COPIES
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MEMOIRES
… LACADENIE IMPERIALE DES SCIENCES
TOME AAA.
(Avec 11 planches)
SAINT-PÉTERSBOURG, 1887.
Commissionnaires de l'Académie Impériale des sciences:
à St.-Petersbourg: à Riga: à Leipzig:
MM. Eggers ct Ci°et J. Glasounof, М. N. Кушше!; | Voss’ Sortiment (G. Haessel)
Prix. 7 Roub!. 70 Cop. = 25 Mk. 60 Pr.
Imprimé par ordre de l’Académie Impériale des sciences. |
` ER Sch С. Vessélofsky, Secréta
Imprimérie de l’Académie Impériale des sciences.
N Vass.-Ostr. 9% ligne, № 12. ie
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TABLE DES MATIÈRES
DU TOME XXXV.
Bemerkungen über die Geckoniden-Sammlung im Zoologischen Museum der Kaiserlichen Akademie
der Wissenschaften zu St. Petersburg. Von Dr. Alexander Strauch. (Mit 1 lithogra-
; _ phischen Tafel) 72 + IT pages.
Struve. 34 pages.
> 4.
Iutgefässkeine und deren Entwickelung bei einem Hühnerembryo. Von Dr. М. Uskow. (Mit
en. 48 pages.
Weiteres über das Anwachsen der Absorptionscoofieinten von co, in : den Salzlösungen.
= ‘tschenow. 82 pages, = À R
M 8.
Zur Geschichte der kaukasischen' Ture (capra caucasica Güld. und capra cylindricornis вау).
Von Eug. Büchner. (Mit 2 phototypischen Tafeln) 27 wagen,
№ 9.
Die Dampftensionen der Lösungen. Von &ustav Tammann. (Mit 5 Tafeln) 172 pages.
№ 10 ET DERNIER.
Diluviale europäisch-nordasiatische Säugethierfauna und ihre Beziehungen zum Menschen. Von J ohannes
Мер. Woldrich. II+ 162 pages.
MÉMOIRES
L’ACADEMIE IMPÉRIALE DES SCIENCES DE ST. -PÉTERSBOURG, VIF SÉRIE.
Tome XXXV, N° L
UNTERSUCHUNGEN
ÜBER DIE GESCHICHTE
KÖNIGREICHS OSROENE
Correspondirendem Mitgliede der Akademie.
(Lu le 29 avrd 1886.)
—>—
St.-PETERSBOURG, 1881.
Commissionnaires de l’Académie Impériale des sciences:
St-Pétersbourg: Riga: Leipzig:
M. Eggers et €'® et J. Glasounof; ; М. М. Kymmel; Voss’ Sortiment (G. Haessel.)
Prix: 45 Кор. = 1 Mrk. 50 Pf.
[Imprimé par ordre de l’Académie Impériale des sciences,
11100
С. Vessélofs У, Secrétaire ps
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LITERATUR.
R. Reineccius, Historia Julia, III (Helmstädt 1597, fol.) p. 280—284. (Aelteste, sehr
vollständige Stellensammlung.)
J. S. Assemanus, Bibliotheca Orientalis, I (Rom 1719, fol.) p. 417—423. (Erste
Publication der Königsliste des Dionysios von Tell-mahrê mit einem gelehrten Com-
mentar, der freilich darin fehlgeht, daß er die chronologischen Widersprüche des
Chronisten mit sich selbst durch Zahlenänderungen zu heben sucht.)
Th. S. Bayer, Historia Osrhoëna et Edessena ex numis illustrata, Petersburg 1734,
4. p. 32—207. (weitschweifig und ohne Kritik, — wie denn die zur Ausgleichung der
Widersprüche zwischen den Classikern und Dionysios ersonnene Ausflucht, daß Abgar
ein dynastischer Name sei, ein Einfall Bayer’s ist: aber als reiche Materialien-
sammlung ist sein Buch noch immer brauchbar, natürlich mit Ausnahme der numis-
matischen Partien.)
Fr. Wise, Nummorum antiquorum scriniis Bodlejanis reconditorum catalogus, Oxford 1750,
fol. Epistola ad у. cl. Joannem Masson de nummo Abgari regis, р. 299—310. (be-
handelt die späteren Zeiten des edessenischen Reichs mit einer kritischen Methode,
die, auch abgesehen von der Zeit des Schreibers, volle Anerkennung verdient.)
J. Eckhel, Doctrina numorum veterum, III (Wien 1794, 4.) р. 511—516. (hat trotz
des noch sehr unvollständigen Materials auch für die edessenische Münzkunde die
kritische Grundlage geschaffen.)
Е. ©. Visconti, Iconographie Grecque, Paris 1808, fol. N. Ausg. ') Ш (Mailand 1826, 8.)
р. 45—57. Т. Il, 4—12. (in dem eigentlich numismatischen Theile hat er eine
1) Nach dieser bin ich genöthigt zu citieren.
Mémoires del’Acad. Imp. des sciences, VIIme Série. 1
Literatur.
2 ALFRED VON GUTSCHMID,
weniger glückliche Hand gehabt als sonst, seine historischen Erläuterungen sind aber
auch hier brauchbar.)
T. Е. Mionnet, Description de médailles antiques, У (Paris 1811, 8.) р. 613—625.
Supplément VIII (Paris 1837, 8.) p. 409—414. (Vollständigster Münzkatalog, fast
ausschließlich auf das Cabinet de France und die gedruckte Literatur basiert; die
Irrthümer Visconti’s sind berichtigt worden, aber das im Supplément neu Hinzuge-
kommene beruht im Wesentlichen auf Sestini’s Descrizione delle medaglie del Museo
Hedervariano, weshalb davor zu warnen ist.)
Ch. Lenormant, Trésor de numismatique et de glyptique. Numismatique des Rois Grecs
(Paris 1849, fol.), p. 130—134. Pl. LXII, 8—18. LXIIL, 1—15. (Die schraffierten
Abbildungen geben anscheinend ein treues Bild von dem Zustande, in welchem die
Münzen erhalten sind, die Brauchbarkeit des beschreibenden Textes hat aber durch
die zahllosen Druckfehler in der griechischen Schrift schwer gelitten; die einge-
flochtenen historisch-numismatischen Untersuchungen verdienen als der einzige ernst-
hafte Versuch, in die Iconographie der edessenischen Könige Licht zu bringen und die
verschiedenen Abgare gehörig auseinanderzuhalten, die vollste Beachtung.)
J. Saint-Martin, Fragments d’une histoire des Arsacides, I (Paris 1850, 8.) р. 103—162.
(Betrachtungen über die ältere Geschichte des edessenischen Reichs, auch ohne das
kritiklose Hineinarbeiten der Erzählungen des Moses von Khoren völlig unbrauchbar.)
W. M. Leake, Numismata Hellenica. Kings and dynasts (London 1854, 4.), p. 39—40.
(Beschreibung der Münzen seiner jetzt im Fitzwilliam Museum in Cambridge befind-
lichen Sammlung.)
W. Scott, Notice of some royal coins of Mesopotamia. Numismatic Chronicle XVIII
(London 1856, 8.) p. 1—26. Pl. n° 1—6. (Erste Veröffentlichung und Entzifferung
der aramäischen Münzlegenden nebst historischen Erläuterungen, eine solide, grund-
legende Arbeit.)
У. Langlois, Numismatique de l’Armenie dans l’antiquite. Paris und London 1859, 4.
р. 48—82. Pl. IV—VI. (als das Werk, das die meisten Abbildungen von Münzen,
sämmtlich aus dem Cabinet de France, gibt, nicht ohne Werth, freilich so flüchtig
compiliert, daß sogar die Scott’sche Arbeit übersehen worden ist; die geschichtlichen
Abschnitte, welche das dilettantische Gepräge der übrigen Schriftstellerei ihres Ver-
fassers nicht zu verleugnen vermögen, sind nicht zu brauchen.)
R. A. Lipsius, Die edessenische Abgar-Sage, Braunschweig 1880. 92 SS. 8. (hat die
vielverzweigte legendarische Ueberlieferung zuerst kritisch untersucht und auf diesem
Gebiete Ordnung geschaffen; geschichtlich wichtig ist der Nachweis, daß die Abgar-
sage zum guten Theil ein Reflex ist der wirklichen ne des späteren Abgar zu
Anfang des 3. Jahrhunderts.)
UNTERSUCHUNGEN ÜBER DIE GESCHICHTE DES KÖNIGREICHS OSROËNE. 3
Die Königsliste des Dionysios von Tell-mahre.
Das Verzeichniß der Könige von Edessa ist uns in der 776 п. С. verfaßten Chronik Die Ueberlie-
des Syrers Dionysios von Tell-mahr& erhalten und mit dieser zugleich in der neuerlich
erschienenen lateinischen Uebersetzung von Siegfried und Gelzer weiteren Kreisen zu- 4
gänglich gemacht worden. Da jedoch diese Uebersetzung sich gerade in Bezug auf den be-
treffenden Abschnitt in Folge verschiedener hier untergelaufener Versehen als Grundlage
für weitere Untersuchungen wenig eignet, so glaube ich auf den Dank der Mitforscher
rechnen zu können, wenn ich eine vor längerer Zeit mir von meinem Freunde Nöldeke
mitgetheilte Uebersetzung der wichtigen Urkunde hier veröffentliche. Diejenigen Jahre
Abraham’s, die nicht unmittelbar mit den die edessenische Königsreihe betreffenden Angaben
verknüpft sind, habe ich in Klammern gesetzt, da man in diesen Fällen nicht wissen kann,
ob der Synchronismus ein genauer oder ein bloß annähernder sein soll. Die Königsliste ist
zuerst publiciert worden von Jos. Assemani, Bibl. Orient. I, 417 ff., dann in der Ausgabe
des Dionysios von Tullberg. Die Differenzen Beider sind nicht unerheblich, und es schien
mir von Wichtigkeit, hier zu voller Gewißheit zu gelangen. Herr Professor Ignazio Guidi
in Rom hat, einer Bitte von mir mit gewohnter Liebenswürdigkeit entsprechend, die große
Güte gehabt, sämmtliche Stellen, an denen jene Beiden auseinandergehen, einer Nachver-
gleichung zu unterziehen. Dieselbe bestätigt, zwei (freilich sehr wichtige) Ausnahmen abge-
rechnet, die Sorgfalt der Tullberg’schen Arbeit; doch war die Handschrift, als Assemani
sie benutzte, noch besser erhalten. Ueber ihren heutigen Zustand schreibt mir Guidi:
-«Unglücklicher Weise sind in der letzten Zeit die schadhaften Blätter des Codex mit vegeta-
bilischem Papier verdeckt worden, was dazu dient, die Handschrift besser zu erhalten, aber
die Lesung derselben doppelt schwer und unsicher macht». Eine jüngere Hand hat am
Rande Verschiedenes ergänzt; Tullberg nennt sie zu p. 68, 3 «schwerlich syrisch». Diese
Ergänzungen sind nach Guidi’s Mittheilungen theils in Sertä, theils in nachgeahmtem Es-
traug&lä geschrieben, aber, da die zu р. 68, 3 aus dem einen Schriftcharakter in den
andern übergeht, von Einer und derselben Hand. Er äußert anläßlich einer dieser Margi-
nalnoten (der zu p. 66, 18) die gleichen Bedenken wie Tullberg und bemerkt über sie im
Allgemeinen: «Sicher sind sie sehr viel jünger als der Rest des Manuscripts, die Schrift ist
jene häßliche Nachahmung des Estrangelä, die man auf den Titeln, u. s. w. ganz junger
Codices sieht. Ich würde nur schwer daran gehen zu glauben, daß Assemani selbst sie in
die Handschrift geschrieben haben sollte: immerhin will ich es aussprechen als bloßen Ver-
dacht, und als nichts mehr». Es läßt sich wenigstens das feststellen, daß Assemani diesen
‚Anschriften als etwas Gegebenem gegenüber steht: er will — sehr mit Unrecht — die Re-
gierungsjahre Abgar’s IH. ändern, und die Regierung Ma’nu’s У. hat er stillschweigend um-
gestellt und das Jahr Abraham’s geändert, woraus doch soviel hervorgeht, daß er, sollte
N 1*
ferung der
Königsliste
es Dionysios
von Tell-
mahre.
4 ALFRED VON GUTSCHMID,
er wirklich der Schreiber sein, in jenen Randnoten nicht eigene Combinationen, sondern
Varianten einer Handschrift gegeben hat. Aber р. 418, n° VII. beruft er sich auf «Diony-
sius in margine» ausdrücklich, die jüngere Hand ist folglich älter als Assemani, und da
dieser nach seiner eigenen Angabe (Bibl. Orient. II, 98 f.) die Handschrift im Marien-
kloster von Skete zuerst entdeckt hät, diese aber theilweise auf ausgelöschte ältere kop-
tische Schrift geschrieben, also sicher in Aegypten entstanden ist, so scheint es auf den
ersten Blick, als könnten die Ergänzungen nur von einem syrischen Mönch in der nitrischen
Wüste herrühren. Indeß ist es denkbar, daß Assemani, die Wichtigkeit dieser Königs-
liste erkennend, sie durch die Hand eines Europäers im Orient aus einer Handschrift, die.
ihm selbst nicht zugänglich war, hat ergänzen lassen. Welches auch der Ursprung jener
Marginalnoten sein mag, für die Echtheit der in ihnen niedergelegten Nachrichten, auf die
es hier allein ankommt, lassen sich zum Glück zwei Entlastungszeugnisse beibringen: der
19. König heißt in den Akten des h. Sharbil (bei Cureton, Ancient Syriac documents
p. 41) Abgar der Siebente, eine Zahl, die nur herauskommt, wenn der von der jüngeren
Hand bezeugte 8. König Abgar bar Abgar mitgezählt wird, und die Angabe über die Re-
gierung Ma‘nu’s У, wird wenigstens insoweit bestätigt, als nicht nur die Lehre Addai des
Apostels р. 32 (31) von einem Sohne Abgar’s Ma‘nu als mit dem Vater zugleich bekehrt
weiß, sondern auch der Text der Chronik unter dem J. 2067 als Vorgänger des 17. Königs
einen Мапи bar Abgar nennt.
Die Königs- Aus der Chronik des Dionysios, herausgegeben von Tullberg.
liste nach
Nöldeke’s
Ueber- Ps. 65) a/o 1880 Abr. ward König über Edessa der erste König Orhäi bar Hewjä 5 Jahre,
setzung.
ten auf Olympias 249.
und nach seinem Namen wurde Orhäi genannt. Sie fiengen an Olympias 161. und hör-
Ро. 66) [a/o 1884.] (es sollte heissen: a/o 1888.) In dem Jahre ward König über Edessa
‘Abdü bar Maz‘ür 7 Jahre.
a/o 1894 starb der König von Edessa und König ward Ph’radasht bar Gébar‘ü
5 Jahre.
a/o 1900 ward König über Edessa.
.. (am Rande: Bakrü bar Ph’radasht)” 3 Jahre
und nach ihm Bakrü bar Bakrü 20 Jahre.
1) In demselben Jahre wie die Vertreibung des Ptole-
mäos und der Untergang des Antiochos, die nach Hiero-
nymus beide 1888 Abr. erfolgten.
2) «Die Worte Bakrü bar Ph’radasht am Rande von
neuerer Hand» Tullberg. «Der Text läßt» — schreibt
mir Guidi — «keine Lücke; die nachgetragenen Worte
sind in einem häßlichen Sertä geschrieben, und, was da-
bei sonderbar ist, nicht bloß in häßlichen, sondern auch
dünnen Schriftzügen und solchen, die schwerlich, so
scheint es mir, im Orient geschrieben sind, sondern viel-
mehr mit einer europäischen Feder».
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UNTERSUCHUNGEN ÜBER DIE GESCHICHTE DES KÔNIGREICHS OSROËNE. 5
Ро. 67) [a/o 1928.] Und über Edessa ward König Мапа 4 Monate und nach ihm Abgar
Pêqà 25 Jahre und 9 Monate.
[a/o 1937.]? Und Abgar tödtete den Bakrü und herrschte allein 23 Jahre
und 5 Monate.
Ро. 68) (am Rande: und es ward König über Edessa Abgar bar Abgar 15 Jahre.)
a/o 1960 starb der König von Edessa und die Edessener waren ohne Herren
1 Jahr wegen des Streites aus Sucht nach der Herrschaft. Und danach ward König
über sie Ma’nü, der Allähä genannt ward, 18 Jahre und 5 Monate.
a/o 1980 starb der König von Edessa und ward König Paquri 5 Jahre.
Pg. 69) a/o 1985 starb Paquri und ward König Abgar 3 Jahre, und nach ihm ward König
Abgar Summägqä 3 Jahre.
Ро. 71) a/o 1990 ward König über Edessa Ma’nü, der Saphlül genannt ward, 18 Jahre
und 7 Monate.®
Pg. 114) (am Rande: [a/o 2015.] Ma‘nü bar Ma'nü 6 Jahre.)
Pg. 122 — fehlt ро. 116) (am Rande: [a/o 2020.] Мапа bar [Abgar] 7 Jahre.) ®
1) So die Hs. nach Tullberg, übereinstimmend mit
Eusebius, der den gleichzeitigen Anfang der 2. Regie-
rung des Ptolemäos УП. in dieses Jahr setzt; «wenn
schon die Schrift nicht sehr deutlich ist, so scheint es
doch sicher, daß der Codex 1928 hat» Guidi. 1918 Asse-
mani, wohl durch Conjectur.
2) So Tullberg, was Guidi sicher stellt. 1934 Asse-
mani, wie nach Tullberg auch zu lesen möglich ist,
aber in Widerspruch mit Eusebius, der den gleichzeitigen
Regierungsantritt des Ptolemäos X. 1937 setzt.
3) Die Worte stehen nach Tullberg von einer neu-
eren, schwerlich syrischen, Hand am Rande ohne irgend
ein Verweisungszeichen; die Richtigkeit seiner Angaben
bestätigt Guidi, welcher hinzufügt, daß ein Theil
der Randbemerkung (die Worte: 5070] $ yatolo
Aa
Nachahmung von Estrangëlà, der andere Theil (die
153.9 21 $2)
die Marginalnote S. 66, geschrieben ist. Assemani hat
die Worte auf das J. 1944 Abr. bezogen.
4) So Tullberg; Guidi bemerkt: «der Codex scheint
18 J. 7 Mon. zu haben». 28 J. 7 Mon. Assemani, wohl
durch Conjectur.
5) «2018 Abr. Königward über Edessa Ma'nû bar Ма’па
in einer schlecht gerathenen und unsicheren
— . A ;
Worte: Gla in Sertä, wie
6J.»Assemani. Hierzu bemerkt Tullberg: «Quae miror
me inCod. non invenisse». AberGuidi schreibt mir: «Nach
Beendigung der Erzählung von den Weisen aus dem Mor-
genlande steht im Codex ein Verweisungszeichen, welches
am Rande wiederholt ist vor den in der That am Rande
stehenden Worten: © {1529 025% $5 ai,
Diese Worte sind von neuerer Hand und in nachgeahm-
tem Estrangelä. Die Form des Zahlzeichens ist genau
СТ statt G\, aber die kleine Verschiedenheit rührt von
der Gattung der Estrangelä-Schrift her, die eben nach-
geahmte ist. Die Worte aOio] $ SSL] sind
weder jetzt zu erkennen, noch scheint es, daß sie je in
der Handschrift vorhanden gewesen sind. Auch die Be-
ziehung der Notiz auf 2018 scheint willkürlich ». Sie steht
zwar vor dem J. 2019, gehört aber vielmehr unter das
im Vorhergehenden zuletzt genannte Jahr 2015 Abr.
6) Pg. 122 Tullb. fehlt wenigstens Ein Blatt der Hand-
schrift, welches die Ereignisse der Jahre 2050 — 2065
Abr. enthielt. Assemani hat Folgendes: «A/o 2061 starb
Abgar, König von Edessa, und ward König sein Sohn
Ma'‘nû 7 Jahre». Tullberg bemerkt hierzu: «quae eti-
am in Cod. nullus inveni», hat also die Stelle in jener
Lücke vermuthet. Die Sache verhält sich aber wesentlich
anders, worüber Guidi mir Folgendes mittheilt: «Fol.
25 v. (der Rückseite des Blattes, auf dessen Vorderseite
die auf Ma’nü IV bezügliche Notiz steht) finden sich am
Rande die Worte: 9 15219 | сы! 99. ©1555: und
zwar mit einem Zeichen, das ihnen ihren Platz im Texte
Tullberg’s p. 116,1. 17 zwischen dem Regierungsantritt
des Archelaos und dem Auftreten Jehuda des Galiläers
anweist. Welches Wort auf 52 folgte, ist jetzt nicht mehr
zu erkennen, und auch der Rest ist von sehr schwieriger
a
ALFRED VON GUTSCHMID,
117) a/0 2024 ward König über Edessa Abgar Ukkämä, der vertrieben war’), 37 Jahre
120) a/o 2046 sandte Abgar, König von Edessa, einen Brief an Christus in’s Land von
122) a/o 2067 starb Ma‘nû bar Abgar, König von Edessa, und ward König sein Bruder
129) a/o 2081 starb Мата, König von Edessa und ergriff die Herrschaft Abgar bar
148) a/o 2101 ward König über Edessa Abgar bar Izat 6 Jahre und 9 Monate.
a/o 2106 starb Abgar, König von Edessa, und wegen der Sucht nach der Herr-
schaft stimmten sie nicht einem Haupte zu und so blieben sie im Streit 2 Jahre, und
danach ergriff die Herrschaft Îlur?) Pharnataspat 3 Jahre und 10 Monate.
151) a/o 2113 ward König über Edessa Pharnataspat 10 Monate und nach ihm Ma’nü
153) a/o 2130 ward König über Edessa Ma‘nû bar Ma‘nû 24 Jahre und gieng hinüber
. 156) a/o 2154 ward König über Edessa Wä’il (о) bar Завга 2 Jahre und nach ihm
ward König Ma‘nû bar Îzat?), nachdem er vom römischen Lande zurückgekehrt war,
12 Jahre. Die Summe aber seiner ganzen Regierung ist 36 Jahre, ohne die, in denen
a/o 2169 ward König über Edessa Abgar bar Ma‘nû 35 Jahre.
6
Pg.
und 1 Monat.
Pg.
Jerusalem.
Ps.
: Мапа 14 Jahre. |
Pe.
Ma‘nû 20 Jahre.
Pg.
Ро.
bar Îzat 16 Jahre und 8 Monate.
Pe.
zum römischen Lande.
BE
er im römischen Lande war.
be
. 159) [а/о 2203]. Und über Edessa ward König Abgar Severos mit seinem Sohne 1 Jahr
und 7 Monate und nach ihm ward König Мапа sein Sohn 26 Jahre.
. 162) a/o 2232 war eine Ueberschwemmung in Edessa von dem Flusse, der von der
Westseite der Stadt in sie hineintritt. In eben dem Fluß, der Daicän Re) heißt,
Lesung, und es nimmt nicht Wunder, daß Tullberg
ihn nicht wahrgenommen hat. Die Worte sind, wie die
anderen der Vorderseite, in nachgeahmtem Estrangelä
geschrieben». Hieraus ergibt sich, daß Assemani still-
schweigend eine Umstellung vorgenommen, das Jahr Abra-
ham’s geändert und die Anfangsworte 2 A0 219
frei ergänzt hat; der Vatersname war vielleicht schon
zu seiner Zeit unleserlich. Der Blattverlust in der
Handschrift, der mit einer Blätterverheftung in Verbin-
dung steht, dürfte schon vor Assemani vorhanden ge-
wesen sein.
1) an Cod., wozu Guidi bemerkt: «Diese un-
genaue Orthographie für 22] ist in ähnlichen Fäl-
len in der Handschrift des Dionysios nicht selten, und
ich entsinne mich ihr sonst begegnet zu sein». Auch
Tullberg hat Add. p. 30 das Richtige gesehen.
SZ (der geheilt wurde) Assemani durch Con-
jectur.
2) Das 5 am Schlusse von ja Sa ist zweifelhaft(Tull-
berg). Assemani hat dafür “och (von Edessa).
Guidi bemerkt darüber: «Der Zustand des Codex macht
es unmöglich, das Wort 5aQa oder „olof zu lesen;
ich glaube in Wahrheit eine Spur von our zu sehen,
vermag aber nichts Sicheres oder zum Mindesten sehr
Wahrscheinliches zu sagen».
3) Schreibfehler wohl für Ma‘nû bar Мата barlzat.
UNTERSUCHUNGEN ÜBER DIE GESCHICHTE DES KÖNIGREICHS OSROËNE. й
gab es in der Nacht schwere Wassergüsse. Und während Jedermann schlief und ruhig
und still in seinem Hause war, drang der Fluß, bis an den Rand gefüllt, ein (in die
Stadt); aber die Ausgänge an der östlichen Mauer wurden ihm versperrt von der Masse
des Mitgeschwemmten (Holzes, Unrathes, etc.), das ег von den Bergen und den großen
Straßen mitführte; so wandte sich die Fluth zurück, und während Jedermann zu
Bette lag und schlief, drang das Wasser zu ihnen ein durch Thüren und Fenster, und sie
ertranken auf ihrem Lager. (pg. 163) Und die Häuser, welche aus Lehm und aus
Luftziegeln gebaut waren, wurden naß und fielen zusammen und verschütteten ihre
Besitzer, und sie wurden Gräber für ihre Bewohner. So ward erfüllt die Weissagung,
die da sagt: «ihre Gräber sind ihre Häuser auf ewig»'!). Es ertranken darin (im
Strome, bez. durch den Strom) mehr als 2000 Menschen und viel Vieh. Da die Fluth
nun aber stark ward wider die Mauer, riß diese plötzlich, sank ein und ward von
(eigentlich «vor») dem Wasser fortgerafft. Und sie (die Fluth) führte auch die Stadt
gefangen fort (so wörtlich) und brachte Alles hinaus, was der Wasserguß überdeckt
hatte: Leichen von Menschen und Vieh, große Dinge und glänzende Geräthe und
Alles, was auf den großen Straßen und in den Buden der Stadt ist. Sie führte auch
die Gärten gefangen fort und die Häuser und Dörfer und alle Habe), die vor ihr lag,
nämlich auf der Ebene von Edessa und Harrän. Man konnte sehen, wie zurecht ge-
machte Betten darin schwammen, und es traf sich wohl, daß man auch die Leute
(«ihre Herren») noch darin sah.
Pg. 163) [a. 2233.] Hier hörte auch das Reich der Edessener auf, welches gedauert hatte
352 Jahre, und sie wurden den Römern von hier an unterthan.
Die Regierungszeiten der Könige sind bald in Jahren und Monaten, bald in vollen
Jahren gegeben; es ergibt sich schon hieraus, daß wir es hier nicht mit einem eigentlichen
Königskanon zu thun haben. Die Summe der überschüssigen Monate beläuft sich auf 5 Jahre
2 Monate, und bei aller Nachlässigkeit, mit der die Königsliste unter den Jahren Abra-
ham’s eingetragen ist, ergibt sich doch soviel mit Sicherheit, daß diese Zahl eingerechnet
werden muß, um die Gesammtsumme von 352 Jahren herauszubekommen. Jene Nachläs-
sigkeit besteht darin, daß die Regierungswechsel sehr oft 1—2 Jahre zu früh oder zu spät
angesetzt sind; eine Weile wird dann dem einmal begangenen Fehler entsprechend weiter-
gerechnet, bis er bemerkt und berichtigt wird, worauf wieder nach Kurzem ein neuer
Fehler vielleicht der entgegengesetzten Richtung in die Rechnung kommt. Einen andern
Ursprung haben die größeren Abweichungen bei Abgar I. und Ma’nu V. Hinsichtlich der
Anfänge sowohl der Regierung Abgar’s I. im Jahre 1928, als seiner Alleinherrschaft im
Jahre 1937 Abr. liegt eine Verwechselung mit Abgar II. vor: dort ist fälschlich mit den
15 Regierungsjahren des letzteren statt mit den 25, die der Gesammtdauer Abgar’s I.
1) «Ps. 49, 11». Nöldeke, | 2) «Das Wort steht besonders vom Vieh». Nöldeke.
Fehlerhafte
Eintragung
der Königs-
liste in die
Chronik des
Dionysios.
es ALFRED VON GUTSCHMID,
zukommen, zurückgerechnet, hier für die 23 Jahre seiner Alleinherrschaft fälschlich das
Todesjahr Abgar’s II. statt seines eigenen als Endpunkt genommen, — Versehen, die übri-
gens einen weiteren Beweis für die Authenticität der Angaben der jüngeren Hand liefern.
Wenn ferner Ma’nu’s У. Regierungsantritt unter dem Jahre 2020 (oder genauer nach
2020 und vor 2022) Abr. zwischen Ma’nu IV und Abgar V. angemerkt ist, obgleich dort
für seine 7 Jahre kein Platz ist, so hat Assemani den Grund augenscheinlich richtig in
einer Umstellung erkannt und ihm mit Benutzung einer Angabe des Textes, der zunächst
nach Abgar V. einen 2067 Abr. gestorbenen Ma’nu bar Abgar nennt, wieder seine ursprüngliche
Stelle nach diesem Abgar angewiesen. ‚War einmal die Verschiebung eingetreten, so ergab
sich die falsche Antrittszeit um 2020 (genau 2021) Abr. von selbst, indem von dem als
ungefährem Anfangsjahr des vorhergehenden Königs Ma‘nu IV. angenommenen Jahre 2015
Abr. mit dessen 6 Regierungsjahren einfach weiter gezählt wurde. Mit voller Klarheit ergibt
sich aus dieser Art der Einträge, daß die Datierungen durch Rechnung gefunden sind, die
von den Regierungsjahren ausgegangen ist; höchstens liegt die Möglichkeit vor, daß dem,
der die Rechnung anstellte, einzelne feste Punkte gegeben waren. Der Nutzen einer solchen
Rechnung beruht für uns im Wesentlichen nur darin, daß sie eine Controle in Bezug auf
Schreibfehler und den Einzelposten eine größere Sicherheit gewährt. Wenn die Gesammt-
summe nur 342 Jahre 2 Monate beträgt, so gewahrt man mit Hilfe der Datierungen bald,
daß der Fehler in der Mitte der Liste, nach der Regierung Ma’nu’s III. steckt: Assemani
wollte dadurch abhelfen, daß er dessen Regierung auf 28 Jahre 7 Monate erhöhte; da aber
der von ihm verkannte Zusatz bei Abgar V. «der vertrieben war» eine vorhergegangene
erste Regierung desselben voraussetzt, so ist es vielmehr angezeigt, den Ausfall eines Lemma’s
«Abgar Ukamä 10 Jahre» zwischen Мапа Ш und Мапа IV. anzunehmen. Bei der Wieder-
herstellung der Zeitrechnung, wie sie Dionysios aufGrund der ihm vorliegenden Königsliste
hätte geben sollen, ist von uns die Mitte des in Edessa gebrauchten Seleukidenjahrs, also
das Frühjahr, als Ausgangspunkt genommen worden, nicht als ob wir der Meinung wären,
damit das Ursprüngliche getroffen zu haben (vielmehr handelt es sich hier in der Hauptsache
um eine rein conventionelle Chronologie), sondern weil so die Abweichung von den aus-
drücklich angegebenen Jahren Abraham’s nie 2 Jahre übersteigt, die Meinung des Chro-
nisten demnach so am Treuesten wiedergegeben zu werden scheint. Es liegt kein Grund
vor, ein anderes Reductionsverhältniß als das normale bei Eusebius vorauszusetzen, nach
welchem man die Jahre Abraham’s von 2017 abzuziehen hat, um Jahre vor Christi Geburt,
2016 von den Jahren Abraham’s, um Jahre nach Christi Geburt zu erhalten.
Berichtigung Liste der Könige von Edessa.
der Dionysi-
schen Rech- Abr. berichtigt v. Chr.
nung.
1. Orban,bar Hewjaun.n wc na reg. 5 J. — М. а. 1880. 1880 oder 137.
uses ee
2. ‘Abdü bar Mazür » 7 » — » »(1884).1885 » 132.
UNTERSUCHUNGEN ÜBER DIE GESCHICHTE DES KÖNIGREICHS OSROËNE.
Abr. berichtigt.
9
v. Chr
> Ehiradasht bar Gébar da): il reg. 5 J. — M. à. 1894. 1892 oder 125.
> (Bakru.l. ban Phradasht) 200 3 0. DO D MO Al ODO 1897» 11290:
о Бакта Il. bareBakrürallein "25:28 DIN р. 1000: TL 7.
© Bakrü II. neben Мали [0:50 00 De DAT р (1928). 5917. >. 100;
7. Bakrü IT: neben Abgar I. Рёда......... DOM D EDS (AE) ne 190. су 100.
а а 3. ten, 2 5» 12:93:71 920: 57.197.
& WAhbsär IL Баг, Abgar 2...) » 15» — »)» ? 1943 » TA:
Interreonun en » 1» —.» |» 1960. 1958 » 59.
nu Il. AA RAS Gene, Jon amas ue SAONE ВБ р — 1959 » 58.
ЦО GO ВО Ем о 1980. 1978 во" 39.
Bear II Secure pans, 3» = ›{› 198520198300, 34
12. Abgar ТУ. аа ANNE en » Е fh = 1986 » 31.
В ОО DIL. Бара, sie, ons DL: 7. м»: 1990. 1,989». 98:
И баг. V. Ukkäma ss DOM), 200 mm TO?
n.Chr.
Папы: bar Ма. » б»— »)»(2015). 2017 » 1%
Abgar У. Ukkämä zum 2. Mal .......... Mesa MR DD 0240209235 7
Manu 1. Бат Аба. » 7» — »)»(2020). 2060 » 44.
и. Manu VI. bar Abgar 4 04 2" 1 DA DE D D 2067412067 5.51
SN boar УР Баг. Manû 2251 C0. 90» — » > 2081 2087: > : 65.
19. Abgar УП. bar Îzat И is MATE D JD M2 T O1 21210125 85.
RARES Um Ne ne are delire о 2106-2108 74292;
20. Îlu(r) Dharnataspat sr an D MUR TL RCE DA A OLD) I» D TO DANONE
21. Pharnataspat RE TS AR EMEA ЕК De DO № N" D AE LA И HS 98.
22. Мапа УП. bar Izat BEE RER SEEN ОЗ en RTE 99.
204 Мапа У. Баг Мата а. BD AN = У» и 21.305 25,
Ма Вар Ва... » 2 » — » \» 2154. 2155 4139
Manu, VIT zumt23. Mahn > ee DD А
25. Abgar (ТХ.) bar Ma'nû allein ........... » 35 » — » » 2169. 2169 » 153.
26. Abgar Severos und sein Sohn........... ое» 7 (2205) 2204/0188;
и Чана IX bar Аба. » 96 » — »)» — 2906 » 190.
IErnderdest ее ре Е, » (2233): 2232: » 216.
Summe: (27 Könige) 352 Jahre (2 Monate).
Mémoires de l'Acad. Imp. des sciences. УПше Serie. 2
Die legenda-
rische Ueber-
lieferung.
Osroës und
Arju.
Der Vater
des Königs
Abgar.
10 ALFRED VON GUTSCHMID,
Die legendarische Ueberlieferung.
Von einheimischer sowohl als von griechischer Seite fließen uns ziemlich reichlich le-
gendarische Quellen zu, deren historische Ausbeute (wenigstens die directe) gleich Null ist,
die aber nicht unbeachtet bleiben dürfen, weil sie die Liste der edessenischen Könige zur
Voraussetzung haben und mehrfach Synchronismen bieten, welche um Jahrhunderte älter
sind als die Angaben des Dionysios von Tell-mahre. Zu diesen nicht streng historischen
Nachrichten müssen auch die des Procopius gezählt werden; dieselben tragen zwar eine der
sonstigen Art des Historikers entsprechende politische Färbung, sind aber doch ganz abhän-
gig von der Abgarlegende, die von ihm bereits mit der Stadtchronik von Edessa verbunden
vorgefunden worden ist. =
Procop. Pers. I, 17 р. 85 (Dind. ) hat dieselbe Angabe wie Dionysios, daß Osroëne !)
nach Osroës benannt sei, der vor Alters in diesem Lande regiert habe, als die Leute dort mit
den Persern (d. i. Parthern) verbündet waren. Ihr gegenüber steht die abweichende Angabe
der syrischen «Lehre Addai des Apostels» р. 49 (47) ed. Phillips, ) welche des Grabmals
derer vom Hause des Arju gedenkt, der Ahnherren des Vaters des Königs Abgar.
Der König, der an Christus geschrieben, von ihm ein Antwortschreiben erhalten haben
und nach der Himmelfahrt von Thaddäos oder Addai getauft und vom Aussatze geheilt wor-
den sein soll, heißt schon in der ältesten Quelle, Euseb. Н. Е. I, 13, nach sicheren Spuren
der Ueberlieferung *) in den Eingangsworten seines Briefs Abgaros Uchama, nach der Lehre
des Addai in demselben Zusammenhange p. 3 (4) Abgar Ukamä (der Schwarze). Die arme-
nische Uebersetzung (bei Langlois I, 318) hat dies, seiesdurch Verlesen, sei es weilsie An-
stoß daran nahm, daß der König sich selbst mit einem von seinem schwarzen Aussatze
entlehnten Beinamen genannt haben sollte, durch Abgar Sohn des Arsham ersetzt. An einer
anderen Stelle (р. 1 (1) = Langl. I, 317) heißt er König Abgar Sohn des Königs Ma‘nu,
in Uebereinstimmung mit Dionysios. Vom armenischen Texte der Lehre hängt Moses von
Khoren ab, wenn ihm II, 24 Abgar’s Vater Ardsham oder Arsham heißt, den gewisse
Syrer Manov nännten; außerdem scheint er noch eine Königsliste gekannt zu haben, nach
1) Die richtigen Formen finden sich "Opp«. bei Isidor.
Charac. 1 (Müller, Geogr. Gr. min. I, 246), Orrheni auf
einer Inschr. bei Muratori II, р. 665, n° 1, ’Opbonvn bei
Steph. Byz. у. Валуа, Arabes Oroei bei Plin. М. Н. У 5.
85. VI $. 25. 129 (dagegen hat die Arabum gens qui Ar-
rhoei vocantur et Vandani VI $. 117 mit Urhai nichts
zu schaffen).
2) Inderarmenischen Uebersetzungbei Langlois, Col-
lection des historiens de l’Arménie I, 325 ist zugleich mit
dem Tode des Addai, den sie vielmehr wegziehen läßt,
auch dieser damit in Verbindung stehende Zug getilgt
worden.
3) "AByapoc oùx qua топарумс codd. Paris. 1431. Mar-
cian. 339; Abgarus Uchaniae filius toparcha Rufin. I,
15: nachgewiesen bei Lipsius, Die edessenische Abgar-
Sage 8. 15.
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UNTERSUCHUNGEN ÜBER DIE GESCHICHTE DES KÖNIGREICHS Озвойме. 11
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welcher er ihn (II, 25) 20 Jahre regieren läßt, wohl eine Abrundung der 18 J. 7 Mon.
bei Dionysios und somit eine Garantie dafür, daß diese Zahl richtig überliefert ist.
Unsere älteste Quelle setzt den Briefwechsel in das Jahr 340 (des Reichs der Grie- Die Zeitbe-
stimmungen
chen), wenn schon in einigen Handschriften sowohl des Eusebius als des Rufinus schüch- ges Verkehrs
terne Versuche gemacht worden sind, das Jahr (3)43 hineinzucorrigieren. Eben dieses Jahr
343 steht in der Lehre des Addai ll. ce. im syrischen Texte, während der armenische 340
bewahrt hat. Ihre Angabe р. 3 (3) = Lang]. I, 317, daß Abgar’s Bote Mittwoch, den 12.
Nisan mit Christus zusammengetroffen sei,') darf nicht als ein solarer, auf das Jahr 30 п. С.
führender Charakterismus angesehen werden, wie dies allerdings vielleicht die Meinung
des Dionysios von Tell-mahrê (р. 120 ed. Tullb.) gewesen ist, wenn er Abgar seinen Brief
an Christus im Jahre 2046 Abr. nach Jerusalem senden läßt; vielmehr ist jene Datierung,
da der Vorfall Christi Tod unmittelbar vorhergehend gedacht ist, einfach abstrahiert aus
dem Tage der Kreuzigung Freitag, den 14. Nisan. Das Datum 340 ist das ursprüngliche, der
älteren kirchlichen Tradition, welche die Passion in das Jahr 29 setzt, entsprechende; erst
später wurde die Wirksamkeit Christi auf Erden von 1 auf 3 Jahre oder etwas mehr oder
weniger erhöht, was in diesem Falle den Anlaß gab, das Jahr 343 Gr. = 32 п. С. an die
Stelle zu setzen). Da die für das Zusammentreffen von Abgar’s Boten mit Christus ange-
gebenen Jahre also nur ein anderer Ausdruck für Christi Todesjahr sind, so ist es kein
Wunder, daß sie in demselben Grade auseinandergehen, wie die Berechnungen des letzteren.
Sehr bestimmt ist dieser Zusammenhang ausgedrückt in den nestorianischen Acta S. Maris,
1 (р. 12 ed. Abbeloos), die sonst völlig von der Lehre des Addai abhängen, deren Datierung
aber durch die Worte ersetzen: «nach Ablauf von 15 Jahren der Regierung des Tiberius
Cäsar, als bereits ihrem Ende sich zuneigten die 3 Jahre des Waltens des Herrn Jesu un-
ter den Menschen», somit in der gleichen Weise wie die verschiedenen Texte ihrer Quelle
der älteren Tradition die neuere zur Seite stellend. Der «Hingang unserer Frau Maria» in
der von W. Wright im Journal of sacred literature and biblical record 1865 veröffentlich-
ten Recension p. 8 (5) scheint, da er einen die Bestrafung der Juden, die Christum gekreu-
zigt, anregenden Brief Abgar’s an den Kaiser Tiberius im Tishrin II. des Jahres 345 in
Jerusalem eintreffen läßt, für den Verkehr des Königs mit Christus das vorhergehende
Jahr angenommen zu haben. Gregor Abü’lfarag gibt hierfür im syrischen Chronicon p. 51
f. (48 f.) das 19. Jahr des Tiberius an, was der Rechnung des Eusebius entspricht und so
gut wie das Jahr 344 Gr. auf das Jahr 33 n. C. hinauskommen würde; in dem etwas aus-
führlicheren Abschnitte der Historia compendiosa dynastiarum р. 112 (71) stellt er aber ne-
ben das 19. Jahr des Tiberius das Jahr 342 — 31 в. С. Endlich im Chronicon ecclesias-
ticum III, 1 р. 11 (edd. Abbeloos et Lamy), wo er nestorianischen Quellen folgt, setzt er
1) Aus der Lehre des Addai ist das Datum, aber ohne 2) Den Nachweis gibt Lipsius, Die edessenische
den Wochentag, übergegangen in die Acta $. Maris, 2 | Abgar-Sage, S. 24.
(р. 15 ed. Abbeloos).
Abgar’s mit
Christus.
Bestimmung
des Anfangs
und Endes
von Abgar’s
Regierung
nach der Le-
gende.
12 ALFRED VON GUTSCHMID,
das mit Christi Todesjahr zusammenfallende Jahr der Bekehrung Abgar’s durch Addai der
altkirchlichen Ansicht gemäß in das 30. Jahr nach der Himmelfahrt (es hätte heißen sol-
len: nach der Incarnation) unseres Herrn, das ist das 15. des Kaisers Tiberius. Dieselbe
Verwechselung mit dem 30. Jahre nach der Himmelfahrt unseres Herrn hat der nesto-
rianische Historiker Märi ben Sulaiman bei Assemani, Bibl. Orient. III, 2 p. XI mit dem
merkwürdigen Zusatze, Addai sei nach Edessa gekommen, wo er den Abgar bekehrte und
heilte, «unter dem Königthum des Afrähät ben Afrähät er-Rohäwi». Ich denke, hier hat
sich ein leichter Schreibfehler!) eingeschlichen und es war der 2 у. С. — 4 n. С. regie-
rende Phrahates V.,?) Sohn des Phrahates IV., als parthischer Oberkönig genannt, der frei-
lich ein Zeitgenosse nicht der Himmelfahrt, sondern der Geburt Christi gewesen ist. Zur
Gewißheit wird diese Vermuthung durch die Quelle, aus der Märi geschöpft zu haben scheint,
die kürzlich bekannt gewordenen Acta S. Maris, 17 (р. 48 ed. Abbeloos), nach welchen zu
der Zeit, da der Heilige in das Land Babe] kam, Aphrahat der Sohn Aphrahat des Parthers
in Seleucia und Ktesiphon, den Städten von Beth Armajé regierte. Seltsamer Weise er-
scheint dann in derselben Schrift c. 26 (p. 66) neben ihm Artaban als in Ktesiphon und
Gouchai herrschend: vermuthlich ist die Regierung des Phrahates V. der künstlich für den
angeblichen Jünger Christi Märi ausgerechnete Synchronismus, die des letzten Partherkö-
nigs Artabanos V. aber der Zeitpunkt des geschichtlichen Eindringens des Christenthums
in Beth Armajé 3).
Deutlicher ist ein Synchronismus, der im syrischen Texte der Lehre des Addai wahr-
scheinlich gleichzeitig mit der Veränderung des ursprünglichen Jahres der Griechen besei-
tigt worden ist, sich aber mit diesem zugleich in der armenischen Uebersetzung bei Langlois
I, 317 erhalten hat: nach dieser erfolgte im Jahre 340 der Griechen, unter der Regierung
des Kaisers Tiberius und des Königs Abgar bar Ma’nu, im 32. Jahre, am 12. Tishri I.,‘)
die erste Sendung des letzteren nach Jerusalem. Demnach wäre Abgar König geworden im
Jahre 309, wenn die Regierungsjahre den Kalenderjahren gleich gesetzt waren, oder 308
der Griechen, wenn sie vom Tage der Thronbesteigung gerechnet waren’), Herbst 4/3 oder
schichtlich möglich ist: und damais herrschten wirklich
in Babylonien zwei Partherkönige neben einander, Vo-
lagases V., Sohn des Volagases IV., und sein Bruder Ar-
tabanos.
4) So list das syrische Original; der Armenier hat
Trê, was nach stehender Gleichung den Tishri II. bedeu-
tet, vermuthlich durch ein bloßes Versehen.
5) Wo die einzig bekannte Datierung die nach Jahren
17 sole I] statt Kool JI.
2) Dies ist der aus dem Mon. Ancyr. V, 54 bekannte
wahre Name des sonst mit einer Verkleinerungsform
Phrahatakes genannten Herrschers.
3) Nach dem ältesten Geschichtsschreiber der nesto-
rianischen Kirche Märi ben Sulaiman starb Papä, der
Vorgänger des chronologisch sicher stehenden Shem'ûn
bar Сафо‘ё, im Jahre 326 und war 70 + 12 Jahre im Amte,
eine unmögliche Zahl, die ganz aussieht wie gemacht um
eine Lücke zu überbrücken; die angeblich 33 jährige
Amtszeit des Märi, der nach den Akten Рарё’з unmit-
telbarer Vorgänger war, fiele demnach zwischen 211 —
244, eine Zeit, in der seine Thätigkeit wenigstens ge-
der Könige ist, ist die erste Rechnung die allein mög-
liche, wo dagegen neben den Königsjahren eine feste
Aera seit lange in Uebung ist, wie dies in Edessa mit der
Seleukidischen Aera der Fall war, ist die zweite Rechnung
| ebenso gut statthaft.'
IR
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ЕЕ.
M. Ch 1 аа An zn
UNTERSUCHUNGEN ÜBER DIE GESCHICHTE DES KÔNIGREICHS OSROËNE. 13
Herbst 5/4 у. Chr. Geb. Aus dieser Stelle der armenischen Lehre des Addai hat Mos. Choren.
II, 26 geschöpft, wenn er die von Lucas erwähnte allgemeine Schatzung, d. h. Christi Geburt, in
das 2. Jahr des Abgar setzt. Aus einer Königsliste gibt er ihm (II, 33) 38 Jahre, welche den 37 J.
1 Mon. des Dionysios entsprechen. Nach der Lehre des Addai p. 48 (46) starb Addai noch
bei Lebzeiten Abgar’s an einem Donnerstag, den 14, Ijär, !) ein in den Acta 5. Maris, 5
(р. 21) wiederholter Charakterismus, der auf das Jahr 45 п. С. passt: und so haben es die
nestorianischen Historiker verstanden, von denen ‘Amr ben Mattä (bei Assem, III, 2
р. XIII) denselben 14. Ijâr als Todestag, 12 J. und einige Mon. als die Dauer seiner Pre-
digt angibt; Märi ben Sulaiman (ebend. III, 2 p. XI) sagt, 12 Jahre,
Was abgesehen von der Anlehnung an die edessenische Königsliste in der Abgarsage
sonst noch an die Geschichte anklingt, sind verdunkelte Erinnerungen aus der Zeit der Juli-
schen Kaiser, die in der Lehre des Addai р. 39 (38) = Lang]. I, 324 seltsam genug in
der Weise zusammengeschoben sind, daß Gajus und Claudius als Mitkaiser des Tiberius und
in verschiedenen Hauptstädten residierend gedacht sind, wie das seit Diocletianus üblich war.
Der Aufstand der Spanier, den dieselbe Schrift p. 38 (37) =Langl. I, 324 als Grund an-
gibt, warum die von Tiberius geplante Bestrafung der Juden für ihren an Christus began-
genen Frevel hinausgeschoben worden sei, ist die Erhebung Galba’s in Spanien gegen Nero,
die in der That einen solchen Einfluß auf die Niederwerfung des jüdischen Aufstands ge-
habt hat. Der Statthalter von Syrien Sabinos bar Eustorgis, der Epitropos des Kaisers, wie
er in der Lehre des Addai р. 1 (2) = Langl. I, 317 in Uebereinstimmung mit dem Hingang
unserer Frau Maria bei Wrisht p. 9 (6) heißt, oder Marinos Sohn des Storg, wie Mos.
Choren. IT, 30 ebendaselbst gelesen hat,°) kann nichts Anderes sein als Zaßivos 9 сломили
70$; wenn ihn eine andere Stelle derselben Lehre des Addai р. 38 (37) = Lang]. I, 324
Olbinos der Hyparch (arm. ВеГалоз der Eparch) nennt, so weist dies auf eine griechische
Vorlage hin, in der OABINOC aus CABINOC verlesen war. Dieser Mann ist schwerlich ein
anderer als der aus Jos. A. J. XVII, 10, 1. В. Г. П, 3, 1 bekannte Sabinus, Epitropos des
' Kaisers in Syrien, welcher als der, der den Anlaß zur ersten Erhebung der Juden gegen
Rom im Jahre 4 v. C. gegeben, in jüdischen Kreisen besonders bekannt sein mußte.
Der einzige reale Hintergrund der legendarischen Erzählungen von Abgar Ukamä ist
Reminis-
cenzen aus
der Zeit der
Julischen
Kaiser.
Der Reflex
der Bekeh-
der Reflex der historischen Bekehrung Abgar’sIX. zum Christenthum; Lipsius, Die edesse- rungsge-
nische Abgar-Sage 5. 8 ff. hat sich für diesen Beweis in erfolgreicher Weise der von ihm
mit Recht als authentisch in Anspruch genommenen Nachricht der Lehre des Addai p. 52
(50) = Lang]. I, 325 (und daraus im Martyrium des Barsamjä bei Cureton р. 72) bedient,
daß Palut (arm. Bel‘ot), angeblich der 2. Nachfolger des Addai, vom Bischof Serapion von
Antiochia (190--212) ordiniert worden sei. Seinen Nachweisen von Spuren dieser späteren
1) Ebenso im armenischen Texte bei Langl. I, 395, 2) Sabinos und Marinos lassen sich in armenischer
obgleich da der Tod des Addai in einen Weggang ver- | Majuskelschrift leicht verwechseln.
wandelt worden ist.
schichte Ab-
gar’s IX.
14 ALFRED VON GUTSCHMID,
Zeit in der Sage von Abgar darf vielleicht noch hinzugefügt werden, daß seine mit ihm zu-
gleich bekehrte Mutter in der Lehre des Addai р. 9 (9) = Langl. I, 319 Agustin genannt
wird, was nicht wohl etwas Anderes als Auyouotnv sein kann, vom Armenier also richtig
mit Augusta wiedergegeben worden ist; dieser für die Zeit des Abgar Ukamä unmögliche
Name gehört in die Reihe der von Abgar IX. und seiner Familie geführten Namen Severus,
Antoninus u. 5. w. und ist wohl von dem für einen Eigennamen genommenen Titel der Julia
Domna entlehnt. Auch die Erzählung des Procop. Pers. II, 12 p. 206 f. (Dind.) von dem
Toparchen Augaros von Edessa und seinem Besuche in Rom beim Kaiser Augustus gehört
hierher; er sei ein überaus kluger Mann gewesen, Augustus habe deshalb ein solches Wohl-
gefallen an ihm gefunden, daß er ihn gar nicht wieder in seine Heimath habe entlassen
wollen; nur durch ein eigenthümliches von der Beobachtung der Thiere im Circus herge-
nommenes Gleichniß sei es ihm gelungen, die Erlaubniß zur Rückkehr zu erhalten, beim
Abschied habe ihm Augustus das Geschenk eines Hippodrom’s für die Stadt Edessa gemacht;
es habe sich dies mit Augaros zugetragen vor seiner Krankheit, die später von Christus ge-
heilt ward. Die Situation ist eine für die Zeit des Abgar Ukamä unmögliche; von dem Christ
gewordenen Abgar IX. aber wissen wir aus Cass. Dio LXXIX, 16, daß er unter Severus
nach Rom kam und mit großem Pomp dahin geleitet wurde. Sobald wir nur den Namen Seve-
rus an die Stelle des Augustus setzen, wird Alles, was Prokop erzählt, einfach geschichtlich. !)
Was Mos. Choren. II, 28 von einer Reise sagt, die Abgar 7 Jahre vor seinem Briefverkehr
mit Christus nach Persien unternommen habe, um die Eintracht im Arsakidenhause wie-
derherzustellen, scheint seiner römischen Reise nachgebildet zu sein; denn Moses erfindet
zwar viel, aber nicht leicht etwas, ohne sich an anderweit Überliefertes anzulehnen.
ae Wenn Jo. Malalas II p. 203 (Ox.) das Castell Abgersaton in Osroëne von Abgar, dem
Abgersaton. Toparchen der Stadt der Osroëner, erbaut sein läßt, so ist wohl wegen des Anklangs an den
Titel, den sich Abgar Ukamä in dem Briefe an Christus beilegt, eben an diesen zu denken:
woraus freilich noch nicht folgt, daß die Ueberlieferung geschichtlich ist.
Der abtrün- Die älteste Quelle, Eusebius, hat den Widerspruch, in welchen sich die legendarische
en Bekehrung des Abgar Ukamà zu der historischen Abgar’s IX. setzt, unvermittelt bestehen
des Abgar
nach der Jassen; aber schon die Lehre des Addai р. 51 (49) = Langl. I, 325 weiß zu erzählen, daß
edessenischen
Sage. manche Jahre nach dem Tode des Abgar einer seiner rebellischen?) Söhne, der vom Glau-
ben abgefallen war, dem von Addai zu seinem Nachfolger im Amte eingesetzten Aggai (im
1) Mit glücklicher Intuition hat schon Wise, Nummo- | Cureton (AncientSyriacdocuments, p.22)könnte das «who
rum Bodlejanorum catalogus p. 307 dasRichtige getroffen. | was not obedient to peace» zu der anderen Auffassung
an ie OB 1 Mers ES verleiten, aber die Lesart lise «Friede», welche er hat,
von einer Auflehnung gegen Gottes Gesetze verstanden.
Als «abtrünnig» faßt es auch Nôldeke,.der mir Folgen-
des schreibt: «Der Zusammenhang scheint mir den Sinn | Gas oft gleich rtorıs, «christlicher Glaube», steht».
der Rebellion gegen den Vater auszuschließen ... Bei
ist gewiß nicht sogut wie Phillips’ 1’, « Wahrheit»,
И ON У В
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Г. UNTERSUCHUNGEN ÜBER DIE GESCHICHTE DES KÖNIGREICHS OSROËNE. 15
Armenischen gleichfalls Addai genannt) die Beine habe brechen lassen, daß er auf der Stelle
den Geist aufgab. Von dem armenischen Texte der Lehre hängt Моз. Choren. II, 34 ab.
Die nestorianischen Quellen, Salomo von Bacra bei Cureton, Ancient Syriac documents
Æ
ЕК
а
А:
у. р. 163 und Gregor Abü’lfarag’ im Chron. eccles. III, 1 р. 11 (edd. Abbelooset Lamy)stim-
4 men mit der Lehre des Addai genau überein. Weder diese noch irgend eine andere Quelle
4 nennt den Sohn da, wo seine Abtrünnigkeit erwähnt wird, mit Namen, und Moses spielt nur
йе Versteck, wenn er sagt, er habe Ananun geheißen: Ananun bedeutet nämlich im Armeni-
À schen «namenlos» 1). Es lag aber nahe, daß dabei an den in der Lehre des Addai р. 32
#2.
(31) = Langl. I, 322 allein mit Namen genannten Sohn Ma’nu gedacht und von Späteren
Anstoß daran genommen wurde, daß die betreffende Verheißung des frommen Abgar, er wolle
von jetzt an Christum verehren, er und Ma’nu sein Sohn, nicht eingetroffen sei, und so finden
wir denn in der Armyneıs des Constantinus Porphyrogennetus über das nicht von Menschen-
händen gemachte Christusbild und seine Überführung von Edessa nach Constantinopel (in
Gallandi’s В. PP. XIV, 125) und daraus bei G. Cedrenus (Гр. 311 Bonn.), daß der Зови
Abgar’s Erbe des Reichs und der Frömmigkeit seines Vaters gewesen und erst dessen
Sohn in’s Heidenthum zurückgefallen sei. Weder der älteren noch der jüngeren Version
liegt etwas Anderes zu Grunde als das Bestreben, jenen Widerspruch zwischen Sage und
a Geschichte auszugleichen. An sich braucht auch in der Angabe des Prokop Pers. I, 12
p. 209 (Dind.), Abgar’s Sohn und Nachfolger sei ein ruchloser Tyrann gewesen und aus
Furcht, von den Römern zur Rechenschaft gezogen zu werden, zu den Persern abgefallen,
etwas Weiteres nicht gesucht zu werden: war einmal die legendarische Beziehung Abgar’s
zum römischen Reiche angenommen, so ließ sich diese mit der unleugbaren Thatsache, daß
р Edessa erst durch den Krieg des L. Verus aus parthischen in römische Hände übergieng,
nur so vereinigen, die Erzählung konnte sich auch ohne irgend einen thatsächlichen Hinter-
Ei grund von selbst bilden. Es kann jedoch nicht wohl Zufall sein, daß der letzte König von
Edessa, von dem sich nachweisen läßt, daß er ein Sohn des zum Christenthum übergetrete-
nen Abgar IX. gewesen ist, nach der Schilderung des Cassius Ото (Exc. Vales. р. 746) wirk-
lich einer der grausamsten Tyrannen war, und so werden wir anzuerkennen haben, daß hier
eine historische Reminiscenz aus der ersten Zeit nach der wirklichen Einführung des Chri-
stenthums in Edessa hineingespielt hat. i
Schon der Originaltext der liehre des Addai scheint etwas davon zu wissen, daß auch Addavs Mis-
andere christliche Gemeinden des Ostens den Apostel als Stifter für sich in Anspruch nah- tr:
men, diese Tradition aber der edessenischen zu Liebe absichtlich in den Hintergrund gerückt ae
zu haben; nur so wird р. 37 (35) = Langl. I, 323°) der Hinweis darauf, daß Мегзё (arm. Sagen.
Nerseh), der König der Athurojè, womit wohl im eigentlichsten Sinne die Adiabener gemeint
1) Hierauf hat mich einer meiner Zuhörer, HerrDr.N. | menischen Text der Lehre, aber versetzt mit mancherlei
Karamianz aus Schemacha, aufmerksam gemacht. Zuthaten eigener Erfindung.
2) Was Mos. Choren. II, 33 hat, stammt aus dem ar-
16 ALFRED VON GUTSCHMID,
sind, lebhaft gewünscht habe, den Addai bei sich zu sehen, sich aber dann mit Abgar’s
Schilderung der durch ihn in Edessa geschehenen Wunder begnügt habe, für uns ver-
ständlich. Für eine seinen Landsleuten besonders wichtige Gestalt der Sage hat der arme-
nische Uebersetzer durch planmäßig an seiner Vorlage vorgenommene Aenderungen in der
Lehre des Addai Platz geschafft. Statt in Edessa zu sterben geht Addai bei ihm weg nach
den Ländern des Ostens und Assyrien, um da das Christenthum zu predigen und Kirchen zu
bauen (I p. 324), und erleidet durch die Bewohner des Ostens den Märtyrertod (I p. 325).
Auch Gregor Abü’lfarag im Chron. eccl. III, 1 р. 11 (edd. Abbeloos et Lamy) und die.ne-
storianischen Historiker lassen den Addai in den Orient gehen und dort das Christenthum
predigen; Märi ben Sulaiman bei Assem. III, 2 p. XI sagt, er habe erst durch seinen Schü-
ler Aggai Necibin, Qardà und Bäzabdä, dann in Person die Länder des Orient’s Hazah,
el-Maucil und Bägermä bekehrt, ‘Amr ben Mattä bei Assem. III, 2 p. XIII nennt als das
Missionsgebiet des Addai Necibin, el-Maucil, Hazah und Färs und kennt zwei von ihm ge-
stiftete Kirchen zu Kafar ‘Üzel im Lande Hazah und zu Arzan. Sie alle indeß lassen dann,
mit einer Concession an die edessenische Sage, den Addai nach Edessa zurückkehren; dem
Armenier war offenbar vielmehr das Martyrium die Hauptsache. Dieses erfolgte nach dem
syrischen Stücke von den 72 Aposteln (bei Cureton р. 110) im Lande der Gophanoj&') im
Schlosse Agel (Agil) durch Severos Sohn Abgar’s, oder, wie Salomo von Васга (bei Cure-
ton p. 163) den Namen verlesen hat, Herodes Sohn Abgar’s. Beides ist in syrischer Schrift
leicht zu verwechseln. Im Grunde ist dies dasselbe Martyrium wie das des Aggai durch den
abtrünnigen Sohn des Abgar in der Lehre des Addai, nur mit verändertem Local und eben-
deshalb vielleicht auf eine andere Person übertragen; denn von Neuem schimmert hier ein
Reflex aus dem Zeitalter des geschichtlichen Abgar IX. durch: sein Sohn und Nachfolger ist
jener Severus Abgarus, der auf den Münzen als Zeitgenosse des Antoninus Caracalla er-
scheint. Wahrscheinlich ist er nicht Christ gewesen wie sein Vater: einensolchen würde die
Legende schwerlich zum Urheber eines erdichteten Martyrium’s gestempelt haben. Wenn
Salomo a. а. О. den Thaddai zu einer von Addai verschiedenen Person macht und auch ihn
von Herodes bar Abgar umgebracht und in Edessa begraben werden läßt, so ist das nichts
als ein ungeschickter Versuch, die sophenische und die edessenische Tradition mit einan-
‘der auszugleichen. Außer Sophene erhob aber noch eine andere armenische Gegend An-
spruch darauf, die Grabstätte des Apostels zu besitzen. Nach Mos. Choren. II, 34 gieng
Thaddäos von Edessa bei Lebzeiten des Abgar weg zu Sanatruk, dem Sohne der Оаё, einer
Schwester des Letzteren, der in Armenien regierte: er wurde von ihm zum Christenthum
bekehrt, fiel aber wieder ab und bereitete dem Thaddäos und seinen Begleitern in der
Landschaft Shawarshan *) den Märtyrertod. Moses beruft sich hierfür ausdrücklich auf
den Bericht von Vorgängern.
1) Die entsprechende Form Уюфоудуй hat Arrian bei 2) Später Artaz genannt, die Ebene südöstlich vom
Steph. у. Zwpnvn. Berge Ararat.
UNTERSUCHUNGEN ÜBER DIE GESCHICHTE DES KÖNIGREICHS OSROËNE. 147.
Auch eine andere Angabe des Moses, daß der Sohn des Abgar, der in Edessa re- Die Weiter-
gierte, gestorben sei, indem eine Marmorsäule seines Palastes aufihn fiel und ihm die Beine
zerschmetterte, wie er einst dem Aggai gethan (II, 35), tritt nicht aus dem Rahmen legen-
darischer Fabulierung heraus, die gern in solcher Weise die Vorsehung Vergeltung üben läßt, so.
daß sie recht wohl für einen späteren Schößling auf dem Stamme der alten Tradition gelten
darf. Das Folgende entzieht sich jedoch aller Controle: Sanatruk habe sich hierauf aufge-
macht und die Stadt Edessa und die Schätze des Königs von den Einwohnern gegen das
eidliche Versprechen, ihren Glauben nicht anzutasten, ausgeliefert erhalten, habe aber sei-
nen Eid gebrochen und alle Söhne des Abgar mit der Schärfe des Schwertes geschlagen
(II, 35); Nisibis habe er wieder aufgebaut und sei nach 30jähriger Regierung auf der Jagd
durch einen Pfeilschuß umgekommen, wie er einst seiner frommen Tochter Sandukht ge-
than hatte (II, 36), hierauf sei Eruand König von Armenien geworden und habe die Kinder
des Sanatruk ausgerottet (II, 37); von den Römern beschützt habe er ihnen Mesopotamien
mit Edessa abgetreten (II, 38)”. Historische Nachrichten, die Moses allein gibt, sind immer
von vornherein verdächtig; daß jedoch hier nicht Alles Erfindung ist, ersieht man daraus,
daß auch das Stück vor dem Sebêos bei Langl. I, 195 von einem Palaste des Königs Sana-
truk in seiner Residenz Nisibis weiß, und dies kann nicht der im letzten Drittel des 2.
Jahrhunderts regierende Sanatrukes gewesen sein, zu dessen Zeit Nisibis den Römern ge-
hörte. Ferner ist Eruand (4. i. persisch Arvanda) nicht verschieden von Agpßavönc; so bieß
der Sohn Abgar’s VII von Edessa, der, vom Vater an Trajanus geschickt, vor dessen Augen
Gnade fand und seinen Vater bestimmte, dem Kaiser in Person seine Unterwerfung anzu-
zeigen (Cass. Dio LXXV, 21); dieser verwandelte hierauf im Jahre 115 Mesopotamien in
eine römische Provinz.
Dieser Abgar wird ausdrücklich «der Siebente» genannt in den Acten des Sharbil bei
Cureton, Ancient Syriac documents р. 41; in ihnen geschieht auch des älteren Abgar, der
an Christum glaubte, Erwähnung, in cod. B mit dem Zusatze, daß er der Vater des Vaters
jenes späteren Abgar gewesen sei (ebend. p. 43. 180): dies würde völlig auf Abgar VI pas-
sen, beruht also möglicher Weise auf einer Verwechselung mit diesem. Im Eingang der
Acten (p. 41) wird das 15. Jahr des Trajanus und das 3. Abgar’s VII dem Jahre 416 nach
Alexander gleichgesetzt, und auf dieses letztere, also das Jahr 105 п. C., passen die Cha-
rakterismen Dienstag, 8. Nisan (p. 42), Dienstag, 2. Îlul (p. 49) und Freitag, 5. Îlul(p. 61).
Die Zeitbestimmungen 416 der Griechen und 15. Jahr des Trajanus kehren wieder in dem
mit den Acten des Sharbil eng zusammenhängenden Martyrium des Barsamjä, vermehrt durch
das Consulat des Commodus und Cerealis, das freilich nicht dem Jahre 105, sondern dem.
folgenden entspricht. Größer ist die Differenz in Bezug auf das 15. Jahr des Trajanus,
1) Dass dies zur Zeit des Vespasianus und Titus ge- | neter, werthloser Synchronismus.
schehen sei, ist natürlich ein erst von Moses ausgerech-
Mémoires de l’Acad. Imp. des sciences. VIIme Série. 3
spinnung des
Erzäblungs-
fadens bei
Moses von
Khoren.
Die Zeit Ab-
gar’s VII
nach den
Acten des
Sharbil.
Eine Remi-
niscenz aus
der Zeit
Trajan’s.
Der Reflex
der Ver-
folgung des
Decius.
18 ‘ALFRED VON GUTSCHMID,
welches vielmehr das Jahr 112 n. C. ist. Wahrscheinlich ist das Jahr nach Alexander aus
diesem erst durch Rechnung gefunden worden, bei welcher Alexander IT, unter dessen Re-
gierung die Aera der Griechen beginnt, für Alexander den Großen genommen und als Epoche
der Aera sein Tod angesehen worden ist: Irrthümer, die in späteren, namentlich jüdischen,
Quellen nicht selten sind. Vom Herbst 305 ab gezählt ist das 416. Jahr das Jahr Herbst
111 /Herbst 112, was stimmt. Wenn am 4. September 112, Sharbil’s Todestage, das 3.
Jahr Abgar’s VII lief, so lief sein erstes Jahr vom 1. Oct. 109 / 30. Sept. 110 oder, wenn
vom Tage der Thronbesteigung an gerechnet war, vielleicht schon vom Sept. 109.
Außer der Nennung des edessenischen Königs ist die einzige Erinnerung aus der Tra-
janischen Zeit in diesen Acten der р. 45 genannte Lusaniä (Lusjanà cod. В.) oder, wie er
im Martyrium des Barsamjà p. 63 heißt, Lusjanos, der Richter des Landes, von dem Shar-
bil verhört wurde, bei der Leichtigkeit, mit der die Gentilia und die von Gentilien abgelei-
teten Cognomina bei Späteren vertauscht werden,') schwerlich ein Andrer als Trajan’s Feld-
herr Lusius Quietus, von dem das aufständische Edessa erstürmt, zerstört und verbrannt
wurde (Cass. Dio LXVII, 30).
Im Uebrigen ist von Lipsius, Die edessenische Abgar-Sage, 5. 9 f. schlagend nachge-
wiesen worden, daß, was diese Acten von wirklichem Geschichtsstoff enthalten, vielmehr in
die Zeit der Verfolgungen des Decius oder Valerianus gehört; denn Barsamjà heißt sowohl
in den Acten des Sharbil p. 61, als im Martyrium des Barsamjà p. 71 Zeitgenoß des rö-
mischen Bischofs Fabianus (236 — 250), und damit stimmt es, daß er in der edesseni-
schen Bischofsreihe von dem durch Serapion von Antiochia ordinierten Palut an als dritter
aufgeführt wird (Martyrium des Barsamjä p. 72). Wenn Lipsius wegen der Erwähnung eines
Toleranzedictes, das der Verfolgung ein Ziel setzte, in der letztgenannten Quelle p. 70
mehr an die Valerianische zu denken geneigt ist, so gehört doch Fabianus in die des De-
cius, und jenes Edict”) wird erlassen von Olusis, dem obersten Hyparchen, dem Vater der
Kaiser, unter welchem der Verfasser doch wohl Volusianus, den Mitregenten der Kaiser
Gallus und Hostilianus, hat verstanden wissen wollen; auch ist nicht zu unterschätzen die
Leichtigkeit, mit der Traditionen von Decius auf Trajanus übertragen werden konnten, da
der volle Name des Ersteren Trajanus Decius war.
1) Jo. Malalas bietet hinreichende Beispiele hierfür. | Diocletianischen Verfolgung sein.
2) In Wahrheit wird es eine Reminiscenz aus der
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UNTERSUCHUNGEN ÜBER DIE GESCHICHTE DES KÖNIGREICHS OSROËNE. 19
Die geschichtlichen Nachrichten.
Nach dem (539 п. С. geschriebenen) Chronicon Edessenum n° 1 bei Assem. I, 388
fiengen die Könige von Edessa zu regieren an im Jahre 180 Gr. (132 у. C.), 5 Jahre später
als nach Dionysios. Mit unserer Kenntniß der sonstigen politischen Lage verträgt sich Bei-
des. Um das Jahr 139 war Mesopotamien noch Seleukidisch, wenn auch bereits Tummel-
platz unbotmäßiger Gewalthaber (Diod. exc. Escur. 25), aber 128 oder wenig später mach-
ten die Skythen einen Einfall in Mesopotamien als ein zum Arsakidenreiche gehöriges Land
(Joannes Antioch. fr. 66, 2 ap. Müller. IV, 561). Orhai bar Hewjä, «der Sohn der Schlange»,
wie Dionysios und Prokop den ersten König nennen, kann trotz der singulären Schreibung
nichts Anderes sein als der Eponym von Urhai und charakterisiert sich hierdurch sowohl,
als durch seine für einen Autochthonen angemessene Abkunit als eine mythische Person.!)
Schlecht aber paßt dazu seine Regierung von nur 5 Jahren und in so später Zeit. Es ist
daher aller Grund anzunehmen, daß das Ursprüngliche die Lehre des Addai mit ihrem Arju
bewahrt hat, der durch den im Namen etwas anklingenden”) Eponymen Orhai von seinem
Platze verdrängt worden ist. Der Name ef ist iranisch und entspricht wahrscheinlich dem
Zendischen Airjava;?) ein kappadokischer oder armenischer Satrap АРТАО (С) kommt vor
auf einer Münze bei Friedländer in A. у. Sallet’s Zeitschr. f. Numism. VII В. 229.
lat. ТУ: 8,
Der Name des zweiten Königs ‘Abdû «ist dagegen unzweifelhaft arabisch
Dior
= Le
und der seines Vaters Maz‘ür wird es auch sein, da die Form mafül im Aramäischen nicht
üblich ist».*) Von den Königen der nun folgenden Dynastie tragen der erste Phradasht einen
sicher iranischen Namen, °) die folgenden beiden Bakru einen sicher arabischen; da ein ira-
nischer Name bei einem parthischen Unterkönig, auch wenn er andrer Herkunft war, nicht
auffällt, dagegen sich nicht füglich annehmen läßt, daß Parther arabische Namen geführt
haben sollten, so werden auch diese Fürsten für Araber zu halten sein. Der Name Gebar‘u,
welchen Phradasht’s Vater führt, ist in dieser Gestalt weder im Iranischen noch im Semiti-
1) Diese Bemerkung rührt von Nöldeke her. 29, 131 im Avesta, übers. von Spiegel III, 136], ent-
2) Nöldeke schreibt mir über Arju: «Die Lesart
steht ziemlich sicher, da Cureton p. 21 ebenso hat wie
Phillips; Entstellung aus 3015] liest schon deshalb
fern, da jeder Abschreiber den Stadtnamen kannte».
3) Prof. Geldner hatte die Güte mir folgende Aus-
` kunft zu ertheilen: «4% ist gleich Airjava oder Airju.
Im Zend kommt als Eigenname vor Airjava, 4. 1. Nach-
komme des Airju; Airju selbst ist nicht nachzuweisen,
aber sicher zu erschließen: der Zend. Manushe’ithra
Airjava, Nachkomme des Thraëtaona [Farvardin-jasht
spricht dem neup. Minoc’ehr, Sohn des Erag’, Enkel des
Feridün».
4) Worte Nöldeke’s.
5) «НИУЭ ist gleich Pehlevi Fradakhshto, im Bun-
dehesh und anderen Büchern [vgl. West zu Bund. 29, 5
in seinen Pahlavi texts transl. I, 117, n. 7] als Eigen-
name vorkommend; ein Patronymicum davon ist Zend.
Fradhäkhshti [Farvardin-jasht 29, 138 bei Spiegel III,
157]». Mittheilung von Prof. Geldner.
3*
Der Reichs-
gründer
Arjaw.
Arabische
Herkunft
der
folgenden
Könige.
20 ALFRED VON GUTSCHMID,
schen möglich, ') am Nächsten kommt aber doch arab. Gabbär: unter den Phylarchien der
skenitischen Araber westlich vom Euphrat nennt Strab. XVI p. 753 eine des Gambaros im
Süden von Apameia. Diese Dynastie wurde verdrängt durch die fester wurzelnde, in wel-
cher die Namen Manu und Abgar abwechseln. «
6,0
ist ein gut arabischer Name wie Le
0,
20
ebenso хе, "'АВуяосс (auf Münzen und auf Inschriften bei Wadd. 1984 4. 2046. 2454)
9-0.
= „|, Auch dies ist ein noch zu Muhammed’s Zeit mehrfach vorkommender Name; Einen
findet man in Wüstenfeld’s Register zu den genealogischen Tabellen [Abg’ar b. G'äbir,
S. 37]. Noch häufiger ist das Diminutiv > »°). Für die frühe Zeit, in der die von Ma‘nu I
gestiftete Dynastie in Edessa zur Herrschaft gelangte, ?) läßt sich daraus auch für sie wohl
mit Sicherheit auf arabische Abstammung schließen, wie denn von da ab überhaupt in der
ganzen edessenischen Königsreihe von parthischen Eindringlingen abgesehen kein einziger
Träger eines sicher nicht arabischen Namens
nachweisbar ist.
Armenische Araber geboten in Edessa schon vor dem Wechsel in der Oberherrschaft über Meso-
Herrschaft . . à :
Meso. Potamien, welche zwischen den Jahren 88 und 86 у. С.*) aus den Händen der Parther in
über Meso-
potamien. die des Tigranes von Armenien übergieng (Trogus prol. 41; Strab. XI p. 532), und kein
Zusammenhang findet statt mit der Uebersiedlung von zahlreichen Stämmen skenitischer
Araber in größere Nähe und bis an den Amanos, welche Tigranes zur Hebung des Kara-
wanenhandels vornahm (Plut. Luc. 21; Plin. N. H. VI $ 142). Im Laufe des Feidzugs ge-
gen Tigranes 69 у. С. schlug Lucullus durch seinen Legaten Sextilius kurz vor der Belage-
rung von Tigranokerta die Phylarchen der Araber in Osroëne, welche dem Tigranes zu
Hilfe kamen (Plut. Luc. 25; Rufus Festus brev. 14).
Abgar II.
Als Pompejus in Armenien eindrang, benutzten die Parther im Vertrauen auf die
Verbindung, in die sie mit ihm getreten waren, die Bedrängniß des Tigranes im Jahr 66
zur Wiedereroberung Mesopotamien’s (wie sich aus Cass. Dio XXXVI, 45, verglichen mit
XXXVII, 5; ХХХУГ 51 ergibt). Dem mit ihnen geschlossenen Vertrage zuwider ließ
Pompejus den Afranius im Winter 65/64 durch Mesopotamien nach Syrien ziehen; auf die-
sem Marsche: kam Afranius vom Wege ab und gerieth durch Winterkälte und Mangel an
Lebensmitteln in große Noth, aus der ihn nur die Hilfe der Einwohner von Karrhä rettete
(Cass. Dio XXXVII, 5). Damals muß es auch gewesen sein, wo der Fürst von Edessa in
1) Nöldeke schreibt mir: «Gébar'à sieht seines—ü
‘wegen arabisch aus; aber es gibt keine Wurzel 33.
Bei Gobryas (das damals auch wohl schon verschollen
war) befremdete das ‘Ë. Die Form des Namens ist schwer-
lich intact».
2) Worte Nöldeke’s.
3) «Zu viel — schreibt mir Nöldeke — darf man
auf eine Reihe arabischer Namen nicht geben. In Pal-
myra wechseln in denselben Familien arabische und
aramäische Namen: die arabischen aristokratischen Fa-
milien (die wohl seit dem Verfall des S@leueiden-Reichs
mächtig geworden waren) nahmen also oft einheimische.
Namen an und die einheimischen arabische».
4) Im Jahre 88 intervenierte noch der Arsakide Mi-
thridates II bei der Belagerung von Beröa (Jos. А. J.
ХШ, 14, 3); 86 wurde Tigranes auf den Thron von Sy-
rien gerufen, dessen Erlangung ohne den vorherigen Be-
sitz von Mesopotamien undenkbar ist (Just. XL, 1, 4. 2,
3, an welchen Stellen sämmtliche Handschriften zwischen
18 und 17 Jahren schwanken, die Zahl 17 aber nach Mit-
theilungen Rühl’s doch die bessere Bezeugung für sich
zu haben scheint).
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UNTERSUCHUNGEN ÜBER DIE GESCHICHTE DES KÖNIGREICHS OSROËNE. : 21
freundliche Beziehungen zu den Rômern trat: er erhielt Gnadenbeweise von Pompejus und
wurde Verbündeter der Römer (Plut. Crass. 21; Cass. Dio XL, 20). Er heißt bei Dio
Adyapos 0 ’Ocponvös, und denselben Namen in der Form "Ayßapos gibt ihm ein neuentdeckter
und ungeheuer überschätzter cod. Matrit. saec. XIV. des Plutarch!), der zu einer in-
terpolierten Textesrecension gehört, welche schon dem Verfasser der Pseudo-Appianischen
Parthika vorgelegen hat; Letzterer sagt Axßapos. Dagegen haben alle übrigen Handschrif-
ten des Plutarch oûAapyoc Арабоу Apızwvng övope, und es begreift sich, wie dies in Folge
einer Reminiscenz aus dem vielgelesenen Dio in "Ayßapos, nicht aber, wie und warum der
aus der Legende genügend bekannte Name in das seltene Agızuwvng corrigiert werden
konnte; an eine bloße Verschreibung wird kein Verständiger denken. Beide Namen haben
recht wohl von derselben Person neben einander geführt werden können: die Verbindung
arabischer und parthischer Namen im edessenischen Königshause ist urkundlich bezeugt. °)
Iranisch nämlich, also von den Parthern überkommen, ist Apızıvng unzweifelhaft.°) Einen
dritten Namen hat er in den auf Livius zurückgehenden Quellen: Mazzares (cod. Мах. заес.
IX.) oder Mazares (cod. Bamb. заес. IX.) Syrus bei Flor. III, 11, 7, Mazzarus (codd. Goth.
saec. IX, Paris. saec. X., Bamb. saec. XI., Vindob. saec. XII.) oder Mazorus (codd. Vindob.
saec. IX., Paris. saec. XI.) bei Rufus Festus brev. 17. Es ist dies augenscheinlich‘ derselbe
Name, den der Vater des zweiten Königs von Edessa führt, und wir werden in Mazzares
wohl den Vertreter der Banü Mazür und hierin den Namen des Stammes zu erkennen ha-
ben, dem das damals regierende Königshaus angehörte. Dieser Mann, der von den Feldzügen
des Pompejus her als Freund der Römer galt, unterstützte das Heer des Crassus, als dieser
im Frühjahr 53 in Mesopotamien einrückte, reichlich mit Geld, kam in Person zu dem
Feldherrn und gewann dessen Vertrauen so vollständig, daß er ihn zum Mitwisser aller
seiner Pläne machte. Unsere Quellen *) lassen ihn diese an die parthischen Feldherren Sure-
nas und Silakes verrathen, mit denen er durchweg im Einverständniß gehandelt habe, und
sind darin einstimmig, daß er dem Crassus den Rath gab, den Marsch den Euphrat stromab
aufzugeben und den nächsten Weg quer durch die Ebene Mesopotamien’s einzuschlagen, .
und ihnen dann auf diesem als Führer diente. Nach Plutarch ritt er unmittelbar vor der
Katastrophe von Karrhä (a. d. VII Jd. Junias, nach dem damaligen Stande des römischen
Kalenders etwa 6. Mai 53) unter einem nichtigen Vorwande von dannen; nach Dio, den
jedoch das völlige Stillschweigen des ausführlicher berichtenden Plutarch widerlegt, be-
gleitete er die Römer in die Schlacht und fiel ihnen während derselben mit den Osroënern
in den Rücken. Nach der Chronologie des Dionysios regierte zwar im Jahre 64 ein Abgar II,
1) Bei Graux in der Revue de philologie У, 23. kürzung aus altpers. Arijärämna; vergl. Ktesias bei Phot.
2) «Abgar Phrahates filius rex principis Orrhenorü». | cod. 72 р. 38 b 5 Bekk.
Inscr. ap. Mur. Пр. 665, n° 1. 4) Plut. Crass. 21—22. Cass. Dio XL, 20—23. Flor.
3) Im kappadokischen Königshause, in welchem der | ПТ, 11. Rufus Fest. brev. 17.
Name 'Аридлучс besonders häufig ist, ist er sicher Ver-
22 ALFRED VON GUTSCHMID,
aber 53 ein von ihm verschiedener König, Мапа IT; ihre Unhaltbarkeit ist hierdurch nach- г
gewiesen. Die nächste von ihm unabhängig überlieferte Datierung ist die der Thronbestei-
gung Abgar’s V, welche die armenische Lehre des Addai 6 oder 7 Jahre später setzt als
Dionysios, der für sie das Jahr 10 v. C. angibt. Lassen wir die vom Anfang des Reichs bis
dahin aus den Regierungszeiten sich ergebende Summe von 127 J. 5 Mon. mit der Edes-
senischen Chronik von 132 statt mit Dionysios von 137 v. C. an laufen und rechnen die
Jahre als voll, so füllen sie die Zeit bis 4 у. С. genau aus; es kann also kaum einem Zweifel
unterliegen, daß damit für diese Periode die echte Zeitrechnung wiederhergestellt ist. Die
Regierung Abgar’s IT fällt dann in die Jahre 68—53, und jeder Anstoß ist beseitigt.
Synchro- Man erkennt nun auch, daß die edessenische Königsliste zwei bemerkenswerthe Syn-
nismen mit nronismen aufweist, die nicht zufällig sein dürften. Erstens den Dynastiewechsel, welcher
der parthi-
N den ersten sicher arabischen König ‘Abdu bar Maz'ur auf den Thron brachte, 127
sich aus der у. ©. mit der Erschütterung der parthischen Herrschaft durch den Einfall der Skythen in
een Mesopotamien. Zweitens das Ende der Regierung Abgar’s II und den Beginn eines 1 jäh-
ergeben. Lien Interregnum’s 53 у. ©. im Jahre der Schlacht bei Karrhä. Abgar war der Verräther,
den die Römer in Fällen selbstverschuldeten großen Mißgeschicks immer gesucht und ge-
funden haben: daß er dem Crassus den verhängnißvollen Rath hinsichtlich der Richtung
seines Marsches gegeben hat, ist sicher geschichtlich, aber der Gedanke lag nahe genug,
zumal da der Weg keineswegs, wie von römischer Seite vorgespiegelt wird, durch eine baum-
und wasserlose Sandwüste führte, und so thörig es von dem römischen Feldherrn war, den
Rath zu befolgen, der, der ihn gab, braucht darum noch nicht eine verrätherische Absicht
dabei gehabt zu haben. Vielmehr liegt nichts näher als die Annahme, daß die Parther nack
dem Siege den Abgar wegen seiner Verbindung mit den Römern entthront haben.
Paquri. Eine Unterbrechung der einheimischen Herrschaft durch einen Parther scheint der
Name Paquri anzudeuten, der nach der berichtigten Zeitrechnung zwischen 34—29 in der
Königsreihe erscheint. Dionysios verzeichnet unter dem Jahre 1980 Abr. (37 v. C.) aus
-Josephus Folgendes: «Und in dem Jahre zogen Paquri und Barzaphron, der Heerführer,
nach Syrien,.und führten den Hyrkanos und den Phasa’el, Herodes’ Bruder, gefangen fort»
und hat, wie man aus seiner Berechnung der Zeit des Herodes sieht, das Ende des Reichs
der Juden mit Antigonos wie Eusebius in das Jahr 1983 Abr. (34 v. C.) gesetzt; daß der
Untergang des Pakoros kurz vor dem seines Schützlings Antigonos erfolgte, mußte er aus
Josephus wissen. Wenn also der edessenische Paquri bei Dionysios, zwar nicht nach seinen
nachlässigen Anschriften, wohl aber nach seiner Gesammtberechnung, von 1978 (39) —
1983 (34) regiert, so ist es klar, daß er ihn und den parthischen Königssohn für identisch
gehalten hat, und wir lernen hiermit den Grund kennen, warum er die ganze Zeitrechnung
um 5—6 Jahre hinaufgerückt hat. In Wahrheit muß der edessenische Paquri eine von dem
parthischen verschiedene Person sein; denn nach der richtigen Zeitrechnung kam dieser
schon 38 um, vier Jahre früher ais der andre in Edessa König wurde. Möglich, aber frei-
lich nicht beweisbar, wäre seine Gleichsetzung mit dem königlichen Mundschenken Pakoros,
ee “op SE à Je
UNTERSUCHUNGEN ÜBER DIE GESCHICHTE DES KÖNIGREICHS OSROËNE. 23
`
durch den sein prinzlicher Namensvetter zu Pfingsten 40 у. С. den Antigonos in Jerusalem
einsetzen ließ (Jos. А. J. XIV, 13, 3 ff. В. J. I, 13, 1 f.).
Die nächste Erwähnung eines edessenischen Herrschers findet sich bei Isidor von Cha-
Мапи Ш
bei Isidor
тах, der in den Mans. Parth. 5. 1 (bei Müller, Geogr. Gr. min. I, 246) ап der Straße von yon Charax.
Zeugma nach Seleukeia, rechts von Kopaia n &v Baravn (4. 1. im Syrischen vielleicht q'rithà
de Batnän)” und bevor man an den Fluß Balicha kommt, ein Castell mit einer Quelle auf-
führt, Mavovooppa Aüupnd (A. Mavvobopoa Abupno B.), worin nur Mavvou Ogpoaiou Adup.
stecken und ein diesem gehöriger Ort gemeint sein kann. Isidor?) wurde von Augustus in
den Orient, um da Alles zu beschreiben. vorausgeschickt, als bestimmt war, daß sein
Adoptivsohn Gajus Cäsar nach Armenien gehen und die parthischen und arabischen Ange-
legenheiten ordnen sollte (Plin. N. H. VI'$. 141). Die Verhältnisse in Armenien hatten
sich zu verwirren begonnen seit dem Tode des Tigranes III im Jahre 6 v. C., und Augustus
hatte damals den Tiberius nach Armenien bestimmt, der sich jedoch dem Auftrage entzog
und nach Rhodos gieng. Daran, dem Gajus Cäsar die Angelegenheit zu übertragen, konnte
Augustus erst von dem folgenden Jahre an denken, in welchem er ihn in’s öffentliche Leben
einführte; gewiß aber hat er die Sache in’s Auge gefaßt lange bevor die Intervention der
Parther in Armenien im Jahre 1 v. C. ein unmittelbares Einschreiten der Römer nöthig ®
machte und Gajus in Folge davon nun wirklich in den Orient gieng. Die von Isidor während
seiner Bereisung des Orients eingezogenen Erkundigungen beziehen sich also auf die Jahre
B—1 v. С. Nach der Chronologie des Dionysios war Мапа III schon 10 v. С. todt und
Мапи IV wurde erst 1 п. С. König; dagegen ist mit dem von der armenischen Lehre des
Addai gegebenen Synchronismus, nach welchem Ma’nu III erst 4 у. ©. starb, der wün-
schenswerthe Einklang hergestellt.
Die nächste Erwähnung eines edessenischen Fürsten ist die bei Tac. Ann. XII, 12.14
aus dem Jahre 49 п. С. Damals schloß sich Acbarus, welcher König der Araber genannt
wird,°) den parthischen Großen an, welche den römischen Schützling Meherdates als Ge-
genkönig gegen Gotarzes aufgestellt hatten, und erschien mit ihnen zu seiner Einholung in
Zeugma; er bewirthete ihn dann viele Tage lang in seiner Hauptstadt Edessa und erreichte
damit, daß kostbare Zeit verloren gieng. Dann begleitete er ihn mit seinem Contingente auf
dem Marsche, der in ungünstigster Jahreszeit, als der Winter begann, durch Armenien an-
getreten wurde. Als man über Arbela hinaus und in der Nähe des feindlichen Heeres ange-
langt war, wußte Gotarzes einer Schlacht auszuweichen und gewann durch Agenten unter
anderen Verbündeten des Meherdates auch den Acbarus, daß er verrätherischer Weise mit
der edessenischen Heeresmacht abzog, was die Niederlage des Meherdates zur Folge hatte
(Anfang 50). Nach Dionysios war auf Abgar Ukamä schon im Jahre 44 Manu У gefolgt;
1) Vermuthung von Nöldeke. 3) Es läßt sich kaum bezweifeln, daß eine Kunde von
2) Isidorum ist Verbesserung Bernhardy’s zum Dio- | dem bekannten arabischen Worte akbar, «groß», die fal-
nys. Perieg. p. 496 für Dionysium. sche Namensform hervorgerufen hat,
Abgar V.
24 ALFRED VON GUTSCHMID, .
aber wiederum bewährt sich die in der Lehre des Addai vorausgesetzte Synchronistik, in-
sofern diese den Abgar das Jahr 45 um einige Zeit überleben läßt. Wir hatten gesehen, 1
daß der Anfang der ersten Regierung des Abgar Ukamä vom Jahre 10 in das Jahr 4 v. C.
zu bringen ist; rücken wir nach derselben Proportion seine 2. Regierungsperiode herab, so
fällt diese zwischen die Jahre 13—-50 п. C., und Alles ist in Ordnung. Wahrscheinlich ist
derselbe Herrscher unter dem Könige Abgar dem Großen zu verstehen, von welchem der
größere, in der edessenischen Ueberschwemmung vom Nov. 201 zerstörte Palast den
Namen trug, dessen die auf jene bezügliche Urkunde im Chron. Edessenum n° 8 bei Assem.
I, 390 gedenkt. Zwar hat der zur Zeit derselben regierende Abgar nach den Münzen in
der That diesen Beinamen geführt, es scheint mir aber unmöglich, daß er, wäre wirklich
ein und derselbe gemeint, in dem unmittelbar vorhergehenden Präscript nur als König Ab-
gar Sohn des Königs Ma‘nu und dann in der Urkunde selbst immer nur einfach als König
Abgar hätte bezeichnet werden können: es muß sich um einen gefeierten älteren König
desselben Namens handeln.
Die Aus- In diese Zeit gehören die geographischen Angaben des Plinius, welche dem Gebiete
nel der Arabes Oroei eine Ausdehnung geben, die es vorher und nachher nicht gehabt hat. Es
Reiche: , erstreckt sich längs des Euphrat 3 Schönen lang gegenüber von Kommagene (№. H. У.
8. 85) und umfaßt die Städte Edessa, das ehedem Antiochia hieß, Kallirrhoë, so von einer
Quelle genannt, ') und Karrhä (У 5. 86). Die Karrhener waren zur Zeit des Feldzugs des
Crassus eine autonome Gemeinde und sind es wieder nach dem Friedensschluß desL. Verus
mit den Parthern (Münzen bei Eckhel, D. М. У. III, 507). Sie mögen ihre Autonomie ver-
loren haben, nachdem sie den ihnen von den Parthern 53 у. С. zum Zwingherren gesetzten
Andromachos mit seiner ganzen Familie lebendig verbrannt hatten (Nikolaos von Damas-
kos fr. 88 bei Müller III, 418). Sehr auffällig ist eine andere Angabe des Plinius (N. H.
УГ 56. 125. 129), die Arabes Oroei erstreckten sich östlich bis Adiabene, von dem sie
der Tigris trenne. Nisibis, das demnach implicite in ihr Gebiet eingeschlossen wird, war
zur Zeit des Feldzugs des Lucullus armenisch. Artabanos II riß es um 37 п. С. von Ar-
menien los und schenkte es dem Könige Izates von Adiabene (Jos. A.J.XX, 3, 2). Die spä-
teren Erwähnungen der Stadt aus der Zeit der Kriege Corbulo’s 62 (Tac. Ann. XV, 5)
und Trajan’s 115 (Cass. Dio LXVIII, 23) geben ihre politische Stellung zwar nicht direct
zu erkennen, lassen sich aber am Besten mit der Annahme vereinigen, daß sie von jener
Zeit an bei Adiabene geblieben ist: Trajanus hatte schon vor dem Uebergang über den Ti-
gris mit Adiabenern zu kämpfen (Cass. Dio LXVIII, 22), und der Zusammenhang der Be-
gebenheiten schließt wenigstens die Zugehörigkeit von Nisibis zu Osroëne bestimmt aus. Die
Richtigkeit der Nachricht des Plinius wird hierdurch äußerst fraglich: ich vermuthe, daß er
1) Die Identificierung von Kallirrhoë mit Edessa ver- | sprung, dagegen könnte es recht wohl der griechische
dankt lediglich einem Uebersetzungsfehler ihren Ur- | Name des von Isidor genannten Advpnd sein.
|
:
UNTERSUCHUNGEN ÜBER DIE GESCHICHTE DES KÔNIGREICHS OSROËNE. 25
den geographischen Begriff von Adiabene, wonach es im Westen vom Tigris begrenzt wird,
dem von seiner Quelle (vielleicht den Memoiren des Corbulo) gemeinten politischen Begriffe,
kraft dessen es westlich bis Nisibis reichte, fahrlässiger Weise substituiert hat. Dagegen liegt
kein Grund vor zu bezweifeln, daß die 24 Millien westlich von Nisibis, 64 Millien östlich von
Resaina gelegene!) Stadt Mannakarta von einem edessenischen Könige Namens Ma’nu ge-
gründet ist, worauf ihr Name deutlich hinweist. Es bietet sich von selbst die Vermuthung
dar, daß die Ausdehnung des osroënischen Kleinstaats über Karrhä und bis in die Nähe von
Nisibis mit der Regierung Ma’nu’s II (nach der berichtigten Zeitrechnung 52—34 у. С.)
in Verbindung zu bringen ist, der den von den kurz vorher verstorbenen Königen Phrahates
IlI von Parthien und Tigranes IT von Armenien entlehnten Beinamen «der Gott» nicht bloß
geführt, sondern auch in der Chronik behalten hat.
Das Chron. Edessenum erwähnt n° 4 bei Assem. I, 389, daß sich im Jahre 400 Gr.
(89 n. C.) König Abgar ein Grabmal erbaute. Nach Dionysios regierte allerdings damals
Abgar VII, aber erst seit 4 Jahren: und an so etwas pflegen die Menschen eher am Ende,
als am Anfang ihrer Laufbahn zu denken. Wenden wir die Rectificierung von + 6 Jahren
an, die sich bisher immer bewährte, so fällt das Ereigniß unter Abgar VI(71—91), 18 Jahre
nach seinem Antritt, 2. Jahre vor seinem Tod: ein völlig angemessenes Verhältniß.
Als Trajanus im Spätherbst 113 nach Antiochia kam, um von dort aus den Parther-
krieg zu eröffnen, schickte Augaros, der Phylarch von Osroëne, eine Gesandtschaft an
ihn, die Geschenke überbrachte und sein Land dem Kaiser zur Verfügung stellte, obgleich
er es erst kürzlich für eine große Summe von Pakoros käuflich erworben hatte; selbst kam
er nicht, um sich nicht den Parthern gegenüber zu compromittieren (Cass. Dio LXVIII, 18.
Abgar VI.
Abgar VIT;
Trajanus in
Mesopo-
tamien.
Suid. s. уу. œuAdpync. wvntny).? Auch als Trajanus im folgenden Jahre im westlichen Ar-
1) Steph. s. у. Mavvaxopra begnügt sich mit der Be-
zeichnung лок Apußıos; die genaue Lage und die Iden-
tität mit dem Orte, der in der Tab. Peutinger. XI, E.
Macharta heißt, ergibt sich aus dem Cosmogr. Ravennas
II, 13. Dieser schreibt Manacarta, übereinstimmend mit
dem cod. Rehdig. des Stephanos: M&vos haben auch In-
schriften aus dem Hauran, eine von Langlois, Numisma-
tique de l’Armenie, р. 61 angeführte und eine andre, wel-
che Nöldeke mir nachweist, bei Waddington 2046.
2) Ueber die Feldzüge Trajan’s im nordwestlichen
Mesopotamien in den Jahren 114 und 115 hat Suidas
eine lange Reihe von Bruchstücken erhalten, von denen
zwei ausdrücklich aus Arrian citiert werden, alle übri-
gen aber sich mit Wahrscheinlichkeit aus dessen Par-
thischer Geschichte herleiten lassen; da sich keines
derselben in Müller’s Fragmentsammlung vorfindet, so
dürfte es nicht überflüssig sein sie hier zusammenzu-
stellen:
Фо» арх ис. Euußaddcı тб Tpxiavs пер: Adyapou,
Mémoires de l'Acad. Imp. des sciences. УПше Série.
06 nv Ocponvis xwpuc duvéorns обслер puAapyous (50
А. У.) övopa&lousıv où éxeivn, бль ха! Ta Хома aurav
фола ovouatovra.
"Ау. ’Appıavos' xt dv non ЧТЗ adTov пар Busıhea
(so verbessere ich für Buorhéwc), et pn édedotxer Пар-
Jouc.
Qynen. Ко mv хорах enırpeneiv ThuïiuvS Ад-
yapov, жойтер Фоли (so verbessere ich für tt) ovnthv
ëx [luxépou Eyes Aaßov ToAABV хопиалюу ха тобто
acpevw (so Bernhardy für douévoc) тб Baouet yi-
VETOU.
"A xpa. “Hxe парх Вис Ех (so verbessere ich für
Вис" 26) rai A yBapou (во А.) xadös nat pLéyac кой Ev
Фра AXpY. ,
EAAoßıa. ‘О 8: Tpaïuvos Meyer To Adyapov mau‘
„Meugopal се 9ль jan npoodev Яхес пар’ EUÈ вобтра-
TEÜCWYy хо: TOY поушу auuneruoynowv (so Bernhardy
für supperuoyov), ход nt T@de Av news Tv EAAoßLmv
ToUTY To Erepov cou Anoonkonm” Epabdmevos Ga
4
26 ALFRED VON GUTSCHMID,
menien erschienen war und dort die Huldigungen aller Nachbarfürsten entgegennahm, ver-
mied es Augaros sich persönlich einzufinden, schickte aber seinen in der Blüthe der Jugend
stehenden Sohn Arbandes an den Kaiser, dessen Liebling er bald wurde (Suid. s. vv. &xo«.
erroßıa). Erst als Trajanus Ende 114 den Rückweg nach Syrien, um dort zu überwintern,
über Edessa nahm, kam ihm Augaros vor die Stadt entgegen, ihm 250 Streitrosse mit eben
so vielen Panzern für Rosse und Reiter und 60000 Pfeilen als Geschenk darbringend; der
Kaiser begnügte sich damit, drei Panzer anzunehmen, ertheilte ihm in Folge der Verwen-
dung seines Sohnes Verzeihung und bestätigte ihn im Besitze der Herrschaft, zumal er bei
seinen Unterthanen beliebt war. Er wurde von da an ein Freund des Trajanus und bewir-
thete diesen in Edessa (Cass. Dio LXVIII, 21. Suid. s. vv. "Edeoa. «rd Yunod). Auf dem
Feldzuge des Jahres 115 machte Agbaros den Rathgeber des Kaisers und lenkte seine Waf-
fen gegen Sporakes, den Phylarchen von Anthemusia, der sich zu kommen geweigert hatte;
beim Herannahen des römischen Heeres entfloh derselbe (Cass. Dio a. a. O., Suid. s. vv.
où Epyou. Lonynsovrar. ололос). Ein anderer Dynast unterwarf sich zum Schein dem Tra-
janus, brach ihm aber dann die Treue und gieng auf und davon zu Mannos (Suid. s. v. 0105).
So hieß der Phylarch des Edessa benachbarten Arabien’s, der sich auch, nicht im kaiserli-
chen Lager eingefunden und dem König Mebarsapes von Adiabene ein Hilfscorps geschickt
hatte, das von den Römern gänzlich aufgerieben worden war; als in der Folge ein Friedens-
gesuch von ihm eintraf, hielt der Kaiser es nicht für aufrichtig und schickte den Lusius
Quietus gegen ihn, vor dessen Ankunft er nach Adiabene entwich. Lusius nahm darauf Sin-
сага und die Nachbarschaft ohne Kampf in Besitz (Cass. Dio LXVII, 21. 22. Suid. s. у.
ëmyeroncev). Dieser Mannos von Singara, dessen Name dem edessenischen Fürstengeschlecht
" eigenthümlich ist, könnte der Bruder des Abgar gewesen sein, der nach Dionysios später
den ‘Thron von Edessa bestiegen hat. Rufus Festus brev. 20 und Eutrop. VIII, 3 erwähnen
die Unterwerfung erst der Osroëner und Araber, hierauf der am oberen Tigris wohnenden
Carduener und Marcomeder, und dann erst die der Landschaft Anthemusium; vielleicht
erfolgte also die Vertreibung des Sporakes erst zu Ende des Feldzugs von 115 auf dem
zoo CALE ло érépou” ro ÖL m dpow та Du Terpnpeve, |
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Erıysipnasiv. Erpagev ÉTLXELpAGELV péhXety roic
Zıyyapoıs хо Ent TOde méprav Telods aroxpovrac.
LA
Iropaxıs) ent-
UNTERSUCHUNGEN ÜBER DIE GESCHICHTE DES KÖNIGREICHS OSROËNE. 27
Rückmarsch nach Syrien. Mesopotamia wurde in demselben Jahre von Trajanus für Rom in
Besitz genommen (vergl. Dierauer in Büdinger’s Untersuchungen zur römischen Kaiser-
geschichte I, 166 f.). Während aber der Kaiser nach der Unterwerfung Babylonien’s schwer-
lich vor dem Spätsommer des Jahres 116 eine Seeunternehmung in den persischen Meer-
busen machte, erhoben sich in seinem Rücken alle unterworfenen Völker und vertrieben
oder erschlugen die römischen Besatzungen; Trajanus schickte von Babylon aus, wo er die
Nachricht hiervon erhielt, den Lusius und Maximus gegen die Aufständischen, der Letztere
wurde geschlagen und fiel, Lusius aber errang große Erfolge, gewann Nisibis wieder, er-
stürmte, zerstörte und verbrannte Edessa (Cass. Dio LXVIII, 30). Wenn Gregor Abü’lfa-
rag’ in der Hist. dyn., р. 121 (76) und im syrischen Chron., р. 57 (54) unter dem 4. Jahre
Hadrian’s das Ende des Reichs von Edessa anmerkt, das von da an durch römische Statt-
halter regiert worden sei, so meint er damit den damals erfolgten Eintritt der unmittelbaren
römischen Herrschaft; nur hat sich die Notiz bei ihm um eine Olympiade verschoben. Von
Abgar ist nicht weiter die Rede; er mag in dem Aufstande als Römerfreund, vielleicht auch
erst bei der Katastrophe seiner Hauptstadt umgekommen sein. Der parthische Oberkönig Pa-
koros, welchem Abgar die Krone verdankte, starb spätestens im Jahre 421 Graec. = Herbst
109 | Herbst 110, aus welchem die erste sichere Münze seines Nachfolgers Osroës ist (Percy
Gardner, The Parthian coinage, p. 54); die Verleihung muß also, da sie im Jahre 113 noch
neu war, ganz zu Ende seines Königthums erfolgt sein. Dionysios hat während dieser ganzen
Zeit die Regierungen zweier Ma‘nu, deren Grenze das Jahr 115 bildet; es kann aber keinem
Zweifel unterliegen, daß der Zeitgenosse Trajan’s vielmehr Abgar VII bar Izat ist, den der-
selbe Dionysios schon im Jahre 92 hat aufhören lassen. Da dessen Regierung nur 6 J. 9
Mon. dauerte, so ergibt sich, daß Anfang und Ende derselben durch die authentischen An-
gaben der griechisch-römischen Quellen ziemlich genau bestimmt werden, und es kann
nicht mehr zweifelhaft sein, daß der Synchronismus in den Acten des h. Sharbil, nach
welchem Abgar VII im Jahre 1. Oct. 109|30. Sept. 110 oder doch frühestens im Septem-
ber 109 den Thron bestiegen hat, der ursprüngliche ist: er mag von November 109 bis
August 116 regiert haben.
Vor ihm ist, wie man sieht, eine 18 jährige Unterbrechung der edessenischen Königs- Spuren einer
reihe. Unter diesen Umständen erlangt eine früher erwähnte Nachricht des Moses von КН
ren von einer um diese Zeit erfolgten Eroberung Edessa’s durch König Sanatruk Bedeu- ber Fdessa.
tung, einen Schwestersohn des Abgar, der als König von Armenien und Urheber des daselbst
erfolgten Martyrium’s des Thaddäos bezeichnet wird; das einzige wenigstens einigermaßen
Sicherstehende ist aber, daß er seine Residenz in Nisibis hatte, das damals adiabenisch war,
und nach Assyrien verlegen auch die anderen Quellen Missionsthätigkeit und Tod des
Thaddäos. Ich möchte also vermuthen, daß zugleich mit der Grabstätte des Apostels auch
der in der Legende mit ihm verknüpfte König Sanatruk durch die späteren Armenier von
Adiabene nach Armenien versetzt worden ist und daß Edessa von 91—109 eine Depen-
denz des adiabenischen Reichs gebildet hat, Eine gewichtige Stütze für diese Annahme bie-
4*
28 ALFRED VON GUTSCHMID,
tet der Umstand, daB, als Edessa wieder eigene Könige erhält, der erste derselben, Abgar
VII, bei Dionysios ein Sohn des Izat heißt, also durch den Namen seines Vaters zum adia-
benischen Königshause gehört.
Die römische Nach ihm folgt ein Interregnum von 2 J., dann eine Regierung des Îlur Pharnata-
Cat spat 3 J. 10 Mon. und eine des Pharnataspat (ohne Beisatz) 10 Mon. In die Jahre 92 —
maspates. 99 eingespannt, wie es die Zeitrechnung des Dionysios will, sind diese Ansätze für uns gleich-
giltig und uncontrolierbar; sie gewinnen aber sofort eine unerwartete Bedeutung und erhal-
ten ihren Commentar in dem, was wir über die Zeitgeschichte wissen, sobald man sie vom
Endjahre Abgar’s УП 116 an rechnet. Das Interregnum 116—118 erklärt sich dann von
selbst als die Zeit der römischen Occupation. Nachdem Trajanus am 7. August 117 gestor-
ben war, räumte Hadrianus mit den übrigen Eroberungen seines Vorgängers auch Mesopo-
tamien und machte den Euphrat wieder zur Grenze gegen das Partherreich (Spartian. Hadr.
5., Eutrop. VIII, 6., Rufus Festus, brev. 20); den von Trajanus über die Parther zum Kö-
nig gesetzten Parthamaspates') gab er, einsehend, daß derselbe seine Stellung zu behaupten
außer Stande sei, den Nachbarvölkern zum König (Spartian. à. à. O.). Es liegt auf der Hand,
daß dies derselbe Name ist wie der Pharnataspat der edessenischen Königsliste, nur im
Munde der Syrer leicht verändert:?) wir werden die Nachbarvölker getrost für die Bewoh-
ner Edessa’s und des umliegenden Gebietes erklären dürfen. Die Königsliste hat sogar zwei
Pharnataspat nach einander, den ersten mit dem vorausgeschickten räthselhaften Doppel-
namen Îlur (oder ähnlich). Wahrscheinlich aber ist dieser Pharnataspat nicht von dem fol-
genden verschieden und hier war ein Nebenkönig von ihm genannt, so daß in jenem Worte
ein entstellter Name, etwa Jalud, nebst einem wa stecken dürfte. Nöldeke schreibt mir:
“ana, 30555 sind mir nicht als Eigennamen bekannt, was aber wenig beweisen würde, da
wir echt aramäische Namen nicht in großer Anzahl kennen. Jallüd wäre theoretisch als Ei-
genname denkbar; auch ein arabisches 5 (von V3.) ist ganz möglich. Waddington n°2061
ist ein Name ’IaAcèou (Gen.), der freilich Jl= und verschiedenes Andere sein kann». Partha-
maspates regierte also in Edessa erst anscheinend neben einem arabischen Gegenkönig von
118—122, dann allein bis 123, in welchem Jahre die frühere, 116 gestürzte Dynastie in der
Person des Ma‘nu VII bar Izat wieder an das Ruder gelangte. Dies ist nun aber gerade das
Jahr, 3) in welchem Hadrianus einen drohenden Partherkrieg durch mündliche Verhandlun-
1) Hopdapuorarns (Cass. Dio LXVIII, 30) oder Пар-
Эецасталис (Arrianus bei Jo. Malalas I, р. 352. 357 Ох.)
ist der richtige Name des Sohnes und Gegenkönigs des
Osroës; Spartianus, der ihn Sarmatosiris, d. i. Farmato-
siris, nennt, hat ihn mit seinem längst verstorbenen Vetter
Parthamasiris verwechselt.
2) Der Name ist wohl aufzufassen als altpers. Fra-
tamäcpapatish, «Herr der vordersten Rosse». Prof. Geld-
ner theilt mir darüber Folgendes mit: «5525
könnte etwa sein Zend hvarenanhat-aspa-paitish, Herr
glänzender Rosse, wie altpers. acbara so viel ist wie ac-
рафага; altpers. farna entspricht dem Zend hvarenanh.
In diesem Falle wäre vielleicht zu lesen Pharnadaspates.
Wenn aber [lupSamaomurne richtiger ist, dann steckt
darin altpers. fratama, der erste».
3) Vergl. J. Dürr, Die Reisen des Kaisers Hadrian,
S. 48.
;
4
,
Е
3
.
а
UNTERSUCHUNGEN ÜBER DIE GESCHICHTE DES KÖNIGREICHS OSROËNE. 29
gen beilegte (Spartian. Hadr. 12), und die Vermuthung liegt nahe, daß der Kaiser sich da-
mals zu der Concession verstanden hat, den Parthamaspates, der als Beherrscher des Grenz-
landes Osroëne eine bleibende Drohung für den Partherkönig war, von dort zu entfernen.
Die griechischen Münzen, auf denen Visconti Köpfe und Legenden des Kaisers Hadri- Apokryphe
Е À 2 e > р Münzen aus
anus und eines angeblichen Abgaros Mannos zu erkennen meinte, gehören vielmehr einem der Zeit
Zeitgenossen des Antoninus Caracalla(Mionnet У, 622), die, welche Bayer dem Hadrianus Hadrian’s.
und Abgaros gab, haben ebenso wenig mit jenem Kaiser etwas zu schaffen und rühren viel-
leicht von dem Abgaros her, der unter Gordianus lebte (Scott im Num. Chron. ХУШ, р.
19). Derartige Münzen mit Bildern der römischen Kaiser sind für diese Zeit wegen der da-
maligen staatsrechtlichen Stellung Edessa’s schon von vorn herein verdächtig.
Eine gründliche Aenderung erhielten ihre Beziehungen zu Parthern und Römern erst Mesopo-
durch den Krieg des L. Verus gegen die Parther. Die Römer drangen 163 in Mesopota- a
mien ein; Fronto ерр. ad Verum II, 1,p. 121 (Naber) führt die Einnahme von Dausara (in a
der Gegend von Edessa) und Nikephorion zugleich. mit der von Artaxata auf, welche in
jenes Jahr fällt. Weiterer Kriegsereignisse gedenkt aber dieser im Jahre 164!) geschriebene
Brief nicht, die Eroberung Mesopotamien’s ist also erst 164 vollendet worden. Wir wissen,
daß Edessa von den Römern belagert wurde (Lucian. de conscrib. hist. 22); damals war es,
wo die Bewohner von Edessa die hineingelegte parthische Besatzung tödteten und die Stadt
den Römern übergaben (Proc. Pers. II, 12, p. 209 Dind.). Auch Nisibis hielt eine Belage-
rung aus, in Folge deren eine Pest ausbrach (Lucian. a. a. O. 15). Die Beendigung des Par-
therkriegs erfolgte erst, nachdem die Römer über den Tigris gegangen und in Babylonien
eingedrungen waren, im 5. Jahre des L. Verus — 165 (Chronicon Edessenum n° 7 bei
Assem. I, 390, in Uebereinstimmung mit Capitolin. Ver. 7 und den Münzen)?. Durch den
Friedensschluß gieng Osroëne in die römische Clientel über.
Folgen wir der Chronologie des Dionysios, so wären alle diese Veränderungen an der Wall.
edessenischen Königsreihe spurlos vorübergegangen, während er für eine frühere Zeit mehr-
fache Umwälzungen innerhalb derselben zu verzeichnen hatte. Мапа VIII bar Ma’nu gieng
nach 24 jähriger Regierung (angeblich 115—139) hinüber zum römischen Lande, und Kö-
nig ward über Edessa Wa’il bar Sahru 2 Jahre (139—141). Es war wohl ein Araber; über
den Namen schreibt mir Nöldeke: «Wäl oder vielmehr Wä’il, Obaeros Wadd. 2496, auf
Sinai-Inschriften 551, ist arabisch — "J$ И warum nicht eÿfo mit o, ist mir räthselhaft,
da dem "des classischen Arabisch in dieser Sprache о zu entsprechen pflegt. Sahrü ist selt-
sam; das o deutet auf arabische Herkunft, aber in der aramäischen Schreibung dieser alten
arabischen Namen kommt sonst kein Semkath vor : am Ende entstellt». Dann ward nach
Dionysios Мапа VIII wieder König, nachdem er von römischen Lande zurückgekehrt war,
1) Mommsen im Hermes VIII, 214. weise bei E. Napp, De rebus imperatore M. Aurelio An-
2) Ueber die Chronologie dieses Kriegs vergl. Lu- | tonino in Oriente gestis (Bonn 1879), р. 26 ff.
cian. de conser: hist. 30 und die sorgfältigen Nach-
Мата VIII
unter den
Parthern.
30 ALFRED VON GUTSCHMID,
12 Jahre (141—153). Von Wa’il nun gibt es Kupfermünzen, publiciert und entziffert von
W. Scott im Numismatie Chronicle XVIII (1856). Sie zeigen auf der Av. einen unbe-
deckten männlichen Kopf, kurz gelockt und mit kurzem Bart, nach links, vor und hinter
dem Kopfe die aramäische Legende malkà Wä’il, und um das Ganze einen Kranz. Auf der
Rev. hat die eine, р. 2., Pl. I, 1—3,?) die Seitenansicht eines Tempels mit zwei Säulen, an
der Front ein Stern von drei Strahlen, innerhalb des Tempels ein breiter viereckiger Ge-
genstand auf einem Tisch, zu beiden Seiten eine undeutliche aramäische Legende; die an-
dre dagegen, p. 3., Pl. I, 4, zeigt auf der Rev. die nach links gekehrte Büste eines Parther-
königs mit einer kegelförmigen Kappe, die anscheinend mit Strahlen besetzt ist, hinter dem
Kopfe ein B (die Nummer der 2. Münzstätte, nach der auf den Arsakidenmünzen vom Jahre
78 п. С. an üblichen Bezeichnungsweise)®. Der Partherkönig ist unzweifelhaft Volagases Ш
(Nov. 148—191), wie man sich aus der Vergleichung z. B. mit der Tetradrachme desselben
bei Percy Gardner, The Parthian coinage, Pl. VII, 8 überzeugen kann; somit ist die Münze
des Wa’il zwischen 148 —164 geprägt und die Zeitrechnung des Dionysios urkundlich wi-
derlegt. Dagegen stimmt Alles, wenn man von dem zuletzt gewonnenen festen chronologi-
schen Punkte, der Regierung Abgar’s VII, einfach weiter rechnet; dann fällt die erste Re-
gierung des Ma’nu VIII zwischen 139—163, die des Wa’il zwischen 168—165, sie be-
ginnt also unter Volagases III, der seinen Vorgänger als unzuverlässig vertrieben und ihn
eingesetzt haben wird, als eine parthische Besatzung nach Edessa gelegt wurde, und endigt
mit dem Friedensschlusse. :
Auch von Ma’nu gibt Scott еше Kupfermünze р. 20., Pl. I, 5—6: Av. Bartloser (? das
abgebildete Exemplar *) zeigt ganz deutlich kurzen Kinnbart, Backenbart und, wie es
scheint, auch Schnurbart) männlicher Kopf nach rechts mit einer kegelförmigen, perlenbesetz-
ten Kappe und dem Diadem darüber; Rev. Aramäische Legende Ma’nü malkä in zwei Li-
nien quer über das Feld. Scott hat (a. a. O., р. 24) ganz richtig bemerkt, aaß die Münzen
mit aramäischen Legenden in eine Zeit gehören, wo Edessa nicht unter römischer Clientel
=
n° 5
1) Nöldeke hat mir die Richtigkeit der Scott’schen
Lesungen durchaus bestätigt. Er schreibt: «Die Legen-
den von Wä/il zeigen die ganz charakteristischen Zei-
chen des Estrangelä, d. В. der edessenischen Schrift.
Solch ein Д (Alaph) und ori (He)kommt anderswo kaum
vor, auch das geneigte a (Uebergang zu О) ist charak-
teristisch, und nichts ist un-edessenisch .... Nr. 5
tte
weicht ab; die Buchstaben von stehen ganz iso-
{ 155% >
liert. Aber auf Nr. 6, welche dieselbe Inschrift hat, ist
Alles uno tenore geschrieben, und hat durchaus edesse-
nische Typen. Ich zweifle deshalb auch nicht, daß 5 da-
hin gehört».
3) Die Nummern im Texte sind verschieden von de-
nen auf der Tafel: n° 1. 1a. 1b. 2. 3b. 3 des Textes = PI.
1.1.92 ENT
3) Vergl. A. de Longpérier, Mémoires sur la chrono-
logie et l’iconographie des rois Parthes Arsacides, p. 121.
4) Ein ähnliches, aber falsch gelesen, gibt Mionnet,
Suppl. VII, 410, n° 57 nach Sestini, ein drittes Mion-
net а. а. О, n° 58, Lenormant, Numismatique des :
rois Grecs, р. 130., Pl. LXII, 8 und Langlois, Numis-
matique de l’Arménie, p. 66., Pl. IV, 1 aus dem Cabinet
! de France; die ersteren Beiden haben die Schriftzeichen
für lateinische gehalten und ergötzlicher Weise als MAN.
(Ca) ES. FIL. gedeutet, Langlois hat wenigstens die
Identität mit der von Sestini beschriebenen Münze
erkannt.
UNTERSUCHUNGEN ÜBER DIE GESCHICHTE DES KÖNIGREICHS OSROËNE. 31
stand, erklärt aber die Münze des Ma‘nu für später als die des Wa’il, sowohl wegen des
Stils als wegen des Schriftcharakters, der sich dem gewöhnlichen syrischen mehr nähere, und
hält es für möglich, daß sie während der Erhebung der Osroëner gegen Pescennius Niger ge-
prägt sei. Allein daß damals ein Abgar regierte, steht durch die Münzen hinlänglich fest; ich
halte es für unmöglich die Münze später zu setzen als 164; und vermag, wo es sich um klei-
nere Zeiträume handelt, derartigen Bedenken der Numismatiker nur geringes Gewicht bei-
zumessen, um so mehr da ein anderer Fachmann, Lenormant (Numismatique des rois Grecs,
p. 130), ein andres Exemplar derselben Münze, ohne eine Ahnung von ihrer Bedeutung zu ha-
ben, des Gepräges wegen für viel älter als die edessenischen Königsmünzen aus der Zeit der
Antonine erklärt hat: das Relief trete stärker hervor und die Arbeit sei feiner und cor-
recter. Der Kopf ist bisher für den des Münzherrn gehalten worden, aber die Tiara ist die-
selbe wie die parthische, und es ist mindestens ebenso wahrscheinlich, daß es der Kopf des
Großkönigs ist; in diesem Fall könnte es sich nur um Volagases II handeln (reg. zum 2.
Mal von 112 bis Nov. 148), dessen Porträt (2. В. auf der Drachme bei Percy Gardner, PI.
УП, 5) allein unter den Arsakiden, die in Betracht kommen könnten, einige Aehnlichkeit
aufweist, und dann wäre bewiesen, daß die Münze während der ersten Regierung des Ma‘nu
geprägt worden ist.
Die Annahme, daß Ma’nu nur das Bild des parthischen Oberherren auf seine Münzen
hat setzen lassen, empfiehlt sich durch die Analogie der griechischen Silbermünzen des Kö-
nigs Mannos Philoromäos oder, wie auf den meisten geschrieben ist, orAopwp.xig (beiMionnet
У, 614 ff.). Dieser hat auf die Averse derselben die Namen und Köpfe des M. Aurelius,
der jüngeren: Faustina, des Г. Verus und der Lucilla gesetzt, auf die Reverse seinen Na-
men und verschiedene Embleme, aber nie sein Bild. Visconti, Iconographie Grecque, III,
49 hat diese Münzen, weil ihre Fabrik von der der edessenischen Münzen verschieden sei,
Edessa absprechen wollen und diesen Mannos vermuthungsweise nach Aträ verwiesen; aber
Aträ hat nie mit dem römischen Reiche in Verbindung gestanden, höchstens ließe sich an
Singara denken, wo unter Trajanus ein Mannos vorkommt: die Abweichung erklärt sich
genügend aus der Verschiedenheit der Zeit und daraus, daß es Gelegenheitsmünzen sind,
die nach der Bemerkung Eckhel’s (D. N. У. III, 513) in Metall, Gewicht, Fabrik und Ty-
pen vollkommen einer Reihe ähnlicher Silbermünzen gleichen, die mit den Namen und Köpfen
derselben Personen des kaiserlichen Hauses und außerdem noch des Commodus und auf der
Reverse mit den Aufschriften "Trip virng "Ponatwv, Vrèp vinng лбу xvpiwy Beßaorov und ähnli-
chen in Mesopotamien geprägt worden sind.!) Lenormant, der an dem edessenischen Ursprunge
jener Münzen festhält, vermuthet ansprechend (Numismatique des rois Grecs, p. 131), daß
sie das Werk eines geschickten Künstlers sind, der mit Verus nach Asien gekommen war.
Es liegt kein Grund vor, sie der zweiten Regierungsperiode des Ma’nu bar Ma‘nu abzuspre-
1) Vergl. Eckhel, D. N. У. Ш, 520 Е, Mionnet У, 638 #., Suppl. VIII, 418.
Ма’па VII
unter den
Rômern.
32 ALFRED VON GUTSCHMID,
chen. Die Münzen des Mannos Philoromäos sind, da sie auch die Lucilla als Augusta und
Gemahlin des Verus nennen, jünger als das Jahr 164, in welchem sie dieses wurde, und
können alle zwischen 164 und 169, in welchem Jahre Verus starb, geprägt sein; jene an-
dere Classe mesopotamischer Münzen, von der Eckhel sehr wahrscheinlich vermuthet, daß
ihre Prägung von eben diesem Mannos veranlaßt worden sei, beginnt ebenfalls nach 164, da
sie die Lucilla Augusta nennt und dem M. Aurelius den erst in diesem Jahre angenomme-
nen Titel Armeniacus gibt, muß aber mindestens noch bis 177 fortgesetzt worden sein, da
sie dem Commodus den Titel Augustus gibt, den er erst in diesem Jahre erhielt.
ne unter In derselben Zeit, wo Ma’nu bar Ma’nu in Edessa regierte, ist nun aber auch ein Ab-
ntoninus RE й \ y RAT
Риз. gar bezeugt. Capitolin. Ant. Р. 9 sagt von Antoninus Pius: «Abgarum regem ex orientis
Abgar VII
auf Münzen
unter
L. Verus.
partibus sola auctoritate deduxit»; unmittelbar vorher war erwähnt, dal die Briefe des Kai-
sers den Partherkönig von der Eroberung Armenien’s zurückgeschreckt hätten, gleich dar-
auf, daß er Rechtshändel zwischen den Königen entschieden, sowie, daß er dem Parther-
könig die Rückgabe des von Trajanus erbeuteten Thronsessels abgeschlagen habe. Wahr-
scheinlich bildet auch die Entfernung des Abgar einen Zwischenfall der Verwicklungen mit
dem Partherreiche, die im Februar 155') durch eine persönliche Zusammenkunft zwischen
Antoninus Pius und Volagases III beigelegt wurden. Dionysios läßt zwar einen Abgar bar
Мапи von 153—188 regieren, es ist aber zur Genüge gezeigt worden, daß seine Synchro-
nistik für diese Zeit völlig unhaltbar ist: Abgar kann nur ein Gegenkönig des Ma’nu bar
Мапи gewesen sein. Vielleicht hatte er von Syrien aus einen Versuch gemacht, sich in Os-
roëne festzusetzen, und wurde, um die Ausgleichung mit den Parthern nicht zu erschweren,
von Antoninus Pius veranlaßt, es freiwillig zu räumen.
Später erscheint ein Abgar, allem Anscheine nach derselbe, auf einigen seltenen grie-
chischen Münzen. Freilich die Münzen eines Königs Abgaros mit dem Kopfe des M. Aure-
lius, auch wohl Legenden, die auf diesen bezogen worden sind, welche Patin (Numi impp.,
р. 192), Belley (in der Hist. de l’Acad, В. des Газег., ХХУ = 1759, р. 87), Visconti
(Iconographie Grecque, ПТ, 48), Leake (Numismata Hellenica. Kings and dynasts, р. 39)
veröffentlicht haben, erweisen sich sämmtlich bei näherer Prüfung vielmehr als Münzen
eines Abgaros und Commodus. Von der Patin’schen hatte schon Mionnet У, 614 es ver.
muthet, von der Visconti’schen im Suppl. VIII, 409 es nachgewiesen, hinsichtlich der,
welche nach Belley im Pariser Cabinet des médailles sein soll, schreibt mir Herr E. Ba-
belon, daß dieses keine derartige Münze besitzt, wohl aber Münzen mit dem Kopfe des
Commodus und dem eines Abgarus in ziemlicher Anzahl. Ueber die in der Leake’schen
Sammlung, welche sich gegenwärtig im Fitzwilliam-Museum in Cambridge befindet, theilt
mir Herr Percy Gardner, M. A., vom British Museum gütigst folgendes Resultat einer
1) Vergl. Waddington, Mémoire sur la chrono- | de l’Acad. des Inscr. XXVI, 1 (1867), р. 260 ff.
logie de la vie du rhéteur Aelius Aristide in den Mém. |
LIEN
se ic
à
UNTERSUCHUNGEN ÜBER DIE GESCHICHTE DES KÖNIGREICHS OSROËNE. 1139
sorgfältigen Prüfung mit: «Ich erkenne auf der Av. СУ /`ТОК KO und den Kopf des Com-
modus; Rev. ABTAD/OC BA/CIAEYC, Kopf des Abgarus. Diese Münzen sind so schlecht
ausgeführt, daß beides Legende und Porträt ungenau sind. Doch das KO auf der Averse
scheint der Anfang des Namens des Commodus zu sein, und der Kopf ist genau wie der
Kopf dieses Kaisers auf einigen Münzen des British Museum», Herr Gardner war zugleich
so freundlich, mir zum Beweise für die Richtigkeit seiner Erklärung einen Gypsabguß der
Münze zu schicken, Ebenso wenig bestehen die Münzen von Abgarus und M. Aurelius und
Abgarus und L. Verus, welche Arneth, Synopsis I, р. 77 als im Каз. Münzcabinet in Wien
vorhanden anführt, die Probe; Herr Dr. A. v. Domaszewski schreibt mir darüber: «die
Deutung . . . ist ganz unsicher, da von der Aufschrift nichts erhalten und die Köpfe ganz
abgerieben sind; der sog. M. Aurel ist vielleicht ein Commodus». Auch die Pariser Münze,
auf der Visconti, Iconographie Grecque, III, 49 den Abgarus und L. Verus hatte erkennen
wollen, ist von Mionnet, Suppl. VIII, 409 vielmehr als eine des Abgarus und Severus erkannt
worden. Aber Scott gibt an (p. 22), er besitze eine Abgarus-Münze, welche sicher den Kopf
des Verus zeige, wenn schon sie schlecht geprägt sei und die Legenden fehlten; man konnte
mir nicht sagen, wo sie sich jetzt befinden mag. Gegen die von Patin, Numi impp., p. 207
beschriebene, auf der Av. mit dem Kopf des L. Verus nach rechts, auf der Rev. dem Kopfe
des Abgarus mit der Tiara nach rechts und der Legende АВГАРОС. BACIAEYC, konnten,
so lange das Exemplar nicht wieder zum Vorschein gekommen war, Bedenken erhoben
werden, wie dies in der That von Mionnet, V, 614 geschehen ist. Vielleicht ist sie identisch
mit einer im Pariser Cabinet des médailles befindlichen Münze, welche Belley in der Hist.
de l’Acad. В. des Гозсг. XXV, 87, vermuthlich etwas frei, so beschreibt: Av. Kopf des
Verus und die Legende A. OYHPOC; Rev. Kopf des Abgarus und die Legende АВГА-
POC B. Auf meine Anfrage theilte mir Herr E. Babelon gütigst mit, daß das Cabinet
de France in der That folgende Münze des L. Verus mit einem Abgarus besitzt, freilich
sehr schlecht erhalten und nur in Einem Exemplar:
Av. ОУНРОС. Unbedeckter Kopf des L. Verus, nach rechts.
Rev. АВГА[РОС]. Kopf des Abgarus nach rechts, mit der Tiara.
Herr Babelon neigt mehr dahin, hier Verus als Severus zu erkennen, und schreibt
mir: «auf alle Fälle sind die Buchstaben CE — schlechterdings nicht zu sehen, die, wenn
sie vorhanden gewesen sind, ihren Platz unter dem kaiserlichen Brustbilde gehabt haben
müßten». Er hatte zugleich die Güte, mir einen Siegellackabdruck der Münze zu über-
senden, den ich, da ich nicht die genügende numismatische
Erfahrung besitze und es mir am hiesigen Orte an Hilfsmitteln
zur Vergleichung fehlt, Herrn A. von Sallet in Berlin zur
Prüfung vorgelegt habe. Dieser nun spricht sich noch entschie-
dener in dem gleichen Sinne aus. Er schreibt mir: «Die Pariser Münze halte ich sicher
Mémoires de l’Avad. Пар. des sciences. VIIme Série. 5
Abgar IX
nach den
Historikern;
seine Be-
ziehungen
zu Severus
und Ueber-
gang zum
Christen-
thum.
34 ALFRED VON GUTSCHMID,
für Verus. Ich lese .VHPOC und vielleicht noch = (EeBaoréc), zum CE ist kaum irgend
ein Platz. Außerdem ist aber der Kopf so ausgesprochen der des Verus, nicht des Severus
... Charakteristisch für Verus ist der runde Kopf mit den eng anschließenden Haar-
löckchen, die spitze, gebogene Nase und die oben über der Stirn liegenden, etwas vorragenden
krausen Haare. Auch die Größe der Münze (die genau mit den Stücken des Commodus
stimmt) spricht für Verus». Der Freundlichkeit des Herrn von Sallet verdanke ich noch
folgenden Nachweis aus dem Bulletin des sehr tüchtigen Münzhändlers Hoffmann (er-
schienen in den sechziger und siebziger Jahren ohne Datum auf dem Titel, später in er-
neuertem Abdruck, etwa 1877, ebenfalls ohne Datum):
«Nr. 1171. OYHPOC Tête laurée de L. Vérus à droite.
R. АВГА ... Tête d’Abgare à droite.
JE.
Medaille indubitable, quoique Mionnet ait prétendu qu’il n’en existait point».
Hiernach kann nicht wohl länger bezweifelt werden, daß wirklich ein Abgar unter
L. Verus König von Edessa gewesen ist; wegen der großen Seltenheit seiner Münzen kann
er es aber nur kurze Zeit gewesen sein, und zwar, da Ma’nu bar Ma‘nu zum zweiten Mal
12 Jahre regiert hat, vor ihm und nach Wa/il bar Sahru.
Wir hören hierauf von den Osroönern zunächst wieder im Jahre 194, wo sie mit den
Adiabenern vereint Mesopotamien gegen Pescennius Niger insurgierten, verschiedene in
römischen Händen befindliche Castelle einnahmen, die Besatzungen niedermachten und
Nisibis belagerten; nach Niger’s Tode schickten sie an Septimius Severus Gesandte mit
Geschenken und suchten diese Vorgänge so darzustellen, als hätten sie nur in seinem In-
teresse gehandelt, machten aber keine Miene die eroberten Castelle zu räumen und ver-
langten sogar die Zurückziehung der noch übrigen römischen Besatzungen (Cass. Dio, exc.
Ursin. p. 413); Severus unternahm hierauf im Jahre 195 einen Feldzug nach Mesopotamien,
während dessen er sein Hauptquartier in Nisibis nahm und durch seine Feldherren Late-
ranus, Candidus und Laetus die Aufständischen zur Unterwerfung brachte (Cass. Dio,
LXXV, 2 nach Xiphilinus). Es unterliegt keinem Zweifel, daß diese im Einverständniß mit
den Parthern und von ihnen unterstützt. vorgegangen waren'), und so erklärt sich der
Spartian. Sever. 18 und Victor Caess. 20, 14 gemeinsame Irrthum, Severus habe Abgarus
den König der Perser besiegt. Als in der Folge die Parther während des Kriegs zwischen
Severus und Albinus Mesopotamien überschwemmten, blieben die Osroëner den Römern
treu, und als Severus wegen des Partherkriegs 198 ein zweites Mal in Mesopotamien er-
schien, nahm — so erzählt wenigstens Herodian. III, 9?) — der König der Osroëner Au-
1) Vergl. Spartian. Sever. 9 und die Münzen bei 2) Bei der gewohnten Leichtfertigkeit dieses Schrift-
Eckhel, D.N. У. УП, 172. stellers, der hier die Hauptereignisse des mesopotami-
4 ÿ RAD
UNTERSUCHUNGEN ÜBER DIE GESCHICHTE DES KÖNIGREICHS OSROËNE. 35
garos zum Kaiser seine Zuflucht, lieferte seine Söhne als Geiseln aus und stellte zahlreiche
Bogenschützen zu den Auxilien. In der That finden wir Angehörige der edessenischen
Königsfamilie später in Rom wohnend und das osroönische Contingent im Chattenkriege 214
in der Begleitung des Antoninus (Cass. Dio LXXVII, 14). Abgar gewann die Gunst des
Severus in hohem Grade und ward, als er nach Rom kam, mit einem Pomp dahin geleitet,
der an die Romreise des Tiridates unter Nero erinnerte (Cass. Dio LXXIX, 16). Es kann
dies nicht wor dem Jahre 202 geschehen sein, vielleicht gerade in diesem, in welchem die
Decennalien des Kaisers und die Vermählung seines Sohnes Antoninus (Caracalla) mit der
Plautilla mit besonderer Pracht gefeiert wurden. Das Chronicon Edessenum gibt n° 8 bei
Assem. I, 390 ff. den urkundlichen Bericht über eine im Jahre 513 unter der Regierung
des Severus und der Regierung Königs Abgar, Sohns des Königs Manu, im Monate
Tishrin II. (November 201) erfolgte verheerende Ueberschwemmung in Edessa und die von
dem Könige zum Schutze der Einwohner gegen künftige ähnliche Unglücksfälle erlassenen
Verfügungen aus dem edessenischen Archive; ungleich farbloser ist die Beschreibung
derselben Wassersnoth bei Dionysios. Da bei dieser Gelegenheit der (später zum Unter-
schied der größere genannte) königliche Palast verwüstet worden war, unternahm Abgar
- den Bau eines Winterpalastes in dem Stadttheile Tebarä; das Chronicon Edessenum (n° 9
bei Assem. I, 393) verzeichnet die Vollendung dieses Baues unter dem Jahre 517 Gr.
(206 n. C.). Als zerstört wird auch die Kirche der Christen erwähnt; die Fassung der
Urkunde schließt jedoch die Annahme aus, daß das Christenthum in Edessa damals schon
Staatsreligion gewesen ist!). Es bestätigt sich dadurch der aus der früher mitgetheilten
Erzählung des Procopius über Abgar Ukamä zu ziehende Schluß, daß die Bekehrung
dieses späteren Abgar zum Christenthum erst nach seinem Besuche in Rom erfolgt ist.
Mit Beziehung auf diese Bekehrung nennt Africanus (bei Sync. p. 676, 13. Euseb. Chron.
2235 Abr.) den Augaros, «einen Namensvetter des alten Augaros», einen ehrwürdigen
Mann (ieoov &vôox). Africanus hielt sich zu den Zeiten König Abgar’s am edessenischen
Hofe auf und war mehrfach Zeuge einer von des Königs Sohne Mannos gemachten Schieß-
probe, welche die theoretische Möglichkeit beweisen sollte, daß ein Pfeil in 24 Stunden
20000 Stadien weit fliegen könnte, zu der es besonders geübter Bogenschützen bedurfte.
Als einen solchen schildert er diesen Mannos und erzählt, wie derselbe einst einem Bären,
der auf die Jagdgesellschaft losgieng, mit zwei Pfeilschüssen beide Augen ausschoß; er
habe dies, fügt Africanus hinzu, selbst mit erlebt, nicht an der Jagd theilnehmend, sondern
у
schen Feldzugs der Jahre 195—196 in den zweiten gegen 1) Die erste Kunde von dem Bestehen christlicher
die Parther selbst 198—201 geführten Krieg einge- | Gemeinden in Osroöne und den dortigen Städten knüpft
schachtelt hat, ist freilich die Möglichkeit nicht ausge- | sich an ihre Betheiligung an dem um 192 durch den
schlossen, daß mit dem ganzen Abschnitte von rpos@puye | römischen Bischof Victor hervorgerufenen Paschastreit
dE aur® an bis mv Te Хфрау Aenhuriouc auch diese | (Euscb. H. Е. У, 23, 4).
Episode in den ersten Feldzug gehört.
5*
Der letzte
Abgar und
das Ende
des Reichs
nach den
Historikern.
36 ALFRED VON GUTSCHMID,
als Zuschauer nebenherreitend (Cest. 29, р. 300, ed. Thevenot). Der ganze Zusammen-
hang der Stelle läßt die Worte des Africanus, er habe den Mannos jene SchuBprobe
gelehrt, als äußerst befremdlich erscheinen; wahrscheinlich sind sie entstellt und für
moMaxız mupasavros tod bonynoamévou ist п. п. Züouou do. zu schreiben: Syrmos der
Skythe war vorher unter denen genannt, die die Sache versucht hätten, Africanus selbst
sah diesen Syrmos eine Probe erstaunlicher Fertigkeit im Treffen auf ihn abgeschossener
Pfeile ablegen'). Auch ein anderer christlicher Gelehrter, der aus Edessa selbst gebürtige
Bardesanes (Bardaicän), war in seiner früheren Zeit mit Augaros, dem Dynasten der
Edessener , einem sehr gottesfürchtigen und wissenschaftlich gebildeten Manne (&vöpi 6ouo-
arm xai Aoyınrarw), befreundet, unterstützte ihn in seinen Bestrebungen und nahm An-
theil an seinen Studien (Epiphan. adv. haereses LVI, 1, ed. Dindorf. II, p. 528). Das aus
der Schule des Bardesanes hervorgegangene «Buch von den Gesetzen der Länder» in Cure-
ton’s Spicilegium Syriacum, p. 20 (31) theilt uns mit, daß Abgar, nachdem er Christ ge-
worden war, denen, die sich der Thar‘athà zu Ehren entmannten, auch die Hände abzu-
hauen befahl und so das Aufhören des Unfugs im Gebiete von Urhai durchsetzte.
Dieses etwas summarische Verfahren würde an sich ganz gut zu dem Bilde stimmen,
welches Cassius Dio (Exec. Vales., р. 746) von dem letzten Abgar entwirft: sobald — heißt
es bei diesem — Abgaros, der König der Osroëner, einmal über seine Landsleute Herr
geworden war, gab es keine noch so arge Grausamkeit, die er nicht an den Angesehensten
unter ihnen verübte; unter dem Vorwande, er wollte sie zwingen, die Sitten der Römer
anzunehmen, mißbrauchte er thatsächlich seine Gewalt über sie in maßloser Weise. An-
scheinend gab die Unzufriedenheit über die Tyrannei dieses Abgar den Anlaß zu seinem
Sturze. Antoninus hatte dem Augaros trüglich die Meinung beigebracht, er käme zu ihm
wie zu einem Freunde?), bemächtigte sich unversehens seiner Person und warf ihn in
Ketten, worauf er das nunmehr königslose Osroëne in seine Gewalt brachte (Cass. Dio
LXXVII, 12 nach Xiphilinus). Die Erzählung des Jo. Zonaras XII, 12 (II, p. 561, ed.
Pinder.), er habe den Augaros zu sich gelockt und nach seiner Ankunft gefesselt, ließe
sich an sich damit vereinigen, wahrscheinlich aber hat Xiphilinus hier den ursprünglichen
Wortlaut des Dio bewahrt und Zonaras diesen einfach mißverstanden. Antoninus kam 215
nach Syrien und Aegypten, in Mesopotamien erschien er erst 216 wegen des Parther-
kriegs und brachte den Winter 216|217 in dem bereits römischen und zu einer Kolonie
erhobenen*) Edessa zu; halten wir uns also an die Worte des Xiphilinus, so muß der
1) Die Stelle-ist auch sonst mehrfach verdorben: für 2) Hrarnxôs yap... Alyapov 66 dm rap Лоу au-
Evayxapou об Bacıkewg schreibe Er’ ’Ayßapou т. В.; nach | тду иже. ER
emod (Zuppou) dpnynoumévou ist ein Punkt zu setzen 3) Der Kolonialmünzen von Edessa mit Bild und
und für тоЁбтиб обл dervös nv zu verbessern т. обтос | Namen des Antoninus Caracalla sind nicht ganz wenige;
обто 5. Av; dann érrommévov 8 mavrwy eis quync та | vergl. Mionnet У, 601 #., Suppl. VII, 399 ft. Vor der
6dobc für rronuevev 8 лаутюу ras ф. т. 6., endlich | Münze beiSestini, Descriptio numorum veterum р. 550,
Bhémououv für Bhëéroucu. die angeblich den Tite КОЛ. M.EAECCA ши
Ч
:
UNTERSUCHUNGEN ÜBER DIE GESCHICHTE DES KÖNIGREICHS OSROËNE. Où
Sturz des Abgar im Jahre 216 erfolgt sein, und zwar nach dem Aufbruch aus den Winter-
quartieren, aber vor dem Monat Mai, da die Sache vor der Gefangennahme der armenischen
Königsfamilie erzählt wird; aus Cass. Dio LXXVIIT, 27 aber wissen wir, daß die Frau
des armenischen Königs von Antoninus (1 8. April 217) 11 Monate lang gefangen gehalten
wurde. Eine Bestätigung gewährt Eusebius, der aus Africanus die Regierung des Abgar
‘in Edessa unter n° 2235 im armenischen, 2234 im lateinischen Texte verzeichnet; denn da
diese Jahre nach der von 193 п. С. an für die Aera Abraham’s geltenden Gleichung den
Jahren 217 und 216 п. С. entsprechen, so kann damit nur die Epoche von Abgar’s Re-
gierungsschluß gemeint sein. Das Richtige hat hier der Text des Hieronymus bewahrt.
Aus den Worten des Epiphanius folgt, daß der Tod dieses Abgar vor den Zeiten des
Antoninus Elagabalus, der 218 Kaiser wurde, erfolgt ist'). An beiden Stellen ist der Christ
gewordene Abgar gemeint, von dem so viel feststeht, daß er einen Sohn Namens Mannos
hatte; urkundlich ist gesichert, daß der 201 regierende König Abgar Sohn eines Königs
Ma‘nu gewesen ist, und den christlichen Abgar von dem Zeitgenossen und Günstlinge des
Severus zu trennen liegt nicht der geringste Grund vor. Anders steht die Sache in Bezug
auf den Abgar, dessen Tyrannei und Sturz durch Antoninus uns Dio erzählt. Worte wie
die von diesem gebrauchten (£reıön dmaË Eyxparıs ту duoplAwv &y&vero) passen sehr schlecht
auf einen König, dessen Regierung schon mehrere Decennien gewährt hatte. Hier liegt
eine Schwierigkeit vor, zu deren Hebung es außer den schriftlichen noch weiterer Hilfs-
mittel bedarf.
Zum Glück sind die numismatischen Denkmäler aus dieser Zeit sehr reichlich. Ein
"Aßyaoos Висте erscheint auf Kupfermünzen neben dem Kaiser Commodus: auf diesen
wird er meistens Commodus schlechthin genannt, und zwar lassen sich auf denselben nicht
weniger als vier verschiedene Gepräge des Kopfes des Kaisers unterscheiden (Mionnet У,
616 f.); auf Einer Münze, bei der ausdrücklich bemerkt wird, der Kaiser erscheine auf ihr
leicht bärtig, Abgar unbärtig, heißt er Commodus Antoninus, wie er sich in den Jahren
180—191 nannte (Mionnet, Suppl. VIII, 410, n° 59), auf einer andern mit seinem früheren
Vornamen L. Commodus, den er 191 wieder annahm und bis an seinen Tod 192 beibehielt
(Eckhel, D. N. У. III, 514). In der aus der Knobelsdorff’schen Sammlung in das Ber-
liner Münzcabinet gekommenen Kupfermünze , welche die Köpfe des Pescennius Niger und
des Abgar mit der Legende M. АВГАРОС ... zeigen soll (Sestini, Lettere VI, р. 83 f,
Т.П, 1)2), ist trotz der Beistimmung von Pinder (Die antiken Münzen, 5. 282) mit У. Scott
Bild und Namen des Commodus verbinden soll, hat | gabalus gemeint ist, ergibt sich aus Porphyrios пер!
schon Visconti, Iconogr. Gr. III, 57 gewarnt. Ztuyög bei Stob., ес]. phys. I, 3, 56 (Гр. 37 ed. Meineke).
1) Epiphanius sagt nach Erwähnung des Verkehrs | Die Verwirrung mag daraus entstanden sein, daß auch
des Bardesanes mit Abgar: dimpxece ФУ et tv éxetvou | Caracalla die Namen Antoninus Pius führte, Elagabalus
tekeuchy хр: Tv xpovoy Avrovivou Kaïoapos, où tod | aber eigentlich Varius hieß.
ЕбсеВобс xaAoumevou, &AAQ oo Ovnpou. Daß mit dieser 2) Seltsamer Weise hat eine bloße Zerstreutheit
verkehrten Bezeichnung nicht Caracalla, sondern Ela- | Sestini’s den ersten Anstoß dazu gegeben, die Münze
Abgar IX
auf den
Münzen.
38 ALFRED VON GUTSCHMID,
im Numismatic Chronicle XVIII (1856), р. 22 f. vielmehr eine Münze des Severus und A bgar
zu erkennen, und der Zuname des letzteren als Rest von [СЕ] N., 4. 1. Zerrtiu:oc, aufzu-
fassen. Zahlreich sind die Kupfermünzen eines Abgar aus der Zeit des Septimius Severus,
die, soweit sie abgebildet oder genauer beschrieben sind, sämmtlich das Brustbild des Königs
bärtig zeigen. Auf der großen Mehrzahl derselben!) nennt sich der König einfach ABTA-
РОС BACIAEYC. Auf einer, die Eckhel, О.М. У. Ш, 514 nach Wise beschreibt, heißt
„er A. АМ ($) CET (zuoc) АВГАРОС, auf einer bei Mionnet У, 620, n° 147 ВАС. A.
AIA. СЕП. ABTAPO., und auch zwei von Leake, р. 40 aufgeführte scheinen zu ВАС
(A. Ze) П. АВГАРОС und (At) О. СЕП. АВГАРО. BA. ergänzt werden zu müssen;
eine andre bei Mionnet У, 620, n° 146 nennt ihn BAC (tAeuc) Л. AIAIOC. АВГАРОС
С (Етлимоб), in welchem Sinne wohl auch die Legende von n° 142 (----ABTAPOC.C.)
zu ergänzen ist?). Auf einer bei Mionnet V, 620, n° 148 betitelt er sich BACIA. МЕГ.
ABFAPOC, auf einer anderen ebendas., n° 145 BACIAEVC. AIA (rc) С (=тлимо<). ME-
ГАЛОС (sic). АВГ АРОС. Alle diese Münzen haben auf der Averse den lorbeerbekränzten
Kopf des Severus, nur auf drei bei Mionnet У, 621, n° 149—151 ist Severus barhaupt
dargestellt, woraus Mionnet den wenn auch nicht zwingenden 3), doch wahrscheinlichen
Schluß zieht, daß es-Consecrationsmünzen sind, also nach Severus’ Tode (4. Febr. 211)
geprägt; die Legende der Reverse ist stets fehlerhaft, und zwar, wenn wir die verschiedenen
Exemplare gegenseitig ergänzen: ABCAPOC. Лоо *), wie die Abbildungen der Münze
n° 149 bei Visconti, Iconogr. Gr., Tab. II, 6 und Lenormant, Numismatique des rois
Grecs, PI. LXIII, 2, oder ACIO, wie die bei Langlois, Numismatique de l'Arménie,
Pl. У, 9 hat; der Letztere will darin р. 76 verstümmeltes АВГАРОС (В) АС! (cu) С er-
kennen, vielleicht bedeuten aber die räthselhaften Buchstaben (8) АС! (eus) О (pp nvwv).
Visconti*) und Lenormant‘) haben nach dem Vorgange von Eckhel’) den Abgaros unter
Commodus und den Zeitgenossen des Severus wegen der Gleichheit der Gesichtszüge iden-
tificiert; einen noch schlagenderen Beweis dafür liefern die Namen des Letzteren, von denen
L. Aelius zu Ehren des Commodus, der sich in den Jahren 191— 192, und nur in diesen,
auf Pescennius zu beziehen: er glaubte nämlich in der
abgeriebenen Umschrift der Averse EABIOC zu er-
kennen (die Tafel weist keine Spur davon auf) und sah
darin einen der Namen des Pescennius, während es viel-
mehr das Gentile des Pertinax ist.
1) Eckhel, D. N. V. Ш, 514. Visconti, Iconogr.
Gr. III, p. 51., Tab. П, 8. Mionnet У, 617 ££., Suppl. VIII,
411 f. Lenormant, Numismatique des rois Grecs, p. 131
Е, Pl. LXII, 18—17. LXIII, 1. Leake, Numismata Не]-
lenica, р. 39 f. Langlois, Numismatique de l’Arménie,
р. 71. 72 ff, Pl. ТУ, 5. 6. 9—14. У, 1—8.
2) Nach einer Andeutung bei Lenormant, Numis-
matique des rois Grecs, p. 133 sind die betreffenden
Münzen des Cabinet de France schlecht erhalten.
3) Vergl. Eckhel, D. N. V. VIIL, 361. 363. 467.
4) Nicht OOY, wie Visconti, Mionnet und
Lenormant lesen, indem sie die Buchstaben links als
nach Innen gekehrt auffassen; es verstößt dies gegen die
auf allen edessenischen Münzen eingehaltene Regel, daß
die Legenden rechts oben oder links unten beginnen,
auf Averse und Reverse an der gleichen Stelle, daß die
Schrift nach Außen gekehrt ist und daß rings herum
gelesen wird.
5) Iconogr. Gr. III, 50.
6) Numismatique des rois Grecs, p. 133.
7) D.N. V. UI, 514.
UNTERSUCHUNGEN ÜBER DIE GESCHICHTE DES KÖNIGREICHS OSROËNE. 39
so nannte, Septimius zu Ehren des Severus (also zwischen 194—211) angenommen ist. Alle
numismatischen Autoritäten sind ferner darin einig, bloß Einen Abgaros unter Severus an-
zunehmen, nur Langlois (Numismatique de l’Arménie, p. 73) behauptet mit großer Zuver-
sicht, die Münzen Pl. У, 3—-9 rührten von einem anderen Abgaros her, als dem, welchem
die PI. IV, 5 —14. У, 1. 2 abgebildeten gehören : dieser sei ein Greis mit einer fast geraden
Nase, jener habe viel jüngere Züge, seine Nase sei stark gekrümmt und das Auge mehr
offen. Auch Lenormant (Numismatique des rois Grecs, p. 133) hatte mit Bezug auf die
von ihm Pl. LXIII, 1 veröffentlichte Münze ähnliche Differenzen gegenüber den sonstigen
Abgarbildern constatiert, sich aber schließlich dahin entschieden, daß es sich hier nur um eine
Eigenthümlichkeit des Gepräges handle. Schon der Umstand sollte stutzig machen, daß auf
den Münzen der von Langlois einem jüngeren Abgaros gegebenen Kategorie auch der
Kopf des Kaisers Severus einen von dem sonstigen verschiedenen Charakter trägt, was
schon Mionnet im Hinblick auf die Münze V, 620, n° 144 (= Langlois Pl. V, 3) aus-
drücklich bemerkt hat. Definitiv entscheidet gegen Langlois die von Imhoof-Blumer,
Porträtköpfe auf antiken Münzen, 5. 82., Taf. VI, 15 aus seiner Sammlung abgebildete
Münze, die nur ein besser erhaltenes Exemplar der eben genannten ist: neben dem Namen
‚ des Kaisers AOVK. CE (ounpos) hat sie den vollen des Königs, ВАС. A. АМ. ССП. AB-
ГАРОС, beweist also, daß dieser angebliche jüngere Abgaros nicht verschieden ist von dem,
der schon unter Commodus regierte. Den prunkhaften Titel «großer König» (in welchem
das Meyados völlig wie ein Eigenname behandelt ist) kann Abgar nur der Gunst des Severus
verdankt haben; nach sonstigen Analogien aus der Kaiserzeit!) ist anzunehmen, daß er ihn
in Folge der Einverleibung irgend eines Nachbarreiches in das seinige angenommen hat. Da
die Legende Severos, den Sohn des Abgar, zu Agel in Sophene walten läßt, so darf man in
diesem Nachbarreiche vielleicht Sophene erkennen. Daraus, daß die Urkunde über die
Ueberschwemmung vom November 201 sich sowohl im Präscript, wie im Text nur des ein-
fachen Titels König Abgar bedient, ist zu folgern, daß die Rangerhöhung später fällt; daß
der darin erwähnte «größere Palast Abgar’s des Großen» nicht von dem damaligen Besitzer,
sondern nur von einem älteren Gründer den Namen haben kann, ist bereits früher bemerkt
worden.
Von dem gleichen Gepräge wie die Münzen des Abgar, Zeitgenossen des Commodus Abgar IX
und Severus, sind zwei Kupfermünzen bei Eckhel, D.N. V. III, 511. Die eine hat auf der
Averse den bärtigen, mit kegelf‘rmiger Tiara bedeckten Kopf des Königs nebst der Um- Münzen.
schrift ABTAPOC. BACIAEYC, auf der Reverse einen anderen Kopf mit schwachem
Barte, mit einer ähnlichen Tiara bedeckt, nebst der Umschrift MANNOC. MAIC. Die
andre hat dieselben Köpfe, nur ist der des Mannos unbärtig; die Legenden lauten BA...
ABTAPO . und AAANNOC. Die Abbildung der ersten Münze bei Langlois, Numismatique
1) Agrippa I von Judäa, Antiochos IV von Kommagene.
40 ALFRED VON GUTSCHMID,
de l’Arménie, р. 77., Pl. У, 12 zeigt die Tiara des Königs mit Stern und Halbmond
geschmückt, die des Sohnes ohne diese Zierrath, und auf keiner von beiden führt letzterer
den Königstitel. Da Stil und Fabrik diese Münzen in die Zeit des Abgar, welcher Christ
wurde, verweisen, so erläutern sie und das Zeugniß des Africanus sich wechselseitig.
ee ont Eine selbständige Prägung des Mannos existiert nicht, und es ist die,reinste Willkür,
daß Mionnet У, 622 f., n° 153 —155., Suppl. VIII, 412 f., n° 67—68 ihm alle edesseni-
schen Königsmünzen aus der Zeit des Antoninus Caracalla (die, wie immer, Kupfermünzen
sind) zugetheilt hat. «Das Cabinet de France» — schreibt mir Herr E. Babelon, der mir
auch hier wieder seinen werthvollen Beistand lieh — «besitzt an Münzen, die Caracalla und
einen König von Edessa zeigen, vier Stück. Auf allen vier befindet sich die unzweifelhafte
Aufschrift ABTAPOC. Auf drei dieser Münzen ist der Kopf des Abgarus unbärtig, auf der
vierten ist er bärtig». Die letztere (n° 67), abgebildet bei Lenormant, Numismatique des
rois Grecs, р. 131., Pl. LXII, 18 und Langlois, Numismatique de l’Arménie, р. 78., Pl.
У, 11, hat die Umschrift ABTAPOC. BACIAE. Von den anderen hat n° 68 die Legende
FERN АВГАРОС in entstellten Buchstaben, n° 153 ......... АВГАРОС in rück-
läufiger Schrift. Dieselbe Erscheinung kehrt wieder auf einer Münze bei Leake, Numis-
mata Hellenica, р. 40, die noch rückläufiges . EOYH . АВГАРО .... erkennen läßt; sie .
ist, obgleich der Herrscher auf ihr vielleicht einen schwachen Bart hat, nur als ein besser
erhaltenes Exemplar der gleichen Münze anzusehen. Die Aufschrift von n° 154 lautet nach
Visconti, der sie zuerst veröffentlichte (Iconogr. Gr. Ш, р. 47., Pl. II, 4), . POYMAYA,
was er sehr unglücklich als ’Aßyapou Mavvou facthtwc deutete, . . OYMASGA nach Le-
normant, Numismatique des rois Grecs, р. 132., Pl. LXIII, 3 (ebenso Mionnet); die Ab-
bildung bei Langlois, Numismatique de l’Arménie, p. 78., Pl. V, 10 zeigt aber statt des
P nur den unteren Theil einer Rundung, von dem angeblichen M nur die beiden Seiten-
striche, von dem vermeintlichen A nur den ersten Längenstrich , so daß das Ganze wohl
. EOYHABF .... zu lesen ist. Die andre Münze bei Leake, Numismata Hellenica, р.
39 f. hat die Legende СЕОУ .... РОС; auf ihr ist der Herrscher bartlos. Das genauere
Wissen über beide jetzt im Fitzwilliam-Museum in Cambridge befindliche Münzen verdanke
ich den Gypsabdrücken, die mir die Gefälligkeit des Director’s, Herrn Ch. Waldstein,
verschafft hat, und einem Gutachten Herrn Percy Gardner’s, dem dieselben vorgelegen
haben. Mit Hilfe der Münzen des Fitzwilllam-Museum hat der
letztere eine bisher unsichere Münze des British Museum, von
welcher durch seine Güte ein Siegellackabdruck in meinen Händen
ist, als eine Abgarus und Caracalla gehörende festgestellt:
Av. АИТШИ Kopf des Caracalla, nach rechts.
Rev. CEOYH Bartloser Kopf des Abgarus nach rechts, unter einer Tiara.
Der edessenische König ist hier, wie Herr Gardner betont, noch deutlicher ohne Bart,
augenscheinlich durchaus ein Knabe. Endlich gehört hierher eine von Sestini, Descriptio
UNTERSUCHUNGEN ÜBER DIE GESCHICHTE DES KÖNIGREICHS OSROËNE. 41
numorum veterum р. 553 beschriebene Münze (= Mionnet, n° 155), welche .....
BEONBOGE.... .. hat; da das Ainslie-Museum, in welchem sie sich befand, zerstreut
worden ist, so läßt sich nicht sagen, ob das Bild des Herrschers bärtig oder unbärtig war,
was Sestini leider anzugeben unterlassen hat. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß
der volle Name des Fürsten CEOYHPOC АВГАРОС gelautet hat. Die meisten Numisma-
tiker geben diese Münzen ohne Unterschied einem einzigen, von dem unter Severus ver-
schiedenen Abgar; Lenormant (Numismatique des rois Grecs, p. 133) bemerkt jedoch,
daß die Züge des bärtigen Abgar unter Antoninus auf der Münze des Cabinet de France,
wenngleich sie weniger scharf schienen als die des Abgar unter Severus, doch ganz ver-
schieden seien von denen des unbärtigen Abgar unter Antoninus, hält also den ersteren für
Eine Person mit dem Abgar unter Severus, und macht dafür auch den sehr jugendlichen
Kopf des Antoninus auf seiner Münze geltend. Mitregent des Vaters kann er freilich nicht
mehr gewesen sein, da die Nennung eines Mitglieds der kaiserlichen Familie außer dem re-
gierenden Kaiser auf den Kupfermünzen der osroönischen Könige ohne Beispiel ist. Dagegen
kann man Lenormant (р. 134) nur beipflichten, daß die Gesichtszüge des anderen Abgar
unter Antoninus die eines sehr jungen Mannes sind. Zurückhaltender, im Wesentlichen jedoch
auf dasselbe hinauslaufend, lautet die mir von Herrn Babelon ertheilte Auskunft: «Auf
beiden Exemplaren (der Münze des Cabinet de France, welche АВГАРОС BA... und
MANNOC ПА!С verbindet) sind der Vater und der Sohn bärtig und gleichen sich sehr....
Der bärtige Kopf der Abgaros-Münze n° 67 ist dem des Mannos ziemlich ähnlich, ich finde
aber, daß er ebenso sehr dem Kopfe des Abgaros, Vaters des Mannos, gleicht. Ueber die
drei Münzen, wo der Kopf des Königs unbärtig ist, bekenne ich nichts entscheiden zu kön-
nen; denn auf barbarischen und schlecht erhaltenen Münzen, wie die sind, um die es sich
handelt, ist es sehr schwierig, einen unbärtigen Kopf mit einem bärtigen zu vergleichen:
ich finde an diesem unbärtigen Bilde keine Aehnlichkeit weder mit einem Abgaros noch
mit dem bärtigen Bilde des Mannos.» Hier führen uns die besser erhaltenen englischen
Münzen weiter. Herr Percy Gardner, dessen sachverständigen Rathes ich mich hierbei
wieder zu erfreuen hatte, schreibt mir: «Leake scheint mir die Münzen richtig gele-
sen zu haben; und es ist ganz klar, daß der Kopf des Abgarus auf diesen Münzen ju-
gendlich ist. Der Kopf auf den Münzen des Severus, deren das British Museum viele
hat, ist von einem durchaus anderen Charakter und trägt einen vollen, buschigen Bart ;»
indem er sodann darauf hinweist, daß, während der Abgarus der Münzen des Severus und
Commodus Baoıkeug heißt, der Abgarus auf Caracalla’s Münzen den Namen Severus führt,
kommt er zu dem Schlusse: «Als Numismatiker würde ich nicht anstehen anzunehmen,
daß der Abgarus des Caracalla ein jugendlicher Nachfolger des Abgarus des Severus ist.»
An die Beobachtung, daß der junge König auf der einen Leake’schen Münze vielleicht
einen schwachen Bart hat, auf den anderen zwei englischen Münzen sicher bartlos ist, fügt
er die Worte: «Indessen scheint mir kein genügender Grund für die Annahme da zu sein,
daß verschiedene Personen dargestellt sind.»
. Mémoires de l'Acad. Пар. des sciences. VIIme Série. 6
42 ALFRED VON GUTSCHMID,
Press Wir können also das aus den Münzen gewonnene Ergebniß dahin zusammenfassen,
und Inschrif- dass sie für die letzte Periode des osroönischen Reichs mit überwiegender Wahrscheinlich-
keit drei Regierungen bezeugen: 1) die eines A. Aldıog Уетлимос Meyac’Aßyapos, längere
Zeit vor 191 und noch einige Zeit nach 211, 2) eine dieses Abgaros und seines Sohnes
Mannos als Mitregenten oder Thronfolger, 3) die eines jugendlichen, von dem anderen ver-
schiedenen Zeoönpos "Aßyapos, etwas nach 211 und vor 217. Nun ist uns in Rom die grie-
chische in elegischem Versmaß verfaßte Grabschrift eines im Alter von 26 Jahren verstor-
benen Abgaros erhalten, ihm gesetzt von seinem Bruder Antoninos, denen weiland König
Abgaros Erzeuger war (C. J. Gr. n° 6196). Antoninus, der Name, welchen Kaiser Septi-
mius Severus seinem Sohne beilegte, weist fast mit Nothwendigkeit auf einen Sohn desjeni-
gen Abgar von Edessa hin, der sich selbst jenem Kaiser zu Ehren Septimius nannte, näm-
lich dessen, der sein Zeitgenosse und Unterkönig war: der Abgaros Vater und Sohn der
Inschrift vergleichen sich also ganz von selbst mit Abgaros n° 1 und 3 der Münzen, und
die Altersverhältnisse passen vollständig. Lenormant hat dagegen eingewendet, daß Ab-
garos Sohn auf der Inschrift nicht König genannt werde; dies beweist aber gerade dafür:
auf keiner der Münzen, die ihm, dem unbärtigen Abgaros, sicher gehören, ist der Königs-
titel beigefügt, so daß hohe Wahrscheinlichkeit dafür spricht, der Vater habe ihm so gut,
wie dem ihm auf Münzen beigesellten Mannos, den Königstitel vorenthalten. Unsere Be-
ziehung des inschriftlichen Zeugnisses wird bestätigt durch das der Legende, daß der
Christ gewordene Abgar einen Sohn Namens Severos gehabt habe.
ne Vergleichen wir nun mit dem bisher Festgestellten die Angaben des Dionysios von
des Dionysios Tellmahre. Ihm zufolge regierten: Мапи bar Ma‘nu, nachdem er vom römischen Lande
ten Könige. zurückgekehrt war, 12 J. (141—153), Abgar bar Мапа 35 J. (153—188), Abgar Se-
veros mit seinem Sohne 1 J. 7 Mon. (188—190), Ma‘nu, sein Sohn, 26 J. (190—216).
Die Synchronistik erweist sich wieder auf den ersten Blick als unhaltbar, das Endjahr
2233 Abr. (= 217), welches er selbst angibt, oder 2232 Abr. (= 216), auf welches als
das in der Quelle angenommene der Zusammenhang seiner Datierungen führt, beruht aber
auf richtiger Ueberlieferung. Lassen wir, da es feststeht, daß der letzte König ein Abgar
war, in diesem Jahre die Regierung nicht des Ma‘nu, für die kein Platz ist, sondern die
des Abgar Severos mit seinem Sohne endigen und berechnen die Regierungsjahre von da
an aufwärts, so erhalten wir für den Anfang des Abgar bar Ma’nu das Jahr 179 oder 180.
Und dafür, daß Dionysios wirklich eine derartige Angabe vorgefunden hat, liegt ein stum-
mes Zeugniß bei ihm selbst vor: die große Ueberschwemmung in Edessa setzt er in das
Jahr 2232 Abr. (= 216), — ganz falsch, da für dieselbe das Jahr 513 der Griechen
(201/202 n. C.) urkundlich feststeht. Der Fehler erklärt sich unter der Voraussetzung,
daß in seiner Quelle dafür das 24. Jahr des Königs Septimius Abgarus angegeben war, er
aber statt dessen irrthümlich vom Anfange des Kaisers Septimius Severus rechnete, der
nach seiner Rechnung 2208 Abr. die Regierung angetreten hatte. Die ursprüngliche Zeit-
rechnung läßt sich also in folgender Weise reconstruieren: Ma’nu bar Ma‘nu zum 2. Mal
2
UNTERSUCHUNGEN ÜBER DIE GESCHICHTE DES KÖNIGREICHS OSROËNE. 43
12 J. 167—179, Abgar bar Мапа 35 J. 179—214, Abgar Severos mit seinem Sohne
1 J. 7 Mon., nach dem früher Bemerkten etwa September 214 — April 216. Vor Мапа
bar Мапа Кай eine Lücke von 2 Jahren (165—167), in der gerade noch Platz für den
durch Münzen bezeugten Abgar unter Verus ist; wahrscheinlich ist der Ausfall durch das
Vorausgehen der ebenfalls 2 jährigen Regierung des Wa’il veranlaßt worden. Die so wie-
derhergestellte Chronologie befindet sich in vollster Uebereinstimmung mit der edesseni-
schen Urkunde, die 201 einen Abgar Sohn des Königs Ma’nu regieren läßt, mit der rö-
misch-griechischen Ueberlieferung und mit den Münzen. Einige Schwierigkeit macht aber
noch die Genealogie der letzten Könige. Scheinbar freilich stimmt es sehr gut zusammen,
daß von Dionysios nach Abgar bar Ma‘nu unter Antoninus Caracalla ein Abgar Severos
genannt wird, wo auf den Münzen ein neuer König in der Person des Severos Abgaros auf-
tritt, und scheinbar ist nichts einfacher als hier die numismatisch bezeugte gemeinschaft-
liche Regierung eines Abgaros und seines Sohnes Mannos wieder zu finden, an welchen letz-
teren zu denken auch der Zusammenhang bei Dionysios nahe legt. Aber nur scheinbar:
auch abgesehen von der Verschiedenheit der Porträts kann der jugendliche Severos Ab-
garos unmöglich schon Vater eines regierungsfähigen Sohnes, geschweige denn des bärti-
gen Mannos, gewesen sein, als Vater des letzteren kann nur an den vor Abgar Severos
aufgeführten Abgar bar Manu gedacht werden. Dieser muß, da Dionysios fortfährt «und
nach ihm ward König Ma’nu sein Sohn», auch im vorhergehenden Satze Subject und die-
ser in irgend einer Weise zerrüttet sein: das Richtige läßt sich durch Umstellung eines
einzigen Wortes herstellen, indem wir schreiben «und über Edessa ward König Abgar mit
seinem Sohne Severos') 1 Jahr und 7 Monate»; damit fällt auch der Anstoß weg, daß
der Sohn sonst gegen die Gewohnheit des Dionysios namenlos bleiben würde.
Fassen wir zusammen, was die Vergleichung der Münzen und Inschriften mit den an-
derweitigen Nachrichten für die letzten Zeiten des osroönischen Reichs ergibt. Der Christ
gewordene Großkönig L. Aclius Septimius Abgarus setzte in seinen letzten Jahren das
Bild seines ältesten Sohnes Mannos mitunter neben dem seinigen auf die Münzen, ihn da-
durch als Thronerben bezeichnend, jedoch ohne ihm den Königstitel zu gewähren; das
eigentliche Currentgeld, das Bild und Namen des römischen Kaisers und des edessenischen
Königs verbindet, kennt keinen anderen Münzherrn als den Abgar. Im Jahre 214 trat an
seine Stelle sein jüngerer Sohn Severus Abgarus, dessen Bild und Name auf der Current-
münze selbstständig neben Antoninus Caracalla erscheint; mag auch der Rücktritt des Va-
ters (wie das bei Abdankungen orientalischer Herrscher meistens der Fall ist) kein ganz
freiwilliger gewesen sein, so hat sich doch der Sohn des Königstitels enthalten und damit
seine Regierung als eine bloße Mitregentschaft angesehen wissen wollen, und als solche
verzeichnet sie Dionysios. Dieser jugendliche Fürst ist es, von dem Cassius Dio sagt, er
habe sich gleich nach seiner Thronbesteigung als einen grausamen Despoten gezeigt, und
1) Einfach Severos nennt ihn auch die Legende.
6*
®
Endergebnif
für die
Geschichte
der Ausgänge
des Reichs.
44 ALFRED VON GUTSCHMID,
wiederum bewährt sich die Treue, mit welcher diese geschichtliche Zeit in der Abgarle-
gende reflectiert wird, in der Angabe des Procopius, daß der von Abgar’s Söhnen, der ihm
in der Regierung folgte, der ruchloseste aller Menschen gewesen sei und gegen seine Un- |
terthanen viel gefrevelt habe. Derselbe Severus Abgarus ist es, der 216 von Antoninus ge- : 54
fangen und in Fesseln geworfen wurde; wahrscheinlich theilte, wie das gleich darauf bei 1
dem armenischen Könige der Fall war, die ganze Familie, Vater und Bruder, sein Loos.
Ob der ältere Abgar wie sein Leidensgefährte, der armenische Vologäsos, in der Gefangen-
schaft umgekommen oder was sonst aus ihm geworden ist, wissen wir nicht, nur das, daß
er 218 schon todt war. Seinen Sohn Severus Abgarus finden wir später in Rom, wo er,
anscheinend wenige Jahre nach dem Vater, starb, überlebt von seinem Bruder, der sich
auf der von ihm herrührenden griechischen Inschrift Antoninus nennt.
Мапа IX Noch bleibt die 26-jährige Alleinherrschaft des Ma’nu, Sohns des älteren Abgar, zu
Titnlarkönig. erklären übrig, die augenscheinlich für Dionysios zum Anlaß geworden ist, die ganze edes-
senische Zeitrechnung um so viel zurückzuschieben. In dem zur römischen Kolonie ge-
machten Edessa ist für sie kein Raum; anderseits ist aber auch nicht abzusehen, wie sie
durch bloßes Mißverständniß in die Liste des Dionysios hätte Eingang finden können: ich
denke, die Quelle rechnete legitimistisch nicht bis zum Ende des edessenischen Reichs, son-
dern bis zum Ende des letzten überlebenden Fürsten, der in Edessa Herrscherrecht aus-
geübt hatte. Danach würde die Titularregierung des Ma’nu die Jahre 216—242 ausfüllen.
Es ist mir übrigens wahrscheinlich, dass dieser Ма’па von dem in Rom lebenden Antoni-
nus der Inschrift nicht verschieden gewesen ist.
Vorüberge- Noch Ein Mal sollte das osroönische Königthum wieder aufleben. Im Jahre 241
es überschwemmte der Perserkönig Ardashir, nachdem Karrhä und Nisibis schon vorher in
ae de ‚seine Hände gefallen waren, mit seinem bald darauf an seine Stelle tretenden Sohne Shä-
Abgar XT. pür!) ganz Mesopotamien und bedrohte sogar Antiochia; Gordianus Ш zog im Jahre 242
gegen die Perser zu Felde, und damals muß es gewesen sein, daß er einen Sprossen des
alten Königsstammes wieder in Osroöne als König einsetzte; in welchem Verhältnisse die
römische Kolonie Edessa, die auch während der Regierung Gordian’s Münzen mit Bild und
Namen von ihm und seiner mit ihm 241 vermählten Gemahlin Tranquillina geprägt hat?),
zu der neuen Herrschaft gestanden hat, wissen wir nicht, da uns diese ganze Episode nur
aus Münzen bekannt ist. Es sind Kupfermünzen, wie die der früheren Könige?). Sie haben
ausnahmslos auf der Averse Bild und Namen des Gordianus, auf der Reverse das Bild des
Königs mit der Umschrift АВГАРОС BACIAEYC und haben sehr verschiedenartige Typen.
1) Dies folgt aus den Worten des kaiserlichen Brie- 3) Eckhel, D. N. У. III. 516. Mionnet У, 628 fi.
fes bei Capit. Gordiani с. 27: et reges Persarum et leges, | Suppl. VIII, 413 f. Lenormant, Numismatique des rois
und danach ist с. 26 zu schreiben: et vieit Sapore Per- | Grecs, р. 132, Pl. LXTII, 4—15. Leake, Numismata Hel-
sarum rege summoto post Artaxersen, et Antiochiam re- | lenica, p. 40. Langlois, Numismatique de РАгтёше,
cepit für summoto. et post Artaxansen et А. г. р. 79 &., Pl. V, 13—17. VI, 1—9.
2) Mionnet У, 611 f. Suppl. VIIT, 407 f.
UNTERSUCHUNGEN ÜBER DIE GESCHICHTE DES KÔNIGREICHS OSROËNE. 45
Unter diesen sind zwei besonders wichtig. Die еше dieser Münzen') hat auf der Averse
Bild und Namen des Kaisers, auf der Reverse mit der Umschrift AYTOK.FOPAIANOC.
АВГАРОС BACIAEYC die Beiden stehend einander zugekehrt, der Kaiser mit Strahlen-
4 krone und Paludamentum, in der Linken die Weltkugel, in der Rechtén eine Rolle (nach
Lenormant die Mappa consularis) haltend, der König mit der diademierten Tiara, kurzem
Rock und weiten Hosen, die Linke am Griffe des umgegürteten Akinakes, in der Rechten
eine Krone emporhaltend. Die andere?) hat wieder auf der Averse Bild und Namen des
Kaisers, auf der Reverse mit der Legende AYTOK . TOPAIANOC.. ABFAPOC BACIAEYC
den Kaiser mit Lorbeerkranz und Toga, auf der Sella curulis, die auf einem Suggestus
steht, thronend, in der Linken einen Speer, die Rechte dem Könige entgegenstreckend,
der vor ihm steht, mit Tiara, Rock und Hosen, die Linke am Akinakes, in der Rechten
dem Kaiser eine kleine Victoria hinhaltend. Beide Medaillen stellen offenbar die Huldi-
gung des neu investierten Königs dar. Von besonderem Interesse ist ein Exemplar der zwei-
ten (Mionnet V, 625, n° 166, abgebildet bei Langlois p. 81, Pl. VI, 8), an welchem
der Kopf einer die Stadt Edessa vorstellenden Frau mit Schleier und Mauerkrone als
Contremarque auf das Kaiserbild der Averse gedrückt ist: nach Langlois’ richtiger Be-
merkung ist diese Abstempelung bei Gelegenheit der definitiven Einziehung des osroëni-
schen Reichs erfolgt. Aus der Häufigkeit der Münzen des letzten Abgar folgert Eckhel
(D.-N. У. Ш, 516), daß die Herrschaft desselben eine ziemlich lange gewesen sein müsse.
