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Full text of "Mittheilungen von Forschungsreisenden und Gelehrten aus den deutschen Schutzgebieten : mit Benutzung amtlicher quellen"

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https://archive.org/details/mittheilungenvon08unse 


Forschungsreisenden  und  Gelehrten 


aus  den 

Deutschen  Schutzgebieten. 


Mit  Benutzung  amtlicher  Quellen 

herausgegeben 


Dr.  Freiherr  von  Danckelman. 


Achter  Band. 


Berlin  1895. 

Ernst  Siegfried  Mittler  und  Sohn 
Königliche  Hofbuchhandlung 

Kochstrasse  68—71. 


2*7  3S3 


H2,  5'^ÖXA 


Si^jdt-  u.  Univ.-Bibl. 
Frankfurt/Main 


THE  GETTY  CENTER 
LIBRARY 


Inhalts  verzeichniss. 


Aus  dein  Schutzgebiete  Togo.  Seite 

Astronomische  Ortsbestimmungen  von  Dr.  Grüner  in  Togo  (1894). 

Berechnet  von  Dr.  Fritz  Cohn  in  Königsberg . 109 

Reiseberichte  von  Premierlieutenant  v.  Doering  aus  den  Jahren  1893 

bis  1895  231 

E.  Baumanns  zoologische  Sammlungen  im  Togogebiete . 271 

Bemerkungen  zur  Berechnung  der  astronomischen  Ortsbestimmungen 

des  Premierlieutenants  v.  Doering  in  Togo.  Von  M.  Schnauder  273 
Bemerkungen  zu  der  Karte:  Skizze  der  topographischen  Aufnahmen 
in  der  Umgebung  von  Bismarckburg  durch  Premierlieutenant 
v.  Doering . 275 

Aus  dem  Schutzgebiete  Kamerun. 

Die  Vögel  des  nordwestlichen  Kamerungebietes.  Von  Yngve  Sjöstedt  1 

Yaünde.  Von  G.  Zenker . 36 

Meteorologische  Beobachtungen  von  Dr.  F.  Plehn  (Kamerun), 

Dr.  Preuss  (Victoria)  und  M.  Dinklage  (Batanga) . 70 

Bericht  von  Missionar  F.  Autenrieth  über  seine  Bereisung  des 

Gebirgslandes  nordöstlich  vom  Wuri . 80 

Geologische  Untersuchungen  im  Kamerungebiete.  Von  Bergassessor 

B.  Knochenhauer . 87 

Bemerkungen  zur  Kartenskizze  des  Küstengebietes  von  Kamerun  .  .  106 

Bericht  des  Dr.  Preuss  über  das  Gebiet  des  kleinen  Kamerunberges  113 
Astronomische  Ortsbestimmungen  im  Hinterlande  von  Kamerun.  Aus¬ 
geführt  von  Dr.  Passarge.  Berechnet  von  Astronom  M.  Schnauder 

in  Potsdam .  181 

Die  Höhenmessungen  von  Dr.  Passarge  im  Hinterlande  von  Kamerun  182 
Begleitworte  zu  den  Karten  „Reiseroute  der  Expedition  des  deutschen 

Kamerunkomitees“.  Von  Dr.  M.  Limp rieht . 184 

Ueber  das  Gebiet  zwischen  Mundame  und  Baliburg.  Aus  einem  Briefe 

von  G.  Gonrau . 277 

Meteorologische  Beobachtungen  aus  Lolodorf,  Süd-Kamerun  ....  280 


Aus  dem  deutsch  -  siidwestafrikanisclien  Schutzgebiete. 


Seite 


Meteorologische  Beobachtungen  aus  Deutsch -Süd  westafrika  ....  121 

Aus  dem  deutsch  -  ostafrikanischen  Schutzgebiete. 

Erklärung . 108 

Ein  neuer  Kaffeeschädling  aus  Afrika.  Yon  Dr.  0.  Warburg  .  .  .  130 
Astronomische  Ortsbestimmungen  des  Herrn  Kompagnieführers  Ramsay 
auf  der  Reise  von  Kisaki  nach  Dar-es-Saläm  im  April  und  Mai 

des  Jahres  1894.  Berechnet  von  Dr.  L.  Ambronn . 141 

Neue  astronomische  Bestimmungen  des  Herrn  Dr.  Stuhlmann  in 

Ostafrika  aus  dem  Jahre  1894.  Berechnet  von  Dr.  W.  Brix  .  .  143 
Die  Resultate  der  meteorologischen  Beobachtungen  im  Kondeland  .  .  146 
Begleitworte  zur  Karte  von  Deutsch- Kondeland.  Yon  Dr.  Richard 

Kiepert . 153 

Ueber  die  Rechtsgewohnheiten  der  im  Bezirk  Tanga  ansässigen 

Farbigen.  Yon  Bezirksamtmann  v.  St.  Paul-Hilaire  .  .  .  191 
Ueber  die  Uluguruberge  in  Deutsch -Ostafrika.  Yon  Dr.  Stuhlmann  209 
Bericht  über  die  klimatischen  und  gesundheitlichen  Yerliältnisse  von 
Moshi  am  Kilimandjaro.  Von  Dr.  Widenmann,  Arzt  in  der 

Kaiserlichen  Schutztruppe . 283 

Sitten,  Gebräuche  und  Rechtspflege  bei  den  Bewohnern  Usambaras 

und  Pares.  Von  Lieutenant  Storch . 310 

Astronomische  Beobachtungen,  angestellt  im  Jahre  1894  von  Graf 

Götzen  in  Ostafrika.  Berechnet  von  Dr  Fritz  Cohn  in  Königsberg  331 

Aus  dem  Schutzgebiete  der  Marshall- Inseln. 

Bericht  über  die  Gesundheitsverhältnisse  der  Eingeborenen  der  Marshall- 
Inseln  im  Jahre  1893/94  und  Bemerkung  über  Fischgift.  Von 

Dr.  med.  Steinbach . 157 

Bericht  von  Regierungsarzt  Dr.  Schwabe  über  die  Gesundheits¬ 
verhältnisse  der  Marshall- Insehi . 171 

Der  tägliche  Gang  des  Barometers  zu  Jaluit.  Von  Dr.  Willi.  Trabert  176 
Resultate  der  meteorologischen  Beobachtungen  zu  Jaluit  im  Jahre  1894  226 


Karten. 


Seite 


Karte  No.  1.  Skizze  des  Küstengebietes  von  Kamerun.  Nack  den  Ver¬ 
messungen  der  Kaiserlichen  Marine,  den  geologischen  Beobachtungen 
und  Aufnahmen  von  B.  Knochenhauer  1893/94,  den  Routen- 
aufnahmen  von  Missionar  J.  Autenrieth  1894  und  der  schwedischen 

Reisenden  P.  Düsen  1891/92  und  Y.  Sjöstedt  1890/91  .  106 

Skizze  des  Weges  von  Victoria  nach  Debundja  nach  Dr.  Preuss  .  .  .  115 

Karte  No.  2.  Deutsch -Kondel and  nach  H.  Ramsay,  Th.  Meyer  und 

A.  Merensky  von  Dr.  R.  Kiepert . 156 

Karten  No.  3  und  4.  Reiseroute  der  Expedition  des  deutschen  Kamerun¬ 
komitees  in  den  Jahren  1893,94.  Aufgenommen  von  Dr.  S.  P assarge. 

Konstruirt  und  gezeichnet  von  Dr.  M.  Li  mp  rieht . 190 

Karte  No.  5.  Skizze  der  topographischen  Aufnahmen  in  der  Umgebung 

von  Bismarckburg  durch  Premierlieutenant  v.  Doering  1893/95  .  .  275 


Abbildungen. 

Tafeln  No.  1  bis  6.  Abbildungen  zu  dem  Artikel  „Yatinde“  von 


G.  Zenker .  38,  39,  39,  43,  55,  63 

Tafel  No.  7.  Ein  neuer  Kaffeeschädling  aus  Afrika . 140 


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Aus  dem  Schutzgebiete  Kamerun 


Die  Vögel  des  nordwestlichen  Kamernngebietes. 

Von  Yngve  Sjöstedt. 

Um  in  Kamerun  reisenden,  sich  für  Ornithologie  interessiren- 
den  Personen  Gelegenheit  zur  Kenntniss  der  Vogelwelt  des 
Landes  zu  verschaffen,  hat  Dr.  Beichenow  in  dieser  Zeitschrift 
1890  und  1892  („Die  Vogelwelt  von  Kamerun“  1890  Bd.  III, 
S.  175  bis  196,  und  „Zur  Vogelwelt  von  Kamerun“  1892  Bd.  V, 
S.  1  bis  11)*)  Uebersichten  über  die  Vogelfauna  des  Gebietes  ge¬ 
geben,  soweit  sie  bis  dahin  bekannt  war.  Beigefügte  kurze  Be¬ 
schreibungen  zur  Bestimmung  der  betreffenden  Formen,  Bathschläge 
für  ihre  Verwahrung,  Angaben,  welche  Arten  die  werthvollsten, 
welche  biologischen  Angaben  der  Wissenschaft  am  wünschens- 
werthesten  wären,  und  Aufschlüsse  über  andere  hiermit  in  Zusammen¬ 
hang  stehende  Fragen  haben  diese  Arbeiten  höchst  werthvoll  für 
ihren  Zweck  gemacht,  und  wünschenswerth  wäre,  dass  solche  Ueber¬ 
sichten  über  möglichst  viele,  noch  wenig  erforschte  Gebiete  aus¬ 
gearbeitet  würden,  was  in  hohem  Grade  das  Interesse  der  Beisenden 
für  die  Ornithologie  erweitern  würde,  da  sie  dadurch  ohne  zu  grosse 
Schwierigkeiten  eine  Kenntniss  von  der  Fauna  des  Gebietes,  durch 
welches  sie  reisen  oder  in  welchem  sie  eine  Zeit  lang  verweilen, 
erhalten  könnten. 

Folgende  Uebersickt  der  Vögel,  die  ich  auf  meiner  1890  bis 
1892  für  zoologische  Zwecke  gemachten  Beise  im  nordwestlichen 
Kamerungebiete  antraf,  bezweckt  eine  Fortsetzung  der  angeführten 
Arbeiten.  Sie  umfasst  180  Arten,  darunter  70  bisher  nicht  im  Gebiete 
nachgewiesene;  sechs  für  die  Wissenschaft  neue,  sowie  auch  das  vorher 
unbekannte  Weibchen  des  Prachtwebers  Malimbus  Backeliae  be¬ 
finden  sich  darunter.  Hierzu  kommen  29,  wovon  elf  für  das  Gebiet, 

*)  Vergl.  auch:  Die  Vogelfauna  der  Umgegend  von  Bismarcksburg,  1893, 
Bd.  VI,  Heft  3. 

Mitth.  von  Forschungsreisenden,  VIII.  Band.  I. 


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darunter  vier  für  die  Wissenschaft  neue  Vogelformen  aus  einer  von  den 
Herren  Knutson  und  Yaldau  hei  Manns  Quelle,  etwa  7500  Fuss  auf 
dem  Kamerungebirge  zusammengebrachten  Sammlung,  die  ich  zur 
Beschreibung  erhalten  hatte.  Das  vorher  unbekannte  alte  Männchen 
des  Symplectes  croconotus  und  das  Weibchen  des  Mesopicus 
J ohnstoni  waren  auch  in  dieser  werthvollen  Sammlung  repräsentirt. 
ln  Allem  umfasst  diese  Uebersicht  also  209  Vogelarten. 

Die  für  das  Kamerungebiet  neuen  Arten,  mit  welchen  unsere 
Kenntniss  seiner  Vogelfauna  also  bereichert  wird,  haben  ihre  Ver¬ 
breitung  allergrösstentheils  innerhalb  des  zoologischen  Westafrika, 
des  Waldlandes  vom  Senegal  bis  nach  Mossamedes,  ja  der  grösste 
Theil  derselben  gehört,  soweit  bisher  bekannt,  nur  Guinea. 

Dieses  und  die  überraschend  grosse  Anzahl  der  wissenschaftlich 
neuen  Formen,  welche  durch  die  neuesten  ornithologischen  Forschun¬ 
gen  in  Kamerun,  dem  Centralpunkte  des  zoologischen  Westafrika, 
entdeckt  wurden,  geben  einen  neuen  Beweis  der  grossen  Originalität 
und  Selbständigkeit,  welche  dieses  Gebiet,  besonders  die  centralen 
Theile  desselben,  auszeichnen. 

Ausser  einigen  Sumpf-  und  nordischen  Zugvögeln  hat  nur  eine 
geringe  Anzahl  der  angetroffenen,  für  das  Gebiet  neuen  Arten  eine 
grössere  Verbreitung.  So  z.  B.  ist  Alcedo  cyanostigma  bekannt 
aus  dem  ganzen,  Ceryle  maxima  aus  dem  grösseren  Theile  des 
tropischen  Afrika.  Auch  Hirundo  puella,  Vidua  principalis, 
Columba  arquatrix  und  die  Seeschwalben  haben  eine  weite 
Verbreitung,  Parisoma  plumbeum  ist  bekannt  aus  Senegambien 
und  Nordostafrika,  Ckaradrius  tenellus  von  Madagaskar. 

Von  besonderem  Interesse  ist  es,  zu  erfahren,  welche  euro¬ 
päischen  Vögel  ihre  Verbreitung  bis  zu  diesen  äquatorialen  Gegen¬ 
den  haben.  Am  zahlreichsten  waren  die  Sumpfvögel  vertreten,  wozu 
auch  einige  Schwimm-,  Kaub-  und  Singvögel  kommen.  Von  Sumpf¬ 
vögeln  fand  ich  Actitis  hypoleucus,  Totanus  calidris,  litto- 
reus,  ochropus  und  glareola,  ferner  Tringa  subarquata, 
Numenius  phaeopus,  Recurvir ostra  avocetta,  Ardea  alba, 
cinerea  und  purpurea,  und  Charadrius  minor.  Schwimmvögel 
waren  durch  Seeschwalben:  Sterna  minuta  und  nigra  vertreten, 
welche  letztere  während  des  Regens  in  recht  grosser  Menge  auf¬ 
traten,  Raubvögel  durch  Pernis  apivorus  und  Strix  flammea. 
Schliesslich  waren  auch  unsere  bekannten  Sänger  Phylloscopus 
sibilatrix  und  trochilus  und  Motacilla  flava  anzutreffen. 

Mit  Pholidornis  Rushiae  wurde  eine  neue  Vogelfamilie, 
Diceidae,  für  Kamerun  nachgewiesen.  Die  Familie,  deren  eigent¬ 
liche  Verbreitung  Indien  und  Australien  ist,  hat  in  Westafrika  nur 
wenige  Repräsentanten.  Die  betreffenden  Vögel  stehen  in  gewissen 


Hinsichten  den  Blumensaugern  sehr  nahe,  aber  äusserst  wenige 
haben  den  schmalen,  gebogenen  Schnabel,  welcher  dieselben  aus- 
zeiclmet. 

Da  in  Betreff  der  Artenkenntniss  schon  jetzt  die  Hauptzüge 
der  ornithologischen  Fauna,  des  Kamerungebietes  bekannt  sind, 
so  wollen  wir  einen  kurzen  Ueberblick  der  ornithologischen  For¬ 
schungsreisen  liefern,  die  dort  vorgenommen  worden  sind,  und  die 
dadurch  erreichten  Resultate  erwähnen.  Zu  bemerken  ist  indessen, 
dass  bei  fast  allen  diesen  Forschern  die  Ornithologie  nicht  Haupt¬ 
zweck  war,  sondern  dass  sie  das  Studium  und  die  Sammlung  von 
Vögeln  nur  neben  dem  eigentlichen  Zweck  der  Reise  betrieben. 

Die  erste  Nachricht  aus  Kameruns  Vogelwelt  lieferte  Cpt. 
Burton,  der  im  Dezember  1861  zu  den  höheren  Theilen  des 
Kamerungebirges  hinaufdrang  und  Anfang  des  folgenden  Januar  die 
4000  m  hohe  Spitze  des  Berges,  den  Mount  Albert  oder  Mongo-ma- 
loba  der  Eingeborenen,  erreichte.  Von  dieser  Expedition  wurden 
sieben  Vogelarten  mitgebracht,  von  denen  Dr.  Gray  fünf  als  neu 
für  die  Wissenschaft  beschrieb.  Dieses  war  das  erste  Mal,  dass  die 
höchste  Spitze  des  Kamerungebirges  bestiegen  wurde.  Kurz  vorher 
hatte  aber  der  deutsche  Botaniker  Mann  von  Victoria  aus  über 
Mapanya  die  Waldregion  bis  zu  der  nach  ihm  benannten  Manns 
Quelle  erreicht  und  war  zum  Gipfel  eines  der  grössten  Krater,  dem 
Mount  Helen,  vorgedrungen,  worauf  er  nach  Mapanya  zurückkehrte. 
Hier  vereinigte  er  sich  mit  Burton,  dem  spanischen  Richter  Calvo 
und  dem  Missionar  Saker,  mit  welchen  er  den  höchsten  Gipfel 
des  Berges  erreichte. 

Der  zweite  Forscher,  Mr.  Crossley,  unternahm  1870,  nachdem 
er  Madagaskar,  sein  früheres  Operationsfeld,  verlassen,  eine  Reise 
nach  Kamerun,  wo  er  am  Ende  desselben  und  am  Anfang  des 
nächsten  Jahres  ornithologische  Sammlungen  auf  dem  Kamerun¬ 
gebirge  und  am  Küstenplatz  Victoria  am  Fusse  desselben  anstellte. 
Das  Ergebniss  dieser  Untersuchungen,  das  von  Dr.  Sharp e  ver¬ 
öffentlicht  wurde,  umfasst  62  Arten,  von  denen  eine  für  die  Wissen¬ 
schaft  unbekannt  war. 

Bisher  waren  aber  nur  Sammlungen  gemacht  worden,  biologische 
Nachrichten  fehlten,  sowie  auch  im  Zusammenhang  mit  der  Vogelwelt 
stehende  Schilderungen  von  der  Natur  und  Vegetation  des  Landes, 
nothwendige  Voraussetzungen  zur  klaren  Auffassung  der  Thierwelt 
eines  Landes.  Durch  die  Reise,  welche  Dr.  Reichenow  in  Be¬ 
gleitung  des  Dr.  Lühder  1872  nach  der  Goldküste  und  Kamerun 
zum  Studium  der  Vogelwelt  dieser  Länder  unternahm,  wurde  Licht 
über  diese  Verhältnisse  verbreitet,  und  die  interessanten  Schilderun- 

1* 


4 


gen,  die  der  Erstere  darüber  gegeben,  können  daher  als  grundlegend 
für  unsere  Kenntniss  der  Vogelwelt  Kameruns  angesehen  werden. 

Das  erste  Ziel  der  Reisenden  war  die  Goldküste.  Mehrere  Monate 
lang  wurden  hier  trotz  der  ungünstigen  Jahreszeit  und  der  Schwierig¬ 
keiten,  welche  der  eben  von  Europa  angekommene,  mit  den  Ver¬ 
hältnissen  unbekannte  Europäer  zu  bekämpfen  hat,  ornithologische 
Untersuchungen  im  Lande  der  Sa-Neger  und  in  der  Landschaft 
Aguapim  erfolgreich  betrieben.  Ueber  100  Arten  waren  das  Ergebniss. 

Von  der  Goldküste  ging  die  Reise  nach  Kamerun,  wo  sich  die 
Untersuchungen  besonders  über  die  Flussgebiete  des  unteren  Mungo 
und  Wuri  erstreckten.  Von  dem  Klima  angegriffen,  bestieg 
Dr.  Reiclienow  nach  dem  Tode  seines  Reisegefährten  das  Kamerun¬ 
gebirge,  um  seine  durch  beständige  Fieberanfälle  gebrochene  Ge¬ 
sundheit  durch  Luftveränderung  wieder  herzustellen.  Seine  Kräfte 
waren  aber  nunmehr  so  geschwächt,  dass  der  Gebrauch  einer  Flinte 
ihm  nicht  möglich  war.  Die  Nachrichten,  welche  er  von  der  Vogel¬ 
welt  dieses  Gebirges  gab,  bestehen  daher  grösstentheils  aus  in  der 
Natur  gemachten  Beobachtungen. 

140  dem  Kamerungebiet  gehörende  Arten,  darunter  sechs  wissen¬ 
schaftlich  neue,  waren  auf  der  Reise  eingesammelt  worden. 

Seit  jener  Zeit  erschienen  keine  ornithologisclien  Nachrichten 
von  dort  bis  1886,  wo  der  durch  seine  Reisen  im  Kilima-Ndjaro 
bekannte  englische  Konsul  4L  4L  Johnston  vom  Kamerungebirge, 
dessen  höchsten  Gipfel  er  bestieg,  eine  aus  18  Arten  bestehende 
Sammlung,  die  grösstentheils  auf  einer  41öhe  von  7000  bis  8000  Fuss, 
aber  auch  über  11000  Fuss  zusammengebracht  worden  und  worunter 
sich  acht  vorher  aus  Kamerun  nicht  bekannte  Spezies  befanden, 
nach  England  schickte.  Darunter  waren  vier  ausgezeichnete,  für 
die  Wissenschaft  neue.  Von  Victoria  aus,  dem  Ausgangspunkte 
aller  bisher  gemachten  Expeditionen  zu  den  höheren  Theilen  des 
Gebirges,  reiste  Mr.  Johnston  über  Boyongo  und  Mapanva  nach 
Manns  Quelle,  wo  er  lagerte.  Diese  Gegend  wurde  einer  genaueren 
Untersuchung  in  botanischer  und  ornithologischer  Hinsicht  unter¬ 
worfen,  und  von  dort  stammen  auch  die  meisten  mitgebrachten 
Formen.  Hier  auf  etwa  7000  Fuss  Höhe  hört  die  Waldregion  auf 
und  macht  der  Grasebene  Platz,  aus  der  einzelne  Baumgruppen 
hervorragen.  Von  Manns  Quelle  zog  das  Lager  nach  den  Jagd¬ 
hütten  (8800  Fuss)  und  schliesslich  bis  10  500  Fuss.  Die  ornitho¬ 
logische  Ausbeute  ist  1887  von  Cpt.  Shelley  beschrieben  worden. 

Einen  werthvollen  Beitrag  lieferte  ferner,  1890,  der  Hauptmann 
Zeuner,  der  auf  der  Barombistation  eine  aus  40  Arten  bestehende 
Sammlung,  darunter  20  für  das  Gebiet  neue,  zusamraenbraclite. 


5 


Die  Sammlungen,  welche  bisher  vom  Kamerungebirge  gekommen, 
hatten  zwar  viele  für  die  Wissenschaft  und  für  das  Gebiet  neue 
Arten;  wie  selbständig  und  von  den  umliegenden  Gegenden  abwei¬ 
chend  aber  die  Vogelwelt  dieses  Gebirges  in  der  That  ist,  erfuhr 
man  erst,  und  zwar  in  überraschendem  Grade,  durch  die  Sammlung, 
welche  Dr.  Preuss  1891  daselbst  auf  einer  Höhe  von  950  bis 
3300  m  zusammengebracht.  In  derselben,  welche  65  Arten  enthielt, 
befanden  sich  nicht  weniger  als  16  wissenschaftlich  und  31  für  das 
Gebiet  neue  Spezies  —  Zahlen,  die  im  Verhältniss  zur  Totalsumme 
höchst  beachtenswerth  sind. 

Bin  eigenthümlicher  Zug  bei  der  Vogelfauna  des  Kamerun¬ 
gebirges  ist  ihre  Uebereinstimmung  mit  derjenigen  Ost-  und  Central¬ 
afrikas,  da  mehrere  bisher  nur  aus  diesen  Gegenden  bekannte  Arten 
dort  wiedergefunden  wurden,  ohne  von  irgend  einer  anderen  Stelle 
Westafrikas  bekannt  zu  sein.  Durch  die  Sammlungen  des  Dr.  Preuss 
kennen  wir  von  diesem  Gebirge  den  in  Uganda  am  Victoria-Nyansa 
entdeckten  und  bisher  nur  von  dort  bekannten  Pedilorhynchus 
Stuhlmanni,  den  der  Ugandaform  Symplectes  insignis  sehr  nahe¬ 
stehenden  Symplectes  croconotus  und  Hapaloderma  vittatum. 
Durch  die  Sammlungen  der  Herren  Knuts on  und  Valdau  von 
Manns  Quelle,  7500  Buss,  und  Mapanya,  3000  Fuss  über  dem  Meere, 
welche  später  erwähnt  werden  sollen,  sind  wieder  ein  paar  solche 
interessante  Formen  konstatirt  worden,  nämlich  die  neuerdings  am 
Berge  Elgon  in  Ostafrika  entdeckte  Euprinodes  cinereus  und  die 
der  ostafrikanischen  Alseonax  pumila  sehr  nahestehende  oder 
vielleicht  mit  ihr  identische  Alseonax  obscura.  Auch  die  auf  dem 
Kilima  -  Ndjaro  vom  Konsul  Johnston  entdeckte  und  auf  dem 
Kamerungebirge  wiedergefundene  Pratincola  axillaris  ist  eine 
solche  Form. 

Schon  1884 — 85  hatten  die  damals  auf  dem  Kamerungebirge 
sich  aufhaltenden  schwedischen  Kaufleute,  die  Herren  Knutson 
und  Valdau,  bekannt  wegen  ihrer  vielen  Entdeckungsreisen  im 
Lande  nördlich  vom  Gebirge,  durch  die  Entdeckung  des  Flusses 
Meme,  des  Sodensees  und  des  Dübenfalles,  unter  anderen  natur¬ 
historischen  Gegenständen  auch  eine  werthvolle,  aus  52  Spezies  be¬ 
stehende  Vogelsammlung  zusammengebracht  und  dem  schwedischen 
Reichsmuseum  geschickt.  Darunter  befanden  sich,  ausser  mehreren 
neuerdings  beschriebenen  und  nur  vom  Kamerungebirge  bekannten 
Arten  auch,  wie  bereits  erwähnt,  29  solche,  die  ich  im  Waldlande 
nicht  habe  antreffen  können,  darunter  elf  für  das  Gebiet  und  vier 
wissenschaftlich  neue,  was  wieder  einen  neuen  Beweis  der  selbstän¬ 
digen  Fauna  dieses  Gebirges  liefert. 

Ueber  die  von  mir  in  den  nordwestlichen  Theilen  der  Kolonie 


6 


ausgefülirten  Reisen  werde  ich  im  Folgenden  einen  näheren  Bericht 
erstatten.  Ihre  Ausbeute  ist  am  Anfang  der  Uebersicht  angegeben.*) 
Dr.  Freu ss  setzte  seine  Forschungen  auf  dem  Kamerungebirge  fort 
und  Herrn  G.  Zenkers  Sammlungen  bei  Yaünde  haben  die  letzten 
Beiträge  zur  Kenntniss  der  Vogelwelt  Kameruns  geliefert.  Bisher 
sind,  mit  Einschluss  der  letzteren  Sammlungen,  316  Arten  bekannt. 

Werfen  wir  nun  einen  Blick  auf  jene  Theile  Kameruns,  die 
bisher  ornithologisch  untersucht  wurden,  so  nimmt  das  Kamerun¬ 
gebirge  unstreitig  den  ersten  Platz  ein;  Bur  ton,  Crossley, 
Knutson,  Valdau,  Johnston  und  Preuss  haben  dort  ihre  grössten 
oder  alle  Sammlungen  gemacht  und  Reichen ow  hat  unsere  Kennt¬ 
niss  von  dort  mit  biologischen  Beobachtungen  bereichert.  Sein  und 
Lühders  eigentliches  Untersuchungsfeld  war  die  Gegend  an  den 
Flussgebieten  des  unteren  Mungo  und  Wuri.  Zeuners  Sammlungen 
stammen,  wie  erwähnt,  von  der  Barombistation  in  der  Nähe  des 
Elefantensees,  Zenkers  von  Yaünde  aus  den  östlichen  Theilen 
Kameruns  zwischen  den  Flüssen  Nyong  und  Sannaga  (30°  östl.  L.). 
Das  von  mir  untersuchte  Gebiet  liegt  zwischen  dem  4.  bis  5.  Grade 
nördl.  Br.  und  erstreckt  sich  vom  Kamerungebirge  im  Süden  bis 
nördlich  nach  Veväka  und  Itoki  na  N’Golo,  vom  Rio  del  Rey  im 
Westen  bis  zum  Richardsee  (Kottasee)  im  Osten.  Grosse  Land¬ 
strecken  sind  also  noch  für  die  Forschung  frei,  aber  unsere  bisherige 
Kenntniss  giebt  schon  ein  recht  klares  Bild  der  Familien,  Gattungen 
und  Arten,  welche  in  ornithologisclier  Hinsicht  diesen  Theil  des 
zoologischen  Westafrika  charakterisiren. 

Von  grösster  Wichtigkeit  für  die  Auffassung  der  Fauna  eines 
Landes  ist  die  Kenntniss  der  Vegetation  und  der  allgemeinen  Natur 
desselben.  Obgleich  nachfolgende  Uebersicht  zunächst  für  in  diesen 
Gegenden  reisende  Personen  bestimmt  ist,  welche  ja  an  Ort  und 
Stelle  einen  Ueberblick  der  Natur  haben,  so  glaube  ich  doch,  dass 
eine  in  kurzen  Zügen  gegebene  Darstellung  des  Terrains  und  der 
Vegetation  des  Gebietes,  wo  ich  die  angegebenen  Formen  angetroffen, 
zu  interessanten  Vergleichen  auf  Reisen  in  Gegenden  mit  abweichen¬ 
der  Natur  führen  könnte. 

Das  ganze  von  mir  untersuchte  Gebiet  besitzt  in  Bezug  auf  die 
Vegetation  eine  grosse  Uebereinstimmung;  mit  Ausnahme  der 
sumpfigen  Deltas  an  den  Mündungen  der  Flüsse  Meme,  Massake, 
N’dian  und  Rio  del  Rey  mit  ihren  ausgedehnten  Mangrove-  und 
Raphiawäldern  besteht  dieselbe  aus  mit  fast  undurchdringlichem 
Gewirr  von  Lianendickicht  und  Schlingpflanzen  durchsetztem 


*)  Das  ornithologische  Ergebniss  der  Reise  ist  in  Kongl.  Svenska  Veten- 
skaps-Akademiens  Handlingar  Band  27  No.  1  näher  angegeben. 


7 


Urwald.  Hohe  Baumwollbäume,  die  Biesen  des  Waldes,  helle  Aka¬ 
zien,  prachtvoll  blühende  Spathodien  (Spatliodia  campannlata 
und  seltener  lntea),  Anthocleista  Yogeli,  Musanga  Smithi, 
Pterocarpus  tinctorins,  Cola  und  Ficus  arten,  mit  zahlreichen 
Oelpalmen  gemischt,  sind  häufige  Bäume  dieser  Wälder. 

Hier  und  da  breitet  sich  aber  eine  etwas  freiere  Landschaft 
aus,  gewöhnlich  aber  von  geringerer  Ausdehnung.  Der  dichte  Ur¬ 
wald  ist  verschwunden  und  hat  einer  Vegetation  von  groben  Schilf¬ 
gräsern  (Pennisetum  polystachyon)  Platz  gemacht,  über  denen 
nur  einzelne  Bäume  und  Palmen  ihre  Kronen  erheben.  An  anderen 
Stellen  hat  der  Mensch  durch  Kultur  und  Anbau  die  Natur  um¬ 
gestaltet  und  zugleich  damit  auch  die  Thierwelt,  welche  ihren  Aus¬ 
druck  darin  findet  und  sich  mit  demselben  verwandelt. 

Auch  Ebenen  kommen  und  zwar  gleich  nördlich  vom  Kamerun¬ 
gebirge  vor,  wo  ein  mit  mannshohem  Gras  bewachsenes  freies  Gebiet, 
aus  dem  einzelne  Fächerpalmen  (Borassus  cetiopum)  sich  erheben, 
sich  in  nicht  geringer  Ausdehnung  erstreckt. 

Jede  dieser  verschiedenen  Landschaften  hat  ihre  in  vielen  Hin¬ 
sichten  eigenthiimliche  Fauna,  durch  welche  sie  sich  auszeichnet, 
gewisse  ihr  mehr  oder  weniger  ausgeprägt  augehörende  Arten.  Von 
der  Vegetation  und  den  Naturverhältnissen  der  Landschaft  hängt 
die  Vogelwelt  wie  überhaupt  alles  Thierleben  ab  und  die  Kenntniss 
derselben  ist  also  von  Wichtigkeit  für  eine  rechte  Auffassung  der 
Vogelwelt.  Ich  will  diese  Verhältnisse  darum  ein  wenig  näher  be¬ 
leuchten.  Der  Ausgangspunkt  der  zoologischen  Untersuchungen  war 
Bibundi,  ein  Küstenplatz  am  Fusse  des  nordwestlichen  Kamerun¬ 
gebirges.  Die  vulkanische  Natur  dieses  Gebietes  kennzeichnet  ein 
am  Meeresufer  hervortretender  Basaltgürtel,  der  sich  von  der  Mün¬ 
dung  des  kleinen  Flusses  Bekongolo  südwärts  erstreckt.  Nördlich 
von  diesem  Fluss  verschwindet  dieser  Gürtel  und  wird  durch  einen 
niedrigen  sandigen  Strand  ersetzt.  Ein  wichtiger  Theil  der  kräftigen 
Vegetation,  die  gleich  am  Meeressaum  beginnt,  besteht  hier  aus 
hohem  Schilfgras,  Pennisetum  polystachyon,  das  sich  in  dichten 
Massen  über  recht  grosse  Strecken  verbreitet  und  zugleich  mit 
einigen  anderenMonocotyledonen:  Zingiberaceen  (Amomurn  granum 
paradisi)  und  Marantaceen  das  fast  undurchdringliche  Unterholz 
des  umgebenden  Waldes  bildet  und  sowohl  in  der  Trocken-  als  in 
der  Begenperiode  sein  Grün,  seine  Lebensfähigkeit  und  Stärke  be¬ 
wahrt.  Obwohl  von  diesem  hohen  Grase  bedeckt,  ist  aber  die 
Gegend  keineswegs  ein  Steppenland.  Gewaltige  Baumwollbäume 
und  Palmen,  Feigen-  und  Kolabäume,  Gruppen  von  Dracaena 
fragrans,  Anthocleista  Vogeli,  Kigelia  africana  und  andere 
Bäume  erheben  hier  und  da  ihre  Kronen,  wachsen  immer  dichter 


8 


zusammen  und  gehen  allmählich  in  den  umgehenden  Wald  über,  der 
im  Grossen  die  ganze  Landschaft  beherrscht,  jedoch  kleinere  oder 
grössere  grasbewachsene  Plätze  freilässt.  Diese,  welche  von  den 
Europäern  theil weise  zu  stattlichen  Tabak-  und  Kakaoplantagen 
verwandelt  worden  sind,  bilden  den  Sammelplatz  einer  reichen 
Vogelwelt.  Hier  sieht  man  den  blauglänzenden  Senegalliest  (Hal- 
cyon  senegalensis)  auf  hervorragenden  Zweigen  ruhen  oder  pfeil¬ 
schnell  zu  Boden  stürzen,  um  seine  Beute  zu  ergreifen.  Aus  dem 
hohen  Gras  ertönt  die  wunderbare  Stimme  des  Sporenkuckucks 
(Centropus  monachus).  Auf  dem  durch  die  Farm  führenden 
Wege  spazieren  kleine  Stahlflecktauben  (Chalcopeleia  afra)  umher 
oder  ruhen  auf  den  Zweigen  hier  und  da  befindlicher  kleiner  Bäume. 
Hin  und  her  über  das  hohe  Gras  und  über  dem  Faktoreiplatz 
schweben  schwarze  Seglerschwalben  (Psalidoprocne  fuliginosa) 
bei  niedrigem  Flug.  Wie  unsere  Rauchschwalbe  streichen  sie  dicht 
über  dem  Boden  hin,  heben  sich  in  die  Luft,  um  ihre  Beute  zu  er¬ 
greifen,  senken  sich  wieder  herab  und  setzen  ihren  Flug  fort.  Hier 
trifft  man  auch  regelmässig  den  Rostkappensänger  (Cisticola  rufo- 
pileata)  und  den  schwarzen  Tropfenfink  (Spermospiza  guttata) 
unter  den  niedrigen  Kakaobäumen,  auf  deren  äussersten  Zweigen  sie 
sich  gern  niederlassen  oder  im  dünn  stehenden  Schilfgras  herumhüpfen. 
Metallglänzende  Nectarinien  (Cinnyris  chloropygia,  Preüssi 
und  Reich enb aclii)  besuchen  die  blühenden  Pisange,  Carica 
papaya  und  anderen  Pflanzen  und  von  niedrigen  Kronen  lässt  der 
Gabun-Bülbül  (Pycnonotus  gabonensis),  vielleicht  der  beste 
Sänger  der  Gegend,  seine  klangvolle  Stimme  ertönen. 

Einen  imposanten  Anblick  bietet  der  Geier- Seeadler  (Gypo- 
hierax  angolensis),  wenn  er  sich  bei  klarem  Wetter  in  der  reinen 
Luft  oft  zu  ansehnlicher  Höhe  erhebt  und  schimmernd  in  seinem 
schwarzen  und  weissen  Kleid  in  grossem  Bogen  herumkreist,  sich 
auf  gestreckten  Flügeln  hebend  und  senkend.  Es  sind  jedoch  nur 
die  Alten,  die  dies  gegen  den  lichten  Himmel  so  schön  abstechende 
Kleid  tragen;  die  Jungen  haben  eine  mehr  anspruchslose,  braune 
Farbe. 

Die  Regen-  und  Trockenzeit  übte  geringen  Einfluss  auf  die 
Vogelwelt  des  Platzes  aus  und  fast  dieselben  Arten  fanden  sich  das 
ganze  Jahr  hindurch.  Die  Papageien  verschwanden  aber  während 
der  Regenzeit,  wahrscheinlich  mit  ihrer  Brut  beschäftigt,  sowie 
auch  die  Strichvögel  Milvus  aegyptius  und  Meropiden.  —  Auf 
diesem  mehr  offenen  Terrain  findet  man  auch  solche  Arten  wie 
Cypselus  ambrosiacus,  Corvus  scapulatus,  Peristera  tym- 
panistria,  Polyboroides  typicus,  Elminea  longicauda, 
Ploceus  cucullatus,  personatus  und  nigerrimus  u.  a. 


9 


Gleich  oberhalb  seiner  Mündung  empfängt  der  vom  Kamerun¬ 
gebirge  kommende  Fluss  Bekongolo  einen  kleinen  Nebenfluss. 
Dichte  Gebüsche  von  niederen  Ficusbäumen,  Coffeaceen, 
Myristicaarten,  Phoenix  spinosa  und  anderen  weniger  hohen 
Pflanzen  bedecken  grösstentheils  das  dazwischenliegende,  niedrige, 
bei  der  Fluth  überschwemmte  Land.  Hier  begegnet  uns  eine  tlieil- 
weise  andere  Vogelwelt.  Im  Schutze  des  herabhängenden  Laub¬ 
werkes  betreiben  Eisvögel  (Alcedo  Guentheri)  von  über  dem 
Wasser  hängenden  Zweigen  ihre  Jagd  auf  die  am  Ufer  herum¬ 
hüpfenden  Schlammfische,  auf  den  Sandbänken  an  der  Flussmündung 
und  am  Meeressaum  halten  sich  Uferpfeifer  (Cliaradrius  tenellus) 
auf  und  auch  Wasser-  und  Uferläufer  (Actitis  liypoleucus,  To¬ 
tanus  calidris  und  littoreus)  zeigen  sich  hier  bisweilen.  Unter 
dem  dichten  Laubwerk  der  am  Ufer  stehenden  Bäume  bewegen  sich 
Sichelkuckucke  (Ceuthmochares),  während  Meropiden  (M.  albi- 
collis)  von  trockenen  Zweigen  ihrer  Jagd  nach  vorüberfliegenden 
Kerbthieren  nachgehen. 

Nachdem  ich  eine  kürzere  Zeit  lang  die  Thier  weit  des  Küsten¬ 
gebietes,  zu  dem  ich  mehrere  Mal  Gelegenheit  hatte  zurückzukehren, 
untersucht  hatte,  trat  ich  zur  Weihnachtszeit  1890  die  Fahrt  an  den 
Flüssen  hinauf  nach  dem  Innern  des  bisher  zoologisch  unerforschten 
Landes  an,  wo  eine  weit  interessantere,  das  heisst  mehr  unbekannte 
Fauna  zu  erwarten  war,  Erwartungen,  die  sich  auch  in  reichem 
Maasse  erfüllten.  Die  Beise  wurde  auf  dem  Meere  in  nördlicher 
Richtung  nach  dem  Deltaland  an  der  Mündung  des  Meme  angetreten. 

Prachtvoll  in  der  That  ist  die  Naturscenerie,  die  sich  hier  auf 
einer  Fahrt  an  der  Küste  entlang  dem  Auge  bietet.  Im  Süden  das 
imponirende  Kamerungebirge  zu  einer  Höhe  von  4000  m  aufgethürmt, 
an  seinem  unteren  Theile  von  den  dichten  Kronen  des  wie  ein 
wogendes  Meer  sich  ausbreitenden,  in  verschiedenem  Grün  schillern¬ 
den  Urwaldes  bedeckt  und  mit  seinem  nackten  Scheitel  bis  in  die 
Wolken  ragend;  an  der  Küste  entlang  der  undurchdringliche,  durch 
einen  schmalen  sandigen  Strand  vom  Meer  getrennte  Urwald,  in 
welchem  hier  und  dort  die  runden  Kronen  der  Oelpalinen  hervor¬ 
ragen,  während  der  düstere  Mangrovewald  im  Norden  den  Gesichts¬ 
kreis  begrenzt.  Das  Vogelleben  ist  jedoch  wenig  abwechselnd; 
Massen  von  Seeschwalben  (Sterna  Bergi)  schweben  hier  um  uns 
herum  oder  sitzen  schaarenweise  auf  den  hervorragenden  Sandbänken. 
Ein  Geier -Seeadler  scheint  am  Strande  entlang  zu  ziehen,  nach 
einer  von  dem  Meer  ausgeworfenen  Beute  spähend,  während 
schreiende  Papageien  in  Schaaren  über  den  Wald  streichen. 

Nach  etwas  weniger  als  einer  Tagereise  fahren  wir  in  den 
dichten  Mangrovewald  hinein,  der  sich  auf  grossen  Strecken  an  den 
Flussmündungen  hinzieht. 


10 


Ein  ganz  anderes  Bild  von  Natur,  Thier-  und  Pflanzenwelt  zeigt 
sich  beim  Eintritt  in  diese  eigentümlichen  Sumpfwälder.  Unerhörte 
Massen  von  Schlamm  und  Morast,  die  besonders  in  der  Regenzeit 
von  den  hoch  über  die  Ufer  schwellenden  Flüssen  vom  Innern  des 
Landes  mitgerissen  werden,  setzen  sich  nach  und  nach  an  den 
Mündungen  im  stilleren  Meereswasser  ab  und  bilden  grosse  Schlamm¬ 
bänke,  in  denen  nur  die  Mangrovebäume  mit  ihren  weit  verzweigten 
Wurzelmassen  und  ihren  von  den  Aesten  herabhängenden  Luftwurzeln 
einen  Anhalt  finden  können.  Dicht  zusammenwachsend  bilden  sie 
grössere  und  kleinere  Inseln,  die  durch  breitere  oder  schmälere 
Kanäle  voneinander  getrennt  sind,  in  welchen  sich  eine  mit  der 
Fluth  und  Ebbe  steigende  und  fallende  Wassermasse  in  beständiger 
Bewegung  befindet.  Wenn  das  Wasser  sich  bei  der  Ebbe  zurück¬ 
zieht  und  den  schlammigen  Grund  an  den  Ufern  dieser  Wasser- 
strassen  entblösst,  fängt  ein  rühriges  Leben  in  dem  einförmigen 
Sumpfwalde  an.  Schaaren  von  kleinen  Fischen  (Periophthalmus 
papilio),  die  hauptsächliche  Nahrung  der  Vogelwelt  in  jenen 
Gegenden,  kommen  zum  Vorschein  auf  den  Schlammbänken,  welche 
bald  von  den  zahllosen  Thieren  bedeckt  werden.  Ohne  Furcht  vor 
den  glühenden  Sonnenstrahlen  hüpfen  sie  mit  den  zu  einer  Art  von 
Armen  umgebildeten  Brustflossen  an  den  Seiten  herauf  oder  klettern 
an  den  herabhängenden  Wurzeln  der  Mangrovebäume  hinauf.  Eis¬ 
vögel,  Reiher  und  Schattenvögel,  ihre  gefrässigen  Feinde,  lassen 
nicht  lange  auf  sich  warten  und  bald  finden  wir  eine  oft  abwechselnde 
und  reiche  Vogelwelt,  wo  kurz  vorher  nur  Wasser,  begrenzt  von 
einer  Mauer  von  dichtem  Blätterwerk  der  Mangrovebäume,  zu 
sehen  war. 

Der  Schattenvogel,  der  vorher  zusammengekauert  in  den  Zweigen 
oder  den  dichten  Wurzelmassen  gesessen,  senkt  sich  nun  auf  die 
von  Fischen  wimmelnden  Bänke  herab.  Die  Eisvögel  (Forbesi 
und  Guentheri),  die  sich  bisher  im  Walde  aufgehalten,  begeben 
sich  zu  den  zahlreichen  Krieks,  wo  die  kleinen  Fische  ihnen  über¬ 
reiche  Nahrung  gewähren.  Wo  die  Krieks  breiter  und  die  entblössten 
Schlammbänke  grösser  sind,  wird  das  Vogelleben  mehr  abwechselnd. 
Weisse  Reiher  zeigen  sich  auf  denselben  oder  sitzen,  oft  mehrere 
zusammen,  in  den  Mangrovebäumen,  wo  sie  grell  von  dem  um¬ 
gebenden  grünen  Laubwerk  abstechen.  Hier  kann  man  auch  den 
stattlichen  Riesenreiher  und  die  nicht  leicht  erreichbaren  Pelikane 
antreffen.  Schnepfen  (calidris,  littoreus  und  subarquataj, 
Regenbrachvögel,  Säbelschnäbler  (Recurvirostra)  und  Schlangen¬ 
halsvögel  treten  auch  in  diesen  Sumpfwäldern  auf.  Am  reichlichsten 
fand  ich  die  Sumpfvögel  auf  den  Schlammbänken  vertreten,  die  im 
unteren  Massake  (Dongoie)  an  der  Mündung  des  Ekundu  Kriek 
liegen. 


11 


Unter  den  Säugethieren  der  Mangroveregion  machen  sich  die 
Affen  (Cercopithecus  mona)  am  meisten  bemerkbar. 

Nach  einer  Untersuchung  der  interessanten  Thierwelt  der  Man¬ 
groveregion.  wohin  ich  auch  später  mehrere  Male  zur  näheren 
Prüfung  zurückkehrte,  ging  die  Reise  die  Flüsse  hinauf,  zuerst  den 
Meme,  dann  den  Massake,  N'dian  und  ferner  nach  Rio  del  Rey. 

Der  Uebergang  vom  Mangrovewald  zum  eigentlichen  Wald 
wird  oft  durch  die  Weinpalme  vermittelt,  die  sich,  wro  der  Boden 
etwas  fester  wird,  mit  der  Mangrove  vermischt  und  sie  auf  gewissen 
Gebieten  ganz  verdrängt  und  stattliche,  die  Krieks  bekränzende 
Riesenbouquets  bildet.  Hier  ist  der  liebste  Aufenthaltsort  von 
Criniger  leucopleurus.  Der  dem  Sumpfboden  zunächst  liegende 
Wald  ist  feucht,  dicht  und  dunkel,  der  Boden  ist  mit  verfaultem 
Laub  bedeckt  und  nur  spärliche  Sonnenstrahlen  können  sich  einen 
Weg  dorthin  bahnen.  Die  Yogelfauna  in  diesem  dichten  Buschwald 
ist  aber  oft  recht  reich.  Haarvögel,  Bülbüls,  Ameisen-Timalien, 
Prachtweber,  Tropfenspechte,  Lappenschnepper,  Fächerschwänze, 
Gabunrothkehlchen,  grüne  Würger  und  Helmvögel  sind  die  typisch¬ 
sten  und  häufigsten  Einwohner  des  dichten  Buschwaldes. 

Innerhalb  desselben  fängt  der  unermessliche  Urwald  an.  Die 
Bäume,  die  von  Lianen  und  anderen  Schlingpflanzen  umwachsen 
sind,  stehen  vereinzelter  und  lassen  hier  und  dort  eine  Lichtung 
frei,  während  die  untere  Vegetation,  die  auf  grossen  Strecken  von 
breitblätterigen  Marantaceen  und  Zingiberaceen  gebildet  ist,  sich 
womöglich  noch  mehr  verdichtet. 

Auf  den  erwähnten,  nördlich  vom  Gebirge  liegenden  Grasebenen 
waren  Steppenvögel,  wie  Coliopasser  macrurus  und  Melittho- 
phagus  pusillus,  anzutreffen. 

Dies  ist  in  Kürze  die  Natur  und  die  Vegetation  des  angegebenen 
Gebietes  und  die  allgemeinsten  Züge  seiner  Vogelwelt.  Möge  Jeder, 
dem  es  vergönnt  ist,  diese  interessanten  Gegenden  zu  besuchen, 
seinen  Beitrag  zur  Erforschung  ihrer  im  Ganzen  noch  so  wenig 
bekannten  Thierwelt  geben. 

Im  Folgenden  habe  ich  nun  eine  Beschreibung  derjenigen  Formen 
geliefert,  die  nicht  in  Dr.  Reichenows  erwähnten  Uebersichten 
verkommen.  Sie  sind  auch  mit  einem  Kreuz  bezeichnet.  Da  eine 
weit  grössere  Anzahl  jetzt  vorliegt,  mussten  die  Beschreibungen 
etwas  ausführlicher  gehalten  werden. 

Die  bei  den  Maassen  angegebenen  Abkürzungen  bedeuten: 
„L.“:  Totallänge  des  ausgesti’eckten  Vogels  von  der  Schnabel-  bis 
zur  Schwanzspitze.  „F.“:  Länge  des  zusammengelegten  Flügels  vom 
Flügelbug  bis  zur  Spitze  der  längsten  Feder.  „Schw.“:  Schwanzlänge 
von  der  Wurzel. 


Natatores  —  Schwimmvögel. 

Sternidae  —  Seeschwalben, 
f  Sterna  Bergi  Licht.  —  Bergs  Seeschwalbe. 

L.  50,  F.  36,  Schw.  17,  Schnabel  gelb  6,5  cm.  Oberseite  hell 
blaugrau,  Unterseite  und  Stirn  weiss,  übriger  Oberkopf  und  Nacken 
schwarz  oder  (Winterkleid)  schwarz  und  weiss,  Handschwingen 
silbergrau  mit  weissgesäumter  Innenfahne. 

Jüngerer  Vogel:  oben  dunkel  gefleckt  und  schattirt. 

Die  grösste  der  bisher  von  Kamerun  bekannten  Seeschwalben. 

Allgemein  an  der  Meeresküste  zwischen  Bibundi  und  Meme. 

f  Sterna  minnta  L.  - — -  Zwergseeschwalbe.  L.  22,  F.  17, 
Schw.  7,5  cm.  Schnabel  gelb  mit  schwarzer  Spitze.  Oberseite  hell 
blaugrau,  Oberkopf  und  Nacken  schwarz,  Stirn,  Schwanz  und  Unter¬ 
seite  weiss,  die  zwei  oder  drei  ersten  Schwingen  schiefergrau  mit 
weissgesäumter  Innenfahne. 

Auf  Schlammbänken  in  dem  Fluss  Massake. 

f  Sterna  nigra  L.  —  Schwarze  Seeschwalbe.  L.  25,  F.  18, 
Schw.  7  cm.  Winterkleid:  Oben  dunkel  blaugrau,  Stirn,  Halsring 
und  Unterseite  weiss,  Hinterkopf  und  Brustseiten  schwarz. 

Sommerkleid:  Oben  dunkel  schiefergrau,  Kopf,  Hals  und  Unter¬ 
seite  schwarz,  untere  Schwanzdecken  weiss.  —  Allgemein  an  der 
Meeresküste  zwischen  Bibundi  und  dem  Fluss  Meme. 

Phalacrocoracidae  —  Flussscharben. 

Plotus  Levaillanti  Temm.  —  Schlangenhalsvogel. 

Nicht  selten  in  der  Mangroveregion, 

Pelecanidae  —  Pelikane. 

f  Pelecanus  rufescens  Lath.  —  Pelikan.  Weiss,  nicht 
rosa  gefärbt,  oben  mehr  oder  weniger  dunkelschattirt,  Handschwingen 
schwarzbraun. 

Es  wäre  von  Interesse,  festzustellen,  ob  die  in  Kamerun  vor¬ 
kommenden  Pelikane,  von  denen  noch  kein  Exemplar  heimgeführt 
worden,  dieser  Art  angehören.  Ich  sah  oft  Pelikane  bei  den 
Schlammbänken  im  Massake  an  der  Mündung  des  Ekundu-Krieks. 

Grallatores  —  Stelzvögel. 

Charadriidae  —  Regenpfeifer. 

f  Charadrius  tenellus  Hartl.  —  Uferpfeifer.  Dunkles 
Brustband  nicht  vorhanden.  L.  17,  F.  10,  Lauf  2,3  cm.  Oberseite 
blassbraun  mit  deutlicher  zimmetrother  Schattirung;  die  ganze  Unter¬ 
seite  weiss,  Brust  gewöhnlich  etwas  isabellröthlich  angeflogen, 
Zügelstrich  schwarz.  —  Am  sandigen  Meeresufer  bei  Bibundi  all¬ 
gemein. 


f  Ckaradrius  minor  Meyer  —  Flussregenpfeifer. 

Dunkles  Brustband  vorhanden.  L.  17,  F.  11,  Lauf  2,4  cm. 
Oberseite  graubraun  ohne  Zimmetroth;  Brustband  schwarz.  —  Jung¬ 
vogel:  die  graubraunen  Federn  des  Kopfes,  der  Brust  und  der  Ober¬ 
seite  mit  gelblichen  Säumen.  —  An  der  Faktorei  bei  Itoki  beob¬ 
achtet.  Da  kein  Exemplar  nach  Europa  gekommen  ist,  wäre  von 
Interesse,  ein  solches  mitzubriugen,  um  sein  Vorkommen  in  Kamerun 
zweifellos  festzustellen. 

f  Lobivanellus  albiceps  Gould —  Weissköpfiger  Lappen- 
kibitz.  L.  35,  F.  27,  Lauf  7,5  cm.  Mit  einem  Sporn  am  Flügel¬ 
bug  und  nacktem  Hautlappen  am  Auge.  Oberkopf  weiss  wie  Vor¬ 
derhals  und  Unterseite,  Bücken  braun,  Hinterhals  und  Kopfseiten 
grau.  —  Hier  und  da  am  Ufer  des  Meme  und  Massake. 

Scolopacidae  —  Schnepfen. 

Actitis  hypoleucus  (L.)  —  Flussuferläufer.  An  den  Fluss¬ 
ufern  allgemein. 

Totanus  littoreus  (L.)  —  Heller  Wasserläufer.  Nach 
voriger  Art  die  allgemeinste  Schnepfe  des  Gebietes.  Von  den 
Eingeborenen  „Dängelänge“  genannt.  Bibundi,  Itoki. 

f  Totanus  calidris  (Bechst.)  —  Kleiner  Bothschenkel. 
Mit  rotken  Füssen.  L.  27,  F.  15,5,  Lauf  5  cm.  Schnabel  an  der 
Wurzelhälfte  roth,  vorn  schwarz.  Oben  hellbraun  mit  schwarzen 
Flecken,  unten  dunkel  gestreift,  Handschwingen  schwarzbraun, 
Armschwingen  mit  breiter  weisser  Binde,  Schwanz  weissgebändert. 
Die  Jungvögel  haben  eine  weisslich  gefleckte  Oberseite,  Kehle 
und  Bauch  weiss.  —  An  der  Meeresküste  und  im  Mangrovewald 
am  Massake. 

f  Totanus  ochropus  (L.)  —  Waldwasserläufer.  L.  26, 
F.  14,  Lauf  3,6  cm.  Schnabel  und  Füsse  dunkel.  Oberseite  dunkel¬ 
braun  mit  weisslicken,  in  der  Jugend  gelblichen  Punkten;  Bürzel 
weiss;  Unterseite  weiss,  am  Halse  dunkel  gestreift;  alle  Schwingen 
mit  braunem  Schaft;  Schwanz  an  der  Wurzel  seitlich  reinweiss,  an 
den  Mittelfedern  breit  schwarz  und  schmal  weiss  gebändert.  — - 
Bonge,  am  Ufer  des  Meme. 

f  Totanus  glareola  (L.)  —  Bruchwasserläufer.  L.  22, 
F.  13,  Lauf  3,6  cm.  Von  voriger  Art  durch  etwas  geringere  Grösse, 
etwas  gefleckte,  nicht  reinweisse  untere  Schwanzdecken,  grössere 
Bückenflecken  und  weissen  Schaft  der  ersten  Schwinge  unter¬ 
schieden.  Schwanz  von  der  Wurzel  an  gebändert.  —  An  Gewässern, 
Bibundi,  Bonge. 

f  Tringa  subarquata  (Güld.)  —  Krummschnabel.  L.  20, 
F.  13,  Lauf  3  cm.  Schnabel  leicht  nach  unten  gebogen,  Bürzel  weiss. 


14 


Winterkleid:  Oberseite  braungrau  mit  oder  ohne  braunschwarze, 
rostroth  gefleckte  Federn,  Unterseite  weiss,  Brust  fein  dunkel  ge¬ 
fleckt.  Sommerkleid:  Oberseite  schwarz  mit  roströthlich  gefleckten 
und  gesäumten  Federn,  Unterseite  dunkelbraunroth.  —  Auf  Schlamm¬ 
bänken  im  Massake. 

Numenius  phaeopus  (L.) —  Regenbrachvogel.  Allgemein 
in  der  Mangroveregion.  Von  den  Eingeborenen  bei  N’dian  „Bäke- 
B?ike“  genannt. 

f  Recurvirostra  avocetta  L.  —  Säbelschnäbler.  L.  43, 
F.  22,  Lauf  9,5  cm.  Schnabel  dünn,  lang,  nach  oben  geschwungen. 
Weiss;  Kopf,  Nacken,  Schultern,  kleine  und  mittlere  Flügeldeck¬ 
federn  schwarz.  —  In  der  Anzahl  von  10  bis  15  Stück  auf  Schlamm¬ 
bänken  im  Massake  beobachtet. 

R  a  1 1  i  d  a  e  - —  Rallen. 

Podica  senegalensis  (Vieill.)  —  Senegal  -  Binsenhuhn, 
ln  der  Mangroveregion  bei  Kitta;  gleicht  im  Betragen  unserem 
schwarzen  Wasserhuhn. 

f  Podica  camerunensis  Sjöstedt  —  Kamerun  -  Binsen¬ 
huhn.  Lappenhäute  an  den  Zehen.  Unterseite  braunschwarz  mit 
weissen  Flecken  und  Zeichnungen,  nicht  rein  weiss.  L.  52,  F.  20, 
Schw.  15  cm.  Oberkopf  und  Hinterhals  glänzend  schwarz,  vom  Auge 
ein  an  den  Seiten  des  Plalses  entlang  laufendes,  schmales  weisses 
Band;  Hals  und  Kopf  im  Uebrigen  bleigrau.  —  Von  mir  bei  Bonge 
entdeckt;  zur  Zeit  ist  nur  das  Typusexemplar  im  Stockholmer  Museum 
bekannt.  Alle  Beobachtungen  über  diese  Art  sehr  erwünscht. 

f  Himantornis  haematopus  Hartl.  L.  48,  F.  20,  Lauf 
7,5  cm.  Füsse  und  Iris  roth.  Oben  rostbraun,  die  Federn  in  der 
Mitte  etwas  dunkler,  weissgelblich  gesäumt;  Unterseite  etwas 
dunkler;  Kopfseiten  und  Kehle  gelblicliweiss,  Kinn  heller.  Schnabel 
dunkel.  —  Lebt  im  dichten  Buschwald,  wahrscheinlich  auch  in 
der  Mangroveregion  in  der  Nähe  des  Buschwaldes.  Biologische 
Nachrichten  von  dieser  seltenen  Art  sind  sehr  erwünscht. 

f  Ortygometra  egregia  (Pet.)  Magen  weiss  und  schwarz 
gebändert.  L.  19,  F.  12,  Lauf  3,7  cm.  Nackter  Augenkreis  und 
Iris  roth.  Mittelzehe  3  cm.  Die  Federn  der  Oberseite  schwarz 
mit  breiten  braungelben  Säumen,  Kopfseiten  und  Brust  grau,  Kehle 
weiss.  —  Lebt  im  hohen  Schilfgrase,  Bibundi. 

f  Gallinula  angulata  Sundev.  Aussenfahne  der  äussersten 
Schwinge  weiss.  Mittelzehe  5  cm.  L.  22,  F.  13,  Lauf  3,5  cm. 
Aschgrau,  Oberseite  etwas  bräunlicher,  untere  Schwanzdecken 
schwarz,  die  an  den  Seiten  weiss,  Körperseiten  mit  einigen  weissen 


15 


Flecken;  Schnabel  grüngelb,  oben  roth.  Jungvogel:  Oben 
bräunlich,  unten  grauweiss,  Schnabel  ohne  Roth.  —  lin  hohen 
Grase,  Bibundi. 

Corethrura  Reichenowi  Sharpe  (Syn.  C.  elegans.  J.  f.  0. 
1892,  S.  178)  —  Tropfen-Sumpfhuhn.  Kamerungebirge,  Manns 
Quelle,  7500  Fuss. 

Ciconiidae  —  Störche. 

Scopus  umbrea  Gm.  —  Schattenvogel.  In  der  Man¬ 
groveregion  sehr  häufig.  Im  Delta  des  Meine,  Massake,  N’dian. 
Wird  bei  N’dian  „Ipang“  genannt,  was  aber  nur  ein  grösserer 
Sumpfvogel  bedeutet,  da  auch  Reiher  damit  bezeichnet  werden. 

A  r  d  e  i  d  a  e  —  Reiher. 

f  Ardea  Goliath  Rüpp.  —  Riesenreiher.  Der  grösste 
Reiher  des  Gebietes.  Rücken  und  Flügel  schiefergrau,  Unterseite 
dunkelroth,  Hals  hell  braunroth,  nach  vorn  schwarz  und  weiss  ge¬ 
zeichnet,  Kehle  weiss.  —  Der  Riesenreiher  ist  zur  Zeit  in  Kamerun 
nur  beobachtet.  Es  wäre  demnach  von  Interesse,  ein  Exemplar  heim¬ 
zuführen,  um  sein  Vorkommen  im  Gebiete  zweifellos  festzustellen. 
War  in  der  Mangroveregion  nicht  selten.  Ekundu-Kriek. 

f  Ardea  cinerea —  Fischreiher.  L.  105,  F.  46,  Lauf  15  cm. 
Oberseite  bläulich  aschgrau,  Kopf  mit  zwei  schwarzen,  seitlichen 
Scheitelstrichen  und  schwärzlichen  langen  Genickfedern,  Hals  und 
Unterseite  weiss,  erstere  nach  vorn  schwarzgefleckt.  Jüngerer 
Vogel:  Oberseite  blaugrau,  Scheitel  und  Genickfedern  dunkler, 
Vorderhals  und  Unterseite  weiss,  schwarzgefleckt.  —  An  den  Flüssen 
Meme  und  Massake. 

f  Ardea  purpurea  L.  —  Purpurreiher.  L.  90,  F.  36,  Lauf 
13  cm.  Oberseite  rostbraun  und  dunkel  aschgrau  gemischt,  Scheitel 
und  Genickfedern  schwarz,  Kehle  rostfarben  mit  schwarzen  Flecken¬ 
reihen  und  Längsband;  Brust  dunkelroth.  Jungvogel:  Oberseite 
graublau,  die  Federn  breit  rostgelblich  gesäumt,  Hals  rostgelblich, 
nach  vorn  heller,  schwarzgestreift,  Kehle  weiss,  Oberkopf  schwarz- 
blau,  Unterseite  roströthlich,  dunkel  gemischt.  —  Bibundi. 

f  Ardea  alba  L.  —  Silberreiher.  L.  104,  F.  38,  Lauf  1,6  cm. 
Gefieder  rein  weiss;  Schnabel  in  der  Jugend  gelb,  im  Alter  bis  auf 
die  gelben  Mundwinkel  und  die  Wurzel  des  Unterschnabels  braun¬ 
schwarz.  —  Weisse  Reiher  fand  ich  mehrfach  in  der  Mangrove¬ 
gegend  allgemein,  wahrscheinlich  gehörten  sie  dieser  Art,  was  in¬ 
dessen  noch  näher  festzustellen  wäre.  Vergleiche  auch  Ardea 
gularis  und  bubulcus. 

f  Ardea  bubulcus  Sav.  —  Kuhreiher.  L.  46,  F.  24, 
Lauf  7,3  cm.  Viel  kleiner  als  der  Silberreiher,  von  der  Grösse  eines 


16 


Regenbrachvogels;  Gefieder  rein  weiss  mit  isabellröthlicher  Scliatti- 
rung  auf  dem  Scheitel;  Beine  schwarz,  Schnabel  gelb.  —  An  den 
Flüssen  Meine  und  N’dian. 

f  Ardea  Sturmi  Wagl.  —  Sturms  Reiher.  L.  36,  F.  16, 
Lauf  4  cm.  Dunkel  schieferblau,  Vorderhals  und  Unterkörper  isabell- 
gelb,  schieferschwarz  gestrichelt.  —  Ein  selten,  einzeln  auftretender 
Reiher.  Lebt  zurückgezogen  an  Gewässern  im  Walde.  Itoki. 

Butorides  atricapillus  (Afz.)  ■ — -  Kappenreiher.  Der  all¬ 
gemeinste  Reiher  des  Gebietes;  lebt  in  der  Mangroveregion. 
„Essävä“  (bei  N’dian  „Njänga“)  genannt. 

Calherodius  leuconotus  (Wagl.)  - —  W eissrückiger  Nacht¬ 
reiher.  Laut  ein  zischendes  „tzirp“.  In  der  Mangroveregion  und 
an  den  Flüssen. 

Gyrantes  -  Girrvögel. 

Columbidae  — -  Baumtauben. 

Chalcopelia  afra  (L.)  —  Stahlflecktaube.  In  Farmen 
allgemein.  Bibundi,  Bell  town. 

Peristera  tympanistria  (Temm.)  —  Tamburintaube.  Nicht 
selten.  Bibundi,  Bonge,  Itoki. 

f  Peristera  puella  Schleg.  —  Mädchentaube.  L.  26,  F.  13, 
Schw.  10  cm.  Rothbraun,  unten  etwas  heller,  Kopf  hellgraublau, 
Flügel  mit  grünen  Metallflecken.  —  Lebt  im  Buschwalde.  Ekundu, 
Kitta,  N’dian.  „N’doüa“  genannt. 

Turtur  semitorquatus  (Rüpp.) —  Halsbandtaube.  Bibundi. 

f  Columba  arquatrix  Temm.  L.  36,  F.  22,  Schw.  14  cm. 
Unterseite,  Vorderrücken  und  Schulter  weinroth,  weissgefleckt; 
übrigens  blaugrau  oder  schwarzgrau,  Kopf  heller  grau.  — •  Kamerun¬ 
gebirge,  Manns  Quelle,  7500  Fuss. 

C  a  r  p  ophagidae  —  F  r  u  c  h  1 1  a  u  b  e  n. 

Treron  calva  (Temm.)  —  Papageitaube.  Die  allgemeinste 
Taube  des  Gebietes.  Von  den  Eingeborenen  „Bänga“  genannt. 

Rasores  —  Scharrvögel. 

Perdicidae  —  Feldhühner. 

f  Francolinus  Lathami  Hartl.  —  Latliams  Frankolin. 
L.  26,  F.  15,  Lauf  4  cm.  Beine  gelb.  Männchen:  Oberseite  gelb¬ 
braun,  rostroth  gemischt,  Federschäfte  weiss;  Unterseite  schwarz 
mit  grossen  weissen  Flecken.  Weibchen:  Oberseite  ohne  Rostroth, 
dunkelbraun  gefleckt;  Unterseite  gelbgrau  mit  weissen,  von  schwarz 
begrenzten  Flecken.  Kehle  wie  bei  dem  Männchen  schwarz.  — 
Lebt  auf  der  Erde  im  dichten  Buschwald.  Ekundu,  Kitta.  Brütet 
Januar  bis  März. 


17 


Raptatores  —  Raubvögel. 

Falconidae  —  Falkenar tige  Raubvögel. 

f  Baza  cuculoides  (Sw.)  L.  40,  F.  30,  Schw.  20  cm.  Ober¬ 
seite  schwarzgrau,  Kehle  und  Brust  aschgrau,  Unterkörper  gelbweiss, 
dunkel  quergebändert.  —  Bonge.  Bisher  nur  einmal  im  Gebiete 
beobachtet.  Der  oft  wiederholte  Laut  ist  ein  klares  und  lautes, 
pfeifendes,  fünftöniges  Geschrei. 

Gypohierax  angolensis  (Gm.)  —  Geier-Seeadler.  Allge¬ 
mein  besonders  in  der  Mangroveregion  und  an  den  Flussmündungen. 
„Joungo“  genannt. 

Haliaetus  vocifer  (Daud.)  —  Schreiseeadler.  Hier  und 
da  an  den  Flüssen  und  in  der  Mangroveregion,  wo  man  dann  sein 
lautes  Geschrei  hört. 

Pernis  apivorus  (L.)  —  Wespenweih.  Bonge. 

Polyboroides  typicusA.  Sm. —  Schlangensperber.  Nicht 
selten.  Hält  sich  oft  in  Oelpalmen  auf,  deren  Früchte  er  wie  der 
Geier- Seeadler  verzehrt.  Bibundi,  Bonge,  Itoki. 

Astur  macroscelides  Temm.  u.  Hartl.  —  Bindenhabicht. 
Lebt  im  Buschwald.  Kitta,  Ekundu. 

Asturinula  mono grammica (Temm.) —  Kehlstreifhabicht. 
Wird  während  der  Trockenzeit  in  Farmen  u.s.w.  bisweilen  gesehen.  Sein 
Laut  ist  ein  dann  und  wann  ausgestossenes,  etAvas  langgezogenes  „kll‘\ 

Milvus  aegyptius  (Gm.)  —  Schmarotzermilan.  Erscheint 
als  Strichvogel  während  der  Trockenzeit.  Nicht  selten.  Bibundi,  Bonge. 

Strigidae  —  Eulen. 

Syrnium  nuchale  Sharpe  • — -  Bänderkauz.  Sein  Laut  „ho- 
lio-ho-holu-ho“  wird  während  der  Trockenzeit  oft  nachts  in  den  Wäl¬ 
dern  gehört.  „Essukuluk“  genannt.  Bonge,  Itoki.  Brütet  im  November. 

f  Strix  flammea  L.  —  Schleiereule.  L.  32,  F.  30,  Schw. 
13  cm.  Oberseite  aschgrau  und  rostgelb,  Aveissgefleckt;  Unterseite 
rostgelb  braungefleckt,  Schwanz  rostgelb  mit  vier  dunklen  Quer¬ 
bändern.  —  Kamerungebirge,  Manns  Quelle,  7500  Fuss. 

f  Glaucidium  Sjöstedti  Rchw.  —  Bandköpfige  Eule. 
L.  24,  F.  15,5,  ScIiav.  9  cm.  Kopf  und  Nacken  braunschwarz,  dicht 
Aveiss  quergestreift,  Rücken  und  Schulter  dunkel  kastanienbraun; 
Unterseite  isabellgelb,  dicht  rostbraun  quergestreift.  — -  Kamerun¬ 
gebirge,  Manns  Quelle,  7500  Fuss.  Bis  jetzt  ist  nur  das  Typus¬ 
exemplar  im  Stockholmer  Museum  bekannt. 

Scansores  —  Klettervögel. 

Psittacidae  —  Papageien. 

Psittacus  erithacus  L.  —  Graupapagei.  Aeussei’st  zahl¬ 
reich.  Wird  von  den  Eingeborenen  „Käsä“  oder  „Kussu“  genannt. 

Mitth.  von  Forsehungsreisenden,  VIII.  Band.  I.  9 


18 


t  I  hoeocephalus  Guilielmi  (Jard.)  —  "Wilhelm -Papagei. 
L.  28,  F.  19,  Scliw.  9  cm.  Stirn,  Vorderränder  der  Flügel  und  der 
untere  Theil  des  Schenkels  (Tibia)  roth,  Hinterrücken  gelbgrün, 
übrigens  dunkelbraun  und  grün.  —  Kamerungebirge,  Manns  Quelle, 
7500  Fass. 

M  usopkagidae  —  Pisa  ng  fresse  r. 
Corythaeola  cristata  (Vieill.) —  Riesenturako.  Brütet  im 
November  bis  Dezember.  Nicht  selten  in  Farmen  u.  s.  w.  Seine 
laute,  gackernde  Stimme  lässt  er  besonders  beim  Sonnenuntergang 
hören. 

Corythaix  Meriani  Rüpp.  —  Rotkhauben-Helmvogel. 
Der  allgemeinste  Pisangfresser  des  Gebietes.  Seine  Stimme  ist  ein 
wiederholtes  „krö-krö  .  .  .“.  Das  Fleisch  ist  recht  gut.  „Koka.“ 
Corythaix  persa(L.)  —  Grüner  Helm  vogel.  Kamerungebirge. 

C  o  1  i  i  d  a  e  —  Mausvögel, 
f  Colius  nigricollis  Vieill.  —  Schwarzkehliger  Maus¬ 
vogel.  L.  30,  F.  9,5,  Schwanz  lang,  stufig,  19  cm.  Oberseite  mit 
Flügeln  und  Schwanz  braun.  Oberkopf  heller,  Unterseite  blass  gelb¬ 
braun,  Kehle  und  die  Federn  an  der  Schnabelwurzel  schwarz,  Vorder¬ 
hals  fein  schwarz  quergebändert,  Schwingen  mit  rostrother  Innen¬ 
fahne.  —  Kamerungebirge,  Manns  Quelle.  Eine  dieser  sehr  nahe¬ 
stehende  Art  ist  die  neulich  von  Dr.  Reichenow  beschriebene 
Colius  nigroscapalis,  der  sich  durch  schwarze,  nicht  hornbraune 
Schäfte  der  Schwanzfedern  unterscheidet.  Vielleicht  ist  dies  nur  eine 
zufällige  Variation.  Es  wäre  darum  von  grösstem  Interesse,  eine 
Anzahl  von  Mausvögeln  von  Kamerun  heimzuschicken,  um  diese 
Frage  zu  entscheiden. 

Cuculidae  —  Kuckucke. 

Centropus  Francisci  Bp.  —  Grosser  Sporenkuckuck. 
Im  Urwalde  bei  Bonge  recht  allgemein.  Sein  Ruf,  den  er  besonders 
bei  Sonnenuntergang  hören  lässt,  ähnelt  dem  des  Mönchsporen¬ 
kuckucks,  ist  aber  viel  tiefer  und  langsamer. 

Centropus  monachus  Rüpp.  —  Mönchsporenkuckuck. 
Lebt  im  hohen  Grase.  Bibundi,  Itoki. 

f  Cuculus  Aurivillii  Sjöstedt.  —  Schwarzschwänziger 
Kuckuck.  L.  31,  F.  16,5,  Schw.  15  cm.  Oberseite  mit  Flügeln  und 
Schwanz  schwarz,  ungefleckt,  Kehle  rothbraun  dunkel  quergestreift, 
Unterkörper  gelbweiss  mit  dunklen  Querbinden.  —  Unterscheidet 
sich  von  Cuculus  gabonensis  durch  seinen  ganz  schwarzen,  nicht 
weissgefleckten  Schwanz.  Von  mir  im  Buschwald  bei  Ekundu  ent¬ 
deckt.  Zur  Zeit  ist  nur  das  Typusexemplar  im  Stockholmer  Museum 
bekannt.  Alle  Angaben  über  diese  Art  sehr  erwünscht. 


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f  Cercococcyx  Mecliowi  Cab.  —  Langschwänziger 
Kuckuck.  L.  32,  F.  15,  Schw.  21  cm.  Oberseite  graubraun  mit 
hellgrauem  Anstrich  auf  der  Oberseite  des  Kopfes  und  dem  Hinter¬ 
hals;  Schwingen  und  Flügeldeckfedern  mit  rothbraunen  Flecken; 
Schwanzfedern  schwarzbraun,  an  der  Spitze  weiss,  rothbraun  und 
weiss  gefleckt;  Unterseite  gelb  weiss,  dunkel  quergebändert,  Bauch 
und  Unterschwanzdecken  einfarbig.  —  Im  Buschwald  bei  Kitta.  Selten, 
zur  Zeit  nur  in  den  Museen  zu  Berlin  und  Stockholm  repräsentirt. 
Biologische  Angaben  sehr  erwünscht. 

Coccystes  cafer  (Lecht.)  —  Heherkuckuck.  Bibundi. 

Chrysococcyx  smaragdineus  Sw.  —  Smaragdkuckuck. 
Weniger  allgemein  als  die  übrigen  Goldkuckucke.  Weibchen:  oben 
grün,  rothbraun  quergebändert,  unten  weiss  mit  grünen  Querbändern. 
Fiisse  hellblau.  —  Bibundi. 

Chrysococcyxcupreus(Bodd.)  —  Goldkuckuck.  Allgemein 
bei  Bibundi  in  der  Regenzeit.  Sein  Ruf,  den  er  sowohl  sitzend 
als  fliegend  hören  lässt,  besteht  aus  vier  etwas  melancholischen, 
pfeifenden  Tönen  von  einer  Art  absteigendem  Triller  begleitet. 

Ckrysococcyx  Kaasi  (Sw.) —  Kleiner  Gold  kuckuck.  Brütet 
im  August  bis  September.  Bibundi. 

Ceuthmochares  aereus  (Vieill.)  —  Sichelkuckuck.  Recht 
allgemein  in  den  Wäldern.  Bibundi,  Bonge,  Itoki. 

Trogonidae  —  Nageschnäbler. 

Hapaloderma  vittatum  Shell.  —  Bindentrogon.  Kamerun¬ 
gebirge,  Manns  Quelle,  7500  Fuss. 

Capitonidae  —  Bartvögel. 

Gymnobucco  calvus  (Lafr.)  —  Kahlkopf-Bartvogel.  Bei 
Bonge  allgemein.  Itoki  na  N’golo.  Nisten  in  Baumlöchern,  welche 
sie  selbst  ausmeisseln. 

f  Gymnobucco  Peli  Hartl.  —  Pels  Bartvogel.  L.  16,5, 
F.  8,5,  Schw.  4,5  cm.  Braun,  Oberkopf  und  Kopfseiten  kahl,  blau- 
schwarz,  an  der  Schnabelwurzel  zwei  Federbüschel. 

Eine  Aufgabe  von  besonderem  Interesse  für  den  in  diesen 
Gegenden  reisenden  Ornithologen  wäre  es,  zu  erforschen,  ob  diese 
Form  wirklich  eine  selbständige  Art  ist  oder  nur  Individuen  eines 
gewissen  Alters  oder  Geschlechts  von  dem  nahestehenden  G.  calvus. 
Er  unterscheidet  sich  von  diesem  durch  die  zwei  oberhalb  des 
Schnabels  sitzenden  Federbüschel,  einen  etwas  schmaleren  Schnabel 
und  geringere  Grösse  und  gelbgrüne  Ränder  an  den  Schwingen, 
welche  Farbe  bei  calvus  ganz  fehlt  oder  nur  wenig  hervortritt. 
Sehr  wünschenswerth  wäre,  wenn  Exemplare  von  beiden  Formen 
nach  dem  Geschlecht  und  womöglich  nach  dem  Alter  bestimmt 

2* 


20 


werden  könnten  oder,  wenn  sich  dies  an  Ort  und  Stelle  nicht  machen 
Hesse,  in  Alkohol  heimgeschickt  werden.  Von  grösster  Wichtigkeit 
wäre,  zweifellos  festzustellen,  ob  Weibchen  mit  Federbüscheln 
Vorkommen. 

f  Barbatula  subsulphurea  (Fräs.)—  Gelbbauch-Bärtling. 
L.  9,5,  F.  4,7,  Schw.  2,5  cm.  Sehr  klein.  Unterseite,  ein  Strich 
über  der  Schnabelwurzel  und  einer  über  den  Augen  nach  hinten 
blass  schwefelgelb,  übrigens  schwarz,  Bürzel  und  Säume  der  Flügel¬ 
federn  gelb.  —  Bonge-Farm. 

Xylobucco  scolopaceus  (Temm.)  —  Holzbartvogel. 
Nicht  selten.  Bonge,  Itoki.  Im  lichten  Wald.  Nistet  in  Baumlöchern. 

Xylobucco  Duchaillui  (Cars.)  —  Rothstirniger  Bart¬ 
vögel.  Nicht  selten  im  lichten  Wald.  Kitta,  Bonge. 

Trachyphonus  purpuratus  Verr.  —  Schmuckbartvogel. 
Am  Waldsaum.  Bonge. 

P  i  c  i  d  a  e  —  Spechte. 

f  Campothera  Tullbergi  Sjöstedt  —  Golo-  Specht 
L.  19,  F.  11,  Schw.  7  cm.  Bücken  und  Flügel  grün,  Flügelbug 
blutroth,  Stirn  und  Vorderkopf  schwarz,  weissgelb  gefleckt,  Nacken 

karmoisinroth,  Unterseite  gelb,  dunkelgrün  punktirt  und  gefleckt.  _ 

Diese  ausgezeichnete  neue  Art,  welche  von  allen  bisher  bekannten 
Formen  der  Gattung  auffallend  abweicht,  wurde  von  mir  bei  Itoki 
na  N’golo  entdeckt.  Zur  Zeit  ist  nur  das  Typusexemplar  (ein 
Weibchen)  im  Stockholmer  Museum  bekannt. 

Campothera  nivosa  (Sw.)  —  Tropfenspecht.  Der  all¬ 
gemeinste  Specht  des  Gebietes.  Wird  oft  mit  Malimbus  nitnes. 
Platystira  castanea  und  Crinigerarten  zusammen  gesehen. 
Bonge,  Kitta,  Itoki. 

Campothera  permista  (Bcliw.)  —  Grüner  Waldspecht. 
Nicht  so  selten  in  den  Wäldern.  Itoki,  Ekundu,  Kitta. 

Mesopicus  xantkolophus  Harg.  —  Goldhaubenspecht. 
Wurde  einige  Male  im  Walde  bei  Bonge  erlegt. 

Mesopicus  Johnstoni  (Shell.) —  Gelbbäuchiger  Specht. 
Das  Weibchen,  das  von  mir  kürzlich  beschrieben  woixlen  ist,  unter¬ 
scheidet  sich  vom  Männchen  durch  den  schwarzen  Oberkopf.  _ 

Kamerungebirge,  Manns  Quelle,  7500  Fuss. 

f  Mesopicus  pyrrhogaster  (Malh.)  —  Rothbäuchiger 
Specht.  L.  19 — 21,  F.  11,  Schw.  7,5  cm.  Männchen:  Oberseite 
olivengelbbraun,  Schwanz  schwarzbraun;  Scheitel,  Bürzel,  Brust- 
und  Bauchstrich  roth;  Kehle,  Vorderhals,  Kopf-  und  Halsseiten  weiss, 
Unterseite  schwarzbraun,  weissgefleckt.  Weibchen:  Scheitel  schwarz. 

—  Kamerungebirge,  Manns  Quelle,  7500  Fuss. 


21 


Dendropicus  Sharpei  Oust.  —  Strichelspecht.  Bibundi- 
Farm. 

f  Dendropicus  Reicheno wi  Sjöstedt  —  Breitgestreifter 
Specht.  Klein;  L.  13,  F.  8,  Schw.  3,7  cm.  Oberseite  grün,  Hand¬ 
schwingen  in  der  Aussenfahne  mit  zwei  bis  vier  gelbweissen  Rand¬ 
flecken,  Armschwingen  ungefleckt,  Brust  und  Bauch  blass  grünlich- 
weiss,  breit  schwarzgrün  gestreift,  Stirn  braun  mit  deutlicher  grüner 
Schattirung,  Kopf  hinter  den  Augen  und  Nacken  roth.  —  Dieser 
kleine  Specht  wurde  von  mir  bei  Bonge  entdeckt.  Zur  Zeit  ist  nur 
das  Typusexemplar  (ein  Männchen)  im  Gothenburger  Museum  bekannt. 
Er  unterscheidet  sich  leicht  von  Sharpei  durch  seine  grüne,  nicht 
goldbraune  Oberseite  und  ungefleckte  Armschwingen. 

Insessores  —  Sitzfüssler. 

Bucerotidae  —  Nashornvögel. 

Ceratogymua  elata  (Temm.)  - —  Helmvogel.  Hält  sich 
gern  unter  Oelpalmen  auf,  deren  Früchte  er  verzehrt.  Der  Ruf 
gleicht  Trompetenstössen.  Recht  häufig  in  Bibundi-Farm. 

Buceros  albotibialis  Cab.,  Rchw.  —  Weissschenkeliger 
Hornvogel.  Scheu  und  wild.  Lebt  schaarenweise  im  Urwald  unter 
hohen  Baumkronen.  Nahrung:  Früchte.  Bonge. 

Buceros  Sharpei  (Eli.)  —  Guinea-Hornvogel.  Nicht  selten 
in  der  Mangroveregion.  Scheu,  wird  oft  über  dem  Mangrovewald 
hervorschwebend  gesehen. 

Berenicornis  albocristatus  (Cass.)  —  Weisskopftoko. 
Scheu;  lebt  im  Walde.  Itoki,  Bonge,  Kitta. 

Lophoceros  fasciatus  (Shaw.)  ■ — -  Bandtoko.  Der  allge¬ 
meinste  Nashornvogel  des  Gebietes.  „Eamäka“  genannt. 

Lophoceros  camurus  (Cass.)  —  Rothschnabeltoko.  Im 
Buschwald  nicht  selten.  Hat  eine  weitschallende  Stimme.  Ekundu, 
Kitta,  N’dian.  Wurde  bei  N’dian  „Säko-säko“  genannt. 

f  Lophoceros  ILartlaubi  (Gould.)  —  Buschtoko.  L.  41, 
F.  16,  Schw.  17  cm.  Flügel  und  Schwanz  schwarz,  Kopf  und  Brust 
mehr  graublau,  Kopf  von  den  Augen  nach  hinten  weisslich,  Unter¬ 
körper  weiss,  die  äusseren  Schwanzfedern  mit  weissen  Spitzen; 
Schnabel  schwarz,  an  der  Spitze  dunkelroth.  —  Zur  Zeit  nur  ein¬ 
mal  im  Gebiete  und  zwar  im  Buschwald  bei  Bonge  beobachtet. 
Nachrichten  über  das  Brutgeschäft  dieser  Art  wie  überhaupt  aller 
Nashornvögel  sehr  erwünscht. 

Alcedinidae  —  Eisvögel. 

Halcyon  seuegalensis  (L.)  —  Senegalliest.  In  Farmen 
und  Lichtungen  allgemein. 


22 


t  Halcyon  Forbesi  Sharpe  —  Blaurückenliest.  L.  26,5, 
F.  11,  Scbw.  7,6  cm.  Vom  vorhergehenden  durch  sein  blaues  Brust¬ 
band  und  rothe,  nicht  schwarze  Fiisse  leicht  unterschieden.  Kehle 
und  Bauch  weiss,  ßrustband,  Kopf,  Rücken,  Oberseite  des  Schwanzes 
und  ein  breites  Flügelband  hell  grünblau;  Unterseite  des  Schwanzes, 
Augengegend  und  der  übrige  Theil  der  Flügel  schwarz;  Oberschnabel 
roth,  Unterschnabel  schwarz,  Fiisse  roth.  —  In  der  Mangroveregion 
allgemein.  Ekundu,  Meme,  Massake. 

Ceryle  rudis  (L.)  —  Gr  au  fisch  er.  Recht  allgemein  in  der 
Mangroveregion.  Massake,  Ekundu-Kriek.  An  den  Flüssen  aufwärts 
seltener. 

f  Ceryle  maxima  (Pall.)  —  Riesenfischer.  L.  37,  F.  20, 
Schw.  11,5  cm.  Kopf  schwarz  mit  weissen  Flecken;  Kinn  und  Kehle 
weiss;  Oberseite  schwarz,  Federn  bläulich  gesäumt  und  weiss  punktirt. 
Brust  rostroth,  Bauch  weiss  quergestreift  und  gefleckt.  Weibchen: 
Bauch  und  untere  Schwanzdecken  roth. 

Eine  andere  Form,  die  sich  durch  ihre  ungedeckte  Oberseite 
unterscheidet,  ist  unter  dem  Namen  Ceryle  Sharpei  beschrieben 
worden.  Es  wäre  von  grossem  Interesse,  festzustellen,  ob  diese 
Formen,  die  von  mir  beide  in  Kamerun  gefunden  sind,  derselben  Art 
angehören.  Hier  und  da  an  den  Flüssen  und  in  der  Mangroveregion. 
Meme,  Massake. 

Alcedo  picta  (Bodd.)  —  Beryll  -  Eisvogel,  ln  der  Man- 
groveregion  und  an  den  Flüssen.  Nicht  allgemein.  Bibundi,  Ekundu. 

f  Alcedo  cyanostigma  Rüpp.  —  Bandhauben-Eisvogel. 
Klein,  Schnabel  roth,  die  Federn  des  Vorderkopfes  stark  verlängert. 
L.  12,5,  F.  6,  Schw.  2,6  cm.  Unterseite  und  Kopfseiten  rostroth, 
Kehle  und  Nackenlleck  weiss,  Scheitel  grünblau,  schwarz  quergebän¬ 
dert,  Rücken  ultramarinblau,  nach  hinten  heller,  Flügel  braungrau, 
blau  schattirt  und  gefleckt.  —  In  der  Mangroveregion.  Ekundu, 
Rio  del  Rey. 

Alcedo  Guentheri  Sharpe  —  Günthers  Eisvogel.  Der 
allgemeinste  Eisvogel  des  Gebietes.  Ekundu,  Rio  del  Rey,  Merne- 
und  Massakedelta.  „Isäko-säko“  genannt.  Früher  unter  dem  Namen 
A.  quadribracliys  angeführt. 

Meropidae  —  Bienenfresser. 

Merops  albicollis  Vieill.  —  Weisskehliger  Bienen¬ 
fresser.  Der  allgemeinste  Bienenfresser  des  Gebietes.  Als  Strich¬ 
vögel  finden  sie  sich  etwa  Mitte  Oktober  in  Kamerun  ein. 

Meropiscus  australis  Rchw.  —  Blauer  Waldspint.  Am 
Ufer  des  Massake  bei  Itoki  gesehen. 

Meropiscus  Mülleri  Cass.  —  Rother  Waldspint.  Ueber 
die  Lebensweise  dieses  seltenen  Vogels  fehlten  bisher  jegliche 


23 


Beobachtungen.  Ich  fand  ihn  mitten  im  Walde,  was  anzeigt,  dass 
er  wie  der  vorhergehende  ein  Waldvogel,  nicht  wie  die  meisten 
Bienenfresser  ein  Steppenvogel  ist.  Weitere  Beobachtungen  er¬ 
wünscht.  Bavo. 

Melitthophagus  pusillus  (St.  Müll.)  —  Feldspint.  Lebt 
auf  Grassteppen.  Allgemein  bei  Bell  town  und  bei  Bakundu 
ba  Foe. 

Coraciidae  —  Raken. 

Eurystomus  afer  (Lath.)  —  Zimmetbrauner  Roller.  Ruht 
bei  Tage  gern  auf  trockenen  Zweigen  und  kommt  erst  gegen 
Sonnenuntergang  in  lebhaftere  Bewegung.  Wird  oft  in  der  Man¬ 
groveregion  angetroffen.  Nicht  selten.  Bonge.  Kitta,  Itoki. 

Eurystomus  gularis  Vieill.  —  Blaukehliger  Roller. 
Nicht  so  allgemein  wie  afer.  Brütet  im  Oktober. 

Strisores  —  Scliwirrvögel. 

Cypselidae  —  Segler. 

f  Cypselus  ambrosiacus  (Gm.)  —  Palmsegler.  L.  17,5, 
F.  12,8,  Scliw.  (5  — )  9,5  cm.  Schwarzbraun,  unten  etwas  heller, 
Flügel  lang  und  schmal,  äussere  Schwanzfedern  sehr  lang  und  zu¬ 
gespitzt.  —  Aehnelt  unserem  Mauersegler,  ist  aber  kleiner.  Hält 
sich  unter  Palmen  auf.  Bei  Bibundi  allgemein,  Bakundu  ba  Foe. 

Bei  Bonge  sah  ich  einen  anderen  Segler,  der  mit  ausserordent¬ 
licher  Schnelligkeit  durch  die  Luft  fuhr,  und  der  nach  meiner  Ver- 
muthung  Chetura  Sabinei  Gray  war.  Diese  ist  glänzend  schwarz 
unten  mehr  dunkel,  Magen,  Weichen  und  untere  Schwanzdecken 
weiss;  Schäfte  der  Schwanzfedern  in  eine  Spitze  ausgezogen.  Es 
wäre  von  Interesse,  festzustellen,  ob  angeführte  Art  dem  Gebiete 
angehört,  was  sehr  wahrscheinlich  ist,  da  sie  von  Fernando  Po 
bekannt  ist. 

Oscines  —  Singvögel. 

I)  i  c  e  i  d  a  e. 

f  Pholidornis  Rushiae  (Cass.).  L.  8,  F.  4,3,  Schw.  2.2  cm. 
Auffallend  klein.  Kopf  und  Brust  schwarzbraun,  die  Federn  mit 
breiten,  auf  der  Oberseite  des  Kopfes  schmäleren  weissen  Seiten- 
theilen;  Flügel,  Schwanz  und  Vorderrücken  schwarzbraun,  oft  hell 
gesäumt,  übrigens  grüngelb.  —  Bibundi  und  Bonge-Farm. 

Mit  diesem  kleinen  Vogel  ist  eine  neue  Familie  für  Kamerun 
nachgewiesen.  Diese,  deren  eigentliches  Verbreitungsgebiet  Indien 
und  Australien  ist,  hat  in  Westafrika  nur  wenige  Repräsentanten. 
Hierher  gehörende  Vögel  stehen  in  gewissen  Hinsichten  den  Blumen¬ 
saugern  nahe,  nur  sehr  wenige  haben  aber  den  schmalen,  gebogenen 


24 


Schnabel  derselben.  Auch  in  der  Form  des  Nestes  weichen  sie 
von  diesen  ab,  indem  dasselbe  beutelförmig  ist,  nicht  gedeckt  mit 
seitlicher  Oeffhung. 

H  i  r  u  ndinidae  —  Sch  w  a  1  b  e  n. 

f  Hirundo  puella  Temm.,  Schl.  —  Mädchenschwalbe. 
L.  19,  F.  10,  Schw.  9  cm.  Flügel,  Rücken  und  Schwanz  blau¬ 
schwarz,  Kopf  und  Bürzel  rothbraun,  Unterseite  weiss- schwarz 
gestrichelt.  —  Aehnelt  in  der  Form  einer  Rauchschwalbe.  Wird 
bisweilen  in  Schwärmen  zu  Hunderten  gesehen.  Auf  der  Ebene  bei 
Bakundu  ba  Foe,  Bonge -Farm. 

Hirundo  nigrita  Gray  - —  Wasserschwalbe.  An  den 
Flüssen  allgemein.  Meine,  Massake,  N’dian. 

Hirundo  rustica  L.  —  Rauchschwalbe.  Bonge  Farm 
während  der  Trockenzeit. 

f  Psalidoprocne  fuliginosa  Skarpe.  L.  12  bis  13,  F.  10,5, 
Schw.  (5  bis)  7,5  cm.  Einfarbig  dunkelbraun,  Schwingen,  Schwanz 
und  Unterseite  etwas  dunkler,  Schwanzfedern  ungleich  lang.  — 
Diese  auf  dem  Kamerungebirge,  9000  Fuss,  entdeckte  Art  ist  bei 
Bibundi  sehr  allgemein.  Hält  sich  gern  in  der  Nähe  der  Wohn¬ 
häuser.  Beobachtungen  über  das  Brutgeschäft  erwünscht. 

Muscicapidae  —  Fliegenfänger. 

Muscicapa  Ingens  Hartl.  —  Mückenschnäpper.  Hält  sich 
immer  am  Wasser  auf,  ruht  auf  aus  dem  Wasser  hervorragenden 
Stümpfen.  An  den  Flüssen  nicht  selten.  Meine,  Massake. 

f  Parisoma  plumbeum  Hartl.  L.  14,5,  F.  7,  Sch'w.  6  cm. 
Hell  blaugrau,  Bauch  weiss,  Schwingen  schwarzbraun,  weiss¬ 
gesäumt,  Schwanz  schwarz,  die  äusseren  Federn  weiss.  —  Kommt 
erst  bei  Sonnenuntergang  in  lebendige  Thätigkeit  und  wird  dann 
in  Farmen,  auf  freistehenden  Bäumen,  am  Waldsaum  u.  s.  w.  an¬ 
getroffen.  Bonge. 

Arctomyias  fuliginosa  J.  &E.  Yerr.  —  Brauner  Fliegen¬ 
fänger.  Hier  und  da  in  den  Farmen,  am  Waldsaum  u.  s.  w.  ein¬ 
zeln  oder  paarweise.  Aeliuelt,  im  Betragen  unserem  grauen  Fliegen¬ 
fänger.  Kitta,  Bonge. 

Platystira  cyanea  (St.  Müll.)  —  Lappenschnäpper. 
Bibundi-Farm. 

Platystira  castanea  Fräs.  —  Kurzsckwänziger  Lappen¬ 
schnäpper.  ln  lichtem  Buschwald  allgemein.  Sein  Ruf  ist  ein  bis¬ 
weilen  recht  wohllautendes,  gewöhnlich  aber  geborsten  klingendes, 
wiederholtes  Pö,  pö,  pö.  Ekundu,  Kitta,  Itoki,  Bonge. 

Terpsiphone  tricolor  Fräs.  —  Rostbäuchiger  Fächer¬ 
schwanz.  Nicht  selten  im  Buschwald.  Der  Ruf  ein  rauhes,  wieder- 


25 


lioltes  lp,  lp,  I}),  Ip.  Sein  Nest  wird  in  niedrigen  Bäumen  gebaut. 
Brütet  im  März.  Itoki,  Kitta,  Ekundu,  Bonge. 

Terpsiphone  cristata  (Gm.)  —  Paradiesfliegenfänger. 
An  denselben  Orten  wie  vorgeliende  Art,  aber  viel  seltener. 

f  Megabias  flammulatus  J.  &  E.  Verr.  L.  17  bis  18, 
F.  8,6,  Schw.  6  bis  7  cm.  Männchen:  Füsse  blauviolett.  Ober¬ 
seite  mit  Flügeln  und  Schwanz  blauschimmernd  schwarz,  Hinter¬ 
rücken,  Bürzel  und  Unterkörper  weiss,  untere  Flügeldecken 
schwarz.  —  Von  dem  gleichfarbigen  Dryoscopus  affinis  durch 
die  schwarzen,  nicht  weissen,  unteren  Flügeldecken  unterschieden. 
Weibchen:  Unterseite  weiss,  dunkelbraun  gezeichnet,  Schwanzfedern 
rostrotli  oder  schwarz,  rostrotli  gesäumt;  Bürzel  rotligelb,  untere 
Schwanzdecken  heller,  Flügel  schwarz  mit  rothgelben  Federsäumen, 
übrige  Oberseite  braungrau,  Rücken  rotligelb  schattirt.  —  ln  Farmen, 
am  Waldsaum  u.  s.  w.  Bonge.  Nicht  allgemein. 

Elminea  longicauda  (Sw.)  —  Meisenschnäpper.  War  bei 
Bibundi  recht  allgemein  auf  freistehenden  Bäumen.  Gleicht  im 
Betragen  der  Meise.  Im  dichten  Wald  kommt  er  nicht  vor. 

Bias  musicus  (Vieill.)  —  Plattschnabel.  Am  Waldsaum. 
Bonge.  Wird  oft  einen  Tag  nach  dem  anderen  auf  demselben 
Platz  wiedergefunden. 

f  Smithornis  rufil ater alis  Gray  —  Breitmaul.  L.  11,5, 
F.  6,2,  Schw.  4  cm.  Mit  auffallend  breitem,  gekieltem  Schnabel. 
Oberseite  schwarz,  am  Rücken  gelbbraun  und  weiss  gemischt,  Flügel 
und  Schwanz  dunkelbraun,  erstere  mit  weissen  Flecken;  Unterkörper 
weisslich  schwarzgestreift,  Brustseiten  rotligelb.  Brütet  im  Februar. 
Kommt  im  Buschwald  vor.  Ekundu. 

Trochocercus  nigr  omitratus  (Rchw.)  —  Blaugrauer 
Fächer  schwänz.  Nicht  selten  im  dichten  Buschwald.  Ekundu. 

f  Trochocercus  albiventris  Sj östedt  —  Weissbäuchiger 
Fächerschwanz.  L.  14,  F.  6,2,  Schw.  6,4  cm.  Scheitel  schwarz, 
Oberseite  und  Brust  graublau,  Flügel  und  Schwanz  schwarzgrau ; 
Kehle,  Vorderhals  und  Kopfseiten  stumpf  grauschwarz,  Bauch 
weiss,  nicht  graublau.  —  Diese  von  mir  kürzlich  beschriebene  Art 
wurde  auf  dem  Kamerungebirge,  Manns  Quelle,  7500  Fuss,  entdeckt. 
Zur  Zeit  ist  sie  nur  in  den  Museen  in  Stockholm  und  London 
repräsentirt.  Biologische  Nachrichten  gewünscht. 

Cassinia  Fraseri  (Striclil.)  —  Kassinie.  Im  Buschwald. 
Itoki. 

f  Alseonax  obscura  Sjöstedt.  L.  11,5,  F.  6,  Schw.  4,2  cm. 
Schnabel  breit,  Unterseite  blass  ockergelb,  mit  braungrauer 
Schattirung  auf  Brust,  weniger  auf  Kinn,  Vorderhals  und  Körper¬ 
seiten;  oben  graubraun,  Zügel  blass  ockergelb,  wrie  auch  der 


26 


untere  Theil  der  Stirn;  untere  Flügeldecken  und  Axillarfedern 
roströthlich  ockergelb;  Unterschnabel  gelblich  mit  dunkler  Spitze, 
Öberschnabel  dunkelbraun.  —  Die  Einsammlung  von  Exemplaren 
dieser  Art,  wovon  zur  Zeit  nur  die  Typusexemplare  im  Stockholmer 
Museum  von  Manns  Quelle,  7500  Fuss,  bekannt  sind,  ist  von  be¬ 
sonderem  Werth.  Es  wäre  von  grösstem  Interesse,  zu  konstatiren, 
ob  Individuen  mit  weisslichem  statt  ockergelbem  Unterkörper 
auch  Vorkommen,  wodurch  die  nahestehende  Alseonax  pumila 
Rchw.  von  Ostafrika  sich  von  dieser  Form  unterscheidet. 

Campophagidae  —  Stachelbürzel. 

f  Campophaga  quiscalina  Finsch.  L.  19  bis  21,5,  F.  9,2 
bis  9,5,  Scliw  9  cm.  Männchen:  Oberseite  mit  Flügeln  und  Schwanz 
purpur-  und  grünglänzend  schwarz,  Kehle,  Kopfseiten  und  Vorderhals 
purpurviolett  schimmernd,  was  auf  dem  Unterkörper  in  stahlblau 
übergeht.  Weibchen:  Unterseite  schön  gelb,  Scheitel  und  Nacken 
grau;  Rücken  gelbgriin,  Bürzel  gelber,  Schwanzfedern  gelbgrün, 
die  äusseren  mit  gelblicher  Aussenfahne  und  Spitze,  Zügel,  Kopf¬ 
seiten  und  Kehle  weisslich,  die  ersteren  dunkel  schattirt. 

Die  Jungvögel  haben  die  Oberseite  weiss  (Rücken)  und  gelb¬ 
lich  (Flügel)  gefleckt,  Unterkörper  graubraun  quergebändert.  —  Das 
Weibchen  unterscheidet  sich  von  den  recht  ähnlichen  Haarvögeln 
(Criniger)  durch  die  von  Federn  bedeckten  Nasenlöcher  und 
längere  (4  bis  5  cm)  Bürzelfedern,  deren  Schäfte  an  dem  Basal¬ 
theile  starr  sind  und  gegen  das  Ende  hin  dünn  und  biegsam 
werden.  Beim  Aufwärtsstreichen  der  Bürzelbeflederung  fühlt  man 
die  starren  Schaftwurzeln  wie  Stacheln.  Lebt  im  Buschwald. 
Ekundu. 

f  Graucalis  azureus  Cass.  —  Azur-Raupenfresser.  Et¬ 
was  grösser  als  ein  Seidenschwanz.  L.  21,5,  F.  10,7,  Schw.  8,3  cm. 
Männchen:  Hell  grünlich -blau,  Kehle  und  Kopfseiten  dunkler  bis 
schwarzblau,  Stirn.  Zügel  schwarz,  Schwingen  und  Schwanz  schwarz- 
braun,  mit  blauen  Federsäumen.  Weibchen:  Hell  blaugrau,  Flügel 
und  Schwanz  dunkler,  Zügel  blauschwarz,  Kehle  etwas  dunkler  als 
der  übrige  Unterkörper.  —  N’dian.  Sein  Laut  ist  ein  gellender,  wieder¬ 
holter  Schrei.  Das  Weibchen  dieser  Art  unterscheidet  sich  von  dem 
Männchen  des  Graue alis  Preussi  durch  graublauen,  nicht  schwarzen 
Stirnrand.  Dem  Weibchen  von  Preussi  fehlt  ganz  die  schwarze 
Färbung  am  Kopf. 

L  a  n  i  i  d  a  e  —  Würge  r. 

Lanius  Mackinnoni  Sharpe.  —  Mackinnons  Würger. 
Wurde  bei  Itoki  na  N’golo  unter  einzeln  stehenden,  kleineren 
Bäumen  und  Gebüschen  zahlreich  gefunden. 


27 


Dryoscopus  affinis  Cass.  —  Schwarz weisser  Würger 
Bonge  Farm;  während  der  Dürre  allgemein  in  einzeln  stehenden 
Bäumen.  Der  Wechselgesang  des  Männchens  und  Weibchens  ist 
sehr  eigenthümlich.  Der  Lockton  des  Männchens  ist  ein  schallendes 
plitt,  plitt,  plitt  oder  tjoipp,  tjoipp,  tjoipp,  das  bis  zu  zwanzig 
Mal  wiederholt  werden  kann. 

Dryoscopus  Lühderi  (Rcliw.)  - —  Lühders  Buschwürger. 
Bei  Bibundi  auf  einzeln  stehenden  Bäumen  beobachtet. 

Dryoscopus  leucorhynchus  Hartl.  —  Schwarzer  Busch¬ 
würger.  Kamerungebirge,  Mapanya,  3000  Fuss. 

Laniarius  atroflavus  Shell.  —  Schwarzgelber  Busch¬ 
würger.  Die  Jungvögel  haben  eine  schwarzgraue  Oberseite,  die 
zwei  äusseren  Schwanzfedern  sind  braungelb  gespitzt.  Kamerun¬ 
gebirge,  Manns  Quelle,  7500  Fuss. 

Laniarius  hypopyrrhus  (Verr.)  —  Grauköpfiger  Busch¬ 
würger.  Im  Walde  bei  Ekundu.  Nicht  allgemein. 

f  Chaunonotus  Sabinei  Gray.  —  Grossschnäbeliger 
Buschwürger.  L.  1 8,5.  F.  8,3,  Schw.  7  cm.  Männchen:  schwarz 
und  weiss.  Unterscheidet  sich  von  dem  gleichfarbigen  Dryo¬ 
scopus  affinis  durch  seinen  viel  grösseren  und  breiteren,  blei- 
grauen,  nicht  schwarzen  Schnabel.  Länge  desselben  2,6,  Breite  1  cm 
(affinis  bezw.  1,8  und  0,8).  Weibchen:  Unterkörper  hell  rothgelb, 
Magen  weiss,  Bücken  braungelb,  Oberseite  des  Kopfes  und  Hinter¬ 
hals  hellgrau.  In  Farmen  am  Waldsaum  u.  s.  w.  Bonge. 

Nicator  chloris  (Valens.)  — Grüner  Würger.  Allgemein. 
Fast  überall  im  Buschwalde.  Der  Ruf  dieses  Würgers  ist  ein  dann 
und  wann  wiederholtes  pitt,  pitt,  pitt,  pjä,  pjä.  Bisweilen  ähnelt 
er  dem  Schnalzen  eines  Eichhörnchens. 

Corvidae  —  Raben. 

Corvus  scapulatus  Daud.  —  Schildrabe.  Bibundi. 

Dicruridae  —  Drongos. 

Dicrurus  coracinus  Verr.  —  Gabelschwänziger  Drongo. 
Einer  der  gemeinsten  Vögel  des  Gebiets;  im  lichten  Wald,  am 
Waldsaum,  in  Farmen  u.  s.  w.  Die  Stimme  sehr  variirend;  gewöhn¬ 
lich  ein  „tjipu  tjipp  tjipp“. 

Dicrurus  atripennis  Sw.  —  Gradschwänziger  Drongo. 
Viel  seltener.  Bibundi. 

Oriolidae  —  Pirole. 

Oriolus  brachyrhynchus  Sw. —  Schwarzköpfiger  Pirol. 
Nicht  selten.  Der  Ruf  ist  ein  weit  tönendes,  etwas  trauriges: 
hü-li-ü  oder  hü  hü  liü,  das  er  fast  stundenlang  mit  kurzen  Zwischen¬ 
räumen  wiederholt,  wenn  er  unter  den  Baumkronen  herumhüpft. 
Itoki,  Ekundu,  Bonge. 


28 


Oriolus  nigripennis  (Verr.)  —  Schwarzschwanz-Pirol. 
Kamerungebirge,  Manns  Quelle,  7500  Fuss. 

Sturnidae  —  Staare. 

L amprocolius  glaucovirens  Eli.  Vorher  unter  dem  Namen 
Lamprocolius  splendidus  (Vieill.)  angeführt.  Recht  allgemein. 
Stimme  ein  unangenehmer  Schrei  „kliä“.  Ziehen  beim  Sonnenunter¬ 
gang  in  Schwärmen  durch  die  Luft  nach  ihren  Ruheplätzen.  Wurde 
bei  N’dian  „Mobili“  genannt,  womit  man  auch  Graucalis  azureus 
bezeichnete. 

Lamprocolius  purpureiceps  Verr.  —  Sammetköpfiger 
Glanz  st aar.  Seltener  als  vorhergehender.  N’dian,  ltoki. 

Onychognatus  Hartlaubi  Gray.  —  Grosser  Zimmet- 
flügel-Staar.  Weibchen:  L.  28,  F.  12,8,  Schw.  13  cm.  Kopf  und 
Hals  aschgrau,  die  Federn  mit  grünschwarzer  Mittelpartie.  Paar¬ 
weise  in  Bonge-Farm  gesehen. 

Onychognatus  Preussi  Rchw.  —  Kleiner  Zi mmetflügel- 
Staar.  Kamerungebirge,  Manns  Quelle,  7500  Fuss.  Bisher  nur 
von  diesem  Gebirge  bekannt. 

Poeoptera  lugubris  Bp.  —  Schnäpperstaar.  Dr.  Reiche¬ 
no  w  beschrieb  in  der  vorhergehenden  Uebersicht  das  Männchen. 
Das  Weibchen  unterscheidet  sich  durch  blaugraue  Unterseite;  auch 
Kopf  und  Nacken  sind  blaugrau,  stahlblau  schimmernd,  Iris  gelb. 
L.  21,  F.  8,5,  Schw.  9,3  cm.  —  Wurde  zahlreich  bei  ltoki  na  N’golo 
angetroffen.  Nisten  viele  zusammen  in  hohlen  Bäumen.  Stimme  ein 
klagendes  „kll“. 

P  1  o  c  e  i  d  a  e  —  Weber. 

Malimbus  scutatus  (Cass.)  —  Schild-Prachtweber.  Der 
allgemeinste  Weber  des  Gebiets.  Nest  lang,  retortenförmig,  gewöhn¬ 
lich  in  Kletterpalmen  (Calamus  secundiflorus)  gebaut.  „N’gäkä“ 
genannt  (N’dian). 

Malimbus  nitens  (Gray.)  —  Brustlatzweber.  Im  Busch¬ 
walde  recht  allgemein,  wo  er  gern  mit  Plaarvögeln,  Lappen¬ 
schnäppern  (castanea),  Lophoceros  camurus,  Campothera 
nivosa  u.  a.  herumzieht.  Ekundu,  Bonge,  N’dian,  Kitta. 

Malimbus  cristatus  Vieill.  —  Hauben  -  Prachtweber. 
Im  Buschwald.  Seltener  als  der  vorige.  Ekundu,  Bonge. 

f  Malimbus  rubricollis  (Sw.)  —  Rothhals-Prachtweber. 
L.  17,5,  F.  10,2,  Schw.  6,3  cm.  Männchen:  Schwarz,  Scheitel  und 
Hinterhals  roth.  Weibchen:  Unterscheidet  sich  vom  Männchen  durch 
schwarzen  Vorderkopf.  —  Nicht  allgemein.  Veväka. 

f  Malimbus  Racheliae  (Cass.)  —  Gold  -  Prachtweber. 
Mit  saffrangelben  Unterschwanzdecken.  Weibchen:  Schwarz,  Brust¬ 
schild  und  untere  Schwanzdecken  saffrangelb,  der  erstere  in  der 


29 


Mitte  glänzend  coclienillroth.  Männchen:  Der  gelbe  Brustschild 
bildet  nach  hinten  einen  Halsring,  Kopf  oben  roth.  —  Sehr  selten. 
Das  Weibchen  wurde  von  mir  in  Kamerun,  und  zwar  im  Buschwald 
bei  N’dian  entdeckt. 

Ploceus  nigerrimus  Vieill.  —  Schwarzer  Weber.  Sehr 
allgemein.  Bibundi. 

Ploceus  cucul latus  (St.  Müll.)  —  Goldweber.  Sehr  all¬ 
gemein.  Bibundi. 

Ploceus  personatus  Vieill.  — Maskenweber.  Allgemein. 
Bibundi. 

Symplectes  brackypterus  (Sw.).  —  Einsamer  Weber. 
Hier  und  da  in  Pannen  u.  s.  w.  Bibundi,  Bonge. 

Symplectes  melanogaster  —  Goldkopfweber.  Kamerun¬ 
gebirge,  Manns  Quelle,  7500  Fuss.  Die  Art  ist  zur  Zeit  nur  von 
diesem  Gebirge  bekannt. 

f  Symplectes  auricomus  Sjöstedt  —  Pomeranzköpfiger 
Buschweber.  L.  15,  F.  8,  Schw.  4,4  cm.  Hellgelb,  Oberkopf 
und  Nacken  mit  einer  deutlichen  Schattirung  von  Pomeranzengell); 
Flügel,  Schulterfedern  und  Schwanz  schwarz,  Schnabel  weisslich.  — 
Von  mir  in  Kamerun  entdeckt.  Zur  Zeit  ist  nur  das  Original¬ 
exemplar  (ein  Weibchen)  im  Stockholmer  Museum  bekannt. 

Symplectes  croconotus  Rcliw.  —  Gelbrückiger  Busch¬ 
weber.  Das  von  mir  kürzlich  beschriebene  Männchen  unterscheidet 
sich  von  dem  vorstehend  angeführten  Weibchen  durch  kastanien¬ 
braunen  Scheitel.  Kamerungebirge,  7500  Fuss. 

Spermospiza  guttata  (Vieill.)  —  Schwarzer  Tropfen- 
fink.  Das  Weibchen  ist  von  Dr.  Reiclienow  in  seiner  ersten 
Uebersicht  beschrieben.  Männchen:  L.  14,5,  F.  7,  Schw.  5  cm. 
Schwarz;  Bürzel,  Kopfseiten,  Kehle,  Kropf  und  Brustseiten  roth. 
Unterkörper  ungefleckt.  —  In  Farmen  und  auf  anderem  offenen 
Terrain,  im  Schilfgras  u.  s.  w.  Bibundi;  häufig. 

Urobrachia  phoenicomera  (Gray.)  —  Gebirg-Sammet- 
weber.  Kamerungebirge,  Manns  Quelle,  7500  Fuss.  Zur  Zeit  nur 
von  diesem  Gebirge  bekannt. 

f  Nigrita  canicapilla  (Strickl.)  —  Perlflügel-Nigrite. 
L.  14,  F.  6,8,  Schw.  5  cm.  Stirn,  Kopfseiten  und  der  ganze  Unter¬ 
körper  mit  Schwanz  und  Flügeln  schwarz,  die  letzteren  mit  weisseil 
Flecken,  Oberseite  grau,  Bürzel  weisslich.  In  Farmen  und  ähnlichem 
Terrain.  Bibundi,  Bonge. 

Spermestes  cucullata  (Sw.)  —  Elsterchen.  Bei  Bibundi 
auf  dem  Faktoreiplatz  erlegt. 

f  Spermestes  punctata  Heugl.  L.  11,  F.  5,2,  Schw.  3,4  cm. 
Schwarz  grüngiänzend,  Bauch  weiss,  Armschwingen  weisspunktirt. 


30 


Die  nahestehende  Speriuestes  poensis  hat  weisse  Pünktchen 
sowohl  auf  Handschwingen  und  Bürzel  wie  auf  den  Armschwingen. 
Indessen  scheinen  diese  Formen  ineinander  überzugehen.  Es  wäre 
darum  von  Interesse,  eine  grössere  Anzahl  dieser  Formen  ein¬ 
zusammeln,  um  diese  Frage  zu  entscheiden.  —  In  Farmen.  Bibundi, 
Bonge. 

f  Estrelda  tenerrima  Rchw.  —  Feingebänderter  Astrild. 
L.9,F.5,  Schw.  5  cm.  Unterscheidet  sich  vom  Kappenastrild,  Estrelda 
atricapilla,  durch  zartgraue,  fein  dunkelgebänderte,  nicht  schwarze, 
untere  Schwanzdecken  und  Bauchmitte.  Häutig  bei  Bibundi.  In 
Schwärmen. 

f  Quelia  erythops  (Hartl.)  —  Rothköpfiger  Sperling¬ 
weber.  L.  12,5  bis  13,  F.  6  bis  6,3,  Schw.  3,5  cm.  Kopf  roth, 
Kehle  schwarz,  oberseits  sperlingfarben,  unterseits  isabellfarben, 
Bauchmitte  weiss.  Jungvogel:  Kopf  und  Kehle  ohne  roth  und 
schwarz,  wie  die  Unterseite  und  Nacken  gefärbt. 

Vidua  principalis  (L.)  —  Dominikanerwittwe.  In 

Farmen.  Bibundi. 

Coliopasser  macrurus  (Gm.)  — Trauerwittw e.  Auf  Gras¬ 
ebenen.  Bei  Bell  town  allgemein.  Bakundu  ba,  Foe. 

Fringillidae  —  Finken. 

Hyphantospiza  olivacea  (Fräs.)  —  Orangefink.  Mit 
gelbem  Schnabel.  —  Bibundi,  auf  Bäumchen  in  hohem  Schilfgras. 
Weniger  allgemein.  Kamerungebirge,  7500  Fuss. 

Serinus  Burtoni  (Gray)  —  Burtons  Girlitz.  Kamerun¬ 
gebirge,  7500  Fuss,  allgemein. 

Motacillidae  —  Stelzen. 

Motacilla  vidua  Sundev.  —  Trauerstelze.  An  Fluss¬ 
ufern.  Bavo,  N’dian.  Bei  N’dian  „Dänge“  genannt. 

f  Motacilla  flava  L.  —  Kuhstelze.  L.  16,  F.  8,  Schw. 
7,5  cm.  Oberseite  gelbgrün,  Unterseite  gelb,  oft  mehr  oder  weniger 
weiss,  Flügel  schwarzbraun  mit  hellen  Federsäumen,  die  zwei 
äussersten  Schwanzfedern  grösstentheils  weiss.  —  Auf  Faktorei  bei 
Itoki. 

Anthus  Gouldi  Fräs.  —  Gould-Pieper.  Kamerungebirge, 
Manns  Quelle,  7500  Fuss. 

Pycnonotidae  —  Bülbüls. 

Ixonotus  guttatus  Yerr.  —  Tropfenhaar vogel.  Zieht 
schaarenweise  durch  die  Wälder  und  hält  sich  dabei  in  hohen 
Baumkronen  auf.  Ihr  Lockruf,  den  sie  ununterbrochen  hören 
lassen,  besteht  aus  schnalzenden  Tönen  „ztr,  ztr,  ztr“.  Brütet  im 
September. 


31 


Pycnonotus  gabonensis  Sharpe  —  Gabun-Bülbül.  In 
Farmen  und  ähnlichem  offenen  Terrain  allgemein.  Bibundi,  Bonge. 
Bas  Nest  steht  in  Büschen  oder  auf  niedrigen  Baumzweigen.  Eier 
röthlichweiss,  fein  rothbraun  gefleckt.  22  X  16,5  mm. 

Andropadus  virens  —  Olivengrüner  Bülbül.  Die  ge¬ 
meinste  Andropadus-Art  des  Gebiets.  Singt  fleissig,  bisweilen  sehr 
gut.  Jm  Buschwald.  Kitta,  Bonge,  ltoki,  Ekundu,  N’dian. 

f  Andropadus  gracilis  Cab.  L.  15,  F.  6,6,  Schw.  6,  Lauf  1 ,6, 
Schnabel  1,3  cm,  Rachen  rothgelb.  Olivengrün,  Kopf  oben  grau¬ 
bräunlich,  Kehle  und  Brust  grau  schattirt,  Körperseiten  nach 
hinten  grüner;  obere  Schwanzdecken  und  Schwanz  braunröthlich, 
Unter -Flügeldecken  hellgelb.  —  Ein  in  Sammlungen  noch  seltener 
Vogel.  Im  Walde  bei  Bonge. 

f  Andropadus  cameronensis  Rchw.  —  Kam erun-B ülbiil. 
L.  16,  F.  8,  Schw.  7,4,  Lauf  1,8,  Schnabel  1,4  cm.  Dem  vorigen 
sehr  ähnlich,  ist  aber  grösser  (vergl.  die  Maasse).  Im  Buschwald 
bei  Kitta.  Zur  Zeit  nur  in  den  Museen  zu  Berlin  und  Gothenburg 
repräsentirt. 

f  Andropadus  graciliro stris  Strickl.  —  Sclimalschnäbe- 
liger  «Bülbül.  Untere  Flügeldecken  und  Innenfahne  der  Schwingen 
rostgelblich,  Kehle  weisslich.  L.  18,5,  F.  8,  Schw.  8,5.  Lauf  2, 
Schnabel  1,6  cm.  Oberseite  dunkel  olivengrün,  schwach  ins  Gelbliche 
ziehend,  Flügel  und  Schwanz  dunkelbraun,  besonders  die  Flügel  mit 
der  Farbe  des  Rückens  schattirt;  Unterseite  weissgrau,  besonders 
an  den  unteren  Seiten  grünlich  schattirt,  Kehle  heller,  untere  Schwanz¬ 
decken  blassgelb.  —  Im  Buschwald  bei  ltoki,  nicht  allgemein. 

Von  den  hier  angeführten  Andropadus- Arten  unterscheidet 
sich  gracilirostris  leicht  durch  die  rostgelben  (nicht  schwefel¬ 
gelben)  unteren  Flügeldecken  und  Innenfahne  der  Schwingen,  seinen 
dunkelbraunen,  nicht  rostbräunlichen  Schwanz  und  helle  Kehle. 
Er  ist  auch  der  grösste,  ln  der  Schnabelform  ähnelt,  er  gracilis, 
der  seinerseits  der  kleinste  ist.  Dieser  unterscheidet  sich  von 
virens  durch  etwas  geringere  Grösse,  Kehle  und  Brust  wie  auch 
Oberkopf  sind  grau  schattirt,  der  Schnabel  ist  schlanker,  bei  dem 
LTnterschnabelwinkel  nach  vorn  3  mm  breit,  bei  virens  und  came¬ 
ronensis  4  mm.  Die  Länge  des  Unterschnabels  vom  Winkel  8  mm. 
bei  virens  7,  bei  cameronensis  10  mm.  Der  Schnabel  ist  bei 
gracilis  und  cameronensis  oben  gekielt,  bei  virens  abgerundet. 

Criniger  calurus  (Cass.)  —  Rostschwänziger  Haar¬ 
vögel.  Im  Busch walde  des  ganzen  Gebiets  häufig. 

Criniger  chloronotus  (Cass.)  —  Grüner  Haarvogel.  Im 
dichten  Buschwald.  Nicht  so  allgemein.  Hat  eine  eigenthümliche, 
wehmüthige,  trillernde  Stimme.  Ekundu,  Kitta. 


Grilliger  tricolor  (Cass.)  —  Dreifarbiger  Haarvogel. 
Nicht  selten  im  Buschwald.  Brütet  im  Juni.  Ektindu,  N’dian. 

Criniger  simplex  (Hartl.)  —  Einfacher  Haarvogel. 
Kamerungebirge.  Mapanya,  3000  Fuss. 

f  Criniger  syndactylus  (Sw.)  —  Rostbürzel-Haarvogel. 
L.  23,  F.  10,5,  Schw.  9  cm.  Oberseite  olivengrün,  Hinterrücken 
roströtlilich ;  Bürzel,  Schwanz  und  die  mittleren  Schwingen  dunkel 
rostrotli.  Unterseite  hellgelb.  —  Im  Buschwald;  Ekundu.  Stellt 
wie  calurus  und  notatus  den  Wanderameisen  (Anomma  arcens) 
nach.  Nicht  allgemein. 

f  Criniger  fl'avigula  (Cab.)  —  Gelbweisskehliger  Haar¬ 
vögel.  L.  21,  F.  9,0,  Schw.  8,6  cm.  Oberseite  mit  Flügeln  und 
Schwanz  olivenbräunlich,  Kehle  gelbweiss,  übrige  Unterseite  grau- 
weiss,  Brust  und  Körperseiten  olivenbräunlich  schattirt,  Brustfedern 
in  der  Mitte  heller,  untere  Schwanzdecken  dunkler.  —  In  der  Farm 
bei  Bibundi. 

f  Criniger  clamans  (Sjöstedt.)  —  Schreihaarvogel. 
L.  20,  F.  10,  Schw.  7,6  cm.  Unterkörper  blass  roströthlich- ocker¬ 
gelb;  die  äusseren  Schwanzfedern  gelbweiss,  ohne  Flecken.  Ober¬ 
seite  grün,  Zügel  aschgrau  wie  auch  das  Kinn  und  eine  Scliattirung 
an  den  Kopfseiten.  Von  mir  bei  Ekundu  entdeckt.  Lebt  im  Busch- 
wald,  wo  man  bisweilen  seine  leicht  erkennbare  Stimme:  „beäh, 
beäli“  zu  hören  bekommt.  Zur  Zeit  ist  nur  das  Originalexemplar 
im  Stockholmer  Museum  bekannt. 

Criniger  notatus  (Cass.)  —  Gelbbäuchiger  Haarvogel. 
Im  Buschwald  recht  allgemein.  Stellt  den  Wanderameisen  nach, 
stösst  dabei  wehmütliige,  gedämpfte,  pfeifende  Töne  aus.  Ekundu. 

Criniger  leucopleurus  (Cass.)  —  Weissschwänziger 
Haarvogel.  Kommt  allgemein  unter  Weinpalmen  in  Mangrove¬ 
wäldern  vor,  wo  er  bald  durch  seine  kräftige,  hall)  plaudernde, 
halb  schreiende  Stimme  sich  bemerkbar  macht. 

Schema  der  bisher  von  Kamerun  bekannten  Haarvögel: 

A.  Schwanz  einfarbig  oder  fast  so. 
a.  Schwanz  rostrotli  oder  rostbraun. 

1.  Kehle  weiss. 

x.  Grösser:  L.  23,  F.  10,2,  Schw.  9  cm. 

Brust  aschgrau,  an  den  Seiten  oliven- 

grün . chloronotus. 

y.  Kleiner:  L.  18  bis  20,  F.  8,6,  Schw. 

8,6  cm.  Brust  gelb,  an  den  Seiten 
olivengrün . calurus. 


33 


2.  Kehle  wie  der  Unterkörper  gelb. 

x.  Grösser:  L.  23,  F.  10,5,  Schw.  9  cm. 

Hinterrücken  roströthlicli  ....  syndactylus. 

y.  Kleiner:  L.  17,  F.  8,  Schw.  7,3  cm. 

Hinterrücken  olivengrün  .  .  .  .  tri  colo  r. 

b.  Schwanz  olivenbräunlich  oder  oliven¬ 
grünlich. 

1.  Kehle  weiss  oder  gelbweiss. 

x.  Rücken  grün. 

f  Oberkopf  braun . Verreauxi. 

ff  Oberkopf  aschgrau . poliocephalus. 

y.  Rücken  wie  Oberkopf  olivenbräunlich. 

f  Kehle  weiss,  Unterkörper  in  der 

Mitte  gelblicliweiss . Simplex. 

ff  Kehle  gelbweiss,  Unterkörper  in 
der  Mitte  grauweisslich,  Brust¬ 
federn  in  der  Mitte  weiss  .  .  .  flavigula. 

2.  Kehle  wie  der  ganze  Kopf  aschgrau  .  tephrolaemus. 

B.  Aeussere  Schwanzfedern  mit  breiten  weissen 

Spitzen . leucopleurus. 

C.  Aeussere  Schwanzfedern  mit  breiten  blass¬ 
gelben  Spitzen . notatus. 

D.  Aeussere  Schwanzfedern  ganz  gelbweiss 

ohne  Flecken . clamans. 

Nectariniidae  —  Blumensauger. 

Cinnyris  chloropygia  (Jard.)  —  Grüne  Nectarinie.  Bei 
den  Ortschaften  recht  allgemein.  Bibundi,  Bonge.  Brütet  De¬ 
zember  bis  Januar. 

Cinnyris  Preussi  Rchw.  —  Preuss-Nectarinie.  Früher 
irrthümlich  unter  dem  Namen  C.  chalybea  angeführt.  Wurde 
neuerlich  nach  von  Dr.  Preuss  1891  auf  dem  Kamerungebirge 
gesammelten  Exemplaren  als  selbständige  Art  beschrieben.  —  Bei 
Bibundi  in  der  Nähe  der  Faktorei  recht  allgemein. 

Cinnyris  superba  (Schaw.)  —  Glanz-N ectarinie.  L.  16, 
F.  7,5,  Schw.  5.  Bibundi. 

Cinnyris  obscura  (Jard.)  —  Graue  Nectarinie.  Wird 
öfter  als  die  übrigen  im  dichten  Wald  angetroffen.  Bibundi,  Kitta, 
Bonge,  Ekundu.  Brütet  im  August  und  Januar. 

Cinnyris  Reichenbachi  (Hartl.)  —  Reichenbachs  Nec¬ 
tarinie.  Bibundi  nicht  selten. 

f  Cinnyris  cyanolaema  (Jard.)  —  Diadem  -  Nectarinie. 
L.  13,5,  F.  7,  Schw.  5,3  cm.  Graubraun,  Unterkörper  heller,  Vorder- 

Mitth.  von  Forschungsreisenden,  VIII.  Band.  I.  o 


34 


köpf  und  Kehle  metallisch  blau;  Achselfedern  blassgelb.  —  Im 
Wald  bei  Bonge.  Weniger  allgemein. 

Anthothreptes  liypodila  (Jard.)  —  Gelb  bauchige  Nec- 
tarinie.  Bonge -Farm. 

Anthothreptes  aurantia  (Verr.)  —  Weissbäuchige  Nec- 
tarinie.  Im  Mangrovewald.  Brütet  im  März.  Das  Nest  hängt 
an  einem  Zweig  über  dem  Wasser. 

Anthothreptes  gabonica  (Hartl.)  —  Gabon-Nectarinie. 
Diese  Art  wurde  in  Dr.  Reichenows  erster  Uebersicht  irrthümlich 
unter  dem  Namen  Stiphrornis  alboterminata  (Timeliidae)  be¬ 
schrieben.  Lebt  in  der  Mangroveregion,  recht  allgemein.  Brütet 
Januar  bis  Februar.  Nest  wie  das  vorige. 

Meliphagidae  —  Honigfresser. 

Zosterops  melanocephala  Gray  —  Grauer  Brillen¬ 
vogel.  Kamerungebirge,  7500  Fuss.  Zur  Zeit  nur  von  diesem 
Gebirge  bekannt. 

Timeliidae  —  Timalien. 

Stiphrornis  gabonensis  Sharpe  —  Gabun-Rothkehlchen. 
Im  Buschwald.  Ekundu,  N’dian. 

Eremomela  badiceps  (Fräs.)  - —  Rothkappensänger. 
Unter  einzeln  stehenden  Bäumen  in  Bonge  und  Bibundi  -  Farm 
beobachtet. 

Camaroptera  concolor  Hartl.  —  Einfarbiger  Busch¬ 
sänger.  Bonge. 

•j-  Camaroptera  tincta  (Cass.)  —  Grünflügeliger  Busch¬ 
sänger.  L.  10,8,  F.  5,5,  Schw.  4  cm.  Grau,  unten  heller,  Flügel 
gelbgrün,  Tibia  grüngelb,  Füsse  hell.  —  Nicht  selten  bei  Bonge. 
Lebhaft,  Stimme  ein  klingendes  „plitt,  plitt,  plitt“. 

Cisticola  ruficapilla  (Fräs.)  Rostkappen-Grassänger. 
Allgemein  in  Bibundi -Farm  im  hohen  Schilfgras. 

f  Cisticola  discolor  Sjöstedt  —  Gebirgs-Grassänger. 
L.  14,  F.  6,  Schw.  6  cm.  Kopf  braunroth,  Rücken  rothbraun. 
Schwingen  graubraun  mit  breiten  hell  braunrothen  Säumen,  Schwanz 
stufig,  rothbraun,  die  Spitzen  der  Federn  rostgelblich,  von  einem 
dunkel,  nicht  scharf  markirten  subterminalen  Fleck  begrenzt.  Unter¬ 
seite  auf  blass  ockergelbem  Grund  braungrau  schattirt.  —  Steht 
C.  ruficapilla  nahe,  hat  aber  rothbraune,  nicht  graue  Oberseite, 
ockergelben,  nicht  weissen  Unterkörper.  Zur  Zeit  sind  nur  die  im 
Stockholmer  Museum  aufbewahrten  Originalexemplare  bekannt. 
Kamerungebirge,  Manns  Quelle,  7500  Fuss. 

Ale'the  castanea  (Cass.)  —  Ameisen-Timalie.  Im  Busch¬ 
wald,  häufig. 


Turdinus  monaclius  Rchw.  —  Grauköpfiger  Busch- 
schlüpfer.  Kamerungebirge,  Manns  Quelle,  7500  Fuss.  Bisher 
nur  von  diesem  Gebirge  bekannt. 

f  Dry m ocatapkus  cleaveri  Shell.  L.  15  bis  16,5,  F.  7  bis  8, 
Schw.  5,6  bis  6,2  cm.  Scheitel  schwarz,  Kopf- und  Halsseiten 
aschgrau;  oben  olivenbräunlich,  Unterkörper  weiss,  Seiten  bräun¬ 
lich  schattirt.  Füsse  weiss.  —  Selten,  zur  Zeit  mir  in  wenigen 
Exemplaren  bekannt.  Lebt  im  dichten  Buschwald.  Bewegt  sich  am 
Boden  hüpfend  mit  grosser  Schnelligkeit. 

Calamonastes  Bairdi  (Cass.)  —  Bindengrasschlüpfer. 
Kamerungebirge,  Mapanya,  3000  Fuss. 

f  Euprinodes  schistaceus  CüSs.  L.  11,5,  F.  5,  Schw.  4,7  cm. 
Grau;  Magen  und  untere  Flügeldecken  weiss,  Flügel  und  die  vier 
mittleren  Schwanzfedern  schwarzbraun,  Schwanz  übrigens  weiss.  — 
Veväka. 

f  Euprinodes  cinereus  Sharpe.  L.  14,  F.  5,5,  Schw.  8,2  cm. 
Kopf  oben  und  Rücken  grau,  Unterseite  gelbweiss,  Flügel  und 
die  vier  mittleren  Schwanzfedern  schwarzbraun,  das  nächste  Paar 
der  Schwanzfedern  weiss  und  schwarzbraun,  die  übrigen  weiss.  — 
Kamerungebirge,  Manns  Quelle,  7500  Fuss.  Ein  in  Sammlungen 
noch  sehr  seltener  Vogel;  wurde  neuerlich  von  Jackson  auf  dem 
Berge  Elgon  in  Ostafrika  entdeckt. 

f  Hylia  prasina  (Cass.)  —  Brauen-Buschsänger.  L.  11,5, 
F.  6,5,  Schw.  4,5  cm.  Oberseits  olivengrün,  dunkler  Augenstrich 
und  gelbliche  Augenbrauenbinde,  Unterseite  schmutzig  weiss,  Unter¬ 
schwanzdecken  hellgesäumt.  —  Stimme  ein  klingendes  „tju,  tju,  tju“. 
Bonge.. 

Cossypha  poensis  Strich).  —  Graukehliger  Drossel¬ 
schmätzer.  Im  Buschwald  bei  Ekundu,  selten;  lebt  von  Ameisen. 

Callene  lsabellae  (Gray.)  —  Kamerun-Drosselschmätzer. 
Kamerungebirge,  Manns  Quelle,  7500  Fuss. 

S  y  1  v  i  i  da  e  —  Sänger. 

Pratincola  axillaris  Shell.  —  S chwarzköp figer  Gebirgs- 
schmätzer.  Das  Weibchen  war  in  voriger  Uebersicht  unter  dem 
Namen  P.  pallidigula  beschrieben.  Die  Art  ist  auch  irrthümlich 
als  P.  salax  gedeutet  worden. 

f  Phylloscopus  sibilatrix  (Bechst.)  — Waldlaubsänger. 
L.  13,5,  F.  7,7,  Schw.  5,6  cm.  Oberseits  gelblichgrün,  Unterkörper 
reinweiss,  Kehle  und  Brust  hellgelb,  erste  Schwinge  sehr  klein, 
kürzer  als  die  Flügeldeckfedern,  zweite  Schwinge  bedeutend  länger 
als  die  fünfte.  —  Bonge -Farm. 

f  Phylloscopus  trochilus  (L.)  —  Fitislaubsänger.  L.  12, 
F.  6,8,  Schw.  5,3  cm.  Oberseits  grünlichgrau,  Unterkörper  gelblich- 

3* 


weiss,  erste  Schwinge  länger  als  die  Flügeldeckfedern ,  zweite  in 
Länge  zwischen  der  fünften  und  sechsten.  —  Kamerungebirge, 
Manns  Quelle,  7500  Fuss. 

Turdus  saturatus  Cab.  —  Dunkle  Drossel.  Bibundi- 
Farm. 


Yaünde. 

Von  G.  Zenker. 


Allgemeines. 

Der  zu  den  Fangvölkern  zu  zählende  Stamm  der  Yaünde  zerfällt 
in  einzelne  kleinere  Abtheilungen,  die  nur  durch  ihre  Benennung  sich 
unterscheiden,  aber  gleiche  Sprache,  Sitten  und  Gebräuche  haben. 
Es  sind  dies  folgende  Stämme: 


Tsliinga 

Bava 

Yatinga 

Imbombo 

Yedute 

Yande 


Voghe  Velinghe  j  p 
Yoghe  Banthe  f  ane 
eigentliche  Insele  | 

Yaiinde,  Invong  J  Uelle. 

Intom 


Die  letztgenannten  drei,  zum  Theil  unter  den  eigentlichen  Yaünde 
wohnend,  gehören  dem  im  Osten  sitzenden  grossen  Volksstamm  der 
Uelle  oder  M veile  an;  im  Südosten  sitzen  die  Banthe  oder  Bane, 
im  Norden  und  Nordosten  die  Ntoni.  im  Westen  die  Bakokos  oder 
Welle;  ersterer  Name  ist  eigentlich  ein  Schimpfname  und  bedeutet 
Buschmann.  Im  Südwesten  wohnen  die  Ngumba  und  im  Süden  die 
Bulei.  Ntoni,  Banthe  und  Bulei  sprechen  eine  nur  dialektisch  ver¬ 
schiedene  Sprache,  während  die  östlich  und  westlich  wohnenden 
Uelle  und  Welle  ganz  abweichende  Idiome  sprechen. 

Yaünde,  auch  Yawounde,  bedeutet  „Erdnuss“,  womit,  wie  es 
scheint,  angedeutet  sein  soll,  dass  es  der  Stammesgenossen  so 
viele  giebt  wie  Erdnüsse. 

Ueber  die  Geschichte  des  Volkes  war  nichts  zu  ermitteln. 
Die  Familienhäupter  kennen  kaum  die  Namen  ihrer  direktesten  Vor¬ 
fahren.  In  der  kurzlebigen  Tradition  erhalten  sich  nur  für  kurze 
Zeit  Nachrichten  über  die  unbedeutenden  Stammesfehden  oder  wie 
viele  Frauen  und  Sklaven  bei  dem  Tode  dieses  oder  jenes  Häupt¬ 
lings  getödtet  wurden. 


Grenzen  und  Beschaffenheit  des  Landes. 

Das  von  den  Yaünde  bewohnte  Land  ist  ein  gebirgiges  Plateau 
von  800  bis  1000  m  Seehöhe,  durchzogen  von  einigen  SW  nach  NC) 
streichenden  Gebirgsketten,  deren  höchste  Spitzen  eine  relative  Höhe 
von  600  bis  800  m  haben;  letztere  sind  zum  Theil,  besonders  auf 
der  West-  und  Nordseite,  reich  bewaldet.  Ein  ausgedehntes,  reiches 
Netz  von  Wasseradern,  die  theils  Nebenflüsse  des  Nyong,  theils  solche 
des  Sannaga  und  Lokundje  sind  und  zu  jeder  Zeit  Wasser  führen, 
ist  die  Ursache,  dass  eine  üppige  Vegetation  vorherrscht;  nur  im 
Norden  und  Nordosten  geht  sie  in  Baumsavanue  über,  doch  gleichen 
diese  Gebiete  mehr  einem  verwilderten  Parke,  denn  die  Erosions¬ 
rinnen  und  Bachränder  sind  dicht  bewaldet.  Verbreitern  sich  solche 
Rinnen  zu  Thälern,  so  versumpfen  die  Ränder  der  Bäche  und  geben 
zu  Moorbildungen  Anlass,  in  denen  ausser  Oel-  und  Weinpalmen 
besonders  Aroideen,  Maranten,  Gramineen  und  Cyperaceen  und  Farne 
—  letztere  oft  von  3  bis  5  m  Stammhöhe  —  vorwalten.  Solche 
Gebiete  erinnern  in  Verbindung  mit  einem  träge  daliinfliessenden 
Bach  lebhaft  an  die  Bilder  der  Steinkohlenperiode.  Durch  ab¬ 
sterbende  Wurzelstöcke,  faulendes  Laub  und  todte  Hölzer  bilden 
sich  hier  oft  meterdicke  Schichten  schwarzer  Moorerde,  die  in  der 
Regenzeit  fusshoch  unter  Wasser  stehen. 

Die  Gebirgszüge  bestehen  aus  krystallinischen  Gesteinen,  an 
einzelnen  Stellen  tritt  Raseneisenstein  zu  Tage  oder  er  findet  sich 
lose  in  Konglomeraten  in  dem  vorherrschenden  Lateritboden.  Pri¬ 
märer  Laterit  findet  sich  überall,  wo  dichter  Wald  den  Boden  bedeckt, 
ln  der  Parklandschaft  ist  er  auf  die  Plateaus  beschränkt.  In  den 
Senkungen  findet  sich  sog.  umgelagerter  Laterit,  der  stufenweise 
eine  hellere  Färbung  annimmt  und  nach  den  Thalsohlen  zu  auch 
mehr  Quarzsand  zeigt,  um  dann  nach  und  nach  in  Thonablagerungen 
überzugehen.  Letztere  zergliedern  sich  wieder  in  stark  quarzhaltige, 
eine  rein  gelbe  und  grünblaue  Färbung  zeigende  Töpferthone  und 
in  blendend  weisse  Kaoline  von  oft  festem  trockenen  Gefüge.  Die 
häufige  Moorbildung  ist  durch  das  Vorkommen  solcher  undurch¬ 
lässigen  Thonschichten  bedingt.  Die  Humusschicht  auf  den  Plateaus 
und  in  den  Wäldern  ist  von  geringer  Mächtigkeit,  doch  ist  der 
umgelagerte  Laterit  sehr  fruchtbar.  Primärer  Laterit  aus  der  Tiefe 
ist,  wie  speziell  zu  dem  Zweck  angestellte  Versuche  lehrten,  dagegen 
sehr  unfruchtbar. 

Die  Grenzen  des  Yaündegebietes  bildet  im  Süden  der  Lokundje, 
im  Norden  der  Mfamba  bezw.  der  in  denselben  fliessende  Mfulu,  im 
Osten  eine  in  der  Bavalandschaft  sich  hinziehende  Gebirgskette, 
deren  höchster  Gipfel  der  Efu  ist,  im  Westen  die  Gebirgskette  des 
Elementen,  Sokoye  u.  s.  w. 


Wege,  Bauart  der  Dörfer  und  Hütten. 

Zahlreiche,  oft  kaum  erkennbare  Pfade  führen  von  Weiler  zu 
Weiler,  oder  auch  zu  den  recht  versteckt  mitten  im  Walde  gelegenen 
Pisangplantagen.  Die  Pfade  in  der  Savanne  werden  in  jeder  Trocken¬ 
zeit  durch  Niederlegen  und  Verbrennen  des  Grases  verbreitert,  ‘weil 
die  Blätter  und  Halme  einzelner  Gräser  messerscharf  sind  und  viele 
Verletzungen  erzeugen.  Die  Wege  führen  meist  auf  den  Plateaus 
entlang,  dann  und  wann  eine  Erosionsrinne  durchschneidend,  und 
dann,  dem  Flusslauf  folgend  und  wieder  aufsteigend,  um  ein  anderes 
Plateau  zu  erklimmen.  Brücken,  namentlich  kunstvolle  Hängebrücken 
wie  in  einzelnen  Küstengebieten  Kameruns,  giebt  es  nicht,  höchstens 
bildet  ein  gefällter  Baum  eine  nothdürftige  Passage. 

Zusammenhängende  Dörfer  giebt  es  im  Yaündelande  nicht,  bloss 
Gehöfte  oder  besser  Weiler.  Wenn  ein  junger  Mann  sich  zu  dem 
Besitz  einer  Frau  aufgeschwungen  hat,  so  sucht  er  sich  einen  günstig 
scheinenden  Platz  auf  einem  Plateau,  nie  in  den  kleinen  Thälern 
aus,  holzt  denselben  ab,  errichtet  sich  sein  grosses,  6  m  breites, 
8  bis  12  m  langes  Haus  mit  einer  Firsthöhe  von  3  m,  möblirt  das¬ 
selbe  mit  aus  Bambus  hergestellten  Bettstellen  und  baut  dann  erst 
ein  Frauenhaus  von  8  m  Länge,  4  m  Breite  und  2  m  Firsthöhe.  Kauft 
er  noch  eine  Frau,  so  errichtet  er  ein  zweites  Haus  und  so  fort. 
Am  liebsten  legt  man  die  Weiler  auf  den  Plateaus  an,  nie  in  den 
kleinen  Thälern,  und  zwar  auf  einem  länglich  viereckigen  Platze, 
an  dessen  Breitseiten  je  ein  grosses  Männerhaus  errichtet  wird,  die 
zum  Aufenthalt  der  Männer,  Gäste  und  Durchreisenden  dienen  (Taf.  1). 
An  der  einen  Längsseite  sind  die  Frauenhäuser  errichtet  und  zwar  je 
nach  dem  Beichtlium  des  Besitzers  1  bis  20  und  mehr.  In  derselben 
Beihe  befindet  sich  gewöhnlich  auch  ein  Haus  mit  Holzthür  und 
Vorlegeschloss,  welches  von  früheren  Beisenden  als  Fetischhaus  hin¬ 
gestellt  wurde,  während  es  thatsächlich  das  Vorrathshaus  ist,  in 
welchem  der  Besitzer  in  Kisten  seine  Werthobjekte  verwahrt.  An 
der  anderen  Längsseite  wird  der  höchst  primitive  Ziegen-  und  Schaf¬ 
stall  errichtet.  Die  Häuser  werden  durch  ein  Gerüst  von  Pfählen 
gebildet,  auf  welchen  das  aus  den  Blattrippen  der  Bambuspalme  ge¬ 
bildete  Dachgerüst  ruht,  welches  mit  von  derselben  Palme  stammen¬ 
den  Matten  gedeckt  wird.  Die  Seitenwände  sind  aus  abgeschälter 
Baumrinde  hergestellt.  Im  Ganzen  genommen,  werden  die  Hütten 
sehr  sorgfältig  ausgeführt  und  durch  Anordnung  von  Bambusstäben 
sowie  von  kleinen,  mit  eingeschnitzten  Figuren  versehenen  Holz¬ 
täfelchen  verziert.  Diese  stellen  verschiedene  Gestalten  von  Thier en, 
wie  Eidechsen,  Schlangen  u.  s.  w.,  oder  symmetrische  Striche  dar, 
die  dann  mittelst  Kohle,  Bothholzpulvers  und  weissen  Thons  gefärbt 
werden,  so  dass  die  Zeichnung  entweder  weiss  und  roth  auf  schwarzem 


\  aünde- Weiler  mit  Grundriss  eines  solchen. 
(S.  38) 


Tafel  2. 


