksicht  auf  die  Beziehungen  der 
Weihgaben  zu  den  Heilgöttern  eine  andere  Eintheilung,  nämlich 
er  unterscheidet: 

1)  Einfache  Nachbildung  der  geheilten  Glieder, 

2)  Nachbildung  der  Personen,  die  für  ihre  Heilung  dem 
Gott  ihren  Dank  bringen, 

3)  Darstellung  der  Heilung  durch  den  Gott  selbst. 
Gegen  diese  Eintheilung  Hesse  sich  einwenden,  dass  hier  das 

Motiv  der  Darbringung,  das  uns   oft   unbekannt,  zu   sehr  in  den 
Vordergrund  gestellt  ist. 

Um  den  mich  interessirenden  Weihgeschenken  einen  sichern 
Platz  im  S}rstom  zu  schaffen,  unterscheide  ich,  im  Anschluss  an 
Reisch  und  dessen  Auffassung,  zwei  grosse  Hauptgruppen,  je  nach- 
dem die  Weihgeschenke  Sachen  oder  Personen  (oder  Theile 
der  selben)  darstellen. 

I.  Die  sachlichen  Weihgeschenke  können  sehr  verschieden 
sein,  ob  Gaben  aus  Gold,  ob  Thiere  oder  Schmuck,  ob  Waffen  oder 
Hausgeräth.  das  kommt  hier  nicht  in  Betracht.  Alle  diese  Gegen- 
stände liegen  ausserhalb  meines  Arbeitsbezirkes. 

II.  Ich  habe  der  zweiten  Gruppe  die  Bezeichnung  «  Perso- 
nen» gegeben,  weil  ich  damit  die  Möglichkeit  habe,  Götter  und 


UEBER   ALT-ITALISCHE    WEIHGESCHENKE  233 

Menschen  zusammenzufassen ;  weil  damit  der  Gegensatz  zu  den  Sa- 
chen (res)  schon  ausgeprägt  ist.  Ob  es  sich  hierbei  um  Bilder 
(Statuen)  handelt,  ob  um  scenische  Darstellungen  (Reliefbilder), 
das  ist  einerlei. 

Wenn  ich  von  den  scenischen  Darstellungen  absehe  und  zu- 
nächst die  andern  ■  Bilder  ■  in  Betracht  ziehe,  so  unterscheide  ich. 

Gruppe  1:  Darstellungen  ganzer  (unversehrter)  mensch- 
licher Körper,  Bilder  (Statuen),  (als  Untergruppe  scenische  Darstel- 
lungen- Relief  bilder). 

Gruppe  2  :  Darstellungen  von  einzelnen  Theilen  des 
menschlichen  Körpers,  äussere  wie  innere  (Eingeweide). 

Bei  dieser  Eintheilung  kann  ich  die  Motive  der  Darbringung 
(Körte)  ganz  bei  Seite  lassen.  Auf  das  Material,  aus  dem  die  Weih- 
gaben geformt  sind,  ist  kein  Unterschied  zu  begründen,  sondern  nur 
auf  die  Form  des  Dargestellten- auf  den  Gegenstand  (Reisch). 

Die  erste  Gruppe  der  Personendarstellungen,  die  Bilder 
ganzer  Menschen  (Götter),  die  für  den  Künstler,  den  Archäologen 
und  Philologen  ein  hervorragendes  Interesse  besitzt,  kann  ich  zu- 
nächst ganz  bei  Seite  lassen.  Die  ganzen  unversehrten,  bekleideten 
wie  unbekleideten,  Gestalten  der  Götter  und  Menschen  haben  zu- 
nächst kein  medizinisches  oder  anatomisches  Interesse.  Damit  will 
ich  aber  keineswegs  sagen,  dass  sie  ohne  alles  Interesse  für  Me- 
dizin sind:  ich  erinnere  an  die  Wickelkinder,  ich  erinnere  an  die 
scenischen  Darstellungen  von  kranken  Menschen  und  von  hülfe- 
leistenden Aerzten  (Göttern).  Aus  solchen  ■  Bildern  »  kann  der 
Arzt  mancherlei  Schlüsse  in  Betreff  der  damaligen  ärztlichen  Kunst 
ziehen.  Solche  Bilder,  wie  sie  Körte  z.  B.  anführt,  haben,  ebenso 
wie  die  ■  Wickelkinder  »,  unzweifelhaft  auch  eine  medizinische 
Bedeutung.  Aber  jetzt  lasse  ich  diese  Bilder  bei  Seite. 

Ich  lenke  die  Aufmerksamkeit  auf  die  zweite  Gruppe:  bild- 
liche Darstellungen  einzelner  äusserer  und  innerer  Körpertheile  des 
Menschen. 

Ich  unterscheide  vom  anatomischen  Standpunkte. 

1.  Köpfe,  und  zwar 
a)  ganze,  b)  halbe. 

2.  Gesichter  und  einzelne  Theile  des  Gesichts: 

a)  ganze  Gesichter  (Ganzmasken),  b)  Halbmasken,  c)  Au- 
gen, d)  Lippen,  e)  Ohren. 


234  L.   STIEDA 

3.  Arme  und  Hände. 

4.  Beine  und  Füsse. 

5.  Eingeweide: 

a)  Rümpfe  mit  sichtbarem  Eingeweide,  b)  Einge- 
weide ohne  Rumpf,  c)  einzelne  Eingeweide  (im  Anhang:  Mammae). 

6.  Aeussere  und  innere  Geschlechtsorgane.  Als  Material  für 
meine  Untersuchungen  dienten  mir: 

1)  Die  Sammlungen  des  Museo  nazionale  (Museo  delle 
Terme)  in  Rom;  hier  befinden  sich  Weihgeschenke  die  auf  der 
Tiber-Insel  bei  Rom  gefunden  worden  sind; 

2)  Die  Sammlungen  des  Magazzino  archeologico  im  Orto 
botanico  in  Rom  (Ergebnisse  der  Ausgrabungen  vom  Minerva- 
Tempel  bei  Rom); 

3)  Das  etruskische  Museum  in  der  Villa  Papa  Giulio  in 
Rom ;  es  enthält  Weihgaben,  die  in  Civita-Lavinia  und  Civita 
Castellana  gefunden  worden; 

4)  Eine  Anzahl  Alterthümer,  die  aus  Veji  stammen. 
Dass  auch  ausserhalb  Rom  —  in  den  Museen  anderer  italieni- 
scher Städte  —  viele  alt-  italische  Alterthümer,  insonderheit  Weih- 
gaben, sich  befinden,  ist  bekannt.  Ebenso  ist  sicher,  dass  viele 
alt-italische  Alterthümer,  z.  B.  die  aus  Nemi  und  Veji  stammenden, 
nach  Deutschland,  Frankreich,  England  und  Amerika  fortgeführt 
sind,  und  hier  in  den  Museen  aufbewahrt  werden.  Ich  habe  bis 
jetzt  keine  Gelegenheit  gehabt,  die  alt-italischen  Alterthümer 
anderer  Museen  als  der  römischen  zu  untersuchen. 

Ueber  die  verschiedenen  Ausgrabungen  selbst,  bei  denen  die 
Weihgeschenke  zu  Tage  gefördert  worden  sind,  vermag  ich  hier  keine 
näheren  Angaben  zu  machen,  weil  mir  keine  bekannt  sind,  oder 
weil,  wie  z.  B.  in  Veji,  gar  keine  Berichte  publicirt  sind. 

Für  meine  Untersuchungen  dürfte  eine  genaue  Beschreibung 
der  Ausgrabungen  auch  nur  von  nebensächlichem  Interesse  sein. 
Es  unterliegt  keinem  Zweifel,  dass  die  betreffenden  Stücke  aus 
Heiligthümern,  aus  Tempeln  herstammen;  welcher  Art  die  Hei- 
ligthümer  waren,  welchen  Göttern  sie  geweiht  waren,  ob  es  die 
sogenannten  Heilgötter  oder  andere  Götter  waren,  erscheint  mir  für 
die  Beurtheilung  und  Deutung  der  Weihgaben  gleichgültig. 

Was  die  Zeit  betrifft,  aus  welcher  die  betreffenden  Weih- 
gaben stammen,   so   begnüge   ich  mich  damit,  zu  sagen,  dass  die 


UEBER   ALT-ITAI.ISCHE   WKIHGESCHENKE  235 

Weihgaben  aus  den  letzten  Jahrhunderten  der  vorchristlichen  Zeit- 
rechnung stammen.  Als  Anhaltpunkt  dient  für  Veji  die  Zerstörung 
der  Stadt  durch  Camillus  396  y.  Chr.  und  für  die  Tiber-Insel  die 
Thatsache,  dass  der  Aesculap-Dienst  im  Jahr  291  v.  Chr.  von 
Griechenland  nach  Rom  verpflanzt  ist. 

Was  das  Material  betrifft,  aus  dem  die  betreffenden  Weihge- 
schenke angefertigt  sind,  so  sind  nur  solche  aus  gebrannter  Erde 
oder  Thon  (Terracotta)  an  den  eben  namhaft  gemachten  Stellen: 
Veji  —  Rom  —  Tiber-Insel  —  Nemi  gefunden  worden.  Doch  un- 
terliegt es  keinem  Zweifel,  dass  auch  anderes  Material,  Marmor  oder 
Metall,  für  die  Herstellung  der  Weihgaben  verwendet  wurde.  Aus 
Marmor  angefertigt  ist  der  Rumpf  in  der  Vatican- Sammlung 
(N.  2444).  Dass  Gold-  und  Silber-Geschenke  sich  nicht  bis  auf 
unsere  Tage  erhalten  haben,  ist  eine  sehr  begreifliche  Thatsache. 
Ueber  die  künstlerische  Ausführung  so  wie  über  die  Technik  steht 
mir  kein  Urtheil  zu,  das  ist  Sache  der  Archäologen  und  Kunst- 
historiker. 

1.  Die  Köpfe. 

Ueber  die  Köpfe  sowohl  die  ganzen  wie  die  halben,  kann  ich 
kurz  hinweggehen.  Es  ist  bekannt,  dass  an  all'  den  Weihe-Köpfen 
nur  der  vo  rdere  Theil  künstlerisch  ausgeführt  ist,  der  hintere Theil 
ist  gar  nicht  modellirt,  sondern  unausgeführt  geblieben ;  es  erklärt 
sich  dies  daraus,  dass  die  Köpfe  zum  Aufhängen  bestimmt  waren. 
Sie  sind  hohl  und  haben  hinten  ein  Loch,  mittelst  dessen  sie  an 
einen  Nagel  aufgehängt  werden  konnten. 

Die  halben  Köpfe  sind  Hälften  eines  ganzen,  der  durch  einen 
medialen  Sagittal schnitt  (Medianschnitt)  in  zwei  Theile  zerlegt  ist; 
es  sind  entweder  rechte  oder  linke  Kopfhälften.  Bei  diesen 
Halbköpfen  ist  ebenfalls,  wie  bei  der  ganzen,  die  hintere  Fläche 
nicht  ausgeführt,  die  Schnittfläche  ist  vollkommen  glatt. 

Die  Köpfe  sind  sehr  verschieden  gestaltet :  sowohl  die  Ge- 
sichtsbilduDg  wie  die  Haartracht  sind  ganz  verschieden.  Auffallend 
ist  es  mir,  dass  ich  gar  keinen  bärtigen  Kopf  gesehen  habe, 
obwohl  ich  einzelne  als  männliche  zu  erkennen  glaubte. 

Köpfe,  an  denen  krankhafte -Veränderungen  dargestellt  sind, 
habe  ich  nicht  gesehen;  doch  ist  nicht  daran  zu  zweifeln,  dass 


236  L.  STIEDA 

solche  Bilder  vorkommen.  In  einem  römischen  Museum  —  in  wel- 
chem, ist  mir  unbekannt  —  soll  ein  kranker  Kopf  zu  sehen  sein: 
ich  habe  nichts  näheres  ermitteln  können. 

2.   Gesichter  und  Gesichts- Theile. 

Noch  weniger  habe  ich  über  die  Ganzmasken  (Stirn,  Augen, 
Nase,  Mund),  über  die  Halbmasken  (Stirn,  Augen  und  Nase) 
und  über  einzelne  Theile  des  Gesichts  zu  sagen.  Es  finden  sich 
ausser  den  Ganzmasken  auch  einzelne  Augen,  Ohren,  Lippen 
(Mund).  Ob  einzelne  Nasen  vorkommen,  weiss  ich  nicht,  ich  habe 
keine  Einzel-Nase  gesehen.  Krankhaft  verbildete  Gesichtstheile  habe 
ich  nicht  gesehen.  Warum  wir  so  zahlreiche  scheinbar  vollkom- 
men gesunde  Köpfe,  Gesichter  und  Gesichtstheile  als  Weihge- 
schenke finden,  weiss  ich  nicht.  Körte  meint,  die  Leute  hätten  die 
Nachbildungen  der  «  geheilten  »  Glieder  dargebracht,  —  das 
bezweifle  ich:  die  damaligen  Tempel  waren  vielfach  Heilstätten 
(Krankenhäuser).  Die  Kranken  kamen  dahin,  wie  sie  heut  zum  Arzt 
gehen;  sie  brachten  die  Nachbildungen  kranker  Glieder  dar;  — 
wenn  sie  gesund  wurden,  so  gingen  sie  nach  Hause.  Gesund  ge- 
wordene gingen  damals  gewiss  eben  so  wenig  zum  Arzt,  wie  heute. 
Es  müssen  doch  wohl  andere  Motive  vorhanden  gewesen  sein,  die 
die  Leute  veranlassten,  Abbildungen  einzelner  Körpertheile  dar- 
zubringen. Vielleicht  brachte  Jemand,  der  an  Kopfschmerz  (Mi- 
graena,  hemicrania)  litt,  der  Heilstätte  den  halben  Kopf  dar,  der 
ihn  schmerzte.  Vielleicht  brachten  Ohrenkranke  den  Heilstätten 
Ohren,  Augenkranke  die  Augen  aus  Terracotta  dar,  und  beteten 
dazu  Wenn  es  nichts  half,  schaden  konnte  es  nicht.  Und  diese 
kleinen  Sächelchen  aus  Terracotta  waren  gewiss  sehr  wohlfeil. 
—  Da  Krankheiten  der  Nase  doch  so  häufig  sind,  so  ist  es  mir 
auffallend,  dass  ich  gar  keine  einzelne  Nase  gesehen  habe ;  es  wäre 
doch  wünschenswerth,  wenn  man  in  den  Museen  sich  nach  «  Nasen  » 
umschauen  wollte. 

3.  Arme  und  Hände. 

Einzelne  Arme  habe  ich  nicht  gesehen,  aber    es  ist  vielfach 
darüber  berichtet,  dass  Arme  als  Weihgaben  vorkommen.  Die  Hände, 

( 


UEBEK    ALT-ITALISCHE   WEIHGKSCHENK.K  237 

die  ich  zu  Gesicht  bekomme,  sind  sehr  verschieden  ausgeführt. 
Gewöhnlich  ist  nur  eine  Fläche,  entweder  der  Handrücken  oder 
der  Handteller  genauer  dargestellt.  Am  Handteller  sind  die  Linien 
deutlich  sichtbar,  am  Handrücken  die  Nägel,  doch  giebt  es  auch 
Hände,  an  denen  sowohl  die  Nägel  wie  die  Linien  des  Handtellers 
kenntlich  sind.  —  Einzelne  Finger  habe  ich  nicht  gesehen,  doch 
sollen  dieselben  auch  vorkommen. 

Hände  und  Finger,  die  mit  Symbolen  bedeckt  waren,  habe 
ich  selbst  bisher  nicht  zu  Gesicht  bekommen.  Es  scheint  mir,  dass 
derartige  Hände  nicht  aus  gebranntem  Thon,  sondern  aus  Metall 
angefertigt  wurden.  Vortreffliche  Abbildungen  solcher  symbolischen 
Hände  finden  sich  in  Michaeli  Angeli  Chausei  de  la  Chansse  Pari- 
sieasis  düser tatio  I  de  Vasis  —  et  de  Manibus  aeneis,  Tab.  XI-XIV 
(G.  Graevii  thesaurus.   Tom.  XII,  pag.  963). 

Unter  den  vielen  Händen,  die  ich  zu  sehen  Gelegenheit  hatte, 
ist  nur  eine  einzige  gewesen,  die  das  Interesse  der  Aerzte  beson- 
ders fesseln  könnte :  eine  in  Veji  gefundene  linke  Hand  mit  einer 
deutlichen  Geschwulst  des  Handtellers.  Auf  solche  Befunde  —  Dar- 
stellungen krankhaft  veränderter  Körpertheile  —  gründe  ich  meine 
Behauptung,  dass  die  Leute  nicht  das  Abbild  des  geheilten  Organs 
dem  Heilgott  darbrachten,  sondern  das  Abbild  des  krankhaften 
Organs. 

4.  Beine  und  Füsse. 

Unter  den  Weihgeschenken,  die  ich  gesehen  habe,  waren  keine 
Beine,  sondern  nur  Füsse.  Die  Füsse  waren  von  verschiedener 
Grösse,  zeigten  sehr  deutlich  Nägel;  meist  war  den  Füssen  eine 
Art  Sohle  untergelagert.  Die  von  mir  untersuchten  Füsse  waren 
alle  unbekleidet.  Krankhaft  veränderte  Füsse  habe  ich  nicht 
gesehen. 

Es  scheint,  man  hat  Füsse  nicht  allein  mit  Rücksicht  auf 
ihre  Erkrankung  geweiht,  sondern  auch  aus  andern  Gründen.  Auf 
einigen  Weihgeschenken,  an  denen  Inschriften  sich  befinden,  ist 
gesagt,  dass  die  betreffenden  Gaben  nach  einer  glücklich  zurückge- 
legten Reise  der  Gottheit  zum  Dank  einen  Fuss  oder  ein  Paar 
widmeten. 

Sowohl  die   Köpfe,    wie   auch   die  Hände  und  Füsse 

könnten  immerhin  zu  anthropologischen  Untersuchungen  Anlass  ge- 


238  L.  STIEDA 

ben.  Die  Köpfe  könnte  man  auf  gewisse  Rassen-Eigenthüralichkeiten 
untersuchen,  die  Hände  auf  die  verschiedene  Länge  der  Finger 
(Vergleich  zwischen  Zeigefinger  und  Ringfinger),  die  Füsse  in  Be- 
zug auf  den  Einschnitt  zwischen  der  grossen  und  zweiten  Zehe,  in 
Bezug  auf  die  Verkrüppelung  (Rückbildung)  der  kleinen  Zehe 
u.  s.  w.  Ich  habe  jetzt  keine  Veranlassung  gehabt,  auf  solche 
Aufgaben  einzugehen. 

5.  Eingeweide. 

Diese  Gruppe  der  Weihgeschenke  ist  für  den  Mediziner  die 
interessanteste  —  sie  bringt  uns  bildliche  Darstellungen  der  in- 
neren Körperorgane  (Eingeweide)  aus  uralter  Zeit.  Es  liegen  unzwei- 
felhaft in  diesen  italischen  Weihgeschenken  die  ältesten  bildli- 
chen Darstellungen  von  Eingeweiden  des  Menschen  vor,  die  wir 
bisher  kennen.  In  Aegypten  ist,  so  viel  ich  weiss,  nichts  derar- 
tiges gefunden  worden,  in  Babylon  und  Griechenland  auch  nichts. 
Die  sog.  babylonische  Leber  ist  entschieden  eine  Thierleber, 
die  Eingeweide  der  italischen  Weihgeschenke  dagegen  sollen  unzwei- 
felhaft menschliche  Eingeweide  darstellen. 

Die  bisher  von  mir  beobachteten  bildlichen  Darstellungen 
der  Eingeweide  sind  sehr  mannigfaltig.  Ich  versuche,  sie  in  fol- 
gender Weise  zu  ordnen: 

a)  bildliche  Darstellungen  von  bekleideten  oder  un- 
bekleideten Menschen  mit  geöffneter  Leibeshöhle; 

b)  die  auf  einer  Platte  ausgebreiteten  Eingeweide  der  Brust 
und  des  Bauches,  oder  des  Bauches  allein; 

c)  einzelne  Eingeweide. 

d)  im  Anhang:  Mammae. 

Die  bildlichen  Darstellungen  von  Menschen  mit  geöffneter 
Leibeshöhle  sind  sehr  mannigfach.  So  weit  meine  Erfahrung  reicht, 
sind  die  bisher  gefundenen  Bilder  einander  nicht  gleich.  Doch  ist 
die  Zahl  der  bisher  bekannten  derartigen  Darstellungen  im  Allge- 
meinen noch  sehr  gering.  — 

Ich  lasse  eine  Aufzählung  der  mir  bekannten    Bilder  folgen. 

1.  Am  längsten  bekannt  ist  das  Bruststück  eines  marmornen 
Rumpfes  im  Vatikan,  Gallerie  der  Statuen  N.  284.  Aus  welcher 
Zeit  das  Bruststück  stammt  und  wo  es  gefunden  ist,  ist  unbekannt. 

f 


LEBER.    ALT-ITALISCHE    WEIHGESCHENKE  239 

2  und  3.  Bruchstücke  zweier  kleinen  menschlichen  Rümpfe 
mit  geöffneter  Leibeshöhle  {Bullettino  deU'Istitulo  1885,  p.  144 
Helbig  Scavi  di  Civita  Lavinia),  aufbewahrt  im  etruskischen 
Museum  in  der  Villa  di  Papa  Giulio. 

4.  Gewand-Figur  (ohne  Kopf)  gefunden  in  Nemi  (cf.  Rossbach, 
Bull.  delV Istituto  per  l'anno  1885,  Roma,  p.  149-157;  und  Ver- 
handlungen der  40.  Vers,  deutscher  Philologen  und  Schulmänner 
in  Görlitz  1889.  Leipzig.  S.  147-164). 

5  und  6.  Bruchstücke  zweier  Rümpfe  im  Bonner  Museum; 
sie  stammen  aus  Veji. 

7,  a  und  b.  Bruchstücke  zweier  Rümpfe  im  Museo  Nasionale 
in  Rom.  (Tiber-Insel). 

8.  Bruchstück  eines  Rumpfes,  der  auf  der  Turiner  Aus- 
stellung 1898  sich  befand. 

9  und  10.  Bruchstücke  zweier  aus  Veji  stammenden  Rümpfe, 
die  ich  in  Rom  erworben  habe.  — 

Im  Ganzen  sind  mir  also  11  Bilder  menschlicher  Leiber  mit 
geöffneter  Leibeshöhle  bekannt,  von  denen  nur  zwei,  und  zwar  die 
beiden  im  römischen  Museo  Nasionale  befindlichen,  einander  glei- 
chen, d.  h.  nach  demselben  Modell  angefertigt  sind. 

Alle  andern  sind  verschieden,  also  kennt  man  bis  jetzt  10  ver- 
schiedene Typen,  davon  drei  umstehend  abgebildet. 

Ich  beschreibe  jetzt  nicht  die  einzelnen  Stücke;  ich  gebe 
keine  anatomische  Analyse  der  einzelnen  Theile,  die  in  den  Stücken 
sichtbar  und  erkennbar  sind.  Ich  beschränke  mich  hier  auf  die 
kurze  Bemerkung,  dass  ich  zu  erkennen  meine:  das  Herz  und 
die  Lunge;  die  Leber  und  ihre  Theile;  einzelne  Abschnitte 
des  Darmkanals:  die  Milz,  die  beiden  Nieren  und  die 
Harnblase.  Eine  ausführliche  Erörterung,  sowie  der  Versuch, 
die  gegebene  Erklärung  näher  zu  begründen,  geht  zu  weit  ins 
medizinische  Gebiet  hinein,  um  hier  verständlich  zu  sein.  Ueber- 
dies  müsste  das  an  der  Hand  von  anderen  Abbildungen  geschehen, 
die  ich  dieser  Mittheilung  nicht  beifügen  kann. 

Es  wäre  mir  sehr  erwünscht,  wenn  die  Herren  Archäologen 
mich  auf  neue  in  der  Uebersicht  noch  nicht  aufgezählte  Stücke, 
in  denen  Eingeweide  sichtbar  sind,  aufmerksam  machen    wollten. 

Von  einzelnen  Eingeweiden  kann  ich  hier  das  Bild 
eines    Kehlkopfes    mit  Luftröhre  namhaft  machen.  Ich    kenne 


240  L.   STIEDA 

das  betreffende  Stück  zunächst  nur  aus  Photographien,  die  mir 
Herr  Dr.  Oefele  aus  Neuenahr  freundlichst  zu  Gebot  gestellt  hat. 
Das  Stück  stammt  so  weit  mir  bekannt  aus  dem  Heiligtum  der 
Tiber-Insel.  Ferner  ist  ein  Bild  bekannt,  das  ein  Convolut  von 
Darmschlingen  darstellt  (Rom). 

Die  bekannte  Bronze-Leber  von  Piacenza  (cf.  Deecke, 

Etruskische  Forschungen,  Stuttgart  1880,  und  Etr.  Forschungen 
und  Studien,  2tes  Heft  1882)  gehört  entschieden  nicht  zu  den 
Weihgeschenken,  darum  muss  ich  die  Besprechung  derselben  hier 


bei  Seite  lassen.  Es  ist  die  Bronze-Leber  aus  Piacenza,  wie  die 
Alabaster-Leber  (G.  Körte),  wie  die  babylonische  Leber  (Cunei- 
form  Text  6)  unbedingt  als  das  Modell  einer  Säugethier-Leber, 
und  zwar  als  das  einer  Schafleber  (Hammelleber)  anzusehn.  Ich 
werde  an  einem  andern  Orte  die  drei  Lebern  besprechen. 

Im  Anschluss  an  die  Rumpf-  und  Baucheingeweiden  muss  ich 
an  die  zahlreichen  Weihgeschenke  erinnern,  die  offenbar  weib- 
liche Brüste  {Mammae)  darstellen.  Es  sind  verhältniss- massig 
grosse  Halbkugeln,  deren  Durchmesser  von  6-12  cm.,  deren  Höhe 
von  4-8  cm.  schwankt.  Die  alt-italischen,  die  ich  in  Rom  und  Veji 
gesehen  habe,  waren  alle  aus  Terracotta,  doch  soll  es  an  andern 
Orten  auch  Brüste  aus  Marmor  geben. 


DUR    A.LT-ITAUSOHE    WEIHGESCHENKE  241 

t>.  Geschlechtsorgane;  Räthselhafte  Organe. 

Ich  habe  den  Geschlechtsorganen  eine  besondere  Stelle  an- 
gewiesen, weil  ich  ihnen  einige  eigentümliche  Stücke  ansohlies- 
sen  muss,  deren  Erklärung  nicht  sicher  ist,  obgleich  es  wahrschein- 
lich, dass  die  räthselhaften  Stücke  eine  gewisse  Beziehung  zu  den 
Geschlechtsorganen  haben. 

Nachbildungen  der  äusseren  männlichen  Geschlechtsorgane 
( Organa  genitalia  masculina  externa)  sind  sehr  häufig ;  man  erkennt 
den  Penis  und  das  Scroton  nobst  den  Testikeln;  die  Theile  sind 
sehr  getreu  naturalistisch  dargestellt;  ein  Stück,  das  mir  vorliegt, 
lässt  an  der  Vorhaut  ringförmige  Erscheinung  erkennen,  die  bei 
der  Anwendung  des  Abbindens  entstehen  musste.  (Ich  werde  diese 
Angelegenheit  an  einem  andern  Orte  ausführlich  behandeln.) 
Dass  es  richtig  ist,  diese  Stücke  als  ■  phalli  n  zu  bezeichnen,  be- 
zweifle ich. 

Es  finden  sich  nun  ausserdem  ziemlich  häufig  Stücke,  die 
ich  hier  den  männlichen  Geschlechtsorganen  anreihe. 

Es  sind  kegelförmige  oder  pyramidale  Körper,  die  auf  einer 
etwas  breiteren  Basis  aufsitzen.  Sie  sind  etwa  6-8  cm.  hoch,  die 
etwas  vorragende  Basis  misst  etwa  8-10  cm. 

Die  Leute  in  Veji  wussten  keinen  Namen  dafür,  die  Bedien- 
steten der  Museen  in  Rom  benannten  sie  als  ■  bubboni  », 
deuteten  auf  die  Leistengegend,  um  verständlich  zu  machen,  dass 
sie  damit  gewisse  Erkrankungen  der  Leisten-Gegend  zu  bezeichnen 
wünschten. 

Ich  bin  vorläufig  mit  dieser  Deutung  nicht  einverstanden: 
ich  halte  die  betreffenden  Stücke  für  die  krankhaft  veränderte 
Eichel  des  männlichen  Gliedes  (glans  peräs). 

Vielleicht  finden  sich  derartige  Stücke  in  Verbindung  mit 
einem  menschlichen  Rumpfe  oder  in  scenischen  Relief-Darstel- 
lungen, mit  deren  Hülfe  man  eine  sichere  Entscheidung  treffen 
könnte. 

Auch  Nachbildungen  der  äusseren  weiblichen  Geschlechtsor- 
gane (Organa  genitalia  muliebria  externa)  der  weiblichen  Scham- 
spalte —  in  höchst  primiviter  Form  —  kommen  als  Weihgeschenke 
vor.  Sie  scheinen  sehr  selten  zu  sein.  Im  reichen  Magazzino   des 

17 


242  L.   STIEDA 

Museo  Nasionale  fand  ich  keine,  wohl  aber  zwei  Exemplare  im  Ma- 
gazin des  etruskischen  Museums  der  Villa  di  Papa  Giulio. 