Sicher hat sie wenigstens 2 Jahre gewährt, schwerlich aber hat sie Gordian’s Tod um ein
Nennenswerthes überdauert; es gibt keine Münze Abgar’s, die nicht Bild und Namen Gor-
dian’s trüge. Obgleich Gordianus Karrhä und Nisibis wiedergewonnen und namhafte Er-
folge über die Perser davongetragen hatte, schloß doch sein Nachfolger Philippus gleich
nach seiner Ermordung 244 einen Frieden mit Shäpür, durch den ihm Mesopotamien und
Armenien preisgegeben wurden. Damit war die osroönische Schöpfung Gordian’s annulliert;
und wenn schon die Bedingungen des Friedens in der Folge unausgeführt blieben), so ist
doch jene Consequenz desselben nicht rückgängig gemacht worden.
König Abgar kehrte nach Rom zurück. Dies ergibt sich aus einer daselbst gefunde-Die römische
nen Inschrift bei Muratori II, p. 665, n° 1, die uns zugleich den vollen Namen und ea an
Verwandtschaftsverhältnisse des letzten Königs kennen lehrt. Es ist eine Grabschrift,
die Abgar Phrahates filius rex principis Orrhenorü seiner Gemahlin Hodda gesetzt hat.
In dieser Nebeneinanderstellung drückt augenscheinlich princeps etwas Geringeres aus als
rex; der Königstitel kommt nur dem letzten Abgar zu, der Fürstentitel seines ungenannten
1) Bei Eckhel а. а. О. und Mionnet V, 624, n° 164; | 167. Suppl. VIII, 413, n° 69. 70, abgebildet bei Lenor-
abgebildet bei Visconti, Iconogr. Gr. Ш, p.55 {., Tab. II, | mant а. а. O., Pl. LXIII, 15. 9. Langlois р. 81, PI. VI,
12. Lenormant a. а. O., Pl. LXIIT, 14. Langlois р. 81, | 7. 8.
PT. V1,6, 3) Verel. Jo. Zonar. XII, 19 (IT, p. 583 ed. Pinder).
2) Bei Eckh el a. а. О. und Mionnet V, 625, n° 165 —
46 ALFRED VON GUTSCHMID,
Vaters paßt vortrefflich auf den Ma’nu, der nach den Münzen zwar Mitregent oder desig-
nierter Thronfolger seines Vaters Abgar gewesen war, aber den Königstitel nicht geführt
hatte. Osroöne ist nach jener vorübergehenden Wiederherstellung seiner alten Dynastie
von da ап stets im unmittelbaren Besitze Rom’s geblieben.
‚ Vebersicht Üpepsicht der Münzabhildungen in den neueren Hauptwerken, geordnet nach Mionnet’s
der Münzab-
bildungen in 1
den neueren Katalog 8 )
Hauptwerken.
Mionnet. Scott. Langlois. Lenormant. Visconti.
Wa’il unter den Parthern.
bie: В as ne Css
QUE 2. 3. — ee wat;
и: Ar Si Du ER:
Ma’nu unter den Parthern.
Suppl. 58. | "D | IV, :1. | LXI, 8. | —
Mannos unter Verus.
112. | FA Mate de NEON, Le | В.
114 ТУ, 5 — ==
115. ТУ, 4 LXD, 9. a.
Abgaros unter Commodus.
117. | | IV, 7. HP LIN 10.) —
118. AR AQU IE MS. ХИ, 11. | 11.7:
и > >
— | | = ne arte
Abgaros unter Severus.
123, MEN AN == | — —
124. ie IV, 6. en
195. Е: ТУ, 9: Ze 2
126. BR ER RR BR REN
1) Eine solche Concordanz ist von Lenormant ge- | in dieselbe eingeschlichen. Die von Mionnet aus älte-
geben worden, es haben” sich aber mehrfache Versehen | ren Druckwerken entlehnten Nummern lasse ich aus, :
127. 2
128. :
129.
130.
131.
133.
134.
135.
1306-137.
138.
139.
141.
142.
143. lat.
а и
145. 147.
149.
150151.
Abgaros und Mannos.
152, |
Abgaros unter Caracalla.
Suppl. 67. |
Severos Abgaros unter Caracalla.
Suppl. 68.
153.
154.
Abgaros unter Gordianus.
156.
|
Lenormant. Visconti.
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Mionnet. Scott. Langlois. Lenormant. Visconti.
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158. УВ. LXIIT, 8. —
159. VI, 4. LXIL, 10.
160 УГ, — —
— У 96. — —
161. У, 17: LXIIT, 11. IT, 11
162. УТ, 5. LXII, 12. a
163. УГ. 197 LXIIT, 13. —
164. VE 6. LAIT 14. 11,912
165. VI, 7. — =
166. УГ 3. — >
16%. — LXII, 15. —
Suppl. 70. — LXIII, 9. —-
Berichtigte Liste der Kônige von Osroëne.
у. С.
о. ОЕ НИ AA LA ET 54. — 132—127.
р. ‘Ара. Майе 202, CRE Mean RN a N R 7 J. — 127—120.
3.4Phradasht D (Gebaru RUE SANS A Een REA ER 51. — 120—115.
2. Бако. Ib. Рада Mae 2 а PROC EE 3 J. — 115—112.
ое Bakrü TE D: Вата nen em en ee 17 J.' 4 M. 11292
6. Bakrü II und Ma’nü I vom Stamme der Banû Maz'ür ..... — 4 M. 94.
т. `Вакто IT und Abgar Trder Stumme ren men... 2J. 4 M. 94— 92.
Abgar: РаПе 0 ya. (ea len 23J. 5M. 92— 68.
8m Ahgar-Il) Ariamnes.p. Аба 15J. — 68—55.
Parthische Herrschalt т а а Иа 1. — 53— 32.
9. Мало ег, Фо 0 za, A ET REA RATE 18J. 5 M. 52— 34.
ТО Раб eu NI EN SR RS ARE 5 J. — 34— 29,
Lib AID ga TTL PE И ОН ON AE сы 8 J. — 29—96.
NA DrariiV бет Вов zn aa ARE Per Re Re Use 3J. — 26— 23.
19. Мале II die Osterluzei) we... 2... 2 ee ne 18 J. ТМ. 23— 4.
ALFRED VON GUTSCHMID,
1) «Saphlül bedeutet Aristolochia». Nöldeke.
UNTERSUCHUNGEN ÜBER DIE GESCHICHTE DES KÖNIGREICHS OSROËNE. 49
| у. С. п. С.
14. Abgar У der Schwarze (der Große) b. Mañnü............ 109. — 4— T.
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Ma VEIT Philoromasos:wieder а 0... 12J. — 167—179.
27. L. Aelius Septimius Abgar IX der Große b. Ma‘nü allein... 35 J. — 179—214.
28. Abgar IX und } 1.J. 7 M. Sept. 214—
Ве Ара X Аба Re RE PEUT Que Apr. 216.
Dauer des Reichs unter 28 Königen 347 Jahre.
29. (Antoninus) Ma’nü IX b. Abgar, Titularkönig.......... .. 26J. — 216—242.
30. Abgar XI Phrahates b. Ma‘nü, wiederhergestellt . ........ 2 J. — 242—244,
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MEMOIRES
- L'ACADÉMIE IMPÉRIALE DES SCIENCES DE ST.-PETERSBOURG, VIF SÉRIE.
Томе XXXV, N° 2.
BEMERKUNGEN
ÜBER DIE
GECKONIDEN-SAMMLUNG
IM ZOOLOGISCHEN MUSEUM
DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN ZU ST, PETERSBURG,
VON
Dr. Alexander Strauch.
Mit 1 lithographischen Tafel.
(Lu le 27 mai 1886.)
Sr.-PRTERSBOURG, 1887.
Commissionnaires de l’Académie Impériale des sciences:
St-Pétersbourg: Riga: . Leipzig:
М. Eggers et Ci et J. Glasounof; M. М. Kymmel; Voss’ Sortiment (G. Haessel).
Prix: 70 Кор. = 2 Mrk. 30 Pf.
| Imprimé par ordre de l’Académie Impéri ale des sciences.
Das Erscheinen der von Herrn G. A. Boulenger bearbeiteten neuen Auflage des
Catalogue of Lizards in the British Museum ist ohne Zweifel von allen Herpetologen mit
Freuden begrüsst worden und gewiss mit Recht, denn durch diese Arbeit hat die systema-
tische Herpetologie einen bedeutenden Schritt vorwärts gemacht. Herr Boulenger, der
sich in wenigen Jahren durch seine capitalen Arbeiten den Auf eines der ersten Herpetolo-
gen der Gegenwart erworben hat, ist in der beneidenswerthen Lage, nicht bloss die reich-
ste, sondern auch die wissenschaftlich bedeutendste Reptilien- und Amphibien-Sammlung
zu seiner Disposition zu haben, daher eher als irgend ein Anderer im Stande, die zahl-
reichen Gattungen und Arten, welche besonders J. E.Gray im Laufe seines langen Lebens
nach Exemplaren eben dieser Sammlung aufgestellt und meist sehr kurz, oft sogar unge-
nügend charakterisirt hat, auf ihren Werth zu prüfen, und mit welcher Sachkenntniss und
Gewissenhaftigkeit er diese Arbeit ausgeführt hat, davon legen die beiden zur Zeit erschie-
nenen Bände des Catalogs ein beredtes Zeugniss ab. Die Beschreibungen Boulenger’s
sind zwar kurz, aber ganz vorzüglich abgefasst, die Literatur ist, so weit sie bei seinem
Zwecke in Betracht kam, in mehr als ausreichender Weise berücksichtigt, die Zahl der
Arten und besonders der Gattungen ist auf das gehörige Maass reducirt, kurz die Arbeit
ist in jeder Hinsicht musterhaft und man kann dem British Museum nur Glück dazu wün-
schen, dass es für seine reichen Schätze einen so kenntnissreichen und unermüdlichen Be-
arbeiter gefunden hat. Wenn es, wie nicht zu bezweifeln ist, Herrn Boulenger gelingt,
den noch ausstehenden letzten Band in ähnlicher Weise zu bearbeiten, wie die beiden be-
reits vorliegenden, so wird sein Catalog ohne Widerrede den Beginn einer neuen Epoche
in der systematischen Saurologie bezeichnen. Denn jetzt schon, wo erst zwei Bände vorlie-
gen, welche die 15 ersten Familien enthalten, ist Jedem die Möglichkeit geboten, das ihm
zur Disposition stehende Material aus diesen Familien genau zu bestimmen, die etwa vor-
handenen neuen Arten, deren sich sicherlich in jeder grösseren Sammlung eine Anzahl
finden wird, zu erkennen, resp. zu beschreiben und so das Seinige zum Weiterausbau des
Systems beizutragen. Aber eine ungleich wichtigere Bedeutung erlangt der Catalog noch
dadurch, dass er eine sichere Grundlage für zoogeographische Untersuchungen abgiebt,
welche letzteren bekanntlich nur dann wirklichen Werth haben, wenn sie auf ein in syste-
matischer Beziehung genau und kritisch gesichtetes Material begründet sind.
Mémoires de 1’Acad. Пар. des sciences УПше Série. 1
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Dr. A. STRAUCH,
Wie es jedoch auf Erden überhaupt nichts Vollkommenes giebt, so hat auch der
Boulenger’sche Catalog seine Mängel und Fehler, die aber freilich im Vergleiche zu der
ganzen Arbeit nur geringfügig sind und auch leicht beseitigt werden könnten. Während in
demselben nämlich die Gattungen und Arten ganz vorzüglich charakterisirt sind, ist die
Charakteristik der Familien durchaus ungenügend, da sie fast ausschliesslich auf osteolo-
gische Merkmale basirt und folglich für die Determination absolut unbrauchbar ist. Da der
Hauptzweck des ganzen Werkes, wie Dr. Günther in einer dem ersten Bande vorausge-
schickten Notiz ausdrücklich hervorhebt, mit darin besteht, die Bestimmung der in dem-
selben behandelten Arten zu ermöglichen oder zu erleichtern, so hätten bei der Charakte-
ristik der Familien, gleich in der Uebersicht über dieselben im ersten Bande, solche Merk-
male angegeben werden müssen, die nicht bloss an skeletirten, sondern auch an intacten
Exemplaren sichtbar sind. Statt dessen begnügt sich Herr Boulenger, abgesehen von der
Zunge, ausschliesslich mit osteologischen Merkmalen und obendrauf noch fast nur mit sol-
chen, deren Untersuchung zum mindesten eine theilweise Blosslegung des Schädels erfor-
dert und nicht etwa durch einen einfachen, das Object wenig oder gar nicht beschädi-
genden Hautschnitt bewerkstelligt werden kann. Wie soll denn unter solchen Umständen
Jemand, der nicht Herpetolog von Fach ist, eine Eidechse bestimmen? Zunächst muss
er doch wissen, zu welcher der vielen Familien sie gehört, und das kann er bei der
von Herrn Boulenger gegebenen Eintheilung nur dann erfahren, wenn er das Object
selbst der Untersuchung opfert, oder doch wenigstens in sehr eingreifender Weise beschä-
digt; dazu wird sich aber nicht Jeder leicht entschliessen, zumal wenn es sich um eine
seltene Art oder gar um ein Unicum handelt. Mir scheint es daher ein arger Missgriff von
Seiten Boulenger’s, dass er bei Charakteristik der Familien nur osteologische Merkmale
benutzt, alle übrigen aber, mit alleiniger Ausnahme der Zunge, geradezu geflissentlich
vermieden hat, und es wäre daher nicht bloss wünschenswerth, sondern, wenn der Catalog
seinem Zwecke vollkommen entsprechen soll, geradezu unerlässlich, dass am Schlusse
der Arbeit eine neue Uebersicht über die Familien gegeben würde, in welcher neben den
° osteologischen, auch die andern, äusserlich wahrnehmbaren Merkmale berücksichtigt
wären.
Osteologische Merkmale haben sicherlich ihren unbestreitbaren Werth, dürften meiner
Meinung nach in der Systematik aber nur dann in den Vordergrund gestellt werden, wenn
sie mit anderen, äusserlich sichtbaren, wenn auch scheinbar ganz unwesentlichen Organisa-
tionseigenthümlichkeiten Hand in Hand gehen, also gewissermaassen das bestätigende Mo-
ment für diese letzteren bilden, und dass ein solcher Connex in vielen, ja wahrscheinlich
in den meisten Fällen besteht, geht schon aus dem Umstande hervor, dass ein grosser Theil
der von Boulenger fast ausschliesslich auf osteologische Merkmale basirten Familien
genau mit den Familien zusammenfällt, welche auch früher, wo der Knochenbau nur in zwei-
ter Linie in Betracht gezogen wurde, nach anderen Merkmalen unterschieden worden sind.
Wo hingegen ein solcher Zusammenhang zwischen dem Knochenbau und den übrigen Orga-
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BEMERKUNGEN ÜBER DIE GECKONIDEN-SAMMLUNG U. S. W. 3
nisationsverhältnissen nicht besteht, oder wenigstens noch nicht nachgewiesen ist, haben die
verborgenen osteologischen Charaktere für die Systematik nur eine untergeordnete Bedeu-
tung, verdienen zum mindesten in keiner Weise den Vorzug vor den äusserlich sichtbaren
Merkmalen, die man z. B. dem Bau der Zunge, der Form und Befestigungsweise der Zähne
und namentlich der Beschaffenheit des Hautskelets entlehnt hat. Ausserdem kann ich aber
auch nicht umhin, zu bemerken, dass mir gegenwärtig der Zeitpunkt noch keineswegs ge-
kommen zu sein scheint, wo man das System der Eidechsen ausschliesslich, oder doch vor-
zugsweise auf osteologische Merkmale begründen könnte, denn dazu ist noch ein viel zu
geringer Theil dieser Thierformen auf den Knochenbau untersucht und man ist demzufolge
beständig auf Analogismen angewiesen und in die Nothwendigkeit versetzt, Verhältnisse zu
supponiren, deren factisches Bestehen noch mehr als zweifelhaft ist. Ein solches Verfahren
widerspricht aber ganz entschieden dem Geiste der Systematik, denn bisher sind wir ge-
wohnt gewesen, jedes Merkmal, das wir zur Unterscheidung irgend einer Gruppe benutzen
wollten, erst an allen, oder doch möglichst vielen Formen auf seinen Werth und seine Be-
ständigkeit zu prüfen, was bei osteologischen Merkmalen schon desshalb nicht angeht, weil
zur Zeit kaum ein Zehntel aller bekannten Eidechsen-Arten auf das Skelet untersucht ist.
Aber auch ganz abgesehen von diesen, so zu sagen, practischen Gesichtspunkten,
glaube ich kaum, dass das von Boulenger proponirte System allgemeinen Anklang finden
wird, denn dazu ist es viel zu künstlich, trägt den im Allgemeinhabitus ausgesprochenen
Verwandtschaften der Saurier so gut wie gar keine Rechnung und leidet an dem grossen
Fehler, dass die einander coordinirten Gruppen in systematischer Beziehung keineswegs
gleichwerthig sind. Herr Boulenger theilt die Ordnung der Saurier, die er im Sinne Gün-
ther’s (d. h. mit Auschluss der Gattung Hatteria) auffasst, nach dem Bau der Zunge und
einigen dem Schädel entnommenen osteologischen Merkmalen zunächst in 2 Unterordnun-
gen, Lacertilia vera mit flacher und Rhiptoglossa mit wurmförmiger, also drehrunder Zunge,
von denen die 2" Unterordnung aber nur eine einzige Familie, Chamaeleontidae, enthält. Die
Unterordnung Lacertilia vera wird alsdann, wiederum nach der Beschaffenheit der Zunge
und der Form des Schlüsselbeins in 3 nicht mit besonderen Namen belegte Gruppen einge-
theilt, nämlich 1) in solche, deren Zunge glatt oder mit zottigen Papillen bekleidet und de-
ren Schlüsselbein am proximalen Ende öhsenförmig (loopshaped) erweitert ist, 2) in solche,
deren Zunge glatt oder mit zottigen Papillen bekleidet, deren Schlüsselbein am proximalen
Ende aber nicht erweitert ist, und endlich 3) in solche, deren Zunge mit imbricaten, schup-
penförmigen Papillen bekleidet ist, oder schräge Falten zeigt und deren Schlüsselbein aın
proximalen Ende erweitert, meist öhsenförmig erscheint. Zu der 1" dieser Gruppen rech-
net er nur 2 Familien, Geckonidae und Eublepharidae, die 2“ Gruppe umfasst 10 Familien,
nämlich Uroplatidae, Pygopodidae, Agamidae, Iyuanidae, Xenosauridae, Zonuridae, Angui-
dae, Aniellidae, Helodermatidae und Varanidae, und die 3“ Gruppe endlich zerfällt in folgende
8 Familien Xantusiidue, Tejidae, Amphisbaenidae, Lacertidae, Gerrhosauridae, Scincidae,
Anelytropidae und Dibamidae.
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4 Dr. А. STRAUCH,
Zunächst muss ich bemerken, dass sich die 3 namenlosen Gruppen, in welche Boulen-
ger seine Unterordnung Lacertilia vera eintheilt, genau genommen, nur auf 2 reduciren,
da nur die Beschaffenheit der Zungenbekleidung wirklich ein durchgreifendes Merkmal ab-
giebt, die Form des Schlüsselbeines dagegen in systematischer Beziehung schon desshalb
nur einen ganz untergeordneten Werth haben kann, weil dieses Organ mitsammt dem gan-
zen Schultergerüst bekanntlich allen denjenigen Eidechsen entweder ganz, oder doch so gut
wie ganz fehlt, die, wie z. B. die Pygopodidae, Aniellidae, Anelytropidae und Dibamidae,
keine Vorderextremitäten besitzen. Aber auch das der Zungenbekleidung entlehnte Unter-
scheidungsmerkmal ist in so fern nicht ganz durchgreifend, als sowohl bei den Xenosauri-
den, als auch bei den Anguiden nur die Basis der Zunge mit Zotten bekleidet ist, die Spitze
dagegen genau ebensolche imbricate schuppenförmige Papillen zeigt, wie sie bei den For-
men der dritten Gruppe Regel sind. Ferner ist es mir nicht gelungen, zu eruiren, welchem
Princip Herr Boulenger bei Bestimmung der Reihenfolge für die einzelnen Familien seiner
Unterordnung Lacertilia vera gefolgt ist, und was ihn z. В. bewogen hat, die Familie Ру-
gopodidae, deren Repräsentanten bekanntlich keine Vorderextremitäten und folglich auch
kein Schlüsselbein besitzen, gerade zu der Gruppe mit einfacher, am proximalen Ende nicht
erweiterter Clavicula zu rechnen und zwischen die Familien Uroplatidae und Agamidae zu
stellen, zu denen sie doch auch nicht die geringste Verwandtschaft zeigt. Ebenso ist auch
die Stellung der Familie Aniellidae zwischen den Anguiden und Helodermatiden kaum zu
rechtfertigen, denn wenn die Anielliden auch durch den Habitus und die Beschuppung mit
einzelnen Formen der Anguiden übereinstimmen, so bieten sie doch genau dieselbe Ueber-
_einstimmung auch mit den Pygopodiden dar und im Bau des Schädels weichen sie von allen
Familien der 2' Gruppe durchaus ab und zeigen namentlich durch den Mangel der Colu-
mella eranii und des knöchernen Interorbitalseptums die grösste Verwandtschaft mit den
Dibamiden und Amphisbaeniden, denen diese Knochen gleichfalls fehlen. Da Boulenger
seine Familien hauptsächlich durch osteologische, dem Bau des Schädels entlehnte Merk-
male, namentlich durch die An- oder Abwesenheit der beiden Knochenbrücken, des
Arcus postorbitalis und des Arcus frontotemporalis (postfronto-squamosal arch), so wie
durch das Vorhandensein oder Fehlen der knöchernen Ueberdachung der Fossa supratem-
poralis charakterisirt hat, so sollte man annehmen, dass diese Verhältnisse bei Bestim-
mung der Reihenfolge der Familien maassgebend gewesen sind, doch ist das keineswegs
durchweg der Fall, denn in der 2" seiner namenlosen Gruppen beginnt die Reihe der Fami-
lien mit den Uroplatiden und Pygopodiden, deren Schädel durch den Mangel der beiden
Knochenbrücken ausgezeichnet ist, darauf folgen die Agamiden, Iguaniden und Xenosauriden
bei denen die genannten Knochenbrücken vorhanden, die Fossa supratemporalis aber nicht
knöchern überdacht ist, dann die Zonuriden und Anguiden mit ausgebildeten Knochen-
brücken und knöchern überdachter Fossa supratemporalis, darauf die Anielliden, bei denen wie-
der die Knochenbrücken fehlen, dann die Helodermatiden, mit vollständigem Arcus postor-
bitalis, aber ohne Arcus frontotemporalis und endlich die Varaniden, bei denen gerade um-
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BEMERKUNGEN ÜBER DIE GECKONIDEN-SAMMLUNG U. 3. №. 5
gekehrt der Arcus frontotemporalis vorhanden, der Arcus postorbitalis aber unvollständig
ist, und denen ebenso, wie selbstverständlich auch den beiden vorhergehenden, die knöcherne
Teberdachung der Fossa supratemporalis fehlt. Ganz ähnlich steht es auch um die Reihen-
folge der Familien in der. 3" Gruppe. Hier macht die Familie der Xantusiden den Anfang,
bei welcher der Schädel beide Knochenbrücken und eine knöchern überdachte Fossa supra-
temporalis besitzt, dann folgen die Tejiden mit ausgebildeten Knochenbrücken, aber ohne
knöcherne Ueberdachung der Schläfengrube, darauf die Amphisbaeniden mit niedrig ent-
wickeltem Schädel, an welchem die Knochenbrücken fehlen, alsdann die Lacertiden und Gerrho-
sauriden, deren Schädel ebenso gebildet ist, wie derjenige der Xantusitden, 4. В. beide
Knochenbrücken und das Knochendach über der Fossa supratemporalis besitzt, darauf die
Scinciden, welche im Schädelbau wieder mit den Tejiden übereinstimmen, indem bei ihnen
die beiden Knochenbrücken wohl vorhanden sind, die Ueberdachung der Schläfengrube aber
fehlt, und endlich die Anelytropiden und Dibamiden, deren Schädel ebenso niedrig entwickelt
ist, wie derjenige der Amphisbaeniden, und weder die Knochenbrücken, noch das Knochen-
dach zeigt. Wie man sieht, sind auch bei ausschliesslicher Berücksichtigung des Schä-
delbaues durchaus keine zwingenden Gründe vorhanden, die Familien in der von Boulen-
ger proponirten Ordnung auf einander folgen zu lassen, im Gegentheil auch die osteologi-
schen Merkmale sprechen entschieden gegen diese Reihenfolge, denn es kann doch keinem
Zweifel unterliegen, dass es z. B. viel natürlicher und richtiger gewesen wäre, wenn Bou-
lenger die Familie der Amphisbaeniden an’s Ende seiner 3'” Gruppe, hinter die Dibamiden
gestellt hätte, mit denen sie im Schädelbau nicht bloss durch die Abwesenheit der Colu-
mella cranii, sondern auch durch den Mangel des knöchernen Septum interorbitale überein-
stimmt. Diese Reihenfolge, bei welcher die heterogensten Formen einander genähert und
die verwandtesten von einander getrennt werden, ist somit durchaus unnatürlich und muss
unbedingt durch eine andere ersetzt werden, in welcher die einzelnen Familien nach den im
Schädelbau ausgesprochenen Verwandtschaften gruppirt sind; wenn man nun dabei von der
in systematischer Beziehung ganz unwesentlichen Form des Schlüsselbeines absieht und
statt der Bekleidung die Form der Zunge in Betracht zieht, so lässt sich die von Boulenger
aufgestellte recht complicirte Eintheilung mit dem bisher geltenden, ungleich einfacheren
Eidechsensystem ganz ohne allen Zwang in Einklang bringen.
Was nun das bisher geltende Eidechsensystem anbetrifft, so ist im Laufe der Jahre,
dank den Arbeiten der älteren Herpetologen, besonders М. С. Duméril’s, Wiegmann’s
und Bibron’s die Ordnung der Saurier in eine Anzahl natürlicher, meist schon auf den ersten
Blick erkennbarer Gruppen eingetheilt worden, die zwar von den verschiedenen Autoren
nicht immer in der gleichen Umgrenzung aufgefasst, im Grossen und Ganzen aber doch
adoptirt worden sind. Diese Eintheilung, die ursprünglich in Wiegmann’s Herpetologia
mexicana und in der Erpétologie générale proponirt worden ist, aber nachträglich mancherlei
Abänderungen und Verbesserungen erfahren hat, ist zwar später in ihrem ganzen Umfange
nirgends eines Genaueren dargelegt worden, dennoch war die Mehrzahl der Herpetologen,
6 Dr. A. STRAUCH,
freilich mit Ausnahme der Engländer, so zu sagen stillschweigend, übereingekommen, unter
den Eidechsen 11 besondere Gruppen zu unterscheiden, denen man die Bedeutung von
Familien beilegte und die man mit den Namen Chamaeleonida, Geckonida, Agamida, Jguanida,
Helodermatida, Varanida, Ameivida, Lacertida, Chalcidida, Scincida und Amphisbaenida be-
zeichnete. Von diesen 1 1 Familien, die sich durch den Bau der Zunge, die Befestigungsweise der
Zähne und namentlich durch die Beschaffenheit der äusseren Hautbedeckungen von einander
unterscheiden, hat Boulenger nicht weniger als 7, nämlich die Chamaeleonida, Agamida,
Jguanida, Helodermatida, Varanida, Lacertida und Amphisbaenida genau in der bisher all-
gemein angenommenen Umgrenzung adoptirt. Die Familie der Ameividen stimmt gleichfalls
fast vollständig mit den Tejidae des Boulenger’schen Systems überein und der ganze Un-
terschied zwischen beiden besteht nur darin, dass Boulenger zu seinen Tejidae ausser den
mit Cereosaura verwandten Formen, die man unter dem Namen Cercosaurida als besondere
Tribus zusammenfassen könnte, noch die Genera Tretioscincus, Microblepharus und Gymmoph-
thalmus hinzuzieht, die ihrer äusseren Erscheinung nach zu den Scinciden gehören und bisher
auch stets zu dieser Familie gerechnet worden sind.
Die so überaus natürliche Familie der Geckoniden theilt Boulenger in 3 besondere
Familien, Geckonidae, Eublepharidae und Uroplatidae, die ausschliesslich auf osteologische,
z. Th. nur an skeletirten Exemplaren sichtbare Merkmale begründet sind. Die Geckoniden
(im Sinne Boulenger’s) besitzen am proximalen Ende öhsenförmig erweiterte Schlüsselbeine,
amphicoele Wirbel und paarige Scheitelbeine, die Zublephariden gleichfalls öhsenförmig
erweiterte Schlüsselbeine, aber procoele Wirbel und ein unpaares Scheitelbein, und die Uro-
platiden stimmen in der Form der Wirbel und in der Zahl der Scheitelbeine mit den Gecko-
niden überein, haben aber einfache, am proximalen Ende nicht erweiterte Schlüsselbeine
und ein einfaches Nasenbein. Was zunächst die Publephariden anbetrifft, so ist das einfache
Parietale schwerlich von grosser Bedeutung, da dieser Knochen bei ihnen in der Jugend
ohne Zweifel gleichfalls paarig sein und erst später durch Verwachsen einfach werden wird,
dagegen verdienen die procoelen Wirbel allerdings volle Berücksichtigung und würden auch
ein gutes Unterscheidungsmerkmal abgeben, wenn mit Bestimmtheit festgestellt wäre, dass alle
von Boulenger zu den Geckoniden gerechneten Formen auch wirklich amphicoele Wirbel
besitzen. Das steht aber noch keineswegs fest, denn wenn es auch kaum einem Zweifel unter-
liegen kann, dass bei allen typischen Geckoniden die Wirbel amphicoel sind, so fragt es sich
immerhin noch, ob die aberranten Formen, wie namentlich Nephrurus, Chondrodactylus, Rhyn-
choedura und Teratoscincus nicht am Ende auch in der Form der Wirbel abweichen, denn
untersucht ist keine dieser Formen auf den fraglichen Punkt und so lange der directe Be-
weis dafür noch aussteht, wird es immerhin erlaubt sein, die Form der Wirbel in Frage zu
stellen, zumal die Æublephariden in ihrer äusseren Erscheinung ungleich weniger von den
Geckoniden abweichen, als z. В. die Gattungen Nephrurus und Teratoscincus. Freilich giebt es
noch ein zweites Merkmal, durch welches sich die Eublephariden von den Geckoniden unter-
scheiden, nämlich die klappenförmigen Augenlider, nur muss, wenn man dieses Merkmal in
BEMERKUNGEN ÜBER DIE GECKONIDEN-SAMMLUNG U. $3. W. 7
den Vordergrund stellen will, die Gattung Aelurosaurus, deren Namen Boulenger später!)
in Aelurascalabotes verändert hat, aus der Familie der Geckoniden entfernt und in diejenige
der Eublephariden gestellt werden, weil bei den dazugehörigen Arten, wie Boulenger selbst
angiebt, die «eyelids well developed, connivent» sind. Da ausserdem die Gattung Aelurasca-
labotes auch in der Beschaffenheit der Krallen vollkommen mit der Eublephariden-Gattung
Coleonyx übereinstimmt, indem bei beiden die Krallen in eine aus 2 grossen Schuppen ge-
bildete, von oben her durch eine dritte schmale Schuppe gedeckte Scheide zurückgezogen werden
können, so zweifle ich auch keinen Augenblick daran, dass sie wirklich zu den Æublephariden
gehört, und bin fest überzeugt, dass, wenn es erst einmal möglich sein wird, ein Skelet von
Aelurascalabotes zu untersuchen, die Wirbel sich gleichfalls als procoel erweisen werden.
Nimmt man nun an, dass die Form der Wirbel stets mit der Beschaffenheit der Augenlider
Hand in Hand geht, was nach den bisherigen Erfahrungen mehr als wahrscheinlich ist, so
lassen sich die Geckoniden und Eublephariden durch diese beiden Merkmale sehr gut und
sicher von einander unterscheiden, dennoch glaube ich nicht, dass man sie als selbstständige
Familien gelten lassen kann, da sonst die Gleichwerthigkeit der Familien überhaupt gestört
wird. Die Zublephariden stimmen nämlich sowohl im Habitus, als auch in der Beschaffenheit
der Hautbedeckungen und in der Bildung der Zehen so vollkommen mit den Geckoniden
überein, dass man sie, genau genommen, nur für aberrante Geckoniden ansehen kann, und
demzufolge halte ich es für richtiger, beide genannten Gruppen als besondere Tribus einer
einzigen Familie, Geckonida, aufzufassen. Während Boulenger’s Familie der Zublephariden,
wenn auch nicht als Familie, so doch als besondere Tribus aufrecht erhalten werden kann,
muss die Familie der Uroplatiden einfach eingezogen und mit der Familie der Geckoniden
vereinigt werden. Diese neue Familie enthält nur die eine Gattung Uropiatus, die bekannt-
lich auf den sonderbaren Gecko fimbriatus Schneid. aus Madagascar begründet ist und dess-
halb aus der Familie Geckonida entfernt wird, weil bei der genannten Art, — die beiden
anderen Arten sind auf das Skelet noch gar nicht untersucht, — das Schlüsselbein am proxi-
malen Ende nicht erweitert und das Nasenbein einfach ist. Das einfache Nasale hat eben so
wenig systematischen Werth, wie das einfache Parietale der Eublephariden, hier, wie dort,
wird der betreffende Knochen bei jüngeren Individuen sicherlich paarig sein, und es bleibt
also nur die nichterweiterte Clavicula übrig, die allein genügen soll, einen Saurier zum Ty-
pus einer besonderen Familie zu erheben, der in seiner ganzen übrigen Organisation ein
Geckonide und dabei der Gattung Piyodactylus so nahe verwandt ist, dass ein grosser Theil
der Autoren ihn einfach als Art dieser Gattung aufgefasst hat. Will man auf diese Weise
jeder auch noch so geringen Eigenthümlichkeit im Knochenbau gleich den Werth eines Fa-
milienmerkmals beilegen, so müsste man consequenter Weise z. B. auch die Gattung Draco
1) Annals’and Mag. Nat. Hist. 5 ser.X VI (1885), р. 387. ! der Familie der Theriodonten verbraucht ist und daher in
Hier ist bemerkt, dass der Namen Aelurosaurus bereits | Aelurascalabotes abgeändert werden muss.
im Jahre 1881 von Owen für einen fossilen Saurier aus
8 Dr. А. STRAUCH,
aus der Familie der Agamiden aussondern und zum Typus einer besonderen Familie er-
heben, da bei den Arten dieser Gattung bekanntlich die 6 vorderen Paare der falschen Rip-
pen verlängert sind und als Stützen einer besonderen Flughaut dienen; ja dieses letztere
Verfahren liesse sich sogar noch leichter motiviren, denn die verlängerten Rippen haben eine
bestimmte physiologische Bedeutung, sie stützen und entfalten die Flughaut, welche ihrer-
seits wieder auf die Lebensweise der Draconen influirt, während das Schlüsselbein wohl
immer dieselbe Function haben dürfte, mag es nun am proximalen Ende öhsenförmig er-
weitert sein oder nicht. Ich glaube daher, dass Boulenger der Form der Clavicula eine in
systematischer Beziehung viel zu grosse Bedeutung beilegt, denn daraus, dass der Sternal-
apparat bei den Batrachiern ein vortreffliches Eintheilungsmerkmal abgiebt, folgt noch
keineswegs, dass dieser Apparat auch bei den Sauriern denselben Werth haben muss, im
Gegentheil mir scheint gerade die Gattung Uroplatus den besten Beweis dafür zu liefern,
dass die Form der Clavicula bei den Eidechsen gar keinen systematischen Werth hat, da
einander so nahe verwandte Formen, wie die Genera Piyodactylus und Uroplatus, in dieser
Beziehung differiren, ganz abgesehen davon, dass es überhaupt schon misslich ist, bei Ein-
theilung einer Thiergruppe ein Organ zum hauptsächlichsten Unterscheidungsmerkmal zu
erheben, welches, wie es hier der Fall ist, einem nicht unbeträchtlichen Theile dieser Gruppe
gänzlich fehlt.
Die Familie der Chalcididen ferner, über deren Umgrenzung die Ansichten der ver-
schiedenen Autoren von jeher am meisten auseinandergegangen sind, theilt Boulenger in
vier Familien Zonuridae, Anguidae, Xantusiidae und Gerrhosauridae, von denen die zweite
aber sehr heterogene Elemente enthält und aus einer Vereinigung der Gattungen Gerrho-
notus und Ophisaurus (mit Einschluss der Genera Pseudopus, Dopasia und Hyalosaurus) mit
den sogenannten diploglossen Scinciden entstanden ist. Die Gründe, welche Boulenger be-
wogen haben, so verschiedenartige Formen, wie z.B. den bekannten Sholtopusik (Pseudopus
Pallasii) und die gemeine Blindschleiche (Anguis fragilis) in ein und dieselbe Familie zu
vereinigen, sind theils im Schädelbau, theils und hauptsächlich aber in der Beschaffenheit
der Zunge zu suchen. Der Schädel dieser Thiere besitzt die beiden Knochenbrücken und eine
knöchern überdachte Fossa supratemporalis und die Zunge zeigt in ihrem grösseren basalen
Theile fadenförmige Papillen, während ihre schwach ausgerandete Spitze mit kleinen flachen
Schüppchen bekleidet ist, wobei ausserdem noch diese beiden Theile der Zunge durch eine
mehr oder weniger deutlich ausgebildete Querfalte geschieden erscheinen. So vollkommen
nun diese von Boulenger unter dem Namen Anguidae vereinigten Formen im Bau des
Schädels und der Zunge mit einander übereinstimmen, ebensosehr differiren sie in der Be-
schaffenheit der Hautbedeckungen, denn während bei den Gattungen Gerrhonotus und Ophi-
saurus die Haut des Rumpfes, ebenso wie bei den Zonuriden und Gerrhosauriden, mit Quer-
ringeln von Schuppen bekleidet ist, zeigt sie bei den Diploglossiden genau dieselben imbri-
caten und im Quincunx angeordneten Schuppen, die für die Scinciden so charakteristisch
sind. Ich glaube daher der bisher ganz allgemein adoptirten Ansicht, dass nämlich die Di-
En RN TER NE
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2 Pina dis
BEMERKUNGEN ÜBER DIE GECKONIDEN-SAMMLUNG U. S. W. 9
ploglossiden zu den Scinciden gehören, beitreten zu müssen, und schlage vor, die Familie der
Anguiden, die schon Boulenger selbst je nach der An- oder Abwesenheit der Seitenfalte
in zwei nicht besonders benannte Abtheilungen scheidet, in zwei Gruppen, Gerrhonotida mit
einer Seitenfalte und Diploglossida ohne Seitenfalte, zu theilen und die letzteren zu den
Scinciden zu stellen. Was nun die vier Familien anbetrifft, in welche Boulenger die Chal-
cididen eintheilt, so stimmen dieselben im Bau des Schädels, der die beiden Knochenbrücken
und das Knochendach über der Fossa supratemporalis besitzt, vollkommen überein und
unterscheiden sich von einander hauptsächlich durch die Bekleidung der Zungenoberfläche:
die Zonuriden haben eine durchweg mit zottenförmigen Papillen bekleidete Zunge, bei den
Gerrhonotiden (Boulenger’s Anguiden mit Seitenfalte) ist dieses Organ, wie schon bemerkt,
theils mit Zotten, theils mit Schüppchen bekleidet und die Xantusiiden und Gerrhosauriden
endlich besitzen eine Zunge, die an der Spitze schuppenförmige Papillen, an der Basis dagegen
schräge, gegen die Mittellinie convergirende, einander mehr oder weniger deckende Falten
zeigt. Die Bekleidung der Zunge ist also allerdings recht verschieden, die Form dieses Or-
gans dagegen bei allen-nahezu dieselbe, denn alle haben eine kurze, wenig protractile und
an der Spitze schwach ausgerandete Zunge; zieht man nun hierzu noch in Betracht, dass
auch bei allen die Schuppen des Rumpfes, sie mögen gross und schildförmig, oder klein und
kornförmig sein, stets in deutliche Querringel angeordnet sind, so wird man die Ansicht der
älteren Autoren, welche die Repräsentanten dieser 4 Familien unter dem Namen der Chal-
cididen oder Wirtelschleichen in eine einzige Familie vereinigt haben, nicht ganz unbegründet
finden. Dass Boulenger’s Zonuriden, Gerrhonotiden (Anguiden mit Seitenfalte), Xantu-
süden und Gerrhosauriden zu einander eine grössere Verwandtschaft zeigen, als zu den
übrigen Familien, unterliegt keinem Zweifel und daher glaube ich, dass es auch richtiger
sein dürfte, sie als Tribus einer einzigen Familie aufzufassen, statt ihnen die Bedeutung selbst-
ständiger Familien beizulegen.
Die Familie der Scinciden endlich, deren Repräsentanten von den Engländern so tref-
fend als «fish-scaled lizards» bezeichnet werden, ist unter allen Eidechsenfamilien bekannt-
lich diejenige, in welcher die grösste Mannichfaltigkeit der Formen beobachtet wird, indem
hier alle Uebergänge von der typischen vierfüssigen Eidechsenform bis zur fusslosen Schlei-
chenform vertreten sind. Neben der mehr oder weniger gestreckten, oft geradezu schlangen-
förmigen Gestalt des Rumpfes sind es namentlich die Extremitäten, welche den grössten und
mannichfaltigsten Abänderungen unterliegen, denn wir treffen hier nicht bloss vierfüssige,
zweifüssige und fusslose Formen an, sondern auch die Zahl der Finger und Zehen varürt
zwischen 5 und 0, und zwar in den mannichfachsten Combinationen. Ebenso wie in der
Körperform und in der Zahl und Ausbildung der Extremitäten variiren diese Eidechsen auch
im Schädelbau und diesem letzteren Umstande hauptsächlich ist es auch zuzuschreiben, dass
Boulenger sie in nicht weniger als 6 selbstständige Familien vertheilt hat. Die höchste
Entwickelung im Schädelbau bieten, wie ich schon zu bemerken Gelegenheit hatte, die Diplo-
glossiden (Boulenger’s Anguidae ohne Seitenfalte) dar, indem ihr Schädel sowohl die beiden
Mémoires de l'Acad. Imp. des sciences VIIme Série. 2
10 Dr. А. STRAUCH,
Knochenbrücken, als auch die knôcherne Ueberdachung der Fossa supratemporalis besitzt,
alsdann folgen die Scinciden Boulenger’s, an deren Schädel zwar die beiden Knochen-
brücken vorhanden sind, aber das Knochendach über der Fossa supratemporalis fehlt, nächst-
dem die Pygopodiden und Anelytropiden mit einem Schädel ohne Knochenbrücken und selbst-
verständlich auch ohne Knochendach, und endlich die Anielliden und Dibamiden mit ganz
niedrig entwickeltem Schädel, an dem nicht bloss die Knochenbrücken, sondern auch die Co-
lumella und sogar das knöcherne Interorbitalseptum fehlen, die also im Schädelbau voll-
kommen mit den Amphisbaeniden übereinstimmen. Trotz aller dieser Verschiedenheiten in
. der Körperform, in der Ausbildung der Extremitäten und im Schädelbau zeigen diese Thiere
dennoch eine nicht zu läugnende Verwandtschaft zu einander, die sich in der Beschaffenheit
der äusseren Hautbedeckungen documentirt: die Haut aller dieser Eidechsen ist nämlich
mit Schindelschuppen, d. h. mit dachziegelförmig über einander gelagerten, nach Art der
Fischschuppen im Quincunx angeordneten Schuppen, bekleidet und dabei so ausserordentlich
charakteristisch, dass man diese Thiere auf den ersten Blick zu erkennen vermag. Diese
Uebereinstimmung in den äusseren Hautbedeckungen ist Boulenger+ natürlich auch nicht
entgangen, er betrachtet sie aber als «superficial appearance», mir dagegen scheint sie in
systematischer Beziehung ungleich wichtiger zu sein, als die Differenzen im Knochenbau,
die am Ennde’doch nur in einer graduellen Verkümmerung des Schädels bestehen, und ich
glaube daher, dass es viel natürlicher sein dürfte, diese von Boulenger weit auseinander-
gerissenen Formen, wie bisher, unter dem Namen Scincida in eine Familie zu vereinigen
und den 6 Familien Boulenger’s höchstens den Werth von Tribus beizulegen.
Schliesslich bleibt noch Boulenger’s Familie Xenosauridae übrig, welche bekanntlich
auf eine einzige Art, den zuerst von Peters im Jahre 1861 genauer beschriebenen, höchst
sonderbaren Xenosaurus fasciatus aus Mexico begründet ist; diese Eidechse erinnert durch
die Beschuppung der Oberseite von Kopf und Rumpf an die Geckoniden, durch diejenige der
Unterseite und des Schwanzes an die Varaniden und Helodermatiden, stimmt im Schädelbau
und in der Befestigungsweise der Zähne mit den Zguaniden überein und besitzt eine Zunge,
welche der Zunge der Anguiden (Gerrhonotiden und Diploglossiden) sehr ähnlich ist, verbindet
also Charactere sehr differenter Familien, lässt sich aber trotzdem in keine dieser Familien
ohne Zwang einreihen und muss daher als Typus einer selbstständigen Familie, Xenosaurida,
aufgefasst werden, welche, wie schon Peters!) bemerkt, das Bindeglied zwischen den Igua-
niden und Helodermatiden bildet.
Nach dem im Vorstehenden Gesagten würde sich also die sehr complicirte Eintheilung
Boulenger’s mit dem früheren Eidechsensystem in folgender Weise combiniren lassen:
1) Berliner Monatsberichte 1861 p. 454.
ARE)
я
TA
EE
BEMERKUNGEN ÜBER DIE GECKONIDEN-SAMMLUNG о. 3. W. 11
I. Rhiptoglossa.
1. Familie Chamaeleonida.
II. Pachyglossa.
2. Familie Geckonida.
1. Tribus Geckonida s. str.
2. » Eublepharida.
3. Familie Agamida.
4. › Iguanida.
5. › Xenosaurida.
6. » Helodermatida.
Ш. Leptoglossa.
| 7. Familie Varanida.
8. » Tejida.
9. » Lacertida.
10. » Chalcidida.
1. Tribus Zonurida.
2. » Gerrhonotida (Boulenger’s Anguidae mit Seitenfalte).
3. » Xantusiida.
4. » Gerrhosaurida.
11. Familie Scincida.
1. Tribus Diploglossida (Boulenger’s Anguidae ohne Seitenfalte).
2. » Scincida s. str.
» Pygopodida,
Anelytropida.
» Amiellida.
6. » Dibamida.
12. Familie Amphisbaenida.
Eine genauere Begründung der obigen Eintheilung liegt ausserhalb des Planes meiner
Arbeit, auch könnte ich eine solche zur Zeit kaum geben, theils weil dazu sehr eingehende
Studien erforderlich sind, die zu machen ich noch keine Zeit gehabt habe, theils auch weil
der letzte Band von Boulenger’s Catalog noch nicht erschienen und mir also der Bestand
der 6 letzten von ihm adoptirten Familien nicht näher bekannt ist. Ich behalte mir daher
eine genauere Auseinandersetzung des im Vorstehenden angedeuteten Systems für eine spä-
tere Gelegenheit vor und wende mich nunmehr zu dem eigentlichen Gegenstande dieser Ar-
beit, zu der Familie der Geckoniden.
Als mir im Frühjahr 1885 der erste Band von Boulenger’s Catalogue of Lizards in
die Hände kam, entstand in mir natürlich der lebhafte Wunsch, das Werk nicht bloss näher
2*
12 Dr. A. STRAUCH,
kennen zu lernen, sondern es auch auf seinen Werth und seine Brauchbarkeit an den Ob-
jecten selbst zu prüfen. Zu diesem Zwecke machte ich mich im Beginn der Sommerferien
an eine Revision unserer Eidechsensammlung und begann dieselbe mit der Familie der Gecko-
niden, theils weil diese Familie bei Boulenger die Reihe der Eidechsen eröffnet, theils und
hauptsächlich aber auch desshalb, weil gerade unter unseren Geckoniden eine Anzahl von
Arten, namentlich aus der Gattung Hemidactylus, vorhanden war, deren genauere Bestim-
mung mir bis dahin nicht recht hatte gelingen wollen. Die Arbeit ging so rasch vorwärts,
dass sie in wenigen Wochen beendet war, und hat mir sehr viel Vergnügen bereitet, denn
ich muss gestehen, dass ich in meiner mehr als fünfundzwanzigjährigen Praxis kaum jemals
ein Buch mit solcher Befriedigung benutzt habe, wie diesen Boulenger’schen Catalog. Die
Revision ergab das Resultat, dass wir im Ganzen 122 verschiedene Arten von Geckoniden
in 637 Exemplaren !) besitzen, welche letzteren in 456 Gläser auseinandergelegt und unter
ebenso vielen Nummern in den Generalcatalog der Reptiliensammlung eingetragen sind.
Unter diesen 122 Arten fanden sich nicht weniger als 13 ganz neue, so wie eine, die zwar
bereits vor mehr als 50 Jahren von Wiegmann unter dem Namen Gymnodactylus Eversmanni
kurz characterisirt, aber später gänzlich in Vergessenheit gerathen war; diese letztgenannte
Art liess sich in keine der von Boulenger adoptirten Gattungen einreihen, so dass ich sie
zum Typus einer neuen Gattung, Ptenodactylus, erheben musste, und aus dem gleichen. Grunde
habe ich auch für eine der ganz neuen Arten ein neues Genus, Сиетазраз, creiren müssen.
Aber auch unter den bereits bekannten Arten fanden sich hin und wieder Exemplare, die
nicht ganz mit den vorhandenen Beschreibungen übereinstimmten, und da ich glaubte, dass
eine kurze Besprechung solcher Exemplare für die genauere Kenntniss der betreffenden Ar-
ten nicht überflüssig sein würde, so entschloss ich mich statt einer einfachen Beschreibung
der neuen Arten, einen Catalogue raisonné unserer ganzen Geckoniden-Sammlung zu ver-
öffentlichen. Diese Sammlung ist zwar nicht gerade besonders reich, gehört aber immerhin
zu den bedeutenderen und daher dürfte ein Catalog derselben auch nicht ganz ohne In-
teresse sein.
Bevor ich aber an die Aufzählung der in der academischen Sammlung vorhandenen
Geckoniden-Arten gehe, möchte ich mir noch einige Bemerkungen über die von Boulenger
adoptirten Gattungen, so wie namentlich auch über die Reihenfolge, in welcher er diese
Gattungen aufführt, erlauben und brauche wohl nicht erst zu bemerken, dass ich unter dem
Namen Geckonida nicht bloss die gleichnamige Familie Boulenger’s, sondern auch seine
Familien Zublepharidae und Uroplatidae zusammenfasse.
Was zunächst die Gattungen anbetrifft, so ist es kein geringes Verdienst Boulenger’s,
dass er die übergrosse Zahl derselben auf das gehörige Maass reducirt hat, nur glaube ich,
1) Da ich die Zahl der Exemplare in ein und demselben | sie hier angegeben ist. Um solche Gläser mit mehr als
Glase höchstens mit 6 notirt habe, in einzelnen Gläsern | 6 Exemplaren auszuzeichnen,habe ich sowohl im General-
aber weit mehr Exemplare enthalten sind, so ist die Ge- | catalog, als auch in dieser Arbeit hinter die Zahl 6 ein
sammtzahl der Exemplare in Wirklichkeit grösser, als | + gestellt.
BEMERKUNGEN ÜBER DIE GECKONIDEN-SAMMLUNG U. 8. W. 13
dass er dabei in zwei Fällen etwas zu weit gegangen ist und Genera vereinigt hat, die con-
sequenter Weise hätten getrennt bleiben müssen. So zieht er die Gattung Peripia ein und
vereinigt sie mit der Gattung Gehyra, obwohl bei den Arten der ersteren die Hypodactyl-
schilder getheilt und zweizeilig, bei denen der letzteren dagegen ganz, d. h. ungetheilt, und
einzeilig angeordnet sind. Hier wird also der Beschaffenheit der Hypodactylschilder nicht
der Werth eines generischen Merkmals beigelegt, während es doch sonst immer geschieht,
denn wodurch anders unterscheiden sich z. B. die beiden von Boulenger adoptirten Genera
Phyllopezus und Hemidactylus von einander, wenn nicht dadurch, dass bei der einzigen Art
des ersteren die Hypodactylschilder einfach und einzeilig, bei den Arten von Hemidactylus
dagegen getheilt und zweizeilig sind. Genügt die Differenz in der Beschaffenheit der frag-
lichen Schilder in dem einen Falle zur Aufstellung zweier selbstständigen Genera, so erfor-
dert es die Consequenz, dass ihr auch in dem anderen Falle der gleiche Werth vindicirt
werde, und desshalb glaube ich, dass die Gattung Peripia wieder restituirt werden muss,
um so mehr, als Boulenger bei seinem Verfahren doch genöthigt ist, seine Gattung Gehyra
in zwei Gruppen, mit doppelten und einfachen Hypodactylschildern, zu trennen. Ganz ähn-
lich verhält es sich auch mit den Gattungen Bunopus und Alsophylax, die Boulenger unter
dem letzteren Namen zusammengezogen hat, denn bei Bunopus sind die Queriamellen an der
Unterseite der Finger und Zehen mit sehr deutlichen Tuberkeln versehen und erscheinen
am Vorderrande gezähnelt, bei Alsophylax dagegen sind sie sowohl auf der Fläche, als auch
am Rande durchaus glatt; diese beiden Gattungen unterscheiden sich von einander also ge-
пай durch dasselbe Merkmal, wie die Genera Stenodactylus und Ptenopus, und da Bou-
lenger diese letzteren adoptirt hat, so müssen consequenter Weise auch Bunopus und Also-
phylax als gesonderte Gattungen aufgefasst werden.
In Betreff der Reihenfolge, in welcher Boulenger die Gattungen aufführt, muss ich
bemerken, dass mir dieselbe eine ganz willkürliche zu sein und den in der Zehenbildung
ausgesprochenen Verwandtschaften der einzelnen Formen nicht in allen Fällen genügende
Rechnung zu tragen scheint. Schon der Umstand, dass er die Reihe der Gattungen in seiner
Familie Geckonidae mit den aberranten Formen beginnt, dürfte kaum zu rechtfertigen sein,
da es doch einmal angenommen und auch ganz natürlich ist, die typischen Formen voran
zu stellen und die aberranten erst am Schlusse folgen zu lassen. Es fragt sich nun, welche
Formen» als die typischen anzusehen sind und da giebt, wie ich glaube, die Zehenbildung
.den nöthigen Aufschluss. Bekanntlich zeichnen sich die Geckoniden durch eine grosse Man-
nichfaltigkeit in der Form und Bekleidung der Finger und Zehen aus und lassen sich hier-
nach in zwei grosse Gruppen eintheilen, nämlich in Arten mit erweiterten Fingern und Ze-
hen und in solche, bei denen diese Organe einfach, d. h. nicht erweitert sind. Unter den
ersteren giebt es wiederum Formen, bei welchen die Finger und Zehen in ihrer ganzen Länge
erweitert sind und solche, bei welchen sich die Erweiterung nur auf einen Theil der genannten
Organe beschränkt, und zwar ist es bald die Basis, bald die Spitze, welche die Erweiterung
zeigt. Die am meisten typischen Geckonen würden hiernach also diejenigen sein, bei welchen
14 Dr. А. STRAUCH,
die Finger und Zehen in ihrer ganzen Länge erweitert sind, und mit ihnen müsste auch die
Reihe beginnen; diesen würden sich dann die Formen anschliessen, bei welchen.die Finger
und Zehen nur theilweise erweitert sind, und zwar zuerst diejenigen, bei welchen der grös-
sere Theil der genannten Organe erweitert ist, also die Formen mit an der Basis erweiterten
Fingern und Zehen, da bei diesen nur das Endglied an der Erweiterung nicht Theil nimmt,
darauf müssten die Formen folgen, bei denen sich die Erweiterung auf das Endglied der Fin-
ger und Zehen beschränkt, und endlich diejenigen mit einfachen, nicht erweiterten Fingern
und Zehen, an welche sich schliesslich die aberranten Formen anreihen müssten. Diese durch-
aus natürliche und auch bereits von Duméril und Bibron adoptirte Reihenfolge hat Bou-
lenger verworfen und seine Familie Geckonidae, wie aus der Bestimmungstabelle der Gat-
tungen zu ersehen ist, in 11 besondere Gruppen eingetheilt. Die 3 ersten dieser Gruppen
enthalten die aberranten Formen, so wie diejenigen, bei welchen die Finger und Zehen gar
nicht erweitert sind, die beiden folgenden den grössten Theil der Arten mit an der Spitze
erweiterten Fingern und Zehen, in die 6. Gruppe stellt er Arten mit der ganzen Länge nach
erweiterten Fingern und Zehen, in die 7. dagegen diejenigen, bei welchen die genannten
Organe nur an der Basis erweitert sind, die 8. und 9. Gruppe enthalten wiederum Arten
mit vollständig erweiterten Fingern und Zehen, in der 10. vereinigt er Formen mit sehr
verschiedenartiger Zehenbildung, die mit einander aber darin übereinstimmen, dass ihnen
durchweg die Krallen fehlen, und die 11. Gruppe endlich enthält wiederum Arten mit an
der Spitze erweiterten Fingern und Zehen, bei denen aber die Krallen in eine sich seitwärts
öffnende Scheide zurückgezogen werden können. Diese Anordnung ist nun nicht bloss un-
natürlich, da dabei einander sehr nahe verwandte Arten weit auseinandergerissen werden,
sondern hat auch noch den grossen Nachtheil, dass sie die Determination der Gattungen un-
nützer Weise erschwert, indem man beim Bestimmen immer alle 11 Gruppen consultiren
muss, was bei einer dichotomisch angeordneten Tabelle natürlich wegfällt. Ich glaube da-
her, dass die Reihenfolge, welche die Verfasser der Erpétologie générale adoptirt haben,
ungleich natürlicher ist, und habe den Versuch gemacht, eine dichotomisch angeordnete Ta-
belle zur Bestimmung der Gattungen zu entwerfen, in die ich auch die 4 bei Boulenger
fehlenden Genera (Peripia, Cnemaspis, Bunopus und Ptenodactylus) aufgenommen habe, und
welche anzeigen wird, in welcher Reihenfolge ich die 57 gegenwärtig bekannten Geckoniden-
Gattungen aufzuführen vorschlage. | ;
Dichotomische Tabelle zur Bestimmung der Geckoniden-Gattungen.
Die Augenlider
I. rudimentär, ringförmig, oder häufiger nur das obere entwickelt (1. Tribus Geckonida s. str.).
Die Finger und Zehen sind
A) erweitert, und zwar
1) in ihrer ganzen Länge. Die Querlamellen an ihrer Unterseite
a) sind getheilt, d. h. in 2 Reihen angeordnet. Die Krallen retractil.......... ‚1. Thecadactylus.
b) sind einfach oder einreihig; die Krallen
a) fehlen ganz. Die Pupille
SE) TUN Е ala ae о LE LE VA Eee A NS OR OS 2. Phelsuma.
+) vertical ....,....,..,. MOD Bd Bosco nana ob rt) tunn 3. Pachydactylus.
8) sind vorhanden, und zwar
*
a BEMERKUNGEN ÜBER DIE GECKONIDEN-SAMMLUNG U. 8. W. 15
n) nur an gewissen Fingern, resp. Zehen, nämlich
2) am 3. und 4. Finger, resp. Zehe...... DÉCRIRE еек ... 4. Tarentola.
22) am 2.—5. Finger, resp. Zehe, so dass nur der Daumen und die
Innenzehe krallenlos sind .......... еее ee 5. Homopholis.
nn) an allen 5 Fingern und Zehen. Die Oberseite des Rumpfes ist
x) mit Schuppen bekleidet, die
5) imbricat angeordnet sind .............. ere rene . 6. Geckolepis.
ss) neben einander liegen.................. Hobbs oo 7. Eurydactylus.
ææ) granulirt..cssessesssssesoerenssssseeseoessesseneeseee 8. Aeluronyx.
2) nur theilweise, nämlich р
а) an der Basis, so dass das Endglied comprimirt erscheint. Dieses comprimirte
Endglied sitzt \ Е 1
а) an der Spitze des erweiterten Theiles, welcher an der Unterseite mit
X) einer einzigen Reihe von Lamellen bekleidet ist. Das comprimirte
Endglied ist
n) sehr kurz. Am Daumen und an der Innenzehe
z) fehlt das comprimirte Endglied und auch die Kralle. Die
Extremitäten
s) mit einem sehr deutlichen Hautsaum versehen. An
den Rumpfseiten
+) ein sehr entwickelter Hautsaum, eine Art von
Иова. и. 2... ее ние 9. Ptychozoon.
++) nur еше schmale Hautfalte ................ 10. Luperosaurus.
CS)ONNCSEAUTÉA UNE Net teter ers dern l ee cher ll. Gecko.
22) ist das comprimirte Endglied mit der Kralle vorhanden, u.
ebenso beschaffen, wie an den übrigen Fingern u. Zehen.. 12. Rhacodactylus.
nn) lang und
+) bildet mit dem erweiterten Theil einen Winkel....... 13. Hoplodactylus.
-+-+) liegt mit dem erweiterten Theile in einer Ebene...... 14. Naultinus.
ХХ) zwei Reihen von Lamellen bekleidet ist. Der Daumen und die In-
nenzehe sind
т) wohlentwickelt, aber krallenlos ................ Ende 15. Lepidodactylus.
nn) ganz rudimentär. Die РирШе
s) rund. Die Kralle an dem rudimentären Daumen, resp. In-
nenzehe
%)ssehr.klein, kaum deuthiche ине .... 16. Lygodactylus.
zz) stark und sehr deutlich............ О 17. Microscalabotes.
БО АЕ ооо ао Be 00 bo UREU Done TT Re TNT 18. Spathoscalabotes.
В) auf der Mitte des erweiterten Theiles, tritt, so zu sagen, aus demselben
hervor. Daumen und Innenzehe
+) rudimentär, doch trägt die letztere eine wohlentwickelte Kralle 19. Perochirus.
++) wohlentwickelt. Das comprimirte Endglied
2) fehlt am Daumen und an der Innenzehe; diese letzteren
s) sind an der Unterseite ebenso mit Querlamellen versehen,
wie die übrigen Zehen und Finger. Die Lamellen
X) durch eine Mittelfurche getheilt............ .. 20. Peripia.
ХХ) durchaus ungetheilt und einzeilig............. 21. Gehyra.
ss) tragen an der Unterseite je eine runde Platte......... 22. Aristelliger.
zz) ist an allen Fingern und Zehen vorhanden. Der erweiterte
Zehentheil an der Unterseite.
n) mit einer einfachen Reihe von Querlamellen bekleidet. 23. Phyllopezus.
nn) mit einer doppelten Reihe von Querlamellen bekleidet.
Die Oberseite des Rumpfes
x) mit grossen, dachziegelförmig gelagerten Schuppen
bekleidet. Ohrôfinung verdeckt................. 24. Teratolepis.
xx) mit kleinen Schuppen und Tuberkeln bekleidet.
OBTORTUNE ITEM se east LEE Se de eco mere 25, Hemidactylus.
b) an der Spitze. Die Erweiterung an der Unterseite
e a) mit Lamellen versehen, welche
+) eine fächerförmige Anordnung zeigen. Der nicht erweiterte Theil
der Finger und Zehen an der Unterseite
$) mit Querlamellen bekleidet .....................,...... 26. Ptyodactylus.
$5) mit Schuppen bekleidet. 4.0: eee sel ee. 27. Uroplatus.
++) einfach der Quere nach gerichtet sind. Diese Lamellen sind an
ihrem Hinterrande
2) mit feinen Franzen versehen, wie gefilzt........ OD 28. Dactychilikion.
22) glatt, ohne Franzen oder Zähnchen...,................. 29. Rhoptropus.
ß) mit Platten versehen und zwar
X) findet sich an jeder Zehe eine einzige solche Platte ............ * 30. Sphaerodactylus.
ХХ) sind an jeder Zehe zwei solcher Platten vorhanden, die neben ein-
ander liegen und durch eine Längsfurche getrennt sind. Die nicht
erweiterten Glieder der Finger und Zehen sind
16 Dr. А. STRAUCH,
s) alle gleich beschaffen und an der Unterseite mit Querlamel-
len oder Tuberkeln versehen. Krallen
2). tehlen durchaus ae ee ee oh
22) sind vorhanden. Die Querlamellen an der Unterseite der
Finger und Zehen sind
n) einfach und überhaupt klein. Das erweiterte End-
glied der Finger und Zehen ist auf der Oberseite
—+) mit grossen Schuppen bekleidet, die von
31.
denen der übrigen Glieder sehr abweichen. "32.
+) mit kleinen Schuppen bekleidet, die denen
der übrigen Glieder vollkommen gleichen. 33.
nn) paarig, mit Ausnahme der hinteren, 4. h. proximalen. 34.
ss) in so fern ungleich, als auf dem vorletzten Gliede der 4 äus-
seren Finger und Zehen sich ein Paar ebensolcher Platten .
befindet, wie auf dem erweiterten Endgliede .............
B) nicht erweitert oder höchstens an der Basis in so fern scheinbar erweitert, als das
Basalglied gegen die stark comprimirten distalen Glieder beträchtlich absticht. Die
Unterseite der Finger und Zehen mit
1) Querlamellen bekleidet. Die distalen Glieder der Finger und Zehen
a) viel schmäler, als das Basalglied, da sie mehr oder weniger stark comprimirt
sind. Die Klauen liegen zwischen
a) drei Schildchen, einem kleinen oberen und zwei grossen infero-lateralen.
ß) zwei Schildchen, einem kleinen oberen und einem sehr grossen unteren,
das rinnenförmig gebogen ist. Die Innenseite der Unterschenkel
+) mit einer Längsreihe grosser, in die Quere gezogener Schilder
bekleidet nr DA Te RL ete ele
+) wie gewöhnlich beschuppt. Die Pupille ist
1) rund. Der Schwanz ist
2) drehrund oder selbst abgeflacht, aber nie comprimirt. .'
22) sehr deutlich comprimirt mit scharfer Oberkante
nn) vertical. Der Schwanz
x) von gewöhnlicher Form, conisch und sehr fragil .
ХХ) von der Basis an sehr dünn und nicht fragil... ...
b) ebenso breit, wie das Basalglied u. nicht comprimirt. Die Zehen an den Seiten
a) ganzrandig, d. h. nicht gefranzt; ebenso auch die Finger. Die Querla-
mellen an der Unterseite der Finger und Zehen
x) glatt und am Vorderrande nicht gezähnelt. Die Oberseite des
Rumpfes
s) mit dachziegelförmig gelagerten Schuppen bekleidet
ss) mit Kornschuppen und Tuberkeln bekleidet..............
ХХ) mit deutlich vorspringenden Tuberkeln bekleidet und am Vor-
derrandergezähnelt en pr RSR ee Mlelcı,
ß) mit deutlichen Franzen versehen. Die Finger an den Seiten
+) gleichfalls mit deutlichen Franzen versehen
++) ganzrandig, oder sehr undeutlich gefranzt. Die Querlamellen an
der Unterseite der Finger und Zehen
CPC
rs ose ce
35.
38.
39.
Ebenavia.
Phyllodactylus.
Diplodactylus.
Oedura.
Calodactylus.
. Heteronota.
. Cnemaspis.
Gonatodes.
Pristurus.
. Gymnodactylus.
. Agamura.
. Homonota.
. Alsophylax.
. Bunopus.
. Ptenodactylus.
1) gekielt und am Vorderrande deutlich gezähnelt ........ 46. Stenodactylus.
дл) nicht gekielt und mit so feinen Tuberkeln besetzt, dass
sie sast, elattferschemen\.. er es еее не 47. Ptenopus.
2) kleinen Schuppen oder Körnchen bekleidet. Finger und Zehen an den Seiten
a) gefranzt. Die Unterseite derselben mit à
о) kleinen, zugespitzten, imbricaten Schuppen bekleidet ........,........ 48. Ceramodactylus.
В) mit feinen Granulationentversehen т.е ое еее осо в 49. Teratoscincus.
b) ganzrandig, 4. h. ohne Franzen. Die Haut an der Unterseite der Vorder- und
Hinterfüsse .
+) von gewöhnlicher Beschäffenheit, а. h. nicht polsterartig aufgetrie-
ben. Die Krallen
Tele te eetelegoteeteh: ооо о Бове ... 50. Colopus.
)isindivorhandents he rene А. ... 51. Rhynchoedura.
+) polsterartig aufgetrieben. Die Krallen
В ER EEE te fein вор аю LC persons 52. Chondrodactylus.
22) эта vorhanden... 1. Are CE ее cer 53. Nephrurus.
II. wohlentwickelt, klappenförmig (2. Tribus Eublepharida). Die Unterseite der Finger u. Zehen
а) gramulirt ........... .......... .............. ооо ово чар е obus 54. Psilodactylus.
6) mit Querlamellen besetzt. Die Krallen
d)ideutlich sichtbar, nichtiwetractilan@e. en... 1 2 ее еее > 55. Eublepharis.
2) nicht sichtbar, sondern in einer Scheide versteckt, die aus 2 grossen breiten seit-
lichen und einer schmalen oberen Schuppe besteht. Die distalen Phalangen
a) comprimirt
ß) nicht comprimirt, sondern genau so beschaffen, wie die basalen
nn sos ооо оо ооо ооо er Br Br Er Er Er Er Er Eur Er Sr EEE Er Eur Er
. Aeluroscalabotes.
. Coleonyx.
В PU ES, at Egg leur СН BER ep ci ie DE VASTES NE ео
BEMERKUNGEN ÜBER DIE GECKONIDEN-SAMMLUNG U. $. W. 17
Verzeichniss der im zoologischen Museum der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften
aufgestellten Geckoniden').
1. Thecadactylus rapicauda Houtt.
Thecadactylus rapicaudus Boulenger. Catal. I, p. 111.
323. Fundort? Hr. Parreyss 1839.
324. Surinam. Dr. Krauss 1858.
325. Guyana. Berliner Museum 1857.
2691. Neu-Granada. Hr. Erber 1870.
7160. Yucatan. Hr. Boucard 1886.
7173. Chiriqui. . Hr. Boucard 1886.
2. Phelsuma Cepedianum Merr.
Phelsuma cepedianum Boulenger. Catal. I, p. 211.
322. Isle de France. Hr. Parreyss 1838.
2819. Isle de France. Hr. Erber 1870.
5632. Mauritius. British Museum 1880.
6438. Madagascar. Hr. Umlauff 1885.
6439. Madagascar. Hr. Umlauff 1885.
6440. Madagascar. Hr. Umlauff 1885.
Die beiden Exemplare von Isle de France, so wie die drei von Madagascar stammenden,
haben die für diese Art charakteristischen, (in Spiritus) gelblich rothen Zeichnungen, bei
dem Stück № 5632 dagegen sind dieselben so undeutlich, dass es auf den ersten Blick oben
ganz einfarbig erscheint und nur jederseits 2 helle Längsstreifen zeigt, von denen der obere,
der weniger deutlich ist, an der Schulter zu beginnen scheint und sich auch auf die vordere
Schwanzhälfte ausdehnt, während der untere, der viel deutlicher und weiss gefärbt ist, unter
dem Ohre beginnt und sich bis in die Leistengegend hinzieht, nur an der Insertionsstelle
des Oberarmes unterbrochen.
3. Phelsuma Guentheri Boul.
Phelsuma Guentheri Boulenger. Catal. I, p. 213.
5947. Mauritius. Hr. G. Schneider 1882.
5948. Mauritius. Hr. а. Schneider 1882.
6403. Mauritius. Dr. E. Riebeck* 1885.
1) Bei allen Exemplaren, die dem Museum als Ge- | allen meinen früheren Arbeiten, den Namen des Gebers
schenke zugegangen sind, habe ich auch hier, wie in | durch einen * ausgezeichnet.
Mémoires de l'Acad, Пар. des sciences VIIme Serie. =:
18 Dr. А. STRAUCH,
Die drei Exemplare im British Museum besitzen keine Epidermis, wesshalb Boulen-
ger die Färbung und Zeichnung nicht hat angeben können. Unsere drei Stücke sind auf
der Oberseite dunkelbleigrau und ziemlich dicht schwarz gesprenkelt, auf der Unterseite
schmutzig weiss, nur an der Kehle leicht grau gesprenkelt. Das Weibchen (№ 6403) zeigt
sonst keine Zeichnungen, bei den Männchen dagegen sieht man jederseits an der Schläfe
zwei etwa parallele, schwarze Linien, die am Hinterrande der Orbita beginnen und schräge
nach hinten und innen gegen den Nacken ziehen. Bei dem kleineren Männchen (№ 5948)
vereinigt sich jede dieser Binden mit der entsprechenden der andern Seite unter spitzem
Winkel und es entstehen dadurch auf dem Nacken und Halse zwei mehr oder weniger re--
gelmässige Chevrons, bei dem grossen Männchen dagegen lässt sich nur der vordere dieser
Chevrons einigermaassen deutlich erkennen, der hintere, der aus der Vereinigung der je-
derseitigen unteren Binde entsteht, fehlt hier durchaus. Auf dem Scheitel bilden die schwar-
zen Sprenkel mehr oder weniger deutliche Vermiculationen, die bei dem Weibchen gleich-
falls kaum angedeutet sind. Unser grosses, vorzüglich conservirtes Männchen (№ 5947) hat
eine Totallänge von 240 Mm.
4. Phelsuma madagascariense Gray.
Phelsuma madagascariense Boulenger. Сада]. I, р. 214.
6404. Insel Nossi-bé. Dr. E. Riebeck* 1885.
6405. Insel Nossi-bé. Dr. Е. Riebeck * 1885.
6676. Madagascar. Linnaea 1885. ,
6677. Madagascar. Linnaea 1885.
5. Phelsuma laticauda Boettg.
Phelsuma laticauda Boulenger. Catal. I, р. 215.
5502. Madagascar. Hr. H. Schilling 1879.
6674. Madagascar. Linnaea 1885.
6675. Madagascar. Linnaea 1885.
6. Phelsuma lineatum Gray.
Phelsuma lineatum Boulenger. Catal. I, р. 216, pl. ХУПЬ Е. 1.
3843. Madagascar. Hr. Gerrard 1874.
7. Pachydactylus Bibronii Smith.
Pachydactylus Bibronii Boulenger. Catal. I, p. 201.
648. Otjimbingue. Berliner Museum 1868.
649. Otjimbingue. Berliner Museum 1868.
5296. Calvinia District. Berliner Museum 1879.
BEMERKUNGEN ÜBER DIE GECKONIDEN-SAMMLUNG U, 8. W, 19
8. Pachydactylus capensis Smith.
Pachydactylus capensis Boulenger. Catal. I, p. 202.
6939. Capland. British Museum 1886.
9, Pachydactylus ocellatus Oppel.
Pachydactylus ocellatus Boulenger. Catal. I, p. 205.
321. Fundort? Kunstkammer (2 Ex.).
5400. Capland. Hr. S. Braconnier 1879.
10. Pachydactylus maculatus Smith.
Pachydactylus maculatus Boulenger. Catal. I, р. 206, pl. XVI, Е. 4.
6940. Capland. British Museum 1886.
Gattung Tarentola Gray.
Bei seiner Vorliebe für osteologische Merkmale hat Boulenger die Arten dieser Gat-
tung in zwei Gruppen eingetheilt, je nachdem ein Os supraorbitale vorhanden ist oder nicht.
Da er aber unterlassen hat, anzugeben, wie man die An- oder Abwesenheit dieses Knochens
erkennen kann, ohne das Object zu lädiren, so muss ich von diesem Merkmale absehen,
schon allein desshalb, weil ich mir nicht das Recht anmaasse, Unica der Sammlung behufs der
Determination irgendwie zu beschädigen, sobald eine solche auch sonst noch zu bewerkstel-
ligen ist. Und dass man die Tarentola-Arten auch ohne Berücksichtigung dieses osteologi-
schen Merkmals von einander unterscheiden kann, unterliegt keinem Zweifel, sind doch
alle von Boulenger in dieser Gattung aufgeführten Arten auch früher, ehe dieses Merkmal
entdeckt war, gut und sicher von einander unterschieden worden. Sicherlich ist die Einfüh-
rung dieses osteologischen Merkmals auch der Grund dafür, dass Boulenger drei hierher-
gehörige Arten, nämlich Tarentola americana Gray, Tarentola cubana Ptrs. und Tarentola
clypeataGray,als «not sufficiently well established to enter the system» nicht in seine Synop-
sis aufgenommen, sondern nur in einer Anmerkung kurz charakterisirt hat. Da mir nun
zwei Eidechsen vorliegen, welche in diese Gattung gehören und welche ich, da ich sie mit
keiner der bisher beschriebenen Arten identificiren kann, für neu halten muss, so gebe ich
hier eine dichotomische Tabelle zur Bestimmung der 11 mir bekannten Arten dieser Gat-
tung, wobei ich natürlich das von Boulenger eingeführte osteologische Merkmal, als für die :
9%
20 | Dr. А. STRAUCH,
Bestimmung nicht geeignet, bei Seite gelassen habe. Die 11 Arten unterscheiden sich von
einander, wie folgt:
Das Hinterhaupt
I. einfach, ohne Querleiste. Der Vorderrand der Ohröffnung
A) ganz, d. h. nicht gezähnelt. Die Dorsaltuberkeln
1) sehr deutlich gekielt. Die polygonalen Tuberkeln auf der Ober-
seite des Kopfes sind
a) stark gewölbt, aber ohne Spur eines Kieles. Die Rückentu-
berkeln sind
«) gruppenweise angeordnet, indem jeder grosse Tuber-
kel noch von einem Kranze kleinerer umgeben ist... facetana.
6) durchaus isolirt, dabei aber sehr dicht gedrängt .... neglecta.
b) Hach,, aber deutich celte u ре angusticeps.
2) glatt oder doch nur sehr undeutlich gekielt. Der Schwanz auf
der Unterseite
a) leicht convex mit gerundetem Seitenrande. Die Rückentu-
berkeln bilden
«) 12 Längsreihen. Das Mentale etwa doppelt so lang,
als in der Mitte breit. Die Kehlschuppen sind
+) viel kleiner, als diejenigen auf dem Hinter-
О a a Zee Delalandii.
++) fast so gross, wie diejenigen auf dem Hinter-
LÉ QU Sr ARE Rs В oe en Ч ephippiata.
6) 16 Längsreihen. Das Mentale ist etwa drei mal so lang,
wie лаве, MItLeYyDreitun se ee ae Tr gigas.
b) abgeflacht mit scharfem Seitenrande................. senegalensis.
B) gezähnelt. Die Rückentuberkeln y
a) glatt und mehr oder weniger gewölbt; ihre Beschaffenheit auf
dem Rumpfe ist
1) ein verschiedene, indem sie auf der Rückenmitte linsenför-
mig und schwach convex, an den Flanken aber conisch zu-
SESpitzt SIM О ОВ a tee ale Arr аедурнаса ,
2) еше durchaus gleiche und dabei stehen sie sehr dicht ge-
drängt ie EN EST, атетсата.
6) sehr stark gekielt und in 20 Längsreihen angeordnet ........ cubana.
11. von einer erhabenen Querleiste begrenzt ..n 2... 2.0.0...) clypeata.
BEMERKUNGEN ÜBER DIE GECKONIDEN-SAMMLUNG U. $. W. — 21
| 11. Tarentola facetana Aldrov.
Tarentola mauritanica Boulenger. Catal. I, p. 196.
326. Süd-Europa. Dr. Schinz 1837.
327. Algerien. Dr. Guyon * 1862.
328. Algerien. Dr. Guyon * 1862.
329. Sicilien. à Hr. Parreyss 1842.
330. Umgegend der Stadt Alger. Dr. Strauch * 1861.
331, Umgegend der Stadt Alger. Dr. Strauch” 1861.
332. Umgegend der Stadt Alger. Dr. Strauch * 1861. (4 Ex.)
333. Umgegend der Stadt Alger. Dr. Strauch * 1861. (4, Ех.).
334. Umgegend der Stadt Alger. Dr. Strauch“ 1861.
335. Umgegend der Stadt Alger. Dr. Strauch * 1861.
336. Umgegend der Stadt Alger. Dr. Strauch * 1861.
337. Griechenland. Dr. Bartels * 1830.
338. Sicilien. Hr. Parreyss 1843.
‚339. Sicilien. Dr. Strauch * 1861.
3395. Nizza. Dr. Strauch * 1872.
4964. Toulon. Hr. F. Lataste 1878.
5467. Castellamare. Hr. N. Tulinow* 1879. (2 Ex.)
5875. Constantine. Dr. Staudinger 1882.
6034. Nizza. Dr. J. von Bedriaga 1883. (2 Ex.)
6302. Palermo. Hr, Grohmann 1835.
12. Tarentola neglecta п. sp. Fig. 3 u. 4.
5376. Batna. (Algerien) Hr. Deyrolle 1879.
Diese Art ist im Habitus der Tarentola Delalandü D. её В. sehr ähnlich, unterschei-
det sich von derselben aber durch die deutlich gekielten, z. Th. sogar triedrischen Rücken-
tuberkeln, die sehr dicht gedrängt stehen und in der Mitte des Rückens 14 reguläre Längs-
reihen bilden. Ferner sind bei ihr die Submentalschilder genau so angeordnet, wie bei Ta-
rentola ephippiata O’Shaughn., von welcher letzteren sie aber sowohl durch den Habitus, als
auch durch die gekielten Rückentuberkeln und namentlich durch die kleinen Gularschuppen,
die kleiner sind, als diejenigen auf dem Occiput, leicht unterschieden. werden kann.
Die Schnauze ist so lang, wie der Zwischenraum zwischen der Ohröffnung und der
Orbita. Das Rostrale ist etwa doppelt so breit, wie hoch; jederseits 9 Supralabialia, von
denen die letzten sehr klein sind. Das Mentale etwa doppelt so lang, wie in der Mitte breit,
und am Hinterrande nicht halb so breit, wie am vorderen. 9—10 Infralabialia jederseits.
Die Submentalia jederseits in der Zahl 3 vorhanden, von denen das innerste lang ist und
mit dem 1. Infralabiale in Contact steht, während die beiden äussern viel kleiner erschei-
nen und durch eine Reihe noch kleinerer Schildchen von den Infralabialen getrennt sind.
SEHE 2 PETITE SA RN NN EEE SENTE NE EU
I
22 Dr. A. STRAUCH,
Die Ohröffnung, etwa halb so lang, wie der Durchmesser der Orbita, ist schmal, vertical ge-
stellt und am Vorderrande nicht gezähnelt. Das Nasenloch liegt, wie bei allen Tarentola-
Arten, zwischen dem 1. Supralabiale und 3 Nasalen, nicht zwei, wie Boulenger wohl im
Versehen angiebt. Die Oberseite des Kopfes ist mit grossen polygonalen Tuberkelschuppen
bekleidet, die sehr gewölbt sind, aber nicht die Spur eines Kieles zeigen; auf der Schnauze
sind diese Tuberkelschuppen nicht grösser, als auf dem übrigen Kopfe, wohl aber stärker
gewölbt. Die Oberseite des Rumpfes und der Extremitäten mit sehr feinen, ziemlich flachen
Kornschuppen bekleidet, zwischen denen grosse Tuberkeln eingestreut sind, welche sehr
deutlich gekielt, stellenweise sogar triedrisch, erscheinen und auf der Mitte des Rumpfes
14 fast ganz reguläre Längsreihen bilden. Diese Tuberkeln sind durchaus: isolirt und dabei
so dicht an einander gedrängt, dass die sie trennenden Zwischenräume, wenigstens in der
Mitte des Rückens, viel schmäler, als die Tuberkeln selbst erscheinen. Jederseits im Nacken
findet sich eine Längsreihe von 3—4 conischen Tuberkeln, von denen jeder an der Basis
von einem Kranze grösserer Schuppen umgeben ist. Die Kehlschuppen sind klein, die Bauch-
schuppen beträchtlich grösser und dabei leicht imbricat angeordnet. Die vordere Hälfte des
Schwanzes zeigt deutliche Ringel, die oben aus etwa 5—6 hinter einander liegenden Quer-
reihen von Schuppen bestehen und von denen jeder an seinem Hinterrande ausserdem noch
anfangs 6, später 4 grössere rückwärts gerichtete, deutlich gekielte Tuberkeln trägt. Die
Farbe des ganzen Thieres ist einfach gelblichweiss, ohne die geringste Spur von Zeichnungen.
Maasse. Totallänge 95 Mm.; Länge des Kopfes 13 Mm., des Rumpfes 30 Mm., des
Schwanzes 52 Mm.
Das eben beschriebene Exemplar und dasjenige der nächstfolgenden Art habe ich von
Hrn. Deyrolle in Paris als aus der Gegend von Batna in der Algerie stammend gekauft,
kann also für die Richtigkeit der Fundortsangabe nicht einstehen, habe aber auch keinen
Grund an derselben zu zweifeln, da die übrigen Reptilien, die ich zugleich kaufte, nur sol-
chen Arten angehören, welche in der Algerie einheimisch sind.
13. Tarentola angusticeps п. sp. Fig. 1 u. 2.
5375. Batna (Algerien). Hr. Deyrolle 1879.
Während alle bisher bekannten Arten dieser Gattung sich durch. einen verhältniss-
mässig grossen und namentlich in der Temporalgegend sehr breiten, so zu sagen, aufgetrie-
benen Kopf auszeichnen, besitzt diese Art einen eher kleinen und an den Schläfen durchaus
- nicht aufgetriebenen Kopf. Am nächsten ist sie der Tarentola neglecta verwandt, mit welcher
sie sowohl in der Anordnung und Beschaffenheit der Dorsaltuberkeln, als auch der Submen-
talschilder übereinstimmt, lässt sich aber sehr leicht von ihr unterscheiden, und zwar nicht
bloss durch den völlig anders geformten Kopf, sondern namentlich auch durch die Kopf-
schuppen, die bei ihr sämmtlich auffallend flach und zugleich sehr deutlich gekielt sind.
Die Schnauze ist ziemlich breit, stumpf zugerundet und so lang, wie der Zwischenraum
BEMERKUNGEN ÜBER DIE GECKONIDEN-SAMMLUNG U. 3. М, 23
zwischen der Ohröffnung und der Orbita. Das Rostrale ist etwa (doppelt so breit, wie hoch;
neben demselben stehen jederseits 8 Supralabialia, von denen die letzten, wie gewöhnlich,
klein sind. Das Mentale sehr lang, etwa doppelt so lang, als in der Mitte breit, und am
Hinterrande kaum halb so breit, wie am Vorderrande. Jederseits 7—8 Infralabialia. Die
Submentalia genau so gebildet, wie bei der vorigen Art, d. h. nur das jederseitige innerste
dieser Schilder steht mit dem ersten Infralabiale in Berührung, während die beiden äusseren
durch eine Reihe kleiner Schildchen von den Unterlippenschildern getrennt sind. Uebrigens
ist diese Anordnung an dem mir vorliegenden Exemplar nur auf der rechten Seite normal,
auf der linken dagegen stösst auch das mittlere der 3 Submentalia mit einem Theile
seines Vorderrandes an das zweite Infralabiale. Die Ohröffnung kaum halb so lang, wie der
Durchmesser der Orbita, schmal, vertical gestellt und am Vorderrande nicht gezähnelt. Die
Oberseite des Kopfes mit grossen polygonalen Schuppen bekleidet, die sehr flach sind und
deren jede einen sehr deutlichen, wenn auch gerade nicht sehr hohen Längskiel trägt. Diese
Schuppen sind überall gleichgross, ausgenommen die Supraorbitalregion, wo sie deutlich
grösser, aber ebenso gekielt sind. Die Oberseite des Körpers und der Extremitäten ist mit
flachen feinen Schuppen bekleidet, zwischen denen grosse, stark gekielte, fast triedrische
Tuberkeln eingelagert sind, welche auf der Rückenmitte 12 recht reguläre Längsreihen
bilden und, wie bei der vorigen Art, dicht gedrängt stehen. An jeder Seite des Nackens findet
sich gleichfalls, wie bei der vorigen Art, eine Längsreihe von vier Tuberkeln, die an der
Basis von einem Ringe grösserer Schuppen umgeben sind. DieKehlschuppen sindnicht besonders
klein und werden von den imbricaten Bauchschuppen nur um das Doppelte, höchstens um
das Dreifache an Grösse übertroffen. Der Schwanz ebenso beschuppt, wie bei der vorigen Art.
Die Grundfarbe ist ein schmutziges Weisslichgelb, auf der Unterseite, wie gewöhnlich,
einfarbig, ohne alle Zeichnungen. Auf der Oberseite des Kopfes findet sich jederseits eine
schmale bräunliche Temporalbinde, die sich auch auf den vorderen Theil des Rumpfes fort-
| setzt, und noch mehrere gleichfalls bräunliche Längslinien, die theils auf der Schnauze,
theils auf dem Interorbitalspatium, theils auf dem Hinterhaupte liegen. Rumpf und Schwanz
sind sehr undeutlich der Quere nach hellbräunlich gebändert, jedoch sind diese Querbinden
nur auf dem Schwanze einigermaassen deutlich, während auf dem Rumpfe nur bei bestimmter
Beleuchtung leise Spuren derselben zu sehen sind.
Maasse. Totallänge 80 Mm.; Länge des Kopfes 11 Mm., des Rumpfes 28 Mm., des
Schwanzes 41 Mm.
_ 14. Tarentola Delalandii Dum. et Bibr.
Tarentola delalandii Boulenger. Catal. I, p. 199.
3056. Santa Cruz. (Teneriffa). Wiener Museum 1868.
4201. Fundort? Kaiserl. Botanischer Garten* 1851.
4202. Fundort? Kaiserl. Botanischer Garten* 1851.(3 Ex.)
5353. Teneriffa. Pariser Museum 1879.
24 Dr. A. STRAUCH,
Die 4 Exemplare, deren Fundort ich als unbekannt angegeben habe, fanden sich in
einer ziemlich grossen Flasche, welche die Aufschrift «Caucasus» trug und dem Museum
vom Kaiserlichen Botanischen Garten hieselbst im Jahre 1851 eingeschickt worden war.
Diese Flasche, die allem Anscheine nach im Museum früher nicht geöffnet worden war, ent-
hielt neben ganz gewöhnlichen kaukasischen Arten, wie Coronella austriaca Laur., Ablabes
collaris Ménétr., Tropidonotus natrix L., Tropidonotus hydrus Pall., Zamenis Ravergieri
Ménétr., Lacerta muralis Laur., Lacerta viridis Petiv., Pseudopus Pallasü Opp., Stellio
caucasius Eichw., Euprepes princeps Eichw., auch ein а der Vipera xanthina Gray
(№1054), einen kleinen Gongylus mit schwarzer Unterseite, die 4 in Rede stehenden Gecko-
nen und 2 Exemplare einer Lacerta-Art, die ich für neu hielt, da mir eine ähnliche aus
dem Russischen Reiche nicht bekannt war. Da nun die Vipera xanthina Gray in der Folge
wirklich im Kaukasus gefangen worden ist und ich im Berliner Museum Exemplare des
schwarzbäuchigen Gongylus, die, wenn ich nicht irre, vom Grafen Minutoli aus Persien
mitgebracht worden sind, gesehen hatte, so zweifelte ich nicht an der Richtigkeit der Fund-
ortsangabe und trug die 4 Geckonen bis auf Weiteres als neue, der Tarentola Delalandii
D. et B. äusserst nahe verwandte Art mit der Fundortsangabe «Caucasus» in den General-
catalog ein. Neuerdings jedoch habe ich mich durch directen Vergleich nicht bloss über-
zeugt, dass diese vermeintlich neue Art durchaus mit Tarentola Delalandi D. et В. über-
einstimmt, sondern auch gefunden, dass die Lacerta, die ich für neu hielt, weiter nichts, als
eine in der Färbung und Zeichnung leicht abweichende Form von Lacerta Galloti D. et В.
ist, und da sowohl Tarentola Delalandii D. et B., als auch Lacerta Galloti D. et B. auf Ma-
dera und Tereriffa einheimisch sind, ihr Vorkommen im Kaukasus also mehr als zweifel-
haft sein dürfte, so bin ich zu dem Schlusse gekommen, dass in der fraglichen Flasche durch
irgend einen, nicht näher zu erklärenden Umstand, Objecte von verschiedenen Fundorten
unter einander gemengt gewesen sein müssen. Ich sehe mich daher genöthigt, den Fundort
der in Rede stehenden 4 Exemplare für unbekannt zu erklären, zumal es mir auch neuer-
dings nicht gelungen ist, zu eruiren, von wem der Kaiserliche Botanische Garten die eben
besprochene Flasche erhalten hat.
15. Tarentola aegyptiaca Cuv.
Tarentola annularis Boulenger. Catal. I, p. 197.
340. Aegypten. Dr. Clot-Bey * 1842.
341. Aegypten. Dr. Clot-Bey* 1842.
342. Aegypten. Dr. Clot-Bey * 1842.
343. Aegypten. Dr. Clot-Bey* 1842.
344. Aegypten. Dr. Clot-Bey* 1843. (2 Ex.).
6303. Aegypten. Dr. Clot-Bey * 1843. (jung.).
16. Aeluronyx seychellensis Dum. et Bibr.
т Aeluronyx seychellensis Boulenger. Catal. I, р. 193.
5401. Insel Mahé. Hr. 5. Braconnier 1879.
17. Ptychozoon homalocephalum Creveldt.
Ptychozoon homalocephalum Boulenger. Catal. I, р. 190.
359. Sumatra. Hr. Parreyss 1842.
4496. Insel Engano. — Dr. Winkel* 1876.
4535. Westküste von Sumatra. Dr. Winkel* 1876.
18. Gecko verticillatus Laur.
Gecko verticillatus Boulenger. Catal. I, р. 183.
345. Philippinen. Dr. Mertens 1829. (3 Ex.)
346. Timor. Hr. Temminck 1835.
‚ 347. Timor. Hr. Temminck 1835.
348. Timor. Нг. Parreyss 1842.
349. Philippinen. Hr. Cumming 1843.
350. Java. Hr. Werlemann 1842.
2641. Fundort? Hr. Umlauff 1870. (jung.)
4789. Ost-Indien. Hr. H. Schilling 1877. (2 Ex. jung.)
5745. Kedong Djati (Java). Dr. Winkel” 1881.
5746. Kedong Djati (Java). Dr. Winkel* 1881.
5934. Luzon. Hr. G. Schneider 1882.
5935. Luzon. Hr. G. Schneider 1882.
5976. Soerabaya (Java). Dr. Fischer” 1883.
6406. Java. Dr. E. Riebeck* 1885. (2 Ex.)
6407. Java. р Dr. Е. Riebeck* 1885.
6691. Java. Hr. Jouslain * 1885.
6692. Java. Hr. Jouslain *. 1885.
6854. Saigon. : Mag. J. Poljakow 1885.
19. Gecko vittatus Houtt.
Gecko vittatus Boulenger. Catal. I, p. 185.
351. Amboina. Hr, G. Frank 1858.
352. Amboina. Hr. G. Frank 1858.
353. Amboina. Hr. Parreyss 1839.
4493. Amboina. Dr. Winkel* 1876.
4732, Neu Guinea. Hr. G. Frank 1877. (2 Ex.)
Mémoires de l’Acad. Imp. des sciences VIIme Série.
BEMERKUNGEN ÜBER DIE GECKONIDEN-SAMMLUNG U. 3. №.
25
26 Dr. A. Strauch,
4733. Neu Guinea. Hr. G. Frank 1877.
4734. Neu Guinea. Hr. G. Frank 1877. +
4735. Neu Guinea. Hr. G. Frank 1877.
4736. Neu Guinea. Hr. G. Frank 1877.
4737. Neu Guinea. Hr. G. Frank 1877.
5284. Neu Guinea. Dr. Miklucho-Maclay* 1876.
5671. Ternate. Dr. Fischer * 1880.
5672. Ternate. Dr. Fischer * 1880. (2 Ex.)
5828. Amboina. Dr. Staudinger 1882. (2 Ex.)
6414. Neu Britannien. Dr. E. Riebeck* 1885.
6415. Neu Britannien. Dr. E. Riebeck* 1885.
20. Gecko bivittatus Dum. et Bibr.
Gecko vittatus var. bivittatus Boulenger. Catal. I, р. 186.
650. Pelew-Inseln. Museum Godeffroy 1868.
651. Pelew-Inseln. Museum Godeffroy 1868.
3834. Australien. . Hr. Gerrard 1874.
4268. Australien. Hr. H. Schilling 1876.
Peters und Marquis Doria haben diese Art bekanntlich für eine blosse Varietät des
Gecko vittatus Houtt. erklärt und werden dazu sicherlich hinreichende Gründe gehabt haben,
dennoch glaube ich, dass man beide Arten auseinanderhalten muss, da die so überaus cha-
rakteristische Zeichnung des Gecko vittatus Houtt. bekanntlich ausserordentlich constant
und zugleich völlig verschieden ist von der zwar variabelen, aber bis zu einem gewissen
Grade dennoch constanten Zeichnung des Gecko bivittatus D. et B.
21. Gecko monarchus Schlg.
Gecko monarchus Boulenger. Catal. I, p. 187.
354. Amboina. Hr. G. Frank 1858.
355. Amboina. Hr. G. Frank 1858. г
3545. Philippinen. Hr. Salmin 1872. (2 Ex.)
3546. Philippinen. Hr. Salmin 1872.
4603. Goenang Sitolie (Ро Nias). Dr. Winkel* 1876.
4677. Koeti auf Borneo. Hr. Salmin 1877.
5312. Malacca. Berliner Museum 1879.
22. Gecko japonicus Dum. et Bibr.
Gecko japonicus Boulenger. Catal. I, p. 188.
356. Pekin. Dr. A. v. Bunge 1833.
357. Pekin. Dr. A. v. Bunge 1833.
358. Pekin. Dr. A. v. Bunge 1833. (2 Ex.)
BEMERKUNGEN ÜBER DIE GECKONIDEN-SAMMLUNG U, 8. W. 27
5466. Tsche-fu. Hr. Е. Lataste 1879.
6246. Nagasaki. Mag. J. Poljakow 1883.
6304. China. Dr. K. Kessler 1880. (2 Ex.)
23. Rhacodaciylus auriculatus Ba va y.
Rhacodactylus auriculatus Boulenger. Catal. Т, р. 179.
5402. Neu Caledonien. Hr. 5. Braconnier 1879.
24, Rhacodactylus ciliatus Guichen.
Rhacodactylus ciliatus Boulenger. Catal. I, р. 180.
1106. Neu Caledonien. Hr. Boucard 1869.
An unserem, sonst sehr schön erhaltenen Exemplar fehlt leider der so seltsam geformte
Schwanz und es besitzt statt dessen nur eine conische Warze von einigen Mm. Länge; über-
haupt muss dieses Organ ausserordentlich leicht abbrechen, denn Bavay hat unter 8 Exem-
plaren, die er in Händen gehabt, nur ein einziges mit intactem Schwanze gefunden.
25. Hoplodactylus maculatus Boul.
Hoplodactylus maculatus Boulenger. Catal. I, p. 171, pl. XIV, f. 1.
1103. Australien. Hr. Boucard 1869.
26. Hoplodactylus anamallensis Günther.
Hoplodactylus anamallensis Boulenger. Catal. I, p. 175, pl. XIV, Е. 2.
6942. Tinevelly. British Museum 1886. |
27. Lepidodactylus aurantiacus Bed 4.
Lepidodactylus aurantiacus Boulenger. Catal. I, р. 164, pl. XII, f. 4.
6944. Shevaroys. British Museum 1886.
28. Lepidodactylus lugubris Dum. et Bibr.
Lepidodactylus lugubris Boulenger. Catal. I, p. 165.
3870. Gesellschafts-Inseln. Museum Godeffroy 1874. (2 Ex.)
5685. Ternate. Dr. Fischer * 1880. (2 Ex.)
6421. Neu Britannien. Dr. Е. Riebeck* 1885.
6427. Tarowa (Gilberts-Inseln). Dr. E. Riebeck* 1885. (5 Ex.)
6428. Jaluit (Marschalls-Inseln). Dr. E. Riebeck* 1885. (3 Ex.)
6429. Jaluit (Marschalls-Inseln). Dr. E. Riebeck* 1885. (3 Ex.)
4*
28
1104.
698.
6975.
612.
656.
3792.
4471.
4777.
5388.
5647.
‚5687.
6673.
6856.
7126.
652.
3632.
3875.
5059.
6069.
6409.
Lepidodactylus cyclurus Boulenger. Саба]. I, р. 167, pl. XIII, + 6.
Neu Caledonien.
Lygodactylus capensis Boulenger. Catal. I, p. 160.
Dr. А. STRAUCH,
29. Lepidodactylus cyclurus Günther.
Hr. Boucard 1869.
30. Lygodactylus capensis Smith.
Otjimbingue. Berliner Museum 1868.
Lygodactylus picturatus Boulenger. Catal. I, p. 161.
31. Lygodactylus picturatus Ptrs.
Witu. Linnaea 1886. (3 Ex.)
Cuba.
Реги.
Ceylon.
Java.
Fundort?
Singapore.
Seychellen.
Ternate.
Salanga.
Saigon.
32. Peripia mutilata Wiegm.
Gehyra mutilata Boulenger. Catal. I, p. 148.
Dr. Strauch* 1861.
Hr. Cutter 1868.
Hr. Gerrard 1874.
Dr. Winkel* 1876. (Ex. mit 3 Schwänzen.)
Hr. H. Schilling 1877.
Hr. Deyrolle 1879.
British Museum 1880.
Dr. Fischer* 1880.
Linnaea 1885. (2 Ex.)
Mag. J. Poljakow 1885. (2 Ex.)
Newera Ellia (Ceylon). Hr. G. Schneider. (3 Ex.)
Rockhampton.
Rockhampton.
Port Bowen.
Queensland.
Süd-Australien.
Süd-Australien.
33, Peripia variegata Dum. et Bibr.
Gehyra variegata Boulenger. Catal. I, p. 151.
Museum Godeffroy 1868.
Hr. Salmin 1873.
Museum Godeffroy 1874.
Museum Godeffroy 1878.
Hr. G. Schneider 1883. (2 Ex.)
Dr. Е. Riebeck* 1885.
BEMERKUNGEN ÜBER DIE GECKONIDEN-SAMMLUNG U. 3. W. 29
34. Gehyra oceanica Lesson.
Gehyra oceanica Boulenger. Catal. I, p. 152.
608. Viti-Lewu. Museum Godeffroy 1868.
609. Cuba. Dr. Strauch * 1861.
610. Cuba. Dr. Strauch* 1861.
611. Cuba. Dr. Strauch” 1861.
3868. Tongatabu. Museum Godeffroy 1874.
5525. Oceanien. Hr. H. Schilling 1879.
6422. Neu Britannien. Dr. Е. Riebeck* 1885. (2 Ex.)
6423. Neu Britannien. Dr. Е. Riebeck* 1885.
6430. Таш (Marschalls-Inseln). Dr. Е. Riebeck * 1885.
Die 3 Exemplare aus Cuba, so wie das cubanische Stück von Peripia mutilata Wiegm.
habe ich im Jahre 1861 von dem bekannten Entomologen Herrn Sall& in Paris als aus Cuba
Stammend gekauft. Ob Herr Sall& sie selbst gefangen oder aus zweiter Hand erhalten hat,
ist mir nicht bekannt, jedoch unterliegt es wohl keinem Zweifel, dass, falls dieselben wirklich
in Cuba erbeutet sein sollten, sie dorthin durch Schiffe verschleppt sein müssen, wie das ja
mit Geckonen nicht selten geschieht.
35. Gehyra vorax Girard.
Gehyra vorax Boulenger. Catal. I, p. 153.
607. Viti-Lewu. Museum Godeffroy 1867.
5653. Insel Vaté (N. Hebriden). British Museum 1880.
5654. Insel Vaté (N. Hebriden). British Museum 1880.
5655. Insel Vaté (N. Hebriden). British Museum 1880.
36. Gehyra Fischeri n. sp. Fig. 5 u. 6.
5688. Ternate. Dr. Fischer* 1880.
Diese neue Art unterscheidet sich von ihren Gattungsgenossen auf den ersten Blick durch
den Besitz einer ziemlich breiten, dünnen Hautduplicatur, die jederseits etwa an der Hinterecke
des Unterkiefers beginnt, sich längs den Seiten des Körpers hinzieht, sowohl den Vorder-,
als auch der Hinterrand der Extremitäten besäumt und genau so beschaffen ist, wie die
Duplicatur, welche bei Hemidactylus platyurus Schneid. an den Seiten des Rumpfes zwischen
den Vorder- und Hinterextremitäten vorhanden ist. Der Kopf im Verhältniss zum Körper
auffallend gross, etwa um die Hälfte länger, als hinten breit, und leicht abgeflacht. Die
Schnauze länger als der Zwischenraum zwischen der Ohröffnung und dem Hinterrande der
Orbita, etwa um ein Viertel länger als der Durchmesser der Orbita. Das Interorbitalspatium
fast plan, auf der Mitte der Schnauze dagegen findet sich eine sehr deutliche Vertiefung
30 ° Dr. A. STRAUCH,
von länglicher Form. Das Nasenloch ziemlich gross, zwischen dem Rostrale, dem Supra-
labiale primum und 5 besonderen Nasalschildern, von denen das innerste am grüssten und
von dem gleichnamigen Schilde der andern Seite durch ein ziemlich grosses polygonales
Schildchen getrennt ist. Das Auge gross, die Supraorbitalregion sehr convex. Die Ohr-
öffnung rundlich, klein, nicht viel mehr als doppelt so gross, wie das Nasenloch. Das Ro-
strale, etwa doppelt so breit, wie hoch, bildet ein fast rechtwinkliges Viereck und zeigt in
der Mitte seines hinteren oder oberen Randes eine undeutliche Längsspalte. Neben dem-
selben finden sich jederseits 14— 15 Supralabialia, von denen die letzten sehr klein sind. Das
Mentale klein, fünfeckig, jederseits von ihm gleichfalls 14—15 Infralabialia. Acht Submen-
talia, von denen die beiden innersten an einander grenzen und beträchtlich grösser sind,
als die übrigen. Hinter diesen noch eine Querreihe grösserer irregulärer Schildchen, von
denen gleichfalls die beiden innersten beträchtlich grösser sind, als die übrigen. Der Körper
kurz, gedrungen und leicht abgeflacht, auf der Oberseite convex, auf der unteren ganz plan.
Die Extremitäten gleichfalls kurz mit stark erweiterten, durch deutliche Interdigitalmem-
branen verbundenen Zehen. Die Querlamellen an der Unterseite der Zehen sind zwar ganz,
zeigen aber einen mehr oder weniger deutlichen, kurzen und seichten Längseindruck. Jederseits
etwa in der Höhe der Hinterecke des Unterkiefers beginnt eine Hautduplicatur, welche, wie
schon bemerkt, sowohl den Vorder-, als auch den Hinterrand der Extremitäten besäumt, sich
längs der ganzen Seite des Rumpfes hinzieht und an der Hinterseite der Hinterextremitäten »
besonders stark entwickelt ist. Die Oberseite des Kopfes, Rumpfes und der Extremitäten ist
mit rundlichen, ziemlich stark convexen Kornschuppen bekleidet, die auf dem Hinterkopfe
sehr fein, sonst aber überall ziemlich von gleicher Grösse sind. Die Schuppen an der Unter-
seite des Kopfes sind sehr fein und neben einander liegend, die Bauchschuppen dagegen
imbricat und etwa dreimal grösser. Anal- und Femoralporen sind in der Zahl 35 vorhanden
und bilden zwei bogenförmige Reihen, die in der Mittellinie des Körpers unter spitzem
Winkel zusammenstossen. Der abgebrochene und reproducirte Schwanz ist, abgesehen von
der reproducirten Spitze, leicht abgeflacht, auf der Oberseite mit einer seichten Längsfurche
versehen und am Seitenrande abgerundet. Die Bekleidung seiner Oberseite besteht aus Korn-
schuppen, die kaum gewölbt und kleiner sind, als die Rumpfschuppen, und an der Unter-
seite ist er mit subimbricaten Schuppen bekleidet, die in den mittleren Längsreihen grösser
sind, als in den seitlichen.
Die Färbung der Oberseite aller Theile ist chocolatebraun mit dunkleren Vermiculationen,
die auf dem Rumpfe und den Extremitäten deutlicher sind, als auf dem Kopfe; die Unter-
seite ist schmutzig weiss und zeigt auf Hals und.Kehle einen ausgesprochen bräunlichen Ton.
Maasse. Totallänge? Länge des Kopfes 18 Mm.; des Rumpfes 45 Mm.; des Schwanzes?
Ich habe mir erlaubt, diese Art zu Ehren des Herrn Dr. Fischer, Gesundheits-Offi-
ciers 1° Classe auf Ternate (später in Soerabaya auf Java), zu benennen, der unserem Museum
eine überaus reiche Collection zoologischer Objecte von Ternate und Neu Guinea zum Ge-
schenk gemacht hat.
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|
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631.
632.
633.
634.
635.
3399.
3417.
5686.
6420.
6857.
619.
620.
621.
622.
623.
624.
625.
626.
627.
628.
629.
2655.
4799.
5088.
5507.
6042.
6431.
5300.
653.
BEMERKUNGEN ÜBER DIE GECKONIDEN-SAMMLUNG U. в. м.
37. Hemidactylus frenatus Dum. et Bibr.
Hemidactylus frenatus Boulenger. Catal. I, р. 120.
Fundort? Kunstkammer.
Java. Hr. Parreyss 1839.
Philippinen. Hr. Cumming 1843.
Pegu. Hr. Cutter 1868.
Pegu. Hr. Cutter 1868.
Pioquinto (Corea). Dr. L. v. Schrenck 1855.
Ceylon. British Museum 1872.
Ternate. Dr. Fischer* 1880. (2 Ex.)
Neu Britannien. Dr. Е. Riebeck* 1885.
Saigon. Mag. J. Poljakow 1885.
38. Hemidactylus mabouia Moreau.
Hemidactylus mabouia Boulenger. Catal. I, p. 122.
Fundort? Kunstkammer.
Bahia. Hr. Luschnath 1842.
Bahia. Hr. Luschnath 1842.
Rio Janeiro. Hr. Г. Wosnessensky 1843.
Rio Janeiro Hr. J. Wosnessensky 1843.
Fundort? Hr. Brandt.
Fundort? Hr. Drege.
Fundort? Kunstkammer.
Cuba. Berliner Museum 1868.
Cuba. Berliner Museum 1868.
Cuba. Berliner Museum 1868.
Zanzibar. Hr. Wessel 1870.
West-Africa. Hr. H. Schilling 1877.
St. Thomas. Kopenhagener Museum 1878.
Madagascar. Hr. H. Schilling 1879.
Nossi-Bé. Hr. G.Schneider 1883. (2 Ex.)
Nossi-Bé. Dr. Е. Riebeck * 1885.
39. Hemidactylus fasciatus Gray.
Hemidactylus fasciatus Boulenger. Catal. I, р. 124, pl. XI, £. 4.
Accra (West-Africa). Berliner Museum 1879.
40. Hemidactylus Bocagi Boul.
Hemidactylus bocagii Boulenger. Catal. I, р. 125.
Gabon. Hr. Salmin 1868.
31
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32 Dr. А. STRAUCEH,
41. Hemidactylus turcicus L.
Hemidactylus turcicus Boulenger. Саба]. I, р. 126.
618. Dalmatien. Hr. Parreyss 1837.
2821. шзе] Бута. Hr. J. Erber 1870. (2 Ex.)
2822. Insel Syra. Hr. J. Erber 1870. (3 Ex.)
3149. Stadt Alger. Dr. Strauch* 1861.
3682. Hyères. Dr. M. Bogdanow* 1873. :
4826. Koseir. Dr. С. B.Klunzinger 1878.
6672. Creta. Linnaea 1885. (2 Ex.)
6983. Insel Sardinien. Linnaea 1886.
x
> Zee >) She à
Das Exemplar № 4826, das nicht besonders gut erhalten ist, weicht zwar durch die
sehr schwach triedrischen Tuberkeln und die im Ganzen etwas kürzeren Zehen von den
übrigen ab, dennoch kann es nicht zu Hemidactylus sinaitus Boul. gezogen werden, weil |
das Rostralschild an der Begrenzung des Nasenlochs Theil nimmt. |
42. Hemidactylus Brookii Gray.
Hemidactylus brookii Boulenger. Catal. I, p. 128.
6968. Sklavenküste. Linnaea 1886. (2 Ex.)
6969. Sklavenküste. Linnaea 1886. (2 Ex.)
he <"
rm
7125. Newera Ellia (Ceylon). Hr. G. Schneider 1886. (2 Ex.)
43. Hemidactylus Gleadowii Murray.
Hemidactylus gleadowis Boulenger. Catal. I, р. 129. }
ie
614. Fundort? Hr. Dupont. 1
615. Fundort? Hr. Dupont. (2 Ex.) 1
616. Pegu. Hr. Cutter 1868. к
617. Pegu. Hr. Cutter 1868. ;
3416. Ceylon. British Museum 1872. 3
6392. Ceylon. Dr. E. Riebeck * 1885. 3
6395. Ceylon. Dr. Е. Riebeck* 1885. ]
44. Hemidactylus maculatus Gray.
Hemidactylus maculatus Boulenger. Catal. I, p. 132.
3814. Anamallay-Gebirge. Hr. Gerrard 1874. _
BEMERKUNGEN ÜBER DIE GECKONIDEN-SAMMLUNG U. 5. W. 35
45. Hemidactylus triedrus Дала.
Hemidactylus triedrus Boulenger. Саба]. I, р. 133.
613. Fundort? Dr. Mertens 1829.
3809. Ost-Indien. Hr. Gerrard 1874.
5609. Ceylon. British Museum 1880.
5610. Ceylon. British Museum 1880.
6394. Ceylon. Dr. Е. Riebeck* 1885.
7123. Newera Ellia(Ceylon). Hr. G. Schneider 1886.
46. Hemidactylus depressus Gray.
Hemidactylus depressus Boulenger. Catal. I, p. 134.
654. Ceylon. Hr. Higgins 1868,
6929. Ceylon. Hr. W. Schlüter 1886.
7124. Newera Ellia. Hr. G. Schneider 1886.
47. Hemidactylus Leschenaultii Dum. et Bibr.
Hemidactylus leschenaultii Boulenger. Catal. I, p. 136.
3827. Birma. Hr. Gerrard 1874.
6393. Ceylon. Dr. E. Riebeck* 1885.
6945. Malabar. British Museum 1886.
48. Hemidactylus Coctaei Dum, et Bibr.
Hemidactylus coctaei Boulenger. Catal. I, p. 137.
3804. Calcutta. Hr. Gerrard 1874.
4184. Hardwar. Wiener Museum 1876. (2 Ex.)
4185. Calcutta. Wiener Museum 1876. (2 Ex.)
6305. Calcutta. Wiener Museum 1876.
49. Hemidactylus flavoviridis Ruepp.
Hemidactylus flavoviridis Rueppell. N. Wirbelth. Faun. Abyss. Rept. р. 18, tab. VI, Ё 2.
Hemidactylus Coctaei Klunzinger. Zeitsch, 4. Gesellsch. f. Erdkunde in Berlin, 1878, р. 94.
4819. Koseir. Dr. C. B. Klunzinger 1878.
4820. Koseir. Dr. C. B. Klunzinger 1878,
4821. Koseir. Dr. С. В. Klunzinger 1878.
Unsere drei Exemplare sind von Dr. Klunzinger in seinem Aufsatze «Zur Wirbel-
thierfauna im und am Rothen Meer» unter dem Namen Hemidactylus Coctaei D. et B. auf-
Mémoires de l'Acad. Пар. des sciences УПше Serie. 5
SRE
34 Dr. A. STRAUCH,
geführt worden und vielleicht mit Recht, denn dieselben stimmen in allen Beziehungen mit
den Beschreibungen der letztgenannten Art überein. Ein directer Vergleich mit den mir
zu Gebote stehenden Exemplaren von Hemidactylus Coctaei D. et B. ergab gleichfalls eine
fast vollständige Uebereinstimmung und die einzigen Differenzen, die ich gefunden habe,
beschränken sich darauf, dass der Schwanz bei Hemidactylus flavoviridis Ruepp. noch be-
trächtlich stärker flachgedrückt, an den Seiten fast scharfkantig ist und der Rumpf etwas
gestreckter erscheint, als bei Hemidactylus Coctaei D. et В. Da nun der Hemidactylus flavo-
viridis Ruepp. meines Wissens bisher nur in der Küstenstrecke von Abyssinien und bei Ko-
seir am Rothen Meer gefunden worden ist, so könnte es leicht sein, dass wir es hier mit
verschleppten Exemplaren von Hemidactylus Coctaei D. et В. zu thun haben, jedoch bedarf
diese Vermuthung noch der Bestätigung und bis eine solche erfolgt, wird man beide in
Rede stehenden Arten in Anbetracht des verschiedenen Fundorts und der oben angegebenen,
freilich sehr geringfügigen und obendrauf noch vagen Differenzen als verschieden ansehen
müssen.
50. Hemidactylus Bowringii Gray.
Hemidactylus bowringii Boulenger. Catal. I, р. 139, pl. XII, f. 2.
655..Pegu. Hr. Cutter 1868.
4181. Sikkim. Wiener Museum 1876.
4182. Sikkim. Wiener Museum 1876. (3 Ex.)
4776. Fundort? Hr. H. Schilling 1877.
51. Hemidactylus Garnotii Dum. et Bibr.
Hemidactylus garnotii Boulenger. Catal. I, p. 141.
630. Fundort? Kunstkammer.
52. Hemidactylus platyurus Schneid.
Hemidactylus platyurus Boulenger. Catal. I, p. 143.
636. Philippinen. Dr. Mertens 1829.
637. Philippinen. Dr. Mertens 1829.
638. Philippinen. Hr. Cumming 1843.
3534. Celebes. Hr. Salmin 1872. (2 Ex.)
4064. Penang. Wiener Museum 1875. (4 Ex.)
4676. Koeti (Borneo). Hr. Salmin 1877.
4934. Bangkok. Hr. Salmin 1878.
5403. Celebes. Hr. S. Braconnier 1879.
6413. Penang. Dr. Е. Riebeck * 1885. (2 Ex.)
6855. Saigon. Mag. J. Poljakow 1885.
Ben Zi ÿ c
RE ST ET à Le UT
BEMERKUNGEN ÜBER DIE GECKONIDEN-SAMMLUNG U. &. №. 35
53. Piyodactylus gecko Hasselq.
Ptyodactylus lobatus Boulenger. Catal. I, p. 110.
657. Aegypten. Hr. Keitel 1868.
658. Aegypten. Hr. Keitel 1868.
4822. Koseir. Dr. C. B. Klunzinger 1878.
4823. Koseir. Dr. C. B. Klunzinger 1878.
4824. Koseir. Dr. C. B. Klunzinger 1878.
5374. Batna. Hr. Deyrolle 1879.
54. Uroplatus fimbriatus Schneid.
Uroplates fimbriatus Boulenger. Catal. I, p. 237.
659. Madagascar. Pariser Museum.
5398. Madagascar. Hr. S. Braconnier 1879.
‘5916. Marovare. Hr. G. Schneider 1882.
6043. Nossi-Bé. Hr. G. Schneider 1883.
55. Sphaerodactylus elegans Reinh. et Lütken.
Sphaerodactylus elegans Boulenger. Catal. I, p. 220.
821. Port-au-Prince. Dr. Jaeger 1829. (5 Ex.)
3392. Cuba. Geber ?
7142. Cuba. Hr. A. Boucard 1886.
56. Sphaerodactylus punctatissimus Dum. et Bibr.
Sphaerodactylus punctatissimus Boulenger. Catal. I, p. 220
699. Port-au-Prince. Dr. Jaeger 1829.
700. Port-au-Prince. Dr. Jaeger 1829. (2 Ex.)
57. Sphaerodactylus glaueus Cope.
Sphaerodactylus glaucus Boulenger. Catal. I, р. 221, pl. XVII, Е. 3.
4292. Fundort ? Hr. H. Schilling 1876. |
58. Sphaerodactylus torquatus n. sp.
3268. Mazatlan. Hr. Salmin 1871. (3 Ex.)
Zunächst mit Sphaerodactylus glaucus Cope verwandt, mit dem er die kleinen, nicht
gekielten Rumpfschuppen und das mässig grosse Rostralschild gemein hat, von dem er sich
5*
36 Dr. A. STRAUCH,
aber durch den viel gestreckteren Kopf, die gestrecktere, mehr zugespitzte Schnauze und
die verschiedene Färbung und namentlich Zeichnung unterscheidet.
Die Schnauze unbedeutend länger, als der Zwischenraum zwischen Ohröffnung und
Orbita. Die Ohröffnung klein und ausgesprochen horizontal gestellt. Das Rostrale von
mässiger Grösse, genau so beschaffen, wie Boulenger es auf Tafel XVIII, Fig. 3 von Sphaero-
dactylus glaucus Cope abgebildet hat. Jederseits 6 Supralabialia, die letzten sehr klein.
Das Mentale gross, bedeckt die Spitze des Unterkiefers und besitzt einen leicht bogen-
förmigen Hinterrand; zu jeder Seite desselben stehen 6 Infralabialia, von denen die 3 vor-
deren sehr gross, die 3 hinteren dagegen sehr klein sind. Zwei grosse neben einander .
liegende Submentalia und hinter denselben 3 etwas kleinere in einer Querreihe; hinter diesen
letzteren noch 2 oder 3 Querreihen von Schildchen, die successive an Grösse ab-, an
Convexität aber zunehmen und so allmählich in die Kornschuppen der Kehle übergehen.
Das Augenlid hat in der Mitte seines Oberrandes einen kleinen, nach hinten gerichteten
Dorn. Die Oberseite aller Theile mit kleinen flachen Schuppen bedeckt, die auf dem Hinter-
kopfe besonders klein, kornförmig sind. Die Kehlschuppen sind, wie schon bemerkt, klein.
und convex, die Bauchschuppen dagegen plan, etwa doppelt so gross, wie die Rücken-
schuppen, und dachziegelförmig gelagert.
Die Oberseite zeigt auf hellem bräunlichgelbem Grunde braune Vermiculationen, die
auf dem Kopfe in der Längsachse des Thiers verlaufen, während sie auf dem Rumpfe mehr
der Quere nach gerichtet sind. Die Oberseite des Halses ist mit einem weissen, breit schwarz
gerandeten Halsbande versehen, d. h. es finden sich daselbst drei gleichbreite Querbinden,
eine vordere schwarze, die vor der Schulter liegt, eine mittlere weisse, welche die Schulter
berührt, und eine hintere schwarze, welche hinter der Schulter liegt und in die Achselhöhle
herabsteigt. Der Schwanz ist bei den beiden grösseren Exemplaren reprodueirt und erscheint
fast einfarbig bräunlich gelb, da die braunen Vermiculationen daselbst nur andeutungsweise
vorhanden und sehr vereinzelt sind. Bei dem kleinen Stück dagegen, dessen Schwanz viel
länger und sehr dünn ausgezogen, also augenscheinlich nicht reproducirt ist, zeigt er in
seinem Enddrittel ähnliche Zeichnungen, wie sie nach Boulenger bei Sphaerodactylus glaucus
vorkommen. Die äusserste Spitze ist nämlich weiss, vor derselben findet sich ein breiter
schwarzbrauner Ringel, dann folgt nach vorn ein schmaler weisser und darauf wieder ein
breiterer braunschwarzer Ringel; vor diesem Ringel sieht man auf der Oberseite in gleichen
Abständen noch mehrere weisse Flecken, die mehr oder weniger deutlich braun gesäumt
sind und nach der Schwanzbasis zu immer undeutlicher werden. Die Unterseite aller Theile
ist sehr hell bräunlichgelb.
Maasse. Totallänge 49 Mm.; Länge des Kopfes — 8 Mm.; des Rumpfes — 21 Mm.; des
Schwanzes — 20 Mm. Bei dem kleinen Exemplar, dessen Schwanz, wie schon bemerkt,
nicht reproducirt ist, beträgt die Länge dieses letzteren etwas mehr, als diejenige von Kopf
und Rumpf zusammengenommen,
И AGEN АИ
BEMERKUNGEN ÜBER DIE GECKONIDEN-SAMMLUNG U. 8. W. 37
59. Sphaerodactylus Copei Steind.
Sphaerodactylus copii Boulenger. Catal. I, р. 225.
4780. Süd-Amerika? Hr. H. Schilling 1877. (2 Ex.)
5319. Cuba. Berliner Museum 1879.
Die 3 Exemplare, von denen das aus Cuba als Sphaerodactylus notatus Baird einge-
schickt war, stimmen mit der von Dr. Steindachner gegebenen Beschreibung vollkommen
_ überein, während sie von der Boulenger’schen Diagnose in so fern abweichen, als die
Bauchschuppen auch nicht die geringste Spur eines Kieles zeigen.
60. Sphaerodactylus anthracinus Cope.
Sphaerodactylus anthracinus Boulenger. Catal. I, p. 225.
4781. Fundort? Hr. H. Schilling 1877. (3 Ex.)
7143. Cuba. Hr. A. Boucard 1886.
Unsere Exemplare sind noch bunter, als das Stück im British Museum, und zeigen
auf hellem bräunlichem Grunde dunkelbraune Querbinden, die mit weissen, oft und ganz un-
regelmässig zu Querbinden zusammenfliessenden Flecken geziert sind. Solcher Binden finden
sich auf dem Rumpfe im Ganzen drei, eine vor den Vorderextremitäten, eine vor oder fast
über den Hinterextremitäten und die dritte genau in der Mitte zwischen den beiden ge-
nannten. Der Schwanz, dessen äusserste Spitze weiss ist, zeigt 5 oder 6 weisse, ziemlich
breite Ringel, die sowohl am Vorder-, als auch am Hinterrande breit dunkelbraun gesäumt
sind, und auch die Extremitäten erscheinen weiss und dunkelbraun gefleckt, stellenweise
sogar mehr oder weniger deutlich quergebändert. Der Kopf ist sehr hell gefärbt und trägt
auf dem Occiput eine weisse, dunkelbraun gesäumte Makel, die an Grösse dem Auge gleich-
kommt; ausserdem finden sich auf dem Kopfe noch 5 weisse Längslinien, 2 vordere, deren
jede vom Nasenloch zum Auge zieht, 2 hintere, einander parallele, deren jede vom Hinter-
rande der Orbita zum Hinterkopfe zieht und etwas kürzer ist, als jede der vorderen, und
endlich eine mittlere, die auf der Schnauze entspringt und auf dem Interorbitalspatium gegen
die weisse Occipitalmakel zieht, ohne sie jedoch zu erreichen. Die Schläfen sind auch mit
einigen, weniger scharf begrenzten weissen Makeln geziert, die sich auch auf den Hinter-
kopf fortsetzen und hier in eine bogenförmige Querreihe angeordnet sind. Bei 2 Exemplaren
sind die Zeichnungen auf Rumpf und Schwanz sehr deutlich ausgeprägt, bei dem dritten,
dem grössten, dagegen mehr verschwommen und da das Weiss im Leben möglicherweise
blau war, so könnten wohl Exemplare vorkommen, die, wie das Cope’sche Originalstück,
einfach auf dunkelem Grunde blau gefleckt sind. Das Exemplar aus Cuba, № 7143, weicht
in der Zeichnung von den anderen etwas ab, indem bei demselben das Weiss in den queren
Rumpfbinden an Ausdehnung gewonnen, an Intensität aber verloren hat, so dass der Rumpf
38 Dr. A. STRAUCE,
mit 3 hellen, schwarz gerandeten Querbinden geziert ist. Ferner sind die weissen Flecken,
welche bei den 3 anderen Stücken . eine mehr oder weniger zusammenhängende halbmond-
förmige Figur auf dem Hinterkopfe bilden, hier gleichfalls zu einer hellen, schwarz ge-
randeten Binde zusammengeflossen und endlich fehlt demselben der helle, schwarz um-
randete Occipitalfleck, da er mit der mittleren Längsbinde des Kopfes verschmolzen ist.
Sämmtliche Zeichnungen auf Rumpf und Kopf sind sehr scharf ausgeprägt, dagegen zeigt
der leider zur Hälfte abgebrochene Schwanz kaum Spuren einer Querbänderung.
Unser grösstes intactes Exemplar hat eine Totallänge von nur 52 Mm.
61. Phyllodactylus tuberculosus Wiegm.
Phyllodactylus tuberculosus Boulenger. Catal. I, p. 79.
660. Süd-Californien. Hr. J. Wosnessensky 1846.
2688. Mazatlan. Hr. Salmin 1870.
2689. Mazatlan. Hr. Salmin 1870 (2 Ex.)
2690. Mazatlan. Hr. Salmin 1870. (3 Ex.)
4779. Fundort ? Hr. H. Schilling 1877.
4802. Santa Martha. Hr. H. Schilling 1877.
6306. Fundort? Hr. Brandt 1840.
6441. Californien. Hr. Umlauff 1885.
62. Phyllodactylus pulcher Gray.
Phyllodactylus pulcher Boulenger. Catal. I, р. 80.
661. Fundort? Kunstkammer.
63. Phyliodactylus galapagensis Peters.
Phyllodactylus galapagoensis Boulenger. Catal. I, p. 82.
3257. Mazatlan. Hr. Salmin 1871.
4778. Fundort? Hr. H. Schilling 1877.
Bei diesen beiden Exemplaren ist zwar die Erweiterung an den Zehenspitzen weniger
stark, wie bei Phyllodactylus tuberculosus Wiegm., jedoch ist die Differenz im Ganzen nicht
bedeutend. Der Grund, wesshalb ich dieselben zu Phyllodactylus galapagensis Ptrs. rechne,
liegt daran, dass bei ihnen die Dorsaltuberkeln jederseits von der Rückenmitte 6 sehr re-
guläre Längsreihen bilden und die ganze Anordnung dieser Tuberkeln sehr an diejenige
von Gymnodactylus pelagicus Girard erinnert, ein Umstand, den Boulenger als für die in
Rede stehende Art besonders charakteristisch hervorhebt.
BEMERKUNGEN ÜBER DIE GECKONIDEN-SAMMLUNG U. $. W. 39
64. Phyllodactylus pietus Peters.
Phyllodactylus pictus Boulenger. Catal. I, p. 91.
1105. Madagascar. Hr. Boucard 1869.
Durch ein Versehen von Seiten Boulenger’s ist diese Art in seine zweite Gruppe,
also unter die Arten mit gleichartiger Rückenbeschuppung gerathen, während er in der Be-
schreibung ganz richtig angiebt: Temples and upper surface of body, limbs and tail covered
with small granular scales, intermixed with scattered, roundish, triangular, keeled tu-
bercles ete». Sie gehört folglich in die erste Grnppe, welche durch eine «unequal lepidosis»
charakterisirt ist, und zwar zu den Arten mit gekielten Dorsaltuberkeln.
65. Phyllodactylus porphyreus Dum. et Bibr.
Phyllodactylus porphyreus Boulenger. Catal. I, p. 87, pl. VII, f. 5.
665. Сарата? Hr. Preiss 1842.
666. Capland? Hr. Preiss 1842. (4 Ex.)
Der Fundort unserer leider ziemlich schlecht erhaltenen Exemplare ist in so fern etwas
"unsicher, als ich dieselben in einem Glase fand, das die Aufschrift «Neu Holland. Preiss
1842» trug. Da sich jedoch in diesem Glase ausser australischen auch unzweifelhaft süd-
africanische Arten, wie z. B. Cordylus griseus D. et B., Agama atra Daud., Bufo angusti-
ceps Smith, befanden, so ist es mehr als wahrscheinlich, dass auch die fraglichen Geckonen
nicht aus Australien, sondern aus dem Caplande stammen, wo, wie mir mit Bestimmtheit
bekannt ist, Preiss gleichfalls gesammelt hat.
66. Phyllodactylus marmoratus Gray.
Phyllodactylus marmoratus Boulenger. Catal. I, р. 88, pl. УП, f. 6.
667. Melbourne. Hr. Niehoff 1862.
668. Melbourne. Hr. Niehoff 1862.
6071. Süd-Australien. Hr. G. Schneider 1883. (3 Ex.)
6432. Süd-Australien. Dr. E. Riebeck* 1885. (3 Ex.)
67. Phyllodactylus affinis Boul.
Phyliodactylus affinis Boulenger. Catal. I, р. 89, pl. УП, f. 4.
6307. Melbourne. Hr. Niehoff 1862.
68. Phyllodactylus europaeus Gréné.
Phyllodactylus europaeus Boulenger. Catal. I, p. 90.
4186. Insel Tinetto. Prof. Dr. Wiedersheim 1876.
6984. Insel Sardinien. Linnaea 1886. (2 Ex.)
40 Dr. А. STRAUCH,
69. Diplodactylus spinigerus Gray.
Diplodactylus spinigerus Boulenger. Catal. I, p. 99.
5058. Queensland. Museum Godeffroy 1878.
6308. Australien. Hr. Frank 1884.
6309. Australien. Hr. Frank 1884.
70. Diplodactylus strophurus Dum. et Bibr.
Diplodactylus strophurus Boulenger. Catal. I, p. 100.
6070. Süd-Australien. Hr. G. Schneider 1883. (2 Ex.)
6433. Süd-Australien. Dr. E. Riebeck * 1885.
Soweit ich nach den mir vorliegenden Exemplaren urtheilen kann, unterscheidet sich
diese Art von dem ihr so nahe verwandten Diplodactylus spinigerus Gray auch dadurch,
dass bei ihr die jederseitige Längsreihe von Dorsaltuberkeln weit hinauf auf den Nacken, fast
bis an den Kopf geht, während sie bei jenem kaum bis an die Schultern reicht.
71. Diplodactylus vittatus Gray.
Diplodactylus vittatus Boulenger. Catal. I, р. 100, pl. VIII, f. 3.
663. Neu Holland. Prof. Dr. Leuckart 1860,
664. Rockhampton. Museum Godeffroy 1868.
2388. New South Wales. Dr. Paessler 1863.
6310. Australien. Hr. Frank 1884.
72. Diplodactylus polyophthalmus Günther.
Diplodactylus polyophthalmus Boulenger. Саба. I, р. 101, pl. VIII, f. 4.
3835. Australien. Hr. Gerrard 1874.
73. Oedura marmorata Gray.
Oedura marmorata Boulenger. Catal. I, р. 104, pl. IX, f. 2.
3869. Neu Holland. Museum Godeffroy 1874.
74. Oedura Tryoni De’Vis.')
Oedura ocellata Boulenger. Catal. I, p. 105, pl. IX, f. 1.
662. Rockhampton. Museum Godeffroy 1868.
3636. Rockhampton. Hr. Salmin 1873.
1) Nachdem Boulenger sich überzeugt hat, dass 1 schrieben worden ist, und zwar bereits im Jahre 1884, so f
seine Oedura ocellata von De Vis, wenn auch mangelhaft, | acceptirt er den letzteren Namen, dem die Priorität ge-
so doch kenntlich, unter dem Namen Oedura Tryoni be- | bührt. Ann. and Mag. Nat. Hist. 5 ser. XVI (1885), р. 387.
x,
x
+
LA
BEMERKUNGEN ÜBER DIE (GECKONIDEN-SAMMLUNG U. &. W. 4.1
3876. Port Bowen. Museum Godeffroy 1874.
3877. Port Bowen. Museum Godeffroy 1874.
4272. Australien. Hr. H. Schilling 1876.
75. Oedura robusta Boul.
Oedura robusta Boulenger. Catal. I, р. 106, pl. X, f. 1.
5057. Queensland. Museum Godeffroy 1878.
76. Oedura Lesueurii Dum. et Bibr.
Oedura lesueurüt Boulenger. Catal. I, р. 107, pl. X, Е. 2.
3836. Australien. Hr. Gerrard 1874.
6311. Queensland. Museum Godeffroy 1878.
77. Heteronota Derbyana Gray.
Heteronota derbiana Boulenger. Catal. I, p. 75.
669. Rockhampton. Museum Godeffroy 1868.
3633. Rockhampton. Hr. Salmin 1873. (2 Ex.)
Gattung Cnemaspis m. .
Von xvnun, Unterschenkel, und asrıc, Schild.
Finger und Zehen nicht erweitert, an den Seiten nicht gefranzt, an der Unterseite mit
glatten Querlamellen bekleidet und sämmtlich krallentragend. Das Basalglied derselben
cylindrisch, die distalen deutlich comprimirt und gegen das erstere winklig abgesetzt. Die
Klauen zwischen 2 Schildern, von denen das untere gross und rinnenförmig gestaltet ist.
Die Innenseite der Unterschenkel mit einer Längsreihe von grossen, in die Quere gezogenen,
flachen Schildern bekleidet. Der Körper flachgedrückt, auf der Oberseite mit feinen Korn-
schuppen und dazwischen gestreuten grössern Tuberkeln, auf der Unterseite mit imbri-
caten Schuppen bekleidet. Der Schwanz lang, zugespitzt und deutlich flachgedrückt. Das
Augenlid eirculär; die Pupille allem Anscheine nach rund. Bei den Männchen wahrscheinlich
Praeanalporen vorhanden.
Das Hauptmerkmal dieser neuen Gattung, welche der Gattung Gonatodes Fitz. am
nächsten verwandt ist, besteht in der Bekleidung der Innenseite der Unterschenkel mit
flachen grossen Schildern, welche in Form und Anordnung den Tibialschildern der Läcer-
tiden gleichen und meines Wissens bisher bei keinem Geckoniden beobachtet worden sind.
Mémoires de l'Acad. Пир. des sciences УПше Serie. 6
42 Dr. A. STRAUCEH,
78. Cnemaspis Boulengerii n. sp. Fig. 7, 8 u. 9.
5407. Insel Poulo Condor. Hr. S, Braconnier 1879.
Der Kopf im Verhältniss zum Körper klein, lang und schmal, etwa um die Hälfte
länger, als an den Schläfen breit. Die Schnauze bedeutend länger, als die Distanz zwischen
Ohrôffnung und Orbita, etwa um die Hälfte länger, als der Durchmesser der Orbita, dabei
stumpf zugerundet, flachgedrückt und mit einer sehr deutlichen Längsgrube auf der Mitte,
die sich über das Interorbitalspatium auf den Hinterkopf fortsetzt und dort eine etwa rhom-
bische, sehr deutliche Vertiefung bildet. Die Ohröffnung klein, ungefähr dreieckig und ver-
tical gestellt. Das Rostrale niedrig, etwa doppelt so breit wie hoch und mit einer deutlichen
Längsspalte am Hinterrande. Jederseits von ihm stehen 10 Supralabialia, von denen die
vorderen langgestreckt, die 3 hinteren aber sehr kurz, fast kornförmig sind. Das Nasenloch
rund, subvertical, liegt zwischen dem Rostrale, dem ersten Supralabiale und 4 besonderen
Nasalschildern, von denen das innerste am grössten ist und mit dem der anderen Seite in
Berührung steht. Das Auge mässig gross mit circulärem Augenlide und, wie es scheint,
runder Pupille, jedoch lässt sich die Form dieser letzteren nicht mit Bestimmtheit angeben,
da die Cornea sehr stark’ getrübt ist. Däs Mentale von enormer Grösse, erinnert an ein
gleichschenkliges Dreieck mit bogenförmig gekrümmter Basis und gerade abgestutzter, nach
hinten gekehrter Spitze. Zu jeder Seite von ihm stehen 8 oder 9 Infralabialia, von denen
die letzten, wie gewöhnlich, sehr klein sind. Submentalia sind in der Zahl 5 vorhanden, ein
unpaares kleines, das genau an der abgestutzten Spitze des Mentale liegt, und zwei paarige,
von denen das jederseitige innere sehr gross ist und die Spitze des Mentale nach hinten
überragt, während das äussere klein erscheint und etwa dreimal so gross ist, wie das vorhin
erwähnte unpaare. Der Rumpf ist schlank und deutlich abgeflacht, die Extremitäten ver-
hältnissmässig recht lang, denn die hinteren nach vorn gekehrt und an den Leib angedrückt,
erreichen fast die Ohröffnung und die vorderen, ebenso behandelt, überragen die Schnauze.
Der Schwanz lang, sehr stark zugespitzt und an der Basis sehr deutlich flachgedrückt. Die
Oberseite aller Theile ist mit feinen convexen Kornschuppen bekleidet, zwischen denen auf
dem Rumpfe runde gewölbte Tuberkeln stehen, die etwa doppelt so gross sind, wie die sie
umgebenden Kornschuppen. Auf dem Rücken bilden diese Tuberkeln sehr unregelmässige
Längsreihen und stehen auch ziemlich weit von einander entfernt, indem gewöhnlich zwischen
2 benachbarten Tuberkeln 3, 4 oder selbst 5 Kornschuppen liegen. Nur auf dem Nacken
sind sie an 2 Stellen dichter gestellt und in deutliche Reihen angeordnet: so findet sich
jederseits eine solche Reihe, die etwa über der Ohröffnung beginnt und in leichtem, mit der
Convexität nach innen gerichtetem Bogen nach hinten und innen auf den Nacken zieht,
ohne jedoch mit der entsprechenden der anderen Seite zusammenzutreffen, und eine ganz
ähnliche, aber gerade Reihe liegt schräge vor jeder Schulter. Auf dem Kopfe fehlen die
Tuberkeln ganz und die Schuppen auf dem Hinterkopfe sind kleiner, als diejenigen auf der
Schnauze. Auch die Extremitäten sind auf der Oberseite mit durchaus gleichen Korn-
BEMERKUNGEN ÜBER DIE GECKONIDEN-SAMMLUNG U, 5. W. 43
schuppen bekleidet, ohne ein Spur von Tuberkeln. Die Kehlschuppen sind klein, flach und
neben einander liegend, die Bauchschuppen etwa doppelt 30 gross und leicht imbrieat. Die
Unterseite der Extremitäten ist mit flachen Schuppen bekleidet, bis auf die Unterschenkel,
welche, wie schon bemerkt, eine Längsreihe von 6 grossen flachen, in die Quere gezogenen
Schildern zeigen. Femoral- und Praeanalporen fehlen ganz, jedoch sind die Schuppen in der
Gegend, wo die Praeanalporen zu sitzen pflegen, in der Mitte mit einer sehr seichten, kaum
bemerkbaren Vertiefung versehen, woraus ich darauf schliessen zu können glaube, dass bei
den Männchen Praeanalporen vorhanden sein werden. Der Schwanz, der an der Basis ziemlich
breit und sehr abgeflacht ist, läuft in eine lange dünne Spitze aus und ist in seinem basalen
Drittel in regelmässige Querringel eingetheilt, von denen jeder an der Oberseite mit 10—11
Querreihen von flachen Schuppen bekleidet ist und ausserdem noch jederseits einen grösseren
schwach convexen Tuberkel zeigt; diese Tuberkeln stehen am Hinterrande der Ringel und
bilden jederseits zusammen eine reguläre Längsreihe. Die beiden distalen Drittel des Schwanzes
scheinen reproducirt zu sein und sind oben mit flachen Schuppen bekleidet. Die Unterseite
des Schwanzes ist anfänglich einfach beschuppt und. darauf mit einer Längsreihe breiter
Querschilder bekleidet, die sich auch auf die Unterseite des reproducirten Theils fortsetzen.
Oben bräunlichgrau, ünten schmutzig weisslichgrau und einfarbig, nur auf dem Nacken
und auf der vorderen Rückenhälfte finden sich einige ziemlich grosse tief schwarze Makeln
von rundlicher oder länglicher Form; dieselben sind, wie folgt, vertheilt: gleich hinter dem
Kopfe auf der Mitte des Nackens stehen 2 Makeln, hinter diesen folgt eine bogenförmige
Querreihe von 4 ähnlichen und hinter diesen noch eine 2" gleichfalls bogenformige Quer-
reihe von 7 etwas in die Länge gezogenen, von denen die jederseitige äusserste gerade vor
der Schulter steht und die andern an Grösse übertrifft. Kurz vor der Mitte des Rückens
endlich stehen noch 3 solcher Makeln in einer Querreihe.
Maasse. Totallinge des Thieres — 152 Mm.; Länge des Kopfes 16 Mm., des Rumpfes
46 Mm., des Schwanzes 90 Mm.
Rn:
79. Gonatodes albogularis Dum. et Bibr.
Gonatodes albogularis Boulenger. Catal. I, p. 59.
702. Cuba. Berliner Museum 1868. (2 Ex.)
703. Cuba. Berliner Museum 1868. (2 Ex.)
80. Gonatodes caudiscutatus Günther.
Gonatodes caudiscutatus Boulenger. Catal. I, p. 61, pl. Ne
716. Guayaquil. Berliner Museum 1868.
3596. Bogota. Baron v. Nolcken 1872.
4775. Fundort ? Hr. H. Schilling 1877.
6200. Yurimaguas. Dr. O. Staudinger 1883,
44 Dr. А. STRAUCH,
81. Gonatodes humeralis Guichen.
Gonatodes humeralis Boulenger. Catal. I, р. 62, pl. У, f. 3.
6005. Pebas am obern Amazonas. Dr. O. Staudinger 1883. (4 Ex.) à
6006. Pebas am obern Amazonas. Dr. О. Staudinger 1883. (3 Ex.)
Bei unseren 4 Männchen (№ 6005) ist die helle hufeisenförmige Binde auf dem Hinter-
kopfe, die auch Guichenot in seiner Figur angiebt, deren Boulenger aber nicht gedenkt,
mehr oder weniger scharf und deutlich ausgebildet und von bläulicher Farbe.
82. Gonatodes indieus Gray.
Gonatodes indicus Boulenger. Catal. I, р. 64, pl. VI, f. 1.
705. Pegu. Hr. Cutter 1868.
5631. Neelgherries. British Museum 1880. (2 Ex.)
83. Gonatodes wynadensis Beddome.
Gonatodes wynadensis Boulenger. Catal. I, p. 65, pl. VI, f. 2.
5626. Wynaad. British Museum 1880. (2 Ex.)
84. Gonatodes ornatus Be dd.
Gonatodes ornatus Boulenger. Catal. I, р. 66, pl. VI, f. 3.
6943. Tinevelly. British Museum 1886.
85. Gonatodes marmoratus Bedd.
Gonätodes marmoratus Boulenger. Catal. I, р. 67, pl. УТ. f. 4.
6946. Travancore. British Museum 1886.
86. Gonatodes kandianus Kelaart.
Gonatodes kandianus Boulenger. Catal. I, p. 68.
3791. Ceylon. Hr. Gerrard 1874.
5614. Ceylon. British Museum 1880. (3 Ex.)
6396. Ceylon. Dr. E. Riebeck* 1885. (2 Ex.)
87. Gonatodes gracilis Bedd.
Gonatodes gracilis Boulenger. Catal. I, р. 70, pl. VE, f. 5.
5311. Ceylon. Berliner Museum 1879.
6312. Ceylon. British Museum 1880.
3419.
704.
4 2839.
6947.
2940.
3181.
3182.
3183.
| 3184.
3185.
3186.
3187.
3188.
3189.
3190.
3191.
3652.
3653.
4039.
5234.
6313.
| 6460.
я 6461.
6530.
5630.
ТЯ “MR MNT MAL Eee DU our tale ЛО a 7,
DS CLR RUN Ve RO RS DUR АУ
: BEMERKUNGEN ÜBER DIE GECKONIDEN-SAMMLUNG о. 8. W. 45
88. Gonatodes Jerdonii Theob.
Gonatodes jerdonii Boulenger. Catal. I, р. 71.
Ceylon. British Museum 1872.
89. Gonatodes littoralis Jerdon.
Gonatodes littoralis Boulenger. Catal. I, р. 71, pl. VE, f. 6.
Malabar. British Museum 1880.
90. Pristurus flavipunctatus Ruepp.
Pristurus flavipunctatus Boulenger. Catal. I, p. 52.
Fundort ? Hr. Parreyss 1839,
Abyssinien? Hr. J. Erber 1870.
91. Pristurus rupestris Blanf.
Pristwrus rupestris Boulenger. Catal. I, р. 53.
Insel Socotra. British Museum 1886.
92. Gymnodactylus caspius Eichw.
Gymnodactylus caspius Boulenger. Catal. I, p. 26.
Krasnowodsk. Dr. G. Radde 1870.
Baku. Hr. E. Ménétries 1830.
Baku. Hr. E. Ménétries 1830.
Ostufer des Kaspischen Meeres. Hr. Karelin 1337.
Ostufer des Kaspischen Meeres. Hr. Karelin 1837.
Ostufer des Kaspischen Meeres. Hr. Karelin 1837.
Nowo-Alexandrowsk. Dr. A. Lehmann 1842.
Nowo-Alexandrowsk ? Dr. A. Lehmann 1842.
Ostufer des Kaspischen Meeres. Dr. N. Sewerzow 1859.
Baku. Mag. A. Goebel 1864.
Krasnowodsk. Mag. A. Goebel 1866.
Dardsha. Mag. A, Goebel 1866.
Kisyl-Arwat. Dr. G. Sievers* 1873.
Krasnowodsk. Dr. G. Sievers” 1873. .
Baku. Dr. O. von Grimm * 1875.
Mangyschlak. Dr. М. Bogdanow * 1878. (2 Ex.)
Baku. р Dr. О. von Grimm * 1875. (2 Ex.)
Bami. Hr. Zarudny 1885.
Tschuli am Kargyssu. Hr. Zarudny 1885.
Ak-Kala bei Astrabad. Hr. A. Nikolsky 1885. (3 Ex.)
46 : Dr. А. STRAUCE,
Zu der vortrefflichen Charakteristik, die Boulenger von dieser Art gegeben hat, möchte
ich noch hinzufügen, dass die Zahl der Poren bei den Männchen nach meinen Erfahrungen
stets mehr als 20 beträgt. Unter den 62 Exemplaren, die ich von dieser Art sowohl in der
akademischen, als auch in der Sammlung der hiesigen Universität zu untersuchen Gelegen-
_ heit gehabt habe, befanden sich 36 Männchen, von denen die meisten 26—27 Poren be-
sassen. Ueberhaupt schwankte die Zahl der Poren zwischen 23 und 30, und zwar habe ich
einmal 23, fünfmal 24, dreimal 25, neunmal 26, achtmal 27, fünfmal 28, dreimal 29 und
zweimal 30 Poren gezählt. Das Minimum von 23 Poren fand ich an einem aus dem Kau-
kasus, ohne genauere Bezeichnung des Fundortes, stammenden Exemplar der Universitäts-
Sammlung (№ 299), das Maximum von 30 Poren zeigten die Exemplare №2940 und 3652
der akademischen Sammlung. Alsdann möchte ich noch bemerken, dass die dunklen Quer-
binden auf der Oberseite des Thieres keineswegs immer «rather indistinct» sind, sondern
im Gegentheil bei der Mehrzahl der Exemplare sehr deutlich und gewöhnlich auch recht
scharf begrenzt erscheinen.
Sämmtliche Exemplare der akademischen Sammlung stammen aus den Ufergegenden :
des kaspischen Meeres, die Sammlung der hiesigen Universität jedoch besitzt auch 2 Stücke,
die Hr. Alenizin auf der Insel Kug-Aral im Aralsee erbeutet hat, und ein von Dr.
М. N. Bogdanow bei der Stadt Chiwa gefangenes junges Weibchen. Weiter nach Osten
scheint Gymnodactylus caspius nicht mehr vorzukommen, denn die von Dr. Sewerzow unter
diesem Namen aufgeführten Exemplare aus Turkestan gehören einer zwar nahe verwandten,
aber doch verschiedenen Art, dem Gymnodactylus Fedtschenkoi, an.
93. Gymnodactylus Fedtschenkoi п. sp.
3387. Samarkand. Russische Entomologische Gesellschaft * 1871. (2 Ex.)
5039. Samarkand. Hr. У. Russow 1874. (2 Ex) —
6354. Samarkand. Hr. V. Russow 1874.
6355. Samarkand. Hr. V. Russow 1874. (4 Ex.)
6479. Ost-Buchara. Dr. A. Regel 1885.
Trotz der frappanten Aehnlichkeit, welche zwischen dieser Art und dem Gymnodac-
tylus caspius Eichw. sowohl in der Form, als auch namentlich in der Färbung und Zeich-
nung besteht, lassen sich beide doch für alle Fälle mit Sicherheit durch folgende 4 Merk-
male leicht von einander unterscheiden. 1) Die Tuberkeln auf dem Nacken, dem Hinterhaupt
und den Schläfen sind bei der in Rede stehenden Art nicht bloss weniger dicht gestellt, son-
dern auch rund und einfach gewölbt, während sie bei der kaspischen Art deutlich triedrisch
erscheinen und dabei so dicht gedrängt stehen, dass man die kleinen flachen Kornschuppen,
mit denen sie untermischt sind, nur hin und wieder sieht. 2) Die Dorsaltuberkeln der neuen
Art sind kleiner, nicht so dicht gedrängt und sehr deutlich gekielt, aber nur schwach trie-
drisch. 3) Die Bauchschuppen sind gleichfalls kleiner und bilden an der breitesten Stelle des
BEMERKUNGEN ÜBER DIE GECKONIDEN-SAMMLUNG U. $. №. 47
Bauches 30—32 Längsreihen, während sie bei der kaspischen Art an der gleichen Stelle
in 26—28 Längsreihen angeordnet sind. 4) Endlich. besitzen die Männchen zahlreichere
Schenkelporen, denn während bei der kaspischen Art, wie ich soeben gezeigt habe, die Zahl
dieser Organe gewöhnlich 26—27 beträgt und nur ausnahmsweise bis auf 30 steigt, zeigten
alle 8 Männchen, welche ich von Gymnodactylus Fedtschenkot untersucht habe, 34—37 Poren,
und zwar fand ich dreimal 34, einmal 35, zweimal 36 und gleichfalls zweimal 37. Ausser
den obenangeführten 10 Exemplaren der akademischen Sammlung habe ich in der Ausbeute
des leider zu früh verstorbenen A. P. Fedtschenko noch 6 Exemplare untersucht, von
denen 2 im Sarafschan-Thale, die übrigen 4 aber in der Stadt Samarkand selbst, und zwar
im Zimmer, gefangen worden sind. Ob diese Art noch weiter nach Osten vorkommt, kann
ich zwar nicht mit Bestimmtheit behaupten, glaube aber, dass die von Theobald im Punjab
gefangenen und von Blyth!)als Gymnodactylus geckoides erwähnten Exemplare, wenn sie nicht
einer selbstständigen Art angehören, nicht wie Stoliczka?) vermuthet, zu Gymnodactylus
caspius Eichw., sondern zu Gymnodactylus Fedtschenkoi zu rechnen sein werden, wofür
namentlich die Zahl der Poren spricht, die nach Stoliczka 32—34 betragen soll. Da alle
diese Punjab-Exemplare etwas vertrocknet (shrunk) waren, so wird wohl die Angabe, dass
bei ihnen die Bauchschuppen nur 18—20 Längsreihen bilden, nicht genau sein, zumal Sto-
liczka selbst bemerkt, dass neben den Bauchschuppen jederseits noch mehrere Längsreihen
kleiner Schuppen vorhanden sind. Hiernach würden also die Punjab-Exemplare in der Zahl
der Poren, also gerade in einem derjenigen Charaktere mit Gymnodactylus Fedtschenkoi
übereinstimmen, durch welche sich dieser letztere hauptsächlich von Gymnodactylus caspius
Eichw. unterscheidet, und es dürfte daher wohl kaum einem Zweifel unterliegen, dass die-
+ selben, falls sie keine besondere Species bilden, zu ersterer und nicht zu letzterer Art ge-
hören, zu welcher sie von Stoliezka und nach ihm von Boulen ger gestellt worden sind.
94. Gymnodactylus scaber Rüppell.
Gymmodactylus scaber Boulenger. Catal. I, p. 27.
2829. Cairo. Hr. J. Erber 1870.
. 8696. Aegypten. Berliner Museum 1869. (2 Ex.)
4825. Koseir. Dr. C. B. Klunzinger 1878. (3 Ex.)
95. Gymnodactylus Kotschyi Steindachner.
d Gymnodactylus kotschyi Boulenger. Catal. Г, р. 29.
2824. Insel Syra. Hr. J. Erber 1870. (5 Ех.)
2825. Insel Syra. Hr. J. Erber 1870. (6 Ex.)
2826. Insel Syra. Hr. J. Erber 1870.
2977. Morea. Hr. R. Effeldt 1870.
6314. Insel Cypern. Hr. Parreyss 1842.
1) Journ. Asiat. Soc. of Bengal XXII, p. 410. | 2) Proc. Asiat. Soc. of Bengal 1872, p. 80, footnote.
à
я
48. Dr. A. Strauch,
Schreiber!) bemerkt, dass bei dieser Art die Männchen äusserst selten sind, da er
unter 50—60 Weibchen erst ein Männchen gefunden habe, und ich kann diese Angabe
gleichfalls bestätigen, denn unter den 14 Exemplaren unseres Museums ist nur 1 einziges
Männchen vorhanden, nämlich № 2977, die 12 Stücke aus Буга sind sämmtlich weiblichen
Geschlechts.
96. Gymnodactylus Danilewskii n. sp.
3688. Jalta in der Krym. En. Danilewsky * 1868.
6353. Süd-Ufer der Krym. Mag. Th. Koeppen * 1884.
6542. Krym ? Oberst А. Kuschakewitsch 1863.
Diese neue Art ist dem Gymmodactylus Kotschyi Steind. zwar sehr nahe verwandt,
unterscheidet sich von demselben aber durch den Besitz einer seitlichen Hautfalte, welche
jederseits am Rumpfe zwischen den Vorder- und Hinterextremitäten verläuft und genau so
beschaffen ist, wie die Hautfalte bei Gehyra vorax Gir.; ferner ist bei der neuen Art die
Unterseite des Schwanzes nicht, wie bei Gymnodactylus Kotschyi Steind., mit einer Längs-
reihe breiter Querschilder, sondern mit kleinen dachziegelförmig gelagerten Schuppen be-
kleidet, alsdann sind die Tuberkeln des Rückens etwas kleiner und dabei convexer, 4. В.
stärker dachförmig erhoben, bilden aber ebenfalls 12 ganz reguläre Längsreihen, in deren :
jeder die einzelnen Tuberkeln einander an Grösse gleich sind. Endlich besitzen die Männchen
6 Praeanalporen, die in einer schwach bogenförmigen Querreihe stehen. Sonst stimmt Gym-
nodactylus Danilewskü in allen anderen Beziehungen mit Gymnodactylus Kotschyi Steind.
überein und zeigt auch nahezu dieselbe Färbung und Zeichnung, indem er auf bräunlich-
grauem Grunde dunkelbraune, winklig geknickte, mit der Spitze nach hinten gerichtete
Querbinden (Chevrons) auf Rumpf und Schwanz besitzt. Von Gymnodactylus Russowü, mit
dem die in Rede stehende Art in der Bekleidung der unteren Schwanzfläche übereinstimmt,
unterscheidet sie sich durch den Besitz der Hautfalte an den Rumpfseiten, durch die kleine-
ren, aber unter einander gleichgrossen Rückentuberkeln und durch die Submentalschilder,
welche genau so beschaffen sind, wie bei Gymnodactylus Kotschyi Steind.
Maasse. Totallänge des Thieres — 79 Mm.; Länge des Kopfes 11 Mm., des Rumpfes
32 Mm., des Schwanzes 36 Mm.
Ich habe diese Art, von der mir bisher nur 2 Männchen und ein ganz junges Weibchen
(N 6542) bekannt geworden sind, dem kürzlich in Tiflis verstorbenen, um unser Fischerei-
wesen hochverdienten Wirkl. Staatsrath Danilewsky gewidmet, der das eine unserer Exem-
plare aus Jalta mitgebracht hat, wo es in einer Branntweinschenke (Kabak) gefangen
worden ist.
1) Schreiber. Herpetologia europaea p. 482.
BEMERKUNGEN ÜBER DIE GECKONIDEN-SAMMLUNG О. в. М. 49
97. Gymnodactylus Russowii п. sp. Fig. 10, 11 u. 12.
3658. Nowo Alexandrowsk. Dr. А. Lehmann 1842. (2 Ex.)
3659. Nowo Alexandrowsk ? Dr. A. Lehmann 1842.
3660. Nowo Alexandrowsk ? Dr. A. Lehmann 1842.
3700. Chodshent. Dr. N. Sewerzow 1873. (3 Ex.)
3701. Chodshent. Dr. N. Sewerzow 1873. (2 Ex.)
4192. Mangyschlak. Akad. C. E. von Baer 1854.
4193. Mursa-Robat. Oberst A. Kuschakewitsch 1870. (6 Ex.)
4194. Chodshent. Oberst A. Kuschakewitsch 1870.
4195. Mohol-Tau. Oberst A. Kuschakewitsch 1870. (5 Ex.)
4310. Tschimkent. Dr. N. Sewerzow 1876. (2 Ex.)
5037. Brunnen Abadchir (Mangyschlak). Mag. A. Goebel 1864.
5197. Tehinas. Hr. V. Russow 1878. (6 + Ex.)
5201. Saamin. Hr. V. Russow 1878.
5218. Wüste Golodnaja. Hr. У. Russow 1878.
5224. Utsch-Kurgan am Naryn. Stud. M. von Middendorff* 1878.
5800. Chark-Usjur. Hr. $. Alpheraky * 1881. (2 Ex.)
Nach einem vor einigen Jahren angestellten genauen Vergleiche dieser Art mit Gym-
nodactylus Kotschyi Steind. stellte es sich heraus, dass beide specifisch verschieden sind,
und so belegte ich denn diese neue Form mit dem Namen Gymnodactylus Russowii, zum
Andenken an unseren unvergesslichen Conservator Valerian Russow, der auf seiner tur-
kestanischen Reise neben vielen anderen höchst interessanten Reptilien auch diese Art, und
‘zwar in Hunderten von Exemplaren, gesammelt hatte: Ве! der neuerdings vorgenommenen
Revision unserer Geckoniden fand ich jedoch, dass Gymnodactylus Russowit in allen wesent-
lichen Puncten mit der Beschreibung von Gymnodactylus kachhensis Stol. übereinstimmt,
und da unsere Sammlung diese letztere Art leider nicht besitzt, so sandte ich, um ganz
sicher zu gehen, ein Dutzend Exemplare der turkestanischen Art in beiden Geschlechtern
an Herrn Boulenger nach London mit der Bitte, dieselben mit Exemplaren des Gymno-
dactylus kachhensis Stol. zu vergleichen und mir, falls beide Arten nicht identisch wären,
auch mitzutheilen, worin die Unterschiede beständen. Herr Boulenger ist nun so freund-
lich gewesen, diesen Vergleich vorzunehmen, und schreibt mir darüber folgendes: «Les dif-
ferences entre cette forme et G@. kachhensis sont, comme vous le présumez, très faibles.
Néanmoins je serais porté à leur accorder une importance spécifique. G. Russowi comparé
à G. kachhensis à les écailles ventrales un tant soit peu plus petites, la mentale proprement
dite plus courte et les autres mentonnières plus petites ou indistinctes; les tubercules dor-
saux disposés moins regulièrement, et d’ordinaire plus petits; les tubercules caudaux plus
_pointus (comme chez le G. Kotschyi)». So unbedeutend diese Differenzen auch sind, so glaube
ich mich doch der Ansicht Boulenger’s anschliessen zu müssen und gebe hier eine Be-
schreibung der turkestanischen Art. |
Mémoires de l'Acad. Пар. des sciences VlIme Série, 7
de -
»
50 Dr. A. STRAUCH,
‘Der mässig grosse Kopf ist etwa um die Hälfte länger, als an den Schläfen breit und
dabei beträgt seine Höhe wenig mehr, als die Distanz zwischen der Schnauzenspitze und dem
Vorderrande des Augapfels. Die Schnauze ist etwas länger, als der Abstand zwischen dem
Hinterrande der Orbita und dem Vorderrande der Ohröffnung und übertrifft den Durch-
messer der Orbita etwa um ein Fünftel an Länge. Das Auge mässig gross, das Interorbital-
spatium sehr schwach ausgehöblt und die Schnauze von rechts nach links sehr deutlich ge-
wölbt, von hinten nach vorn abschüssig, aber gar nicht, oder nur sehr wenig ausgehöhlt.
Die Ohröffnung, von mässiger Grösse, bildet eine fast senkrechte Spalte, die etwas mehr als
doppelt so hoch wie breit ist; über und hinter der Ohröffnung einige stärker vorragende
Tuberkeln. Der Rumpf von mässiger Länge und gewöhnlicher Form, die Extremitäten ziem-
lich lang, denn die vorderen, nach vorn gestreckt und an den Rumpf angedrückt, überragen
etwas die Schnauze und die hinteren, ebenso behandelt, reichen etwas über die Schulter hin-
aus. Die Finger und Zehen von gewöhnlicher Form und Länge, nur sind die distalen Pha-
langen sehr schwach comprimirt, wesshalb auch die proximalen kaum erweitert erscheinen.
Der Schwanz lang, länger als Kopf und Rumpf zusammengenommen, dabei cyclotetragon,
sehr schwach deprimirt, auf der Oberseite mit Querreihen von Dorntuberkeln besetzt, die
genau denen des Gymnodactylus Kotschyi gleichen, auf der Unterseite mit irregulären, ein-
ander dachziegelförmig deckenden, kleinen Schuppen bekleidet. Die Schnauze auf der Ober-
seite mit stark gewölbten, ziemlich grossen Tuberkeln gedeckt, das Interorbitalspatium und
das Hinterhaupt dagegen mit sehr kleinen, polygonalen, schwach gewölbten Schüppchen be-
kleidet, zwischen denen grössere, conisch zugespitzte Tuberkeln stehen. Jederseits 8 —9
Supralabialia, die nach hinten successive an Grösse abnehmen. Das Rostrale etwas breiter
als hoch, zeigt in der Mitte seines Oberrandes eine Längsspalte, die sich bis über die Hälfte
des Schildes erstreckt. Das Nasenloch ist klein und liegt zwischen dem Rostrale, dem ersten
Supralabiale und drei Tuberkeln, Das Mentale gross, dreieckig und unter den Submentalen
höchstens die beiden dem Mentale zunächst liegenden Schildchen etwas grösser, die übrigen
klein und irregulär. Die Kehlschuppen klein, aber doch beträchtlich grösser, als die Schuppen
auf der Oberseite des Hinterkopfes. Der Rumpf auf der Oberseite mit kleinen flachen Schup-
pen bekleidet, zwischen denen sich 10—12 Längsreihen ziemlich grosser, subtriedrischer
Tuberkeln befinden; die Reihen verlaufen zwar ziemlich regelmässig, jedoch besteht jede
derselben aus verschieden grossen Tuberkeln, die mit einander alterniren und von denen
die kleineren kaum halb so gross sind, wie die grösseren. Die Extremitäten zeigen auf der
Oberseite zwischen den kleinen flachen Schuppen ganz ähnliche Tuberkeln, die aber meist
nur vereinzelt stehen und auf den Vorderextremitäten weniger stark ausgeprägt sind, als
auf den hinteren. Die Unterseite des Rumpfes und der Extremitäten ist mit dachziegelförmig
gelagerten Schuppen bekleidet, die beträchtlich grösser sind, als die Schuppen der Ober-
seite und von denen auf dem Bauche an der breitesten Stelle etwa 30 in einer Querreihe
stehen. Die Männchen besitzen 2—4 Praeanalporen. Die Oberseite aller Theile ist entweder
aschgrau, oder mehr bräunlichgrau und zeigt auf dem Rumpfe mehr oder weniger deutliche
BEMERKUNGEN ÜBER DIE GECKONIDEN-SAMMLUNG U. $. W. 51
dunklere Querbinden, die gewöhnlich nach hinten gerichtete Chevrons bilden; ebenso finden
sich gewöhnlich auch auf dem Schwanze mehr oder weniger deutliche Querbinden und auf
dem Kopfe lassen sich ausser der meist recht deutlichen Temporalbinde, die vom Hinter-
rande der Orbita zum Oberrande der Ohrspalte zieht, noch einige dunklere Makeln wahr-
nehmen, die aber weder in Zahl, noch in Form, noch in Stellung constant sind. Die Unterseite
aller Theile ist schmutzig weiss und einfarbig.
Maasse. Totallänge des Thieres — 108 Mm.; Länge des Kopfes 15 Mn, des Rumpfes
33 Mm., des Schwanzes 60 Mm.
98. Gymnodactylus mauritanicus Dum. et Bibr.
Gymnodactylus mauritanicus Boulenger. Catal. I, p. 33.
701. Fundort? Kunstkammer. (2 Ex.)
Beide Exemplare sind zwar leidlich erhalten, aber absolut farblos und lassen auch keine
Spur der einstmals vorhanden gewesenen Zeichnungen wahrnehmen.
99. Gymnodactylus geckoides Spix.
Gymnodactylus geckoides Boulenger. Catal. I, р. 39.
707. Bahia. Hr. Luschnath 1840.
Bekanntlich haben die Verfasser der Erpétologie générale diese von Spix ebenso mangel-
haft beschriebene, wie abgebildete Art als fragliches Synonym zu Gymnodactylus scaber ge-
zogen und Peters hat nach Untersuchung des Originalexemplars in München gleichfalls
“erklärt, dass dasselbe zu der circummediterranen Form gehöre, ohne jedoch ausdrücklich
anzugeben, ob zu Gymnodactylus scaber oder zu Gymnodactylus Kotschyi. Nun ist es aller-
dings bekannt, dass in der Spix’schen Ausbeute in Bezug auf die Fundorte Confusion vor-
gekommen ist, und dass europäische Arten, wie 2. В. Coelopeltis lacertina, als brasilianischen
Ursprungs angegeben worden sind. Es lag daher die Vermuthung nahe, dass auch sein
Gymnodactylus geckoides nicht aus Brasilien stammen’ könne, nur blieb es immerhin räthsel-
haft, wo Spix diese Eidechse erbeutet haben könnte, da die Expedition keines der Länder
berührt hat, wo Gymnodactylus scaber und Gymnodactylus Kotschyi einheimisch sind, Ich
glaube daher, trotz allen Respects vor den Kenntnissen und dem geübten Blicke des ver-
storbenen Peters, dass er sich geirrt hat, und stimme Herrn Boulenger durchaus bei,
wenn er den Spix’schen Gymnodaciylus geckoides als brasilianische Art restituirt, zumal
die Angabe bei Spix «squamis abdominalibus piscinis sive scincoideis» ganz vortrefflich auf
die ganz auffallend grossen Bauchschuppen der brasilianischen Art passt, ja viel besser, als
auf die durch ihre Grösse bei Weitem nicht so in die Augen fallenden Schuppen des Gym-
nodactylus scaber oder gar des Gymnodactylus Kotschyi. Unser Exemplar stimmt vollkommen
7*
/
52 Dr. A. STRAUCH,
mit der von Boulenger gegebenen Charakteristik überein und gleicht auf den ersten Blick
wirklich dem Gymnodactylus pelagicus in ganz auffallender Weise, kann mit demselben aber
schon wegen der grossen und dabei nicht gekielten Bauchschuppen in keinem Falle ver-
wechselt werden.
100. Gymnodactylus pelagicus Girard.
Gymnodactylus pelagicus Boulenger. Catal. I, р. 40.
706. Insel Viti Museum Godeffroy 1868.
101. Gymnodactylus frenatus Günther.
Gymnodactylus frenatus Boulenger. Catal. I, p. 42.
3418. Ceylon. British Museum 1872.
102. Gymnodactylus khasiensis Jerdon.
Gymmodactylus khasiensis Boulenger. Catal. I, p. 44.
8440. Khasi Hills. British Museum 1872.
3441. Khasi Hills. British Museum 1872.
5624. Khasi Hills, British Museum 1880. (2 Ex.)
103. Gymnodactylus marmoratus Kuhl.
Gymnodactylus marmoratus Boulenger. Catal. I, p. 44.
4454. Java. Dr. Winkel* 1876.
4455. Java. Dr. Winkel* 1876.
4615. Bali. Dr. Winkel* 1876.
5404. Neu Guinea. Hr. $. Braconnier 1879.
Ausser in der Färbung und Zeichnung variirt diese Art auch in der Zahl und Stellung
der Poren. Bei unserem Exemplar N 4454 finden sich, wie Boulenger als normal angiebt,
13 Praeanalporen in einer tiefen Grube und, von ihnen durch einen beträchtlichen Zwischen-
raum getrennt, jederseits 9 Femoralporen, bei dem Stücke aus Bali dagegen, welches eine
sehr schwach angedeutete Praeanalgrube besitzt, bilden die Anal- und Femoralporen eine
ununterbrochene, in der Analgegend winklig geknickte Reihe von im Ganzen 37 Poren,
eine Anordnung, welche auch Dr. Steindachner gefunden zu haben angiebt. Dieses letztere
Stück (№ 4615), das in der Zeichnung sehr an Gymnodactylus khasiensis erinnert, besitzt
auf dem Schwanze nicht bloss an der Basis, sondern in der ganzen vorderen Hälfte in gleichen
Abständen auf einander folgende Querreihen grösserer, dreieckig zugespitzter Tuberkeln,
die anfangs zu 6, dann zu 4 und endlich zu 2 in einer Querreihe stehen.
Tg ET a te ae m
BEMERKUNGEN ÜBER DIE GECKONIDEN-SAMMLUNG О. 8. W. 53
104. Gymnodactylus philippinicus Steindachner.
_Gymnodactylus philippinicus Boulenger. Catal. I, р. 46.
1107. Insel Poulo Condor. Hr. A. Boucard 1869.
Unser Exemplar weicht von Gymnodactylus marmoratus durch die besonders an den
Körperseiten stark conischen Tuberkeln und den Mangel der Schenkelporen ab, besitzt aber
die Grube mit Analporen und kann somit nur zu dieser Art gerechnet werden,
105. Gymnodactylus pulchellus Gray.
Gymnodactylus pulchellus Boulenger. Catal. I, p. 46
1108. Bengalen. Hr. A. Boucard 1869.
106. Gymnodactylus Miliusii Bory de St. Vinc.
Gymnodactylus miliusü Boulenger. Catal. I, р. 48.
708. Melbourne. Hr. Niehoff 1862.
709. Melbourne. Hr. Niehoff 1862.
710. Melbourne. Hr. Niehoff 1862.
711. Melbourne. Hr. Niehoff 1862. (2 Ex.)
712. Melbourne. Hr. Niehoff 1862. (2 Ex.)
6072. Süd-Australien. Hr. G. Schneider 1883. (2 Ex.)
6408. Süd-Australien. Dr. Е. Riebeck* 1885. (2 Ex.)
107. Gymnodactylus platurus White.
Gymnodactylus platurus Boulenger. Catal. I, p. 49.
713. New South Wales. Dr. Paessler 1863.
4270. Australien. Hr. H. Schilling 1876.
Das grössere unserer beiden Exemplare, № 4270, hat einen reproducirten Schwanz,
sehört also zu der Form, welche bisher für eine besondere Art, Gymmodactylus inermis
Gray, galt. |
.
108. Agamura persica A. Duméril.
Agamura persica Boulenger. Catal. I, р. 51.
3523. Tschehardé. (Mazanderan.) Dr. Th. Bienert 1869. (2 Ex.)
3524. Zwischen Sebzar und Lascht. Graf E. Keyserling * 1862. (5 Ex.)
Sämmtliche 7 Exemplare stammen von der unter Chanykow’s Leitung ausgeführten
Chorassan-Expedition und sind todt im Sande gefunden worden; daher sind sie auch sämmt-
lich vertrocknet, mit grösstentheils losgelöster Epidermis und obendrauf noch schwanzlos,
bis auf 2 Exemplare, bei denen sich dieses ganz eigenthümlich gestaltete Organ erhalten hat.
54 : Dr. А. Strauch,
Gattung Alsophylax Fitzinger.
Nachdem ich den Bunopus tuberculatus Blanf. wegen der gekielten und granulirten
Hypodactylschilder aus der Gattung Alsophylax ausgeschieden und als zu einer selbststän-
digen Gattung gehörig restituirt habe, sind mir im Ganzen 4 hierhergehörige Arten bekannt,
die sich, wie folgt, von einander unterscheiden:
Die Tuberkeln auf der Oberseite des Körpers sind
1) rundlich und einfach gewölbt oder sehr undeutlich gekielt. Der
Schwanz ist mit
a) flachen, gleichartigen, einander mehr oder weniger dach-
ziegelförmig deckenden Schuppen bekleidet, die in Rin-
gel angeordnet sind. Die Tuberkeln auf dem Rumpfe
a) sind ganz regellos zerstreut. Die Unterseite des
Schwanzes mit einer Längsreihe breiterer Schil-
deröbekleidet tn Rare nr el a 1. pipiens.
6) bilden ganz regelmässige Längs- und Querreihen.
Die Unterseite des Schwanzes ebenso beschuppt,
wie die obere... ЕН RNB 2. Przewalsküi.
b) Ringeln von Dorntuberkeln besetzt ................ 3. spinicauda.
2) triedrisch und bilden sehr dichtgestellte und regelmässige Längs-
und OQuerreihenk а ий 4. loricatus.
109. Alsophylax pipiens Pallas.
Alsophylax pipiens Boulenger. Сада]. I, р. 19, pl. Ш, f. 5.
3598. Berg Gross Bogdo (Gouv. Astrachan). Hr. A. Becker 1872. (3 Ex.)
3599. Berg Gross Bogdo (Gouv. Astrachan). Hr. A. Becker 1872. (6 Ex.)
3600. Berg Gross Bogdo (Gouv. Astrachan). Hr. A. Becker 1872. (6 -+ Ex.)
3683. Fl. Syr-Darja. Dr. M. Bogdanow* 1873. (3 Ex.)
5798. Chark-Usjur. Hr. S. Alpheraky* 1881. (6 + Ex.)
5799. Chark-Usjur. Hr. 5. Alpheraky* 1881. (6 -н Ех.)
6520. Zwischen Tschankar und Dyressén. Hr. А. Nikolsky * 1884.
6562. Oase Ssa-Tschshet. Oberst N. M. Przewalsky* 1879.
6563. Oestliche Tschungarei. Oberst N. M. Przewalsky * 1879.
Der Kopf ziemlich klein und leicht flachgedrückt. Die Schnauze stumpf und etwas
länger, als der Durchmesser der Augenhöhle oder die Distanz zwischen dem Hinterrande der
Orbita und der Ohröffnung; letztere sehr klein. Der Rumpf ziemlich gestreckt und sehr
unbedeutend abgeflacht. Die Extremitäten ziemlich kurz, die vorderen, nach vorn ge-
PER ET
BEMERKUNGEN ÜBER DIE GECKONIDEN-SAMMLUNG U, 5. W. 55
kehrt und an den Körper angedrückt, überragen die Schnauze kaum, die hinteren, ebenso
behandelt, erreichen die Achselhöhle bei Weitem nicht. Die Finger und Zehen lang und
schlank. Der Kopf mit grossen, mehr oder weniger convexen Kornschuppen bekleidet, die
auf der Schnauze etwas grösser sind, als auf dem Hinterkopfe. Die Interorbitalregion leicht
concav. Das Rostrale gross, etwa regulär fünfeckig mit einer Längsfurche, die vom Hinter-
rande bis zur halben Länge des Schildes reicht. Das Nasenloch zwischen dem Rostrale, dem
grossen 1‘ Supralabiale und einem sehr grossen Nasale; zuweilen finden sich jedoch auch
zwei Nasalia jederseits, in jedem Falle ist aber das Nasale, oder, wenn deren 2 vorhanden sind,
das innere Nasale von dem entsprechenden Schildchen der anderen Seite durch eine kleine
Schuppe getrennt. Jederseits 7, seltener 8 Supralabialia und 6, seltener 5 Infralabialia, da-
bei stets die vordersten sehr gross. Das Mentale sehr gross, von trapezoidaler Gestalt, oder
richtiger, gleicht einem Dreieck, dessen nach hinten gerichtete Spitze sehr stumpf zuge-
rundet und dessen den freien Mundrand bildende Basis bogenförmig ist. Hinter dem Mentale
zwei, seltener 4 etwas grössere Kinnschilder, denen noch mehrere kleinere folgen, die all-
mählich in die kleinen, flachen, polygonalen Kehlschuppen übergehen. Die Oberseite des
Rumpfes und der Extremitäten mit irregulären, sehr schwach convexen, neben einander
liegenden Schuppen bekleidet, zwischen denen etwa doppelt so grosse, convexe oder sogar
schwach gekielte Tuberkeln ganz regellos zerstreut sind. Die Bauchschuppen sind ziemlich
gross, flach, imbricat und bilden in der Mitte des Rumpfes etwa 20 bis 22 Längsreihen.