I 


Inneres  eines  Frauenhauses. 
(S.  39) 


Tafel  3. 


Inneres  eines  Männerhauses. 
(S.  39) 


Grunde  oder  umgekehrt,  roth  und  schwarz  auf  weissem  Grunde,  er¬ 
scheint.  Die  Herstellung  anderer  Farben  kennt  man  nicht.  Fenster 
sind  nicht  vorhanden,  wohl  aber  eine  kleine  Thür  und  in  der  Wand 
ein  kleines  Loch  zum  Beobachten.  Die  bloss  La  m  im  Geviert  hal¬ 
tende  Thür  wird  mit  Baumrinde  verschlossen.  Die  Frauenhäuser 
sind  in  der  Regel  in  zwei  Gelasse  getheilt  (Taf.  2).  Der  grössere  Raum 
ist  mit  mehreren  breiten  Betten  ausgestattet,  über  der  Feuerstätte 
befindet-  sich  eine  Art  Regal,  tlieils  zum  Aufbewahren  von  Töpfen 
dienend,  theils  zum  Räuchern  von  erlegtem  Wild.  An  der  hinteren 
Wand  sind  geschnitzte  Schüsseln  und  kleine  Töpfe  in  gerader  Linie 
aufgehängt,  desgleichen  Bündel  geschnitzter  Löffel.  Diese  sind  ebenso 
wie  die  Schüsseln  hübsch  verziert,  und  erscheinen  die  Verzierungen 
roth  auf  schwarzem  Grunde.  In  dem  kleineren  Gemach  befindet  sich 
bloss  eine  Bettstätte,  welche  diskretem  Gebrauche  dient.  Beide 
Räume  sind  immer  hübsch  rein  gehalten.  Am  Dachfirstbalken  werden 
die  mit  geernteten  Feldfrüchten  gefüllten  Körbe  von  länglich  vier¬ 
eckiger  Form,  gefertigt  aus  dem  Mark  der  Blattstiele  der  Weinpalme, 
angehängt,  um  sie  vor  Insekten  und  Rattenfrass  zu  sichern.  Ln 
grossen  Männerhaus  sind  oft  bis  30  Betten  aufgestellt,  zwischen 
welchen  Tag  und  Nacht  Feuer  glimmt  (Taf.  3).  An  den  Wänden  sind 
auf  hölzernen  Gabeln  Bündel  von  Speeren  niedergelegt;  zwischen  den 
Bambusstäben  derselben  werden  die  Haumesser  gesteckt.  An  den 
recht  hübsch  geschnitzten  Mittelpfeiler  werden  die  Flinten  angelegt, 
desgleichen  die  Munitionsbeutel,  Pulverflaschen  und  die  an  ihnen 
befestigten  Medizinhörner,  welche  zum  Schutz  gegen  Regen  mit 
einem  Wildkatzenfelle  bedeckt  sind.  Auch  fehlen  mehrere  lange 
Pfeifen  nicht,  deren  Rohr  aus  der  Rippe  eines  Pisangblattes  her¬ 
gestellt  ist.  Als  besonderer  Schmuck  des  Innern  sind  oft  an  der 
Rückwand  einige  bunte  geschnitzte  Bretter  angebracht,  eine  Mittel¬ 
linie  bildend;  dieselben  zeigen  schwarz-weiss-rothe  Muster  von  symme¬ 
trischen  Figuren  und  Strichen.  Sonst  befindet  sich  keinerlei  Schmuck 
im  Hause.  Unter  dem  Dache  werden  auch  Schädel  von  Kleinwild 
und  verzehrten  Hunden,  oft  in  grosser  Zahl  angebracht;  grössere 
Schädel  werden  auf  das  Dach  gelegt,  wie  die  von  Büffeln,  Antilopen, 
Schweinen  und  Affen,  um  dadurch  den  durchreisenden  Fremden  zu 
zeigen,  dass  der  Besitzer  dieses  Weilers  ein  glücklicher  und  grosser 
Jäger  ist.  Auf  dem  freien  Platze  stehen  einige  Oelpalmen,  Savo- 
bäume  und  auch  des  öfteren  eine  Kigelia  mit  ponceaurothen  Blüthen 
und  riesigen  Früchten;  auch  werden  mehrere  Arten  Suppenkräuter, 
um  sie  in  der  Nähe  zu  haben,  dort  kultivirt.  Unter  letzteren  sei 
eine  Grasart  erwähnt  von  Weizenform  mit  monströsen  Aehren, 
welche  ein  sehr  feines  Aroma  beim  Kochen  entwickelt. 

Hinter  den  Frauenhäusern  liegen  die  Pisaugplantagen,  in  denen 


40 


versteckt  der  Abort  liegt.  Grössere  Pisangplantagen  befinden  sich 
in  den  Wäldern.  Oft  sind  die  Weiler  mit  einem  leichten  Zaun  um¬ 
geben,  und  bildet  dann  den  Ein-  und  Ausgang  je  eine  halsbrecherische 
Leiter.  Diese  Zäune  dienen  nicht  als  Schutz  gegen  Ueberfälle  und 
wilde  Tkiere,  sondern  sollen  lediglich  die  Hühner,  Ziegen  und  Schafe 
verhindern,  die  Mais-  und  Erdnusspflanzungen  abzufresseu.  Unter 
einem  kleinen  Schutzdach  oder  im  Männerhause  befindet  sich  die 
Signaltrommel  (ngu),  welche  zum  Telegraphiren  dient.  Mit  Hülfe 
dieser  Trommel  theilt  man  sich  von  Weiler  zu  Weiler  Neuigkeiten, 
den  Ausbruch  von  Streitfällen  u.  s.  w.  mit,  führt  ganze  Unterhaltungen 
oder  besänftigt  die  Geister  verstorbener  Angehöriger  der  Familie, 
indem  man  sie  mit  ihrem  Namen  ruft.  Jeder  Eingeborene,  Mann 
oder  Weib,  hat  seinen  Trommelnamen,  ebenso  hat  die  Trommel  jedes 
Weilers  einen  Namen  und  die  im  Umkreise  lebenden  Eingeborenen 
kennen  den  Klang  jeder  Trommel.  Die  Trommelsignale,  seien  sie 
auch  noch  so  leise  aus  weiter  Ferne  herübertönend,  werden  ver¬ 
standen  und  je  nach  der  Wichtigkeit  der  Sache  sofort  weiter  be¬ 
fördert.  Die  Yaünde  lieben  es,  besonders  in  den  Früh-  und  Abend¬ 
stunden,  sich  auf  diese  Weise  Mittheilungen  zu  machen,  z.  ß.  was 
und  ob  man  gegessen  hat,  ob  man  sich  Tabak,  Pulver  u.  s.  w.  holen 
kann  u.  s.  w.  Es  ist  äusserst  schwer,  hinter  die  Bedeutung  der  ein¬ 
zelnen  Signale  zu  kommen,  bei  Nachfragen  wird  man  stets  belogen. 
Bei  längerem  Aufenthalte  im  Lande  lernt  man  allmählich  wenigstens 
die  Hauptsachen  verstehen,  wie  Mittheilungen  über  Krieg  und 
Todesfälle. 

Körperbeschaffenheit,  Charakter,  Kleidung  und  Schmuck. 

Die  Yaünde  sind  ein  schönerer  Menschenschlag  als  die  Küsten¬ 
bevölkerung.  1,70  bis  2  m  hohe  muskulöse  Gestalten  beim  männ¬ 
lichen  wie  weiblichen  Geschlecht  sind  vorherrschend.  Gesichter  mit 
hoher  Stirn,  Habichtsnasen,  schmalen  Lippen  und  wenig  vorstehen¬ 
dem  Kinn  sind  ziemlich  häufig.  Die  Hautfarbe  variirt  vom  dunklen 
Kaffeebraun  bis  zu  sehr  hellen  Tönen,  ganz  schwarze  ist  sehr  selten. 
Albinismus  kommt  vor,  partiellen  haben  ich  nicht  bemerkt.  Die 
Augen  sind  fast  durchweg  dunkel,  doch  kommen  auch  blaue  und 
graue  vor.  Das  Haar  wird  bei  beiden  Geschlechtern  in  kunstvolle 
Frisuren  gebracht.  Die  Haare  des  Körpers  werden  mittelst  eines 
schnellen  Feuers  abgesengt,  die  der  Achselhöhlen  und  der  Scham 
werden  je  nach  Bedürfniss  und  Laune  abrasirt,  namentlich  wenn  sich 
Insassen  vorfinden.  Bärte  werden  wenig  getragen  und  vorkommenden- 
falls  nur  als  Kiunbart  in  kleine  Zöpfe  geflochten  und  zuweilen  mit 
Perlen  verziert.  Die  Augenwimperhaare  werden  herausgerissen. 

Die  Marschfähigkeit  der  Yaünde  ist  eine  bewunderungswürdige. 


41 


sie  können,  wenn  wenig  belastet,  oline  sieb  Ruhe  zu  gönnen,  vom 
Morgen  bis  zum  Abend  marscbiren. 

Der  Charakter  der  Yaünde  weicht  von  dem  durchschnittlichen 
Negercharakter  wenig  ab.  Sie  sind  abergläubisch,  hinterlistig,  hab¬ 
gierig,  bei  Gelegenheit  diebisch  und  lügnerisch.  Ihr  Aberglaube  ist 
ungeheuer  und  kostet  alljährlich  Vielen  das  Leben,  besonders  den 
Frauen.  Tod,  Krankheit,  Unglücksfälle  aller  Art  führen  sie  auf 
Zauberei  zurück.  Die  Schuldigen  werden  zum  Ellongessen  (einem  aus 
der  Rinde  vonErythrophlaeum  guineense  hergestellten  Brei)  verurtheilt. 
Bei  diesen  Gelegenheiten  können  sie  schaudererregend  grausam  sein, 
was  sie  von  Natur  sonst  nicht  sind.  Habgierig  nach  Allem,  was  er 
sieht,  liebt  der  Yaünde  daher  sehr  zu  stehlen,  doch  gilt  das  Er¬ 
wischtwerden  als  Schande.  Das  Lügen  ist  ihm  zur  zweiten  Natur 
geworden;  man  wird  auf  eine  Frage  nie  die  Antwort  hören,  und 
bleibt  es  Einem  überlassen,  aus  allen  Aussagen  das  Körnchen  Wahr¬ 
heit,  welches  stets  in  ihnen  liegt,  herauszuschälen.  Leidenschaftlich 
ist  der  Yaünde  dem  Spiel  ergeben,  er  verspielt  oft  sein  ganzes 
Vermögen  und  seine  eigene  Freiheit.  Zahlungsunfähige  werden  als 
Sklaven  für  10  bis  15  Pfund  Salz  verkauft.  Im  Kriege  zeichnen 
sie  sich  nicht  durch  Tapferkeit  aus.  Ausbrechende  Palaver  werden 
oft  in  grossen  Redeschlachten  ausgefochten,  weil  Kampf  nicht  Jeder¬ 
manns  Sache  ist.  Wie  die  meisten  Neger,  verspricht  er  viel  und 
hält  wenig.  Doch  gehen  dem  'Yaünde  auch  gute  Eigenschaften 
nicht  ab:  er  isst  und  trinkt  wenig,  liebt  Musik  und  Tanz  und  ist 
friedliebend.  Nur  bei  Abokfesten  sind  vom  Palmwein  Berauschte 
keine  Seltenheit;  jedoch  ist  dies  auf  den  üblichen  Zusatz  einer  Rinde 
zurückzuführen,  welche  berauschend  wirkt.  Ein  bis  zwei  Glas  dieses 
so  zubereiteten  Getränkes  genügen,  einen  ganz  respektablen  Rausch 
zu  erzeugen,  welcher,  obwohl  vou  kurzer  Dauer,  einen  fürchterlichen 
Katzenjammer  verursacht.  Diese  Art  der  Zubereitung  des  Palm¬ 
weines  ist  besonders  bei  den  Welle  (Bakokos)  gebräuchlich,  und 
haben  die  Yaünde  dieselbe  von  jenen  gelernt. 

Die  Kleidung  der  Yaünde  ist  die  denkbar  einfachste:  ein 
Lendenschurz  aus  der  Rinde  eines  Feigenbaumes  (otornbo).  Es  ist 
dies  die  innere  Bastlage  der  Baumrinde.  Sie  wird  zuerst  für  einige 
Zeit  in  das  Wasser  und  dann  in  die  Sonne  zum  Bleichen  gelegt  und 
erhält  die  nöthige  Weichheit  durch  Klopfen  mit  einem  Hammer  aus 
Elfenbein  oder  Knochen  auf  einer  hölzernen  Unterlage.  Die  nur 
handbreiten  Streifen  werden  hierauf  mit  Bambusnadeln  (odondo)  zu¬ 
sammengenäht.  Diese  Rindenstoffe  werden  zum  Theil  mit  einfachen 
Mustern,  Sternen  u.  s.  w.  versehen,  die  mittelst  eines  geschnitzten 
Stempels  aufgedrückt  werden.  Das  hierzu  verwendete  Färbemittel 
ist  der  Fruchtsaft  eines  häufig  vorkommenden,  buchenähnlichen 


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Baumes  mit  breiter  Krone.  Häufig  werden  diese  Rindenstoff'e  auch 
mittelst  Rotliholzpulvers  oder  weissen  Kaolinthons  gefärbt  und  bilden 
so  schwarz -weiss-roth  gestreifte  Tücher.  Die  Hüftschnur  besteht  aus 
Pellriemen,  Alfenschwänzen  oder  dünnen,  selbstgefertigten  Stricken. 
Schmiede  tragen  Katzen-  oder  Aifenfelle  als  Lendenzeug.  Freie 
Leute  und  Handeltreibende  sind  auch  im  Besitz  von  Zeugen  euro¬ 
päischen  Ursprunges,  öfters  auch  von  einem  Hemde  oder  Hut.  Da 
der  Gebrauch  von  Seife  unbekannt  ist,  so  geht  die  ursprüngliche 
Farbe  aller  Stoffe  in  ein  tiefes  Ponceauroth  über,  das  von 
dem  Rothholzpulver  (mba)  herrührt,  mit  dem  sich  alle  Welt  den 
Körper  bemalt.  Dieser  Gebrauch  ist  die  Ursache  der  so  häufigen 
Hautkrankheiten;  schon  Säuglinge  werden  bemalt.  Das  weibliche 
Geschlecht  trägt  überhaupt  kein  Zeug,  sondern  begnügt  sich  mit 
einem  Lendengürtel,  welcher  der  Träger  eines  starken  Büschels  von 
zerschlitzten  Pisangblättern  ist,  der  oft  auch  von  jungen  Blättern 
der  Weinpalme  hergestellt  wird  und  der  theils  roth,  theils  schwarz 
gefärbt  wird.  Dieser  Hinterschmuck  (inwom)  gleicht  auffallend  einem 
gestutzten  Pferdeschweif.  Die  Scham  wird  mittels  eines  dreieckigen 
Stückes  Pisangblatt  züchtig  verdeckt.  Aeltere  Frauen  begnügen 
sich  bloss  mit  einem  fingerbreiten  Streifen.  Knaben  und  Mädchen 
sind  stets  völlig  nackt  bis  zum  6.  oder  8.  Jahre.  Die  jungen  Mäd¬ 
chen  durchbohren  ihre  Nasenscheidewand  und  stecken  als  Schmuck 
ein  kleines  Stäbchen  hindurch.  Der  Körper  sowie  Gegenstände  des 
täglichen  Gebrauches  werden  mit  Messing  und  Kupfer  geschmückt. 
An  den  Fingern,  Zehen,  Füssen  und  Armen  werden  diese  Metalle 
in  Gestalt  dünner  Spangen,  oft  auch  in  massiven,  mehrere  Pfund 
schweren  Ringen  getragen,  besonders  seitens  der  ersten  Frauen. 
Junge  Männer  und  Mädchen  lieben  es,  sich  die  Arme  vom  Hand¬ 
gelenk  bis  zum  Ellenbogen  mit  nicht  abnehmbaren  Armspangen  von 
Messingstangen  zu  umgeben,  ein  unbequemer  und  gesundheitsschäd¬ 
licher  Schmuck,  denn  gar  oft  entstehen  Beulen  unter  diesen  Ringen, 
welche  ihre  Träger  veranlassen,  sich  dieses  Schmuckes  unter  grossen 
Schmerzen  zu  entledigen.  Fuss-  und  Armringe,  früher  massiv,  jetzt 
schon  in  Europa  geformt,  hohl  und  leicht,  sind  ungemein  beliebt. 
Die  Häuptlinge  tragen  am  linken  Arm  ein  festes  Messingarmband, 
am  rechten  Elfenbeinringe.  Gewehre,  Tabakpfeifen,  Pulverflaschen, 
Messergriffe,  Stöcke,  Alles  erhält  Verzierungen  aus  Messing  oder 
Kupfer,  und  in  Ermangelung  dessen  aus  Weissblech.  Schwarze  und 
blaue  Perlen,  böhmischen  und  venetianischen  Fabrikates,  sogenannte 
Olivetten  und  runde,  bernsteinartige  Glasperlen  pflegt  man  in  dicken 
Schnüren  um  den  Hals  zu  tragen,  Männer  sowohl  als  Frauen  und 
Mädchen,  je  mehr  desto  besser  und  schöner.  Perlen  einheimischen 
Fabrikates  sind  durchlöcherte  Pflanzensamen,  welche  zusammen  mit 


Tätowirungsmuster  und  Haartrachten. 


Tafel  4. 


—  43 


den  Eckzähnen  der  Hunde  einen  recht  hübschen  Halsschmuck  ab¬ 
geben;  Eckzähne  von  Affen,  Katzen  u.  s.  w.  sind  ebenfalls  recht 
gesucht.  Auch  der  Kopfschmuck  eines  Mistkäfers,,  Vogelkrallen, 
Antilopenfüsse,  messingene  und  kupferne  Patronenhülsen,  Schlüssel 
von  Vorhängeschlössern  dienen  als  Halsschmuck.  Mein  Schlüssel¬ 
bund  war  stets  ein  Gegenstand  heftiger  Sehnsucht  bei  den  Frauen 
und  Mädchen.  Aber  ihr  grösstes  Verlangen  geht  nach  Porzellan¬ 
knöpfen  (melogo  sumesso,  d.  li.  ganz  kleine  Knöpfe).  Diese  Hemden¬ 
knöpfe  kleinster  Nummer  werden  auf  breite  Lederriemen  mehrreihig 
genäht  und  an  der  Stirn  als  Diadem  getragen,  auch  werden  sie  auf 
dem  Schamgürtel  und  dem  Hinterschmuck  befestigt.  Begegnet  man 
einem  Mädchen  auf  der  Strasse,  so  ist  sicher  ihr  erstes  Wort:  „Ha 
ma  melogo“,  d.  h.  „Gieb  mir  Knöpfe“.  Die  oft  sehr  kunstvollen 
Frisuren  werden  ausser  mit  Perlen,  Kauris  auch  noch  mit  Knöpfen 
verziert;  zwischen  den  geflochtenen  Haarreihen  wird  ausserdem 
dickes  gelbes  Palmöl  aufgetragen,  was  zwar  sehr  malerisch,  aber 
wenig  reinlich  ist.  Diese  Fettung  des  Kopfes  und  Halses  ist  sehr 
beliebt.  Die  Lendengürtel  der  Frauen  sind  etwas  feiner  als  die 
der  Männer,  theils  Fellstreifen,  theils  Affenschwänze  mit  und  ohne 
Knöpfe  oder  Perlschnüre.  Einige  kleine  Bambusstäbe,  welche  an 
dem  Gürtel  befestigt  sind,  zeigen,  wie  viel  Freunde  die  Besitzerin 
hat.  Bei  festlichen  Gelegenheiten,  die  hier  ungemein  häufig  sind, 
oder  bei  Palavern  und  im  Kriege  tragen  die  Familienoberhäupter 
selbstgefertigte  Kappen,  verziert  mit  den  Schwanzfedern  des  grauen 
Papageis.  In  Ermangelung  einer  solchen  werden  auch  rothe  Tuch¬ 
kappen  Apoldaer  Fabrikates  getragen,  ein  Leopardenfell  dient  als 
Mantel  und  eine  Halskette  aus  den  Eckzähnen  des  Leoparden  als 
besondere  Zier.  Es  giebt  zweierlei  Arten  von  Tätowir ungen  (Taf.  4). 
Die  eine  mit  hervortretenden,  oft  schlecht  verheilten  Narben,  bewirkt 
nicht  selten  ganz  absondexdiche  Verunstaltungen  der  Haut.  Die 
zweite  Art  besteht  nur  in  einer  Ritzung  der  Haut  und  Einreibung 
von  Russ,  der  aus  dem  vei’brannten  Harz  der  Boswelia  fraxinifolia 
hei’gestellt  wird.  Nach  der  Heilung  ei'scheint  die  Zeichnung,  welche 
Thiergestalten,  Arabesken  und  symmetrische  Figuren  dai’stellt,  blau. 
Kopf,  Hals,  Brust,  Bauch,  Rücken,  Arm  und  Schenkel  sind  die 
bevoi’zugtesten  Stellen;  beim  weiblichen  Geschlecht  findet  man  oft 
eine  Tätowirung  dicht  über  der  Brust,  die  Spitzenmustern  nicht 
unähnlich  sieht.  Im  Gesicht  werden,  besondei’3  auf  den  Wangen, 
der  Stirn  und  der  Schläfengegend,  geritzte  Tätowirungen  angebracht, 
z.  B.  Tabakpfeifen  von  einem  Mundwinkel  bis  zum  Ohr.  Auf  der 
Stirn  und  an  den  Schläfen  wei’den  Kreise  oder  Quadi'ate  angebracht. 

Nur  die  Männer  tragen  die  Stammesmarke,  welche  aus  drei 
Reihen  Querstrichen  aus  erhöhten  Narben  längs  des  Rückgrates 


44 


bestellen,  die  am  Nacken  am  breitesten  sind  und  nach  dem  Kreuz 
zu  in  eine  Spitze  auslaufen.  Sie  erhalten  dieselbe  im  Alter  von  12 
bis  15  Jahren  unter  besonderen  Festlichkeiten  (infonu  vergl.  S.  52). 

Kriegsschmuck  und  Waffen. 

Ertönt  Kriegsalarm,  so  entledigen  sich  die  jungen  Leute  ihrer 
Lendentücher,  versehen  ihre  Geschlechtstheile  zum  Schutz  gegen 
Grashalme  mit  einer  kleinen  Kappe  in  Dütenform,  beschmieren  ihren 
Körper  rotli  und  weiss,  oder  merkwürdigerweise  auch  schwarz,  be¬ 
sonders  das  Gesicht,  bemalen  die  Augen  mit  weissem  Thon,  befestigen 
in  ihren  Haaren  einen  Federbusch  oder  eine  Kappe  aus  den  blauen 
Federn  des  Turako  oder  den  rothen  Schwanzfedern  des  grauen 
Papageis,  ergreifen  Schild  und  Speere  oder  Gewehr  und  Flaumesser 
und  fort  geht’s  unter  rhythmischem,  laut  tönendem  Gesänge. 

Die  Schilder  werden  aus  der  Haut  der  Kuhantilope  oder  aus 
Geflecht  von  Calamus  hergestellt.  Die  leichten  Wurfspeere  haben 
verschiedene  Form  und  Grösse,  mit  oder  ohne  Widerhaken.  Eine 
gefährliche  Waffe  ist  die  Esinga,  ein  kurzer  Speer,  der  aus  dem 
Gewehr  geschossen  wird.  Von  den  Handelsgewehren  entfernen  sie 
als  unnütz  Korn  und  Yisir,  verkleinern  den  Kolben  und  oft  auch 
den  Lauf  und  zielen  beim  Schiessen  fast  gar  nicht,  indem  sie  ndt 
der  Rechten  Gewehrlauf  und  Drücker  halten,  mit  der  Linken  den 
Kolben.  Die  Geschosse,  aus  Raseneisenstein  und  gehacktem  Eisen 
bestehend,  gehen  nicht  sehr  weit  und  richten  selten  grösseren 
Schaden  an. 

Streitigkeiten  brechen  zum  grössten  Theil  der  Weiber  wegen 
aus,  doch  kann  der  Todesfall  einer  angesehenen  Person,  Medizin¬ 
oder  Handelsgeschäfte  ebenfalls  die  Ursache  oft  langwieriger  Fehden 
werden.  Ist  ein  Krieg  in  Sicht,  so  wird  in  den  meisten  Fällen  eine 
friedliche  Lösung  versucht;  oft  kommt  es  aber  durch  kleine  Streitig¬ 
keiten  ganz  plötzlich  zu  einem  Scharmützel,  wo  es  dann  Verwundete 
und  Todte  giebt.  Solche  Vorkommnisse  werden  dann  einige  Tage 
später  in  grossen  Versammlungen  geschlichtet  und  die  Gefallenen 
durch  Zahlung  von  Entschädigungen  gesühnt.  Der  Todesfall  eines 
Chefs  kann  Raubzüge  zur  Folge  haben,  Avenn  man  einen  anderen 
Stamm  im  Verdacht  hat,  denselben  durch  Zauberei  und  Medizin  ver¬ 
ursacht  zu  haben.  Kriege  mit  fortgesetzten  Gefechten  giebt  es  nicht; 
sie  enden,  wenn  eine  Partei  ihrer  Werthobjekte  beraubt  und  ihre 
Dörfer  und  Plantagen  zerstört  sind.  Ueberfälle  der  siegesgewissen 
Partei  sind  beliebt  und  kommt  es  dabei  zuweilen  zum  Handgemenge, 
wobei  das  Haumesser  eine  Rolle  spielt.  Die  Häuptlinge  halten  sich 
den  Kämpfen  fern,  sie  haben  das  Pulver,  Feuersteine  und  Zünd¬ 
hütchen  in  Gewahrsam  und  theilen  dieselben  an  die  Kämpfenden  aus. 


45 


Alle  Weiber  und  Kinder  verlassen  bei  Kriegsalarm  sofort  mit  allen 
transportablen  Werthsachen  ihre  Wohnsitze  und  bringen  sich  im 
Walde  in  Sicherheit.  Ist  der  Strauss  ausgefochten,  so  erscheint  ein 
Unterhändler,  dessen  Person  unverletzlich  ist  und  der  von  Vater¬ 
oder  Mutterseite  mit  dem  betreffenden  Stamme  verwandt  ist,  und 
wird  dann  der  Tag  der  Friedensunterhandlungen  bestimmt.  Ruft 
ein  Häuptling  einen  anderen  zu  Hülfe,  so  hat  er  die  geleisteten 
Dienste  zu  bezahlen. 

Kriegsgefangene  werden,  wenn  vom  eigenen  Stamme  mehrere 
Mitglieder  gefallen  sind,  oft  grausam  behandelt,  im  anderen  Falle 
als  Sklaven  verkauft,  wenn  sie  von  ihren  Angehörigen  nicht  los¬ 
gekauft  werden.  Häuptlinge  werden  nicht  getödtet,  sondern  nach 
Zahlung  von  so  und  so  vielen  Weibern  freigegeben. 

In  Friedenszeiten  ist  das  Leben  der  Familienoberhäupter  ein 
sehr  behagliches.  Sie  gehen  ihren  Handelsgeschäften  nach,  besonders 
dem  Elfenbeinhandel,  wobei  sie  bei  dem  betreffenden  Verkäufer  mit 
Weibern  und  sonstigem  Gefolge  für  einige  Zeit  zu  Gaste  bleiben. 
Während  die  Weiber,  Kinder  und  Sklaven  und  auch  die  alten  Leute 
bis  Mittag  die  Farmarbeiten  besorgen,  unterhalten  sich  die  Männer 
mit  Tanz  oder  Flötenspiel  oder  mit  Reden  in  öffentlichen  Versamm¬ 
lungen,  in  denen  sie  wahre  Meister  sind.  Finden  keine  Versamm¬ 
lungen  statt,  so  wird  mit  Leidenschaft  gespielt,  oft  sechs  bis  acht  Tage 
hintereinander,  jedoch  nur  am  Tage,  bei  anbrechender  Dunkelheit 
hören  sie  auf.  Oft  auch  sitzen  oder  liegen  sie  im  grossen  Männer¬ 
haus  auf  ihren  Bettstätten,  faulenzend  und  aus  langen  Pfeifen  der 
Reihe  nach  einzelne  Züge  Tabak  rauchend.  Wenn  in  der  Nacht 
Regen  gefallen  ist,  so  ertönt  oft  schon  am  frühen  Morgen  der 
Trommelruf  zur  Treibjagd. 

Glaube  und  Aberglaube. 

Die  Yaünde  haben  die  Vorstellung  von  einem  unsichtbaren  Gott 
oder  Geist  (Insambo),  welcher  Alles  erschaffen  haben  soll.  Ausser 
diesem  giebt  es  Geister,  welche  in  der  Erde  leben  (bokwun),  zu 
denen  auch  die  Weissen  gerechnet  werden.  Die  Geister  sind  nur 
gute,  können  aber  mittelst  Bereitung  einer  Medizin  in  Zorn  gebracht 
werden  und  verursachen  dann  allerlei  Unglücksfälle,  wie  Tod  und 
Missernte,  deswegen  sind  gute  und  kräftige  Medizinen  und  Zauber¬ 
mittel  dasjenige,  woran  ihr  Glaube  hängt.  Eine  Medizin  hilft  gegen 
Krankheit,  bösen  Blick,  macht  kugelfest,  unsichtbar  u.  s.  w.,  eine 
andere  tödtet  und  schädigt  die  Feinde  und  führt  allerlei  Unglücks¬ 
fälle  herbei.  Die  erstgenannten  Mittel  müssen  am  Körper  getragen 
werden,  deswegen  behängt  der  Yaünde  Hals  und  Armgelenke 
mit  kleinen  Antilopenhörnern,  welche  die  Medizinbehälter  bilden. 


46 


Bei  der  Aufnahme  in  den  Stamm  erhält  Jeder  einen  kleinen  Ele¬ 
fantenzahn,  in  dessen  hohlem  Theile  die  Kriegsmedizin  auf  bewahrt 
■wird.  Diese  wird  stets  am  Munitionsbeutel  getragen.  Medizinen, 
welche  eine  Person  schädigen  sollen,  müssen  frisch  Imreitet  werden, 
wobei  eine  Ziege  oder  ein  Huhn  geschlachtet  wird. 

Tritt  ein  unvorhergesehenes  Unglück  ein,  so  wird  es  stets  auf 
Medizin  zurückgeführt  und  der  Schuldige  wird  eifrig  gesucht,  be¬ 
zichtigt  und  verurtheilt.  Nie  wird  man  den  Geistern  den  Unglücks¬ 
fall  direkt  zuschreiben.  Niemand  kann  ohne  Ursache  sterben,  stets 
wird  ein  solcher  Fall  auf  Gift  oder  Zauberei  zurückgeführt.  Stirbt 
eine  angesehene  Person,  so  sterben  oft  zwei  bis  sechs  und  mehr  eines 
gewaltsamen  Todes,  welche  in  denVerdacht  der  Zauberei  gerathen. 
Oft  werden  dieselben  von  Verstorbenen  noch  bei  Lebzeiten  bezichtigt. 
Dass  natürlich  unter  denen,  die  bei  solchen  Gelegenheiten  ihr  Leben 
lassen  müssen,  die  Frauen  des  V erstorbenen  die  Ersten  sind,  kann 
nicht  Wunder  nehmen,  da  sie  ja  das  Essen  bereiten,  durch  das  in 
erster  Linie  das  Gift  zugeführt  werden  konnte. 

Der  einträgliche  Geschäftszweig  der  Medizinbereitung  liegt  in 
der  Hand  einiger  pfiffiger  Leute  (Imboballa,  von  maballa  =  Medizin). 
Die  Imboballa  bereiten  aus  Kräutern  Medizin  für  gute  Ernten,  um 
beim  Ringspiel  stark  zu  machen,  ferner  Liebestränke  u.  s.  w.;  sie 
ertheilen  gegen  Bezahlung  in  Naturalien  oder  in  der  landesüblichen 
Münze  der  kleinen  Eisenstäbchen  Rath  in  allerhand  Fällen,  leiten 
die  Giftprozesse,  wahrsagen  u.  s.  w.  Besonders  werden  ihre  Dienste 
•in  Anspruch  genommen,  wenn  es  gilt,  den  Regen  zu  vertreiben, 
welcher  Festlichkeiten  unterbrechen  und  stören  könnte.  Daa  FeSt- 
pnblikum  ist  vielleicht  schon  versammelt,  die  Tänze  sollen  beginnen, 
doch  drohende  Wolken  thürmen  sich  im  Osten  auf.  Dann  errichtet 
der  Imboballa  eine  Stange,  an  deren  oberem  Ende  ein  Töpfchen  mit 
Medizin  befestigt  ist.  Am  Fusse  der  Stange  ist  ein  Huhn  angebunden, 
Messer  und  Speere  dabeigesteckt  und  ringsum  ein  Kreis  Asche  ge¬ 
streut.  Der  Zauberer  verbrennt  nun  in  der  Nähe  der  Stange  einen 
Haufen  Kräuter  und  geht  des  öfteren  mit  einem  Büschel  bewaffnet 
im  Weiler  herum,  den  Wolken  die  Richtung  anzeigend.  War  die 
Medizin  gut,  so  zieht  das  drohende  Gewitter  vorüber;  war  ein  Fehler 
begangen,  so  regnet  es,  was  aber  nicht  Schuld  des  Medizinmannes 
ist;  das  Misslingen  wird  vielmehr  anderen  Leuten  zugeschrieben, 
welche  stärkere  Medizin  haben,  und  thut  der  Misserfolg  dem  Zauberer 
keinen  Abbruch.  Auch  das  Thierorakel  ist  sehr  beliebt,  so  beson¬ 
ders  das  der  grossen  Erdspinne  (ingam),  daher  ingam  minambd  ge¬ 
nannt.  In  jedem  Weiler  oder  auch  an  den  Wegen  findet  man  ein 
mit  Pisangstämmen  umlegtes  Viereck,  in  dessen  Mitte  sich  ein  mit 
Bambusstäbchen  umstecktes  Loch  befindet,  in  dem  eine  Erdspinne 


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haust.  Will  nun  der  Besitzer  des  Weilers  oder  einer  seiner  An¬ 
gehörigen  eine  Reise  unternehmen,  so  wird  das  Loch  nachts  mit 
Pisangblättern  überdeckt.  Bleiben  die  Stäbchen  in  Ordnung,  so 
wird  Alles  gut  gehen,  ist  jedoch  ein  Stäbchen  aus  der  Lage  gebracht, 
so  droht  ein  Unglück  und  man  bleibt  zu  Hause. 

Regierung,  Gericht,  öffentliche  Versammlungen. 

Die  Regierung  ist  eine  patriarchalische.  Der  Aelteste  in  der 
Familie  ist  das  Oberhaupt,  doch  kann  in  seinem  Weiler  ein  Jeder 
thun  und  lassen,  was  er  will.  Bloss  im  Falle  eines  Streites,  einer 
Fehde  und  anderer  aussergewöhnliclier  Vorfälle  beruft  er  alle  seine 
Familienangehörigen  in  seinen  Weiler,  um  mit  diesen  zu  berathen. 
Ist  eine  grosse  Fehde  mit  einem  anderen  Volksstamme  in  Aussicht, 
so  kommen  alle  umwohnenden  Familienchefs  zusammen,  um  zu  be- 
rathscldagen.  Im  Falle  eines  Todesfalles,  bei  Mord,  Weiberraub, 
Friedens-  und  Kriegsverhandlungen  werden  grosse  Familienchefs, 
welche  bei  der  Sache  nicht  betheiligt  sind,  als  Schiedsrichter  berufen. 
Diese  Art  von  Versammlungen  werden  nicht  im  Dorf  abgehalten, 
sondern  stets  im  Waldesschatten  am  murmelnden  Bach  unter  hohen, 
mit  Schlinggewächsen  behangenen  Bäumen.  Die  beiden  Parteien 
befinden  sich  gegenüber,  in  der  Mitte  am  Bache  selbst  die  Richter 
und  Unparteiischen,  abseits  steht  das  Publikum,  d.  h.  Männer  anderer 
Familien.  Nachdem  der  älteste  der  Richter  angefragt  hat,  ob  alle 
diejenigen,  welchen  die  Sache  etwas  angeht,  erschienen  sind,  um 
das  Palaver  nach  Recht  und  Gewissen  zu  sprechen,  eröffnet  er  die 
Sitzung  und  giebt  der  klägerischen  Partei  das  Wort.  Der  Sprecher 
erhebt  sich,  indem  er  mit  seinem  Speer  rasselt,  und  trägt  die  Sache 
unter  grosser  Umständlichkeit  vor.  Keiner  unterbricht  den  Redner 
und  nur  bei  ganz  besonders  Beifall  erregenden  Stellen  ertönt  ein 
lautes  zwei-  oder  dreimaliges  „Ha“  der  Anwesenden,  während  Miss¬ 
fallen  durch  „Oho“  ausgedrückt  wird,  unter  einem  langgezogenen 
„Ojö“  wird  dem  Sprecher  das  Wort  entzogen  und  ein  anderer,  besser 
mit  der  Redekunst  Bewanderter  ergreift  das  Wort.  Wird  einmal 
der  Lärm  zu  arg,  so  bittet  der  Vorsitzende  mit  dem  Rufe  „tobegasi“, 
„Setzt  Euch“  um  Ruhe.  Die  Erwiderung  der  Gegenpartei  nimmt 
oft  viele  Stunden  in  Anspruch.  Bei  Meinungsverschiedenheiten  wird 
die  Verhandlung  verschoben.  Anderenfalls  ziehen  sich  Parteien  und 
Publikum  ausser  Hörweite  von  den  Richtern  zurück.  Diese  und  die 
Unparteiischen  besprechen  nun  die  Sache  nochmals,  um  dann  das 
Urtheil  zu  fällen.  Sind  sie  Alle  einverstanden,  so  tritt  der  Sprecher 
mit  dem  Rufe  „Ojö“  in  den  Bach;  sämmtliche  Betheiligten  kehren 
darauf  an  ihre  Plätze  zurück.  Unter  einem  nochmaligen  langgezo¬ 
genen  „Ojö“  erfolgt  dann  mit  klarer,  weithin  hörbarer  Stimme  die 


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\  erkündigung  des  Urtheils,  welches  bei  allen  zu  solchen  Verhand¬ 
lungen  gelangenden  Rechtsfällen,  auch  bei  Mord,  in  Zahlung  von 
Geldstrafen  besteht.  Die  siegende  Partei  giebt  ihre  Freude  durch 
Schiessen  kund  und  von  den  nächsten  Weilern  erklingen  die  Signal- 
trommeln,  um  das  Urtheil  so  schnell  wie  möglich  bekannt  zu  geben. 
Anders  verhält  es  sich  bei  Medizinpalavern,  welche  in  den  Weilern 
abgehalten  werden.  Zu  ihnen  gehören  alle  unerklärlichen  Sachen, 
wie  Tod,  Unglück  auf  der  Jagd,  Verwundungen  und  Beschuldigungen, 
die  nicht  bewiesen  werden  können.  Der  Angeschuldigte  wird  ge¬ 
zwungen,  einen  aus  der  zerkleinerten  Rinde  Aron  Erythrophlaeum 
guineense  zubereiteten  Brei  zu  essen.  War  das  Gift  (ellong)  zu  stark, 
so  tritt  der  Tod  ein,  anderenfalls  nur  Erbrechen.  In  diesem  Falle 
ist  der  Angeschuldigte  jeder  Schuld  ledig,  und  der  Kläger  muss 
Strafe  zahlen.  Bei  dem  Tode  eines  Häuptlings  aber  werden  die 
V  eiber  der  Gift  Verabreichung  und  Zauberei  bezichtigt,  und  dann 
ohne  Gnade  und  Barmherzigkeit  erst  mit  ellong  gefüttert  und  dann 
aufgehängt.  Ist  der  Tod  eingetreten,  so  wird  den  Weibern  vom 
Imboballa  die  Bauchdecke  geöffnet,  worauf  derselbe  an  den  heraus¬ 
tretenden  Därmen  die  Schuld  der  Betreffenden  herausliest.  Da 
Frauen  an  solchen  Verhandlungen  theilnehmen,  so  sollen  solche 
Prozesse  wahrscheinlich  darauf  hinwirken,  sie  vor  der  Begehung 
von  Giftmorden  abzuhalten. 

Diebstahl  wird  mit  Sklaverei  bestraft,  oder  der  Dieb  wird  in 
den  Block  gelegt,  bis  seine  Familie  ihn  freikauft. 

Ehebruch  wird  mit  Geldstrafen  (Eisenstäben)  belegt.  Kann  der 
beleidigte  Ehegatte  von  dem  Thäter  keine  Sühne  erlangen,  .so  geht 
er  hin  und  schlägt  einem  Dritten  Ziegen  und  Schafe  todt,  worauf 
dann  das  Palaver  auf  diesen  übergeht.  Der  Geschädigte  verlangt 
nun  von  dem  Ehebrecher  die  doppelte  Anzahl  von  Schafen  und 
Ziegen  und  ausserdem  noch  Geld.  Solche  Palaver  heissen  nianga. 
Das  Hineinziehen  von  dritten,  ursprünglich  gänzlich  unbetheiligten 
Personen  bei  der  Regelung  von  Schuldforderungen  säumigen  Zahlern 
gegenüber  ist  überhaupt  sehr  üblich.  Ist  ein  Gläubiger  zu  schwach, 
um  seinen  Schuldner  zur  Zahlung  zu  zwingen,  so  wendet  er  sich 
nicht  an  einen  einflussreichen  Chef,  um  das  Palaver  zu  sprechen, 
sondern  entwendet  diesem  oder  einem  seiner  Angehörigen  einen 
Gegenstand,  ein  Gewehr  u.  s.  w.,  wodurch  der  Chef  Veranlassung 
erhält,  sich  in  die  Angelegenheit  hineinzumischen  und  nun  von  dem 
säumigen  Zahler  viel  mehr  verlangt,  als  die  ursprüngliche  Schuld 
ausmachte.  Erfolgt  dann  die  Zahlung,  so  fliesst  der  grösste  Theil 
des  Betrages  in  die  Tasche  des  Chefs.  Im  Unvermögensfalle  wird 
der  Schuldner,  besonders  bei  Spielschulden,  an  die  Bakokos  gegen 
Salz  verkauft. 


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Familienleben. 

Je  mehr  Frauen  ein  Mann  besitzt,  desto  angesehener  ist  er. 
Darum  ist  sein  ganzes  Streben  darauf  gerichtet,  allmählich  deinen 
so  viele  als  möglich  zu  kaufen;  es  kommt  ihm  nicht  darauf  an,  ob 
sie  schön  oder  hässlich  sind,  nur  verkrüppelt  dürfen  sie  nicht  sein. 
Schon  auf  Kinder  wird  eine  Anzahlung  geleistet,  und  je  nach  den 
Umständen  erfolgt  dann  schnell  oder  langsam  die  Auszahlung  des 
vollen  Preises.  Ist  der  Mann  angesehen,  so  wächst  das  Kind  in 
seinem  Dorfe  auf,  bleibt  es  aber  im  Heimathsdorfe,  so  geht  es  wohl 
z.  B.  als  Pfand  für  Elfenbein  erst  für  einige  Zeit  in  andere  Hände 
über.  Dass  solche  oft  verwickelten  Verhältnisse  zu  Streit  und  Fehden 
vielfach  Anlass  geben,  ist  selbstredend.  Hat  ein  Mann  ein  Weib 
endgültig  erworben,  so  giebt  er  dies  seinen  Nachbarn  durch  Schiessen 
und  Gesang  kund,  genau  so,  als  wenn  er  ein  gutes  Handelsgeschäft 
abgeschlossen  hat.  Seine  Freunde  kommen  dann  herbei  und  feuern 
ihre  Gewehre  zu  Ehren  des  neuen  Weibes  ab,  eine  Aufmerksamkeit, 
welche  der  Gatte  durch  Schlachten  von  Hühnern  oder  einer  Ziege 
zum  Festschmaus  vergilt.  Jede  Frau  erhält,  um  Streit  zu  verhüten, 
ihre  Hütte  für  sich.  Wird  die  Frau  trotz  wiederholter  Mahnung 
nicht  bezahlt,  so  versucht  ein  Angehöriger  ihrer  Familie  sie  zu 
stehlen,  oder  sie  läuft  selbst  weg,  um  dadurch  ihren  Gatten  zur 
Zahlung  zu  zwingen.  Denn  von  letzterer  hängt  das  Glück  ihrer 
Brüder  ab,  denen  der  Vater  für  das  so  erworbene  Geld  ebenfalls 
eine  Frau  kauft. 

Bis  zum  Eintritt  in  die  Ehe  steht  den  Mädchen  frei,  ihre  Gunst 
nach  Gefallen  zu  verschenken;  sie  besitzen  daher  unter  Freien  und 
Sklaven  Freunde,  je  mehr,  desto  besser,  desto  angesehener  ist  sie 
bei  ihrem  zukünftigen  Gatten.  Um  zu  wissen,  wie  viel  Freunde  sie 
hat,  zählt  das  Mädchen  dieselben  mittelst  Bambusstäbchen,  welche 
an  dem  Lendengürtel  befestigt  werden.  Jeder  Freund  muss  ihr  bei 
seinem  Besuche  etwas  mitbringen,  seien  es  Esswaaren,  wie  Pisang, 
Yams  oder  Anderes.  Oft  genug  kommt  es  vor,  dass  sich  Liebhaber 
treffen,  wobei  dann  nicht  selten  eine  Schlägerei  entsteht,  die  jedoch 
keine  weiteren  Folgen  hat,  als  dass  der  eine  warten  muss,  bis  der 
andere  geht.  Ist  jedoch  das  Mädchen  an  ihren  Käufer,  ihren  Gatten, 
abgeliefert,  so  darf  sie  nur  mit  Zustimmung  desselben  oder  auf  seinen 
Befehl  Jemand  empfangen.  Mit  der  Ehe  verliert  sie  alle  Freiheit, 
muss  alle  Arbeiten  verrichten  und  geht  oft  als  Pfand  in  andere  Hände 
über.  Nicht  selten  wird  sie  im  Falle  des  Ablebens  des  Gatten  von 
Anderen  der  Zauberei  verdächtigt  und  getödtet. 

Kommt  ein  Mädchen  in  andere  Umstände,  so  gehört  das  Kind 
als  Sklave  der  Familie,  ist  schon  eine  Anzahlung  von  dem  zukünf- 

Mitth.  von  Forschungsreisenden,  VIII.  Band.  I.  a 


50 


tigen  Gatten  geleistet,  so  beeilt  sich  derselbe  mit  der  Zahlung,  um 
statt  eines  Wesens  zwei  seiner  Familie  anzugliedern. 

Wenn  Jemand  ein  Mädchen  wirklich  liebt  und  sie  ihm  kein 
Gehör  schenkt  oder  von  ihrem  Vater  schon  für  einen  Anderen  be¬ 
stimmt  ist,  so  versucht  der  Liebhaber  es  mit  einem  Liebestrank. 
Hat  das  Mädchen  denselben  genossen,  so  entflieht  sie  mit  dem  An¬ 
beter.  Ihre  Familie  erhebt  darüber  grossen  Lärm,  doch  vergeblich. 
Der  Vater  begiebt  sich  in  den  Weiler  der  Familie  des  jungen  Mannes. 
Dieselbe  ist  anscheinend  ebenfalls  aufgebracht,  es  wird  viel  hin  und 
her  gesprochen,  schliesslich  aber  wird  eine  Ziege  geschlachtet,  der 
Preis  bestimmt  und  der  Kauf  abgeschlossen.  Derjenige,  für  den  das 
Mädchen  ursprünglich  bestimmt  war,  erhält  das  angezahlte  Geld 
zurück. 

Die  Frauen  sind  arme  geplagte  Geschöpfe,  auf  ihnen  lastet  alle 
Arbeit,  während  der  Herr  Gemahl  faulenzend  auf  seinem  Bette 
liegt,  die  lange  Pfeife  raucht  oder  seinen  Nachbarn  im  Spiel  das 
Geld  abzunehmen  sucht. 

Wird  das  Weib  schwanger,  so  tritt  in  ihrem  Leben  keine  Ver¬ 
änderung  ein,  sehr  oft  kommen  dadurch  Fehlgeburten  vor,  was 
natürlich  auf  Medizin  und  Zauberei  zurückgeführt  wird.  Geht  jedoch 
die  Geburt  gut  von  statten,  so  werden  ihr  Erleichterungen  gestattet. 
Liebt  der  Gatte  sein  Weib,  so  versucht  er  eine  ältere  Sklavin  zu 
kaufen,  welche  dann  für  sie  arbeitet. 

Das  Kind,  obwohl  schon  vom  ersten  Tage  mit  Brei  gefüttert, 
den  die  Mutter  vorkaut,  erhält  nebenbei  mehr  als  zwei  Jahre  die 
Brust.  Es  empfängt  ausser  seinem  eigenen  Namen  noch  den  der 
Mutter.  So  heisst  z.  B.  der  Sohn  Sonnos  Amba,  seine  Mutter 
Ingamba  noa,  folglich  ist  sein  Name  im  Stamme  Amba  Ingamba  noa, 
nicht  Amba  Sonno.  Das  Kind  lernt  nach  etwa  einem  Jahre  von 
selbst  laufen.  Tritt  dieser  Zeitpunkt  ein,  so  bekümmert  sich  die 
Mutter  wenig  mehr  um  dasselbe,  höchstens  wenn  es  tüchtig  schreit, 
um  getragen  zu  werden  oder  um  Milch  zu  trinken.  Getragen  werden 
die  Kinder  in  aus  Ziegen-  oder  Antilopenfell  hergestellten  Sitz¬ 
bändern  an  der  Seite. 

Wie  alle  Kinder,  so  lieben  es  auch  die  hiesigen,  sich  in  Schmutz 
zu  wälzen,  wodurch  ihre  Hautfarbe  stets  ein  unbestimmtes  Grau 
bildet;  höchst  selten  werden  sie  gewaschen.  In  den  ersten  Monaten 
werden  sie  jedoch  täglich  mehrere  Male  gebadet.  Sind  sie  etwas 
grösser  geworden,  so  bekümmern  sich  die  Eltern  wenig  um  sie.  Sie 
treiben  sich  dann  den  ganzen  Tag  spielend  auf  dem  Platze  des 
Weilers  umher  oder  ziehen,  mit  einer  leichten  Armbrust  bewaffnet, 
jagend  im  Walde  umher  oder  angeln  am  nahen  Bach.  Nur  der 
Hunger  treibt  sie  in  die  elterliche  Behausung  zurück.  Ihre  Spiele 


51 


sind  mannigfaltig,  Haschen  und  Ringeltanz  u.  s.  w.  sind  die  belieb¬ 
testen.  Charakteristisch  ist  auch  das  folgende  Spiel :  Es  bilden  sich 
zwei  Parteien,  beide  mit  zugespitzten  Holzstäbchen  bewaffnet.  Die 
eine  Partei  rollt  der  anderen  eine  faustgrosse  runde  Frucht  zu, 
letztere  versucht  mit  ihren  Speeren  die  im  vollen  Lauf  befindliche 
Kugel  zu  treffen.  Gelingt  ihr  das,  so  hat  sie  das  Recht,  die  Kugel 
zu  rollen.  So  in  früher  Jugend  geübt,  werfen  sie  in  späteren  Jahren 
den  Kriegsspeer  mit  grosser  Sicherheit  auf  ziemliche  Entfernungen. 
In  den  Mittagsstunden  üben  sie  die  Trommelsprache  und  es  giebt 
Knaben  von  noch  nicht  acht  Jahren,  die  schon  Alles  verstehen.  Den 
kleinen  Mädchen  ist  jedoch  ein  solch  ungebundenes  Leben  nicht 
gestattet.  Sobald  sie  die  ersten  Handreichungen  zu  machen  ver¬ 
stehen,  müssen  sie  ihren  Müttern  helfen,  kochen,  Thon  kneten, 
Palmkerne  aufschlagen;  nebenbei  lernen  sie  Flöte  spielen,  tanzen 
und  beaufsichtigen  die  kleineren  Geschwister. 

Haben  die  Knaben  das  4.  bis  6.  Jahr  erreicht,  so  werden  sie 
beschnitten  (inkalan).  Die  Wunde  heilt  meist  recht  schwer,  da  die¬ 
selbe  mit  Rothholzpulver  bestreut  wird.  Nach  der  Operation  wird 
das  Glied  mit  einem  grünen  Blatt  bedeckt.  Während  bei  den  Knaben 
der  Eintritt  der  Mannbarkeit  durch  grosse  Festlichkeiten  begangen 
wird,  ist  dies  bei  den  Mädchen  nicht  der  Fall. 

Das  tägliche  Leben  ist  ein  ziemlich  eintöniges.  Der  Yaünde 
schläft  auf  blossen  Bambusbetten  ohne  Matten,  ohne  jede  Bedeckung 
am  glimmenden  Feuer,  welches  dann  und  wann  angeschürt  wird. 
Beim  ersten  Hahnenschrei  erhebt  er  sich,  hockt  fröstelnd  an  dem 
Feuer,  putzt  sich  die  Zähne  und  bereitet  sich  das  Frühstück  (Man- 
jana),  einen  aus  reifem  Pisang  gekochten  Brei,  der  ähnlich  wie 
Apfelmus  schmeckt.  Geht  die  Sonne  auf,  so  kriecht  Alles  aus  den 
Hütten  und  begrüsst  sich  mit  „Avama“,  die  Gegenantw'ort  lautet 
„Aha“.  Der  Familienvater  begiebt  sich  in  das  grosse  Männerhaus, 
um  die  dort  schlafenden  Gäste  zu  begrüssen  und  sein  Vorfrühstück, 
bestehend  aus  einer  Kolanuss  mit  Malgettapfeffer,  zu  verzehren,  geht 
darauf  zur  Trommel,  um  irgend  eine  Anfrage  zu  stellen,  sieht  nach 
seiner  Herde  und  nimmt  gegen  7  Uhr  das  eigentliche  Frühstück 
mit  seinen  Gästen  ein.  Die  Weiber  machen  sich  nun  auf  den  Weg 
zur  Farm,  holen  Wasser  oder  Thon.  Sind  die  Farmen  in  Ordnung, 
so  gehen  sie  wohl  auch  fischen.  Gegen  Mittag  findet  sich  Alles 
wieder  im  Dorfe  ein.  Die  Männer  spielen  und  rauchen,  die  Weiber 
kochen  das  Essen,  andere  formen  Töpfe,  kochen  Oel,  flechten  Körbe 
oder  Stricke,  zanken  sich  auch  zum  Gaudium  der  Männer,  um  sich 
zuletzt  in  den  Haaren  zu  liegen.  Andere  bemalen  ihren  Körper  mit 
Rothholz  und  schmücken  sich,  um  dann  beim  Flötenspiel  zu  tanzen. 
Um  5  Uhr  abends  nehmen  sie  die  Hauptmahlzeit.  Die  Speisekarte 

4* 


52 


ist  sehr  abwechselungsreich.  Ausser  gekochtem  oder  geröstetem 
Pisang,  ferner  Yams,  Spinaten,  Kürbis  giebt  es  mancherlei  Suppen 
aus  Palmöl  mit  Kürbiskernen,  Pilzen,  Eierfrucht  u.  s.  w.  Auch  ver¬ 
schiedene  Fleischspeisen  sind  vorhanden,  tlieils  solche,  von  denen 
die  Männer  essen,  tlieils  auch  solche  für  die  Frauen.  Für  letztere 
ist  besonders  Schaf-  und  Ziegenfleisch  verpönt  sowie  verschiedene 
Wildpretarten.  Gleichgültig  ist  der  Zustand  und  der  Frischegrad 
des  Fleisches.  Kleinwild,  wie  Vögel,  Ratten,  Mäuse,  Schlangen, 
Eidechsen,  Schildkröten  und  Schnecken,  werden  ebenfalls  verzehrt; 
ganz  besondere  Delikatessen  bilden  Raupen,  Puppen  und  Engerlinge, 
Heuschrecken,  Termiten  und  Ameisen.  Diese  alle  werden  mit  Palmöl, 
Pfeffer  u.  s.  w.  lecker  zubereitet  und  mit  grossem  Appetit  verzehrt. 
Beim  Essen  bedient  man  sich  des  Löffels  und  der  Finger. 

Nach  Sonnenuntergang  werden  Töpfe  gebrannt,  Oel  gekocht. 
Gegen  7  Uhr  ziehen  sich  die  meisten  in  ihre  Hütten  zurück.  Hat 
jedoch  der  Hausherr  eine  Reise  gethan  und  seine  Geschäfte  günstig 
abgeschlossen,  so  wird  geschossen,  getanzt,  gespielt  und  getrommelt 
bis  zum  frühen  Morgen. 


Feste. 

Feste  beim  Eintritt  der  Mannbarkeit  bezw.  bei  der  Aufnahme 
in  den  Stamm.  Diese  zerfallen  in  mehrere  Theile  und  zwar: 

1.  Majen  infoun:  Vorstellung  vor  dem  Volk, 

2.  Laa  so:  Medizin  für  den  Ingium, 

3.  Bita  abok:  Krieg  dem  Festgeber, 

4.  Ingium  eso:  Aufrichtung  des  Bildes, 

5.  So  und  Infoun  minsam:  Medizin  und  Infoun  ins  Haus, 

6.  Mba:  Eintritt  in  den  Stamm. 

1.  Majen  infoun. 

Schon  lange  vor  dem  Festtag  ertönen  um  die  Mittagszeit  die 
Trommeln,  um  auf  diese  wichtige  Feier  aufmerksam  zu  machen,  und 
wird  auch  der  Tag  verkündet,  an  dem  die  zu  markenden  Knaben 
dem  Volke  in  grosser  Versammlung  vorgestellt  werden  sollen.  An 
dem  so  bekannt  gegebenen  Tage  versammeln  sich  Verwandte,  Freunde 
und  Fremde  im  Festort,  um  die  jungen  Leute  zu  sehen,  an  welchen 
die  Stammesmarkung  vollzogen  werden  soll.  Nach  einem  Reihentanz, 
den  die  Familienchefs,  Weiber  und  Kinder  aufführen,  wird  getanzt, 
gesungen  und  geschossen,  worauf  die  Knaben  vorgestellt  werden. 
Dieses  Vorfest  dauert  nur  bis  Mittag.  Die  Familienchefs  berat¬ 
schlagen  im  grossen  Männerhaus  und  bestimmen  und  verkünden  den 
Tag  für  den  Laa  so  (eigentlich  Maballa  so). 


53 


2.  Laa  so. 

Diese  Festlichkeit  ist  schon  grossartiger  und  dauert  zwei  Tage. 
Der  Zweck  derselben  ist  die  Weihe  des  Platzes,  auf  dem  das  Haus 
des  Infoun  errichtet  wird.  Die  Medizin  besteht  in  einer  Antilope 
von  Rehgrösse,  welche  „So“  heisst.  Die  Hörner  dieser  Antilope 
dienen  als  Medizinbehälter,  welche  gegen  Krankheit  und  Unglück 
verschiedener  Art  schützen  sollen.  Diese  erhält  jeder  zu  markende 
Knabe.  Das  Infounhaus  wird  stets  in  der  Nähe  des  Dorfes,  jedoch 
im  Walde  errichtet.  Die  Zwischenzeit  zwischen  dem  ersten  und 
zweiten  Festabschnitt  wird  dazu  benutzt,  eine  Anzahl  der  so  ge¬ 
schätzten  Antilopen  zu  erlegen,  was  nicht  immer  gelingt,  in  welchem 
Falle  dann  Ziegenhörner  benutzt  werden  müssen.  Am  ersten  Festtag 
kommt  wiederum  Alles  zusammen.  Diesmal  jedoch  bringt  Jeder 
seine  Reichthümer  mit,  um  damit  zu  prunken.  Die  Familienober¬ 
häupter  haben  einige  Elfenbeinzähne,  schöne  Zeuge,  viel  Messing 
und  Gewehre,  andere  haben  Regenschirme,  europäische  Hemden, 
Ziehharmonikas,  während  die  Weiber  alle  möglichen  Kleinigkeiten, 
Spiegel,  Porzellan-  und  Steingutsachen,  in  den  Händen  tragen.  Viele 
dieser  Gegenstände  wissen  sie  überhaupt  nicht  zu  gebrauchen;  weil 
sie  aber  vonWeissen  kommen,  ist  nach  ihrer  Ansicht  sicher  irgend 
eine  geheimnissvolle  Kraft  darin  verborgen.  Es  folgt  nun  wieder 
ein  Reihentanz;  von  Zeit  zu  Zeit  wird  mit  möglichst  starker  Pulver¬ 
ladung  geschossen,  damit  es  recht  knallt.  Ein  schwacher  Schuss 
erregt  Hohngelächter.  Die  vollführte  Musik  spottet  jeder  Beschrei¬ 
bung,  mit  Trommeln,  Mingams  (Marimba),  alten  Blechdosen  u.  s.  w. 
wird  ein  möglichst  lauter  Lärm  gemacht;  die  muskulösen  Gestalten, 
die  merkwürdigen  Frisuren,  die  verschiedenartigen  Trachten,  Zeuge, 
Felle  von  Leoparden,  Katzen  u.  s.  w.,  dazu  der  blaue  Himmel  und 
das  Grün  des  Waldes,  Alles  vereinigt  sich  zu  einem  farbenprächtigen 
Bilde.  Am  ersten  Tage  ist  das  weibliche  Geschlecht  voll  vertreten. 
An  einer  Stelle  des  Dorfes,  die  mit  Jagdnetzen  abgesteckt  ist,  hat 
der  Imboballa  seine  Stange  aufgerichtet,  um  den  Regen,  den  grossen 
Feststörer,  abzuhalten  (Abi  invong).  Ist  der  Reihenmarsch  vollendet, 
so  giebt  sich  Alles  einer  ungebundenen  Fröhlichkeit  hin.  Tanz, 
Gesang  und  Spiel  vertreiben  bis  zum  Einbruch  der  Dunkelheit  dem 
Festpublikum  die  Zeit,  worauf  sich  Alle  nach  ihren  Dörfern  begeben. 
Am  folgenden  Tag  kommen  nur  die  Männer  zusammen,  um  die  Me¬ 
dizin  zu  bereiten,  mit  welcher  der  abgesteckte  Festplatz  besprengt 
wird.  Ist  diese  Zeremonie  beendet,  so  werden  Gewehrschüsse  ab¬ 
gegeben,  die  Weiber  und  Kinder  dürfen  wieder  in  das  Dorf,  doch 
müssen  sie  den  umfriedigten  Platz  meiden. 

Es  tritt  nun  eine  längei’e  Pause  bis  zum  grossen  Fest,  dem  Ingium 
eso  und  dem  ihm  vorhergehenden  Scheinkrieg,  dem  Bita  abok,  ein. 


54 


Einige  Tage  nach  dem  Laa  so  ziehen  alle  Männer  aus  den  um  den 
Festort  herumliegenden  Weilern  mit  Trommelklang  in  den  Wald, 
um  die  zur  Umzäunung  des  Infounhauses  nothwendigen  Wedel  der 
Weinpalme  zu  holen;  dieselben  werden  geflochten  und  dann  auf  die 
Hütten  des  Festortes  zum  Trocknen  gelegt.  Am  Anfang  und  Ende 
des  Ortes  wird  je  ein  Palmwedel  aufgesteckt,  um  jeden  den  Ort 
Passirenden  daran  zu  erinnern,  dass  hier  die  grossen  Festtage  be¬ 
gonnen  haben,  ln  den  folgenden  Tagen  ertönen  nun  die  Trommeln 
zur  Mittagszeit  im  Festort  und  es  herrscht  eine  fieberhafte  Thätig- 
keit  in  allen  in  der  Nähe  befindlichen  Weilern,  welche  bis  kurz  vor 
dem  Fest  andauert. 

Oie  Weiber  fischen  und  räuchern  den  Fang,  die  Knaben  gehen 
mit  ihren  Armbrüsten  auf  Vogeljagd,  stellen  Maus-,  Ratten-  und 
A  ogelf allen,  auch  die  Männer  liegen  der  Jagd  ob  und  der  Festgeber 
zählt  die  Schafe  und  Ziegen  seiner  Herde,  welche  er  zum  Feste 
opfern  will.  In  diesem  Feste  gipfelt  das  grösste  Vergnügen  der 
hiesigen  Bevölkerung.  Schon  Tage  vorher  kommen  Freunde,  Gäste 
und  Fremde  und  quartieren  sich  in  der  Nähe  des  Festortes  ein,  Jeder 
bringt  etwas  an  Esswaaren  mit,  Jeder  wechselt  das  Gastgeschenk; 
diese  schöne  Sitte  heisst  „Mavang“;  „ha  ma  mavang“  ist  das  erste 
Wort,  das  man  hört.  Am  Vorabend  des  Festes  tönen  die  Trommeln 
oft  stundenlang,  sei  es,  um  den  Festgeber  zu  verherrlichen,  sei  es, 
um  ihn  zu  necken.  Letzteres  thut  man,  um  seine  Eitelkeit  heraus¬ 
zufordern,  damit  er  das  Fest  so  glänzend  als  möglich  gestalte. 

Am  Tage  vor  dem  eigentlichen  Fest  ertönen  die  Alarmtrommeln 
in  der  Umgebung  des  Festortes.  Krieg  „treng,  treng,  treng,  tang, 
taug,  tang“  tönt  es  überall.  Die  Männer  und  jungen  Leute  ver¬ 
sammeln  sich,  um  den  Festgeber  zu  bekriegen,  halten  feurige  Reden, 
bis  zuletzt  Alle  aufbrechen,  um  ein  regelrechtes  Gefecht  aufzuführen. 
Der  Festgeber  mit  den  Seinen  vertheidigt  sein  Dorf  und  so  wird  oft 
den  halben  Tag  geschossen,  oft  beginnt  am  Abend  die  Sache  von 
Neuem.  Natürlich  ist  Alles  nur  Scherz  und  wird  nur  Pulver  ver¬ 
schossen.  Nach  Beendigung  dieses  Manövers  zieht  die  Schaar,  nicht 
ohne  vorher  im  Festort  unter  allgemeinem  Jubel  einige  Pisang- 
pflanzen  umgeschossen  zu  haben,  unter  Trommelschall  in  demselben 
herum,  Chef  auf  Chef  nebst  Familie,  um  den  Festgeber  zu  begrüssen. 

Am  Morgen  des  folgenden  Tages  findet  sich  wieder  Alles  voll¬ 
zählig  im  Festort  ein.  Lange  Trommelsignale  und  Schiessen  eröffnen 
das  Ingiurn  eso. 

Zuerst  thun  sich  die  Festtheilnehmer  an  den  mitgebrachten 
Nahrungsmitteln  gütlich,  darauf  waschen  sie  sich  im  nahen  Bach 
und  reiben  sich  mit  Rotliholz  ein  und  formiren  sich  familienweise 
zu  dem  Reihentanz.  Alles  prangt  im  höchsten  Schmuck:  Die  Häupt- 


Tafel  5. 


Ingiumbild 

(S.  55) 


oo 


linge  in  rother  Kappe,  Leopardenzaknkette,  Leopardenfell  als  Mantel, 
neue  bunte  Lendentücker,  Messingspangen  und  Fussringe  glänzend 
geputzt.  Die  Weiber  und  Kinder  haben  sich  ebenfalls  mit  Rotkkolz 
angemalt,  tragen  glänzend  rotken  oder  schwarzen  Hinterschmuck, 
breite  Knopfbänder,  breite,  aus  Perlen  hergestellte  Schamgürtel, 
prächtige  mit  Palmöl  gefettete  Frisuren  und  wie  beim  Laa  so  die 
dort  genannten  Gegenstände  in  den  Händen.  Dieser  Reihenmarsch 
dauert  etwa  eine  Stunde.  Während  dieser  Zeit  wird  das  Ingiumbild, 
welches  bei  jedem  Feste  eine  andere  Figur  zeigt,  aufgerichtet  (Taf.  5). 
Der  Festgeber  befindet  sich  mit  seinen  Weibern  an  der  oberen  Seite 
des  Platzes,  Freunde  undBekannte  begrüssend  und  Fremde  willkommen 
heissend,  und  lässt  den  Reihenmarsch  bei  sich  vorbeidefiliren,  des 
öfteren  springt  einer  oder  der  andere  aus  dem  Zuge  heraus  und 
feuert  zu  Ehren  des  Gastgebers  sein  Gewehr  ab.  Nach  und  nach 
bilden  sich  Gruppen,  die  tanzen,  singen  oder  spielen.  Spassmacher 
mit  grossen  Körben  drängen  sich  durch  die  Menge  und  theilen 
Püffe  aus.  Sie  werden  mit  Esswaaren  beworfen,  die  sie  in  ihre 
Körbe  sammeln.  Letztere  entleeren  sie  dann  innerhalb  des  Weilers 
an  einer  bestimmten  Stelle.  Die  Infounleute  anderer  Plätze  vom 
vorhergehenden  Jahre  kommen  an  diesem  Tage  zusammen,  sie  haben 
den  letzten  Grad  erreicht  und  sind  an  dem  weissen  Thonanstrich, 
der  bloss  bis  an  das  Knie  geht,  leicht  erkennbar.  Neue  Infoun  von 
anderen  Dörfern  mit  langen  Stöcken  bewaffnet,  unter  Yorantritt 
ihres  Imboballa,  der  zur  Abwehr  einen  fliegenwedelartigen  Büschel 
schwingt,  aus  dem  ein  weisses,  zum  Niesen  reizendes  Pulver  fliegt, 
geben  Tänze  zum  Besten  und  lassen  auf  ihren  Flöten  ganz  melodiöse 
Töne  erschallen.  Die  anwesenden  Familienchefs  bereiten  dem  Fest¬ 
geber  eine  Ovation,  wobei  sich  derselbe  an  die  Spitze  des  Zuges 
stellt,  der  sich  von  einem  Ende  des  Weilers  zum  anderen  bewegt, 
wobei  dann  tüchtig  geschossen  wird.  Bei  solchen  Festen  versammeln 
sich  zuweilen  mehr  denn  1000  Personen,  doch  geht  Alles  ohne  Streit 
ab;  höchstens  wenn  Jemand  des  Palmweines  zu  viel  genossen  hat, 
kommt  es  zur  Schlägerei,  die  aber  in  diesem  Falle  sofort  unterdrückt 
wird.  Bei  anderen  Festen  heisst  es  aber  „Abok  abole“,  der  Abok 
ist  gebrochen.  Denn  der  So  würde  den  Störer  des  Festes  tödten; 
aus  diesem  Grunde  wagen  auch  zuweilen  Mitglieder  feindlicher 
Stämme,  solche  Feste  zu  besuchen,  um  sich  zu  vergnügen. 

Lautes  Schiessen  verkündet  den  Anfang  der  Zeremonie  auf  dem 
Ingiumplatz.  Die  Knaben,  welche  die  Stammesmarke  erhalten  sollen, 
befinden  sich  in  dem  hinter  dem  Bilde  befindlichen  Hause  verborgen. 
Auf  dem  Platze  ist  eine  primitive  Tribüne  für  das  aus  vier  bis 
sechs  Trommeln  gebildete  Orchester  errichtet.  In  der  Nähe  des  Ingium- 
bildes  sind  an  den  Bäumen  Querstangen  angebracht,  auf  welchen 


56 


Leute  sitzen,  die  von  Zeit  zu  Zeit  Schüsse  abgeben.  Das  Ingiumbild 
(Taf.  5)  besteht  aus  einem  langen  halbirten  Stamme,  an  dem  vorderen 
Ende  sind  Figuren,  das  männliche  und  weibliche  Prinzip  darstellend, 
aufgestellt,  das  hintere  ragt  in  den  mit  Palmwedeln  abgesteckten 
kreisrunden  Platz,  auf  welchem  sich  auch  die  Infounhütte  befindet, 
die  nun  den  neuen  Stammesmitgliedern  für  ein  Jahr  zum  Aufenthalt 
dient  und  wo  sie  in  die  Geheimnisse  des  Stammes  u.  s.  w.  eingeweiht 
Averden.  Zunächst  herrscht  eine  ungewöhnliche  Puhe,  die  aber 
plötzlich  durch  Schreien,  Pfeifen,  Trommeln  und  Schiessen  unter¬ 
brochen  wird.  Darauf  begiebt  sich  ein  grosser  Haufe  Männer  und 
Weiber  mit  Messern  bewaffnet  schnell  nach  einem  anderen  Platz, 
um  mit  Palmwedeln,  grossen  Blättern  u.  s.  w.  zurückzukehren  und 
dieselben  nach  dem  Ingiumbild  zu  bringen.  Dieser  Vorgang  wieder¬ 
holt  sich  mehrmals.  Es  erscheinen  nun  in  den  Zwischenpausen  die 
jungen  Infounleute,  welche  gemarkt  sind,  auf  der  Galerie  des  Bildes, 
um  einen  Tanz  aufzuführen.  Die  Musik  macht  einen  furchtbaren 
Lärm  und  die  Schüsse  krachen,  als  ob  Pulver  kein  Geld  koste.  Ist 
diese  Zeremonie  zu  Ende,  so  kehrt  Alles  in  das  Dorf  zurück  zum 
Tanz  und  allerhand  Kurzweil.  Die  Alten  sitzen  indess  im  Männer¬ 
haus  um  den  Festgeber  in  Unterhaltung  versammelt  und  trinken 
dabei  Palmwein,  bis  die  Nacht  der  Festlichkeit  ein  Ende  bereitet. 

Nach  einer  Pause  von  wenigen  Tagen  feiert  man  den  So.  Dies 
ist  ein  Medizinschmaus,  daher  verschwindeu  Frauen,  Kinder  und 
Ungemarkte  für  diesen  Tag  spurlos  in  den  Wald.  Am  frühen  Morgen 
tönt  eine  bestimmte  kleine  Trommel  und  die  Zeremonie  beginnt. 
Ich  selbst  habe  trotz  aller  Versuche  nichts  darüber  in  Erfahrung 
bringen  können,  nur  weiss  ich,  dass  bei  dieser  Gelegenheit  alle  die¬ 
jenigen  Palaver  ausgeklügelt  werden,  von  denen  die  Allgemeinheit 
nichts  wissen  soll.  Die  Infounleute  machen  Umzüge  nach  den  nahen 
Weilern,  unter  Anschlägen  zweier  zusammengebundener  Glocken  ihr 
Nahen  verkündend,  damit  kein  Ungemarkter  sie  erblickt  und  Zeit 
hat,  zu  verschwinden.  Schiessen  verkündet  das  Ende  der  Zeremonie. 
Die  Infoun  gebärden  sich  zuweilen  gleich  Wilden  und  zerstören  Alles. 
Sie  werden  dann  von  ihrem  Imboballa  in  das  Infounhaus  gesperrt, 
das  sie  nun  für  acht  bis  zehn  Tage  nicht  verlassen.  Sie  dürfen  sich 
inzwischen  nicht  Avaschen,  kein  Schaf-  und  Ziegenfleisch  essen.  Sie 
reiben  ihren  Körper  mit  Aveissem  Thon  ein,  ihre  Haare  werden  ab- 
rasirt  und  bloss  Aveisse  Streifen  Aron  Thon  deuten  die  bei  den  Frauen 
übliche  Kopffrisur  an. 

Nach  drei  Monaten  erhalten  sie  die  ersten  Gradabzeichen  und 
schmücken  sich  gleich  den  Frauen,  jedoch  Alles  in  weissem  Thon, 
Hinterschmuck  aus  weissen  Bananenfasern,  Lendengürtel  aus  Stricken 
aus  gleichem  Material,  Holzperlenschnüre  um  den  Hals,  Holzarm¬ 
bänder,  Panspfeife  und  zweitönige  Mingam. 


57 


Der  Penis  wird  mit  einer  kleinen  Kappe  versehen,  die  mit  einer 
rothen  Papageifeder  geschmückt  ist.  Sie  ziehen  nunmehr  in  die 
umliegenden  Ortschaften,  Tänze  aufführend,  singend  und  Flöte  blasend. 
Sie  erhalten  von  Jedem  ein  kleines  Geschenk,  stehlen  mitunter  aber 
Feldfrüchte,  Hühner,  Ziegen  und  Schafe,  was  aber  nicht  bestraft 
wird.  Nach  weiteren  drei  Monaten  erhalten  sie  wieder  einen  Grad 
mehr.  Sie  brauchen  dann  nicht  mehr  zu  tanzen,  kleiden  sich  mit 
einem  weissen  Lendentuche  und  einem  Gürtel  mit  Schweif,  an  dessen 
Ende  rothe  Federn  befestigt  sind,  und  tragen  die  Kriegskappe  auf  dem 
Haupte.  Der  Körper  wird  bis  an  den  Hals  mit  Thon  bemalt,  während 
das  Gesicht  freibleibt,  nur  um  die  Augen  werden  zwei  Ringe  gemalt. 
Nachdem  wieder  einige  Monate  vergangen  sind,  lassen  sie  die  Haare 
wachsen,  bemalen  aber  den  Körper  immer  noch  mit  Thon,  bis  zuletzt 
nur  noch  die  Beine  bis  zum  Knie  diese  Bemalungen  zeigen.  Wird 
ein  Ingiumfest  angekündigt,  so  kommen  sie  zu  dem  Fest  und  wei’den 
dann  nach  nochmaliger  Vorstellung  in  den  Stamm  aufgenommen. 
Kommt  es  jedoch  schon  vorher  zu  einem  Feste  und  haben  die  Infoun 
Jemanden  getödtet,  so  sind  sie  bereits  von  dem  Tage  an  ihres 
Schmuckes  los  und  ledig  und  werden  als  volljährig  betrachtet.  Die 
Vorstellung  heisst  Mba;  bei  derselben  werden  den  jungen  Männern 
die  weissen  Lendentücher  von  Frauen  abgerissen,  während  erstere 
den  Frauen  wiederum  das  ihre  Blosse  bedeckende  Pisangblatt  weg- 
reissen.  Das  Alles  geschieht  unter  grossem  Geschrei,  Geschiesse 
und  Gejohle.  Nach  dieser  Zeremonie  ist  den  Infoun  Alles  erlaubt; 
sie  können  sich  mit  den  Frauen  und  Mädchen  abgeben.  Ziegen-, 
Schaf-  und  Wildfleisch  essen  u.  s.  w. 

Andere  Festlichkeiten,  die  Abok  genannt  werden,  linden  zu 
verschiedenen  Zeiten  statt,  so  z.  B.  bei  der  Ernte  der  Feldfrüchte. 
Bei  diesen  Festlichkeiten  wird  nur  getanzt,  gespielt  und  gegessen. 
Die  Mahlzeit  bringt  jede  Familie  für  sich  mit.  Zunächst  findet  der 
Reihentanz  statt,  alle  Theilnehmer  haben  Esswaaren  in  der  Hand; 
selbstverständlich  spielt  auch  das  Schiessen  eine  grosse  Rolle.  Die 
Frauen  des  Festgebers  sitzen  in  grossem  Schmuck  auf  dem  Dache 
einer  Hütte  und  vertheilen  von  da  aus  gekochte  Esswaaren  an  die 
einer  ausgelassenen  Fröhlichkeit  sich  hingebende  Versammlung. 

Dann  und  wann  werden  Ringkampffeste  veranstaltet,  theils 
solche,  wo  bloss  Männer,  theils  solche,  wo  bloss  Frauen  und  junge 
Mädchen  ringen.  Schon  Wochen  vorher  ertönen  die  Trommeln,  um 
Tag  und  Stunde  dieses  interessanten  Schauspieles  bekannt  zu  geben. 
Die  Ringlustigen  versammeln  sich  in  dem  betreffenden  Weiler  und 
bilden  zwei  Parteien,  die  eine  des  Besitzers  des  Weilers,  welcher 
zum  Ringkampf  aufgefordert  hat,  die  andere,  welche  diese  Forderung- 
angenommen  hat.  Zunächst  werden  die  Schiedsrichter  gewählt. 


58 


welche  sich  mit  Ruthen  bewaffnen.  Die  Zuschauer  sitzen  in  unge¬ 
zwungener  Reihenfolge  um  den  Ringplatz  herum.  Trommelsignale 
verkünden  den  Anfang,  anzügliche  Redensarten  tragen  theils  zur 
Belustigung,  theils  zur  Anspornung  der  Kampflust  bei.  Jede  Partei 
sendet  nun  zwei  Ringer  aus  ihrer  Mitte,  dieselben  fordern  sich 
gegenseitig  zum  Kampf  heraus  und  beginnen  denselben.  Oft  schon 
nach  wenigen  Sekunden  fällt  einer  der  Ringer  zu  Boden,  bei  manchen 
bleibt  die  Entscheidung  für  längere  Zeit  aus.  Bei  jedem  Sieg  laufen 
die  Frauen  und  Mädchen  der  siegenden  Partei  tänzelnd,  singend 
und  händeklatschend  auf  die  besiegte  Partei  zu.  Der  Sieger  giebt 
dem  Besiegten  die  Hand  zum  Zeichen  der  Freundschaft  und  wird 
dann  mit  leichten  Ruthenschlägen  seitens  der  Schiedsrichter  vom 
Ringplatz  getrieben,  um  dann  von  Vater,  Mutter  sowie  Freunden 
seiner  Partei  mit  Umarmungen,  Händedrücken  empfangen  zu  werden. 
Bricht  ein  Streit  aus,  so  entscheidet,  unterstützt  von  den  Schieds¬ 
richtern,  der  Chef  des  Weilers.  Als  besiegt  gilt  derjenige,  welcher 
mit  einem  Theil  seines  Körpers,  ausser  den  Füssen  natürlich,  beim 
Ringen  mit  dem  Boden  in  Berührung  kommt.  Bei  den  Weibern 
gelten  die  gleichen  Regeln,  nur  dass  hier  die  jungen  Männer  der 
Siegerin  eine  Ovation  darbringen.  Bei  diesen  Spielen  hat  man  Ge¬ 
legenheit,  die  oft  klassisch  schönen  Gestalten  der  hiesigen  Bevöl¬ 
kerung  zu  bewundern.  Bei  diesen  Ringkämpfen  spielt  natürlich  auch 
Medizin  eine  Rolle,  und  gelten  Blätter  und  Bliithen  einer  Trades- 
cantiaart  als  besonders  kräftig.  Diese  Ringkämpfe  dauern  nur  einige 
Stunden  und  sind  ganz  unschuldig,  Niemand  erleidet  dabei  Schaden 
und  ernster  Streit  kommt  höchst  selten  vor. 

Musik  und  Tanz. 

Jedes  junge  Mädchen  spielt  die  Flöte,  welche  aus  einem  etwa 
zwei  Fuss  langen,  mit  zwei  Löchern  versehenen  Bambusrohr  gebildet 
wird.  Die  Mädchen  verstehen  dieselbe  recht  melodiös  zu  blasen, 
fehlende  Töne  bringen  sie  mit  dem  Munde  hervor,  doch  so,  dass 
man  das  Fehlen  nicht  merkt.  Sie  flechten  auch  gesungene  Recitative 
ein,  welche  dann  im  Chor  wiederholt  und  mit  Händeklatschen  be¬ 
gleitet  werden.  Flötenspiel  begleitet  fast  alle  Tänze,  welche,  ob¬ 
wohl  oft  etwas  obscön,  doch  graziöser  Bewegungen  durchaus  nicht 
ermangeln.  Die  Männer  lieben  natürlich  zu  ihren  Tänzen  eine  laute 
und  dröhnende  Musik,  Trommeln,  Mingam,  Schellen.  Sie  befestigen 
auch  Körbchen  mit  Nussschalen  an  den  Knöcheln  oder  Waden  und 
stampfen  im  Chor  recht  kräftig  und  taktmässig  auf.  Solotänze  sind 
sehr  gebräuchlich.  Der  Tänzer  schüttelt  die  Muskeln,  verdreht  den 
Körper,  den  Kopf,  die  Arme,  bis  er  von  Schweiss  und  Oel  triefend 
die  Reihe  der  Tanzenden  verlässt.  Auch  Ringelreigen,  in  der  Mitte 


59 


zwei  Solotänzer,  sind  sehr  beliebt,  ebenso  wie  Pantomimentänze. 
Im  Allgemeinen  sind  die  Tänze  sehr  verschieden,  auch  bei  beiden 
Geschlechtern.  Man  unterscheidet  Tänze  zu  den  Aboks,  bei  Todes¬ 
feierlichkeiten,  Ausbruch  von  Fehden,  Siegestänze  u.  s.  w.  Im  Fol¬ 
genden  seien  einige  solcher  Tänze  angeführt: 

1.  Insang:  Männerreigentanz  im  Kreise,  ein  Solotänzer  in  der 
Mitte.  Holzharmonika,  Mingam  und  Trommel  als  Begleitung. 

2.  Ingomo:  Weibertanz  zu  Zweien  mit  Flötenbegleitung,  durch 
recht  obscöne  Bewegungen  ausgezeichnet. 

3.  Mbia:  Singtanz  der  Weiber.  Im  Kreise  kniet  eine  Frau,  welche, 
die  Augen  verdrehend,  obscöne  Bewegungen  ausführt  und  von 
den  anderen  mit  Gesang  begleitet  wird,  während  eine  zweite 
Frau  nach  dem  Takte  einen  dem  hohen  C  ähnelnden  lang¬ 
gezogenen  Ton  singt. 

4.  Mbita  bibong:  Kriegstanz  bei  Fehdeausbruch,  aber  auch  bei 
Todesfällen.  Dieser  Tanz  wird  meistens  bei  Trommel-  und 
Elefantenzahntrompeten-Beg'leitung  und  Schiessen  ausgeführt. 

Unter  den  Musikinstrumenten  ist  die  schon  erwähnte  Holz¬ 
harmonika  zu  nennen,  welche  erst  vor  einigen  Jahren  von  einem 
Yaünde  selbständig  erfunden  sein  soll.  Sie  besteht  aus  verschiedenen 
dünnen  Brettchen  aus  leichtem  Holz,  die  mittelst  Bambusstäbchen 
auf  zwei  parallelen  Pisangstammstücken  befestigt  werden.  Sie 
wird  mit  vier  Klöppeln  von  zwei  Mann  gespielt  und  gleicht  sehr 
unserer  Glasharmonika.  Eine  ähnliche  Art,  aber  tragbar,  besteht 
aus  einem  viereckigen  Bahmen,  auf  dem  die  dünnen,  aus  Rothholz 
hergestellten  Brettchen  liegen  und  befestigt  sind,  unter  jedem  Brett¬ 
chen  befindet  sich  als  Resonanzboden  ein  Flaschenkürbis,  an  dessen 
unterer  Seite  sich  ein  mit  Spinneweben  überklebtes  Loch  befindet. 
Um  dies  Mingam  genannte  Instrument  beim  Tragen  vom  Körper  ab¬ 
zuhalten,  ist  ein  bogenförmiger  dünner  Stock  an  demselben  befestigt. 
Es  wird  beim  Spielen  an  einem  Tragband  getragen  und  mit  zwei 
aus  leichtem  Schwammholz  gefertigten  Klöppeln  gespielt.  Die  Töne 
des  grösseren  Instrumentes  entsprechen  der  Tonleiter,  doch  fehlt 
öfters  der  vorletzte  Ton  h. 

Saiteninstrumente  giebt  es  zwei,  ein  den  am  Kongo  gebräuch¬ 
lichen  Harfen  ähnliches  Instrument  und  ein  anderes,  das  aus  einem 
Bambusstock  besteht,  aus  dessen  Rinde  vier  Streifen  als  Saiten  los¬ 
getrennt  sind,  die  dann  mittelst  eines  mit  Ausschnitten  vei’sehenen 
Steges  in  der  Mitte  auseinander  gehalten  werden.  Eine  am  unteren 
Ende  des  Stockes  befestigte  halbe  Kürbisschale  dient  als  Resonanz¬ 
boden;  zum  Anziehen  der  Saiten  dienen  Ringe,  welche  je  nach  Be- 
dürfniss  auf-  und  niedergeschoben  werden  können.  Dieses  Instrument 
dient  zum  Begleiten  der  Gelegenheitslieder,  welche  zur  Verherr- 


60 


Heilung  von  Familienoberhäuptern  oder  der  Frauen  und  Mädchen 
von  den  Spielenden  improvisirt  werden.  Das  gleiche  Instrument 
kommt  auch  bei  den  Buleis  und  Ossiebas  vor. 

Die  Frauenflöte  wurde  oben  schon  beschrieben.  Die  Männer¬ 
flöte  ist  bloss  spanngross,  halbbogenförmig,  mit  einem  dünn  und 
flach  auslaufenden  Ende.  Obwohl  sie  nur  drei  Töne  hat,  kann 
man  doch  mit  den  Lippen  eine  ganze  Reihe  verschiedener  Tonkom¬ 
binationen  auf  derselben  erzeugen,  so  dass  sogar  Unterhaltungen 
mit  Hülfe  dieser  Flöten  geführt  werden.  Sie  sind  daher  als  Er¬ 
kennungszeichen  im  Kriege  sehr  brauchbar  und  werden  am  Munitions¬ 
beutel  getragen.  Ein  anderes,  bei  allen  Fangstämmen  gebräuchliches 
Instrument  sind  zwei  eiserne  Glocken,  ähnlich  den  Kuhglocken,  die 
mittelst  eines  Stückchens  angeschlagen  werden  und  theils  zur  Be¬ 
gleitung  der  Tänze,  theils  auch  zu  Signalzwecken  dienen. 

Spiel. 

Die  Männer  haben  ausser  Kriegs-  und  Todtenspielen  nichts, 
was  sie  mehr  lieben  als  das  Hazardspiel.  Diese  Neigung  bildet  eine 
der  grössten  Schattenseiten  im  Charakter  dieses  Volkes  und  durch 
sie  geht  ihm  mancher  Mann  verloren,  viel  mehr  als  durch  die 
Stammesfehden.  Sie  lieben  das  Spiel  leidenschaftlich,  trotzdem  Jeder 
im  Nichtzahlungsfalle  als  Sklave  für  Salz  verkauft  wird,  wenn  ihn 
seine  Familie  nicht  sofort  auslöst  und  zwar  natürlich  mit  sehr  viel 
mehr,  als  die  Spielschuld  beträgt.  Das  Spiel  hat  viel  Aehnlichkeit 
mit  dem  Würfelspiel,  doch  wird  es  mit  Marken  gespielt,  in  die  ver¬ 
schiedene  Figuren  geschnitzt  sind.  Jeder  Spieler  besitzt  deren 
mehrere  und  wirft  eine  davon  in  einen  flachen  Korb;  die  Maz’ken 
werden  in  demselben  gemischt  und  dann  von  dem  Spielhalter  mit  einem 
dröhnenden  Schlag  auf  die  Erde  geworfen.  Der  Bankhalter  lässt 
nun  den  Korb  kurze  Zeit  über  den  Marken  und  hebt  ihn  dann  in 
die  Höhe.  Das  Geschäft  des  Spielhalters  geht  der  Reihe  nach  auf 
jeden  tbeilnehmenden  Spieler  über.  Hat  der  Spieler  100  Knöpfe 
oder  Eisenstäbe  verloren,  so  ist  er  nach  der  Spielregel  awu  =  todt. 
Kann  er  nicht  zahlen,  so  wird  er  in  den  Block  gelegt:  oft  wird  ihm 
auch,  wenn  er  renitent  ist,  der  obere  Theil  des  Ohres  abgeschnitten 
und  dann,  wenn  Salzmangel  im  Lande  vorhanden  ist,  im  Laufe  des 
nächsten  Tages  an  die  Welle  für  10  bis  15  Pfund  Salz  verkauft. 
Dieses  unglückselige  Spiel  ist  oft  die  Ursache  von  Familienfehden, 
Mord  und  Todtschlag.  Die  Yaünde  lieben  es  auch,  Fremde  von 
anderen  Stämmen  zum  Spiel  zu  verleiten.  Ich  war  öfters  Zeuge, 
dass  auch  falsch  gespielt  wird.  Dass  dadurch  Schlägereien  mit  An¬ 
wendung  von  Waffen  entstehen,  beweisen  die  von  mir  in  sehr  zahl¬ 
reichen  Fällen  behandelten  schweren  und  leichten  Schnittwunden, 


über  deren  Entstehung  aber  immer  ausweichende  Antworten  gegeben 
werden. 


Jagd  (Assasom). 

Die  Yaunde  lieben  die  Jagd,  doch  sind  sie  keine  grossen  Jäger. 
Sie  fangen  das  Wild  meist  in  Fallgruben;  deswegen  ist  für  einen 
Weissen  das  Pürschen  im  Walde  stets  gefährlich.  Man  kann  in 
3  bis  4  m  tiefe  Löcher  stürzen,  die  so  geschickt  mit  Laub  und  todten 
Holzstückchen  überdeckt  sind,  dass  sie  nur  sehr  schwer  zu  erkennen 
sind.  Speere  werden  in  diesen  Gruben  zum  Glück  nicht  angebracht. 
Nicht  selten  fällt  das  in  solche  Gruben  gerathene  Wild  den  Würmern 
zur  Beute,  denn  es  vergeht  oft  ein  Vierteljahr  und  mehr,  ehe  sich 
etwas  fängt.  Fallhölzer  sind  ebenfalls  in  Anwendung.  Auch  Kom¬ 
binationen  von  beiden  Fangweisen,  die  ein  gutes  Resultat  geben, 
sind  in  Gebrauch  und  werden  in  Verbindung  damit  oft  400  bis  500  m 
lange  dichte  Zäune  errichtet,  die  das  Wild,  Schweine,  Antilopen, 
Katzenarten,  den  Fangstellen  zutreiben.  Zum  Affenfang  bedient  man 
sich  Schlingen,  die  im  Geäst  gefällter  Bäume,  unter  Oelpalmwedeln 
maskirt,  angebracht  werden.  Die  am  häufigsten  ausgeübte  Jagdweise 
ist  die  Netztreibjagd  (Abim).  Haben  Frauen  oder  junge  Leute 
Grosswild  oder  dessen  Spuren  gesehen,  so  laufen  sie  in  die  Weiler 
und  rufen  mit  Trommelsignalen  alle  Jagdlustigen  herbei.  Diese 
kommen  mit  ihren  Netzen  und  Hunden,  mit  Speeren  und  Flinten 
bewaffnet,  schleichen  sich  in  den  Busch  und  umstellen  mit  ihren 
Netzen  denjenigen  Theil  des  Waldes,  in  dem  sie  das  Wild  vermuthen. 
Während  sie  nun  bei  den  Netzen  Wache  halten,  beginnen  die  halb¬ 
erwachsenen  Knaben,  die  Mädchen  und  Weiber  und  die  mit  Schellen 
versehenen  Hunde  mit  grossem  Lärm  das  Wild  aufzutreiben.  Dasselbe 
geht  entweder  ins  Netz  und  wird  dann  leicht  abgethan  oder  es 
durchbricht  die  Treiberkette  und  geht  dann  meist  verloren.  Die 
mit  Speeren  getödtete  Beute  wird  gemeinschaftlich  getheilt,  während 
das  mit  Flinten  erlegte  dem  gehört,  welcher  den  Schuss  abgab ; 
dieser  giebt  dann  meist  gutwillig  etwas  von  seiner  Beute  an  die 
Jagdtheilnehmer  ab.  Diese  Jagdweise  wird  meist  in  der  Regenzeit 
ausgeübt.  Sehr  grosses  Wild,  wie  Büffel,  Kuhantilopen,  Schimpansen, 
Gorillas,  werden  oft  von  50  und  mehr  Mann  umzingelt  und  meist 
mühsam  nach  langem  Schiessen  getödtet.  Hierbei  ereignen  sich  oft 
Unglücksfälle  durch  unvorsichtiges  Schiessen.  Der  einzelne  Jäger 
nimmt  vor  den  grossen  Affen  stets  Reissaus.  Auf  Leoparden, 
welche  den  Ziegen  nachstellen,  werden  auch  grosse  Treibjagden  an¬ 
gestellt  und  das  Erlegen  derselben  durch  Tänze  und  Todtenspiele 
gefeiert,  da  man  glaubt,  einen  bösen  Geist  in  Gestalt  derselben 
getödtet  zu  haben.  Solche  Festlichkeiten  heissen  „Fun“. 


62 


Handfertigkeiten. 

Jede  Familie  fertigt  für  sich  die  Gegenstände  des  häuslichen 
Bedarfes  an.  Die  Frauen  stellen  die  Töpfe  und  Schüsseln  her,  selten 
werden  davon  welche  verkauft.  Die  Töpferscheibe  ist  nicht  bekannt, 
Alles  wird  mit  der  Hand  geformt.  Der  grünblaue  und  gelbliche 
Thon  wird  mittelst  eines  Stückchens  Holz  geknetet,  darauf  von 
den  kleinen  Mädchen  zu  Bollen  geformt,  welche  dann  von  der 
Töpferin  im  Kreise  herumgelegt,  darauf  festgedrückt  und  mittelst 
eines  Stäbchens  und  ovaler  Fruchtkerne  in  Form  gebracht  und  glatt- 
gestriclien  werden.  Ist  der  Topf  zu  einer  gewissen  Höhe  gediehen 
und  fertig,  so  wird  er  mit  einem  gekerbten  Holz  verziert,  dann  ge¬ 
trocknet  und  später  an  einem  schönen  Abend  gebrannt,  eine  Prozedur, 
die  nur  1/%  bis  1  Stunde  in  Anspruch  nimmt.  Diese  Töpfe  sind  ohne 
Glasur,  daher  durchlässig  und  sehr  zerbrechlich,  man  darf  sie  deshalb 
nicht  am  oberen  Band  anfassen.  Die  jungen  Männer  verfertigen 
Pfeifenköpfe  der  verschiedensten  Form  und  verstehen  dieselben  recht 
hübsch  zu  verzieren.  Schnitzereien  sind  sehr  primitiv,  doch  ver- 
rathen  einige  Sachen  Geschick  und  Geschmack.  Jeder  junge  Mann 
versteht  zu  schnitzen;  sie  bedienen  sich  hierbei  eines  dreieckigen 
Messers  einheimischer  Fabrikation.  Geschnitzt  werden  Löffel,  Ess¬ 
schüsseln,  Spielmarken,  Kämme,  Stöcke,  grosse  Flolzfiguren,  sowohl 
menschliche  wie  thierische,  letztere  oft  von  ganz  phantastischer  Form, 
Holzklötzchen,  welche  zum  Bedrucken  ihrer  Bastzeuge  mit  Mustern 
dienen  u.  s.  w.  Körbe  werden  nach  Bedarf  geflochten;  sie  sind  alle 
henkellos  und  bloss  zum  Tragen  auf  dem  Kopf  oder  Bücken  bestimmt. 
Das  Flechtmaterial  liefern  die  Wein-  und  Botangpalme,  bei  ersterer 
die  Blattstiele,  bei  letzterer  die  Binde  des  Stammes.  Dünne  wie 
mittelstarke  Stricke  werden  aus  dem  Bast  einer  strauchartigen 
Pflanze  mit  gelben  Blättern  gefertigt,  die  ungeheuer  wuchert  und 
nach  der  Aussaat  in  der  zweiten  Begenzeit  rasch  eine  Höhe  von 
2  m  und  mehr  erreicht.  Ganz  dünne  Schnüre  werden  aus  der  Faser 
des  Pisang,  von  Severinia,  Ananas  u.  s.  w.  gefertigt  und  dienen  zur 
Herstellung  von  Jagdnetzen  und  Tragbeuteln.  Im  Walde  finden  sich 
auch  einzelne  weniger  bekannte  Faserpflanzen,  besonders  eine  Liane 
mit  flachgedrücktem  Stengel  und  ein  niedriger,  milchsaftführender 
Baum  mit  lederartigen  dunkelen  ovalen  Blättern  und  herrlichen 
gardenienähnlichen  weissen  Blumen  von  ausserordentlichem  Wohl¬ 
geruch.  Baumwolle  ist  bekannt  und  findet  sich  überall  wild,  wird 
jedoch  nicht  benutzt.  Die  einzige  etwas  ausgebildete  Industrie  ist 
die  der  Schmiede  (alui).  Doch  beschränken  sich  dieselben  nur  auf 
die  Herstellung  der  allernothwendigsten  Gegenstände,  die  aber  in 
grossen  Massen  erzeugt  werden,  und  £war  sind  dies  Speere,  Messer, 
Hacken,  Handspaten,  Aexte  und  das  landesübliche  Geld,  kleine 


Tafel  6. 


Inneres  einer  Eisenschmelzhütte  und  Schmiede. 

Blasebalg.  b.  Thonröhren,  um  die  Luft  nach  unten  in  den  Ofen  einzublasen. 


63 


eiserne  Stäbchen  (ntet),  welche  an  beiden  Enden  flachgeklopft  sind. 
Dieses  Eisengeld  dient  hauptsächlich  zum  Ankauf  der  Weiber  und 
wird  stets  zu  100  Stück  abgezählt.  Die  Schmiede  haben  keine 
Sonderstellung,  wie  bei  manchen  anderen  afrikanischen  Stämmen. 

Die  Schmelzhütten  (Taf.  6),  in  denen  das  Eisen  auch  gleich  ge¬ 
schmiedet  wird,  fallen  durch  ihre  hohen  spitzen  Dächer  und  Plolzver- 
schalung  und  an  den  vor  ihnen  liegenden  Eisensteinen  und  Schlacken 
auf.  In  der  Mitte  dieser  grossen  Hütten  steht  der  Schmelzofen  und  vier 
grosse  Holzsäulen.  Der  Schmelzofen  ist  viereckig  und  wird  bei  jeder 
Schmelze  neu  errichtet.  Seine  Aussenwände  bestehen  aus  Pisang- 
stammstiicken,  er  ist  etwa  1  m  hoch  und  umfasst  ungefähr  1 V* 
Bodenfläche.  Am  Boden  iu  der  Mitte  befindet  sich  eine  mit  Thon  aus- 
gesclunierte  Höhlung,  in  der  sich  beim  Schmelzen  das  flüssige  Eisen 
sammelt.  Der  ganze  Kasten  ist  mit  Holzkohle,  die  Mitte  jedoch 
mit  einem  Gemisch  von  Eisenstein  und  Holzkohle  gefüllt.  Vor  der 
Füllung  wird  an  jeder  Seite  eine  trichterförmige  Thonröhre  hinein¬ 
gesteckt,  welche  dazu  dienen,  mittelst  eines  Handblasebalges  von 
der  auch  in  anderen  Theilen  des  westlichen  Afrika  gebräuchlichen 
Form  Luft  hineinzublasen.  Die  diese  Arbeit  verrichtenden,  meist 
halberwachsenen  Personen  sitzen  auf  den  schon  erwähnten  etwa  2  m 
hohen  Holzsäulen.  Zum  Schutze  des  Daches  ist  über  dem  Schmelz¬ 
kasten  ein  starkes  Holzgitter  angebracht.  Die  Arbeit  des  Schmelzens 
nimmt  einige  Stunden  in  Anspruch.  Das  gewonnene,  sehr  weiche 
Eisen  wird  zerklopft  und  dann  geschmiedet.  Den  Amboss  vertritt 
meist  ein  Stein,  ebenso  oft  den  Hammer,  doch  bedient  man  sich 
dazu  auch  dicker  runder  Eisenstäbe. 

Speere  werden  tlieils  mit,  theils  ohne  Widerhaken  hergestellt, 
einige  grössere,  welche  Würdeabzeichen  sind,  werden  auch  ciselirt. 

Die  Messer  sind  von  sehr  verschiedener  Form  und  Stärke  und 
sind  ebenfalls  oft  recht  hübsch  ciselirt;  andere  sind  Nachahmungen 
europäischer  Fabrikate,  so  die  kleinen  sogenannten  Fleisckermesser. 
Diese  sind  so  täuschend  gemacht,  dass  man  nur  durch  das  Fehlen 
der  Fabrikmarke  sie  als  einheimisches  Fabrikat  erkennt.  Hacken, 
Handspaten  und  Aexte  werden  ohne  Oeffnung  für  die  Stiele  ge¬ 
fertigt;  sie  müssen  daher  mittelst  Bindematerials  am  Stiel  befestigt 
werden,  oder  wie  die  Aexte  mittelst  eines  Loches  im  Stiel;  letzterer 
muss  daher  ein  Wurzelstock  sein,  anderes  Holz  würde  spalten.  Alles 
wird  im  Kleinen  betrieben  und  war  es  nicht  möglich,  die  so  noth- 
wendigen  Gartengeräthe  einheimischer  Form  selbst  für  gute  Bezah¬ 
lung  von  den  Schmieden  zu  erhalten;  sie  versprachen  wohl  die 
Lieferung,  hielten  aber  nicht  Wort;  mahnte  man  sie  dann,  so  war 
schliesslich  ihre  Ausrede,  sie  seien  freie  Leute  und  keine  Sklaven 
des  Weissen.  Bei  einer  solchen  Denkungsart  kann  natürlich  ein 
Gewerbe  nicht  entstehen. 


64 


Salz  ist  ein  sehr  begehrter  Artikel;  da  dasselbe  nicht  in  ge¬ 
nügenden  Mengen  bisher  importirt  wurde,  wird  ein  Surrogat  aus 
der  Asche  von  säuern  Sumpfgräsern  hergestellt,  das  einen  sehr 
bitteren  Geschmack  hat.  Dieselben  werden  in  der  Trockenzeit  ge¬ 
schnitten,  an  Ort  und  Stelle  getrocknet  und  verbrannt  und  die  Asche 
nach  den  Weilern  gebracht.  Hier  wird  sie  mit  Thon  gemischt  und 
in  trichterförmige,  mit  Bananen-  und  Marantenblättern  ausgelegte 
Körbe  gefüllt  und  durch  Aufguss  von  lauwarmem  Wasser  ausgelaugt. 
Die  gelbliche  Lauge  wird  in  einem  untergestellten  flachen  Napf 
aufgefangen  und  dann  abgedampft.  Das  so  gewonnene  graue  Salz 
kommt  in  kuchenartigen  Formen  in  den  Handel.  Importirtes  Salz 
ist  auch  oft  von  sehr  zweifelhafter  Güte,  da  die  Zwischenhändler 
oft  feinen  weissen  Sand  dazwischen  mengen.  Sie  verkaufen  das- 
Salz  in  grossen  10  bis  15  Pfund  schweren  Packen,  oder  in  kleinen 
flaschenförmigen  Packen  von  etwa  3/i  Pfund  Gewicht.  Sklaven  werden 
nur  für  Salz  verkauft. 

Ein  eigentlicher  Handel  besteht  kaum,  nur  ein  Austausch  der 
allernothwendigsten  Bedürfnisse.  Märkte  werden  nicht  abgehalten; 
bei  den  Abokfesten  wird  wohl  etwas  gehandelt,  aber  bloss  Töpfe, 
Eisen  und  landesübliches  Geld  in  Zeuge  umgesetzt  oder  auch  gegen 
Naturalien,  wie  Hühner,  Kürbiskerne,  Grundnüsse,  Yams  u.  s.  w., 
aber  immer  nur  in  ganz  minimalen  Mengen  umgetauscht.  Um  Artikel 
europäischen  Ursprungs  zu  erhalten,  diente  bisher  ausschliesslich 
Elfenbein;  zu  diesem  ist  seit  zwei  Jahren  der  Kautschuk  getreten; 
gerade  der  Kautschukhandel  ist  es,  der  Hunderte  von  jungen  Yaiinde- 
leuten,  die  nun  fleissig  allen  Landolphialianen  nachstellen,  dazu  be¬ 
wogen  hat,  zur  Küste  zu  gehen,  während  sie  vorher  aus  Furcht  nie 
weiter  als  bis  zum  ersten  Ngumbadorf  sich  gewagt  haben  würden. 
Insofern  ist  dieser  Handel  von  der  tiefgehendsten  Bedeutung  für 
eine  Aenderung  der  Anschauungen  der  Yaünde  geworden.  Import¬ 
artikel  sind  Gewehre,  Pulver,  Feuersteine,  Zündhütchen,  Zeuge, 
Messingstangen,  Fuss-  und  Armringe,  Kupferstangen,  Haumesser, 
Fleischermesser,  Perlen,  rotliwollene  Zipfelmützen,  Bekleidungs¬ 
gegenstände,  Hüte,  Hemden,  Hosen,  Knöpfe,  Salz,  Handharmonikas, 
Regenschirme,  Steingutzeug.  Kleinigkeiten  wurden  bisher  mit 
Porzellanknöpfen  bezahlt,  doch  finden  dieselben  infolge  des  Auf¬ 
blühens  des  Kautschukhandels  kaum  noch  Absatz.  Der  Elfenbein¬ 
handel  könnte  viel  beträchtlicher  sein,  wenn  er  nicht  durch  die 
gegenseitige  Furcht  der  einzelnen  Stämme,  durch  den  komplizirten 
Geschäftsgang  und  durch  die  vielen  Betrügereien,  welche  zu  vielen 
Streitigkeiten  und  Fehden  Veranlassung  geben,  am  Aufblühen  ver¬ 
hindert  würde.  Der  Yaünde  selbst  tödtet  kaum  einen  Elefanten, 
denn  es  giebt  in  seinem  Land  nur  wenige,  desto  mehr  aber  in  der 


65 


Savanne  bei  den  Ntoni  oder  Welle.  Der  Zwischenhändler  an  der 
Küste  zahlt  dem  Yaünde  nie  den  vollen  Preis  für  einen  Zahn,  son¬ 
dern  macht  erst  eine  Anzahlung  und  bleibt  dann  oft  monatelang 
bei  ihm  zu  Gaste.  Der  Yaünde  begiebt  sich  nun  zu  einem  seiner 
im  Osten  oder  Nordosten  sitzenden  Geschäftsfreunde  unter  den 
Ntonis  —  zu  den  Welle  getrauen  sie  sich  nicht  mehr  wegen  der 
vielen  von  jenen  verübten  Raubmorde  —  und  übergiebt  ihm  gegen 
einen  Zahn  ein  Weib  oder  eines  seiner  Kinder  als  Pfand  und  bringt 
dann  den  Zahn  in  sein  Dorf.  Die  Anzahlung,  die  er  nun  empfängt, 
besteht  je  nach  der  Grösse  des  Zahnes  aus  einem  Gewehr,  einem 
Fass  Pulver,  zwei  bis  drei  Faden  Zeug,  einem  Messingbecken, 
einigen  Messingstangen  und  verschiedenen  Kleinigkeiten.  Der  Händler 
begiebt  sich  in  seine  Heimath  und  bestimmt  dem  Yaünde  die  Zeit, 
meist  einige  Monate,  nach  welcher  er  kommen  und  seine  übrigen 
Waaren  holen  soll.  An  dem  bestimmten  Tage  oder  auch  schon 
vorher  macht  sich  nun  unser  Yaünde  in  Begleitung  eines  Theiles 
seiner  Familie  mit  einem  Schaf  oder  Ziege  u.  s.  w.  auf  den  Weg, 
seine  Reichtliümer  zu  holen.  Beim  Händler  angekommen,  wird  er 
anscheinend  hocherfreut  aufgenommen,  aber  in  Bezug  auf  die  Be¬ 
zahlung  mit  Entschuldigungen  hiugehalten  und  lebt  nun  einige  Zeit 
auf  Kosten  des  Händlers.  Wird  ihm  die  Zeit  zu  lang,  so  erhält  er 
nach  verschiedenen  Mahnungen  noch  einige  Stücke  Zeug,  ein  oder 
mehrere  Gewehre  u.  s.  w.  und  macht  sich  dann  auf  den  Weg  heim¬ 
wärts.  Schiessen  und  Gesang  der  Weiber  verkünden  der  Nachbar¬ 
schaft  dieses  Ereigniss.  Nach  einigen  Tagen  begiebt  er  sich  zu 
dem  eigentlichen  Besitzer  des  Zahnes,  zahlt  den  schon  vorher  ver¬ 
einbarten  Preis  und  löst  sein  Weib  oder  Kind  aus;  manchmal  lässt 
er  sie  aber  noch  einige  Zeit  in  Pfand  und  macht  mit  den  erworbenen 
Sachen  erst  noch  ein  anderes  Geschäft.  Der  zweite  Zwischenhändler, 
ein  Ngumba-  oder  Mabeamann,  verkehrt  seinerseits  ebenfalls  noch 
nicht  mit  dem  weissen  Händler,  sondern  hat  an  der  Küste  seinen 
Geschäftsfreund,  der  den  Zahn  schliesslich  an  den  weissen  Händler 
verkauft,  wobei  er  natürlich  ebenfalls  den  Ngumbamann  wieder  nach 
Kräften  über  das  Ohr  haut.  Das  Elfenbein  muss  also  erst  mindestens 
durch  drei  Hände  gehen,  ehe  es  in  die  Faktorei  gelangt,  und  häufig 
erhält  der  erste  Besitzer  sehr  wenig,  manchmal  gar  nichts  für  den 
Zahn.  Er  rächt  sich  dann  dadurch,  dass  er  den  Zwischenhändler 
bei  günstiger  Gelegenheit  gefangen  setzt  und  denselben  tödtet,  um 
sich  der  begleitenden  Weiber  zu  bemächtigen,  oder  er  presst  so  viel 
Lösegeld  als  möglich  aus  dessen  Familie  heraus.  Der  Elfenbein¬ 
handel  liegt  ausschliesslich  in  den  Händen  der  Familien¬ 
oberhäupter. 


Mittli.  von  Forscliungsreisenden,  VIII.  Band.  I. 


5 


66 


Krankheiten. 

Epidemien  sind  unbekannt.  Lungenerkrankungen  sind  in  den 
kühlen  Monaten  Juni — Juli  und  November  — Dezember  häufig  und 
gefährlich,  Malariafieber,  wie  sie  an  der  Küste  auftreten,  äusserst 
selten  und  bei  den  Eingeborenen  unbekannt.  Hautkrankheiten  sind 
ungeheuer  verbreitet,  wohl  infolge  der  üblichen  Rothholzbemalung. 
Es  sind  zu  unterscheiden  Psoriasis  (fo  oder  nienge),  hinterlässt 
weissröthliche,  eine  andere  Art  (into)  aber  schwarze  Flecken. 
Ichthyosis,  eine  Schuppenflechte  (ntom),  befällt  Brust,  Hals  und 
Rücken,  von  welchen  Stellen  sich  die  Haut  dann  schuppig  ablöst. 
Nesselfriesel  (atollo)  u.  s.  w. 

Die  Erdbeerflechte  (mabatta)  ist  eine  den  ganzen  Körper  über¬ 
ziehende,  ekelerregende  Krankheit.  Die  mit  ihr  behafteten  Indivi¬ 
duen  bewohnen  stets  eine  abseits  des  Weilers  gelegene  Hütte;  die 
Heilung  lässt,  da  die  Eingeborenen  über  keine  Heilmittel  verfügen, 
gewöhnlich  sehr  lange  auf  sich  warten. 

Eine  weitere  Hautkrankheit  (esam)  befällt  die  Zehen  und  Finger 
und  ist  sehr  gefürchtet.  Die  Krätze  (gutta  oder  bitotoc)  fehlt 
auch  nicht. 

Elephantiasis  kommt  bei  beiden  Geschlechtern  vor,  sie  befallt 
meist  Individuen  mittleren  Alters. 

Parasitische  Würmer  sind  ebenfalls  häufig,  eine  grosse  und  eine 
kleine  Art  Bandwurm  (cucurn  und  angacum)  kommen  vor,  ebenso 
wie  die  Filaria  loa,  welche  hauptsächlich  Augen  und  Finger  befällt 
(enac  a  ntis,  wörtlich  Augenwurm).  Spulwürmer  (mison)  sind  auch 
nicht  selten,  ebenso  Geschwüre,  von  der  Larve  einer  Dasselfliege 
erzeugt.  Weitere  Krankheiten  sind: 

Lungenentzündung,  fast  immer  tödlich  verlaufend  (assuman). 

Herzkrankheiten  (nzitt),  Unterleibsentzündung  (ujong),  Fieber 
(acang),  Schnupfen  (umboni),  Luftröhrenkatarrh  (ewuolö), 
Epilepsie  (ganda),  Rheumatismus  u.  s.  w. 

Syphilis  ist  sehr  wenig  verbreitet,  Gonorrhoe  kommt  vor,  heilt 
aber  häufig  von  selbst. 

Alle  Krankheiten  werden  auf  Zauber  und  Medizin  zurückgeführt 
und  es  existiren  nach  der  Meinung  des  Volkes  vielerlei  Gegenmittel, 
die  nur  der  Medizinmann  kennt.  Wenn  man  sich  nicht  mehr  zu 
retten  und  zu  helfen  weiss,  und  wenn  die  Bäder,  Aufgüsse  von 
mannigfachen  Pflanzen,  Massage  und  Reibungen  nichts  mehr  nützen 
Avollen,  so  greift  man  zu  Sympathiemitteln.  Bei  schweren  Fällen 
versammelu  sich  Verwandte  und  Freunde  des  Kranken,  eine  oder 
mehrere  Ziegen  werden  geschlachtet,  desgleichen  einige  Hühner, 
das  Blut  wird  aufgefangen,  der  Imboballa  (Medizinmann)  mischt  die 
Medizin,  um  sie  t.heils  dem  Kranken  einzugeben,  theils  mit  derselben 


67 


den  Körper  desselben  zu  beschmieren,  die  Anwesenden  suchen  die 
bösen  Geister  durch  lautes  Sprechen,  Trommeln  und  allen  möglichen 
Lärm  zu  vertreiben. 

Todesfall.  Gericht.  Tödtung  der  Sklaven  und  Frauen. 

Todtenspiele.  Begräbniss. 

Sklaven  werden  im  Todesfälle  ohne  Festlichkeiten  begraben, 
doch  wird  auch  in  solchen  Fällen  Jemand  beschuldigt,  den  Tod  durch 
Zauberei  herbeigeführt  zu  haben.  Der  Angeschuldigte  wird,  wenn  er 
sich  nicht  durch  Beweise  oder  ellong  von  dem  Verdacht  reinigen 
kann,  zu  Entschädigungszahlungen  verurtheilt. 

Wenn  eine  Frau  stirbt,  so  wird  die  Familie  derselben  von  dem 
Manne  zur  Zahlung  einer  anderen  gezwungen,  was  aber  nicht  ohne 
vorheriges  Palaver  sich  erreichen  lässt.  Da  das  Volk  aber  ausser 
im  Kriegsfälle  keine  andere  Todesursache  kennt  als  Zauberei  und 
Medizin,  so  erfolgt  die  Verurtlieilung  der  Familie  der  Frau  fast 
ausnahmslos;  sie  sucht  sich  nun  ihrerseits  wieder  an  der  Person 
schadlos  zu  halten,  welche  der  Unthat  bezichtigt  wird. 

Im  Falle  des  Todes  eines  Familienoberhauptes  werden  immer 
dessen  Weiber  und  Sklaven  bezichtigt,  ja  sie  werden  oft  von  dem 
Sterbenden  selbst  beschuldigt,  ihm  die  Krankheit  gewünscht  zu 
haben.  Kurz  vor  eintretendem  Tode  werden  die  verdächtigen  Weiber 
und  Sklaven  gefesselt  in  ein  Haus  gesperrt.  Tritt  der  Tod  ein,  so 
erfolgen  Trommelsignale  und  Gewehrfeuer.  Gleichgültig,  zu  welcher 
Tageszeit  der  Tod  eingetreten  ist,  versammeln  sich  sofort  alle  Chefs, 
um  das  Todtengericht  abzuhalten,  während  die  Frauen  sich  zusammen¬ 
finden  und  durch  Wehklagen  der  Trauer  Ausdruck  zu  geben.  Der 
Ankläger  ist  in  der  Regel  der  älteste  Mann  der  Familie,  welcher 
nunmehr  den  Platz  des  Todten  einnimmt;  er  bringt  Schlingen  aus 
Lianen  nebst  Rinde  des  Giftbaumes  an  einen  dreigabeligen  Ast 
gebunden,  mit  Farn  und  Gras  geschmückt  und  legt  sie  vor  dem 
Urtheilsvollstrecker  hin.  Letzterer  ist,  wie  bereits  früher  erwähnt, 
kein  qualifizirter  Scharfrichter,  er  hat  sich  aber  durch  schwarze  und 
weisse  Bemalung  unkenntlich  gemacht.  Eine  kleine  Signaltrommel 
ertönt  in  rhythmischen  Tönen,  um  den  Umwohnenden  bekannt  zu 
geben,  dass  die  Hinrichtung  der  Angeklagten  stattfindet.  Dieselben 
werden  einzeln  herausgeschleppt,  sie  werden  mit  weissem  Thon  von 
oben  bis  unten  beschmiert  und  ihnen  die  Hände  auf  den  Rücken 
gebunden.  Dann  erhalten  sie  einige  Pillen  ellong  in  den  Mund 
gesteckt  und  wird  ihnen  dann  eine  Schlinge  um  den  Kopf  geworfen; 
sie  werden  dann  am  Boden  zu  dem  nächsten  Savobaum  geschleift 
und  da  an  den  Aesten  aufgehängt,  wo  sie  einige  Zeit  hängen  bleiben. 
Oft  haut  man  ihnen  mit  Messern  noch  die  Hände  ab,  oder  spaltet 

5* 


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ihnen  den  Schädel.  Selbst  schwangere  Frauen  werden  nicht  ver¬ 
schont,  ja  auch  Kinder  des  Verstorbenen  werden  des  Giftmordes 
bezichtigt  und  ebenfalls  getödtet.  Die  Institution  der  Anschuldigung 
gegen  Frauen  und  Sklaven  ist,  wie  ich  aus  einem  Yaündechef  her¬ 
ausbekommen  habe,  von  den  Ehemännern  ausgeklügelt  worden,  um 
sich  vor  dem  Tode  zu  schützen.  Solche  als  Sklaven  bezeichneten 
Personen  sind  Leute,  die  von  anderen  Stämmen  aus  verschiedenen 
Ursachen,  auch  oft  des  Handels  wegen,  aus  ihrer  Heimath  gewandert 
sind  und  die  sich  in  der  Nähe  eines  Yaündechefs  mit  dessen  Er- 
laubniss  angesiedelt  haben.  Sie  haben  ihre  eigenen  Weiler,  kaufen 
ihre  Weiber  bei  den  Yaünde  und  vice  versa  und  haben  ihre  eigenen 
Gerichte  und  Palaver  und  mischen  sich  nie  in  die  der  Yaünde. 
Stirbt  nun  ein  Dorfchef,  so  wird  ein  solcher  Zugewanderter  gefangen, 
des  Giftmordes  angeklagt  und  hingerichtet,  ohne  dass  seine  Stammes¬ 
angehörigen  etwas  dagegen  machen  können.  Während  dieser  oft 
auf  sechs  bis  acht  steigenden  Hinrichtungen  werden  einige  Spiele 
mit  grosser  Trommelbegleitung  aufgeführt,  unter  anderen  ein  Schein¬ 
gefecht,  Bita  a  wu,  welches  oft  eine  Stunde  dauert. 

Während  dieser  Zeit  wird  der  Leichnam  von  den  Frauen  heraus¬ 
gebracht,  gewaschen,  gesalbt,  mit  Rothholz  bemalt  und  auf  eine 
Matte  in  sitzender  Stellung,  mit  seinem  besten  Zeug  geschmückt, 
gehalten,  sein  Gesicht  ist  den  Spielenden  zugekehrt.  Die  jungen 
Leute  formiren  sich  am  Ende  des  Dorfplatzes  und  laufen,  mit  Speeren 
und  Messern  fuchtelnd,  auf  den  Todten  und  die  hinter  ihm  sitzenden 
Weiber,  welche  immer  lauter  wehklagen,  zu,  ein  Theil  vertheidigt 
scheinbar  das  Doiff  gegen  einen  Angriff.  Einige  Leute  sind  in  der 
Mitte  des  Weilers  damit  beschäftigt,  ein  Grab  herzustellen  und  ist 
dasselbe  abweichend  von  der  an  der  Küste  gebräuchlichen  Form 
rund,  am  Boden  derselben  wird  eine  IV2  Fuss  hohe  Nische  lieraus- 
gehöhlt,  welche  mit  Pisangblättern  ausgelegt  wird.  Unterdessen 
führen  andere  wiederum  ein  Scheingefecht  aus,  das  „Kekembe“  ge¬ 
nannt  wird.  Auf  der  einen  Seite  stehen  Brüder  oder  Freunde  des 
Verstorbenen,  mit  Stöcken  bewaffnet,  deren  untere  Enden  mit 
Klumpen  Lehm  versehen  sind.  Aus  der  Mitte  der  am  Ende  des 
Dorfes  versammelten  jungen  Leute  springt  nun  einer  hervor,  welcher 
unter  Verhöhnungen  und  Drohungen  angreifend  vorgeht.  Einer  der 
mit  Stöcken  Bewaffneten  wirft  nun  als  Antwort  nach  dem  Angreifer; 
trifft  der  Stock  nicht,  so  giebt  der  Angreifer  unter  Händeschütteln 
denselben  an  den  Werfer  zurück  und  die  Frauen  beeilen  sich,  den¬ 
selben  mit  Umarmungen  zu  begrüssen.  Trifft  aber  der  Stock,  so 
war  des  Angegriffenen  Medizin  nicht  gut  und  er  geht,  nachdem  er 
den  Stock  zurückgegeben,  ohne  Gruss  an  seinen  Platz.  Dieses 
Tanzspiel  wird  ebenfalls  taktmässig  nach  der  Trommel  ausgeführt. 


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Es  folgen  nun  Reihentänze,  wobei  die  Thaten  des  Y erstorbenen 
besungen  werden  oder  Fragen  und  Antworten  gegeben  werden, 
z.  B.  Wer  schlägt  ihm  die  Trommel?  Wer  kocht  ihm  das  Essen? 
u.  s.  w.,  worauf  die  Männer  antworten  und  mit  den  Füssen  stampfen. 
Wenn  das  Grab  fertig  ist,  wird  unter  Schiessen  nochmals  ein  Ge¬ 
fecht  ausgeführt.  Es  treten  nun  vor  den  Leichnam  seine  Freunde 
mit  je  einem  Speer,  zerbrechen  denselben  und  werfen  ihn  vor  die 
Fiisse  des  Todten;  hierauf  wird  der  Leichnam  ohne  Zeug  und 
Schmucksachen  in  die  Nische  gebettet  und  dieselbe  mit  Rinde  ge¬ 
schlossen.  Es  treten  nun  die  Familienangehörigen  und  Freunde  an 
das  Grab,  nehmen  etwas  Erde  und  rufen  dem  Todten,  indem  sie  die 
Erde  in  die  Grube  werfen,  einige  Abschiedsworte  nach.  Alsdann 
wird  die  Grube  geschlossen.  Um  die  Schuld  der  Hingerichteten  zu 
beweisen,  wird  nun  von  dem  Imboballa  den  getödteten  Frauen  der 
Bauch  geöffnet  und  aus  den  herausdringenden  Eingeweiden  die  Schuld 
erwiesen.  Ihre  Körper  werden  in  den  Busch  geworfen  und  oberflächlich 
verscharrt,  oder  auch  mit  in  das  Grab  des  Verstorbenen  gelegt. 
Es  ist  sehr  schwer,  die  Eingeborenen  von  diesen  Bräuchen  abzu¬ 
bringen,  und  wird  ihre  Ausführung,  seitdem  sich  die  Station  hinein¬ 
gemischt  und  die  Tödtung  zu  verhindern  gesucht  hat,  jetzt  zuweilen 
auch  heimlich  versucht.  Der  Tod  von  Kindern  und  Halberwachsenen 
wird  ähnlich  dem  der  Erwachsenen  gefeiert.  Die  Klageweiber  heulen 
und  wehklagen,  Verwandte  und  Freunde  versammeln  sich,  es  wird 
getanzt,  gespielt,  geschossen.  Bei  dem  Tode  einer  erwachsenen 
Frau  finden  ebenfalls  gi*osse  Tänze  statt,  die  aber  nur  von  Frauen 
und  Mädchen  ausgeführt  werden. 

Auf  das  Grab  wird  ein  Pfahl  gesetzt,  an  welchen  einzelne  von 
dem  Verstorbenen  gebrauchte  Sachen  gehängt  werden,  oft  auch 
Kopf  und  Hände  einer  bei  seinem  Tode  hingerichteten  Person.  Au 
dem  Pfahl  eines  Frauengrabes  hängt  der  Hinterschmuck,  Schüssel 
und  Löffel.  Der  Pfahl  grünt  oft  frisch  und  beschattet  das  Grab,  er 
wird  vom  Feigenbaum  genommen.  Bei  ganz  unerklärlichen  Todes- 
fälleu  wird  der  Weiler  verlassen  und  die  Familie  siedelt  sich  an 
einer  anderen  Stelle  an,  oft  weit  entfernt,  um  so  aus  dem  Bereich 
des  bösen  Zaubers  zu  kommen. 

Bei  Sonnenuntergang  oder  auch  in  der  Nacht  ertönen  oftmals 
die  Trommeln  und  zwar  stets  zu  einer  bestimmten  Stunde.  Es  ge¬ 
schieht  dies,  um  die  Trauer  für  irgend  einen  bestimmten  Todten 
kundzugeben  und  den  Geist  bokrnun  zu  besänftigen.  Die  Frauen  des 
Todten  haben  für  eine  bestimmte  Zeit  sich  mit  weissem  Thon  zu 
bemalen,  dürfen  ihr  Haar  nicht  ordnen  und  tragen  einen  langen, 
aus  zerschlitzten  Pisangblättern  gefertigten  Hinterschmuck,  einen 
gleichen,  jedoch  weniger  dicken  über  der  Scham.  Kein  Mann  darf 


—  70  — 

sie  berühren.  Morgens  eine  Stunde  vor  Sonnenaufgang  haben  sie 
eine  Zeit  lang  zu  klagen.  Nach  einiger  Zeit  legen  sie  die  Trauer¬ 
bemalung  nach  und  nach  ab  und  dürfen  sich  mit  Männern  wieder 
abgeben.  Bei  dem  Tode  von  Kindern  und  Halberwachsenen  klagt 
die  Mutter  während  einer  von  ihr  selbst  bestimmten  Zeit  und  bemalt 
ihre  Beine  bis  zur  Hälfte  des  Oberschenkels  mit  weissem  Thon. 


Meteorologische  Beobachtungen. 

Im  Nachstehenden  möge  zunächst  der  Best  der  Resultate  der 
meteorologischen  Beobachtungen  des  Stabsarztes  Dr.  Schröder  am 
Gouvernementsgebäude  in  Kamerun  vom  Jahre  1892  Platz  finden 
(vergl.  Mitth.  1894,  S.  29).  Mit  der  Neubesetzung  der  Regierungs¬ 
arztstelle  trat  vom  November  1892  bis  zum  15.  Mär2  1893  eine  Unter¬ 
brechung  an.  Seit  jener  Zeit  hat  Herr  Dr.  F.  Plehn  die  Beob¬ 
achtungen  mit  grossem  Eifer  und  Gewissenhaftigkeit  wieder  auf¬ 
genommen;  dieselben  haben  allerdings  infolge  des  Kamerunaufstandes 
eine  unliebsame  Unterbrechung  vom  15.  Dezember  1893  bis  3.  Januar 
1894  erfahren.  Die  Endergebnisse  der  Beobachtungsperiode  April 
1893  bis  März  1894  weichen  nicht  wesentlich  von  denen  der  Vor¬ 
jahre  ab,  doch  ist  hervorzuheben,  dass  dieselbe  eine  relativ  sehr 
trockene  war;  es  fielen  nur  65  pCt.  der  Regenmenge  der  Periode 
1891/92.  Bemerkenswerth  ist  dabei,  dass  die  Zahl  der  „Regentage 
im  Allgemeinen“  in  beiden  Zeiträumen  fast  genau  die  gleiche  war; 
dagegen  war  die  Zahl  der  Regentage  mit  grossen  Regenmengen  — 
über  25  mm  —  1893/94  wesentlich  geringer,  fast  um  die  Hälfte 
(28  bez.  54)  als  1891/92;  die  an  einem  Tage  gefallenen  Regenmengen 
waren  mithin  durchschnittlich  erheblich  unergiebiger. 

Wie  eine  in  der  Zeit  von  Juni  bis  Oktober  1894  von  Dr.  Plehn 
sorgfältig  durchgeführte  Vergleichung  der  Temperaturangaben  des 
in  der  meteorologischen  Hütte  aufgestellten  Psychrometers  mit  einem 
Assmann  sehen  Aspirationsthermometer  ergab,  ist  die  Aufstellung 
des  Psychrometers  eine  recht  befriedigende  und  liefert  dieselbe 
nahezu  einwandsfreie  Werthe. 

Bei  hundert  vorgenommenen  Vergleichungen  stand  das  trockene 
Thermometer  in  der  Hütte  im  Mittel  um  0°.134,  das  feuchte  um 
0°.262  höher  als  die  betreffenden  Thermometer  des  Aspirations¬ 
thermometers.  Bei  kräftiger  Brise  war  die  Differenz  meist  0°.  Die 
höchste  beobachtete  Differenz  der  trockenen  Thermometer  betrug 


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0°.7,  die  Differenz  0°.5  wurde  fünfmal  erreicht;  die  höchste  Differenz 
der  feuchten  Thermometer  betrug  1°.5,  die  Differenz  0°.5  wurde 
siebenmal  erreicht  bezw.  überschritten. 

Von  besonderem  Interesse  ist  es,  dass  gleichzeitig  mit  Dr.  Plehn 
in  Kamerun  selbst  Dr.  Preuss  im  botanischen  Garten  zu  Victoria 
Beobachtungen  anstellte.  Mit  Berücksichtigung  der  um  etwa  70  m 
höheren  Lage  von  Victoria  gegen  das  Gouvernementsgebäude  in 
Kamerun  und  der  etwas  abweichenden  Beobachtungstermine  daselbst 
(72  Stunde  früher)  ergiebt  sich  eine  nahezu  vollständige  Ueberein- 
stimmung  der  Temperaturverhältnisse  an  beiden  Orten.  Bei  einer 
mittleren  Temperaturabnahme  von  0°.6  pro  100  m  muss  das  70  m 
höher  als  Kamerun  gelegene  Victoria  eine  etwa  0°.4  geringere 
Mitteltemperatur  haben. 

Aus  diesem  Beispiel  ersieht  man,  dass  zur  Erforschung  der 
Temperaturverhältnisse  des  Aestuariums  von  Kamerun  und  seiner 
in  geringer  Seeliöhe  gelegenen  Nachbarschaft  die  eine  Station  in 
Kamerun  für  praktische  Zwecke  wenigstens  vollständig  genügt  und 
dass  es  daher  vorläufig  überflüssig  erscheint,  mehrere  solche  Stationen 
in  diesem  Gebiete  zu  unterhalten.  Die  thatsächlicli  vielleicht  vor¬ 
handenen  kleinen  Unterschiede  und  lokalen  Färbungen  des  Klimas 
an  verschiedenen  Punkten  dieses  Gebietes  werden  sich  auf  dem 
bisher  üblichen  und  allein  möglichen  Wege  nicht  mit  Sicherheit  fest¬ 
stellen  lassen,  da  es  hierzu  einer  ganz  haarscharf  gleichen  Aufstellung 
der  Instrumente  und  einer  ganz  exakt  gleichmässigen  Ablesung  und 
Behandlung  derselben  bedürfen  würde,  Erfordernisse,  die  sich  ohne 
die  Mitwirkung  spezieller  Fachgelehrter  nicht  erreichen  lassen,  da 
man  es  doch  stets  mit  freiwilligen,  durch  vielerlei  Berufsgeschäfte 
abgezogenen  Beobachtern  zu  thun  haben  wird.  Inwieweit  z.  B. 
die  in  Bezug  auf  die  Luftfeuchtigkeit  an  beiden  Punkten  hervor¬ 
tretenden  Differenzen  auf  die  nicht  genau  gleiche  Aufstellung  und 
Behandlung  des  Psychrometers  oder  auf  wirklich  vorhandene  lokale 
Unterschiede  zurückzuführen  sind,  lässt  sich  nicht  sagen.  Dagegen 
werden  weitere  Temperaturbeobachtungen  aus  dem  höher  gelegenen 
Innern  des  Schutzgebietes  sowie  aus  dem  Kamerungebirge  und  aus 
den  südlichsten  Küstengebieten  selbstverständlich  stets  sehr  will¬ 
kommen  sein. 

Bemerkenswerth  ist,  dass  Victoria  durchschnittlich  nicht  uner¬ 
heblich  regenärmer  ist,  sowohl  was  Menge  als  was  Zahl  der  Regen¬ 
tage  betrifft,  als  Kamerun.  Die  an  beiden  Punkten  gemessenen 
Regenmengen  verhalten  sich  in  der  Jahressumme  wie  4 : 5.  In¬ 
wieweit  dieser  Unterschied  ständig  ist,  müssen  weitere  Beobachtungen 
lehren,  wie  denn  überhaupt  eine  möglichste  Vermehrung  der  Regen¬ 
messstationen  im  Interesse  derPflanzungsunternehmen  sehr  wünschens- 


72 


werth  wäre.  Den  Bemühungen  des  Gouvernements  ist  es  auch 
gelungen,  einige  Beobachter  für  die  regelmässige  Messung  der  Nieder¬ 
schläge  zu  gewinnen,  so  dass  mit  Beginn  des  Jahres  1895  einige 
neue  Stationen  in  Thätigkeit  getreten  sein  dürften. 

Ein  wesentlicher  Unterschied  besteht  zwischen  den  Resultaten 
der  Windbeobachtungen  in  Victoria  und  am  Gouvernementsgebäude 
in  Kamerun.  Während  an  letzterem  Punkte  der  tägliche  Wechsel 
von  Land-  und  Seebrise  in  einem  fast  ausschliesslichen  Vorherrschen 
von  Ost-  und  Westwinden  zu  Tage  tritt,  sind  in  Victoria  einerseits 
N — NO-  und  S — W -Winde  die  häufigsten.  Morgens  herrschen  nord¬ 
östliche  Winde  fast  ausschliesslich  vor,  mittags  südliche  und  west¬ 
liche,  abends  sind  beide  Windrichtungen  ziemlich  gleich  häufig. 
Dieser  Unterschied  zwischen  Victoria  und  Kamerun  wird  offenbar 
durch  die  verschiedene  Richtung  des  Küstenverlaufes  an  beiden 
Orten  bedingt  sowie  durch  die  Nähe  des  Kamerungebirges  bei 
Victoria,  welches  Berg-  und  Thalwinde  veranlasst. 

Die  Gleichmässigkeit  der  Temperaturverhältnisse  wird  auch  be¬ 
stätigt  durch  die  Beobachtungen  des  Botanikers  M.  Dinklage,*) 
der,  soweit  es  ihm  seine  anderweitigen  Berufsgeschäfte  gestatteten, 
vom  Oktober  1892  bis  November  1893,  zuerst  bis  zum  4.  Dezember 
1892  in  Batanga-Dumali,  einer  Faktorei  am  Lobefluss,  und  dann 
vom  10.  Dezember  1892  an  in  Gross  -  Batanga  meteorologische  Beob¬ 
achtungen  angestellt  hat,  deren  Resultate,  soweit  sie  auf  Luft¬ 
temperatur  und  Regenfäll  Bezug  haben,  wir  hier  folgen  lassen. 
Wir  haben  nur  diejenigen  Temp eraturmi ttel werth e  aufgenommen, 
für  die  mindestens  zwanzig  Beobachtungen  im  Monat  Vorlagen.  Die 
Werthe  der  Regenmengen  dürften  durch  die  öftere  Abwesenheit  des 
Beobachters  insofern  nicht  wesentlich  beeinflusst  worden  sein,  als 
wenigstens  die  Totalregensummen  der  Wahrheit  ziemlich  entsprechen 
dürften,  wenn  es  auch  unmöglich  ist,  die  Zahl  der  Regentage  und 
die  grösste  Regenmenge  wärend  eines  Tages  aus  diesen  Beobach- 


tungen  abzuleiten. 

7  a 

Lufttemperatur 
2p  9p 

Mittel 

Mittleres  Regenmenge 
Max.  Min.  in  mm 

O 

o 

O 

O 

O 

O 

Oktober  1892 

22.5 

26.1 

23.3 

23.8 

27.4 

21.5  411.2 

November 

22.9 

27.2 

24.2 

24.6 

28.2 

21.7  326.9 

Dezember 

- — 

— 

— 

— 

— - 

48.3 

Januar  1893 

23.4 

27.4 

25.3 

25.3 

29.2 

22.3  165.9 

Februar 

— 

— 

— 

— 

— 

—  338.9 

März 

— 

— 

— 

— 

— 

268.2 

*)  Die  Beobachtungen  wurden  der  Redaktion 

seitens 

der  Direktion  der 

Seewarte  in  Hamburg  giitigst  zur  Verfügung  gestellt. 


73 


Lufttemperatur 

Mittleres 

Regenmenge 

7  a 

2p 

9p 

Mittel 

Max. 

Min. 

in  mm 

April 

o 

23.4 

o 

28.1 

o 

25.3 

0 

25.5 

o 

30.0 

O 

22.1 

479.4 

Mai 

23.4 

28.6 

25.2 

25.6 

30.6 

22.1 

212.5 

Juni 

23.1 

27.9 

24.5 

25.0 

29.9 

21.7 

347.5 

Juli 

23.0 

26.5 

24.6 

24.7 

28.2 

21.8 

346.8 

August 

23.1 

26.0 

24.7 

24.6 

27.6 

21.9 

559.7 

September 

23.0 

25.4 

24.1 

24.1 

27.5 

22.0 

601.5 

Oktober 

22.5 

25.9 

23.7 

23.9 

28.1 

21.6 

585.1 

November 

23.3 

27.1 

'  25.3 

25.4 

29.3 

22.6 

202.2 

Im  Mittel 

von 

neun 

Monaten 

gleichzeitiger 

Beobachtungen 

(Oktober  1892,  April  bis  November  1893)  ergiebt  sich  für  das  Gou¬ 
vernement  in  Kamerun  eine  Mitteltemperatur  von  24°. 7,  für  Batanga 
von  24°. 8,  die  Mitteltemperaturen  der  meisten  Monate  stimmen  voll¬ 
ständig  miteinander  überein,  die  grösste  Abweichung  beträgt  0°.4. 
Die  gleichzeitig  gemessene  Regenmenge  betrug  3036  mm  in  Kamerun 
bezw.  3746  mm  in  Batanga.  Durchschnittlich  fielen  also  am  Gou¬ 
vernement  in  Kamerun  81  pCt.  der  in  Batanga  gemessenen  Regen¬ 
menge. 

Weiter  im  Süden  des  Schutzgebietes,  am  Kampofluss  z.  B.,  dürften 
die  Temperatur-  und  Niederschlagsverhältnisse  sich  wesentlich  anders 
gestalten  und  bleibt  die  Errichtung  einer  meteorologischen  Station 
daselbst  sehr  erwünscht. 


Victoria. 

'  nördl.  Br.  A  =  9°  13'  östl.  Gr.  Seeliölie  =  80  m. 


74 


bß 


5  pH 


CßCOOCO^OOt^CDHfM^  CP 
CO  CO  CO  CO  05  05  C5  00  GO  CO  GO  CO  CO 


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05  05  05  05  05  05  05  05  05  CO  GO  05  05 


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CO  CO  CO  GO  05  05  CO  GO  05  t>-  CO  05*  CO 


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Ol  Ol  Ol  Ol  Ol  Ol  Ol  Ol  Ol  Ol  Ol  Ol 


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Ol  Ol  Ol  Ol  Ol  Ol  Ol  Ol  Ol  Ol  Ol  Ol  01 


Ph 

o 

00 

X 

Ol 

+ 

pH 

o 

tH 

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o 

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Wetter¬ 

leuchten 

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25.0 

mm 

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Zahl  der  T 

Begen 

mit  mehr 

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mm  mm 

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H 

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I  Max. 
in 

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I  Summe 

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o 

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r 

Mittel 

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o 

CO 

CP 

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cötHtHcöoicscöcooöcötHco  a6 

1893/94 

April . 

Mai . 

Juni . 

Juli . 

August . 

September  .... 
Oktober  ..... 
November  .... 
Dezember  .... 

Januar  . 

Februar  . 

März . 

Jahr 

Kamerun. 

nördl.  Br.  k  =  9°  42'  östl.  Gr.  Seehöhe  etwa  12 


75 


e 


<N 

o 

II 

6- 


o 

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o 

O  05  05  CO  | 

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03  c- 

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CM  CM  CM  — •  CM  CM 

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CD  p  p  GM  CD  CO  rH 

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Min. 

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CM  GM  CM  CM  CM  CM  rH 

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Min.  1  Diff. 

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CM  CM  CM  CM  CM  CM  CM 

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CM  CM  CM  CM  Ol  CM  CM 

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Max.  Min. 

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Mittel 

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7a 

CO  rH  05  rH  CO  05  t>* 

05  05  rH  05  05  CO 
diOiOCDiOOiO 

1892 

April  .  .  . 

Mai.  .  .  . 
Juni  .  .  . 

Juli  ... 
August  .  . 

September  . 
Oktober*)  . 

nur 

Wetter¬ 

leuchten 

H  t-  CD  CO  CM  CM  ^ 

T— (  T— 1 

mit 

Ge¬ 

wittern 

l>-  CM  i£>  iG)  1>-  CO  CM 

H  CM  H  rH 

1  der  Tage 

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1.0  nun  |  25.0  mm 

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H  H  rH 

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Max.  in 
Summe  24  Stein. 

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05  O  05  CD  05  o 

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rH 

05 

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05 

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rH  CO  CM  H  '^f*  rH 

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V 

7a 

1 

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ddödöod 

1892 

April  .  .  . 

Mai.  .  .  . 
Juni  .  .  . 

Juli  .  .  . 
August  .  . 
September  . 
Oktober*)  . 

')  Beobachtungen  mit  Ausnahme  der  der  Hydrometeore  lückenhaft. 


Kamerun. 

nördl.  Br.  I  —  9°  42'  östl.  Gr.  Seellöhe  etwa  12 


76 


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7 

2 

Mai  1893  .  9 

7 

2 

Juni  1893  .  9 

7 

2 

Juli  1893  .  9 

7 

2 

August  1893  9 

7 

2 

Septbr.  1893  9 

7 

2 

Oktober  1893  9 

Häufigkeit  der  Windrichtungen  in  Victoria. 


-  78  — 


Summe 

o  o  o 

CO  CO  CO 

06  1 

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Wind¬ 

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1  1- 

1  1  1 

1 

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1 

1  50  1 

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02 

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Hl 

05 

Monat 

7 

2 

Novbr.  1893  9 

7 

2 

Dezbr.  1893  .  9 

7 

2 

Januar  1894  9 

7 

2 

Februar  1894  9 

7 

2 

März  1894  .  9 

7a 

2p 

Jahr  1893/94  9p 
Summe 

79 


Häufigkeit  der  Windrichtungen  in  Kamerun. 