Nun  aber  kommen  noch  eigentümliche  Stücke  vor,  denen  von 
Seiten  der  Archäologen  eine  Beziehung  zu  den  weiblichen  Ge- 
schlechtsorganen zugeschrieben  wird.  Von  den  Archäologen  werden 
die  betreffenden  Stücke  als  ■  Vulva  •  (Rossbach),  von  den  Leuten 
in  Veji  und  den  Bediensteten  der  Museen  als  Uteri  bezeichnet.  Es 
sind  platte,  elliptische,  in  der  Mitte  leicht  gewölbte  Körper  mit 
deutlichen  Querwülsten ;  an  dem  einen  Ende  ist  eine  Art  Oeffnung. 
Bereits  1654  hat  Tomassini  (Graevii  Thesaurus,  Tom.  XII,  1699, 
Tomassini,  de  donariis)  ein  derartiges  Stück  abgebildet,  das  aus 
Nemi  stammt  und  daselbst  im  Heiligthum  der  Diana  Nemorensis 
gefunden  worden  ist. 

Joh.  Argola,  der  Sekretär  des  Kardinals  Laetio  Biscia,  der 
im  Auftrage  seines  Herrn  über  die  Alterthümer  von  Nemi  berichtet, 
erklärt  das  Stück  für  ein  Wassergefäss  zum  Aufnehmen 
von  Weihwasser  (Urnula).  An  vielen  dieser  «  Streifen- 
Körper  »  sitzt  an  dem  einen  oder  dem  andern  Rand  ein  kleiner 
längsovaler  nach  unten  zu  leicht  gewundener  Körper  an.  Wollte 
man  den  grossen  Streifenkörper  für  den  Uterus  (die  Gebärmutter) 
halten,  so  könnte  man  den  kleinen  Körper  daneben  als  Ooarlum 
■  Eierstock  ■  auffassen.  Aber  zu  jedem  Uterus  gehören  zwei  Ovaria 
—  warum  ist  nur  eines  abgebildet?  Ich  habe  unter  den  vielen 
derartigen  Stücken  keinen  mit  zwei  Anhängen  gesehen,  will  aber 
keineswegs  in  Abrede  stellen,  dass  auch  solche  Stücke  vorkommen. 

Wollte  man  diese  Körper  für  Abbilder  der  Vulva,  der  weiblichen 
Scheide,  halten,  so  müsste  dabei  schon  auffallen,  dass  die  Runzeln 
(Rugae)  an  der  äusseren  Fläche  angebracht  sind;  dann  müssten 
die  kleinen  Nebenkörper  als  «  Blase  »  gedeutet  werden. 

Nun  ist  zu  bemerken:  diese  kleinen  Nebenkörper  kommen 
auch  als  E  i  n  z  e  1  s  t  ü  c  k  e,  als  einzelne  Weihgeschenke  vor  —  von 
sehr  verschiedener  Grösse.  Das  Magazzino  archeologico  im  bota- 
nischen Garten  in  Rom  besitzt  ein  sehr  grosses,  etwa  15  cm. 
langes  und  8  cm.  breites  Exemplar,  doch  giebt  es  auch  viel  kleinere 
Exemplare. 

Die  Leute  in  Veji  benannten  solche  Einzelstücke  fegato,  das 
heisst  eigentlich  Leber,  soll  aber  wohl  Gallenblase  bedeuten.  Wenn 
das   seine   Richtigkeit   hätte,  so   könnte   jener  «  Streifenkörper  • 


IEBER    ALT-ITALISCHE    WEIHGESCHENKK  248 

weder  Vulva  noch   Uterus  sein.  Ich  vermag  keine  endgültige,  ein- 
wandfreie Deutung  dieser  Körper  zu  geben.  — 

Zum  Schluss  meiner  kurzen  Mittheilung  sei  hier  der  Wunsch 
ausgesprochen,  dass  in  Rom  an  irgend  einer  Stelle,  vielleicht  im 
etruskischen  Museum  (Villa  di  Papa  Giulio)  alle  die  me- 
dizinisch ( —  anatomisch  — )  interessanten  Weihgeschenke  zu  einer 
Sammlung  vereinigt  würden,  um  das  eingehende  Studium  der 
äusserst  interessanten  Objecte  den  Archäologen  wie  den  Medizinern 
zu  erleichten  und  dem  gebildeten  Publikum  klar  vor  Augen  zu 
stellen,  was  für  Kenntnisse  vom  Bau  des  menschlichen  Körpers 
vor  etwa  2000  Jahren  die  alten  Italer  besassen. 


Königsberg  i.  Pr. 


L.  Stieda 
Prof.  der  Anatomie. 


MODERNE  KAISERGEMMEN. 


In  der  Römischen  Quartalschrift  XIII  1899,  Tafel  X,  2  wird 
als  '  römischantike  Kaisergemme  '  ein  Cammeo  zum  zweiten  oder 
dritten  Mal  veröffentlicht.  Wie  die  dazu  schon  in  J.  1880  geschrie- 
bene, '  doch  bis  jetzt  ungedruckt  gebliebene  kleine  Abhandlung  ' 
von  Dr.  Hermann  Rollett,  S.  138  sagt,  ist  der  Cammeo  im  J.  1879 
aus  dem  Besitze  des  griechischen  Wiener  Bankiers  Demeter  (De- 
metrios  ?)  Tirka  in  denjenigen  des  Wiener  Privatiers  Thomas  Biehler 
übergegangen,  und  nach  dessen  Tode  1890  an  einen  Privaten  in 
Philadelphia  verkauft  worden.  Wie  vor  ihm  C.  W.  King,  bezieht 
auch  Rollett  die  Darstellung  wegen  des  vorgeblichen  Labarums  auf 
einen  Triumph  Constantius'  IL  Die  Darstellung  ist  im  Wesentlichen 
dem  Titus  Triumphator  an  seinem  Bogen  über  der  Sacra  Via  nach- 
gebildet. Das  scheint  King  wie  Rollett  entgangen  zu  sein,  nicht 
so  natürlich  Wieseler,  der  im  XXX.  Bande  der  Abhandlungen  der 
K.  Gesellschaft  der  Wissenschaften  zu  Göttingen  1883  auf  einer 
Tafel  neben  der  Biehlerschen  Gemme  (1)  noch  eine  ähnliche  (2) 
abgebildet  hat,  die  v.  Sacken  im  J.  1869  '  von  einem  Händler  au^ 
Lyon  erstand ',  nach  der  Händlers  Angabe  '  im  südlichen  Frank- 
reich '  gefunden ;  dazu  einen  dritten  ähnlichen  Stein  bespricht, 
den  Conze  im  Arch.  Anzeiger  1864  S.  167  als  Hawkinssche  Gemme, 
im  South-Kensingtonmuseum  gesehen  beschrieb,  danach  Michaelis 
Arch.  Zeitung  1874  S.  12  und  Ancient  Marbles  in  Great  Britain 
S.  213.  Diesen  hatte  Conze  gegen  Constantinische  Zeit  gesetzt 
(ähnlich  Michaelis),  ebenso  Kenner  den  Wiener  Cammeo,  Wieseler 
gleich  King  und  Rollet  den  Biehlerschen.  Er  fand  keinen  Grund  an 
der  Echtheit  der  Biehlerschen  Gemme  zu  zweifeln,  trotzdem  die- 
selbe nach  einer  Bemerkung  Biehlers  '  nicht  unter  der  Erde  gele- 
gen haben  kann  ',  und  benutzt  die  drei  Steine  als  secundäre  Zeugen 
neben  dem  berühmten  Relief.  Die  einzig  richtige  Methode,  die  doch 


K.    PETERSEN,    MODERNE   KAISERGEMMEN  2-15 

mit  Hilfe  von  Photographien  und  evt.  Nachfragen  in  Rom  auch 
damals  schon  möglich  gewesen  wäre,  ergiebt  dass  alle  diese  Steine 
moderne  Arbeiten  sind;  sie  sind  natürlich  nicht  aus  der  Urhand- 
schrift  abgeschrieben,  sondern  aus  einer  Abschrift  und  zwar  einer 
interpolierten;  wo  das  Marmorrelief  beschädigt  ist,  lässt  eine  ge- 
naue Untersuchung  desselben  Besseres  erkennen  als  was  die  Gemmen- 
schneider geben,  und  die  von  Wieseler  S.  8  geltend  gemachte  Ue- 
bereinstimmung  des  Wiener  Cammeo  mit  dem  Titusbogenrelief  und 
wiederum  mit  der  Darstellung  des  Biehlerschen  Cammeo  ergiebt 
etwas  ganz  andres  als,  wie  Wieseler  meint,  die  Treue  des  Barto- 
lischen  Stiches. 

Zunächst  der  Wiener  Cammeo,  bei  Wieseler  2.  Hier  hat 
der  Triumphator  in  der  Rechten  einen  kurzen  Gegenstand;  einen 
ähnlichen  in  der  Linken ;  jenen  erklärt  W.  für  einer  Zweig,  diesen  für 
eine  Rolle.  Ersteres  ist  gewiss  richtig ;  und  wenn  der  Steinschneider 
einen  Zweig  gemeint  hat,  was  möglich,  so  konnte  er  das  von  Münzen 
und  Schriftstellen  oder  Compendien  her  leicht  wissen.  Aber  der 
Zweig  der  Titus  war  erheblich  grösser.  Auf  dem  Reliefgrunde  sind 
drei  Stützenbrüche,  ein  mittlerer  mittelgrosser  von  der  Hand,  ein 
kleinerer  darunter  vom  unteren  Ende  des  Zweiges  und  ein  grosser 
darüber.  Danach  war  der  Zweig,  wie  auf  Münzen,  etwas  mehr  als 
die  kleinen  Büschel  in  den  Händen  andrer  Pestzugstheilnehmer ; 
und  auch  die  kleine  Krümmung  des  Zweigs  entspricht  jenen  Münz- 
bildern (').  In  die  andre  Hand  gehört  nun  aber  das  Adlerscepter 
und  in  der  That  befindet  sich,  auf  Photographien  kenntlich,  in  der 
Linie  der  vermeintlichen  Rolle  auf  dem  Gewände  weiter  oben  ein 
Stützenbruch :  hier  muss  entweder  der  Knauf  oder  der  Körper  des 
Adlers  angesessen  haben,  von  dessen  Fittigen  noch  atwas  höher 
eine  Abbruchsteile  herrühren  dürfte,  für  die  eine  andre  Erklärung 
kaum  möglich  ist. 


(!)  Es  genügt  auf  Cohen  P  Vespasian  475  zu  verweisen ;  desgleichen  auf 
Titus  226  ff.,  II  Trajan  92  ff.,  585:  triumphus  Parthicus,  III  Commodus  507,  557, 
wo  die  Rechte  ohne  Zweig  grüssend,  das  Adlerscepter  aber  sehr  deutlich  ist. 
Die  Haltung  der  Rechten  entspricht  genau  der  Beschreibung  des  triumphie- 
renden Aemilius  Paullus  bei  Plutarch  34 :  dricpvTjg  xXwv«  rf,  (fsgiii  rrporeiVwj', 
wie  auch  Wieseler  S.  19  bemerkt.  Ueber  den  Triumphzug  am  Bogen  von  Be- 
nevent s.  Rom.  Mitth.  1892  S.  245  Anm. 


246  E.    PETERSEN 

Zweitens  der  halbnackte  Jüngling  diesseits  neben  dem  Wa- 
gen, selbstverständlich  eine  Idealfigur,  wie  die  Führerin  der  Rosse 
und  wahrscheinlich  auch  die  beiden  andern  Figuren  rechts  und  links 
im  Vordergrunde.  Der  Wiener  Cammeo  lässt  ihn  mit  der  bis  an 
die  Zügel  reichenden  Rechten  vorweisen,  in  der  Linken  einen  Zweig 
tragen.  Die  Rechte  kann  aber  nie  so  weit  gereicht  haben;  viel- 
mehr gelangte  sie  weiter  diesseits  dahin,  wo  auf  dem  Kreuz  des 
Pferdes  ein  Stützenbruch  ist.  Eine  zweite  Stütze  kommt  zwischen 
Zügeln  und  Wagen  hervor,  ist  aber  dort  abgebrochen:  sie  stützte 
vermuthlich  das  Attribut  der  Rechten,  einen  ähnlich  wie  vom  Kai- 
ser selbst  vorgestreckten  Lorberzweig.  Denn  die  Zweige  werden,  wie 
am  besten  der  Kaiser  zeigt,  der  Regel  nach  in  der  Rechten  ge- 
halten. Dass  diese  Idealfigur  jedenfalls  in  der  Linken  nicht  einen 
Zweig  getragen  hat,  so  wie  auf  dem  Wiener  Stein,  zeigt  das  um  den 
Handabbruch  rings  wohl  erhaltene  Gewand.  Aber  die  von  diesem 
gradherausstehenden  Armstumpf  nach  oben  laufende  Bruchrläche, 
welche  mit  einem  schmalen  Streifen  das  über  den  Unterarm  gelegte 
Gewand  durchschneidet,  zeigt  dass  die  Hand  einen  vor  diesem  Ge- 
wand liegenden,  nach  oben  gehenden  Gegenstand  hielt ;  und  dieser 
Gegenstand  wurde  nach  Ausweis  der  Bruchfläche  nach  oben  breiter, 
bis  da  wo  er,  eben  unterhalb  der  Schulter,  aufhört;  er  reichte  mit 
einem  dünneren  ringsum  ausgearbeiteten  und  etwas  einwärts  gebo- 
genen Ende  auch  unterhalb  der  Hand  abwärts,  wo  auf  den  Falten 
ein  Stützenbruch  sein  Ende  anzeigt.  Diese  seine  Spuren  lassen  kaum 
zweifeln,  dass  was  die  Linke  trug  ein  Füllhorn  war.  Der  Jüngling  — 
als  solchen  lassen  ihn  die  Körperformen  erkennen  —  ist  also  der 
Genius  Populi  Romanü  der,  wie  am  Halsbruch  noch  heute  sichtbar 
scheint,  den  Kopf  zu  den  Nachfolgenden  umgewandt  hatte.  Roma 
vor,  und  der  Genius  P.  R.  hinter  dem  Wagen  haben  so  dieselbe 
Stelle  wie  an  den  Schlusssteinen  der  Bogenwölbung,  erstere  an  der 
inneren,  der  Stadtseite,  letzterer  nach  aussen  (*). 

(!)  Purgold,  Archaeologische  Bemerkungen  zu  Claudian  und  Sidonius  S.  20 
ff.  findet  die  langbekleidete  Koma  wo  sie  nicht  ist,  sowohl  bei  Dichtern 
wie  Sidonius  und  Claudian  als  auch  in  Bildwerken,  wie  an  dem  Sockel  der 
Antoninssäule,  wo  unter  dem  Mantel  kein  langes  Kleid  zum  Vorschein  kommt. 
Von  hier  aus  gelangt  er  dahin,  die  typische  Gestalt  der  Roma  in  Triumphal- 
raonumenten,  auch  unsere  "vor  Titus'  Wagen  Virtus  zu  nennen.  Dem  stärksten 
Gegenargument,    das   in   den   Versen   Claudians  XXVIII  369    liegt,  wo   eben 


MODERNE    KAISERGEMMEN  247 

Drittens,  auch  der  dein  Genius  P.  R.  folgenden  Figur  giebt 
der  Wiener  Cammeo  wieder  den  Zweig  in  die  Linke,  während  die 
geschlossene  fast  in  Schulterhöhe  gehaltene  Rechte  einen  Gegenstand 
vermissen  lässt.  Dass  nun  die  Rechte  wirklich  das  Zweiglein  ge- 
halten, wie  es  ihr  an  sich  und  nach  ihrer  Hebung  zukommt,  ist 
am  Marmor  freilich  heute  nicht  mehr  zu  erkennen. 

Viertens  endlich  der  vor  der  Roma  voraufschreitende;  er  ist 
besonders  stark  zerstört,  nur  der  Zweig  in  der  Rechten  ist  noch 
erhalten,  ob  die  Linke  eine  Rolle  oder  Aehnliches  gehalten,  wie 
auf  dem  Cammeo,  ist  nicht  mehr  zu  sagen;  das  aber  ist  gewiss, 
dass  das  Gewand  nicht  so  sein  konnte  wie  auf  dem  Cammeo,  weil 
dies  überhaupt  eine  unmögliche  Trachtform  ist,  auch  soviel  wenig- 
stens noch  am  Marmor  deutlich  ist,  dass  das  über  dem  1.  Arm  lie- 
gende Gewand  nicht  bloss  aussen,  sondern  auch  innen  vom  Arm 
niederhängt.  Eine  Toga  freilich,  wie  ich  früher  angenommen  habe, 
kann  es  trotzdem  nicht  sein,  wegen  der  um  die  linke  Schulter  nach 
innen  oder  von  da  horizontal  gerichteten  Faltenmasse  ('). 

In  allen  diesen  Punkten  nun,  wo  die  Wiener  Gemme  etwas 
andres  giebt,  als  nach  den  vorhandenen  Spuren  einst  am  Titusbo- 
gen  selbst  dargestellt  war,  stimmt  sie  mit  —  Bartolis  Stich  über- 
ein. Es  ist  also  gewies,  dass  der  Steinschneider  nach  diesem  oder 
der  ihm  zugrunde  liegenden  Zeichnung  gearbeitet  hat,  wahrschein- 
lich also  im  vorigen  Jahrhundert.  Dass  er  dabei  die  Absicht  gehabt 
habe,  sein  Werk  für  ein  antikes  auszugeben,  ist  indessen  gar  nicht 
mit  Sicherheit  vorauszusetzen. 

Wenn  dies  Ergebniss  noch  irgend  welchem  Zweifel  begegnen 
könnte,  so  wird  doch  solcher  vor  einer  weiteren  Thatsache  sich  beu- 


Roraa  sich  selbst  schildert,  dem  Augustus  den  Dienst  erweisend,  den  die  frag- 
liche Gestalt  dem  Titus  thut,  begegnet  Purgold  mit  dem  Hinweis  auf  jene 
zweite  Idealgestalt,  die  nun,  als  Honos  gedeutet,  auch  Virtus  erweisen  soll. 
So  gewiss  wie  Roma  statt  Virtus  zu  erkennen,  ist  es  der  Genius  P.  R.  und 
nicht  Honos.  Vgl.  Wieseler  S.  31  ff.  Den  Genius  P.  R.  mit  dem  Senatus,  den 
mit  mir,  R.  M.  1892  S.  255,  v.  Domaszewski,  Jahreshefte  des  Oesterreich.  Arch. 
Inst.  II  S.  179,  erkennt,  sahen  auf  dem  Capitolinischen  Relief  aus  Antoni- 
nischer  Zeit  auch  schon  Visconti  und  so,  nur  den  Genius  wegen  fehlenden 
Füllhorns  auslassend,  Wieseler  S.  33. 

(')  Rom.  Mitth.  1892  S.  257.  Das  Obergewand  muss  wie  eine  Paenula 
oder  ein  Paludamentum  vorn  geknüpft  und  seitlich  über  die  r.  Schulter  zu- 
rück geworfen  sein. 


248  E.    PETERSEN 

gen.  Ehe  nämlich  noch  ein  Wort  über  die  andern  von  Wieseler 
verglichenen  Steine  gesagt  wird,  sei  hier  noch  ein  vierter  ganz 
gleichartiger  beigebracht,  für  welchen  der  gleiche  Ursprung  noch 
anderweitig  sich  ergiebt.  Engraved  gems,  their  history  and  place 
in  an  elaborate  view  of  their  place  in  art  by  Maxwell  Sommer- 
ville,  ist  der  Titel  eines  in  Philadelphia  1889  erschienen  Buches, 
darin  sich  a  descriptive  list  of  the  authors  cabinet  of  gems  for- 
ming  a  compend  of  greek  and  roman  classics  and  antiquäies 
findet.  Der  Werth  der  Sammlung  und  der  aus  diesem  Buch  zu 
schöpfenden  Belehrung  ergiebt  sich  aus  der  hier  mitzuteilenden 
Probe.  N.  1348  '  orienlal  alabaster  (from  the  Zanetti  Üollec- 
tion,  Venice  ' ),  giebt  dieselbe  Darstellung  wie  der  Wiener  Cammeo 
'  aus  Südfrankreich  ',  nur  ohne  einfassenden  Kranz  und  nicht  oval 
sondern  viereckig.  Auch  hier  sind  an  allen  oben  aufgeführten  Stellen 
S.  Bartolis  Interpolationen  befolgt.  Dieselbe  Sammlung 
nun  bietet  auf  n.  1349,  gleichen  Materials  und  gleicher  Herkunft, 
wie  sich  gebührt,  auch  das  Gegenstück  vom  Titusbogen,  den  an- 
dern Theil  der  Triumphzuges  —  ich  habe  an  andrer  Stelle  betont,  dass 
Fries  und  beide  Durchgangsreliefs  des  Bogens  als  drei  gleichsam 
zu  verschiedener  Zeit  oder  an  verschiedener  Stelle  gesehene  Theile 
desselben  Zuges  zu  verstehen  sind,  am  Fries  der  Anfang,  im  Durch- 
gang links  die  Mitte,  rechts  das  Ende  —  nach  Sommerville  freilich 
vielmehr  the  Exit  from  Jerusalem.  Und  damit  nicht  genug:  die 
ganze  Serie  1326  bis  1351  (also  auch  jene  obigen  zwei  einbe- 
griffen —  '  were  the  subjects  (?)  of  bassorilievos  which  once  adorned 
a  triumphal  Arch  erected  in  honour  of  Trajan.  In  the  reign  of 
Conslantine  these  subjects  (?)  were  removed  and  employed  to  Or- 
nament the  new  Arch  of  Conslantine.  This  series  of  cameos, 
except  two  numbers,  1327  and  1330  ■  Ihe  Orient*  and  «  The  Occi- 
dent  *  are  all  works  of  the  most  eminent  artists  of  the  epoch 
of  Trajan '.  Also  alle  nicht  constantinischen  Reliefs  des  Constan- 
tinsbogens,  sowohl  die  Trajanischen,  wie  die  M.  Aurel  geltenden 
(s.  Rom.  Mitth.  1890  S.  73)  sind  hier  in  demselben  oriental  ala- 
baster geschnitten;  dass  sie  auch  aus  Venedig  herstammen  wird 
nicht  gesagt.  Es  braucht  kaum  noch  zugefügt  zu  werden,  dass  auch 
diese  ganze  Serie  -nicht  nach  den  Marmorreliefs  selber  in  Stein  ge- 
schnitten sind :  auch  hier  sind  S.  Bartolis  Stiche  die  Grundlage,  wie 
die  Uebereinstimmung  mit  dessen  Interpolationen  beweist,  die  ich 


MODERNK    KAISERGEMMEN  219 

für  die  Trajanischen  Medaillons  (Antike  Denkmäler  I  S.  31)  nach- 
gewiesen habe.  So  ist  z.  B.  der  kleine  Hercules,  welchem  die  Exu- 
vien  des  gejagten  Löwen  geweiht  werden,  auch  hier  wie  bei  Bellori 
Taf.  39  durch  eine  Lanze  zum  Mars  gemacht  (vgl.  Rom.  Mitth.  1889 
8.  330,  und  in  n.  1335  =  Bellori  tav.  33  ist  statt  des  Bärenfells 
am  Baume  eine  Syrinx  aufgehängt. 

Schon  damit  dass  für  zwei  dieser  Tituscammeen  der  moderne 
Ursprung  nachgewiesen  ist,  fällt  auch  auf  die  beiden  andern  ein 
starker  Verdacht.  Für  die  Hawkinssche  kann  ich,  da  keine  Abbil- 
dung vorliegt  diesen  Verdacht  nicht  voll  begründen.  Bei  dem  '  von 
Roma  gelenkten  Viergespanne '  ist  gewiss  nur  an  die  entsprechende 
Gruppe  des  Bogenreliefs  zu  denken.  Wenn  der  '  Halbnackte  '  (der 
Genius  P.  7?.),  wie  Conze  sagt,  in  der  Rechten  den  Zweig  hält, 
so  liegt  da  eine  Abweichung  von  S.  Bartoli  und  den  als  modern 
erwiesenen  Gemmen,  und  eine  Uebereinstimmung  mit  dem  Original- 
relief vor,  die  indes  nicht  schwer  ins  Gewicht  fällt,  so  wenig  wie 
dass  neben  diesem  noch  die  drei  andern  Männer  erscheinen  wie  auf 
dem  Bogen;  auch  die  Sommervillesche  Gemme  hat  sie,  während 
die  andern  einen  oder  zwei  davon  auslassen.  Das  Entscheidende 
ist,  dass  jenem  Haibackten  das  Füllhorn  fehlt,  und  dass  *  oben 
ein  Eros  schwebt  mit  einem  undeutlichen  Gegenstand  in  der  Lin- 
ken ',  eine  jedenfalls  unantike  Interpolation,  für  die  im  nächsten 
Bereiche  z.  B.  Sol  oder  Lima  des  Constantinsbogens  Vorbilder  lie- 
ferten ('),  wie  sie  auch  für  die  '  Gefangene  mit  gesenktem  Kopfe ' 
im  Abschnitt  unten  leicht  zu  linden  war. 

Und  nun  zurück  zur  Biehlerschen  Gemme.  Auch  sie  ist  von 
S.  Bartoli  unabhängig,  aber  auch  sie  giebt  das  Titusbogenrelief 
an  den  beschädigten  Stellen  mit  unrichtigen  Ergänzungen,  und  fügt 
dazu,  wie  die  Hawkinssche,  noch  ganz  willkürliche  Interpolationen. 

Der  Kaiser  hat  weder  Scepter  noch  Zweig,  in  der  Rechten  nur 
einen  kurzen  Stab,  mit  der  Linken  scheint  er  die  Zügel  zu  halten ; 
der  Genius  P.  R.  hat  weder  Zweig  noch  Füllhorn ;  aus  den  zwei 
Männern  ganz  rechts  und  links  sind  gar  zwei  Weiber  geworden. 
Also  wenn,  wie  selbstverständlich,  der  Steinschneider  nach   einer 

(')  Vielleicht  auch  eine  Münze,  wie  die  des  Marc  Aurel  Cohen  III2  367, 
wo  im  Triumphwagen  ausser  Marcus  auch  noch  sein  Sohn  Commodus  steht, 
und  deshalb  die  Victoria  klein  über  den  Rossen  schwebt,  dem  Kaiser  voraus- 
fliegend. 


250  E.    PETERSEN,    MODERNE    KAISERGEMMEN 

gezeichneten  Vorlage  arbeitete,  so  war  es  eine  nicht  sehr  genaue, 
sicherlich  aber  erst  von  dem  stark  beschädigten  Relief  genommene. 
Willkürliche  Zuthaten  sind  erstens  die  auf  einer  Stange  getragene 
tabula  ansala,  die  aus  dem  andern  Titustriumphrelief  genommen 
sein  wird:  in  der  That  gehören  diese  Tafeln  ja  nicht  in  die  Nähe 
des  Triumphators,  sondern  weiter  nach  vorn  im  Zuge  (').  Eine 
durchaus  moderne  Zuthat  aber  ist  das  SPQR  darauf.  Und  eine 
andre  ebenso  wenig  hierhergehörige  Zuthat  ist  das  unmittelbar  vor 
dem  Kaiser  sichtbare  vexülum,  doppelt  absurd,  weil  es  nicht  getra- 
gen sondern  aufgepflanzt  zu  sein  scheint.  In  diesem  vexillum  aber 
das  Labarum  zu  sehen,  das  ist  allermodernste  Vision  :  das  Chri- 
stusmonogramm findet  sich  weder  auf  dem  Fahnentuch  noch  darü- 
ber. Man  sehe,  wie  Wieseler  sich  bemüht  hat,  es  gegen  den  Au- 
genschein zu  erkennen,  um  schliesslich  doch  zuzugestehen,  dass  es 
keiner  der  üblichen  Gestaltungen  entspricht:  es  ist  nicht  nur  das 
Monogramm  nicht  vorhanden,  sondern  vorhanden  ist,  auf  der  Wie- 
selerschen  Abbildung,  die  viel  genauer  ist  als  die  der  R.  Quar- 
talschrift, deutlich  kenntlich,  die  Lanzenspitze  über  der  das  Tuch 
tragenden  Querhaste. 

Sollte  die  Biehlersche  Gemme,  die  ja  auch  nach  Philadelphia 
gekommen  ist,  etwa  in  die  Sommervillesche  Sammlung  gelangt  sein. 
so  ist  sie  dort  jedenfalls  am  Platz,  und  wegen  dieses  Verlustes 
wenigstens  Europa  nicht  zu  beklagen. 

E.  Petersen. 


(')  Neben  die  Gefangenen  und  Beutestücke,  deren  Namen  und  Deutung 
der  schauenden  Menge  auf  diesen  Tafeln  mitgetheilt  wurde.  Neben  dem  Kaiser 
und  mit  dieser  Inschrift  ist  die  Tafel  eine  Abgeschmacktheit 


MISCELLANEA  EP1GRAFICA. 

(Continuazione,  v.  Mittheilungen  1896  p.  227-257). 


XXIV.  Iscrizione  relativa  al  teatro  di  Pompeo. 

Parecchie  volte  in  queste  miscellanee  mi  sono  occupato  d'  iscri- 
zioni  tinora  credute  antiche  ma  che  sono  opera  di  falsificatori  mo- 
derni :  questa  volta  il  mio  scopo  e  contrario,  vorrei  cioe  dimostrare 
genuina  un'epigrafe  che  figura  fra  le  falsae  et  suspectae  del  vol.  VI 
del  Corpus  Inscriptionum  Laiinarum.  Se  il  mio  ragionamento  e 
convincente,  ne  guadagneremo  un  particolare  non  privo  d'  interesse 
per  la  storia  di  uno  dei  piü  nobili  edifizi  della  Koma  antica;  e 
nel  medesimo  tempo,  un  autore  di  fede  ottima  sarä  liberato  del- 
1'  unico  sospetto  di  falsificazione,  che  finora  gli  sia  stato  attribuito. 