Die Männchen besitzen eine winklig geknickte Reihe von Praeanalporen, deren Zahl zwischen
7 und 11 schwankt. Der Schwanz ist lang, fast drehrund, zugespitzt und mit flachen imbri-
caten, in Ringel angeordneten Schuppen bekleidet, zeigt aber an der Unterseite stets eine
. Längsreihe breiter Querschilder, die nur gegen die Basis hin etwas undeutlich werden. Oben
sandfarben, mit mehr oder weniger deutlichen, bald ziemlich regelmässigen, bald sehr aus-
gezackten und unregelmässigen braunen Querbinden auf Rumpf und Schwanz und eben-
soichen Flecken auf den Extremitäten. An den Seiten des Kopfes findet sich eine Längs-
binde, die etwa am Nasenloch beginnt, durch das Auge geht und sich dann nach innen biegt,
um mit der entsprechenden der anderen Seite eine etwa hufeisenförmige Zeichnung auf dem
Kopfe zu bilden. Die Labialia sind fast immer dunkler gefleckt oder punctirt, die Unterseite
aller Theile einfarbig gelblich weiss. Die Exemplare vom Bogdo sind sämmtlich sehr hell
gefärbt, die von den übrigen Fundorten erscheinen dunkler. Unser grösstes Exemplar ist
fast. 90 Mm. lang.
110. Alsophylax Przewalskii п. sp.
5144. Unterer Tarim-Fluss (2500). Oberst N. M. Przewalsky 1878. (2 Ex.)
6561. Oase Chami. Oberst N. M. Przewalsky 1879.
7016. Oase Tschertschen. Oberst N. M. Przewalsky 1886.
7030. Tschertschen-Darja. . Oberst N. M. Przewalsky 1886. (4 Ex.)
7044. Lob-Nor. Oberst N. M. Przewalsky 1886. (4 Ex.)
56 Dr. A. STRAUCH,
Diese neue Art ist dem Alsophylax pipiens zwar sehr nahe verwandt, unterscheidet
sich von ihm aber schon auf den ersten Blick durch die in reguläre Längs- und Querreihen
angeordneten Dorsaltuberkeln und durch die Bekleidung der Unterseite des Schwanzes, die
nicht, wie bei jenem, aus einer Längsreihe von Querschildern besteht, sondern genau ebenso
beschaffen ist, wie die Beschuppung auf der Oberseite.
Der Kopf von mässiger Grösse, ziemlich gewölbt und nach hinten zu etwas verdickt.
Die Schnauze stumpf zugerundet, etwa’ ebenso lang, wie der Abstand zwischen dem Hinter-
rande der Orbita und der Ohröffnung, mit stumpf zugerundetem Canthus rostralis. Die
Ohröffaung sehr klein, bildet eine schräge, von oben und hinten nach unten und vorn ge-
richtete Spalte, die etwa halb so breit wie hoch ist. Der Rumpf ist ziemlich kurz und nur
sehr wenig flachgedrückt; die Extremitäten kurz, die vorderen, nach vorn gekehrt und an
den Körper angedrückt, erreichen kaum die Schnauzenspitze und ‘die hinteren, ebenso be-
handelt, reichen fast bis zu Achselhöhle. Die Zehen schlank, an der Unterseite mit einfachen
Querlamellen bekleidet und mit kurzen, schwach gebogenen Krallen versehen. Die ganze
Oberseite des Kopfes ist mit rundlichen convexen Kornschuppen: bekleidet, die auf der
Schnauze am grössten sind und den auf dem Rücken vorhandenen Tuberkeln an Grösse
kaum nachstehen; auf dem Hinterkopfe sind die Kornschuppen zwar kleiner, aber immerhin
noch fast doppelt so gross, wie die Kornschuppen auf dem Rücken. Das Nasenloch ist sehr
klein, liegt nach innen von dem undeutlichen Canthus rostralis zwischen dem Rostrale, dem
Supralabiale primum und 2 Nasalen, von denen das innere mit dem der anderen Seite in
Berührung steht und fast dreimal so gross ist, wie das äussere. Unmittelbar hinter diesem
letzteren liegt auf der Nath zwischen dem 2°” und 3'* Supralabiale noch eine besonders
grosse Schuppe, die von dem Vorderrand der Orbita durch 4, in 2 über einander liegende
Reihen angeordnete Schuppen getrennt ist. Das Rostrale ist wenig breiter als hoch, hat
etwa die Gestalt eines mit der Spitze nach hinten gerichteten sphärischen Dreiecks und zeigt
am Hinterrande die gewöhnliche Längsfurche, die etwa bis auf die halbe Länge des Sehildes
reicht. Jederseits finden sich 8 Supralabialia, von denen die 4 vorderen gross und deutlich
viereckig, die 4 hinteren klein, kaum halb so gross, sind und z. Th. wenigstens abgerundete
Ecken zeigen. Das Mentale ist gross, ungefähr fünfeckig und dabei etwas breiter und be-
trächtlich länger als das Rostrale. Jederseits zählt man 7 Infralabialia, von denen die 3 к
vorderen sehr gross, die 4 hinteren klein, kaum halb so gross, erscheinen und’ 4афе! noch
successive an Grösse abnehmen. Die Submentalia sind in der Zahl 4 oder 6 vorhanden und
liegen in einer bogenförmigen Querreihe neben einander; hinter denselben finden sich noch . т
2 oder selost 3 Querreihen grösserer Schuppen, die ganz allmählich in die kleinen flachen,
nicht imbrieaten Kehlschuppen übergehen. Der Rumpf ist auf der Oberseite mit kleinen,
ziemlich convexen, neben einander liegenden Kornschuppen bekleidet, zwischen welchen
grosse, convexe, bei Betrachtung durch eine stärkere Lupe dachförmig erhobene (en dos
d’äne) Tuberkeln eingestreut sind. Diese Tuberkeln erscheinen in ganz reguläre Längsreihen
angeordnet, und zwar finden sich in der Mitte des Rumpfes 12, gegen den Nacken und den
BEMERKUNGEN ÜBER DIE GECKONIDEN-SAMMLUNG о. $. W. 57
Schwanz hin 8 solcher Reihen; von diesen Längsreihen ist die jederseitige dritte, von der
Rückenfirste aus gerechnet, am längsten und setzt sich auch auf das vordere Drittel des
Schwanzes fort, wird hier aber allmählich undeutlicher. Zugleich bilden diese Rückentuber-
kein auch ziemlich reguläre Querreihen, die etwas schräg angeordnet sind, so dass eine jede
solche Querreihe ungefähr einen mit der Spitze gegen den Kopf gerichteten Chevron darstellt.
Die Schuppen auf der Oberseite der Extremitäten sind denen des Rückens ganz ähnlich,
aber grösser und zwischen ihnen finden sich auf den Schienbeinen vereinzelte, mehr oder
weniger deutliche Tuberkeln eingestreut. Die Bauchschuppen sind ziemlich gross, ebenso
gross, wie die Rückentuberkeln, dabei flach, glatt und imbricat angeordnet; sie bilden in
der Mitte des Bauches 18— 20 Längsreihen. Der Schwanz, der ziemlich lang, fast drehrund
und conisch zugespitzt ist, erscheint mit ziemlich grossen, subimbricaten Schuppen bekleidet,
die in Ringel angeordnet und auf der Oberseite leicht convex, auf der unteren aber flach
sind. Die Männchen besitzen 5, 'seltener 6 Praeanalporen, die in einer Querreihe liegen
und bei einzelnen Weibchen andeutungsweise gleichfalls zu existiren scheinen.
/ Was die Färbung und Zeichnung anbetrifft, so ist die Grundfarbe der Oberseite hell
_gelblichbraun, also hell sandfarben, die der Unterseite bräunlichweiss. Auf dem jederseitigen
Supralabiale primum beginnt eine braune Längsbinde, die durch das Auge, von demselben
natürlich unterbrochen, über den oberen Theil der Schläfe auf den Rücken zieht, hier die
3% Tuberkelreihe, von der Rückenfirste aus gerechnet, deckt und sich gewöhnlich auch auf
den Schwanz fortsetzt, wo sie entweder sehr bald verschwimmt, oder sich in einzelne Makeln
oder selbst Punkte auflöst. Jede dieser beiden Längsbinden ist auf dem Kopfe jederseits
schneeweiss eingekantet, und zwar tritt namentlich die innere Kante, die durch eine vom
Nasenloch zum Supraorbitalrande ziehende Linie gebildet wird, besonders deutlich hervor
und setzt sich auch auf den Rumpf fort, verliert daselbst aber sehr an Intensität und er-
scheint mehr gelblichweiss; die äussere Kante, die auf den Supralabialschildern liegt, wird
bereits hinter dem Auge undeutlich und verschwindet sehr bald ganz. Auf der Oberseite des
Schwanzes finden sich, ausser den aus der Auflösung der Dorsalbinde entstehenden dunklen
Makeln oder Punktreihen, noch vereinzelte, mehr oder weniger intensive, dunkle Punkte und
bei manchen Exemplaren zeigen auch die Rumpfseiten und die Unterseite des Schwanzes
ähnliche Punkte in grösserer oder geringerer Anzahl. Die Unterseite des Kopfes, der Extre-
mitäten und der ganze Bauch sind, wie schon bemerkt, bräunlichweiss und einfarbig.
Maasse. Totallänge des grössten mir vorliegenden Exemplars ($) — 75 Mm.; Länge
- des Kopfes 10 Mm., des Rumpfes 23 Mm., des Schwanzes 42 Mm.
Eine detaillirte, von den nöthigen Zeichnungen begleitete Beschreibung dieser Art soll
im herpetologischen Theile von General Przewalsky’s Reisewerk erscheinen.
Mémoires de l'Acad. Пар. des sciences VIIme Serie. 8
58 Dr. A. STRAUCH,
111. Alsophylax spinicauda п. sp. Fig. 15 u. 16.
4047. Schahrud, - Hr. Christoph 1875.
Diese Art, die auf den ersten Blick an dem mit Dorntuberkeln besetzten Schwanze leicht
zu erkennen ist, unterscheidet sich von ihren Gattungsgenossen ausserdem noch durch eine
völlig abweichende Rückenbeschuppung, die aus so grossen Kornschuppen oder eigentlich
Tuberkeln besteht, dass es fast schwer hält, die zwischen denselben zerstreuten wirklichen
Tuberkeln herauszufinden.
Der Kopf verhältnissmässig gross, um ein Viertel etwa länger, als an den Mundwinkeln
breit, und nur schwach und undeutlich flachgedrückt. Die Schnauze stumpf zugerundet, ge-
wölbt, ohne ausgesprochenen Canthus rostralis und dabei kurz, wenig länger, als der Durch-
messer der Orbita oder der Abstand zwischen dem Hinterfande der letzteren und dem Vor-
derrande des Ohrs. Die Ohröffnung ist klein und stellt ein ovales Loch dar. Der Rumpf von
gewöhnlicher Länge, spindelförmig und leicht abgeflacht. Die Extremitäten schlank und ver-
hältnissmässig ziemlich kurz; die vorderen, nach vorn gekehrt und an den Körper angedrückt,
erreichen genau die Schnauzenspitze, die hinteren, ebenso behandelt, berühren die Achsel-
höhle. Die Zehen schlank und an der Unterseite mit einfachen Querlamellen bekleidet, die
Krallen fein und wenig gekrümmt. Der Schwanz kurz, kürzer, als Rumpf und Kopf zusam-
mengenommen, undeutlich eyelotetragon und conisch zugespitzt. Die Oberseite des ganzen
Kopfes ist mit grossen, schwach gewölbten, polygonalen Tuberkelschuppen bekleidet, die
auf der Schnauze nur wenig grösser sind, als auf dem Hinterkopfe, wo zwischen ihnen ver-
einzelte etwas grössere Tuberkeln auftreten..Das Nasenloch klein, liegt zwischen dem Ro-
strale, dem Supralabiale primum und zwei Nasalschildern, von denen jedoch das äussere
kaum an der Umgrenzung des Nasenlochs Theil nimmt, und das innere von dem gleich-
namigen der entgegengesetzten Seite durch 3 neben einander liegende Schuppen getrennt
ist. Das Rostrale wenig breiter, als hoch, von trapezoidaler Gestalt und mit der gewöhnlichen
Längsfurche am Hinterrande, welche hier über die halbe Länge des Schildes reicht. Jeder-
seits 9 deutliche Supralabialia, von denen die 5 vorderen beträchtlich grösser sind, als die
. 4 letzten, die successive an Grösse abnehmen und auf diese Weise unmerklich in die den
hintersten Theil der Mundspalte begrenzenden kleinen Schuppen übergehen. Das Mentale
kaum grösser, als das Rostrale, hat die Gestalt eines gleichschenkligen Dreiecks mit abge-
stutzter, nach hinten gerichteter Spitze und leicht bogenförmigen Seiten. Jederseits 7 deut-
liche Infralabialia, die nach hinten zu successive an Grösse abnehmen und gleichfalls all-
mählich in die kleinen, den hinteren Theil der Mundspalte begrenzenden Schuppen übergehen.
Von Submentalschildern finden sich 4 oder 5 Querreihen, von denen diejenigen der vorderen
Reihen grösser sind, als die anderen, die ganz allmählich in die gewölbten Kornschuppen
der Kehle übergehen. Die Oberseite des Rumpfes ist mit schwach gewölbten, meist rund-
lichen Tuberkelschuppen bekleidet, die an Grösse den Schnauzenschuppen gleichkommen
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BEMERKUNGEN ÜBER DIE GECKONIDEN-SAMMLUNG U. 8. W. 59
und nur auf dem Nacken und gegen die Schwanzbasis etwas kleiner werden. Zwischen
diesen Schuppen stehen, meist ganz unregelmässig zerstreut, hin und wieder aber auch in
irreguläre Längsreihen angeordnet, etwa um die Hälfte grössere runde Tuberkeln, die auch
stärker gewölbt sind. Die Oberseite der Extremitäten ist mit stark gewölbten Kornschuppen
bekleidet, die an Grösse etwa den Nackenschuppen gleichkommen und zwischen denen auf
den Oberschenkeln noch ziemlich zahlreiche grössere Tuberkeln vorkommen. Die Bauch-
schuppen sind ziemlich flach, an der Brust etwas kleiner, als am eigentlichen Bauche, dabei
schwach imbricat angeordnet und stimmen so vollkommen mit den Flankenschuppen über-
ein, dass es unmöglich ist, sie von diesen zu unterscheiden und folglich auch anzugeben,
wie viele Längsreihen sie bilden. Die Schuppen ar der Unterseite der Extremitäten stim-
men sowohl in der Grösse, als auch in der Form vollkommen mit den Brustschuppen über-
ein. Von Poren ist keine Spur vorhanden, doch werden wohl auch hier, wie bei den übrigen
Arten dieser Gattung, die Männchen Analporen besitzen. Der Schwanz ist auf der Oberseite
sehr deutlich geringelt, und zwar besteht jeder der 13 erkennbaren Ringel aus 4—5 Quer-
’ reihen von Schuppen, zwischen denen sich stets jederseits 2 grosse conische Dorntuberkeln
finden, welche eben dem Schwanze das stachliche Aussehen geben. Auf der Unterseite, wo
nur die 8 vordersten Ringel deutlich sind, besteht jeder derselben aus 4 Querreihen ziem-
lich gewölbter und an Grösse unter einander etwas differirender Schuppen, die schwach
über einander greifen; genau ebensolche Schuppen decken auch die hintere Hälfte des
Schwanzes, und zwar sowohl auf der unteren, als auch auf der oberen Seite.
Die Grundfarbe ist schmutzig weiss, auf dem Rücken finden sich etwa 7 schmale, nicht
scharf begrenzte und dabei mehr oder weniger gewellte Querbinden von dunkler Farbe und
auf dem Schwanze sind gleichfalls Spuren von dunklen Querbinden zu erkennen, Die Extre-
mitäten und der Kopf zeigen kleine dunkle Flecken von irregulärer Form und Anordnung und
an jeder Seite des Kopfes ist eine gleichfalls schwach ausgeprägte, dunkle Längsbinde vor-
handen, die vom Nasenloch zum Auge und von diesem zur Ohröffnung zieht.
Maasse. Totallänge des Thieres — 66 Mm.; Länge des Kopfes 12 Mm., des Rumpfes
25 Mm., des Schwanzes 29 Mm.
112. Alsophylax loricatus п. sp.
4196. Mohol-tau. Oberst А. Kuschakewitsch 1870. (2 Ex.)
4197. Mursa-Robat. Oberst A. Kuschakewitsch 1870.
Alsophylax loricatus unterscheidet sich von den 3 vorhergehenden Arten durch den
Besitz von sehr grossen triedrischen Tuberkeln auf Rücken und Schwanz, die in ganz regu-
läre Längs- und Querreihen angeordnet sind und dabei so dicht gedrängt stehen, dass da-
durch geradezu ein Rückenpanzer, ähnlich dem der Krokodile, entsteht.
Der Kopf ist klein, um ein Viertel etwa länger, als an den Mundwinkeln breit, und
sehr deutlich flachgedrückt. Die Schnauze leicht zugespitzt, fast doppelt so lang, wie der
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60 Dr. A. Strauch,
Durchmesser der Orbita, aber nur ebenso lang, wie der Abstand zwischen dem Hinterrande
der Augenhöhle und der Ohrôffnung. Diese letztere äusserst klein, fast punktförmig, stellt,
mit der Lupe betrachtet, eine kurze schräge Spalte dar; das Auge verhältnissmässig klein
und, wie bei allen Arten dieser Gattung, mit senkrechter Pupille. Der Rumpf von gewöhn-
licher spindelförmiger Gestalt, etwas abgeflacht, die Extremitäten ziemlich kurz, die vor-
deren, nach vorn gekehrt und an den Körper angedrückt, erreichen kaum die Schnauzenspitze,
die hinteren, ebenso behandelt, reichen knapp bis an die Achselhöhle; die Finger verhältniss-
mässig lang und sehr schlank. Der Schwanz lang, conisch zugespitzt, an der Basis etwas
abgeflacht, im weiteren Verlaufe nahezu drehrund. Der Kopf ist auf der Oberseite mit
grossen, polygonalen, leicht convexen Schuppen bekleidet, die auf der Schnauze grösser
sind, als auf dem Hinterkopfe und an den Schläfen. Das Rostrale fast so breit, wie hoch,
fünfeckig, am Hinterrande mit der gewöhnlichen Längsfurche, die hier bis zur halben Schild-
länge reicht. Jederseits 7 sehr deutliche Supralabialia, die bis zum Mundwinkel reichen und
von denen die 3 vorderen, vor dem Auge liegenden, viereckig und mehr als doppelt so gross
sind, wie die 4 hinteren. Das Nasenloch äusserst klein, liegt zwischen dem Rostrale, dem
Supralabiale primum und 2 Nasalen, von welchen das innere, das mit dem der andern Seite
in Berührung steht, mehr als fünfmal so gross ist, wie das äussere. Zwischen diesem letzte-
ren und dem Vorderrande der Orbita findet sich eine Längsreihe von 3 grossen Schuppen,
von denen die vorderste auf der Nath zwischen dem 1° und 2'” Supralabiale liegt, während
die beiden anderen durch eine Längsreihe kleiner Schuppen von den correspondirenden
Supralabialen, dem 2" und 3”, getrennt sind. Das Mentale ist gross, fast so breit wie lang
und gleicht einem mit der Spitze nach hinten gerichteten sphärischen Dreieck. Jederseits
7 Infralabialia, von denen aber die beiden letzten sehr klein und von den benachbarten
Schuppen kaum verschieden sind; von den 5 vorderen sind die 3 ersten sehr gross und
differiren unter einander nur sehr wenig an Grösse, während das 4” und 5" nur etwa halb
so gross sind, wie jedes der 3 ersten. Submentalia finden sich im Ganzen 4, von denen die
beiden mittleren, an einander grenzenden, fast doppelt so gross sind, wie die äusseren; nach
aussen von diesen letzteren stehen noch 3—4 etwas grössere Schuppen, die an die Infra-
labialia grenzen, sonst ist die ganze übrige Unterseite des Kopfes mit feinen, fast ganz flachen
Schuppen bekleidet, die nur in der unmittelbaren Nachbarschaft der Submentalia ein wenig
grösser sind, als sonst. Der Rumpf und die Schwanzbasis sind mit sehr feinen Kornschuppen
bekleidet, zwischen denen sehr grosse triedrische Tuberkeln stehen. Diese Tuberkeln, die
gleich hinter dem Kopfe beginnen, sind im Nacken mehr rundlich und einfach stark convex,
auf dem Rücken und der Schwanzbasis dagegen ausgesprochen triedrisch und stehen dabei
so dicht gedrängt, dass zwischen je 2 neben einander liegenden nur eine einzige, zwischen je
2 auf einander folgenden auf der Rückenmitte gleichfalls nur eine, seitlich dagegen mehrere
Reihen der feinen kornförmigen Grundschuppen Platz haben. Sie bilden auf dem Rücken 12
ganz reguläre Längsreihen, deren Zahl sich auf dem Nacken und auf der Schwanzbasis auf
8 reducirt: zugleich stehen sie aber auch in ganz regulären Querreihen, die in der Weise
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BEMERKUNGEN ÜBER DIE GECKONIDEN-SAMMLUNG U, 8. W. 61
schräge verlaufen, dass jede Reihe einen mit der Spitze nach vorn gerichteten Chevron dar-
stellt; solcher Querreihen zähle ich с. 25, vom Nacken, wo sie nicht ganz regulär sind, bis
zum Hinterrande der Oberschenkel, doch setzen sie sich auch auf den Schwanz fort, gehen
aber bald und ganz unmerklich in die Schwanzringel über. Die Extremitäten sind auf der
Oberseite mit kleinen polygonalen Schuppen bekleidet, zwischen denen sich auf den hinteren
grosse subtriedrische Tuberkeln eingestreut finden, und zwar sowohl auf den Schenkeln, als
auch auf den Schienbeinen. Die Bauchschuppen sind ziemlich gross, glatt, imbricat und in
der Mitte des Bauches in etwa 20 Längsreihen angeordnet. Ganz ähnliche Schuppen be-
kleiden auch die Unterseite der Extremitäten und sind an den Vorderbeinen kleiner, als an
den Hinterbeinen. Die Männchen haben eine winklig gebogene Querreihe von 9—10 grossen
Analporen. Der Schwanz, der auf der Oberseite an der Basis noch Querreihen anfangs trie-
drischer, später subtriedrischer Tuberkeln zeigt, ist in seiner weiteren Ausdehnung mit Quer-
reihen ziemlich grosser Schuppen bekleidet, zwischen denen in der vorderen Hälfte noch
grössere Schuppen, als Reste der triedrischen Tuberkeln, vorkommen; an der Unterseite
zeigt er gleichfalls Ringel grosser Schuppen, die leicht imbricat sind und unter denen die-
jenigen, welche in der mittleren Längsreihe liegen, etwas grösser erscheinen.
| Das ganze Thier ist auf der Oberseite sehr hell bräunlichgelb, (im Leben vielleicht hell
rosa), auf der Unterseite noch heller, fast weiss. Auf dem Kopfe findet sich in der Zügel-
gegend eine ganz weisse, jederseits dunkel eingefasste Längsbinde, die vom 1° Supralabiale
gegen das Auge zieht und genau auf den 3 vorhin erwähnten grossen Frenalschuppen liegt.
Die Labialia, sowohl die oberen, wie die unteren, sind sehr fein schwarz punktirt und ähn-
liche Punkte finden sich auch auf den meisten Dorsaltuberkeln. Der Rumpf und die Extre-
mitäten sind einfarbig, auf dem Schwanze dagegen treten 3 Längsreihen unregelmässiger,
meist verschwommener, bräunlicher Makeln auf, die gegen das Ende desselben sich zu Quer-
binden vereinigen.
Maasse. Totallänge des Thieres — 70 Mm.; Länge des Kopfes S Mm., des Rumpfes
21 Mm., des Schwanzes 41 Mm.
Eine Abbildung dieser Art habe ich für den herpetologischen Theil von A. P. Fed-
tschenko’s Reise bereits anfertigen lassen.
113. Bunopus Blanfordii п. sp. Fig. 13 u. 14.
2823. Aegypten. Hr. J. Erber 1870. (2 Ex.)
Abgesehen von dem viel schmäleren, gestreckteren Kopfe und den deutlich gekielten
Abdominalschuppen unterscheidet sich diese neue Art von dem ihr allerdings sehr nahe ver-
wandten Bunopus tuberculatus Blanf. noch durch die Beschaffenheit der Dorsalpholidosis.
Bei der so eben genannten Art sind nämlich, soweit ich nach der von Blanford gegebenen
62 Dr. À. STRAUCE,
Figur urtheilen kann, die Rückentuberkeln, die 14 irreguläre Längsreihen bilden sollen,
nicht bloss klein, sondern auch so weit auseinandergerückt, dass die sie trennenden Zwischen-
räume viel breiter erscheinen, als die Tuberkeln selbst, und dabei sollen, wie Blanford an-
giebt, nur die auf der Rückenmitte und auf der Schwanzbasis liegenden Tuberkeln triedrisch,
die auf dem Nacken und auf den Körperseiten aber einfach convex sein. Bei der neuen Art
dagegen sind auch die an den Flanken liegenden Tuberkeln triedrisch und nur im Nacken
erscheinen sie einfach convex; ferner sind dieselben in 12 reguläre Längsreihen angeordnet
und stehen dabei so dicht gedrängt, dass die sie trennenden Zwischenräume viel schmäler
sind, als die Tuberkeln selbst, und nur in einzelnen Fällen höchstens die halbe Breite der-
selben erreichen. Dadurch erhält das Thier ein auffallend rauhes Aussehen und erinnert in
auffallender Weise an Gymnodactylus scaber, unter welchem Namen mir auch beide Exem-
plare von Erber eingesandt worden sind; nach Aussage dieses letztern gehörten sie der
Sammlung eines würtembergischen Prinzen an und waren als aus Aegypten stammend be-
zeichnet.
Der Kopf ist ziemlich gross, langgestreckt, etwas mehr als um die Hälfte länger, wie
an den Mundwinkeln breit, und kaum flachgedrückt. Die Schnauze spitz zugerundet, von
rechts nach links einfach gewölbt mit kaum angedeutetem Canthus rostralis und dabei um
die Hälfte etwa länger, als der Durchmesser der Orbita, und um ein Viertel länger, als der
Abstand zwischen dem Hinterrande der Orbita und der Ohröffnung. Diese letztere ist klein,
kaum grösser, als die grossen Rumpftuberkeln, und bildet ein senkrecht gestelltes, ovales
Loch. Der Rumpf von mässiger Länge und gewöhnlicher Spindelform, dabei deutlich abge-
flacht, die Extremitäten schlank, aber ziemlich kurz, denn die vorderen, nach vorn gerichtet
und an den Körper angedrückt, erreichen die Schnauzenspitze nicht und die hinteren, ebenso
behandelt, berühren den Vorderrand der Schulter. Der Schwanz, der bei beiden Exemplaren
leider reproducirt ist, aber nicht viel länger gewesen sein wird, als Kopf und Rumpf zusam-
mengenommen, ist an der Basis cyclotetragon, im weiteren Verlaufe drehrund mit einer
leichten Abplattung von oben nach unten. Die Oberseite des Kopfes ist mit leicht convexen,
polygonalen Schuppen bekleidet, die auf der Schnauze etwas grösser sind, als auf dem Hinter-
kopfe und an den Schläfen, an welchen Stellen sich zwischen ihnen etwas grössere und deut- ,
lich gekielte Tuberkeln in ziemlicher Anzahl eingestreut finden. Das Rostrale ist nahezu so
breit, wie hoch, und zeigt an seinem Hinterrande die gewöhnliche Längsfurche, die hier tief
in das Schild eindringt, ja bei dem weiblichen Exemplar sogar bis an den freien Mundrand
reicht und das Schild folglich theilt. Jederseits finden sich 9—-10 deutliche Supralabialia,
von denen das letzte gerade unter dem Auge steht, und hinter welchem der Lippenrand mit
kleinen Schuppen bedeckt ist, die in keiner Weise von den Schuppen der benachbarten Theile
abweichen. Das Nasenloch ist klein und liegt zwischen dem Rostrale, dem 1°” Supralabiale
und 3 kleinen Nasalen, von denen das mittlere am grössten und das innere von dem gleich-
namigen der anderen Seite durch eine Schuppe getrennt ist. Das Mentale ist kaum breiter,
als das Rostrale, aber sehr kurz und hat die Form eines Trapezes. Jederseits von ihm stehen
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PURE
BEMERKUNGEN ÜBER DIE GECKONIDEN-SAMMLUNG U. 5. W. 63
8—9 Infralabialia, die, ebenso wie die Supralabialia, nach hinten zu an Grösse allmählich
abnehmen und gleichfalls nur die beiden vorderen Drittel des Lippenrandes decken, dessen
letztes Drittel ebensolche Schuppen zeigt, wie der entsprechende Theil der Oberlippe. Be-
sondere Submentalia fehlen durchaus und die Keblschuppen beginnen gleich hinter den In-
fralabialen, in deren unmittelbarer Nähe sie etwas grösser sind, als in der übrigen Aus-
` dehnung. Der Rumpf ist auf der Oberseite mit sehr feinen flachen Schuppen bekleidet,
zwischen denen grosse Tuberkeln eingestreut liegen. Diese Tuberkeln, die auf dem Nacken
rundlich, mehr oder weniger deutlich gekielt und etwas kleiner sind, als auf dem Rücken,
bilden auf letzterem 12 reguläre Längsreihen und sind hier sämmtlich triedrisch; dabei
stehen sie so dicht gedrängt, dass die Zwischenräume zwischen ihnen sehr schmal sind und
in keinem Falle an Breite der halben Breite der Tuberkeln selbst gleichkommen. Die Be-
kleidung der Oberseite der Extremitäten stimmt mit derjenigen des Rumpfes überein, d.h.
besteht gleichfalls aus feinen flachen Schuppen, zwischen denen grössere, auf den Hinter-
beinen triedrische, auf den vorderen dagegen einfach gekielte Tuberkeln zerstreut sind. Die
Bauchschuppen sind beträchtlich grösser, als die Grundschuppen des Rückens, decken ein-
ander dachziegelförmig und bilden an der breitesten Stelle etwa 20—22 Längsreihen; dabei
sind sie zwar schwach, aber sehr deutlich gekielt und auf den seitlichen Bauchschuppen laufen
die Kiele sogar in eine feine Spitze aus. Das Männchen besitzt 7 Analporen in einer schwach
‚ geknickten Querreihe. Die Bekleidung der Extremitäten an der Unterseite gleicht vollkom-
men derjenigen des Bauches und die Schuppen an den Unterarmen und Schienbeinen sind
gleichfalls ganz deutlich gekielt. Der Schwanz, so weit er nicht reprodueirt ist, zeigt re-
guläre Ringel, von denen jeder aus 4 —5 Querreihen von Schuppen besteht und an seinem
Hinterrande 6 grosse triedrische, später subtriedrische Tuberkeln trägt; diese Tuberkeln
sind auf der Unterseite schwächer entwickelt und nehmen gegen die Schwanzspitze sowohl
oben, als auch unten allmählich an Grösse ab. Die reproducirte Spitze ist mit einfachen
Schuppenringeln bedeckt. |
Was die Färbung und Zeichnung anbetrifft, so ist dieselbe, da die Exemplare augen-
scheinlich lange in Spiritus gelegen haben, mehr oder weniger alterirt. Die Grundfarbe
der Oberseite ist ein sehr helles bräunliches Gelb; auf dem Rücken sieht man ziemlich breite,
mehr oder weniger verschwommene, rothbraune Querbinden, die sich auch auf den Schwanz
fortsetzen, daselbst in regelmässigen Abständen auf einander folgen und dabei gegen das
Schwanzende an Breite so zunehmen, das sie nahezu doppelt so breit sind, wie die sie tren-
nenden Zwischenräume. Von den grossen Dorsaltuberkeln sind einzelne weiss gefärbt und
dieselbe Farbe zeigt auch der Lippenrand. Ueber diesem weissen Lippenrande zieht eine
ziemlich breite rothbraune Binde, etwa am Nasenloch beginnend, durch das Auge auf die
Schläfe und scheint sich auf dem Hinterkopfe mit der entsprechenden der anderen Seite
zu einer etwa hufeisenförmigen Figur zu verbinden, jedoch ist diese Figur nur bei dem grös-
seren, weiblichen Exemplar einigermaassen deutlich. Die Unterseite ist schmutzig weiss,
bis auf den Schwanz, der einen braunen Anflug besitzt.
64 Dr. А. STRAUCH,
Maasse. Das kleinere unserer beiden Exemplare, ein Männchen, das hier abgebildet
und insofern vollständiger ist, als an ihm nur ein kleiner Theil der Schwanzspitze reprodu-
cirt erscheint, zeigt folgende Dimensionen: Totallänge des Thieres — 83 Mm.; Länge des
Kopfes 14 Mm., des Rumpfes 27 Mm., des Schwanzes 42 Mm.
Gattung Ptenodactylus m.
Von rrnvos, geflügelt und $axtuXos, Finger.
Finger und Zehen nicht erweitert, mit langen schlanken Krallen versehen, an der
Unterseite mit glatten und ganzrandigen, schmalen Querlamellen bekleidet und an beiden
Seiten sehr deutlich gefranzt; die pfriemenförmigen Franzen an den Zehen beträchtlich
länger, als an den Fingern. Der Körper von gewöhnlicher Spindelform, auf der Oberseite
mit Kornschuppen bekleidet, zwischen welchen runde, mehr oder weniger convexe, gewöhn-
lich undeutlich gekielte, zuweilen sogar subtriedrische, grosse Tuberkeln zerstreut sind; die
Unterseite ist mit feinen, dachziegelförmig gelagerten Schuppen bedeckt. Der Schwanz
ziemlich lang und dünn, an der Basis leicht abgeflacht, weiterhin fast drehrund. Augenlider
circulär, Pupille vertical. Männchen mit Praeanalporen.
Diese neue Gattung steht in der Zehenbildung der Gattung Pienopus am nächsten, be-
sitzt aber den Habitus von Gymmodactylus und unterscheidet sich ausserdem noch von
Ptenopus durch die auch bei stärkerer Vergrösserung glatten Hypodactylschilder und das
Vorhandensein von Franzen nicht bloss an den Zehen, sondern auch an den Fingern.
Die Art, auf welche ich die Gattung begründet habe, ist bereits vor mehr als 50 Jah-
ren von Wiegmann kurz charakterisirt, von allen späteren Autoren, mit alleiniger Aus-
nahme Fitzinger’s, aber verkannt worden, wesshalb ich hier die Synonymie folgen lasse.
114. Ptenodactylus Eversmannii Wiegm,
1823. Ascalabotes pipiens Lichtenstein in: Eversmann. Reise von Orenburg nach
Buchara, p. 145.
1834. Gymnodactylus Eversmanni Wiegmann. Herpetologia mexicana, р. 19, nota 28.
1843. Stenodactylus Eversmanni Fitzinger. Systema Reptilium, р. 90.
1856. Gymnodactylus atropunctatus Lichtenstein. Nomencl. Reptil. et Amphib. Mus.
zool. Berol., p. 6.
2392. Am Flusse Irgis. Dr. A. Lehmann 1842.
2393. Aralo-kaspische Steppe. Dr. А. Lehmann 1842.
2394. Aralo-kaspische Steppe. Dr. A. Lehmann 1842.
4326. Am Flusse Karakol. Dr. N.Sewerzow 1876.
4327. Am Flusse Kuwan-Dsherma. Dr. N.Sewerzow 1876.
4693. Krasnowodsk. Akad. C.E. v.Baer 1877.
6496. Samarkand. Dr. А. Regel 1884.
BEMERKUNGEN ÜBER DIE GECKONIDEN-SAMMLUNG U, 5. W. 65
Der Kopf ist ziemlich gross, um ein Viertel etwa länger, als in der Ohrgegend breit,
halb so hoch, als lang und dabei auf dem Scheitel nicht bloss abgeflacht, sondern sogar mit
einer grossen seichten Vertiefung versehen. Die Schnauze so lang, wie der Abstand zwi-
schen dem Hinterrande der Orbita und der Ohröffnung, ziemlich spitz zugerundet und
mässig gewölbt, ohne deutlichen Canthus rostralis. Auf der Mitte der Schnauze vor den
Augen eine seichte Längsgrube, die sich in geringerer Ausbildung auch auf das Interorbi-
talspatium fortsetzt, und hinter jedem Nasenloche liegt eine meist sehr tiefe Grube, die
flacher werdend, gegen das Auge zieht und folglich die Frenalgegend ausgehöhlt erscheinen
lässt. Das Auge mässig gross, sein Durchmesser um die Hälfte kürzer, als die Schnauze.
Die Ohröffnung' ziemlich gross, bildet eine senkrechte Spalte, die oben spitz zuläuft, unten
dagegen abgerundet ist. Der Rumpf von gewöhnlicher Spindelform, schwach, aber deutlich
flachgedrückt, die Extremitäten von mässiger Länge, die vorderen, nach vorn gerichtet und
an den Körper angedrückt, überragen die Schnauze nur um ein Geringes, und die hinteren,
ebenso behandelt, erreichen den Vorderrand der Schulter. Der Schwanz lang, fast doppelt
so lang, wie Kopf und Rumpf zusammengenommen, an der Wurzel deutlich abgeflacht,
sonst fast drehrund, dünn und conisch zugespitzt. Der Kopf ist auf der Oberseite mit klei-
nen Kornschuppen bekleidet, die auf der Schnauze grösser und stärker gewölbt sind, als
auf dem Hinterkopfe. Das Rostrale, um ein Drittel etwa breiter, als hoch, hat die Gestalt
eines regulären Vierecks und besitzt in der Mitte des Hinterrandes die gewöhnliche Längs-
furche, welche hier fast zwei Drittel des Schildchens einnimmt, Jederseits 11 deutliche
Supralabialschilder, die successive an Grösse abnehmen und von denen die beiden letzten
abgerundete Ecken zeigen, während die übrigen deutlich viereckig sind. Das Nasenloch ist
klein und liegt zwischen dem Rostrale, dem ersten Supralabiale und 3 Nasalen, von denen
das mittlere am grössten und das innere von dem entsprechenden der entgegengesetzten
Seite durch 2 Längsreihen von Schuppen getrennt ist. Da gleich hinter diesen 3 Nasal-
schildern die vorhin erwähnte tiefe Grube liegt, so springen diese Nasalia stark vor und
erscheinen wie geschwollen. Das Mentale ist etwa um ein Viertel breiter, als das Rostrale,
hat geschweifte Seitenränder und abgerundete Hinterecken, so dass es die Form einer Vase
darbietet. Jederseits von demselben stehen 8 deutliche Infralabialia, die nach hinten zu
allmählich an Grösse abnehmen. Besondere Submentalia fehlen durchaus und die ganze Un-
terseite des Kopfes ist mit kleinen polygonalen Schuppen bekleidet, die in der nächsten
Nachbarschaft des Mentale und der Infralabialia etwas grösser erscheinen, als sonst. Die
Oberseite des Rumpfes zeigt ziemlich convexe Kornschuppen, die in der Grösse etwa mit
den Schuppen auf der Schnauze übereinstimmen, und zwischen welchen auf Nacken und
Rücken grosse, runde, mehr oder weniger convexe, gewöhnlich undeutlich gekielte, bei ein-
zelnen Exemplaren aber auch subtriedrische Tuberkeln zerstreut sind. Diese Tuberkeln
bilden ziemlich reguläre Längsreihen, deren 10—12 vorhanden sind. Die Extremitäten
sind auf der Oberseite mit dachziegelförmig gelagerten Schuppen bekleidet, die fast doppelt
so gross sind, wie die Bauchschuppen, und nur an der Hinterseite der Oberschenkel durch
Mémoires de l’Acad. Imp. des sciences VIIme Série. 9
66 Dr. А. STRAUCH,
feinere Kornschuppen ersetzt werden. Die Unterseite des Rumpfes, an welcher jederseits
eine sehr undeutliche, gewöhnlich nur hinter der Achselhöhle sichtbare Hautfalte vorhan-
den ist, wird von sehr kleinen glatten, dachziegelförmig gelagerten Schuppen bekleidet,
welche wenig mehr als doppelt so gross sind, wie die feinen Kornschuppen an der Kehle.
Die Männchen besitzen eine schwach winklig geknickte Querreihe von 8—11 Analporen,
während bei den Weibchen an derselben Stelle nur eine ebensolche Querreihe grösserer,
aber durchaus undurchbohrter Schuppen vorhanden ist. Die Unterseite der Extremitäten
ist mit flachen imbricaten Schuppen bekleidet, die auf dem Oberschenkel ebenso gross, auf
dem Unterschenkel aber doppelt so gross sind, wie die Bauchschuppen. Die Finger und
Zehen sind ziemlich schlank und dünn, tragen auf der Oberseite kleine imbricate Schuppen,
auf der untern dagegen einfache glatte Querschilder und sind jederseits mit einer Reihe
von pfriemenförmigen Franzen versehen, die an den Zehen fast doppelt so lang sind, wie an
den Fingern, an welchen letzteren sie überhaupt nur bei Betrachtung von unten deutlich
zu sehen sind.
Die Grundfarbe der Oberseite aller Theile ist sehr hell bräunlichgelb, also sandfarben,
diejenige der Unterseite beträchtlich heller. Jederseits am Kopfe findet sich eine dunkel-
braune Längsbinde, die auf dem Rostrale beginnt, über das Nasenloch gegen das Auge zieht,
sich hinter demselben auf den Rumpf fortsetzt und sich kurz vor Beginn der hintern Rumpf-
hälfte in einzelne Makeln von sehr verschiedener und variabeler Form auflöst. Ferner sind
sämmtliche Labialia, sowohl die oberen, als auch die unteren, dunkelbraun gefleckt, und an
den oberen fliessen die Flecken sogar zu einer kurzen Längsbinde zusammen, welche den
Oberrand der Supralabialia und die an dieselben grenzenden Schuppen der Frenalgegend
deckt. Ausser diesen Binden sieht man auf dem Kopfe noch mehr oder weniger zahlreiche
und sowohl in der Form, als auch in der Anordnung ganz irreguläre, dunkelbraune Flecken
und Punkte, die sich auch auf den Rumpf fortsetzen und in der Vertebralgegend gewöhn-
lich zu kurzen, ganz irregulären Querbinden, seltener zu 2 mehr oder weniger häufig unter-
brochenen Längsbinden zusammenfliessen, während sie seitlich als einzelne Punkte auftre-
ten, die grösstentheils, aber keineswegs immer, mit den grossen Tuberkeln zusammenfallen
und folglich in Längsreihen angeordnet sind. Auf dem Schwanze bilden diese Makeln ganz
deutliche, wenn auch nicht immer ganz reguläre Querbinden und auf den Extremitäten sind
sie so angeordnet, dass sie ein grossmaschiges Netzwerk darstellen, das aber auf den Vor-
derextremitäten sehr undeutlich ist. Alle diese braunen Zeichnungen, die auf der Unterseite
durchaus fehlen, bestehen, unter der Lupe betrachtet, aus sehr feinen schwärzlichen
Punkten.
Maasse, Das grösste der von mir untersuchten Exemplare gehört dem Moskauer Mu-
seum und zeigt folgende Dimensionen: Totallänge 144 Mm., Länge des Kopfes 15 Mm.,
des Rumpfes 39 Mm., des Schwanzes 90 Mm.
Ausser den 7 Exemplaren der akademischen Sammlung habe ich von dieser Art noch
2 andere untersucht, von denen. das eine dem Moskauer Museum gehört und vom verstor-
BEMERKUNGEN ÜBER DIE GECKONIDEN-SAMMLUNG U. $. W. 67
benen A. P. Fedtschenko in der Wüste Kisyl-Kum beim Brunnen Baybeck erbeutet wor-
den ist, während das andere, das in der Sammlung der hiesigen Universität aufbewahrt
wird, gleichfalls aus der Wüste Kisyl-Kum stammt, wo Dr. M. N. Bogdanow es bei der
Ortschaft Kaike gefangen hat. Das Originalstück in Berlin, das ich wohl gesehen, aber
nicht näher untersucht habe, ist von Eversmann bei Agetma gefangen worden.
Eine Abbildung dieser Art habe ich bereits anfertigen lassen und soll dieselbe im her-
petologischen Theil von A. P. Fedtschenko’s Reise erscheinen.
115. Stenodactylus guttatus Cuv. |
Stenodactylus guttatus Boulenger. Catal. I, р. 17, pl. Ш, f. 2.
714. Aegypten. Dr. Clot-Bey * 1842.
715. Algerien. Hr. A. Boucard 1869.
2827. Insel Syra. Hr. Г. Erber 1870. (2 Ex.)
2828. Aegypten ? Hr. J. Erber 1870.
2833. Fundort ? Hr. J. Erber 1870. (2 Ex.)
5240. Libysche Wüste. Dr. W. Junker * 1878. (2 Ex.)
5377. Batna. Hr. Deyrolle 1879. :
116. Stenodactylus Wilkinsonii Gray.
Stenodactylus wilkinsonii Boulenger. Catal. I, р. 18, pl. III, f. 3.
5378. Batna. Hr. Deyrolle 1879. (2 Ex)
Bei beiden Exemplaren, die ich hier unter diesem Namen aufführe, nimmt das Rostral-
schild keinen Antheil an der Begrenzung des Nasenlochs, sondern ist dadurch, dass das
jederseitige innerste Nasalschild sich vor das letztere legt und mit dem ersten Supralabiale
in Verbindung steht, vom Nasenloch ausgeschlossen. Dabei sind die Schuppen auf der Ober-
seite des Kopfes und Rumpfes fast ganz flach, die Extremitäten auffallend lang und auch
die Schnauze scheint etwas mehr zugespitzt zu sein, jedoch nur in sehr geringem Grade.
Die Anordnung der das Nasenloch umgebenden Schilder stimmt also mit den Angaben Bou-
lenger’s vollkommen überein, hat aber freilich auch nicht die geringste Aehnlichkeit mit der
von Boulenger gegebenen Abbildung des Kopfes von Stenodactylus Wilkinsonit; jedoch
hat das nichts zu bedeuten, denn diese Abbildung muss ganz ohne allen Zweifel falsch sein,
da sie mit der hier allein maassgebenden Beschreibung in direktem Widerspruche steht.
Boulenger sagt ausdrücklich: «Nostril pierced in the centre of a very strong swelling bet-
ween the first labial and three nasals», auf der Figur dagegen ist das 1-ste Labialschild vom
Nasenloch durch ein Nasale getrennt, so dass das Nasenloch genau so gelegen ist, wie bei
den Arten der Gattung Æremias, d. В. zwischen 3 Nasalschildern. Die Zeichnung ist daher
ohne allen Zweifel fehlerhaft und unsere beiden Exemplare aus Algerien werden richtig be-
9*
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68 Dr. A. Strauch,
stimmt sein. Uebrigens kann ich nicht umhin zu bemerken, dass mir die Differenz in den
das Nasenloch umgebenden Schildern keineswegs von grosser Bedeutung zu sein scheint,
denn an einem Stenodactylus guttatus aus Algerien (№ 715) liegt das jederseitige innere
Nasalschild ganz ähnlich, wie bei unserem Sfenodactylus Wilkinsonii, nur zieht es nicht so
weit nach vorn und bildet auch mit dem 1-sten Supralabiale keine Sutur, so dass die obere
Aussenecke des Rostrale doch noch an das Nasenloch herantritt. Die Hauptmerkmale, durch
welche. sich Stenodactylus Wilkinsonii von dem ihm jedenfalls äusserst nahe verwandten
Stenodactylus guttatus unterscheidet, bestehen somit in der Beschuppung und in der Länge
der Extremitäten; die Beschuppung besteht bei dem ersteren, wie schon bemerkt, aus ganz
flachen Schuppen, die bei Stenodactylus guttatus im Gegentheil recht stark gewölbt sind,
und die Extremitäten, besonders die hinteren, reichen, nach vorn gekehrt und an den Rumpf
angedrückt, bei Stenodactylus Wilkinsonii weit bis über die Achsel, fast bis an das Ohr,
während sie bei Stenodactylus guttatus, ebenso behandelt, knapp die Achselhöhle berühren.
117. Ptenopus garrulus Smith.
Ptenopus garrulus Boulenger. Catal. I, p. 15, pl. II, f. 2.
6941. Süd-Afrika. British Museum 1886.
Ueber die Bekleidung der. Unterseite an den Fingern und Zehen bei dieser Art exi-
stiren einander widersprechende Angaben, indem Gray') behauptet, dass dieselbe an den
Fingern aus einfachen glatten, aber convexen Querlamellen, an den Zehen dagegen aus 3 —4
Reihen von gekielten Schuppen besteht, während Cope?) und Boulenger angeben, dass
sowohl an den Fingern, als auch an den Zehen nur einfache und glatte Querlamellen vor-
handen sind. Nach genauer Untersuchung des mir vom British Museum freundlichst über-
lassenen jungen Exemplars habe ich gefunden,dass sowohl an den Fingern,als auch an den Zehen,
wie Cope und Boulenger ganz richtig angeben, Querlamellen vorhanden sind, dass aber
diese Querlamellen an den Zehen, und in geringerem Grade auch an den Fingern, in ähn-
licher Weise, wie bei den Arten der Gattung Bunopus, mit vorspringenden Tuberkeln be-
setzt sind, nur treten diese Tuberkeln erst bei starker Vergrösserung deutlich zu Tage, bei
Betrachtung durch eine gewöhnliche Lupe lassen sich nur so leise Spuren derselben wahr-
nehmen, dass man die Querlamellen einfach für glatt erklären kann.
118. Teratoscincus Keyserlingii Strauch.
Teratoscincus scincus Boulenger. Catal. I, р. 12, pl. I, f. 3.
2395. Seri-Tschah (Kirman). Graf Е. Keyserling * 1862.
2396. Seri-Tschah (Kirman). Graf Е. Keyserling * 1862.
1) Proc. zool. Soc. of London 1865, p. 640. | 2) Proc. Acad. Philadelph, 1868. p. 321.
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BEMERKUNGEN ÜBER DIE GECKONIDEN-SAMMLUNG U. 8. W. 69
2397. Tschehardé (Mazanderan). Graf E. Keyserling* 1862.
2398. Fluss Ili. Dr. A. у. Schrenck* 1844.
2399. Wüste Kisyl-Kum. Dr. A. Lehmann 1841.
2400. Akmetsched. Dr. N. Sewerzow 1863.
4331. Fluss Kuwan-Dshermä. Dr. N. Sewerzow 1876.
6480. Samarkand. Dr. A. Regel 1884.
Der Kopf, dessen Höhe etwa zwei Dritteln seiner Breite in der Ohrgegend gleich-
kommt, ist gross, dick, auf dem Scheitel abgeflacht und etwa um ein Drittel länger, als in
der Ohrgegend breit. Die Schnauze ziemlich stumpf zugerundet, übertrifft den Durchmesser
der Orbita etwa um die Hälfte an Länge und ist um ein Drittel etwa länger, als der Ab-
stand zwischen dem Hinterrande der Orbita und der Ohröffnung, dabei erscheint sie gewölbt,
ohne deutlichen Canthus rostralis. Das Auge gross, die РарШе senkrecht, suboval und gleich-
falls gross. Das obere Augenlid bildet einen abgerundeten, am freien Rande leicht crenu-
lirten Lappen, das untere fehlt ganz. Die Ohrôffnung gross, fast halb so gross, wie der Bul-
bus, bildet eine schräge, aber doch fast horizontal gestellte, breite Spalte. Der Rumpf spindel-
förmig, deutlich abgeflacht, die Extremitäten kurz und kräftig, die vorderen, nach vorn ge-
richtet und an den Körper angedrückt, erreichen das Nasenloch nicht, und die hinteren,
ebenso ‚behandelt, berühren den Ellenbogen der nach hinten gerichteten Vorderextremi-
täten. Die Zehen kurz und ziemlich dick, der Schwanz ziemlich kurz und dick, conisch zu-
gespitzt, an der Basis kaum merklich abgeflacht, an der Spitze dagegen sogar leicht com-
primirt. Der Kopf ist auf der Oberseite mit ziemlich feinen Kornschuppen bekleidet, die
auf der Schnauze etwas grösser sind, als auf dem Hinterkopfe und an den Schläfen. Das
Rostrale, um die Hälfte etwa breiter, als hoch, hat die Form eines Parallelogramms und
besitzt am Hinterrande die gewöhnliche Längsfurche, die hier aber kurz ist und kaum bis
zur halben Schildlänge reicht. Jederseits finden sich 10—13 Supralabialia, die viereckig
sind und nach hinten zu allmählich an Grösse abnehmen. Das Nasenloch liegt zwischen
dem Rostrale und 3 besonderen Nasalen, von denen das mittlere am kleinsten ist; das in-
nerste steht mit dem gleichnamigen Schilde der anderen Seite in direkter Berührung und
das äusserste besitzt an seinem unteren Theile einen kurzen Fortsatz, der mit dem Rostrale
in Berührung steht, sich folglich zwischen das Nasenloch und das Supralabiale primum legt
und letzteres von dem Nasenloche scheidet. Das Mentale ist um ein Geringes breiter und
etwa um die Häfte länger, als das Rostrale, und besitzt abgerundete Hinterecken. Jederseits
neben demselben stehen 10—13 Infralabialia, die ebenfalls viereckig sind und nach hinten
zu an Grösse allmählich abnehmen. Von Submentalen finde ich nur 2 kleine rundliche
Schildchen, von denen jedes den Winkel zwischen dem weit nach hinten vorragenden Men-
tale und dem beträchtlich kürzeren Infralabiale primum ausfüllt und nach aussen noch
einige wenige, kleine, schuppenähnliche Schildchen neben sich hat, die direkt an die Infra-
labialia grenzen. Die übrige Unterseite des Kopfes ist mit kleinen unregelmässigen, ziem-
lich convexen und dabei unter einander an Grösse mehr oder weniger differirenden Schup-
70 Dr. A. STRAUCH,
pen bedeckt. Der Rumpf ist rundherum mit grossen, glatten, einander dachziegelförmig
deckenden Cycloid-Schuppen bekleidet, die an der Unterseite etwa um ein Viertel grösser
sind, als auf der Oberseite, und an der breitesten Stelle des Körpers 29—34 Längsreihen
bilden. Auf der Unterseite beginnen diese Cycloid-Schuppen gleich hinter dem Kopfe, und
zwar sind sie anfänglich klein und werden successive grösser, so dass sie keineswegs scharf
von den Kehlschuppen geschieden sind, sondern ganz allmählich in dieselben übergehen.
Auf der Oberseite dagegen, wo die Cycloid- Schuppen auf dem Occiput beginnen, sind sie
zwar kleiner, als auf dem Rücken, aber doch sehr scharf von den feinen Kornschuppen des
Hinterkopfes geschieden. Da die Seiten des Halses, vom Ohr bis zur Achselhöhle mit eben-
solchen Kornschuppen bekleidet sind, wie der Hinterkopf, so nehmen die Cycloid-Schuppen
auf dem Nacken nur einen verhältnissmässig schmalen dreieckigen Raum ein, bilden also, so
zu sagen, eine Schnibbe, deren Spitze auf dem Occiput liegt. Die Extremitäten sind mit
ganz ähnlichen imbricaten Cycloid-Schuppen bekleidet, wie der Rumpf, nur sind dieselben
etwas kleiner und werden an der Hinterseite der Oberschenkel, an den Weichen und an der
Innenseite der Oberarme durch mehr oder weniger feine Kornschuppen ersetzt. Auf der
Oberseite der Finger und Zehen finden sich gleichfalls imbricate Schuppen, während die
Unterseite dieser Theile äusserst fein granulirt erscheint; dabei sind sowohl Finger, als auch
Zehen beiderseits mit je einer Reihe ziemlich langer pfriemenförmiger Franzen besetzt. Der
Schwanz ist rundherum mit imbricaten Schuppen bekleidet, trägt aber auf der Oberseite
seiner 2 letzten Drittel eine Reihe grösser, halbmondförmiger, an Kuppennägel erinnernder,
einander dachziegelförmig deckender, glatter Schilder, deren Zahl zwischen 10 und 14
schwankt und die gegen die Schwanzspitze hin natürlich successive an Grösse abnehmen.
Die Grundfarbe der Oberseite aller Theile ist schmutzig weiss (im Leben vielleicht
rosenrotli 4. В. fleischfarben), die der Unterseite reiner weiss. Der Kopf zeigt oben mehr
oder weniger deutliche, durchaus unregelmässige und oft zusammenfliessende braune oder
selbst schwärzliche Makeln und Binden, die bei stärkerer Ausbildung, namentlich bei halb-
wüchsigen Exemplaren, geradezu ein Netzwerk bilden. Der Rumpf ist gleichfalls mit dun-
keln Zeichnungen geziert, die aber höchst unregelmässig erscheinen und bei den Jungen
deutliche Querbinden darstellen, während sie bei älteren Stücken überhaupt undeutlicher
sind und bald gleichfalls Querbinden darstellen, bald jedoch auch zu häufig unterbrochenen
Längsbinden angeordnet sind. Die Extremitäten sind ebenso, wie die Unterseite, einfarbig,
der Schwanz dagegen zeigt bei den Jungen auf der Oberseite 3 breite braune Querbinden,
von denen die vorderste stets auf dem ersten der grossen halbmondförmigen Schilder steht,
während die beiden andern sowohl von der ersten, als auch von einander durch gleiche
Zwischenräume getrennt sind, aber doch keine ganz constante Lage haben; so findet sich die
letzte bei dem Exemplar № 2396 auf dem letzten, bei dem Exemplar № 2397 dagegen auf
dem viertletzten halbmondförmigen Schilde. Bei den ausgewachsenen Stücken ist von diesen
Binden keine Spur wahrzunehmen und der Schwanz erscheint bei ihnen sowohl oben, als auch
unten durchaus einfarbig.
*
чи
à:
BEMERKUNGEN ÜBER DIE GECKONIDEN-SAMMLUNG U. $. W. 71
Maasse: Totallänge des Thieres — 158 Mm.; Länge des Kopfes 29 Mm., des
Rumpfes 73 Mm., des Schwanzes 56 Mm.
Eine Abbildung dieser Art, deren Namen Hr. Boulenger ohne hinreichenden Grund
in Teratoscincus scincus Schleg. abgeändert hat, wird im herpetologischen Theil von A. P.
Fedtschenko’s Reise erscheinen.
119. Teratoscincus Przewalskii п. sp.
6564. Oase Chami. Oberst N.M.Przewalsky 1879.
6565. Oase Chami. Oberst N.M.Przewalsky 1879.
7037. Oase Tcharchalyk. General N.M.Przewalsky 1886.
7053. Oase Nija (4300). General №. М. Przewalsky 1886.
Diese neue Art stimmt in allen wesentlichen Punkten mit Teratoscincus Keyserlingü
überein und unterscheidet sich von.dem letzteren durch folgende Merkmale: 1) Die Rücken-
schuppen sind viel kleiner, als die Bauchschuppen, denn sie kommen an Grösse höchstens
einem Drittel der letzteren gleich, während bei der vorigen Art die Rückenschuppen höch-
stens um ein Viertel kleiner sind, als die Bauchschuppen. In Folge der Kleinheit der Rücken-
schuppen ist denn auch die Zahl der Längsreihen, in welche die Cycloid-Schuppen ange-
ordnet sind, bei dieser Art grösser, als bei der vorigen, denn während bei letzterer, wie
schon bemerkt, in einer Querreihe rund um den Körper 29—34 Schuppen neben einander
liegen, finden sich bei dieser 37 —39 solcher Schuppen. 2) Die imbricaten Cycloid-Schuppen
des Rumpfes reichen bei dieser Art nur bis zur Höhe des vordern Schulterrandes, während
sie sich bei der vorigen über den Nacken bis zum Hinterhaupte hinziehen. In Folge dessen
ist bei Teratoscincus Przewalskii der ganze Nacken ebenso mit feinen Kornschuppen bekleidet,
wie der Hinterkopf und die Halsseiten, und die in der Schulterhöhe beginnenden Cycloid-
Schuppen erscheinen auch keineswegs so scharf von den Kornschuppen des Nackens abge-
grenzt, sondern gehen fast unmerklich in dieselben über. 3) Endlich ist auch die Zeichnung
etwas abweichend, indem bei dieser Art auf dem Rumpfe 6 deutliche breite, mit der Spitze
nach hinten gerichtete Chevrons von etwas dunklerer, zuweilen schwärzlicher Farbe vor-
handen sind, denen auf der Schwanzbasis noch 2 weitere ähnliche folgen. Ausser diesen
Chevrons finden sich an den Flanken vereinzelte rundliche Flecken von tiefschwarzer Farbe
und auf dem Hinterhaupte sieht man eine mehr oder weniger stark ausgesprochene, hellere
Querbinde, welche von einer Ohröffnung zur anderen zieht und einen flachen, mit der Con-
vexität nach hinten gerichteten Bogen bildet; diese Binde tritt übrigens nur bei jüngeren
Exemplaren deutlicher vor, bei älteren ist sie kaum wahrzunehmen. Der Kopf, der an den
Labialschildern einige vereinzelte dankle Makeln zeigt, ist bei 3 Exemplaren ungefleckt,
während er bei dem vierten, dem grössten (M 7037), mit einigen ganz irregulär geformten
und gestellten, schwarzen Makeln geziert ist. |
Maasse. Totallänge des Thieres — 133 Мш.; Länge des Kopfes 23 Mm., des
Rumpfes 60 Mm., des Schwanzes 50 Mm.
72 Dr. À. STRAUCH,
Eine ausführliche, von den nöthigen Abbildungen begleitete Beschreibung dieser neuen
Art werde ich in General Przewalsky’s Reisewerk geben, möchte hier aber noch einer
merkwürdigen Beobachtung kurz gedenken, welche Przewalsky’s Reisebegleiter Herr
Lieutenant W. Г. Roborowsky gemacht und mir mitgetheilt hat. Nach Herrn Roborowsky
giebt diese Art einen Ton von sich, der an das Zirpen der Heuschrecken erinnert, und zwar
bringt das Thier diesen Ton mit dem Schwanze hervor, wahrscheinlich durch Aneinander-
reiben der grossen halbmondförmigen Schilder. Da sogar der abgebrochene Schwanz diesen
Ton wenigstens durch einige Augenblicke hindurch noch hervorbringt, so kann über die
Quelle desselben gar kein Zweifel aufkommen. Sicherlich dient dem Thiere diese Fähigkeit
dazu, um Heuschrecken und andere Insecten, von denen es sich nährt, herbeizulocken.
120. Chondrodactylus angulifer Peters.
Chondrodactylus angulifer Boulenger. Catal. I, p. 11, pl. IL, f. 5.
2632. Oorlogsrivier in Süd-Afrika. Berliner Museum 1870.
121. Eublepharis macularius Blyth. 2
Eublepharis macularius Boulenger. Catal. I, р. 232. |
3451. Ost-Indien. British Museum 1872.
122. Coleonyx elegans Gray.
Coleonyx elegans Boulenger. Catal. I, р. 235.
1109. Centro-Amerika. Hr. A. Boucard 1869.
u —
Ê SEITE
Inn Ce PR EE Оо о Вы 1
Dichotomische Tabelle zur Bestimmung der
Geckoniden-Gattungen ............... 14
Verzeichniss der im zoologischen Museum der
Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften
aufgestellten Geckoniden.............. 17
1. Thecadactylus rapicauda Houtt. ........ ТИ
2. Phelsuma Cepedianum Merr. .......... Url
Э. » Guentherin В о an an 17
4. » madagascariense Gray ....... 18
D. » laticaudar Bite 0 ee 2 18
6. » пеар оао. а 18
7. Pachydactylus Bibronii Smith.......... 18
8. » capensis Smith.......... 19 |
9. » ocellatus Oppel.......... 19
10. » maculatus Smith .....:.. 19 |
11. Tarentola facetana Aldrov............. 21
12. » meglectafnsspren о ао 21
13. » ANTUSTICEDS NA SD. ENS: 0. |
14. > Delalandıı DeetyBi. tue. 23
15. » aegyptiaca CM ET ай
16. Aeluronyx seychellensis D. et В. ....... 25
17. Ptychozoon homalocephalum Стеу....... 25
18. Gecko vertieillatus Laur. ..........:.. 25
DO D УЕ TU ЗО нь 25
и Е О О ne 26
Яо ле ока о а 26
DO ADONICUS ND ев В ль 26
23.-Rhacodactylus auriculatus Bavay........ 27
24. » оао О 27
` 95. Hoplodactylus maculatus Ble........... 27
26. » ‚anamallensis Gnthr....... an
27. Lepidodactylus aurantiacus Bedd. ...... 27
28. » lugubris D. et B.....*... 27
INHALTS V ERZEICHNISS.
SEITE,
29. Lepidodactylus cyclurus Gnthr. ........ 28
30. Lygodactylus capensis Smith .......... 28
aie » Picturatusu Plus aan. 28
32..Beripiarmutilata Wieem. u. Seen 28
Bam vaniegatar Diner E 28
34. Gehyraroceanica Безо... > 29
SM ZVOraX-Girard Va: 29
В И а ee een, 29
37. Hemidactylus frenatus D. et В. ........ 31
38. » mabouia Moreau......... 31
39. » Tasclatust Grave ae a
40, » BocapıaBler nee: al
41. » CURCICUS м: 32
42. » BrookinGraypa ET CRE 32
43. » Gleadowii Murray ....... 32
44. » maculatusaGrays. 0. 32
45. » triedrus-Daud. .......... 33
46. » GepLessusiGray nen. 33
47. » Leschenaultii D. et B. .... 33
48. » Coctae D ев bon ne 33
49. » flavoviridis Ruepp. ....... 3
50. » Bowringii Gray.......... 34
53% » Сато ев. rE ЗА
52. » platyurus Schneïd. ....... 84
53. Ptyodactylus gecko Hasselq............ 35
54. Uroplatus fimbriatus Schneid........... 35
55. Sphaerodactylus elegans В. et L........ 35
56. » punctatissimus D. et B... 35
57. » slaueus Copper... a... 35
58. » torquatus п. Sp......... 35
59. » Copeinsteind.......... 37
60. » anthracinus Cope ...... 37
61. Phyllodactylus tuberculosus Wiegm...... 38
62. » Dulcher @тау ела. ее 38
SEITE. | SEITE,
63. Phyllodactylus galapagensis Риз........ 38 | 93. Gymnodactylus Fedtschenkoi п. sp. ..... Ab 3
64. » С. 39 | 94. » scaber Ruepp-...... 47
бы » porphyreus D. et В. ..... 39 |'.95. » Kotschyi Steind. . a... 47
66. » marmoratus Gray. ....... 39 | 96. » Danilewskii п. sp... .... 48
67. » affmıs Biegen. 2. 39| 97. » Russowil п. sp. POP 49
68. » europaeus Gene ........ 39 | 98. » mauritanicus D. et B..... 51
69. Diplodactylus spinigerus Gray ......... 40 | 99. » geckoides Эрах. 2 use 51
70. » strophurus D. et B. ...... 40 | 100. » pelagicus Girard........ 52
ТИ, » vittatus Gray ae 40 | 101. » frenatus Gnthrs 2 A 52
Я » polyophthalmus Gnthr. .... 40 | 102. » khasiensis Jerd. ........ 52
73. Oedura marmorata Gray... ......%.... 40 | 103. » marmoratus Kuhl........ 52
и емо Рем. en 40 | 104. » philippinicus Steind. ..... 53
TS NES robusta о Er A 41 | 105. » pulchellus Gray ..... v0. 53
m. 1 ESUEUMITID.S e DB ANNEE 41 | 106. » Miliusii Bory de St. Vinc. 53
77. Heteronota Derbyana Gray............ 41 | 107. » platurus White 00 3
78. Cnemaspis Boulengerii п. sp. .......... 49 | 108. Agamura persica А: Dum. .....,.. 02053
79. Gonatodes albogularis D. et B.......... 4:3. 109. Alsophylax pipiens Pall. 17... Sarnen 54
80. » caudiscutatus Gnthr. ........ 43 | 110. ” Przewalskii п. sp. on ms 55,
81. » humeralis Guich. ........... 44 | 111. » spinicauda п. sp... ern 58
82. » In dICUS GAY EAN ARR 44 | 112. D loricatus n° вр... нь 59
33. » wynadensis Bedd............ 44 | 113. Bunopus Blanfordii п. sp.............. 61
84. » ornatusöBedd ee 44 114. Ptenodactylus Eversmannii Wiegm. ..... 64
:85. » marmoratusuBedd.z un... 44 | 115. Stenodactylus guttatus Cuv. ........... 67
86. » KandianuS Каан... 44 | 116. » Wilkinsonii Gray ..... + MON
87. » sracilis- Веб 44.1.1117." Ptenopus, garrulus Smith APN 68
88. » Jérdonii Тео. 45 | 118. Teratoscincus Keyserlingii Str........,. 68
89. » littoralis Зета ее 45.119. » Przewalskii п. sp......... 71
90. Pristurus flavipunctatus Ruepp. ........ 45 | 120. Chondrodactylus angulifer Ptrs. ........ 72
91 » TUPESITIS BANANE 45 | 121. Eublepharis macularius Blyth. ...... RT
92. Gymnodactylus caspius Eiehw. ......... 45 |122. Coleonyx elegans Gray ...........0 12:
Erklärung der Tafel.
Fig 1, 2. Tarentola angusticeps n. sp.
» 3, 4. » neglecta n. sp.
» 5, 6. Gehyra Fischeri п. sp.
» 7, 8, 9. Cnemaspis Boulengerii п. sp.
» 10, 11, 12. Gymnodactylus Russowii п. sp.
» 13, 14. Bunopus Blanfordii n. sp.
» 15, 16. Alsophylax spinicauda n. sp.
Berichtigung.
Auf p. 7 muss es statt Aelurascalabotes überall Aeluroscalabotes heissen.
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MÉMOIRES
| L'ACADÉMIE IMPÉRIALE DES SCIENCES DE ST.-PETERSBOURG, VIF SERIE.
Tone ХХХУ, N°3.
BESTIMMUNG
À DER CONSTANTE DER PRAECESSION
UND DER
EIGENEN BEWEGUNG DES SONNENNYNTEMS.
VON
Ludwig Struve.
(Lu le 10 mars 1887.)
St.-PETERSBOURG, 1887.
\ Commissionnaires de l’Académie Impériale des sciences:
St.-Pétersbourg: Riga: Leipzig:
M. Eggers et C!® et J. Glasounof; М. М. Кушше]; Voss Sortiment (@. Haessel).
_ Prix: 30 Kop. — ИМЕ,
ЕЯ
’ 4
и Imprimé par ordre de l'Académie Impériale des sciences.
у .
Mai 1887. Ÿ C. Vessélofsky, Secrétaire per
‘ +
я
Imprimerie de l'Académie Impériale des sciences. Pas
(Vass.-Ostr., 9 ligne, № 12) — ON
Bei Gründung der Pulkowaer Sternwarte wurde von vornherein durch ihren ersten
Director, W. Struve, in dem Plane der auf ihr auszuführenden Arbeiten als besonders wich-
tig die Aufgabe hingestellt, für unsere Kenntniss des Fixsternhimmels genauere Grundlagen
zu liefern, als wie man sie bis dahin erlangt hatte. Zwar hatten schon die Königsberger und
die Dorpater Sternwarte diese Grundlagen mit einer Genauigkeit geliefert, die alle früheren
"Bestimmungen weit übertraf, doch stand zu erwarten, dass die aus den in Pulkowa anzu-
stellenden Beobachtungen zu ziehenden Resultate, wegen der ausserordentlichen Güte der
- Instrumente, noch einen viel höheren Grad der Genauigkeit besitzen würden. Neben ande-
ren Aufgaben fasste W. Struve vor Allem eine Neubestimmung der Constanten der Aber-
ration, der Nutation und der Präcession ins Auge. Für die beiden erstgenannten Grössen
sind seitdem bekanntlich durch die Arbeiten von W. Struve und Nyren aus Pulkowaer
Beobachtungen sehr genaue Resultate abgeleitet worden. Eine neue Ableitung der Präces-
sionsconstante konnte jedoch nicht früher in Angriff genommen werden, als bis die in Pul-
kowa herzustellenden Kataloge der Hauptsterne und der Bradley’schen Sterne fertig vor-
lagen, was erst neuerdings durch die im vorigen Jahre erfolgte Herausgabe des Katalogs
der am Repsold’schen Meridiankreise beobachteten Sterne geschehen ist.
Für diesen Zweck erschien es bald als sehr wünschenswerth, die entsprechenden Brad-
ley’schen Beobachtungen, die in den unsterblichen Fundamentis Astronomiae von’ Bessel
noch nicht in aller Vollständigkeit und mit den der Jetztzeit entsprechenden Hülfsmitteln
bearbeitet waren, einer neuen Reduction zu unterziehen. Bekanntlich übernahm Auwers
auf Anregung der Pulkowaer Sternwarte diese mühsame Arbeit. Jetzt liegt der von ihm
abgeleitete Katalog fertig gedruckt vor und seine Veröffentlichung steht in kürzester Zeit
- zu erwarten.
Da dieser Katalog der Pulkowaer Sternwarte handschriftlich mitgetheilt war, konnte
hier an eine Ableitung der Präcessionsconstante und der eigenen Bewegung unseres Son-
nensystems gegangen werden und ich ergriff mit Freuden den Vorschlag meines Vaters,
Otto Struve, mich mit dieser Aufgabe zu beschäftigen.
Mémoires de l'Acad: Imp. des sciences, УПше Serie. 1
2 L. STRUVE, BESTIMMUNG DER CONSTANTE
Das bei meiner Rechnung benutzte Material bestand nach dem Gesagten einerseits
aus dem von Auwers neu reducirten Kataloge der Bradley’schen Sterne für die Epoche
1755,0, andererseits aus dem kürzlich erschienenen Kataloge!) von 3542 am Meridian-
kreise in Pulkowa bestimmter Sterne für die Epoche 1855,0 und den beiden Katalogen der
Pulkowaer Hauptsterne für 1845 und 1865, von denen der letztere im Manuscript fertig
vorliegt. Die in dem Kataloge der 3542 Sterne enthaltenen Positionen beruhen auf An-
schlussbeobachtungen an die Hauptsterne, für deren Oerter bei der Bearbeitung das Mittel
aus den beiden Hauptsternkatalogen für 1845 und 1865 benutzt worden ist. Für die Decli-
nationen ist dieser Mittelkatalog von Herrn Backlund berechnet, der mir denselben freund-
lichst zur Benutzung überliess; für die Rectascensionen habe ich ihn selbst berechnet, nach-
dem Wagner, dessen jüngst erfolgten Hingang wir so tief beklagen, mir eine Copie des
von ihm definitiv abgeleiteten Katalogs für 1865 gütigst hatte zukommen lassen.
Für die in diesen auf die Epoche 1855,0 bezogenen Katalogen enthaltenen Bradley’-
schen Sterne (sämmtliche bis 15° südlicher Declination) wurden darauf unter. Anwendung
der von О. Struve 1841 abgeleiteten Präcessionsconstante, durch Vergleichung mit dem
Auwers-Bradley’schen Kataloge dieser Sterne für 1755,0, die Eigenbewegungen abgelei-
tet. Für die Sterne von weniger als 80° nördlicher Declination wurden dabei die Präcessionen
durchweg berechnet nach der bekannten Formel
100 fifi y)
т
мор’, р’, р" die jährlichen Präcessionen für die resp. Epochen 1755, 1805, 1855 bedeu-
ten. Diese Präcessionen entnahm ich dem Auwers’schen Kataloge und controlirte sie mit
Hülfe der Angaben in dem Kataloge der am Meridiankreise beobachteten Sterne für 1855
und dem Fundamentalkataloge für 1875. Für die nördlicheren Sterne wurden die Eigen-
bewegungen auf solche Weise abgeleitet, dass ich sowohl die Bradley’schen wie die Pulko- |
waer Oerter trigonometrisch auf die Epoche 1805,0 reducirte.
Bei der grossen Menge der Eigenbewegungen (nämlich 2558 in Rectascension und
2597 in Declination von im Ganzen 2814 Sterne) schien es mir erlaubt, aus denselben für
meine Zwecke alle diejenigen auszuschliessen, die auf einer einzelnen Beobachtung von
Bradley basiren. Ebenso sind die Eigenbewegungen der wenigen Sterne, die in Pulkowa
nur ein Mal beobachtet sind, und diejenigen der Hauptsterne, welche nur in einem der beiden
Hauptsternkataloge enthalten sind. ausgeschlossen worden. Diese Ausschliessungen betreffen
361 Eigenbewegungen in Rectascension und 236 in Declination.
In Anbetracht dessen, dass die weitaus grösste Zahl der hier een Sterne zu den
helleren Grössenclassen, bis zur 6. incl. gehört, hielt ich es für geboten, bei der Ableitung
1) Positions moyennes de 3542 étoiles déterminées à 1840—69 et réduites à l’époque 1855,0. St. Péterb. 1886.
Vaide du cercle méridien de Poulkova dans les années |
DER PRÂCESSION UND DER EIGENEN BEWEGUNG DES SONNENSYSTEMS. 3
der Präcessionsconstante nach dem Vorgange meines Vaters die eigene Bewegung des Son-
nensystems zu berücksichtigen. Indem ich im Wesentlichen diesem Beispiele folgte, bin ich
doch in einigen Punkten von demselben abgewichen. Mein Vater bestimmt in seiner Ab-
handlung!) über dasselbe Thema die Präcessionsconstante und die Geschwindigkeit der Son-
nenbewegung, indem er die Richtung der letzteren nach den Rechnungen von Argelander
und Lundahl als bekannt voraussetzt. Nachträglich erst berechnet er die an diese Rich-
tung, den ihm vorliegenden Daten entsprechend, anzubringende Correction.
Gegen dies Verfahren hat aber А1гу °) gewichtige Einwände erhoben, die zwar in
erster Linie die Bestimmung der Richtung der Sonnenbewegung betreffen, aber auch die
Bestimmung iher Geschwindigkeit berühren. Er macht darauf aufmerksam, dass es zu jener
Zeit-(1859) noch nicht möglich war, eine Annahme über den Punkt, nach welchem hin sich
die Sonne bewegt, zu machen, die nicht vielleicht um 20° fehlerhaft wäre, und dieser Ein-
wand dürfte fast in demselben Maasse auch noch heute gelten. Demzufolge könne es viele
Sterne geben, für die eine kleine Aenderung im Orte dieses Punktes den «angle of error»
per saltum von + 179° auf — 179° verändern würde. Unter dem «angle of error» ver-
steht Airy den Winkel zwischen der wirklichen scheinbaren Bewegung eines Sterns und
der Richtung, die dieselbe haben müsste, wenn sie einzig eine Wiederspiegelung der Bewe-
gung unserer Sonne wäre. Er hält daher die angewandte Methode für eine nicht genügend
strenge und giebt eine andere an, die von jeder willkürlichen Annahme über die Kenntniss
eines Näherungswerthes für die Richtung der Sonnenbewegung frei ist.
Airy schlägt bekanntlich vor, statt einer getrennten Berechnung der Geschwindigkeit
und der Richtung, die Sonnenbewegung in drei rechtwinklige Coordinaten zu zerlegen, von
denen die eine nach dem Aequinoctialpunkte, die zweite nach dem Punkte des Aequators,
dessen Rectascension 90°, und die dritte nach dem Nordpol des Aequators gerichtet ist.
Sind A, D, qdie Rectascension, Declination und Geschwindigkeit der Sonnenbewegung, so ist
8 Co Dicos A, И 960 Он м От Ба: (1)
und jeder Stern, dessen Entfernung von der Sonne p ist, liefert demnach zur Bestimmung
von X, Y, Z und der Präcession die beiden Gleichungen
À à sin cos
cos $Am + sin & sin JAN + ee KE > У= Аа 6038
ind sin a sin Ô cos 6
cos = IX Ze 1 - 11 en a AS
cos aANn -+-
|
о
т
}
2
wo m und n ihre Bedeutung nach Bessel haben und Aa und AS die Eigenbewegungen des
Sterns in Rectascension und Declination sind.
1) 0. Struve, Bestimmung der Constante der Präces- 2) On the Movement of the Solar System in Space.
sion. Mémoires de l’Académie Imp. des sciences à St. Pé- | Memoirs of the В. Astronomical Society. Vol. ХХУШ.
tersbourg. Sixième série, Tome III. at”
4 Г. STRUVE, BESTIMMUNG DER CONSTANTE
Diese Methode verlangt somit die Auflösung von Gleichungen mit vier Unbekannten,
erfordert also eine erheblich grössere Arbeit, als beim Verfahren nach der Methode von
О. Struve. Obgleich ich nicht glaube, dass die Anwendung dieser strengeren Formeln zu
wesentlich genaueren Resultaten führt, als die ältere Methode, habe ich mich doch ent-
schlossen, meine Rechnung nach ihnen zu führen, weil es immerhin ein Vortheil ist, von
allen Annahmen über die Werthe von A und D unabhängig zu sein und weil ich die nothwen-
dige Mehrarbeit nicht sehr hoch anschlage, wenn man, wie ich es that, ohnehin beabsichtigt,
auch die Richtung der Sonnenbewegung neu zu bestimmen. In Betreff der letzteren würde
es sich nämlich sonst leicht als nothwendig erweisen, die Rechnung mehrere Male zu wie-
derholen, bis man zu Werthen gelangt, die keine wesentliche Verbesserung durch weitere
Umrechnung erwarten lassen. So hat sich z. В. Dr. Bischof!) bei seiner Berechnung: der
Coordinaten A und D veranlasst gesehen, die Rechnung drei Mal durchzuführen.
Bezeichnet man mit ф die Lunisolar-Präcession, mit À die Präcession durch die Pla-
neten und mit о die Schiefe der festen Ekliptik, so ist bekanntlich
= Er an ne шо
TU 08 © dt?’ em. :
Wir können daher die Gleichungen (2) auch schreiben:
: 3 $ d 1 N 1À
(cos à cos © +-sin а sin à sin o)A(%) + = Ne = “У — Au cos à +- cos D (A (a) в )
(2) |
|
{
cos м sin Ô sin a sin 9 cos Ô
KR La — Ad + v,
COS @ sin в An -+-
wobei das in die zweite Potenz der Zeit multiplieirte Glied in der Entwickelung von ф als
aus der Theorie hinreichend scharf bekannt vorausgesetzt ist und р. und у etwaige systema-
tische Fehler der abgeleiteten Eigenbewegungen bedeuten.
Nach diesen Gleichungen müsste die Rechnung durchgeführt werden, wenn wir keine
Ursache hätten zur Annahme, dass die wahren Eigenbewegungen (motus peculiares) der Sterne
einem bestimmten Gesetze folgten. Doch schon der die Vertheilung der Sterne auf der schein-
baren Himmelskugel lässt eine gewisse Regelmässigkeit der Eigenbewegungen als wahrschein-
lich annehmen. Es scheint nothwendig, dass die Eigenbewegungen in irgend einem Zusam-
menhange mit unserer Milchstrasse stehen, denn sonst ist es, wie Schönfeld *) bemerkt, kaum
möglich, das Bestehen der Milchstrasse zu erklären; «dieselbe müsste sich mit fortschreitender
Zeit mehr und mehr auflösen und es wäre eigentlich nur ein Zufall, dass wir gerade zu der
Zeit leben, in der dies noch nicht stattgefunden hat — eine Annahme,’ die doch wenigstens
der allseitigen Prüfung bedarf, bevor sie als plausibel angenommen werden kann», Durch
1) Untersuchungen über die Eigenbewegung des Son- 2) Vierteljahrsschrift der Astronomischen Gesellschaft.
uensystems. Bonn 1884. Inaug.-Diss. ' XVII, pag. 255.
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DER PRÄCESSION UND DER EIGENEN BEWEGUNG DES SONNENSYSTEMS. 5
solche Gründe ist offenbar auch J. Herschel bewogen worden, die Hypothese einer sog.
«Rotation in der Ebene der Milchstrasse» aufzustellen. Nach ihm sollten sich die Sterne im
Allgemeinen in kreisförmigen Bahnen bewegen, die parallel zur Ebene der Milchstrasse sind,
d. h. die ganze Fixsternwelt soll wie ein fester Körper um eine zur Ebene der Milch-
strasse senkrechte Axe rotiren. Im einzelnen Falle ist diese Hypothese gewiss falsch; es
wird aber angenommen, dass sich die Abweichungen von derselben bei einer grösseren An-
zahl von Sternen aufheben.
Diese Hypothese scheint mir sehr gewagt und keineswegs nothwendig zur Erklärung
der Existenz der Milchstrasse. Man könnte z.B. auch die, wie mir scheint, viel plausibelere
Hypothese machen, dass der Schwerpunkt unseres Fixsternsystems in der Ebene der Milch-
strasse liegt, und dass alle Sterne sich in Bahnen bewegen, deren Ebenen durch diesen
Schwerpunkt hindurchgehen. Damit könnte die Existenz der Milchstrasse gleiehfalls erklärt
werden, ohne dass es nöthig wäre, alle Sterne sich in Ebenen bewegen zu lassen, die parallel
zur Milchstrasse sind. Es ist aber in der That vorläufig noch nicht möglich, diese Hypothese
durch die Rechnung zu prüfen, da wir keine Kenntniss von der Lage des Schwerpunkts un-
seres Fixsternsystems haben. Zwar hat Seeliger!) eine diesbezügliche Untersuchung ver-
sucht, hat sich aber auf die nördliche Halbkugel beschränken müssen, da es für die südliche
leider noch keine vollständige Durchmusterung giebt. Es wäre für viele Fragen der Stellar-
astronomie sehr zu wünschen, dass wir bald in den Besitz einer ebenso vollständigen Durch-
musterung des ganzen südlichen Himmels kämen, wie wir es für den nördlichen und einen
Theil des südlichen schon sind. Für die Erklärung des Bestehens der Milchstrasse scheint
es durchaus nicht erforderlich, dass sich die Sterne vorwiegend in demselben Sinne bewegen,
obwohl zugestanden werden muss, dass diese Annahme einiges für sich hat.
In Betreff der angeführten Herschel’schen Hypothese einer Rotation in der Ebene
der Milchstrasse hat vor wenigen Jahren Dr. Rancken eine Rechnung?) ausgeführt, ge-
stützt auf die von Argelander im VII. Bande der Bonner Beobachtungen und die von Dr.
Г. de Ball in seiner Inauguraldissertation *) hergeleiteten Eigenbewegungen der Sterne, de-
ren galaktische Breiten zwischen + 30° und — 30° liegen, und ist bei Ableitung der Ro-
tationsconstante aus den Rectascensionen und Declinationen zu übereinstimmenden Resul-
taten gelangt. Ebenso hat auch Dr. Bolte‘) aus den Katalogen von Schjellerup und La-
lande für beide Coordinaten übereinstimmende Resultate erlangt, die aber allerdings von,
den Rancken’schen bedeutend abweichen. Hierdurch und noch mehr durch den Umstand,
dass eine solche Autorität wie Schönfeld neuerdings dazu aufgefordert hat, die genannte
Hypothese durch die Rechnung zu prüfen, wurde ich bewogen, ausser den in den Gleichun-
1) Sitzungsberichte der math.-phys. Classe der Kônigl.- 3) Untersuchungen über die eigene Bewegung des Son-
Bayrischen Akad. der Wissensch. 1884. Heft 4. nensystems. Bonn 1877.
2) Astronomische Nachrichten № 2482. 4) Untersuchungen über die Präcessionsconstante, Bonn
1883. Inaug.-Diss.
6 L. STRUVE, BESTIMMUNG DER CONSTANTE
gen (2) und (2*) enthaltenen Unbekannten, noch die Rotationsconstante als solche einzu-
führen.
Bezeichnen wir mit 1, 6, r die galaktocentrischen Länge, Breite und Radiusveetor eines
Sterns, so ist der Hypothese zufolge
dl = const. db =0 dr =0
Es seien ferner 52 und © die Rectascension des aufsteigenden Knotens der Milchstrasse
im Aequator und die gegenseitige Neigung beider Ebenen (es ist nicht nothwendig anzu-
nehmen, dass die den angenommenen galaktocentrischen Coordinaten entsprechende Milch-
strasse genau mit der sichtbaren zusammenfällt, obwohl sie ihr gewiss nahe kommen wird)
und a, d, r, die galaktocentrischen Rectascension, Declination und Radiusvector der Sonne,
so leitet Schönfeld die Formeln ab: 1)
Да, cos à = cos à (Am —+- ©0341) +- sin а sin à (An +- cos & sin dl)
cos [04
iq cos D sin A—r,dl (cos à cos d cos a— sin 2 sin #sin а)
{
| + iq cos D cos A+-rdl (cos à cos dsina+-cos 58 sin? sind)!
| — cos sin à sin 52 sin 24
Ad — cos a (An -+ cos 52 sin 244)
ны “| cos D cos À + r,dl (cos à cos d sin a +- cos & sin ésin а)
suis iq cos D sin À — r,dl (cos à cos d cos a — sin Qsin à sin а)
{ = | {a sin D — 7.41 sin à cos d cos (a — 52 )} +-sinasin 92 sin id}
Aus diesen Gleichungen ersieht man, dass wir auf diesem Wege nie zu einer Kenntniss
der wirklichen Werthe der Präcessionsconstante und der Eigenbewegung des Sonnensystems
gelangen können, wenn sich ein reeller Werth für die Unbekannte sin 52 sin $ dl ergiebt.
Die Präcessionsconstante könnten wir allerdings rein erhalten, wenn wir die weitere Hypo-
these machen, dass die Ebene, in der die Rotation vor sich geht, der Ebene des Kreises
genau parallel ist, der sich unserer sichtbaren Milchstrasse am nächsten anschliesst, für die
Sonnenbewegung können wir aber keine reinen Resultate erhalten, da wir über die Grössen
‘а, а, r, keine begründete Annahme zu machen vermögen.
Die Gleichungen (3) lassen sich auch schreiben:
$ à
cos $Am’ + sin a sin ЭД +- ex Bat + У’ — cos a sin à и = Aa cos à
т ER >
cos «An = ETS т SERBE a Ve Fe Z'+ sin au = AS
(
(3*) .
A
1) a. a. О. pag. 256.
DER PRÄCESSION UND DER EIGENEN BEWEGUNG DES SONNENSYSTEMS. 7
und sind also bis auf die neu hinzutretende Unbekannte # — sin & sin à dl von derselben
Form wie die Gleichungen (2), nur haben die Unbekannten hier eine andere Bedeutung als
dort, sobald der Werth von и von O verschieden ist.
Um die Rechnung nach diesen Formeln ausführen zu können, ist vor allen Dingen eine
genäherte Kenntniss von о erforderlich, was ohne Hypothese im Allgemeinen noch nicht
möglich ist. Ich verfuhr dabei in derselben Art wie О. Struve in seiner Abhandlung über
die Präcessionsconstante, indem ich die gewiss höchst wahrscheinliche Annahme machte,
dass die Anzahl der Sterne bis zu einer gewissen Grössenclasse dem Cubus der mittleren
Entfernung der Sterne dieser Grösse von uns angenähert proportional ist. Diese Entfernun-
gen entnahm ich den «Études d’astronomie stellaire» von W. Struve, der sie bekanntlich
nach der angeführten Hypothese unter Berücksichtigung der abnehmenden Dichtigkeit der
Sterne mit der Entfernung von der Ebene der Milchstrasse berechnet hat. Für die ersten
. sechs Grössenclassen giebt W. Struve die Entfernungen für die Sterne nach den Grössen
. der Argelander’schen Uranometrie und für die folgenden nach den Bessel’schen Schätzun-
gen in dessen Zonen. Da aber die auch in den Pulkowaer Katalogen angewandten Grössen
des von Auwers neu bearbeiteten Katalogs der Bradley’schen Sterne für die helleren Sterne
hauptsächlich auf der Uranometrie von Argelander, für die schwächeren auf der Bonner
Durchmusterung ‘beruhen, so musste ich für die Sterne der 7-ten und 8-ten Grösse diese
Entfernungen erst berechnen. Dies that ich unter Benutzung der Seeliger’schen Zählung
der Sterne der Bonner Durchmusterung nach den Vorschriften von W. Struve, jedoch ohne
auf die verschiedenen Dichtigkeiten der Schichten parallel zur Milchstrasse Rücksicht zu neh-
men, was, wie ich meine, wegen der solchen Untersuchungen nothwendig anhaftenden Un-
sicherheit, kaum von Belang sein dürfte. Damit erhielt ich die folgenden Werthe für die
| mittleren Entfernungen (+) der Sterne der einzelnen Grössenclassen:
(2) p
т 1,0000 0,13
2 1,8031 0,23
3 2,7639 0,36
4 3,9057 0,51
5 5,4545 0,70
6 7,7258 1,00
fi 11,55 1,49
8 17,40 2,25
Diese Zahlen weichen nicht bedeutend von denen ab, die mein Vater nach den in der
Einleitung zum «Catalogus novus stellarum duplicium» (1827) veröffentlichten Untersuchun-
gen von W.Struve angewandt hat, beruhen aber auf einer neueren und eingehenderen Dis-
cussion dieses Gegenstandes. Die mittlere Distanz (5) der Sterne, die bei meiner Rechnung
zur Anwendung kamen, ist ungefähr 7; es ist deshalb vortheilhaft, die mittlere Entfernung
8 Г. STRUVE, BESTIMMUNG рев CONSTANTE
der Sterne 6-ter Grösse als Einheit anzunehmen. Die dieser Einheit entsprechenden Ent-
fernungen о sind in der dritten Columne des obigen kleinen Täfelchens gegeben.
Neuerdings ist von Gylden') die hier angewandte Hypothese über die relativen Ent-
fernungen der Sterne dahin modificirt worden, dass er die Entfernung eines bestimmten
Sterns af setzte, wo а eine Constante ist, р die obige Bedeutung hat, ferner n die
mittlere Eigenbewegung (im Bogen des grössten Kreises) der Sterne der Grössenclasse und
n die Eigenbewegung des bestimmten Sterns bedeuten. Diese Hypothese beruht auf der
gewiss sehr richtigen Voraussetzung, dass die Sterne mit starker Figenbewegung uns wahr-
scheinlich im Allgemeinen näher sein werden, als die schwach bewegten Sterne. Trotzdem
habe ich von der Gyldén’schen Formel keine Anwendung gemacht, da sie mir doch etwas
zu weitgehend zu sein scheint, namentlich aber, weil sie die Rechnung so compliciren würde,
dass sie kaum mehr zu bewältigen wäre.
Um zu untersuchen wie sich die Entfernungen der Sterne der verschiedenen Grössen- .
classen in den Eigenbewegungen aussprechen, nahm ich das Mittel о aus den Eigenbewegun- -
gen in 100 Jahren (im Bogen des grössten Kreises) der Sterne, deren Grössen sich nach
der Auwers’schen Angabe um nicht mehr als 072 von einer vollen Grüssenclasse unter-
scheiden, und fand damit:
Grösse. Anzahl der
Sterne. v v
1% 9 6655 6155
2 22 172 34,8
3 51 16,5 22,2
4 106 16,2 15,6
5 318 8,3 11,4
6 647 8,0 8,0
7 92 6,8 5,4
8 11 12,5 3,6
Mit Ausnahme der mittleren Eigenbewegung der Sterne 8-ter Grösse zeigen diese
Zahlen in der That eine Abnahme mit steigender Grössenclasse. Die Zahlen v’ sind mit
Hülfe der oben angegebenen relativen Entfernungen unter Annahme der mittleren Eigen-
bewegung 8,0 für die Sterne 6-ter Grösse berechnet worden. Die Uebereinstimmung zwi-
schen den Zahlen © und +’ ist keine sehr befriedigende, es ist jedoch nicht nöthig, den Grund
dafür in einem» Mangel der Hypothese über die Entfernungen der Sterne zu suchen. Das
Verhältniss der abgeleiteten mittleren Eigenbewegungen muss ja nothwendig durch die Be-
obachtungsfehler und durch die in ersteren noch enthaltene Correction der Präcessions-
constante verkleinert werden. Ferner ist wohldie Anzahl der Sterne der 1-ten, 2-ten und
8-ten Grösse zu klein, um eine Ausgleichung in Betreff der mittleren Grösse der Eigen-
1) Vierteljahrsschrift der Astronomischen Gesellschaft. XII, pag. 299 ff.
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RO an OR es D CU a EU UT APE UE PU OS PUR РС SER LT PE
DER PRÄCESSION UND DER EIGENEN BEWEGUNG DES SONNENSYSTEMS. 9
bewegungen zu bewirken. Bei den Sternen 8-ter Grösse wird 2. В. die mittlere Eigenbewe-
gung sofort auf 8,8 herabgedrückt, wenn der eine Stern Br. 1534, dessen Eigenbewegung
in 100 Jahren 49/1 beträgt, ausgeschlossen wird; auch dürfte es vielleicht zweifelhaft erschei-
nen, ob die hier benutzten Sterne 8-ter Grösse mit Recht dieser Grössenclasse zuzuzählen
sind. Schon der Umstand, dass sie von Bradley beobachtet sind, lässt bei ihnen eine grös-
sere Helligkeit vermuthen.
Für die einzelnen Sterne erster Grösse verschiedene Entfernungen nach ihrer Hellig-
keit bei meiner Rechnung anzunehmen, wie es Ö.Struve gethan hat, hielt ich nicht für er-
forderlich bei der grossen Zahl der von mir überhaupt benutzten Sterne und weil, wie wir
gleich sehen werden, das Gewicht für die Sterne erster Grösse so klein ist, dass es fast auf
dasselbe herausläuft, ob man sie überhaupt mitnimmt oder nicht. Aus diesem Grunde ist es
auch ohne Bedeutung, dass ich die Eigenbewegungen der Sterne Sirius und Procyon, die ich
wegen ihrer bekannten Ungleichförmigkeit vielleicht besser hätte ausschliessen sollen, mit-
genommen habe. Von viel grösserem Belang ist ein anderer Umstand. In dem von mir berechne-
ten Kataloge der Eigenbewegungen sind einige so stark bewegte Sterne enthalten, dass ihre
Eigenbewegungen auf das Endresultat von bedeutendem Einfluss sein könnten, wenn man sie
den beobachteten Grössen entsprechend einführte. Diese Sterne sind uns wahrscheinlich sehr
viel näher, als die übrigen Sterne derselben Grössenclasse. Daher entschloss ich mich, die, wie
ich zugeben muss, willkürliche Grenze zu ziehen, dass ich alle Sterne ausschloss, deren Ei-
genbewegungen die berechnete mittlere Eigenbewegung v der Sterne derselben Grössenclasse
um mehr als das Zehnfache übertreffen. Von dieser Censur werden folgende 7 Sterne be-
troffen '): 40 Eridani = Br. 578, 81 Cancri=Br. 1298, 51 Leonis min. = Br. 1534, 83
Leonis = Br. 1568, с Draconis = Br. 2505, 61 Cygni = Br. 2744, 85 Pegasi = Br. 3198.
Von diesen Sternen hätte ich zwar 61 Cygni, dessen Entfernung bekannt ist, mitnehmen
können, wenn man die mittleren Parallaxen der Sterne der verschiedenen Grössenclassen ken-
nen würde. Die von Peters und Gylden abgeleiteten Werthe für die mittleren Parallaxen
beruhen aber auf zu wenig Sternen, um sicher zu sein, und es ist jetzt noch nicht möglich,
ohne weitere Hypothesen, eine neue Berechnung derselben zu unternehmen, da die meisten,
wenn nicht alle, in den letzten Decennien bestimmten Parallaxen nur solchen Sternen ange-
hören, von denen es von vornherein wahrscheinlich ist, dass sie uns besonders nahe sind.
Ferner habe ich die veränderlichen Sterne ausgeschlossen, deren Helligkeit um mehr
als eine Grösse variirt”), und endlich von den wenigen physischen Doppelsternen, deren beide
Componenten bestimmt waren, die schwächeren Begleiter°). Nach Ausschluss dieser wenigen
Sterne blieben mir noch 2181 Eigenbewegungen in Rectascension und 2345 in Declination
von im Ganzen 2509 Sternen nach, die ich meiner Rechnung zu Grunde legen konnte.
1) Infolge eines Versehens habe ich den Stern ® Tri- | 2) о Сей = Br. 329, В Persei = Br. 436, В Leonis = Br.
anguli = Br. 317 mitgenommen, der auch hätte ausge- | 1373, n Aquilae = Br. 2526, $ Cephei = Br. 2973.
schlossen werden sollen, weil er ein wenig die gesteckten 3) > 694 == Br. 1730, а! Librae = Br. 1893, v! Draco-
Grenzen überschreitet. nis = Br. 2222, №2308 = Br. 2318.
Mémoires de l’Acad. Imp. des sciences. VIIme Série.
[Se]
10 L. STRUVE, BESTIMMUNG DER CONSTANTE
Bei der Bestimmung der Gewichte, die den einzelnen Gleichungen zukommen, verfuhr
ich nach dem Vorgange von О. Struve. Sei x der mittlere Fehler der abgeleiteten Eigen-
bewegung, in Abhängigkeit von der Genauigkeit der Positionen in den beiden Katalogen,
und à die mittlere eigenthümliche Bewegung eines Sterns 6-ter Grösse, so ist der mittlere
Fehler einer Gleichung für einen Stern 6-ter Grösse = V x? —+%?°!). Da x für alle Sterne als
gleich angenommen werden kann, À dagegen mit zunehmender Entfernung des Sterns ab-
nimmt, so ist der mittlere Fehler einer Gleichung für einen Stern, dessen Entfernung о ist,
= у» + = - Setzen wir daher das Gewicht einer Gleichung für einen Stern 6-ter Grösse
— 1, so ist das Gewicht einer Gleichung für einen Stern einer anderen Grösse
DOUTE
— nz
x? + p2
Nehmen wir nun nach О. Struve an, dass der mittlere Fehler einer abgeleiteten
Eigenbewegung halb so gross ist, als die eigenthümliche Bewegung eines Sterns 6-ter Grösse,
also x — ; à, so folgt
[518
р =
Um zu untersuchen, auf welchen Werth von x diese Annahme führt, können wir in
erster Annäherung die mittlere Eigenbewegung eines Sterns 6-ter Grösse uns entstanden
denken aus dem Fehler x, der mittleren eigenthümlichen Bewegung À und der Geschwin-
digkeit q des Sonnensystems, Es ist dann 8,0°—x?+ +9. О. Struve findet für die
hundertjährige Bewegung der Sonne, gesehen aus der Entfernung eines Sterns 6-ter. Grösse
den Werth 4 = 4,3. Mit diesem Werthe erhalten wir unter Berücksichtigung der vorstehen-
den Annahme über das Verhältniss von x zu À, x = 3,0. Auwers giebt für den wahrschein-
lichen Fehler einer auf einer einzelnen Beobachtung beruhenden Bradley’schen Rectascen-
sion den Ausdruck V 0:107°-+0:055?sec?3 ?). Nehmen wir an, die benutzten Sterne seien von
Bradley durchschnittlich nur zweimal beobachtet, und der mittlere Fehler einer Pulkowaer
Rectascension sei + 0505 sec à, welche Annahme gewiss keine Ueberschätzung der Ge-
nauigkeit einschliesst, so folgt daraus für den mittleren Fehler eines abgeleiteten A « cos à
für Sterne im Aequator (dem ungünstigsten Falle) (x) = 2,8, welcher Werth bei zunehmen-
der Entfernung vom Aequator abnimmt und am Pole nur noch 1,4 beträgt. Für die Decli-
nationen ist eine solche Rechnung schwerer auszuführen wegen der variirenden Genauigkeit
der Bradley’schen Declinationsbestimmungen; jedenfalls würde man auch aus ihnen für den
mittleren Fehler einer abgeleiteten Eigenbewegung einen kleineren Werth als den oben für x
\
1) Auf die Anzahl der Beobachtungen ist bei der АЪ- 2) Neue Reduction der Bradley’schen Beobachtun-
leitung der Gewichte keine Rücksicht genommen. gen. Vol. Ш, pag. 19.
DER PRÄCESSION UND DER EIGENEN BEWEGUNG DES SONNENSYSTEMS. 11
gefundenen erhalten. Der Werth x = 3,0 ist also offenbar zu gross, wollte man aber das Ver-
hältniss von x zu À noch verkleinern, so würden die Sterne 8-ter Grösse ein so hohes Ge-
wicht erhalten, wie es ihnen nicht zukommt, wenn man bedenkt, dass diese Sterne für die
Instrumente von Bradley sehr schwach waren und daher von ihm seltener und wahrschein-
lich weniger sicher beobachtet sind. Die gegebene Formel führt zu folgenden Gewichten für
die Gleichungen aus den Sternen der verschiedenen Grössenclassen:
1” p— 0021
2 0,065
3 0,157
4 0,305
5 0,546
6 1,000
7 1,784
8 2794
Wollte man nun die Gleichungen (3*) für alle einzelnen Sterne aufstellen und mit Be-
nutzung dieser Gewichte nach der Methode der kleinsten Quadrate auflösen, so würde das
eine ungeheure, kaum ausführbare Arbeit kosten. Um mir die Sache zu erleichtern, ohne
der Genauigkeit wesentlich Eintrag zu thun, theilte ich sämmtliche Sterne nach Zonen von
15° Breite in Declination. Die ersten beiden Zonen, von — 15° bis 0° und von 0° bis +15°,
theilte ich wieder in je 24 Abschnitte nach den Stunden der Rectascension; die anderen Zo-
nen theilte ich in ähnliche Trapeze, aber so, dass der Flächeninhalt eines jeden derselben
dem Inhalte eines Trapezes in einer der beiden ersten Zonen möglichst gleichkomme. Sind
8, und à, die Grenzen einer Zone, so ergiebt sich die Anzahl der in ihr enthaltenen Trapeze
durch die Formel
12 sin 15°
sin Sa cos +5,
ON
Nach dieser Formel fand ich für die einzelnen Zonen:
Grenzen der Anzahl der Trapeze
Zone. berechn, angen.
An TES 0 24 124
B О » 15 24 24
C 15 » 30 29 4 23
D 30 » 45 19,2 20
E 45 » 60 14,7 15
F 60 » 75 9,3 10
G 75 » 90 3,2 4
Wie man sieht, habe ich die Anzahl der sphärischen Trapeze bis auf die der beiden
ersten Zonen immer ein wenig grösser angenommen, als sie die Rechnung ergiebt, um ihre
98
eh UT PUMA D x 7 en
ЧИ LE RR
were
12 L. STRUVE, BESTIMMUNG DER CONSTANTE
Ausdehnung in Rectascension nicht zu gross zu machen. Namentlich bei der nördlichsten
Zone @ wäre es entschieden nicht richtig, die Trapeze (hier natürlich Dreiecke) in Rectas-
cension über mehr als 90° auszudehnen. Aus den Oertern und Eigenbewegungen der Sterne
der einzelnen Grössenclassen, die in jedem dieser Trapeze enthalten waren, nahm ich dann
das arithmetische Mittel und stellte für dieses Mittel die Gleichungen nach (3*) auf. Diese
Gleichungen wurden unter Rücksichtnahme auf die oben angegebenen Gewichte, die hier
natürlich mit der Anzahl der Sterne multiplieirt werden mussten, zu einer Gleichung für
jedes Trapez zusammengezogen. Die wenigen südlicher als — 15° liegenden Sterne habe ich _
mit den Sternen der Zone A vereinigt. Wie ich mich überzeugt habe, ist dies Verfahren
bei den ersten sechs Zonen hinreichend genau, bei der nördlichsten Zone G jedoch nicht
mehr, wegen der grossen Ausdehnung derselben in Rectascension. Daher habe ich für die
in jedem Dreiecke dieser Zone enthaltenen Sterne einzeln die Gleichungen aufgestellt und
dieselben dann mit Rücksicht auf ihre Gewichte zu einem Mittel vereinigt.
Damit reducirt sich die Aufgabe auf die Auflösung von je 120 Gleichungen für die
beiden Coordinaten, entsprechend den 120 sphärischen Trapezen. Das folgende Tableau
enthält diese Gleichungen zugleich mit den ihnen zukommenden Gewichten. Da die nach
den oben gegebenen Vorschriften direct berechneten Gewichte » im Allgemeinen sehr gross
sind, habe ich sie mit 0,064 multiplicirt, um als mittleres Gewicht einer Gleichung 1,00 zu
erhalten. Damit erhielt ich die Gewichte p,, welche bei der Auflösung der Gleichungen an-
gewandt wurden.
Gleichungen in Rectascension.
p Pr O—C
А 1-+0,99 Am —0,02An’+0,15X —0,94 7’ +-0,1lu=-+ 2/06 18,03 115 + 0753
100 — 0,03 +0,29 : —082: +0,09: 20,80 2056 152 PE
100—006 +-0.,64°. 086 #008 0.
100 007... +0,77 220687 60 0 De
0,99 —0,11 1,09. 042° 2.004 | 29 3801534 008 Re
0,99 021.16, — 017 2009, 2
0.98 OMAN 1,26 0148 О
0.98. 016.1 #099: 0440 ЗО
0,99. 2 20.70. 0.7088: 0,65, 008 =
10 0:99 922008 2.065 чо = oo
11- 099 005 0,44 +093 — 009 10.18 1398 089.2
19 "0,99. 0.03 2094. 2199 So
13! 1.00 %. 4.0020 02921109. 00 nr
14 0.99 ^ 10.060 0954013082 018.002
15 0,99 +008: 0668 20,88. Zoe
16 0,98 +0111 2089 . +0,69 — 009 бо Шо
17: '0,99`2 1:20,12 21 1600. 0,55 20,06, 06,9721 69030 I
© O I DS Or BR À D
18 :099..-+0:15 1936 0181-0021 2563 4681029 PE
к F2 1. у <
N . а и À
D RP а
#
À
DER PRÄCESSION UND DER EIGENEN BEWEGUNG DES SONNENSYSTEMS.
A 19 +0,99Am’+-0,084m — 1,10 X’ —0,17 Y’ +0,01u= — 1,85
20 099 +0,10 —1,00 —0,43 +0,04 + 0,57
21 0,98 +0,13 — 0,38 —0,66 +0,10 - 0,28
22 0,99 -0,08 —0,60 —0,78 +0,10 + 0,01
23 0,99 +0,06 —0,35 —0,82 -015 — 1,26
24 0,99 +0,01 —0,12 —0,98 +0,09 + 2,02
В 1—+0,99 +0,02 +0,12 — 0,95 —0,15 + 1,32
2 0,99 +0,05 +0,32 —0,85 —0,12 — 0,30
3 0,99 +0,10 +0,65 —0,86 —0,14 — 2,86
4 100 +0,09 +0,98 —0,76 —0,07 + 0,04
5 0,99 +0,16 +1,03 —0,44 —0,07 + 3,84
6 099 +011 +1,08 —014 —0,01 — 1,73
7 098 +019 +1,03 +0,10 -0,02 — 1,83
8 0,99 +010 +0,96 +0,39 -+004 — 3,74
9 0,98 +0,13 +0,85 0,67. +010 — 4,47
10 0,99 +010 +0,64 +086 +0,13 — 6,16
11 100 +0,04 +0,36 +0,86 +-0,09 — 6,47
12 100 +0,01 +0,15 +1,08 +0,10 — 3,98
13 0,99 —0,02 —0,11 +0,93 +0,14 — 9,14
14 0,99 —0,04 —0,44 +1,15 +0,11 —14,50
15 0,99 —0,08 —0,70 . +0,93 +0,10 — 3,48
16 0,99 —0,09 —0,76 +0,60 +0,06 — 5,68
17 0,99 —0,12 —0,82 +0,34 +0,05 — 4,70
18 100 —0,12 —1,42 +0,16 +0,01 — 1,18
19 1,00 —012 —1,21 —0,23 —0,02 — 1,53
20 0,99 —0,12 —0,92 —0,36 —0,04 + 3,24
21 0,99 —0,13 —0,86 —0,70 —0,11 + 0,66
22 0,99 —007 —0,67 —0,89 —010 + 0,50
23 100 —0,03 —0,39 —101 —0,08 + 6,46
24 100 —0,01 —0,14 —1,05 —0,08 — 0,01
С 1+0,94 +0,05 +0,14 — 0,98 —0,33 - 0,97
2 0,94 0,14 +0,41 —0,89 —0,81 - 1,65
3 0,93 +0,23 0,64 —0,79 —0,29 + 2,28
4 0,92 +0,32 +0,81 —0,56 —0,22 + 0,25
5 0,95 +0,30 “+0,91 —0,36 —0,12 + 3,37
6 0,93 +0,36 +0,91 —0,07 —0,02 — 1,86
7 0592 +0,38 +0,91 +0,19 +0,07 — 3,79
8 092 +0,35 +0,86 +0,47 +0,19 — 5,13
9 0,95 +028 +0,66 +0,60 +0,25 — 7,45
10 095 +0,19 +0,48 +0,76 +0,30 —12,24
11 0,92 +0,11 +0,28 0,95 +0,36 — 9,18
12 0,91 —0,02 —0,05 +1,12 +0,40 — 4,94
13 0,93 —0,09 —0,24 +098 +0,36 — 6,13
P
11,34
16,03
18,50
23,35
43,12
18,81
31,81
20,18
14,89
9,16
26,76
22,34
10,91
15,03
14,98
2241
31,32
16,42
17,69
6,64
6,55
16,78
25,66
718
7,95
29,50
16,95
15,09
15,47
20,52
20,91
32,44
33,78
39,16
39,62
45,85
42,31
31,95
30,50
17,52
91,27
20,91
12,82
Pi
0,73
1,03
1,18
1,49
2,76
1,20
2,04
1,29
0,94
0,59
171
1,43
0,70
0,96
0,96
1,43
2,00
1,05
1,13
0,41
0,42
1,06
1,64
0,46
0,51
1,44
1,07
0,97
0,99
1,31
rer er leere erererlelıı
ЕВРЕЯХ |
14 L. STRUVE, BESTIMMUNG DER CONSTANTE
C 14 +0,92Am —0,19An —0,61X'+ 1,04У'-+0,33и=— 7,56
15 0,94. 20,27 122003 1220707 3.025. , = 3.08
16.» 092 — 033 107 2061 300. — 4
170 0,942. —0,40 (105 +0 1009. 22497
18099) 040 16 220,09, о. SX
19. > 0.93. —0,34 090 00 0 — 1
20,1 0,92 022089 ба о ри
ЭТ. 0,92. 0,24. 00 00 050 14
22. 093. —015 0,48 108—034 1.6
23 092 °— 0,05 ’— 0,14 —095 20,38 ı +5,06
#079: 1:20.10, 01 Оо. RON I
5 Ю.В 9-8.0,27° O0 SOS EE 0 50 4.1614
3079" 043 0.3.0950 0 0 14100100 44
4 080’ : 20,55 +098 047. —025 — 102
50,79% 061 ео 00 чи
6 210.79. Об О 009 а
7 - 0,820.52. 091160 3024 1 1694
8: 0,89. 2,049 20700 3.0790, 10 76
9: 0,81 +0,27 -048.: +096, +052. — 7,14
10 0701012 0.2.0920, 71020: +064
ТЕ \.0,76. 0.95 000 221087
о ED A ES С
13 081 00. ОГ 3.0.39, 2°
1420/8220 0,51 07008 06 0
1510/8300 О 6 100.
16 081 05 100 0
177. 10,80 050 г
18 = 0,78%: — 0,46, 12085 — 079 — 043 + 063
19 0,79 70,94 042° 102 —057 — 0,39
20: 0.90. О 0105. — 060.0 11.97
Е 1+0,64 0,18. +033 —137 —0,76 3,46
5’ 0.63}. +043 0.0862. -2093. 0,65 ° 7.0.65
3 10,642. 1055 095 061 0,40 0,81
4: 0,671 0,74 +090 0,08 —006. 3,09
5:20,62: 22.093 1001 5.4.0534. +023 = 0
6 062:. #053 108 +083 057 0
7° 0,55 +0,35 +0,55 +1,18 +0,75. — 6,04
8 0,61 “+0,03 “+0,04 +1,19 +0,78 : — 2,97
9: 20,61. 2086056111. +00 9953
10 0,70 051—016. 3077 3053 71093
11: 0,64. 074901005. 70929 3 01007746
197 0,59. 2 0,7900, 1290 2019 0-0
13 0,65. —0,66 1.06 — 061 —038 221.06
Beer eier
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+2
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CT
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E14 +-0,634m/—0,44An —0,72 X’ —1,07 Y'—0,63u= +
15 0,64 —0,15
Е 1—+0,39 +0,29
2 0,40 -0,86
3 0,47 +0,85
4 0,42 +0,72
5 041 +0,29
6 041 —0,41
7 040 —0,84
8 0,36 —0,93
9 0,43 —0,74
10 0,44 —0,33
9 1013 0,18
2 013 0,48
3 0,14 — 0,14
4 014 — 0,44
А 1 0,98 Аи — 0,13 Х’—0,02 У’
2 +0,94 — 0,08
3 —0,80 — 0,08
4 +0,60 — 0,06
5 +0,37 — 0,06
6 +0,12 — 0,02
7 —0,09 0,02
8 —0,43 0,08
9 —0,60 -0,09
10 —0,77 -0,10
11 —0,91 +0,08
12 —0,99 -0,19
13 —0,99 —0,10
14 —0,92 +0,10
15 —0,80 —0,11
16 —0,62 +0,11
17 —0,43 -0,07
18 —0,14 +-0,03
19 +0,14 —0,02
20 +0,39 — 0,04
21 +0,60 —0,10
22 +0,78 —0,11
Г 23 +0,93 — 0,13
x 24 +0,99 —0,11
DER PRÄCESSION UND DER EIGENEN BEWEGUNG DES SONNENSYSTEMS.
0,92
+0,32
+-0,63
+0,77
— 0,85
—0,39
—0,79
—1,51
—1,17
—1,04
—0,39
+0,17
+0,55
— 0,20
— 0,48
—1.20
—0,97
—0,22
—0,13
+0,64
+1,24
+1,52
+0,77
— 0,08
— 0,75
—1,00
—0,91
+1,01
+0,86
—0,68
2.075
—0,87
—0,30
—0,18
+0,54
—0,86
0,81
+0,35
— 0,05
— 0,53
— 0,34
—0,97
0,86
+0,94
—0,76
M RE CESR
4,13
2,90
4,49
6,70
2,57
2,55
5,89
2,13
0,90
3,68
2,15
1,97
+
3,19
9,38
1,90
4,93
++ |
Gleichungen in Declination.
— 0,03
— 0,06
— 0,08
—0,15
— 0,26
— 0,14
— 0,16
— 0,12
— 0,08
— 0,04
— 0,035
— 0,02
+0,04
—0,08
— 0,14
+-0,16
+0,20
+0,10
+0,10
—=0,13
— 0,08
—0,06
+ 0,02
— 0,38
#102
— 0,94 Z’ +0, 16u = —
+0,33
+0,60
+0,80
+0,93
+0,99
+1,00
+0,90
—0,80
+0,64
— 0,41
+-0,17
—0,17
р
10,45
10,73
17,10
1,78
5,57
19,12
3,86
0,71
0,61
9,83
10,12
14,22
18,03
20,56
18,97
13,04
16,56
17,57
8,37
8,11
11,94
20,99
16,55
4,10
13,18
23,60
19,06
11,31
5,19
4,58
12,05 -
15,03
18,50
19,78
43,12
19,26
Pi
0,67
0,69
1,09
0,11
0,36
1,22
0,25
0,05
L. STRUVE, BESTIMMUNG DER CONSTANTE
+0,99 An +0,14 X’ +0,02 2° —0,92 Z' +0,13u= —3’00
+0,93
+0,80
—0,61
—0,40
+0,13
—0,11
— 0,57
— 0,62
— 0,81
—0,92
— 0,99
—0,99
—0,93
—0,79
— 0,60
— 0,40
—0,12
+0,19
+0,56
+0,63
+0,80
+0,94
+0,99
+0,99
+0,91
+0,78
+0,57
+0,36
+0,07
—0,19
—0,47
— 0,67
— 0,84
—0,96
— 1,00
—0,97
—0,86
—0,65
—0,49
—0,22
+-0,03
—0,58
+0,11
+0,04
+0,10
+0,12
— 0,18
— 0,15
+0,17
+0,17
+0,14
0,11
+0,04
+0,01
— 0,02
—0,05
— 0,08
— 0,10
— 0,11
— 0,17
— 0,15
— 0,12
—0,15
—0,08
—0,04
—0,01
+0,06
+0,16
+0,25
+0,34
0,30
+0,31
+0,36
+0,33
+0,23
+0,18
— 0,10
—0,02
— 0,09
— 0,23
—0,37
— 0,37
— 0,43
— 0,47
—0,38
— 0,92
28
М
15
—1,00
—1,02
21,06
1605
— 0.95
— 1,09
— 0,96
1,29
To
205
— 0,93
#50
“T2
05
08
ig
—1,22
—1,05
+-0,35
+0,59
+0,79
+0,92
+0,99
+0,99
+-0,93
+0,79
+0,59
+0,38
+0,16
— 0,12
— 0.56
— 0.61
— 0.80
— 0,91
—0,99
—0,98
— 0,93
— 0,77
— 0,60
—0,35
—0,13
+0,14 |
-+0,41
+0,63
+0,82
+0,93
+1,00
+0,98
—0,38
+-0,75
+0,54
— 0,28
— 0,04
— 0,25
—0,50
—0,76
—0,87
—0,97
— 1,00
—0,93
22565
20
211139
333
PRES er Ve in TES Bei Naked SU NOUS al u a De N en
DER PRÂCESSION UND DER EIGENEN BEWEGUNG DES SONNENSYSTEMS. 17
р Pi IE
C20 +-0,544n +0,24X'"—0,36 У’— 1,02 2’ —0,84u= — 1345 25,71 165 +0,15
21 +0,80 -+-0,40 —031 —117 —0,60 —2,75 804 051 —0,45
22 +0,91 -+040 —0,18 —108 —042 —0,31 1123 0,72 +2,28
7,099 Do) 005 2093. 018 — 36 20,36 130 —0,90
В +1099 1021 - +010. — 0,92 +015 2,74 11,79 075 +0,31
Dose 7050, 00141001 1048 973. 1489 0,95 -1:0.80
о +106 +056 — 105 +068 548 845 054 21,19
© #043 0.098 +059 086 +091 3,43. 1519 0,97 . +0,30
р 03 10ы4 +074: — 098 +098: 496 13.65.0837 — 012
nie 011° +068 057. +099 . 1,89 1289 :082 1,55
и 0 — 0556 +052 — 082 +089 — 040 993 064 +225
В 0069 040. +042. 052 +012 999 9631 168 —080
De 04 3007, 052-4045 — 053 05,65 164 10,92
09. 03-0098 019.160 :. 874-056 —0,15
M 098 0685 1014. 082 020 41,40 1249 079 +1,73
АО 10842062, 170 059 +372 030: 0,092 +4 74
eo "062066, 1029 2 074, 0,11 ; 591 058 —0.07
10 01 060 094 1089 +3597 1197 077. 4380
О 0’ 083. 7 099-346 541 0.354341
1 109 #014. 0174 107 098 +018 1231: 0,79 +0,49
ПОЮ 0 2068 056 — 088 2156 15,98 . 1,02. "0,89
ВЮ ог 057) 1 071 +930 11,42 0,73 +341
ОЗ 40.60 — 027 088 —039 --0.81 10,49 :0,67 +109
28 +098 +065’ 013 — 0,85 — 020—293 1299 - 0,83--0,06
ВН 2098. +115 +096, — 091 +022: 454. 8421054. —119
2,084 +053 +049 — 069. +054 — 9/34 1855 119 4113
30,050. +043 014. — 010 +1087 2-384 1547 099. +002
= 006 +00 096 —052% 1100 436; 3208. 205° 1,20
в 030. 001 +070 055. +095 = 333 22,75 146. — 0,68
В 073 2057 +054 069 068 918 1400. 0.90. 0.15
й — 091 088 +040 = 0650 +041 0.66. 803 0,51..-0,95
100—000 005 020,63. -— 006 +050’ 12.99 0834072
00053-04202 043 2 — 1,35% 95 050—134
Ох — 066 0,73 12-0841 —069> — 5593 976 018. —3.87
a 005. 098.2 099. 055 2097 177 705.045 20.63
01. 3015 0.99 ‹ 0.70 — 098-134 349 054 +0,20
00. 10. 035-080 086. — 0.70 10,59 0:68: 20,88
МАО 4078 20521 — 072 —056 0/16 16,23 1,04: +0,61
0 1.098 4084 013: — 0.66 2018, +023 16,85 108 +2,09
ВО +4032 +020. 036 27034. 6,19. 0476 159: 3,77
2 0) +05 +050’ —031 6065-2926 1353 087 +0,44
ОИ" + 0,04 1076’. 0.40° 2099123547 18,01 115 : — 0,54
Mémoires de l’Acad, Гор. des sciences. VIIme Serie. \ 3
4
5 —0,93
6 —0,97
7 — 0,41
8 —0,02
9 +0,57
0 -0,95
1 —0,92
2 —0,90
3 —0,72
4 —0,76
Die Behandlung dieser Gleichungen nach der Methode der kleinsten Quadrate führt
L. STRUVE, BESTIMMUNG DER CONSTANTE
—0,60 An/—0,61 X'
— 1,14
—1,19
—0,70
— 0,01
— 0,67
—0,91
0,87
—0,70
—0,66
+0,73
+0,38
+0,75 Y'—0,45 7!
— 0,54
—0,51
067
Оу
0,53
—0,41
2017
015
20:19
— 0,16
zu folgenden Systemen von Endgleichungen:
aus den Rectascensionen:
92,69 Am’ + 4,81 An
+ 4,81
+-10,26
— 10,66
— 2,39
woraus:
-+10,26 X’
+10,60 —+-19,22
+19,22 —=65,25
+ 1,79 + 3,12
+ 1,56 + 1,82
Am = —92,725
An —= +1,368
X' = —0,493
У’ = —4,386
и = —0,037
aus den Declinationen:
+ 63,3140’ +23,11 Х’ — 1,65 У
— 1,40
16,52
— 3,69
+23,31
+23,11
— 1,65
— 769.
"409
woraus:
+17,61
— 1,40
— 2,93
— 1,80
ни
— 15090
0,206
— 3,284
+2,033
+-0,408
+0,34
—0,20
—0,91
—0,99
— 0,82
—0,32
+0,28
+0,41
— 0,48
—0,50
—10;66 У’ — 2,39u— —204/49
+ 0,79и= —1"19
—3,53
—1,53
+1,77
—2,86
+2,96
—1,27
—0,46
—1,98
+3,04
—0,28
р
17,25
441
451
1,41
13,95
11,67
22.10
17,48\ 1,19 +160
912 058 1652
13,45 0,86 +1,93
24,76 159 —0,67
, & у 5 LES
Fr AS Bein м Со вах а v = О a N! С : RE ааа 2
N a SM ES EN en
+ 170 зе
+ 3,12 + 1,82 — 47,49
+6487 1058. a
419,58 + 1187 0 à NE
т, Е. — +0963
==1,129
+0,450
+0,437
+1,012
1
D. 76920 2 Чт |
и: $
— 8600 че :
+104,99 12,62 -+228,25 4
100 re;
‘т. Р. = = 0,355
0,672
0,743
+0.209
+0,392
1
DER PRÂCESSION UND DER EIGENEN BEWEGUNG DES SONNENSYSTEMS. 19
Die beiden Werthe von w zeigen, dass sich in den Bewegungen der Sterne gar keine
Andeutung einer Rotation von der oben erwähnten Art ausspricht. Nehmen wir an, die Ro-
tationen gingen in parallelen Ebenen zu der Ebene der sichtbaren Milchstrasse vor sich, so
können wir angenähert setzen & = 280°, à = 62° 30’ und erhalten damit aus den Rectas-
censionen und Declinationen für dl die Werthe !) + 0,042 = 1158 und — 0,467 = 07449,
also aus beiden Bestimmungen zusammen:
di = —0'413 + 07424
Bemerkenswerth ist die gute Uebereinstimmung dieses Werthes mit dem von Dr. Bolte
für dieselbe Grösse gefundenen). Aus den von Dr. Bolte gegebenen drei Werthen von dl,
die für ein Zeitintervall von 65 Jahren gelten, erhält man nämlich für 100 Jahre
4 = — 0,355, — 0,477, — 0,496. Hiernach könnte man Realität der gefundenen Ro-
tationsconstante voraussetzen, doch muss man diese Uebereinstimmung für’s Erste wohl nur
als eine rein zufällige ansehen, auch lassen sich beide Bestimmungen durchaus nicht mit der
von Dr. Rancken gefundenen (+ 5,645 aus den Rectascensionen und + 2,385 aus den
Declinationen) in Harmonie bringen. Die Rancken’schen Werthe haben darin etwas für
sich, dass sie nur aus Sternen in der Nähe der Milchstrasse gezogen sind, und es sehr wohl
möglich ist, dass diese Sterne eine gemeinsame Rotation besitzen, die sich aber in der Ge-
sammtheit aller Sterne nicht ausspricht. Dies wäre z. B. der Fall, wenn der Schwerpunct
unseres Fixsternsystems in der Ebene der Milchstrasse liegt und die Sterne sich in ebenen
Bahnen um ihn bewegen, derart, dass der Sinn dieser Bewegung im Allgemeinen derselbe
ist. Demzufolge scheint es mir vorläufig das Richtigste, von einer allgemeinen Rotation des
Fixsternsystems gänzlich abzusehen, und ich habe daher die Gleichungen noch einmal auf-
gelöst, indem ich bloss eine Verbesserung der Präcessionsconstante und die eigene Bewegung
des Sonnensystems als Unbekannte einführte. Die Gleichungen (2*) lieferten folgende Nor-
malgleichungen, die sich aus den oben gegebenen leicht berechnen lassen:
aus den Rectascensionen:
+ 83,194 (7) + 17,06 X— 9,07 У= — 198/84 + 86594 (A(%,) и)
21706 266,95, + 3,19 — 2 4749 + 10,96
or 312. 6487, — 953,86 10,66
1) Die angegebenen Fehler sind immer mittlere, 2) Untersuchungen über die Constante der Präcession
nicht wahrscheinliche. pas. 23.
3*
20 L. STRUVE, BESTIMMUNG DER CONSTANTE
woraus:
(7) = + 28471 + 10691 (Ay) +) m = + 02852
X = + 0,2232 — 0,1218 (a(9) er в. + 0,3196
Е 2,.0090 (4(%) 4 x) + 0,3141
aus den Declinationen:
+ 63,31 Ant 23 11IX- 165 F— 769222 70004 В,
93 TL NE ATOS AD. Le 208 = ое a
р 60 dE
— 7,69 -— 298 — 3,69 +10499, = + 228925 105.15
woraus:
An = — 171206 — 0,0686 v m. Р. = + 0,3538
X — -+ 0,2447 + 0,1109 v + 0,6708
У = — 2,7152 — 0,1208 у + 0,5027
7 — + 20094 — 1,0077 v + 0,1996
Aus dem Werthe von An erhält man durch
4(%) — An cosec ©
für die Correction der angenommenen hundertfachen Präcessionsconstante:
А(1)= — 28142 —0/1725v м. Е = + 08884
Vergleicht man die beiden aus den Rectascensionen und Declinationen erhaltenen
Werthsysteme, so fällt sofort die überraschend gute Uebereinstimmung der beiden für die
hundertmalige Correction der Präcessionsconstante erhaltenen Werthe auf. Wie die beige-
fügten mittleren Fehler beweisen, ist diese Uebereinstimmung übrigens bloss eine zufällige
zu nennen. Da die gefundene Correction um das Zehnfache den aus den Rectascensionen
und um das Dreifache den aus den Declinationen gefundenen mittleren Fehler übersteigt,
so verlangen die benutzten Kataloge offenbar mit grosser Entschiedenheit eine recht be-
trächtliche Verkleinerung der Präcessionsconstante, wie man auch aus den Gleichungen un-
mittelbar erkennt. Vereinigen wir die beiden Werthe für diese Correction unter Berück-
sichtigung der sich aus den mittleren Fehlern ergebenden Gewichte, so erhalten wir den
definitiven Werth
dy n n dA à in
4(4)= — 28440 + 0,9692 (A(%)+ в) — 00161 у == 039715,
welcher für die Epoche 1805 gilt. Die von meinem Vater abgeleitete Präcessionsconstante
DER PRÂCESSION UND DER EIGENEN BEWEGUNG DES SONNENSYSTEMS. 21
hat für 1800 den Werth 50/3798. Nimmt man also die von Peters berechnete Variation
dieser Grösse als exact an, so ergiebt sich aus meiner Rechnung für 1800
db р и dÀ и и
de — 50/3514 + 00097 (А(1)-= в) — 0,0002 у = 00027
Im Folgenden gebe ich еше Vergleichung dieses Werthes der Lunisolar Präcession
mit den von anderen Berechnern der Zeit nach für dieselbe Grösse gefundenen Werthen:
Bessel 50,3635
О. Struve 50,3798
Nyrén 50,3269
Dreyer ') 50,3820
50,3584
Bolte 50,3570
{ 50,3621
Г. Struve 50,5514
Die von mir berechnete Präcessionsconstante ist also nächst der Nyren’schen die
_kleïnste von allen. Von den angeführten Bestimmungen sind ausser der meinigen noch die
beiden von Bessel und meinem Vater einerseits auf die Bradley’schen Beobachtungen
gegründet. Nun giebt Auwers + 0,84 als Correction des Aequinoctium der Fundamenta ?).
Hätte ich also meiner Rechnung statt des neuen Katalogs der Bradley’schen Sterne von
Auwers die Fundamenta (für Nutation corrigirt) zu Grunde gelegt, so würde ich die Prä-
cessionsconstante um 0,0097 X 0,84 = 0,0081 grösser erhalten haben, 4. В. den Werth
50,3595, der mit den Werthen von Bessel und Dr. Bolte fast identisch ist. Eine etwa an
die Declinationen anzubringende constante Correction wäre, wie man sieht, so gut wie ganz
ohne Einfluss auf das Resultat; es muss also angenommen werden, dass der übrig bleibende
Unterschied zwischen den Bestimmungen von O.Struve und mir durch die Fehler der Be-
1845 + 1865
2
comb°) — 0,63 als wahrscheinliche Correction der Rectascensionen von Dorpat 1825. Nimmt
man diese Correction an, so muss die von meinem Vater aus den Rectascensionen berech-
=> — — 0,0090 corrigirt werden. Da die wahrscheinli-
chen Fehler der von ihm aus den Rectascensionen und Declinationen gefundenen Werthe
resp. + 0,67 und = 0,86 sind, so folgt daraus die Correction — 0,0056 seiner Präcessi-
stimmungen der Aequinoctien für 1825 und entstanden ist. Nun giebt New-
nete Präcessionsconstante um —
1) Dieser Werth ist der von Schönfeld corrigirte 2) Neue Reduction der Bradley’schen Beobachtun-
Dreyer’sche (Vierteljahrsschrift der Astron. Gesellschaft | gen. Vol. III pag. 57.
XVII p. 253) unter Annahme der Differenz 071387 nach 3) Vierteljahrsschrift der Astronomischen Gesellschaft
Peters zwischen der Lunisolar- und der allgemeinen | XIII pag. 108.
Präcession. Der von Dreyer selbst gegebene Werth ist
um 0,0068 kleiner,
22 L. STRUVE, BESTIMMUNG DER CONSTANTE
onsconstante; sie würde also — 50,3742. Der Unterschied zwischen den Werthen dieser
Constante nach meinem Vater und mir, der früher 0/0284 betrug, ist damit auf 0,0147,
also auf wenig mehr als die Hälfte seines früheren Betrages herabgedrückt worden. Dieser
kleine Unterschied kann aber vollständig durch die Unsicherheit der beiderseitigen Bestim-
mungen erklärt werden, da der mittlere Fehler der Bestimmung meines Vaters #0,0112
beträgt, also nicht viel kleiner ist, wie dieser Unterschied selbst.
Um zu prüfen, welchen Einfluss die eigene Bewegung des Sonnensystems auf die Be-
stimmung der Präcessionsconstante ausübt, habe ich in den Normalgleichungen Х = У=й==0
gesetzt und damit erhalten:
aus den Rectascensionen 4(%) — — 9,330 m. Е. = == 0'440
» » Declinationen 4%) — — 3,024 20,950,
also im Mittel, unter Berücksichtigung der Gewichte
a) = — 25458 + 0,399
Die Präcessionsconstante wird demnach nur wenig geändert. Der gefundene Werth ist
älso von der Bewegung des Sonnensystems fast ganz unabhängig, was jedenfalls nur dazu
beitragen kann, das in ihn zu setzende Vertrauen zu erhöhen. Auch die Uebereinstimmung
der Resultate aus den Rectascensionen und Declinationen ist eine zufriedenstellende, wenn
auch keine so gute wie oben. Dagegen wird das Gewicht der Bestimmung erheblich verklei-
nert. Die Berücksichtigung der Sonnenbewegung ist daher entschieden vortheilhaft, auch
ist dieselbe in den Gleichungen mit einer solchen Evidenz zu erkennen, dass eine Vernach-
lässigung derselben nicht erlaubt erscheint.
Was die übrigen Unbekannten betrifft, so ist auch hier die Uebereinstimmung der aus
den Rectascensionen und Declinationen erhaltenen Werthe eine zufriedenstellende zu nen-
nen. Um aus den gegebenen Werthen für die Componenten der Bewegung des Sonnensy-
stems die uns mehr interessirenden Werthe von A, D, q zu erhalten, setzen wir der Kürze
halber:
gi
й
р
мы
||
|
9 +
й —
k +-
wo die accentuirten die von etwaigen systematischen Correctionen der Eigenbewegungen
abhängigen Glieder bezeichnen.
Berechnet man jetzt A, und D, aus den Formeln
HAE
Va +h?
tang À, = r tang D, =
aeg cn
Den à
DER PRÄCESSION UND DER EIGENEN BEWEGUNG DES SONNENSYSTEMS. 23
so wird mit genügender Annäherung:
ne и
sin р №
1 (9? + h?) Е — k (gg' + №)
D=D-+ av (++) Va +R
ИРИ Ih! Kk/
рр м
eg VE
Um die mittleren Fehler dieser Grössen zu erhalten, haben wir, wenn wir die mittle-
ren Fehler von X, Y, Z resp. mit e,, €, =, bezeichnen,
BIN DEEP
He `ъш Г (X2+ У?)
_ У + Ye) +R - Уре?
DZ in 1" (Х?-н У?-н 2) у Х2- у?
Хед? - УЗ? Zi
y ==
z + У2- 72
Bei der Berechnung der mittleren Fehler habe ich auf еше etwaige Correction der
Rectascensions- und Declinationsunterschiede und der Präcession durch die Planeten keine
- Rücksicht genommen und daher in diesen Formeln für X, У, Z unmittelbar д, h, k ange-
nommen. Damit wird
aus den Rectascensionen
А= 272° 57 — 100,3 (A ei +) MF == 414
aus den Declinationen
A=: 275° 9 + 195,6 v ER Е 144
D— + 36 19 — 903,5» Fe 45
q = + 3,3832 — 0,4918 v + 0,4232
Vereinigt man die aus den Rectascensionen und Declinationen erhaltenen Werthe für
X und Y mit Rücksicht auf die ihnen zukommenden Gewichte, so erhält man:
X = + 072271 — 0,0993 (4(%) + x) + 0/0205v м. F. + 0'2885
X = — 33710 — 0,0065 (4(*) + в) — 0,0339 v + 0,2664,
woraus sich, mit Rücksicht auf den Werth von Z, als definitive Werthe der Unbekannten
ergiebt für 1805:
24 L. STRUVE, BESTIMMUNG DER CONSTANTE
HOT I 188 (4() + в) + 199% Е + 4 16
ал |
еж то (4(2) в) — 699,4 » + 1 43
n и а» 1!
а = +-4"3642 — 0/0109 (4(2) de k) — 0/2463v + 0,2539
Die Uebereinstimmung der aus den Rectascensionen und Declinationen gewonnenen
Werthe für A ist als eine befriedigende zu bezeichnen. Zur Vergleichung gebe ich im Fol-
genden ein Verzeichniss der mir bekannten früheren Bestimmungen von A und D, reducirt
auf 1800:
A
(260,6 +
W. Herschel 1245,9 Sk
Gauss .. 259,2 +
Argelander. 259,9 +
Голда... 12525 =
О. Struve!). 261,5 +
Galloway .. 260,1 —-
Маег. .... 261.6 +
Airyd).... 261,5 gu
Dunkin’) 026877 1-
Bu 273,9
Gylden®)... 260.5
Г. de Ball. 269,0 +
Rancken°’).. 284,6 +
Bischof®) .. 285.2 +
Ubaghs ).. 262,4 +
L..Struye... - 273.3 +
Anzahl der
D Epoche. benutzten Sterne.
26,3 = eu
40,4 — —
30,8 — =
32,5 "17995 390
14,4 1792,5 147
37,6 1790 392
34,4 1790 78
39,9 1800 2163
24,7 1800 113
25,0 1800 1167
— 1800? %
— 1800 ?
23,2 1860 67
31,9 1855? 106
48,5 1855 480
26,6 1810? 464
27,3 1805 2509
Aus dieser Zusammenstellung folgt, dass wir zwar ungefähr die Richtung der Sonnen-
bewegung angeben können, dass wir aber noch weit davon entfernt sind, nach einer mit der
1) Indem W. Struve eine veränderte Annahme über
die Polhöhe von Greenwich macht, reducirt er den von
О. Struve gefundenen Werth von D auf 1194. Cfr. Die
Einleitung zu den Positiones mediae pag. OXXXV ff.
2) Der angegebene Ort ist der zweite von Airy berech-
nete, dem er selbst den Vorzug gab.
3) Aus demselben Grunde, wie bei Airy, der zweite
von Dunkin berechnete Ort.
4) Der erste Werth von А ist aus der von Gyldén
gegebenen Reihe (e) abgeleitet, cfr. Antydningar om lag-
bundenhet i Stjernornas rörelser (Referat in der Viertel-
ahrsschrift der Astronomischen Gesellschaft IX). Der |
zweite ist den Grundlehren der Astronomie pag. 388 ent-
nommen.
5) Das angegebene A ist das Mittel aus den von Ran-
cken aus den Rectascensionen und Declinationen ge-
fundenen.
6) Bischof giebt noch den Ort A = 29098 D =
+ 4395, nach der Airy’schen Methode berechnet. Der
aufgeführte Ort ist aber von ihm als Endresultat gege-
ben und daher auch hier angewandt.
7) Das Mittel aus den drei von Folie (Astr. Nachr,
№2733) gegebenen Bestimmungen unter Berücksichtigung
der Gewichte nach den Anzahlen der benutzten Sterne.
DER PRÄCESSION UND DER EIGENEN BEWEGUNG DES SONNENSYSTEMS. 25
Zeit fortschreitenden Aenderung dieser Richtung forschen zu können, Eine Vereinigung
dieser Bestimmungen unter Berücksichtigung der aus ihren mittleren Fehlern folgenden
Gewichte ist nicht statthaft, weil bei ihrer Berechnung häufig dieselben Sterne angewandt
und sie daher nicht unabhängig von einander sind, Ich nehme daher einfach das arithmeti-
sche Mittel aus allen mit Ausnahme der Bestimmungen von W. Herschel und Gauss, die
bloss den Werth einer Schätzung haben, und der Airy’schen, die nach seiner eigenen An-
gabe eigentlich nur ein Rechenexempel zu seiner Methode bildet und deren Grundlagen
einen Theil der von Dunkin benutzten Kigenbewegungen bilden. Damit ergiebt sich im
Mittel:
А = 266°7 D = + 3150,
welcher Ort von dem wahren wohl nicht weit entfernt sein dürfte. Mit Ausnahme der Ве-
stimmungen von Lundahl und Bischof und des A von Rancken stimmen alle mit diesem
Mittelwerthe in genügender Weise überein.
Eine directe Vergleichung des von mir gefundenen Betrages der Geschwindigkeit 9
ist nur mit den von О. Struve und Dunkin erhaltenen zulässig. Der von Airy gefundene
ist, wie erwähnt, nur als das Resultat eines Rechenexempels zu seiner Methode anzuse-
hen. Airy hatte für seine Rechnung aus allen von Main berechneten Eigenbewegungen
die grössten ausgesucht, also nur solche Sterne angewandt, die uns wahrscheinlich viel
näher sind, als die übrigen derselben Grössenclasse angehörigen, die mithin einen entspre-
chend grösseren Werth von 4 (24,34) liefern müssen. Die anderen Bestimmungen sind von
dieser Willkür frei. Reducirt man die von О. Struve und Dunkin für die Entfernung der
Fixsterne erster Grösse gefundenen Werthe auf die Entfernung der Sterne sechster Grösse,
unter Anwendung der von ihnen benutzten Werthe der relativen Distanzen, so ergiebt sich
für die Bewegung des Sonnensystems in 100 Jahren, senkrecht gesehen aus der Entfernung
der Sterne sechster Grösse
nach 0. Struve....q = 4,31
D Dune ele 5,22
von LL. Struves et 4,36
Der von mir erhaltene Werth von д stimmt also mit den von О. Struve und Dunkin
berechneten gut überein. Im Mittel aus allen drei Bestimmungen wird
74.68
Ueber die von anderen Rechnern erhaltenen Werthe für die Geschwindigkeit der Son-
nenbewegung lässt sich das Folgende aussagen:
Professor Gyldén hat die Rechnung zur Bestimmung von A und 4 auf einem anderen
Wege, als dem von mir eingeschlagenen, durchgeführt, indem er die Eigenbewegungen in
Rectascension von Sternen in der Nähe des Aequators durch eine trigonometrische Reihe
Mémoires de 1’Acad. Пир. des sciences. VIIme Série. 4
26 L. STRUVE, BESTIMMUNG DER CONSTANTE
darstellte. Will man in analoger Weise D mitbestimmen, so müsste man die Eigenbewe-
gungen in Rectascension und Declination durch Reihen nach Kugelfunctionen darstellen,
was sehr weitläufig wäre, und würde sich später doch, wie auch Gylden, veranlasst sehen,
nur die ersten Glieder als reell anzusehen, womit man zu denselben Resultaten, wie nach
der von mir angewandten Methode geführt würde. Ich halte daher diese Rechnung gegen-
wärtig noch für verfrüht. Für q cos D findet man aus der letzten von Gyldén in seinen
«Antydningar om lagbundenhet à Stjernornas rörelser» gegebenen Reihe den Werth 5,82,
also, unter Anwendung des Werthes D = +- 3150 4 = 6,80, wobei die Annahme gemacht
ist, dass die von Gylden- benutzten Sterne im Mittel sechster Grösse sind.
In seinen «Grundlehren der Astronomie» (pag 388) berechnet Gyldén aus den von
Mädler abgeleiteten Eigenbewegungen in Rectascension der dem Aequator nahen Brad-
ley’schen Sterne 0 cos D = 5/05, woraus sich 4 = 5/89!) ergiebt. Der erste dieser
Werthe von 4 ist deshalb unsicherer, weil es schwer zu übersehen ist, welches die mitt-
lere Grösse der angewandten Sterne ist; bei der zweiten Rechnung war sie sehr nahe die
sechste. Dieser zweite Werth stimmt auch mit den oben aufgeführten viel besser überein.
Vereinigt man ihn mit diesen zu einem Mittel, so ergiebt sich д = 4,94.
Ranken findet für die Geschwindigkeit der Sonnenbewegung in einem Jahre 9,79
Radien der Erdbahn. Da ich seine Arbeit nur aus dem kurzen Auszuge in den «Astrono-
mischen Nachrichten» kenne, kann ich daraus keinen genauen Werth für q berechnen. Nimmt
man aber an, Rancken habe bei seiner Rechnung den von Gyldén adoptirten Werth 0,083?)
für die mittlere Parallaxe der Sterne erster Grösse angenommen, so würde sich mit dem
von mir angewandten Verhältnisse der mittleren Entfernungen der Sterne erster und sechs-
ter Grösse ergeben g = 10,52, ein Werth, der mehr als doppelt so gross ist, als der von
mir gefundene. Die angewandten Sterne sind in diesem Falle auch nur solche mit starker
eigener Bewegung, doch ist der Einfluss dieses Umstandes durch Anwendung der Gylden’-
schen Hypothese über die Entfernungen der Fixsterne verringert worden.
Bischof findet (gleichfalls aus Sternen mit starker eigener Bewegung) für das Ver-
hältniss der Geschwindigkeit der Sonnenbewegung zu der mittleren Entfernung der von
ihm angewandten Sterne den Werth 0,3367. Nehmen wir diese Sterne als im Mittel sie-
benter Grösse an, so folgt daraus 4 = 49,48, also eine noch einmal so grosse Geschwin-
digkeit, als die von Airy gefundene.
Dr. Ubaghs endlich findet für das Verhältniss - aus Sternen zweiter, dritter und
vierter Grösse resp. die Werthe 5,7, 4,5, 2,8, woraus sich, auf Sterne sechster Grösse F
1) Gyldén leitet selbst q = 6/24 ab. Der Unterschied 2) Vierteljahrsschrift der Astronomischen Gesellschaft
gegen den oben gegebenen Werth rührt davon her, dass | XII pag. 300.
Gyldén D = + 36° annimmt. 3) Astronomische Nachrichten № 2733.
о клан АА ras =
PN
4
DER PRÄCESSION UND DER EIGENEN BEWEGUNG DES SONNENSYSTEMS. 27
reducirt, ergiebt 1,31, 1,62, 1,43, im Mittel g— 1,45. Dieser, weitaus der kleinste, Werth
ist übrigens nach einer Bemerkung von Herrn Folie nur als ein provisorischer anzusehen.
Es sind daher die von den Herren Rancken, Bischof und Ubaghs gefundenen
Werthe mit den von О. Struve, Dunkin und mir erhaltenen garnicht vergleichbar. Die
letztgenannten haben gewiss den Vorzug, dass bei der Auswahl der Sterne keine Willkür
geherrscht hat.
Schliesslich will ich noch als ein Zeugniss für die Sicherheit der Resultate meiner
Rechnung auf die nach Auflösung der Gleichungen übrig bleibenden Fehler hinweisen, die
neben den Gleichungen in der Columne О— С gegeben sind. Vor der Ausgleichung war die
Summe der Fehlerquadrate 3 pv° = 2371,72 aus den Rectascensionen und 1151,42 aus
den Declinationen, während sich nach ausgeführter Ausgleichung dafür resp. 702,24 und
476,74 ergab. Es folgt hieraus, dass in den für die einzelnen Trapeze gebildeten Normal-
örtern der grössere Theil der motus peculiares der einzelnen Sterne sich ausgeglichen hat.
Die von mir gefundene Präcessionsconstante habe ich benutzt, um daraus mit Hülfe
der von Nyrén aus den Pulkowaer Beobachtungen abgeleiteten Nutationsconstante !) die
Constante der allgemeinen Präcession, sowie die Präcession durch die Planeten und die
säculären Aenderungen dieser Constanten zu berechnen. Die von mir zu diesem Zwecke an-
gewandten Massenwerthe der Planeten sind die folgenden:
т = on (angenommen)
Curie ne (nach Leverrier)
& т = | » Backlund)
т" =? ( » Hall
DM — Е ( » Веззе und Schur)
$ т’ — rer | » Bessel)
& m" = (о Leverrier)
A MINE m! » Newcomb)
Von diesen Massenwerthen stimmt nur der von Uranus mit dem von Leverrier zur
Berechnüng der säculären Störungen der grossen Planeten ?) angewandten genau überein. Die
1) Die Abweichung dieser Nutationsconstante von der | dene Präcessionsconstante nicht wesentlich ändern würde,
Peters’schen ist so klein, dass ihre Anwendungdie gefun- 2) Annales de l’Observatoire de Paris. Vol. II, Chap. IX;
4*
mi VE } в] + u“ у LE, AU TO PR ON DEN LE COPA LAN ITU ва
x ES Е HAUT Fee VI FORT ZRH EEE И ОАО
; 59 ; SES ST
28 L. STRUVE, BESTIMMUNG DER CONSTANTE
Bewegung der bewegten Ekliptik gegen die feste zur Zeit T wird bekanntlich dargestellt :
durch die Formeln
р” = tang п” sin II” 4’ = tang x” cos II”,
wo x” die Neigung zwischen beiden Ebenen und II” die Länge des aufsteigenden Knotens
der bewegten Ekliptik in der festen bedeutet. Innerhalb einiger Jahrhunderte kann man р”
und g” in Reihen nach steigenden Potenzen der Zeit entwickeln von der Form:
= + -..
Ч” — Е бек...
Für g und g’ findet Leverrier') die Ausdrücke:
90 = 005888 + 0/00627 у + 0/07562 у" + 0700733 v’’ — 0702496 v IV — 0/00540 v V + 0,00002 v VI — 0700005 у Уп
9’, = —0,47566 — 0,00525 у — 0,28879 у’ — 0,00832 у'" — 0,16009 v IV — 0,01313 v V — 0,00008 v VI — 0,00002 v УИ
wo У, У,,. + » VTetwaige an die von Leverrier angewandten Massen anzubringende Correcti-
onen in Theilen dieser Massen bedeuten. Eine Correction der Erdmasse ist hier ganz ohne
Bedeutung. Die von mir benutzten Massen, verglichen mit den von Leverrier angewandten,
geben nun:
DER 9.39794.
lo V8 3070
log у’ — 8,87802
Joy 9 125674
log v" = 7,36478
log v, = 7,47149
log "= 9,42981,
Damit wird
g = + 0,05438 g = — 0146641,
welche Werthe für 1850 gelten.
Für k und k giebt Leverrier
№ = + 0,00001964 К’ — + 0,00000568
0
. Diese Werthe sind erhalten durch Summation der von den Einwirkungen der einzelnen
Planeten herrührenden Beträge. Setzt man also:
1) a. а. О. pag. 104. Durch den Index 0 bezeichne ich die von Leverrier gefundenen Grössen.
DER PRÂCESSION UND DER EIGENEN BEWEGUNG DES SONNENSYSTEMS. 29
as п) CASE (п)
k — 58.9 й — 50.0,
so giebt Leverrier à,p°° und 3,9" für jeden einzelnen Planeten.
Für die von Levrrier mit 5”) und 54”) bezeichneten Grössen (für die Erde = д und
9) kann man setzen
Sp" N Sp” 9”
50” a 59.” + pb
wo а” und & die von den Correctionen der Massen abhängigen Glieder!) bedeuten. Man
erhält dann aus den in der erwähnten Arbeit von Levrrier gegebenen Formeln leicht für
die Wirkungen von Mercur und Venus die Ausdrücke:
В — 18,00 — 20 ME — 0") sin 17} (1 +0)
89 — À &,q, + ЕС’ М (а — a”) sin 1” } (1 + У,
° мо C’ und M aus den Tafeln von Levrrier?) entnommen werden müssen. Für die oberen
Planeten hat man in diesen Formeln bloss C’ durch © zu ersetzen, welche Grösse in den-
selben Tafeln enthalten ist.
Damit findet sich, den oben gegebenen Massen entsprechend:
k = + 0/00002002 k = + 0,00000566,
welche Werthe, streng genommen, gleichfalls für 1850 gelten. Ihre Variation mit der Zeit
ist aber eine so kleine, dass man sie ohne weiteres als auch für 1800 geltend annehmen kann.
Um die Werthe für g und 9’ von der Zeit T auf $ zu reduciren, kann man von den
von Hansen?) gegebenen Formeln:
Ag —=(2k-+- 94, sin 1”) & — Т)
Ag = (2 #— gb, sin 1) & — 7)
Gebrauch machen, wo ф, die Constante der allgemeinen Präcession für die Zeit 7 bedeutet.
Indem ich in diese Formeln für 4, den aus meiner Rechnung angenähert folgenden Werth
50,22 einsetze, finde ich für die Reduction von g und g’ von 1850 auf 1800 die Werthe
Ag = + 000368 Ag = + 0,00010
und damit für 1800
g = + 0,05806 g = — 0,46631
1) а. a. O. pag. 100—102. von n? aus der Tafel entnommen werden.
2) a. a. O. pag. 93—96. Für M muss der Coefficient 8) Astronomische Nachrichten № 824.
£:
30 L. STRUVE, BESTIMMUNG DER CONSTANTE
Dieser Werth von 9’, der nichts anderes ist, als die jährliche Variation der mittleren
Schiefe der Ekliptik, ist erheblich kleiner, als die von Peters und Leverrier für diese
Grösse gefundenen Werthe. (nämlich resp. — 0,4776 und — 0547566) Dieser Unterschied
hat seinen Grund vornehmlich in der veränderten Annahme über die Venusmasse. Um zu
untersuchen, wie er mit den Beobachtungen übereinstimmt, habe ich ausser den von Lever-
rier') zusammengestellten Bestimmungen der Schiefe der Ekliptik noch die von Dorpat 1825,
Pulkowa 1845 und 1865, Leyden ?) 1870 und die im letzten Jahrzehnt in Greenwich gemach-
ten Bestimmungen benutzt, wobei ich für die Schiefe der Ekliptik von 1755 den mir von
Herrn Geheimrath Auwers freundlichst mitgetheilten, aus seinen Untersuchungen folgenden
Werth (Correction der Hansen’schen Schiefe für 1755 = -+ 0,5) anwandte. Aus diesen
Bestimmungen erhielt ich
0, = 23° 27' 54,89 — 0,46835 (é— 1800),
welcher Werth von der von Hansen abgeleiteten Schiefe für 1800 nur um + 0,09 ab-
weicht. Die Variation desselben stimmt sowohl mit der Hansen’schen wie mit der vorste-
hend theoretisch abgeleiteten gut überein. Ni
Unter Anwendung der von Nyrén abgeleiteten Nutationsconstante 9,2360 (für 1800)
fand ich ferner unter Benutzung der von Peters und Nyrén gegebenen Formeln:
n = 17,2369
ь — 2.20156
und damit für 1800 nach der Bezeichnung von Peters:
{ф’ = 50,3514 £ — 0/0001066 #
0 = h + 0/00000709 #
À = 0514581 — 0,00023484 #
т — 46,0417 + 0,0002741 t
20,0494 — 00000849 #
S
I
п’ = 0546991 t — 0,000003143 À
П” = 172° 54 10” — 9503 é
{, = 50,2176 & + 050001088 #
h — 0,46631 $ — 0,0000014 2
M — 172” 54 107 1.320067
©
||
Damit wäre also nach шешег Rechnung an Stelle der von Peters am Schlusse seines
Numerus constans nutationis gegebenen Tabelle die folgende zu setzen, bei der ich die mitt-
lere Schiefe der Ekliptik für 1850 nach Hansen angenommen habe:
1) Annales de l’Observatoire de Paris. Vol. IV, p. 51.
2) E. F. v. d. S. Backhuyzen, Bepaling van de helling der Ecliptica. Leyden 1879.
DER PRÄCESSION UND DER EIGENEN BEWEGUNG DES SONNENSYSTEMS. эй
Allgemeine |Mittlere Schiefe
Präcession. | der Ekliptik.
50,2177 |28° 27’ 54774 46/0417 20/0494 1,302101 074699
50,2197 50,07 46,0444 20,0486 1,302082 0,4698
50,2219 45,41 46,0472 20,0477 1,302064 0,4698
50,2240 40,75 46,0499 20,0469 |. 1,302046 0,4697
50,2961 36,08 | 46,0527 20,0460 1.302028 0,4696
50,2288 31,49 | 46,0554 20,0452` 1.302009 0,4696
50,2304 26,76 | 46,0581 20,0443 1,301991 0,4695
50,2395 22,09 | 46,0609 20,0435 1,301972 0,4695
50,2347 17,48 | 46,0636 20,0426 1,301954 0,4694
50,2368 12,77 | 46,0664 20,0418 1,301936 0,4693
50,2389 8,10 | 46,0691 20,0409 1,301917 0,4693
Anhang.
_ Раш dem neuen von Auwers bearbeiteten Kataloge der Bradley’schen Sterne auch
ihre Eigenbewegungen enthalten sind, welche durch Vergleichung der Bradley’schen Be-
obachtungen mit den neueren Greenwicher Katalogen und dem Kataloge der von Becker in
Berlin beobachteten Sterne abgeleitet wurden und auch in dem Kataloge der 3542 am Pul-
kowaer Meridiankreise bestimmten Sterne wiedergegeben sind, so erscheint die vollständige
Veröffentlichung aller von mir berechneten Eigenbewegungen nicht erforderlich. Dagegen
dürfte die Wiedergabe derjenigen Eigenbewegungen, welche von den Auwers’schen erheb-
licher abweichen, nicht ohne Interesse sein. Was man unter einer erheblicheren Abwei-
chung zu verstehen hat, ist natürlich bis zu einem gewissen Grade willkürlich; ich entschloss
mich, in das folgende Verzeichniss alle diejenigen hundertjährigen Eigenbewegungen aufzu-
nehmen, welche in Declination um mindestens 2” von den Auwers’schen abweichen. In
Rectascension nahm ich die Grenzen für Sterne
bis 30° Пес]. zu 0515
von 30° — 60 » ›» 0,20
» 60 — 70 » » 0,25
» 10 — 75 » » 0,30
» 75 — 80 » » 0,40
» 80 — 84 » » 0,50
Die Unterschiede zwischen den von Auwers und mir abgeleiteten Kigenbewegungen
sind im Grunde nichts anderes als die Unterschiede der Oerter in den benutzten neueren
32 L. STRUVE, BESTIMMUNG DER CONSTANTE
Katalogen. Da die Abtheilung des dritten Bandes der «Neuen Reauction der Bradley'schen
Beobachtungen», welche die Grundlagen der Auwers’schen Eigenbewegungen enthält, noch о
nicht gedruckt vorliegt, konnte die Vergleichung dieser Positionen noch nicht vorgenommen
werden. Daher gebe ich im Folgenden das Verzeichniss ohne alle Anmerkungen mit Aus-
nahme der Wiedergabe der Hinweise auf Doppelsterne, wie sie in Auwers’ Kataloge gege-
ben sind, und zwar zuerst die Bezeichnung der Doppelsterne, dann die Grössen der Compo-
nenten, die Distanz und endlich den Positionswinkel des Begleiters. Wo der Begleiter nicht
zu schwach für die Bradley’schen Instrumente war, ist bei der Ableitung der Eigenbewegun-
gen auf die Duplicität Rücksicht genommen. Ein beigefügtes P bedeutet, dass der Stern,
auf den sich die Eigenbewegung bezieht, ein Pulkowaer Hauptstern ist. Wenn der Stern im
Kataloge der 3542 Sterne als unsicher bestimmt angegeben ist, so ist dies durch :: ange-
deutet.
Br. M Stern 100-jährige E. B.
Auwers L. Struve
Rectascensionen.
7 36 Piscium — 0536 — 020
71 17 Сей — 0,27 — 0,12
119 72 Piscium + 0,13 — 0,03
130 31 Cassiop. + 0,43 + 0,68
150 % Persei — 0,06 — 0,24
330 10 Persei — 0,08 —"0,358
538 30 Eridani — 0,22 — 0,37 1388 . 576 u. 11” 8404850
578 o? Eridani — 14,42 — 14,79
588 x Tauri + 0,17 — 0,10, 2528 064 87193205
683 4 Aurigae + 0,02 + 0,23 3616 5,8 u.8 9726000855
762 p Orionis — 0,14 — Е
836 Leporis Ее 1,29;
895 4 Gemin. — 0,10 — 0,25
998 15 Lyncis + 0,01 — 0,19. 02159 : 4,7 u: © 0922?
1147 Camelop. + 0,33 + 0,75 N
1164 56 Camelop. — 0,59 — 0,33
1166 13 Cancri — 0,41 — 0,60
1317 27 Hydrae — 0,16 — 0,01
1376 3 Sextantis — 0,49 — 0,64
1403 n Leonis + 0,13 — 0,14P
1404 14 Sextantis — 0,47 — 0,62
1534 51 Leonis min. — 3,45 — 3,61
1554 у Ursae maj. = 0,05 —- 0,18P 21524 3,3 u 10-11 711148
1574 58 Ursae maj, — 0,62 — 0,83
1630 4 Comae Ber. — 0,35 — 0,50
1710 29 Comae Ber. -+ 0,09 — 0,06
2045 45 Serpentis — 0,43 — 0,60
Br. №
2066
‘2074
2117
2121
2134
2234
2263
2268
2318
2389
2391
2562
2707
2735
2754
2902
2910
2926
2930
2932 .
2935
2944
2987
2990
‚ 3066
3075
3180
3194
117
Stern
Rectascensionen.
100-jährige Е. В.
L. Struve
Auwers
SerpentisMed.-+- 1:08
Coronae bor.
Herculis
Herculis
Ophiuchi
Draconis
Draconis
Herculis
Draconis
Lyrae
Aquilae
Aquilae
Delphini
Cygni
Draconis
Pegasi
Cephei
Cephei
Aquarii
Cephei
Cephei
Pegasi
Lacertae
Lacertae
Piscium
Androm.
Piscium
Cephei
H. Cephei
Ceti
Ceti
Ceti
Eridani
Leporis
Aurigae
Orionis
Gemin.
Aurigae
Cancri
Hydrae
| |
ВЕРЕ ЕЕ
ВЕНЕ ЕЕ ЖЕНЕ ТИ
0:86
2,83
DER PRÄCESSION UND DER EIGENEN BEWEGUNG DES SONNENSYSTEMS. 33
2021.77 ц. 175. 320075
UE MONS PURE DE 079
ZApp. 1. 31
22264.51 (0 65.6.1262
32308 (В)
03426 5,7 u. 11 2,6 167
02461 5,21. 11-12 11,0 298
о OU 13, 138. 7
2642 Dpl. ге]. cl. У
2661 4,6: щ.:9' 190
=
à i ' : ARE ERNST
Г. STRUvE, Besrimm. о. Const. р. РвАс. U. D. EIGENEN BEWEG. D. SONNENSYST. =
Stern : Eh 100-jährige E. B. ’ Be
Auwers |
L. Struve
Declinationen
1273 67 Cancri — 9,4 6,7 г
1290 78 Сапе — 1,2 0,8
1685 В Corvi — 5,2 19, % р
ie 1832 п Hydrae — 17,0 OF RS
_ 2030 50 Librae о 300 у Fa
2257 66 Ophiuchi + 2,0 1,3 и
2464 4 Oygni но 6 ne
2788 6 Cephei + 1,6 1,8
2928 42 Aquarü 0055 1,5 | pue
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CADÈMIE IMPÉRIALE DES SCIENCES DE ST.-PETERSBOURG, VIF SÉRIE. en
Tone XAXV, № 4. | A
DIE BLUTGEFASSKEIME a
VON
Юг. N. Uskow.
Mit 2 Kupfertafeln.
{
(Lu le 10 mars 1887.)
Sr.-PETERSBOURG, 1887.
_ Commissionnaires de l’Académie Impériale des sciences:
à St-Pétersbourg: à Riga: à Leipzig:
M. Eggers & C' et J. Glasounof; М. М. Kymmel; Voss’ Sortiment (G. Наеззе]).
Prix: 90 Кор. = 3 Mark.
Imprimé Bor ordre de l’Académie op des s sciences.
Juillet 1887.
Wenn man eine Embryonalplatte in den ersten Entwickelungsstadien von der Oberfläche
betrachtet, ist es leicht zu constatiren, dass die Bildung des Blutgefässsystems in der Peri-
pherie vor sich geht. Bei Querdurchschnitten kann man ohne Schwierigkeit bemerken, dass
die Gefässe sich hauptsächlich auf der Oberfläche des Hypoblastes bilden. Dieses sind zwei
einfache Facta, die bei der Beobachtung des zu untersuchenden Gegenstandes von Allen als
unzweifelhaft anerkannt worden sind. Sobald die Forscher aber die Fragen stellten: wie das
Gefässsystem entsteht, woher dessen eigentliche Keime kommen, erhielten sie sofort einander
widersprechende Antworten. In Folge der Unmöglichkeit die Erscheinungen unmittelbar,
Schritt für Schritt zu verfolgen, musste man einzelne Phasen beobachten und erst aus solchen
Bruchstücken konnte man ein mehr oder weniger richtiges Bild der ganzen Erscheinung ge-
winnen. Es ist dieses das gewöhnliche Verfahren in den biologischen Wissenschaften. Die
Literatur des durchzusehenden Gegenstandes zeigt aber die Figenthümlichkeit, dass jeder
Forscher auf Grundlage einiger von ihm gefundener Facta die Theorie des Ganzen so fest
begründet zu haben glaubte, dass er die von Andern gefundenen und zu seiner Theorie nicht
passenden Facta für Irrthümer hielt. Es ist ja Thatsache, dass ein Jeder, der sich einen zu
beobachtenden Gegenstand nur theoretisch erklären will, fast immer zu Ansichten gelangt,
die durch ihre Widersprüche staunenswerth sind. Ausserdem haben einige Autoren die Art,
ihre Erklärung mit ihrer Beobachtung so zu verschmelzen, dass es zur Unmöglichkeit wird
herauszufinden, was dem Autor selbst und was dem mikroskopischen Präparat angehört. In
den nachfolgenden Blättern machen wir eben 1) den Versuch, die von den Forschern erhal-
tenen Facta möglichst vollständig zu sammeln, 2) wollen wir unsere eigenen Forschungs-
Resultate anführen und 3), da der Facta viele sind und ihr Verhältniss zu Zeit und Raum
ein ziemlich zusammenhängendes, so wollen wir sie hier in ein Ganzes zusammenfassen, um
eine complicirte Erscheinung, nämlich die Entwickelung des Blutgefässsystems, zu er-
klären.
An der Stelle der Embryonalplatte, wo bei einem Embryo von 24 Stunden Blut und
Gefässe sich befinden, findet man bei einem 18-stündigen Embryo einzelne Zellengruppen.
Mémoires de l'Acad, Imp. des sciences, УПше Série. T
2 Dr. N. Озком,
Die zu einer Gruppe gehörenden Zellen haben klar sichtbare Kerne und nur an einigen Stel-
len schwache Umrisse. Gewöhnlich aber stellt eine Gruppe gleichsam eine Protoplasma-Masse
mit einer Menge von Kernen dar; das Protoplasma selbst ist körnig und färbt sich intensiver,
als die Zellen des Mesoblastes. Die Zellen findet man selten einzeln vor und auch dann nur
in dem zum Centrum näher liegenden Gebiet, während in der Peripherie die vielkernigen
Gruppen Regel sind. Der äusseren Form nach theilen wir die Letzteren in kugelförmige und
in cylinder- oder zugförmige Gruppen. Alle diese Gruppen befinden sich zwischen dem Hy-
poblast und dem Mesoblast und geben im folgenden Entwickelungsstadium Blut und Gefässe,
weshalb wir sie, nach His’s Beispiel, mit dem Gesammtnamen — Gefässkeim — benennen
wollen. Der Gefässkeim liegt frei, jedoch kommt es häufig vor, dass an, einigen Stellen seine
Theile bald an die eine, bald an die andere Nachbarplatte eng anliegen und sich sogar gleich-
sam mit ihnen verschmelzen. Aus diesem Grunde ist man auch genöthigt, die Entstehung
des Gefässkeimes entweder im Mesoblast, oder im Hypoblast, oder aber in beiden zugleich
zu suchen. Wir wollen zuerst die Data der ersten Voraussetzung durchnehmen, halten es
aber für unsere Pflicht, vorläufig Einiges über die Art und Weise der Untersuchung zu sagen
— sie war die allgemeingebräuchliche: die Keimplatten wurden lebend auf einem Erwär-
mungstischchen, im frischen Zustande in einer Normallösung von Kochsalz beobachtet. Die
todten Objecte wurden der Färbung mit Pikrocarmin, Alaunkarmin (Grenacher) unterzogen
und entweder in toto beobachtet, oder zur Bereitung systematischer Serien in Spermacet und
Wachs eingehüllt. Zu Beginn der Arbeit wurde als Fixirflüssigkeit die Stickstoffsäure be-
nutzt, später ging man zu der durch nichts zu ersetzenden Flemming’schen Mischung über.
|. Die Entstehung des Gefässkeimes aus dem Mesoblast.
Bis zu den letzten Jahren war die Aufmerksamkeit der Forscher hauptsächlich auf den
engen Zusammenhang des Gefässkeimes mit dem Mesoblast gerichtet, woraus sie auf die
genetische Abhängigkeit des einen vom andern schlossen.
Noch im Jahre 1822 hat Baer dadurch, dass er das Mittelblatt Gefässblatt nannte,
deutlich gezeigt, wie er auf die gegenseitigen Beziehungen der beiden von uns zu unter-
suchenden Theile der Embryonalplatte sieht.
Nach Reichert!) entwickeln sich aus dem Mittelblatt (membrana intermedia) nur die
Gefässe. |
Remak*) jedoch, nachdem er sich überzeugt hat, dass der Gefässkeim nur im peri-
pherischen Theile des unteren Blattes des Mesoblastes vorkommt, hält die Trennung dessel-
1) Reichert. Das Entwickelungsleben im Wirbel- 2) Remak. Unters. über die Entwickelung der Wir-
thierreich. Berlin, 1840. belthiere. Berlin, 1850—55, S. 60.
Die BLUTGEFÄSSKEIME UND DEREN ENTWICKELUNG BEI EINEM HÜHNEREMERYO. 3
ben von dem letzteren für eben so wenig begründet, wie wenn man aus dem Keim des peri-
pherischen Nervensystems ein besonderes «Nervenblatt» machen wollte.
Afonassjew'), der die Embryonalplatte nur von oben betrachtete, hat keinen Gefäss-
keim gefunden. Nach seiner Meinung entwickeln sich die Gefässe aus Elementen des Mittel-
blattes, die auf besondere Weise vertheilt sind.
Balfour”), welcher ebenfalls keinen besonderen Gefässkeim sieht, erklärt die Ent-
stehung des Blutes und der Gefässe vermittelst einer besonderen Umwandlung der Zellen-
abkömmlinge des Mittelblattes.
Kölliker?) erkennt noch gegenwärtig an, dass der Gefässkeim nur einen Bestandtheil
des Mittelblattes bildet und unmittelbar daraus entsteht.
Alle genannten Autoren ziehen ihre Schlüsse ausschliesslich aufGrund der engen ana-
tomischen Verbindung der beiden Bildungen. In der That, selbst bei allgemeiner oberfläch-
licher Betrachtung der Präparate sieht man die enge Verbindung des Gefässkeimes mit dem
Mesoblast; ersterer ist nur in denjenigen Theilen der Embryonalplatte vorhanden, wo auch
letzteres sich befindet. In den ersten Stadien existirt in der vorderen Abtheilung kein Meso-
blast, je nach Entstehung des letzteren entsteht auch der Gefässkeim. Auf den Querdurch-
schnitten äussert sich vollkommen die enge Verbindung der beiden Bildungen, was eben zu-
erst Kölliker an einem 22-stündigen Embryo beobachtet hat.
Auf den Querdurchschnitten eines Embryo mit zwei Paar Furchen, welche die Bildung
des primären Segments bezeichnen, beobachten wir folgendes: das Mesoblast besteht im
Centraltheile aus eng verschmolzenen cylinderförmigen Zellen; in der Richtung zur Peri-
pherie hin wird es gleichsam lockerer, indem es in einen breiten Streifen spindelförmiger
Zellen übergeht. Bei genauerer Untersuchung ist es leicht zu bemerken, dass diese Zellen
sich vereinigen und eine Reihe mehr oder weniger regelmässiger Ringe bilden, die durch
Zwischenräume von fast gleicher Grösse mit ihren Durchmessern getrennt sind; dabei liegen.
die Ringe aber nicht frei, sondern sind durch eine Reihe von Zellen verbunden, welche zwi-
schen ihren oberen Segmenten geordnet sind.
Wenn der Schnitt in der Ebene der Embryonalplatte gemacht worden ist, wo der Cen-
traltheil des Mesoblastes Zeit hatte sich zu spalten, so sieht man das oben beschriebene
Bild beim ersten Blick auf das Präparat und nur die die Ringe verbindenden Gewebsbrücken
bestehen grösstentheils aus einer doppelten Reihe von Zellen.
Das ganze Bild macht den Eindruck, als ob die obere Platte des Mesoblastes compact
wäre, die untere aber aus unterbrochenen Theilen in Form von Ausbauchungen nach unten
zu bestände. Beide Formen der Zellengruppen des Gefässkeimes (die kugelförmigen und die
1) Afonassjew. Ueber die Entwickelung der ersten | В. 67.
Blutbahnen im Hühnerembryo. Sitzungsber. d. Kais. Acad. 3) Kölliker. Die embryonalen Keimblätter und die
der Wissensch. in Wien, 1866, Bd. 53. Gewebe. Zeitschrift für wissensch. Zoologie. Bd. XL.
2) Foster et Balfour. Grundzüge der Entwicke- | 1883.
lungsgesch. der Thiere. Deutsche Uebers. Leipzig, 1876,
* 15
4 Dr. N. Озком,
cylinderförmigen) befinden sich eben, mit geringen Ausnahmen, zwischen den beschriebenen
Ausbauchungen, zuweilen dicht an diesen anliegend; letzteres wird besonders häufig bei
cylinderförmigen Gruppen beobachtet. So ist das Verhältniss des peripherischen Theiles
des Mesoblastes zum Gefässkeime. Es zeigt deutlich, dass in denjenigen Theilen, wo die un-
tere Mesoblastschicht fehlt oder undeutlich ist, der stellenweise sich damit vereinigende Ge-
fässkeim liegt. Unwillkürlich wird dieses Verhältniss der durchzusehenden Theile des Embryo
auf folgende Weise erklärt: beim Absondern der unteren Mesoblastplatte entstand aus eini-
gen ihrer Theile der Gefässkeim. Das wird dadurch bestätigt, dass in denjenigen Entwicke-
lungsstadien, wo das Mesoblast noch eine compacte Masse ohne jede Spur von Theilung dar-
stellt, noch kein Gefässkeim vorhanden ist. Aber diese Erklärung enthält die nicht durch
Facta gerechtfertigte Vermuthung, dass der peripherische Theil des Mesoblastes, d. h. der-
jenige, wo der Gefässkeim liegt, anfangs ein compactes Mesoblast war, wofür wir eben gar
keine Data besitzen. So lange das Mesoblast compact ist, erstreckt es sich nicht bis zu dem
Theile der Peripherie, wo später der Gefässkeim liegt; so weit wuchert es auch dann nicht,
wenn der letztere schon vorhanden ist, was durch die fast völlige Abwesenheit der karyoki-
netischen Figuren im Mesoblast bewiesen wird. Deshalb müssen wir annehmen, dass das
Mesoblast sich durch Anwachsen der Elemente von der Peripherie aus vergrössert. Der
durch diesen Process entstehende peripherische Theil des Mesoblastes aber theilt sich, wie
wir unten sehen werden, gleich bei seinem Entstehen.