Monat 

N 

NB 

E 

SE 

S 

SW 

W 

NW 

Wind¬ 

stille 

nicht  be¬ 
obachtet 

Summe 

7a 

— 

5 

18 

— 

— 

— 

— 

— 

2 

5 

30 

2p 

— 

— 

— 

— 

25 

— 

— 

5 

30 

April  1893  .  9p 

— 

— 

— 

1 

— 

18 

1 

— 

2 

8 

30 

— 

5 

18 

1 

— 

43 

1 

— 

4 

18 

90 

7 

— 

— 

27 

— 

— 

— 

— 

— 

2 

2 

31 

2 

— 

— 

— 

— 

— 

26 

— 

3 

2 

31 

Mai  1893  .  9 

— 

— 

1 

1 

— 

16 

3 

_ 

5 

5 

31 

— 

28 

1 

— 

42 

3 

— 

10 

9 

93 

7 

— 

— 

19 

— 

— 

— 

— 

— 

7 

4 

30 

2 

— 

— 

— 

1 

— 

20 

1 

— 

4 

4 

30 

Juni  1893  .  9 

— 

— 

2 

— 

— 

9 

4 

— 

9 

6 

30 

— 

— 

21 

1 

— 

29 

5 

— 

20 

14 

90 

7 

1 

— 

18 

— 

1 

— 

— 

— 

11 

— 

31 

2 

— 

1 

— 

— 

— 

26 

2 

— 

1 

1 

31 

Juli  1893  .  9 

— 

— 

— 

— 

1 

9 

6 

— 

7 

8 

31 

1 

1 

18 

— 

2 

35 

8 

_ 

19 

9 

93 

7 

— 

— 

17 

— 

— 

— 

— 

— 

13 

1 

31 

2 

— 

— 

— 

— 

1 

19 

8 

— 

1 

2 

31 

August  1893  9 

— 

— 

1 

— 

— 

8 

5 

_ 

15 

2 

31 

— 

— 

18 

— 

1 

27 

13 

— 

29 

5 

93 

7 

— 

— 

18 

— 

— 

3 

1 

— 

4 

4 

30 

2 

— 

— 

• - 

1 

— 

22 

2 

— 

1 

4 

30 

Septbr.  1893  9 

— 

— 

1 

— 

3 

12 

2 

— 

6 

6 

30 

— 

— 

19 

1 

3 

37 

5 

11 

14 

90 

7 

— 

— 

24 

— 

— 

- 

- 

— 

7 

— 

31 

2 

— 

— 

— 

— 

— 

30 

1 

31 

Oktober  1893  9 

— 

— 

— 

— 

— 

18 

2 

_ 

7 

4 

31 

— 

— 

24 

— 

— 

48 

2 

— 

14 

5 

93 

7 

— 

— 

19 

— 

— 

1 

— 

— 

9 

1 

30 

2 

— 

— 

— 

_ 

_ 

28 

1 

— 

— 

1 

30 

Novbr.  1893  9 

— 

— 

2 

— 

— 

12 

7 

— 

6 

3 

30 

— 

— 

21 

— 

— 

41 

8 

— 

15 

5 

90 

7 

— 

— 

8 

— 

— 

— 

— 

— 

7 

16 

31 

2 

— 

— 

— 

— 

11 

3 

— 

17 

31 

Dezbr.  1893  9 

— 

— 

1 

— 

— 

5 

— 

6 

19 

31 

— 

— 

9 

— 

— 

11 

8 

— 

13 

52 

93 

7 

— 

— 

15 

— 

— 

1 

2 

— 

7 

6 

31 

2 

— 

— 

— 

— 

— 

20 

3 

— 

— 

8 

31 

Januar  1894  9 

— 

— 

— 

— 

1 

14 

— 

7 

9 

31 

— 

— 

15 

— 

— 

22 

19 

— 

14 

23 

93 

7 

— 

— 

13 

— 

— 

— 

1 

— 

12 

2 

28 

2 

— 

— 

— 

— 

1 

21 

5 

— 

1 

— 

28 

Februar  1894  9 

— 

— 

1 

— 

— 

3 

14 

— 

9 

1 

28 

— 

— 

14 

— 

1 

24 

20 

— 

22 

3 

84 

7 

— 

— 

20 

— 

1 

— 

2 

— 

6 

2 

31 

2 

— 

— 

— 

— 

1 

19 

9 

— 

2 

— 

31 

März  1894  .  9 

— 

— 

1 

— 

4 

19 

— 

5 

2 

31 

— 

- 

21 

— 

2 

23 

30 

— 

13 

4 

93 

Summe  7a 

1 

5 

216 

— 

2 

5 

6 

— 

87 

43 

365 

2p 

— 

1 

— 

2 

3 

267 

34 

— 

13 

45 

365 

9p 

— 

— 

10 

2 

4 

110 

82 

— 

84 

73 

365 

Jahr 

1 

6 

226 

4 

9 

382 

122 

00 

161 

1095 

Bericht  von  Missionar  F.  Autenrieth  über  seine  Bereisung  des 
Gebirgslandes  nordöstlich  vom  Wuri. 


Nachdem  die  Gewinnung  von  Trägern  für  eine  nach  dem 
Nkosigebirgsland  (Bakosi)  vorbereitete  Reise  infolge  eines  falschen 
Gerüchtes,  nach  welchem  ich  bei  meiner  vorjährigen  Reise  drei 
Nkosileute  zu  Tode  gezaubert  hätte,  und  wolür  ich  bei  nächster 
Gelegenheit  todt  geschlagen  werden  sollte,  im  letzten  Moment  noch 
vereitelt  wurde,  entschloss  ich  mich,  nach  den  östlich  vom  Nkosi- 
gebirge  gelegenen,  bis  dahin  noch  unbekannten  Gegenden  vorzu¬ 
gehen.  Mit  acht  Trägern,  deren  jedem  eine  50  Pfundlast  zugetheilt 
war,  brach  ich  am  7.  Mai  in  nordöstlicher  Richtung  nach  dem 
Mabombefluss  (auf  Karten  irrthümlich  Dibombe  genannt)  von 
Mangamba  auf  und  erreichte  denselben  bei  Baiseng  nach  fünf¬ 
stündigem  Marsch.  Baiseng  und  das  ihm  auf  dem  jenseitigen  Ufer 
gegenüberliegende  Nkom  befinden  sich  am  Knotenpunkt  ver¬ 
schiedener  ins  Land  hineinführenden  Verkehrswege,  auf  welchen 
die  Handelsprodukte  von  Ndokripenda,  Bonking,  Fan  und  den 
hinter  denselben  gelegenen  Gebieten  hier  zusammenlaufen  und 
dementsprechend  diese  Dörfer  zu  belebten  Handelsplätzen  machen. 
Der  von  hier  aus  nach  dem  Innern  gerichtete  Verkehr  wird  zum 
grösseren  Theil  auf  dem  Mabombe,  soweit  derselbe  fahrbar  ist, 
vermittelt.  Der  Endpunkt  der  Schiffbarkeit  liegt  an  der  etwa 
12  Stunden  oberhalb  Nkom  errichteten  Handelsstation  Nyanga,  bis 
wohin  neuerdings  die  Handelsgrenze  des  Dualastammes  vorgeschoben 
wurde.  Ein  in  dem  östlich  vom  Mabombe  gelegenen  Ndokripenda- 
gebiet  ausgebrochener  Krieg  nöthigte  mich,  dieses  Gebiet  unberührt 
zu  lassen  und  direkt  zu  den  nördlich  und  nordöstlich  von  diesem 
Stamme  gelegenen  Mfun  und  Bonking  vorzugehen.  Von  dem 
Handelsplatz  Nyanga,  welchen  wir  auf  dem  Wasserweg  erreichten, 
verfolgten  wir  auf  dem  rechten  Ufer,  in  nordöstlicher  Richtung, 
während  eines  achtstündigem  Mai’sches  den  Lauf  des  Mabombe,  welch 
letzterer  auf  dieser  Strecke  durch  sein  enges,  in  Basaltfelsen  ein¬ 
gegrabenes  Bett,  in  welchem  er  fortwährend  Schnellen  und  einige 
Abstürze  bildet,  wie  durch  den  ihn  auf  beiden  Seiten  ununterbrochen 


81 


begleitenden  Hochwald  ein  wildromantisches  Gepräge  gewinnt. 
Von  der  Stelle,  an  welcher  wir  den  Mabombe,  nach  Osten  uns 
wendend,  überschritten,  schlägt  derselbe  nordwestliche  Richtung 
ein,  bis  er  in  den  nördlichen  Nkosibergen  seine  Quelle  erreicht. 

Oestlich  vom  Mabombe  im  Gebiet  der  Bonking  überraschte 
uns  durch  seine  vielen  Dörfer  wie  durch  seinen  reichen  Ackerbau 
ein  zwischen  steilen  Bergen  und  Hügeln  fast  geradlinig  sich  hin¬ 
ziehendes  schönes  breites  Thal,  dessen  reissendes  Flüsschen  dem 
Mabombe  zufliesst  und  in  seinem  ganzen  Verlauf  mit  dem  Namen 
Tinge  genannt  wird.  In  einer  Längenausdehnung  von  etwa  zehn 
Wegstunden  reiht  sich  in  diesem  Thal  fast  Dorf  an  Dorf,  deren 
aber  beinahe  jedes  einem  anderen  Stamme  angehört.  Es  sind  ver¬ 
treten  die  Stämme:  Bonking,  Mbaga,  Banibwa,  Manekai, 
Ndyem  und  Ekom.  Nach  der  freundlichen  Aufnahme  zu  schliessen, 
die  uns  dort  zu  Tlieil  wurde,  dürfte  einer  Missionsthätigkeit  von 
Seiten  der  Leute  kein  Hinderniss  entgegenstehen.  Die  vielen 
kleinen  Stämme  bezw.  Staminestkeile,  welche  hier  und  in  den  an¬ 
grenzenden  Gebieten  bis  zum  Fuss  der  Hochgebirge  die  Bevölkerung 
ausmachen,  sind  eine  auffallende  Erscheinung:  sie  lindet  jedoch  ihre 
Erklärung  in  der  fortwährenden  Bewegung,  welche  von  den  Stämmen 
des  Innern  ausgeht  und  nach  der  Westküste  hindrängt.  Von  bei¬ 
nahe  allen  in  diesem  Strich  angesiedelten  Stämmen  konnte  ich  in 
Erfahrung  bringen,  dass  sie  nur  kleine  Bruchtheile  grösserer  weiter 
im  Innern  existirender  Stämme  sind.  Dass  diese  Bewegung  bis 
heute  ununterbrochen  weiter  geht,  davon  konnte  ich  mich  durch 
mehrere  ganz  neue  Ansiedlungen,  die  zum  Tlieil  erst  in  der  Bildung- 
begriffen  sind,  überzeugen.  Obwohl  nach  einigen  unbestimmten 
Angaben  der  Eingeborenen  dei  Vortheil  einer  besseren  Handels¬ 
verbindung  der  Grund  zur  Wanderung  gewesen  sein  soll,  und  hier 
noch  Niemand  etwas  von  der  Mohammedanerherrschaft  des  Innern 
weiss,  so  dürfte  es  doch  wahrscheinlich  sein,  dass  der  Anfang  dieser 
Menschenbewegung  von  den  Mohammedanern  veranlasst  ist.  Der 
geringe  Verkehr,  welcher  zwischen  dieser  vielstämmigen  Bevölkerung 
und  den  weiter  landeinwärts  wohnenden  Völkern  stattlindet,  lässt 
es  übrigens  begreiflich  erscheinen,  wenn  eine  sichere  Kunde  aus 
dem  Innern  hier  nicht  zu  erhalten  ist.  Ein  Vortheil  ist  es  jedoch, 
dass  diese  zusammengewürfelte  Bevölkerung  einen  regen  Verkehr 
sowohl  unter  sich  als  auch  mit  den  küstenwärts  liegenden  Stämmen 
unterhält,  denn  ohne  solchen  würden  z.  B.  noch  viel  mehr  Sprach¬ 
schranken  bestehen,  als  es  bereits  sind,  auch  würde  Misstrauen  und 
abergläubische  Furcht  vor  Fremden  nicht  schon  in  der  Weise  be¬ 
seitigt  sein,  wie  es  thatsächlich  der  Fall  ist.  Gerade  in  letzterem 
Punkt  unterscheidet  sich  diese  Bevölkerung  sehr  wesentlich  von 

Mitth.  von  Forschungsreisenden,  VIII.  Band.  I.  p 


82 


den  weiter  landeinwärts  wohnenden  Stämmen,  welche  den  Fuss  und 
die  Südabhänge  des  Hochgebirges  bewohnen. 

Vom  mittleren  Tingethal  aus  durchzogen  wir  zunächst  in  öst¬ 
licher  und  dann  in  nordöstlicher  Richtung  ein  ziemlich  dünn  be¬ 
völkertes,  aber  sehr  dicht  bewaldetes  Bergland  von  vulkanischem 
Charakter,  dessen  höchste  Rücken  etwa  300  m  sich  übers  Meer 
erheben  mögen.  Schöne  breite  Thalgründe  mit  fruchtbarem  Lava¬ 
boden,  in  welchem  die  Pflanzungen  der  Bewohner  prächtig  gedeihen, 
wechseln  mit  Lavatrümmerfeldern,  welche  von  Zeiten  vulkanischer 
Eruptionen  berichten.  Etwa  1  \h  Tagemärsche  vom  Tingethal  in 
nordöstlicher  Richtung  entfernt  erreichten  wir  den  21  Dörfer 
zählenden  Stamm  Babong,  welcher  einen  schluchtenreichen  Theil 
des  Berglandes  bewohnt.  Auf  einen  freien,  hochgelegenen  Punkt 
angelangt,  wurden  wir  unerwartet  durch  einen  in  nächster  Nähe 
vor  uns  etwa  2500  in  aufsteigenden  Berg  überrascht,  den  wir  aber 
sofort  als  einen  von  Mangamba  in  weiter  Perne  am  nordöstlichen 
Horizont  sichtbaren  Berg  erkannten.  Zur  Orientirung  und  zur 
Kenntniss  der  geographischen  Lage  unseres  Standortes  gab  er, 
nachdem  bis  dahin  jede  Fernsicht  durch  Busch  und  Wald  unmöglich 
war,  erwünschte  Auskunft.  Den  bis  dahin  noch  unbekannten  Namen 
dieses  durch  seine  kühnen  Formen  und  seine  beherrschende  Lage 
sich  auszeichnenden  Berges  konnten  wir  als  Nlonako  feststellen. 
Nach  den  Angaben  der  Eingeborenen,  wonach  ein  Theil  der  im 
Babonggebiet  fliessenden  Bäche  nach  dem  Osten  laufe,  nehmen  wir 
an.  dass  wir  uns  hier  an  der  Wasserscheide  der  rechten  Zuflüsse 
des  mittleren  Mbam  und  des  Wuri  befanden.  Zu  dieser  Annahme 
»Raubten  wir  uns  um  so  mehr  berechtigt,  als  das  erwähnte  Bergland 
hier,  wie  der  Augenschein  ergab,  seine  höchste  Höhe  erreicht  und 
sich  in  nordöstlicher  Richtung  —  östlich  vom  Nlonako  —  weit 
nach  dem  Innern  zu  langsam  abflacht;  dasselbe  ist  der  Fall  nach 
Südwesten  hin,  bezw.  küstenwärts.  Hier  in  Babong  und  seinen  an¬ 
grenzenden  Gebieten  ist  der  Hochgebirgskranz,  welcher  das 
Kamerunfluss-Gebiet  umschliesst,  durchbrochen  und  findet  sich  in 
dem  breiten  Durchgang  eben  das  nach  dem  Innern  abfallende 
Bergland.  Hier  dürfte  nach  meiner  Ueb er zeugung  der  geeignetste 
Durchpass  und  der  nächste  Weg  für  die  nach  dem  mittleren  Mbam 
gerichteten  Unternehmungen  sein.  Derselbe  sollte  nach  meiner 
Schätzung  kaum  mehr  als  acht  Tagemärsche  von  Babong  entfernt 
liegen  und  würde  somit  von  Mangamba  in  etwa  14  Tagen  zu 
erreichen  sein.  In  der  Richtung  nach  dem  Mbam  von  Babong  aus 
weiter  zu  gehen  und  denselben  womöglich  zu  erreichen,  hätte 
meiner  persönlichen  Neigung  am  meisten  entsprochen,  aber  ab- 
o-esehen  davon,  dass  ich  für  diese  Unternehmung  kaum  genügend 


83 


ausgerüstet  gewesen  wäre,  hätte  dies  auch  weniger  praktischen 
Nutzen  für  unsere  Zwecke  gehabt,  als  es  die  Bekanntschaft  mit 
den  zwischen  hier  und  dem  etwa  4  bis  5  Tagereisen  weiter  westlich 
gelegenen  Nkosigebirge,  im  Hinblick  auf  das  wahrscheinliche,  baldige 
Vorgehen  unserer  Mission  dorthin,  haben  musste.  Nach  fünftägigem 
Aufenthalt  in  Babong,  wo  uns  die  freundlichste  Aufnahme  zu  Theil 
wurde,  wendeten  wir  uns  dementsprechend  nach  Westen  und  Nord¬ 
westen  und  gelangten,  nachdem  wir  uns  unterwegs  in  verschiedenen 
Dörfern  aufgehalten  und  die  Eingeborenen  wie  überall  über  den  Zweck 
unseres  Kommens,  soweit  es  die  Sprachverhältnisse  noch  zuliessen, 
unterrichtet  hatten,  nach  mehreren  Tagen  in  ein  weit  ausgedehntes, 
etwa  500  bis  600  m  hoch  gelegenes,  schönes  Weide-  und  Palmenland, 
durch  dessen  Anblick  wir  beim  Eintritt  in  dasselbe  aufs  Angenehmste 
überrascht  wurden.  Dasselbe  bildet  die  unteren  Regionen  eines 
wohl  über  2000  m  hoch  ansteigenden,  breitgelagerten  Gebirgs- 
stockes,  der  im  Osten  an  den  Nlonako  und  im  Westen  an  das 
Nkosigebirge  grenzt.  Den  Namen  dieses  Berges  ermittelten  wir 
als  Manenguba.  Sowohl  das  Landschafts-  als  auch  das  Vegetations¬ 
bild  ist  hier  plötzlich  ein  völlig  anderes.  Das  wilde,  schluchten¬ 
reiche  und  dichtbewaldete  Bergland  nimmt  hier  unvermittelt  die 
Gestalt  eines  sanft  gewellten,  langsam  und  gleichmässig  ansteigenden, 
angenehmen  Pai’k-  und  Weidelandes  an,  in  welchem  reiche  Palmen¬ 
bestände  die  zerstreut  angelegten  menschlichen  Ansiedlungen  ver- 
rathen.  Unter  den  vielen  kleinen  Stämmen  dieses  Gebiets  erreichten 
wir  Bakaja  und  Banihwa,  von  welchen  wir  einem  kleinen  Brucli- 
theil  schon  im  Tingethal  begegneten,  ferner  streiften  wir  die 
Stämme:  Nkwarr,  Ndonge,  Salimwa,  Manengolo  und 

Manengoteng.  Die  Aufnahme,  die  wir  hier  fanden,  war  eine 
weniger  freundliche,  als  sie  uns  bis  dahin  zu  Theil  geworden  war, 
wras  aber  wohl  nicht  Folge  schlimmerer  Charaktereigenschaften 
als  vielmehr  tiefer  abergläubischer  Furcht  gewesen  sein  mag.  Die 
Sprachschranke,  die  uns  hier  entgegenstand  und  die  wir  auch  mit 
den  drei  uns  zur  Verfügung  stehenden  Kamerunsprachen  nicht 
überwinden  konnten,  war  dabei  ein  wesentliches  Hinderniss,  das 
Misstrauen  zu  beseitigen.  Es  ist  jedoch  meine  Ueberzeugung,  dass 
wir  bei  einem  nächsten  Besuch  schon  eine  freundlichere  Aufnahme 
finden  würden.  Infolge  des  Palmenreichthums  ist  hier  die  Palmöl¬ 
produktion  eine  ziemlich  bedeutende  und  ich  konnte  mich  über¬ 
zeugen,  dass  der  grösste  Theil  des  Palmöls,  welches  die  von  hier 
küstenwärts  liegenden  Stämme  —  Abo  und  Ndokripenda  etwa 
ausgenommen  —  in  den  Handel  bringen,  von  dieser  fernen  Gegend 
kommt.  Auffallenderweise  sind  alle  zwischen  dem  Abogebiet  und 
diesem  Palmenland  gelegenen  Gegenden  sehr  schwach  mit  Palmen 

6* 


84 


besetzt.  Der  Oelhandel  wirft  aber  infolge  des  Zwischenhandelsystems 
einen  sehr  geringen  Gewinn  für  seine  Produzenten  ab.  Für  ein 
Quantum  Oel,  welches  der  Europäer  an  der  Küste  mit  8  Mark 
bezahlt,  wird  dort  nur  ein  Lendentuch  im  'Werth  von  1  Mark  oder 
sonstige  Waaren  im  selben  Werth  gegeben.  Es  lässt  sich  daher 
nicht  verwundern,  dass  in  jener  Gegend  Lendentücher  noch  eine 
Seltenheit  sind,  ln  agrikultureller  Hinsicht  scheinen  jene  Bewohner 
nicht  mehr  Zeit  und  Kraft  zu  verwenden,  als  eben  die  bittere 
Nothwendigkeit  erfordert.  Die  gebauten  Nutzpflanzen  sind  ziemlich 
dieselben  wie  im  Niederland,  neu  und  überraschend  ist  nur  ein 
für  den  eigenen  Bedarf  getriebener  Tabakbau.  Bei  jedem  Gehöfte 
ist  eine  kleine  Tabakpflanzung  zu  treffen,  welche  meist  sorgfältig 
eingezäunt  ist. 

Hier  in  dieser  schönen,  durch  ihre  landschaftlichen  Beize  und 
gemässigte  Temperatur  bevorzugten  Gegend  länger  zu  verweilen 
und  die  weiter  bergauf  wohnenden  Stämme  aufzusuchen,  müsste 
uns  zur  augenehmsten  Aufgabe  geworden  sein,  wenn  uns  nicht  die 
aus  abergläubischer  Furcht  entsprungene  Böswilligkeit,  sowie  die 
Sprachschranke  hindernd  in  den  Weg  getreten  wäre.  Aus  Furcht, 
der  nach  ihrer  Ansicht  mit  bedeutender  Zaubermacht  ausgerüstete 
weisse  Mann  könnte  bei  den  Nachbarstämmen  Unheil  anrichten,  an 
welchem  sie  dann  die  Schuld  zu  tragen  hätten,  suchten  die  dortigen 
Bewohner  mein  Vordringen  bergaufwärts  in  jeder  Weise  zu  ver¬ 
hindern.  Als  ich  es  dennoch  versuchen  wollte,  hatte  ich  das  Ver¬ 
gnügen  zwei  Tage  lang  im  Kreis  herumgeführt  zu  werden  und  am 
Abend  wieder  im  selben  Dorfe  zu  sein,  von  welchem  wir  am 
Morgen  ausgezogen  waren.  Als  wir  noch  einen  Tag  gefangen  gehalten 
wurden,  sahen  wir  uns  genöthigt,  statt  noch  weiter  die  nördliche 
Dichtung  zu  verfolgen,  uns  nach  Südwesten  dem  Kupeberg  zuzu¬ 
wenden.  Trotz  der  Unfreundlichkeit,  mit  der  uns  jene  Leute 
begegneten,  Hessen  sie  uns  doch  in  genügendem  Maasse  ihre  Gast¬ 
freundschaft  erfahren,  und  wir  konnten  mit  den  drei  Ziegen  und 
den  beigegebenen  Pflanzenfrüchten  während  unseres  sechstägigen 
Aufenthalts  in  jenem  schönen  Grasland  hinlänglich  unseren  Bedarf 
decken. 

Auf  dem  Marsch  in  der  Richtung  nach  dem  Kupeberg  ver¬ 
tauschte  sich  bald  das  leicht  und  bequem  zu  bereisende  Grasland 
mit  der  Hochwaldregion,  in  welcher  wir  mehrere  Quellflüsse  des 
Mabombe  und  später  diesen  selbst  unmittelbar  unterhalb  eines 
prächtigen  Wasserfalls  auf  einer  von  einem  Fels  zu  einem  Baumast 
gespannten  Pflanzenseilbrücke  zu  überschreiten  hatten.  Nach 
1 1/2  Tagemärschen  erreichten  wir  vom  Grasland  aus  den  östlichen 
Fuss  des  kuppelförmigen,  fast  senkrecht  ansteigenden  Kupeberges, 


dessen  Höhe  auf  2500  bis  3000  m  angegeben  wird.  Die  wildromantische 
Grossartigkeit  dieses  Berges  wie  dessen  in  der  Erinnerung  der 
Eingeborenen  noch  lebenden,  einstigen  vulkanischen  Thätigkeit 
hat  dem  Volke  nicht  nur  grosse  abergläubische  Furcht  und  Grauen 
eingeprägt,  sondern  auch  reichlichen  Stoff  zu  Geistersagen  gegeben. 
Bei  dem  am  östlichen  Fuss  des  Küpe  in  acht  Dörfern  angesiedelten 
Stamm  Manehas  fanden  wir  während  unseres  viertägigen  Auf¬ 
enthalts  sehr  freundliche  Aufnahme;  auch  konnten  wir  uns  hier 
wieder  mit  der  Abosprache  ohne  besondere  Schwierigkeiten  ver¬ 
ständlich  machen.  A^on  Interesse  war  mir  hier,  zu  erfahren,  dass 
der  Küpe  auch  von  der  Ostseite  nach  Norden  umgangen  werden 
kann,  und  von  hier  ein  Weg  nach  den  nördlichen  Nkosidörfern 
führt.  Hätte  nicht  die  Regenzeit  einem  weiteren  Plane  entgegen¬ 
gestanden,  so  würde  ich  diesen  östlichen  Nkosiweg  verfolgt  und 
den  Nkosileuten  meinen  voriges  Jahr  versprochenen  Besuch  er¬ 
stattet  haben,  und  das  mit  um  so  grösserem  Vergnügen,  als  ich 
gerade  hier  mit  Nkosileuten  zusammentraf,  von  welchen  ich  erfuhr, 
dass  das  oben  erwähnte  Gerücht  nicht  nur  keinen  Grund  habe, 
sondern  dass  man  schon  lange  auf  mich  warte  und  dass  man  in 
der  Stadt  Nyasoso  den  Wunsch  habe,  wir  sollen  uns  bei  ihnen  für 
beständig  niederlassen.  Da  wir  bereits  mit  diesem  Plane  umgehen, 
war  mir  diese  Botschaft  von  besonderem  Werth  und  eine  freudige 
Ueberraschung. 

In  dem  einige  Stunden  südwestlich  von  den  Manehasdörfern 
gelegenen  Lom  betraten  wir  wieder  durch  eine  im  vorigen  Jahr 
ausgeführte  Reise  uns  bekanntes  Gebiet.  Ein  häufig  begangener 
Verkehrsweg  führt  von  hier  in  etwa  achtstündigem  Marsche  nach 
dem  bereits  erwähnten  Handelsplatz  Nyanga  am  Mabombe,  von  wo 
man  mit  Kanu  leicht  an  die  Küste  gelangen  kann.  Dem  Zweck 
unserer  Reise  entsprach  es  jedoch  besser,  einen  südwärts  führenden 
Weg  durch  das  Mamelo-,  Mfun-  und  Fangebiet  einzuschlagen,  auf 
welcher  Route  Mangamba  in  drei  Tagen  ohne  Schwierigkeiten  zu 
erreichen  ist,  wo  wir  auch  am  38.  Tage  unserer  Reise  glücklich 
wieder  anlangten. 

Hinsichtlich  der  sprachlichen  Verhältnisse  der  durchreisten 
Gebiete  möge  noch  ein  Wort  beigefügt  sein.  Trotz  der  Viel- 
stämmigkeit  der  Bevölkerung  konnte  ich  durch  meine  Nachforschungen 
und  Beobachtungen  doch  zu  einem  günstigeren  Resultat  kommen, 
als  es  zu  erwarten  gewesen  wäre.  Abgesehen  vom  Duala  herrscht 
unter  den  Stämmen  des  Kamerunflussgebietes  eine  ziemlich  grosse 
Sprachverwandtschaft,  die  erst  in  der  Nähe  des  Hochgebirges  ihre 
Grenzen  hat.  Die  Sprachverhältnisse  dieses  Gebiets  noch  be¬ 
günstigend,  herrscht  unter  diesen  Stämmen  auch  ein  sehr  reger 


86 


Handelsverkehr,  der  dazu  dient,  dass  fast  Jedermann  mehrere 
Dialekte  versteht  und  dieselben  zum  Theil  auch  spricht.  Ueberall 
bis  zu  der  genannten  Grenze  in  der  Nähe  des  Hochgebirges  konnten 
wir  uns  mit  Bankon  (Abo)  und  Bonking  verständlich  machen,  und 
ich  zweifle  nicht  an  der  Möglichkeit,  dass  das  ganze  Gebiet  vom 
Mungo  bis  zu  den  östlich  vom  Wuri  gelegenen  Basas  mit  einer 
Sprache  bedient  und  unterrichtet  werden  kann.  Am  geeignetsten 
würde  mir  einer  der  Dialekte  des  weitverzweigten  Basastammes, 
sei  es  das  östlich  vom  Wuri  gesprochene,  eigentliche  Basa,  sei  es  der 
Bankon-  oder  der  Ndokripendadialekt,  zu  diesem  Zwecke  erscheinen. 
Uebrigens  glaube  ich,  dass  sich  diese  Stämme  auch  nicht  ungerne 
dazu  verstehen  würden,  die  Dualasprache,  welche  trotz  ihrer  be¬ 
deutenden  Verschiedenheit  doch  schon  einen  grossen  Einfluss  weit 
ins  Land  hinein  gewonnen  hat,  zu  lernen  und  sich  darin  unter¬ 
richten  zu  lassen,  denn  das  Duala  steht  bei  den  sogenannten  Busch¬ 
leuten  in  höherem  Ansehen  als  ihre  eigene  Sprache,  weil  es  auch 
von  Weissen  gesprochen  wird,  auch  fällt  bei  ihnen  der  Vortheil, 
welchen  das  Duala  als  Handelssprache  hat,  ins  Gewicht.  Dieses 
—  wenn  man  will  —  Niederlandsprachgebiet  hat  sowohl  sprach- 
verwandtschaftlich  als  auch  geographisch  eine  ziemlich  scharfe 
Grenze,  und  zwar  verläuft  dieselbe  ziemlich  nahe  dem  Fuss  des 
Hochgebirges.  Die  am  Fuss  und  an  den  Südabhängen  des  Hoch¬ 
gebirges  gesprochene  Sprache,  die  auffallenderweise  unter  den  vielen, 
meist  kleinen  Stämmen  vom  Nlonako  im  Osten  bis  ins  Nkosigebirge 
im  Westen  eine  und  dieselbe  ist,  nämlich  Mini’-e,  scheint  eine 
bedeutende  Verschiedenheit  von  den  Niederlandsprachen  aufzu¬ 
weisen.  Doch  ist  es  für  eine  spätere  Missionsarbeit,  in  diesem 
Gebiet  von  besonderem  Werth,  dass  diese  Sprache  viele  Stämme 
und  weite  Gegenden  umschliesst. 


Geologische  Untersuchungen  im  Kamerungebiete. 

Yon  Bergassessor  B.  Kno chenliauer. 

Entsprechend  der  geringen  Gliederung  der  Küsten  des  afrika¬ 
nischen  Kontinentes  erscheint  auch  der  geologische  Aufbau  des 
Landes  im  Grossen  und  Ganzen  einförmig. 

Wie  schon  Karl  Ritter  seiner  Zeit  auf  den  Zusammenhang 
hingewiesen  hat,  wie  die  schwerfällige  Gestalt  und  Verschlossenheit 
Afrikas  im  Typus  der  Neger,  der  zierlich  gegliederte  Körper  Europas 
in  der  geistigen  Bliithe  der  kaukasischen  Rasse  sich  wiederspiegelt, 
so  kann  man  noch  weniger  in  der  Uebereinstimmung  zwischen  dem 
geologischen  Aufbau  und  der  geographischen  Gestaltung  eine  blosse 
Zufälligkeit  erblicken  wollen. 

Freilich  haben  sich  die  geologischen  Gebilde  im  schwarzen  Erd- 
theile  in  anderer  Weise  und  unter  anderen  Bedingungen  entwickelt 
als  bei  uns,  aber  soweit  bisher  die  Forschungen  dargethan  haben, 
linden  wir  nicht  entfernt  die  mannigfache  Verschiedenheit  der  Ab¬ 
lagerungen,  wie  dies  in  Europa  der  Fall  ist.  Die  räumliche  Aus¬ 
dehnung  der  einzelnen  Glieder  ist  grösser,  die  Lagerungsverhältnisse 
erscheinen  gleichmässiger,  das  ganze  Schichtensystem  weist  kaum 
nennenswerthe  Störungen  auf,  so  dass  wir  in  weiten  Gebieten  den¬ 
selben  Typus  der  Gebirgszüge  bei  gleichen  Streichungslinien  und 
Fallrichtungen  in  ewiger  Wiederholung  wahrnehmen. 

Abhängig  von  dieser  einfachen  Tektonik  folgen  die  Gebirgszüge 
dem  Verlaufe  der  Schichten,  und  mit  dem  der  Küste  zugewendeten 
Fallen  dacht  sich  das  Land  zum  Meere  ab. 

Gerade  an  der  Stelle,  wo  der  Golf  von  Guinea  am  tiefsten  in 
das  Land  einschneidet,  werden  die  sedimentären  Gesteine,  aus  denen 
die  Küstengebirge  von  Obei’-  und  Nieder- Guinea  sich  aufbauen,  von 
jener  grossen  vulkanischen  Spalte  durchbrochen,  auf  der  das  gewal¬ 
tige  Bergmassiv  des  Kamerungebirges  aufsetzt  und  deren  weiterer 
Verlauf  durch  die  Lage  der  vulkanischen  Inseln  Fernando  Po, 
Principö  und  St.  Thomö  angedeutet  wird. 


88  — 


Der  Ursprung  der  beiden  Gebirgsketten  fällt  in  entfernte  Welt¬ 
alter  zurück,  während  das  überragende  Kamerungebirge  sich  erst 
sehr  viel  später  aufgebaut  hat  und  Bildungen  zeigt,  deren  Entstehung 
in  der  geologischen  Gegenwart  zu  suchen  ist. 

Beide  Gebirgszüge  gehören  überdies  verschiedenen  geologischen 
Formationen  an.  Im  südlichen,  niederguineischen  linden  wir  aus¬ 
schliesslich  Gesteine  der  Urgneis-  und  krystallinischen  Schiefer¬ 
formation,  während  die  Küste  von  Ober -Guinea  von  Monrovia  bis 
Alt-Kalabar  aus  Sandsteinen  und  Thonschiefern  jüngeren  Alters 
gebildet  wird. 

Notli wendigerweise  muss  die  beim  Zusammenstoss  der  beiden 
Gebirge  auftretende  gewaltige  Störung  eine  grössere  Verschieden¬ 
artigkeit  im  Aufbau  des  Landes  hervorrufen,  als  dies  im  Süden  und 
Westen  davon  der  Fall  ist.  Vielleicht  bietet  gerade  darum  unsere 
Kamerunkolonie  dem  Geologen  die  interessantesten  Probleme. 

Die  Küstenebene. 

Im  Süden  vom  Kamerungebirge  stellt  sich  die  Küste  als  eine 
weite,  mit  Urwald  bedeckte  Tiefebene  dar,  die  nur  in  der  Gegend 
von  Londje  und  Kribi  von  einzelnen  unbedeutenden  Höhen  überragt 
wird.  Erst  bei  weiterem  Eindringen  in  das  Landesinnere  erblickt 
man  im  Hintergründe  die  verschwommenen  Umrisse  einer  ferneren 
Gebirgskette.  In  der  vorliegenden  Küstenniederung,  die  ihre  grösste 
Breite  nördlich  vom  Sannaga  erreicht  und  sich  nach  Süden  zum 
Kampogebirge  hin  allmählich  verschmälert,  treten  uns  zunächst  zwei 
den  Tropen  eigenthümliche  geologische  Gebilde  entgegen.  Einmal 
als  jüngste,  noch  im  Entstehen  begriffene  Bildung  die  Mangroven¬ 
gebiete,  denen  wir  namentlich  am  Kamerunbecken  in  gewaltiger 
Ausdehnung  begegnen,  und  zweitens  bis  zur  ersten  Gebirgskette 
eine  ausgedehnte  Zone  von  Lateriten. 

Brandungs-  und  Flussthätigk eit. 

Nirgendwo  reichen  jedoch  die  Mangroven  bis  unmittelbar  an 
das  Meeresufer  heran,  von  dem  sie  stets  durch  einen  schmalen, 
entweder  mit  niedrigem  Busch  oder  mit  Urwald  bewachsenen  Streifen 
alluvialer  Sande  getrennt  sind.  Zweifelsohne  wird  man  den  Ursprung 
dieser  Sandablagerungen  auf  die  Thätigkeit  der  hier  mündenden 
Flüsse  zurückzuführen  haben,  und  in  der  That  zeichnen  sich  särnrnt- 
liche  Ströme  durch  einen  ungewöhnlichen  Reichtlmm  an  schweben¬ 
den  Bestandtheilen  aus.  Auffallen  muss  aber  die  Erscheinung,  dass 
der  grössere  Theil  des  Schwemmlandes  sich  an  dem  linken  Flussufer 
der  Strommündungen  ausgebreitet  hat.  Diese  Ungleichheit  weist 
auf  die  Mitwirkung  noch  einer  anderen  Kraft,  als  die  der  Fluss- 


89 


thätigkeit  selbst  hin,  die  wir  in  der  ausserordentlich  starken  Meeres¬ 
brandung  finden,  welche  an  der  ganzen  Guineaküste  herrscht.  In 
westsüdwestlicher  Richtung  wälzen  sich  die  gewaltigen  Dünungs¬ 
wellen  an  das  Ufer  heran  und  werfen  die  Schwenuntheilchen,  welche 
die  Flüsse  weit  her  aus  dem  Landesinnern  mit  sich  geführt  haben, 
zu  Uferwällen  auf,  die  sich  dann  in  der  Richtung  der  Komponenten 
beider  wirkenden  Kräfte,  Stromstärke  und  Meeresbrandung,  theils 
als  Landzungen  aufbauen,  theils  als  gefährliche  unterseeische  Barren 
und  Sandbänke  vor  der  Flussmündung  bis  weit  in  das  Meer  hinaus 
ablagern.  Dadurch  erhalten  sämmtliche  Flüsse  an  ihren  Mündungen 
eine  Verschiebung  nach  Norden. 

Im  Besonderen  wird  dann  die  Gestaltung  dieser  Bildungen  von 
dem  Verhältnis  abhängen,  in  dem  die  beiden  Kräfte  zueinander 
wirken.  Je  stärker  der  Strom,  desto  geringer  seine  Ablenkung  nach 
Norden,  desto  grösser  aber  die  Bildung  von  Barren  und  Sandbänken 
vor  seiner  Mündung.  So  sehen  wir  beim  Sannaga  nur  an  seinem 
nördlichen  Mündungsarm,  dem  Bengo,  eine  Landzunge,  die  sich  von 
Jahr  zu  Jahr  nach  Norden  hin  vergrössert,  während  der  südliche 
Arm,  der  Bungo,  kaum  eine  Verschiebung  durch  die  Brandung  er¬ 
fahren  hat.  Dagegen  sind  die  Barren  hier  gefährlicher  als  an  irgend 
einer  anderen  Strommündung,  und  die  Sandbänke  reichen  so  weit 
in  das  Meer  hinaus,  dass  die  Woermann -Dampfer  bei  Malimba  vier 
bis  fünf  Seemeilen  vom  Ufer  entfernt  auf  offener  See  vor  Anker 
gehen  müssen. 

Umgekehrt  sehen  wir  bei  der  Mündung  des  Lokundje  die  grösste 
Ablenkung  nach  Norden.  Aber  es  macht  sich  hier  kaum  eine  Mün- 
dungsbarre  bemerkbar,  und  während  sowohl  beim  Nyong  und  noch 
mehr  beim  Sannaga  eine  Fahrt  über  die  Barre  stets  mit  Gefahr 
verknüpft  ist,  vollzieht  sich  hier  der  Uebergang  von  Flussfahrt  zur 
Seefahrt  durchaus  unbedenklich. 

Freilich  ist  diesem  Wachsthum  der  Landzungen  eine  Grenze 
geboten.  Strom  und  Brandung  nagen  unaufhörlich  an  ihren  eigenen 
Gebilden.  Sie  zerstören,  führen  fort  und  lagern  an  anderen  Stellen 
wieder  ab,  so  dass  die  Meeresküste  auch  da,  wo  meilenweit  entfernt 
keine  Flussmündung  zu  finden  ist,  mit  ehemaligen  Flusssanden  be¬ 
deckt  ist.  Wird  nun  eine  solche  Landzunge,  gewöhnlich  an  der 
Stelle,  wo  sie  am  Festlande  anhaftet  und  wo  der  Strom  in  fast 
senkrechter  Richtung  auf  das  Ufer  eindringt,  mehr  und  mehr  ge¬ 
schwächt,  so  bedarf  es  nur  einer  gelegentlichen  Springfluth  und  der 
Uferwall  wird  durchbrochen  und  dem  Flusse  eine  neue  Mündung 
gegeben.  Auf  diese  Weise  erklären  sich  die  Lagunenbildungen  der 
westafrikanischen  Küste,  welche  nichts  Anderes  als  die  Ueberbleibsel 
ehemaliger  Flussläufe  bedeuten.  Allerdings  ist  die  Küste  der  Kamerun- 


90 


kolonie  verlia! tnissmässig  arm  an  solchen  Lagunen,  aber  die  zahl¬ 
reichen  Wasserläufe,  welche  die  Küstenniederung  durchziehen,  weisen 
darauf  hin,  dass  die  Strombetten  nicht  zu  allen  Zeiten  dieselben 
gewesen  sind.  So  können  wir  in  dem  Kriek,  der  die  Insel  Ehongo 
zwischen  den  Mündungsarmen  des  Sannaga  durchzieht,  nur  den  Rest 
eines  früheren  Bungolaufes  erblicken,  zu  einer  Zeit,  ehe  noch  die 
jetzige  Mündung  südlich  der  Bungospitze  durchgebrochen  war. 
Ebenso  deutet  die  tiefe  südlichere  Einbuchtung  des  Kamerunbeckens 
östlich  vom  Kap  Suellaba,  welche  durch  einen  Kriek  noch  heute 
mit  dem  Sannaga  in  Verbindung  steht,  auf  einen  früheren  Lauf  dieses 
Stromes  ähnlich  dem  noch  heute  schiffbaren  Kwakwa. 

Geradezu  als  ein  Kuriosum  muss  aber  die  Thatsache  angesehen 
werden,  dass  fast  alle  Flüsse  untereinander  in  Verbindung  stehen, 
so  dass  man  vom  Kamerunbecken,  ohne  das  Meer  zu  berühren,  zu 
Wasser  in  den  Lokundje  gelangen  kann.  Diese  Wasserverbindungen 
bleiben  ein  bisher  noch  unaufgeklärtes  Durcheinander,  dessen  Ent¬ 
wirrung  Schwierigkeiten  bietet,  besonders  da,  wo  der  fortwährend 
wechselnde  Wasserstand,  wie  ihn  die  Thätigkeit  der  Gezeiten  mit 
sich  bringt,  die  Erforschung  nur  in  bestimmten  Stunden  möglich 
macht. 

Das  Mangrovengebiet. 

In  erster  Linie  betrifft  dies  die  Wasserläufe  innerhalb  der 
Mangroven.  Kaum  hat  man  die  Mündung  irgend  eines  Flusses  passirt, 
so  beginnen  die  Mangrovensümpfe,  die  wir  gerade  hier  an  der  Biafra- 
bucht  ausgedehnter  als  sonst  irgendwo  an  der  afrikanischen  Küste 
finden,  als  unmittelbare  Folge  der  hier  grösseren  Höhe  der  Fluth- 
welle;  denn  je  grösser  der  Unterschied  zwischen  Ebbe  und  Fluth, 
desto  weiter  dringt  die  Brackwasserzone  in  das  Land  hinein. 

Dem  Geologen  sind  diese  Brackwassergebiete  besonders  in¬ 
teressant,  da  ihre  Eigenart  ihm  einen  Anhalt  bietet  für  die  Erklärung 
wichtiger  geologischer  Vorgänge  früherer  Perioden. 

Während  der  höchsten  Fluth  erscheint  ein  solches  Mangroven- 
dickicht,  das  sich  hier  bis  zu  20  Seemeilen  in  das  Landesinnere 
hinein  erstreckt,  wie  ein  überschwemmter  Wald.  Zur  Ebbezeit 
tauchen  schlammige  Massen  hervor  und  meterhoch  ragen  dann  die 
Wurzeln  über  dem  mit  modernden  Stämmen  bedeckten  Boden,  wäh¬ 
rend  sich  ungezählte  grössere  und  kleinere  Wasserarme  wirr  durch 
das  Dickicht  schlängeln.  Die  Engländer  haben  diese  Wasserarme, 
welche  nicht  selten  eine  beträchtliche  Tiefe  besitzen,  Creeks  genannt. 
Der  Ausdruck  hat  sich  mangels  eines  besseren  Ersatzes  auch  bei 
den  Kameruner  Deutschen  erhalten  und  hat  somit  Bürgerrecht  er¬ 
langt,  weswegen  er  auch  hier,  nur  in  der  Schreibweise  verdeutscht, 
beibehalten  werden  mag. 


91 


Aelmlich  den  heutigen  Mangrovendickichten  haben  wir  uns  die 
Brackwassergebiete  vorzustellen,  wie  sie  in  früheren  geologischen 
Perioden,  namentlich  zur  Steinkohlenzeit,  viel  häufiger  und  üppiger 
gewesen  sind.  Aus  dem  seichten  Wasser  sieht  man  hier  und  da 
vereinzelte  Mangrovenbäumchen  hervorragen.  Wenige  Jahrzehnte 
später  sind  es  wohl  schon  stattliche  Bäume,  die  nicht  mehr  isolirt 
stehen,  sondern  mit  den  jetzigen  Uferwäldern  zusammengewachsen 
sind.  Nur  eine  einzige  geologische  Zeitperiode  später,  vielleicht 
gar  nur  wenige  Jahrtausende,  und  das  stattliche  breite  Wasserbecken 
des  Kamerunflusses  ist  verschwunden.  An  seiner  Stelle  finden  wir 
unendlich  viele  kleinere  Mündungsarme,  in  denen  Ebbe  und  Fluth 
kaum  noch  wahrnehmbar  sind.  Dann  haben  wir  kein  Aestuarium 
mehr,  sondern  ein  vollendetes  Delta,  dergleichen  heute  der  Nil, 
die  Donau  und  der  Bhein  bieten. 

Die  Lateritzone. 

Allmählich  geht  die  Mangrovenvegetation  in  die  Busch-  und 
Urwaldregion  über.  An  Stelle  der  schlammigen  Grundmassen  treten 
alluviale  Sande,  und  schliesslich  werden  die  Flussufer  höher  und 
steiler.  Die  Mangrove  tritt  nur  vereinzelt  auf  und  macht  schliesslich 
ganz  den  Palmen  und  den  Hunderten  von  verschiedenen  Urwaldbäumen 
Platz.  Bald  gelblich,  bald  röthl ich -braun  gefärbte  Lehme  dehnen 
sich  von  hier  bis  an  den  Fuss  der  ersten  grösseren  Erhebungen 
aus.  Zweifelsohne  sind  diese  Gebilde,  die  wir  unter  der  Bezeichnung 
Latente  zusammenfassen,  durchaus  verschiedener  Natur.  Von  dem 
typischen  Latent  an,  der  an  Ort  und  Stelle  durch  die  den  Tropen 
eigenthiimliche  Verwitterung  krystallinischer  Gesteine  entstanden 
ist,  finden,  wir  alle  Stadien  der  weiteren  Zersetzung,  Auswaschung, 
Fortschlemmung  und  Wiederablagerung  vertreten.  Hierzu  kommt, 
dass  je  nach  der  Natur  der  ursprünglichen  Gesteine  diese  särnint- 
lichen  Stufen  andere  Eigenschaften  erhalten  können,  so  dass  wir 
infolge  all  dieser  wirkenden  Faktoren  eine  schier  unendliche  Reihe 
von  einzelnen  Lateritspezies  vorfinden. 

Ungeachtet  all  dieser  Verschiedenheiten  haben  wir  jedoch  zwei 
Hauptgruppen  auseinander  zu  halten.  Erstlich  den  durch  Zersetzung 
der  anstehenden  Gesteine  an  Ort  und  Stelle  entstandenen,  den  wir 
eluvial  nennen  wollen,  dann  den  aus  fortgeführten  und  an  anderen 
Stellen  wieder  abgelagerten  Verwitterungsmassen  gebildeten  allu¬ 
vialen  Latent. 

Zweifelsohne  hat  man  den  eluvialen  Laterit  dabei  als  die  ur¬ 
sprüngliche,  ältere  Bildung,  den  alluvialen  dagegen  als  die  jüngere 
Ablagerung  aufzufassen.  Beide  wechseln  miteinander  scheinbar 
unregelmässig  ab,  doch  ist  im  Allgemeinen  eine  Zunahme  des 


92 


eluvialen  Latentes  wahrzunehmen,  je  mehr  mau  sich  dem  ersten 
Randgebirge  nähert. 

Ueber  die  Mächtigkeit  dieser  gesammten  Lateritschicht  liegen 
leider  keine  Anhaltspunkte  vor.  Die  oft  recht  tief  eingeschnittenen 
Wasserläufe  bieten  indessen  nicht  selten  vorzügliche  Aufschlüsse, 
aus  denen  die  Ueberlagerung  des  sekundären  Latentes  über  den 
primären  deutlich  erkennbar  wird.  Von  ungemeiner  Deutlichkeit 
ist  das  Profil  am  Sannaga  namentlich  dann  zu  beobachten,  wenn 
der  Wasserstand  plötzlich  sinkt.  Während  gegen  Ende  Oktober 
und  Anfang  November  der  Fluss  seine  Ufer  in  der  Küstenebene 
weithin  überfluthet,  so  dass  das  Wasser  stets  in  die  in  der  Nähe 
des  Flusses  belegenen  Negerhütten  eindringt,  fällt  der  Wasserstand 
in  der  zweiten  Hälfte  des  November  mit  ausserordentlicher  Schnellig¬ 
keit.  Bei  Ndoko-Buang  wurde  beispielsweise  ein  Unterschied  von 
über  10  m  gemessen,  der  in  einer  Zeit  von  nicht  ganz  drei  Wochen 
eingetreten  war.  Dabei  liess  sich  deutlich  etwas  weiter  flussaufwärts  das 
nachstehend  skizzirte  Profil  erkennen  (Fig.  1).  Hier  bei  Dibongo  treten 
am  Sannaga  die  ersten  Erhebungen  hervor.  Namentlich  steigt  das 


Figur  1. 

a  =  alluvialer  Latent,  e  =  eluvialer  Latent,  g  =  Glimmerschiefer. 

linke  Flussufer  bis  zu  einer  Höhe  von  50  m  über  dem  Sannagaspiegel 
bei  Hochwasser*)  auf.  Die  Insel  Dibongo  selbs  terhebt  sich  in  zwei 
Bergspitzen  ebenso  hoch,  während  am  anderen  Ufer  sich  der  Höhen¬ 
zug  allmählich  verläuft.  Zugleich  wird  das  Flussbett  beträchtlich 
verengt.  Oberhalb  verflachen  sich  die  Ufer  wieder  und  treten 
zurück.  Am  ersten  Ufer  zweigt  sich  ein  kleiner  Wasserarm  ab  und 
windet  sich  durch  das  mit  dichtem  Urwald  bedeckte  flache  Terrain. 
Nach  wenigen  Kilometern  lichtet  sich  der  Wald  und  ein  grösseres 
Wasserbecken  tliut  sich  auf,  von  dem  nach  verschiedenen  Richtungen 
sich  unzählige  Krieks  abzweigen.  Ob  diese  Wasserarme  eine  Ver¬ 
bindung  mit  dem  Donga  herstellen,  konnte  nicht  ermittelt  werden. 
Jedenfalls  scheint  in  der  Trockenzeit,  während  welcher  das  durchweg 
seichte  Wasser  nur  mit  Kanus  befahrbar  ist,  eine  solche  Verbindung 
heute  nicht  mehr  zu  bestehen,  doch  unterliegt  es  kaum  einem 
Zweifel,  dass  diese  ganze  Einsenkung  den  Rest  eines  alten  Strom¬ 
bettes  darstellt.  Ehemals  hat  der  Sannaga,  bevor  er  sich  bei 

*)  Barometrische  Messung  des  Verfassers. 


93 


Dibongo  den  Durchbruch  durch  die  vorgelagerten  Höhen 
erzwungen,  durch  den  Dongakriek  sich  direkt  in  das 
Kamerunbecken  ergossen.  Danach  hätten  wir  also  das  Kamerun¬ 
becken  als  das  ursprüngliche  Aestuarium  des  Sannagastromes  an¬ 
zusehen.  Durch  diese  Annahme  wäre  auch  das  Räthsel  gelöst, 
welches  den  Ursprung  dieses  grossen  Wasserbeckens  um  webt,  von 
dessen  Mitte  kaum  die  mangrovenbewachsenen  Ufer  sichtbar  sind. 
Schwerlich  wäre  seine  Entstehung  lediglich  auf  die  Stromwirkung 
der  Flüsse  Mungo  und  Wuri  zurückzuführen  gewesen. 

Das  erste  Randgebirge. 

Mit  diesem  Durchbruch  bei  Dibongo  hat  man  die  eigentliche 
Küstenniederung  verlassen,  noch  ehe  man  das  jetzige  erste  Katarakt¬ 
gebiet  des  Sannaga  erreicht  hat.  Ich  sage  das  jetzige,  denn  zweifels¬ 
ohne  hat  in  nicht  allzu  weiter  Vergangenheit  an  dieser  Durchbruch¬ 
stelle  ein  Wasserfall  bestanden,  und  noch  heute  macht  sich  bei 
besonders  niedrigem  Wasserstande  eine  Stromschnelle  bemerkbar. 

Ganz  ausschliesslich  sind  es  Gesteine  der  Gneis-  und  Glimmer¬ 
schieferformation,  welche  an  dem  Aufbau  des  Gebirges  Antheil 
nehmen.  Die  auffallend  rothe  Färbung,  durch  welche  sich  die 
Glimmerschiefer  auszeichnen,  deutet  auf  einen  erheblichen  Eisen¬ 
gehalt  hin.  Eine  scharfe  Grenze  zwischen  der  Zone  der  Glimmer¬ 
schiefer  und  Gneise  lässt  sich  kaum  feststellen.  Zwischen  den 
Schiefern  treten  geschichtete  Gneise  auf,  die  ein  um  so  feineres 


Figur  2.  Umgebung  von  Ediä  nach  Ramsay  und  v.  Braucliitsch. 

Gefüge  annehmen,  je  mehr  man  aufwärts  schreitet.  Aus  Gneis  von 
ungemeiner  Härte  bestehen  auch  die  Felsen,  über  welche  der 
Sannaga  bei  Ediä  in  zwei  Haupt-  und  mehreren  Nebenarmen  über  30  m 


94 


lierunterstürzt  (Figur  2).  Wandert  man  von  Ediä  noch  weiter  ostwärts, 
so  treten  die  Glimmerschiefer  allmählich  ganz  zurück.  Nach  und 
nach  verliert  auch  der  Gneis  seine  anfangs  so  deutlich  ausgesprochene 
Schichtung  und  geht  schliesslich  in  Lagergranit  über,  der  sich  über 
das  ganze  Gebiet  bis  in  die  Nähe  von  Yaünde  hinzieht.  Auch  der 
Gneis  ist  stark  eisenhaltig  und  wird  weiter  oberhalb  dunkelgrau 
durch  Beimengung  von  Magneteisensteinkörnchen. 

Es  ist  in  diesem  mit  dichtestem  Urwald  bedeckten  Lande  kaum 
möglich,  ein  Bild  über  die  Anordnung  der  Höhen  zu  erlangen.  Die 
schmalen  Fusspfade  winden  sich  mit  unendlichen  Krümmungen  durch 
das  Waldesdickicht  und  gestatten  nur  da  einen  weiteren  Blick,  wo 
etwa  der  Wald  von  den  Eingeborenen  niedergebrannt  ist,  und  auch 
nur  so  weit,  als.  die  Lichtung  reicht.  Der  Weg  von  Ediä  sannaga- 
aufwärts  bleibt  zudem  stets  in  der  Nähe  des  Stromes,  wo  das  Terrain 
infolge  der  zahlreichen,  alle  dem  Flusse  zugeneigten  Wasserrinnsale 
besonders  zerklüftet  ist.  Die  barometrische  Messung  eines  isolirten 
Gneiskegels  in  unmittelbarer  Nähe  des  Dorfes  Mangane  ergab  eine 
Höhe  von  90  m  über  dem  Spiegel  des  etwa  D/2  Stunden  entfernten 
Sannaga.  Es  ist  dies  vielleicht  der  einzige  Hügel  hier,  von  dessen 
Gipfel  eine  zufällige  Lichtung  eine  Umschau  über  ein  gutes  Stück 
des  Sannagalaufes  gestattet.  Soweit  man  den  Fluss  verfolgen  kann, 
erblickt  man  ein  einziges  Stromschnellengebiet,  aus  welchem  aller¬ 
orten  Gneisfelsen  hervorragen.  Ein  Befahren  des  Stromes,  selbst 
mit  noch  so  flachgehenden  Booten,  scheint  undenkbar. 

Selten  dürften  die  Höhen  dieses  Hügellandes  um  mehr  als  100  m 
das  Flussniveau  übersteigen.  Man  täuscht  sich  indessen  leicht  bei 
solcher  Abschätzung  in  den  Tropen,  wo  alles  Umgebende  in  riesen¬ 
haftem  Maassstabe  angelegt  ist.  Sind  doch  selbst  die  Urwaldbäume 
bis  zu  50  ja  60  m  hoch,  und  angesichts  solcher  Baumriesen,  von 
denen  der  Sannaga  umrahmt  ist,  unterschätzt  man  leicht  die  Breite 
des  Stromes,  die  an  manchen  Stellen  bis  2  km  beträgt,  ebenso  wie 
die  Höhen  seiner  Ufer.  Erst  bei  dem  zweiten  Kataraktgebiet,  ober¬ 
halb  dessen  der  Fluss  wieder  schiffbar  wird,  beginnt  das  Rand¬ 
gebirge  des  innerafrikanischen  Plateaus  mit  Erhebungen  von  800 
bis  900  m  Meereshöhe. 

Anders  entfaltet  sich  das  Landschaftsbild  im  Süden.  Der  Nyong 
hat  nicht  entfernt  die  stattliche  Breite  des  Sannaga,  aber  sein 
Fahrwasser  ist  nicht  so  versandet,  und  auch  in  der  Trockenzeit 
läuft  man  nicht  Gefahr,  mit  der  Dampfpinasse  auf  verborgenen  und 
stets  wandernden  Sandbänken  festzurennen.  Das  auffallend  dunkel 
gefärbte  Wasser  deutet  auf  einen  morastigen  Boden  und  dement¬ 
sprechend  ist  auch  die  Vegetation  anders.  Die  zahlreichen  Inseln 
sind  schilfartig  mit  Pandaneen  bedeckt  und  an  den  Flussufern  wächst 


95 


die  Süsswassermangrove,  die  sich  vor  ihrer  Schwester  im  Brack¬ 
wasser  durch  ein  saftigeres  Grün  ihrer  Blätter  vortheilhaft  aus¬ 
zeichnet. 

Noch  schmaler,  aber  gleichmässig  tiefer  als  der  Nyong  ist  der 
Lokundje,  der  auch  jenseits  der  Schnellen  von  Ebea  schiffbar  bleibt. 
Wenn  man  hier  die  erste  Hügelkette  überschritten  hat,  so  senkt 
sich  das  Land  wieder  und  dieselben  flachen  Ufer  seines  unteren 
Laufes  bleiben  auch  hier  bis  zu  dem  eigentlichen  Bandgebirge, 
welches  bei  Bepindi  aufsteigt.  Diese  wasserreiche,  mit  Hochwald 
bedeckte  Einsenkung  zwischen  den  beiden  Gebirgsrändern  setzt  sich 
südlich  fort  bis  in  jenes  sumpfige  und  unbewohnte  Urwaldterrain, 
welches  die  von  Kribi  aus  unternommenen  Expeditionen  zu  durch¬ 
schreiten  haben.  Die  Vegetation  unterscheidet  sich  kaum  von  der 
Umgebung  des  Nyong,  nur  das  gänzliche  Fehlen  der  Kokospalme 
fällt  auf  und  findet  wohl  darin  seinen  Grund,  dass  die  Seebrise, 
deren  meeresfrischer  Hauch  ihr  einmal  Lebensbedürfniss  ist,  durch 
die  hohen  Urwaldbäume  aufgehalten  wird  und  nicht  in  das  tief 
gelegene  Becken  einzudringen  vermag. 

Im  Uebrigen  ist  der  geologische  Aufbau  des  ganzen  Gebietes 
vom  Sannaga  bis  Kribi  durchaus  eiufach.  Solange  sich  eine  Schich¬ 
tung  beobachten  lässt,  behält  sie  dasselbe  nordsüdliche  Streichen 
und  westliche  Fallen  bei  mit  sehr  geringen  Aenderungen  im  Einfalls¬ 
winkel.  Noch  am  Nyong  ist  keine  Aenderung  hierin  wahrzunehmen 


(vergl.  Figur  3),  erst  bei  Ebea  am  Lokundje  ist  eine  entschiedene 
Abweichung  im  Schichtenstreichen  nach  Südwesten  zu  beobachten 
(vergl.  Figur  4),  die  bei  Londje  vollends  in  die  Dichtung  Ostnordost 


96 


nach  Westsüdwest  übergeht.  Zugleich  mit  dieser  Wendung  der 
Schichten  nach  Westen  nimmt  auch  der  Fallwinkel,  der  im  nörd¬ 
lichen  Theile  28  bis  30  Grad  beträgt,  bei  Londje  bis  auf  40  bis 
45  Grad  zu. 

Störungen  in  dem  Gebirgsbau  sind  weder  am  Sannaga,  noch 
irgendwo  südlich  davon  gefunden  worden,  ja  nicht  einmal  Gang¬ 
spalten  und  sonstige  Hohlraumausfüllungen  von  irgendwelcher 
Bedeutung.  Häufig  sieht  man  wohl  Quarzblöcke  halb  im  Humus 
eingebettet  umherliegen,  aber  alle  weiteren  Untersuchungen  führten 


Figur  4.  Kataraktgebiet  des  Lokundje  bei  Ebea. 

stets  zu  demselben  Ergebniss.  Meistens  handelte  es  sich  nur  um 
Quarzbänke  von  sehr  geringer  Mächtigkeit,  welche  niemals  30  cm 
überschritten  und  schon  bei  einer  Tiefe  von  2  bis  3  m  sich  bald  in 
unendlich  viele  kleinere  Schnürchen  zertrümmerten.  Seltener  waren 
es  nesterförmige  Quarzausscheidungen,  deren  grösste  Dimensionen 
niemals  1  m  überstiegen.  In  diesem  Falle  wurden  häufig  Drusen¬ 
bildungen  beobachtet  mit  nicht  selten  gut  ausgebildeten  Krystallen 
von  Arsenkies.  Während  der  anstehende  Quarz  meist  bräunlich 
oder  grau  gefärbt  ist,  sind  die  umherliegenden  Blöcke  durch  die 
Einwirkung  der  Humussäuren  milchweiss  gebleicht. 

Noch  innerhalb  der  Glimmerschieferzone  beobachtet  man  häufig 
auf  den  durch  den  Urwald  getretenen  Negerpfaden  ein  braunes  bis 
schwarzes  Geröll  von  haseluussgrossen  Eisenkieseln.  Anstehend  ist 
ein  derartiges  Gestein  hier  am  Sannaga  nirgends  gefunden  worden, 
dagegen  wohl  im  Süden  bei  Londje,  wo  Gesteine  dieser  Zone  bis 
an  das  Meer  heranreichen  und  sich  sogar  unterseeisch  weiter  fort¬ 
setzen.  Dort  treten  diese  Eisenkiesel  als  Einschlüsse  in  einem  stark 
schieferigen  Gneise  auf,  der  sich  durch  ausgesprochene  Fältelung 


seiner  Schichten  auszeichnet  (vergl.  Figur  5).  Die  Eisenkiesel  sind 
zwar  mehr  linsenförmig,  indessen  lässt  sich  die  völlige  Rundung, 
mit  der  sie  am  Sannaga  auftreten,  leicht  durch  Waschung  und  Fort- 
schwemmung  erklären,  welche  die  durch  Verwitterung  des  umgebenden 
Gneises  freigewordenen  harten  Einschlüsse  erfahren  haben. 


Figur  5.  Gneis  mit  eingeschlossenen  Eisenkieseln. 


Die  eigentlichen  Glimmerschiefer  selbst  linden  sich  südlich  vom 
Sannaga  am  Nyong  nicht  mehr.  Es  scheint  daher,  dass  die  Glimmer¬ 
schiefer  durch  Aufnahme  von  Feldspat  allmählich  in  Gneisglimmer¬ 
schiefer  und  schliesslich  in  reinen  Gneis  von  schieferiger  Struktur 
übergehen.  Eine  unmittelbare  Folge  davon  ist,  dass  die  Ufersande 
bei  Malimba  sehr  glimmerhaltig,  die  bei  Klein  -  Batanga  an  der 
Mündung  des  Nyong  dagegen  glimmerarm  sind.  Die  bei  der  Fak¬ 
torei  Köln  am  Wasserfall  des  Nyong  auftretenden  Gneise  zeichnen 
sich  durch  linsenförmige,  röthlich-weisse  Feldspatausscheidungen  in 
dem  sonst  grau  gefärbten  Gneise  aus  (Figur  6). 


Figur  6.  Gneis  mit  linsenförmigen  Feldspatausscheidungen. 

Bei  derartig  mannigfachen  Modifikationen  in  der  petrographischen 
Zusammensetzung,  die  nur  durch  das  Ueberwiegen  oder  Zurücktreten 
des  einen  oder  des  anderen  wesentlichen  Bestandtheiles  hervor¬ 
gerufen  werden,  kann  eine  grosse  Verschiedenheit  der  zufälligen 
Gemengtheile  keineswegs  befremden.  Dies  gilt  in  erster  Linie  von 
dem  Eisengehalt,  der  im  nördlichen  Theile  sehr  beträchtlich  ist  und 
sich  nach  Süden  zu  erheblich  verringert. 

Mit.th.  von  Forsch tmgsreisenden.  VIII.  Band.  I.  j 


98 


Der  grosse  Eisenreich tlnun  hat  denn  auch  zur  Bildung  von 
Eisensteinlagern  Veranlassung  gegeben.  Andern  ersten  Höhenzuge, 
dem  Avir  am  Sannaga  bei  Dibongo  begegnen,  fällt  uns  ein  braun- 
rotkes,  konglomeratartiges  Gestein  durch  sein  hohes  spezifisches 
GeAvickt  auf.  Bei  näherer  Untersuchung  erweist  sich  dieses  als 
eine  Thoneisensteinbreccie,  Avelcke  in  einem  mehrere  Meter  mäch¬ 
tigen  Lager  die  Glimmerschieferzone  konkordant  überdeckt.  Es 
sind  mehr  oder  minder  scharfkantige,  kaselnuss-  bis  walnussgrosse 
Stücke  eines  thonhaltigen  Brauneisensteins  von  braunrotlier  Farbe, 
die  von  einer  dunkler  gefärbten  Masse  zusammengekittet  sind.  Das 
Ganze  Avird  von  zahlreichen  Quarzschnürchen  durchzogen,  die  nach 
ihrer  durchsichtigen,  glasigen  Beschaffenheit  sich  erst  später  aus¬ 
geschieden  haben  müssen.  Sowohl  auf  dem  linken  Sannaga-Ufer,  als 
auch  auf  der  Insel  Dibongo  bestehen  die  Berggehänge  bis  zur  halben 
Höhe  aus  diesem  Material.  Ueber  den  Ursprung  des  klastischen 
Lagers  kann  man  bei  dem  grossen  Eisenreichthum  der  unterlagern¬ 
den  Glimmerschiefer  nicht  im  Zweifel  sein.  Die  Erscheinung  steht 
übrigens  keineswegs  vereinzelt  da,  sondern  tritt  soavoüI  am  Ural 
an  mehreren  Stellen,  Avie  auch  in  Brasilien  auf,  Avoselbst  die  Eisen- 
breccien  unter  dem  Namen  Tapanhoacanga  -  Erz  bekannt  sind.*) 
Weiter  oberhalb  finden  sich  die  Tkoneisensteinbreccien  noch  einmal 
längs  des  Weges,  der  von  der  Woermann  -  Faktorei  „Ediä“  nach 
Mbomedorf  führt,  und  zwar  ebenfalls  als  Ueberlagerung  der  hier 
fast  genau  nordsüdlich  streichenden  und  flach  nach  Westen  ein¬ 
fällenden  Schichten  des  Eisenglimmerschiefers.  Ueberdeckt  werden 
die  Breccien  hier  von  alluvialen  Latenten.  Will  man  aus  der  an 
einzelnen  Stellen  aufgenommenen  Lagerung  ein  Profil  zwischen  Ediä 
und  Dibongo  konstruiren,  so  hat  man  dabei  vor  allen  Dingen  zu 
berücksichtigen,  dass  diese  Breccien  Bildungen  sekundärer  Natur 
und  wesentlich  jüngeren  Alters  sind  als  die  anstehenden  Glimmer¬ 
schiefer.  Dieser  Umstand  schliesst  eine  Ueberdeckung  der  Tkoneisen¬ 
steinbreccien  bei  Ediä  durch  die  Glimmerschiefer  bei  Dibongo  von 
selbst  aus.  Man  muss  also  das  Profil,  Avie  auf  nebenstehender  Skizze 
(Figur  7)  angegeben,  konstruiren  und  eine  Mulden-  und  Sattelbildung 
annehmen,  deren  Muldentiefstes  von  Latenten  überdeckt  ist.  Die 
Mulde  entspricht  auch  vollkommen  der  vorhandenen  Einsenkung. 
Die  Annahme  einer  zwischen  beiden  Punkten  durchsetzenden  Ver- 
Averfung  findet  nicht  nur  keine  Bestätigung  durch  die  Aufschlüsse 
am  Flussufer,  sondern  sie  scheint  auch  durchaus  gezwungen,  wenn 
man  in  Betracht  zieht,  dass  Störungen  im  Gebirgsbau  in  dieser 
ganzen  Gegend  nirgendwo  beobachtet  worden  sind. 

*)  a7.  Groddeck,  Die  Lagerstätten  der  Erze,  S.  267. 


—  99  — 

Diese  Zone  der  archäischen  Gesteine  setzt  sich  auch  im  Norden 
des  Kamerunflusses  weiter  fort.  Doch  treten  hier  zugleich  Gesteine 
jüngeren  Alters  auf,  welche  muthmaasslich  eine  Fortsetzung  des 
Küstengebirges  von  Oberguinea  bedeuten.  Leider  war  es  dem  Ver¬ 
fasser  nicht  vergönnt,  dieses  Gebiet,  wo  der  Zusammenstoss  dreier 


Dibon^o  Eöbe 


Figur  7.  Profil  zwischen  Ediä  und  Dibongo. 

u  =  Latent,  b  =  Thoneisenbreccien,  g  =  Glimmerschiefer,  gn  =  Gneis. 

verschiedener  Gebirgssysteme  stattfindet,  geognostisch  näher  zu 
untersuchen.  Zweifelsohne  aber  hat  man  eine  weniger  einfache 
Tektonik  und  eine  grössere  Mannigfaltigkeit  des  geognostischen 
Materials  zu  erwarten,  als  dies  im  Süden  der  Fall  ist. 

Das  Kamerungebirge. 

Unbekannt  bleibt  es  auch  ferner,  auf  welchen  Gesteinen  die 
Laven  und  Basalte  des  Kamerungebirges  ruhen,  ob  unmittelbar  auf 
sedimentären  Formationen,  oder  ob  auf  älteren  plutonischen  Ge¬ 
steinen,  vielleicht  nach  der  Analogie  der  kanarischen  Inseln  auf 
Diabasen!  Im  Süden  und  Südwesten  setzen  sich  die  jungen  vulka¬ 
nischen  Gebilde  unterseeisch  fort,  wahrscheinlich  in  ununter¬ 
brochenem  Zusammenhänge  über  Fernando  Po  bis  St.  Thome,  so 
dass  die  Küste  hierfür  keine  näheren  Anhaltspunkte  bietet. 

So  einfach  und  gleichförmig  wie  die  geologische  Natur  auf  der 
Karte  erscheint,  so  unendlich  mannigfache  Gebilde  weist  der  Ge- 
birgsstock  des  Kamerunberges  auf.  Bis  zu  der  gewaltigen  Höhe 
von  4000  m,  höher  als  die  Meereshöhe  des  Ortler,  strebt  der  Götter¬ 
berg  aus  den  Meeresfiuthen  himmelan.  Nicht  das  schön  geformte 
Profil  des  Pic  von  Teneriffa  oder  die  scharfe  Spitze  des  schlanken 
Pic  Clarence  auf  Fernando  Po  verleihen  dem  Kamerungebirge  seinen 
Zauber,  sondern  die  Grossartigkeit  der  gewaltigen  Bergesmasse, 
deren  höchste  Spitzen  weit  über  die  Urwaldregion  hinaus,  fast  an 
die  Grenze  des  ewigen  Schnees  ragen,  ist  es,  die  jeden  Morgen 
von  Neuem  den  erstaunten  Blick  fesselt. 

Zwar  sucht  man  vergebens  nach  den  bizarren  Formen  der  über 
und  über  zerklüfteten  Lavamassen,  wie  sie  den  Inseln  des  Mittel¬ 
meeres,  der  Madeira-  und  Canarengruppe  ihr  eigenartiges  Gepräge 
geben.  Die  stets  mit  Feuchtigkeit  gesättigte  Luft  und  die  reichen 
Niederschläge  der  Tropen,  verbunden  mit  dem  üppigen  Pflanzen- 


100 


wuchs  lassen  eine  raschere  und  intensivere  Verwitterung  eintreten, 
als  dies  in  dem  trockenen,  subtropischen  Klima  der  Fall  ist.  Die 
scharfkantigen  Felsen  werden  abgerundet  und  die  Gehänge  mit  einer 
Humusschicht  bedeckt,  in  der  jede  Pflanze  reichliche  Nahrung  findet. 
Ueberall  aber  liegen  dunkel  gefärbte  Lavablöcke  zerstreut  umher, 
theils  porös,  theils  von  dichtem  Gefüge,  je  nachdem,  ob  der  Block 
von  dem  äusseren  Rande  oder  dem  inneren  Kern  eines  Lavastromes 
herrührt.  In  der  bald  grauen,  bald  bläulich  schwarzen,  aber  niemals 
braunen  Grundmasse  sind  zahlreiche  Olivinkrystalle  ausgeschieden, 
was  namentlich  am  Westabliange  des  Gebirges  bei  Bibundi  häufiger  zu 
beobachten  ist  als  im  Osten.  Diese  Erscheinung  muss  befremden, 
da  am  Westabliange  viel  reichlicher  Niederschläge  fällen  als  bei 
Victoria.  Die  Ursache  der  ungleichen  Verwitterung  ist  also  viel¬ 
mehr  in  der  verschiedenartigen  Beschaffenheit  des  Gesteins  zu 
suchen.  Während  dies  bei  Bibundi  durchweg  massig  ist,  zeigt  die 
basaltische  Lava  von  Victoria  eine  deutliche  Neigung  zur  Zerspal¬ 
tung  in  polyedrische  Absonderungsstücke,  ähnlich  der  Bildung  der 
Basaltsäulen.  Bei  der  sonstigen  Härte  des  Gesteins  legt  die  gerad- 
fiächige  Gestalt  der  Bruchstücke  die  Frage  ihrer  Verwendbarkeit 
als  Baumaterial  nahe.  In  der  That  würde  gerade  dieses  poröse  und 
doch  feste  Material  einen  werthvollen  Ersatz  für  das  in  Ostafrika 
angewendete  Korallengestein  liefern,  und  auf  jeden  Fall  eine  Ein¬ 
schränkung  und  Verminderung  der  kostspieligen  Einfuhr  von  euro¬ 
päischem  Baumaterial,  wie  sie  zur  Zeit  in  Kamerun  in  hervorragen¬ 
dem  Maasse  stattfindet,  herbeiführen  helfen. 

Ob  der  grosse  Kamerunberg  noch  in  historischer  Zeit  vulkanisch 
thätig  gewesen  ist,  hat  mit  Bestimmtheit  noch  nicht  festgestellt 
werden  können.  Die  Angaben  älterer  englischer  Schiffskapitäne, 
welche  zu  Anfang  der  sechziger  Jahre  glühende  Lavaströme  auf 
dem  Gipfel  gesehen  haben  wollen,  beruhen  höchst  wahrscheinlich 
auf  einer  optischen  Täuschung.  Die  in  dem  oberen  Graslandgebiete 
wohnenden  Eingeborenen  haben  nämlich  die  Gewohnheit,  alljährlich 
vor  Eintritt  der  Regenzeit  das  Gras  niederzubrennen.  Die  dadurch 
hervorgerufene  Feuererscheinung  hat  vermuthlich  zu  der  Annahme 
einer  vulkanischen  Eruption  geführt. 

Andererseits  aber  weisen  sowohl  noch  heute  sichtbare  Spuren 
vulkanischer  Thätigkeit,  als  auch  die  Angaben  der  Eingeborenen 
darauf  hin,  dass  die  letzten  Ausbrüche  noch  in  der  Jetztzeit  statt¬ 
gehabt  haben  müssen.  01)  dieser  Zeitpunkt  nun  Jahrzehnte  oder 
Jahrhunderte  zurückzuführen  ist,  lässt  sich  bei  der  kurzen  .  Zeit¬ 
spanne,  seit  wir  von  dem  Dasein  des  Kamerunberges  etwas  wissen, 
kaum  nachweisen.  Solche  Spuren  noch  währender  vulkanischer 


101 


Arbeit  bat  seiner  Zeit  Schran  in  der  Nähe  der  Kriegsschiffsbucht 
in  naphthahaltigen  Quellen  entdeckt.*) 

Weiter  oberhalb  dieser  Quellen,  etwa  100  m  über  dem  Meere, 
finden  sich  auch  Säuerlinge.  Wenn  man  den  alten  Weg  von  der 
Theuzfarm  nach  Bimbia  verfolgt  und  die  erste  Höhe  erklommen 
hat,  so  hört  man  ein  dumpfes,  unterirdisches  Geräusch,  das  in  be¬ 
stimmten  Zeitabständen  wiederkehrt.  Links  vom  Wege  findet  man 
auch  bald  die  Quelle,  wenn  man  sich  vom  Ohre  leiten  lässt.  Hier 
setzt  durch  eine  sehr  dichte,  blauschwarze,  basaltische  Lava  eine 
nordsüdlich  verlaufende  Spalte,  aus  der  allerorten  kohlensäurehaltige 
Wasser  hervorsprudeln.  Die  meisten  Wasser  kommen  aus  einer 
kleinen  Höhle,  in  der,  nur  Armlänge  vom  Eingänge  entfernt,  die 
Hauptquelle  zu  liegen  scheint.  Die  tief  aus  dem  Erdinnern  hervor¬ 
dringende  Kohlensäure  stösst  in  Zeiträumen  von  drei  bis  fünf  Se¬ 
kunden  die  in  dem  Kanal  stehende  Wassermenge  heraus  und  ver¬ 
ursacht  dabei  jenes  eigenthümliche  Geräusch.  Das  Wasser  hat  einen 
angenehm  prickelnden  Geschmack,  enthält  aber  viel  Eisen,  das  sich 
als  rotlibrauner  Ocker  ausscheidet.  Auffallend  ist  die  niedrige 
Temperatur  des  Wassers,  welche  mit  17  bis  18°  C.  wesentlich  tiefer 
liegt  als  die  mittlere  Ortstemperatur,  die  hier  mit  etwa  25  Grad 
anzunehmen  ist.  Wir  sind  es  gewohnt,  beim  Eindringen  in  das 
Erdinnere  mit  wachsender  Teufe  wohl  eine  Wärmezunahme  zu  er¬ 
fahren,  niemals  jedoch  eine  Abnahme  der  Temperatur  jenseits  einer 
bestimmten  Grenze,  an  der  wir  jahraus  jahrein  die  mittlere  Orts¬ 
wärme  beobachten.  Die  Kühle  des  Säuerlings  muss  daher  auf 
andere  Ursaclieu  zurückgeführt  werden,  und  zwar  auf  den  Wärme¬ 
verbrauch,  der  bei  Druckverminderung  der  hochgespannten  Kohlen¬ 
säure  entsteht. 

Wandert  man  von  diesen  Quellen  zurück  nach  der  Farm,  so 
erreicht  man  links  abzweigend  eine  andere  Meeresbucht,  welche 
etwas  östlich  vom  Kriegsschiffshafen  liegt  und  von  diesem  durch 
einen  Bergkegel  getrennt  ist,  an  dessen  Gehänge  vor  Zeiten  ein 
Bergrutsch  stattgehabt  haben  muss.  Ganz  jungen  Datums  kann  der 
Bergrutsch  nicht  sein,  denn  sonst  würden  sich  am  Ufer  statt  des 
Lavagerölles  noch  die  rothen  Lehmmassen  finden,  welche  der  Stelle 
den  charakteristischen  Namen  „die  rotlie  Wand“  gegeben  haben. 
Die  Fluthwelle  hat  längst  die  herniedergefallenen,  losen  Massen 
hinweggespült  und  damit  ein  eigenartiges  Schichtenprofil  blossgelegt. 
Ganz  zu  unterst  liegt  ein  blauer,  stellenweise  schwach  rötlilich  ge¬ 
färbter  Thon,  überdeckt  von  einer  fingerdicken,  harten  und  festen 


*)  Schran,  Spuren  vulkanischer  Erscheinungen  am  Kamerunl  erge.  Mit¬ 
theilungen  aus  den  deutschen  Schutzgebieten,  Band  I,  S.  46. 


102 


Thonscliiclit.  Unter  der  harten  Decke  findet  man  im  Thon  zahl¬ 
reiche  versteinerte  Holzstämme,  die  allem  Anschein  nach  von  Pan- 
daneen  herrühren,  wie  sie  sich  unweit  davon  am  Ufer  eines  dort 
mündenden  Baches  finden.  Darüber  liegen  rothe  Tuffmassen,  in 
denen  sich  deutlich  eine  den  Bergabhängen  parallele  Schichtung 
erkennen  lässt.  Wohl  selten  weisen  die  Erscheinungen  selbst  so 
deutlich  auf  ihre  Entstehung  hin.  Auch  dem  geologischen  Laien 
wird  es  nicht  zweifelhaft  sein,  dass  liier  in  nicht  sehr  fernen  Zeiten 
ein  Regen  von  vulkanischen  Aschen  und  Lapilli  in  einen  mit  Pan- 
daneen  bedeckten  Sumpf  niedergefallen  ist.  Die  einzelnen  Blatt¬ 
abdrücke  im  Thon  lassen  die  Struktur  des  schlanken  Pandanusblattes 
erkennen,  aber  die  geringe  Festigkeit  des  Thones  ist  der  Erhaltung 
der  Abdrücke  nicht  günstig  und  auch  die  versteinerten  Stämme  zer¬ 
fallen  leicht,  wenn  sie  einmal  aus  ihrem  natürlichen  Lager  entfernt 
sind. 

Deutlicher  als  diese  Pflanzenreste  sind  die  in  der  Nähe  von 
Dibundja  im  Tuffe  Vorgefundenen  Blattabdrücke  von  Urwaldbäumen, 
welche  sämmtlich  Arten  anzugehören  scheinen,  die  heute  noch  den 
Bestand  der  Wälder  bilden.  Ob  nicht  dennoch  geringe  Verschie¬ 
denheiten  zwischen  der  fossilen  Flora  und  der  jetzigen  obwalten, 
soll  nicht  als  ausgeschlossen  hingestellt  werden,  aber  gleichwohl 
weisen  diese  Pflanzenreste  darauf  hin,  dass  die  damaligen  Ausbrüche 
im  Kamerungebirge  noch  zu  einer  Zeit  stattgefunden  haben,  als  die 
Pflanzenwelt  im  Wesentlichen  schon  ihren  heutigen  Charakter 
trug. 

Man  darf  auch  nicht  ganz  die  abergläubischen  Vorstellungen 
der  Eingeborenen  ausser  Acht  lassen.  Sie  lassen  erkennen,  dass 
die  Leute  zum  mindesten  aus  Ueberlieferungen  Kunde  haben  von 
gewesenen  vulkanischen  Eruptionen.  So  verehren  die  Bakwiri  den 
Berggeist  Efassamite,  auf  den  sie  alle  Naturereignisse  unmittelbar 
zurückführen,  sei  es  Regen,  sei  es  Hitze  und  Dürre.  Tritt  zufällig 
mit  oder  bald  nach  dem  Erscheinen  eines  Weissen  irgend  eine 
Witterungsänderung  ein,  so  wird  dieser  dafür  verantwortlich  ge¬ 
macht.  Er  hat  Efassamite  erzürnt,  der  dafür  Regen,  Blitz  und 
Donner  schickt.  So  wurde  einst  Dr.  Preuss,  dem  Leiter  des 
botanischen  Gartens  in  Victoria,  als  er  kurz  zuvor  den  grossen 
Kamerunberg  bestiegen  und  Pflanzen  von  dort  mitgebracht  hatte, 
in  Buea  ein  Palaver  gemacht.  Der  Häuptling  Kuba  verbot  ihm, 
jemals  wieder  den  Berg  zu  besteigen.  Diesmal  habe  Efassamite  nur 
Wasser  geschickt,  das  nächste  Mal  würde  er  sicherlich  Feuer 
schicken. 

Wenn  auch  alle  Aeusseruugen  der  Eingeborenen  mit  Vorsicht 
aufzunehmen  sind,  so  muss  doch  in  jedem  Falle  die  Vorstellung 


103 


eines  Feuer  schickenden  Berggeistes  ihren  Ursprung  in  einem  that- 
sächlichen  Ausbruche  des  Götterberges  haben,  welcher  zum  wenig¬ 
sten  von  den  Vorfahren  der  jetzigen  Generation  erlebt  ist. 


Nutzbare  Mineralien. 


Ob  das  Kamerungebirge,  abgesehen  von  der  Verwendbarkeit 
einzelner  basaltischer  Laven  als  Baumaterial,  irgend  welche  nutz¬ 
bare  Mineralien  birgt,  sei  es  in  Form  von  kohlensäurehaltigen 
Wassern  oder  bitumenführenden  Quellen,  oder  seien  es  bergmännisch 
auszubeutende  Lagerstätten,  muss  dahingestellt  sein  und  einer  ein¬ 
gehenderen  Forschung  überlassen  bleiben. 

Wirkliche  Lagerstätten  nutzbarer  Mineralien  sind  vom  Verfasser 
nur  an  einer  Stelle  mit  Sicherheit  entdeckt  worden,  und  zwar  ist 
dies  jenes  oben  bereits  erwähnte  Thoneisensteinvorkommen,  das  am 
unteren  Sannaga  bei  Dibongo  und  Ediä  auftritt. 

Eine  Analyse  dieses  Eisensteins  ergab  einen  Gehalt  an  metalli¬ 
schem  Eisen  von  37,08  Prozent,  und  zwar: 


Eisenoxyd  . 
Eisenoxydul 
Thonerde  . 


52,57 

0,36 

12,69 

0,23 

24,77 


Kalk  .  . 

Kieselsäure 


Ob  nun  ein  solches  Erz  in  Kamerun  jemals  Veranlassung  zu  berg¬ 
männischer  Gewinnung  geben  wird,  bleibt  zweifelhaft.  Soweit  eine 
Darstellung  von  Eisen  an  Ort  und  Stelle  und  zwar  von  Ilolzkohleneisen 
in  Betracht  käme,  bliebe  die  Möglichkeit  eines  solchen  Unternehmens 
immer  abhängig  von  dem  Vorhandensein  phosphorfreier  Kalksteine, 
ohne  deren  Zuschlag  eine  Verhüttung  des  kalkarmen  Erzes  nicht 
möglich  sein  würde.  Hierfür  bietet  aber  die  nächste  und  selbst  die 
weitere  Umgebung  keinerlei  Anhaltspunkte.  Selbst  unter  der  Vor¬ 
aussetzung  der  vollständigen  Reinheit  des  Erzes,  insbesondere  der 
Abwesenheit  von  Phosphor  und  Schwefel,  würde  es  in  Anbetracht 
der  heutigen  ungünstigen  Lage  des  Eisenmarktes  unter  so  unfertigen 
Verhältnissen  ausgeschlossen  erscheinen,  einen  solchen  Betrieb 
eröffnen  und  unterhalten  zu  können.  Es  müsste  denn  sein,  dass  das 
Erz  Nebenbestandtheile  enthält,  um  derentwegen  allein  seine  Ge¬ 
winnung  lohnend  sein  würde. 

Es  ist  bekannt,  dass  das  Tapanhoacanga-Erz  überall  da  gold¬ 
führend  ist,  wo  das  Nebengestein,  oder  richtiger  die  unterliegenden 
archäischen  Schichten  Gold  als  zufälligen  Gemengtheil  enthalten. 
Diese  Eigenschaft  ist  bei  den  Thoneisensteinbreccien  am  Sannaga 
zwar  nicht  mit  Sicherheit  nachgewiesen,  jedoch  hat  eine  Reihe  von 


104 


Analysen  zu  dein  Ergebniss  geführt,  dass  die  Gesteine  der  Ur- 
formationen  aus  verschiedenen  Gegenden  der  Kamerunkolonie  Gold 
in  kleinen  Mengen  enthalten.*)  Dies  trifft  auch  zu  bei  den  Gneisen 
und  Glimmerschiefern  am  Sannaga.  Alle  weiteren  Untersuchungen 
des  Verfassers  ergaben  indessen,  dass  der  Goldgehalt  durchaus  nicht 
durchweg  in  jedem  Urgesteine  angetroffen  wird,  vielmehr  nur 
stellenweise  auftritt,  ohne  dass  sich  hierfür  eine  bestimmte  Regel 
linden  liesse.  Durchgängig  handelt  es  sich  um  Spuren,  nur  in 
einem  Falle  ergab  die  Analyse  eines  Glimmerschiefers  den  ansehn¬ 
lichen  Gehalt  von  23  g  auf  die  Tonne.  Wollte  man  dieses  Auftreten 
von  Gold  zum  Gegenstände  einer  besonderen  und  eingehenden 
Untersuchung  machen,  so  hätte  diese  ihr  Hauptaugenmerk  auf  das 
Vorhandensein  von  quarzitischen  Ausscheidungen  oder  Quarzgängen 
zu  richten,  in  denen  eine  Anreicherung  des  im  Nebengestein 
accessorisch  enthaltenen  Goldes  hätte  vor  sich  gehen  können.  Der 
Verfasser  glaubte  gerade  diesem  Umstande  Aufmerksamkeit  schenken 
zu  sollen.  Jedoch  ergaben  sämmtltche  Analysen**)  von  Quarzen, 
sowohl  vom  Sannaga,  als  auch  vom  Nyong  und  Lokundje,  dasselbe 
negative  Resultat,  was  auch  bei  der  bereits  beschriebenen  Natur  der 
Quarzausscheidungen,  dem  Mangel  jeglicher  Gangbildung  kaum 
anders  zu  erwarten  war.  Befremdend  musste  es  aber  sein,  dass 
nicht  einmal  in  den  Thoneisensteinbreccien  eine  Spur  Gold  nach¬ 
gewiesen  werden  konnte.  Es  muss  hierzu  aber  bemerkt  werden, 
dass  die  zur  Untersuchung  gekommenen  Erzstücke  nur  von  zwei 
Stellen  in  der  Nähe  des  Flusses  entnommen  waren,  und  dass  eine 
genauere  Untersuchung  des  Lagers  auf  seine  Goldführung  hin  nicht 
stattgefunden  hat.  Eine  solche  nähere  Erforschung  des  Thoneisen¬ 
steinlagers  wird  vermuthlich  seine  Goldführung  an  anderen  Stellen 
nachweisen. 

Die  Frage,  ob  überhaupt  begründete  Aussicht  vorhanden  ist, 
ein  bauwürdiges  Goldvorkommen  in  unserer  Kamerunkolonie  zu 
erschürfen,  lässt  sich  zur  Zeit  weder  im  bejahenden  noch  im  ver¬ 
neinenden  Sinne  beantworten.  Soweit  das  bisher  erforschte  Gebiet 
in  Frage  kommt,  ist  bei  dem  Fehlen  jeglicher  Gangbildungen,  bei 

*)  Die  im  Hamburger  Staats -Hüttenlaboratorium  ausgeführten  Analysen 
Kameruner  Gesteinsproben  ergaben  u.  A. 

im  Glimmerschiefer  einen  Gehalt  von  0,4  g  in  100  kg 

,  2,3  „  „  100  „ 

in  reinen  Quarzstücken  . 0,6  *  „  100  „ 

,  »  „  . 0,2  „  „  100  , 

**)  Sowohl  im  Laboratorium  der  chemisch -technischen  Versuchsanstalt  zu 
Berlin,  als  auch  im  Königlichen  Laboratorium  zu  Clausthal  wurden  zusammen 
21  Analysen  von  Quarzen  ausgeführt,  von  denen  nicht  eine  einen  Goldgehalt 
ergab 


105 


der  fast  vollständigen  Goldarmuth  sämmtlicher  untersuchten  Quarz- 
ausscheidungen  diese  lediglich  auf  das  erwähnte  Eisensteinlager 
beschränkt. 

Vielleicht  würde  ein  weiteres  Vordringen  in  das  Innere  von 
Erfolg  gekrönt  sein:  zu  bedenken  ist  dabei  aber  stets,  dass  die 
Rentabilität  eines  solchen  Unternehmens  desto  fraglicher  wird,  je 
mehr  man  sich  von  der  Küste  und  von  den  schiffbaren  Theilen  der 
Ströme  entfernt. 

Von  anderen  Gebieten  käme  in  erster  Linie  das  sogenannte 
Aboland  in  Betracht,  wo  vor  einigen  Jahren,  allerdings  von  nicht¬ 
fachmännischer  Seite,  thatsächliche  Schürfungen  vorgenommen  worden 
sind.  Die  entnommenen  Proben,  soweit  sie  dem  Verfasser  vorgelegt 
sind,  beschränken  sich  zwar  ausschliesslich  auf  Belegstücke  anstehen¬ 
der  Gesteine  oder  lose  umherliegender  Blöcke  und  erlauben  keinerlei 
Schluss  auf  das  Vorhandensein  von  Lagerstätten;  ihre  analytische 
Untersuchung  hat  jedoch  die  Anwesenheit  von  Gold  und  Silber  er¬ 
geben,  aus  denen  zum  mindesten  eine  andere  Führung  von  accesso- 
risch  beigemengten  Metallen  folgt,  als  dies  im  südlichen  Gebiete 
der  Fall  ist.  Ob  eine  fachmännische  Untersuchung  mehr  Erfolg 
haben  wird,  wird  wesentlich  davon  abhängen,  ob  man  nach  Lage 
der  etwas  anderen  und  vielseitigeren  geologischen  Verhältnisse 
dieses  Gebietes  mehr  Aussichten  auf  das  Vorhandensein  von  Gang¬ 
bildungen  erwarten  darf  als  in  den  bisher  untersuchten  Gegenden. 
In  jedem  Falle  aber  sind  alle  Annahmen  und  Schlüsse  so  lange  rein 
hypothetischer  Natur,  als  Ergebnisse  einer  genauen  fachmännischen 
Untersuchung  nicht  vor  liegen. 


106 


Bemerkungen  zur  Kartenskizze  des  Küstengebietes 
von  Kamerun. 

Karte  1. 

Die  Darstellung  des  Küstenverlaufes  der  Kamerunmündung  beruht  auf  den 
aus  den  Jahren  1888  bis  1894  stammenden  Aufnahmen  der  Kaiserlichen  Marine, 
welche  demnächst  zu  einer  Neuausgabe  der  Karte  der  Kamerunmündung 
1:100  000  verarbeitet  vom  Reichs -Marine -Amt  herausgegeben  werden  und  die 
auch  die  Grundlage  der  vorliegenden  Kartenskizze  bilden,  nachdem  seitens  der 
Nautischen  Abtheilung  der  Redaktion  der  „Mittheilungen  aus  den  deutschen 
Schutzgebieten“  die  Benutzung  des  vorhandenen  Materials  in  dankenswerther 
Weise  gestattet  worden  war. 

Ohne  die  einzelnen  dieser  Arbeiten  anzuführen,  sind  davon  in  erster  Linie 
die  Aufnahmen  des  Vermessungs- Detachements  1893  bis  1894  zu  nennen,  welche 
durch  reguläre  Basismessung  und  Triangulation  zugleich  den  früheren  Ver¬ 
messungen  eine  lange  entbehrte  feste  Unterlage  schufen.  An  sie  angeschlossen 
sind  die  Manokabucht  nach  den  Aufnahmen  S.  M.  S.  „Hyäne“  1890,  das  Mungo¬ 
delta,  aufgenommen  durch  S.  M.  S.  „Habicht“  1889  bis  1890,  die  Mündung  des 
Bimbiaflusses  nach  S.  M.  S.  „Naehtigal“  1891,  Kriegsschiffhafen  1892  u.  s.  w. 

Für  den  Sannaga  von  der  Mündung  bis  zu  den  Ediäfällen  bildete  die 
Aufnahme  S.  M.  S.  „Naehtigal“  1888,  Lieutenant  zur  See  Sonntag,  die 
Grundlage,  die  sich  von  den  Aufnahmen  des  Lieutenants  zur  See  Vanselow 
1886  insofern  unterscheidet,  als  durch  sie  die  Ediäfälle  in  3°  53'  nördl.  Breite 
und  10°  13'  östl.  Länge  zu  liegen  kommen,  während  ihre  Position  bisher  zu 
3°  45'  nördl.  Breite  und  9°  30 '.5  östl.  Länge  angenommen  wurde.  Die  durch 
diese  Verschiebung  um  mehr  als  15  km  vergrösserte  Stromlänge  des  Sannaga 
entspricht  auch  den  bei  mehrmaligen  Berg-  und  Thalfahrten  gemachten  Beob¬ 
achtungen  des  Herrn  Bergassessors  Knochenhauer. 

Der  nördlich  des  Sannaga  bei  Dibongo  eingezeichnete  Lungasisee  ist  eine 
Entdeckung  des  Herrn  Agenten  Scholz  zu  Malimba,  auf  dessen  Skizzenmaterial, 
welches  er  Herrn  Knochenhauer  zur  Verfügung  stellte,  auch  die  Darstellung 
des  Nyong,  soweit  er  in  die  Karte  fällt,  beruht.  Nach  diesen  Beobachtungen 
hat  der  Nyong  oberhalb  der  Kölner  Wasserfälle  eine  fast  nordsüdliche  Richtung 
und  nähert  sich  damit  dem  Laufe  des  Sannaga  in  Uebereinstimmung  mit  der 
Behauptung  der  Eingeborenen,  dass  die  Entfernung  von  Mangane  am  Sannaga 
nach  dem  Nyong  nur  wenig  mehr  als  eine  Tagereise  betrage,  während  man  für 
den  Marsch  von  Ediä  nach  der  Faktorei  Köln  gut  drei  Tage  braucht. 

Der  untere  Lauf  des  Lokundje  ist  durch  Bergassessor  Knochenkauer 
aufgenommen  worden,  der  die  Mündung  um  etwa  drei  Minuten  nördlicher  legt, 
als  es  bisher  auf  den  Karten  der  Fall  war.  Auch  die  Küstenlinie  von  Klein- 
Batanga  nach  Kribi  sowie  die  Kataraktgebiete  des  Nyong  und  Lokundje  sind 
von  demselben  Forscher  neu  aufgenommen  worden. 


i  Iiora  I 


Skizze  des  Küstengebiets 

KAMERUN 

Nach  den  Vermessungen  der  Kaiser  1.  R 
den  geologischen  Beobachtungen  und  Aufnahmen 


Bergassessor  B.  Knochenhauer  1893 


Routenaufnahmen  von  Missionar 
J.  Autenrieth  1894 
und  der  schwedischen  Reisenden 
P.  Düsen  1891  —  92  und  Y.  Sjöstedt  1890 

Mafsstab  1:500000 


Kilometer. 


Autenrieth  1894 


Erklüi 


.CUteller 


107 


Zum  ersten  Male  gelangen  auf  dieser  Skizze  die  Aufnahmen  des  Missionars 
J.  Autenrieth  1894  in  dem  Quellgebiete  des  Wuri  zur  Darstellung,  wo  die 
gewaltigen  Höhen  des  Manenguba  und  Nlonako  —  offenbar  identisch  mit  dem 
Ndobo  Pindaberge  Zintgraffs  —  das  Tiefland  von  Kamerun  abschliessen. 

Das  Quellgebiet  derjenigen  Flüsse,  welche  das  Delta  zwischen  Akwa  Yafc 
und  Meme  bilden,  ist  das  Resultat  der  Aufnahmen  der  schwedischen  Forscher 
P.  Düsen  und  Y.  Sjöstedt  und  direkt  der  Zeitschrift  „Ymer“  entnommen. 

Hinsichtlich  der  Grenzen  der  einzelnen  geologischen  Formationen,  welche 
auf  den  Beobachtungsergebnissen  vom  Bergassessor  B.  Knochen  ha  uer  beruhen, 
macht  die  Karte  selbstverständlich  keinen  Anspruch  auf  absolute  Genauigkeit; 
mit  weitergehender  Forschung  werden  sich  noch  manche  Aenderungen  als  notli- 
wendig  ergeben.  Immerhin  wird  aber  die  Karte  eine  Orientirung  über  den 
geologischen  Aufbau  des  Landes  ermöglichen. 


108 


Erklärung. 


„Petermanns  Mitteilungen“  1894,  S.  272,  bringen  eine 
Anzeige  der  beiden  obersten  Sektionen  der  R.  Kiepertschen 
„Karte  der  Nyasa  -  Expedition“,  in  der  nach.  Aufzählung  des 
neuen  darin  enthaltenen  Materials  bemerkt  wird:  „Dagegen  fehlt  jede 
Andeutung  des  von  der  verunglückten  Expedition  v.  Zelewskis 
gegen  die  Waheke  verfolgten  Weges;  auch  die  Telegraphenlinie 
von  Bagamoyo  bis  Kilwa  ist  nicht  eingetragen.“  Da  es  hiernach 
den  Anschein  haben  könnte,  als  sei  irgend  welches  Quellenmaterial 
unbenutzt  geblieben,  so  wird  hiermit  ausdrücklich  erklärt,  dass 
weder  von  der  v.  Zele wskischen  Expedition  irgend  welche  topo¬ 
graphischen  Aufzeichnungen  bei  der  Kolonial -Abtheilung  des  Aus¬ 
wärtigen  Amtes  eingegangen  sind,  noch  von  der  erwähnten 
Telegraphenlinie  beim  Kaiserlichen  Reichspostamte  oder  der  Kolonial- 
Abtheilung  bis  jetzt  eine  Aufnahme  existirt,  welche  bei  der  Karte 
der  Nyasa -Expedition  hätte  verwerthet  werden  können. 


Schluss  der  .Redaktion  am  8.  März  1895. 


Gedruckt  in  der  Königlichen  Hofbuchdrackerei  von  E.  S.  Mittler  &  Sohn, 
Berlin  SW.,  Kochstrasse  68—70. 


Ans  dem  Schutzgebiete  Togo 


Astronomische  Ortsbestimmungen  von  Dr.  Grüner  in  Togo  (1894). 

Berechnet  von  Dr.  Fritz  Cohn  in  Königsberg. 

Das  liier  bearbeitete  Material  enthält  im  Wesentlichen  die  in 
der  ersten  Hälfte  des  Jahres  1894  von  Dr.  Grüner  in  Togo, 
speziell  in  der  Umgegend  von  Misahöhe,  angestellten  Ortsbestim¬ 
mungen,  die  wie  früher  mit  dem  bekannten  Universalinstrument  von 
Hildebrand  in  Preiberg  angestellt  worden  sind;  nur  zweimal  kam 
ein  Prismenkreis  in  Anwendung.  Die  Breitenbestimmungen,  um  die 
es  sich  zunächst  handelt,  sind  durch  Beobachtung  von  Circum- 
meri dianhöhen  von  Sternen  erlangt  —  nur  einmal  wurden  Sonnen¬ 
höhen  gemessen  — ,  und  zwar  galt  es  als  Regel,  einen  Nord-  und 
einen  Südstern  sowie  stets  in  beiden  Kreislagen  zu  beobachten. 
Die  Anzahl  der  Einstellungen  belief  sich  dabei  in  jeder  Kreislage 
auf  zwei  bis  drei.  Durch  diese  Anordnung  der  Beobachtungen  sind 
der  Zenithpunkt  und  etwaige  systematische  Unterschiede  zwischen 
Nord-  und  Südsternen  eliminirt.  Um  endlich  eine  genaue  Zeit¬ 
bestimmung  zu  haben,  wurden  an  jedem  Beobachtungsabend  zugleich 
zwei  Sternhöhen  im  Osten  und  Westen  gemessen.  Nur  in  zwei 
Fällen,  in  denen  eintretende  Bewölkung  die  Erledigung  dieses 
normalen  Beobachtungsprogramms  verhinderte,  beruhen  die  Breiten 
auf  unvollständigerem  Material. 

Zur  Charakterisirung  der  erlangten  Genauigkeit  möge  Folgendes 
dienen: 

Obwohl  der  Höhenkreis  direkt  nur  halbe  Bogenminuten  abzu¬ 
lesen  gestattet,  sind  die  Ablesungen,  die  auf  Zehntelminuten  ge¬ 
geben  sind,  erheblich  genauer.  Da  sämmtliche  Einstellungen  der 
Kontrole  halber  stets  einzeln  reduzirt  sind,  lässt  sich  dies  leicht 
daraus  erweisen,  dass  die  Beobachtungen  in  derselben  Kreislage 
selten  um  mehr  als  VT,  nie  um  mehr  als  1/->’  voneinander  abweichen. 
In  ähnlicherWeise  difi'eriren  die  aus  zwei  gleichseitigen  EinstePungen 

Mittli.  von  Forschungsreisenden,  VIII.  Band.  II.  g 


110 


berechneten  Zeitbestimmungen  selten  um  mehr  als  ls.  Aehnliches 
beweist  sowohl  der  Verlauf  des  für  jeden  Abend  aus  den  Stern¬ 
beobachtungen  (nur  der  Kontrole  halber)  ermittelten  Zenithpunktes  • 
1893  Juli  4.  359°  59'.26  1894  März  15.  359°  58'. 95 


Dez.  3. 

Dez.  5. 

1894  Febr,  20. 

März  13. 

März  14. 
als  auch  die  Differenz  der 
Abend  erhaltenen  Breiten: 


59.0(5 

59.21 

59.41 

58.91 

59.18 


März  17. 
März  30. 
Juni  5. 
Sept.  20. 
Sept. 


aus  Süd-  und  Nordsternen 


58.83 

59.20 

58.74 

59.16 

59.05 

am  gleichen 


S  — N: 


1893  Dez.  5. 

+  0'.39 

1894  März  17. 

+  0'.15 

1894  Febr.  20. 

+  0.23 

März  30. 

+  0.55 

März  13. 

+  0.40 

Juni  5. 

+  0.12 

März  14. 

—  0.14 

Sept.  20. 

(+  0.85) 

März  15. 

+  0.11 

Sept.  23. 

—  0.08 

Die  letztere  Uebersicht  spricht  ausser  für  die  Güte  der  Beob¬ 
achtungen  auch  für  einen  geringen  systematischen  Unterschied 
zwischen  Nord-  und  Südsternen  von  0'.2,  der  jedenfalls  eine  reelle 
Ursache  hat  und  daher  in  solchen  Fällen,  wo  nur  ein  Stern  beob¬ 
achtet  ist,  angebracht  wurde.  Aus  diesen  Differenzen  berechnet 
sich  der  mittlere  Fehler  einer  Breite  aus  einem  Stern  zu  +  0'.21. 
[Bei  Fortlassung  des  Sept.  20.,  an  welchem  der  Nordstern  in  einem 
Stundenwinkel  von  ‘/a  Stunde  bei  etwas  unsicherer  Zeitbestimmung 
beobachtet  wurde,  zu  +  O'.IG.]  Sonach  ist  man  wohl  berechtigt, 
die  auf  einer  vollständigen  Beobachtung  beruhenden  Breiten  auf 
mindestens  0'.2  genau  zu  erachten.  Im  Speziellen  zeigen  dies  die 
folgenden  vier  Beobachtungen  der  Breite  von  Misaliöhe: 

1893  Juli  4.  +  6°  56'.88 

Dez.  3.  56.98 

Dez.  5.  56.82 

Febr.  20.  56.96 


Mittel  -f-  6°  56'.9l 

Im  Ganzen  ist  an  sieben  Orten  je  eine  vollständige,  an  zwei 
eine  unvollständige  ßreitenbestimmung  gemacht  worden;  dazu 
kommen  noch  eine  Reihe  von  Zeit-  und  Breitenbestimmungen  in 
Misaliöhe  (Station  und  Observatorium  auf  dem  Hausberge)  selbst. 
Ferner  sind  einige  Azimute  beobachtet  worden,  die  indessen  wegen 
nicht  deutlich  markirter  Objekte  weniger  genau  auslielen.  Besonders 
unsicher  ist  die  Bestimmung  des  absoluten  Azimuts  am  19.  Mai,  da 
die  Beobachtung  der  Sonne  in  zu  geringer  Zenithdistanz,  wo  sich 
das  Azimut  sehr  rasch  ändert,  stattfand.  Während  daher  die  rela- 


111 


tiven  Azimute  der  irdischen  Objekte  gegeneinander  auf  einige 
Zehntel  Bogenminuten  genau  sind,  können  die  Fehler  der  absoluten 
Azimute  leicht  einige  Minuten  betragen. 

Endlich  wurde  noch  der  Versuch  eines  Längenanschlusses  von 
Misahöhe  an  Lome,  dessen  Länge  zu  1°  17'  östlich  von  Greenwich*) 
angenommen  ist,  mittelst  Zeitübertragung  ausgeführt.  Als  Beobach¬ 
tungsuhr  fungirte  eine  Glashütten  Uhr,  als  V  bezeichnet,  die  auf  der 
Station  Misahöhe  täglich  mit  dem  fest  aufgestellten  Chronometer 
Nieberg  621,  auf  der  Reise  mit  einer  zweiten  Glashütten  Uhr  ver¬ 
glichen  wurde.  Das  Verhalten  des  Chronometers  zeigen  die  folgenden 
Korrektionen: 


Korrektion  von  Nieberg  621  Tägl.  Gang 


1893  Dezbr.  3.  .  .  . 

_ 2  ii  4  m 

4742 

Dezbr.  5.  .  .  . 

4 

51.7 

1894  Febr.  7.  .  .  . 

6 

54.6 

Febr.  23.  .  .  . 

7 

31.4 

März  1.  .  .  . 

t 

42.4 

März  12.  .  .  . 

8 

0.4 

April  14.  .  .  . 

8 

35.7 

Mai  19.  .  .  . 

9 

6.0 

Juni  5.  .  .  . 

—  2 11  9 111 

2547 

—  U.8 

1.93 

—  2.30 

—  1.84 

—  1.64 

—  1.04 

—  0.89 

—  1.07 


Aus  diesen  recht  gleichmässigen  Gängen  wurden  die  täglichen 
Korrektionen  des  Chronometers  und  damit  aus  den  Uhrvergleichungen 
die  täglichen  Korrektionen  der  Beobachtungsuhr  V  abgeleitet.  Ein 
willkürlich  herausgegriffenes  Stück  möge  hier  folgen: 


Korrektion  von  V 


1894  April  8. 

.  .  .  .  +  16’“ 

58s.7 

„  9. 

....  -j-  IN 

11.3 

„  10. 

25.5 

„  11. 

37.9 

„  12. 

51.6 

..  13. 

....  +18 

5.2 

„  14. 

19.6 

„  15. 

31.8 

„  16. 

43.4 

,,  17. 

52.5 

„  18. 

....  +19 

4.2 

„  19. 

16.8 

„  20. 

30.1 

„  21. 

42.2 

Gang  von  V 

+  1246 
+  14.2 
+  12.4 
+  13.7 
+  13.6 
-4-  14.4 
+  12.2 
+  11.6 
+  9.1 
+  11.7 
+  12.6 
+  13.3 
+  12.1 


Die  Güte  der  Beobachtungsuhr  dürfte  hierdurch  erwiesen  sein. 


)  Nach  den  Seekarten  ist  vielleicht  1°  15'. 5  richtiger. 


Die  Ked. 
8* 


Da  die  Uebertragung  von  März  13.  bis  März  30.  ausgeführt 
wurde,  und  am  8.  April  durch  die  Rückkehr  nach  Misahöhe  der 
mittlere  Uhrgang  während  der  Reise  genau  ermittelt  werden  konnte, 
darf  man  hiernach  die  ermittelten  Längen  bis  auf  einige  Bogen¬ 
minuten  genau  erachten.  Uebrigens  sind  inzwischen  einige  absolute 
Längen  von  Misahöhe  erhalten  worden,  welche  indessen  noch  nicht 
vorliegen. 

Im  Folgenden  sind  die  Resultate  kurz  zusammengestellt: 


X  östl.  v.  Greenwich 


Misahöhe  (Station)  .  .  .  .  -f-  0° 

4P 

+  6' 

556'. 9 

„  (Observatorium) 

+  6 

57.0* 

Klönu  (Platz  nahe  dem  Südende)  0 

45 

+  6 

49.8 

Batsha-koffi  (Mitte  des  Weilers)  0 

53 

+  6 

41.0 

Tove  (Mitte  des  Südrandes)  .  .  0 

57 

+  6 

34.2 

Glogui  am  Sio  (Nordende)  .  .  1 

7 

+  6 

28.6 

Tovd-Djibe  (b.  Palime,  freier  Platz) 

+  6 

52.4 

Kurnäpe  (Nordende) . 

+  6 

23.0 

Tshegbo  (Dorfplatz) . 

+  6 

28.6 

Kpandö  (dicht  bei  der  Audienzhalle 

und  Königswohnung)  .  . 

+  6 

59.7 

Kunya  -  Alienkuro  (Platz  bei  der 

Wohnung  des  Oberkönigs) 

4“  'i 

7.0 

Absolute  Azimute  (von  N  über 

0 

nach  S) 

(nur  1  Stern) 

(nur  auf  1'  sicher) 


Agu  (höchste  Spitze,  X  =  0°  50') 

—  Adäklu  (höchste,  rechte  Ecke)  213°  0'.5 
—  Misahöhe  (Station)  ....  295  7.0 

—  Misahöhe  (Observatorium)  .  296  7.5 

Misahöhe  (Observatorium) —  Gemikuppe  (höchster  Punkt)  250  33.0 

—  Moltkespitze  „  „  199  33.0 

—  Sandrokoffiberg  (Mitte  der 

breiten  Kuppe)  ....  316  13.0 

—  Agu  (höchste  Spitze)  .  .  .  116  2.0 


*)  Nach  dem  Ergebniss  der  topographischen  Aufnahmen  der  Umgebung 
von  Misahöhe  liegt  das  Observatorium  auf  dem  Hausberg  in  26°. 5  W.  recht¬ 
weisend  in  605  m  Luftlinie  von  der  Mitte  des  Hauptgebäudes  der  Station  Misa 
höhe  entfernt.  Hiernach  wäre  der  Werth  <p  =  6°57'.0  auf  6°  57'. 2  zu  ändern. 

Die  Red. 


Aus  dem  Schutzgebiete  Kamerun 


Bericht  des  Dr.  Preuss  über  das  Gebiet  des  kleinen  Kainerunberges. 

1.  Bodenbeschaffenheit. 

Die  Beschaffenheit  des  Bodens  am  Busse  und  an  den  Hängen 
des  kleinen  Kamerunberges  (Etinde)  kann  in  Bezug  auf  seine  Taug¬ 
lichkeit  zum  Plantagenbau  mit  geringen  Einschränkungen  als  eine 
gute,  zum  grossen  Theil  sogar  als  eine  vorzügliche  bezeichnet  werden. 
Das  Land  besteht  aus  den  Zersetzungsprodukten  vulkanischen  Ge¬ 
steins  in  mehr  oder  weniger  vorgeschrittenem  Stadium,  untermischt 
mit  Humus.  Es  ist  überall  mit  der  üppigsten  Vegetation,  Urwald 
oder  Buschwald,  bedeckt,  und  diese  Ueppigkeit  deutet  in  erster 
Linie  auf  die  grosse  Fruchtbarkeit  des  Bodens  hin.  Aus  den  den 
ganzen  Berg  bedeckenden  Urwäldern  ist  reichlich  fruchtbare  Erde 
hinabgeschwemmt  und  in  den  Thälern  abgelagert  worden.  Allerdings 
ist  der  Boden  überall  steinig  und  mit  losen  Lava-  und  Basaltbrocken 
oder  auch  grösseren  Felsen  durchsetzt  und  bedeckt,  stellenweise  so 
sehr,  dass  an  eine  Bearbeitung  nicht  zu  denken  ist.  Grosse  Strecken 
nichtsteinigen  Bodens,  welche  etwa  mit  Egge  und  Pflug  bearbeitet 
werden  könnten,  habe  ich  nirgends  gesehen.  Jedoch  eignen  sich 
die  weniger  steinigen  Strecken,  besonders  an  der  See,  vorzüglich 
für  Kakao  und  Pflanzen  mit  ähnlichen  Wachsthumsbedingungen,  die 
mehr  steinigen  aber  für  Kaffee,  worauf  auch  das  zahlreiche  Vor¬ 
kommen  wilden  Kaffees  gerade  an  stark  steinigen  Stellen  hindeutet. 
Stellenweise,  jedoch  selten,  findet  sich  eine  eigentümliche  vulka¬ 
nische  Asche  ohne  jedes  Bindemittel.  Sie  knirscht  wie  Kies  unter 
den  Füssen  und  ist  lose  wie  Triebsand,  dennoch  ist  die  Vegetation 
auf  solchem  Boden  nicht  schlecht,  jedoch  leidet  z.  B.  der  Kaffee  in 
diesem  sehr  lockeren  Boden  durch  Trockenheit.  In  Debundja  findet 
sich  an  einer  Stelle,  etwa  50  cm  tief,  eine  Lage  solcher  Asche  von 
gutem  Boden  überdeckt.  Hier  bildet  sie  eine  feste  Schicht,  welche 
für  Pflanzenwurzeln  schwierig  zu  durchdringen  sein  dürfte.  Solche 
Vorkommnisse  sind  jedoch  nur  vereinzelt. 


114 


Als  besonders  fruchtbar  ist  zu  nennen  fast  der  ganze  Ost-  und 
Ostsüdostbang  des  Etinde  nach  Victoria  bin  und  hier  wieder  in 
erster  Linie  das  Gebiet  von  Mokunda  und  die  zwischen  Mokunda 
einerseits  und  Bota,  Ngemme,  Bovindi,  Boniamatanga  und  Mokun- 
dange  liegenden  Länderstrecken  und  Vorberge.  Die  Eingeborenen 
haben  den  Werth  dieses  Landes  schon  erkannt,  und  zwischen  Victoria 
und  Bota,  Ngeinme  und  Mokundange  stösst,  man  überall  auf  Kakao¬ 
pflanzungen  von  geringerer  oder  grösserer  Ausdehnung.  In  Mokun¬ 
dange  besitzt  ein  Eingeborener  eine  Pflanzung  von  etwa  4000  Bäumen. 
Als  die  beste  und  fruchtbarste  von  mir  begangene  Strecke  ist  zu 
nennen  das  Gebiet  von  Udje  und  Batoki,  welches  wenig  hügelig, 
wenig  steinig  und  sehr  fruchtbar  ist.  Von  hier  nach  Nordwesten 
findet  sich  an  der  ganzen  Küste  in  einer  Erstreckung  von  etwa 
5  km,  also  bis  1,5  km  vor  Bakingele,  Haches,  nur  sehr  sanft  anstei¬ 
gendes  Land,  aus  welchem  sich  der  Etinde  mit  nach  dieser  Seite 
hin  besonders  steilen  Wänden  ganz  unvermittelt  emporhebt,  in  einer 
Entfernung  von  3  bis  4  km  von  der  Küste.  Der  Einblick  in  dieses 
Gebiet,  welches  nur  von  Ebenholz  Suchenden  besucht  wird,  ist 
durch  den  Mangel  an  Wegen  sehr  erschwert.  Jedoch  ist  der  Boden, 
soviel  ich  davon  habe  sehen  können,  gut  und  die  Vegetation  un- 
gemein  üppig.  Den  eigenthümliclien  topographischen  Verhältnissen 
entsprechend  ist  dieses  Gebiet  von  einer  grossen  Anzahl  von 
Wasserläufen  durchflossen  und  dürfte  gelegentlich  in  der  Regenzeit 
theilweise  überffuthet  werden,  jedoch  deutet  die  starke,  oft  reissende 
Strömung  der  Bäche  bei  jetzt  in  der  Trockenzeit  verlud tnissmässig 
geringen  Wassermengen  auf  eine  immerhin  genügende  Steigung  des 
Geländes  hin,  um  die  Annahme  einer  Sumpfbildung  im  Allgemeinen 
auszuschliessen,  wie  denn  diese  überhaupt  bei  dem  ungemein  durch¬ 
lässigen  Boden  des  Kamerungebirges  wenig  Wahrscheinlichkeit  für 
sich  hat.  In  einzelne  der  Bäche  dringt  allerdings  das  Seewasser  zur 
Zeit  der  Fluth  ein,  und  so  bildet  sich  an  der  Mündung  etwas 
sumpfiges  Terrain. 

Etwa  1 4/2  oder  2  km  südöstlich  von  Bakingele  beginnt  das  Ge¬ 
lände  wieder  bis  an  die  Küste  hin  leicht  hügelig  zu  werden,  und 
der  Boden  ist,  wie  überall,  bald  steinig,  bald  frei  von  Steinen  und 
mit  Urwald  und  Buschwald  bestanden.  Nordwestlich  von  Mowanga 
aber  tritt  der  Urwald  allmählich  mehr  vor  dem  Buschwald  zurück, 
in  welchem  sich  allerdings  verhältnissmässig  viele  hohe  Bäume  be¬ 
finden  zwischen  sehr  dichtem  Unterholz,  und  hier  fällt  sofort  am 
Strande,  etwa  3  km  südlich  von  Debundja,  eine  eigenthümliche  Art 
eines  geschichteten,  weichen,  leicht  zerbröckelnden,  nesterweise 
zahlreiche  Blattversteinerungen  führenden  Gesteins  von  vulkanischem 
Ursprung  auf,  welches  in  geringer  Tiefe  unter  oder  ganz  an  der 


115 


116 


Erdoberfläche  breite  Platten  bildet.  Diese  Formation  des  Bodens 
bleibt  bis  Debnndja  bestehen,  und  obgleich  der  Boden  selbst  ein 
sehr  fruchtbarer  ist,  hat  hier  die  Bildung  eines  Urwaldes  doch  nicht 
stattfinden  können.  Der  Busch  aber  ist  sehr  dicht  und  der  Tummel¬ 
platz  zahlreicher  Elefanten,  Wildschweine  u.  s.  w.  Ein  kleiner  Theil 
der  Pflanzung  in  Debundjä,  nahe  der  See,  steht  auf  solchem  Terrain, 
und  nur  der  grossen,  das  ganze  Jahr  hindurch  andauernden  Feuch¬ 
tigkeit  ist  es  zu  verdanken,  dass  hier  die  Kakaobäume  immerhin 
zum  grossen  Theile  ganz  gut  gedeihen,  obgleich  die  Krume  des 
allerdings  sehr  guten  Bodens  nur  30  bis  50  cm  tief  ist.  ln  geringer 
Entfernung  von  der  Küste  hört  in  Debundjä  die  Bildung  der  Stein¬ 
platten  auf,  und  der  Boden  wird  tiefgründig. 

2.  Wasser  Verhältnisse. 

Die  Vertheilung  des  Wassers  im  Gebiete  des  Etinde  ist,  weil 
zu  unregelmässig,  keine  günstige  zu  nennen.  Besonders  der  Ost- 
und  Südosthang  sind  wasserarm.  Bonyongo  und  Mapanya  besitzen 
zusammen  nur  eine  Quelle,  welche  von  Mapanya  über  eine  Stunde 
entfernt  ist.  Mit  Mokunda  und  Boando  steht  es  ebenso  übel.  Bota 
besitzt  nur  eine  Quelle  dicht  am  Seeufer.  Aebnlich  ist  es  bei  Ngemme, 
wo  die  Quellen  zur  Zeit  der  Fluth  von  der  See  bedeckt  werden, 
was  übrigens  an  der  ganzen  Küste  zwischen  Victoria  und  Mokundange 
ein  häufiges  Vorkommen  ist.  An  dem  etwa  500  m  langen  Sandstrande 
nordnordwestlich  von  Ngemme  befindet  sich  eine  grosse  Anzahl 
solcher  Quellen,  welche  zur  Ebbezeit  in  kleinen  schnell  im  Sande 
ausgewaschenen  Betten  in  die  See  fliessen.  Durch  die  Fluth  werden 
sie  bedeckt.  Dennoch  liefern  sie  theilweise  recht  beträchtliche 
Mengen  eines  ganz  vorzüglichen  Trinkwassers,  dessen  Temperatur 
ich  auf  nur  21,8°  G.  feststellte.  (26.  Februar  1895,  vormitt.  11  Uhr.) 

Mokundange  schöpft  sein  Wasser  unter  ganz  ähnlichen,  aber 
etwas  weniger  günstigen  Verhältnissen. 

Nordwestlich  aber  vom  Kap  Limpoh  bis  nach  Isongo  hin  sind 
die  Wasserverhältnisse  meist  ganz  vorzügliche  zu  nennen.  Zwischen 
Mokundange  und  Udje  ergiesst  sich  ein  an  der  Mündung  zur  Ebbe¬ 
zeit  etwa  4  m  breiter  Fluss  in  die  See,  welcher  wenig  Strömung 
und  nur  einen  sehr  kurzen  Lauf  hat,  so  dass  man  ihn  auf  dem  Wege 
von  Mokundange  nach  Udje  über  Mekoffi  umgeht.  Dieser  Fluss  hat 
an  seiner  Mündung  bei  Fluthzeit  eine  Tiefe  von  mehr  als  1  m  und 
dürfte  dann  als  Hafen  für  Boote  benutzt  werden  können.  Das  Dorf 
Batoki  wird  durch  einen  Fluss  in  zwei  Theile  getheilt.  Er  führt 
den  Namen  Kelle  und  entspringt,  den  Aussagen  der  Eingeborenen 
gemäss,  nahe  Boando.  Er  versorgt  die  Dörfer  Boniamatanga,  Basse, 
Etome  mit  W asser  und  erhält  in  seinem  unteren  Laufe  einen  grossen 


117 


Nebenfluss  von  der  rechten  Seite,  der  den  Namen  Nyeka  führt  und 
vom  Etinde  herkommt.  Zwischen  ßatoki  und  Bakingele  ergiessen 
sich  in  einer  Strecke  von  einer  deutschen  Meile  nicht  weniger  als 
zehn  Flüsse  bezw.  Bäche  oder  kleinere  Wässerchen  in  die  See, 
welche  alle  thcils  vom  Etinde,  theils  aus  dem  dachen  Gelände 
zwischen  Etinde  und  der  See  ihren  Ursprung  nehmen.  Für  die 
Richtigkeit  der  mir  für  die  grösseren  von  ihnen  angegebenen  Namen 
EwOle,  Mbendje,  Maiungu,  Mekandje,  Bokwole,  Söke,  Mbelle  kann 
ich  nicht  bürgen.  Die  beiden  auf  der  Karte  als  Soke  und  Mbelle 
bezeichneten  Flüsse  sind  besonders  reissend  und  führen  sehr  klares 
Wasser.  An  ihren  Mündungen  haben  sie  grosse  Mengen  von  Geröll 
aufgehäuft,  welche  von  der  Kraft  dieser  Gewässer  Zeugniss  ablegen. 
Zwischen  Bakingele  und  Jsongo,  500  m  von  den  letzten  Häusern 
von  Bakingele  entfernt,  ergiesst  sich  noch  ein  Bach  von  2  m  Breite, 
welcher  ziemlich  viel  Wasser  und  lebhafte  Strömung  besitzt,  in  die 
See.  Ein  in  der  Trockenzeit  ganz  kleines  Wässerchen  in  einer 
Schlucht  im  Urwald,  etwa  in  der  Mitte  zwischen  Isongo  und  Mowange, 
ist  das  letzte  bis  zu  dem  Bache,  der  bei  Debundja  mündet  und 
welcher  jetzt  nur  in  seinem  untersten  Laufe  Wasser  führte.  Einige 
grosse  Tümpel  linden  sich  noch  in  dem  Buschwalde  zwischen 
Mowanga  und  Debundja  nahe  der  See. 

Zum  Maschinenbetrieb  würden  sich  sämmtliche  grösseren,  vom 
Etinde  herkommenden  Gewässer  eignen,  da  sie  starke  Strömung 
besitzen  und  sogar  hier  und  dort  Wasserfälle  bilden.  Auch  der 
Bach  zwischen  Bakingele  und  Isongo  würde  hierbei  in  Betracht  zu 
ziehen  sein. 


3.  Meteorologisches. 

Kaum  dürfte  es  viele  Gegenden  der  Welt  geben,  welche  auf 
so  engem  Raume  so  verschiedene  meteorologische  Verhältnisse  zeigen 
wie  der  Bezirk  Victoria  und  besonders  das  Gebiet  des  kleinen 
Kamerunberges.  Indessen  ist  dieses  natürlich,  da  es  nur  wenige 
Orte  in  der  Welt  geben  mag,  wo  ein  mehrere  Tausend  Fuss  hohes 
Gebirge  in  nächster  Nähe  der  See  sich  erhebt.  Die  das  ganze  Jahr 
hindurch  aus  westlicher  bezw.  südwestlicher  Richtung  wehende,  mit 
Wasserdämpfen  beladene  Seebrise  stösst  gegen  das  sich  in  einer 
Entfernung  von  4  bis  5  km  von  der  Küste  fast  ganz  unvermittelt 
aufthürmende  Gebirge.  Sie  steigt  daran  in  die  Höhe,  kühlt  sich  ab, 
und  es  entstehen  Wolken  und  Regen.  Diese  Verhältnisse  treffen  zu 
für  den  ganzen  Bezirk  im  Westen  des  Etinde  von  Debundja  bis 
Batoki  hin,  und  dieser  Bezirk  hat  daher  das  ganze  Jahr  hindurch 
Regen.  Es  lässt  sich  wohl,  entsprechend  der  Trocken-  und  Regen¬ 
zeit  auf  der  Ostseite  des  Gebirges,  eine  regenärmere  und  eine  regen- 


118  — 


reichere  Zeit  unterscheiden,  indessen  gehört  selbst  in  der  regen¬ 
ärmeren,  sogenannten  Trockenzeit  eine  Periode  von  sieben  regenlosen 
Tagen  zu  den  grössten  Seltenheiten.  Pflanzen  und  säen  kann  man 
hier  das  ganze  Jahr  hindurch. 

Gerade  südlich  und  südöstlich  vom  Etinde,  in  Batoki  und  Udjer 
dort,  wo  die  Seebrise  nur  auf  die  niederen  Vorberge  stösst,  sind 
die  Regenmengen  schon  viel  geringer,  und  noch  geringer  sind  sie 
an  der  Ostseite.  In  Victoria  betrug  im  letzten  Jahre  die  Regen¬ 
menge  4717  mm  und  sie  wird  im  Mittel  etwa  4500  mm  betragen. 
Dabei  besitzt  der  ganze  Osthang  des  Etinde  eine  deutlich  geschie¬ 
dene  Regen-  und  Trockenzeit.  Die  erstere  fällt  in  die  Monate  Juni., 
Juli,  August,  September,  wozu  bisweilen  ein  Tlieil  des  Mai  und 
Oktober  kommen.  Trockenmonate  sind  Dezember  und  Januar.  Im 
Februar  beginnt  die  Tornadozeit,  wo  kurze  Regen-  bezw.  Gewitter¬ 
perioden  mit  längeren  Perioden  trockenen  Wetters  abwechseln. 
Diese  dauert  bis  Ende  Mai.  Am  Ende  der  Regenzeit  pflegen  die 
Tornados  Ende  Oktober  zu  beginnen  und  mit  dem  November  zu 
schliessen. 

In  Debundja,  wo  seit  einigen  Monaten  Regenmessungen  an¬ 
gestellt  werden,  beträgt  die  Regenmenge  sicher  7000  mm  oder  mehr. 
Dort  kommt  es  vor,  dass  ein  für  europäische  Verhältnisse  berechneter 
Regenmesser  in  l1/?  Stunden  bis  zum  üeb erlaufen  vollregnet.*) 

4.  Landungsplätze. 

Verfolgen  wir  die  Küste  von  Victoria  nach  Nordwesten,  so 
treffen  wir  zunächst  nahe  bei  Victoria,  etwas  vor  der  Mitte  zwischen 
Victoria  und  Bota,  einen  in  jeder  Jahreszeit  sehr  guten  Landungs¬ 
platz,  der  zu  den  besten  an  dieser  Küste  zählt.  Er  heisst  bei  den 
Küstenbewohnern  Diwola'tin  und  wurde  früher  als  Marktplatz  benutzt. 
Einige  Quellen  guten  Trinkwassers  treten  dort  zur  Zeit  niederen 
Wassers  zu  Tage.  Dieser  Landungsplatz  liesse  sich  mit  geringer 
Mühe  noch  durch  Errichten  eines  Steinwalles  (Bootpier),  dessen 

*)  Seit  Ende  1894  bestellt  in  Debundja  dank  der  Bereitwilligkeit  des 
Herrn  Stationsvorstehers  F austmann  eine  meteorologische  Station.  Wir  lassen, 
um  jene  grossen  Kontraste  zahlenmässig  zu  belegen,  die  Regenmessergebnisse 
der  ersten  drei  Monate  folgen  und  fügen  zum  Vergleich  die  am  Gouvernements¬ 
gebäude  in  Kamerun  zur  gleichen  Zeit  gemessenen  Regenmengen  bei: 

Debundja  Gouvernementsgebäude  Kamerun 
Dezember  1894  .  .  403.1 mm  36  7  mm 

Januar  1895  .  .  .  353.2  „  25.0  „ 

Februar  „  ...  394.1  „  126.4  . 

Summe  1150.4 mm  188.1  mm 

In  Debundja  fiel  also  mehr  als  die  sechsfache  Regenmenge  von  der  in 
Kamerun  beobachteten.  Die  Red. 


119 


Untergrund  bereits  in  einer  in  die  See  liinausgesckobenen  Felspartie 
gegeben  ist,  bedeutend  verbessern.  Etwa  fünf  Minuten  weiter  west¬ 
nordwestlich  befindet  sich  ein  zweiter,  mehr  offener,  aber  immerhin 
noch  leidlich  guter  Landungsplatz,  und  wieder  fünf  Minuten  weiter, 
am  Südostende  des  langen  sandigen  Strandes  vor  dem  Botaberge, 
noch  einer,  der  Wetända-tända  heissen  soll.  Ein  kleines  Wässerchen 
mit  sehr  kurzem  Lauf,  das  aber  nie  versiegt,  mündet  hier  in  die  See. 

Es  folgt  weiter  nordwestlich  eine  Landungsstelle  bei  dem  Dorfe 
Bota  selbst,  die  bei  Hochwasser  wohl  ganz  gut  zugänglich  ist  und 
auch  geschützt  liegt,  bei  Ebbe  aber  durchaus  unbrauchbar  ist,  da 
dann  die  vorlagernden  Felsen  über  die  Wasserfläche  hervorragen. 

Besser  ist  der  Landungsplatz  nordwestlich  von  dem  Dorfe 
Ngemme.  Die  Ambasbai  Trading  Co.  hat  dort  an  dem  felsigen 
Ufer  in  einer  Bucht  eine  leidliche  Landungsstelle  für  Kanus  und 
Boote  durch  Hinwegräumen  der  Steine  geschaffen.  Weit  besser 
jedoch  ist  das  Landen  an  dem  langen  Sandstrande  zwischen  Ngemme 
und  Bovindi  zu  bewerkstelligen,  welcher  Nyonge  heisst,  und  wo  auch, 
wie  früher  erwähnt,  so  vorzügliches  Trinkwasser  sich  befindet.  Das 
Kap  Limpoh  schützt  die  grosse  Bucht  zwischen  Mokuudange  und 
Ngemme  vor  den  aus  Westen  herandrängenden  Wogen,  ausserdem 
bricht  eine  quer  vor  die  Bucht  gelagerte  Klippenreihe  die  Gewalt 
derselben.  Ich  möchte  diese  Landungsstelle  als  eine  gute  bezeichnen. 

Mokundange  selbst  hat  einen  kleinen,  aber  ausgezeichneten  Hafen, 
von  Felswänden  eingeschlossen  und  gegen  Tornados,  Seebrise  und 
Wellen  gleichmässig  geschützt,  mit  einer  Oeffnung  nach  Südsüdosten. 

Von  dem  Kap  Limpoh  ab,  wo  die  Küste  immer  mehr  nach 
Nordwesten  biegt  und  von  der  das  ganze  Jahr  hindurch  aus  west¬ 
licher  bezw.  westsüdwestlicher  Richtung  wehenden  Seebrise  fast  im 
rechten  Winkel  getroffen  wird,  ist  leider  Mangel  an  guten  Landungs¬ 
plätzen.  Zwar  überwiegt  der  sandige  Theil  des  Strandes  den  felsigen 
an  Ausdehnung,  jedoch  ist  die  Brandung  stark,  und  wenn  sie  auch 
nicht  mit  derjenigen  an  der  Goldküste  oder  in  Togo  verglichen 
werden  kann,  so  wird  das  Landen  und  Y erschüfen  von  Waaren  doch 
immerhin  sehr  schwierig  sein.  In  der  Trockenzeit  freilich  ist  die 
Brandung  in  der  Regel  gering,  und  dann  können  die  Landungsplätze 
bei  Udje,  Batoki,  Bakingele  und  Wete-Wete  als  ganz  gut  gelten, 
in  der  Regenzeit  sind  sie  aber  nur  als  sehr  mittelmässige  zu  be¬ 
zeichnen.  Eine  Ausnahme  macht  wieder  Isongo,  das  einen  das  ganze 
Jahr  hindurch  sehr  guten  Landungsplatz  aufweist.  Ein  guter  Lan¬ 
dungsplatz  findet  sich  ferner  bei  Debundja. 

Inwieweit  die  Flussmündungen  bei  Udje  und  zwischen  Batoki 
und  Bakingele  bei  Fluthzeit  als  Häfen  und  Landungsplätze  benutzt 
werden  können,  müssen  erst  nähere  Beobachtungen  dartliun.  Der 


120 


Fluss  bei  Udje  und  einer  nahe  bei  Batoki  scheinen  mir  für  diesen 
Zweck  auszureichen,  ebenso  wie  es  die  Mündung  des  Debundja- 
liusses  thut. 


5.  Bevölkerung  und  Arbeiterfrage. 

In  dem  Bezirk  Victoria  haben  sich  die  Eingeborenen  in  den 
letzten  Jahren  mehr  und  mehr  an  das  Arbeiten  für  den  Europäer 
gewöhnt,  und  es  ist  zu  hoffen,  dass  z.  B.  die  Bakwilis  mit  der  Zeit 
ganz  gute  Arbeiter  abgeben  werden.  Für  eventuelle  Plantagen¬ 
unternehmungen  wird  dieses  schwer  ins  Gewicht  fällen  und  zu  be¬ 
rücksichtigen  sein,  denn  die  fremden  Arbeiter  werden  immer  seltener 
und  tlieurer.  Betrachten  wir  nun  die  Umgebung  des  kleinen 
Kamerunberges,  so  linden  wir  an  den  Ost-  und  Südosthängen  des¬ 
selben  eine  ganze  Anzahl  Dörfer,  welche  Arbeiter  stellen  können: 
Bonyongo,  Boana,  Bongalla,  Busumbu.  Boniadikombo,  Mapanya, 
Mokunda,  Boando,  Bota,  Ngemrne,  Bovindi,  Mokundange  und  Bonia- 
matanga,  also  zwölf  Bakwilidörfer  und  ein  Isubudorf  (Bota).  An 
den  Südhängen  des  Etinde  finden  wir  Udje,  Mekoffi,  Batoki,  Basse, 
Etome,  also  fünf  meist  kleine  Dörfer,  deren  Bewohner  schon  theil- 
weise  mit  Bambokos  vermischt  sind.  Westlich  vom  Etinde  linden 
wir  nur  eine  ausserordentlich  dünne  Bambokobevölkerung.  Die 
einzigen  Dörfer,  welche  bei  der  Arbeiterfrage  in  Betracht  kommen 
können,  sind  Bakingele  und  Yonye.  Die  Plätze  Isongo  und  Mowanga 
haben  nur  je  drei  Hütten. 

Bei  dem  grossen  Widerwillen  der  Eingeborenen,  sich  weit  von 
ihren  Heimathsplätzen  hinweg  als  Arbeiter  zu  vermiethen,  lässt  sich 
hieraus  ersehen,  dass  die  Arbeiterfrage  im  Südosten  und  Osten  des 
Etinde  weit  leichter  zu  lösen  sein  wird  als  an  den  Süd-  und  Westhängen. 
Im  Westen  würde  man  so  gut  tvie  ganz  und  im  Süden  zum  aller- 
grössten  Theile  auf  fremde  Arbeiter  angewiesen  sein,  im  Südosten 
und  Osten  dagegen  würde  man  mit  den  Eingeborenen  als  Arbeitern 
immerhin  als  mit  einem  wichtigen  Faktor  rechnen  können. 


Aus  dem  deutsch -siid westafrikanischen 
Schutzgebiete. 


Meteorologische  Beobachtungen  aus  Deutsch- Siidwestafrika. 

Die  bisher  noch  nicht  veröffentlichten  Beobachtungen  aus 
Otyiseva,  Nordnordwest  von  Windhoek  gelegen,  stammen  noch  aus 
jener  Zeit,  in  der  einige  Missionare  der  Rheinischen  Missionsgesell¬ 
schaft,  angeregt  durch  den  Verein  für  Erdkunde  in  Leipzig,  einige 
Jahre  lang  meteorologische  Aufzeichnungen  Vornahmen.  Die  Tein- 
peraturwerthe  dieser  Station  werden  ebenso  wie  diejenigen  der 
Stationen  Kubub,  Angra  Pequena  und  Olukonda  nach  allen 
bisherigen  Erfahrungen  wesentlich  zu  hohe  sein  infolge  der  enormen 
StrahlungseinHiisse  auf  die  Thermometer.  Den  thatsächlichen  Ver¬ 
hältnissen  entsprechende  Temperaturwerthe  aus  Südwestafrika  werden 
erst  zur  Verfügung  stehen,  wenn  die  ersten  Resultate  der  von 
Herrn  Dr.  Dove  eingerichteten  und  mit  Aspirationsthermometern 
ausgerüsteten  neuen  meteorologischen  Stationen  vorliegen  werden. 
Immerhin  schien  es  aber  doch  angezeigt,  die  an  diesen  älteren 
Stationen  erlangten  Resultate  der  Oeffentlichkeit  nicht  vorzu¬ 
enthalten,  zumal  sie  auch  andere  wissenschaftlich  werthvolle  An¬ 
gaben  über  Wind,  Bewölkung  und  Regenmenge  enthalten.  Die 
Instrumente  für  die  Stationen  Kubub,  Angra  Pequena,  Olukonda 
sowie  für  Bethanien  sind  seiner  Zeit  von  der  Direktion  des  König¬ 
lich  preussischen  meteorologischen  Instituts  zur  Verfügung  gestellt 
worden. 


122 


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Gewittern  J*. 

©  T'Oi^Moooocittwo' 

nur  Wetter¬ 
leuchten 

Beobachter  Missionar  W.  Eich.  Otyiseva 

<P  =  ca.  22°  20'  siidl.  Br.  A  =  ca.  17°  0'  östl.  Lg.  h  =  ca.  1550  m. 


Otyiseva. 

Vertheilung  der  Windrichtungen. 


1885 

N 

NE 

1  " 

E 

SE 

S 

SW 

W 

NW 

Stille 

Anzahl 

der 

Beobach¬ 

tungen 

Januar  .  .  .  7  a 

2 

8 

1 

1 

19 

31 

2  p 

6 

10 

4 

3 

1 

1 

4 

1 

1 

31 

9  p 

2 

2 

Q 

0 

6 

1 

10 

1 

— 

6 

31 

Summe 

10 

12 

7 

17 

3 

12 

5 

1 

26 

93 

Februar  7  a 

1 

1 

— 

2 

ii 

1 

— 

— 

12 

28 

2  p 

3 

4 

7 

2 

2 

3 

3 

1 

3 

28 

9  p 

— 

3 

— 

— 

4 

9 

2 

— 

9 

27 

Summe 

4 

8 

7 

4 

17 

13 

5 

1 

24 

83 

März  ...7a 

— 

— 

— 

2 

12 

6 

1 

— 

10 

31 

2  p 

2 

14 

3 

i 

— 

2 

4 

Q 

o 

2 

31 

9  p 

— 

— 

2 

i 

9 

5 

— 

— 

14 

31 

Summe 

2 

14 

5 

4 

21 

5 

3 

26 

93 

April  ...  7a 

— 

— 

-i- 

3 

7 

7 

— 

— 

13 

30 

2  p 

8 

13 

— 

i 

— 

— 

6 

— 

2 

30 

9  p 

— 

1 

1 

i 

— 

6 

6 

— 

14 

29 

Summe 

8 

14 

1 

5 

7 

13 

12 

— 

29 

89 

Mai  ...7a 

— 

— 

2 

15 

4 

2 

— 

8 

31 

2p 

O 

O 

7 

2 

2 

1 

1 

4 

9 

1 

30 

9  p 

— 

— 

— 

i 

10 

b 

2 

— 

13 

29 

Summe 

3 

7 

2 

5 

26 

8 

8 

9 

22 

90 

Juni  .  .  .  7  a 

— 

— 

— 

— 

10 

O 

O 

— 

- ' 

14 

27 

2P 

8 

3 

— 

— 

1 

— 

7 

6 

1 

26 

9  p 

— 

— 

— 

— 

13 

3 

— 

— 

7 

23 

Summe 

8 

3 

— 

— 

24 

6 

7 

6 

22 

7(> 

Juli  ....7a 

— 

_ 

— 

_ 

20 

4 

— 

— 

6 

30 

2  p 

19 

2 

Q 

o 

— 

— 

1 

3 

1 

— 

29 

9  p 

— 

— 

— 

— 

9 

8 

— 

— 

7 

24 

Summe 

19 

2 

3 

— 

29 

13 

3 

1 

13 

83 

August  ...7a 

— 

_ 

— 

4 

14 

1 

— 

_ 

12 

31 

2  p 

9 

2 

2 

1 

— 

2 

10 

— 

ft 

31 

9  p 

— 

i 

— 

1 

8 

5 

— 

— 

13 

28 

Summe 

9 

3 

2 

6 

22 

8 

10 

— 

30 

90 

September  .  7  a 

1 

— 

— 

1 

12 

2 

— 

— 

13 

29 

2  p 

12 

4 

3 

3 

1 

1 

2 

3 

1 

30 

9p 

1 

— 

3 

2 

5 

2 

3 

— 

14 

30 

Summe 

14 

4 

6 

6 

18 

5 

5 

3 

28 

89 

Oktober  .  .7a 

— 

— 

1 

4 

9 

3 

1 

— 

12 

30 

2  p 

4 

3 

3 

3 

2 

— 

12 

1 

2 

30 

9  p 

4 

— 

i 

5“^ 

4 

1 

3 

1 

10 

29 

Summe 

8 

3 

5 

12 

15 

4 

16 

2 

24 

89 

November.  .  7  a 

1 

1 

— 

1 

5 

1 

_ 

1 

16 

26 

2  p 

10 

— 

2 

1 

1 

1 

7 

1 

O 

26 

9  p 

2 

— 

1 

1 

5 

4 

2 

— 

9 

24 

Summe 

13 

1 

3 

o 

11 

6 

9 

2 

28 

76 

Dezember  .  .  7  a 

2 

1 

i 

5 

4 

_ 

_ 

_ 

7 

20 

2p 

5 

3 

4 

3 

1 

1 

5 

i 

— 

23 

9  p 

2 

1 

1 

2 

4 

— 

4 

i 

5 

20 

Summe 

9 

5 

6 

10 

9 

1 

9 

2 

12 

63 

J  alir  .  7  a 

7 

3 

2 

32 

120 

33 

4 

i 

142 

344 

2  p 

89 

65 

33 

20 

10 

13 

67 

27 

21 

345 

9  p 

11 

8 

12 

20 

72 

56 

23  , 

2 

121 

325 

Summe 

107 

76 

47 

72 

202 

102 

94 

30 

i 

284 

1014 

Kabul». 

>.  =  ca.  16°  10'  östl.  Gr.  cp  —  ca.  26°  42'.  h  =  ca.  1530  m. 
Beobachter:  E.  Hermann. 


1892/93 

T  e  m  p  e  r  a  t  u  r 

7  a  2  p  9  p  Mitt. 

B  e  w  ö  1  k  u 

7  a  2  p  9  p 

Mitt. 

Regen- 
m  enge 

in  Max- 

i  111 

mm  |  24  St. 

Zahl  der  Ta 
Regen 

jm  !  mit  mehr  als 
A1Jtr  0.2  |  1.0  i  25.0 
ö’  |  mm  mm  |  mm 

ge 

CS 

1 

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Hagel 

August.  .  .  . 

O  O 

4.9  15.9 

° 

7.3 

O 

8.8 

1.7 

0.8  !  0.8 

1.1 

3.1 

2.0 

2 

2 

1 

2  0 

l 

0 

0 

September  .  . 

7.6  19.2 

7.7 

10.5 

1.4 

1.0  1.0 

1.1 

9.9 

9.5 

2 

2 

1  0 

0 

0 

0 

Oktober  .  .  . 

14.3  28.9 

11.2 

15.2 

2.4 

2.7  1  2.1 

2.4 

0.7 

0.3 

4 

2 

0  0 

0 

3 

1 

November  .  . 

18.0  28.0 

14.2 

18.6 

0.8 

1.3  !  0.4 

0.8 

0.0 

0.0 

1 

0 

0  0 

0 

2 

0 

Dezember  .  . 

17.1  27.1 

14.3 

18.2 

1.6 

2.9  1.6 

2.0 

5.9 

2.7 

3 

2 

2  0 

0 

4 

0 

Januar  .... 

21.5  27.5 

17.3 

20.9 

2.7 

2  5  2.6 

2.6 

39.2 

22.3 

4 

3 

2  0 

o 

O 

7 

0 

Februar  .  .  . 

20.4  26.9 

17.3 

20.5 

2.0 

3.8  3.7 

3.2 

40.6 

19.7 

6 

5 

4  0 

8 

5 

0 

März . 

18.1  24.5 

16.4 

18.9 

3.3 

5.6  4.0 

4.3 

54.5 

14.3 

23 

16 

10  0 

24 

0 

1 

April . 