Flavio  Biondo  da  Forli,  in  quel  paragrafo  della  sua  Roma  inslau- 
rata  (üb.  II  §  109  f.  25  ed.  Venet.  1514),  ove  ragiona  del  Teatro 
di  Pompeo,  riferisce  un  singulare  ritrovamento  accaduto  al  tempo 
suo.  Dopo  aver  parlato  di  certe  rovine  esistenti  presso  al  monaste- 
rio  di  Donna  Rosa  (oggi  S.  Caterina  dei  Funari)  ch'  egli  crede  (erro- 
neamente)  appartenere  al  detto  Teatro,  prosegue  cosi :  Remotüsimo 
ab  inde  loco  qua  certiores  ex  fama  theatri  ipsius  ruinae  ad 
sancli  Laurentii  in  Damaso  aream  ecclesiae  vergunt,  Angelus 
Pontianus  iureconsultus  quom  proximis  diebus  cellae  vinariae 
locum  altius  e/foderet,  fundamenta  reperit  saxo  quadrato  ingenti 
tiructa,  in  quorum  uno  quod  cementarii  extraxerunl,  liilerae 
essent  cubitales  GENIVM  THEATRI  POMPEIANI  dicentes:  ut  coni- 
cere  liceat,  genium  ibi  pro  iacti  primo  fundamenti  thealralis 
initio  in  ceteris  si  aeducerentur  lüteris  ostendi.  Dal  libro  del 
Biondo,  la  notizia  passö  nella  traduzione  italiana  fatta  da  L.  Fauno 
(Venez.  1548),  poi  nel  Thesaurus  del  Gruter  ed  in  moltissimi  libri 
di   topografia  ed  antichitä  romana.   Ma   dopo   che  lo  Henzen   nel 


252  CH.    Hl  ELSEN 

C.  I.  L.  (VI,  55*)  1'  ebbe  messa  fra  le  falsae  et  suspectae,  gli 
seien ziati  moderni  si  sono  astenuti  affatto  di  citarla. 

Amee  stato  sempre  sommamente  improbabile  che  un  autore 
come  il  Biondo,  quello  scienziato  modesto  e  coscienzioso,  il  quäle 
per  primo  iniziö  lo  studio  critico  della  romana  topografia,  abbia 
falsificato  un'  iscrizione ;  eppure,  nel  caso  nostro  le  sue  parole  sern- 
brano  eseludere  la  supposizione  che  egli  sia  stato  ingannato  da  una 
terza  persona.  Ma  siamo  per  Ventura  in  grado  di  togliere  ogni 
dubbio  ed  asserire  la  veritä  della   sua  notizia. 

II  fatto  cioe  viene  attestato  anche  da  autori  contemporanei  del 
Biondo  ed  indipendenti  da  lui,  ma  le  cui  notizie  pare  siano  sfug- 
gite  agli  epigi'afisti  moderni.  In  primo  luogo  Poggio  Bracciolini. 
nel  libro  primo  de  Varietate  Fortunae  (p.  240  nel  codex  Urbis 
Romae  topographicus  dell'  Urlichs)  narra  quanto  segue :  Pars  theatri 
Pompeiani  haud  proeul  ab  eo,  quem  Campum  Florae  appellant, 
superextat,  etiam  ipsa  privatis  aedißeiis  oecupata.  Idut  credam, 
literae  quaedam  addueunt,  effossis  nuper  marmoribus,  quae  in 
eius  collapsa  porticu  columnis  immixta  reperta  sunt,  incisae. 
Alterae,  epigrammata  effracto,  genium  theatri  a  quodam  Prae- 
fecto  urbis  insiauratum  ferunt;  alterae  a  Symmaeho  urbis  prae- 
fecto  Honorio  Augusto  dicatum. 

Che  non  si  tratti  poi  di  semplici  dicerie,  viene  constatato  da 
un  terzo  autore,  Ciriaco  d'  Ancona,  il  quäle  ha  conservato  un  apo- 
grafo  completo  del  titolo  secondo.  Nel  suo  codice  Parmense  a  foglio  98, 
coli'  indieazione  '  in  porticu  theatri  Pompeiani '  egli  ha  copiato  il 
titolo  seguente  {€.  I.  L.  VI,  1193): 

romani  orbis  libertatisque 
custodi  d.  n.  Honorio  Pio  Aug 
atque  invicto  prineipi 
Aur.  Anicius  Symmachus  v.  c. 
praef.  urbi.  iterum.  vice 
sacra  iudicans  devotes 
numini  maiestatiq.  eius 
dieavit 


V 


Dalle  parole  del  Poggio  litterae,  epigrammate  effracto  ge- 
nivm  theatri  a  quodani  praefecto  vrbis  instavratviw  ferunt  mi 
riesce  sommamente  probabile  che  l'epigrafe  fosse  composta  di  due 


MISCEI.LANEA    EPIGRAFICA  258 

righe,  e  che  le  lettere  della  seconda  fossero  tralasciate  dal  Biondo 
per  essere  troppo  danneggiate.  Possiamo  quindi  ricostruire  il  saxura 
litteris  cubitalibus  come  segue 

/GENIVM    .'THEATRI  •   POMPEIANI 

/  PRAEFECT VS  •  VRB1  ■  f ^,    I NSTAVRAVIT 

e  questa  da  V  impressione  di  una  lunga  epigrafe,  forse  di  un  epi- 
stilio  di  cui  sia  conservata  soltanto  Y  ultima  parte. 

A  primo  sguardo  potrebbe  parere  che  la  ragione  principale 
per  la  quäle  lo  Henzen  credette  spuria  1'  iscrizione  la  menzione 
del  genius  theatri  rimanga  serapre  in  vigore  {}).  Anzi  la  fräse  ge- 

NIVM  •  THEATRI  .  .  .    PRAEFECTVS  ■  INSTAVRAVIT    piÜ    Che    del     ÜngUaggiO 

romauo  hanno  il  sentore  di  una  falsificazione  del  rinascimento.  Ma 
la  soluzione  di  questa  difficoltä  e  assai  facile.  Tanto  il  Biondo  quanto 
il  Poggio  hanno  sbagliato  nel  copiare  la  prima  lettera,  la  quäle  non 
era  G,  ma  C.  Ed  invece  di  un  genius,  secondo  me  vi  fu  menzio- 
nato  il  proscenium  del  teatro  di  Pompeo. 

Si  potrebbe  fare  una  obbiezione  relativa  all'  ortografia :  che 
cioe  invece  di  proscenivm.  si  dovrebbe  aspettare  proscaenivm.  Ma 
tale  obbiezione  sarebbe  fondata  soltanto  se  si  trattasse  di  una  epi- 
grafe dei  tempi  buoni.  II  teatro  di  Pompeo  perö  fu  ristaurato  in 
gran  parte  sul  principio  del  secolo  quinto.  L'  anonimo  Einsidlense 
vide  ancora  nel  posto  una  iscrizione  monumentale  cosi  concepita 
{CIL.  VI,  1191): 

d.  nn.  Arcadius  et  Honorius  invicti  et 
perpetui  Augg.  theatrum  Pompei  collapso 
exteriore  ambitu  magna  etiam  ex  parte 
interiore  ruente  convulsum  ruderibus 
subductis  et  excitatis  invicew  fabricis 
novis    restituerunt 

Questa  e  proprio  contemporanea  alla  base  dedicata  dal  pre- 
fetto  Aurelio  Anicio  Simmaco,  la  quäle  fu  trovata  insierae  coli'  iscri- 
zione riferita  dal  Poggio  e  dal  Biondo:   ed  al   medesimo  gruppo 

(l)  Sebbene  anche  nell'  iscrizione  certamente  genuina  di  Capua  C.  I.  L. 
X,  3821,  della  quäle  mi  ricordd  il  eh.  dott.  V'aglieri,  abbiamo  una  dedica  fatta 
Genio  theatri  da  un  redemptor  theatri. 


254  CH.    HUELSEN 

apparterrä  una  quarta  epigrafe  conservata  dal  solo  codice  Ciriacano 
f.  100,  ma  senza  indicazione  di  luogo  (CIL.  VI,  1719): 

reparatori  rei  publicae  et 

parenti  invictissimo/*jm 

principum  Fl.  Cowtantio 

v.     c.     et  inlustri  comiti  et 

inagistro  utriusq.  müitiae 

patricio  et  tertio  eons  a.  p.  Chr.  419 

ordinario  Aur  .  Anicius 

Symniachus  v  .  c  .  pr  .  urb 

vice  sacra  iudicans  (') 
dedicavit 

Vi  e  intine  im  quinto  frammento,  copiato  e  vero  in  epoca  piü 
moderna,  ma  che  ha  tutta  l'apparenza  di  appartenere  al  mede- 
simo  gruppo,  dico  il  frammento  veduto  da  Pietro  Stefanoni  (circa 
V  anno  1620)  ne'  giponari  (Via  dei  Giubbonari) : 

jRVDERIBVS     OCCVPATVM     ET/ 
IDEFORMI  •   FA/ 

(dallo  Stefanoni  G.  B.  Doni  inscr.  ant.   2,43;  CIL.  VI,   30345). 

Che  questi  ristauri  si  riferissero  anche  al  proscenio  del  tea- 
tro  e  verosimile  per  se :  le  nostre  fonti  storiche  naturalmente  non 
dicono  niente  in  proposito.  Ma  voglio  rilevare  la  curiosa  coincidenza, 
che  1'  unica  menzione  di  tal  proscenio  si  trovi  in  un  documento 
quasi   contemporaneo,    cioe   nella  nona  relazione  di  Siminaco  (2). 

Quindi  sebbene  il  nome  del  prefetto  resti  incerto,  sarä  permesso 
di  proporre  a  mo'  d'esempio  la  seguente  restituzione : 


salvis  dd.  nn.  arcadio  et 
honorio  augg.  scenam  et  pros 

aur.  anicius  symmachus  v  .c 


CENIVM  •  THEATRI   •  POMPEIANI 


PRAEF-VRBI  < vice  Sacra  iudicans  INSTAVRAVIT 


novo  cultusplen- 
didiore  ornatu 

ac  dedicavit 


(')  Del  personaggio  si  veda  Seeck,  prefazione  alle  opere  di  Simraaco, 
p.  LIII,  il  quäle  osserva:  neque  oratoris  filius  neque  nepos  fuisse  potest. 

(2)  Alii  triumphis  suis  haec  dona  servassent,  ut  posita  lauru  novis 
auctoribus  personarent  Pompeiana  proscaenia.  La  relazione  e  diretta  a  Teo- 
dosio  ed  Arcadio,  nell'anno  384  o  385,  secondo  il  Seeck. 


MISCELI.ANEA    EPIGRAKKA  255 

La  situazione  della  scena  e  del  proscenio  del  teatro  Pompeiano 
e  perfettamente  conosciuta :  e  sebbene  non  abbia  trovato  finora  docu- 
raenti  attestanti  1'  esatto  posto  della  casa  di  Angelo  Pontano,  non 
dubito  che  debba  cercarsi  nella  strada  dei  Chiavari,  e  precisamente 
all'  estremitä  nord  presso  S.  Andrea  della  Valle,  '  laddoue  si  va 
alla  'piazza  di  S.  Lorenzo  in  Damaso'.  In  questo  punto  dunque 
la  carta  archeologica  di  Roma  avrä  da  segnare  gli  'scavi  del  1440", 
e  come  frutto  di  essi,  insieme  alle  due  iscrizioni  VI,  1193  e  1719, 
anche  quella  VI*,  55,  la  cui  autenticitä,  insieme  con  la  fede  del 
Biondo,  spero  che  sia  stabilita  da  queste  mie  osservazioni. 

XXV.   lscrizione    riferibile    ai    trofei    di    Mario? 

Che  le  brevi  indicazioni  epigrafiche  date  dal  Poggio  nel 
dialogo  de  varietate  fortunae,  e  finora  tenute  in  poco  conto  dagli 
epigrafisti,  possono  essere  di  qualche  utilitä,  sebbene  i  testi  non 
vi  siano  interamente  riferiti,  spero  di  aver  mostrato  nella  nota 
precedente.  Mi  pare  quindi  non  superfluo  di  richiamare  1'  attenzione 
degli  studiosi  ad  un  altro  passo  della  medesima  opera,  riferibile 
ad  un  insigne  monumento  romano,  sulla  cui  etä  e  denominazione  si 
e  dibattuto  da  lungo  tempo. 

Nel  principio  del  dialogo  (pag.  236  nell'  ediz.  dell'  Urlichs, 
Codex  U.  R.  topogr.),  il  'Poggio  annovera  le  opera  publica  et  pri- 
oata  liberae  quondam  civitatis,  quorum  vestigia  visuntur,  e  sono : 

1)  gli  archi  del  Tabulario  con  1'  iscrizione  di  Catulo  (CIL. 
VI,  1314); 

2)  il  sepolcro  di  Bibulo  (C  VI,  1319); 

3)  il  ponte  Fabricio  (C.  VI,  1305); 

4)  1'  arco  di  Lentulo  e  Crispino  sotto  l'Aventino  (C.  VI, 
1385); 

5)  monumenta  quaedam  prisca,  quae  hodie  Cimbrum  ap- 
pellant ;  templum  ex  manubiis  Cimbricis  a  C.  Mario  factum, 
in  quo  adhuc  eius  trophaea  conspiciuntur ; 

6)  la  piramide  di  C.  Cestio  (C.  VI,  1374). 

Come  si  vede,  di  sei  monumenti,  cinque  sono  insigniti  di  epi- 
grafi  molto  conosciute ;  e  1'  interlocutore  infatti  prosegue  :  in  hoc 
laudo  curam  et  diligentiam  tuam,  Poggi,  qui  ista  tum  publico- 
rum  tum  privatorum  operum  epigrammata  intra  urbem  et  foris 


256  CH.    HI/ELSEN 

quoque  multis  in  locis  conquisita  atque  in  parvum  volumen  coacta 
litter  aram  studiosis  legendas  tradidisti  (').  Sorge  dunque  spon- 
taneamente  la  quistione,  se  il  Poggio  voglia  accennare  a  qualche 
epigrafe  esistente  al  tenipo  suo  presso  il  'Cimbrum',  dalla  quäle  egli 
rilevasse  che  fosse  monumento  di  una  vittoria  su  barbari  del  Nord. 
In  questa  ricerca  perö  non  dobbiamo  limitarci  alla  piccola  sil- 
loge  epigrafica  Poggiana  contenuta  nei  codici  Vaticano  ed  Ange- 
licano  (v.  CIL.  VI,  praef.  p.  XXVIII-XL),  —  perche  essa,  come 
anche  abbiamo  veduto  piü  sopra,  non  contiene  punto  tutte  le  iscri- 
zioni  conosciute  al  Poggio,  —  ma  bisogna  estenderla  sopra  tutto  il 
materiale  epigrafico  conosciuto  in  quel  tempo.  E  se  ne  la  silloge 
Einsidlense,  ne  la  signoriliana  suppeditano  im'  iscrizione  adatta  per 
il  nostro  scopo,  mi  pare  che  la  troviamo  presso  un  altro  contem- 
poraneo  del  Poggio,  cioe  Francesco  Petrarca.  Egli,  nel  suo  libro 
de  remediis  utriusque  fortunae  (lib.  I,  dial.  CXIII),  parlando  di 
Druso  seniore,  dice  che:  ille  gesserat  quibus  vere  gloriaretur, 
quod  romanis  in  saxis,  primis  aliquot  syllabis  casu  aliquo  deie- 
ctis,  nunc  etiam  sculptvm  viget  hisce  versiculis: 

.  ...  ad  divortia  Rheni 
Pervasi  hostiles  depopulatus  agros 
Dum  tibi  Roma  decus  aeternaque  sudo  tropaea 
Hister  pacatis  lenior  ibit  a/uis. 

L'  indicazione  del  Petrarca  Romanis  in  saxis  e  abbastanza 
vaga :  ma  ch'  egli  vedesse  la  lapide  nella  parte  Orientale  della  cittä. 
diventa  probabile  dal  fatto,  che  una  parte  di  essa  nei  secoli  se- 
guenti  esistesse  presso  il  Laterano.  Circa  il  1470,  Barnabas  Cri- 
stinus  (cod.  Stuttgart,  f.  58 :  cf.  Mommsen  in  questo  bull.  1890. 
p.  85-91)  e  Fra  Giocondo  (cod.  Marc.  f.  212),  nel  1550  il  Pighio, 
nel  1578  Paolo  Melisso  copiarono  '  post  S.  Johannem  in  quadam 

(')  Ne  si  dica  che  il  Poggio,  in  questo  primo  capitolo,  voglia  anno- 
verare  tutti  i  raonumenti  di  etä  repubblicana  a  lui  conosciuti,  siano  o  no  di- 
stinti  con  epigrafi ;  perche  egli  sulla  pagina  seguente  (237  ed.  Urlichs)  de- 
scrive  a  lungo,  p.  es.,  il  !  Templum  Vestae  '  (presso  il  Ponte  Rotto)  ed  il 
Templum  Castoris  et  Pollucis  '  (dinao  di  Venere  e  Roma),  invocando  le 
ombre  di  Crasso,  Ortensio  e  Cicerone  :  anche  questi  sarehbero  monumenti  ane- 
pigrafi  dell'epoca  della  libera  respublica. 


MISCELLANEA   EPIGRAFICA  257 

maceria  '  ovvero  '  post  areara  templi  Laterani  '  la  medesima  la- 
pide  in  questa  guisa: 

/aD    DIVORTIA    RHENI    PERVASI    HOSTILES    DEPOPVLATOR    AGr| 
DVM    TIBI    BELLA    FORIS    AETERNAQVE    SVDO    TROPAEA    HISTER         ~* 

Dalle  copie  dei  Pighio  e  del  Melisso  risulta  inoltre,  che  l'iscri- 
zione  aveva  due  sole  righe,  delle  quali  ognuna  conteneva  un  distico 
intero:  ed  il  Melisso  aggiunge  che  1' epigramma  fu  scritto  grandi- 
bus  omnino  litteris.  Un'  epigrafe  di  queste  dimensioni  si  adatta  a 
stento  ad  una  base,  e  nemmeno  ad  un  arco  trionfale :  ci  vorrebbe 
una  facciata  lunga,  quäle  e  appunto  quella  di  un  ninfeo.  E  la  di- 
stanza  fra  il  Cimbrum  Marii  ed  il  Laterano  e  tanto  breve  (poco 
piü  di  un  chilometro),  che  tra  1'  epoca  del  Petrarca  e  quella  del 
Giocondo  i  marmi  possono  bene  essere  stati  trasportati  per  ser- 
vire  in  qualche  fabbrica  moderna  presso  S.  Giovanni. 

Non  si  poträ  negare  poi,  che  il  contenuto  dell'  iscrizione  ad 
un  letterato  del  trecento  poteva  sembrare  alludere  al  piü  famoso 
vincitore  dei  popoli  nordici,  Gaio  Mario.  Ma  oltracciö  il  ninfeo 
Esquiiino  aveva  portato  giä  da  secoli  il  nome  di  Cimbrum:  cosi 
lo  dicono  non  soltanto  le  Mirabilia  (c.  27),  ma  anche  1'  Ordo  Be- 
nedict canonici  di  1143,  ed  un  documento  del  1176  (presso  Coppi, 
Atti  dell'Acc.  Pontif.  15  p.  226:  u.iam  petiam  vinee  posita  iuxta 
formam  Cimbri  in  regione  III).  E  con  ragione  lo  Jordan  (2,  517, 
518)  conchiude,  che  il  nome  di  Cimbrum  non  e  stato  inventato 
dall'autore  delle  Mirabilia,  ma  da  lui  soltanto  raccolto,  secondo 
una  tradizione  secolare.  E  probabile  anzi  che  questa  falsa  deno- 
minazione  rimonti  tino  all'  ultimo  periodo  dell'  antichitä,  come, 
p.  es.,  il  nome  di  SepuLcrum  Scipionis  alla  piramide  Vaticana  viene 
data  giä  dagli  scoliasti  di  Orazio  del  VII  e  VIII  secolo.  Dai  veri 
trofei  di  Mario,  esistiti  anche  sull'  Esquiiino  ma  caduti  in  obblio  ed 
in  rovina,  in  quell'  epoca  bassa  il  nome  venne  trasferito  al  ninfeo 
dell'  acqua  Julia.  Diventa  quindi  molto  improbabile  che  quest'  ul- 
timo fosse  insignito  di  un'  epigrafe  che  chiaramente  parlasse  delle 
gesta  di  un  imperatore  del  quarto  secolo,  p.  es.,  Valentiniano  e 
Valente. 

Anche  per  questo  riguardo,  le  espressioni  molto  vaghe  del- 
1'  epigramma  rendono  piü  probabile  la  nostra  congettura.  I  filologi 
che  tinora  si  sono  occupati  di  quei  distici  variano  assai  nel  giu- 

18 


258  CH.    HUELSEN 

dizio  sopra  la  loro  etä.  Mentre  il  Petrarca  ed  il  Burmann  (A.  L.  2, 
83)  lo  riferiscono  al  primo  secolo,  a  Druso  o  Germanico,  il  Mommsen 
{CIL.  VI.  1206  nota)  vi  credette  encomiato  Domiziano,  e  recente- 
mente  il  Buecheler  (Anth.  Lat.  895)  per  ragioni  stilistiche  voleva 
abbassare  l'epoca  lino  al  quarto  secolo,  ed  al  regno  di  Valentiniano 
e  Valente.  Disgraziatamente  non  possiamo  decidere  la  questione 
per  ragioni  paleografiche:  il  frammento  veduto  dal  Melisso  nel  1578 
e  scomparso,  ed  invano  ho  cercato,  se  forse  dai  lavori  recenti  presso 
la  basiiica  Lateranense  sia  venuto  fuori  qualche  brano  delle  let- 
lere.  E  vero  che  la  fräse  aetemaque  sudo  tropaea,  per  noi  trova 
un  riscontro  soltanto  presso  Claudiano  (quae  proelia  sudas?;  epi- 
thal.  Honorii  111,  cf.  Birt.  ind.  in  Claudian  p.  586);  raa  del 
resto,  i  versi  non  contengono  niente  che  contraddirebbe  all'  epoca  di 
Domiziano.  E  che  il  Ninfeo  dell'  Esquilino  sia  costruito  proprio  in 
quell'  epoca,  e  cosa  generalmente  accettata :  lo  dimostrano  tanto  lo 
stile  dei  trofei  che  oggi  decorano  la  balaustrata  del  Campidoglio, 
quanto  la  iscrizione  copiata  dal  Cittadini  sofcto  il  plinto  di  uno 
dei  trofei,  quando  essi,  nel  1587,  furono  rimossi  dal  loro  posto 
antico  ('). 

Che  il  nome  di  Domiziano  dopo  la  sua  caduta  e  la  conse- 
guente  damnatio  memoriae  fosse  cancellato  da  tutti  i  monumenti 
pubblici  e  privati,  e  conosciuto  da  tutti :  se  tra  i  monumenti,  di- 
ventati  per  ciö  anonimi,  fu  anche  il  ninfeo  dell'  Esquilino,  tanto 
piü  facilmente  poteva  essere  trasferito  un  nome  falso.  Anche  tolta 
dal  suo  posto  V  epigrafe  principale  col  nome  dell'  imperatore,  vi 
rimaneva  sempre  V  iscrizione  metrica  e  le  sculture,  che  per  i  pri- 
gionieri  raffigurativi,  dimostravano  essere  il  monumento  eretto  per 


(l)  Presso  Martinelli,  Eoraa  ex  ethnica  sacrap.  430;  imp  •  DOM  •  avg  •  I 
ger  •  per  |  CRE(simum?)  UB'ertum).  Nei  lavori  moderni  fu  soltanto  trovato 
un  meschino  frammento  con  lettere  '  di  forma  non  perfetta,  alte  20  cm. ' 

lo    M   AT 

(bull.  com.  1877,  p.  11 ;  CIL.YI  30237).  Che  nell'  ossatura  del  monumento  non 
fu  trovato  un  solo  mattone  con  bollo  (bensi  molti  tegoloni  degli  anni  123  e 
126  nella  völta  dell'  emissario),  lo  attesta  espressamente  il  Lanciani  (acque, 
p.  172):  che  il  bollo  con  il  consolato  del  9  a  Ch.  riferito  dal  Piranesi  siauna 
falsificazione,  e  generalmente  riconosciuto. 


MISCELLANEA   EPIGBAFICA  259 

vittorie  sopra  barbari  nordici.  E  cosi  a  Domiziano  ed  i  Catti  suc- 
cedettero  nell'  immaginazione  doi  terapi  bassi,  Gaio  Mario  con  i 
Cirabri  e  Teutoni. 

So  bene,  che  con  questo  ci  siamo  avanzati  abbastanza  nel 
campo  delle  congetturo:  ma  la  mutua  relazione  fra  i  diversi  ar- 
gomenti  mi  pare  militi  un  poco  in  favore  della  mia  tesi.  In  ogni 
caso  sarei  lieto,  se  qualche  nuova  scoperta  venisse  a  confermare 
o  a  correggere  cid  che  ho  esposto  sopra  quel  monumento  tanto  no- 
tevole  per  la  sua  forma  architettonica,  quanto  enimmatico  per  la 
sua  vera  origine  e  denominazione. 

XXVI.   Di   alcune  iscrizioni  recentemente  trovate 
nel   Foro   Romano. 

Nel  mio  articolo  Die  Regia  (Jahrbuch  des  Instituts  1889, 
p.  228-253),  io  aveva  parlato  delle  iscrizioni  ritrovate  nel  1546 
insieme  con  i  frammenti  dei  fasti  consolari  e  trionfali ;  ed  aveva  ri- 
levato  quanto  importanti  esse  siano  per  stabilire  con  esattezza  il 
luogo  degli  scavi  Farnesiani,  che  portarono  alla  luce  quel  docu- 
mento  storico  singolarissimo.  Io  allora  dovetti  limitarmi  a  discutere 
le  testimonianze  tramandateci  dagli  opigrafisti  del  Cinquecento :  ma 
siccome  gli  scavi  recentissimi  hanno  fornito  nuovi  materiali  anche 
per  queste  quistioni,  non  mi  sembra  inutile  di  ritornarvi  sopra. 

Cinque  sono  le  epigrafi  che  si  dicono  ritrovate  '  eodem  loco  ubi 
saoca  consulum ',  'nel  medesimo  edifitio  '  con  i  fasti  (v.  Jahrbuch 
1.  c.  p.  231):  di  tre  di  esse,  cioe  le  colonnette  con  i  nomina  le- 
gionum  (CLL.  VI,  3492  ab),  e  1'  iscrizione  dicata  nel  729/25  a.  C. 
all'  imperatore  Augusto  dal  Senato  e  popolo  romano  (CLL.  VI,  873), 
non  occorre  parlare  qui.  Piü  importante  e  la  terza,  che  viene  rife- 
rita  dal  Manuzio,  dal  Panvinio  e  dal  Ligorio  nel  modo  seguente : 

RINC  .  . .  IVVENTVTIS.  A  . . . 

QVEM  •  COS  •  POPVLVS  •  CREAVIT 

A  N  N  •  N  AT  •  X 1 1 1 
.  .  NATVS  •  ET  •  POPVLVS  •  ROMANVS 

Che  essa  si  riferisca  a  Lucio  Cesare,  lo  riconobbe  il  Mommsen 
(C  L  L.  VI,  900);  e  negli  addenda  al  vol.  VI  n.  31272,  io  espressi 


260  CH.    HUELSEN 

la  congettura,  che  vi  si  debba  congiungere  un  frammento  copiato 
da  me  nel  1893  fra  un  mucchio  di  sassi  dinanzi  al  tempio  di  Ce- 
sare.  Questo  frammento  (a)  rappresenta  V  angolo  superiore  sinistro 
di  un  grande  masso  quadrato  di  marmo,  e  porta  incisi  con  belli 
caratteri,  le  sole  lettere: 

L-CAEj- 

E  questa  congettura  vien  confermata  dall'essersi  trovato  negli  scavi 
recenti,  presso  S.  Cosma  e  Damiano,  un  altro  pezzo  (b)  di  base,  nel 
quäle  e  scritto  con  caratteri  perfettamente  identici: 


Queste  senza  dubbio  fanno  parte  del  titolo  di  Lucio  Cesare  trovato 
nel  1546;  e  ne  completano  il  principio  in  questo  modo: 


a 


CAE/    sa  JRI  \    aug.  f.  divi  n 


p/RTN"^I  P  I  •)  IVVENTVTIS  A)  ug. 


Come  si  vede,  nei  pezzi  recenti  non  vi  e  nemmeno  una  sola  let- 
tera  (poiche  della  C  di  principi  sul  frammento  nuovo  vi  e  soltanto 
una  piccola  traccia,  nell'  altro  sasso  ora  perduto  sarä  stata  la  parte 
maggiore  copiata  per  lettera  intera  dagli  autori  del  Cinquecento), 
che  ricorra  sulla  lapide  scavata  nel  1546:  e  sarebbe  un  caso  stra- 
nissimo,  se  appartenessero  a  due  iscrizioni  diverse. 