Wenn dem aber so ist, so müssen wir zur Bestätigung der gegebenen Erklärung von
der Bildung des Gefässkeimes noch eine nothwendige Annahme hinzufügen, nämlich die, dass
der Gefässkeim und das Mesoblast gleichzeitig entstehen, in welchem Falle wir jedoch gar
keinen Grund haben, die Bildung des Einen von der Bildung des Andern abhängig zu machen.
Ausserdem giebt es noch ein Factum, welches direct gegen die Annahme der Bildung des
‚Gefässkeimes aus dem Mesoblast spricht: in den peripherischen Theilen der hinteren Abthei-
lung der Embryonalplatte, in den tiefen Schichten der letzteren, kommen unter Dotterkörpern
kugelförmige Zellengruppen vor, welche ganz identisch mit den kugelförmigen Gruppen des
unter dem Mesoblast liegenden Gefässkeimes sind. Man kann sich leicht von der völligen
anatomischen Zusammenhangslosigkeit der genannten Gruppen mit dem Mesoblast überzeugen,
wenn man entweder das einzelne Präparat, oder die auf einander folgenden Schnitte betrachtet.
Hierbei müssen wir darauf aufmerksam machen, dass, obgleich ihr Erstreckungsgebiet nach
aussen hin den Mesoblastrand nicht berührt, mitunter doch auch solche vorkommen, die mehr
peripherisch gelegen sind. Alles das scheint deutlich dafür zu sprechen, dass der Gefässkeim,
ausser im Mesoblast, noch einen anderen Ursprung haben muss. Wenn letzteres auch Theil an
der Bildung des Gefässkeimes nimmt, so doch nur mit seinem äussersten peripherischen Rand-
theile, den wir weiter unten betrachten wollen. Um die Frage auf geradem Wege endgültig
zu lösen, wäre es allerdings wünschenswerth die Möglichkeit zu haben, die Entwickelung des
Mesoblastes künstlich aufhalten zu können, ohne dabei die Entwickelung des Gefässkeimes
zu hemmen. Unsere ein ganzes Jahr lang währenden Arbeiten haben jedoch nicht den ge-
Dre BLUTGEFÄSSKEIME UND DEREN ENTWICKELUNG BEI EINEM HÜHNEREMBRYO. 5
wünschten Erfolg gehabt!) und daher wollen wir zur einfachen Durchsicht und Erforschung
des peripherischen Theiles der Embryonalplatte übergehen.
Il. Peripherischer Theil der Embryonalplatte.
Die Literatur in Betreff dieser Frage ist bekanntlich umfangreich und enthält sehr viele
Facta, noch mehr aber Meinungen verschiedener Autoren. Der einen oder der andern An-
schauung huldigend, schalteten die Forscher neue Benennungen ein, deren sich so viele an-
gehäuft haben, dass die Darlegung in hohem Grade schwierig wird. Kollmann, z. B., den
bekannten Theil in seiner letzten Arbeit Dotterwall benennend, musste hinzufügen, dass der-
selbe = Keimwall (His, Goette) = Dotterwall (Rauber) = weisser Dotter (Balfour) =
Keimwulst (Kölliker) sei. In der Hoffnung, dass die auf dem letzten Berliner Congress ge-
‚gründete «Gesellschaft der Anatomen» unter anderem auch auf diesen Uebelstand ihre Auf-
. merksamkeit lenken wird, will ich bei der ferneren Darlegung alle derartigen Specialaus-
drücke fürs Erste einfach vermeiden.
Nach Reichert vergrössert sich die Embryonalplatte durch Hinzufügung der aus Dot-
terelementen sich bildenden neuen Zellen von der Peripherie her. «Diese Ausbildung ge-
schieht auf Kosten des kugeligen Nahrungsinhalts, welcher inzwischen allmählich schwindet
und die schönen Kerne und Kernkörperchen frei zu Tage treten lässt» 2).
Remak, der bemerkt hat, dass Reichert häufig den Nahrungsstoff nicht von den Zel-
len unterscheidet, sagt: «Die Keimhöhle dringt, indem sie den Rand des Fruchthofes über-
schreitet, in das Dottergelb selbst ein; diese membranöse Schicht des Dotters, welche ich der
Kürze wegen Dotterrinde nenne, ist es, mit welcher das Drüsenblatt in Verbindung bleibt...
Die Dotterrinde besteht, ihrer Hauptmasse nach, aus runden oder ovalen Körpern, welche‘
den Kugeln des übrigen freien Dottergelbs ähnlich sind». Wenn man die Dotterrinde in einer
schwachen Lösung von Kali causticum präparirt, so «zerfällt sie in Zellen, deren blasig auf-
getriebene Membranen die Dotterkugeln umgeben»°). Alles das wird am Schluss des ersten
Tages beobachtet.
In zwei nachfolgenden Arbeiten beschreibt His sehr ausführlich das zu untersuchende
Gebiet und giebt Erläuterungen über die darin entstehenden Zellenelemente. Im Jahre 1868, |
bei der Untersuchung des ersten Ursprungs der Entstehung der Protoplasma-Masse mitten
im Dotter, sagt er, dass man schon am unausgebrüteten Ei sehen kann, wie «die untere Fläche
des oberen Keimblattes mit subgerminalen Fortsätzen bedeckt ist»®). In der nachfolgenden
1) Die dabei erhaltenen Facta werden Gegenstand einer 3) Remak. Untersuch. über die Entwickelung der
besonderen Abhandlung sein. Wirbelthiere. Berlin, 1850—55, S. 15—16.
2) Reichert. Das Entwickelungsleben im Wirbel- 4) His. Untersuch. über die erste Anlage der Wir-
thierreich. Berlin, 1840, 5. 116. belthiere. 1868, 5. 75.
6 Dr. N. Озком,
Arbeit vom Jahre 1876 nennt er diese. Fortsätze «interglobuläre Masse» und beschreibt sie
als trübes Protoplasma mit Körnchen des zerfallenen weissen Dotters und mit Fettkügelchen.
Wenn man durch Schütteln das genannte Protoplasma isolirt, kann man in den blassen Stücken
das Vorhandensein ziemlich grosser Kerne constatiren'). Die Beschreibung der ferneren Ent-
wickelung der zu untersuchenden Bildung beschliesst er folgendermassen: «Frühzeitig bildet
das interglobuläre Protoplasma eine den Keimwall nach abwärts abschliessende Schicht, welche
sich verdickt und sich in einzelne Zellenterritorien theilt»2). In dieser Arbeit sind die Unter-
suchungen von 18- bis 24-stündigen Sommereiern beschrieben.
Alles das stimmt im Allgemeinen wie mit den erstgenannten, so auch mit den nachfol-
senden Autoren überein. His jedoch, die beschriebene Bildung auf den peripherischen Theil
des Archiblastes beziehend, sieht noch eine andere Entstehungsquelle der Zellen, nämlich die
zwischen den «subgerminalen Fortsätzen» gelegenen Elemente des weissen Dotters. Der Autor
hat einige vom Protoplasma umgebene Elemente des weissen Dotters, kleine Häufchen des
Protoplasma mit einem Kern, grosse Kugeln mit einer ungeheueren Menge Protoplasma
(«Keimwallkugeln») gesehen und alle diese Formen zu einer genetisch verbundenen Kette
vereinigt, indem er die entstandenen Zellen — «Parablastelemente» benannt hat.
Im selben Jahre ist, dank den Untersuchungen von Peremeschko?°), eine neue Bildungs-
quelle der Formelemente des Embryo entdeckt worden, nämlich: «die grosse granulirte Kugel
am Boden der Keimhöhle» und Waldeyer“), mit His darin übereinstimmend, dass der peri-
pherische Theil durch das Eindringen neuer Elemente entsteht, entschliesst sich nicht zu
sagen, «ob diese unsere Zellen Abkömmlinge des weissen Dotters oder Abkömmlinge von
Furchungskugeln waren».
Oellacher”), welcher zuerst die Segmentation des Hühnereies aufs Genaueste verfolgt
und den Schluss gezogen hat, dass alle Zellen das alleinige Resultat dieses Processes sind,
giebt nicht zu, dass der weisse Dotter Zellenelemente liefern könnte. Das wäre nur bei der,
‘seiner Meinung nach, unwahrscheinlichen Annahme möglich, dass der Dotter vor der Seg-
mentation Zellenelemente enthalte. Peremeschko’s Untersuchungen der «grossen granu-
lirten Formelemente am Boden der Keimhöhle» bestätigend, denkt er, dass sie, über den
Hypoblastrand gehend, diejenigen Zellen bilden können, welche nach His aus der interglo-
bulären Masse entstehen. Uebrigens haben Peremeschko und Oellacher frühere Stadien
untersucht und daher die von His beobachteten Bilder nicht gesehen. Interessant ist das
Resultat einer solchen Untersuchung, wo die Aufmerksamkeit auf die grossen Kugeln in der
Keimhöhle und gleichzeitig auf den Dotter gelenkt wird. Dieses finden wir bei Klein.
Klein‘) unterscheidet im zu untersuchenden Gebiet den inneren und den peripherischen
1) His. Zeitschrift für Anatomie und Entwickelungs- 4) Waldeyer. Zeitschrift für ration. Med. 1869.
geschichte. 1876, I. S. 278. 5) Oellacher. Studien aus d. Institut f. experim
2) His. ]. с. В. 285. Patholg. v. Stricker. I 1870, S. 69.
3) Peremeschko. Sitzungsber. d. Kais. Acad. d. Wis- 6) Klein. Sitzungsber. der Wien. Acad. 4. Wissensch.
sensch. in Wien. 1868, B. 57. Bd. 63. 1871, В. 369—370.
ве
Dre BLUTGEFÄSSKEIME UND DEREN ENTWICKELUNG BEI EINEM HüÜHNEREMBRYO. fi
Theil. Der innere Theil besteht aus bald groben, bald feinen, bald dunkelen, bald glänzenden
Körnchen, welche in den fast gleichartigen Grundstoff eingehüllt sind, oder enthält runde
und ovale, grell abgezeichnete mit Körnchen gefüllte Elemente von verschiedener Grösse.
Im peripherischen Theile unterscheidet er vier Arten von Gebilden und sie in mit His fast
‘ identischen Ausdrücken umständlich beschreibend, findet er auch alle Uebergangsformen
» heraus. Dessenungeachtet hält er Alles das nur für den mit dem Embryo in keiner Verbin-
dung stehenden Dotter, und wenn er solch eine Verbindung auch gesehen hat, so nur auf
dicken Präparaten, wo die Grenzen überhaupt undeutlich sind. Als Bildungselemente erkennt
er nur Oellacher’s im peripherischen Theile der Keimhöhle sich ansammelnde Furchungs-
elemente an und fügt hinzu, dass sie rasch von dort verschwinden.
Goette, welcher die Furchungselemente (grosse körnige Kugeln) «Dotterzellen» genannt
hat, sagt, dass Klein deshalb die Sache nicht aufgeklärt, weil er deren Wanderfähigkeit nicht
vermuthet hat und beschreibt den Process selbst so: die durch Segmentation des Dotters am
Boden der Keimhöhle entstehenden Dotterzellen gelangen einzeln und in Gruppen in den
Embryo. Den Keimwall durchgehend, verändern sie sich und dabei so, «dass die Dotter
zellen im Innern des Keimwalls solchen neuen Einflüssen unterworfen sind, welche eine sehr
energische Zerklüftung derselben anregen»'). Es giebt dafür nur eine Erklärung: der Autor
hat nie solche Dotterzellen in der Keimhöhle gesehen, wie er sie auf dem Keimwalle beob-
achtet hat. Was den Keimwall selbst anbetrifft, so durchläuft er, nach dem Autor, nur eine
Reihe von Uebergangsformen bis zur völligen Auflösung. Freilich, die allgemeine Lage der
Elemente ist der Art, dass sie den Eindruck einer Fortsetzung des Hypoblastes hervorbringt,
eine sorgfältige Prüfung aber ergiebt, dass die sichtbaren Kerne thatsächlich nur mannig-
fach veränderte Dotterkörnchen sind und «die ganze Umbildung des Keimwalls nur verschie-
dene Stufen und Formen seiner gänzlichen Auflösung darstelltv. Das ist schon kein Wider-
spruch gegen die Erklärung der von His gefundenen Facta, sondern eine directe Verneinung
Alles dessen, was letzterer gesehen. Zur Erläuterung dessen bedarf es auch nicht der An-
nahme, dass beide Autoren Erscheinungen nicht eines und desselben Entwickelungsstadiums
beschreiben, da Goette sagt: «diesen Zerfall habe ich unmittelbar vor und zu Beginn der
Blutbildung und der Dotterblutcirculation gesehen». Goette selbst findet die Erklärung des
Widerspruchs in folgendem: «Ich finde in der ganzen Darstellung vom Nebenkeim (Parablast)
nur einen weiteren Beweis, wie His alle seine Neuerungen in der Entwickelungsgeschichte
nicht der unbefangenen Beobachtung entnahm, sondern aus seinen vorgefassten Ansichten in
die Beobachtung hineintrug» ?).
Das Vorhandensein von Zellenelementen im zu untersuchenden Gebiet wird, abgesehen
von Goette, auch von fast allen andern von uns citirten Forschern anerkannt. Wir glauben
diesen Widerspruch durch die Methode, deren sich der Autor beim Präpariren bedient hat,
1) Goette. Archiv für mikroskop. Anat. 1874, Bd. X, 2) 1. с. S. 192.
5. 188.
8 : Dr. N. Uskow,
erklären zu können; seine Methode hat ihm keine Zellenelemente im Keimwall gegeben, aber
auch seine Dotterzellen, welche Contractionsfähigkeit besitzen und zu den Zellen gezählt
werden, haben die Form eines Körnerhäufchens und sind von scharfen Umrissen, zuweilen
jedoch nicht von allen Seiten, umringt, von Kernen sieht man natürlich keine Spur.
Foster und Balfour beobachteten, dass «das Hypoblast vor der 12. Stunde scharf
gegen den weissen Dotter abgegrenzt» sei und dieses Verhältniss erst später sich zu verän- °
dern anfange. Gerade, je weiter vom Centrum, desto mehr sind die Zellen mit dem weissen
Dotter gefüllt und «am äusseren Rande ist es meist ganz unmöglich zu bestimmen, welches
Körper des weissen Dotters und welches Zellen des Hypoblastes sind; es scheint daher, dass
das Wachsthum des Hypoblastes besonders durch Verwandlung weisser Dotterkörper in Zel-
len vor sich geht»'). |
Kölliker?) erklärt die von His beschriebenen Erscheinungen hauptsächlich durch den
Gebrauch eines so wenig zweckentsprechenden Reactivs, wie die Ueberosmiumsäure; dadurch
erhielt man die Verbindung der subgerminalen Fortsätze mit dem Epiblast und alle im weis-
sen Dotter beschriebenen Veränderungen. |
Die in den subgerminalen Fortsätzen enthaltenen Körnchen sind nicht der weisse Dotter,
wie His es meint, obgleich sie in der Ueberosmiumsäure dunkler werden, weil «sie in Acidum
aceticum .erblassen und zerfallen» und deshalb betrachtet sie Kölliker, wie «das Product des
Stoffwechsels der Entodermazellen, denen es natürlich in erster Linie zukommt, den in Folge
der Bebrütung verflüssigten Nahrungsdotter aufzunehmen»°). Was die «Furchungskugeln und
Dotterzellen» (Goette) anbetrifft, so drückt sich Kölliker darüber sehr bestimmt aus: «Ob
dieselben auch nach der Bildung der Keimhöhle am Boden derselben noch weiter sich ent-
wickeln und unter fortgesetzten Theilungen gewissermaassen einen Theil dieses Bodens sich
einverleiben, scheint mir auch nicht so ausgemacht, wie Goette behauptet, aber selbst, wenn
dem so wäre, so würde ich darin nichts besonders Auffallendes finden, da ja in keiner Weise
sich bestimmen lässt, wie weit der Bildungsdotter reicht und der Boden der Keimhöhle nicht
ео ipso weisser Dotter ist»). In Betreff der Stelle kann aber Kölliker nichts Bestimm-
tes sagen, da die Furchungskugeln und Dotterzellen sich überall finden und der grösste Theil
derselben noch vor der Bildung des Blutes durch Theilung in feine Elemente übergeht.
Was die Meinungen Oellacher’s, Peremeschko’s, Klein’s und Goette’s anbetrifft,
so findet Kölliker ebenfalls, «dass keiner der genannten vier Autoren die Randtheile des
Blastoderma genügend erkannt hat»). Nach seiner Meinung muss man das zu untersuchende
Gebiet als einen peripherischen stark verdickten Theil des Hypoblastes (Keimwulst) betrach-
ten; dieser Theil besteht aus grossen runden Zellen und erstreckt sich ebenso weit zur Peri-
pherie hin, wie das Epiblast. Fig. 23 (5.86) zeigt das von uns zu untersuchende Gebiet in
1) Foster u. Balfour. Grundzüge der Entwicke- 3) 1. с. В. 176.
lungsgeschichte. Deutsche Ausgabe. 1876, S. 49. 4) 1. с. 5. 79.
2) Kölliker. Entwickelungsgeschichte. 1879, 5. 102. 5) 1. с. В. 104.
Dre BLUTGEFÄSSKEIME UND DEREN ENTWICKELUNG BEI EINEM HÜHNEREMBRYO. 9
der 6. Stunde der Bebrütung mit schon deutlichen Spuren von Zellen. In den später en Sta-
dien werden die runden Zellen cylinderförmig und bilden eine Schicht.
Hans Virchow präparirte den Keim mit Chromsäure, Spiritus und in späteren Sta-
dien mit Ueberosmiumsäure und Haematoxilin. In der 16. Stunde sah er im zu untersuchen-
den Gebiet scharf ausgeprägte Kerne, welche zuweilen von Linien in Form von grossen Fi-
guren umringt wurden. In den späteren Stadien beschreibt er, ebenso wie Kölliker, die am
7. Tage stattfindende Umwandlung der Zellen in der Peripherie des ganzen Dotters in ein
einschichtiges, cylinderförmiges Epithel und nennt das letztere «Dottersackepithel» oder nach
der Function — «Verdauungsorgan oder Resorptionsorgan»').
Disse hält die Meinungen der beiden vorigen Autoren von der ausschliesslich zellen-
artigen Natur des zu untersuchenden Gebiets und von dessen Zugehörigkeit nur zum Hypo-
blast für unerwiesen, ebenso die Meinungen der anderen Autoren von dessen ausschliesslich
dotterartiger Natur.
His’s Schlüsse von einer doppelten Natur haben, nach seiner Meinung, keinen grossen
Werth, da sie aus der Beobachtung frischer oder nur mit Ueberosmiumsäure präparirter
Objecte gezogen sind. Disse selbst arbeitete mit Chrom- und Essigsäure, Carmin, Pikro-
carmin u. A. und hat folgende Resultate erzielt: «Die Furchungskugeln und Dotterzellen»
am Boden der Keimhöhle sind nur Nahrungsstoffe, wenn aber wirklich Zellen dort vorkom-
men, so sind es nur zufällige Erscheinungen, sie sind einfach durch den Strom der Flüssig-
keit vom Keim abgerissen worden). Die von His beschriebenen Elemente des Parablastes,
welche sich in Zellen umwandeln sollen, kann man an unausgebrüteten und sogar an unbe-
fruchteten Eiern beobachten. Das zu erforschende Gebiet in zwei Theile, den peripherischen
und centralen, theilend, findet Disse im letzteren mehr oder weniger abgegrenzte Zellen
von derselben Art und Grösse, wie diejenigen des Epiblastes. Im äusseren Theile jedoch,
inmitten der Dottermasse, beobachtet er durch undeutliche Linien nicht völlig abgegrenzte
Figuren mit zerstreuten Kernen, 4. В. ungefähr dasselbe, wie Kölliker, nur erkennt er diese
Figuren nicht für Zellen an: 1) weil sie zu gross sind, 2) weil viele, ungeachtet der scharfen
Umrisse, keine Kerne enthalten, darunter sogar solche, in welchen die Granulirung schwach
.zu bemerken ist, und deshalb sind es nur durch die Chromsäure veränderte «grobgranulirte
Dotterkugeln, deren Rindenschicht deutlich sichtbar ist und als die Grenze einer Zelle mit
grobkörnigem Inhalt erscheint» °). Zwischen diesen aus dem Dotter gebildeten Figuren sind
eben die feinen Zellen mit einer dünnen «Protoplasmaschicht und einem grossen Kern zer-
streut. Bei weiterer Entwickelung werden die Zellen durch Theilung grösser an Zahl und
vertheilen sich in Gruppen. Wenn solch eine Gruppe beim Epiblast liegt, «so erhält man den
Eindruck, als sei von diesem aus ein Zellenzapfen in den Dotter eingetrieben ; wohl deshalb
1) Hans Virchow. Ueber das Epithel des Dotter- | XV. Seite 83.
sacks im Hühnerei. Berliner Dissert. 1875. 3) ibid. Bd. XVI, S. 569. у
2) Disse. Archiv f. mikroskop. Anatomie. 1878, Bd.
Mémoires de l'Acad, Imp. des sciences. УПше Série.
5
10 Dr. N. Uskow,
hat His angegeben, der Keimwall werde von subgerminalen Fortsätzen durchwachsen»').
Hierbei erinnern wir den Leser daran, dass bei His die Keimfortsätze vor der deutlichen.
Zellenbildung aus denselben sichtbar sind. Eine Art Lösung fast aller Wien finden
wir in den Untersuchungen des folgenden Autors:
Janosik untersuchte die ersten Entwickelungsstadien hauptsächlich der Tauben, wobei
er bei seinen Präparaten Chrom- und Ueberosmiumsäure benutzte. Das für unsere Frage
Interessanteste aus den Beobachtungen dieses Autors ist folgendes: «wenn der Primitivstreifen
eben erst bemerkbar wird, ist.der Keimwulst im vorderen Theile vom Dotter scharf abge-
grenzt. Auf den Schnitten des Schwanzendes, wobei indessen der Primitivstreifen mitgerech-
net wird, sieht man einige Zellen des der Area pellucida näher liegenden Theiles in den
Dotter hineingewachsen, nach der Peripherie aber ist der Keimwulst ganz vom Dotter ge-
trennt... Wenn sich der Primitivstreifen und die Primitivrinne schon gebildet haben, sieht
man die Zellen des Keimwulstes tiefer in den Dotter hineinragen und man ist auch im Stande
die Contouren der einzelnen Zellen deutlich zu unterscheiden». Im ersten Stadium sah man
hinter dem Dotter kein Protoplasma und äuch keine Contouren und die Kerne erschienen
bloss. Im dritten Stadium, nach der Bildung der «Chorda und Kopfspalte, sind die Zellen
des Keimwulstes gross, mehr oder weniger reich an Protoplasma, dessen grösste Masse stets
um die Kerne angesammelt ist und nach allen Richtungen pseudopodienartige Ausläufer
sendet, welche sich mannigfach unter einander verflechten»”). Auf diese Weise wird der
Unterschied in den von Kölliker und Disse beschriebenen Bildern des zu untersuchenden
Gebiets einfach durch die verschiedenen Stadien der Entwickelung erklärt. In Ueberein-
stimmung mit Kölliker und im Gegensatz zu Disse, nimmt Janosik an, dass das von uns
zu untersuchende Gebiet der peripherische Hypoblasttheil sei und aus Zellen, in welchen
sich der Dotter befindet, bestehe.
Jetzt müssen wir die Resultate der Untersuchungen Gasser’s anführen. Léider konn-
ten wir von den vielen Arbeiten dieses Gelehrten nur eine im Original erhalten, den Inhalt
der übrigen werden wir nicht anführen, da er uns nur aus den Schriften anderer Autoren
bekannt ist. `
Gasser beobachtete hauptsächlich die Bildung der Primitivstreifen beim Huhn, bei der
Gans und der Taube und hat sich davon überzeugt, dass man das von uns zu untersuchende
Gebiet als einen dicker gewordenen Ring der unteren Keimschicht betrachten muss und dass
aus diesem Ringe sich die Zellen für die Keimschicht bilden 3). Bei einer Gans erkennt er,
ebenso wie Disse, zwischen dem Dotter sich befindende Zellen im Keimwall an und «es
schieben sich Zellen der Art zwischen die dort liegenden Dotterelemente hinein, dass bei
der allmählichen Verflüssigung oder Aufzehrung der Nahrungsbestandtheile ein eigenthümlich
1) 1. с. 8. 576. Eng sensch. 1881, Bd. 84. 3 Aug, S. 515 und 516.
2) Janoëik. Sitzungsber. der Wiener Acad. d. Wis- 3) Gasser. Arch. f. Anat. u. Physiol. 1882, S.382—383.
DIE BLUTGEFÄSSKEIME UND DEREN ENTWICKELUNG BEI EINEM HÜHNEREMBRYO. 11
wabenartiges Aussehen zu Stande kommt; in diesem Zustande befinden sich die Zellen in der
obersten Lage des Keimwalls»').
Rauber, nachdem er sich überzeugt hat, dass ein Theil des Eiprotoplasma bei Knochen-
fischen vor der Zellentheilung eine Vermehrung der Kerne vorstellt, fügt hinzu: «dass ho-
. mologe Verhältnisse auch an dem Keim der Vögel, Reptilien und Haie gesehen worden sind,
insofern bei ihnen unterhalb des durchfurchten Keims in dem angrenzenden mit Nahrungs-
dotterkugeln mehr oder weniger reich durchsetzten Protoplasma freie Kerne wahrgenommen
worden sind. Eine Abgrenzung des Protoplasma um letztere hat nicht stattgefunden, wenn-
gleich dasselbe reichlicher um die Kerne geballt liegen kann, denn Zellengruppen fehlen hier
durchaus. Angaben, dass bei dem Hühnchen Bildungen dieser Art nicht vorhanden seien,
muss ich entschieden als unfichtig bezeichnen ; eine Verwechslung mit Randwulstzellen ist
ausgeschlossen»?). Den beschriebenen Theil des Protoplasma, welcher augenscheinlich mit
Waldeyer’s Parablast und zum Theil mit His’s interglobulärer Masse identisch ist, nennt
er «Keimplasmodien». |
Nach аПеп diesen Untersuchungen ist es hôchst interessant die Meinungen der Autoren
anzuführen, welche früher über diesen Gegenstand geschrieben und von Neuem ihre Ansich-
ten darüber ausgesprochen haben. |
His sagt in seiner letzten Schrift, welche er selbst «Rückblick» auf alle Arbeiten in
dieser Frage nennt, dass die Widersprüche der Autoren (Gasser, Disse) mit seinen Resul-
taten dadurch entstanden sind, dass sie nur die Schnitte beobachteten und sich nicht mit
frischen Objecten befassten. Er antwortet Disse, welcher Parablastelemente auch bei einem
unbefruchteten Ei beobachtet hat: «es liegt da ein entschiedenes Missverständniss vor», denn
nach seiner Meinung «treten die Dotterkugeln nur im Keimwall und auch da nur in einer
ganz bestimmten Bebrütungsperiode auf. Die von mir als zellenbildende beschriebenen Keim-
wallkugeln sind von durchaus characteristischem Aussehen»).
Und das ist Alles.
Waldeyer hat auf Grund der von Disse gefundenen Facta, seiner eigenen Unter-
suchungen an Fischeiern, der Daten aus der Literatur und der vergleichenden Embryologie
folgendes Schema der anatomischen Construction des zu erforschenden Gebiets aufgestellt:
Die Peripherie des Eies besteht aus Protoplasma, aus welchem «Keimfortsätze» in die Tiefe
des Nahrungsdotters führen. Diese Fortsätze werden im peripherischen Theile des Keimes
einer späteren Zellentheilung unterworfen und ergeben Elemente, welche man das Parablast
nennen kann. Das Letztere existirt im Sinne von His gar nicht‘).
Kölliker sagt, dass «His von seinem strengen früheren Standpunkte in Manchem zu-
1)1.c. $. 389. 3) His. Arch. Ё Anat. u. Physiol. 1882, $. 77—18.
2) Rauber. Sitzungsbericht der Naturforschenden 4) Waldeyer. Archiv für mikroskopische Anatomie.
Gesellschaft zu Leipzig. 1883, S. 22. Bd. XXII.
9%
a
12 Dr. N. Озком,
rückgegangen ist und sich andern Forschern mehr genähert hat»') und weiter: «In keinem
Theile dieser Keimhaut war etwas zu sehen, was mit den Protoplasmafortsätzen von His und
Disse eine Vergleichung zugelassen hätte, vielmehr bestand das ganze Blastoderm aus locke-
rer oder dichter gefügten Furchungskugeln und aus weiter nichts. Auch von Verbindungen
der Keimhaut mit den tieferen Theilen, d.h. mit dem weissen Dotter, oder von dem Vor-
kommen von besonderen «Keimfortsätzen» (Waldeyer) im weissen Dotter wurde nichts wahr-
genommen, mit einziger Ausnahme dessen, was während der ganzen Furchung sich findet,
wie Goette und ich dies schon lange betonen, dass keine scharfe Grenze zwischen dem sich °
furchenden Keime und dem weissen Dotter sich findet und sowohl die Furchungselemente,
als auch viele tief gelegene Furchungskugeln an ihrer einen Seite mit noch ungefurchtem
Dotter zusammenhängen»®). Dasjenige, was man für Fortsätze hält, ist nur das Protoplasma
der «Furchungskugeln». Kölliker erkennt an, dass Disse der Wahrheit am nächsten war,
«als er den Randwulst des gefurchten Keimes ursprünglich nur als aus Furchungszellen be-
stehend ansah, zwischen welche dann später mit der Bebrütung Dotterelemente hineinge-
langten»°®). Er müsste nur, statt «zwischen welche», «in welche» sagen. In seinen Schluss-
urtheilen, im ersten Paragraph, stellt Kölliker folgenden Grundsatz auf: «Bei allen mehr-
zelligen Geschöpfen gehen alle Elemente und Gewebe direct aus der befruchteten Eizelle
und dem ersten Embryonalkerne hervor und giebt es keinen Haupt- und Nebenkeim (Archi-
blast und Parablast)» A
Die letzte Arbeit, der Zeit nach, ist die Arbeit Kollmann’s vom «Akroblast», wo
übrigens nur die Benennungen und Anschauungen des Autors neu sind.
Kollmann betrachtet, ähnlich der Mehrzahl der Autoren, alle Zellenelemente des
Embryo als Resultat allmählicher Furchung, d. h. er erkennt die Bildung der Zellenele-
mente ausschliesslich aus dem «Archiblast» an. Der peripherische Theil des Keimes ist in
der 5. bis 7. Stunde der Bebrütung scharf vom Dotter abgegrenzt und vom Autor «Randwulst»
benannt worden; die obere Schicht bildet den «Epiblast» (Ektoblast), die untere den «Hypo-
blast» (Entoblast). Zwischen diesen. Schichten bleiben «die Elemente einer langsamen, einer
gleichsam verspäteten Furchung», welche die Benennung «Akroblast» haben. Die weitere
Entwickelung stellt Kollmann folgendermaassen dar: «Grosse Zunahme der einzelnen Ele-
mentarzellen; um den Kern erscheint ein heller Hof, eingeschlossen von körnigem Proto-
plasma ; die Zellengrenzen sind verwischt; Theilungen der Kerne sind unverkennbar». Fer-
ner entsteht «die Bildung von neuen Zellen, welche in die Höhe steigen und unter dem Ekto-
Маз sich ansammeln. Es ist dies die zweite Generation des Akroblastes-Proteuten»°). Wenn
man hinzufügt, dass später, wenn die Mitte der Keimscheibe sich scharf bezeichnet, «die
frühere scharfe Abgrenzung gegen den Dotter an dem Randwulst mehr und mehr schwin-
”
. 1) Kölliker. Die embryon. Keimbl. und d. Gewebe. 3) 1. с. S. 188.
Separ. Abdr. aus der Zeitschr für wissensch. Zoolog. XL, 4) 1. c. S. 211.
Seite 185. 5) Kollmann. Archiv f. Anatomie und Physiol. 1884.
2)Le. S. 184. 5. 398.
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+
Dre BLUTGEFÄSSKEIME UND DEREN ENTWICKELUNG BEI EINEM HÜHNEREMBRYC. 3
деф, so erhalten wir еше mit der Beschreibung anderer Autoren fast identische Beschreibung
des zu untersuchenden Gebiets. Von den Keimfortsätzen sagt Kollmann: «Wenn die zweifel-
haften Gebilde aus dem passiven Rindenprotoplasma und die völlig unbestimmbaren Stränge
der Keimfortsätze physiologisch ebenso viel werth sind, wie die Furchungskugeln, dann mögen
wir unsere frühere Anschauung und Alles, was die Embryologie der Wirbelthiere nach dieser
Seite hin gelehrt, in den Papierkorb wandern lassen». Die Erscheinungen betrachtet er ein-
fach als ein künstliches Product der Bearbeitung.
Auf diese Weise haben wir folgende aus der Literatur erhaltene Resultate: alle For-
scher sind zu dem Schluss gekommen, dass das von uns zu untersuchende Gebiet, ausser
einem todten Nahrungsstoff, eine protoplasmatische Bildung enthält und deshalb die Mög-
lichkeit hat lebendige Zellenelemente zu bilden. Sobald aber das Verhältniss der beiden ge-
nannten Theile zu einander durchgenommen wird, gehen die Meinungen auseinander.
1) Disse und Gasser sind der Meinung, dass die Zellen sich zwischen dem Dotter
befinden.
2) Oellacher, Kölliker, Rauber, Janoëik, Foster et Balfour und Kollmann
nehmen an, dass das zu untersuchende Gebiet aus zum Theil noch nicht ausgebildeten Zellen
besteht, iy welchen sich der Dotter befindet. :
3) Nach Goette ist das zu erforschende Gebiet — der Dotter und die grossen Zellen
(Dotterzellen) durchziehen es nur.
4) Nach His durchdringt das Protoplasma des per ipherischen Theiles der Embryonal-
platte den Dotter; im letzteren befinden sich Elemente, die auch in Zellen übergehen.
5) Waldeyer ist derselben Ansicht, verwirft aber den RICE Theil der Auffassung
von His.
6) Klein ist, wie es scheint, der Einzige, welcher das zu untersuchende Gebiet als
ausschliesslich aus dem Dotter bestehend anerkennt.
Indem wir zur Darlegung unserer eigenen Untersuchung übergehen, müssen wir vor-
ausschicken, dass wir nichts Hervorragendes und fast nichts Neues gefunden haben. Nichts
destoweniger gewähren unsere Untersuchungen augenscheinlich die Möglichkeit, die An-
sichten fast sämmtlicher Verfasser auszusöhnen, wie widerspruchsvoll sie anfangs auch ge-
wesen sein mögen. Aus allen Untersuchungen der Autoren, die unsrige mit inbegriffen,
werden wir eine bestimmte Vorstellung des zu untersuchenden Gebiets in Verbindung mit
der anatomischen Construction des ganzen Eies erhalten. '
Die Embryonalplatte des befruchteten unbebrüteten Eies ist von allen Forschern
ganz gleichartig beschrieben worden: sie stellt eine Reihe von Segmentationskugeln dar,
welche von dem darunter liegenden Dotter durch eine scharf bezeichnete helle Linie ge-
LA
14 р Dr. N. Озком,
trennt sind. Oellacher hat zuerst die Ansicht geäussert, dass der schmale spaltenartige
Raum unter der Keimscheibe wahrscheinlich eine Erscheinung der Eifurchung sei. Wenn
man aus vielen Eiern dieses Entwickelungsstadiums ganze Serien von Präparaten macht,
kann man sich fast immer davon überzeugen, das in Einigen') die genannte Furche sich
bogenartig von einem Rande des Keimes zum andern hinzieht, jedoch nicht immer ununter-
brochen, wie es die Autoren darstellen. Wenn die Schnitte neben dem Centraltheile gemacht
worden sind, hört die Furche gewöhnlich in der Mitte auf und die Keimscheibe geht in den
darunter liegenden Dotter über. Mitunter existirt diese Vereinigung auch noch in der Pe-
riode, wo*die Embryonalplatte aus runden Zellen in der oberen und im peripherischen
Theile der unteren Schicht besteht. Die Mitte der letzteren hat in diesem Falle noch. keine
sichtbaren Zellenumrisse, besteht aus einer feinkörnigen trüben Substanz, wie alle übrigen
Keimzellen, und geht unmerkbar in die grobkörnige Masse der oberen Schichten des weis-
sen Dotters über. Bei einigen Exemplaren äussert sich die Vereinigung des Keimes mit
dem Dotter dadurch, dass die Centralzellen des unteren Blattes durch einige grosse Kugeln
auseinandergeschoben werden, wobei ihr unteres Segment in den Dotter geleitet wird; die
Kugeln enthalten grosse, glänzende Körner von ganz gleichem Aussehen mit dem umge-
benden Dotter, von welchem sie nur durch einen scharfen Umriss getrennt werden; wenn
letzterer auf dem unteren Segment der Kugel nicht vorhanden ist, so entsteht das Ueber-
gangsstadium — der mittlere "Theil der unteren Keimschicht wird gleichsam durch den
Dotter gebildet. An bebrüteten Eiern ist der Keim, wie bekannt, schon überall vom Dotter
abgelöst. Die erwähnte Vereinigungseigenschaft spricht deutlich dafür, dass sie kein künst-
liches Bearbeitungsproduct ist, und zugleich kann man in dieser Vereinigung eine ziemlich
gewichtige Bestätigung der Annahme Oellacher’s sehen, dass die Spalte eine Erscheinung
der Horizontalfurchung des Eies sei, die wie alle Furchen von der Peripherie zum Centrum
führt. Wenn dem so ist, so haben wir in dem zu beschreibenden Factum den Hinweis auch
darauf, dass ein Theil des weissen Dotters der Furchupg unterliegt und als Formativmate-
rial wenigstens des unteren Blattes gilt. Je nachdem, wo wir ihn betrachten wollen, hat
der Theil unter der Furche ein verschiedenes Aussehen: in den tiefen Schichten stellt er
den weissen Dotter dar, je näher zur Peripherie des Eies und nach oben hin, werden die
Körner kleiner und bilden unter der Dotterhaut selbst schon eine trübe, feinkörnige Masse;
je nach Entfernung vor der Achse, geht der eine und der andere Theil ohne scharfe Grenze
in den gelben Dotter über. Bei der zunächst darauf folgenden Zerstückelung und Formi-
rung der deutlichen Zellen in der Keimscheibe, haben wir nichts von den Autoren Abwei-
_chendes gefunden und werden sie daher nicht näher beschreiben. Wir wollen nur noch hin-
zufügen, dass es uns gelungen ist, in einigen grossen, am Boden der Keimhöhle gelegenen
Kugeln das deutliche Vorhandensein eines und sogar zweier Kerne zu constatiren, wodurch
unzweifelhaft ihre Zellennatur bewiesen ist. Auf einem Ei sahen wir nach 6-stündigem Bebrü-
1) Solche Eier waren vermuthlich vor dem Normaltermin gelegt worden.
*
+
Оте BLUTGEFÄSSKEIME UND DEREN ENTWICKELUNG BEI EINEM HÜHNEREMBRYO. 15
“ ten einen deutlichen Kern selbst in solch einer Kugel, welche sich aus der ganzen -Dotter-
masse noch nicht völlig befreit hatte. Bei weiterem Bebrüten ist die den Dotter trennende
Grenze längs dem Rande der Embryonalplatte nur im Epiblastgebiet scharf sichtbar, der
Uebergang des Hypoblastes in den Dotter geht jedoch allmählich, ja völlig unmerklich vor
sich: die im Centraltheile des Hypoblastes bedeutend abgeplatteten Zellen, werden hier
dicker und ihr Protoplasma ist reicher an Dotterkörnern, bis endlich die Grenzen und Kerne
der Zellen allmählich undeutlich werden und auf diese Weise schon das Bild des sogenann-
ten weissen Dotters gewähren. Dieses Bild hat keinen Forscher daran zweifeln lassen —
darin das allmähliche Anwachsen des Hypoblastes von der Peripherie her .zu sehen.
Nach 12 Stunden liegt zwischen dem Epiblast und dem peripherischen Theile des
Hypoblastes eine schon klar sichtbare Schicht von Zellen (s. Fig. 1).
Balfour hat zuerst die Aufmerksamkeit auf diese Zellenschicht gerichtet und auf
i ihre Bedeutung als selbstständigen, peripherischen Theil des Mesoblastes hingewiesen
(s. Fig. 100, S. 143). Die auf unsern Präparaten zur Peripherie hin etwas aufgehäuften
Zellen liegen zum Centrum hin in zwei und endlich in einer Schicht; alle haben sie deut-
lich ausgeprägte Kerne und besitzen die Eigenthümlichkeit, dass sie je näher zum Centrum
eine um so gedehntere Form bekommen und, was am interessantesten ist, ihr in den peri-
pherischen Zellen an Dotterkörnern sehr reiches Protoplasma enthält deren weniger bei
Annäherung zum Centrum und die allerletzten entbehren derselben fast gänzlich. Kurz,
Alles spricht dafür, dass die älteren Zellen sich im centralen, die jüngeren im peripheri-
schen Theile befinden. Ferner, die Zellen liegen absolut frei, durch nichts mit dem Pri-
mitivstreifen verbunden, welcher in dieser Periode dazu noch’kaum bezeichnet ist; die ein-
zige Stelle, welcher sie eng anliegen, ist — der peripherische Theil des Hypoblastes. Dieses
ist daher wahrscheinlich der einzige Ort ihrer Entstehung und bei aufmerksamer Beobach-
tung dieses Gebiets, wird die geäusserte Annahme—Factum. Hier ist der dem Epiblast an-
_ liegende sogenannte weisse Dotter feinkörnig und bedeutend aufgelockert; sobald er sich
vom Epiblast trennt, um in den Hypoblast überzugehen, befinden sich in der Spalte schon
grob- und feinkörnige Kugeln des Mesoblastes mit mehr oder weniger deutlich sichtbaren
Kernen.
Ein Theil der Kugeln liegt noch im sogenannten Dotter, woraus man deutlich sieht,
dass sie aus dem letzteren entstehen. Obgleich der Uebergang dieser eben entstandenen
dotterreichen Zellen zu den Centralzellen eine, wie schon gesagt, im höchsten Grade stufen-
weise vollständige Reihenfolge darbietet, so glauben wir doch nicht, dass der Uebergang
selbst.in einer und derselben Reihe, wo man den Schnitt gemacht hat, erfolgt wäre, 4. В.,
dass die Zellen, je nach ihrer Entwickelung, allmählich näher zum Centrum rückten. Das
glauben wir aus dem Grunde nicht, weil auf den weniger entwickelten Embryonalplatten
die grobkörnigen Zellen verhältnissmässig viel näher zum Centrum des Embryo liegen, als
die völlig ausgebildeten, ein feinkörniges Protoplasma enthaltenden Zellen auf der mehr
entwickelten Platte. Dieses Factum kann man nur auf folgende Weise erklären: die Zellen
16 | Dr. N. Uskow,
werden, je nach ihrer Bildung aus der Dottermasse, sogleich an ihrem Entstehungsorte т
einer weiteren Metamorphose unterworfen und die stufenweise Reihenfolge entsteht nur
durch das aufeinanderfolgende Erscheinen der Zellen. Zuweilen kann man auf den Präpa-
raten (wir besitzen das Präparat eines 7-stündigen im Sommer erhaltenen Embryo) Bilder
beobachten, die deutlich dafür sprechen, dass dieser Mesoblasttheil viel weiter zur Peripherie
hin vom Ort der Zellenbildung des Hypoblastes und folglich auch etwas früher, als die.
Zellen des letzteren, entsteht. Aus dem Gesagten ist fürs Erste zu ersehen, dass die von
den Autoren angenommene Wanderung der Segmentkugeln auf grosse Strecken und über
solche Hindernisse, wie die dicke Dotterschicht, nicht nothwendig ist. Man kann sich die
Bildung des Mesoblastes auch ohne die Fähigkeit der Segmentkugeln, den für sie bestimm-
ten Ort in der Embryonalplatte aufzusuchen, erklären. Ausserdem, giebt es ja nur ein ein-
ziges Factum als Grundlage für alle diese Vermuthungen, — nämlich die Contractions-
fähigkeit der Segmentkugeln, eine Fähigkeit, welche nach unserer Meinung vollkommen ge- À
nügt, um sich die Trennung der Kugeln von der Dottermasse zu erklären.
Die zu beobachtende Peripherie der Embryonalplatte verändert sich wenig in den
nächstfolgenden Stunden, so lange sie nicht, durch Anwächsen weiter nach aussen rückend,
jenen Theil des weissen Dotters erreicht, wo die Schicht des letzteren sehr dünn ist und
dieses Gebiet nothwendigerweise an den gelben Dotter grenzt. Dieses geschieht ungefähr
um die 14-te Stunde der Bebrütung, d. h. wenn die Gehirnrinne schon deutlich bezeichnet
ist. Um diese Zeit beobachtet man ein abermaliges Stehenbleiben der Wucherung der Hy-
poblastränder und des Mittelblattes; dem entsprechend gehen die Hypoblastränder noch ein-
mal, nicht in den Dotter über; von der anderen Seite merkt man ein deutliches Dicker-
werden des Mesoblastrandes und die den Mesoblast bildenden Zellen sind schon gut ausge-
‚ bildet, haben alle deutliche Kerne und sind sehr arm an Dotterkörnern. Uebergangsformen
von diesen Zellen zum Dotter sind fast gar nicht vorhanden, so dass es beim Beobachten
der Präparate in diesem Entwickelungsstadium Keinem einfallen kann, die Bildung des Me-
soblastes von der Peripherie aus abzuleiten, noch weniger es in Verbindung mit dem weis-
sen Dotter zu bringen. Eine solche Annahme wäre um so sonderbarer, da ein direeter Zu-
sammenhang.des peripherischen Theiles des Mesoblastes mit seinem zu dieser Zeit ausge-
wachsenen Centraltheile auf den ersten Blick als unzweifelhaft erscheint.
Das oben beschriebene Stehenbleiben dauert nicht lange, um die 18-te Stunde der
Bebrütung, wenn die ersten Kennzeichen der primären Segmente vorhanden sind, verändert
sich das Bild von Neuem. Der Rand der beiden zu untersuchenden Platten geht wieder all-
mählich auf das Gebiet des gelben Dotters über. Wie lange dieses neue Bild der äussersten
Peripherie der Embryonalplatte erhalten bleibt, haben wir nicht beobachtet, denken aber,
dass es sich bis zur Zeit der Bildung des Sinus terminalis nicht verändert. Nach dem in der
Embryonalplatte eingenommenen Ort entspricht der jetzige Randtheil der Area vitellina
der Autoren und zeigt auf den Schnitten Folgendes: gleich unter dem Epiblast liegen grosse
Elemente des gelben Dotters; bei näherer Beobachtung ist ihre Substanz verschiedenartig:
Dis BLUTGEFÄSSKEIME UND DEREN ENTWICKELUNG BEI EINEM HÜHNEREMBRYO. 17
ausser den typischen feinkörnigen Elementen sieht man fast ganz homogene mit einem
matten Glanz. Stellenweise sind diese homogenen Massen in feine, zu Gruppen verschiede-
ner Grösse angeordnete Klümpchen, Kügelchen und sogar Tröpfchen zerstreut. Die Fähig-
keit, die Färbung anzunehmen und zu behalten, ist ebenfalls verschieden: die homogenen
Abarten färben sich viel schwächer und in Form von Tröpfehen — gar nicht. Alle Ueber-
gangsformen der Dotterelemente sind sehr leicht auf ein und demselben Präparate zu beob-
achten. Es kommen auch solche Elemente vor, welche in dem einen Theil eine typische
gleichmässig körnige Masse vorstellen, im andern — vollkommen homogen sind, im drit-
ten — glänzende Tropfen enthalten. Elemente in Form von Gruppen glänzender Tropfen
von den Elementen des feinkörnigen weissen Dotters zu unterscheiden ist nicht mehr mög-
lich, die Anwesenheit aber der Uebergangsformen der Elemente des gelben Dotters, haupt-
sächlich an der Grenze des weissen, macht den Uebergang der einen Gattung in die andere
wahrscheinlich. Ohne Hilfe der Chemie, auf Grund nur optischer Data, kann das natürlich
nicht entschieden werden, jedoch halten wir es für unzweifelhaft, dass, wenn die Elemente
des weissen Dotters nicht in diejenigen des gelben übergehen, die Producte der weiteren
Metamorphose beider optisch jedenfalls völlig identisch sind.
Zwischen den Elementen des sich auf diese Weise verändernden Dotters befindet sich
eben das matte, schwach granulirte Netz, welches aus ziemlich dicken Querbalken besteht
(S. Fig. 2 und 3). Nach den Arbeiten Waldeyer’s und Rauber’s fällt es uns schon nicht
mehr schwer in diesem Netz das einfache Protoplasmanetz zu erkennen, wofür die zahlrei-
chen in seinen Querbalken enthaltenen Kerne einen unzweifelhaften Beweis liefern; oft sieht
man sogar in den tiefen Schichten die typischen Figuren der Karyomitosis. Wenn man das
Präparat durch Zerzupfen bearbeitet, so erhält man abgerissene Netzstückchen, welche
Disse auch veranlassten, die Existenz sternartiger Zellen an dieser Stelle anzunehmen. Auf
den Schnitten giebt es weder solche Zellen, noch auch freie Kerne, wie die Autoren angenommen
haben; hier beobachtet man nur Kerne, welche von dem noch nicht zu Zellen differenzirten
Protoplasma umgeben sind. Zuweilen freilich liegt der Kern dem Elemente des gelben Dot-
ters so nahe, dass er von der einen Seite unmittelbar daran stösst, von der anderen dage-
gen sieht man ihn deutlich im engen Streifchen des ins allgemeine Netz übergehenden Pro-
toplasma.
Je nach Entfernung der Kerne in die Tiefe wird ihre Zahl geringer und das Netz
wird inmitten der dichten Dottermasse völlig unsichtbar. Die umgekehrte Erscheinung
beobachtet man bei Annäherung der Kerne nach oben und besonders zur Achse des Eies
hin; bei der weiteren Beobachtung in dieser Richtung werden die Dotterelemente feiner,
liegen lockerer und das Protoplasmanetz wird dichter. Zugleich wird das Netz regelmässiger,
indem es nicht vollständige vieleckige Figuren bildet, welche in der obersten Schicht stel-
. lenweise eine cylindrische Form annehmen; bei Annäherung der Kerne nach oben hin wer-
den sie ebenfalls bedeutend dichter. In den späteren Entwickelungsstadien (30 Stunden)
sieht man auf den Schnitten die vieleckigen Figuren häufig ohne Kerne, nur den Dotter
Mémoires de l'Acad, Imp. des sciences. УПше Série. 8
18 Dr. N. Озком,
enthaltend, zuweilen liegen sie in einer Gruppe von 15 bis 20 und machen den Eindruck
eines künstlichen Products der Conservirung (Goette). Die benachbarten Schnitte überzeugen
leicht von dem Gegentheil: an Stelle der Figuren liegt eine Gruppe von Kernen. Das be-
schriebene Bild erhält man nur deshalb, weil die Kerne bei allen vieleckigen Elementen an
der zum Centrum der Gruppe gewandten Seite liegen und der Schnitt durch den kernlosen
Theil aller Elemente gemacht worden ist. Das von uns beobachtete Bildungsgebiet der
Zellenelemente geht in dieser Periode ganz unmerklich in den innern benachbarten Hypo-
blasttheil über, um so mehr, da die Construction des Hypoblastes sich in dieser Zwischen-
zeit auch stark verändert hat. Das Gebiet, zu welchem wir jetzt übergehen, entspricht der
Area vasculosa der Autoren.
Hier stellt das Hypoblast fast cylinderformige, an groben und feinen Dotterkugeln
reiche Bildungen dar, welche in mehrere Schichten geordnet sind; ihr feinkörniges Proto-
plasma hat entweder die Form eines dicken, aber losen Netzes, oder ist an einer von den
Seiten zusammengezogen. Bei denjenigen Elementen, welche die oberste Schicht (unter dem
Mesoblast) bilden, liegt das einen deutlich sichtbaren Kern enthaltende Protoplasma ge-
wöhnlich ganz auf der Oberfläche des freien Randes; der übrige Theil der Elemente er-
scheint leer. Alle diese Bildungen kann man, streng genommen, nicht für ausgebildete,
scharf abgegrenzte Zellen halten, und zwar aus folgendem Grunde: trotz der grössten Mühe
gelang es uns nie, sie durch einfache Zerzupfung zu isoliren; der Gebrauch der gewöhnlichen
Mittel nach der Methode Ranvier’s (schwache Spirituslösung, normales Jodserum) gab keine
besseren Resultate. Jedes Mal erhielt man Klümpchen der Elemente mit zerrissenen Rän-
dern; einen unzerrissenen Rand konnte man nicht sehen, die Fälle natürlich ausgenommen,
wo ein Theil des oberen Randes hinzukam, was man leicht aus dem oben beschriebenen
Kennzeichen ersehen konnte. Die Bearbeitung dieses Gebiets mit Silber gelang uns ebenfalls
kein einziges Mal. Ausserdem erinnert, bei aufmerksamer Beobachtung, diese scheinbare
Zellengrenze auf den Querdurchschnitten mehr an ein ziemlich regelmässig geordnetes und
dicht verflochtenes Fasernetz. Auch die scharfen Linien, welche gleichsam eine Grenze
der cylinderförmigen Figuren bilden, gehen stellenweise in ein zartes kernhaltiges Proto-
plasmanetz über und geben uns ein noch grösseres Recht, sie nicht für Zellengrenzen, son-
dern für die eigentliche Substanz der Zellen zu halten. Endlich ist unsere Annahme auch
deshalb nicht unwahrscheinlich, weil in den anderen Theilen des Embryo, wo die Bildung
der Zellen schon längst erfolgt ist, die wirkliche Grenze zwischen den letzteren so zart ist,
dass sie den genannten Linien bei weitem nachsteht. In Folge des oben Erwähnten haben
wir kein Recht, das ganze beschriebene Netz für das Gepräge der Zellengrenzen allein an-
zunehmen. Somit sehen wir, ohne die Ursache einer solchen optischen Veränderung des
Protoplasma näher zu berühren, im ganzen zu beschreibenden Abschnitt dieses Entwicke-
lungsstadiums nur das regelmässig geordnete kernhaltige Protoplasmanetz, d. h. im Grunde
dasselbe, was wir oben längs dem äussern Rande der Embryonalplatte gesehen haben, hier
ist nur die Zellendifferenzirung weiter gegangen, besonders beim oberen Rande. Die untere
L2
Dre BLUTGEFÄSSKEIME UND DEREN ENTWICKELUNG BEI EINEM HÜHNEREMBRYO. 19
Grenze dieses Gebiets ist im Anfang ebenso wenig scharf bezeichnet, wie die äussere; gegen
Ende der ersten Tage jedoch äussert sie sich gewöhnlich durch ein deutlicheres sichelför-
miges Anhäufen des feinkörnigen Protoplasma an den unteren Rändern der cylindrischen
Bildungen. Auf jedem Exemplar eines 24-stündigen Embryo kann man Theile dieses Hypo-
blastes sehen, die unten von solchen dünnen spindelförmigen Protoplasmaanhäufungen, zu
5 bis 10 in der Reihe, begrenzt sind. Wenn wir daran erinnern, dass die cylindrischen Bil-
dungen an dieser Stelle verschiedenartige Dotterkugeln enthalten und, wie gesagt, in meh-
rere Schichten geordnet sind, so wird der Leser in dem zu untersuchenden Hypoblastgebiet
das Object sehen, welches His als Parablast in der «interglobulären Masse» beschrieben
hat. Je nach Annäherung der scharfen Linien zum Embryo, erblassen sie allmählich, das
Protoplasma nimmt schon einen grösseren Theil der cylindrischen Bildungen ein und geht
endlich im Centraltheile der Platte in eine würfelartige, später in eine flache Form der
völlig entwickelten Zellen des Darmepithels über.
Das eben beschriebene Bild ist eben die Aeusserung der factischen Umwandlung des
untersuchten Gebiets in das Darmepithel. In der That, je nach Entwickelung der Embryonal-
platte rückt der peripherische Theil der Area pellucida (d. h. der innere Rand des jetzt von
uns zu untersuchenden Gebiets) unzweifelhaft nach auswärts, was sich auf den Schnitten
durch das Weiterrücken des zu beschreibenden Hypoblastgebiets, der Vergrösserung des
Darmepithelgebiets entsprechend, äussert; letztere Erscheinung jedoch kann nicht aus-
schliesslich dem Anwachsen der Zellen zugeschrieben werden, weil diese zu arm an karyo-
kinetischen Figuren sind. Aus dem Gesagten folgt aber nicht, dass wir die Vergrösserung
der Area pellucida ausschliesslich der oben beschriebenen Umwandlung des einen Epithels
in das andere zuschreiben, da diese Vergrösserung zum Theil unzweifelhaft durch Verflüs-
sigung des Zelleninhalts erklärt werden muss. Den eben dargestellten Theil des Hypoblastes
kann man am bequemsten — Uebergangstheil nennen, und zwar aus folgendem Grunde:
schon auf dem Rande der Embryonalplatte kann man, wie oben gesagt, in dem sich bilden-
den Protoplasmanetz nicht nur kleine Kugeln des gelben und Häufchen des weissen Dotters,
sondern auch alle Uebergangsformen des einen in den andern sehen und hier gerade ist die-
ser Uebergang am deutlichsten.
Bei der Erklärung dieser Erscheinung theilen wir vollkommen die Meinung H. Vir-
chow’s, auch Janosik’s und Kollmann’s, welche dieses Gebiet der physiologischen Be-
deutung nach als Verdaungsapparat ansehen. Wie die Zellen des ursprünglichen Em-
bryonalfleckes in den ersten Stunden der Bebrütung den Dotter nur für sich und die näch-
sten zahlreichen Nachkömmlinge verarbeiteten, so können auch die Hypoblastzellen, die
einen sehr grossen Vorrath von Nahrungsstoff enthalten und eine sehr geringe Theilungs-
fähigkeit besitzen, den Stoff im Ueberfluss, mehr als zum eigenen Bedarf nöthig ist, her-
stellen.
Um uns eine richtige Vorstellung von allem oben Gesagten zu machen, haben wir die
Entwickelung des Eies untersucht. Dabei bemerkten wir, dass die Körner des weissen Dot-
3*+
20 Dr. N. Uskow,
ters sich im Protoplasma ansammeln und dasselbe anfangs ohne jede Ordnung durchziehen.
In den nächstfolgenden Stadien häuft sich bei Vergrösserung des Eies das feinkörnige Pro-
toplasma an, und zwar mehr und mehr zur Peripherie hin in Form eines bedeutend dicker
gewordenen Discus im Umkreise des Кегпез '), wobei man keine Spur einer deutlichen Grenze
zwischen dem lebendigen Protoplasma und dem Dotter als einem todten Nahrungsstoff sieht,
indem der Uebergang ein vollständig allmählicher ist. Auch in den ersten Stadien der Seg-
mentation giebt es keine solche Grenze, wie aus den Untersuchungen Oellacher’s, Pere-
meschko’s, Kölliker’s u. A. ersichtlich ist. Somit kommen wir zu dem Schlusse, dass in
allen diesen Stadien das Protoplasma vom Dotter durchzogen ist. Die Anwesenheit der Seg-
mentationskugeln im Gebiet des weissen Dotters unter der grossen Horizontalfurche zeigt, dass
das Verhältniss des Protoplasma zum Dotter auch in der Periode der Segmentation dasselbe
bleibt. Es fragt sich nur, wie man das im Randgebiet des Hypoblastes beschriebene Proto-
plasmanetz betrachten soll. Es ist unzweifelhaft, dass in den ersten Stunden der Bebrütung
sich kein Netz in dem Gebiet, wo wir es beschrieben haben, befindet, es erscheint erst gegen
Ende des ersten Tages. Um diese Zeit liegen die Dotterelemente nicht mehr so dicht an ein-
ander und theils dadurch wird es möglich, das Netz mit grösserer Deutlichkeit zu sehen.
Ausserdem liegt durchaus nichts Unwahrscheinliches darin, wenn man die Verdichtung des
Netzes, für eine Zusammenziehung des Protoplasma zur Oberfläche des Eies hin bei gleich-
zeitigem Erscheinen und Vermehrung der Kerne erklärt. Da hierbei die Dotterelemente in
das Protoplasmanetz mit hineingerathen, so ist es augenscheinlich, dass der Process selbst
sich durch nichts vom Bildungsprocess der sogenannten Segmentationselemente im Central-
gebiet unterscheidet °). Die Oberfläche selbst ist jedoch vom völlig ausgebildeten und weit
über dieses Gebiet gehenden Epiblast bedeckt, das Protoplasmanetz liegt also unter dem
letzteren ganz frei, ohne jedes Zusammenwachsen. Auf diese Weise sehen wir völlig ausge-
bildete Zellen des Epiblastes und das Protoplasmanetz, welches noch keine Spur von Zellen-
theilung aufweist, d.h. zwei dem Entwickelungsgrade nach durchaus verschiedene Bildungen
neben einander. Aber, wie es scheint, kann man das einfach durch die rasche Wucherung
des Epiblastes und durch das dadurch entstandene Weiterrücken seiner Elemente erklären.
In der That, man sieht die karyokinetischen Figuren aus allen drei Schichten fast nur im
Epiblast. Wir schliessen jedoch auch das Anwachsen als einen Factor der Epiblastvergrös-
Mit Hülfe von drei dünnen in die Eischale hinein
gesteckten Nadeln wurde der Dotter fixirt und, nach
Umdrehung desselben, in den Brutapparat gelegt. Dadurch
1) Hierbei erlauben wir uns zu bemerken, dass wir
im lebenden Ei, welches auf einem Erwärmungstischchen
beobachtet wurde, nie die von den Autoren beschriebenen
Höhlen im Kerne gesehen haben, sondern dass sie bei uns
nur nach Absterben des Objects zum Vorschein kam.
2) Da wir anfangs, ebenso wie die anderen Autoren,
der Ansicht waren, dass die Parablastzellen freiliegende,
bewegliche Elemente seien, machten wir, zur Lösung
der Frage über den Grund der Bewegung der letzteren
nach oben, in der Richtung zur Embryonalplatte, folgen-
des Experiment.
erlangten wir eine solche Lage desselben, bei welcher
die Embryonalplatte sich unter dem Dotter befand.
Einige entwickelten sich vollkommen normal (bis zum
dritten Tage) und dieses beweist uns, dass die Parablast-
elemente die Fähigkeit besitzen, wenn nöthig auch in
der Richtung nach unten sich fortzubewegen. Haben wir
einmal das oben beschriebene Protoplasmanetz gefun-
den, so erklärt sich die Sache ganz einfach.
Dre BLUTGEFÄSSKEIME UND DEREN ENTWICKELUNG BEI EINEM HÜHNEREMBRYO. 21
serung nicht aus; an seinem Rande sehen wir ja fast immer, ebenso wie Kölliker, grosse
Zellenbildungen, welche nach der Undeutlichkeit des Kernes und seiner Umrisse, sowie nach
dem Reichthum des Protoplasma an Dotterkörnern mit den Segmentationskugeln der ersten
Stadien völlig identisch sind. Die allgemein bekannte ungeheuer rasche Wucherung des Epi-
blastes muss man doch hauptsächlich durch die rasche Hyperplasie der Zellen erklären.
Es bleibt uns noch übrig, unsere Ansicht über die Natur der Segmentationskugeln oder
der «Protoplasmakugeln» und «Dotterzellen» der Autoren auszusprechen. Jene Kugeln, wenn
sie auch undeutliche Kerne enthalten, dienen augenscheinlich zur Zellenbildung an ihrem
Entstehungsort, wie wir es im peripherischen Mesoblasttheile gesehen haben. In allen Stadien
der Entwickeiung (wir sprechen von den Entwickelungsstadien der ersten 2 Tage) kommen
auch andere vollkommen frei liegende Kugeln vor, welche eine Menge glänzender, runder,
in ätherischen Oelen unlöslicher Körner enthalten und trotz aller Reactive keine Spur von
Kernen haben. Diese Kugeln sieht man besonders häufig gegen Ende des ersten Tages und
hauptsächlich im vorderen Theile der Embryonalplatte, wo sie grösstentheils frei auf dem
Hypoblast liegen. Dabei kann man sie auch in dem sich erst bildenden Hypoblasttheile beob-
achten; inmitten des deutlich sichtbaren Protoplasmanetzes mit Kernen am obersten Rande
kann man leicht solch eine Kugel an ihrem Inhalt erkennen, um so mehr, da ein Theil des-
selben frei liegt. Trotz aller Bemühungen gelang es uns nicht, irgend eine formative Bedeu-
tung dieser Kugeln zu finden, was auch His nicht gelungen ist. Die zu untersuchenden Ku-
geln sind augenscheinlich mit einigen Kugeln seines Parablastes identisch, ihren Uebergang
in Zellenelemente «vermuthet» er nur und giebt auch nur ein «wahrscheinliches» Bild davon,
wie solches geschehen könnte!). Bei der Unmöglichkeit die geringste Spur eines Kernes auf-
zufinden, zweifeln wir sogar an der zellenartigen Natur der Kugeln, denn die von den neue-
sten Histologen angeführten Argumente zum Beweise der Kernbildung auch aus dem Dotter
erscheinen uns nicht beweiskräftig genug, um nicht eine andere Erklärung zuzulassen. Wir
erklären uns die Entstehung solcher Kugeln durch den Rest von Eiprotoplasma, d. В. sie
können Theile des Protoplasma sein, welche keine Kernsubstanz erhalten haben und von der
Segmentation (mit nachfolgender Zellenbildung) des ganzen Eiprotoplasma übrig geblieben
sind. Wenn sich Alles bloss auf theoretische Anschauungen gründet, so sehen wir nicht ein,
warum nicht auch die von uns geäusserte Vermuthung den zahlreichen Theorien eingereiht
werden kann. Sie hat sogar noch einige Vorzüge vor den übrigen, da sie uns nicht in die
Nothwendigkeit versetzt, Facta anzunehmen, die man nicht beobachtet hat.
Alles oben Dargelegte resumirend, kommen wir ganz ungezwungen zu folgenden
Schlüssen :
1) Das Hühnerei stellt im wahren Sinne des Worts eine Riesenzelle dar.
2) Wenn man statt der jetzt unsicher gewordenen Theilung der Eier in holoblastische
1) His. Zeitschrift für Anat. 1876, S. 284.
92 Dr. N. Uskow,
und meroblastische, sie in Eier mit gleichzeitiger und ungleichzeitiger Segmentation theilen
wollte, so würde das Hühnerei augenscheinlich zum zweiten Typus gehören.
3) Das Protoplasma des Hühnereies ist von zweierlei Art todten Nahrungsdotters durch-
zogen. Das Protoplasma ist gewöhnlich so dicht von den feinen Elementen des weissen Dot-
ters durchzogen, dass seine Anwesenheit nur mit dem Erscheinen der Kerne bei nachfolgen-
der Segmentation und Zellenbildung zu Tage tritt. Die Elemente des gelben Dotters sind
anfangs scheinbar mit dem Protoplasma viel enger verbunden, obgleich sie es weniger dicht
durchziehen. In den späteren Entwickelungsstadien sieht man das Protoplasma, auch wenn
keine Kerne vorhanden sind; die Anwesenheit der letzteren kann nur als Beweis der proto-
plasmatischen Natur des sichtbaren Netzes dienen.
4) Alle Veränderungen des Eies während der Entwickelung des Embryo können als
allmähliches Sichzusammenziehen des Protoplasma zur Peripherie hin und als dessen Seg-
mentation mit nachfolgender Bildung zahlreicher Kerne, so wie später auch der Zellen, for-
mulirt werden.
5) Diese beiden Processe folgen einander und beginnen vom oberen Ende der Vertical-
achse des Eies.
6) Der Segmentationsprocess geht nicht ununterbrochen fort, denn das Erscheinen der
Zellen in den peripherischen Theilen erfolgt mit einigen Unterbrechungen.
Zum Schluss halten wir es für nothwendig, Einiges über die Benennungen, welche man
dem Randtheile der Embryonalplatte giebt, zu sagen. «Parablast» wurde von His der Neben-
theil der Embryonalplatte genannt, welcher nichts mit dem sich segmentirenden Eiprotoplasma
gemein hat. Waldeyer gab diese Benennung dem mit der Segmentation sich verspätenden
Theile des Eiprotoplasma; in diesem Sinne kann indessen auch His’s Parablast verstanden
werden. Als Beweis dafür, dass das Parablast kein Darmdrüsenblatt geben kann, sagt His:
«denn es ist dasselbe (Darmdrüsenblatt), nach meinen Erfahrungen an Lachsen, als dünne
Lage abgeplatteter, vom untenliegenden Dotter scharf geschiedener Zellen, sehr frühzeitig
schon vorhanden, ehe überhaupt nur parablastische Elemente begonnen haben bis unter den
Embryo vorzudringen»'). Auf diese Weise schliesst das Wort «Parablast» schon zwei mit
einander nichts gemein habende Begriffe ein, welche nichtsdestoweniger keinen factisch er-
klärten Unterschied darbieten. Wir wollten in unserer Darlegung zur Bezeichnung des mit
der Segmentation sich verspätenden Theiles die von Kollmann gegebene Benennung «Akro-
blast» gebrauchen, aber Kollmann, der nur den peripherischen Theil des Mittelblattes so
benennt, vermuthete, dass das zellenbildende Material über dem Hypoblast liege, wir jedoch
suchen gerade für das letztere eine Benennung. Da wir unter den existirenden keine Benen-
nung gefunden haben und ihre Zahl nicht noch vermehren wollen, so behalten wir, nach Köl-
liker’s Vorgange die einfache allgemeine Bezeichnung — «das Hypoblast» bei, indem wir
darunter den Theil des Eiprotoplasma verstehen, welcher von der Bildung des. Epiblastes
1) His. Arch. 1882, $. 73.
Dre BLUTGEFÄSSKEIME UND DEREN ENTWICKELUNG BEI EINEM HÜHNEREMBRYO. 23
übrig bleibt. Da aber die Construction des Hypoblastes in verschiedenen Theilen verschieden
ist, je nach dessen Annäherung zur Peripherie hin, so theilen wir es in drei Theile:
a) Randtheil des Hypoblastes. (Das Protoplasma enthält Kerne und hat keine Spur von
Zellenbildung, ausser einer schwachen Andeutung auf diesen Process in den oberen Schichten).
b) Uebergangstheil des Hypoblastes (hat cylindrische, nicht völlig ausgebildete Zellen).
c) Centraltheil des Hypoblastes (mit deutlich ausgesprochenen Epithelzellen).
In diesem Capitel ist also schon bewiesen, dass
7) Je nach der Entwickelung, alle drei Theile sich nach auswärts fortbewegen, wobei
sich der Reihe nach ein Theil in den andern verwandelt.
8) Das verschiedenartige Aussehen des Hypoblastrandtheiles von Art und Aussehen des
Dotters jenes Gebiets abhängt, auf welches die Entstehung dieses Theiles zu einer bestimm-
ten Zeit fällt.
ill. Die Entstehung des Gefässkeimes aus dem Hypoblast.
Nach der Meinung der Mehrzahl der neueren Autoren müssen die Elemente des Ge-
fässkeimes, obgleich sie längs der unteren Mesoblastfläche liegen, doch ihrer Entstehung
“nach den aus dem Dottergebiet entstandenen Elementen zugeschrieben werden. Die für diese
Meinung sprechenden Data sind folgende:
His, von der Bildung des Blutes sprechend, meint, dass die parablastischen Elemente,
welche die Oberfläche erreicht haben und die Färbung schnell annehmen, das Aussehen
gelber, viele Kerne enthaltender Kugeln erhalten, durch deren Ansammlung sich «Blutinseln»
bilden; die letzteren vereinigen sich im Netz und geben das «Gefässblatt» '). In einer andern
Arbeit äussert er, dass aus dem Parablast auch das Gefässendothel entsteht).
Klein betrachtet als Quelle des Blutes und der Gefässe die «Brutzellen», welche in
'«Enndothelblasen» übergehen. Vom Entstehungsorte der letzteren sagt er nur, dass man sie
früh inmitten der zarten Zellenmosaik der tiefen Schicht der Keimscheibe bemerken kann,
obgleich ähnliche «Brutzellen» auch unter der oberen Schicht beobachtet werden 3).
Obgleich Klein auf S.373 und 383 der von uns citirten Arbeit das von ihm auf dem
Schnitte gesehene Bild beschreibt, verwirft Goette seinen Gefässkeim, da er findet, dass
Klein die Embryonalplatte nur von der Oberfläche, ohne Schnitte gemacht zu haben, unter-
sucht habe und es deshalb auch kein Wunder wäre, dass er «Riesenzellen» mit endogenischer
Bildung erhalten habe. Goette’s Meinung von den Resultaten der His’schen Untersuchung
haben wir schon Gelegenheit gehabt näher kennen zu lernen. Goette selbst sagt von den
1) His. Unters. über die erste Anlage der Wirbelth. | Arch. 1882, S. 85.
Leipzig, 1868, S. 97. 3) Klein. 1, с. 5, 373. u. 4. 5. 378.
2) His. Die Lehre vom Bindesubstanzkeim (Parablast)
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АЯ
24 Dr. N. Озком,
Dotterzellen, die den Embryo erreicht haben: «Dort angelangt werden die sich zerklüftenden
Zellen oder bereits compacten Zellengruppen von den Zellennetzen des mittleren Keimblattes
umsponnen und verwandeln sich darauf in Maschen desselben, eingeschlossen in die bekannten
Blutinseln. Das sie umschliessende Netzwerk hängt natürlich allseitig mit dem übrigen inter-
stitiellen Bildungsgewebe zusammem').
Die bis jetzt citirten Autoren geben, wie wir sehen, gar keine factischen Beweise. Statt
der Beschreibung dessen, was sie auf den Präparaten gesehen haben, finden wir bloss eine
Auslegung derselben. Da es Facta giebt, welche es nicht erlauben mit den oben erwähnten
Autoren übereinzustimmen, ist es sehr schwer den Grund ihres Irrthums zu finden. Auch
die wenigen Facta, welche sie angeführt haben, werden widerlegt oder erhalten eine andere
Bedeutung. Kölliker sagt direct: «es ist mir nie gelungen etwas von einem solchen Ein-
wandern (wie Goette es beschreibt) zu sehen, ich habe mich umgekehrt von der Entstehung
der Blutinseln aus den Zellen der Gefässanlage überzeugt» ?).
Disse erkennt, wie wir gesehen haben, die «Dotterzellen» nicht als Bildungen an, aus
welchen Zellen entstehen können. In der zweiten Hälfte des zweiten Tages werden die Zellen
in der «proximalen Zone» durch Theilung zahlreicher und vertheilen sich in Gruppen, wes-
halb der «Keimwall» von der Oberfläche aus netzartig erscheint und wenn die Zellen sich
dabei in Zellenreihen ordnen, «so kommt es zur Bildung von Zellenringen, welche Dotter
einschliessen». Wenn ein solcher Zellenring in der Mitte Dotterkugeln oder Zellen hat, so
«müssen derartige Bilder Klein veranlasst haben, seine «Endothelblasen» und «Brutzellen»
aus hohlgewordenen Zellen abzuleiten»°). Disse selbst nimmt an, dass der Gefässkeim anfangs
ein Bestandtheil des peripherischen Mesoblastes sei, später jedoch nach der Formirung des
letzteren zu einer selbstständigen «Gefässplatte» werde. Ueber die Bildung aber des peri-
pherischen Mesoblastes aus den im Dotter liegenden Zellen sagt er einfach: Die Zellen stei-
gen aus dem Dotter des Keimwalls auf und vertheilen sich auf der unteren Mesoblastfläche,
weshalb auch jene Ungleichmässigkeit und überhaupt die wenig scharfe Begrenzung vom
Dotter entsteht. Wir finden auch bei diesem Autor keine Beweise für die Fortbewegung.
Einen solchen Beweis könnte man erhalten, wenn man in dem letzten Satz die Schlussfolge-
rung: als Grund annehmen würde, jedoch wird es auch dann zu unbestimmt sein, welcher
Art diese Undeutlichkeit der Begrenzung. ist‘). Auf der Fig. 14 (a und b) sieht man gerade
das Gegentheil: die obere Grenze der Keimwallzellen bildet eine gerade Linie.
Kollmann sagt direct: «es wandern zu keiner Zeit Zellen hinauf oder hinab, sondern
die Dotterelemente werden von der Reihe des Entoblastlagers incorporirt»°). Die Bewe-
gung der Zellen nach oben verwerfend, nimmt der Autor jedoch ihre Bildung zwischen dem :
Epiblast und dem Hypoblast in Form von Elementen der verspäteten Segmentation und
1) Goette. I. с. В. 186. В. 576 und 577.
2) Kölliker. Entwickelungsgeschichte der Menschen 4) 1. с. S. 582. und Fig. 14.
etc. В. 179. 5) Kollmann.]. с, В. 394,
3) Disse. Arch. für mikroskop. Anatomie. Bd. XVI.
DIE BLUTGEFÄSSKEIME UND DEREN ENTWICKELUNG BEI EINEM HÜHNEREMBRYO. 25
später in Form von wandernden Zellen — der Proteuten an. Wir sagen «er nimmt an», da
wir in seiner Arbeit keine Facta sehen, welche es beweisen sollten; wenn wir die Zeich-
nungen ansehen, so erweist es sich, dass sie völlig schematisch sind, und man kann nicht
einsehen, warum aus der Reihe der Proteuten sich der Gefässkeim und nicht das Mesoblast
bilden soll. Uebrigens sagt auch der Autor selbst: «Der Hühnerembryo ist für die Entschei-
dung der wichtigsten Puncte ein beinahe unbrauchbares Object». Alle seine Schlüsse hat
er auch hauptsächlich auf Grund von Untersuchungen an Reptilien und Selachiern gezogen.
Bei Beobachtung einer grossen Menge von Schnitten ein und desselben Entwickelungs-
stadiums bemerkt man, dass die Zellenbildung in der obersten ‘Schicht des Hypoblastüber-
gangstheiles ungleichmässig ist. Wie wir schon oben bemerkt haben, ist sie in der Richtung
zum Centrum scharf ausgeprägt und wird zur Peripherie hin weniger deutlich; aber stellen-
weise giebt es gleichsam Abweichungen von dieser allgemeinen Regel. Das zusammenge-
häufte einen grossen Kern enthaltende Protoplasma ist in mehreren Bildungen nach der
Reihe unsichtbar, worauf man es, den Schnitt verfolgend, in mehreren Zellen wiedersieht.
Wenn man die aufeinanderfolgenden Präparate ein und derselben Serie betrachtet, so kann
man sich leicht davon überzeugen, dass der sichtbare Mangel der Kerne auf den erwähnten
Stellen nicht vom Messerschnitte herrührt, der den kernhaltigen Theil vom kernlosen getrennt
hat; daraus kann man schliessen, dass auf der Oberfläche des Hypoblastes sich eylinderförmige
kernlose Bildungen befinden, welche, was besonders wichtig ist, gerade an der Stelle liegen,
wo die Gefässkeime besonders stark ausgeprägt erscheinen. An diesen Stellen sind die Hypo-
blastkerne grösstentheils in solchen Zellen sichtbar, welche sich erst in der zweiten oder gar
dritten Schicht befinden. Dieses Factum spricht dafür, dass das an der Stelle der Gefässkeime
sich befindende Hypoblast nicht mit den unmittelbar unter dem Mesoblast liegenden Theilen
“identisch ist. Später, in der zweiten Hälfte des ersten Tages, bildet die Oberfläche des Hypo-
blastes fast eine gerade Linie. Diese Linie wird auf einigen Stellen mitunter durch eine be-
deutende kegelförmige Hervorragung nach oben hin, zwischen den Ausbauchungen des Me-
soblastes, unterbrochen, wobei dann im Hypoblast immer Kerne mit einer geringen Proto-
plasmaquantität sichtbar sind. Gefässkeime im strengen Sinne sind nicht vorhanden, das
Protoplasma ist um die Kerne herum stark zusammengezogen, die Dotterkugeln und die
scheinbar leeren Räume sind nach unten zu stark abgerückt — daraus kann man schliessen,
dass der Gefässkeim an dieser Stelle sich noch nicht völlig ausgebildet, noch nicht ganz vom
Hypoblast abgesondert habe. Dieses ist um so wahrscheinlicher, da man Zellengruppen des
Gefässkeimes antreffen kann, welche einzig und allein durch cylindrische Gebilde mit dem
Hypoblast verbunden sind. Zuweilen erhielten wir Schnitte, bei deren Betrachtung es uns
schwer fiel zu bestimmen, ob wir die Zellengruppe dem Gefässkeime oder dem abgesonderten,
oberen Hypoblastrande zuertheilen sollen. Auf diese Weise sehen wir alle Uebergangsformen
von der Protoplasmaansammlung um die Kerne in der oberen Hypoblastschicht bis zu den
Zellengruppen der Gefässschicht inclusive. Wie sehr diese Beobachtung auch dafür spräche,
so würde diese Schlussfolgerung doch nur auf der Vertheilung der Bilder in einem bestimmten
Mémoires de l'Acad, Imp. des sciences. VIIme Serie. 4
26 > Dr. N. Uskow,
System basiren, was, selbstverständlich, willkürlich und künstlich sein kann. Bei der Lösung
der Frage nur auf diesem Wege hat ja auch ein jeder von unsern Vorgängern seine Theorie
aufgestellt. Die oben erwähnte Annahme kann nur so lange für wahrscheinlich gehalten wer- .
den, bis es möglich sein wird, zu zeigen, dass in der That auf der Stelle des Hypoblastes mit
der Zeit Gefässkeime erscheinen und dass die letzteren keine andere Entstehungsquelle haben. -
Um dieses zu zeigen, können wir nichts Besseres thun, als das Randgebiet des Hypoblastes
untersuchen.
Auf den Querdurchschnitten eines Embryo mit zwei Segmenten sehen wir:
1) Eine scharfe Grenze zwischen dem Mesoblast und dem Randtheile des Hypoblastes;
das Mesoblast endigt mit Zellen, welche in Form eines Dreiecks gruppirt sind. Diese Zellen-
gruppe ist mit dem Mesoblast eng verbunden und geht ohne sichtbare Grenzen in den letz-
teren über, von oben und unten aber ist sie scharf begrenzt und hat weder mit dem Hypo-
blast, noch mit dem Epiblast etwas gemein. Die Spitze des Dreiecks ist ebenso frei und oft
hat die sich darin befindende Zelle eine karyokinetische Figur; die übrigen Zellen haben die
Form runder junger Zellen — mit einem Wort, wir haben hier eine Erscheinung, welche
keine andere Auslegung zulässt, als die, dass die peripherische Wucherung des Mesoblastes
selbstständig vor sich gehe.
2) Haben wir zugleich Bilder ganz anderer Art: auf dem Mesoblastrande sind die Zel-
len gleichsam sehr locker geordnet, bei aufmerksamer Beobachtung mit dem Immersions-
system aber erklärt sich diese scheinbare Erscheinung. In Wirklichkeit liegen die Zellen,
welche von bedeutender Grösse sind, eng an einander und enthalten im Centrum einen gros-
sen leeren Raum (der augenscheinlich im Leben mit flüssigem Inhalt angefüllt ist); das
Protoplasma aber ist in Form eines dünnen, kaum sichtbaren Ringes vorhanden, ausser an
einer Stelle, wo es dicht zusammengezogen ist, sich färbt und deutliche Kerne enthält. Je
näher diese Zellen zur Peripherie des entstandenen Mesoblastes liegen, desto mehr haben sie
das Aussehen gewöhnlicher Zellen, von den leeren Räumen sieht man weniger, von dem an-
gehäuften Protoplasma dagegen mehr (s. Fig. 4 und 5). Nicht selten kann man dabei eine
deutliche Hypoblastzelle mit einem grossen karyokinetischen Stern auf der Oberfläche sehen.
Stellenweise begegnet man Zellen von völlig dreieckiger Form mit nach unten gekehrten
Spitzen. In diesen Fällen hat das am Fusse des Dreiecks ebenfalls verdickte Protoplasma
zuweilen 2 bis 5 Kerne. Das Alles zeigt, dass der Uebergang der Hypoblast- in die Meso-
blastzellen ein völlig stufenweiser ist und durchaus aller sichtbarer Grenzen ermangelt.
Die Querdurchschnitte, auf welchen man deutliche Uebergangsbildungen des Hypo-
blastes in’s Mesoblast sehen kann, sind in den Serien mit den Präparaten, die eine scharfe
Grenze der beiden Schichten ergeben, vermischt und zwar auf folgende Weise: in den Kopf-
und Schwanztheilen der Embryonalplatte wechseln der Reihe nach 2 bis 6 Präparate der
ersten Art mit 1,2, 4 Präparaten der zweiten Art ab; im Mitteltheile der Embryonalplatte
dagegen folgen auf 1—15 Präparate der ersten Art 3—8 Schnitte der zweiten Art.
Dre BLUTGEFÄSSKEIME UND DEREN ENTWICKELUNG BEI EINEM HÜHNEREMBRYO. Dit.
Dieses Factum könnte man dadurch erklären, dass die Querschnitte in den Kopf- und
Schwanztheilen, in Folge der Bogenform des Randes, in schräger Richtung zum letzteren
gemacht werden müssen; dadurch erhält man nothwendigerweise Präparate, die zur Bestim-
mung der Schichtgrenzen unvortheilhaft sind. Im Aequatorialtheile der Embryonalplatte
dagegen gehen die Schnitte längs dem Radius, deshalb sind sie die bequemsten zur Erhaltung
der Grenzen. Es sind ja gerade diese Schnitte, wo, wie es die oben angeführten Zahlen zeigen,
bei den meisten Präparaten beide Schichten scharf von einander getrennt sind. Aber eine
solche Erklärung würde nur in dem Falle begründet sein, wenn die Schnitte dicker, als eine
Zellenschicht wären und wenn man von dem Uebergang der einen-Bildung in die andere nur
nach der grösseren oder geringeren Deutlichkeit der begrenzenden Linien urtheilen würde.
In unserem Falle jedoch kann das letztere, wie aus dem oben Beschriebenen zu ersehen,
nicht angewandt werden, und die Schnitte wurden, mit geringen Ausnahmen, durch eine.
‘Schicht der Epiblastzellen gemacht. Die einzig mögliche uns übrig bleibende Erklärung des
angeführten Factums ist die, dass man eine Theilnahme des Randhypoblastes an der Meso-
blastbildung annimmt; wie wir sehen, vertheilt sich aber dieser Process in jedem gegebenen
Moment nicht gleichmässig längs dem Rande der Embryonalplatte. Folglich kann das Meso-
blast stellenweise und zuweilen selbstständig anwachsen, stellenweise jedoch durch Hinzu-
fügung der Elemente aus dem Randhypoblast.
Auf einigen Präparaten kann man auf dem äussersten Mesoblastrande sehen, dass der
Gefässkeim in Form einer Zellengruppe oder, richtiger, in Form eines Gebildes mit mehre-
ren Kernen an der Oberfläche des Randhypoblastes sich befindet, wobei das Protoplasma noch
‘nicht Zeit hatte, sich von der übrigen Masse abzusondern ($. Fig. 5). Augenscheinlich wieder-
holen sich hier Erscheinungen, welche wir im Uebergangstheil des Hypoblastes beschrieben
haben, nur kommen sie hier häufiger vor und sind viel schärfer ausgeprägt. Solche nicht
völlig abgesonderte Zellengruppen des Gefässkeimes kommen auch in einiger Entfernung
nach aussen vom Mesoblastrande vor, als eine seltene Ausnahme — sogar im Innern des Hypo-
blastes, worauf wir auch oben, beim Beweise ihrer vom Mesoblast unabhängigen Entstehung,
hingewiesen haben. Auf der Uebergangsstelle des Hypoblastes in’s Mesoblast kann man eine
Zelle mit zwei Kernen sehen und dann ist es völlig unmöglich zu bestimmen, ob eine solche
Hypoblastzelle durch weitere Vermehrung der Kerne einen Gefässkeim ergiebt oder, sich
nur in zwei Zellen theilend, zu einem Bestandtheile des Mesoblastes wird. Folglich sehen
wir auf ein und derselben Stelle die gleichzeitige Bildung des Gefässkeimes und des Meso-
blastes, oft erscheint beides in Form noch nicht ausgebildeter Zellen. Dadurch constatiren
wir eben das wichtige Factum, dass beide zu untersuchenden Bildungen in diesem Ent-
wickelungsstadium ein und dasselbe sind, oder auch, dass das Mesoblast und der Gefässkeim
nur so lange ein und dieselbe Bildung darstellen, so lange man weder das eine, noch den
anderen mit dem eigentlichen Namen belegen kann. Hierbei halte ich es für nöthig folgendes
hinzuzufügen: obgleich deutliche Spuren des Gefässkeimes in einiger Entfernung vom Meso-
blast und häufig auch an seinem Entstehungsort vorkommen, so findet man sie doch grössten-
4*
28 Dr. N. Uskow,
theils gleich unter dem Mesoblast, sei es schon gespalten oder dreieckig geformt. Diese Er-
scheinung ist von unserem Standpunct aus nothwendig und wird einfach dadurch erklärt,
dass die recht grosse vielkernige Gruppe des Gefässkeimes, ehe sie zu einer solchen wird,
zur Theilung ihrer Kerne Zeit braucht. In dieser Zeit verwandeln sich die anderen Zellen
in’s Mesoblast, wobei sie sich abplatten und ausdehnen; auf diese Weise tritt der Mesoblast-
rand über den Gefässkeim.
Eine besondere Aufmerksamkeit verdienen die Querdurchschnitte, welche an der Em-
bryonalplatte mit zwei Segmenten durch den hintersten Rand der Area vasculosa gemacht
worden sind. Hier sieht man beim ersten Blick auf’s Präparat zwischen dem Hypoblast und
dem Epiblast eine fast compacte dicke Zellenschicht, oder richtiger eine Schicht von Kernen,
welche in das dichte, sich intensiv färbende Protoplasma eingeschlossen sind. Stellenweise
liegen längs dem oberen Rande blasse Zellen mit scharfen Umrissen und von etwas ovaler
Form. Dieses ist die Stelle der Embryonalplatte, welche sich zur Demonstration der Ent-
stehung des Gefässkeimes aus dem Mesoblast am meisten eignet. Wir haben eine vielkernige,
undeutliche Zellen enthaltende Protoplasmamasse, welche sich zwischen dem Hypoblast und
dem Epiblast befindet, folglich — das junge Mesoblast; in den längs dem oberen Rande zer-
streuten Zellen äussert sich die Zellendifferenzirung des eigentlichen Mesoblastes vom Ge-
fässkeime. Zur Demonstration haben wir das Alles auf einem Präparat und sogar auf einem
Sehfelde, jedoch — nur zur Demonstration und nicht zur Erklärung einer Erscheinung, welche
während 50 Jahren ein Räthsel geblieben ist. In Wirklichkeit ergeben in tangentaler Rich-
tung gemachte Schnitte nur Bilder der Längendurchschnitte des hinteren Randes der Area
vasculosa,: welche in der Richtung der Radien wächst. Folglich wären wir, wenn wir nur
diese Schnitte untersuchen würden, in der Lage eines Menschen, welcher die Phasen der
geradlinigen Bewegung irgend eines Gegenstandes beobachten will und sich dabei in der
Richtung dieser Bewegung hinstellt. e
Wenn wir die ausführlich beschriebenen Querdurchschnitte der Embryonalplatte ver-
einigen, so wird ihr Rand gerade dieses Bild zeigen, nur mit dem Unterschiede, dass die
Gefässkeime im hinteren Theile der Area vasculosa unvergleichlich mehr Kerne, als in den
andern Theilen gebildet haben. Es ist überflüssig hinzuzufügen, dass die zerstreuten Meso-
blastzellen das ausgezackte Aussehen des Mesoblastrandes darstellen. Die Längendurch- :
schnitte der Embryonalplatte und folglich die Querdurchschnitte des zu beschreibenden hin-
teren Randes dienen uns als unzweifelhafter Beweis der ganzen obenangeführten Erklärung.
Bis jetzt sprachen wir von der Entstehung hauptsächlich jenes Theiles des Gefässkeimes,
welcher das Aussehen kugelförmiger Zellengruppen hat, was jedoch den andern Theil betrifft,
d.h. denjenigen, wo die Zellengruppen in Form von mehr oder weniger regelmässigen Cylin-
dern vertheilt sind, so können wir über dessen Entstehung keine so kategorisch-deutliche
Antwort geben. Wir besitzen folgende Hinweisungen: 1) ist es unzweifelhaft, dass die cylinder-
förmigen Gruppen sich auf dem Uebergangstheile des Hypoblastes befinden, wo sie sich anfangs
mit den kugelförmigen Gruppenvermischen; auf dem Centraltheile des Hypoblastes aberkommen
Отв BLUTGEFÄSSKEIME UND DEREN ENTWICKELUNG BEI EINEM HÜHNEREMBRYO. 29
nur cylinderartige, vereinzeltere Formen vor. Ferner gelingt es sehr selten, den Zusammen-
hang dieser Gruppenform mit dem Hypoblast zu beobachten, jedoch trafen wir auch unzweifel-
haft dafür sprechende Stellen an, d.h. solche, wo die Umrisse und das Protoplasma der су-
lindrischen Hypoblastzelle sich unmittelbar in eine Zellenreihe der zu beobachtenden Form
des Gefässkeimes fortsetzen. Das ist das einzige Factum, welches darauf schliessen lässt,
dass auch die cylindrische Form des Gefässkeimes, wenn auch nur an einzelnen Stellen, aus
dem Hypoblast entsteht. Wir geben gern zu, dass das oben beschriebene Bild allein kein
direeter Beweis ist, es giebt uns nur eine Hinweisung für eine wahrscheinliche Annahme.
Andererseits aber, wie viele auf die Beobachtung eines todten Objects gegründete Schluss-
folgerungen giebt es überhaupt in der Wissenschaft über das Leben, welche sich einer grös-
seren Bestimmtheit rühmen könnten? |
Wir müssen noch auf eine Stelle aufmerksam machen, wo scheinbar das Mesoblast als
die Quelle der Blutgefässe erscheint. Das ist die Oberfläche der oberen Mesoblastplatte, worauf
schon Kölliker hingewiesen hat'). In der That, man kann an dieser Stelle besser vielleicht,
als an allen andern, die stufenweise Entwickelung der Gefässe aus den Zellen des Gefäss-
keimes verfolgen; doch Fig. 7 und 8 sprechen, wie es scheint, ziemlich deutlich für die Ent-
stehung der Gefässkeimzellen aus dem Hypoblast auch in diesem Gebiet. Wir glauben, dass
es nur eine Erklärung ähnlicher Bilder giebt: bei der Bildung des peripherischen Mesoblast-
theiles sind die Gefässkeimelemente, welche zuweilen den Dotter sogar noch nicht verarbeitet
haben, theils zwischen den Zellen des Mesoblastes, theils auf dessen Oberfläche geblieben.
Die Richtigkeit einer solchen Erklärung wird noch dadurch bestätigt, dass ein solcher Ge-
fässkeim sich immer auf der Stelle befindet, welche dem Gefässkeim auf dem Hypoblast ent-
spricht. Aus diesen Gründen erklären wir die von Kölliker auf Fig. 93 dargestellte Er-
scheinung auf folgende Weise: die Ringe des Mesoblastes sind nicht die aus dem letzteren
entstandenen Gefässkeime, sondern stellen nur Schnitte durch schon. ziemlich entwickelte
Gefässe dar.
Zum Schluss halten wir es nicht für überflüssig, einige Worte über die Art und Weise
zu sagen, wie aus dem Hypoblast die zu untersuchenden secundären Gebilde entstehen. Die
Beantwortung dieser Frage kann man in der topographischen Vertheilung der Schichten
finden: in der That, bei der Beschreibung der Entstehung des primären Mesoblastes eines
12-stündigen Embryo sahen wir, dass es unter dem Epiblast, in der äussersten, durch das
Wegrücken des Hypoblastes entstandenen Ecke erscheint. Dieses Verhältniss bleibt auch
in jenem Stadium, wo aus dem Hypoblast, ausser dem Mesoblast, sich auch der Gefässkeim
1) Kölliker.]. с. В. 161.
30 Dr. N, Озком,
bildet. Wenn man aus allen von uns angeführten Thatsachen die Ueberzeugung gewinnt, dass
die genannten Bildungen in der Peripherie entstehen, so lässt das eben erwähnte topographi-
sche Verhältniss keine andere als die folgende Auslegung zu: das Hypoblast muss, nachdem
es zwei Schichten (das Mesoblast und den Gefässkeim) aus seinem oberen Theile abgegeben
hat, selbst nothwendigerweise in der Tiefe bleiben, oder aber: das Mesoblast und der Ge-
fässkeim sind nicht aus dem Hypoblast hervorgekommen, sondern sind aus ihm selbst ent- |
standen und bleiben an ihrem Entstehungsorte liegen. Die zweite Hälfte der Erklärung bleibt
auch in den Fällen richtig, wenn die kugelförmigen Zellengruppen des Gefässkeimes anschei-
nend in der Tiefe, weit von der Oberfläche des Hypoblastes liegen, da sie sich zugleich auch
im von der Centralachse des Embryo entfernten Gebiet befinden und hier kann, wie wir sehen
werden, die Bildung der Gefässe in sehr tiefen Theilen am häufigsten vorkommen. Wenn man
die Querdurchschnitte der Embryonalplatte vor dem Anfang des zweiten Tages beobachtet,
so kann man sich ohne jede Mühe davon überzeugen, dass der Entstehungsort des Mesobla-
stes und des Gefässkeimes aus dem Hypoblast zur Peripherie näher kommt; mit andern Wor-
ten, je nach der Bildung der deutlichen Hypoblastzellen, rückt das Gebiet, aus welchem die
beiden zu untersuchenden Bildungen entstehen, weiter. Es ist fast überflüssig hinzuzufügen,
dass auf diesem Wege die Verbreiterung des Gefässkeimgürtels (Area vasculosa) vor sich geht.
Aus allem in diesem Abschnitt Gesagten ziehen wir folgende Schlüsse:
9) Der Gefässkeim entsteht aus dem Rand- und Uebergangstheil des Hypoblastes.
10) Der Randtheil des Hypoblastes ergiebt auch den peripherischen Theil des Meso-
blastes. |
11) Folglich haben wir (auf Grund der 7. Schlussfolgerung) den Hinweis, dass das
Hypoblast, mit Ausnahme weniger Theile, den Gefässkeim später als das Mesoblast bildet.
12) Diese beiden Gebilde entstehen durch Umwandlung der Elemente des Hypoblastes
bei dessen Formirung.
13) Zur Erklärung ihrer Entstehung brauchen wir nicht die unbegründete Hypothese
von der Emigration der Zellen durch den Dotter in der Richtung nach oben aufzustellen.
Alle Erscheinungen lassen sich leicht durch Entstehung der Elemente auf jener Stelle, wo
wir sie antreffen, erklären.
14) Der Gefässkeim entsteht nicht aus dem Mesoblast, sondern bildet sich fast gleich-
zeitig mit dem letzteren bei der Differenzirung der Hypoblastelemente.
Zum Schluss wird es nicht uninteressant sein, daran zu erinnern, dass Alles in Betreff
des Blutes vor 46 Jahren von Reichert im Allgemeinen errathen worden ist; auf Seite 144
sagt er: «Sie (die Blutzellen) entstehen auch ebenso, wie die letzteren (die Zellen der übri-
gen Systeme), durch Entwickelung junger Generation in den vorhandenen Dotterzellen (nicht
im Sinne Goette’s) der embryonischen Anlagen und zwar auf Kosten des kugeligen Nahrungs-
inhalts. Die Kügelchen des letzteren verwandeln sich hierbei nicht direct in die Kerne der
Zellen überhaupt und also auch nicht in die der Blutzellen, sie erhalten auch nicht eine Zel-
lenmembran, sondern sie verschwinden allmählich sich auflösend». Leider ist das, wie wir schon
Dre BLUTGEFÄSSKEIME UND DEREN ENTWICKELUNG BEI EINEM HÜHNEREMBRYO. 31
gesagt haben, nur errathen worden, da schon Remak bemerkt hat, dass bei Reichert der
Begriff von Zellen sehr dehnbar ist.
IV. Die Bildung des Blutes und der Gefässe.
Die Literatur über die Bildung des Blutes und der Gefässe ist so bekannt, dass wir
uns nicht erlauben dürfen, sienoch einmal anzuführen !), und uns mit einer einfachen Grup-
pirung der Antworten auf die gewöhnlichen in Bezug auf diesen Gegenstand gestellten Fra-
gen begnügen.
1. Wo bilden sich ursprünglich das Blut und die Gefässe ?
a) In den durch Zerspaltung des Mesoblastes entstandenen Schlingen: Remak, Köl-
liker, His, Klein, Afonassjew.
b) Auf der unteren Fläche des Mesoblastes: Goette, Waldeyer, Disse.
2. Was bildet sich zuerst ?
a) Das Blut bildet sich früher, als die Gefässe: Disse, His.
b) Die Gefässe bilden sich früher, als das Blut: Afonassjew, Klein, Goette.
c) Blut und Gefässe bilden sich gleichzeitig: Remak, Kölliker, Balfour.
3. Ist das Lumen der Blutgefässe eine intercellulare oder eine intracellulare Bildung?
a) Eine intercellulare: Remak, Kölliker, His, Disse, Goette, Afonassjew.
b) Eine intracellulare: Schwann, Balfour, Klein.
Ausserdem wird die Art der Bildung von jedem Autor verschieden angenommen; nur
in einem stimmen sie alle überein — in der Schwierigkeit der Beantwortung dieser Frage.
Remak allein hat geäussert, dass diese Schwierigkeit von der im Hühnerei enthaltenen
Dottermenge abhängt, die andern Autoren stimmen, wie es scheint, darin mit ihm überein.
In der That, wäre der undurchsichtige Dotter nicht da, so würde auch die beim Beobachten
des anfänglichen Processes von der Oberfläche der Embryonalplatte störende Zona opaca
nicht vorhanden sein; wir halten das allerdings für eine grosse Unbequemlichkeit, die indessen
zum Theil durch die heutige Technik der Schnittezubereitung beseitigt wird. Die Haupt-
schwierigkeit in der Lösung der Frage besteht in der fabelhaften Schnelligkeit des Pro-
cesses, so dass man in jedem gegebenen Augenblick mit mehreren Entwickelungsstadien zu
thun hat. à
Indem also der Forscher die Entwickelungsfrage, d. h. die Frage einer Erscheinung,
die nicht nur im Raume, sondern hauptsächlich in der Zeit vor sich geht, lösen will, muss
er fast ausschliesslich die Data der ersten Kategorie benutzen. Ist es aber einmal so, so
1) Besonders ausführlich ist sie in der zweiten Ausgabe des Buches von Kölliker und in der von uns ci-
tirten Arbeit von Disse dargestellt.
32 Dr. N. Озком,
vereinigt jeder Forscher nothwendigerweise die Erscheinungen in der Reihenfolge, welche
ihm als die wahrscheinlichste erscheint. |
Die zu lösende Frage ist indessen eine der wesentlichsten in der Embryologie, Histo;
logie, Histogenie und folglich auch in der pathologischen Anatomie. Das Alles hat z. B.
Rauber veranlasst zu sagen: «Nicht allein die Nadel und das Mikrotom, alle chemischen
und anderen Hilfsmittel, sondern auch gewisse strengere Gedankenarbeit wird nothwendig
sein, um die Lehre vom feineren Bau des Thierkörpers immer mehr zu vervollkommnen.
Histotomie und Historhexis, davon ist jeder überzeugt, bilden noch keine Histologie»').
Das ist zwar nichts Neues, da es aber einmal in einer speciellen wissenschaftlichen
Arbeit gesagt worden ist, klingt es, wie ein Zweifeln an der Möglichkeit, eine ausschliesslich
auf Facta gegründete Wissenschaft zu schaffen.
Leider ist es bei unseren Beobachtungen nicht möglich, zur Orientirung in den Ent-
wickelungsstadien des Embryo sich auf die Zahl der Stunden zu stützen, während welcher
das Ei im Brutapparat verbleibt, da wir uns (in Uebereinstimmung mit allen Autoren) davon
überzeugt haben, dass der Entwickelungsgrad des Embryo in den ersten 24 Stunden zwischen
weiten Grenzen schwankt und erst während des zweiten Tages der Bebrütung eine grössere
Regelmässigkeit bemerkbar ist. Deshalb haben wir, zur Ermittelung des Entwickelungsgra-
des des Embryo, die Zahl der primären Segmente benutzt, ähnlich, wie man es bei Erfor-
schung der Entwickelungsgeschichte der Säugethiere macht.
Mit den ersten Spuren der Querlinien, welche das Erscheinen des primären Segments
bezeichnen, sind die Gefässkeime, wenn auch in geringer Anzahl, schon vorhanden. Sie haben,
nach der von uns angenommenen Theilung, ausschliesslich das Aussehen kugelförmiger Zel-
lengruppen und sind desto grösser, je näher sie zum hinteren Rande der Embryonalplatte
kommen; im Gebiet des ersten Segments befinden sich nur kleine Gruppen. Beim Beobachten
einer ganzen Embryonalplatte werden wir keine Gefässkeime sehen, wenn dieselbe auch be-
deutend vom Dotter befreit uud gefärbt ist; auf den Schnitten desselben Objects finden wir
Gefässkeime auf der Peripherie des Uebergangstheiles des Hypoblastes, 4. №. ausschliesslich
im Gebiet der Zona opaca. Je nach Vergrösserung des inneren Ringes der Zona opaca, in
der oben beschriebenen Weise, müssen natürlich die centralen Zellengruppen des Gefässkei-
mes im peripherischen Theile der Zona pellucida sich zeigen, was auch auf den Embryonal-
platten mit 11 primären Segmenten zu sehen ist. In dem von uns zu beschreibenden Ent-
wickelungsstadium, ebenso wie in den nächstfolgenden, sind die Zellengruppen, besonders
diejenigen, die sich im vorderen Theile befinden, zerstreut; gegen Ende der ersten 24 Stun-
den jedoch hat der Gefässkeim, wie es Allen bekannt ist, beim Beobachten von oben schon
das Aussehen eines ganzen Netzes mit Knoten auf den Verbindungsstellen. Der Process einer
solchen Veränderung ist klar; auf den Schnitten (des Stadiums mit einem oder zwei primären
Segmenten) findet man gar keine Hinweisungen darauf, dass die Zellengruppen durch Hin-
1) Rauber. |. с. 5. 38.
Dre BLUTGEFÄSSKEIME UND DEREN ENTWICKELUNG BEI EINEM HÜHNEREMBRYO. 33
- zufügung irgend welcher Elemente von aussen sich im Umfange vergrösserten; im Gegen-
theil, sie behalten immer, wenn sie sich vom Hypoblast abgesondert haben, das Aussehen
eines ganzen, gleichsam geschlossenen Gebildes; das Protoplasma sieht wie eine compacte
Masse mit einer grossen Menge von Kernen aus, welche in diesem Theile der Embryonal-
platte mehr als irgendwo karyokinetische Figuren enthalten. Das Anwachsen geschieht
hauptsächlich in einer der Seitenrichtungen in Form von langen Ausläufern der Kugel, (s.
Fig. 9). Dieses genügt vollkommen, um die Entstehung des Netzes aus anfänglich zerstreuten
Gruppen des Gefässkeimes zu erklären. Während des Wucherns der Zellengruppen bis zu
"ihrer Vereinigung, wachsen die Centralzellengruppen in das Gebiet der Zona pellucida in
der Richtung zum Embryo, den letzteren zur Zeit des Erscheinens der 11 primären Seg-
mente noch nicht erreichend. Das erwähnte Wuchern ergiebt eben die zweite Form des Ge-
fässkeimes, welche wir die cylindrische genannt haben und welche, wie wir oben sahen, selbst-
ständig entstehen kann. Bei weiterer Wucherung werden die cylinderförmigen Gruppen, in-
dem sie mit den kugelförmigen oder mit deren Fortsätzen anastomosiren, Bestandtheile des
Gefässkeimes. Wir müssen noch hinzufügen, dass die eylindrischen Fortsätze des Gefässkei-
mes in der Richtung zum Embryo dünner werden und fast ausschliesslich aus 2—3 Zellen-
reihen bestehen.
Damit schliessen wir die Beschreibung des anfänglichen Entwickelungsstadiums des
Blutes und der Gefässe; von diesem Augenblick an kann man auf den Querdurchschnitten in
Form von kugeligen Gruppen nicht nur solche im strengen Sinne, sondern auch Schnitte von
mehr oder weniger dicken Cylindern antreffen; im folgenden Stadium wird überhaupt die cylin-
drische Form des Blutgefässkeimes zur Regel und die kugelige kommt nur als Ausnahme vor.
Bei Untersuchung der Querdurchschnitte der Embryonalplatte mit 3 primären Seg-
menten kann man auf vielen kugelförmigen Zellengruppen den Anfang der Bildung der Ge-
‚fässhöhlung sehen. Wir sagen «den Anfang», weil wir bei einem Embryo mit 1 und 2 Seg-
_menten diese Erscheinung nicht beobachtet haben. An irgend einer Stelle der kugelförmigen
Gruppe, (welche gewöhnlich von ziemlich grossen Dimensionen ist), hat sich der peripherische
‚Theil des Protoplasma von der übrigen Masse in Form eines Halbmondes gleichsam abge-
sondert; der mittlere dickere Theil enthält immer einen Kern, die Enden aber gehen unmit-
telbar in die Masse der Kugel über, indem sie zu Bestandtheilen der letzteren werden. Wenn
man die vorhergehenden und die nachfolgenden Schnitte betrachtet, kann man sich leicht
davon überzeugen, dass diese Absonderung des Protoplasma nur eine theilweise ist und sich nur
auf 2—4 Schnitte erstreckt. Die eben beschriebene Erscheinung wird in diesem Entwicke-
lungsstadium ausschliesslich im mittleren Theile der Embryonalplatte beobachtet, ungefähr
in einer Linie mit den primären Segmenten, und kommt kein einziges Mal weder im vorde-
ren, noch im hinteren Theile des Gefässkeimes vor ($. Fig. 10 und 11).
Das Gesagte bezieht sich nicht nur auf die kugelförmigen Gruppen, sondern auch auf
die dünnen, 2—3 Zellen dicken Cylinder. Wenn ein Schnitt mit der Längenrichtung eines
solchen Cylinders zusammengefallen ist, so findet man im letzteren häufig durchschimmernde
Mémoires de l’Acad, Imp. des sciences. VIIme Serie, de 5
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34 Dr. N. Uskow,
Vacuolen von verschiedener Grösse, wobei die Theilung des Cylinders in Zellen noch undeut- 3
lich ist; in einigen Cylindern sind die Höhlungen gross und deshalb erscheinen die einzemen = —
Theile desselben in Form einer Röhre mit dünnen Parallelwänden (s. Fig. 12). Das Alles be- Be
zieht sich auf einen Embryo mit 3 Segmenten. |
Auf den Schnitten eines Embryo mit 6 Segmenten haben die kugelförmigen Gruppen
des Gefässkeimes, statt einer compacten kernhaltigen Masse, deutliche Spuren der Proto-
plasmatheilung und, den sich bildenden Zellen entsprechend, stellt jetzt der Rand der ganzen
Gruppe eine gewundene Linie dar. Jede Gruppe ist von einem Ringe aus einer Reihe von
dünnen Zellen umgeben. Eine Zellengruppe liegt nie frei in der Höhlung des Ringes, sondern
ist immer an eine von dessen Wänden angelehnt, wobei in der Mehrzahl der Fälle das Pro-
toplasma der Gruppe so eng mit der Kugelwand verbunden ist, dass man es als eine völlige
Verschmelzung der beiden Bildungen ansehen kann (s. Fig. 13). Da wir Höhlungen von ver- :
schiedener Grösse zwischen dem Ringe und der Zellengruppe, ferner, verschiedene Grade
der Differenzirung der letzteren in Zellen und, was die Hauptsache ist, in den vorhergehenden
Stadien beschriebene Bilder vor Augen haben, kommen wir zu dem Schluss, dass wir das Re-
sultat der nachfolgenden Entwickelung des Gefässkeimes vor uns haben und dass der Process
selbst in der Differenzirung der kugelförmigen Gruppen in einzelne Zellen bestehe, wobei der
peripherische Theil mit den entsprechenden Kernen sich allmählich in Form eines dünnen
Ringes auf den Querdurchschnitten ablagere. In dieser Periode sind schon, wie gesagt, die
kugelförmigen Gruppen durch dicke Balken verbunden, wovon man sich ohne Mühe über-
zeugen kann, wenn man die aufeinanderfolgenden Präparate jeder Serie betrachtet. Auf die-
sem Wege kann man sich auch davon überzeugen, dass die Lumina, welche aus dem Abspalten
des peripherischen Theiles der Gruppe entstanden sind, sich auf grosse Strecken der Cylinder
in Form einer peripherischen, breiten, sichelartigen Spalte fortsetzen. Wenn man diese Spalte
an einer ziemlich grossen Menge von Schnitten-verfolgt, bemerkt man, dass ihr Lumen in à
Form von kugeligen Zellengruppen, wie sie im anfänglichen Stadium beschrieben worden -
sind, unterbrochen wird. Dasselbe wird zuweilen auch in dem Falle beobachtet, wenn der
Schnitt mit der Längenrichtung der Cylinder congruirt. Das Alles beweist, dass in diesem
Stadium schon deutlich ausgebildete Gefässröhren (Endothelröhren) vorhanden sind, obgleich
ihr Lumen stellenweise noch nicht offen ist. In-diesem Entwickelungsstadium sieht man auch
auf den Schnitten kleine, isolirte Zellengruppen, die sich nicht nur auf der unteren Fläche “
des Centralmesoblastes, sondern auch auf dessen Oberfläche, gleich unter dem Epiblast, be- &
finden (3.5. 29). | | i и.
Bei einem Embryo mit 11 Segmenten sehen wir deutlich ausgebildete Gefässe, welche —
zahlreiche Häufchen von runden Zellen enthalten. In der Zona pellucida verbreiten sich,
anastomosirend und verschiedenartig sich verzweigend, die cylinderförmigen Streifen des
Gefässkeimes schon auf grosse Strecken; die Bildung der Höhlungen in diesen Streifen ge-
schieht ebenso, wie in den vorhergehenden Stadien bei ähnlichen Bildungen. Nach diesem Typus
bilden sich wahrscheinlich auch: die Höhlungen in den primären grossen Gefässen des Embryo.
Die BLUTGRFÄSSKEIME UND DEREN ENTWICKELUNG BEI EINEM HÜHNEREMBRYO. 35
Bi In dem Stadium wenigstens, wo das Herz noch doppelt ist, d.h. eine Scheidewand in der Mitte
hat, haben die Querdurchschnitte der absteigenden Aorta an allen Exemplaren das Aussehen
AN . bald eines leeren, bald eines durch Scheidewände in 2, 3, 4 Kammern getheilten Ringes. Die
genannten Scheidewände entstehen durch anastomosirende Fortsätze der auf den entgegen-
gesetzten Gefässwänden liegenden Zellen.
Aus diesem Grunde tragen wir Bedenken, His’s und Kölliker’s Theilung der Gefässe
in primäre, in der Area vasculosa sich bildende, und in secundäre, im Centraltheile der Area
pellueida und im-Embryo selbst sich bildende, anzunehmen. Wenn man unter dem Wort
«secundäre» nachfolgende versteht, so gehört hierher auch das oben beschriebene cylindrische
Anwachsen der kugelförmigen Gruppen des Gefässkeimes, wobei sich die letzteren vereinigen.
Wenn die grossen Gefässe des Embryo deshalb «secundäre» sind, weil, wie die Autoren den-
ken, ihr Lumen sich durch unmittelbare Ausdehnung des Lumen der Gefässe der Area vas-
. culosa bilde, so ist das wiederum nicht ganz mit den Thatsachen übereinstimmend, da das
oben Angeführte ein Hinweis darauf ist, dass sogar die Aorta ihr Lumen selbstständig und
in Theilen erhält.
Jetzt wollen wir das Verhältniss der sich bildenden Gefässe zum Mesoblast betrachten.
Wir sahen, dass vor dem Erscheinen der 6 Segmente der Gefässkeim und die ursprünglichen
Gefässe ganz frei unter dem Mesoblast liegen; dann wurde auch darauf aufmerksam gemacht,
dass das untere Mesoblastblatt eine Hervorragung nach unten bildet, die zuweilen an dem
_ Hypoblast anliegt. Wenn man die aufeinanderfolgenden Schnitte eines Embryo mit 3 Seg-
menten verfolgt hat, so überzeugt man sich davon, dass der Raum zwischen den Hervor-
ragungen des Mesoblastes ziemlich lange Kanäle bildet, wo eben die Gefässkeime sich be-
finden; die Wände der Kanäle sind folglich von oben und von den Seiten durch das Meso-
blast, von unten — durch das Hypoblast gebildet; das ist das erste Stadium des Verhältnisses
der beiden zu untersuchenden Gebilde. —- Zur Zeit der Entstehung der 6 Segmente sehen
wir auf den Schnitten folgendes: um die sich bildenden Gefässe treten die Zellen des Meso-
blastes bald von der einen, bald von der andern Seite heran und erreichen an einigen Stellen
das Hypoblast, wobei sie sich dann und wann auf dem letzteren lagern und auf diese Weise
das Gefäss von allen Seiten einschliessen (s. Fig. 13). In den weiteren Entwickelungsstadien
kommt nur diese letztere Form im Verhalten des Mesoblastes zu den Gefässen vor (s. Fig.14);
wenn in der Umgegend auch Gefässe mit einem nicht vollen Mesoblastring vorkommen, so
finden sie sich nur in der hinteren Abtheilung des peripherischen Theiles der Area vasculosa
und im Embryonaitheile (s. Fig. 15 und 16). Der beschriebene Process erstreckt sich, wie
es die Vergleichung der Embryonalplatten der verschiedenen Entwickelungsperioden zeigt,
| auch von der Peripherie der Embryonalplatte bis zum Centrum, mit Ausnahme der oben
и erwähnten hinteren Abtheilung. Deshalb sind uns die Beweise, die Kölliker') von der Ent-
; stehung der Gefässe im Mesoblast anführt, nicht genügend; denn er führt auf Fig. 93 den
1) Kölliker. E с. 5. 161.
5*
36 Dr. N. Озком,
Querdurchschnitt eines eintägigen und eines 15-stündigen Embryo an, 4. В. solche Stadien,
wo sich das Doppelherz schon gebildet hat. Wir verstehen auch nicht die Beschreibungen
und Schlüsse jenes Theiles der Disse’schen Arbeit'), welcher sich auf diesen Abschnitt in
der zu lösenden Frage bezieht; nach Disse erweist es sich, dass die Gefässwand selbststän-
dig in der Tiefe entsteht und, aufsteigend, sich mit dem Mesoblast vereinigt; so dass man
eine doppelte Bildung der Gefässwände erhält: von der oberen Seite entstehen sie aus dem
Mesoblast, von der unteren — aus Elementen einer völlig selbstständigen «Gefässplatte».
Gleichzeitig mit dem Erscheinen der Mesoblasthülle um die Gefässe, erleidet das Ме-.
soblast selbst eine wichtige Veränderung, welche in einer vollständigen Spaltung in zwei
Platten fast bis zur Peripherie besteht; diese beiden Platten sind als Hautfaser- und Darm-
faserplatte bekannt, zwischen denselben befindet sich das Coelom.
Zur Zeit der Doppelherzanlage (zu Ende des ersten und im Anfange des zweiten Tages)
stellen die Querdurchschnitte schon ein zu verwickeltes Bild dar, um in dieser Periode die
Beobachtung der Blut- und Gefässentwickelung anzufangen; man erhält kein deutlicheres
Bild, wenn man die Embryonalplatte in diesem Entwickelungsstadium von der Oberfläche
betrachtet. So lange wir nur solche Objecte beobachteten, ohne Untersuchung der dieser
Entwickelungsperiode vorangegangenen Stadien, befanden wir uns im Laufe von mehr als
einem halben Jahre, zeitweise in vollkommener Uebereinstimmung der Reihe nach fast mit
allen Autoren, die über die Blut- und Gefässbildung geschrieben haben, ungeachtet aller
in die Augen springenden Widersprüche unter denselben.
Die Veränderungen der Embryonalplatte auf den Querdurchschnitten zu Ende des
ersten und im Anfange des zweiten Tages sind folgende: |
1) wird um diese Zeit die Darmfaserplatte, nachdem sie die Gefässe umringt hat, dicker
und legt sich in Form einer mehr oder weniger compacten Schicht auf das Hypoblast, wo-
durch die Gefässe mit den Blutanlagen sich wirklich in der erwähnten Schicht befinden. Die-
ses beobachtet man jedoch nur im peripherischen Theile, im centralen dagegen bleiben die
Gefässe noch unter dieser Schicht. — Darin finden wir eine Erklärung für den von Kölliker
ausgesprochenen Zweifel: auf welche Weise die im Mesoblast entstehenden Gefässe letzteres
durchbohren, um sich im Embryonaltheile auf dem Hypoblast zu lagern? Wie man aus dem
oben Gesagten ersieht, existirt ein solches Durchbohren gar nicht, die Gefässe haben sich dort.
entwickelt, wo wir sie sehen (s. Fig. 15 und 16).
2) Erreichen die Gefässlumina, welche zur Zeit der Entwickelung der 6 Segmente deut-
lich bezeichnet sind, bei einem Embryo mit 11 Segmenten sehr grosse Dimensionen und sind
im zu beschreibenden Stadium von ‚wahrhaft kolossaler Grösse; in Folge dieses Umstandes
liegt die Endothelhülle der Gefässe so eng an den äusseren Mesoblastring an, dass man fort- -
während Schnitte erhalten kann, die für die scheinbare Identität der beiden Bestandtheile
sprechen. Oft wird man nur durch aufmerksames Beobachten mit dem Immersionssystem
1) Disse. 1. с, 3. 582—588.
Die BLUTGEFÄSSKEIME UND DEREN ENTWICKELUNG BEI EINEM HÜHNEREMBRYO. 37
davon überzeugt, dass im Schnitt eine Röhre mit einer äusseren, in der Mehrzahl der Fälle
dickeren, und einer inneren dünnen Hülle vorhanden ist; diese beiden Hüllen enthalten na-
_ türlich eine unbedeutende Quantität von Kernen mit einer geringen Protoplasmamenge. Die
Beobachtung wird in dem Falle, wenn die Kerne mit dem Protoplasma der beiden Hüllen
sich fast an ein und derselben Stelle des Ringes befinden, bedeutend erleichtert. Durch die
beschriebene starke Ausdehnung des Gefässlumens erhält man im peripherischen Theile eine
scharf in die Augen springende, im Vergleich mit den ersten Stadien, enge Lage der Gefässe
selbst; im Centraltheile jedoch bleiben die Mesoblastlöcher zwischen den Gefässen nach wie
vor verhältnissmässig sehr gross. Die auf diese Weise im peripherischen Theile enger ge-
wordenen Mesoblastlöcher stellen zwischen der äusseren Gefässhaut oft eine ziemlich bedeu-
tende Ansammlung von Zellen dar. Diese Zellen sind klein, von unregelmässiger Form, haben
Fortsätze, ein blasses Protoplasma und feine Kerne, d. h. sie haben alle äusseren Kennzeichen
der Mesoblastzellen.
_ 8) Die Blutzellengruppen erscheinen, ungeachtet der darin vorkommenden zahlreichen
Theilungen der Kerne, doch, im Vergleich zu dem stark vergrösserten Gefässlumen, sehr
‚ klein, mit Ausnahme der hinteren Abtheilung der Embryonalplatte, wo das ursprüngliche
Verhältniss noch lange erhalten bleibt. Die Gruppen liegen im Gefässlumen fast frei, nur
stellenweise eng der Seitenwand an, öfter an der oberen und sehr selten an der unteren Wand;
zuweilen sind sie mit den beiden letzteren nur durch eine, eine Wand bildende Zelle ver-
bunden, wobei diese Wand immer viel dicker und reicher an Protoplasma ist, als die ande-
ren; man erhält ein Bild, ähnlich den in den anfänglichen Stadien beschriebenen Bildern, wo
eine solche Zelle sich noch nicht von der kugelförmigen Gruppe abgesondert hat. Stellen-
weise ist die Gruppe in der ganzen Peripherie des Querdurchschnittes vom Gefässlumen
р umringt und hält sich an der Wand nur durch einen einige Kerne enthaltenden Fortsatz. In
dieser Periode ist die Theilung der Gruppen in einzelne Zellen schon eine sehr deutliche und
überhaupt ist sie in jenem Theile und auf jenem Rande schärfer bezeichnet, welche mehr als
die anderen, von der Stelle des Zusammenwachsens entfernt sind ; so dass bei einer Gruppe,
die sich, zum Beispiel, noch nicht von der oberen Wand abgesondert hat, der untere erhabene
Rand fast isolirte kernige Blutkörperchen enthält, während im oberen Rande die Grenzen der
Blutkörperchen undeutlich und die Umrisse der ganzen Gruppe gleichmässig sind. _
4) Auf der Oberfläche des Mesoblastes, gleich unter dem Epiblast, sieht man zuweilen
auf den Schnitten feine Ringe mit dicken einschichtigen Wänden; grösstentheils aber sind
diese Ringe gross, haben eine ovale Form und dünne Wände. Diese Bildungen sind, wie es
scheint, ganz leer, enthalten keine Blutinseln und befinden sich in der Zona pellucida. Beim
Beobachten der Ringe auf den aufeinanderfolgenden Schnitten gelingt es gewöhnlich nicht,
sich von ihrer Vereinigung zu einem Netz zu überzeugen; doch ist ihre Entstehung aus dem
vorhergehenden Capitel der Beschreibung des Gefässkeimes begreiflich. Die näher zum Cen-
trum liegenden Ringe dagegen sind augenscheinlich mit den auf dem Centralhypoblast lie-
genden Gefässen vereinigt, wovon wir uns mehrere Mal überzeugen konnten. Eine solche
38 Dr. N. Uskow,
Verbindung der Lumina entsteht in der Substantia intermedia zwischen den primären Wir-
beln und dem die Coelomwände bildenden Mesoblast. !
5) Der peripherische Theil der hintersten Abtheilung der Area vasculosa stellt beson-
ders unklare Bilder dar. | |
| A. Stellenweise rückt das Hypoblast in die Zwischengefässräume in Form eines
grossen Horns hinein, welches sich über dem Gefäss krümmt und zuweilen gleichsam
in die untere Mesoblastplatte übergeht (s: Fig. 25). Die das Horn bildenden Zellen sind
von viereckiger Form, enthalten grosse Kerne und haben ein ziemlich dichtes Protoplasma,
das um so durchsichtiger wird, je näher die Zellen dem in diesem Gebiet befindlichen Ueber-
'gangstheile des Hypoblastes liegen. Es ist uns nicht gelungen, die Entstehung der beschrie-
benen Hörner vollständig zu verfolgen; wir glauben, dass sie ihre Existenz der Bildung der
kugelförmigen Zellengruppen des Gefässkeimes in einer verhältnissmässig bedeutenden Tiefe
verdanken, wobei die diese Gruppen umringenden Hypoblastzellen in Form der erwähnten
Hörner nachgeblieben sind. Für die Wahrscheinlichkeit einer solchen Annahme spricht:
a) das Factum, dass man beide Bildungen in ein und demselben Theil der Embryonal-
platte findet (dessen im zweiten Capitel erwähnt wurde). ;
b) trifft man zuweilen Hörner an, die sich zu einem vollständigen durch das Hypoblast
gebildeten Ring schliessen (s. Fig: 26). |
Wie dem auch sei, das Horn findet man noch auf 4—5 Schnitten vor, worauf es ver-
schwindet; auf jenen Schnitten, wo es erscheint und wo es verschwindet, ist die Grenze zwi-
schen demselben und dem Gefäss unsichtbar und die Hornelemente liegen im Gefässlumen
(s. Fig. 24). Ein solches Präparat kann auf den Gedanken bringen, dass aus den Hypoblast-
elementen einzelne fertige Blutkörperchen entstehen, die in das Lumen eines schon ausge-
bildeten Gefässes einwandern. Doch wird .diese Erscheinung nur auf denjenigen Schnitten
beobachtet, welche durch den vorderen oder hinteren (in Bezug auf den Embryo) Hornrand
gemacht worden sind; auf den mittleren Schnitten ist aie Grenze auf der ganzen Strecke
sehr deutlich zu sehen. Selbstverständlich erklärt sich die ganze Sache einfach durch die
Form des Hornes, welches eigentlich eine sphärisch gebogene Hypoblastplatte ist. Aus dem
Gesagten folgt indessen nicht, dass das Hypoblast nicht im Stande wäre auch in dieser- Pe-
riode Blutgefässkeime zu bilden; im Gegentheil, es kommt nicht selten vor, dass im zu un-
tersuchenden Gebiet und gerade in den zu beschreibenden Hörnern sich ein Blutgefässkeim
mit deutlichen Contouren findet; seine Entwickelung und Vereinigung mit dem Lumen eines
fertigen Gefässes geht nach dem auch den übrigen Theilen der Embryonalplatte eigenen Ty-
pus vor sich. Dieser Umstand verändert natürlich nicht wenig das typische Bild der Quer-
durchschnitte und veranlasst den zu untersuchenden Theil der Embryonalplatte als ein Ge-
biet abzusondern, in welchem die Vergrösserung der Masse von Blutkörperchen durch Hin-
zufügung von neuen Blutkörperchen aus den sich von Neuem bildenden Keimen vor
sich geht. |
‚В. In der Peripherie der hinteren Abtheilung geben die Schnitte, durch Gefässe mit Blut _
PE NES TE RTS Le
FE Te sr и 5
Dire BLUTGEFÄSSKEIME UND DEREN ENTWICKELUNG BEI EINEM HÜHNEREMBRYO. 39
gehend, zuweilen im höchsten Grade: verlockende Bilder, um eine ganz andere Theorie der
_ Entwickelung des Blutes und der Gefässe aufzustellen.
Wenn man solche Stellen als ein für die Lösung unserer Frage taugliches Object be-
* trachtet, so wird man deutlich sehen, dass die Blutkörper aus den Gefässwänden und aus
dem an dieser Stelle schmalen Mesoblast unmittelbar in das Gefässlumen übergehen (wie His
es annahm) ?. Oft führt ein dünner Fortsatz der Mesoblastwand in dieselbe Richtung und
endet mit einer scharfen Spitze in einem Häufchen von Blutkugeln (s. Fig. 28). Wenn man
aber die aufeinanderfolgenden Schnitte verfolgt, kann man leicht eine Erklärung aller dieser
Bilder erhalten, welche mit der Erklärung der durch die Hypoblasthörner gegebenen Er-
scheinungen völlig identisch ist. Die langen, kegelförmigen, ins Lumen hineinragenden Fort-
sätze kommen ausschliesslich von der oberen oder unteren Wand, was auch begreiflich ist,
wenn man sich das Verhältniss des Mesoblastes zu den Gefässen in diesem Entwickelungs-
stadium deutlich vorstellt. Die Gefässe liegen jetzt in einer tiefen Mesoblastschicht, welche
in dem zu untersuchenden Gebiet eine compacte, von denselben durchbohrte Masse darstellt.
Wo das Gefäss breit ist, ist das Mesoblast dem entsprechend dünner; an der Uebergangsstelle
eines breiten Gefässes in ein anderes verhältnissmässig dünnes Gefäss, bildet das Mesoblast
nothwendigerweise ein Gewölbe, wie es in den Fällen deutlich zu sehen ist, wo die Gefässe
* der Länge nach durchschnitten worden sind. An den Stellen aber, wo zwei cylindrische Röh-
ren, sich unter einem sehr scharfen Winkel vereinigen, können wir nichts anderes, als das
erwähnte Bild erhalten.
Die Fig. 27, 28 und 29 können als ein dentlichen Beweis für das Gesagte dienen und
zeigen zugleich, dass die scheinbare Entstehung der Blutkörperchen aus den Scheidewänden
nur das Resultat ihrer Gruppirung an den Wänden der Aa nothgedrungen schräg ge-
schnittenen Gefässe ist.
Dieses sind die wesentlichsten Eigenthümlichkeiten der Querdurchschnitte in der zu
beschreibenden Periode. Jetzt wollen wir zur Betrachtung der Embryonalplatte derselben .
Periode von oben übergehen.
Angefangen von Remak, welcher seine Aufmerksamkeit auf die blasigen Zwischen- .
gefässbildungen der Embryonalplatte richtete, sind die Bilder der letzteren so ausführlich
und. genau von allen Autoren, besonders von Klein und Afonassjew, beschrieben worden,
dass wir es für überflüssig halten, noch einmal von diesem Gegenstande zu reden, finden es
jedoch nothwendig, diese Bilder durch Bilder der Querdurchschnitte zu erklären, indem wir
sie mit den Annahmen der Autoren vergleichen. \
Vor Allem hat Afonassjew aus den Beobachtungen der Zona pellucida Schlüsse über
die anfängliche Bildung des Blutes und der Gefässe gezogen; wir wissen aber, dass im Cen-
‘traltheile der Zona pellucida sich nur die Gefässkeime befinden, die nicht einmal dort ent-
stehen, wo man sie vorfindet. Obgleich im peripherischen Theile der genannten Abtheilung
1) His. Unsere Körperform. Leipzig, 1875. S. 73, Figur 61.
40 Dr. N. Uskow,
auch Blutinseln vorkommen, so sind sie doch schon damals entstanden, als daselbst noch der
undurchsichtige Uebergangstheil des Hypoblastes und sogar der Hypoblastrand, d.h. die Zona
opaca, vorhanden waren. Als die genannten Hypoblastabtheilungen weiterrückten, indem siesich
in das Centralhypoblast verwandelten und auf diese Weise die Peripherie der Zona pellueida
bildeten, konnten die Gefässkeime sich nicht im ersten Stadium ihrer Entwickelung befinden,
und Afonassjew hielt das jetzt erst von uns zu untersuchende oder ein nur etwas früheres
Entwickelungsstadium dafür. Klein beobachtete nicht nur die Zona pellucida, sondern, so
weit es geht, auch die Zona opaca. Alle von diesen beiden Autoren beschriebenen Bilder
besitzen wir genau in derselben Form auf unseren Präparaten.
Afonassjew’s Blasen im Mesoblast sind augenscheinlich eine projicirte Abbildung der
Zwischengefässlöcher des letzteren; im mehr peripherischen Theile, wo diese Räume klein
und, wie wir gesehen haben, mit Zellen angefüllt sind, ergeben sie, beim Betrachten.von
oben, einen verschiedenen Grad der Blasenfüllung. Diese Erscheinung ist von Afonassjew
als eine secundäre, durch das Wuchern der Blasenwände nach innen entstandene beschrieben!).
Nach ihm und fast allen Autoren sind die Räume zwischen den Blasen eben die Blutgefässe und à
wie aus der oben angeführten Beschreibung der Querdurchschnitte zu ersehen ist, entspricht
das vollkommen der Wirklichkeit. Was das Blut anbetrifft, welches, nach der Meinung des ge-
nannten Forschers, durch die Wucherung der Blasenwände des Mesoblastes nach aussen (ins
Gefässlumen) entsteht, so sind die verschiedenen Stadien dieses Processes, unserer Meinung nach,
nur projieirte Abbildungen von Blutkugelgruppen verschiedener Grösse, welche in verschie-
denen Abtheilungen des durch Querdurchschnitte des Gefässes erhaltenen Ringes liegen.
Zuweilen liegt, beim Betrachten von oben, eine Gruppe von Blutkörperchen in der Mitte
des Gefässes und ist mit dessen Wänden durch einen mehr oder weniger langen Protoplasma-
streifen verbunden; dieses Bild findet man freilich selten vor, doch haben es Afonassjew
und Balfour beschrieben. Wie bekannt, sieht Balfour in solchen Objecten einen Hinweis
auf die intracellulare Bildung der Gefässe und Blutkörperchen, wobei die letzteren aus-
schliesslich aus Kernen bestehende Gebilde sind, die sich bei Verflüssigung des Protoplasma
abgesondert haben”). Afonassjew, seiner Theorie treu bleibend, betrachtet die genannte _
Erscheinung als eine Wucherung der äusseren Blasenwand in das Gefässlumen in Form eines
Fortsatzes, dessen Ende sich theilt. Auf derartige Bilder stossend, konnten wir uns nicht auf
einmal von der Erklärung, welche die genannten Autoren geben, frei machen. Bei Betrach-
tung der Querdurchschnitte der entsprechenden Stadien fällt sogleich ein widersprechender
‘Umstand in die Augen: die Gruppen der Blutkörperchen sind in dieser Periode so weit ent-
wickelt, dass ihre Contouren, den einzelnen Kugeln entsprechend, gewunden und die Kugeln
an manchen Stellen fast isolirt erscheinen. Beim Betrachten der Platte von der Oberfläche ``
findet das Umgekehrte statt: die in der Mitte des Lumen liegenden Gruppen haben gleich-
1) Afonassjew. Sitzungsber. d. Kais. Acad. d. Wis- 2) Balfour. 1. с. S. 68, Fig. 19.
sensch. in Wien, 1866, Bd. 53, 5. 564.
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Dre BLUTGEFÄSSKEIME UND DEREN ENTWICKELUNG BEI EINEM HÜHNEREMBRYO. 41
mässige scharfe Umrisse, und wenn die Contouren zuweilen auch nicht scharf sind, so doch
nur in jenen Gruppen, welche gleichsam durch Fortsätze mit der Seitenwand des Gefässes
verbunden sind. Jedem, der sich die Mühe gegeben, den 3. Punct der Beschreibung der Quer-
durchschnitte zu lesen, wird es ohne weitere Erklärung deutlich sein, dass man bei einer
Projection nach oben auch kein anderes Bild erhaiten kann.
Einer besonderen Erwähnung sind die Fälle werth, wo eine Kugelgruppe mit der Ge-
fässwand durch einen Fortsatz verbunden ist, welcher nicht aus einer Zellenreihe, sondern
wie aus einem dicker gewordenen, einen Kern enthaltenden, Protoplasma besteht; dabei er-
hält man ein Bild, das mit dem von Balfour gegebenen völlig identisch ist. Aber auch diese
Erscheinung (aus demselben 3. Punct) muss stattfinden, wenn eine Kugelgruppe auf der obe-
ren Gefässwand liegt und dabei an eine dicke, protoplasmareiche Zelle anliegt, die von der
einen Seite die Gefässwand bildet, von der anderen aber nicht ganz von der genannten Gruppe
getrennt ist. In der Projection nach oben erhält man selbstverständlich ebenfalls das von
Balfour beschriebene Bild.
Um völlige Gewissheit zu haben, dass beide Objecte einander entsprechen, wurden
mehrere Embryonalplatten längs der Achse des Embryo durchschnitten, worauf die eine
Hälfte von oben betrachtet, aus der anderen aber eine systematische Serie präparirt wurde;
nur auf diesem Wege sind wir zu der Ueberzeugung gekommen, dass verschiedene auf der
Oberfläche ein und derselben Platte beobachtete Bilder nicht verschiedene Entwickelungs-
stadien des Blutes und der Gefässe, sondern das Resultat eines verschiedenen Verhältnisses
der Blutkugelhäufchen zu den Gefässwänden sind.
Nach Klein sind die Blasen zukünftige Gefässe. Der scheinbare Widerspruch wird von
allen Autoren nicht ganz richtig als ein Irrthum bei der Beobachtung erklärt; nur Kölliker
glaubt, dass Klein’s Irrthum von der Beobachtung missgestalteter Embryonen herrühre.
Urserer Meinung nach weist Klein selbst darauf hin, wie man sich in den von ihm beschrie-
benen Facten zurecht finden kann. Von Afonassjew’s Blasen sagt er, dass sie secundäre
Bildungen seien '), die Blasen aber, in welchen das Blut entsteht, hat er augenscheinlich am
Rande der Zona pellucida, zum Theil auch am Centralrande der Zona opaca beobachtet. Wenn
wir uns die Querschnitte dieses Gebiets bei einem Embryo mit 3 Segmenten ins Gedächtniss
rufen, so können wir uns leicht vorstellen, dass die kugelförmigen Gruppen der Blutzellen,
welche sich in dem länglichen Zwischenraume zwischen den Mesoblastausbauchungen be-
finden, das Bild der Klein’schen Blasen unter dem Buchstaben a ergeben müssen, während
diejenigen Stellen der Mesoblastausbauchungen, die dicht ans Hypoblast anliegen, die von
ihm beschriebene Mosaik um die Blasen zeigen. Die Entstehung der Endothelblasen selbst
ist augenscheinlich auf Grund willkürlicher Vereinigung in eine Reihenfolge von völlig ver-
schiedenen Erscheinungen, die nur dem Aeussern nach Uebergangsformen darstellen, be-
schrieben worden. Wie es scheint, (Goette und Disse haben darauf hingewiesen) fällt der
1) Klein. 1. с. $. 383.
Mémoires de l'Acad, Imp. des sciences, VIIme Serie. 6
42 Dr. N. Озком,
Autor stellenweise in einen Beobachtungsirrthum, indem er Blutkörperchen mit Dotter-
tropfen verwechselt. Dieser Beobachtungsirrthum bezieht sich jedoch auf die Entstehung des
Gefässkeimes.
Das Aussehen der von Klein unter dem Buchstaben b beschriebenen Blasen ist augen-
scheinlich dasselbe, welches auch Afonassjew in Form von leerwerdenden Blasenbildungen
beschrieben hat, dessen schon erwähnt worden ist. Unter dem Buchstaben. c ist die dritte
Bildungsform in Gestalt von verhältnissmässig grossen leeren, nur aus einer Endothelhülle
bestehenden Blasen beschrieben worden. Der Autor selbst sagt, dass diese Blasen auf frischen
Präparaten in der Area pellucida beobachtet werden und sich höher befinden, als andere ähn-
liche Bildungen. Daraus ist deutlich zu ersehen, dass wir es hier mit Ringen zu thun haben,
die in den Querdurchschnitten auf dem centralen Mesoblasttheil liegen (s. Fig. 21—23). Aus
allem diesem sieht man, dass Klein irrthümlich alle die von ihm gesehenen Bilder in eine
Kette der Blut- und Gefässentwickelung vereinigt hat, ohne sie durch die Zeit zu con-
troliren. |
Bei Beschreibung der durch die Querdurchschnitte gegebenen Bilder (im 5. Punct В.)
wurde auch solcher erwähnt, die sich durch ihre Verwickelung besonders hervorhoben, dabei
wurde auch angenommen, dass sie wahrscheinlich durch das ausserordentlich enge Verhältniss
des Mesoblastes zu den Gefässen entstanden seien. Bei Betrachtung von der Oberfläche wird
eine solche Wahrscheinlichkeit vollkommen bestätigt. Gerade in jenem Gebiet, wo solche
verwirrende Bilder beschrieben worden sind, sehen wir die grösste-Anzahl von Gefässen,
welche dabei alle von sehr grossem Diameter und mit Blutkörperchen gefüilt sind. Die
Zwischenräume zwischen den Gefässen (die Mesoblasträume) sind sehr klein und, dank dem
Umstande, dass die Gefässe unter einem sehr scharfen Winkel anastomosiren, vollkommen
spaltförmig.
Es bleibt uns noch übrig, einige Worte über die oben erwähnten, von Klein beschrie-
benen leeren Blasen zu sagen. Auf frischen Objecten haben wir sie nicht gesehen, auf den
gefärbten — kann man sie leicht in der vorderen Abtheilung der Zona pellucida finden und
deshalb können wir, trotz der völligen Aehnlichkeit unserer in diesem Abschnitt dargelegten
Resultate mit Kölliker’s Ansichten, mit dem letzteren darin doch nicht übereinstimmen,
dass wenn auch nur einige der Klein’schen Blasen Missbildungen seien. Schon deshalb
nicht, weil wir es für unwahrscheinlich halten, dass während einer fast dreijährigen Arbeit
über diese Frage wir nur Missbildungen erhalten sollten, und zwar nur solcher Eier, die
gerade in diesem Stadium beobachtet wurden, während die Eier früherer oder späterer Sta-
dien (biszum 21. Tage) unter denselben Bedingungen sich normal entwickelten. Beim Betrach-
ten von oben sieht man deutlich, dass die Blasen höher als das Mesoblast liegen und pro-
jieirte Abbildungen der im 4. Punct der Querdurchschnitte beschriebenen Ringe sind. Die
Entstehung solcher isolirten, plattgedrückten Blasen erklären wir durch die Lage der hierher
gerathenen Gefässkeime und durch deren geringe Quantität. Die Entwickelung selbst geschieht
nach dem allgemeinen Typus der Absonderung der peripherischen Zellen oder, was in diesem
DIE BLUTGEFÄSSKEIME UND DEREN ENTWICKELUNG BEI EINEM HÜHNEREMBRYO. 43
Falle richtiger ist, nach dem Typus der Bildung eines leeren Raumes im Centrum des Gefäss-
keimes, wie es die Präparate der vorhergehenden Stadien zeigen. Die Isolirung der Blasen
ist augenscheinlich eine zeitweilige, da zur Zeit der Blutcirculation die Blasen nicht sicht-
bar sind, deshalb nehmen wir an, dass sie sich vereinigen und durch Resorption der Wand,
also durch einen Process, der dem im Herzen stattfindenden ähnlich ist, in das allgemeine
Bluteirculationssystem treten.
Die Betrachtung des zu untersuchenden Gebiets von oben giebt auch das Mittel zur
Erklärung einiger Erscheinungen bei der Bildung des Lumen in den primären Gefässen.
Hier haben wir ja, so zu sagen, freie Gefässe, da sie nicht im Mesoblast liegen und sogar
von der Mesoblastwand nicht umgeben sind, so dass ausser dem dünnen Epiblast nichts bei
der Beobachtung ihrer Endothelwand störend ist. Ausser den mehr oder weniger regelmäs-
sigen Ringen sehen wir hier verschiedene Gefässformen in Gestalt verlängerter stellenweise
enger gewordener, länglicher, leerer Körper. Diese Körper sind durch die Endothelwand
scharf begrenzt, zuweilen sind sie deutlich auf der Peripherie sichtbar, zuweilen aber ver-
tieft sich das eine Ende gleichsam nach innen, wodurch die Umrisse undeutlich werden. An
dem einen, gewöhnlich etwas zugespitzten Ende befindet sich eine grosse Zelle mit einem
mächtigen Kerne, welcher eine oder die andere karyokinetische Figur zeigt (s. Fig. 17—20).
Die letztere Erscheinung ist eine so häufige, um nicht zu sagen beständige, dass man unwill-
kürlich eine Erklärung dafür sucht; wir erklären sie auf folgende Weise: die Wucherung des
Gefässes geschieht durch Verlängerung des einen Endes vermittelst Theilung der am Ende
befindlichen Zelle; bei diesem Process geht auch die weitere Ausdehnung des Lumen vor
sich. Indem wir die Schnitte früherer Stadien durchsahen, überzeugten wir uns jedes Mal
von der Zellentheilung bei Bildung sichtbarer leerer Räume in den der Länge nach ge-
schnittenen Gefässen und sogar auch in denjenigen, die in tiefen Mesoblastschichten liegen.
Demselben Process verdanken augenscheinlich auch die ersten Vacuolen ihr Erscheinen in
der Peripherie der kugelförmigen Gruppen des Gefässkeimes. Hieraus erklärt sich auch das
Factum der ungleichzeitigen Bildung der Lumina in den Gefässcylindern, denn das Lumen
erscheint nur dort, wo die Zellentheilung stattgefunden hat. Den oben beschriebenen Pro-
cess der Gefässbildung unter dem Epiblast, wenn er auch vom früher existirenden Gefäss-
cylinder abhängig wäre, betrachten wir als einen Process der primären Bildung, weil wir es
hier mit einem Process der Cylinderwucherung zu thun haben, welcher nur durch die bis
zur Gleichzeitigkeit rasche Bildung des Lumen complicirter wird.
Die Benennung «secundäre Bildung» lassen wir nur der Gefässwucherung, welche mit
Hülfe der Allen bekannten dünnen, kegelförmigen Protoplasmafortsätze der Wände statt-
findet, mit nachfolgender und successiver Bildung des Lumen von der Basis des Kegels aus.
Eine derartige Form treffen wir häufig schon bei einer dreitägigen Embryonalplatte an,
sogar am Ende des zweiten Tages. Damit wollen wir die Geschichte der Gefässbildung
schliessen.
Was aber die Bildung der Blutkörperchen anbetrifft, so geht die allgemeine Antwort
6*
44 Dr. N. Uskow,
darauf aus der wahrlich merkwürdigen Menge von Kernen resp. Zellen hervor, die sich in ver-
schiedenen Theilungsstadien befinden, worauf schon an den entsprechenden Stellen hinge-
wiesen worden ist. Eine mehr specielle, aber nichts desto weniger sehr wichtige Frage, die
eine entscheidende Bedeutung in der Histogenie der Blutkörperchen in einem erwachsenen
Organismus haben kann, ist die folgende: können die Endothelwände eines schon ausgebil-
deten Gefässes von sich aus Gruppen von noch nicht abgesonderten Blutkörperchen erzeu-
gen? — Bei der Beschreibung der Querdurchschnitte des letzten von den durchgenommenen
Stadien haben wir darauf hingewiesen, dass, wenn auch eine enge und unmittelbare Verbin-
dung der Blutinseln mit der Gefässwand existirt, wir diese Verbindung, auf Grund des Vor-
hergehenden, als Zeichen eines noch nicht beendigten Processes der Differenzirung der beiden
Gebilde betrachten. Wir haben nicht ein einziges Mal auf einem Präparat kleine Häufchen
(von 2—3 Kernen) auf einer Gefässwand gesehen, was, im Falle einer theoretisch möglichen
Entstehung der Blutinseln aus dem Endothel, nothwendigerweise hätte sein müssen. Hierbei
halten wir es nicht für überflüssig zu sagen, dass der Grad der Differenzirung der Gefässe
und Zellengruppen im zu beschreibenden Stadium nicht gleichmässig ist, sondern es scheint,
als ob die Differenzirung im Mittelstreifen der hinteren Abtheilung der Area vasculosa zu-
rückbleibe. Es ist wahr, dass auch hier der Entwickelungsprocess verhältnissmässig rasch
vor sich geht, aber er äussert sich hauptsächlich durch Theilung der Kerne und Vergrösse-
rung des Umfanges der Zellengruppen; die Absonderung der Gefässwand aber verspätet be-
deutend im Verhältniss zu den anderen Theilen der Area vasculosa. Das Alles spricht dafür,
dass das erwähnte Gebiet der Area vasculosa, so zu sagen, mehr mit der Erzeugung der
Blutkörperchen, als mit der Bildung der Gefässe zu schaffen hat, ja mit der ersteren sogar
mehr, als alle die anderen Gebiete der Embryonalplatte; deshalb hat es einiges Recht vor-
zugsweise als das bluterzeugende Gebiet oder als ein noch unausgebildetes Organ der Blut-
erzeugung angesehen zu werden.
In den weiteren Entwickelungsstadien kommt schon die Thätigkeit des Herzens hinzu
und, dank dem verstärkten Strom der Flüssigkeit und der in Folge dessen nothwendigen
Versetzung der Blutkörperchen, erhalten wir Objecte, die für unsere Zwecke nicht mehr
tauglich sind. Die Bildungen werden so complicirt und verwirrend, dass es fast unmöglich
wird, daraus selbst nur einigermaassen bestimmte Schlüsse zu ziehen.
Und so schliessen wir aus allem in diesem Capitel Gesagten Folgendes:
15) Remak’s Cylinderstrang, der auch von anderen Autoren angenommen wird, ist
nur eines von den Stadien einer öfter vorkommenden Entwickelungsform des Gefässsystems,
jedoch nicht immer dessen ursprüngliche und ausschliessliche Form.
16) Die Gefässe und das Blut entwickeln sich unter dem Mesoblast und werden erst
später vom letzteren umgeben.
17) Weder bildet sich das Blut vor den Gefässen, noch umgekehrt: der eine Process
bedingt das Erscheinen des anderen, folglich sind beide gleichzeitig.
15) Das Gefässlumen ist weder ein intracellularer, noch ein intercellularer Raum; in
Die BLUTGEFÄSSKEIME UND DEREN ENTWICKELUNG BEI EINEM HÜHNEREMBRYO. 45
jedem gegebenen Augenblick existirt es so weit, als das Zellenprotoplasma bei der Theilung
der Zelle sich gespalten hat.
19) Es ist gar kein Grund vorhanden, die ersten im Centraltheile der Zona pellucida
und im Embryo erscheinenden Gefässe für secundäre zu halten.
20) Ein Theil der Gefässe erscheint in einem der Entwickelungsstadien auch in Form
von Blasen.
Schluss.
His hat zuerst erklärt, dass das Bindegewebe und das Blut, als aus dem Parablast ent-
standen, nichts mit dem Mittelblatt im Sinne Remak’s gemein haben. So viel wir wissen,
war das der erste Schlag, welcher der histogenetischen Bedeutung der drei Platten versetzt
wurde, und zu jetziger Zeit haben sich die Autoritäten schon einstimmig, wenn auch auf
verschiedene Gründe sich stützend, in demselben verneinenden Sinne geäussert (Kölliker,
Waldeyer). Wir wollen uns nicht erkühnen, hier die grosse Umwälzung darzustellen, die
dadurch in der ganzen Gewebelehre stattgefunden hat, oder richtiger stattfinden muss, wir
wollen nur darauf hinweisen, welchen Einfluss diese Umwälzung auf die pathologische Histo-
logie gehabt hat. Neben der Thiersch-Waldeyer’schen Lehre vom Krebse und der Lehre
der Histologen, dass sogar die Fettzelle ein von den übrigen Bindegewebszellen vollständig
verschiedenes, selbstständiges, specifisches Gebilde sei, lehrt die pathologische Anatomie, wie
ihr Hauptrepräsentant Virchow auf dem internationalen Congress in Kopenhagen verkündet
hat, die Metoplasie in den weitesten Grenzen. Diese Lehre ist um so leichter zu beweisen, je
weniger die Data der Embryologie anerkannt werden. Die letzteren aber kann die patholo-
gische Anatomie, Virchow’s Meinung nach, «sogar bis jetzt nicht benutzen, da die Embryo-
logie, und gerade im histologischen Abschnitt, durch jede neue Arbeit eine neue Formel
ans Licht bringt». In Anbetracht der Existenz eines solchen Widerspruchs in den Ansichten
über einen die Grundlage einer ganzen Wissenschaft bildenden Gegenstand, beschäftigten
wir uns eben mit der Frage über die Entstehung des Blutes und der Gefässe, also mit Ge-
weben, welche sich früher, als alle anderen, differenziren und die schon im Anfange ihres
Entstehens scharf bezeichnete Unterscheidungsmerkmale haben. Wenn wir das Facit der er-
haltenen Resultate betrachten, so sehen wir, dass ein gewisser Protoplasmatheil des Eies
sich direct zum Gefässkeim umbildet; der letztere vergrössert sich im Umfange, wodurch
seine Theile, die anfangs zerstreut waren, in ein Balkennetz zusammenwachsen; darauf dif-
ferenzirt sich die peripherische Balkenschicht in das Endothel der Wand, während die Mit-
telschicht zur Bildung des primären Blutes zurückbleibt. Hierbei ist es wichtig, dass der
beobachtete Gefässkeim sich unmittelbar aus dem Eiprotoplasma an einem bestimmten Ort
46 Dr. N. Озком,
und zu einer bestimmten Zeit bildet, (freilich ist es schwer, das eine, wie das andere mit Ge-
nauigkeit zu bestimmen) und dieses giebt uns das Recht, die Ueberzeugung zu äussern, dass
schon bei der ersten Theilung der allgemeinen Protoplasmamenge des Eies in Zellen die zu-
künftige Gewebetheilung je nach der Function entsteht. Diese Ueberzeugung sprechen wir
um so dreister aus, da sie, als Resultat der Untersuchung eines speciellen Organs, zugleich
als Bestätigung der Ansichten dient, welche Rauber im Allgemeinen und van Beneden auf
Grund der Untersuchung der Wirbellosen geäussert haben.
Die in diesem Artikel beschriebenen Facta geben einen neuen Grund anzunehmen, dass,
wenn man die Keime mancher Gewebe nicht in den anfänglichen, aus dem Eiprotoplasma
entstandenen Zellen unterscheiden kann, doch, vom Moment der Plattenbildung an, der Ent-
stehungsort der zukünftigen verschiedenen Gewebe, oder richtiger, ihrer Gruppen auf Grund
folgender Combinationen deutlich werde: Die oben angeführte Ansicht von His war die
erste Veranlassung, die histogenetische Theilung der Embryonalplatte in verticaler Richtung,
parallel der Achse, vorzunehmen; dieser Gedanke ist eben von Rauber mit grösserer Prae-
cision ausgedrückt worden. Wenn es auf diese Weise unmöglich geworden ist, in der Remak’-
schen Theilung der Embryonalplatte nur in horizontale Flächen eine Grundlage für die Histo-
genie zu finden, so bedeutet das, dank den genannten Forschern, keineswegs, dass wir überhaupt
auf den Gedanken verzichten müssen, in verschiedenen Abtheilungen der Embryonalplatte die
Keime bestimmter Gewebe zu suchen. In der That, im Mesoblast ist der Centraltheil schon
längst vom peripherischen Theil getrennt, vom letzteren aber müssen, nach unserer Meinung,
das Blut und das Gefässendothel getrennt werden. Auf diese Weise hat der peripherische
Theil des Mesoblastes nur für sehr wenige Gewebe eine histogenetische Bedeutung. Der
hieraus zu ziehende Schluss ist klar:
21) Die Bildung des Blutes und der Gefässe bei einem Huhn kann als ein deutlicher
Beweis für die Annahme angeführt werden, dass das lebendige Protoplasma eines befruchteten
Eies in verschiedenen Theilen verschiedene bestimmte Gewebe des Organismus, aus welchem
es hervorgegangen ist, enthalte.
22) Man kann die histogenetische Bedeutung der Remak’schen drei Platten nicht
verwerfen; diese Lehre muss nur durch die Theilung der Platten in verticaler Richtung
ergänzt werden.
Dre BLUTGEFÄSSKEIME UND DEREN. ENTWICKELUNG BEI EINEM HÜHNEREMBRYO. 47
Erklärung der Abbildungen.
Die Reihenfolge der Schnitte beginnt vom hinteren Ende, der erste Schnitt ist derjenige, auf wel-
chem der Gefässkeim bemerkbar, der letzte — auf welchem der Kopf unsichtbar wird.
Die Zeichnungen sind in einer Ebene mit dem Mikroskoptischchen gemacht worden, mit Hilfe der
Kamera lucida von Naché mit Mikroskop von Verick, so dass 1/, — 250-maliger Vergrösserung entspricht,
ausserdem wurde das 9-te Immersionssystem von Hartnack gebraucht, weshalb 1/5 ungefähr 500-maliger
Vergrösserung entspricht. P—peripherischer Rand der Figur, C—centraler Rand.
Fig. 1. Der Querdurchschnitt der Embryonalplatte durch das Gebiet, wo noch keine Spur von Pri-
mitivstreifen vorhanden ist. Bildung des peripherischen Mesoblasttheiles. 7 Stunden (1/5).
Fig. 2. Der Randtheil des Hypoblastes im Gebiet des gelben Dotters. Aus dem Querdurchschnitt
der Embryonalplatte durch den hinteren Theil (!/,).
Fig. 3. Dasselbe, 8 Schnitte zurückgegriffen; bei stärkerer Vergrösserung (1/4).
Fig. 4. Bildung des peripherischen Mesoblasttheiles im Randtheile des Hypoblastes im Gebiet des
gelben Dotters; aus dem 145-sten Querdurchschnitte der Embryonalplatte mit drei primären Segmenten.
Im Ganzen sind 407 Schnitte gemacht worden (!/,).
Fig. 5. Bildung des Gefässkeimes im gleichen Gebiet; aus dem 124-sten Schnitte derselben Embry-
onalplatte (1/,).
Fig. 6. Das Verhältniss des Mesoblastes zum Gefässkeim; dieselbe Embryonalplatte, aus dem 148-
sten Schnitt (14).
Fig. 7. Bildung des Gefässkeimes auf der oberen Mesoblastplatte. Aus dem Querdurchschnitt der
Embryonalplatte mit 6 primären Segmenten. Der 156-ste Schnitt (1/,).
Fig. 8. Dasselbe, der nächste, 157-ste Schnitt (1/,).
Fig. 9. Der Gefässkeim, aus dem 297-sten Schnitt der Embryonalplatte mit 3 Segmenten, dersel-
ben, welche in Fig. 4 dargestellt ist (1/,).
Fig. 10 u. 11. Der Anfang der Differenzirung der Gefässwand; dieselbe Embryonalplatte, aus dem
291-sten Schnitt (1/5).
Fig. 12. Bildung des Gefässes; dieselbe Embryonalplatte, aus dem 197-sten Schnitt (1/,).
Fig. 13. Eine fast vollständige Differenzirung der Endothelröhre; der Bildungsanfang der äusseren
Gefässwand. Aus dem Querdurchschnitt einer unvollständigen Serie der Embryonalplatte mit 5 primären
Segmenten. Das Gebiet der Primitivstreifen (1/,).
Fig. 14. Der Querdurchschnitt eines ausgebildeten Gefässes mit nicht völlig ausgebildeten Blut-
körperchen; vollständige Aussenwand. Aus dem Querdurchschnitt eines Embryo mit doppeltem Herzen,
aus dem 289-sten Schnitt. Im Ganzen sind 618-sten Schnitte gemacht worden (!/,).
Fig. 15. Gefässe und Blut unter dem Mesoblast. Aus dem 418-sten Schnitte derselben Embryonal-
platte. (1/5).
48 Dr. N. Uskow, Die BLUTGEFÄSSKEIME о. р. ENTWICKELUNG в. в. HÜHNEREMBRYO.
Fig. 16. Aus dem 529-sten Schnitte derselben Embryonalplatte. Coelom; Blutgefäss unter dem
Mesoblast; Uebergangsformen der Zellen aus dem Centralhypoblast in den Uebergangstheil. (1).
Fig. 17. 18. 19. u. 20. Verschiedene Entwickelungsstufen der gleich unter dem Epiblast liegenden
Gefässe im Embryonalgebiet, bei Betrachtung von oben (*/, Hartn. die Röhre ist zur halben Länge aus-
gezogen). Der Embryo mit doppeltem Herzen. |
Fig. 21, 22, 23. Gleich unter dem Epiblast liegende Gefässblasen derselben Embryonalplatte, bei
Betrachtung von oben. Aus dem Kopfende der Zona pellucida. Die Vergrösserung ist dieselbe, wie bei
den vorhergehenden Figuren.
Fig. 24, 25. Hörnerartige Hypoblastreste im Gefässgebiet, aus zwei fast benachbarten Schnitten,
dem 56-sten und 58-sten; die Embryonalplatte ist dieselbe, wie in Fig. 14. (1/,).
Fig. 26. Der Hypoblastring im Gebiet der ausgebildeten Gefässe. Aus dem 43-sten Schnitte dersel-
ben Embryonalplatte (1/,).
Fig. 27. Vier Gefässlumina, die vollkommen deutlich auf den vorhergehenden Schnitten sind, flies-
sen stellenweise in Folge von Verdünnung der Scheidewände zu einer allgemeinen Höhle zusammen; die an
der rechten Seite sichtbare Theilung ist nur in Form einer Gruppe von Blutkörperchen geblieben. Aus
dem Querdurchschnitt einer unvollständigen Serie von Präparaten eines 30-stündigen Embryo. (1/,)
Fig. 28. Dieselbe Erscheinung schärfer ausgeprägt; aus dem Querdurchschnitt derselben Stelle,
mit Ueberspringung eines Präparats. (!/,)
Fig. 29. Vollständiges Zusammenfliessen der Lumina. Dieselbe Stelle aus dem Querdurchschnitt
mit Ueberspringung zweier Präparate wiederum in der Richtung zum Kopfende (1/;).
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MÉMOIRES
à L'ACADÉMIE IMPÉRIALE DES SCIENCES DE ST.-PETERSBOURG, VIF SÉRIE,
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u. BESCHREIBUNG EINIGER
| VOGELBASTARDE
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RE Theodor Pleske,
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$ ) CONSERVATOR AM ZOOLOGISCHEN MUSEUM DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
MIT EINER TAFEL.
(Lu le 28 avril 1587.)
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1 St.-PETERSBOURG, 1887.
M | Commissionnaires de l’Académie Impériale des sciences:
в St.-Petersbourg: Riga: Leipzig:
Be: M. Eggers et C!® et J. Glasounof; M. №. Kymmel; Voss’ Sortiment (G. Наеззе}),
à Prix: 30 Кор. = 1 Mrk.
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; 0 JA Imprimé par ordre de l’Académie Impériale des sciences = й И
Juillet 1887. A, у : у 2% Vessélofsky, Secrétaire per]
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Imprimerie de l’Académie Impériale des sciences.
'
_ Уазв. Ostr., 9 ligne, № 12. Е
’
Die Erzeugung von Bastarden in der Natur bat in den letzten Jahren ein ganz beson-
deres Interesse durch den Umstand erworben, dass einerseits die Kreuzung für ein Mittel
zur Entstehung neuer Arten angesehen wird und andererseits dieselbe auch eine nicht un-
erhebliche Rolle bei dem Untergange schon bestehender Thierarten spielen soll. Speciell
in der Ornithologie sind Bastarde schon in den verschiedensten Ordnungen und Gattungen
nachgewiesen worden, jedoch noch durchaus nicht in genügender Menge, um zu umfassen-
deren Schlussfolgerungen zu berechtigen. Ich halte es für sehr wichtig in der angegebenen
Richtung ein möglichst grosses Material anzusammeln und will deshalb die Beschreibung
einiger untrüglicher Bastardformen, die ich im Zoologischen Museum der Kais. Akademie
der. Wissenschaften vorgefunden habe, nicht länger unveröffentlicht lassen.
I. Männlicher und weiblicher Bastard von Tetrao tetrıx, Linn. und Bonasa
| betulina (Scop.).
(Taf. Fig. 1.)
Die ersten Nachrichten über die Verbastardirung des Birkhuhnes mit dem Haselhuhne
finden wir bei Огеззег'), welcher jedoch nur über die anatomischen Verhältnisse eines
solchen Bastardes, nicht aber über dessen Federkleid Daten geliefert hat. Die erste Beschrei-
bung des letzteren findet sich demnach bei Dr. M. Bogdanow”), welcher das Männchen
genauer gekennzeichnet hat. Da nun letztere Arbeit erstens keine Abbildung des interes-
santen Vogels bringt und sich ferner in der Sammlung des Zoologischen Museums auch ein
unzweifelhafter weiblicher Bastard der beiden, in Rede stehenden, Hühnerarten erwiesen hat,
so halte ich es für dringend geboten eine Abbildung dieser Rarität, nebst erläuterndem
1) Dresser, H. E. Remarks on a Hybrid between 1) Bogdanow, M. Conspectus Avium Imperii Ros-
the Black Grouse and the Hazel Grouse. Proc. Zool. Soc. | sici. Fasc. I, p. 36.
1876, p. 345. ;
Mémoires de l’Acad. Imp. 4. sc. VII Série. 1
DT ANR ENT PA OR OS D OT EE INT
RAT :. РО Ве DE ler
г. | x FA PANIER e Là Per
2 THEoDoR PLESKE,
Texte, erscheinen zu lassen. Die beiden Männchen, von denen das eine dem Zoologischen
Museum der Kais. Akademie der Wissenschaften, das andere dem Zoologischen Kabinet der
St. Petersburger Universität gehören, sind von Herrn V. Andrejewsky im September 1860
bei Toksowo, im St. Petersburger Gouvernement, augenscheinlich aus einer Brut, erbeutet
worden. Das Weibchen stammt vom Vogelmarkte, woher sich sein Ursprung nicht
näher definiren lässt. Ich glaube mich nicht zu irren, wenn ich das d von Bonasa betulina
(Scop.) für den Vater und das о von Tetrao tetrix, Linn. für die Mutter unserer Exemplare
bezeichne. Es ist nämlich kaum anzunehmen, dass ein weibliches Haselhuhn sich auf die
Balzplätze der Birkhähne einfinden würde und ist viel wahrscheinlicher, dass ein männlicher
Haselhahn, der zum Ehebruche überhaupt grosse Anlagen hat, sich an einer Birkhenne
vergriffen hat.
Verhältniss seiner Fär-
bung zu T.tetrix, Linn.
-H+
(abgeschwächte Zeich-
nung der einzelnen Fe-
dern vom © des Г
tetrix.)
+ vom Ф
Beschreibung des männlichen Bastardes von Tetrao te-
trix, Linn. und Bonasa betulina (Scop.).
Kopf:
Die Deckfedern der Nasenöffnungen sind
schwarz, an der Schnabelfirste durch einen nussbraunen
Streifen verbunden und mit einzelnen, kleinen, weissen
Flecken versehen.
Ein schmales Stirnband, der Zügel, ein Fleck
hinter den Augenbrauen, welcher sich als schmaler
Streifen längs den Ohrfedern hinzieht, und ein breites
Band, welches den schwarzen Kehlfleck einrahmt
sind weiss, mit einzelnen schwarzen Fleckchen.
Die Ohrfedern bräunlich grau.
Der Oberkopf mit einer Federhaube versehen,
bräunlich aschgrau, dunkler gebändert.
Oberseite:
Hinterhals, Rücken, Bürzel und Oberschwanz-
deckfedern aschgrau, mit feiner schwarzer Bänderung.
Der Farbenton ist dunkler als beim & der ВБ. betulina
und die Zeichnung steht in der Mitte zwischen dem
einfarbigen Rücken des & von B. betulina und der
Färbung des © von Т. tetrix.
Schulterfedern: Oberer Theil derselben röthlich
braun, schwarz gebändert; unterer Theil aschgrau,
schwarz gewellt und mit einzelnen weissen Schaftstrichen
und Tropfenflecken versehen.
Verhältniss seiner Fär-
bung zu, B. betulina
(Scop.).
À
(Beim & von B. be-
tulina ist der Zügel
mit der Einrahmung
des Kehlflecks verbun-
den, während er beim
Bastarde durch einen
schwarzen Fleck unter
dem Auge unterbro-
chen ist.)
+
—-
(Die Federhaube beim
Bastarde weniger in-
tensiv.)
—
(dunklerer Farbenton
als bei der männlichen
B. betulina.)
—+-
(abgeschwächt.)
Fate
F
dbz PR A. Le
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Si
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Mr
<
Lg à
æ
м
ar
в.
AL
к
x
HE;
In der Mitte zwischen
T. tetrix (4) und В.
betulina ($); einzelne
Federn zur Hälfte vom
Ф des Т. tetrix.
(die nussbraunen Quer-
streifen stammen vom
Ф des Т. tetrix).
—-
(unterscheidet sich von
der Bauchfärbung des
Ф nur durch den Man-
gel desrostrothen Far-
bentones, der durch
den gelblichen Anflug
angedeutet ist).
theilweise vom 9
—-
(vom &)
BESCHREIBUNG EINIGER VOGELBASTARDE.
Flügel:
Flügeldeckfedern: Die Deckfedern der Arm-
schwingen einfarbig grau-braun.
Die Oberflügeldeckfedern aschgrau, bräunlich ange-
flogen und fein schwarz gewellt; einzelne Federn mit
weissen Schaftflecken, andere, die an die Schulterfedern
grenzen, stark nussbraun angeflogen und intensiver
schwarz gebändert.
Primärschwingen: Auf der Innenfahne dunkel-
braun, auf der Aussenfahne weiss, spärlich braun ge-
fleckt. Federkiele braun.
Secundärschwingen: Gelblich braun, schwarz ge-
wässert und mit weissen Endsäumen versehen; die letz-
ten Secundärschwingen intensiv nussbraun angeflogen
und mit deutlicherer schwarzer Zeichnung.
Unterseite:
Vorderhals und Brust schwarz, jede Feder mit
einem weissen, klammerförmigen Streifen auf der Mitte;
auf dem Vorderhalse, den Halsseiten und der Unterbrust
sind auch die Federränder weiss. Einzelne Federn der
Brust haben einen nussbraunen Querstreifen hinter dem
weissen, klammerförmigen Bande.
Bauch schwärzlich, die einzelnen Federn weiss ge-
randet; die Federn der Bauchseiten trübe grau, schwarz
und weiss gewässert, stellenweise gelblich angeflogen.
Die Seitenfedern bilden einen allmählichen Ueber-
gang von der haselhahnartigen Zeichnung der Brust zu
der birkhuhnartigen Zeichnung. Einzelne Federn sind
genau halbirt, wobei die der Brust zugekehrte Fahne je
zwei breite weisse und schwarze Binden aufweist, wäh-
rend die andere Fahne aschgrau, schwarz gewässert ist.
Die Unterschwanzdeckfedern sind an der Basis
schwarz, an der Aussenhälfte weiss.
Schwanz:
Die beiden mittleren Steuerfedern sind aschgrau,
schwarz gewässert und mit weisslichem Endsaume ver-
sehen.
Die übrigen Steuerfedern sind mattschwarz an
der Basis schwach aschgrau gewässert und mit weissen
Endsäumen versehen. Der Schwanz ist abgestuft und die
äussersten Steuerfedern überragen die mittleren um 29°”.
Die vier äussersten jederseits sind schwach nach aussen
gebogen, wodurch sie das Aussehen einer wenig ent-
wickelten Leier des & von T. tetrix erhalten,
In der Mitte zwischen
В. betulina (4) und
T. tetrix ($); einzelne
Federn (diejenigen mit
weissen Schaftstrichen)
vom & der B. betulina.
+
-i-
(mit weniger deutlichen
weissen Querstreifen
und Endbinden, wo-
durch die Brust schwär-
zer erscheint).
theilweise vom &
1*
FRE NND TM TA IT Re С A TE
* и о ес N я
4 THEoDorR PLESKE,
Füsse:
+ Die Läufe sind bis an die Zehen mit weissgrauen —
Federn besetzt, welche sogar zwischen den äusseren und
mittleren Zehen auftreten. Die Form der Zehen steht
näher zu T. tetrix.
Schnabel:
Culmen: 4 — 22°”; Culmen: 19°”; Unterschnabel(von unten gemes- Culmen: ди. 9 — 13””.,
Ф — 19””, Unterschna- sen): 13””. Seinen Dimensionen nach nähert sich der Unterschnabel: 4 und
bel: & und & — 13””, Schnabel demjenigen des Ф von T. tetrix, ist aber etwas Ф — 97.
gedrungener und erinnert dadurch an den stark ge-
wölbten Schnabel des 5. betulina. Färbung dunkelbraun,
fast schwarz.
Ф — 243””, Dimensionen: Flügellänge: 232””. & — 175.
Verhältniss seiner Fär- Beschreibung des weiblichen Bastardes von Tetrao tetrix, Verhältniss seiner Fär-
bungzu T.tetrix, Linn. Linn. und Bonasa betulina (Scop.). bung zu B. betulina
(Scop.)
+ (5) Kopf, Hals, Rücken, Bürzel, Schwanz und Flü- —
gel sind röthlich gelb, auf dem Rücken dunkler,
schwarz gebändert und gefleckt und auf dem Rücken
und Bürzel grau gewässert. Die ganze Färbung unter-
scheidet sich von der typischen Färbung eines © von
T.tetrix nur durch das Vorhandensein von weissen Feder-
rändern auf dem Oberrücken, durch weisse Spitzen der
Steuerfedern und zerstreute weisse Tropfenflecke auf
den Flügeldeckfedern, denen man eine gewisse Aehn-
lichkeit mit den Flecken der Flügeldeckfedern der D.
betulina nicht absprechen kann.
— Die ganze Unterseite dagegen stammt unstreitig +
vom Haselhuhne, indem dieselbe aus schwarzen, breit
weiss gesäumten Federn besteht. Diese Federsäume sind
so breit, dass die schwarzen Felder der Federn nur
durchschimmern und der Bauch ziemlich weiss er-
scheint.
Füsse und Schnabel sind wie beim weiblichen Birk-
huhne.
Culmen: 4 — 227”; Dimensionen: Culmen: 19°”, Unterschnabel: Culmen: 6 und Q 13°”.
Ф — 19°”. Unterschna- 12,5”, Flügellänge: 252” 1). Unterschnabel: 4 und
bel 4 und & — 13°”. Ф 9”. Flügellänge:
Flügellänge: — 243”, 115”.
IL. Bastard von Motacilla Лава, Linn. var. beema, Sykes und Motacılla melano-
cephala, Licht. |
(Taf. Fig. 2.)
Eine gelbe Bachstelze, die ich für einen Bastard von Motacilla flava, Linn. var. beema,
Sykes mit der Motacilla melanocephala, Licht. halten möchte, wurde von Karelin am
1) Da die Exemplare ausgestopft sind, so lassen sich die übrigen Dimensionen nur sehr ungenau nehmen,
woher ich es vorziehe davon abzustehen.
a За PE о al dan a ON Eee
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bent а: Реза | 5 EEE RL TAN.
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D, NT ET EP CCS en
BESCHREIBUNG EINIGER VOGELBASTARDE. 5
. 8. April 1854 unweit Gurjew erbeutet. Ich rechne die M. flava, Linn. var. beema, Sykes
_ und nicht dietypische Form für den Stammvater des Exemplares, weil die Wangen desselben
ganz weiss sind. Das Geschlecht des Exemplares ist nicht vermerkt; seiner lebhaften Fär-
bung nach muss es jedoch ein Männchen sein.
Verhältniss seiner Fär- Beschreibung des Bastardes von Motacilla flava, Linn. Verhältniss seiner Fär-
bung zu M.flava, Linn. und Motacilla melanocephala, Licht. bung zu M. melano-
ко: var, beema, Sykes. cephala, Licht.
e Kopf:
aschgrau. Der ganze Oberkopf, Nacken und Hinterhals, schwarz.
Zügel und Obrfleck schwärzlich grau; Ohrfleck und
Vorderkopf nebst Scheitel dunkler als der Hinterhals.
Br E + Superciliarstreifen weiss. —
100 — Wangen weisslich, mit einzelnen schwärzlichen und +
gelblichen Federn. '
+ Kehle weiss, zum Halse hin mit gelb vermengt. —
Unterseite:
*
dunkler als bei M.fla- Die ganze Unterseite hochgelb. heller als bei M. me-
va, var. beema. lanocephala, Licht.
Oberseite:
dunkler als bei M. fla- Rücken, Schulterfedern und Bürzel dunkel- heller als bei M. me-
va, var, beema. olivengrün. lanocephala, Licht.
— Oberflügeldeckfedern: Die kleinen bräunlich, +
breit gelblich olivengrün gesäumt; die mittleren und
grossen dunkelbraun, breit grünlich-gelb gesäumt.
— Primär- und Secundär-Schwingen braun, an +
der Aussenfahne weisslich gesäumt.
— Axillarfedern hochgelb. +
Schwanz:
+- Die je zwei äussersten Steuerfedern weiss, mit +
schwarzen Längsflecken an der Innenfahne; die dritte
Steuerfeder schwarz, zum Ende hin an der Aussenfahne
weiss gesäumt und mit weisser Endspitze versehen. Die
übrigen Steuerfedern schwarz.
era Schnabel und Füsse schwarz. +
Dimensionen:
Culmen: — 13””; Flügel: — 76”” 1),
1) In denjenigen Fällen, wo die Dimensionen der elterlichen Formen von einander wenig verschieden sind,
unterlasse ich es dieselben anzuführen.
6 THEoDoR PLESKE,
III. Männlicher Bastard von Parus borealis, De Selys und Zophophames
cristatus (Linn.).
(Taf. Fig. 3.)
Das vorliegende Exemplar (6), welches schon mehrfach Erwähnung gefunden hat),
wurde am 15. September 1880 auf dem St. Petersburger Vogelmarkte erworben und ge-
langte später mit meiner ganzen ornithologischen Sammlung in den Besitz des Zoologischen
Museums der Kais. Akademie der Wissenschaften.