11.5  22.0 

12.8 

14.8 

2.0 

1.6  1.5 

1.7 

15.0 

9.2 

5 

5 

3  0 

2 

0 

0 

Mai . 

7.2  18.2 

8.8 

10.7 

1.6 

1.6  1.5 

1.6 

22.1 

20.5 

3 

2 

2  0 

1 

0 

0 

Juni . 

5.2  14.9 

6.3 

8.2 

1.7 

1.7  2.2 

1.9 

29.6 

17.7 

6 

1  ^ 

5  0 

2 

0 

0 

Juli . 

4.3: 16.3 

6.5 

8.4 

2.0 

1.4  0.7 

1.4 

0.0 

0.0 

0 

0 

0!  0 

0 

0 

0 

August.  .  .  . 

3.6  16.5 

5.7 

7.9 

1.9 

1.4  1.8 

1.7 

7.3 

7.0 

2 

2 

1  0 

1 

0 

0 

September .  . 

7.1  18.7 

8.0 

10.4 

1.6 

1.1  1.7 

1.5 

0.4 

0.4 

1 

1 

0  0 

1 

0 

0 

Jahr 

12.4  22.0 

116 

14.4 

1.9 

2.8  2.0 

2.1 

215.8 

22.3 

58 

41 

29  0 

47 

21 

2 

Bethanien. 

A  =  ca.  10°  52'  östl.  Gr.  cp  =  ca.  26°  30'  südl.  Br.  h  =  ca.  1020  m. 
Beobachter:  F.  Heinrichs. 


1892/93 

Regenmenge 

\n  Max.  in 

mm  24  stdu. 

im 

Allg. 

Zahl  der  Tage  r 
Regen 

mit  mehr  als 

0.2  mm  i  1.0  mm  I  25. 0mm 

nit 

Ge- 

wittern 

nur 

Wetter¬ 

leuchten 

Juli . 

0.7  0.7 

1 

1 

0  0 

0 

0 

August . 

0.0  0.0 

0 

0 

0  0 

0 

0 

September . 

—  — 

— 

— 

—  — 

— 

— 

Oktober  (vom  12.  ab)  .  .  .  . 

(14.0)  |  (10.5) 

(3) 

(2) 

(2)  0 

(1) 

(4) 

November . 

0  0  0.0 

1 

0 

0  0 

0 

4 

Dezember . 

0.0  0.0 

0 

0 

0  0 

0 

1 

Januar  . 

76.8  54.0 

5 

4 

4  1 

2 

4 

Februar  . 

61.8  27.2 

10 

9 

8  2 

8 

5 

März . 

63.6  17.3 

14 

11 

9  0 

15 

o 

O 

April . 

0.0  0.0 

2 

0 

0  0 

1 

0 

Mai . 

0.0  0.0 

2 

0 

0  0 

1 

0 

Juni . 

23.7  19.5 

2 

2 

2  0 

2 

0 

Juli . 

—  !  — 

— 

— 

-  i  - 

— 

— 

August . 

13.2  13.2 

1 

1 

1  0 

i 

0 

125 


Häufigkeit  (1er  Windrichtungen  in  Kubub. 


1892/93 

N 

NE  E 

SE 

S 

SW 

W 

| 

NW 

Wind¬ 

stille 

Summe 

Oktober  .  .  7  a 

6 

11 

3 

1 

2 

1 

_ 

4 

28 

2  p 

1 

1 

— 

1 

2 

4 

6 

11 

— 

26 

9  p 

2 

O 

1 

2 

10 

2 

3 

4 

2 

29 

Summe 

9 

15 

4 

4 

14 

7 

9 

19 

2 

83 

November  .  7  a 

— 

9 

4 

1 

3 

— 

1 

3 

1 

22 

2  p 

2 

2 

1 

1 

1 

9 

5 

4 

— 

25 

9  p 

1 

1 

1 

4 

13 

3 

— 

1 

— 

24 

Summe 

3 

12 

6 

6 

17 

12 

6 

8 

1 

71 

Dezember.  7  a 

3 

16 

2 

4 

1 

1 

2 

— 

1 

30 

2  p 

1 

3 

— 

o 

c> 

5 

4 

7 

6 

— 

29 

9  p 

— 

1 

— 

4 

21 

— 

3 

— 

1 

30 

Summe 

4 

20 

2 

11 

27 

5 

12 

6 

2 

89 

Januar  .  .  7  a 

— 

11 

4 

8 

1 

— 

__ 

2 

2 

28 

2  p 

— 

— 

1 

5 

11 

11 

3 

— 

— 

31 

9p 

— 

— 

1 

3 

25 

1 

1 

— 

— 

31 

Summe 

— 

11 

6 

16 

37 

12 

4 

2 

2 

90 

Februar  .  .  7  a. 

2 

11 

3 

3 

_ 

— 

— 

1 

3 

23 

2  p 

— 

1 

— 

i 

7 

6 

2 

5 

— 

22 

9  p 

1 

— 

4 

3 

8 

l 

3 

— 

8 

28 

Summe 

3 

12 

7 

7 

15 

7 

5 

6 

11 

78 

März  .  .  .  7  a 

3 

13 

3 

— 

_ 

— 

_ 

— 

3 

22 

2p 

3 

4 

4 

2 

2 

2 

2 

— 

8 

22 

9  p 

2 

3 

2 

2 

4 

1 

— 

— 

8 

22 

Summe 

8 

20 

9 

4 

6 

3 

2 

— 

14 

66 

April  ...  7a 

10 

6 

— 

2 

1 

2 

1 

2 

6 

30 

2  p 

4 

2 

— 

— 

2 

3 

11 

7 

— 

29 

9p 

6 

1 

1 

— 

7 

1 

3 

3 

8 

30 

Summe 

20 

9 ' 

1 

2 

10 

6 

15 

12 

14 

89 

Mai  .  .  .  7  a 

4 

6 

— 

1 

1 

— 

3 

5 

8 

28 

2p 

3 

6 

— 

1 

1 

— 

10 

5 

2 

28 

9  p 

4 

6 

1 

— 

2 

— 

1 

6 

11 

31 

Summe 

11 

18 

1 

2 

4 

— 

14 

16 

21 

87 

Juni  ...  7a 

10 

4 

— 

1 

_ 

— 

5 

5 

3 

28 

2  p 

0 

1 

_ 

1 

1 

1 

6 

8 

1 

24 

9  p 

8 

1 

3 

— 

4 

— 

2 

4 

7 

29 

Summe 

23 

6 

3 

2 

5 

1 

13 

17 

11 

81 

Juli  ....7a 

12 

1 

1 

1 

1 

— 

_ 

3 

9 

28 

2  p 

4 

O 

— 

1 

1 

— 

8 

5 

— 

22 

9p 

4 

5 

1 

— 

1 

— 

4 

3 

13 

31 

Summe 

20 

9 

2 

2 

3 

— 

12 

11 

22 

81 

August  .  .  7  a 

7 

8 

1 

— 

2 

— 

2 

3 

6 

29 

2p 

1 

6 

1 

o 

O 

2 

2 

5 

7 

1 

28 

9  p 

4 

6 

o 

1 

3 

1 

3 

5 

6 

31 

Summe 

12 

20 

4 

4 

7 

3 

10 

15 

13 

88 

September  .  7  a 

8 

4 

4 

— 

2 

— 

3 

7 

28 

2p 

1 

4 

— 

2 

5 

Q 

O 

6 

7 

— 

28 

9  p 

— 

3 

1 

— 

5 

o 

O 

3 

2 

13 

30 

Summe 

9 

11 

1 

6 

10 

8 

9 

12 

20 

86 

J  ahr  ...7a 

65 

100 

21 

26 

12 

6 

14 

31 

49 

324 

2  p 

25 

33 

7 

21 

40 

45 

71 

65 

7 

314 

9p 

32 

30 

18 

19 

103 

13 

26 

28 

77 

346 

Summe 

122 

163 

46 

66 

155 

64 

111 

124 

133 

984 

Mitth.  von  Forschungsreisenden,  VII[.  Bnnd.  II. 


126 


Missioiistation  Olukonda,  Amboland,  Deutsch  - Südwestafrika. 

1  =  ca.  16°  18'  östl.  Gr.  y  =  ca.  17°  57'  südl.  Br.  h  =  ca.  1400  in. 


Beobachter:  Aug.  Pettinen. 


1891/92 

Temperatur 

7a  1  2p  9p  Mitt. 

Bewölkung 

7  a  2p  9p  [Mitt. 

Regenmenge  n  i  n 

iil  |  2  p  9  p  |  Summe 

mm 

Max. 

in 

24  St. 

O 

O 

O 

O 

Oktober  .  .  . 

45.0 

20.7 

November  . 

134.7 

39.6 

Dezember  .  . 

32.6 

17.5 

J anuar  .  .  . 

78.8 

214 

Februar  .  .  . 

— 

78.5 

27.8 

März  .... 

20.1 

30.1 

22.0 

23.5 

6.1 

6.0 

5.9 

6.0 

59.9 

33.0 

12.4 

105.3 

32.2 

April  .... 

18.3,  29.5 

21.2 

22.5 

4.4 

4.9 

4.3 

4.5 

190.2 

6.8 

16.2 

213.2 

92.9 

Mai  .... 

11.9 

29.8 

17.6 

19.2 

1.2 

1.3 

0.9 

1.1 

0.0 

00 

0.0 

0.0 

0.0 

Juni  .... 

8.1 

29.5 

14.6 

16.7 

0.4 

0.2 

0.4 

0.3 

0.0 

0.0 

00 

0.0 

0.0 

Juli  .... 

7.1 

28.9 

142 

16.1 

0.4 

0.1 

0.3 

0.3 

0.0 

0.0 

00 

0.0 

0.0 

August  .  .  . 

10.7 

34.3 

18.2 

20.4 

0.2 

01 

0.0 

0.1 

0.0 

0.0 

0.0 

0.0 

0.0 

September  . 

15.2 

35.7 

23.7 

24.6 

1.8 

2.1 

2.3 

2.1 

0.6 

0.0 

0.0 

0.6 

0.6 

Oktober  .  .  . 

19.8  35.1 

23.6 

25.5 

5.5 

4.4 

5.0 

5.0 

42.8 

0.5 

10.3 

53.6 

27.7 

Jahr 

(Oktober  1891  bis 
September  1892) 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

- - 

— 

688.7 

92.9 

1891/92 

im 

Allg. 

Zahl  der  Tage 
Regen 

mit  mehr  als 

0.2  m  in  |  1 .0  mm '  25.0mm 

Ge-  3 
wittern  ^ 

nur 

Wetterl. 

heiter 

trübe 

Sturm 

1 

Nebel 

Oktober1)  .... 

6 

6 

4 

0 

6 

5 

November  .... 

16 

15 

14 

2 

14 

6 

— 

— 

— 

— 

Dezember  .... 

4 

4 

4 

0 

3 

8 

— 

— 

— 

— 

Januar  . 

12 

11 

11 

0 

6 

9 

— 

_ 

_ 

— 

Februar  .... 

9 

7 

6 

1 

5 

11 

— 

— 

— 

— 

März . 

15 

15 

12 

1 

12 

12 

1 

6 

1 

1 

April . 

11 

9 

8 

3 

9 

11 

4 

1 

1 

0 

Mai . 

0 

0 

0 

0 

0 

2 

23 

0 

1 

1 

Juni . 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

28 

0 

0 

0 

Juli2) . 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

29 

0 

2 

0 

August3)  .... 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

31 

0 

1 

0 

September4)  .  .  . 

1 

1 

0 

0 

0 

2 

19 

1 

1 

0 

Oktober  .... 

12 

11 

6 

1 

12 

11 

4 

1 

1 

0 

Jahr 

74 

68 

59 

7 

55 

66 

— 

— 

— 

— 

!)  Am  5.  Oktober  der  erste  Regenfall  der  Regenzeit  1891/92. 

2)  1  Nachtfrost  am  18., 

6  mal  vormittags  zwischen  7 — 11a  stürmischer  NE— E. 

3)  2  „  *  „  ,  NE-E. 

4)  1  „  .  »  »ne. 

Erstes  Wetterleuchten  am  24.  September,  erster  Regen  am  23. 


127 


Häufigkeit  der  Windrichtungen  in  Olukonda,  Amboland. 


1892 

N 

NE 

E 

SE 

| 

S 

SW 

W 

I 

NW 

Still 

Summe 

März  ....7a 

1 

2 

9 

11 

2 

1 

2 

2 

1 

31 

2p 

4 

5 

9 

4 

2 

3 

3 

1 

— 

31 

9  p 

1 

2 

8 

6 

2 

— 

— 

_ 

12 

31 

Summe 

6 

9 

26 

21 

6 

4 

5 

3 

13 

93 

A  pril  ...7a 

1 

4 

12 

11 

— 

— 

— 

1 

1 

30 

2p 

3 

5 

12 

4 

3 

1 

— 

2 

— 

30 

9p 

_ 

11 

8 

— 

— 

— 

11 

30 

Summe 

4 

9 

35 

23 

3 

1 

3 

12 

90 

Mai  ....7a 

— 

3 

ii 

11 

5 

— 

— 

- - 

1 

31 

2  p 

2 

•5 

10 

7 

2 

1 

1 

O 

— 

31 

9  p 

— 

— 

10 

5 

— 

1 

— 

— 

15 

31 

Summe 

2 

8 

31 

23 

7 

2 

1 

3 

16 

93 

Juni  .  .  .  .  7  a 

— 

— 

20 

9 

- 

— 

— 

1 

30 

2  p 

1 

3 

14 

9 

1 

1 

1 

— 

30 

9p 

— 

1 

13 

1 

— 

1 

— 

— 

14 

30 

Summe 

1 

4 

47 

19 

1 

1 

1 

1 

15 

90 

J  uli  ....7a 

— 

2 

17 

8 

2 

— 

— 

_ 

2 

31 

2p 

2 

4 

13 

8 

3 

1 

— 

— 

— 

31 

9p 

— 

1 

12 

3 

3 

— 

1 

— 

11 

31 

Summe 

2 

7 

42 

19 

8 

1 

1 

— 

13 

93 

August  ...7a 

1 

4 

9 

12 

5 

— 

— 

_ 

— 

31 

2p 

2 

0 

5 

7 

5 

3 

1 

2 

— 

31 

9  p 

2 

— 

5 

7 

4 

1 

— 

— 

12 

31 

Summe 

5 

10 

19 

26 

14 

4 

1 

2 

12 

93 

September  ..7a 

2 

6 

8 

8 

3 

3 

— 

— 

— 

30 

2  p 

2 

6 

6 

8 

0 

O 

2 

1 

2 

— 

30 

9  p 

— 

1 

5 

7 

8 

— 

— 

— 

9 

30 

Summe 

4 

13 

19 

23 

14 

5 

1 

2 

9 

90 

Oktober  ...7a 

o 

O 

8 

P 

2 

5 

6 

— 

_ 

1 

31 

2  p 

1 

8 

9 

— 

2 

9 

— 

2 

— 

31 

9  p 

— 

6 

2 

1 

3 

5 

— 

1 

13 

31 

Summe 

4 

22 

17 

i 

3 

10 

20 

— 

3 

14 

93 

9* 


128 


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Beobachter:  Hafenmeister  Morlienne. 


129 


Häufigkeit  der  Windrichtungen  in  Angra  l’equena. 

(Juli  1893  fehlt.) 


1892,93 

N 

!  NE 

E 

SE 

S 

SW 

w 

1 

NW 

1  Still 

1 

Summe 

November  .  .  7  a 

6 

_ 

1 

1 

2 

15 

4 

2 

_ 

_ 

30 

2  p 

1 

— 

— 

— 

20 

4 

2 

3 

— 

30 

9  p 

4 

— 

— 

— 

23 

2 

— 

1 

■  — 

30 

Summe 

11 

— 

1 

2 

58 

10 

4 

4 

90 

Dezember  7  a 

5 

— 

5 

15 

2 

1 

3 

— 

31 

2P 

2 

1 

— 

— 

21 

3 

1 

2 

— 

30 

9  p 

3 

— 

— 

— 

25 

1 

— 

1 

1 

31 

Summe 

10 

1 

— 

5 

Gl 

6 

2 

6 

1 

92 

Januar  ...7a 

11 

1 

1 

17 

1 

— 

— 

— 

30 

2  p 

2 

— 

— 

— 

22 

■  1 

1 

4 

— 

30 

9p 

9 

— 

— 

2 

|  24 

— 

1  1 

1 

30 

Summe 

15 

— 

— 

3 

63 

2 

1 

5 

1 

90 

Februar  ...7a 

3 

5 

1 

1 

11 

5 

1 

1 

28 

2p 

3 

— 

— 

— 

13 

10 

1 

1 

— 

28 

9  p 

— 

1 

1 

— 

22 

3 

— 

1 

— 

28 

Summe 

6 

G 

2 

1 

4G 

18 

2 

2 

1 

84 

März  ....7a 

4 

3 

— 

11 

13 

— 

— 

— 

31 

2p 

6 

— 

— 

— 

4 

18 

1 

2 

— 

31 

9  p 

3 

1 

1 

1 

10 

14 

— 

1 

— 

31 

Summe 

13 

4 

1 

1 

25 

45 

1 

3 

— 

93 

April.  ...  7a 

1 

— 

4 

7 

10 

5 

1 

— 

2 

30 

2p 

3 

1 

— 

— 

2 

22 

1 

1 

— 

30 

9p 

— 

1 

i 

18 

5 

2 

— 

2 

30 

Summe 

5 

1 

0 

8  1 

30 

32 

4 

1 

4 

90 

Mai  ....  7a 

2 

1 

9 

9 

7 

1 

_ 

2 

31 

2  p 

10 

2 

— 

— 

2 

15 

2 

-  1 

— 

31 

9p 

5 

2 

3 

3 

12 

2 

— 

— 

4 

31 

Summe 

17 

5 

12  J 

12  i 

21 

17 

3 

— 

6 

93 

Juni  ....  7a 

3 

1 

9 

4 

11 

- ' 

1 

_ 

1 

30 

2  p 

8 

— 

— 

— 

3 

15 

2 

2 

— 

30 

9  p 

4 

— 

6 

— 

16 

1 

— 

— 

3 

30 

Summe 

15 

1 

15 

4 

o 

co 

16 

3 

2 

4 

90 

August  ...7a 

4 

3 

3 

2 

13 

2 

2 

—  • 

2' 

31 

2p 

4 

— 

_ 

— 

1  I 

24 

1 

i 

— 

31 

9p 

2 

3 

3 

— 

13 

7 

—  1 

2 

1 

31 

Summe 

10 

6 

G 

2 

27 

33 

3 

3 

Q 

o 

93 

September  .  .  7  a 

5 

1 

2 

4 

14 

— 

1 

2 

1 

30 

2p 

2 

— 

— 

2 

17 

3 

6 

— 

30 

9p 

4 

1 

1 

15 

6 

2 

1 

— 

30 

Summe 

11 

2 

3 

4 

31 

23 

1 

6 

1 

9 

1 

90 

Ans  dem  deutsch-ostafrikanischen  Schutzgebiete 


Ein  neuer  Kaffeeschädling  aus  Afrika. 

Von  Dr.  0.  Warburg. 

Neuerdings  liat  sich  an  mehreren  Stellen  Deutsch-Ostafrikas  ein 
Kaffeeschädling  gezeigt,  der  zwar,  wie  seine  Lebensweise  und  Ver¬ 
suche  ergeben,  wohl  unschwer  zu  vertilgen  sein  wird,  der  aber  doch 
schon  bei  seinem  ersten  Auftreten  mit  Umsicht  bekämpft  werden 
muss,  will  man  verhüten,  dass  er  weiter  um  sich  greift  und  be¬ 
trächtlichen  Schaden  anrichtet. 

Zuerst  hat  sich  dieser  Schädling  im  Oktober  1893  in  der  kleinen 
Kaffeepflanzung  der  Missionsstation  von  Morogoro  gezeigt  und  hat 
dort,  da  man  nicht  rechtzeitig  Gegenmaassregeln  unternahm,  einen 
nicht  unbeträchtlichen  Schaden  angerichtet.  Es  ist  zu  bedauern, 
dass  die  Missionare  nicht  gleich  der  Ursache  auf  den  Grund  ge¬ 
gangen  sind,  sie  hätten  dann  vermuthlich  den  grösseren  Theil  der 
jetzt  eingegangenen  Bäume  retten  können.  Erst  im  Juni  1894  ist 
Dr.  Stuhlmann  bei  seinem  Aufenthalte  in  Morogoro  die  Thatsache 
bekannt  geworden,  und  er  hat  dann  sofort  zusammen  mit  dem  Frere 
Maturin  Beobachtungen  in  Bezug  auf  die  Ursache  der  Krankheit 
angestellt  und  das  Material  nebst  einem  werthvollen  Bericht  darüber 
der  Regierung  eingesandt.  Es  zeigte  sich,  dass  die  Kaffeebäume 
der  Länge  nach  im  Holze  durchbohrt  waren  und  dass  Käferlarven 
die  Ursache  dieser  Krankheit  bildeten. 

Welchem  Käfer  die  Larve  angehört,  liess  sich  damals  nicht 
konstatiren,  da  zwar  die  Larven  zu  einem  Bockkäfer  zu  gehören 
schienen,  man  auch  einen  solchen  neben  einer  Menge  dem  Maikäfer 
verwandter  Lamellicornier  an  den  Wurzeln  fand,  aber  die  Sicherheit 
der  Zusammengehörigkeit  von  Larve  und  Käfer  fehlte.  Jetzt  hat 
man  durch  Zucht  nicht  nur  den  Käfer,  sondern  auch  die  Puppe 
sicher  konstatirt,  und  so  sind  wir  in  den  Stand  gesetzt,  auf  der 
beigefügten  Tafel  die  vollständige  Entwickelungsgeschichte  bis  auf 


Tofoi  i.  * 


131 


das  Ei  darstellen  zu  können.  Nach  der  Bestimmung  von  Herrn 
Kolbe  vom  Königlichen  zoologischen  Museum  in  Berlin  heisst  der 
Käfer  Herpetoppygas  fasciatus  Fahr  (Herpetopliygas  bedeutet 
kriechend  und  flüchtig  [fliehend],  also  entweder  schnell  kriechend, 
oder  durch  Kriechen  sich  zu  retten  suchend;  fasciatus  heisst  ge¬ 
bändert,  wegen  der  bandartigen  Zeichnung  der  Flügeldecken).  Bisher 
ist  nur  diese  eine  Art  der  Gattung  bekannt,  und  zwar  kennt  man 
sie  nur  von  Kaffraria,  südlich  von  Natal,  also  aus  einem  Lande,  wo 
es  keine  Kaffeekultur  mehr  giebt.  Dies  ist  von  Wichtigkeit,  denn 
daraus  geht  hervor,  dass  es  kein  zufällig  oder  etwa  mit  dem  Saat¬ 
kaffee  oder  Kaffeepflänzchen  eingeführter  Schädling  ist,  sondern  ein 
Thier,  welches  sich  wild  in  Afrika  findet,  so  dass  jede  Plantage 
gewärtigen  kann,  früher  oder  später  Bekanntschaft  mit  diesem 
Schädling  zu  machen. 

In  der  Tliat  wird  dies  auch  durch  die  Praxis  bestätigt.  Denn 
neuerdings  soll  sich  das  Thier  (ob  es  freilich  wirklich  dasselbe  ist, 
bleibt  noch  zu  konstatiren)  auch  auf  einer  Plantage  in  Handei  ge¬ 
zeigt  haben,  und  ebenso  findet  sich  ein,  nach  der  mir  vorliegenden 
Larve  und  der  Durchbohrung  der  Kaffeebäume  zu  urth eilen,  absolut 
identischer  Schädling  in  einer  Kaffeeplantage  Kameruns,  welcher  er 
nicht  unerheblichen  Schaden  zufügte.  Ferner  erzählte  Pere  Macher 
in  Meonda  schon  1888  Dr.  Stuhlmann,  dass  die  dortige  Kaffee¬ 
kultur  durch  dasselbe  Insekt  zu  Grunde  ginge.  Dass  auch  auf 
Sansibar  die  Kaffeekultur  wesentlich  durch  ein  Insekt  beeinträchtigt 
wurde,  erwähnt  schon  Dr.  Kirk  1877;  er  schreibt  über  eine  wahr¬ 
scheinlich  einem  Bockkäfer  zugehörige  Larve,  welche  die  Stämme 
der  Kaffeepflanzen  von  oben  bis  hinunter  zu  den  Wurzeln  durch¬ 
bohrt:  „It  does  great  damage  and  clears  a  garden  of  trees  in  a  few 
months“,  und  dasselbe  wird  durch  einen  Araber  bestätigt,  welcher 
Dr.  Stuhlmann  mittheilte:  „Früher  hätten  sie  in  Sansibar  viel 
Kaffeepflanzen  zu  bauen  versucht,  aber  nach  drei  bis  vier  Jahren 
seien  die  Bäume  stets  ausgegangen,  weil  ein  Thier  das  Holz 
auffrässe.“ 

ln  keinem  anderen  Kontinent  ausser  Afrika  hat  sich  bisher 
dieser  Schädling  gezeigt,  dagegen  wird  er  in  Indien  durchaus  er¬ 
setzt  durch  die  Larve  eines  anderen  im  Kaffeeholz  bohrenden  Käfers, 
Xylotrechus  quadripes  Chevr.  (=  X.  coffeophagus  Rieht.),  des  sogen, 
„white  borer“,  über  den  der  Verfasser  im  „Deutschen  Kolonialblatt“ 
1894  (in  einem  Aufsatz  „Ueber  die  wichtigsten  Krankheiten  des 
Kaffeebaumes  und  die  Mittel  dagegen“,  S.  438)  einige  Angaben  ge¬ 
macht  hat,  ein  Thier,  das  zeitweilig  so  drohend  auftrat,  dass  man 
die  ernstlichsten  Befürchtungen  hegte;  doch  ging  auch  diese  Gefahr 
wieder  vorüber.  Ueberhaupt  mag  hierzu  bemerkt  werden,  dass  die 


132 


tropischen  Bäume  (ich  erinnere  nur  an  die  Kokospalme)  viel  mehr 
unter  den  Angriffen  im  Holze  bohrender  Käfer  leiden,  als  die  Bäume 
unserer  Zone. 

Wenngleich  wohl  die  Abbildungen  schon  für  die  Charakterisirung 
des  Käfers  genügen  dürften,  so  möge  hier  doch  eine  kurze  Be¬ 
schreibung  der  verschiedenen  mir  bekannten  Entwickelungszustände 
des  Insektes  folgen. 

Her  ausgewachsene  Käfer  ist  fast  272  cm  lang,  das  heisst  das 
Kopfschild  ist  oben  3  mm,  das  Brustschild  4  mm,  die  Flügeldecken 
16  mm  lang;  letztere  sind  vorne  zusammen  8  mm  breit,  das  4  mm 
breite  Brustschild  endet  seitlich  beiderseits  in  einen  1  mm  langen 
Horn;  die  Färbung  ist  dunkelbraun  mit  sehr  schwacher  röthlich 
gelber  Behaarung,  nur  die  Flügeldecken  sind  bis  auf  den  vorderen 
3  mm  breiten  Rand  und  jederseits  einen  seitlichen  unregelmässigen 
ungefähr  6  mm  vor  dem  Ende  der  Flügeldecken  befindlichen  4  mm 
breiten  Fleck  dicht  anliegend  gelblichweiss  behaart;  ebenso  ist  das 
Bauchschild  unterseits  bis  auf  einen  dreieckigen  Fleck  in  der  Mitte 
weisslich  behaart.  Hie  Fühler  sind  ungefähr  4  cm  lang,  das  unterste 
3  mm  lange  Glied  ist  braun  und  dicker  als  die  anderen,  an  dem 
etwas  angeschwollenen  oberen  Ende  etwa  1  mm  dick,  das  zweite 
Glied  ist  sehr  klein,  beinahe  kugelig,  dann  folgt  das  längste  5  mm 
lange,  2/s  mm  breite,  bis  auf  die  Spitze  anliegend  gelblich  behaarte 
Glied,  welchem  sich  noch  neun  andere  gleich  gefärbte,  allmählich 
immer  kleiner  und  dünner  werdende  Glieder  anschliessen.  I)ie 
Oberschenkel  sind  relativ  wenig  behaart,  glänzend  schwarzbraun, 
schwach  verdickt,  die  Unterschenkel  sind  an  dem  sich  allmählich 
verbreiternden  unteren  Ende  dicht  behaart,  weniger  die  Tarsen. 

Hie  bis  auf  den  dunkleren  Kopf  und  die  Zeichnung  der  Seg¬ 
mente  hellgelblichen  Larven  zeichnen  sich  aus  durch  den  gänzlichen 
Mangel  an  Beinen  und  das  stark  verdickte  Brustschild,  die  mini¬ 
malen,  kaum  mit  einer  starken  Lupe  sichtbaren  Augen  und  die 
mächtigen  Kiefer.  Hie  Seiten  der  12  Segmente  sind  mit  einzelnen 
abstehenden  Haaren  besetzt,  das  Brustschild  ist  dichter  behaart, 
vorne  und  an  den  Seiten  abstehend,  auf  dem  breiten,  matten,  ein¬ 
gedrückt  punktirten  Schilde,  das  die  hintere  Hälfte  des  Rückens  der 
Oberseite  des  Brustschildes  einnimmt,  findet  sich  am  Hinterrande  eine 
ganz  schwache,  gelblich  schimmernde  minutiöse  gelbliche  Behaarung. 
Hie  Rücken  der  einzelnen  Segmentschilde  sind  mit  Zeichnungen 
versehen,  die  aus  sehr  kleinen  erhabenen  Punkten  bestehen;  bis  auf 
die  beiden  ersten  und  die  beiden  letzten  Segmente  findet  sich  jeder¬ 
seits  seitlich  eine  sehr  deutlich  sichtbare,  dunkler  gefärbte,  elliptische 
Tracheenöffnung,  desgleichen  eine  etwas  tiefer  liegende  beiderseits 
seitlich  an  dem  Brustschilde;  stets  unterhalb  dieser  Oeffnungen 


133 


finden  wir  immer  eine  kleine  schief  gestellte,  durch  eine  Furche 
umgrenzte  minimale  Erhöhung,  vielleicht  der  letzte  Rest  des  Fuss- 
stummels;  den  beiden  ersten  und  letzten  Gliedern  sowie  dem  Brust¬ 
schilde  fehlen  sie.  Die  ausgewachsenen  Larven  sind  36  mm  lang 
und  7,  am  Brustschild  über  8  mm  breit,*)  die  jungen  Larven  des 
ersten  Zerstörungsstadiums  sind  2  cm  lang  und  3  mm  breit.  Die 
Puppe  ist  dem  vollkommenen  Insekt  ausserordentlich  ähnlich,  aber 
bis  auf  die  dunkleren  Augen  völlig  hellgelblich  ohne  Zeichnung,  die 
Fühler  sind  spiralig  eingerollt,  die  Flügel  und  Flügeldecken  nur 
als  IV2  cm  lange  Stummel  entwickelt.  Die  Details  der  Füsse  und 
Fresswerkzeuge  sind  noch  nicht  so  fein  ausgebildet.  Die  mir  vor¬ 
liegende  Puppe  ist  28  mm  lang,  also  eher  grösser  als  das  voll¬ 
kommene  Insekt. 

Wir  wenden  uns  jetzt  der  Lebensweise  unseres  Schädlings  zu, 
so  weit  sie  durch  die  Beobachtungen  Stuhl  man  ns  sowie  durch 
sorgfältige  Prüfung  des  reichlichen  eingesandten  Materials  sich 
konstatiren  lässt. 

Der  Käfer  legt  seine  Eier  vermuthlich  irgend  wo  am  Stamme 
in  eine  Rindenspalte,  die  junge  Larve  frisst  sich  sogleich  durch  die 
Rinde  hindurch  in  den  Stamm  hinein  und  bohrt  sich  langsam  in 
dem  Holze  von  oben  nach  unten  hinunter,  zuweilen  ganz  in  der 
Mitte  des  wenige  Centimeter  dicken  Stämmchens,  zuweilen,  und  so 
wohl  bei  älteren  Stämmen  immer,  ziemlich  nahe  der  Rinde.  Von 
Zeit  zu  Zeit,  im  Durchschnitt  meist  vielleicht  alle  Centimeter, 
macht  sie  eine  2  bis  4  mm  weite  runde  Oeffnung  nach  aussen,  wie 
Stuhlmann  meint,  um  den  Mulm  herauszubefördern,  den  man  in 
kleinen  Packeten,  wie  Holzraschel  aussehend,  am  Stamme  sehen 
könne;  ob  aber  nicht  vielleicht  das  Bedürfniss,  die  saftigere  Rinde 
zu  fressen  (vielleicht  nachts),  der  Hauptgrund  sein  mag,  bleibt  zu 
untersuchen;  nur  relativ  wenige  der  kleinen  Löcher  zeigen  nämlich 
Mulm,  und  die  grösser  gewordene  Larve  lebt,  wie  wir  gleich  sehen 
werden,  hauptsächlich  von  der  Rinde.  Diese  Reihenlöcher  fanden 
sich  an  den  eingesandten  Proben  nur  an  relativ  dünnen,  3  bis  4  cm 
dicken  Stämmchen  oder  Aesten  derselben,  und  zwar  häufig  begleitet 
von  kanalartigen,  meist  mehrere  Centimeter  langen  Aushöhlungen, 
das  heisst  tiefen  und  breiten,  bis  auf  den  Holzgang  offenliegenden 
Spalten,  die  sich  direkt  neben  den  Löchern  befinden  und  offenbar 
späteren  Ursprungs  sind  als  die  rundlichen  Löcher,  da,  wenn  so 
breite  Kanäle  schon  offen  liegen,  die  Bohrung  der  Löcher  daneben 
gar  keinen  Sinn  mehr  haben  würde.  Es  ist  demnach  wahrscheinlich, 


*)  Die  aus  Kamerun  eingeschickte  Larve  hat  mehr  gestreckte  und  schma¬ 
lere  Glieder. 


134 


dass  die  jungen  Larven  sich  zwar  in  der  angegebenen  Weise  nach 
unten  bohren,  dazwischen  aber  sich  doch  noch  wieder  nach  oben 
zurückziehen  und  ihre  Gänge  hier  und  da  nach  aussen  zu  Kanälen 
erweitern.  Die  Gänge  werden  innen  zuweilen  von  dem  Käfer  mit 
einer  harten,  wohl  aus  zusammengeklebtem  Holzmehl  hergestellten 
Kruste  überzogen.  Es  ist  diese  Art  der  Bohrung  mit  Reihenlöchern, 
die  wir  als  das  erste  Zerstörungsstadium  bezeichnen  wollen,  etwas 
bei  Bockkäferlarven  sehr  Ungewöhnliches,  erleichtert  aber,  wie  wir 
sehen  werden,  die  Bekämpfung  des  Schädlings  ungemein. 

Leider  wird  die  Lebensweise  an  den  dickeren  unteren  Theilen 
der  jungen  Stämme,  und  namentlich  am  Grunde  des  Stammes  unter 
der  Erde,  eine  andere.  Die  Larve  beschränkt  sich  hier  nicht  mehr 
darauf,  einen  longitudinalen  Gang  zu  machen  mit  vertikal  gestellten 
Löchern  oder  höchstens  Kanälen,  sondern  sie  legt  ihr  Hauptarbeits¬ 
feld  auf  die  Rinde  und  die  äussersten  Schichten  des  Holzes;  sie 
frisst  vor  Allem  rings  um  den  Stamm  herum  in  unregelmässiger 
Weise  die  zarte  Cambiumscliicht  fort,  das  heisst  die  Zellenlage,  von 
der  aus  sich  Holz  und  Rinde  vermehren;  und  dies  hat  selbstver¬ 
ständlich  in  Kurzem  den  Tod  des  Baumes  zur  Folge.  Theilweise 
bewegt  sich  die  Larve  hierbei  in  Gängen,  die  noch  von  Borke  be¬ 
deckt  sind  (zweites  Zerstörungsstadium),  theilweise,  namentlich  an 
den  unterirdischen  Theilen  und  den  obersten  Wurzeln,  auch  ganz 
frei,  indem  die  ganze  Rinde  fortgefressen  wird  (drittes  Zerstörungs¬ 
stadium).  Die  bedeckten  breiten  Rindengänge  sind  theilweise  noch 
mit  Mulm  ausgefüllt,  man  kann  sie  durch  Druck  mit  dem  Finger 
leicht  verfolgen,  da  die  Rinde  an  solchen  Gängen  dem  Fingerdruck 
nachgiebt,  während  sie  sonst  natürlich  massiv  ist.  Das  Holz  ist  in 
diesen  Gängen  oft  flach  muldenförmig  ausgenagt,  andererseits  gehen 
aber  von  hier  aus  auch  wieder  Gänge  ins  wirkliche  Holz  hinein, 
die  dann  oft  einen  halben  Fuss  weit  das  Holz  der  Länge  nach 
durchziehen.  Da  diese  3  bis  5  mm  breiten  Holzgänge  meist  in  die 
bedeckten  Rindengänge  münden,  so  lassen  sich  ihre  Oeffnungen 
nicht  ohne  Weiteres  linden,  sondern  gewöhnlich  erst  nach  Abkratzen 
der  Rinde,  welche  die  Rindengänge  bedeckt.  Auch  gehen  diese 
Holzgänge  durchaus  nicht  immer  von  oben  nach  unten,  sondern 
steigen  zuweilen  von  unten  nach  oben  an.  Vermuthlich  dienen  die 
Holzgänge  den  Larven  wesentlich  auch  als  Schlupfwinkel,  aus  denen 
sie  dann  (wohl  nachts)  in  die  Rindengänge,  hier  und  da  auch, 
namentlich  an  den  unterirdischen  Theilen,  ins  Freie  hinaustreten. 

Schliesslich  linden  sich  dann  noch,  meist  aber  unter  der  Erde, 
einige  ganz  grosse  kreisrunde  Löcher  von  ungefähr  1  cm  im  Durch¬ 
messer  in  dem  von  der  Rinde  entblössten  Holze;  sie  führen  in  etwa 
2  cm  breite,  meist  kurze,  das  heisst  nur  G  bis  10  cm  lange  senkrechte 


Holzkammern,  die  den  Aufenthaltsort  der  erwachsenen  Larven  sowie 
auch  wohl  der  Puppen  darstellen.  Stuhlmann  fand  hier  die  Larven 
stets  in  Packeten  von  Mulm,  mit  dem  Kopfe  nach  unten  gerichtet, 
liegen;  es  leben  nach  ihm  drei  und  mehr  Thiere  in  einem  Baume. 

Ueber  die  Lebensweise  des  fertigen  Insekts  wissen  wir  nichts, 
abgesehen  davon,  dass  Stuhlmann  einen  Käfer  an  den  Wurzeln 
fand,  und  dass  derselbe,  nach  dem  Namen  zu  urtheilen,  schnell 
kriecht. 

Was  nun  den  Kaffeebaum  betrifft,  so  sucht  er  sich  natürlich, 
so  gut  er  kann,  des  Eindringlings  zu  erwehren;  er  versucht  die 
kleinen  Reihenlöcher  durch  Callusgewebe  zu  sehliessen,  ebenso  die 
offenen  Kanäle.  Es  würde  dem  Kaffeebaum  auch  zweifellos  gelingen, 
den  Schaden  bald  zu  überwinden,  wenn  nicht  die  weiter  entwickelten 
Larven  im  unteren  Theile  des  Baumes  die  Rinde  vollkommen  zer¬ 
stören  würden,  wodurch  die  Ernährung  der  Wurzeln  vermittelst  der 
in  der  Rinde  hinabsteigenden  Nahrungsstoffe  unmöglich  gemacht 
sowie  die  Neubildung  von  Holz  verhindert  wird.  Auch  an  diesen 
Rindenschälungen  findet  man  genügend  Ansätze  zur  Callusbildung, 
aber  die  Zerstörung  schreitet  in  viel  schnellerem  Maasse  fort  als 
die  Heilung;  die  Blätter  des  Baumes  beginnen  bald  zu  welken,  und 
nach  kurzer  Zeit  schon  geht  der  Baum  vollkommen  ein. 

Welche  Mittel  kann  man  nun  gegen  diesen  Schädling  in  An¬ 
wendung  bringen? 

Das  erste  ist  natürlich  das  Absuchen  und  Sammeln  der  Käfer 
selbst;  so  lauge  wir  nichts  über  die  Lebensweise  derselben  wissen, 
lässt  sich  freilich  auch  nichts  Näheres  über  die  beste  Methode  des 
Sammelns  angeben;  man  muss  eben  darauf  Acht  geben,  wo  sich  der 
Käfer  mit  Vorliebe  aufhält,  ferner,  ob  er  vielleicht  nachts  an  die 
Laterne  anfliegt  u.  s.  w.  Man  hat  die  Einlieferung  der  Käfer  durch 
Prämien  zu  unterstützen,  jedoch  nur  durch  kleine,  da  sonst  die  Ver¬ 
lockung  entsteht,  die  Käfer  absichtlich  gross  zu  ziehen. 

Die  Vernichtung  der  Eier  wird  sich  wohl  kaum  bewerkstelligen 
lassen;  sie  werden  so  klein  sein  und  wahrscheinlich  auch  in  nicht 
grosser  Anzahl  so  versteckt  in  Rindenrisse  gelegt  werden,  dass  es 
sich  kaum  der  Mühe  lohnen  wird,  ihnen  auf  der  grossen  Oberfläche 
der  Stämme  nachzuspüren;  auch  das  Abwaschen  der  Bäume  dürfte 
kaum  Erfolg  haben,  eher  vielleicht  das  Kalken,  wo  es  nicht  zu 
grosse  Kosten  verursacht. 

Die  Vernichtung  der  jungen  Larven  dagegen  erscheint  nach  der 
Lebensweise  überaus  aussichtsvoll.  Wir  haben  gesehen,  dass  sie 
sich  senkrecht  im  Holze  herunterbohren,  mit  dem  Kopf  nach  unten, 
und  dass  ihre  Gänge  bei  den  jungen  Bäumen  durch  senkrechte  Reihen 
von  Löchern  an  den  dünnen  Stämmchen  und  Aesten  kenntlich  sind. 


13G 


Man  kann  nun  einerseits  versuchen,  mit  einem  festen  und  doch 
biegsamen  Draht  ihnen  beizukommen,  indem  man  den  Draht  in  das 
unterste  Loch  jeder  Reihe  einführt  und  so  weit  wie  möglich 
nach  unten  einschiebt;  andererseits  wird  es  zweifellos  leicht  ge¬ 
lingen,  die  in  solchen  Reihenlöchern  befindlichen  Larven  durch 
Chemikalien  zu  vernichten.  Da  dem  Verfasser  keine  lebenden 
Bockkäferlarven  zur  Verfügung  standen,  hat  er  andere  ähnlich 
konstituirte  Käferlarven,  speziell  Mehlwürmer  sowie  auch  Raupen 
u.  s.  w.  in  die  Gänge  der  abgestorbenen  Kaffeebäume  gesteckt,  um 
die  verschiedenen  Chemikalien  zu  erproben.  Es  stellte  sich  hierbei 
Folgendes  heraus.  Kampher,  Naphthalin,  Insektenpulver  und  Borax 
wirkten  durchaus  unvollkommen;  es  war  einerseits  schwer,  diese 
Stoße  in  die  kleinen  Stammlöcher  in  genügender  Quantität  hinein¬ 
zubringen,  andererseits  tödteten  diese  Stoße,  selbst  in  grösseren 
Mengen  mit  den  Thieren  in  Tüten  oder  Kästchen  gethan,  dieselben 
nur  überaus  langsam;  namentlich  mit  Kampher  eingeschlossen,  blieben 
die  Mehlwürmer  tagelang  leben,  ebenso  mit  Borax,  während  frisches 
Insektenpulver  und  Naphthalin  die  Thiere  zwar  nach  einiger  Zeit 
deutlich  ermattete,  aber  selbst  nach  Stunden  noch  nicht  tödtete.. 
Ganz  anders  verhalten  sich  aber  zwei  flüssige  Mittel,  die,  wie  es 
scheint,  durchaus  zu  empfehlen  sind;  diese  beiden  Mittel  sind 
Petroleum  und  Schwefelkohlenstoff;  mit  ersterem  brauchte 
man  die  Mehlwürmer  u.  s.  w.  nur  zu  benetzen,  und  sie  starben  nach 
ganz  kurzer  Zeit,  wahrscheinlich  infolge  von  Verstopfung  ihrer 
Tracheen  an  Luftmangel,  Rettung  war  für  sie  absolut  nicht  vor¬ 
handen;  Schwefelkohlenstoff  hingegen  tödtete  sie  bei  Benetzung  fast 
unmittelbar,  während  auch  schon  die  Dämpfe  allein  genügten,  um 
sie  sofort  wenigstens  zu  betäuben  und  nach  kurzer  Zeit  auch  zu 
tödten.  Beide  Mittel  sind  leicht  zu  beschaffen  und  anzuwenden. 
Verfasser  benutzte  eine  kleine  Oelkanne,  wie  sie  bei  Nähmaschinen 
im  Gebrauch  sind;  die  dünne  Röhre  derselben  lässt  sich  leicht  in 
die  Bohrlöcher  einführen,  ein  Druck  auf  die  Hinterseite  der  Kanne 
mit  dem  Finger  genügt,  um  eine  hinreichende  Menge  Flüssigkeit 
hervorzupressen  zur  Abtödtung  des  Thieres.  Noch  sicherer  verfährt 
man,  wenn  man  der  Ausflussrohre  der  Kanne  nahe  der  Spitze  eine 
Krümmung  giebt,  dann  muss  ja  die  ausgepresste  Flüssigkeit  durch¬ 
aus  in  den  Bohrgang  gelangen.  Natürlich  würde  es  unter  normalen 
Verhältnissen,  wo  die  Larve  am  untersten  Ende  des  Bohrganges 
sitzt,  genügen,  die  Kanne  in  das  tiefste  Loch  jeder  Reihe  einzu¬ 
führen,  weil  dann  ja  die  Flüssigkeit  nicht  wieder  aus  dem  nächsten 
unteren  Loche  ausfliessen  kann;  da  es  aber,  wie  wir  sahen,  nicht 
unwahrscheinlich  ist,  dass  die  Larve  sich  auch  manchmal  wieder 
nach  oben  zurückzieht,  so  tliut  man  gut,  ausserdem  noch  einen 


137 


Schuss  Flüssigkeit  in  das  oberste  Loch  jeder  Reihe  zu  geben. 
Dass  das  Petroleum  den  Bäumen  schädlich  ist,  steht  zwar  fest,  aber 
wahrscheinlich  nur,  wenn  es  die  Blätter  oder  Würzelchen  benetzt, 
nicht  jedoch,  wenn  es  in  so  kleinen  Quantitäten  in  den  Stamm 
eingeführt  wird;  Schwefelkohlenstoff  hat  jedenfalls  den  Vorthei], 
dass  er  sehr  schnell  verdampft,  nachher  also  den  Baum  keinenfalls 
mehr  schädigen  kann. 

Viel  schwerer  dagegen  ist  die  Vertilgung  der  Larven  in  der 
unteren  Region  des  Baumes,  wo  sie  von  der  Rinde  leben  und  die 
Eingangslöcher  der  Holzgänge  vielfach  verdeckt  sind.  Da  ist  jedes 
einzelne  sichtbare  Loch  mit  Schwefelkohlenstoff  zu  behandeln,  und 
da  die  Löcher  zuweilen  aufsteigen,  ist  es  am  besten,  mit  einer 
kleinen  Glasspritze  die  Flüssigkeit  einzutreiben  und  das  Loch  dann 
mit  Baumwachs  zu  verstopfen.  Ferner  ist  die  Rinde  zu  befühlen, 
um  die  Reihengänge  zu  linden,  dort  die  Rinde  abzunehmen  und  die 
versteckten  Löcher  ebenso  zu  behandeln.  Je  sorgsamer  man  aber 
die  Bäume  auf  das  erste  Stadium  hin  untersucht  und  behandelt,  um 
so  seltener  wird  man  in  die  Lage  kommen,  das  mehr  Mühe  ver¬ 
ursachende  zweite  Stadium  in  Angriff  nehmen  zu  müssen. 

Die  erwachsenen  Larven  finden  sich,  wie  gesagt,  unter  der  Erde, 
und  um  zu  deren  grossen  Löchern  und  Kammern  zu  gelangen,  müsste 
man  schon  die  Erde  am  Fasse  des  Stammes  und  auch  an  den  obersten 
Theilen  der  Hauptwurzeln  entfernen.  In  diesem  Stadium  ist  aber 
der  Baum  doch  schon  verloren,  und  man  erkennt  dies  an  dem 
Welken  der  Blätter;  dann  muss  man  schleunigst  den  Baum  mit 
seinen  dickeren  Hauptwurzeln,  wenigstens  den  oberen  Theil  der¬ 
selben,  herausnehmen  und  sofort  verbrennen.  Da  es  noch  nicht 
feststeht,  ob  die  Puppen  in  den  Wurzeln  oder  in  der  Erde  sich  be¬ 
finden,  so  ist  es  zweifellos  am  besten,  die  Erde  nach  Herausnahme 
des  Baumes  mit  Petroleum  zu  überbrausen  (1  bis  2  Liter  pro  Quadrat¬ 
meter),  ein  Mittel,  das  sich  zur  Vernichtung  der  Reblaus  ausser¬ 
ordentlich  bewährt  hat;  regnet  es  nach  dem  Ueberbrausen,  so  soll 
die  Wirkung  (bei  der  Reblaus)  erhöht,  regnet  es  vorher,  so  soll  sie 
unregelmässig  oder  beeinträchtigt  werden.  Bei  der  Reblaus  wird 
auch  empfohlen,  Schwefelkohlenstoff  in  60  cm  tiefe  Löcher  zu  giessen, 
ob  das  aber  auch  bei  diesen  grossen  Thieren  genügt,  bleibt  fraglich; 
vielleicht  ist  ja,  wie  gesagt,  die  Petroleumbehandlung  der  Erde 
unter  dem  ausgezogenen  Kaffeebaum  überhaupt  überflüssig,  wenn  sich 
nämlich  herausstellt,  dass  sich  auch  die  Puppen  des  Käfers  nur  in 
dem  abgestorbenen  Stamm-  und  Wurzelholze  finden. 

Selbstverständlich  sind  bei  der  Behandlung  der  ersten  beiden 
Stadien  die  Bäume  zu  markiren  (namentlich  durch  einen  Farbestrich 
bei  dem  untersten  auffindbaren  Loche),  um  sie  nach  zwei  bis  drei 


138 


Tugen  einer  erneuten  Untersuchung  unterwerfen  zu  können;  findet  man 
Spuren  neuen  Mulmes  oder  tiefere  Löcher  als  beim  ersten  Stadium, 
so  ist  natürlich  die  Prozedur  zu  wiederholen,  ebenso  im  zweiten 
Stadium,  falls  man  durch  Wachs  nicht  verstopfte  Löcher  findet  oder 
neue  verdeckte  Eindengänge. 

Bei  dieser  Behandlung  ist  auf  das  Allerstrengste  zu  berück¬ 
sichtigen,  dass  die  sorgfältige  Aufspürung  des  ersten  Stadiums  bei 
Weitem  die  meisten  Garantien  für  die  dauernde  Vertilgung  bietet, 
und  es  sind  demnach  Prämien  auf  Entdeckung  dieses  Stadiums  für 
jeden  neuen  Baum  auszusetzen,  natürlich  aber  die  volle  Prämie  nur 
dann  auszuzahlen,  wenn  sich  noch  nicht  das  zweite  Stadium  an  dem¬ 
selben  Baume  gezeigt  hat,  da  in  diesem  Palle  der  Aufseher  den 
Insektenangriff  eben  nicht  rechtzeitig  entdeckt  hat.  Zu  dem  dritten 
Stadium  dürfte  es  bei  einer  sorgfältig  kontrolirten  Plantage  über¬ 
haupt  nicht  kommen.  Man  sollte  glauben,  dass  zu  der  Aufspürung 
sich  speziell  Kinder  besonders  eignen  und  ausbilden  Hessen,  ebenso 
zu  dem  Fang  der  Bockkäfer. 

Wie  sich  der  Käfer  zu  älteren  Bäumen  verhält,  wissen  wir 
bisher  freilich  absolut  nicht;  ob  dort  das  erste  Stadium  oben  in  der 
Krone  sich  findet  oder  auch  an  dem  Stamme,  und  ob  sich  dort 
gleichfalls  die  Reihenlöcher  zeigen  oder  bei  der  dickeren  Rinde 
gleich  das  zweite  Stadium  auftritt,  das  sind  alles  Fragen,  die  nur 
an  Ort  und  Stelle  beantwortet  werden  können. 

Soviel  über  die  ILauptmittel  zur  Vertilgung  des  Schädlings;  in 
Bezug  auf  den  indischen  Kaffeebohrer  Xylotrechus  quadrupes 
wird  angegeben,  dass  er  durch  Schatten  zu  verdrängen  sei;  ob  dies 
kei  dem  afrikanischen  Kaffeebohrer  gleichfalls  der  Fall  ist,  bleibt 
noch  zu  erproben. 

Ferner  wird  im  Allgemeinen  angegeben,  dass  sich  die  Bockkäfer 
hauptsächlich  in  frisch  urbar  gemachten  Waldpartien  finden,  und  dass 
es  von  grosser  Bedeutung  sei,  sorgfältig  alles  verrottete  und  wilde 
Holz,  das  den  Insekten  als  Schlupfwinkel  dienen  könnte,  zu  entfernen. 
Verfasser  ist  der  Ansicht,  dass  dies  ziemlich  überflüssig  ist,  solange 
noch  in  der  Umgebung  Wald  ist,  von  wo  die  Käfer  immer  wieder 
in  die  Plantage  fliegen  können.  Schlupfwinkel  für  die  Käfer  selbst 
bieten  die  Kaffeebäume  und  deren  Schattenpflanzen  an  sich  schon 
genügend.  Dagegen  sollte  man  in  dem  umgebenden  Walde  versuchen, 
die  ursprünglichen  Nährpflanzen  des  Käfers  zu  entdecken,  um  sie 
dann  möglichst  auszurotten.  Vor  Allem  sollte  man  auf  die  ver¬ 
wandten  Rubiaceen  des  Waldes  einmal  gründlich  achten.  Vielleicht 
würde  man  hierdurch  in  den  Stand  gesetzt,  die  Quelle  des  Uebels 
zu  verstopfen. 


139 


Ein  vielleicht  unter  Umständen  nicht  unbrauchbares  Mittel 
könnte  darin  bestehen,  die  stark  angegriffene  Plantage  zeitweilig 
unter  Wasser  zu  setzen,  doch  ist  es  fraglich,  ob  die  in  den  luft¬ 
haltigen  Löchern  sitzenden  Larven  dadurch  wirklich  zerstört  werden, 
ferner  ist  die  Maassregel  auch  nur  in  besonderen  und  seltenen  Fällen 
durchführbar,  würde  bestenfalls  nur  die  unter  der  Erde  befindlichen 
Larven  und  Puppen  tödten  und  häufig  auch  die  gesunden  Bäume 
schädigen.  Immerhin  wäre  die  Maassregel  in  verzweifelten  Fällen 
als  letztes  Bettungsmittel,  namentlich  zum  Schutze  benachbarter 
Neuanpflanzungen  er vvägungs werth. 

Schliesslich  ist  genau  darauf  zu  achten,  welche  Feinde  die  Käfer¬ 
larven  attakiren,  seien  es  nun  Vögel,  Schlupfwespen,  Pilze  oder  vor 
allen  Dingen  Ameisen.  Gerade  auf  letztere  möchte  ich  das  Haupt¬ 
augenmerk  richten,  und  zwar  aus  folgendem  Grunde.  Von  der,  wie 
oben  erwähnt,  durch  den  Bockkäfer  angegriffenen  Plantage  in 
Kamerun  wurde  Material  eingesandt  mit  dem  Bemerken,  dass  der 
Schaden  wahrscheinlich  durch  eine  Ameise  verursacht  würde,  und 
zwar  wurden  von  den  Ameisen  Proben  eingesandt.  Die  Prüfung 
durch  Herrn  Dr.  Stadelmann  vom  Königlichen  zoologischen  Museum 
ergab  nun  die  Zugehörigkeit  der  Ameise  zu  der  Art  Odontomachus 
haematodes  L.,  einer  sehr  weit  verbreiteten,  in  den  gesammten 
Tropen  gemeinen,  recht  kräftigen  und  grossen  Ameise  mit  unge¬ 
wöhnlich  grossem  Kopfe  und  starken  zangenartigen  Kiefern,  einer 
Ameise,  die  absolut  nichts  mit  der  Zerstörung  der  Bäume  zu  thun 
hat.  Es  kann  ja  sein,  dass  diese  Ameise  nur  zufällig  einmal  in  die 
Kaffeebäume  hineingekommen  ist;  wahrscheinlich  ist  es  aber  immer¬ 
hin,  dass  eine  so  starke  Baubameise  den  Käferlarven  zu  Leibe  gehen 
wird,  und  dass  sie  also  nicht  zufällig  gleichzeitig  mit  der  Larve 
gefunden  wurde.  Offenbar  hielt  der  Verwalter  der  Plantage  die 
eingesandte  Larve  als  von  den  Ameisen  in  ihre  Wohnung  (die  hohlen 
Kalfeebäume)  hineingeschleppte  Beute,  während  es  in  Wirklichkeit 
wohl  das  Bestreben  der  Ameisen  war,  die  Larve  aus  ihrem  Gange 
hinauszuschleppen  in  das  vielleicht  irgendwo  in  der  Erde  befindliche 
Nest  der  Ameisen.  Ist  diese  Annahme  richtig,  so  hätten  wir  in  der 
Ameise  einen  mächtigen  Bundesgenossen,  dessen  Werth  eventuell 
ganz  unschätzbar  sein  kann.  Die  Probe  wäre  ja  leicht  dadurch  zu 
machen,  dass  man  untersucht,  ob  die  Ameisen  eine  ihnen  in  den 
Weg  gelegte  Bohrkäferlarve  angreifen  oder  nicht;  manche  Larven 
haben  nämlich  einen  die  Ameisen  abschreckenden  Geruch.  Da  sich 
die  angeführte  Ameise  auch  in  Ostafrika  vielfach  findet,  so  schien 
es  von  Wichtigkeit,  hier  ihre  Abbildung  zu  geben;  durch  die  Grösse, 
den  Kopf  und  die  Zangen  sowie  durch  die  glänzend  schwarze  Farbe 
ist  die  Art  ausserordentlich  leicht  kenntlich  und  demnach  eventuell 
in  die  Plantage  einzuführen. 


140 


Wir  haben  hiermit  dasjenige,  was  sieb  bei  dem  jetzigen  Stand 
der  Frage  sagen  lässt,  zusammengestellt;  die  beigefügten  Abbildungen 
werden  in  dem  einzelnen  Falle  jeden  Zweifel  ausscbliessen,  ob  man 
es  mit  diesem  Schädling  zu  thun  hat  oder  nicht.  Alles  Uebrige 
bleibt  der  praktischen  Erprobung  überlassen;  der  Verfasser  glaubt 
sich  der  Hoffnung  hingeben  zu  können,  dass  die  hier  mitgetheilten 
Details  genügen  werden,  um  zu  zeigen,  dass  die  Chancen  des  in¬ 
telligenten  Pflanzers  im  Kampfe  gegen  diesen  Schädling  günstig 
liegen.  Durch  sorgsame  Beaufsichtigung  der  Pflanzung  und  umsich¬ 
tige  Benutzung  aller  ihm  zu  Gebote  stehenden  Hülfsmittel  wird  der 
Kaffeepflanzer  in  Afrika  auch  mit  diesem  Schädling  schon  fertig 
werden,  und  schliesslich  hat  die  Erfahrung  noch  immer  gelehrt,  dass 
auf  Raupen-,  Käfer-,  Mäuse-  und  Heuschreckenjahre  auch  schon  von 
selbst  wieder  andere  folgen,  und  dass  sich  im  Verlauf  der  Zeit  das 
Gleichgewicht  in  der  Natur  doch  stets  wieder  hei’Stellt,  eine  That- 
sache,  die  übrigens  auch  bei  der  Hemileja  ihre  Gültigkeit  haben 
dürfte. 

Figurenerklärung. 

1.  Afrikanischer  Kaffeebockkäfer,  Herpetophygas  fasciatus  Fahr,  von  der  Seite; 
natürliche  Grösse. 

2.  Derselbe,  von  oben;  natürliche  Grösse. 

3.  Derselbe,  Kopf  von  der  Seite;  in  vierfacher  Vergrösserung. 

4.  Derselbe,  unterer  Theil  des  Beines;  in  vierfacher  Vergrösserung. 

5.  Derselbe,  junge  Larve  von  oben;  natürliche  Grösse. 

6.  Derselbe,  junge  Larve  von  unten;  natürliche  Grösse. 

7.  Derselbe,  erwachsene  Larve  von  oben;  natürliche  Grösse. 

8.  Derselbe,  erwachsene  Larve  von  unten;  natürliche  Grösse. 

9.  Derselbe,  Vordertheil  der  erwachsenen  Larve  von  oben:  in  dreifacher  Ver¬ 
grösserung. 

10.  Derselbe,  Puppe  von  oben;  natürliche  Grösse. 

11.  Derselbe,  Puppe  von  unten;  natürliche  Grösse. 

12.  Stamm  eines  jungen  Kaffeebaumes  im  ersten  Zerstörungsstadium,  mit  Reihen- 
löchern,  in  halber  Grösse. 

13.  Stück  desselben  Stammes  in  natürlicher  Grösse. 

14.  Stück  desselben  Stammes  im  Längsschnitt,  Höhlung  theilweise  inkrustirt; 
natürliche  Grösse. 

15.  Unterer  Theil  des  Stammes  in  dreifacher  Verkleinerung,  im  Längsschnitt, 
oben  das  zweite  Zerstörungsstadium  mit  Mulmgängen  und  Rindenkanälen, 
unten  das  dritte  Zerstörungsstadium  mit  ausgedehntem  Rindenfrass  und 
grossen  Holzkammern  zeigend. 

16.  Stammstück  mit  dem  zweiten  Zerstörungsstadium  in  natürlicher  Grösse,  im 
Längsschnitt,  Enden  der  Gänge  mit  Holzmulm  gefüllt,  seitlich  ein  ober¬ 
flächlicher  Rindenkanal  im  Durchschnitt  getroffen. 

17.  Stammbasis  und  Pfahlwurzel  im  dritten  Zerstörungsstadium  mit  ausgedehntem 
Rindenfrass  und  Holzkammern  in  natürlicher  Grösse. 

18.  Die  Ameise  Odontomachus  haematodes  L.  von  der  Seite  in  natürl.  Grösse. 

19.  Dieselbe,  der  Kopf  von  oben,  stark  vergrössert,  um  die  gewaltigen  Kiefer 


zu  zeigen. 


141 


Astronomische  Ortsbestimmungen 
des  Herrn  Kompagnieführers  Ramsay  auf  der  Reise  von  Kisaki 
nach  Dar-es-Saläm  im  April  und  Mai  des  Jahres  1894. 


Die  Beobachtungen  sind  mit  demselben  kleinen  Universal¬ 
instrument  ausgeführt,  dessen  sich  Ramsay  schon  aufseinen  früheren 
Reisen  bedient  hat,  und  welches  eine  direkte  Ablesung  bis  auf 
0.5  Bogenminuten  gestattet.  Die  Beobachtungen  beziehen  sich  nur 
auf  Breitenbestimmungen  einiger  weniger  Orte  auf  der  Route 
zwischen  Kisaki  und  Dar-es-Saläm.  Es  sind  ausschliesslich  Sterne 
beobachtet  sowohl  für  die  Breiten  als  auch  für  die  zur  Ermittelung: 
des  Uhrstandes  nöthigen  Zenithdistanzen  ausserhalb  des  Meridians. 
An  den  beiden  Tagen  im  April  ist  nur  je  ein  Stern  ( a  Urs.  majoris) 
im  Norden  zur  Breite  beobachtet,  während  an  den  folgenden  Beob¬ 
achtungstagen  sowohl  im  Norden  als  im  Süden  Sterne  beobachtet 
wurden  und  so  die  Resultate  eine  noch  grössere  Zuverlässigkeit 
erhielten.  Ueberhaupt  kann  auch  hier  wieder  gesagt  werden,  dass 
sämmtliche  Beobachtungen  durchaus  zweckmässig  angestellt  wurden 
bis  auf  den  27.  Mai,  an  welchem  Tage  leider  eine  Zeitbestimmung 
fehlt;  doch  konnte  auch  dieser  Mangel  durch  die  Rechnung  so 
ziemlich  unschädlich  gemacht  werden. 

Zur  Bestimmung  des  Zenithpunktes  des  Kreises  liegen  zwei 
spezielle  Beobachtungen  vor,  nämlich  eine  solche  vom  14.  April, 
welche  für  denselben  358°  42'  18",  und  eine  solche  vom  27.  Mai, 
welche  für  denselben  358°  42'  13"  ergeben;  also  eine  sehr  gute 
Uebereinstimmung. 

Die  Zeitbestimmungen  liefern  als  Stände  der  Beobachtungsuhr: 
Mengua  .  April  14.  8h.8  Uhrzeit  At  =  +  4m  31s  gegen  mittl.  Ortszeit 
Kissangire  a  16.  9k.O  „  +  4  27  Ä  „  „ 

Kisegese  Mai  27.  (7h.O  „  —0  48)*),, 

Mkamba  „  28.  6h.27  „  -f-  0  21  „  „  „ 

Vikindu  „  30.  7h.4  „  +25  „  „  „ 


*)  Der  Uhrstand  vom  27.  Mai  kann  nur  als  rohe  Näherung  betrachtet  werden, 
derselbe  ist  auf  folgende  Weise  gefunden  (Längendifferenz  nach  der  Kiepertschen 
Karte  von  Ostafrika): 

At  für  7  Uhr  in  Yikindu  30/5 . =  -+-  2m  5 3 

Läugendifferenz  zwischen  Vikindu  u.  Mkamba  —  14 

At  für  7  Uhr  in  Mkamba  30/5 .  +11 

n  »7  „  „  „  28/5.  .  ■  ■  ■  +  0  21 

Gang  für  zwei  Tage  =  +  0  40,  tagt.  Gang  +  0ni  20 s 
Damit  At  für  7  Uhr  in  Mkamba  27/5.  .  =  +  0  20 
Längendifferenz  zwisch.  Mkamba  u.  Kisegese  ==  —  18 
At  für  7  Uhr  in  Kisegese . —  —  0  48 

Mitth.  von  Forschungsreisenden,  VJII.  Band.  II.  -iq 


142 


Mit  diesen  Uhrständen  sind  die  beobachteten  Circummeridian- 


zenithdistanzen  auf  den  Meridian 

reduzirt. 

Dieselben 

ergeben : 

Ort: 

Datum: 

Breite: 

Stern :  Einstellungen : 

Mengua  . 

1894  April  14. 

—  V 

1  12'  18" 

a  Urs.  maj. 

10 

Kissangire 

»  n  16- 

—  7 

25  31 

n 

7 

Kisegese 

v  Mai  27. 

—  7 

32  59 

u  Crucis 

(3  ohne 
Zeitangabe) 

—  7 

33  38 

7}  Urs.  maj. 

li 

—  7 

32  54 

ß  Centauri 

7 

Mkamba 

„  Mai  28. 

—  7 

23  51 

a  Crucis 

6 

—  7 

24  24 

7}  Urs.  maj. 

5 

—  i 

23  41 

ß  Centauri 

5 

Yikindu 

„  Mai  30. 

—  6 

59  57 

a  Crucis 

4 

—  7 

0  22 

rj  Urs.  maj. 

5 

Der  wahrscheinliche  Fehler  einer  solchen  Breite  kann  aus  der 
inneren  Uebereinstimmung  jeder  Reihe  zu  etwa  +  0'.3  angenommen 
werden.  Betrachtet  man  aber  die  Werthe  für  die  Breite,  je  nach¬ 
dem  sie  aus  nördlichen  oder  südlichen  Zenithdistanzen  folgen,  so 
sieht  man,  dass  da  noch  ein  konstanter  Unterschied  vorhanden  ist. 
Man  hat: 

Kisegese:  siidl.  Zenithdistanz  —  7°  32' 59" 

—  7  32  54 

Mittel  —  7  32  56 

nördl.  Zenithdistanz —  7  33  38  Diff.  N — S  =  —  40" 
Mittel  —  7°  33'  17" 

Mkamba:  südl.  Zenithdistanz  —  7  23  51 

—  7  23  41 

Mittel  —  7  23  46 

nördl.  Zenithdistanz — •  7  24  24  Diff.  N — S  =  —  38” 
Mittel  —  7°  24'  5" 

Vikindu:  südl.  Zenithdistanz  —  6  59  57 

nördl.  „  —  7  0  22  Diff.  N— S  =  —  25" 

Mittel  —  7°  0'  10"  Mitt.d.Diff.N-S—  —  34" 
i/2  (N-S)  =  -  17” 

Danach  würde  an  die  einseitig  gemessenen  Breiten  vom  14.  und 
16.  April  noch  je  eine  Korrektion  von  -)-  17"  anzubringen  sein,  so 
dass  man  hat:  Mengua  (p  =  —  7°  12'  1"  und  für 

Kissangire  (p  =  —  7°  25'  14". 

Worin  diese  dem  Einfluss  einer  Biegung  ähnliche  Abweichung 
ihren  Grund  hat,  lässt  sich  so  ohne  Weiteres  nicht  angeben,  aber 
eine  Biegung  von  solcher  Grösse  ist  bei  einem  so  kleinen  und  fest¬ 
gebauten  Instrumente  eigentlich  nicht  gut  anzunehmen,  zumal  die 
vielfachen  früheren  Beobachtungen  keinen  derartigen  Unterschied 


143 


zeigen.  Die  Breiten  der  drei  letzten  Orte  können  aber  infolge  der 
angemessenen  Kombination  von  südlichen  und  nördlichen  Zenith¬ 
distanzen  als  sehr  sicher  betrachtet  werden.  Dr.  L.  Ambronn. 


Neue  astronomische  Bestimmungen  des  Herrn  Dr.  Stuhlmann 
in  Ostafrika  aus  dem  Jahre  1894. 

Berechnet  von  Dr.  W.  Brix. 

Die  Beobachtungen,  um  die  es  sich  hier  handelt,  sind  auf  zwei 
kürzeren  Keisen  angestellt.  Die  erste  Reihe  umfasst  13  Breiten¬ 
bestimmungen  in  der  Nähe  der  Küste  zwischen  Bagamoyo  und  Dar- 
es-Saläm  aus  dem  Januar  und  Februar,  die  zweite  sieben  Breiten¬ 
bestimmungen,  darunter  eine  durch  Wolken  vereitelte,  und  zwei 
Bestimmungen  der  magnetischen  Deklination  aus  dem  Mai  und  Juni 
1894.  Die  Beobachtungen  sind  in  derselben  Weise  angestellt  wie 
die  früheren,  über  die  im  Y.  und  VI.  Bande  dieser  Mittheilungen 
berichtet  ist.  Auch  die  Instrumente  sind  dieselben  geblieben.  Ich 
kann  deshalb  hier  auf  die  früheren  Veröffentlichungen  verweisen. 

Nur  einen  Punkt  habe  ich  an  dieser  Stelle  hervorzuheben: 
Um  die  Genauigkeit  seiner  Beobachtungen  zu  erhöhen,  hat  Herr 
Dr.  Stuhl  mann  diesmal  bei  allen  Einstellungen  (wenn  es  nicht 
durch  einen  Zufall  vergessen  wurde)  die  Libelle  abgelesen,  während 
er  früher  vor  jeder  Einstellung  die  Blase  zum  Einspielen  brachte. 
Das  alte  Verfahren  war  völlig  ausreichend,  die  neue  Methode,  die 
ja  astronomisch  viel  richtiger  ist,  hat  aber  leider  ihren  Zweck 
direkt  verfehlt.  Denn  erstens  ist  die  Libelle  nicht  genau  genug 
abgelesen  worden,  nämlich  nur  auf  ganze,  höchstens  einmal  halbe 
partes,  während  bei  einem  Winkelwerth  von  0'.6  für  1  pars  die 
Zehntel  hätten  geschätzt  werden  müssen,  zweitens  aber  —  und  das 
ist  das  Bedenklichere  —  hat  Herr  Dr.  Stuhlmann  offenbar  in  der 
Geschwindigkeit  der  Beobachtungen  nicht  genügend  darauf  geachtet, 
die  richtige  Reihenfolge  in  den  Ablesungen  der  Blasenenden  ein¬ 
zuhalten.  Am  Schlüsse  der  ersten  Reihe  giebt  er  zwar  eine  genaue 
Anweisung,  in  welchem  Sinne  die  Libellenablesungen  hinsichtlicli 
des  Vorzeichens  zu  verstehen  seien.  Die  Diskussion  der  Beobach¬ 
tungen  lehrt  aber  ganz  unzweideutig,  dass  er  das  von  ihm  selbst 
aufgestellte  Prinzip  keineswegs  immer  befolgt  hat.  Es  müssten 
sonst,  abgesehen  davon,  dass  ganz  unwahrscheinlich  grosse  Schwan¬ 
kungen  der  Gleichgewichtslage  Vorkommen  würden,  die  Beobachtungen 

10* 


144 


stellenweise  von  einer  Unsicherheit  sein,  die  gegenüber  seinen 
früheren  Leistungen  unbegreiflich  wäre. 

Wo  daher  die  Libellenablesungen,  nach  dem  aus  seinen  Angaben 
folgenden  Verfahren  reduzirt,  keine  zufriedenstellende  Ueberein- 
stimmung  ergaben,  das  heisst  in  einer  ganzen  Reihe  von  Fällen, 
blieb  nichts  weiter  übrig,  als  das  Vorzeichen  der  Libellenkorrektion 
für  willkürlich  gelten  zu  lassen  und  die  Korrektionen  durch  syste¬ 
matisches  Probiren  so  anzubringen,  dass  die  reduzirten  Zenith¬ 
distanzen  einen  möglichst  guten  Gang  zeigten.  Dies  Verfahren  ist 
natürlich  sehr  bedenklich;  und  man  würde  es  einem  geübten  Astro¬ 
nomen  gegenüber  niemals  für  erlaubt  halten.  Da  ich  aber  in 
einzelnen  Fällen  unzweideutige  Beweise  für  die  oben  ausgesprochene 
Vermuthung  habe  und  aus  der  Diskussion  der  früheren  Beobach¬ 
tungen  weiss,  wie  leicht  Ablesefehler  unterlaufen  (die  quantitativ 
bisher  allerdings  immer  belanglos  geblieben  sind),  wie  gut  aber 
andererseits  die  einzelnen  Einstellungen,  richtig  reduzirt,  überein¬ 
stimmen  müssen,  und  da  endlich  das  systematische  Ablesen  einer 
unbezifferten  Libelle,  wie  der  Stuh lmannschen,  thatsächlich  grosse 
Aufmerksamkeit  erfordert,  habe  ich  nicht  gezögert,  gegebenenfalls 
über  die  Vorzeichen  der  Libellenkorrektionen  willkürlich  zu  verfügen. 
Freilich  auch  nicht  so,  dass  ich  sie  einfach  als  vogelfrei  angesehen 
hätte.  Ich  habe  mir  vielmehr  die  Beschränkung  auferlegt,  wenigstens 
innerhalb  einer  Beobachtuugsreihe  ein  festes  Ableseprinzip  anzu¬ 
nehmen.  Ausser  dem  von  Dr.  Stuhlmann  selbst  angegebenen  ergab 
sich  auf  diese  Art  nur  noch  ein  zweites  wirklich  wiederkehrendes 
Prinzip,  während  durch  Kombination  der  beiden  Kreislagen  und  der 
beiden  Libellenseiten  vier  verschiedene  denkbar  wären.  Dies  Resultat 
hat  keine  innere  Unwahrscheinlichkeit,  und  persönlich  bin  ich  der 
IJeberzeugung,  auf  solche  Weise  an  der  Wahrheit  nicht  allzuweit 
vorbeigegangen  zu  sein.  Wenigstens  wurde  fast  immer  ein  leidlicher 
Gang  in  den  Zenithdistanzen  erreicht.  Die  Breite  von  Morogoro 
stimmt  auch  gut  mit  dem  alten  Schynseschen  Werth.  Doch  darf 
dies  nicht  über  die  wirklich  erreichte  Genauigkeit  hinwegtäuschen. 
Ich  glaube  vielmehr  der  Willkürliehkeit  des  Verfahrens  dadurch 
Rechnung  tragen  zu  müssen,  dass  ich  die  Unsicherheit  der  Breiten¬ 
bestimmungen,  auf  die  sich  die  ganze  Auseinandersetzung  bezieht, 
auf  etwa  l'.ö  statt,  wie  früher,  1'  vei’anschlage.  Die  Breiten,  für 
die  dies  gilt,  sind  in  der  unten  folgenden  Zusammenstellung  besonders 
ausgezeichnet. 

Bei  den  Deklinationsbestimmungen  habe  ich  die  Libellen¬ 
ablesungen,  da  sie  hier  bei  den  sonstigen  Ungenauigkeiten  der 
Beobachtung  entbehrlich  sind,  überhaupt  nicht  berücksichtigt.  Die 
Genauigkeit  der  Deklinationsbestimmungen  dürfte  etwa  10'  bis  20' 
betragen. 


145 


Ich  gebe  nun  die  Resultate  selbst: 


1.  Breitenbestimmungen  vom  Jan 

uar 

und  Febril; 

ar  1894. 

Ort: 

D 

atum 

Br  e 

ite: 

Yikindo,  Haus  des  Jhumbe . 

1894  Jan. 

12.  - 

-  7° 

1  0'.9  *); 

Tambani . 

51 

13. 

6 

59.8 J) 

Kisserawe.  Gruppe  von  Mangobäumen 

westlich  der  Mission  .  .  .  . 

n 

15. 

6 

54.7  ‘) 

Kasi  kwa  Magombeka . 

51 

16. 

6 

58.4 

Lügurüni,  Dorf  nördlich  von  Kisserawe 

51 

19. 

6 

48.2 

Dilo . 

n 

21. 

6 

39.0 2) 

Kibülulü . 

55 

24. 

6 

40.2 

Misswe,  letzt.  Gehöft  vor  verl.  Stat.Dunda 

51 

25. 

6 

35.9 

Kikongo,  dicht  am  Teich . 

Febr. 

7. 

6 

48.1 

Kibavu,  Ussaramo . 

55 

9. 

6 

55  d) 

Mafisifähre . . 

51 

10. 

6 

59.0 

Kwemba  kwa  Tschansi . 

51 

12. 

7 

8.1 

Mar  ui . 

51 

16. 

7 

21.2*) 

2.  Breitenbestimmungen  vom 

Mai 

und 

.1  u  n  i 

1894 

Kiwansi  (Viwänsi)  kwa  Brassim  (Wadöe) 

Mai 

20.  - 

-  6° 

19'.9 

Mandera,  Missionsstation . 

51 

25. 

6 

12.61) 

Morogoro,  Mission . 

Juni 

7. 

6 

49.3 3) 

Mhanssa  kwa  Kirolera . 

51 

11. 

7 

0.1 4) 

Tshembera . 

51 

12. 

7 

5.2  >) 

Mssongösi  (Tembe) . 

51 

14. 

4 

2.3  *) 

3.  D eklinationsbestimmungen 

vom 

Juni 

1894. 

Deklination. 

Mission  Morogoro . 

Juni 

6.  9 

0  20' 

westl. 

Station  Kilossa . 

51 

24.  9 

6 

51 

Aus  der  Deklinationsbestimmung  folgt  noch  für  Kilossa  eine 
Breite  von  —  6°  43'. 7.  Die  entsprechende  Breite  für  Morogoro  ist 
—  6°  49'. 7.  Da  diese  richtig  ist,  und  auch  bei  Kilossa  die  einzelnen 
Beobachtungen  gut  stimmen,  bin  ich  geneigt,  die  so  ermittelte  Breite 
von  Kilossa  trotz  des  grossen  Stundenwinkels  der  Sonne  für  ebenso 
richtig  zu  halten  wie  die  anderen,  möchte  es  aber  nicht  fest  be¬ 
haupten. 

!)  Infolge  von  willkürlicher  Libellenreduktion  unsicher  auf  1'. 5.  Yergl.  Text. 

2)  Sehr  unsicher,  durch  Wolken  gestört. 

3)  Scliynse  fand  1890  —  6°  49'. 6  und  —  6°  49'. 5.  Yergl.  frühere  Yer- 
öffentlichung. 

4)  Libellenangaben  fehlen  ganz.  Unsicherheit  wie  bei  p. 


146 


Die  Resultate  der  meteorologischen  Beobachtungen  im  Kondeland. 

Bei  Begründung  der  Missionsstationen  der  Berliner  Mission  iiu 
Kondeland  wurde  Herrn  Missionssuperintendent  Merensky  auf 
seinen  Antrag  liin  eine  Anzahl  aus  dem  Afrikafonds  beschaffter 
meteorologischer  Instrumente  mitgegeben.  Mit  Hülfe  derselben 
haben  die  Herren  Merensky,  A.  L.  Nauhaus  und  G.  Hübner  in 
Wangemannshöhe  sowie  Herr  C.  Schumann  in  Manow  (Kiedyo) 
die  im  Nachstehenden  erörterten  Beobachtungen  angestellt. 

Die  Thermometer  in  Wangemannshöhe  waren  ursprünglich, 
wahrscheinlich  bis  Ende  1892,  in  einem  Schuppen  aufgestellt,  der 
Wände  hatte,  aber  mit  fünf  offenen  Fenstern  und  einer  luftigen 
Thür  versehen  war.  Es  kann  keinem  Zweifel  unterliegen,  wie  sich 
auch  aus  der  Reduktion  der  Monatsmittel  des  Jahres  1892  auf  das 
Meeresniveau  und  einem  Vergleich  der  so  gewonnenen  Daten  mit 
den  neuesten  Isothermenkarten  sowie  ferner  aus  einem  Vergleich 
der  gleichzeitigen  Beobachtungen  an  beiden  Stationen  in  der  Zeit 
von  Oktober  bis  Dezember  1892  unter  Berücksichtigung  der  Höhen¬ 
unterschiede  beider  Punkte  ergiebt,  dass  die  in  Wangemannshöhe 
während  der  Zeit  von  November  1891  bis  Dezember  1892  beobach¬ 
teten  Temperaturen  infolge  dieser  Aufstellung  der  Thermometer  zu 
hohe  waren. 

Herr  Nauhaus  theilte  mit,  dass  er  beobachtet  habe,  dass  das 
Thermometer  abends  um  9  Uhr  im  Freien  um  3°  niedriger  stehe 
als  in  dem  Schuppen. 

Die  Differenzen  der  Temperatur  Wangemannshöhe  —  Manow 
stellen  sich,  wie  folgt: 


J 

7  a 

2  p 

9  p 

Mittel 

Dezember  1892  .  . 

.  .  7°.0 

6°.2 

4M 

5°. 3 

Januar  1893  .  .  .  . 

.  .  4.5 

6.3 

3.8 

4.6 

Februar  . 

.  .  3.9 

5.8 

3.1 

4.0 

März . 

5.4 

2.6 

3.6 

April . 

.  .  3.9 

5.3 

3.1 

3.8 

Mai . 

.  .  3.4 

5.1 

3.9 

4.1 

Juni . 

.  .  4.1 

6.1 

4.7 

4.9 

Juli . 

7.2 

3.5 

5.0 

Mittel  Januar — Juli 

1893  3.9 

5.9 

3.7 

4.3 

Während  bei  einer 

verbesserten 

luftigeren 

Aufstellung 

Thermometer  in  Wangemannshöhe  (seit  Anfang  1893)  unter  einem 
grossen  Dach  hinter  Traillenwänden  und  später  (seit  Mai  1893)  in 
einer  speziellen  meteorologischen  Hütte  die  Differenz  der  Monats¬ 
mittel  im  Durchschnitt  von  sieben  Monaten  4°. 3  betrug,  was  bei 


147 


einer  Höhendifferenz  von  rund  700  m  einer  durchaus  wahrschein¬ 
lichen  Wärmeabnahme  von  0U.61  auf  100  m  entsprechen  würde, 
betrug  die  Differenz  im  Dezember  1892  5°. 3.  Die  mittlere  Monats¬ 
temperatur  der  Beobachtungsergebnisse  der  Periode  November  1891 
bis  Dezember  1892  scheint  also  in  Wangemannshöhe  mindestens 
1°  zu  hoch  zu  sein,  die  Beobachtungen  zu  dem  Abend-  und  besonders 
dem  Morgentermin  sind  durchschnittlich  sicher  um  mehrere  Grade 
zu  hoch,  während  die  Beobachtungsergebnisse  von  2p  eher  etwas 
zu  niedrig  erscheinen. 

Es  kann  unter  Hinweis  auf  diese  Mängel  der  Beobachtungs¬ 
ergebnisse  an  dieser  Stelle  nur  nochmals  au  alle  diejenigen,  welche 
meteorologische  Beobachtungen  in  den  Kolonien  anzustellen  bereit 
sind,  die  Mahnung  gerichtet  werden,  vor  Allem  für  eine  möglichst 
luftige  aber  doch  andererseits  die  Thermometer  wieder  vor  Strah¬ 
lungseinflüssen  schützende  Aufstellung  derselben  zu  sorgen,  sonst 
sollten  solche  Beobachtungen  besser  unterbleiben. 

Die  Beobachtungen  in  Wangemannshöhe  sind  im  Juli  1893  ab¬ 
gebrochen  worden.  Es  wäre  sehr  zu  wünschen,  dass  wenigstens  die 
Regenbeobachtungen  wieder  aufgenommen  würden. 

Ueber  die  Aufstellungsweise  der  Thermometer  in  Manow  ist 
nichts  bekannt  geworden,  doch  scheint  dieselbe  mit  Ausnahme  der 
ersten  beiden  Monate,  in  denen  dieselben  meist  in  einem  Zelt  unter¬ 
gebracht  waren  und  deshalb  unbrauchbare  Daten  lieferten,  zweck¬ 
mässiger  als  in  Wangemannshöhe  zu  sein. 

Was  nun  die  klimatischen  Verhältnisse  des  Kondelandes  im 
Lichte  der  Beobachtungsresultate  der  beiden  Stationen  betrifft,  so 
ist  zunächst  die  Temperatur  betreffend  hervorzuheben,  dass  der 
kühlste  Monat  der  Juli,  der  wärmste  der  November  oder  Dezember 
ist.  Die  mittlere  Jahresschwankung  beträgt  etwa  7°.  Die  niedrigste 
beobachtete  Temperatur  betrug  in  Wangemannshöhe  13°. 1,  in  dem 
700  m  höheren  Manow  9°. 3.  In  Wangemannshöhe  kommen  während 
der  Regenzeit  noch  recht  hohe  Temperaturen  vor,  besonders  im 
November,  etwa  bis  35°,  während  in  Manow  die  höchste  Temperatur 
30°  noch  nicht  erreichte.  Die  mittlere  Jahrestemperatur  beträgt  in 
Wangemannshöhe  etwa  21°  (korrigirt),  in  Manow  17°. 

Beiden  Stationen  gemeinsam  ist  eine  mei*klicke  Zunahme  der 
mittleren  Windgeschwindigkeit  besonders  in  den  Mittagsstunden  in 
den  Monaten  September  bis  November. 

Dass  die  mittlere  Bewölkung  in  Manow  grösser  ist  als  in 
Wangemannshöhe,  erklärt  sich  einfach  aus  der  höheren  Lage.  Am 
heitersten  sind  die  Monate  September  bis  November.  Die  Ver- 
muthung  liegt  nahe,  dass  der  grosse  Gegensatz  in  der  Erwärmungs¬ 
fähigkeit  von  Land  und  Wasser  bei  der  meerartigen  Grösse  des 


148 


Nyassasees  in  den  Windbeobacktungen  nach  Art  der  Land-  und  See¬ 
brise  zum  Ausdruck  kommen  sollte.  In  der  Tkat  ergiebt  eine 
Zusammenstellung  der  Windhäufigkeiten  an  beiden  Stationen  zu  den 
drei  Beobachtungsterminen  ein  diese  Voraussetzung  bestätigendes 
Resultat : 

Windhäufigkeit  in  Prozenten. 

I  a  2  p  9  p 

NW— NB  SE— SW  NW— NE  SE— SW  NW— NE  SE— SW 
Wangemannshöhe  55  11  18  70  71  8 

Manow  ...  47  34  11  80  49  15 

Besonders  macht  sich  dieser  offenbar  durch  den  Gegensatz  der 
Temperatur  der  Land-  und  Wasserflächen  bedingte  tägliche  Wechsel 
der  Windrichtungen  in  dem  niedriger  und  dem  Nyassa  näher  gelegenen 
Wangemannshöhe  geltend,  stärker  als  in  dem  höher  und  entfernter 
gelegenen  Manow;  an  ersterer  Station  beträgt  im  Jahresmittel  die 
Häufigkeit  der  Nordwinde  um  7  a  und  9  p  84  bezw.  134,  die  der 
Südwinde  um  2p  156.  Theoretisch  sollte  man  in  diesen  Gebieten 
in  der  Zeit  von  April  bis  Oktober  den  Südostpassat  als  herrschen¬ 
den  Wind  erwarten.  Thatsäcklick  erkennt  man  aus  der  Tabelle  der 
Windbeobachtungen  um  2p  an  beiden  Stationen  während  dieser 
Monate  wenigstens  eine  Konzentrirung  der  Winde  um  die  Südost- 
bezw.  Südrichtung,  während  in  den  übrigen  Monaten  eine  grössere 
Zersplitterung  stattfindet.  In  Manow  weist  der  April  die  grösste 
Zahl  von  Südostwinden  auf  (47  Prozent  aller  beobachteten  Winde). 

Die  auch  sonst  in  Gebirgsländern  zu  beobachtende  Zunahme 
der  Regenmenge  mit  der  Höhe  der  Stationen  sehen  wir  auch  hier 
im  Kondeland  eintreten. 

Während  der  zehn  Monate  mit  gleichzeitigen  Beobachtungen 
an  beiden  Punkten  fielen  in  Wangemanushöhe  1177.7  mm,  in  Manow 
dagegen  2717.7  mm,  Wangemannshöhe  hatte  also  nur  43  Prozent 
der  Regenmenge  von  Manow. 

Die  Regenzeit  beginnt  sehr  verspätet  erst  etwa  mit  der  dritten 
Novemberdekade  und  dauert  bis  etwa  Ende  der  zweiten  Maidekade. 
Eine  Abschwächung  der  Regenmenge  im  Februar  oder  März,  also  eine 
Zweitheilung  der  Regenperiode  mit  einem  Maximum  im  Januar  bezw. 
Februar  und  April,  ist  nicht  zu  verkennen.  Auffällig  ist  es,  dass 
der  Juli  1892  in  Wangemannshöhe  und  der  Juli  1893  in  Manow 
eine  Wiederzunahme  der  Regenmenge  und  Regentage  aufweisen 
gegenüber  dem  vorausgegangenen  Juni.  Der  trockenste  Monat 
scheint  der  September  zu  sein. 

Die  Zahl  der  Gewitter  ist  in  Wangemannshöhe  eine  auffällig- 
geringere  als  in  Manow,  vielleicht  sind  an  ersterer  Station  nur  die 
näheren  und  stärkeren  verzeichnet  worden. 


AVang-emaunshöhe. 

9°  19'  siidl.  Br.  1  =  34°  1'  östl.  Gr.  h  =  ca.  880  m. 


149 


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2  p 

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Mittel]  Max.,  Mm. 

Absolutes 

Max.  Min. 

Diff. 

W indstärke 

7a  1  2p  9p  Mittel 

Oktober  .  . 

1.2 

3.4 

0.9 

1.8 

November 

— 

0.9 

3.2 

1.3 

1.8 

Dezember 

18.1 

21.1 

19.0 

19.3 

21.9 

17.5 

4.4 

24.5 

15.0 

9.5 

1.1 

2.2 

1.0 

1.4 

Januar  .  . 

16.9 

20.0 

17.9 

18.2* 

20.9 

16.2 

4.7 

23.0 

15.0 

8.0 

14 

2.4 

1.7 

1.8 

Februar  .  . 

17.5 

20  6 

18.6 

18.8 

21.2 

16.5 

4.7 

23.1 

15.0 

8.1 

1.0 

2.2 

1.3 

1.5 

März  .  .  . 

16.7 

19.7 

18.3 

18.2 

20.1 

16.3 

3.8 

22.0 

14.9 

7.1 

11 

2.2 

1.7 

1.7 

April  .  .  . 

15.9 

17.3 

16.9 

16.8 

18.4 

15.2 

3.2 

21.3 

12.9 

8.4 

1.0 

1.6 

1.8 

1.5 

Mai.  .  .  . 

14.6 

16.6 

14.9 

15.2 

17.6 

13.4 

4.2 

21.5 

12.1 

9.4 

1.6 

2-1 

2.0 

1.9 

Juni 

12.5 

16.1 

13.3 

13.8 

16.6 

11.3 

5.3 

18.2 

9.3 

8.9 

1.1 

2.0 

2.0 

1.7 

Juli  .  .  . 

12.5 

15.6 

12.7 

13.4* 

16.2 

11.9 

4.3 

19.5 

9.5 

10.0 

1.3 

2.4 

2.5 

2.1 

August 

12.7 

17.6 

13.3 

14.2 

18.0 

11.1 

6.9 

19.8 

10.0 

9.8 

1.4 

2.8 

2.0 

2.1 

Sept.  (1.-17.) 

15.0 

20.3 

15.4 

16.5 

20.8 

13.5 

7.3 

(22.8) 

(11.8) 

11.0 

1.2 

3.5 

1.8 

2.2 

Okt.  (9.-31.) 

18.0 

23.5 

17.5 

19.1 

24.1 

15.1 

9.0 

(25.9)  (13.2) 

12.7 

1.6 

4.0 

2.0 

2.5 

November  . 

19.7 

24.4 

18.7 

20.4 

25.3 

16.0 

9.3 

28.3 

14.8 

13.5 

1.3 

3.2 

1.8 

2.1 

Dezember 

19.6 

24.2 

19.3 

20.6 

25.8 

17.0 

8.8 

29.5 

15.1 

14.4 

1.3 

2.9 

1.7 

2.0 

Jalu- 

16.0 

19.7 

16.4 

17.1 

20.4 

14.5 

5.9 

29.5 

9.3 

20.2 

1.3 

2.6 

1.9 

1.9 

Zahl  der  Tage 

mit 

1892/93 

Bewölkung 

Kege  n  m enge 

in  mm  Max. 

Regen 

Ge- 

in 

im 

mit  mehr 

als 

wit- 

7  a 

2  p 

9  p 

Mittel 

7a 

7p 

Summe 

24  Stein. 

Allg. 

0.3  mm 

1.0  mm 

25.0 

tern 

Oktober  .  . 

1.6 

5.0 

0.3 

2.3 

0.0 

0.5 

0.5 

0.5 

1 

i 

0 

0 

2 

November  . 

3.0 

5.9 

2.4 

3.8 

6.0 

32.3 

38.3 

17.0 

7 

7 

5 

o 

12 

Dezember 

6.9 

8.8 

5.2 

7.0 

*? 

? 

275.8 

48.9 

(22) 

(20) 

(19) 

(2) 

(24) 

Januar  .  . 

7.9 

9.0 

7.7 

8.2 

115.6 

201.9 

317.5 

29.7 

25 

24 

22 

1 

20 

Februar  .  . 

6.5 

8.6 

5.7 

6.9 

32.0 

82.7 

114.7 

30.0 

18 

17 

15 

1 

24 

März  .  .  . 

6.3 

8.8 

6.7 

7.3 

72.6 

198.0 

270  6 

28.5 

27 

26 

22 

4 

20 

April  .  .  . 

8.1 

9.3 

7.8 

8.4 

286.1 

693.0 

979.1 

2029 

26 

26 

26 

11 

8 

Mai.  .  .  . 

6.1 

9.0 

7.8 

7.6 

245.4 

322.0 

567.4 

118.0 

20 

20 

19 

6 

3 

Juni 

62 

8.1 

7.8 

7.4 

42.4 

8.5 

50.9 

12.3 

11 

9 

9 

0 

0 

Juli 

6.8 

7.5 

7.2 

7.2 

86.0 

16.9 

102  9 

60.6 

18 

17 

12 

1 

0 

August  .  . 

2.1 

6.0 

3.3 

3.8 

4.1 

2.5 

6.6 

4.3 

4 

3 

2 

0 

0 

Sept.  (1.-17.) 

3.7 

5.8 

4.0 

45 

0.3 

0.1 

0.4 

0.3 

2 

0 

0 

0 

(1) 

Okt.  (9.-31.) 

2.4 

4.9 

1.0 

2.8 

0.0 

9.3 

9.3 

9.3 

1 

1 

1 

0 

(10) 

November  . 

3.2 

5  6 

2.1 

3.6 

5.7 

8.1 

13.8 

5.6 

5 

4 

4 

0 

18 

Dezember 

4.5 

7.7 

3.3 

5.2 

3.8 

156.9 

160.7 

50.0 

12 

12 

11 

3 

19 

Jahr 

5.3 

7  o 

5.4 

6.1 

894.0 

1699.9  2593.9 

202.9 

(169) 

(159) 

(143) 

(27) 

(123) 

Hagelfall  am  10.,  13.,  15.  und  31.  Dezember  1892  und  am  26.  Dezember  1893  beobachtet. 
In  der  Nacht  vom  26.  zum  27.  Januar  1893  einige  leichte  Erdbeben. 


*)  7a  +  2p  +  2  x  9p 
4 

**)  Vorn  23.  bis  28.  Dezember  fiele:)  die  Beobachtungen  wegen  Abwesenheit  aus. 
Nur  die  Summe  des  während  dieser  Zeit  gefallenen  Regens  konnte  nachträglich  mit 
62.8  mm  gemessen  werden. 


151 


Wangeniannsliöhe. 


Windhäufigkeit  um  7a,  2p  und  9p. 


1892 

N 

|  NE 

E 

SE 

S 

SW 

W 

NW 

Stille 

Januar . 

2 

1 

8 

11 

2 

1 

1 

1  ' 

1 

3 

2 

Februar  . 

2 

2 

5 

1 

4 

2 

5 

7 

1 

März . 

14 

0 

0 

0 

0 

5 

5 

7 

0 

April . 

6 

2 

1 

0 

1 

3 

6 

11 

0 

Mai . 

12 

2 

3 

1 

2 

2 

7 

2 

0 

Juni . 

6.5 

3.5 

2 

0 

0 

0.5 

11 

6.5 

0 

Juli . 

5 

3 

3.5 

1 

1 

0.5 

7 

9 

1 

August . 

13 

3 

4 

0.5 

0.5 

1.5 

3.5 

5 

0 

September.  .  .  . 

8.5 

4 

0 

0 

0 

1.5 

8 

6 

0 

Oktober . 

4 

0 

0.5 

1.5 

0.5 

1.5 

10 

10 

0 

November .... 

3 

5 

1 

1 

0 

1 

10 

7 

2 

Dezember  .... 

8 

2 

1 

1 

1 

1 

9 

8 

0 

Summe 

84.0 

'  34.5 

32.0 

9.0 

11.0 

!  20.5 

82.5 

81.5 

6.0 

Januar . 

3 

1 

3 

3 

8 

8 

1 

3 

1 

Februar  . 

4 

2 

2 

0 

3 

8 

4 

5 

1 

März . 

2 

1 

0 

2 

5 

8 

2 

11 

0 

April . 

2 

2 

0 

0 

8 

6 

6 

6 

0 

Mai . 

1 

0 

0 

0 

14 

10 

1 

5 

0 

Juni . 

1 

0 

0 

1.5 

15 

5 

1.5 

4 

1 

Juli . 

2.5 

0 

0 

0 

19.5 

5 

2.5 

1.5 

0 

August . 

1 

0 

0 

0.5 

14 

10.5 

2 

1 

0 

September.  .  .  . 

0 

0 

0.5 

0.5 

22 

3 

2 

o 

0 

Oktober . 

1 

0 

0 

0.5 

21 

8.5 

0 

0 

0 

November  .... 

2 

1 

0 

2 

13 

7 

5 

0 

0 

Dezember  .... 

1 

0 

1 

4 

13 

4 

5 

3 

0 

Summe 

20.5 

7.0 

6.5 

14.0 

155.5 

83.0 

32.0 

39.5 

3.0 

Januar . 

8 

7 

13 

1 

1 

0 

0 

1 

0 

Februar  . 

8 

5 

7 

3 

0 

1 

0 

3 

2 

März . 

11 

7 

6 

1 

1 

0 

0 

5 

0 

April . 

17 

9 

1 

0 

o  1 

1 

1 

1  ■ 

0 

Mai . 

16 

6 

3 

1 

1 

2 

0 

1 

1 

Juni . 

6 

10.5 

2 

0.5 

2.5 

2 

3 

2.5 

0 

Juli . 

12 

5.5 

6 

1 

0 

05 

3 

3 

0 

August . 

7.5 

8.5 

9 

0 

1 

2 

0 

3 

0 

September  .  .  . 

12.5 

6.5 

6 

0 

0 

0 

3 

2 

0 

Oktober . 

11 

5 

2 

0 

0 

2.5 

3.5 

5  i 

0 

November  .... 

12 

8 

1 

0 

2 

0 

1 

5 

1 

Dezember  .... 

13 

6 

1 

0 

1 

2 

0 

8 

0 

Summe 

134.0 

84.0 

57.0 

7.5 

9.5 

13.0 

14.5 

39.5; 

4 

Gesammtsumme 

238.5 

125.5 

95.5 

30.5 

176.0 

116.5 

129.0 

160.5 

13.0 

152  — 


Manow. 

Windhäufigkeit  um  7a,  2p  und  9p. 


1893 

N 

NE 

E 

SE 

S 

SW 

W 

NW 

Cal- 

men 

Nicht 

beob. 

Januar.  ..... 

ß 

1 

0 

1 

8 

3 

0 

9 

2 

1 

Februar  . 

2 

3 

0 

1 

0 

1 

4 

14 

3 

0 

März . 

2 

1 

7 

2 

0 

0 

5 

11 

2 

1 

April . 

2 

2 

0 

13 

4 

1 

0 

2 

5 

1 

Mai  . 

1 

2 

5 

2 

8 

5 

4 

3 

1 

0 

Juni . 

3 

i 

1 

4 

2 

1 

6 

11 

1 

0 

Juli  . 

2 

2 

0 

3 

4 

0 

5 

12 

3 

0 

August  ..... 

14 

i 

l 

3 

1 

1 

0 

10 

0 

0 

September.  .  .  . 

9 

0 

0 

0 

7 

0 

0 

1 

0 

1.3 

Oktober . 

7 

0 

2 

1 

12 

0 

0 

1 

0 

8 

November .... 

3 

0 

1 

4 

18 

1 

0 

0 

0 

3 

Dezember  .... 

17 

0 

1 

0 

5 

0 

1 

3 

3 

1 

Summe 

.68 

13 

18 

34 

69 

13 

.25 

77 

20 

28 

J  anuar . 

2 

1 

2 

4 

10 

2 

0 

5 

2 

3 

Februar  ..  ....  .  . 

3 

4 

4 

3 

9 

0 

2 

2 

1 

0 

März  ....... 

4 

0 

2 

10 

11 

1 

1 

0 

0 

2 

Api-il  ...... 

1 

0 

1 

21 

6 

1 

0 

0 

0 

0 

Mai . . 

1 

0 

6 

11 

6 

5 

0 

1 

0 

1 

Juni  ....... 

0 

0 

2 

16 

10 

0 

1 

0 

0 

1 

Juli . 

0 

0 

0 

15 

14 

0 

1 

0 

0 

1 

August . 

0 

0 

1 

14 

13 

0 

0 

0 

0 

3 

September.  .  .  . 

0 

1 

0 

1 

14 

0 

0 

0 

0 

14 

Oktober . 

0 

0 

0 

2 

19 

0 

0 

0 

0 

10 

November  .... 

1 

1 

1 

3 

19 

0 

0 

1 

0 

4 

Dezember  .... 

3 

3 

1 

5 

16 

0 

0 

2 

0 

1 

Summe 

15 

10 

20 

105 

147 

9 

5 

11 

3 

40 

Januar  ....... 

19 

0 

1 

0 

1 

1 

4 

2 

3 

0 

Februar  . 

13 

1 

4 

1 

1 

0 

2 

5 

1 

0 

März  ....... 

16 

3 

2 

0 

5 

0 

2 

2 

1 

0 

April . 

8 

1 

2 

8 

0 

1 

6 

1 

0 

Mai . 

6 

3 

2 

0 

7 

2 

8 

2 

1 

0 

Juni . 

8 

0 

2 

1 

3 

1 

8 

7 

0 

0 

Juli  ....... 

4 

1 

0 

2 

7 

0 

5 

12 

0 

0 

August . 

3 

1 

2 

0 

1 

1 

8 

15 

0 

0 

September .... 

8 

0 

0 

0 

0 

0 

1 

7 

0 

14 

Oktober . 

22 

0 

0 

1 

0 

0 

o 

0 

o 

8 

November  .... 

19 

0 

0 

0 

2 

0 

o 

5 

1 

3 

Dezember  .... 

20 

1 

1 

0 

2 

0 

1 

3 

2 

1 

Summe 

146 

11 

16 

13 

32 

5 

40 

66 

10 

26 

Gresammtsumme 

229 

34 

54 

152 

248 

27 

70 

154 

33 

94 

153 


Begleitworte  zur  Karte  von  Deutsch -Kondeland. 

Von  Dr.  Richard  Kiepert. 

(Karte  2.) 

Die  Grundlagen  für  die  neue  kartographische  Darstellung  des 
Kondelandes,  das  früher  schon  von  zahlreichen  Reisenden  besucht 
worden  ist,  ohne  dass  seine  Karte  dadurch  wesentlich  gewonnen 
hätte,  sind  die  handschriftliche  Karte  des  Nyassasees,  aufgenommen 
Oktober  bis  Dezember  1893  durch  Kapitän  M.  Prager,  über  welche 
ich  in  dieser  Zeitschrift  VII.  ßd.  1894,  S.  298,  schon  berichtet  habe, 
und  die  Aufnahmen  und  Breitenbestimmungen  des  Kompagnieführers 
H.  Ramsay  in  der  Zeit  vom  16.  bis  26.  Januar  1894  anlässlich  der 
v.  Scheleschen  Nyassa-Expedition.  Ueber  die  Art  und  Weise  seiner 
Beobachtungen,  seiner  Aufzeichnungen,  deren  Verarbeitung  u.  s.  w. 
ist  am  angeführten  Orte  S.  296—300  ausführlicher  gehandelt  worden. 
Sein  Material  über  Konde  besteht  in  Folgendem:  die  unterwegs 
aufgezeichnete  Route,  5  Blatt  Rohkonstruktion,  11  Bergprofile  mit 
Peilungen,  3  Breitenbestimmungen  (die  Missionsstationen  Muakareri 
—  9°  9'  41",  Rungwe  —  9°  10'  5"  und  Wangemannshöhe  —  9°  19'8"), 
7  Siedepunktbestimmungen  (Kururu,  Mansumbura,  Manow,  Muakareri, 
Eltonpass,  Mission  Rungwe  und  Wangemannshöhe)  und  eine  Anzahl 
Aneroidablesungen.  Danach  wurde  von  Herrn  Moisel  eine  Kon¬ 
struktion  der  Reise  in  1:71  500  ausgeführt,  welche  in  Bezug 
namentlich  auf  Geländeformen,  weniger  auf  Nomenklatur  so  reich¬ 
haltig  ausgefallen  ist,  dass  ein  weit  grösserer  Maassstab  für  die 
endgültige  Karte  gewählt  werden  musste,  als  bei  den  übrigen 
Ramsayschen  Routen,  nämlich  1:150  000.  Die  kurze  Zeit,  welche 
Herr  Ramsay  auf  die  Reise  verwenden  konnte,  hatte  ihn  leider 
nicht  dazu  kommen  lassen,  einen  oder  mehrere  der  nach  Süden  vor¬ 
geschobenen  Berge,  wie  den  Kieyo,  Rungwe,  Ikururu,  Kapera  u.  s.  w., 
zu  besteigen  und  von  dort  Kreuzpeilungen  auf  den  Gebirgshorizont 
anzustellen;  vielleicht  hat  ihn  auch  der  dort  häufige  Nebel,  über 
welchen  z.  B.  Dr.  Kerr-Cross  (The  Geographical  Journal,  February 
1895,  S.  115  f.)  klagt,  gehindert,  vom  Eltonpass  (2900  m)  aus  Pei¬ 
lungen  zu  nehmen.  Die  Darstellung  des  Westabfalles  des  Kinga 
oder  Livingstonegebirges  rührt  auch  nicht  von  ihm,  sondern  von 
Herrn  Merensky  her;  dagegen  beruht  das  ganze  Terrain  in  dem 
Dreieck  Wangemannshöhe,  Rungwe,  Eltonpass  durchaus  aufRamsays 
Aufnahmen.  Nicht  klar  ist  die  Lage  des  Kalenga-lenga- Gebirges; 


154 


Th.  Meyer  braucht,  wie  es  scheint,  den  Namen  für  einen  Ausläufer 
des  Rungwe  unweit  nördlich  von  der  gleichnamigen  Missionsstation, 
während  er  nach  Ramsays  Peilungen  von  drei,  für  Gewinnung  von 
Kreuzschnitten  freilich  sehr  ungünstig  gelegenen  Punkten  aus  viel 
nördlicher  zu  liegen  kommt.  Ich  habe  ihn  deshalb  an  beiden  Punkten 
mit  einem  ?  eingetragen,  es  der  Zukunft  überlassend,  das  Richtige 
festzustellen. 

Für  das  Gebiet  des  oberen  Mbaka  und  des  ganzen  Kibira  sowie 
den  Weg  nach  Utengule,  Merere’s  Stadt,  lag  uns  eine  Original¬ 
zeichnung  des  Missionars  Th(eodor)  M(eyer)  „Das  Gebiet  des 
Kibira,  Mbaka  und  Lufirio  (Nkonde).  1893“  (Maassstab  etwa 
1  :  250  000)  vor,  von  deren  Inhalt  der  kleinere  Theil  schon  in  der 
Hassens  teinschen  „Karte  der  Berliner  Missions -Expedition  im 
Norden  des  Nyassa“  (Petermanns  Mittli.  1892,  Taf.  19)  sowie  in  der 
„Kartenskizze  des  nordwestlichen  Ufers  des  Nyassa“  (v.  Danckelmans 
Mittheilungen  V.  1892,  S.  205)  Aufnahme  gefunden  hat.  Meyer 
hat  später  eine  ganze  Anzahl  neuer  Routen  gemacht  und  zahlreiche 
Dörfer  verzeichnet,  welche  unsere  Karte  reproduzirt;  Herr  Merensky 
lobt  seine  Arbeiten  als  zuverlässig.  Eines  eigenen  Urtheils  mus3 
ich  mich  enthalten,  da  es  mir  einstweilen  an  jedem  Maassstabe  der 
Kritik  gebricht.  Die  meist  auf  eine  Anzahl  von  Dörfern  bezüglichen 
Namen  in  Th.  Meyers  Reisegebiet  sind  solche  von  Häuptlingen. 

Ausserdem  hat  Herr  Superintendent  A.  Merensky  die  Güte 
gehabt,  uns  sein  Originalmaterial,  welches  gleichfalls  zum  Theil 
schon  in  der  erwähnten  Hassensteinschen  Karte  benutzt  worden 
war,  zur  Verfügung  zu  stellen;  es  besteht  aus  einer  Uebersichtskarte 
der  Reise  nach  Utengule  „Deutsch -Kondeland  von  A.  Merensky  1894“ 
(Maassstab  1  : 500  000),  welche  die  richtig  gestellte  Nomenklatur 
enthält,  einer  ebensolchen  in  fünfmal  grösserem  Maassstabe  und  in 
zwei  Blatt,  einigen  Detailskizzen  und  einer  Reihe  von  Peilungen, 
die  zum  Theil  recht  gut  zu  Ranis ay  stimmten. 

Unsere  Karte  hat  ausserdem  Routen  von  neun  anderen,  darunter 
sieben  englischen  Reisenden  verzeichnet,  unter  denen  die  Beobach¬ 
tungen  der  ersten  beiden  von  1877,  Eltons,  der  unterwegs  starb, 
und  Cotterills,  auch  in  Bezug  auf  die  Terraindarstellung,  gewöhn¬ 
lich  die  schwächste  Seite  englischer  Kartographie,  noch  die  besten 
zu  sein  scheinen;  vergl.  „Map  of  route  from  the  Nyassa  to  Ugogo“ 
in  „Elton,  Travels  and  researches  among  the  lakes  and  mountains 
of  Eastern  and  Central  Africa“,  London  1879.  Das  Stück  ihres 
Weges  zwischen  dem  Kisiwasee  (der  Name  bedeutet  nach  Kerr- 
Cross,  „Geogr.  Journ.“,  February  1895,  S.  115,  einfach  „Quelle“ 
und  wird  auf  alle  sieben  dort  vorkommenden  vulkanischen  Seen 
angewendet)  und  Muaisote  lässt  sich  freilich  mit  den  Routen  von 


155 


Ramsay  und  Merensky  wegen  der  bei  letzteren  nur  spärlich  vor¬ 
handenen  Namen  nicht  kombiniren;  es  scheinen  eben  in  diesem 
Gebiete  durch  die  früheren  Einfälle  Merere’s  viele  Dörfer  zerstört 
worden  zu  sein.  Bemerkt  sei  noch,  dass  die  S.  333  des  El  ton  sehen 
Buches  angegebene  Breite  für  Mazote  (=  Muaisote)  —  9°  5'  45", 
vielleicht  zufällig,  genau  zur  Konstruktion  von  Ramsays  Weg 
stimmt. 

Alle  übrigen  Reisenden  sind  für  die  Topographie  minderwerthig 
oder  so  gut  wie  werthlos,  ihre  Aufnahmen  dürftig,  viel  zu  allgemein 
und  in  viel  zu  kleinem  Maassstabe  gehalten.  Wenn  sie  dennoch 
angegeben  worden  sind,  so  geschah  es  nur.  um  zu  zeigen,  dass  die 
betreffende  Gegend  einmal  von  einem  Gebildeten  durchzogen  worden 
ist.  Dieser  Mangelhaftigkeit  der  Quellen  ist  es  auch  zuzuschreiben, 
dass  der  westliche  Steilrand,  welcher  nach  Beschreibungen  und 
Skizzen  die  Kondeniederung  begrenzt,  nicht  entfernt  so  bestimmt 
niedergelegt  ist,  wie  der  östliche  und  nördliche  durch  Ramsay  und 
Merensky.  Zunächst  ist  zu  nennen  J.  Thomson  1879  (Karte  in 
Proceedings  R.  Geogr.  Soc.  Dez.  1880  und  in  seinem  Reisewerke 
„Expedition  nach  den  Seen  von  Central- Afrika“,  Jena  1882),  dessen 
Route  nur  iu  den  rohesten  Zügen  angedeutet  ist.  Sein  Nachtlager 
am  17./18.  September,  Mtandala,  ist  dem  Namen  nach  identisch  mit 
dem  Mtandalo  Dr.  Bumillers  (s.  unten),  avo  derselbe  am  5./6.  Fe¬ 
bruar  1893  sich  befand.  Doch  ist  es  wohl  unmöglich,  beide  zu 
identifiziren,  wenn  es  sich  auch  herausstellen  sollte,  dass  Thomsons 
Abstieg  vom  sogenannten  Livingstonegebirge  zum  Nyassasee  auf 
seiner  Karte  viel  zu  lang  dargestellt  ist;  immerhin  brauchte  Thomson 
Aron  Mtandala  bis  zum  See  noch  vier  Tagemärsche,  während 
Bumillers  Mtandalo  nur  18  km  in  gerader  Linie  vom  Nyassa  ent¬ 
fernt  ist. 

Ohne  jeden  Werth  für  uns  sind  ferner  Rev.  W.  P.  Johnsons 
Karte  „The  country  east  of  Lake  Nyassa“  in  Proceed.  R.  Geogr. 
Soc.  1894,  September,  und  diejenige  des  französischen  Schiffsfähnrichs 
Giraud  1883  (Comptes  rendus  der  Pariser  Sociötö  de  Geographie 
1885,  No.  7/8;  de  Lannoys  Carte  d’Afrique  Bl.  45  und  sonst).  Solche 
schnurgeraden  Wege,  Avie  sie  diese  und  die  folgenden  Reisenden 
auf  ihren  Kartell  verzeichnen,  sind  in  Gebirgsländern  eben  einfach 
unmöglich. 

Mc  Ewans  Routen  1884  und  1885  betreffen  lediglich  das 
englische  Gebiet  im  Süden  des  Songwe  und  sind,  wie  einige  andere, 
nicht  mit  Namen  bezeiclmete,  der  E.  G.  Ravensteinschen  „Map  of  the 
country  between  Nyassa  and  Tanganyika.  1  :  750  000“,  The  Scottish 
Geographical  Magazine  IY,  1888,  August,  entlehnt.  H.  H.  John- 
stons  bedeutungslose  Wege  1889  sind  angegeben  auf  der  Karte 


156 


„The  Nyassa-Tanganyika  Plateau“  in  Proceed.  R.  Geogr.  Soc.  Dezem¬ 
ber  1890,  die  von  Kerr-Cross,  der  übrigens  am  unten  angeführten 
Orte  S.  281  selbst  offen  gesteht,  dass  er  im  Aufnehmen  unerfahren 
sei  und  seine  Beobachtungen  unzuverlässig,  auf  „Map  of  the  Stevenson 
Road  country  1  :  1  000  000“  in  The  Scottish  Geographical  Magazine 
VI,  1890,  June,  die  von  Dr.  Bumiller  1893  in  Petermanns  Geogr. 
Mittheilungen  1893,  Tafel  14. 

Schliesslich  ist  ganz  neuerdings  im  „Geogr.  Journ.“,  February 
1895,  S.  112  ff.,  eine  Abhandlung  des  Dr.  Kerr-Cross  über  die  von 
ihm  1893  besuchten  Kraterseen  im  Norden  des  Nyassa  erschienen 
mit  einer  rohen  Kartenskizze  auf  S.  117,  welcher  ich  andeutungs¬ 
weise  fünf  neue  kleine  Seen  entnommen  habe.  Leider  haben  Text 
und  Karte  die  Namen  zum  Theil  verschieden  geschrieben  (Kingire 
—  Karte:  Kingwe;  Kiunguvuvu  —  Karte:  Kiunguraru;  Itende, 
Ramsay:  Untende  —  Karte:  Kende);  ich  bin  dem  anscheinend  rich¬ 
tigeren  Text  gefolgt.  Den  Ikapa-  oder  den  Kingiresee  hat  vielleicht 
schon  Thomson  besucht,  ohne  den  Namen  im  Text  zu  nennen  oder 
den  See  auf  seiner  Karte  zu  verzeichnen;  vergl.  seine  Ersteigung 
des  Kegels  bei  Pokirambo  in  seinem  Reisewerke,  deutsche  Ueber- 
setzung,  I,  S.  209. 


Aus  dem  Schutzgebiete  der  Marshall -Inseln 


Bericht  über  die  Gesundlieits Verhältnisse  der  Eingeborenen  der 
Marshall-Inseln  im  Jahre  1893/94  und  Bemerkung  über  Fischgift. 

Von  Dr.  med.  Steinbach. 

Unter  den  Krankheiten  der  Eingeborenen  stellte  wieder  die 
Syphilis  ein  Hauptkontingent,  indem  33.2  Prozent  der  ärztlich  be¬ 
handelten  Eingeborenen  daran  litten.  Es  liess  sich  jedoch  diesmal, 
wie  das  auch  im  vergangenen  Jahre  in  geringerem  Grade  der  Fall 
war,  schon  ein  Erfolg  der  in  den  früheren  Jahren  ausgeübten  Be¬ 
handlung,  besonders  bei  den  Bewohnern  der  Lagune  Jaluit,  die 
natürlich  eher  ärztliche  Hülfe  als  die  auf  den  entfernteren  Insel¬ 
gruppen  wohnenden  Eingeborenen  in  Anspruch  nehmen  konnten, 
konstatiren.  Die  Zahl  der  aus  der  hiesigen  Lagune  zugegangenen 
Kranken,  die  an  Syphilis  litten,  war  bedeutend  geringer.  Ausserdem 
waren  die  meisten  der  noch  von  hier  zur  Behandlung  gekommenen 
Eingeborenen  Personen,  die,  da  nach  kurzer  Behandlung  die  ihnen 
sichtbaren  Zeichen  der  Krankheit  verschwunden  waren,  sich  für  ge¬ 
heilt  gehalten  hatten  und  nicht  mehr  zum  Arzt  gekommen  waren, 
bei  denen  sich  aber  nach  einiger  Zeit  Recidive  eingestellt  hatten. 
Die  Zahl  der  hereditären  Fälle  war  dagegen  noch  immer  eine  recht 
erhebliche.  Zugang  von  neuen  schweren  tertiären  Erkrankungen 
fand  fast  nur  von  entfernteren  Inselgruppen  statt. 

Die  Folgen  einer  fortgesetzten  ärztlichen  Hülfe  werden  aber 
erst  in  einigen  Jahren  bei  dieser  Krankheit  deutlicher  hervortreten, 
indem  die  Zahl  der  auf  syphilitischer  Basis  beruhenden  Aborte  und 
der  hereditär  belasteten  Kinder  ebenso  wie  die  Zahl  der  Neu¬ 
infektionen,  dadurch,  dass  die  Infektionsquellen  seltener  werden, 
abnehmen  wird. 

Der  Verlauf  und  die  Folgen  dieser  Krankheit  unterschieden 
sich  bei  den  Hunderten  mir  während  dreier  Jahre  zu  Gesicht  ge¬ 
kommenen  Erkrankungen  in  nichts  von  den  in  Europa  beobachteten, 

Mitth.  von  Forschungsreisenden,  VIII.  Band.  II.  11 


158 


nur  dass  natürlich  die  Erkrankungen  durch  Mangel  jeglicher  ärzt¬ 
licher  Hülfe  durchschnittlich  viel  weiter  vorgeschritten  waren,  als 
dies  in  civilisirten  Ländern  der  Fall  ist.  Auch  jetzt,  wenn  auch 
in  geringerem  Grade  als  im  Anfang  meiner  Thätigkeit,  kommt  immer 
noch  der  Uebelstand  in  Betracht,  dass  erst  bei  schweren  sekundären 
oder  oft  erst  tertiären  Erscheinungen  die  Kranken  zu  mir  kommen, 
da  die  Primärerkrankungen  die  Eingeborenen  nur  wenn  sie  sehr 
schmerzhaft  sind,  zu  stören  pflegen.  Infolgedessen  habe  ich  auch 
nur  sehr  selten  die  anfänglich  auftretenden  Hautexantheme  zu  Ge¬ 
sicht  bekommen,  ganz  abgesehen  davon,  dass  dieselben  überhaupt 
nur  sehr  schwer  auf  der  schmutzig-  oder  dunkelbraunen  Haut  zu 
sehen  sind.  Obgleich  in  Fällen  mit  unzweifelhaftem  Ulcus  durum 
das  Auftreten  des  Exanthems  meist  abgewartet  wurde,  ehe  eine 
Allgemeinbehandlung  begann,  war  es  oft  unmöglich,  ein  solches  zu 
konstatiren,  trotzdem  dass  die  im  Rachen  auftretenden  syphilitischen 
Geschwüre  und  andere  Krankheitszeichen,  ebenso  wie  das  schnelle 
Heilen  des  Ulcus  durum  nach  Beginn  der  antisyphilitischen  Kur 
unzweifelhaft  das  Vorhandensein  von  Syphilis  bewiesen.  Ich  habe 
es  mir  daher  zur  Regel  gemacht,  bei  zweifelhaften  Fällen  und  bei 
nur  irgendwie  auf  Syphilis  zurückzuführenden  Erscheinungen  stets 
eine  antiluetische  Behandlung  zu  beginnen,  und  habe  fast  ohne  Aus¬ 
nahme  durch  die  dadurch  erzielten  Erfolge  die  muthmaassliche  Diagnose 
bestätigt  gefunden.  Oft  war  ich  in  solchen  Fällen  ganz  erstaunt, 
wie  täuschend  die  Syphilis  die  Erscheinungen  anderer  Krankheiten 
hervorrufen  kann,  hier,  avo  ich  jederzeit  aus  dem  Munde  des  Kranken, 
da  er  in  Bezug  auf  seine  Erkrankung  keine  falsche  Scham,  wie  in  so 
vielen  Fällen  der  weisse  Patient,  kannte,  den  Verlauf  der  Syphilis 
bis  zu  diesen  merkwürdigen  Nachahmungen  der  ausgeprägtesten 
Symptome  anderer  Erkrankungen  verfolgen  konnte.  Ich  könnte  nur 
jedem  in  den  Kulturländern  thätigen  Arzte  wünschen,  dass  er  einmal 
ein  so  wenig  oder  vielmehr  gar  nicht  durch  subjektive  Verheim¬ 
lichungen  getrübtes  Material  syphilitisch  Kranker  vor  sich  hätte, 
wie  es  hier  vorhanden  ist.  Es  würden  dann,  öfters  als  jetzt,  mit 
so  verhältnissmässig  einfach  anzuwendenden  Mitteln  wie  Quecksilber 
und  Jodkalium  die  wunderbarsten  Erfolge  erzielt  werden,  gerade  in 
Fällen,  die  allen  sonstigen  Behandlungsmethoden  trotzten. 

Dass  die  Syphilis,  die  Weisse  hier  im  Verkehr  mit  Eingeborenen 
acquiriren,  einen  schlimmeren  Charakter  als  die  in  Europa  erworbene 
hätte,  wie  dies  atou  der  Syphilis,  die  im  Verkehr'  mit  farbigen  Rassen 
(z.  B.  von  China)  erworben  wurde,  behauptet  wird,  dafür  habe  ich  hier 
keine  Beweise  gesehen.  Alle  mir  zu  Gesicht  gekommenen  derartigen 
Fälle,  eine  verhältnissmässig  sehr  grosse  Anzahl,  verliefen  sogar 
ziemlich  leicht. 


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Gegenüber  dieser  Seuelie  treten  die  sonst  unter  den  Eingeborenen 
herrschenden  Krankheiten  ganz  zurück.  Es  fällt  vor  Allem  das 
Fehlen  fast  aller  Infektionskrankheiten,  die  durch  epidemische  Aus¬ 
breitung  den  Menschen  bedrohen,  wie  Scharlach,  Diphtherie,  Masern, 
Typhus  u.  s.  w.,  auf;  nur  durch  Einschleppung  sind  einzelne  davon, 
wie  Masern  und  Influenza,  früher  unter  den  Eingeborenen  aufgetreten. 
Ebenso  scheint  die  Phthisis  pulmonum,  wie  schon  früher  ausgeführt 
wurde,  nur  bei  mit  Weissen  in  engerem  Verkehr  stehenden  Frauen 
oder  in  Kulturländern  gewesenen  Personen  (Matrosen)  vorzukommen. 
Denn  auch  im  vergangenen  Jahre  betrafen  die  zwei  mir  bekannt 
gewordenen  Fälle  mit  weissen  Männern  zusammenlebende  Frauen, 
wobei  merkwürdigerweise  die  betreffenden  Europäer  keine  Zeichen 
einer  derartigen  Erkrankung  selbst  bei  eingehendster  Untersuchung 
darboten.  Varicellen,  ebenso  eine  kontagiöse  Bindehautentzündung 
scheinen  unter  den  Eingeborenen  endemisch  zu  sein,  wenn  dieselben 
auch  nur  zeitweise  in  grösserer  Ausdehnung  auftreten;  ebenso  sind 
immer  einzelne  Personen  von  der  Ruhr,  die  allerdings  meist  nicht 
sehr  schwer  und  mehr  chronisch  verläuft,  betroffen;  zu  einer  epidemie¬ 
artigen  Ausbreitung  dieser  Krankheit  ist  es  dagegen  während  meiner 
Anwesenheit  nicht  gekommen.  Auch  vom  Mumps  (Parotitis)  können 
immer  vereinzelte  Fälle  beobachtet  werden,  zeitweise  breitet  er  sich 
auch  als  unbedeutende  Epidemie  aus. 

Diese  Seltenheit  von  Infektionskrankheiten  wird  durch  die  ganz 
isolirte  Lage  der  Inseln  mitten  in  einem  grossen  Ocean,  die  be¬ 
deutende  Entfernung  von  allen  Kulturländern  und  den  besonders  in 
neuerer  Zeit  wieder  sehr  geringen  Verkehr  mit  der  Aussenwelt  ge¬ 
nügend  erklärt.  Dazu  kommt  noch  die  Kleinheit  des  Flächenareals 
der  Inseln,  die  überall  der  Seebrise  ausgesetzt  sind,  die  ausser¬ 
ordentlich  starke  Durchlässigkeit  des  Bodens  und  das  dadurch  be¬ 
dingte  Fehlen  von  stagnierenden  Gewässern  und  Sümpfen. 

Von  sonstigen  Krankheiten  zeigen  nur  rheumatische  Affektionen, 
Katarrhe  der  Respirationswege  und  Erkrankungen  der  Nieren  zeit¬ 
weise  unter  den  Eingeborenen  eine  ziemliche  Verbreitung.  Die 
Rheumatismen  verlaufen  oft  sehr  schwer  mit  Hinterlassung  dauernder 
Herzerkrankungen.  Unter  den  Erkrankungen  der  Luftwege  kommen 
dagegen,  obgleich  die  Katarrhe  oft  sehr  hartnäckig  sind,  nur  selten 
Lungen-  und  Brustfellentzündungen  vor.  Einmal  wurde  ein  Lungen- 
abscess  beobachtet.  Die  Nierenerkrankungen  bestehen,  abgesehen 
von  Nierenamyloid,  das  öfters  als  Folge  langwieriger,  durch  tertiäre 
Syphilis  hervorgerufener  Eiterungen  auftritt,  in  akuten  und  chronischen 
Nierenentzündungen.  Die  akuten  Formen  schliessen  sich  dabei  ebenso 
wie  die  beiden  vorhergehenden  Krankheitsgruppen  an  Erkältungen, 
die  durch  anhaltend  feuchtes  Wetter  entstanden  sind,  an.  Denn  der 

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hiesige  Eingeborene  ist  ganz  auffällig  empfindlich  für  geringe 
Temperaturunterschiede  und  „erkältet“  sich  sehr  leicht.  Diese 
Eigenschaft  lässt  sich  einerseits  aus  der  Gewöhnung  an  eine  ungemein 
gleichmässige  Temperatur  und  der  dadurch  bedingten  geringen  Ab¬ 
härtung  der  Haut  erklären,  andererseits  hat  aber  auch  die  Ein¬ 
führung  europäischer  Kleider,  die  im  hiesigen  Schutzgebiet  soweit 
vorgeschritten  ist,  dass  Frauen  stets  mit  Kleidern,  Männer  nur 
noch  beim  Fischfang  und  ähnlichen  Arbeiten  mit  Matten,  sonst 
aber  auch  mit  europäischem  Zeug  bekleidet  sind,  an  dieser  Empfind¬ 
lichkeit,  die  bei  einem  Naturvolk  den  Witterungseinflüssen  seiner 
Heimath  gegenüber  doch  etwas  sehr  Aussergewöhnliches  ist,  Schuld. 
Die  fast  täglich  vom  Kegen  durchnässt  werdenden  Kleider  werden 
auch  Nachts  meist  nicht  oder  nur  zum  Theil  abgelegt,  und  während 
der  Marschallaner  an  seinem  Körper  durch  fleissiges  Baden,  wie 
ich  oft  bei  ärztlichen  Untersuchungen  zu  meiner  grössten  Freude 
bemerken  konnte,  sehr  sauber  ist,  werden  die  schmutzigen  Lappen, 
die  ihm  die  Kultur  gebracht  hat,  da  aus  pekuniären  Gründen  nicht 
immer  neue  beschafft  werden  können,  und  eine  Wäsche  derselben 
aus  Trägheit  nur  selten  vorgenommen  wird,  nach  jeder  Reinigung 
im  alten  Zustande  wieder  angelegt,  oft  auch  gar  nicht  erst  aus¬ 
gezogen,  um  dann  meist  am  Körper  wieder  zu  trocknen.  Dass 
daraus  „Erkältungen“  entstehen  können  und  die  Disposition  zu 
Gelenk-  und  Muskelrheumatismen  gegeben  wird,  ist  nicht  wunderbar. 
Da  diese  Kleider  aber  auch  oft  von  verschiedenen  Personen  hinter¬ 
einander  getragen  werden,  so  stellen  sie  zugleich  ein  recht  gefähr¬ 
liches  Verbreitungsmittel  für  die  verschiedensten  Krankheiten  (Haut¬ 
erkrankungen,  Syphilis  u.  s.  w.)  dar,  ganz  abgesehen  davon,  dass 
diese  plötzliche  Umhüllung  der  bis  dahin  zum  grössten  Theil  nackten 
Körper  als  ein  gewaltiger  Eingriff  in  den  Wärmehaushalt  des 
Organismus  der  Eingeborenen  anzusehen  ist.  Diese  Errungenschaft 
der  Kultur,  auf  deren  Einführung  die  amerikanischen  Missionare  so 
stolz  sind,  kann  demnach  in  keiner  Weise  als  ein  Segen  für  die 
eingeborene  Bevölkerung  bezeichnet  werden,  zumal  da  auch  der 
sittliche  Vortheil,  um  dessen  Willen  die  Einführung  der  Bekleidung 
von  der  erwähnten  Seite  so  sehr  betrieben  wurde  und  noch  betrieben 
wird,  vollständig  hinfällig  ist:  Die  Bekleidung  hat  die  wirkliche 
Schamhaftigkeit  der  hiesigen  Bevölkerung  absolut  nicht  gehoben, 
sondern  durch  die  Einführung  dieses  dem  Eingeborenen  künstlich 
aufgedrängten  und  in  Bezug  auf  die  Nacktheit  seines  Körpers  voll¬ 
ständig  fremden  Begriffes  ist  eher  die  Schamlosigkeit,  wie  hier 
täglich  Gelegenheit  gegeben  ist  zu  beobachten,  grossgezogen  worden. 

Trotz  dieser  auf  die  Eingeborenen  einwirkenden  Schädlichkeiten 
ist,  wie  schon  im  vorigen  Bericht  erwähnt  wurde,  eine  Abnahme 


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der  Zahl  der  Eingeborenen  im  hiesigen  Schutzgebiet  nicht  wahr¬ 
scheinlich. 

Einen  Beweis  für  diese  Ansicht  ergeben  zwei  Zählungen,  die 
auf  der  ebenfalls  zum  Schutzgebiet  gehörenden  Insel  Nauru,  die 
vollständig  abgeschlossen  ist  und  deren  Eingeborene,  abgesehen  von 
einigen  hier  und  da  in  ihren  Kanus  antreibenden,  verschlagenen 
Einwohnern  der  Gilbertinseln,  weder  Zuzug  von  anderen  Inseln 
noch  Abgang  nach  solchen  haben,  von  den  dortigen  Beamten  am 
4,  September  1890  und  am  18.  Dezember  1893,  also  ungefähr  in 
einem  Zwischenraum  von  drei  Jahren,  angestellt  worden  sind.  Es 
sei  hierbei  allerdings  bemerkt,  dass  diese  Insel  von  einem  von  den 
Marschallanern  verschiedenen  Volksstamm  (wahrscheinlich  einem 
vorwiegend  polynesischen  Mischvolk)  bewohnt  wird.  Die  Zählungen 
sind  sehr  genau  ausgeführt  worden,  da  sämmtliche  Bewohner  der 
Insel  von  den  Beamten  in  ihrem  Hause  persönlich  gezählt,  Personen, 
denen  es.  sei  es  aus  Krankheit,  Alter  oder  sonstigen  Gründen  nicht 
möglich  war,  zu  erscheinen,  sonst  ermittelt  wurden.  Die  beiden 
Zählungen  beanspnichen  einen  um  so  grösseren  Werth,  weil  sie 
erstens  innerhalb  eines  bestimmten  Zeitraumes  in  gleicher  Aus¬ 
führung  wiederholt  worden  sind,  und  zweitens  ein  noch  vollständig 
im  Naturzustände  sich  befindendes  Volk  betreffen. 

Es  ergab  nun  die  Zählung  vom  Jahre  1890  (von  dem  damaligen 
Beamten  Johannsen  vorgenommen): 

443  Männer,  580  Frauen,  141  Knaben  und  153  Mädchen  unter 
10  Jahren,  im  Ganzen  also  1317  Personen. 

Die  Zählung  im  Jahre  1893  (von  dem  Beamten  Jung  angestellt) 
ergab  dagegen: 

388  Männer,  620  Frauen,  177  Knaben  und  192  Mädchen  unter 
10  Jahren,  also  im  Ganzen  1377  Personen. 

Die  Gesammtzunahme  während  dieser  drei  Jahre  beträgt  demnach 
60  Personen,  das  sind,  durchschnittlich  aufs  Jahr  berechnet,  15,1  pro 
Mille,  eine  sicher  sehr  hohe  Zunahme,  wenn  man  bedenkt,  dass  in 
Gesammtdeutsckland  im  Zeitraum  1816  bis  1880  der  Zuwachs  jähr¬ 
lich  9,4  pro  Mille,  in  dem  Lande  der  grössten  Zunahme,  dem  König¬ 
reich  Sachsen,  im  selben  Zeitraum  13,3  pro  Mille  betrug.  Auffällig 
ist  dabei  die  Abnahme  der  erwachsenen  Männer;  doch  dürfte  das 
zum  Theil  auf  eine  verschiedene  Beurtheilung  der  beiden  Beobachter 
in  Bezug  auf  das  Alter  der  männlichen  Eingeborenen,  das  fast  nie 
zu  erfragen,  sondern  nur  zu  schätzen  ist,  zurückzuführen  sein.  Denn 
die  starke  Zunahme  unter  den  Knaben  und  Mädchen,  die  in  beiden 
Geschlechtern  fast  die  gleiche  (36  Knaben,  39  Mädchen)  ist,  zeigt,  dass 
auch  ein  reichlicher  männlicher  Nachwuchs  erzeugt  wird.  Immerhin 
ist  das  Ueberwiegen  des  weiblichen  Geschlechts  eine  ganz  auffällige 


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Thatsacke:  812  Frauen  (die  Mädchen  unter  10  Jahren  eingerechnet) 
stehen  565  Männern  gegenüber.  Eine  Erklärung  für  diese  Er¬ 
scheinung  ist,  wie  ich  glaube,  darin  zu  linden,  dass  bis  zum  Jahre 
1888  fast  unaufhörlich  unter  den  zahlreichen  auf  Nauru  ansässigen 
Stämmen  die  erbittertsten  Kriege  herrschten.  Da  die  Eingeborenen 
damals  in  überreichem  Besitze  von  zum  Tkeil  sehr  guten  Feuer¬ 
waffen  waren,  so  wurden  eine  grosse  Menge  Eingeborener  und  zwar 
gerade  Männer,  die  natürlicherweise  im  besten,  kampffähigsten  Alter 
standen,  getödtet,  so  dass  die  übrig  bleibenden  männlichen  Ein¬ 
geborenen  einen  verhältnissmässig  grossen  Prozentsatz  zum  Kampf 
zu  alter  oder  zu  junger  Personen  aufzuweisen  hatten,  abgesehen 
davon,  dass  sie  überhaupt  in  ihrer  Zahl  gegenüber  den  Frauen 
dezimirt  waren.  Nachdem  dann  im  Jahre  1888  die  deutsche  Schutz¬ 
herrschaft  auf  die  Insel  ausgedehnt  und  mit  der  Abnahme  sänimt- 
licher  Waffen  die  Kriege  mit  einem  Schlage  verschwunden  waren, 
war  ein  natürliches  Absterben  der  Bevölkerung  wieder  möglich;  es 
konnte  aber,  indem  die  vorhandenen  alten  Leute  starben,  natürlicher¬ 
weise  der  Nachwuchs  jüngerer  Jahresklassen  auf  einmal  nicht  so 
bedeutend  sein,  um  die  durch  die  früheren  Kämpfe  und  durch  den 
Tod  der  übrig  gebliebenen  alten  Leute  herbeigeführten  Verluste  und 
Ausfälle  zu  decken,  so  dass  infolgedessen  noch  eine  weitere  Ab¬ 
nahme  in  der  Zahl  der  männlichen  Bevölkerung  stattfand.  Denn 
durch  eine  Ueberzahl  weiblicher  Geburten  lässt  sich  dieser  Ueber- 
schuss  des  weiblichen  Geschlechts  nicht  erklären,  da,  wie  schon 
oben  ausgeführt  wurde,  die  Zunahme  beider  Geschlechter  in  den  drei 
Beobachtungsjahren  ziemlich  die  gleiche  ist. 

Günstig  für  den  Gesundheitszustand  auf  Nauru  wirkt  ohne 
Zweifel  das  schon  früher  erwähnte  Fehlen  der  Syphilis  auf  dieser 
Insel;  ebenso  sind  die  Eingeborenen,  die  schon  auf  Betreiben  daselbst 
eingesetzter  Missionare  begonnen  hatten,  Kleider  anzulegen,  wieder 
gänzlich  zu  ihrem  alten  Grasschurz  zurückgekehrt,  und  zwar  deshalb, 
weil  sich  die  betreffenden  Missionare  (als  solche  ausgebildete  Ein¬ 
geborene  der  Gilbertinseln)  selbst  für  das  Empfinden  dieser  „Wilden“ 
so  schlimm  betrugen,  dass  die  Bewohner  von  Nauru  in  merkwürdiger 
Konsequenz  mit  den  Missionaren  zugleich  die  von  denselben  ein¬ 
geführten  Kleidungsstücke  hinauswarfen.  Wenn  also  diese  Umstände 
für  den  Gesundheitszustand  und  die  Zunahme  der  Eingeborenen  als 
förderlich  angesehen  werden  müssen,  so  ist  andererseits  die  Insel 
Nauru  den  eigentlichen  Marschallinselu  gegenüber  dadurch  sehr  be- 
naclitheiligt,  dass  die  Nahrungsmittel,  die  der  sehr  dichten  Be¬ 
völkerung  (das  ganze  Terrain  der  Insel  beträgt  nur  einige  Quadrat- 
kilometei')  zu  Gebote  stehen,  noch  bei  Weitem  beschränkter  als  in 
den  Marschallinseln  sind.  Oft  Jahre  lang  herrschende  Trockenheit 


liefert  nur  den  für  das  Leben  nöthigsten  Ertrag  an  Kokosnüssen; 
ebenso  fehlt  infolge  dieser  Dürren  der  Brodfruchtbaum,  der  auf  den 
meisten  Marschallinseln  sehr  gut  gedeiht,  vollständig.  Die  Be¬ 
dingungen  also,  unter  denen  die  Zunahme  der  Bevölkerung  auf  Nauru 
vor  sich  gegangen  ist,  werden  im  Allgemeinen  nicht  wesentlich 
günstiger  als  auf  den  Marschallinseln  sein,  so  dass  auch  hieraus, 
wenn  nicht  auf  eine  Zunahme,  so  doch  wenigstens  auf  ein  Stehen¬ 
bleiben  der  Bevölkerungszahl  letzterer  Inseln  geschlossen  werden 
kann. 

Zum  Schluss  muss  ich  noch  auf  eine  Erscheinung  eingehen,  die 
auch  sonst  Gegenstand  der  widersprechendsten  Angaben  ist,  das 
ist  die  sogenannte  „Fischvergiftung“. 

Von  den  Eingeborenen  werden  eine  sehr  grosse  Anzahl  von 
Fischarten  für  giftig  gehalten,  und  auch  die  hiesigen  Weissen  haben 
grosse  Furcht  vor  dieser  „so  häufigen  Vergiftung“.  Es  handelt  sich 
dabei  um  zwei  ganz  verschiedene  Dinge,  einerseits  um  die  Er¬ 
krankungen,  die  durch  den  Genuss  von  Fischfleisch  entstehen, 
andererseits  um  die  im  Anschluss  an  Verletzungen  durch  Flossen¬ 
stacheln  oder  Fischbisse  sich  einstellenden  Krankheitserscheinungen. 

Was  nun  zunächst  die  Erkrankungen,  die  sich  an  den  Genuss 
von  Fischen  anschliessen,  betrifft,  so  habe  ich  während  meiner  bald 
dreijährigen  Anwesenheit  im  Schutzgebiet  nur  dreimal  einen  Fall 
gesehen,  der  bei  objektiver  Untersuchung  Symptome  einer  Ver¬ 
giftung  mit  einem  Gift,  wie  es  hier  überhaupt  in  Frage  kommen 
könnte,  darbot,  und  auch  unter  diesen  drei  Kranken  traten  nur  bei 
einem  einzigen  die  betreffenden  Symptome  deutlich  und  schwer 
hervor.  Häufig  ist  also  diese  Erscheinung  keineswegs,  wenn  man 
nicht,  wie  dies  hier  von  Seiten  der  weissen  Laien  gethan  wird,  alle 
möglichen  sonstigen  unerklärlichen  Krankheitserscheinungen  einlach 
mit  dieser  Diagnose  belegt.  Da  die  Eingeborenen  fast  täglich 
Fische  essen,  so  wird  auch  von  ihnen  eine  unverständlich  und 
aussergewöhnlicli  erscheinende  Krankheit  stets  auf  den  Genuss  von 
Fischen  zurückgeführt.  Tritt  man  dann  solchen  Fällen  näher,  so 
stellt  sich  oft  der  dann  selbst  dem  betreffenden  Eingeborenen 
wunderbare  Umstand  heraus,  dass  erst  zwei  oder  gar  drei  Tage 
nach  dem  letzten  Verspeisen  von  Fischen  die  angebliche  Vergiftung 
in  Erscheinung  getreten  ist.  Gegenüber  der  Thatsache,  dass  diese 
Eigenschaft  von  Fischen  demnach  keineswegs  häufig  ist,  kann  auch 
der.  Einwand,  dass  die  Eingeborenen  die  giftigen  Fische  kennen 
und  daher  nicht  essen,  nicht  als  stichhaltig  angesehen  werden,  da 
bei  Eingeborenen  verschiedener  Inseln  die  Ansichten  über  die 
Giftigkeit  einer  Fischart  sehr  verschieden  sind.  Es  giebt  nach  An¬ 
gaben  der  Eingeborenen  Fische,  die  in  der  Lagune  von  Ebon  ge- 


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fangen,  als  ungiftig  gegessen  werden,  bei  den  Einwohnern  von 
Jaluit  dagegen  für  sehr  giftig  gehalten  werden.  Ja,  derselbe  Fisch, 
der  z.  Jß.  auf  der  Ostseite  der  Lagune  Jaluit  ohne  Schaden  genossen 
werden  kann,  soll  auf  der  Westseite  derselben  Lagune  giftig  sein! 
Man  könnte  daraus  den  Schluss  ziehen,  dass  irgend  ein  Unterschied 
zwischen  verschiedenen  Lagunen  oder  den  beiden  Seiten  einer  Lagune 
existire,  dass  etwa,  wie  bei  den  Fundorten  der  giftigen  Miesmuscheln, 
an  den  betreffenden  Stellen  stagnirendes  Meerwasser  mit  einer 
Menge  sich  zersetzender  organischer  Substanz  sich  befände,  wodurch 
die  Fische,  die  daselbst  Vorkommen,  ihre  giftigen  Eigenschaften 
erhielten.  Das  ist  aber  in  keiner  Weise  der  Fall.  Das  Wasser  in 
den  Lagunen  ist  überall  gleichmässig  rein  und  verkältnissmässig 
frei  von  solchen  Stoffen  und  wird  regelmässig  durch  Ebbe  und  Fluth 
vom  offenen  Meere  aus  erneuert.  Ebenso  sind  die  Nahrungsstoffe, 
die  den  verschiedenen  Fischarten  innerhalb  der  Lagunen  zur  Ver¬ 
fügung  stehen,  überall  dieselben.  Ausserdem  geben  die  Eingeborenen 
ganz  bestimmt  an,  dass  viele  der  ausserhalb  der  Lagunen  im  offenen 
Meer  gefangenen  Fische  ebenfalls  giftig  seien;  auf  hoher  See  sollen 
sie  allerdings  fehlen. 

Die  Marschallaner  haben  auch  eine  eigene  Methode,  um  nach 
ihrer  Meinung  giftige  Fische  zum  Gemessen  tauglich  zu  machen. 
Solche  Fische  (besonders  kleinere  Arten)  werden  in  die  auf  den 
Inseln  sich  iindenden  Teiche  und  Tümpel  gesetzt.  Letztere  sind 
durch  unter  dem  Meeresspiegel  liegende  Spalten  und  Risse  mit 
Meerwasser,  dem  ein  wenig  Regenwasser  beigemischt  ist,  gefüllt; 
ihr  Wasserspiegel  hebt  und  senkt  sich  mit  Fluth  und  Ebbe.  Nach 
mehreren  Wochen  Aufenthaltes  darin  sollen  die  Fische  ihre 
Giftigkeit  verloren  haben.  Gerade  diese  Tümpel  aber  enthalten 
eine  Unmenge  verwesender  und  sich  zersetzender  organischer 
Substanzen. 