Ma  ciö  che  toglie  ogni  dubbio  intorno  a  questa  congettura,  e 
l'esistenza  di  un  titolo  compaguo  dedicato  a  Gaio  Cesare  e  ritro- 
vato  nelle  medesime  vicinanze.  fi  un  masso  quadrato  di  marmo  alto 
m.  0,60,  largo  m.  0,63,  profondo  m.  0,70,  rotto  da  destra  e  da  dietro, 
ma  di  modo  che  poco  vi  manchi.  La  parte  superiore  fu  trovata 
giä  nel  1872  presso  1' angolo  nord-est  della  basilica  Giulia  (Brizio 
Bull,  dell'  Ist.  1872  p.  229;  Jordan  Fph.  epigr.  III  p.  283  n.  59; 
C.  1.  L.  VI,  3748),   mente  la  parte  inferiore  fu  scavata  recente- 


MISCKLLANEA   EPIGRAKICA.  261 

raente  nella  sacra  via,  fra  il  tempio  di  Paustina  e  quello  di  Ro- 
molo.  Spetta  al  Gatti  il  merilo  di  averli  riuniti  e  suppliti: 

tf/AE SARI  .  A v)  g.  f.  divi  n 
PRINCIPI-  \fuuentutis 
i  cos.  des. 
seri&TVS    E7\(fOPV\lus  romanus 


hi  (X 
annos  natus 


mum 
os.  creatus  est 


Le  lottere  sono  belle  e  perfettamento  conformi  a  quelle  della  epi- 
grafe  di  Lucio  Cesare:  non  puö  recare  meraviglia  se  sono  un  poco 
piü  grandi  (le  lettere  del  frammento  a,  L  ■  CAE  sono  alte  sei  centi- 
metri,  quelle  AESARI  •  AV  soltaoto  5  l/2),  perche  il  secondo  titolo 
conta  sei  righe,  ed  il  priino  soltanto  cinque. 

L'epoca  dei  titoli  si  puö  rinchiudere  nello  spazio  di  pochi 
anni.  Quello  di  Lucio  e  posteriore  al  752,  nel  quäle  il  giovinetto 
fu  designato  console ;  quello  di  Caio  anteriore  al  754,  nel  quäle 
egli  assunse  il  consolato  e  depose  quindi  il  titolo  di  princeps  iu- 
ventutis  (v.  Mommsen  Res  gestae  Divi  Augusti  (')  p.  52.  53). 
Essendo  poi  ambedue  di  argomento  e  di  forma  cosi  uguale,  facil- 
mente  supporremo  che  siano  posti  contemporaneamente,  cioe  nel- 
l'anno  752  o  753.  Che  non  siano  semplici  basi  per  statue,  risulta  dal 
fatto  che  sono  prive  di  ogni  sagoma  o  profilo:  ma  a  quäle  edifizio 
appartennessero,  non  saprei  dirlo.  II  piü  probabile  mi  sembra  che 
fossero  poste  in  un  edicola,  forse  lungo  la  sacra  via,  sotto  il  fianco 
del  tempio  del  Divo  Giulio,  dinanzi  al  tempio  dei  Castori  e  l'Arco 
di  Augusto(2). 


(l)  II  Gatti  ha  giustamente  riconosciuto  che  i  due  pezzi  a  e  b  appar- 
tengono  insieme:  ma  se  egli  ha  voluto  comporlo  con  un  frammento  giä  esi- 
stito  nella  raccolta  dell' antiquario  Guidi  e  pubblicato  CLL.  VI  901  (..au- 
f/usti  |  . .  uventuti  |  . .  guri),  questa  congettura,  ingegnosa  per  se,  viene  rifiutata 
dall'esame  del  pezzo  originale.  La  lapide  Guidiana  si  trova  nei  magazzini  del 
Museo  delle  Terme:  non  e  di  una  base,  ma  di  una  grossa  lastra,  anche  le 
diverse  misure  delle  lettere  dimostrano  che  non  puö  appartenere  ai  frammenti 
del  Foro. 

(*)  La  base  G.  VI,  875  fu,  secondo  lo  Smetio  ed  il  Pighio  '  longa  ped.  9, 


262  CH.    HÜELSEN 

Un  supplemento  interessante  si  aggiunge  pure  al  titolo  men- 
zionato  sotto  il  n.  4  nello  Jahrbuch  1.  c.  Dal  Manuzio  (Vat.  5241 
p.  52  e  357)  e  dal  Panvinio  (Vat.  6035  f.  43,  fasti  ad  a.  748) 
viene  riferito  immediatamente  dopo  1'  iscrizione  di  Lucio  un  fram- 

inento :    . .  HONOREM  •  DOMVS  •  AVGVSTAE  ■  KALAT Nel 

CLL.  VI,  esso  si  trova  nascosto  tra  la  varia  leclio  al  n.  900.  Ma 
che  si  tratti  di  un  titolo  affatto  diverso,  come  io  aveva  sostenuto 
nello  Jahrbuch  1.  c,  vien  confermato  dall'essersi  trovato  ultima- 
mente  1'  altra  nietä  del  medesimo,  cioe  un  bei  pezzo  d'  epistilio  lungo 
m.  1,80,  con  lettere  perfettissime  alte  m.  0,06,  il  quäle  si  ricon- 
giunge  coli'  altro  in  questa  guisa : 

I  )  * 

»'«HONOREM  ■  DOMVS  '  AVGVSTAE  ■  KALAT  ORES    PONTIFICVM  ■  ET  ■  FLAMINVM 

Essendo  la  lunghezza  complessiva  di  c.  metri  3,40,  abbiamo  da 
fare  non  con  una  porta  semplice,  ma  una  grande  apertura  larga 
tre  metri  (dteci  piedi  romani)  che  con  somma  probabilitä  si  poträ 
spiegare  come  ingresso  alla  schola  kalatorum  pontißcum  et  fla- 
minum.  Dunque  in  modo  simile  come  presso  Yaerarium  Saturni 
esisteva  la  schola  scribarum  librariorum  et  praeconum  aedilium 
curulium  (la  cosidetta  schola  Xantha),  cosi  presso  la  Regia,  il 
locale  uffiziale  del  Pontefice  Massimo,  avevano  la  loro  schola  i  su- 
balterni  dei  grandi  sacerdozi.  E  giustamente  metteremo  in  relazione 
con  questo  i  frammenti  di  una  dedica  fatta  appunto  dai  kalalorcs 
pontißcum  et  fiaminum,  all'  imperatore  Traiano  (C.  I.  Jj.  VI,  2184: 
cf.  Jahrbuch  a.  a.  0.  p.  232;  Bull,  comun.  1899  p.  146),  che  souo 
stati  trovati,  parte  nel  secolo  XVI,  parte  nel  XVIII,  sul  Foro  Romano. 

L'  importanza  speciale  perö  consiste  in  questo,  che  il  nuovo 
pezzo  b  conferma  la  localitä  degli  scavi  Farnesiani  nel  1546.  Si 
vede,  che  quello  scavo  che  portö  alla  luce  i  fasti,  si  e  arrestato 


lata  3,  spissa  2 '.  Se  fosse  lecito  prendere  qui  spissa  nel  senso  dell'  altezza, 
le  misure  si  adatterebbero  bene  a  quelle  di  Gaio  e  Lucio.  [Dopo  composta 
questa  nota,  e  stata  trovata  fra  gli  avanzi  della  stessa  Basilica  Aemilia,  l'iscri- 
zione  mouumentale  in  caratteri  cubitali:  L.  Caesari  Aug[u\sti  ffilio)  divi  n(e- 
poti),  principi  iuventutis  cofnjsuli  desig(nato)  cum  esset  ann.  nat.  XIII1,  au- 
g(uri),  senatus.  {Bull,  comun.  1899  p.  141):  non  posso  perö,  per  ora,  discutere 
se  esiste  una  relazione  fra  qgsa  e  le  dne  epigrafi  di  cui  abbiamo  ragionato.] 


MISCELI.ANKA    EPIGRAKICA  263 

a  quel  piano  incirca,  che  fino  ai  tempi  recentissimi  fu  il  suolo  del 
Foro  Romano.  In  questa  altezza  deve  essere  stato  trovato  il  pezzo  a 
ora  scomparso :  il  muro  di  epoca  tarda,  nel  quäle  fu  incastrato  il 
pezzo  b  si  trova  ad  una  profonditä  piü  grande  di  quasi  un  metro, 
e  quindi  non  fu  attinto  dagli  scavi  del  1546,  per  ritornare  alla 
luce  soltanto  trecentocinquanta  anni  piü  tardi. 

(Sara  continuato) 

Ch.  Hüelsen. 


VITELLIÜS 

(Taf.  IX). 


Auf  Tafel  ist,  ich  will  nicht  sagen  das  beste,  aber  gewiss  eines 
der  besten  Bildnisse  des  Vitellius  abgebildet,  von  zweifelloser 
Echtheit  und  schon  dadurch,  bei  der  Verdächtigkeit  der  meisten 
andern  Bilder  dieses  Kaisers,  von  Bedeutung.  Ausgegraben  bald 
nach  1870  auf  dem  Gebiet  der  Diocletiansthermen,  lagen  Kopf  und 
Büste  noch  getrennt  und  ungereinigt  in  einem  Keller,  als  der  Bild- 
hauer Fritz  Schultze  sie  zuerst  sah.  Er  erwarb  und  reinigte 
beide  Theile  und  fügte  sie  wieder  zusammen. 

Der  Marmor  ist  lunensischer,  wie  ich  von  F.  Schultze  lerne, 
von  der  minder  harten  Sorte,  nach  dem  Bruch  Detuglia  benannt.  Ein- 
zelne härtere  Striche  durchziehen  die  Masse:  ein  solcher  ist,  an 
hellerer  Farbe  kenntlich,  an  der  linken  Wange  unseres  Kopfes 
sichtbar.  Die  Arbeit  ist  sehr  gut  und  der  Eindruck  einer  zarten 
weichen  Behandlung  des  Fleisches  ist  wohl  noch  ein  wenig  gestei- 
gert durch  die  Zeit  und  die  Einwirkung  der  Erde :  die  Oberfläche 
erscheint  wie  leise  verwischt  und  bekommt  dadurch  etwas  was  man 
wohl  sfumato  nennen  könnte.  Die  Erhaltung  ist  sonst  vorzüglich: 
nur  das  Haar  an  der  1.  Schläfe,  die  1.  Braue,  die  Unterlippe  haben 
kleine  Bestossungen  erfahren ;  die  stärkste  —  von  einem  Ausbruch 
an  der  Büste  hinten  links  abgesehn  —  hat  den  Rand  der  r.  Ohr- 
muschel fortgenommen.  An  der  Nase  ist  die  Verreibung  am  stärk- 
steh gewesen,  und  doch  ist  auch  sie  im  Wesentlichen  intakt. 

Eine  geringe  Ueberarbeitung  hat  der  Kopf  allerdings  erfahren, 
aber  nur  an  einzelnen  Partien  des  Haares.  Darauf  hat  mich 
F.  Schultze  selbst  aufmerksam  gemacht,  und  ich  habe  die  Spuren 
dieser  Uebergehung  mit  dem  Zahneisen  genau  geprüft.  Diese  Ue- 
bergehung  ist  zweifellos  antik,  und  ich  habe  eine  Zeitlang  ge- 
schwankt, ob  sie  nicht  von  der  ersten  Hand  herrühre,  weil  sie  stel- 


E.   PETERSEN,   VITELLIUS  265 

lenweise,  namentlich  an  der  linken  Schläfe,  so  gut  und  sorgfältig 
sich  der  ersten  Ausführung  mit  Bohrer  und  Meissel  anpasst.  Denn 


um  die  Spitzen,  in  welchen  die  einzelnen,  hier  in  etwas  stärkerer 
Masse  und  Lockerung  sich  hebenden  Haarsträhnen  enden,  zu  son- 


266  E.    PETERSEN 

dein,  ist  zuerst  mit  dem  Bohrer  hineingegangen,  doch  ohne  dass 
dessen  Wirkung  so  sichtbar  gelassen  wäre,  wie  man  es  hundert  Jahre 
später  zu  thun  liebte.  In  dieser  ganzen  Haarpartie  hat  unser  Kopf 
die  grösste  Aehnlichkeit  mit  dem  grossartigen  Neapler  Caesar  (l). 
Aber  während  dieser  letztere  in  der  scharfen,  präcisen  Ausführung 
nicht  bloss  von  Kopf-  und  Brauenhaar,  sondern  auch  des  Gesichtes 
den  Eindruck  von  Bronzearbeit  macht,  zeigt  der  Vitellius  Mar- 
morstil. Das  wenig  gekräuselte  und  am  ganzen  Hinterkopf  in  sehr 
schwachem  Relief  gehaltene  Haar  nun  ist  an  manchen  Stellen, 
nachdem  es  mit  dem  Meissel  —  mit  dem  Bohrer  nur  in  jenen 
Schläfenpartien  —  gezeichnet  und  in  kleine  Löckchen  gelegt  wor- 
den, noch  mit  einem  Zahneisen  gleichsam  gekämmt.  Diese  feine 
Strähnung  ist  aber  ungleichmässig :  an  der  linken  Kopfseite  ist  sie 
auch  weiter  vorn,  um  die  Schläfe  sichtbar,  an  der  andern  nicht ; 
auch  hinten  nicht  überall  gleich,  am  auffälligsten  im  Nacken  und 
hinter  dem  rechten  Ohr,  und  hier  stellenweise  nicht  in  Ueberein- 
stimmung  mit  und  Anpassung  an  die  erste  Zertheilung  und  Zeich- 
nung der  Haare,  sondern  über  die  Haarbüschel  wie  über  die  sie 
sondernden  Furchen  weggehend,  wie  es  scheint,  zum  Ersatz  für 
Beschädigung  des  Haarreliefs.  Fände  man  Bedenken  solche  jeden- 
falls nur  geringfügige  Beschädigung  anzunehmen,  so  wäre  vielleicht 
eine  andre  Möglichkeit  denkbar,  dass  nämlich  der  Künstler  der 
den  Kopf  gemacht,  die  Arbeit  an  der  Rückseite  nicht  zu  Ende  ge- 
führt, und  dann  eine  andre  Hand  in  ihrer  Weise  die  Sache  abge- 
schlossen hätte.  Wahrscheinlicher  aber  ist,  dass  eine  noch  spätere 
Hand  im  Spiele  ist. 

Jedenfalls  nämlich  ist  die  Verbindung  des  Kopfes  mit  dieser 
Büste,  ob  sie  gleich  aus  demselben  Marmor  gearbeitet  ist,  das 
Werk  einer  späteren  Zeit.  Denn  vor  Hadrian  ist  eine  Büste  dieser 
Form,  die  nicht  nur  die  ganze  Brust,  sondern  mit  den  Schultern 
auch  ein  Stück  der  Oberarme  einbegreift,  nicht  denkbar.  In  diese 
Büste  ist  der  Kopf  eingelassen,  so  genau  hineinpassend,  als  ob  sie 
für  ihn  gemacht  wäre:  nur  eine  schmale  Fuge,  jetzt  mit  Gips  ge- 
füllt, läuft  innen  am  Rand  des  Panzers  um.  Denn,  mit  dem  Palu- 
damentum  bekleidet,  soll  die  Büste  Vitellius  offenbar  als  Imperator 
darstellen.   Unter  dem   Mantel  kommt  vorn  der  Panzerrand  und 

(i)  Bernoulli  Rom.  Ikonogr.  I  Taf.  XUI,  Baumeister  Denkm.  S.  678. 


VITELLIUS  267 

unter  diesem  die  Tunica  zum  Vorschein.  Was  den  rechten  Ober- 
arm umgiebt,  sollen  offenbar  die  Schulterstreifen  des  Panzers  sein ; 
doch  sind  dieselben  nicht  genauer  ausgeführt.  Als  man  der  Kopf 
also  nach  nicht  viel  weniger  als  einem  Jahrhundert  auf  diese  Büste 
setzte,  da  wird  vermuthlich  auch  jene  Ueberarbeitung  der  Haares 
stattgefunden  haben. 

Dieser  Kopf  des  Vitellius  zeigt  im  Wesentlichen  dieselbe  Be- 
wegung wie  die  zwei  von  Bernoulli  abgebildeten;  Taf.  V  der  von 
Venedig  und  Taf.  VI  der  Wiener,  von  denen  jedenfalls  der  letztere 
ebenso  wie  der  Schultzesche  zum  Einlassen  in  eine  Büste  hergerichtet 
ist.  Alle  drei  sind  etwas  nach  rechts  gewandt  und  dabei  nach  dieser 
Seite  hängend.  Bernoulli  findet  den  Wiener  '  etwas  abwärts  geneigt, 
während  sonst  eher  das  Gegentheil  stattfindet '.  Ohne  anders  als 
nach  Bernoulli's  Abbildung  urtheilen  zu  können,  bezweifle  ich  doch 
diese  Verschiedenheit  bei  sonst  so  weit  gehender  Uebereinstimmung 
in  allen  Hauptzügen.  Vermuthlich  ist  es  nur  Bernoulli's  Photo- 
graphie die  dieser  Eindruck  macht,  weil  die  Aufnahme  von  zu  ho- 
hem Standpunkt  gemacht  ist,  mit  so  scharfem  Licht  von  oben  und 
den  tiefen  Schatten  unter  dem  Kinn.  Ich  meine  von  dem  Schultze- 
schen Kopf  die  gleiche  Ansicht  haben  gewinnen  zu  können.  Auch 
zeigt  die  fleischige  Masse  des  Unterkinns  am  Wiener  Kopf  keine 
stärkere  Zusammendrückung  als  an  dem  römischen ;  eben  sie  dürfte 
aucn  der  Grund  sein,  dass  das  vom  Irdischen  beschwerte  Haupt 
nicht  nach  vorn  sondern  zur  Seite  sich  neigt.  Eben  das  schlaffe, 
durch  Völlerei  aller  Energie  beraubte  Wesen  ist  in  dem  neuen  Vi- 
tellius noch  besser  zum  Ausdruck  gekommen  als  in  dem  Wiener, 
obgleich  die  Verwandtschaft  beider  Bildnisse  in  die  Augen  springend 
ist:  ausser  der,  wie  gesagt,  gleichen  Haltung,  dieselbe  oder  wenig- 
ste^ ähnliche  Lockerung  des  sonst  mehr  flachen  Haares  in  den 
Schläfen,  dasselbe  Stirnbüschel,  dieselben  Stirnfalten,  derselbe  ge- 
schlossene links  etwas  herabgezogene  Mund ;  dass  das  Gesicht  am 
Wiener  Kopf  schmäler,  die  Nase  länger  erscheint,  ist  wohl  wieder 
durch  die  Aufnahme  bedingt  (*). 

(})  Auch  die  andern  Köpfe,  welche  ich  im  Original  (Bernoulli  1  Capitol. 
2  ebda,  4  Altemps,  5  Barberini,  oder  in  Abbildung  (7  Torlonia,  8  Uffizien, 
11  und  12  Mantua,  —  auch  Labus  LIV  1  scheint  ein  Vitellius  zu  sein  — , 
19  und  20  Louvre  und  Berlin)  habe  vergleichen  können,  stimmen  in  der  Be- 
wegung überein  und  hängen  alle  von    einem  Originale  oder  Originalen  der- 


268  E   PETERSEN,   VITELLIUS 

Beide  Köpfe  lassen  auch  in  gleicher  Weise  die  Uebereinstim- 
mung  mit  den  Münzbildern  vermissen  oder  wenigstens  nicht  so  gross 
erscheinen,  wie  sie  bei  Kaiserbildnissen  der  ersten  Jahrhunderte 
die  Regel  ist.  Und  doch  kann  nicht  wohl  gezweifelt  werden,  dass  die 
Marmorporträts  wirklich  Vitellius  darstellen  :  die  Stirnlinie,  die 
Krümmung  der  Nase,  der  dicke  Hals  mit  den  Falten  um  den  Mund 
und  das  Doppelkinn  sind  immer  noch  genügend  das  zu  beweisen: 
es  ist  aber  das  Gesicht  des  Vitellius  ein  solches  dass  es  seine  Wir- 
kung besser  in  der  Vorderansicht  thut,  wie  andre  grade  in  der  Sei- 
tenansicht vorzugsweise  zur  Geltung  kommen. 

Eine  Eigenthümlichkeit  bemerke  ich  nur  an  dem  Schultze- 
schen Vitelliuskopf,  dass  nämlich  links  die  Unter-,  rechts  die  Ober- 
lippe ein  wenig  vortritt.  In  unserer  Tafelabbildung,  wo  die  linke  Seite 
heller  beleuchtet  ist,  leicht  einseitig  wahrgenommen,  verleiht  das 
dem  Gesicht  einen  gewissen  Ausdruck  von  Verachtung.  Fasst  man 
aber  im  Textbild  beide  Seiten  ins  Auge,  so  möchte  man  darin  fast 
den  Nachklang  einer  Mundbewegung  des  Schmausenden  erkennen. 

E.  Petersen. 


selben  Art  wie  die  oben  genannten  ab.  Ihr  moderner  Ursprung  giebt  sich,  so- 
weit ich  gesehen,  durch  reichere  Fülle  und  stärkere  und  zwar  dem  Stile  jener 
Zeit  nicht  gemässe  Kräuselung  des  Haares,  ganz  besonders  aber  durch  Verän- 
derung das  physiognomischen  Ausdrucks  zu  erkennen,  indem  der  Blick  leb- 
hafter (namentlich  durch  Einarbeitung  in  den  Pupillen),  und  der  geschlossene 
Mund  mehr  Festigkeit  des  Willens  als  Uebersättigung  auszusprechen  scheint. 
Durch  etwas  stärkere  Hebung  des  Kopfes,  und  ganz  in  die  linken  Augenwinkel 
gedrehte  Pupillen  mit  runden  Eintiefungen  ist  der  Barberinische  Kopf  n.  5 
ganz  besonders  auffällig.  Jene  Merkmale  modernen  Ursprungs  hat  auch  der 
Capitolinische  Kopf  n.  1. 

[Nach  gütiger  Mittheilung  von  R.  v.  Schneider  hält  auch  der  Wiener 
Vitellius  den  Kopf  nicht '  abwärts  geneigt ',  '  da  er  ihn  vielmehr  etwas  zurück- 
zieht \  Er  dürfte  also  eher  noch  mit  dem  Barberinischen  als  mit  dem  Schultze- 
schen übereinstimmen,  ausser  im  Blick,  da  der  Wiener  '  aus  weitgeöffneten 
Augen  den  Blick  etwas  noch  unten  lichtet.  Ohne  Zweifel  fühlt  sich  der  Schlem- 
mer bei  wohlbesetztem  Mahle  erhoben  und  erhaben  '  R.  v.  Schneider  kann 
auch  diesen  Kopf  nicht  für  antik  halten,  und  nach  dem  Mitgetheilten  dürfte 
man  geneigt  sein,  ihm  beizustimmen]. 


DIE  ADOPTION  HADRIANS. 


Man  ist  im  Altertum  sowol  als  in  der  Neuzeit  verschiedener 
Meinung  darüber  gewesen,  ob  Traian  selbst  auf  dem  Krankenbette 
in  Selinus  den  Hadrian  zum  Adoptivsohn  und  Nachfolger  erklärte 
oder  ob  die  Designierung  Hadrians  unmittelbar  nach  Traians  Tode 
durch  ein  trügerisches  Gaukelspiel  der  Kaiserin  Plotina  zustande- 
gebracht wurde.  Vor  kurzer  Zeit  ist  Hermann  Dessau  dem  Problem 
wiederum  näher  getreten  und  hat  es  in  dem  Sinne  zu  lösen  ver- 
sucht, dass  Hadrians  Thronbesteigung  Plotinas  Werk  gewesen  sei  ('). 
Zu  meinem  Bedauern  kann  ich  jedoch  den  Ausführungen  des  aus- 
gezeichneten Forschers  nicht  beipflichten. 

Von  den  beiden  Autoren,  deren  Darstellung  der  Vorgänge  in 
Selinus,  wenn  auch  nur  im  Auszuge,  erhalten  ist,  leugnet  Cassius 
Dio  den  Excerpten  des  Xiphilinus  und  Zonaras  zufolge  die  Adoption 
Hadrians  durch  Traian  ganz  entschieden  (2).  Er  beruft  sich  hiefür  auf 
das  Zeugnis  seines  Vaters  Cassius  Apronianus,  der  Statthalter  von 
Kilikien  gewesen  war.  Aber  Apronianus  war  ungefähr  60  Jahre 
nach  Traians  Tode  Legat  dieser  Provinz  (3) ;  unmöglich  konnte  er 
zu  dieser  Zeit  auch  in  Selinus  selbst  authentische  Nachrichten  über 
die  Ereignisse  beim  Tode  Traians  erfahren;  unmöglich  können  wir 

(')  «  Die  Vorgänge  bei  der  Thronbesteigung  Hadrians  ».  Festschrift  für 
Heinrich  Kiepert,  Berlin  1898  S.  85  ff. 

(*)  'AÖQiavog  di  vno  [xkf  Tgaiavov  ovx  ioe7ioii}9t]  (LXIX  1,1)  vgl.  Zo- 
nar.  XI  23. 

(3)  Vgl.  Klebs  Prosopogr.  I  312  n.  413 ;  Pauly-Wissowa  R.  E.  III  1681 
n.  27.  Zu  dem  dort  Bemerkten  habe  ich  nachzutragen,  dass  in  der  Inschrift 
C.I.  L.  XIV  4089,  26  =  XV  2164  (Ostia)  wol  gleichfalls  der  Vater  Dios  ge- 
nannt ist,  dass  derselbe  demnach  mit  vollständigem  Namen  M.  Cassius  Apro- 
nianus hiess.  Da  in  dieser  Periode  der  Kaiserzeit  die  Praenomina  vom  Vater 
auf  den  Sohn  vererben,  wird  dadurch  die  Vermutung  nahegelegt,  dass  auch 
Dio  selbst  den  Vornamen  Marcus  führte. 


270  E.    GROAG 

das  Geschwätz  der  Provinzler,  die  in  den  Vorgängen  am  Hofe  gerne 
Geheimnisse  suchten,  als  historische  Quelle  benützen. 

Dio  sieht  ferner  einen  Beweis  gegen  die  Adoption  darin,  dass 
Hadrian  von  Traian  keine  ausserordentliche  Auszeichnung  empfieng 
und  nicht  Consul  Ordinarius  wurde.  Der  Grund  mag  in  der  streng 
loyalen  Politik  des  ■  besten  Kaisers  ■  liegen,  mit  der  die  ungewöhn- 
liche Ehrung  selbst  des  Mannes,  dessen  Adoption  er  im  Auge  hatte, 
nicht  vereinbar  war.  Der  Einzige,  in  dem  die  öffentliche  Meinung 
einen  Rivalen  Hadrians  bezüglich  der  Thronfolge  zu  sehen  glaubte, 
—  Neratius  Priscus  (4)  —  hat  unseres  Wissens  ebensowenig  wie  Ha- 
drian eine  ausserordentliche  Auszeichnung  empfangen.  Uebrigens  ist 
Dios  Bemerkung  bezüglich  des  Consulates  nur  teilweise  richtig ;  denn 
im  Jahre  118  sollte  Hadrian  seinen  zweiten  Consulat  als  Jahres- 
consul  antreten  (5). 

Endlich  führt  Dio  noch  als  Grund  für  seine  Meinung  an,  dass 
das  auf  die  Adoption  bezügliche  Schreiben  an  den  Senat  Plotinas 
Unterschrift  trug:  die  Krankheit  des  Kaisers  giebt  uns  hiefür  die 
ausreichende  Erklärung. 

Der  andere  Historiker,  Marius  Maximus,  dessen  Bericht  in  der 
Bearbeitung  der  historia  August a  vorliegt  (6)  und  zum  Teile  wol 
auf  Hadrians  eigene  Aufzeichnungen  (7)  zurückgeht,  hat  die  Ansicht 
vertreten,  dass  Traian  die  Adoption  Hadrians  beschlossen  hätte ; 
dies  geht  aus  dem  Tenor  der  Erzählung  hervor  (8).  Doch  auch  ge- 
genteilige Gerüchte  werden  nicht  verschwiegen  (9) :  dass  Traian  nicht 
Hadrian  sondern  Neratius  Priscus  zur  Adoption  ausersehen  habe  (,0); 


(4)  Vgl.  über  ihn  Dessau  Prosop.  II  402,  n.  46 ;  Ritterling  Arch.  epigr. 
Mitth.,  XX,  1897,  14  ff. 

(5)  Hist.  Aug.  vit.  Hadr.  4,  4  (der  Ausdruck  facere  findet  sich  auch  sonst 
für  kaiserliche  Commendation  beim  Consulat,  vgl.  Mommsen  St.  K.  II3  925,  2 ; 
wahrscheinlich  erfolgte  die  Designation  Hadrians  im  Frühjahr  111,  vgl.  Momm- 
sen P  586  f.). 

(6)  Vit.  Hadr.  1-4;  Marius  Maximus  wird  2,  10  citiert. 
O  Vgl.  vit,  1,  1.  3,  3.  5. 

(8)  Vgl.  fuit . .  in  amore  Traiani  (2,  7);  ad  spem  successionis  erectus 
est  (3,  7) ;  a  Sura  comperit  adoptandum  se  a  Traiano  esse  (3,  10) ;  defuncto 
quidem  Sura  Traiani  ei  familiaritas  crebuit  (3,  11);  in  adoptionis  spon- 
sionem  venit  (4,  3);  totam  praesumptionem  adoptionis  emeruit  (4,  4). 

(9)  Vit.  4,  8-10. 

(io)  Neratius  kann  nur  um  Weniges  jünger  als  Traian  gewesen  sein. 


DIE   ADOPTION   HADRIANS  271 

dass  er  die  Wahl  des  Nachfolgers  dem  Senate  überlassen  wollte; 
endlich  dass  die  Erklärung  der  Adoption  nach  dem  Tode  Traians 
durch  eine  von  Plotina  unterschobene  Person  erfolgte,  die  mit  er- 
löschender Stimme  für  den  todten  Kaiser  sprach  (").  Schon  hat  der 
Hofklatsch  die  Gewandung  einer  Serailgoschichte  angenommen. 