Verhältnissseiner Form Beschreibung des männlichen Bastardes von Parus bo- Verhältnissseiner Form
und Färbung zu Г. realis, De Selys und Lophophanes cristatus (Linn.). und Färbung zu Р.
cristatus (Linn.). borealis, De Selys.
Kopf:
weiss. Nasendeckfedern weiss, schwarz gefleckt. schwarz.
+ Scheitelund Vorderkopf schwarz, jede Feder mit —
weisser Spitze.
= Hinterkopf, Nacken und Hinterhals rein
schwarz.
— Haube fehlt gänzlich.
— Superciliarstreifen rein weiss, auf der einen
Seite spärlich schwarz gefleckt.
+ Zügel und ein Streifen hinter dem Auge, wel- —
cher sich bis zum schwarzen Hinterhalse hinzieht und
demnach den Superciliarstreifen einschliesst, schwarz,
ersterer undeutlich.
— Wangen rein weiss, nach den Halsseiten hin hell
bräunlich angeflogen.
+ Kehle und Vorderhals schwarz; von diesen die Kehle =
rein schwarz, ;
— der Unterhals dagegen mit weissgrauen Spitzen. +
Was die Dimensionen desschwarzen Kehlfeldes an-
>> betrifft, so ist es bedeutend grösser als bei P. borealis >
und kleiner, namentlich am Vorderhalse, als bei L. cris-
tatus.
+ +
+
Oberseite :
+ Ober- und Unterrücken, Schulterfedern und =
Bürzel erdbräunlich, doch mit deutlichem grauen Ап-
fluge, wodurch die Färbung eine weniger intensive wird.
+ Oberflügeldeckfedern aschgrau, jede Feder —
bräunlich gerandet; Primär- und Secundärschwin-
gen dunkelbraungrau, jede Feder weissgrau gerandet.
Unterseite:
+ Brust und Bauch weiss, Seiten stark bräunlich _
angeflogen.
1) Büchner а. Pleske. Beitr. z. Ornith. 4, St. Petersb. Gouv. Beitr. z. Kenntn. d. Russ. Reichs. II Folge,
Bd. IV, р. 58 und Бихнеръ, Птицы С.-Петерб. губ. Тр. Сиб. Общ, Ест. XIV, стр. 419.
En Bl EP MT On RU RS CS LT: деф a #2 La TIArTE * ко
; И Я x L x
BESCHREIBUNG EINIGER VOGELBASTARDE. 7
Schwanz:
+ Steuerfedern braungrau, mit deutlichen schwarzen —
Kielen und hellen, grünlich-grauen Säumen.
+ Der Schwanz ist stark ausgeschnitten. < —
Schnabel und Krallen schwarz, Füsse grau, Iris
braun.
Dimensionen:
Unter-
Flügel.
Schwanz: 58”;
Culmen: 9”,
schnabel: 7”””,
66?
Culmen: 10””.
schnabel: 7””.
62777,
Unter-
Flügel:
Schwanz: 607”,
Culmen:9””. Unterschnabel: 7°”. Flügel: 62°”.
Schwanz: 60,5”.
IV. Bastard von Æmberiza citrmella, Linn. und Æmberiza leucocephala, Gmel.
(Taf. Fig. 4.)
Das Zoologische Museum besitzt einen höchst interessanten Ammer, welcher am
8. März durch Prof. Eversmann in der Nähe von Kasan erbeutet worden ist. Seinen ge-
mischten Characteren nach ist der Vogel ein unstreitiger Bastard von Emberiza citrinella
mit Æmberiza leucocephala und zwar glaube ich mit Bestimmtheit behaupten zu können,
dass der Vater eine Еф. citrinella, die Mutter dagegen eine Ел. leucocephala gewesen ist.
Das Geschlecht des Exemplares ist leider nicht constatirt, doch halte ich es für ein à, weil
es Eigenthümlichkeiten in seiner Färbung aufweist, die nur dem © von Æmb. citrinella eigen
sind. Das Federkleid ist ziemlich abgetragen, zum Theil weil der Vogel wohl einige Zeit in
Gefangenschaft gelebt haben muss.
Verhältniss seiner Fär-
bung zur männlichen
Emb. citrinella.
+
(In Beziehung auf An-
ordnung der Zeich-
nung.)
+
Beschreibung des Bastardes vom & der Emberiza citri-
nella und vom Ф der Emberiza leucocephala.
Kopf:
Scheitel weissgrau mit schwarzen Schaftstrichen,
die an der Stirn und denKopfseiten zahlreicher sind
und eine Art dunkle Einfassung bilden, die sich seit-
wärts bis auf den Hinterhals erstreckt und dort einen
bräunlichen Ton erhält.
Zügel, intensiver Superciliarstreifen, der sich
bis auf die Halsseiten erstreckt, Wangen und Kehle
weiss, die Wangen von zwei dunkelgrauen Streifen ein-
gefasst und alle Theile mit spärlichen, schwärzlichen
Flecken versehen.
Vom ausgeprägten rostrothen Mystacalstreifen
der männlichen Emb. citrinella sind deutliche Spuren
vorhanden.
Verhältniss seiner Fär-
bung zur weiblichen
Emb. leucocephala.
+
(In Beziehung auf den
weissen Farbenton.)
An ja ee a |
ea +” ae т
# 4 $ SR
> ARE ES к € Se
1
8 THEODOR PLESKE, BESCHREIBUNG EINIGER VOGELBASTARDE.
Unterseite:
+ Die ganze Unterseite ist weiss; diese Färbung ist +
(In Beziehung auf An-
ordnung der Zeich-
nung.)
aber nur auf der Bauchmitte rein ausgeprägt, während
sie auf der Oberbrust durch breite aschgraue Schaft-
flecken und auf der Unterbrust durch ebensolche rost-
rothe Flecken und dunkelbraune Schaftstriche markirt
wird. Die Zeichnung der Unterbrust erstreckt sich
auch auf die Bauchseite und die Unterschwanz-
deckfedern, doch sind sowohl die Schaftflecken als
auch die Schaftstriche schmäler.
Oberseite:
Hinterhals aschgrau, mit einzelnen roströthlichen
Schaftflecken. Rücken und Schulterfedern rostbräun-
lich, mit dunkelbraunen Schaftstrichen; Bürzel rostroth,
jede Feder weisslich gerandet. Alle Theile ohne eine Spur
eines gelblichen Anfluges.
Flügel:
Obere Flügeldeckfedern dunkelbraun; die klei-
nen und grossen fahlbraun gerandet und mit gelblichem
Anfluge des Aussenrandes versehen; die mittleren mit rost-
röthlichen Endsäumen. Primärschwingen dunkelbraun,
schmal gelb gerandet; Secundärschwingen dunkel-
braun, breit roströthlich gerandet. Flügelbug ziemlich
intensiv gelb; untere Flügeldeckfedern gelblich
weiss.
Schwanz:
Steuerfedern dunkelbraun, die äusseren mit weis-
sem Aussenrande und mit fast weisser Innenfahne, die
zweiten mit einem weissen Fleck auf der Innenfahne,
der nur !/, der Länge der Schwanzfeder einnimmt, die
übrigen fahl gesäumt. Ohne gelben Anflug der Säume.
Schnabel:
Oberkiefer hornschwarz, Unterkiefer hornblau,
(nach Eversmann).
Culmen: 12””,
Füsse
\
hellbräunlich-fleischfarben (nach Eversmann).
Dimensionen: Flügellänge: 88””,
(In Beziehung auf den
weissen Farbenton.)
> i
с
с
=
laid Acad mp do Vll.Berie | I. Fleske-Vogel-Bastarde.
kr
/ Lith.R.Koch Was Ostrow Mittl Prose №12-29 S+ Petersburg
Tefrao teirix ‚Linn. x Bonasa Бела [Ssop)ö.o 2 Nefacillaflava Linn x Motacilla
.LOITAD Lenk, LINN. X Donasa Deillina 220]. AC 6, „81a Clila Lava, LINN.À MOTACIL LA
Licht | rinella Linn »
à ] ь ? er. A Bon: С
Lieht. .d Parus borealis.DeSelys.x Lephophanes oristang]Lann)&dbnberiza gif
Fe Ömheriza leucocsphala, Gmel.
MÉMOIRES
L’ACADEMIE IMPÉRIALE DES SCIENCES DE ST.-PÉTERSBOURG, VIF SÉRIE.
Томе XXXV, N° 6.
DAS TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL
CODEX COMANICUS
MANUSCRIPT DER BIBLIOTHEK DER MARGUS-KIRCHE IN VENEDIG.
NACH DER AUSGABE DES GRAFEN KUUN (BUDAPEST 1880).
VON
Юг. WW. Radloff.
(Lu le 25 février 1866.)
(16.5.6509
РЕВ д re
Ri NE,
Sr.-PETERSBOURG, 1887. NY cujan net
Commissionnaires de l’Académie Impériale des sciences:
St.-Pétershourg: Riga: Leipzig:
… М. Eggers et Ci et J. Glasounof. M. М. Kymmel. Voss’ Sortiment (G. Haessel).
Prix: 1 ВЫ. — 3 Mrk. 30 Pf.
Imprimé re ordre de l’Académie Impériale des sciences. _
Septembre 1887. C. Vessélofsky, Se
A
Imprimerie de l’Académie Impériale des sciences.
| Fe
RTS Er
Ces.
RL
©
er
Bei einem genaueren Studium des Codex Comani-
cus, das mir durch die treffliche Ausgabe des Grafen
Kuun!) ermöglicht war, überzeugte ich mich bald, dass
dieses für die Geschichte der türkischen Sprachen so
wichtige Werk, in der Form, wie es uns vorliegt, nicht
einen seinem Werthe entsprechenden Nutzen bringen
kann. Der Inhalt des Codex hat nur einen sprachlichen
… Werth, und kann somit der Zweck einer Bearbeitung des
° Codex nur der sein, ein möglichst treues Bild der
“Sprache desjenigen türkischen Volksstammes zu ent-
“ werfen, unter dem die italienischen Kaufleute und
deutschen (ungarischen) Missionäre, von denen der
Codex herrührt, ihre Aufzeichnungen vorgenommen
haben. Es kam daher zuerst darauf an, die Recon-
struction der Laute der komanischen Sprache vorzu-
nehmen, 4. №. aus den verschiedenen Schreibweisen
ь . des Codex Schlüsse über den Lautwerth der Zeichen
zu ziehen. Dies war aber nur durch eine durchge-
hende Vergleichung der im Codex auftretenden Wör-
ter unter sich und mit den entsprechenden Wörtern
der übrigen Türkdialecte möglich. Dann musste eine
Feststellung der Wortbilder, die im Codex Comanicus
auftreten, vorgenommen werden und zuletzt das ganze
а
1) Codex Cumanicus bibliothecae ad templum divi Marci Ve-
° netiarum primum ex integro edidit Comes Géza Kuun. Budapes-
— ‘ini, editio scient. academiae Hung. 1880.
% Mémoires de l’Acad. Imp. 4. sc. VII Série.
VORWORT.
Sprachmaterial des Codex in Form eines Wörterbuches
alphabetisch geordnet werden, und die im Codex auf-
tretenden zusammenhängenden Texte in möglichst ge-
reinigter Form transseribirt und mit einer wortgetreuen
Uebersetzung versehen werden. Eine Bearbeitung der
Lautlehre des Komanischen habe ich schon in den
«Записки Akazemin Наукъ» !) und in der «Internationalen
Zeitschrift für allgemeine Sprachwissenschaft»?) veröf-
fentlicht. Auf diese Lautlehre gestützt folgt jetzt die
Herausgabe des «Sprachmaterials des Codex Comani-
cus» selbst. Alle komanischen Wörter sind hier in dem
Alphabete der von mir veröffentlichten türkischen Texte
wiedergegeben, was noch den besonderen Vortheil hat,
dass sich dadurch meine Transscription von der stets
hinzugefügten Schreibweise des Codex deutlich unter-
scheidet und der Leser stets im Stande ist, meine
Wiedergabe durch den Codex zu controliren und meine
Hypothesen in Erwägung zu ziehen. Wo ich die von
mir gemachten Abänderungen nicht für bewiesen hal-
te, habe ich stets ein (?) hinzugefügt. Die hier vorge-
führten Sprachmaterialien bestehen aus dem Wörter-
buch, aus einem alphabetischen Verzeichnisse der ko-
manischen Wörter nach der Schreibweise des Codex
1) Ipurzoxenie къ XLVIII тому. С.-Петербургъ, 1884.
2) Zur Sprache der Komanen. Intern. Zeitschr. für allgem.
Sprachwissenschaft. Bd. I, р. 377—382 u. Bd. II, р. 13—42.
1
2 /
und den zusammenhängenden Texten, die sich im Codex
finden, Unter letztere habe ich die Räthsel nicht auf-
genommen, da sie in einer Form auftreten, die es mir
unmöglich macht, den grössten Theil derselben zu ent-
ziffern. Die Entzifferung der Räthsel, wie die Ausgabe
des Grafen Kuun sie bietet, ist eine durchaus willkür-
liche, und ich will mich daher damit begnügen, einzelne
Räthsel, deren Inhalt durchaus klar ist, hier zusammen-
zustellen und mit der Entzifferung desGrafen Kuun zu
vergleichen. Von den hier nicht aufgeführten Räthseln
habe ich die mir klaren Wörter und Wortformen in
das Wörterbuch aufgenommen, so dass der Leser im
Stande ist, Alles herauszufinden, worin ich von der.
Auffassung des Grafen Kuun abweiche.
Die Räthsel des Codex’) sind offenbar nicht ori-
ginale, bei den Komanen selbst gemachte Aufzeich-
nungen, sondern eine von einem der komanischen
Sprache wenig kundigen Manne verfasste Kopie sol-
cher Aufzeichnungen; so lässt sich nur die höchst
mangelhafte Form und die häufigen Umstellungen oder
Verwechselungen erklären, auf die wir hier überall
stossen.
Die Räthsel, deren Entzifferung ich für möglich
halte, sind folgende *):
[1] tap tap tamyzik
tamadirgan tamizik
kolagaceb kojedirgan tamyzik.
01 kobelek.
Ich lese:
ran Tan тамцык,
TAMAABIPHAH тамцык,
Колын ацыш (?) koja-ıpıppan тамцык.
O1 коб к.
Uebersetzung des Grafen Kuun:
Stillatim stillat, guttas effundens stillat, spumans
guttansque stillat. I. e. spuma.
1) Codex Comanieus, р. 119—120. Ausgabe des Grafen Kuun,
р. 148—157.
2) Ich füge hier die Nummer der Ausgabe des Grafen Kuun
bei.
W. RADLOFF.
Ich übersetze:
Tap tap ein Tropfen,
Ein Tropfen ists, der herabtropft,
Ein Tropfen, den man loslassen kann, wenn man
die Hand öffnet.
d. h. der Schmetterling.
Codex selbst (siehe das Lexicon).
biti biti bittidim
bes agacka bittidim
konesim juurdim
b(?ek)j(n) bekr Cirmadim. Be.
OI kinadir. R
Бук 6iTik бтидм,
бп аБацка, бум,
кбнасун (2) ]урдым,
бакн бан цырмадым.
Ол Кына-дыр.
Crescendo crevi, supra quinque arbores crevi, ar-
gentum meum massavi, firmiter contorsi.
I. e. Funis cannabaceus.
Eine Schrift, eine Schrift habe ich geschrieben,
Habe sie geschrieben an fünf Bäume, A
Mit Quecksilber (?) es geknetet
Und fest, fest herumgewickelt.
Dies ist Kyna!).
Kinadir ist nicht Каз. кндр (Hanf), sondern 2
Кына--дыр. Meine Lesung ist der Sache nach ver- —
ständlich; die Schrift ist die Farbe, die man auf die A:
Fingernägel legt, die fünf Bäume aber sind die fünf 2
Finger des Menschen. а
1) Farbe, mit der man die Fingernägel färbt. In Kasan ges —
schieht dies mit Balsaminen-Saft, der dort, ich glaube, mit Queck- в.
silber gerieben wird. Im Orient ist es ein aus den Blättern der u
Henna-Krautes (Lawsonia inermis = arab. [35 verfertigtes Pulver. и
Pr
Das TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS. 3
г [8] apac cdi jabovli Es ist festgepresst,
altun basli Cohmarli. Wie ist nur nicht das Blut kleben geblieben?
Ol turna dur. Grade in der Mitte ist es festgepresst.
Each Kun cd als a ao L Riemen hinter dem Sattel.
Hinter jedem Sattel befinden sich zwei Riemen-
paare, mit denen Kleidungsstücke, die zusammen ge-
rollt sind, in der Mitte festgeschnürt werden, diese
Ол тырна дыр. heissen Канцыва. Der Zusammenhang zwischen dem
Räthsel und der Lösung ist klar.
An ak köri ja6yabı
алтын бзпы чокмарлы.
I. e. grus. [20] an oba jer
baskanı bagir-éamek.
Sein weisser Hintern hat eine Decke, Ol uzegi.
Sein goldner Kopf einen Knittel.
Der Kranich. ОлтырБаным оба Jäp
басКаным бабыр цанак.
(Dieses Räthsel ist noch jetzt in einigen Theilen
des östlichen Russland bekannt. [ Vergl. Lexicon: кбт,
jaoy.y und чокмар.] In Betreff des Wortes чокмар Locus, ubi sedeo, scutella aenea, quam calco.
$ zu erwähnen, dass dies vom Verbum uok, чокы
«picken» herkommt, also wohl ursprünglich eine spitze
affe oder ein spitzes Instrument bedeutete, das dem Ich sitze auf einem Hügel,
nabel des Kranichs sehr ähnlich war. Ich trete auf einen kupfernen Schlitten.
Ол yaäni.
I. e. stapedes.
| Der Steigbügel.
_ [13] kislamis
-kani neëik juhmamis N. NE REN
ap a kan [21] éapéaëik ustüda Capcacık.
Ol kanî jav dir. 0] hamis dir.
Kuun: kislamis kani mendose pro kesilmiÿ kanik, Цапцацык устундя цапцацык.
‚cf. dag 336 petit lait aigre (bei Vambery steht rich- Ол Камыш дыр.
Не 255 — (Каз.) Катык.
8 e ; a) Valde mobile.
Кысламыш, I, е. canna.
Каны Häuik ]укмамыш ?
Auf ei ist ei .
kan oprana Кысламьии. Auf einer Quaste ist eine Quaste
Ол Канцыба дыр. Das Rohr.
[22] jazda jangi Кейт jagunadir.
Lac coagulatum antequam (prorsus) coagulatum RR
OI hamisdasi dir.
We (lac) in vasi coagulatum.
Г. е. pingvedo lactis coagulati. Kuun: keli = kelir; hamisdasi = hamis dachi.
oi
4 W. RADLOFF.
Тазыда ]аны кан JanbIHAABIP. ар, jäp, тина кар.
Ол Камыш башы. Ол быцак тыр.
Aestate juvenescit, зе flectit. | Intrat vaginam suam.
Т.е. item canna. I. e. culter plicatilis.
In der Ebene kokettirt (dreht sich) eine junge Es isst und trinkt, und kriecht in seine Höhle.
Braut. Das Messer.
Die Schilfblume.
Die türkischen Nomaden tragen am Gurte stets _
eine hölzerne Scheide, in der ein etwa 3—5 Zoll lan- |
[23] jazda javli tokmak jatir. ges Messer steckt. Setzen sie sich zum Essen, so zieht 1
OI kirpi dir. : jeder sein eigenes Messer aus der Scheide und steckt,
nachdem er gegessen und getrunken hat, das Messer
Kuun: kirpi = chirpich palpebrae; jaz — ag. | wieder in seine Scheide. Diese Messer-Scheide wird
SL lacrima; javli proprie «pigvefactum». hier durch «in seine Höhle» bezeichnet.
SEIEN
тм
re ii he pe ео нь IA rs
Тазыда ]аулы Tokmak ]атыр. ыы?
а [27] burüsis buz teser.
о. OI Коу bogu.
Madidum lacrimis instrumentum ad pulsandum
Kuun: burüsis — sine tubere, buz — 5, caeru- .
(quo lintea purgantur).
leus, teser — conchilia intexit, koy = (Aderb.) (5 en
I. e. palpebrae. bogu — er
In der Ebene liegt ein fetter Klöpfel. | Бурусыз буз тёшёр.
4. h. der Igel. Ол koi бобы.
Tuber non habet, caeruleum,—conchilias intexit. _
[24] jazda javli hays jatir. I. е. velamentum caeli. ;
OI ylan dir. #
Ohne Bohrer macht es Löcher in’s Eis. =
Тазыда ]аулы kaiım jarsıp. Der Schafen %
Ол }фылан дыр. | ’
Wenn im Frühjahr die Sonne auf das Eis scheint, so À
Acuncula aestate ungventis nitet. schmilzt es besonders an denjenigen Stellen, wo dunkle |
I. e. serpens. Körper auf dem Eise liegen. Durch die kleinen Schaf- &
mistkügelchen, die auf dem Eise in der Nähe der р
In der Ebene liegt ein fetter Riemen. Jurten in grossen Massen zerstreut sind, sind überall
d. h. die Schlange. im Eise tiefe runde Löcher entstanden, die aussehen, ji
als habe man mit einem Bohrer in die noch glatte Eis- Hi
fläche Löcher gebohrt.
[25] 1бег jer jnina kirer.
OI bicak dir.
u;
à 31u.32] (27 mis. ol it
Kuun: iter jer mendose pro icrä vel iékärü | 1 у д sohupupur. р
scriptum esse videtur. Kuun: sohupupur — ges mordere.
DAS TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS. 5
Аузу артын Cokyn бпур. Бу барды, 131 jok.
Où it тыр. Ол kämä-aip.
Hujus aenigmatis explicatio deest. Ecce aenigma: Abit, vestigium non est.
— «os meum (vel tuum) dorsum ejus mordet». Г. e. navis.
a Sein Mund stösst an sein Hintertheil und küsst es. Er fuhr und liess keine Spur.
: Dies ist der Hund. Das Boot.
— [36] uzû uzü sirgalak [138] tap artida karp.
L uëuna deyri sirgalak OT esik dir.
kizgakisga sirgalak
kri ina deyri sirgalak.
Ol ыёек bile bila. Tan артында, Кари.
Тар = регз. ко; patientia; karp = arab. <> › у angor.
Ол ämik Tip.
Kuun: sirgalak — 36 „ Spatium lubricum. SE
a Post patientiam angor.
Узун узун сырвалак I. е. asinus.
уцуна, дру сырбалак
kpicka kpicka сырБалаЕ
Кыры]ына дё 1 сыркалак. Dies ist die Thür.
Ол быцак Gilà Giläy.
Klipp darauf klapp.
[39] abzü aësa öpkani korunir.
Spatium lubricum, longum longum, usque ad finem OL esik aësa ot korûgä dir.
_ ejus lubricum, — lubricum, (sed) brevissinum, usque
_ ad finem (у. vaginam) ejus lubricum. Аузун ацеан Önkäci KpyHip.
| I. e. culter atque cos. Ол ämik ацсан от кбрунгён Aip.
Eine lange, lange Rutschbahn, Os suum si aperit, vigor ejus apparet.
(Man gleitet) bis zum Ende der Rutschbahn, I. e. asinus (os suum) si aperit, ignis (ejus)
Eine kurze, kurze Rutschbahn, apparet.
D. 70m Bande;der Ratschbann. Oeffnest du seinen Mund, so ist seine Lunge zu
Das Messer und der Wetzstein. sehen.
À D. h. ist die Rutschbahn lang, so gleitet man der 4. В. öffnest du die Thür, so ist das Feuer
… Länge nach, ist die Rutschbahn kurz, so gleitet man zu sehen.
4 der Quere nach. Hat man einen langen Schleifstein,
— so wetzt man das Messer, indem man es der Länge
des Steines nach zieht, hat man einen kurzen Schleif-
stein, so streicht man die Schneide vom oberen bis zum
- unteren Rande des Steines.
In der Jurte ist der Thür gegenüber die Feuer-
stelle, sobald man also die Thür aufhebt, sieht man
die brennenden, rothen Flammen mitten in der dunklen
Jurte.
[37] bu bardi izi joh. ее
Ol kema dir.
6 W. RADLOFF. DAS TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS. В
In meinem vorläufigen Berichte über die hier ver-
öffentlichte Arbeit, den ich der historisch-philologi-
schen Classe am 25. Februar 1886 vorgelegt habe!),
habe ich daranf hingewiesen, dass wir die Sprache
der Komanen als den ältesten Vertreter der Kyp-
tschak-Dialecte anzusehen haben, also als eine frühere
Phase der westlichen Dialecte und dass er unter diesen
den Wolgadialecten am nächsten steht. Von der Wahr-
heit dieser Behauptung kann man sich leicht überzeu-
gen, wenn man die komanischen Wörter und Wort-
formen mit denen der übrigen Türkdialecte vergleicht,
die ich hier, soviel als dies mir nöthig schien, in mei-
nem Wörterverzeichnisse aufgeführt habe.
Durch meine im Laufe des letzten Jahres vorge-
nommenen Forschungen im Gebiete der Krym-Dialecte
habe ich mich überzeugen können, dass die komanische
Sprache noch lange Zeit bei den Tataren der Krym
fortlebte, besonders bei den dort angesiedelten Karai-
men, die gewiss erst sehr spät mit den später einge-
wanderten Tataren sprachlich verschmolzen. Dies be-
weisen uns die alten Bibelübersetzungen der Karaimen,
die reichliche Spuren der alten Komanen-Sprache auf-
weisen. Bei den im XV. Jahrhundert aus der Krym
1) Melanges Asiatiques. Tome IX, p. 87—92, tir& du Bulletin,
Tome XXXI, р. 121—124).
nach Litthauen und Volhynien übergesiedelten Kara
men hat dieser alte komanische Dialect unvermischt.
fortgelebt und sich selbständig fortentwickelt. Die
Herausgabe und Bearbeitung der Karaimen-Dialecte, =
die ich jetzt schon in Angriff genommen, kann somit —
als eine Fortsetzung dieser meiner Arbeit über das «
Komanische gelten, und wird mir reichlich Gelegenheit
bieten, das hier veröffentlichte Wörterverzeichniss zu à |
ergänzen und Fehler und Ungenauigkeiten zu verbes- —
sern. F1
Eine Zusammenstellung der grammatischen Formen 4
des komanischen Dialectes habe ich unterlassen, da _
ich auf den grammatischen Bau und die Eigenthüm- —
lichkeiten des Komanischen in dem zweiten Bande à
meiner vergleichenden Grammatik der Türksprachen
näher eingehen werde. р Е
Die nöthigen Materialien zur Morphologie des :
Komanischen bietet aber auch das hier verôffentlichte
Wörterbuch, da in diesem bei jedem Worte alle dieje- »
nigen grammatischen Formen aufgeführt sind, in de- …
nen jedes Wort an irgend einer Stelle des Codex sich
vorfindet.
St. Petersburg, im August 1887.
W. Radloff.
INHALTS VERZEICHNISS.
SE Komanisch Deutsches Wörterverzeichniss. VO SE ARE PT OA AN EE A A QE DAT 1
D agro СЕОУ ЗС ТАСС et et ei eme Ke, Va ie ges [eh relie tue ВИ ОКОВ
D Rates Verzeichniss der komanischen Wör ter nach der Son: des
Codex Comanicus . а a КО 4
_ Zusätze und dede ets А
"6
ERBE
т.
KOMANISCH-DEUTSCHES WÖRTERVERZEICHNISS,
А.
D ai [alle Dialecte |
Mond, Monat (ay 78, 79, 80, 143,15, 201,4, ari 207,7),
ai баты Anfang des Monats (aybasi 80).
ainak.ıa (у) [33 ainakıa (Dsch.) bezeugen, angeben,
aipakra (Kir.), aikay (Kas.), das Untereinanderwer-
fen |
алваклады (aygakladi pdidit р. 182), er ist zu Grunde
gegangen (?).
- ainsıp [aipsıp (Alt. Kir. Каз. Osm.), и] (Dsch.), аскыр
(Sag.), apri (Tar.), атыр (Jak.)]
der Hengst (aygir 148,12).
aina [pers. 425] u. 455], атна kön (Kas.), азна (Tar.)]
Freitag (ayna 80), алнада (aynada 168,3, 168,4).
анала [ainan sich wenden, die meisten Dialecte, алнал
(Kir.) |
танр! ]олына алналамае (tengri ioluna aynalamas
165,16) er kann sich nicht wenden, nicht zum Wege Got-
tes kommen.
мны (у) [ainsı (Каз. Kir.) abstehen, nüchtern werden, sich
absagen, (Üsm.) 551.
коН|ум алныр (conglu aynir 235).
эр (v) [aip, ajbıp die meisten Dialecte, азыр (Abak.),
адыр (Soj.), Ju Uig., атырцах Heugabel Jak. |
trennen, absondern aipbImän, AÏPABIM, aippbıı (ayrumen,
Mémoires de l'Acad. Imp. 4. so, VII Série.
ayrdun ayrgil 56), aippıy,ıap (ayringler 141,12), aip-
Бан (ayrga 146,1).
aipan [| —aip+au, 2a) aipan (Бен. Vamb.) |
Stall, Standort von Pferden (ayran 121).
эры [von aip, die meisten Dialekte ]
getrennt, getheilt, gabelförmig auseinander gehend (ayri
143,13, 147,4).
aix [die meisten Dialecte ausser den östlichen |
Bauchriemen, Riemen (ail 122, ayl 12), aix тартар-
ME, тарттым (ayltartarmen, ayltartum 12) den Bauch-
riemen festziehen.
лы [= -нлы 4. №. Monate habend, vergl. sb (Dsch.),
aiıy (Alt. Bar.), aitpir (Abak.), aiapr (Tob. Kas.)]
schwanger, аллы болды (ауй boldi 215,11, 216,5) sie
wurde schwanger. |
ат Lio) air alle Dialecte, äir (Ка. u. Basch.), + (Uig.)]
sagen, sprechen air! (ayt 20), aitma! (aytma 168,5),
тыныз! (aytingis 157,1, 159,1, 168,14), aitkpın!
(aythil 167,13), airpip (aytir 159,3, 162,9, 162,13,
162,15, 164,5, 165,15, 166,18, 167,3, 167,7, 169,3,
171,3), aitpıpmän (ayturmen 20 aytirme 157,8), ai-
тырлар (aytirlar 159,11), атыр ад! (aytiridi 160,2),
тыр äxim (ayteredim 158,14), ата (ауа 160,7),
айттым (aytun 20 ayttt 158,12), мтты (ayti 159,4
anaytti (= ani aitti) 160,4, ayti 160,5-6, 161,7,
1
2 W. RADLOrFF.
164,4, 165,6, 165,12, aytu 165,13, ayti 216,4, ayte
203,16), airca (aytsa 163,2, 165,14, 165,16), aircak
(aytsak 166,1), airmacak (aytmasag 167,12), aïrmaca
(aytmasa 166,6), airkaimpın (aytkayme 158,18), айт-
Кандан (aitchanda 166,1), airkanna (aitganta 211,1,
aytgancä 212,2, aytganci 216,5), ауткынца (aytkinte
167,10), airaısı (ayttali 188,8), airmak (aytmac 78),
кону! шанда aitmak (aitmac 25), атмыш (aytmis
216,1), атмаба (aytmaga 166,13, 167,6, 168,3), ai-
тып (aytipturur 186,14).
мтыл (у) [Pass. von air]
gesagt werden этылды (aytilde 160,9, 161,14).
aiTTHIP (у) [Factit. von air]
zum Sprechen bringen aittsıppai (aytirgay 167,11).
ain [arab. Luce, türk. Dialeet ain, äin, pain]
Vergehen, Schuld (kommt im Codex nicht vor, wohl aber
айшсыз, siehe dasselbe).
ainCb13 [ain +- сыз alle westlichen und südlichen Dialecte,
Бей. ainci3]
schuldlos, fleckenlos (aypsiz 189,11,213,6,(aip)sis219,15).
ay Bst, ау (Каз. Dsch.) ]
Jagd (üv 62).
аул [аул (Каз. Kir.) entstanden aus абыл, aix (Alt.)]
Dorf, аулын 6ilä (avlung bile 147,5) mit den Leuten
seines Dorfes.
аурыз [pers. >» pl]
Abtritt (aurex — priuata 120).
ауш (у) [ауш (Каз. Krm.), аус (Kir.), abgel. von ay (Kas.)|
auf eine Seite geneigt sein, herabrutschen (kommt im Codex
nicht vor, wohl aber das Factitivum ауштыр, siehe das-
selbe).
ауштыр [ауштыр Kas., аустыр Kir. |
auf die Seite herabziehen, überreden, ауштырмава (aus-
tirmaga 138), erklärt durch: «den Mund rorn» — über-
reden (?).
ak (у) [alle Dialeete]
198,10, ist durch einen der Schriftsprache kundigen Dol-
metscher, oder auch durch die Schrifikunde des Autors ver-
anlasst).
акыллы | Je (Osm.), акыллы (Каз.) |
klug (р. 115 steht achel für achele).
aksım [apprm (Каз. Basch.) Strömung |
der Fluss (ochus 28 flumen).
акрын [акырын (Kir.), акКырын (Alt), akpy (Bar.)|
langsam (acre, archum 69). 3
аклык [5.3], Osm., akavik (Каз. Krm.), aklik (Tar.), le]
(Dsch.) ]
die weisse Farbe (aghlic 86), diese Schreibung ist gewiss |
durch Einfluss der Schriftsprache veranlasst.
akıa [akya (Каз. Alt.), akma (Kir.), акца (Misch. Bar.
Tob.), as?) (Osm.)] Ä
Geld (асба 91, ahta 144,8).
akcak [alle Dialecte |
lahm (agsah 117).
акшам [akmam (Bar.Kas.), ахшам Tar., Оз. plisll
Abend (acsan 80).
akmak [arab. >] ]
dumm, thöricht (acmac 116).
ap [ag а (Osm.) ap; ar (Ab.) ау Каз. Kir. У (Alt.)]
Netz (ag 70).
apa [5] Osm., аба (Каз. Kir. Tob.), аккы (Abak.)]
älterer Bruder, ананын anacpı der Onkel (ananing agasi
180).
apan | ge agau (Osm. Kar. Krm. Alt.), абаш (Kir.), apan
(Tob. Misch.), japau (Tar.), et (Dsch.), JS (Uig.),
анаш (Töl.), наш, Haiıı (Soj.)]
Holz, Balken, Baum, anaı (agaë 89, 120, 125, 144,7,
209,4, тк anan (tic agaë 120) Säule, авацы (agaëi
144,4, agazi 122), apanka (agaëga 199,5, agacka _
143,6), apauran (agaëdan 143,13, 143,14), авацлар
(agaëlar 103).
fliessen, akap (agar 197,10), aka (aha 207,6), kemä | абын (у) [él, ap (Osm. Dsch.), абын (Tob. Bar.)]
akap (kemä Шаг 223) das Schiff leget ezu ru.
ak [alle Dialecte]
weiss (ac 108), ап ak ganz weiss (apac 143,18), ak
koi weisses Schaf (akkoy 143,12).
акыл [arab. Je]
Verstand, Klugheit (achel 53, die Schreibung, hakil
emporsteigen, klettern авын! абынырман, AHbIHABIM
(agen, agenurmen, agendum 6), авынбан (agingan
207,2), абынмыш (aginmis 212,2). -
абынБьщ, [абынцуЕ Bar. |
Treppe, Leiter (agengie 120, af(n)gigu@ enleyter
233).
IR anne läge ee
pe ALS ERDE а
Lex
DAS TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS. 3
авындыр (у) [Factit. von абын]
emporsteigen machen, emporheben, авындырды (an-
gid’di 189,12).
apbip | JE) (Osm. Dsch.), абыр (Küär.), apip (Tar.), аур
(Kas.Kir.), ap (Abak.), ур (Alt.), ор (Kir.), prapaxan(Jak.) |
schwer, gewichtig, ansehnlich, Ehre, Gewicht, (ager 76,
30, 85, 87), авыр kälä, абыр ci бПА in ehrenhafter
Weise (ager chele, ager sij bile 66). Neben ager sij
bile 66 steht von anderer Hand eine Glosse auürsibile
hinzugefügt, welche beweisst, dass dialectisch für apbıp
auch авыр oder ayp (vergl. Каз. ayp) gesprochen wurde.
авыры auch anpbı und авыр (у) [Ge] app Osm., авры
(Ab. Bar.), anpa (Katsch.), ауру (Kir.), аурт (Kas.),
ypy (Alt.), se) appi (Tar. Dsch.)]
schwach sein, krank sein, schmerzen, appbIpMäH абры-
дым (agrurmen, agerdum 19), аврымак (agremac
19, agermac 86), кбну! anpıpmak (congul agirmac
15, contritio cordis in aëirgamach ungeändert).
Ÿ абырык, appsık [abpbik (Abak. Bar.), appik (Tar.), 9% 2]
anpiny (Dsch.), s_£) (Osm.), абры (Krm.), ауры
(Kas.), ypy (Alt.)]
krank, Krankheit, авырык kim (agirich kizi 167,12),
аврыкын (agrichyn 167,14), акрыкымызных (agri-
kimising 187,10), (agrigimisni
187,11).
аврыкымызны
° авырла [3.! ‚el авырла (Osm.), Fe (Uig.) von
авыр]
achten, ehren, абырларман, абырладым (agerlarmen,
agerladum 30), абырласаК (agirlasak 160,14), абыр-
Jan (agirlap 158,4), авырлалыЕ (agirlalih 161,4).
Das Seite 184 angeführte avurglagil = авырлавыл oder
аурлавыл beweist, dass dialectisch auch aypaa gesprochen
wurde, vergl. apbIp, аур.
авыз(у) [абыз (Kas.),appıc(Abak.Alt.) SSa(Uig.) von ak]
fliessen lassen, kommt im Codex nicht vor, wohl aber das
Factit. a5b131B1p, vergl. dasselbe.
aÿbB, абз, ауз | jél, ans, абыз (Osm. Krm. Dsch.), appic
(Bar.), ауз (Каз. Kir. Tob.), ус (Alt.), ac (Abak.)]
der Mund (agx 110), авызыбИа (agisibile 165,13),
apsbina (agisna 168,15), аузын (avzing 197,13), аузу
(avzu 143,12, 146,6, abzu 147,1). Die Schreibung abzu
scheint dafür zu sprechen, dass ein Theil der Komanen авз
sprach.
anpızasık [von абыз, vergl. 3,456) (Osm.), aysısık (Kas.),
ауздык (Kir.), устуК (Alt.)]
Gebiss (aguxlug 122).
авыздыр (у) [Factit. von apbız, vergl. dasselbe |
fliessen machen абыздырды (agizddi 209,1).
anbım [von ak (у) = a5bim (Krm. Каз. Tob.)]
Strom, Strömung (ahim kati dir 222).
анала (v) | Kae] öl] анла (Osm. Krm. Каз. Dsch.), анна
(Bar. Misch.), анда (Kir. Abak,) =a1-+-.1a |
verstehen, einsehen, анларман (anglarmen), анладым
(angladum), aııamak (anglamac), анлаъыл (anglagil
31), анлармён etc, анламан, анлар адм, анламас
адм, анладым, анламадым 177, анламыш ад1м, анла-
Бал адм, анлавалмын, анламыш болбал &д1м; анла!
анлалм! 178, анласам адт, анлар болсам, анлады &с&,
179.
aja [LJ (Osm.), ада (Dsch. Abak. Kas.)]
Handfläche (aya 112, 223).
ада (v) [(Kas. Kir. Basch. Abak.), el] (Dsch.)|
Mitleid haben а]ады (ayadi recusavit 227).
ajak [alle Dialecte, азак (Abak.), anak ($oj.), us
(Uig.)]
der Fuss (ayach 113, ayak 232), ajak уст! (ayag
их! 113), Blatt am Fusse, тошакнн ajakbı (?) Bettfuss
(tocacning ayagi tripodes (sic!) 123). Казан ajappı
(caxan ayak 124).
ajakısı [(Kas. Osm.), 5556] (Dsch.), ajaklik (Tar.), ajak-
лыг (Abak.), ajakaÿ (Alt.) von адак-нлы |
Füsse habend, тбрт ajak.ıı vierfüssig (dört ayakli 147,6),
vergl. тбрт.
ajax (у) [Kir. Вей. von aja]
schonen, ajaHbIPMäH, а)ландым, аданвыл (aianirmen,
ayandim, мас! 132).
ajaa [(Kir. Каз. Таг. Tob.) ;L) (Osm. Dsch), ajac (Alt.
Ваг.) |
klar, von Wetter (ayas 82, aiaz 181).
ajy [аду (Как. Kir. Alt), 32) (Osm.), el (Dsch.), ajoir
(Abak.), ejik (Tar.), ansık (Soj.), Sa (Uig)]
der Bär (ayu 128).
ана [alle Dialecte, ausser Кио. memä und öst. Dial. Яна]
Mutter ана (ana 201,6, 206,4,211,10),anausıy (ananing
180, 205,14), анадан (anadan 215,4), ананны (anangni
1*
4 W. RAnzorr.
185), анасы (anasi 187,9, 206,2, 215,6), анасына
(anasina 205,13), анасында (anasinda 215,11), анасы
6ilä (anasibile 162,4), анамыз (anamis 190,15).
анык [(Kir. Каз. Krm.), Has (Uig.)]
fertig, bereit, vergl. аныкла.
аныкла, (у) [Kas. Kir. Krm. von анык-н-ла |
bereiten, fertig stellen, аныклармйн, аныкладым, aHbik-
Jamak, аныклавыхл (anuclarmen, anucladum, anucla-
mac, anuclagil 43).
анынца |=анынц-нца, vergl. ол|
bis (anginza 65).
ант [ант (Kir. Kas.), cl (Dsch.), М] (Osm.), win ann]
der Schwur, ант igäpmän (ant icermen 138), ант iy-
märil (antiémägil 184).
anni [андай (Kas.), su) (Dsch.), андт (Alt.)]
ein solcher (andi 169,2, 158,16, 167,16).
анца |vergl. ол]
so viel (апба anta 158,12), 6ip анца (bir anza 67) schon,
agua цаклы (апба Cakli 190,1) solange, анцавына
(anzagina 64) ein Wenig.
анцак |==ол цак |
sogleich, анцак кбрунмадт (апбак korumadi 165,12).
ансызын | 5 р (Osm.), vielleicht ist auch ансызым zu
lesen |
plötzlich (ansesim 158,10).
ap (v) | de sh (Dsch.), ар (Каз.), ары (Tob. Osm. Kir.
Kas.) |
ermüden, apmain (arma in 214,7).
apa [alle Dialecte | |
Zwischenraum, арасында (harassinda 67, arasnadi
139, arassinda 172,2).
араклы
tele fabriane (22) (aracli 108).
араба [a ,e (Osm.), араба, араба (Таг.), арба (Каз.
Kir.), абра (Alt.)]
Wagen (araba 121, 144,13, 144,15, 232). _
ары vergl. ару [5 Я (Osm.), ары (Krm.), & „) (Dsch.),
erik (Tar.), арыг (Abak.), apy (Alt. Каз. |
rein, heilig (are 77, 157,2-3, 159,13, 160,8, 162,5,
165,13, 165,9, 166,7, 167,3, 168,11, 187,15, 188,9,
219,16, ari 207,4, 207,6, .207,10,:208,1, 208,4,
216,5), ары Кыз (arekys 162,5, arikis 107,4), ары
(arri 87), арылар (arelar 163,14), арыларнын (ari-
larning 201,2, 208,7, arilerning 202,1), арыларва
(arlarga 157,4, 157,9).
ары [alle Dialecte, S%4— (Uig.)]
jenseits, Амддан ары später (emdidan ari 64).
арын (у) [er о (Osm.), арын (Каз. Kir.)]
gereinigt werden, арынырман, арындым, арынбыл,
арынмак, арынмаба (arinurmen, arindum, aringil,
arinmac, arinmaga 25), арынмае (arinmas 166,10),
apbiabai (aringai 167,4), арыналы (arinali 214,10).
apbık [alle Dialecte |
mager (areg 87, arih 139, arek 143,16).
арыксыз [von apbik statt ары гей |
unheilig, unrein (ariksus 168,10) statt арысыз, durch
die Dehag. Schriftsprache veranlasst.
apy |vergl. ары|
keusch (arov 192,6).
арулыК |von apy|
Keuschheit, 601 арулыкы (boi aruvlihi 183).
apbır (v) [Factit. von арын 30% N (Osm.), арыт (Krm.), арт
(Dsch.)]
reinigen, арытма (aritma 166,5), appırmak Gilä (arti-
mac bila 69).
apka [alle Dialecte |
Rücken (archa 111).
арт (v) [alle Dialecte]
übertreffen, артарман, арттым, артКыл, aprmak (ar-
tarmen, artin, artchil, ärtmac 54), артКан (artchan
85).
apr [Kir. Каз. Alt. vergl. Osm. 45/1]
Hintertheil, артына (artina 146,6), артында (artinda
70, artida 146,13), артындавы (artindazi 122),
артынца (artinta 55, artwnèe 161,7, artuce 161,9).
артыЕ KIA Sy] (Osm. Dsch.), apreik alle Dialecte, ap-
туЕ (Tar.)]
mehr (artum 68, artuc 69, 85, artuch 157,5, 162,14,
163,7, 164,1, artuk 187,15).
aprmak [aprmak (Tob. Dsch.), apanak (Tel.)]
Packsäcke (artmak 121).
арттыр (у) [Factit. von арт]
vergrössern, арттырымйн (artirime 229).
арцыла (у) [арчы u. арчыл (Каз. Krm.), арцы (Tob. Misch.) ]
abgehülst, abgeschält sein, арцылырман (агёПагтеп
136), арцылыш (arszulap 195,16).
ER rei
RIEF,
DAS TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS.
_ аршын | À (Osm.), аршын (Alt. Bar. Kas.)]
Arschine (arsun 98).
арпа [L a; арпа (Kir. Tar. Каз. Osm. Dsch.), арба (Alt.
Abak.) |
Gerste (arpa 130).
армут | 59e 31. (Osm.), армут (Aderb. Krm.) |
Birne (armut 125).
ал [JT (Osm.Dsch.), = —
hochroth (al 108).
ал (у) [alle Dialecte|
nehmen, алырман (alurmän 6, 23), алыр (alir 194),
алдым (aldum 6, adum 23), алды (aldi 189,18), алса |
(а]за,168,3,168,11,168,15, 200,3), алмае (almas 1 68,16), |
алмас быз (almas bis 163,10), алып (alip 211,10, |
215,12), aımajpıncän (almeyipsen 191,11), албыл (al-
gil 6, 23, 51, 160,7), aımak (almac 23), албац (al-
586), алмазлыЕКа (almazliga 216,4), бц алвуцы (66
alguëi 182) der Rächer, сатып алырман (satum alur-
men 23), карт (kipi) алырман (cayri alurmen 49)
zurücknehmen, баралмазбыз (baralmasbis 163,10) wir
künnen nicht gehen.
ал [JT Osm. Dsch.]
List, Verschmitztheit (al 180).
aa |alle Dialecte ausser den östlichen, wo es als алыг, алак,
(Uig.), ал (Каз. Kir. Krm.) |
алу erscheint]
bunt (ala ala (сева г?) 137).
алал |Bar. Каз. Krm. |
so, auf, solche Weise (alay 64, 65, 71, 177,8, 159,10,
161,7, 161,10, 161,14, 162,15, 163,9, 164,4, 165,13,
165,15, 166,9, 167,3, 189,15, 201,7, 206,3, alley
162,13, 171,9), алал ok (alayoh 71).
алан ‘булан |(0sm.) EN) are, алан булан, алан (Kir.
АН.) |
unruhig, confuse (alang bulan 143,13).
алапа [алача, алаша (Kas.Kir.), a (Оз. |
bunt gestreift (alaëa 137).
anampık [алачы (Kir. Abak. Каз. Krm.), алацые (Tob.
Misch.), аланчыК (Alt.)]
Hütte (alucuc 90).
anaöyna |Alt. Ab. Kir. Каз. |
Bars (alaboga 221).
алабута,
Dornen (?) (ala bota teginek 135).
алам [arab. Je]
Fahne (allan 118), аламлары (alaları 208,9).
аламан | y (Osm.)]
deutsch (alamani chetanj 107).
алын all (Osm.), алын (Kas.) östl. Dialect]
Stirn, Vordertheil, алны (alni 110), алында, anıpınıa(?)
(allenda 139, allenda 164,6, 165,8, 165,10, 165,12,
166,14, 170,1, 170,11, alleda 164,9), алындабы
(alindagi 122).
альщьт [von ал |
der Käufer (ай 106).
алыш (у) | Веер. von ал, alle Dialeete, wenn auch in etwas
abweichenden Bedeutungen |
abwechseln, wechsein, альышырман, альыштым, альыш-
Кыл (alisirmen, alistum, alischil 14, alisurmen, alis-
tun 35).
алыштыр (v) [Factit. von альши]
wechseln lassen, алыштырмак (alisturmac 14, alstur-
mac 55).
ammbım | ui (Osm. Dsch.), альыиш (Bar. Kas.), alkim
(Tar.), aakpun (Telt. Alt.)|
Segen (algis 204,15, 206,1), албышын(а]е1зт 190,14),
aJBBHUHBIH (algisning 198,3).
AIS (у) | =алвыш-н-ла |
segnen, алкышлар (algislar 197,11), албышласын
(algislasin 217,2).
алвышлы [von албыш, vergl. альышлы (Каз. Bar.), al-
kimlik (Tar.), алкышлу (Alt.), le (Dsch.)]
gesegnet (algesli 77, 84, algisle 160,9, 164,9, al-
gizli 163,12, 165,14, algiszle 171,8, algisli 165,6,
164,15, 207,9, 208,1, 208,3, 209,6, algizlä 172,3).
алт (СП (Osm.), алт (Каз.) |
Untertheil, алтында (altinda 185, алтындан (altundan
143,14-15).
алты [alle Dialecte |
sechs, алты ]ыл (altigil 158,5).
алтын [alle Dialecte |
Gold (altun 96, 162,6, 143,15, altü 161,6, alton 140).
алтынцы |alle Dialecte |
Goldarbeiter (altundi 96).
алтмыш |(Osm. Каз. Tob.), altmim (Tar. Dsch.), алпыс
(Kir.)]
sechzig (altmiz 159,6).
6 W. RADLOFF.
алда (у) [Abak. Kir. Dsch. Каз. Tob. Osm.]
betrügen, täuschen, алдарман, алдадым, алда, алдамаК
(aldarmen, aldadum, alda, aldamac 22), алдарбыз
(aldarbis 166,2).
алпаут [алпаут (Kas.), алпавыт (Tob.), pugur (Mong.),
Zell sell) (Dseh.)]
Edelmann (alpant 226).
алма (ШТ (Osm.), алма (Kir. Каз. Tob. Krm.)|
Apfel (alma 125).
алмас | Tel. Kir. Каз. Tob. |
Diamant (yalmas 109).
ar [57 (Osm.), ar alle Dialecte |
Маше (at 75, 40, 160,3, 160,13), атны, атлар, ат-
ларны (atnj, atlar, atlarnj 75), аты (ati 184, ме
160,9), аты 6ilä (ati bile 184), атына (atine 160,12,
160,14), атыца (atinga 192,7).
ar [alle Dialecte |
Pferd (at 121, 127, 223), атым (ati 232).
т (v) [alle Dialecte]
schiessen, arma (atma 144,5).
ara [alle Dialecte ausser östl. аба, ада |
Vater (atta 113, ata 167,7, 159,13, 167,7, 168,1,
187,2, 196,8,-206,4, 207,3, 211,3,.211,6,. 21255,
212,6), тын ата geistlicher Vater (tin ata 157,4), улу
ата Grossvater (ulu ata 180, ullu atta 114), атам
(atam 158,2), атанны (atangni 185), атасы (atasi
216,7), атамыз (atamis 171,8), arana (ataga 211,7,
217,2), атанын (ataning 212,3).
атау [атау (Kas.), J>] (Osm.), ада (Aderb.), ЗЫ (Dsch.) |
Insel (atov eyn gros werdir 139).
атаг (у) [übrige Dialecte ада, ата, атта |
nennen, атабырмён, атавдым, атаггыл (?) (atagirmen,
atagdim, attagil 40).
аталыЕ |(Каз.), au (Dsch.), аталык (Krm.) Pflegeva-
ter |
Stiefvater (atalih 142).
атасыз | von ата]
vaterlos (atasis 191,2).
атла (у) [Каз. Tob. Krm., azra (östl .Dial.) |
schreiten, атларман (atlarmen 222).
атлан (у) [alle Dialecte ausser östl. u. Kir. arıa|
auf’s Pferd steigen, reiten, атланырман, атландым, AT-
aa (atlanurmen, atlandum, atlan 24).
FE mers LP MERE ST A te
At a EA a
ee ER SAS ASIA RE HER
IS 2.
атлы [361 (Dseh.), arıy (Alt.), атлы (Kas.) и. (Osm.)
von ат |
einen Namen habend (atli 144).
атлы [3-61 (Dsch.), CHI (Osm.), arası (Kas.), атту (Alt.)]
ein Pferd habend, beritten, атлы кши (atlu chisi 105).
аттар |= arab. 5]
Spezereihändler (atar 91).
атташ [von ar, arram (Bar. Tob.)|
Namensvetter (atas 226).
адам | == arab. NI vergl. азам |
Mensch (nur einmal, sonst immer азам), адам US
(adam jazuhi 207 É
an [au (Alt. Tar.), e gl T (Dsch. Osm.), an (Tob. Kas.), аш
(Kir.), ac (Abak.)|
hungrig (aë 144,16, az 27, as 194,12), au турман
(azturmen 26).
ац (v) [5-=/ (Osm. Dsch.), aa (Alt), ач (Kas.), аш
an (Misch. Tob. Ваг.), ac (Abak.)
öffnen, ацарман, аптым, ацкыл (azarmen, azarıne,
aztim, aztin, azchil 7, azarmen, aztim 13, 16), ац-
тын (aèting 190,3, 191,15), auca, aucam (aësä 147,1,
aësa 147,2), ацкан (aëgi 188,16), ацмал (aëmey
216,10), kyayx ацыш (kolagaëep 143,4), ацып Gäpril
(aëibergil 233).
ацы el (Osm.), él (Dseh.), ayik (Tar.), auy (Kas.), am-
шы (Kir.), ägi (Kas.), äni (Misch.), ацы (Tob.)]
scharf, bitter (ai 83, 180), ацы таш Alaun (acitas
(Kir.),
92), ацы тузлу (atituslu 64).
ацык (у) [änik (Kas.), Duel (Osm.), aabik (Krm.), ацык
(Tob.)]
hungring sein, ацыктын (а те 194,1).
ацыл (у) |Pass. von au]
A öffnen ацылыптыр (aceluptur 160,3).
aubıpna (у) [ачырка Tel.]
Schmerz haben köyyl aupıppamak (congul atirgamach
15, vergl. авры).
aupıppan (у) [von ацырба, (ayypkan Tel.) |
betrübt sein aupıppanca (acergansa 158,11), ацырба-
HbIpMäH (adirganurmen 180).
any [vergl. ацы, ачу (Kas.) Zorn |
Schmerz, anÿx (абиуше 193,5).
аз TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES Сорвх CoMANICUS. 7
… ацкуц [ацкуц (Bar.), ачКыч (Krm.), äykiy (Kas.), ацКу (То. |
der Schlüssel (achuz 119, azchuz 12).
ac (у) [Kas. Kir. Таг. Osm. |
aufhängen, acapmän, астым, аскыл (asarmen, astum,
aschil 43).
асыл (v) [Pass. von ас]
hängen, aufgehängt sein, Кацта Кацан асылды als er am
Kreuze hing (haëda kaëan asildi 200,14).
аслан [die meisten Dialeete арслан, aber Osm. auch аслан |
der Löwe (astlan 127).
acpa (у) [alle Dialecte aspa oder acpa]
ernähren, acpap (asrar 195,1, асрауын (asroving
197,2):
acpar (у) [Factit. von асра]
ernähren lassen, асратты (asrati 205,10).
act [die meisten Dialecte |
der Untertheil, астында (astinda 70).
_ астызан
астызан KäTäni (astexan chetenj 107), еше Art Leine-
wand.
… астлам [аслам (Каз. Tob. Bar.), астам (Alt.)]
Zinsen, Wucher (astelan 85).
астламцы [von астлам |
Wucherer (astlandi 101).
_ астры [=Aact--Pbi]
unterhalb (astri 161,6).
- аз [die meisten Dialecte, die östl. ac, Каз. аз]
wenig(ax 68,69),aspak (axrac 68), 6ip аз (biras 158,18).
. азат [pers. 5/5].
frei, азат Атарман (asat etermen 8), азат Kimi (asat
kisi 8).
- азаш [азаш (Krm.), адаш (Tob. Каз.) |
sich verirren, азашты (azasti 222).
азам |vergl. >] und азамат Jüngling (Kir.) |
‚Mensch (azam 66, asan 109, azam 164,10, 165,10,
219,16, 219,17), азамны (azani 189,3), азамлар
(azamlar 211,8).
азык [(Uig.) ya Vortheil, азык Proviant (die meisten
Dialecte)| |
1. Nutzen азыкы бар, азыККа, Tintip (aziki bar, azihga
teyptur 185), a3bikka (azihga 189,6). 2. Proviant
(azih 194,2), тын азыкы (tin azihi 199,3), азыК ai
(asuc ау 81).
азыклы | =asbık-+ лы |
Nutzen bringend (azihle 185).
a3b13 [vergl. AM (Uig.) schlecht]
fremd (aziz 233).
am [alle Dialecte, auch ac (Kir. Abak.) |
Speise, Gastmahl (as 11, 124), amka ÿnaäpmän (asca-
undarmen 17), am бширган ау (as bisurgan eu 13),
аш барлийн (as berumen 44), am ваКты (a8 octi 79),
ашын (asen 39), ашы der essbare Kern (asi 235),
атыны (asini 195,2),
am |vergl. ац = Kir. am]
hungrig, Карын апт (ha as 194,12).
аш (у) [alle Dialecte — ac (Kir.) |
herübersteigen, vorübergehen, ашты (azti 164,13, 165,2).
аша (у) [alle Dialecte, aca (Kir.) |
essen, ашармён, ашадым, аша (acarmen, acardun,
assa 14).
ашау
Hülfe (7), ашау (assow 141), ман саба ашау ärimip-
ман (men saha assow etizermen 132).
aubik (у) hs) (Dsch.), ашык (Kas.Tob.) |
eilen ашывырман (asigirmen 137), ampbikman ich eile
nicht (asicmen 137), ашыЕмавыл (asikmamagil 137).
ашык [arab. Зе]
liebend (asuch 115).
amkapa [= pers. «К
offen, öffentlich (ascara 69).
ашлыК [von аш, amasık (Каз. Tob.)]
Getreide (asli 130), ашлык jäp (aslak 137).
ашру
sehr, ашру улу (asrau ulu 157,6), ашру (asru 173,
astri 164,11, 164,14, 165,7, 165,9).
ап [alle Dialecte |
an-ak ganz weiss (apac 143,18).
a6aga [a6aga (Tel.), ab] (Dseh.), pas (Mong.)|
Onkel (abaga 114).
абышКа | NS, (Uig.), Gif (Dsch.) |
Greis (abuscha 87, abusca 116).
a6pa (у)
vertheidigen, a6papmän, абрадым, a6pa, a6pamak (ab-
rarmen, abradum, abra, abramac defende 21).
8 W. RADLOFF.
авал [агар. ФЛ
der Anfang (aval 182), könylyk авалы Anfang der Ge-
rechtigkeit (könuluk avali 200,5).
аваз [— pers. 51,1]
Stimme, авазы (avazi 188,14).
ам [Kas. Tob. Kir. Krm. Osm. |
weibliche Scham (amu 112).
аманат [= arab. lol]
Unterpfand (amanat 51).
ampak [(А!. Tar. Krm.), #4 (Mong.) |
freundlich (amrac 141, aniracdir 229).
амбар [== arab. „ne |
Ambra (ambar 95).
à (v) [defectives Verbum von dem in allen türk. Dialelten sich
vereinzelte Formen vorfinden, in den westlichen Dialecten
erscheint es als Stamm i, im Uig. äp, das von hier in
die Dschagataische Schrifisprache als .J übergegangen
ist |
Hülfszeitwort sein. Es finden sich folgende Zeiten: 1. Im-
perfect. änim, адн, адь адук, ädigic (esitur edim,
eding, edi, educ, edingis, ädi 1, edi 42, bergay-dik
162,6, adi 171,4, edik 189,8, edi 207,10).
2. Conditionalis: äcä (exä 68, еза 71, 226, (kim) ese
166,6, äsä 187,14, 195,12).
3. Gerundium: ärän (egeë 200,2, 200,6, ägät 213,4,
213,5, 216,6).
Durch Vermittlung der Dehagalaischen Schrifisprache sind
eingedrungen: Арман (emen 157), äpyp (ervr 188,14),
äpai (erdi 192,12), äpin (erip, ens 189,3), äpcä (er-
sa 4).
In zusammengesetzten Zeiten tritt es auf: Апит!р-ад1м (esu-
tur-edim 1), ämirti-äni (esitti-edi 2), ämirkäi-ägim
(estikaedim 3), ämirmim болвал адм (esitmis bolgay
edim 3), ämirim äpcä (esittim егза 4), анламас Адм
(anglamas edim 177), анласам ад! (anglasam edi 179),
анладым äcä (angladim ese 179).
äi [= äiri, siehe dasselbe]
trefflich, äi 6ila (ey bila 69).
äiri [I (Uig.), 5] (Rbghsi), „| äjy (Dsch.), äji
(Osm. Krm.)|
gut (eygi 64, 86, 115, 184,eigi 174, egi 158,4,158,6, M
158,8, 159,12, 163,12, eyger 75), äiriläp (eygilar 75), Bi
äiripäx (eygirac etermen 37, eigirac 68, eygirac 68). M
äirilix [von äigi, 20e > (Uig.), äjilie (Osm.Krm.)] |
die Güte (eigilic 85, eigilic 174, egilik 164,3, 216,2, «
egelic 160,13), äirilixrä (egilikdä 217,3). |
älHÄK |
allein, äinäk умуцымыз (eynek umuëimis sola spes x
209,9). |
ду je a (Uig.), p) (Dseh.), ,J ав (Osm.), аб (Ab.
Krm.), 61 (Tar.), ÿi, 61 (Каз. Alt. Tob.), у, у (Schor.)| #
das Haus (eu 13, 89, iv 222, бу 162,3), äÿrä (euga
162,2), äÿaäi (eudaki epèi 105), esi (övi 187,5, «
188,9). à
8$ (v) [ss (Vig.), LS (Dseb.), ESS) ör (Osm,)] |
loben, äwäpmän (6vermen 234), äwäp (over 206,5), “
äwäpläp (övgerlar 159,10), äyaiy (ovding 198,11), Ä
äÿailip (ögdil, ovdiler 202,5), äycin (övsin 210,2), ;
äwäli (oväli 215,4), äyrän (övgä 206,2). Die Formen
ögdil 202,5 und ögelim 208,2 sind gewiss durch die
Dschag.. Sehriftsprache veranlasst.
äyn (у) [Refl. von äy]
sich loben, rühmen, äÿnip (буш 222).
дунц [von äÿn| Е
Preis, Lob, siehe das Folgende (oyguné 188,8, oguc :
198,2, ôgunë 217,2).
äynoly [von äÿan+lil
gepriesen (evunélu 212,7). *
äÿpäx (у) Re (Us. else] (Dseh.), As)
бгрён (Osm. Krm.), äypän (Tob.), брган (Tar.), yp-
rän (Abak.), Уран (Tel.), yipäu (Kas.)] ÿ
lernen, äypänipmän, äypännim, äÿpäaril (öuranirmen,
öuandim, Öurangil 6), äÿpäaräimin (ürengaymen :
158,17). à
äypär (у) [Factit. zu äypän, vergl. dasselbe]
lehren, äypäripmän, дураттим, аурат (ouraturmen, ou-
ratum, ourat 9, 19), дуратмак (ouratimac 9), äypä-
rip (wretir 162,8), äÿpärri (uretti 220,5), äypärmim «
(ovretmis 203,14). 3
äyni [vergl. DJ Uig. |
Lob (ovdi 207,2).
äki [alle Dialecte, акк, äki, iki|
zwei (ecchi 83, eki 141, 232), äkici (ekisi 234).
Das TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS. 9
ami [5555] Gal (Dseh. Osm.), äxinni, Инд (Каз.
Tob.)]
Zeit des Nachmittagsgebetes (echindu, chindä 80).
äkinmi [von äki, ikinyi (ikinmi) (Kas.), äkkinai (Alt.), äâki-
mi (Kir.)| |
der zweite (ekinzi 67, echinzi 83, echinte 162,1,
164,13, 165,2, 167,6, 170,9).
акк [8.5] акек (Osm.), sy su) a
(Uig.), cs. (Rbgusi) |
‚wenig (ecsuc 20, eksik 162,14, ecsic 207,8).
äkeiklik [ —äkcik+lix|
Mangel (eksiklic 141).
ärcir (v) [Élu] ärcir (Osm.), —sy ya (Uig.),
| Elu] (Abgusi)]
verringern, äKCITipMäH, äKCITTIM, акат (esiturmen,
ecsittim, ecsit 20), äxkcirmäai (eksitmädi 216,10).
_агау [ärär, егак (Abak.), егау (Kir.), iräy (Kas.), äry
(Alt.), erö (Krm.)]
Feile (egau 96).
äräp [= pers. #1]
wenn (egar 70, egir 163,1, 166,1, 166,3, 168,13).
ärämi [äräyi (Dseh.), apac (Jak.) ältere Schwester, jäyä
(Alt.) Tante, nenämi (Kir.) |
Tante (amita) (egazi 114).
-ärip (у) [ärip (Tar.), EG] (Rhgusi), &l.,5] (Osm.), ip
(Alt.), ıplä (Kas.)]
spinnen, äripimän, äripaim, äripril (egirurmen Jirmen,
egirdum jirdim, egirgil jirgil 27).
äris [äria (Bar.), iris (Kas.), äric (Alt.), eris (Kir.), äxis
(Aderb.), .SJ (Osm.)]
_ Zwillinge (szuenetic) (egiz 221).
ärpi [DU (Uig.), в (Dsch.), <] (Osm.)]
schief, falsch, ärpi kälä (egri chele 65), ärpi Kimi
(egriesi 117), ärpimisni (egrimisni 191,8).
ан [us (Uig.), ан (Alt.)]
sehr, ан бурун sehr früh (enburun 64), Ан TÖ6änrici
(eng töbengisi 137) der Unterste.
| ан (v) [ss (UVig.), ELST ürmär (Dseh. Tar.), er (Abak.),
ан (Alt.), т (Каз. Kir.)]
beugen, Янарман, ägin-Tip, äHaim (engermen, engip-
tir, engdim 137).
анак (анак (Osm, Krm.), &к (Alt. Ab.), äjäx (Kir.), Пак (Kas.)]
das Kinn (ingec 222).
Mémoires de 1’Acad. Imp. 4, sc, VII Série.
ансй [(Kir.), auSG] (Dsch.)]
der Nacken (engse 136).
ägcälä [von äycä]
einen Hieb auf den Nacken geben, äycäläpmän äycälänim
(engsalermen, engsaladim 140).
äjäp [äräp (Dsch.), 1ар (Kir.), äsäp (Abak.), Пар (Каз.
Bar.), äp (Alt.)]
Sattel (eyar 122), äjäp ]длабумы (eyat yabogi 121,
eyar jaboëi 122), äjäpniy apampı (eyarning agazi
122).
äjäpni [äjäp-+ ui]
Sattelmacher (eyarëi 101).
än (v) [M (Uig.), ан (Osm. Schor.), ен (Kir. Ab.), in (Kas.)]
herabsteigen, Анармён, андам, ägril (enarmen, endun,
engil 20), Анган тур (ingantur 209,5), Анш (enip
211,9).
ämim [enic (Abak.), änim (Osm.), дм (Uig.)]
Thal, Niederung (enis 88, 89).
äamip (у) [Factit. von ан]
herabbringen, äHAÏpit (endip 209,8), Андрмии (em-
durmis 85), äunipaig (enderding 190,4).
&нц [jui (Uig.), анчк (Alt.)]
Ruhe, ruhig (enë 199,12).
äp [= pers. »|
jedes, allerlei, ар )азыкын (er jazuhin 207,8), äp ]ытлда
jedes Jahr (har gilda 168,6), die Schreibweise har durch
die Schriftsprache veranlasst.
äp [alle Dialecte, äp, ep, ip]
Mann, Ehemann (ег 109, 114, 198,9 205,2, 208,6,
ir 140), арнщ (erning 215,10).
äpir [SL] арк (Osm. Krm.), брук (Kir.), брбк (Kas.)]
Apricose (eric 125).
арк (у) Gpir SLS$ I (Alt. Dsch.), рик (Misch, Kir.)]
Ekel empfinden, äpiräpmän, äpiktim (eregirmen, erik-
tim 9).
äpiklä (у) [vergl. тик faulen, ipi (Kir., im östl. Dialect =
sänern |
gerben, äpiklärän räpi (eriklagan teri 132).
äpin [alle nördlichen Dialeete äpin, epin, пн]
Lippe (?) (ernin = naris 110, erni = gingiua 110).
äpinuär [äpianax (Bar.), äpinmäk (Tob.), äpinyäk (Dsch.
Tar.), epinmär (Kir.), ipingär (Kas.)]|
faul (erindak 142, erinteë 185).
>
10
арик [SL | äpix (Dsch. Alt.), ерйк (Kir.), ipik (Kas.)]
Wunsch, Wille, jamau аркмдан (erkimdan 157,7), äpki
6ilä (erki bile 158,2, erkibla 167 ‚9, äprix Gil (er-
kinbile 167,7), äpkinnän (erkinden 219,16).
äpy [4 (Uig.) Kraft, epki (Kir.) Macht]
Kraft (eruv 142).
äpkli [=äpk-+-li]
freiwillig (erkli 167,2, 219,15, 219,18, 211,3).
äpkein (v) [von &рк]
besitzen, frei verfügen, äpkeingäni (erksindaëi possesor
188,4).
äpkälän (v) [= epräläx (Kir.)|
liebkosen, äprälänäaip (er kelänedir 228).
W. RADLOFF.
äpkär [alle Dialecte, epkäk, äpkäk, 1ркак |
Mann, Männchen (erca 109).
äpkei3 [—=äpk-+ci3]
wider willen äpkli äpreis (erkli erksis 167,2).
äpxcis (2) [=äpy+cis]
kraftlos (erksis 197,1).
äprie [= SP]
(mit пед.) niemals (härchis, hergys 68, hergis 141). Die
Schreibweise her durch die Sehriftsprache veranlasst, vgl.äp.
- äplie [=ар-н к]
Mannheit, Muth (erlie 111).
арт [арт östl. Dialecte |
verbringen, äprmä3 (ertmez 205,7).
арта [äprä, eprä, iprä, alle Dialecte |
früh (erta 71, ärtä 79, ertä 80), Tayäprä früh morgens
(tank ertä 79, tang ärte 80, erte 145,2), äprä цакта ;
(ertä Cakta 65).
äpräri [SL] (Dsch.), äpräri (AL), Du (Uig.)] |
|
einst, früher (ertegi).
ардан
jungfräulich, äpıäy турдацы (erdeng tuurdadi 199,4,
erdeng 211,10).
арданик | =ардан-- Пк]
Jungfrauenschaft, арданйюн (erdengliking virginitas
197,8).
ардам [os (Uig.)]
Handwerk, Kunst, Verdienst, Tugend (erdem 135, 182,
erde 207,8).
äpaänli | =ардам-нП]
tugendhaft (erdamli 115).
| ареёк [=äp-+eäk, —2upa (Uig), арзак (Alt.)]
Männertoll, wollüstig, Hure (ersat 104, ersek 142,
hersek 185).
ЯрсйкИк [ =арейк-- Пк]
Ueppigkeit, Wollust (erseklik 186).
äpcäkni | —äpcirk+ni|
liederlich, wollüstig (ersaczi 117, hersegéëi 185).
äpcärcis [—äpeäk-+ci3]
keusch (ersacsis 115).
äl [— (Uig.), Jul (Dsch. Osm.), äl, el, il übrige Dialecte ]
Stamm, Volk (el 89, 207,6).
äl [Ses (Uig.), ДГ äl (Osm. Krm.), elräx (Abak.)
Handschuh |
Hand, älinä Gäpyi (eline berdi 160,7).
äläk [SL Зак (Osm. Dsch. Schor.), eläyın (Kir.), iläx
(Каз. Tob. Bar.), е бак (Telt.)]
Sieb (elac 94).
äläm| == arab. JL]
Welt (elm 159,6, 160,11).
älämär [= arab. Ce Ne]
Zeichen (olemeti 170,6), МАматтидан (ulematimde
157,7).
älik [äläx (Al), elär (Abak.), Мак (Kas.) Verläumdung,
älix (Tel.)]
Spott (siehe äliklä).
älielä (v) [=älir--lä]
verspotten, älikläpmän, älikläxim, älixläril, älirlämär |
(eliclarmen, elicladum, eliclagil, eliclamae 33, elic-
lamac 104, Аи адПар (elikladiler 171,6).
älrän (v) [vergl. älräl (Kys.) zittern]
erschrecken, älränipmän, älräsxim (elgenirmen, elgen-
dim 132).
älrännip (у) [Fact. von älräa]
in Schrecken setzen, älräxaipimäs (elgendirrimen 132).
аШк [—äl+lix, vergl. äl (Alt.), Jul (Dsch.), il (Kas)] |
Friede (elelic 46).
älr (v) [SLA (Dsch.), Шт (Bar. Kas.), SS (Uig.)]
bringen, führen, älripmix, älrrim, älrkil (elturmen,
elttim, eltchil 20, älturmen, eltum 43), ältriläp _
(eltiler 170,11), älripcäx (ältirsen 213,6).
älripi [ilrip (Kas.)]
Lammfell (eltiri 97).
DAS TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS.
а [ум (Uig.) Herrscher, el os (Dsch. Osm.),
älai, älıi, elmi, ilyi, ilmi die übrigen Dialecte |
Gesandter, Bote (elzi 35, 105, el&i 143,14, 143,15).
älnäk
oberic (?) (elpek 224).
бат | == arab. «1
überhaupt (omino, saltem, utique) (agbet 69, е фей 140,
elbeti 183).
т (v) [Sue (Vig.), © Ele] (Dsch. Osm.), är, ет,
ir die übrigen Dialecte]
machen, thun, äräpmix, ÄTTim, аткЦ (etermen, etarmen,
ettin, ethil 9, etarmen, etim, etchil 26), äräp (eter
163,13, 163,14, etir 162,12), ärrim (ettim 37), ärir
(ей 219, etti 159,16, 208,1, 216,4), äreä (etse 168,16),
ärkil (etkil 141), ärcin (etsin 217,3), ärkän (etkä
197,1), ärkänläprä (etchenlergä 171,11), ата (ete
168,16), }ыраК äräpmin entfernen (jarat et 8), тамам
атармн beendigen (tamam etärmen 13), бундат &тар-
mix bauen (buniat etärmen 28), ус äräpmäx baden (us
etarmen 10), japbik атарман erleuchten (yarig etar-
men 32, ]ара äräpmän verwunden (yara etarmen 33),
äiripäk àTäpmäx verbessern (eygirac etarmen 37 ), зы-
jam äräpmäu beschädigen (xian etarmen 40), тарк
äräpmän verlassen (taff etarmen 47), Куллук äräpmän
dienen (chulluc etarmen 57).
ат [&т, er, ir alle Dialecte]
Fleisch, ол är устунда kälänän (ol et wstunde kelep-
pen 165,8).
ак (erix (Kir.), S5,/ (Dsch.), бтук (Tar.), бдук (Alt.
(Abak.), irik (Kas.)]
Stiefel (etic 14, 99, 121).
ärikmi | =äÄTik-+- ui]
Schuster (eticüi 99).
äril (у) [Pass. von är]
gemacht werden, ärilmäi (etilmey 211,7).
ärig [> (Dig), 5.06) (Dsch.)]
hoch erhaben (etis 207,4).
ärim (у) [von är]
zusammen thun, асу атширман (assow etizermin 132).
ärmär | (Uig.), Sl (Osm.), irnär (Abak.), ik-
мак (Kas.), örnör (Alt.)]
Brot (etmac 103).
11
атмакщ | =тмак-нш |
Bäcker (etmaëi 102).
бдаз(ш) [Se (Vig)., се»
Gefäss, änäsrä (edezgä 201,12).
ац [= pers. eel
irgend, mit Negat. nichts (&6 213,4, 213,7, её 213,4,
heë 68, 205,2, 215,10), äu нама jok (heë nema jwc
158,8). Die Schreibung heë ist durch die Schriftsprache
veranlasst.
änik (?)
träge (ezic 135).
Äuki Ks} | (Dsch.), ägrä (Alt.), inkä (Bar.), ämki (Kir.)]
Ziege (ezchi 128), rimi äuki (tisi ezchi 128).
äc [ec (Kir.), 1 (Dsch.), äc (Alt.), ic (Kas).]
Vernunft (es 140), äcimä (esima 227).
äciprä (v) бы] (Dsch.), eeiprä (Kir.), äsiprä (Osm.)]
bemitleiden, äcipräpmän, äcipräril, äcipräp änin (essir-
germe, essirgagil, esirgaredim 185).
äcip (у) Пер (Kas.), ecip (Kir.), äsip (Alt.)]
sich betrinken (vergl. äcipr).
äcipr (у) [Factit. von äcip]
betrunken machen äciprip (esirtir 194,11),
geben (??) äciprriy (äsirding 214,2).
äcki [Lu (Dseh. Osm.), äcki (Alt. Tar.), icri (Каз.)]
alt (eschi 87).
äcnä (v) [EL] Ele] (Dsch. Osm.), йена (Tar.), icnä
(Каз. Tob. Bar.) |
gähnen, Аснарман (esvermen 136).
äcpik [icpik (Каз. |
betrunken (vergl. äcpikui).
äcpikni [von äcpik+-nj|
Trunkenbold, äcpikmi (esrikèi 182).
аш [y (Vig.), Qi) (Dsch. Osm.), äm
Gefährte, ämim (csim 115).
аш (у) [Eli] (Озев. Osm.), äm (Tar. Alt.), im (Bar. Tob )]
rudern, ämäpmäx, ämrim (esermen, estim 135).
ашак [änär (Tar.), 5] 55] (Dsch. Osm.), imär (Kas.)]
Esel (esac 127, esek 180), тши ämäk (tisi esak 127).
ämik [пик (Tar. Dsch.), emik, еек (Kir.), шик (Kas.),
ik (All), ya (Uig.)]
die Thür (esich 17, esik 146,13, 147,2), ämikini (esi-
kini 216,10).
ämir (у) [4 (Uig.), änir (Таг.), ecir (Kir.), imir (Каз. Il
*
zu trinken
(Tob.), im (Каз.)]
Le)
12
hören, ämiripmän u. 5. w. (esiturmen, esitursen etc. 1),
апитмак (esitmac 81, esitmach 141), ämirixläp (esit-
tingler 141), ämirkäniqän (ezitganimde 157), ämircä
(ezitse 158,6), ämirmäcä (ezitmese 158,8).
ämirrip (у) [Factit. von ämir]
hören lassen, ämirripaix (esittirding 186,17).
ämkir [Si (Dsch.), ашкак (Tar.), ämmir (Alt), imkäk
(Kas.)
Ruder (eskik 135).
änmi [engi (Abak.), A (Uig.)]
Frau (epëi 105, epzi 109, 114).
ават [Cs (Osm.)]
so (euet 67).
ам [,6+— (Uig.), „> (Dsch.), übrige Dialecte äm, em, im]
Mediein (em 158).
амаган [ämärän (Tel.)]
alte Frau (emegar 232).
änän [SSL] (Dsch.)]
sich in Acht nehmen (emanirmen 233).
ämäcä [= pers. as |
immer (amassa 233).
änin [PS2 (Uig.)]
sicher (vergl. Аман к).
äminlik [ —ämin-lir|
Sicherheit, ämialik 6ilä (eminlic bila 71).
AMIHIL
Ruhe (eminë 205,1), ämiaurä (emin@dä 200,4).
амга (v) [ads (Uig.), EL) (Dseh.)]
quälen (vergl. ämrän).
амгак [m (Uig.), ЭК] (Dsch.), амгёк (Tar.),
емгак (Kir.), 1мгак (Kas.)]
Qual (emgek 219,17, ämgäk 214,6).
амган |Reflex. von ämrä]
sich quälen, Амганш (emganip 134).
änlä (v) [=än--lä]
Arzenei geben, heilen, ämläpmäx (emlarmen 138).
ämai [alle Dialecte, auch ам (Abak.) ]
jetzt (emdi 68, 71, emdim® 168,11, jimdi 67), | ОВУЪ oya [ESS (Dig), Js) 46) (Dsch. Osm.), оба =
амдлдан ары (emdidan ат! 64), Амддан Käipi (emdi-
dan cheri 65).
ämnäk [амчак (АН. Tar.), Sl] (Dsch. Osm.), imnär (Tob.),
1мшак (Kas.)]
weibliche Brust (emzac 111).
W. RADLOFF.
0.
oin [01н, У, ps) суд | alle Dialecte, м (Uig.)]
das Spiel (oyn 34).
олна, (у) [von о1н, alle Dialecte|
spielen, о1нарман, о1надым, OiHaHbLı (oynarmen, oy- |
nardum, oynagil 34).
отнаш [о1наш, о1нас, унаш, alle Dialecte ] ]
Geliebte, Buhlerin, Buhlerei (oynas 114, oinassis 137). —
ойнцых [= н-нцым, sb | (Osm.), oianpr (Bar.), yin- N
чы (Kas.), oinmy.a (Kir.)] ;
spasshaft, scherzhaft (oin&il 103).
oimak [(Tar. Kir.), oimak (Alt.), yimak (Kas.)]
Fingerhut (oymac 97, oymah 139).
ok [ok, yk alle Dialecte]
Pfeil, okym (ohu 145,11).
ok [alle Dialecte]
auch, анда ok (andaoh 71), алал ok (alayoh 7 1), 8
`алар ok (anlar ogh 74), ар ok (aar ok 195,6). 2
oky [DA (Uig), 5535) (Dsch.), oky (Kir. Tar.), укы M
(Kas.)]
lesen, окурбыз (ockurbis 159,15).
окцы [=ok-+-up1]
Pfeilmacher (oghëi 103). |
окша (у) и (Uig.), geläö,) (Dsch. Osm.), окша |
(Tar. Kir. Bar.), ykma (Kas.)] 5
gleich sein, okmapmän, окшат (oscarmen 61, ocsat ji
62), okmamak (oasamac 86), окшады (ovsadi 199,5),
okmap (ovsar 226). H
окшаш [= Ану (Uig.), Qh5,] (Dsch. Osm.), ok- 4
_ mom (Tel.), okmam (Tar.), укшаш (Каз. | |
ähnlich (ocsas, usasi 85), окшашы (ohsassi 233).
окшаш (у) [von okma|
sich gleichen, okmampin (ocsasib 71).
бл (Abak.), ул (Alt.), ул (Kir. Kas.)] я
Sohn (ogul 114, 115, 159,13, 206,4), овлы, оулы
(oguli 188,1, ouli 200,11, oulu 211,5, ovlu 144,8), —
орлум, оулум (ovlü 216,2), opıyma, оулума (6у- р
luma 215,6), овлун, oyayy (oguling 193,4, oglung —
DAS TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS.
195,12, ogulung 197,5, oglung 200,6, ogulung 200,8),
OBABIHA, оулуна (ovlinga 203,5), OHABIHA, оулына
(ogluna 195,9, 205,14, oulunä 208,6, ouluna), o5yu-
дан, оулдан (oulda 212,6), o5ya 6ilä, оул бИА (oul-
bile 212,6). Die Nebenformen оул, оулда etc. sind
dialectische Fortbildungen des noch allgemeinen gebräuch-
lichen opy1.
o5yr gewiss für окыт (у) [Faetit. von okbı]
lehren, офутарман, OByTIyM, обуткыл (ogutarmen,
oguttum, ogutkil 16).
- oppy (OS (Uig), эле) вле, (Dsch. Osm.), обры,
oppi (Tar.), o5yp (Abak), уру (Kir.), урчы (Alt.),
ÿ5pb1 (Kas.)]
Dieb (ogri 28, ogur bolmagil 185).
oppyaa (у) [von onpy-+la, erscheint auch in den Nebenfor-
men oypy.a]
stehlen, обруларман, обруладым, OHPbIIa, обрыла-
мак (ogrularmen, оса агтеп, ogrulardum, оста,
ogrulamac 27), обрулап (ogrilam 6, ourula 66).
обла [a (Uig.), ЗЕ» (Dseh. Osm.), yaak (Alt.),
лак (Kir.)]
Zicklein (ogolach 128).
opaan [40 (Uig), СЕ» (Dsch. Osm.), облан (Sehir.),
оБан (Tar.), улан (Tel.), ysan (Kas.)
Knabe, Diener (oglan 159,7, 161,5, 161,6, 162,4),
opıaunap (oglanlar 93, 104, 157,1), овланнын (0g-
lanning 215,10).
он [alle Dialecte, ун (Kas.) ]
recht, rechts (ong 87), он Колыны (ong kolini 204,5),
он côslämäc (ong sozlemäs 226), онында (oenuda
166,3, onginda 196,2, 197,7, 212,3), онымыз уцун
ongimis ucun 211,9).
онал (у) Een (Dsch.), онал (Kir.), унал (Kas.)]
sich verbessern, genesen, оцалды (ongaldi 140).
онат (у) [Factit. zu онал]
verbessern, heilen, онаткыл (ongatkil 187,11).
онлу [==он-нлу]
ein Rechts habend, онцлу соллу (onglu soluu 146,1).
oyabık [von он-нлыЕ |
das Gedeihen, die Besserung, онлыкын cän (onglik msà
187,4).
одыл (v) [одыл (Alt.), удыл (Kas.)]
einsinken, Jäp о]ылды (jerouildi 138).
13
ор [op (Kir.), opo, opa (Abak. Alt.)]
Grube (or 222).
орун [RSS (Uig.), Gs,,l (Dsch. Osm.), орын (Alt.),
урын (Kas.)]
Stelle (oru 204,8).
оруц [ея (Osm.), ораза (Ваг.), орозо (Alt), pers. ол.
Fasten (oruz 31), оруцта (oruëta 168,5).
орна (у) | a (Uig.), 3ely;) (Dsch.), opua (Abak.
Tar.), орно (Alt.), урна (Tob.), урнаш (Kas.)]
an einem Orte sein, wohnen, орнарман (ornarmen 140).
орленс
Orleans, орлене катан! (orlens chetan 107).
орда [OS (Uig.), 52,5) (Dsch.)]
Hof eines Fürsten (orda-curia 105).
opra [alle Dialecte opro, opra, ypra|
Mitte, mittler, opra kpım ai (orta ches ay 81) December,
орта куз ai (orta сах ay) September, opra kälä (orta
chele 64), ортада (ortada 144,10).
oprak Lab, >] (Osm ), oprak (Kir.), yprak (Kas.)]
gemeinschaftlich, Gefährte (?) (ortac 114).
орбу
die Schleuder (orbu = dy bliyde 222).
орман [Qle,,) (Osm.), орман (Kir.), урман (Kas.)]
Wald (orman 89).
ол [ол, ул alle Dialecte |
Jener, er (ol 71, 73, 143,5, 7, 9, 12, 16, 19, 144,2, 6,
9, 11, 12, 15—18, 145,4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 146,1, 4,
5. 710122183» 147:1 2,67 11 14, 16: 1596.82)
160.27, 1, 12.18.14, 1611,4, 5.6.1018. 10246;
4-7. 12. 109.8, 11, 164.255. 9, 13, 16,165.1.5,:3, 0.7, 8
12,16, 16012147 167.11, 16..165;2; 69.11, 16, 269.5;
2.78 SO NT OO LOTS, 19 611,179 9510
206,1, 207,1, 209,9, 212,8, 225), анын (anig 65,
163,5,6, 164,1,2, 165,8,9,10, 167,13, 169,3, anin
ГО, 71, aning. 73,74, 160,9, 161,12,193,2, 209.5,
anning 216,6, aing 193,13), ана (anga 158,5, 6, 8,
162,2, 167,11, 168,15, 207,3, 209,7, angay 168,9),
анар (agar 23, angar 73, 202,12, 209,3, 212,6), ар
(ааг 73, 182, 195,2, 6, 201,5), аны (anaitti == ani
aitti, ani 73, 132, 147,4, 161,11, 162,14, 164,1, 12,
о 10,1, Ел, 2696.13, 19215, 193,9),
анда (anda 67, 71, 141, 159,7, 166,14, 15, 189,7,
189,11, 203,12, äda 192,13, ganda 161,8), андан
14
(andan 67, 73, 135, 160,4, 161,9, 164,14, 165,6,
21 1,8,215,12, 21 6,1,4, andà 194,7, ааа 188,11,205,4),
анца (апба 162,13, 163,15, 164,1, antak = апба, + ok
165,11), алар (alar 134, 161,9, 163,12, 170,9),
аларБа (alarga 160,6, 161,14, 170,9), аларны (alarne
159,9), анлар (anlar 73, 209,3), анларнын (anlarning
73), анларБа (anlarga 73), анларны (anlarnj 73, 74,
anlarni 209,1), анлардац (anlardan 73,199,2). Von den
beiden Dativ-Formen scheinen nur анар, ар Formen der
komanischen Volkssprache zu sein, ана ist wohl durch die
südliche Schriftsprache veranlasst, ebenso kommt der Plural
анлар etc. fast nur in Paradigmen vor, während die Texte
meist алар etc. aufweisen. Es scheint somit auch, dass erstere
Pluralform nur von Schriftkundigen angewendet wurde.
олтур [Yes (Uig.), ges) (Dsch.), olryp (Tar.),
олтур (Krm.), оттур (Alt), oryp (Kir), ел»)
(Osm.), утыр (Kas.)]
sitzen, олтуруман, олтурдум, олтур (olturumen, ol-
turdun, oltur 54), oxrypmak (olturmac 175,1), олтур-
маса (olturmase 220), олтурур (olturur144,5, oltorur
166,4), олтуруп турур (olt'upt 196,6, olturupt'ur
212,3), олтурдун (olturding 206,11), олтурваным
(olturgant 145,5).
олтурвуц [утырвыч (Kas.), оттурвуш (Tel.)|
Schemel, Stuhl (olturguz 54, 119), олтурБуцаар (ol-
turguëlar 104).
олтурвуз (у) [Factit. von олтур, $96 y) (Dsch.), ol-
тургуз (Таг.), олтурвуз (Krm.), oryp5y3 (Kir.), от-
туруе, оттурвуе (Alt.)]
hinsetzen (olturguzdi 197,7).
олтурт (у) [Factit. von олтур, оттурт (Schor.) |
hinsetzen, Sitz anweisen, олтыртты (oltti 196,2).
oana [a2,) (Dsch.), олцо (Bar.), oljo (Alt. Krm.)]
Beute (öl(&)ä 209,9).
от [alle Dialecte от, ут]
Feuer (ot 79 146,8,), отта (otta 188,15), оттан (otda
202,7), тамукнун отун (tamuchung otun 168,12).
oT [oT, ут die meisten Dialecte]
1) Kraut, Pflanze (ot 89), отлар (otlar 93).
2) Mediein (ot 37, 96, 100), отлар (otlar 94).
orak
Insel (?) (ein werdir) (ottac 138) (ist dieses Wort nicht
vielmehr — orak (Tar. Dsch.) Hütte?)
W. RADLOFF.
отала, (у) [von от-нла (?)] î
heilen, оталарман, оталадым, отала, (ottalarmen, ot- |
taladum, ottala 37).
отацы |vergl. Uig. у]
Arzt: (otati 101).
отуз [Ir (Uig), BR (Dsch.), олтус (Khir.),
395] (Osm.), отуз (Kir.), утые (Каз. Tob.)]
dreissig (otus 146,1).
отла, | =от-н-ла]
Grass fressen, отламак (otlamac 89).
orayk [==от-нлыЕ]
Feuerstelle (otluc 90).
отру [ESS (Vig.), , 3,7 (Dsch.), yayp (Tel), yaypa
(Alt), yapa (Abak.)]
entgegen (otru 65).
опуЕ [ouyk (Sag.), oyak (Tar.), db 5) (Dsch.), ouok (Alt.)]
Dreifuss (oCo..) 124).
oukak
Husten (oëkac 138).
oca [2 (Uig), УСЫ») осал (Dsch.), усал (Kas.)]
böse (osal 142, 181).
оста [= pers. L1.,] oder axu,)]
Lehrer, Meister (osta 19, 104), Кыльщ остасы der Waffen-
schmied (clië ostasi 101), Gilik остасы Gelehrter 104).
OCTyMä
ocrymä Käräxi eine Leinewand (ostume chetanj 107).
оз (у) [oc (Bar.), оз (Kir.), уз (Kas.)]
zuvorkommen, vorhergehen, 031514 (özding 200,3).
ошол [ey (Uig.), Ч» (Dseh.), ушу (Kas.)]
dieser (os ol 206,11).
onpak
Kleidungsstücke (oprac 32, 120, foramatum 119).
оба, [066 (Alt.), оба (Kir. Abak.), оба (Ваг.)]
Hügel (oba 88, 145,5).
еда
УЕ
Ки ЕЕ: er
Eine 3
Ö.
бктбм [бктём (Kir.) kühn, бктбм (Alt.) ergiebig]
stolz, örräm (öctem 183), бктамнщ (öktening 204,11).
örrämlä [=ökräm--lä]
sich rühmen (öctenlänir 222).
ökränlik [—ÖRTäN--lik]
der Stolz (öctelic 183).
as BEREIT FE
у
ger
DAS TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS.
бктун (у) [vergl. бкун (Kir.) tadeln]
beleidigen, бктундум, бктунгИ, бктунмак (octundum,
octungil, cotunmac 41).
бкцау
окцау кун vorgestern (okzav kun 136).
бгур (v) [ls 95] бгур (Osm.), укр (Kas.)]
schreien, örypai (ögurdi 136).
бгуз [33531 (Dsch.), ürÿs (Kir.), угиз (Kas.)]
der Ochs (ogus 128).
бну [vergl. бнб ein Anderar (Tel.) |
blos (öngu 220).
брумшк [брумшк (Abak.), брмбкшу (Kir.), ypmärsä (Kas.),
=) (Dsch.)]
Spinne (orumtik 139).
öpkän [von бр flechten, appax (Krm. Каз.) |
ein langes Seil (örken 136, örkenler 171,4).
бргуц (v)
ich weide, öprynypmän (örguzurme 231).
öpläm [von öpö, SXSS— oben]
Erhebung, Aufstelg (orlas 88).
бртук [vergl. брт (Alt.), Ey, (Dsch.) Brand |
feurig (örtik tamuc 141).
öprly [=öptr--1y]
feurig (örtli 220,1).
_ бре
Ambos (ors 96).
öl (у) [öl, Я alle Dialecte]
sterben, öläpmän, ölaym (olarmen, oldum 35), бд
(oldi 227, öldi 165,8, 199,15, ödi 200,6), ölräugä
(ölgenda 199,10).
öly [55 (Uig), SL] (Dseb.), öl} (Alt. Kir.), Уйк
(Kas.)]
todt (olu 88), ölyläpni (ölulerni 212,4), ölyläpuiy
(ölulerning 212,10).
— ум [alle Dialecte ölym, ylım]
der Tod (olum 35, 86, ölwm 167,1), ôlÿmaix (olu-
mung 204,13, ölwmnwn 169,7, ölunung 188,6),
ölymrä (ölimgä 206,9, ölumga 219,17), ölymni (ölum-
ni 169,8), ölymnä (ölumda 189,4), ölymaän (ölimdän
. 206,9, ölumden 219,18, ölvmdä 212,2), öljmyn
. (olwmwn 168,12), б]умунда (öluinda 193,6).
ölymly [=ölym--1y]
sterblich (oluluh 207,10).
15
ölryp auch ölayp (v) [Ye SES (Uig.), Ой y), (Dseh.),
ER (Osm.), ölryp (Alt. Kir. Tar.), бттур, бдур
(Schor.), Yrip (Каз. |
tödten, ölıypyp (oldurur 168,17), ölrypai (oltdi 191,5),
ölaypailäp (öldurdiler 160,1, oldurtiler 170,2), öltyp-
märil (ölturmagil 185).
ölrypyl [Pass. von ülrÿp]
getödtet werden, öltypylai (ölturuldi 193,1).
ôlnà (у) | S— (Uig.), Sleld,] (Dseh.), ôlmä (Kir.),
Уча (Kas.) |
messen, бщйрмён, бшадум, ölnäril (ölzarmen, ôlzttum,
ölzchil 36).
ölnäy [4,l (Osm.), ölmäy (Kir.), Учау (Каз.)]
Maass (olza 36), узун ôlnäÿ (uxun olëa 85).
öl6är [vergl. Lsgeu (Mong.), бак (Sehor.)]
reichlich (vergl. öl6äklik).
б]бакИк | =6]6ак-- Пк]
Fülle, Ueberfluss, 01ббкИк1ндан (olbekligingdä 194,9).
бт (у) [ör, ут alle Dialecte]
durchdringen, örä (öte 215,12) hindurch.
бт [= €] (Dseh.), >,) (Osm.), бт, ут alle Dialecte]
Galle (vergl. örly).
бтун (у) = (Uig.), бтун (Tar.), Yrin (Каз. |
bitten, vortragen, örynmäcä, (wt tumasa 166,6).
бтунц | Er)
Schuld (otunz 38), öryunkä бараман (otunzcha be-
rumen 38) ausleihen.
бтрук Е (Dseh.), бтрук (Kir.), утрак (Tob. Каз. |
die Lüge (vergl. örpykmi).
бтрукщ | ==бтрук--цщ]
der Lügner (otruezi 117).
örly [+-ör-H-Ii]
mit Galle vermischt (ötli 203,7).
бтмак [Dialeet. ärmäx, vergl. dasselbe |
Brot (ötmek 174,8), örtmäkimisui (ötmackimisni 171,10),
бтмакна (Öötmekinä 195,1), örmärläi (ôtmekley
205,11), örmäkiu (ötmäkin 194,4).
örmäkni |[vergl. ätmärıi]
Brotbäcker (ôtmekëi 174,8).
ön [2 (Uig.), бч, уч etc. alle Dialecte]
Rache, ön альуцы (66 alguëi 182),
200,8).
бцун (061
16 М. RADLOFF.
önäm (у) [vergl. чаш НЕ (Dsch.), учаш (Kas.)]
wetten (zanken?), öyämipmän, бчаштм (ötessirmen,
öcesstim 136).
c (у) [alle Dialecte ]
wachsen, бету (östi 203,3).
öckyp [vergl. äckyp (Aderb.)]
husten, ÖCKYPyMäH, бекурдум, бекурмак (oscurumen,
oscurdun, oscurmac 60).
63 [Sa (Uig.), 63, Уз westl. u. südl. Dsch.]
1) vergl. Osm. der beste Theil einer Sache, оздан (oxdan
115) von hohem Geschlechte.
2) selbst (ös 137, öz 165,15, 185, 197,7, 11, 199,14,
213,5, 215,6, 216,9), 63 03 (özöz 196,2), 03 бзундан
(öz özündän 185, 02 özindän 207,6), 63 бзун (özözing
203,6).
ösä [vergl. | Nez (Uig.), 033 9) (Osm.)]
gemäss, auf (özä 186,15, haë ösä 210, 2).
ösäy [vergl. ‚J5,/ (Osm.)]
widerspenstig (ösäng 227).
öspä [—44SS— (Uig.), ® „Л (Dseh.), öerä (Alt.)]
ein Anderer (oxga 74 (indeclinabile??), 77, özgä 185,
ösge 170,3), ösräläp (oxgalar 77), бзгаца (6zgäcä
228).
п (у) [282 (Uig.), бп, уп alle Dialecte]
küssen, бпарман, ÖnTyM, önkil, бпмак (oparmen, ор-
tum, opchil, opmac 41), önri (бра 165,1, 170,9),
öntiy (optig 165,6), cokyn önyp (sohupupur 146,6).
önkä [önkä, упка alle Dialecte ]
Lunge, Zorn (opcha 32, öpkä 182), önkäciu (öpkäsin
190,13), önkäni (öpkani 147,1).
öoyrä
die Au (awe öbuga 136).
önkälä (у) [=önkä--lä]
zürnen, Önkäläpmän, Öurälärim, önkälä (opchalarınen,
opchaladun, opchala 32), önkälämäkni (ophelmekëi
185).
önyr | ÿmÿr (Bar.), ymir(Kas.), ol (Dsch.), ме (Ло. |
Hoffnung (ömäd 77).
pıkpap [= arab. „1,51 ]
ывла (у
ынан (у) [> (Uig.) Go Lol ынан (Osm. Aderb.)]
ынак [ынаК (Bar. АН.) Freund]
ъынамлы (?)
ынцка, (у) [vergl. ынтык (Kir.) seufzen, ыпкан (Bar.)]
ырые [ырыс (Alt. Kir.), рые (Ваг.)]
ырыс [vergl. Russ. рысь]
BIT (v) [vergl. 1, SS (Uig.), ыз (Abak.)]
ыдыш | Von BIT]
ыцкын (у) [ыцкын (Bar.), ычкындыр (Kas.)]
sinksıp [98=2] (Dsch.), 32,1]
ысыр (у)
ыскарлат
ыссы [PS (Uig.), Cou
т
Ы.
nn pıkpap 6äpuäx (yrar bermac 78).
| де (Uig.), }ыла (Kas.), ывла (Tub.), yina
(AIt.)]
weinen, sıpaan(iglap 198, 5), ывладын (iglading 193, 3).
glauben, ынанырман, ынандым, ынанмак, ынанБыл,
ынанБан (jnanurmen, jnandum, jnangil, jnanmak, M
jnangaan 15), ынанмавыл (inanmagil 163,2), ынан- _
jai (inangai 202,12), ынанмаханлар (inanmanganlar
220,1), ынанванлар (inanganlar 220,2), ынанбанмые
(inanganmis 220,4), ынанырман (inanirmen 211,3,
inanirme 212,5, 8).
treu (inak 182, inah 227).
treu (inamli 141).
jammern, ынцкалдыр (inCkaydir 134).
Glück (rox 28), ырызын (orozung 28).
Luchs (?) yrs 128).
schicken (idiman = ыдармён(?) 9).
Sendung (ydis 9).
entwischen, ыщкынырман (iökinirme 226).
Hosenschnur (ickir 233).
schüren (das Feuer), ысырымён, ысырдым (issirrimen |
issirdim 132). р.
San (yscarlat 107).
.] (Dseh. Osm.), ыесык (Khir.), —
ыстык (Kkir.), ici fs. )] À
Das TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS.
17
heiss, ыссы су (yssi su 10), ыссы (узу 182, isi 190,8), | 1нцкйл | —ianrä+-län]
ыссы (2?) Фанарлар 6ilä (ysy fanarlarbile 170,3)
mit brennenden (?) Laternen.
ыесын (у) a! (Dsch.)]
heiss werden, ыссынырман (issinurmen 16).
PICCHIIBIK [BICCBI-+ AbIk |
Hitze (issilic 16).
ыспанак
Spinat (yspanac 126).
ызарлы [ar ./5| uni]
beleidigend (isarli 117).
ызба [aus dem Slav. |
Zimmer (yxba 119).
ышан (v) [}4yS— (Uig.), ышан (Kas.)]
vertrauen, ышанырман, ышандым, ышанвыл, ышан-
мак (isanurmen, izzandum, izzangil, issanmac 17,
usanmak 77).
т (у) [ыт (Soj.), > (Uig.), pre (Abak.), 1 (АН.), mi6äp
(Kir.), лбар (Kas.), аварт (Таг.) |
schicken, Гарман, 14m, iril (yarmen, yydun, yygil35).
iräplik
Neid (igarlik 140).
iric [vergl. ic (Kas.)]
Geruch (ygisi 135).
ина [ais] (Osm.), irnä (Bar.), ша (Abak.), inä (Alt. Tel.
Kas.), MOSS (Uig.)]
Nadel (ygina 97, 102, ine 181).
iHà
fein, dünn (ingga 139).
in [in (Kir. Tel.) ve) (Dsch.), зн (Kas.)|
Höhle, ininä (jnina 145,10), ini бар (inibar 147,4).
1нак [нак (Schor.), inäk (Tel. Tar. Kir.), 3) Lu} (Dsch. Osm.),
24 (Uig.)]
Kuh (ynac 128).
ini [uni (Kas.), ini (Kir.), 3) (Dseh.)]
jüngerer Bruder (ynj 114).
inmip [= pers. =<]]
Feige (ingir 126).
1нцка [4428 (Uig.), Ks) (Dsch.), inyikä (Tar.)]
dünn (inöcha 87, in&ha 139).
Mémoires de l’Acad. Imp. d. sc. УП Série.
fein (subtiliter) (in@calap 71).
цу [pers. sul]
Perle (ingtu 109).
ip (v) [=] (Dseh.), ärip (Tar.), vergl. ärip|
spinnen, 1pimMäx, ipAim, ipril (jirmen, jirdim, Jirgil 27).
ipi (v) [= (Uig.), ipi (Каз. Tob.), äpi (Alt.)]
schmelzen, ipiai (jJridi 139).
il (у) [alle Dialecte |
aufhängen, ПАрман, Иди, ilril (ylermen, ildim, ilgil
43, ilermen 139).
il (v) [=äril]
gebogen sein, абац ilinrip (iliptir 140).
Па (v) [vergl. iclä (Kas.), LS) (Dsch.)]
riechen, iläpmän, ilärim, iläril (yylarmen, jyladum,
jylagil, jylamac 30), Памак (yylamac 81).
Шн (v) [Refl. von il]
hängen (vergl. ilinip).
Шнд (v) [Faetit. von Шн]
anhängen, ilinaipai (illind’di 189,15).
ilim
ein Netz (ilim 221).
ilki [Ses (Uig.), SU (Dseh.), ilix (Tob.), 1lix (Kas.)]
der Erste, ilki jas ai der erste Frühlingsmonat, März (yl-
ias ay 81).
ilräpi [Ws Kb] (Dseh. Alt. Kir.), ılräpi (Kas.), ilräp (Tar.)]
früher (y'gari 64, ilgari 161,9, 162,2).
ir [ir nördl. u. südl. Dialecte, ır (Kas.)]
der Hund (itt 128, it 134, 146,5).
irlän (v) [vergl. SSS (Uig.)]
verloren gehen, irlännim (itlandim 134), irläumimläpni
(itlämisla’ni 215,8).
iaip (у) [Factit. u. Pass. von i]
geschickt werden, sich schieken lassen (jdirdi 215,5).
in [68 (Uig.), ia (Dsch. Osm. Khir. Alt.), 14 (Kas.), im
(Bar. Tob.), ип (Kir.), ic (Abak.)]
Inneres, inim (izim 138), панда (izinda 25, jzinda 67,
iéinde 160,13, icinda 159,3, iéinda 162,9, 11, 164,9),
ininnän (iéinda 166,8), iminnäri (icimdagi 143,9),
шин: (izig 163,3), in kösyMmisniyg (iCkösimising
189,2).
in (v) [702 (Uig.), ia (Dsch. Osm. Khir. Alt.), 14 (Kas.), its
(Bar. Tob.), im (Kir.), ic (Abak.)]
18
trinken, шарман, inrim, in (yzarmen, iztum, iz 10),
шар (16ег 145,10), шит (161р 213,3), ininripcäx (iéip-
sen 201,11), шкёвмдён (yöganimde 157,5), ант |imän (v) [&lsle) (Dsch.), {ман (Bar.)]
щарман ich schwöre (ant icermen), ант immäril (ant-
icmägil 184).
inäk [inärä (Kur.), 5] (Dsch.), 1aäri (Kas.), ишак (Kir.)]
Darm (убаз 111).
щие [vergl. SL] (Dsch.) Winterjacke (Vamb.), imix (Kir.)
überzogener Pelz, ixik (Tob.)]
der überzogene Pelz (iëik 232).
inip (v) [Faet. von in, YauS- (Uig.), EL y?) (Dsch. Osm.),
iyip (Alt.), тар (Kas.)]
zu trinken geben, igipziläp (iöirdil 203,8).
imim (v) [von im]
zusammentrinken, igimri (icesti 220).
inpie [von im]
das Innere, iypikiy (iérihing 187,1).
inkäpi [iukäp (Tel. Tar.)]
inwendig, drinnen (izchari 67).
ic [ic (Каз. Kir.), oJ (Dsch.)]
der Geruch (vergl. iclä).
ickinä [ickinä (Tar.)]
Meissel (schinia 100).
iclä [von ic, => (Uig.)]
riechen, icläril (islagil 141).
13 [ASS (Uig), 5) (Dseh.), ic (Alt.), is (Kir.), 13 (Kas.)]
W. RADLOFF.
Шен
violett (ipchin 108).
sich schämen, imänipmän, 1мандли (imenirmen, imen- |
dim 62).
у [vergl. ау]
die Jagd (üv 62).
yakr [== arab. 2, |
die Zeit (ouad 82), аш уакты die Essenszeit (a8 octi -
79).
y5pai (у) [Yrpäi?]
knurren, ir y5paja дыр (it ugraiadir 134).
yjak (1)
untergehen, кун yjakrsı (Ка uyahti 224).
Yja5— yjay [ЗА (Uig.), da 4) (Dsch.), ojak (Tar.), |
ojay (Kir.), yjay (Kas.)]
wach, yjan туруман (uyag turumen 62), удабында
(uiaaganda 139), удаумыдыр (oioumidir 139).
yjan (v) er (Uig.), Gb) (Osm.), oigon (Alt.),
yinyn (Tel.), Зы 5] (Dsch.), ojax (Kir.), удан (Kas.)]
aufwachen, yjaubıpmäH, удандым, уданбыл (uyanur-
men, uyandum, uyangil 51).
Spur, isin (izin 133), isi (izi 146,12), 13113 (isi sis | удал (v) None (Uig.), 56» (Dsch. Osm.), удал (Kir.),
193,14).
ва (m) LP (Ur) Elli) (Dsch. Osm.), 1стё
(Alt. Abak. Tar.), 1зда (Kir.), 1етё (Kas.)]
suchen, 1здарман, is1äxim, isnäril 1здамак (ixdarmen, |
ixdardin, ixdagil, ixdamac 32, yxdarmen 47, ys-
ojax (Kas.)]
sich schämen, ÿjaBIPMäH, удалдым, удалбыл (ugialur- |
men, ugialdum, ulgagil 62), yjaısıpeän (via tursen
166,13), yjaımayeız (viatmâgis 167,15), yjaamaz (vi-
almas 168,3), yjanmaasıg (uyalmading 214,2).
dermen 47), isnäpeis (ysdersis 161,8), 1здадИар (ys- | yjar [yjar und ojar (Kas.)]
dediler 170,4).
im [>
(Kas.), ie (Kir. Abak.)]
Geschäft, Sache (уз 42, is 104), шИарандан (izlarmde
157,6).
imlä (v) [von im, alle Dialecte]
arbeiten, иШамак (islamac 104).
imm | —im+ni|
der Arbeiter (icèv 234).
Schande (ugat 62, jat 117, viat 166,14, 167,1, 168,2).
(Uig.), сы (Dsch. Osm.), im (Alt. Tar.), 1m уу (9) [== (Uig.), 95) (Dsch.), yjy (Krm. Kir.), jokaa
(Каз.), yikra (Alt. Kir.)]
schlafen, у]урмаён, YjYAYM, улубыл (uiurmen, uyurdum,
uyugil 19), удубанда (uiuganda 139), yjyimMBrABIP
(uiuymidir 139).
yiyky [&S— (Uig.), 9325) (Dsch. Osm.), yjyky (Krm.),
yiky (Alt. Kir.), оо (Kas.)]
der Schlaf, yjyksicpiaga (uiuhisinda 139), удукусы
арасында (uiuhusi arasnada 139).
À nr RP EE
ee
=
eich
Ро ne Е Е И:
DAs TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CoDEx COMANICUS.
yjykyesıpa (у) [von yjyker, vergl. yikycypa (Kir.) im Sehlafe
sprechen ]
schlafen (?) (uiuhisirap 139).
ya [ун, он, alle Dialecte]
Mehl, ya (yn 131).
уна (v) [ и (Uig.), уна (Dsch. Kir. Khir.)]
sich beruhigen, einwilligen, унарман, унадым (unarmen,
undim 10, unarmen, unadim 137), унамак (unamak
D 142).
yayı [Sea (Uig.), 355) (Dsch. Osm.), унут (Tel.
Tar. Bar. Tob ), онот (Kas.), умут (Kir.)]
vergessen, унутурмён, унуттум, унуткКыл, унутмаЕ,
унутКан (unuturmen, unuttum, unutchil, unutmac,
unutcham 41), yayrkai (unutgay 213,2), унутуп
(unutup 214,5).
унутцан [yayınak (Bar.), енотучан (Kas.), 995) (Osm.)]
vergesslich, унутцан-дыр (unutéangdir 139).
р (v) [yp, op, 3 5} alle Dialecte, вур (Osm.)]
schlagen, stellen, урумён, урдум, ур (ururmen, urdum,
ur 26, ururmen, urdem, ur 45), ypaym (urdim 134),
ypıy (urde 170,8), ypayaap (urdilar 162,5, 170,11,
171,2, 6), урБан аны (organani 192,15), ypmak 6ilà
(urmachbile 167,11), ура башладылар (ига bazla-
dilar 160,4), баш урдулар (baz urdilar 162,5).
— ypyk [axe (Uig.), 5,5) (Dsch.), ypyk (Tar.)]
Same, Nachkommenschaft (uruh 189,6), урукы (urugi
216,5), урукларын (uruhling 194,13).
уруш (v) [Recip. von ур, alle Dialeete]
sich streiten, zanken, урушьрман (uruschirmen 132),
уруштым (urüdı 227).
ypıyk [epaok (Kas.) |
Same (ourluc 54).
урцыЕ
т (vurüik 139).
ула (у) [ FE | (Uig.), ER (Dseh.), yaa (Alt. Abak.), yla
(Tar.)]
a he уладым (ularmen, uladim 136).
yıak [Ge (Uig.), DR (Dsch.), ylak (Tar.), yaay
(Kir.), уна (Alt.), I (Kas.)]
Packthier (ulah 145,2).
улам
durch, durch Vermittlung, андан улам бар (andan ulam
bar 211,8), ары тындан улам ардан ана, (aritindän
19
ulam erdeng ana 211,9), 6ÿrÿläpaän улам (bv gvlar-
deulam 212,7).
yay [ASE (Uig.),
Kir.), оло (Kas.)]
gross, улу, улуны, улулар, улуларны (oulu, oulunj,
oulular, oulularnj 75,1133, 1595, 10,1623, 1671,
199,10, 209,7, 213,7, 215,12, 144,7, ош 214,1), улу
ата Grossvater (ullu atta 114, и ata 180), улу кун
(ша kunni 184, ulukun 158,4, ulukudan 158,10, olu
cun 78), yıycy (uluzu 163,15).
улу (у) [yay (Alt. Kir.), ула (Bar.)]
heulen, 6öpy yayiasıp (böri uluydir 134).
улулук [=yay--ayk]
die Grösse (ululuc 86).
улус [Ses (Uig.), Cle) (Dsch.), улус (Alt.)]
Volk, yaycka (ulusga 146,8).
yapai (у) [ — (Uig.), Ge lel,) (Dsch.), yapai (Kir.
Kur.), oaai (Каз. |
gross werden, y.HajbIpMäH, улБдым, улбадвыл (ul-
gayirmen, ulgaydum, ulgaygil 14).
yryp5y [yerypyk (Kir.), vergl. russ. стругъ]
der Hobel (uturgu 100).
утру [OS (Uig.), 555) (Dsch.), yapa (Abak.), удур
удура (Alt.), отре (Kas.)]
das Gegenüberliegende, entgegen (utru 164,11, 170,8,
200,10, 216,1), утрусына (utrusina 209,7).
уда (у) [vergl. уда warten, zögern (Alt.)]
hinziehen (udaa 232) (no=noch) gewiss für удаван
(удан?), &к1 кун удаса (eki kunudas(a) = tz'en tak
noch inandir 232).
уц [78 (Uig.), >) (Dsch. Osm.), уч (Alt. Tar.), уц (Tob.
(Киш. Bar.), оч (Kas.), оц (Misch.), e>) (Osm.)]
Ende, Spitze, yuy (uëu 212,4), уцуна (uCuna 146,10).
уца [L,] (Dsch.), уча (Alt. Tar.), oua (Kas.)]
Rücken, уцамда ]атырмён (uCamda jatirmen 134).
yuye [42 (Uig.), 3955) (Dsch.), 0903 (Kas.)]
billig (?), niedrig, verachtet (uëux 88).
уцкун [явь (Dsch.), очКон (Kas.)]
der Funke (uCkun 139).
yımak [4-2 (Uig.), Les 5] (Dsch.), 32| (Osm.),
ушмак (Kir.), очмак (Kas.)]
das Paradies (uëmac 78, 191,15), учмакнын (uëmak-
ning 186,7, 220,2), упмактавы (uëmaktagi 214,5).
5#
&> (Dsch.), ylyk (Tar.), yay (Alt.
20
yumakısı [==уцмак-н-лы]
das Paradies habend, selig (uëmakli 206,5). -
ус [Se (Uig.), уз (Kir.)]
Kälbermilch (?) (ous 131 — segara).
ус [vergl. 18 (Uig.), смо! (Dsch.), ус (Alt.), oc (Kas.)]
Kunst (us 26, 198,9), ус киш Künstler (ах chisi 116).
ycky oder ушКу (?)
das Schabeisen (uscu 100).
yeay [=ус-нлу]
klug (ustlu 115).
усмурут [= pers. 55e; |
Smaragd (smurut 109).
узат (v) [Sa (Vig.), 55/5. >| (Dsch. Osm.), узат (Alt.
(Kir. Tar.), озат (Kas.)]
führen, узатырман, узаттым (usattirmen, usattim 15),
узаттылар (uzatil 202,4).
узун [узун (e3en) alle Dialecte |
lange, lang (uxun 65, 85, 86, 100, uzü 143,16, 146,10,
uzun 144,4, 7). |
ysyuayk |[==узун-н лук]
die Länge (uxunluc 85).
узут (?) (v) [vergl. yiy]
schlafen lassen, узутмады (usutmadi 189,4). Die Form
узут für yjyr ist sehr auffällig. Der Lautwechsel 3 |] j, der
der Lautreihe т — 3-—j [уду (Uig.), узу (Abak.), yjy
(übr. Dial.) entspricht, beweist, dass diese nur einmal auf-
tretende Form bei den Komanen wirklich noch im Gebrau-
che war. Ob wir es aber hier mit einer Isolirung zu thun
haben, oder ob das Wort durch die Dschagataische Schrift-
sprache eingeführt ist, vermag ich nicht anzugeben.
уш [vergl. уш (Kas.), Ci pers. ]
Einsicht, Verständniss, Weisheit, ym 6ilä (ах bila 71),
ушынны (usingni 193,11).
уш [vergl. душ (Kas.)]
feucht (us 87).
ymak [9 (Dsch. Osm.) klein, ycak (Kir.)]
klein (usah 140, vergl. ymakupı).
ymakısı | =ушак-нцы]
der Verschleuderer, Vernichter (ussahëi 140, usahëi 182,
223).
ушал (у) Е» (Dsch.), ушал (Kas.)]
zerbröckeln, klein werden, ушалды (usaldi 183).
умунц [142255 (Uig.), в (Dsch.)]
Hoffnung, умунцымыз (umynéimis 209,9).
W. RADLOFF.
ÿrcÿn (v) [vergl. ое] (Dsch.) und das Uigurische
—ı22— Sinn, Gedanke]
sich erinnern, уксунурмён, Уксундум (üücsunurmen,
uucsundum 51).
угу [55] (Dsch. Озш.), угу (Bar. Soj.), örö (Abak.)]
die Eule (ugu 106).
угран (у) [Ypk (Tar. Kir.) sich scheuen, урку (Tel.)]
sich abwenden, Abscheu haben, Yrpänip (ugrenir 164,7),
yrpänmäni (ugrenmedi 164,6).
fur (v) [vergl. унур, fuxfp (Kir. Так.) Grube]
graben, унарман (ungerme 228).
ун [ун, бн alle Dialecte]
Laut, Stimme, Ton (un 54, 61), уну (uni 223), унун
(uning 192,15).
Ya (у) [RSS (Vig.), Elelus,l (Dseh.), Yard (Kir.),
ндё (Kas.)]
rufen, einladen, amka Ундарман (ascaundarmen 17,
undarmen 61, undemen 137), roipa Yanänim, унда
(toyga undadum, unda 17).
ундат (у) [Faetit. von Ундё]
rufen lassen, einladen lassen, ундатт! (undetti 217,1).
ур (v) [Ÿp, бр alle Dialecte ]
bellen, ir ÿpäxip (yt uradir 134), ir ÿpai (yt urdi)
134).
урпак [vergl. onpak]
Schmuck am Kleide = kruwsp (urpek 221).
Яаш (v) [yes (Vig.), Ék£d,) (Таг. Osm.), fläm
(Tel. Abak.), Ylöın (Bar. Alt. Kkir.), Убе (Kir.), éläm
(Каз.
theilen, vertheilen, У1&пирман, ylämrim, ylämkil, ÿläm-
мак (ulasurmen, ulastum, ulaschil ulasmac 20).
ylyın [yes (Uig.), СУ! (Dsch.), lôm (Kas.)]
der Theil (ulus 85).
ут (v) [ут (Kir.), бт (Kas.)]
sengen, yräpmän (uterme 224).
yrly [yrkip (Tob.), ÿrkia (Каз.)]
scharf, spttz (utlu 144,1).
ÿruäc [Утпос (Alt), утмёс (Tob. Kas.)]
stumpf (unamas 134).
уц [уч, уш, ус, 61, on alle Dialecte]
drei (uë 161,5, 10, 217,5).
DAs TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS.
faif [era (Vig.), SL.) (Dsch.), учау (Kir.), учу
(Alt.), öyäy (Kas.), уцбу (Bar.)]
alle drei, ynäyrä (uCövgä 207,3).
ÿnÿa [MRLSS— (Uig.), Се») (Dsch.), ve) une] (Osm.),
учун (Alt.), упун (Ab), ушун (Kir.), уцун (Bar. Tob.),
бчбн (Kas.), бцбн (Misch.)]
wegen (ибо 65, 69, 70, 158,1, 11, 18, 159,15,
169,6, 207,6, 10, 219,16, uzun 78, uëim 158,16, uCum
167,6, uëü 161,12, 163,5, 6,12,15, 164,1, 2, 165,11,
169,4 193,1, ucu 168,12,), анын уцун (anig uëun
65, aninucum 70), нА Уцун (neuzun 70).
ÿnÿuni [von fu]
der Dritte (uzunzi 85, аби 167,6, veunéi 212,1).
yalik [—=ÿn+lir|
Dreiheit (uëlik 141, uëluk 210,1).
ÿexÿli [ K..) ÿerÿl (Osm.)]
Lein, linnen (usculi 106).
уст [Sy (Dig), Cf (Dsch. Osm.), уст (Alt. Abak.
Kir.), бет (Kas.)]
Obertheil, oberer Theil, усту (uxi 113), устун (ustun
70, 190,17, wstwn 160,10), устунда (ustunda 70,
184, ustüda 145,5, 161,6, üstüde 162,3, ustinde
164,8, wstunda 165,8, wstüde 171,7, ustida 144,13),
сырт устундё (sirtwstu de 170,6).
yeryury [Ÿer+-in+-ri]
oben befindlich (ustungu 204,8, ustungi 206,4).
уз (v) [ASS= (Uig.), Éle;,] (Dsch. Osm.), уе (Alt. Abak.),
уз (Tar. Kir.), 63 (Kas.)]
zerreissen, zerbrechen, Узду (uzdi 204,14).
Yaäyri [61 ,) (Osm.), Узанга (Tar. Dsch.), Yaäyä (Tel.),
ÿsägri (Tob.), isäxi (Abak.), isägrÿ (Bar), 6sägi
(Kas.)]
Steigbügel (uxangi 122, uzegi 145,5).
узук [узук (Tel), Lay (Mong.)]
| Buchstabe, ол сбзнун ysyri (ol sösning usugi 225).
yay (v В] (Osm.), ушу (Tob.), ужу (Tel), бшб
(Каз.)]
frieren, ушурман, ушудум (ussurmen, usidum 27,
usurme 234).
21
K.
kai |Pronominalstamm (relat. oder interrog.), der in allen Dia-
lecten auftritt]
kai сан dass dich (kayseni 163,6), kaima (chaima 69,
kayma 184) wer auch immer.
kaigsı [SAS (Uig.), zul (Dsch.), Кайвы (Kir. Kas.),
kaipy (Tob. Bar.)]
Kummer, Калвысы (kagisse 170,5), Калгымыены (kay-
gimisni 187,12).
kaipbıp (у) [HAI (Uig.), kaiprip (Kir. Kas.)]
Kummer haben, Калбырсам (kaygirsa 163,5), Kaihbıp-
mak (kaygirmach 167,5).
kain [JS (Uig.), Казын (Abak.), œb (Dsch. Osm.),
Кадын, Кайн (Kir. Alt. Kas.)]
Schwiegervater (chain 114).
kaina (v) [Seuls (Dseh. Osm.), kaina alle Dialecte]
kochen (intr.) (vergl. Калнат).
kainar (у) [Factit. von kaina]
kochen, zum Kochen bringen, Калнатырман, Калнаттым,
Калнатыр (caynaturmen, caynatim, caynatur 10).
Кайт (v) [3656 (Osm.), kair (Tel. Kir. Каз. Тор. Bar.]
zurückkehren, kairapmäx, Кайттым (caytarmen, caytum
50, kayturmen, kaytum 51), КатКыл (kaytchil 51),
kairkai (kaytgei 220,3).
kairap (у) [Faetit. von kair == Кайтар (Kir. Каз.) ||
zurückgeben, zurückbringen, Катарыман, Кайтардым,
kaitapppıı (chaytarumen, chaytardun, chaytargil 48,
kaytargil 141).
Калда [alle nördlichen Dialecte |
wo? (chayda 72, kayda 162,2, 163,9, 188,10, 144,8,
kayde 166,15), Калда тур (chaydatur 161,10).
Калдан [alle nördlichen Dialeete]
von wo (chaydam 72).
kaicpt [ya (Uig), se (Dsch.), Кадсы (Kir. Каз.
Tob.)]
was für ein (chaysi 76, kaysi 164,3), Кмеыны (kay-
seni 171,5).
Каши [ils (Dsch. Osm.), kaïm (Alt. Kas.), Кае (Kir.),
Кас, Каш (Abak.)]
Riemen (hays 145,9).
22
Каун [Gé су» Melone, Каун (Kir. Kas.)]
die Melone (coun 126).
kaksıp (у) [5/2 (Dsch.), kaksıp (Kir. Kas.), Кабыр (Alt.
Abak. Tob.)]
sich räuspern, Какырдым (kakirdim 136).
kagau [= pers. Jok]
langsam (kagal 87, chahal 116, kahal 181).
Каваллык | =КаБал-н-лыЁ |
Langsamkeit (gahalluk 181).
kanar [= pers. Jeß]
Papier (chageth 91).
кабы (у) [SSH (Uig.)]
schimpfen, tadeln, kansıpmän, Кабыдым, KanbıpbLi, ka-
5b1Mak (cagirmen, cagidim, cagigil, cagimac 10).
kaya
Brett (tacta canga 120).
kaja [L5 (Osm.), kaja (Alt. Abak.)]
Felsen (kaia 136).
Кан lents (Uig.), IE С (Dseh.), Кан (Alt), Кан
(Kir. То. Abak. Kas.)]
As Fürst (can 104, 105, hà 187,16, han 191,12,
chan 161,8, 10), Кан Катыны Kaiserin (can catonj
105), Каннын (haning 209,5, häning 197,9, hanning
200,11, haning 208,9), kanna (changa 161,5, 13),
Канны (channi 161,10), Каны (hani 207,14, 213,6),
Канын (kaning 142), Канымыз (hänimis 190,16).
Кан [alle Dialecte]
Blut (kan 79, 209,1), Канын (kaning 214,6), Каны
(kani 144,10, 209,5), Каныны (kanini 213,1).
Канат [alle Dialecte |
Flügel (hanat 180).
kamısı [==Кан-н-лы]
blutig (canli 170,6).
Канлы к [=kan--ıpık]
das Reich, Königreich, Канлыкта (chan licta 163,10),
Канлыкын (hanlechin 171,8), Канлыкынын (hanli-
hening 212,4).
Кандала [(Bar. Каз. Tob.)]
die Wanze (candala 129).
Канцык [+38 Канцык (Dsch. Osm.), Канцык (Bar. Tob.
Misch.), Канчык (Kas.)]
die Hündin (katik 224).
W. RADLOFF.
kap [alle Dialecte]
Schnee (каг 40, char 82), Кар japısı, Кар ja5ap (Кат 1
yagdi, kar yayar 40).
Кара, [alle Dialecte |
1) schwarz (chara 108, kara 143,s, 145 2, 146,8,
173, 174), Кара тн Eichhörnchen (caratein 97), Bi
кузан (charachusan 98), ашру Кара sehr schwarz (asru
kara 173), kapapak (cararac 174), kapa kym Adler
(charachus 129, kara kus 180).
_2) Tinte (chara 91).
kapa (v) [alle Dialecte]
schauen, kapaısım (karedim 135).
kapay (kapy (Alt. Tob.)]
Belohnung (charau 46), kapay барлман (carau beru-
men 49), Караунь са 6äpıi (karavni saa bedi 201 >)
Карамымыз (karovimiz 207,1).
Каракцы [215 (Dsch.), Каракчы (Tel. Kas.)]
Räuber (karakdi 213,5).
kapayy [Si (Uig), BLL 535) ls (Dsch. Osm.), ka-
рангы und Караны die übrigen Dialecte]
dunkel (carangu 82, karangi 142).
kapanasın [5-69-54 (Uig.), Jö,s (arab.)]
die Nelke (garanful 92). Die Schreibung des f ist gewiss
durch einen Schriftkundigen veranlasst.
Каралык | =Кара-нлык]
Schwärze (karalic 174).
kapap (v) [ 3e), (Dsch. Osm. Alt.), kapai (Kir. Kas.)]
schwarz werden, kapapmak (chararmak 86), Карарды
(kara'di 200,16).
kapa6ap [= pers. L HS und ‚J. Erg ]
Ambra (charabar 94).
Карабат [=arab. CL] =]
Bordell (charabat 104).
kapagam [>13 und #5 (Osm.) Sclavin, entstanden aus |
Кара-+ баш]
Dienerin (carauas 105, karavas 181), gewiss aus der
osmanischen Schriftsprache entlehnt.
Кары [(Alt. Bar. Leb. Kas.)]
Elle, Ellenbogen (chat 98). |
kapsı (v) [52% (Uig.), 3248 (Dsch.), kapsı (Alt. Kir.
Abak. Tob.)]
alt werden, kappımak (charimac 86).
ЕЕ ЗЕ
LE
qe
x
DAS TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS.
_Карын [alle Dialecte]
der Bauch (caren 111, karin 215,12).
Карындаш [карындаш (Alt. Kkir. Kas.), Карындас (Kir.),
DE | Uig.), Jos, (Rbgusi), Gil, (Dsch.
Ösm.), Кардаш (Krm.)]
Bruder (charandas 114), Карындашын (karidasin
185), Кыз Карындаш (chez charandas 114).
Карыл (v) [(Kas. Bar.)]
heiser werden, yay Карылды (uni karildi 223).
kapsım (у) [yes (Uig.), Gui „ls (Dseh. Osm.), Карыш
(Kas.)] ”
1) sich entgegenstellen, kappımsıpmän, Карыштым, ka-
peu, kapsımmak (karisurmen, karisitim, karis, ka-
rismac 21).
2) sich vermischen (vergl. Карьиштыр).
Карыштыр (у) [von Карыш]
untereinander mischen, Карьшитырыман, Карыштыр
(caristururmen, caristur 36).
_ Карые [— arab. (5 >]
unverständig (k(c)r(y)f 67).
kappa (у) [ ‹ (Uig.), kap5a (Alt.Ab.Kir.Khir. Tob.Kas.)]
verfluchen, kappaısı (kargadi 135).
Карвыш | Ms (Uig.), селе, kapppum, Карбые alle
nördl. "Dialeete]
der Fluch (vergl. Карбышлы).
Карбышлы [=Карвыш-нлы |
verflucht (chargesli 84, ka’gizludur 168,6).
Карт [u Е (Osm.), Карт (Kir. Каз. Bar. Tob.) |
Greis (chart 87, 116).
kapı [= arab. „ >]
Ausgabe, kapıı атарман (charg etarmen 25). Die
Schreibweise charg (— charg für chart) ist durch die
Schriftsprache veranlasst.
Карцыва [lb (>24 (Dsch), Карчыва (Alt. Kas.),
Каршыха (Kir.), Карцыща (Bar. Tob. Misch.)]
der Habicht (Cardiga 129, karcaga И
kapınsı [ot (Uig.), Gé à ,L5 (Dsch.), 44,5 (Osm.), kap-
шы (Каз.)]
entgegen, Каршы барды (karzi bardi 165,1, 165,5).
Карп
Geräusch des Ai Zuklappens (karp 146,13).
Карма (у) RATE ‚(5 (Dsch.), Карма (Alt. Tar. Kir. Kas.)]
ergreifen, tasten, kapmaasım (carmadim 111).
23
Кармак [alle nördlichen Dialecte |
Angel (harma* 144,12).
Кармала [3 9525 (Dsch. Vanb.)|
ungeschickt um sich greifen, Кармаларман festino (kar -
malarme 232).
Кал (у) [alle Dialecte]
bleiben, Калырман, Калдым, Калвыл (calirmen, cal-
dim, calgil 35, kalurmen, kaldum, kelgil 51), Кал-
Бан (ghalgan 85), Калды (kaldi 195,13).
käu
wild (kaal 225).
Кала, [= arab. 4я/5, kaza (Kas.) Stadt]
Dorf (gala 89), Festung (kalaa 89), letzteres ist gewiss
von einem Schriftkundigen dietirt.
Калал [Калал (Osm. Tel. Kir. Kas.)]
Zinn (kalay 97).
Калам [= arab. „3
Schreibfeder (kalam 90, chalan 102).
Калын [Pet | (Uig.), galt (Dsch.), Калын (Abak. Каз.
Osm.), Калын (Alt. Kir.)]
dick (kaling 139).
kassın [A (Osm.), Калыш (Alt. Kir. Osm. Kas.), kalin
(Tar.)]
Leisten, Form (kalip 99).
Калкан [ti (Uig.), Jul (Dsch. Osm.), Калкан (Kas.),
kazka (Alt.)]
der Schild, kalkausı (kalkam 170,1).
Калтак
Kupplerin (chaltac 104, са бас 117).
Кат [ol (Dsch. Osm.), Кат (Alt. Kas.)]
Schicht, Mal, бр Кат, ак! Кат (birchat, ecchi chat 83).
Кат Е (Dsch. Osm.), kar (Таг. Каз. Soj.)]
Seite, Катында (catinda 64, chatinda 67, katinde
164,14, 165,2, kattinda 163,11, 15).
Ката, [= arab. Uk:
Fehler, Катамны (hatimni 213,6).
Каты [ASS (Uig.), #8 (Dseh.), Каты (Kas.), Катты
(Kir.), Катту (АН.)]
siark, fest (kati 66, chati 87), авым Каты дыр (ahim
kati dir 222) die Strömung ist stark.
Катын ас (Uig.), ME (Dsch.), хотун (Таг.),
Катын westl, und südl. Dialecte, Кадыт (Alt.), Кат
(Tel.)]
24
Frau (hatun 208,1, chaton 77), Катыны (catonj 105),
Катыным (hatumim 142), Катынва (katüga 157,2, 9),
Катынлар (katunlar 172,2), Катынларнын (hatular-
ning 197,4), Кам Катын киш (kam katun kisi 9).
Катыр [195554 (Uig.), 55 5G (Osm. Aderb.)]
Maulesel (chater 127), тши Катыр (tisi chater 127).
Катырап [von Каты]
heftig, stark (katirap 66).
Катылан (у) [—=Каты-нлан]
sich zwingen (katulangil 141).
Катыш (у) [Катыш (Kas.)]
sich vermischen (vergl. Катыштыр).
Катыштыр (у) [=Катыш-нтыр |
vermischen, Катыштырыман, Катыштьрдым, Катыш-
тыр, Катыштырмак (chatisturmen, chatisturdum,
chatistur, chatisturmac 59).
Катыюа [= arab. 4.55]
Sammet (catifa 108).
Катты |vergl. Каты]
hart (Кафы 174, Каме 171,2, 206,8, katli 160,4),
Каттырак (kattirac 174).
Када (у) [3/56 (Dsch.), Када (Alt. Abak. Bar. Kir. Каз.) ]
annageln, Кадады (kadadi 208,10).
Кадау [3/56 (Dsch.), kazak (Каз. Kir.), Кадау (Bar.), Каду
(Alt.)]
Nagel (cadan 121), Кадаулар (chadaklar 171,5).
kan (v) [ut (Uig.), Gels (Dsch. Osm.), Кая (Alt. Khir.
Kas.), kan (Bar. Tob. Misch.), kam (Kir.)]
fliehen, Кацырман, Кацтым, kankpin (chazarmen,
chaztum, chazchil 27), Качты (katti 164,13), Кацтын
(kaztig 165,4).
kan [= pers. ЕЁ]
Kreuz (ghaë 77, chat 171,5, 6, haë 209,5, 9), Кацнын
(haëning 208,9), Кацка (haëka 189,14, 203,8, 208,10,
212,1, 214,2, 4), Кацта (haëda 193,4, 200,14), Кац-
тан (chaëdan 169,3, hatéà 202,8).
Кацан Pme (Uig.), übel (Dsch. Озш.), Качан (Alt.
Kas.), Кацан (Tob. Misch.), Кашан (Kir.)]
wann (chazan 70, kaëan 159,4, 8, 160,4, 162,1, 3,
163,4, 5, 164,10, 12, 13, 15, 165,5, 12, 13, 167,12, 15,
186,10, 199,6, 200,9, 14, haëan 192,14, Каба 193,6,
13, 200,9, 204,15).
W. RADLOrFF.
Ba en a ara NE
TA HAN ARS KEN
&
*
Кацыр (у) [Factit. von Кац]
vertreiben, Кацырвыл (kaëirgil 206,11).
kacan [= arab. les] 1
Schlächter (casap 101). |
Каз [alle Dialecte] т
Gans (chax 130). 1
Каз (у) [alle Dialecte] 1
graben (vergl. Казма).
Казан [alle Dialecte] |
Kessel (сВахан 124), Казан ajañpi Dreifuss (caxan ayac «
124).
Казык [alle Dialecte] |
der Pflock, алтын ka3bik derPolarstern (altü chazë 161,6). «
Казыз [= arab. ; je] ?
lieb (ghes, hess 64). |
Казван (у) С (Uig.), le, ls (Dseh.), kasnan(Kas.) ]
erwerben, kaspansıpmän, Казвандым, Казванбыл (сах-
Sanirmen, cax®andim, cax®angil 8).
Казна, [= pers. ab 5]
Schatz, Казнасы (kasnasi 205,9).
Казнацы (—Kka3na-+nr1).
Schatzhüter (kasnaëi 230).
kasma [vergl. Каз]
der Graben (chasma 102).
kam [2 (Osm.), kam (Alt. Bar.), kac (Kir.)]
Sattelknopf, алдындавы Kam, артындавы kam (altin- 3
dagi cas, artindazi cas 122).
kam [kam, kac alle Dialecte]
Augenbraue (cas 110).
kambı (у) [ab (Osm.), Кашы (Тор .Kas.)]
sich kratzen, Кашьтрман, Кашыдым, Кашыркыл (kassir- |
men, kassadim 29, casirmen, casidun, casigil 29).
kamsık (у) [3-2 (Dsch.), Кажык (Alt.), kacpık (Kir.), ka- |
шык (Tob. Kas.)] 4
Löffel (chasuc 124).
kamka [Gil (Dsch.), kaııka (Bar.)]
kahl (казка 234). .
kampay à
Striegel (chasrau 122). Pl
kan [vergl. Каб орта (Alt.)]
(Sack?), Кап орто grade in der Mitte (Вар ortada 144,10). «
kansın [vergl. Кап] NL.
Beutel, Säckchen (chapuë 97).
Das TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS.
kanca [vergl. arab. Lie Aufbewahrung]
die Lade (kapsa 222).
Кабан [OL (Dsch.), Кабан (Каз. Kir.)]
Eber, wildes Schwein (kaban 181).
Кабак (kaöpık?) LRQ (Uig.), > ($ (Osm.), Капы (Kas.)]
Thür, Thor, Кабакы (kabagi 186,6), Кабакындан (ka-
bakindan 188,6), Кабакыны (kabakini 206,9).
ka6ap [= arab. |]
Nachricht (habar 39). у
ka6a6a [== arab. LL]
uva malativa (chababa 93).
_Кабык [335 (Osm.), Кабык (Tel. Tob. Kir. Kas.)]
Rinde (cabuc 125).
ka6sık (Кабак?) [als (Dsch. Osm.), Кабак (Каз )]
Kürbis (cabuc 127).
Кабырва [alle Dialecte, Кобурба, (Tar.)]
Rippe (chaburcha 112).
Кабыл [= arab. Js]
einverstanden (kabul eter 183).
kam [= pers. AE
unreif, sauer (gham 84, can 108).
Кам [0-44 (Uig.), Кам östl. Dial. |
Zauberer, Кам Катын кши (kam katun kisi 9) Zauberin.
Кам (v) [= (Uig.)]
binden, Камвыл (cangil 231), Камады (en kamadi
julic?).
Камал [== arab. 3
der Träger (chamal 103).
Камал (у) [vergl. Камал (Kir.) Sich zusammenfinden |
wimmeln (es wagat), Камала дыр (kamaladir 230).
kamap [= arab. |
Riemen — bragejus (chamar 121).
Камыр [= arab. |]
Teig (chamir 103).
_ Камьиш [alle Dialecte, Камые (Kir.)]
Schilf, Rohr (hamis 145,6), Камыш башы (hamisdasi
145,7).
Камуш [== pers. со]
schweigsam, Камуш тбзум1у Kimi (chamus tozulu chisi
116).
kamısık [=Кам-нлык]
Zauberei, kamapik ätäpmän ich zaubere, wahrsage (kam-
lik etermen 9).
Mémoires de l'Acad. Imp. 4. зо, УЦ Serie.
25
kamnsı [Камчы (Alt. Khir. Kas.), kanıpı (Abak.), Камцы
(Bar. Tob. Misch.), Камшы (Kir.)]
Peitsche, Knute, Камцылар (kamsilar 171,2, kamizlar
171,4).
koi [OX (Uig.), ‘595 (Dseh.), koi (Alt. Abak. Kir. Bar.
Tob.), kyi (Kas.), 293 (Osm.)]
Schaf (choi 99, coy 128,134, choy 128, koi 144,17,
akkoy 143,12, koy 145,12), Колар (koylar 159,5).
koi (у) [SAR (Uig.), Ge 35 (Dsch.), 3578 (Osm.), koi
(Alt. Kir. Ваг.), Кут (Kas.)]
loslassen, lassen, kojapmän, Кодым, Кобыл, koipan
(coarmen, coydum, coygil, coygan 19, coyarmen,
coydum, coygil 46, coyarmen ect. 48), koica (koysa
166,1), koimana (koymaga 167,7),kojyn(koxup 190,14,
koyup 214,7), koja дырбан (kojedirgan 143,4).
koipam (у) [koipam (Schor.) einander umarmend liegen]
zusammen sein, 613 Koipamsin jartbık (bis koigasip
jattik 134).
koïmkax (kyickan (Kir.)|
Schwanzriemen (coyscan 122).
koy (?), Ку [= Коу (Tum), Ку (Каз.) |
Zunder (chou 90).
koypay [Конрау (Bar. Kir.), Кунрау (Kas.), Конру (Alt.)]
Schelle (hongrau 235).
Конран (v)
murmeln, Конранырман (congranirmen 136).
koja | = pers. als]
Herr (coia 105).
kojan [kojan (Bar. Kir.), kojon (Alt.), kyjan (Kas.) ]
Hase (coyan 97, 128, koyan 147,4).
kojya (у) [Pass. von koi]
hineingelegt werden, kojyambum (koyulmis 159,8).
kon (у) [alle Dialecte, Кун (Kas.)]
übernachten, Конды (kondi 188,10, Ködi 201,4), Кон-
дын (kôding 200,4), Конуп тур (konuptur 189,10).
konak [konak (Alt.), КоныК (Bar. Kir.), kynak (Kas.)]
Gast (vergl. konakua).
Конакла | ==Конак-н-ла |
zu базе sein, besuchen, Конакларман, Конакладым,
konak.ıa (conaclarmen, conaclardum, conacla 7).
Конаклык | —konak+- 1B1K]
Gastfreundschaft (chonaclic 89).
26
Конуш [von Кон, vergl. Конуш (Ваг.)]
Aufenthalt, koaymka (konisga 193,16), Конушын (ko-
nusing 201,1). Е
Кондур (v) [Fact. von Кон]
zur Nacht bei sich behalten, übernachten lassen, Кондуру-
ман (condurumen fälschlich — conaclarmen 7), Кон-
дурдын (ködurding 190,9).
konn [4555 (Osm.), Конч (Alt.), konn (Bar.), kynbin (Kas.)]
Stiefelschaft, Schienbein (chonë 113).
Коншы [vergl. 54555 (Osm.), Коншу (Aderb.)]
Nachbar (consi 115).
Кор [= pers. 92]
Schande (hor 230).
Кор (кбр?) [= pers. 7,5 ]
blind (cor 116).
kopk [alle Dialecte |
fürchten, kopkapmän, kopkrym, kopkkya, kopkmak
(chorcharmen, chortun, chorchil, chormac 46),
kopkca (korchsa 168,1), kopkmappın(korkmagil 216,4).
kopkyan [SH (Uig.), Cv (Osm.), Коркыш (Alt.),
Куркыныч (Kas.)]
Furcht, Коркунц 6ilä (chorcunz bila 65).
Коркунцы [Коркынчак (Alt.)]
furchtsam, Коркунцы koi (korküci koi 136).
kopkyk [vergl. Haare (Uig.)]
Furcht (korkuki 170,5),
kopkyr (v) [Factit. von kopk |
erschrecken, kopkyrmak yıyu (korkutmac uëun 233).
КорБашын [koppossein (Alt), koppaznbin (Leb.), koppa-
сын (Kir.), kyppambix (Каз.) |
Blei (corgasin 96), koppamsınyan (korgasindan 138),
ak koppampix (accorgasin 96) Zinn.
kopaa (у) [=Кор-нла]
beschämen, Корлармён (horarme 230, horlarme 233).
Корла (v) [vergl. xoppäx (Tar.)]
schnarchen, Корларман, Корлады, Корлал дыр (corlar-
men, corleydir, corladim 134).
Кол [55% (Uig.), Js5 (Dsch.), alle Dialecte; Кул (Kas.)]
der Arm (chol 112), Колыны (Коши 204,5), Коллар-
нын (kollaing 197,12), Колларынны (kollaringni
192,6), Колларында (kollarinda 209,6), can Ко-
лында (sakolinda 160,4), Колын ацып (kolagatep
143,4).
W.RADLOFF.
;
т
N
Кол (v) [8% (Vig.), $8 (Dsch.)]
bitten, Коларман, Колдым, Колвыл, Koamak (colarmen,
coldum, colgil, colmac 43), Колван (colga 142).
koasınan [= pers. Ulis]
alpinia galanga (choligian 95).
Колтук [alle Dialeete, КултыК (Kas.)]
Achselhöhle (coltuc 181).
koryp [Котур (Kir.), Кодыр (Alt. Tel. Abak.), Кутыр
(Kas.), 595 (Dsch.)]
Grind (vergl. Котурлу).
korypay [=koryp-+-ıy]
grindig, korypay (choturlu 117).
konkap [koukop (Alt.), komkap (Kir.), Кучкар (Kas.),
„lis33 (Dsch.) vergl. 7 (Rbgh.)]
Widder (gozchar 128, kôëkar 180, koëkar 144,3). |
Коз [vergl. КузуЕ (AIt.)]
Nuss (chox 95, 106, hoz 147,3, cox 125).
Козы [4554 (Uig.) (5298 (Dsch), 5355 (Osm.), Коза
(Таг.), Козу (Kir.), Кузы (Kas.)]
Lamm (coxi 128, koz 179).
kospassım (у) [5593 (Dsch.), Козвал (Kir.), kyspaa
(Kas.), kocko.og (Alt.)]
aufwühlen, aufstöbern, Козвальшшырман (kozgalisirme
231).
kom [= pers. >]
gut (chos 88, ghos 69),
bila 67).
Кошак [Hays (Uig.), кошак (Tar.), Кожон (Alt.) ]
Gesang (cosac 118).
komapau [Кое (Kir.)]
Reisezelt (?) (chosagan 123).
Кошьщы [vergl. ppt (Uig.), 595 (Dsch.), kom (Alt.)]
Verfasser (kossigi 184).
komya (v) [vergl. Кош östl. Dial.]
ajak komyagein —strecke die Füsse (?) (ayak kosulgil
232).
komypyk [= тужаК (Alt.)]
Koppel für die beiden Vorderfüsse und einen Hinterfuss
(vergl. komypykua).
komypykaa (у) [=Кошурук-нла]
drei Füsse der Pferde koppeln, komypykıapmän (kosu-
ruklarme 223).
kom köyyl 6ilä (ghos congul
№
у. 1)
bi
LA
=
E 4
4
NS
IF
ne à
DAS TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS.
| kon (v) [Se (Uig.), 3293 (Osm.), kon (Tar.)]
aufstehen, Коптым, Копкыл (choptum, chopchil 57),
Копты (Кори 193,6, 212,2), Копмаклыкын (kopmak -
likin 212,11).
Кобар (v) [992% (Uig.)]
aufrichten, Кобарымын, Кобардым, Кобар, ko6apmak
(coparurmen, cobardun, cobar, cobarmac 24).
konca (у) [im Zusammenhang mit Кобуз (Kir.) geigenartiges
Musikinstrument |
besingen, koncau турур (kopsapt'ur 198,1), Копсаваны
Psalmen (copsagani 209,4).
Кобуз [Кобуз (Kir.)]
der Kobus (eine Art Geige) vergl. Кобузцы.
| Кобузцы |[==Кобуз-++цы]
Va
der Kobusspieler (cobuxë: 103).
korin [MS (Uig.), сиё (Dsch.), къйн (Kir. Каз. Tel.)]
Qual, Marter (kyn 169,2, kin 209,10, 212,1), Кьыйным
_ (kinnym 169,2), Кьыиларын (kimlarin 169,7), kprinng:
(купе 169,8).
_ Кыйна [ BE (Uig.), Gels (Dsch.), ksrina (Tel. АН. Kir.
Kas.)]
quälen, Кьйнады (kinadi 138), Кышнадылар (kinaldi-
lar 170,2), kpıinapeän (kiynarsen 213,4).
kpriaay [von kpıina ]
Опа, kinay (kinov 138).
keıiman (v) [Pass. von ksıina]
sich quälen, Кьйнальш (kinalip 134).
ksrimar [= arab. Les]
Preis (vergl. Къйматсыз]
Kkprimareb13 | —Kkblimar+-cp13 |
ohne Preis, köp Кьйматсыз (korkima'sis 209,6).
. kpuüimpun (у) [vergl. kprimb1p (Kir.)]
projicio, Кьимышырман, Кьймыштым, Кьыймышкыл
(chemisurmen, chemistim, chemischil 46).
kpjap [= pers. ,L«]
Gurke (chear 126), kpıjap mäm6ä Cassia (chear sam-
ba 92), La pers.
Кын [alle Dialecte ]
Scheide (kin 138).
ksına [LU (Osm.), Кына (Kas.), == arab. las
Saft, mit dem man die Fingernägel färbt (kina 143,7).
27
Кыл (у) [alle Dialecte]
machen, Кылалым (killalim 219), Кылды (kildi 189,11,
193,12).
kpıabık [set (Uig.), Кылык (Alt. Abak. Kir.)]
Naturell (vergl. Кылькль).
Кылыклы |=Кылык-нлы]
ehrlich, von gutem Naturell (chelecli 115, killihli 182),
Лан Кыльпклы von leichtem Naturell (jengil killihli 226).
Кылын (у) [Refl. von Кыл]
für sich machen, Кылыналым (killinalim 219).
Кылыц [SEM (Uig.), es (Dseh. Osm.), Кылыч (Alt.
Kas.), Кылыш (Kir.), Кылыц (Bar. Tob.)]
das Schwert (clië 101, cliz 118), Кыльцлар (ki...lar
170,2), Кыльщ уставы (clië ostasi 101).
Кыр (у) [95% (Uig.), $*_мЗ (Dsch.), кыр (Alt. Abak. Kir.
Каз. Bar.) ]
umbringen (vergl. Кырыл).
kpıpay [Кырау (Kir. Kas.), Кыра (Abak.)]
Reif (kirov 234).
Кыры! [30.5 (Dsch.), Кырын (Abak.), Кырыв (Sehor.),
Кырый (Kas.)]
Rand, Кыры]ына (krina 146,11).
Кырыл (у) [Pass. von Кыр]
umkommen, sterben, Кырылды (kirildi 227).
ksıpk (у) [alle Dialecte]
abscheeren, КырКафр (kirkar 222).
kpipkma
ein geschorenes Fell (kirchma 132).
Кырлыш (у)
sich streiten, Кырлышырман (kirlischirmen 132).
Кырда
Strick, Tau (chirda 103).
Кырмызы [ses (Osm.)]
roth (cremixi 108).
Кыцы (у) [Кычы (Alt. Tel. Kas.), Кыцы (Abak.), Кыцы
(Bar. Krm.), Кышы (Kir.)]
jucken, Кыцьи дыр (kiciyder 136).
Кыцкыр [95545 (Uig), Genis (Dsch.), Кыцкыр
(Küar. Bar.), КышКыр (Kir.), Кычыф (Alt.)]
schreien, Кыцкырымён, Кыцкырдым, кКыцкыр, Кыщ-
КырмаК (chezchirirmen, chezchirdun, chezchir, chez-
chirmac 10), Кыцкырыр (kyckerir 169,3), Кыцкы-
рып (kickerip 186,16).
4*
28
Кыс (у) [alle Dialecte]
drücken, zusammendrücken, кысарман (kisarmen 138),
Кысты (kisidi 235).
KbICHIT (у)
bedrängen, Кысытмак уцун (kesetmac uëun 233).
kbıcka Pac (Uig.), aäw.s (Dsch.), aa5 (Osm.), kbicka
(Alt. Kir. Kas. Bar. Tob.)]
kurz (chescha 72, 86), kvıcka дур (kizchadur 164,2),
kpicka kpicka (kisgakisga 146,10).
kpickaubik | =Kkbicka-+-1B1Kk]
Kürze (cheschalic 86).
kpıckau [26а (Dsch.), Кыскач (Tel.), Кыскыч (Каз.),
ksıckam (Kir. Alt), kpickac (Sag.)]
Zange (cheschaë 96, chescaz 96).
Кысла (у) [von Кыс]
pressen, Кысламыш (kislamis, ki’lamis 144,10).
Кыста (у)
zwingen (?), Кыстарман (kistarmen 138).
kbicrpak
Leopard (chestrac 127).
_ Кыз [alle Dialecte]
Mädchen, Tochter, Jungfrau (chex 105, 114, kyz 160,9,
kiz 188.1, 189,1,13:190,7, 191,2, 10, 14, 19240
197,3, 122,2 3.96,13,1:194;9, 19811, 2022/2055
215,4, 8, 216,6), äyaäri Кыз Dienerin (eudagi chex
105), Кыз Карандаш (chex charandas 114), ары
kbı3 die heilige Jungfrau (arikiz 207,4, в, 208,4, аге-
kyz 219,16), Кызнын (kizning 216,3), Кыздан (kizdän
216,7). -
kB13 (у) [кызы (Tel.), Кыз (Kas.)]
glühen, Кызар (kizar 227).
Кызар (у) [alle Dialecte]
той werden, Кызарып jarbip (kizarip jatir 230).
Кызыл [alle Dialecte]
roth (chexel 108).
kbispax (у) [kbi35a (Kir.) neidisch sein, (Каз.) geizig sein]
bedrängen (?), kb135aubin (chexganip 71).
kBi35aaubi [von КызБан |
geizig (kizganli 180, 185).
Кыш [ppt (Uig.), 2-8 (Dsch. Osm.), Кыш (АН. Tel. Bar.
Каз. Tob.), Кые (Kir.)]
Winter (ches 83, Кез 181, kis 145,4), Кыш ai No-
vember (ches ay 81).
W. RADLOorFF.
keımaa (у) [—=Кыш-нла]
überwintern, Кышлар (kislar 145,4).
Кышлау [55.3 (Dsch.), kimlak (Tar.), Кыстау (Kir.),
Кышлау (Kas.)]
Wintersitz (?) (kislov 229).
Кыоты [Кышпты (Schor. Abak. Küär. Bar.)]
Scheere (chopti 98).
Ку [ky (Alt. Abak. Kir.), уз (Dsch.), Ку (Kas.)]
bleich (kuv 139), Ку абацтан (kuv agaëdan 143,14). Г
Ку (v) [OK (Uig), 355 (Dseh.), Ку (Alt. Kir. Kas.)]
verfolgen, kuwapmän, Кудым (huarmen, hudim 137,
huvarme 228), kywpu туруп турум (küupturup-
turm 212,10).
Куан (у) [MSG (Uig.), Ge l95 (Dsch.), Куан (Kir.), Куан
(Kas.)
sich freuen, sich rühmen, Куанвыл (hoangil 221), Куан-
Mapa (koanmaga 194,6), kyannai (koägai 202,13),
Куаналым (koanalim 207,2).
Куанц [21495 (Uig.), Куаныш (Kir.), Куавыч (Kas.)]
Freude, Ruhm (koâti 202,3).
Куала (у) [Куала (Kir.), Куала, (Kas.)]
verjagen, vertreiben, Куаларман, Куаладым (hualar-
men, hualadim 137).
kyar [== arab. 555]
Stärke, Куаты (koati 192,11).
Куатлан (у) [=Куат-нла-нн]
sich stärken, stark werden, Куатланвыл (hoatlangil 141).
kyipyk LéarSai, (Uig.), КузуруЕ (Abak.), дэн
(Dsch.), kÿpyk (Таг.), kyipyk (Bar. Alt. Ки), koipok
(Каз. |
Schwanz (cuyrug 18), kyipyky (kuyruhu 148,7).
kyjam [usb (Dseh.), Кудаш (Tob.), kejam (Kas.)]
Sonne (cuyas 78, kujas 146,1, kuiias 207,8), kyjammpr
(kuiasni 207,7), Кудаштан (cujasden 142).
kyjy [5-3 (Osm.), kyjy (Tob.), koje (Kas.)]
Brunnen (chuju 89, kuiu 134).
Кур (у) [9% (Uig.), 353 (Osm.), Кур (Kir. Bar.), kep
(Kas.)]
stellen, Курмавыл (kuurmagil 171,12), Куруп (kuurup
191,2), ja kypapmäu (jakurarm 179) den Bogen
spannen, kypyıra kypap (kurulta kurar 229) er will
Hof halten.
Das TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS.
Кур [= Кур (Alt. Abak. Kir.), 954% (Uig), 98 (Dsch.)]
Leibgurt (cur 120, 140).
кура [vergl. kypai (Kir.), komyppai (Alt.)]
Unkraut (?) (kovra 135).
_ Куру [Hex (Uig.), 5,595 (Dsch.), kypyk (Tar.), Куру
(Alt. Abak. Küär. Kir. Khir.), kope (Kas.)]
trocken (churu 87, 126, Ка" 207,9, Киги 216,7).
Куру (v) [OK (Uig.), 305,53 (Dsch.), Куру (Tar. Tel.
Alt. Küär. Abak.), kopo (Kas.)]
trocknen, kypymak (éurumac 86).
_ Курулта |mong. M reunion assemblée Kowalewski, Die-
tion. Th. И, р. 954, a 644525) rassembler ibid р. 958,
IE (Uig:}]
Hofhaltung, Volksversammlung (kurulta 229).
kypym [es 293 (Osm.), Курум (Kir.), kopom (Kas.)]
Russ (kurum 220).
Курбан [5 [5,3 (Dsch.), Курбан (Kir.) |
Grabhügel (kurgan 222).
Курт [Ss (Uig.), 95 (Dsch.), Курт (Tar. Alt. Abak.
Kir.), Корт (Kas.)]
Wurm (curt 129), kypraai (kurtley 191,3).
Куртка [ Pat (Uig.), 5,5 (Dsch), kypryjak (Alt.
Abak.)]
alte Frau (kurtka 179, 232).
Курц [XX (Uig.), Курч (Alt. Tel.) scharf, kopeu (Каз. |
Stahl (kurë 223).
kypcak [al 95 (Dsch.), kypcak (Alt. Ab.Kir.), kopcak (Kas.)]
Magen (kursak 79, cursac 113).
Курбан [= arab. LL ,5]
Opfer (kurba 195,12, 13, 199,3), Курбаныны (kur-
banini 190,11), Курбан баран ai (curban baran ay
81).
Кул [alle Dialecte, Кол (Kas.)]
Selave, Diener, Кулуны (kuluni 213,1), Кулунын (ku-
à luning 215,7).
kyıa | MR (Vig.), У, (Dsch.), kyla (Tar.), Кула (Alt.
Abak. Kir.), Кола (Kas.)]
der Falbe (kula 143,8).
Кулак [Hui (Uig.), 3,3 (Dsch. Osm.), Кулак alle
übrigen Dialecte, nur kozak (Каз.) |
Ohr (chulag 110).
Кулаксыз | =Кулак-нсыз]
taub (chulacsix 117).
29
Кулан алан
bunt (kulan alang 143,13).
Куллук [ =kya--ıyk]
Dienstbarkeit, Куллук атармён ich leiste Dienste (chulluc
etarmen 57). Куллук 6ilä (culue birla 66), birla statt
bilä ist durch einen Schriftkundigen veranlasst.
Куллукцы [==Кул-нлук-нцы]
Diener (chulucëi 103).
Кутул (у) [52554 (Uig.), $58 (Dseh.), Кудул (Alt.
Abak.), kyrya (Kir.), kyryl (Tar.), koron (Kas.)]
loskommen, kyry.ıypmän, Кутулдум, КутулБыл, Кутул-
мыш, Кутулмак (cutularmen, cutuldum, cutulgil,
cutulmis, cutulmac 24, kuttilmak 141), Кутулыр
(kutulir).
Кутулуш [=kyrya--m]
Befreiung (kutulis 203,12).
Кутур (v) [3255 (Osm.), Кудур (Tel. Schor.), Кутур (Kir.),
Котор (Kas.)]
verrückt werden, kyrypyn rypcäx (kuturuptsen 221).
kyrkap (v) [ua (Uig.), dos (Dsch.), Ge) Los
(Osm.), kyrkap (Tel. Kir.), kyrkas (Tar.), korkap
(Каз. ]
befreien, reiten, erlösen, Куткарды (kutkardi 189,3),
Куткардын (kutkarding 206,10).
kyrkapaausı [von kyrkap|
der Erlöser (kutkardaëi 159,6, 160,11, 220,3), kyr-
Кардачымыз (kutkardarëimis 190,5).
kyrkapyca (у) [von kyrkap]
zu befreien suchen (kutkaruv sap 215,7).
kyray [2554$ (Uig.), 5095 (Dsch.), Котло (Каз.)]
glücklich, selig (Киа 209,4, 10).
Куц (у) [20% (Uig.), >93 (Dsch.)]
umarmen, kynapmän, kyurym, Куцкул (cuzarmen, cuz- _
tun, euzchul 8), Куцту (kuëtu 165,1), Куцтун (kuëtig
165,6).
Кус (v) [kye (Alt. Abak. Tar.), Кос (Kas.)]
erbrechen, Кусарман, Кустум (cusarmen, custim 62).
Кустун (у)
seufzen, athmen, ächzen, кустунурмён, Кустундум, Кус-
тунБул, Кустунмак (custunurmen, custundum, cus-
tungil, custunmac 8).
куш [Si (Uig.). Css (Dsch. Osm.), Куш (Alt. Tar.), Кус
(Kir. Abak.), kom (Kas.) |
30
Vogel (kus 144,5), Кара kym Adler (charachus 129, | канди [OS 44 (Dig), ‹с-55 (Osm.), vergl. каней] |
selbst, кандима тутарман ich behalte bei mir (chendima _
tutarmen 49). Es scheint, als ob komanisch nur känci —
kara kus 180).
Куш [725555 (Rbghusi), Куш (Kas.), Кус (Kir.)]
Höhlung, hohl (kous 133).
Кубуркуц
Kochtopf (chuburcuë 94).
Кум [Кум alle Dialecte, kom (Каз. |
Sand (cun 120, Киш 180).
Кума,
Liebhaberin (Каша amasia 181).
Кумарткы [OS (Uig.)]
Talisman (kumartki 221 zelgiret).
В.
käipi [4 (Uig.), 55 (Osm.), käipä (Bar.), xipi (Kas.)]
zurück (caira, ceyiri, ceyri 49), käipi алырман (cayra,
ceyri alurmen 49), käipi kairapmän (cheri caytarmen
50), Амддан карт (emdidan cheri 65).
каурут |< 21955 (Dsch.), кукурт, кокерт (Kas.)] vgl. kiöpir
Schwefel (chourut 96, chouruc 107).
käylär [55,7 (Rbgh.), кбннак (Таг.), куннак (Leb.), ку-
нак (Tel.), küilôk (Kir. Tob.), köisä (Aderb.), Ses
(Osm.), куУ1мак (Kas.), коганак (Sag.)]
das Hemd (choulac 120).
как [24 (Uig.), кек (Kir.), ка (Tel.)]
Hass (kek 182).
kärip [Ele ХУ (Osm.), кавер (Kir. Tar.), käip (Tel.)]
rülpsen, aufstossen, Käkipai (kekirdi 136), кактраман
(keriklirmen 136).
кан |) (Dig), SELS (Dsch.), key (Kir.), кан (Alt. Tob
Kir.), kix (Kas.)]
weit (keng 139, kent 179).
канаш | IH (Uig.), ES (Dseh.), канаш (Tar.), ki-
наш (Kas.), кенёс (Kir.)]
Rath, канаш 6äpimän (chengas berumen 13).
канаш (у) [ NO (Vig.), ЭК (Dsch.)]
sich berathen, käyämiyis (kengezzingis 168,13).
käylik [—=Käy--lik]
Breite (chenglie 86).
каната [vergl. käuärrin (Alt) plötzlich]
gleich, sogleich (kenetä 233).
кант [SA (Uig.), AS (Dsch.)]
Stadt (chent 89).
W. RADLOFF.
gebraucht worden ist, da känni nur ein Mal, känci (siehe
dasselbe) siebzehn Mal im Codex vorkommt.
Ist dieses
richtig, so ist hier канд! nur von einem der Schriftsprache _
Kundigen dietirt.
канд [YSIM) (Uig.), му (Dsch.), кандр (Alt. Abak.
Tar.), kennip (Kir.), kigaïp (Kas.)]
Hanf (chendir 102, 106).
канс1 [vergl. känni]
selbst (kansi 157, kensi 161,2, 162,4, 167,3, 168,4, 15,
170,5, Кез 197,11, kenzi 166,13), Käncini (kensini
170,6),
(kensigni 163,8), Käacimisi (kensimisni 166,2).
кар (v) [90 (Vig.), 5
(Kir. Kkir.), kip (Kas.)]
ausspannen, kreuzigen, кардИар (ker‘ler 171,6), Se
(kerip 203,8).
карёк [24%4) (Uig.), SS (Dsch.), 5] 5 (Osm.), käpär
(Alt. Таг. Tob. Bar.), керак (Kir.), крак (Kas.)]
nöthig (cherac 42, kerek 144,5, 164,1, 167,5, 169,7,
182, kerec 170,7), käpäk nakra (karech Cakta 142),
käucinä (kensinä 219,17, 220,4), käHcigHi |
(Osm.), кар (Alt. Tar.), kep |
Käpärimisaä (kerekimizda 184), käpäkrtip6is (kerek- |
tirbis 169,4, kereckirbis 169,9), карак Typyp (ke-
rektrur 212,7), käpäri zip (keregidir 144 16).
кар! (у) [Pass. von кар]
aufgespannt sein, Käpilin ме (Kerilipmis 212,1).
käpim [карии (Tel.)]
Streit, Gezänke (keris 229).
карк!
Axt (cherchi 99).
карт [ESS 8: „У (Dsch.), кйрт (Alt.), керт (Abak. Kir.),
kipr (Каз.)]
einkerben (kerterme 233).
картак
Zimmer (kertek 216,10), käpräri (kertegi 190 17):
käpri [vergl. keprir (Abak.) wahrhaft, кертш (Abak.) ver- |
trauen, käpcy (Alt.), xäpcäÿ (Bar.), käpeik (Tob.) klug] M
wahr (cherti 63, kerti 162,11, 163,4, 164,6, 166,3,
kirti 167,5, kerti 167,9, 168,8, 199,9, 205,3), кар-
rigip (kertirir 160,11), карт! kÖyLyOilä, карт! KÔHIYHIÀ
(kirte congulbile 166,3, kerti konglungde 162,9).
er
DAS TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS.
картИа (у) [=карт!-+18]
wahr sein, käprilän (chertlap 72, Кег@ер 187,7).
картШк | =Käpri+lir|
Wahrheit, kertilik 163,12, kertelic 166,2).
käprmä [ungar. körtve (Kuun.)]
Birne (chertme 25).
* карца
(schnell?) (cerëi 161,7).
_ Käpoäni
faul (kersangi 135).
Käprin [vergl. pers. я 5 und russ. кирпичъ]
Ziegel, биимиши каршщ (bismis cherptz 120) gebrannter
Ziegel.
карман |[vergl. Akkärmän]
Festung, Stadt (kerme 197,9).
… кА [КЫ, kil, га] alle Dialecte |
kommen, kälipmän (chelurmen 62), kälip (kellir 145,2,
148,7, 8, kelir 168,3, keliyrir 143,15, keliyr 143,15,
143,16, keliyr 144,12), Kälipcis (kelirsis 169,1), käl-
дм (cheldum 62, keldim 165,11), кли (keldi 159,4,
164,13, 165,2, 5), kelaik (geldik 161,13), kälril (kelgil
- 184), käligis (kelingis 161,7), käleä (kelsa 158,4, 10),
— Кага (kelgay 144,8), kälrän (kelgan 148,5), кгандан
öäpi (kälgädan beri 184), kälin (kelip 158,11, 170,7,
189,14, 219,8, 216,4), rälräli (chelgali 62, kälgäli
| 184), кмак турур (kelmektrur 212,3).
_ Капан
aussätzig (chelapan 116, kelepen 164,14, keleppen
165,5, 9, kellepêm 165,2), kälänänni (keleppeni
164,15), кЫАпандан (kelepede 164,6), kälänänläp
(kelepenler 164,6), kälänäuläprä (keleppenlergä
164,4).
zäli [reli (Kir.), kili (Kas.)]
* Mürserkeule (cheli 94, 124).
_ кАНн [ev (Uig.), 25 (Dseh.), каНн (Alt. Bar.), elin
(Kir. Kkir.), kilin (Kas.)]
junge Frau, Braut (kelin 145,7).
kälrip [Factit. von käl]
bringen, kälripimän, Kälripaim, kälrip (chelturmen,
chelturdum, cheltur 8), kälripai (keltirdi 207,8).
_ kälripim (у) [=к-нтф-нш]
“ zusammen (mit Jemand) bringen (keltiristi 220).
31
кал [SA (Dig), LAS (Dsch.), OMS (Osm.), кат, кет,
кт alle Dialecte]
fortgehen, KkärTäpmäx, катт!и, каткИ (chetarmen, che-
tum, chetchil 50), шшик кёткан die Geschwulst hat
abgenommen (sisik chetchan 84).
катан [кадан (Alt.), кедён (Abak.) Flachs]
Leinewand (chetan 107).
катк [vergl. кетк (Kir.) zahnlos]
Tunvollkommen, mangelhaft (cetik 141).
kärtip (у) [Faetit. von кат]
fortbringen lassen, KÄTIpräH (kätgä 203,11).
кац (у) [ou (Uig.), ÉksS (Dseh.), кач (Alt.), кеч (Kkir.),
кеш (Kir.), кес (Abak.), кёц (Bar. Tob.), ri (Kas.)]
übersetzen (über einen Fluss), vergeben, кацарман, кёц-
rim, känkil (chezarmen, cheztun, chezchil 59), känäp
(kecer 182).
каца [J14) (Uig.) & (Dsch.), el (Osm.), кц, käyä (Tar.),
кеш (Kir.), кач (Kas.)]
Abend (chezä 79, 80).
кащкт!р (у)
verzeihen, кащктрей (keëik tirse 167,10).
кар [Factit. von кац, YA) (Uig.), Le 35 (Dsch.),
kemip (Kir.), känip (Tob.), kigip (Kas.)]
herüberführen, käyipiu (keëirip 202,7).
käny [vergl. kägik (Tar.) spät bleiben]
träge (keCow 135, keziv 220).
Käc [мего]. pers. «5, jf (Osm.)]
6ip кас ein Mal (164,9).
кас (у) [A4 (Uig.), ES” (Dseh.), Lu (Osm.), кёс
(Alt. Tel. Leb. Tar.), rec (Kir. Kkir. Abak.), вс (Kas.)]
schneiden, abschneiden, Käcäpmäx, KÄCTIM, касмак (che-
rarmen, cheztim, chezmac 21, chexarmen, chestum
56), xäckil (cheschil 56, kezerme 222), käcmäi
(kesmey 203,2).
käcäy [von käc, 24) (Uig.), кезак (Alt.), kicäk (Kas.)]
Bissen (keseo 182).
казана
Grabhügel (kesenä 222).
казарка [кесёртка (Kir.)]
Heuschrecke (kasarcka 136).
känäc (kenän?) [капац, (Bar.)]
Käpsel (chepas 120).
32
кабак [капак (Tar.), кебак (Kir.), кабак (Tob. Каз.) |
Kleie (chebac 131).
кабан [кабан (Bar.), ki6än (Каз. Tob.)]
Heuschober (keben 234).
KäGir [Ki6ir (Kas.)]
Laden (chebit 89).
кабут [= pers. 555 ]
blaugrau, кабут jakyr (chabut yapcut 109), der Saphir.
(Uig.), «auf (Dsch. Osm.), камй (Alt.), kemä
(Kir. Abak.), kimä Kas.)]
Boot (keme 138, kemä 223, kema 146,12).
камац
ungesäuert (kemeë 180).
Kämip (у) [kämip (Alt.), kemip (Kir.), kimip (Kas.)]
nagen, KäMipimäH (kemirrimen 139).
kämimil (у) [von käm, и кам (Каз.) mangelhaft]
sich vermindern, kämimilai (kemizzildi 169,5).
кбк [кбк (Kir.) Himmel, —-28) (Uig.) der sichtbare Himmel,
кук (Kas.)]
der Himmel (кок 78, 160,3, 194,4, 213,5), Kökniy
(kökning 204,9, 216,8, kokning 215,8), kökkä (kökga
194,2, 202,4, kökgä 207,2, 212,2), коки: (kökni
188,3,190,4,206,7,211,3), KÖKTä (köcte 163,14, köctä
171,8, kocta 171,9), кбктён (kökdä 189,14, 205,12,
kökdän 211,9), kökräri (köktage 163,10, köcdagi
168,9, kö'tägi 206,4), kökräriläp (köctagiler 166,15,
köktagil 204,7), комар (kökler 204,14), KÖRlÄPHI
köklni 203,4).
кбк [кбк, кук alle Dialecte]
blau (coc 108).
kökpä (у) [kykpä (Bar. Kas.), kyrpä (Abak.) |
donnern, KÖKPÄP, кбкрад!, кбкрамак (chocrar, cho-
cradi, chocramac 59).
кама |
кбкрау [кбкрак (Bar. (Kir.), кукрак (Kas.)]
Oberkörper (cugir°w 220).
кбгар [von кбк]
blau werden, köräpin Tip (kogeripdir 229).
когурщн [ps (Osm.), сие (Dseh.), когурцун
(Bar.), когурчкбн (Kkir.), когбрчун (Alt.), кукарчун
(Kas.)]
Taube, körypuinläi (kug'ëinley 200,1).
W. RADLOFF.
körye [ ASUSS) (Uig.), oil (Osm.), körye (Abak. г kÖByC È
(Alt.), kÿric (Каз. )] $
Brust, когусун (kögising 205,3), kökeyynä (köcsugde _
172,2), кбксуна (koksunä 215,8), kökci (kovsi 183,
kövsi 215,10), кбксун (kövsin 208,10). Е
köyyl [köyyl, kyyil alle Dialecte]
Sinn, Herz, Gemüth (congul 13, 15, 25, 158,16, 159,12,
169,9), кону (conglu 184), кону 6ilä (congul bila .
64, 66, 67, congul bile 160,12, 166,3, 168,1, 8, 10,
cögulble 163,13), kögylai (congulni 159,12, conglni
163,1), kögylaä (congulde 160,12, 14), könylaäki
(könguldagi 198,8), köylym (conglü 235), köylyy |
(conglug 163,2), köHlyynän (conglungd 162,9), кбн- |
1унда (köngulingdä 199,12), köglymis (conglumis
169,11), köylyyis 6ilä (conglügisbile 168,13), könyl
ацармын sich erheitern (congul azarmen 13), kögyl
ampıppamak (congul aëirgamak 15) bekümmert sein,
кйз1з KöHyl6öilä (hess congul bila 64) freundlich, Kimi
köyyl 6ilä (66) demüthig, kom кбну| ба (68) gern,
jomapr кону 6ilä (68) freigiebig, jäyil кону] 61là (68)
gern, }аман кону] 6ilä (67) ungern, böswillig.
кбн (у) [кбн, кун alle Dialecte ]
einwilligen (vergl. кондур), кбнёрман (kunerme 182,
kunerm 212,9).
KÖBÄH (у)
sich ergôtzen, конанишим (konemizim 184).
Kônäl (v) [525е> (Uig.), кбнё (Katsch.) graden wegs]
grade Шип, татар rilrä кбнёдт (tatar tilgä koneldi
229).
кону [0-4 (Uig.)]
gerecht (choiuj 49, conu 66, cönu hele 83, kônu \
174,14, könu 200,6). |
könylyk [ =кбну--1Ук]
Gerechtigkeit (kônulic 174,14, könulik 192,10, kônuluk
200,5), кону1Укца (konulvkte 230).
KÖHÄCY
Quecksilber (konessu 30, chonasu) 94).
кондур (v) [==кбн-ндур]
einwilligen machen, in Uebereinstimmung bringen, кбнду-
рур (ködurir 191,8).
кбнцак
Hosen, концак1нн! Kiril ziehe die Hosen an (concekugni N
kijgil 66, chonzac 120).
DAS TÜRKISCHE ЭРВАСНМАТЕВТАГ DES CODEX COMANICUS.
xöp [== arab._5] :
_ Grab (kör 224).