Weiterhin  sind  aber  auch  die  Angaben  der  einzelnen  erfahrenen 
eingeborenen  Fischer  über  die  Giftigkeit  einer  bestimmten  Fischart 
sehr  verschieden  und  oft  geradezu  widersprechend.  Die  Zahl  der 
Arten,  bei  denen  gleichmässig  von  allen  Seiten  behauptet  wird, 
dass  dieselben  giftig  seien,  stellt  sich  nach  den  von  mir  angestellten 
Nachfragen  als  eine  sehr  geringe  heraus.  Meist  wird  auf  Befragen 
der  erfahrensten  Leute  mit  der  stereotypen  Antwort:  J  djädje  (ich 
weiss  nicht)  die  Entscheidung  des  Einzelnen  getroffen;  ein  Anderer 
wieder  hält  den  Fisch  für  unbedingt  giftig,  während  der  Dritte  das 
Gegentheil  behauptet.  Schliesslich  wurde  die  Frage  in  vielen  von  mir 
beobachteten  Fällen  in  letzterem  Sinne  entschieden,  indem  der  Fisch 
mit  vereinten  Kräften  verzehrt  wurde,  und  zwar  ohne  dass  irgend¬ 
welche  Vergiftungserscheinungen  auftraten. 


Manchmal  sollen  sich  solche  Y ergiftungen  sogar  nach  dem  Ge¬ 
nuss  allgemein  als  unschädlich  bekannter  Fische,  wobei  bei  einem 
Fang  die  einen  Exemplare  derselben  Art  giftig,  die  anderen  harmlos 
sind,  einstellen;  ja,  es  sind  mir  sogar  Fälle  mitgetheilt  worden,  in 
denen  mehrere  Personen  von  einem  Fisch  gegessen  hatten,  von 
denen  einige  erkrankten,  die  anderen  nicht.  Hier  könnte  es  sich 
also  nur  um  einzelne  das  Gift  enthaltende  Organe,  wie  z.  B. 
die  Leber,  der  betreffenden  Fische  gehandelt  haben.  Schliesslich 
sollen  manche  Fischarten  nur  zeitweise  giftig  sein.  Doch  können 
die  Eingeborenen  über  den  Grund  dieser  Erscheinung  und  über  den 
genaueren  Zeitpunkt  derselben  keine  Angaben  machen. 

Es  sind  also  eine  Menge  Widersprüche  in  den  Angaben  und 
Thatsachen  in  Bezug  auf  diese  Eigenschaft  bestimmter  Fischarten 
vorhanden.  Offenbar  spielen  zunächst,  ausser  dem  oben  erwähnten 
kritiklosen  Schluss  „post  hoc,  ergo  propter  hoc“,  bei  den  Aussagen 
der  Eingeborenen  eine  Menge  alter  religiöser  Anschauungen  mit, 
die  jetzt,  wo  nur  noch  wenige  alte  Leute  von  dem  alten  Glauben 
etwas  wissen,  für  das  Gros  der  Bevölkerung  unverständlich  und 
ohne  Zusammenhang  sind.  In  den  vorhandenen  Sagen  spielen 
Fische,  die  von  einem  Geist  resp.  bösen  Wesen,  anidj  genannt, 
besetzt  sind,  eine  grosse  Rolle.  Solche  Fische  durften  natürlich 
nicht,  manchmal  nur  zu  bestimmten  Zeiten  oder  an  bestimmten 
Orten,  gegessen  werden,  ohne  dass  dieser  Frevel  von  den  schlimmsten 
Folgen  begleitet  sein  musste.  So  z.  B.  wird  eine  grosse  Aalart, 
die  in  verschiedenen  Varietäten  hier  zwischen  den  Korallenblöcken 
der  Werft  in  Jaluit  und  in  den  mit  Brackwasser  gefüllten  Tümpeln 
sehr  häufig  ist,  von  den  Eingeborenen  im  Allgemeinen  für  sehr 
giftig  gehalten.  Von  älteren  Leuten  weiss  ich  nun,  dass  dieser 
Fisch  einen  solchen  anidj  in  sich  birgt.  Hier  befindliche  Ein¬ 
geborene  der  Gilbertinseln  verspeisen  denselben  aber  mit  grösstem 
Wohlbehagen,  ebenso  ist  er,  da  er  sehr  wohlschmeckend  ist,  von 
den  hiesigen  Europäern  schon  verschiedene  Male  ohne  irgendwelche 
nachfolgende  Vergiftungssymptome  gegessen  worden.  In  gleicher 
Weise  hatte  ich  bei  vielen  anderen  von  den  hiesigen  Bewohnern 
für  sehr  giftig  gehaltenen  Fischen  durch  die  hier  sich  aufhaltenden 
Eingeborenen  anderer  Länder,  die  nichts  von  solchen  Eigenschaften 
der  Fische  wussten  und  sie  deshalb  ruhig  verzehrten,  Gelegenheit, 
die  Ungiftigkeit  dieser  Arten  zu  konstatiren. 

Andererseits  waren,  und  sind  zum  Tlieil  noch,  bestimmte  Fische 
(früher  bei  Todesstrafe)  dem  gemeinen  Mann  zu  essen  verboten; 
nur  die  höchsten  Häuptlinge  durften  dieselben  gemessen.  Das  Gi'os 
der  Bevölkerung  hatte  also  eine  sehr  natürliche  Furcht  vor  ihrem 


Genuss.  Auch  dieser  Umstand  mag  jetzt  bei  Angaben  über  Giftig¬ 
keit  von  Fischen  eine  Rolle  spielen. 

Was  nun  die  für  giftig  gehaltenen  Fische  selbst  betrifft,  so 
werden  als  solche  in  einzelnen  Lagunen  nur  sehr  wenige  oder  gar 
keine  angesehen,  in  anderen  wieder  giebt  es  deren,  wie  z.  B.  hier 
in  Jaluit,  eine  sehr  grosse  Menge.  In  Bezug  auf  ihre  zoologische 
Stellung  gehören  verhältnissmässig  viele  derselben  der  Klasse  der 
Stachelflosser  (Acanthopteri)  und  hier  besonders  den  Familien  der 
Percidae  und  Synammipinnes  und  weiterhin  der  Klasse  der  Edel¬ 
fische  (Physostomi)  an.  Doch  sind  auch  in  verschiedenen  der 
übrigen  Klassen  solche  Angehörige  vorhanden.  Diese  grosse  Zahl 
von  angeblich  giftigen  Fischarten  giebt  ebenfalls  schon  zu  Bedenken 
Anlass. 

Untersucht  man  nun  einen  solchen  Fisch,  so  weist  er  weder 
äusserlich  irgendwelche  besonderen  Merkmale  auf,  noch  bieten  Aus¬ 
sehen,  Geruch  oder  Geschmack  seines  Fleisches  Eigenthümlich- 
keiten  dar.  Auch  an  den  einzelnen  Organen,  z.  B.  an  der  Leber, 
lassen  sich  sichtbare  Veränderungen  nicht  konstatiren.  Ebensowenig 
konnte  ich  an  Fischen,  die  nur  zeitweise  oder  nur  an  bestimmten 
Stellen  für  giftig  gehalten  werden,  irgend  einen  Unterschied  gegen¬ 
über  unschädlichen  Exemplaren  der  gleichen  Art  feststellen.  Durch 
Kochen  und  Rösten  wird  das  Gift  nicht  beeinflusst. 

Es  erübrigt  nun  noch,  die  Vergiftungserscheinungen,  die  durch 
Genuss  von  Fischen  angeblich  vergiftete  Menschen  darbieten,  zu 
besprechen.  Meist  kamen  die  Eingeborenen  einfach  mit  der  An¬ 
gabe  zu  mir,  dass  sie  Fische  gegessen  hätten  und  dadurch  vergiftet 
seien.  Wurden  sie  näher  gefragt,  so  gaben  sie  an,  Kopfschmerzen, 
Uebelkeit,  manchmal  Diarrhoe,  Gefühl  von  Hitze,  zeitweise  auch 
kalte  Füsse  und  Hände,  verbunden  mit  Prickeln  oder  Abgestorben¬ 
sein  derselben,  zu  empfinden.  Letztere  Empfindung  wird  aber  über¬ 
haupt  von  Seiten  der  Eingeborenen  bei  den  verschiedensten  Krank¬ 
heiten  angegeben.  In  anderen  Fällen  wurde  über  Schwäche  der 
Gliedmaassen,  allgemeine  Körperschmerzen,  zweimal  auch  über 
Schwindelgefühl  und  Sehstörungen  ausser  den  vorgenannten  Sym¬ 
ptomen  geklagt.  Aber  auch  alle  möglichen  anderen  Leiden,  wie 
Zahnschmerzen,  Ohrensausen,  erhöhte  Körpertemperatur,  Schwanger¬ 
schaftsbeschwerden,  hysterische  Erscheinungen  u.  s.  w.  wurden  oft 
auf  den  Genuss  von  Fischen  zurückgeführt.  Die  objektive  Unter¬ 
suchung  ergab  in  allen  bis  jetzt  erwähnten  Fällen  nichts,  was 
unbedingt  für  eine  Vergiftung  gesprochen  hätte.  Auch  die  an¬ 
geführten  Sehstörungen  konnten  in  beiden  Fällen  objektiv  nicht 
nachgewiesen  werden.  Es  war  entweder  die  Diagnose  auf  akuten 
Magen-  und  Darmkatarrh  infolge  Ueberladung  des  Magens  mit 


167 


unglaublichen  Mengen  von  Fisckfleisch  (man  muss  nur  einmal  die 
Eingeborenen  essen  gesehen  haben!)  oder  auf  irgend  eine  andere 
Krankheit,  wie  z.  B.  auf  Muskel-  und  Gelenkrheumatismus,  zu  stellen. 

War  das  Erstere  der  Fall,  so  beseitigte  ein  stai-kes  Brechpulver 
und  mehrere  danach  gegebene  Löffel  Ricinusöl  sofort  alle  Er¬ 
scheinungen,  in  den  übrigen  Fällen  führten  die  dagegen  anzuwendenden 
Heilmittel  Besserung  herbei.  Verschiedene  Male  habe  ich  auch 
innerhalb  der  allerkürzesten  Zeit  durch  Verabreichung  vollständig 
indifferenter  Medikamente  eine  wunderbare  Heilung  gesehen! 

Wirkliche  Symptome  einer  Vergiftung  fanden  sich  dagegen  nur 
in  den  drei  schon  oben  angeführten  Fällen.  Bei  den  zwei  leichteren 
derselben  bestanden  die  subjektiven  Symptome  in  Uebelkeit,  heftigem 
Prickeln  und  lähmungsartiger  Schwäche  in  den  Extremitäten,  be¬ 
sonders  den  Beinen.  Der  Gang  war  schwankend  und  unsicher. 
Die  angegebenen  Erscheinungen,  ebenso  wie  eine  deutlich  aus¬ 
gesprochene  Akkommodationslähmuug  konnten  durch  die  objektive 
Untersuchung  bestätigt  werden;  auch  ergab  letztere  eine  Herab¬ 
setzung  der  Sensibilität  an  den  Enden  der  Gliedmaassen.  Der  Puls 
war  klein  und  schwach,  die  Athmung  etwas  oberflächlich,  das  Be¬ 
wusstsein  ganz  leicht  benommen.  Eine  starke  Gabe  von  Zineurn 
sulfuricum  als  Brechmittel  und  darauf  folgende  Abführmittel  be¬ 
seitigten  aber  auch  hier  innerhalb  einiger  Stunden  die  angeführten 
Symptome. 

Viel  schwerer  stellte  sich  der  dritte  Fall  dar.  Der  betreffende 
kräftige,  ungefähr  35  Jahre  alte  Eingeborene  hatte  mit  drei  anderen 
(zwei  Männern  und  einer  Frau)  ungefähr  drei  Stunden  vor  Inanspruch¬ 
nahme  meiner  Hülfe  von  einem  grossen  Fisch  gegessen.  Da  Alles 
verzehrt  war,  konnte  ich  leider  nicht  die  Art,  wenigstens  ungefähr, 
feststellen.  Während  die  drei  anderem  Personen  vollständig  wohl 
waren  und  auch  weiterhin  gesund  blieben,  bot  der  Erkrankte  bei 
meinem  Erscheinen  ein  sehr  ausgeprägtes  Symptomenbild  dar.  Zunächst 
klagte  er  über  die  bei  den  zwei  eben  besprochenen  Fällen  angegebenen 
Erscheinungen  in  erhöhtem  Grade.  Die  Sprache  war  lallend,  das 
Bewusstsein  erheblich  gestört,  das  Gesicht  leicht  cyanotisch,  die 
Pupillen  erweitert  und  nur  schwach  auf  Lichteinfall  reagirend. 
Der  Kranke  knickte,  Avenn  er  aufrecht  gestellt  Avurde  und, gehen 
sollte,  nach  einigen  hülflosen,  mit  starkem  Taumeln  verbundenen 
Versuchen  sofort  zusammen;  ebenso  konnten  sonstige  aktive  Be¬ 
wegungen  der  Beine  fast  garnickt  vorgenommen  Averden.  Auch 
die  oberen  Extremitäten  wiesen,  Avenn  auch  in  viel  geringerem 
Grade,  Beschränkungen  in  ihrer  Bewegungsfähigkeit  auf.  Die  Haut¬ 
sensibilität  der  Extremitäten  war  fast  ganz  erloschen,  Fussklonus 
und  Patellarreflex  waren  in  erhöhtem  Maasse,  später  nur  sehr  schwach, 


168 


nachweisbar.  Die  Körpertemperatur  war  etwas  unter  der  normalen 
(36,4  °  C.),  der  Puls  klein  und  fadenförmig,  die  Atkmung  oberflächlich 
und  etwas  beschleunigt. 

Trotzdem  durch  Greben  von  Zincum  sulfuricum  reichliches  Er¬ 
brechen  und  durch  Ricinusöl  reichlicher  Stuhlgang  erzeugt  wurde, 
nahmen  im  Laufe  der  nächsten  Stunden  die  Erscheinungen  derartig: 
zu,  dass  der  Patient  im  tiefsten  Koma  lag.  Das  Bewusstsein  erlosch 
vollständig,  die  Athmung  bot  das  Ckeyne-Stokes’sche  Phänomen  dar, 
bei  der  Auskultation  hörte  man  an  allen  Stellen  der  Lunge  starke 
Rasselgeräusche.  Der  Puls  wurde  kaum  fühlbar,  der  Herzschlag- 
ganz  unregelmässig.  Die  Cyanose  nahm  bedeutend  zu,  die  Ex¬ 
tremitäten  fühlten  sich  eiskalt  an  und  waren  vollständig  unempfind¬ 
lich.  Da  Gaben  von  Alkohol  und  andere  Excitantien,  weil  das 
Schlucken  im  höchsten  Grade  erschwert  war,  nicht  angenommen 
wurden,  Kampherinjektionen  keinen  Erfolg  zeigten  und  das  Ableben 
des  Patienten  baldigst  zu  erwarten  stand,  entschloss  ich  mich,  ver¬ 
suchsweise  Injektionen  von  Liquor  ammonii  caustici  (0,3  g  dreimal 
innerhalb  14/2  Stunden)  in  die  Magengegend  zu  machen.  Es  trat 
danach  (ob  als  Folge  des  Medikamentes)  innerhalb  ganz  kurzer 
Zeit  bei  dem  Patienten,  den  ich  schon  für  verloren  gegeben  hatte, 
eine  derartige  Besserung  ein,  dass  das  Bewustsein  wiederkehrte,  die 
Herzaktion  stärker,  der  Pulsschlag  kräftiger  wurde  und  die  Atkmung 
einen  regelmässigen  Charakter  annahm.  Am  nächsten  Morgen  konnte 
der  Patient  schon  wieder  deutlich  sprechen  und  etwas  zu  sich  nehmen, 
fühlte  sich  auch  subjektiv  bis  auf  ein  Gefühl  von  Abgestorbensein 
der  Extremitäten  und  allgemeine  Körperschwäche  wohl.  Dagegen 
war  das  Gehen  noch  vollständig  unmöglich.  Um  so  überraschender 
war  es,  als  der  Kranke  am  Abend  desselben  Tages  von  mir  wieder 
im  tiefsten  Koma  angetroffen  wurde  und  alle  Erscheinungen  vom 
vorhergehenden  Tage  darbot.  Doch  hatten  auch  diesmal,  da  ich 
von  Brech-  und  Abführmitteln  bei  der  Unmöglichkeit,  ihm  dieselben 
beizubringen,  Abstand  nehmen  musste,  zwei  gleich  starke  Injektionen 
wie  vorher,  von  Liquor  ammonii  caustici  sehr  raschen  Erfolg.  Alle 
krankhaften  Erscheinungen  verloren  sich  in  den  nächsten  Tagen, 
doch  war  der  Patient  erst  nach  vier  Tagen  im  Stande,  am  Stocke 
zu  gehen.  Im  Laufe  einer  Woche  trat  vollständige  Wieder¬ 
herstellung  ein. 

Dieser  vorliegende  Fall  kann  wohl  kaum  anders  als  eine  Ver¬ 
giftung  und  zwar  mit  einem  sehr  energisch  und  verhältnissmässig 
rasch  wirkenden  Gift  gedeutet  werden.  In  vieler  Hinsicht  stimmen 
seine  Wirkungen  mit  den  Erscheinungen,  die  nach  dem  Genuss 
giftiger,  an  bestimmten  Lokalitäten  lebender  Miesmuscheln  beschrieben 
worden  sind,  überein.  Aber  auch  mit  den  Erkrankungen,  die  durch 


169 


Genuss  verdorbenen  Fleisches  entstehen  können,  linden  sich  in 
einigen  Punkten  gewisse  Aehnlichkeiten.  Es  handelt  sich  in  dem 
vorliegenden  Falle  um  ein  sehr  stark  wirkendes  Nervengift,  das 
zuerst  die  peripheren  sensiblen  und  motorischen  Nerven,  besonders 
der  unteren  Extremitäten,  zu  beeinflussen  scheint,  um  bei  stärkerer 
Einwirkung  auch  die  Thätigkeit  von  Herz  und  Lungen  zu  hemmen. 
Da  in  dem  letzten  ausführlicher  beschriebenen  Falle  von  vier 
Personen,  die  sich  am  Verspeisen  eines  Fisches  betheiligt  hatten, 
drei  ganz  gesund  blieben,  kann  die  Vergiftung  nur  durch  den  Ge¬ 
nuss  eines  bestimmten,  das  Gift  enthaltenden  Organes  stattgefunden 
haben.  Denn  es  ist  bei  so  hochgradigen  Erscheinungen  nicht  denkbar, 
dass  der  betreffende  Mann  besonders  für  die  Wirkung  eines  solchen 
Giftes  disponirt  war.  Um  was  für  ein  Organ  es  sich  gehandelt 
hatte,  konnte  leider  nicht  festgestellt  werden,  ln  einem  anderen 
Falle,  der  allerdings  nur  die  Symptome  einer  Magenüberladung 
darbot,  behauptete  der  sich  für  vergiftet  haltende  Eingeborene, 
durch  den  Genuss  der  Leber  erkrankt  zu  sein. 

Es  fragt  sich  nun,  ob  diese  Eigenschaft  von  Fischen,  vom 
Magen  aus  Vergiftungserscheinungen  hervorzurufen,  den  Fischen 
schon  im  lebenden  Zustande  anhaftet  oder  ob  dieselbe  erst  einige 
Zeit  nach  dem  Tode  durch  Zersetzungsvorgänge,  die  eventuell  nur 
in  einzelnen  Organen  stattfinden,  entsteht.  Ich  bin  sehr  geneigt, 
die  Frage  in  letzterem  Sinne  zu  beantworten.  Vor  meiner  Ankunft 
hier  ist  z.  B.  ein  Fall  vorgekommen,  dass  von  zu  gleicher  Zeit  ge¬ 
fangenen  Fischen  einer  Art  kurz  nach  dem  Fange  von  mehreren 
Personen  (Weissen)  gegessen  wurde,  die  sämmtlich  gesund  blieben, 
dass  aber  am  anderen  Morgen  Personen,  die  die  übriggebliebenen 
Fische  sich  zubereiten  liessen,  sämmtlich  an  ähnlichen  wie  den  be¬ 
schriebenen  Erscheinungen  erkrankten.  Dass  das  Fleisch  oder  be¬ 
stimmte  Organe  gewisser  Fischarten  die  Eigenschaft  haben,  sehr 
schnell  unter  dem  Einfluss  der  hohen  Lufttemperatur  giftige  Zer¬ 
setzungsprodukte  zu  bilden,  wird  ausserdem  durch  die  Zubereitungs¬ 
weise  der  Eingeborenen,  die  bei  Fischen  angewendet  wird,  sehr  be¬ 
günstigt.  Die  Fische  werden,  oft  nachdem  sie  einen  Tag  und  länger 
im  glühendsten  Sonnenbrand  gelegen  haben,  mit  allem  Darm¬ 
inhalt  auf  heissen  Steinen  gebraten  und  dann  meist  mit  Stumpf 
und  Stiel  aufgegessen. 

Thiere  scheinen  dem  Gift  gegenüber  sehr  empfänglich  zu  sein. 
Zweimal  habe  ich  Katzen  gesehen,  die  nach  dem  Fressen  von  Fischen, 
wie  ich  mich  an  dem  Mageninhalt  überzeugen  konnte,  gestorben 
waren.  In  einigen  anderen  Fällen  liefen  Hunde  und  Katzen  mehrere 
Wochen  mit  einer  anhaltenden  lähmungsartigen  Schwäche  der 
hinteren  Extremitäten  herum,  von  denen  mir  gesagt  wurde,,  sie 


170 


seien  fischvergiftet  gewesen.  Wie  weit  hier  andere  Dinge  mit¬ 
gespielt  hatten,  konnte  ich  nicht  konstatiren. 

Falls  die  Beobachtung  richtig  war,  werden  auch  diese  Thiere 
nur  mehr  oder  weniger  zersetzte  Abfälle  zu  sich  genommen  haben. 

Leider  war  es  mir  nicht  möglich,  Thierexperimente  anzustellen, 
ebenso  konnte  ich  nicht  aus  Mangel  an  darauf  bezüglichen  Büchern 
die  für  giftig  geltenden  Fischarten  näher  bestimmen.  Es  bietet  sich 
hier  aber  ein  lohnender  Gegenstand  wissenschaftlicher  Thätigkeit. 
Durch  das  ausführlichere  Eingehen  auf  denselben  wollte  ich  erstens 
die  Anregung  zu  weiteren  Forschungen  geben,  andererseits  aber  auch 
darthun,  dass  die  Angaben  von  Eingeborenen  und  auch  von  Weissen 
und  das  wird  nicht  nur  hier  der  Fall  sein  —  in  Bezug  auf  solche 
Dinge,  wie  überhaupt  alle  naturwissenschaftlichen  Erscheinungen, 
meistens  sehr  ungenau  und  übertrieben  sind  und  nur  mit  vorsichtiger 
Kritik  als  den  tliatsächlichen  Verhältnissen  entsprechend  angesehen 
werden  dürfen. 

Dies  gilt  in  Bezug  auf  den  vorliegenden  Gegenstand  in  gleicher 
Weise  auch  von  den  Verletzungen,  die  durch  Fischbisse  oder  durch 
Flossenstacheln  hervorgebracht  werden  und  Vergiftungserscheinungen 
im  Gefolge  haben  sollen.  Die  betreffenden  verletzten  Glieder  sollen 
ganz  rapid  anschwellen,  zugleich  soll  sich  Bewusstlosigkeit  ein¬ 
stellen  und  in  schweren  Fällen  selbst  der  Tod  ein  treten.  Ich  habe, 
obgleich  gerade  deshalb  eine  grosse  Menge  von  Eingeborenen  zu 
mir  gelaufen  kam.  keinen  Fall  gesehen,  der  etwas  Derartiges  dar¬ 
geboten  hätte.  Allerdings  waren  oft,  besonders  wenn  die  gezackten 
Stacheln  in  der  Wunde  stecken  geblieben  waren,  Schwellungen  der 
Umgebung  oder  auch  leichte  Lymphgefässentziindungen  zu  bemerken, 
ja  es  kam  selbst  zur  Bildung  eines  Abscesses:  das  sind  aber  Dinge, 
die  eben  auch  nach  jeder  anderen  Verletzung,  wie  durch  Holz¬ 
splitter,  Nägel  u.  s.  w.  Vorkommen  können.  Oft  konnte  dabei  die 
Verletzung  nicht  einmal  bestimmt  auf  einen  Fisch  zurückgeführt 
werden.  Durch  Zufall  habe  ich  mich  selbst  einmal  mit  dem  angeb¬ 
lich  giftigen  Stachel  eines  Fisches,  der  mir  zur  Demonstration  ge¬ 
bracht  wurde,  am  Handballen  derartig  verletzt,  dass  ein  grosses 
Stück  des  Stachels  in  der  Wunde  stecken  blieb.  Obgleich  ich 
nichts  weiter  that,  als  dieses  Stück  zu  entfernen,  traten  irgend¬ 
welche  weiteren  Folgen  nicht  auf.  Uebrigens  behaupten  die  Ein¬ 
geborenen  auch,  dass  nicht  allein  Fischstachel,  sondern  auch  die 
Stachel  der  verschiedensten  Seeigel,  die  allerdings  besonders  leicht 
abbrechen  und  aus  einer  Wunde  schwer  zu  entfernen  sind,  diese 
Eigenschaft  besässen. 

Wie  schon  erwähnt  wurde,  sollen  früher  sogar  Todesfälle  nach 
solchen  Verletzungen  vorgekommen  sein;  während  meiner  Anwesen- 


171 


heit  habe  ich  weder  einen  Todesfall  gesehen,  noch  von  einem 
solchen  gehört.  Es  ist  aber  garnicht  ausgeschlossen,  dass  eine 
durch  eine  derartige  Verletzung  hervorgerufene  Wunde  entweder 
•durch  an  dem  betreffenden  Stachel  u.  s.  w.  selbst  haftende  oder 
nachträglich  eingebrachte  Mikroorganismen  infizirt  werden  und  eine 
allgemeine  Septicämie  mit  letalem  Ausgang  zur  Folge  haben  kann. 

Die  bei  derartigen  Verletzungen  anzuwendenden  therapeutischen 
Maassnahmen  ergeben  sich  aus  dem  Vorangehenden  von  selbst; 
ebenso  sind  die  Heilmittel  für  die  durch  Genuss  von  Fischen  hervor¬ 
gerufenen  Vergiftungen  schon  oben  bei  den  einzelnen  Fällen  be¬ 
sprochen  worden. 


Bericht  von  Regierungsarzt  Ür.  Schwabe  über  die  Gesundheits- 
verhältnisse  der  Marshall -Inseln. 

Der  Gesundheitszustand  der  weissen  Bewohner  von  Jaluit  in 
der  Zeit  vom  21.  August  bis  31.  Dezember  1894  war  im  Ganzen  ein 
guter.  Krankheiten,  die  zum  tropischen  Klima  in  enger  Beziehung 
stehen,  sind  unter  ihnen  nicht  beobachtet  worden.  Es  sollen  früher 
wiederholt  bei  Weissen,  die  sich  erst  kurze  Zeit  im  hiesigen  Schutz¬ 
gebiete  befanden,  Fieberanfälle  von  kurzer  Dauer  ohne  nachweisbare 
Ursachen  und  ohne  nachtheilige  Folgen  aufgetreten  sein.  Bei  den 
Europäern,  welche  in  diesem  Jahr  nach  Jaluit  gekommen  sind,  wm'de 
dergleichen  nicht  beobachtet.  Nach  dem,  was  ich  bisher  gesehen, 
halte  ich  das  hiesige  Klima  für  ein  verhältnissmässig  gesundes. 
Es  giebt  Deutsche,  welche  seit  langen  Jahren  —  der  eine  seit  23, 
der  andere  seit  17  Jahren  —  ohne  oder  fast  ohne  Unterbrechung 
hier  leben  und  an  ihrer  Gesundheit  keinen  Schaden  gelitten  haben. 
Bei  der  Akkliinatisirung  machen  sich  manche  Beschwerden  geltend, 
die  später  grösstentheils  verschwinden.  Herz  und  Nieren  werden 
stark  in  Anspruch  genommen.  Der  Harn  ist  sehr  konzentrirt,  der 
Schweiss  scheint  es  ebenfalls  zu  sein;  wenigstens  lässt  das  heissende 
Gefühl,  welches  er  auf  der  macerirt.en  Haut  verursacht,  auf  einen 
starken  Säuregehalt  schliessen.  Manche  subjektive  Empfindung 
deutet  auf  erschwerte  IJerzthätigkeit.  Nicht  selten  tritt  leichtes 
Oedem  der  Beine  auf.  Nikotin  wirkt  so  schädlich,  dass  man  gut 
thut,  das  Rauchen  sehr  einzuschränken.  Am  unangenehmsten  ist 
wohl  die  Nervosität  und  Schlaflosigkeit,  unter  der  sensible  Personen 
zu  leiden  haben.  Es  wäre  begreiflich,  wenn  diese,  verbunden  mit 
dem  tödtlichen  Einerlei  des  Lebens  in  Jaluit,  solchen  Naturen 


schliesslich  Schaden  an  ihrer  Gesundheit  brächten.  Die  sein-  gleich- 
massige,  verhältnissmässig  hohe  Temperatur,  welche  hier  herrscht, 
wird  durch  die  fast  immer  in  grösserer  oder  geringerer  Intensität 
wehende  Brise  erträglich  gemacht.  Diesen  guten  Einfluss  kompensirt 
allerdings  zum  Theil  der  hohe  Feuchtigkeitsgehalt  der  Luft.  Die 
Abkühlung  durch  die  zahlreichen,  heftigen  Niederschläge  pflegt  nur 
von  kurzer  Dauer  zu  sein.  Die  Wirkung  der  Seebrise,  welche  fast 
immer  aus  östlichen  Richtungen  weht,  macht  sich  trotz  der  Schmal¬ 
heit  der  Insel  Jabwor  auf  der  Lagunenseite,  an  der  fast  alle  Ge¬ 
bäude  liegen,  wenig  bemerkbar. 

Von  Krankheiten,  welche  in  ihrem  Auftreten  einen  epidemischen 
Charakter  zeigten,  ist  erstens  ein  fieberhafter  Katarrh  der  Respi¬ 
rationsorgane  zu  nennen,  der  bei  einem  Theil  der  Erkrankten  mit 
heftigen  Kopf-  und  Gliederschmerzen  verbunden  auftrat  und  vielleicht 
als  Influenza  angesprochen  werden  konnte.  Die  Krankheit  verlief 
durchaus  leicht  und  rasch.  Da  sie  sich  anscheinend  erst  nach  Ein¬ 
treffen  des  amerikanischen  Missionsschiffes  „Morning  Star“  von 
Kusaie  im  hiesigen  Hafen  ausbreitete,  lag  der  Gedanke  nahe,  dass 
dieses  die  Krankheit  eingeschleppt  habe.  Doch  war  bei  der  ärzt¬ 
lichen  Kontrole  kein  Kranker  an  Bord  angetroffen  worden. 

Unter  den  Eingeborenen  trat  ein  Bindehautkatarrh  auf,  in 
geringer  Ausdehnung  zwar,  aber  bei  den  davon  Befallenen  ziemlich 
gleichzeitig,  so  dass  man  eine  Kontagiosität  desselben  annehmen 
musste.  Komplikationen,  wie  Entzündungen  der  Hornhaut  und 
Regenbogenhaut,  wurden  nicht  gesehen. 

Zu  Zeiten  reichlicher  Niederschläge  verbunden  mit  kühleren 
Nächten  kamen  gewöhnlich  eine  Anzahl  akuter  Darmkatarrhe  zur 
Behandlung,  ausschliesslich  bei  Eingeborenen.  Durch  mässige  Opium¬ 
gaben  wurde  stets  rasche  Heilung  erzielt. 

Schon  früher  sollen  sporadisch  Brechdurchfälle  in  Jaluit  beobachtet 
worden  sein.  Anfang  Dezember  traten  dieselben  in  grösserer  Anzahl 
gleichzeitig  auf.  Die  Kinder  der  Europäer  erkrankten  grösstentheils, 
von  den  Erwachsenen  nur  einer  und  sehr  leicht.  Dagegen  stellten 
die  Eingeborenen  ein  grösseres  Kontingent.  Die  von  der  Krankheit 
Befallenen  lebten  unter  den  verschiedensten  äusseren  Bedingungen. 
Da  man  für  einen  epidemisch  auftretenden  Brechdurchfall  eine 
Infektion  als  Ursache  annehmen  muss  und  nach  Angabe  eines  Ein¬ 
geborenenmissionars  die  Krankheit  gleichzeitig  auf  anderen  Inseln 
des  Jaluit- Atolls  grassirte,  dürfte  der  bereits  vorhandene  Infektions¬ 
stoff  unter  günstigen  klimatischen  Bedingungen  wirksam  geworden 
sein.  Auffallend  war  zu  jener  Zeit  der  niedrige  Barometerstand. 
In  der  Nacht  zum  8.  Dezember  trat  böiges  Wetter  mit  starken 
Regengüssen,  95  mm  in  24  Stunden,  ein,  und  das  Barometer  stieg, 


173 


um  dauernd  hoch  zu  bleiben.  Es  war  auffallend,  wie  rasch  sich 
eine  Anzahl  der  Kranken  im  Laufes  dieses  Tages  erholte.  Neue 
Erkrankungen  blieben  aus. 

Von  chronischen  Infektionskrankheiten  sind  Tuberkulose  und 
Syphilis  zu  nennen.  Die  Tuberkulose  kam  in  Form  von  Lungen¬ 
schwindsucht  zweimal  zur  Behandlung.  Der  erste  Pall  betraf  einen 
Eingeborenen,  der  sich  in  weit  vorgeschrittenem  Krankheitsstadium 
befand.  Seine  Schwester  ist  an  Lungenschwindsucht  gestorben.  Sie 
lebte  bei  einem  Europäer,  der  sich  noch  hier  befindet  und  selbst 
kräftig  und  gesund  ist.  Der  zweite  Pall  betraf  einen  Händler,  der 
seit  seinem  zwölften  Lebensjahre  im  Schutzgebiete  wohnt.  Ferner 
befindet  sich  ein  Angestellter  der  Jaluit- Gesellschaft  wegen  Lungen¬ 
spitzenkatarrhs  in  meiner  Behandlung.  Unstreitig  übt  auf  derartige 
Lungenerkrankungen  das  Klima  von  Jaluit  einen  ungünstigen  Ein¬ 
fluss  aus.  Der  letztgenannte  Kranke  unternahm  seiner  Gesundheit 
wegen  eine  Seereise  von  mehreren  Wochen  und  hat  sich  dabei  be¬ 
deutend  erholt.  Er  nahm  15  Pfund  zu.  Nach  seiner  Angabe  fühlte 
er  sich  auf  Inseln  mit  trockener  Witterung  bedeutend  wohler  und 
empfindet  jetzt  wieder  sehr  den  nachtheiligen  Einfluss  des  hiesigen 
feuchten  Klimas.  In  wenigen  Tagen  verlor  er  vier  Pfund  an 
Körpergewicht. 

Das  weitaus  grösste  Kontingent  für  ärztliche  Thätigkeit  stellten 
die  Geschlechtskranken  und  von  diesen  speziell  die  Syphilitischen. 
Tripper  mit  seinen  Komplikationen  und  Folgen,  Hodenentzündung, 
Blasenkatarrh  und  Strikturen,  kam  häufig  zur  Behandlung.  Merk¬ 
würdig  ist  die  Indolenz,  mit  der  schmerzhafte  Hodenentzündungen 
von  den  Eingeborenen  ertragen  werden.  Bei  einem  jungen  Mädchen 
fand  ich  neben  Tripper  der  Genitalien  einen  solchen  des  Mastdarms 
mit  Ulcerationen  der  prolabirten  Schleimhaut.  Ulcus  rnolle,  weicher 
Schanker,  in  reiner  Form  wurde  nie  gesehen;  es  handelte  sich  dann 
stets  um  eine  Mischinfektion  mit  syphilitischem  Virus.  Nicht  selten 
kommen  Schanker  zur  Behandlung,  welche  infolge  alter,  latenter 
Syphilis  induriren  und  nur  durch  antiluetische  Mittel  geheilt  werden 
können.  Die  Zahl  der  mit  Syphilis  infizirten  Personen  ist  auf 
50  Prozent  der  Bevölkerung  geschätzt  worden.  Eher  ist  diese  Zahl 
zu  niedrig  als  zu  hoch  gegriffen.  Der  Zulauf  von  syphilitisch 
Kranken  war  anfangs  ein  sehr  grosser.  Bei  der  weitaus  grössten 
Zahl  handelte  es  sich  um  tertiäre  Erscheinungen.  Das  Nomaden¬ 
leben  und  das  geringe  Verständniss  der  Eingeborenen  für  die  Natur 
ihrer  Krankheit  und  die  Mittel  zu  ihrer  Heilung  bringen  es  mit 
sich,  dass  frische  Syphilisfälle  nie  oder  fast  nie  einer  gründlichen 
Kur,  die  zur  Heilung  führt,  unterzogen  werden.  Es  werden  so  und 
so  viele  Einreibungen  mit  Quecksilbersalbe  gemacht;  die  Krankheits- 

Mitth.  von  Forschungsreisenden,  VIII.  Band.  U.  12 


174 


erscheinungen  verschwinden,  und  die  Eingeborenen,  welche  sich  für 
geheilt  halten,  verschwinden  ebenfalls.  Die  Folgen  bleiben  nicht 
aus.  Wenn  Häuptlinge  nach  längerer  Rundreise  mit  ihren  Schiffen 
zurückkehren,  führen  sie  dem  Arzt  gewöhnlich  eine  stattliche  Anzahl 
von  Kranken  mit  ausgedehnten  Zerstörungen  der  Haut,  der  Knochen 
u.  s.  w.  vor.  Mitunter  kommen  verzweifelte  Fälle  mit  vorgeschrittener 
Kachexie  und  schwerer  Erkrankung  innerer  Organe  zur  Behandlung. 
Die  Organe,  welche  durch  Syphilis  am  häufigsten  mitgenommen 
wurden,  waren  die  Haut  und  die  Knochen  mit  ihren  Gelenkverbin¬ 
dungen.  Nichts  Seltenes  ist  der  Anblick  von  Leuten,  denen  die 
Syphilis  auf  dem  Gesicht  geschrieben  steht,  durch  ausgedehnte 
Narben  mit  Verziehung  der  Lippen,  Ektropium  der  Augenlider  und 
völliger  Zerstörung  der  Nase.  Nächst  dem  Gesicht  sind  es  die 
Unterschenkel,  welche  die  meisten  Zerstörungen  aufweisen.  Ge¬ 
schwüre.  welche  die  ganze  Vorderfläche  vom  Knie  bis  zum  Fuss 
bedecken,  sind  häufig.  Darüber  werden  ohne  weiteren  Schutz  die 
Hosen  gezogen,  und  man  ahnt  oft  nicht,  was  für  Dinge  sich  bei 
einem  gleichmüthig  dreinschauenden  Marshallinsulaner  unter  der 
Kleidung  verstecken.  Geradezu  abenteuerlich  sind  die  Gelenk¬ 
deformationen,  welche  durch  Syphilis  veranlasst  sind;  Hyperextension 
der  Glieder,  mit  Flexion  wechselnd  und  verbunden  mit  Pro-  und 
Supination,  bringt  an  Händen  und  Füssen  so  komplizirte  Stellungen 
zu  Stande,  wie  sie  eben  nur  durch  ungestört  verlaufende  Krankheits¬ 
prozesse  geschaffen  werden  können.  Es  wurden  mehrfach  Erkran¬ 
kungen  der  Knie-,  Ellenbogen-  und  Schultei'gelenke  in  der  tertiären 
Periode  beobachtet,  dagegen  bis  jetzt  noch  keine  des  von  der 
Syphilis  sonst  bevorzugten  Sterno-Claviculargelenks.  Erkrankungen 
des  Kehlkopfes  sind  ebenfalls  häufig.  Ozaena  syphilitica  wurde  nur 
einmal  gesehen.  Von  Erkrankungen  des  Auges  sind  Entzündungen 
der  Iris  und  der  Hornhaut  oft  zur  Behandlung  gekommen.  Einmal 
wurde  fast  völlige  Taubheit  infolge  von  Syphilis  gefunden. 

Erkrankungen  des  Nervensystems  scheinen  selten  zu  sein. 
Einige  Neuralgien  konnten  auf  obengenannte  Affektion  zurück¬ 
geführt  werden;  eine  solche  des  Trigeminus  und  mehrere  im  Bereiche 
der  grossen  Armnerven.  Ein  Kranker,  der  sich  zur  Zeit  wegen 
Syphilis  in  meiner  Behandlung  befindet,  scheint  an  epileptiformen 
Anfällen  zu  leiden.  Sie  wurden  von  mir  selbst  nicht  gesehen,  doch 
lässt  die  Beschreibung,  welche  seine  Umgebung  davon  machte, 
kaum  einen  Zweifel  zu.  Dabei  sind  keine  Lähmungserscheinungen 
vorhanden;  doch  scheint,  soweit  sich  das  bei  mangelhafter  Ver¬ 
ständigung  infolge  sprachlicher  Schwierigkeiten  konstatiren  liess, 
die  Intelligenz  des  Kranken  gelitten  zu  haben.  Ausserdem  war  eine 
Herzaffektion  im  Entstehen  begriffen.  Durch  Erzählungen  habe  ich 


175 


den  Eindruck  gewonnen,  als  ob  auch  sonst  schon  epileptiforme 
Krämpfe  bei  Eingeborenen  mehrfach  vorgekommen  seien.  Es  ist 
nur  die  Frage,  ob  es  sich  dabei  um  Syphilis  oder  um  genuine 
Epilepsie  handelte.  Tabes  dorsalis  habe  ich  nicht  beobachtet,  doch 
einmal  einen  Eingeborenen  gesehen,  welcher  den  bekannten  Hahnen¬ 
tritt  der  Tabiker  hatte.  Er  kam  mir  nicht  wieder  zu  Gesicht. 
Eines  will  ich  noch  erwähnen,  dass  sämmtliche  fibromartigen  Ge¬ 
schwülste  der  Schamlippen,  die  ich  bisher  gesehen,  sich  bei  Frauen 
mit  tertiärer  Syphilis  fanden. 

Der  Häufigkeit  der  Syphilis  bei  Erwachsenen  sowie  ihrer  aus 
oben  erwähnten  Gründen  mangelhaften  Behandlung  entspricht  die 
Zahl  der  hereditär  syphilitischen  Kinder  und  der  Aborte.  Dass  die 
Bevölkerung  durch  die  verheerende  Krankheit  an  körperlichen  und 
wohl  auch  geistigen  Qualitäten  zurückgegangen  ist,  ist  mir  sehr 
wahx-scheinlich.  Die  Männer  sind  im  Ganzen  noch  kräftiger,  aber 
unter  den  Frauen  sind  auffallend  viele  schwächliche  Individuen. 
Statistische  Erhebungen  über  das  Verliältniss  der  Geburten  zu  den 
Todesfällen  zu  machen,  dürfte  auf  unüberwindliche  Schwierigkeiten 
stossen;  ist  ja  die  Einwohnerzahl  der  Marshallgruppe  immer  noch 
nicht  sicher  zu  eruiren  gewesen. 

Um  eine  wirkliche  Besserung  der  Gesundheit  unter  den  Ein¬ 
geborenen  zu  erzielen,  bedürfte  es  eingreifender  Maassregeln,  unter 
die  ich  in  erster  Linie  Hospitalbehandlung  rechne.  Diese  Einrich¬ 
tung  würde  aber  bei  den  hiesigen  Verhältnissen  auf  erhebliche 
Schwierigkeiten  stossen. 


12* 


Der  tägliche  Gang  des  Barometers  zu  Jaluit. 

Yon  Dr.  Willi.  Tr  aber  t. 

In  Heft  4  vom  Band  YII  (1894)  der  „Mittheilnngen  aus  den 
deutschen  Schutzgebieten“  ist  eine  sehr  interessante  Schilderung  des 
Klimas  von  Jaluit  nach  Br.  Steinbach  enthalten. 

Es  ist  gewiss  von  höchstem  Interesse,  von  einer  solchen  mitten 
im  Ocean  gelegenen  kleinen  Koralleninsel  auch  eine  längere  Reihe 
stündlicher  Barometeraufzeichnungen  einer  kurzen  Diskussion  zu 
unterwerfen,  ln  Betreff  der  Lage  und  Einrichtung  der  Station  beim 
Orte  Jabwor  (unter  169°40'  östl.  L.  und  5°  55' 29"  nördl.  Br.)  mag 
auf  den  eingangs  erwähnten  Artikel  verwiesen  werden. 

Es  ist  in  diesem  letzteren  auch  schon  der  tägliche  Gang  der 
meteorologischen  Elemente  nach  26  je  24 stündlichen  Termin¬ 
beobachtungen  mitgetheilt  worden,  und  eine  vorläufige  Berechnung 
der  stündlichen  Barometeraufzeichnungen  von  20  Tagen  durch  Herrn 
Hofrath  Hann  ergab,  dass  der  tägliche  Gang  des  Luftdruckes  auf 
Jaluit  recht  gut  mit  den  Beobachtungen  auf  offener  See  in  diesen 
Breiten  (Novara-  und  Challenger -Expedition)  übereinstimme.  Der 
tägliche  Gang  liess  sich  (von  Mitternacht  an  gezählt)  durch  die 
Gleichung  darstellen : 

0.270  sin  (4° .7  +  x)  -f  0.823  sin  (157°.3  +  2  x) 

Es  liegen  nunmehr  von  einem  vollen  Jahre  (1894)  Aufzeichnungen 
eines  von  der  Direktion  der  deutschen  Seewarte  in  Hamburg  gütigst 
zur  Verfügung  gestellten  Richard  sehen  Barographen  vor,  die  da¬ 
durch  noch  bedeutend  an  Interesse  gewinnen,  dass  dieser  Apparat 
in  vorzüglicher  Weise  besorgt  wurde  und  tadellos  funktionirte. 

Nach  Mittheilungen  von  Herrn  Dr.  Steinbach  wurde  der 
Barograph  jeden  Montag  Mittag  um  12  Uhr  mittlere  Jaluitzeit  nach 
dem  bereits  reduzirten,  am  Quecksilberbarometer  abgelesenen  Luft¬ 
drucke  eingestellt.  Die  Zeitmarken  wurden  regelmässig  gemacht 
und  geben  Zeugniss  dafür,  dass  die  Uhr  sehr  gut  regulirt  war. 
Ihr  Voreilen  oder  Zurückbleiben  ist  auf  jedem  Streifen  angegeben 
und  betrug  fast  stets  nur  wenige  Minuten.  Nur  im  Oktober  war 
der  Gang  der  Uhr  imregelmässiger.  Die  Barometerkorrektion 
-f-  0.4  mm  gegen  das  Hamburger  Normalbarometer  wurde  dagegen 
nicht  angebracht,  da  sie  Herrn  Dr.  Steinbach  unbekannt  war. 


177 


In  Tabelle  I  sind  die  Monatsmittel  des  Luftdruckes  nach  den 
Aufschreibungen  des  Barographen  für  die  einzelnen  Stunden  rnit- 
getheilt.  Tabelle  II  giebt  die  Abweichungen  vom  Monatsmittel. 
Besonders  die  letztere  Tabelle  illustrirt  deutlich  die  grosse  Regel¬ 
mässigkeit  des  täglichen  Ganges.  Jeder  einzelne  Tag  lässt  übrigens 
bereits  das  doppelte  Maximum  und  Minimum  erkennen,  so  dass  die 
Aufzeichnungen  des  Barographen  auf  manchen  der  achttägigen 
Streifen  fast  ideale  Doppelwellen  darstellen. 

Interessant  ist  es  übrigens,  dass  die  Regenböen  nicht  ohne 
Einfluss  auf  das  Barometer  bleiben.  Sie  vermögen  zwar  den 
Charakter  der  Doppelwelle  nicht  zu  alteriren,  aber  es  zeigt  sich 
doch  eine  zitternde  Bewegung  der  Kurve.  Es  kommen  kleine 
Schwankungen  um  die  normale  Lage  vor,  die  wohl  bis  fast  auf 
1  mm  ansteigen  können. 

Noch  klarer  geht  natürlich  die  Regelmässigkeit  des  Ganges 
aus  den  Konstanten  der  Besselsclien  Formel  hervor,  die  im  Fol¬ 
genden  mitgetheilt  werden  sollen.  Die  Bedeutung  der  Konstanten 
geht  aus  der  Gleichung 


ai  sin 

(Ai 

+  : 

0  +  a2 

sin  (A 

2  +  2  x) 

Die  Zeit  ist 

von 

Mitternacht  an  gezäldt. 

A 

1 

A 

2 

ai 

a2 

Januar  . 

19° 

29' 

164c 

6' 

0.285 

0.808 

Februar  . 

19 

35 

159 

12 

0.429 

0.850 

März  .  .  . 

22 

5 

163 

27 

0.378 

0.897 

April  .  .  . 

27 

28 

165 

14 

0.376 

0.906 

Mai  .  .  . 

15 

2 

164 

53 

0.277 

0.866 

Juni  .  .  . 

28 

19 

164 

43 

0.306 

0.778 

Juli  .  .  . 

18 

37 

157 

7 

0.258 

0.765 

August  .  . 

26 

31 

161 

53 

0.249 

0.751 

September  . 

22 

27 

166 

19 

0.311 

0.875 

Oktober 

33 

56 

(168 

0)*) 

0.498 

0.873 

November  . 

33 

43 

169 

4 

0.398 

0.895 

Dezember  . 

30 

39 

166 

17 

0.343 

0.887 

Jahr 

24° 

2' 

165c 

34' 

0.341 

0.835 

Der  Eintritt  des  Maximums  der  einfachen  Welle  fällt  im  Mittel 
auf  etwa  4V2  Uhr  a.m.,  jener  des  Maximums  der  doppelten  Welle  auf 
etwa  3V2  a.m.  und  p.m.  Diese  letztere  Eintrittszeit  fällt  etwas  früh. 
Der  ihr  entsprechende  Winkel  (A2  —  165°  34')  ist  eben  grösser, 
als  man  erwarten  sollte;  normal  wäre  ein  Winkel  von  etwa  160°. 
Besonders  gross  ist  die  Abweichung  im  Oktober.  Der  sich  durch 
die  Rechnung  ergebende  Werth  179°  48'  ist  viel  zu  gross,  er  findet 


*)  Die  direkte  Rechnung  ergab  179°  48'. 


178 


wohl  in  dem  schon  erwähnten  unregelmässigen  Uhrgang  in  jenem 
Monat  seine  Erklärung,  und  es  wurde  deshalb  in  der  vorangehenden 
Tabelle  für  ihn  ein  Werth  von  168°  interpolirt. 

Der  Gang  der  Amplitude  des  zweiten  Gliedes  ist  vollkommen 
normal,  zwei  Maxima  im  April  und  Oktober.  Auch  die  Grösse  der 
Amplitude  des  zweiten  Gliedes  ist  normal,  jene  des  ersten  Gliedes 
etwas  gross.  Die  Schiffsbeobachtungen,  die  allerdings  kaum  sehr 
verlässlich  sind,  ergeben  als  Werthe  für  ai  0.165  bezw.  0.140  im 
Atlantischen  Ocean.  Für  die  Bai  von  Bengalen  ist  ai  =  0.302, 
Ascension  ai  =  0.284,  St.  Helena  ai  =  0.166,  Mauritius  ai  =  0.308. 

Für  eine  Koralleninsel  wie  Jaluit  spielt  wohl  die  Erwärmung 
des  Landes  keine  Bolle  mehr,  und  man  wird  deshalb  hier  wohl 
einen  Luftdruckgang  finden,  wie  er  dem  offenen  Meere  entspricht. 

Einen  deutlichen  Beweis  für  die  grosse  Kegelmässigkeit  des 
Ganges  giebt  auch  die  Gegenüberstellung  der  „aperiodischen“  und 
„periodischen“  Schwankung. 


Mittl.  Max. 

Mittl.  Min. 

Differenz 

Periodische 

(aper.Scliw.) 

Schwank. 

Januar 

757.29 

755.14 

2.15 

2.02 

Februar  . 

8.71 

6.32 

2.39 

2.28 

März  .  . 

9.04 

6.57 

2.47 

2.28 

April  .  .  . 

8.78 

6.29 

2.49 

2.24 

Mai  .  .  . 

9.34 

6.98 

2.36 

2.08 

Juni  .  .  . 

8.70 

6.51 

2.19 

1.88 

Juli  .  . 

9.25 

7.10 

2.14 

1.85 

August  .  . 

9.02 

6.89 

2.13 

1.95 

September  . 

9.29 

6.92 

2.37 

2.12 

Oktober  .  . 

9.32 

6.81 

2.51 

2.35 

November  . 

8.16 

5.66 

2.50 

2.27 

Dezember  . 

7.83 

5.32 

2.51 

2.21 

J  ahr 

8.73  mm 

6.38  mm 

2.35  mm 

2.11mm 

Die  Differenz  der  mittleren  Extreme  ist  nur  ganz  unbedeutend 
grösser  als  die  Amplitude  des  mittleren  täglichen  Ganges.  Im 
Jahresmittel  ist  der  Unterschied  nur  0.24  mm,  im  Februar  nur  0.1 
und  nie  grösser  als  0.3  mm.  Die  Extreme  fallen  ebeu  so  regelmässig 
auf  dieselben  Tagesstunden,  dass  die  mittleren  Tagesextreme  fast 
identisch  werden  mit  dem  mittleren  Stande  der  Stunden  9  Uhr  a.m. 
und  3  bezw.  4  Uhr  p.  m. 

Erstaunlich  gering  sind  auch  die  Differenzen  der  absoluteu 
Extreme  eines  Monats.  Wir  theileu  im  Folgenden  die  absoluteu 
Maxima  imd  Minima  der  einzelnen  Monate  nach  den  Barographen- 
aufzeichnungen  mit. 


179 


Absol.  Max. 

Absol.  Min. 

Differenz 

Januar  . 

.  8.1 

3.3 

4.8 

Februar  . 

.  11.3 

4.3 

7.0 

März  .  . 

.  10.8 

5.0 

5.8 

April  .  . 

.  10.2 

5.0 

5.2 

Mai  .  . 

.  11.4 

5.0 

6.4 

Juni  .  . 

.  10.3 

5.3 

5.0 

Juli  .  . 

.  10.3 

5.6 

4.7 

August  . 

.  10.2 

5.3 

4.9 

September 

.  11.2 

5.8 

5.4 

Oktober  . 

.  10.9 

5.0 

5.9 

November 

.  9.6 

4.3 

5.3 

Dezember 

.  9.7 

3.0 

6.7 

Die  grösste  Differenz  beträgt  nur  7.0  mm.  Es  illustrirt  dieselbe 
deutlich,  wie  ausserordentlich  gering  die  Druckunterschiede  in  den 
Tropen  sind. 


Tabelle  i.  Jaluit,  Luftdruck  1894. 

750  mm  -)-• 


Januar 

Februar 

März 

April 

Mai 

Juni 

Juli 

August 

Septbr. 

Oktbr. 

Novbr. 

Dezbr. 

Jahr 

1  Uhr  a. 

6.29 

7.72 

7.86 

7.56 

8.08 

7.70 

8.22 

8.00 

7.93 

8.06 

7.07 

6.74 

7.60 

2 

5.99 

7.46 

7.52 

7.26 

7.73 

7.42 

7.89 

7.73 

7.66 

7.84 

6.75 

6.40 

7.30 

3 

5.76 

7.23 

7.35 

7.05 

7.50 

7.22 

7.71 

7.57 

7.57 

7.76 

6.51 

6.15 

7.11* 

4 

5.78 

7.21 

7.38 

7.06 

7.53 

7.21 

7.68 

7.60 

7.61 

7.82 

6.48 

6.16 

7.13 

5 

6.00 

7.34 

7.56 

7.32 

7.80 

7.44 

7.85 

7.71 

7.82 

8.11 

6.72 

6.40 

7.34 

6 

6.23 

7.60 

7.86 

7.61 

8.08 

7.72 

8.11 

7.93 

8.06 

8.47 

7.03 

6.71 

7.62 

7 

6.68 

8.05 

8  38 

8.06 

860 

8.17 

8.54 

8.35 

8.56 

8.91 

7.57 

7.15 

8.09 

8 

7.05 

8.44 

8.70 

8.49 

8.95 

8.43 

8.83 

8.80 

8.92 

9.15 

7.86 

7.53 

8.43 

9 

7.20 

8.65 

8.91 

8.62 

9.15 

8.54 

9.04 

8.89 

9.08 

9.17 

7.98 

7.67 

8.57 

10 

7.15 

8.57 

8.80 

8.51 

9.09 

8.48 

8.99 

8.80 

9.00 

8.94 

7.90 

7.59 

8.49 

11 

6.91 

8.28 

8.49 

8.16 

8.79 

8.13 

8.74 

8.50 

8.73 

8.33 

7.53 

7.19 

8.15 

Mittag 

6.52 

7.76 

7.95 

7.65 

8.26 

7.75 

8  37 

8.02 

8.09 

7.82 

6.89 

6.71 

7.65 

1  Uhr  p. 

5.85 

7.15 

7.32 

6.93 

7.65 

7.25 

7.93 

7.56 

7.52 

7.25 

6.28 

6.18 

7.07 

2 

5.36 

6.66 

6.94 

6.57 

7.25 

6.89 

7.59 

7.24 

7.22 

6.91 

5.80 

5.71 

6.68 

3 

5.18 

6.37 

6.63 

6.38 

7.07 

6.68 

7.27 

7.03 

6.98 

6.82 

5.71 

5.46 

6.46* 

4 

5.24 

641 

6.64 

6.41 

7.08 

6.66 

7.19 

6.94 

6.96 

6.96 

5.87 

5.53 

6.49 

5 

5.51 

6.62 

6.91 

6.65 

7.30 

6-87 

7  37 

7.13 

7.20 

7.33 

6.14 

5.82 

6.74 

6 

5.85 

6.88 

7.23 

7.03 

7.68 

7.20 

7.64 

7.45 

7.63 

7.69 

6.49 

6.20 

7.13 

7 

6.34 

7.41 

7.78 

7.60 

8.14 

7.68 

7.97 

7.87 

8.10 

8.24 

7.02 

6.73 

7.57 

8 

6.63 

7.83 

8.17 

7.87 

8  48 

8.05 

843 

8.19 

8.41 

8.62 

7.42 

7.14 

7.94 

9 

6.88 

8.24 

8.51 

8.23 

8.74 

8.34 

8.83 

8.56 

8.81 

8.87 

7.77 

7.46 

8.19 

10 

6.91 

8.29 

8.66 

8.46 

8.82 

8.40 

8.94 

8.66 

8.92 

8.90 

7.77 

7.41 

8.34 

11 

6.83 

8.24 

8.60 

8.37 

8.77 

8.35 

8  86 

8.59 

8.75 

8.79 

7.64 

7.34 

8.26 

Mittern. 

6.69 

8.09 

830 

8.07 

8.53 

8.11 

8.56 

8.34 

8.45 

8.50 

7.45 

7.18 

8.02 

Mittel 

6.28 

7.60 

7.85 

7.58 

8.13 

7.70 

8.19 

7.98 

8.08 

8.14 

6.98 

6.69 

7.60 

180 


Tabelle  ii.  Jaluit,  Luftdruckab weichunge n. 


Januar 

Februar  I 

N 

£ 

April 

Mai 

Juli 

•4-3 

02 

S 

öß 

<1 

Septbr. 

Oktbr. 

Novbr. 

Dezbr. 

| 

1  Uln-  a. 

.01 

.12 

.01 

—.02 

-.05 

.00 

.03 

.02 

-.15 

-.08 

.09 

.05 

.00 

2  „ 

—.29 

—.14 

—.33 

-.32 

-.40 

-.28 

—.30 

—.25 

-.42 

-.30 

—.23 

-.29 

-.30 

3  „ 

—.52 

—.37 

—.50 

-.53 

—.63 

—.48 

—.48 

—.41 

-.51 

-.38 

-.47 

—.54 

-.49 

4  „ 

—.50 

—.39 

—.47 

—.52 

—.60 

-.49 

-.51 

-.38 

—.47 

-.32 

—.50 

-.53 

-.47 

5  „ 

—.28 

—.26 

—.29 

-.26 

—.33 

—.26 

—.34 

—.27 

—.26 

—.03 

—.26 

—.29 

-.26 

6  „ 

—.05 

.00 

.01 

.03 

—.05 

.02 

—.08 

—.05 

—.02 

.33 

.05 

.02 

.02 

7  „ 

.40 

.45 

.53 

.48 

.47 

.47 

.35 

.37 

.48 

.77 

.59 

.46 

.49 

8  „ 

.77 

.84 

.85 

.91 

.82 

.73 

.64 

.82 

.84 

1.01 

.88 

.84 

.83 

9  „ 

.92 

1.05 

1.06 

1.04 

1.02 

.84 

.85 

.91 

1.00 

1.03 

1.00 

.98 

.97 

10  „ 

.87 

.97 

.95 

.93 

.96 

.78 

.80 

.82 

.92 

.80 

.92 

.90 

.89 

11 

.63 

.68 

.64 

.58 

.66 

.43 

.55 

.52 

.65 

.19 

.55 

.50 

.55 

Mittag 

.24 

.16 

.10 

.07 

.13 

.05 

.18 

.04 

.01 

-  .32 

—  .09 

.02 

.05 

1  Uhr  p. 

—  .43 

-  .45 

-  .53 

—  .65 

—  .48 

—  .45 

—  .26 

—  .42 

—  .56 

—  .89 

—  .70 

—  .51 

-  .53 

2  „ 

—  .92 

-  .94 

—  .91 

-1.01 

—  .88 

—  .81 

—  .60 

—  .74 

—  .86 

—1.23 

-1.18 

—  .98 

-  .92 

3  „ 

-1.10 

—1.23 

-1.22 

—1.20 

—106 

-1.02 

—  .92 

—  .95 

—1.10 

—1.32 

-1.27 

-1.23 

-1.14 

4  „ 

-1.04 

-1.19 

-1-21 

-1.17 

—1.05 

-1.04 

—1.00 

—1.04 

-1.12 

-1.18 

-1.11 

-1.16 

-1.11 

5  „ 

-  .77 

—  .98 

—  .94 

—  .93 

—  .83 

—  .83 

—  .82 

—  .85 

-  .88 

-  .81 

—  .84 

-  .87 

-  .86 

6  „ 

—  .43 

-  .72 

—  .62 

—  .55 

—  .45 

—  .50 

—  .55 

—  .53 

—  .45 

-  .45 

—  .49 

-  .49 

-  .47 

7  „ 

.06 

—  .19 

—  .07 

.02 

.01 

-  .02 

—  .22 

—  .11 

.02 

.10 

.04 

.04 

-  .03 

8  „ 

.35 

.23 

•32 

29 

.35 

.35 

.24 

.21 

.33 

.48 

.44 

.45 

.34 

9  „ 

.60 

.64 

•66 

.65 

.61 

.64 

.64 

.58 

.73 

.73 

.79 

.77 

.59 

10  „ 

.63 

.69 

■81 

.88 

.69 

.70 

.75 

.68 

.84 

.76 

.79 

.72 

.74 

11  „ 

.55 

.64 

.75 

.79 

.64 

.65 

.67 

.61 

.67 

.65 

.66 

.65 

.66 

Mittern. 

.41 

.49 

.45 

.49 

.40 

.41 

.37 

.36 

.37 

.36 

.47 

.49 

.42 

Mittel 

.53 

.58 

.59 

.60 

.57 

.51 

.51 

.50 

.57 

.61 

.60 

.57 

.55 

Schluss  der  .Redaktion  am  8.  Juni  1895. 


Gedruckt  in  der  Königlichen  Hofbuckdruckerei  von  E.  S.  Mittler  &  Sohn, 
Berlin  SW.,  Kochstrasse  68—71. 


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Aus  dem  Schutzgebiete  Kamerun 


Astronomische  Ortsbestimmungen  im  Hinterlande  von  Kamerun. 
Ausgeführt  von  Dr.  Passarge. 

Berechnet  von  Astronom  M.  Schnauder  in  Potsdam. 

Die  Berechnung  der  Stationen  Gärua  bis  zum  Schlüsse  der 
Forschungsreise  geschah  nacli  denselben  Grundzügen  wie  die  der 
Stationen  Kassa  bis  Gärua  (vergl.  Jahrgang  1894  S.  39).  Nur  wurde, 
auf  Grund  einer  Bestimmung  nach  Rückkunft  des  Instrumentes,  der 
Parswerth  des  Höhenniveau  zu  24”  angenommen. 

Die  Genauigkeit  der  Breitenbestimmungen  ist  wieder  erheblich. 
Aus  dem  gesammten,  dafür  verwendbaren  Material  ergiebt  sich  als 
wahrscheinlicher  Fehler  einer  einzelnen  Breitenbestimmung  der  Werth 
+  14”.  Mit  diesem  Werthe  erhalten  die  Resultate  der  Breiten¬ 
bestimmungen  der  Stationen  Bila  bis  Nyeri  den  Betrag  +  OM, 
Gärua  (wegen  der  grösseren  Anzahl)  +  2”  und  die  letzte  Station, 
vom  10.  März  1894,  Uro  Matshlbbo,  den  Betrag  +  0'.2. 


Die  Resultate  aus  den  Breitenbestimmungen  sind: 


Gärua . 

+  9 

3  17'.9 

Gfddir . 

.  +  9‘ 

55'. 7 

Bilä . 

9 

20.8 

Bangäi . 

9 

30.8 

Läddo  . 

9 

2.8 

Bökki . 

8 

47.2 

Neu  Assäli  .  .  . 

8 

48.8 

Alhädjin  Galibu 

8 

25.8 

Malumfe . 

8 

58.6 

Uro  Gäbdo  .  .  . 

7 

59.1 

Adumre . 

9 

14.7 

Ngäumdere  .  .  . 

7 

21.0 

Djoma . 

9 

33.3 

Söngo  Kantüddu 

7 

40.4 

Ssaräuiel  baläraba 

9 

47.2 

Gar!  Maharbä .  . 

8 

27.7 

Ndokülla  . 

10 

16.4 

Nyeri . 

8 

40.9 

Söngoia . 

10 

28.8 

Uro  Matshlbbo  . 

8 

41.5 

Die  Länge  von 

Gärua 

ergiebt 

sich  aus  drei  Sätzen  Mondzenith- 

distanzen  mit  zusammen  66  Einzelmessungen  zu  54 m 

7S  (13° 

31'  45”) 

östlich  von  Greenwich. 

Da  die 

Zeitüb  er  tr  agu  n  g 

von  Kässa  aus 

Jlitth.  von  Forsdmngsreisenden,  VIII.  Band.  III. 

13 

182 


fast  denselben  Werth  (54.0"')  liefert,  so  erfährt  dadurch  auch  dieLängen- 
bestimmung  von  Yöla  eine  willkommene  Bestätigung.  Nach  Gärua 
versagt  aber  die  Methode  der  Längenbestimmung  durch  Zeitüber¬ 
tragung,  da  in  den  Uhrkorrektionen  der  benutzten  Beobachtungsuhr 
No.  31  944  Sprünge  Vorkommen,  eine  Kontrole  durch  Uhrvergleichung 
mit  der  Sternzeituhr  nicht  ausgeführt  ist  und  sich  schliesslich  ein 
Werth  für  den  täglichen  Gang  der  Beobachtungsuhr  nicht  ermitteln 
lässt,  da  an  jedem  Orte  immer  nur  eine  Zeitbestimmung  vorliegt. 


Die  Höhenmessungen  von  Dr.  Passarge  im  Hinterlaiide  von  Kamerun. 

Die  v.  Ueehtritzsclie  Expedition  des  Deutschen  Kamerun -Komitees  war 
mit  drei  Bohne  sehen  Aneroiden  und  einem  Siedeapparat  nebst  drei  Siede¬ 
thermometern  ausgerüstet.  Infolge  des  unglücklichen  Umstandes,  dass  vergessen 
worden  war,  Brennspiritus  für  den  Siedeapparat  mitzunehmen  und  solcher  auch 
am  Benue  aiicht  zu  beschaffen  war,  sind  leider  die  Höhenbestimmungen  von 
Dr.  Passarge  nicht  so  gut  ausgefallen,  wie  seine  vortrefflichen  Leistungen  auf 
topographischem  Gebiete  und  auf  dem  der  geographischen  Ortsbestimmungen. 
Als  Einsatz  für  den  fehlenden  Spiritus  mussten  Stearinlichtstümpfchen  zur  Heizung 
des  Apparates  benutzt  werden.  Dieser  Umstand  und  die  mit  ihm  verbundene 
Umständlichkeit  hat  es  wohl  veranlasst,  dass  erstens  Siedepunktbestimmungen 
zur  Kontrole  der  Aneroide  weniger  häufig,  als  dies  wiinsclienswerth  gewesen  wäre, 
vorgenommen  wurden,  und  dass  ausserdem  einzelne  dieser  Bestimmungen  augen¬ 
scheinlich  noch  mit  erheblichen  Unsicherheiten  behaftet  sind,  weil  die  Heizkraft 
der  Stearinlichter  nicht  genügte,  um  ein  stetiges  Kochen  zu  unterhalten. 

Yon  den  drei  Siedethermometern  wurde  stets  nur  eins,  Fuess  No.  229,  be¬ 
nutzt,  das  nach  dem  Prüfungscertificat  der  physikalisch -technischen  Reichsanstalt 
bei  90°  eine  Korrektion  von  +  0°.01,  bei  95°  von  -f-  0°.01  und  bei  100°  von 
+  0°.00  hatte,  dieselbe  ist  dementsprechend  durchweg  als  ±  0°.00  angenommen 
worden.  Der  Berechnung  wurden  zu  Grunde  gelegt  die  gleichzeitigen  meteoro¬ 
logischen  Beobachtungen  des  Regierungsarztes  Dr.  F.  Plehn  in  Kamerun,  wobei 
die  Seehöhe  dieses  Punktes  zu  12  m  angenommen  wurde.  Erleichtert  wurde  die 
Berechnung  durch  den  Umstand,  dass  Dr.  Passarge  vorwiegend  zu  den  gleichen 
Beobachtungsterminen  wie  in  Kamerun,  das  heisst  um  7a,  2p  und  9p,  beobachtet 
hat.  Wo  eine  Reduktion  einer  zu  einer  anderen  Zeit  angestellten  Beobachtung 
nothwendig  war,  ist  dieselbe  mit  Hülfe  der  durch  die  Bearbeitung  der  Registrir- 
beobachtungen  in  Kamerun  durch  Dr.  Trabert  (vergl.  Mitth.  1894,  S.  261) 
gewonnenen  Werthe  erfolgt.  Für  die  Periode  vom  15.  Dezember  1893  bis 
2.  Januar  1894,  für  welche  infolge  des  Kamerunaufstandes  die  dortigen  Beobach¬ 
tungen  fehlen,  ist  das  Mittel  der  in  der  ersten  Monatshälfte  gewonnenen  Beob¬ 
achtungen  in  die  Berechnung  eingesetzt  worden.  Es  liegen  nur  folgende  acht 
Siedepunktbestimmungen  vor: 


183 


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i  2  !  '  ^ 

,  "S  Korrektion 

der 

See- 

Ort 

Datum 

<D 

ülhsP 

'S  p*1  Aneroide 

höhe 

N 

•+J  | 

J  S  1 

1 1  I  '  II 

III 

in  m 

°  1  min 

°  1  mm  1  mm 

mm 

1. 

Kassa  bei  Yola 

13.  Sept.  93 

2p 

99.04]  734.2 

25.7  —  4.2—  2.0 

+  6.7 

270* ) 

2. 

Garua . 

23.  Oktbr. 

11a 

99.06  734.7 

31.6  —  7.8  —  10.8 

+  2.3 

286(?) 

3. 

1.  Novbr. 

9a 

99.23  739.3 

22.6  —  4.5—  5.7 

-f-  6.3 

211 

4. 

Laddo  . 

16.  „ 

8aoa  99.11  736.1 

25.1  —  6.6  —  17.2 

+  3.2 

220(?) 

5. 

Adumre  .... 

6.  Dezbr. 

730a  99.13  736.6 

19.5  —  2.4  — 

+  6.8 

234 

6. 

Garua . 

5.  Jan.  94 

8a 

99.33  741.9 

17.6  —  0  6  — 

+  7.1 

183 

7. 

Ngaumdere .  .  . 

29.  „ 

8a 

96.36  666.1 

14.0  +  1.9  — 

+  9.1 

1104 

8. 

Gari  Maherba  . 

23.  Febr. 

745a!  99.04,  732.7 

16.8+1.5  — 

+12.3 

269 

Bei  Aneroid  I  hat  sich  die  ursprünglich  negative  Korrektion  im  Laufe  der 
Reise  immer  mehr  vermindert  und  ist  schliesslich  positiv  geworden,  bei  III  ist 
die  positive  Korrektion  immer  mehr  angewachsen,  II  wurde  am  10.  November 
einer  starken  Erschütterung  durch  einen  Galoppritt  ausgesetzt,  hatte  deshalb  am 
16.  November  gegen  früher  seine  Korrektion  ganz  erheblich  geändert  und  wurde 
am  24.  desselben  Monats  als  ganz  unbrauchbar  ausgesondert.  Dr.  Passarge 
hat  freilich  bei  jeder  Höhenmessung,  die  mit  grossem  Fleiss,  wenn  irgend  angängig, 
mindestens  zweimal  täglich  zwischen  6  bis  7a  und  8  bis  10p,  oft  auch  noch 
gegen  2p,  vorgenommen  wurden,  immer  nur  ein  Aneroid  abgelesen,  bis  zum 
24.  November  1893  No.  II,  von  da  ab  aber  No.  I,  so  dass  über  das  Verhalten 
der  Aneroide  zueinander  ausser  bei  Gelegenheit  der  Siedepunktbestimmungen 
kein  Material  vorliegt.  Letztere  lassen  aber  erkennen,  wenn  man  die  Korrek¬ 
tionen  der  Aneroide  untereinander  vergleicht,  dass  sehr  wahrscheinlich  die 
Siedebestim.mung  No.  2  in  Garua  und  wahrscheinlich  auch  die  No.  4  in  Laddo 
mit  einem  Fehler  behaftet  ist.  Merzt  man  diese  beiden  Bestimmungen  aus,  so 
zeigen  die  Korrektionen  der  Aneroide  I  und  III  (und  auch  II  vor  dem  10.  No¬ 
vember,  s.  oben)  einen  leidlich  übereinstimmenden  Gang,  der  es  in  der  Tliat 
gerathen  sein  lässt,  auf  die  Bestimmungen  2  und  4  zu  verzichten. 

Mit  Hülfe  der  übrigbleibenden  sechs  Siedepunktbestimmungen  ist  die  je¬ 
weilige  Korrektion  der  Aneroide  graphisch  interpolirt  und  den  Berechnungen 
zu  Grunde  gelegt  worden.  Diese  Siedepunktbestimmungen  sind  aber  über  zu 
grosse  Zeiträume  vertheilt,  und  fehlt  namentlich  nach  dem  Abstieg  von  dem 
Ngaumdereplateau  in  der  Mitte  des  Februar  1894  eine  solche  Bestimmung,  so 
dass  eine  relativ  erhebliche  Unsicherheit,  betr.  die  jeweilig  anzunehmende  Aneroid- 
korrektion  unausbleiblich  war. 

Die  auf  Grund  des  vorstehend  charakterisirten  Verfahrens  ermittelten  Höhen 
sind  auf  den  die  Routen  der  Expedition  zur  Darstellung  bringenden  Karten¬ 
blättern  eingetragen. 

Die  Uebereinstimmung  mit  den  von  Flegel  gefundenen  Höhendaten  ist,  wie 
man  sieht,  immerhin  noch  eine  recht  befriedigende,  zumal  wenn  man  erwägt,  dass 
auch  Flegels  Werthe  infolge  der  nicht  ganz  beseitigten  Unsicherheit  betreffs 
der  Korrektionen  der  von  ihm  gebrauchten  Siedethermometer  nicht  ganz  ein¬ 
wurfsfrei  sind. 


*)  Wegen  ungünstiger  Beobachtungsstunde  wohl  sicher  zu  hoch. 


13* 


184 


Begleitworte  zu  den  Karten  „Reiseroute  der  Expedition  des 
deutschen  Kaiuerunkomitees“. 

Von  Dr.  M.  Limp rieht. 

(Karten  3  und  4.) 

Das  von  Dr.  Pass  arge  eingereichte  und  für  die  vorliegenden  Karten 
bearbeitete  topographische  Material  bestand  aus 

1.  einer  Anzahl  von  Ortsbestimmungen  (24  Breiten  und  2  Längen),  ausgeführt 
durch  astronomische  Beobachtungen; 

2.  der  eigentlichen  Routenaufnahme  mittels  Kompass  und  Uhr,  enthalten 
einschliesslich  sämratlicher  Marschpeilungen  (über  600),  zum  Theil  als 
Kopien  in  sechs  Quartheften,  zum  Theil  in  des  Reisenden  Originaltagebuch, 
sowie  auch  von  ihm  selbst  unterwegs  ausgeführte  flüchtige  Konstruktionen 
von  Routentheilen; 

3.  45  Blatt  mit  dem  Detaillirbrett  ausgeführter  Rundpeilungen,  ungefähr 
1200  Einzelpeilungen  enthaltend; 

4.  vier  Skizzenbüchern  mit  Bergprofilen; 

5.  einigen  Kartenskizzen,  in  denen  einige  Theile  des  Reisegebietes  in  unge¬ 
fähr  zutreffender  Form  zur  Darstellung  gebracht  sind; 

6.  Höhenbestimmungen,  beruhend  zum  Theil  auf  Kochpunktbestimmungen, 
zum  Theil  auf  Aneroidablesungen. 

Ueber  das  unter  1.  und  6.  angeführte  Material  ist  von  anderer  Seite  be¬ 
richtet  worden,  nur  möge  von  den  astronomischen  Ortsbestimmungen  auch  an 
dieser  Stelle  erwähnt  werden,  dass  ihre  grosse  Genauigkeit  eine  feste  Grundlage 
für  den  Aufbau  des  Kartenbildes  bot. 

Die  Aufnahme  des  Reiseweges  geschah  durch  Kompassablesungen  und 
Zeitnotirungen  bei  allen  wahrgenommenen  Wegkrümmungen.  Hierbei  hat  der 
Reisende  grosse  Sorgfalt  und  einen  riihmenswerthen  Fleiss  angewandt,  denn 
während  die  längsten  Intervalle  der  Ablesungen  nur  ganz  vereinzelt  10  Minuten 
überschritten,  dauerten  sie  im  Mittel  nur  drei  bis  vier  Minuten,  auf  einzelnen 
Strecken  jedoch  wurde  sogar  in  Zeitabständen  von  nur  ein  bis  zwei  Minuten 
die  Wegrichtung  notirt.  Daneben  hat  Dr.  Passarge  auch  die  Marschgeschwin¬ 
digkeit  zu  ermitteln  gesucht  und  zumeist  in  Metern  für  die  Minute  als  Einheit 
beigeschrieben.  Doch  ergab  sich  im  Verlaufe  der  Zusammenarbeitung  seiner 
Routenaufnahme  mit  seinen  astronomischen  Ortsbestimmungen,  dass  er  die 
Marschgeschwindigkeit  ausserhalb  der  Strecke  Kassa — Gärua  um  etwa  ein 
Siebentel  unterschätzt  hatte,  ein  Fehler,  der  durch  die  zahlreichen  Breiten¬ 
bestimmungen  ausgeglichen  werden  konnte.  Das  ausserordentlich  reichhaltige, 
besonders  die  geologischen  Verhältnisse  des  durchzogenen  Länderraumes  be¬ 
leuchtende  Notizenmaterial  Dr.  Passarges  konnte  leider  bei  der  Kleinheit  des 
Maassstabes  vorliegender  Karten  nur  in  sehr  verallgemeinerter  Form  zur  Auf¬ 
nahme  gelangen;  selbst  der  grosse  Maassstab  der  Rohkonstruktion,  1:50  000. 
reichte  zuweilen  für  die  Aufnahme  aller  Notizen  bei  der  Fülle  des  Stoffes 
nicht  aus. 


185 


Was  die  Rund-  und  Marschpeilungen  Dr.  Passarges  anlangt,  so 
sind  namentlich  im  ersten  Theil  der  Route,  auf  dem  Wege  von  Kassa  nach 
Garua,  Peilungen  in  übergrosser  Zahl  gemacht  worden,  die  zum  Theil  unberück¬ 
sichtigt  bleiben  mussten,  da  der  Reisende  selbst  nicht  mehr  in  der  Lage  war, 
die  Identität  oder  Verschiedenheit  der  gepeilten  Objekte  festzustellen.  Im 
weiteren  Verlaufe  der  Reise  ist  Dr.  Passarge  mit  mehr  zweckentsprechender 
Beschränkung  verfahren  sowohl  in  der  Zahl  der  gemachten  Peilungen,  als  in  der 
Auswahl  der  anzupeilenden  Objekte,  so  dass  hierdurch  auch  die  Konstruktion 
wesentlich  erleichtert  und  von  allem  verwirrenden  Material  befreit  wurde. 

Abgesehen  von  diesem  kleinen  Mangel  hat  Dr.  Passarge  aber  in  sehr 
verständnisvoller  Weise  gearbeitet,  insofern  als  er  dieselben  Objekte  schon 
aus  grosser  Entfernung  und  möglichst  oft  anpeilte.  Wie  die  Fäden  eines  Spinnen¬ 
netzes  laufen  z.  B.  die  Peilungslinien  nach  dem  H.  Bdsima  von  allen  Seiten 
zusammen,  im  W  vom  Sarätse  aus,  im  S  kommen  sie  bis  von  Gamssärgu  her, 
im  NE  erreichte  der  Blick  des  Reisenden  dieses  Gebirge  noch  von  Golümbe  aus. 
In  ähnlicher  Weise  bilden  H.  Beri,  H.  Hedjematari,  H.  Diili,  H.  Kemni  u.  a. 
Peilobjekte  erster  Ordnung,  so  dass  es  gelungen  sein  dürfte,  ein  Kartenbild  zu 
zeichnen,  das  in  seinem  Inhalt  der  Wirklichkeit  ziemlich  nahe  kommt. 

Von  grossem  Werthe  war  es  für  den  Bearbeiter  der  Karte,  dass  er  über 
alle  zweifelhaften  Punkte  durch  persönliche  Rücksprache  mit  dem  Reisenden 
sich  Aufklärung  holen  konnte,  so  dass  auch  dessen  nicht  zu  Papier  gebrachte 
Beobachtungen  in  umfassendsterWeise  zur  Verarbeitung  kamen.  Grosse  Klar¬ 
heit  in  der  Auffassung  der  Terrainformen,  sowie  eine  staunenswerthe  Treue 
des  Gedächtnisses  sind  Dr.  Pas  sarge  zu  eigen,  und  diese  Vorzüge  förderten 
auch  die  kartographische  Arbeit  in  wirkungsvollster  Weise. 

Blatt  I.  1.  Weg  von  Yola  bis  Garua.  Eine  feste  Basis  für  den  Aufbau 
von  Blatt  I  bildete  die  Strecke  Kassa — Garua,  deren  Anfangs-  und  Endpunkt 
durch  zahlreich  angestellte  astronomische  Beobachtungen  von  Dr.  Pas  sarge 
nach  Länge  und  Breite  bestimmt  wurden,  nämlich: 

<p  Kassa  =  -f-  9°  15'. 9  cp  Garua  =  +  9°  17'.9 

Kassa  =  12°  46'.5  östl.  Gr.  1  Garua  =  13°  31'.75  östl.  Gr. 

Diese  Länge  von  Garua  weicht  von  der  durch  Zeitübertragung  gewonnenen 
nur  um  1'.8  ab.  Die  Mizonsche  Länge  (bei  Maistre,  A  travers  l’Afrique  cen¬ 
trale  PI.  C.,  flle.  12),  nämlich  13°  34’ 29"  östl.  Gr.,  wurde  deshalb  vernachlässigt, 
desgleichen  dessen  Länge  von  Yola,  das  vielmehr  nach  Passarges  Angabe 
4V2  km  genau  südlich  von  Kassa*)  angesetzt  wurde.  Die  Route  liess  sich  ohne 
Zwang  zwischen  die  beiden  gegebenen  Punkte  einzeichnen;  im  Azimut  ergab 
sich  eine  Aenderung  von  nur  1°.5,  in  der  Marschlänge  eine  Verkürzung  um  1/s. 

Selbstverständlich  wurden  auf  der  Strecke  Yola  — Garua  auch  die  von 
Dr.  Passarge  bestimmten  Breiten  von  Gfre,  Bulküttu  und  Klein-Bar- n-daki 
(s.  Mitth.  a.  d.  d.  Schutzgeb.  VII,  1,  S.  41)  berücksichtigt.  Dagegen  hat  sich  nach 
Berechnung  der  Länge  von  Garua  herausgestellt,  dass  die  durch  Zeitübertragung 
gewonnenen  Längen  oben  genannter  Orte,  die  auf  der  R.  Kiepertschen  vor¬ 
läufigen  Karte  des  Reiseweges  der  Expedition  von  Yola  bis  Garua  benutzt  worden 
sind  (in  demselben  Hefte  der  Mitth.  a.  d.  d.  Schutzgeb.),  zu  der  Länge  von  Garua, 
wie  sie  sich  nach  der  definitiven  Berechnung  ergiebt,  nicht  stimmen.  Die  Längen 
von  Gire,  Bulküttu  und  Klein-Bar- n-däki  sind  daher  auf  konstruktivem  Wege 
ermittelt  und  danach  eingetragen  worden. 


*)  Vergl.  hierzu  R.  Kiepert,  Bemerkungen  zur  Karte  der  Expedition  des 
deutschen  Kamerunkomitees  (Mitth.  a.  d.  d.  Schutzgeb.  Bd.  VII,  Heft  1,  S.41,  42). 


186 


2.  Dreieck  Garua —  Adumre  —  Ssaräuiel-baläraba.  Für  den  Theil 
östlich  von  Garua  liegen  nur  Breitenbestiminungen  vor  und  zwar  innerhalb  des 
obengenannten  Dreiecks  für  die  Orte  Bilä,  Adumre,  Djoma,  Ssaräuiel-baläraba 
und  Bangäi.  Die  Längen  wurden  auf  konstruktivem  Wege  gefunden.  Während 
nun  bei  Bilä  und  Adumre  die  Uebereinstimmung  der  beobachteten  und  der  durch 
Konstruktion  gefundenen  Breite  eine  nahezu  vollkommene  war,  stellte  sich  bei 
Djoma,  Bangäi  und  Ssaräuiel-baläraba  die  Nothwendigkeit  heraus,  entweder 
die  Marschlängen  der  einzelnen  Strecken  verhältnissmässig  bedeutend  zu  dehnen, 
oder  ihre  Azimute  zu  ändern.  Um  eine  Entstellung  der  durch  die  Rohkonstruk¬ 
tion  gewonnenen  Gestalt  des  Dreiecks  Garua  — Adumre  —  Ssaräuiel-baläraba 
möglichst  zu  vermeiden,  wurde  zwischen  Azimutänderung  und  Dehnung  der 
Marschlängen  vermittelt. 

3.  Ssaräuiel-baläraba  —  Märrua.  Breiten  wurden  bestimmt  in  Giddir, 
Xdokülla  und  Söngoia.  Die  Längen  wurden  auf  konstruktivem  Wege  ermittelt 
und  zwar  mit  Benutzung  der  Azimute  der  einzelnen  Theilstrecken.  Obwohl 
auch  hier  wieder  die  Nothwendigkeit  einer  zum  Theil  1/i  betragenden  Dehnung 
sich  ergab,  wurde  doch  von  einer  Vermittelung  zwischen  Azimutänderung  und 
Dehnung  abgesehen,  da  bei  dem  sich  stark  der  Richtung  des  Meridians  nähern¬ 
den  Verlaufe  der  Route  durch  eine  selbst  relativ  bedeutende  Azimntänderung 
keine  nennenswerthe  Verringerung  des  Dehnungsbetrages  erreicht  worden  wäre. 

4.  Adumre  —  Dyfrum  und  zurück.  Breitenbestimmungen  wurden  aus¬ 
geführt  in  Läddo,  Malumfe  und  Neu-AssÄli.  Die  Längen  wurden  auch  hier  auf 
konstruktivem  Wege  gefunden,  wobei  die  Strecke  Adumre  —  Läddo  um  1/s,  die 
Strecke  Adumre  —  Malumfe  um  2/e  gedehnt  werden  musste.  Böngi  wurde  nach 
M  aassgabe  seiner  Lage  zu  Läddo,  Adumre  und  Malumfe,  wie  sie  sich  aus  der 
Rohkonstruktion  ergab,  eingetragen  und  von  hier  aus  Alt-Assali  mit  Berück¬ 
sichtigung  der  bestimmten  Breite  und  des  Azimutes  der  Strecke  Böngi  —  Neu- 
Assali  niedergelegt,  der  Rest  des  Weges  bis  Dyfrum  nach  der  Rohkonstruktion 
eingezeichnet. 

5.  Garua  —  Ngäumdere  und  von  da  zurück  bis  zur  Wegtheilung. 
Von  dieser  Route  fällt  nur  der  bis  reichlich  Alhädjin— Galibu  reichende  Theil 
noch  auf  Blatt  I,  doch  muss  bereits  an  dieser  Stelle  ihre  Besprechung  erfolgen, 
da  die  Einzeichnung  der  ganzen  Route  Garua — Ngäumdere  nach  einheitlichen 
Gesichtspunkten  erfolgte. 

Ueber  die  bisher  angenommene  Lage  von  Ngäumdere  siehe  R.  Kieperts 
„Bemerkungen  zur  Karte  der  Expedition  des  deutschen  Kamerunkomitees“  in 
Mitth.  a.  d.  d.  Schutzgeb.  VII,  1,  S.  42.  Sowohl  Flegels  (13°  19' östl.  Gr.)  als 
die  neue  französische  Längenbestimmung  (13°  58'  östl.  Gr.)  von  Ngäumdere  wurden 
verworfen,  da  keine  von  beiden  mit  der  Passargeschen  Aufnahme,  nach  der 
sich  für  1  Ngäumdere  der  Werth  13°  40’  ergab,  ohne  Zwang  sich  vereinigen  liess 
und  keine  von  beiden  durch  beglaubigte  Zuverlässigkeit  Anspruch  auf  Berück¬ 
sichtigung  machen  kann.  Somit  wurden  die  Längen  von  Ngäumdere  sowohl,  als 
auch  aller  übrigen  zwischen  Garua  und  Ngäumdere  liegender  Orte,  für  die 
Dr.  Pass  arge  Breitenbestimmungen  ausgeführt  hat,  nämlich  Bökki,  Alhädjin 
Galibu,  Uro  Gäbdo,  Söngo  Tagueläfi  oder  Söngo  Kantuddu  lediglich  auf  kon¬ 
struktivem  Wege  gefunden,  wobei  der  Dehnungsbetrag  ziemlich  stetig  als 
zwischen  Vc  und  Vv  liegend  sich  ergab. 

In  den  so  geschaffenen  festen  Rahmen  wurde  das  ältere  Kartenmaterial 
eingepasst,  was  nicht  immer  ohne  Zwang  zu  ermöglichen  war. 

Der  nordwestliche  Theil  von  Blatt  I  wird  ausgefüllt  durch  die  südliche 
Hälfte  des  Barthschen  Reiseweges  von  Kuka  bis  Yola.  Entsprechend 


187 


der  durch  die  Passargesclie  Ortsbestimmung  erfolgten  östlichen  Verschiebung 
Yblas  erfuhr  auch  Barths  Route  eine  Drehung  in  demselben  Sinne  um  Kuka, 
dessen  Lage  nach  Länge  und  Breite  durch  Vogel  bestimmt  worden  ist,  als 
Mittelpunkt. 

Da  nach  der  mündlichen  Mittheilung  Dr.  Pass  arges  Barths  Barrendake 
(ein  Ort  dieses  Namens  existirte  zu  Barths  Zeit  augenscheinlich  noch  nicht, 
sondern  nur  ein  Sumpfsee)  identisch  ist  mit  seinem  Gross -Bar- n-daki,  so  wurde 
Barths  Route  zwischen  Ivuka  und  Gross -Bar- n-daki  der  Passargeschen 
Route  eingepasst.  Das  dadurch  entstandene  Kartenbild  erlitt  nur  in  der  Aus¬ 
gestaltung  der  östlich  von  Barths  Wege  verlaufenden  Gebirge  eine  der  Auffassung 
Dr.  Pass  arges  entsprechende  Umformung,  während  die  topographischen  Details 
unverändert  beibehalten  werden  konnten. 

Nach  Peilungen  und  nach  mündlichen  Mittheilungen  Dr.  Pass  arges  war 
es  möglich,  Tepe,  den  Zusammenfluss  von  Benue  und  Faro,  festzulegen.  Danach 
wurde  die  Strecke  Barrendake — Taepe  der  Barthschen  Route  eingetragen,  wobei 
sie  sich  allerdings  eine  bedeutende  Richtungsänderung  gefallen  lassen  musste. 
Der  Rest  der  Barthschen  Route  endlich  zwischen  Tepe  und  Ybla,  der  schon 
in  Flegels  Reisegebiet  fällt,  liess  sich  in  befriedigender  Weise  mit  Flegels 
Aufnahmen  in  Einklang  bringen. 

Eduard  Robert  Flegels  Aufnahmen  zu  Wasser  wie  zu  Lande  erfuhren 
die  relativ  bedeutendsten  Veränderungen  bei  ihrer  Einpassung  in  das  Passar ge¬ 
selle  Routennetz,  woraus  allerdings  bei  der  Mangelhaftigkeit  der  benutzten 
Instrumente  und  den  erschwerenden  Umständen,  unter  denen  Flegel  reiste,  fin¬ 
den  fleissigen  und  gewissenhaften  Reisenden  kein  Vorwurf  erwächst. 

Was  zunächst  seine  Flussaufnahme  des  Benne  (Petermanns  Geogr.  Mitthei¬ 
lungen  1880,  Tafel  7)  anlangt,  so  ist  durch  Dr.  Passarge  festgestellt  worden, 
dass  der  grosse  Benuebogen  zwischen  dem  Fiesgel  sehen  „Ribago“  und  der 
unterhalb  „Gurua“  erfolgenden  scharfen  westlichen  Umbiegung  viel  zu  weit 
nach  Norden  ausgreift,  dass  ferner  „Gurua“  oder  Gurua  falsch  angesetzt  ist, 
und  drittens,  dass  Flegels  „Ribago“  identisch  ist  mit  Passarges  „Leinde“. 
Beide  Worte  sind  Appellativa  und  bedeuten  „Landsitz  des  Statthalters“  und  zwar 
Ribago  als  Fullah-,  Leinde  als  Haussawort. 

Einen  Anhalt  für  die  Festlegung  des  Endpunktes  von  Flegels  Fluss¬ 
aufnahme  bietet  der  sich  auf  seiner  Karte  findende  Name  „Bagelegebirge“  auf 
dem  südlichen  Benueufer  gegenüber  von  „Ribago“ ;  es  ist  identisch  mit  dem 
Hossere  Bögole  Dr.  Passarges,  dessen  Lage  durch  eine  grosse  Anzahl  von 
Peilungen  von  diesem  bestimmt  worden  ist.  Zwischen  H.  Bögole  also  und 
Tepe  konnte  nun  der  betreffende  Theil  des  Bünuelaufes  eingetragen  werden,  wobei 
sich  die  Nothwendigkeit  einer  starken  Verkürzung  und  in  dem  besprochenen 
grossen  Bogen  die  einer  nicht  unbedeutenden  Umformung  ergab. 

Ferner  hat  Dr.  Pass  arge  festgestellt,  dass  die  von  Flegel  als  die  Mün¬ 
dung  des  Mao  Til  angenommene  Flussmündung  nicht  die  Mündung  des  genannten 
Flusses,  sondern  die  des  Mao  Dässin  ist,  den  Dr.  Pass  arge  in  der  Nähe  seiner 
Mündung  überschritt.  Der  Mao  Til  verliert  sich  vielmehr  in  einem  der  zahl¬ 
reichen  Hinterwässer  des  Benue,  was  der  Reisende  vom  Sarätse  aus  direkt  ge¬ 
sehen  hat.  Die  Identifizirung  obiger  Flussmündungen  ermöglichte  die  Einzeichnung 
des  Benuelaufes  zwischen  Tepe  und  die  Mündung  des  Mao  Dässin,  wobei  ersterer 
eine  beträchtliche  Dehnung  auf  dieser  Strecke  erfuhr. 

Der  Rest  des  auf  Blatt  I  fallenden  Theiles  des  Benuelaufes  wurde  unter 
ziemlich  starker  Verkürzung  zwischen  die  Mündung  des  Mao  Dässin  und  den 
Berg  von  Kassa  eingepasst,  doch  konnte  dies  ohne  jede  Aenderung  der  Form 


188 


geschehen,  abgesehen  von  der  Zeichnung  des  Flusslaufes  in  unmittelbarer  Nähe 
von  Yola  und  dem  Berge  von  Kassa,  die  einer  handschriftlichen,  an  Ort  und 
Stelle  entworfenen  Kartenskizze  Dr.  Passarges  entnommen  wurde. 

Von  Flegels  Reisen  zu  Lande  fällt  zunächst  die  von  Yola  nach  Ngäum- 
dere  mit  der  Strecke  bis  reichlich  Alhädjin  Gfalibu  auf  Blatt  I.  (E.  R.  Flegels 
Reisen  im  Benuegebiet  in  den  Jahren  1882  bis  1885.  Ivonstruirt  von  Richard 
Kiepert.  Mitth.  d.  afrik.  Gesellsch.  Bd.  V,  Tafel  6,  7,  8.) 

Von  Giim na  an,  wo  Flegels  Route  in  die  Passargesche  einmündet, 
wurde  des  Letzteren  Aufnahme  zu  Grunde  gelegt,  die  Flege Ische  Route 
zwischen  Yola  und  Gumna  eingepasst. 

Eine  Drehung  um  etwa  25°  erfuhr  die  Flegelsche  Route  im  Farothal,  die 
in  der  Ecke  links  unten  von  Blatt  I  zur  Darstellung  gekommen  ist,  unter  An¬ 
schluss  an  den  Lagerplatz  der  Expedition  des  deutschen  Kamerunkomitees  vom 
18./19.  Februar  1894.  Dieser  Lagerplatz  fällt  nach  der  ganz  bestimmten  Aussage 
Dr.  Passarges  mit  derjenigen  Stelle  der  Flegelschen  Route  zusammen,  wo 
er  Mao  Deo  und  Färo  sich  vereinigen  lässt,  doch  irrthümlicher  Weise.  Flegel 
hat  nach  Dr.  Pas  sarge  zweifellos  einen  damals  vielleicht  vorhandenen  Arm 
des  Färo  für  den  Mao  Deo  gehalten.  Der  Färo  ist  liier  fast  1  km  breit  und 
durch  viele  Inseln  getheilt,  so  dass  ein  Irrthum  wohl  erklärlich  ist.  Wenn 
Dr.  Richard  Kiepert  in  den  Begleitworten  zu  seinen  Karten  der  Flegelschen 
Reisen  im  Benuegebiet  dessen  Aufnahmen  einen  nur  bedingten  Werth  beimisst 
(Mitth.  d.  afrik.  Gesellsch.  V,  S.  159),  so  hat  sich  nunmehr,  schneller  als  er  es 
vielleicht  gedacht,  gezeigt,  wie  Recht  er  damit  gehabt  hat.  Ganz  besonders  tritt 
die  Unzulänglichkeit  der  Flegelschen  Aufnahmen  hervor  in  der  Darstellung 
des  Geländes,  das  nach  Dr.  Pass  arges  Aufnahmen  ein  völlig  verändertes  Bild 
zeigt.  Man  vergleiche  z.  B.  auf  Blatt  I  nur  die  Gegend  um  Alhädjin  Galfbu 
nach  Flegel  und  Dr.  Passarge! 

Der  Flusslauf  des  Mao  Kebbi  wurde  der  Karte  in  Proc.  R.  G.  S.  1891, 
Augustheft,  die  nach  einer  allerdings  nur  flüchtigen  Aufnahme  durch  Kapitän 
Mockler  Ferryman  gezeichnet  ist,  entnommen  und  mit  Dr.  Passarges  Route 
in  Einklang  gebracht.  Letzterer  hat  genannten  Fluss  sowohl  zwei  Mal  über¬ 
schritten,  als  auch  an  mehreren  Punkten  nahe  berührt.  Während  nun  der 
Reisende  die  Punkte  zwischen  Adumre  und  Golömbe  zu  bezeichnen  vermochte, 
an  denen  er  den  Mao  Kebbi  überschritten  oder  gesichtet  hatte,  was  eine  An¬ 
passung  des  Flusslaufes  an  seine  Route  auf  befriedigend  sicherer  Grundlage 
ermöglichte,  war  es  ihm  nicht  möglich,  die  Stelle  seines  ersten  Uebergangs 
zwischen  Be  und  Adumre  zu  bezeichnen.  Der  Unterlauf  des  Flusses  wurde  also 
unter  Berücksichtigung  der  Maistreschen  Karte  (A  travers  l’Afrique  centrale 
du  Congo  au  Niger,  Paris  1895,  Planche  C.,  flle.  11),  auf  der  die  Einmündung 
des  Mao  Kebbi  in  den  Benue  an  einer  Stelle  angedeutet  ist,  die  auch 
Dr.  Passarges  Auffassung  entspricht,  nach  der  Ferrymanschen  Aufnahme 
zwischen  Dr.  Pass  arges  zweiten  Uebergangspunkt  und  die  Mündung  eingepasst. 
Trotz  dieser  allerdings  nur  geringfügigen  Unsicherheit  in  der  Darstellung  des 
Unterlanfs  des  Mao  Kebbi  ist  durch  Dr.  Passarges  und  auch  Mai str es  Reise 
erwiesen,  dass  der  als  Nothbelielf  zwischen  die  Mündung  des  Mao  Kebbi  und 
die  Grenze  der  Flegelschen  Benueaufnahme  eingeschaltete  wunderliche  Bcnue- 
bogen  der  Ferrymanschen  Karte  in  Wirklichkeit  nicht  existirt. 

Maistres  Route,  endlich  (A  travers  l’Afrique  centrale  du  Congo  au  Niger, 
Paris  1895,  Planche  C.,  flle.  12  und  13),  die  sich  zum  Theil  im  Passargeschen 
Reisegebiet  bewegt,  fällt  zwischen  Garua  und  Yola  mit  der  Dr.  Passarges 
zusammen;  eine  Anzahl  abweichender  Namen,  wie  Kilengue,  Chareki  u.  a.,  er- 


.  TsüamÖ 


Reiseroute 

der  Expedition  des  Deutschen  Kameruncomites 

in  den  Jahren  1893 -94-. 

Aufgenommen  von  DI"  S.PnsSrtl*«e. 

Construirt  und  gezeichnet  von  Df  Jtf.  LimprichL 

Blatt  II. 

Maßstab  1 :  350000 


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ide  SaarJa  jjakari 


Ssendirät 


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'MaltnJceaJi 

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Reiseroute 

der  Expedition  des  Deutschen  Kameruncomites 

in  den  Jahren  1893- 94 . 

Aufgenommen  von  DI’  S .  PrtS Sarge. 

Construirt  und  gezeichnet  von  Df  M.  LimprichL 


■/.tlbburc  habrt/r 


KOIJÖRO 


Blatt  HL 

Maßstab  1 : 350000 


'frtT'  .fli 


-MalorJÄcIn 

d-Diüaim) 


11°  östl.  Länge  v.  Greenwich 


Geographische  Verlagshandlung 


DIETRICH  REIMER  in  BERLIN 


JMiitlteil.  a .  il.  deutschen  SchutzgeMflen  Bil.Vm.  lRfln. 


189 


klärt  sich  wohl  daraus,  dass  Maistre  Führer  anderer  Nationalität  gehabt  hat 
als  Dr.  Pass  arge.  Die  Strecke  Lame  — Garna  stimmte  im  Bereich  des  Passarge¬ 
schen  Beisegebietes  in  befriedigender  Weise  mit  des  Letzteren  Aufnahmen  über¬ 
ein,  nur  musste  südlich  des  Hossere  Göre  Maistres  Koute  ein  wenig  nach 
Süden  gerückt  werden.  Auch  die  Höhendaten  beider  Beisenden  liessen  sich 
recht  gut  miteinander  in  Einklang  bringen. 

Blatt  II.  Ueber  die  Ansetzung  von  Ngäumdere  sowie  die  zwischen  Garua 
und  Ngäumdere  von  Dr.  Passarge  bestimmten  Breiten  ist  bereits  in  den  Be¬ 
gleitworten  zu  Blatt  I  gesprochen  worden.  Nur  sei  hier  noch  besonders  erwähnt, 
dass  bei  der  Konstruktion  der  Pass  argeschen  Aufnahmen  auch  die  Blätter  der 
Bohkonstruktion  von  Flegels  Booten  zum  Vergleich  herangezogen  werden 
konnten.  Diese  Vergleichung  liess  am  besten  den  Minderwerth  der  F  leg  eisehen 
Aufnahmen  gegenüber  denen  Dr.  Pas sarges  erkennen.  Beide  gingen  denselben 
Weg  bis  Ngäumdere  und  zurück  etwa  bis  zum  östlichen  Songo-n-Tapare;  dann 
führte  sie  ihr  gemeinsamer  Weg  westlich  bis  in  die  Gegend,  wo  Mao  Deo  undFaro 
sich  vereinigen.  Während  Flegel  aber  am  Faro  abwärts  ging,  biegt  Passarges 
Boute  westlich  ab,  um  durch  hohes  Gebirgsland  Dalami  zu  erreichen,  wo  die 
Flegelsche  Boute  Yola —  Köntsha  gekreuzt  wurde.  Von  hier  an  führte  der 
Weg  durch  bisher  vollkommen  unbekanntes  Land;  ein  hohes  Gebirge,  das  mit 
einzelnen  Gipfeln  2000  m  erreicht,  wird  entdeckt  und  kartographisch  festgelegt, 
soweit  dies  bei  einer  flüchtigen  Aufnahme  möglich  ist. 

Von  Dr.  Passarges  Breitenbestimmungen  entfallen  auf  Blatt  II  die  von 
Alhädjin  Galfbu,  Uro  Gäbdo,  Söngo  Tagueläfi  oder  Söngo  Kantüddu,  Ngäumdere, 
Garf  Maharbä  und  Nyeri.  Die  Längen  der  genannten  Orte  mussten  also  sämmt- 
lich  durch  Konstruktion  ermittelt  werden,  was  ohne  Vergewaltigung  der  Boh¬ 
konstruktion  sich  ausführen  liess. 

Im  Anschluss  an  die  durch  Dr.  Passarges  Boute  gefundene  Lage  von 
Dalami,  wo,  wie  bereits  erwähnt,  sein  und  Flegels  Weg  sich  kreuzen,  wurde 
des  Letzteren  Beiseweg  bis  Köntsha  nach  Blatt  III  von  Dr.  B.  Kieperts  Karten 
der  Flegelschen  Beisen  im  Bennegebiet  eingetragen;  er  liess  sich  ohne  grossen 
Zwang  den  Passargeschen  Aufnahmen  anpassen.  Freilich  erfuhr  auch  hier 
das  Geländebild  zum  Theil  eine  bedeutende  Formveränderung. 

Auch  Maistre  (Maistre,  a.  a.  0.  PI.  0.)  und  Zintgraff  (E.  Zintgraff, 
Nord-Kamerun,  Berlin  1895)  sind  von  Yola  nach  Köntsha  gegangen  und  zwar, 
wie  sich  aus  der  Identität  mehrerer  Ortsnamen  ergiebt,  auf  demselben  Wege, 
abgesehen  von  einer  kurzen  Strecke  nördlich  von  Köntsha,  die  Zintgraff  auf 
dem  linken  Ufer  des  Mao  Deo  zurückgelegt,  während  Maistre,  wie  vor  ihm 
Flegel,  auf  dem  rechten  Flussufer  sich  hielt.  Aus  der  dem  Zintgr affsclien 
Beisewerke  beigegebenen  Karte  von  L.  von  der  Vecht  sowohl  wie  auch  aus 
einem  Vergleich  der  Maistr eschen  Boute  mit  derjenigen  Flegels  erhellt,  dass 
der  Weg  der  beiden  erstgenannten  Beisenden  westlich  von  Dalami  vorbeigeht, 
um  sich  erst  nördlich  von  Laro  mit  dem  Flegelschen  wieder  zu  vereinigen. 

Das  eingetragene  Boutenstiick  westlich  von  Köntsha  gehört  sowohl  Flegel 
wie  Maistre  und  Zintgraff  an;  es  wurde  nach  Dr.  B.  Kieperts  obengenannter 
Karte  eingetragen. 

Blatt  III.  Eine  einzige  Breitenbestimmung  Dr.  Passarges  fällt  auf 
Blatt  III,  nämlich  die  von  Uro  Matslübbo,  dessen  Länge  auf  konstruktivem 
Wege  ermittelt  wurde. 

Der  Landweg  der  deutschen  Expedition  endet  in  Ibi  am  Benue. 
Dr.  Passarge  bedauerte  es  sehr,  dort  keine  astronomischen  Ortsbestimmungen 
mehr  haben  ausführen  zu  können.  Es  musste  also  untersucht  werden,  wie  Ibi 


190 


nach  Dr.  Passavges  ßoute  zu  Ibi  nach  der  Baikieschen  Ben ueaufn ahme,*) 
die  bisher  allein  für  die  Ansetzung  dieses  Ortes  maassgebend  gewesen,  passen 
würde.  Das  Ergebniss  war  höchst  befriedigend:  sowohl  unter  Zugrundelegung 
der  Marschlänge  als  der  Marschrichtung  fiel  der  Endpunkt  der  Pass  arge¬ 
schen  Route  fast  genau  mit  Ibi  der  englischen  Karte  zusammen.  Es  war  deshalb 
kein  Grund  vorhanden,  von  der  Niederlegung  Ibis  nach  der  genannten  Karte  ab¬ 
zusehen  zu  Gunsten  von  Mizons  Bestimmung  (bei  Maistre  a.  a.  0.  Pl.D.),  nach 
der  Ibi  um  1 ' . 9  nördlicher  liegen  soll,  umsoweniger  als  die  Benueaufnahme 
Bai  kies  auf  der  Ausführung  von  astronomischen  Ortsbestimmungen  beruht 
(Petermanns  Mittli.  1854,  S.  210).  Zudem  ist  Mizons  Breite  nach  ihrer  Zuver¬ 
lässigkeit  für  uns  unprüfbar  und  wurde  deshalb  vernachlässigt. 

In  Bantädji  (Muri)  kreuzen  sich  Dr.  Passarges  und  Flegels  Routen. 
Flegel  hat  in  Bantädji  eine  Breitenbestimmung  ausgeführt.  Der  Längenunter¬ 
schied  von  Bantädji  und  Ibi  kann  bei  der  geringen  Entfernung  beider  Orte  nur 
innerhalb  enger  Grenzen  schwanken,  so  dass  die  Lage  von  Bantädji  auf  Dr. 
R.  Kieperts  Karte  der  Flegelschen  Reisen  als  ziemlich  sicher  gelten  kann. 
Auch  hier  zeigte  sich  eine  fast  vollkommene  Uebereinstimmung  mit  der 
Passargeschen  Aufnahme,  und  es  wurde  deshalb  Bantädji  genau  nach 
Dr.  Kieperts  oben  erwähnter  Karte  eingetragen. 

Endlich  ist  Guriö  Dr.  Passarges  identisch  mit  Flegels  Wurio  oder 
Wurbo  am  Taräbba.  Während  dieser  Fluss  nach  Flegel  hier  als  eine  einzige 
zusammenhängende  Wasserrinne  erscheint,  fand  ihn  Dr.  Pass  arge  in  zwei 
Arme  getheilt..  Vielleicht  erklärt  sich  diese  Verschiedenheit  dadurch,  dass  die 
beiden  Reisenden  nicht  in  derselben  Jahreszeit  den  Fluss  befuhren  bezw.  über¬ 
schritten.  Dagegen  existirt  nach  Dr.  Passarges  Aussage  der  Höhenzug,  den 
Flegel  Wurbo  gegenüber  auf  dem  rechten  Ufer  des  Taräbba  verzeichnet 
hat,  nicht. 

Zwischen  Guriö  also  und  der  Mündung  des  Taräbba  in  den  Benue,  die 
nach  R.  Kieperts  Karten  der  Flegelschen  Reisen  eingetragen  wurde,  wurde 
der  Unterlauf  des  Taräbba  eingezeichnet,  was  sieh  ausführen  liess,  ohne  dass 
die  Grenzen  des  methodisch  Erlaubten  überschritten  wurden. 

Unverändert  wurden  Flegels  Routen  um  Ibi  und  Bantädji  auf  Blatt  III 
eingetragen.  Maistres  und  Dr.  Zintgraffs  Reisewege  fallen  zum  Theil  mit 
denjenigen  Flegels,  zum  Theil  mit  Dr.  Passarges  Route  zusammen.  Wo  sie 
abweichen,  wurden  sie  an  des  Letzteren  Aufnahmen  angepasst. 


*)  The  Rivers  Kowara  and  Benue  or  Ohadda  as  explored  by  the  Expedition 
under  W.  Balfour  Baikie  .  .  .  Brit.  Admiralitätskarte  No.  2446. 


Aus  dem  deutsch-ostafrikanischen  Schutzgebiete 


Ueber  die  Rechtsgewohnheiten  der  im  Bezirk  Tanga 
ansässigen  Farbigen. 

Von  Bezirksamtmann  v.  St.  Paul-Hilaire. 

Die  Rechtsgewohnheiten  der  im  Bezirk  Tanga  ansässigen  Far¬ 
bigen  sind  nacli  Religion  und  Stammesangehörigkeit  derselben 
wesentlich  verschieden. 

Wir  haben  demnach  vor  Allem  zu  unterscheiden: 

I.  Mohammedanisches  Recht. 

II.  Rechtsgewohnheiten  der  Wadigo. 

III.  „  „  Wabondei. 

IV.  „  „  Washambaa. 

V.  „  „  Wasegeju. 

Ausser  den  unter  II  bis  V  genannten  Völkerschaften  sitzen  im 
Südwesten  des  Bezirkes  Tanga  einige  Waseguha,  die  nördlichsten 
Vorposten  dieses  zwischen  dem  Pangani-  und  Wamiflusse  sitzenden 
grösseren,  der  Jurisdiktion  des  Bezirksamtes  Pangani  und  des  Neben¬ 
bezirksamtes  Saadani  unterstehenden  Volksstammes;  ferner  im  Norden 
des  Bezirkes  am  Abfall  der  Usambaraberge  einige  Wakamba  und 
Wataita,  südliche  Ausläufer  der  im  Norden  auf  englischem  Gebiete 
sitzenden  Völkerschaften  sowie  schliesslich  im  nordwestlichen 
Usambara  einige  Wapare  und  das  noch  wenig  bekannte  kleine 
Hirtenvolk  der  Wambugu. 

Ueber  die  Rechtsgewohnheiten  der  Waseguha  wird  seitens  der 
südlichen  Bezirksämter  zu  berichten  sein;  die  anderen  genannten 
kleinen  Fremdenkolonien  haben  mehr  oder  weniger  die  Rechts¬ 
gewohnheiten  ihrer  Nachbarn  angenommen.  Ueber  die  Rechtsgewohn¬ 
heiten  der  Wambugu  fehlt  es  zur  Zeit  noch  an  eingehenden 
Forschungen,  doch  scheinen  dieselben  wenig  Abweichung  von  denen 
der  Washambaa  zu  zeigen. 


192 


I.  Mohammedanisches  Recht. 

Das  mohammedanische  Recht  ist  das  einzige  hier  vorhandene 
schriftlich  fixirte  Recht.  Ihm  unterwerfen  sich  ausser  den  Arabern, 
Suaheli  und  Indiern  an  der  Küste  diejenigen  Wasegeju  und  Wadigo, 
welche  zum  Islam  übergetreten  sind,  jedoch  mit  der  Maassgabe,  dass 
sie  in  einzelnen  Fällen  noch  an  ihren  besonderen,  ihnen  traditionell 
überkommenen  Rechtsgewohnheiten  festhalten  und  Berücksichtigung 
derselben  bei  gerichtlichen  Entscheidungen  des  Bezirksamtes  finden. 

Die  Grundlage  dieses  mohammedanischen  Rechtes  bildet  für  alle 
mohammedanischen  Sekten,  wie  bekannt,  der  Koran;  aus  ihm  sind 
entsprechend  der  verschiedenen  Auslegung  der  einzelnen  Sekten 
alle  vorhandenen  Rechtsbücher  derselben  abgeleitet. 

Im  Bezirk  Tanga  haben  wir  fast  ausschliesslich  mit  den  Sekten 
der  Sunni  und  Ibadki  zu  thun.  Die  Sunni  zerfallen  in  Shafei, 
Ilanafi,  Maliki  und  Hambali. 

Shafeiten  sind  alle  Suaheli,  südarabische  Shihiri  und  mohamme¬ 
danische  Wadigo  und  Wasegeju,  Hanafiten  die  meisten  der  hier 
ansässigen  Indier  (Sindi)  und  Belutschen.  Maliki  und  Hambali 
existiren  hier  nicht.  Die  Sekte  der  Shii,  welche  in  anderen  Bezirken 
durch  viele  Koja  repräsentirt  werden,  hat  hier  nur  einen  Repräsen¬ 
tanten.  Die  wenigen  vorhandenen  indischen  Bohora  sind  Rafitlii. 
Alle  Maskataraber  sind  Ibadhi;  indessen  folgen  auch  diese  vielfach 
hier  ebenso  wie  die  Belutschen  in  den  Hauptpunkten  dem  Shafei- 
tischen  Recht. 

Das  gesammte  komplizirte  Civil-  und  Strafrecht  ist  in  einer 
grossen  Reihe  mehr  oder  weniger  ausführlicher  Rechtsbücher  und 
Kommentaren  zu  denselben  niedergelegt;  sämmtliche  sind  im  Druck 
erschienen,  die  wichtigsten  hier  vorhanden.  Auf  Grund  derselben 
werden  beim  Bezirksamt  sämmtliche  mohammedanische  Civilsachen 
entschieden.  Eine  auch  nur  ganz  auszugsweise  Wiedergabe  dieses 
Rechtes  würde  zu  weit  führen,  und  scheint,  da  es  Jedem  im  Druck 
zugänglich,  auch  überflüssig.  Ich  beschränke  mich  darauf,  unten 
eine  Liste  der  gebräuchlichsten  Rechtsbücher  der  verschiedenen 
Sekten  zu  geben.  In  Strafsachen  finden  dagegen  meist  die  Grund¬ 
sätze  des  deutschen  Strafrechtes  Anwendung,  da  in  vielen  Fällen 
die  nach  arabischem  Recht  zu  verhängenden  Strafen  nicht  mit  den 
civilisirteren  bezw.  humaneren  Anschauungen  einer  europäischen 
Nation  in  Einklang  zu  bringen  sind. 

Liste  der  gebräuchlichsten  Rechtsbücher. 

a.  Skafeitiscke  Rechtsbücher. 

Minhaj  ettalibina  (=  ennawawi). 


193 


Kommentare : 

Makali,  skerhe  il  minhaj. 

Kut  il  muktaj,  skerhe  il  minhaj. 

Ihn  Shakbak,  skerhe  il  minhaj. 

Tukfat  il  muktaj,  skerlie  il  minhaj. 
Nikayat  il  muktaj,  skerhe  il  minhaj. 
Mugkuni  il  muhtaj,  skerhe  il  minhaj. 
Il’ujalah,  sherhe  il  minhaj. 

Kataat  essabki  ala  il  minhaj. 

Sherhe  ibn  ulmulkini  ala  il  minhaj. 

Kitab  irshadi. 

Kommentax*e: 

Janat  ettalibu,  sherhe  il  irshadi. 

Isaadu,  sherhe  il  irshadi. 

Imdadi,  sherhe  il  irshadi. 

Fathul  jawadi,  sherhe  il  irshadi. 

Talkhisi,  sherhe  il  irshadi. 

Anwar  il  fakiki. 

Tbabu. 

Minhaj  ettulab. 

Kommentar: 

Fathulwahabu,  sherhe  il  minhaj  ettulab. 

Kommentar  dazu: 

Bujermi,  hashiat  Fathulwahabu. 

Ghayat  il  ikktissar. 

Kommentare: 

Il  ikinafi,  sherhe  rayat  il  ikktissar. 

Bajur,  hashiat  rayat  il  ikktissar. 
Fatkultakribu,  sherhe  rayat  il  ikktissar. 
Tukfat  il  abrari,  sherhe  rayat  il  ikktissar. 
Sherhe  il  bermawi  fi  rayat  il  ikktissar. 
Fathulmufnu. 

Kommentar : 

Janat  ettalibina,  hashiat  Fathul  mufnu. 
Kitab  erraudki. 

Mukhtassar  erraudhat. 

Junfiu  iljawami  fi  usul  il  fakiki  wa  eddini. 
Sherhe  il  buhyat. 

Sherhe  ettakriri. 

Sherhe  ettankihi. 

Sherhe  risalat  il  kashiri. 

Sherhe  adabu  il  bakthi. 

Kitab  adabu  ilkadhai. 


194 


Kitab  il  kathit. 

Kitab  il  takmulat. 

Kitab  ettanbihi. 

Sherlie  erraudba. 

Kitab  zawaid  ilkbadim. 

Kitab  zawaid  ilmubimat. 

Kitab  zawaid,  sberbe  il  mubatbab. 

Sberbe  errafei  il  kebir. 

Kitab  il  basit. 

Kitab  il  wasit. 

Kitab  il  wajiz. 

Fetawi  il  Kifali. 

Fetawil  kadbi  Hussen. 

Fetawi  ibn  essalabi. 

Fetawil  Gbazali. 

Fetawi  ibn  Hajar. 

Fetawi  erramli. 

Fetawil  kbalili. 

Bugbyat  il  mustarsbadina. 

Rayat  ul  bayani. 

Mawabib  issamatu  ala  subat  il  fakibi. 

Hasbiet  il  bajuri  ala  Sbensburi  li  matin  errabibia. 
Sberbe  ettartib  fi  ilm  il  feraidli. 

Subat  il  fakibi. 

Kommentar: 

Sberbe  essubat  il  fakibi. 

b.  Hanafitiscbe  Kecbtsbücber. 

Kitab  sberbe  il  kadri. 

Sberbe  majina’  il  babarain. 

Sberbe  il  kanzi. 

Fetawi  kadbi  Khan. 

Mantbuma  innesli. 

Sberbe  il  bidaya. 

Kitab  eddurra. 

c.  Ibadbitiscbe  Iiecbtsbiicber. 

Bayan  essberia. 

Dalaidi  filawatliim. 

Mukbtassar  il  kbisali. 

Mukbtassar  il  bessewi. 

Jamf  il  mufid. 

Jami  il  jawarni  ibn  ennatbar. 

Kamus  esbsberia. 

Mubatbab. 


195 


Für  die  Praxis  des  hiesigen  Bezirksamtes  würde  die  deutsche 
Uebersetzuug  eines  der  Hauptwerke,  etwa  das  Minhaj  ettalibina, 
allen  Anforderungen  genügen. 

Das  Shafeitische  Erbrecht  wird  in  gut  verständlicher  Form  in 
dem  von  Leo  Hirsch  verdeutschten  Werke:  „Der  Überfliessende 
Strom  in  der  Wissenschaft  des  Erbrechtes  der  Haneliten  und  Shafeiten, 
arabischer  Text  von  Shekli  Abd  ul  Kadir  Mohammed“  dargestellt. 

Das  Buch  ist  für  sämmtliche  Bezirksämter  von  grossem  Nutzen. 

II.  RecMsgewolmheiten  der  Wadigo. 

Ueber  die  Rechtsgewohnheiten  der  Wadigo,  ebenso  wie  der 
später  zu  behandelnden  anderen  oben  angeführten  Volksstämme  sind 
mir  irgend  welche  Aufzeichnungen  bisher  nicht  bekannt  geworden. 

Ich  gebe  nachstehend  eine  kurze  Darstellung  derjenigen  Rechts¬ 
grundsätze,  welche  hier  für  die  Praxis  grössere  Bedeutung  haben, 
so  wie  sie  bisher  von  mir  festgestellt  und  gesammelt  werden  konnten 
und  werde  sie  in  dem  Maasse,  wie  mir  Neues  bekannt  wird,  nach 
und  nach  ergänzen. 

I.  Digo  -  Erbrecht. 

Während  es  nach  mohammedanischem  Recht  mehrere  Klassen 
von  Erben  giebt,  unter  welche  der  Nachlass  eines  Verstorbenen  nach 
bestimmten  Grundsätzen  vertheilt  wird,  kennt  das  Digoreckt  nur 
einen  jedesmaligen  Erben,  soweit  das  eigentliche  Vermögen  des 
Verstorbenen  in  Betracht  kommt. 

a.  Vererbung  des  Vermögens. 

Hauptgrundsatz : 

„Beim  Tode  eines  Mannes  oder  einer  Frau  erbt  der 
durch  die  Mutter  in  auf-  und  absteigender  Linie  nächst 
vorhandene  männliche  oder  weibliche  Blutsverwandte 
des  Verstorbenen  das  gesammte  Vermögen.“ 

Die  Bestimmung  der  Nähe  der  Verwandtschaft  nach  Digo- 
anschauung  zeigt  die  nachstehende  Aufstellung. 

1.  In  erster  Linie  erbt  das  älteste  der  vorhandenen  Geschwister 
gleicher  Mutter,  also  der  älteste  vorhandene  Bruder  oder  Halbbruder 
von  Mutterseite  (mweneku  mlume  mviere),  oder  die  älteste  vorhan¬ 
dene  Schwester  oder  Halbschwester  von  Mutterseite  (mwenehu 
mchetu  mviere).  Ob  dieser  bezw.  diese  den  gleichen  oder  einen 
anderen  Vater  hat  wie  der  Verstorbene,  ist  also  gleichgültig;  es 
kommt  bei  Bestimmung  der  Verwandtschaft  lediglich  die  Abstammung 
von  gleicher  Mutter  in  Frage,  der  Ansicht  folgend,  dass  die  Mutter 
eines  Menschen  meist  mit  einer  gewissen  Bestimmtheit,  der  Vater 
aber  nur  mit  einer  gewissen  Wahrscheinlichkeit  festzustellen  ist. 


196 


2.  Sind  keine  Geschwister  von  gleicher  Mutter  vorhanden,  so 
erbt  die  Mutter  das  ganze  Vermögen  (mayo  mviere  =  grosse  Mutter 
im  Gegensatz  zu  mayo  mdide  =  kleine  Mutter,  Schwester  der  Mutter). 

3.  Sind  die  vorstehenden  Erben  nicht  vorhanden,  so  erbt  der 
älteste  vorhandene  Bruder  oder  Halbbruder  der  Mutter  von 
gleicher  Mutter  wie  diese  (awu,  Onkel  mütterlicherseits)  oder  die 
älteste  vorhandene  Schwester  oder  Halbschwester  der  Mutter  von 
gleicher  Mutter  wie  diese  (mayo  mdide  =  Tante  mütterlicherseits). 

4.  Sind  auch  diese  nicht  vorhanden,  so  erbt  der  vorhandene 
älteste  Sohn  (muwa  mlume  =  Neffe)  oder,  falls  solcher  nicht  da  ist, 
die  älteste  Tochter  (muwa  mchetu  =  Nichte)  der  ältesten  Schwester 
oder  Halbschwester  der  Verstorbenen  von  Mutterseite.  Hat  diese 
älteste  Schwester  keine  Kinder  oder  sind  dieselben  nicht  mehr  vor¬ 
handen,  so  treten  für  sie  der  älteste  Sohn  bezw.  die  älteste  Tochter 
der  nächst  jüngeren  Schwester  des  Verstorbenen  ein. 

(NB.  Für  diese  Neffen  bezw.  Nichten  heisst  der  Verstorbene 
awu,  die  Verstorbene  mayo  mdide.) 

5.  Sind  auch  Neffen  oder  Nichten  des  Verstorbenen  nicht  vor¬ 
handen,  so  erbt  die  Grossmutter  mütterlicherseits,  das  heisst  die 
Mutter  der  Mutter  (wawa  mviere  =  grosse  Grossmutter  im  Gegensatz 
zu  wawa  mdide  =  kleine  Grossmutter,  das  heisst  Schwester  der 
Grossmutter). 

6.  Falls  diese  nicht  mehr  vorhanden  ist,  tritt  für  sie  ihr  ältester 
vorhandener  Bruder  oder  Halbbruder  mütterlicherseits  (tsawe  mviere) 
oder  ihre  älteste  vorhandene  Schwester  oder  Halbschwester  von 
gleicher  Mutter  (wawa  mdide)  ein. 

(NB.  Her  Grossvater  heisst  auch  „tsawe“;  derselbe  kommt  bei 
der  Erbschafft  aber  nicht  in  Betracht.) 

7.  Sind  alle  diese  Erben,  bei  denen  jeder  in  der  aufgeführten 
Reihenfolge  Vorstehende  alle  Nachstehenden  ausschliesst,  nicht  vor¬ 
handen,  so  erbt  der  nächste  etwa  vorhandene  Verwandte  mütter¬ 
licherseits;  bei  Feststellung  der  Nähe  der  Verwandtschaft  wird  stets 
auf  die  gemeinsame  Mutter,  Grossmutter  (d.  h.  Mutter  der  Mutter), 
Urgrossmutter  (d.  h.  Mutter  der  Mutter  der  Mutter)  u.  s.  w.  zurück¬ 
gegangen;  bei  gleichem  Grade  der  Verwandtschaft  hat  der  durch 
die  aufsteigende  Linie  Verwandte  das  Vorrecht  vor  dem  durch  die 
absteigende  Linie  Verwandten. 

Die  alleinige  Erbberechtigung  der  weiblichen  Linie  ist  also 
streng  durchgeführt. 

b.  Vererbung  der  Frau  und  Kinder. 

Vorstehend  ist  lediglich  von  der  Vererbung  des  Vermögens  des 
Verstorbenen  die  Rede  gewesen,  d.  h.  das  Vermögen  nach  deutschen 
Rechtsbegriffen. 


197 


Nach  Digorecht  gehört  die  Frau  (bezw.  Frauen)  eines  Verstor¬ 
benen  und  deren  Kinder  aber  auch  zum  Nachlass;  sie  werden  eben¬ 
falls  nach  bestimmten  Grundsätzen  vererbt. 

Hauptgrundsatz : 

„Beim  Tode  eines  Mannes  erbt  der  nächst  vorhandene 
männliche  Verwandte  von  Mutterseite  die  Frau  oder 
Frauen  des  Verstorbenen  und  deren  Kinder.“ 

In  erster  Linie  ist  also  der  älteste  vorhandene  Bruder  des  Ver¬ 
storbenen  von  gleicher  Mutter  erbberechtigt,  dann  die  anderen 
männlichen  Verwandten  des  Verstorbenen  von  Mutterseite  nach  den 
oben  angeführten  Grundsätzen  der  Nähe  der  Verwandtschaft. 

(Der  Onkel  [awu]  des  V erstorbenen  kann  auf  diese  Art  seine 
angeheirathete  Nichte,  der  Neffe  unter  Umständen  seine  Tante  erben.) 

Auf  den  Erben  der  Frau  (bezw.  Frauen)  mit  ihren  Kindern 
gehen  gewisse  vermögensrechtliche  Vortheile  über,  indem  ihm  ein 
gewisser  Antlieil  von  dem  Heirathsgut,  welches  die  etwaigen  Töchter 
der  Frau  (oder  Frauen)  bei  ihrer  Verheirathung  einbringen,  zusteht. 

(Näheres  über  die  Höhe  desselben  unter  „Eherecht“.) 

Die  Frau  des  Verstorbenen  kann  sich  weigern,  dem 
nächstberechtigten  Erben  zu  folgen. 

Es  können  hier  drei  Fälle  in  Frage  kommen: 

1.  Die  Frau  kehrt  mit  ihren  Kindern  zu  ihren  Ver¬ 
wandten  zurück. 

In  diesem  Falle  sind  ihre  im  Abschnitt  über  das  Eherecht  näher 
bezeichneten  Verwandten  verpflichtet,  dem  berechtigten  Erben  das 
von  seinem  verstorbenen  Erblasser  bei  der  Hochzeit  jener  Frau  an 
deren  Verwandte  gezahlte  Heirathsgut  voll  zurückzuzahlen. 

Nach  erfolgter  Zurückzahlung  erlöschen  jede  Ansprüche  des 
Erben  an  Frau  und  Kinder. 

2.  Die  Frau  kehrt  zu  ihren  Verwandten  zurück  und 
überlässt  dem  berechtigten  Erben  ihres  Mannes  ihre 
sämmtlichen  Kinder. 

In  diesem  Falle  sind  die  Verwandten  der  Frau  nicht  verpflichtet, 
das  Heirathsgut  zurückzuzahlen,  da  dem  Erben  aus  der  Verheirathung 
der  Töchter  der  Frau  seines  Erblassers,  wie  angedeutet,  vermögens¬ 
rechtliche  Vortheile  erwachsen,  durch  welche  das  Heirathsgut  kom- 
pensirt  wird.  Der  Erbe  hat  in  solchem  Falle  ausdrücklich  zu 
erklären,  dass  er  auf  die  Rückzahlung  des  Heirathsgutes  verzichtet 
und  dafür  die  Kinder  der  Frau  des  Verstorbenen  für  sich  behält. 

Dieser  Fall  wird  natürlich  nur  eintreten,  wenn  diese  Kinder 
„Töchter“  sind,  denn  die  Verheirathung  von  Söhnen  bringt  den 
Erben  nicht  nur  nichts  ein,  sondern  kostet  ihnen  noch  etwas. 

Mitth.  von  Forschungsreisenden,  VIII.  Band.  III. 


198 


3.  Die  Frau  kehrt  nicht  zu  ihren  Verwandten  zurück, 
sondern  wählt  sich  einen  anderen  als  den  erbberechtigten 
männlichen  Verwandten  ihres  verstorbenen  Mannes  zum 
Gatten. 

Dieser  Fall  tritt  nur  ein,  wenn  der  berechtigte  Erbe  selbst  seine 
Zustimmung  giebt.  Da  für  ihn  lediglich  die  vermögensrechtliche 
Frage  ausschlaggebend  ist,  wird  er,  falls  die  Frau  noch  nicht  zu 
alt  und  noch  Aussicht  vorhanden  ist,  dass  sie  Kindern  das  Leben 
geben  wird,  ihrer  Wahl  zustimmen. 

Die  Kinder,  welche  diesem  neuen  Verhältnis  entspriessen, 
gelten  nämlich  rechtlich  als  Kinder  des  erbberechtigten  Ver¬ 
wandten,  nicht  des  von  der  Frau  erwählten  stellvertretenden  Gatten; 
Ersterer  zieht  also  auch  aus  ihnen,  soweit  es  Töchter  sind,  bei  der 
Verheirathung  die  Vortheile  des  Heirathsgutes,  nicht  der  natürliche 
Vater. 

Sind  mehrere  Frauen  des  Verstorbenen  vorhanden,  so  können 
verschiedene  der  vorstehenden  Fälle  gleichzeitig  eintreten. 

Wenn  auch  de  jure  nur  eine  Person  das  ganze  Vermögen  eines 
Verstorbenen  erbt,  so  gehen  doch  in  praxi  die  anderen  näheren 
Verwandten,  besonders  die  Neffen,  nie  ganz  leer  aus.  Der  Erbe 
schenkt  ihnen,  falls  der  Nachlass  gross  genug  ist,  einige  Stück  Vieh, 
einige  Palmen  oder  dergleichen;  ein  liecht,  dies  zu  beanspruchen, 
liegt  aber  nicht  vor. 

c.  Ausschluss  von  der  Erbschaft. 

Söhne  und  Töchter  erben  ebenso  wenig  wie  die  Ehefrau  (bezw. 
Frauen)  oder  der  Gatte,  der  Vater,  Grossvater  oder  irgend  ein 
Verwandter  durch  die  männliche  Linie. 

Halbbruder  oder  Halbschwester  von  Vaterseite  gelten  nicht 
als  verwandt. 


d.  Erbschafts  -  Vormundschaft. 

Aus  der  eigenartigen,  wenig  untergeordneten  Stellung  der 
Sklaven  bei  den  Wadigo  hat  sich  eine  Rechtsgewohnheit  heraus¬ 
gebildet,  welche  mit  allen  Grundsätzen  des  Erbrechts  eigentlich  im 
Widerspruch  steht. 

Es  kommt  nämlich  vor,  dass  ein  Sklave,  der  durch  besondere 
Tüchtigkeit  und  Stärke  sich  Achtung  und  Einfluss  in  der  Familie 
erworben  hat,  beim  Tode  seines  Herrn  dessen  gesaminte  Erbschaft 
antritt.  Es  geschieht  dies  besonders,  wenn  der  berechtigte  Erbe 
noch  sehr  jung  ist,  und  kann  dieser  Fall  als  eine  gewisse  Erbschafts- 
Vormundschaft  angesehen  werden.  Sämmtliche  etwa  später  erb¬ 
berechtigte  Verwandte  haben  ihr  Einverständniss  mit  dieser  Vor- 


199 


mundscliaft  auszudrücken  und  erkennen  dann  den  betreffenden  Sklaven 
als  Haupt  ihrer  Familie  an,  dem  sie  sich  unterstellen. 

Er  tritt  die  Erbschaft  vollständig  und  mit  allen  Konsequenzen 
an,  ist  also  auch  berechtigt,  die  Frauen  seines  Herrn  zu  übernehmen, 
Töchter  desselben  zu  verheirathen  und  den  dem  Vater  bezw.  Erben 
desselben  gebührenden  Antlieil  am  Heirathsgut  für  sich  zu  nehmen. 
Er  bleibt  bis  zu  seinem  Tode  in  seiner  Stellung,  tritt  also  nicht 
etwa,  wenn  der  berechtigte  Erbe  erwachsen  ist,  diesem  das  Erbe  ab. 

e.  Haftbarkeit  des  Erben  für  Schulden  des  Erblassers. 

Der  berechtigte  Erbe  ist  verpflichtet,  die  etwaigen  Schulden 
seines  Erblassers  zu  bezahlen.  In  erster  Linie  haftet  der  Nachlass 
für  die  Schulden,  in  zweiter  Linie  die  Kinder  des  Verstorbenen  von 
einer  Nebenfrau  (shuria)  und  in  dritter  Linie  die  Kinder  von  einer 
rechtmässigen  Frau,  insofern  sie  vom  Erben  zur  Erlangung  von 
Mitteln  zur  Deckung  der  Schulden  als  Sklaven  verkauft  werden 
konnten.  Es  kam  selbst  vor,  dass  der  Erbe,  Bruder  oder  Onkel  (awu) 
des  Verstorbenen,  sich  selbst  oder  einen  seiner  Brüder  oder  die 
Kinder  seiuer  Schwester  zur  Tilgung  der  Schulden  in  die  Sklaverei 
verkaufte  oder  verpfändete.  War  es  dem  Erben  später  möglich,  so 
kaufte  er  seine  Verwandten  wieder  frei,  wo  nicht,  blieben  sie  Sklaven. 

Die  Gewohnheit  des  Verkaufs  von  Verwandten  zur  Tilgung  von 
Schulden  verschwindet  neuerdings  übrigens,  da  sie  vom  Bezirksamt 
nicht  geduldet  wird.  Der  Erbe  tilgt  etwaige  Schulden  des  Erblassers 
aus  dessen  Nachlass,  soweit  er  reicht,  und  übernimmt  die  nicht 
gleich  zu  deckenden  Summen  als  eigene  nach  und  nach  zu  tilgende 
Schulden. 

Wenn  der  berechtigte  Erbe  auch  jetzt  noch  im  Allgemeinen  die 
volle  Haftbarkeit  für  Schulden  seines  Erblassers  zu  übernehmen 
pflegt,  so  kommen  doch  schon  vereinzelte  Fälle  vor,  in  welchen 
diese  Haftbarkeit  nur  bis  zum  Betrage  des  vorhandenen  Nachlasses 
nach  europäischen  Begriffen  anerkannt  wird.  Der  Erbe  tritt  dann 
also  eigentlich  die  Erbschaft  nicht  an. 

Die  bisherigen  Rechtsgewohnheiten  befinden  sich  also  in  diesem 
Punkte  in  einem  Stadium  der  Umbildung,  welches  durch  Maassnahmen 
der  Regierung  gegen  den  Sklavenhandel  herbeigeführt  ist. 

2.  Digo-Ehereclit. 
a.  Zahl  der  Fraue  n. 

Bei  den  Wadigo  herrscht  Vielweiberei;  die  Zahl  der  recht¬ 
mässigen  Frauen  und  der  Nebenfrauen  (Kebsweiber,  shuria)  ist  ge¬ 
setzlich  unbeschränkt.  Da  die  Möglichkeit,  eine  oder  mehrere  Frauen 
zu  heirathen,  lediglich,  wie  weiter  unten  ausgeführt  wird,  von  dem 

14* 


200 


Reickthum  der  Familie  des  Bräutigams  abkängt,  gestaltet  sick  die 
Frauenfrage  in  praxi  kier  ebenso  wie  in  den  meisten  Ländern  mit 
Vielweiberei;  der  Begüterte  keiratket  rnekrere  Frauen  und  kält  sick 
Sklavinnen  als  Kebsweiber.  Der  Aermere  begnügt  sick  mit  Wenigen 
oder  Einer. 

Jede  recktmässige  Frau  erkält  ikre  Hütte  und  ikren  Hausstand 
für  sick. 

Heiratken  unter  Verwandten  sind  in  einigen  weiter  unten  er- 
wäknten  Fällen  gestattet. 

b.  Ekesckliessung  und  Hockzeitsgut. 

Es  giebt  zwei  rechtsgültige  Arten  der  Ekesckliessung,  die  eine 
okne  vorherige  Befragung  der  Angehörigen  der  Frau,  die  andere 
mit  vorheriger  Befragung  derselben. 

1.  Erste  Art  der  Ekesckliessung. 

(Kidigo:  nyambura  ya  wirani.  Kisuaheli:  liarusi  ya  ngouiani.) 

Tanz-Hockzeit. 

Der  Jüngling,  welcher  ein  Mädchen  heiratken  will,  einigt  sick 
einfach  gelegentlich  eines  Tanzfestes  mit  ihr  und  entführt  sie,  bezw. 
sie  geht  mit  ihm  nach  seinem  Dorfe  und  Hause  durch,  wo  die  Eke¬ 
sckliessung  okne  weitere  Formalitäten  vollzogen  wird. 

Am  nächsten  Morgen  tkeilt  der  Ehemann  seinen  Freunden  und 
Dorfgenossen  die  Tkatsacke  mit;  ein  Schmaus  wird  von  den  Weibern 
unter  Gesang  bereitet  und  im  Freien  von  den  Männern  und  Weibern 
des  Dorfes  eingenommen.  Getanzt  wird  danach  nickt. 

Der  Ehemann  sendet  weder  seinem  Schwiegervater  noch  anderen 
Verwandten  der  Frau  irgend  welche  Nachricht. 

Das  Verschwinden  der  Tochter  kann  den  Eltern  aber  nickt 
lange  verborgen  bleiben;  sie  stellen  Nachforschungen  an,  und  nach¬ 
dem  das  Gerückt  ihnen  die  Kunde  der  Ereignisse  zugetragen,  macken 
sick  Vater  und  Mutter  auf,  suchen  ikre  Tochter  und  bringen  ihr 
Ricinusöl  (rnafuta  ya  uto)  zum  Einsalben  des  Körpers  und  Kleider. 

Sie  geben  dadurch  der  Ehe  bereits  eine  gewisse  Sanktion.  Der 
wichtigste  Tkeil  des  „Geschäftes“  folgt  für  den  Vater  aber  erst; 
für  ihn  ist,  wie  oben  angedeutet,  die  Verkeiratlnmg  einer  Tochter 
eine  Einnahmequelle;  die  Frage  des  Ilochzeitsgutes  bleibt  zu  er¬ 
ledigen,  denn  ehe  dies  nicht  bezahlt  ist,  kann  die  Ehe  noch  rück¬ 
gängig  gemacht  werden. 

Berechtigt,  die  Zahlung  des  Hochzeitsgutes  zu  verlangen,  ist 
der  Vater  und  der  älteste  Bruder  der  Mutter  der  Braut  (d.  h.  ihr 
awu,  Onkel,  mütterlicherseits  bezw.  Schwager  des  Vaters,  mlamu), 
verpflichtet,  die  Zahlung  zu  leisten,  der  Vater  und  älteste  Bruder 


201 


der  Mutter  des  Bräutigams,  da  dieser  in  den  seltensten  Fällen  selbst 
bereits  genügend  besitzen  wird. 

Als  Hochzeitsgut  sind  folgende  Zahlungen  zu  leisten: 

1.  „mahunda“  (kisuaheli:  vitu  =  Dinge),  das  eigentliche  Hoeh- 
zeitsgut  und  zwar  eine  erwachsene  Kuh,  goma  ra  ng’ombe  (kisw. : 
koo  la  ng’ombe),  eine  Ferse,  mori  ya  ng’ombe  (kisw.  ebenso  oder 
matamba  wa  ng’ombe),  ein  männliches  Bind,  sau  ya  ng’ombe  (kisw. 
ebenso). 

2.  „madzuchi“  (kisw.  matembo,  Palmwein)  an  Stelle  der  durch 
das  Wort  bezeichneten  Palmweinlieferung,  eine  Ferse,  mori  ya 
ng’ombe. 

Diese  vier  Binder  werden  je  nach  den  Vermögensverhältnissen 
auf  einmal  oder  nach  und  nach  entweder  in  natura  oder  in  Geld 
bezahlt,  wobei  eine  Kuh  bezw.  Ferse  =  8  bis  12  Dollar  ä,  2  Rup., 
ein  Ochse  =  G  Dollar  zählt. 

Der  Vater  des  Bräutigams  zahlt  zwei  Kühe  und  einen  Ochsen, 
der  Onkel  mütterlicherseits  eine  Kuh,  davon  erhält  der  Vater  der 
Braut  zwei  Kühe  und  einen  Ochsen,  der  Onkel  mütterlicherseits 
eine  Kuh.  Falls  der  Vater  des  Bräutigams  todt  ist,  tritt  für  ihn 
der  älteste  vorhandene  Bruder  des  Vaters  ein. 

Falls  der  Onkel  mütterlicherseits  des  Bräutigams  sich  weigert, 
seinen  Antheil  zu  zahlen,  so  zahlt  der  Vater  Alles. 

3.  „kigube“  (kisw.  sime,  das  Schwert),  eine  Ziege,  Schaf  oder 
einen  Dollar  und 

4.  „mlala“  (kisw.  mnyää,  Dumpalme,  Hyphaena  tebaica),  eine 
Ziege  oder  Schaf  oder  einen  Dollar. 

Beide  zahlt  der  Onkel  des  Bräutigams  an  den  Onkel  der  Braut. 

Der  Sinn  des  kigube  und  mlala  ist  der:  „kigube“,  das  Schwert, 
um  „kudosa  malau“  (kisw.  kukata  maneno)  „die  Worte  abzuscheiden, 
d.  k.  die  Sache  zu  erledigen. 

„mlala“,  die  Dumpalme  bezw.  Blätter  derselben,  die  als  Flecht¬ 
material  dienen,  um  „kufunga  malau“  (kisw.  kufunga  maneno)  „die 
Worte  zu  binden,  d.  h.  ebenfalls  die  Sache  zum  Abschluss  bringen, 
festmacken,  dass  sie  nicht  mehr  rückgängig  gemacht  wird. 

2.  Zweite  Art  der  Eliesclfliessung. 
nyambura  ya  kubwaga  (kisw.  liarusi  ya  kutoa  vitu). 

Die  Braut  lässt  sich  hier  nicht,  wie  bei  der  ersten  Art  der 
Eheschliessung,  einfach  stehlen  bezw.  entführen,  sondeim  verlangt, 
•bevor  sie  ihrem  Manne  folgt,  die  Erledigung  einer  Reihe  von  For¬ 
malitäten  und  die  Zahlung  von  mindestens  einem  Theile  des  Hock¬ 
zeitsgutes. 

Es  ist  die  Form,  wie  die  Ehe  unter  Vornehmen,  Begüterteren 
geschlossen  wird. 


202 


Die  genaueren  Vorgänge  bei  dieser  Eliescliliessung  sind  folgende: 

Der  Jüngling  begiebt  sich  in  das  Dorf  seiner  Auserwählten  und 
bittet  sie  um  ihre  Hand.  Ist  das  Mädchen  gewillt,  ihn  zu  nehmen, 
so  erklärt  sie,  falls  ihr  Vater  einverstanden  sei  und  er  mit  ihr  wegen 
des  Hochzeitsgutes  einig  werde,  seine  Frau  werden  zu  wollen.  Der 
Bräutigam  sendet  nun  zunächst  einen  Freund  als  Freiwerber 
(Kungwi,  auch  Pathe)  zum  Vater  der  Braut,  welcher  ihm  das  Be¬ 
gehren  des  Bräutigams  vorträgt.  Ist  der  Vater  gewillt,  den  Freier 
anzunehmen,  so  lässt  er  ihm  bedeuten,  er  solle  zahlen. 

Vielfach  werden  bei  solchen  Verhandlungen  stereotype  Redens¬ 
arten  angewandt,  so:  kama  mayo  ammenza  baba,  ndiye  mtsedza 
wangu;  mwambire  abwage,  d.  li.  wenn  die  Mutter  (das  ist  seine 
Tochter)  den  Vater  (das  ist  der  Freier)  liebt,  so  ist  er  mein 
Schwiegersohn,  sage  ihm,  er  solle  zahlen  (kidigo  mtsedza  =  kisua- 
heli  mkwe;  kubwaga  =  kutoa  mali). 