Einen  neuen  Grund  hat  Dessau  beigebracht.  Er  weist  darauf 
hin,  dass  der  Lictor  proximus  des  Traian,  Ulpius  Phädimus,  ob- 
wol  ein  noch  junger  Mann,  wenige  Tage  nach  seinem  Herren  in 
Selinus  starb,  und  dass  die  Asche  des  Lictors  erst  13  Jahre  später 
durch  einen  Freund  nach  Rom  geschafft  wurde  (,2).  Dessau  schliesst 
daraus,  dass  «  Phädimus  eines  nicht  natürlichen  Todes  gestorben 
sei,  und  dass  sein  Tod  zusammenhänge  mit  den  geheimnisvollen 
Vorgängen  am  Todtenbette  Traians,  von  denen  das  Gerücht  zu  be- 
richten gewusst  hatte » (13). 

Aber  welchen  Zweck  konnte  es  für  Plotina  haben,  gerade  den 
Lictor  proximus  kurze  Zeit  nach  dem  Tode  ihres  Gatten  aus  der 
Welt  zu  schaffen?  Der  Lictor  proximus  begleitete  den  Kaiser,  wenn 
dieser  öffentlich  erschien;  am  Krankenbett  des  Imperators  war  er  über- 
flüssig. Da  gab  es  Hofbedienstete,  die  weit  mehr  um  die  Person  des 
Herrschers  beschäftigt  waren  und  über  Vorgänge,  die  sich  am  Kran- 
kenlager abspielten,  genauer  Bescheid  wissen  mussten :  wenn  man 
Phädimus  tödtete,  hätte  man  auch  Aerzte  und  Kammerdiener  (H) 

(u)  Vit.  4,  10;  auf  ähnliche  Tradition  gehen  Vict.,  Caes.  13,  13  (abwei- 
chend 13,  11)  und  Eutrop.  10,  6  zurück. 

(>2)  Grabschrift  des  Phädimus  C.  I.  L.  VI  1381  =  Dessau  Inscr.  Lat. 
sei.  1792.  Phädimus  wird  darin  bezeichnet  als  « divi  Traiani  Aug.a  potione 
item  a  laguna  et  Iricliniarch(a),  lictor  proximus  et  a  comment(ariis)  bene- 
ßciorum  »  wozu  Dessau  bemerkt  (S.  88),  dass  er  das  Amt  eines  Lictor  pro- 
ximus vielleicht  noch  gleichzeitig  mit  den  früheren  Chargen  oder  doch  gleich 
darauf  bekleidet  habe.  Doch  der  Wortlaut  der  Inschrift  besagt,  dass  Phädi- 
mus zuerst  die  drei  durch  item  und  et  verbundenen  Aemter  innehatte,  und 
dann  erst  zur  Stellung  eines  Lictor  proximus  et  a  commentariis  beneficio- 
rum  vorrückte ;  es  wäre  auch  wunderbar,  wenn  ein  Mann  fünf  ihrem  Charakter 
nach  zum  Teile  so  verschiedene  Hofstellungen  vereinigt  hätte.  Zur  Analogie 
führe  ich  die  Inschrift  des  Bucolas  aus  der  Zeit  Domitians  an :  Ti.  Claudius 
Aug.  lib.  (Bucolas  praegustator,  tricliniarc{a),  proc.  a  munerib.,  proc.  aquar. 
cet.  (C.  I.  L.  XI.  3612  =  Dessau  Inscr.  Lat.  1567). 

(i3)  A.  a.  0.  S.  88  f. 

(u)  Vgl.  über  die  cubicularii  Marquardt-Mau  Privatleben  der  Römer  I2 
144,  5. 


272  K.   GROAG 

beseitigen  müssen.  Aber  nicht  die  mindeste  Spur  in  unserer  Ueber- 
lieferung  deutet  auf  eine  solche  Kabinetsjustiz,  die  der  Aufmerksam- 
keit der  Zeitgenossen  gewiss  nicht  entgangen  wäre.  Und  selbst  wenn 
Phädimus  allein  —  so  wenig  glaublich  dies  ist  —  um  das  Geheimnis 
gewusst  hätte :  würde  man  nach  der  offiziellen  Todesanzeige  Traians 
noch  mehrere  Tage  (15)  gewartet  haben,  um  den  Mitwisser  aus  dem 
Wege  zu  schaffen  ?  Es  war  dann  ebenso  überflüssig,  ihn  zu  tödten, 
wenn  er  geschwiegen,  wie  wenn  er  das  Geheimnis  verraten  hatte. 
Die  Tatsache,  dass  ein  junger  Mann  aus  dem  sehr  zahlreichen  Hof- 
personal einige  Tage  nach  dem  Kaiser  starb,  kann  man  daher  wol 
kaum  zu  weitreichenden  Schlüssen  benützen.  Wie  Traian  selbst 
mag  sich  Phädimus  den  Krankheitskeim  bei  der  Belagerung  von 
Hatra  in  der  mesopotamischen  Wüste  geholt  haben  (,(i). 

Die  Inscenierung  des  Gaukelspiels  und  Tödtung  des  Helfershel- 
fers wird  nun  gerade  Pompeia  Plotina  zugeschrieben,  die  unter  den 
römischen  Kaiserinnen  die  reinste  Figur  ist(17).  Wie  mag  man  nur 
annehmen,  dass  Plotina,  von  deren  Einfluss  auf  die  Politik  ihres 
Gatten  nichts  verlautet,  die  durch  Sittenreinheit  wie  durch  philo- 
sophische Bildung  —  sie  bekannte  sich  zu  den  Grundsätzen  Epi- 
kurs  (l8)  —  ausgezeichnet  war,  eine  Intrigue  von  so  empörenden  Pie- 
tätlosigkeit  durchgeführt  und  ihrem  Helfer  mit  dem  Tode  gedankt 
habe!  Dies  ist  ebensowenig  denkbar,   als  dass  die  alternde  Kai- 

(15)  Am  11.  August  erhielt  Hadrian  in  Antiochia  die  Nachricht  von 
Traians  Tode  (vit.  Hadr.  4,  7),  am  12.  August  starb  Phädimus. 

(16)  Vgl.  Dio  LXVIII  31.  32,  1.  Ohne  Grund  sucht  Dessau  die  Spuren 
eines  Geheimnisses  auch  darin,  dass  die  Ueberreste  des  Phädimus  nicht  mit 
denen  Traians  nach  Rom  geschafft  wurden.  Wenn  ein  Kaiser  stirbt,  mag  man 
leicht  des  Lakaien  vergessen.  Auch  wenn  Phädimus  wirklich  das  Geheimnis 
verraten  hätte,  wäre  es  zwecklos  gewesen,  durch  eine  ungewöhnliche  Behand- 
lung seiner  Leiche  dem  Gerücht,  das  sich  ohne  Zweifel  an  seine  Person 
geknüpft  hätte,  neue  Nahrung  zu  geben.  Erst  Jahre  später  hat  ein  Freund 
des  Phädimus,  der  sich  zur  Zeit  von  Traians  Tode  wol  nicht  in  Selinus  befun- 
den hatte  und  vielleicht  im  Gefolge  Hadrians  dahinkam,  die  Asche  des  Lictors 
nach  Rom  schaffen  lassen. 

(17)  oiircj  ys  eavjrjv  diu  näar\<;  rijs  aQ%i]S  diijyctyev  uiats  firjthfxlav  int]- 
yoQiav  ff/eti'  sagt  derselbe  Dio  (LXVIII,  5,  5),  der  sie  nachher  eine  so  unwür- 
dige Rolle  spielen  lässt. 

(18)  Vgl,  zu  &em  Schreiben  der  Plotina  an  Hadrian,  das  sich  auf  die 
Epikureische  Schulordnung  bezieht:  Diels,  Archiv  f.  Geschichte  der  Philo- 
sophie IV  1891,  486  ff.  Wilhelm,  Jahreshefte  d.  öst.  &rch.  Inst.  II  1899,  270  ff. 


DIE  ADOPTION   HADRIANS  273 

serin  ■  aus  sinnlicher  Liebe  ■  zu  Hadrian  diesem  zur  Herrschaft 
verholfen  habe(19). 

Wenden  wir  uns  zu  den  Tatsachen,  die  dafür  sprechen,  dass 
die  Adoption  Hadrians  den  Absichten  des  Kaisers  entsprach  (20). 

Enge  Bande  fesselten  schon  den  jungen  Hadrian  an  den  da- 
maligen Senator  Ulpius  Traianus.  Beide  stammten  aus  demselben 
Orte;  Beider  Familien  waren  durch  Verschwägerung  verbunden,  so 
dass  Hadrian  einer  der  wenigen  männlichen  Verwandten  Traians 
war(21).  Noch  als  Privatmann  übernahm  Traian  gemeinsam  mit 
Caelius  Attianus,  gleichfalls  einem  Landsmanne,  die  Vormund- 
schaft über  den  Knaben.  Als  er  Kaiser  war,  gab  er  dem  Hadrian 
seine  Grossnichte  Vibia  Sabina  zur  Frau  und  kettete  ihn  so  von 
Neuem  an  sich.  Und  doch  wäre  dies  der  grösste  Fehler  gewesen, 
wenn  er  nicht  die  Absicht  gehabt  hätte,  Hadrian  zu  adoptieren; 
denn  durch  diese  Verbindung  mussten  die  Hoffnungen,  die  Hadrian 
von  Jugend  auf  hegte  (22),  zur  Gewissheit  gesteigert  werden.  Ha- 
drian stand  überdies  in  ununterbrochenem  Verkehr  mit  dem  Kaiser; 
er  begleitete  ihn  in  die  beiden  dacischen  Feldzüge  und  erhielt 
beidemal  militärische  Auszeichnungen  (23) ;  er  verfasste  nach  dem 
Tode  des  Licinius  Sura  die  Reden  für  den  Kaiser  (24);  er  empfieng 
von  diesem  den  Diamant,  den  Traian  von  Nerva  bekommen  hatte  (25). 

In  einem  Relief  des  Triumphbogens  von  Benevent,  den  der 
Senat  im   Jahre  114  dem   Kaiser  dedicierte  (26),   ist   dargestellt, 

(19)  t£  iQioxtxTJg  (piXLas  Dio  LXIX  1,  2.  Die  Bildnisse  der  Plotina  zei- 
gen durchwegs  die  Züge  einer  nicht  mehr  jungen  Frau,  vgl.  Bernoulli  Rom. 
Ikonogr.  II  2,  92  ff.  Dass  die  wolwollende  Gesinnung  Plotinas  Hadrian  in 
seiner  Laufhahn  geleitete  und  förderte,  soll  natürlich  nicht  bestritten  werden. 

(20)  Auch  dies  leugnet  Dessau  (S.  86  f.).  Für  das  Folgende  vgl.  Rohden 
in  Tauly-Wissowas  R.  E.  I  493  ff.  Duruy-Hertzberg,  Gesch.  d.  röm.  Kaiser- 
reichs II  329  ff. 

(21)  Ausser  Hadrian  sind  nur  zu  nennen  der  Gatte  von  Traians  Schwe- 
ster Marciana,  wahrscheinlich  C.  Salonius  Matidius  Patruinus,  der  bereits  im 
Jahre  78  starb  (Prosop.  III  102  n.  81),  und  der  Gemahl  der  Nichte  Traians 
(und  Schwiegermutter  Hadriansj  Matidia,  der  L.  Vibius  hiess  (vgl.  Prosop.  II 
354),  sonst  aber  gänzlich  unbekannt  ist ;  vielleicht  starb  er  in  jungen  Jahren. 

(«)  Vgl.  vit.  2,  4  ff. 

(23)  C  I.  L.  III  550. 

(**)   Vit.  3,  11. 

(»)  Vit.  3,  7. 

(26j  Vgl.  die   Inschrift    des   Bogens   C  I.  L.  IX  1558  =  Dessau  Inscr. 


Lat.  296. 


19 


274  E.   GROAG 

wie  Traian  vom  Kampfe  heimkehrend  der  Göttin  Roma  entgegen- 
tritt. Diese  aber  legt  ihre  Rechte  auf  die  Schulter  Hadrians  und 
weist  damit  auf  die  Zukunft  des  Reiches  hin  (27).  Allerdings  hat 
Alfred  von  Domaszewski  auf  Grund  einer  Bemerkung  Benndorfs  die 
Ausarbeitung  der  Reliefs  erst  in  die  Zeit  Hadrians  selbst  verlegt  (28). 
Aber  abgesehen  davon,  dass  es  erstaunlich  schiene,  wenn  die  Arbeit 
am  Triumphbogen,  die  114  begann,  erst  nach  117  soweit  gediehen 
wäre,  dass  man  die  Reliefs  in  Angriff  nehmen  konnte,  scheint  mir 
Domaszewskis  Deutung  des  einen  Reliefs,  das  ihn  zu  dieser  zeit- 
lichen Ansetzung  führt  (2fl),  nicht  das  Richtige  zu  treffen.  Ich  kann 
mich  seiner  Meinung,  dass  dort  die  Unterwerfung  Mesopotamiens 
dargestellt  sei,  nicht  anschliessen,  weil  ich  es  für  kaum  glaublich 
halte,  dass  der  Künstler  grosse  und  seit  uralten  Zeiten  berühmte 
Ströme  wie  den  Euphrat  und  Tigris  als  Knaben  dargestellt  habe; 
zeigt  doch  auch  das  Münzbild  das  damals,  auf  die  Eroberung  Ar- 
meniens und  Mesopotamiens  geprägt  wurde,  deutlich  zwei  bärtige 


Plusgötter  (30).  Ebensowenig  vermag  ich  der  Deutung  des  neben 
Traian  stehenden  Mannes  auf  Lusius  Quietus,  den  Eroberer  Meso- 
potamiens (31),  beizustimmen.  Der  Mann  trägt  nicht,  wie  Domas- 
zewski meint,  unrömische  Tracht ;  einer  freundlichen  Mitteilung 
Eduard  Hulas,  der  Petersen  beistimmt,  entnehme  ich,  dass  er  viel- 
mehr mit  der  Toga  bekleidet  ist.  Und  dieser  alte  Mann  im  Frie- 

(27)  Vgl.  Petersen  Rom.  Mitth.  VII  1892,  252 ;  v.  Domaszewski  Jahres- 
hefte d.  öst.  arch.  Inst.  II  1899,  177  f.  Courbaud,  Le  lasrelief  Rom.  ä  repri- 
sent.  hist.  Paris  1899,  144.  Das  Relief  ist  abgebildet  bei  Meomartini,  /  mo- 
numenti  di  Benevento  tav.  XVIII  und  in  den  Jahresbeften  S.  177. 

(28)  S.   186. 

(29)  Dasselbe  ist  abgebildet  bei  Meomartini  tav.  XXVI  und  in  den 
Jahresheften  S.  185. 

(3ft)  Cohen  II2  21 ;  die  obige  Abbildung  (nach  einem  Exemplar  des  Wie- 
ner Münzkabinets)  verdanke  ich  der  gütigen  Vermittelung  Kubitscheks. 
(3l)  Vgl.  über  ihn  Dessau  Prosop.  II  308  n.  325. 


DIE   ADOPTION   HADRIANS  275 

denskleide,  soll  den  schneidigsten  Reitergeneral  seiner  Zeit  vorstel- 
len !  Wir  wissen  überdies,  dass  Hadrian  nach  seiner  Thronbestei- 
gung den  Lusius  Quietus  sofort  seiner  Stellung  enthob  (32)  und  ihn 
bald  darauf  (noch  im  Jahre  118)  tödten  Hess  (33) ;  eine  künstle- 
rische Verherrlichung  des  Maurenscheikhs  ist  also  gewiss  nicht  nach 
seinem  Wunsche  gewesen.  Schliesslich  hätte  man  nach  dem  Tode 
Traians  wol  kaum  die  Tactlosigkeit  begangen,  gerade  die  Unter- 
werfung jenes  Landes  bildlich  zu  verewigen,  in  welchem  den  Kaiser 
am  Schlüsse  seines  ruhmreiehen  Lebens  sein  Feldberrenglück  im 
Stiche  gelassen  hatte  (34). 

In  diesem  Relief  des  Triumphbogens  dürfte  also  wol  nicht  die 
Besitznahme  Mesopotamiens,  sondern,  wie  Petersen  vermutete  (35), 
die  Unterwerfung  Daciens  dargestellt  sein;  würde  man  doch  sonst 
in  den  Reliefs  des  Bogens  einen  unverkennbar  deutlichen  Hinweis 
auf  diese  grösste  Tat  Traians  vermissen  (36). 

Für  die  Entstehung  der  Reliefs  noch  unter  Traian  selbst 
spricht  auch,  dass  wir  den  Lictor  proximus  Ulpius  Phädimus,  von 
dem  oben  die  Rede  war,  auf  dem  Bogen  dargestellt  finden,  wie  aus 
den  individuellen  Gesichtszügen  des  kaiserlichen  Lictors  geschlossen 
wurde  (37).  Nach  dem  Tode  des  Phädimus  wird  man  nicht  mehr 
in  der  Lage  gewesen  sein,  die  Züge  des  Verstorbenen  wiedergeben 
zu  können.  Dessaus  Hypothese,  die  sich  an  diesen  Mann  knüpft, 
wäre  allerdings  durch  die  Annahme  der  späteren  Entstehung  des 
Bogens  aufs  schlagendste  widerlegt.  — 


(32)  Vit.  5,  8. 

(33)  Vit.  7,  2.  Dio  LXIX  2,  5. 

(34)  Vor  Hatra,  vgl.  Dierauer  Beitr.  zu  einer  krit.  Gesch.  Traians  in  Bü- 
dingers  Untersuch,  z.  röm.  Kaisergeschichte  I  181  f. 

(35)  A.  a.  0.  S.  242.  Die  Plussgötter  würden  dann,  wie  Petersen  meint, 
zwei  Nebenflüsse  der  Donau  (etwa  Theiss  und  Aluta)  vorstellen  wie  sie  in  ähn- 
licher Gestalt  auf  Münzen  des  Gallienus  (Cohen  V2  368  n.  224)  und  Probus 
(Cohen  VI2  316,  n.  635)  erscheinen,  während  der  Hauptstrom  durch  eine 
Brücke  (vielleicht  ein  Hinweis  auf  Traians  berühmte  Donaubrücke)  angedeu- 
tet wäre,  über  welche  eben  Hadrian  und  zwei  andere  Bömer  schreiten.  Dass 
Hadrian  an  den  beiden  dacischen  Kriegen  teilnahm,  ist  bekannt. 

(3C)  Ganz  fehlt  eine  Hindeutung  auf  die  Gewinnung  des  Petraeischen 
Arabien:  vielleicht  weil  der  Eroberer  Arabiens,  Cornelius  Palma,  in  der  letzten 
Zeit  Traians  in  Ungnade  gefallen  war  (vit.  4.  3). 

(37)  Meomartini  83.  93.  Petersen  253.  Dessau  89  Anm. 


276  E.    GROAG 

Im  parthischen  Kriege  erhob  Traian  den  einstigen  Mitvormund 
Hadrians,  Caelius  Attianus  (38),  zum  Praefectus  praetorio  und  er- 
nannte, als  er,  wahrscheinlich  schon  im  Frühjahr  117  (3!)),  er- 
krankte und  die  Rückreise  nach  Rom  antrat,  Hadrian  zum  Statthal- 
ter der  wichtigsten  Provinz,  Syriens,  und  zum  Kommandierenden 
des  Heeres,  das  er  selbst  im  Kampfe  geführt  hatte  (40).  Damals 
im  Alter  von  63  Jahren  und  von  einem  schweren  Leiden  heimge- 
sucht (4I),  musste  ein  Mann  vorschauenden  Geistes,  wie  Traian  doch 
ohne  Zweifel  gewesen  ist,  sich  vor  Augen  halten,  dass  der  Tod  rasch  an 
ihn  herantreten  könne ;  er  musste  wissen,  dass  es  jetzt  nur  die  Wahl 
gab  zwischen  der  Entlassung  der  eng  verbundenen  Kommandieren- 
den der  Orientarmee  und  der  Leibgarde  oder  der  Adoption  Hadrians, 
die,  wenn  auch  nicht  staatsrechtlich,  so  doch  den  Tatsachen  nach 
die  Nachfolge  desselben  sicherte.  Denn  Hess  er  das  Reich  in  Unge- 
wissheit  über  den  Nachfolger  oder  designierte  er  einen  Anderen  als 
Hadrian,  so  war  im  Momente  seines  Hinscheidens  die  Entfesselung 
eines  Bürgerkrieges  unausweichlich,  der  doch  gerade  in  dieser  Zeit, 
da  die  letzten  Schläge  des  parthischen  Krieges  nachzitterten  und 
ein  grosser  Judenaufstand  eben  erst  niedergeschlagen  war  (42),  um 
jeden  Preis  vermieden  werden  musste  (43).  Die  imposante  culturelle 
Arbeit  seiner  Regierung  wäre  dann  vergeblich  gewesen. 

Die  Lage  gestaltete  sich  kaum  anders,  wenn  Traian  die  Ent- 
scheidung dem  Senate  überliess.  Es  konnte  ihm  nicht  unbekannt  sein, 

(38)  Vgl.  über  diesen  Klebs  Prosop.  I  258  n.  96  ;  Pauly-Wissowa  R.  E.  III 
1256  n.  17. 

(39j  Dio  LXVIII  32,  1  vgl.  Dierauer  182. 

(40)  Dio  LXVIII  33, 1 ;  vit.  4,  6.  Hadrian  war  überdies  für  das  nächste 
Jabr  zum  Consul  Ordinarius  designiert,  s.  o.  Anm.  5. 

(41)  Die  Beschreibung,  die  Dio  (LXVIII  33,  2  f.)  von  seiner  Krankheit 
giebt,  ist  nicht  klar  gtnug,  um  den  Charakter  derselben  deutlich  erkennen 
zu  lassen:  Wassersucht  (ro  cF  oXov  vÖQwn'iuae)  kann  nur  die  Folgeerscheinung 
von  Herz-,  Blut-,  Nieren-  oder  Leberkrankheiten  oder  peripheren  Circulationsstö- 
rungen  sein  (vgl.  Eulenburg  Realencyclopädie  der  ges.  Heilkunde  XI3  127  ff.); 
das  Grundleiden  kennen  wir  nicht;  Dios  Schilderung  (emoxeSevTog  avtw  rov 
al'ficaog,  ü  x«r'  ero?  xütcj  efte/wp«)  bezieht  sich  vielleicht  auf  Begleiterschei- 
nungen hämorrhoidiilen  Charakters  (vgl.  Eulenburg  IX3  465  ff.). 

(<2)  Dio  LXVIII  32  vgl.  Dierauer  1*2  f. 

(43)  Hat  doch  selbst  Hadrian  unmittelbar  nach  seinem  in  alhr  Ruhe 
vollzogenen  Regierungsantritt  Aufstände  und  Einfälle  der  Mauren,  Sarmaten 
und  Britannier  zu  bekämpfen  gehabt  (vit.  5,  2). 


DIE   ADOPTION   HADRIANS  277 

dass  Hadrian  unter  den  Senatoren  viele  und  einflussreiche  Feinde 
zählte  (44) ;  bei  aller  Korrektheit  gegenüber  dem  Senate  hat  er  doch 
seinen  kaiserlichen  Rechten  nie  etwas  vergeben  (45).  Der  Appell  an 
den  Senat  konnte  nur  in  der  Form  eines  Schreibens  ergehen,  das  von 
Plotina  unterdrückt  worden  wäre:  aber  nichts  berechtigt  uns  zu 
dieser  Annahme.  Von  Anfang  seiner  Regierung  an  hatten  ihm  doch 
auch  die  Besten  seiner  Zeit  (40)  den  Gedanken  der  Adoption  nahe- 
gelegt, dem  er  selbst  die  Herrschaft  verdankte. 

Traian  hat  Hadrian  und  Attianus  in  den  wichtigsten  Stel- 
lungen belassen  ;  er  hatte  demnach  ohne  Zweifel  die  feste  Absicht, 
Hadrian  zu  adoptieren  und  damit  zum  Nachfolger  zu  designieren. 
Wahrscheinlich  sollte  die  Adoption  in  feierlicher  Form  in  Rom 
selbst  vor  dem  Senate  verkündigt  werden.  So  wird  es  ausgemacht 
worden  sein,  als  sich  der  Kaiser  in  Antiochia  von  Hadrian  trennte. 
Aber  die  plötzliche  Verschlimmerung  seiner  Krankheit,  die  wahr- 
scheinlich damals  eine  Lähmung  seines  Körpers  durch  Schlagfluss(47) 
zur  Folge  hatte,  muss  ihn  veranlasst  haben,  schon  in  einer  der 
nächsten  Stationen  auf  dem  Wege  nach  Rom,  in  Selinus,  seinen 
Willen  bezüglich  der  Thronfolge  kundzugeben.  Wir  wissen,  dass 
Hadrian  die  Nachricht  von  der  Adoption  am  9.  August  (48),  die 
Kunde  vom  Tode  des  Kaisers  am  11.  August  (49)  empfieng.  Es  ist 
kein  Grund  vorhanden,  weshalb  wir  die  Richtigkeit  dieser  offiziellen 
Ueberlieferung  in  Frage  ziehen  sollten.  An  der  Erklärung  der  Ado- 
ption im  Beisein  von  Zeugen  ist,  wie  auch  Dessau  zugiebt  (50),  nicht 
zu  zweifeln ;  dass  dieselbe,  weil  Traians  Tod  plötzlich  eingetreten  war, 
durch  einen  falschen  Kaiser  erfolgte,  ist  ein  Märchen  und  völlig 
unhistorischen  Charakters.  Versucht  man,  sich  diesen  Vorgang  in 
den  Details  zu  reconstruieren,  so  wird  man  überall  auf  Rätsel  stossen, 
die  nicht  zu  lösen  sind.  Trat  der  Tod  Traians  unerwartet  ein,  so 
musste  er  auch  Plotina  und  Attianus  unvorbereitet  treffen ;  eine  In- 


(«)  Vgl.  vit.  4,  3.  5,  5.  8.  7,  1.  2. 
(«)  Vgl.  Herzog  Staats-Verfass.  II  345  ff. 

(46J  Tacitus  (hist.  I  16)  und  Plinius  (paneg.  94)  vgl.  Dessau  S.  86. 
(<?)  Dio  LXVIH  33,  3. 
(«)  Vit.  4,  6. 
(*')   Vit.  4,  7. 

(50)  S.  87.  Für  die  Rechtsgiltigkeit  der  Adoption  genügte  die  einfache 
Erklärung  des  Kaisers,  vgl.  Mommsen  St.  R.  II3  1137  f. 


278  E.    GROAG 

trigue  wie  diese  konnte  jedoch  ohne  Vorbereitung  nicht  gelingen. 
Es  wäre  kaum  möglich  gewesen,  in  der  Provinzstadt,  in  der  das 
Hoflager  in  provisorischen  und  gewiss  unzureichenden  Verhältnis- 
sen untergebracht  war,  den  Tod  des  Kaisers  mehrere  Tage  geheim 
zu  halten  (8l).  Was  geschah  in  dieser  Zeit  mit  des  Leiche  des  Kai- 
sers, die  doch  nach  römischer  Sitte  vor  der  Verbrennung  auf  dem 
Paradebette  dem  Volke  gezeigt  werden  sollte  (52).  Das  Leiden,  an 
dem  der  Kaiser  gestorben  war,  die  Hitze  des  kleinasiatischen  Som- 
mers mussten  zur  Folge  haben,  dass  der  Körper  in  kürzester  Frist 
in  Verwesung  übergieng,  wenn  man  ihn  nicht  etwa  durch  Aerzte 
und  Einbalsamierer  behandeln  Hess  und  diesen  damit  das  Geheim- 
nis preisgab.  Der  Pseudotraian  hätte  übrigens  nicht  allein  die  Er- 
klärung der  Adoption  zu  verkünden  gehabt;  auch  für  das  Schrei- 
ben, das  an  den  Senat  gesandt  wurde,  war  das  persönliche  Dictat 
des  Kaisers  erforderlich.  Welche  Schwierigkeit  liegt  ferner  in  dem 
Zusammenspiel  Plotinas  und  Attians  in  Selinus  und  Hadrians  in 
Antiochia!  Wieviel  Hilfskräfte,  die  dadurch  ebensoviele  Mitwisser 
des  Geheimnisses  geworden  wären,  waren  zu  alledem  notwendig!  Doch 
der  beste  Beweis  dafür,  dass  die  Adoption  Hadrians  nicht  das  Werk 
einer  niedrigen  Hofkabale  war,  liegt  darin,  dass  sich  das  so  be- 
deutungsvolle Ereignis  —  der  Wechsel  in  der  Herrschaft  über  das 
Weltreich  —  in  aller  Ruhe  und  ohne  innere  Erschütterung  voll- 
zogen hat. 

Traian  selbst  hat  also  —  wir  dürfen  es  mit  einem  hohen  Grade 
von  Wahrscheinlichkeit  annehmen  —  am  7.  August  des  Jahres  117 
in  Gegenwart  von  Herren  seiner  Umgebung  die  Erklärung  abgege- 
ben, dass  er  Hadrian  zum  Sohne  nehme.  Die  vollzogene  Adoption 
teilte  er  dem  Senate  in  einem  Schreiben  mit,  das  er  allerdings 
nicht  mehr  zu  unterzeichnen  vermochte  (53).  Zwei  Tage  nach  seiner 


(5I)  6  &dyazog  rov  TQaictvov  rjfASQccg  tivdg  öid  rovro  avvexQv(p&r],  Xv  f) 
noirjaig  ngoExcpotrjjaoi  (Dio  LXIX  1,  3).  Traian  müsste  dann  bereits  vor  dem 
7.  August  verschieden  sein. 