кбр (у) [кбр кур alle Dialecte]
sehen, köpäpmän (curarmen 54, chorarmen 61, ko-
rarmê 160,2), köpaym (chordun 61), кбрдун (kordig
165,7), кбрду (cördi 164,12, kördi 164,15, kordi
216,6), кбрдук (kördu"ol 161,11), köpailäp (kordilar
162,3), köpril (corgil 54, chorgil 61), кбрунуз (körugis
160,2, cörugis 164,5, körwngis 169,1), KÖpränimaän
(körganimde 157,4), кбрмаган (kormägä 205,2), Kor-
° magan 215,11), kôpälmäxim (koralmadim 233) ich ver-
mochte nicht zu sehen==ich hasste, кбруп (korup 190,12,
körup 192,6, 202,13, 212,1), кбруп турБанда (kö-
ruptgada 203,6), köpä (core 142, körä 192,7, köre
206,17), кбрмак (chormac 61, cormac 63, 81).
кбрук [>33 (Uig.), 3], ,, (Dsch.), 3,5 (Osm.), KÔ-
рук (Alt. Abak. Kir. Bar. Tar.), kŸÿpix (Kas.)]
Blasebalg (curuc 97).
кбрун [Reflex. von кбр]
erscheinen, sich zeigen, zu sehen sein, корунурман, кб-
рундум, Kôpÿaril, köpyumäk (corunurmen, corun-
dum, corungil, corunmac 7), кбрунурмйн (corunur-
men 63), кбрунмад! (korumadi 165,12), кбрунур
(corunur 63, korunir 147,1), кбрунур кбрунмёен!
(körunur körumesni 211,4), köpyuni (kôrüdi 159,10,
161,4, 162,1), kôpÿaräx (kôrügà 147,2.
xöpycä (у) [von кбр, «54.5, ag (Dsch.)]
zu sehen wünschen, köpycän (köuvsap 196,4).
_ кбрум [=кбр-нм|
das Sehen (vergl. кбрум1У).
_ кбруму [ —KÜp+M+li]
der zu sehen ist (kö'uli 199,8).
кбрк [^-— 55) (Uig.), 5 mg (Dsch.), кбркб (Kir.), корку
(Alt. Tel.)]
Schönheit (chorc 85), коркун (korking 192,16), корку
(körki 204,9, 209,5).
_вбрыу [=кбрк-+1У]
schön (chorclu 86, 115, cörkli 164,11, 165,4, korkli
165,7).
… кбрксус [=кбрк-нсус]
_ hässlich (chorsux 86).
кбрксусйк [ =Kôpr+-cÿc+lir|
Hässlichkeit (coresixlic 86).
Mémoires de l'Acad. Imp. 4. sc. VIL Série. -
33
кбргуз (у) [Faetit. von кбр]
zeigen, sehen lassen, кбргузарман, кбргуздум, кбр-
гузгИ, кбргузмак (corgusarmen, corguxdun, cor-
guxgil, corguxmac 37, corgusurmen, corgxdum 41),
köpryaailäp (corguldilar 161,13), коргуздан (korguz-
ding192,10,körguzding 198,12), кбргузур (korgussur
162,11), köpry3mä (corgusma 165,11), köpryayu (kör-
guzup 206,12).
кбршу [кбршу (Bar.), kypınä (Каз. |
der Nachbar, коршунн! (cozugni 163,7).
köpnä [кбршу (Tar.), кбрбб (Bar.)]
Lammfell (corpa 132).
kölärä [-— +55) (Uig.), КУ (Dsch, Osm.), kölörö (Kkir.),
xylärä (Kas.), kölöykö (Kir.), köläyki (Tar.), kölärki
(Abak.), kölörky (Alt.), кобнку (Ваг.)]
Schatten (colaga 125, coläge 137).
кот [5 (Osm.), kör (Tar.Kir.Alt.), könän (Ab.), кут (Kas.]
der Hintern, коту (Кой 112, cdi 143,18).
KÖTYPäM
mager (köturem 139).
köryp (кбтёр) (у) [kôräp (Tar.), кбтбр (Kir.), кбтур, ку-
Tip die übrigen Dialecte]
aufheben, кбтурмакИк (coturmeclic 78), KôTäpimäx
(hotarime 226), körypip (kötir 191,9), кботурдн
(kötirding 206,8, kôt'ding 199,13), котардн (kôter-
ding 195,3), körypai (köturdi 190,17, 209,8, 216,5).
körypyl (у) [Pass. von köryp]
erhoben sein, körypylmim (coturulmis 85).
kön (v) [7128 (Uig.), Ela (Dsch.), кбч (Alt. Tar.), кош
(Kir.), kön (Bar. Tob.), куч (Kas.)]
fortziehen, nomadisiren, кбцт! (kôëti 200,9).
köuyp (у) [Factit. von кбц, кбчур, кошур, кбцур, kyyip |
überführen, könypıy (Кобига 195,16).
KÖC KÖHY
ganz gerecht (kös könü 190,13).
кбз [ASS) (Uig.), SE (Dsch. Osm.), кбз, куз, köc alle Dia-
lecte |
Auge (chox 110), kösy6ilä (kösibile 169,9), кбзга
(közgä 210,1), kösimisuiy (kösimising 189,2).
kösäy [кбзб (Kkir.), kögäc (Abak.), кбзуш (Tel.)]
der Feuerhaken (kösöv 139).
кбзс1з | =кбз-н 13]
_ Ыша (choxsis 116).
Qt
34
kön [—SSS) (Vig.), | Dsch.),
Dialecte]
viel (cop 68,70,72,159,15, côp 163,14,15, köp 203,15,
209,9, Кор 199,1, 216,2, 217,3, Cöp 159,16), коптан
(cöptan 159,16, köpden 169,5), könkä (Корса 65).
копру [3,225 я (Dsch.), 525° (Osm. Aderb.), кобрук
(Tar.), кббрб (Kkir.), кббру (Bar.), кур (Kas.)]
Brücke (chopru 89).
кобыйк [кобшак (Alt. Tel.), ky6äläk (Kas.), eb (Dsch.),
US rilicärx ES (Osm.)]
Schmetterling (kobelek 143,5, 222).
ком (у) [кбм, кум alle Dialecte]
begraben, кбмармён, кбмдум, кбмгу! (chomarmen,
chomdun, chomgil 58), kömmimi (kömisi 215,10).
kömyl (v) [Pass. von kön]
begraben werden, kömylyn Typyp a 212,1).
комудрук [комУ1друк (Kir.)]
Brustriemen (comuldruc 122).
кбмур [кбмур, кумр alle Dialecte]|
Kohle (comur 97).
к [4 (Dig), кат (Soj.), кёс (Abak.), ES” (Dsch.), кт
(Alt. Kir. Каз. Tob.), кал (Bar.)]
anziehen, KijäpMäH, ктд1м, кт, Kiril (cheyarmen, chey-
dum, cheydun, chei 14, 32), ки (cheygil 32, kjjgil
66), Kai (kiydi 231, keydi 215,7, 216,5).
кк [25 ) (Uig.), ES (Dsch.), как (Alt. Abak. Kir. Tar.
Tob. Каз.)]
“ wild lebendes Thier, wild (cheyc 84), как тонус (cheyk
tongus 128) wildes Schwein.
кк (?) [von ki, vergl. KIT]
Kleidung, kikkä (keycgä 184).
kiyip
krumm (kingir 140).
Kijil (у) [Pass. von Ki]
angekleidet sein, kijilmim (chebelmis 84).
вн (у) [Reflex. von ki]
sich ankleiden, kijinin (keyinip 201,8).
KIHAIK [KIHAIK, юндк alle Dialecte ]
Nabel (chindik 111).
кШм [км (Kas.), kiläm (Kir.), kilim (Aderb.)]
Teppich (chilim 123).
к (v) [kip, вр alle Dialecte]
eintreten, Kipäp (kirer 145,10, 198,13), ‚kipäpöic (ki-
кбп, куп alle nördlichen
W. RADLOrFF.
rirbis 163,11), xipaix (kirding 194,2), юра (kirdi M |
219,18), kipailäp (kirdilar 162,4), kipin (kirip 206,9), «
кра (kyra 215,9), круга (krivgä 215,4), äcimä Kipxi
es ist mir eingefallen (esima kirdi 227).
кр [kip, кр alle Dialecte]
Schmutz (kir 216,8).
Кац Я
Kalk (chirac 102, chiraë 120, kreë 139).
крае [eJ LS (Osm.)]
Kirsche (chiras 125).
кфш [kipnä (Tar. Kir.), xip6i (Tob. Bar. Schor.), xıpmi
(Kas.)]
Igel (kirpi 145,8, 147,7).
юршк [EL „У (Osm.), Kiöpix (Aderb.), kiöpie (Alt.), kipnik
(Tar. Kir.), kipnik (Kas.)]
Wimper (chirpich 110).
kir [кт (Kir.)]
Kleider, xirläpni (keyitlni 197,6).
kinip (у) [Factit. von к1]
anziehen, kizipzi (keddi 191,1, keyddi 197,5).
кира [= arab. | À]
tragacanthae Harz (chitirä 95).
кии [> US) (Uig.), Es“ (Dsch.), =}, Ss (Osm.), kimir |
(Abak.), kyuy, ridinäx (Alt), кшёш (Tob.), kiuik,
kiyi (Kas.)]
klein (kiezi 66), kini, kinisi, kimiläp, kimiläpsi (chidi, «
сте), chizilar, chizilarnj 75, chiëi, chiëinj 77).
к1з [xie (Alt), xis (Kir. Каз. Tob.), кача (Aderb.)]
Filz (chiix 122, coux 123). k
sialän (v) [480 (Uig-) SLT (Osm.), isléur (Aderb.)]
sich verbergen, kisläamim (kizlemi 180).
kim | 5) (Uig.), ES: (Dsch.), kim (Alt. Tob.), кс (Kir.),
кии (Kas.)]
Zobel (chis 98).
kimän [> (Uig.),
(Alt.)]
Fussfessel (chisan 122).
OS (Dsch), kimän (Tar.), kiän
кии [54 (Uig.), iS (Dsch. Osm.), rixi (Alt, Abak. M
Bar.), Kimi (Tar. Tob.), Kici (Kir.), Kinn (Kas.)]
Mensch (chisi 66, 105, 109, 115, 116, chizi 117, ь
kisi 8,9, 173, 181, 203,2, 206,7, 211,10, 226, 228,
u ET EEE .
230, kizi 164,6, 15, 166,10, 167,3, 12, Кум 164,9, —
165,2, 3, 4, 5, 13, ky’si 165,3,
ksi 136), кии …
%
%
2
Das TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS.
(kisining 185), кшига (kysiga 165,6, kyziga 166,18,
kisiga 159,12), кшин! (kisini 185), кшидан (kyziden
164,7, kyzidan 166,11), kimiläp (kisiler 173, kysiler
141), атлы кии (аа chisi 105) Reiter, kam Катын
кии (kam katun kisi 9), ]узган кши Schwimmer
(yxganchisi 39). ;
_ Kiné (у) [kimmä (Tar.), kinrä (Alt.), каста (Kir.), кишна
(Kas.)]
wiehern, ылкы kimaäixip (yilki kyzineydir 134).
_Ki6i [AS (Osm.), KIOIK, кук (Kas.)]
gleich, ähnlich, анын Ki6i (aninchibi 70), тонуе Ki61
… (tongus kibi 174), сан ki6i (sening kibi 185).
Ki6pir [dial. каурут, siehe dass. |
Schwefel (chibrit 90).
kim [6-50 (Uig.), es (Dsch. Osm.), кём (Alt.), Kim (Bar.
Kir. Tar.), kim (Kas.)]
wer, welcher (kim 68, 158,4, 6, 10, 13, 17, 159,5,
160,12, 14, 162,12, 163,4, 5, 7, 12, 164,6, 165,7, 15, 16,
166,3, 167,3, 13, 168,1, 2, 6, 8, 10, 12, 169,7, 170,1,
171,8, 186,13,15, 187,7,8, 206,4, 207,1, 208,10,
2,5, 212%5,213,1, 2, 3, 214,2, 4, 5, 7, 9, 216,6,
cym 161,14, kym 163,6, 168,14, ki 188,7, 190,1, 3,6,
В 0, 14, 192,7, 193,1, 3,7, 194,1, 5, 11, 12, 13,
85.3, 7: 196,3, 8, 197,12, 198,5, 6, 11, 199,12,
200,1, 201,4, 5, 6, 9, 14, 203,3, 5, 15, 204,3, 205,7,
‚ 206,1, 209,3,7, 211,8,kin 220,4), kim#iy (chiminin 64,
kimning 64, 190,11, 192,11, kining 188,1, 189,13, 17,
kining 189,1, 198,7, kfning 200,13, 204,5), kimrä
(kigä 203,13, 204,1, 205,10), Kimni (kini 202,6,
kimni 189,11), kimnän (kida 191,2, kimdän 208,1),
KIM Kim wer es auch sei (kimkim 158,8, kikt 198,15),
на KIM äcä wer es auch sei (nekimese 158,18), на Kim
(nekim 167,7), kinläp kin (КТ 202,12).
ку (v) [OS (Uig.), Es, (Dseh.), кб (Tar.), к (Alt. Kir.
(Tob ), кл (Kas.)]
brennen (intr.) (vergl. kyinyp).
Kÿiaÿp (v) [Factit. von ку]
brennen, verbrennen, anzünden, кудуруман, KŸiAŸPAŸM,
кудур (cüydurumen, cüydurdum, cüidur 6).
куаз [4>8) (Uig.)]
Stolz (vergl. kyäsli).
35
ryäsly [=ку&з— |]
Stolz (kuezlu 185).
кука]
Unkraut (kukel 135).
кун (v) [verel. es (Osm.)]
schicken, кунармён (cungarmen 140), кунган ар Ge-
sandter (tungug....ir 140).
кун [кун (Kir. Tob.), кон (Kas.)]|
Sclavin (са 105), кун! (chuni 114),
Bastard (chunradan touga(n) 117).
kfjärf (Уж) [HS (Dig), SL | (Dsch.), (fo
(Osm.), куз& (Abak.), Kyjy a Kyjäy ee кб] ау
(Каз.) ] |
Schwiegersohn, Schwager, Bräutigam (chujegu 114, ky-
jov 216,10), kyjäyni (küjövni 190,9).
кун [ Fo (Uig.), с’ (Osm. Dsch.), кун (Alt. Kir. Tob.
(Abak. Bar.), кбн (Kas.) |
der Eu (cun 78,79,80,82, Кип 80,136,158,7,167,8,
ku 143,14, 160,3, 224, kwn 158,12, 161,4, 11), кун-
niy (kuning 200,16), кунн (kunni 184, kuni 161,4),
кунда (conde 65, kundä 159,12, 212,2, Када 200,7),
Kkÿaaäx (küdan 158,10), кундё (küdey 190,8), кундаг1
(kundegi 65), yay кун (olu kun 78, ulu kunni 184,
ulukudan 158,10), кун тушы, Topymi (con tousin 82,
kwn toguschi 161,11) Osten, Sonnenaufgang, кун баты-
шы (вип batisi 82) Sonnenuntergang, Westen, кун у]акты
die Sonne ging unter (Ка uyakti 224).
kyaylä (у) [kyuylä (Bar.), конёш (Kas.), ES (Rbghusi) |
beneiden, kyaylämäk (kumlamak 142).
кунущ: [kÿaÿai (Tel.), kŸaÿiÿ (Bar.)]
neidisch (Копу 185, kuvnëi 186).
кундур [= pers. LAS |
Weihrauch (condroc 92).
кура [95 (Osm.) == arab. „95 ]
Schmiedeofen (chura 97).
курак | #228) (Uig.), 3] 55 (Dsch. Osm.), курбк (Alt.),
xypär (Tel.), кбрёк (Kas.)]
Schaufel (churac 102).
kyl [= pers. Jÿ]
Blume, ку] дарцын (gul darëinj 91), ку ап Rossen-
wasser (chulaf 95), ку| ап cyi (gulaf зу! 94). Die
Schreibung gul statt chul ist durch einen Schriftkundigen
veranlasst.
кундан TYHaH
5*
36
xyl (v) [<> (Uig.), jee S (Dsch. Osm.); xyl (Kir. Abak.), | kÿsäan [von кузан]
кб} (Каз.) ]
lachen, kyläpmän, кУдум, kylril (chularmen, chuldum,
chulgil 50), кумак (culmac 104).
куку [=кУ1-нку, куку (Kir.), кекб (Kas.)]
Gelächter, kylkym (chultchum 51).
xylräsär [vergl. xylrä (Tob.), кота (Kas.)]
Garbe (kultebegni 169,10).
кут [кут (Alt. Kir), кбт (Kas.)]
hüten, kim koisap кутар (kim koylar kuter 159,5).
куту [кбту (Kas.)]
Behütung, Schutz,
169,5).
кутущ [кудущ (Tel.), köryui (Kas.)]
der Hirt, kÿrÿmirä (kutöuligä 159,4, 9).
куц [0283 (Vig.), si (Dsch. Osm.), куч (Alt. Kir. Tar.),
куш (Kir.), KŸ (Bar. Tob.), кбч (Kas.), kön (Misch.)]
Stärke (cun 28, сиё 104, kuë 227, kw& 170,9), куцум
(kuzun 42), куцун (kuëung 162,10), куц 6ilä (kuëble
167,9).
куца (у) [куча (Kur.), кучён (Tel.)]
anstrengen, zwingen, куцарман (kuëerme 228).
куцан (у) [Reflex. von купца] |
sich zwingen, куцангИ a 141).
кущу [—Suss) (Uig.), ala 59° (Dsch.), кучлу (Alt.),
xymly (Kir.), x6ulö (Kas.)]
stark (chuëlu 115, kuëlu 135, kwëlu 160,10, kuzlu-
dur 166,4).
Kynci3 [==куц-н 13]
kraftlos, schwach, куце1зм1зн! (kuësismisni 191,9).
купра [arab. 6 =°|]
armarium (chugira 90). Die Schreibweise chugira —
kynipä ist durch einen Schrifikundigen veranlasst.
куз [/%) (Uig.), 5,9 (Dsch.), кус (Alt. Abak.), куз (Tar.
Kir.), кбз (Kas.)]
Herbst, куз ai (cuxai 81), орта куз ai (ortacuxai 81),
сонгы куз ai (conchitxay 81), кузун (kuzim 181).
кузан (у) |vergl. xysä (Tel.), [№5 (Uig.)]
wünschen, кузанд1м, кузантрмён, кузанмак (cusanur-
men, cusandim, cusamac 21), кузанганми (kusen-
ganim 137).
кузан [кузён (Tob. Tel.), кузбн (Alt. Kir.)]
Ils, Кара кузан (charachusan 98, сага cuxan 128).
тан кутумйндан (kutövden
W. RADLOrFF.
Wunsch (küsänè 186,15), kysäuni (kusanëi 208 7)
Baal Е ee > ей
(Ваг.), куску (Tob. . кбзгб (Kas.)] 3
Spiegel (chuxgu 100). я
куб [куба (Tob.), кобб (Kkir.)] ь
Panzer (chuba 118). й
кумуш | ее (Uig.), Gen (Dsch. Osm.), кумущ (Tel. |
Tar.), кумус (Sag. Kir.), комбш (Kas.)] |
Silber (cumis 96, kömis 145,15), кумушин (nis ‘
ning 188,14), Ey (kumusley 202,8).
Бек
(Fremde Schriftwörter, die nicht allgemeines Eigenthum des
Volkes geworden.)
pain [== arab. Le]
Verbrechen (gaïp 117).
Валбат [= arab. Cs]
Herrlichkeit, па1бат 6ilä (haybat bilä 8).
haidarısı | —hai6aT +181 |
herrlich (haybetli 191,13, haibatli 209,5).
haya [= arab. Iso]
Luft (hawa 78, hava 82, 202,11), Wetter JaMBYPAY
haya Const hawa 89).
Вауалан [2.2 (Osm.)]
stolz werden, Вауаланыр (hovoanlänir 222).
hakim [= arab. SL] |
Arzt, Вакым (hakim 167,14), Вакымьа (hakimga |
167,12). 4
Валал [== arab. J]
rein, Палал оБул (ghalal ogul 115) rechtmässiger Sohn
(Halal 142, hallal 183). 8
Вала [== arab. ale] т
Fingerring (ghalcha 122, halha 233). à
Варам [== arab. р] -]
verboten (haram 183).
базал [== arab. Je]
Gesang (ghasal (cosac) 118).
Вазыз [= arab. ; je]
rein (haziz 196,1), hasbiszap (hazizlar 206,4).
Das TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS.
häærä [= pers. ae]
die Woche (gafta 80).
Вам [== pers. „?]
und auch (ha 187, 198,8, hä 190,5, 194,4, 8, 12, | ру (yesiis (Dig),
201,10, 202,3, 205,6, 206,5).
хороз [= pers. 2]
Hahn (ghor’x 130).
| хорма [= arab. Les]
Dattel (ghorma 126).
hörym [= arab. ]
Rechtsspruch, Aussage vor dem Richter (hôckü 167,11).
Вбкумщ | —hôükÿu-ni|
Advocat (ghocumöi 101).
_ hôüpuär [== arab. Ce]
Ehre (hormat 164,3, 217,4).
hôüpuärlä (у) [—hôüpuäir+li]
ehren, achten, höpmärläril (hormatlagil 185).
(Uig), „sb (Osm.), jai (Krm.), ja (Alt.), ja (Tel.),
пал (Kir.), ча (Sag.)]
Bogen (yaa 118, jà 179), ja kypapuäx ich spanne den
Bogen (ja kurarm 179, jakurarme 226).
jai (v) [RS (Uig), час (Sag.), jai (Alt. Tar.), Gb
(Dsen.), пал (Kir.), jai (Tel.), jai, пал (Kas.)]
ausbreiten, jajapMäx, ]а1дым, )а1ъыл (yayarmen, уау-
dum, yaigil 25, jäjärmen 221).
jai [56 (Dsch.), jai (Alt. Tob. Krm. Aderb. Osm. Kas.), mai
(Kir.), jai (Tel.)]
Sommer (yay 83, jai 145,4), Jajbıu (jain 181).
алла | =)а1-н ла]
den Sommer zubringen, }а1лар (jaylar 145,4).
jay, vergl. jap [Aus (Uig.), éb jan (Tar.), jy (Alt.)]
Feit (jav 143,13, 14).
jayam [yA9°> (Uig), jo6om (Alt), nyac (Kir.), нажаш
(Krm.), пуаш (Kas.)]
‚friedfertig (vergl. }ауашлык).
здауашлык [=jayam--ıbık]
Friedfertigkeit (youaslic 31).
nn!
37
jayk [Haus (Uig.), jÿk (AIL), jayk (Bar.), 3 ,L (Dsch.),
пакын (Каз. Kir.)]
пав (yaoh 69, 71).
‚sebL (Dsch.), jaypy (Ваг.),
цаур (Kir.), jyp (Alt.)]
durchgeriebene Stelle am Pferderücken, MäHiM атымны
jaypy ärri (menim ati javrutti 232).
даулау
êphanne? (javlov 234).
аулы [=jay-+-ıb1]
fett, mit Fett (javli, 145,8, 9, 190,12).
jayr [Ss (Uig.), паут (Kir.)]
nahe lassen, jayrmapa (ioutmaga 140).
jayasıpa (у) [vergl. japabipa|
jays [+8 (Uig.), jays (Kas.), jaye (Bar.), дабые (Kir.)]
niedrig, böse (iuuz 139).
ак [Has (Uig), 50530 (Dsch. Osm.), jayak (Tar.
(Bar. Kas.), jak (Alt. Leb. Sag.)]
Wange (yaagh 101, yaac 111).
jakyr [= arab. SL]
Rubin (yacut 108).
jakımsı [ip (Uig.), us (Dsch. Osm.), дакшы (Alt.
Каз. Bar.), паксы (Kir.), чаксы (Abak.)]
gut (yacsi 64, 75, 115, iacsi 166,8, jäksi 231, yaksi
86, 161,1, 231, iaczi 158,17, jaksi 165,9, 168,13,
iaksi 166,11), jakmprap (yacsilar 75), jakmsıpakryp
(jachzirachtur 167,8, iaczirachtur 168,15).
jan [gb (Dsch. Osm.), ja (Tar.), nay (Kir.), jÿ (Alt.), jar
(Abak.) vergl. jay]
Oel, Fett (yag 95), дабы (jagi 143,10), ку]-ап дабы
Rosenöl (gulaf yage 95), ko3 jJanbı Nussöl (chox yage
95).
jap, auch ay (у) [> (Uig.), ee (Dsch. Osm.), jap
(Tar.), чаг (Schor. Abak.), цау (Kir. Kas.), ja (Alt.)]
regnen, Кар пабар, пагды schneien (Кат yayap, yagdi
40), jam5yp jJanap (yamgur jagar 44) es regnet, }ауды
(jaudi 204,2).
авы [as (Uig.), SL (Dsch.), jaki (Tar.), gay (Kir.
Kas.), jy (Alt.), ча (Abak.)]
Krieg (yage 29).
]авын (у) [nayna (Kir.)]
sich zieren, }авынадыр (jagunadir 145,7).
38
дарлау
paella (Schüssel?) (jaglaou 124).
Завлы, даулы [el (Osm.), del (Dsch.), nayasr (Kir:),
jyay (Kas.)]
Кей habend, fettig, ölig (jagli 210,1).
]авдыр [Factit. von Jap, Jayapıpa]
Regen hervorbringen (javda 205,11).
jay [jax (Alt. Bar.), зан (Kir.)]
Sitte, Gewohnheit (iang 220).
jayak, auch jäk [siehe dass. |
Wange (yangac 110), }анавына (ingacna 170,10).
даны [ADS (Uig.), даны (Alt.), на (Abak.), дана (Kas.)]
neu (yangi 87, iangi 145,7, 161,8).
jaypıı [5544 > (Uig.), 3-53 L (Osm.), )аныл (Alt. Küar.
(Kas.)|
sich irren, }ацылыьрман, JAHBILIABIM, }анылмак (yangi-
lurmen, yangildum, yangilmac 27, jangilirmen 139),
]анылыр 1д1м (jangilirdim 139).
]анлам [цанцару (Каз. | !
Wiederhall }анлам дыр (jängläm dir 232).
jajakupr [vergl. jä]
Bogenmacher (yyacëi 103).
дан (у) [jam (Alt), пав (Kir. Каз), Han (Leb.), nan
(Abak.)]
zurückkehren (vergl. }андыр).
зан (v) [jam (Каз. Tar.), пан (Kir.)]
brennen, janpıpaap (ianirler 141), janpai (iangay
169,11).
jana [ MS (Uig.), jänä (Kas.)]
abermals (jana 67, 219,18, 220,2, jenä 212,3).
дана (даны) (у)
drohen (ianirmen, ianadim 38).
janbiBap |==наны-н бар, vergl. зы (Osm.), пануар
(Kas.)]
Thier, lebendes Wesen (yanauar 127).
jazaip (у) [Factit. von jau]
anzünden, }андырыман, jAHABIPABIM, ]андыр (yandu-
rumen, yandurdum, yandir 6).
дандыр (у) [Factit. von ja]
zurückbringen, jauapıppımän (Jändirme 228), }андырды
(jändirdi 227).
данц (v) [24 (Uig.), jansi (Tar), шанш (Kir.)]
unterdrücken, басып )анцты (basip jancti 191,5).
М. RADLOFF.
]анцыЕ [)анчуЕ (Tar.)]
Seitentasche, Börse (yanzic 120).
jap (v) [@4S (Uig.), jap, пар, jap, чар übr. Dialecte]
richten (eigentlich spalten), jap5y japmak (yargu yarmac
51), jap5y japapmän (jargu jararmen 138).
japa [japa, пара westl. u. südl. Dialecte]
Wunde, japa äräpmäu verwunden (jara etarmen 33,
iara 166,3), japa ini (iaraydi 171,4).
дара (9) [> (Vie), ul (Dsch.), дара (Alt. Leb.
Kas.), пара (Kir.)]
passen, gefallen, japamac (jaramas 141).
japay [von дара = Huxus (Uig.)]
das Passende, kÄpäk japay бармы (kerek jarov barmi
182),
japayısı | —japay +11]
passend (jarovli 180, 226).
japak [= japay]
das Passende, }аракны (iaragne 167,12).
japar [Factit. von ]ара]
schaffen, japarkan der Schöpfer (yaratchan 17), japar-
мак (yaratmac 14), japaranpı (jarataëi 188,3), ja-
parkanspıy (jaratkaing 195,8), }аратКанны (jarat-
kani 204,6), дараттын (jarating 206,7), japarri
(jarati 211,4), japarein (iaratup 219,17).
japam (v) Кош. [= japam (Leb. АН. Tar.), ума (Uig.),
Gil (Dsch. Osm.), царас (Kir.), japan (Kas.)]
sich versöhnen, japamsıpmän, ]араштым, japammak
(yarasirmen, yarastim, yarasmac 11), japampip (ya-
rasur 19) es geziemt sich, jJapamtpı (yarasti 19), ja-
рашмыш (yarasmis 44).
japamtsıp (у) [Faetit. von }араш]
versöhnen, japamıtpippb11 (yarastirgil 11), Japauımeı-
рымйн, дараштырдым, )араштыр, japamırpıpmak
(jarastururmen, jarastirdum, jarastur, jarasturmac
40).
japamcak
passend, treu (jaramsak 141).
фары [jap (Alt.), зары (Abak.) (Adposit.)]
hin, nach (jare 72).
дары [4522 (Osm.)]
Hülfe (yari 77).
m
(Alt. Leb. Küär. Kas.), чарык (Abak.), царык (Kir.)]
japsık [= Haus (Uig.), $06 &pb (Dseh.), дарык —
ur
я
и
Das TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CoDEx COMANICUS.
1) hell (yaregh 82, yaret 82, yaregh 88, iarik
161,6), japbikrhip (iariht" 190,8). Die Schreibweise
yaregh ist gewiss durch einen der Dschagat. Schriftsprache
Kundigen veranlasst.
2) Licht, Helligkeit (jarih 211,6, jarigi 189,2), Jappıkran
(jarihtan 211,6), japksıyaa (iarkinida 193,10), ja-
рыкнын (jarihning 196,7), japBikpt (jarihi 200,16,
jariki 208,9).
]ларыклык [= арык-нлык]
die Helligkeit (iarihlik 215,12), }арыклыкы (iarikliche
159,9), дарыклыкьша (iarchlikine 142), japbıkapı-
Кындан (jariklihinde 187,3).
japeu (у) [AS (Uig.), el „L (Dsch. Osm.), japp (Alt.
(Leb.), парыл (Kir. Kas.)]
platzen, sich spalten, Risse bekommen, jaPPHIBIPMäH, ja-
рылдым, JAPPIIGBII, japbıımak (yarilurmen, yaril-
dum, yarelgil, yarilmac 11), }арылыр (jariler 137),
japeusau (yarilgam 85).
_ дарылва (у) [= дарлыва]
gnädig sein, дарлывалеын (iarlaigasen 158,1), }арлы-
papai (iarlgagey 166,1), japarisamakka (jarylga-
makga 188,12), japapipaart (iarilgadi 190,12, 193,18),
japeupamaknpg (jailgamakning 198,4), japasrsan
(jarilgap 207,10), дарлывавыл (iarilgagil 208,8).
дарылват (у) [Factit. von }арылва |
Gnade finden, дарылватыр (jarilgatir 198,6).
арыт (v) [ о (Uig.), Ge & (Dsch.), japsr (Alt.
Leb. Küär.)]
erleuchten, japbırreı (jaruti 187,2, iaricte 159,9).
japon [,6->%4> (Uig.), р. 26 (Osm. Dsch.), }арым (Alt.Leb.
Küär. Kas.), jepim (Tar.)]
die Hälfte (yarem 85).
Заркын [japksın (Bar. Alt.)]
Glanz, japkbıusıH (jarkinin 216,9),
jap5y [Os (Uig.), 5&,L (Dsch.), japny (Bar.), japssı
(Alt. Leb.)]
Richterspruch (yargu 51, 52, jargu 138), jappymaa
(jargumde 141), jappyaa (iar guda 167,9), jap5y jap-
mak (yargu yarmac 51, 52, jargu jararmen 138).
дарвула (у) [=Jjapsy+.1a]
richten, )арбулап (jargulap 211,10), }арБулама (jar-
gulama 212,4).
39
jap5yaan (у) [Pass. von jappy.aa]
gerichtet werden (jargulan 185).
дарвуцы | —jap5y + ui]
Richter (yarguzi 105, yarguze 138, iargici 166,14,
iergici 170,11).
japısı [дарлы (Kas.), JL (Dsch.)]
arm (iarle 47, yarli 116, iarle 141, jarli 203,9),
japısııappa (jarlilergä 188,11).
japarisa | Fe (015.), dell | L (Dsch. Osm.)]
gnädig sein, jJapasıpamak (yarligamac 78).
japasıpar (у) [Fact. von japasıya = дарылкал]
erbarmen lassen.
japıpıpann [von japasına]
Gnade, Verzeihung (vergl. }арлыванцлыь).
]ларлыванилы | =)арлыбанц-нлы]
gnädig (iarligantludur 166,4), iarlganëli 219,15).
дларлылыК | =]арлы-нлык]
Armuth (iarlelik 47).
japua [japma (Khir. Tar. Alt. Kas.)]
gespaltenes Holz, Klotz (jarma 231).
зал [alle Dialecte]
Lohn (vergl. алцы).
Зал [tas (Uig.), JL (Osm. Dsch.), дал (Alt. Aderb. Kas.),
пал (Kir.)]
Mähne, ]алы (jali 227).
ала, (у) [ie XL (Dsch. Osm.), дала (Alt. Küär. Bar. Kas.),
пала (Kir.), jalpa (Tub.)]
lecken, }аларман (jalarmen 138).
гала, [дала (Al), pt mong.]
| Verläumdung, Зала забадыр (jala iabadir 137).
jean [алан (Bar.), SLYL (Dsch.)]
| entblüsst, nur (jalang 215,11).
даланац [Js (Uig.), : BYE (Dsch.), аланац (Ваг.),
]аланач (Kas.), jalayamı (АН. ]
nackt (jalannaz 84, (j)alangag 140).
jarayanıa (у) | =)аланац-н-ла]
entblössen, }аланацларман, даланацладым (jalangaë-
larmen, jalangaëladim 136).
]алын (у)
]алынырман (jalinvrmen ich blinz
далын [jansm (Alt. Küär. Kas), :
(Kir.)]
Flamme (yalen 125, jalin 139).
ze (?) 234).
JL (Dsch.),
палын
40
jaugau [Jette (Uig.), Gall (Dsch), jaxpa (Tob. Bar. | уаз (v) [326 (Osm.), jas (Kas.), паз (Kir.)]
Kas.), na.ınan (Kir.)]
Lüge, diese Welt, (jaghan 88) lügenhaft, албан танык-
Abık lügenhaftes Zeugniss (jalgan taniklik 185).
]алванла (у) [ =)албан-нла]
lügen, }алБанлап (jalganlap 65).
залвыз [Su (Uig.), le (Dsch.), }альыз (Kas.), пал-
выз (Kir.), jalpyc (Таг.) |.
allein (yalguxol 71, jalgiz 189,10, 194,5, jalguz
211,5), JaHbI3, лальызны, ]албызлар, JaIHBI31apHBIT,
]альызлардан (yalgux, yalguxnj, yalguxlar, yalgux-
larnj, yalguxlardam 76).
]алцы |= )ал-нцы|
Lohnarbeiter (yalëi 101, jalëi 234).
]албар (у) [4SæS (Uig.), gel (Dsch.), gold) L
(Osm.), jau6ap (Kas.), палбар (Kir.)|
flehen, anflehen, }албарыман, залбардым, ЛалбарБыл,
]албармак (yalbarurmen, yalbardun, yalbargil, yal-
barmac 52, yalbarmac 78, jolbarurme 157,9), ]ал-
барсынлар (iarbarsenlar 158,1), jax6apca (ialbarsa
158,11), ]лалбарыныз (ialbarungis 158,15), ja16ap-
дылар (ialbardilar 162,5), ]албармакы 6ilà (ialbar-
machibile 170,5), }фалбарсын (jalbarsin 206,2).
jar (v) [8 (Uig.), OR (Dsch. Osm.), jar, jar, mar,
чат alle Dialecte |
liegen, }атырмён, JaTTbIm, )аткыл (yaturmen, yattum,
yatchil 33, iatirmen 134), jarbip (iatir 162,2, Jatir
145,5, 9), jarreık (jatlik 134).
Jacbı (jJacTb1?) Dés (Dsch. Osm.), jeci (Tar.), дасты, датсы
(Каз.) |
breit, flach (iesse 139). |
дастык Lib (Dseh.); jacryk (Tar.), jacrsık (Alt. Küär.
Bar. Тор. Osm. Kas.), macrpik (Kir.)]
Kissen (yastuc 123).
аз (v) [> (Uig.) irren, jac (Alt.) vorbeigehen |
fehlen, nicht treffen, урдум-да }аздым (urdumda jazdim
134).
аз (v) [> (Uig.), КО (Dsch. Osm.), }аз (Tar. Каз.)]
aufbinden, eniwirren, jasapmän (jazarmen 132).
аз [даз, jac, Jac, час, пас alle Dialecte]
Frühling, ilki jas ai (ylias ay 81) der erste Frühlings-
monat, сонгы ja3 ai (songusax ау 81) der zweite Früh-
lingsmonat, ]азда (jaz 181).
W. RADLOFF.
schreiben, ]азарман (yaxarmen 54).
дазан (у)
zweifeln, jaaaHbIpMäH, }азандым, jasan, }азанмаЕ (уа-
zanurmen, yazandum, jazam, jazämac 22).
дазы [4 (Uig.), азы (Alt.)]
Ebene, Wiese (уах 90), }фазынын (iessening 191,6),
]азыда (jesdä 159,4, jazda 145,7, 8, 9).
jassık [Hayes (Uig.), $226 (Dseh), 3—2 (Osm.), jassık
(Bar. Каз.) ]
Sünde (yasuc 15, 78, yasuc 158,11, jazik 182, iezik
157 ‚s), Jasbıkapıy (iazucning 139), }азыкны (iazuchni
167,7, 9, 16), jaspıkran (yaxuctan 78), ]азык 6ilà
(iazuchbile 168,10), ]азыкларнын (jaziklerning
212,10), }азыкларны (yaziklarni 214,7), лазыкларка
(iasuklarga 164,5), ]азыкымдан (iasikimdan 158,2,
iazukimdan 158,1), jasbrkpix (iazuchug 167,6), ja-
зыкынны (iazuchung'e 166,10), уазыкы (iazuke
166,10, iazuchi 166,15, jazuhi 207,10), }азыкын (ia-
suchin 165,13, 15, 16, 167,10, 168,5, iazucin 166,13,
jazuhin 207,7, 9, 208,2, iazuchyn 167,14, iazuchini
168,3), jasbikbinqau (iasukindan 165,7), Ja3PIKPIMP13
(iasukumus 166,5), }азыкымызны (iasukimisni 1 66,3,
jazihmizni 206,8), дфазыкларымызны (jaziklimisni
209,1, iazuclarmisme 171,10), }азыкыныз (iazuchu-
gus 168,13), Дазыкынызны (iazuchugsne 168,4).
]азыкла (у) | =]азыЕ-н-ла]
sündigen, }азыкламьии (jaxuclamis 15).
]азыЕлы | = азык-н-лы]
sündig (jaxuclu, xaxuclu 117, jazucla 157,4, iasucle
164,7, 165,11, iazucle 166,9, 10, 167,3), jasbikabi-
нын (jazuklining 187,6), ]азыклыман (iezuclumê
157,2), }азыклы Typmän (iazucluturmê 157,6).
Jasbıkepı3 | =]азык-неыз]
sündlos (iasucsuz 163,12, iazuksus 166,2, iazuchsus
168,8, jazik siz 213,5).
]лазыксызлыЕ |[=азык-н-сыз-нлык |
Sündlosigkeit, ]азыксызлыкынны
195,15).
]азыл (у) [Pass. von ]аз]
aufgehen, sich entwirren, уазылыьштыр (jazluptur 132).
jam | jam, jam, чаш, час, пас alle Dialecte ]
jung, frisch (уаз 87, jas 203,13).
(jaziksislikingni ›
jam [alle Dialecte] à
_\ Lebensjahr (уаз 86), фашындан Gast nda 203,13).
jam [alle Dialecte |
Thräne “a 113), дашымны (yasimni. 213 2):
jambık [3-26 > (Dsch.), }ашык (Kkir.), пасы (Kir.)]
mager (jassik 139).
Зашын (v) [} v.> (Uig.), Ge (Dsch.), дашын (Kas.),
jomyu (Tar.), jaæpu (Alt. Leb.)] .
sich verbergen, jamsınMmpım (iasunmis 180), JamıpIumac
(iazzinmas 166,12).
- jamerı [y (Uig.), Hi (Dsch.),
D myz (Таг.), jämil (Kas.)]
grün (yaxil 108)...
_ ашыллыК [= }ашыл---лык |
die grüne Farbe (yassilic 86). :
… дашыр (у) [Sy (Uig.), era (Dsch.), jomyp (Tar.),
jamsıp (Kas.), jaæp1p (Alt.)]
verbergen, jaMPIPPIMäH, дашырдым, JALBIP, }ашыр-
мак (yasirumen, yasirdun, yasir, yasirmac 7), ja-
_ шырса (jazirsa 165,15), jampippicäx (iazzirrisen
166,11), jampipma (iazzirma 167,16), дашырмацыз
… (iazzirmangis 168,14), дашырды (iastdi 193,7), ja-
шырбыл (iasirgil 193,10). -
jampippr | von jameıp |
verborgen (yaxirj 69).
. jan (v) [alle Dialecte]
zudecken, janapmäx, }аптым, jaukpıı (yaparmen, yap-
tim, yapchil 15), ämiksi janapmä (esich(ni) japar-
_ еп 17).
janapaa (у)
zusammenfügen, абац janap.ıapmän (iapparlarmen 140).
janksın [=jan-+-kem]
Decke (yapchiz 15).
. jaGazak [ja6anak (Tob. Kas.), jauky.sak (Bar.) |
Eule (yabalac 129).
Забылдрак [Æutivxs sa (Uig.), janpak (Krm. Osm.), jao-
рак (Kas.), папрак (Kir.), }албырак (Kkir.)]
‘ Blait (yabuldrak 125). |
ja6yk (ja6y) [= ja6ÿ (Alt. Kkir. Kas.)]
Decke, äjäp ja6y5p1 (eyat yabogi 121, eyar yaboëi
122).
Jjaöy.ıı | =абу-нлы]
bedeckt, mit Decke versehen (jabovli 143,18).
Mémoires de 1`Аса4. Imp. 4. sc, УП Série.
janısra (Aderb.), jo-
DAS TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS.
41
jama (у) [ÿeleL (Dsch. Osm.), jama (Alt. Tar. Kas.), пама
(Kir.)]
flicken, }амарман, }амадым (iamarmen, iamadim 52).
jamay [von jama — (Bar. Kas.)]
Flick (jämow 220).
]аман Nr (Uig.), JleL (Dseh. Osm.), jamanı (Alt. Bar.
Tob. Kas.), цаман (Kir.), чабал (Abak.)]
böse, schlecht, jaman, jamanısı (yaman, yamannj 75),
]аманлар (yamanlar 75, yaman 68, 86, 180, jaman
116, iaman 157,6, 7, 164,8, 165,8, 171,11, iama
157,7), jamanıan (iamandan 166,5, 171,12), jamanpı-
мызны (jamanimizni 206,11), ]аман köyyl Gilà (ya-
man congul bila 68).
]аманлы [=jamau-+- лы]
mit Uebel behaftet (yamanli 213,6).
]аманлык | —=аман-н лык |
Schlechtigkeit (yamanlic 86, iamanlich 168,16).
дамвур [Yes Gala (Uig.), БЫ суде (Dsch.
Osm.), japmsıp (Krm.), данмыр (Alt), }аныр (Каз.),
jau5yp (Bar.)]
der Regen (yamgur 44, yangur 82), дамбырла]ын
‚ (yangleyin 204,1).
JamHbipabı | =)амБыр-н-лы |
regnerisch (yamgurlu 82).
jà [ja —ja entweder—oder (Tar.), jà (Krm.)]
oder (ge 163,1), ja (jeh 226).
Jä [> (Uig), or (Dsch. Osm.), jä (Tob. Leb. Tar. Küär.
Kir.), ji (Abak. Каз. Bar.), nä (Kir.)]
essen, jäpmän (jermen 138), järänimqän (ieganimda
157,5), jämäcä (ешезе 158,11), jämäkei3 (jemäsis
213,4), Jäp (jer 145,10).
зак [>> es (Uig.) Krankheit, jäx (Chiv. Vamb.), jär-
cin (Alt.) Widerwillen haben]
Uebel, järläp алызнда (iecler allenda 170,1, jek 187,8),
jäkui (jekni 208,7).
зак (у) [jäx (Küär. Alt.), дк (Kas.)]
anspannen, jekäpmäx (jokermen 220).
Зак (?)
]акашы (2) das Abendmahl (iecesi 168,17), jäk ашын
(iecesin 168,8, 11).
Järlie (?) [=ак-- Ик]
Uebel (jecnik 171,12).
42
järmämoä [= pers. avi EL]
Sonntag (je sanbe 80).
jäy [ls (Dsch. Osm.), jän (Alt. Tar. Küär,), ден (Kkir.),
пен (Kir.), дн (Kas.)]
Aermel (yeng 119).
зан (9) [>> (Vig.), SL (Dsch. Osm.), jäx (Alt. Tar.),
Ji (Kas.), цен (Kir.)]
besiegen, jäyipmän, jäyaim, jäuril, jäymäk (yengrmen,
yengdun, yengil, yengmac 61), jäyai (jeng® 190,6),
jäyintip (jengipt" 192,16), jäyaäyi (jendäli 206,10).
jägil [SAS (Uig.), SS (Dsch. Osm.), jäxil (Alt.), jigil
(Kas.), Hik (Abak.)]
leicht (jengul 68, yungul, yungular 76, 87), jäxil Кы-
лыклы Kimi (jengil kilihli kisi 226).
jäxil (у) [Pass. von jäx]
besiegt werden (yengilmac 61).
jäynip (у) [Factit. von jäx]
sich besiegen lassen, besiegt werden, jännipin (jenderip
206,8).
дар [Jäp, jep, пар, др alle Dialecte]
das Land (уег 78, 89, jer 138, 202,10, 145,5), jäprà
(iergä 170,8), jäpni (jerni 188,3, 211,3), Jäpaä
(ierda 171,9, 159,11, ierde 163,13), }ардан (jerda
144,9), jäpi (ieri 180, 201,2, jeri 204,15), Jä-
pisä (ierina 161,8), jäpix (jerin 140), jäp Tirpämäki
(yer titramachi 59) das Erdbeben.
jäpcÿ (?)
unartig, wild (jarsöv 137).
jäpeir (у)
reizen, jäpciripmäa (järsitirme 224).
jäl [alle Dialecte]
Wind (yel 82).
jaläumi [von jäl]
der Läufer (Traber?) (jelem&i 222).
jälin (‚jo (Dsch.), jälie (Tar.), jilin (Kas.)]
das Euter, jälsi (jelni 230).
jälim [Jjälim (Alt. Leb. Tar. Küär.), jilim (Kas.), nelim (Kir.)]
der Leim (yelin 102).
jälni (у) [jälni (Tar.), jilni (Kas.)]
fächeln, wedeln, jälnipmän (jelpirmen 230).
зат (у) Пат, ver, jir alle Dialecte]
erreichen, järäpmän, järrim, järkil (yetarmen, yethim, | дол [ESS (Uig), Je (Dseh. Osm.), joa (Alt. Kkir.), цол
yetchil 7, 31, ietar, ietti 42, yetar 71), järmär 6ilä
W. RADLOFF.
195,14), järäp (jeter 198,14), järmäs (jetmez 209,7).
järi [OS (Vig.), (ss (Dsch.), jürri (AL), Идя (Kas.)] |
sieben (jeti 80, jetti 188,15).
järkip [955 (Uig.), järrip (Alt. Küär.), järxÿs (Tar.),
jerkip (Kkir.), jirrip (Kas.)]
kommen lassen, erreichen lassen, järripril (ietkirgil
192,2, 197,4), järkipai (jetkirdi 196,12).
jätkia (у) vergl. järkip [järky3 (Tar.)]
hinbringen (jetkiz 210,3).
jäs [jäc (Alt. Leb. Küär.), jis (Kas.), nec (Kir.)]
Messing (yes 97, iez 181, jez 232, 234), jäc TakTachı
(yex tactasi 186) Messingblech. .
yetmac bila 71), jämuäin (ietmeyin 190,2), jämri (jeti
jämim [y (Uig.), суде (Osm.), jämim (Alt), nemic M
(Kir.), jimim (Kas.)] |
Frucht (yemis 28, giemis 89, jemis 125, 202,10, jej-
nis 216,7, iemiz 172,2), jämimig (jemissing 186,9),
замши (jemisi 209,6).
jok [jok, nok, jyk alle Dialecte] |
das Nichtsein; nein, nicht (yoc 68, ioch 141, 158,15,
:164,7, 171,3, joh 143,12, 144,1,2, 146,12, iwe
158,8), jok äcä (yoc exa 68), jokryp (ioctur 166,2),
Häwmä Jok (neme ioch 163,13).
jokapsı [5.2482 (Osm.), }увары (Kas.), nopapsı (Kir.)]
oben, herauf (iochari 160,2).
jokaa (у) [jokaa (Bar.), jypa.a (Kas.), ge} (Osm.) tasten]
vermissen, suchen, äpkäy ]окладым (johladim 235).
jokeya [Jg (Osm.)]
arm (yocsul 116, johsil 203,9).
дован [Gé (Dsch.), jyan (Kas.), jou (Alt.)]
diek (yogan 87, yogun 102).
)овартын
von der Hôhe (jogartin 148,5).
фон (v) LS (Uig.), Ge» (Dsch. Osm.), фон (Alt. Tar.
Küär.)]
schnitzen, schaben, joHapmän (jonarme 226).
]онбан
‚ de Cap).
jopaza (у)
wünschen, )ораларман (joralarmen 222).
(Kir.), jya (Kas.)]
jon6an Käräni (yionban chetan 107) ein Zeug (Па.
DAS TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS.
Мес (jol 16, 163,10, yol 61, 88), joapa (jolga 16,
iolga 164,10, 165,2), }олны (jolne 141), }олдан (ioldan
_ 164,10, 15, 165,4, ioldan 169,1), joa 6ilä (101 bile
163,11), олунны (joluni 183), }олуна (joluga 198,15),
]олуна (ioluna 165,16), }олын (iolin 191,15, 192,10),
joxbiana (iolunéa 219,17), ]олларына (jollaringa
192,1), }олларынны (jollaringni 196,11).
joay [vergl. jeuÿ (Tel.), jprabr (Kas.)]
warm (io)lu 139).
joayk (у (v) Lido ( Dsch.), jolyk (Tar.), уолуК (Krm.), joabik
n я
_ entgegenkommen , )олубурман, ]олуктум, ]олуЕКыл
(yolugurmen, yolugttun, yolugchil 41), joaykry (io-
luchtu 164,11).
_ юлдацы [Jo (Dsch. Osm.), jorom (Alt), цолдас
(Kir.), jyaaam (Kas.)]
‚ Reisender (joldagilar 233).
]олцы РА (Uig.), ie (Dsch.), jour (Bar.), joany
(Krm.), }улчы (Kas.)]
Wanderer (Gast?) (joëu, 225).
Joucy3 |=j01+-cy3]
ohne Weg (jolsuz 163,9).
- jomapr [= Sy lese]
freigiebig (jomard 115), jomapr köuyyl 6ilà (jomart
congul bila 68).
jouyk (у) [>88 (Uig.) versammeln, yes (Uig.)
alle]
sich versammeln, jomykreı (jomucti 18).
jomxap (у) [vergl. das vorhergehende |
versammeln, }омдарымён, ]омдардым (jomdarimen,
jomdardim 18).
Зоткур (v) бткур (АМ), убдур (Küär.), jfrkip (Kas.)]
husten, jörkypaim (jötkurdim 136).
jJöney (v) [jöu (Alt. Leb. Küär.) passend, tüchtig |
billigen, jôncÿmim (jüpzimis 188,12).
jönein (у) [vergl. jön (Kkir.) gut]
billigen, Jöncinin (jopsinip 195,8).
jön jön |
immer fort (jp jöp аа bolur 133,
135).
jsik (v) LS (Uig.), ne (Dsch. Osm.), jsık (Alt. Küär.
(Kas.), нык (Kir.)] nue
umwerfen, jp1kapmäa, }ыкты (iycharmen, iychte 18).
iôp kuëlu bolur
43
jeikpra (v) [Pass. von jbik]
umfallen, }ыкылдым, лыкылырмап, дыкыл (gikilur-
men, gikildum, gigil 12, gichildim 134).
]ывла (v) [ FES (Uig.), цыла (Kir.), jema (Kas.), yita
(у) (Kir.)]
weinen, )ывларман, лывладым, }ывлавыл, }ывламак
(yglarmen, ygladum, yglagil, yglamac 43).
Лъщырцак [ынцырчак (АН. je
. Packsattel (yengirzac 122).
дыр [_»l (Osm.), дыр (Bar. Aderb.), ыр (Soj.), пыр (Kir.)|
Gesang (уг 12), длырын (irin 188,8).
jsıpak [428 (Uig.), 3
pak (Alt.)]
weit, fern, jbıpak ätäpmän, лырак ат (iragirmen, jarat
et 8), jpipak (yrah 69, irach 164,13).
]ыраЕтын | von jsıpak]
von Weitem (yractim 64, irachti 164,12).
дырва (v AN (Uig.), jp1p5a (Alt.)]
zechen (?), jsppañbit (girgagil 221), }лырБаладыр
(jrgaladir 230).
дырла (v) [=ыр-нла]
singen, ]ырларлар (irlarlar 159,10), ]ырлап (irlap
202,5), }ырларман, }лырладым, лырлавыл (yrlarmen,
yrladim, yrlagil 12).
дырт (у) [SSS (Uig), 3,» (Dsch. Osm.), jsipr (Alt.
Kas.), пырт (Kir.)]
zerreissen, JbIPTApMäH, лырттым, }ыртКыл, jbprmak
(girtarmen, girttum, girtchil, girtmac 23), jbIpTb1H
(jirting 140).
jsıpreun (v) [Pass. von )ырт]
zerreissen (intr.), JbJPTbLAABIH (Jirtilding 140).
зырцы [=уыр-нцы]
Sänger (yrèi 103).
зыл [ESS (Uig.), Je (Dsch. Osm.), дыл (Alt. Bar. Kas.),
era (Kir.)]
Jahr (gil 79), }ыллар саны die Zahl der Jahre (glar
sani 81), алты ]ыл (altigil 158,5), jeıaaa (gilda 168,6),
зылларны (jilläni 205,7).
зылан [} (Uig.), с» (Osm.), дылан (Alt. Kkir. Kas.),
пылан (Kir.)]
Schlange (gillan 129,
]ыланны (Пап! 191,4).
Le (Озев.), jpıpak (Kas.), ыраЕ,
Пап 168,15, 16, ylan 145,9),
5+
44 Ri М. RADLOFF.
зылкы [уе (Uig.), dal: (Dsch.), уылкы (Alt. Kas.), |jya [пуа (Kir.) grüne Zwiebelpflanze]
зылвы (Küär.)] .| Zwiebel (youa 127).
Pferde (yilki 134). jyan [arab. Jg=]
jeurpa (у) [jerrpa (Bar.), цылтра (Kir.)] Antwort (joap 52), jyan 6äpimän (joap berumen 52)
glänzen, JPIITPAAPI, дылтрамак, зылтрар (giltradi, gil- | ich antworte.
tramac, giltrar 34). ]уанцан
JBIATPbIH träge (jyvoantang 135).
Glas (giltrin 109). . jyk (v) [Mes (Uig), eg (Dsch), дук (AI), jek
jemap [4528 (Uig.) — pers. „LI (Kas.)]
Moschus (ypar 93). kleben, jykapmän re 220), N (juh-
ji (v) [>> (Uig.), +2 (Dsch.), ци (Kir.), ji (Kas.)] mami$ 144,10).
sammeln, jijapmän, juin (yiarmen, iydim 18), jipai- | jykryp (v) [Fact. von Уно
быс т 169,9), Jiai (та 234). anhängen, machen, jyKTypmai (jukturmey 216,8).
Jiräy | JYSYPT
Kirche eisen 198,3), лкауга (gichövgä 158, 4, 10).| Quark (yugurt 131).
jirir [SOS (Vig.), te (Озев.), jirir (Alt.), jirir (Kas.)] | nyhyr [= >y12] ö
Jüngling (ygit 87, iegit 164,11, 165,4). Jude, jüdisch (Schriftwort) (guhut 161,7), пувутлар’
jirirlik [=jirir +lix] . (guhutlar 170,10). |
Jünglingsalter, Jünglingskraft, Muth (yeïjtlic 85), jirirlikai | jÿa (у) [Reflex. von jy]
(jigilikni 213,3).
ja [min (Kas.)]
Versammlung, cänärjin(senekiyn 147,5)—truss.DOMOINE,
Hülfeleistung der Nachbarn bei der Heuernte.
ул (v) [Pass. von ji]
sich waschen, }унурмён, JyHayM, )унбыл (juunurmen,
iuundim, iuungul 10), }уналы (ju прай 214,6).
jyp (v) [9255> (Uig.), Geysès (Dsch.), jY5YD (Таг.), jo-
Бор (Kas.), jypa (Alt.)]
em rte (ld) kneten, jYpPIMäE, JypAbım (jurimen, jurdim 136, juur-
’ ; dim 143,6).
Мак [SU (Dsch.), Нк (Alt. Leb.), ан (Küär.)] | a и
р п. I и" jÿppau [дурбан (Alt), joppau (Kas.)]
| | | а (Vie Bettdecke (yourgan 123, yorgan 99). .
т (у ig. ; < 2 :
verloren gehen (vergl. jirrip). a | (Uig.), 232 (Dsch. Osm.), jypr (Alt. Tob.),
le: RR (Uig.)] jopr (Kas.), uypr (Kir.)]
) harf (jiti 133 to iti 180) Wohnung (yurt 35).
scharf (Jiti iti à RER : Е а
jirrip (v) а a jir] JA 3913 (у) LES (Uig.), al (Dsch.), дул (Alt. Tob.), дул
. Tar), joa (Kas.), Kir.)| |
verlieren, jirtipäim (jitirdin 230). (ar), ед ( 3 a ya | р и - % 3
Нана [ева (Kas.] ausrupfen, ausreissen, jyaapmän, }улдум, ]узбыл, дул-
а ou 114) мак (yularmen, yuldum, yulgil, yulmac 48, yulur-
en in alle Dialeete] men, yuludum, yulugil 49), дулмыш (julumis 84),
2 Jo ) 3
Faden (ÿp 27,97, 102,ip 100), jopyujin(yogunip102). | Je" (juldi 208,4).
jiuäx [jinär (Tar.), ji6äx (Alt.)] ]уту +
Seide (ypac 107, jibekmi 232). Rettung, Erlösung (juluv 209,1).
Лет (у) [jiôi (Alt. Bar.)] jyayupı [=улу-нцы]
weich machen, jiGiripuäa (jibitirmen 221). der Erlöser (julovüi 230).
39 (v) [ges (Osm.), 37 (Tar. Kas.), ну (Kir.)] jyayayn [von jy]
waschen, )уарман, )удум, jy (juuarmen, juudum, ju Rasirmesser, Instrument zum Ausreissen des Bartes (?) N:
33), jyası (judi 209,2). | luguz 49, yulunguz 100).
*
Das TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS.
улун` (у) [Reflex. von jya]
erretten, ]улунБванымыз (julugnamis 206,6), ]улун-
Банларны (julügâlarni 210,2).
jyaka (v) [vergl. jyl5y (Tar.) mausern, jyak (Kkir. )]
pflücken, улкармён (julkarme 224).
_ дултар (у) [2]
verbessern, }ултарымйн (ju(lta)rime 226).
jyays [Ses (Uig.), Us (Dsch.), zul» (Osm.),
jyaryc (Tar.), пулдуз (Kir.), }ендоз (Kas.)]
’ Stern, jyaays (iuldus 78, 161,4, ioldus 161,5, iuldus
161,9, iudus 161,11, iuldus 162,1, juldus 145,11,
207,7); }улдузвы (iulduzni 162,3, 192,9).
дулдузцы [==)улдуз-нцы]
Sterndeuter (julduz&i 180).
- jyamaua (у)
bücken (?) [ich bu], jyamarapuän (julmalarme 294).
- jyapyk [Go25> (Dseh.), jyapyk (Bar. Alt. Leb.), joapok
` (Kas.)]
die Faust (juruh 223).
| jycak [русак (Tob.), jocak (Kas.)] `
Schloss (yusxac 12, yusac 119).
я jycakıa (у) [= усак-нла]
mit einem Schlosse verschliessen, jysak.ıapmän, ]узаКла-
дым, jysakıa (yusxaclarmen,yuxacladum, yuxacla 12).
jy6au (у) [jy6an (Ваг.)]
scherzen, zum Scherze sagen, ausdenken, )убапБан сбз
(jubangan sös 227).
дум (v) LOS (Uig.), Goes (Dseh.), дум (Alt. Tar.), jem
(Kas.), пум (Kir.)]
die Augen zudrücken, }умармын, jymaym (iumarmen,
iumdum. 133).
jymyprka [lys (Dsch.),
jemepka (Kas.)]
das Ei (ju(murt)ka 143,11, jumurtka 143,12).
Lg, (Osm.), jymyprka (Bar.),
_ Лумвалак [)умваЕ (Alt.), пумалак (Kir.)]
rund, die Kugel (kuylecht), (jugalak 223).
jymmak [= дымжак (Alt.), Зе (Osm.), nymcak (Kir.)]
weich (ymisac, yumsak 65, ymisat 88).
ук [> (Uig.), 2), (Dsch. Osm.), уук (Alt. Tar.), ук
° (Kir.), jék (Kas.)]
Last (yuc 30, 102), jyk тушуруман abladen (yuc-
tusururmen 19), jyk кбтурмакИк das Belasten (juyc
coturmeclie 78).
45
ды (5) [= hi]
belasten, jyrläpmär, jyklänim, ука (yuclarmen, yucla-
dun, yucla 30). |
]уган [Uk (Dseh.), jyrän (Tar.), пугбн (Kir.), jeräa
(Kas.), yrön (Alt.)]
Zügel (vergl. jyräum).
]уганщ | =уган-нщ |
le (yuganëi 101).
jyrya (v) [vergl. уугун (Irt.)]
sich verneigen, jÿrÿnÿuis (jugungis 157,1, jwgwnwn-
gis 159,1), Jyrysai (iwgundi 160,5), ]угундПар
(jwgüdilar 162,5), jyryayp (jugunur 198,5).
уе [von jÿrÿu] |
Verbeugung, Verehrung, Anbetung. (jugund 207,3), jÿ-
rÿanimis (Juguntimis 209,10).
jÿrfp (1) [seses (Dig), ey; (Dsch.), jÿrÿp (Tar.
Küär. Alt.), uyryp (Kir.), jöröp (Каз.)] |
laufen, jyrypywän, jyrypaym, jÿrÿp, jyrypmär (yu-
gururmen, yugurdum, yugur, yugurmac 12), jyrpyu
(iugrup 214,7).
jyu [ss (Uig.), Ei, (Osm.), jou (Kas.)]
Wollhaar, Flaumfedern (jon 46, yung 106, 107), угу
]уну Eulenfeder (ugu yungi 106).
jypäk [>23 (Uig.), al; (Osm. Dsch.), jypär (Leb.
Küär.), jypör (Alt. Bar.), цурбк (Kir.), jöpäk (Kas.)]
Herz, jypärisä (juregina 145,2). |
jfpÿ (1) [Ses (Lig.), «5,» (Osm.), jyp (Alt.), пур
(Kir.), ор (Kas.)]
gehen, jypypmän, jypyaym, Jypyril, jypyräu (yurur-
men, jururdum, iurgil 14, yurdum, yurugil, yuru-
gan 38, yurudum 55, jurga 192,1), jÿpÿn (jurup
200,3, 214,7), jÿpÿmärä (yärmägä 214.8).
дут [örfr.(Kir.), ÿrir (Kas.)]
Trost, jyr бардм (juutberdim 140).
утв (9) [ты]
trösten, jÿrlipmäx (juutlermen 140).
ja (v) уда (Tar. Küär.), цбдё (Kas.)]
müde werden, jÿaäxim (jädädim 221).
jÿs [52 (Dsch. Osm.), jye (Alt), jy3 (Tar.), j63 (Kas.), цуз
(Kir.)]
hundert (iwx 158,12), jÿ3 кун (jwskun 167,8).
дуз [>>> (Uig.), 35 (Dseh. Osm.), jÿ3 (Tar.), нуз, дус
(Kir.), j63 (Kas.), jye (Alt.)]
46
Antlitz, Gesicht (jüz 193,10), ]узуна (isine 142), jÿ-
зун1, ]узун (juzini 205,2, juzun 215,10), jysyaiy
(juzuning 187,3), jÿ3Ÿx (juzing 206,12).
jys (v) [less (Osm.), 563 (Kas.), пуз (Kir.), jÿe (Alt.)]
schwimmen, ]узарман, jÿsaÿm, ]узгИ (juxarmen, yu-
xardum, yuxgil 39), ]узган Kimi (yxganchisi 39)
der Schwimmer. |
jÿaÿr [Ass (Dsch. Osm.), зузук (Bar.), jösör (Kas.), }ус-
тук (Alt.)]
Fingerring (juzuk 179).
]узум LORS (Dig), pol (Dsch. Osm.), узум (Tar.
Aderb.), }озбм (Каз.)]
Weintraube (xuxun 126), Куру ]узум Возше (churu
xuxum 126).
нак | == pers. 3]
Moschuspflanze (пас 106).
Hakapa
eine Art Trompete (nakara 104).
накт [== arab. x]
Geld, baares Geld (nagt 81, 91, 106).
наЕш |= arab. |
Gemälde (nacs 21).
накшла, (у) [ =накш-нла]
malen, накшларман, накшладым, накшла, (пасз lar-
men, nacs ladum, nacs la 21).
HaPPIEN [== arab. gb
Orange (nainë 126).
нарынцы [= GET
Orangefarben (narangi 108).
нардан
Granatapfel (nardan 125).
нал [= arab. Je]
Hufeisen (naal 121).
насыц [== рег. sus]
seidener Stoff р. 107).
на | Uig.),
ri HO ( ak, )]
was ER 70, 160,6, 165,3, 166,14), нага (nega 185),
. надан (ne dan 169,8), Häôilä (ne bule 170,3, 4), на kim
W. RADLOFF.
(Dsch. Osm.), нё (Alt.), не (Kir.), mi |
ET PARENT RO WEL O ETAT TNT TRES
ns VINS LEA LEA PES
й EIWLS N N,
PL
(ne kim 167,7), на kim äcä (nekimese 158 18), mi
Уцун (neuzun 7 0). р.
на [= pers. &] |
nicht (ne 205,8, 213,4), на—нё (ne—ne 162,14), à
км (nekim 163,10). г
нак [aix (Kas.)] |
wozu (Glosse zu Hämärä) (näk 213,7, näk 214,1).
Häyä [нач& (Aderb.), ничё (Kas.)] û
wieviel (neëe 141, 163,14, neza 70, пебе 158,11, «
162,14).
HÄNIK
wie (neëic 70, necik 144,10, 151,8, 159,3, 160,8, 14,
163,13,14, 164,7, в, 165,11, 166,8, 167,13, 170,7, °
и, 171,1,2,6, 11, 186,14, 193,17), нащк kim (nezik- *
kim 171,9).
nägik [näsik (Tob.) = pers. 5) AH
zart (näzik 214,4). !
наФйс | == arab. |
Athem (nafas 112,.naffas 113).
нама [nämä (Alt. Bar. Tar.), намё (Kas.)]
irgend Etwas (mit neg. Nichts) (nema 86, neme 164,7,
167,5), Hämärä (nä mägä 213,7), намёда (neme da _
167,1, nemede 167,11). Hämä jok (neme ioch 163,13),
ац Hämà Täril (heë nema tage 68), änu нама Jok.
(het neme iwc 158,8).
HAMAT | arab. ds]
Genuss (Schriftwort), vergl. Hämärli.
HaMäTII | = des +-li]
angenehm (naamatlu 115).
нокта [aokra (Kir. Abak.), uykra (Kas.)]
Halfter (nocta 122). |
новут [= arab. >=]
Bohne (noghuc 131).
нокта [= arab. 455]
Punct (nocta 79).
нбгар [== pers. 5]
Gefährte (noga(r) 114).
нышан [— pers. YyLi]
Zeichen (nisan 53, nizan 159,6, 162,11, 163,4, 164 5).
нышанла (у) [—=нышан-нла] |
bezeichnen, нышанларман, нышанладым, нышанлазыя |
(nisan larmen, nisan ladin, nisan lagil 53). |
DAS TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CoDEx COMANICUS.
D pers. JS]
_ Indigo (nil 91).
_ нур [= arab. ]
Licht, ата нуры (ata nuri 187,2).
В.
ралван [== pers. ag Я
umsonst (raygan 194,10).
рауанд [== pers. &,/,]
Rhabarber (rauand 93).
рам (ракым?) [== arab. >]
Gnade (Sehriftwort) (rahiminga 206,11).
pasiaga [— pers. sl ;},]
Fenchel (raxiana 127).
ранк [= pers. éL,]
Farbe (rang 102), päykläp (ranglar 108).
— раба [== arab. L,]
Zinsen, Wucher (rebe 85).
рыс [рыс (Alt. Leb. Abak.), рыз (Kir.)]
Glück (rox 28).
ppm [vergl. (Alt. Abak. Kir. Kas.)]
Zauber, glückliches Vorzeichen (vergl. рымцылык).
рымцы [=рым-нцы |]
Zauberer (vergl. рымцылык). |
_ рымцылык [=рым-нцы-нлык]
Zauberei, Weissagung (ranzilic 9).
_ русы
russisch, русы катён (russi chetan 107).
рустан [== pers. SU]
- bäuerisch (rustan 116).
ol.
_ лак [= pers. 5] У]
Lackfarbe, päyki лак (rangi lac 92).
aakan [== arab. all
Zuname, aakan, лакапны, лакаШар, лакапларны (la-
hab, lahabra, lachlabar, lahablarnj 75). |
aakan [= griech. Aexavn]
Becken, Taufbecken (lahan 182).
47
aajbık [== arab. $2]
passend, werth (layh 209,7).
лал [= arab. JeJ]
Rubin (llal 108, laal 109).
ласт
Hede (last 107).
ломбарды
Lombardei (lonbardi chetanj 107).
läyäp [= pers. Lu]
Anker (lenger 179).
Пман [== griech. Auny|
Hafen (limen 43).
limon [= pers. sl Us]
die Citrone (limon 126).
I.
ray (та) [4 (Uig.), ё gb (Dsch. Osm.), таг (Abak.),
ran (Tar.), ray (Kir. Kas.), ту (Alt.)]
Berg (tav 144,13), Taypa (tavga 189,12, 196,12,
203,3), тауда (tavda 144,1), тауларнын тавы (tav-
larning tavi 203,1).
таук [Ha (Uig.), 3,0 (Dsch.), rayk (Bar. Kir. Каз.
Tob.), rakka (Alt.)]
Huhn (tauc 130, taoh 134).
таул [даул (Kir.)]
Ungewitter (taul 139).
rayc [<> arab.]
Pfau (taus 130).
тауе (у) [raye (Kir.)]
beendigen, таусты (tausti 139).
так [36 (Dsch.)]
ungrade, unpaarig (tac 83).
такта [alle Dialecte |
Brett (tacta 120), санар такта Zahlbrett (sanar tacta
90), jäs таКтасы Kupferblech (yex tactasi 106).
таб [vergl. тау]
Berg (tag 88, tage 38).
48
rapai [SEL (Dsch.)]
Verwandter, Onkel (tagai 114).
TAGbI [= дабы]
auch (tage 65).
TAHIBI | =TaH-+- лы]
bergig, таблы Jäp (tagellar 38).
тан [is (Uig.), vergl. тан (Alt.), Ausruf der Verwun-
derung, des Zweifels|
Wunder, танлар (taglar 159,16),
208,15).
Tax [alle Dialecte]
Tagesanbruch, тан äprä in aller Frühe (tank ertä 79, tang
ärte 80), ray (tang mit der slav. Glosse sara (3apa) 181).
тацыш Thon тан |
Wunder (tangis 216,6).
таныш (у) [vergl. ray (Alt. Kir. Bar. Irt. Каз.) ]
танышый ]атьтр (tangisip jatir 230 = ligt hiczède).
танла, [von тан == танда (Ки.)|
wählen (eigentlich im Zweifel sein, ob man dies oder jenes
nehmen soll?), танларман, танладым, танла (tanlar-
men, tanladum, tanla 17), танлап тыр (ап ар
193.16).
танла (v) | je (Uig.), ge
танна (Bar.)|
sich wundern, танлармйн, танладым (tanglarmen,
tangladum 36), танларлар (tanglarlar 190,2).
танланцык | von танлан |
wunderbar (tanglänèik 219).
танда [von тан, vergl. танда (Alt. Abak.)]
morgen (tangda 65, tanda 80).
. тадаК [alle Dialecte |
Stock (tayjak 191,7), тадабы бар (tayagibar 144,13).
тан (v) [526 (Dsch.), тая (Tar. Aderb. Kir. Kas.)]
sich absagen, leugnen, танарман, тандым, танвыл (ta-
narmen, tandum, tangil 39).
таны (у) [ie (Uig.), 5-56 (Osm. Dsch.), таны (Alt.
Abak. Kir. Каз. Bar.) |
kennen, танырман, таныдым,
(tanirmen, tanidum, tanigil, tanimac 15), таныр к1-
ui (tanur chisi 115), таныныз Bu 169,1), Ta-
нымыш (tanimis 216,2).
ransık [Hai (Uig.), 376 (Dsch.), таныЕ (Kir.)]
‚Zeuge (tanuc 60), таныкы (tan°ke 162,13).
танларын (tanglin
USE (Dsch.), танда (Alt.),
таныбыл, TAHBIMak
W. RADLOFF.
TaHBIKJaT (у у) | =Taapık + 1a-T]
bezeugen, таныклатырман (taniklatirmen 159,5).
таныклык [=таньыЕ-нлые]
Zeugniss (tanihlik 185), таныклыК Gäpimäx er ua
berumen 60) bezeugen.
танлаш (у) [= танлаш (?)]
untersuchen, танлашырман, танлаштым, танлаш: (tan-
lasurmen, tanlastin, tanlas 24).
тар [alle Dialecte ]
schmal, eng {tar 139).
rapana
ein Graben (?) (taraga 136).
таразы [таразы (Kir. Kas.), rapac (Bar.) = ,;/,5]
Wage (taraxu 90), таразы дак (taraz'dek 209,8).
тары [тары (Tob. Kir. Kas.)]
Hirse (d’i 131, tari 131).
Tappar (у) [Save (Uig.), 36) С (Dsch.), rapkar
(Kir.), rappar (Schor.), rapar (Alt. Каз.)]
zerstreuen, тарБатКыл (targatgil 187,12).
тарлау [Yo (Uig.), У, (Dsch. Osm.), тарлау (Tob.
Kas. Kir.)]
Acker (tarlov 180, 224, 229).
тарт (у) [alle Dialecte]
ziehen, тартарман, тарттым, тарткыл (tartarmen,
tartum 12, tartchil 58), räripmäx тартарым auf der
Mühle mahlen (tegirman tartarim 37).
тартын (у) [=тарт-нын]
an sich ziehen, тартынырман, тартындым, тартынвыл
(tartinurmen, tartindum, tartingil 32).
талал [== arab. Ji]
der Makler, Ausrufer (talal 101).
талаш (у) Ге Dialecte, Recip. von тала, талаш. (Alt. Kas.
Ваг.), талас (Kir. Abak.)]
streiten, Taramısıpmän (talischirmen 132), талашман
talaschman 141).
rar (у) [Se (Lig), 3-0 (Dsch. Osm.), rar (Kir. Таг.
Kas. Bar. Tob.)]
|.
|
i
$
#
у
kosten, татарман, таттым, таткыл, Tarmak (tatarmen, «
tattin, tatchil, tatmac 29, 55), rarmak (tatmac 81,
86) der Geschmack, das Schmecken.
татар [JUL (Dsch. Osm.), татар (Kas.)]
der Tatar, tatarisch, татар Tilrä Kkônälai (tatar. tige pi
koneldi 229), Tarapıa (tararce 160,11).
DAS TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES Сорих COMANICUS.
49
TATIE LAS, (Uig.), тат (А), тат (Bar. Kir.), дат (Krm.)] | ran
der Geschmack (tatig 86).
татывлы [=татыв-нлы |
wohlschmeckend (tatigli 84).
тату [= TATHIF |
Geschmack (tatov 135).
татла (у) [=тат-н ла]
schmecken, татлар, татларлар (tatlar, tatlarlar 173).
татлы [556 (Osm.), татлы (Kas.), тату (Kkir.)]
süss, wohlschmeckend (ба 1 65,83, 173, 193,8, 199,1,
203,5, tattli 213,3, 4, 214,4, tatle 160,10), acpy
татлы (asru tatli 173) sehr süss.
таттыр (у) [=тат-нтыр]
kosten lassen, таттырбыл (tatirgil 193,9), татырдын
(tatirding 194,4).
rau [L pers.] :
Krone (tagz 105), тацы (daëi 197,4), тацыны (daëini
191,1), riränäk тацы (tigenek tage 171,5).
Tac [= pers. lb]
Becken (tas 100).
тастар [JÜi> pers.]
das Tischtuch (tastar 123).
таз [56 (Dsch), таз (Kir. Каз. Tar.)]
kahlköpfig (tax 116).
ram [alle Dialecte, rac (Kir. Abak.)]
Nachahmung des fallenden Tropfens oder derzufallenden Thür,
raı Tan (бар фар 143,4, tap 146,13).
ran [alle Dialecte ausser südl. |
finden, тапарбыз (taparbis 160,13, 164,9), таптылар
(taptilar 162,4), тапкан (tapga 203,10), rankaichıa
(tapgaysis 159,7, tapgasiz 161,8), тапмасан (tapma-
sang 147,4, 5), Tanmaccän (tapmassen 163,2).
ranra (у) [тапта (Irt.)]
stampfen, таптарман (taptarmen 137).
табан [266 (Dsch. Osm.), табан (Abak. Каз. Tel.), таман
(Kir.)]
Sohle (taban 99, 113),
171,3).
табак [35 (Dsch. Osm.), табак (Alt. Kir. Каз. Bar. Irt.)]
Schüssel (tabac 124).
raosık [Io (Uig.)]
der Dienst (tabuh 217,5), табыкны (tabuhni 208,2).
табын (у) [ro (Uig.), табы (Kas.) |
verehren, табынырейн (tabunirsen 185), табынсын
(tabunsin 209,3), табынмакымыз (tabukmakinmis
212,7), табынмыш (tabumis 216,1).
табыш (у) [von ran]
erringen, табышырман, табыштым (tabuschirmen,
tabuschtim 23, tabusirme 226).
табанындан (tabanindan
Stein (tas 89, 102, 119, 203,5), ташлар Gewichte | табуса (v)
(taslar 90), ташта (tasda 144,1), ram Gilä (taz-
bile 160,1).
таш | y+o (Uig.)]
draussen (tas 189,8).
ramak [EG (Osm.), ramak (Kas.), rasak (Abak.)]
die Hode (taxac 112).
ташаксыз
castrirt, Eunuch (tasacsix 117).
ташкары [Ya (Uig.), я (656 (Dsch.), ramkepi
(Tar.), ташкар (Leb.), тышкары (Каз. Alt.)]
draussen (tascari 65).
ташла (у) [ташла (Bar. Kas.), racra (Kir.), ramra (Alt.),
Gb (Osm.) steinigen|
werfen, ташлап (tazlap 160,1), ташлар ixi (tazlaridi
160,1).
таштын [von таш]
heraus (tastin 24, 65).
Mémoires de 1’Асаа. Пор. 4. sc, VII Série.
zu finden suchen, табусап (=Ta6y-+-cansın?) (tabuv-
sap 215,8).
тах
Tamburin (taf 103).
тафсылат [—=arab. <“ |
Unterschied (tafsanyt 184).
там (у) [там (Alt. Kir.)]
tröpfeln, тама дыркан (tamadirgan 143,4), тамар
(tamar 143,13, 14).
там [+6 (Dsch.), там (Каз. Kir. Tar.)]
Dach (tam 120).
ramak [alle Dialecte |
die Kehle (tamak 111), тамавын (tamagin 135).
тамар [U (Dsch.), тамыр (Alt. Abak. Kkir. Каз.)]
Ader (tamar 112), ramap cokap (tamar sohar 139).
тамаша [= arab. ël]
Schauspiel (tamasa 104).
"TA
50
тамам [= arab. ,lé]
ganz und gar (tamam 13, tama 193,12), тамам äTkil
(taman ätkil 137) beendigen.
ramyk [9-54 Moser (Uig.), &° G 36 (Dsch.), тамы
(Alt.), тамыК (Kir.), ramyk (Каз.)]
Hölle (tamuc 78, tamuh 998, tamu 206,8), Tamyk-
нын (tamuchung 168,12), Tamykka (tamucka 141,
167,2, tamuhka 220,1), тамукны (tamukni 209,9),
ramykra (tamuchta 167,9, 10), тамуктавылар (ta-
muchdageler 166 И
ramka | pe (Uig.), 5 (Dsch), rampa (Каз. Kir.), тан-
ma (Alt.)
Siegel : | и (?) (tamha 225).
тамцые [тамчы (Kas.), тамцы (Tob.)]
ne (tamizik 143,2, tamyzik 143,3).
(у) [alle Dialecte rä, ri, a]
sagen (kommt nur in den Formen тё1 und rän vor und
zwar immer als enklitisch und daher mit erweichtem Anlaut
als дап und zäi) dep 209,4, dey 211,4, dep 144,s,
211,5, 212,10, 215,4, 6).
так [так (Alt. Küär.), тек (Kir.), тк (Kas.)]
ohne Arbeit, unbeschäftigt, так Typymän (tec turumen,
tecturdun 60).
так так
häufig (tec tec 71).
таки [} St (Uig.), räkıni (Alt. Tar.), rexei (Kir.)]
gleichmässig (teksi 198,2).
rärä [rärkä (Alt), така (Tar.Kas.), rerä (Kir.), rärä (Schor.)]
Вок, rärä муз! (tege muzi 144,5).
räränä [reränä (Kir.)]
Becken, Schale (tegana 97, 124).
тан (?) [vergl. rärpi]
bis (dein 215,4).
räril (2) [J4S> (Osm.), tyryl (Kas.), räril (Krm.)]
nicht, Ан нама Täril (Веб nema tage 68), räril (devl
= (näyl?) 194,14, deul 80), rärilmäu (dolme 165,10).
räripnä [räfäpäx (Alt.), reräläk (Abak.)]
rund (tegirma 83).
räripmän [räripmäu (Bar.), riripmäx (Kas.)]
Mühle (tegirman 37), Täripmäg тартарман mahlen (te-
girmen tartarim 37).
тагрманцу | =тагрман-нц |
Müller (tegirmanzi 37).
W. RADLOFF.
| Tärpi [von rärip, rirpä (Kas.)]
bis (an den Dat. enklitisch angeschlossen, daher stets mit
erweichtem Anlaute d) (degri 161,9, 162,2, 171,5,
deyri 146,10, 11).
rärmä [ “ых (Uig.) as (Dsch.)]
jeder, тёгма, rärmäui, Tärmäläpki.(tegma, tegmanj,
tegmanlarnj 76).
тан [ie (Uig.), Eis (Dsch.), тан (Alt. Tar.), тен
(Kir.), тн (Kas.)]
gleich (teng 217,5).
rägis [>> (Uig.), ХХ
(Kir.), rigis, диз (Kas.)]
(Dseh), „> (Osm.), reris
das Meer (tengis 88), тавзда ]урурман (tengisda !
yururmen 38), räyisinä (tegisinä 192,8).
räypi [Oise (Uig.), ft, TE (Dseh. Osm.), танара (Alt.)
Himmel, räxpi (Kas.)]
Gott (tengri 77, 78, 139, 159,15, 164,6, 165,10, 11,
16, 167,4, 168,14, 172,2, 186,13, 192,14, 193,8, 12,
17, 195,1, 16, 197,11, 199,3 2018, 20258 20351,
207,3, 209,6, 212,7, 215,5, 219,15, 220,3, 4, tengeri
158,15, 16, 18, 159,1, 160,5,6,7,8 2161120165,
5, 13, 15, 164,1, 2, 8, 166, 3,4, tegri 192,5, teng"158,2,
tang 158,6), танрийн (tengrining 142, 184, 187,4,
205,9, 211,5, 215,6, 10, tengrinig 159,16, 163,8,
tengiring 163,9, 168,8, 10, 14, tengering 159,9,
tengirning 169,4, tegirnig 169,11), räypirä (tengriga
186,16, 194,5, 195,5, 199,13, 201,9, 211,3, tengriga
159,11, 162,7, 220,4, tengga 157,2, 8, 158,11, 16),
räypisi (tengrini 163,1, 184, 198,12, 202,5, 13,
205,6, 215,12, tengirni 162,9, 15, 163,4,7, tengerin
159,10), Tägpiäa (tengridän 211,6, 7, tengridä 201,6,
tengriden 204,2, tengridan 147,6, tegridan 185,
tengden 168,6), танрн (tengring 196,3), Täxpici
(tengrisi 208,5, 200,12), räapimis (tengrimis 210,1).
танршк [=Täxpi+lix]|
himmlische Angelegenheit (tengrilik 198,9).
тандаш |[==тан-ндаш |
gleich, Gefährte (teng des
dezgä 217,5).
тан [= pers. :»]
Kürper (ten 193 ‚14, 215,7, 46 201,8), TäHi (ten 171,4),
тан (tening 201,10), Täximisxi (tenimisni 162,7),
тантидан (tenindan 162,10), Täusiy тан! (tenin teni
206,10), тандашка (teng
DAS TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS.
208,10), Täaini (tenini 215,7), тан TäxOilä (ten ten-
bilä 215,7), тан алыш (tenalip 211,10).
räali [=Täs+li] |
einen Кбгрег habend (tenli 193,14).
тар [te (Uig.), тар (Alt. Tar.), rep (Kir.), rip (Kas.)]
Schweiss (ter 113), räpi (teri 170,6).
тарак [C2 pers., vergl. räpäx (Alt.) Pappel]
Baum, Stamm, Säule (terac 89, 125, terak 103, terek
209,5), räpäx rikäpmäx (terac ticarmen 45).
таран [See (Uig.), таран (Alt. Leb.), тран (Kas.)]
tief (tereng 139).
räpän [vergl. 31,5 регз., räpäuä (Tob.)]
(Fenster?) Balkon (tarag = tarag (?) 120).
таре [de (Uig.); в_р (Dsch.), räpä (Alt.), räpi (Bar.),
ripi (Kas.)]
Leder, Haut (teri 112), räpi тон Pelz (teri ton 98),
äpirlärän Täpi gegorbenes Leder (eriklagan teri 132).
тарк [ = 3]; arab. |
das Verlassen, Täpk Атарман (taff etarmen 47).
парк [SU (Uig.)]
schnell (tere 64, 87,
161,7).
räpklä (у) [=тарк-н 18]
eilen, räpklän eilig (terelap 64, 72).
räprä (у) [reprä (Kir.)]
untersuchen, räpräim (tergeim 223, tergejm 226).
zäplä (у) [=тар-н1&]
schwitzen, räplän (terlep 134).
terghai 69), таркцё (сегба
_ тарма [его]. russ. теремъ]
tabernaculum, тармастнда (termäsida 189,9).
таре [vergl. 4, (Uig.), 2 (Osm.), таре (Alt.), repe
(Kir.), ripe (Kas.)]
verquer (ters 107, ters (zornig) 225), таре cözläp
(ters sözlär 226) widersprechen.
та [räli (Alt), rili (Kas.), _J> (Osm.)]
Narr (teli 116).
rälöyrä [ril6irä (Kas.)]
Leitseil, Zügel (telbuga 229).
rärie [> (Uig.), rerik (Kkir. Kir.), тазик (Tar.)]
klug, trefflich (tetic Salomo 165,14).
TäcHi® [= arab. Cake) |
Abfassung (tesinf etti 184).
räc | x (Dsch.), 5 (Osm.), тез (Kir.), ris (Kas.)]
schnell (tex 87, 115).
тазган [А (Uig.), SLA, (Dsch.), räckin (Tel.)]
sich drehen, башы räsränni (фаз! tesgedi 224).
таш (у) [=та-нш]
zusammensagen, Tämipläp (desirler 148,7, 8).
таш (у) [alle Dialecte |
durchbohren, durchlüchern, rämäp (teser 145,12), räm-
мак (texmac 122).
ташик [räæik (Alt), тапик (Tar.), recik (Kir.), тшик
(Каз.), ELJ> (Osm.)]
Loch ee 28).
тапрат (у) [ lee (Uig.), из (Dsch.),
(Osm.), räGpär (Tar.), табра (Kas.)]
bewegen, тапратурман, тапратт!м, тапраткИ, тапрат-
мак (tepraturmen, teprattin, tepratchil, tepratmac
37).
ränc [Se (Vig.),
Teller (tepsi 125).
таба [LS (Dsch.), Tä6ä (Bar.), &> (Osm.)]
Scheitel, Wirbel auf dem Kopfe (teba 110), Tä6äcinä
(tebessina 171,3).
таФтёр [= pers. 55]
Buch, Schrift (taftar 90).
тама [= arab. Fond
Begierde (tämä 183).
rämäkäp [= pers. KL]
begierig (tämäker 183).
Tämäx [тамана (А!) |
grobe Nadel (teme 181).
rämip [9954 (Uig.), Do Jos (Dseh.), rämip (AL), тб
мур (Tar.), remip (Kir.), rimip (Kas.)]
Eisen (temir 28, 96), rämipi (temeri 166,9),
мк (temir т! 208,10) eiserner Nagel, сабан TäMipi
Pflugschar (saban temir 180).
Tämipni | =Tämip+ni]
Schmied (temirzi 96).
roi [52 (Uig.), 9 (Dsch), roi (Kir.), ту1 (Kas.)]
Gastmahl (toy 17), тоща (tovgo 214,9, toyga 217,1),
Toipa ундадтм (toyga undadum 17).
roi [San (Lg), ey (Озей.), той (АН. Kir.),
(Abak.), ryi (Kas.)]
satt werden (siehe тотдыр).
, als
„us (Osm.), renci (Abak.)]
TÄMip
52 W. RADLOFF.
тодыр (у) [=то1-дыр] & Topys [He (Uig.), 396% (Dsch.), тукыз (Kas.), TOBye
sait machen, тодырыр (toydrir 194,12), тодыра (Alt. Abak.), товус (Kir.)]
(toyda 205,12), тодырбыл (toydirgil 206,12), то1- neun (tog ai = тоуз ai 201,4).
дырды (toydirdi 213,3). товуш, товуш, туш [von Top]
тоувуц Aufgang (der Sonne), кун тобушы, товушы (kwn to-
Mörser (touguë 94, 124). guschi 161,5, 11, tousin 82), тушнын (tuusning
ток [vergl. 592 (Osm.), ok (Kir. Alt.)] 215,2).
voll, satt (vergl. rokaBik). товрам
rokıyk [ =токфнлык | Бо] аз (tovram 182).
Fülle, Ueberfülle (tokluk 225). 105py [19-5412 (Uig.), тура (Kas.)]
токта (у) [rokra (Abak. Kir.), rokro (Alt.), тукта (Kas.)] grade (togru 83), барца товруда allgemein (barz tou-
anhalten, Tokrapmän (tohtarme 228). | тада 66).
rokmak [9655 (Dsch.), токмак (Bar. Таг.), rykmak | товрулук (=Toppy-Hayk]
(Kas.) | | Gradheit, тобрулук 6ilä (cogrulac bila 70).
Schlägel (tocmac 100, tokmak 145,3). | Topma [von ron]
rokmanpık [von rokmak | von guter Geburt (tocma 115).
kleiner Klöpfel (tokmaëik 147,6). тон (у) [3-53 (Dsch.), тон (Alt. Abak. Таг. Kir.), тун
тоБ (roy?) [eo (Vig.), & (Dsch.), ту (Alt. Tar. (Каз.)]
Kas.)] gefrieren, Toyapmän (tongarme 234).
Fahne (tou 118). Togy3 [тоцые (Alt.). тонус Tar.), туные (Kas.), домуз
05 (roy?) (v) [Hau (Uig.), 3-6» (Dsch. Osm.), ту (Alt. (Osm.)]
Kir. Каз.) — vergl. ту] Schwein (tongus 127), как тонуз wildes Schwein (cheye
geboren werden, тобарман, TOHAyM, тозыл, тобмак, tongus 128), тонуз ki6i (tongus kibi 174), тши
тонуз (tisi tugux 128).
тон [alle Dialecte |
Rock (ton 32), Täpi тон (teri ton 98, 119), тонум
(tonü 143,10).
тонтарма
Spange (tontarma 138).
тонцы | —TOH + цы]
Kürschner (tonër 97).
roppai [торбал (Tar. Kir.), ryp5ai (Kas.) |
Sperling, kleiner Vogel (korgui 130).
тол (у) [alle Dialecte]
voll werden, толду (toldi 204,4), толеун (tolsun
209,4).
толу [vou тол]
Voll, Fülle (toulu 69, tolu 172,1, 194,8).
толтур (у) [Factit. von тол]
füllen, толтурды (toltdi 203,4), толтурдылар (tolt'dil
203,8).
тоту [—=pers. EL
Papagai (totu 130).
Tonnan (togarmen, tuarmen, togdum, toggil, tog-
mac, tongam 40), Toy5ax ro55ax (tougan 117, tu-
gani 189,1, tugan 211,5, 217,2), товды, туды (tochde
159,4, tochdi 159,6, 160,9, 161,11, togdi 208,1,
tuvdi 216,8), roppai (tochei 161,14), тобуптур, туп-
тыр (tuupt'ur 211,6, tuup turur 211,7).
това, [r050 (Leb.)]
Schnalle (toga 122), това тШ Dorn der Schnalle (toga
tili 122).
Tony (у) [+59 (Dsch.), току (Kir.), тукы (Kas.)]
weben, 603 товур (bös togur 234).
тоБур, auch тоур, тур (у) [Factit. von Top]
gebären, товурбан облан (togirgan oglan 159,7), то-
вурмыш (togurmiz 161,8), товурды (togurdi 207,7),
турур (tuurur 186,14, бий’ 196,8, tuurur 217,2),
турдум (tuurdim 185), турдун (tuurdüg 186,10, 12),
турду (tuurdi 215,9), Typpan (tuv'gà 203,14), тур-
маБаны (tuurmaganni 215,9), турвуцы, турдацы
(tuurguëi 183, tuurdaëi 183, 199,4, 215,8), туруп
(tuvrup 189,6).
Das TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS.
тодак [3/2,5 (Osm.)]
Lippe (toodac 110), тодаКлары (totaclari 198,15).
103 [S& (Uig.), 552 (Osm.), тозан (Kir.), тузан (Alt.)]
Staub (tos 89).
топ [топ (Osm. Krm.) und топ (Kir.)]
Kugel (?), Haufen (?) (кие = ор 222), топ ai (tob ai
81).
ronpak [ur gan (Vig.), sl» > (Dsch. Osm.), тупраЕ
(Kas.)]
schwarze Erde (toprac 89, toprak 208,5), туз Toupak
(tuz toprak 142).
тоба [arab. 4]
Reue, Schuld (toba 234).
To6azak [vergl. топалак (Osm.) rund, топалан (Kir.) Dreh-
krankheit]
parkun (tobalak 232, 234).
_ тобра, [vergl. rop6a (Osm. Aderb.) Sack]
pfinellus (tobra 122).
томбур
Pauke (tombur 223).
Töä > (Uig), |}? (Dsch), туб (Kir.), тб Allt.), туа
(Kas.), дава (Krm.)]
Kameel (toua 128, tove 144,15).
тбк (v) [u (Uig.), ELS; (Dsch.), тбк (Kir.), тук
(Kas.)]
ausgiessen, тбкту (tokti 199,6, töktu 213,1), тбгуп
(tögup 209,1).
тогуУ] (v) [Pass. von тбк]
ausgegossen werden, rörylai (toguldi 199,2).
тбн (v) [7 (Uig.), SLi,s (Osm.)]
sich wenden, rönni (tondi 193,5).
Töpä (v) [ (Vig.), тбра (Alt.)]
geboren werden (gebären?), röpäni (törädi215,4,216,7),
тбрадн (töräding 202,9), торатащ (törätäli 216,8).
Töpä pres (Uig.), Las (Osm.)]
Sitte, Gebrauch, тбра туттум (tora tuttum 61), Töpärä
(törägä 182), Tôpänix (töräning 195,14), Töpäcinä
(töräsinä 217,3).
Töpälik |
Gesetz — eyn sete (töre)lih 135).
Töpäri
Thurm (toragi 136).
53
тбрт | eg (Uig.), Eu (Dsch.), тбрт (Alt. Kir.),
дурт (Kas.)]
vier (tört 167,5, dort 147,7).
тбртунщ |von тбрт]
der Vierte (tortuzi 85, tortwndi 167,7).
TÖpTkyl
viereckig (torchul 83).
Tölä (у) [| eo (Uig.), «а (Dsch.), Tölö (Alt. Kir.
Bar.), rylä (Kas.)]
bezahlen, rölämäc (tolamac 78, 106), та&дщ (töläding
214,1).
тбз (103?) (v) [^5 (Uig.), тоз (Tel. Kkir.)]
warten, dauern, aushalten, dulden, тбзарман, тбздум,
rösril, тбзмак (toxarmen, toxdum, toxgil 20, 55,
toxdun, toxmac 56), kön тбздт (cöptösdi 159,15,
tostdi 160,1, tösdi 169,9), тбзар (töser 163,12),
тбзма (tösina 164,1, tösme 169,4), Tösmäcä (tosmese
169,4), rösmäi (tüsmey 200,15).
тбзум [von тбз]
Ausdauer (vergl. тбзумУ).
тбзуму [=Tösym--1y]
ausdauernd (tosülu 116).
тбзумук [ =тбзум--1ук]
Geduld (tozumluc 182, tösmiluc 164,2).
тбз\ук [= тбзУУк?]
Ausdauer, röslikxiy (tözliking 195,7).
тбш [yo (Vig.), сз (Dseh.), тбш (Alt), тбе (Kir.),
туш (Каз.) ]
Brust (tos 111).
тбшак [ Mk [Uig.), BIS (Dseh.) rüxük (Alt), тбебк
(Kir.), тушак (Kas.)]
Matratze (tosiac 99, 119, tosac 123, tosak 138 —eyn
vilezbette), rosaknix ajappt (sie) (tosakning ayagi 123).
тббан [тбббн (Alt.), тумён (Kas.)]
herab, тббён тушти (töben tuschte 134).
тббанг | =тббан-нг!]
das Untere, ан Tööänrici (eng töbengisi 137) der aller
Unterste. ,
тынла (у) [ pe (Uig.), gs (Dseh.), EL
(Osm.), Tigra, тынна (Alt. Kir. Kas.)]
hören, gehorchen, тынлармён, тынладым, тынла, TbIH-
aamak (tinglarmen, tingladun, tingla, tinglamac 47).
54
тын [alle Dialecte]
Athem, Seele, Leben (tin 113, 180, 192,12, 194,13,
195,2, 199.3, 200,12, t1 212,5), тын ата Beichtvater
(tin ata 157,4), cäu rin атам (sentin atam 158,2),
ары тын der heilige Geist (aretin 159,13), тын ambIHbI
(tin azihi 199,3), тынлар (tilär 206,5), тындан (ari-
tindän 211,9, 216,5), тыным (tini 160,7), тынындан
Käszim (tinindan cheztim 21).
тын (у) [So (Uig.), тын (Alt.), тыных (Kir. Bar. Kas.)]
sich beruhigen, тынарман (tinarme 226), тынды (tindi
194,7).
тынт (у) (2)
herausgehen, entspringen, тынтыр äcä (tintir ese 187,14).
тынлы [==тын-н-лы]
Seele habend, тынлы ]анывар (Ише janawar 180).
тынц [Se (Uig.), тыныш (Kir.), тыныч (Kas.)]
Ruhe (tinë 201,1), тынцына (tiné(in)ä 220,2).
roipnak [Mais (Uig.), 56,5 (Dsch. Osm.), тырнак
(Kir. Kas.)]
Nagel am Finger (termac 112).
тылта (у)
ausdenken, тылтаван сбз (tiltagan 367 227).
тылмац [seo (Uig.), тылмац (Irt.)]
Dolmetscher (telmaë 105, tolmac 158,15, tolmaë
167,16), тылмац 6ilà (tolmaëbile 167,15, 168,3).
тым [тым (Tel.)]
ruhig, тым болды (tim boldi 59).
тымар
Mittel (medela) тымары (timari 187,10).
тт (у) [te (Uig.), ELSS (Dsch.), tür (Abak. Tar.), 1
(Alt. Kir. Bar. Kas.)]
berühren, erreichen, TijäpMäa, TIXIM, Timäk (tiarmen,
tyidum, tyimac 21, teyarmen, teydum, teygil 58,
teydun, tegmac 63), Tiai (teydi 199,11, 201,7,
204,8, 16, 207,2), ман (teysin 209,10, 210,1,
217,5), Timim (teymis 216,2), Tijänä (teäte 158,17),
тшир, Tijiorip (teyptur 185).
ik [тк (Tel. Tar.) aufrecht]
тк абац Säule (tic agaë 120).
тк (v) [eo (Dig), EC (Osm.), т (Kir.), тик (Kas.)]
a) nähen, TIkäpMäH, TIKTIM, TIKEIl, TIKMÄK (ticharmen,
tictim, tichil, tichmac 17, ticmac 119).
b) pflanzen, тарёк Tikäpmäu, TIETIM, TikMäk (terac ti-
carmen, tictim, tich, tichmac 45).
W. RADLOFF.
TIkMä [von тж]
Fr
4
à
festgesteckt, Pfahl (ticma 85), Tikmärä бабладылар M
(tiemaga bagladilar 171,1).
Tiränäk [т1ганак (Bar.)]
Dornen, riränär (tigenek 135, 171,5).
riril (у) [Pass. vou т]
weichen (?), befestigt werden, ririläpmän, тг дам, riril
(figilurmen, tigildum, tigil 13).
Tiyäp [=так-н)ар (?)]
Brachland (tinger 229).
тр (v) [Factit. von Ti]
gelangen lassen, Tijipril (teyirgil 197,2), Tijipräx
(teyirga 204,12),
(teyira 206,12).
Tin [с (Dsch. Osm.), тан (Alt.), лан (Kir. Kas.)]
Eichhörnchen (tein 97), Кара, rin (caratein 97).
rigr (v) [тт (Kir.)]
suchen, riurip сё (tintir äsä 187,14).
riaryni [von тнт]
Sucher (tintuvëi 139), Tiary(si) äp (tintöver 139).
ттрё [ripä (Kas.)] |
Umgegend (teyra 89).
Tipäk [ripäÿ (Kir. Bar.), ripÿ (Alt.)]
Stütze, ripäki (tireki 204,10).
ripi [>22 (Uig), SL (Dseh.), туру (AL), тру
(Bar.), ripir (Abak.), ripi (Kir.), ripi (Kas.)]
lebendig (tiri 88, 197,10), Tipiläpai (tirilerni 212,4).
три [2 (Uig), «А»; (Dseh.), три (Kir.), ripil
(Kas.)]
leben, lebendig werden, ripiläpmäu, Tipilaim, Tipilril,
трймак (tirildurmen, tirildum, tirilgil, tirilmac 50,
tirilurmen, tiyrildun, tiirgil, tirilmac 63, tirilmac ct
Tipilik [= tTipi--lie]
Leben (tirilik 160,13, 168,9, tirelie 207,5), TipilikHiH
(tirilikning 168,7), Tipilieni (tirelieni 207,8, tirelikni
112,11), тршюн (tirilickin 163,3).
Tipris (v) [ASJXSe (Ч), E55 (Dsch.), ripris (Kir.),
Tipris (Kas.)]
vom Tode erwecken, lebendig machen, Tiprismäkkä (tir-
gizmekgä 199,15), Tiprisrini (tirgizgici 212,5).
ripnilaä (у) |
schmatzen, Tipmilaäinip (tirpildeydir 231).
til [alle Dialecte ]
Zunge, Sprache (til 110, 158,15, 17, 167 то) vil u
Tijipaig (teyirding 186,9), тура _
DAS TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS. - 55
189,17, 122), тШнца, (tilinée 160,11), тШн 6ilä (tilig | rimlä (у) [=Tim-+-lä]
bile 167,6). mit den Zähnen fassen, beissen, тиШарман, Timlänim, rim-
rilä (у) [alle Dialecte] lä, rimlämäk (tislarmen, tisladun, tisla, tislamac 36).
bitten, wünschen, riläpmän, rilänim, riläril, rilämäx (ti- | rim [rim (Tel. Kas.)]
larmen, tiladum, tilagil, tilamac 60, tilerme 158,18, das Passende, das Hinbringen, rim Кыл (teyskil 185)
173, til’men 168,4), riläpeän (tilersen 162,15, 175, | bringe hin!
176), тПар (tiler 163,9, 167,3,4, 176), riläp6is (ti- | ти [rimli (Kas.)]
lerbis 176), riläpcis (tilersis 176), riläcä (tilese | passend, gehörig (teysli 189,3).
169,8, tilesa 194,10), rilärän (tilegä 205,6), riläräanä | rimeis [=Tim-+-ci3]
(tilegänéä 183), riläi (tiley 188,2, 194,2), rilän (tilep| zahnlos (tissis 175).
219,18), rilämärin (tilemegin 171,9), riläpuicän (ti- | ту
lärmäsen 175). Hirse (tunj, tu 131), кбк ту (coctu 131).
тПак [von Tilä] ту (v) [= TO5]
Wunsch, Wille (tilek 183). geboren werden, aufgehen (Sonne), кун тумастан бурун
тм [rilim (Irt.)] (kun tuvmeesden brü 136), туп (turip 191,3), ту-
Bissen (tili 182). мы (tuvmis 192,14).
rilcis [—Til+-ci3] ту [Me (Vig.), & (Dsch.), ту (Alt. Kir. Kas.)]
stumm (tilsix 117). Fahne (kuv?).
rirpä [alle Dialecte | ryi (v) él 9 (Dsch.), $2 > (Osm.), ryi (Kkir.)]
zittern, Tirpäpmäx, Tirpäain, rirpämäk (tit'armen, tit-| gewahr werden (tuydim 134).
zum, titra, HE 59, С и 33) Jäp Ti- тубан [= arab. u]
трамак! (yer titramachi 59), rirpäai (titredi 200,15). Laden (tugan 89)
is [> (Uig.), 5 (Dsch.), ric (Krib.), ris (Aderb.), risä
(Alt. Kir.), risä (Kas.)]
Knie (tiz 175) risinis (tizingeis 149) misin(tizi
} nie (tiz и ie а ), Tisin (tizin 160,5). тун [пу (Alt. Tel. Kir.)]
ri3 (у) = Tiris [92 (Uig.)] unfruchtbar (tu'n 224)
darreichen, rismärä (teizmaga 161,13), risxiläp (teis-
dilar 162,5). тур (v) [alle Dialecte]
wohnen, leben, sein, TYPYMäH, TYPAYM, турБыл (tu -
rurmen, turdum, turgil 35, turumen, turdun 57, tec
turumen etc. 60, uyag turumen etc. 62, turrumen
TYJaHa
öffentlich (tuyana 69, tuiana (= im schimpe) 138).
т1зга
stralera(?) (tixga 121).
risri [vergl. riz]
Knie (tixgi 113). 139), rypmak ire 175), турур (turur 143,13,
таги [rsrin (Kas.)] 160,3), турду (turdi 200,10, turdu Е
Zügel (tixgin 122). (turalim 188,7), турБанымдан (tutganimde 157,5),
riscis [—ris+-cis] тур als Copula sehr häufig (z. В. 42, 64 etc.).
knielos (tizsis 175). тур (v) [= тоБур]
Tim [alle Dialecte] gebären (siehe To5yp).
Zahn (tis 110, 132, 175), тип, тишар (tis, tislär | турам (v) [тура (Kir. Kkir.)]
173), œil тиш (fil tisi 92). klein zerschnitten (?) (tuvrami 223).
Timi Oo (Dig), (zus (Dsch.), Q%» (Osm.), rimi | турна [alle Dialecte]
(Kas.)] Kranich (turna 129, 143,19).
weiblich (tusi 109, tisi 127), rimi тонуз, koï, äuki, | тул [alle Dialecte] :
мащ (tisi tugux, choy, ezchi, mazi 128). Wittwe, тул Катун (tül hatü 224).
56
тулкма
ein ganzes Holz (tulkma 231).
rÿapa [aël,s (Osm.)]
Helm (toulga 118).
тулум [тулун (Alt. Abak.), тулум (Kir. Bar.)l
Zopf (бат cynzp = еуп zop 140).
тут (у) [alle Dialecte, тот (Каз.)]
‚ halten, fassen, тутарман, туттум, тут (tutarmen,
tutum, tut 14, oruz tutarmen etc. 31, chendima
tutarmen 49), тутуп TYPYMäH, TYPAYM, турбыл
(tutupturumen, tutup turdun, tutup turgil 52),
тутар (tutar 160,12, 163,8), тутарбыз (tutarbis
162,14), туттулар (tutular 170,3, 9, 10), тутуптыр
(tutipt" 192,5), ryrcak (tutsak 160,14), тутса (tutsa
159,12), тутмак (tutmac 81), tyrmasa (tutmaga
167,8), туткыл (tutchil 58).
тутьуе [== Lis]
еше weisse Blume (tutia 92).
тутурбан
Reis (tuturgan 130).
ryrymak [von тутуш]
Pfand (tutsac, ticnah 85).
TyTKyH mes (Uig.), сэ? (Osm.), rorkon (Kas.)]
der Gefangene (tutchum 14), ryrkynnapya (tutgularga
199,11), туткунларын (tutgunlarin 206,9).
туттур (v) [Factit. von тут]
halten lassen, туттурБанда (tut urgäda 204,6).
туттурва [уоп туттур]
der Halter, туттурвамыз (tut tru ha mis 206,6).
туз [туз, туз, тез alle Dialecte|
Salz (tus 57).
rysak [3,5 pers.]
Hölle, тузакына, (tusacne 141).
тузла (у) [=туз-нла]
salzen, тузларман, тузладым, тузлавыл (tus larmen,
tus ladum, tus lagil 57).
тузлу [==туз-нлу]
salzig, ацы, тузлу (aziturlu 64).
туш Le (Uig.), туш (Tar.), тус (Kir.), rem) Kas.)]
Zeit (tus 80).
тушаЕ [Hua (Uig.), тужаЕ (Alt), rycak (Kir.)]
Fessel (tuzagi 189,16).
W. RADLOFF.
тушамб1 |= pers. ai,»
Montag (tu sanbe 80).
тушман [= pers. YLis] |
Feind (tusmen 181, tusman 208,7), тушманны (tus- M
mani 206,10), тушманымызны (tusmänimiani 190,6), —
тушманларына (duzmanlarne 107,7), die letzte Schreib- |
weise ist durch Schriftkunde oder Kenntniss des Persischen 4
veranlasst.
туман [alle Dialecte ]
Nebel (touman 82), туман öärli von düsterem Antlitze
(tuman betli 228).
rymak [rymak (Kir. Bar.)]
Wintermütze mit Ohrenklappen (tumak 137).
тумала, (у) [тумала (Bar.)]
zudecken, бурнун тумалады (Багпа tumalede 164,12), _
тумаладын (tumaladig 165,4). |
тук [alle Dialecte]
das Haar am Körper (vergl. тук1У).
тукур [Ele y D (Osm.), r6kôp (Kas.)]
speien, тукурмак (tukurmak 171,4).
TYKLY [—=TŸk+lÿ]
behaart (tuclu 84).
туксус [=тук-нсуе]
haarlos (tucsus 84).
тугён (v) [Se (Vig.), 85 (Dsch.), туган (Tel.
Schor. Abak. Tar.), тугбн (Alt. Kir.), rörän (Kas.)]
zu Ende gehen, rÿräamäc (tugenmez 205,8, tugemes
160,18, 168,9, tugenmes 164,3).
rÿräl [eo (Vig.), JE (Dsch.)]
ganz und gar (tuchal 115, tugel 193,12, 195,4, tugeli
195,14).
тун [eo (Uig.), ся (Dsch.), тун (Alt. Abak. Kir. Bar.),
тен (Kas.)]
Nacht (tun 79).
тунёкун [=тун-нкун]
gestern (tunacun 66, tunachun, tunekun 80).
rÿalÿe [тундук (Schor. Kir.)]
Fenster (?), Rauchloch (tulue 120).
yplän (у) [ryplös (Kir.), röplän (Kas.)]
sich verändern (torlendi 185). i
туру [ae (Uig.), 51 (Dsch.), туру (Kir.),
röplö (Kas.)]
verschieden (turlij 28, tyrla 142).
DAS TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS.
турт (v) [турт (Alt. Kir. Tar.), тбрт (Kas.)]
stossen, Tÿprrÿläp (tutelar 170,1).
ÿpôÿr [= pers. Ji]
Turbit (turbut 96).
туку [62 (Uig.), os (Dsch.), AE (Osm.), ryloy
(Alt.), тУжу (Kir.), ткб (Kas.) |
Fuchs (tulchu 97).
тутун [Ses (Uig.), Up (Dsch.), > (Osm.), тутун
(Kir. Tar.), тудун (Abak.), тудак (Tel.), тудбк (Alt.),
тбтбн (Каз. |
Rauch (tutum 28, tutun 125).
туз [SX (Uig), у? (Dsch.), туз (Kir.), тбз (Kas.), тус
(А) |
gerade, eben, glatt (tux 26, 83, 84, tuz 174), тузрак
(tuzrec 174) Ebene, (tuz 137), туз топрак (tuz
toprak 142).
. тузат (у) [von туз]
gleich machen, glatt machen, ausbessern, verbessern, ту-
3ärtipMäH, TY3äTTim, тузат, тузатмии (tusaturmen,
tuxattum, tuxat, tuxacmis 26).
туздаш | —=Ty3-+-näın]
gleich (tözdäs 211,7).
туш [alle Dialecte, тус (Kir.), rom (Kas.)]|
Traum (tus 54), туш кбрарман (tus curarmen) träu-
men.
туш (у) [alle Dialecte, тус (Kir.), rom (Kas.)]
fallen, тушарман, туштум, туш (tuzarmen, tustum,
tus 13), тушту (tuschte 134, tusti 193,17, 216,3, 9),
rÿmÿn (tvévp 215,9), тушкан (tusgen 147,6).
тушур (у) [Faetit. von туш]
herablassen, jyk тушуруман, тутурдум (yuctusurur-
men, yuctusurdum 19), rymyprän (tusurgerget
220,1 = tusurgen erget?).
туп [alle Dialecte, »> (Osm.), Tön (Каз. |
Untertheil, Wurzel (tub 103, 119, 125), ryöinnä (tu-
binda 67, 89), туптан (барда 209,4).
тупкур (v) [vergl. тукур]
speien, TYnkypymän, тупкурдум, тупкургИ, тупкур-
мак (tupeurumen, tupcurdum, tupcurgil, tupeur-
mac 55).
тума [4.555 (Dsch), rÿrmä (Tar.), тумб (Kir.), тумё (Каз.
Ват.) |
Knopf (tuuma 119, 122).
Mémoires de 1’Аса4. Imp, 4. sc. УП Série.
57
туман [Se (Uig.), оз (Dseh.), тумбы (Kir. At.)
zehntausend (tume 146,1).
трапёз [= о We griech. toérela |
Tisch (trapes 233).
A.
aay [= arab. les, pers. »|>, дау (Kir.) |
Streit (daaue 47, daw 47).
давы[ Die (Uig.), > el (Dseh.), табы (Kir. Kas.),
vergl. табы |
auch (асе 136, 141, 157,3, 158,17, 159,8, 11, 13,
160,3,6,161,1,162,6,10,163,5, 14, 164,7,11,165,9,14,
166,2, 4,5, 6, 167,4, 168,1, 5, 6, 10, 12, 13, 169,3, 6,11,
О О Al 2,78, 5572,2,6:190,4 19,083;
198,12, 212,9, 11, Часа 217,4, dagi 911,4).
даБын | == дабы |
auch, abermals (dagen 64, 160,5, 167,9, dagaen 169,7).
дару [== pers. >|
Mediein (daru 93).
дарцын | == pers. usb] :
Zimmet (darëimj 91), ryl дарцыны (gul darèinj 91).
aäyl | мене таги | }
nicht,
дауат [= arab. à), |]
Glück, Reich (duvlat 217,4).
даа [— als],
ein Thier (7) (dela 98) (mustela foina).
дарзи [== pers. (12 ]
Schneider (derxi 98).
дост [= pers. Css |
Freund (dost 181).
ainäp [== pers. ;) vs]
Antlitz, длдартнга (didäringä 207,2).
дтвар [= pers. 2155]
Wand, Bau (шаг 190, 120), двар устасы (diua
ostasi 102).
дуат | = регз. ls]
Dintenfass (duat 90).
ayujä [> arab. |
Welt (dwni 164,7, dunia 193,15, 209,7), ayajänig
(dunianing 194,14, 204,10), aysjärä (duniägä 207,6),
8
58
дунуан1 (dunyäni 214,5), ayajänä (dwniada
бу ıynjänä (buddwniada 167,8).
дум (?)
ewig (2?) (duley 234).
дурует | = pers. C,s|
recht, richtig (drust 185).
166,11),
Ц.
целка (у) ll (Dsch.), yaika (Kas.), maika (Kir.), цалва
(Bar. Tob.)|
schütteln (siehe цалкал).
naika.ı (у) [Pass. von чайка |
schaukeln, bewegt werden, цаткалмае (Cayhalmas 143,9).
naina (у) [gelis (Dsch.), чална (Alt. Tar. Kas.), шална
(Kir.), naina (Tob. Bar.) |
kauen, цалнарман, цалнадым, NaiHapbıı (zaynarmen,
zaynadun, zianagil 36).
uak [ur (Uig.), il (Dsch.), чак, mak, nak, cak übrige
Dialecte |
Zeit, äprä цакта, (ertä éakta 65) früher, карак nakra
(ka(rech) éakta 142), цакларында, (Cakläinda 209,10).
nak (у) [цак (Tob.)]
‚ anklagen, beschuldigen, пакарман, цактым, цаккыл,
цакмак (zagarmen, zagatim, zackil, zacmach 9).
цакыр (v) [чакыр (Kas.), пакыр (Tob.), шакыр (Kir.)]
rufen, schreien, rayk цакырады (taoh Cacharadir 134),
цакырса (Cagirsa 141).
цакла (у) [=uak-+-1a]
messen, цакласанцыз (Cahlasangis 231).
цаклы | =цак-н-лы |
Zeit, Maass habend, känäp цаклы ja3bik (hecer éakli
jazik 182), anna цаклы (апба Cakli 190,1), цаКлы
(cakli 204,3).
цакыцы |==цак-н-цы |
Ankläger (бак 181, Саки 185).
цавындыр [чабындыр (Каз. |
rothe Rübe (tagundur 127).
цавыр [uärip (Tar.) Branntwein, vergl. russ. чегиръ kau-
kasischer Wein]
Wein (Cager 90).
пан (пан) [pers. LL]
Seele (zan 15, gan 164,8, 165,11, 166,9, 180, цан-
W. RADLOrFF.
ны (ganni 194,11), цаны (бапе 165, 8,9, 14, 167,4), —
цаныны, цанын (Sanini 213,4, Sanin 160,7, 168,17), …
цанындан (ganindan 162,10), цанын (Saning 194,7,
201,10), панына (Saninga 167,14), цанынны (Saningni
187,1, 191,10), паларымыз (ganlarimis 210,2), ma- |
HBIMBI35a (éanimusga 161,1), HaHPIMBISHBI(Sanimusnu _
162,6).
nanak [yanak (Alt), цанаК (Bar.)]
` Schlitten (башек 145,5, éanac (124) seutella).
панвар [2136 (Osm.), панвафр (Kas.)]
Thier (tinle ianawar 180).
цал (у) [чал, man, пал, сал alle Dialecte]
schwingen, ein Seiteninstrument spielen, цаларман, цал-
дым, цалвыл (Calarmen, chaldun, éalgil 54).
цалыш [чальш (Kas.), цальии (Ваг.)]
über Kreuz, verquer, пальыш кбз schielend (zalis 116).
цалык [цалык (Ваг.) |
zornig, händelsuchend (Calih 225).
цалма [чалма (Kas.), шалма (Kir.), цалма (Ваг.)]
Turban (Calma 121).
цатыр | lb (Osm.), чадыр (Alt.), чатыр (Kas.), цадыр
(Ваг.)]
Zelt (Cater 121).
nan |)v4y (Uig.), Е (Dsch.), чая, шаш, na, cac alle |
übrig. Dialecte]
Нааг (xac 110). :
цаплат (у) [vergl. jayakka yanmak (Kas.) |
eine Ohrfeige geben (Caplatmak 180).
папца [чачаЕ (Alt.), mamak (Kir.)]
Quaste (vergl. цапцацыЕ).
nanmansık |Demin. von чапча |
kleine Quaste (барса Е 145,6).
цаман [чаман (Kas.), цабан (Irt.), чабан (Küär.) |
träge (éaman 95, 135, 142).
цамы | —arab. se |
Menge (éami 214,1).
цаур (v) [EMS (Vig.), &o,> (Osm.), söpyl (Tar.)]
umwickeln, umhüllen, цауруман, цаурдум, näypril, |
цаурмёк (Courumen éouurdum, Courgil, Courmac 62), |
цаурма (éourma 70). |
näypä [von gäyp] |
rund herum (Coura 70, zoura 14), nön цаура (Cop
coura 65).
DAS TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS,
цакун [7 Ar (Dseh.), чакуч (Aderb.)]
Hammer (éachuë 90, 100, éacuë 96), цакуар
(éowguëler 171,6).
цйкман [шакман (Kir.), цакман (Ваг.) |
_ Tuch (éacman 98, éekm 174).
цакманц: [= цакман-н ni]
Tuchfabrikant (éekmëi 174).
царан
enkopieze — Heuhaufen (7) (беге 234).
царе [2 (Uig.), Éb „> (Dsch.), чар (Tar.), чёру
(Alt.), цару (Bar.), uipÿ (Kas.), éeri (Bosn.)]
Heer, näpi (éeryi 118, сет 159,10), näpi башы Heer-
führer (Ceribasi 105).
näpr [чёрт, mäpr, cäpr, царт, yipr alle Dialecte |
knippsen, schnellen, näpräpmän (Certerme 225).
цари? [ee (Osm.)]
Händler (бег! 235).
царшамб1 [ai le pers. |
Mittwoch (&aar sanbe 80).
närläye [ча аук (Kas.), närläye (Tob.)]
Nuss (Catlauc 125).
цац (v) [зач, mem, nän, ч1ч alle Dialecte]
losbinden, ausziehen, цацарман, nänTim, nänxil (sesar-
men, sestum, seschil 20), цацмии (sesmis 88).
пацак [42 (Uig.) 3 (Dsch.), yäyäk, memäx,
nänäx, чёчёк (Kas.), alle Dialecte]
Blume, Pocken (zizac 28, ceëck 140), цаца арт &i-
сеет! 209,5).
цацакан (у) [ = пацак-н län]
erblühen, uänäxlän mim (éiéeklêmis 192,13).
цабар [чёбар (Alt. Tar.), чбйр (Kas.)]
reinlich, vorsichtig (Ceber kisi 230).
noky (v) [чукы, чукын (Каз. |
sich bekreuzigen, цокуныз (Cokunggis 142).
nokpak [шонрау (Kir.)|
Quelle (ëéochrach 134, cohrah 207,6, cokrak 213,3).
цокмар [uykmap (Kas.), токпар (Kir.)]
Knüttel, Schlägel, Keule (vergl. цокмарль).
цокмарлы | =uokmap-+ лы |
ein Klöpfel, eine Keule habend (Cohmarli 143,18).
оз (v) [Ey (Uig.), сбз (Tar.)]
dehnen, цозвым (Cosgil 231).
цомарт [== pers. 2,092 statt 3 pos oz |
freigiebig (ägo mart 214).
1
цомуц [чумыч (Kas.), шомуш (Kir.), чбмуч (Tar.)]
Schöpfkelle (éomiè 124).
nomaak [vergl. SE (Uig.) sammeln, ele» (Dsch.)]
Magazin, Niederlage (Comlac 91).
цбк (у) [>22 (Uig.), LS (Dsch.), чбк (Tar.), зук
(Kas.), шок (Kir.)]
niederknieen, чбкуп (Cöcwp 160,5).
nönlä (у) [vergl. mönlä (Kir.)]
zusammenlesen, nönläpmän, mönlärim, uönlä (zoplar-
men, zogladum, zopla 18), uünläräi6i3 (Cöplegaybis
169,10). к
цбмак | Elles (Osm.), uÿlmär (Kas.)]
Topf (Comlat 24).
цык (у) [чыЕ, шыЕ, сы alle Dialecte |
herausgehen, цыкарман, цыктым, цывкыл (éighar-
men, zigtum, zigchil 24), цыкты (ihti 199,9, \Cikti
205,4, 216,10), цыктылар (Eiktiler 162,1), цыкмалнцы
(кташебе 166,9), цыксын (Ciksin 208,9), цыбыш
(&igup 219,18).
ЦЫБ [éke (Osm.), чык (Kas.), цык (Bar. Tob.), &ig (Вози. |
Thau, Вей (ig 82), цывы (Gigi 215,8).
цыванак [чыванак (Kas.), цыванак (Bar. Tob.), чанак
(Alt.)]
Ellenbogen (&igmae 113, Coganac 139).
цывар (у) [Factit. von цык]
herausbringen, цыварымён, цывардым, цыБарБыл
(zigarurmen, zigardun, zigargil 24), цывардын (Ci-
garding 206,8), цыварды (ага! 209,9, 216,9),
цыбарып турбан (Cigaripturga 188,5).
nsıhan [les pers.]
die Welt ($ahan 204,3), цываннын (gahaning 192,8),
цыранда (Sgehanda 158,13, 164,2, 166,11, 167,10,
g"anda 186,12, gahäda 200,10, ganda 207,1).
цын [чын, шын, цын, сын alle Dialecte |
wahr, wahrhaft (in 190,16, 220,3, 4, 211,7).
цына1
Gattin, Frau (Cinay 114).
upıpai [usıpai (Tel. Alt), usıpai (Bar.), ‚las (Dsch.),
шырай (Ки. |
Antlitz (ziray 21 = imago, Ciray 113).
цырак | be (Dsch.), zL> регз., abrpak (Kas.), шырак
цырак (Tob.)]
Licht (&irac 90,124), цыраклар 6ilä (та ат Пе 170,4).
g*
60
цыраклыЕ | =цырак-нлык]
Leuchter (éiraclic 123).
upipaak | vergl. чырлак (Kas.) die Möwe]
ein vlischin (?) (&irlak 230).
цырпы [vergl. шырпы (Kas.) dünner Spahn, Streichholz]
dürres Reis (гр! 225).
цырма (у) [чырма (Каз. Alt.), цырма (Bar.)]
verwickeln, umwickeln (Cirmadim 143,7), цырмарман
(&irmarmen 132), цырмадым, цырмава (éirmadim,
Cirmamaga 132).
цырмал (у) [Разз. von цырма]
verworren, verwickelt sein, цырмальшитьр (éirmaluptur
132).
цылтрын [vergl. jeurrpa (Krm. Bar.), пылтыра (Kir.)]
Scheibe, Glas (giltrin 109, 123).
цыбый [ASS (Uig.), us (Dsch.), чыбык, шыбык,
цыбык die übrigen Dialecte]
Ruthe (Cibuh 207,9, 216,7), цыбывы (Cibugi 191,6),
цыбыклар (Cibuchlar 171,2).
цыбын [чыбын (Kas.), чымын (Alt.). шыбын (Kir.), цы-
бын (Ваг.) |
Fliege (Сфш 129).
цымвы (у) | vielleicht fehlerhaft für сына(?) |
erproben, цымвыи турБан (Cimgipturgan (pbatü)
188,15).
ак [aix (Leb.), ui (Alt. Kas.), mi
roh (Слух 84).
щкау (шркау?) |vergl. vipkäy (Kas.) und russ. церковь]
Kirche (gichövga 158,4, 10, Jihovi 198,3).
niräp [= pers. 2
Leber (gigar 111).
uirpikui [Us (Osm.) |
der Drechsler (éigrigèi 103).
(Kir.), Es (Osm.)]
uigä |vergl. si (Alt) zeichnen |
sticken, шнарман (éinärmen 223) iche ne mit ziyde.
minujôil |= pers. Jus; |
Ingwer (gingibil 91).
wine | == arab. x |
Geschlecht, Nation, mineläpni (ginslerni 209,3).
vipkin |mipkin (Kir.), aipkia (Kas.), шрюйн (Tob.)]
niederträchtig (Cirkin 116).
ци [mil (Tob.)]
Haselhuhn (&il 130).
W. RADULOrFF.
щи [sinyik (Kas.)]
Sperling, kleiner Vogel, uinnikläp (Cipzielar 61, éipêic
129).
цшт (mer) [= pers. [as |
Paar (gift 83).
uimai (у) [loss (Bosn.), цымцы (Bar.), шымцы (Schor.),
шымшы (Kir.)]
kneifen, wimaipmän Ge ше 220).
цуалдус [== pers. Bl) 92 |
grosse Nadel (Cualdus 102, Cialduz 181).
uyHyP [ugöge (Dsch.), Br (oa) yyukyp (Tar. Krm.),
шункур (Kir.)] |
Vertiefung, Grube (Cugur 88). À
цурум [== arab. pe]
Verurtheilung (jurum 13).
цурумла (у) [=цурум-нла]|
verurtheilen, цурумларман, цурумладым, цурумла (ju-
rumlarmen, jurumladum, jurumla 13).
uyaga (у) [vergl. шулба (Kir.); чела, (Kas.)]
einwickeln (siehe пулбан).
цулван (v) [32(8),> (Dsch.),
чолва (Kas.)]
eingewickelt sein, цульавмыш (Culganmiz 159 5).
цулкау [deusay (Kas.), цулбау (Tob.), шулвау (Kir.)]
Strumpf, Fusslappen (ulgau 121).
цукЯ (x)
umfallen, араба, uykylai (araba ëueldi 232).
uykuylä (у)
ich gabule (?) (Cuh@ulärme 224).
| uÿurin [== pers, ass |
deshalb (éunchin 65).
| uypä [== pers. 072]
der weisse Falke (Cura 129).
uypä [vergl. uäÿpä]
umgekehrt, uypä kini (Cuvre kiydi 231).
цуруш (у)
gerunzelt sein (?) (gyrüpelt éurusipdir 225).
цуцкур [uyarip (Kas.)]
niesen (Cuckvdim 136).
цупрак [uynpär (Kas.), цупрак (Tüm.)]
Lappen (ëuprak 142, cupräkä 159,7).
“
Y
“
я
M
3
Br;
цулван (Tob.), шулба (Kir.),
DAs TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS. 61
cap Cet. (Osm.), саб (Krm. Aderb.)]
C. 1) gesund = сау (vergl. саксыз und саблыЕ).
2) recht, rechts (gewiss von einem Schrifikundigen dietirt),
-Cai [st (Dsch.), cai (АН. Abak. Tar. Kir. Каз. Aderb.)] can Колында (sagkolinda 160,4).
seicht (say 139). capak (?)
сау (саб) [Hay (Uig.), ét (Dsch.), сау (Kir. Каз. Tob.)]| Kinn (sagak 111).
gesund (saw 166,9, 167,13). | capar [= arab. äcl..]
cay (2) [vergl. чу (Leb.), шу (Schor.) viell. aus Versehen für ay | Stunde (sagat 79).
Fischnetz (sav 138). савын (у) LÉ (Uig.), “ele (Dsch.), В lo (Osm.),
сауаш (copyı1?) сабын (Abak. Kir. Каз. Irt.)|
Kampf, сауаш Куруман (souascurmen 16). gedenken, CAHbIHABIM, сабынвыл, сабынмак (sagindum,
cayanak [caycak (Kir.)| sagingil, saganmac fälschlich für sagindirgil, sagindir-
der Zeh (зоппбае 113). mac 9), савынырмён, CAHbIHABIM, сабынкыл (Sage-
_ саураЕ nurmen, sagendum, sagengil 14, sagenurmen, san-
Schädel (savrak 230). gedum, sagengil, sagenmac 45), савыныр (saginir
сауда [= arab. вы] 168,11), сабынма (saginma 169,8), савынманыз (за-
Melancholie (sauda 79). gimagis 158,13), савынма& (saginmac 169,7), ca-
саусар [сузар (Alt.)] вынсаман (saginsamin 213,1).
der Marder (sausar 98). савындыр (у) [Factit. von capbin]
_cak [alle Dialecte] in Erinnerung bringen, савындырыман (sagindiremen
vorsichtig, wachsam (saht 234). 9).
caka cappıuu [у (Uig.)] |
ein Vogel (cardarina) (saka 130). Gedanken, Erinnerung (sagenz 14,sag1€i 198,8), сабын-
cakay [cakay (Kir. Kas.)] чын (sagincin 163,3), canpınupıy (saginting 197,13).
stumm (lispt.) (sahav 130). cAHbIT
сакал [+ (Uig.), Jl (Dsch.), capar, cän (Abak.), | Waffe (saget 9, 121, sageth 118, sagot 181, sagit
cakkaı (Tel.), сакал (übr. Dialecte) | 170,2), сабытын (sagittin 169,8), сабыттан (sagittan
der Bart (sachal 113). 169,10), савытлар (sagitlar 170,1).
сакые [ xl. (Dsch.), cappre (Schor. Kas.), саные (AIL)] | сабытлан (v) [=абыт-н-лан]
Harz (sachex 36, 92). sich bewalfnen, сабытланырмён, савытландым, саБыт-
сакла (у) [==вак-нла| ланвыл (sagetlanurmen, sagetlandum, sagetlangil 9).
bewachen, сакларман, сакладым, сакла, caksamak | савыш | men (Uig.), el (Dseh.), савыш (Alt.
(saclarmen, saclardum, sacla, saclamac 11), саклады Abak. Kas. Irt.), сабые (Kir.)]
(sahladi 144,9). | Verstand, Gedächtniss (saget 9, sagis 216,4).
cakaan (у) [Reflex. von cakua| савышла, (у) | =еабыш-н ла]
sich hüten, сакланырман, сакландым, саклан (sacla- nachdenken, савышласа (sagazlasa 168,2, sagizlasa
nurmen, saclandum, sacla 12). 168,2), савышламава, (sagizlamaga 170,7).
eakreıjan [= pers. „Luis“, сактьуан (Tob. Каз.) | сабры [5.4 (Dsch. Osm.), сауры (Kir. Kas.), суры (Alt.)|
Salfianleder (sastian 99). Rücken des Pferdes (sagri 106).
саксыз [| =еак-неыз] савлык | =сав-нлый |
schwach, kränklich (xagsix 86, sagsis 116). Gesundheit (saglie 86), савлык 6ilä (saglie bila 70).
саксызлык | ==саксыз-нлык | сан [alle Dialecte ]
Schwäche, Krankheit (sacsixlie 85). | Zahl (san 39), лыллар саны (glar sani 81).
62
сана (у) [Su (Uig.), Gb (Dsch.), сана alle Dialecte] | саламатлык [=саламат-нлык]
zählen, denken, санарман, санадым, санавыл (запат-
men, sanadum, запас! 39), санар такта, Rechenbrett
(sanar takta 90).
санц (у) [44r (Uig), Gest (Dsch. Osm.), санш (Aderb.),
шанш (Kir.), шанш (Kas.)]
stechen, санцармён, санцтым, санцкыл, canıımak (san-
zarmen, sanztim, sanzchil, sanzmac 44), санцып
(sandip 209,1).
санцыш |von санц-+ ыш]
Kampf (sanëis 118).
сансыз | =сан-неыз]
unzählig (sansis 145,11).
cap [= arab. je (?)]
Zweifel, Argwohn, сара тушту (saarga tusti 216,3).
cap
Geier (sar 129).
сара | = russ. заря]
тан сара (tang sara 181) Morgenröthe, тан сарасында,
(tang saraunda 80).
capai [== pers. sl]
Palast (saray 89).
capa® [== arab. er
Wechsler (saraf 90).
сары LAS (Uig.), ё „lo (Dsch.), cepik (Tar.), сарыг
(Abak.), сары übr. Dialecte |
gelb (sari 79, 108, sare 146,9).
capsıncak [сарымсак (Kir.)]
Lauch (sarmisak 127).
сарла (у) [=еар-нла).
zweifeln, kopkyau 6ilä сарлап (chorcunz bilä saarlap
65), сарларман (sa’rlarme 233).
сарп
hart, scharf (sarp sungu 208,10).
салам | == arab. #5]
Gruss (salam 59), салам Gepimäa ich grüsse (salam
berumen 59).
салам [салам (Tob Krm.) — солома (russ.) |
Stroh (salan 123).
саламат [= arab. de}. |
gesund (vergl. саламатлык).
W. RADLORFF.
Gesundheit, caxamaraBik Gilä (salamatlie birla 70),
birlä statt bilä ist durch die Schriftsprache veranlasst.
сал (v) [alle Dialeete]
legen (vergl. сальн).
салын (у) [Вейех. von ca]
herabhängen lassen, салынырман (salinirme 285).
салкын А (Uig.), y) Lo (Dsch.), салкын nördl.
Dialecte]
Wind (salkon 78, sakim 180, salkun 181).
салкым [Lo (Osm.)]
Traube (salkum 182).
car (у) [alle Dialecte |
verkaufen, сатарман, саттым, carkpıi, сатмаЕ (satar- ,
men, satin, satchil, satmac 60).
сатым [von car]
Verkauf, сатым алырмён (satum alurmen 23). (Viel-
leicht statt satup = сатып?)
сату [von car]
Handel, сату äräpmän (satov etermen 133).
cary5 [= сату]
Verkauf, Handel (satuc 60, satugh 105).
сатукцы [|=caTy5-+-Upl]
Verkäufer (satugzi 106).
садаъа [== arab. 434 |
Almosen (sadaga 77), садабасындан (sadagasindan
158,12).
сада | FR cie (Osm.)]
Raute (sadaf 126).
сады [== pers. =]
Narr, садылар (sadiler 137).
сац (у) [alle Dialecte ]
ausstreuen, säen, сапарман, сацтым, сацкыл (за ük N
arzmen, saC’tun, sazchil 54), cauapeän (sazarsen 135).
cauak [gewiss fehlerhaft für auak |
Quaste (sazac 122).
сасы (у) [сазы (Alt.), сасы (Kir. Kas.)]
stinken, сасырман, сасыдым (sasirmen, sasidum 44),
сасыды (sassedi 164,15), сасыр (sassir 164,8,
165,8, 11), сасымьйи (sassimis 87).
сасы [Ау (Uig.), öl (Dsch.), cacpık (Kir.),
(Каз. ) |
übelriechend (sassi 165,5), сасыларны (sasilarni 216,9).
CaCbI
DAS TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES Сорвх COMANICUS.
cas [ Le (Dsch.), cac (Alt. Abak.), cas (Таг. Каз. Kir.)]
Sumpf, caspa (sazga 216,9).
can (2) (у) [vergl. can eräxi (Kir.) aufhalten, unterbreehen |
cesserumt (sapti 204,7).
сабан [СЪ (Dsch.), Go (Osm.) Pflug, сабан (Kas.) |
Acker (saban 90), сабан суруман (saban sururmen 8),
сабан jJäpi (saban ieri 180) Acker, сабан Tämipi (sa-
ban temir 186) Pflugeisen.
сабанцы [==сабан-нцы]
Ackerbauer (зафап 180).
сабат [sabbatum = NW, arab. Eu, russ. суббота]
Sonnabend, сабат куну (sabat cun 80).
сабыр [= arab. |
Geduld, сабыр äräp (sabor eter 163,14) sieh gedulden.
сабырлыв | =сабыр-нлык |
geduldig (saburluch 163,13), ca6bipañikaap (sabirluclar
163,14).
сабур [= arab. |
Aloe (sabur 94).
сафар [= arab. ‚ao und 2 |
1) сахар ai Monatsname (safar ai 82 januarius).
2) Reise (safar 61).
самала [== russ. смола |
Theer (samala 95 oleum nueis?).
cäip [== arab. «|
Reise, Spaziergang (vergl. cäiplä).
eäiplä [ =cäp+li]
reisen, ausgehen (cäiplämäx (sirlame 228).
cäf (v) [Hy (Uig.), Eos (Dseh.), Eley. (Osm.), cäÿ
(Küär.), cöi (Tar.), су1 alle übrig. nördl. Dialecte]
lieben, cäyäpmän, cäyäpcän, cäyäp, сйудум, cäyril
(söuarmen, söuarsem, souarol, soudum, sougil 5),
cäymäk (soumac 6), сёумакдан (sövnäkdän 214,2),
cäymäkin (söymackin 162,11), cäymärinzän (söumek-
kindan 163,9), cäymärlikniy (söymeklikning 206,6),
cäymäxlikinä (säwmaclikina 169,11), eäymäkliriniy
(sövmekligining 189,16), cäyäpmän (severme 163,2),
‚ cäÿäpcän (söversen 162,15, 163,4), cäyäp (söver
162,12, 163,6,7,söwer161,1,souuar 115,söer 160,12,
163,13), cäyäpmi (sövermi 163,1), cäyäp6is (збуег-
bis 162,13), cäÿaix (sövding 214,5), cäÿai kim (seduki
191,12), cäymäccäu (söumessen 163,1), cäymäc (söu-
mes 163,5), eäyräi (sougey 164,1), cäycäk (söwsak
63
160,14), cäyrän (söygen 200,4), сауганца (sövgäca
183), cäÿril (sövgil 184, sevgil 185, soygil 162,9),
cäyäli (söäli 214,5), cäÿn (збир 190,16, 192,5, soup
213,1).
саун (v) [Reflex. von cäy|
sich freuen, cäynypmän, cäysıym, cäÿaril, саунмак
(souunurmen, souundum, souungil, souunmac 29),
cäÿaÿp киш (sauunur chisi 116), cäyuni (sövdi 194,8),
саундИар (söundilar 162,4), cäyncäy (söuinsang
163,6), cäynrälein (söugaysen 200,7), cäynäli (söunäli
216,10), cäÿaÿn (soynwp 158,14, sounup 164,1, sôw-
nup 165,1).
сйундр (у) [=еау-нн-нд]
erfreuen, саундтргиим (söundirgicim 184).
саунц [1447 (Uig.), côinou (Kas.), eyinym (Kir.)]
Freude (збипё 159,5, 162,3, 215,12, 217,4, cownc
164,3, söund 207,4), цаунцка (sovègä 193,5), саун-
цум1з (souncimiz 207,1).
cäÿanlà (v) [=eäyun-+-lä]
erfreuen, freudige Nachricht bringen, cäyuuläpmän (sounG-
larmen 9), cäynuläni (söuunclädi 215,5).
cäyauly [=cäynu--1y|
freudig (sounëlu 172,1).
cäylyu [суб (Osm.), сн]
Fasan (soulun 130).
cäyayp (v) [Faetit. von cäy]
lieben machen, cäyıypıiy (sövdurding 190,10).
сдуш [=cäy-+ım]
Liebe, geliebt (souus 6).
cäkip (v) [Ir (Vig.), EC (Dsch.), cäxip (Alt.
Abak. Tar. Kir.), cikip (Kas.) |
springen, CäKipiMäH, CÄKIPpAIM, cäkipril, Cäkipmäk (se-
chirumen, sechirdun, sechirgil, sechirmac 57).
cäkig [ASOJuy (015), fs (Dsch. Osm.), cäris (Alt.), ceris
(Kir.), eiria (Kas.), cäris (Таг.)]
acht (segis 147,4).
cäkiaiuni [von cäki3-+inni|
der Achte (sekizinüi 160,8).
cäkpimi [von cäkip |
Läufer (sicric 101).
cäkpim [von cäkip |
Sprung (sösim für secrim 58).
64 W. RADLOrFF.
сан [== pers. Ei]
Stein, Scholle (seng 139 == су colle).
сан сан
verschiedenartig (seng seng 147,4).
cäyip [eäyip (Kir.), cixip (Каз.)]
Bergvorsprung (sengir 144,1).
сан [сан, сен, с1н alle Dialecte ]
du, сан (sen 72, 140, 158,2, 163,4, 165,3, 4, 5, 7,
166,10, 167,12,171,8, 172,2, 133, 193,9,7194,3,
202,2, 203,16, 206,7, 8, 10, 207,1, 208,3, 8, 219,
se 147,4, 187,12, 189,6, 194,6, 195,5, 200,2, 4,
201,5, 202,10, 203,1, 204,10), ai сан (ay sen 73),
сан сан (sense 210,1), cänix (sening 139, 185, 160,3,
sen1g 167,14, senig 163,2, 3, 171,8, 9, 172,3), cänix
ебзуннЕ (sening sösini 39), сан бПА (senin bila 71),
сана (sanga 73, 166,14, 167,1, 2, 207,3, saga 31,
165,11, 209,10, saha 132, sn 208,2), ca (заа 188,8,
18947, 193,3, 17) 19557 19915: 200112012500;
202,6, 203,11, 204,8,9, 205,5, за 157,4), cäni (seni
73, 140, 185, 187,15, 190,16, 191,12, 193,16, 200,2,
202,4, 215,5, säni 214,5), сандА (sendä 144,1, 193,7,
201,4), сандан (sendän 73, sen" 203,2, sedän 199,9,
seden 204,15, sedä 191,7, 193,13, зеда 192,14,
201,14), cäsiqni (seningn) 74).
cäHäk |cäHäk (Kas.)]
Heugabel, санак Jin (senek iyn 147,5) Hülfsarbeit der
Nachbaren bei der Heuernte. Das diese Uebersetzung richtig
ist, sieht man aus den gleich darauf folgenden Worten аулун
6ilä тапмасан findest du (die acht Höhlen der Hasen) nicht
mit Hülfe der Dorfbewohner.
cäpäÿn [сбрун, сёрун (Alt) = mong. 624]
kühl (sereun 139). |
cäpy (cäpir)
zahm (seriv 225).
саргак [сергак (Kir.) jemand, der wenig schläft, cepräx
(Abak.) einen leisen Schlaf haben |
Jemand, der wenig schläft (sergek 234).
cäpnil (v) [&le> x (Dsch.)]
abprallen (serpildi 227).
cäc | (Osm.), cäc (Krm.)]
Stimme, Laut (sax 54).
cäckäu (у) [сескан (Kir.) Furcht haben |
erschrecken, cäckänipmän, саскандм (seskenirmen,
seskendim 132).
саскандр (у) [Factit. von саскан]
erschrecken, сён! cäckänzipimän (seni seskendirrimen —
132), аны cäckännipaim (ani seskendirdim 132). |
саз (у) [Aa (Vig.), Фары (Dsch.), сёе (Alt.), cis (Каз.) |
fühlen, erkennen, cäsni (sezdi 216,3), сАзарман, cäsaim,
сазмак (sexarmen, sexdin, sesmec 55).
сашамб1 [= pers. ai da]
Dienstag (se sanbe 80).
сабап [== arab. [uw]
Ursache (sebebi 209,4).
cämip [9-5 му (Vig.), Ékoyens (Dsch.), cämip (Alt. Таг.),
ceuip (Kir.), cimip (Kas.)|
fett werden (vergl. cämipr|
cämipr [Faetit, von сём]
mästen, cämiprip (semirrir 144,18).
cämi3 [ASS MN (Uig.), cämic (Alt.), cämic (Tar.), cemis
(Kir.), eimis (Каз.)]
fett, dick (semix 87).
cok [Hay (Uig.)]
geizig, habsüchtig, neidisch, cok cok Kimi (suhh suh
kisi 117).
cok (у) [alle Dialeete |
schlagen, cokap (sohar 139), сокты (sohti 235), co- «
kyn önyp (sohupupur 145,1), cokapmän (soharmen
223) ich webe, ich schlage Wolle, ich wirke.
сок [HU (Uig.), зубу (Dich.), бу Gye (Osm.),
cyak (Küär.), сок (Alt. Abak. Tar.), сук (Kir. Kas.),
cojbıx (Aderb.)|
Кан (saoc 27, saogh 88).
cokyp [GS Heu, (Uig.), 5 (Dsch.), cokkop (Alt.), cokyp
(Kir.), cykpip (Kas.), собыр (Ваг.)]
blind (sochur 116).
сокла | =еок-нла]
begehren, сокламавыл (suhlamagil 185).
соклан [Reflex. von cokaa|
begehren, сокланырман (sohlanirmen 17).
cokayk | =сок-нлуЕ] ;
Geiz, Habsucht (suklik 185), 60i соклукы (boy sokluki —
183) Wollust.
Das TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES Copex COMANICUS.
cokpan (v) [L3,… (Dsch.), cokpau (Tob.)]
murmeln (?), ich eruyre (sohranirmen 138).
cokra [cykra (Каз.)]
eine Wurst (sohta 134).
соБан АУ (Uig.),copan (Krm.), copouo (Tel.), como (Alt.)]
Zwiebel (sorgan 127).
сон [| 44, (Uig.), сон (Alt. Kir.), сун (Kas.)]
nachher (song 206,7).
сонур (moyap?) |vergl. сункар (Kir.)]-
kleiner Vogel (pielfalchus) (songur 130).
сонБы [=CON-+-HbI]
nachfolgend, coynbI ja3 ai (songusax ay 81) Mai, соцы
куз ai (sonhitx ay 81) November, сонгы jai ai (sounz
ai 80), соцы (songi 200,7).
сонра, ar (Uig.), o ge (Osm.), EMO (Dsch.}]
hinterher (songra 69, 219,18), андан сонра (andan
songra 164,14, 166,1), сонрасында (sungirassinda
160,1).
Сова (v) [Say (08.
lieben, содурБады (soyurgadi 215,5), cojyppamak (50-
ywrgamnak 203,10), cojyppamak 6ilä (söwrgamach-
bile 172,1).
cojyp5ar (у) [Factit. von cojyp5a]
liebon machen, со]урБаттын (soi’rgating 191,14), co-
jyppatsın (sojwrgatip 186,17).
со)урбал [—Cojyp5a +1]
Gnade, Freude (soyurgal 204,2).
сонбул [= pers. Ju. |
Hyazinthe (sonbul 93).
сор (у) [#4 (Uig.), Lo (Dsch.), сура (Таг. Alt. Kir.),
- 65
cos (у) [coc (Bar.), cos (Таг. Kir.), суз (Kas.)]
ausdehnen, CO35BLI (sozgil 231).
сбк (v) [a (Vig.), EIS, (Dsch. Osm.), сбк (Alt.
Kir.), сук (Каз. |
zanken, tadeln, сокарман, CÖKTYM, сбкку|, сбкмак (SO-
karmen, söctum, söchul, söcmac 10), cökryläp (sök-
tiler 171,6).
cök (у) [сбк (Alt. Kir. Krm.), сук (Каз. |
auftrennen (vergl. cöry]).
сбоку] (у) [Pass. von cör]
auftrennen, aufgehen, cörylyıtyp (soculapt 22.1).
cörym [ey (Uig.), =cör+ın]
Sehimpl, cöryı бПА (socus bila 67).
сбн (у) [cön (Kir. Krm.), сун (Kas.)]
ausgehen, erlöschen (vergl. сбндур).
сбндур (у) [Factit. von сбн]
auslöschen, сондуруман, сбндурдум, сбндур (sonduru-
men, sondurdum, sondur 24).
сбщЯ (у) [554224 (Uig.)]
berauben, cönylypmän, cöuylayw, cönyl (sozulurmen,
Cu@ulurmen, sozuldum, suzul 22).
сбз [alle Dialecte, суз (Kas.)]
Wort (362 158,18, 159,1, 203,15, 302 227, sös 207,4),
сознщ (sösning 225), cösni (sözni 159,8, sözne 160,7,
sö’ni 165,12, sösni 186,18), сбздан (sözda 189,18,
sözdän 215,11), cös бПА (söz bile 170,8), cösläi
([slôzlei 201,7), cösym (sösim 141), ебзумдан (sö-
sumden 157,7), сбзун (sözig 163,3), ебзунн! (sösini
39), cösi (sösi 158,15, sözi 193,8, 13, 199,3, 201,8,
215,7), cô3ix (sösin 141, 164,5, 169,2).
сора (Kas.), cop öle,o (Osm.), сора (Aderb. Krm.)] | eöslä (у) [=eös--lä, vergl. Fev (Uig.), cöslä (Tar.),
fragen, copapMäH, сордум, сорБыл (sorarmen, sor-
ит, sorgil 32), сордулар (sordular 161,10), copril
(sorgil 163,1, sorgul 208,8).
сол [alle Dialecte, сул (Каз.) |
links (sol 87).
солабал [солакал (Kir.)]
linkisch (solagai 220).
соллу [=co1-+-1y]
ein Links habend, онлу соллу (onglu solulu 146,1).
солтан [arab. (JL. ]
eöilä (Kir.), eyilä (Kas.)|
sprechen, cösläpmän, côsläxim, cösläril, cöslämäk (sos-
larmen, sosladum, soslagil, soslamac 34, sozlerm
173), cösläp (sözler 176, sözlär 226), co3läpôic (söz-
lerbis 176), cöaläni (sösladi 165,3), cöslämäc (sözle-
шар 226), côslämäri (soslemaki 188,13), cöalämäräni
(sözlämägäni 198,5), côslän Typyp (sözlept'ur 212,3).
chIk (у) [Hr (Uig.), сыК (Alt. Tel. Küär. Krm.)]
unterdrücken, сыкарман, сыктым, сыккыл (sechar-
men, sechtun, sechil 56).
Sultan (soltan 104), солтан Катыны (soltan catonj | сыбыр | Ja (Osm.) Ochs, стр (Kir. Каз.) Kuh]
105).
Mémoires de l'Acad. Пир. 4. sc. УП Série.
Rind (seger 128), ey сыБыр (susager 128) Büffel.
9
66 W. RADLOFF.
CHIBBIH (у) [Вейех. von сыЁ] сыцкан [Sy (015.), Jläs- (Dsch.), Сы (Osm.), ê
sich unterwerfen, seine Zuflucht nehmen, сывыныр (Si- сыскан (Sag.), чычкан (Alt.), тьшшкан (Kir.)] у
ginir 187,8). Maus (siöchan 129). À à
сыбынц [=еырын-н-ц] сыз (у) [сыз (Kir. Каз.) ] 8
Zufluchtsort (siginci 187,6). schreiben, сызармын, сыздым, сызвыл, сызмак (&1-
сывырць:К [> 2e (Osm.), сыбырчык (Кги,)] sarmen, éisdum, Cisgil, Cismac 54).
kleiner Vogel, Staar (segerëic 130). | сызвыр (у) [сыета (Koib.), ысКыр (Kir.), сыкыр (Küär.),
сыБыт И, (Uig.), сывыт (Abak.)]| сыБыр (Alt. Krm.)]
Jammer, Kummer, сыбытын (sigitin 202,11). pfeifen, zischen, сызвырыман, ChISHbIPAbIM, сызБыр-
сын [сын Tac (Kir.) Steinfigur auf dem Grabe, каменная баба | Был, сызвырмак (sixgururmen, sixgirdum, sixgirgil,
Todtenbild (sin 222). sixgirma 56).
сын (у) [alle Dialecte] : сызлыкла, (v) (?)
zerbrechen, сынды (sindi 203,2). stockern, Timm сыслыкларман (tissisluhlarmen 132).
сына (у) Prat (Uig.), ele (Dsch.), сына (Bar. Tüm. | сыпа (у) [сыба (Abak.), ci6a (Schor. Küär.), стпа (Kir. Krm.
Kas.)] | Таг. Каз.) |
versuchen, erproben, сынады (sinadi 202,7), сынама- streicheln, сыпар (sipar 221).
ksına (sinamakina 171,12). сыбан (у) [сыбан (Kir.), vergl. сызбан (Kas.), l&e (Osm.)]
сынал (у) [Pass. von сына] die Aermel aufstreifen (sihandi 225).
erprobt sein, сыналыр (sinalir 142). сыбырткы [af (Osm.), ci6iprki (Krm.), ei6ip (Kas.),
сыныК (у) [von сын, сыныК (Alt.)] супур (Aderb.), сыбыр (Abak.), ciöipri (Tel.), cÿ-
zerbrochen (sinuc 83). ıyprä (Aderb.), c16ipri (Kas.)]
CHIHAIK | 5 so (Osm), сандык (Krm.), russ. CYHAYKE | Besen (siburtchi 103).
der Kasten (sinduc 119, 123, süduk 181). ci [ст (Alt. Abak. Kir. Kas.)]
сындыр (у) [Factit. von сын] Geschenk, абыр ci 6ilä (ager sij bila 66).
zerbrechen, сындырымйн, сындырдым, сындыф, сын- | ст (у) [с1, ci (Alt. Abak. Кг. Каз. Tar.)]
дырмак (sindururmen, sindurdum, sindur, sindurmac pissen, cijäpmär, ciaim, ciril (sijermen, sijdim, sijgil
27), сындырбан (sindgan 204,11). 42).
сынща [yinyi (Tar.) Polizeispion ] | ci [4 (Uig.), сын (Schor. Abak.), ci (Kir. Kas.)]
betrachten, сынцладым (sin@ladim 141). hineinpassen, cijäpmän (siarme 231).
сыр (у) cik (у) [alle Dialecte] Г.
werfen, сырыман (sirrime 224). den coitus ausüben (sic veletrun 112).
сырБалак [сырбанак (Kir.)] ен (у) [cix6ip (Kir.)]
Rutschbahn (sirgalak 146,10, 146,11). schnauben, cixipimäx (singirmen 136).
сырт [<> = (Dsch.), сырт (Alt. Kir. Каз. Krm.)] ciq (у) [eig (Krm.), vergl. ст]
Rücken, CbIHbIP сырты (siyr sirti 144,17), сырт eintreten, verdauen, слнармн (syngermen 138), анан —
устунда (sirtwstü de 170,1). _ (singding 195,6).
сырман [сырмалы (Krm.), сыр (Tel.), сыры (Kir.) steppen] | cixip (v) [von cix]
gesteppt (sirma 143,10). eindringen lassen, cigipin ripcäx (singiriptsen 201,12).
сыла (у) [сыла (Tüm. Kas.)] сир [Li (Dsch.), сир (Alt. Tar.), сийр (Kas.)]
einreiben, сылар (silar 221). Sehne (singir 112).
вылту [сылту (Krm.), vergl. сылта (Sag.) Niederträchtigkeit] | cip [= arab. 7]
Hader (potwar) (siltov 233). Geheimniss (sirin 201,13). к
Аз TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS.
‘стр [у его]. сывыр]
die Kuh (syr 134, siyr, sirti 144,17).
страк [cipär (Tob. Каз. Krm.)]
selten, dünn besäet (seyrac 84, sirek 138).
cipkä [aS,… (Osm. Dsch.), cipkä (Tob. Tar.), cipkä (Kas.)]
Essig (sirke 180, sirkä 203,7).
ciläymya [сПаусун (Kir.)]
Luchs (silausun 98).
cili [>> (Uig.)]
ruhig, rein (sili 187,16, 215,9).
eilik [eilei (Alt. Tar.), сшк (Kir. Abak.), cilir (Каз. |
schütteln, cilkäpmäx, cilikrim, eilikkil (silcarmen, sil-
ctum, silechil 56), eilkin (silkip 143,10).
cilkin (у) [Reflex. von cilik |
sich schaukeln, cilkinäxip (silkinädir 230).
ск [alle Dialecte]
Urin (sidie 113).
ci3 | Ja (Dsch. Osm.), eis (Таг. Таш. Aderb. Krm.), cı3 (Kas.)]
ihr, Ci3, Ci3ix, @зга, cisHi, eisAän, ai ci3 (six, Sixing,
sixga, sixnj, ay six 73), eis (sys 161,8, sis 169,1,
siz 207,3), cisrä (sisga 158,14, 15, 17, 18, 159,6, sisge
159,5), cisaäx (sixdam 73).
cis (v) [Sy (Uig.), eis (Tar.), eis (Kas.), сыз (Krm.)]
sickern, rinnen, fliessen, cisux (sisding 195,5), ci3xi
(sizdi 139), с1зган (sizga 202,8).
су [Sy (Uig.), су alle Dialecte, cyr (Abak.)]
Wasser (su 78, 120), ыссы су (yssi su 10), сузук су
(sizuk su 140), су сывыр (susager 128) Büffel, суны
(suuni 213,3), rÿl-an cyjÿ (gulaf suj), könä суду (cho-
nasuj) Quecksilber (Каз) кбнё су’ы.
cy5a (у) [alle Dialecte]
tränken, cypapmän (siharmen 223).
сун (v) Cv (Uig), Gé (Dsch.), сун (Tar. Alt. Kir. Tob.),
сен (Kas.)]|
darreichen, hinhalten, сунармён (sunarmen 226).
сурат [== arab. 5, |
das Bild (surat 220).
CYpyk [su (Dsch.), 5 (0sm.), сырыЕ (Alt. Kir.),
cypyk (Krm.)]
Stange, суруклар (suruclar 170,3).
суруна [cypyaai (Kkir.) = pers. Сы statt (sb.
Trompete (suruna 105).
67
сул (v) [84 (Uig.), U, (Озев.), сбл (Alt. Abak. Schor.),
сул (Tob. Küär.), сол (Krm.)]
welken, erschlaffen, cyıypmär (suulurme 225).
сулу [сула (Alt. Abak.), сулу (Kir.), cote (Kas.)]
Hafer (sulu 131).
судары (?)
zurück, судары jbikbiaasın (sudari gikildim 134).
суса [суза (Alt), cyca (Kir.), суса (Kas.)]
dursten, сусарман, сусадым, cycamak, cÿcapax (son-
sarmen, sousadun, sousamac, sousagan 55), сусадын
(susading 196,4), cÿcan rypyp (susapt'ur 201,11).
сусуз [=су-неуз]
wasserlos (susüu 194,11).
суст [= pers. Cu]
faul (sust 116).
cyæ [суп (Kur.)|
Pelz (frangi suf 107).
суфра [регз. о ya |
1) Tisch (suffera 233).
2) Schornstein (sufra 120).
суйн (v) [субн (Kir.), céjä (Kas.)]
sich anlehnen, cyännim (заеат 225).
сунгу | te (Osm.), cÿarÿ (Krm.), сунгу (Tob. Krm.),
cöuro (Каз.) |
Lanze (swnular 170,3, swnw 171,5, sungu 208,10).
сунгуща |von сунгу|
Lanzette (sungulza 100).
сур (v) [9>5\ (Uig), Зе» (Dsch. Osm.), сур (Alt. Ab.
Kir. Tar. Tob.), сбр (Каз. |
ziehen, schleppen, сабан сурарман, сурдум, сур (saban
surarmen, surdum, sur 8) pflügen.
суру [суру wiöin (Krm.) Mücke]
ein Insect, суру uiôin = Cinzare (suru Cibin 129).
сурук [сурук (Kir.)]
schwarzes Leder, Oberleder (suruc 99).
сурук [aa (Uig.), сурук (Dsch. Krm.) Heerde]
бр сурук (bir suruc 37), суп herr = eine Heerde.
сурт (у) [сурт (Alt. Abak. Kir. Tob.), сбрт (Kas.)]
streichen, einreiben, суртарман, сурттум, cyprkil (sur-
tarınen, surtum, surtchil 63).
cyr [alle Dialecte, cor (Kas.)]
die Milch (sut 131).
суцук [его]. Russ. сычукъ]
Darm (suëuc 111).
9*
68 W. RADLOFF.
суз (v) [eÿ3 (Tar. Kir. Bar. Krm.), c63 (Kas.) vergl. eis] Stadt (saar 89). .
durchseien, сузарман, суздум (susarmen, suxdum 17, | mäpijär [= arab. à À] р
susarme 227). Gesetz (seriat 105). Be Ù
сузук [сузук (Alt. Tar. Bar. Tob.), céjér (Kas.), vergl. | шол [J$i (Dsch.), шол (Krm.), my. (Kas.), сол (Kir.)] я
Sie (Uig.) sich klären] jener (sol 208,1). ' +
durchsichtig (sizuk 140). _| шык [Hay (Uig.), myk (Kkir.), epık (Krm.)] +
dicht (sech 84). À
mipäni (2) [vergl. mipä (Töl.), стра (Abak.) Bett] à
3. Diener (tabnarius) (siraz 102). 4
nan fe pet A mipkim [= pers. est genus mannae er aesti- :
Vederamo (xangar 96) Grünspan, grüne Salbe(?). Br quad in Khorasan era о €
| SE ligitur. Vullers II, 495] €
Der [= arab. 7/25] Manna (sirichisch 92). р
Safran (zafran 93). в аи Hate
mipim | > (Dsch.) Vamb. Schusterleim, => (Osm.)]
замана [= arab. Qle;]
Zeit, заманада (zamanada 206,7), заманалардан (za-
manalardà 211,5).
säirin [arab. 5% 5]
Oelbaum (zeitin agaëga 199,5).
зарнак [== pers. dl
Operment (xernec 92).
зындан [== pers. Ylx;]
Gefängniss, die Hôlle (sindan 228).
зыдан [= pers. LL 5]
Schaden, зы]ан Атармён (xian etarmen, izan und xian
etchil 40).
siamip [= pers. =>) |
Kette (xingil 124).
з1нцеёр [= arab. ›15)| |
Zinnober (xingft statt xingfer 95).
Pech (siris 182).
mipaäk [пирдак (Alt.) Matratze, a cin (Dsch.) Vamb. eine
Art Kleidung |
frexetus (?) {sirdac 118).
mim (у) [шип (Bar. Krm.), mim (Kas.)]
anschwellen, шипарман, mimTim, ımimkil, mimmär (si-
sarmen, sistin, sistchil, sismac 33), mimmim (sismis
84).
wimä [mimä (Bar. Каз. Tob.)]
Flasche (sisa 123).
mimik |von mim]
Geschwulst, пшик каткан (sisik chetehan 84) die Ge-
schwulst hat abgenommen.
шугур |= arab. Re
Dank (zugur 159,11). ;
mÿlÿk [wÿlÿr (Kir.), mélér (Kas.)]
Blutegel (suluc ein agele 140).
Ш.
II.
шайган [arab. [bi]
Teufel (saitani 197,1). палан [= pers. SEL]
шалдан [vergl. шалбан (Abak.)] - Leopard (palang 98). |
Rübe (salghan 127). nappaı [pers. > und JE», arab. „(> ,5, näpräl (Krm.)] +.
шаФфталы | pers. ai] Zirkel (pargal 100). 4
Pfirsich (saftalu 125). пап | г
шакар [регз. Ci] | der Papst, паптан (papdan 158,12). ï
Zucker (sahar 91), бал шакардан тур (balsekerdät | папаз | ; N
199,1). | Priester (bapas 77, papaz 199,10), nanaa1appa (pa- ‘
шар [== pers. м2] | paslarga 164,5). à:
Das TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS.
näipam6ap [== pers. 2, |
Prophet (paygambar 171,3, peygambar 77), näüisam-
бардан (paygambartan 161,14).
nänmänmöi |pers. ans su]
Donnerstag (pausanbe 80).
näpysä [= pers. од]
Türkis (peroxa 109).
пац [russ. печь]
Ofen (peë 102).
пашман [pers. lon]
| traurig, mäımman 6oxypmäx Reue empfinden (pesman bo-
lurmen 45), jasbıkran nämmas 60.1mak (yasuctan pes-
man bolmac 78).
пыетак [= arab, Gus |
Pistazie (pistac 126).
пыиша [= pers. ais]
Kunst, Beschäftigung (реза 104, 233).
тала, [регз. all]
Glas (piala 123).
mil [= pers. Js]
Elephant (pil 128), nil тиш (fil tisi 92) Elfenbein.
B.
_ бы [alle Dialecte]
reich (bay 22, ba(i) 115, bay 208,6).
_ Galibik [ =ба1-н лыК ]
_ Reichthum (baylic 22).
Gay = Gap [49 (Uig.),
Ä (Kir. Kas.), пу (Alt.)]
Strick, бауларыны (bavlerini 204,13).
_ бауреа [АреЕцо (Uig.)|
‚ mitleidig, geliebt (bavrsak 141, bavrsakdir 229),
баурсакын (bavursaking 199,14).
баула, (у) [=бау-нла]
binden, баулавыл (bavlagil 231), баулады (bavladi
196,11).
6ak (у) [alle Dialecte]
schauen, бакарман, бактым, баккыл (bagarmen, bag-
tin, baghchil 52), бака (раса 182), Gakpin (bachip
160,2), 6akkai6b13 (ba‘keybis 169,9), Gakmpıu (bah-
mis 188,11), бакын (bahap 193,18), баЕКыл (bakil
208,6) |
5 (Dsch.), 6ar (Таг.), бау
69
бака auch бара [pers. (|
Preis, бака урумён ich schätze den Preis (bacha urumän
26, baha 209,7).
бакалы | =бака--лы |
theuer (bahali 219).
бакасыз [| —6aka-+-cp13|
werthlos, werthvoll, der Preis ist unbestimmbar (bakasis
213,1).
6akam [arab. |
Farbholz (bachan 92).
бакамы |vergl. бакам ]
еше Farbe, bakamfarbig (bachami 108).
бакыл [arab. us? ]
neidisch (bachil 117).
бакт [= pers. <=]
Glück (baht 217,4), 6Gakrka (bahtga 204,12).
бактлы | ==бакт-нлы]
glücklich, selig (bahtli 194,7, bah'li 200,15, Бакы
215,11) wurde beim Volke gewiss баклы gesprochen.
бакца [el (Osm.), 6akya (Kas.), бакча (Krm.), бакца
(Bar. Tob.)| |
Garten (Басба 89), бакцада (bachtada 170,4).
бакцацы [==бакца-+ цы |
Gärtner (bacëazi 103).
бакшы [5/4 (Uig.), ès (Dsch.), бакса (Kir.), vergl.
das mong. ya Lehrer, Gelehrter |
Schreiber (bacsi 90).
бак [= pers. sb]
Garten (bag 89).
6ana [ = бака]
Preis (saga 106, раса 173).
баватыр (?)
probus (bagat 116).
бавыл |vergl. бакыл |
neidisch, бавыл kimi (раз! chisi 181).
бавыр [US (Uig.), бакыр (Каз. Kir.), пабыр (Bar.)|
Kupfer (bager 96, bagir 145,5).
бабыш | >49 (Uig.), „EL (Osm.), бабыш (Tob. Kkir.)]
Geschenk (bages 19).
бавышла, (у) [| =бабыш-н ла]
schenken, бавышларман, бавышладым,; бсавьишла (Ъа-
geslarmen, bagesladum, расе а 19).
70 W. RADLOFF.
балацыЕ (у) [Deminut. von бала |
Küchlein (balazuc 130).
балабан [балапан (Kir.)]
junger Vogel (balaban 129).
балыК [alle Dialecte ]
Fisch (baluc 46, balik 144,9).
балыкла (у) [=6aasık-+ aa]
fischen, балыкларман, балыЕкладым, балыкла (baclu-
rarmen, balucladum, balucra 46).
балыкцы [==балый-н цы |
Fischer (bulezi 46).
балкам |= arab. ab]
Phlegma (balcham 79).
балкы (у) sel (Dsch.), балкы Krm.)]
funkeln, glänzen, балкыдын (bakidiug 202,8), балкы- |
сын (balkisin 208,9). i
бальа = бавла (у) [vergl. 6a.153 (Schor.)] - 4
binden, балкамьии (balgamis 88).
балта [SD +49 (Uig.), балта übr. Dialecte]
Beil (balta 100, 124).
балтыцаЕ [von балла |
Hammer (balticak 139). :
балцык [826 (Osm.), балчык (Каз. Krm.), балцыК (Tüm.)] |
Lehm, Schlamm (balcuc 88).
балсаман
Balzamus (balsaman 182).
бат (у) [alle Dialecte |
untertauchen, versinken, баттарман, баттым (batarmen, |
battim 36), 6armac (batmaz 192,9).
батыш | О | (Uig.), батыш (Каз. Krm.)]
бабла (у) [vergl. баула und Gay]
binden, баблабан (baglagan 102), бавлавалбыс (bag-
lagaibis 169,10), бавладылар а 170,10,
bagladilar 171,1).
бар (v) [alle Dialecte, вар südl. Dial. |
gehen, барыман, бардым, барвыл (barumen, bardun,
bargil 61), 6apip (barir 176, 231), 6apipaap (bar-
cuirlar 176), барырсыз (barirsis 169,1), барырлар
ini (barirlaridi 164,11), барды (bardi 161,9, 164,10,
165,1, 170,8, 219,18), бардын (bardig 165,5), 6ap-
cak (barsak 163,11), Gappaichi3 (bargaysiz 167,2),
барыныз (baringis 159,7, barugis 164,4, barsingis
169,1), баралы (barali 214,12), бара 6ilmäc (bara-
bilmes 163,9), баралмаспыз (bar almasbis 163,10).
бар [alle Dialecte, вар südl. Dial. ]
das Sein (bar 30, 144,12, 147,4, 185, 203,12, 211,8),
бар ад! (bar edi 161,6), бар icà (barisse 168,13),
бардыр (bardir 162,13), бармы (barmi 182, barmu
169,2).
барлы |==бар-нлы |
besitzend (barlu 115).
бардак | бардак (Krm.)|
Wasserkrug (bardak 123, bardac 179).
6apua | je (Uig.), as ,L L (Dsch.), барча (Kas.), барца
(Tob.)]
alle (barz 66, barza 76, barca 159,6, 184, 188,16,
195.4; 13, 198:1,9,10, 201%13205,2 209,7, 211,4,
5, 8, baca 206,5, barce 157,4, 9, 160,11, 162,10,
163,8, 14, 164,5, 168,5, 169.5 170.1. 171,4, 12, |
172,2), барцада (barceda 163,7), барцадан (barta- |
dan 159,11, barèidan 160,9, 10, barëedan 162,9, | Untergang, кун батышы (cun batisi 82), 6ATRINTAHD] \
barceda 190,17), бурчадан тур (barcadät 191 As (batisdagi 215,3).
6apuapa (barcaga 208,4, 7), барцаларны (bâtalani | баттыр (v) [Factit. von Gar]
? ’ + FE
9. ss
200,3,‘baréalarni 188,4, 190,10, 217,1), барцалардан
(barcalarda 187,15), барцасы (Багбез 170,8), 6ap-
цамызда, (barcamisda 189,7).
6apmak LAS (Lig.),
napmak (Каз. Kir.), 6apmak | бадам [pers.
hineinstecken, баттырымйн, баттырдым, ÖATTBIPMaHa —
(batirridim, batirdim, batirmaga 18), баттырмабал
(batirmagil 134).
lo]
Mandel (badam 126, 181).
(Krm.)] $
der Finger (barmac 112), табан бармакы Zeh (taban | бадбакт | == pers. [= »] k
barmac 113). unglücklich (badbact 116). N
бал [alle Dialecte | бас (у) alle Dialecte | ` {
я $
Honig, балдан (balda 193,8), бал шакардан тур (bal- drücken, басарман (bassarmen 137), басыш аз à
sekerdät 199,1). 191,5), басканы (baskanT 145,5). “
4
2
4
я
}
EN
Г.
3
ый
#
M
DAS TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS.
база | [4 | (Uig.), база (651. Dialecte, Каз. Kir.)]
auch (фаза 65, bassa 71, 168,16, 171,12, 212,1,5,8).
базар [регз. ›/26]
Markt (baxar 105).
базарван [pers. LE,5L]
Kaufmann (basargan 105).
6asısık [6asabik (Krm.)]
Friede (baxlic 78, basilich 159 u)
luchin 161,2).
баш [alle Dialecte, 6ac (Kir.)]
Kopf, Anfang (bas 31, 109, 230, baz 161,6), ätik
‘башы (etic Бах! 99), näpi башы (Ceribasi 105),
башына, (baschina 171,5), башыны (basini 209,8),
башында (basinda 144,7, basida 147,4), Камыш
- Gampr (hamisdasi 145,7).
- башыр (v) [=баш-нур]
sich verneigen, danken, 6ampbipapuäx (busurärmê 226),
| башьфдылар (bazurdilar 162,5).
башка [alle Dialecte, баска (Kir.)]
anders (bascha 70, baschka 158,10, bazka 163,10,
baska 189,7).
башкарыш (у) | —6am+-Kkaprun |
streiten, башкарышырман (baskarisirmen 226).
башла, (у) [=баш-нла]
beginnen, башлармён, башладым, башлавыл (baslar-
men, basladum, baslagil 31), башладылар (bazladilar
160,4), Gamaan (baslap 210,2).
башлы | —6am + лы |
einen Kopf habend (basli 143,18, 144,12).
_ башсыз (—=баш-н-еыз]
kopflos (bassis 175).
башмак [ii (Озш.), башмак (Krm.) = russ. башмакъ |
Schuh (basmac 121).
ба [= pers. 42 i. 4. <; Vullers]
malum cydonium (be 125).
бау |60w (Krm.), vergl. ungar. рок]
Spinne (böv 180).
баки [ >49, —2S0 (Uig.), баки (Krm.), 6ix (Kas.), näk
- (Alt.), бак (Tar.), бек (Kir.)]
fest (bek1 143,7).
баг [9 (Uig.), El, (Dsch.), баг (Tar.), 6i
(Alt.)]
Fürst (beg 104).
базлыкын (bax-
(Kas.Kir.), mi
71
ба]уда [pers. o>lsu |
Granat (bejuda 109).
бар (v) [949 (Uig), So о (Dsch.), EL (Озш.), вар
(Krm.), пар (Alt.), Gäp (Таг.), бер (Kir.), 6ip (Kas.)]
geben, Gäpimän, Gäpaim, бар (berumen, berdum, ber
13, 18, 38, 44, 46,.49, 51, 52, 57, 60), 6äpip
(Бег 164,2, berur 195,2), бард! (berdi 160,7,
195,10, 216,7, birdi 170,9, bedi 201,3), Gäpzim
(juutberdim 140), баран (berding 213,7), бермён
(berman 23), барей (bersa 23, 158,12), 6äpmäcä
(bermassa 23), Gäprän (bgâ 202,10), Gäpräi алк
_(bergey dik 162,6), Gäpäim (beraym 23), баргИ
(bergil 49, 57, 60), Gäpcin (bersin 217,4, bersen
158,16, 161,2, bsin 206,1), бАрмак (bermac 49),
Gäpinrip (bipt 190,14), Gäpin турур ( b'ipt'ur 198,2).
Gäpärär [arab. àf,]
gesegnet, Segen (barachat 84).
6äpi [alle Dialecte |
diesseits, vor, seit, кгандан бару (kelgädän beri 184).
барлн (у) [Reflex. von бар]
sich hingeben, барлндам (berindim 227)ich habe gear(b...).
Gäpil (у) [Pass. von бар]
gegeben werden, 6äpilräi (berilgay 183), 6äpilin rypyp
(berelipt'ur 207,5).
барии (у) [Recip. von бар]
zusammengeben (berisirme 232).
барк [—2%49 (Uig.), 1 (Dsch.), Gepir (Kir.)]
fest, stark (berch 26), Gäpx kälä (adv.) (berc chele 66).
Gäprir (v) [SAH (Uig), EIS, (Dsch.), барк
En Gerir (Kir.), бат (Каз. |
befestigen, баркигрман, барыттм, Öäpkirkil (berchi-
turmen, berketermen, berchittun, berchitchil 26,
berchittim, berchit 28).
säpklä (v) [—6äpr+là]
befestigen, 6äpklän (berclep 66).
6äpmä |von бар]
Schuld (vergl. 6äpmäli), барма алырмын (bernalur-
men 21) auf Schuld nehmen.
бармай [= 6äpnä--li]
schuldig (bernalu 22), 6äpmäli ман (bernelimen 22).