Der  Bräutigam  begiebt  sich  nach  Empfang  dieser  Nachricht 
zurück  zu  seinem  Vater,  theilt  ihm  sein  Vorhaben  mit  und  bittet 
ihn,  „ndekwa“,  d.  h.  Anzahlung  auf  das  Hochzeitsgut,  zu  zahlen. 
Nachdem  er  diese  in  Gestalt  einer  Kuh  oder  von  1  bis  6  Dollar 
erhalten  hat,  begiebt  er  sich  wieder  mit  seinem  kungwi  zum  Dorfe 
der  Braut,  sucht  aber  hier  das  Haus  der  wawa  der  Braut,  d.  h. 
ihrer  Grossmutter  mütterlicherseits,  auf.  Dem  Mann  derselben  wird 
die  ndekwa,  die  Anzahlung,  übergeben,  und  dieser  bringt  sie  zu¬ 
sammen  mit  dem  kungwi  des  Bräutigams  zum  Brautvater. 

Jetzt  erst  fragt  dieser  die  Tochter  selbst  um  ihre  Meinung  und 
macht  sie,  falls  ihm  die  Ehe  nicht  günstig  erscheint,  auf  bessere 
Partien  aufmerksam.  Ist  das  Mädchen  wirklich  bereits  fest  ent¬ 
schlossen  gewesen,  den  Freier  zu  heirathen,  so  werden  etwaige 
Einreden  des  Vaters  nicht  viel  nützen;  er  wird  auch  nicht  sehr  in 
die  Tochter  dringen,  da  er  weiss,  dass  sie  sich  eben  so  gut  ohne 
seine  vorherige  Einwilligung  hätte  beim  Tanze  entführen  lassen 
können.  Er  wird  also  in  den  meisten  Fällen  die  ndekwa  annehmen 
und  dadurch  ausdrücken,  dass  er  seine  Einwilligung  formell  ertheile; 
bekräftigt  wird  diese  noch  dadurch,  dass  er  dem  Bräutigam  bestellen 
lässt,  er  solle  jetzt  „madzuchi“,  d.  h.  Palmwein,  bringen. 

Der  Mann  der  Grossmutter  (wawa)  der  Braut  theilt  dem  Bräu¬ 
tigam,  der  persönlich  nie  mit  dem  Schwiegervater  verhandelt,  das 
Resultat  seiner  Sendung  mit,  und  der  Bräutigam  erhält,  falls  die 
Antwort  gut  ausgefallen  ist,  jetzt  bereits  die  Erlaubniss,  die  nächste 
Nacht  mit  seiner  Braut  allein  im  Hause  der  Grossmutter  zu  ver¬ 
bringen;  dadurch  ist  der  erste  Theil  der  Eheschliessung  beendigt; 
es  folgen  nun  die  weiteren  Formalitäten,  die  zur  Hochzeitsfeier  führen. 

Am  nächsten  Morgen  begiebt  sich  der  junge  Ehemann  wieder 


203 


zu  sich  nach  Hause,  um  den  „madzuchi“,  d.  h.  Palmwein,  zu  besorgen; 
in  diesem  Falle  bestellt  der  „madzuchi“  aus  Palmwein  in  natura 
und  einer  Ziege. 

Die  Eltern  des  Bräutigams  senden  diese  Gaben  dem  Vater  der 
Braut,  und  dieser  bereitet  den  Leuten,  welche  sie  in  festlichem  Zuge 
überbringen,  ein  Festmahl,  übergiebt  ihnen  auch  wohl  noch  beim  Ab¬ 
schied  eine  Ziege,  welche  gleich  geschlachtet  und  nach  Hause 
mitgenommen  wird. 

Sobald  der  Bräutigam  seine  Vorbereitungen  getroffen  hat  oder 
ihm  der  Zeitpunkt  günstig  erscheint,  begiebt  er  sich  wieder  zur 
Braut  und  theilt  ihr,  ohne  länger  bei  ihr  zu  weilen,  den  Tag  mit, 
an  welchem  er  sie  abholen  würde.  Die  Braut  giebt  ihrem  Vater 
diesen  Tag  bekannt. 

Am  bestimmten  Tage  kommt  der  Bräutigam  mit  einem  Freunde, 
seinem  chandama,  man  könnte  sagen  „Brautjunker“,  um  seine  Frau 
aus  dem  Plause  ihrer  Grossmutter  zu  sich  abzuholen.  Die  junge 
Frau  nimmt  Abschied  von  ihrem  Vater,  packt  ihre  Sachen  und  folgt, 
ebenfalls  von  einer  jüngeren  Freundin,  ihrer  chandama  (Brautjungfer), 
begleitet,  ihrem  Manne. 

Der  Weg  muss  in  ganz  langsamer,  gemessener  Gangart  zurück¬ 
gelegt  werden,  und  das  Paar  muss  sich  so  einrichten,  dass  es  bei 
Einbruch  der  Dunkelheit  im  Dorfe  des  Mannes  eintrifft,  um  nicht  von 
allen  Leuten  gesehen  zu  werden.  Vor  dem  Dorfthor  pflegt  jedoch 
der  junge  Ehemann  zu  schiessen,  damit  seine  Dorfgenossen  wissen, 
dass  er  gekommen  ist  und  dass  am  nächsten  Tage  das  Hochzeits¬ 
fest  stattfinden  wird. 

Das  Ehepaar  bezieht  eine  eigene  Hütte,  nicht  die  des  Vaters. 
Brautjunker  und  Brautjungfer  verbringen  die  Nacht  mit  dem  jungen 
Paare  in  der  gleichen  Hütte,  und  das  Mädchen  darf,  ohne  dass  es 
ihrem  Bufe  schadet,  hier  mit  dem  Jüngling  in  nähere  Beziehung 
treten. 

Am  nächsten  Tage  wird  das  eigentliche  Hochzeitsfest  gefeiert. 
Die  Dorfgenossinnen  haben  bereits  am  Tage,  an  welchem  der  Bräu¬ 
tigam  ging,  seine  Braut  zu  holen,  Mais  hergerichtet.  Am  Hochzeits¬ 
morgen  wird  er  gestampft,  ugali  gekocht,  und  sieben  Hühner  werden 
herbeigebracht;  nur  eins  davon  wird  indess  am  ersten  Tage  ge¬ 
schlachtet.  Die  Freunde  des  Mannes  versammeln  sich  am  Nachmittag 
und  essen;  falls  ein  Unverheiratheter  hierbei  einen  der  Hühuer- 
knochen  zerbeisst  oder  zerbricht,  muss  er  ein  neues  Huhn  bringen. 
Die  Weiber  gehen  bereits  am  Morgen  ins  Haus  zur  jungen  Frau 
und  tanzen,  singen  und  spielen  den  ganzen  Tag.  (dendere,  eine 
bedeckt  sich  die  Augen  mit  der  Hand,  wird  von  einer  anderen  mit 
den  Fingern  getupft  und  muss  rathen,  wer  es  gewesen  ist  u.  s.  w.). 


204 


So  wird  dies  fünf  Tage  fortgesetzt,  während  welcher  die  junge  Frau 
das  Haus  nicht  verlassen  und  nicht  essen,  sondern  nur  Kokosmilch 
trinken  darf.  Es  findet  sich  aber  meist  eine  gute  Freundin,  welche 
ihr,  nachdem  die  anderen  das  Haus  abends  verlassen  haben,  etwas 
Speise  bereitet.  Her  junge  Ehemann  darf  essen,  jedoch  nicht  mit 
den  anderen  zusammen. 

An  dem  Tage,  an  welchem  die  Braut  ihr  Heimathsdorf  verlässt, 
senden  ihre  Eltern  12  Flaschen  Ricinus-  und  Sesamöl  in  das  Hoch¬ 
zeitshaus.  Am  fünften  Tage  der  Hochzeit  salbt  sich  Alles  damit 
schön  ein.  Am  selben  Tage  gegen  Abend  kommt  die  junge  Frau 
aus  dem  Hause;  vor  ihr  ihre  chandama  (Brautjungfer),  hinter  ihr 
im  Gänsemarsch  die  anderen  Frauen  des  Dorfes,  indem  sich  Alle 
am  Halse  halten  und  den  Kopf  auf  den  Nacken  der  Vorderen  legen. 
Ganz  langsam,  einen  Fuss  vor  den  anderen  schiebend,  begeben  sie 
sich  zum  Hause  der  Mutter  des  Bräutigams.  Diese  erscheint  mit 
ihren  Schwestern;  trillernd  und  kreischend  streuen  sie  Reis  umher. 
Die  junge  Frau  wird  an  der  Thür  des  Hauses  gelassen,  die  anderen 
gehen  nach  Hause,  und  die  Feierlichkeit  ist  beendet.  Die  junge 
Frau  besorgt  zunächst  alle  Wirthschaftsgeschäfte  im  Hause  der 
Mutter  ihres  Mannes,  in  seinem  Hause  bleibt  sie  nur  des  Nachts. 

Nach  etwa  einem  Monat  begiebt  sich  die  junge  Frau  zu  ihrem 
Vater  zurück  und  bittet  ihn,  ihr  ihren  Kochplatz  herzurichten. 
Der  Vater  besorgt  Reis  und  ein  Huhn,  event.  eine  Ziege,  kommt 
und  richtet  ihr  im  Hause  ihres  Gatten  ihren  Kochplatz  her,  indem 
er  die  üblichen  drei  Steine  hinlegt,  einen  Topf  darauf  stellt  und 
ihr  erklärt,  jetzt  solle  sie  hier  im  Hause  ihres  Mannes  kochen. 
Damit  ist  die  letzte  der  Formalitäten  der  Eheschliessung  erledigt. 

Der  Rest  des  Hochzeitsgeldes  —  mahunda,  kigube  und  inlala  — 
ist  inzwischen  schon  in  der  oben  angeführten  Weise  bezahlt  oder 
wird  es  nach  und  nach.  Neuerdings  wird  das  Hochzeitsgut  vielfach 
in  Geld  bezahlt  und  die  Flöhe  desselben  etwa  von  15  Dollars  auf¬ 
wärts  vorher  vereinbart. 

Die  Vereinbarung  eines  mahari,  das  ist  einer  an  die  Frau  zu 
zahlenden  Morgengabe,  wie  dies  bei  den  Mohammedanern  der  Fall 
ist,  findet  nicht  statt. 

c.  Folgen  der  Nichtzahlung  oder  unvollständigen 
Zahlung  des  Heirathsgutes. 

1.  Unter  Behandlung  der  Rechtsgebräuche  bei  Zahlung  des 
Hochzeitsgeldes  war  der  Fall  angedeutet,  dass  der  Onkel  mütter¬ 
licherseits  des  Bräutigams  sich  weigert,  seinen  Antheil  am  Hoch- 
zeitsgelde  für  denselben  zu  zahlen,  und  der  Vater  infolgedessen 
Alles  zahlt. 


205 


Diese  Weigerung  bat  für  ibu  nachstehende  Folgen:  Stirbt  der 
Ehemann,  ohne  dass  ein  Bruder  vorhanden  wäre,  der,  wie  im  Erb¬ 
recht  auseinandergesetzt  ist,  die  Frau  des  Verstorbenen  übernehmen 
könnte,  so  wäre  der  Onkel  mütterlicherseits,  der  awu,  bezw.  dessen 
Bruder  berechtigt,  die  Wittwe  zu  übernehmen. 

Er  erhält  aber,  wenn  er  seinen  Antheil  am  Hochzeitsgute  seines 
Neffen  nicht  gezahlt  hat,  die  Wittwe  und  mit  ihr  ihre  Kinder  und 
die  ihm  daraus  event.  erwachsenden  Vortheile  nicht,  es  sei  denn, 
er  (oder  sein  Bruder)  zahlte  noch  nachträglich  den  erwähnten  An¬ 
theil  am  Hochzeitsgelde  an  den  Vater  des  verstorbenen  Neffen  oder 
falls  auch  dieser  schon  todt  ist,  an  dessen  Erben  heraus. 

2.  Wenn,  bevor  kigube  und  mlala  bezahlt  ist,  ein  Bind  des 
mahunda  oder  des  madzuchi  verendet,  ist  der  Bräutigam  oder  rich¬ 
tiger  sein  Vater  und  Onkel  zum  Ersatz  verpflichtet;  nach  vollstän¬ 
diger  Zahlung  des  kigube  und  mlala  nicht  mehr. 

3.  Falls  ein  Vater  heirathsfähiger  Töchter  —  gleichviel  eigener 
oder  von  der  Frau  ihm  zugebrachter  —  das  Heirathsgut  für  seine 
Frau  nicht  oder  noch  nicht  vollständig  bezahlt  hat  bezw.  durch  die 
Zahlungspflichtigen  Anverwandten  nicht  hat  zahlen  lassen,  geht  er 
der  Vortheile,  die  ihm  aus  der  Verheirathung  seiner  Töchter  er¬ 
wachsen  würden,  ganz  oder  theilweise  verlustig. 

Er  erhält  gar  keinen  Antheil  an  dem  etwa  für  eine  Tochter 
gezahlten  Heirathsgute,  wenn  für  seine  Frau  überhaupt  noch  gar 
kein  Hochzeitsgut  bezahlt  ist;  alles  erhält  dann  der  Onkel  mütter¬ 
licherseits  der  Frau,  es  sei  denn  auch  hier,  dass  er  dafür  sorgt, 
dass  das  rückständige  Heirathsgut  nachträglich  bezahlt  würde,  bevor 
sein  Schwiegersohn  bezw.  dessen  Verwandte  anfangen,  zu  zahlen. 

Ist  schon  ein  Theil  des  schuldigen  Heirathsgutes  bezahlt,  so 
erhält  der  Vater  von  dem  Heirathsgut  eines  Schwiegersohnes  nur 
einen  Antheil,  dessen  Höhe  sich  nach  dem  für  seine  Frau  bisher 
gezahlten  Hochzeitsgute  richtet.  Ist  für  diese  z.  B.  erst  die  Hälfte 
erlegt,  erhält  er  auch  nur  die  Hälfte  des  ihm  als  Vater  eigentlich 
gebührenden  Antheils. 

Auch  hier  kann  der  Vater  dieser  Kürzung  durch  Vollzahlung 
seines  schuldigen  Hochzeitsgutes  Vorbeugen.  Falls  der  Ehemann 
das  rückständige  Hochzeitsgut  für  seine  Frau  nicht  aufbringen  kann, 
ist  der  Onkel  der  Frau  (awu)  mit  deren  Einwilligung  befugt,  die 
Frau  mit  ihren  Kindern  wieder  zu  sich  zu  nehmen,  dem  Ehemanue 
den  Theil  des  für  die  Frau  gezahlten  Heirathsgutes  zurückzuerstatten 
und  die  Frau  anderweitig  zu  verheirathen.  Der  neue  Ehemann  hat 
dann  seinerseits  für  die  Neuzahlung  des  Hochzeitsgutes  zu  sorgen, 
und  die  Kinder  der  Frau  werden  nach  seinem  Namen  umgetauft. 

Falls  die  Frau  indess  bei  ihrem  Manne  bleiben  will,  auch  ohne 


206 


dass  das  lloclizeitsg'ut  voll  bezahlt  wird,  so  tritt  eben  der  oben 
angeführte  Fall  ein,  dass  der  Onkel  die  Töchter  verheirathet  und 
dem  Vater  event.  nur  ein  kleiner  Antheil  Hochzeitsgut  zukommt. 

d.  Kinde  r. 

Die  Kinder  von  Nebenweibern  (shuria),  d.  h.  von  Sklavinnen, 
gelten  als  Freie.  Alle  Kinder  wurden  in  früherer  Zeit  zur  Deckung 
von  Schulden  (wie  oben  angedeutet)  oder  in  Zeiten  der  Hungersnoth 
ohne  Weiteres  von  ihren  Eltern  oder  dem  Onkel  mütterlicherseits  in  die 
Sklaverei  verkauft.  In  erster  Linie  traf  dies  Loos  allerdings  Kinder 
von  Nebenweibern,  wo  solche  vorhanden  waren.  Für  die  Verwandt¬ 
schaft  der  Kinder  ist,  wie  auch  aus  dem  vorigen  Abschnitte  ersicht¬ 
lich,  lediglich  die  Mutter  und  mütterliche  Linie  maassgebend. 
Den  Namen  erhalten  die  Kinder  in  erster  Linie  nach  ihrem  Vater, 
und  zwar  wird  bei  Söhnen  dem  Namen  des  Vaters  ein  Mwa-,  bei 
Töchtern  ein  Ni-  vorgesetzt,  also  z.  B.  Mwamtenda,  der  Sohn  von 
Mtenda;  Nimnemo,  Tochter  von  Mnemo.  Diese  Namen  sind  ver¬ 
änderlich  insofern,  als,  wenn  die  Mutter  einen  neuen  Mann  bekommt, 
ihre  Kinder  als  dessen  Kinder  gelten  und  nun  vielfach  nach  ihm 
genannt  werden.  Ausser  der  Bezeichnung  nach  dem  Vater  —  bezw. 
jeweiligen  Vater  —  erhalten  Söhne  bei  ihrer  Geburt  einen  Rufnamen, 
der,  wenn  sie  erwachsen  sind,  geändert  wird.  Jeder  männliche  er¬ 
wachsene  Digo  trägt  also  zwei  Namen:  seinen  eigenen,  von  welchem 
die  Namen  seiner  Kinder  abgeleitet  werden,  und  den  des  Vaters 
mit  der  Vorsilbe  Mwa. 

Auch  Digomädchen  erhalten  bei  der  Geburt  ausser  dem  Namen 
des  Vaters  einen  eigenen  Rufnamen;  dieser  wird  indess  später  nicht 
lungeändert,  höchstens  wird  eine  Frau,  wenn  sie  ein  Kind  bekommt, 
ausserdem  noch  als  „Mutter,  Erzeugerin  des  so  und  so,  nine  wa .  .“ 
bezeichnet. 

e.  Ehescheidung. 

Die  Scheidung  der  Ehe  kann  vom  Manne  oder  von  der  Frau 
ausgehen.  Die  Folgen  sind  in  beiden  Fällen  nicht  sehr  verschieden. 
Gründe  brauchen  von  keiner  Seite  angeführt  zu  werden:  es  genügt 
die  einfache  Erklärung,  dass  man  sich  scheidet. 

1.  Mag  also  ein  Mann  seine  Frau  nicht  mehr  haben,  so  schickt 
er  sie  einfach  ihren  Verwandten  wieder. 

Solange  die  Frau  ohne  einen  anderen  Mann  bei  diesen  lebt, 
kann  der  Ehemann  nicht  auf  Rückzahlung  des  Heiratlisgutes  klagen. 
Wird  die  Frau  aber  neu  verheirathet,  so  sind  ihre  Verwandten  — 
Vater  und  Onkel  mütterlicherseits  bezw.  deren  Erben  —  verpflichtet, 
dem  ersten  Ehemanne  sein  Heirathsgut  zurückzuerstatten.  Die  Ver¬ 
wandten  werden  daher  in  solchem  Falle  von  dem  neuen  Ehemanne 


207 


stets  die  Zahlung  seines  ganzen  Hochzeitsgutes  auf  einmal  be¬ 
anspruchen,  um  mit  demselben  die  Forderung  des  ersten  zu  be¬ 
gleichen  und  dadurch  die  Scheidung  eigentlich  erst  perfekt  zu  machen. 
Auch  in  dem  Falle,  dass  die  Frau,  ohne  verheirathet  zu  sein,  nur 
mit  einem  anderen  Manne  lebt,  kann  der  erste  Ehemann  die  Rück¬ 
zahlung  des  Hochzeitsgutes  beanspruchen. 

Die  Verwandten  werden  dann,  um  zu  ihrem  Gielde  zu  kommen, 
den  zweiten  Mann  entweder  veranlassen,  die  Frau  zu  heirathen,  oder 
eine  Ehebruchsklage  gegen  ihn  anstrengen.  Die  Kinder  folgen, 
wenn  der  Mann  die  Rückzahlung  des  Heirathsgutes  beansprucht^ 
der  Mutter.  Falls  er  aber  bei  Scheidung  von  seiner  Frau  den  Ver¬ 
wandten  derselben  gegenüber  ausdrücklich  auf  Rückzahlung  des 
Heirathsgutes  verzichtet,  behält  er  die  Kinder  und  kann  etwaige 
Töchter  verheirathen,  ohne  verpflichtet  zu  sein,  seinem  Schwager, 
dem  Bruder  seiner  geschiedenen  Frau,  etwas  von  dem  Heirathsgut, 
welches  sie  einbringen,  abzugeben. 

2.  Falls  die  Frau  sich  von  ihrem  Manne  scheidet  oder  ihren 
Mann  verlässt,  sind  ihre  Verwandten,  d.  h.  ihr  Vater  und  Onkel, 
verpflichtet,  dem  Gatten  das  volle  von  ihm  bezahlte  Heirathsgut 
zurückzuerstatten.  Sie  können  die  Frau  nicht  zwingen,  bei  ihrem 
Manne  zu  bleiben. 

Die  Frage  der  Kinder  erledigt  sich  auch  hier  wie  unter  1 . 

Der  Mann  kann  aber  auch  erklären,  dass  er  nicht  in  die  Schei¬ 
dung  und  Neuverheiratliung  seiner  Frau  einwilligt.  Er  giebt  seine 
Zustimmung,  dass  die  Frau  mit  einem  anderen  Manne  lebt,  lässt 
sich  das  Heirathsgut  nicht  zurückzahlen  und  behält  die  Kinder. 
Auch  die  Kinder,  welche  die  Frau  mit  dem  anderen  Manne  fernerhin 
ausserehelich  zeugt,  gelten  als  rechtmässige  Kinder  des  eigentlichen 
Ehemannes.  Er  giebt  ihnen  also  den  Namen  und  verheirathet 
etwaige  Töchter  zu  seinem  Nutzen. 

Stirbt  die  Frau  bei  dem  Manne,  mit  dem  sie  ausserehelich  lebt; 
so  darf  dieser  sie  auch  nicht  beerdigen,  sondern  muss  dazu  den 
rechtmässigen  Gatten  rufen. 

f.  Verführung  und  Ehebruch. 

Wenn  ein  Mädchen  sich  verführen  lässt  oder  in  wilder  Ehe 
(uhawaa)  mit  einem  Manne  lebt,  so  hat  dies,  falls  die  Verwandten 
des  Mädchens  das  Verhältniss  entdecken,  für  den  Verführer  keine 
weiteren  üblen  Folgen.  War  die  Verbindung  ohne  Folgen,  so  holt 
der  Vater  seine  Tochter  einfach  ab  und  bestraft  sie  väterlich,  unter¬ 
lässt  aber  auch  dies  sehr  häufig.  Ist  das  Mädchen  indess  schwanger 
oder  hat  sie  bereits  geboren,  erledigt  sich  die  Sache  nicht  so  ein¬ 
fach.  Der  Vater  lässt  sie  bei  dem  Manne,  verlangt  aber,  dass  er 


208 


sie  ordnungsmässig  lieirathe;  er  sendet  also  zum  Vater  und  Onkel 
des  Mannes  und  fordert  Zahlung  des  Heirathsgutes. 

ln  früheren  Zeiten  gaben  Vater  und  Onkel  des  Verführers,  falls 
sie  das  Heirathsgut  nicht  aufbringen  wollten  oder  konnten,  diesen 
dem  Vater  des  Mädchens  als  Sklaven;  er  durfte  mit  dem  Mädchen 
weiter  leben,  bis  diese  eiuen  anderen  Mann  bekam;  der  Verführer 
blieb  auch  dann  noch  Sklave  des  Vaters. 

Neuerdings  wird  der  Verführer  nicht  mehr  zum  Sklaven  gemacht; 
der  Vater  klagt  auf  Zahlung  des  Heirathsgutes,  und  wenn  die  Ver¬ 
wandten  des  Verführers  nur  irgend  etwas  haben,  so  werden  sie 
bemüht  sein,  eine  Ehe  zu  Stande  zu  bringen,  damit  sie  von  seinen 
späteren,  sich  stets  wiederholenden  Schadensersatzklagen  verschont 
bleiben.  Nur  wenn  thatsächlich  gar  nichts  vorhanden  und  auch  keine 
Aussicht  da  ist,  dass  je  etwas  zu  bekommen  sein  wird,  lässt  der 
Vater  den  Verführer  so  laufen  und  sucht  die  Tochter  anderweitig 
zu  verheirathen. 

Wenn  ein  Mann  seine  Frau  beim  Ehebrüche  (uzinzi)  mit  einem 
anderen  ertappt  (kufumania),  so  sucht  er  sich  schleunigst  Zeugen 
zu  verschaffen;  wenn  er  sie  nicht  direkt  ertappt,  sucht  er  voll¬ 
gültiges  Beweismaterial  zusammen  zu  bringen.  Alsdann  begiebt  er¬ 
sieh  zu  seinem  Schwager,  dem  Bruder  der  Frau,  theilt  ihm  den 
Vorfall  mit  und  fordert  ihn  auf,  mit  ihm  zu  kommen  und  gegen 
den  Ehebrecher  auf  Ehebruchsentschädigung  (kidigo  malu,  kisw. 
ngoni)  zu  klagen. 

Der  Schwager  behandelt  die  Sache  lediglich  als  Geschäfts¬ 
angelegenheit.  Hat  der  Ehegatte  seinerseits  das  Hochzeitsgut  voll 
bezahlt  und  will  sich  nicht  wegen  des  Ehebruchs  von  der  Frau 
scheiden,  leiht  ihm  der  Schwager  unweigerlich  seine  Unterstützung. 
Die  Klage  auf  Zahlung  der  Ehebruchsentschädigung  wird  gegen  den 
Verführer  angestrengt.  Die  Entschädigung  beträgt  eine  Ferse  oder 
6  Dollar. 

Hat  der  Ehegatte  sein  Heirathsgut  aber  noch  nicht  voll  bezahlt, 
so  beräth  der  Schwager  zunächst  mit  dem  Verführer  und  seiner 
Schwester,  stellt  fest,  ob  die  Schwester  diesen  vielleicht  lieber  mag 
als  ihren  Mann  und  prüft  seine  Vermögensverhältnisse.  Ergiebt 
diese  Prüfung,  dass  der  Verführer  geneigt  und  auch  pekuniär  in  der 
Lage  ist,  die  Frau  zu  heirathen,  die  Schwester  ihn  auch  mag,  so 
stellt  er  sich  auf  ihre  Seite,  lässt  durch  den  Verführer  dem  Gatten 
das  von  ihm  bereits  gezahlte  Heirathsgut  zurückerstatten  und  ver- 
heirathet,  nachdem  die  Ehe  so  geschieden,  seine  Schwester  an  den 
Verführer.  Dieser  zahlt  dann  den  Rest  des  Heirathsgutes  an  den 
Vater  und  Onkel  der  Frau,  dessen  Erbe  ja  ihr  Bruder  ist.  Wenn 
eine  Frau,  welche  von  ihrem  Manne  zu  ihren  Verwandten  zurück- 


209 


geschickt  ist,  beim  Ehebruch  ertappt  wird,  versucht  der  Bruder  der 
Frau  auch  zunächst  den  Verführer  zu  einer  Heirath,  d.  h.  zum  Zahlen 
des  Heirathsgeldes,  zu  bewegen,  denn  die  Verwandten  der  Frau  sind 
jetzt  verpflichtet,  dem  ersten  Gatten  das  Heirathsgut  zurückzuerstatten. 
Falls  der  Verführer  nicht  in  der  Lage  oder  Willens  ist,  das  Heiraths- 
gut  zu  ersetzen,  suchen  die  Verwandten  der  Frau  den  Ehegatten  zu 
bewegen,  die  Frau  wieder  zu  sich  zu  nehmen  und  mit  ihm  auf  Zah¬ 
lung  des  malu  zu  klagen.  Vielfach  geht  der  Gatte  darauf  ein,  be¬ 
sonders  wenn  die  Frau  schwanger  ist  oder  wieder  geboren  hat.  Er 
nimmt  dann  die  Frau  zusammen  mit  der  Ehebruchsentschädiffuna; 
und  dem  Zuwachs  an  Familie  wieder  zu  sich. 

Findet  eine  Einigung  mit  ihm  nicht  statt,  so  müssen  die  Ver¬ 
wandten  dem  Manne  das  Heirathsgut  ersetzen  und  nehmen  die  Ehe¬ 
bruchsentschädigung  für  sich.  Sie  haben  so  natürlich  Schaden,  denn 
diese  ist  niedriger  als  jenes. 

Bei  der  Wiederverheirathung  der  Frau  suchen  sie  aber  den 
Schaden  dadurch  wieder  einzubringen,  dass  sie  ein  entsprechend 
höheres  Heirathsgut  vereinbaren. 


Ueber  die  Uluguruberge  in  Deutsch- Ostafrika. 

Von  Dr.  Stnhlmann. 

I.  Geographische  Lage. 

Wenn  man,  von  der  Küste  kommend,  im  nördlichen  Theile 
Deutsch- Ostafrikas  nach  Westen  marschirt,  so  trifft  man  überall  nach 
einigen  Tagen  auf  ein  mächtiges  Gebirgssystem,  das,  aus  krvstalli- 
nischen  Gneissen  gebildet,  den  aufgewulsteten  und  durch  Erosion 
stark  zerfaserten  Band  des  riesigen  Plateaulandes  darstellt,  das  den 
grössten  Theil  von  Deutsch- Ostafrika  ausfüllt.  Im  Norden  liegt, 
nur  durch  eine  schmale  Ebene  von  der  Küste  getrennt,  das  Hoch¬ 
land  von  Ussambara,  weiter  südlich  springen  das  Xgurugebirge  und 
das  Hochland  von  LXsagara  bedeutender  nach  Westen  zurück,  indem 
ihnen  das  breite  Flachland  von  Usegüha  vorgelagert  ist.  aus  dem 
inselartig  nur  einzelne  Gneisskuppen,  wie  der  Pongweberg,  hervor¬ 
ragen.  Koch  mehr  südlich  wendet  sich  der  Hochgebirgsrand  wieder 
mehr  dem  Meere  zu:  eine  gewaltige  Bergmasse  ist  fast  wie  eine 
Insel  dem  südlichen  Theile  von  Ussagara  östlich  vorgelagert,  von 
ihm  durch  die  breite  Ebene  des  Mkattaflusses  getrennt.  Es  ist  das 
Gebirge  der  Landschaft  Uluguru,  das  nur  in  seiner  südlichen  Hälfte 


210 


durch  ein  niederes  Hügelland  mit  den  Gneissgebirgen  von  Süd- 
Ussagara  bezw.  Uhaehae  zusammenhängt.  Noch  mehr  nach  Süden 
gehend,  weicht  das  Centralbergland  bezw.  Plateauland  bedeutend 
mehr  nach  Westen  zurück. 

Mit  Ausnahme  der  obenerwähnten  Hügellandverbindung  ist  das 
Ulugurugebirge  rings  von  Ebenen  begrenzt,  die  dem  Beschauer  fast 
völlig  flach  erscheinen.  Ganz  schroff  und  unvermittelt  steigt  das 
Gebirge  im  Nordwesten  aus  der  nur  etwa  400  m  hohen  Mkatta- 
ebene  bis  zu  2500  m  an,  während  im  Osten  und  Süden  dem  Central¬ 
massiv  ein  breites,  allerdings  auch  scharf  von  der  Ebene  abgesetztes 
500  bis  600  m  hohes  Hügelland  vorgelagert  ist. 

Sehen  wir  nun  die  allgemeine  Gestalt  des  Berglandes  an,  so 
bemerken  wir,  dass  in  seiner  südlichen  Hälfte  eine  schroff  nach 
Westen  abfallende  Kette  dem  Westrande  ganz  nahe  liegt;  nach 
Osten  hin  ist  der  Abfall  bedeutend  sanfter  und  durch  zahlreiche 
Querthäler  durchfurcht.  Hie  südliche  Hälfte  besteht  im  Westen  aus 
einem  gewaltigen,  oben  abgeplatteten  Massiv,  dem  östlich  eine  Reihe 
grosser  Bergmassen  vorgelagert  ist. 

II.  Geologische  Zusammensetzung. 

Die  Grenze  zwischen  den  Gebirgen  und  Ebenen  entspricht  durch¬ 
aus  nicht  derjenigen  zwischen  den  geologischen  Formationen.  Viel¬ 
mehr  läuft,  soweit  es  bisher  untersucht  werden  konnte,  eine  fast 
gerade  Linie  von  NNO  nach  SSW,  welche  die  krystallinischen 
Gneisslager  von  den  mesozoischen  Gesteinen  trennt.  Im  Norden 
nähert  sich  die  Grenzlinie  sehr  der  Küste,  um  je  mehr  nach  Süden 
gehend,  desto  mehr  zurückzuweichen.  Südlich  von  Uluguru  scheint 
es,  als  ob  sie  —  im  Süden  der  Ebene  von  Kissaki  —  ziemlich 
scharf  nach  Westen  abbiegt.  Doch  ist  diese  Gegend  noch  genauer 
zu  erforschen. 

Speziell  im  Osten  der  Uluguruberge  folgt  die  geologische  Grenze 
fast  genau  dem  Laufe  des  Ruonflusses,  wo  derselbe  nach  seinem 
Austritt  aus  dem  Gebirge  sich  nach  Süden  wendet.  Wir  finden  hier 
—  von  einer  Stunde  westlich  Tununguo  bis  Magogoni  —  rothe  Thon- 
scliiefer,  die  einen  nordsüdlichen  Strich  und  leichtes  Einfallen  nach 
Osten  zeigen.  Mehr  nach  Norden  wird  wahrscheinlich  die  geologische 
Grenze  dem  Ostabhange  der  Vorhügel  folgen,  denn  auf  der  Kara¬ 
wanenstrasse  Bagamoyo — Morogöro  begegnen  wir  ihr  bei  Ssagati, 
wo  man  einzelne  Septarien  beobachten  kann,  und  bei  Mssua,  wo 
alte  Korallenkalke  im  Flussbette  anstehen. 

Oestlich  von  den  oben  erwähnten  Thonschiefern  gelangt  man 
in  eine  weite,  völlig  flache  und  mit  graubraunem,  thonigem  Boden 
bedeckte  Ebene,  in  der  keine  Gesteine  zu  finden  sind.  Aus  ihr 


211 


ragt  der  von  Norden  nach  Süden  sich  erstreckende  Höhenrücken  — 
Gongarögwa  —  hervor,  der  aus  Oolithenkalken*)  besteht.  (Strich 
N.  310°  E.  Fall  nach  NE.  10 °.)  Hart  westlich  vom  Gongardgwa- 
höhenzug  (vom  Gumbabaclie  an)  iindet  man  anstatt  des  Mandelsteins 
quarzitartiges  Material  von  violettgrauer  oder  röthlicher  Farbe 
(Strich  N.  340°  E.  Fall  W.  10  °).  Noch  mehr  östlich  treffen  wir 
wieder  auf  eine  weite,  ebene  Fläche,  den  Kingani-Ruon,  bezw.  auf 
Nord-Usaramo  und  Ukliwere,  während  südlicher  das  eigenartige 
Plateau  von  Usaramo  liegt,  über  das  ich  früher  bereits  berichten 
konnte,  eine  wohl  aus  jungjurassischen  oder  noch  jüngeren  Schichten 
gebildete,  nach  SE.  scharf  abgebrochene,  nach  SW.  sanft  geneigte 
Fläche.  Ich  konnte  diesmal  nur  an  einer  einzigen  Stelle  (Senkung 
östlich  von  Yegea)  am  Vikurutibacli  einen  ganz  schlecht  erhaltenen 
Conchylienabdruck  in  rothern,  verwittertem  Material,  das  quarzit¬ 
artigen  Kieselsandstein  überlagerte,  finden. 

Gehen  wir  von  Magogoni  südlich,  so  beobachten  wir  am  Abfalle 
der  Moaberge  viel  Gneiss-  und  Quarzschotter,  während  im  Bachbett 
des  Yiansi  bereits  ein  violettgrauer,  deutlich  geschichteter  Thon¬ 
schiefer  anstelit  (Strich  N.  40  °E.  Fall  SE.  5°),  und  in  der  Nähe 
nördlich  Septarien,  südlich  helle  graugelbe  Kalke  gefunden  wurden. 
Das  Hügelland  selbst,  zwischen  Kissaki  und  den  Panganifällen  des 
Rufiyi  gelegen,  konnte  ich  nicht  besuchen,  doch  hat  es  nach  den 
Funden  von  Thomson  am  Hatambulo  und  von  Lieder  an  den 
Panganifällen  den  Anschein,  als  ob  es  ganz  der  mesozoischen  For¬ 
mation  angehörte. 

Die  Vorberge  von  Uluguru,  die  sich  bis  etwa  600  m  erheben, 
bestehen  theilweise  aus  Quarzmassen,  die  ein  krystallinisches  Gefüge 
aufweisen.  Diese  Gesteinsart  findet  man  durchgehends  auf  dem 
plateauartigen  Lande,  welches  zu  beiden  Seiten  des  Ruon  dort  liegt, 
wo  derselbe  von  Westen  nach  Osten  iliesst.  Vielfach  sieht  man 
die  aus  dem  Boden  hervorragenden  Felsen  seltsam  in  runde  Formen 
zernagt,  gerade  so,  als  wenn  einst  Gletscher  diese  Zonen  bedeckt 
hätten.  Aber  die  runden  Höhlungen  und  breiten  ausgerundeten 
„Schliffe“  sind  offenbar  Produkte  der  Gesteinszersetzung  durch 
Atmosphärilien,  die  auf  dies  bestimmte  Gestein  so  merkwürdig 
wirken.  Am  auffallendsten  beobachtete  ich  solche  „Schliffe“  in  Pugu 
und  Pamha.  Die  Lagerung  der  Quarzite  ist  sehr  verschieden,  bei 
Kondutshi  z.  B.  Strich  N.  70°  E.  Fall  35°  S.;  bei  Makongölo  Strich 
N.  33°  E.  Fall  W.  40°  u.  s.  w.  Neben  dem  Quarz  kommt  vielfach 
noch  Gneiss  vor,  und  zwar  hauptsächlich  in  der  Randhügelkette 
sowie  westlich  von  dem  erwähnten  Plateauland.  Sein  Strich  ist 

*)  Auch  Lieder  (vergl.  Mitth.  a.  d.  D.  Schutzgebieten.  VII.  S.  274)  fand 
Oolithe  in  Ukami. 


212 


meistens  NNE.,  der  Fall  nach  ESE.,  doch  kommen  auch  Stellen  vor, 
z.  B.  in  der  Nähe  von  Lussegwa,  wo  die  Gneissschichten  nach  Westen 
einfallen.  Offenbar  handelt  es  sich  hier  um  eine  sekundäre  Faltung-, 
die  sich  auch  im  Gebirgsbau  ausdrückt. 

Das  eigentliche  Centralgebirge  besteht  aus  Gneiss  mit  einem 
Strich  nach  NNE.  und  einem  Fall  nach  ESE.  In  den  westlichen 
Yorbergen  tritt  wieder  ein  Quarzit  auf. 

An  technisch  wichtigen  Mineralien  wurde  nur  Folgendes 
gefunden : 

1.  Glimmer,  der  im  Norden  und  Nordosten  des  Gebirges 
ziemlich  häufig  vorkommt,  in  Nestern  im  Gneiss  eingelagert.  Das 
Material  ist  von  gelblicher  bis  leicht  bräunlicher  Farbe  und  tritt  in 
Platten  von  20  bis  40  cm  Durchmesser  auf.  Theilweise  ist  es  gut 
spaltbar,  theils  aber  infolge  geologischer  Schiebungen  vielfach  ge¬ 
knickt  und  gesprungen  und  deshalb  für  den  Handel  unbrauchbar. 
Das  gute  Material  ist  je  nach  der  Grösse  der  Stücke  in  Deutschland 
nach  einem  Gutachten  der  geologischen  Landesanstalt  in  Berlin 
pro  Kilo  1,50  bis  3  Mark  wertk. 

2.  Graphit  findet  sich  in  winzigen  Partikeln  sehr  viel  im 
Gneiss.  Stellenweise  kann  man  ihn  auch  reichlicher  eingelagert 
finden,  so  am  oberen  Buon  bei  Kingäras  Dorf,  am  Mkambaku,  am 
südlichen  Abhänge  vom  oberen  Mkalatsithal  u.  s.  w.  Die  Vorkommen 
scheinen  mir  aber  zu  gering  zu  sein,  um  einen  Abbau  zu  lohnen. 
Auf  Graphitspuren  sind  ausserdem  die  Angaben  zurückzuführen,  dass 
Zinn-  und  Bleierze  bei  der  französischen  Missionsstation  Tunungüo 
vorkämen. 

Ob  noch  andere  Mineralien  vorhanden  sind,  entzieht  sich  meiner 
Kenntniss.  Denkbar  ist  es,  dass  in  den  Kalkbergen  von  Ukämi 
und  Siid-Uk’hutu  Kohlen  vorhanden  sind,  aber  noch  nicht  erwiesen. 

Etwa  drei  Stunden  südwestlich  von  Kissaki  befinden  sich  heisse 
Quellen.  Es  scheint  nicht,  dass  sie  auf  vulkanische  Erscheinungen 
zurückzuführen  sind,  auch  wenn  Thomson  am  Hatambuloberge  Lava 
gefunden  hat.  Es  befinden  sich  vielmehr  die  an  der  Südwestecke 
des  Madyi-ya-weta-Höhenrückens  gelegenen  Quellen  auf  einer  geolo¬ 
gischen  Y erwerfungsspalte.  Gneissgebiet  grenzt  hier  an  mesozoische 
Formation.  Ich  selbst  war  verhindert,  die  Quellen  zu  besuchen,  und 
muss  ich  deshalb  Herrn  Oberarzt  Dr.  Schwe singers  Schilderung 
so  geben,  wie  er  sie  mir  gleich  nach  seinem  Besuche  machte:  20  bis 
30  warme  Quellen  liegen  auf  einem  ziemlich  grossen  Baume  im 
hohen  Grase  vertheilt,  sie  sind  in  kraterartige  Sinterkessel  eingefasst; 
eine  brüchige,  kalkige  Sinterdecke  bedeckt  die  Umgebung  der  Quellen. 
Das  oft  aus  tiefem  Loch  kommende  Wasser  ist  völlig  klar,  wallt 
leicht  und  soll  nach  Aussage  der  Eingeborenen  manchmal  sogar 


213 


zwei  Fuss  liocli  sprudeln;  es  ist  so  warm,  dass  man  noch  die  Hand 
hineinstecken  oder  es  ohne  Weiteres  trinken  kann  (ein  Thermometer 
fehlte).  Die  meisten  Quellen  zeigen  reinen  Wassergeschmack,  nur 
einige  lassen  ein  wenig  Kohlensäure  und  Eisen  bemerken.  Inter¬ 
essant  ist,  wie  sich  in  dem  Sinter  Blätter  eingebettet  haben,  ein 
Beispiel,  wie  die  Süsswassertuffe  mit  rezenten  Blattfossilien  ent¬ 
standen  sein  können,  die  man  eine  Stunde  nördlich  von  Pangani  findet. 

III.  Orograpkie  und  Hydrographie. 

Im  Osten,  Westen  und  Süden  von  Uluguru  sieht  man,  dass  ein 
Centralmassiv  von  einem  breiten  Strich  von  Vorbergen  sich  scharf 
absetzt.  Nur  im  Nordwesten  fehlen  diese  Vorlagerungen.  Die 
Grenze  zwischen  diesen  beiden  Partien  zieht  sich  von  Utondwe  aus 
nach  Mafumba,  folgt  dann  dem  breiten  Bücken  von  Gongorögwa 
und  Lolo.  In  der  Mitte  des  Gebirges  ist  sie  etwas  undeutlicher, 
indem  sie  den  Tkälern  des  Massambwe,  Mtumbasi,  Mtokia  und 
Tombosi,  darauf  dem  Mkalatsitkale  bei  Barani  folgt.  Etwa  bei  der 
Gebirgsecke  nahe  dem  Dorfe  Bassatsi  wendet  sie  sich  nach  Westen, 
etwa  bis  zum  Ny  am  kolaberg  reichend,  um  von  dort  aus  in  NNW.- 
Richtung  etwa  dem  Thale  des  Mbakäna  und  Msinga  zu  folgen. 
Weiter  nördlich  würde  der  Mhöngweberg  noch  zum  Centralmassiv 
zu  rechnen  sein. 

Die  Vorberge  stellen  im  Nordosten  eine  Art  von  Plateau  dar, 
das  vielfach  von  Erosionsthälern  unterbrochen  ist,  und  auf  das 
einzelne  Hügel  aufgesetzt  sind.  Die  wichtigsten  Gruppen  dieser 
letzteren  sind  die  von  Mgoma,  von  Myanda  und  Gumba,  endlich 
die  aufgewulsteten  Plateauränder  von  Lussegwa  und  Magali  sowie 
von  Botelo,  Ssongoni  und  Gagama.  Der  Plateaucharakter  dieses 
Gebietes  tritt  erst  hervor,  wenn  man  sich  oben  befindet,  beim 
Marsche  in  den  Tkälern,  z.  B.  in  dem  des  Kigerengerebaches,  glaubt 
man  sich  in  einem  Hügellande  zu  bewegen.  Nach  Nordosten  dachen 
sich  die  Vorhügel  zu  einem  niederen  Hügellande  ab,  das  bis  nach 
Köo  und  Yangiyange  an  die  Karawanenstrasse  Bagamoyo — Kilossa 
sich  erstreckt.  Als  zwei  bedeutende  Landmarken  sind  der  Küngwe- 
und  Luhäkwiberg  im  Nordosten  den  Vorhügeln  vorgelagert,  ersterer 
durch  seine  Tafelform,  letzterer  durch  eine  scharfe  Spitze  charakte¬ 
ristisch.  Der  gegen  die  Ebene  scharf  abgesetzte  Plateaurand  ist 
fast  überall  aufgewulstet;  ganz  besonders  sind  der  Mliaraka-  und 
Gagamaberg  hervortretend. 

Im  Südosten  zerfallen  die  Vorhügel  in  etwa  drei  Reihen  paralleler 
Rücken,  die  von  Nordosten  nach  Südwesten  streichen. 

Im  Süden  sind  die  Vorhügel  durch  Paralleltkäler  in  eine  Reihe 
von  Nord  nach  Süd  ziehender  Rücken  angeordnet,  setzen  sich  scharf 

Mitth.  von  Forschungsreisenden,  Yin.  Band.  III.  je 


214 


gegen  die  Kissakiebene  ab  und  haben  im  Ngaramo  und  besonders 
im  Wigu  bedeutendere  Erhebungen. 

Nach  Westen  setzen  sie  sich  jenseits  des  Mgetathales  unmittelbar 
in  das  Hügelland  von  Mgunda  fort. 

Die  westlichen  bezw.  südwestlichen  Vorberge  werden  durch  den 
Ost-West  verlaufenden  Theil  des  Mgetathales  in  zwei  Partien  ge- 
theilt.  Der  nördliche  bildet  einen  von  Mhongwe  nach  WSW. 
streichenden  Zug,  der  in  das  Hügelland  südlich  der  Mkattaebene 
übergeht.  Es  sind  kahle,  runde  Rücken,  die  nach  Norden  zum 
Ngerengerethal  steil  ab  fallen.  Eine  scharfe,  nach  Süden  schroff 
abfallende  Spitze,  der  Fulukisa,  erhebt  sich  aus  dem  westlichen 
Theil  dieses  Höhenzuges.  In  ihm  sind  eine  Reihe  von  Höhlen,  die 
durch  einen  alten  Bergrutsch  entstanden  sind.  Bei  Kriegsgefahr 
flüchten  die  Bewohner  ihre  Frauen  und  ihr  Vieh  in  solche  Höhlen, 
die  sich  noch  an  vielen  Stellen  des  Gebirges  finden  sollen. 

Durch  eine  ganz  flache  Terrainwelle  ist  der  erwähnte  Höhenzug 
nach  Norden  mit  den  Mindubergen  und  weiter  mit  dem  Nguru  ya 
Ndege  verbunden,  die  alle  durch  das  Ngerengerethal  von  dem 
eigentlichen  Ulugurugebirge  getrennt  sind.  Sie  bilden  so  die  Wasser¬ 
scheide  zwischen  Ngerengere  und  Mkatta  bezw.  Kingani  undWami. 

Südlich  vom  Mgetathal  befindet  sich  ein  bedeutend  höherer 
Rücken,  der  ebenfalls  von  ENE  nach  WSW  streicht,  und  der,  in 
dem  gigantischen  Felsberg  Kiwe  banduka  (auch  Ndjovu,  das  ist 
Elefant,  genannt)  seine  höchste  Erhebung  hat.  Der  Rest  des  Zuges 
ist  aus  kahlen  Bergen  gebildet,  auf  denen  ein  winziges,  Mongu 
mongo  genanntes  Gehölz  die  Stelle  anzeigt,  wo  der  Gebirgsweg  von 
Kissaki  nach  Kilossa  etwa  den  höchsten  Punkt  passirt.  Weiter 
südlich  bilden  die  Vorberge  zwei  niedere,  von  Norden  nach  Süden 
streichende  Züge;  und  jenseits  des  Mgeta  setzt  sich  das  Hügelland 
bis  zu  den  Erhebungen  von  Mbamba  und  Mejoda  fort. 

Mit  zu  den  Vorbergen  sind  die  isolirten,  den  Ulugurubergen 
im  Norden  vorgelagerten  Kuppen  zu  rechnen,  vor  Allem  der  Fulwe- 
rücken  und  der  steile  Toankalloberg  rechts  des  Ngerengerebaches 
sowie  der  Mkuinba  links  desselben.  Letzterer  bildet  eine  der  Er¬ 
hebungen  in  der  flachen  Terrainwelle,  die  als  Wasserscheide  zwischen 
Ngerengere  und  Wami  sich  vom  Nguru  ya  Ndege  nach  Osten  zieht. 

Wie  bereits  oben  erwähnt,  bildet  der  Hauptstock  des  Gebirges 
im  Norden  eine  hohe  Kette  mit  schroffen  Gipfeln,  unter  denen  der 
Lupanga,  Pagali  und  Nsiwani  besonders  auffallen.  Nach  Westen 
fällt  diese  Kette  steil  zur  Ebene  ab,  von  schroffen  Thälern  zerrissen, 
aus  denen  die  Zuflüsse  des  Ngerengerebaches  entspringen.  Nach 
Osten  ist  der  Abfall  weniger  steil,  indem  sich  eine  Art  von  Mittel¬ 
gebirge  vorlagert,  und  besonders  im  Norden  eine  Querkette  sich 


215 


anschliesst,  die  in  Utondwe  endigt.  Dieses  ganze  Gebirge  wird 
durch  den  eigentlichen  Euon  (an  der  Quelle  Mbesi  genannt)  mit 
seinen  zahllosen  Nebenflüssen  entwässert.  Tief  haben  sich  die  Bäche 
in  das  Gebirge  eingeschnitten;  sie  haben  zunächst  an  der  Haupt¬ 
kette  Querthäler  gebildet,  dann  grösstentheils  entsprechend  der 
Strichrichtung  des  Gesteines  in  dem  Mittelgebirge  Längsthäler,  und 
endlich  durchbrechen  sie  vereinigt  die  Randberge  in  einem  Querthal. 
So  sieht  man  deutlich,  wie  sich  der  Lauf  der  Flüsse  aus  dem  Ge- 
birgsaufbau  ergiebt. 

Die  südliche  Hälfte  von  Central- Uluguru  wird  von  einem  riesigen 
plateauförmigen  Massiv  gebildet,  dem  langgestreckten  Lukwangülo, 
der  über  2400  m  Höhe  erreicht  und  nach  allen  Seiten  schroff  abfällt. 
Ihm  ist  östlich  eine  Gruppe  von  sehr  hohen,  schroffen  Bergen 
(Mkambaku,  Mumieholo  u.  s.  w.)  vorgelagert,  die  offenbar  Bruchtheile 
des  ursprünglichen  Gebirgsstockes  vorstellen.  Weiter  südlich  sieht 
man  noch  zwei,  durch  Erosionsthäler  voneinander  geschiedene  Quer¬ 
rücken.  Der  Aufbau  wird  dadurch  etwas  komplizirt,  dass  der  Ost¬ 
abhang  des  Lukwangulo  vom  Fisigo  entwässert  wird,  der  in  einem 
breiten,  fruchtbaren  Längsthal  dem  Euon  zufliesst,  während  die 
grossen  Vorberge  ihr  Wasser  den  Quellflüssen  des  Moüha  zusenden. 
Die  oberen  Thäler  der  Moühazuflüsse,  insbesondere  der  Kessel  des 
Tombosi,  sind  prachtvoll  malerisch,  unvergleichlich  fruchtbar  und 
wasserreich.  Im  weiteren  Verlauf  des  Moüha  kann  man  auch  hier 
das  System  der  Längsthäler  beobachten  (z.  B.  im  Thal  von  Baräni). 

Vom  Plateau  des  Lukwangulo  selbst  kommt  die  Quelle  der 
Mgeta,  die  in  der  Nordostecke  des  Plateaus  dieses  verlässt,  dann 
ein  Querthal  durchströmt,  fernerhin  in  einem  Längsthal  in  den 
westlichen  Vorbergen  entlang  läuft,  um  schliesslich  westlich  vom 
Wiguberge  sich  nach  Osten  zu  wenden.  Diese  Spirale  der  Mgdta 
ist  einer  der  merkwürdigsten  Flussläufe.  Zahllose  kleine  Bäche  eilen 
ihr  im  Oberlauf  zu,  in  'der  mittleren  Partie  aber  empfängt  sie  nur 
den  Mbakana  und  Luhangasi.  Auch  an  der  Westseite  fällt  der 
Lukwangulo  schroff  ab,  jedoch  nicht  ganz  so  auffallend  wie  die 
erwähnte  Nordkette,  da  die  grossen  Mgetaberge  ihr  vorgelagert  sind, 
die  ihre  Haupterhebung  in  dem  Felsberg  Rivve  Banduka  haben. 

Nach  Süden  löst  sich  der  Centralstock  von  Uluguru  in  eine 
Anzahl  von  Längsthälern  auf,  die  unmittelbar  in  die  Thäler  der 
Vorberge  übergehen.  Die  Bäche  Mgata  (Dunkumi),  Mbakira  und 
Mgasi  verlaufen  in  diesen  Thälern. 

Das  ganze  Land  ist  so  gebirgig,  dass  man  im  eigentlichen 
Centraltheile  mit  Ausnahme  des  Lukwanguloplateaus  kaum  einen 
Fuss  breit  ebenen  Landes  antrifft.  Sämmtliches  von  diesem  Gebirge 
kommende  Wasser  fliesst  ausschliesslich  dem  Kinganiflusse  zu,  der 

15* 


216 


auch  einzig  von  diesem  Lande  aus  gespeist  wird,  denn  die  periodi¬ 
schen  Rinnsale  in  seinem  Mittel-  und  Unterlauf  kommen  nicht  in 
Betracht.  Es  ist  eine  merkwürdige  Erscheinung,  dass  von  allen 
Seiten  die  Quellflüsse  des  Ivingani  dieses  Gebirge  umklammern. 

IY.  K  1  i  m  a. 

Es  ist  selbstverständlich  nicht  möglich,  bei  einem  Aufenthalt 
von  nur  etwa  zwei  Monaten  sich  ein  Urtheil  über  das  Klima  eines 
Landes  zu  bilden. 

Das  Steppenvorland  mit  seinem  Alluvialbecken  hat  dasselbe 
Klima  wie  das  ganze  Küstengebiet  von  Deutsch- Ostafrika,  nur 
scheinen  die  Regen  etwas  häufiger  zu  sein.  Die  Vorberge  haben 
ebenfalls,  der  Vegetation  nach  zu  schliessen,  ein  Steppenklima. 
Doch  je  mehr  man  sich  dem  Centralgebirge  nähert,  desto  feuchter 
wird  das  Land.  So  scheint  das  Längsthal,  welches  die  Vorberge 
von  den  Hauptbergen  trennt,  schon  recht  wasserreich  zu  sein.  Das 
eigentliche  Hochland  ist  ganz  ausserordentlich  feucht  und  wasserreich; 
da  aber  keine  ebenen  Flächen  vorhanden  sind,  kann  das  Wasser  fast 
nirgends  stagniren  und  eilt  in  raschem  Laufe  zu  Thal.  Von  etwa 
1500  m  Meereshöhe  an  sind  Nebel  sehr  häufig,  und  Niederschläge 
giebt  es  fast  jeden  Tag.  Ich  habe  in  der  Höhe  von  1800  m  Tage 
hintereinander  im  Nebel  gelebt  und  bei  einer  Temperatur,  die  20°  C. 
nicht  überschritt.  In  noch  etwas  höheren  Lagen  ist  die  Temperatur 
noch  niedriger,  die  Bäche  haben  bei  etwa  1700  m  Höhe  nur  14  bis 
16°  C.  Wassertemperatur ,  oben  auf  dem  Lukwanguloplateau  nur 
9  bis  10°  C.  Auf  diesem  Plateau  war  es  morgens  früh  nur  8°  warm, 
und  auch  am  Tage  stieg  die  Temperatur  nicht  über  15°,  trotzdem 
wir  uns  während  des  dortigen  Aufenthalts  in  der  heissen  Jahreszeit 
(November)  befanden.  Während  der  Monate  Mai  bis  September  soll 
es  im  Gebirge  noch  viel  kälter  sein,  doch  wurde  mir  von  Frösten 
nichts  erzählt.  Hagelschauer  sollen  dann  und  wann  einmal  Vor¬ 
kommen. 

Die  Differenzen  zwischen  den  Temperaturen  von  Tief-  und 
Hochland  sind  sehr  bedeutend;  im  selben  Monat  beobachtete  ich 
oft  34  bis  35°  C.  Schattentemperatur  in  den  Thälern  der  Vorberge. 
Ob  nun  das  Hochland  malariafrei  ist,  wage  ich  nicht  zu  entscheiden. 
Die  Eingeborenen  der  oberen  Dörfer  erzählten  mir  freilich,  dass  sie 
oben  nie  am  Fieber  litten,  dass  aber  die  Malaria  viele  Opfer  ge¬ 
fordert  hätte,  als  sie  einmal  ihre  Dörfer  aus  Bequemlichkeit  ins  Thal 
verlegt  hätten.  Sie  seien  bald  der  Fieber  wegen  in  ihre  luftigen 
Höhen  zurückgekehrt. 

Der  Boden  der  Waldregion  besteht  aus  einer  sehr  starken 
Humusschicht,  die  dem  Latent  aufgelagert  ist.  Wenn  man  diese 


217 


umarbeitet,  so  wird  man  voraussichtlich  nicht  von  Malaria  verschont 
bleiben.  Anders  ist  es  wohl  auf  dem  Hochplateau  des  Lukwangulo, 
das  nur  mit  einer  Grasnarbe  und  einzelnen  Waldparzellen  bedeckt 
ist.  Hort  wird  auch  die  niedere  Temperatur  der  Entwickelung  von 
Malariakeimen  entgegen  sein.  Die  tieferen  Thäler  werden  jedenfalls 
nicht  malariafrei  sein,  die  höher  gelegenen  Theile  des  Gebirges  aber 
möchte  ich  für  leidlich  gesund,  das  Plateau  für  ganz  malariafrei 
halten. 

Erdbeben  sind  nach  Aussage  der  Missionare  ziemlich  häulig  und 
zwar  häufen  sie  sich  nach  der  Regenperiode  und  verlaufen  bei 
Morogöro  meistens  in  der  Ostwestrichtung  der  Bergzüge. 

Y.  Bodenverhältnisse. 

Ein  grosser  Theil  der  Vorberge  ist  mit  tiefschwarzer  Erde  be¬ 
deckt,  sie  scheint  an  ihrer  ursprünglichen  Stelle  zu  lagern  und  das 
Zersetzungsprodukt  der  darunter  liegenden  Gesteine  zu  sein.  Schwarz¬ 
erde  kommt  auch  noch  auf  dem  Centralgebirge  vor;  doch  ist  dort 
auch  vielfach  Laterit  als  Grundlage  zu  beobachten,  dem  eine  sehr 
dicke  Humusschicht  aufgelagert  ist,  wo  noch  Wald  steht.  In  dein 
Rodungsgebiet  ist  letzterer  grösstentheils  zu  Thal  geschwemmt, 
ln  den  engen  Gebirgsthälern  ist  kein  Schwemmland  liegen  geblieben, 
wohl  aber  in  breiten  Mulden,  wie  z.  B.  bei  Tana  oder  auch  in  Ge¬ 
birgskesseln,  wie  am  oberen  Tombösi  oder  in  Tegetero. 

VI.  Vegetation. 

Das  Vorland  des  Ulugurugebirges  ist  mit  lichtem  Steppenwald 
bedeckt,  der  sich  im  Osten,  zwischen  dem  Gebirge  und  dem  Ngeren- 
gereunterlauf,  durch  grosse  Trockenheit  auszeichnet.  Am  mittleren 
Kingani-Ruon  (etwa  bei  Kwa  Ssalalla  und  Dunda)  sind  ausgedehnte 
Grassavannen  zu  finden,  die  einen  Theil  des  Jahres  überschwemmt 
sind;  weiter  nach  Westen  aber  steht  ein  geschlossener,  wenn  auch 
ziemlich  lichter  Steppenwald,  in  dem  durchweg  höhere  Laub¬ 
bäume  vorherrschen.  Nur  stellenweise,  so  z.  B.  an  den  Gongarogwa- 
bergen,  begegnet  man  dicht  verfilztem  Busch.  Unmittelbar  am  Ruon, 
in  der  Nähe  seines  Gebirgsaustrittes,  findet  mau  schöne  Gruppen 
hoher  Bäume,  sonst  aber  nichts  als  trockenen  Steppenwald  bis  an 
den  Fuss  der  Berge.  Der  Norden  des  Bergfusses  ist  dem  Osten 
ganz  ähnlich,  nur  auf  dem  nordöstlichen  Hügelland,  das  sich  bis 
Koo  hinzieht,  steht  meistens  Myombowald,  und  auch  an  den  Fulwe. 
bergen  sieht  man  etwas  üppigere  Vegetation.  Die  Ebene  südlich 
der  Berge,  also  um  Kissaki  herum,  ist  ebenfalls  mit  leichtem  Steppen- 
wrald,  in  dem  viel  Akazien  und  Hyphänen  stehen,  bedeckt,  und  nur 
wro  bei  Kwa  Mkunsa  der  Mgasibacli  aus  den  Vorbergen  tritt,  ist 
eine  schön  bewaldete  Stelle  zu  finden.  Auf  den  Vorhügeln  steht 


218 


ebenfalls  durchweg  lichter  Steppenwald  und  zwar  keine  Akazien, 
sondern  meistens  Myombobäume.  Im  Nordosten  der  Yorhügel  sind 
manche  Gebiete  mit  dichtem  Busch  bedeckt,  in  dem  viele  Euphorbien 
und  stellenweise  auch  Pandanus  Vorkommen. 

In  den  Thälern,  die  das  Centralmassiv  von  den  Vorbergen 
trennen,  ganz  besonders  am  mittleren  Tkeil  vom  Gebirgslaufe  des 
Ruon,  findet  man  einen  üppigen  Tropenwald  mit  hohen  Stämmen, 
Lianen,  Farnen,  wilden  Aroideen  und  anderen  Blattpflanzen.  Der 
Untergrund  ist  feucht.  Stellenweise  sind  ausgedehnte  Bestände 
dichten  Waldes  vorhanden,  stellenweise  schmale  Streifen  nach  Art 
der  Galeriewälder.  Es  ist  auflallend,  wie  viele  Pflanzenformen  hier 
für  das  Auge  des  Nichtfachmannes  denen  des  westafrikanischen 
Urwaldes  gleichen. 

Die  ganzen  Hänge  der  Centralberge  sind  von  einer  Vegetation 
eingenommen,  die  ich  die  der  Rodungszone  nennen  möchte.  Sehr 
wenige  Bäume  sind  hier  vorhanden,  doch  lassen  alle  Umstände 
darauf  schliessen,  dass  früher  einmal  die  ganze  Zone  von  Bergurwald 
eingenommen  war.  In  den  unteren  Regionen  scheint  dieser  vor 
langer  Zeit  schon  ausgerodet  zu  sein,  weiter  oben  aber  sieht  man 
noch  überall  Baumstümpfe  und  stellenweise  sind  grosse  Strecken 
mit  ganz  frisch  gefällten  Bäumen,  deren  Leiber  vermodernd  umher¬ 
liegen,  bedeckt.  Hier  und  dort,  besonders  an  Bachläufen  und  Thal¬ 
einschnitten,  sind  kleine  Bestände  oder  Baumgruppen  stehen  ge¬ 
blieben.  Es  ist  sehr  merkwürdig,  dass  an  Stelle  des  abgeholzten  Waldes 
keine  Bäume  und  Büsche  wiederwachsen.  Nur  Kräuter  verschiedener 
Art,  unter  denen  Balsaminen,  Immortellen,  Rubus  u.  s.  w.  aufl’allen, 
und  enorme  Massen  von  Adlerfarnen  wuchern  dort;  Gras  kommt 
nicht  zum  Vorschein.  Eine  sehr  charakteristische  Erscheinung  für 
dies  Gebiet  sind  die  oft  recht  grossen  und  viel  verzweigten 
Dracaenen. 

Vielfach  reichen  in  Schluchten  und  Bachthälern  die  Ausläufer 
des  Urwaldes  in  dieses  Rodungsgebiet  hinein,  der  die  oberen  Theile 
des  Gebirges  von  etwa  1800  bis  1900  m  an  bedeckt.  Von  geradezu 
bewundernswertlier  Schönheit  und  Fruchtbarkeit  sind  die  hoch¬ 
gelegenen  Tliäler  und  Thalkessel,  die  oben  umrandet  sind  von  Ur¬ 
wald,  der  in  Streifen  auch  hineinragt,  und  die  von  zahllosen  Bächen 
und  Rinnsalen  bewässert  sind.  Alle  fünf  bis  zehn  Minuten  hat  man 
auf  dem  Marsche  einen  kleinen  Lauf  von  klarem  und  eiskaltem 
Wasser  zu  überschreiten,  und  überall  kommt  man  zu  dem  Gedanken: 
„Was  könnte  hier  durch  künstliche  Bewässerung  gemacht  werden!“ 
Der  Urwald  hat  seine  schönste  Ausbildung  auf  dem  Firste  der 
grossen  Nordkette  und  auf  dem  südlichen  Centralmassiv.  Seine 
untere  Grenze  ist  immer  scharf  abgesetzt,  und  schon  daraus  kann 


219 


man  auf  eine  Thätigkeit  der  Menschen  schliessen,  die  den  Wald 
zurückdrängten.  Eine  dichte  Masse  von  mächtigen  Baumriesen  be¬ 
deckt  diese  Hänge,  umsponnen  von  Lianen.  Prachtvolle  Baumfarne, 
baumförmige  Lobelien  mit  langem  Blüthenstand  und  die  hellgrünen 
Blätter  der  Musa  Ensete  fallen  uns  auf,  und  am  Boden  finden  wir 
eine  üppige  Vegetation  von  Farnen  verschiedenster  Arten,  von  ganz 
kleinen  Formen  bis  zu  solchen,  deren  Wedel  2  m  Länge  übersteigen, 
von  Aroideen,  Balsaminen  u.  A.  m.  Stellenweise,  besonders  am  Ost- 
abhange  des  Lukwangulo,  sind  breite  Zonen  dichten  Bambuswaldes 
in  die  Waldzone  eingestreut. 

Dieser  tropische  Laubwald  nimmt  allmählich,  je  mehr  man  am 
Lukwangulo  in  die  Flöhe  steigt,  ein  ganz  eigenartiges  Gepräge  an. 
In  etwa  2000  bis  2100  m  beginnen  alle  Bäume  sich  in  ein  Gewand 
von  Bartflechten  zu  kleiden,  die  als  eisgraue  Zapfen  Alles  bedecken, 
und  alle  Baumarten  zeigen  lederharte,  ganz  dunkelgrüne  Blätter  und 
fast  pinienförmige  Kronen.  Steigen  wir  noch  höher,  so  treten  all¬ 
mählich  baiunförmige  Ericeen,  Podocarpus  sowie  eine  zweite  Art 
Lobelia  auf,  und  plötzlich  bei  2300  bis  2400  m  Meereshöhe  hört  der 
dichte  Wald  schroff  auf  und  wir,  die  wir  eben  noch  mit  grosser 
Mühe  kletterten,  befinden  uns  auf  einem  offenen,  leicht  welligen 
oder  hügeligen  Graslande,  das  von  Inseln  des  dunkelfarbenen  Waldes 
durchsetzt  ist.  Wir  sind  auf  dem  Hochweidengebiete,  das  allerdings 
in  diesem  Gebirge  nur  auf  dem  Plateau  des  Lukwangulo  zu  finden 
ist.  Das  Land  ist  von  5  bis  15  cm  langen  „sauren“  Gräsern,  Junca- 
ceen  u.  s.  w.  bedeckt,  zwischen  denen  manche  Zwiebelgewächse  und 
andere  blühende  Pflanzen  stehen.  Die  Gräser  schliessen  sich  jedoch 
nicht  zu  einer  verfilzten  Narbe  zusammen,  sondern  lassen  nackte 
Erde  zwischen  sich  frei,  die  mit  Erdflechten  bedeckt  ist.  Dort,  wo 
letztere  abgestorben,  hinterlassen  sie  einen  kleinen  Erdklumpen,  der 
wie  Regenwurmauswurf  aussieht.  Die  Oberfläche  ist  ziemlich  trocken 
und  knistert  beim  Gehen  durch  Zerbrechen  dieser  Erdhäufchen,  als 
wenn  sie  leicht  gefroren  wäre.  Das  Gras  ist  wohl  höchstens  als 
Schafweide  zu  vervverthen.  Ueberall  sind  2  bis  3  m  hohe  Krüppel¬ 
bäume  auf  dem  Graslande  zerstreut.  Der  Boden  besteht  bis  zu  einer 
Tiefe  von  G0  cm  aus  humösem  Thon.  Sehr  viele  kleine  Wasserläufe, 
die  in  Rillen  oder  auch  halbunterirdisch  laufen,  durchziehen  dies 
Gebiet  und  fliessen  der  Mgeta  zu.  Ihr  Wasser  hat  am  Tage  nur 
etwa  7  bis  9°  C.  Kalter  Wind  streicht  über  das  Plateau.  Nachts 
und  morgens  war  es  bitter  kalt  (morgens  8  Uhr  2°  C.)  und  oft  ver¬ 
hüllen  Nebel  die  Sonne.  Ob  sich  das  Land  für  europäische  Kulturen 
eignet,  ist  ohne  Weiteres  nicht  zu  entscheiden.*) 


*)  Ein  viel  begangener  Fusspfad  führt  über  das  Plateau.  Er  verbindet 
das  obere  Fisigo-,  Mgeta-  und  Mgasithal.  Wohnstätten  aber  giebt  es  dort  nicht. 


Eia  sehr  bedeutender  Vegetationsunterschied  ist  zwischen  dem 
östlichen  und  westlichen  Gebirgsabhange.  Auf  dem  —  im  Ganzen 
genommen  —  sanfteren  östlichen  Abhange  ist  eine  bedeutend  grössere 
Feuchtigkeit  und  infolgedessen  üppigere  Vegetation;  die  geschlos¬ 
senen  Wälder  reichen  viel  tiefer  (1700  m),  während  sie  im  Westen 
schon  bei  2000  m  auf  hören.  Ferner  sind  im  Westen  die  „Rodungs¬ 
gebiete“  fast  gänzlich  baumlos;  die  wenigen  Bäume  sind  so  verstreut, 
dass  ich  sie  fast  einzeln  in  die  Karte  aufzunehmen  versucht  war. 
Höchstens  findet  man  hier  und  dort  auf  einem  Rücken  etwas  niederes 
Gestrüpp.  Erst  in  der  Tiefe,  am  Nordwestabhange  der  Vorberge 
tritt  Myombowald  auf,  während  die  ganze  mittlere  Zone,  vor  Allem 
das  Land  um  den  Kiwibanduka,  Fulukisa  u.  s.  w.,  ganz  kahl  zu 
nennen  ist.  Trotzdem  scheint  es  nicht  unfruchtbar,  wie  seine  zahl¬ 
reichen  Felder  beweisen,  und  viele  kleine  Rinnsale  strömen  auch 
hier  der  Mgeta  zu. 

Ob  wir  in  den  Bergen  pflanzliche  Naturschätze  finden  werden, 
muss  erst  nähere  Untersuchung  des  gesammelten  Herbariummaterials 
und  spätere  Forschung  lehren.  Kautschuklianen  kommen  in  den 
Vorbergen  sowie  im  Grenzgebiet  der  Thal-,  Urwald-  und  Rodungs¬ 
zone  vor.  Viele  der  Pflanzenarten  mögen  auch  werthvoll  sein. 
Erwähnenswerth  ist  ein  „Mkänyi“  genannter  hoher,  botanisch  noch 
unbekannter  Baum  bei  Tegetero  und  am  oberen  Ruon,  aus  dessen 
grossen  und  zahlreichen  Früchten  ein  von  den  Hindus  in  Bagamoyo 
gern  gekauftes  Pflanzenfett  gewonnen  wird. 

VII.  Die  Entwaldung  und  ihre  Folgen. 

Wie  oben  bereits  erwähnt,  wird  der  Wald  in  den  ülugurubergen 
von  den  Eingeborenen  sehr  stark  abgeholzt,  und  was  durch  Riegeln 
bezw.  Umhauen  der  Bäume  nicht  zerstört  wird,  das  fällt  den  Bränden 
zum  Opfer.  Wenn  gewiss  schon  früher  die  Bewohner  weite  Strecken 
abgeholzt  haben,  so  ist  dies  in  dem  letzten  Jahrzehnte  offenbar  bei 
W eitern  schlimmer  geworden,  da  zahlreiche  Bewohner  der  Ebenen 
sich  aus  Furcht  vor  den  Mafitieinfällen  in  die  Berge  zogen  und  dort 
nun  durch  Ausschlagen  neuer  Lichtungen  ihre  Felder  herstellten. 
Wie  überall  in  Ostafrika,  so  ist  auch  hier  das  eigenartige  Wirth- 
schaftssystem  der  Neger  schuld  an  dem  Abholzen.  Fast  Jahr  für 
Jahr  wechseln  sie  ihre  Felder  und  müssen  deshalb  neue  Gebiete 
entwalden.  Sobald  aber  Bäume  und  Gesträuch  fortgeschlagen  sind, 
schwimmt  bei  der  sehr  starken  Neigung  des  Bodens  und  den  heftigen 
Regen  die  ursprünglich  sehr  dicke  Humusschicht  zu  Thal.  Es  ist 
deshalb  mehr  als  erklärlich,  dass  die  Einzelnen  bei  ihrem  Raubbau 
immer  wieder  frische  Humusgebiete  aufsuchen,  da  sie  ebenso  wenig 
wie  irgend  andere  Neger  durch  Düngung  ihren  Feldern  neue  Stoffe 


Zufuhren.  Man  kann  ganz  deutlich  dies  Abschwemmen  des  Humus 
verfolgen,  ln  dem  unangetasteten  Walde  findet  man  eine  sehr  dicke 
Schicht  von  lockerem,  zersetztem  Pflanzenmaterial.  In  den  Gebieten, 
in  denen  noch  die  Baumstümpfe  stehen  (man  schlägt  etwa  1ji  bis 
3/j  m  über  dem  Boden  ab)  und  in  denen  die  gefallenen  Waldesriesen 
noch  am  Boden  liegen,  ist  die  Schicht  schon  viel  dünner  geworden, 
und  unterhalb  dieser  Zone,  wo  durch  Entfernen  und  Verbrennen  der 
Stämme  auch  dieser  Schutz  fehlt,  ist  nur  normaler  Boden,  theils 
auch  nackter  Laterit  zu  sehen.  Es  ist  ein  Jammer,  anzusehen,  wie 
das  tausendjährige  Material  vernichtet  wird,  nur  um  dort  ein  oder 
zwei  Jahre  lang  Mais  zu  bauen.  Selbstverständlich  spricht  Alles 
dafür,  dass  durch  die  Entwaldung  auch  die  Wasserverhältnisse  des 
Landes  sehr  leiden;  ja  es  scheint  sogar,  dass  die  letzten  Jahre  der 
intensiven  Abholzung  darin  schon  gewirkt  haben;  denn  die  seit  acht 
Jahren  in  Tununguo  sitzenden  französischen  Missionare  erzählen 
von  einer  merklichen  Abnahme  des  Kinganiwassers. 

Es  ist  zu  fürchten,  dass,  falls  so  fortgefahren  wird,  in  einigen 
Jahrzehnten  der  Wald  in  Uluguru  und  damit  die  Fruchtbarkeit  ver¬ 
schwunden  sein  wird.  Es  ist  nämlich,  wie  oben  erwähnt,  eine  sehr 
merkwürdige  Erscheinung,  dass  überall  in  Ostafrika  dort,  wo  einmal 
der  ursprüngliche  Wald  niedergelegt  ist,  kein  neuer  Wald  nachwächst, 
auch  wenn  man  das  Land  ganz  sich  selber  überlässt.  Das  kann 
man  in  dem  Steppenwald  der  Ebene  überall  sehen,  ganz  besonders 
in  dem  hochstämmigen  Myombowalde,  wo  als  Nachwuchs  ebenso 
Krüppelbäume  oder  Dornbusch  erscheinen  wie  im  Akazienwalde. 
Die  in  entwaldetem  Gebiet  weit  um  sich  greifenden  Brände  mögen 
theils  mit  dazu  beitragen,  theils  auch  die  Verschlechterung  des 
Klimas,  das  nun  einem  Hochwalde  nicht  mehr  günstig  ist.  ln  den 
Ulugurubergen  scheinen  Klima  und  Bodenveränderung  sowie  die 
immer  wieder  angelegten  Brände  nicht  einmal  Busch  als  Nachwuchs 
aufkommen  zu  lassen.  Die  Baumstümpfe  verschwinden  allmählich  und 
nur  Farne  und  Kräuter  wachsen  noch  auf  den  Hängen. 

Wie  kommt  das?  Ich  bin  zu  der  Ueberzeugung  gekommen  und 
habe  dies  auch  früher  ausgesprochen  („Mit  Emin  ins  Herz  von 
Afrika“,  Seite  466  und  840),  dass  in  entlegenen  Zeiten  das  Klima 
Aequatorialafrikas  ein  ganz  bedeutend  feuchteres  war,  dass  wahr¬ 
scheinlich  ein  grosser  Tlieil  mit  Urwäldern  bedeckt  war,  oder  dass 
doch  wenigstens  eine  Brücke  zwischen  der  westafrikanischen  Ürwald- 
region  und  den  Gebirgswäldern  Ostafrikas  bestand,  wie  dies  auch 
in  der  Folge  durch  die  botanischen  Untersuchungen  von  Professor 
A.  Engler  („Gliederung  der  Vegetation  von  Usambara“,  Abh.  Berl. 
Akademie  physik.  Kl.  1894,  I.)  bestätigt  wurde.  Nur  in  den  feuchten 
Hochgebirgen  hat  sich  der  Wald  erhalten  und  zwar  einerseits,  weil 


in  bedeutenden  Höhen  (etwa  1800  m)  die  Wolkenbildung  sehr  leicht 
vor  sich  geht,  dann  weil  an  der  der  Küste  zugekehrten  Seite  der 
Gebirge  ein  Steigungswind  entsteht  und  Niederschläge  erzeugt,  dann 
aber  auch,  weil  der  Wald  selbst  Feuchtigkeit  liefert  bezw.  festhält. 
An  kahlen  Gebirgen  lliesst  der  Regen  rasch  zu  Thal,  ohne  dem 
Lande  viel  Nutzen  zu  bringen,  die  Wälder  halten  ihn.  Sobald  nun 
der  bestehende  Wald  auch  hier,  wo  er  sich  trotz  des  säkularen 
Klimawechsels  gehalten  hat,  der  die  Wälder  der  Ebene  unmöglich 
machte,  abgeschlagen  wurde,  wird  das  Wasser  nicht  mehr  zurück¬ 
gehalten,  und  der  Wald  findet  seine  Existenzbedingung  (dauernde 
Feuchtigkeit)  nicht  in  genügendem  Maasse,  und  eine  andere,  die 
fruchtbare  Humusschicht,  wird  durch  Zuthalschwemmen  ebenfalls 
entfernt.  So  glaube  ich  den  Satz  aufstellen  zu  können:  Der  Wald 
ist  nur  da,  weil  er  eben  noch  esistirt.  Sobald  inan  ihn  abschlägt, 
sind  die  Existenzbedingungen  für  Neubildung  von  Wald  verschwunden. 

Ich  weiss  nicht,  ob  ich  dem  schnellen  Abfliessen  des  Regens 
oder  der  Humusentfernung  mehr  die  Schuld  geben  soll,  kulturell 
ist  jedenfalls  letztere. 

Man  könnte  einwenden,  die  Thatsache,  dass  der  geschlossene 
Wald  erst  jenseits  1700  bis  1800  in  beginnt,  liesse  schliessen,  dass 
die  Wolken-  und  Nebelbildung  die  Ursache  seines  Vorhandenseins 
in  diesen  Höhen  sei.  Dem  gegenüber  aber  ist  anzuführen,  dass  auch 
in  tieferen  Regionen  Urwald  besteht  (Thalwald  am  Ruon),  und  ferner, 
dass  man  überall  beobachten  kann,  wie  der  Wald  nach  Abholzung 
nicht  wieder  erscheint,  dass  er  dagegen  in  tiefer  gelegenen  Thälern, 
wo  man  aus  Bequemlichkeit  nicht  abholzte,  wohin  die  Brände  nicht 
gelangen,  und  wo  ein  Bach  günstige  Bedingungen  schafft,  noch 
vorhanden  ist. 

Der  Umstand,  dass  in  höheren  Regionen  andere  Pflanzen  als 
in  den  Thälern  zu  finden  sind,  ist  natürlich  ebenso  auf  die  Klima¬ 
unterschiede  der  Höhenlagen  zurückzuführen  wie  das  Vorhandensein 
der  Hochweiden  in  einer  Region,  die  dem  Hochwald  nicht  mehr 
günstig  ist. 

Um  die  Entwerthung  dieses  prachtvollen  Waldgebirges  zu  ver¬ 
hüten  oder  wenigstens  aufzuhalten,  muss  möglichst  bald  etwas  ge¬ 
schehen,  was  natürlich  nur  durch  Beaufsichtigung  der  Eingeborenen 
möglich  ist;  denn  Ermahnungen  sind  fraglos  unwirksam.  Da  nun, 
um  Kulturland  zu  erhalten,  der  Wald  doch  niedergelegt  werden 
muss,  so  ist  eine  genaue  Anordnung  der  abzuholzenden  Gebiete 
nöthig.  Die  Kämme  der  Gebirge  und  Streifen  zwischen  den  einzelnen 
Feldern  müssen  verschont  bleiben,  das  Brennen  ist  möglichst  zu 
unterdrücken  und  zu  bestrafen,  und  endlich  müssen  stellenweise  neue 
Strecken  angeforstet  werden.  Die  einzige  Möglichkeit,  dies  durch- 


zuführen,  ist  die  Errichtung  einer  Kulturstation  durch  das  Gouverne¬ 
ment.  Ein  Forstassessor  mit  zwei  bis  drei  Unterförstern  bezw. 
Gärtnern  scheint  mir  die  geeignetste  Besetzung  zu  sein.  Ausser 
obigen  Aufgaben  fielen  diesen  auch  noch  Versuche  über  das  Gedeihen 
von  allerhand  Kulturpflanzen  zu;  denn  ein  sehr  grosser  Theil  des 
Landes  ist  ohne  Frage  sehr  geeignet  für  Gewächse,  die  feuchte 
Gebirgsthäler  erfordern,  für  Kaffee,  Tliee,  Kakao  u.  s.  w. 

VIII.  Die  Bevölkerung. 

Ueber  die  Bewohner  des  Gebirges  will  ich  nur  ganz  kurz  be¬ 
richten,  indem  ich  hoffe,  später  noch  einmal  Genaueres  mittheilen 
zu  können.  Im  Allgemeinen  lässt  sich  sagen,  dass  sie  sehr  wenig- 
interessant  sind,  d.  h.  durch  Einwanderung  von  aussen  hat  sich  ihr 
ethnographischer  Charakter  stark  verwischt.  Ausserdem  stellen  sie 
keine  einheitliche  Bevölkerung  dar.  Es  ist  zwar  wahrscheinlich, 
dass  es  ursprünglich  Waluguru  im  eigentlichen  Sinne  gegeben  hat, 
doch  sind  jetzt  vom  Süden  Wak’hutu,  vom  Osten  und  Norden  Wakami 
und  Wassagara  u.  s.  w.  eingewandert.  Man  begegnet  überall  ver¬ 
schiedenen  Stammnamen,  über  deren  Herkunft  die  Leute  oft  nicht 
viel  anzugeben  wissen,  doch  scheint  es  mir,  dass  mehrere  Gruppen 
unterschieden  werden  können. 

1.  Die  Bewohner  des  Nordens  um  Kinole  herum  sind  der  Ueber- 
lieferung  nach  aus  Nord  -  Ussagara  bezw.  Gedja  eingewanderte 
Wakagura.  Alljährlich  sollen  sie  noch  zu  Festen  oder  Opfern 
nach  jenem  Stammlande  gehen.  Oft  hört  man  sie  Waböna  nennen. 
Sie  sind  stark  sswahilisirt,  bauen  ihre  Hütten  nach  Art  der  Küsten¬ 
leute  und  kleiden  sich  wie  diese. 

2.  Die  Wakami,  welche  sonst  die  Ebene  nördlich  und  nord¬ 
östlich  der  Berge  bewohnen,  sind  an  vielen  Stellen  in  die  östlichen 
Vorberge  hineingegaugen  (z.  B.  Mirambo).  Das  eigentliche  Ukami 
hat  jedoch  mit  Uluguru  nichts  zu  thun.  Vielleicht  sind  auch  auf 
den  westlichen  Vorbergen  an  der  Mgeta  noch  einige  Wakamikolonien 
wohnhaft.  Ihnen  sind  wohl  auch  die  Waponda  bei  Taua  zuzuzählen. 

3.  Die  Wak’hutu,  die  die  Ebene  südlich  und  südöstlich  der 
Berge  bis  zum  Bufiyi  bewohnen,  sind  offenbar  den  Wasaramo  (be¬ 
sonders  sprachlich)  stark  verwandt,  oder  es  hat  eine  ausgiebige 
Mischung  zwischen  beiden  stattgefunden.  Eine  ganze  Anzahl  der 
Bewohner  der  südlichen  Vorberge  scheint  mir  Wak’hutu  zu  sein, 
ganz  besonders  aber  die  Wam’hädse,  welche  ursprünglich  in  Lupindi 
und  am  Kiwibandukaberg  wohnten,  aber  allmählich  nach  Usaramo 
ausgewandert  sind,  wo  sie  angeblich  die  heutigen  Dorfschulzen  (pasi, 


224 


mhadsi)  bilden.  Ihnen  scheinen  die  Wap’hangala  (bei  Fungo  im 
Distrikt  Ningwa  u.  s.  w.)  nahe  verwandt  zu  sein,  die  in  das  Fisigo- 
thal  vom  Westen  gekommen  sein  sollen.  Ebenso  gehören  offenbar 
die  Wagunga  in  Ssonga,  die  Walelengwe  am  Mbakanafluss  und  die 
Wan’ghamba,  welche  aus  dem  Mgetathale  nach  Osten  gewandert 
sind,  zu  dieser  Gruppe.  Alle  diese  Stämme  haben  runde  Hütten 
mit  Kegeldach,  deren  Wände,  entsprechend  dem  Material,  aus  Holz¬ 
platten  gemacht  sind.  Die  kleinen  Holzpuppen  der  Wasaramo  (Mwana 
Kiti)  sind  hier  aus  einer  kleinen  Kalebasse  nachgebildet.  Als  Waffen 
dienen  Speere,  selten  Bogen  und  Pfeil,  zum  Zerkleinern  des  Getreides 
benutzt  man  nur  den  Stampfmörser. 

4.  Es  bleibt  eine  Gruppe  von  Leuten  übrig,  die  man  wohl  als 
eigentliche  Waluguru  bezeichnen  könnte,  doch  sind  auch  sie  in 
ihren  Zweigen  sehr  verschieden  untereinander,  und  ich  möchte  an¬ 
nehmen,  dass  auch  sie  versprengte  Beste  von  einst  in  der  Ebene 
wohnenden  Stämmen  vorstellen,  die  dort  heutigentags  durch  Zulu¬ 
einwanderung  u.  s.  w.  fast  ganz  vernichtet  sind.  Ich  möchte  hierher 
die  Wag’haemo  in  Ng’hweme,  die  Wamgera  bei  Bugögo  und  andere 
Stämme,  die  hauptsächlich  im  südöstlichen  Centralmassiv  wohnen, 
zählen.  Als  charakteristische  Eigenthümlickeit  glaube  ich  die  vier¬ 
eckige  Hüttenform  bezeichnen  Zu  können,  die  neben  der  runden  — 
wohl  als  ursprüngliche  —  vorkommt.  Sechs  bis  zehn  Schritte  lang, 
zwei  bis  drei  Schritte  breit  und  1,5  m  hoch  sind  diese  mit  Giebel¬ 
dach  versehenen  Gebäude.  Der  Eingang  ist  meistens  an  einer 
Schmalseite  und  zwar  dort  nicht  in  der  Mitte,  sondern  (meist  links) 
seitlich  und  mit  80  bis  40  cm  hoher  Thürschwelle  versehen.  Sehr 
oft  ist  die  andere  Kurzseite  nach  Art  eines  Kirchenchors  altgerundet, 
als  wenn  noch  eine  halbe  Rundhütte  an  den  langen  Schuppen  ge¬ 
klebt  wäre.  Der  Innenraum  ist  meistens  in  drei  Räume  getheilt. 
Die  Seitenwände  hat  man  aus  senkrechten  Holzplatten  (die  Stämme 
werden  mit  Keilen  gespalten)  hergestellt  und  das  Dach  mit  Bananen¬ 
blättern  bezw.  den  faserigen  Gewebsbündeln  eines  Waldbaumes  so 
gedeckt,  dass  man  das  Material  geknickt  über  die  Dachfirste  hängt. 
Mir  sind  ähnliche  Hütten  nur  aus  dem  Kongogebiete  bekannt. 
Ebenso  merkwürdig  ist  die  Frauenkleidung  bei  diesem  Volke.  Ein 
Fransenschurz  von  30  bis  40  cm  Länge  der  gedrehten  Fransen,  bei 
denen  oft  schwarz  und  roth  gefärbte  Partien  abwechseln,  sitzt  vorne 
dem  Mons  veneris  auf,  während  er  hinten  die  obere  Plälfte  des 
Gesässes  blosslässt.  Etwas  höher,  oberhalb  des  Gesässes,  wird  eine 
Schnur  grosser,  weisser  Perlen  (Manga  dju,  dju)  und  um  den  Bauch 
noch  zwei  Schnüre  getragen,  und  zwar  letztere  so,  dass  sie  sich 
hinten  vereinigen,  vorne  aber  weit  divergiren.  Es  ist  gewiss  eigen¬ 
artig,  dass  dieser  Schurz  der  Zulu  bei  Natal  und  der  Leute  in 


225 


Vitschumbi  am  Albert  Edward- See  sich  liier  wiederfindet.  Männer 
haben  oft  Lederschürzen  vorne  und  hinten  an  einer  Schnur  hängen, 
oft  auch  Zeuglappen  ebenso  befestigt,  manchmal  einen  Schurz  aus 
Fransen  oder  aus  Baumwollenstoff.  Die  Weiber  tragen  rothe  Thon¬ 
pomade  im  Haar.  Dogen  und  Pfeile  sind  unbekannt,  ebenso  Reib¬ 
steine;  Lanzen  haben  eine  mit  Dorn  eingesetzte  Spitze. 

Das  Land  steht  unter  kleinen  unabhängigen  Chefs,  höchstens 
Kingaru  in  Kinole  und  vielleicht  noch  Mirambo  haben  etwas 
grösseren  Einflusskreis. 


IX.  Acke  r  b  a  u. 

Je  nachdem  man  es  mit  Waldland  oder  Rodungsgebiet  zu  thun 
hat,  ist  natürlich  die  Kulturmethode  eine  verschiedene.  Ueber  das 
maasslose  Niederschlagen  des  Waldes  wurde  oben  berichtet.  Auch 
auf  der  Rodungszone  zerstört  man,  um  ein  kleines  Feld  zu  bebauen, 
weite  Strecken  durch  Feuer.  Das  Land  kann  als  recht  dicht  be¬ 
völkert  gelten.  Ueberall  auf  den  Vorsprüngen  und  Satteln  der 
Hänge  sieht  man  die  kleinen  Häuserkomplexe,  deren  man  von  einem 
Standpunkte  aus  oft  50  bis  100  zählen  kann.  Die  Thäler  sind  nicht 
bewohnt,  wohl  aber  oft  bebaut.  Hauptsächlich  wird  Mais  gepflanzt, 
den  man  viermal  im  Jahre  erntet  und  von  dem  man  ganz  .junge 
Pflanzen  neben  ausgereiften  sehen  kann.  Die  fortwährende  Feuch¬ 
tigkeit  gestattet  Säen  und  Ernten  das  ganze  Jahr  hindurch,  Cajanus 
indicus  und  Kürbisse,  in  den  Thälern  auch  Sorghum,  kultivirt  man 
ebenfalls  viel,  und  Colocasien  sowie  Bohnen  (Phaseolus  vulgaris) 
gehen  bis  in  die  höchsten  menschlichen  Ansiedelungen  hinauf  (etwa 
1900  m).  Sowohl  im  Thale  (besonders  in  Tana  und  Mtukia)  als 
auch  auf  den  Hängen  bis  weit  über  1000  m  Höhe  gedeiht  vorzüg¬ 
licher,  allerdings  leicht  röthlich  gefärbter  Reis  (Bergreis).  Papaya 
sind  häufig.  Irgend  welche  Versuche  mit  Einführung  europäischer 
Gewächse  fehlen  noch,  doch  gedeihen  schon  am  Fusse  des  Gebirges 
in  Tununguo  und  Morogoro  Gemüse  ganz  ausgezeichnet,  in  letzterem 
Orte  sogar  Kaffee  (von  Bourbon  stammend)  und  Zimmet.  Die 
Kaffeepflanzung  ist  leider  durch  die  Larve  eines  Bockkäfers,  die 
den  Stamm  ausbohrt,  stark  beschädigt  worden.  Kaffee,  Weizen  und 
vieles  Andere  wird  man  in  den  V orbergen  schon  bauen  können, 
Kakao,  Vanille  und  Thee  ganz  gewiss  in  den  feuchten  Bergkesseln. 

X.  Die  Viehzucht. 

Dieselbe  ist  sehr  wenig  entwickelt;  einige  Schafe  und  etwas 
mehr  Ziegen  ist  die  Hauptsache,  letztere  Thiere  sind  oft  von  einer 
grossen,  langhaarigen  Rasse.  Rinder  giebt  es  nur  etwa  ein- halbes 
Dutzend  am  oberen  Mbakanabache.  Die  ganze  Vegetation  weist 


226 


uns  darauf  hin,  dass  das  Land  für  den  Viehzüchter  nicht  in  Betracht 
kommen  kann.  Ob  sich  auf  der  Hochweide  Thiere  werden  halten 
lassen,  muss  zum  mindesten  erst  bewiesen  werden.  Den  Bedarf  an 
Fleisch  und  Dünger  müssen  spätere  Kolonisten  sich  aus  den  Ebenen 
bei  Kissaki  beziehen,  wo  Binder,  Schw'eine  u.  s.  w.  gut  gedeihen. 


Aus  dem  Schutzgebiete  der  Marsh  all -Inseln. 


Resultate  der  meteorologischen  Beobachtungen  zu  Jaluit 
im  Jahre  1894. 

Die  Beobachtungen  wurden  in  gewohnter  sorgfältiger  Weise  bis 
Ende  September  1894  durch  Regierungsarzt  Dr.  Steinbach,  von  da 
ab  durch  Regierungsarzt  Dr.  Schwabe  angestellt.  Durch  Errichtung 
einer  eigenen  Arztwohnung  wurde  es  nöthig,  die  Aufstellung  der 
Instrumente  zu  verändern.  Dieselben  sind  jetzt  in  der  Nähe  dieser 
neuen  Wohnung  bezwr.  in  derselben  aufgestellt.  Die  Wohnung  selbst 
liegt  etwa  40  m  vom  Meeresstrand  entfernt  in  einer  Seehöhe  von 
etwa  3  m.  Dieselbe  ist,  besonders  nach  der  Seeseite  hin,  von  lichtem 
Gebüsch  umgeben.  Die  Höhe  der  Thermometer,  in  einer  freistehen¬ 
den  Hütte  aufghängt,  beträgt  1,5  m  über  dem  Erdboden.  Barometer 
und  Barograph  befinden  sich  etwas  höher  als  früher,  etwa  4  m  über 
mittlerem  Hochwasser.  Die  Windrichtung  wird  au  einer  auf  dem 
Hause  befindlichen  Wetterfahne,  etwa  10  m  über  dem  Erdboden, 
beobachtet.  Die  Auffangefläche  des  Regenmessers  befindet  sich  wie 
früher  1,5  m  über  dem  Erdboden. 

Durch  Verlegung  der  Station  fand  während  zweier  Tage,  29. 
und  30.  September  1894,  eine  Unterbrechung  der  Temperatur¬ 
beobachtungen  statt,  die  übrigen  Beobachtungen  wurden  nicht 
unterbrochen. 

In  der  Zeit  vom  15.  August  bis  9.  September,  während  welcher 
Herr  Dr.  Steinbach  auf  einer  Dienstreise  von  Jaluit  abwesend  war, 
besorgte  Herr  Lehrer  Vassen  die  Beobachtungen;  während  dieser 
Zeit  erlitten  die  Beobachtungen  des  feuchten  Psychrometerthermo¬ 
meters,  welches  Herr  Dr.  Steinbach  mit  sich  führte,  eine  Unter¬ 
brechung. 


227 


Die  meteorologischen  Verhältnisse  erweisen  sich  auf  Jaluit  als 
so  gleichmässig,  und  die  Beobachtungsergehnisse  des  Jahres  1894 
weichen  von  denen  des  Jahres  1893  so  wenig  ab,  dass  auf  das  in 
Jahrgang  1894,  S.  311  11'.,  Gesagte  hier  verwiesen  werden  kann. 
Auffällig  erscheinen  nur  die  hohen  Maxima  seit  der  Verlegung  der 
Station,  die  wohl  auf  eine  ungünstige  Beeinflussung  des  Maximum- 
thermoineters  durch  Strahlungseinflüsse  zurückzuführen  sind.  Selbst 
die  Niederschläge  erweisen  sich  bei  ihrer  Massenhaftigkeit  von  einer 
erstaunlichen  Gleichmässigkeit: 

1892  .  .  .  etwa  4365  mm 

1893  ...  „  4618  „ 

1894  ...  „  4550  „ 

Die  jährliche  Periode  derselben  erscheint  so  wenig  deutlich 
ausgesprochen,  dass  es  der  Fortsetzung  der  Niederschlagsmessungen 
eine  längere  Beihe  von  Jahren  hindurch  bedürfen  wird,  um  über 
dieselbe  Aufschluss  zu  bekommen. 


Jaluit. 

55'  nördl.  Br.  X  —  169°  40'  östl.  Gr.  li  =  3  bezw. 


228 


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1894 

Januar  . 
Februar 
März 

April  . 
Mai  .  . 
Juni .  . 
Juli  .  . 

August  . 
Septbr.  . 
Oktober 
Novbr.  . 
Dezbr.  . 

Jahr 

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Häufigkeit  (1er  Windrichtungen  in  Jaluit. 


229 


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2p 

April  1894  .  9p 
Summe 

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2p 

Juni  1894  .  9  p 

Summe 

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Summe 


Häufigkeit  der  Windrichtungen  in  Jaluit. 


230 


Summe 

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Monat 

7a 

2p 

August  1894  9  p 
Summe 

7  a 

2  p 

Septbr.  1894  9  p 
Summe 

7a 

2  p 

Oktober  1894  9  p 
Summe 

7a 

2  p 

Novbr.  1894  9  p 
Summe 

7a 

2p 

Dezbr.1894  .  9  p 
Summe 

7a 

2p 

Jahr  1894  9p 
Summe 

Schluss  der  .Redaktion  am  4.  September  1895. 


Aus  dem  Schutzgebiete  Togo 


Reiseberichte  von  Premierlientenant  v.  Doering 
ans  den  Jahren  1893  bis  1895. 

(Hierzu  Karte  No.  5.) 

1.  Reise  durch  das  Pessi-  und  Anyangaland. 

(5.  bis  31.  August  1893.) 

Tn  der  Zeit  vom  5.  bis  31.  August  1893  habe  ich  das  Pessiland 
bereist,  von  dort  eine  Wegeverbindung  mit  der  Linie  Klein -Popo — 
Atakpame — Bato — Bismarckburg  hergestellt  und  bin  dann  durch  das 
Anyangaland  marschirt. 

Leider  wurde  mein  Marsch  in  keiner  Weise  vom  Wetter  be¬ 
günstigt.  Jeder  Tag  brachte  uns  Regen.  Die  Flüsse  waren  daher 
angeschwollen  und  reissend  und  boten  grosse  Hindernisse.  Das 
tägliche  Durchnässtwerden  brachte  mir  mehrere  Fieberanfälle.  Der 
Himmel  war  stets  bedeckt,  so  dass  ich  auch  nicht  zu  einer  einzigen 
astronomischem  Beobachtung  kam.  Der  Siedeapparat,  den  ich  mit¬ 
nehmen  wollte,  war  in  seinem  Fussgestell  unbrauchbar  geworden 
und  bedurfte  einer  grösseren  Ausbesserung;  ich  nahm  daher  nur  das 
Aneroid  No.  1573  mit,  welches  ich  vor  und  nach  der  Reise  mehrfach 
mit  dem  Quecksilberbarometer  verglichen  habe. 

Am  5.  August  brach  ich  mit  6  Weis,  2  Popoleuten,  dem  Dol¬ 
metscher  und  einem  Jungen  auf.  Ich  marschirte  über  Ketshenki 
und  Kalabo  nach  Mpoti.  Hier  erkundigte  ich  mich  nach  dem  von 
Dr.  Büttner  erwähnten  Weg  nach  Pessi  über  Shifoma.  Letzterer 
Ort  wurde  mir  dabei  als  so  weit  entfernt  geschildert,  dass  ich  be¬ 
schloss,  in  Mpoti  zur  Nacht  zu  bleiben.  Ich  wurde  hier,  wie  überall 
auf  meinem  Marsch,  sehr  freundlich  aufgenommen  und  erhielt  Mais 
und  Maniok  geschenkt.  Zum  ersten  Mal  seit  der  Küste  sah  ich 
hier  wieder  eine  Katze,  was  sich  später  im  Pessilande  noch  einmal 
wiederholte.  Hunde  sind  jedoch  in  jedem  Dorfe  zahlreich:  jene 
kurzhaarige  gelbe  Rasse  mit  langen  Läufen  und  spitzem  Fang. 

Mittli.  von  Forschungsreisen  den,  VIII.  Band.  IV.  Iß 


232 


Der  6.  August  führte  mich  über  Shifoma,  das  letzte  Adeledorf, 
nach  Digna,  dem  ersten  Anyangadorf,  das  einen  sehr  ärmlichen 
Eindruck  machte.  Yieh  war  anscheinend  gar  nicht  vorhanden. 

Am  nächsten  Tage  durchschreiten  wir  den  hüftentiefen  Okum 
und  kommen  dann  an  den  reissenden,  angeschwollenen,  60  m 
breiten  Angnä.  Ich  schicke  einige  Leute  in  den  von  grossen  Fels¬ 
blöcken  durchsetzten  Fluss,  um  festzustellen,  ob  ein  Durchwaten 
möglich  ist.  Doch  erweist  sich  der  Angnä  als  übermannstief.  Ein 
Versuch,  ihn  mit  verkleinerten  Lasten  zu  durchschwimmen,  scheitert. 
Ich  muss  daher  hier  Biwak  beziehen.  Am  Nachmittag  wird  ein 
Lianenseil  quer  über  den  Fluss  gespannt,  an  welchem  wir  am 
nächsten  Morgen  den  Uebergang  versuchen  wollen. 

Am  8.  morgens  stellt  sich  heraus,  dass  das  Wasser  nicht  ge¬ 
fallen  ist,  sondern  vielmehr  das  Lianenseil  zerrissen  hat.  Wenn 
wir  heute  den  Fluss  nicht  überschreiten  können,  müssen  wir  urn- 
kekren,  da  die  Leute  nichts  mehr  zu  essen  haben.  Wieder  werden 
Lianen  aus  dem  Galeriewald  geholt,  dieselben  über  dem  Feuer  mit 
Steinen  geklopft,  bis  sie  knüpf  bar  werden,  und  dann  gelingt  es 
endlich,  nach  einem  nochmaligen  Zerreissen,  ein  festes  Seil  über¬ 
zuspannen.  Mit  hallten  Lasten  wird  dann  schwimmend  der  Ueber¬ 
gang  bewerkstelligt.  Dann  kommt  ein  Marsch  ohne  Führer,  nur 
nach  dem  Kompass,  durch  die  endlose  Savanne.  Nirgends  ist  das 
Gebirge  sichtbar,  nur  hohes  Gras  und  Sheabutterbäume.  Nach¬ 
mittags  gegen  3  Uhr  bleibt  der  letzte  Träger  zurück.  Um  43/i  Uhr 
kommen  wir  endlich  an  einige  Farmhütten,  Akapo  Akble.  Die  Be¬ 
wohner  sprechen  die  Ewesprache,  was  uns  zeigt,  dass  wir  uns  im 
Pessilande  befinden,  wo  diese  Sprache  gesprochen  wird.  Man  weist 
uns  dann  den  Weg  zum  nächsten  Dorf  Tepai,  wo  wir  gegeu  5  Vs  Uhr 
eintreffen.  Hier  höre  ich  zum  ersten  Male  Klagen  über  die  Tshautsho, 
die  den  Ort  ausgeraubt  haben.  Spät  abends  treffen  erst  die 
Träger  ein. 

Am  folgenden  Tage  geht  es  wieder  durch  Baumsavanne  in  süd¬ 
östlicher  Dichtung  weiter.  Wir  durchschreiten  die  Pessidörfer 
Kornoyo  und  Babame  und  gelangen  zu  dem  grossen  volkreichen  Ort 
Nyamassilä.  Liier  wird  uns  gesagt,  dass  wir  heute  doch  nicht  nach 
Pessi  kämen,  da  der  Monn  zu  sehr  angeschwollen  sei.  So  entscliliesse 
ich  mich,  hier  zu  bleiben.  Zum  ersten  Male  sehe  ich  hier  Geier, 
die  in  grosser  Anzahl  auf  den  Bäumen  hocken.  Herden  in  grosser 
Zahl  und  mehrere  hohe  Häuser  zeugen  von  der  Wohlhabenheit  der 
Pessileute,  die  ich  noch  oft  Gelegenheit  hatte,  feststellen  zu  können. 
Der  Häuptling  Foli  übernahm  die  Verpflegung  meiner  Leute  für 
diesen  Tag,  da  ich  ihm  etwas  Arznei  gegeben  hatte. 

Von  Nyamassilä  aus  führte  uns  der  Weg  durch  ebene  Baum- 


savanne,  die  sich  durch  ihren  Reichthum  an  „Buschhühnern“  aus¬ 
zeichnete,  nach  dem  mehrere  Hundert  Hütten  zählenden,  volkreichen 
Kokoti.  Das  ganze  Pessiland  ist  dicht  bevölkert.  Man  findet  ent¬ 
weder  grosse,  aus  mehreren  Dörfern  bestehende  Ortschaften,  oder, 
nahe  beieinander  liegend,  kleine  Dörfer,  nur  wenige  Kilometer  von¬ 
einander  entfernt.  So  traf  ich  es  besonders  auf  meinem  Rückmarsch 
von  Bato  durchs  Pessiland  (siehe  Karte).  In  Kokoti,  wo  wir  unter 
einem  riesigen  Alfenbrotbaum  auf  den  Fährmann  warten  mussten, 
beschäftigen  sich  die  Bewohner  viel  mit  Weberei.  Das  baumwollene 
Garn  wird  auf  einfachen  Webstühlen  in  leicht  verständlicher  Weise 
zu  etwa  handbreiten  Streifen  gewebt.  Die  Streifen  werden  zu  den 
Tüchern  dann  aneinander  genäht.  Die  Tücher  bilden  dann  selber 
die  Kleidung  oder  man  fertigt  jene  ärmellosen,  buntgestreiften 
Hemden  daraus,  welche  man  überall  im  Hinterlande  von  Atakpame 
an  findet.  Auch  die  so  viel  getragene  phrygische  Mütze  und  den 
auch  an  der  Küste  recht  bekannten,  als  Regenschirm  benutzten, 
grossen  Strohhut  sah  ich  im  Pessilande.  Feuersteingewehre  sind  auf 
dem  linken  Angnäufer  selten.  Leute,  die  zur  Feldarbeit  gingen, 
oder  von  dort  kamen,  führten  hier  sowohl  als  weiter  südlich  und 
nördlich  häufig  Pfeil  und  Bogen  mit  sich.  Von  Kokoti  aus  begaben 
wir  uns  dann  zu  dem  reissenden,  80  m  breiten,  tiefen  Monu,  über 
den  wir  mittelst  Kanus  übergesetzt  wurden.  Dann  erreichten  wir, 
nachdem  wir  das  Dorf  Supe  durchschritten  hatten  und  zum  ersten 
Mal  über  den  Nliuto  gekommen  waren,  um  lD/i  Uhr  das  erste  Pessi- 
dorf.  Wir  kamen  dann  noch  durch  drei  andere  Pessidörfer,  liessen 
ein  grosses  links  liegen,  überschritten  den  wohl  zum  Monu  messen¬ 
den  Nliuto  zum  zweiten  Male  und  hielten  dann  in  dem  grössten  der 
Pessidörfer.  Zusammen  mögen  diese  die  Stadt  Pessi  bildenden  Dörfer 
wohl  1000  Hütten  zählen,  darunter  viele  einstöckige  Häuser.  Auch 
hier  traf  ich  viel  Weberei.  Grosse  Herden,  besonders  Rindvieh, 
machen  den  Reichthum  der  Bewohner  aus. 

Der  König  von  Pessi  hatte  schon  vor  meinem  Abmarsch  von 
Bismarckburg  zur  Station  gesandt  und  um  eine  Flagge  gebeten. 
Als  ich  ihm  dieselbe  jetzt  geben  wollte,  erfuhr  ich,  dass  König  Adam 
nicht  in  Pessi  selber,  sondern  einige  Stunden  nordöstlich  davon  inSikita 
(Adam  koffi)  wohne.  Ich  hörte  Wunderdinge  von  seinem  Reichthum 
und  der  Grösse  seiner  Hauptstadt  erzählen.  DiePessihäuptlinge  sandten 
sofort  zu  ihm,  er  möge  kommen,  da  ich  nicht  nach  Sikita  marschiren 
wollte.  Da  er  am  Nachmittage  nicht  kam  —  er  war  krank  und 
konnte  nicht  kommen  — ,  so  baten  mich  die  Häuptlinge,  den  nächsten 
Morgen  erst  etwas  später  abzumarschiren,  damit  ich  noch  einen 
Bevollmächtigten  König  Adams  empfangen  könne. 

Am  11.  August  sandte  der  König  seinen  Sohn,  welcher  mich 

16* 


234 


bat,  einige  Tage  Gast  seines  Vaters  zu  sein;  wenn  ich  nicht  mar- 
schiren  wolle  oder  könne,  so  würde  Adam  mir  ein  Pferd  schenken. 
Doch  hatte  ich  schon  zu  viel  Zeit  verloren  —  ich  hatte  gehofft, 
Pessi  in  drei  Tagen  erreichen  zu  können  —  und  erklärte  daher,  dass 
ich  weiter  marschiren  würde.  Ich  erfuhr  hierbei  Folgendes:  Adam 
hat  mit  Pessi  nichts  zu  thun.  Nur  sein  Reichthum  hat  ihm  im  Pessi- 
lande  das  Ansehen  verschafft,  dass  er  hier  „König“  von  Pessi  ge¬ 
nannt  wird.  Die  Landessprache  in  seinem  Gebiete  ist  nicht  einmal 
die  in  Pessi  gesprochene  Evesprache,  sondern  Anago.  Sein  Sohn 
konnte  sich  mit  den  Pessileuten  sogar  nur  durch  Dolmetscher  ver¬ 
ständigen.  Er  nahm  im  Namen  seines  Vaters  die  Plagge  gegen  das 
schriftliche  Versprechen:  Frieden  zu  halten  und  nach  Möglichkeit 
zu  stiften,  fremde  Händler  zu  schützen  und  ein  treuer  Freund  der 
Deutschen  zu  sein.  Ich  marscliire  an  diesem  Tage  zurück  nach 
Kokoti,  wo  ich  zur  Nacht  im  Zelt  bleibe.  Der  Weg  führt  durch 
reiche  und  grosse  Felder:  Mais,  Kürbis,  Bohnen  und  vor  Allem 
Yams,  der  hier  ganz  die  Stelle  von  Maniok  zu  vertreten  scheint. 
Ich  sah  armlange,  25  cm  starke  Yamsknollen. 

Am  12.  ging  es  bei  strömendem  Regen  morgens  weiter  durch 
die  Baumsavanne,  die  oft  einen  waldartig  dichten  Baumbestand  auf¬ 
weist.  Ich  hatte  mir  einen  Führer  genommen  und  von  ihm  erfahren, 
dass  Pessi  mit  der  Linie  Popo — Atakpame — Adele  durch  drei  Wege 
verbunden  sei:  einer  führe  nach  Atakpame,  einer  nach  Akposso 
Game  und  einer  nach  Bato.  In  Wirklichkeit  giebt  es  aber  nur 
zwei  Wege;  denn  der  nach  Bato  führende  ist  derselbe  wie  der,  der 
nach  Aposso  Game  führt;  er  gabelt  sich  erst  dicht  vor  letzterem 
Orte.  Hätte  ich  das  gewusst,  so  hätte  ich  nur  Aposso  Game  und 
nicht  Bato  zu  erreichen  versucht,  wodurch  ich  zwei  Tage  gespart 
hätte.  Der  Weg  führte  über  das  grosse  noch  zu  Pessi  gehörige 
Dorf  Dussebe,  über  den  wohl  zum  Monu  fliessenden  Pette  zu¬ 
nächst  zum  Dorfe  Gauble.  Dieses  gehört  nicht  mehr  zu  Pessi,  son¬ 
dern  hier  wird  schon  Anago  gesprochen.  Dann  geht  es  über  die 
ebenfalls  wohl  dem  Monu  zufliessenden  Flüsschen  Podde-Podde  und 
Alablatö.  Durch  die  völlige  Durchnässung  war  ich  während  dieses 
Marsches  so  fiebrig  geworden,  dass  ich  um  12^2  Uhr,  trotz  des 
immer  noch  anhaltenden  Regens,  Halt  machen  liess  und  Biwak  in 
der  Savanne  bezog. 

Am  13.  war  durch  den  die  ganze  Nacht  strömenden  Regen  das 
Wasser  morgens  völlig  lehmig  und  dunkelbraun  und  daher,  da  mein 
kleiner  Filter  längst  unbrauchbar  ist,  ungeniessbar.  Wir  hatten 
während  unseres  recht  beschwerlichen  Marsches  zur  Rechten  die 
Wasserscheide  zwischen  Monu  und  Angnä.  Der  Weg  zeigte  uns 
viele  und  grosse  Antilopenspuren.  So  kamen  wir  durch  das  Dorf 


235 


Tak-Angnä  (Anagospracke)  und  gleich  darauf  an  den  Angnä,  über 
den  uns  diesmal  ein  Kanu  hinüberbrachte.  Der  Fluss  soll  Krokodile 
haben.  Unweit  des  rechten  Ufers  hielten  wir  in  dem  etwa  100  Hütten 
zählenden  Dorf  Koko-Bleme.  Alle  diese  Ortschaften  mit  der  Anago- 
sprache  kennen  keinen  Verband  zu  einem  Lande:  ich  erhielt  in  jeder 
Ortschaft  auf  meine  Frage  nach  dem  Namen  der  Landschaft  immer 
die  Antwort:  „Wir  sind  Tak  -  Angnäleute“  oder  Minikeleute,  oder 
Gaubleleute;  „das  Land  hier  hat  keinen  Namen.“  Koko-Bleme  ist 
reich  an  Herden;  im  Orte  wird  viel  Flechterei  getrieben.  In  der 
Umgegend  sah  ich  viele  Geier  und  braunweisse  Adler;  auch  das 
überall  häufige  Buschhuhn  fehlte  nichts 

Am  14.  marschirten  wir  wieder  bei  Regen  ab.  Bald  tauchte  auf 
dem  nach  Westen  gerichteten  Marsche  das  Wahrzeichen  Batos,  die 
von  mir  mit  M  bezeichnete  Kuppe  auf.  Meine  Leute  bestritten 
übrigens  die  Richtigkeit  der  Bezeichnung  „Kebuto“,  die  mir  bei 
meinem  ersten  Durchmarsch  durch  Bato  dort  genannt  wurde.  Wir 
kamen  durch  das  grosse,  herdenreiche  Dorf  Yieku,  überschritten 
den  Kossi  und  bezogen  dann,  meines  fiebrigen  Zustandes  wegen,  in 
der  Savanne  Biwak.  Regen  bis  zum  anderen  Morgen. 

Am  15.  hatte  ich  das  Unglück,  beim  Ueb  er  sehr  eiten  des  Akbaba 
auf  einem  glatten  Felsblock  auszugleiten  und  auf  die  rechte  Hüfte 
zu  fallen.  Wir  durchschritten  das  aus  drei  Theilen  bestehende, 
felderumgebene  Akpossodorf  Betia,  das  einen  ärmlichen  Eindruck 
macht  und  dessen  Bewohner  sich  vielfach  mit  Spinnerei  zu  beschäf¬ 
tigen  scheinen;  die  Spindel  mit  der  Baumwolle  wird  unter  dem 
linken  Arm  gehalten,  mit  der  linken  Hand  aus  dieser  Watte  der 
Faden  gedreht  und  mit  der  Rechten  ein  herunterhängender,  kreisel¬ 
artiger  Garnwinkel  in  rasch  drehende  Bewegung  versetzt,  so  dass 
dadurch  der  Faden  noch  schärfer  gedreht  und  dann  aufgewickelt 
wird.  Um  IV2  Uhr  gelangten  wir  nach  Bato,  wo  ich  meiner  Hüfte 
wegen  leider  am  16.  August  einen  Ruhetag  machen  musste.  Der 
Häuptling  Kapa  hatte  hier  fünf  Atakpameleute  gefangen,  deren 
Vater  ihm  Elfenbein  schuldete.  Er  trug  mir  die  Sache  vor  und 
versprach,  die  Leute  bald  frei  zu  lassen,  da  ihm  bereits  die  Nach¬ 
richt  geworden,  dass  der  Vater,  sein  Schuldner,  schon  Lösegeld 
schicke.  Meine  Hoffnung,  in  Bato  einen  Weg  nach  Norden  nach 
Blitta  zu  finden,  hatte  sich  nicht  erfüllt.  Ich  musste  auf  dem  Wege, 
auf  dem  ich  gekommen,  nach  dem  Angnä  zurück. 

Am  17.  und  18.  wurde  nach  Osten  zur iickm arschirt,  mittelst JKanu 
über  den  Angnä  gesetzt  und  dann  in  dem  herdenreichen,  etwa 
100  Hütten  zählenden  Dorfe  Minike  Halt  gemacht. 

Durch  ebene  Baumsavanne  setzten  wir  am  19.  den  Marsch  nach 
Norden  fort,  durchschritten  das  Dorf  Aütelle,  das  letzte,  in  dem 


236 


die  Anagosprache  herrscht,  und  kamen  gegen  12l/2  Uhr  nach 
Dafole-Nyamme.  Hier  wird  Eve  gesprochen,  wir  befanden  uns  also 
wieder  im  Pessilande.  Das  Dörfchen  zählt  etwa  20  Hütten.  Nach¬ 
mittags  starker  Regenguss. 

Die  dichte  Ansiedelung  —  wir  durchschritten  sechs  Dörfer  — 
und  der  reiche  Anbau  der  Gegend  bewiesen  uns  auch  am  20.,  dass 
wir  uns  noch  im  Pessilande  befanden.  Zahlreiche  Tauben  bevölkern 
die  Felder  und  die  wellige  Baumsavanne;  ich  schoss  hier  auch  einen 
grauen,  grossen  Papagei  mit  gelbem  Schnabel  und  langem  Stoss. 
Um  127+  Ulir  hielten  wir  in  dem  ganz  von  Busch  umgebenen  Dorfe 
Adomi.  Abends  war  es  ganz  kurze  Zeit  sternenklar,  doch  zu  kurze 
Zeit,  als  dass  ich  eine  Beobachtung  machen  könnte. 

Am  21.  ging  es  immer  bergauf  und  bergab  durch  hügeliges 
Gelände.  Noch  einige  Pessidörfer  wurden  durchschritten.  Gegen 
123/4  Uhr  hielten  wir  in  den  Ruinen  des  früheren  Anyangaortes 
Okbande.  Nur  die  Lehmmauern  von  etwa  200  Häusern  stehen  noch. 
Der  Ort  ist  von  den  Tshautsho  gänzlich  ausgeplündert  und  nieder¬ 
gebrannt  worden.  Die  Bewohner  haben  ihn  verlassen.  Aus  den 
niedrigen  Ruinen  ragen  die  Mauern  einiger  höherer  Häuser  hervor. 
In  den  Häuserresten  finden  sich  einige  grosse  Thongefässe  und 
einige  Fetischfiguren,  mit  Kauris  verziert,  das  ist  Alles.  Es  macht 
einen  traurigen  Eindruck. 

Der  nächste  Marsch  führte  uns  durch  ebenfalls  wellige  Savanne 
zu  dem  etwa  300  Hütten  zählenden  Anyangaort  Blitta.  Unterwegs 
treffen  wir  kein  Dorf,  da  Digina  und  Orani  (Oränyi)  nur  schilfüber¬ 
wucherte,  gänzlich  verlassene  Ruinen  sind.  Auch  Blitta  ist  von  den 
Tshautsho  ausgeraubt,  aber  nicht  verbrannt  worden.  Der  einst  reiche 
Viehbestand  beschränkt  sich  jetzt  nur  noch  auf  Schweine,  Ziegen, 
einige  Hühner  und  ein  kleines  Pferd.  Es  war  sehr  schwer,  hier 
Lebensmittel  zu  bekommen. 

Am  23.  führte  uns  ein  kurzer  Marsch  nach  dem  Angnä.  Der¬ 
selbe  war  so  reissend  angeschwollen,  dass  jeder  Versuch,  ihn  zu 
überschreiten,  ausgeschlossen  war.  Es  blieb  uns  daher  nichts  Anderes 
übrig,  als  nach  Blitta  zurückzukehren  und  dort  das  Fallen  des  Flusses 
abzuwarten.  Nachmittags  Regen!  Ich  sandte  nun  täglich  morgens 
schon  vor  Sonnenaufgang  einen  Mann  zum  Angnä,  um  die  Wasser¬ 
tiefe  festzustellen.  Am  24.  war  das  Wasser  noch  mehr  gestiegen. 
Am  25.  war  es  gefallen,  aber  noch  nicht  durchschreitbar.  Nach¬ 
mittags  starker  Regen,  ebenso  nachts.  Am  26.  kam  die  Meldung, 
dass  der  Fluss  wieder  gestiegen  sei.  Die  Verpflegung  war  in  Blitta 
so  knapp,  dass  ich  beständig  Hunger  litt.  Yams,  Mais,  Eier  oder 
gar  ein  Huhn  war  fast  nie  zu  bekommen.  Meine  mitgenommenen 
Vorräthe  waren  bereits  zu  Ende,  und  so  lag  mir  viel  daran,  weiter 


237 


zu  kommen.  Ich  hatte  mich  erkundigt,  ob  nicht  ein  Weg  nach 
Nordwesten  führe;  vielleicht  dass  man  dort  eine  flachere  Stelle  des 
Flusses  fände.  Doch  erfuhr  ich  von  den  Eingeborenen,  dass  es 
keinen  anderen  Weg  gäbe.  Ich  beschloss  daher,  am  anderen  Tage 
unter  allen  Umständen  den  Uebergang  zu  versuchen. 

Am  27.  begaben  wir  uns  zum  Angnä.  Immer  drei  Leute  mussten 
versuchen,  mit  einer  Last  den  Fluss  zu  durchschwimmen.  Das 
Schwierige  lag  dabei  in  der  reissenden  Strömung;  ein  gutes  Hülfs- 
mittel  war  die  vielfache  Inselbildung  im  Flusse,  so  dass  nur  immer 
verhältnissmässig  schmale  Wasserarme  zu  durchschwimmen  waren. 
Der  Uebergang  gelang.  Nur  eine  Last  ging  verloren,  wurde  aber 
wieder  gefischt.  Durch  schilfreiche  Savanne  gelangten  wir  dann 
nach  Dofoli.  Auch  dieser  grosse,  aber  ärmliche  Ort  war  von  den 
Tshautsho  ausgeraubt;  daher  keine  Rinder.  Die  Bevölkerung  zeigte 
viele  Kröpfe,  ein  Zeichen,  dass  wir  ins  Gebirge  kamen. 

Am  28.  marschirte  ich  des  stark  strömenden  Regens  wegen, 
dem  ein  heftiger  Tornado  folgte,  nicht  weiter. 

Am  29.  kamen  wir  in  das  Gebirge.  Der  Marsch  zeichnete  sich 
durch  schlechte,  nasse  Wege  aus.  In  den  Galeriewäldern  der  zahl¬ 
reichen  Bäche  sahen  wir  viele  Hunds-  und  andere  Affen  und  Perl¬ 
hühner.  Am  Baha  bezogen  wir  Biwak. 

Der  30.  brachte  uns  dann  nach  Mpoti  und  der  31.  nach  der 
Station  zurück,  wo  wir  nach  27 tägiger  Abwesenheit  wohlbehalten 
eintrafen.  Ich  war  durch  Fieber  und  mangelhafte  Verpflegung  sehr 
geschwächt,  vor  Allem  hatten  wir  aber  Alle  durch  den  täglich  nieder¬ 
strömenden  Regen  zu  leiden  gehabt. 

2.  Reise  in  das  Adjuti-  und  westliche  Adeleland. 

(14.  bis  19.  Oktober  1893.) 

Am  14.  Oktober  morgens  brach  ich  von  der  Station  mit  2  Popo-, 
2  Wei-  und  1  Minikemann  auf.  Ich  wollte  am  ersten  Marschtage  das 
Adjutidorf  Siäre  über  Pereu,  also  auf  der  Klingschen  Route  erreichen. 
In  Pereu  machten  wir  einen  kurzen  Halt.  Den  von  Kling  auf¬ 
geführten  Ort  Niangba  kannte  hier  Niemand.  Man  behauptete,  es 
gäbe  nur  einen  Weg  nach  Siare:  den  über  Tslioyö.  In  der  Nähe 
dieses  Dörfchens  und  der  letzten  Adeleniederlassung  Mbombo  oder 
Aibahome  sah  ich  den  ersten  Tabak,  der  von  Eingeborenen  gezogen 
wurde,  später  allerdings  noch  viel  von  dieser  Pflanze  bei  Abrdwanko 
und  Nyarno.  Ueberall  stand  der  Tabak  nicht  so  gut  wie  der  der 
Station.  Bis  Aibahome  war  der  Weg  verhältnissmässig  gut  gewesen. 
Jetzt  aber  zeigte  er  sich  so  von  übermannshohem  Grase  überwuchert, 
dass  er  fast  gar  nicht  zu  erkennen  war,  und  wir  nur  sehr  langsam 
fortkamen.  Dabei  war  er  so  glatt  und  so  voller  Unebenheiten,  dass 


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wir  Alle  Läufig  hinfielen,  leider  sehr  zum  Schaden  meiner  Lasten, 
deren  Träger  allmählich  immer  mehr  in  der  Savanne  zurückblieben. 
Dabei  zerschneidet  das  scharfe  Gras  unbarmherzig  Hände,  Gesicht 
und  Hals.  Gegen  Mittag  kommen  wir  in  wildere  Gebirgsgegend,  die 
ab  und  zu  köstliche  Fern-  und  Nahsichten  bietet.  Der  Pfad  wird 
immer  unwegsamer.  Er  führt  oft  sehr  steil  zu  Bachthälern  hinunter, 
so  dass  man  nur  kletternd  und  dabei  fortwährend  fallend  weiter 
kommen  kann.  Ich  glaube,  Abfälle  bis  zu  60,  ja  70°  passirt  zu 
haben.  Kein  Mensch,  kein  Feld,  keine  Hütte  war  zu  sehen.  Gegen 
3  Uhr  brach  ein  heftiger  Regen  los,  der  mich  bis  auf  die  Haut  im 
Nu  durchnässte.  So  gelangte  ich  ohne  Träger,  ganz  allein  an  das 
letzte  kleine,  ungemein  tief  eingeschnittene  Gewässer  vor  Siare.  Hier 
musste  ich,  obwohl  fröstelnd  vor  Nässe,  doch  die  Träger  abwarten,  da 
ich  nicht  allein  in  das  fremde  Dorf  gehen  wollte.  So  hatte  ich  Zeit, 
die  köstliche  Scenerie  zu  bewundern,  die  mich  umgab.  Von  allen 
Seiten  von  hohen  bewaldeten  Bergen  eingeschlossen,  rauschte  der  Bach 
in  lauter  kleinen  Fällen  über  grosse  Felsblöcke  dahin.  Endlich  kamen 
zwei  Träger,  aber  es  waren  meine  beiden  Weileute,  der  Landes¬ 
sprachen  unkundig.  Mit  diesen  kam  ich  gegen  4‘/4  Uhr  nach  Siare. 
Wenn  man  um  die  letzte  Felsecke  vor  dem  Ort  herumbiegt,  so  ist 
man  überrascht  über  den  malerischen  Anblick,  den  man  geniesst. 
Das  Dorf  besteht  aus  lauter  rothen  Lehmhütten,  die  über-  und  unter¬ 
einander  in  den  Berg  hineingebaut  sind,  und  ist  rings  von  Hochwald 
und  vielen  ganz  besonders  hohen  und  schlanken  Oelpalmen  umgeben. 
Einer  meiner  Weis  verstand  etwas  Eve  und  so  gelang  es  uns  mit 
Hülfe  eines  anwesenden  Assante,  der  ebenfalls  Eve  sprach,  eine 
Hütte  zu  bekommen.  Meine  drei  Träger  blieben  fort;  so  konnte  ich 
mich  weder  umziehen,  noch  irgend  etwas  essen  oder  trinken,  was 
ich  sehr  vermisste,  da  ich  nur  morgens  um  6  Uhr  einige  Maisfladen 
und  etwas  Wassersuppe  auf  der  Station  genossen  hatte. 

Am  15.  morgens  musste  ich  im  Bett  bleiben,  da  meine  Kleider 
noch  völlig  nass  waren;  doch  erschienen  um  7l/2  Uhr  meine  anderen 
drei  Leute.  Einer  derselben,  welcher  hingefallen  war,  hatte  dabei 
das  Thermometer  des  von  ihm  getragenen  Siedeapparates  zerbrochen, 
so  dass  ich  nur  auf  die  Höhenberechnungen  mittels  Aneroids  ange¬ 
wiesen  war.  Beim  König  hatte  ich  dann  „grossen  Empfang“.  Als  Dol¬ 
metscher  diente  ein  Pessimann,  welcher  nach  Siare  gekommen  war, 
um  „Fetisch  zu  machen“;  denn  Siare  ist  grosser  Fetischort.  Auch 
zwischen  mir  und  dem  König  Koränti,  von  jedem  etwa  10  Schritt 
entfernt,  steckte  ein  Fetischzeichen  im  Felsboden,  ein  mit  irgend 
etwas  beklebter  eiserner  Stock.  Der  König  war  anfangs  unwillig, 
dass  ich  ihn  nicht  gestern  besucht,  ihm  noch  keine  Geschenke  ge¬ 
sandt  hatte  und  noch  heute  weiter  marschiren  wolle;  denn,  hob  er 


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hervor,  er  sei  nicht  Häuptling  von  Siare,  er  sei  König  von  Adjuti. 
Trotzdem  schieden  wir  als  gute  Freunde.  Als  ich  ihm  aber  die  Hand 
reichen  wollte,  wies  er  dies  entschieden  als  „bösen  Fetisch“  zurück,  was 
mir  am  nächsten  Tage  noch  einmal  inOdome  begegnete.  Zum  Marschiren 
war  es  nun  doch  zu  spät  geworden,  ich  blieb  den  Tag  in  Siare  und 
bearbeitete  meinen  gestrigen  Marsch.  Als  ich,  vor  der  Hütte  am  Tisch 
sitzend  und  zeichnend,  einmal  anfing  zu  pfeifen,  sah  sich  Alles  sofort  wie 
auf  Kommando  nach  mir  um,  und  der  zufällig  anwesende  König  winkte 
mir,  schnell  aufzuhören;  Pfeifen  sei  böser  Fetisch.  Auch  wurde  ich 
gebeten,  keinen  der  vielen  Geier  zu  schiessen,  da  es  ihr  Fetischvogel 
sei.  Strassen  und  Plätze  Siares  zeigen  solche  Unebenheiten,  dass 
man  stets  Gefahr  läuft,  zu  stolpern,  und  dass  ich  glaube,  ich  hätte 
hier  keinen  Platz  gefunden,  mein  Stativ  aufzustellen,  selbst  wenn 
nicht  fortwährender  Regen  jede  Sternbeobachtung  schon  sowieso 
unmöglich  gemacht  hätte.  Nach  Aussagen  Koräntis  unterhält  Siare 
lebhaften  Handel  mit  Tshautslio,  Pessi,  Accra,  Salaga,  Wu  und  Fasugu, 
welch  letzterer  Ort  von  Siare  in  sechs  Tagen  zu  erreichen  sei. 

Köstliche  Urwaldscenerien  bot  der  Gebirgsmarsch  des  folgenden 
Tages.  Wir  marschirten  stundenlang  längs  des  Sabu,  aus  dessen  Galerie¬ 
wald  wir  wiederholt  das  Bellen  der  Hundsaffen  vernahmen.  Aber  der  Weg 
als  solcher  liess  leider  wiederum  sehr  viel  zu  wünschen  übrig.  Gegen 
9  Uhr  hörte  das  Gebirge  auf,  und  wir  kamen  in  die  Savanne  und 
um  IOV2  Uhr  in  das  Adjutidorf  Odome,  wo  ich  mich  bei  einer 
Todtenfeier  von  der  grossen  Anzahl  der  vorhandenen  Gewehre  über¬ 
zeugen  konnte.  Es  war  schon  1  Uhr  geworden,  als  wir  bei  ziemlicher 
Hitze  Abrewanko  erreichten.  Der  eine  halbe  Stunde  vor  diesem 
Dorf  fliessende  Bach  ist  in  seiner  Richtung  auf  Tafel  2  des  2.  Heftes 
im  6.  Bande  (1893)  der  „Mittheilungen“  falsch  angegeben.  Im  Orte 
fand  ich  eine  mindestens  20  Mann  starke  Yeudikarawane,  lauter  nette 
Leute,  die  mich  auf  das  Freundlichste  begrüssten  und  meinen  Leuten 
während  unserer  Rast  schon  fertig  gekochten  Yamsbrei  schenkten. 
Es  war  sehr  interessant,  das  Leben  dieser  Leute  zu  beobachten,  wie 
sie  ihre  Gebete  verrichteten,  im  Koran  lasen,  unsere  Leute  ausfragten, 
oder  mit  schwarzer  Tinte  vermittelst  einer  Rohrfeder  auf  einer 
schwarzen  Holzplatte  schrieben.  Vom  Häuptling  Bado  erhielt  ich 
ein  Huhn  und  zum  Trinken  die  wenig  schön  schmeckende,  flaue 
Maissuppe  geschenkt  und  marschirte  dann  weiter  nach  N}ramo.  Hier 
wieder  grosser,  ernster  Empfang.  Ich  sprach  dabei  englisch  zu 
meinem  Koch,  dieser  Eve  zu  einem  Träger,  dieser  Timu  zum 
Sprecher  und  dieser  Adjuti  zu  dem  Häuptling,  der  meine  Gegen¬ 
geschenke  für  sein  Huhn  und  Yams  erst  nehmen  wollte,  nachdem  ich 
ihn  versichert  hatte,  dass  ich  seinem  König  in  Siare  mehr  gegeben 
habe.  Auch  hier  traf  ich  eine  Yendikarawane. 


240 


Am  folgenden  Tage  marschiren  wir  durch  ebene  heisse  Savanne 
und  dann  durch  völlig  unter  Wasser  stehenden  Urwald  nach  Odomase, 
einem  kleinen,  unter  riesigen  Bäumen  liegenden  Adeledorf.  Die 
Häuser  haben  hier  zum  Theil  Veranden  vor  der  Thür,  indem  sich 
vor  der  ganzen,  langen  Wand  eine  breite  Lehmstufe  hinzieht,  über 
welche  das  Dach  des  Hauses  weit  herübergeht.  Innerlich  fand  ich 
an  den  Wänden  schwarze,  weisse  und  braunrothe  Malereien,  Menschen, 
Schildkröten,  Krokodile  und  allerlei  Schnörkel  darstellend,  sowie 
Affenschwänze  und  auch  Straussenfedern,  wold  Jagdtrophäen  oder 
irgend  welche  Erinnerungszeichen.  Der  Häuptling  Kuhin,  ein  freund¬ 
licher,  geschwätziger  Alter,  ist  ein  weit  gereister  Mann,  der  jeden 
Weg  und  Steg  im  Lande  kennt.  Nachmittags  ein  sehr  heftiger 
Regenguss,  während  dessen  sich  die  nackten  Kinder  auf  der  Strasse 
baden,  Ziegen,  Schafe,  Hühner  und  dergleichen  aber  sich  unter  mein 
V erandadach  retten. 

Am  folgenden  Tage  marschirten  wir  über  Korintai  auf  oft  nassem 
Savannenweg  nach  Dadease.  Von  einem  Dorf  Buminde  oder  Bumi- 
nolle  habe  ich  nichts  gesehen,  auch  wissen  die  Korintaileute  nichts 
von  diesem  Nachbardorf.  Dadease  ist  ein  sehr  weitläufig  gebauter 
Ort,  in  dessen  Mitte  sich  ein  grosser  Wiesenplatz  befindet.  Im  Dorf 
sah  ich  viel  Töpferei.  Der  noch  jugendliche  Häuptling  Komlapentö 
gilt  auch  als  Fetischmann. 

Am  19.  d.  Mts.  zeigte  uns  der  letzte  Marschtag  noch  einmal  all 
die  Anstrengungen  der  ersten  beiden.  Immer  längs  des  Pala  mar- 
schirend,  haben  wir  einige  hohe  und  steile  Berge  in  überaus  er¬ 
müdendem  Klettern  zu  überschreiten.  Dann  belohnt  uns  zwar  oben 
ein  köstlicher  Rundblick  über  das  Gebirge,  aber  schon  winkt  der 
nächste  Berg,  der  auch  zu  überschreiten  ist.  Herrlich  ist  die 
Insektenwelt  mit  ihrer  Mannigfaltigkeit  im  Gebirgswald.  Endlich 
erreichen  wir  den  Fetischwald  von  Pereu,  der  mit  seinen  breiten 
Wegen  und  schönem  Grün  den  Eindruck  eines  Parkes  macht. 

3.  Reise  nach  Fasugü. 

Vom  28.  Oktober  bis  12.  November  1893. 

Am  28.  Oktober  brach  ich  mit  8  Weis,  2  Popos,  1  Miuikemann, 
sowie  mit  Dolmetscher  und  Junge  von  der  Station  auf.  Meine  Ab¬ 
sicht  war,  über  Siare  nach  Fasugü,  von  dort,  wenn  möglich,  nach  Wu 
und  dann  über  Nyamo  zurückzumarschiren.  Doch  es  fand  sieb,  dass 
nur  ein  Weg  vom  Adjuti-  zum  Fasugülande  führt,  welchen  ich  ein¬ 
schlug.  Zurück  marschirte  ich  dann  den  schon  von  Dr.  Büttner  u.  A. 
begangenen  unmittelbaren  Weg  von  Fasugü  nach  Adele. 

Hatte  ich  Siare  auf  meiner  Adjutireise  über  Pereu,  also  auf  dem 
Klingschen  Wege  erreicht,  so  wollte  ich  jetzt  über  Kue  und  das 


241 


Adjutidorf  Shininga  dorthin  marscliiren,  einen  Weg,  der  bisher  noch 
nicht  von  Weissen  meines  Wissens  betreten  war. 

Was  den  Weg  Bismarckburg — Kue  anbelangt,  so  möchte  ich  nur 
bemerken,  dass  der  Name  der  zwischen  Ketshenki  (nicht  Kötshenki) 
und  Kue  belegenen  Farm  auf  den  Karten  falsch  angegeben  ist.  Die 
Farm  heisst  Gedemi  und  nicht  Asuina.  Asuma  ist  eine  nach  ihrem 
Besitzer  benannte  Farm  nördlich  von  Gedemi.  Von  Kue  aus  bog  ich 
nach  Nordwesten  ab  und  erreichte  nach  heissem  Marsch  gegen  1  Uhr 
nachmittags  das  im  Thal  gelegene  Dorf  Shininga,  das  etwa  90  runde 
Hütten  zählt.  Bei  dem  Einmarsch  in  das  Dorf  bemerkte  ich,  dass 
es  fast  ganz  leer  stand.  Alle  Bewohner  hatten  sich  bei  unserem  An¬ 
marsch  in  den  Busch  begeben,  von  woher  Trommelklänge  zu  uns 
herüber  schallten.  Da  der  Felsboden  des  Dorfes  das  Aufstellen  des 
Zeltes  fast  unmöglich  machte,  so  sandte  ich  einige  Leute  aus,  um 
eine  Hütte  für  mich  zu  besorgen.  Doch  kehrten  dieselben  bald 
eiligst  zurück  mit  der  Nachricht,  dass  sich  hinten  im  Dorf  die  Krieger 
sammelten,  um  uns  mit  den  Waffen  in  der  Hand  zu  vertreiben.  Ich 
begab  mich  nun  mit  dem  Dolmetscher  unbewaffnet  zu  den  Leuten, 
erklärte  ihnen  meine  friedliche  Absicht  und  erhielt  nun  eine  Hütte. 
Der  Häuptling  setzte  mir  auseinander,  dass  in  diesem  Ort  noch  nie 
ein  Weisser  gewesen  sei,  und  er  daher  die  Meinung  gehabt  hätte, 
ich  käme  in  kriegerischer  Absicht.  In  Shininga  wird  Anyänga  oder 
Adjuti  gesprochen;  Beides  ist  dieselbe  Sprache.  Doch  rechnen  die 
Bewohner  sich  nicht  mehr  zu  Anyänga,  sondern  zu  Adjuti,  da  sie 
dem  Häuptling  von  Siare  unterthan  sind.  Tabakpflanzungen  traf  ich 
hier,  wie  fast  überall,  mitten  im  Dorf,  aber  eingezäunt,  um  gegen  das 
Vieh  geschützt  zu  sein.  Doch  dient  der  Tabak  so  gut  wie  nie  zum 
Rauchen  —  er  stinkt  fürchterlich  in  der  Pfeife  — ,  sondern  fast  nur 
zum  Schnupfen.  Dazu  wird  er  auf  Steinen  fein  gerieben,  und  das 
Pulver  dann  auch  gelegentlich  gegessen,  wie  ich  es  im  Fasugülande 
mehrfach  gesehen  habe. 

Am  folgenden  Tage  überschritten  wir  dicht  westlich  Shininga 
einen  8  bis  10  m  breiten,  nach  Norden  fliessenden  Wasserlauf,  der 
keinen  Namen  hatte.  Dieser  Fluss  muss  meiner  Ansicht  nach  alle 
jene  Bäche  in  sich  aufnehmen,  die  man  auf  dem  Wege  Fasugü — Kue 
nach  Westen  fliessen  sieht.  Auch  ist  er  sicher  jener  40  m  breite 
Fluss,  den  ich  drei  Tage  später  überschritt,  wenngleich  er  dort  auch 
von  Osten  nach  Westen  fliesst;  schon  sein  Name  Kue  scheint  mir 
dafür  zu  bürgen.  Der  Marsch  von  Shininga  nach  Siare  ist  nur  kurz 
und  bis  auf  den  letzten  Abstieg  zu  dem  im  Kessel  gelegenen  Siare 
nicht  so  gebirgig,  als  wenn  man  sich  von  Pereu  aus  diesem  Orte 
nähert.  Des  felsigen  Bodens  wregen  liegen  die  Felder  schon  stunden¬ 
weit  vor  dem  Dorf,  meistens  mit  Guineakorn,  Bohnen  oder  Erdnüssen 


242 


bestellt.  Der  Anblick,  den  Siare  von  diesem  Wege  aus  gewährt,  ist 
fast  noch  schöner  als  der  vom  Pereuwege  aus:  man  blickt  von  oben 
auf  die  rothen  Hütten  inmitten  des  dichten,  grünen  Bergwaldes  hin¬ 
ab;  dazu  das  Rauschen  des  Säbu  und  die  hohen,  steilen  Gebirge 
ringsum. 

Am  folgenden  Tage  marschiren  wir  den  Weg  nach  Odome, 
biegen  aber  IV2  Stunden  vor  diesem  Ort  ab,  nach  Norden  zu,  und 
nun  geht  es  stundenlang  durch  glühende  Savanne  nach  dem  etwa 
35  Hütten  zählenden  Assantedorf  Koü  (vergl.  S.  256).  Trotz  der 
verschiedenen  Sprache  gehört  auch  Koii  zu  Adjuti;  denn  es  ist  auch 
dem  Häuptling  von  Siare  unterthan.  Das  Dorf  zeichnet  sich  durch 
einige  praktische  Einrichtungen  aus:  eine  breite,  gerade  Strasse 
durchschneidet  den  Ort.  Auf  ihr  steht  eine  lange  Bank  mit  Lehne 
und  Fussbank.  Vor  dem  Ort  befindet  sich  im  Busch  ein  gemeinsamer 
Abort.  Die  Hütten  sind  viereckig,  doch  fällt  das  Strohdach  nicht 
wie  anderswo  über  alle  vier  Wände,  sondern  die  schmalen  Hausseiten 
laufen  giebelförmig  spitz  zu,  so  dass  das  Dach  auf  ihnen  ruht  und 
nur  die  beiden  Längsseiten  bedacht. 

Ein  kurzer,  aber  des  kaum  gangbaren,  völlig  überwucherten 
Weges  halber  recht  unangenehmer  Marsch  führt  uns  folgenden  Tags 
nach  dem  Assantedorf  Paua.  Dasselbe  zählt  etwa  100  Hütten  und 
ist  durch  ein  grosses  Tabakfeld  in  drei  Theile  geschieden;  auch 
Paua  gehört  zu  Adjuti.  Im  Dorf  fand  ich  weder  Rindvieh  noch 
Schweine,  wohl  aber  Pferde.  Anwesend  war  eine  ziemlich  grosse 
Kratyikarawane.  Die  Leute  boten  mir  verschiedene  Sachen,  besondere 
jene  weissen,  durchbrochen  gewebten  Baumwollenstoffe,  zum  Kauf 
an.  Doch  wollten  sie  nur  englisches  und  kein  deutsches  Geld 
nehmen.  Der  blinde  Häuptling  Kwayö  erzählte  mir,  vor  etwa  drei 
Jahren  sei  ein  Weisser,  ganz  allein,  ohne  jegliche  Begleitung,  dui'ch 
den  Ort  gekommen.  (G.  A.  Krause?) 

Auf  dem  Marsch  des  2.  November  haben  wir  zur  Linken  die 
Ebene,  zur  Rechten  einen  Gebirgszug,  der  aber  durchaus  nicht  so 
lückenlos  ist,  als  dass  nicht  die  nach  Westen  fliessenden  Wasserläufe 
zwischen  Ivue  und  Fasugü  ihren  Weg  zu  den  beiden  40  m  breiten 
Flüssen  finden  könnten,  die  wir  auf  diesem  Marsch  zu  überschreiten 
haben.  Es  sind  dies  der  schon  oben  erwähnte  Kue  und  der  von 
Südost  nach  Nordwest  fliessende  Palä.  Der  Marsch  führt  uns  auf 
der  Karawanenstrasse,  die  von  Kratyi  (oder,  wie  es  die  Eingeborenen 
hier  nennen,  Käraki)  über  Nyamö  und  Fasugü  nach  Tshautsho  geht. 
Von  der  Lebhaftigkeit  des  Verkehrs  auf  diesem  Wege  hatte  ich  an 
diesem  und  den  folgenden  Tagen  vollauf  Gelegenheit,  mich  zu  über¬ 
zeugen.  Da  kamen  Haussa  mit  ihren  zierlich  gepackten  Lasten, 
meistens  braunes  Salz  und  bunt  geflochtene  Matten  enthaltend,  vom 


243 


Süden,  Tshautsho  mit  braunem  Rindvieh  und  Körben  voll  Hühnern 
von  Norden,  Alle  mit  Pfeil  und  Bogen,  Wurfspeeren,  Dolchen  oder 
langen  Schwertern  bewaffnet.  An  der  Karawanenstrasse  findet  man 
allenthalben  ganz  einfache  Strohhüttchen,  die  den  Händlern  unterwegs 
Schutz  bieten  sollen.  Auch  in  der  Nähe  unseres  Quartiers,  des 
Fasugüdorfes  Kaya,  finden  sich  solche  Hütten;  denn  das  nur  etwa 
50  Hütten  zählende  Dorf  kann  die  Menge  der  hier  Rastenden  nicht 
beherbergen.  Die  Händler  sitzen  schweigend  und  im  Koran  lesend 
vor  ihren  geringen  Waaren:  eine  kleine  Kalabasse  ungereinigten 
Salzes,  ein  Dutzend  Kolanüsse,  einige  geschliffene  Achate  und  ein 
paar  kupferne  Daumringe,  vielleicht  auch  etwas  Fleisch,  und  harren 
geduldig  der  Käufer,  während  die  Weiber  Bohnen  rösten  und  Fische 
braten.  Ich  wurde  in  Kaya  ganz  besonders  freundlich  aufgenommen, 
obwohl  hier  angeblich  noch  nie  ein  Weisser  gewesen  war. 