(5*)  Vgl.  Marquardt-Mau  I«  347. 

(53)  S.  o.;  die  Münze  Cohen  II2  246  n.  5  (Imp.  Caes.  Ner.  Traian.  Optim. 
Aug.  Germ.  Dac.  ^.  Hadriano  Traiano  Caesari),  für  deren  Echtheit  nach 
Eckhel  (VI  473)  auch  Mommsen  eintritt  (St.  R.  II3  1154,  5),  ist  wegen  des 
Caesartitels,  den  Hadrian  führt,  doch  wol  hybrid. 


DIE   ADOPTION   HADRIANS  279 

Willensäusserung  ist  er  gestorben.  Trat  der  Tod  so  bald  nach  dem 
Acte  der  Adoption  ein,  las  man  überdies  in  der  offiziellen  Zuschrift 
an  den  Senat  die  Unterschrift,  nicht  wie  sonst  des  Kaisers,  son- 
dern der  Kaiserin,  hatte  den  Schauplatz  für  diese  Vorgänge  eine 
entlegene  Provinzstadt  abgegeben :  so  war  natürlich  phantastischen 
Combinationen  Thür  und  Thor  geöffnet. 

Wien,  im  December  1899.  i 

Edmund  Groag. 


FUNDE  UND  FORSCHUNG. 


Dass  doch  wiederum  zunächst  nach  Sicilien,  nicht  nach  dem 
Norden,  wie  oben  S.  192  verheissen  war,  der  Blick  sich  richten  muss. 
dazu  nöthigt  Orsi's  rastlose  Thätigkeit,  deren  Ergebnisse,  wenn  auch 
zum  guten  Theile  nur  erst  angekündigt,  doch  nicht,  wie  anfangs 
beabsichtigt  war,  nachtragsweise  in  einer  blossen  Anmerkung  sich 
berichten  lassen. 

Nur  erwähnt  sei  in  Termini  Im e res e  gefundenes  Steinge- 
räth  B{ullettino  di  paletnologia  italiana),  99,  203  derselben  Art 
wie  früher  B.  86,  74  in  der  Nähe  am  Monte  Faino  gefundenes; 
desgleichen  die  zahlreich  in  Serra  d'Orlando  (Caltanisetta) 
gefundenen  Basaltäxte  B.  98,  307,  selbst  in  Häusern  griechischer 
Zeit.  Im  Elymergebiet,  zwischen  Mte  S.  Giuliano  und  dem  Meer  ge- 
fundene Vasen  der  I.  Periode  hat  Rizzo  in  Trapani  aufgespürt. 
Zu  weiterer  Bestätigung  des  B.  M.  98,  171  Gesagten  sind  sowohl 
in  M elilli  TV.  99,  69  und  B.  99,  204  wie  in  Calafarina  B.  98, 163, 
in  Nekropolen  der  I.  Periode  etliche  Grotten  mit  Nischen  gefun- 
den und  solche  mit  nur  wenigen  Skeletten.  In  letzterer  bestätigt 
sich  aufs  Neue  der  Zusammenhang  von  I.  und  II.  Cultur,  desglei- 
chen in  Valsavoia  (Catania),  wo  in  höherer  Schicht  auch  die 
III.  Periode  vertreten  ist,  N.  99,  279.  Eine  Bestätigung  des  ß. 
M.  98,  179  f.  behaupteten  Zusammenhangs  auch  des  Presikeli- 
schen  mit  der  I.  und  II.  Periode  scheint  mir  in  dem  B.  99,  53 
di  un  sepolcro  neolitieo  in  S.  Cono  bei  Licodia-Eubea  (Catania) 
Berichteten  gegeben,  mag  auch  der  Berichterstatter,  Cafici,  Alles 
mit  Orsi's  Abtrennung  des  Presikelischen  in  Einklang  finden.  Unge- 
wöhnlich sind,  hier  nicht  wie  sonst  seltene,  Steinpfeilspitzen  (Taf.  V), 
das  Merkwürdigste  aber  Thongefässe  (Taf.  VI  f.)  von  der  Form  einer 
Schüssel  oder  Kumme,  wie  sie  ähnlich  in  Castelluccio  schon  in 
der  I.  Periode,  B.  92  II  2  und  IV  16,  auch  mit  protuberanse  ma- 


E.  PETERSEN,  FUNDE  UND  FORSCHUNG  281 

mülonari  20,  mit  Fuss  17,  ferner  in  der  II.  Periode  Mon.  d.  Line. 
Taf.  I  4,  in  III.  Periode  mit  eingezogenem  Mündnngsrand  vorkom- 
men. Vor  allem  bemerkenswerth  sind  indessen  die  eingeritzten  und 
mit  Weiss  gefüllten  Zeichnungen,  weil  das  Ornament  hauptsächlich 
mit  Doppellinien  gezeichnet  ist,  und  weil  es  besonders  in  nach  oben 
oder  nach  unten  gekrümmten  festoni  besteht,  beides  wie  in  der  II. 
Keramik,  wo  Orsi  auch  denselben  Namen  gebraucht,  nur  dass 
die  üoppellinien  dort  nicht  mit  Strichen  gefüllt  sind  (').  Ausser- 
dem giebt  es  in  S.  Cono  Zickzacks,  abwechselnd,  in  VI  4  nur  die 
nach  unten,  in  VI  6  die  nach  oben  gekehrten  Dreiecke  schraffiert, 
und  bei  letzterem  Gefäss  die  nach  unten  gekehrten  durch  senk- 
rechte Doppellinien  halbiert,  was  an  ein  Ornamentschema  von 
Castelluccio  B.  93  VI  9  und  17  (R.  M.  98  S.  185  VIII  8) 
erinnern  muss. 

Der  II.  bis  II  [.  Periode  gehören  Nekropolen  von  Buscemi 
(Syrakus)  B.  98,  164  und  der  I.  und  II.  solche  in  Chiara- 
monte  Gulfi  (Syrakus),  dem  ersten  Platz,  wo  nach  Orsi  (/?.  98, 
164)  die  IL  Periode  auch  weiter  im  Inneren  erkannt  wird.  Die 
Flintmesser  und  Vasen  I.  Per.  fanden  sich  daselbst  in  6-7  m.  langem 
Graben  mit  Gebein,  und  auch  in  Granmichele  wird  als  Neuestes 
eine  Nekropole  mit  Plattengodeckten  fosse  statt  der  grotticelle 
(weil  der  Sandboden  letztere  nicht  gestattet,  sagt  Orsi)  verkündet, 
doch  wegen  der  molti  bellissimi  bronzi  arcaici  {fibuloni,  col- 
telli  ecc.)  wohl  eher  der  II.  Periode  gehörig.  Bronzen  sind  in  Si- 
cilien  ja  überhaupt  auch  noch  in  der  II.  Periode  seltener  als  auf 
dem  Festland  in  den  gleichgesetzten  Perioden,  der  '  aeneolithi- 
schen '  und  der  Bronzezeit.  Ja,  auf  dem  Festland  tritt  das  Metall 
schon  bei  einer  Keramik  auf,  die  in  Sicilien  noch  ganz  l  neolithisch ' 
heisst.  Der  Becher  von  Villafrati  R.  M.  98  S.  178  VII  6,  die  ähnlich 
gemusterte  Keramik  von  Stentinello  und  jetzt  die  von  S.  Cono  heissen 
neolithisch.  Nach  Form  und  Verzierung  ähnlich  ist  aber  nicht 
nur  die  der  Polmen,  (vgl.  Pigorini  B.  84,  225)  sondern  auch  die 
von  Colini  B.  99,  30  für  gleichzeitig  erachtete  von  Ca  di  Marco, 
B.  98  T.  XI,  S.  Cristina    B.  99  II  2-4  III  5  (im  Bresciano) 


(•)  Z.  B.  Mon.  d.  Line.  II  Taf.  I  22  II  14  und  VI  Taf.  IV  2,  10  V  3 
(auch  aus  I  konnte  R.  M.  98  S.  189  damit  Einiges  verglichen  werden,  mit 
S.  Cono  jetzt   auch   Castelluccio  B.  93  V  6). 


282  E.   PETERSEN 

erstere  ohne,  letztere  mit  metallischem  Geräth  (Taf.  IV  2  und  6) 
zusammen  gefunden.  Sollte  nicht  die  R.  M.  98  S.  163  betr.  des 
in  Stentinello  fehlenden  Metalls  geäusserte  Reserve  dadurch  gerecht- 
fertigt werden  ?  Nicht  in  Gräbern  und,  weil  ausser  Zusammenhang, 
ungewiss,  welcher  Periode  angehörig  ('),  sind  primitive  Aexte  von 
Kupfer  oder  Bronze  in  Sicilien,  früher  von  Pigorini  B.  78,  204, 
neuerdings  von  Orsi  B.  98,  162  aus  dem  Gebiet  von  Syrakus, 
Catania  und  Caltanisetta  nachgewiesen  (2). 

Von  grösserer  Bedeutung  ist  die  im  IX.  Bande  der  L  i  n  c  e  i- 
Monumenti  (1.  puntata)  S.  33-116  erfolgte  Untersuchung  über 
Pantalicaund  S.  117-146  über  die  Nekropole  am  Cassibile 
(vgl.  R.  M.  98  S.  153),  beide  der  II.,  erstere  z.  Th.  auch  der  III. 
Periode  angehörig.  Schöne  Pläne  veranschaulichen  das  Gebiet  von 
Pantalica  mit  seinem  Kranze  von  Nekropolen,  im  Ganzen  den  gräber- 
reichsten von  allen  sikelischen.  Und  hier,  wo  ringsum  die  vorausge- 
setzten Hütten  der  Gemeinen  verschwunden  sind,  ist  ziemlich  im 
Mittelpunkte,  fast  an  der  höchsten  Stelle  Gemäuer  des  Herrenpalastes 
ein  bis  zwei  Lagen  hoch  geblieben,  das  in  Zeiten  der  Byzantiner,  die 
auch  in  den  Gräbern  und  einigen  kleinen  Kirchen  oder  Kapellen  (s. 
Byzant.  Zeitschr.  VII  1 )  ihre  Spuren  hinterlassen  haben,  ausgeflickt, 
in  seiner  ursprünglichen  Anlage  mykenischer  Zeit  und  selbst  aus 
dem  östlichen  Mittelmeergebiet  gekommenen  Baumeistern  zuge- 
schrieben wird.  Der  sehr  einfache  Grundriss :  eine  Reihe  von  fünf 
Räumen,  deren  vier  kleineren  an  der  NO-Seite  noch  eine  zweite  Reihe 
ungleichartiger  vorgelegt  ist,  hat  allerdings  mit  den  Palästen  von 
Tiryns,  Mykene  und  Ilios  keine  oder  geringe  Aehnlichkeit.  Ausser 
dem  Mauerwerk,  das  auch  nur  bei  dem  aussen  c.  10  m.  im  Qua- 
drat messenden  Südgemach  einigermaassen  einheitlichen  Charakter 
hat,  ist  es  vor  allem  die  pavimentazione  (3)  und  der  Befund  in  den 
Räumen,  was  Orsi  diesen,  sonst  ohne  Analogie  im  sikelischen  Kreise 

(')  Nur  dass  eine  (B.  98,  268)  mit  andern  jüngeren  Formen  und  aes 
rüde  zusammen  in  einer  Grube,  nicht  Grabe,  gefunden  wurde. 

(*)  Vor  fälschlich  für  sicilisch  ausgegebenen,  in  Wahrheit  aus  Apulien 
stammenden  Bronzen  warnt  Orsi  B.  99,  2. 

(3)  Das  Citat  S.  79  ist  ausgefallen.  Gemeint  dürften  die  Grotten  sein, 
welche  auch  als  Wohnuugen  gedient  hatten,  wie  die  bei  Pachino,  N.  98,  35 
und  bei  Catania  S.  222,  obgleich  von  gestampftem  Fussboden  daselbst  nicht 
die  Rede  ist. 


FUNDE    UND   FORSCHUNG  283 

dastehenden  Baurest  so  hoch  hinaufrücken  lässt;  dazu  das  negative 
Moment,  dass  wohl  sikelische  Scherben  der  II.  Art,  aber  nichts 
Späteres,  von  Byzantinischem  abgesehen,  sich  darin  finde.  Diese 
Beweisführung  ist  in  mehr  als  einer  Hinsicht  anfechtbar.  Das  pa- 
vimento,  nach  Sp.  78  di  un  battume  di  cenere,  paglia,  trüumi 
fittili  e  di  ossa  colte  dal  fuoco,  wird  Sp.  79  von  foggia  anti- 
chissima  genannt ;  aber  Sp.  84  sind  die  traccie  di  un  gran  foco- 
lare,  der  vermeintlichen  kaxia  des  (isyccqov,  gefunden  in  i  carboni, 
Le  ceneri,  le  ossa  colle  scomposte  dal  cumulo  primitivo,  pareg- 
giate,  disperse  e  ridotte  a  battuto  di  pavimenlo  dai  lardi  Bizan- 
tini.  Wenn  aber  Byzantiner  Asche  und  Knochenreste  zum  Fuss- 
boden  gestampft  haben,  woran  woll  man  denn  sehen,  ob  Asche  und 
Knochen  von  sikelischem  vielmehr  als  von  byzantinischem  Feuer  und 
Mahlzeiten  herstammen.  Orsi  nimmt  ja  Sp.  79  f.  selber,  an  dass 
die  Byzantiner,  die  den  Bau  von  Grund  aus  herstellten  und  mit  Zie- 
geldach versahen,  die  Räume  auch  ausgekehrt  haben :  wie  wird  man 
also  jene  Reste  den  früheren  eher  als  den  letzten  Bewohnern  zu- 
theilen  ?  Grade  im  Hauptgemach  ein  verhärteter  Haufe  von  Asche 
und  Kohlen,  der  eine  Fläche  von  mehr  als  2  X  2  m.  deckte,  darin 
Fragmente  von  fünf  Gussformen,  dazu  andre,  mit  zum  Einschmelzen 
zerhackten  Bronzewerkzeugen,  draussen  an  der  Mauer  mit  vielen 
sikelischen  Scherben  gefunden,  veranlassen  Orsi,  hier  im  fieyaqov 
eine  Erzgiesserei  vorauszusetzen  und  solche  Kunstübung  als  fürst- 
liche Prerogative  anzusehen.  Wie  viel  natürlicher  ist  es  aber,  hier 
die  Spuren  der  letzten  Bewohner,  der  Byzantiner  zu  finden,  von 
denen  ja  Orsi  selbst  nachgewiesen,  dass  sie  die  sikelischen  Gräber 
heimgesucht  und  ausgeraubt  haben.  Wie  sollten  sie  also  nicht 
sowohl  das  Metallgeräth  als  auch  die  stattliche  Thonwaare  von 
da  sich  geholt  und  zu  eigenem  Gebrauch  verwandt  oder  umge- 
schmolzen haben  ?  Damit  soll  über  die  ursprünglichen  Baumeister 
des  '  Palastes '  nicht  abgesprochen  sein. 

Classischer  Zeit,  etwa  des  älteren  Dionysios,  theilt  Orsi  eine 
Befestigung  des  einzigen  Zugangs  zur  Hochfläche  von  Pantalica  zu, 
mit  Mauer  und  Graben  davor.  Von  deren  Bauweise,  in  regulären 
Läufer-  und  Binderschichten,  ist  das  Gemäuer  der  Palastes  zu  ver- 
schieden, um  nicht  bedeutend  älterer  Zeit  zugeschrieben  werden  zu 
können.  Ihn  aus  mykenischer  Zeit  zu  glauben  scheinen  die  an- 
geführten Gründe  nicht  genügend. 


284 


E.    PETERSEN 


Die  Grabgrotten  sind  sowohl  in  Pantalica  wie  am  Cassibile 
vorwiegend  elliptischen  oder  halbkreis-  oder  trapezfömigen  Grund- 
risses, doch  häufig  auch  regelmässiger,  rechteckiger  Form.  Die 
Nischen,  die  sonst  bekanntlich  in  der  II.  Periode  häufiger  zu 
werden  pflegen  (doch  s.  R.  M.  98,  171)  fehlen  hier,  aber  wo  um 
einen  grosses  Centralgemach  sich  eine  Anzahl  kleiner  Collen  legen, 
wie  im  Grab  56  der  NW-Nekropole,  da  scheinen  die  Nischen  wie 
zu  Cellen  ausgeweitet.  Häufiger  freilich  liegen  die  Cellen,  wo  in 
grösserer  Zahl  beisammen,  eine  am  Ende,  die  andern  zu  beiden  Seiten 


im 


Fig.  1. 


des  Mittelganges,  von  welchem  Seitengänge  zu  jenen  sich  abzweigen. 
Die  Thüren  —  in  Cassibile  ist  eine  mit  fünffacher  Umrahmung  — 
sind  mit  viel  Bemühen  verrammelt. 

Die  Zahl  der  in  den  einzelnen  Cellen  Beigesetzten  ist  nicht 
gross,  am  häufigsten  ist  es  nur  einer,  über  fünf  finden  sich  ganz 
selten.  Hockend  beigesetzt,  wie  zum  Mahle,  sind  noch  viele,  mehr 
aber  liegend,  meist  mit  gebogenen  Beinen,  seltener  auch  Armen. 

Von  den  Beigaben  sei  ein  wenig  Goldschmuck  nur  der  Sel- 
tenheit wegen  erwähnt  (Pa.  Nord  Gr.  37  Cass.  64) ;  als  etwas  Neues 
einige  Bonzescheiben  von  Spiegeln,  in  NW.  Grab  23,  N,  3  und  37 
gefunden,  leider  ohne  Griff;  der  Taf.  VIII  14  abgebildete  war  je- 
denfalls am  Ansatz  breit  genug  für  dreifache  Nietung.  Von  Metall 


FUNDE   UND    FORSCHUNG 


285 


sind  das  Wichtigste  die  Fibeln  und  Messer.  Jene  mit  flachem  oder 
gebogenem  Bügel,  der  ganz  oder  zwischen  zwei  Knoten  mit  ver- 
schiedenen fein  gravierten  Zickzackmotiven  verziert  ist  oder  gedreht; 
Schlangeutibeln  noch  einfacher  Form  sind  in  Pantalica  seltener 
(nur  in  Filiporto  und  Cavetta),  häufiger  in  Cassibile.  Wichtiger 
noch  scheinen  mir  die  Messer,  meist  nur  die  Klingen,  wenige  mit 
erhaltenem  Griff  aus  Knochen  oder  Elfenbein,  in  Gestalt  von  Hals 
und  Kopf  eines  Pferdes,  nicht  einer  Ente  ('),  Taf.  VII  9  15  (18); 
vereinzelt  VII  17  mit  umgeh ämmerten  Rändern  des  oberen  Endes 
zur  Einfügung  der  Griffverkleidung.  Die  Klingen,  meist  winzig 
klein,  sind  1)  blattförmig  grad,  natürlich  zweischneidig  aber  spitz, 
2)  einschneidig  geschweiften  Umrisses,  3)  zweischneidig,  z.  T.  gleich- 


te1 


falls  geschweiften  Umrisses,  aber  vorn  nicht  spitz  sondern  breit, 
meist  mit  einem  Ausschnitt,  der  breit  und  eckig  oder  schmal  und 
rund  ist. 

Das  sind  '  Rasiermesser  ',  die  ja  auch  schon  in  Finocchito  ge- 
funden waren  und  von  Orsi  richtig  mit  den  norditalischen  rasoi  ver- 
glichen wurden.  Besser  als  in  den  R.  M.  98  S.  161, 1  lässt  sich  jetzt 
ein  weitreichender  Zusammenhang  an  diesen  Messerchen  nachwei- 
sen, von  denen  Orsi  eines,  vielleicht  das  wichtigste,  verkannt  hat  (2). 


(»)  Vgl.  den  Pferdekopf-Griff  eines  praehistorischen  Messers  Mortillet 
Mus.  pröh.  1194.  und  J.  Mestorf,  Vorgesch.  Alt.  aus  Schlesw.-Holst.  247; 
Entenkopf  (?)  dagegen  251. 

(2)  I  Orsi,  Cass.  Sp.  125,  ähnlich  Sp.  133;  1  ebda  Sp.  127,  ähnlich  von 
Pantalica  Taf.  VIII  5;  3  ebda  Sp.  135;  4  Pigorini  /?.  94  T.  I  1;  ä  ebda  3; 
«  ebda  6;  1  Mortillet  Musee  pröhist.  1195.  "i^llfp^uegk  «>*.  1895  Taf- 10>  145 
H  Hampel,  Alterthümer  der  Bronzezeit  in  Ungarn  XVII  7 ;  Ha  'Fxp^ueQig  %. 


286  E.   PETERSEN 

Hatte  Pigorini  in  einer  lehrreichen  Studie  B.  94  S.  9  f.  das 
bekannte  rasoio  lunalo  der  ersten  Eisenzeit,  durch  Halbierung  des 
älteren  bronzezeitlichen  zweischneidigen  Rasirmessers  der  Terremare 
entstanden  gedacht,  so  zeigt  uns  jetzt  das  zweischneidige  von  Cas- 
sibile,  unsere  Fig.  2,  mit  dem  einschneidigen,  Fig.  1,  verglichen, 
aufs  Neue,  was  schon  Gozzadini,  Arnoaldi-Veli  S.  62  aussprach, 
dass  vielmehr  das  zweischneidige  nur  eine  Doppelung  des  einschnei- 
digen ist.  Das  verräth  besonders  der  obere  Einschnitt,  den  auch 
alle  andern  Doppelmesser  von  Pantalica  auf  Taf.  VIII  haben,  ausser  1. 
Ist  jener  Typus  des  Doppelmessers  mit  eingezogener  Schneiden- 
krümmimg nur  hier  in  Sicilien  gefunden,  so  ist  dagegen  das  entspre- 
chende einschneidige  eine  vom  aegeischen  Culturkreis  im  Südosten 
nach  dem  Nordwesten  verbreitete  Form('). 

In  Cassibile  hat  sich  aber  auch  ein  anderer  Typus  des  Doppel- 
messers gefunden,  den  Orsi  Sp.  135  abbildet  (unsere  Fig.  3),  aber 
das  curiosissimo  oggetto  für  einen  Löffel  hält,  wogegen  grade  die 
drei  Einschnitte  sprechen,  die,  zusammen  mit  den  margini  taglien/i, 
eben  das  Doppelmesser  erkennen  lassen,  ungeachtet  es,  durch  Ver- 
biegung  natürlich,  un  po'  cava  war;  fast  idenstich,  nur  kleiner 
(reichlich  70  mm.  lang  statt,  wie  jenes,  125),  ist  ein  in  England 
gefundenes,  unsere  Fig.  9,  bei  dem  nur  die  unteren  Einschnitte 
verschwunden  sind;  und  vielleicht  hatten  auch  Fig.  269,  271,  273 
bei  Evans,  dge  de  hronze  denselben  gerundeten  Umriss,  sowie  auch 
ein  in  Brabant  gefnndenes  bei  Undset,  XXVII  3  S.  289  (2) ;  alle 
haben  jedenfalls  die  scharfe  Theilung  vorn,  während  die  spitzen 
Winkel  hinten,  neben  dem  Griff,  fast  zu  rechten  geworden  sind,  am 
wenigsten  bei  274  =  Fig.  10.  Alle  ausser  273  haben  in  der  Mittel- 
axe, unfern  des  vorderen  Einschnitts,  ein  Löchlein,  und  dieses,  das 


88  T.  9,  18;  »  J.  Evans  Age  de  hronze  S.  236,  270;  10  ebda  fig.274;  f  f  Mor- 
tillet  M.  pr.  1187;  1*  Hampel  XVII  2. 

(')  Im  my kenischen  Troja:  Schliemann,  Ilios  S.  565  f.;  im  vormykenischen 
S.  284;  in  Mykene,  Myognes  S.  143;  aus  Norditalien  Montelius  civ.  prim.  12,  7; 
5,  11  f.  33,  1-3  u.  s.  w. ;  aus  der  Schweiz  und  Frankreich  Mortillet  Mus.  prilx. 
T.  LXXIX;  aus  Norddeutschland  Undset,  Das  erste  Auftr.  d.  Eisens,  Taf.  IV  4, 
X  7  XXV  3,  4  13,  14. 

(2)  Oh  solche  Messer  wie  Evans  S.  235  Fig.  267  f.  von  diesem  Doppel- 
messer oder  der  alten  blattförmigen  Klinge  abzuleiten  sind,  kann  man  zwei- 
feln; doch  scheint  das  Ornament  in  der  Mitte  für  ersteres  zu  sprechen. 


KUNDE    UND   FORSCHUNG  287 

wir  in  dieser  Reihe  schon  immer  kleiner  werden,  in  273  und  ebenso 
in  jenem  Cassibilemesser  ganz  verschwunden  sehn,  ist  zu  jenen 
Einschnitten  ein  weiteres  Ueberbleibsel  des  die  zwei  zum  Doppel- 
messer verbundenen  Klingen  trennenden  Zwischenraumes.  Dieses 
Loch  aber  ist  nach  der  mehr  graden  oder  mehr  gekrümmten  Gestalt 
der  vereinten  Klingen  bald  mehr  eckig  bald  mehr  gerundet,  und 
der  Zwischenraum  zwischen  den  beiden  Klingen  ist  anfangs  gross, 
indem  nur  oben  und  unten  eine  je  quer  oder  überkreuz  gelegte 
Verbindung  angebracht  wird(1).  In  sichtlichem  Streben  nach  Zier- 
lichkeit, vielleicht  zugleich  aus  Gründen  der  Gusstechnik  wird  die- 
ser Zwischenraum  aber  häufig  mit  Gitterwerk  ausgefüllt,  das  zwi- 
schen gerundeten  Klingen  selbst  rundlinig  ist,  zwischen  graden  grad- 
linig. Häufig  aber  findet  sich  auch  ohne  solche  Füllung  das  Loch, 
wenn  auch  bereits  stark  verkleinert,  doch  noch  durch  mehr  kreis- 
förmige oder  mehr  langgezogene  Rundung  die  mehr  oder  weniger 
gekrümmte  Form  der  einzelnen  Klingen  in  Erinnerung  bringend. 
Solche  Einzelklingen,  wegen  ihrer  geringen  Grösse  und  ihrer 
Leichtigkeit  ebenfalls  für  Rasiermesser  ausgegeben,  sind  in  Mykene 
sowohl  von  gekrümmter  wie  von  grader  Form  gefunden  (2),  ge- 
krümmte mit  breitem  Ende  auch  im  Norden,  auf  der  eimbrischen 
Halbinsel  (3),  und  deren  alte  Herkunft  wird  durch  die  ebenda  und 
sonst  gefundenen  graden  mit  dem  drahtartig  dünnen  zurückgebo- 
genen und  aufgerollten  Griff  erwiesen.  Die  krummen  mit  überall 
breiter  Schneide,  ganz  entsprechend  jenen  Doppelmessern  wie  Fig.  11, 
sind  aus  Norddeutschland  Dänemark  und  weiter  bezeugt  (4),  ohne 

0)  Man  vergleiche  Hampel,  Alterthümer  der  Bronzezeit  in  Ungarn 
Taf.  XVII  4  mit  2.  Das  ebenda  5  abgebildete  ist,  wie  das  S.  239  bei  Evans 
a.  0.  aus  der  Schweiz  beigebrachte,  wie  vielleicht  das  von  Orsi  aus  Vadena 
La  necrop.  di  V.  T.  VIII  5  mit  S.  84  f.),  nicht  aus  dem  unten  zu  besprechenden 
Typus  abzuleiten,  sondern  dadurch  entstanden,  dass  Loch  und  Einschnitt  zu 
einer  einzigen  grossen  Einbuchtung  geworden  sind. 

(*)  Vgl.  'Erprj^eQig  aQX.  1888  T.  9,  18  (unsere  Figur  8a)  und  17  ähnlich 
unserer  7a. 

(3)  J.  Mestorf,  Vorgesch.  Alterth.  aus  Schleswig-Holstein  251  und  247. 
Undset,  X  4,  8,  XIX  1,  XXII  7,  XXVII  4,  XXVIII  16,  XXX  5. 

(*)  Bei  Undset,  XXV  5,  XXVI,  S.  379,  55;  399,  102;  475,  168.  Das  letzte, 
fast  ein  Dreiviertelkreis  mit  rundem  fast  geschlossenem  Loch  darf  man  ver- 
gleichen mit  Garrucci's  Beschreibung  eines  apulischen  Messers  (Ann.  d.  Inst. 
1868  S.  57)  angeführt  von  Gozzadini  Arn.-  Veli  S.  58,  5  della  figura  di  mezzo 


288  E.    PETERSEN 

Griff,  oder  mit  Nietloch  an  einem  Ende,  oder  mit  einem  Ringgriff  in 
der  Mitte  des  Rückenrundes,  zu  welchem  mittleren  sich  wohl  noch 
zwei  seitliche  Ringe  gesellen  (').  Auch  in  der  Form  eines  halben 
oder  nur  Drittelkreises  mit  (oder  ohne)  Rest  der  Rückenrundung  und 
spitzigen  Enden  giebt  es  diese  Messer,  und  solcher  Gestalt  ist 
eines  mit  Ringgriff  an  einem  Ende  bei  Mortillet  1179,  in  einem 
Schweizer  Pfahlbau  gefunden.  Mit  längerem  Griff,  der  in  einem 
Ring  mit  einer  oder  zwei  Spitzen  oder  einer  Volute  endet,  fanden 
sie  sich  in  Oberitalien  und  im  Norden  (*).  Von  diesen  stehen  manche 
dem  rasoio  lunalo  der  Villanovazeit  so  nahe,  dass  dieses  nicht 
anderswoher  abgeleitet  werden  kann. 