6äl [ESS (Uig.), Jo (Dsch.), ба], бе], Gil alle Dialecte]
Taille (bel 112).
72
ба (у) [6616 (Kir.)]
einwickeln (in Windeln), 08]&рман (belerme 226).
6äläi
ewig (?) (baley 234).
6äldan [—6àl+6a5, 6el6äÿ (Kir.), Gälmas (Aderb.), 6il-
6ay (Kas.)]
Leibgurt (beligab 120).
6älcäa (v) [von 6äl|
das Hemd über den Gürtel herablassen, 6älcänai (belsedi
225).
бат [> (Dsch.), бет (Kir.), Gir (Kas.)]
Gesicht (vergl. öärli).
6àrli | —6àr+#li]
Gesicht habend, туман Öärli von finsterm Antlitz (tuman
betli 228).
баста (v) [=6äcr--lä; бёст ist gewiss das pers. [io
gedörrtes Mehl. Russ. талакно. Das Wort kommt noch
jetzt im Osm. vor, aber verkürzt als el, 6äclä
(Krm.)]
nähren, füttern, 6äcrläpmän, бастадам, 6äcrläril, бает-
]амак (bestlarmen, bestladum, bestlagil, bestlamac
39), сан сбзунну 6äcrläpmän (senig sösüngni best-
lermen) non euro verba tua, 6äcrlä (bästla 44), 6äcrläril
(beslagil 135).
базгак |vergl. безгак (Kir.), б1згак (Kas.)]
das kalte Fieber (das Kalder) (bezgek 220).
баш [alle Dialecte, бес (Kir.), биш (Kas.)]
fünf (bes 143,6, 144,12).
6oi [ES (Uig.), nor (Soj.), noc (Abak.), 60i, 601 übrige
Dialecte, 6yi (Kas.) ]
Körper, selbst (boy 111, 185, 219,16), 601 6ilä (boy bila
70), öojpıy (boying 187,14, 192,13, 196,1, 199,6),
6ojsıya (boyunga 140), бо]лунны (boyungni 213,5),
бо]ын, бо]ыны (boin 168,17, boyini 192,4), бодына
(boyna 168,16, boyuna 170,10).
бон N (Uig.), 29 (Osm.), 6ojyu (Aderb.), mojsın,
MOI, Myix östl. u. nördl. Dialecte|
Hals (boyn 18, 111).
бок [alle Dialecte |
Excremente (bogh 113), 605y (bogu 145,12).
605a | jee (Uig.), li, (Dsch.), 6yka (Tar. Kir.), боба
(Kas.)] .
Stier (boga 129).
W. RADLOFF.
edle EP EN. a NE 9
т
боБаз [QUES (Uig.), 29652 (Dseh.), бовус (Tar.), боъаз. Ë
(Krm. Aderb.); боузда (Kir.), баузла (Kas.) erwürgen] —
Kehle (bogax 111).
Gopyu, був [12622 (в), cpË» (Dsch), буи (Al Kir 3
Ка.) |
Gelenk (bogun 109).
605y35yp [von 605a3]
gefrässig (boguzgur 183, 185).
60ja (v) [60ja (Kir.), noja (Bar. АН.), 6yja (Kas.)]
färben, бо]арман, бодадым, 60jaGBI1 (boyarmen, boy-
ardum, boyagil 58).
6ojay LAS (Uig.), Ее» (Dsch.), бодау (Kir.), Gyjay
(Kas.), по]у (Alt.)]
Farbe (boyiow 18, boya 59).
бо]ацы | —60ja--Upl]
Maler, Färber (boyazi 59).
бор [95 (Lis)
Wein (bor 90).
борла [von бор — борла, борлачыЕ (Krm.)|
Weingarten (borla 89).
борц [6opu(Krm.), борчы (Küär.), борущ(Киг.), Gypa(Kas.)] ;
Schuld (borz 22).
борцлы |==борц-нлы]
%
%
schuldig (borzli 22, bor&luc 167,15, 168,5), борцлу- |
лар (bor@lurlar 91). Die Form bor&lue ist sicher durch
die Schriftsprache veranlasst.
ER
бол (у) [uox, бол (бул) alle nördl. Dialecte, ол die südl. Dial.] M
sein, болурмйн (bolurmen 26, 45), болур (bolur 133),
болдум (boldum 22, 26, boldim 142), солдум ад.
(boldum edi 26), болдын (bolding 206,7), 6onası
(boldi 67, 188,2, 193,14, 195,12, 203,11, 208,4, _
215,10, 11, 219,17), болдуЕ ад! (bolduk edi 219),
болдук (bolduh 207,10), бол (bol 53, 215,6), болвул, _
болвыл (bogil 45, bolgil 172,1, bolgul 208,7), 601--
сун (bolsun 31, 217,5, bolsü 206,2, bulsun 171,8,
bulsû 171,9), Gorcamäx (bolsamen 135), болса äni _
RE ER
(bolsedi 142), Goxpai (boxgai 66, bolgay 158,5, 6,
163,15, 165,14, 168,2, 9, 169,11, 209,4, 7, bolgey
166,14, bulgai 158,13), болван (bolgan 201,4,
211,8, bolgä 203,9, 205,1), болмыш (bolmis 201,5),
6olyn (Бор 206,10, bolupturur 207,4, boluptur
euh
Вне
207,5, boluptrur 211,10), болванда (bolganda 140),
болмава (bolmaga 189,3), болмак (bolmac 78), болман
DAS TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS.
(dolme 165,10), 6oxmac(bolmas 166,8,9), Goxmaca(bol-
massa 64), 6oxmapai (bolmagay 166,7, 212,4), Gou-
мавыл (bolmagil 185), болмадыкта (bolmadikda
193,15), болмачы (bolmaëi 191,11, 213,7).
болак [белак (Kas.), була (Kir.)]
Quelle, Bach (bollach 28).
болар [= pers. le]
Crystall (bolor 109, bolar 227),
болуш | —601+-11 |
. Hülfe (bolus 203,11).
— бодуш (v) [Recip. von бол]
helfen, болушурман, болуштум, болуш, болушмаК
(boluzurmen, boluztum, bolus, bolusmac 6), болуш-
сун (bolusun 159,13, bolussü 161,1, bolussun 162,7),
болуш (bolus 214,9), болушмакы 6ilä (buluschmachi-
bile 159,16), 6o.ıymmasai (boluschmagey 167,2, bo-
luschmagay 167,11).
603a5 [=603-+-ak?]
grau — gamelin (vergl. Du Gange: camelinum und gamelum)
(eine Farbe) (boxag 108).
бош [бош, буш, 60c alle Dialecte ]
leer, frei (bos 62).
6omak [von бош]
Befreiung, Verzeihung (der Sünden) (bozak 158,5, 7, 9,
12, 13, 14, 18).
_ бошан (v) [von бош]
sich befreien, бошаньырман, бошандым, бошан, бо-
шанмас (bosanurmen, bosandum, bosan, bosanmac
25).
6omar (у) [von боша]
befreien, loslassen, бошатырман, бошаттым, бошат,
73
vom Jahre 1398 — RSS und oi Sas, und
Vambér y übersetzt «geheime Wachen und Polizei-Agenten».
(Vambéry. Uigurische Sprachdenkmäler, pag. 172). Das
Abuschka übersetzt J,K durch _„5 le (Mundschenk),
(vergl. Вельяминовъ-зерновъ, Словарь джагатайско - ту-
рецкй. Петербургь 1868).
Gürüi (у)
ha ezuyt wo(l) uws gericht(...), дакшы 6öräjin 6apäp
(jaksi bogeyp barir 231).
söpy [45-585 (Uig.), ббру (Alt. Tar.), бури (Kas.)]
Wolf (boru 128, böri 134). \
Gôpr [ббрук (Kir.), Gÿpir (Kas.)]
Mütze (borc 101, 120).
ббркщ [==ббрк-нц!]
Mützenmacher (borëi 101).
söläy [ls (Osm.), Gülÿu (Kir.), öylim (Kas.)]
Theil (bölöv 228).
603 [+85 (Uig.), 59 (Dsch.), 663 (Kir.), 6öc (Alt.), буз
(Kas.)]
Baumwollenzeug (boz 234).
быкыт [arab. av |
Tauschhandel (behet 106).
быцак [ati S (Uig.), dis (Dsch.), пычак (Alt.), ишак
(Kir.), пычак (Kas.)]
Messer (bicac 97, bicak 145,10, bizac 118, 133, bicek
146,12).
быцакцы [==быцак-нцы]
Messerschmied (bitacëi 101).
быцкы [бычкы (Kas.)|
Säge (biéchi 100), Schneiderscheere (buëchi 97, bizchi
98).
6omarmak (bos’aturmen, bosatim, bosat, bosatmac 7), | 61 [verel. баг]
бошаткыл (bozatkil 158,3, bozatchil 160,5, bozzat-
kil 171,11), бошатма (bozatma 166,5), бошатырбыз
(bozzatirbis 171,11), бошатмабына (bossatmaginä
212,10).
66räÿl [Us (Dseh.)]
Herr, Adliger (bey 105, 212,5), 6i Täypi (bey-
tengga 157,2,8, 158,1, bey teng 158,2), 6ini (beyni
216,2), б1м (beym 160,6), 6ijimis (beymis 160,8,
162,8, 188,10, 211,4), 6ijimisni (beymisni 208,2),
Gijigni (bejingni 162,9).
Beamter — placerius bei Du Gange = seriba, publieus,tabellio | 61 (у) [611 (Kas.)]
franz. gressier (bogaul 105). Der Jarlyk des Toktamysch vom
Jahre 1382 bietet zwei Beamten-Benennungen | 1,8, und
tanzen, 6ijipmäs, бтд1м, 61ril (beyrmen, beyrdim, bey-
gil 10), бш (beip 29).
JB, die Jarzow mit «Thorwächter» (заставщики) und | бк [49 (Uig.), 3.2, (Osm.), мбзук (Abak.), 6ik
«Boten» (раэсыльщики) übersetzt. (Григорьевъ, Ярлыки.
Одесса 1844). Dieselben Wörter bietet der Jarlyk Timurs
Mémoires de l'Acad. Пир. d, sc. VII Série.
übrige Dialecte |
hoch (реш 139, beyk 180, beyik 159,11).
10
74 W. RADLOFF.
GiKlik | —61ik+-lir |
Hôhe (beichhluch 125).
6iräy |vergl. u (Dsch.), у. блган (Krm.) gefallen| .
ähnlich, Oiräy аду (bigevedi 161,4).
6irinä (Demin. von 6i]
lieber Herr, Girinäm (beyginäm 214,4).
öijin (у) [Вейех. von 61]
tanzen, springen, булнарман, банд, 6ijiuin (bienir-
men, biendim, byenip 29, beynip 216,1).
6ijiun | —6ijin+1]
Tanz (beyiné 217). Gilripr [von Gil]
6ip Jalle Dialecte] wissen lassen, 6ilriprip (belgirtir ne
ein, eins (bir 175, 159,1, 2, 161,5, 164,9, 11, 14, | бИдар (v) [Faetit. von Gil]
165,5, 166,11, 14, 168,14, 209,8, 210,1, 211,3, 4 wissen machen, 6ilnipai (bildirdi 211, 215, ‚9), öilnip-
212,6, 8,9, 219,15, 231, 234), 6ip Кат (birchat 83), aix (bild'ding 201,16).
6ilä (у) [6ilä (Alt. Kir. Tar.), Gilä (Kas.)]
schleifen, бИарман (bilermen 180).
6iläy [6iläy (Kir.)]
Schleifstein (bilau 100, bila 146,11),
бШк [von Gil, >59 (Uig.)]
das Wissen (bilik 189,18, 198,10).
6ilin (у) [Reflex. von Gil]
erfahren, 6ilinmäräsni (bilinmaganni 215,9).
Gilrä [eo (Uig.)]
Weisheit, weise (bilgä 141).
|
À
у |.
®
E
|
4
[4
pa
$
|.
à
бр каз (birkes 175), бр аз (biras 158,18), 6iprà | 6ir [alle Dialecte] H
(birga 70, 198,1, birge 169,10), 6ipei (birsi 168,4), | Laus (bit 129). в
6ipin (birin 209,8). бит (v) [I (Uig.), пут (A), бт (Kir.), баг Каз.) | :
6ipäp [| —6ip+ ар] vollendet werden, wachsen, entstehen, 6irri (bitti 191,7, 4
einmal, 6ipäpaä (birardä 64). 207,9, biti 209,5), Girin бету (bitip östi 208,3). =
6ipir (у) [nipix (Alt.), 6ipir (Kir. Tar.), Gipik (Каз. | бит (v) [SS (Uig.), ль (Dsch.), 6ir (Tar.)] À
sich vereinigen, Gipirin (kirigi ein trechtuk 229), 6i schreiben, 6iriaim (bittidim 143,6, bitidim 144,7). |
ракканн! (birikgani 195,10). Girik [—2SSSS (Uig.)]
öipikrip (v) [Factit. von бк] die Schrift (bitic 90, 91, 141, 164,9, biti 153,6, bi- À
sich vereinigen lassen, vereinigen, 6ipiktipaix (biriktir- tis 144,7), 6irik устасы (bitic ostasi 104), 6itik ri- =
ding 186,18), 6ipikripinrip (birikt'ript’ 195,9). linmä in der Schriftsprache (bitik tilince 160,10). [Я
6ipicirÿn [б1реугун (Kir.), Gipcirÿu (Каз.), 6ipeyn (Schor.)] | Girikmi [ —6irTik+-ni] u
übermorgen (birisi kün 80). Schreiber (betichzi 55, маса 91). à
Gipian [== pers. Е ] | Girrip (v) [Factit. von Gir]
Reis (brinë 107, biri.... 130). beendigen, Girripimän, Girripaim, Girripmäk (bitirri- “
рик [—6ip+lir|
Einheit (birlice 174), ущук Giplikkinä (uëlik birliknä
141).
Gil (v) [alle Dialecte, 61 (Каз.) |
wissen, 6ilipmän, 6ilnim, бИгИ (bilurmen, bildum, bil-
gil 52), бШрейн (bilirsen 166,11, 175), бр (bilir
176), öilein (bilsin 209,3), бИдн (bilding 201,15),
öilipmicän (bilirmäsen 175), 6ilin (bilip 168,14,
203,16), 6ilinrip (bilipt 194,6), 6ilräu (bilg® 201,15),
öiliyis (bilingis 165,15), бИмага (bilmaga 162,15),
öilmän (bilmen 158,15), 6ilmäjin (bilmain 207,9), 6ilmäe
(bilmes 1 68,11), 6apa6ilmäc(barabilmes 163,9), 6ilmäc-
läp(bilmesler 141, 160,6), öilmäräuni (bilmägani211).
men, bitirdim, bitirmak 47).
бщён [б1чён (Tel.), nimän (Kir.), блчан (Kas.)] |
Heu (bizan 131). k
6inäalik | = 6inäu--lie] |
die Raufe für Heu, Krippe, НВ (bicanlikta 159,10). —
б1з [alle Dialecte]
wir, 6i3 (bix 72, biz 188,7, 211,8, bis 134, 159,15,
160,14, 162,14, 166,1,2,5, 216,9, 217,1), 6isig (bixin =
bila 68, bixin 74, bising 72, besing 220,3), Gisim —
(bisim 158,4, 160,12, 13, 161,1, 166,4, 206,5, bezim —
211,9), Gisrä (bizga 189,5, 191,7, 207,5, bixga 72,
189,5, bizgä 191,15, 199,2,6, 204,14, 16, 205,4, 207,5,
bisga 158,12, 159,13, 161,1, 164,2, 169,6, 171,10,
re
Br ae ОН
ре ЕВ Ак
Ir D
Mer
_ DAS TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CoDEx COMANICUS.
bisge 162,8, bisgä 171,11, 186,9, 11, 187,4, busga
170,7), 6isui (bixni 72, bizni 189,15, 206,9, 208,8,
214,5, 217,2, bisni 171,12, 13, 188,2,5, 220,4), 6isnä
(bizdä 214,4, bisda 166,2), б1здан (bixdan, bixdam
72), 6isläp (bizlär 214,7).
б1з [alle Dialecte]
Ahle (bix 99, biz 226).
Gi (у) [пыш (Alt. Abak.), ше (Kir.), шш K(as.)]
gar werden, Gitmim käpniy gebrannter Ziegelstein (bis-
mis kerpië 120).
биш [von 6im]
gekocht (bisi 84).
… Gimip (v) [von 6im]
kochen, Gimipimäs, бширдм, 6imip (bis’uturmen, bis-
urdum, bisur 13), бширган (bisurgan 13), Gimipmim
(bisirmis 18), Gimipimän, Gimipaim (bisturumen, bi-
surtim 36).
- бширщ [=6imip-+ wi]
Koch (bagerzi 13).
бу [alle Dialecte ]
dieser (bu 66, 67, 74, 146,12, 158,13, 163,6, 164,2,
169,6, 186,12, 194,14, 198,13, 200,10, 201,3, 204,3,
бу car (busat 67), бу каца (bu kicze 67), бу цы-
Канда (bu gehanda 158,13), бу кун (bu kun 160,8),
бу дундада (buddwniada 167,8), мынын (monin 71),
мында (топа 66), мунца (231,3, 7), бу MyHiyki, му-
нар, муны, мундан, булар, буларнын, буларка, бу-
ларны, булардан (bu, muningi, mungar, muni,
mundan, bular, bularning, bularga, bularni, bular-
dan 74).
бу [пу (Alt. Leb.), бу (Kir. Bar. Kas.)]
— Dampf (buv 143,10).
Gypaai [пуда (Alt), Gyaai (Kir.), бувдал (Kas.)|
Waizen (bodai bugday 130, bogdai 135).
öyjy
Pech (buyu 95).
oyjyp [1925 (Uig.), Ge» (Dsch.), Gyjyp (Kir.), 66-
jep (Kas.), бура (Tar.)]
befehlen, Gyjypamäx, бу]урдум, 6yjyp (buiuramen,
buiurdun, buiur 31), 6yjypyp (buyurur 162,8), 6y-
]урду (buyuirdu 163,3).
Gyjypyk [/^5%5589 (Uig.), 6yjypyk (Kir.), Gojepok (Kas.)]
Befehl (buyuruk 163,6), Gyjypykym (bwyruchim
75
162,12), Gyjypyky (bwyruchy 162,14), бу]урукун
(buyruchun 163,8).
бун [siehe 6opyn]
Gelenk, Geschlecht (buun 109, buug 112).
öyniar [= arab. av |
Gebäude (buniat 28).
бур (v) [9 (Uig.). 35 (Dsch.), бур (Kir.), пур (Alt.),
бер (Kas.)]
drehen, winden, бурарман, бурдум, бурБыл (burar- :
men, burdum, burgil 60), бурмыш (burmix 83).
буру [бурау (Kir.)]
Bohrer (vergl. бурусуз).
‘бурун pere (Uig.), мурун (Alt. Kir.), пурун (Abak.),
бурун (Tar.), берен (Каз.)]
Nase (buen 110), бурнун (burnung 165,4), бурнун
(burnü 164,12).
бурун [alle Dialecte|
früher (burun 159,1, burü 161,14, 165,3, 167,5,
168,2, 211,6), ан бурун (enborun 64).
бурунву [=бурун-н5у]
früher seiend (burungi 83).
бурул (у) [Pass. von бур]
sich winden, бурулуп турван (burulipturga 191,4).
бурусуз [==буру-нсуз]
ohne Bohrer (burusus 145,12).
6yp5y [6yp5y (1272772 Num. 31,6 Krm.), , 3 (Osm.)]
Trompete, 6Gyp5yaap (burgular 104).
бургуца [Demin. von 6yp5y|
kleine Trompete (burguëa 104).
бурц [буруч (Alt.), береч (Каз.)|
Pfeffer (burë 91). |
бурцак [бурчак (Таг.), буршак (Kir.), борчаК (Каз. |
Hagel (burzac 40). |
була | = болак |
Quelle (Бай 197,10).
булады [vergl. болот (Alt.) Stahl, булат (Kas.), == pers.
еше Waffe, буладылар (buladolar 170,3).
булут [alle Dialecte ]
bé (bulud 82), булутлар (bulutlar 82).
булба (у | ee (Uig.), Gel] > (Dseh.), nyapa (Alt.),
6yasa (Kir.), белва (Kas.)]
umrühren, булвамыш (bulgamis 88).
10*
76 W. RADLOFF.
Oyınak [von булБа]
getrübt, verdorben (bulgak 67).
Öyınan (у) [Reflex. zu булба]
sich trüben, коН]ум булБаныр (conglü bulganir 235).
6yapam (у) [Recip. von булба]
sich vermischen (vergl. 6yapamrbip).
булбаштыр (у) [Faetit. von булБаш]
vermischen, бульаштырдым, булваштыр (bulgastur-
дит, bulgastur 36).
бут [alle Dialecte]
Schenkel (buth 113), буту буту (butu butu 143,16),
бутундан (butundan 143,16).
6yrak [alle Dialecte]
Zweig (butac 125).
GyTayk [=6yT--ayk]
Beinschienen (butuluc 118).
6yuy [55=? (Osm.), Gyuyk (Krm.)]
Hälfte (by@ujai 145,4).
Gyukak [vergl. öyumak (Tob.), Goumak (Kas.)]
Rand, бучкакындан (buëgakindan 215,2).
буз [+85 (Uig.), 59 (Dseh.), буз (Krm.), муе (Alt.), муз
(Kir. Tar.), без (Kas.)]
Eis (buys — yz 134, buz 145,12).
буз (у) [alle Dialecte]
zerbrechen, бузарман, буздум, бузгыл (buxarmen,
buxdum, Бизе! 11), бузуп (buzup 206,9, 209,9),
бузадыр (фига dur 207,7).
бузау (mosai (Tar.), пуза (Schor.), пузу (Abak.), бузау
(Kir.), безау (Каз.)]
Kalb (buxau 128), бузаула1 (buzovley 193,2).
бузу [von 6y3]
Verwirrung (bosov 199,11).
бук (у) [alle Dialecte]
zusammenbiegen, 6ÿräpmäa (bugermen 230), бугуп
(bugup 143,10).
букру [букру (Krm.), vergl. бургу (Sag. Schor.)]
buckelig (bucru 117).
fr} [883 (0)
Weiser, Prophet, бугУЯрдан улам (Бу gvlarde ulam
212,7).
_бугун [=бу-нкун]
heute (buchun 66, bukun 80, bugun 159,4, 6, 161,4,
171,10, bu gü 160,9, bugü 164,5, 169,5, 6).
öyryl (у) [Pass. von бук]
gebogen werden, sein, 6yryläpmän (bogulurmen 39).
бур [пур (AL), бурум (Krm.)] 6
Knospe (bur 222). -
буран [russ. бревно = бурйнй (Tob.)]
Balken (buran 100).
буруш (v) [буруш (Kir.), öypye (Kir.)] )
sich zusammenziehen, бурушмии (burusmis 85)gerunzelt. —
Gÿpläa (v) [—6ÿp+lün]
sich mit Knospen bedecken, Gÿplänai (burlendi 219,
börlendi 207,9).
буртук [ббртбк (Kas.)]
Sandkorn (—rtuk 135).
| öypuä [op (Osm.), a, (Dseh.), Gépuä (Kas.)]
Floh (burëa 129).
61671 [= pers. Jab]
Nachtigal (bulbul 130).
бутун [SIE (Uig.), пудун (Alt), бутун (Kir. Tar.),
ботбн (Kas.)]
ganz (butun 83, 85, 217,3, bütün 171,3).
бутущук [=6yrya--Iye]
Vollkommenheit (bitunluc birla 17).
öyepä (v)
billigen, Gÿcpän (busrep 191,12).
Фанар [pavaowy |
Laterne (fanar 106), Pot. Go bile 170,4).
Фалан [== arab. (y)]
solch (falam 71, fallan 76).
Фаришта [pers. ais]
Engel (frista 77, fristä 180, 215,4, 216,4, friste
159,3, 164,10, 13, 165,1,6, 170,6, frizta 159,9, frizte
164,12), säpimrärä (fristaga 165,3), väpimräläp (friz-
talar 159,10, fristeler 164,7, fristäl 190,1, fristilär
206,5), eäpimräläpniy (fristalning 202,3).
Франг!
europäisch (frangi 107).
DAS TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS. 77
манасыз | —MaHA+-CH13 |
B. ohne Bedeutung (manaysis 233).
Мар1ам [arab. Pb el
Bai [wai (Krm.)] Maria (marian chaton 77, mariam katüga 157,2, ma-
o weh (way 166,10). riandan 160,9).
вакшыш мар)ан [= arab. с ле]
ein Stein = grana de. у. (vacsis 93). Koralle (mariand 95).
вада [| — arab. oc, | марул [марул (Krm.), Jo le (Osm.) |
der versprochene Termin (ouada 106). Lattich (marul 126).
maaık [arab. SL]
König, малык тацыны (salik daëini 191,1).
M. малкан |= arab. ade
Salbe (malahan).
mackapa [= arab. о ,s**]
maizan [= pers. Close] Spott, Scherz (mascara 103).
none (maydan 90). маша, [его]. маша (Kkir. Каз. Krm.), маса (Kir.)]
Ве мун [= pers. Cgore | Feuerzange (masa 97).
_ Аб (maymun 128).
мак [9-44 (Uig.), мак (Alt. Abak.)]
Lob, мак ärkil (mak ätkil 141). магар [= pers. „Хе
makra (v) [makra (Alt. Abak. Kir. Tar. Kas.)] vielleicht (magar 66).
loben, makrapmän (mahtarmen 234). ман [ee (Osm.), näjä ман (Tar.), мт (Kir. Каз. Krm.), mä
мамык [39-2 (Osm.), д (Dsch.), mambik (Kir. Bar.) |
Baumwolle (magugh 92, mamuh 139).
макала, [arab. de] | (Alt.), miä (Bar.)]
Bezirk (makala 90). Gehirn (meng 110).
максыт [arab. >yaie | мангу [ex2s (Uig.), „ie (Dsch.), мбнку (Alt.), ману (Tob.
Absicht (mahsit 184). Kas.)]
Mapar [Sais (Uig.), мабат (Sag.)] ewig (mengu200,11,201,1,212,11,215,6,12,220,2, 3,
“ sicher (magat 69, 141, magattur 198,6, magat| 234, mängy 214,9, mengi 189,12, megu 189,18,
198,14). megu 205,7), мангу ханнын (menguhäning 197,9).
mapııyaa [arab. о>=°] mäyrylyk [=mäarÿ + 1ук]
Scammoniensaft (magmuda 93). Ewigkeit (menguluk 196,12, mengulik 197,3), mäx-
Mapa (v) [манра (Kir. Bar.)] rylärkä (mengulu'ga 196, megulukga 205,8, men-
blöcken, koi манрадыр (coy mangrey dir 134). giluka 207,1, menguluckä 210,3).
манлая [AG (Dsch.), мандай (Alt. Kir.), манлай (Каз.)] | МАНГУдаш | =meitry + аш]
en (masley 110). Genosse für die Seel (mengudes 212,6).
“maman [уе (Osm.), мабданое, nainanoe (Krm.)] ман [бан (südl. Dial.), ман (Tar. Alt.), ai (Kir. Abak.),
С mix (Kas.)]
Petersilie (mangdan 126). Cuve: 4 e
wajyu [arab Ups] ich“ (men 132, 135, 142, 158,18, 14, 17, 159:6,
: 165,10, 167,15, me 157,8, 160,2, 168,4, 11, 169,7,
Paste (maaiunlar 93). г | RN À
шёл 213,5,6), менн (mening 72), манщ бПА (mening
Ban (v) [vergl. ман (Krm.), мал (Kir.)] bila 68), мана (manga 72, 158,16, 167,15, maga
eintauchen, nass werden, манармен (manarmen 229). 23, 63), mä (maa 216,2), mäni (menj 72, meni
‘мана [arab. [iso] 162,12), манда (mendä 144,1), мандан (mendan,
Bedeutung, Form (maana 28). medan 72).
78 W. RADLOFF.
mänim [=mäs-+-im] mip [== arab. el, vergl. mip (Kir.)]
mein (menim 73, 137, 141, 142, 158,1, 16, 160,6,| Herr, mipi (miri 216,8).
161,7, 162,12, 232, menf 169,2, meny 158,2), mänim | mipäc [== arab. |5) Je]
уцун (ment ucun 158,1), Mänimni (menimni 73). Erbe, mipäci (miräti 189,13). 4
mäpıimäk [== per. SL» jo] miciha [= arab. sue] =
Linse (maruimac 131). der Messias (misiha 189,10). |
мадат [== arab. >. ле] Mickix [arab. сы] 4
Hülfe, Mittel (medet 208,1, 7, 219). armselig, demüthig (miskin 202,1, 219,15), mickimi
mäni [näui (Каз. Krm.)] (miskini 204,19). р
Katze (mazi 128, mazi tisi 128). nis [+ Je (Uig.), mäxai (Tar.), mäyis (Krm.)] $
ar ll das Gesicht (meyx 113). |
Räthsel, mäcälläpni (matellarni 188,16). мишмиш [arab. ae] |
mokak [mokok (Kkir.), mopay (Bar.), mokky (Tel.), мук armenischer Apfel (mismis 126). 4
(Tob.)] mykran [= arab. „Us®] |
stumpf (mohdak 233). nöthig (muhtaë 194,14). р
möräp [= pers. м] мунра (у) [мунра (Kir.)] }
Siegel (moghor 53). brüllen, стр мунралдыр (syr mungraydir 134). Ri
möräplä [=möräp--lä] мундус [225 (Uig.), мундус (Alt.)] _ 7
siegeln, möräpläpmäu, môräpläxim, möräplä (moghor- thüricht (mudus 200,2). | R
larmen, moghor ladun, moghor la 53). | мурат [= arab. le] à
мы]анцы MS (Osm), pers. Sl Wunsch, мурадымызва (muradimizgä 206 12):
der Mäkler (mianëi 101, mianzi 106). мурдар [== pers. yl>,]
мына [Ses (Uig.), мына (Tel.)] schlecht, übel, мурдар сасыды (murdar sassedi
siehe (muna 65). 164,14).
мында [Lovat. von бу] мУк [= arab. elle]
hier (monda 66). Besitz (vergl. мука).
мынца [von бу] mÿlklä | —=mÿlk+là]
so viel (munza 71), мынцабына (monzagin(a) 64). besitzen, Mylkläpmäu, му] адм, mylklämäk (mulerar- ,
м1 [= pers. 2] men, mulcradum, mulelamac 30). |
Nagel (migh 121, шШ 208 0). mylkli [=mÿlk+li]
mihip [= pers. gr besitzend (muleri 30).
Wunsch (mihiri 192,12). Mypeär [arab. de, |
mix (у) = (Uig.), LE (Osm.), mix (Alt. Kir.), mia (Kas.)] Gnade, mypsärliyä (mürvatlingä 206,8). h
besteigen, mitäpmäu (minermen 6), мндн (minding | муз [ ug (Dsch.), мунгуе (Tar.), муе (Alt. Abak.), муз.
214,4), minzi (midi 189,14), misäli (minäli 214,4), (Kir. Kas.)] x
minmärä (minmägä 214,2). Horn, муз! (muzi 144,3, 4). |
x
Rs
IX.
EINZELNE SÄTZE,
1) Ем mapa барса, ман-да авар барам,
kim Mana 6äpmäcä, ман-да абар барман.
2) Ман саба асау ärimäpim.
3) Ir ÿpäxip, ir y5pajaubip, Ко! манрадыр, стр
мунрадыр, ]лылкы Kimnäinip, Tayk цакарадыр, ббру
_ улудыр, Kimi ынцкалдыр.
… 4) Амганш, räplän, КьМналый андан тамабынны
_ Gäcläril! Кацан бувда! пацарсын, ар Каура б1тар, ала-
бута TIräHäk бтар, дабы кукй б1тар.
5) Cäniy ]азык(ын)нын алында ман турумён.
6) Bilrä камк kimiläp ман1м сбзум äminigläp! äki
- jouer арынлар! japasr mickin kimiläp jakmp1 бтик 6il-
mäcläp, талашман сбзум ämirigläp! jansıpaap, üprlÿ
я vanykka rÿmäpläp, jäkniy rysakbı Кылнырлар, анда...
‚acay jok, наца nanbıpca апитмак jok, jok häprie дабы
kyryamak jok.
1) Kym maga bersa mendagar beraym,
kym maga bermassa mendagar berman, pag. 23.
2) Men saha assow etizerim, pag. 132.
3) It uradir, it ugraiadir, coy mangreydir, syr
mungreydir, yilki kyzineydir, taoh &acharadir, böri
uluydir, kysi inékaydir, pag, 134.
4) Emganip, terlep, kinalip andan tamagin besla-
gil kazan bogday sazarsen aar kovra biter alabota
tigenek dage rata, kukel biter, pag. 134. |
5) Sening iazucning allenda men turrumen, р. 139.
6) Bilga cetik kyziler menim sösim esittingler
eki iolne ayringler iarle miskin kysiler iacsi bitik bil-
mesler tälaschman sösin esittingler Tanirler örtik
tamucka tuscherler, iecning tusacne cilnirler anda ylap
assow loch, nece Cagirsa esitmach ioch, ioch hergis dage
kuttilmak ioch, pag. 141.
1) Wer mir Etwas giebt, dem gebe auch ich Etwas,
Wer mir Nichts giebt, dem gebe auch ich Nichts.
2) Ich leiste dir Hülfe.
3) Der Hund bellt, der Hund knurrt, das Schaf blökt, die Kuh brüllt, das Pferd wiehert, das Huhn
- gackert, der Wolf heult, der Mensch jammert.
4) Dich quälend, schwitzend, dich abmühend, gewinne dein Brot! Wenn du Waizen säest, so werden
zwischen ihnen Unkraut, Dornen und Disteln wachsen.
5) Für deine Sünden werde ich eintreten.
6) Ihr unwissenden Menschen, höret mein Wort! Unterscheidet zwei Wege! Ihr armen, elenden Men-
schen, ihr kennet die Schrift nicht gnt, (daher) höret auf mein Wort, ohne zu streiten. Sie werden brennen,
in die feurige Hölle sinken, dort werden sie sich des Bösen Hölle bereiten, dort ist keine Rettung, wie viel du
_ auch rufest, dort ist kein Hören, auch kein Entkommen von dort ist möglich.
80 W. Варшоге.
7) Âräp туз ronpak (ka) kyjamyan нашк rÿplÿ ja- 7) Eger tuz toprac cuyasden ni(.)inc tyrla yarik |
рыЕ болеада, Канын Täxpinig japbikabikpina кбрё ka- | bolsedi, haning tengrining iarchlikine core karangi À
раныдыр. dir, pag. 142. À
8) Кама räpärimisaä утру kälril! 8) Kayma kerekimizda utru kelgil. m
9) Täypini cäyril барча ycrysaä')! танрийн аты 9) Tengrini sövgil barëa ustunda tengrining ati
61а ант immäril! улу кунн! авырлавыл! атанны анан- | bile antièmägil ша kunni avurg'agil atangni anangni
ны Köpmärläril! кшин! ôlrÿpmäril! обру болмавыл! | hormatlagil kisini ölturmagil ogur bolmagil hersek |
äpcäk болмавыл! албан таныклык 6äpmäril! бзга к1- | bolmagil jalgan tanihlik bermagil özgä kisining ne-
шин Hämäci сукламавыл! cäyril cäniy Карында- | mäsi suhlamagil sevgil-sening karidasin sening kibi 4
шы(н)н(ы) сан кб! КуазН болмавыл! Kÿaÿni бол- | kuezlu bolmagil konvëi bolmagil opkelmekëi bolmagil |
мавыл! Önkälämärni бо]мавыл! äpianäk болмавыл! | erinteë bolmagil kizganëi bolmagil boguzgur bolmagil |
Кызванцы G601Ma5bil! 605y35yp болмавыл! äpcäkni | hersegèi bolmagil éakuëi bolmagil
болмавыл! цакыцы болмабыл! 1
7) Wenn zu der ebenen Erde von der Sonne auch noch ein so grosses Licht kommt, im Vergleich zum.
Lichte des Herrn und Gottes ist es doch dunkle Nacht.
8) Komme uns bei allen unseren Nöthen entgegen!
9) Liebe Gott über Alles! Schwöre nicht bei dem Namen Gottes! Halte den Feiertag hoch! Ehre deinen }
Vater und deine Mutter! Tödte keinen Menschen! Sei kein Dieb! Sei kein Wüstling! Lege kein falsches”
Zeugniss ab! Begehre nicht die Habe anderer Menschen! Liebe deinen Bruder wie dich selbst! Sei nicht ;
stolz! Sei nicht neidisch! Sei nicht jähzornig! Sei nicht faul! Sei nicht geizig! Sei nicht gefrässig! Sei nicht
lüstern! Sei kein Angeber! |
$
1) устунда == «über» ist hier unpassend, es muss heissen барцадан apTbık.
rn ern Fern ыы
RER Er m EBENE
мт
Зы
XII.
KOMANISCHE TEXTE,
Jyvynyyis оБланлар! алтыцыз кане1 дазыкыцызны!
— Jaspıkapımän 61 TÄnpirä, appt Mapiam karynpa, ары
H , )
ФранасКа, ары Petrus,aphi Paulus, дабы барца арылар-
Ба, сатын ата| а]. Уазыклы äpmän kôpränimaän, апит-
кантидан, тутКанымдан, артый järänimnän, артыК щкА-
HiMAäH. Ашру улу }азыклы турман ман ]аман imläpim-
дан, }аман савынцымдан, сбзумлан, JAMAH арк1мдан, JAMAH
уламатымдан. Нашк ман ]азык ÄrTim, алал этгырман
61 Täypirä. Фалбарыман Mapiam КатынБа, ары Фра-
наска, барца арыларба, машм уцун ]албарсынлар 61
Täypirä! mänim )азыкымдан )арлываеын! Сан, тын
атам, 61 танр: äpki бЦА ман! }азыкымдан бошатКыл!
Kim äiri kögyl бПа Gisim misäyrä Kälcä улу кун
авырлап, ана болка! алты ]ыл бошак.
Kim äiri köyyl 618, ämireä танриин ебзун, ана бол-
Hai алтмыш кун бошак.
[Pag. 121 codicis| Jugungis oglanlar aytingis kansi
iasikigisne iezuklume bey tengga are mariam katüga
are franasca are petrus are paulus асе barèe arlarga.
sa tin. ata. jazucla ème körganimde ezitganimde tut-
ganimde artuch ieganimdä artuch yëganimde asau ulu
iazucluturme. meniy iaman izlarmde iamä saginé тай
sösumden iaman erkimdan iaman ulematimde neëik me
iezik ettim alay aytirme bey tengga. jolbarurmê ma-
ria katüga are franasca barëe arlarga ment ucun iar-
barsenlar bey teng’ga. menim iasikimdan iarlaigasen.
sentin atam. bey teng erki bile meny iazukimdan bo-
zatkil.
Kim egi congulbile bisim gichövga kelsa ulukun
agirlap. anga bolgay altigil bozak.
Kim egi congulbile ezitse tang sösun anga bolgay
altmiz kun bozak.
Verneiget euch, o Jünglinge, bekennet selbst eure Sünden! Ich bin sündig vor Gott, dem Herrn, vor der
heiligen Frau Maria, dem heiligen Franciscus, dem heiligen Petrus, dem heiligen Paulus, vor allen Heiligen und
vor dir, geistlicher Vater. Ich bin sündig in meinem Sehen, Hören, in meinem ganzen Wesen (meinem Halten),
in meinem unmässigen (zu vielem) Essen und Trinken. Gar sehr sündig bin ich in meinen bösen Thaten, mei-
nen bösen Gedanken und Reden, in meinem bösen Willen und meinem bösen Wissen. Was ich für Sünde be-
gangen, Alles bekenne ich Gott, dem Herrn. Ich Неве die Frau Maria an und den heiligen Franeiscus und alle
Heiligen, dass sie meinetwegen Fürbitte einlegen möchten bei Gott, dem Herru. Er möge mir meine Sünden
gnädig verzeihen. Du, mein geistlicher Vater, befreie mich nach dem Willen Gottes von meinen Sünden!
Wer mit gutem Sinne zu unserer Kirche kommt, indem er den Feiertag heiligt, der erhält sechs Jahre
Indulgenz.
Wer mit gutem Sinne die Worte Gottes vernimmt, der erhält sechzig Tage Indulgenz.
Mémoires de l'Acad. Imp. 4. sc. УП Serie. ; 11
82
Kim kim äiri конуШбПа Апитмаса, ана hän намё jok
6omak.
Kim ансызын Kälcä 6isim mikäÿrà улу кундён баш-
ka, jaasık уцун ampıppauca, наца kälin Tägpirä ]албар-
ca, jämäcä, садабвасын-да б1зга 6äpcä анца анца, пап-
тан jÿ3 кун бошак. Олбошак, км ман эттым, сабын-
маныс, Kim бу пыпанда болва!! Ол 6omak больал cisrä
артындан. Ман саунуп тыр ädim с1зг& танрт ебзун,
il 6ilmäx, тылмац jok. Залбарыныз TÄypirä манан уцун,
танр! мана баран андт кбну], kim ман TIımnä давы jak-
шы Til &урангаин, cisrä jakımsı танрт ебзун airkai-
мын. Hä Kim äcä бошак упун Tiläpmän cisrä 6ip аз
танр! сбзун aitmana. Тугунунуз бурун мтыныз бр
pater noster 6ip ave Maria.
Ары Lucas атыр &бангаЙм и1нда: Hänik бугун,
Кацан христос токты, кд! Фарипта )азыда, атты ку-
synirä, юм Койлар kyräp: мён таныклатырман с1згё
улу саунц, KIM бугун токты барца äläm Куткардацы. Ол
болка1 ciarä нышан. Барынцыз Bärlämrä! Анда rankai-
сыз товырбан (Tokkan) облан|ны], пупракка пулбан-
мыш, давы бощанИкта Ко)улмыш. Кацан ол côsai айтты
»äpimrä кутуцуга, Täypinig дарыклыкы }арытты auap-
ны. Анда улу mäpi кбрундт, харши Мар ]ырларлар,
УГ. RADLOFF.
æ «
Kimkim egi congulbile ezitmese anga het пеше iwe-
bozak.
Kim ansesim kelsa bisim gichövga uluküdan basch-
ka yazuk uëun atergansa neëe kelip tegga ialbarsa ie-
mese sadagasindan bisga bersa anta anta papdan iwx
kwn bozac ol bozac kim men aytti sagimagis kim bu
Sehanda bulgay ol bosac bolgay sisga aretintan men
soynwp ayteredim sisga tengeri sösi til bilmen tolmac
ioch ialbarungis tegga menim uëim tengeri manga ber-
sen andi congul kim men teäle dage iaczi til ürengay-
men sisga iaczi tengeri söz aytkayme nekimese 'bozac
ucun tilerme sisga biras tengeri söz aytmaga jwgwn-
wngis burun aytingis bir pr nr bir ave maria.
[Pag. 122 codicis| Are Lukas aytir elbangelim
icinda necik bugun kaëan christos tochde keldi friste
iesdä ayti kutôuëigä kim koylar kuter. men taniklatir-
me sisge ulu sôuné. kim bugun tochdi barta elm kut-
kardati. Ol bolgay sisga nizan baringis betlemga anda
tapgaysis togirgan oglan cupräkä @ulganmiz. dage bi-
саша koyulmis. kaëan ol sözni ayti frizta kutöuliga
tengering iarikliche iaricte alarne anda ulu éeri korudi
friztalar irlarlar övgerlar tengerin alay aytirlar zugur
Wer aber nicht mit gutem Sinne zuhört, der hat keinerlei Indulgenz [zu erwarten].
Wer aus freien Stücken zu unserer Kirche an einem andern Tage, als einem Feiertage, kommt und seine
Sünden bereut, und wann er kommt, Gott anfleht, fastet (nicht isst) und uns Almosen giebt, so viel er vermag,
der erhält vom Papste hundert Tage Indulgenz. Denket nicht, dass die Indulgenz, von der ich spreche, in
dieser Welt sei, diese Indulgenz wird euch nach dem Tode (nachher) gewährt. Ich möchte euch mit Freuden
Gottes Wort sagen, ich kenne aber [eure] Sprache nicht und habe keinen Dolmetscher. Betet für mich zu
Gott, dass mir Gott einen solchen Sinn verleihe, dass ich, wie es sich gehört, [eure] Sprache erlerne, dann will
ich euch Gottes Wort mittheilen. Um einen jeden von euch [von den Sünden] zu befreien, will ich wünschen,
euch ein Wenig das Wort Gottes mitzutheilen. Verneiget euch! Zuerst sprechet ein «pater noster» und ein
«ave Maria».
Der heilige Lukas spricht im Evangelium: «An dem Tage, an dem Christus geboren wurde, erschien (kam)
der Engel auf dem Felde und sprach zu den Hirten, die die Schafe hüteten: Ich verkünde euch eine grosse
Freude, dass heute der Erlöser der ganzen Welt geboren ist. Solches sei euch ein Zeichen: Gehet hin nach
Bethlehem! Dort findet ihr den [neu]geborenen Knaben in Lappen gehüllt und in einer Krippe gelegt». Als
er diese Worte zu den Hirten gesprochen hatte, da erleuchtete sie das Licht Gottes. Sie erblickten eine grosse
Heerschaar, und die Engel sangen und priesen Gott und sprachen folgendermaassen: «Dank sei Gott, der über
ER ee] FIRST
eg
\
DAS TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS.
83
бвйрлар Tägpii, anai атырлар: ШуУкур барцадан блк | barëadan beyik tengriga. dage ierda basilich egi con-
Tänpirä, дабы jäpnä базльк äiri конуШ kimirä, kim | gulni kisiga. kim egi congul egi erk küdä tutsa ol bo-
äiri könyl, äiri арк кунунда тутса, où болушеун 6isrä! | lusun bisga ata dage ogul dage aretin.
Ата дабы OHy.I дабы ары TPIH.
De Sancto Stephano.
Bis okyp6ric ары Стехан[тогрусын дан, км кбп
тбзд! танр! уцун, дабы kön танлар ÀTTI TÂHPIRIH болуш-
макы 6Gilä.
ташлап öpıypıyläp. Кацан аны таш Giläe ташлар äxi,
ол тыр äni: ]окары бакып кбрунуз! ман кбрарман,
KIM кбк барца ацылыптыр. Дабы Christus турур, ата,
cenig cak Колында! Кацан аны айтты, анда Катты ура
башладылар. Tisin цбкуп ]угунду. Давын айтты: Бум
räypim бошаткИ (känypril) аларва, Gilmäcläp на xipläp,
дабы алтты: б1м танр! мам тынымны албыл! Ол сб-
зуну айтты да, цанын танрт älinä бард.
Бу кун саюзшщ кун, абырлалый! нащк 61jimi3
räypi ары Кыз Mapiamnan токты, бугун атылды. Анын
альышлы аты барцадан устун[да], барцадан кущу,
барцадан татлы. Jesus Christus Girik Tiliguä, татарца
kyrkapaanpı, ол карт1-др барца Мам kyrkapaaupı. Riu
ол атыны KÖHylaä тутар, карт! köyylöilä cäyäp, бам
Капан кбптан тбздт сонрасында таш бан
‘
De Sto Stephano.
Bis ockurbis are Steffandan kim cömtösdi tengri
uëun dage &ôp taglar etti tengrinig buluschmachibile.
kacan cöptan tostdi. sungirassinda tazbile tazlap öl-
durdiler, kaëan ani tazbile tazlaridi ol aytiridi iochari
bachip körugis me korarme kim КОК barëe aëeluptur
dage xpc turur ata sening sakolinda kaëan anaytti an-
dan katli ura bazladidar tizin Cöcwp iwgundi. Dagen
ayti beym tengeri sen bozatchil alarga bilmesler ne
dirler dage ayti beym tengeri menim tinı algil. Ol
sözne aya da бапт tengeri eline berdi.
Bu kun sekizinéi. Ка agirlalik. neëik beymis ten-
geri are kyz mariandan tochdi. bu gü aytilde aning
algisle ate barëidan wstwn. barëidan kwëlu, barëidan
tatle, ihe xpe bitik tilinée tararée kutkardaëi ol kerti-
rir Багёе elm kutkardaëi. kim ol atine congulde tutar
kirte congulbile söer. bisim tugemes tirilik bisim tu-
Alles erhaben ist, und Friede sei auf Erden allen guten Menschen, die einen guten Sinn und einen guten Willen
an jedem Tage bekunden. Er möge uns helfen! Der Vater, der Sohn und der heilige Geist!»
Ueber den heiligen Stephan.
Wir lesen über den heiligen Stephan, der so viel um Gottes willen geduldet hat, und viele Wunder mit
der Hülfe Gottes gethan hat. Nachdem er vielerlei erduldet hatte, tödteten sie ihn, zuletzt ihn steinigend.
Als sie ihn steinigten, so sprach er: Schauet nach oben! Ich sehe, dass der ganze Himmel sich öffnet und dass
Christus, о Vater, an deiner rechten Seite steht. Als er dies gesagt hatte, fingen sie an, ihn heftiger zu schla-
gen. Da liess er sich auf’s Knie nieder und verneigte sich. Dann sprach er: «О mein Herr Gott, verzeihe
ihnen, sie wissen nicht, was sie sagen». Wiederum sprach er: «Mein Herr Gott, nimm du meine Seele!» Als
er dies gesagt hatte, gab er seine Seele in die Hand Gottes. |
Heute ist der achte Tag, lasset [ihn] uns ehren! Wie Gott von der heiligen Jungfrau Maria geboren
wurde, ist uns heute mitgetheilt worden. Sein segensreicher Name ist über Alles erhaben, ist mächtiger als
Alles und süsser als Alles. Jesus Christus lautet er in der Büchersprache, tatarisch heisst das «der Erlöser»,
und in Wahrheit ist er der Erlöser der ganzen Welt. Wenn wir diesen Namen im Sinne halten und mit wah-
11*
84
tyränmäc Tipilik, Gisim Tyränmäc äirilik ол ат imianä
тапарбые. Км ол атыны 613 абырласак, cäÿcäk, кб-
nylaä тутсаЁ, нёщк Täypi (6isni) cäyäp! дабы 6isim
цанымызда )акшы ол болушсун 61зга! häm Täypi бер-
с1н KäHCI базлыкын!
In die epiphaniae.
Бугун абырлалыК, ол улу кун. Нашк ol jylay3 кб-
рунд! кун товушы[нда] ол уц kaupa, ол )улдуз нашк
6ip облап Giräÿ &д1. Баш устунда алгын КазыК астры
jJapsık бар äxi. Ол облан agai атты аларба: каз
таркца MeHiM артымца пупут jäpinä. Анда тапкайсыз
)аны Кан тобурмыш, кин! с1з 1здёрс1з. Андан jya-
дуз ilräpi барды, алар артынца Jäpycalämrä дагр1 6ap-
ды. Ол уц Кан anai сордулар Беродёс Канны: Калдатыр
ол KIM токты пувутлар Каны? анын ]улдузун кбрдук
олкун товушы[нда], анын уцун к]дак ол kanpa rismärä.
Rüprÿcrÿläp аларка, kim Christus Баамда Tokkai, бу-
рун атыллы палбамбардан (sic). Кацан цыктылар Jä-
русаламдам, ол ]уллуз äkinmi кбрунд!, барды ilräpi ана
aärpi ол дуга, kaina Christos ]атыр, турду олау устун-
дй&й — — — Кацан köpıyläp ол ]улдузны, улу саунц
саундПар, крдИар ол дуга, таптылар ол облан[ны]
W. RADLOFF.
gemes egelik ol at iéinde taparbis. kim ol atine bis
agirlasak, söwsak. congulde tutsak. neëik tengeri sö-
wer dage bisim ganimusga iaczi ol bolussü bisga. am
tengeri bersen kensi baxluchin.
In die ephi°.
Bugun agirlalih ol ulu kuni neëik ol iuldus korüdi
kwn toguschi ol uë changa. Ol ioldus neëik bir oglan
bigevedi baz ustüda ай chazë astri iarik bar edi. Ol
oglan alay ayti alarga. kelingis сегбе menim artwnée
guhut ierina. сапа tapgasiz iangi chan togurmiz kymni
sys ysdersis. andan iuldus ilgari bardi alar artuëe iero-
solmiga degri bardi ol иё chan. alay sordular herodes
channi chaydatur ol kim tochdi guhutlar channi. ani
indus," kördu"ol kwn toguschi. aning uëû
[Рас. 123 codicis]geldik ol changa teizmaga. corgul-
dilar alarga сут xpe betlemda tochey. burüalay aytilde
paygambartan. kaëan Ciktiler ierusalemdan. ol iuldus
ekinée körudi bardi ilgari anga degri ol euga kayda
eristus iatir turdu öl бу избе — — — kaëan Ког-
dilar ol iuldusni ulu söund söundilar kirdilar ol euga.
taptilar. ol oglan kensi anasibile. arekys mariam iwgü-
rem Sinne lieben, so finden wir in diesem Namen das unendliche Leben, unendliches Ней. О möchten wir
diesen Namen ehren, lieben und im Sinne behalten, ebenso wie Gott uns liebt! О möchte er unserer Seele in
seiner Güte hülfreich sein! Gott gebe uns seinen eigenen Frieden !
Am Tage Epiphanias.
Lasset uns diesen Tag ehren, denn es ist ein hoher Tag. (Sehet) wie an diesem Tage den drei Fürsten
ein Stern im Osten erschien, und wie er einem Knaben glich. Oberhalb des Hauptes und unterhalb des Polar-
sternes war er erleuchtet zu erschauen, Dieser Knabe sprach zu ihnen folgendermaasen: «Folget mir schnell
nach zum Lande der Juden! Dort werdet ihr den neugeborenen König finden, welchen ihr suchet». Darauf
ging der Stern vor ihnen her und sie folgten ihm bis Jerusalem. Die drei Fürsten fragten so den König He-
rodes: «Wo ist er, der (jetzt) geboren ist, der König der Juden? Seinen Stern haben wir gesehen dort im
Osten. Darum sind wir hergekommen, um vor ihm nieder zu Кшееп». Jene theilten ihnen mit, das Christus
in Bethlehem geboren werde, wie bei den Propheten früher geschrieben ist. Als sie aus Jerusalem herausgin-
gen, da erschien ihnen dieser Stern zum zweiten Male und ging vor ihnen her, bis zu dem Hause, in welchem
Christus lag, (dann) blieb er über diesem Hause stehen — — —. Als sie diesen Stern erblickten, freuten sie |
sich mit grosser Freude, traten т das Haus und fanden diesen Knaben mit seiner eigenen Mutter, der heiligen
DAS TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS. : 85
Kägci анасы бП&, ары Кыз Mapiam. Jyrynayläp,
]албардылар, Christus-ka, башурдулар, т1здПар. «Ал-
TbIH, мрон, т1меан Oäpräilik, дабы цанымызны, дабы
ränimisai TÄHpirä, ол болушсун!»
— Bijinis танр! Jesus Christus 6yjypyp, äÿpärip, б1зга
evangelii пинда ала1 airbip: cäyril танрит cÄHiy Öljigni
карт! кбнИндан, барца цанындан, барца купундён, ца-
нындан дабы танйндён. Танр! 61зга, коргузур evangeli
imianä ньышшан карт! сдумакнщ. Ол тур: Kim àTIp манм
бу]урукымны ол ман! cäyäp. Christus-niy таныкы 6ap-
‚дыр. Ары Augustin алал айтыр: анца сдуёрб1з танрий
Häuä 613 анын бу]уруКун тутарбыз, на артык nä äkcäk.
Ары Gregor ала1 aiısıp: Tiläpeän 6ilmärä cäÿäpcäa| mi]
räypiai Jä саумассан [м1 |, сорвыл cäniy кон уннт, cäyäpmi
TÄHpini. Äräp CÄHIH KÖHlIH airca CäŸäpMÈE, ынанмавыл!
_ Кацан тапмассан cÄHiy TIpiklikigki, паннь, CÖ3YyBi, са-
Бынцынны, н‚ащк TäHpi бу]урду. Ол тур карт! нышан,
_ Kim сан танрив! cäyäpcän; Кацан сён анын Уцун kai-
Бырсан, км[еён] танрИн | cäymäc[cäu], дабы Кацан
сан саунсан анын уцун, KIM сан! TÄHpI cäyäp. Rim бу
6yjypyk тутар, kim Täxpini cäyäp барцадан артык,
кбршунну нашк канон! (кборшусун нашк käucini) ол
тутар танриин барца бу]урукун. Hämik Kimi )олеуз
бара Gilmäc, kaina riläp, adai TÄypinig саумакидан
башка ]ол бар (jok), kökräri Канлыкта (kanıpıkka) бара,
алмаспыс. Täypi Катында Kipipôis, ол ]ол бП& Gapcak.
dilar ialbardilar ihega baz urdilar teizdilar altun miron
cimean. bergey dik dage ganimusnu dage tenimisni
tengriga ol bolussun.
S Beymis tengeri ihe хрс buyurur wretir bisge
ewägeli icinda мау aytir soygil tengirni sening bejing-
ni kerti conglungde barëe Sanindan bardedan kuëung
Sanidan dage tenin dan. tengeri bisga korgussur ewä-
geli icinda nizan kerti söymackin. oltur. kim etir me-
nim bwyruchim ol meni söver xpening tan°ke. bardir.
Are augustin alley aytir ana söverbis tengirni пебе
bis ani bwyruchy tutarbis. ne artuch ne eksik. Are
g°gor alay aytir.
ge söumessen. sorgil senig conglni. sövermi tengrini,
Tilersen bilmaga söversen tengirni
egir senig conglug aytsa severme. inanmagil kaëan
tapmassen senig tirilickin. yzig sözig saginëin neëik
tengeri buyuirdu. Oltur kerti nizan. kim sen tengirni
söversen. kaëan sen anig uëü kaygirsa kim tengeri
söumes. асе kaëan sen söninsang anig ucu kayseni
tengri söver kym bu buyuruk tutar kim tengirni söver
barteda artuch côzügne neëïk kensigni ol tutar tengir-
шо barëée buyruchun. neëik kyzi iolsuz barabilmes
kayda tiler. мау tengiring söumekkindan bazka nekim
iolbar köktage chan licta bar almasbis tengeri kattinda
kirirbis ol iolbile barsak.
Jungfrau Maria. Da verneigten sie sich, flehten zu Christus, schlugen mit den Köpfen (den Boden), knieten
nieder (und sprachen): «Gold, Myrrhen und Spezereien haben wir Gott dargebracht, auch unsere Seele und
unseren Körper, er möge (uns) helfen!»
Unser Herr und Gott, Jesus Christus, befiehlt uns, lehrt uns und spricht in seinem Evangelium zu uns:
«Liebe Gott, deinen Herrn, aus wahrem Herzen, von ganzer Seele und mit aller Kraft, die du in Seele und Körper
hast». Gott selbst giebt uns in seinem Evangelium ein Zeichen der wahren Liebe. Das heisst: «Wer meinen
Befehl erfüllt, der liebt mich (wirklich). Dafür ist Christus ein (wahrer) Zeuge. Der heilige Augustin spricht
folgendermaassen: «Wir lieben so viel Gott, wie viel wir seine Gebote halten, nicht mehr und nicht weniger».
Der heilige Gregor aber spricht: «Willst du erkennen, ob du Gott liebst oder nicht, so frage deinen Sinn, ob
er Gott liebt. Wenn aber dein Sinn sagt, ich liebe ihn, so traue ihm nicht; wenn du nicht dein Leben, dein
Inneres, deine Worte und dein Denken in einem solchen Zustande findest, wie Gott es befiehlt. Dies ist das
wahre Zeichen, dass du Gott liebest, wenn du deswegen Kummer hast, dass du Gott nicht liebst, auch wenn
du dich darüber freust, dass Gott dich liebt. Wer das Gebot erfüllt, dass er Gott vor Allem liebt und seinen
Nächsten wie sich selbst (liebt), der erfüllt auch alle Gebote Gottes. Ebenso wie der Mensch nicht ohne Weg
vermag überall hinzugehen, wohin er wünscht, ebenso kann er nicht ohne die Liebe in das Himmelreich kommen,
(denn ohne sie) ist kein Weg (, der dorthin führt). Wir gelangen aber zu Gott, wenn wir auf diesem Wege gehen.
86
Алвышлыь Typ алар, км ]азыкеыз картШк уцун
Töaäp, äiri köyyl 6ilä сабырлык атар. Hämä jok ]&рда
нащк Täypi cäyäp (cäymäri). Вобкта дабы барца ары-
Jap нащк сабырлыКлар {сабырлылар). Hänä кбп сабыр
äräp[läp] танру уцун анца kön улусу Goupai räxpi ka-
тында, анца танр1 аны артык cäyräi. AHPIH уцун
саунуп тбзма[га] карак. Ол тбзумук бу цыванда,
Кыска-дыр. Aubin yuya 6isrä Täupi барр кбрмат,
cäyun, äirilik, Калеы hän Tyränmäc.
Christus алал airtsı kälänänläprä: Барыныз, кбру-
нун!з nanasıappa! Ол ебзун Christus бугун[да] атыр
барца )лазыклыларва, kim карт! kälänänläp [болалар]
TÄHPI алында. Vrpännäni кши kälänängäs, нак TAHPI
угрантр дабы œæäpimräläp jaspıkası kiminän. Hämä jok
дун]а устунда (ininnä) нашк ]фаман сасыр HÄNIK сасыр
]азыклы цан TÄäypi алында. Ол [ппкё&] нышан тапар-
быс GiTik иинда: Bip каз 6ip алвьиилы кши jO15a бар-
ды, бр Фариита анын Gllä барды азам болуп. Кацан
]олдан барырлар ад, утру бф кии joaykry, дит
дабы ашру кбрк!у кши. Кацан œäpimTä аны jbıpak-
тан кбрлу, бурнун тумалады, ]олдан ]ырак Кацты.
Кацан ол Kimi ашты, ол œäpimrä äkinni кд? о kimi-
[ni] Катына. Андан сонра бр kälänär кии Kälai, аш-
ру мурдар сасыды, ол альышлы Kimi Кацан кбрду ол
rälänäuni, олдан Кацты, ол ФАрипта cäysyı Каршы
барды, биту, Куцту. Ол kälänäu ашты, ол алвышлы
W. RADLOFr.
Algizlitur alar kim iasuksuz kertilik véû töser, egi
côgulble saburluch eter. neme ioch ierde neëik tengeri
збег köcte асе barëe areiar neëik sabirluclar. nece _
cöp sabor eter tengeri uëü. anca cöp uluzu bolgay ten- _
geri kattinda. anëa tengeri ani artuch sougey anig uëü
sounup tösina kerek. Ol tüsmiluc bu gehanda kizcha-
dur. Anig uëü bisga tengeri berir hormat sowne egilik «
kaysi heë tugenmes.
[Pag. 124 codieis] Cristus alay ayti keleppenler-
gä. barugis cörugis papaslarga. ol sösin Cristus bugü
aytir barte iasuklarga. kim kerti kelepenler tengri al- |
lenda. ugrenmedi kizi kelepede neëik tengri ugrenir
dage fristeler iazukle kyziden. neme ioch dwmiustinde _
necik iaman sassir. neëik sassir iazukle бап tengeri
alleda. Ol nizan taparbis bitik i&inda bir kez bir algisle _
kyzi iolga bardi bir friste anig bile bardi azam Бор.
kaëan ioldan barirlaridi, utru bir kyzi ioluchtu iegit
dage astri cörkli kyzi kaëan frizte ani irachti cördi
burnü tumalede ioldan irach kaëti. kaëan ol kyzi azti
ol friste ектёе keldi ol kyzi katinde. andan songra bir
kelepen kyzi keldi astri murdar sassedi ol algisli kizi
kaëan kördi ol keleppeni ioldan kaëte ol friste söwnup_
karzi bardi öpti kuëtu ol keleleppem azti ol algisle ky-
zi ekinte keldi iolga friste katinde ol ky’si sösladi fri-
staga ne kyzi sen burü keldi eörkli iegit kyzi sen bur-
Selig sind diejenigen, die ohne Sünden (zu haben) der Wahrheit wegen (Leiden) erdulden, und mit fröh-
lichem Sinne sich in Geduld fügen. Nichts ist auf der Erde (so hoch), wie die Liebe Gottes. Auch im Himmel
fügen sich alle Heiligen ebenso in Geduld. Wie viel (je mehr) die Menschen erdulden (auf Erden) um Gottes
willen, desto höher werden sie bei Gott sein, desto mehr wird Gott sie lieben. Deshalb muss man dulden.
Das Dulden in dieser Welt ist ja nur kurz, und seinetwegen wird Gott uns Ehre, Freude und Gutes (Glück)
verleihen, welches niemals enden wird.
Christus sprach folgendermaassen zu den Aussätzigen: «Gehet hin und zeiget euch den Priestern!» Solche
Worte spricht Christus noch heute zu allen Sündern, welche in Wahrheit Aussätzige vor Gott sind. Der Mensch |
wendet sich nicht mehr ab von den Aussätzigen, wie sich Gott und sogar die Engel von den Sündern abwen-
den. Nichts giebt es in dieser Welt, was so übel riecht, wie die sündige Seele vor Gott riecht. Dafür finden”
wir ein Zeichen in der Schrift: Einstmals begab sich ein seliger Mensch auf den Weg, ein Engel ging mit ihm |
in Gestalt eines Menschen. Als sie so ihres Weges gingen, begegnete ihnen ein Mensch, (dies war) ein Jüng-
ling, der sehr schön war. Als der Engel denselben von weitem erblickte, hielt er sich die Nase zu und fioh
weit vom Wege abseits. Als dieser Mensch vorübergegangen war, so kam der Engel wieder zu dem Menschen _
zurück. Darauf kam ein Aussätziger, der sehr übel roch, als dieser selige Mensch jenen Aussätzigen erblickte, H
entfloh er vom Wege, der Engel aber ging ihm freudig entgegen und küsste und umarmte ihn, Der Aussätzige
DAS TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS.
вши äkiuni ка]д1 Joana Päpimrä Катына. Ол Kimi сбз-
1ад1 хариптага: на кши сан? бурун кал! корку jirir
кии, сан бурнун тумаладын, ]олдан Кацтын, Кацан 6ip
мурдар сасы кши kälaı, kälänän kälıi, сан Каршы бар-
дын, ботун, Куцтун. Андан (сонра) харипта атты ол
альышлы kimirä: ол кбрк У Kimi, юм сён кбрдун, ол
канс! азыкындан эпру ]аман сасыды, анын цаны танри
алында кбптон 6б]ду; ол ат устунда Kkälänän (болса),
_анын цаны ашру ары тыр, дабы jakmsı irip танр:
алында. Ман азамда болман, ман ФАриштаман. Анын
уцун rälnin köprysmälrä] сана, нашк сасыр }азыклы
пан Täypi алында. Кацан Päpimrä ол сбену атты,
_анцак кбрунмади.
Ары Paulus ала1 aitteı: Кацан Kimi ansbıöilä ja-
зыкын AÏTCA, анын цаны ары дабы алкьишль! болБал.
Terik Salomon алал мтыр: kim 03 ]лазыкын длашырса,
алал. 01113, KIM ол танр! ]олуна а1наламае. Kim känci
]азыкын aitca, мткандан сонра koica, Tägpi аны jap-
abpapai. Äräp б1з aïrcak }азыксыз 613, канспизн! ал-
дарб1з, дабы картШк б1здй jokryp. Äräp 6i3 дазыкы-
мызны карт! кону1бПа aircak, kim танр! онунда олту-
рур, Täypi (Christus) кушуУдур дабы ]ларлыБанцлыдыр
6131м дазыкымыз[ны | бошатма[ 5a | дабы барца }амандан
арытма[ъа]. Jeronim (алал мтыр): )азыкын airmaca
Aanbı Öryumäcä, kim|1ä] äcä, 601mapai ары.
87
nung tumaladig ioldan kaztig kaëan bir murdar sassi
kyzi keleppen keldi sen karzi bardig öptig kuëtig, an-
dan friste ayti ol algisli kyziga ol korkli kyzi kim sen
kordig ol kensi iasukindan astri iaman sassir. anig gane
tengri allenda köpten öldi ol et wstunda keleppen anig
бапе astri aretur dage iaczi ygir tengri allenda. Men
azam de dolme men frista me, anig иба keldim cor-
gusma saga necik sassir iasukle gan tengri allenda ka-
éan frista ol sö’ne ayti antak koramadi.
Are Paulus alay aytu. katan kysi agisibile iasuchin
aytsa andan gane are dage algizle bolgay. | Tetic Sa-
lomo alay ауйг kim öz iasuchin iazirsa alay bilingis
kim ol tengri ioluna ainalamss kim kensi iasuchin aytsa
aitchanda зопота koysa tengri ani iarlgagey. Egirbis
aytsak iazuksus bis kensimisni aldarb® dage kertelik
bizda ioctur. egirbis iasukimisne kerti congulbile ayt-
зак kim tengeri oenuda oltorur tengeri kuzludur dage
iarligantludur bisim iasukumus bozatma dage bare
iamandan aritma. Ileronim iazuchin aytmasa dage wt
tumasa kimese bolmagay are.
ging nun vorüber, da kehrte der selige Mensch wieder zum Wege zurück, zur Seite des Engels. Jener Mensch
sprach zum Engel: «Was bist du für ein Mensch? Vorher kam ein schöner Jüngling, da hieltest du dir die
Nase zu und entflohest vom Wege, als aber der übelriechende Mensch kam, der Aussätzige, da gingest du ihm
entgegen, küsstest ihn und umarmtest ihn». Darauf sprach der Engel zu dem seligen Menschen: «Der schöne
Mann, welchen du gesehen hast, der roch von seinen eigenen Sünden sehr übel, dessen Seele war vor Gott
längst gestorben, was aber den betrifft, der den Aussatz auf dem Fleische hatte, dessen Seele war sehr rein,
der war wohlriechend vor Gott. Ich bin kein Mensch, ich bin ein Engel, darum bin ich gekommen, um dir
Als der Engel so gesprochen hatte, so war er nicht
`
zu zeigen, wie die sündige Seele vor Gott übel riecht».
mehr zu sehen.
Der heilige Paulus sprach so: «Wenn der Mensch seine Sünden mit dem Munde bekennt, so wird seine
. Seele rein und gesegnet». Der weise Salomo spricht folgendermaassen: «Wer seine eigenen Sünden verbirgt,
so wisset, dass er nicht auf dem Wege Gottes wandelt». Wer seine eigenen Sünden bekennt, und nachdem er
sie bekannt, ablässt, dessen wird Gott sich erbarmen. Wenn wir sagen, wir sind sündlos, so täuschen wir uns
selbst, und keine Wahrheit ist in uns. Wenn wir aber unsere Sünden mit wahrem Sinne bekennen, so ist, der
zur Rechten Gottes sitzt, der Gott (Christus) stark und barmherzig uns unsere Sünden zu vergeben und uns
vom Bösen zu reinigen. Hieronymus (sagt): «Wenn man seine Sünden nicht bekennt und nicht bittet, so wird
niemand, wer er auch sei, gereinigt».
88
Ары Ambrosius тыр: нащк japa jakıni болмас,
шанда[г1| тама цыкмалнца, ала1 }азыклы mau сау бол-
мас, арынмас, Jasbıkbı upıkmainna. Ва! сан ]лазыклы Kimi,
кии сан ]лазыкынны бу дун]ада 6ip кшидан }ашырыедн,
jakımeı бШрейн, kim ол цыванда jampınmac сан. Yja-
лыреан 6ip кишга кане1 }азыкын airmana, анда на yjar
болка1 саца ол кбш )арБуцы алында, Кода }азыкын-
[вы] ämirkälläp коктагИар, тамуктавылар, анда бол-
nal caya улу улат, дабы карт! удат, 61Ум утат[ы], ол
yjJar намада болушмавал сана, äpkli äpkeic Tamykka
барквалсыз!
Ары Augustin алай тыр: }азыклы Kimi, Kim тПар
кан! дазыкын айтма|5а|, нащк танрЕ Tiläp, дабы
цаны арынка!, ана карёк тбрт Hämä: бурун kai-
Бырмак карак карт: кону]бИа känci ]лазыкын уцув,
аюнш тШн бПА airmapa, уцунш арюн 6ilà }дазыкны
koimapa, тбртунщ на к1м ата тыр )уз кун тутмаба.
Ambrosius (тыр): дДакшырактыр бу дунада арк 6ilä
)азыкны airuapa, тамукта дабын карт! jappyıa куц
6ilä аткынца. Kim бу цыпанда }азыкын кащкт!реё,
ramykra hôkÿmni урмак 6ilä мттыркат, ол ана Hämänä
болушмавал.
Сан appsık kimi, Кацан }аракны hakimpa airmacax,
нащк сау болбалсын? Анын уцун айтКыл arana, Kim
сашн цаныца hakbin, cäniy абрыкыщ[ ны], cäniy ]азы-
Кын[ны]. У)атманцые! мана )азыкыныз[ны| airmana
W. RADLOFF.
Are Ambrosius aytir. neëik iara iacsi bolmas itin- «
da temeri éikmainée alay iazukle San saw bolmas arin- "
mas iazuke Cikmainte. Way sen iazukle kizi kimsen
iazukung'e bu dwniada bir kyzidan iazzirrisen. iaksi
bilirsen kim ol gehanda iazzinmas sen
[Pag. 125 codieis] via tursen bir kyziga kenzi
iazucin aytmaga anda ne viat bolgey sanga ol köni
jargièi allenda. kayde iazuchi gezitkayler köctagiler
tamuchdageler. anda bolgey sanga ulu viat dage kerti
viat ölwn viat, ol viat nemeda boluschmagey sanga.
erkli erksis tamucka bargaysiz.
Are Augustin alay aytir iazukle kizi kim ег.
kensi iazuchin aytma neëik tengri tiler асе senıg
gane aringay. anga kerek tört neme buru kaygirmach
kerek kirti congulbile kensi iazuchüg ucum ekinée tilig
=
ET.
]
ET RER Si
So
a
bile aytmaga ucundi erkinbile iazuchni koymaga. tor- «
twnci ne kim ata aytir iwskun tutmaga. Ambrosius
jachzirachtur buddwniada erkibla iazuchni aytmaga
tamuchta dagen kerti iar gude kucble aytkinée. kim
bu gehanda iazuchin ketik tirse. tamuchta höckü ur-
machbile aytirgay ol anga nemede boluschmagay. _
Sen agirich kizi kaëan iaragne hakimga aytmasag
necik saw bolgaysen. Anig nèun aythil ataga kim
senig ganinga hakim, senig agrichyn senig iazu-
chyn. viatmägis manga iazuchigis aytma tolma@bile
Der heilige Ambrosius sagt: «Wie eine Wunde nicht heilt, bis das Eisen aus ihr herausgenommen ist,
so wird auch die sündige Seele nicht gesund, reinigt sich nicht, bis die Sünde sie verlassen hat». O du sündi-
ger Mensch, der du deine Sünde in dieser Welt vor einem Menschen verbirgst, du weisst doch, in jener, Welt
kannst du sie nicht verbergen. Du schämst dich, einem Menschen deine eigenen Sünden zu sagen, was für
eine Schande wird dort dir sein vor jenem gerechten Richter, wo deine Sünden vernehmen Alle, die im Him-
mel und in der Hölle sind. Dort wird dir grosse Schande werden, eine wahre Schande, eine Todes-Schande, «
diese Schande wird dir aber Nichts helfen, ob du willst oder nicht, du wirst zur Hölle gehen.
-4 . . .
Der heilige Augustinus sagt: «Der sündige Mensch, der seine eigenen Sünden bekennen will, wie Gott. dies _
gebietet, auf dass seine Seele rein wird, der bedarf viererlei Dinge: Zuerst bedarf er der Reue von wahrem
Herzen über seine Sünden, zweitens muss er sie init seiner Zunge bekennen, drittens muss er ausfreien Stücken
von der Sünde ablassen, und viertens die Worte des Beichtvaters hundert Tage lang halten». Ambrosius sagt:
«Es ist besser in dieser Welt seine Sünden freiwillig zu bekennen, als sie in der Hölle beim wahren Gerichte,
durch Gewalt gezwungen, auszusagen. Wer hier seine Sünden bei sich behält, der wird vor dem Richter durch
Schläge gezwungen, sie auszusagen, da wird ihm Nichts helfen».
Du kranker Mann, wenn du das Nöthige dem Arzte nicht sagst, wie sollst du gesunden? Deshalb sage
dem Beichtvater, der der Arzt deiner Seele ist, alle deine Sünden. Schämet euch nicht, mir eure Sünden durch
= Das TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS.
тылмац 6ilä, Кацан мен Til Gilmän. Ол тылмац anni
| борцлы ол дазыкны jambipma|5a| нащк ara, Kim TäHpi-
дан Коркса, дабы kim könly бИА бурун сабышласа,
нащк yjar Goupai. Kim аны бурун сабышласа ол удал-
мас тылмац 611& азыкыны aïrmapa. Kälip алнада airbi-
ные канс! лазыкынызны. Kim aitmaca бтре! алнада, ман
тИаман ämitmälrä]. Барца кии га] борцлык оруцта ja-
зыкын aitmana дабы тумалмава. Kim häp цылда аны
ärmäch ол танридан дабы паптан КарБьишилы дыр.
Kim jasykcys картЕ кону] бПан Täypinig ]ак-апин
алса, ана 60.1Hai кбктёг1 туганмёс тк.
Paulus (airpip): Kim дазык 6ilà дабы арыЕсыз кб-
ну! Gila Täyipiniy Jäk-ampın алса, ол савыныр, Амд1 ман
apbımän, ол бИмёс kim тамукнын отын алды, дабы ту-
ганмас Ölymyn алды. Анын Уцун ]акКшы канашинз
könlyyis 6ilà, äräp дабы бар äcä ]азыкыныз, атынцыз!
длашырманыз! kim 6ilip 6ip Jaspıkbin тан ]ёк-ашын
алса, ана дакшырак Typ ]ылан алса канс! аБзына,
ол ]ылан. бодына )аманлык àTCà, цанына ]аманлык
ата алмас; база танр1 ]Ак-ашы OOJPIHBIH цанын ÖlAy-
рур.
О с1збарыныз! [бу] ]олдан барыреыз, кАПрез, та-
нынызда кбрунуз! бармы андт Кьин, нашк машн Kbii-
ным? Ou созун Christus бугун КычКырыр дабы атыр
Кацтан барца’круст?анларка анын уцун каракт?р б1з[та]
89
katan men til bilme ol tolmaë andi borëlue ol iazuchni
iazzirma neCik ata. kim tengriden korchsa dage kim
congulbile burun sagazlasa пе viat bolgay. kim ani
burü sagizlasa ol vialmas tolma@bile iazuchini aytma-
ga. kelir aynada aytingis kensi iazuchugsne. kim ayt-
masa birsi aynada me til’men ezıtma. Barëe Кул
bortluc oruëta iazuchin aytma dage tumalma. kim har
gilda ametinese ol tengden dage papdan ka’gizludur.
kim iazuchsus kerti congulbile tengiring iecesin
alsa angay bolgay köcdage tugèmes tirilik
Paulus. Kim iazuchbile dage ariksus congulbile
tengiring iecesin alsa ol saginir emdime areme& ol bil-
mes kim tamuchung otun aldi dage tugemes ölwmwn
aldi. anig uëü iaczi kengezzingis conglügisble egir dage
barisse iazuchugus aytingis iazzirmangis. kym bilip
bir iazuchin tengiring iecesin alsa. anga iaczirachtur
ilan alsa kensi agisna. ol ilan boyna iamanlich etse
бала, ete almas. bassa tengri iecesi boyn ganin ol-
durur.
О sis barsingis ioldan barirsis kelirsis. tanigis da
körwngis. barmu andi kyn neëik ment kinnym. ol sö-
sin xpc bugü kyckerir dage aytir chaëdan barte
cstianlarga. anig ucu kerectirbis cstusbile tösme. kim
den Dolmetscher zu sagen, wenn ich eure Sprache nicht kenne, dieser Dolmetscher ist verpflichtet, das Beicht-
geheimniss zu bewahren, ebenso wie der Beichtvater, der Gott zu fürchten hat und in seinem Sinne wissen
muss, was (der Bruch des Beichtgeheimnisses) für eine grosse Schande ist. ‘Wer dieses vorher bedenkt, der
_ schämt sich nicht, durch den Dolmetscher seine Sünden zu bekennen. Am folgenden Freitage bekennet eure
eigenen Sünden. Wer sie nicht einmal am Freitage sagt, den will ich nicht hören. Es ist für alle Menschen .
“eine Pflicht, während der Fasten die Beichte abzulegen. Wer dies jedes Jahr nicht thut, der ist verflucht vor
Gott und dem Papste. }
Wer ohne Sünden und mit wahrem Sinne die Gottes-Speise annimmt, der wird im Himmel ewiges Leben
finden.
Paulus sagt: «Wer mit Sünden (belastet) und mit unreinem Sinne die Gottes-Speise annimmt und denkt,
_ jetzt bin ich rein, der weiss nicht, dass er der Hölle Feuer zu sich genommen hat und den ewigen Tod em-
pfangen hat». Darum berathet euch gut mit eurem Herzen, und wenn ihr noch eine Sünde (auf der Seele)
habt, so saget es! Wer eine Sünde weiss und Gottes hohe Speise geniesst, dem ist es besser, er nimmt eine
Schlange in den eigenen Mund; wenn die Schlange auch seinem Körper Böses zufügt, so kann sie doch seiner
Seele keine Leiden bringen; Gottes hohe Speise aber tödtet auch seine Seele.
О ihr, gehet nur! Auf diesem Wege werdet ihr gehen und kommen. Wisset und sehet! Giebt es ein
Leiden gleich meinem Leiden? ‘Dieses sein Wort ruft Christus noch heute und sagt es vom Kreuze herab zu
Mémoires -de 1’Аса4. Imp. 4. sc. VII Serie. 12
90
‚Christus 6ilä тбзмага. Kim Christus Gilà rôsmäcä, ол
TÄHpiHig кутаундан кбптан kämimilai.
Анын Уцун бугун дабы бу ai б1зг& савынмак Kä-
рак Christusabig Кьйнларын дабы 6]умун; kim ол kbri-
ны, ол 6]умн! сабынмака Tiläcä[k], ол Christus-uny,
савытын, надён Christus тбзду, карак rip 6i3 кону!
кбзубПа баККа1быз, jiräiGis, nônläräi6is, 6iprà ку|-
табагн! баблавалбыз. Ол сыбыттан кбн]ум1з janpai
танрийн cäÿmäklirinä, дабы ол сабыт 6015ai анын Кал-
Каны барца ]а ар алында. Ол cansırıap, Kim[6ilä]
Christus-usı турттИар, Кьышнадылар ол сабыт ол тур:
Кылыцлар, буладылар, сунгУ ар, сурук&р, 63rà сабыт
на бИА туттулар, ыссы Фанарлар 6ilà, чыракларбиА,
нба, аны isnäniläp бакцада, дабы кёнс! Калвысы, Кор-
kykpı, Tirpämäki, канс! jaa6apmakb16ilà ол CHIpT устундй-
[ri] Мамать, дабы канон Канлы тар!, харишта kälin
äyıi, дабы Käpäk 61зга сывышламада HÄNIK ол душман-
ларына, утру барды, дабы 6ip сбзу Oilä барцасын Jäprä
урду. Авнц бард! аларБа куц, алар аны туттулар.
Нашк Judas биту дабы пувутлар аны туттулар, дабы
бавладылар, }анакына бо]уна урдулар, нашк älrriläp-
аны тбрт japsyui алына Annas, Kaifas, Pilatus, Не-
rodes дабы нащк аны TIKMÄTÄ бабладылар, дабы цы-
быклар, Камцылар[6!а] аны Катты урдылар, нашк
naibam6ap тыр: Табанынан табаена дагр: hän бу-
тун[]ар] jok äni, тан! барца japa йд1. Савышланыз
W. RADLOrFF.
‚ estusbile tosmese, ol tengirning kwtövden köpden ke- «
mizzildi.
[Pag. 126 codieis] Аше ucun bugü dage bu ау"
bisga saginmach kerek xpe шё kimlarin dagaen olw-
mnwn. kim ol Купе ol ölumni saginma tilese ol cstus-
nie sagittin ne dan cstus tösdi. kereckirbis congul kö-
sibile ba° keybis gigaybis Cöplegaybis birge kultebegni
baglagaybis. Ol sagittan conglumis iangay tengirnig
säwmaclikina. Dage ol sagit. bolgay ani kalkam barte
iecler allenda ol sagitlar kim cstusni tutelar kina’delar
dage öldurtiler ol sagit oltur, ki(nijlar. buladolar
swnular suruclar ösge sagit ne bule tutular. ysy fanar-
larbile Ciraklarbile ne bule ani ysdediler bachéada.
dage kensi kagisse. korkuki titeremec. kensi ialbarma-
chibile ol sirtwstu de olmeti. dage kensini canli teri
friste kelip ôwtiti dage kerec busga sagizlamaga neëik
ol duzmanlarne utru bardi. dage bir söz bile baréesi
iergä urde. ekinëi birdi alarga kw маг ani tutular «
necik iudas öpti dage Suhutlar ani tutular dage bage-
ladilar ingacna boyuna urdilar neëik eltiler ani tört
iergièi allenda Annas Kayphas Pylatus Heodes ‘dage
necik ani tikmaga bagladilar dage Cibuchlar kamsilar
ani katte urdilar neëik paygambar aytir. Tabanindan
tebessina degri Веб bütün ioch adi teni barce iaraydi.
tukurmak kamizlar örkenler chaë chadaklar swnw ti-
genek tage kayseni baschina urdilar éowguëler neëik
allen Christen. Darum müssen wir mit Christus zusammen dulden. Wer nicht mit Christus zusammen duldet,
der ist von dem Schutze Gottes seit lange getrennt.
Darum müssen wir noch heute und diesen (ganzen) Monat an die Leiden Ohristi denken und an seinen
Tod. Wenn wir dieser Leiden und dieses Todes gedenken wollen, so müssen wir die Waffen, durch die Chri- «
stus gelitten hat, mit unseren geistigen Augen erschauen, müssen alle (unsere Gedanken) einernten, einsam-
meln und in Garben binden. Durch diese Waffen wird unsere Seele entbrennen zur Liebe Gottes. Diese
Waffen werden sein dem Menschen ein Schutz gegen alles Uebel. Die Waffen, womit man Christus stach und
quälte, diese Waffen sind: Schwerter, Dolche, Lanzen und Stöcke. Dann andere Waffen, womit man ihn fest-
hielt; mit brennenden Laternen, mit Fackeln, womit man ihn im Garten suchte.
Kummer, seine Furcht, sein Zittern mit seinem eigenen Flehen, auf dem Bergrücken das Zeichen, auch sein
eigener blutiger Schweiss, und wie der Engel kam und ihn lobte. Dann müssen wir daran denken, wie er
seinen Feinden entgegen ging und alle mit einem Worte zu Boden schlug.
jene fassten ihn.
Säule banden, auch mit Stöcken und Peitschen heftig schlugen. Wie der Prophet spricht: «Von der Fusssohle
Dann auch sein eigener «
Dann erst gab er ihnen Kraft und «
Wie ihn Judas küsste und die ‚Juden ihn einfingen und banden, ihn auf Wangen und Körper «
schlugen. Wie sie ihn schickten vor die vier Richter Hannas, Kaifas, Pilatus und Herodes, wie sie ihn an die
bis zum Scheitel war keine unversehrte Stelle, sein ganzer Körper war voller Wunden». [Gedenket] des An- 3
DAS TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS.
тукурмак, Камцылар, бркан&р, kan Кадаклар[ын ],
сунгу, Täräuäk Tania], Каасыны башына урдулар,
цакущар, нащк сбктИар, älikläniläp, нак Кац устунда
Käprriläp, дабы ölaypayläp.
Атамыз, KIM KÖKTÄ сён, алвышлы болсун сан
[атын]! Канлыкын [rälcin]! болеун cäniy rilämärix
_ нащк KIM кбкта asai jäpaä! кундёг! OTMäKIMISHI 61374,
бугун барг!! дабы ]азыКларымызны 6igrä бошаткКыл,
нашк 6i3 бошатырбыс Gisrä ]аман ärkähläprä! дабы
Jäkkig сынамакына, 6isui Курмабыл! база барца }аман-
дан КуткарБыл! Amen.
Cäyunay болвыл Maria cäÿprämäx 6ilä толусан, 61
_ танр! сйшн ба, барца Катынлар арасында алвышлы
_ ён, дабы алвышлы Jämitu (sic!) cäniy (урукун сан)
кбксунда[к!| Jesus Christus. Amen. |
1 Ave yumaknsıy kaGappi!
ripilikmig ananpı!
jJämimin Gisrä TIPAiH,
Jesus-Hb1 Кацан турдун.
2 Ave Maria, kim 6i3rà
турдун бу пыванда
91
söktiler elikladiler neëik chaë wstüde ker‘ler dage öl-
durdiler et cecetera.
Atamis kim köctä sen. Algiszle bulsun senig han-
lechin. bulsü senig tilemegin nezikkim kocta alley
ierda. kundegi ötmackimisni bisga bugun bergil. dage
iazuclarmisme bisgä bozzatkil. neëik bis bozzatirbis
bisgä iaman etchenlergä. dage iecnik sinamakina bisni
kuurmagil. bassa barëe iamandan bisni kuthargil Ame.
Sounêlu bolgil maria söwrgamachbile tolu sen. bey
tengri senigbile. barce katunlar arassinda algizlä sen.
dage algizle iemiz senig köcsugde ihe ch с Amen.
[Pag. 137] 1 Ave uëmakning kabagi
tirilikning agaëi
jemissing bisgä teyirding
ihne kaëan tuurdüg
2 Ave Maria КТ bisgä
tuurdüg bu &"anda
speiens, der Peitschen, der Stricke, der Kreuzesnägel, der Lanze, der Dornenkrone, die sie ihm auf’s Haupt
schlugen, der Hämmer, wie sie ihn schimpften, verspotteten, ihn an’s Kreuz schlugen und tödteten.
”
Das Vaterunser.
Sei du erfreut, o Maria, du Freudenerfüllte! Der Herr Gott ist mit dir, du bist gesegnet unter allen
- Weibern, auch gesegnet sei deine Frucht, die in deinem Leibe ist, Jesus Christus. Amen.
ı Ave, du Thür des Paradieses!
- O, du Baum des Lebens!
Deine Frucht hast du uns zukommen lassen,
Als du Jesus geboren hast.
2 Ave Maria, die du für uns
Hier auf dieser Welt geboren
12*
92
аны, KIM TÄHPI турур,
propheta нащк этып турур.
3 Ave Кыз, вм кузанц бза
Кыщкырыш сан танрига
cäypräriu апиттрдщ,
сбзн! Täypirä GIPIRTIPAUE.
4 Ave Maria, павынны
]ларутты ата нуры,
]узунан дларыклывындан
б1зга Tip онлькын сан.
5 Ave rägpiniy сан äÿ’i
]лазыклынынц сыБынцы,
сана, ол Кутулур käprilän
KIM сыБвыныр JäK тушмандан.
6 Ауе Christus-Hbn анасы
аврыкымызнын тымары
аврыкымызны онаткыл!
Калвымызны таркаткыл!
7 Ave Maria inpikiy
Täypi TIATIp äcä, Вам бо]ын
барцалардан артый ары,
cäHi табып тыр Кан cili.
Ihn, der selbst Gott ist,
So wie es der Prophet verkündigt.
3 Ave Jungfrau, die dem Wunsche gemäss,
Gott anrufend
Freudig (dich) vernehmen liessest,
Und das Wort mit Gott verbandest.
4 Ave Maria, deine Seele
Hat des Vaters Licht erleuchtet,
Durch das Leuchten deines Antlitzes
Bringe du auf uns deine Trefflichkeit.
5 Ave, du bist das Haus Gottes,
W. RADLOFF.
Du bist die Zuflucht der Sünder,
Bei dir wird sicherlich Schutz finden,
Wer erlegen ist dem bösen Feinde.
6 Ave, du Mutter Christi,
Du Heilmittel unserer Krankheit,
Du heile unsere Krankheit!
Und zerstreue unseren Kummer!
7 Ave Maria, dein Inneres
Hat Gott aufgesucht, und dein Körper
Ist heiliger als alles Uebrige.
Dich hat der Fürst rein erfunden.
ani kim tengri tuurur
p°8 neëik aytipturur
desideriu p
3 Ave kiz kim kusänèé üzä
clamasti
kickerip se tengrigä 3
gram (= gratiam) adepta audita es {
soywrgatip isittirding A
univisti
sösni tengä biriktirding = у
4 Ave Maria ganingni №
jaruti ata nuri
juzuning jariklihinde -
salut
bisgä teyir onglik msä
dom es
5 Ave tengrining sen бу!
refugiu
jazuklining siginüi
ol kuttulur
sanga kim kertlep
rofugit |
kim siginir jek tusmäde
6 Ave ypening anasi
nre infirmitatis medela
agrikimising timari
Sana
agrigimisni ongatgil
mesticia discede 2
kaygimisni se targat|gil|
itmu (= intimum)
7 Ave Maria iérihing
sortitus ac
tengri tintir äsä ha boying
barcalarda artuk are
seni tahubtur hä sili
DAs TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS.
filius
8 Ave Кыз, KiMHiH оБулы 8 Ave kiz kining oguli
| voles
Gisni Tiläi japapr болды, bisni tiley jarli boldi
кбкн! JäpHi дараттацы, : kökni jerni jarataëi
oia possessor
барцаларны &ркендащ. baréalarni _erksindaëi
q nos extraxisti
9 Ave, 6i3i чыбарып турБан 9 Ave bisni Cigaripturga
ölymayy Кабакындан, öluning kabakindan
810п-да 613 км туралым! Syonda biz КТ turalim
| аугунц jbIpbIH са айталым! üyguné irin saa ayttali
10 Ave, ары тыннын 2771, | 10 Ave are tining övi
kaiaa бтмз Christus Конды, kayda beymis ype Копа!
japıbııappa андан бакмыш, jarlilergä äda bahmis
dignatus
japasipamakka )бпсумии. jarilgamakga jüpzimis
locuti (= locutio)
11 Ave, kimHix cÖ3läMmäki 11 Ave kining soslemaki
0 (= est) argenti г ух |
äpip кумушнун ауазы, егуг kumisning avazi
pbatu
JäTTi отта цымвый турбан, jetti ot da éimgipturgan
enigmata од deck... ‚(= declaravit)
mäcälläpai барца aukan. matellarni barta aëgi
я genitus
12 Ave Кыз, KIMHIH тубаны 12 Ave kiz kining tugani
interioris oculis nri Паше
щ кбзумзщ JapbiHbI, icközimising jarigi
арш азамны Куткарды ег azäni kutkardi
1 morte sua по pmisit obdormire
б]умда узутмады. ölumda usutmadi
13 Ave Maria, kim б1зга [Pag.138]13 Ave Maria kim bizga
ple (=prolem) genuisti < ad utilitate.
ypyk туруп сан азыККа, uruh tuvrup 36 asihga
8 Ave Jungfrau, deren Sohn — Uns (sich ihrer) zu erbarmen gewürdigt hat.
Arm wurde, indem er uns erflehte, 11 Ave dir, dessen Rede ;
Er, der Schöpfer des Himmels und der Erde, Gleich der Stimme des Silbers ist,
Er, der Besitzer der ganzen Welt. Die im siebenfachen Feuer erprobt ist,
9 Ave, die du uns herausgebracht Die alle Räthsel gelöst hat.
Aus der Thür des Todes, 12 Ave Jungfrau, deren Sprössling
Die wir in Zion leben wollen, Das Licht unseres inneren Auges ist,
Wir wollen dir einen Lobgesang singen! Der durch sein Sein den Menschen erlöst hat,
10 Ave, du Haus des Heiligen Geistes, Der uns im Tode nicht hat schlafen lassen.
In dem unser Herr Christus gewohnt hat, 13 Ave Maria, die du uns
Der von dort auf die Armen geschaut hat, Zum Vortheil einen Samen geboren,
94 W. RADLOFF.
103 ade (= quidem)
bardamisda anda baska .
astricti ad pedicem (= perditionem) 2
teysli edik tas bolmaga Я
барцамызда андан башка
тии! ад1к Tam болмаба.
i tabernaculo
$
1 14 Ave kifing termäsida ‚№
ны
Ave, KiMHIH тармаснд&,
messias
jalgiz konuptur misiha
sine macula fecit
aypsiz anda kimni kildi
далвыз Коньыштыр Miciha,
ашесыз анда KiMHi Кылды,
манг! тауБа абындырды. mengi tavga angid’di.
-
Qt
=
[SL
Ave Кыз, Юмы mipäci Ave kiz kining miräti
‚ кбктан кап Кацка mini, kökdä kelip haëka midi 4
illaquiauit
алал б1зн! iliaxipai alay bizni illind’di
amoris eius laqueus
CäŸMäKIHIH тузавы. sövmekligining tuzagi
ligwa (sic!)
16 Ave saa kining tili
saccia (sapientia)
megu sözdä bilik aldi
i tantu Ze
апба Cakli ЕТ fristäl
n attingetes
saa ietmeyin tanglarlar
16 Ave са, kimulg Tili
мангу сбзда ОШк алды,
анца цаклы kim Фарпит&р
са ]атмАлн танларлар.
17 Ave Maria, kim адтын 17 Ave Maria ЕТ aëting
кбкн!, дабы андрдщ kökni dage enderding
liberatore nrm
kutkar'darëimis ihem
% vit
КТ tusmänimisni jéng”
talamus
18 Ave kiz kîning kertegi
sieut sol lucidus е ac calidus
Куткардацымыз Jesus-nbr,
KIM тушманымызны jäHAl.
18 Ave Кыз, kimsiy käpräri
кундан japbikrbıp Вам ыссы,
Christus kŸjäÿni Кондурдун,
барцаларны саудурдин.
küdey iariht' Ва isi
LE sposu hospitata est
x.pe kujövni ködurding
_lotificasti
barëalarni sövdurding
Alle hätten wir ohne ihn
Ausgeschlossen (vom Heile) sein müssen.
14 Ave (dir), in deren Heiligthume
Allein der Messias gewohnt hat,
Wen er dort schuldlos gemacht hat,
Den hat er zum ewigen Berge emporsteigen lassen.
15 Ave Jungfrau, deren Erbe
Vom Himmel kommend, das Kreuz bestieg,
Der uns so gefangen hat
In der Schlinge seiner Liebe.
16 Ave dir, deren Zunge
Die Weisheit nahm beim ewigen Worte,
Dir, die die Engel zu aller Zeit,
Nicht wie es sich gehört, anstaunen können.
ı7 Ave Maria, die du den Himmel
Oeffnetest, die du eintreten liessest
Unseren Erlöser Jesus,
Der unsere Feinde besiegt hat.
ıs Ave Jungfrau, deren Inneres (Zimmer)
Heller und wärmer ist, als der Tag,
Die du den Bräutigam Christus beherbergtest
Und uns Alle lieben hiessest.
DAS TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS.
19 Ave, юамнщ Курбаныны
Jayay кбруп }дарылБады,
тын кбе кбну ÖnkäciH
kojyu, барштур алБышын.
20 Ауе Мата анамыз,
cäni сдуп цын Канымыз
барцадан устуно кбтурду,
Malik тацыны к1д1рд1.
21 Ave Кыз, кмдан атасыз
Куртла1 туп 61jimis Jesus,
бурулуп турБан ]ыланны
басып )анцты, б]дурду.
22 Ave }азынын цыбывы
Tajak 6isrä сандан Girri,
ärpimisai ол KÖHAYPIP,
[2
куцс1зм1зн1 котур!р.
23 Ave сан Кыз, KIM цанынны
алма]ыпейн болмацы
Кан бусрап сан! cäÿai, юм
барцадан тыр haï6ärli!
24 Ave Кыз, вм COjYPHATTHIH
yumak ]олун 6i3rà аптын
19 Ave (dir), deren Opfer
Er als fett ansah und gütig aufnahm,
Seinen ganz gerechten Zorn
Aufgebend, giebt er seinen Segen.
20 Ave Maria, uns’re Mutter,
Dich liebt unser wahrhaftiger Fürst,
Er erhob dich über Alles,
Und setzte dir die Königskrone auf.
21 Ave Jungfrau, von der ohne Vater
Gleich einem Wurme unser Herr Jesus geboren ist,
Der die sich windende Schlange
19
>
=
[Pag.139]22
sacrficiu
Ave kimning kurbanini
pingve vides misertus ©
Javli korup iarilgadi
valde recta ira sua
tegu köz könu üpkäsin
dimittes
koxup bipt algisin
Ave Maria anamis
seni söup Cin hanimis
barcedä ustun köturdi
regale corona sua _
salik daëini keddi
Aue kiz kida atasis
sic vmis (— sicut vormis)
kurtley turip beymis Шс
tortuosa serpento
burulipturgà ilani
pmes cuit (— contrivit) erkes kildi
Ave iessening Cibugi.
tayjak bizga sedä bitti
curvum nrm rectificat
egrimisni ol ködurir.
infirmita nrm sustentat
kuësismisni kôtr'ir
Ave sen kiz КТ ganingni
n accepisti 1 uanu
almeyipsen bolmaëi
aprobas
ап han busrep seni seduk1
gloriosus
baréadat' haybetli
у
Ave kiz ki soiurgating.
ucmak iolin bizgä aëting
Ueberwunden und getödtet hat.
22 Ave, du Strauch der Ebene,
Von dir ist für uns der Stab gewachsen,
Der die Krummen unter uns grade macht,
Der die Schwachen unter uns erhebt.
23 Ave Jungfrau, die du deine Seele
Nicht ungehörig empfangen hast,
Billigend hat dich der Fürst geliebt, welcher
Herrlich über Alle da steht.
24 Ave Jungfrau, die du (uns) lieben machtest,
95
Die du uns den Weg des Paradieses geöffnet hast,
96 W. RAnLOFF.
6isHi ]урган ]олларына, bizni jurgà jollaringa,
facias pvenire
kypyn, järkipail Jesus-5a. ‘ kuurup ietkirgil ihega
25 Ave, KIMTä алтарыны 25 Aue kfga altarini |
Jesus Christus-HbiH бо]ыны ihe ypening boyini Е
TäHpi тутуп тыр cäyn, ` фест! tutipt söup !
Колларынны ары кбруп. kollaringni arov körup N
а sm nom tuu (= qui secundum nomen tuum) À
26 Ave Кыз, атыца, кбра, 26 Ave КТ atinga körä 4
бу цываннын тан1з1н&, bu éahañing tegizinä 1
4
батма ]улдузны турдун, batmaz iulduzni tuurding я
KÖHYIYK ]олын кбргуздун. könulik iolin korguzding Ч
р vigor х
27 Ave Кыз, кин Куаты 27 Ave kiz kimning koati
N ER erat spt sa (= spiritus sancti) desiderium vel affa (= affatus) (4
ад1 ары тын Mihipi, erdi ari tin mihiri ,
бо]лын андан цацак]анмии, boying äda &iceklemis '
танр! сандан Капан тумыш. tengri seda haëan tuvmis
уох tua vicit
28 Ave унун уран аны, 28 Ave uning organani
кбркун ]анш Tip Liban-upı; korking iengipt’ libani о
. 06618 © (= occisus est)
юм б1знщ уцун öltypylai КТ 6171 ба olturuldi
базаулал, анын анасы. buzovley aning anasi
29 Ave са, KIM ыБладын, 29 Aue saa k1 iglading
Кацта б]ганда, овулыщ, haëda ölgäda oguling
р in gaudiu dolor tu vs e (= versus est)
саунцка ацуын тбнду, sovégä acuving tondi
ölyminzän Капан Копты. ôlüindä Каба Кори
Du stelle uns auf deinen Weg! ’ Der Wunsch des heiligen Geistes war,
Und bringe uns zu Jesus hin! Es ist dein Körper dadurch erblüht,
25 Ave du, der seinen Altar, Dass Gott von dir geboren wurde.
Den Leib Jesu Christi, 28 Ave, deine Stimme hat ihn geschlagen,
Gott selbst liebend darreicht, té Deine Schönheit hat übertroffen den Libanon;
Da er deine Hände für rein ansieht. - Der unseretwegen getödtet wurde
26 Ave Jungfrau, deinem Namen gemäss, Wie ein Kalb, dessen Mutter bist du.
Du hast den in das Meer der Welt »9 Ave dir, die du weintest,
Nicht untertauchenden Stern geboren, ’ Als dein Sohn am Kreuze starb,
Du hast den Weg der Gerechtigkeit gezeigt. In Freude wurde deine Trauer gewandt,
27 Ave Jungfrau, deren Kraft Als er vom Tode auferstand.
- Das TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS.
30 Ave сан, KiMAà JAIIBIHABI
балдан татлы TäHpi сбз1
аны 61зг& CÄH таттырБыл!
]уз japksınıa JammbıpHbL1!
3
Hi
Ave Maria усынны
танр! таман Töräl Кылды,
Кацан сандан анын с631
À тан 13iCi3 TäHli болды.
32 Ave дун]а болмаклыЕтан.
cäHi танлап-тыр Конышка,
Täypi са нащк тушту,
6isrä бавьш ]арылбады.
33 Ave Кыз, км ацыЕтыц,
азык Tiläl KÖKKÄ KIPAIH,
а андан 61зг&, }аудырдын
кок отмаюн, Вам таттырдын.
34 Ave, вм ]алвыз танрга
Giliurip сан Куанмаба,
бактлы цанын андан тынды,
толу Кылды, häm cäyani.
35 Ave Кыз, 6l6äklirinaän
KIM Tiläcä алыр ралбан,
30 Ave dir, in der sich barg
Das Gotteswort, das süsser als Honig ist,
30 Ave sendä КТ iasidi
baldä tatli tengri $071
ani bisgä sen tatirgil
i splendore vul ei (=vultus ejus) absconde nos
jüz iarkinida iasirgil
intellectu tuu
31 Aue Maria usingni
copletu pfectu egit
tengri фаша tugel kildi
Каса sedä atng $071
ten isi sis tenli boldi
mud anqua fueret (mundus antequam)
32 Ave dunia bolmadikda
elogit in mansione
seni tanglapt konisga
tengri saa neëik tusti
bizgä bahap jarilgadi
q esuristi
[Раз.140]33 Ave заа ki aëikting
eduliu
azih tiley kökga kirding
fecisti vivere
anda bizgä sen javdding
qe (= que)
kök ötmekin ha tatirding
34 Aue КТ jalgiz tengrigä
seivisti gloriari
bilipt se koanmaga
felix ana tua (= anima tua)
bahtli Saning ап@а tindi
plenarre ac gauisti (pro: gavisa est)
tolu killi ha sovdi
de tua abundantia
35 Ave kiz olbekligingda
vult gratis
КТ tilesa alir raygan
Da hat er uns gnädig angeschaut.
33 Ave Jungfrau, die du hungrig warst,
97
‚Lass du uns seiner geniessen,
Und birg uns in dem Glanze seines Lichtes!
31 Ave Maria, deinen Geist
Hat Gott: vollendet gemacht,
Als von dir sein Wort
Ohne Körper-Spur körperlich wurde.
32 Ave (dir), ehe die Welt geschaffen,
Hat er dich zu seinem Wohnort auserwählt, 35 Ave Jungfrau, von deinem Ueberflusse
Als zu dir Gott herabstieg, Kann jeder nach Wunsch umsonst empfangen,
. Mémoires de l'Acad. Imp. d. sc. VII Série. 13
Die du in den Himmel eintratest, Speise erflehend,
Von dort hast du uns herabregnen lassen
Das Himmelsbrot, und hast (es uns) geniessen lassen.
34 Ave, die du allein Gottes
Dich zu erfreuen gewusst hast,
Von ihm ist deine glückliche Seele ruhig geworden,
Erfüllt und freudig erregt worden.
98
W. RADLOFF.
сусуз цанны км ä3iprip -
häm an тынны KIM то1дырыр.
36 Ave, юм тын уруклыкын (урукларын?)
муктац aäyl бу дунанын
бтмакна, танр! acpap,
тын ашыны 6äpip ар.
37 Ave, са, км KÖTÄPAIH
барца Tôräl кузанар!н
Täypirä, анда, CH CIS,
]аулан ар ok cinxix.
38 Ave са, kim TÔÜ3liKIH
]опеунш japarkanpıy,
ÖIpIKTIpin овлуна
Gipirkäai бард! са.
39 Ауе Christus анасына!
орлун Курбан болды äcä,
Курбан барца андан Калды,
тбравн Törälliri järri.
40 Ave, ja3BIKCHI3IPIKPIHHBI
арцылап, TäHpi кбцурди,
Вазыз 60jbIy мангУ]укка
олтуртты бз бз ÖHiHä.
iebrat (= inebriat)
susû ganni k1 esirtir
saciat
hä as tini ki toydrir À
spuales (= spirituales) ples (= proles) 4
36 Ave ki tin uruhling à
n sut egetes (= non sunt egentes)
muhtaë devl bu dunianing
L2
ötmekinä. tengri asrar |
tin asini berur ааг
37 Aue заа КТ köterding
г desideria tua
Багба tugel kusätling kusâtlering
liquata
tengrigä. anda se sizding
sicut pingwedo eide 1 bibita es
javlëin aar ok singding
tua substancia
38 Ave saa КТ tözliking
acceptas c'atoe tu (— creator tuus)
1opsinip jaratkäing
univit filio suo
birikt'ipt" ogluna
unitu rdidid (= redidit) $ (= tibi)
birikgani berdi saa
39 Ave хре anasina
postqua fes e (—factus est)
oglung kurbä boldi äsä
kurbä barëa апда kaldi
legis pfecto (=perfectio)
töräning tugeli jeti
inocecia tua (= innocentiam tuam)
40 Ave jaziksislikingni
affectas Ds tinstulit
arczulap tengri kö@urdi
stan psona tua etrnitate
haziz boying mengulu'ga
fecit sede sui ipius i dextera
oltti özöz onginda
(Denn sie ist es) die die durstende Seele tränkt
Und die hungrige Seele sättigt.
36 Ave, deren Geistessaamen
Nicht bedarf dieser Welt
Speise, die Gott ernährt
Und der er die Geistesspeise giebt.
37 Ave dir, die du erhobest
Die ganze Fülle deiner Wünsche,
Zu Gott, dort sickertest du durch
Und drangest in ihn ein wie Fett.
38 Heil dir, deren Ausdauer
Dein Schöpfer gebilligt hat,
Dich vereinend mit seinem Sohne
Gab er dir die Vereinigung. er
39 Ave dir, der Mutter Christi! `В
Da dein Sohn ein Opfer geworden,
Sind alle Opfer von ihm nachgeblieben,
Und hat des Gesetzes Vollkommenheit (uns) erreicht.
40 Ave, deine Sündlosigkeit
Abbüssend, hat Gott übergeführt
Dein hohes Selbst zur Ewigkeit,
Hat (dich) selbst vor sein Antlitz gesetzt.
Be
5
Das TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS.
41 Ave Maria, kiM танрн
кбрусйн сан сусадын,
мурадына MAI TIAIH,
]узун кбра олтурдун.
42 Ave ]арыкнын анасы,
ви турду ата Täypi,
]олларынны ол баулады
мангу]ук тауба Järtkipii.
43 Ave Кыз Канны турбан,
шатанны ÂPKCI3 ÄTKÄH,
асрау-ын[ны] 6i3rà Tijipril
Mäarÿlÿk бнга (бнунё?) Järkypril.
44 Ave, Катынларнын тацы!
OBYAYH са KINN
Tÿplÿ ryply kirläpui,
03 бнунда олтурБузды.
45 Ave Кыз, kim арданигн
äpip карман[1] мангу katapıy,
Tipi булаК анда, аъар,
танр! 63 KÂHCI алБьшшлар.
`46 Ave сан Кыз, Kim Колларыв,
аузын, дабы саБынцын
_41 Ave Maria, die du nach deinem Gotte
Dich sehnend durstetest,
Deinen Wunsch hast du jetzt erreicht,
Sein Antlitz schauend sitzest du da.
42 Ave, du Mutter des Lichtes,
Die Gott, der Vater, erzeugt,
Deine Wege hat er gebunden,
- Hat dich zum Berge der Ewigkeit geführt.
_ 43 Ave Jungfrau, den Fürsten hast du geboren,
Den Teufel hast du kraftlos gemacht,
Gewähre du uns deine Speisung !
41 Ave Maria ki tengring
__ vide (= videre) desideras sitivisti
köwsap sen susading köruvsap
ad intetu jam atigisti
muradinga emdi teyding
vultum ejus videns sedisti
juzun körä olt'upt ding
42 Ave jarihning anasi.
qua generat
ki tuur’ ata tengri
disposuit
[Pag. 141] jollaringni ol bavladi
fecit pvere (= pervenire)
menguluk tavga jetkirdi
__ 4 genuisti
43 Ave kiz hani tuurgà
satana innocete fecisti
Saytani erksis etkä
servacom (=servationem) tua nob inpede
asroving bizga teyirgil
ad aetna (=aeternam) salute ptinge facias
mengulik ongga jetkirgil
düar (—dominarum) corona
44 Ave hatülarning daëi
filiu tuus $ (=tibi) induit
ogulung saa keyddi
varia idumta ah
turlu бага keyitlni
i sua dextera collocavit
öz onginda olturguzdi
quia tua vginitas
45 Ave kiz k1 erdengliking
e civitas
erur kerme menguhäning
fos (—fons) exinde manat
tiri bulah anda agar
deus ipemet bndicit
tengri öz kesi algislar
qu manus tue
46 Ave sen kiz ki kollaing
os tuu cogitaco (=eogitatio)
avzing dage saginting
Bringe du uns zu der Ewigkeit!
44 Ave, du Krone der Frauen!
Dein Sohn hat dich gekleidet
In verschiedene Kleider,
Hat dich vor sein Antlitz gesetzt.
45 Ave Jungfrau, deren Jungfrauenschaft
Die Festung des ewigen Fürsten ist,
Wo der Lebensborn fliesst,
Die da Gott selbst segnet.
46 Ave, du Jungfrau, deren Hände,
Mund und ganzes Sinnen,
13*
99
100
барца 6iprä koncan Typyp,
бгунц Täkımi 6äpin турур.
47 Ave алвышных mihäÿi,
)арылбамакнын анасы,
са, ыблап км ]угунур,
MAFAT тыр, KIM JAHbIIHATEIP.
48 Ave, kimHig Cô3lämäri
Вам kOHlÿHäri сабыцы
барца танрШк уе äp (=äpip),
барца акыл бШк тур.
49 Ave Кыз, kim аудщ,
танрв! дабы кбргуздун,
бу ]олуна ам вм кр,
Jesus-bIya мабат JäTäp.
50 Ave, KIMHiH тотаклары
бал шакардан TIP KÖN татлы,
алардан б1зга, Törylıy
тын азыкы, танр! сбзу.
51 Ауе ардан турдацы,
säitin anaıka окшады
60jb1H, б1зга Капан TÖKTI
шито-мызны Christus-Hbi.
Stets ihm, dem Einen, Psalmen singt
Und stets ihm Lob darbringt.
47 Ave, du Tempel des Segens,
Dn Mutter der Gnade,
Wer weinend vor dir sich beugt,
Der ist sicher, dass er Gnade findet.
48 Ave, deren Reden
Und innerste Gedanken,
Alle göttlicher Geist sind,
Deren Gesammtheit Verstand und Weisheit ist.
49 Ave Jungfrau, die du (stets ihn) priesest
…
}
W. RADLorFr.
Und Gott (uns) zeigtest, |
Wer nur immer diesen deinen Weg betritt,
Der gelangt sicher zu deinem Jesus.
50 Ave, deren Lippen
Süsser sind als Honig und Zucker,
Von ihnen träufelt für uns herab
Die Seelenspeise, das Wort Gottes.
51 Ave, du jungfräuliche Gebärerin,
Dem Oliven-Baume glich .
Dein Körper, als er für uns ausgoss
Unsere Myrrhe, Christum.
oia (= omnia) simul spallerut
barëa birga kopsapt’ur
laude uniforme dederut
0516 teksi bipt'ur
bndiciois teplu
47 Aue algisning jihovi
jailgamakning anasi
. заа iglap ki jugunur :
ttus 6 (=tutus est) а miam (—misericordiam) spechtr
magattur KT jarilgatir
cuius locutu
48 Ave kining sözlämägäni
ac metalis (= mentalis) cogitaco
ha könguldagi заст
oia divinus sesus sut (= sunt)
barca tengrilik us ег
oia p'decia (= prudentia) seiecia sub
barca hakil bilik tur
q laudasti
49 Ave ** kiz КТ ovding
tengrini dage körguzding
geuq itverit (=introiverit)
bu joluga ТЕТ kirer
ad ihm tuu (—ad Jesum tuum) e!titudinalit! Dane
ihcinga magat jeter
cuins labia
50 Ave kining totaklari
balsekerdät" Кор tatli
ab illis nob fusu :
anlardan bizgä toguldi
spi eduliu (= spirituale edulium)
tin azihi tengri 3071
51 Ave erdeng tuurdaëi
oliue assimilata es (rect. est)
zeytin agaëga ovsadi
fadit
boying bizgä kaëan tokti
xpm erisma arm (=nostrum)
mirromisni xpcni
Das TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES СорЕх COMANICUS. 101
52 Ave, кбрукП сан Sion,
сандан цыкты карт! Aaron
улу nanas ол б]ганда,
бузу TI тутКунларба.
53 Ave, км анц KÖHlIHNä
Täypirä котардан Курбан
ö3 баурсакын Jesus-Hbr,
61381 TIPrismärkä Ölil.
54 Ave са, kim KÖTypuinläi
мундуз агац, CÂH уцмышлал
]уруп, барцаларны оздун,
сйуган ам!нцта сан Кондун.
5 Ave KÜHŸIŸK авалы,
кбну агац оБлун ölıy,
cÄyHTÄICIH сонвы кунда,
орлун бпун Кацан алса.
56 Ave, kimrä, Кацан кбцт!
бу HbIhaHJAH, утру турду
Christus мангу Каннын одлы
тын [30га]-нын Täxpici.
57 Ave бактлы, KiMHÏH оБлы,
Кацта Кацан асылды,
52 Ave, du bist das schöne Zion,
Aus dir ist gekommen der wahrhafte Aaron,
Als er, der Hohepriester, gestorben,
Da traf Verwirrung die Gefangenen.
53 Ave, die du in deinem ruhigen Geiste
Gott zum Opfer darbrachtest
Dein eigenes Eingeweide, Jesus,
Er ist gestorben, um uns lebendig zu machen.
54 Ave dir, die du wie eine Taube
Einfältig warst und herbeigeflogen
kamst, alle Anderen hast du überholt,
spectabilis tu Sion
[Pag. 142]52 Ave kô'üli se Sion
sedän Cihti kerti Aaron
potifex cu (=cum) ille moreret!
ulu papaz ol ölgenda
captis
bosov teydi tutgülarga
q de libera volutate tua
53 Ave ki ent köngulingdä
tengrigä kot’ding kurban
affeccone cordis tui ihm
öz bavursaking ihcni
nos ad vivificados
bizni tirgizmekgä öldi
54 Ave saa ki kug'inley
simplex ens tu qi volado
müdus egeë se uëmisley
secessisti
jurup. batarlani özding
i amata tinquillitate quevisti
söygen eminè® se Коте
iusticie 01150
55 Ave könuluk avali
1156 existes
könu есеё oglung ödi
gaudebis ultima die
söugaysen songi kuda
filius tmu vindicta quado suserit (= sumserit)
ogulung ötin kaëan alsa
cui qn (—quando) migravit
56 Ave kiga kaëa Коба
de hoc seculu assurrexit
bu gahada utru turdi
xpc mengu hanning ouli
spualis israelis Deus
tin ishralning tengrisi
fortunata
57 Ave bah'li kining oguli
ki popedit
haëda kacan asildi
In geliebten Frieden hast du dich niedergelassen.
55 Ave, du Ursprung der Gerechtigkeit,
Dein Sohn, der gerechte, ist gestorben,
Erfreuen wirst du dich in späteren Tagen,
Wenn dein Sohn seine Rache nehmen wird.
56 Ave (dir), der, als er fortgezogen war
Aus dieser Welt, dir entgegen trat
Christus, der Sohn des ewigen Fürsten,
Er der Gott des geistigen Israel.
57 Ave, du Selige, als deren Sohn
Am Kreuze hing,
Г ; , * N
* { N:
102 W. RADLOFF.
р no sustines Ä moles tre tremuit
тбзма1 Jäp тынцы TITpäli, tösmey jertindi titredi
} solis spedor obscurat ©
куннщ Japbıksı Карарды. kuning jarihi Кага’ 1
etna (=aeterna) qeta masio tua
58 Ауе мангу тынц Конушын 58 Aue mengu tiné konusing
8% 10603 scor (=sanctorum
äpip Jäpi арыларнын, er ieri arilarning
ista ret!butom (—retributionem)
бу Карауны са бард, bu karavni заа bedi
i te mansit
Toky3 ai Kim санда Конды, tog ay ki sendä kodi
q fta (—facta) es ei
59 Ave, KIM болмыш сан ар 59 Ave k1 bolmis se ааг
mr (— mater) К gignit!
ана, KIMAÄH танр! туар, ana ki tengridä tuvar
Ybalit® ita adepti sum
côsläi алал 61374 Til, (s)özley alay bizgä teydi
к : Ува (= verbum) dei idutu (=indutum) carne
тан KIHII TÄHPi сбзу. te keyinip tengri sözi
60 Ave са, км Täupirä 60 Ave saa ki tengrigä
: 1121$ (= jugis)
цанын Вам тан Вам apa, Saning hä tening hamara
t sities bibisti
сусап-туруп ши-тфейн susapt'up icipt sen
т ЕТ corpori i traxisti
änäsrä ciyIpin-Tipcän. edezgä singiript sen
a Ё misteriu ei totu q seivisti
61 Ave, cipiu барца бИган, 61 Ave sirin barla bilge
у ee q dei 1 te На (= pro factus)
KIM танриин сандан болБан kı tengrining seda bolgan
DEREN opa (=opera) narrare scivisti
amälläpini aira 6ilaix, (? aml)l'ini ayte bilding
seire fecisti
аро360]-ларны бПдрлащ. apostolerga bild'ding
62 Ave сан Кыз, арыларнын [Pag.143]62 Ave sen kiz arilerning
gloria N)
Куанцы Вам æäpimräläpaix koaëi ha fristalning
кбкка сан! узаттылар, kögka seni uzatil
cantado laudaverut
jbipaau танр1н! äyailäp. irlap tengrini ögdil (vel ovdiler) |
Da ertrug es nicht die ruhige Erde und erzitterte, In Seele und Körper gegenwärtig warst, |
Und der Sonne Glanz verdunkelte sich. Da du durstetest, hast du getrunken, 4
58 Ave, deine ewige Stätte der Ruhe Hast ihn eindringen lassen in das(körperliche) Gefäss. 1
Ist der Aufenthaltsort der Heiligen, 61 Ave, die alle seine Geheimnisse kannte, -
Diese Belohnung hat der dir gegeben, Die du die von dir gewordenen “4
Der in dir neun Monat gelebt hat. Thaten Gottes zu verkünden vermochtest,
59 Ave, die du ihm eine Mutter Und sie den Aposteln mittheiltest.
gewesen, von der Gott geboren, 62 Ave, du Jungfrau! die Freuden
In der Rede ist so zu uns gekommen Der Heiligen und der Engel
Gottes Wort, indem es sich in einen Körper kleidete. Geleiteten dich zum Himmel];
60 Ave dir, die du (unserem) Gotte Singend lobten sie Gott.
Das TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEx COMANICUS. 103
63 Ave са, TäHpi Kimi à 63 Ave saa tengri kini
р igne deducedo pbavit (= probavit)
оттан кацрш сынады, otdà keëirip sinadi
< 5160$ Пафа argetu fulsisti
и cisräa kyMmymläi бакыдын, sizga каша еу bakiding
Тезиз-ны Кацан TÖPÄTTIH. iheni Каса töräding
en у tou ь $ dedisti
= 64 Ave jäp, сан jämim 6äprän, 64 Ave jer se jemis b8&
pi eve (—Evae) Пао Ч =wi) amovit
т Бава сывытын KäTIPräE, hava sigitin kätga
у illi qeuq (= quicunque) c'diderit
' анар Kimläp км ынанбал, angar КТТ inangai
Deu videdo gloriabut!
танр!н! кбруп kyanpai. tengrini körup koagay
Ke motiu mos (= montium mons)
< i 65 Ave сан тауларнын Tay'bI 65 Ave se tavlarning tavi
я de te absque icisione hois (—incisione hominis) ruptus ©
сандан (sic!) Kimi Kecmäl сынды, sen” kisi kesmey sindi
& 1 mote (—in montem) 4 erescedo avect 6
3 тауБа Tam Kim бтш бету, tavga tas. ki bitip östi
Rs Let ЕЕ
> à кбкйрн! барца толтырды. köklni barëa toltdi
Fes quia filio tuo
a 66 Ave, KIM татлы OB.IbIHa, 66 Ave ki tatli ovlinga
je te ipa videte
03 бзун кбруп TypHanna, özözing körupt'gada
fellitu acetu bibe fecerut
4 örli cipkà impziläp, ötli sirkä icirdil
A] affigetes
$ kauka карш ölaypıyläp. haëka kerip tolt'dil
Fe paup et iops еззса (—essentia)
ео 67 Ave ]арлы ]оКсыл болван, 67 Ave jarli johsil ро]еа
à , 4 meisti (=mernisti)
cojyppamaknpı 6isrä тапкан, soyurgamnak bizgä tapga
MR \ coadiutor :
‘ft танр1 са болды болуш, tengri заа boldi bolus
Fa : inde e euasio
E23 анда б1зга бар Кутулум. anda bizga bar kutulis
De cui ab ifantile etate
a 68 Ave, kimrä jam jambIHN1a 68 Ave kıga jas ]азтаа
En sensu docuit ds nat (—natum)
I ус ауратмии Täypi TYPHAH us ovretmis tengri tuv' ga
=. г
® 63 Ave dir, welche Gott Füllten alle Himmel an.
Durch das Feuer bringend erprobte, 66 Ave (dir), die selbst schauend dabei-
Wie flüssiges Silber funkeltest du, Stand, als sie deinem süssen Sohne,
| Als du Jesus gebarst. Mit Galle gemischten Essig zu trinken gaben,
… 64 Ave, du, fruchtbringendes Land, Als sie ihn an’s Kreuz schlugen und tödteten.
_ Den Jammer Eva’s hast du entfernt, 67 Ave, die du arm und mittellos warest,
Jeder, jeder wird an sie glauben, Die für uns die Freude gefunden,
я Und Gott schauend freudig erregt sein. - - Dir war Gott eine Hülfe,
65 Ave dir, der Berg der Berge Da gab es für uns eine Erlösung.
— Istdurchdichzerbrochen,ohnedass dieMenschenhal- 68 Ave dir, in deren Jugendjahren
DieSteine,diezumBergeanwuchsen [fen (schnitten, Weisheit gelehrt das von Gott erzeugte
104 W. RADLOFF.
vbu qei (=ejus) multa mira _
CÔ3, KIM анын KÖN танларын. . söz. Ел aning köp tanglin
oia (=omnia) potuisti edice (=edicere)
эатты бШш сан барцасын. h ayte bilip sen barcasin ,
, cui sicut pluvia _ |
69 Ave, KÏMrä )ламвырлалн 69 Ave kigä yamgleyin
x 5 gra (=gratia) pluit a Deo т
со]урБал )ауды танрдан, soyurgal jaudi tengriden
1 tatu 3 Ч iste mud (—mundus)
anna цаклы KIM бу пыкан anca Cakli ki bu gahan
de residuo tuo
толды 6apua сайытындан. toldi Баса sahitidan
} cui dexteram д
70 Ave, KIMHiH он Колыны 70 Aue kining ong kolini
à cu teneret cator ei (creator ejus)
туттурканда }аратКаны, tut urgada jaratkani |
; DA cesserut р
KÖKTÄTIlÄP барца сапты köktagil barëa зари |
supremus locus ad te pveit
устунгу орун са Ti. ustungu orü saa teydi
| ыы) celi decor
71,Ave са, KÖKHIH кбуку, 71 Ave saa kökning körki
1 Е R 1 collupna (= columna)
дун]анын сан тракт, duniäning se tireki
АИ superbi cornü q vofregisti
ÖKTÄHHIH MY31H сындырбан öktening muzin sindgan
Е humile аа prosperitate
MiCkKiHHl бактка ттрган. miskini bahtga teyirga
mortis vicula
72 Ave, ölymayu бауларыны 72 Ave olumng bavlerini
rupit
ys(Ayp)Aai Gisrä кор Каны, uzdi bizgä kökler hani
Кацан сйндан алБыш jäpi Васа sede algis jeri '
jJämim болуп б1зга TI. jemis bolup bizgä teydi
» traquillitatis locus effea (—effecta) 2
73 Ave ämian jäpi болван, [Pag.144]73 Ave emint ieri bolgä %
ар jY3ini hän köpmärän, er juzini heë kormägä
vera Syon pect tuu fem © (=pectus tuum factum est
карт! Sion KÖrY3iH болды, kerti Sion kögising boldi
Jesus андан 6i3rà цыкты. ihe bizgä ada СИ
Wort, die seine zahllosen Wunder Die du die Stütze der Welt bist,
Alle wusste und (uns) mittheilte. Die du das Horn des Stolzen zerbrochen,
69 Ave dir, zu der wie ein Regen Und den Niedrigen zur Seligkeit geführt hast. 3
Freude von Gott herabfloss, 72 Ave, des Todes Bande р
Во lange bis diese Welt Hat für uns zerbrochen der Himmelsfürst,
Erfüllt war von deinem Ueberflusse. Als er von dir, der Stelle des Segens,
70 Ave du, deren rechte Hand Eine Frucht seiend, zu uns gekommen war.
Ihr Schöpfer erfasste, 73 Ave du, die du eine Stelle der Ruhe bist,
Da standen dir alle die Himmlischen nach, Die du eines Mannes Antlitz nie gesehen,
Und die höchste Stelle fiel dir zu. Ein wahrhaftes Zion war für uns dein Leib,
71 Ave dir, du Schönheit des Himmels, Da Jesus von dort für uns entstanden.
DAS TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS.
74 Ave ca Кыз, CapbIHHaH
61 танрнь Вам тПаган
мангу ]ылларны KIM ÄPTMäc
мангу|укка, на, туганмас.
75 Ave танрщ Казнасы,
manna-ChIH кмга азратты,
бтмак]1 KÖKTÄH JayAbıpa,
kilisia-Ch1Hb1 тодыра.
76 Ave Jesus-HbIH анасына!
ave ананын OBJIbIHA!
annbim Öi3rä ол Kim баран!
бвган AHACPIHA Ja16apchin!
anal 601CyH!
Ave овул, ave ана! ave cän yeryyri ата! kin|Hi]
кбктаг! Вазызлар бвар, häm барца хариит&р, удмаклы
тынлар. Jesus Gi3iM ]улунБанымыз CÖyMärlikimisuin
туттуркаеы. Кокн! ]&рн! сан ]араттын, сон Заманда
кши болдын, MYpBäriy Ollä Jänynipin сан ]лазыкымызны
KöTypaiy. Катты ölymrä kipin б]умдан 61зн1 цывардын.
74 Ave dir, Jungfrau, die nur gedacht hat
An Gott, den Herren, und ibn erfleht hat,
Der die ewigen Jahre nicht durchlebt,
Der in Ewigkeit nicht vergeht.
75 Ave, du Schatz Gottes,
Jeden ernährt sie mit ihrer Manna,
105
$ (tibi) ve? (=virgo) а cogitasti
74 Ave заа kiz sagigà
ac а petuisti
bey tengrini Ва tilega
etnos anos q no ptereut
megu jillani ki ertmez
i etm (=eternum) nec esumnt! (=consumantur)
megulukga ne tugenmez
seriniu thezauri
75 Ave tengrining kaznasi
suu mana cui svare (=servare) fecit
mänasin kigä asrati
pluere faciedo
ötmekley kökdä javda
sua eclesia saturado
kilisiasini toyda
ihu mri (=matri)
76 Ave ihcning anasina
ave mris filio
ave ananing ogluna
а ille nob bndictione det
algis bizgä ol КТ bsin
буса, anasi jalbarsin
alay bolsü
sum (= summus)
Aue ogul aue ana ave sen ustungi ata kim kö*tägi
ва (—sancti) landat pciolu nre redeptois
hazizlar over Ва Баба fristilär uëémakli tilär Па bisim
(? preciolum nostre redemptionis) soyuslihnig glutinu nrm coamacois (—glutinum
julugnamis söymeklikning tut truka miz kökni jerni
nostrum coamationis) © extrema otate ^ benignitate tua
sen jarating song zamanada kisi bolding mur vattingä
vietus tulisti
sen jenderip jazihmizni kötirding katte ölimgä kirip
efringes (=con
ölimdän bizni Cigarding. фата kabakini buzup tut-
Sie lässt sie wie Brot voin Himmel regnen,
Und sättigt damit ihre Kirche.
76 Ave, der Mutter Jesu!
Ave, dem Sohne der Mutter!
Er möge uns seinen Segen geben!
Möge flehen zu seiner geliebten Mutter!
So möge es geschehen.
Ave, o Sohn! Ave Mutter! Ave, du in der Höhe lebender Vater! Den da die Seligen im Himmel loben,
wie auch alle Engel und alle Seelen des Paradieses. Jesus ist unser Erretter, er ist der Erhalter unserer Liebe.
Himmel und Erde hast du erschaffen, darauf bist du zum Menschen geworden. Mit deiner Gnade siegend, hast
du unsere Sünden aufgehoben. In den harten Tod tretend, hast du uns vom Tode erlöst. Die Thür der Hölle
Mémoires de l'Acad. Imp. d. sc. VII Série.
14
106
Tamy Кабавыны 6y31ypyn тутКунларын cän kyrkap-
дын. Тушманны Jäyaäni болуп атаца, тандас олтурдун.
Ошол разымыца кбра даманымызны Кацыркыл! му-
радымызва тра )узун кбргузуп тодырвыл! Сандён
Jesus саунци!з болеун! Kim сён Карауымыз ол пы-
Ванда, мангу]укка Куаналым! Д1дарща кокка абынбан
Jesus-5a бвд! Ti. Танр! ата сана, ara (ары тынба)
бр ]угунц тен ci3 уцауга!
С бз ätia болуп турур, ары Кыз Марамдан саунц
Gisrà болуп турур, Aysjärä Tipilik барш турур,
Christus 6i3rà товуп турур appt Кыз Mapianınan, uok-
рак дз özinnän el уцун ana Typyp, ]фазывын буза ту-
pyp, ai ]лулдуз Кудашны тоБбурды; kyjam ripilikni кё]-
TIPAI, ардам акек болмады, ар ]азывын Gilmäin, ббр]андл
Куру цыбык, б1тт1. Албышлы овулары (Äli), адам Ja-
зыкы уцун ölyulyk болды à, Christus дларвылап мадат
ärri. Ары шол алвышлы Катун, KiMAÂH 01]1м13 ТОБДЫ,
W. RADLOFrr.
,
fringens) hostis victor offes (= effectus)
coeqlis (—coaequalis) residisti eya Ша (—eam illam) clemiam (—clomentiam)
tengdes olturding. Os ol rahiminga köre jamanimizni
facias ptrnsire (=per transire) ad intetu nrm (=intentum nostrum) faciedo nos
kaëirgil muradimizgä teyira juzing körguzup toy-
attingere
dirgil. senden.
al Ч es nem pmiu
[Pag. 145] ihe söun@imiz bolson. kim sen karovi-
(=nostrum praemium) usq i ebni gloriemr i vultu tuo i celu q ascedi
miz ol ganda mengiluka koanalim dideringä kökgä
ji laus obhlata во ds pr (=0 deus pater!)
agingan ihega ovdi teydi tengri ata sanga anga bir
un cultu offerat! vob t'bus (—vobis tribus)
jugunc teysin siz uCövgä.
363 etis bolupturur arikiz maiamdan. sôuné bizga
bolupt'ur duniägä tirelic berelipt'ur. Хре bizgä bo-
togup
lupt'ur ari kiz Maiädan. Cohrah 02 ôzindän el
“uèun
aha d turur jazuhin buza dur”. ari. Juldus kuiasni
togurdi kuiias tirelicni keltirdi erde ecsic bolmadi. Er
jazuhin bilmain börlendi Ко“ &ibuh bitti aleisli ogul.
ari. adam jazuhi u&un olüluh bolduh edi Xpe jarilgap
medet etti. ari. sol algisli hatun kimdän beymis togdi.
dunia jazuhin juldi. Bu beyimisni ögelim sn tabuhni
zerstörend, hast du ihre Gefangenen befreit. Als du den Feind besiegt hattest, setztest du dich als gleichbe-
rechtigter zum Vater. In Betracht dieser deiner Güte vertreibe du unsere Uebel! Unserem Wunsche entspre-
chend, sättige du uns, dein Antlitz zeigend! Von dir sei uns, Jesus, unsere Freude! Der du unser Lohn in jener
Welt bist, in Ewigkeit wollen wir (deiner) uns freuen. Jesus, der zu deinem Antlitze, zum Himmel aufgefahren,
traf unser Lob. Dir Gott Vater und ihm (und dem heiligen Geiste) gelte diese unsere Anbetung, euch allen
Dreien. у
Hocherhaben ist das Wort, von der reinen Jungfrau Maria ist es uns zur Freude geworden, der Welt
hat es das Leben gegeben, Christus ist für uns geboren worden von der reinen Jungfrau Maria, er fliesst aus
sich selbst als ein Born, des Volkes wegen, und zerstört seine Sünden; Mond, Sterne und Sonne hat er auf-
gehen lassen. Die Sonne hat das Leben gebracht, seine Tugend nimmt nicht ab, da er keine Sünde kennt, es
belaubte sich die dürre Ruthe und wuchs. Er, der segenreiche Sohn, war heilig, und war nur der Sünden der
Menschen willen mit dem Tode belastet. Richtend, hat Christus uns Hülfe geleistet. Sie, jenesreine gesegnete
Weib, von der unser Herr Christus geboren ist, hat die Sünden der Welt fortgenommen. Lasset uns diesen
prituo =
gunlarin sen kutkarding tusmani jendäti bolup atanga
>
LEER des
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AR аа 1 Fe ie
Я
La
aysjä jaasıkem ]улды. Бу Gijimigni ôrälim! сана та-
— букны Кылалым! бабадыр сан: бабалым! Christus-Hp14
алвышлы Каны )азыкымызны ]улды; барцаба тацлан-
цык болды ары Кыз Mapiamnan.
Арыларнын кузанц! барцава мадат болвыл! туш-
ман }акн1 сён сорБыл! сан б1зн1 }арылвабыл! Amen.
Каннын а!амары цыксын! || Кацнын japbikb1 бал-
Кысын! || ränin, TÄnpi kim Japarını, || kauka Tämip мык
_ (бИа)Кадады. = Сари сунсу (ба) коксунсанцыш || ey kan
_бИ& абыздьтрды || }улу дат аларны тбгуп || }азыклары-
— usant jyapı.—Tänpi kim mincläpsi Gilein! || улар анар
и. à N
Kim табынсын, || толсун David koncapanpı || абац бол-
У
à Бал дат cä6ä6i.—Kyray rÿnrä Täpäk бт! || KÔpKi in-
&
— Ган typ Ваабатлы || Каннын Каны цаца арт || TÄypi Typ
ia анын ]емиш. = Кац албьшлы Колларында || Kôp Kkpri-
у матсыз анын бара || дун]а järmäc барца ана, || kim
‘
Jaik Goupai утрусыша. = Таразы дёк Gip башы-
ны || äaaipin, Gipiu кбтурду || Jesus ала1 бак Tamyk-
DAS TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS.
unseren Herrn loben! Dir wollen wir Dienste leisten!
Christi hat unsere Sünden fortgenommen. Für Alle ist das Wunder enstanden von der reinen Jungfrau Maria.
107
kilalim bahadur sen dagelim Kps”"* algisli hani jazu-
himizni juldi barcaga tangla”cih arikiz mäiadan.
| Pag. 146] Arilarning kusanëi bardaga medet bol-
gul tusman jekni sen sorgul sen bizni iarilgagil. Amen.
amen
[Pag. 147] hañing alälari &iksin haëning jariki
_ fulgeat clauavit
balkisin tenin teni kim jarati haëka temir mih kadadi
duru pectes ejus finges (=findens) EM peiu
sarp sungu kövsin зап@р su kan bilä agizddi ау
(=pretium) redeptois (=redemptionis) illa fudes (—fundens)
dep anlarni tögup jaziklimizni judi.
Ds 4 natoes (=nationes) regat ИИ ut ipm (=ipsum) adoret
Tengri kT £inslerni bilsin anlar angar КТ tabunsin
impleatr Dauit a psaluit dices ocasio l' (= vel) ca
tolsun dauid kopsagani agaë bolgay dep sebebi kutlu
(= causa) stipes
tupdä terek biti körki ingantur haybatli haning kani,
flores eius
&icekleri tengritur aning jemisi haë algisli kollarinda
i estimabile q edignum
korkima'sis ulu Бава Dunia jetmez barca anga k1 layh
(=eondignum) sit ad opositu eins libra tamqua en
bolgay utrusina Taraz'dek bir basini endip birin kö-
а pda (—praeda)
turdi ihc alay bek tamukni Бихар 6(5)& köp Cigardi
sola spes nra (= nostra)
Ol haë eynek umutimis teysin saga jugundimis bu
Dich als den Helden ansehen! Das gesegnete Blut
Des Fürsten Fahnen mögen sich erheben! Das Licht des Kreuzes möge leuchten! Seinen Körper, den
Gott geschaffen, schlagen sie mit eisernen Nägeln an das Kreuz. Das scharfe Eisen stiessen sie in seine Brust,
liessen Blut und Wasser (aus der Wunde) fliessen. Zur Errettung dasselbe vergiessend, wusch er unsere Sün-
den ab. Es ist Gott, der alle Geschlechter beherrschen soll, sie sind es aber, die ihm dienen sollen. Möge sich
- erfüllen der Gesang David’s, der Baum (das Kreuz) wird das Motiv (des Gesanges) sein. Auf einem glücklichen
Boden ist ein Baum gewachsen, seine herrliche Schönheit ist zu ihm herabgestiegen, seine Blumen sind das Blut
des Fürsten, ein Gott ist die Frucht dieses Baumes. Das Kreuz ist in seinen gesegneten Armen, unschätzbar
14*
108
ны || бузуп олца kön цыварды. =Ол Кац &1нак умупу-
мыз || ттеан сана }угунщмз, || бу Кутлу kim цакКла-
рында || бовау Tiein )аблы кбзга. — Ущук сансан Ölp
танрииз, || бвеун сан! цанларымыз! || }улунбанларны
hau ösä || башлап järkÿ3 мангу] укка!
Ынанырмён 6apuapa äpxli 6ip ara Täypirä, KÖKHI
jäpai барца кбрунур кбрунмаен: }ларатты дап. Дабы
бр Gijimis Jesus Christus-pa, Täypiniy ]алвыз тубан
улу дап, kim барца заманлардан бурун ата[дан] тун-
турур, танр! räypinäs, japBik Jappıkran, чын танр! тан-
piaäx, ärilmäi atapa тандас туп турур. Андан улам
бар барца болбан турур, км 6i3 азамлар уцун, дабы
6131м онымыз уцун KÖKTÄH анш ары тындан улам &р-
дан ана, мар1амдан тан алып Kimi болуп Typyp. Pont
Pilat ]арБулап hauka каршиш, Кьйн кбруп кбмУ]ун ту-
рур. База ÿnÿani кундё ölymaän Копты, 6irikläp ait-
Канца кбккб абынмыш, атаныц онунда олгуруп турур
jänä haiGar 6ilà kälmäk турур Tipiläpni ölyläpni jap5y-
W. RADLOFF.
in teporibus
kutlu kin éaklainda bogov teysin jagli közgä
tu es
ucluk
redemptos cruce
sense bir tengrimis бузш seni ganlarimis julügalarni
р per) En
haë ozä baslap jetkiz menguluckä am
[Pag. 148] Inanirmen barlaga erkli bir ata teng-
rigä Коки jerni barca körunur körumesni jarati dey.
Dagi bir beymis ihe X’ga tengrining jalguz tugan
oulu dep. kim barëa zamanalarda burü ata tuupt'ur
tengri tengridän jarih Jarihtan Ein tengri ëin tengridän
etilmey ataga tözdes tuupturur andan чат bar barëa
bolganturur КТ biz azamlar uCun Фасо bezim ongimis
ucun. kökdän enip aritindän ulam erdeng ana malam-
dä ten alip kisi boluptrur. Pont pilat jargulap haëka
kerilipmis kin körup kômvlvpt'ur. bassa veundi küdä
olvmdä kopti bitvlar aytgancä kökgä aginmis ataning
onginda olturupt'ur jenä haybatbile kelmektrur tiri-
lerni ölulerni jargulama. hanlihening ucu bolmagay
tin
bassa inanirme tirgisgici bey aringä. t1 kim ata oulda
önadurur. angar ata oulbile bir mengudes tengridep
лама. Канлыкынын yuy болмават. База ынанырман
Tiprisrini 61 ары тынва, KIM ата улда банда турур
ist der Preis desselben, die ganze Welt reicht nicht hin, dass sie als Preis für dasselbe gezahlt werde. Wenn
man sie gleichsam auf die Waage legt, so senkte sich die eine Schale und hob die andere auf, Jesus hat so die
feste Hölle zerstört und viele Gefangene befreit. Dieses Kreuz ist unsere einzige Hoffnung, unsere Verehrung
möge dich erreichen, damit in diesen glücklichen Zeiten — — — das feuchte Auge treffe. Dreifältig bist
du, du einiger Gott, mögen dich unsere Seelen loben! Die du mit dem Kreuze erlöst. hast, führe du jetzt zum
ewigen Leben!
Ich glaube an den allmächtigen einen Gott, den Vater, der Himmel und Erde und alles Sichtbare und
Unsichtbare geschaffen hat. Auch an unseren einzigen Herrn Jesus Christus, da er der einzige Sohn Gottes ist,
der früher als alle Zeiten vom Vater geboren ist, ein Gott vom Gotte, ein Licht vom Lichte, ein wahrer Gott von
Gott, der aus Nichts gemacht worden, dem Vater ganz gleich geboren wurde, durch den Alles, was da
ist, entstanden ist, der um uns, der Menschen willen und unseres Heiles wegen vom Himmel herabstieg, durch
a an a ln ge Zul ei sd RÉ
den heiligen Geist aus der jungfräulichen Mutter Maria seinen Körper nehmend, zum Menschen wurde, der «
von Pontus Pilatus gerichtet wurde und an’s Kreuz geschlagen wurde, Leiden erlitt und begraben wurde. Am
dritten Tage vom Tode auferstand und, wie die Schrift berichtet, gen Himmel gefahren ist, zur Rechten des
Vaters sitzt und in seiner Herrlichkeit kommen wird, um die Lebendigen und Todten zu richten. Dessen Reich
nie enden wird. Ferner glaube ich an den Lebensspender, den heiligen Geist, der bei dem Vater und Sohne
sich befindet, ihm sind Vater und Sohn Genossen für die Ewigkeit. Durch die Weisen spricht er zu uns.
_ унутКал мунца jiritlixai, || Kim щит татлы uokpak су-
_]аманлы, сан айпсыз ärän, || älripcän Ватамны, || äu
анар ата ул 6ilä бр мангулаш, танрт aän бвунщУ |
табынмакымыз карак турур, Oyryläpaän улам cöslän
турур. База ынанырмён 6ip katolic apostolic klicärä,
кунарман бтр baptisma aän ]азыкларнын бошатмавына,
Куи туруп турмён ölyläpniu КопмаКклывын, дабы мангу
ripilikai. Amin.
Савынсамён бавасыз Каныны || Kim Christus
токту сдуп Кулуны || rokrai алман дашымны || Kim
ны || тодырды андан цаныны || Jesus татлы &ц Jämäk
ci3 äräu, || на Кьйнарсын, äu ]лазыкеыз äräu, || 63 nä-
3ik бо]ынны, || ман kapakupı, сан кбк Каны ärän, || ман
болмацыиы Mana нак бардн? || мунца улу 6aha нак
Töläniy? || ai цомарт Канвы нам || улу цамы kön cäy-
° мактан à3ipaig || kim hauka miamärä у]алмадын.
Татлы 6irinäm, мнд hauka, kim б1зда minäli! |)
cäyayy Gisi, kim сёш сауай! || дунуан! унутуп Кавын
(Gilä) 6i3 ]уналы! || амгак туртин, юм (6ilä) Gisläp
арыланалы! || Зазыкларны Колыш ]Угруп apmain jŸp-
мага, || уцмактавы jäk мангу roipa болуш, Kim(rä) ба-
… ралы. || Amen.
Ihm, dem Gotte, müssen wir preisend dienen. Ferner
_ ein ewiges Leben. Amen.
DAS TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS.
в».
109
evundlu tabukmakinmis kerektrur bv gvlardeulam ol
ave
sözleptrur. Bassa inanirme bir katolik dage apostolic
kliseagä kunerm bir baptismä dep jaziklerning bossat-
vy р
maginä kuupturuptum бегите kopmaklikin dage
mengu tirelikni. Amin
[Pag. 149] Saginsamen bahasiz kanini. kim hristoz
töktu soup kuluni (? ti)eiyalman yasimni. kim unutgay
munéa yigilikni, kim icip tattli éokrak suuni. toydirdi
ganini. yezus tattli ä@ jemäsiz 886. па kiynarsen её
jazik. siz ägäé 02 пак boyungni män karakëi sen
kök Пап! ägäë. män yamanli sän ayipsiz ägät ältirsen
hatimni. (? A) bolmaëi па mägä пак berding. munta
ulu baba näk töläding. ägo mart hangi nam. Olu Cami
köp sövnäkdän äsirding. kim haëka minmägä uyalma-
ding
[Pag. 150] tattli beyginäm minding haëka kim
bizdä minäli sövding bizni. kim säni söäli. dunyäni
unutup. kaning biz yu unali ämgäk turting kim bizlär
arinlali yaziklarni koyup. Тагир iugrup arma in yär-
mägä, (? u)maktagi (? bjäk mängy tovgo bolus kim
barali. Amen.
glaube ich an eine katolische apostolische Kirche, ver-
- ehre die Taufe als eine Erlösung von den Sünden, glaube fest an die Auferstehung von den Todten und an
Wennich seines unschätzbaren Blutes gedenke, das Christus vergoss, da er (uns) seine Sclaven liebte, ich
vermag meine Thränen nicht aufzuhalten, denn wer soll soviel Muth vergessen? Wer dieses süsse Quellwasser
trank, der hat daran seine Seele gesättigt. Jesus hat nie süsse Speise genossen, was quälst du, da er ohne
Sünden gewesen, deinen eigenen zarten Körper? Ich bin ein Räuber, du bist der Himmelsfürst, ich bin mit
Uebel behaftet, du bist. schuldlos, und du nimmst fort meine Sünden. Was hast du mir das gegeben, was mir
nicht zukam? Was hast du einen so hohen Preis (für mich) bezahlt? O du Freigiebiger, du hoch benannter,
mit unendlicher Liebe hast du mich getränkt, da du dich nicht schämtest, das Kreuz zu besteigen.
O, du mein süsser Herr, du bestiegst das Kreuz, das auch wir besteigen wollen, du hast uns geliebt, die
wir auch dich lieben wollen. Die Welt vergessend, wollen wir uns mit deinem Blute rein waschen. Qualen hast
du erduldet, damit wir uns reinigen, die Sünden lassend, will ich nicht ermüden zu pilgern, hilf uns zu dem
ewigen Festmahle im Paradiese, zu dem wir gehen wollen! Amen.
110
\
Кун тобвуш(ы)нын буцкавындан || батыштавы Ki-
pyrä дан || Christus-nsı 61з бвам || Кыз анадан дап
тбрад1. = Gabriel œäpimrä inipai, || Mapiampa cäÿan-
läxi || танрт cämi содурбады || оулума бол aän анасы.=
Мангу танрин 63 сбзу, || côsi kIni Кулунун Täni-
ui, || тан тан 6ilà kyrkapycan, || irlänmimläpni табу-
can. = Турдацы Кыз кбксуна || кбкнун цыкы тушуп
kipä || турмабанны турду || 6ilinmäränni бИд1рд1. = ОШ
OBJAHHBIH KÜKCI || болды танр1нщ Конушу (кбммушу?) ||
äpHiy )узун häu кбрмаган || лы болды ]алан ебздан. =
Анасында баклы Johan || улу саунц алыш андан || ак!
Карын бта кбрду, (| мангу japbıkasık танрин". = Утру 6i-
jisin табынмьиш, || андан Elisabet айтмыш, || kön äiri-
Пк ма Timim, || улум 6ijini танымыш. =усуп Кызнын
Каплашмьшы || cäsni âcä cappa тушту, || алмаслыККа
сабыш ärri || андан Kälin œäpiurä атты: = Kopkma-
выл Давыд урубы || ары тындан aiası болды || рго-
phet airkauna кбтурду || Кыз агац Emanuel-ni.
Анындай таныш KIM кбрду? || Куру цыбык jJämim 6äp-
ai, || Кыздан атасы тбрад! || тбратацщ Jäylä туды. =
Kökniy mipi &тз юдь || юр jykrypmai сазва туш-
Ti || 613 чыбарды сасыларны || 63 }аркынын Äkcitmä-
ai. = КаАртак aumai ämikini || ку]ау цыкты, cäynä-
li || 61з барцаларны Ундаттт || тоща Jypyn рыырвабалы. =
У\’. ВаргоеЕ.
|Pag. 151] kuun tuusning buëgakindan. batisdagi .
krivgä dein Xpeni oväli kiz anadan dep törädi Gabriel
fristä jdirdi mariaga söunclädi tengri seni soyurgadi |
övluma bol dep anasi Mengu tengrining öz sözi keydi
kuluning tenini ten tenbile kutkaruv sap itlämisla’ni
tabuvsap Tuurdadi kiz koksunä kokning Gigi tvevp |
kyra tuurmaganni tuurdi bilinmaganni bildirdi Sili
oglanning kövsi boldi tengrining kömisi erning juzun
heë kormagan ayli boldi jalang sozdän Anasinda bakli
Johan ulu збипё alip andan eki karin бе kördi mengu
iarihlik tengrini. Utru beynip tabümis andan elzabe
aytmis Кор egilik maa teymis ovlü beyni tanimis Ju-
sup kizning (....) lasmisi sezdi äsä saarga tusti almaz-
likga sagis etti andan kelip (fris) stä ayti korkmagil
daud urugi aritindän ayli boldi pphet aytga(nè)i kö-
turdi kizkiz ägäè emanuelni Anning dey tangis kim
kordi kuru Сиб jejnis berdi kizdän atasi törä-
di тва jänglä tuvdi Kökning miri etiz keydi
kir jukturmey sazga tusti bis digardi sasilarni
öz jarkinin eksitmädi. Kertek a@mey esikini kuyov
Яка sôunäli bisbarëalarni undetti toyga jurup
ur gurali Tuurur ataga Öögund tugan ouluna bey-
епё Xpe bizni algislasin töräsinä butun etsin kop
egilikdä jängätsin hormat duvlat daga baht bersin
Von dem Rande, von da die Sonne aufgeht, bis zu ihrem Untergange im Westen, wollen wir immer
Christus loben, der von der jungfräulichen Mutter geboren wurde. Der Engel Gabriel wurde ausgesendet, er
brachte die Freudenbotsbhaft der Maria, der Himmel hat dich hoch erfreut, du sei die Mutter meinem Sohne!
sagend. Des ewigen Gottes eigenes Wort, dieses sein Wort zog den Leib des Sclaven an, um Körper durch
den Körper zu befreien, um die Verlorenen aufzusuchen. In den Leib der gebärenden Jungfrau ist herabge- M
sunken des Himmels Thau, er hat Nichtgeborenhabende gebären lassen, hat das Nichtgewusste wissen ma-
chen. Der reinen Jungfrau Leib wurde der Ort, in dem sich Gott vergrub, die eines Mannes Antlitz nie ge-
sehen, wurde schwanger allein vom Worte. In seiner Mutter, der heilige Johannes, wurde deshalb von grosser
Freude erfüllt, erblickte durch zwei Leiber hindurch die ewig leuchtende Gottheit. Ihm entgegen tanzend
verehrte er ihn, darauf sprach die Elisabeth: «Viel Güte hat mich getroffen, denn mein Sohn hat seinen Herrn
erschaut». Joseph, als er des Mädchens Schwangerschaft erkannt hatte, gerieth in Zweifel, gedachte sie nicht
zum Weibe zu nehmen, darauf kam der Engel und sprach: «Fürchte dich nicht, du Sohn David’s, sie ist
schwanger vom heiligen Geiste. Nach den Worten des Propheten trägt eine Jungfrau den Emanueb. Wer hat
ein solches Wunder erschaut? Ein trocknes Reis gab Früchte, von dem Mädchen wurde ihr Vater geboren, .
der Erzeuger ist selbst geboren worden. Der Himmelsherr hat einen Körper angezogen, er fiel in den Sumpf, ohne
dass er den Schmutz sich ankleben liess, uns, die Uebelriechenden, hat er herausgezogen, sein eigenes Licht hat
er nicht verringert. Ohne die Thür des Zimmers zu öffnen, kam der Bräutigam heraus, wir wollen uns freuen,
(denn) uns Alle hat er einladen lassen, zur Hochzeit wollen wir gehen und zechen. Lob sei dem Vater, dem
ee Е CT Sd à a er | ОТ"
A -&
FAR. »
ETES
Mir ESS
EEE ee:
_ Турур atapa огунц, || тубан улуна Gijäun, || Christus
Gisni алвышласын! || тбрас1на бутун ärein! = Kön äi-
гШкта jäyärein! || höpmär, дат дабы бахт Gäp-
_— ан! || Amen! cäÿan болсун! || тан табук ya тандашкя
ан!
Bip äpkli ]арлыванцлы танр! ашеыз, MICKIH азам
уцун ары тын бз Арюндён улам ары Кыз Марламдан
- бот ]ларатып käncinä, азам болды, Амгак Ölymrä азам
=. jolyana rilän ripai. Ölymaän дана äpkli цыкый кбккё
‘барды. Сонра käliı ынанмаванлар|ны| öprli rauykka
® тушургац, 1нанбанлар[ны| алБац, mäyri уцмакнын
° тынцына jana kairkai. Jesus Christus цын räypi Mäx-
à rf-6isix kyTkapranpi. Alleluja танрига, Kim KäHCI цын
DAs TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICOUS.
111
Amen söund bolsun teng tabuh ucteng dezgä tey-
sin
[Pag. 159] bir erkli iarlganëli tengri (? aip)sis
miskin azam uëun 67 aretin erkinden ulan arekyz ma-
riamdan boy iaratup kensinä azam boldi emgek ölumga
azam iolunéa tilep kirdi. ölumden jana erkli &igup
köcka bardi. Songra kelip inanmanganlar örtli ta-
muhka tusurgerget. inanganlar algaë mengu ucmak-
ning tiné(in)ä jana kaytgey. ihe yristos &in tengri
mengu besing kutkarda(ëi) allejoh tengriga inanganmis
Е танр! 613Hi дуратт!. Amen. kin kensi ëin tengri bisni uretti. Am
_ Vater, dem Erzeuger, Freude sei dem Sohne, dem eingeborenen, Christus möge uns segnen! Zu seinem Gesetze
möge er uns vollkommen machen! In vielem Guten möge er uns — — —! Ehre, Reichthum und Glück möge
- er geben! Amen! Freude möge uns werden! Gleiche Verehrung möge zu dem Dreieinigen gelangen!
= Der eine mächtige, gnädige Gott ist sündlos, wegen des armseligen Menschen hat der heilige Geist durch
seine eigene Kraft sich von der heiligen Jungfrau Maria einen Körper geschaffen, und ist ein Mensch gewor-
den, in Leiden und Tod hat er auf menschliche Wege nach seinem Wunsche sich begeben, aus dem Tode ist
- er mächtig hervorgegangen und gen Himmel gefahren, später kommend, wird er, nachdem er die Ungläubigen
in das Höllenfeuer geschleudert und die Gläubigen mit sich genommen haben wird, wieder zu der ewigen
‚Ruhe des Paradieses zurückkehren. Jesus Christus, der wahre Gott, ist unser ewiger Erlöser. Halleluja ihm,
dem Gotte, der selbst als ein wahrer Gott uns gelehrt hat. Amen.
ALPHABETISCHES VERZEICHNISS
DER KOMANISCHEN WÖRTER NACH SCHREIBWEISE DES CODEX COMANICUS.
Im Codex.
aazam
abaga
abra
abskarisirme
abzu
abuscha
ac
accorgasin
acca
achel
acmac
acsa
ac
atebergil
atergansa
acı
aëikting
atirganurme
acuving
adam
A.
In meinem Wörter-
verzeichnisse.
азам
adana
абра
аБыз
аБыз
абышкКа,
ak
ak
akna
akbıı
akmak
акшам
ац (у)
all
ацырван (у)
ацы
ацык
ацырван (у)
ацу
адам
в
ana
аБац
agar
agbet
agengit
ager
agerlarmen
agermac
aghlic
agingan
agirlalik
agirlap
agis
agizd’di
agmanirmen
agremac
agrich
agrig!
agrikt
agrurmen
aguxlug
agx
aha
ahca
ahim
aiagil
aianirmen
ak (v)
älôär
ABPIHEPII
аБыр
аБырла
авыры (у)
аклыЕ
авын (у)
авырла (у)
авырла (у)
аБыз
авыздыр (у)
аБын (у)
авыры (у)
авырык
anbIpbIk
anbIpbık
авыры (v)
anbI31bIk
аБыз
ak (у)
akna
аБын
ада (у)
ajau (у)
alaz
aipsis
aitganca
aitmac
ak
akkoi
al
al
ala ala
alaboga
alabota
alata
alalar
alang bulan
alay
alayesa
alayok
aldamac
aldarmen
aldurmen
algesli
algis
algislasin
algisle
alici
а]аз
ашсыз
air (v)
air (у)
ak
ak
ал
ал
ала,
алабуБа
алабута,
алаца,
алам
алан булан
алал
алал
алал
алда (у)
алда (у)
алдыр
алБышлы
алБыш
алБышла (у)
алБышлы
алыцы
alisirmen
alisurmen
alisturmac
allan
alley
alma
alni
alpant
alti
altmiz
altun
altundi
amanat
amassa
ambar
amiracdir
amll'ini
amrac
amu
anaitti
anca
ancak
anda
anda oh
andi
алыш (у)
алыш (у)
альиитыр (у)
алам
алал
алма
алын
алпаут
алты
алтмыш
алтун
алтунцы
аманат
амаса
амбар
ampak
амал
ampak
ам
ол
анца,
agnak
oA
ол
андт
0
и
ll
5%
я
3
#
À
1
1
|
|
2
a
Е
Я
4
_ andir
- anga
- angiddi
_ anginza
. anglarmen
_ anig
‚anin
aning
anna
_ ansesim
ant
_ anus
_ araba
aracli
arasnadi
— атаззтда
_ archa
_ archum
… arczulap
_arüilarmen
are
_ areg
_ атек
_ arih
… ariksus
. aringüi
_ arinlal
+ arinurmen
| _aritma
Ir, armain
armut
arow
arpa
arsun
artarmen
artchan
_ artimac
artinca
artinda
“ artmac
anuclarmen
(2) =legit, p.225
ол.
аБындыр (у)
— анача (?)
анла (у)
61
ол
ол
ана
ансызын
ант
аныкла (у)
ануз
араба,
араклы
apa
apa
apka
акрын
_ арцыла, (у)
арцыла (у)
ары
apbık
apbık
apbık
арыксыз
(2)
арын (у)
арын (у)
арыт (у)
ap (1)
армут
ару
арпа,
аршын
арт (v)
арт (v)
арыт (у)
арт
арт
арт
aprmak
apr (v)
artuc
artuch
artum
artwnde
aruvliki
as
as
asarmen
as’armen
asat
asau
ascara
asen
asi
asigimen
asicmen
asicmagil
asildi
aslak
asli
asrar
asroW
asru
assowW
astanci
astelan
astinda
astlan
astri
asuch
at
at
ata
atagirmen
atalih
atar
atas
atasis
atov
atlanurmen
atlarmen
atli
atlu
Mémoires do l'Acad, Imp. d. se, VII Série.
артык
apTbık
артыЕ
арт
арулыЕ
all
ain
ас
аша (у)
азат
ашау
ашкара,
аш
аш
ашык (у)
ашыЕ (у)
ашыЕ (у)
асы (у)
аплык
ашлык
acpa (у)
асра
ашру
ашау
астламцы
астлам
act
арелан
астры
ашык
ат
ат
ата,
атаг (у)
аталык
аттар
атташ
атасыз
атау
атлан (у)
атла (у)
атлы
атлы
У
atta
attagil
aurex
austirmage
aval
avas
avurglagil
avluug
avzu
ax
axrac
ay
aya
ayach
ayadi
ayag
ayak
ayanirmen
ayas
aygakladi
ayl
ayli
ayltartarmen
ayna
aynalamas
aynir
aypsiz
ayran
ayri
ayringlar
ayrga
ayrurmen
ayteredim
ayti
aytildi
aytir
aytirgai
ayu
az
azCarmen
azasti
azi
azih
ата
атаг (у)
аурыз
ауштыр (у)
авал
аваз
авырла (у)
аул
аБыз
аз
аз
ai
aja
ajak
aja (у)
ajak
ajak
ajau (у)
а]аз
aipakua (у)
all
ALBI
ail
а1на
знала (у)
алны (у)
алпсыз
ран
ры
aip (у)
aip (v)
aip (у)
эт
air
айтыл (у)
айт (у)
айттыр (у)
а)у
All
au (v)
азаш
ацы
азык
W. RADLOFF. DAS TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES ÜODEX COMANICUS.
azihli
azik
aziz
azti
azturmen
ägäc
ägo mart
ältirsen
ämgäk
äsirding
ärtä
bac
bacüazi
bacha
bachami
bachan
bacca
bachil
bachip
baclaurur-
men
bacsi
badam
badbact
bag
baga
bagarmen
bagat
bager
bages
bageslarmen
bagil
baglagan
baglagaybis
baha
baht
113
азыклы
азыЕ
азыз
аш '
all
ап
а (1)
цомарт
älr (v)
амгак
аз1рт (у)
арта
В.
бак
бакцацы
баба, бака
бакамы
6akam
6akna
6ak (у)
бак (у)
бака,
бакшы
бадам
6akr
баБ
база,
6ak (у)
бават
бавыр
бабыш
бавышла (у)
баБыл
бабла, (у)
бабла, (у)
баба, бака
бакт
15
114!
bahmis
bakiding
bakli
bal
balaban
balaux
balaëuc
. baltuc
baley
balgamis
balic
balkisin
balsaman
balta
balticak
baluc
balucladum
balucra
bar
barachat
barce
bardac
barmac
barmen
barumen
barza
bas
bas
basa
bascha
baskac
baslarmen
basmac
bassarmen
bassip
batarmen
batirmagil
batirrimen
batis
bav
bavladi
bavrsak
bavursak
бак (у)
балкы (у)
бактлы
бал
балабан
балауз
балакуц
балцыЕ
(?)
бавла (у)
балы
балкы (у)
балсаман
Gaara
балтьщак
балыЕ
балыкла, (у)
балыКла (у)
бар
баракат
барца
бардак
6apmak
6ap
бар (у)
барца
баш
баш
база,
балка, _
6ackak
башла (у)
6anımak
бас (у)
бас (у)
бал (у)
балыр (v)
батыр (у)
батыш
бау
баула,
6aypcak
6aypcak
bavrlagil
baxar
baxargan
baxet
baxilic
baxlic
baxluc
bay
baylic
be
beci el
beg
behet
beichluc
beik
beiuda
bekT
bekjn
bel
belerme
belgirtir
belsedi
benxar
beraim
berch
W. RADLOorFF.
баурла (у)
базар
базарван
(2)
базлык
базлык
базлык
бал
баллы
6ä
(?)
баг
(2)
бткИк
бк
(2)
баюн
бакн
ба]
6älä
öilrip (v)
6älcän (v)
банза (у)
бар (v)
барк
berchiturmenGäpxir (у)
berketurmen баркт (у)
berman
bernalu
bernalurmen
bernelimen
berumen
bes
bessaradi
bestlarmen
bestlermen
bet
betichzi
betli
bexarmen
beygin
beygil
beyind
6äp (v)
6äpmäli
6äpmä
6äpmäli
бёр (v)
баш
(2)
баста (v)
6äcrlä (у)
бат
GiTIKIi
6ärli
баз (у)
бт (у)
6i (v)
61jäHn
beylitan
beynip
beyrmen
bezgek
bicac
bicacci
bicak
bicanlik
biöchi
bieipdir
bienirmen
bigevedi
bil
bila
bilau
bilermen
bilgil
bilurmen
bir
birardä
biras
birge
birgi
‚\biriktirding
birla
birlic
bis
bisi
bisirmis
bisturumen
bisur
bisurgan
bisuturmen
bit
biter
biti
bitidim
bitic
biticèi
bitik
bitimac
bitirrimen
bitis
(?)
6ijiH
бт (у)
базгак
быцак
быцакцы
быпаЕ
бщанйк
быцкы
Gipixrip (у)
6iplä
Giplik
613
бий
бшир (у)
Gimrip (у)
6imip (у)
6imip (v)
бшир (у)
бт
бт (у)
Giri
Giri (у)
GiTIK
бутики
бук
Giri (v)
Girip (v)
ÖITIK
bitisli
bitunluc :
bitv
bix
biysinirmen
bizan
bizchi
bochorich
boday
bog
boga
bogaul
bogday |
bogeymac
bogeyp
bogh
boghorie
bogov
bogulurmen
bogulmac
bogun
boguzgur
boksmen
bolar
bollach
bolmaëi
bolor
bolov
bolsamen
bolsun
bolurmen
bolus
boluschmac
bolusmac
boluzurmen
bor
bore
borëi
borëlu
borëluc
borla
boru
borz
GiTikli
GYTYHLYE
бк
613
(2)
бщан
быцкы
(2)
6y5aai
605
6054
6öräyl
6y5zai
(?)
6üräi (у)
60k
@)
60Hay
öyryl (v)
öyryl (v)
боБун
бовузвур
(2)
болар
6yaak
бол (у)
болор
oöläy
601 (v)
бол (у)
бол (у)
болуш
болуш (v)
болуш (у)
болуш (у)
бор
ббрук
ббрукщ
борцлу
борцлу
борла
6öpy
борц
bosdi
— bosov
_ bossatim
_ botang
а boxag
_ boxgaikT
boy
4 boya
à. boyarmen
… bozatkil
— börlendi
_ büv
_ böz
| briné
De bu
|: buchun
bucru
_ butüluc
— buchi
° bugermen
… bugolar
- bugovli
… bugun
bugurumen
Е : buladolar
… bulr
_ bosanurmen
3 bosaturmen
борцлу
бош
бошан (v)
6omar (у)
603 (у)
бозу
бошат (у)
(2)
боз
бол (у)
601
60jay
60ja (v)
бо]ацы
бо]ау
бон
6omak
‚ бошалт (у)
6öplän (у)
бау
603
Gipinu
бу
бу-букун
бычкы
бычкак
бучу
бурун
буба,
6yHa3
Gypaai
бук (у)
бугу
бувулу
бугун
бу]ур (1)
6yjyp (у)
бу, букун
булаК
була (у)
бу
DAS TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS.
bulbul
buleei
bulgamis
bulgastur
bulud
buluschmac
bulutlar
buniat
bur
ıburan
|burarmen
| burë
| burca
‚ | Багой]
\burguca
busrägäncä
busrep
butac
ıbuth
butu butu
butulue
|butun
Ibuv
|buxarmen
buxav
|buxgil
[buy
ıbuyu
buyurgil
ıbuyuruc
|buz
|buzow
|bvkurimen
bwruch
byenip
6ÿl6ÿ1
балыцы
булда, (у)
булкаштыр(у)
булут
болуш (у)
булут
буншат
бур
буран
бур (1)
бурц
бурца
бур (v)
бурвуца
бурБУ
бурют
бур (v)
бурун
бурун
буруш (v)
бурунсыз
буз
буерё (v)
буера (v)
oyrak
бут
буту
бутун Ук _
бутун
(2)
буз (у)
бузау
буз {v)
бу
бу)у
Syiyp (1)
öyjypyk
буз
бузу
©
бу)уруЕ
бан (у)
cabuc
cachimac
cachna
cadau
cagirmen
|calgil
calirmen
{caltak
ican
can
candala
|canga
cangil
cara
carachusen
carangu
|caratein
{carau
|carauas
|carauxi
|caren
|caristurur-
men
Icarmadim
| саз
| сазар
casirmen
|caxan
|cax‘angil
caynaturmen
C.
kaöbık
Кабы (у)
(2)
Кадау
Кабы (у)
Кал (у)
ka (у)
Калтак
Кан
Кан.
Кандала,
Кана,
Кам (у)
Кара
Кара,
Караны
Кара,
kapay
Караваш
Карауцы
Карын
Карыштыр (у)
Карма (у)
Кап
Касап
Кашы (у)
Каты
КатьФа
kar
(2)
Казан
Казан (у)
Калнат (у)
Käipi
kair (v)
кот
kälpi
Kälpi
Кабаба
chaburcha
chabut
chadak
chageth
chahal
chai
chain
chalan
chaltac
chamar
chamir
chamus
chapuë
char
chara
charabar
charabat
charandas
chararmac
charau
charg
chargesli
charimac
charsac
chart
chasma
chasrau
chasuc
chat
chater
chati
chatisturur-
men
chaxan
|chayda
chaydam
chaym
chayma
chaysi
chaytarumen
Ichazan
chazarmen
chazë
115
Кабырва
(2)
Кадау
kapar
kapaı
кары
Калн
Калам
КалтаЕ
kamap
Камыр
Камыш
Кальц
Кар
Кара
_ Карабар
Карабат
Карындали
kapap (v)
kapay
hapu
КарБышлы
Кары (у)
kapcak
Карт
Казма
kampay
kampik
Кат
Катыр
karbı
Катьиштьы (у)
Казан
kaina
Калдан
kai
kai
kaichı
kairap (у)
Кацан
Кац (у)
kan
15*
116
chear Kb1jap
chearsanba Kbijap
chebac кабяк
chebelmis xijil (у)
chebit KÄOIT
cheë Кац
cheegei (?)
chelapan kälänäh
chelecli Кылыклы
cheli Käl1
chelturmen Kälrip (у)
chelurmen xäl (v)
chemisurmen Кьймыш (у)
chendima канд
chendir канд
chengas Канаш
chenglic käulik
chent KÄHT
cheoxis KÖCcci3
cherac карак
cherchi KäpKi
cheri Kälpi
cherpté KÄpnIn
cherti карт
chertma KÄpTMÄ
chertilar käprilä
ches Кыш
chescaz kpickau
chescha ksıcka
chescha (?)
chesi (2)
chestrac Кыстрак
chetan катан
chetarmen кат (у)
chex Kb13
chexarmen Käc (у)
chexel Кызыл
chexanip Kkpi35an (у)
cheyarmen ki (v)
chezarmen xäu (у)
chezä каца
chezchirir- Кыщкыр (у)
men
W. RADLOFF.
|chibrit KiOpir
chiëi Ki
chiix K13
chilim Kilim
chindic KIHAIK
chirac карак
chirda Кырда
chirpich KIPIIK
chis кип
chisan KIIMÄH
chisi kim
chitab SES (?)
chitira KITIpä
chochramac кбкра
choinj KÖHY
chol Кол
choligian (?)
chomarmen кбм
chonaclic konakapik
chonasnj KÖHÄCY
chonë конц,
chondarumen кбндур (у)
chonrac концак
chopchil kon (у)
chopti KbInTI
chopru кбпру
chorarmen кбр (1)
chorc кбрк
chorcharmen kopk (у)
chorcunz kopkyun
chormac kopk (v)
chormac кбр (1)
chos kom
chotumtur ()
choturlu Котурлу
chou koy
choulae xäyläk
chourut каурут
choux (?)
chox кбз
chox ko3
choy koi
chuba куба
chuburcuë
chuëlu
chugira
chulaf
chulag
chularmen
chulluc
chultchum
chulucéi
chun
chuni
chunrudan
chura
churac
churu
chuyu
chuzgu
cilnirler
cimean
clië
cliz
coah
coarmen
софагтас
cobuxëi
coc
cocrme
codim
cogrulac
coia
coigan
colaga
colan
colarmen
coläge
colga
colmac
coltuc
comur
comaldruc
conaclarmen
concec
conde
kyöypkyu
Куллукцы
кун
кун
Ryan
кура
курак
Куру
kyjy
кузгу
Кылын (у)
(2)
Кыльщ,
Кыльщц
(2)
koi (у)
Кобар (у)
Кобузцы
кок
(2)
Кот (у)
тоБрулуЕ
Ко] а,
koi (у)
kölärä
Колан
Кол (у)
Külärä
kölärä
Кол (у)
КолтуЕ
кбмур
комудрук
Конакла, (у)
KÖHNÄR
кун
condroc (?)
condurumen Кондур (v)
congranir- koxpau (у)
men
congul KÜHŸI
conglu кбну|
consi konmsI
conu кбну
сор КОП
coparurmen Кобар
coptaluc (?)
cor кбр
cores ixlie KÖpkeyalik
core #2 кбр (v)
corgasin КорБашын
corgusurmen кбргуз (у)
corgux köpry3 (у)
corguxmac кбргуз (у)
corlarmen Корла (v)
corleydir kopua (v)
cormac кор (у)
сотра кбрпб
corunurmen кбрун (у)
cosac komak
coturmeclic кбтур (у)
coturulmis xörypyl (v)
coxi козы
соу koi
coyan kojax
coyarmen koi (v)
coygan koi (у)
coyscan koimkan
cozu Коншы
cöm коп
cönuhälä кбну
сор коп
eörkli KÖpkly
eremixi Кырмызы
crevvris (?)
esim бп
cuë куц
cugirow кбкрау
culuc kyııyk
й
|
4
j
3
р
Г
у
RU ee
_ culmac кЯ (v)
© _ са кун
_ eumis кумуш
> cm Kyu
_ cu кун
‘4 cun Кум
— cungarmen : кун (1)
_ cuormen koi
Me cur Кур
| cursac kypcak
- ent kypr
euruc кбрук
cusamac Kysän (у)
cusanurmen kysän (у)
à _custunurmen Кустун (у)
eutulurmen Кутул (v)
_ cuyarmen (2)
cuyas kyjam
cuyruc kyipyk
cuzarmen kyu (у)
м cüydurumen кудур (у)
&
— tacharadir uaksıp (v)
_ бабла цакыц
_ басшап пакман
Сасиё цакуц
- Cager цавыр
_ agi цак (2)
u Cagirsa цакыр
: 1 Cagundur UBIHBIHABIP
… @ahinda nak
tahlasangis maksa (v)
Caklarinda uak
сах ‚ цакыцы
takuti пакыцы
éalarmen max (у)
calih naıbık
‚ calma цалма
Caman цаман
Camek цанак
cami
Сапас
Candirgine
éapéaëik
éaplatmac
carci
cardiga
caridi
éarpuü
Cart
Cater
éatlauc
Cayhaladir
Gayhalmas
Geber
Gehlap
Cehlayrak
сект
сект
сегё
беге
éeribasi
cerli
Сегтаз
Сегбегте
ceryi
сейв
Gialdus
Ciarhar
cjarzau
Cibin
Gbuch
асек
Giceklemis
Üg
éigharmen
&iglamis
cigmac
dgrigzi
Ciktiler
al
éimdirme
цамы
цанак
(2)
цапцацые
цаплат
парщ
Карцыва
(2)
(2)
(2)
цатыр
пат]аук
цайкал (у)
цайкал (у)
цабар
(2)
(9)
пакман
цакманц
näpni
царан
näpi
(2)
(2)
цари (у)
цар!