Am  folgenden  Morgen  marschiren  wir  weiter.  Wohl  100  Leute 
und  darüber  begegnen  uns  unterwegs.  Zum  Theil  sind  dies  Händler, 
zum  Theil  Leute,  die  zur  Feldarbeit  gehen;  letztere  ziehen  gewöhn¬ 
lich  truppweise  und  unter  Musikbegleitung.  Alles  macht  einen  frohen 
und  frischen  Eindruck.  Einmal  beginnen  die  Feldarbeiter  sogar  mit 
den  vordersten  meiner  Träger  ein  kleines  Tänzchen:  Bogen  und  Köcher 
werden  beiseite  gelegt,  die  Trommel  gerührt,  die  Doppelglocke  ge¬ 
schlagen  und  der  Pfeife  jene  eintönige  Weise  entlockt,  die  durch  die 
geringe  Anzahl  der  möglichen  Töne  bedingt  ist.  Unser  Unterkunfts¬ 
ort,  das  Fasugüdorf  Täshi,  welches  etwa  400  Hütten  zählt,  liegt  in 
der  ungemein  fruchtbaren  Ebene  hart  am  Fusse  des  etwa  200  m 
hohen,  ziemlich  steilen,  oft  felsigen  und  zum  Theil  bewaldeten  Ge¬ 
birges.  Ich  werde  freundlich  aufgenommen,  erhalte  die  unvermeid¬ 
liche,  widerliche  Kornsuppe,  Käffa  genannt,  als  Willkommentrank 
und  habe  nur  sehr  unter  der  Neugier  der  Eingeborenen  zu  leiden, 
der  ich  natürlich  als  erster  Weisser,  der  den  Ort  betritt,  sehr  aus¬ 
gesetzt  bin.  Der  alte  Häuptling  Wrinyam  trägt  eine  Art  Krone  oder 
krempenlosen  Hut  aus  Korbgeflecht,  mit  in  Leder  oder  Tuch  ein¬ 
genähten  Amuletten  verziert,  und  ist  bei  meinem  Empfang  von  allen 
seinen  Unterhäuptlingen  umgeben,  denen  ich  nachmittags  aufseine  Bitte 
allen  meinen  Besuch  machen  muss.  Dabei  werde  ich  gewarnt,  mich 
nicht  allein  ausserhalb  des  Dorfes  zu  ergehen,  die  Verkehrsverhält¬ 
nisse  seien  noch  nicht  so  sicher,  als  dass  mir  dort  nicht  irgend  etwas 
zustossen  könnte.  Nachmittags  sendet  mir  Wrinyam  einen  Klarinetten¬ 
bläser,  der  mir  ein  halbstündiges,  schreckliches  Ständchen  bringt. 
Die  Fruchtbarkeit  des  Fasugulandes  und  den  reichen  Anbau  des¬ 
selben  möchte  ich  noch  besonders  erwähnen.  Nirgend,  vielleicht  das 
Pessiland  ausgenommen,  sah  ich  so  ausgedehnte  Felder  mit  Yams, 
Bohnen,  Erdnüssen,  Tabak  und  besonders  Guineakorn.  Kassada  hin¬ 
gegen  sah  ich  hier  niemals. 


244 


Der  kurze  Marsch  des  3.  November  führt  uns  wieder  durch 
schöne,  felderreiche  Ebene  zu  dem  am  Fusse  des  Gebirges  gelegenen 
Fasugüort  Süruku.  Von  einem  Fasuguort  kann  man  nur  insofern 
reden,  als  liier  die  Fasugü-  oder  Timusprache  herrscht;  in  irgend 
einem  abhängigen  Verhältniss  zu  Fasugü  steheu  diese  Orte  nicht. 
Als  wir  uns  auf  etwa  500  m  dem  Orte  genähert  haben,  erscheinen 
zwei  weiss  gekleidete  Boten  des  Häuptlings,  der  eine  mit  einem 
Speer,  der  andere  nur  mit  jenem  am  linken  Handgelenk  befestigten 
Dolche  bewaffnet,  dessen  Griff  stets  in  der  Fland  ruht,  während  die 
Scheide  in  dem  weiten  Aermel  verschwindet.  Sie  überbringen  mil¬ 
den  Befehl  ihres  Herrn,  dem  Ort  fern  zu  bleiben.  Ich  sende  nun 
unsere  Führer  nach  Süruku  hinein  und  lasse  dem  Häuptling  sagen, 
dass  ich  im  Frieden  käme,  nur  mit  der  Absicht,  ihn  zu  besuchen, 
und  dass  ich  daher  bäte,  mich  einzulassen.  Nach  etwa  dreiviertel¬ 
stündigem  Warten  kamen  plötzlich  zwei  Reiter  aus  dem  Ort  in  vollster 
Karriere  durch  das  hohe  Gras  auf  uns  zugesprengt,  gefolgt  von  einer 
Abtheilung  Fussvolk.  Sie  schwingen  ihre  in  der  Sonne  glitzernden 
Speere  über  sich  und  gewähren  in  ihrer  weiten,  weissen  Gewandung, 
dem  den  unteren  Theil  des  Gesichtes  verhüllenden  Turban  oder  dem 
bunten  mit  Lederriemen  befestigten  Strohhut  auf  dem  Kopf  einen 
prächtigen  Anblick.  Hosen  und  Schabracke  sind  von  schönem, 
teppichartigem  Gewebe.  An  den  nackten  Füssen  tragen  sie  scharfe 
Sporen,  so  dass  die  Weichen  ihrer  mit  Fellen  und  Kaurimuscheln 
reich  geschmückten  Pferde  heftig  bluten.  Dicht  vor  uns  pariren  sie 
zum  Stehen,  senken  die  Speere  zur  Begriissung,  heissen  mich  im  Namen 
ihres  Häuptlings  willkommen  und  reichen  mir  über  den  20  bis  30  cm 
hohen  Zwiesel  hinweg  die  Hand.  Nun  ordnet  sich  der  Zug  zum 
feierlichen  Einzug  in  Süruku.  Voran  ein  Pfeifer,  dann  etwa 
40  Krieger  mit  Speer  und  Schwert,  meistentheils  aber  mit  Feuerstein¬ 
gewehren  bewaffnet,  die  sie,  wie  „Gewehr  über“  auf  der  linken 
Schulter  tragen.  Dann  folge  ich  mit  meinen  Leuten,  während  die 
Reiter  immer  wie  ein  Sturmwind  hin-  und  herjagen.  Im  Ort  ist 
Alles  auf  den  Beinen;  selbst  die  Bäume  sind  dicht  besetzt.  Einige 
Leute  schlagen  mit  Peitschen  unter  das  sehr  lästig  fallende  Volks¬ 
gedränge.  Unter  einem  grossen  Schattenbaum  wird  dann  Aufstellung 
genommen.  Nach  langem  Warten  kommen  endlich  einige  Grosse 
mit  den  üblichen  Fliegenwedeln  in  der  Hand  und  geleiten  ein  Weib, 
das  mir  im  Auftrag  des  Häuptlings  die  schreckliche  Kornsuppe  kre¬ 
denzt.  Endlich  werde  ich  vor  den  Häuptling  geführt,  der  mich,  unter 
einem  Baume  sitzend,  umgeben  von  seinen  Grossen  empfängt.  Er 
ist  in  reinstes  Weiss  gekleidet  und  trägt  auf  dem  Kopfe,  wie  auch 
viele  seiner  Unterhäuptlinge,  jene  bunt  verzierte,  kronenartige  Kappe. 
Häuptling  Ulangmä  ist  ein  etwa  40  Jahre  alter  Mann  mit  intelligenten 


245 


Gesichtszügen  und  lebhaftem  Interesse  für  Alles,  was  ihm  neu  ist. 
Als  ich  ihm  nachmittags  meinen  Besuch  mache  und  als  er  denselben 
abends  erwidert,  wird  er  nicht  müde,  mich  über  alles  Mögliche  aus¬ 
zufragen:  ob  es  wahr  sei,  wie  ihm  die  englischen  Händler  erzählten, 
dass  Pulver  aus  Elfenbein  und  Palmkernen  gemacht  werde;  ob  Ham¬ 
burg  grösser  sei  als  Süruku;  ob  es  in  Deutschland  auch  Elefanten 
gäbe  und  ob  Rinder;  wie  man  Kerzen  bereite  und  wie  Butter;  wie 
ein  Wagen  aussähe;  wie  das  Schloss  eines  Mehrladers  wirke  u.  s.  w. 
Zum  Schluss  sagte  er  mir,  er  möchte  gern  eine  deutsche  Station  in 
seinem  Gebiet  haben,  er  würde  den  Deutschen  das  Land  zum  Bau 
schenken.  Früher  hätte  er  keinen  Weissen  sehen  wollen,  jetzt  sehe 
er  aber  ein,  dass  sie  Gutes  brächten.  Einmal  —  er  meinte  fälsch¬ 
licherweise,  es  müsse  schon  5  Jahre  her  sein  —  sei  ein  Weisser,  der 
auf  der  Adelestation  wohnte,  von  Westen  her  bis  dicht  an  Süruku 
herangekommen,  er  hätte  ihn  aber  durch  seine  Krieger  vertreiben 
lassen.  Hieran  merkte  ich,  dass  dieser  Flecken  Süruku  das  Klingsche 
Wu  sein  muss.  Allerdings  ist  dieser  Name  bei  den  Eingeborenen 
und  Nachbarn  überhaupt  gar  nicht  bekannt,  auch  die  Adeleleute 
kennen  ihn  nicht,  und  die  Kratyihändler  nennen  ihn  auch  nur  Süruku, 
aber  es  kann  keinem  Zweifel  unterliegen,  dass  Süruku  und  Wu  das¬ 
selbe  ist.  Auch  den  Namen  Yerepä  kannte  hier  Niemand;  der  grosse 
Ort  heisst  nur  Yänepanga.  Was  den  Wunsch  des  Häuptlings  betreffs 
einer  Station  in  Süruku  anbelangt,  so  möchte  ich  in  der  Tliat  diesen 
Ort,  der  übrigens  nur  400  und  nicht  600  bis  800  Hütten  zählt,  für 
späteres  etwaiges  Vorschieben  einer  Station  in  das  Hinterland  in 
Vorschlag  bringen.  Die  Lage  unweit  einer  verkehrsreichen  Handels¬ 
strasse  (Kratyi  —  Täshi — Fasugü)  und  an  einer  anderen  (Bimbila — 
Napari — Paratau)  würde  den  Ort  vielleicht  geeignet  zur  späteren 
Anlage  der  Station  machen.  Wasser  ist  wohl  reichlich  vorhanden; 
der  nahe  Koli,  wie  ich  den  Sako  immer  nennen  hörte,  kommt  in 
einem  15  m  hohen  Fall  aus  dem  ganz  dem  deutschen  Mittelgebirge 
ähnelnden  Gebirge.  Die  Verpflegung  der  Station  dürfte  aber  bei 
einem  so  fruchtbaren  und  fleissig  bestellten  Lande  und  so  grossem 
Viehstand  keine  Schwierigkeit  machen.  Rinder,  Schafe,  Schweine  und 
Ziegen  sali  ich  ebenso  wie  Pferde  in  Menge.  Besonders  reich  scheint 
aber  das  Fasugüland  an  Hühnern  zu  sein.  Die  Menge  von  Eiern, 
die  mir  gebracht  wurde,  liess  ebenso  darauf  scliliessen  wie  der  Um¬ 
stand,  dass  Federvieh  sogar  an  auswärtige  Händler  verkauft  wurde. 
Bei  dem  Abschiedsbesuch,  den  ich  dem  Häuptling  machte,  wurde  ich 
in  dem  als  Empfangshalle  dienenden  Thorweg  empfangen,  wo  ich 
Gelegenheit  hatte,  einige  etwa  zwei  Fuss  lange  mit  Kuhfell  um¬ 
wickelte  Elfenbeinzähne  zu  sehen.  Elefanten  soll  es  hier  viel  geben, 
ich  habe  nicht  einmal  eine  Spur  von  ihnen  gesehen.  Ueberhaupt 


246 


habe  ich  auf  der  ganzen  Reise  nicht  ein  einziges  Stück  Wild  zu  Ge¬ 
sicht  bekommen.  Der  Häuptling  bat  mich,  nicht  den  unmittelbaren 
Weg  über  das  Gebirge  nach  Fasugü  einzuschlagen,  doch  lehnte  ich 
diese  Bitte  ab. 

Am  folgenden  Tage  schickte  morgens  vor  dem  Abmarsch  der 
Häuptling  zu  mir:  er  habe  nachts  nicht  schlafen  können,  der  Landes¬ 
fetisch  habe  ihn  besucht  und  ihm  gesagt,  wenn  der  Weisse  den  un¬ 
mittelbaren  Weg  nach  Fasugü  gehe,  so  werde  er  einen  seiner  Be¬ 
gleiter  durch  den  Tod  verlieren.  Trotzdem  bestand  ich  darauf,  diesen 
Weg  zu  marschiren.  Doch  fand  sich  nun  kein  Führer,  so  dass  ich 
doch  nach  Täshi  zurückmarschiren  musste.  Ein  Fieberanfall  zwang 
mich,  gleich  nach  dem  Einrücken  mein  Bett  aufzusuchen.  Als  daher 
gegen  Abend  eine  Todtenfeier  mit  dem  unvermeidlichen  Lärm  los¬ 
gehen  sollte,  schickte  erst  der  Häuptling  zu  mir,  ob  mich  das 
Schiessen,  Schreien  und  Trommeln  auch  nicht  stören  würde. 

Unser  Sürukuführer,  der  als  Kopfbedeckung  eine  aus  Bambus¬ 
fasern  gefertigte  Perücke  trägt,  geleitet  uns  am  nächsten  Tage  in 
sechsstündigem  Gebirgsmarsch  nach  Osten  zur  Fasugüfarm  Külange 
und  geht  dann  nachmittags  allein  nach  Fasugü  weiter,  um  dort  meine 
Ankunft  für  morgen  zu  melden.  Der  Marsch  lässt  uns  das  Gebirge 
überschreiten,  doch  stellt  dasselbe  hier  nicht  so  sehr  einen  Kamm 
als  vielmehr  den  Abfall  einer  muldenartigen,  unebenen  Fläche  dar, 
an  deren  tiefstem  Punkt  wir  mehrere  kleine  Bäche  überschreiten. 
In  Kelange  rasten  ebenfalls  einige  mohammedanische  Händler,  die 
durch  ihr  fortgesetztes  lautes  Beten  und  die  dabei  ausgeführten  Be¬ 
wegungen  meine  Aufmerksamkeit  erregen. 

Am  folgenden  Tage  gelangen  wir  schon  früh  nach  Fasugü.  Der 
Ort  liegt  lang  gestreckt  am  Abhang  einer  Bergkette  und  zählt 
ziemlich  genau  700  Llütten,  von  denen  sich  diejenige,  welche  als 
Eintrittshalle  zu  dem  Gehöft  des  Häuptlings  dient,  durch  ein  auf  die 
Spitze  aufgesetztes  Straussenei  auszeiclmet.  Vor  dem  Ort  werden 
wir  durch  einige  Abgesandte  des  Häuptlings  eingeholt  und  dann  folgt 
nach  einigem  Warten  der  grosse  Empfang  beim  Häuptling  Ula  Yabö. 
In  der  als  Pferdestall  dienenden  Eintrittshalle  sitzt  der  Häuptling, 
umgeben  von  allen  seinen  Grossen,  angethan  mit  einem  mit  Gold¬ 
tressen  besetzten  rothseidenen  Kaftan,  auf  dem  Kopf  einen  mit  Blech¬ 
platten  besetzten,  langen  rothen  Fes  mit  blauer  Quaste,  auf  einer  mit 
bunten  Lederkissen  belegten  Lehmstufe.  Jetzt  und  bei  jedem  späteren 
Zusammensein  spricht  er  über  den  Handel  von  Fasugü.  Salaga  sei 
nicht  mehr  vorhanden,  in  Kratyi  begegnen  seine  Händler  tausenderlei 
Schwierigkeiten,  er  würde  es  daher  gern  sehen,  den  Handel  nach 
Süden  nach  Adele,  Kebu,  Atakpame,  Pessi  u.  s.  w.  zu  tragen.  Doch 
seien  die  Verkehrsverhältnisse  dort,  und  besonders  in  Adele,  keines- 


—  263  — 

mit  etwa  2000  Hütten,  Nyangba  mit  1500,  Naparba,  Wodande  und 
Kore  mit  je  1000  und  Enungalibe  mit  etwa  800  Hütten.  Ausser 
diesen  Orten,  von  denen  einzelne  wieder  aus  mehreren  Dörfern  be¬ 
stehen,  sah  ich  noch  acht  andere  Stadttheile.  Im  Ganzen  mag  Bassari 
wohl  10000  Hütten  mit  wohl  sicher  gegen  40000  Einwohnern  zählen. 
Es  hat  sich  nach  aussen  hin  ganz  abgeschlossen  und  ist  weithin  als 
Räubernest  verrufen.  Da  Ilaussas  so  gut  wie  nie  hierher  kommen, 
fehlt  den  Bassaris  ganz  die  Kenntniss  von  europäischen  Waaren. 
Die  Männer  gehen  nur  sehr  kümmerlich  mit  einem  Fell  bekleidet. 
Junge  Mädchen  sah  ich  roth  gefärbt  einhergehen.  Weiber,  welche 
Zeuge  gebrauchen,  um  sich  ihre  Säuglinge  auf  dem  Gesäss  fest¬ 
zubinden,  erhalten  von  den  Tshayos  einheimische  Tücher,  da  die 
Bassaris  keine  Weberei  kennen.  Die  Tshayos  kommen  nach  Bassari, 
um  hier  Eisenwaaren  zu  kaufen,  die  sie  dann  auf  die  Märkte  von 
Adele,  Anyanga,  Adjuti  und  Pessi  bringen,  von  wo  sie  —  meist  sind 
es  Hacken  —  zur  Zeit  der  Feldbestellung  dann  massenhaft  nach  Kebu, 
Akposso,  Tribu  u.  s.  w.  verkauft  werden.  Bassari  war  der  erste  Ort 
in  Togo,  wo  ich  Eisen  habe  bearbeiten  und  gewinnen  sehen.  Selbst 
die  Nacht  hindurch  tönt  das  laute  Pochen  fortwährend,  das  durch 
das  Zerschlagen  der  eisenhaltigen  Felsstücke  mittelst  grosser  Steine 
hervorgerufen  wird.  In  Naparba  allein  sah  ich  wohl  ein  Dutzend 
Schmieden.  Der  Blasebalg  steht  hier  keinen  Augenblick  still,  und 
immerfort  werden  Wallen  fertiggestellt,  ohne  die  kein  Bassari  sein 
Dorf  auch  nur  um  wenige  Schritte  verlässt.  Besonders  fiel  mir  ein 
krummes  breites  Dolchmesser  mit  Holzgriff  auf.  Doch  konnte  ich 
kein  einziges  Stück  davon  für  die  Sammlung  kaufen,  obwohl  sie 
massenhaft  auf  den  Märkten  feilgeboten  wurden.  Von  solchen  Märkten 
hatte  ich  während  meines  Aufenthaltes  in  Bassari  Gelegenheit,  den 
von  Naparba  und  den  bei  Kore  kennen  zu  lernen.  Sie  werden  beide 
nachmittags  von  etwa  3  Uhr  an  und  zwar  stark  besucht.  Die  Weiber 
sitzen  auf  grossenSteinen  und  halten  ihre  meist  in  Gemüsen  bestehenden 
Waaren  feil.  Besonders  stark  wurde  eine  mir  bis  dahin  unbekannte 
Art  Kolbenhirse  gekauft.  Auch  sah  ich  stets  sehr  viel  Bier  ausbieten, 
das  gleich  dort  ausgeschenkt  wurde.  Was  ich  nie  wo  anders  im 
Togohinterland  gefunden  hatte,  sah  ich  hier  vielfach  ausbieten:  Butter 
und  Käse!  Allerdings  liess  der  grosse  Reichthum  an  Herden,  die 
zum  grössten  Theil  aus  in  steinernen  Umwallungen  untergebrachten 
Rindern  bestanden,  auf  ausgiebige  Milchgewinnung  schliessen.  Acker¬ 
bau  und  Viehzucht  werden  überhaupt  sehr  lebhaft  in  Bassari  betrieben. 
Noch  mehr  aber  sind  die  Bassaris  als  Jäger  bekannt.  Von  zehn 
Bassarimännern  hatten  sicher  zwei  immer  schöne  Leopardenfelle  als 
Kleidung.  Pferde  giebt  es  in  Bassari  nicht. 

Mitth.  von  Forscliungsreisenden,  VIII.  Band.  IV. 


18 


264 


Während  meiner  Anwesenheit  in  Naparba  und  dann  in  Kore 
habe  ich  stets  reichlich  zu  essen  gehabt:  frisches  Fleisch,  gedörrten 
Fisch,  Yams,  Bohnen,  Butter,  Käse  und  —  was  als  Seltenheit  her¬ 
vorgehoben  werden  muss  —  stets  Ueberlluss  an  frischen  Eiern,  da 
die  vielen  Perlhühner,  die  hier  das  gewöhnliche  Haushuhn  fast  ganz 
verdrängen,  vorzügliche  Legehennen  sind.  Auch  will  ich  erwähnen, 
dass  das  Trinkwasser  einen  leicht  salzigen,  aber  angenehmen  Ge¬ 
schmack  hatte. 

Nach  langem,  vergeblichem  Hin-  und  Plerpalawern  gelang  es  mir 
endlich,  meinen  Besuch  bei  dem  schon  sehr  alten  Naparbahäuptling 
Atakrä  machen  zu  können,  und  nachdem  ich  ihn  reich  beschenkt 
hatte,  wurde  ich  bald  gut  Freund  mit  ihm.  Ich  machte  ihm  klar, 
wie  es  seinen  Landsleuten  doch  schade,  sich  von  allem  Aussenverkehr 
abzuschneiden,  wie  die  Fremden  doch  nur  Handel  vermitteln  wollten 
und  so  Gutes  für  das  Land  thun  wollten.  Endlich  hatte  ich  die 
Genugthuung,  ihn  zu  überzeugen.  Er  sagte  mir,  ich  hätte  Glück 
gehabt,  nicht  früher  gekommen  zu  sein.  Noch  vor  kurzer  Zeit,  als 
einer  seiner  Brüder,  der  Häuptling  eines  anderen  Bassaridorfes,  noch 
am  Leben  war,  wäre  ich  nicht  lebendig  aus  Bassari  hinausgekommen; 
doch  dieser  sei  vor  einiger  Zeit  durch  einen  Pfeilschuss  von  einem 
Haussa  getödtet  worden,  der  an  ihm  die  Ermordung  eines  Lands¬ 
mannes  rächte.  Dass  schon  früher  einmal  ein  Weisser  durch  Bassari 
gekommen  sei,  behauptete  er  nicht  zu  wissen.  Hatte  man  doch  auch 
mich  nicht  als  Europäer,  sondern  als  Haussahändler  bei  ihm  angemeldet. 
Atakrä  hielt  eine  grosse  Rede  an  mich  und  das  umstehende  Volk, 
die  in  den  Worten  gipfelte,  meine  Anwesenheit  und  die  dadurch  an¬ 
geknüpften  freundschaftlichen  Beziehungen  der  Bassaris  zu  einem 
Fremden  würden  bewirken,  dass  das  beständige  Blutvergiessen  in 
ihrem  Lande  aufhöre.  „Menschenblut“,  sagte  er,  „wird  hier  nur  noch 
fliessen,  wenn  eine  Frau  gebärt  oder  ein  Löwe  einen  Feldarbeiter 
zerreisst!“  üebrigens  war  es  mit  den  von  ihm  erwähnten  freund¬ 
schaftlichen  Beziehungen  zwischen  seinen  Leuten  und  mir  doch  eine 
eigene  Sache,  und  ich  konnte  froh  sein,  den  Alten,  der  eine  ziemlich 
grosse  Macht  über  seine  Unterthanen  zu  haben  schien,  für  mich 
gewonnen  zu  haben;  denn  sonst  wäre  es  mir  wohl  noch  schlecht 
während  der  unangenehmen  Tage  in  Naparba  ergangen.  Unser 
Gehöft  war  ständig  der  Schauplatz  tumultuarischer  Auftritte.  Gegen 
50  Eingeborene  trieben  sich  stets  in  demselben  herum,  uns  durch 
allerhand  Frechheiten  belästigend.  Schob  man  auch  nur  einen  bei 
Seite,  um  selbst  Platz  zu  bekommen,  so  zog  das  Pack  sofort  die 
Messer,  ein  wüstes  Geschrei  erhob  sich,  und  im  Nu  waren  wir  von 
einer  Menge  Bewaffneter  umringt,  die  uns  zu  Leibe  gehen  wollten. 
Manchmal  verdankte  ich  es  da  nur  dem  Einschreiten  Atakräs,  dass 


265 


die  geplanten  Feindseligkeiten  unterblieben,  deren  Ende  nicht  zweifel¬ 
haft  sein  konnte.  Nur  mit  unendlicher  Geduld,  die  ich  auch  stets 
meinen  Leuten  predigen  musste,  konnte  man  hier  auskommen.  Meine 
Hütte  war  so  dunkel,  dass  an  Arbeiten  in  derselben  gar  nicht  gedacht 
werden  konnte.  Sobald  ich  aber  meinen  Feldtisch  in  einem  der 
winzigen  Höfe  aufschlug,  stürmte  sogleich  eine  Menge  Zuschauer,  die 
stets  schreiend  über  die  niedrigen  Lehmmauern  zu  gucken  pflegte, 
in  das  Gehöft,  betastete  den  Tisch  oder  warf  ihn  gar  um  und  benahm 
sich  so  ungenirt,  dass  ich  sie  gar  nicht  loswerden  konnte.  Jeder 
wollte  bezahlt  oder  beschenkt  sein,  ehe  er  das  Haus  verliess,  jeder 
wollte  ein  Geschäft  machen  und  schrie  dabei  so  laut  als  möglich. 
Viele  kamen  bewaffnet  in  die  Häuser,  und  Palawer  und  Prügeleien 
hörten  nie  auf.  Dabei  log  der  uns  als  Dolmetscher  dienende  Ein¬ 
geborene  beständig  und  verlangte  dann  unter  Androhung  von  Gewalt 
überhohe  Bezahlung.  Dann  kamen  wieder  prahlende  Leute,  welche 
meine  Weijungen  aufforderten,  mich  ihnen  auszuliefern,  dann  würde 
man  sie  am  Leben  lassen.  Ich  aber  sei  kein  Mensch  wie  sie,  dass 
heisst  kein  Schwarzer,  und  müsse  daher  getödtet  werden.  Von  den 
entfernteren  Orten  kamen  wiederholt  bewaffnete  Banden  nach  Naparba, 
die  Leute  dort  zu  unserer  Niedermetzelung  aufzufordern. 

Fragt  man  einen  Bassari,  welche  Land-  und  Ortschaften  sich 
nördlich  von  seiner  Stadt  befinden,  so  wird  man  die  Antwort  erhalten: 
Timmu!  Doch  nennen  die  Fasugüs  auch  die  Gegend  von  Bassari 
Timmu,  und  ein  Tshayo,  der  nach  Adele  kommt,  sagt,  er  käme  von 
Timmu.  So  glaube  ich,  dass  „Timmu“  nichts  weiter  bedeutet  als 
„Norden“.  Obwohl  mir  schon  lange  klar  war,  dass  ich  nicht  über 
ßassari  hinauskommen  würde,  erkundigte  ich  mich  doch  nach  dem 
Wege  nach  Norden,  nach  „Timmu“.  Zwei  Tage  nördlich  von  Bassari 
soll  eine  nicht  unbedeutende,  zu  Yendi  gehörige  Landschaft  Käbu 
liegen,  die  dem  Fremdenverkehr  geöffnet  ist  und  aus  der  die  Yendis 
Elfenbein  holen  sollen.  Auf  dem  Wege  nach  Käbu  trifft  man  das 
seines  Viehreichthums  wegen  von  den  Salagahaussas  stark  besuchte 
Kotoche. 

Der  Oberhäuptling  von  Bassari  hatte  mich  bisher  nicht  empfangen 
und  wollte  mich  auch  nicht  empfangen.  Doch  war  ich  der  Meinung, 
schon  lange  mit  ihm  in  Unterhandlungen  zu  stehen,  da  wiederholt 
Leute  bei  mir  erschienen  waren,  die  sich  als  Boten  ihres  „Königs“ 
ausgegeben  hatten.  Erst  zu  spät  bemerkte  ich  leider,  dass  ich  an¬ 
geführt  worden  war  und  dass  die  Gesellen  nur  ein  möglichst  grosses 
Stück  Kattun  als  Geschenk  für  die  „Königsboten“  zu  erwerben  gehofft 
hatten.  Als  ich  dies  erfuhr,  beschwerte  ich  mich  in  heftigen  Worten 
■bei  Atakrä  über  das,  was  ich  erfahren  hatte,  und  kündigte  ihm  an, 
dass  ich  den  Ort  verlassen  würde,  ohne  den  Oberhäuptling  Tagbä 

18* 


266 


gesehen  zu  haben,  da  ich  nicht  geneigt  sei,  mich  als  „Buschmann“ 
behandeln  zu  lassen.  Der  Greis  bat  mich  aber,  doch  noch  einen  Ta»- 

.  7  Ö 

wenigstens  zu  warten;  Tagbä  würde  es  ihm  sicher  nie  verzeihen, 
wenn  er  mich,  der  so  reiche  Geschenke  gäbe,  aus  Bassari  fortlasse, 
ohne  dass  auch  für  Tagbä  ein  paar  Meter  Stoffe  abgefallen  seien. 
Zum  Schluss  fügte  er  mir,  dem  Ungeduldigen,  den  Rath  hinzu:  „Wenn 
du  eine  Schlange  fangen  willst,  so  warte  geduldig,  bis  die  Zeit  zum 
Zutassen  günstig  ist.  Wenn  du  Tagbä  von  Bassari  zum  Freunde 
haben  willst,  so  warte  ebenfalls  auf  einen  für  deine  Pläne  günstigen 
Augenblick  !“  Das  that  ich  denn  auch  und  gab  noch  einen  Tag  zu 
meinem  Aufenthalt  zu.  Atakrä  theilte  dies  sofort  Tagbä  mit,  und 
noch  an  demselben  Abend  erhielt  ich  Botschaft  von  letzterem,  dass 
er  mich  am  folgenden  Tage  empfangen  wolle.  Doch  wolle  er  vorher 
wissen,  was  meine  Absicht  sei.  Ich  liess  ihm  ohne  Umschweife  er¬ 
klären,  dass  ich  die  deutsche  Schutzherrschaft  auch  über  sein  Land 
erstreckt  sehen  möchte,  damit  die  von  den  Bassaris  geschlossene 
Handelsstrasse  von  Yendi  nach  Sakodai  und  Lau  (oder  Sugu)  wieder 
geöffnet  werden  möge.  Am  nächsten  Morgen  liess  er  mir  wieder 
sagen,  er  würde  in  meiner  Gegenwart  die  Dorfältesten  seiner  Stadt 
über  meinen  Plan  befragen.  Dann  kam  all  der  Aerger,  der  stets 
dem  Empfang  bei  einem  afrikanischen  Grossen  oder  sich  gross  Dün¬ 
kenden  vorhergeht:  langes  Warten,  Drohen  mit  sofortigem  Abmarsch, 
Vertröstungen,  Ungeduld  und  Aerger,  Boten,  die  mit  nichtigen  Ein¬ 
wendungen  kamen  u.  s.  w.  Erst  als  ich  wirklich  Ernst  machte,  ab- 
zumarschiren,  erschien  eine  Botschaft,  die  mich  in  Tagbäs  Dorf  Kore 
geleiten  sollte.  Vor  unserem  Aufbruch  aber  erschienen  zwei  Ein¬ 
geborene,  die  sich  schon  recht  gut  mit  uns  augefreundet  hatten,  und 
verlangten  eine  Unterredung  mit  mir.  Der  eine  warf  sich  vor  mir 
nieder  und  beide  erklärten,  dass  sie  meine  aufrichtigen  Freunde  seien. 
Aber  gerade  deswegen  könnten  sie  mir  das  nicht  verschweigen,  was 
gegen  uns  im  Werke  sei.  Man  beabsichtige  einen  Ueberfall  gegen 
uns  auf  dem  Wege  nach  Kore.  Der  Weg  führe  durch  volkreiche 
Ortschaften  und  die  Bewohner  derselben  wollten  uns  Alle  nieder¬ 
macheu.  Die  Botschaft  Tagbäs  sei  erlogen.  Derselbe  wisse  noch 
gar  nichts  über  mich.  Das  Beste  sei,  so  schnell  als  möglich  nach 
Süden  abzumarschiren.  Ich  verheimlichte  diese  Botschaft  meinen 
Leuten,  um  nicht  neue  Furcht  in  ihnen  aufkommen  zu  lassen,  und 
gegen  3  Uhr  nachmittags  marschirten  wir  wohlgemuth  nach  Norden. 
Der  Weg  führte  durch  eine  äusserst  anmuthige  Gegend.  Zur  Rechten 
erhob  sich  nur  wenige  Hundert  Meter  entfernt  das  Gebirge,  auf  dessen 
grünen  Hängen  zahlreiches  Rindvieh  weidete.  Links,  soweit  das 
Auge  reichte,  saftige  Wiesen  mit  niedrigem  Gras  und  dicken,  hell¬ 
grauen  Baobabstämmen.  Vor  uns  einige  nahe  Bergzüge.  Ueberall 


267 


aber  Dorf  an  Dorf,  aus  denen  uns  viele  Neugierige,  den  unvermeid¬ 
lichen,  aus  einem  ganzen  Ziegenbalg  bestehenden  Ledersack  über  der 
Schulter,  das  Geleit  geben.  Nachdem  wir  einige  Male  aus  Achtung 
vor  dem  hohen  Herrn,  dessen  Residenz  wir  uns  näherten,  hatten 
halten  müssen,  erreichten  wir  Kore,  wo  uns  ein  Gehöft  angewiesen 
wurde.  Was  den  Empfang  bei  Tagbä  anlangte,  so  wurden  wir  auf 
den  folgenden  Tag —  den  7.  Juni —  verwiesen.  Doch  schickte  uns 
Tagbä  noch  abends  Boten,  welche  uns  die  Erlaubniss  bringen  sollten, 
auf  Jeden  zu  schiessen,  der  sich  etwa  nachts  unserem  Gehöft  nähern 
würde.  In  Kore  haben  wir  nicht  mehr  so  sehr  unter  der  Frechheit 
der  Eingeborenen  zu  leiden  gehabt.  Ich  kam  sogar  dazu,  eine  Stern¬ 
beobachtung  zu  machen.  Nur  einmal  kam  es  zu  Yerdriesslichkeiten, 
indem  nämlich  ein  Haufe  Friedensstörer  uns  von  aussen  her  mit  einem 
Hagel  von  grossen  Feldsteinen  bombardirte. 

Der  7.  Juni  kam  und  mit  ihm  die  offenbar  erlogene  Nachricht, 
ein  Kind  Tagbäs  sei  diese  Nacht  gestorben,  der  Häuptling  könne 
mich  in  seinem  Schmerz  heute  nicht  empfangen.  Ich  erklärte  darauf 
sofort,  dass  ich  abmarschiren  würde.  Während  meine  Leute  nun  ihre 
Lasten  unter  grossem  Volksandrang  packten,  trat  ein  Alter  vor  und 
sagte  mir,  er  hätte  gehört,  der  Zweck  meines  Kommens  sei  das  Ab- 
schliessen  eines  Vertrages.  Wenn  ich  nun  ohne  einen  solchen  fort¬ 
ginge,  was  würde  dann  der  sagen,  der  mich  zu  diesem  Zweck  entsandt 
habe?  Nach  längerer  Auseinandersetzung  begab  sich  dann  eine  Bot¬ 
schaft  zu  Tagbä,  um  ihn  zu  bewegen,  seine  Trauer  etwas  abzukürzen. 
Sofort  liess  er  mir  sagen,  ich  solle  doch  noch  bleiben,  er  verspräche 
mir  sicher  den  Empfang  für  den  folgenden  Tag,  selbst  wenn  ihm 
nachts  noch  ein  Kind  sterben  sollte.  Ich  blieb  daher  geduldig  noch 
einen  Tag  länger.  Es  regnete  den  ganzen  Tag,  und  ich  war  ge¬ 
zwungen,  in  der  kleinen  Hütte  mit  ihrem  winzigen  Thürloch  zu  ver¬ 
weilen.  Diese  Thürlöcher  sind  höchstens  zwei  Fuss  hoch  und  U/2  Fuss 
breit,  dazu  so  hoch  über  der  Erde  angebracht,  dass  man  schon 
gymnastische  Vorkenntnisse  haben  muss,  um  in  den  Hütten  Bassaris 
aus-  und  eingehen  zu  können.  Der  Grund  für  diese  Einrichtung  ist 
in  der  Unsicherheit  des  Landes  zu  suchen.  In  einzelnen  Gebieten 
soll  man,  wie  mir  gesagt  wurde,  sogar  innerhalb  der  Hütten  stets 
feuchten  Lehm  vorräthig  haben  und  nachts  die  Thüröffnungen  mit 
demselben  vermauern,  damit  niemand  in  das  Innere  der  Hütte  Pfeile 
schiessen  kann. 

Am  anderen  Tage  wehte  über  Bassari  die  schwarz- weiss-rothe 
Flagge!  Vormittags  war  nach  langem  Warten  und  nachdem  ich 
mehrfach  von  einem  Ort  zum  anderen  geführt  worden  war,  der  grosse 
Empfang,  der  im  Freien  stattfand.  Zuerst  wurden  mit  je  viertel¬ 
stündigen  Pausen  die  Matte,  das  Kissen  und  eine  Kuhhaut  gebracht, 


dann  erschien  Tagbä  selbst.  Er  kam  zu  Fuss,  umgeben  von  einer 
Menge  jubelnden  Volks,  begleitet  von  vielen  Bewaffneten  und  grossem 
Gefolge.  Er  war  mit  einer  Haussatobe  bekleidet  und  trug  einen 
Turban,  der  fast  das  ganze  Gesicht  bedeckte.  Sein  „Sprecher“ 
hielt  eine  lange  Rede,  in  welcher  er  hervorhob,  dass,  solange 
Bassari  bestände,  noch  nie  ein  Fremder  vor  den  Augen  des  Herrschers 
erschienen  wäre.  Darauf  wurde  an  die  anwesenden  Unterhäuptlinge 
die  Frage  gerichtet,  ob  sie  die  deutsche  Schutzherrschaft  annähmen. 
Ein  alter  Mann  erhob  sich  darauf  und  sagte,  allerdings  nicht  ohne 
Widerspruch,  dass  es  ihm  und  wohl  den  meisten  Anderen  erst  jetzt 
bei  meiner  Anwesenheit  klar  geworden  sei,  wie  viel  ihnen  die  Weissen 
doch  bringen  könnten.  Er  bäte  Tagbä,  meinem  Wunsche  zu  will¬ 
fahren.  Tagbä  liess  darauf  um  die  deutsche  Flagge  bitten.  Ich  liess 
eine  holen,  die  unter  drei  Salven  meiner  paar  Leute  aufgepflanzt 
wurde.  Darauf  wurde  Bier  herbeigeholt,  und  es  begann  nun  ein 
grosses  Festtrinken.  Am  Nachmittag  sandte  Tagbä  mir  seine  Ge¬ 
schenke:  ein  Schaf,  Guineakorn,  Hirse  und  ein  paar  Riesentöpfe  mit 
Bier.  Im  Ganzen  mögen  mir  in  Bassari  wohl  400  1  Bier,  das 
aber  nicht  so  gut  ist  wie  das  Pessibier,  geschenkt  worden  sein.  Am 
folgenden  Tage  empfing  Tagbä  meine  Geschenke  und  liess  es  sich 
von  mir  schriftlich  geben,  dass  er  nun  unter  deutschem  Schutze  stebe. 

Am  10.  Juni  verliess  ich  unter  „amtlichem“  Geleit  Bassari  auf 
demselben  Wege,  den  ich  gekommen  war.  Ganz  spät  erfuhr  ich  noch, 
dass  Tagbä  selbst  ein  Fremder  sei.  Die  Sitte,  dass  die  Sprecher 
stets  Fremde  sein  müssen,  hatte  ich  schon  in  Suruku  kennen  gelernt. 
In  Bassari  aber  herrscht  der  Gebrauch,  die  Königswürde  nicht  zu 
vererben,  sondern  ihre  Verleihung  vom  Zufall  abhängig  zu  machen: 
von  drei  Steinen  eines  bestimmten  schattigen  Platzes  wird  einer  aus¬ 
gesucht  und  der  erste  Fremde,  der  sich  auf  dem  ausgesuchten  zum 
Ausruhen  niederlässt,  wird  mit  Jubel  zum  König  ausgerufen.  Tagbä 
ist  ein  Tshayo,  der  vor  Jahren  nach  Bassari  kam,  um  Eisenwaaren 
gegen  Gewebe  einzuhandeln. 

Als  ich  am  10.  Juni  bei  den  südlichsten  Feldhütten  Bassaris  Halt 
machte,  zeigte  mir  ein  Vorfall  wiederum,  wie  unsicher  doch  diese 
ganze  Gegend  für  den  Reisenden  ist.  Ich  war,  um  Perlhühner  für 
mich  und  meine  Leute  zu  schiessen,  in  einen  nahen  ßachwald  ge¬ 
gangen.  Plötzlich  gewahrte  ich  drei  Schwarze,  welche  wüthend 
schreiend,  Pfeile  und  Bogen  in  der  Hand,  auf  mich  zu  liefen.  In 
meiner  Nähe  angekommen,  legten  sie  sofort  auf  mich  an.  Ich  that 
dasselbe,  und  vermuthlich  wären  wohl  Schüsse  gewechselt  worden, 
wenn  nicht  mein  Koch,  den  ich  bei  mir  hatte,  schnell  mit  seinem 
Gewehr  mir  zur  Hülfe  geeilt  wäre,  worauf  die  drei  Leute  davonliefen. 

Am  nächsten  Tage  kam  ich  wieder  nach  Kwakwamuri.  Ich  hatte 


269 


geglaubt,  dass  es  diesmal  zu  ernsten  Feindseligkeiten  daselbst  kommen 
würde.  Doch  war  das  ganze  Dorf  leer,  fast  die  ganze  Bevölkerung 
war  auf  den  Feldern.  Nur  der  alte  Häuptling  Peu  sass  in  seinem 
Hof  und  trocknete  in  der  Sonne  einige  Dutzend  frisch  vergifteter 
Pfeile.  Nachdem  er  gehört,  wie  es  uns  in  Bassari  ergangen,  bat 
auch  er  mich  um  die  deutsche  Flagge,  die  ich  ihm  auch  aushändigte. 

Ein  tüchtiger  Marsch  brachte  uns  am  folgenden  Tage  nach 
Fasugii.  Ich  war  meinen  Leuten  weit  vorangeritten  und  wurde  mit 
grösstem  Staunen  empfangen.  Niemand  wollte  es  glauben,  dass  wir 
unversehrt  aus  Bassari  zurückgekehrt  seien.  Als  ich  dies  aber  ver¬ 
sicherte.  liess  der  Häuptling  sofort  für  meine  Leute  Bohnen  kochen, 
ich  erhielt  zwei  Schafe  und  Yams  geschenkt,  und  immer  wieder 
kamen  Leute,  die  sich  die  Nachricht  bestätigen  Hessen,  dass  wir  noch 
unsere  Köpfe  auf  den  Hälsen  hätten.  Ich  benutzte  den  Abend  dazu, 
den  Häuptling  zu  bewegen,  von  nun  an  Bassaris,  die  zur  Station  mit 
Kautschuk  oder  Vieh  wollten,  freien  Durchzug  zu  gewähren.  Anfangs 
wollte  er  davon  nichts  wissen,  und  es  bedurfte  vielen  Zuredens,  bis 
er  mir  zugestand,  solche  Bassaris  durchziehen  zu  lassen,  die  das 
Papier  mit  sich  führten,  das  ich  Tagbä  gegeben  hatte.  Dass  ich 
letzteren  selbst  gesehen,  wollte  er  gar  nicht  glauben.  Schliesslich 
sagte  er,  er  müsse  die  Thatsache,  dass  zum  ersten  Mal  Verkehr 
zwischen  Bassari  und  Fasugii  stattgefunden  habe,  feiern,  und  liess 
mir  noch  einen  Ochsen  schlachten.  Jedenfalls  waren  die  Schilderungen, 
die  er  und  seine  Leute  mir  von  der  Gefährlichkeit  der  Bassaris  ge¬ 
macht  hatten,  übertrieben  gewesen. 

Ich  konnte  mich  nun  nicht  mehr  länger  aufhalten,  iiberliess  daher 
das  Verspeisen  des  mir  zugedachten  Ochsen  den  Fasugüs  selber  und 
brach  trotz  des  Widerspruchs  des  mir  wegen  meines  Aufbruchs 
grollenden  Häuptlings  auf.  Nach  zwei  Tagen  erreichte  ich  Kue  und 
war  am  16.  Juni  wieder  wohlbehalten  in  Bismarckburg. 

7.  Reise  durch  Boem  nach  Kratyi. 

Boem  gehört  zu  den  mächtigsten  Landschaften  des  deutschen 
Togogebiets.  Der  Oberhäuptling  Akpanya,  welcher  in  Borada  resi- 
dirt,  hat  sich  durch  mehrere  siegreiche  Kriegszüge  einen  gefürchteten 
Namen  gemacht.  Er  dürfte  im  Stande  sein,  2000  bis  3000  mit  Ge¬ 
wehren  bewaffnete  Krieger  aufzustellen.  Aber  der  Macht  des  Landes 
entspricht  auch  seine  Intelligenz  und  sein  Wohlstand.  Es  ist  in  den 
reichen  Waldungen  Kautschuk  in  Menge  vorhanden,  und  dieser  mag 
wohl  ursprünglich  das  Lockmittel  gewesen  sein,  das  die  Händler  in 
solchen  Mengen  in  das  Land  gezogen  hat.  Jetzt  aber  erscheint  Boem 
noch  wichtiger  als  Absatzgebiet  für  die  in  unglaublich  grossen  Mengen 
eingeführten  europäischen  Waaren.  Die  Bevölkerung  Boems  ist  reich, 


270 


und  die  Händler  finden  daher  bedeutenden  Absatz  für  ihre  Waaren. 
Wie  die  Tracht  der  Eingeborenen,  die  fast  alle  über  europäische 
Kleidung  verfügen,  ganz  an  die  doch  immerhin  acht  Tagemärsche 
entfernte  Küste  erinnert,  so  tragen  auch  die  schönen,  eckigen  Lehm¬ 
häuser  mit  Fenstern  und  Fensterladen  ganz  den  Charakter  der  Wohn¬ 
häuser  der  Küstenneger.  Die  Strassen  sind  breit  und  schattig,  und 
die  Verbindungswege  zwischen  den  Dörfern  oft  —  wie  z.  B.  zwischen 
den  beiden  Gyeasekangs  —  sogar  mit  Abzugsgräben  versehen. 
Jeder  Reisende  muss  erstaunt  sein,  in  ein  äusserlich  so  civilisirtes 
Land  zu  kommen. 

Boem  ist  zum  grössten  Theil  mit  Hochwald  der  prächtigsten  Art 
bedeckt.  Es  ist  dies  derselbe  grosse  im  Mittelpunkt  des  heutigen 
Togo  gelegene  Wald,  welcher  viele  Tagereisen  weit  Tribu  bedeckt, 
von  den  westlichsten  Gebirgsketten  bis  nach  Ivebu  hinein  und  dann 
über  Boem  bis  in  die  schöne  Landschaft  Kunya.  Ist  aber  der  riesige 
Gebirgswald  in  Tribu  der  Schrecken  des  Reisenden,  da  er  hier  nur 
ganz  langsam  vorwärts  kommt,  so  ist  der  Boemwald  von  schönen, 
schattigen  und  breiten  Wegen  durchschnitten. 

Von  dem  mir  schon  von  meinem  Aufenthalt  im  Juli  1894  her 
bekannten  Gyeasekang-akura  führt  der  Weg  meistens  durch  Hoch- 
wald  in  nordwestlicher  Richtung  über  Atonko  und  Kudyi  über  den 
Oberlauf  des  Konssu  auf  zwei  Gebirgsketten  los,  von  denen  man  die 
eine  zur  Rechten,  die  andere  zur  Linken  hat.  Letztere  läuft  schräge 
auf  die  Marschrichtung  zu,  und  schliesslich  steigt  der  Weg  ziemlich 
steil  zu  dem  Gebirgszug  an,  auf  dessen  Kamm  das  grosse  Worawora 
liegt.  In  der  reizend  gelegenen  Mission  fand  ich  eine  sehr  freund¬ 
liche  Aufnahme  bei  dem  liebenswürdigen  Missionar  Clerk.  Man 
sieht  von  hier  aus  den  breiten  Pass  nach  Adele,  der  zwischen  dem 
„Schafstein“  (Oboguang)  und  dem  „Blitz“  (Oprama)  sich  öffnet,  so¬ 
wie  das  sich  ganz  um  Worawora  herumziehende  Gebirge,  dessen 
tiefste  Stelle  den  Pass  nach  Kratyi  andeutet.  In  Worawora  wird 
Assanti  (Tshi)  gesprochen,  doch  versteht  natürlich  Jedermann,  kleine 
Kinder  ausgenommen,  auch  Boem,  ebenso  wie  im  übrigen  Boem 
Jedermann  auch  Tshi  versteht.  Von  Worawora  führt  ein  Weg  über 
Asuto  und  Kagyabi  nach  Adele,  einer  über  Amanya  nach  Tappa, 
einer  über  Akkre,  Eni-Akrada  und  Frikoso  nach  Konyokrum  und 
einer  über  Bowiri,  Odomi,  Apato  und  Sando-Koffi  nach  Lullobi. 

Am  Nachmittage  desselben  Tages  verabschiedete  ich  mich  von 
meinem  freundlichen  Wirth  und  brach  noch  weiter  nach  Nordwesten 
auf.  Kommt  man  von  Boem,  so  hat  man  nicht  allzu  viel  zu  steigen, 
jedoch  geht  es  nach  Ueberwiudung  der  Passhöhe  tief  bergab,  da  Boem 
weit  höher  als  Kratyi  liegt.  Bald  darauf  erreichte  ich  den  Assuoko 
(eigentlich  Assuokoko  „auf  dem  rothen  Wasser“,  gewöhnlich  aber 


ganz  kurz,  etwa  wie  Asbyoko  gesprochen der  hier  etwa  40  m  breit 
ist.  Nahe  beiden  Ufern  liegt  je  ein  gleichnamiges  Dörfchen:  in  dem 
westlicheren  derselben  blieb  ich  zu  Nacht. 

Am  anderen  Tage  ging  der  Weg  durch  ebene,  von  wenigen 
trockenen  Bachbetten  durchschnittene  Grassavanne  zu  dem  ersten 
Kratyidorf,  dem  unbedeutenden  Tuntum.  das  mit  Adumadu  durch 
einen  Pfad  verbunden  sein  soll.  Hier  zweigt  sich  der  Weg  nach 
Tappa  ab.  Am  Nachmittage  wurde  dann  der  fast  200  m  breite,  etwa 
1 1  2  m  tiefe  Oti  durchschritten,  und  dann  führte  der  W eg  durch  leicht 
gewelltes  Gelände,  das  durch  mehrfache  tiefe  Erosionsschluchten 
interessant  war.  So  erreichten  wir  den  Ort  Motodia.  wo  zur  Nacht 
geblieben  wurde. 

Am  anderen  Morgen  gelangten  wir  zunächst  nach  Ayierafie, 
und  bald  darauf  nach  Makokwoe,  von  wo  aus  mir  der  Weg  nach 
Kratyi  schon  von  meiner  Beise  im  April  her  bekannt  war. 


E.  Baumanns  zoologische  Sammlungen  im  Togogebiete. 

Die  Direktion  der  zoologischen  Sammlung  des  Königlichen 
Museums  für  Naturkunde  in  Berlin  berichtet  hierüber,  wie  folgt: 

Ernst  Baumann  hat  in  den  zwei  Jahren  seines  Aufenthaltes 
auf  der  Station  Misahöhe  durch  seine  unermüdliche  Sammelthätigkeit 
das  Museum  für  Naturkunde  durch  zahlreiche  gut  konservirte  Thiere 
verschiedener  Klassen  bedeutend  bereichert. 

Säugethiere  sammelte  er  57  Arten:  von  diesen  sind  nicht 
weniger  als  31  zum  ersten  Male  für  Togo  nachgewiesen,  und  fast 
alle  übrigen  sind  durch  sehr  interessante  Jugendkleider  vertreten: 
Alles  ist  tadellos  präparirt.  Baumann  hat  es  verstanden,  die  ihm 
von  dem  Museum  mitgegebene  Belehrung  zu  einem  zielbewussten 
Forschen  zu  verwenden. 

Von  wesentlicher  Bedeutung  für  die  Kenntniss  des  Togoge'  oietes 
ist  der  durch  Baumann  geführte  Nachweis,  dass  im  Hinterlande 
viele  nordwestliche  Arten  auftreten  und  an  die  Stelle  der  für  das 
Küstenland  charakteristischen  Goldküstenformen  treten.  Wir  wissen 
durch  ihn.  dass  das  Hinterland  von  Togo,  soweit  es  die  Säugethiere 
betrifft,  viel  mehr  Verwandtschaft  mit  Abessinien  als  mit  den  am 
Busen  von  Guinea  liegenden  Gebieten  hat. 

Die  ornithologische  Thätigkeit  E.  Baumanns  im  Togo¬ 
lande  war  eine  höchst  verdienstvolle.  Seinem  rastlosen  Sammeleifer 
ist  es  zu  danken,  dass  über  100  V ogelarten  für  das  Schutzgebiet  neu 


272 


nachgewiesen  worden  sind,  worunter  zwei  von  ihm  neu  entdeckte 
Spezies:  Eremomela  baumanni  und  Phyllostrephus  baumanni  (be¬ 
schrieben  in  dem  Ornitholog.  Monatsber.  1894  S.  157  und  1895  S.  96). 
Es  ist  ihm  ferner  gelungen,  von  einer  grösseren  Anzahl  von  Arten 
die  bisher  unbekannten  Jugendkleider,  Nester  und  Eier  zu  sammeln. 
Das  Königliche  Museum  hat  durch  Baumanns  Sammlungen  eine 
sehr  werthvolle  Bereicherung  erhalten.  Ausserdem  hat  Baumann 
wichtige  Beobachtungen  über  die  Lebensweise  vieler  Togovögel  ge¬ 
macht,  worüber  sich  zum  Theil  Notizen  in  seinen  nachgelassenen 
Tagebüchern  vorfinden. 

Reptilien  und  Amphibien  sammelte  E.  Baumann  gegen 
200  Exemplare.  Sehr  anzuerkennen  ist  nicht  nur  das  Verständniss, 
mit  dem  gesammelt  wurde,  sondern  auch  der  Pleiss,  mit  dem  Beobach¬ 
tungen  über  Farbe,  Lebensweise,  Häufigkeit  des  Vorkommens  der 
Thiere  zusammengetragen  sind. 

Seine  Ins  in  Einzelheiten  überaus  sorgfältig  behandelten 
1  nsekten-Sammlungen  sind  so  reich  und  so  intei’essant,  dass  sie 
nicht  allein  sehr  viel  für  das  Museum  und  für  die  entomologische 
Wissenschaft  vollständig  Neues  enthalten,  sondern  sogar  ein  brauch¬ 
bares  Material  zu  einer  vergleichenden  Insektenfauna  der  Landschaft 
Agome  mit  der  einigermaassen  bekannten  der  Nachbarlandschaft 
Adele  liefern.  Baumanns  Ausbeute  allein  an  trocken  konservirten 
Schmetterlingen.  Schnabelkerfen  und  Heuschrecken  füllte 
nach  deren  vollständiger  Aufpräparirung  über  70  grosse  Sammlungs¬ 
kasten;  davon  entfielen  rund  40  auf  die  Schmetterlinge  und  etwa 
20  auf  die  Heuschrecken.  Es  ist  bewundernswert!»,  mit  welch  liebe¬ 
voller  Vertiefung  in  den  subtilen  Gegenstand  und  mit  welch  fach¬ 
männischer  Ausdauer,  der  selbst  grössere  Schwierigkeiten  nicht  Halt 
gebieten  konnten,  Baumann  sich  bemüht  hat,  besonders  die  von 
ihm  gesammelten  Tagfalter  und  Springheuschrecken  nach  dem  ersten 
Bande  der  Insekten  von  Adele  (Berlin  1893)  zu  bestimmen,  und  wie 
er  mit  seltenen  Ausnahmen  das  Richtige  traf;  für  die  übrigen 
Insektenordnungen  legen  von  dem  gleichen  Eifer  Baumanns  Unter¬ 
bliebene  Manuskripte  beredtes  Zeugniss  ab. 

Bis  jetzt  konnte  nur  die  Einordnung  und  Durchbestimmung  der 
B  a  um  an  nschen  Schmetterlingsausbeute  wesentlich  gefördert  werden; 
von  den  zahlreichen  neuen  Arten  derselben  sind  bereits  14  (6  Tag¬ 
falter,  8  Nachtfalter)  von  Professor  Karsch  beschrieben  worden. 
Vier  neue  Arten  tragen  Baumanns  Namen;  es  sind  das  die  drei 
Tagfalter:  Diestogyna  ernesti-baumanni,  Mycalesis  baumanni 
und  Epitola  ernesti  sowie  der  Nachtschmetterling  Pseudhypsa 
baumanni. 

Unter  den  von  E.  Baumann  gesammelten  Käfern  waren  eine 


ziemlich  grosse  Anzahl  für  die  Sammlung  und  die  Wissenschaft  neu. 
Seine  näheren  Angaben  über  Fangzeit  und  Fundort,  Lebensweise 
der  verschiedenen  Arten  u.  s.  w.  sind  sehr  sorgfältig.  Das  von  ihm 
hinterlassene  Tagebuch  enthält  biologische  Aufzeichnungen  über 
298  Arten  Käfer,  welche  für  eine  demnächstige  Bearbeitung  der 
Coleopterenfauna  von  Misahöhe  von  grossem  Werthe  sind. 

Von  Mollusken  hat  E.  Baumann  17  Arten  gesammelt  und  die 
meisten  in  Spiritus  so  gut  konservirt,  dass  auch  die  Weichtheile  noch 
untersucht  werden  konnten;  darunter  namentlich  zwei  seltene  und 
für  die  Berliner  Sammlung  neue  Arten:  Hapalus  guineensis 
Jonas  und  Melania  Mörchi  Beck.,  sowie  zwei  auch  für  die 
Wissenschaft  neue  Nacktschnecken,  Dendrolimax  continentalis 
und.  die  neue  Gattung  Microcyclus  baumanni  Simroth,  Reprä¬ 
sentant  einer  bisher  nur  aus  Ostafrika  bekannten  Abtheilung  in 
Westafrika,  daher  von  besonderem  geographischen  Interesse. 


Bemerkungen  zur  Berechnung  der  astronomischen  Ortsbestimmungen 
des  Premierlieutenants  v.  Doering  in  Togo. 

Von  M.  Schnauder. 

Die  Berechnung  dieser  mit  einem  Hildebrandtschen  Reisetheodolithen  an- 
gestellten  Beobachtungen  erfolgte  unter  Zugrundelegung  des  Werthes  lp=l'.00 
für  das  Höhenniveau,  der  vor  der  Abreise  im  Geodätischen  Institut  in  Potsdam 
ermittelt  worden  war.  Auf  Grund  dieses  Werthes  geschieht  die  Befreiung  der 
Höhenkreisablesungen  wegen  Niveauangabe  nach  der  folgenden  Tabelle,  deren 
Argument  die  Summe  der  Blasenenden  ist: 


10p 

4-  2’  30"  — 

20  p 

11 

+  20  — 

19 

12 

+  1  30  — 

18 

13 

+  10- 

17 

14 

+  0  30  — 

16 

15 

o 

O 

15 

Da  an  jedem  Orte  nur  eine  Zeitbestimmung  angestellt  ist,  konnte  kein 
Uhrgang  abgeleitet  werden.  Es  wurden  also  für  die  Breitenbestimmungen  die 
Uhrkorrektionen  so  benutzt,  wie  sie  aus  der  Zeitbestimmung  folgten.  Die 
Unkenntniss  über  den  Uhrgang  vereitelt  auch  jede  Längenbestimmung'  durch 
Zeitübertragung,  was  um  so  mehr  zu  bedauern  ist,  als  die  Vergleichung  der 
nach  Sternzeit  gehenden  Beobachtungsuhr  mit  der  nach  mittlerer  Zeit  regulirten 
überall  streng  durchgeführt  ist,  und  als  die  verhältnissmässig  kurzen  Reisen 
immer  wieder  zur  Ausgangsstation  zurückgeführt  haben. 

Die  Genauigkeit  der  Breitenbestimmung  ist  bemerkenswerte  Aus  dem 
gesammten  vorliegenden  und  dazu  geeigneten  Material  ergiebt  sich  als  mittlerer 
Fehler  einer  Doppelzeitdistanz  (d.  h.  des  Mittels  aus  einer  Beobachtung  bei 


27.4 


Fernrohr  rechts  und  einer  bei  Fernrohr  links  unter  Eliminirung  des  Zenithpunkt¬ 
fehlers)  der  Werth  ±  20",  und  damit  ergiebt  sich  für  die  ganze  vorliegende 
Beobachtungsreihe  (zu  venverthen  sind  18  Stationen  mit  120  Beobachtungen)  als 
wahrscheinlicher  zufälliger  Fehler  des  Mittels  aus  vier,  sechs,  acht  Beobachtungen, 
die  sich  auf  beide  Fernrohrlagen  gleichmässig  vei'theilen,  zu  bezw.  ±  10”, 


±  8",  ±  7". 

Bei  den  Stationen  Tashi  und  Suruku  war  der  Zeitstern  nicht  a  Tauri, 
sondern  Jupiter,  wie  aus  der  Station  Fasugü.  in  Verbindung  mit  den  Uhrver¬ 
gleichungen  und  den  Breitenbeobachtungen  unzweifelhaft  folgt. 

Die  Breitenbestimmung  der  Station  Pusebu  beruht  nur  auf  einer  Kreislage, 
da  die  für  die  andere  Kreislage  gültigen  Zahlen  durch  Brandschaden  eines 
Originalbeobachtungsbuches  zerstört  sind.  Der  Zenitlipunktfehler  musste  aus  der 
Zeitbestimmung  abgeleitet  werden. 

Bei  Ahamansu  fehlen  bei  den  beiden  letzten  Breitenbeobachtungen  die 
Zeitangaben,  so  dass  auf  drei  Beobachtungen  in  der  einen  nur  eine  Beobachtung 
in  der  anderen  Fernrohrlage  kommt.  Als  Resultat  ist  der  Mittelwerth  angenommen 
worden,  der  entsteht,  einmal,  wenn  das  Mittel  aus  Fernrohr  rechts  und  Fernrohr 
links  genommen  wird,  das  andere  Mal,  wenn  der  Zenithpunktfehler  aus  der 
Zeitbestimmung  angebracht  und  dann  das  Mittel  aus  allen  vier  Beobachtungen 
gewonnen  wird. 

Bei  Dadease  beruht  die  Zeitbestimmung  nur  auf  einer  einseitigen  Ein¬ 
stellung,  und  der  Zenithpunktfehler  wurde  aus  der  Breitenbestiramung  herüber¬ 
genommen.  Da  aber  diese  fast  völlig  unabhängig  ist  von  der  angewandten 
Uhrkorrektion,  so  wird  das  Resultat  für  die  Breite  nicht  wesentlich  gefälscht  sein. 

Werden  für  die  Resultate  die  umstehend  ermittelten  wahrscheinlichen 


u  Grunde  gelegt,  so  ergiebt 

sich 

Täshi . 

+  8° 

41'.1 

Suruku  . 

+  8 

45.3 

F  asugü . 

+  8 

41.7 

Shiföma . 

+  8 

11.0 

Dofoli . 

+  8 

19.S 

Pusebu . 

+  8 

2.4 

Abrewanko  .  .  .  . 

+  8 

21.3 

0  dorne  in  Atyuti  .  . 

+  8 

19.4 

Bismarckburg  .  .  . 

+  8 

11.4 

Padji  (östl.  Dorftheil) 

4-  7 

55.4 

Tutukple  . 

+  8 

5.6 

Dambabing  .  .  .  . 

+  7 

51.0 

Dodö . 

+  7 

50.6 

Pampayoe  .... 

+  7 

49.1 

Ahamansu  .... 

+  7 

42.8 

Blumfu . 

+  7 

43.7 

Tshapüyi  . 

-4-  7 

46.3 

Kwakwamuri  .  .  . 

+  8 

56.8 

Kore  (nördl.  Theil)  . 

+  9 

15.3 

Dadease . 

+  8 

13.8 

8  Beob. 
4  » 

14  „ 

8  » 

8  , 

3  „ 

8  , 

8  „ 

4  „ 

6  , 

8  „ 

6  v 

4  „ 

6  „ 

4  „ 

6  * 

6  „ 

6  » 

8  „ 

4  „ 


±  < 

io 

5 

7 

7 

einseitig! 

7 

7 

10 

8 
8 
8 

10 

8 

unsymmetrisch ! 
8 
8 
8 

7 

10 


wahrscli.  Fehler 


Nach  Abschluss  der  Berechnung  obiger  Beobachtungen  gingen  noch  Orts¬ 
bestimmungen  von  weiteren  Stationen  ein,  nämlich  von  Bismarckbnrg  und  von 
einem  Biwak  am  Wege  Kete  —  Tutukple.  An  beiden  Stationen  wurde  Zeit, 
Breite  und  Länge  beobachtet.  Die  Längenbestimmungen  sind  zwar  berechnet 
worden,  sie  ergaben  aber  ein  zu  unsicheres  Resultat,  um  hier  veröffentlicht 
zu  werden. 


27.4 


275 


Die  Zeitbestimmungen  ergaben  folgende  Resultate: 


—  KO 

—  D.6 


Bismarckbu  rg. 

1894  April  10.  .  .  ß  Librae  Ost  aU  =  +  0h  3m0ä.2 

1895  Febr.  17.  .  .  a  Leonis  Ost  —  1  46  14.8 

Febr.  25.  .  .  Venus  West  —  1  46  23.0 

Febr.  28.  .  .  „  —  1  46  27.9 

Wegen  der  Kleinheit  der  Uhrgänge  wurden  die  Zeitbestimmungen  direkt 
weiter  verwendet,  um  so  mehr,  als  die  Längenbestimmung  am  28.  Februar  von 
den  beiden  Zeitbestimmungen  nach  Venus  West  unmittelbar  eingeschlossen  ist. 

Die  Breitenbeobachtungen  ergaben: 

1895  Febr.  17.  .  a  Argus  Süd  3  Beobacht.  <p  =  -f  8°  ll'.l 
,  25.  .  a  „  ,6  „  +8°  ll'.l 

Früher  war  aus  4  Beobachtungen  erhalten  worden  q>  —  -f-  8°  11'. 4 
so  dass  im  Mittel  folgt  <p  =  +  8°  11'.2. 

Biwak  am  Wege  Kete — Tutukple  1895  März  4.  ("und  1894  April  27,/28.). 
Es  liegen  drei  Zeitbestimmungen  vor,  a  Leonis  Ost  und  a  Tauri  West,  letzterer 
Stern  ist  zweimal  beobachtet  worden,  so  dass  die  Längenbestimmung  ein¬ 
geschlossen  wird. 

Die  resultirenden  Uhrkorrektionen,  gerechnet  mit  <y  =  -+-  8°  4'. 7,  sind : 

«  Leonis  Ost  —  lll48m26s.7  1  im  Mittel  also  AÜ  =  —  lh48'“25s 

«  Tauri  West  —  1  48  23.2  J  um  9h.l  Uhrzeit. 

Die  Breitenbestimmung,  acht  Beobachtungen  von  «  Argus,  ergiebt  cp  =  +  8°  4'. 7. 

Die  Zeitübertragung  von  Bismarckburg  nach  dem  Biwak,  mit  vier  Tagen 
Zwischenzeit  und  unter  Zuhülfenahme  des  letzten  Uhrganges,  gestaltet  sich  so: 


AU  Bismarckburg  Febr.  28. 
4  Tage  Gang,  ä  —  ls.6 
AÜ  übertragen  nach  Biwak 
AU  beobachtet  im  Biwak 
Längendifferenz  „  _ 


lh  46u>  28s 

—  6 


46 

48 


34 

25 


v  ...  lra  51s  westl.  Bismarckburg 

=  27'.8  „ 

Nach  handschriftlicher  Mittheilung  hat  das  Biwak,  aus  der  Routenkonstruktion 
folgend,  58,6  km  S78°W  von  Bismarckburg  gelegen,  demnach  ist  die  Längen¬ 
differenz  58,6  km  cos  12°  =  57,3  km  =  31 '.2. 


Bemerkungen  zu  der  Karte; 

Skizze  der  topographischen  Aufnahmen  in  der  Umgebung  von 
Bismarckburg  durch  Premier lieutenant  v.  Doering. 

(Hierzu  Karte  5.) 

Die  vorliegende  Kartenskizze  soll  im  Wesentlichen  nur  zur  Erläuterung  der 
Reiseberichte  v.  Doerings  dienen,  sie  macht  auf  eine  volle  Verwerthung 
des  von  dem  Reisenden  mit  grossem  Fieiss  aus  der  weiteren  Umgebung  von 
Bismarckburg  zusammengebrachten  topographischen  Materials  keinen  Anspruch. 
Das  Reisen  in  einzelnen  dieser  Gebiete,  besonders  in  dem  überaus  gebirgigen 
und  unwegsamen  Tribu,  ist  so  schwierig,  dass  es  hier  mit  flüchtigen  Routen¬ 
aufnahmen  nicht  gelingen  dürfte,  ein  zutreffendes  topographisches  Bild  der  durch¬ 
zogenen  Gegenden  zu  gewinnen.  Wenn  man,  wie  zwischen  Dambabing  und 
Pampayoe,  häufig  nur  auf  Händen  und  Füssen  kriechend,  fortwährend  bergauf, 


276 


bergab  durch  dichten,  jede  Fernsicht  hindernden  Wald  ziehend,  vorwärts  gelangen 
kann,  so  wird  eine  bei  solcher  Gelegenheit  hergestellte  Routenaufnahme,  weder 
was  Richtung  noch  was  zurückgelegte  Kilometerzahl  betrifft,  auf  besondere 
Zuverlässigkeit  selbst  beim  besten  Willen  und  Können  des  Reisenden  Ansprüche 
machen  dürfen.  Aus  diesen  Gebieten  wird  zum  mindesten  zunächst  noch  eine 
grössere  Zahl  von  zuverlässigen  Breitenbestimmungen  zu  be¬ 
schaffen  sein,  ehe  auch  nur  das  allgemeine  kartographische  Bild  einige 
Zuverlässigkeit  bieten  wird.  Auf  einem  Theil  seiner  Reisen,  die  in  die  Regen¬ 
zeit  fielen,  wie  z.  B.  die  nach  Pessi,  war  Premierlieutenant  v.  Doering  durch 
das  anhaltend  ungünstige  Wetter  verhindert,  astronomische  Breiten  zu  beob¬ 
achten,  so  dass  die  Lage  des  wichtigen  Ortes  Pessi  noch  immer  recht  unsicher 
ist,  zumal  auch  der  Punkt,  an  dem  sich  die  beiden  Routen  des  Reisenden  auf 
dem  Hinmarsch  von  Digna  nach  Kornoyo  und  auf  dem  Rückmarsch  von  Kulaün 
nach  Okbande  schnitten,  nicht  genau  identifizirt  werden  konnte.  Auch  die  Lage 
eines  bereits  von  Bato  aus  nach  Norden  zu  sichtbaren,  durch  eine  besonders 
spitze  Bergkuppe  ausgezeichneten  Bergsystems,  das  zwischen  Mpoti,  Dofoli  und 
nordöstlich  vom  Gilda  zu  liegen  scheint,  und  von  dem  der  Balia  nach  Norden 
abfliesst,  konnte  nicht  genau  ermittelt  werden.  Recht  unsicher  erscheint  auch 
noch  die  Darstellung  der  Route  zwischen  Kete  und  Borada  über  Worawora. 
Hier  waren  besonders  an  den  Otiufern  die  Darstellungen  v.  Frangois’,  des 
Missionars  Mischlich,  dessen  Material  von  der  Leitung  der  Basler  Mission 
gütigst  zur  Verfügung  gestellt  war,  und  v.D  oerings  kaum  zu  vereinigen,  auch 
die  Namen  der  Dörfer  sehr  abweichend.  Missionar  Mischlich  ist  übrigens, 
was  auf  der  Karte  der  Unklarheit  der  topographischen  Situation  wegen  nicht 
angegeben  ist,  von  Kofipanyin  auf  dem  linken  Otiufer  nach  Nordwest  marschirt 
und  erst  in  der  Nähe  von  Ayerafie  auf  das  rechte  Ufer  übergetreten. 

Da  aus  dem  Hinterlande  von  Togo  zuverlässige  Längenbestimmungen  immer 
noch  fehlen  —  die  von  Dr.  Grüner  sind  noch  nicht  berechnet  — ,  so  wurde  die 
alte  Länge  von  Bismarckburg  beibehalten.  Aus  der  neuerdings  recht  sicher 
ermittelten  Länge  von  Misahöhe  und  den  Routenaufnahmen  v.  D oerings 
zwischen  Misahöhe  und  Bismarckburg  könnte  geschlossen  werden,  dass  sich  die 
definitive  Länge  dieses  Ortes  um  etwa  10'  westlicher  lierausstellen  wird,  als 
bisher  angenommen  wurde.  Jedoch  ist  die  mittlere  Marschrichtung  einer  etwa 
eine  Woche  dauernden  Reise  durch  sehr  gebirgiges  Terrain  eine  zu  unsichere 
Grundlage,  um  darauf  hin  Längenverschiebungen  vornehmen  zu  können.  Der 
kleine  Maassstab  der  Karte  gestattete  nicht  die  zahlreichen  Reisen  v.  Doerings 
in  der  unmittelbaren  Umgebung  von  Bismarckburg  vollständig  wiederzugeben. 
Die  Darstellung  des  Gebietes  westlich  von  Bismarckburg  am  Sabu  hat  gegen 
die  Karte  der  Klingsclien  und  Wolffschen  Reisen  (Mitth.  1893,  Tafel  2)  eine 
erhebliche  Aenderung  erfahren,  indem  hier  das  Gebirgsland  'zwischen  Odome 
und  Odumase,  das  man  nach  den  früheren  Darstellungen  Klings  hier  vermuthen 
musste,  verschwunden  ist  bezw.  eine  erhebliche  Einschränkung  erfahren  hat. 
Die  Lage  der  Orte  Goklong  und  Keri  zu  der  Route  Koü  —  Paua  ist  eine  recht 
unsichere  und  bedarf  einer  gelegentlichen  Prüfung  durch  erneute  Aufnahmen 
an  Ort  und  Stelle. 

Die  von  früheren  Karten  zum  Theil  erheblich  abweichende  Schreibart  der 
Namen  (z.  B.  Tutukple  statt  Dutukpenne,  Ketsiebi  statt  Ketshebi,  Nyamo  statt 
Niamvo,  Abrewanko  statt  Abronko  u.  s.  w.)  beruht  auf  den  Angaben  der  sprach- 
und  landeskundigen  Missionare  in  Worawora.  v.  D. 


Aus  dem  Schutzgebiete  Kamerun 


Ueber  das  Gebiet  zwischen  Mundame  und  Baliburg. 

Aus  einem  Briefe  von  G.  Conrau. 

im  Anschluss  an  seine  früheren  Schilderungen  (vergl.  Mitth.  1894 
S.  99)  und  zur  Berichtigung  der  bei  dieser  Gelegenheit  veröffent¬ 
lichten  Kartenskizze  jenes  Gebietes  tkeilt  Herr  G.  Conrau  neuer¬ 
dings  Folgendes  mit: 

„Im  Januar  1895  nach  Mundame  zurückgekehrt,  hatte  ich  Ge¬ 
legenheit,  meine  Wegkarte  von  Mundame  nach  Bali  zu  bereichern 
und  zu  berichtigen,  da  ich  in  Handelsangelegenheiten  letzteren  Ort 
wieder  besuchte.  Ich  habe  mein  Augenmerk  namentlich  auf  das 
Flusssystem  gerichtet  und  in  den  verschiedensten  Orten  und  bei 
einer  grossen  Anzahl  von  Leuten  meine  Erkundigungen  eingezogen. 

Der  Weg  von  Mundame  nach  Bali  berührt  drei  Stromgebiete, 
das  des  Mungo,  des  Calabar  und  des  Benue.  Zunächst  wandert  man 
in  dem  des  Mungo  von  Mundame  bis  Köbum  (nicht  Koko  uma).  In 
Köbum,  der  Wasserscheide  des  Mungo  und  Calabar,  wird  der  Mungo 
Nale  genannt.  Heber  sein  Quellengebiet  konnte  ich  nichts  in  Er¬ 
fahrung  bringen.  Nördlich  von  Köbum  stösst  man  auf  einen  grösseren 
Bach,  den  Makuwe,  welcher  in  den  Mafömbe  sich  ergiesst.  Letzterer 
gehört  zum  Stromgebiete  des  Calabar  und  fliesst  westlich  von 
Manyemen  nach  Norden. 

Jener  Fluss  war  auf  meiner  Karte  unrichtig  gezeichnet,  ebenso 
wie  der  Mamfe  bei  Bakuni.  Letzterer  fliesst  in  einem  Bogen  westlich 
und  nordwestlich  um  Guti  herum  und  mündet  nordnordöstlich  von 
diesem  Orte  in  den  M’bu,  den  grössten  Fluss  des  Banyanglandes.  Dieser 
vereinigt  sich  mit  dem  Manyu,  welchen  wir  bei  Banti  zu  überschreiten 
haben.  Der  Mänyu  ist  dort  noch  nicht  allzu  gross,  nimmt  aber  eine 
Unmenge  Bäche  zwischen  Banti  und  Fo  Tabe  II  auf,  unter  denen 
einige  ziemlich  bedeutend  sind,  so  das  Wasser  östlich  von  Sabe. 
Dieses  ist  mehr  ein  kleiner  Fluss  als  ein  Bach.  Ebenso  ist  das 
dritte  Wasser,  von  den  Farmdörfern  westlich  von  Sabe  gerechnet, 


278 


ziemlich  gross.  Bei  der  Vereinigung  mit  dem  M’bu  ist  der  Manyu 
diesem  wahrscheinlich  an  Wassermenge  gleich  und  kann  sehr  wohl 
den  ferneren  Lauf  nach  Westen  und  Südwesten  bestimmen.  Ein 
Nebenfluss  des  M’bii  ist  der  M’fii  unmittelbar  östlich  Fo  Tabe  II. 

Der  Bach  zwischen  der  alten  Station  und  dem  Balidorfe  soll, 
vereinigt  mit  dem  Bache  östlich  von  der  Station,  nach  dem  Lande 
der  Haussa  fliessen,  sagten  mir  die  Balis,  während  die  Bäche  im 
Südwesten  zwischen  Bali  und  Bamesong  zum  Stromgebiete  des 
Calabar  gehören  sollen.  Der  Name  des  Balibaches  ist  Fösse.  Bali 
ist  also  die  Wasserscheide  zwischen  dem  Calabar  und  dem  Benue. 

Ferner  habe  ich  genau  auf  die  Aussprache  der  Namen  geachtet, 
mir  dieselben  zu  wiedeidiolten  Malen  vorsprechen  lassen  und  ver¬ 
schiedene  berichtigt. 

Das  Volk  nördlich  vom  300  bis  400  m  hohen  Sarkophag  (N’da-ali) 
heisst  nicht  Skiaha  oder  Kehera,  sondern  Keäkä.  Das  Banyangdorf 
nördlich  von  Koko  uma  bezw.  Köbum  heisst  Mänyimen,  ferner  Bame- 
song  nicht  Babesong.  Kebinde  nicht  Ikiliwindi  u.  s.  w.  Die  Volks¬ 
stämme  zwischen  Mundame  und  Bali  sind  sehr  durcheinander  gewürfelt. 
Mundame  und  Mokonge  sind  Balungdörfer.  Die  Balungs  bewohnen 
ferner  das  linke  Mungoufer  und  grenzen  dort  an  Bafärami.  Die 
Bafäramis  haben  runde  Mattenhäuser.  Mamban  (nicht  Mabanda), 
Kumba,  Kebinde,  Bulö,  Komböne,  Köbum,  Dikumi  sind  Bafodörfer. 
Eingesprengt  wohnen  die  Bakundus,  welche  auch  Mungo  abwärts 
von  Mundame  verschiedene  grosse  Dörfer  besitzen.  Die  Bakundus 
sollen  früher  in  der  Nähe  der  Keakas  gewohnt  haben  und  von  den 
Komeu  (Zweigvolk  der  Keakas)  vertrieben  worden  sein.  Die  Banyang¬ 
sprache  soll  mit  der  Sprache  der  Keakas  verwandt  sein,  während 
die  Bakundusprache  ganz  verschieden  ist.  Die  Balungs,  Bafös  und 
Bakundus  haben  viereckige  Mattenhütten,  innen  oft  mit  Baumrinde 
ausgekleidet.  Von  Mänyimen  fangen  die  Banyangs  an.  Zwischen 
diesen  siud  die  Mabuni  eingeschoben  (Guti  Fobia  u.  s.  w.).  Nord¬ 
östlich  von  Sabe  wohnen  die  Bantileute.  Alle  diese  haben  Lehm¬ 
hütten,  deren  Grundriss  ein  Rechteck  darstellt.  Dann  folgt  der 
Bamesong-  und  ßanyongestamm  (Bali).  Beide  bauen  Hütten,  deren 
Grundriss  ein  Quadrat  darstellt. 

Die  Entfernung  von  Köbum  bis  Mänyimen  dürfte  auf  unserer 
Karte  um  5  bis  6  km  zu  kurz  sein. 

Noch  Einiges  über  Anthropophagie  und  Sklaverei.  Anthropo- 
phagen  sind  hier  die  Bakundu-  und  Mabumleute,  ferner  einige  Stämme 
nördlich  von  Bali,  so  die  Bamitä  u.  s.  w. 

Die  Bakundus,  wahrscheinlich  auch  die  Mabum,  geniessen 
Menschenfleisch,  nicht  weil  sie  es  besonders  schmackhaft  linden, 
sondern  aus  religiösen  Rücksichten.  Bei  ihnen  wie  überhaupt  bei 


279 


allen  liier  umwohnenden  Negerstämmen  befinden  sich  geheime  Fetisch¬ 
verbindungen,  welche  einen  ziemlichen  Druck  auf  das  gewöhnliche 
Volk  ausüben.  Sie  gestatten  z.  B.  nur  Leuten,  welche  den  Verbin¬ 
dungen  angehören,  Hemden,  Hüte,  Röcke,  Schirme  u.  s.  w.  zu  tragen, 
suchen  jungen  Leuten,  welche  sich  durch  Arbeit  etwas  erübrigt 
haben,  aber  der  Verbindung  nicht  angehören,  durch  allerlei  Hokus¬ 
pokus  ihre  Schätze  abzutreiben  u.  s.  w.  Stirbt  ein  Mann  der  Ver¬ 
bindung,  so  nimmt  man  dessen  Sohn  an  seiner  Stelle  auf.  Stirbt 
bei  den  Bakundus  ein  Mann  der  Fetischverbindung,  der  zum  dyudyu 
gehört,  wie  die  Neger  sagen  (dyudyu  ist  Zauber,  Medizin),  so  wird 
er  nicht  beerdigt,  sondern  verspeist.  Man  tödtet  ihn  in  der  Regel, 
wenn  er  schwer  krank  ist  und  au  seinem  Aufkommen  gezweifelt 
wird,  damit  sein  Fleisch  nicht  ungeniessbar  wird.  Wahrscheinlich 
glauben  die  Leute,  dass  die  Kraft  des  Todten  in  die  Lebenden  über¬ 
geht,  indem  sie  ihn  verzehren. 

Anders  ist  die  Anthropophagie  der  Bamita  beschaffen,  wenn  die 
Balis  richtig  unterrichtet  sind.  Diese  scheinen  Menschenfleisch  aus 
Liebhaberei  zu  gemessen.  Man  erzählt  von  ihnen  unter  Anderem, 
dass  sie  sich  als  Leichenhyänen  auf  dem  Schlachtfelde  einstellen, 
wo  ihre  Nachbarn  ein  Scharmützel  ausgefochten  haben,  um  die 
Leichen  der  Gefallenen  wegzuschleppen  und  zu  verzehren. 

Die  Sklaverei  im  Kamerungebiete  ist  ziemlich  milde,  namentlich 
in  der  Nähe  der  Küste,  wo  die  Herren  ganz  machtlos  den  Sklaven 
gegenüber  sind.  Letztere  wohnen  abgesondert  von  den  Fx-eien  in 
besondei'en  Dörfern.  So  erlebte  ich  hier,  dass  die  Sklaven  des 
Makia  in  Mokonye,  welcher  sehr  mächtig  sein  will,  ihrem  Heri’n 
nicht  gestatteten,  in  der  Nähe  ihres  Dorfes  Palmti'iebe  für  mich  zu 
schlagen.  Das  betreffende  Baumaterial  musste  von  einem  anderen 
Distrikt,  der  dem  Makia  selbst  gehörte,  liei'beigeschaift  werden. 
Die  Balungs  und  Bafös  gestehen  es  auch  selbst  ein,  dass  sie  ihren 
Sklaven  gegenüber  völlig  machtlos  und  ganz  auf  deren  guten  Willen 
angewiesen  sind.  Die  Sklaven  liier,  meist  Hochländer  aus  Bali, 
Bamum  u.  s.  w.,  sind  physisch  und  auch  geistig  ihren  Herren  über¬ 
legen.  Sie  haben  auch  meist  eine  anständigei’e  Gesinnung  als  diese. 
Die  Banyangs  haben  ihre  Sklaven  mehr  unter  ihrer  Gewalt,  nehmen 
ihnen  öfter  ihre  Hühner  u.  s.  w.  weg,  indem  sie  sagen,  ein  Sklave 
braucht  kein  Fleisch  zu  essen  u.  s.  w.  Die  Häuptlinge  halten  sich 
hier  nur  die  Sklaven  des  Renommees  wegen,  um  gross  zu  ei’scheinen. 
Dabei  kommt  es  oft  vor,  dass  ein  alter  angesehener,  thatkräftiger 
Sklave  sich  wieder  selbst  Sklaven  kauft  und  über  dieselben  in  seinem 
Dorfe  herrscht.  Stirbt  ein  Häuptling,  so  werden  Sklaven  getödtet, 
um  sein  Gefolge  im  Jenseits  zu  bilden.  Da  die  Sklaven  aber  meist 
nicht  gewillt  sind,  ihrem  Herrn  freiwillig  zu  folgen,  so  wird  der 

Mittli.  von  Forschungsreisenden,  VIII.  Baud.  IV. 


280 


Tod  desselben  so  lange  geheim  gehalten,  bis  man  eine  Anzahl  der 
Sklaven  heimtückisch  eingefangen  hat.  Oft  soll  es  aber  auch  schon 
zu  blutigen  Schlägereien  gekommen  sein,  wenn  die  Sklaven  vorher 
Wind  davon  bekamen,  in  denen  sie  Sieger  blieben.  Dem  Häuptling 
von  Köbum  (Koko  uma),  Essömbe,  der  kurz,  ehe  ich  nach  Mundame 
kam,  gestorben  war,  sollen  zwei  Sklaven  mit  ins  Grab  gegeben 
worden  sein,  nachdem  sie  mit  dem  Todten  zusammengebunden  und 
ihnen  Arme  und  Beine  zerbrochen  waren. 

Viele  der  Hochlandstämme,  wie  die  Balis  (Banyonge),  Bafönen 
u.  s.  w.,  besitzen  keine  Sklaven.  Alle  Kriegsgefangenen  wie  auch 
die  Verbrecher  verkaufen  sie  nach  der  Küste.  Sie  wollen  keine 
unsicheren  Elemente  in  ihrer  Nähe  haben,  die  im  Falle  einer  Fehde 
zu  dem  Feinde  überlaufen  und  diesen  verstärken  könnten.  Diese 
Leute  sehen  deshalb  auch  die  Arbeit  nicht  als  etwas  eines  freien 
Mannes  Unwürdiges  an,  wie  die  Duallas,  Balungs,  Bafos  u.  s.  w., 
und  werden  vielleicht  bei  der  ferneren  Entwickelung  der  Kolonie 
eine  wichtige  Bolle  spielen.  Auch  haben  die  Hochländer  eine  viel 
anständigere  Gesinnung  als  die  Stämme  der  Küste,  namentlich  die 
Duallas.“ 


Meteorologische  Beobachtungen  aus  Lolodorf,  SM  -  Kamerun. 

Die  nachstehenden  von  dem  Gärtner  und  Stationsvorsteher  0.  Nette  an- 
gestellten  Beobachtungen  lassen  erkennen,  dass  Lolodorf  schon  ganz  in  dem 
südhemisphärischen  Witterungs-  und  Regenregime  liegt,  wie  es  von  Gabun 
bekannt  ist,  mit  einer  kühlen  und  Haupttrockenzeit  in  der  Jahresmitte.  Nach 
G.  Zenkers  Angaben  liegt  an  der  Küste  die  Grenze  zwischen  nord-  und  süd¬ 
hemisphärischem  Regime  zwischen  Klein-Batanga  und  Malimba. 

Die  Station  befindet  sich  fünf  Tagemärsche  von  der  Küste  auf  dem  Gipfel 
eines  etwa  80  m  relativ  hohen  Hügels  im  Lokundjethal  und  mitten  im  Gebirge. 
Das  Thermometer,  über  dessen  Korrektion  nichts  bekannt  ist,  war  im  Freien 
unter  dem  weit  vorspringenden  Dache  des  Wohnhauses  nach  Nordwesten  zu  in 
Augenhöhe  aufgehängt.  Die  Ablesungen  desselben  besitzen  also  nur  einen 
relativen  Werth. 

Die  Temperaturmittel,  aus  dem  Mittel  der  drei  Beobachtungswerthe  be¬ 
rechnet,  dürften  nach  Ausweis  der  Begistrirbeobachtungen  in  Kamerun  (vergl. 
Mitth.  1890  S.  99)  etwa  um  0°.6  im  Mittel  zu  hoch  sein,  so  dass  sich  die  wirk¬ 
liche  Januartemperatur,  abgesehen  von  dem  durch  die  mangelhafte  Aufstellungs¬ 
weise  des  Thermometers  veranlassten  Fehlerquellen,  auf  24°  .3,  die  Julitemperatur 
auf  21°.3  und  die  mittlere  Jahrestemperatur  der  Station  auf  etwa  22°. 6  stellen  dürfte. 

Bemerkenswerth  erscheint  die  grosse  Stärke  der  abendlichen  Westwinde 
im  Juni  und  Juli.  Es  gehört  diese  Erscheinung  wahrscheinlich  zu  jenem  myste¬ 
riösen  Gesammtphänomen  der  starken  Abend-  und  Nachtwinde  an  der  äquato¬ 
rialen  Westküste  Afrikas  während  der  Trockenzeit  im  Juni  bis  Oktober,  auf 
die  ich  bereits  1884  (Memoire  sur  les  observations  meteorologiques  faites  ä  Vivi 
u.  s.  w.  S.  37)  die  Aufmerksamkeit  gelenkt  habe  mul  für  die  bisher  eine  Er¬ 
klärung  noch  nicht  gefunden  wurde.  Diese  nächtlichen  starken  Winde  sind  in 
Loanda,  im  Innern  von  Angola,  im  ganzen  Kongothal  bis  Stanleypool,  in  Gabun 
und  im  Okandeland  am  Ogowe  beobachtet  worden. 


Meteorologische  Beobachtungen  aus  Süd -Kamerun. 

Station  Lolodorf.  h  =  etwa  500  m. 


281 


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1898/94 

September  .  .  . 

Oktober  .... 
November.  .  .  . 

Dezember  .... 

Januar  . 

Februar  .  .  . 

März  (7Beob.Tage) 

April . 

Mai . 

Juni . 

Juli . 

August . 

September  .  .  . 

Oktober  .... 
November .... 

Mittel 

19* 


282 


Lolodorf. 

Häufigkeit  der  Windrichtungen. 


1893/94 

N 

NB 

E 

SB 

S 

SW 

W 

NW 

Stille 

fehlt 

Dezember  .  ,7a 

2 

1 

1 

1 

2 

24 

2  p 

1.5 

1 

3 

2 

3 

5 

11 

3.5 

1 

— 

9  p 

2 

1 

2 

2 

3 

6 

8 

2 

5 

— 

Summe 

3.5 

4 

5 

4 

7 

12 

20 

7.5 

30 

— 

Januar.  .  .  7a 

_ 

_ 

1 

— 

_ 

— 

1 

1 

26 

2 

2  p 

— 

— 

— 

1 

1 

10.5 

11.5 

4 

1  * 

2 

9p 

— 

— 

— 

— 

1 

8.5 

13 

1.5 

5 

2 

Summe 

— 

1 

1 

2 

19 

25.5 

6.5 

32 

6 

Februar  .  .7a 

_ 

_ 

_ 

_ 

0.5 

1 

3.5 

_ 

21 

2 

2  p 

— 

2 

— 

— 

2.5 

16 

3.5 

1 

1 

2 

9p 

— 

— 

1 

1 

1 

12.5 

9.5 

1 

1 

1 

Summe 

— 

2 

1 

1 

4.0 

29.5 

16.5 

2 

23 

5 

April  ...7a 

— 

_ 

1 

— 

— 

2 

_ 

— 

21 

6 

2p 

4 

— 

3 

1 

1 

4 

9 

1 

1 

6 

9  p 

— 

0.5 

0.5 

1 

4 

2.5 

7.5 

— 

8 

6 

Summe 

4 

0.5 

4.5 

2 

5 

8.5 

16.5 

1 

30 

18 

Mai  ....  7a 

_ 

0.5 

0.5 

_ 

— 

— 

1 

_ 

29 

— 

2  p 

2 

0.5 

2.5 

— 

3 

13 

7 

— 

3 

— 

9p 

— 

0.5 

0.5 

1 

— 

7 

11 

— 

11 

— 

Summe 

2 

1.5 

3.5 

1 

3 

20 

19 

— 

43 

— 

Juni  ...7a 

1 

_ 

_ 

_ 

2 

3 

1 

_ 

23 

— 

2P 

1 

1 

— 

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2 

17 

8 

1 

— 

— 

9  p 

— 

— 

— 

— 

2 

2.5 

23.5 

— 

2 

— 

Summe 

2 

1 

— 

— 

6 

22.5 

32.5 

1 

25 

— 

Juli ....  7  a 

_ 

_ 

_ 

_ 

9 

3 

1 

_ 

17 

1 

2p 

— 

3 

— 

— 

1 

15 

11 

— 

— 

1 

9  p 

— 

— 

— 

1 

— 

— 

27 

— 

2 

1 

Summe 

— 

3 

— 

1 

10 

18 

39 

— 

19 

3 

August  ...7a 

_ 

_ 

_ 

_ 

1 

8 

_ 

_ 

19 

3 

2p 

— 

— 

— 

— 

— 

5 

20 

— 

2 

4 

9  p 

— 

— 

— 

— 

— 

3 

22 

— 

2 

4 

Summe 

— 

— 

— 

— 

1 

16 

42 

— 

23 

11 

September  .  7  a 

— 

— 

1 

— 

1.5 

5.5 

1 

— 

19 

2 

2p 

2 

— 

1 

— 

1 

8.5 

8.5 

2 

4 

3 

9  p 

— 

— 

— 

— 

— 

9 

11 

1 

6 

3 

Summe 

2 

— 

2 

— 

2.5 

23 

20.5 

3 

29 

8 

Oktober  .  .7a 

_ 

1 

_ 

— 

_ 

— 

— 

_ 

26 

4 

2  p 

4 

1 

— 

— 

2 

4.5 

11.5 

— 

3 

5 

9  p 

— 

— 

— 

— 

1 

5 

10 

— 

10 

5 

Summe 

4 

2 

— 

— 

3 

9.5 

21.5 

— 

49 

14 

November.  .  7  a 

30 

— 

2  p 

3 

1 

6 

— 

— 

5 

12 

1 

2 

— 

9  p 

1 

— 

1 

1 

1 

3 

11 

— 

12 

— 

Summe 

4 

1 

7 

1 

1 

8 

23 

1 

44 

— 

Aus  dem  deutseh-ostafrikanischen  Schutzgebiete. 


Bericht  über  die  klimatischen  und  gesundheitlichen 
Verhältnisse  von  Moshi  am  Kilimandjaro. 

Von  Dr.  Widenmann,  Arzt  in  der  Kaiserlichen  Schutztruppe. 

I. 

Der  leider  so  früh  verstorbene  Oberarzt  Dr.  Br eli me  hat  bereits 
im  7.  Band  dieser  Zeitschrift  mit  einem  durch  längeren  Aufenthalt 
in  Ostafrika  geübten  Blick  über  dieses  Thema  Bericht  erstattet. 
Ueber  den  Kilimandjaro  waren  und  sind  noch  in  Deutschland,  be¬ 
gründet  auf  zu  allgemein  gehaltenen  Darstellungen  einzelner  Reisender, 
vielfach  so  unzutreffende  Vorstellungen  im  Gange,  dass  es  einer 
nüchternen  auf  längere  Zeit  ausgedehnten  Beobachtung  bedarf,  um 
aus  den  meist  übertriebenen  Schilderungen  des  Werthes  des  Landes 
den  Kern  herauszuschälen,  der  vor  einer  objektiven  Prüfung  stand¬ 
halten  kann.  Nicht  auf  aprioristischen  Schlüssen  einzelner  kurzer 
Besuchei’,  sondern  nur  auf  physikalischen  Beobachtungen  und  im 
engsten  Anschlüsse  an  das  bisher  Bestehende  kann  ein  Urtheil  über 
den  wirklichen  Werth  dieses  Gebietes  aufgebaut  werden. 

Nachstehende  Erörterungen  sollen  wesentlich  eine  Fortsetzung 
der  Brehmeschen  Beobachtungen  bilden,  einerseits  bedingt  durch  den 
späteren  an  Brehmes  Zeit  anschliessenden  Zeitraum  der  Beobachtung, 
andererseits  durch  die  Veränderung  des  Standpunktes,  indem  seit 
Brehmes  Abgang  der  Sitz  des  Beobachters  von  Marangu  nach  der 
jetzigen  Hauptstation  Moshi  verlegt  worden  ist.  Auch  habe  ich  die 
Grenzen  der  Berichterstattung  enger  gezogen,  weil  es  gerade  am 
Kilimandjaro  erst  längerer  Beobachtungen  an  einem  gegebenen  Punkte 
bedarf,  eine  Verallgemeinerung  der  gewonnenen  Ergebnisse  bei  der 
grossen  regionären  Verschiedenheit  des  Gebietes  aber  nicht  angängig 
ist.  Es  erübrigt  nur  noch,  über  die  Lage  von  Moshi  selbst  einiges 
Einleitende  vorauszuschicken. 


284 


Die  Militärstation  Moshi  liegt  an  der  Südseite  des  Kilimandjaro 
so  ziemlich  unterhalb  der  Mitte  des  Sattels,  welcher  die  beiden  Berg¬ 
gipfel  Ivibo  und  Mawensi  verbindet,  im  untersten  Theile  der  Land¬ 
schaft  Moshi  auf  einem  von  Nordosten  nach  Südwesten  sich  herab¬ 
ziehenden  Höhenrücken.  Diese  wohl  charakterisirte  Lage  ist,  wie 
später  noch  auszuführen  sein  wird,  in  mancher  Hinsicht  von  ziem¬ 
licher  Wichtigkeit.  Es  sei  hier  nur  hervörgehoben,  dass  sie  in  Ver¬ 
kehrs  wirtschaftlicher  und  politischer  Beziehung  eine  günstige  ist, 
weil  die  Militärstation  zwischen  die  einflussreichen  Landschaften 
Kibosho— Madshame  im  Westen  und  Marangu  im  Osten  eingeschoben 
und  von  der  Steppe  aus  wegen  ihrer  tiefen  Lage  leicht  zu  erreichen 
ist.  Die  Station  ist  bei  1150  m  Höhe  (Lent)  der  niedrigste  Wohn- 
platz  von  Europäern  am  Berge,  Militärstation  Marangu  1430  m  (Lent), 
Wissenschaftliche  Station  Marangu  1560  in  (Lent),  Missionsstation 
Kilema  1435  m,  Missionsstation  Kibosho  etwa  1430  m  (Lent),  Missions¬ 
station  Madshame  etwa  1450  m,  Missionsstation  Mamba  etwa  1560  m. 
Der  Fuss  des  Berges,  in  Moshi  bei  800  m  gelegen,  ist  in  dreiviertel 
Stunden  erreichbar,  15  Minuten  unterhalb  der  Station  beginnt  die 
Zone  des  dichten  Busches,  die  weiter  abwärts  in  die  Buschsteppe 
übergeht,  in  IV2  Stunden  bergwärts  betritt  man  bei  1750  m  den  Ur¬ 
wald.  Der  Höhenrücken  wird  auf  beiden  Seiten  von  Schluchten  be¬ 
grenzt,  in  dereD  östlichen  der  Moshibach  Langatshi  mit  spärlichem 
Wasser  herabfällt,  während  die  flachere  westliche  wasserlos  ist.  Im 
Westen  findet  sich  erst  in  der  dritten  Schlucht,  in  der  tiefen  Erosions¬ 
rinne  des  Msarangabaches,  wieder  Wasser,  doch  nicht  zu  allen 
Zeiten.  Die  nächsten  Höhenrücken  im  Osten  sind  sämmtlich  höher 
und  fallen  steiler  gegen  die  Steppe  ab,  im  Westen  aber  ist  der  Blick 
ungehindert  bis  zum  Fusse  des  gewaltigen  Meruberges. 

In  Moshi  ist  seit  dem  1.  Juli  1894  eine  meteorologische  Station 
eingerichtet,  welche  mit  einem  trockenen,  einem  feuchten  Thermo¬ 
meter,  einem  Maximum-  und  einem  Minimumthermometer  und  einem 
Regenmesser  ausgerüstet  ist.  Die  Thermometer  sind  in  einem  nach 
den  Anweisungen  der  deutschen  Seewarte  erbauten  Wetterhäuschen 
ausserhalb  der  Borna  aufgestellt. 

Es  möge  zunächst  eine  Zusammenstellung  der  Beobachtungs¬ 
ergebnisse  des  ersten  Jahres  hier  ihren  Platz  finden. 


Militärstation  Moslii  am  Kilimandjaro. 

etwa  37°  20'.  <p  —  etwa  3°  18'.  h  =  etwa  1150  in. 


285 


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§  .  5?  53 

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ö  S  o  ?  §  3  .,_, 

9  ö  O  §  g-gjS  p/3  g 


286 


Häufigkeit  der  Windrichtungen  in  Moslii. 


1894/95 

N 

NE 

E  !  SE 

S 

SW 

W 

NW 

Anzahl 

der 

Beobach¬ 

tungen 

Juli  .  .  .  .  7  a 

4 

4.5 

5 

5 

0 

0 

0 

2.5 

21 

2p 

2.5 

2.5 

3 

1.5 

6 

1.5 

3 

4 

24 

9  p 

0.5 

4 

9.5 

8.5 

1.5 

0 

0 

0 

24 

Summe 

7 

11 

17.5 

15 

7.5 

1.5 

3 

6.5 

69 

August  ..7a 

2 

1.5 

3.5 

0 

1 

0 

0 

1 

9 

2p  . 

3 

4.5 

4.5 

4.5 

3.5 

0 

0 

2 

22 

9  p 

0 

0 

17 

11 

1 

0 

0 

0 

29 

Summe 

5 

6 

25 

15.5 

5.5 

0 

0 

3 

60 

September  .  7  a 

0 

1.5 

3 

1.5 

0 

2.5 

6.5 

1 

16 

2  p 

1.5 

2.5 

8.5 

5.5 

2 

1.5 

4.5 

1 

27 

9  p 

1.5 

5.5 

17 

2 

0 

0 

2 

0 

28 

Summe 

3 

9.5 

28.5 

9 

2 

4 

13 

2 

71 

Oktober  .  .7a 

0 

1.5 

7.5 

1 

2.5 

1 

1 

0.5 

15 

2p 

0 

2 

16.5 

7.5 

2 

1 

0 

0 

29 

9  p 

0 

5 

24 

1 

0 

0 

0 

0 

30 

Summe 

0 

8.5 

48 

9.5 

4.5 

2 

1 

0.5 

74 

November  .  7  a 

0 

1.5 

10 

2.5 

3.5 

0.5 

1 

0 

19 

2p 

0 

1 

14 

4 

5.5 

2.5 

1 

0 

28 

9  p 

0.5 

2 

18.5 

1.5 

1.5 

0 

0 

0 

24 

Summe 

0.5 

4.5 

42.5 

8 

10.5 

3 

2 

0 

71 

Dezember .  .  7  a 

0 

0.5 

4.5 

4 

4 

0 

4.5 

1.5 

19 

2  p 

4 

0 

2.5 

2.5 

5 

7 

7 

3 

31 

9p 

1 

9.5 

1.5 

1 

0 

1 

1 

0 

15 

Summe 

5 

10 

8.5 

7.5 

9 

8 

12.5 

4.5 

65 

Januar .  .  .  7a 

1 

0 

3 

1 

8.5 

1.5 

3 

0 

18 

2p 

2.5 

3 

6 

3 

4 

3 

4 

1.5 

27 

9p 

3 

6 

7 

0 

0 

0 

0.5 

0.5 

17 

Summe 

6.5 

9 

16 

4 

12.5 

4.5 

7.5 

2 

62 

Februar  .  .  7  a 

0 

1 

0 

1.5 

0.5 

3 

0 

0 

6 

2  p 

2.5 

7 

5 

3 

2.5 

0.5 

3.5 

4 

28 

9  p 

0.5 

8.5 

5.5 

0 

0.5 

0.5 

0 

0.5 

16 

Summe 

3 

16 

10.5 

4.5 

3.5 

4 

3.5 

4.5 

50 

März  .  .  .  7  a 

1 

0 

6 

2 

3 

2 

2.5 

0.5 

17 

2  p 

3 

2 

11.5 

3.5 

2 

2 

2 

2 

28 

9  p 

2 

2.5 

10.5 

0 

0 

2 

1 

2 

20 

Summe 

6 

4.5 

28 

5.5 

5 

6 

5.5 

4.5 

65 

April  ...7a 

0.5 

3 

2.5 

1 

2.5 

2.5 

0 

0 

12 

2p 

1 

1 

2 

3 

6 

4 

6 

2 

25 

9  p 

0 

3 

10 

3 

1.5 

0.5 

0 

0 

18 

Summe 

1.5 

7 

14.5 

7 

10 

7 

6 

2 

55 

Mai  ....  7a 

3 

1 

3.5 

0.5 

5 

0 

3.5 

2.5 

19 

2  p 

1 

0.5 

1.5 

2.5 

3 

1 

11.5 

4 

25 

9  p 

1 

3.5 

6.5 

4.5 

3 

0.5 

0 

0 

19 

Summe 

5 

5 

11.5 

7.5 

11 

1.5 

15 

6.5 

63 

Juni  ...7a 

8.5 

3 

1.5 

1 

0.5 

0.5 

2.5 

65 

24 

2p 

10 

0.5 

1.5 

0 

0.5 

1 

6.5 

10 

30 

9p 

5.5 

2.5 

8 

5 

1 

0 

0.5 

1.5 

24 

Summe 

24 

6 

11 

6 

2 

1.5 

9.5 

18 

78 

Jahr  ...  7a 

20 

19 

50 

21 

30 

13.5 

24.5 

16 

194 

2  p 

31 

26.5 

76.5 

40.5 

42 

25 

49 

33.5 

324 

9  p 

15.5 

52 

135 

37.5 

10 

4.5 

5 

4.5 

264 

Summe 

66.5 

97.5 

261.5 

99 

82 

43 

7S.5 

54 

782 

287 


Wenn  wir  uns  nun  aus  den  gewonnenen  Zahlen*)  und  den  nicht 
rubrizirbaren  Eindrücken  ein  Bild  des  Klimas  von  Moshi  machen 
wollen,  so  muss  erst  mit  kurzen  Worten  der  Charakter  des  ostafrika¬ 
nischen  Kontinentalklimas  und  die  Modifikation  desselben,  die  wir 
theoretisch  von  dem  Einflüsse  des  Kilimandjaro  erwarten  dürfen, 
herangezogen  werden.  Erst  durch  den  Vergleich  mit  dem  ostafrika¬ 
nischen  Klima  im  Allgemeinen  können  die  Sonderheiten  des  Kilima- 
ndjaroklimas  verständlich  werden. 

Der  Kilimandjaro  stellt  ein  riesiges  Bergmassiv  dar,  welches  sich 
unvermittelt  aus  dem  Gebiete  der  ostafrikanischen  Steppe  emporhebt. 
Charakteristisch  für  das  letztere  Gebiet  ist  die  Neigung  zur  Trocken¬ 
heit  infolge  gänzlichen  Regenmangels  ausser  der  Periode  der  Zenithai¬ 
regen,  schroffer  Wechsel  zwischen  Trocken-  und  Regenzeit,  geringe 
jährliche,  aber  sehr  beträchtliche  tägliche  Schwankungen  der  Tempe¬ 
ratur,  d.  h.  sehr  bedeutende  Hitzegrade  am  Tage  und  starke  Ab¬ 
kühlung  in  der  Nacht,  Spärlichkeit  der  Bewölkung,  erhebliche  Inso¬ 
lation,  grosse  Periodizität  der  Luftströmungen.  Diesen  klimatischen 
Eigentümlichkeiten  entspricht  ein  besonderes  Vegetationsbild:  die 
grosse  Dürre  und  lange  Dauer  der  Trockenperiode  lässt  die  Bildung 
eines  Humusbodens  nicht  zu  Stande  kommen  und  ermöglicht  nur 
sehr  widerstandsfähigen,  meist  dornigen  und  kleinblättrigen  Pflanzen 
ein  Fortkommen.  Nur  im  Verdunstungsbereiche  der  Flüsse  bilden 
sich  schmale  Säume  von  üppigen  Uferwäldern.  Der  Kilimandjaro 
theilt  mit  dieser  seiner  Umgebung  die  Zugehörigkeit  zum  Bereiche 

*)  Dem  Herrn  Verfasser  lagen,  als  er  obigen  Aufsatz  schrieb,  nur  Beobach¬ 
tungen  und  Notizen  für  die  Zeit  von  März  bis  Dezember  1894  vor.  Wir  haben  in 
der  vorliegenden  Tabelle  die  Ergebnisse  eines  vollen  Jahrganges  der  später  ein¬ 
gelaufenen  Beobachtungen  vereinigt,  der  die  Zeit  Juli  1894  bis  Juni  1895  umfasst; 
in  den  Monaten  vor  Juli  1894  waren  die  Thermometer  noch  nicht  vorsclirifts- 
mässig  in  einer  besonderen  freistehenden  Hütte  aufgestellt.  Wenn  auch  die 
Stärke  der  abendlichen  Ostwinde,  die  besonders  in  den  Monaten  Juli  bis  Oktober 
zur  Beobachtung  kamen,  vielleicht  überschätzt  ist  —  mehrfach  sind  Stärkegrade 
von  acht  bis  zehn  uotirt  — ,  so  verdient  dieses  abendliche  Anschwellen  der 
Windstärke  doch  volle  Beachtung.  Die  abendlichen  starken  Wrinde  sind,  wohl 
bemerkt,  nordöstliche  bis  östliche  Luftströmungen.  Die  Angaben  über  die 
Windrichtungen  sind  vielfach  lückenhaft,  derart,  dass  man  nicht  deutlich  er¬ 
kennen  kann,  ob  Windstille  herrschte  oder  ob  die  betreffende  Beobachtung  aus¬ 
gefallen  ist;  wir  haben  daher  nur  die  unzweifelhaft  sicheren  Beobachtungen 
ausgezählt. 

Zur  Ergänzung  der  Tabelle  sei  noch  bemerkt,  dass' die  erste  Regenzeit  mit 
dem  2.  November  1894  einsetzte  und  bis  zum  13.  Dezember  dauerte.  Es  folgte 
dann  die  Trockenzeit,  welche  mit  zwei  Unterbrechungen  am  29.  Dezember  und 
27.  Januar  durch  Gewittergüsse  bis  zum  5.  Februar  anhielt.  Die  zweite  Regen¬ 
zeit  währte  von  letzterem  Datum,  allmählich  stärker  und  dann  wieder  schwächer 
werdend,  bis  zum  9.  Juni.  Am  Ende  dieses  Monats  trat  noch  eine  kurze  Regen¬ 
periode  mit  ganz  geringen  Niederschlägen  ein.  Die  Red. 


288 


der  Zenithairegen  und  der  Herrschaft  der  Passatwinde.  Er  modifizirt 
aber  die  klimatischen  Erscheinungen  seiner  Umgebung  durch  seine  ge¬ 
waltige  Erdmasse  und  beträchtliche  Höhe  (bis  6000  m),  welche  durch 
die  in  den  höheren  Regionen  eintretende  Abkühlung  der  Luft  und 
die  Hemmung  und  Ablenkung,  welche  die  regelmässigen  Winde  er¬ 
fahren,  ausser  den  Passatwinden  auch  Berg-  und  Thalwinde,  ausser 
den  periodischen  Regen  auch  Steigungsregen  erzeugt  und  so  viel 
Feuchtigkeit  aus  der  umgebenden  Atmosphäre  kondensirt,  dass  seine 
Hänge,  wenigstens  auf  der  Südseite  im  Bereiche  des  feuchten  Südost¬ 
passats,  auch  ausser  der  Periode  der  Zenithairegen  noch  genug 
messendes  Wasser  besitzen,  um  während  der  ganzen  Dauer  des 
Jahres  den  Anbau  von  Kulturgewächsen  zu  ermöglichen. 

Es  ist  klar,  dass  eine  so  gewaltige  Bergmasse  ausser  der  all¬ 
gemeinen  Verschiedenheit  des  klimatischen  Charakters  von  seiner 
Umgebung  noch  eine  Reihe  von  individuellen  Verschiedenheiten  zeigen 
muss,  je  nach  Höhen-  und  gegenseitiger  Lage  seiner  einzelnen  Gebiete. 
Zunächst  ist  zu  berücksichtigen,  dass  mit  der  absoluten  Erhebung  über 
dem  Meeresspiegel  die  mittlere  Temperatur  abnimmt.  Die  Kulturzone 
besitzt  schon  eine  derartige  Höhenlage,  dass  die  mittlere  Temperatur 
denjenigen  Grad,  welcher  sonst  als  untere  Grenze  für  die  tropische 
Zone  gilt,  nämlich  20°,  kaum  noch  erreicht,  und  ich  brauche  nicht 
daran  zu  erinnern,  dass  jeder  Neuankömmling  am  Kilimandjaro, 
wenigstens  in  der  Regenzeit,  die  ihm  ungewohnte  Kühle  der  Tempe¬ 
ratur  unangenehm  empfindet  und  in  wärmerer  Kleidung  Schutz  gegen 
dieselbe  sucht.  In  der  That  erfreuen  sich  die  europäischen  Nieder¬ 
lassungen  in  Marangu,  Mamba,  Kilema,  Kibosho  und  Madshame  mit 
ihrer  Höhenlage  von  1400  bis  1550  m  einer  Temperatur,  welche  den 
Verhältnissen  der  gemässigten  Breiten  näher  steht  als  den  spezifisch 
tropischen.  Die  mittlere  Jahrestemperatur  in  Marangu  betrug  1893 
nach  Brehmes  Monatszahlen  17°, 8,  in  Moslii  vom  Juli  1894  bis 
Juni  1895  20°, 7.  Wenngleich  sich  nun  zwei  Jahrgänge  nicht  ohne 
Weiteres  vergleichen  lassen  und  zur  richtigen  Würdigung  eine  lang¬ 
jährige  Beobachtuugsreihe  gehört,  so  geht  doch  aus  der  beträchtlichen 
Verschiedenheit  dieser  Zahlen  und  noch  mehr  aus  unseren  tagtäglichen 
Erfahrungen  zur  Genüge  hervor,  dass  Moshi  viel  wärmer  als  Marangu 
und  die  übrigen  europäischen  Stationen  ist,  was  sich  aus  seiner  tiefen 
Lage  am  Berge  ohne  Weiteres  erklärt.  Moshi  ist  daher  bei  den 
übrigen  Stationen  am  Kilimandjaro  wegen  seiner  „Hitze“  verrufen. 
Maximaltemperaturen  bis  32°  und  33°  sind  in  den  heissen  Monaten, 
besonders  Januar,  in  Moshi  keine  Seltenheit,  während  man  nach 
Brehmes  Zahlen  für  Marangu  nur  auf  eine  Maximaltemperatur  von 
etwa  28°  schliessen  darf.  Wenn  man  dazu  nimmt,  dass  wenigstens 
in  den  trockenen  wolkenärmeren  Monaten  die  täglichen  Amplituden 


281) 


recht  gross  sind  (bis  17°  Differenz)  und  dass  die  Niederschläge  ausser 
in  den  periodischen  Regenmonaten  nur  sehr  geringe  sind,  entschieden 
geringer  als  in  den  höher  gelegenen  Stationen  der  westlichen  und 
östlichen  Landschaften,  so  ergiebt  sich  ohne  Weiteres,  dass  die  Station 
Moshi  ein  Klima  besitzt,  das  dem  Steppenklima  weit  näher  kommt 
als  einem  solchen,  wie  man  es  von  einem  tropischen  Vorzugsgebiete 
a  priori  zu  erwarten  geneigt  ist.  Die  Europäer  der  Station  bewegen 
sich  dementsprechend  den  grösseren  Theil  des  Jahres  über  auf  der 
Station  im  baumwollenen  weissen  Tropenanzug  ohne  Unterkleidung. 

Die  Höhe  der  mittleren  Temperatur  giebt  aber  nach  zwei  Seiten 
hin  nur  ein  sehr  unvollkommenes  Bild  der  Wärme.  Einmal  ist  bei 
ihr  die  Insolation,  d.  h.  die  Wirkung  der  direkten  Sonnenstrahlung, 
ausser  Acht  gelassen.  Eine  mittlere  Lufttemperatur  von  19  bis  20° 
wird  von  vielen  mitteleuropäischen  Städten  im  Juli  erreicht,  aber  die 
Wärme  ist  dort  weit  weniger  belästigend,  weil  in  diesen  nördlichen 
Breiten  die  intensive  Strahlung  der  hochstehenden  Sonne  fehlt.  Für 
das  gesundheitliche  Verhalten,  das  Wohlbefinden  und  die  Arbeits¬ 
fähigkeit  des  Menschen  ist  aber  die  Strahlungswärme  der  Sonne 
wichtiger  als  die  Lufttemperatur  im  Schatten.  Man  unterschätzt  ge¬ 
wöhnlich  zu  Hause  die  Kühle  des  tropischen  Schattens  und  würdigt 
zu  wenig  die  Intensität  der  Sonnenstrahlung.  In  einer  Temperatur 
von  45  bis  50°  C.,  die  in  Moshi  im  Januar  in  den  Mittags¬ 
stunden  in  der  Sonne  herrscht,  können  nur  sehr  wenige  Europäer 
angestrengt  im  Freien  arbeiten  und  auch  der  Neger  verlässt  nur 
ungern  in  dieser  Zeit  seinen  schattigen  Buheplatz.  Ferner  ist  für 
die  Beurtheilung  des  Klimas  ausser  der  mittleren  Jahrestemperatur 
die  Vertheilung  der  Wärme  im  Laufe  des  Jahres  und  die  tägliche 
Schwankung  von  grösster  Wichtigkeit.  Die  Kleinheit  der  Tages¬ 
und  Jahresamplituden  ist  als  Charakteristikum  des  echt  tropischen 
Klimas  bekannt  und  mit  Recht  als  ein  Hinderniss  für  die  Akklimati¬ 
sation  des  Europäers  gewürdigt.  Jede  Abweichung  von  der  ausser¬ 
ordentlichen  Gleichmässigkeit  des  tropischen  Küstenklimas  —  in 
Sansibar  beträgt  der  Unterschied  des  wärmsten  und  kühlsten  Monats 
nur  3,0°,  in  Singapore  nur  2,2°  —  ist  in  hygienischer  Beziehung 
von  grösstem  Vortheil.  Von  den  ziemlich  grossen  Tagesschwankungen 
der  Temperatur  in  Moshi  war  schon  oben  die  Rede.  Dieselbe  als 
eine  spezifische  Erscheinung  des  Gebirgsklimas  anzusehen,  halte  ich 
nicht  für  angängig.  Dazu  ist  die  Lage  Moshis  am  Berge  zu  tief. 
Erst  in  höheren  Lagen,  am  deutlichsten  über  dem  Urwald,  kommen 
die  sehr  grossen  Tag-  und  Nachtunterschiede,  wie  sie  dem  Gebirgs¬ 
klima  eigen  sind,  zum  deutlichen  Ausdruck.  Wie  die  täglichen,  so 
nehmen  auch  die  jährlichen  Schwankungen  mit  der  Entfernung  von 
der  Küste  und  mit  der  Erhebung  über  dem  Meeresspiegel  zu.  Der 


290 


Unterschied  zwischen  wärmsten  und  kältesten  Monaten  betrug  in 
Marangu  1893:  5,5°  C.,  in  Moshi  1894:  5,9°  C.  Dieser  für  euro¬ 
päische  Binnenverhältnisse  sehr  geringe  jahreszeitliche  Wechsel  der 
Temperatur  —  in  Berlin  beträgt  die  Differenz  21,2°,  in  Prag  22°  — 
ist  in  den  Tropen  schon  sehr  fühlbar  und  für  das  Wohlbefinden  des 
dort  lebenden  Europäers  recht  wichtig,  ebenso  wie  eine  beträchtliche 
Abkühlung  in  der  Nacht  auf  Schlaf,  Appetit  und  Psyche  von  wohl- 
thätigster  Wirkung  ist. 

In  der  grossen  Regenzeit  und  in  den  ihr  folgenden  Monaten  ist 
die  mittlere  Temperatur  geringer  und  erreicht  20°  kaum  mehr.  Sie 
betrug  vielmehr  im  kühlsten  Monate  der  Beobachtungszeit  —  Juli 

1894  —  nur  noeli  18,0°  (in  Marangu  im  August  1893:  15°, 2),  das 
Mittel  des  Maximums  nur  22,4°.  Zugleich  sind  infolge  der  reichlichen 
Bewölkung  die  Amplituden  der  täglichen  Temperatur  geringer;  das 
absolute  Maximum  betrug  nur  26,2°,  das  absolute  Minimum  im  Juli 

1895  (im  Juli  1894  war  ein  Minimumthermometer  noch  nicht  vor¬ 
handen)  12,1°.  die  grösste  Differenz  also  etwa  14°.  In  diesen  Mo¬ 
naten  holen  auch  die  Europäer  eine  wärmere  Kleidung  hervor,  die 
gewöhnlich  aber  nur  im  gelben  Drellanzug  mit  Unterkleidung  besteht; 
zum  Anlegen  europäischer  Anzüge  ist  auch  dann  kaum  eine  Veran¬ 
lassung. 

In  ähnlicher  Weise  wie  das  Verhalten  der  Temperatur  ist  auch 
das  der  relativen  Feuchtigkeit  in  hygienischer  Beziehung  von  Wichtig¬ 
keit.  Dem  Körper  am  wohlthätigsten  ist  eine  Feuchtigkeit,  die  sich 
in  täglichen  und  jahreszeitlichen  Grenzen  von  40  bis  70  pCt.  bewegt. 
Die  Höhe  und  Stetigkeit  der  relativen  Feuchtigkeit  in  den  tropischen 
Küstengegenden,  welche  deren  Luft  die  bekannte  Bezeichnung  „Treib¬ 
hausluft“  eingetragen  hat,  übt  auf  den  Körper  eine  erschlaffende 
Wirkung  aus.  Wir  sind  gewohnt,  einen  Ort  mit  einer  mittleren 
Feuchtigkeit  von  60  bis  70  pCt.  als  klimatisch  günstig  anzusehen- 
Die  mittlere  relative  Feuchtigkeit  Moshis  betrug  im  Jahre  1894/95 
66  pCt.  In  dem  sehr  trockenen  Monat  Oktober  fiel  die  Feuchtigkeit 
im  Mittel  bis  auf  57  pCt.  und  bewegte  sich  um  die  Mittagsstunden 
um  30  pCt.  Diese  niederen  Werthe  sind  es,  welche  die  Hitze  er¬ 
träglich  machen.  Es  unterliegt  somit  keinem  Zweifel,  dass  Moshi 
in  den  Trockenzeiten  ein  zwar  heisses,  aber  weniger  feuchtes  und 
damit  gesünderes  Klima  besitzt  als  die  tropischen  Küstenplätze. 

In  der  Regenzeit  ist  allerdings  die  relative  Feuchtigkeit  beträcht¬ 
lich  gesteigert.  Sie  betrug  im  April  1895  im  Mittel  76  pCt.,  im 
Mai  1894  im  Mittel  79  pCt.  und  fiel  um  die  Mittagsstunden  nur 
selten  unter  50  pCt.  In  den  Regenmonaten  hat  also  auch  Moshi  ein 
entschieden  feuchtes  Klima,  was  sich  ausser  der  starken  Bewölkung, 
reichlicher  Nebelbildung  und  vielfacher  Niederschläge  im  praktischen 


291 


Leben  durch  leichten  Schimmelansatz  an  Leder  und  mangelhaftes 
Trocknen  von  Wäsche  u.  s.  w.  nachtheilig  äussert.  In  gesundheit¬ 
licher  Beziehung  möchte  aber  die  Regenzeit  weniger  durch  ihre 
grosse  Feuchtigkeit  als  durch  die  Kombination  mit  der  Kühle  der 
Temperatur  von  nachtheiliger  Wirkung  sein.  Der  in  den  Tropen 
rasch  verweichlichte  Europäer  empfindet  wie  der  Neger  der  Steppen¬ 
gebiete  diese  feuchte  Kühle  ganz  besonders  unangenehm.  Hieraus 
resultirt  die  Neigung  zu  Katarrhen,  die  in  der  Regenzeit  auftreten, 
wie  wir  später  sehen  werden. 

In  wirthschaftlicher  Beziehung  sind  für  tropische  Gegenden  weit 
wichtiger  die  Niederschlagsmengen  und  der  Reichthum  an  fliessenden 
Gewässern  als  die  Temperaturverhältnisse.  Wenn  der  Kilimaudjaro 
die  Bezeichnung  eines  tropischen  Vorzugsgebietes  rechtfertigen  soll, 
so  kann  dies  nur  durch  den  Nachweis  geschehen,  dass  die  Nieder¬ 
schläge  nicht  an  die  periodischen  Regenzeiten  gebunden  sind,  sondern 
auch  in  den  übrigen  Theilen  des  Jahres  nicht  zu  spärlich  bestehen. 
Br  eh  me  hebt  nun  für  Marangu  ausdrücklich  hervor,  dass  kein  Monat 
der  Regen  gänzlich  entbehre,  dass  die  Häufigkeit  der  Niederschläge 
und  ihre  Wassermenge  sehr  gross  sei.  Nun  war  im  Jahre  1893  die 
grosse  Regenzeit  im  Allgemeinen  in  Ostafrika  besonders  stark  und 
langdauernd,  die  im  Jahre  1894  aber  auffällig  gering.  Es  lässt  sich 
daher  in  diesen  beiden  Jahren  ein  Vergleich  der  beiden  Stationen 
Moshi  und  Marangu  hinsichtlich  des  Regenfalles  nicht  ziehen.  Wir 
wissen  aber  aus  den  Erfahrungen  der  Europäer,  welche  länger  als 
ein  Jahr  am  Kilimaudjaro  verweilten,  dass  in  der  That  in  Marangu 
die  Regenzeit  frühe,  d.  h.  gewöhnlich  in  der  Mitte  des  März  einsetzt, 
lange  dauert  und  sehr  grosse  Wassermengen  produzirt  und  dass  auch 
in  der  sogenannten  Trockenzeit  Niederschläge  ziemlich  häufig  sind. 
Die  Erklärung  dieser  Niederschlagsverhältnisse  hat  Hans  Meyer  in 
treffender  Weise  gegeben.  Er  erklärt,  wie  der  feuchte  Südostpassat 
an  den  Südhängen  des  Kilimandjaro  einen  Widerstand  erleidet,  dem¬ 
zufolge  dort  die  Regen  früher  einsetzen,  als  sonst  dem  Zenithstand 
der  Sonne  entspricht,  dass  sie  sehr  ergiebig  sind  durch  die  beträcht¬ 
liche  Abkühlung,  welche  der  Passat  in  den  hohen  Regionen  erfährt, 
und  dass  die  Kondensation  der  am  Berge  aufsteigenden  Luftströmungen 
aus  der  Ebene,  der  Steigungswinde,  in  der  Nacht  dem  Djaggalande 
seine  häufigen  Regen  bringt.  Es  ist  nun  von  vornherein  verständlich, 
dass  dieser  allgemeine  Effekt  des  Kilimandjaro  auf  die  Feuchtigkeits- 
Verhältnisse  wiederum  für  die  einzelnen  Regionen  des  Berges  von 
verschiedener  Intensität  sein  muss.  Die  hauptsächlichsten  Konden¬ 
sationspunkte  sind  die  beiden  Berggipfel  Kibo  und  Mawensi,  der 
eigentliche  Feuchtigkeitssammler  ist  der  Urwald.  Gebiete,  welche 
dem  Urwald  nahe  liegen  und  zugleich  am  Fusse  eines  der  beiden 


292 


Gipfel,  müssen  grösserer  Niederschläge  theilhaftig  werden  als  die 
tieferen  Partien  und  müssen  reicher  an  Wasserläufen  sein  als  die  unter 
der  Mitte  des  Plateaus  gelegenen  Landschaften.  Dementsprechend 
sind  die  westlichen  unter  dem  mit  einer  ewigen  Eishaube  bedeckten 
Kibo  gelegenen  Landschaften  Kibosho  und  Madshame  reich  an  Nieder¬ 
schlägen  und  Gewässern,  und  jeder  Besucher  aus  Moshi,  der  diese 
beiden  Landschaften  durchwandert,  wird  mit  Neid  den  Reichthum  an 
Bächen,  den  Schmelzwässern  des  Kiboeises,  sehen,  welcher  diese 
Landschaften  so  vortheilhaft  gegen  Moshi  auszeichnet.  In  ähnlichem 
Maasse,  wenn  auch  nicht  so  ergiebig,  sind  die  unter  dem  Mawensi 
gelegenen  Landschaften  Marangu,  Mamba  und  Muika  bewässert,  so 
dass  sie  Brehme  den  Garten  des  Landes  nennt.  Ein  Blick  auf  die 
Tabelle  der  Regentage  und  Regenmengen  zeigt  nun  deutlich,  dass 
Moshi  ausser  den  Monaten  der  Regenzeit  leider  nur  ganz  minimale 
Niederschläge  gehabt  hat.  Wie  in  den  Steppengebieten  so  ist  auch 
in  Moshi  der  Wechsel  von  Trockenperioden  und  Regenzeiten  ein  ganz 
schroffer  und  fast  die  ganze  Menge  des  gefallenen  Regens  ist  auf  die 
Regenmonate  (November  und  erste  Hälfte  des  Dezember  einerseits  und 
April  —Mai  andererseits)  beschränkt,  in  denen  die  Regen  mit  echt 
tropischer  Heftigkeit  und  Reichlichkeit  auftraten.  So  fielen  in  einer 
Nacht  (vom  8.  zum  9.  November)  68,7  mm  Regen,  also  im  ganzen 
Monate  November  202  mm.  Es  wurden  in  Moshi  im  Jahre  1894/95 
1165  mm  Regen  gemessen,  eine  für  ein  tropisches  Gebirgsgebiet  sehr 
kleine  Zahl.  Die  Landschaft  Moshi  ist  infolge  der  erwähnten  Eigen- 
thümlichkeit  ihrer  Lage  ärmer  an  fliessendem  Wasser  als  die  öst¬ 
lichen  und  westlichen  Landschaften.  Sie  besitzt  nur  drei  Bäche,  von 
denen  nur  der  eine  schon  erwähnte  Sangatshibach  das  ganze  Jahr 
über  Wasser  führt.  Staunend  sieht  der  Fremde  die  gewaltigen 
Erosionsschluchten,  welche  die  Grenzbäche  Mosliis,  Nanga  und  Msa- 
ranga,  gebildet  haben,  und  doch  erreicht  kein  Tropfen  dieser  in  der 
Regenzeit  sehr  starken  Bäche  in  den  trockenen  Monaten  die  Steppe. 
Dies  ist  eines  Theils  durch  die  enorme  Verdunstung  bedingt,  welche 
die  starke  Insolation  in  den  heissen  Monaten  erzeugt,  theils  durch 
die  Abzweigungen  der  Bäche,  welche  die  Eingeborenen  zur  Bewässe¬ 
rung  ihrer  Schamben  vom  Oberläufe  der  Bäche  aus  anlegen.  Diese 
Wasserleitungen,  welche  im  ganzen  Djaggalande  angetroffen  werden, 
oft  sehr  kunstvoll  angelegt  sind  und  durch  Stauchwehre  in  den 
Trockenzeiten  in  ihrer  Leistungsfähigkeit  erhöht  werden,  sind  ein 
schönes  Zeugniss  für  den  Fleiss  und  den  praktischen  Sinn  der  Ein¬ 
geborenen.  Die  Vertheilung  des  Wassers  unter  den  Schambenbesitzern 
spielt  eine  wichtige  Rolle  im  inneren  Leben  der  Djaggas.  Die 
Spärlichkeit  des  Wassers,  welches  der  Stationskanal  in  Moshi  aus 
dem  Sangatshibache  lieferte,  veranlasste  den  Kompagnieführer 


293 


Johannes  im  Juni  1894,  einen  neuen  Zufluss  zu  diesem  Kanäle  her- 
stellen  zu  lassen,  der  drei  Stunden  oberhalb  Moshis  im  Urwalde  aus 
dem  nach  Kilema  fliessenden  Muebach  gewonnen  wurde. 

Leider  wird  auf  dem  langen  Wege  der  an  sich  sehr  reichliche 
Zufluss  trefflichen  Wassers  theils  durch  die  Gefährdung,  welche  die 
Leitung  durch  Elefantentritte  im  Urwalde  und  Ausbrüche  erleidet, 
theils  durch  diebische  Abzweigungen  von  Seiten  weiter  oben  sitzender 
Djaggas  oft  so  geschmälert,  dass  die  Station  manchmal  nicht 
genug  Wasser  zu  Nutzzwecken  erhält.  Als  Trinkwasser  ist  dasselbe 
sowieso  nicht  zu  gebrauchen,  da  es  schon  oberhalb  zu  viel  Verun- 
reinigung  erleidet.  Das  Trinkwasser  wird  für  die  Europäer  aus  dem 
*/4  Stunde  entfernten  Sangatshibaclie  geholt  und  einer  Filtration  durch 
ein  Kohleufilter  auf  der  Station  unterzogen,  während  die  farbigen 
Garnisonmitglieder  trotz  vielfacher  Warnung  aus  Bequemlichkeit 
immer  wieder  auch  aus  der  Stationsleitung  ihr  Trink wasser  entnehmen. 
Ein  Bohrversuch  in  dem  benachbarten  westlichen  Grunde  zur  An¬ 
legung  eines  abessinischen  Brunnens  lieferte  bei  einer  Eintreibung 
der  Röhren  bis  zu  10  m  leider  kein  Wasser,  weitere  Versuche  wurden 
durch  das  Platzen  zweier  Röhren  vereitelt.  Bei  Regenfällen  ist  das 
von  den  Wellblechdächern  der  Borna  abfallende  Regenwasser  ein 
hochgeschätztes  Gut,  zu  dessen  Gewinnung  alle  Gefässe  beigebracht 
werden,  welche  die  Weiber  sämmtlicker  schwarzen  Bewohner  auf¬ 
treiben  können. 

Es  erübrigt  noch,  auf  die  Luftströmungen  und  die  damit  eng 
zusammenhängende  Bewölkung  des  hiesigen  Gebietes  einzugehen. 
Der  Kilimandjaro  liegt  im  Bereiche  des  Nordostmonsunes  und  des 
Südostpassates,*)  von  denen  aber  nur  der  letztere  von  besonderer 
Bedeutung  für  die  Südseite  des  Berges  ist.  Er  ist  es  wesentlich,  der 
infolge  seiner  vom  Indischen  Ocean  hergebrachten  Feuchtigkeit  diese 
Seite  des  Kilimandjaro  zu  der  wasser-  und  vegetationsreichen  macht, 
während  die  nördliche  nur  den  trockenen  Nordostwinden  ausgesetzte 
unter  seinem  Windschatten  bleibt.  Die  Nordseite  ist  daher  steril 
und  entbehrt  vor  Allem  des  zusammenhängenden  Urwaldbandes.  Die 
Reinheit,  mit  welcher  der  Passatwind  am  Kilimandjaro  auftritt,  ist 
aber  infolge  der  Modifikation  durch  Lokalströmungen  und  durch  die 
Verschiedenheit  der  topographischen  Lage  der  Bergtheile  unterein¬ 
ander  oft  eine  sehr  abgeschwächte.  ln  Moski  wehen  in  den 
Monaten  August  bis  November  vorwiegend  östliche  und  südöstliche 
Winde,  in  den  Abendstunden  oft  von  sturmartiger  Stärke.  In  der 

*)  Nacli  den  Ergebnissen  der  Beobachtungen  an  der  wissenschaftlichen 
Kilimandjarostation  wird  die  bisherige  Anschauung  über  die  Richtung  der  jahres¬ 
zeitlich  verschiedenen  Winde  wahrscheinlich  eine  Aenderung  erfahren  müssen. 

Die  Red. 


294 


zweiten  Hallte  des  Dezembers,  im  Januar  und  Februar  weht  der 
Nordostmonsun,  öfters  mehr  als  Ostwind  denn  als  reiner  Nordost. 
Die  Aufwirbelung  des  ausgetrockneten,  aus  der  Verwitterung  des 
hiesigen  Basalttuffes  hervorgegangeDen  Lateritbodens  ist  in  diesen 
Monaten  recht  unangenehm  und  der  rothe  Moshistaub  macht  die  Lage 
der  Station  schon  von  Weitem  kenntlich.  In  dem  mehr  östlich  ge¬ 
legenen  Marangu  soll  im  Januar  und  Februar  der  Nordostpassat 
durch  seine  Heftigkeit  und  Trockenheit  oft  belästigend  wirken.  In 
den  Regenmonaten  ist  die  Intensität  der  Winde  eine  geringe  und 
ihre  Richtung  eine  sehr  wechselnde. 

Die  Bewölkung  ist  in  den  Trockenperioden  zwischen  den  Regen¬ 
zeiten  gering,  in  den  heissen  Monaten  Mitte  Dezember  bis  Ende  Fe¬ 
bruar  ist  nächtliche  Wolkenlosigkeit  die  Regel.  So  geniesst  man  in 
Moshi  in  diesen  Monaten  in  den  Nächten  und  in  den  Abend-  und 
Morgenstunden  den  Anblick  des  unverschleierten  Riesenberges  in  voller 
Schönheit.  Erst  wenn  am  Vormittage  die  aufsteigende  warme  und 
feuchte  Luft  die  kühleren  oberen  Regionen  erreicht,  hüllen  sich  die 
beiden  Berggipfel,  vor  Allem  erst  die  Südwestseite  des  Kibo,  in  einen 
Mantel  von  Kumuluswolken,  der  in  den  heissen  Stunden  des  Tages 
den  ganzen  oberen  Theil  des  Berges  bis  zum  Urwald  herab  völlig 
bedeckt  und  erst  mit  Nachlass  der  Lufterwärmung  in  der  zweiten 
Hälfte  des  Nachmittages  von  unten  her  die  beiden  Gipfel  allmählich 
wieder  dem  Blicke  freigiebt.  ln  der  Regenzeit  ist  dieses  Bild  freilich 
ein  anderes.  Die  grosse  Feuchtigkeit  der  Luft  in  den  Zeiten  der 
Zenithairegen  bedingt  in  Verbindung  mit  lokalen  Ursachen  an  dem 
Bergmassive  eine  besonders  starke  Bewölkung,  die  in  den  Monaten 
Mai  und  Juni  die  hohen  Durchschnittszahlen  von  8,7  und  7,4  erreichte, 
während  die  regenarme  zweite  Hälfte  des  Dezembers  nur  die  mittlere 
Bewölkungsstärke  3  aufwies.  Bemerkenswerth  ist,  dass  auch  in  den  der 
Regenzeit  folgenden  Monaten  Juli  und  August,  in  denen  nur  noch 
sehr  geringe  Regenmengen  fielen  (im  August  nur  4,6  mm),  die  Be¬ 
wölkung  noch  eine  erhebliche  war,  und  es  ist  nicht  zu  leugnen,  dass 
die  starke  Bewölkung  während  so  langer  Zeit  (Mitte  März  bis  Ende 
August),  in  welcher  es  oft  14  Tage  dauern  kann,  bis  man  den  Kibo 
zu  Gesicht  bekommt,  auch  in  hygienischer  Beziehung  von  Nachtheil 
ist,  da  sie  eine  Depression  der  psychischen  Stimmung  herbeiführt. 
Es  ist  dies  wieder  eine  der  starken  Kontrastseiten,  welche  das  Klima 
von  Moshi  aufweist.  Die  Sache  ist  so  wichtig,  dass  es  sich  wohl 
lohnen  würde,  an  mehreren  Plätzen  des  Kilimandjaro  einen  Sonnen¬ 
scheinautographen  aufzustellen.  Es  sei  nur  vorübergehend  auch  darauf 
aufmerksam  gemacht,  dass  eine  so  lang  dauernde  starke  Bewölkung 
infolge  der  damit  verbundenen  Abnahme  der  Insolation  und  Belich¬ 
tung  auch  von  kultureller  Bedeutung  ist,  indem  sie  den  Anbau  ge- 


295 


wisser  tropischer  Gewächse,  welche  mit  dem  reichen  Gehalte  ihrer 
Früchte  an  Zucker  und  Fetten  an  eine  längere  Dauer  intensiver  Be¬ 
leuchtung  gebunden  sind,  ausschliesst  (Oelpalme,  Dattel,  Ananas,  Feige, 
Kaffee,  Kakao).*)  In  den  Regenmonaten  März — Mai  und  deutlicher 
in  den  Monaten  Juni — August,  in  welchen  die  Regenzeit  ausklingt, 
sind  in  Moshi  die  lokalen  meteorologischen  Wirkungen  des  Kilima- 
ndjaro  am  deutlichsten.  In  diesen  Monaten  hat  auch  Moshi  seine 
Morgenregen.  Während  mit  grosser  Regelmässigkeit  bald  nach 
Sonnenuntergang  der  Abendwind  einsetzt  und  in  den  ersten  Stunden 
der  Nacht  mit  sturmartiger  Heftigkeit  aus  Südosten  oder  Osten 
braust,  weicht  er  in  der  zweiten  Hälfte  der  Nacht  einem  langsam 
sich  senkenden  Thalwinde,  mit  welchem  eine  erhebliche  Abkühlung 
an  den  Hängen  des  Berges  tief  herab  platzgreift.  Wenn  nun  mit 
Sonnenaufgang  die  Erwärmung  des  Erdbodens  wieder  beginnt  und  die 
warmfeuchte  Luft  aufwärts  steigt,  entsteht  in  der  rings  am  Berge 
lagernden  Wolkenbank  eine  Kondensation,  infolge  deren  ein  Sprüh¬ 
regen  niedergeht.  Dann  hat  der  am  Morgen  aus  der  Borna  tretende 
Bewohner  Moshis  ein  eigenthümlich  reizvolles  Bild:  er  sieht  hinab 
in  die  sonnig  glänzende  Steppe  der  Kilimandjaroniederung,  während 
unmittelbar  über  seinem  Haupte  eine  dicht  geschlossene  Wolkenkappe 
ihm  den  Blick  nach  oben  verschliesst,  bis  mit  fortschreitender  Er¬ 
wärmung  und  südlichem  Bergwinde  der  Nebel  am  Berge  in  die  Höhe 
geht.  Freilich  giebt  es  in  der  Regenzeit  auch  in  Moshi  Tage,  in 
denen  den  ganzen  Vormittag  über  der  Nebel  nicht  weichen  will. 

Wenn  ich  resumirend  die  Hauptzüge  des  Klimas  von  Moshi  zu¬ 
sammenfassen  soll,  so  sind  diese  folgende : 

Eine  mittlere  Temperatur,  welche  der  tropischer  Küstenplätze 
nur  wenig  nachgiebt,  ziemlich  starke  Tagesamplituden,  mässig  grosse 
Jahresamplituden  der  Temperatur,  exquisiter  Wechsel  von  Trocken- 
und  Regenperioden,  erhebliche  Feuchtigkeit  und  Bewölkung  in  den 
Regenzeiten,  Spärlichkeit  der  Niederschläge  und  Wolkenarmuth  in 
den  Trockenperioden. 

Es  ist  selbstverständlich,  dass  das  hier  wiedergegebene  Bild  des 
Klimas  von  Moshi  bei  der  Kürze  der  ßeobachtungszeit  noch  kein 
feststehendes  sein  kann.  Es  ist  eben  aus  den  Anfängen  einer  regel¬ 
mässigen  meteorologischen  Beobachtung  konstruirt.  Dass  das  Klima 
von  Moshi  eine  Verallgemeinerung  auf  das  Klima  der  gesummten 
Kulturzone  nicht  zulässt,  habe  ich  wiederholt  betont.  Dazu  ist  die 
Differenz  in  der  topographischen  Lage,  im  Landschaftscharakter  und 
in  der  Höhenlage  der  einzelnen  Theile  der  Kulturzone  zu  gross. 

*)  Vergl.  den  Aufsatz  Dr.  Volkens  in  Nr.  14  des  Deutschen  Kolonial¬ 
blattes  vom  15.  Juni  1894. 


Mitth.  von  Forsch ungsreisenclen,  VIII.  Band.  IV. 


20 


296 


Soweit  bis  jetzt  bekannt,  Laben  die  meisten  übrigen  Gebiete  ein 
Klima,  das  vor  Moshi  eine  grössere  und  stetigere  Feuchtigkeit  und 
eine  niedrigere  Temperatur  voraus  hat.  Aber  nur  eine  langdauernde 
und  regelmässige  Beobachtung  an  verschiedenen  Plätzen  des  Berges 
kann  uns  hierüber  Aufschluss  bringen  und  den  praktischen  Nutzen 
ergeben,  welchen  Hygiene  und  Agrikultur  aus  der  Meteorologie 
ziehen.  Man  darf  daher  mit  grösstem  Interesse  der  Veröffentlichung 
des  reichen  Materials  entgegensehen,  welches  der  so  jäh  aus  dem 
Leben  geschiedene  Dr.  C.  Lent  von  der  wissenschaftlichen  Station 
in  Marangu  mit  unermüdlichem  Fleisse  auf  der  Station  und  auf  Expe¬ 
ditionen  gesammelt  hat.*)  Zunächst  bleibt  noch  das  Wort  des  Mannes, 
dem  wir  die  besten  Kenntnisse  des  Kilimandjaro  verdanken,  Hans 
Meyers,  zu  Recht  bestehen,  der  bescheiden  sagt,  dass  „noch  auf 
unabsehbare  Zeiten  das  Gebirge  ein  überaus  ergiebiges  Feld  der 
Spezialforschung  bleiben  wird“. 


II. 

Wenn  wir  die  bei  dem  Klima  gewonnenen  Erfahrungen  auf  die 
nunmehr  zu  besprechenden  Gesundheitsverhältnisse  anwenden,  so 
drängen  sich  zwei  Fragen  in  den  Vordergrund: 

1.  Ist  das  Klima  ein  derartiges,  dass  die  Malaria  für  ein 
endemisches  Vorkommen  noch  ihre  Bedingungen  findet? 