Aus  der  Verdoppelung  jener  mehr  graden  Klingen  hat  sich 
aber  noch  eine  andere  Form  des  zweischneidigen  '  Rasiermessers ' 
ergeben,  indem  Loch  und  Einschnitt,  welche  durch  die  Verbindung 
zweier  Klingen  entstanden  waren,  beide  schwinden,  und  so  ein  un- 
gefähr rechteckiges  Blatt  übrig  bleibt,  das  zuletzt  kaum  an  jenen 
Ursprung  erinnern  würde,  wenn  nicht  die  Uebergangsformen  vor- 
handen wären.  Schon  an  Terremaremessern  sieht  man  diese  Ent- 
wicklung beginnen.  So  hat  ein  Messer  bei  Montelius  I  Taf.  23,  7 
ziemlich  viereckigen  Umriss,  aber  noch  gegittertes  Loch  und  tiefen 
Einschnitt  vorn;  ebenda  10  aber  nur  kleines  Loch  und  flachen 
Einschnitt,  und  noch  näher  kommen  vielleicht  die  nicht  vollstän- 
digen Gussformen  7  und  12.  Aber  auch  das  ganz  viereckige  Blatt 
erscheint  bereits  im  Pfahlbau  am  Gardasee:  ein  Exemplar  von  mehre- 
ren bildet  Pigorini  I  6  (unsere  Figur  6)  ab,  wo  das  in  die  Form 
mit  mehrzinkiger  Gabel  eingerissene,  also  mitgegossene  Ornament 


disco  con  foro  nel  mezzo  della  lamina  per  inserirvi  il  dito  pollice  nelV  ado- 
perarlo :  la  parte  affilata  e  tagliente  e  su  tutta  la  linea  curva ;  la  costa  e 
alla  base. 

(!)  Vgl.  Mortillet  Mus.  preh.  1183,  1184,  1185,  dessen  Schneide  erst 
durch  den  Gebrauch  gerade  geworden  zu  sein  scheint.  In  letzterem  und  ähn- 
lichen menschliche  und  Thierfiguren  zu  erkennen  mit  Hömes,  Urgeschichte  der 
hild.  Kunst  S.  446,  ist  mir  nicht  möglich,  so  sehr  sein  Gedanke  anderswo 
zutreffend  ist. 

(2)  Pigorini  I,  11;  Montelius  civil,  prim.  I  34,  17  und  41,  2;  aus  Ungarn 
bei  Hampel  a.  0.  XVII,  1 ;  Undset  a.  0.  IV  4,  X  8,  XII  2  (an  eine  andre  Form 
erinnernd)  XXII  13,  XXV  3,  4,  13,14;  S.  400,  103  f.;  402,  202;  493,  204. 


KINDE    UND    FORSCHUNG  289 

als  Ersatz  der  Gitterung  anzusehen  sein  dürfte,  wie  auch  der  Ein- 
schnitt, wenn  auch  klein  und  flach,  noch  vorhanden  ist. 

Beides,  Loch  and  Ein-  oder  Ausschnitt,  zusammen  hat  von 
mir  bekannten  Rasiermessern  dieses  Typus  nur  eines  aus  Campa- 
nien  im  Berliner  Museum  und  die  drei  von  Finochito,  wenn  sie  alle 
so  gestaltet  waren,  wie  das  eine  von  Orsi  ergänzt  ist,  dieses  sogar 
mit  drei  Löchlein  in  der  Mittelaxe  (,).  Nur  ein  Loch  (keinen  Aus- 
schnitt) haben  eines  von  Vadena  (2),  eines  von  '  Rom  '  bei  Mortillet, 
Mus.  prehist.  1193,  eines  von  Corneto  im  Museo  civico  n.  309,  dessen 
Griff  vielleicht  mit  einem  ausgebrochenen  Stück  verloren  ging; 
ferner  neben  dem  Mittelloch  jederseits  noch  ein  Punktloch  hat  ein 
solches  Messer  von  Ascoli  Piceno  (3) ;  ein  zweites  ebenda  hat  nur 
Kreisornamente  mit  durchbohrtem  Centrum :  ein  mittleres  mit  drei 
andern  daneben  und  darüber  oder  besser  darunter.  Denn  dass  diese 
Messerchen,  wie  Kämme  (4)  und  andre  kleine  für  die  Körperpflege 
gebrauchte  Geräthe  hängend  an  Halsband  oder  Fibel  getragen  wur- 
den, also  der  Griff —  nicht  zwecklos  so  oft  mit  einem  Ringe  endend  — 
oben,  und  die  vorher  als  v  o  r  d  e  r  e  bezeichnete  Seite  unten  ist,  das 
zeigt  uns  jenes  Berliner  Exemplar,  wenn  es  doch  wohl  an  der  Fi- 
belnadel hangend  gefunden  wurde :  das  zeigt  ferner  ein  drittes  im 
Museum  von  Ascoli  von  mir  notiertes  Messer  dieses  Typus,  das 
merkwürdigste  von  allen.  Auch  hier  nimmt  die  Stelle  des  Lochs 
ein  Radornament,  oder  Kreis  mit  eingezeichnetem  Kreuz  und  durch- 
bohrtem Centrum  ein ;  dazu,  gleichfalls  fein  graviert,  ein  Mäander 
am  Rande,  der  eben  als  unterer  zu  bezeichnen  ist,  weil  darüber, 
jederseits  gegen  das  Radornament  gekehrt,  zwei  streng  geometrisch 

(!)  Vgl.  über  diese  und  das  Campanische  R.  M.  98  S.  169. 

(2)  Orsi,  La  necrop.  ital.  di  Vadena  VIII  1,  danach  Pigorini  S.  9. 

(3)  G.  Gabrielli,  II  palazzo  comun.  di  Ascoli  P.  p.  16  bildet  dies  erste, 
von  den  Hügeln  des  Tronto,  und  das  zweite,  von  Castel  Trosino  ab,  erwähnt 
das  dritte  nicht. 

(4)  Z.  B.  Montelius  Civil,  prim.  I.  Taf.  8,  14,  17,  19,  24.  Einen  ganz 
ähnlichen  Kamm  hat  die  langhalsige  Thonfigur  in  den  Monum.  Piot  I  Taf.  III 
(danach  B.  97  S.  85)  am  Halsband  hängen.  Einen  zum  Anhängen  bestimm- 
ten Kamm  von  ähnlicher  Form,  wie  die  viereckigen  Rasiermesser,  nur  mit 
Ringgriff  ohne  längeren  Stil  hat  das  Museum  von  Ascoli.  Einen  zweiten  ebda 
mit  schräger  Zahnreihe  würde  ich  aus  einem  Rasiermesser  hergestellt  glau- 
ben, (wegen  längeren  Stiles),  wenn  die  oberen  Ecken  abgerundet  wären  wie 
bei  den  drei  wirklichen  Messern  daselbst. 

20 


290  E.    PETERSEN 

gezeichnete  Wasservögel  stehn.  Höher  noch  je  ein  Kreuzornament, 
und  das  dreieckige  Blech,  mit  welchem  der  Griff  befestigt  ist,  zeigt 
sich  mit  Wolfszähnen  umsäumt,  alles  fein  in  geometrischem  Stil 
eingraviert  wie  auf  cinturoni,  Fibelfussscheiben  der  ersten  und 
folgenden  Eisenzeit. 

Das  Loch  ohne  Ausschnitt  hat  ferner  ein  solches  Messer  von 
Alfedena;  eines  von  Tolentino  dagegen  nur  ein  Kreislein  zwischen 
vier  andern  gegen  die  Ecken  gestellten.  Eines  von  Suessula  (Pigo- 
rini  I  10)  hat  zwei  Löcher  nebeneinander,  kaum  zur  Befestigung 
eines  Griffes ;  ein  Loch  dagegen  eines  von  Capua,  während  ein  zweites 
ebenda  (s.  R.  M.  98  S.  161,  1  nur  vorn  den  Ausschnitt  hat  (');  ein 
drittes  weder  Loch  noch  Ausschnitt,  so  wie  eines  von  Castelmez- 
zano  (N.  96  S.  186).  Auch  im  Norden  wurden  sie  gefunden,  eines 
unweit  Kamenz  (Undset  XXV  2),  eines  in  Mecklenburg  (ebenda 
XIX  2)  mit  dem  Gusszapfen,  also  dort  gegossen. 

Genug,  das  erste  Zweischneidenmesser  von  Cassibile  Fig.  1, 
einer  Culturschicht  angehörig,  in  welcher  mykenische  Beziehungen 
nicht  selten  sind,  zeigt  eine  Klingenform  verdoppelt,  die  vom  vor- 
mykenischen  Troja,  mehr  oder  weniger  modificiert,  nach  Westen 
südlich  und  nördlich  von  den  Alpen  verbreitet  ist;  das  zweite 
Doppelmesser  von  Cassibile,  Fig.  3  findet  seine  nächsten  Verwandten 
in  England  und  Holland  und  giebt  eine  Doppelung  von  Klingen, 
wie  sie  in  Mykene  und  zwischen  Nord-  und  Ostsee  gefunden  wurden ; 
der  allmählich  zum  Viereck  werdende  Typus  findet  sich  vom  sici- 
lischen  Finochito  durch  ganz  Italien  bis  in  die  Alpen  und  auch 
nördlich  von  diesen  und  ist,  gleich  den  andern  Doppelmessern  von 
Pantalica,  nur  ein  Abkömmling  der  in  Terremare,  in  Ungarn  wie 
im  Nordwesten  Europas  gefundenen  Doppelung,  die  inmitten  an 
dem  mit  Gitterung  gefüllten  oder  leeren,  dann  zusammenschrumpfen- 
den, zuletzt  verschwindenden  Loch,  vorn  an  dem  erst  tiefen  dann 
fiachen,  zuletzt  gleichfalls  verschwindenden  Ausschnitt,  endlich  an 
den  erst  tiefer,  später  weniger  einschneidenden  Winkeln  neben  dem 
Griff  die  Vereinigung  zweier  Messer  am  deutlichsten  erkennen  lässt. 
Zusammengenommen,  macht  dieses  die  Herkunft  unserer  Messer  aus 
dem  Südosten,  wie  sie  schon  Orsi  B.  97  S.  196  aussprach,  in  hohem 


(x)  So  auch  ein  ungarisches  bei   Hampel  XVII  8,  das  aber  durch   den 
weiten  Ausschnitt  und  die  spitzeren  Winkel  am  Griff  alterthümlicher  ist. 


FINDE    UND    FORSCHUNG  2l)l 

Grade  wahrscheinlich,  und  die  Deutung,  die  ich  B.  97  S.  81  (1  Mitte 
und  3)  zwei  Piktogrammen  von  Inselsteinen  gegeben,  erheblich  be- 
gründeter, seitdem  das  Vorkommen  der  Zweischneidenmesser  in  Si- 
cilien,  eben  im  Bereich  mykenischer  Verbindungen  erhärtet  ist.  Das 
erste  jener  beiden  Piktogramme  würde  zu  den  gradschneidigen  ge- 
hören und  durch  die  Gitterung  den  Terremaremessern  nahekommen. 
Haben  letztere  gewöhnlich  die  stärkere  Verbindung  zwischen  den 
zwei  Schneiden  am  Griff,  nicht  vorn,  und  hier  nicht  eine  den  Aus- 
schnitt theilende  Mittelzunge,  so  könnte  letzteres  doch  auch  bei 
einem  von  Montelius  civil,  prim.  I  23,  10  abgebildeten  der  Fall 
gewesen  sein,  und  in  der  andern  Hinsicht  wäre  ebenda  die  Guss- 
form 11  zu  vergleichen.  Das  zweite  Piktogramm  würde  durch  un- 
sere Figg.  11,  12  und  die  dazu  verglichenen  Formen  bestätigt 
werden.  Aber  ich  bestreite  natürlich  keineswegs,  dass  wir  das  Dop- 
pelmesser selbst  aus  jenen  Gegenden  damit  noch  nicht  haben.  — 
Die  Orientation  und  Limitation  (')  der  Terramarestationen, 
welche  in  so  merkwürdiger  Weise  an  zwei  Beispielen  :  C  a  s  t  e  1  - 
lazzo  di  Fontanellato  und  Rovere  di  Caorso  (hier  mit 
F  bezeichnet)  constatiert  waren,  haben  weitere  Bestätigung  erhalten 
durch  die  im  neunten  Jahre  endlich  abschliessende  Ausgrabung  der 
erstgenannten  B.  97,  56  mit  Taf.  IV  und  durch  zwei  weitere  Bei- 
spiele im  Piacentino,  Montata  dell'Orto  (hier  M),  und  bei 
Carpi  diejenige  della  Savana  (hier  S).  Ueber  die  erstere  liegt 
ein  von  einer  Anzahl  von  Offizieren  und  andern  Notabein  unter- 
zeichnetes Protokoll  vor  (B.  98,  296),  über  letztere  ein  Bericht 
in  N.  99,  312,  endlich  ein  kürzerer  B.  98,  302  über  die  Ter- 
ramare  von  Cebena  (Modena,  hier  C).  Ich  fasse  kurz  die  den 
Stationen  FMS  (z.  Th.  auch  für  C  lezeugt)  gemeinsamen  Züge  zu- 
sammen, die,  wie  bei  M  besonders  hervorgehoben  wird,  bei  auf  einem 
Hügel  angelegten  Stationen  (M)  dieselben  wie  bei  in  der  Ebene  ge- 
legenen (F)  seien :  trapezförmiger  Grundriss,  die  Langseiten  gegen 
Ost  u.  West  (mit  etwas  Abweichung  nach  S  u.  N)  orientiert,  aussen 
ein  Graben,  an  diesem  innen  ein  Damm,  lehn  nach  aussen  gegen 
den  Graben,  innen  senkrecht  durch  Pfahlwerk  abgestützt.  In  ent- 
gegengesetzter Weise  wie  der  Serviuswall  angelegt,  welcher  ja 
innen  den  agger,  aussen  am  Graben  die  senkrechte  Steinmauer  hatte, 

(»)  Vgl.  R.  M.  96,  260;  95,  75. 


292  E.    PKTERSKN 

muss  der  Damm  der  Terramare  nicht  gegen  Menschen  sondern  gegen 
Ueberschwemmung  gedient  haben.  Bei  S  ist  zwischen  Damm  und 
Pfahlwerk  der  Länge  nach  eine  erste  Markierung  durch  ein  mit 
Kieseln,  Thonscherben  und  Erde  gefülltes  Gräbchen,  das  man  mit 
Recht  einen  solco  augurale  zu  nennen  scheint,  beobachtet.  In  der 
Mitte  der  Ostseite  liegt  ein  aufgehöhter  abgesonderter  Bezirk,  den 
man  früher  als  templam,  jetzt  als  arx  zu  bezeichnen  liebt.  Dieser 
Bezirk  ist  selber  wieder  von  Graben  (er  fehlt  M  und,  wie  S.  299,  8 
bemerkt  wird,  auch  in  der  Tm.  Colombare  di  Bersano)  und 
Wall  umgeben,  so  dass  an  seiner  Ostseite  zweimal  Graben  und  Wall 
aufeinanderfolgen  würden ;  er  reicht  westlich  bis  an  den  nordsüd- 
lichen Mittelweg  der  stazione,  den  cardo  und  wird  in  seiner  Mitte 
von  dem  ostwestlichen  Mittelweg,  dem  decumanus  geschnitten,  wel- 
cher in  der  arx  durch  einen  Graben  markiert  ist.  In  dessen  Sohle 
waren  fünf  Gruben  pozzetti  (F  M)  von  5,0  X  2,50  m.  Ausdehnung 
und  1,60  Tiefe  ausgehoben  und  mit  ähnlichem  Gemisch  wie  jener 
solco  augurale,  dazu  auch  gespaltenen  Thierknochen  und  Flint- 
steinsplittern gefüllt  und  in  M  einst  mit  Brettern  gedeckt.  An 
den  Ausgängen  der  beiden  Mittelwege  war  der  äussere  Graben,  nur 
an  der  arx  der  innere  überbrückt.  Dem  cardo  maximus  lief  (F) 
jederseits  ein  minor,  dem  decumanus  max.  je  zwei  minores  paral- 
lel ('),  alle  diese  Wege  aus  Lehm  gebildete  Dämme,  welche  durch 
senkrecht  eingerammte  und  querverbundene  Pfähle  zusammenge- 
halten waren.  Durch  besondere  Beschaffenheit  des  Erdreichs  ist  in 
F  an  einer  Stelle  dies  Pfahlwerk  erhalten,  auf  S.  63  photogra- 
phisch abgebildet.  Zwischen  diesen  sich  kreuzenden  Dämmen  lagen 
wie  bacini  die  isole  mit  den  Pfahlhütten,  alle  Inseln  gleich  gross, 
ausgenommen  die  nördlich  an  der  schrägen  Linie  des  Trapezes  gele- 
genen. Die  Maasse  der  Gräber,  Dämme,  Wege,  der  Pfahlabstände 
in  letzteren,  der  Brücken  lassen  ein  Grundmaass  von  0,30  m.  also 
fast  identisch  mit  dem  römischen  Fuss  von  0,296  m.  erkennen.  In  S 
haben  die  Bewohner,  statt  durch  die  Klappe  unter  die  Hütte,  viel- 
mehr rundherum  den  Abfall  geworfen.  Gleichwohl  soll  hier  eine 
dreimalige  Höherlegung  der  Hütten  stattgefunden  haben.  Die  foco- 
lari,  der  Bewurf  des  Flechtwerks  mit  Lehm,  die  Funde  von  Thon- 

(!)  In  kleineren  Ansiedelungen,  wie  Bell  an  da  (Mäntua),  Rovere  di 
Caorso  waren  nur  die  zwei  Hauptwege. 


KINDE    UM)    FORSCHUNG  293 

und  (wenigen)  Bronzesachen  in  S  sind  nichts  Neues ;  dass  aber  diese 
Terramare  bis  iu  römische  Zeit  bewohnt  gewesen,  würde  ein  No- 
vum  sein.  Es  wird  gefolgert  daraus,  dass  römische  Ziegel  unten 
im  Graben  gefunden  wurden.  Aber  es  scheint  nichts  gefunden 
zu  sein  was  der  langen  Zwischenzeit  vom  9.  bis  3.  Jhdt.  v.  C. 
angehören  könnte  (1). 

Von  einschneidender  Bedeutung  ist  eine  Entdeckung  Quagliatis 
am  mare  piccolo  von  Taren t,  über  die  gedruckt  nur  erst  eine 
kurze  aus  der  Zeitung  geschöpfte  Notiz  im  B.  99,  202  vorliegt; 
und  persönlichen  Mittheilungen  gegenüber,  die  Quagliati  selber 
zu  machen  die  Güte  hatte,  ziemt  sich  Zurückhaltung.  Genug  dass, 
während  bis  dahin  die  '  Italiker  als  terramaricoli  nicht  weiter 
südlich  als  in  der  Emilia  angetroffen  waren  und  deshalb  eist  in 
einem  späteren  Stadium  ihrer  Entwickelung  den  Apennin  über- 
schritten haben  sollten,  nunmehr  in  Pfahlbauten  und  Thonware 
mit  den  charakteristischen  ansc  cornute,  auch  Bronzen  eben  jene 
frühere  Zeit  soweit  südlich  sich  vor  uns  aufzuthun  beginnt.  Von 
ganz  besonderer  Wichtigkeit  ist  aber  noch  die  fernere  Beobachtung 
Quagliatis,  dass  mykenische  Scherben,  wie  mir  bei  flüchtiger  Be- 
sichtigung schien,  ähnlicher  Art  wie  die  von  Orsi  in  Sicilien  gefun- 
denen, sich  mit  unverkennbar  l  protokorinthischen  '  Scherben  zu- 
sammen (?)  in  einer  höheren  Schicht,  nicht  unerheblich  über  den 
Pfahlbauresten  gefunden  haben.  Die  weitere  Verfolgung  dieses  nach 
verschiedenen  Seiten  hin  Aufklärung  versprechenden  Fundes  wird 
man  sich  vom  Eifer  und  Geschick  Quagliatis  und  anderer  zuge- 
zogener Forscher  versprechen  dürfen. 

Darf  man  auch  noch  nicht  sagen,  dass  damit  der  Contakt 
nicht  nur  des  Sikelischen  einer-  und  der  Terremare  andrerseits 
mit  wenigstens  Spätmy kenischem,  sondern  auch  jener  zwei  Sphären 
miteinander  gegeben  sei,  so  berühren  doch  beide  einen  und  den- 
selben Punkt.  Auch  entspricht  die  zeitliche  Aufeinanderfolge  im 
Allgemeinen  der  herrschenden  Ansicht,  nur  dass  das  Mykenische 
hier  allem  Anschein  nach  erheblich  jünger  sein  muss,  als  es  in 
Orsis   Berechnungen    angesetzt    war,    gegen    welche   schon    oben 

(')  Ein  andres  Beispiel  solcher  Continuität,  bis  ins  Mittelalter  sogar,  fin- 
det Brizio  beim  Monte  Castellaccio  (Iraola)  N.  97,  54. 


294  E-    PETERSEN 

S.  172  ein  Zweifel  geäussert  wurde  (').  Zwischen  die  ältere  und 
die  jüngere  jener  am  mare  piccolo  auftretenden  Phasen  fügt  sich 
nun  jener  in  nächster  Nähe  in  Tarent  selbst  gemachte  Vasenfund 
(oben  S.  186),  und  die  von  verschiedenen  Seiten  behauptete  Ver- 
wandtschaft dieser  Vasen  mit  der  Villanovakeramik  gewinnt  erheb- 
lich an  Halt. 

Sind  doch  auch  in  Cumae  eben  von  Patroni  (nach  dem  Vor- 
gang von  Stevens  (2))  B.  99,  183  mit  richtigem  Urtheil  aus  der 
Zahl  der  griechischen  Vasen  eine  Anzahl  solcher  von  primitivem 
Aussehen  ausgeschieden,  welche  nach  der  B.  99,  186  gegebenen 
Charakteristik  technisch  wesentlich  auf  derselben  Stufe,  wenn  nicht 
noch  etwas  niedriger  stehen  wie  die  Villanovakeramik.  Nament- 
lich finden  die  Hauptformen  daselbst  Fig.  2  (3)  aber  auch  3-6 
und  9  in  jenen  Tarentiner  Vasen  Parallelen  und  zwar  nicht  nur 
in  den  feineren,  bemalten  sondern  auch  in  den  braunschwarzen,  mit 
welchen  die  Cumaner  Vasen  auch  den  primitiven  Schmuck  der  War- 
zen sporgense  mamülari  gemein  haben. 

Wie  in  Tarent  haben  auch  hier  einige  Gefässe  die  Gestalt 
der  Villanovaurue  (4).  Dass  sie  viel  kleiner  sind  und  nicht  einen 
horizontalen  sondern  einen  vertikalen  Henkel  haben,  kann  nicht 
gegen  die  Verwandtschft  beweisen,  denn  auch  in  Bologna  (S.  Fran- 
cesco und  Arnoaldi)  an  Stellen,  wo  der  Zusammenhang  mit  '  Vil- 
lanova '  feststeht,  findet  sich  ähnliche  Abwandelung  des  Typus. 
Dazu  kommt  in  Cuma  die  schon  in  Terremare  gebräuchliche  Tas- 
senform Fig.  7,  8,  einmal  10  sogar  mit  zwei  Hörnchen  auf  dem 
Henkel.  Dazu  das  mit  mehr  zinkiger  Gabel  istrumento  a  denli 

(*)  Solchen  scheint  auch  Karo  in  seiner  eingehenden  Widerlegung  des 
Monteliusschen  chronologischen  Schemas  (s.  oben  98  S.  151,  1)  B  99  S.  144  f. 
auszusprechen. 

(*)  Dessen  bisher  leider  allzu  sehr  verborgen  gehaltene  Sammlung  ist, 
nach  a.  a.  0.  Mitgetheiltem  so  in  Unordnung  gerathen,  dass  eine  Scheidung 
der  Funde  auch  mittels  sehr  genauer  Fundnotizen,  deren  Vorhandensein  kaum 
wahrscheinlich,  schwer  möglich  sein  dürfte. 

(3)  Noch  näher  kommt  der  Tarentiner  Form  (s.  Patroni,  La  ceramica 
ant.  nelVIt.  merid.  S.  6  F.  1)  ein  Gefäss  in  Suessula,  der  Sammlung  Spinelli. 

(4)  Patroni  hat  das  hervorgehoben.  Man  kann  ihm  gern  einräumen  dass 
es  in  Unteritalien  keine  genuina  tradizione  villanoviana  gebe,  weil  die  inci- 
nerazione  und  damit  der  uso  veramente  rituale  fehle.  Dass  aber  eine  Tra- 
dition vorhanden,  ist  gewiss,  wie  mächtig,  das  ist  noch  zu  erforschen. 


FUNDS   TOD   FORSCHUNG  2!C> 

eingeritzte  Dreiecks-  (Zickzack)  und  Vierecksornament  (primitiver 
Mäander,  auch  Hakenkrenz).  Auch  sind  ja,  wieder  von  Patroni, 
kürzlich  (')  sowohl  in  Neapel,  aus  Cumae  stammend,  wie  in  Capua 
Gefässe  nachgewiesen,  die  der  Villanovaurne  auch  in  der  Grösse 
und  Henkelform  noch  viel  näher  stehen. 

Grössere  Aehnlichkeit  noch  als  mit  den  Vasen  von  Tarent  ha- 
ben die  primitiven  Cumaner  mit  solchen  der  frühen  Fossagräber 
von  Narce,  wo  dieselben  Formen,  sogar  die  Tasse  mit  quergetheil- 
tem,  oben  mit  Hörnchen  besetztem  Henkel  sich  findet,  wo  auch  die 
von  Killen  umkreisten  Warzen  und  geometrisches  Dreiecks-  und 
Vierecksornament,  und  die  Buckeln  unter  der  Tasse  den  borchie 
entsprechen,  um  deren  willen  Ghirardini  la  situla  II  Sp.  91  ff.  (vgl. 
besonders  Fig.  23  und  24  ff.  mehrere  jener  Vasen  von  Narce  mit 
norditalischen  zusammenstellt. 

Ausser  der  Urne  vom  Villanovatypus  waren  aber  im  Museum 
von  Capua,  das  ja  auch  jene  hochalten  Rasiermesser  besitzt,  noch 
andre  Vasen  gleicher  Technik,  Ornamentik  und  z.  Th.  auch  Form  zu 
nennen :  ein  riesiger  Skyphos,  eine  winzige  Amphora,  eine  gedrückter 
herzförmiger  Krug  mit  niedrigem  dickem  Hals,  eine  andre  mit  lan- 
gem weitem  Hals  und  bandartigem  Henkel.  Der  schwärzliche  im- 
pasto  italicOj  das  mit  sechszinkiger  Gabel  eingerissene  oder  schnur- 
artig eingepresste  Zickzack-  und  Mäanderornament,  die  an  den 
Spitzen  von  Wolfszähnen  eingepressten  concentrischen  Kreislein  an 
diesen  Gefässen  sind  lauter  Züge  älterer  oder  jüngerer  Villanova- 
keramik. Hier  ist  nun  auch  der  oben  S.  185  erwähnte,  S.  186, 
Fig.  4  a-c  skizzierte  kleine  Askos  zu  nennen,  der  mit  seiner 
Mäanderverzerrung  an  die  Villanovaornamentik  (-)  erinnerte,  wie 
mit  seinen  gekreuzten  Haken  an  sikelische  Motive  der  I.  Periode. 

In  Suessula,  wo  Patroni  ähnliche  Gefässe  wie  die  von  Cuma 
und  Capua  bemerkte,  gab  es  (vgl.  oben  S.  184)  auch  jene  beson- 
ders Nordapulien,  z,  B.  Canosa  eigenen  Gefässe,  die  in  so  eigen- 
tümlicher Weise  breit-  und  feinstrichiges  Ornament  verbinden, 
und  unter  letzterem  namentlich  jene  Dreiecksmäander,  die  nur  viel 
grösser  (3),  eine  so  eigentümliche  Erscheinung  der  Villanovake- 

(>)  Notizie  96,  531. 

(2)  Beabsichtigt  war  wohl  das  von  Boehlau  a.  unten  a.  0.,  Beilage  8 
oder  13  abgebildete  Schema. 

(3)  Die  ungemeine  Grösse  der  Ornamentschemata  ist  die  Folge  der  mehr- 
stri''hisen  Zeichnung. 


296  E.    PETERSEN 

ramik  sind,  diesseits  wie  jenseits  des  Gebirgs  gebräuchlich,  und 
zwar  augenscheinlich,  nachdem  einfache  Dreiecksmotive,  wie  Wolfs- 
zähne und  Zickzacks,  schon  auf  Terremarekeramik  gebraucht  waren, 
neu  hervorgerufen  durch  Anwendung  des  an  Mäander  und  Haken- 
kreuz geübten  Linienzugs  auf  das  Dreiecksornament. 

Vereinzelt  wie  jene  Vasen  der  Villanovaspecies  in  Campanien, 
sind  ferner  zwei  der  eben  genannten  apulischen  Gattung  im  Norden, 
nicht  etwa  wie  einige  in  den  Museen  von  Bologna  und  Florenz  als 
Proben  aufgestellte,  neuerdings  dahin  geschaffte  Vasen,  sondern 
unlängst  bei  sorgfältig  überwachten  und  beschriebenen  Ausgrabun- 
gen gefundene.  Es  sind  zwei  Gefässe  aus  den  Gräbern  81  und  50 
von  Novilara,  unweit  Pesaro,  abgebildet  und  besprochen  von  Brizio 
Mon.  Line.  V  Sp.  297  f.  Für  das  erste,  einen  birnförmigen  Krug 
hatten  schon  Orsi  und  Brizio  auf  Tarentiner  und  apulische  Vasen 
hingewiesen  (wie  oben  S.  49);  für  den  zweiten,  einen  zweihenkli- 
gen Krater  würde  man  gewiss  dasselbe  gethan  haben,  wenn  Mayers 
Arbeit  über  die  mittelapulische  Keramik,  oben  S.  13  ff.  schon  vor- 
gelegen hätte  (l). 