2.  Bedingt  das  Klima  mit  seinen  starken  Kontrastseiten  einen 
von  diesen  abhängigen  Wechsel  in  dem  Gesundheitszustände? 

Man  spricht  so  viel  von  dem  „gesunden  Klima“  des  Kilimandjaro, 
in  welchem  die  Europäer  ihnen  ganz  zuträgliche  Lebensbedingungen 
finden  und  von  der  Geissei  der  Tropenländer,  der  Malaria,  verschont 
bleiben  sollten.  So  preisen  die  Einen  den  Kilimandjaro  als  das  ge¬ 
lobte  Land,  während  man  Andere  wieder,  meist  auf  Grund  der  Er¬ 
fahrungen  bei  vorübergehenden  Expeditionen  nach  und  an  dem  Berge, 
sich  keineswegs  günstig  aussprechen  hört  und  nur  Klagen  vernimmt, 
dass  man  „dort  oben“  so  wenig  vor  Malaria  gefeit  sei  wie  in  den 
Küstengegenden.  Beide  Urtheile  leiden  an  dem  gleichen  Fehler,  dem 
der  zu  grossen  Verallgemeinerung  kurzer  und  räumlich  beschränkter 
Erfahrungen. 

Wenn  man  im  Allgemeinen  eine  mittlere  Temperatur  von  15°  C. 
als  untere  Grenze  der  Existenzbedingungen  endemischer  Malaria  an¬ 
sieht,  so  dürfte  nahezu  die  ganze  Kulturzone  des  Kilimandjaro  der 
endemischen  Malaria  verfallen  sein.  Die  Malaria  bedarf  jedoch 
ausser  einer  gewissen  mittleren  Temperatur  auch  noch  eines  hohen 
Maasses  von  Feuchtigkeit,  während  ein  Reichthum  an  zersetzlichem, 

*)  Die  meteorologischen  Beobachtungen  der  -Marangustation  befinden  sich 
in  Bearbeitung.  Die  Bed. 


297 


organischem  Material,  der  Malariaboden,  zwar  ihre  Entstehung  ausser¬ 
ordentlich  begünstigt,  aber  keine  nothwendige  Bedingung  zu  sein 
scheint.*)  Während  nun  moorige  und  sumpfige  Strecken  an  den 
Hängen  des  Berges  innerhalb  der  Kulturzone  nicht  Vorkommen,  ist, 
wie  oben  geschildert,  die  Feuchtigkeit  zeitweilig  am  Berge  eine  sehr 
erhebliche.  Immerhin  muss  man  nach  diesen  Voraussetzungen  an- 
erkennen,  dass  die  Malaria  auch  für  endemisches  Bestehen  ihre 
Existenzbedingungen  finden  wird. 

Damit  decken  sich  auch  die  ärztlichen  Erfahrungen.  Es  ist 
allerdings  ausserordentlich  schwer  und  Brehme  hat  dies  gebührend 
betont,  bei  den  zahlreichen  Malariaerkrankungen  am  Berge  ihren 
Ursprung  einwandsfrei  festzustellen,  da  die  Inkubationsdauer  der 
Malaria  offenbar  eine  sehr  grosse  ist  bezw.  sein  kann.  Die  meisten 
Erkrankungen  sind  zweifelsohne  die  Folge  einer  Infektion  in  der 
Kilimandjaroniederung,  welche  von  der  Mehrzahl  der  Bewohner  des 
Djaggalandes  zeitweise  betreten  wird,  und  Brehme  führt  mehrere 
treffliche  Beispiele  für  die  Gefährlichkeit  solcher  Besuche  im  Steppen¬ 
gebiete  an.  Aber  es  bleiben  noch  genug  Fälle  von  Malaria  übrig, 
bei  denen  eine  Infektion  in  der  Niederung  ausgeschlossen  ist,  bei 
Personen,  welche  ihren  Wohnplatz  nie  verlassen  oder  seit  Jahren 
nicht  verlassen  haben.  Während  in  dieser  Beziehung  die  Er¬ 
krankungen  unserer  Askaris,  welche  durch  häufige  Expeditionen  sich 
einer  Infektion  nicht  entziehen  können,  eine  einwandsfreie  Be- 
urtheilung  nicht  zulassen,  sind  deren  Frauen  und  Kinder  ein  werth¬ 
volleres  Material  für  die  vorliegende  Frage,  wie  auch  diejenigen 
Eingeborenen,  bei  denen  Alter,  Gebrechen  oder  besondere  Lebens¬ 
weise  den  Besuch  der  Kilimandjaroniederung  ausschliessen.  Unter 
diesen  kommen  Malariaerkrankungen  nicht  selten  vor  und  sie  erscheinen 
dann  gern  auf  der  Borna,  um  sich  das  bereits  wohlbekannte  Chinin 
zu  erbitten.  Diesem  Punkte  hat  Brehme  ausführliche  Beachtung 
geschenkt,  und  ich  kann  mich  seinem  Urtheil  nur  anschliessen,  dass 
die  Kulturzone  bis  zur  Höhe  von  1500  m  von  endemischer  Malaria 
nicht  frei  ist.  Ich  habe  vielmehr  die  Ueberzeugung,  dass  der  Malaria¬ 
keim  auch  hier  noch  seine  Bedingungen  für  ein  exogenes  Dasein 
findet.  Dies  zu  beweisen,  ist  der  Umstand  geeignet,  dass  während 
des  Baues  der  Station  Moshi  im  Juli  1894,  also  in  einem  der  grossen 
Regenzeit  folgenden  Monat,  die  Malariaerkrankungen  gehäuft  auf¬ 
traten,  als  viel  an  der  Aushebung  von  Erde  zur  Herstellung  eines 
Bomagrabens  gearbeitet  wurde;  ferner  eine  Angabe,  die  mir  der 
Pater  G.  von  der  französischen  Mission  in  Kilema  gemacht  hat:  er 
erkrankte  ebenfalls  im  Juli  1894  an  einem  ernstlichen  Malariafieber, 


*)  Siehe  M.  Kirs ebner,  Grundriss  der  Militärhygiene  S.  404. 

20* 


298 


nachdem  er  zwei  Tage  lang  bei  der  Umackerung  eines  Stückes 
jungfräulichen  Bodens  zur  Herstellung  eines  Gartens  beschäftigt  ge¬ 
wesen  war. 

Ich  möchte  nur  noch  auf  zwei  Punkte  aufmerksam  machen,  die 
allerdings  auch  Br  eh  me  schon  berührt  hat.  Es  ist  eine  nahezu 
konstante  Erscheinung,  dass  europäische  Neuankömmlinge  am  Ki- 
limandjaro  in  den  ersten  Tagen  nach  ihrer  Ankunft  an  Malaria  er¬ 
kranken.  Hierfür  Hessen  sich  zahlreiche  Beispiele  anführen.  Einem 
Theile  dieser  Erkrankungen  gingen  solche  auf  der  Reise  in  bekannten 
Fieberplätzen,  wie  Muanamata,  am  Djipesee,  Kahe,  voraus  und  die 
Anfälle  nach  der  Ankunft  stellen  also  nur  Recidive  dar,  andererseits 
treten  sie  auch  ohne  solch  kurz  voraufgegangene  Erkrankungen  auf. 
Es  handelt  sich  dabei  um  eine  latent  gewesene  Malaria,  die  mit  der 
Veränderung  des  Klimas  und  der  Lebensweise  nach  der  Ankunft 
manifest  wurde.  Diese  Eigenthümlichkeit  der  Malaria  ist  ja  auch 
sonst  häufig  beobachtet.  Es  kommen  aber  auch  Anfälle  von  Malaria 
nicht  selten  am  Berge  selbst  vor  bei  einfachem  Wechsel  der  Höhen¬ 
lage  ohne  Berührung  der  Steppe,  speziell  wenn  man  von  nieder¬ 
gelegenen  Plätzen  nach  höheren  zieht,  beispielsweise  von  Moshi  nach 
Marangu.  Auch  in  diesen  Fällen  kann  nur  die  Veränderung  der 
äusseren  Lebensbedingungen  den  Ausbruch  einer  bisher  latenten 
Malaria  verursachen.  Der  Europäer  in  den  Tropen  lebt  eben  viel¬ 
fach  in  einem  Zustande  des  labilen  Gleichgewichtes,  bei  dem  ein 
kleiner  Anstoss  genügt,  um  ihn  zum  Fallen  zu  bringen. 

In  klinischer  Beziehung  waren  die  zur  Beobachtung  gekommenen 
Fälle  von  Malaria  meist  kontinuirliche  oder  irreguläre  Fieber,  nur  bei 
Schwarzen  auch  solche  von  regelmässigem  Quotidiantypus.  Die 
Diagnose  Malaria  wurde  im  Allgemeinen  nur  gestellt,  wenn  jede 
andere  Ursache  des  Fiebers  auszuschliessen  und  eine  Schwellung  der 
Milz  zu  konstatiren  war.  Bei  den  Europäern  verliefen  die  Anfälle 
leicht  und  ohne  Komplikationen  bis  auf  zwei  Ausnahmen,  von  denen 
der  eine  Befallene  im  Anschlüsse  an  eine  Expedition  ein  längeres 
kontinuirliches  Fieber  mit  erheblicher  Milz-  und  Leberschwellung, 
doppelseitiger  Hodenentzündung  und  Ischias  durchzumachen  hatte, 
und  der  Andere  (ein  Amerikaner)  ebenfalls  von  einer  Steppentour, 
bei  der  er  ganz  ungenügend  ausgerüstet  war,  ein  Schwarzwasser¬ 
fieber  davontrug,  übrigens  der  einzige  Fall  von  perniziöser  Malaria, 
den  ich  am  Berge  gesehen  und  von  dem  ich  gehört  habe. 
Gesichtsneuralgien  nach  Malaria  kamen  bei  Schwarzen  häufiger  zur 
Behandlung.  Milztumoren  erheblicher  Grösse  gelangten,  besonders 
bei  Kindern,  oft  zur  Beobachtung  und  es  muss  auch  erwähnt  werden, 
dass  bei  Schwarzen,  welche  mit  solchen  hierher  kamen,  trotz  red¬ 
lichen  Chiningebrauches  dieselben  sehr  lange  bestehen  blieben. 


299 


In  einem  Theile  der  Malariafälle  wurde  im  Blute  nach  Parasiten 
gefahndet.  Die  meisten  Untersuchungen  hatten  insofern  ein  positives 
Resultat,  als  sich  übereinstimmend  auf  der  Höhe  des  Fiebei’s  im 
Blute  amöboide  Körperchen  fanden,  die  nur  als  Sporen  und  junge 
Parasiten  angesprochen  werden  konnten.  Sie  haben  die  Grösse  von 
'/'io  bis  V2  eines  rothen  Blutkörperchens,  sind  von  ovaler,  elliptischer 
oder  rundlicher  Form  und  liegen  oft  zu  zweien  oder  in  kleinen 
Gruppen  beieinander.  Im  ungefärbten  Zustande  fallen  sie  fast  nur 
durch  ein  intensiv  lichtbrennendes  gewöhnlich  exzentrisch,  oft  an 
einem  Pole  sitzendes  Körperchen  (nucleolus)  auf,  während  die  Kontur 
des  Plasmaleibes  sehr  schwer  zu  erkennen  ist.  Dieser  enthält  bei 
nicht  mehr  ganz  jungen  Formen  gewöhnlich  einige  leicht  lichtbrechende 
Granulationen.  In  den  mit  Methylenblau  gefärbten  Präparaten*) 
trägt  der  Plasmaleib  eine  nur  blasse  Blaufärbung,  während  das  Korn¬ 
körperchen  sich  intensiv  färbt.  Endoglobuläre  Formen  habe  ich  nur 
in  einem  Falle  gesehen  trotz  wiederholt  angestellter  Untersuchungen 
in  verschiedenen  Perioden:  es  waren  keine  Parasiten  mit  Nucleolus, 
(randständig  oder  „reitend“).  Pigmenthaltige  Parasiten  und  malanifere 
Leucocyten  wurden  nicht  angetroffen.  Häufig  waren  degenerirte, 
rothe  Blutkörperchen,  die  in  ihren  Konturen  vollkommen  erhalten 
waren,  aber  unregelmässig  eingestreute  blaue  (Methylenblau)  Körnchen 
enthielten  und  nur  noch  eine  minimale  Farbe  zeigten,**)  während  die 
schweren  Anämien  zukommenden  Poikilocytenformen  nie  zur  Be¬ 
obachtung  gelangten.  Ich  habe  diese  Blutuntersuchungen  bei  ihrer 
Unvollkommenheit  nur  angeführt,  weil  sie  einerseits  als  Belege  für 
die  Diagnose  dienen,  andererseits  von  tropischer  Malaria  immer 
noch  sehr  wenig  Plasmodienbefunde  vorliegen  im  Gegensatz  zu  den 
fast  übereinstimmend  positiven  Befunden  bei  den  typischen  Fiebern 
in  den  gemässigten  Breiten. 

Obgleich  nun  das  endemische  Vorkommen  der  Malaria  in  der 
Kulturzone  anzuerkennen  ist,  so  muss  doch  ausdrücklich  hervorgehoben 
werden,  dass  die  Zahl  der  beobachteten  Erkrankungen  im  Ganzen 
eine  geringe  und  die  Form  derselben  wesentlich  eine  leichte  ge¬ 
wesen  ist. 

Wenn  schon  die  Zahl  der  Malariaerkrankungen  unter  den 
schwarzen  Soldaten  durch  Expeditionen  in  die  Höhe  getrieben  ist, 
so  ist  sie  doch  immer  noch  eine  recht  kleine,  welche  hinter  der  der 
Küstenplätze  erheblich  zurückbleibt. 

*)  Mit  Vortlieil  wurde  die  Färbung  der  lebenden  Parasiten  im  frischen 
Präparate  mit  Methylenblau-Kochsalzlösung  angewendet  (Rosin,  Deutsche  mediz. 
Wochenschrift  1893,  No.  44). 

**)  Siehe  Abbildung  auf  Tafel  IV,  No.  68  in  Mannaberg,  die  Malariaparasiten, 
Wien  1893. 


300 


Die  Zugänge  von  Malariaerkrankungen  unter  der  hiesigen 
schwarzen  Besatzung  in  Prozenten  der  Iststärke  betragen: 


März 

1894  .  0.00  pCt. 

im 

August  1894  . 

4.16  pCt. 

April 

„  .  0.84  „ 

w 

Septbr.  „ 

0.80  „ 

Mai 

„  •  0.00  „ 

V) 

Oktober  „ 

0.86  „ 

Juni 

o 

o 

cd 

n 

Novbr.  „ 

0.86  „ 

Juli 

„  .  3.33  „ 

Dezbr.  „ 

0.80  „ 

traf  also  hier  der  für  ostafrikanische  Garnisonen  wohl  uner- 

hörte  Pall  zu,  dass  in  zwei  Monaten  überhaupt  keine  Krankmeldungen 
wegen  Malaria  stattfanden.  Das  übrige  farbige  Material  (Bauleute, 
Boys  und  Weiber  auf  der  Station,  Eingeborene)  lässt  sich  leider  bei 
seiner  steten  Fluxion  statistisch  nicht  verwerthen.  Auch  unter  den 
Europäern  der  Station  Moshi  kamen  Malariafälle  immer  nur  spärlich 
vor  und  diese  waren,  wie  schon  erwähnt,  fast  immer  leichter  und 
unkomplizirter  Art.  Ja  manche  Herren  erfreuen  sich,  von  ihrem  An¬ 
kunftsfieber  abgesehen,  ein  Jahr  und  darüber  völligen  Freibleibens 
von  Malaria,  während  andere  in  den  ersten  Monaten  mehrere  kleine 
Attacken  zu  bestehen  haben,  die  sich  später  nicht  mehr  wiederholen. 
Das  Gleiche  höre  ich  von  Europäern  der  anderen  Stationen.  Man 
darf  daher  unzweifelhaft  eine  relative  Immunität  des  Kultur¬ 
landes  gegen  Malaria  konstatiren  und  wird  deren  Ursache  u.  A. 
wesentlich  in  dem  Fehlen  eines  günstigen  Nährbodens  zu  suchen 
haben.  In  den  heissen  Monaten  ist  überdies  die  grosse  Trockenheit, 
in  den  Begenmonaten  die  Kühle  der  Temperatur  ein  der  Malaria¬ 
entwickelung  entgegenstehendes  Moment  und  mit  dem  Ausbau  der 
Stationen  und  der  zunehmenden  Verbesserung  der  Wohnplätze  werden 
die  Fälle  von  autochthoner  Malaria  gewiss  noch  spärlicher  werden. 
Dagegen  bleibt  die  Gefahr  der  Infektion  in  den  umgebenden  Steppen¬ 
gebieten  wohl  noch  auf  längere  Zeit  bestehen,  da  der  Erreichung 
des  Kilimandjaros  erst  ein  vieltägiger  Marsch  durch  ungesunde  Ge¬ 
genden  vorausgeht  und  die  äusseren  Umstände  der  Kilimandjaro- 
bewohner  einen  zeitweiseu  Besuch  der  Niederung  nothwendig  machen. 

Ich  füge  zum  Schlüsse  der  Malariafrage  noch  einige  Zahlen  der 
Hämoglobinbestimmungen  bei  den  Europäern  der  Station  Moshi  bei, 
welche  mittelbar  einen  Schluss  auf  den  Grad  einer  Malariaeinwirkung 
erlauben,  da  die  Entstehung  der  tropischen  Anämie  doch  in  erster 
Linie  eine  Folge  häufiger  Fieber  ist. 

Auch  diese  Zahlen  lassen  den  Kilimandjaro  nicht  in  ungünstigem 
Lichte  erscheinen. 


301 


Mitte  Januar  1895. 


Namen 

In  Ostafrika 
Seit? 

am  Kilimandjaro 
seit? 

%  des 
Hämoglobin- 
gebaltes 

Herr  A . 

3  Monaten 
(aus  Urlaub  in 
Europa) 

2  Monaten 

97  0/o 

B . 

14  Monaten 

11  „ 

90  0/0 

,0 . 

14  , 

6  „ 

890/o 

D . 

23 

18 

88  0/0 

„  E . 

19 

15 

86  0/0 

F  . 

^  . . 

22 

11 

77  0/o 

Eine  grössere  Bedeutung  als  die  Malaria  am  Kilimandjaro  be¬ 
ansprucht  die  Dysenterie.  Sie  ist  hier  eine  endemische  und  häufige 
Krankheit.  Wenn  auch  in  dem  Zeitraum  der  Berichterstattung  unter 
den  Europäern  der  Station  Moshi  von  Dysenteriefällen  nur  einer  (bei 
dem  hiesigen  Griechen)  vorgekommen  ist,  so  waren  sie  doch  unter 
der  schwarzen  Bevölkerung  recht  häufig.  Auch  sonst  ist  unter  den 
Europäern  der  verschiedenen  Stationen  Dysenterie  öfters  vorge¬ 
kommen,  so  dass  die  Zahl  derer,  die  ihretwegen  in  den  letzten  zwei 
Jahren  den  Berg  verliessen,  bis  auf  vier  gestiegen  ist.  Von  den  im 
verflossenen  Monate  (Januar  1895)  in  der  poliklinischen  Ambulanz 
in  Zugang  gekommenen  107  Kranken  litten  sechs  an  Dysenterie,  also 
5,6  °/o.  Es  kann  einem  Zweifel  nicht  unterliegen,  dass  die  Ursache 
der  Dysenterie  in  erster  Linie  im  Trinkwasser  zu  suchen  ist.  Ge¬ 
wiss  ist  es  nicht  das  Wasser,  das  im  Urwald  und  in  den  oberen 
Regionen  der  Landschaften  in  den  Bächen  überall  frisch  und  klar 
angetroffen  wird.  Aber  das  Wasser,  das  die  Bäche  der  Kulturzone 
in  ihren  Unterläufen  und  die  zahlreichen  Wasserleitungen  führen, 
muss  in  hohem  Grade  Bedenken  erregen,  da  es  auf  dem  Wege  durch 
die  Schamben  der  Bewohner  groben  Verunreinigungen  vegetabilischer 
und  animalischer  Natur  ausgesetzt  ist.  Das  Wasser,  das  in  der 
Wasserleitung  die  Station  Moshi  durchfliesst,  stellt  fast  immer  eine 
schmutzigdickliche,  lehmfarbene  Flüssigkeit  dar  und  auch  das  Wasser 
in  dem  nahen  Sangatshibache,  das  in  den  trockenen  Monaten  ziem¬ 
lich  klar  ist,  zeigt  in  den  Regenmonaten  infolge  seitlicher  Zuflüsse 
obige  Beschaffenheit.  Es  gilt  daher  in  Moshi  für  die  Europäer  stets 
als  Regel,  kein  ungekochtes  bezw.  unfiltrirtes  Wasser  zu  trinken. 
Ein  Verbot  des  Kanal  Wassers  als  Trink  wasser  für  die  schwarze  Be¬ 
völkerung  ist  aber  undurchführbar,  da  es  als  Nutzwasser  nicht  zu 
entbehren  ist.  Hier  könnte  nur  eine  in  den  Stationskanal  eingeschobene 
grössere  Filteranlage  in  gemauertem  Bassin  von  durchgreifender 


302 


Wirkung  sein.  Für  die  Gefährlichkeit  des  Trinkwassers  zeugt  ein 
Fall,  der  die  Beweiskraft  eines  Experiments  haben  dürfte.  Der 
deutsche  Kolonist  N.,  der  erste  und  einzige  übrigens,  der  sich  bisher 
am  Kilimandjaro  niedergelassen  hat,  war  aus  mehrjährigem  früheren 
Aufenthalt  in  tropischen  Ländern  von  der  Zweideutigkeit  des  Trink¬ 
wassers  so  sehr  überzeugt,  dass  er  nur  gekochtes  Wasser  trank. 
Dieser  Regel  wurde  er  untreu,  als  er  auf  dem  Rückmarsch  von  dem 
Besuche  eines  benachbarten  Häuptlings  so  erschöpft  war,  dass  er 
sich  des  wiederholten  Genusses  von  Wasser  nicht  mehr  enthalten 
konnte.  Der  diesem  Besuche  sich  anschliessenden  Dysenterie  ist  er 
erlegen.  Begünstigend  für  die  Entstehung  der  Dysenterie  mag  der 
Umstand  sein,  dass  das  hiesige  Wasser  bei  manchen  Personen  eine 
abführende  Wirkung  hat  und  der  Dysenterie  schon  ein  Darmkatarrh 
vorausgeht.  Bei  Eingeborenen  kommt  noch  wesentlich  die  Einseitig¬ 
keit  der  Ernährung,  die  oft  fast  ausschliesslich  aus  Bananen  besteht, 
und  die  Reichlichkeit  des  zeitweisen  Pombegenusses  hinzu.  Ihre  Un¬ 
reinlichkeit  erleichtert  dann  die  Weiterverbreitung  der  Krankheit. 
Für  die  Europäer,  die  besonders  leicht  auf  Expeditionen  erkranken, 
sind  es  die  auch  sonst  gewürdigten  Umstände,  welche  das  Zustande¬ 
kommen  der  Dysenterie  begünstigen:  die  Unregelmässigkeit  der  Lebe¬ 
weise,  Erkältung  in  den  Biwaks  u.  s.  w. 

Die  Dysenterie  gehört  zu  den  Erkrankungen,  bei  denen  eine 
geeignete  Pflege  und  Behandlung  sehr  viel  thun  kann.  Freilich  ist 
diese  sehr  theuer,  da  sie  einer  ausgewählten  Diät  und  reichlichen 
Zufuhr  von  alkoholischen  Mitteln  bedarf,  Beides  im  Innern  von  Afrika 
oft  schwer  zu  beschaffen.  Die  hier  geübte  arzneiliche  Behandlung 
mit  Calomel,  Ipecacuanha  und  Höllensteineingiessungen  hat  sich  so 
bewährt,  dass  kein  Grund  vorlag,  mit  anderen  Medikamenten  thera¬ 
peutisch  zu  experimentieren.  Es  gehört  aber  auch  von  Seiten  der 
Kranken  ein  guter  Wille  und  eine  gewisse  Energie  dazu,  die  nicht 
immer  angetroffen  wird.  Mehr  Chinin  und  weniger  Opium  möchte 
ich  als  Devise  für  die  Prophylaxe  und  Behandlung  der  Malaria  und 
Dysenterie  ausgeben. 

Von  anderen  Infektionskrankheiten  ist  erfreulicherweise 
wenig  zu  berichten.  Die  Tuberkulose  ist  offenbar  sehr  selten, 
Lungentuberkulose  habe  ich  bei  Eingeborenen  nur  einmal  gesehen, 
von  anderer  örtlicher  Tuberkulose  nur  zwei  Fälle  (ein  Fall  von 
Drüsentuberkulose,  Wirbelcaries  und  Psoasabscess  und  ein  Fall  von 
Sehnenscheidentuberkulose).  Masern,  Scharlach,  Diphtherie,  Croup, 
akuter  Gelenkrheumatismus  und  Unterleibstyphus  kamen  nicht  zur 
Beobachtung.  Auch  die  Pocken,  die  1893  hier  herrschten,  traten 
1894  nicht  auf.  Von  Wundinfektionskrankheiten  kamen  Rose  und 
der  sonst  in  den  Tropen  häufigere  Starrkrampf  nicht  zur  Erscheinung, 


303 


dagegen  sind  Phlegmonen  und  Lymphdrüsenabscesse  häufig,  wie  dies 
bei  dem  mangelhaften  Hautschutz  einer  Negerbevölkerung  nicht 
anders  erwartet  werden  kann.  Auch  kamen  zwei  Fälle  von  Eiter¬ 
fieber  mit  metastatischen  Abscessen  (Pyämie)  zur  Behandlung,  die 
an  Schwere  nichts  zu  wünschen  übrig  liessen  und  von  denen  der  eine 
8,  der  andere  17  Incisionen  erforderlich  machte.  Hier  muss  auch 
ein  Fall  von  Lungen-,  Rippenfell-  und  Leberabscess  Erwähnung  finden, 
dessen  tödlicher  Ausgang  durch  eine  ausgiebige  Rippenresektion 
zwar  aufgehalten,  aber  nicht  abgewehrt  werden  konnte.  Auch  hier 
in  Moshi  wie  sonst  in  tropischen  Plätzen  bildet  das  Heer  von  ver¬ 
nachlässigten  Wunden  und  Beingeschwüren  das  Hauptkontingent  der 
poliklinischen  Fälle. 

Die  starken  Kontrastseiten  in  dem  Klima  Moshis,-  der  Wechsel 
zwischen  trockenen  und  heissen  Monaten  einerseits  und  kühlen 
feuchten  Monaten  andererseits,  lassen  von  vornherein  einen  Einfluss 
auf  den  Gesundheitszustand  der  Bewohner  erwarten  (s.  I.  Theil).  In 
der  That  treten  mit  Beginn  der  grossen  Regenzeit  allgemein  eine 
Anzahl  von  Erkältungskrankheiten  unter  Europäern,  Sudanesen 
und  Küstenleuten  ein,  ein  Punkt,  der  in  dem  Brehmeschen  Berichte 
gebührende  Beachtung  gefunden  hat.  Ich  will,  um  Wiederholungen 
zu  vermeiden,  nur  anführen,  dass  meine  Erfahrungen  die  Brehmeschen 
Angaben  bestätigen  mit  der  Modifikation,  dass  Moshi  zweifellos  durch 
sein  wärmeres  Klima  Marangu  gegenüber  im  Vortheil  ist  und  Er¬ 
kältungskrankheiten  daher  keinen  so  breiten  Raum  einnehmen,  wie 
dies  in  Marangu  der  Fall  ist.  Ernstliche  Erkrankungen  dieser  Art 
sind  unter  den  Europäern  nicht  vorgekommen,  aber  auch  bei  den 
sehr  empfindlichen  Sudanesen  nur  in  vereinzelten  Fällen  (katarrhalische 
Pneumonien). 

Die  Zugänge  von  akutem  Bronchialkatarrh  in  Prozenten  der 
Iststärke  der  hiesigen  schwarzen  Besatzung  betrug: 


im 

März 

1894 

.  3.6  pCt. 

im 

August  1894 

.  1.6  pCt. 

r> 

April 

55 

.  3.3  „ 

55 

Septbr.  „ 

.  0.8  „ 

55 

Mai 

r> 

•  5-1  „ 

55 

Oktober  „ 

.  0.8  „ 

y) 

Juni 

55 

.  5.0  „ 

55 

Novbr.  „ 

R 

GO 

Ö 

r> 

Juli 

55 

•  1-6  „ 

55 

Dezbr.  „ 

.  0.8  „ 

Erwähnenswerth  ist  noch  das  Verhalten  der  Eingeborenen  den 
Temperaturveränderungen  gegenüber.  Es  ist  wahr,  dass  sie  an 
Regentagen  ihre  Hütten  nur  ungern  und  spät  verlassen,  was  für  die 
Station  Moshi  manchmal  nachtheilig  ist,  da  es  dann  an  der  nöthigen 
Zufuhr  von  Lebensmitteln  fehlt.  Aber  sie  fürchten  weit  mehr  die 
Nässe  als  die  Kälte.  Wer  Gelegenheit  gehabt  hat,  bei  Expeditionen 
in  der  Steppe  und  in  den  höheren  Bergregionen,  wo  die  Abkühlung 
nach  Sonnenuntergang  eine  sehr  grosse  ist  und  die  Temperatur  in  der 


304 


Nacht  oft  unter  den  Gefrierpunkt  fällt,  Djaggas  zu  sehen,  wie  sie  mit 
einem  einfachen  Baumwolllappen  bekleidet  im  Grase  biwakiren,  sich 
mit  der  kärglichsten  Nahrung  zufrieden  geben  und  dabei  grosse 
Marschleistungen  ausführen,  der  kann  diesem  Negerstamme  seine 
Bewunderung  nicht  versagen.  Magen-  und  Darmaffektionen  sind 
bei  Weissen  und  Farbigen  häufig  und  einfache  Diarrhöen  bilden  für 
Manche  eine  wahre  Plage  während  ihres  hiesigen  Aufenthaltes.  Bei 
den  Farbigen  erleichtert  die,  wie  oben  bemerkt,  vorwiegend  aus 
gekochten  unreifen  Bananen  bestehende  Nahrung  durch  ihre  Ein¬ 
seitigkeit  das  Zustandekommen  von  Diarrhöen.  Auch  das  Trink¬ 
wasser  hat  seinen  Antheil. 

Ganz  besonders  häufig  sind  Fälle  von  Eingeweidewürmern, 
Bandwürmern  und  Spul-  und  Springwürmern  (Ascaris  lumbricoides 
und  Oxyuris  vermicularis).  Entsprechend  der  allgemeinen  Sitte, 
Fleisch  roh  oder  nur  leicht  angeröstet  zu  essen,  ist  der  Bandwurm 
bei  der  einheimischen  Bevölkerung,  wie  bei  den  Soldaten,  ausser¬ 
ordentlich  verbreitet  und  zwar  handelt  es  sich  immer,  entsprechend 
dem  Genuss  von  Rind-,  Ziegen-  und  Schaffleisch,  um  die  Taenia 
saginata  (mediocannellata).  Man  kann  sich  beim  Schlachten  von 
Djagga-  und  Massaivieh  sehr  leicht  von  der  grossen  Häufigkeit 
finnigen  Fleisches  überzeugen.  Auch  der  Blasenzustand  der  Taenia 
ecchinococcus  ist  beim  Rindvieh  in  einem  exquisiten  Falle  (Leber¬ 
und  Rippenfell)  beobachtet  worden.  Fälle  von  Bandwurm  und  Spul¬ 
wurm  bilden  ein  sehr  grosses  Kontingent  in  der  Poliklinik.  So 
erschienen  im  verflossenen  Monat  Januar  19  Djaggakinder  (17,7%) 
wegen  Spulwürmer,  in  den  ersten  Tagen  dieses  Monats  (Februar) 
sogar  12  Kinder  an  einem  Tage.  Zwar  ist  der  Koussobaum,  der  im 
Urwald  sehr  verbreitet  ist  und  dessen  arzneiliche  Wirkung  unseren 
abessinischen  Soldaten  wohl  bekannt  ist,  auch  den  Djaggas  be¬ 
kannt  —  sie  nennen  ihn  muanga  — ,  jedoch  habe  ich  von  einer 
therapeutischen  Verwerthung  desselben  nichts  erfahren  können. 

Hautkrankheiten,  speziell  Ekzeme  und  Krätze,  sind  recht  häufig. 
Lepra  habe  ich  nicht  gesehen. 

Dass  Rachitis  bei  eingeborenen  Kindern  einige  Male  beobachtet 
worden  ist,  bemerke  ich  mit  Rücksicht  auf  eine  Notiz  Belows,*) 
dass  Rachitis  nach  den  eingelaufenen  Berichten  eine  seltene  Krank¬ 
heit  in  den  Tropen  sei.  Da  schon  die  kleinsten  Kinder  der  Djaggas 
oft  eine  Nahrung  erhalten,  welche  derjenigen  des  grossstädtischen 
Proletariats  in  Europa  nicht  viel  nachgiebt,  nämlich  gekochte  unreife 
Bananen,  Kartoffeln  (Colocosien)  und  saure  Milch,  so  ist  es  nicht  zu 
verwundern,  dass  man  auch  rachitische  und  atrophische  Kinder  hier 
zu  Gesicht  bekommt. 


*)  JBelow,  Ergebniss  der  tro p e 1 1 ky  gienis eilen  Fragebogen,  Leipzig  1892. 


305 


Von  Struma  habe  ich  nie  etwas  gesehen  oder  gehört. 

Geschlechtskrankheiten  sind  unter  der  einheimischen  Bevölkerung 
anscheinend  weniger  verbreitet  als  sonst  in  Ostafrika. 

In  Verbindung  mit  dem  „schwarzen  Lazareth“  hat  sich  hier  eine 
Poliklinik  herausgebildet,  welche  erfreulicherweise  von  Seiten  der 
Eingeborenen  in  rasch  steigendem  Umfange  besucht  wird.  Es  trägt 
diese  Poliklinik  ihr  Scherf  lein  dazu  bei,  um  den  Verkehr  der  Ein¬ 
geborenen  mit  der  europäischen  Station  zu  heben. 

Betreffs  der  beiden  Fragen,  welche  hier  anhangsweise  den  Schluss 
bilden  sollen,  der  Gründung  eines  Sanatoriums  und  der  Besiedelung 
des  Berges  mit  Europäern,  kann  ich  mich  kurz  fassen. 

Die  Idee  eines  Sanatoriums  am  Kilimandjaro  ist  eine  wenig 
glückliche.  Wenn  es  auch  nicht  absolut  erforderlich  scheint,  dass 
der  Platz  eines  solchen  gänzlich  malariafrei  sei,  so  würde  man 
dasselbe  doch,  um  eine  möglichst  hohe  relative  Immunität  zu  erzielen, 
in  die  höheren  Lagen  der  Kulturzone  (nicht  unter  1500  m)  zu  legen 
haben.  Hans  Meyer  spricht  sich  in  der  neuen  kleineren  Ausgabe 
seiner  „Ostafrikanischen  Gletscherfahrten“*)  dahin  aus,  die  Region 
der  Grasfluren  über  dem  Urwald  (zwischen  3000  bis  3500  m)  zur 
Errichtung  eines  Sanatoriums  zu  wählen.  Diese  Höhenlage  ist  wohl 
zweifelsohne  von  Malaria  frei  und  bietet  bei  gutem  Wetter  in  der 
That,  wie  ich  selbst  wiederholt  Gelegenheit  gehabt  habe,  zu  erfahren, 
einen  angenehmen  Aufenthalt.**)  Aber  ihre  grosse  Entfernung  vom 
Fuss  des  Berges,  die  Schwierigkeit  der  Beförderung  durch  den  Ur¬ 
wald,***)  die  Umständlichkeit  und  Kostspieligkeit  der  Verpflegung 
neben  den  klimatisch  ungünstigen  Faktoren  (ungewohnte  Kühle,  viel 
Nebel  und  Regen)  lassen  diese  Höhenregion  noch  viel  weniger  aus¬ 
sichtsreich  erscheinen  als  die  höheren  Lagen  der  Kulturzone,  welche 
dem  Verkehr  weit  besser  zugänglich  sind.  Das  Klima  erfüllt  aber 
auch  hier  meines  Erachtens  nicht  die  Anforderungen,  die  man  an 
ein  Sanatorium  stellen  muss.  Allerdings  sind  die  trockenen  Monate, 
besonders  die  zugleich  kühleren,  September  und  Oktober,  sehr  schön 
und  gewähren  zum  Ausgleich  der  Hitze  am  Tage  eine  genügend 
erfrischende  Abkühlung  in  den  moskitofreien  Nächten,  aber  die  übrigen 

*)  Leipzig  1893. 

**)  In  einer  Höhe  von  etwa  2750  m  an  der  oberen  Urwaldgrenze  am  Fusse 
des  Kifinikakegels,  4x/2  Stunden  oberhalb  Marangus,  haben  Lt.  v.  d.  Marwitz 
und  der  englische  Kaufmann  Fraser  eine  geräumige  Schutzhiitte  errichtet. 
Dort  weilte  die  Familie  Fraser  im  Januar  d.  Js.  4  Wochen  „zur  Erholung“. 
Der  Aufenthalt  daselbst  ist  infolge  des  Trägerverkehrs  mit  Marangu  zur  Ver¬ 
pflegung  u.  s.  w.  übrigens  sehr  theuer. 

***)  Das  Sanatorium  müsste  wohl  mit  Rücksicht  auf  die  Lage  der  jetzigen 
Hauptstation  oberhalb  Moshis  zu  liegen  kommen.  Der  Urwald  ist  über  Moshi 
wesentlich  breiter  und  steiler  ansteigend  als  über  Marangu. 


306 


Monate  sind  viel  zu  rauh  für  den  Europäer,  der  zuvor  in  dem 
tropischen  Küstenklima  verweichlicht  ist  und  nun  hier  eine  Kräftigung 
seines  durch  die  Malaria  geschwächten  Körpers  erlangen  soll.  Die 
Kühle  der  Temperatur,  der  viele  Regen,  der  oft  langdauernde  Nebel, 
die  ausserordentliche,  reiche  Bewölkung  sind  für  die  Erholung  un¬ 
günstig  und  geeignet,  eine  Depression  auf  die  Stimmung  der  Kranken 
auszuüben*)  Ich  finde  mich  hier  in  Uebereinstimmung  mit  Dr.  Preuss, 
der  in  einem  Bericht  über  die  eventuelle  Anlage  einer  Gesundheits¬ 
station  in  Buea  am  Kamerunberg,  etwa  950  m,  sagt:**)  „Die  starke 
Bewölkung  ist  der  wunde  Punkt  an  der  Sache.“  Ein  Sanatorium 
im  Innern  Afrikas  zu  gründen,  das  nur  wenige  Monate  im  Jahre 
geöffnet  sein  dürfte,  wird  aber  weder  mit  den  praktischen  Zielen, 
noch  mit  dem  Kostenpunkte  vereinbar  sein.  Dieser  Umstand  mag 
für  Kamerun  wenig  Bedeutung  haben,  da  Buea  in  6  bis  8  Stunden 
von  der  Küste  erreichbar  ist.  Für  den  Kilimandjaro  aber  ist  die 
Entfernung  von  der  Küste  das  grösste  Hinderniss  seiner  Entwickelung 
und  daher  die  Küstenverbindung  die  wichtigste  aller  Fragen.  Mit 
ihr  steht  und  fällt  jeder  Plan  einer  Besiedelung  oder  eines  Sanatoriums. 
Von  hygienischem  Gesichtspunkte  muss  eine  möglichst  rasche  Be¬ 
förderung  unbedingt  gefordert  werden,  um  die  Kranken  oder  die  aus 
Europa  zuziehendeu  Kolonisten  vor  den  Schädlichkeiten  einer  langen 
Reise  durch  ungesunde  Gegenden  zu  bewahren.  Aber  auch  von 
wirthschaftlicher  Seite  ist  sie  so  wichtig,  dass  alle  anderen  Fragen, 
die  bei  einer  eventuellen  Besiedelung  mitspielen  werden,  wie  der 
Umfang  des  freien  kulturfähigen  Landes,  die  Ertragsfähigkeit  des 
Bodens,  die  Qualität  der  Produktion,  neben  ihr  weit  zurücktreten. 
Der  Wichtigkeit  dieser  Frage  verdanken  wir  die  eingehenden  Studien 
Dr.  Lents  über  die  Küstenverbindung  des  Kilimandjaros.***)  Wenn 
wir  den  Ansiedlern  keinen  Absatz  oder  keinen  gewissen  Grad  von 
Gewinn  in  Aussicht  stellen  können,  dürfen  wir  füglich  nicht  zum 
Zuzug  auffordern.  Zu  allen  Zeiten  hat  die  Erfahrung  gelehrt,  dass 
die  Gefahren  der  Gesundheit  nur  wenig  geachtet  werden,  wenn  das 
dem  Europäer  eröffnete  fremde  Land  eine  reiche  materielle  Ausbeute 
versprach.  Wenn  nun  die  Gesundheitsverhältnisse  des  Kilimandjaros 
auch  nicht  den  Erwartungen  entsprechen,  die  man  in  Europa  an- 

*)  Der  Kilimandjaro  unterscheidet  sich  dadurch  sehr  nachtheilig  von  den 
klimatischen  Höhenkurorten  der  Schweiz,  wie  Davos  (15 HO  m)  und  Arosa  (1850  m), 
deren  Hauptvorzug  gerade  in  der  langen  Sonnenstrahlung  im  Winter  und  der 
geringen  Nebelbildung  liegt. 

**)  In  den  Regenmonaten  Juli,  August,  September,  zum  Theil  auch  im  Juni 
und  Oktober  sei  Buea  kein  Aufenthalt  für  Kranke  und  Rekonvaleszenten,  denn 
es  herrsche  fast  stets  Nebel  und  Sprühregen  und  nur  selten  sehe  man  die  Sonne. 
Deutsches  Kolonialblatt  1894,  No.  3. 

***)  Deutsches  Kolonialblatt  1894,  No.  20  bis  26. 


zunehmen  geneigt  ist,  wenn  auch  das  Klima  nicht,  wie  man  noch 
manchmal  zu  lesen  bekommt,  „ganz  wie  in  Europa  ist“,  weil  es 
nicht  so  sein  kann,  so  ist  doch  nicht  daran  zu  zweifeln,  dass  hier 
Europäer  längere  Zeit  leben  und  wahrscheinlich  auch  sich  fort¬ 
pflanzen  können,  zumal  da  sich  die  Gesundheitsverhältnisse  durch 
geeignete  hygienische  Maassregeln  noch  bessern  lassen  werden.  Ihre 
körperliche  Leistungsfähigkeit  freilich  wird  nie  die  gleiche  sein  wie 
in  Europa,  was  von  einem  dem  Aequator  so  naheliegenden  Gebiete, 
wie  dem  Kilimandjaro,  auch  wenn  es  ein  Gebirgsland  ist,  nicht  er¬ 
wartet  werden  kann.  Aber  die  materiellen  Aussichten  für  einen 
europäischen  Kolonisten  sind  keineswegs  günstig.  Es  ist  eine  klein¬ 
bäuerliche  Besiedelung  vorgeschlagen  worden.  Dass  dem  Neu¬ 
ankömmling  das  Djaggaland  in  seinen  bisherigen  Produkten  recht 
wenig  bietet,  hat  Brehme  ausgeführt.  Es  ist  in  der  That  erstaunlich, 
zu  sehen,  welch  geringe  Abwechselung  die  vegetabilischen  Erzeug¬ 
nisse  der  Eingeborenen  zeigen.  Allgemein  am  Berge  finden  sich  nur 
die  Banane,  die  Charakterkulturpflanze  des  Kilimandjaros  in  mehreren 
Sorten,  verschiedene  Bohnen  aus  den  Gattungen  Dolichos,  Vigna  und 
Phaseolus,  und  die  beiden  Knollengewächse  Colocasia  antiquorum, 
(Taro)  und  Dioscorea  (Yams),  während  die  eigentliche  Süsskartoffel 
(Batate)  nicht  überall  gezogen  wird.  Die  einzigen  Getreidearten  sind 
die  Eleusinehirse  und  der  Mais,  werden  aber  nicht  in  allen  Land¬ 
schaften  gepflanzt,  letzterer  sogar  bisher  nur  in  sehr  beschränktem 
Maasse  (Sorghum — Mtarna  soll  in  den  östlichen  Landschaften  in  ganz 
geringem  Umfange  gebaut  werden).  Wenn  wir  noch  zufügen,  dass 
Kürbisse  und  Tomaten  überall  wild  oder  verwildert  Vorkommen,  dass 
die  Tabakstaude  sich  bei  jeder  Hütte  findet  und  noch  der  allent¬ 
halben  wildwachsenden  Brombeere  gedenken,  so  ist  die  Zahl  der  vege¬ 
tabilischen  Nahrungs-  und  Genussmittel  erschöpft.  Es  ist  daher 
kein  Wunder,  wenn  unsere  hiesigen  Küstenleute  nur  mit  Verachtung 
auf  die  Djaggas  als  armselige  Schlucker  herabsehen,  und  man  kann 
ihnen  wahrhaftig  nicht  verdenken,  wenn  sie  mit  schmerzlicher  Er¬ 
innerung  an  die  Reistöpfe,  an  Maniok,  Sorghum  und  Zuckerrohr,  an 
Kokosnüsse  und  Mangos,  an  Ananas  und  Papayen,  Apfelsinen  und 
Limonen  der  Küste  zurückdenken.  Noch  viel  schlimmer  aber  steht 
es  für  den  Neuankömmling  mit  der  Fleischversorgung.  Bei  dem 
jetzigen  Viehstand,  der  jetzigen  Viehrasse  und  Viehpflege  (s.  die 
Gründe  bei  Brehme)  gehört  es  zu  den  Unmöglichkeiten,  eine  grössere 
Europäerkolonie  mit  Fleisch  zu  versorgen.  Die  Missionare  in  Mamba, 
Kilema,  Kibosho  und  Madshame  erzählen,  dass  sie  oft  mehrere 
Wochen  lang  den  Genuss  von  Fleisch  bezw.  frischem  Fleisch  ent¬ 
behren  müssen.  Auch  die  beiden  Militärstationen  wären  in  übler 
Lage,  wenn  sie  nicht  infolge  von  Kriegslieferungen  bisher  noch  aus- 


308 


reichend  Yieli  gehabt  hätten.  Die  Lebensmittel  sind  durchschnittlich 
theuer  und  Vieh  ist  oft  um  die  höchsten  Preise  nicht  zu  erhalten. 
Man  wird  dem  entgegenhalten,  dass  dies  Alles  nur  Uebergangs- 
schwierigkeiten  seien,  bis  die  Kolonisten  selbst  ihren  Bedarf  an 
animalischen  und  vegetabilischen  Nahrungsmitteln  produzirt  haben 
würden,  und  dass  die  Regierung  durch  Prämien  oder  unentgeltliche 
Ueberlassung  des  Landes  den  Anfang  erleichtern  könnte.  Allerdings 
darf  man  es  jetzt  als  erwiesen  erachten,  dass  die  Zuzügler  ihren 
Bedarf  durch  Anbau  europäischer  Produkte  bald  decken  können.  Die 
meisten  europäischen  Gemüse  und  Hülsenfrüchte  und  die  Kartoffeln 
gedeihen  auf  den  europäischen  Stationen  am  Berge  ganz  gut  und 
können  bei  Wasserzuleitung  das  ganze  Jahr  über  gezogen  werden.*) 
Auch  Weizen  und  Gerste  gedeiht  am  Berge,  wenn  auch  bisher  nur 
Versuche  im  Kleinen  dies  beweisen.**)  Viel  schwieriger  ist  die  Er¬ 
werbung  eines  ausreichenden  Viehstandes:  das  hiesige  Vieh  ist  sehr 
empfindlich  gegen  Temperaturwechsel,  bedarf  anscheinend  den 
grösseren  Theil  des  Jahres  der  Stallfütterung,  vermehrt  sich  nicht 
stark  und  giebt  nicht  sehr  viel  Milch.  Auch  giebt  es  kaum  gute 
Weiden  in  der  Kulturzone.  Doch  mag  auch  hierin  durch  europäische 
Ansiedler  eine  Verbesserung  eintreten,  etwa  durch  Einführung  einer 
anderen  Rinderrasse,  durch  Aussaat  von  Klee  und  Futterrüben  und 
vor  Allem  durch  Einführung  von  Schweinen.  Dass  der  europäische 
Kolonist  durch  eigene  Produktion  seine  Bedürfnisse  in  einer  ihm 
angemessenen  Weise  decken  kann,  muss  man  daher  entschieden  an¬ 
erkennen.  Aber  die  Schwierigkeiten  sind  gross  und  die  materiellen 
Aussichten  zu  gering.  Das  kulturfähige  freie  Land  ist  nicht  umfangreich, 
befindet  sich  in  festen  Händen  und  muss  den  Häuptlingen  entweder 
von  der  Regierung  oder  von  den  einzelnen  Kolonisten  abgekauft 
werden.  Dass  der  Europäer,  wie  vielfach  angenommen  wird,  hier 
alle  Arbeit  selbst  thun  kann  oder  soll,  halte  ich  für  unmöglich,  aber 
auch  nicht  für  nothwendig  und  nicht  zweckmässig.  Er  bedarf  der 
Eingeborenen  zur  ersten  Lieferung  von  Lebensmitteln,  zur  Bei¬ 
schaffung  von  Baumaterialien,  beispielsweise  der  Bauhölzer,  welche 
er  schwerlich  allein  im  Stande  sein  wird,  im  Urwald  zu  schlagen  und 
herunterzutragen,  und  der  Bananenblätter  zum  Decken  seiner  Häuser, 
wenn  er  auf  das  theure  Wellblech  verzichten  will.  Für  diese  Dienst- 

*)  Vereinzelt  haben  die  Eingeborenen  unter  europäischer  Mithülfe  an- 
gefangen,  europäische  Kartoffeln  zu  pflanzen,  und  sich  damit  wohl  befreundet. 

**)  Wenn  aber  H.  H.  Johnston  (The  Kilimandjaro  Expedition,  London 
1886)  sagt,  dass  Ostafrika  Distrikte  besitze,  welche  dereinst  die  Kornkammern 
der  Welt  (granaries  of  the  world)  werden  möchten,  da  sie  in  weitem  Umfange 
ein  europäisches  Klima  besässen,  so  gehört  dies  zu  jenen  märchenhaften  Ueber- 
treibungen,  mit  welchen  er  seine  Beobachtungen  am  Kilimandjaro  zu  verschönern 
pflegt. 


309 


leistungen  müssen  die  Eingeborenen  bezahlt  werden  und,  was 
schwieriger  ist,  sie  müssen  erst  angeworben  werden.  Zwar  ist  die 
Annahme  nicht  gerechtfertigt,  dass  der  Djagga  als  Lohnarbeiter 
nicht  zu  gebrauchen  sei,  wie  man  so  häufig  hört  und  auch  Brehme 
noch  angiebt,  er  war  wesentlich  bisher  an  den  Europäer  noch  nicht 
gewöhnt.  Beim  Bau  der  Station  JVloshi  sind  Djaggas  in  ausgiebiger 
Weise  herangezogen  worden,  auch  für  die  Missionen  leisten  sie  als 
Träger  und  Arbeiter  häufig  Dienste,  auch  lernen  sie,  was  wichtig  ist, 
leicht  Kisuaheli,  da  sie  selbst  ein  Bantustamm  sind.  Aber  es  bedarf 
zu  ihrer  Heranziehung  immer  eines  gewissen  obrigkeitlichen  Druckes 
oder  Zwanges,  welcher  nicht  zu  weit  gehen  darf,  um  sie  ihren 
eigenen  Haus-  und  Feldarbeiten  nicht  zu  sehr  zu  entziehen.  Die 
Erwerbung  der  kleinen  Kolonne  von  Eingeborenen,  deren  der 
Europäer  bei  seiner  Niederlassung  bedarf,  macht  den  jetzigen 
europäischen  Stationen  am  Berge  schon  recht  grosse  Schwierigkeit. 
Man  hört  von  allen  Seiten  Klagen,  dass  es  so  schwer  sei,  die  noth- 
wendigen  Bedürfnisse  von  den  Eingeborenen  zu  beziehen.  Wie  viel 
mehr  würde  das  zutrefl'en,  wenn  ein  grösserer  Zuzug  von  Europäern 
stattfände!  Die  Herstellung  von  guten  Kommunikationen,  vor  Allem 
Fahrwegen,  ist  wegen  der  schluchtenreichen  Fältelungen  der  Hänge 
sehr  schwer  und  ein  erprobtes  Zugthier  fehlt  noch  gänzlich.  Es 
muss  auch  daran  erinnert  werden,  dass  der  zur  Herstellung  solider 
Häuser  erforderliche  Kalk  am  Kilimandjaro  nicht  vorkommt,  viel¬ 
mehr  in  der  Steppe  (eine  Tagereise  von  Moshi  entfernt)  gebrochen  und 
gebrannt  werden  muss,  dass  die  Bauhölzer  zum  Schutze  gegen  die  Alles 
zerstörenden  Bohrkäfer  und  Termiten  mit  Karbolineum,  Lysol,  guten 
Oelfarben  oder  Kalkmilch  imprägnirt  werden  müssen.*)  Einen 
grösseren  Theil  seiner  Lebensbedürfnisse  müsste  der  Einwanderer 
noch  aus  Europa  beziehen,  selbst  das  Salz  wird  noch  nach  Ostafrika 
eingeführt.**) 

Es  können  sich  daher  nur  Kolonisten  niederlassen,  die  über  ein 
grösseres  Kapital  bereits  verfügen.  Welche  Hoffnung  auf  Gewinn 
kann  ihnen  aber  gemacht  werden?  Es  giebt  kein  Produkt  tropischer 
oder  subtropischer  Natur  oder  der  gemässigten  Breiten,  welches  nicht 

*)  Ziegel  zu  brennen,  ist  in  Moshi  bei  mehrfachen  Versuchen  unter  ver¬ 
schiedener  Mischung  nicht  gelungen.  Dagegen  sind  an  der  Luft  getrocknete 
Ziegel  in  Moshi  und  anderen  Plätzen  mit  Erfolg  verwendet  worden.  Eine  grosse 
Dauerhaftigkeit  können  freilich  solche  Trockenziegelbauten  nicht  beanspruchen. 
Geeignete  Lavabausteine  finden  sich  aber  überall. 

**)  Es  sei  bemerkt,  dass  das  „Steppensalz“,  welches  einen  Handelsartikel 
zwischen  den  Djaggas  und  den  Bewohnern  der  Steppenoasen  Kahe  und  Arusha 
tshini  bildet,  kein  Kochsalz,  sondern  wesentlich  Soda  ist.  Johnstohn  scheut 
sich  nicht,  von  Salpeter  zu  sprechen,  der  weite  Flächen  im  S,  W  und  N  des 
Kilimandjaro  bedecke. 


310 


ebenso  gut  oder  besser  näher  an  der  Küste,  vor  Allem  in  Usambara, 
bezw.  an  der  Küste  selbst  gezogen  werden  könnte.  Europäische 
Gemüse  und  Kartoffeln  können  auch  bei  günstigen  Verkehrsmitteln 
(Schifffahrt  oder  Eisenbahn)  den  Transport  zur  Küste  unmöglich 
lohnen  und  tropische  für  den  Welthandel  bestimmte  Produkte  nur 
bei  sehr  vorzüglicher  Qualität.  Die  Auswahl  an  letzteren,  die  am 
Kilimandjaro  Aussicht  haben,  zu  prosperiren,  ist  aber  nach  Volkens 
nicht  gross:  Thee  (chinesischer  und  Paraguay  -  Thee),  Chinarinde, 
Manilahanf,  Kautschuk  (Manihot  Glaziovii  und  Kautschukliane). 

Unter  solchen  Umständen  ist  es  schwer,  einer  europäischen  Be¬ 
siedelung  das  Wort  zu  reden.  Wohl  mag  dereinst  die  Zeit  kommen, 
in  der  auch  der  Kilimandjaro  in  den  Wettbewerb  der  Vorzugsgebiete 
der  Kolonie  treten  mag.  Dies  wird  besser  geschehen  durch  Nieder¬ 
lassung  einzelner  Kapitalkräfte  und  ausgiebige  Heranziehung  der  ein¬ 
heimischen  bedürfnisslosen  Arbeitskräfte  als  durch  Niederlassung 
von  Bauernfamilien,  denen  man  eine  Verbesserung  ihrer  häuslichen 
Lage  schwerlich  in  Aussicht  stellen  könnte.  Es  ist  der  Kolonie  und 
dem  Vaterlande  wohl  mehr  gedient,  wenn  die  hiesige  an  sich  be¬ 
scheidene  und  sehr  arbeitsame  Bevölkerung  in  ihren  Lebensumständen 
gehoben,  an  grössere  Bedürfnisse  und  reichere  Produktion  gewöhnt 
wird,  als  durch  einen  grösseren  Zuzug  von  deutschen  Landleuten, 
die  nicht  finden  würden,  was  sie  von  dem  gelobten  Lande  erhoffen. 


Sitten,  Gebräuche  und  Rechtspflege  bei  den  Bewohnern 
Usambaras  und  Pares. 

Von  Lieutenant  Storch. 

Die  Bewohner  Usambaras  und  Pares,  worunter  hier  nur  Süd-Pare, 
nicht  Ugueno  verstanden  sein  soll,  zerfallen  in  drei  Hauptstämme, 
nämlich: 

1.  die  Wakilindi  und  Washambaa, 

2.  die  Wapare, 

3.  die  Wambugu. 

Hierzu  kommen  in  der  Niederung  des  Mkomasifiusses  ein  Misch¬ 
volk  aus  zum  grössten  Theil  Waseguha  mit  Washambaa  und  Wapare. 

Die  Sitten  und  Gebräuche  der  vorgenannten  Stämme  sind  schon 
theilweise  in  Dr.  Baumanns  „Usambara  und  seine  Nachbargebiete“  be¬ 
schrieben,  weshalb  ich  mich  in  dieser  Hinsicht  nur  darauf  beschränke, 
Ergänzendes  zu  liefern. 


311 


1.  Die  Wakilindi  und  Waskambaa. 

Die  Wakilindi  sind  ein  von  Arabern  abstammendes,  eingewandertes 
Geschlecht,  welches  sich  über  ganz  Usambara  verbreitet  und  vermöge 
seiner  höheren  Intelligenz  und  Energie  zur  Herrschaft  empor¬ 
geschwungen  hat,  so  dass  ganz  Usambara  unter  einem  Oberhäuptling 
steht,  während  die  Familienglieder  der  Wakilindi  sich  im  Lande  als 
Jumben  (Häuptlinge)  vertheilt  haben.  Zum  Theil  erhielten  sie  sich 
rein  und  zeichnen  sich  dann  durch  eine  auffallend  helle  Hautfarbe 
aus,  zum  Theil  haben  sie  sich  schon  sehr  mit  den  Washambaa  ver¬ 
mischt.  Die  Washambaa  zerfallen  selbst  wieder  in  eine  Reihe  von 
Unterstämmen,  ursprünglich  wohl  nur  grössere  Familien,  deren  Sitten 
und  Gebräuche  mitunter  etwas  voneinander  abweichen  mögen. 

A.  Sitten  und  Gebräuche. 

Nach  der  Geburt  eines  Kindes  hat  dessen  Mutter  sechs  Tage 
in  der  Hütte  zu  bleiben.  Ist  das  Kind  1  bis  2  Monate  alt,  so  wird 
ein  zwei  Nächte  währendes  Tanzfest  abgehalten,  wobei  in  der  ersten 
Nacht  nur  Weiber,  in  der  zweiten  Nacht  verlieirathete  Männer  und 
Weiber,  welche  schon  Kinder  haben,  sich  zusammenfinden.  Bis  zu 
diesem  Zeitpunkt  muss  der  Vater  des  Kindes  von  seiner  Familie  fern 
bleiben.  Am  Morgen  nach  beendigtem  Tanz  wird  das  Kind  zum 
ersten  Male  ausgetragen. 

Auch  hier  herrscht  wie  überall  der  Brauch,  die  Kinder  zu  er¬ 
morden,  wenn  sie  nicht  regelmässig  zahnen.  Erst  müssen  die  unteren, 
dann  die  oberen  Schneidezähne  erscheinen.  Kommt  aber  erst  ein 
seitlicher  Zahn,  so  wird  das  Kind  den  Aeltesten  des  Dorfes  über¬ 
geben,  welche  es  heimlich  erwürgen.  Zwillinge  werden  stets  getödtet. 

Das  von  Dr.  Baumann  für  die  Wabondei  beschriebene  galo, 
hier  ararna  genannt,  wird  auch  in  Usambara  durchgemacht,  dagegen 
fällt  das  kiwanga  der  Mädchen  weg.  Die  Wakilindiweiber  sollen 
eine  dem  galo  ähnliche  Ceremonie  beobachten.  Vor  der  Reife  haben 
die  Mädchen  ein  Tanzfest  (losa)  mitzumachen,  bei  Eintritt  der  Reife 
eine  weitere  zweinächtige  Tanzerei  (kimbissi  und  ndagiro),  wobei  in 
der  ersten  Nacht  nur  Weiber  zugegen  sind. 

Die  Verlobung  geschieht  in  der  Weise,  dass  der  Bräutigam 
dem  Vater  der  Braut  2  Ziegen,  1  Tuch  oder  dergleichen  und 
1  Topf  Honig  überbringt.  Es  geschieht  dies  oft  schon  vor  der 
Reife  des  Mädchens.  Ein  Mkilindi,  der  ein  Washambaaweib  haben 
will,  hat  es  leichter,  er  wirft  einfach  ein  Stück  Zeug  oder  Perlen 
vor  die  Thüre  der  Braut,  worauf  der  Vater  derselben  seine  Tochter 
dem  Mkilindi  zuführt  und  dafür  unter  Umständen  eine  Ziege  erhält. 
Früher  erfolgte  meist  einfach  die  Wegnahme  eines  Weibes  durch  den 

Mitth.  von  Forscliungsreisenden,  VIII.  Band.  IV.  21 


312 


Mkilindi  ohne  weitere  Umstände,  gleichviel,  oh  dasselbe  schon 
verheirathet  war  oder  nicht. 

Bei  der  Hochzeit  wird  ausser  dem  unvermeidlichen  Ziegen¬ 
schlachten  und  Tembotrinken  keine  weitere  Festlichkeit  veranstaltet. 
Bei  Eintritt  der  Schwangerschaft  erhält  der  Vater  der  Frau  von 
ihrem  Manne  eine  Ziege,  nach  der  Geburt  des  ersten  gesunden  Kindes 
ein  Rind. 

Vielweiberei  ist  gebräuchlich  und  hängt  von  dem  Reichthum 
des  Betreffenden  ab.  Insbesondere  besitzen  die  Wakilindi  eine  grosse 
Zahl  von  Frauen;  Simboja  und  dessen  Sohn  Kimeri  mochten  deren 
etwa  je  50  besessen  haben.  Arme  Leute  haben  meist  nicht  mehr 
wie  ein  Weib.  Immer  ist  eine  Frau,  gewöhnlich  die  zuerst  gehei- 
rathete,  die  Bevorzugte  vor  anderen;  sie  und  ihre  Kinder  besitzen 
gewisse  Vorrechte. 

Beim  Begräbniss  wird  die  Leiche  mit  dem  Kopf  nach  Norden 
in  das  Grab  gelegt,  Männer  kommen  auf  die  rechte,  Weiber  auf  die 
linke  Seite  zu  liegen.  Die  Sitte,  Leichen  im  Hause  zu  begraben, 
wie  bei  den  Wapare,  ist  nicht  üblich,  auch  folgt  kein  Tanz.  Die 
Wakilindi  begraben  ihre  Todten  bei  Nacht  und  legen  unter  die 
Leiche  ein  Rinds-  und  ein  Schaffell,  ein  Brett  und  zuletzt  ein  dunkles 
Tuch.  Bei  einem  grossen  Häuptling  wird  nach  dem  Begräbniss  die 
ngoma  (Trommel)  geschlagen. 

Die  Ablegung  der  Trauer  erfolgt  einige  Tage  darauf.  Der 
zunächst  erbberechtigte  Verwandte  (Bruder)  setzt  sich  nachts  in  Be¬ 
gleitung  eines  Freundes  (rntani)  in  die  Hütte  des  Verstorbenen,  wo 
dessen  oberstes  Weib  schläft,  die  er  nachher  heirathen  muss.  Letztere 
hat  gleichfalls  eine  Freundin  als  Aufsicht  bei  sich.  Am  darauf¬ 
folgenden  Morgen  werden  Waschungen  vorgenommen  und  die  ganze 
Verwandtschaft  scheert  sich  die  Haare  ab.  Ein  Stück  Vieh  wird  mit 
grünen  Zweigen  auf  Kopf  und  Rücken  geschlagen  und  dem  Todten 
geopfert.  Der  Mageninhalt  des  Thieres  wird  sodann  auf  das  Fell 
gelegt,  daneben  die  Tücher  des  Verstorbenen.  Jeder  der  Anwesenden 
berührt  mit  den  Spitzen  der  kleinen  Finger  Beides,  damit  das  Eigen¬ 
thum  des  Todten  hiermit  von  ansteckenden  Krankheiten  gereinigt 
werde.  Das  Fleisch  wird  verzehrt,  wobei  der  Erbe  den  Kindern  des 
Verstorbenen  Fleischstückchen  giebt  mit  dem  Bedeuten,  dass  er  nun 
ihr  Vater  sei.  Dieser  wird  nachher  noch  in  die  Felder  geführt,  wo¬ 
selbst  seine  neuen  Kinder  die  Arbeit  des  Ackerbauens  nachahmen 
und  so  ihn  als  Vater  anerkennen. 

Drei  Tage  nach  dem  Todesfall  wird  das  Orakel  befragt,  woran 
der  Betreffende  gestorben  ist  (mlamuro).  Dieser  Brauch  ist  von  den 
Wapare  übernommen  worden  und  wird  bei  der  Besprechung  von 
deren  Sitten  noch  näher  erörtert  werden. 


313 


Was  die  Religion  der  Washambaa  betrifft,  so  unterscheiden 
sie  dreierlei  höhere  Wesen:  einen  Gott,  die  Geister  ihrer  verstorbenen 
Ahnen  und  die  bösen  Geister.  Ueber  das  Wesen  derselben  machen 
sie  sich  weiter  keine  Vorstellungen,  wie  ja  viel  Nachdenken  über 
abstrakte  Begriffe  ohnedies  nicht  ihre  Sache  ist.  Die  schädlichen 
Einflüsse  der  bösen  Geister  sucht  man  durch  Opfer  oder  Gegenzauber 
hintanzuhalten.  Ebenso  opfern  sie  Gott  und  ihren  verstorbenen  Vor¬ 
fahren,  von  welchen  sie  sich  Hülfe  erhoffen.  Bei  Krankheiten  und 
Unglück,  bei  bevorstehenden  Unternehmungen  tliut  man  häufig  ein 
Gelübde,  Gott  oder  den  Verstorbenen  ein  Opfer  zu  bringen,  falls  die 
Sache  gut  abläuft. 

In  Bezug  auf  Aberglauben  wird  sehr  viel  geleistet.  Schwarze 
und  Pythonschlangen  werden  meist  nicht  getödtet  (ursprünglich 
Waparesitte),  da  deren  Tod  Krankheit  nach  sich  ziehen  würde. 
Ebeuso  werden  die  Katzen,  wohl  als  Vertilger  der  zahlreichen  Ratten, 
heilig  gehalten;  desgleichen  eine  in  der  Mkomasigegend  vorkommende 
Art  grosser  schwarzer  Vögel  (bissi).  Hühner,  die  an  den  Fuss  ihrer 
Leiter  Eier  legen,  Rinder  und  Kleinvieh,  welche  ungewöhnliche 
Handlungen  ausführen,  z.  B.  mit  den  Vorderfiissen  auf  eine  Bettstelle 
steigen,  sich  selbst  säugen  und  dergleichen,  müssen  sofort  als  Krank¬ 
heit  bringend  getödtet  werden. 

Die  Begriissung  der  Washambaa  besteht  in  der  Anrede  des 
Namens  und  einem  darauffolgenden  langen  Zwiegespräch.  Der  Ober¬ 
häuptling  Kimeri  in  Wuga,  welcher  über  ganz  Usambara  herrscht, 
darf  aber  nicht  anders  als  mit  „Simbamweni“  begrüsst  werden. 

Bei  der  Geburt  erhält  das  Kind  den  Namen  eines  näheren  Ver¬ 
wandten  des  Vaters.  Jeder  führt  zwei  Namen.  Oft  wird  auch  der 
Name  des  Vaters  mit  der  Vorsilbe  mana  (Sohn)  gebraucht.  Zufällige 
Umstände  können  sehr  oft  veranlassen,  dass  der  richtige  Name  in 
Vergessenheit  geräth,  und  ein  sich  auf  irgend  eine  Begebenheit  be¬ 
ziehender  Name  angenommen  wird.  So  hiess  z.  B.  Sultan  Simboja 
ursprünglich  Paula.  Da  sein  Geburtshelfer,  ein  mgauga  (Arzt)  aus 
Pare,  Simboja  hiess,  so  wurde  der  junge  Paula  nach  diesem  benannt. 
Der  häufig  vorkommende  Name  Msungu  (Europäer)  ist  z.  B.  darauf 
zurückzuführen,  dass  bei  der  Geburt  des  Betreffenden  gerade  ein 
Europäer  in  dem  Orte  anwesend  war.  Der  Akida  Kivuma  in  Masinde 
wurde  so  benannt,  weil  er  zur  Zeit  eines  Krieges  gegen  Kivuma, 
Vater  des  Waseguhahäuptlings  Sedenga,  geboren  wurde  u.  s.  f.  Die 
Weiber  erhalten  oft  den  Namen  eines  Verwandten  mit  der  Vorsilbe 
„0“,  namentlich  nehmen  sie  bei  der  Heirath  den  Namen  eines  Ver¬ 
wandten  des  Mannes  mit  „0“  an.  Bei  den  Wakilindi  ist  in  diesem 
Falle  die  Sache  folgendermaassen:  Kimeri  hat  z.  B.  zwei  Enkel,  der 
älteste  Hisa,  der  zweite  Kihio  genannt,  dann  heissen  die  Weiber 

21* 


314 


dieser  Enkel  der  Reihenfolge  nach.  1.  O’kimeri,  2.  O’hisa,  3.  O’kihio 
u.  s.  w.  Die  oberste  Frau  des  Sultans  Kimeri  in  Wuga  führt  stets 
den  Titel  O’kimera. 

Zum  Schlüsse  seien  hier  noch  die  bei  der  Einsetzung  des  Ober¬ 
häuptlings  in  Wuga,  sowie  seines  Thronfolgers  in  Bumbuli  gebräuch¬ 
lichen  Feierlichkeiten  erwähnt. 

Für  den  Thronfolger  sind  folgende  Ceremonien  vorgeschrieben: 
Er  begiebt  sich  von  Wuga  nach  Bumbuli.  Unterwegs  wird  von  einer 
bestimmten  Stelle  aus  ein  eigener  Weg  durch  das  Dickicht  geschlagen, 
dem  er  zu  folgen  hat.  In  der  Nähe  der  Residenz  angekommen, 
wartet  er  die  Nacht  ab.  Beim  ersten  Hahnenschrei  erfolgt  gegen 
Morgen  der  Einzug  unter  Trommelschlag  und  Hörnerblasen.  In  der 
darauf  folgenden  Nacht  wird  ihm  ein  Weib  zugeführt.  Dieses,  nicht 
etwa  eine  früher  geheirathete,  wird  die  oberste  Frau  (O’kimera)  und 
deren  Sohn  wird  der  Nachfolger  in  der  Regierung. 

Gelangt  der  Thronfolger  zur  Herrschaft,  so  zieht  er  von  Bum¬ 
buli  aus  nach  Wuga.  ln  der  Nähe  dieser  Stadt,  von  einem  Orte 
Kihitu  an,  schlägt  man  wieder  einen  eigenen  Weg  durch  das  Dickicht, 
den  der  Häuptling  bis  zu  einem  zweiten  Ort  Fune  begeht.  Dort 
begrüssen  ihn  die  Aeltesten  von  Wuga  und  entführen  ihn  nachts 
heimlich  ohne  sein  Gefolge  nach  seiner  Residenz.  Gegen  Morgen 
verkünden  Trommel  und  Horn  die  Ankunft  des  neuen  Herrschers. 

B.  Organisation  und  Rechtspflege. 

Vor  der  deutschen  Herrschaft  waren  die  Washambaa  den  Waki- 
lindi  gegenüber  ziemlich  rechtlos.  Die  Letzteren  thaten  als  Herrscher 
meist,  was  ihnen  beliebte,  Todtschlag  und  Frauenraub  waren  an  der 
Tagesordnung,  und  die  von  Haus  aus  unglaublich  feigen  und  energie¬ 
losen  Washambaa  wagten  nicht,  gegen  sie  anzugehen.  Die  Waki- 
lindi  verstanden  es,  durch  sehr  drakonische  Gesetze  ihr  Ansehen  und 
ihre  Macht  zu  behaupten.  Bei  Gehorsamsverweigerung  wurde  der 
Schuldige  gefangen  und  gebunden.  Die  Todesstrafe  wurde  bei  den 
Männern  durch  Erdrosseln,  bei  den  Weibern  durch  Erwürgen  mit  der 
Hand  vollführt.  War  der  zu  einer  Strafzahlung  Verurtheilte  oder 
überhaupt  ein  Schuldner  unvermögend,  so  wurden  er  oder  seine  An¬ 
gehörigen  als  Sklaven  verkauft.  Bei  jeder  Rechtsstreitigkeit,  die 
einem  Mkilindi  zur  Entscheidung  vorgelegt  wird,  erhält  dieser  Ge¬ 
richtskosten  in  Gestalt  von  Vieh.  Auch  wird,  wie  aus  den  weiter 
unten  folgenden  Strafgesetzen  ersichtlich  ist,  in  vielen  Fällen  ein 
Stück  Vieh  nach  Schluss  der  Gerichtssitzung  von  dem  Gerichtshof, 
dem  Kläger  und  dem  Beklagten,  welch  letzterer  die  Kosten  trägt, 
gemeinsam  verzehrt. 

Kimeri  (d,  i.  König)  von  Wuga  ist  als  oberster  Herrscher  die 
höchste  Instanz  im  Lande.  Ihm  unterstehen  sämmtliche  Unterhäupt- 


315 


5. 

6. 

7. 

8. 


linge,  die  er  nach  Belieben  ein-  oder  absetzen  kann.  Zu  Lebzeiten 
Sembojas  jedoch  gehorchte  diesem  bezw.  seinem  Sohne  als  dem  nicht 
regelmässigen  Herrscher  nur  ein  Theil  der  Wakilindi. 

Jeder  Häuptling  hat  eine  Anzahl  Würdenträger  um  sich,  wählbar 
durch  ihn  im  Einvernehmen  mit  dem  Volke.  Diese  bilden  zusammen 
mit  den  Aeltesten  des  Dorfes  als  Beisitzer  auch  gleichzeitig  das 
Gerichtspersonal. 

In  Wuga  führen  diese  Würdenträger,  deren  einzelne  Obliegen¬ 
heiten  übrigens  nicht  strenge  abgegrenzt  sind,  folgende  Titel: 

1.  rnlugu,  Stellvertreter  des  Herrschers,  erster,  oberster  Beamter, 

2.  mdoembasi  i  stets  im  G-efolge,  empfangen  Fremde,  hören  deren 

3.  kaoneka  j  Anliegen  und  melden  sie  dem  rnlugu, 

4.  doekulu  |  p)egorgen  mejgf;  (];e  auswärtigen  Angelegenheiten. 

mbaruku,  Militär,  Verwalter  der  Kriegsmittel  (Pulver), 
bereko,  dem  Vorigen  beigegeben, 
bilali,  unter  den  beiden  Vorigen. 

Ausserdem  giebt  es  noch  Aufseher  über  die  Weiber,  über  die 
Kinder,  Vorläufer,  Anführer  u.  s.  w. 

Der  Hofstaat  Sembojas  in  Masinde  hat  (noch  jetzt)  eine  eigene 
abweichende  Zusammensetzung,  nämlich: 

1.  mdoe,  Stellvertreter,  oberster  Beamter, 

2.  matnbashi,  meist  ein  Alter, 

3-  die  Akidas,  zur  Verfügung  für  jederlei  Dienstleistung. 

Im  übrigen  Usambara,  also  bei  säramtlichen  Unterhäuptlingen, 
bestehen  folgende  Würden: 

1.  mdoe,  oberster  Beamter,  ihm  beigegeben  mambashi, 
slieshe, 
kaoneka, 
mbiru, 

Akidas  als  Gefolge. 

Die  Entscheidung  bei  Gerichtssitzungen  wird  nach  vorausgehender, 
meist  sehr  langer  und  umständlicher  Berathung  durch  den  Jumben, 
möglichst  im  Einvernehmen  mit  dem  Gerichtspersonal,  herbeigeführt. 

I.  Im  Folgenden  seien  die  durch  Ueberlieferung  bestehenden 
Strafgesetze  der  Wakilindi  aufgeführt. 

1.  Diebstahl  und  Betrug,  a)  In  der  Schamba  (Acker),  also 
Lebensmittel,  Ackergeräthe. 

Strafzahlung:  1  Ziege  an  den  Bestohlenen, 

1  Ziege  an  den  Häuptling, 

1  Ziege  an  die  Aeltesten  und  Richter; 
ausserdem  1  Ziege  (lugole)  als  gemeinsames  Mahl  für  sämmtliche 
Gerichtsbeisitzer. 


2. 

3. 

4. 

5. 


b)  In  oder  bei  der  Wohnung  (Vieh,  Hausrath,  Hühner,  Zeug) 
Bienenstöcke  mit  Honig,  ebenso  geraubte  Leute. 

Strafzahlung:  1  Kuh  an  den  Bestohlenen, 

I  Kuh  an  den  Jumben  (Häuptling), 

1  Rind  an  die  Aeltesten  und  Richter; 
und  als  Mahl  ausserdem  1  Ziege  (lugole)  wie  im  vorigen  Fall. 

Gestohlene  Rinder  werden  eventuell  mit  unterdessen  geworfenen 
Jungen  zurückgegeben,  Ziegen  und  gestohlene  Sachen  verbleiben  dem 
Diebe.  Geraubte  Leute  werden  ebenfalls  zurückgegeben. 

2.  Die  Weigerung  eines  Unterthanen,  das  Feld  des  Mkindi- 
jumben  bearbeiten  zu  helfen  oder  das  eigenmächtige  Wegziehen  aus 
dem  Dorfe  zieht  Strafzahlung  von  1  Ziege  an  den  Jumben  nach  sich. 

3.  Körperverletzung.  Strafzahlung:  1  Ziege  an  den  Ge¬ 
schädigten,  1  Ziege  (lugole)  für  alle  Anwesenden. 

Spezielle  Bestimmungen. 

Für  ein  ausgeschlagenes  Auge: 

3  Rinder,  vorher  1  Ziege  an  den  Geschädigten, 

1  Kuh  an  den  Jumben, 

1  Rind  an  die  Richter  u.  s.  w.  als  Mahl. 

Dem  Geschädigten  kann  bei  Wiederholung  der  Klage,  da  er  als 
Einäugiger  viel  verspottet  wird,  noch  weiteres  Vieh  (im  Ganzen  bis 
zu  10  Rindern)  zugesprochen  werden. 

Für  ein  abgerissenes  Ohrläppchen  (das  nach  der  Sitte 
durchbohrt  ist  und  lang  herunterhängt)  Strafzahlung  bis  zu  3  Rindern 
nach  Uebereinkunft. 

4.  Todtsclilag  (kimba).  Strafzahlung:  5  Rinder  und  1  Sklavin 
(oder  dafür  3  Rinder)  an  die  Verwandten  des  Getödteten,  ferner 
1  Ziege  (furuga),  3  Rinder  an  den  Jumben,  2  Rinder  an  die  Richter, 
Aeltesten. 

Die  Ermordung  eines  Mkilindi  durch  einen  Mshambaa  zog  den 
Tod  des  Mörders,  Einziehung  seiner  Leute  als  Sklaven  und  seines 
Vermögens  nach  sich. 

5.  Unehelicher  Beischlaf  (der  sehr  häufig  vorkommt): 

a)  Begangen  mit  einem  Weibe  eines  mächtigen  Mkilindi: 

Todesstrafe,  Einziehung  der  Verwandten  des  Thäters  als  Sklaven, 

sowie  seines  Besitzes.  Das  Kind  wird  ebenfalls  getödtet;  bei  den 
strengeren  Wakilindi  (wie  Semboja)  auch  das  verführte  Weib. 

b)  Begangen  mit  dem  Weibe  eines  weniger  hochgestellten 
Mkilindi: 

Strafzahlung:  6  Rinder,  wovon  2  eventuell  an  Kimeri,  1  an  die 
Richter  und  Aeltesten  als  Mahl,  ferner  2  Ziegen  (furuga  und  via). 

Bei  Schwangerschaft  noch  weitere  (etwa  4)  Rinder. 

c)  Begangen  durch  Washambaa  untereinander: 


317 


a)  Ohne  Schwangerschaft.  Strafzahlung:  1  Kuh  an  den  Mann 
des  Weibes,  feiner  1  Ziege  (furuga),  1  Kuh  an  den  Jurnben,  sowie 
1  Ziege  (via),  1  Rind  an  die  Richter  und  Aeltesten. 

ß)  Mit  Schwangerschaft.  Ausser  der  vorgenannten  Zahlung  noch 
1  Kuh  an  den  Vater  der  Frau. 

Das  Kind  wird  meistens  getödtet.  Ist  das  Weib  unverheirathet, 
so  tritt  keine  oder  nur  geringe  Strafe  (Zahlung  von  1  Kuh  an 
den  Vater  des  Weibes)  ein.  Das  Kind  wird  aber  auch  in  diesem 
Falle  meist  getödtet. 

6.  Zauberei.  Leute,  welche  als  Zauberer  oder  Hexenmeister 
beschuldigt  wei’den,  haben  die  Feuerprobe  zu  bestehen,  indem  ihnen 
ein  glühendes  Eisen  zweimal  auf  die  Zunge  geschlagen  wird.  Ein 
anderes,  bei  den  Waseguha  und  Wapare  gebräuchliches  Verfahren  ist, 
dass  der  Betreffende  Steine  aus  kochendem  Wasser  und  Oel  heraus¬ 
zuholen  hat.  Erscheinen  danach  keine  Brandwunden,  so  ist  der  Be¬ 
treffende  unschuldig  und  erhält  eine  Entschädigung  (etwa  3  Ziegen) 
von  dem  Kläger.  Im  anderen  Falle  wird  der  Zauberer  durch 
Keulenschläge  auf  den  Kopf  getödtet,  ebenso  seine  erwachsenen 
Kinder;  sein  Besitz  wird  eingezogen;  in  einzelnen  Fällen  kann  er 
sich  durch  Zahlung  einer  Summe  im  Werthe  von  10  Rindern  aus- 
lösen,  was  meist  dadurch  geschieht,  dass  man  ihm  seinen  ganzen 
Besitz  wegnimmt  oder  seine  Angehörigen  verkauft;  der  Zauberer 
selbst  bleibt  mitsammt  seinen  Nachkommen  geächtet  und  darf  sich 
nicht  mehr  im  Lande  blicken  lassen. 

Das  bei  den  meisten  Stämmen  vorkommende  Gifttrinken  ist  hier 
nicht  gebräuchlich.  Statt  der  vorgenannten  Strafzahlungen  für  ein 
Vergehen  können  auch  Sklaven,  statt  Rinder  auch  Kleinvieh  gezahlt 
werden,  wobei  1  Sklave  (gleichviel  ob  erwachsen  oder  nicht)  gleich 
1  männlichen  und  1  weiblichen  Rind,  1  Sklavin  gleich  1  männlichen 
und  2  weiblichen  Rindern,  1  männliches  Rind  (njeku)  gleich  3,  1  weib¬ 
liches  (mori  oder  mbuguma)  gleich  5  Ziegen  werth  gilt. 

II.  Erbrecht.  Bei  den  Wakilindi  geht  die  Jumbenwürde  vom 
Vater  auf  den  Sohn  der  obersten  Frau  über.  Ist  dieser  unmündig 
oder  sonstwie  zum  Herrschen  ungeeignet,  so  tritt  ein  Bruder  des 
Vaters  für  ihn  ein.  Auch  Weiber  sind  bis  zu  einem  gewissen  Grade 
erbberechtigt,  jedoch  nur  in  kleinen  Ländereien.  In  jedem  Falle 
bedarf  es  der  Bestätigung  durch  den  Kimeri. 

Die  Weiber  eines  Verstorbenen  werden  von  dessen  Brüdern  ge- 
heirathet.  Derjenige,  der  das  oberste  Weib  erhält,  vertritt  Vater¬ 
stelle  bei  den  Hinterbliebenen.  Sklaven,  Vieh  und  Felder  verbleiben 
bei  einem  Häuptling  bei  dessen  Nachfolger,  sonstiges  Vermögen  wird 
unter  sämmtliche  Kinder  vertheilt. 


318 


Bei  den  Washambaa  ist  aer  älteste  Bruder  des  Verstorbenen 
meist  alleiniger  Erbe  und  nimmt  die  Vaterstelle  ein.  Doch  haben 
die  Kinder  das  Recht,  diesen  zur  theilweisen  Herausgabe  der  Erb¬ 
schaft  zu  bewegen,  wenn  er  sich  geizig  zeigt  oder  sich  sonstwie 
missliebig  macht. 

III.  Ehescheidung,  welche  aus  beliebigen  Anlässen  (Unfrucht¬ 
barkeit,  Unverträglichkeit)  erfolgen  kann,  wird  in  der  Weise  erledigt, 
dass  das  Weib  zu  ihrem  Vater  zurückkehrt,  welcher  das  bei  der 
Heirath  erhaltene  Vieh  dem  Manne  zurückstellt.  Diesem  Letzteren 
verbleiben  die  Kinder.  Sind  keine  Kinder  geboren  worden,  so  er¬ 
hält  der  Mann  sein  Vieh  mit  den  unterdessen  geworfenen  Jungen 
zurück. 

IV.  Verträge,  welche  meist  nur  in  Handelssachen  Vorkommen, 
werden  mündlich  im  Beisein  von  mindestens  je  einem  Zeugen  für 
jede  Partei  abgeschlossen.  Auch  kommt  es  dabei  vor,  dass  der 
Schuldner  dem  Gläubiger  irgend  einen  Gegenstand  als  Zeichen  seiner 
Schuld  aushändigt. 

V.  Eigentliumsrecht.  In  Usambara  hat  Kimeri  von  Wuga 
das  Verfügungsrecht  über  das  ganze  Land,  welches  er  seinen  Unter¬ 
häuptlingen  zu  Lehen  giebt.  Jede  engere  Familie  und  in  ihr  jeder 
Einzelne  hat  eigenen  Grund  und  Boden  zum  Ackerbau,  über  welchen 
der  Jumbe  nur  in  dem  Falle  verfügen  kann,  wenn  der  Eigentkümer 
ohne  Hinterlassung  von  Erben  stirbt.  Eingewanderte  wenden  sich 
mit  der  Bitte  um  Verleihung  eines  Stück  Landes  an  den  betreffenden 
Jumben;  eine  Zurücknahme  eines  einmal  verliehenen  Grundstückes 
erfolgt  —  schwere  Verbrechen  ausgenommen  —  nicht.  In  Wuga 
ist  es  Sitte,  dass  beim  Tode  eines  reichen  Einwohners,  der  mehrere 
Schamben  (Felder)  besitzt,  eine  derselben  an  den  Kimeri  zurück¬ 
fällt,  doch  können  die  Erben  das  Land  gegen  Zahlung  von  drei  Ziegen 
behalten. 

Jeder  Eingeborene  hat  vollkommenes  Verfügungsrecht  über  sein 
Stück  Ackerland,  das  er  beliebig  verkaufen  kann.  Auch  leihweise 
Ueberlassung  des  unbebauten  Feldes  an  Andere  kommt  vor,  jedoch 
immer  ohne  irgend  welche  Zahlung  oder  Entschädigung  an  den  Eigen- 
thürner  des  Grundstücks.  Schulden  auf  Hütte,  Grund  und  Boden 
sind  unbekannt.  Dagegen  können  Hütte,  sowie  bebaute,  namentlich 
Bananen-  und  Zuckerrohrfelder  als  billige  Schuldzahlungen  angenommen 
werden.  Abgrenzungen  von  Weideland  bestehen  nicht. 

Grössere  Funde  auf  Grund  und  Boden  gehören  dem  Jumben. 
Bei  den  nahe  an  Jagdgebieten  Sitzenden  gehört,  wenn  ein  Elefant 
erlegt  wurde,  ein  Zahn  dem  Häuptling.  Ist  ein  essbares  Stück  Wild 
geschossen  worden,  so  erhält  der  Häuptling  einen  Schenkel  davon. 


319 


VI.  Verhältniss  der  Sklaven.  Sklaven  entstanden  früher 
durch  Leute,  welche  im  Kriege  geraubt  und  gefangen  worden  waren, 
oder  dadurch,  dass  ein  Straffälliger  oder  überhaupt  ein  Schuldner 
seine  Schuld  (masa)  nicht  bezahlen  konnte.  Schuldner  sein  heisst 
schon  fast  so  viel  wie  Sklave  sein. 

Die  Sklaven  haben  ihr  eigenes  Feld,  Hab  und  Gut,  welches  sich 
fast  durchweg  ganz  oder  theilweise  auf  ihre  Kinder  vererbt.  Sie  ge- 
niessen  dieselben  Rechte  wie  Freie,  nur  müssen  sie  ihrem  Herrn  beim 
Feld-  und  Hausbau  —  die  Weiber  im  Hauswesen  —  helfen.  Darin 
besteht  ihre  ganze  Sklaverei,  die  Behandlung  ist  dieselbe  wie  bei 
Freien,  Misshandlungen  kommen  ausser  den  oben  angeführten  Strafen 
selten  vor,  namentlich  seitdem  die  Sembojapartei  erledigt  ist. 

Verheirathet  sich  die  Tochter  eines  Sklaven,  so  gehört  der  dafür 
gezahlte  Brautpreis  zur  Hälfte  dem  Herrn.  Heirathet  ein  Freier  eine 
Sklavin,  so  werden  die  aus  der  Ehe  hervorgehenden  Kinder  durch 
Zahlung  des  bei  der  Heirath  besprochenen  Preises  an  den  Vater  der 
Frau  frei.  Heirathet  dagegen  ein  Sklave  ein  freies  Weib,  so  bleiben 
die  Kinder  Sklaven.  Die  Kinder  reiner  Sklaven  bleiben  gleichfalls 
Sklaven.  Die  Verwandten  eines  Sklaven  können  denselben  durch 
Zahlung  von  Vieh  auslösen,  wobei  die  früher  angegebenen  Preise 
massgebend  sind.  Schulden  oder  Strafzahlungen  des  Sklaven  werden 
nur  in  dessen  Unvermögensfalle  durch  den  Herrn  bezahlt. 

2.  Die  Wapare. 

Es  giebt  wenig  Volksstämme,  die  in  Bezug  auf  Aberglauben, 
Hexenkünste,  Sympathiekuren  u.  s.  w.  mehr  Leistungen  aufzuweisen 
haben  wie  die  Wapare.  Nirgends  giebt  es  mehr  Schwindeldoktoren 
wie  dort,  und  diese  machen,  dank  der  Dummheit  und  dem  Aber¬ 
glauben  des  Volkes,  ein  profitables  Geschäft.  Infolge  ihrer  grossen 
Kenntniss  der  Beschwörung  von  Geistern  und  der  Besprechung  von 
Krankheiten  stehen  sie  bei  ihren  Nachbarstämmen  in  einem  gewissen 
Ansehen,  und  letztere  holen  sich  sehr  oft  Rath  bei  Waparemedizin- 
männern,  denen  sie  mehr  Kenntniss  Zutrauen  wie  ihren  eigenen.  Von 
Semboja  wird  erzählt,  er  habe  durch  einen  Medizinmann  aus  Pare 
(Mlemba  bei  Kisuani)  die  grosse  Heuschreckenplage  ins  Land  gebracht, 
um  die  Europäer  durch  Hunger  aus  dem  Lande  zu  treiben.  Nach 
Sembojas  Tod  liess  dessen  Sohn  Mputa  den  Mlemba  zu  sich  kommen 
und  forderte  ihn  auf,  die  Heuschrecken  wieder  zu  bannen,  worauf 
Mlemba  eine  Zeit  lang  mit  Beschwörungen  in  Usambara  sein  Unwesen 
trieb.  Viele  abergläubische  Gebräuche  der  Wapare  sind  von  den 
Nachbarstämmen  übernommen  worden. 

A.  Sitten  und  Gebräuche 

der  Wapare  sind  von  Dr.  Baumann  ziemlich  eingehend  behandelt 
worden.  Ebenso  wie  bei  den  Wasliambaa  sind  sie  nicht  durchweg 


320 


die  gleichen,  da  auch  die  Wapare  sich  auf  eine  Anzahl  von  Unter¬ 
stämmen  zurückführen.  Es  dürften  noch  folgende  Bemerkungen  er¬ 
übrigen. 

Die  Heirath  kommt  den  Wapare  theurer  zu  stehen  wie  den 
Mshambaa.  Ausser  einer  grossen  Menge  Ternbo  und  Honig  bringt 
er  dem  Vater  seiner  Auserwählten  nach  und  nach  3  Rinder  und 
2  Ziegen,  nach  der  Geburt  eines  Kindes  noch  2  Ziegen. 

Bei  jedem  Todesfall  wird  wie  bei  den  Washambaa  ermittelt, 
woran  der  Betreffende  gestorben  ist  (mlamuro).  Dies  geschieht  auf 
folgende  Art: 

Man  nennt  die  verschiedenen  möglichen  Todesursachen  (Gottes 
Wille,  böser  Geist,  mehrere  Krankheiten,  Schlange,  Katze  u.  s.  w.) 
und  befragt  bei  jeder  das  Orakel,  indem  man  eine  grössere  Anzahl 
von  Fruchtkernen  zu  je  fünfen  zusammenlegt.  Bleibt  dabei  schliess¬ 
lich  eine  gerade  Zahl  oder  gar  keine  Kerne  übrig,  so  ist  die  gestellte 
Frage  bejaht,  im  anderen  Falle  verneint.  Fällt  die  Frage  jedoch 
immer  verneinend  aus,  so  ergiebt  sich  von  selbst,  dass  ein  Mensch 
den  Verstorbenen  verzaubert  hat.  Zur  Ermittelung  dieses  Zauberers 
begiebt  man  sich  zu  einem  Medizinmanne.  Dieser  rätli  der  Reihe 
nach  verschiedene  Personen  und  sticht  bei  jeder  derselben  eine 
Nadel  durch  den  Kern  einer  Kürbisart.  Dringt  die  Nadel  durch  den 
Kern  durch,  so  ist  der  Genannte  unschuldig  und  es  wird  weiter  ge¬ 
ratheu,  bis  die  Nadel  einmal  stecken  bleibt.  Damit  ist  der  Zauberer 
ermittelt  und  muss,  wie  schon  früher  erwähnt,  die  Feuerprobe  be¬ 
stehen.  Natürlich  hat  es  der  Medizinmann  völlig  in  der  Hand,  ob 
er  die  Nadel  durch  den  durchaus  nicht  harten  Kern  durchdrücken 
will  oder  uicht,  und  der  Schwindler  wird  vielfach  bestochen,  um 
Jemanden  für  schuldig  oder  unschuldig  zu  erklären. 

Uebrigens  kommt  es  auch  häufig  vor,  dass  irgend  Jemand,  der 
sich  missliebig  gemacht  hat,  einfach  der  Zauberei  beschuldigt  wird 
und  dann  ohne  Weiteres  die  Feuerprobe  durchmachen  muss. 

Von  den  Wapare  stammt  auch  die  Sitte  der  Heilighaltung  der 
schwarzen  und  Pythonschlangen.  Jedoch  werden  dieselben  nicht 
überall  geschont,  sondern  von  den  Muthigsten  auch  getödtet,  dann 
aber  durch  Opfer  versöhnt.  Erkrankt  ein  Familienmitglied  und  man 
glaubt  die  Krankheit  auf  die  Tödtung  einer  Schlange  zurückführen 
zu  müssen,  so  wird  ein  Medizinmann  gerufen,  der  ein  Huhn  oder  eine 
Ziege  opfert  und  die  Krankheit  bespricht.  Die  Knochen  des  Opfer- 
thieres  werden  aufgelesen,  hinter  dem  Rücken  zu  einem  Baume  ge¬ 
tragen  und  dort  niedergelegt. 

B.  Organisation  und  Rechtspflege. 

Ein  gemeinsames  Oberhaupt  für  Pare  existirt  nicht.  Die  höchste 
Instanz  bildet  der  Häuptling  (mfuma)  der  betreffenden  Landschaft. 


321 


Dieser  hat  einen  Beamten  (mlao),  dem  ein  Zweiter  (mossi)  beigegeben 
ist,  deren  Aufgabe  die  Untersuchung  und  Schlichtung  aller  Streitig¬ 
keiten  bildet,  wobei  ihnen  die  Aeltesten  als  Beisitzer  assistiren.  Die 
von  einigen  Jumben  nebenbei  gehaltenen  Akidas  sind  eine  neue  von 
den  Wakilindi  erlernte  Einführung. 

Die  Handhabung  der  Rechtspflege  ist  keine  energische,  und  nur 
die  intelligenteren  Jumben  haben  die  Macht,  ihren  Willen  durchzu¬ 
setzen,  insbesondere  da  die  Wapare  nicht  in  geschlossenen  Ortschaften, 
sondern  in  einzelnen  Hütten  zerstreut  wohnen  und  überhaupt  auf  einer 
niederen  Kulturstufe  stehen. 

Wie  bei  den  Wakilindi  haben  auch  hier  die  einflussreicheren 
Jumben  in  gewissen  Fällen  Antheil  an  der  Strafzahlung,  ebenso  folgt 
nach  Schluss  einer  Gerichtssitzung  ein  gemeinsames  Mahl. 

Im  Unvermögensfalle  tritt  wie  überhaupt  bei  jeder  unbezahlten 
Schuld  auch  hier  Sklaverei  des  Schuldners  und  eventuell  seiner  Ver¬ 
wandten  ein. 

Oft  verschafft  sich  der  Gläubiger  sein  Recht  auf  sehr  naive  Weise, 
indem  er  einem  schwächeren  Dritten  einfach  das  benöthigte  Vieh  ab¬ 
nimmt  und  ihn  dann  auf  seinen  bisherigen  Schuldner  verweist,  von 
dem  er  sich  sein  Eigenthum  wiedergeben  lassen  könne. 

I.  Das  Strafrecht  der  Wapare  ist  folgendes: 

1.  Diebstahl  und  Betrug: 

a)  Von  Lebensmitteln:  Strafzahlung  von  3  Ziegen,  wovon  1  an 
den  Jumben,  1  au  die  Richter. 

b)  Von  Ziegen,  Hühnern,  Kleidungsstücken,  Hausrath:  Straf¬ 
zahlung  von  1  Kuh  und  1  Ziege  (barika)  an  den  Bestohlenen,  1  Rind 
(kambaku)  an  die  Richter.  (Die  Ziege  wird  gewöhnlich  dem  Jumben 
als  Geschenk  gegeben.) 

c)  Von  Bienenstöcken  mit  Honig,  sowie  von  Rindern. 

Strafzahlung:  1  Rind  und  1  Ziege  an  den  Bestohlenen, 

1  Kuh  an  den  Jumben  (nicht  überall), 

1  Rind  an  die  Richter. 

d)  Bei  Raub  von  Leuten:  Noch  1  Kuh  mehr  an  den  Vater 
bezw.  Verwandten  und  Rückgabe  der  Leute. 

2.  Körperverletzung.  Strafzahlung  von  1  Rind,  welches  von 
allen  bei  der  Sitzung  Anwesenden  als  Versöhnungsmahl  verzehrt 
wird  (der  Häuptling  erhält  ein  Schulterstück). 

Spezielle  Bestimmungen. 

Für  ein  aus  geschlagenes  Auge.  Strafzahlung  von  etwa 
8  Rindern  an  den  Geschädigten,  wovon  1  Rind  gewöhnlich  an  den 
Jumben. 

Für  ein  ausgerissenes  Ohrläppchen.  1  Kuh  an  den  Ge¬ 
schädigten. 


322 


3.  Todtschlag.  Strafzahlung  von  10  Rindern  an  die  Ver¬ 
wandten  des  Ermordeten,  wovon  1  Kuh  an  den  Jurnben  und  1  Bulle 
für  alle  Anwesenden  als  Versöhnungsschmaus,  ferner  1  Kuh  mit  Kalb 
(mshanga)  an  die  Mutter  des  Ermordeten. 

4.  Unehelicher  Beischlaf. 

a)  Ohne  Schwangerschaft:  Strafzahlung  des  Verführers  von 
2  Ziegen  an  die  Mutter  des  Weibes. 

b)  Mit  Schwangerschaft: 

a)  Bei  einer  Jungfrau  vor  Eintritt  der  Reife: 

Das  Weib  wird  durch  eine  eigens  in  die  Wand  der  Hütte  ge¬ 
brochene  Oeffnung  ins  Freie  befördert  und  verstossen.  Der  Verführer 
zahlt  dieselbe  Strafe  wie  bei  Todtschlag.  Ein  allenfalls  schon  ge¬ 
borenes  Kind  wird  getödtet. 

ß)  Bei  einer  Jungfrau  nach  Eintritt  der  Reife  oder  bei  einer 
verlieiratheten  Frau: 

Strafzahlung  des  Verführers  von  1  Rind  an  die  Mutter  des 
Weibes.  Das  Kind  wird  nicht  getödtet. 

5.  Zauberei.  Die  Feuerprobe  geschieht  hier  in  der  Weise, 
dass  der  Beschuldigte  aus  kochendem  Wasser,  in  welches  Fett  ge¬ 
mischt  ist,  nacheinander  4  (ein  Weib  nur  3)  Steine  herausholen 
muss.  Verbrennt  er  sich  dabei,  so  wird  er  durch  Keulenschläge  auf 
den  Kopf  getödtet,  ebenso  seine  erwachsenen  Söhne,  sein  Hab  und 
Gut  wird  eingezogen,  seine  nächsten  Angehörigen  werden  zu  Sklaven. 

Die  Wapare  kennen  eine  Art  prophylaktisches  Gifttrinken,  indem 
möglichst  viele  Leute  ein  Gebräu  aus  Rinderblut,  Theilen  von 
Eidechsen  zu  sich  nehmen.  Will  dann  von  diesen  Leuten  Einer  später 
Hexenmeister  werden,  so  stirbt  er. 

Selbstredend  können  auch  bei  den  Wapare  statt  Rindern  Ziegen 
oder  Sklaven  gezahlt  werden,  wie  dies  bei  den  Washambaa  an¬ 
gegeben  wurde.  Auch  dürften  einige  Strafzahlungen  bei  verschiedenen 
Unterstämmen  wieder  etwas  verschieden  sein. 

II.  Erbrecht.  Die  Jumbenwürde  geht  im  Allgemeinen  nicht 
auf  den  Sohn,  sondern  auf  den  Bruder  über.  Weiber  sind  nicht  erb¬ 
folgeberechtigt. 

Beim  Tode  eines  Mpare  wird  der  älteste  Bruder  oder  Schwester 
bezw.  Mann  derselben  Universalerbe  (auch  der  Weiber)  und  tritt  an 
die  Stelle  des  Vaters,  wobei  er  den  Kindern  gewöhnlich  etwas  von 
dem  Erbe  zutheilt.  Falls  sich  der  zweite  Vater  irgendwie  unbeliebt 
macht,  können  ihn  die  Kinder  zur  Herausgabe  der  Erbschaft  zwingen. 

III.  Bei  Ehescheidungen  wird  der  Heirathspreis  zurück¬ 
gegeben,  wobei  die  von  dem  Vieh  geworfenen  Jungen  nur  mit  in 
Betracht  kommen,  wenn  kein  Kind  in  der  Ehe  geboren  wurde.  Dem 
Manne  gehören  die  Kinder.  Vermag  der  Vater  der  Frau  den  Heiraths- 


323 


preis  nicht  völlig  zuriickzuzahlen,  so  hat  der  geschiedene  Ehemann 
Anspruch  auf  das  nächste  Kind,  welches  das  Weib  nach  ihrer  Wieder- 
verheirathung  zur  Welt  bringt.  Dieses  Kind  wird  gewisserraaassen 
adoptirt.  Gewöhnlich  aber  kann  der  Heirathspreis  eben  durch  die 
Wiederverheirathung  zurückgezahlt  werden,  da  ja  der  Vater  bei  dieser 
Gelegenheit  wieder  Vieh  erhält. 

IV.  Die  Schliessung  von  Verträgen  erfolgt  wie  bei  den 
Washambaa. 

V.  Eigenthumsrecht.  Die  einzelnen  Landschaften  in  Pare 
gehören  au  sich  den  betreffenden  Jumben,  welche  die  Schamben  ver¬ 
geben,  nicht  aber  zurücknehmen  können.  Jede  engere  Familie  und 
in  ihr  wieder  jeder  Einzelne  besitzt  ein  abgegrenztes  Ackerland  als 
unbestrittenes  Eigenthum,  über  welches  frei  verfügt  werden  kann. 
Leihweise  Ueberlassung  eines  Feldes  an  Andere  geschieht  stets  ohne 
Entschädigung.  Schulden  auf  Hütte,  Grund  und  Boden  sind  un¬ 
bekannt;  das  Weideland  besitzt  keine  Grenzen;  früher,  als  auch  noch 
Wambugu  in  Pare  existirten,  soll  dies  anders  gewesen  sein. 

Funde  auf  eigenem  Grund  und  Boden  werden  gewöhnlich  nicht 
an  den  Jumben  abgeliefert;  bei  gefundenem  Elfenbein  erhält  der 
Häuptling  in  der  Regel  ein  Stück  Vieh,  ebenso  bei  der  Tödtung 
eines  Elefanten.  Bei  guten  Jagdergebnissen  hat  der  Jumbe  auch 
einigen  Antheil  am  Fleisch. 

VI.  Die  Sklaverei,  welche  die  Wapare  wohl  von  den  Wa¬ 
shambaa  abgelernt  haben,  ist  ausser  den  schon  erwähnten  Schuldnern 
nicht  sehr  verbreitet.  Die  Behandlung  der  Sklaven  ist  wie  diejenige 
der  Freien;  Misshandlungen  kommen  kaum  jemals  vor.  Die  Sklaven 
haben  Vermögen  und  Ackerland,  welches  sich  auf  ihre  Verwandten 
vererbt. 

Verheirathet  sich  die  Tochter  eines  Sklaven,  so  gehört  der 
Heirathspreis  dem  Vater,  nicht  dem  Herrn. 

Im  Uebrigen  gilt  das  bei  den  Wakilindi  und  Washambaa  Ge¬ 
sagte  auch  für  die  Sklaven  der  Wapare. 

3.  Die  Wambugu. 

Das  interessanteste,  weil  aus  dem  gewöhnlichen  Rahmen  fallende 
Volk  Usambaras  ist  das  Hirtenvolk  der  Wambugu.  Dieselben  bilden 
in  ihrer  jetzigen  Verfassung  nur  mehr  den  Ueberrest  eines  grösseren 
Stammes.  Sie  haben  schon  theilweise  ihre  alten  Sitten  verlassen  und 
die  der  Wapare  und  Washambaa  angenommen,  ja  zum  Theil  ver¬ 
stehen  sie  kaum  mehr  oder  nur  noch  nothdürftig  ihre  eigene  Sprache, 
von  welcher  im  Anhang  Proben  beigegeben  sind,  da  solche  meines 
Wissens  noch  nicht  gesammelt  wurden. 

A.  Von  den  ursprünglichen  Sitten  und  Gebräuchen  der 
Wambugu  haben  sich  nur  wenige  erhalten.  So  hauptsächlich  daö 


324 


} 


ms  hi  tu,  welches  ein  Jüngling  durchzumachen  hat,  wenn  er  in  die 
Reihe  der  Männer  eintritt,  und  welches  dem  arama  (galo)  der  Wa- 
shambaa  entspricht.  Wie  die  Washambaa  und  Wapare  ihre  Ab¬ 
stammung  von  einer  Reihe  grösserer  Familien  herleiten,  so  theilen 
sich  auch  die  reinen  Wambugu  in  sechs  Unterstämme:  Wakansu, 
Wagonja,  Wangarito,  Waombeji,  Warombweni,  Wagwangwana.  Von 
diesen  wallfahrten  die  vier  erstgenannten  nach  einer  Stelle  in  der  Wild- 
niss  von  Shumme  (West-Usambara),  während  die  beiden  letztgenannten 
nach  einer  eben  solchen  Stelle  in  Suji  (Westabhang  von  Rare),  wo¬ 
selbst  sie  in  früheren  Zeiten  hausten,  pilgern.  Der  Aufenthalt  an 
diesen  Plätzen,  an  welchen  sich  grosse,  durch  überhängende  Felsen 
gebildete  Höhlen  befinden,  dauert  nur  eine  Nacht.  Die  Wallfahrer 
bestreichen  sich  dort  mit  weisser  Erde  und  rufen  Gott  an,  auf  dass 
er  ihnen  gesunde  Kinder  und  Reichthum  an  Vieh  schenke,  auch  böse 
Krankheiten  von  ihnen  fernhalte.  In  Suji  befindet  sich  an  dem 
Wallfahrtsorte  ein  Baobab,  unter  welchem  man  Vieh  opfert,  dessen 
Mageninhalt  an  den  Baum  geklebt  wird.  Riesige  Tembogelage  und 
mehrmonatliche  Tänze,  wobei  man  von  einem  Ort  zum  anderen  zieht, 
beschliessen  das  Fest.  Ein  Mbugu,  der  diese  Ceremonien  unterlassen 
würde,  könnte  keine  Ehe  eingehen,  seine  Kinder  würden  getödtet 
werden. 

Die  Weiber,  welche  in  das  mannbare  Alter  eintreten,  haben  das 
aigwa  durchzumachen.  Sie  werden,  immer  zu  mehreren,  in  eine 
Hütte  gesperrt,  in  der  sie  sehr  lange  (oft  etwa  sechs  Monate)  zu  ver¬ 
bleiben  haben.  Nach  Eintritt  der  Reife,  wobei  für  jedes  Weib  1  Rind 
geschlachtet  wird,  werden  sie  herausgelassen  und  sogleich  von 
ihrem  Verlobten  in  Empfang  genommen.  Letztere  haben  dem  Vater 
der  Braut  vorher  Tembo  und  1  Ziege  zum  Geschenk  gemacht. 
Nach  einem  fünftägigen  Tanzfest  führen  die  Männer  ihre  Weiber 
heim.  Als  Zeichen  ihrer  Verheirathung  legen  die  Männer  Draht¬ 
spangen  um  den  rechten  Unterarm.  Nach  der  Geburt  eines  Kindes 
werden  6  Rinder  an  den  Vater  der  Frau  gezahlt. 

Kindsmorde  und  Begräbn isssitten  sind  von  den  Washambaa 
und  Wapare,  je  nach  der  Nachbarschaft  der  Wambugu,  entnommen; 
ebenso  das  ml  am  uro  (Ermittelung  der  Todesursache  für  einen  ATer- 
storbenen),  welches  übrigens  nicht  überall  durchgeführt  wird.  Zur 
Ermittelung  eines  Zauberers  begiebt  man  sich  zu  einem  Paremedizin- 
mann.  Ursprünglich  scheinen  die  Wambugu  nichts  von  Zauberern 
gewusst  zu  haben. 

Auch  kennen  die  Wambugu  von  Haus  aus  keinen  bösen  Geist. 
Für  sie  giebt  es  nur  einen  Gott  (kiumbi),  dessen  Tkätigkeit  sich 
vornehmlich  in  Geburt  und  Tod  äussert.  Daneben  verehren  sie  die 
Geister  ihrer  Vorfahren.  Auch  das  Ablegen  von  Gelübden  ist  ge¬ 
bräuchlich. 


325 


Die  Sitte  der  Heilighaltung  der  Katzen  gebt  von  den  Warn- 
bugu  aus,  da  in  früherer  Zeit  diese  Thiere  nur  in  Kwambugu  zu 
finden  gewesen  sein  sollen.  Der  Gegenzauber  gegen  die  schädlichen 
Folgen  des  Todes  einer  Katze  wird  nach  dem  Eintritt  einei’  Krank¬ 
heit  in  der  Familie  folgendermaassen  gemacht. 

Ein  Schaf  wird  um  den  Kranken  viermal  im  Kreise  herumgeführt, 
dann  geschlachtet;  der  Kopf  des  Thieres  wird  vergraben.  Eine 
lebendige  Katze  wird  eingefangen  und  derselben  ein  Stück  vom 
Herzen  des  Schafes,  bestrichen  mit  Honig  und  Fett,  zu  fressen  ge¬ 
geben.  Nimmt  die  Katze  das  Fleisch  nicht,  so  ist  die  Krankheit  auf 
eine  andere  Ursache  zurückzuführen.  Schliesslich  erhält  die  Katze 
ein  dunkles  Band  um  den  Hals  und  wird  wieder  freigelassen. 

Die  Begriissung  der  Wambugu  besteht  in  der  gegenseitigen 
Nennung  des  Namens,  worauf  der  Jüngere  den  Aelteren  mit  abu,  der 
ältere  den  Jüngeren  mit  elamma  begrüsst. 

B.  Organisation  und  Rechtspflege. 

Die  einzelnen  Landschaften  der  Wambugu  stehen  unter  kleinen 
Jumben  (mdilau),  die  so  gut  wie  keine  Autorität  besitzen  und  auch 
keine  beanspruchen.  Streitfälle  schlichtet  der  Jumbe  im  Verein  mit 
den  Aeltesten  der  Landschaft.  Einen  Antheil  an  der  Strafzahlung 
besitzt  der  Jumbe  nicht,  dagegen  folgt  oft  nach  der  Gerichtssitzung 
ein  Schmaus,  wozu  der  Schuldige  das  Fleisch  liefern  muss. 

Im  Unvermögensfalle  tritt  keine  Sklaverei  ein ,  sondern  der 
Gläubiger  muss  eben  einfach  warten,  bis  der  Schuldner  zahlen  kann. 

I.  Für  die  einzelnen  Vergehen  sind  folgende  Strafen  festgesetzt, 
die  sich  natürlich  nur  auf  Rechtshände],  welche  die  Wambugu  unter¬ 
einander,  nicht  vor  Wakilindijumben  ausmachen,  beziehen: 

1.  Diebstahl  und  Betrug,  ln  Kwambugu  giebt  es  ausser 
Vieh  nichts  Werthvolles  zu  stehlen.  Entwendete  Kleinigkeiten  werden 
einfach  zurückgegeben,  höchstens  zahlt  der  Dieb  noch  1  Ziege 
dazu.  Bei  Rückgabe  von  gestohlenem  Vieh  müssen  auch  die  unter¬ 
dessen  geborenen  Jungen  gezahlt  werden.  Für  den  Diebstahl  von 
Rindern  ist  ausser  der  Rückgabe  noch  1  Rind  als  Strafe  festgesetzt. 

2.  Körperverletzung.  Strafzahlung  von  1  Ziege. 

Für  ein  ausgeschlagenes  Auge.  Strafzahlung  bis  zu  zehn 
Rindern,  1  Ziege  als  Versöhnungsmahl  für  alle  Anwesenden. 

Für  ein  ausgerissenes  Ohrläppchen.  Strafzahlung  von 
1  bis  2  Rindern. 

3.  Todtschlag.  Strafzahlung  von  13  Rindern  an  die  Verwandten 
des  Ermordeten,  meist  auch  1  Rind  als  Versöhnungsschmaus  für 
alle  Anwesenden. 

4.  Unehelicher  Beischlaf.  Ohne  Schwangerschaft  tritt  keine 
Strafe  ein. 


326 


Mit  Schwangerschaft: 

a)  bei  einer  Jungfrau  vor  der  Reife:  Das  Weib  wird  wie  bei 
den  Wapare  verstossen,  der  Verführer  zahlt  an  die  Verwandten  des 
Mädchens  5  Rinder,  die  sogleich  geschlachtet  werden,  und  muss 
auswandern.  Das  allenfalls  schon  geborene  Kind  wird  getödtet. 

b)  Bei  einem  Weibe  nach  der  Reife:  Strafzahlung  von  1  Rind 
an  den  Mann,  sowie  1  Ziege  zum  Ankauf  von  Lebensmitteln  für  das 
Weib  während  des  Wochenbettes. 

Das  Kind  bleibt,  wenn  männlich,  beim  Verführer,  wenn  weiblich 
beim  Vater  der  Frau  (offenbar,  weil  sich  mit  einer  Tochter  durch 
deren  Verheirathung  ein  Geschäft  machen  lässt). 

5.  Zauberei.  Wenn  überhaupt  Zauberer  ermittelt  werden,  so 
geschieht  dies  durch  die  benachbarten  Wapare  und  es  werden  dabei 
deren  Gebräuche  beobachtet.  Der  Zauberer  wird  getödtet  oder  ein¬ 
fach  vertrieben. 

II.  Erbrecht.  Beim  Tode  eines  Jumben  wird  in  der  Regel 
dessen  ältester  Sohn  Nachfolger,  in  zweiter  Linie  der  Bruder.  Bei 
der  Erbschaft  erhält  ein  Bruder  des  Verstorbenen  die  Weiber,  Hütte 
und  Felder  und  übernimmt  die  Vaterstelle  an  den  Kindern,  welche  das 
Vieh  und  Weideland  unter  sich  theilen. 

III.  Bei  der  Ehescheidung  wird  der  dem  Vater  der  Frau  ge¬ 
zahlte  Brautpreis  zurückgegeben;  die  Kinder  verbleiben  beim  Ehe¬ 
mann.  Wurde  kein  Kind  geboren,  so  wird  das  Vieh  sammt  den 
unterdessen  geborenen  Jungen  zurückgestellt. 

IV.  Die  Schliessung  von  Kaufverträgen  erfolgt  wie  bei  den 
übrigen  Stämmen. 

V.  Eigenthumsrecht.  Der  Jurnbe  besitzt  seine  Landschaft 
nur  ganz  nominell  ohne  praktische  Bedeutung.  Jedermann  hat  sein 
Stück  Land,  über  das  er  frei  verfügen  kann,  unbebautes  Land  nimmt, 
wer  Verlangen  danach  hat.  Auf  die  Felder  legen  die  Wambugu 
überhaupt  wenig  Werth,  da  sie  vegetabilische  Kost  nur  als  Noth- 
belielf  ansehen  und  ursprünglich  wie  ihre  Verwandten,  die  Massai, 
nur  von  Fleisch,  Milch  und  Honig  lebten.  Grossen  Werth  legen  sie 
dagegen  auf  den  Besitz  des  Weidelandes,  der  für  jede  Familie  ab¬ 
gegrenzt  ist. 

VI.  Die  Sklaverei  kennen  die  Wambugu  von  Haus  aus  über¬ 
haupt  nicht. 

Alle  vorgenannten  Sitten  und  Rechte  beziehen  sich  nur  auf  solche 
Wambugu,  die  sich  noch  nicht  mit  den  Nachbarstämmen  vermischt 
haben  oder  unter  Wakilindihäuptlingen  stehen. 


327 


4.  Die  Bewohner  der  Mkomasi-  und  Ruvuniederung 

sind  kein  reiner  Stamm,  sondern  bestehen  hauptsächlich  aus  ein¬ 
gewanderten  Waseguha  mit  Washambaa  vermischt.  Soweit  sie  unter 
Semboja  (zur  Zeit  unter  Sembojas  Söhnen)  stehen,  haben  sie  zum 
Theil  die  Sitten  und  Rechtsgewohnheiten  der  Wakilindi  angenommen, 
zum  Theil  folgen  sie  noch  untereinander  ihren  milderen  Waseguha- 
rechten.  In  Kihuiro  am  Mkomasi  und  in  Mkaramo  am  Ruvu  herrschen 
reine  Waseguhahäuptlinge  mit  derselben  Autorität  wie  Wakilindi. 
Längs  des  Ruvuflusses  sitzen  die  sogenannten  Waruvu,  degenerirte 
Waseguha,  welche  ausser  dem  Bereiche  des  Häuptlings  Sedenga  von 
Mkaramo  unter  einer  Reihe  von  kleineren,  ziemlich  machtlosen 
Jutnben  stehen.  Ihre  Sitten  und  Bräuche  bieten  wenig  Interessantes; 
die  Rechtspflege  ist  ähnlich  derjenigen  der  Washambaa,  jedoch  in 
milderer  Form. 

Eine  Beschreibung  der  Waseguha  fällt  nicht  mehr  iu  den  Rahmen 
dieses  Aufsatzes. 

Vergleichen  wir  schliesslich  die  Sitten  und  Rechtsgewohnheiten 
der  einzelnen  Stämme  miteinander,  so  sehen  wir,  dass  überall  dem 
Charakter  des  Negers  entsprechend  die  praktische  Seite  hervor¬ 
gehoben  ist.  So  namentlich  bei  der  Verheirathung.  Hie  Weiber 
werden  nur  als  Waare  behandelt,  mit  der  sich  ein  Geschäft  machen 
lässt;  insbesondere  zeigt  sich  dies  bei  den  Wapare  und  Wambugu, 
welche  durch  die  Verheirathung  ihrer  Töchter  sich  ein  kleines  Ver¬ 
mögen  erwerben.  Auch  die  harte  Strafe,  welche  bei  diesen  beiden 
Stämmen  auf  den  unehelichen  Beischlaf  mit  einer  Jungfrau  vor  deren 
Reife  gesetzt  ist  und  die  noch  heute  besteht,  ist  nicht  etwa  auf 
Gründe  der  Moral,  sondern  darauf  zurückzuführen,  dass  ein  solches 
Mädchen  keinen  willigen  Abnehmer  mehr  findet. 

Der  Neger  geht  naturgemäss  von  dem  Grundsätze  aus,  dass  er 
um  so  reicher  ist,  je  mehr  Weiber,  Kinder  (namentlich  Mädchen)  und 
Sklaven  er  besitzt.  Sie  helfen  ihm  arbeiten,  geben  ihm  durch  Ver¬ 
kauf  bezw.  Verheirathung  Anlass  zu  einem  guten  Geschäft  und  kosten 
ihm  wenig,  da  Jedes  sein  Stück  Land  zum  eigenen  Unterhalt  zu  be¬ 
bauen  hat. 

Interessant  ist  zu  sehen,  wie  gering  eine  Körperverletzung  be¬ 
straft  wird,  wie  hoch  aber  der  Verlust  eines  Auges  geschätzt  wird. 
Die  Strafe  dafür  ist  fast  so  gross  wie  für  Todtschlag. 

Alle  Strafzahlungen  geschehen  sehr  langsam;  es  dauert  oft  eine 
Reihe  von  Jahren,  bis  die  Schuld  abgezahlt  ist.  Auch  schleppt  der 
Neger  eine  Streitsache  oft  jahrelang  mit  sich  herum  und  vererbt 
sie  auf  seine  Kinder  und  Kindeskinder,  bis  sie  zur  Erledigung  kommt. 

Mittli.  von  Forscliungsreisenden,  VIII.  Band.  IV.  22 


328 


Bei  Rechtsfällen,  welche  der  Station  zur  Entscheidung  vorgelegt 
wurden,  habe  ich  stets  möglichst  die  Rechtsgewohnheiten  und  Sitten 
der  Eingeborenen  berücksichtigt  und  in  Anwendung  gebracht.  Nur 
einzelne  schwere  Fälle  erledigte  ich  nicht  der  Sitte  gemäss,  sondern 
meist  durch  Kettenhaft. 

Durch  die  deutsche  Herrschaft  haben  sich  die  barbarischen  Sitten 
schon  bis  zu  einem  gewissen  Grade  gemildert,  wobei  bei  dem  Neger 
die  Furcht  vor  Strafe  allein  maassgebend  ist.  Die  Sitte  der  Wakilindi, 
Leute  zu  ermorden,  welche  mit  Häuptlingsfrauen  Ehebruch  getrieben, 
dürfte  nun  gänzlich  aufgegeben  worden  sein,  der  Letzte,  welcher  diese 
Sitte  durchzuführen  wagte,  war  Sembojas  Sohn  Mputa,  welcher  dafür 
hingerichtet  wurde. 

Was  den  Aberglauben  und  die  Verfolgung  der  Zauberer  betrifft, 
so  werden  diese  Gebräuche  wohl  kaum  in  absehbarer  Zeit  auszurotten 
sein,  was  nicht  Wunder  nehmen  kann,  wenn  man  bedenkt,  dass  in 
unserem  Mittelalter  die  Hexenprozesse  an  der  Tagesordnung  waren, 
und  sogar  heutzutage  die  Leute  in  Europa  noch  lange  nicht  alle  ge¬ 
worden  sind,  die  an  derlei  Zeug  glauben.  Die  Zauberer  werden  wohl 
nicht  mehr  in  allen  Fällen  getödtet,  sondern  man  begnügt  sich  mit 
deren  Vertreibung.  Wenn  die  Tödtung  erfolgt,  so  geschieht  diese 
in  aller  Heimlichkeit.  Eine  Hauptaufgabe  muss  es  sein,  die  Schwindler 
von  Medizinmännern,  welche  die  Zauberer  ermitteln,  zu  fassen.  Die 
Sitte  der  Kindesmorde  dürfte  trotz  aller  Strenge  noch  lange  heimlich 
fortbestehen,  da  sie  gleichfalls  auf  Aberglauben  zurückzuführen  ist, 
denn  ein  Kind,  dessen  Zähne  unregelmässig  wachsen,  gilt  als  Krank¬ 
heit  und  Tod  bringend. 

Aufklärung  allein  kann  da  helfen. 


329 


Anhang. 

Sprachproben  der  Kimbugu. 


K  imbugu 

Kimbugu 

1 

we 

viel 

kurnure 

1  Mann 

muhe  mue 

neu 

kuale 

2 

nu 

alt 

ya  alalu 

3 

kai 

allein 

kokii 

4 

hai 

Rind 

nde  und  wa 

5 

koi 

Kuh 

mili 

6 

tisu 

Stier 

tschuru 

7 

mfungate 

Ziege 

afa 

8 

nane 

Schaf 

alu 

9 

kenda 

Hund 

die 

10 

hadu 

Katze 

mnjaue 

11 

hadu  na  we 

Maus 

kerje 

20 

mahadu  manu 

Vogel 

himeno 

heute 

wai 

Huhn 

kweno 

morgen 

senu 

Ei 

makokoha 

übermorgen 

hugo 

Milch 

maiba 

gestern 

ossa 

Schlange 

bome 

sogleich 

igi  ji  i 

Biene 

ngilenu 

hier 

idi 

Honig 

nnäa 

dort 

irai 

Horn 

haremu 

wieviel 

mme 

Mann 

mgi  u.  muhe  u.  kiome 

wer 

nigi 

Leute 

wahe 

ich 

ani 

J  ungfrau 

mualeta 

dn 

ari 

Frau 

mnaseta 

er 

niga 

Kind 

iiigi  und  njache 

dieser 

ja 

grösseres  Kind 

milo 

diese  (PI.) 

vä 

Heirath 

eshla 

ja 

neto 

Vater 

aba 

nein 

tehelo 

Mutter 

läge 

drinnen 

sa 

Bruder  (älterer) 

mkugiru 

draussen 

gana 

Bruder  (jüngerer) 

ngaugu 

vorn 

kara 

Schwester 

nitaugu 

hinten 

lia 

Greis 

magiru 

oben 

ana 

Knochen 

fara 

unten 

di  oder  egendera 

Stirn 

bassa 

alle 

kabuna 

Gehirn 

wongo 

gross 

mgiru 

Fleisch 

nihena 

klein 

kitutu 

Blut 

sako 

weiss 

kuä 

Haut 

mkwangu 

schwarz 

kuhame 

Haare 

usha 

klug 

epitije 

Kopf 

muha 

dumm 

kivile 

Auge 

ila 

gut 

kusso 

Ohren 

malame 

schlecht 

kussa  und  asanu 

Nase 

nunga 

330 


Kimbugu 

Kimbugu 

Hand,  Arm 

muharega 

Lüge 

lame 

Ellbogen 

kigogara 

Stock 

mtate  u.  burane 

Finger 

kisatu 

Wald 

guge 

Fingernägel 

luchimu 

Berge 

bwao 

Mund 

müo 

Stein 

sahu  PI.  masahu 

Zähne 

mai'ki 

Sonne 

ase 

Zähne  spitz  machen 

kupa  maiki 

Mond 

mushie 

Zunge 

luanda 

Regen 

mare 

Hals 

waga 

Tag 

cli  ach  o  *) 

Brust 

kate 

Nacht 

ama 

Busen 

rnasemu 

Kälte 

sää 

Bauch 

maso 

Hitze 

muäsa 

Knie 

murra 

ich  habe 

nilo 

Fuss 

same 

ich  habe  nicht 

silo 

Sohle 

lubalime 

du  hast 

ulo 

Handfläche 

segera 

er  hat  nicht 

telo 

Speisen 

vijauhu 

wir  haben  nicht 

tetulo 

Banane  (Frucht) 

magern 

er  ist  todt 

agaiga 

Banane  (Pflanze) 

kindeno 

er  ist  sehr  alt 

elo  magiru 

Mais 

gagalla 

der  Hund  bellt 

die  a  lcalä 

Salz 

mnaru 

wo  gehst  du  hin 

uhonle 

W  asser 

mai 

ich  esse 

niaviäuhu 

Feuer 

muashla 

er  isst 

a  a  viauliu 

Rauch 

muäo 

ich  will  essen 

nadakü  a  viäuhu 

Topf 

köre 

ich  will  nicht  essen 

si  ka  a  viäuhu 

Löffel 

lumeko 

ich  koche  Essen 

niatu  viäuhu 

Hunger 

kela 

sprechen 

kohoro 

Ohrklotz 

papale 

rufen 

kuse 

H  litte 

minda 

sehen 

kuesu 

Thiire 

afeta 

tanzen 

kura 

Stuhl 

kire 

ich  kaufe 

nawe 

Messer 

kauahä 

ich  liebe  meinen 

mim  dumu  mbahu 

Axt 

lioia 

Bruder 

koö 

Markt 

kihojä 

suchen 

kudä 

Krankheit 

mruchäii 

ausruhen 

kuvuvui 

Medizin 

muha 

sitzen 

kusokodi 

Pfeil 

muhibe 

schneiden 

kutöu 

Bogen 

mgusso 

Bäume  fällen 

kutöu  mihatu 

Schwert 

muaha 

der  Stock  bricht 

burane  ya  buike 

Speer 

toru 

ich  schlage 

nama 

Häuptling 

mdilau 

ich  werde  schlagen 

nekuma 

Gott 

kiumbi 

ich  habe  geschlagen 

nama 

Sklave  (Schuldner) 

mheje 

ich  bin  geschlagen 

namaiwe 

Freund 

msaho 

worden 

Fremder 

mgasho 

ich  schöpfe  Wasser 

nibuhu  mai 

Krieg 

aku 

ich  decke  zu 

n  aha  bare 

Friede 

haue 

ich  freue  mich 

nashamiwa 

*)  ch  nicht  wie  tsch  auszusprechen. 


Kimbugu 

Kimbugu 

er  ist  ein  guter  Mann 

elo  kiome  kikusso 

dieser  Mann  ist  gut 

mgf  ja  ni  mkusso 

früher  war  er  gut 

aseto  ne  mkusso 

dieser  Mann  ist 

mhe  ja  ni  mkussa 

jetzt  ist  er  schlecht 

ko  ja  asanu 

schlecht 

Die  Ziege  trinkt 

afa  jasawaha  mai' 

dieser  Mann  ist  bes- 

mhe  ja  ni  nikusso 

Wasser 

ser  als  alle  Leute 

e  liorei'  wa  aro 

ich  gebe  der  Ziege 

minio  i  waha  mai' 

ehemals  als  er  kam 

aseto  ku  lita 

Wasser  zu  trinken 

k’nfa 

wer  ist  der  Besitzer 

salau  nigi 

er  hat  die  Thür  ge¬ 
öffnet 

asa  luhige  afeta 

wieviel  Kinder  hast 
du 

ulo  wamilo  wamme 

die  Thür  öffnen 

saja  afeta 

er  war  3  Tage  beim 

asocho  miase  milcai 

ich  friere 

nahewa  ni  sää 

V  ater 

liegi 

oder  nakoja  sää 

Feuer  anzünden 

kuvuvu 

es  regnet 

marisi 

das  Wasser  ist  heiss 

mai'  a  saä 

ich  ergreife  ihn 

nnemdara 

mein  Stock  ist  lang 

burane  koo  ni  küsse 

ich  habe  ihn  er- 

namdara,  nimdari 

wo  bist  du  geboren 

uehai  welle 

griffen 

Diese  Frau  hat 

j  a  mnaseta  acha  wa- 

er  ist  getödtet  wor¬ 
den 

agai'wa 

6  Kinder  geboren 

milo  matisu 

Astronomische  Beobachtungen,  angestellt  im  Jahre  1894 
von  Graf  Götzen  in  Ostafrika. 

Berechnet  von  Dr.  Fritz  Cohn  in  Königsberg. 

Die  astronomischen  Beobachtungen,  welche  Graf  Götzen  auf  seiner  Reise 
durch  Afrika  ausgeführt  hat,  erstrecken  sich  über  den  Zeitraum  von  Anfang 
Januar  bis  Ende  August  1894.  wo  er  den  Kongo  erreichte,  und  enthalten: 

1.  Höhenbeobachtungen,  die  dem  Zweck  der  Breiten-  und  Zeitbestimmung 
dienten, 

2.  Azimuthbeobachtungen,  welche  theils  die  Azimuthe  irdischer  Objekte 
festlegen,  theils  in  Verbindung  mit  den  Ablesungen  einer  Magnetnadel 
die  magnetische  Deklination  bestimmen  sollten. 

Betreffs  dieser  letzteren,  der  magnetischen  Beobachtungen,  sei  schon  hier 
bemerkt,  dass  das  vorliegende  Material  nur  mangelhaft  ist  und  keine  erhebliche 
Genauigkeit  bietet,  so  dass  dieselben  ganz  bei  Seite  gelassen  werden  können. 

Die  Beobachtungen  sind  angestellt  mit  einem  Universalinstrument  von 
Sprenger-Berlin;  beide  Kreise,  von  20'  zu  20'  getheilt,  ermöglichen  mit  Hülfe 
der  Nonien  eine  Genauigkeit  der  Ablesung  von  1/2I  bis  1/i'.  Der  Höhenkreis 
wird  durch  zwei  miteinander  fest  verbundene  Klappnonien  abgelesen,  eine  Ein¬ 
richtung,  die  in  Verbindung  mit  einem  später  zu  besprechenden  Mangel  der 
ganzen  Beobachtungsart  von  Nachtheil  für  die  Resultate  gewesen  ist.  Das 
Fadennetz  bestand  aus  je  fünf  etwa  10'  voneinander  abstehenden  Horizontal- 
und  Vertikalfäden.  Bei  Zeitbestimmungen  wurde  der  Durchgang  des  Sternes 
durch  die  drei  mittelsten  Horizontalfäden  beobachtet;  bei  den  Breitenbestim- 


332 


mungen  in  der  Mähe  des  Meridians  wurden  die  Beobachtungen  am  Mittelfaden 
gemacht.  Stets  wurde,  wenn  nicht  Bewölkung  es  verhinderte,  in  hei  den  Kreis¬ 
lagen  beobachtet. 

Eine  Beschädigung,  welche  das  Instrument  am  Beginn  der  Reise  durch 
Fall  erlitt,  ist  ohne  merklichen  Einfluss  gewesen. 

Ehe  ich  hier  auf  die  Beobachtungen  selbst  eingehe,  ist  es  nöthig,  einen 
Punkt  zu  erörtern,  der  der  Ableitung  sicherer  Resultate  trotz  aller  nachträg¬ 
lichen  Bemühungen  nicht  selten  schädlich  gewesen  ist. 

Bei  allen  Beobachtungen,  sowohl  der  Höhe  als  auch  des  Azimuths,  wurde 
von  dem  Beobachter  stets  nur  ein  Nonius  abgelesen.  Es  wäre  das  unerheblich 
gewesen,  wenn  wenigstens  in  beiden  Kreislagen  derselbe  Nonius  benutzt  worden 
wäre;  dann  würde  nur  der  Exzentricitätsfehler,  den  man  nachträglich  hätte  be¬ 
stimmen  können,  von  Einfluss  gewesen  sein;  ausserdem  wäre  die  Genauigkeit 
der  Ablesungen  und  der  Schutz  gegen  Ablesefehler  bei  der  Ablesung  zweier 
Nonien  grösser  gewesen.  Leider  sind  aber  in  beiden  Kreislagen  stets  ver¬ 
schiedene  Nonien  abgelesen  worden,  so  dass  in  die  Höhen  eine  vollkommen 
unbekannte  Grösse,  die  konstante  Reduktion  des  einen  Nonius  auf  den  anderen, 
die  ja  nicht  genau  180°  zu  betragen  braucht,  eingeht.  Man  kann  auch  sagen, 
der  Zweck  des  Beobaclitens  in  beiden  Kreislagen,  nämlich  die  Elimination  des 
Indexfehlers,  wird  durch  diese  Art  der  Beobachtung  vereitelt.  Es  war  dieses 
der  Hauptmangel  der  ganzen  Beobachtungen,  und  es  war  die  Hauptaufgabe  fin¬ 
den  Berechner,  diese  Fehlerquelle  nach  Möglichkeit  zu  eliminiren,  indem  so  oft 
als  irgend  möglich  aus  den  Beobachtungen  selbst  jene  konstante  Reduktion  des 
einen  Nonius  auf  den  anderen,  die  als  ein  konstanter  Fehler  d  h  aller  Höhen 
erscheint,  ermittelt  wurde.  Es  kam  hier  jener  Mangel  der  Klappnonien  hinzu, 
da  man  nicht  sicher  ist,  ob  sie  für  längere  Zeit  eine  unveränderliche  Beziehung 
zueinander  haben.  Es  zeigt  sich  indessen,  dass  sie  in  gewissen  Zeiträumen 
konstant  gewesen  ist. 

Meistens  gelang  es  nun,  einen  plausiblen  Werth  für  diesen  Fehler  dh  zu 
ermitteln,  nur  für  den  Schluss  der  Reise,  wo  die  Beobachtungen  etwas  spärlicher 
werden,  war  dies  nicht  immer  möglich,  so  dass  hier  die  Breitenbestimmungen, 
in  welche  dh  oft  mit  doppeltem  Gewicht  eingeht,  unsicherer  werden.  Ein 
Mittel,  den  Fehler  ganz  zu  eliminiren,  wäre  es  gewesen,  wenn  stets  zu  allen 
Breitenbestimmungen  ein  Nord-  und  ein  Südstern,  zu  allen  Zeitbestimmungen 
ein  Ost-  und  ein  Weststern  benutzt  wäre;  dann  hätte  gleichzeitig  aus  der 
Differenz  der  beiden  Bestimmungen  d  h  ermittelt  werden  können.  Indessen  ist 
das  gerade  bei  den  Breiten  meist  nicht  der  Fall. 

Die  folgende  Uebersicht  giebt  alle  Werthe  von  dh,  welche  sich  aus  den 
Beobachtungen  ermitteln  Hessen: 


28.  und  29.  Januar  1894 

Kondoa  .  .  . 

.  dh  =  +  0’.77 

Gewicht 

l 

31.  , 

Borishalager  . 

+  0'.29 

„ 

2 

9.  Februar  „ 

Mangati  .  .  . 

+  0'.16 

„ 

1 

21.  und  22. 

Kitagandalager 

+  0'.14 

„ 

0 

25. 

Ishikabach  .  . 

+  0'.41 

„ 

1 

28. 

Uduhe  .  .  . 

—  3'.45 

„ 

1 

23.  März 

Ushirombo  .  . 

—  3'. 01 

V 

1 

24. 

„ 

—  3'.99 

1 

23.  März  u.  2.  April  „ 

„  •  • 

—  3’. 28 

V 

2 

18.  Mai  „  Nyavarongo  . 

dieser  Werth  ist  unsicher, 

—  0'.4 
aber  jedenfalls  y 

—  3'. 

0 

17.  Juli  „ 

Lager  .  .  . 

—  0'.90 

V 

1 

21.  und  22.  August  „ 

Tupalo  .  .  . 

—  1 '  .45 

n 

2 

333 


Nach  dieser  Uebersicht  ist  es  klar,  dass  zwischen  dem  25.  und 
28.  Februar  ein  Sprung  eingetreten  ist:  unsicherer  ist  die  Entscheidung  nach 
dem  2.  April  1894.  Es  wurde  angenommen: 

dli  =  -f-  0'.4  bis  25.  Februar  1894  einschl., 

=  —  3'.4  vom  25.  Februar  bis  2.  April  einschl., 

=  —  1\3  vom  18.  Mai  bis  Schluss. 

Man  sieht  zugleich,  dass  in  den  beiden  ersten  Abschnitten  die  Sicherheit 
der  Bestimmungen  nichts  zu  wünschen  lässt. 

Die  übrigen  Instrumentalfehler,  wie  die  Exzentricitätsfehler  der  Kreise,  die 
Fehler  der  Nonien  u.  s.  w.,  der  Werth  eines  Niveautheils,  konnten,  da  sie  ja 
konstant  sind,  nachträglich  bestimmt  werden.  Zu  diesem  Zweck,  und  um  noch 
einige  andere  Instrumentaluntersuchungen  anzustellen,  unternahm  ich  im  März 
1895  in  Leipzig  an  dem  Instrument,  an  dem  bis  dahin  nichts  geändert  worden 
war,  eine  Reihe  von  Beobachtungen.  Es  ergab  sich  eine  im  Ganzen  befriedi¬ 
gende  Sicherheit  derselben  und  eine  genügende  Konstanz  der  Felder,  um  die¬ 
selben  in  Ermangelung  anderer  Bestimmungen  während  der  Reise  selbst  in  An¬ 
wendung  bringen  zu  können. 

Was  nun  die  Beobachtungen  des  Grafen  Götzen  selbst  anbetrifft,  so  sind 
dieselben,  abgesehen  von  dem  erwähnten  Mangel,  zweckentsprechend  angestellt; 
stets  wurde  darauf  geachtet,  Sterne  in  der  Nähe  des  Meridians  zur  Breiten¬ 
bestimmung  zu  beobachten,  und  nur  bei  einigen  Sonnenbeobachtungen  ist  die 
zu  geringe  Zenitlidistanz  von  Nachtheil  gewesen. 

Im  Ganzen  liegen  aus  24  Orten  astronomische  Beobachtungen  vor,  die 
indessen  nur  15  Breiten  ergeben,  da  theils  die  Beobachtung  durch  eingetretene 
Bewölkung  gestört  wurde,  theils  nur  den  Zweck  einer  Zeitbestimmung  hatte. 
Ueberliaupt  ist  meistens  auf  die  Güte  der  Zeitbestimmungen  mehr  Gewicht  gelegt 
worden  als  auf  die  der  Breiten,  welche  letzteren  in  den  meisten  Fällen  nur  auf 
einem  einzigen  Stern  beruhen.  Dabei  ist  dann  die  Möglichkeit  des  Unterlaufens 
gröberer  Fehler  viel  grösser  als  bei  zahlreicheren  Beobachtungen. 

Ich  stelle  nun  hier  die  erlangten  15  Breiten  zusammen  und  gebe  daneben 
die  ungefähre  Unsicherheit  derselben  an.  Diese  beruht  indessen  auf  einer  ganz 
subjektiven  Schätzung  meinerseits  und  soll  nur  einen  ungefähren  Maassstab  für 
die  den  einzelnen  Breiten  zukommende  Genauigkeit  geben. 


Mgeralager . 

Kondoa  . 

Borishalager . 

Wurumanangi  in  Mangati . 

Rastplatz  am  20.  Februar  1894  .  .  . 

Kitagandalager . 

Rastplatz  am  Ishikabach . 

Lager  beim  Hauptdorf  von  Uduhe 
Lager  beim  Hauptdorf  von  Bukombe 
Lager  bei  Igulwa,  Usliirombo  .  .  . 

Am  Kageraflusse . 

Am  Nyavarongoflusse  (18.  Mai  1894)  . 
Kivusee,  erstes  Lager  (17.  u.  20.  Juni) 

Kivusee,  Insel  ip . 

Tupalo . . 


<1  Ungefähre  Unsicherheit 

—  5°  24'.8  ±  F 

—  4°  54'.1  ±  1' 

—  4°  49'. 6  ±  1/2’ 

—  4°  15'. 8  ±  iV 

—  3°  38'. 1  ±  2’ 

— ■  3°  28'. 8  mindestens  +  1’ 

—  3°  35' .4  ±  1' 

—  3°  36'.3  mindestens  ±  1' 

—  3°  30'.9  d=  3' 

—  3°  25' .4  dr  W 

—  2°  19'  oder  —  2°  3'  ±  3’ 

—  1°  58'.3  dt  2' 

—  1°  40'.4  db  2' 

—  1°  46'.0  ±  2' 

—  0°  58’.2  ±  2' 


334 


Betreffs  Kagera  ist  zu  bemerken,  dass  die  beiden  Werthe  auf  verschiedenen 
Sternen  beruhen  und  zunächst  nicht  entschieden  werden  kann,  welche  Beobach¬ 
tung  fehlerhaft  ist.*) 

Besonders  hervorzuheben  ist  noch  der  ausgezeichnete  Gang  der  Uhren. 
Graf  Götzen  hatte  deren  drei  mit,  von  denen  eine  (Dürrstein  No.  26)  durchweg 
als  Beobachtungsuhr  diente.  Insbesondere  diese  letztere  Uhr,  aber  auch  die 
beiden  anderen  sind,  wie  schon  eine  oberflächliche  Betrachtung  des  Uhrjournals 
zeigt,  ganz  vorzüglich  gegangen,  so  dass  für  einen  Theil  der  Reise  sogar  der 
Versuch  eines  Längenanschlusses  gemacht  werden  konnte  und  erfolgreich  war. 
Für  die  Orte  Kondoa  (A  —  35°  57',  28. /29.  Januar  1894)  und  Nindo  (A  =  33°  6'.3, 
6.  März  1894)  waren  nämlich  ziemlich  sichere  Längen  bekannt,  auch  lagen  Zeit¬ 
bestimmungen  vor.  Aus  diesen  konnte  mithin  der  Gang  der  Beobachtungsuhr 
und  daraus  der  Gang  des  Mittels  der  drei  Uhren  bestimmt  werden.  Indem 
dieser  letztere  als  konstant  angesehen  wurde,  konnte  für  die  dazwischen  liegen¬ 
den  Orte  der  Stand  der  Uhr  in  mittlerer  Zeit  Kondoa  berechnet  und  durch  die 
Vergleichung  mit  den  gemachten  Zeitbestimmungen  die  Längendifferenz  gegen 
Kondoa  ermittelt  werden.  Um  zu  zeigen,  wie  genau  die  erhaltenen  Längen- 
dilferenzen  sind,  stelle  ich  hier  in  Klammern  die  von  Dr.  Kiepert  aus  dem 
ltinerar  erhaltenen  daneben: 

Ort  Längendifferenz  gegen  Kondoa  (35°  57'  10"  östl. Gr.) 

Borishalager . -f-  0'.2  (-)-  lr) 

Wurumanangi  in  Mangati . — -  24'. 9  (—  15'. 3) 

Zweites  Vemberelager  (18./19.  Februar  1894)  —  1°  1,6'. 3  ( —  1°  15') 

Kitagandalager . —  1°  30’.0  ( —  1°31') 

Ishikabach . —  1°  53'.0  (—  1°  53') 

Lager  beim  Hauptdorfe  von  Uduhe ....  —  2°  5'. 6  ( —  2°  7') 

Nindo . —  2°  50'. 7  — 

Missionsstation  St.  Michael  in  Mssalala  .  .  —  3°  21'.3  ( —  3°  18'. 6) 

Nur  bei  Mangati  ist  ein  erheblicherer  Unterschied  vorhanden,  der  nicht 
weiter  erklärt  werden  kann. 

Die  Azimuthmessungen  beziehen  sich,  wie  bemerkt,  auf  einzelne  irdische 
Objekte,  sie  sind  häufig  unsicher,  wie  schon  die  oft  merklichen  Differenzen  in 
beiden  Kreislagen  zeigen;  es  hat  dies  jedenfalls  an  der  Unbestimmtheit  der 
beobachteten  Objekte  gelegen. 

Ausser  diesen  astronomischen  Beobachtungen  ist  mit  dem  Theodoliten 
noch  eine  ausführliche  Triangulation  des  Kivusees,  und  zwar  der  nördlichen, 
von  Graf  Götzen  befahrenen  Hälfte  desselben,  ansgeführt  worden.  In  Ver¬ 
bindung  mit  den  zugehörigen  astronomischen  Beobachtungen  giebt  dieselbe  ein 
ziemlich  anschauliches  Bild  der  Begrenzung  des  Sees,  der  zahlreichen  Vor¬ 
sprünge  seines  Ufers  und  der  Inseln,  die  sich  in  diesem  Theile  des  Sees 
vorfinden. 


*)  Nach  der  Routenkonstruktion  ist  keine  von  beiden  zu  gebrauchen,  doch 
kommt  —  2°  19’  der  Wahrheit  näher.  Die  Red. 


Schluss  der  .Redaktion  am  4.  Dezember  1895. 


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