Hier  in  Novilara,  dessen  Gräberinhalt,  trotz  des  andern  Bestat- 
tungsritus, in  festem  Zusammenhang  mit  der  Villanovacultur  steht, 
sind  jene  zwei  apulischen  Gefässe  ein  bemerkeuswerthes  Verbindungs- 
glied des  Nord-  und  Süditalischen.  Die  Vereinzelung  dieser  wie  der 
andern  hervorgehobenen  Beziehungen  mag  noch  befremdlich  sein, 
die  Thatsache  ist  nicht  wegzuleugnen  und  wird  gewiss  weitere  Bestä- 
tigung erfahren.  Setzen  wir  nun  mit  Karo  (B.  97  S.  161)  die  Villa- 
novaperiode der  cronologia  elrusca,  als  anteriore  all'  importazione 
greca,  ins  IX.  und  VIII.  Jhdt.  und  die  erste  importazione  greca 
di  vasi  e  bronsi  geometriei  ins  VIII.  und  VII.  und  sehen  wir  jeden- 
falls die  ersten  anerkannten  griechischen  Vasen,  die  geometrisch 
bemalten  Kannen  sowohl  wie  die  kaum  aus  sehr  verschiedener 
Fabrik  entstammenden  protokorinthischen  Gefässe  sowohl  in  Sici- 
lien  wie  in  Campanien  und  Etrurien  ungefähr  gleichzeitig  auftre- 

(l)  Vgl.  besonders  S  27  Fig.  3  und  die  mit  etwas  andern  Henkeln 
versehenen  Krater  Taf.  II  und  III.  Es  scheint  mir  kaum  zweifelhaft,  dass  das 
hier  so  gewöhnliche  Ornament,  dessen  Deutung  als  Kamm  ich  oben  S.  185,  1 
ablehnte,  namentlich  wie  es  S.  24,  27,  29  (5),  36  und  Taf.  III  14,  V  2  erscheint, 
kein  andres  ist  als  das  welches  auf  jenem  Novilarakrug  der  untersten  Zone 
angehängt  erscheint,  und  auf  das  noch  zurückzukommen  ist. 


KINDE    U1IS   FORSCHUNG  297 

ten,  so  stellt  sich  die  Frage,  ob  dies  wirklich  der  erste  griechische 
Import  gewesen  sei,  und  auf  welche  Weise  und  durch  welcherlei 
Gegenstände  und  woher  denn  die  Anregungen  zu  den  schon  in  der 
ersten  Eisenzeit  und  noch  früher  sich  zeigenden  dem  Norden  und 
Süden  Italiens  gemeinsamen  Dingen  und  Formen  gekommen  sind. 
Ghirardini,  la  situla  italica  primitiva  studiata  specialmente 
in  Este  im  II.  und  VII.  Band  der  Monument i  antichi  Line,  hat 
in  sehr  fleissiger  aber  auch  sehr  umständlicher  Weise  und  mit  kaum 
gerechtfertigter  Beschränkung  auf  eine  Gefässform,  den  Eimer  aus 
Kupferblech  mit  getriebenem  Ornament  in  seiner  Verbreitung  von 
Latium  bis  in  die  Alpen  behandelt.  Einbezogen  hat  er  auch  die 
thönernen  Nachbildungen  und,  weiter  abliegend,  die  Gattung  der 
mit  eingedrückten  borchie,  d.  i.,  Buckeln  aus  Kupferblech  verzier- 
ten Thongefässe  verschiedener  Gestalt.  Das  Ornament  dieser  ganz 
aus  dem  Metall  getriebenen  oder  mit  Metalbuckeln  wenigstens  ver- 
zierten Gefässe  ist  in  den  zahlreichen  älteren,  in  frühe  Eisenzeit 
hinaufreichenden  Exemplaren  geometrisch,  von  einzelnen  rundlini- 
gen  Schematen,  namentlich  jenen  an  grösseren  Kreisen  hängenden 
und  schwingenden  Bändern  oder  Entenköpfen  (')  abgesehen,  grad- 
linig: es  sind  dieselben  oder  ähnliche  Dreiecks-  und  Vierecksmäan- 
der wie  in  der  Villanovakeramik.  Die  Verbreitung  dieser  situla 
von  Bologna  und  Este  nach  dem  Norden  ist  von  Ghirardini  besser 
erwiesen,  als  dass  sie  auch  nach  Bologna  von  Süden,  d.  h.  aus 
Etrurien  gekommen  sei.  Die  ersten  Vorbilder  glaubt  Gh.  aus  dem 
Osten  gekommen,  durch  Phoenizier  übermittelt.  Ein  als  Kefatribut 
in  aegyptischem  Wandgemälde  dargestelltes  Gefäss  I  Sp.  56  hat 
allerdings  eine  partielle  Aehnlichkeit  (*);  sonst  ist  eben  das  Dogma, 

0)  Ghirardini  scheint  Undsets  Herleitung  von  der  Uraeusschlange  mit 
Hoernes  anzunehmen  I  Sp.  25.  Ich  kann  nicht  umhin,  auch  hier  eine  Ver- 
wandtschaft mit  Süditalischem  zu  vermuthen,  nämlich  mit  den  oben  S.  190 
von  Henkoln  aber  auch  sonst  herabhängenden  Doppelbändern. 

(2)  Viel  grösser  ist  diejenige  eines  wirklich  nach  Etrurien  gebrachten 
aegyptisierenden  Gefässes,  das  Schiaparelli  in  Mon.  Line.  VIII  Taf.  II,  Sp.  89 
publiciert  und  commentiert  hat.  Von  ihm  zeitlich  fixiert  als  um  728  v.  C.  nach 
Ourneto  gebracht,  dort  in  einem  Kammergrabe  gefunden,  ist  es  von  hervorra- 
gender Bedeutung  für  die  Gräberchronologie  (vgl.  Karo,  a.  a.  0.  S.  155  f.). 
Den  ältesten  Situlen  ungefähr  gleichzeitig,  hat  es  mit  südapenninischen,  wie 
Ghirardini  I  Sp.  50,  und  nordapenninischen,  wie  Sp.  87,  fast  dieselbe  Gestalt, 
und  hat  auch  allem  Anschein  nach  einen  Henkel  gehabt  wie  Gh. 's  erste,  aus 
Corneto  I  Sp.  45. 


298  E.   PETERSEN 

dass  es  in  der  ersten  Eisenzeit  keinen  griechischen  Import  gegeben 
habe,  Beweis. 

Diesem  Dogma  entgegen  hat  Boehlau,  zur  Ornamentik  der 
Villanovaperiode,  Cassel  1895,  das  Ornamentsystem  dieser  Periode 
als  griechisch  angesprochen.  Auf  welchem  Wege  es  nach  Nordita- 
lien gelangt  sei,  lässt  er  dahingestellt  sein  (');  die  Herkunft  glaubt 
er,  eben  wegen  der  Verbindung  von  Dreiecks-  und  Vierecksmotiven, 
weder  im  Dipytonstil,  dem  nur  letztere,  noch  in  der  böotischen 
geometrischen  Keramik,  der  nur  erstere  eignen,  sondern  an  dritter 
Stelle,  wo  schon  beides  vereinigt  gewesen  sei,  suchen  zu  müssen. 
Es  ist  dagegen  schon  oben  gesagt,  dass  die  Dreiecksmäander,  die 
doch  wohl  specifisch  italisch  sind,  aber  nicht  auf  Norditalien  be- 
schränkt, nur  eine  durch  den  Mäander  hervorgerufene  Weiterbildung 
des  Dreieckornaments  sein  dürften.  Nur  der  Mäander  ist  das  neue  von 
aussen  gekommene  Element,  das  ungefähr  zur  selben  Zeit  spärli- 
cher in  Unteritalien  und  Sicilien,  häufig  in  Oberitalien  auftritt; 
und  das  Fehlen  dieses  Ornaments,  auch  in  seiner  allereinfachsten 
Form,  in  der  reichen  altsikelischen  (I  und  II)  Ornamentik,  ebenso 
wie  in  der  norditalischen  heimischen  W^aare  der  Terremare,  da  doch 
die  Dreiecksmotive  wie  Wolfszähne  und  Zickzackbänder  beider  Or- 
ten so  häufig  sind,  ist  ein  sprechender  Beweis  dafür,  wie  mächtig 
in  diesem  scheinbar  so  naheliegenden  und  dem  Belieben  oder  Zu- 
fall heimgegebenen  Linienspiel  die  Tradition  ist. 

Die  erste  Eisenzeit  und  der  Uebergang  von  der  geometrischen 
Verzierungsweise  mit  seinem  beschränkten  Figurenkreis  zu  orien- 
talischem Reichthum  hat  durch  Grabungen  und  Funde  in  Vetulo- 
nia,  Vol terra.  Pitigliano  (Grosseto),  Verucchio  (Kimini) 
neues  Licht  erhalten. 

In  Vetuloni  a  (2),  wo  der  unermüdliche  Falchi  bald  hier  bald 
dort  sucht  und  findet,  sind  auf  dem  Poggio  alla  Guardia  und  Ren- 

(l)  Nur  dass  aus  der  Häufigkeit  der  Mäanderverzerrungen  nördlich,  aus 
ihrer  Seltenheit  südlich  vom  Apennin  wohl  mit  Recht  geschlossen  wird,  dass 
dieses  Ornament  von  Etrurien  nach  Bologna  gewandert  sei.  Man  möchte  zufü- 
gen, dass  das  neue  Schema  in  Ktrurien  zunächst  den  Dreiecksmäander  her- 
vorrief, dessen  krause  Windungen  dann  bei  den  Nördlichen  auch  den  Mäander 
rückwirkend  entstellten.  Mitwirken  mochten  die  an  der  Adria  nicht  seltenen 
Wellenbandsysteme,  gerundete  wie  eckige.  Vgl.  unten  bei  Verucchio. 
(8)  Notizie  1898  S.  91,  Berichte  über  die  Jahre  1895  bis  1897. 


KUNDE    UND   FORSCH t  NG  299 

zetto  und  an  der  via  di  Sagrona  wieder  zahlreiche  Pozzogräber  ge- 
funden, mit  dem  bekannten  dürftigen  Inhalt:  Cinerare,  meist  in 
Urnen-  selten  in  Hüttenform,  mitunter  eine  auf  die  Deckplatte  der 
andern  gestellt.  Vom  Inhalt  hervorzuheben  ist,  wegen  ethnographi- 
scher Fragen,  das  Bronzefigürchen  eines  Kriegers  mit  Schild  und 
Helm  (von  der  bekannten  Form,  die  auch  als  Urnendeckel  diente, 
mit  von  vorn  nach  hinten  gehendem  Kamm) ;  dazu  auch  wirkliche 
Waffen  in  verschiedenen  pozzi.  Zwischen  diesen  finden  sich  die 
Gräber  a  buca,  meist  a  circolo  benannt  nach  den  sie  auf  der  Ober- 
Hache  markierenden  Steinkreisen,  vielleicht  den  Abgrenzungen  ein- 
stiger Grabhügel.  Diese  Ansicht  vertritt  z.  B.  auch  Milani  in  seinem 
an  kühnen  Ideen  reichen  Museo  topografico  deW  Etruria  S.  25, 
wo  er  nachdrücklich  auch  die  Gleichzeitigkeit  beider  Grabarten, 
jene  der  italischen  und  etruskischen  (')  Plebs,  dieser  dem  etruski- 
schen  Adel  zugeschrieben,  behauptet,  ohne  dies  vorerst  zu  bewei- 
sen. Dagegen  spricht  ausser  anderem  auch  Falchis  Beobachtung 
(N.  98,  101),  dass  die  Steine  der  circoli,  wo  pozzi  berührend, 
kleiner  sind.  In  den  buche  sind  meist  keine  Ossuare  gefunden  und 
von  sterblichen  Besten  nur  Zahnkronen,  wie  in  Novilara  (2).  Wie 
hier  werden  wir  auch  in  den  Circolo  -  Gräbern  als  die  Regel  Be- 
stattung anzunehmen  haben;  aber  dass  man,  wie  gewöhnlich  gesagt 
wird,  den  mit  seiner  reichen  Ausstattung  ins  Grab  gelegten  Todteu 
erst  mit  Steinen,  dann  mit  Erde  verschüttet  habe,  ist  schwer  zu 
glauben,  da  das  sowohl  dem  vorher  als  dem  nachher  in  Vetulonia 
üblich  gewesenen  Bemühen,  den  Grabinhalt  zu  schirmen,  wider- 
spricht. Hier  wie  in  Veji  und  Palestrina,  wo  man  den  glei- 
chen Bestattungsmodus  gefunden  haben  will  ('),  dürften  die  Steine 
von  innerer  Ausmauerung  und  Ueberwölbung  der  fossa  herrühren, 
ähnlich  wie  es  in  Rom  und  Bologna  constatiert  (4),  neuerdings  auch 
in  Verucchio  (N.  98,  348)  erschlossen  ist.  Die  Gräber,  die  kürzlich 

(')  Vgl.  S.  21.  Ob  und  wie  sich  diese  beiden  Volkstheile  unterschieden 
bleibt  unklar. 

(2)  Mon.  ant.  Line.  V  Sp.  183.  Bestattung  ist  hier  nicht  zu  bezweifeln. 
Wenn  nach  N.  95,  25  schwache  Verbrennung  die  Kronen  von  den  Zähnen  lö- 
sen konnte,  wo  blieben  denn  die  Zähne  ? 

(3)  Archaeologia  41,  1  S.  196  ff.  200  und  203. 

(4)  Für  Rom  vgl.  Mariani,  Bull,  comun.  96  S.  20;  für  Villanova  Goz- 
zadini,  Sepolcreto  etrusco  S.  6  und  12  Taf.  I. 


300  E.    PETERSEN 

in  Palestrina  unter  genauerer  Beobachtung  aufgegraben  wurden, 
sind  zu  jung  für  den  Vergleich.  Es  wird  aber  bei  der  Gelegenheit 
JV.  97,  256  ein  Beweis  beigebracht,  dass  das  berühmte  reiche  '  Grab 
Bernardini '  welches  auch  für  eines  der  verschütteten  gilt,  wirklich 
ein  Grab  war.  Die  in  diesem  vorgefundene  Ausmauerung  der  Grab- 
höhle mit  Quadern  bis  zu  1,70  m.  Höhe  ('),  Aehnliches  in  Vetu- 
lonia,  und  in  zwei  andern  Gräbern  von  Palestrina  die  seitlich  in 
die  Grabhöhlenwand  eingearbeiteten  Loculi  (2)  scheinen  aufs  be- 
stimmteste dafür  zu  sprechen,  dass  diese  Gräber  zwar  ohne  Zugang 
aber  doch  durch  eine  Ueberdeckung  hohle,  je  nach  der  Grösse 
mehr  oder  weniger  kammerartige  Räume  waren.  Wenn  nicht  wenige, 
wie  jenes  von  Palestrina  und  andre  in  Vetulonia,  zu  gross  sind, 
im  in  jener  primitiven  Weise  überwölbt  zu  sein,  nun  so  ist  in 
Conca  N.  98,  166  constatiert,  dass  man  die  fosse  oder  Kammern 
auch  mit  Holzbalken  deckte,  was  bekanntlich  auch  in  den  Schacht- 
gräbern von  Mykene  der  Fall  gewesen  ist  und  von  den  Entdeckern 
zuerst  verkannt  aber  später  eingesehen  wurde. 

Ein  besonderes  Interesse  beanspruchen  die  Gräber  von  Vol- 
terra  (3 ),  weil  hier,  wie  in  Rom  auf  dem  Esquilin,  ein  Theil  der 
ältesten  Nekropole  später  in  die  Stadt  einbezogen  ist.  während  der- 
grösste  in  die  balze  di  S.  Giusto  abgestürzt  ist,  wohin  im  Laufe 
der  Jahrhunderte  das  Uebrige  nachfolgen  wird.  Das  Alter  der 
jüngsten  Gräber  ergiebt  also  die  obere  Zeitgrenze  für  der  Mauerbau. 
An  der  Grabausstattung  ist  wieder  der  ununterbrochene  Fortschritt 
von  den  P^o-Gräbern  zu  den  Fossa-GYäbem  nachgewiesen.  Die 
ältesten  von  jenen  stellen  durchaus  beste  alte  Villanovazeit  dar.  Ne- 
ben deren  charakteristischem  Ossuar  erscheint  aber  alsbald  eines  von 
andrer  Form  und  Farbe  Fig.  6,  2,  dasselbe  mit  kleinen  Formnuancen 
N  auch  in  vollkommenerer  Technik  aus  reinem  Thon,  gedreht,  be- 
malt mit  bräunlichem  oder  röthlichem,  Ornament  auf  weissgrauem 

(M  S.  Bull.  d.  Inst.  1876  S.  117  ff. 

(2)  Vgl.  Archaeologia  41.  1  S.  197  (Veji)  an  der  rechten  Seite,  darin 
Vasen;  an  der  1.  Seite  eine  gewölbte  Nische  mit  einem  Gefäss;  ebda  in  einem 
andren  Grabe  in  beiden  Seitenwänden  eingeschnittene  repositories  mit  Bron- 
zevasen, offenbar  erheblich  über  dem  Boden  der  Grabhöhle.  Vgl.  was  .V.  98, 
141  übe  die  tomba  del  littore  berichtet  wird. 

(3)  Worüber  ausführlich  jetzt  Ghirardini  in  Mon.  ant.  Line.  VIII  S.  101  ff. 
berichtet  hat. 


KINDE    UND    KORSO  IHM;  301 

Grunde,  fremde  Vorbilder  und  ihre  Nachahmungen.  Der  Körper  des 
Gefässes  ist  kugelig,  wenig  eiförmig,  Hals  und  Puss,  wo  letzterer 
vorhanden  (Fig.  42  ohne,  43  mit  Fuss  aus  demselben  Grabe)  in 
scharfer  Umbiegungabsetzend.  Ghirardini  Sp.  102  f.  vergleicht  mit 
Recht  ähnliche  Gefässe  die  in  Narce,  Vulci,  Bisenzio  und  nament- 
lich in  Corneto  in  Gräbern  gleicher  Zeit  gefunden  sind. 

Dazu  das  andre  Gefäss,  ein  Henkelkrug  (Fig.  24,  35  und  etwas 
verschieden  28,  aus  bucchero  fiae;  Nachbildungen  Fig.  17  und  27) 
auch  kugelförmig,  nur  gedrückter,  mit  ähnlichem  Fuss  und  Hals, 
nur  dass  letzterer  zunächst  als  weite  Röhre  ansteigt,  bevor  er  zur 
Lippe  ausladet ;  dazu  ein  vertikaler  auch  oben  nicht  am  Halse, 
sondern  an  der  Schulter  ansetzender  Henkel  mit  fast  rotellenar- 
tigen  Lappen  an  der  oberen  Biegung.  Diese  beiden  Gefässe  haben, 
wenn  ich  nicht  irre,  weit,  auf-  wie  abwärts,  reichenden  Zusammen- 
hang. Wenn  man  ausser  den  mit  eigenem  Fuss  versehenen  Krate- 
ren  auch  die  fusslosen,  auf  Untersätze  gestellten  heranzieht,  so  ge- 
hören zur  Familie:  a  glatte  roth-  oder  braunfärbige,  nicht  selten 
in  Corneto  und  im  Faliskergebiet ;  b  ebenda  gleichfalls  rothe  oder 
braune  geriefte,  deren  Riefen  grade  senkrecht  oder  oben  um  Warzen 
herum,  abwärts  senkrecht  verlaufen ;  c  geometrisch  bemalte  entweder 
weiss  auf  rothem  Grunde  oder  roth  auf  weissem  (').  Mit  b  stehe 
ich  nicht  an,  die  gerieften  rothen  Kratere  von  Pantalica  Moa.  ant. 
Line.  IX.  Taf.  IX  3,  4  für  gleichen  Ursprungs  zu  halten,  denen 
der  sonst  auch  im  Sikelischen  übliche  Untersatz  als  eigener  hoher 
Fuss  angewachsen  ist ;  ja  auch  die  gleichfalls  gerieften  speeifisch 
1  roththonigen  '  Gefässe  möchten  als  etwas  jüngere  Glieder,  zur  Fa- 
milie gehören.  Auch  c  hat  seine  Verwandtschaft:  in  Novilara  (Cam- 
panien)  und  Mittelapulien  (oben  S.  296)  den  Krater,  der  so  häufig 
in  der  Nekropole  del  Fusco  (vgl.  N.  95  S.  159,  161,  176,  185), 
und  die  Amphora  der  III.  und  IV.  Sikelischen  Periode  (vgl.  R.  M.  98. 
besonders  S.  333  ff.,  342  ff.  und  350  ff.,  auch  den  Colonnettkrater 
S.  362).  Neben  diesen  Gefässen  erscheint  die  geometrisch  bemalte 
Kanne,  gewiss  aus  denselben  Fabriken  wie  jene.  Von  gemalten  Or- 
namenten seien  besonders  genannt,  die  horizontalen  Streifen,  dicht 


t1)  Für  a  vgl.  Mon.  ant.  Line.  IV  Sp.  235  ff.x  besonders  Fig.  108  und 
Taf.  VII  7  ;  von  b  giebt  es  schöne  Beispiele  in  Corneto,  Phot.  Moscioni  8354 
und  Sammlung  Benedetti   (Phot.);  für  c  vgl.  Mon.  ant.  Line.  IV  Taf.  VII. 


302  K.  PETERSEN,  FUNDE  UND  FORSCHUNG 

oder  weitläutig,  fein  oder  dick,  wo  weitläuftig,  die  Zone  durch  tri- 
glyphenartige  Systeme  rnetopenartig  getheilt;  endlich  (Volt.  flg.  42, 
43,  Corneto  Mon.  inecl.  d.  List.  XI  59,  18)  wenige  kräftige  Hori- 
zontalen durch  Senkrechte  getheilt;  die  so  entstehenden  Felder 
sind  in  dem  ersten  Volterraner  Krater  leer,  in  dem  Cornetaner  mit 
Rechtecken  gefüllt,  die  durch  Diagonalen  getheilt  sind.  Verbindet 
dies  Ornament  unsere  Vasengruppe  mit  der  Villanovakeramik,  so 
ist  das  ähnliche  Triglyphenrechteck  so  wie  am  Novilarakrug  (oben 
S.  296),  und  entstellter  an  den  mittelapulischen  Krateren,  gar  schon 
in  offenbar  jüngerer  Terramarekeramik  von  Gorzano  vorhanden  und 
zwar  mit  jenen  oben  unter  b  genannten  umrillten  Warzen  verbun- 
den (').  Dass  die  kleinen  Schmucksachen  aus  Knochen  und  Bronze  in 
den  Terramare  ausser  andern  Ornamentschematen  auch  schon  das  in 
Sicilien  (I.  Per.)  Mittelapulien,  und  Volterra  angetroffene,  von  ge- 
kreuzten Diagonalen  getheilte  Rechteck  aufweisen,  soll  hier  nur 
angedeutet  werden.  Woher  das  Alles?  Nun,  Boehlau  hat  auf  den 
orientalischen  Ursprung  jener  Cornetaner  Krateren  hingewiesen  (2); 
desselben  Ursprungs  sind  natürlich  auch  die  Volterraner  Krüge. 
Zur  Bestätigung  dient,  wie  mir  scheint  die  von  Loeschcke,  Athen. 
Mitth.  81,  7  beigebrachte  Beschreibung  einer  in  '  phoenikischer ' 
Schicht  in  Kameiros  gefundenen  Kanne,  deren  Form  allerdings  ganz 
verschieden :  «  auf  gelblichen  Grund  sind  mit  graubraunem  Firniss 
Quadrate  gemalt,  die  in  vier  kleine  Quadrate  zerfallen,  von  denen 
je  zwei  in  der  Diagonale  liegende  mit  sich  kreuzenden  Linien  aus- 
gefüllt sind » ,  womit  zu  vergleichen  die  verschieden  abgetheilten 
Rechtecke  von  Villanovaurnen  bei  Gozzadini,  sepoler.  etr.  Taf.  II  7. 

(Fortsetzung  folgt.) 

E.  Petersen. 


(1)  S.  Montelius,  civilis  prim.  I  Taf.  18,  15  und  10.  In  der  Terramare- 
keramik sind  ja  auch  die  Auswiechse  oben  am  der  sogen,  ansa  cornuta  so 
mannigfach  abgewandelt. 

(2)  Aus  ionischen  und  italischen  Nekropolen  S.  145.  In  einer  folgender 
Periode  zeigt  dieselbe  henkellose  Form,  wie  Karo  bemerkt,  das  von  ihm  in 
der  Streuna  Helbigiana  S.  152,  3  (vgl.  S.  150,  6)  abgebildete  ionische  Gefäss. 


SITZUNGEN    UND   ERNENNUNGEN 


15.  December:  die  Winckelmannssitzung  wurde  von  dem  Vorsit- 
zenden eingeleitet  mit  Worten  über  archaeologische  Tages- 
fragen, den  Wettbewerb  der  verschiedenen  Nationen  auf  ar- 
chaeologischem  Gebiet  des  eigenen  und  fremden  Bodens,  die 
Gründung  von  Instituten  und  die  in  Italien  und  Griechenland 
ungleiche  Betheiligung  der  Fremden  an  der  Durchforschung 
des  Bodens.  —  Mau  über  den  neuentdeckten  Tempel  von 
Pompeji.  —  Amelung  über  einige  Typen  bärtiger  Götter  aus 
der  Zeit  des  Phidias. 

22.  December :  Mau  giebt  noch  speciellere  Ausführungen  über  die 
Baugeschichte  und  den  jetzigen  Zustand  des  pompejanischen 
Tempels.  —  Petersen  :  Nochträgliches  zum  Torso  des  Bel- 
vedere.  —  Derselbe  über  den  colossalen  Bronzekopf  und  die 
zugehörige  Hand  als  Reste  einer  Colossalstatue  des  Constantin 
oder  eines  seiner  Söhne. 


Zur  Winckelmannssitzung  wurden  erwählt  als  Ordentliche  Mit- 
glieder die  Herren: 

Georg  Kaibel  in  Göttingen 
Benedictus  Niese  in  Marburg 
Eduard  Meyer  in  Halle ; 

als  Correspondierende  Mitglieder  die  Herren: 
E.  Assmann  in  Berlin 
Bodewig  in  Oberlahnstein 
P.  Herrmann  in  Dresden 
G.  Koenen  in  Bonn 
Koehl  in  Worms 
G.  Oberziner  in  Genua 
R.  Oehler  in  Gross-Lichterfelde 
H.  Schmidt  in  Berlin 
Vasilios  auf  der  Insel  Thera 
Wecker li ng  in  Worms 
Wheeler  in  Ithaka  U.  S.  A. 


INHALT 


W.  Amelung,   lieber   ein  Relief  im    Museo    Nasionale  Romano 

(Taf.  I)  S.  3-7. 
»  i  Kybele-Orans  S.  8-12. 

0.  Donner  von  Richter,  lieber  die  eingesetzten  Holztafeln  in  Pom- 

peji und  die  Pliniusstelle  XXXV,  149.  S.  119-140. 

E.  Groag,  Die  Adoption  Hadrians.  S.  269-279. 

Ch.  Hüelsen,  Das  angebliche  Templum  Matidiae  bei  Piazza  Ca- 
pranica.  S.  141-153. 
»  *  Miscellanea  epigrophica:  XXIV.  Iscrizione  rela- 

tiv a  al  teatro  di  Pompei  S.  251-255.  —  XXV. 
Iscrizione  riferibile  ai  trofei  di  Mario  S.  255- 
529.  —  XXVI.  Di  alcune  iscrizioni  recentemenle 
trovate  nel  Koro  Romano.  S.  259-263. 

L.  Kjellberg,  Athena  Hephaislia  (Taf.  VI).  S.  114-118. 

H.  Lucas,  Ein  iriesrelief  des  Tabulariums  S.  213-221. 

A.    Mau,     Die    oskischen    Wegweiserinschriften    in    Pompeji. 
S.    105-113. 

M.  Mayer,  Ceramica  dell'  Apulia  preellenica.  II.    La  Peucezia 
(Taf.  II-V)  S.  13-80. 

A.  Michaelis,  Pompejana  S.  193-212. 

E.  Petersen,  Artemis  und  Hippolytos  S.  91-100. 
Zu  XIII  S.  97  ff.  S.  101-102. 

9  »  Die  Geburt  der  Aphrodite  (Taf.  VII).  S.  154-162. 

Hadrians  Steuererlass  (Taf.  VIII)  S.  222-229. 

»  "  Moderne  Kaisergemmen  S.  244-250. 

Vitellius  (Taf.  IX).  S.  264-268. 
Funde  und  Forschung.  S.  163-192  und  280-302. 

1.  Six,   Ikono  graphische  Studien:   XIV.    Maussollos,  Fürst  von 

Mylasa,  Satrap  von  Karlen.  S.  81-83.  —  XV.  Alex- 
ander III,  König  von  Makedonien.  S.  83-88.  — 
XVI.  Alexander  IV,  König  von  Makedonien. 
S.  88-90. 

L.  Stieda,  Altitalische   Weihgeschenke  S.  230-243. 

Sitzungen  und  Ernennungen.  S.  303. 


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