(2)
цуалдус
(2)
царцау
цыбын
цыбые
цацак
цацака (v)
ubIk
цык (у)
(2)
цыБанак
щгркщ
цык (v)
ЦИ
nimi (у)
|äimgipturgan цымбы (у)
cin
Cinay
Cinärmen
&ipeik
üirac
ray
Circhin
атас
Cirmarmen
Ягр
éisarmen
Cismac
Ciuruba
вуз
eyru
éoganac
éohmarli
cokunggis
comic
comlac
cop
cordigiden
corhaa
coura
tourumen
courgil
Courmac
Cov
éovlamnang
соуса ег
60201
COCWP
Cöplegaybis
Cualdus
cudi
éuéhordim
éuéldi
éuéulurmen
éulganmiz
culgau
Gunchin
ЦЫН
цына1
щна (у)
цишк
цырак
цыра1
HiPKIH
цырлак
цырма (у)
цырпы
сыз (у)
сыз (у)
(2)
UK
@
цывБанак
цокмарлы
uoky
цомуц
uomaak
KÜII
(2)
(2)
цаура
цаур (v)
цаур (v)
цаур (v)
(2)
(2)
цакуц
цое (у)
цокы (у)
uönlä (у)
цуалдус
(2)
пуцкур (у)
цукУ (v)
пбцу! (v)
(2)
uyByP-
цулвБан (у)
(uyapay)
цунюн
/
DAS TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS.
Cuprac
cura
Curumac
éurusipdir
éuuliydir
cuvre
сих
Cüpräkä
daune
dadi
dagen
dar@inj
daru
daw
degri
dela
dep
dersi
devl
dider
diua
diuar
dolmee
dost
di
drust
duat
duley
duvlat
duzmanlar
ecchi
echindi
ecsittim
ecsuc
ес
117
цупрак
uypä
kypy(uypy)(v)
цуруш (у)
(2)
uypä
цуз
цупрак
D.
дау
Tau
AAHbIH
дарцын
дару
дау
Terpi
aälä
Tä
aäpsi
näyl
ддар
AiBap
AÏBAP
räril
дост
тары
дуруст
дуат
aÿläi
aäylär
тушман
Е.
ак
äkiHAl
äkeit (у)
äKCIK
ац
118
edezgä
egar
egazi
egau
egeë
egelic
egen
egilic
egirurmen
egri
egriczi
egiz
egyi
ehar
ehsi
eigirac
eki
ekinzi
eksik
eksitmädi
el
el
elak
elat
elbeti
elëi
elelik
eliclamac
eliclarmen
elikladilar
elim
elm
elpek
eltiri
elturmen
elzi
em
emanirmen
emdi
emdidan
emdurmis
eme
emegar
äaä3
äräp
Ага
äirilik
à (v)
äirilik
ärip (v)
ärpi
ärpi
äria
äiri
(2)
(2
äiri
äkl
ак
äKCIK
äxcir (v)
М (manus)
äl (pax)
äläk
NE)
бат
älıi
vergl. äl
äliklä (у)
äliklä (у)
äliklä (v)
äl
Мам
пак
älripi
älr (v)
älni
äM
ämän (у)
ämai
ämi
ännip (у)
амаган
emganip
emgek
eminË
eminlic
emzac
enarmen
enborun
ent
encim
enderding
engermen
engsalermen
engse
enis
enur
epzi
er
erca
erdamli
erdem
erdeng
lerdenglic
eregirmen
eremsirme
lergil
lerik
leric
eriklagan
leriktim
erincak
lerinceë
'егтеу
lerk
erkeë
erkli
erksindaci
orksis
| erlik
erni
ernim
ersat
ersacsis
ersaczi
W. RADLOrFF.
ämräx (у)
äMTäk
äMiHL,
ämiHlik
амцак
ан (v)
ан
анц
(2)
äunip (у)
äy (у)
äycälä (у)
äncà
à Him
ан (у)
änni
äp
аркак
äpaämli
ардам
ардан
äpaäglik
äpir (v)
(?)
à (v)
äpik
äpik
äpiklä (у)
äpik (у)
аАртнцак
арунцак
(2)
äpik
(2)
арки
аркейн (у)
Äpkcis
äplik
äpin
äpin
äpcäk
äpcäkci3
арсакщ
esitmac
eskerimes
eskik
езт1
essirgermen
jesvermen
|eziturmen
арсак
äpcäkli
арта
äm (у)
шк
AK
äcipr (у)
ämir (у)
(2)
ÄIIKIK
äcpikui
äciprä
ächä (у)
ат
ат (у)
ÄTIK
Ак
ÄTIK
àTi3
атмак
Атмакщ
ау
ават
äÿanli
äräp
äräpın
äiri
äirilik
äiri
äiripäk
älHäK
äuki
äniK
ämuir (у)
ti ge Re Dr
x,
er
|[gigaybis
gikilurmen
gil
| gilbrar
gillan
giltramac
giltrar
häærä
Каваллык
Барып oder
Бали (2)
кала,
(2)
КаранФыл
kan
Валал
ВалБа
kaı
kam
Базал
(?)
als
hökymuy
X0P03
хорма |
kom ;
зыкыл (у)
nikäy {
ыкрар
Лами L
Цит
niräp
й (')
зыкым (у)
jeu
(2)
]ылан
зылтра (у)
]ылтра (у)
giltrin
gingibil
girgac
girgagil
girtarmen
gischit
glar
_ gozchar
gulaf
gurali
_ gan
_ Zehan
ginsler
guhut
ha
habar
hat
hacan
hakil
hakim
halalim
halha
__ hallal
… hamara
_ hamis
han
hanat
hangi
hap
haram
harmac
hatum
hava
_ hawa
_ haybat
]ылтрын
niamioil
(?)
]ырба
дырт (v)
()
дыл
konkap
гулап
]ырба, (v)
H.
Вам
Кабар
Кац
Капан
акыл
häkim
halal
Палка
halal
Вам apa
Камыш
Кан
Канат
(2)
kan
hapam
kapmak
Катын
haya
haya
Валбат
|haybatlı hai6arli
hays kaim
haziz ha3b13
het ац
hergys äpric
hersegëi äpcäkni
hersek äpcäk
herumen (?)
hess ha3i3
hoangil Куан
hoardi ‹ (2)
hoatdirme (?)
hoatlangil kyarıan (у)
hopti kon (у)
hor kop
horen Корын
hormat höpmär
hormatlagil höpnärlä
horn hôpuär
hotarime kyrkap (v)
hovoanlänir haya,an (у)
höckü Вбкум
hualamen — Куала (у)
hudim kÿ (v)
huladim Куала, (v)
huun (2)
huvarme Ку (v)
I.
ialbardilar ja.ıöap (у)
iaman ]аман
iamanlic Jamanıbık
iamarmen jama (у)
ianawar JaubIBap
iang Jax
_ [langay зан (v)
iangi Jaybı
ianina jan
ianirmen jan (у)
iappalarmen janapaa (у)
iara
japa
iaratup
iarbarsenler
jargu
iaricte
iarih
iariklich
iarilgadi
iarkin
iarlaigasin
iarli
iarl’gancli
iarliganclu
jarovli
123141
таз
jatirmen
iazdim
jazirsa
ickermen
icesti
icik
icindadi
iCip
ickinirme
ickir
icrih
idmälägil
1ес
iecesin
jegan
iegit
iemese
iengipt
ierkoi
iesdä
iesse
ietkirgil
1е2
iezuklu
igarlic
iglading
iglik
шаг
japar (у)
]албар (у)
дары
Jappık
Japbık
Jappıkasık
japb11Ha (у)
japaik
уарлыва (у)
]ларлы
дларлыванцлы
)арлыБанцлы
]лараулы
дашыр (у)
Ja3bık
jar (1)
Лаз (v)
дашыр (v)
дак (у)
imim (у)
INK
in
in (v)
bIUKBIH (у)
ыцкыр
Inpik
(2)
Лак
vergl. Jäk
ja (1)
jirir
Jémim
ан (v)
(?)
Ja3bl
Jacbl
järkip (у)
Jä3
]азыклы
iräplik
ывла (у)
(2)
ыЕ (у)
DAS TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS.
Пап
ilermen
ilgari
ilim
iliptir
illietingvis
illind’di
imenirmen
inah
inak
inamli
inangai
inanmagil
inccalap
inöcha
incha
inckaydir
ine
ingac
ingan
ingèu
ingec
11058
ingir
ioch
iochari
10]
ioluchtu
iopsinip
ioutmaga
ipchin
irach
irachtan
irachti
iragirmen
irlarlar
15
isaiaguna
isan
isanmac
isanurmen
isarli
ISCV
119
]ылан
(2)
Инд (у)
1иён (у)
bIHaK
ынак
ынамль
ынан (у)
ынан (v)
iunkälän
IBNKä
IHILRKÄ
iunkä (у)
irHä
äHäk
(2)
inny
äHäk
iyä
тн
jok
jokapbı
joa
joıyk (у)
jönein (v)
jyr (v)
inkiH
jpipak
jpipak
]ырактын
]ырак
jsipaa (u)
im
(2)
(2)
ышан (у)
ышан (у)
ызарлы
Пи
120
iseb
isi
islagil
islamax
islu
issilic
issinurmen
issirimen
isz
it
it
itlandim
itlämisla’
itt
iugrup
iumarmen
iuunurmen
iuuz
iv
IWC
iwgüdilar
iwgundi
iws
1WZ
ixdamac
ixdarmen
iycharmen
iydim
izi
izim
izin
izchari
izlar
izzangil
jabovli
jaëigi
jaghan
Jagi
Jagli
(2)
im
imlä (v)
imlä (v)
imlik
ыссылык
ыссын (у)
ысыр (у)
(2)
jok
jÿrÿa (v)
ges (9)
js
inkäpi
im
ышан (у)
J.
]Дабулы
(2)
алан
jap
JaH.Ibl
jagunadir
Jain
Jailgamac
jakurarme
jala iabadir
Jalangaëlai-
men
jalangag
jalannaz
jalarmen
Jaldi
jalgan
Jalgiz
jalguz
jali
jalin
jalinvrme
Лапа,
janûti
jangi
jangilirmen
jaramas
jaramsak
jarasturur-
men
jarat
jaratkan
jare
jargu
jargularmen
jargulan
jarguze
jarig
Jariklih
jariler
jarilgadi
jarle
jarma
]агоу
Jarovli
]атзбу
jaruti
jas
W. Влоговге.
]авын (у)
jai
japeu5a (у)
kyp (v)
зала,
]аланац
)аланацла (у)
]аланац
зала (у)
]алцы
Japan
Ja.1Hb13
Ja15b13
jai
]алын
]алын
]ана
jaun (1)
Jaybı
jaypın (у)
japa (1)
Japamcak
)араштыр (у)
jbıpak
japar (v)
japbı
- jap5y
jap5yaa (у)
дарвулан (у)
Jap5yubi
Japbık
japhikapik
]арыл (у)
japb1ıpa (у)
]арлы
]арма
Japay
japayay
Jäpcy
]арыт (у)
Лали
]аз
jassik
jasuk
jat
jatir
jaudi
Jav
javd’ding
javli
javlov
javrutti
jaxok
Jay
jayli
jaylimè
jaz
jazuc
jädädim
jäiärmen
Jämov
Jändirdi
Jängätsin
Jänglä
jänglämdir
järsitirme
jdirdi
jeh
jelemii
jelni
jelpirme
jemis
jenä
jendäëi
jengdi
jengul
jer
jerer
jeti
jeti
jetkirdi
jetkiz
jez
ес
]аз
]Лалпык
]азык
jar
jar (1)
jay (v)
jay, jar
ja5abip (у)
Jayıbl
Jay ay
Jaypy
Jasbık
Jai
Jai
(2)
jam
Jasbık
Jyaä (v)
jai (+)
jamay
]андыр
— jäy ärcia
jänä
Jagıam
jäpcir (v)
inip (у)
Jä
jélämni
зан
jälni (у)
jävim
Лана
Jän (у)
дан (v)
Jäyil
Jäp
ip (у)
Järi
jär (v)
järkip (у)
Jätki3 (у)
jäs
Jinäk
jibitirmen
Jihov
jil
Jilamac
jilek
jildi
Jipkirrime
га
jiriler
Jirmen
jiroëi
Jirtilding
Jit
ла
jitirdim
ЛУ
Jiy
Jiygaczur
jmdi
ja
jaanurmen
joap
Job
jobacä
jobap
jocberimen
jogartin
joharmen
johsil
jol
jolabar
Jolap
jolbarurme
joléu
joldagilar
jomard
jJomdarimen
jon
jonarme
joralarme
оба
jouir
jôga ärdirme (?)
jiôir (v)
nikäy (2)
jbla
jbr1a (v)
ак
jil (v)
(2).
(y
дырыл (v)
Ip
(2)
Лыртыл (у)
(2)
jiri
jirrip (v)
‚Jah, Jay
0)
(2)
ämyi
iH
ынан (у)
Jyan
Jön
(2)
(2)
]0Е
]овартын
jyk
]окшыл
joa
(?)
(2)
jou6ap (у)
]олцы
]олдацы
]омарт
домдар (у)
у
jou (+)
]орала, (у)
(2)
(2)
PR Eh ce A een
>>
ie Es "à sale
ee
ei
чм. 4
a 37 Зы
_jépjôp
jôtkurdim
jridi
jrgaladir
Jtip
_ jtma
jubangan
judi
jügalak
jugunc
jugungis
Juhmamis
juk
Jukturmey
juldi
juldus
_ лига
_ Julgun
julic
_ julkarme
julmalarme
. julovëi
- jultarimê
_ julûgâ
julugnamis
- julumis
_ juluv
jumurtka
* juric
_ jurimen
juruh
агат
- jurumlarmen
jJurup
junarmen
juurdim
juutberdim
jurutbermen
juvduh
- juvoantang
. jüyc
D juz
jüpzimis
jön
Jörkyp (v)
ipi
ырвала (у)
(2)
(2)
jy6an (1)
ду (")
]умбалак
jyryan
jÿrÿu (v)
jyk (1)
Лук
jykryp (у)
дул (у)
Лулдуз
]уллузцы
(2)
jyaka (у)
]улмала (у)
]улуцы
jyarap (v) .
jyaya (v)
дулун (v)
дул (9)
jyay
Jymyprka
(2)
Ут
ЛудруЕ
цурум
цурумла (у)
Jÿp (*)
I m
jÿp (1)
ут
jyrlä (v)
(2)
]уанцан
Лук
]уз
jöncy (у)
jüz
Jymis
лида
kaal
kabag
kaban
kabul
Кас
kacık
kaëirgil
kaëti
kadadi
Каса]
kagisse
Капа]
kaia
kak
kakirdim
kalaa
kalam
kalay
kaling
kalip
kalkani
kalurmen
kam
kamadi
kamaladir
kamiz
kamlik
kan
kan
kangiridir
kani
kanov
kansi
kapsa
kar
kara
Mémoires de l’Acad.“Imp. 4. sc. VII Série.
353
®
im
K.
кал
Кабак
Кабан
Кабул
Кац
Кавцык
kanpıp (у)
kan (v)
Када, (у)
kapaı
Кабы
kapar
kaja
kak
kakp1p (у)
кала,
Калам
Калал
Калын
Кальш
Калкан
Кал (у)
Кам
Кама (у)
Камала, (у)
Камыш
Камлык
(2)
Кан
(2)
Кан
(2)
KÄHCI
kanca
kap
kapa
karakëi
karalic
karangi
kara’di
karavas
karcaga
karech
karedim
kargadi
kargase
kargizlu
karï das
karin
karisurmen
karmalarme
karp
karumte
karzi
kasart
kaska
kasnaci
kassirmen
kat
katirap
katli
katti
katü
katulangil
kavdan
kavosin
kay
kayda
kaygi
kaygirsang
kaysi
kayturgil
kayturmen
kazan
kazar
kazna
kätga
keben
kebermis
kapaknpr
kapaısık
kapaypı
kapap (v)
Караваш
kapnapa
карак
Кара (у)
kapsa (у)
(2)
Карвышлы
Карындаш
Карын
Карыш (у)
Кармала (у)
Карп
(2)
Каршы
(2)
kamka
ka3Hanpi
kamı (у)
Кат
Катырап
Катлы
Катты
Катын
Катылан (у)
(2)
(2)
kai
kaina
kaipbi
kaipbıp (у)
kaichı
Кайтыр (у)
kairbip (у)
Кацан
(2)
Казна
кат (у)
кабан
(#)
DAS TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS.
kebesir
heta*
ke£irip
kecow
ked’di
kegmi6
keji
kek
kekirdi
kelänedir
kelepen
kelgay
keliyrir
keltiristi
keluyorler
kemä,
kemet
kemirrimen
kemizildi
kenätä
keng
kengezzingis
kensi
kerek
keriklirmen
keris
kerme
kersangi
kerteg
kertek
kerterme
kerti
kes
kes
kesan
kesene
keseo
kesetmak
kesmey
Кеус
keyic
kezerme
keziv
121
(2)
(2)
кащр (у)
кацу
KID (у)
(2)
(2)
как
Käkip (у)
(?)
kälänäh
ка] (у)
ка] (у)
kälrip (у)
КА] (у)
кама,
камац
känip (у)
камиш! (у)
каната,
кан
канали (у)
KÄHCI
карак
(2)
карип
карман
käpcäyi
картак
картак
карт (v)
карт
KäC
kpım
(2)
казана,
казау
KBICPIT (у)
käc (у)
KIK
KIK
кызы (у)
käsäy (казу)
16
122
kibi
kiciydermä
kigir
kijgil
kilälga
kildi
killalim
killi
killihli
killinalim
kimese
kimkim
kin
kinadi
kinadir
kinaidelar
kinalip
kingir
kinov
kiptah
kir
kirchma
kirigib
kirildi
kirkar
kirov
kirpi
kis
kisarmen
kisi
kisidi
kis kata
kislamis
kislar
kislov
kistalicip
kistarmen
kiynarsen
kizar
kizcha
kizgakisga
kizganëi
klulaga
Ki6i koaë
Кыцы (у) koanmaga
(?) kobelek
кт (у) kobopt
(?) kockar
Кых (у) kogeriptir
Кыл (у) kojedirgan
Кылык kojurmac
КылыКлы Кок
Кылын (у) Ко]
KIM kolagaceb
KIM kondergil
KbIH kondi
kbiina (у) kondurding
KÄHAIP koneldi
krıina (у) konemizim
kpıinan (у) |kones
KIHIP konessu
kpıiHay kongrov
(?) konis
кф konulvkce
ksıpkma konvëi
Gipik (v) kopgadeyri
Кырыл (у) kopsagan
КырК (у) kopsapt'ur
Кырау kopti
kipni koral
Кыш kordilar
Кые (v) korgasin
КИШ korgui
кызы (у) korguzding
(?) kork
Кысла, (у) korkima'sis
Кыела, (у) korküëi
Кыслау korkutmac
Кысталыьшш (v) koron
Кыста (у) korüga
kbıina (у) korunir
kbı3 (у) kosoruclar-
kpicka men
kbicka kossigi
kbı3 (у) kossidim
(?) [kosulgil
W. RADLOFF.
Куанц
Куан (у)
кобак
(2)
konkap
кбгар (у)
koi (у)
kojyp
KÖK
ko.
(2)
Кондыр (у)
Кон
Кондыр
кбна] (у)
кбнан (у)
кумуш
кона-су
koypay
Конуш
кону] ук
кунущ
KÖN
konca (?)
konca (у)
kon (v)
Корал
кбр (у)
Корвашын
Toppai
Корвуз (у)
KÖPK
KPBIIMATCHI3
Коркунцы
kopkyr (у)
корон
кбрун (у)
корун (1)
komypykua (у)
Кошыцы
(2)
Кошул (?)
koti
kotur
kous
kov
kovra
koxup
koy
koyan
koymit
koysa
koyulmis
koyurir
kozgalisirme
köckar
köcurdi
kögis
kök
kökari
köksug
köktage
kömis
kömvlupt’ur
köni
könu
könulic
köpten
kör
körgan
körk
köröul
körudi
köruli
köruvsap
kösöv
köturdi
köturem
köz
kreë
krivgä
ksyneydir
Кис
kutengil
kuterme
KÖT
Котур
Куш
(?)
kaypa
kom (v)
koi
kojan
koimpin
koi (v)
Коул (v)
kojyp (v)
Козвалыш (у)
konkap
könyp ()
кбгус
кбк
кок
кбгус
кок
кумуш
кбму] (у)
KÖHY
KÖHY
кбну]у
KÖN
кор
кбр (у)
кбрк
köpäyl
кбрун (у)
köpymly
köpycä (v)
кбзу
köryp (у)
кбтур (у)
куц
куцан (у)
куца (у)
kuëlu
kuësis
kuëtu
kueëlu
kugänädir
kug'ëinley
kujöv
kukel
kul
kula
kultebeg
kum
kuma
kumartki
kumlamak
kun
kundegi
kunerm
kunh
kurban
kurt
kurgan
kurlamis
kursovlapdir
‚ |kurt
kurtka
ku,
kurulta
kurum
kus
kusänd
kusenganim
!kussut
kusü
kusurärme
kuter
kutkargil
kutkaruv
kutkardaë
kutkardi
kutlu
kutüuëi
kuttilmak
кущу
куцсуз
Куц (v)
Kÿäsli
(?)
когурцун
xÿjaÿ
kykäl
Кул
Кула
kylrä6ä
kym :
Кума
kymaprkbı
kyHylä
кун
кун
кбн (у)
(2)
Курбан
Курц
Курбан
kopaa (у)
(2)
Курт
Куртка,
Куру
Курулта
kypym
kym
кузанц
кузан (у)
kyrkap (у)
kyrkapy
kyrkapaanpı
kyrkap (v)
kyrıy
KyTyni
kyrya (у)
LES
kutulis Кутулуш
kuturupt’sen kyryp (v)
kuun _ КУН
kuurmagil kyp (v)
kuu‘*pturup- (?)
turmen
kuv ky
kuvnüi кунуцу
kuygelek (?)
kuyov KŸjäÿ
_ kuzim куз
kuzun куц
kvat Куат
kvvlie (?)
kwclu ‚ Kyuly
kwn кун
kwtöv куту, кут (v)
Кубе к
kyckerir ksıukeip (у)
kyk (?)
kym KIM
kyz kbı3
kyzi Kimi
kyzineydir киинй (v)
| Г.
laal лал
lac Jak
laghan aakan
_ lahab Jakan
lahan лакан
layh ла]ык
last ласт
lal лал
lenger länäp
limen limän
limon limoH
maaiunlar
maana
mac
madim
maga
magar
magat
magley
magmuda
magugh
mahac
mahsit
mahtarmen
malahan
mamuh
manarmen
manaysis
папе kakak
mangdan
mangreydir
mania
mariand
maruimac
marul
таза,
mascara
matellar
mayan
maydan
maymaëik
maymun
mazi
mecCälä
medet
men
menim
mendabar
meng
mengu
meyx
M.
MäjyH
мана
мак
мадын
ман
магар
MAHAT
манлал
мавмуда,
MaMbIk
(2)
максыт
макта (у)
малкан
Mambık
ман (у)
MaHacbl3
(?)
мандан
манра (у)
(2)
мар}ан
(2)
марул
маша,
mackapa
mäcäl
(2)
малдан
(2)
MaimyH
м
(2)
мадат
ман
MäHim
ман
ман
мангу
M13
mianci
mianzi
migh
mihir
minermen
mir
mirät
misiha
miskin
mismis
moghorlar-
men
moghor
mohdak
monda
mondobaï
moninchibi
monzagina
mudus
muhtaë
mulclamac
mulcri
muna
mungreydir
murad
murdar.
murrätlie
murvat
muzi
naal
naamatlu
nac
nacs
nacslagan
nacslarmen
nafas
nagt
папе
nakara
DAS TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS.
мы]анцы
мы]анцы
Mi
mihip
мин (у)
Mip
mipäc
Miciha
MICKIH
Mimi
möräplä
MÜräp
mokak
мында
(2)
бу
мынца
мундус
муктац
mylelä (v)
mylely
мына
Myypai (1)
мурат
мурдар
(2)
мурват
муз
N.
нал
nämärli
Hak
nakın
накшла (у)
накшла (у)
HÄDÄC
Hakr
нарынц
накара,
123
nam HAM
narangi HAPAHIIPI
nardan нардан
nasie насыц
näk нак
nämägä HÄMä
näzik HÄSIK
ne на
пес HÄLIK
nekim Hä
nekimese Hä
neme нама
neza НАЦА,
nezikkim HÄIK
nil Hil
nisan нышан
nisanlarmen нышанла (у)
nocta нокта
nocta HÖKTÄ
nogar ногар
noghut HOBYT
nouma (?)
nur нур
0.
оазатас окша (у)
oba оба,
obuc (2)
ocht yakr
ochus ÖRYC
ockurbis oky (v)
ocotunmac ÖKTyH (у)
ocsas окшаш
осзаз окшаш (у)
octi yak
octunguil üKkrÿn (у)
ockak oukak
odim одун
оеп OH
ogar (?)
ogh ok
16*
124
oghëi oknpi
oglan овлан
ogoloch opiak
ogri оБры
ogrilam OBPPIIA (у)
ogrulamac — оврыла (у)
ogrularmen оБрыла (у)
0216 бгунц
051] овул
ogur овры
ogus бгус
oguturmen oHyT (у)
ohsassi окшаш
ohü ok
oincil OIHNBIA
ok ok
ol ол
olarmen öl (v)
olbekligingdä öl6äklik
оба олца
olturguëlar олтурБуц
olturguz OITYPEYIL
olturmak ouryp (v)
olturuldi ölrypyl (v)
olturumen ülrÿp (v)
olu yıy
olu öly
olüluh бум ук
olum б]ум
olza олца,
olzarmen öluä (у)
on (?)
ong OH
ong OH
ongaldi онал (у)
onggarmen oHap (у)
onglik OHJIPIK
onglu OHIBI
oparmen ün (v)
opcha бика
opchalarmen önkälä (у)
ophelmekdi önkälä (v)
opmac би (у)
oprac
or
orbu
orda
orlas
orman
ornarmen
orozung
orta
ortac
ortada
ortu
orü
oruë
oruz
08
osal
oscarmen
oscurmac
oscurumen
ossi
osta
ot
ot
otaëi
otalamac
otemis
otluc
otru
otruczi
ottac
ottalarmen
otunz
otunzcha
otus
ouad
ouada
ouat
ouË
oul
oulu
ouratimac
ouraturmen
№. RADLOFF.
onpak
op
орбу
орда,
öpläm
орман
орна (v)
ырыз
орта
oprak
орта
отру
орун
оруц
оруц
ошол
осал
omka (у)
бекур
öckyp (v)
03
оста
от
от
отацы
отла (у)
(2)
OTABIK
отру
бтрукцу
oTak
отала (у)
бтунц
бтунц
отуз
yakr
Bala
9
OIL
OBYI
улу
äypär (у)
äypär (у)
ourluc
ourula -
ous
ovdi
ovding
ovlduh
oglu
ovretmis
ovsadi
ovsar
ох
Oxga
оутас
oyn
oynarmen
oynas
oynassis
074
ozdan
übuga
öctelik
üctem
öctenlänir
[0
бсеззгтеп
öcugil
02007
ügurdi
üldi
öldurdiler
öllg)ä
ömäd
önadurur
öngu
öpkani
öpkä
öpti
örguzurmen
örken
ypayk
OBPbL1A (у)
yc
Вуд!
аул
(?)
оБул
äÿpär (у)
окша (у)
окша (у)
03
Ö3rä,
oimak
ОН
oiHa (v)
отнаш
онашсыз
ö3ä
(?)
ббугА
бктамИк
ÖKTÄM
örränlä (у)
бц
бцаш (у)
(2)
бгунц
бгур (v)
öl (у)
ölayp (у)
олца
бмут
(2)
(2)
önkä
önkä
ön (v)
бргуц (у)
ÖPKäH
örtik бртук
| от öprly
örumeik брумцук
ösäng Ö3äH |
üsge ösrä 1
östi бе (у) |
| офе бт (у)
ötli örly
ötmackimisni öTMäk
ötmäk бтмак
ötmäkci ÖTMÄKUI
öuranurmen äÿpäx (у) |
буегтеп äÿ (v)
буса äÿ (v)
ôvgerlar äÿ (v) |
övnir äÿa (у) |
бузт äÿ (v)
бу ау
öwtiti (2)
07 03 Е
07 Ö3ä
özding 03 (у)
üzgäcàä ü3rÀ
özmä (?)
0202 03
р.
palang TA JAH
pargal парбал
рар пап
papaz папаз
papaslarga папаз j
peë пац {
peroxa паруз&, 4
pesa пыша N
pesman пашман у
peygamber näinam6äp 4
piala шала, |
pil nil .
pistac пыстак
ЕР
my.
rahim
rang
ranzilic
_ тамара
raxiana
raygan
rebe
rox
rustan
. saadat
_ вааг
saar
saarlap
sa’rlarmen
saban
sabandi
sabirluc
sabor
sabur
_ saburluc
sachal
sachex
saclarmen
_ sadaf
_ задаса
sadiler
— safar
saftalu
saga
sagac
saganmac
sagat
sagazlasa
sagenurmen
sagenz
sageseydir-
men
I.
pahim
ранк
рымцылык
payanı
pasiana
ралван
раба
рые
рустан
шар
сарла (у)
сарла (v)
сабан
сабанцы
сабырлыЕ
сабыр
сабур
сабырлык
сакал
cakbı3
cak.a (у)
садаф
садаъа
сады
сахар
шафталу
6apa
capak
савын (у)
CAFAT
савышла, (у)
саБын (у)
CAHBIHL
(?)
saget
sageth
sagetlanur- сабытлан (у)
men
saginé
sagindiremen сабындыр (у)
saginir
sagis
sagit
sagittin
saglic
sagot
sagri
sagsis
sagsix
sahar
sahav
sahladi
saht
sak
saka
sakolinda
salam
salamarlic
salan
saldı
salg
salghan
salik
sulinirme
salkon
salkum
salkun
salp
samala
samuc
san
sanar
sanarmen
sanbe
sancip
sandireydir
sansis
саБыт
CAHbIT
CAHbIHL
савын (у)
саБыш
сабыт
CABBIT
саблык
CAHbIT
савры
cakcbı3
cakcbı3
шакар
cakay
сакла (у)
cak
cak
caka
CAF
салам
саламатлык
салам
сал (у)
(2)
шалБан
шалык
салын (у)
салкын
салкын
салкын
(2)
самала,
(2)
сан
сана (у)
сана (у)
mäm6l
санц (у)
(2)
сансыз
sanzarmen
sanzis
Sa0C
saogh
sapti
sar
saraf
saray
sare
sarhit
sarhitir
sari
sarincka
sarmisac
saroû
sarp
sarpa
sart
sas brodim
sasi
sassedi
sassir
sastian
sat
satarmen
satkadi
satmac
satav
satuc
satugh
satugzi
satum
sauda
sausar
sauunur
sav
savrak
savri
saw
зах
saxagan
say
saygät
санц (у)
санцыш
сок
cok
can (у)
Cap
capa®
capai
сары
(2)
(2)
сары
(2)
capbımcak
(2)
сарп
(2)
(2)
(2)
сабы
сасы (у)
сасы (у)
сакты]ан
сабат
car (у)
(2)
car (у)
сату
CATYE
CATYE
сатуЕцы
сатым
cayıa
caycap
cäÿu (у)
сау
caypak
(2)
сау
cäc
(2)
cai
(?)
DAS TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS.
sayri
saytan
sazga
sazac
sazarsen
sazchil
säwmaclik
schinia
sebeb
sech
secharmen
sechirumen
seger
segercic
segiz
sekizinéi
semirir
. |semis
sen
seng
sereun
sergek
sergizirmen
seriat
seriv
serpildi
sesarmen
seskenirmen
seskendirri-
men
sesmac
sesmis
sete
setelar
sexarmen
seyr
seyrac
siburtschi
sic
sicric
siéchan
sidic
siermen
125
(2)
шалтан
ca3
сацак
сац (у)
сац (v)
cäÿ (v)
(2)
cä6än
шыЕ
сыК (у)
cäkip (у)
сыБыф, CIP
_сывырцык
cäri3
CÄRI3IHNI
cämip (v)
cäMi3
сан
сан
cäpäyH
саргак
(2)
шар т
cäpy
cäpnil (v)
uäu, (V)
cäckäH (у)
cäckänaip (у)
циц (у)
цёц (у)
(2)
(2)
сйз (у)
cäip
cipäk
CbIÖbIpTkbi
cik (у)
CÄKPIRK
сыцкан
CIAIK
ст (у)
126
ешё
siginir
sigit
sihandi
siharmen
sijermen
silar
silausun
silcarmen
sili
silkinedir
silkip
siltov
simirme
sin
sinalir
sinamac
sintladim
sindan
sindi
sinduc
sindurmac
singding
singermen
singir
singirmen
sinuc
sipar
sir
sira
siraz
sirarmen
sirdac
sirek
sirgalak
sirikisch
sirih
sirih
siris
sirke
sirkarme
sirma
sirrime
CbIHBIHU
сыБын (V)
CHIBIT
сыбан (у)
cypa (v)
ci (v)
сыла, (у)
сПаушун
Cilik (у)
cili
cilkix (у)
cilik (у)
(2)
(?
сын
сынал (у)
сына, (у)
сынцла (у)
зындан
сын (у)
CbIHABIk
сындыр (у)
(2)
ен (v)
ен
ен (у)
CbIHbIk
сыпа (у)
cip
сыра
пиращ
(2)
I PAËK
cipäk
ebıppa.ıak
mipkim
(2)
(?)
mipim
cipkä
(?)
сырман
сыр (V)
W. RADLOFF.
sirt сырт
sisa шипа,
sisarmen min (у)
sisik шик
sismac mim (у)
sixgururmen CHI35bIP (у)
sixgurma сызвыр (у)
уг eip
sirdi с1з (у)
sizding cis (у)
smurut усмурут
sochur cokyp
soculapt’ cöryl (у)
socus сбкуш
sohlanirmen соКлан (v)
sohranirmen cokpan (у)
sohta cokra
sohti cok (v)
sohupupur cok (у)
sokarmen cök (у)
sohujidirmen (?)
sol co
sol шол
solagai coJaHai
solulu соллу
soltan солтан
sonbul сонбул
sondururmen сбндур (у)
songi COHBI
songra coypa
songur сонур
sonsarmen cyca (у)
sorarmen сор (v)
sorgan COHanH
soslarmen cöslä
souar cäy (у)
souascurmen сауаш
souat cök (?)
sougil cäÿ (у)
soulun саун
soumac cäy (у)
sounéac саунцак
soundlu cäÿauli
soup
souunurmen
souus
soynwp
soyurgadi
soyurgal
soyus
sozgil
sozim
sozulurmen
söchul
söcmac
збег
söktiler
sös
sönd
söuarmen
söuarsen
söuntlarmen
söundilar
soundirgiéim
sövding
sövgaia
sövnäk
söwrgamach
sözlär
sözlemäs
su
sucuc
sudari
suduk
suedi
suf
sufra
suffera
suh
suhlamagil
suk
suluc
sunadirme
sunarmen
cäy (у)
саун (у)
cäyıu
саун (у)
содурба (v)
со)урбал
cäy (у)
cäÿanlà (у)
сёун (у)
cäyunip (у)
cäy (v)
cäy (у)
cäy (у)
(2)
cô3lä (у)
cözlä (у)
су
суцук
судары
сындык
суён (у)
Cyæ
Cyæpa
сухра
сок
cokıa (у)
сок
шу|ук
сун (у)
сун (у)
sungirassinda сон
sungu
сучеу
sungulza
surat
surtarmen
suruclar
suruc
suruna
заза те
susager
susading
sust
susu
sut
suulu
suulurme
swnular
swnw
syleysin
syngermen
syr
tabac
taban
tabuh
tabunirsen
tabuschir-
men
tabusirme
tac
tacta
taf
taff
taftar
tafsanyt
tag
tage
tage
taglar
tagz
talal
talaschman
cyuryloä .
сурат
сурт (v)
cypyk
сурук
суруна
суса (у)
су
суса (v)
суст
сусуз
сут
сулу
сул (у)
сунгу
сунгу
сПаусн
ен (у)
стр
1:
табак
бабан
‚табыЕ
табын (у)
табыш (у)
табыш (у)
так
такта
тах
тарк
тафхтар
тахсылат
TAF
таз
табы
тан
тац
талал
талаш (у).
<
talischirmen талалш (у)
% tam там
D famac ramak
< tamadirgan Tan (у)
_ tamam TAMAN
… taman TAMAM
& ftamar тамар
tamar TaM (v)
- tamasa тамаша
tamha Tamka
tamu тамук
tamuc Tamyk
tamuchdage ramyk
tamuh ramyk
tamyzik тамыцык
tamzi тамцы
tanarmen tan (у)
tanda Tayıa
tang тан
tangda танда,
_ 1215 таныш
tangisip тацыш (у)
à фапо]ап танланцые
* tanglapt' Taqua (у)
- tanglarlar танла (у)
- tanglarmen Tara (у)
- taniklatirmen таныклал (у)
tanirmen Tai (у)
tanimis таны (у)
tank тан
_ tanlarmen — танла (у)
tanlasurmen танлаш (у)
tansic тансык
_ tanuc танык
tanucluc таныклый
tanur таны (у)
фар тап
4 tapgaysis ran (у)
_ tapmis Tan (у)
taptarmen ‘ranta(v)
tar тар
tarag (2)
taraga Tapana
Das TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS.
tararce
taraxu
targatgil
tari
tarima
tarlov
tartarmen
tartinurmen
tas
tas
tasacsix
tascari
tasside
tastar
tastin
tatar
tatarmen
tatig
tatigli
tatlar
tatli
tatmac
tatov
tauc
taul
tausti
tav
tavlarning
tax
taxac
tayagibar
tayiac
tazbile
tazlap
tämä
tämäker
te
teäce
teba
(ес tee
tec
techsir
tegana
татар
таразы
таркат (у)
тары
@
тарлау
тарт (у)
тартын (у)
тас
таш
ташаксыз
ташкары
(2)
тастар
талитын
татар
rar (v)
TATHIE
татыБлы
татла (у)
татлы
тат (у)
тату
rayk
Tayı
тауе (v)
тау
тау
таз
ramak
rajak
rajak
ram
ташла (у)
тама
тамакар
тан
Tijim
таба
так так
так
(2)
тагана
tegdj
tege
tegirning
tegirma
tegirman
tegirmanzi
tegma
tegmac
tegu
tein
teizmaga
teksi
teli
telmaë
telbuga
teme
temir
ten
tenalip
teng
tengdes
tengeri
tengis
tengisda
tengisich
tengri
tengrilik
tengru
tepraturmen
tepsi
ter
terac
terc
tereng
tergeim
tergirmen
teri
termac
termä
ters
teser
tesich
tesinf
TI (у)
тага
TäHpi
TäripMä
TäripMäH
TäripMänni
TÄTMä
TT (у)
8
TIH
Tis (у)
таки
тай
тылмац,
rälöyrä
таман
тамр
тан.
тан
TäHpi
THAT
TäHpi
TÄHl3
TäHi3
(2)
Täypi
Täypilik
(2)
тапрат (у)
Tänci
тар
тарак
тарк
таран
тарга (у)
тагрман
Täpi
тырмак
TäpMä
(2)
таш (у)
TÄMIK
TÄCHI®
tetic
tex
texmac
tey
teyarmen
teygil
teyra
teyskil
teysli
tezgedi
tiarmen
tic
ticarmen
ticharmen
ticiyalman
ticma
ticnah
tigenek
tigilurmen
tiharmen
tikadim
tikmaga
til
tilamac
tilaman
tilek
tilegäncä
tiley
tilt
tillemagil
tilsix
tiltagan
tim
timar
tin
tinarme
tin
tinger
tinglarmen
tintir
tireki
tirgizgidi
tirgizmek
‘127
TÄTIK
таз
таш (у)
ri (v)
тт (у)
TI (у)
тра
Ti
rimli
тазган (у)
Ti (у)
тк
тк (у)
тик (у)
(?)
TIKMÄ
TIKMä
тганак
riril (у)
(2)
(2)
TIKMä
Til
ТПА (у)
ТИА (v)
Tiläk
rilä (v)
rilä (у)
rilim
rilä (у)
rilei3
(2)
TbIM
тымар
THJH
тын (у)
тынц
тар
тынцла (у)
Tir (у)
TIpäk
ripria (у)
ripri3 (у)
128
tiri
tirildurmen
tirilurmen
tirki
tirpildeydir
tislarmen
tissisluhlar-
men
titeremec
titrarmen
tixga
tixgi
tixgin
tiyrmak
tizingigis
toba
tobalac
tochde
tocma
tocmac
607
toga
togarmen
togay
togmac
togru
toguldi
togurdi
togur
togurmiz
tohma
tohtarme
tokluk
tokmacik
tokmak
tokti
tolamac
tolmac
toltdi
tolu
tombur
ton
tonei
Tipi
Tipilr (v)
ripil (у)
(2)
ripnilnä (у)
Timlä (у)
(2)
тйтра (у)
титра (v)
Tisrä
TI3ri
Ti3riH
(2)
Ti3
тоба,
тобалаК
тов (у)
(2)
rokmak
Toky3
TOHa
roÿ (9)
Tokra (v)
rokıyk
Tokmanpık
rokmak
тов (9)
Tölä (у)
тол (у)
толтур (у)
толу
томбур
тон
топцы
tondi
tongarme
tongus
tontarma
toodac
top
topra
toprak
tora
toragi
бота,
torchul
torha
torlendi
tos
tos
tosac
tosiac
totak
totha”
totu
tou
toua
touguë
toulga
toulu
touman
tov
tove
tovram
toxarmen
toy
toyda
toyda
toydirgil
tozulu
töben
töbengisi
töläding
tölec
törä
törädi
töräding
W. RADLorFF.
(2)
тон (у)
тонуз
тонтарма
тодак
топ
тобра
топрак
тора
Tôpäri
тора
тбртку!
Topka
ryplän (у)
T03
тбш
тошак
тошак
тодак
(2)
тоту
тоБ
Töä (тбва?)
тоБуц
тулБа,
толу
туман
TOI
тба
торрам
тбз (у)
Toi
TOÏABIP (у)
TOI
TOÏABIP (у)
тбзуму
тобан
Tö6änri
Tölä
törätäci
törulermen
tösdi
tösina
töurä
tözlie
tözmilük
tözumluk
trapes
tub
tubinda
tucgaga
tuchal
tuclu
tugan
tugan
tugel
tugemes
tuguromen
tuiana
tul
tulchu
tuler
tulkma
tulkusigi
tuluc
tulum
tuma
tumak
tumalede
tume
tumismis
tun
tunachun
tunacun
tunekun
tuomis
tup
tupcurumen
tupi
tura
turarmen
turbut
тбрё (v)
töpälä (у)
тбз (у)
тбзун
Töpä
тбз]ук
тбзумук
тбзумук
трапаз
туп
туп
(2)
туга]
туку
TOÿ (у)
туБан
Tÿräl
туган (у)
(2)
TyjaHa
тул
туку
(2)
тулЕма
(2)
(2)
тулум
(2)
TyMak
тумала (у)
туман
(2)
тун
тунакун
тунакун
тунакун
Top (у)
туп
тупкур (v)
(2)
тура
тур ()
турбут
turdi
turgak
turke
turli
turlij
turlu
turmac .
turna
tus
tus
tusac
tusaturmen
tusiherler
tuschte
tuscurarmen
tusi
tuslarmen
tusman
tusmen
tus
tutarmen
tutchum
tutgü
tutia
tutken
tutmac
tutruka
tutsak
tutun
tutum
tutuprurmen
tuturgan
tuuj
tuuma
tuurgudi
tuurdim
tuurgà
tuusi
tuusti
tuvar
tuvdi
tuvrami
tuvrup
тур
@)
@)
туру
_ туру
туру _
тур (v)
турна
туз
туш
rymak
тузат
туш (у)
туш (1)
туш
Tim
тузла, (у)
тушман
тушман
туш
тут (v)
туткун_
Tyrkyu
туты]а,
(2)
тут
TyTyp5a
тутушак
тутун
тутун
тут (v)
тутурбан
@)
тума
турвуцы
тур (у)
тур (v)
товуш
(?)
тов (1)
105 (у)
турам
тур (1)
=
зам)
Fig!
>
TREE ECT:
а ERNEST St EE
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a
FORTE
tux
tux
tuyana `
tuz
tuz
tuzarmen
tvevp
_ обтаки
ucmisley
ucöv
ucuh
ucun
ucux
udaa
udakëi
udas(i)
ugat
ugialurmen
ugraiadir
ugrenir
ugu
uiaaganda
uiuganda
uiuhusi
uiuhusirap
uiurmen
uiuymidir
ulah
ulam
_ ularmen
_ ulasurmen
ulemat
ulgayirmen
туз
туз
тудана,
туз
туз
туз (у)
туш (у)
О.
уц
Yu
уцкун
уцик
ÿalik
yavak
yunmakası
уц (у)
уцау
(2)
уцун
yuy3
yaa (v)
(2)
уда (у)
yjat
удал (у)
y5pai (у)
угран (у)
угу
Yja5
yjy (1)
yjyky
yjykeypa (у)
уу. (v)
уу (v)
yaak
улам
ула (у)
ÿläm (у)
yläma
yapai (v)
DAS TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CODEX COMANICUS.
ulu
ululuc
ulus
ulus
uluydir
umucimis
un
unamas
unarmen
undarmen
undemen
undi
ungerme
ungsuma
unuttangdir
unutmac
unuturmen
upsunurmen
ur
uradi
uretti
urgunl
urluc
urmach
urpek
uru
urudı
uruh
ururmen
urus
uruschirmen
us
us
ns
usah
usahli
usaldi
usanmac
usasi
usattirmen
uscu
useuli
ussah
Mémoires de ГАса4. Imp. 4. sc. VII Série.
улу
улулуЕ
Ууш
улус
yay (1)
умунц
ун
утмас
уна (у)
унда, (у)
ундё (у)
УК (у)
уц (v)
(2)
унугцан
унут (у).
унут (у)
Уксун (у)
дыр
Sp m
äypär (v)
(?)
ypıyk
ур
урпак
ypyk
уруш (у)
ypyk
yp (m)
уруш
уруш (у)
уз
ус
уш
ymak
ymakupı
ушал (у)
ышан (у)
okımam
узат (v)
ycky
yeryly
ymak
ussurmen
ustlu
ustun
usugi
usurmen
usutmadi
uterme
utlu
utru
uturgu
uutirme
их
uxangi
uxun
uxunluc
uxurmurs
uyag
uyahti
\uyanurmen
uzatil
uzcarmen
uzegi
uzermen
uzum
uzun
üv
vacsis
vay
veles :
via tursen
viat
vsinlarme
vurcik
-|vvgil
vyseydir
уу (9
услу
устун
узук
ушу (v)
узут (v)
ут (1)
ут у
-утру
утурБу
(2)
уе
узант
узун
узунлуЕ
(2)
Удав
yjak (у)
у]ан
узат (у)
уц (1)
узан1
уз (v)
(2)
узум
Ü.
ürengaymen äÿpäx (у)
üücsunurmen уксун (у)
у
у.
BaKIUBII
вал
№
удал (у)
yjar
(2)
урцыЕ
ан (&ÿ ?) (v)
(0)
129
W.
way Bal
wretir äypär (v)
wstwn устун
wt öryu (у)
Хх:
хас Call
xaga (2)
xangar занар
xaxuclu JasbıkAbı
xernec зарнак
xian зы]ан
xingft з1нцФар
xingil 3iHHiP
xuvsaptur (?)
xuxun ]узум
de
ya ja
yaa ja
yaagh ]аЕ
yaane ]аны
yabalac ]лабылак
yabuldrac ]абылдрак
yacsi jakmmi
yacut JakyT
yag jap
yagdi ja (у)
yage дабы, ja5
yaglaou . Jap.ıay
yalbarurmen ]албар (у)
yalëi ]Лалцы
yalen ]Лалын
yalgux ]алБыз
yalguxol Ja.IHbI3
yalmas алмаз
yaman ]ламан
yamanlic Jamanısık
yamanrac JaMaH
17
130
yamgur
yamgurlein
yamgurlu
yanauar
yandurumen
yangac
yangi
yangilurmen
yanzic
yaoh
yaparmen
yapchiz
yara
yarasirmen
yarasurmen
yaratchan
yaregh
yarelgil
yarem
yaret
yargu
yarguzi
yari
yarik
yarilgan
yarilurmen
yarli
yarligamac
yarmal
yarmen
yas
yas
yasi
yasirumen
yasman
yassilic
yastuc
yasuc
yaturmen
yax
yaxarmen
УГ. RADLOFF. DAS TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES ÜODEX ÜOMANICUS.
Jam5yp
Janpyp
JaMHypAbI
]ланывар
]андыр (у)
jauak
JaHbI
jaubıı (у)
танцы
jayk
jan (1)
° ]апкыщ
japa
japanı (v)
japam (у)
japar (v)
Jappık
japbıa (v)
Japbım
japbık
Jap5y
дарбуцы
(2)
japrik
]арыл (v)
дарыл (v)
]арлы
зарылба, (у)
japmaı
1 (v)
jam
аш
(2)
дашыр (у)
(2)
ащьллые
ласты
]лазык
(2)
jap
jas (у)
yaxil
yaxirj
yaxuc
yaxuclamis
yaxuclu
yay
yayar
yayarmen
yazanurmen
yärmägä
уё
ycag
yégan
ydim
ydis
yegan
yeijtlic
yel
yelin
yemis
yeng
yengilmac
yengirzac
yengrmen
yer
yes
yetarmen
yexna
ygisi
ygina
уз
ygit
yglarmen
yic'rar
yigilik
yilki
ylagan
ylagil
ylap
ylermen
ylgari
jambıı
JamMPIPPI
Jjassık
дазыкла (у)
jasbıkapı
jai
Jap (1)
jai (v)
jasan (у)
(?)
щ
ERS
in (v)
т (у)
ыдыш
(2)
jirirlik
jäl
Займ
Janin
ja
дани (v)
]лынырцае
дан (1)
Jäp
Jäc
дат (v)
Jäsnä
irie
irHä
ir (v)
jirir
jppaa (у)
ыЕрар
älrilik
JjbrakbI
]ылан >»
(2)
(2)
il (v)
ilräpi
ylla
ymisac
ymisat
ymsiri
yn
ynac
уп)
yoc
yocsul
yogan
yogun
yol
yolugurmen
youa
youaë
youaslic
yo’rgan
yourgan
ур
урас
ураг
уг
угас
yrah
yrig
yrlarmen
уз
yscarlat
ysdermen
ysdediler
yspanac
yssi
yuc
yuclarmen
yuctusurer-
men
yuganzi
yugurmac
yugurt
(2)
]умшаЕ
]умшак
(2)
ун
iHÄR
iHi
jok
Jokcya
JoHaH
]обан
ол
joayk (у)
jya
(2)
]уашлыЕ
]урБан
]урБан:
jin
пак
jbinap
jup
jp1pak
Jbıpak
jappık
jbıpaa (v)
ln
ысКкарлат
131à (у)
1ЗДА, (у)
ыспанак
PICCBI
ук
ук (x)
дук
jyräani
jÿrÿp (v
JY5YPT
yugururmen jyryp (у)
yulaghac
(?)
yularmen
yulmac
yuluguz
yulunguz
yulurmen
yumsak
yung
yungul
yurt
yusak
yusxac
yusxaclar-
men
yuunali ,
yuxarmen
yxganchisi
yyaccı
yyalarmen
yylmac
yZ
yzarmen
zacmac
zafran
zagarmen
zalis
zamana,
zan
zaynarmen
zeytin
zin
ziray
zizac
zoplarmen
zoura
zourayurur-
men
zugur
jya (1)
jya (v)
Лулунуц
Зулунуц
дул (У)
]умшаЕ
Лун
Jänil
дурт
Jycak
jycak
jycakua (v)
ду (N)
3y3 (v)
in (v)
]ацы
Па (v)
Па (v)
il
in (v)
2.
цаЕ (у)
(2)
цаЕ (у)
пальш
(2)
пан
цална (у)
säiTiH
(2)
цыра!
цапак
nönlä (у)
цаура
näypä-jyp (v)
шугур.
ZUSÄTZE UND VERBESSERUNGEN.
(Die mit * bezeichneten Wörter sind aus Versehen im Wörterverzeichnisse ausgelassen.)
р. 4 a. № 16.5.
® ануз [= pers. уу] | * pık (у) [(Leb. Küär. Kir.)]
noch, auch (änus 64). stromabwärts schwimmen, sıkap (kema Шаг 223).
er андт liess statt ani. Pr 2%
Ep-&b. * ir (у) [vergl. iric Geruch]
4 арцыла riechen, irip (ygir 165,9).
A арцыларман, арцылап statt арцылырмйн, арцыльш. |р. 17 b.
D Op 5h. ipi (v)
à * azpau [vergl. албан (Alt.)] ipip (jerer 229).
Е. die Frau, Gattin, албаным (alganim erklärt durch ha- | p. 18 а.
lalim 140). * jmim [von im]
р. За. das Futter (izim 138).
ша (v) — Dialecten st. Dialelten; Dschagataischen st. | p. 18 b.
Dschagalaischen. * yk (v) [vergl. Ho (Uig.), УЕ (Alt. Abak.)] |
y Sp hören, jakınsrykry (jäksi undi— hä herte wol 231).
д [OS VS (Uig.)] p. 19 b.
и. . das Lob (ovdi 207,2). * yu (v) [уч alle Dialecte]
в p.10. fliegen, уцмышиаал (uëmisley 200,2).
äl [nördliche Dialecte] уцуз statt уцуе.
4 Friede (elelic 46) vielleicht auch: ällix. р. Эа,
‘a äl уцау statt учу.
{ die Hand (el 112). p. 22 à.
D sc 140. * kaypa
_ “ou [ÿm (Alt), уч (Kas.), авыч (Aderb.), aByn (Osm.)] Unkraut (kovra 135).
в eine Hand voll, die hohle Hand (ouë 112). ka5bi (ausgelassen cachimac 10).
* бкус [202 (Uig.), él (Rabghusi) ] * kanrp1 (vergl. kai)
у der Fluss (ochus 28 = flumen). was für ein (hangi 214,1).
| 1 ВВ, 10 а. р.- 23 а.
Ä * бгунц (v) [von бк, äy] * kapcak [kapcak (Kir.)]
i das Lob (öygund 188,8, ogüd 198,2). der Steppenfuchs, canis corsac (charsac 98).
LT
132 W. RADLOFF. DAS TÜRKISCHE SPRACHMATERIAL DES CoDEx ÜOMANICUS.
р: 29 В. 1.392.
Каты (ausgel. сам chele 66). * japma.ı [von jap]
р. 24 b. | Regierung, Leistung (jarmal 52).
Кашрау [vergl. Кашы] р. 46 а.
p- 25 b. * нам [= pers. #6]
* Ко1мыщ, der Name (nam 214,1).
der Ars (?) (koymiè 112). p. 46 b.
* kojyp (v) Hänä st. нача.
gewunden sein (?) (kojurmak, kojurmakdan, Ко- | p. 49 а.
jur(ir) 144.3). | тастар [= pers. y] |
р. 26 а. р. 53 а.
* Коран [kopon ränä (Krm.) vergl. 7009$] * тора (тбрЯ&?) (v) [von Töpä]
der Tanz, Reigen (horen — en reyic 233, koron richten (törulermen, töruladim 33).
10). p. 58 a. >
р. 26 b. * цавы [== цак (?)] i
* Колан [vergl. Колон (Alt.), улан (Kkir.)] > die Kraft, Macht (éagi. 221).
der Bauchriemen (colan 12). p. 58 b.
* Кыстальшш (у) [von Кыста] * царцау [= чарчам (Krm.)]
sich drängen (kistalicip 221). das Betttuch (ciarzau 123).
p.29 b. р. 59 а.
kyrkap (у) (ausgel. hotarime 226). цакуц st. цакун.
р. 33 а. р. 60 b.
* köpäyl * пуз [ASE (Uig.)]
di muver (köröul 222). | kostbar (бах = cendatü 106).
p. 36 b. * цуру (v) [sipi (Kas.) vergl. Куру).
Валал [= N arab.] | faulen (éurumac 86).
‚die rechtmässige Frau (halalim 140). цуруш [vergl. чырышкан (Tuba) Falte]
р. 37 В. р. 66 a. |
]аулау vergl. }аблау. сынцла, st. сынца.
р Эа. * сыра [сыра (Kas.)]
]авдыр (ausgel. }аудурдун = javdding 194,3). Bier (sira 90).
Даны [== arab. jo] * базыт
das heisst (jaane 70). dick (baxet 87).
]андыр (v) (ausgel. jändirdi 227). p. 76 b.
| бусра (ausgel. busrägäncä 183).
MÉMOIRES
| L’ACADEMIE IMPERIALE DES SCIENCES DE ST. -PETERSBOURG, VIF SÉRIE.
Томе XXXV, N° 7.
WEITERES ÜBER DAS ANWACHSEN
DER ABNORPTIONNCOERFICIENTEN VON C0,
IN DEN SALZLÖSUNGEN.
VON
J. Setschenow.
(Lu le 28 Avril”1887.)
(EN 1.28.84.0
\ FEB 4 1685,
——0-0/ 9 0.0—
Sr.-PÉTERSBOURG, 1887.
Commissionnai ires de l’Académie Impériale des sciences:
à St-Pétersbourg: à Riga: à Leipzig:
MM. Eggers & C!° et J. Glasounof; М. N. Кушше!; Voss’ Sortiment (G. Haessel),
Prix: 30 Kop. = 1 Mark.
Bas 4 ей | Imprimé par ordre de l’Académie Impériale fe sciences. NE
Septembre 1887. — AIS ый N Vessélofsky, S >
\
1. Das in meiner ersten hierauf bezüglichen Arbeit!) nur für NaCl und NaNO, be-
wiesene Gesetz hat sich bei weiterer Prüfung noch an 12 Salzen bewährt und nur an Lö-
sungen von Ammoniumsalzen nicht bestätigt. Von den neuen Beobachtungen bieten jedoch nur
die Versuche am Na,SO,, CaCl,, NH,Cl, №Н.50, und NH,NO, ein besonderes Interesse dar,
alle übrigen gelten einstweilen nur als Argumente zu Gunsten der Allgemeingültigkeit des
Gesetzes in Betreff der Salze. Aus diesem Grunde werde ich die Versuche an den 5 ersteren
gesondert und ausführlich besprechen, die übrigen hingegen sogleich in Form einer tabel-
larischen Zusammenstellung anführen. Hierbei sind für jedes Salz nebst den beobachteten
die nach dem ersten Coefficienten berechneten Zahlenwerthe von y angegeben, so dass man
unmittelbar sehen kann, inwieweit und in welchem Sinne das Anwachsen der Coefficienten
von dem Grundgesetze abweicht. Die Versuchsbedingungen und die Bezeichnungsweise aller
Grössen sind die früheren geblieben.
2 23,51 gr. Salz ee:
KNO, . 100 Cem. Lösung enthalten { 90.10 » Wasser №020:
Volumen der Lôsung (x). 1 2. 41.
Absorptions- | beobachtet 0,78 0,8905 0,959 yı > 2
coefficient = |
(y). | berechnet — 0,8837 0,940
Мос. 0 — 15.23 С:
x зу 2 4. 8.
beobachtet 0,170 0,410 ‚ 0,645 0,806
berechnet — 0,412 0,642 0,801
1) Mém. de l’Acad. Imp. des Sc. de St. Petersb. T. XXXIV, № 3.
Mémoires de l’Acad, Гор. des sciences. VIlme Série.
J. SETCHENOW, WEITERES ÜBER DAS ANWACHSEN
MgS0,. Für 15— 16° C. gesätt. Lös. 100 Cem. 168. wiegen 127,15 gr..
: t= 15,2° С.
x 1. 2. 4. 8. ‚ 12.
; beobachtet 0,188 ° 0,441 0,669 0,822 0,901
berechnet — 0,433 0,658 0,811 0,870
BaN,0,. # = 15,2° С.
x . 1 1,1.
_ { beobachtet 0,913 0,9235
berechnet — 0,9205
СаМ.0,. # = 15,2 0.
© 1. 1,1:
à beobachtet 0,1445 0,165
’\ berechnet — 0,172
K,FeC,N,. # = 15,2° С.
D 1. 2
beobachtet 0,572 0,765
berechnet — 0,756
CoN,0,. # = 15,2° C.
x x № 1,5.
„Г beobachtet 0,375 — 0,526
berechnet — 0,520
Z,N:0,. $ = 15,2° C.
2 | 1. ИУ 1,5.
beobachtet 0,4055 0,548
berechnet — | 0,548
2,50, ; für 15—16° С. gesätt. Lös. 100 Cem. wiegen 136,58 gr. Lo 0
2 1. 2. 6. 12.
,{ beobachtet 0,209 0,474 0,783 . 0,908 >",
I\ berechnet — 0,457: . 0,770. + 0,87%
РЬМ,0.. # = 15,2° С.
& 1. 1,3 2,6
44 beobachtet 0,622—0,617 0,697. 0,851 ИЕ — fee È
berechnet == 0,692 0,832
DER ABSORPTIONSCOEFFICIENTEN VON CO,, IN DEN SALZLÖSUNGEN. 3
Alle diese Versuche zeigen übereinstimmend an, dass die neu untersuchten Salze sich
in absorptiometrischer Beziehung vom NaCl und NaNO, nicht unterscheiden, indem auch
jetzt die den Volumenänderungen entsprechenden Coefficienten nicht streng nach der Gleichung
k ;
—ae x sondern etwas steiler anwachsen, und zwar in solchem Grade, dass man zuletzt
deutliche Zeichen einer chemischen Bindung von CO, zu sehen bekommt.
Na, SO,.
2. Einige Proben mit übersättigten Na,SO,-Lösungen haben gezeigt, dass man auf
eine glückliche Beendigung des Absorptionsversuches mit denselben (d. h. ohne dass die
Erstarrung während des Versuches eintritt) desto mehr rechnen kann, je rascher der Ver-
such nach Bereitung der Lösung vorgenommen wird. Aus diesem Grunde bereitete ich mir
die für die 1. Versuchsreihe bestimmte Lösung erst nachdem das Gasvolumen in dem Ab-
sorptiometer ,abgemessen war, und übergoss die Flüssigkeit noch kochend in die zu dem
Apparate gehörige Füllungsflasche. Hierdurch hat sich die Dauer aller dem Schütteln der
Flüssigkeit mit dem Gase vorhergehenden Operationen bis auf'/, Stunde abgekürzt. Die Con-
centration der Lösung konnte leider nicht bestimmt werden: die Flüssigkeit erstarrte mir in
der Messpipette während des Einsaugens; jedenfalls stand dieselbe nicht weit von dem Gesät-
tigtsein der Flüssigkeit für die Temperatur des Kochens. In der gleich anzuführenden Ver-
. suchsreihe entspricht nur der 1. Coefficient einer übersättigten Lösung; dennoch ist die Ab-
sorptionscurve in ihrem ganzen Verlaufe vollkommen regelmässig. Als Belege hierfür mögen
die Zahlen der 2. Zeile dienen,- welehe nach dem ersten beobachteten Coefficienten aus un-
serer Grundformel berechnet sind. Die Versuchstemperatur ist 15,2° C.
© 1. 2. 3. 4. 5. 6.
beobachtet 0,2335 0,485 0,620 0,700 0,7535 0,790
_ berechnet — 0,483 0,616 0,695 0,748 0,785
Für die 2. Versuchsreihe war die anfängliche Lösung (einer zufälligen Concentration)
bei der Zimmertemperatur bereitet.
© и 1,5. 2. 3. 4. 6.
beobachtet 0,6455 0,7525 0,809 0,876 0,910 0,950
berechnet — 0,746 0,803 0,864 0,896 0,929
Es lässt sich leicht zeigen, dass die zweite Curve eine unmittelbare Fortsetzung der
ersten darstellt. Hierfür braucht man eigentlich nur die Lage des 1. Coefficienten ') der
2. Versuchsreihe vermittelst des 1. Coefficienten der 1. Reihe (aus der Gleichung
log 0,2335 - ь С à
ST ne — log 0,6455) zu bestimmen; die Abscissenlängen des 2. Curvenstückes werden
1) Die Lage gerade dieses Coeffieienten, weil die Abweichung von dem Grundgesetze an ihm weniger stark
als an den übrigen ausgesprochen werden muss.
4 Т. SETCHENOW, WEITERES ÜBER DAS ANWACHSEN
dadurch in den der 1. Reihe entsprechenden Maasseinheiten ausgedrückt [dieselben werden
der Reihe nach betragen: 3,323; 4,984; 6,646; 9,969; 13,292 und 19,938], und nun
können die beiden Curvenstücke als Theile einer einzigen Curve construirt werden.
Somit unterscheiden sich in absorptiometrischer Beziehung die übersättigten Na,SO,-
Lösungen von den normalen nicht im mindesten. — Es bleibt sich, mit anderen Worten, für
unsere Erscheinungen ganz gleich, wie viel Krystallwasser das in der Lösung befindliche
Salz enthält: dasselbe fliesst, so zu sagen, mit dem Lösungswasser zusammen, solange das
Gemisch flüssig bleibt.
Proben auf das hyperbolische Ansteigen der Coefficienten führen ebenfalls zu den uns
schon an den übrigen Salzen bekannten Resultaten: anfangs entspricht das Anwachsen an-
Уна на
2 Yon
< у.,. Hierbei ist es wichtig zu notiren, dass die absoluten Grössen
nähernd dem Verhältnisse später erhält man für dasselbe ?
= Yon +1?
und zuletzt "— Е
Yn ta
derjenigen Re für welche das Verhältniss =— = у, eintritt, in
NaCI- und Na,SO,-Lösungen beinahe gleich sind:
für NaCl von 0,734 zu 0,865
°» М№а,30, » 0,752 » 0,876.
Wird nämlich dieses Verhältniss als erste sichere Andeutung der chemischen Bindung
von CO, durch die Salzlösung aufgefasst, so muss aus dem gleichzeitigen Eintreten dieses
Zustandes in Salzen mit flüchtigen und fixen Säuren, unvermeidlich der Schluss gezogen
werden, dass überhaupt bei unseren Versuchsbedingungen die Säuren solcher Salze wie NaCl,
NaNO, oder KNO, aus den Lösungen in bestimmbaren Mergen nicht entweichen, folglich
die geringe chemische Bindung des Gases unabhängig davon erklärt werden muss. Später
werden wir die Absorptionsverhältnisse kennen lernen, welche die wirkliche „Eau Zu
der Säure aus den Salzlösungen begleiten.
CaCI,
3. Solange ich mit CaCl,-Lôüsungen nicht zu thun hatte, schien es mir hôchst unwahr-
scheinlich ein Salz zu treffen, dessen Absorptionscurve in ihrem anfänglichen Theile, ent-
k
sprechend der Gleichung y= «ae x, schon bei der Zimmertemperatur convex zur Ab-
scissenaxe verliefe. So wie ich aber die zwei ersten Versuche mit einer starken Ca0l,-Lösung
anstellte, musste ich meine Meinung hierüber ändern. An der unverdünnten Flüssigkeit und
nach der Verdünnung derselben zu Volumen 2, wurden nämlich bei 15,2° C. folgende Ab-
sorptionscoefficienten erhalten:
Y = 0,116—0,117
Y = 0,343 —0,345
Das gegenseitige Verhältniss derselben entspricht unserem Gesetze, weil (0,344)? —
1
|
у
x
4
A
DER ABSORPTIONSCOEFFICIENTEN VON CO,, IN DEN SALZLÖSUNGEN. 5
k
0,118 ist; folglich können die beiden y als Ordinaten der Curve y— ex (fürt=15,2°C.
a — 1) betrachtet werden. Versucht man jedoch die Grösse von k aus y, zu berechnen, in-
dem man das entsprechende x gleich 1 setzt, so erhält man k — 2,15; mithin ist x < 2) un-
ter welcher Bedingung der 2. Differentialquotient unserer Gleichung positiv ist. Wird hin-
gegen k aus y, mittelst д = 1 berechnet, so ist jetzt k — 1,6; folglich » > г mithin ist
der 2. Differentialquotient negativ. Der dem у, entsprechende Punkt liegt also auf dem nach
unten convexen Theile der Curve, und der andere umgekehrt auf dem nach unten сопсауеп.
Um mich in dieser wichtigen Thatsache noch fester zu überzeugen, schaltete ich zwischen
у, und y, vier neue Bestimmungen ein, welche den Volumenänderungen 1,1 1,2 1,35 und
1,50 entsprachen. Hierdurch ist die Reihe der Coefficienten gerade für CaCl, am längsten
ausgefallen. Die Versuchstemperatur ist 15,2° C. Die Zahlen der 2. Zeile sind aus dem
1. beobachteten Coefficienten berechnet.
1: 1,1. D EDEN LD ONE, 8. 4. 5. 8. 10.
beobachtet 0,1165 0,1375 0,1655 0,207 0,241 0,344 °0,5145 0,588 0,675 0,770 0,817
{ berechnet — 0,1416 0,1667 0,204 0,238 0,41 0,488 0,585 0,650 0,764 0,806
Die nach den beobachteten Zahlen construirte Absorptionscurve erweist sich in ihrem
a > 11 und bedarf nur einer kleinen Erhe-
bung der 2. und der 3. Ordinate, sonst ist ihr Verlauf regelmässig und unserem Gesetze
entsprechend. Auch stimmt die Lage des Inflexionspunktes an der corrigirten Curve mit
der theoretischen Lage desselben überein, indem an. der Figur die Inflexion unmittelbar dem
Punkte 4—1,1, y= 0,1375 vorangeht, und theoretisch dieselbe dem x = = = — №095
und у = 0,135 entspricht. Leider enthält die Coefficientenreihe für den fraglichen convexen
Theil der Curve eigentlich nur eine einzige Ordinate, wodurch die Construction dieses Cur-
venstückes problematisch wird. Dieser Einwand konnte nur durch neue Versuche an mehr
concentrirten Lösungen von CaCl, beseitigt werden.
Die neue sehr dicke oelartige Flüssigkeit war ohne Zweifel übersättigt, weil dieselbe
am nächsten Tage nach ihrer Bereitung bei einem zufälligen Aufschütteln, plötzlich in eine
feste Masse erstarrte!); doch sind in dieser Beziehung die übersättigten Lösungen von CaCI,
viel weniger launenhaft als die von Na,SO,.
Die zwei ersten Versuche mit der neuen Lösung, entsprechend dem #—=1 und x —1,1,
misslangen, weil ich in jedem einzelnen Falle zu weit voneinander abweichende Zahlen für
die Coefficienten erhielt [y, = 0,054 — 0,049; у, = 0,080 — 0,089]. Von der 3. Con-
centration an (x — 1,2) gingen jedoch die Erscheinungen regelmässig, und für den convexen
Theil wurden jetzt 3 Ordinaten erhalten. Versuchstemperatur ist auch hier 15,2° С.
anfänglichen Theile nach unten convex |
1) Auf gleiche Weise verhalten sich starke heiss be- | stellung angeführte Versuch am CaN,0, wurde gerade
reitete CaN,O,-Lösungen; diese erstarren in eine mar- | mit einer solchen Flüssigkeit angestellt.
morfeste Masse. Der in der tabellarischen Zusammen-
6 J. SETCHENOW, WEITERES ÜBER DAS ANWAOHSEN
д. 1,2. | 13, 1,4. 1,5. an: 2,2. 2,4.
beobachtet 0,0947—0,095 0,1125 0,1295 0, 150° 0,241 0,2725 0,315
berechnet “TO 09475 0,113 0,133 0,152 0,243 0,276 0,308
Jetzt ist die Absorptionscurve unzweifelhaft regelmässig, wie es die untereinander
Stehenden Zahlen zeigen; nur die dem x = 1,4 entsprechende Ordinate scheint ein wenig
zu klein ausgefallen zu sein, aber auch diese Abweichung liegt in den Fehlergrenzen der
Methode. Die Curve ist in ihrem anfänglichen Theile wiederum nach unten convex und die
Inflexion an der Figur scheint, natürlich nach dem Augenmaass, zwischen y,,, und Y,,; zu
liegen. Dieses stimmt wiederum mit der theoretischen Lage des Inflexionspunktes überein, .
weil für 2 = 1,2 und y = 0,09475:k == 2,82, mithin die dem Inflexionspunkte entsprechende
Abseisse gleich 1,41 ist.
Somit sind die Angaben der beiden Versuchsreihen übereinstimmend: erstens in Boule
auf die Existenz des nach unten convexen Theiles in der Absorptionscurve von CaOl,, zwei-
tens in Betreff des Zusammenfallens der Lage der beobachteten Е mit der theore- |
tischen.
Bezüglich der Frage, wie sich die Tösunsen von CaCI, bei starken Verdünnungen ver-
halten, habe ich 4 weitere Absorptionsversuche bei 15 °C. anzuführen. Der zweite von
ihnen war in der Absicht angestellt, um zu erfahren, ob man dem ersten Coefficienten trauen
darf; die zwei letzten — ob man auch an diesem Salze absorptiometrische Zeichen der Zer-
setzung zu sehen bekommt.
x L 1,5. 15. 30.
„{ beobachtet 0,095—0,099 0,210 0,867 0,9435
У\ berechnet 0,097 0,211 0,856: 70,900
Уоп 1 =1 т & — 1,5 erfolgt das Anwachsen von y streng nach unserem Gesetze und
die zwei letzten Coefficienten weichen davon in demselben Sinne ab wie die в. -
Grüssen aller bis jetzt untersuchten Sagen bei starker Verdünnung.
Das Zeichen der Zersetzung, %,, > In , fehlt ebenfalls nicht, indem man für die
zwei letzten Coefficienten das Verhältniss 0, а Bet = hat.
Scliliesslich führe ich zwei Versuche an, see in der Absicht angestellt waren, die
Concentration der dem Inflexionspunkte entsprechenden CaCl,-Lösung möglichst genau zu
bestimmen. Es waren hierfür wenigstens zwei absorptiometrische Proben an Lösungen er-
forderlich, von denen die erstere etwas concentrirter als die gesuchte wäre. Erst wenn man
an dieser den: Absorptionscoeffieienten kennt, lässt sich die dem у = 0,135 entsprechende
Volumenänderung annähernd vorausberechnen. Für die quantitative Bestimmung des Salzge-'
haltes in der richtig concentrirten Flüssigkeit wurde die letztere aus dem Absorptiometer
nach Beendigung des Absorptionsversuches. genommen. Die Analyse war mit äusserster Sorg-
falt ausgeführt.
Erste Lösung: y = 0,123.
{
DER ABSORPTIONSCOEFFICIENTEN VON CO,, IN DEN SALZLÖSUNGEN. 7
Dieselbe Lösung mit Wasser vom Vol. 100 auf Vol. 104,5 verdünnt:
y = 0,1349.
Die letzte richtig concentrirte Lösung enthält
48,20 gr. Саб .
in 100 Cem. bei 15—15,5 с. 85,96 » H,O ?
4. h. beinahe 11 Aeq. Wasser (10,997 anst. 11) auf 1 Дед. CaCl,, oder 5 H,O auf CaCl,
+6H,0. \
So weit gehen die Versuche; und nun kehre ich zu der unerörtert gebliebenen Frage
. zurück, in welchem Sinne man die Thatsache zu deuten hat, dass die für die Inflexion beob-
achtete Ordinatenhöhe mit der analytisch aus der Gleichung y= e _
sammenfällt.
Zu dem Ende hat man nur die Frage zu entscheiden, wie sich der Ausdruck für die
Ordinate des Inflexionspunktes gestalten wird, wenn man anstatt der von uns gebrauchten
einfacheren Form der Grundgleichung,
abgeleiteten zu-
DRE
y — de вии
Den
einen allgemeineren Ausdruck == Вх” Мои В: > 1156
nimmt ').
Die 2. Differentialquotienten beider Gleichungen sind der Reihe nach:
k
а? Kae sa
k
u en (8 90).
Die Abscisse des Inflexionspunktes ist:
im 1. Falle x =
JE wir
im 2.:Falle x = > ;
_ während die Ordinate in beiden Fällen gleich ist. Man hat in der That im ersten РаПе _
für dieselbe:
y= ae”, oder log y = log « — 2 log e
k | L
1) Die 3. Form, у = aß” ‚welche auf unsere Erschei- | Discussion, weil dieselbe sich auf die Form y = ag
nungen -ebenfalls passt, wenn В < 1 ist, bedarf keiner | zurückführen lässt, so wie man ß DR Bet
8 J. SETCHENOW, WEITERES ÜBER DAS ANWACHSEN
und im zweiten Falle:
log В
Dur oder lee BR = log a — 2 log e,
Mithin, ist die Höhe der dem Inflexionspunkte entsprechenden Ordinate weder von В noch
von k abhängig, bei gegebenem а constant und dem letzteren direct proportional.
Für «= 1 ist dieselbe
уве = 0135,
Somit konnten wir für die entsprechende Grösse der CaCl,-Curve keine andere Zahl
als diese bekommen, falls die Curve der Gleichung y = aß; entspricht; und. da wir
diese Zahl wirklich bekommen haben, so liegt darin für CaC], ein neuer directer — für die
anderen untersuchten Salze ein indireeter — Beweis, dass die Absorptionscurven in ihren von
der Inflexion nicht weit entfernten Theilen unserem Gesetze fast genau entsprechen.
Die Constanz von y, (so möchte ich die Ordinate der Inflexion kurzweg bezeichnen) bei
gegebenem а schliesst eine weitere Folge in sich von viel grösserer Bedeutung. Dank dieser
Eigenschaft von %,, lassen sich nämlich die der Gleichung y = aß ^— Е entsprechenden un-
zähligen Curven, für jedes beliebige а, in ein streng geordnetes System bringen, in welchem
die Anfangspunkte (O,, O,....) längs einer Geraden liegen und der Inflexionspunkt den ge-
meinsamen und alleinigen м aller einzelnen Curven darstellt, wie es an der
nebenstehenden schematischen Figur in angegeben ist.
In einem solchen Systeme ist die
gegenseitige Lage einzelner Curven-
stücke dies- und jenseits von © eine
_ umgekehrte, und doch lässt sich die-
ses Verhältniss in einen klaren Zu-
lauf der Curven bringen, sowie man
die Coordinatenanfangspunkte einzel-
P ner Curven in O,, O,... versetzt:
einem steileren Ansteigen der Curve
jenseits von à entspricht alsdann ein steileres Ansteigen auch in dem nach unten convexen
Theile, womit zugleich die Bedeutung der Strecken Ор, O,p...resp. der Sinn der Constante
k, angegeben wird. Nimmt « an Grösse ab, so erhält man neue Systeme von Curven mit
immer flacherem Verlauf, mit immer längeren Strecken O,p, O,p.... und umgekehrt. Wird
endlich das anwachsende x in Vergleich mit (verschiedenen) % sehr gross, was für die Curven
mit steilerem Verlauf natürlich früher eintreten soll, so nähern sich alle Curven asymptotisch
einer der Abscissenaxe parallelen um das entsprechende « über dieselbe erhobenen Geraden,
da man aus unserer Grundleichung für 2 —= оу @ erhält.
0,0
9 Poe
sammenhang mit dem allgemeinen Ver-
DER ABSORPTIONSCOEFFICIENTEN VON CO, IN DEN SALZLÖSUNGEN. 9
Es wäre natürlich noch zu früh von einem ähnlichen Systeme der Absorptionscurven
_ verschiedener Salze zu reden, man muss aber fortan an die Möglichkeit desselben denken,
schon deshalb, weil in diesem Gedanken gewissermaassen ein Leitfaden für die weitere ver-
. gleichende Bearbeitung unserer Erscheinungen enthalten ist. In diesem Sinne wird es schon
jetzt nicht unpassend sein zu zeigen, wie leicht und zwanglos sich alle Folgerungen des Sy-
stems mit unseren um ein Jahr voraus experimentell aufgestellten Praemissen vereinigen
lassen.
Ein Blick auf die Gleichung y — Men unserer Absorptionscurven zeigt schon, dass
sie keinen directen Zusammenhang der Absorptionsgrössen weder mit dem Salz- noch mit
dem Wassergehalte der Lösungen, sondern nur mit dem Volumen der letzteren angiebt.
Folglich kann dem unmittelbaren Vergleich verschiedener Salzlösungen offenbar weder das
erste noch das zweite Verhältniss (4. В. gleiche procentische Zusammensetzung in Bezug auf
das Salz oder das Wasser) zu Grunde gelegt werden; aber auch das dritte kann zu diesem
Zwecke nicht benutzt werden. — Abgesehen von der Unbestimmtheit des durch diesen Ver-
gleichungsmaassstab implicirten Begriffes «gleicher Volumina verschiedener Salzlösungen»,
können für verschiedene Absorptionscurven gleich grosse Werthe von x überhaupt nicht ge-
funden werden, weil die Anfangspunkte der Curven, welche alsdann mit einander zusammen-
fallen müssten, den Versuchen unzugänglich sind. Es können folglich für den Vergleich nur
gleiche gleichen Temperaturen entsprechendeAbsorptionsgrössen benutzt werden,und diese sind
natürlich in den anfänglichen Theilen der Absorptionscurven zu suchen, weil sie nur hier in
ihren Aenderungen unserem Gesetze annähernd entsprechen. Sowie eine solche Grösse ge-
wählt ist, kann dieselbe zum Vergleich der Absorptionscurven auf dieselbe Art, wie die Or-
dinate des Inflexionspunktes ip in dem Systeme der theoretischen Curven, und zwar mit
demselben Erfolge, benutzt werden: hier wie dort ordnen sich die Glieder des Systems in
Curven mit flacherem und steilerem Verlauf; hier wie dort besteht jedes einzelne System
nur für einen einzigen Werth von а. Nach allem diesem ist es noch nöthig hinzuzufügen,
dass die für den Vergleich der Absorptionscurven geeigneteste Absorptionsgrösse diejenige
ist, welche dem фр entspricht, gleichviel ob dieselbe factisch oder nur theoretisch existirt?
— ausser ? giebt es ja in dem anfänglichen Theile der Absorptionscurven keinen anderen
Punkt mit bestimmter Lage, welcher dem Versuche zugänglich wäre,
Die Wahl von р zum Aufeinanderlegen der Curven hat noch den Vorzug, dass k erst
dann die klare Bedeutung einer den verschiedenen Verlauf der Curven bedingenden Con-
stanten gewinnt, indem man jetzt für jede einzelne Absorptionscurve ihr eigenes 2, = ;
k
(oder =, wenn man die Gleichung y = 08 — ; benutzt) erhält. Zugleich damit bekommt
д, die Bedeutung derjenigen Strecke, innerhalb welcher das an dem Niveau des Inflexions-
punktes in der Lösung noch befindliche Wasser allmälig und gleichzeitig mit den Volumen
æ, bis zu Null abnimmt. Endlich kann möglicherweise gerade hierin der Schlüssel zum Ver-
Mémoires de l'Acad. Imp. des sciences, VIIme Série. 2
10 J. SETCHENOW, WEITERES ÜBER DAS ANWACHSEN
ständniss des Zusammenhanges unserer Erscheinungen mit der Zusammensetzung der Salz-
lösungen liegen.
Weiteres über den Gegenstand siehe am Schlusse der Abhandlung.
Ammoniumsalze.
a) NH,CI.
4. Auf Grund meiner früheren Versuche war ich schon darauf vorbereitet in den
Ammoniumsalzen diejenigen Stoffe zu treffen, welche nebst hohen Absorptionsgrössen stark
ausgesprochene Zeichen der Zersetzbarkeit in Lösungen darbieten. In einer Beziehung hat
sich dieses auch bestätigt; andererseits ergaben die neuen Versuche solche Thatsachen,
welche den Ammoniumsalzen eine gesonderte Stellung unter den übrigen bis jetzt unter-
suchten sichern.
Die zum Ausgangspunkte der Versuche benutzte Flüssigkeit war eine Lösung von
МН,С1, welche in 100 Cem. 25,80 gr. Salz und 80,92 gr. Wasser enthielt. Die bei 15,2° С.
angestellten Versuche ergaben folgende Coefficienten:
© 1. 1,5. 2. 3. 4. 5. пб,
y 0,770 0,819 0,858 0,8965 0,9305 0,9415 0,956
Die nach diesen Grössen construirte Curve ist continuirlich, nach unten concav, be-
deutend flacher als die früheren und hat mit diesen gerade in dem anfänglichen Theile gar
keine Achnlichkeit, während in dem entfernteren eine solche ganz unzweifelhaft besteht.
Zum Beweise mögen die aus dem 1, Coefficienten nach unserem Gesetze berechneten Zah-
len dienen:
р, 1 1,5. 2. 3. 4. 5. 6.
Y 0,770 0,840 0,8795 0,9165 0,9367 0,949 0,957
Bis zu х = 3 übertreffen die Abweichungen der beobachteten Coefficienten von dem
Gesetze der übrigen Absorptionscurven die Fehlergrenzen der Methode ganz unzweifelhaft,
und da sie gerade auf denjenigen Theil der Curve fallen, welcher in den übrigen Salzen dem
Gesetze fast genau folgt, so müssen offenbar die NH,CI-Coefficienten nach einem anderen
(resetze anwachsen.
Vergleicht man die obenangeführten Zahlenreihen untereinander, so ist leicht zu
merken, dass der anomal flache Verlauf der NH,CI-Curve in dem zu hohen Werth
vorzüglich des ersten, weniger des zweiten, noch weniger des dritten Coefficienten u.s. w.
seinen Grund hat. Durch diesen Umstand geleitet habe ich auch sehr bald das neue nume-
DER ABSORPTIONSCOEFFICIENTEN VON CO, IN DEN SALZLÖSUNGEN. 11
rische Gesetz aufgefunden. Die NH,CI-Coefficienten können nämlich so betrachtet werden,
als beständen dieselben aus zwei Theilen, von denen der eine mit der Verdünnung
der Salzlösung nach der Gleichung y = e Е (bei © = Г, 4:6. # = 15,27 C.) anwächst,
der andere proportional der Salzmenge in der Lösung abnimmt. Bezeichnet man hiernach
mit « und о die beiden Componenten, so erhält man bei (aus Versuchen) bekannten 9, У, Уз...
für die Volumina 1, 2, 3... folgende Reihe von Gleichungen:
ино =y
3,5 2
Vu sr’ Yıs
Er v
| Уи AT и
Г aut ah
Vu + 3» 7%.
Aus der 1. und 3. Gleichung lassen sich « und о leicht bestimmen, indem Vu = z
gesetzt wird; und da man für 2 zwei Zahlenwerthe erhält, muss natürlich nur derjenige von
ihnen genommen werden, welcher < 1 ist. Auf diese Weise bekommt man in unserem
Falle:
и = 0,589
© — 0.181:
L - — k° .
и entspricht dem nach der Gleichung y = e”z, anwachsenden und © dem mit der Ver-
dünnung abnehmenden Theile. Setzt man die gefundenen Werthe in die Gleichungen:
3,5
Vu +
2
RW UE
VER 1
APRES
ein, so bekommt man:
berechnet 0,822
beobachtet 0,819
berechnet 0,898
beobachtet 0,8965
für Yı,
für %,
т
Um ferner zu erfahren, inwieweit die Componente u der Gleichung 4 —= e ” z ent-
spricht, lasse ich zwei weitere Zahlenreihen folgen, von denen die erste durch Subtraetion
0,181, 0,181
MOIS; Е...
k
Rechnung aus der Gleichung u—e x nach dem ersten Gliede и = 0,589, erhalten wor-
den ist.
aus den beobachteten NH,CI-Coeffieienten, die zweite durch
u Uns U, Ua Ua u, Ug
0,589 0,699 0,767 0,836 0,885 0,905 0,926
0,589 0,702 0,767 0,838 0,876 0,899 0,915
2*
12 J. SETCHENOW, WEITERES ÜBER DAS ANWACHSEN
Das entschiedene Ueberwiegen von Y,, y, und 9, der ersten Zeile über die entsprechen-
den Grössen der zweiten spricht dafür, dass die Componente и, analog den Absorptions-
k
coefficienten aller bis jetzt untersuchten Salze, etwas rascher als die der Gleichung y=e” 7
entsprechenden Ordinaten anwächst. Die absorptiometrischen Zeichen der Zersetzung fehlen
ebenfalls nicht, indem man von u, zu u, beinahe das Verhältniss ">
из zu и, Schon die Ungleichheit т < Ya besteht.
Kurz, die Componente « verhält sich in allen Beziehungen so wie die Absorptions-
coefficienten aller bis jetzt untersuchten Salze.
= y, hat und von
02
b) N;H,SO,.
Dieses Salz bot für mich von vornherein ein doppeltes Interesse dar, erstens wegen
seiner im Vergleich mit NH,CI grösseren Zersetzbarkeit, zweitens als ein dem NH,CI ver-
wandter Stoff, an dessen Lösungen man sich direct überzeugen konnte, ob das an dem ersteren
beobachtete abweichende Verhalten dem NH,CI speciell oder ihm als einem Ammoniumsalze
eigen ist.
Die erste starke Lösung war für die Zimmertemperatur beinahe gesättigt und reagirte
neutral (auch mit blauem Papier in dem ersten Augenblick der Berührung). Die neutrale
Reaction hielt sich auch an verdünnten Lösungen, ebenso wie nach Beendigung jedes ein-
zelnen Versuches, d.h. nach geschehener Absorption von CO..
Die Versuche ergaben:
æ 1 1,5. 2. 3. 6.
y 0,349—0,341 0,456—0,458 0,5479—0,5757 0,676—0,678 0,826
Die Absorption erfolgt überall nach dem Dalton’schen Gesetze (innerhalb des Druck-
intervalls 150—200 Mm Hg). Das Anwachsen der Coefficienten weicht von dem üblichen
Verhalten in demselben Sinne wie bei NH,CI ab, indem auch hier der ungewöhnlich flache
Verlauf der Curve durch ungewöhnliche Erhöhung der anfänglichen Ordinaten bedingt ist.
Wählt man den ersten (0,3415) und der dritten (0,5468) Coefficienten für die Gleichungen:
о = Y;
AR ®
Уи + 5 =у9,
aus, so bekommt man:
и = 0,2522; v — 0,0873.
Mit diesen Werthen berechnet, sind:
9.5 = 0,457 (beobachtet: 0,457)
Y == 0,6697 (beobachtet: 0,667).
DER ABSORPTIONSCOEFFICIENTEN VON CO, IN DEN SALZLÖSUNGEN. 13
Mithin verhält sich N;H,SO, ganz wie NH, CI; hier ist sogar die Componente v im Ver-
gleich mit и relativ grösser ausgefallen.
с) NH,NO,.
Eine entsprechende Versuchsreihe an diesem Salze ist schon in meiner ersten Abhand-
lung über die Absorption von CO, durch Salzlösungen enthalten‘); da sie jedoch mit einer
nicht gesättigten Lösung (40,43 gr. Salz in 100 Cem. Lös.) beginnt, und das fragliche Ver-
halten nur an den gesättigten beobachtet werden kann, so war ich genöthigt zu der alten
Reihe neue anfängliche Glieder hinzuzufügen.
Jetzt war die erste Lösung (Vol. 1) eine für 14—15° C. vollständig gesättigte und
enthielt in
| 118,32 gr. Salz
146 Com. | 70,0 » Wasser.
Die zweite zu Volumen 2 verdünnte Lösung enthielt somit 118,32 gr. Salz in 292 Cem.
Lösung, oder 40,52 gr. in 100 Cem. Zufälligerweise war also die zweite Flüssigkeit ebenso
concentrirt wie die erste Lösung der alten Versuchsreihe (dem entsprechend waren auch
die Coefficienten einander gleich: 0,807 der alte, 0,812 der neue).
Die Coefficienten betrugen:
д = 0,612; у, = 0,812.
Trotz der ungeheueren Concentration der ersten Lösung (1 Th. Salz auf 0,59 Th.
Wasser) besteht doch für die Ooeffieienten das Verhältniss у, >27, welches an den übrigen
Salzen, NH,CI nicht ausgenommen, erst bei viel grösseren Verdünnungen der gesättigten
_ Lösungen eintritt!
Dieser Umstand macht die Bestimmung der Componenten in den Absorptionscoefficien-
ten von NH,NO, allerdings unmöglich, hieraus darf man aber noch nicht auf die Nichtexi-
stenz derselben d. h. auf ein abweichendes Verhalten des NH,NO, von den beiden anderen
. Ammoniumsalzen schliessen. Etwas weiter unten wird die absorptiometrische Uebereinstim-
mung aller drei sicher bewiesen.
Jetzt wende ich mich zu der Frage, wie die Abweichung der NH,CI- und N;H;SO,-
Curve von denen aller übrigen in dieser Abhandlung untersuchten Salze, nämlich die ano-
male, mit der Verdünnung stetig abnehmende, Erhöhung der anfänglichen Ordinaten, zu
erklären ist.
Der Grund hiervon muss offenbar in denjenigen Eigenschaften von Ammoniumsalzen
gesucht werden, durch welche sich dieselben von allen anderen Salzen unterscheiden. Unter
1) 1.с, 5. 58, Tab. XV.
14 J. SETCHENOW, WEITERES ÜBER DAS ANWACHSEN
diesen kommt in erster Linie die Ausdehnung der Volumina beider Ingredienten, Salz und
Wasser, wenn sie sich zur Lösung vereinigen. Da diese Ausdehnung allen 3 Ammonium-
salzen zukommt, muss dieselbe natürlich überall von gleichen Erfolgen begleitet werden;
es genügt somit den fraglichen Einfluss an einem einzigen Salze, z. В. am NH,CI, zu
erörtern.
Nimmt man nach Kopp das sp. Gew. von NH,CI gleich 1,50, so beträgt die Summe
der Volumina beider Ingredienten unserer ersten NH,Ol-Lösung:
17,2 Cem. Salz + 81 Cem. Wasser = 98,2 Cem,,
während das resultirende Volumen für $ = 15,2° С. gleich 100 Cem. ist.
Werden ferner die bei der Verdünnung der ersten Lösung zu Volumina 2, 3, 4....
stattfindenden sehr geringen Contractionen (diese sind in der That so gering, dass sie kaum
einen merklichen Einfluss auf die Absorptionserscheinungen ausüben können) vernachlässigt,
so bekommt man für die resultirenden Volumina der NH,CI-Lôsungen, 1, 2, 3, 4....,
folgende Reihe von Zuwächsen des anfänglichen Ingredientenvolumen:
100—98,2 200—198,2 300—298. 27,2. 20 00
oder, überall auf 100 bezogen,
1,80... 0:9 Об
Die in verschiedenem Grade verdünnten Lösungen von NH,CI bieten somit еше Reihe
von Flüssigkeiten dar, deren Volumina im Vergleich mit dem Ingredientenvolumen verschie-
den stark ausgedehnt sind und zwar so, dass die Ausdehnung mit der Verdünnung stetig
abnimmt.
Für Salze hingegen, welche bei ihrer Auflösung eine Contraction des Ingredienten-
volumens zeigen, gilt in einer Beziehung gerade das Entgegengesetzte: hier bekommt man
durch Verdünnung eine Reihe von Flüssigkeiten, deren Volumina contrahirt sind und zwar
so, dass die Contractionsgrösse mit der Verdünnung stetig abnimmt.
Die Lösungen von NH,CI und diejenigen anderer Salze, unter gleichen Bedingungen
betrachtet, sind also in Bezug auf den Zustand der Flüssigkeit nicht gleichwerthig: in den
ersteren ist diese ausgedehnt, in den letzteren contrahirt oder verdichtet. In Folge dieses
muss das Absorptionsvermögen der ersteren für CO, relativ erhöht, dasjenige der letzteren
relativ erniedrigt werden; und zwar so, dass beide entgegengesetzte Wirkungen vorzüglich
die concentrirteren Lösungen treffen müssen.
Es unterliegt ferner keinem Zweifel, dass für NH,CI die Ausdehnung des Ingredienten-
volumens zum grössten Theile eines thermischen Ursprunges ist; denn so lange das Gemisch
von Salz mit Wasser kalt blieb [so lange nämlich beim Schütteln desselben ein kleiner Rest
von Salz unaufgelöst blieb], sah ich dieselbe gleich Null. Folglich muss die Ursache der
DER ABSORPTIONSCOEFFICIENTEN VON CO, IN DEN SALZLÜSUNGEN. 15
anomalen Erhöhung der anfänglichen Ordinaten der NH,CI-Curve in diesen einfachen Ver-
hältnissen gesucht werden.
Beim ersten Anblick scheint dieser Gedanke mit der Thatsache, dass Salzlösungen,
gleich Wasser, Alkohol u.s. w., bei ihrer Erwärmung die Kohlensäure nicht stärker sondern
schwächer absorbiren, unverträglich; der Widerspruch ist jedoch nur ein scheinbarer. Meine
Versuche des vorigen Jahres mit dem Einflusse der Temperatur auf die Absorptionscurve
von NaCl haben gezeigt!), dass die Erwärmung zwei in Bezug auf das Absorptionsvermögen
der Flüssigkeit entgegengesetzte Erfolge mit sich bringt: einen erniedrigenden, entsprechend
dem Gesetze, nach welchem die Absorptionscoefficienten eines in verschiedenen Lösungs-
mitteln aufgelösten Salzes sich wie die Coefficienten der Lösungsmittel verhalten, und einen
erhöhenden, welcher mit der Temperatur zunimmt. Der erste Erfolg kommt in unserem
Falle weg, weil wir die Zustände gleich hoch temperirter Lösungen von NH,C] und anderer
Salze mit einander vergleichen; der zweite bleibt hingegen nur für NH,CI-Lôsungen be-
stehen, denn nur bei diesen’hat sich die Flüssigkeit in Folge der Wärmeeinwirkung aus-
gedehnt.
- Somit erklärt sich die anomale Erhöhung der anfänglichen Ordinaten der NH,CI-Curve
am allereinfachsten durch die Annahme, dass caeteris paribus das Absorptionsvermögen der
Flüssigkeit für CO, durch die Ausdehnung derselben relativ erhöht, durch die Contraction
relativ erniedrigt wird”), eine Annahme, welche nichts hypothetisches in sich einschliesst.
Damit will ich jedoch nicht sagen, dass die erörterten Verhältnisse unsere Erscheinung
auch quantitativ erklären, — die für die Entscheidung dieser Frage an Lösungen von NH,€1
bei verschiedenen ziemlich weit von einander abstehenden Temperaturen nöthigen Versuche
[um nämlich die mit der Temperatur an Grösse zunehmenden positiven Coefficientenzuwächse
zu bestimmen] konnte ich noch nicht ausführen. Solche Versuche sind mit meinem Absorptio-
meter nur während der heissen Jahreszeit möglich.
Nebst der soeben angeführten einfachen Erklärung, durch welche jeder genetische
Unterschied zwischen den Componenten « und v ausgeschlossen wird, besitze ich jedoch
einige zufällige Beobachtungen an Lösungen von CuN,O,, welche im Gegentheil einer sol-
chen Unterscheidung in die Hand sprechen.
Heiss bereitete starke Lösungen dieses Salzes absorbiren die Kohlensäure auf dieselbe
Art wie NH,CI- oder N,H,SO,-Lösungen und tragen zugleich eine Reihe von untrügerischen
Zeichen, dass in denselben eine gewisse Menge basischer Verbindung enthalten ist, welche
mit CO, chemisch reagirt.
В 21. + H,O) nebst sehr starker Contraction resp. Verdichtung
2) Einen eclatanten Beweis zu Gunsten des Letzteren | der resultirenden Flüssigkeit eine Abnahme der Absorp-
liefern meine alten Versuche an Gemischen von SH,0, | tionsgrössen, wenn man diese auf gleiche Volumina Flüs-
mit Wasser. Hier bekommt man für den Uebergang von | sigkeit gleichhoher Temperatur bezieht.
dem 1-sten Hydraten zu dem 2-ten (von SH,0, zu SH,0,
16 J. SETCHENOW, WEITERES ÜBER DAS ANWACHSEN
Als Belege mögen die mit einer solchen Lösung erhaltenen Coefficienten dienen:
х 1. 1,5. 2.
у’ 0.246 025) 0364 0355 0.465
Behandelt man die Coefficienten auf dieselbe Art wie es bei МН, С! geschehen ist, so
erhält man aus dem ersten (0,249) und dem dritten (0,465) Coefficienten, vermöge der
bekannten Gleichungen:
и = 0,190
й 0.059.
Mittelst dieser Werthe berechnet sich
/\5 = 0,369 (beobachtet 0,3645).
Als ich die Lösung des ersten Versuches noch heiss zu filtriren anfing, griff dieselbe
unzweifelhaft das Filterpapier an. Mit einem halben Volumen Wasser versetzt, hat sich die-
selbe im zweiten Versuche nach der Absorption von CO, deutlich getrübt. Endlich rochen _
die Lösungen in allen drei Fällen nach Beendigung des Versuches deutlich sauer. In Folge
dieser Zersetzungszeichen wurden in der zweiten Versuchsreihe die Lösungen mit mehr Vor-
sicht zubereitet und auch beim Auskochen im Vacuo weniger stark erwärmt. Jetzt wichen
zwar die Coefficienten von unserem Gesetze wiederum im Sinne einer schwachen chemischen
Bindung von CO,, jedoch sehr unbedeutend, ab.
œ ils 1,5. 2.
‚ Г beobachtet 0,264—0,262 0,399 0,498
berechnet 0,263 0,410 0,513
Es unterliegt also keinem Zweifel, dass an der Absorption des Gases durch die Flüs-
sigkeiten der ersten Versuchsreihe eine chemische Bindung von CO, mitbetheiligt war.
Diese Thatsache ist an und für sich höchst wichtig, insofern dieselbe zeigt, dass es Fälle
einer durch chemische Bindung von CO, complieirten Absorption geben kann, in welchen
die totalen Absorptionsgrössen in ihrer Abhängigkeit von dem Drucke dennoch dem Dalton’-
schen Gesetze folgen — und dieses bei einer Grösse der chemischen Componente, welche
jeden Verdacht ausschliesst, dass das dem Drucke proportionale Anwachsen der Absorptions-
grössen nur scheinbar ist. [In dem ersten Versuche mit CuN;O, betrug der chemisch ge-
bundene Theil bei 15,2° С. und 500 Мш. Hg mehr wie 1,5 Cem. CO,]. In meiner lang-
jährigen Praxis auf dem Gebiete der Absorptiometrie traf ich ähnliche Verhältnisse nur an sehr
stark diluirten Lösungen von Salzen, welche die Kohlensäure schwach chemisch binden; an
starken Lösungen sah ich hingegen keinen einzigen derartigen Fall; nur starke Lösungen
von Haemoglobin nähern sich dem CuN;0, in dieser Beziehung: diese absorbiren die Kohlen-
TL PEER BOURSE ET RER
TRUST © IT
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Des Nes Re
DER ABSORPTIONSCOEFFICIENTEN VON CO, IN DEN SALZLÖSUNGEN. 17
säure bei der Zimmertemperatur mit allen classischen Zeichen der chemischen Bindung und
bei 37—37,5° С. beinahe nach dem Dalton’schen Gesetze ').
Andererseits sind Versuche аш CuN,0, auch für die Erscheinungen an den Ammonium-
salzen wichtig. Die absorptiometrische Aehnlichkeit zwischen beiden mag rein äusserlich
sein, die Componente v mag in beiden Fällen einen ganz verschiedenen Ursprung haben,
jedenfalls bleibt durch die Zusammenstellung beider Flüssigkeitsarten die Thatsache gewon-
nen, dass es im Grunde gleich ist, ob die Coefficientenzuwächse in den Lösungen von
Ammoniumsalzen aus chemischen oder physikalischen Ursachen abgeleitet werden müssen —
das Wesentliche ist hier der resultirende Zustand des der Componente v entsprechenden
Gases, und dieser bleibt sich in beiden Fällen gleich.
Durch diese Betrachtungen geleitet, trug ich mich eine Zeitlang mit dem Gedanken,
dass es vielleicht möglich ist das absorptiometrische Verhalten von NH,CI zu CO, mit der
Thatsache der Umwandlung dieses Salzes im thierischen Körper in Harnstoff in Zusammen-
hang zu bringen. Einige Proben in dieser Richtung fielen jedoch eher negativ als positiv
aus. Dennoch scheint mir die Frage einer weiteren Untersuchung nicht unwerth zu sein.
Damit ist der experimentelle Theil dieser Untersuchung erschöpft, und nun gehe ich
zu den Schlussbemerkungen über.
5. Oben im $ 3 war von einer in der Zukunft möglichen Anordnung der Absorptions-
curven in graphische Systeme je nach ihrem mehr oder weniger steilerem Verlauf die Rede.
Hierbei tritt als Classificationsprincip offenbar nur das mehr oder weniger stark ausgeprägte
Absorptionsvermögen verschiedener Salzlösungen zu Tage, ohne jeden Bezug auf die Zu-
sammensetzung der letzteren und auf ihre gegenseitigen chemischen Verwandtschaften. In
meiner Arbeit von 1875 über die Salzlösungen sind hingegen ganz klare Andeutungen ent-
halten, dass Lösungen chemisch verwandter Salze, wie MgSO, und ZuSO,, BaCl, und
SrCl, u.s. w., bei einer gewissen Dosirung ihrer Bestandtheile, gleich grosses Absorptions-
vermögen zu CO,, eine Art «absorptiometrischer Aequivalenz» zeigen. In den Versuchen
der letzten zwei Jahre blieb diese Seite der Erscheinungen allerdings im Schatten, aber nur
scheinbar und nur bis zu diesem Augenblick. Dieselbe behielt ich im Gegentheil stets als
ein Endziel in den Augen; und nun nachdem wir für einige Salzlösungen nebst stetiger
Aenderung ihrer Volumina, ebenfalls stetige Aenderung der Concentration und der Ab-
sorptionsgrössen besitzen, ist es erst möglich geworden die Frage über die Beziehungen
zwischen allen jenen Grössen vorzunehmen, welche die Zusammensetzung der Lösung
und ihr Absorptionsvermögen, als zwei zusammenhängende veränderliche Grössen bestimmen.
Auch sind unsere Schlussbemerkungen gerade diesem wichtigen Gegenstande gewidmet.
1) Auch enthält meine russisch abgefasste Abhand- | chemisch gebundene CO,, ihrer Beweglichkeit nach, so
lung über die Absorption von CO, durch Blut und Salz- | gut wie aufgelöst ist, folglich sich in einem für die Dif-
lösungen, pag. 143, die Bemerkung, dass in dem auf die | fusion höchst günstigen Zustande befindet.
Temperatur des Thierkörpers erwärmten Bluteroor die
Mémoires de l'Acad, пр. des sciences, УПше Série. 3
\
18 7. SETCHENOW, WEITERES ÜBER DAS ANWACHSEN
Dieselben beziehen sich zunächst auf NaCl, NaNO,, KNO,, MgSO,, NH,C1, und theilweise
auf CaC],, für deren gesättigte Lösungen die Concentrationen notirt sind.
Die ersten erfolglosen Proben in dieser Richtung will ich übergehen und führe sogleich
diejenige Form des Verhältnisses zwischen den Hauptconstanten der Lösung an, welche sich
in absorptiometrischer Beziehung als folgenreich erwiesen hat. Der Kürze wegen werde ich
die hierauf bezüglichen Fragen erst in allgemeiner Form entwickeln.
Das Volumen einer gesättigten Lösung sei У, in Cem. bei der Temperatur des Ver-
suches; a sei ihr Salz- und b ihr Wassergehalt in Grammen; endlich р, und р, die Atom-
gewichte beider Bestandtheile. Die erwähnte Form ist alsdann |
ein Bruch, in welchem У, die Anzahl der Cem. und der Nenner die Summe der beiden in
stöchiometrischen Einheiten ausgedrückten Bestandtheile der Lösung darstellt.
Zu unseren Versuchen haben wir uns der Verdünnungsart bedient, bei welcher V, zu
2V,, 3V,.... vergrössert wird. Wie ändert sich der Bruch a) bei dieser Verdünnungs-
weise? Die Zähler offenbar in demselben Verhältnisse wie die Volumina; aber die Nenner?
Betrüge das Gewicht von V, Cem. Wasser z. B. bei 15,2°C. V, Gramm und fände bei den
Wasserzusätzen keine Volumencontraction statt, so würden die den Volumina V,, 2V,....
entsprechenden Brüche folgende Gestalt
—
—
RASE
D
N
©
=
==
Ps Фо
haben. In der Wirklichkeit ist es aber so: je kleiner das obere m in Vergleich mit V, ist,
ein desto grösserer Zahlenunterschied besteht zwischen m des Zählers (Anzahl von Ccm.
Wasser) und m des Nenners (Anzahl von Grammen Wasser) und zwar zu Gunsten des letz-
teren, weil die Volumencontractionen an den gesättigteren Lösungen relativ stärker sind.
Ist hingegen das obere m in Vergleich mit V sehr gross, so tritt zwischen beiden m das um-.
gekehrte Verhältniss ein: jetzt ist die Volumencontraction relativ so klein, dass V, nicht
um m sondern um einen grösseren Zahlenwerth (in Cem.) zunehmen würde, hätten wir zu
der Lösung m gr. Wasser zugesetzt; ein (in Grammen kleinerer) Zusatz von m Cem. würde
hingegen jetzt die Volumenzunahme m hinreichend genau decken. Hält man sich also an
die Volumenänderungen mittlerer Grösse, wenn V, = 100 Ccm. z. B. verdoppelt, verdrei-
DER ABSORPTIONSCOEFFICIENTEN VON CO, IN DEN SALZLÖSUNGEN. 19
facht und vervierfacht wird, so kann sowohl die Reihe 6) als der allgemeine Ausdruck с) für
unsere Versuchstemperatur, 15,2° C., als annähernd richtig betrachtet werden.
Unter solcher Annahme ist es leicht die Glieder der Reihe b) für die oben genannten
6 Salze zu berechnen. Erst will ich jedoch der grösseren Uebersichtlichkeit wegen den Salz-
und Wassergehalt der zugehörigen Lösungen einfach in Grammen (Tab. I) und in Aequiva-
lenten, namentlich auf 1 Aeq. trockenes Salz berechnet (Tab. IT), anführen.
Tabelle I
Volum. 100 200 300 400
or 9 5156 er. 8. 31,56 gr. S. 31,56 gr. S. 31,56 gr. 5.
| 88,40 » W. 188,40 » М. 288,40 » У. 388,40 » W.
nano. $ 62,52 er. S. 62,52 gr. В, 62,52 gr. S 62,52 gr. 5.
>2074,10: » IW- 174,10 » W. 274,104»), М. 374,10 » W
KNO 23,51 gr. S. 2350187. 8: 23,51 gr. 8. 23,51 gr. В.
73 190,10 » W. 190,10 » W. 29010» W. 390,10 » W.
MeSO 81,90. ET, 8. 31,90. Er. 5. 31,50 gr. S. А
1] 95,65 » W. 195,65 » W. 9295,65 » W. 395,65 » М
МНС 25,80 gr. 5. 25,80 gr. 5. 25,80 gr. S. 25,80 gr. 8.
7 80,92 » W. 180,92: » М. 280,92» \. 380,92 » W.
Сас 51 48,20 вт. 5. 48,20 gr. $. 48,20 gr, 8. 48,20 gr. S.
271 85,96 » W. 185,96 » W. 285,96 » W. 385,96 » М
In der nächstfolgenden Tabelle sind die den Lösungsbestandtheilen (in Aequivalenten)
entsprechenden Volumina nicht angeführt, jedoch ist es klar, dass dieselben auch hier sich
wie die Zahlen 1, 2, 3 und 4 zueinander verhalten.
1) Die ersten 2 Zahlen für CaCl, beziehen sich auf | neswegs als eine für 15,2° С. gesättigte, wie es die an-
diejenige Lösung, welche die Ordinate des Inflexions- | deren ersten Lösungen sind, anzusehen.
punktes, 4. В. у = 0,135, ergab. Die Lösung ist aber kei-
3%
20 J. SETCHENOW, WEITERES ÜBER DAS ANWACHSEN
Tabelle LI.
1 Лец. 5. 1 Аед. 5. 1 Аед. 5. 1 Aeq. т
и. “ I у} 204 29.8 » Wf 0 we
1 Aeq.S. 1 Aeq.S. 1 Aeq.S. 1 Aeq. =
№№, ; 59, . 659 ou, W141 207 И о, 29,2
1 Аед. в. 1 Аед. в. 1 Aeq.S 1 Аед. =
em, nn 22,9 45,39 » 6,39 69,26 » 170,26 И
1 Аед. 5. | 1 Аед. 5. 1 Aeq.S 1 Aeq. =
MES 509, wg 2152 414 » a 424 боб» WI 837 » 84,7
1 о 8. 1 Аед. 5. Ъ Леа. 5.) 1 Aeq. Е
в 20,8 » “a о. Г
lo
WT
is 1 Aeq.S.
Call, 23,57» W.
94,57 1 Aeq.S. } 37,2 si Aeq. В. Va
10,9 36,2 » W. 9» W.
Betrachtet man für jedes einzelne Salz die Summen der Aequivalente, so fällt für
NaCI, MgSO, (für dieses vorzugsweise) und CaCl, ein den Volumenänderungen paralleles
Anwachsen derselben in die Augen. Der Parallelismus muss sogar etwas weiter gehen, als
es durch die Zahlen angezeigt ist, weil die Volumina, in Folge unserer Wasserzusätze, eigent-
lich etwas steiler als die Zahlen 1, 2,3 und 4 anwachsen müssen. Aber auch das abweichende
Verhalten der entsprechenden Summen an den übrigen Salzen ist insofern bemerkenswerth,
als es weder durch die Differenzen der Concentration noch durch die Verschiedenheit der
Verhältnisse zwischen den Aequivalentenzahlen erklärt werden kann. Die erste МаМО,-
Lösung ist z. B. am Salze die reichste, am Wasser die ärmste von allen; vom KNO, gilt
gerade das Entgegengesetzte und die erste NH,CI-Lôsung ist in dieser Beziehung der ent-
sprechenden Lösung von NaQl ziemlich gleich; andererseits verhalten sich die in den Aequi-
valentenzahlen ausgedrückten Bestandtheile der ersten KNO,-Lösung annähernd wie die-
jenigen der ersten MgSO,-Lösung; und dennoch sind die Abweichungen an allen 3 Salzen,
NaNO,, KNO, und NH,CI, einsinnig. Das einzige gemeinsame Merkmal, welches die erste
Gruppe von der zweiten unterscheidet, ist das relativ schwächere Absorptionsvermögen
für CO, vielleicht auch die relativ stärkere Volumencontraction bei der Bildung der ge-
sättigten Lösung. Uebrigens wird es in Folge nicht schwer sein die angedeuteten Verhält-
nisse an einer grossen Anzahl von Salzlösungen zu verificiren.
р
Jetzt lasse ich die Quotienten unserer Brüche a a,b folgen.
; ps pr
и хе : С Е ” en
dE a N u san ll dl nn ЕР
ь
En еек
oh a Дет.
ST SP PI ES ee a ЗЕЕ
cmd in né a ЧЕ
RE Ч
DER ABSORPTIONSCOEFFICIENTEN VON CO, IN DEN SALZLÖSUNGEN. 21
Tabelle ТЕТ.
Volum. 100 200 300 400
NaCl 18,36 18,17 18,11 18,08
NaNO, 20,61 19,22 18,79 18,59
KNO, 19,09 18,53 18,35 18,26
М=30, 18,00 18,00 18,00 18,00
NH,CI 20,09 18,99 18,64 18,48
Cal], 19,19 18,58 18,38 18,28
Das Erste, was hier in die Augen fällt, ist die allmälige Annäherung der mit der Ver-
dünnung stetig abnehmenden Quotienten an die Zahl 18, d.h. p,. Für unsere Salze, da ihre ge-
sättigten Lösungen relativ reich an Wasser resp. relativ arm an festen Stoffen sind, ist die-
ses übrigens verständlich: überall ist = ein relativ kleiner echter Bruch, so dass der Zah-
Е b % .
lenwerth des Nenners vorzugsweise von Fa abhängt, und da 6 mit der Verdünnung zu dem
10
у
zusammen damit anwachsenden V immer näher kommt, so muss der Quotient «_ 5 seinem
У 2, Ва
Grenzwerthe У sich allmälig nähern.
Du
Das wirklich Bemerkenswerthe in dieser Zahlenreihe liegt vielmehr darin, dass die Zahlen-
werthe unserer Quotienten trotz starker Variation der Verdünnungen von Anfang an in ziemlich
engen Grenzen variiren. Wären z. B. diese Grössen überall annähernd constant, nur in den
dritten oder zweiten Decimalen von einander abweichend, so würde man sich kaum der Ver-
muthung enthalten können, dass diese Grössen eine tiefe stöchiometrische Bedeutung haben.
Aber auch in ihrer rohen unentwickelten Form [die Temperatureinflüsse sind z. B. in dem
Ausdrucke für unsere Quotienten gar nicht repräsentirt, obgleich die Zähler der Brüche
als Volumina und auch die Nenner, wegen der Löslichkeitsunterschiede, von der Tempera-
tur abhängen] lockten die Grössen zu Proben auf ihre absorptiometrische Aequivalenz an.
Zu dem Ende müssen die Quotienten, als Volumina verschieden stark diluirter Salz-
lösungen (vom Vol. 1 auf Vol. 2, 3 und 4) einfach mit den den Verdünnungen entsprechen-
den Absorptionscoefficienten multiplicirt werden. Letztere sind für NaCl] und NaNO, in der
Abhandlung des vorigen Jahres 1), die der übrigen Salze in der vorliegenden enthalten.
Für NH,CI sind die der Componente и entsprechenden Coefficienten genommen. Die auf
diese Weise erhaltenen Zahlen lasse ich folgen.
1)Für NaCl ist der erste corrigirte Coefficient y, = 0,281 genommen worden, für NaNO,: y, = 0,2445.
22 J. SETCHENOW, WEITERES ÜBER DAS ANWACHSEN
Für die Volumina:
1. 2. 3. 4.
NaCl 5,155 9,631 11,59 13,16
NaNO, 5,039 . 9,512 11,65 13,20
KNO, 14,9 16,50 eg 17,51
MesO, 3,538 8,116 = 12,178
NH,CI 11,83 14,56 15,59 16,35
Unsere Erwartungen haben sich also nur für die zwei Natriumsalze bestätigt, indem
hier in der That je zwei gleichen Verdünnungen entsprechende Quotienten einander aequi-
valent sind. Sonst hat man für die gesättigten Lösungen nicht verwandter Salze sonderbar
einfache Verhältnisse zwischen den auf die entsprechenden Quotienten berechneten Ab-
' sorptionsgrössen: von NaNO, zu KNO, ist das Verhältniss nahe wie 1:3, von den beiden
Natriumsalzen zu MgSO, wie 3:2, endlich von den ersteren zu NH,CI wie 1:2.
Beweise dafür, dass die Aequivalenz zwischen NaCl und NaNO, keine reine Е |
ist, kann ich einstweilen nur wenige, aber sehr überzeugende anführen.
Bevor ich jedoch dazu komme, müssen die Bedingungen der absorptiometrischen Aequi-
valenz näher präcisirt werden, und da uns in diesem Augenblicke nur ein einziger Fall der-
selben vorliegt, müssen wir von diesem ausgehen.
Bezeichnet man mit у, , %.... Yı, Y,.... die Absorptionscoefficienten von NaCl und
NaNO,, mit a, b, p,, р, und а, В, о, die öfters erwähnten Constanten der Lösung, so lässt
sich die von uns gefundene Aequivalenz durch folgende Gleichung allgemeiner Form aus-
drücken:
ON 1
7
; I em... > wm т
Y а т — о B+m
—_ pr — +
Ps Pu 0$ Pu
in welcher man bei-m — 0, v,, 2v, und 3v,, m’ = 0, w, 2w und 3w, nebst dem Anwachsen
der Volumina von 1 bis 4 die diesen Verdünnungen entsprechenden Coefficienten erhält.
Werden ferner die den gesättigten Lösungen entsprechenden Quotienten auf gleiche Volu-
mina bezogen, d.h. © = und m = m’, so nimmt die obige Gleichung die einfachere Form
9 v
D + M от
У
(D RAT ER а
Ps Ро Ds’ Фо
oder
- ®
от а т
y 25 Фо
(е) eee ee 0: о ее еее Ne v = Са dem
у’ т ps’ Фи
3
189)
DER ABSORPTIONSCOEFFICIENTEN VON CO, IN DEN SALZLÖSUNGEN.
an; wobei jedoch stets im Sinne zu behalten ist, dass bei m = 0 man mit gesättigten Lö-
sungen, bei m — v mit zweifach verdünnten u.s. w. zu thun hat.
Hätten die anwachsenden Absorptionscoefficienten beider Salze auch bei starken Ver-
dünnungen der Gleichung y = e = gefolgt, oder wäre ihre Abweichung von der letzteren
für gleiche Verdünnungen gleich gross, so würde die Aequivalenz sich auf alle Verdünnungs-
grade erstrecken; und dann würden die Gleichungen d) und e) die Bedingung einer dem
Umfange nach vollen Aequivalenz ausdrücken. In Worten ausgedrückt würde dieselbe so
lauten: die den gleichen volumetrischen Verdünnungsgraden entsprechenden Absorptions-
coefficienten verhalten sich wie die in den stöchiometrischen Einheiten ausgedrückten Sum-
men der beiden Bestandtheile der Lösungen.
Nebst dieser Aequivalenz lässt sich aber eine noch vollständigere Form denken, die ich
als eine vollkommene Aequivalenz, bezeichnen möchte. Es lassen sich nämlich zwei nahe ver-
wandte Salze denken, welche in gleichen Volumina gesättigter Lösungen auf aequivalente Salz -
mengen gleich grosse Quantitäten Wasser enthalten. Für diesen Fall, welcher gleich grosse
Volumencontractionen bei Bildung der gesättigten Lösungen und ebensolche bei gleichen
Verdünnungen der letzteren voraussetzt, nimmt die Gleichung e) die Form
à v
TES a от
y Ps Ps
v a а’ b En ее Loop el ohrelte fete ee еее ie: (Г)
у Ds я ро
v ® J
an, Woyo+rm—Yvo+m;) weil der Aufgabe nach р. = 52 ist. Hier fällt also die Aequi-
$ 5
valenz in dem jetzigen neuen Sinne mit der Gleichheit der Absorptionscoefficienten bei
gleichen Verdünnungen nach Volumina zusammen. In reinster Form entspricht die Bedin-
gung f) dem Falle, wenn man ein und dasselbe Salz zu beiden Seiten der Gleichung hätte.
Endlich sind auch Fälle denkbar, wo die Aequivalenz eine partielle und mehr oder
weniger vollkommene ist. Für verwandte, in Bezug auf die Löslichkeit aber weit von ein-
ander abstehende Salze, kann die Aequivalenz an den gesättigten Lösungen fehlen und erst
dann beginnen, wenn in Folge der Verdünnung der concentrirteren Lösung entweder die
Bedingung e) oder f) für die Flüssigkeiten eintritt. Im letzteren Falle müssten zu gleicher
й a’ V+m V+m
Zeit: y = У, nue und eo ipso a ‚бт = и, жи sein.
À 1 Ps Ри Ds’ Pu
Nun komme ich zu den Beweisen, oder eigentlich zu einigen Beispielen, welche die
soeben entwickelten Verhältnisse illustriren.
Erster Beweis. In meiner ersten Abhandlung von 1875 (Mém. de l’Acad. de St. Petersb.,
1. ХХ № 6): 5. 52. liest-man: ....... «deshalb geschah die Dosirung der aequivalenten
Salzmengen nicht auf gleiche Volumina der Lösung, sondern so, dass in einigen Fällen zu
den aequivalenten Salzmengen gleich grosse Volumina Wasser zugesetzt wurden (alle Ver-
24 J. SETCHENOW, WEITERES ÜBER DAS ANWACHSEN
suche mit der Magnesialgruppe), in anderen so, dass gleiche Gewichte der Lösung aequiva-
lente Salzmengen enthielten». Seite 53 findet sich ferner die Bemerkung, dass die Atom-
gewichte der Salze den alten Formeln (0 = 8) entsprechen und gleich darauf in der Tab. XIII
ist unter N 100 folgender paariger Versuch angeben:
t Absorptionscoefficienten,
200 gr. Lösung BaCl, | 15.9° С 0,891 — 0,897
enthalten „ Aeq. SrCL Г : "1 0,891 — 0,895
In dieser Form giebt der Versuch weder die Art noch den Grad der absorptiometri-
schen Aequivalenz an; beides lässt sich hingegen sehr leicht erfahren, so wie man die Vo-
lumina der alten Flüssigkeiten entweder direct oder (was besser ist) vermittelst zweier neuen
Versuche an concentrirteren Lösungen von BaCl, und SrCL auffindet und die oben erläuter-
ten Aequivalenzverhältnisse nebst unserem Gesetze des Anwachsens der Coefficienten zu
Hülfe ruft. | |
Die neuen Versuche waren an gesättigten (bei 15—16° С.) Lösungen beider Salze
[BaCl, = 208, SrCl, = 158,5] angestellt. Diese enthielten:
a b
56,28 Вас] 33,106 5 ea
? gr. Ба ’ .
in SP De ; oder in 100 Re Е
Rs \165,00 от. H,O | 97,06 w.
55,65 gr. SrCl, 45,618.
in nr | ; oder in 100 | ere ie 18,98
D.G.1,37 |109.33 gr. H,O ( 89,61 W.
Für BaCl], ist der Absorptionscoefficient bei 15,2° C. 0,479
» SrCl, | » 0,220.
In den alten Lösungen waren auf 10,4 gr. BaCI, und 7,9 gr. SrCl, 189,6 und 192,1gr.
Wasser enthalten; demnach entsprach ihrer Concentration folgende Zusammensetzung:
606,48 | 33,106 gr. BaC], x 1118,80 45,61 SrOL
Cem. Lös.| 603,54 » HO ' Cem.Lös.| 11084130 `
Jetzt ist es leicht zu prüfen, ob die alten Coefficienten, für deren mittlere Grösse ich
die runde Zahl 0,890 nehme, richtig bestimmt sind. Zu dem Ende braucht man nur aus
den Versuchen mit den gesättigten Lösungen, vermittelst der Gleichung on ==) die-
| т.
рый die Logarithmen der Ordinaten den zugehôrigen Abscis-
1) In jeder Curve der Gleichung у=е * sind senlängen umgekehrt proportional.
> 3 à LE un ar RE de a a 7,287, г N
Bd ЗЕ И een nei М Е CT ES ee a
Ba
osier a EE
DER ABSORPTIONSCOEFFICIENTEN VON CO, IN DEN SALZLÖSUNGEN. 25
jenige Concentration aufzufinden, welche den Coefficienten 0,890 ergiebt. Man erhält auf
diese Weise
р . log 0,4790 Я
für BaCL: log 0,890 — 100 ? ЧИ == 631
г 105 0,220 т
für SrOL : 050 — 100 ? 0—1 907
SV,
Es müssten also nach dieser Berechnung zu 100 Cem. gesättigter BaCl,-Lösung nicht
506,48, wie oben, sondern 531 Ccm. Wasser, und zu 100 Cem. SrCl,-Lösung nicht 1018,
sondern 1199 Сет. Wasser zugesetzt werden, Für BaCl, ist die Uebereinstimmung noch so ziem-
lich gross; für SrCl, ist sie hingegen eine sehr unbefriedigende. Der Zusatz von 1199 Сет.
Wasser ist augenscheinlich zu gross! So ist es in der That. — Bedenkt man, dass die Be-
rechnung der Concentration nach der Gleichung Е = == den Fall voraussetzt, dass die
o JM 1 k
Absorptionscoefficienten innerhalb beider Concentrationen streng nach der Gleichung у=е Ma
anwachsen, was für die Lösung von BaCl, [bei der Vergrösserung ihres Volumens von 100
auf 600] noch so ziemlich, für SrCl, dagegen [wegen der 13-fachen Verdünnung ihrer Lö-
sung] unter keiner Bedingung der Fall sein kann; bedenkt man ferner, dass bei Verdünnun-
gen des letzten Grades die Coefficienten von dem Gesetze gewöhnlich schon in der zweiten
Decimalen abweichen; so erscheint die Annahme vollkommen gerechtfertigt, dass man in
Folge der Wasserzusätze von 531 und 1199 Cem. die zugehörigen Coefficienten etwa um
0,004 resp. 0,015 gegen 0,890 erhöht erhalten würde. Thut man diese Annahme, so er-
giebt sich die dem Coefficienten 0,890 entsprechende richtigere Concentration
für BaCL aus der Gleichung m ns — + gleich 606,39
log 0,905 _ x : 9
» SrCl, » » » Tog 0,890 — 1299 gleich 1112,00.
Jetzt ist die Uebereinstimmung zwischen den Zahlen so gross, dass man sich auf die
Richtigkeit der alten Coefficienten ganz ruhig verlassen darf.
Nachdem wir so weit gekommen sind, ist es nun leicht sowohl die Volumina als den
Salz- und Wassergehalt verschieden stark concentrirter Lösungen von BaCl, und ЭгС mit
paarweise gleichen Absorptionscoefficienten auszurechnen. Setzt man zu dem Ende die ge-
fundenen Volumina mit dem gemeinsamen Coefficienten 0,890 gleich 1, so ergiebt eine von
selbst verständliche Rechnung [mit Vernachlässigung kleiner Volumencontractionen]
Vol. 1. Vol. à. Vol. +.
| 33,106 8. ( 33,106 8. 33,106 8.
für BaCl,: 606,48 : 803,24 ›
603,54 W. | 300,30 w. 148,68 W.
und
| 45,61 8. 45,61 8. 45,61 5.
für SrOl: 1118,80 „ 059, 1279.70 ;
1108,41 W. 549,01 W. 269,31 W.
Mémoires de 1’Асаа. Гир. des sciences. УПше Serie. 4
26 J. SETSCHENOW, WEITERES ÜBER DAS ANWACHSEN
eine Reihe von Flüssigkeiten mit folgenden paarweise gleichen Absorptionscoefficienten :
0,890 (0,890) (0,890.
Wird endlich der Wassergehalt dieser 6 Lösungen in Grammen, der Salzgehalt hin-
gegen in Aequivalenten, und zwar so umgerechnet, dass die Anzahl der letzteren и.
я Concentration zunehme, so erhält man
1 Aeq.S. I Aeq, 8. + Aeq. в.
für BaCL: I” Gr ;
; 189,6 gr. W. 188,67 gr. W. 186,84 gr. W.
un
т Aeq. 8. 1 Аец. 5. + Aeq. 5.
für SrQ];: | ei Е ö
( 192,1 gr. W. 190,34 gr. W. 187,17 gr. W.
je 3 Lösungen, welche paarweise (von oben nach unten) einander aequivalent sind.
Die absorptiometrische Verwandtschaft zwischen BaCI und SrC], ist also einer ganz
anderen Art als diejenige zwischen NaCl und МаМО.: für diese fängt dieselbe mit den ge-
sättigten Lösungen an; für jene gilt unter letzterer Bedingung annähernd das Verhältniss
2:1, wie es die nächstfolgenden Zahlen zeigen: |
für BaCL 18,01 x 0,479 = 8,62
für SrCL 18,98 x 0,220 = 4,17.
Auch ist die alte Angabe in Bezug auf die Dosirungsweise der aequivalenten Lösungen
eine unrichtige; dieselbe muss so umgeändert werden: einander aequivalent sind Lösungen
von BaCl, und SrCl,, welche auf aequivalente Salzmengen (nahe?) gleich grosse Quantitäten
Wasser enthalten.
si rc re Bald Е ЗЕРЕН ii a ann mi dé
Zweiter Beweis. In der Tabelle XIII meiner alten Abhandlung sind noch vergleichende
Versuche an verschieden stark concentrirten Lösungen von MgSO, und ZnSO, enthalten.
In 3 Fällen (Vers. 96, 97 und 98) waren aequivalente Salzmengen in (paarweise) gleich
grossen Quantitäten Wasser aufgelöst und in allen Fällen waren die Absorptionscoefficienten
paarweise gleich. Zugleich findet sich Seite 52 die Bemerkung, dass die Mischvolumina für
beide Salze gleich sind.
Hierdurch ist es klar angegeben, dass die Lösungen beider Salze auch im neuen Sinne
absorptiometrisch aequivalent sind, indem hier y deswegen gleich Y ist, weil in den
Quotienten:
V+m V+m & a’
GRANDE und @ ит и. und b = 6’ sind.
Ps Du ‘Ds! Du т x
Hätten sich diese Verhältnisse bis auf die gesättigten Lösungen erstreckt, so würde
DER ABSORPTIONSCOEFFICIENTEN VON CO, IN DEN SALZLÖSUNGEN. 27
man in Lösungen von MgSO, und ZnSO, zwei absorptiometrisch identische Flüssigkeiten
haben, in demselben Grade wie in zwei Portionen einer und derselben Salzlösung. So weit
geht jedoch die Aequivalenz nicht. Nach den Versuchen dieses Jahres, welche im Anfange
dieser Abhandlung zu finden sind, absorbirt die gesättigte Lösung von ZnSO, etwas mehr
CO, , als die entsprechende Lösung von MgSO, und erst bei 12-facher Verdünnung werden
die Coefficienten beider Flüssigkeiten gleich.
ия 1 12
М55О, {1 0,188 0,901
И 1 12
Aue, ti 0,209 0,903.
Könnte man also beweisen, dass die gesättigten Lösungen beider Salze annähernd so
concentrirt sind, dass auf aequivalente Salzmengen beinahe gleich grosse Quantitäten Wasser
enthalten sind, jedoch so, dass die Zinklösung etwas wasserreicher ist, so würde alles er-
klärt und zugleich eine neue Stütze für unsere Anschauungsweise gewonnen.
Glücklicherweise lässt sich diese Frage sehr leicht entscheiden, obgleich ich den Salz-
und Wassergehalt der gesättigten Lösungen nicht bestimmt habe.
Nach den übereinstimmenden Angaben von Gay-Lussac und Anthon, welche ich dem
Gmelin’s Handbuche der Chemie, 2 Bd., 1844, 5. 234 — 235 entnehme, muss unsere
MegSO,-Lösung von 1,271 sp. Gew. in 100 Сем. 31,5 gr. Salz und 95,65 gr. Wasser ent-
halten (eher mehr Salz und weniger Wasser als umgekehrt). Enthielte die gesättigte Zink-
lösung in 100 Ccm. eine aequivalente Salzmenge, so müsste die letztere 42,26 gr. betragen
und da 100 Cem. unserer Lösung 136,58 gr. wiegen, so würden in 100 Ccm. auf 42,26 gr.
Salz 94,32 gr. Lösungswasser kommen. Der Angabe von Karsten zufolge (ibid., 3 Bd., S. 24)
können aber unmöglich 42,26 gr. wasserfreies Salz in 94,32 gr. Wasser bei 15,2° aufgelöst
sein, es würden hierfür sogar 100 gr. Wasser nicht ausreichen. Folglich kann unsere ZnSO,-
Lösung kaum so viel wie 40 gr. Salz auf 96 gr. Wasser enthalten.
Somit erklärt die Concentration der gesättigten Lösungen ihre Abweichung von der
Aequivalenz und beweist zugleich die Richtigkeit unserer Anschauungsweise, da die Salz-
mengen doch nahe aequivalent und die Wassermengen gleich sind.
Dritter Beweis. Nachdem die Aequivalenz und die Art derselben für die gesättigten Lö-
sungen von Мас] und NaNO, gefunden war, musste’ das Gleiche an den gesättigten Lösungen
von NH,CI und NH,NO, ebenfalls versucht werden. Hier lagen jedoch folgende zwei Schwie-
rigkeiten im Wege: erstens sind die Coefficienten in beiden Salzen durch die Componenten ®
so zu sagen verfälscht, zweitens kann die Correction des Coefficienten von NH,NO, nur
nach der Analogie mit den übrigen zwei Ammoniumsalzen, also nur grob annähernd gemacht
4*
28 J. SETSCHENOW, WEITERES ÜBER DAS ANWACHSEN
| у
werden. Mit welchen Grôssen sind also die Quotienten a D beider Salze zu multipliciren?
Ps Фи
Ohne Zweifel mit den corrigirten Coefficienten, welche nach der Gleichung у=е — _ an-
wachsen, da unsere Aequivalenzregeln im innigsten Zusammenhange damit stehen. — Es
müssen ja die Absorptionscoefficienten je zweier untereinander zu vergleichenden Salze,
bei gleichen Verdünnungsweisen auf eine und dieselbe Art anwachsen, sonst ist die Aequi-
valenz unmöglich.
Aus diesen Gründen schlug ich zum Vergleich folgenden Weg ein. Nachdem die
tient b
Quotienten +
rechnet waren (für NH,CI sind diese Grössen in der Tab. ПТ fertig enthalten), suchte ich für
den ersten Quotienten dieser Reihe diejenige Zahl, welche mit diesem multiplicirt ein gleiches
ШИ
Produkt wie «_, © für МН, С] ergeben würde. Hierauf wurde diese Zahl für и, des
Ps P I;
в > =
salpetersauren Ammonium genommen, danach nach der Gleichung и — e % die den Ver-
dünnungen 1, 2, 3 und 4 entsprechenden Coefficienten berechnet und diese mit den ent-
sprechenden Quotienten multiplicirt. |
für NH,NO,-Lösungen entsprechend den Verdünnungen 1,2, 3, 4 ausge-
1. 2. 3. 4.
75009 1809 18,64 18,48
Für NELCH ee
и 0,589 Доб 0,838 0,876
Für NH,NO, (— =: 27,20 21,66 20,28 19,66
V=146 Cem, a= 4 № ! m
118,32 gr,0=70 gr. и: 0,440 0,6633 0,7606 0,8144.
Feu |
Dear für NH,OI: 11,83 14,57 15,62 16,19
moe { für NENO;: 11,96 14,36 15,42 16,00.
Die Aequivalenz ist also unzweifelhaft und zwar in demselben Sinne wie zwischen NaCI
und NaNO, vorhanden, wenn man die Zahl 0,440 als einen für NH,NO, in demselben Sinne
corrigirten Coefficienten nimmt, wie es mit der entsprechenden Grösse für NH,CI der Fall
ist. Könnte man also Beweise anführen, dass die Correction des ersten für NH,NO, beob-
achteten Coefficienten zu der Zahl 0,440 mit den entsprechenden Correctionen an den Coef-
ficienten von NH,Cl und N,H;SO, übereinstimmt, so würde dieselbe jeden Schein von Will-
kührlichkeit verlieren:
DER ABSORPTIONSCOEFFICIENTEN VON CO, IN DEN SALZLÖSUNGEN. 29
der beob. Coeff. der corrig. Coeff.
Für NH,CI 0,770 0,589
Für N,H,SO, 0,3415 0,2521
Für NH,NO, 0,612 0,440.
Für NH,CI beträgt die Correction, — 0,181, etwas weniger wie 7, von 0,770; für
N,H,SO, ist dieselbe (— 0,0894) hingegen etwas mehr wie '/, des beobachteten Cocffi-
cienten und ebenso die Correction für NH,NO, (—0,172). Die letztere müsste aber im voraus
grösser als die Componente о in N,H,SO, und NH,Cl erwartet werden, weil die Volumen-
° zunahme bei der’ Bildung der gesättigten Lösung von NH,NO,, wegen des ungeheuren
Gehaltes an Salz, die stärkste von allen ist.
Somit ist zugleich mit der Zuverlässigkeit der Correction die Aequivalenz zwischen
NH,CI und NH,NO,, und zwar derselben Art wie diejenige zwischen NaCl und NaNO,, be-
wiesen worden. Dieser Fall gewinnt noch mehr an Gewicht, wenn man bedenkt, dass unsere
NH,CI-Lösung in 100 Cem. nur 25,80 gr. Salz auf 80,92 gr. Wasser und die Lösung von
NH,NO, in 100 Cem. 118,32 gr. Salz auf 70 gr. Wasser enthält. In Folge dieses unge-
heuren Unterschiedes in der Concentration sind auch die Zahlenwerthe der ersten Quotienten
stark verschieden (20,09 und 27,20) und dennoch erweisen sich dieselben als einander
aequivalent.
Mehr Beispiele kann ich einstweilen nicht anführen, aber auch diese scheinen mir
=
ganz überzeugend dafür zu sprechen, dass man in dem Verhältnisse а = à einen neuen
DE
Maassstab zum absorptiometrischen Vergleich chemisch verwandter Salze gewonnen hat.
Würde es sich bei weiterer Prüfung auch zeigen, dass die mit diesem Maassstabe gemessene
absorptiometrische Aehnlichkeit nicht immer parallel mit der echt chemischen geht, so wäre
die Anwendung desselben dennoch angezeigt, inwiefern man oft aus einer Reihe von Ab-
weichungen auf die dieselben bedingenden Factoren schliessen kann.
Somit hat die vorliegende Untersuchung folgende 3 Hauptresultate ergeben:
1) die Gültigkeit des im vorigen Jahre gefundenen Gesetzes des Anwachsens der Coef-
ficienten für eine ziemlich grosse Reihe von Salzen, nebst einer notorischen Abweichung
einiger Ammoniumsalze, welche sich übrigens sehr leicht erklären liess;
2) die Möglichkeit eines allgemeinen Classificationsprincipes für Salze nach ihrem mehr
oder weniger grösseren Absorptionsvermögen bei allen möglichen Temperaturen; und
3) einen neuen Maassstab zur Einordnung derselben in absorptiometrisch verwandte
Gruppen.
30 J. SETSCHENOW, WEITERES ÜBER DAS ANWACHSEN
Anhang.
Dasjenige, was ich hier gesammelt habe, bezieht sich auf die Absorptionsverhältnisse,
welche als unmittelbare Folgen aller vorigen Erfahrungen schon jetzt experimentell geprüft
werden müssten, welche jedoch zu ihrer sicheren Feststellung einer feineren Beobachtungs-
methode bedürfen als die meinige ist. — Aus diesem Grunde mag das Nächstfolgende als
ein Programm für die künftige Bearbeitung der bezüglichen Fragen dienen.
A) Alle meine Versuche haben einstimmig die Thatsache ergeben, dass die Absorptions-
curven in ihren nach unten concaven Theilen nebst Continuität einen in Vergleich mit der
typischen Curve steileren Verlauf zeigen, und zwar in solchem Grade, dass sie bei einer
gewissen Verdünnung der Lösung sich über das dem Absorptionscoefficienten der CO, im
Wasser für die Versuchstemperatur entsprechende Niveau erheben müssen, dass die Ab-
sorptionscoefficienten der Salzlösungen, mit anderen Worten, zuletzt grösser als diejenigen
des reinen Wassers werden.
Es muss folglich an jeder Absorptionscurve einen vollkommen bestimmten Punkt, D, ge-
ben, in welchem dieselbe die um « über die Abscissenaxe erhobene Parallele WN schneidet.
I
Behält die Curve jenseits von D ihre Continuität, woran zu zweifeln kein Grund vor-
handen ist, so muss dieselbe eine Zeitlang oberhalb WN ansteigen, irgendwo, etwa in E,
das Maximum der Erhebung finden und zuletzt, namentlich wenn die Salzmengen in der
Lösung verschwindend klein werden, sich dem WN asymptotisch nähern. Von E zu N, etwa
in F, muss folglich an jeder Absorptionscurve ein zweiter Inflexionspunkt existiren. Von
den neuen drei Punkten ist der erste, D, der zugänglichste und zugleich der wichtigste,
namentlich in Bezug auf seine Entfernung von dem ersten Inflexionspunkte und auf seine
Erhebung über die bezügliche Ordinate der typischen Curve, d. h. über die für seine Ab-
k
scissenlänge aus der Gleichung у = «ae, berechnete Ordinatenhöhe. So wie die beiden
Werthe bekannt sind, ist das Maass für die Abweichung der gegebenen Absorptionscurve
von der entsprechenden typischen Form, oder was dasselbe ist, das Maass für die Zer-
DER ABSORPTIONSCOEFFICIENTEN VON CO, IN DEN SALZLÖSUNGEN. a
setzbarkeit des Salzes durch Wasser und CO, , gegeben. Aber auch der über das Wasser-
niveau erhobene Theil der Absorptionscurve ist von Bedeutung, wie man es am besten aus
zwei den Versuchen entnommenen Zahlen sehen kann. Die für 14—15° C. gesättigte
NH,NO,-Lösung (80,8 gr. Salz in 100 Cem.) vom Volum. 1 auf Volum. 256 verdünnt giebt
eine Flüssigkeit von 0,3%, Salzgehalt mit noch im Ansteigen begriffenen Absorptionscoeffi-
cienten (1,013), welcher den entsprechenden Absorptionscoefficienten des Wassers (1,010)
kaum merklich übertrifft. Eine gesättigte NaCl-Lösung hingegen, nur zu Vol. 50 verdünnt,
giebt eine Flüssigkeit von 0,6%, Salzgehalt mit einem Coefficienten 1,045, welcher denjeni-
gen des Wassers stark übertrifft.
B) Die Thatsache, dass Salze, welche der Kohlensäure gegenüber als indifferente be-
trachtet werden, bei starken Verdünnungen, mit diesem Gase dennoch so gut wie chemisch
reagiren (wesswegen ihre Absorptionscoefficienten diejenigen des Wassers übertreffen), ist
an und für sich für die noch sehr wenig bearbeitete Frage über den mineralischen Stoff-
umsatz in dem mit CO, imprägnirten Pflanzen - und Thierkörper von grosser Bedeutung.
Für den letzteren ist namentlich NaCl wichtig, dessen Gehalt in den Ernährungsflüssigkeiten
durchschnittlich einer 0,6%,-gen (der sogenannten physioloischen) wässerigen Lösung ent-
spricht. Da das absorptiometrische Verhalten der physioloischen NaCl-Lösung in meinen
künftigen Arbeiten eine Rolle spielen wird, so entschloss ich mich, trotz experimenteller
Schwierigkeiten (wegen derrelativen Grobheit meiner Methode) dasselbe sicher festzustellen.
Zu dem Ende bestand der Versuch aus zwei an einem und demselben Tage gemachten
absorptiometrischen Bestimmungen: — an der fraglichen Lösung und an dem destillirten
Wasser, welches zu ihrer Bereitung diente. 46 Ccm. des letzteren (soviel beträgt das Vo-
lumen der Flüssigkeit in meinem Absorptiometer) in einer Platinschale abgedampft, hinter-
liessen nur Spuren von Verunreinigung. Mit Phenolphtalein gab das Wasser keine Spur
von Alkalescenz. Es wurde ferner die Absorption in jedem einzelnen Versuche unter zwei
um mehr als 300 Mm. Hg von einander abstehenden Druckhöhen beobachtet. Bei solchem
Abstande sieht man schon an den erhaltenen Abweichungen der totalen Absorptionsgrössen
von dem Dalton’schen Gesetze, ob die Erscheinungen in beiden Fällen gleichen Gang haben,
namentlich wenn die Versuche hierbei so angeordnet sind, dass die Beobachtungsfehler in
beiden Fällen nahe gleich gross gesetzt werden dürfen. Letzteres wurde durch gleich hohen
Stand der Quecksilberniveaus in dem Gasrohre des Absorptiometers erreicht, so dass die
Ablesungen der Gasvolumina in beiden Versuchen an gleichen Orten stattfanden.
In den nächstfolgenden Zahlen sind sowohl die Flüssigkeits- als die Gasvolumina in
Cem., letztere auf 0° und 1000 Mm. reducirt, angegeben. Die letzte Zahl rechts ist in jedem
Versuche aus der ersten Absorptionsgrösse für den zweiten Absorptionsdruck nach dem
Dalton’schen Gesetze berechnet.
32 J. SETSCHENOW, WEITERES ÜB. р. ANWACHSEN D. ABSORPTIONSCOEFFICIENTEN.
Physiologische NaCI-Lôsung.
46,44 Cem. hab. abs. bei 15,2° C. und 92,39 mm. . . .... ‘4,508 CO,
46,44 » » В а 20,981 C0, 21,06
1,050 1.048
1,0
Wasser.
46,44 Ccm. hab. abs. bei 15,2°C. und 115,02 mm. . .... 5,366 CO, '
46,44, по» 0970, . » : 448 9. 21,156C0, 20,919
1,004 1.010
тб
In diesem paarigen Versuche sind ausnahmsweise alle jene Bedingungen zusammen-
gefallen, welche den Schluss sichern können: erstens betrifft der Unterschied beider Ab-
sorptionscoefficienten (zumal ein ziemlich grosser!) die zweite Decimale, welche durch meine
Methode noch richtig angegeben wird; zweitens stimmt die mittlere Grösse des Absorptions-
coefficienten des Wassers mit derjenigen meiner früheren entsprechenden Bestimmungen
überein!) ; endlich ist die Abweichung der letzten Grösse von dem Dalton’schen Gesetze,
der Richtung nach, eine erwartete. Aus allen diesen Gründen dürfen die beiden Versuche
als vollkommen gelungen und die für den Coefficienten der CO, in der physiologischen
NaCl-Lösung erhaltene Zahl 1,048 als nahe richtig betrachtet werden. Letzteres Resultat,
Ya 9.
2
seinerseits dafür, dass die Kohlensäure mit stark verdünnten Salzlösungen zum Theil
chemisch reagirt.
zur Seite des viel besprochenen Verhältnisses der Coefficienten %,,, > gestellt, spricht
1) In meiner ersten Arbeit über die Absorption von CO, in Salzlösungen (1875), В. 8, sind folgende mittlere
Werthe für 15,2° C. angegeben: |
1,011; 1,010; 1,009; 1,0086,
MÉMOIRES
L'ACADÉMIE IMPÉRIALE DES SCIENCES DE ST. -PETERSBOURG, VIF SERIE.
Томе XXXV, N° 3.
ZUR GESCHICHTE
DER KAUKASISCHEN TURE
(CAPRA CAUCASICA GÜLD, und CAPRA CYLINDRICORNIS BLYTH).
VON
ee
Eug. Büchner,
CONSERVATOR AM ZOOLOGISCHEN MUSEUM DER KAISERLICHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN.
Mit 2 phototypischen Tafeln.
(Lu le 26 mai 1887.)
St.-PETERSBOURG, 1887.
Commissionnaires de l’Académie Impériale des sciences:
а St.-P&tersbourg: a Riga: à Leipzig:
М. Eggers et C! et J. Glasounof; M. N. Kymmel; Voss’ Sortiment. (G. Haessel!.! 1
Prix: 60 Кор. = 2 Mark.
le l'Académie Impériale des sciences. AU PAPAS
ee. _ С. Vessélofsky, Secréta
LE
2
mprimerie de l’Académie Impé
sa _ Vass. Ostr., 9 Нот
Unsere Kenntniss der Wildschafe und Steinböcke ist noch in vieler Hinsicht еше höchst
mangelhafte, da diese beiden Gattungen in den grössten zoologischen Museen nur sehr spär-
lich vertreten sind. Der Grund hierfür ist in dem Umstande zu suchen, dass die zur näheren
zoologischen Untersuchung erforderlichen Materialien schwer zu beschaffen sind, da diese
Thiere gewöhnlich schwer zugängliche Gebirgshöhen bewohnen, wobei die Jagd auf die-
selben, ganz abgesehen von Terrainschwierigkeiten, noch durch die Charaktereigenschaften
der wilden Ziegen und Schafe, wie Vorsicht, Wachsamkeit u. s. w., im höchsten Grade er-
schwert wird. Bei den Repräsentanten der beiden Gattungen im Kaukasus ist noch in Bezug
auf ihre schwierige Erbeutung nicht ausser Acht zu lassen, dass der Besuch vieler alpinen
Gegenden, ihrer Aufenthaltsorte, nicht ungefährlich, vor der Unterwerfung der Bergvölker
sogar unmöglich war. Daher kann es uns nicht Wunder nehmen, dass die ziegenartigen
Thiere gerade des Kaukasus in systematischer Hinsicht mangelhaft bekannt sind, und dass
die einzelnen Arten falsch gedeutet oder mit anderen einfach verwechselt wurden. Einem
solchen Schicksale war seit jeher auch die Capra caucasica Güld. unterworfen.
Das Zoologische Museum der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften erhielt erst
Anfang 1884 das erste vollständige Exemplar der echten Capra caucasica Güld., welche
bis dahin nur in zwei Schädeln, einem Hornpaar und etlichen unpaaren Hornscheiden ver-
treten war. Diese werthvolle Acquisition veranlasste mich auch damals die Literatur dieser
Art einem näheren Studium zu unterwerfen. Darauf erwarben wir im Laufe des Jahres 1886
nicht weniger als fünf Bälge und sieben Schädel dieser Art, so dass unser Museum in der
kürzesten Zeit auch an Capra caucasica Güld. ein überaus reiches Material aufzuweisen
hatte.
Während diese erfreuliche, rasche Bereicherung des Zoologischen Museums mich in
den Stand setzte, die charakteristischen Eigenthümlichkeiten der Capra caucasica Güld. und
ihr Verhältniss zur Capra Pallasii Rouill. genau kennen zu lernen, blieben diese beiden
Arten, welche namentlich die russischen Zoologen schon getrennt zu halten anfingen, für die
westeuropäischen Mammologen wegen vollständigen Mangels an Vergleichsmaterial so 21 sagen
Mémoires de l'Acad. Imp d. sc. VII Serie. 1
2 Еос. BÜcHneRr,
identische Begriffe; in der verworrenen und verwickelten Literatur dieser beiden Ziegen
konnten sie sich gleichfalls nicht zurecht finden. Und so sehen wir denn, dass bis in die
jüngste Zeit — ich brauche nur an Sclater zu erinnern — in Betreff dieser beiden Ziegen
in der Literatur die grösste Confusion herrscht.
Alle diese Umstände veranlassten mich, das Resultat meiner Studien über diese Ziegen
so rasch als möglich der Oeffentlichkeit zu übergeben und von meinem ursprünglichen Plane
— einer eingehenden monographischen Bearbeitung der Gattung Capra auf Grund des reichen
Materials in unserem Zoologischen Museum — zuvörderst Abstand zu nehmen. Die Capra
caucasica-Frage erschien mir eben zu brennend, um eine Besprechung derselben noch weiter
hinausschieben zu können. Die ausführliche Geschichte und eine eingehende Erörterung |
dieser Frage, welcher sowohl in systematischer, als auch in zoogeographischer Beziehung ein |
bedeutendes Interesse nicht abzusprechen ist, bildet den Gegenstand der vorliegenden Ab- |
handlung. Ве! dem systematisch-beschreibenden Theile dieser Arbeit glaubte ich mich daher |
auch nur sehr kurz fassen zu können; ich behalte mir jedoch eine ausführliche Beschreibung ]
des mir vorliegenden reichen Materials für еше spätere Publication vor.
Die beiliegenden vorzüglichen Tafeln, deren Herstellung die Kaiserliche Akademie der
Wissenschaften auf einen diesbezüglichen Antrag von Seiten des Herrn Direktors Dr. A.
Strauch, der von Anfang an meinem Vorhaben das grösste Interesse entgegentrug, be-
willigte, werden ihrerseits zur Kenntniss der kaukasischen Ture einen wesentlichen Beitrag
liefern. |
Im Jahre 1772 entdeckte A. J. Güldenstaedt während seiner kaukasischen Reise
einen neuen Steinbock, welchen er mit dem Namen Capra caucasica belegte. Von dieser
Wildziege lagen Güldenstaedt zwei Köpfe des Bockes und ein weibliches Exemplar zur
näheren Untersuchung vor, und auf Grund dieses Materials entwarf er eine ausführliche Be-
schreibung dieser neuen Art, von welcher er auch eine Zeichnung des Weibehens und des
mit schönen Hörnern versehenen Kopfes eines Männchens anfertigen liess. Da Güldenstaedt
am Terek die Zusendung von weiterem Material, nach welchem er namentlich die ana-
tomische Seite seiner Beschreibung zu vervollständigen beabsichtigte, zugesagt war, so
glaubte er von einer Veröffentlichung derselben einstweilen abstehen zu müssen. Diese
Beschreibung wurde daher erst nach seinem Tode der Oeffentlichkeit übergeben, und zwar
von РаПаз'), welcher von der Akademie der Wissenschaften mit der Sichtung und Her-
ausgabe des literarischen Nachlasses dieses leider so früh verstorbenen Forschers betraut
worden war. }
Was diese Beschreibung von Güldenstaedt anbetrifft, so ist dieselbe sehr ausführlich
angelegt, doch in einigen Details ziemlich mangelhaft durchgeführt; so lässt namentlich auch |
1) Pallas, Сарга caucasica е schedis cel. А. J. Güldenstaedt in Acta Acad. Sc. Petrop. Ш, Pt. 2, р. 273,
tab. XVII а, XVII b, fig. 1 (1779).
Zur GESCHICHTE DER KAUKASISCHEN TURE. 3
die Besprechung der Hörner des alten Bockes (und speciell der Passus (cornua) «retrorsum
et extrorsum arcuata, apice denuo introrsum vergentia») vieles zu wünschen übrig. Vonden
oben erwähnten, von Güldenstaedt angefertigten, Zeichnungen, welche Pallas auf zwei
Tafeln der Abhandlung beilegte, ist diejenige des Weibchens (auf Taf. XVII a) mangelhaft
und vollständig werthlos, während die Abbildung des Kopfes eines alten Bockes (auf Taf.
_ ХУПЬ, Fig. 1) als gelungen und naturgetreu zu bezeichnen ist. Jedenfalls liefert uns diese
Beschreibung in Verbindung mit der Abbildung des Bockes ein so vollständiges Bild von
dieser Wildziege, dass die vielfachen Deutungen und Verwechselungen dieser Art, welche
wir zu besprechen haben werden, uns auf den ersten Blick unerklärlich erscheinen müssen.
Im Jahre 1783 lieferte Pallas!) in den von ihm herausgegebenen Neuen nordischen
‚Beiträgen eine wörtliche Uebersetzung der besprochenen Güldenstaedt’schen Beschreibung
der Capra caucasica. In den einleitenden Bemerkungen zu dieser Uebersetzung spricht
Pallas unter anderem auch die Vermuthung aus, dass diese Art wohl «über das ganze Ge-
birge von Persien und Indien» verbreitet ist; ferner gibt er an dieser Stelle auch eine Er-
klärung zu der beigelegten Tafel II, auf welcher unten der Bock dieser Art abgebildet ist.
Aus dieser Erklärung erfahren wir, dass diese Abbildung nach den Güldenstaedt’schen
Originalen componirt ist, 4. №. dass zu der Abbildung des Körpers des Weibchens diejenige
des Kopfes des Männchens einfach angefügt ist. Ganz abgesehen davon, dass ein solches
Verfahren an und für sich schon unzulässig ist, hat ausserdem noch die Abbildung, nament-
lich diejenige des Kopfes.nebst den Hörnern, bei einer solchen Wiedergabe an Naturtreue
bedeutend eingebüsst. |
Die Güldenstaedt’sche Beschreibung seiner Capra caucasica ist im Laufe von über
hundert Jahren die einzige geblieben, welche auf Materialien dieser Wildziege basirt; alle
späteren Forscher haben ihre Angaben über diese Art aus dieser ursprünglichen Beschreibung
geschöpft. Unter diesen müssen wir unsere Uebersicht mit Gmelin?) beginnen, welcher
diese Art in die XIII. Ausgabe des Systema Naturae aufnahm und derselben folgende
Diagnose beifügte: C. cornibus retrorsum et extrorsum arcuatis, apice denuo introrsum ver-
gentibus, obsolete triquetris, antice nodosis. Diese Diagnose finden wir später bei Meyer”),
Dwigubski‘) und Vietinghoff”) reprodueirt, während Georgi‘) und Shaw’) ihre kurzen
mangelhaften Bemerkungen über diese Art ausserdem auch der Güldenstaedt’schen Be-
schreibung entlehnten. Vietinghoff hatte übrigens das Glück, diese Ziege auf dem Beschtau
zu erbeuten und brachte die Hörner derselben dem Moskauer Museum als Geschenk dar;
1) Pallas: Neue nordische Beyträge, TV, р. 386—392,
tab. II (1783). — Ein ausführliches Résamé dieser Arbeit
erschien in: Magazin für das Neueste aus der Physik und
Naturgeschichte, herausgegeb. v. Lichtenberg, Bd. II,
4tes Stück, р. 44—48 (1784).
2) Linné, Systema Naturae, Ed. XII Gmelini, T. I
Pt. 1, p. 197 (1788).
3) Meyer, Zoologische Annalen I, р. 398 (1794).
4) Dwigubski, Prodromus faunae Rossicae I, р. 116
(1804).
5) Vietinghoff: Mém. Soc. Пир. Nat. Mosc. Ш, р.
92 (1812).
6) Georgi, .Geogr.-phys. u. Naturhist. Beschr, Russ,
Reichs, Th. III, Bd. VI, p. 1622 (1800).
7) Shaw, General Zoology, Vol. II, Pt. 2, р. 368
(1801).
1*
4 Eve. BÜCHNER,
auf eine nähere Besprechung dieser Hörner ging er leider nicht ein. Diese Hörner lagen auch
Fischer!) bei der Bearbeitung seiner Zoognosia vor und glaube ich die veränderte Redaction
der Diagnose («A, cornibus arcuatis, obsolete triquetris, antice nodosis») eben diesem Um-
stande zuschreiben zu müssen.
Darauf finden wir in der Säugethier-Literatur bis 1831 (dem Erscheinungsjahre der
Zoographia Rosso-Asiatica) die Capra caucasica von einer ganzen Reihe von Forschern, wie
Cuvier?), Desmarest°), Desmoulins‘), Hamilton Smith”) und Fischer‘), mehr oder
weniger ausführlich behandelt oder auch nur kurz charakterisirt. Doch halte ich es für über-
flüssig auf diese Angaben näher einzugehen, da sie alle auf Grund der Mittheilungen von
Güldenstaedt-über diese Art zusammengestellt sind, weiter nichts Neues liefern und auch
sonst keine Verwechselungen mit anderen Arten herbeiführen. Aus dieser Periode habe ich
noch einer Bemerkung von Schinz’) Erwähnung zu ип, welcher die Capra caucasica mit
der Capra sibirica einfach verwechselt und den sibirischen Steinbock als С. caucasica be-
handelt, wobei er fälschlicher Weise hierher auch eine Abbildung von Schreber (Tafel
CCLXXXI B), auf welche wir noch zurückkommen werden, hinzuzählt. Ferner muss ich
noch bemerken, dass sich die von Dwigubski°) als Capra caucasica angeführte Art ohne
Zweifel auf Capra cylindricornis Blyth bezieht, was aus der Beschreibung der Hörner eines
dem Moskauer Museum gehörigen Bockes leicht zu ersehen ist.
Die Zoographia Rosso-Asiatica”) trug zur näheren Kenntniss der Capra caucasica
keineswegs bei, sondern legte im Gegentheil zu den späteren Verwechselungen dieser Art
den ersten Anfang. Erstens creirte Pallas für diese Art, ohne dass dazu irgend welche Noth-
wendigkeit vorlag, einen neuen specifischen Namen, und zwar Aegoceros Ammon. Ganz ab-
gesehen davon, dass dieser Speciesname als unglücklich gewählt angesehen werden muss, da
er zu Verwechselungen mit Ovis Ammon Pallas Anlass geben konnte, durfte mit demselben
überhaupt keine Ziegenart mehr belegt werden, da der Name bereits von Linné (Capra
ammon = Ovis musimon und andere) in Anwendung gebracht worden war. Ferner spricht
Pallas die Vermuthung aus, dass dieser Steinbock wahrscheinlich auch die Gebirgszüge des
Taurus und die Alpen des gemässigten südlichen Asiens bewohne, ohne Angabe jedoch der
Motive, die ihn zu dieser falschen Annahme geführt hatten, und für welche ich gleichfalls
eine Erklärung vergebens gesucht habe. Ausser der kurzen Diagnose («Ae. cornibus obtuse
triquetris, arcuatis, antice rugoso-nodosis, nigris, foeminae subulatis»), giebt Pallas keine
weitere Beschreibung dieser Art, und aus seiner Bemerkung «descriptioni Güldenstaedtii
1) Fischer, Zoognosia, Ш, р. 394 (1814). 6) Fischer, Synopsis Mammalium, p. 483 (1829);
2) Cuvier: Dict. des Sc. Naturelles, VIII, p. 506 | Add., Emend. ad Syn. Mamm., p. 448 (1830).
(1817); Regne Animal, I, p. 266 (1817). 7) Schinz, Das Thierreich nach Cuvier, I, p. 403
3) Desmarest, Mammalogie, p. 481 (1820). (1821).
4) Desmoulins: Diet. class. d’hist. nat., III, p. 579 8) Agury6cxkiü, Опытъ Ест. Ист. Жив. Росс. Hur.,
(1823). Т, стр. 51 (1829).
5) Ham. Smith: Griffith, Cuv. Animal Kingdom, 9) Pallas, Zoographia Rosso-Asiatica, I, p. 229, tab.
IV, p. 302; V, p. 357 (1827). ad р. 229 et tab. ad р. 224—930, fig. 6 (1831).
Zur GESCHICHTE DER KAUKASISCHEN TURE. | и
nihil adjiciendum invenio» darf man nur schliessen, dass ihm keine neuen Materialien von
diesem Steinbocke zu Gebote standen. Aus diesem Grunde können wir auch über die Pro-
venienz eines Horns, welches er als zu dieser Art gehörig anspricht und in den Icones ad
Zoographiam Rosso-Asiaticam auf Tab. ad pag, 224—230 unter fig. 6 abbildet, nichts
Näheres sagen.
Da diese Abbildung des Hornes, welches mit Capra caucasica überhaupt nichts gemein
hat, in der Geschichte dieser Art eine, wie wir sehen werden, nicht unwesentliche Rolle
spielt, so halte ich es für nöthig, dieselbe einer eingehenden Besprechung zu unterziehen.
Bei dieser Besprechung muss ich mit der Bemerkung beginnen, dass diese Abbildung
von der Hinterseite eines linken Hornes angefertigt ist. Dass diese meine Ansicht, zu welcher
ich nach einer eingehenden Untersuchung gelangt bin, keinem Zweifel unterliegt, ist einer-
seits aus dem sehr ausführlich dargestellten, im Grunde der Tafel gelegenen, ausgezogenen
Vordertheile der Basalkante des Hornes zu ersehen; andererseits spricht für meine Annahme
auch der Umstand, dass, wenn man die Abbildung als diejenige eines rechten Horns von
vorn gesehen anspricht, dieselbe mit dem entsprechenden Horn keiner einzigen bekannten
Capra-Art übereinstimmt. Von dieser Annahme ausgehend, erwies es sich bei der weiteren
Untersuchung, dass diese Abbildung vollständig auf das Horn der Capra pyrenaica passt und
bei Vergleich eines Gehörns dieser Art (№ 563) aus unserer Sammlung ‚mit der in Rede
stehenden Abbildung konnte ich eine auffallende Uebereinstimmung zwischen beiden consta-
tiren. Man könnte nur noch vielleicht diese Pallas’sche Abbildung als diejenige eines, von
hinten gesehenen, linken Horns der Capra cylindricornis deuten, doch sprechen die folgenden
zwei Umstände gegen eine solche Annahme. Erstens ist der Horn-Endtheil bei С. cylindricornis
niemals.so weit und spitz ausgezogen, wie es von Pallas dargestellt wird, und zweitens ist
die Nackenkante (im Sinne der Brooke’schen Nomenclatur) bei dieser Art höchst selten und
auch dann nur sehr schwach angedeutet. Auf der Abbildung dagegen ist die Nackenkante sehr
prononeirt angegeben, was auch mit dem Horn der C. pyrenaica, an welchem diese Kante
bekanntlich sehr entwickelt ist und stark vortritt, vollständig übereinstimmt, gleichwie auch
der ausgezogene Horn-Endtheil auf diese letztere Art hindeutet. Ich resumire schliesslich
noch einmal das Resultat meiner Untersuchung: die von Pallas veröffentlichte, mangelhafte
Abbildung eines Horns, welches er als zu Capra caucasica Güld. gehörig anspricht, stellt
das linke Horn der Capra pyrenaica von der Hinterseite gesehen dar. Das Original zu dieser
Abbildung befindet sich leider nicht mehr unter den aus der «Kunstkammer» in das Zoo-
logische Museum übergegangenen Naturalien.
Ausser dieser Abbildung des Horns lieferte Pallas in den Icones auf Tab. ad р. 229
noch eine Copie der schlechten, oben schon besprochenen, Abbildung des Bockes aus den
Neuen nordischen Beiträgen.
In dem Erscheinungsjahre der Zoographia erwähnte dieser Art auch Eichwald').
1) Eichwald, Zoologia specialis, III, p. 345 (1831).
<
6 EucG. BÜCHNER,
Da die von ihm gegebene Diagnose («cornibus nigris majoribus obtuse triquetris, transversim
sulcato-rugosis, feminae subulatis») von den früheren in einigen Stücken unbedeutend ab-
weicht, so wäre es möglich, dass ihm vielleicht auch Material von diesem Steinbocke vorge-
legen hat; aus den nur sehr kurz gehaltenen, die Diagnose begleitenden, Bemerkungen ist
dieses jedoch nicht zu ersehen.
Später unterwarf auch Tilesius!) die Capra caucasica einer Besprechung; da er aber
nur die von Güldenstaedt und Pallas mitgetheilten Angaben wiederholt, aus eigener An-
schauung jedoch diese Art nicht kannte, wie aus der Bemerkung «es ist leicht möglich, dass
die Bezoarziege und die Güldenstaedt’sche caucasische Ziege ein und dasselbe Thier sind»
zu ersehen ist, so brauche ich auf diese Compilation nicht näher einzugehen. Aus demselben
Grunde glaube ich auch bei Schreber?) mich nur auf die Bemerkung beschränken zu
können, dass seine Tafel CCLXXXI B, eine sehr schlechte Copie der Güldenstaedt’schen
in den Nova Acta Acad. Petropol. erschienenen Abbildungen darstellt. Ebenso sind auch die
Bemerkungen über diese Art bei Wagner”) und Lesson‘) von keinem weiteren Werth.
Darauf finden wir eine kurze Beschreibung der Capra caucasica bei Keyserling und
Blasius°). Ob dieselbe jedoch nach einem ihnen vorliegenden Schädel angefertigt ist, lässt
sich nur schwer entscheiden, abgesehen davon, dass der Speciesname nicht mit einem Stern
versehen ist, mit welchem die von den Autoren nicht untersuchten Arten bezeichnet werden,
der aber in diesem Falle vielleicht aus Versehen vergessen worden ist. Jedenfalls finde ich
in dieser Beschreibung einige Anklänge an diejenige von Güldenstaedt, und hätten diese
gewissenhaften Forscher, glaube ich, bei eventueller Vorlage eines Schädels eine exactere
Beschreibung geliefert. Die Annahme, dass diesen Autoren vielleicht ein Schädel oder ein
Gehörn der Capra cylindricornis Blyth vorgelegen hat, ist nicht zulässig, da die Be-
schreibung, mit Ausnahme: vielleicht des Schlusssatzes, der überhaupt mangelhaft redigirt
ist, auf diese Art nicht passt und da Blasius mit derselben, wie wir sehen werden, erst
1841 in St. Petersburg bekannt wurde.
Die Bemerkungen über die kaukasischen Ziegen, welche darauf Dubois de Mont-
pereux°) veröffentlichte, sind werthlos, da der genannte Autor bei dieser Untersuchung zu
sanz falschen Schlussfolgerungen gelangte. Dubois suchte nämlich nachzuweisen, dass
Güldenstaedt den Namen Capra caucasica für den Bezoarbock, welcher später den Namen
Capra aegagrus erhielt, creirt hätte, und dass die gewöhnlich als С. caucasica angeführte
1) Tilesius: Oken’s Isis, p. 881 (1835). 3) Wagner, Schreber’s Säugethiere, Th. V, Bd. 1,
2) Schreber, Säugethiere, Th. У, Bd. I, р. 1263, tab. | р. 1302 (1836).
CCLXXXI B. (1836). — Die erste Hälfte dieses Bandes 4) Lesson, Hist. nat. des Mamm. et des Oiseaux, X,
ist jedenfalls schon viel früher in Circulation gesetzt | p. 307 (1836).
worden, da die erwähnte Tafel schon von Fischer (1814), 5) Keyserling u. Blasius, Wirbelthiere Europa’s,
Schinz (1821), Fischer (1829) und Pallas (1831), über | p. IV et p. 28 (1840).
welche Autoren wir schon oben berichtet haben, eitirt 6) Dubois de Montpéreux, Voyage autour du
wird. Cancase, ТУ, р. 274—282 (1840).
Zur GESCHICHTE DER KAUKASISCHEN TURE. 4%
Art den Namen Capra ibex Güld.(?) behalten müsste'). Eine thatsächliche Beweisführung
für seine Ansicht ist uns Dubois natürlich schuldig geblieben und den Vorwurf, welchen
er in Betreff einer falschen Nomenclatur allen Zoologen zu machen für nöthig findet, hat er
eben selbst vollauf verdient. Die Beschreibung der Hörner, welche er eben als dem Gülden-
staedt’schen Steinbocke (oder nach seiner Nomenclatur der Capra ibex Güld.) gehörig an-
sprach, hat er jedoch nach den Gehörnen derjenigen Steinbockart angefertigt, zu deren
Besprechung wir jetzt übergehen.
Das Jahr 1841 brachte die Beschreibung einer neuen kaukasischen Wildziegenart.
Rouillier?), der Begründer derselben, beschrieb diese neue Art, die er als eine Zwischen-
form von Schaf und Ziege betrachtete, unter dem Namen Aegoceros Pallasi nach einem,
ausgestopften Bocke 3), welchen der General Yermolow dem Moskauer Museum eingeschickt
‚ hatte. Auf diese Beschreibung und auf die derselben beigelegte Abbildung näher einzugehen
scheint mir überflüssig, da ja diese Abhandlung allen Specialforschern bekannt sein muss;
doch halte ich es für nöthig die Bemerkung zu machen, dass, abgesehen von den Mängeln,
die sowohl in der Beschreibung, als auch in der Abbildung nachzuweisen sind, diese Art
doch in einer solchen Vollständigkeit von Rouillier charakterisirt worden ist, dass von einem
späteren Verkennen derselben garnicht die Rede sein kann. Leider ging aber Rouillier auf
einen Vergleich seiner Art mit Capra caucasica Güld. nicht näher ein; vielleicht hätte er
im entgegengesetzten Falle auch den späteren falschen Identificirungen dieser zwei distincten
Arten vorgebeugt.
Hier möchte ich jedoch gleich auch der Bemerkung Raum geben, dass der von Rouil-
lier creirte specifische Name (Дед. Pallasit) bei einer Ziegenart schon damals gar nicht mehr
in Anwendung gebracht werden konnte, da derselbe bereits von Schinz vergeben war. Wie
ich schon oben zu bemerken Gelegenheit gehabt habe, hatte Schinz?) die Capra caucasica
Güld. mit dem sibirischen Steinbocke verwechselt; diese Angabe darauf berichtigend, be-
legte Schinz°) den sibirischen Steinbock mit einem neuen Namen, und zwar mit Capra Pal-
lasii. Auch später führt Schinz°) die Capra sibirica als Capra Pallasü auf und bildet die-
selbe auch unter diesem letzteren Namen ab. Roulin‘) folgt in dieser Hinsicht Schinz und
behandelt in seiner Uebersicht der Ziegen unter dem specifischen Namen С. Pallasii gleich-
1) In seiner Reisebeschreibung spricht in der That
Güldenstaedt an einer Stelle (Reise durch Russland
und im Caucasischen Gebürge, I, p. 263) von einem Stein-
bock aus der Gegend von Bampek, und sagt dabei, dass diese
Art von ihm unter dem Namen C. caucasica beschrieben
worden ist. Da jedoch in dieser Gegend höchstens der
Bezoarbock vorkommen kann, so unterliegt es keinem
Zweifel, dass die Angabe auf einem Versehen beruht;
dieser Umstand hat wohl auch Dubois de Montpéreux
zu seinem Irrthum verleitet.
2) Rouillier: Bull. Nat. Mosc., р. 910—923, tab. XI
(1841).
3) Das Originalexemplar dieser Art ziert auch jetzt
noch das Zoologische Museum der Moskauer Universität,
wo ich dasselbe im Herbste 1885 in Augenschein zu neh-
men Gelegenheit hatte.
4) Schinz, Cuvier’s Thierreich, Bd. I, р. 403 (1821).
5) Schinz, Cuvier’sThierreich, Ва. IV, р. 511 (1825).
6) Schinz, Bemerkungen über die Arten der wilden
Ziegen, p. 9, tab. I (1837) [aus den Neuen Denkschr. d.
allg. Schweiz. Ges. Bd. 2 (1838) besonders abgedruckt].
7) Roulin: Diet. univ. d’hist. nat., T. Ш, p. 512
(1843). |
8 Euc. Büchner,
falls den sibirischen Steinbock. Abgesehen davon, dass Schinz!) später dem sibirischen Stein-
bock den Meyer’schen Speciesnamen (C. sibirica) zuerkennt und den von ihm für diese Art
creirten Namen (С. Pallasii) verwirft, können wir nach den Regeln der Nomenclatur für den
kaukasischen Tur den von Rouillier in Vorschlag gebrachten Namen (Aeg. Pallasii)
doch nicht beibehalten, umsomehr da diese Gleichnamigkeit zu groben Verwechselungen An-
lass geben kann und beispielsweise unter anderen schon Gray), bei der Aufstellung der
Synonymie von Capra caucasica, und Giebel*), bei der Angabe des Autornamens von Capra
Pallasii, in Irrthum geführt hat. Es entsteht somit die Frage: wie soll die Rouillier’sche
Art genannt werden? Soll für dieselbe ein neuer Namen creirt werden oder existirt schon in
der Literatur eine Speciesbezeichnung, die wir dieser Art restituiren können? i
Um diese Frage beantworten zu können, muss ich von meiner weiteren chronologischen
Auseinandersetzung für einen Augenblick abschweifen und etwas zurückgreifen. Hamilton
Smith?) lenkte nämlich, in der englischen Ausgabe des Règne animal von Cuvier, bei der
Besprechung des Ovis Ammon (Asiatic Argali), die Aufmerksamkeit auf eine Varietät dieser
Art, die im Kaukasus vorkommt und von welcher er auch eine kurze Beschreibung liefert.
Wenn diese Beschreibung auch nur mangelhaft zu nennen ist, so finden wir doch in der-
selben (und namentlich in der Besprechung der Hörner) einige Anhaltspunkte, auf Grund
welcher wir diese Varietät nur als die von Rouillier beschriebene Art deuten können. Diese
Varietät des Ovis Ammon von Hamilton Smith führte später Blyth’) als neue Art unter
dem Namen Ovis cylindricornis in die Literatur ein. Blyth selbst lag kein Material dieser
Art vor, er beschrieb sie einfach nach ihm zugegangenen schriftlichen Notizen von H. Smith.
Aus diesen letzteren erfahren wir, dass ein Männchen dieser Art, welches lebendig nach
Toulon gebracht worden war, bei der Landung daselbst verendete, und dass die Hörner des-
selben später in’s Pariser Museum gelangten; von diesen Hörnern fertigte Smith auch eine
Beschreibung an, welche er nebst einer von ihm entworfenen Skizze derselben Blyth zur
Verfügung stellte. Aus der Beschreibung dieser Hörner, ferner aber auch aus der Bemerkung,
dass sie im Charakter der Windung und in der Gesammtform den Hörnern von Pseudois
burrhel und Pseudois nahoor am nächsten stehen, ist unserer Ansicht nach leicht zu ersehen,
dass es gar keinem Zweifel unterliegen kann, dass Ovis cylindricornis nichts weiter als Aeg.
Pallasii Rouill. ist. Sundevall®) war übrigens der erste, welcher sich, wenn auch in Form
einer Vermuthung, über die Identität dieser beiden Arten aussprach; später finden wir bei
Gray’) und Blasius?) Ovis cylindricornis auf die gleiche Weise gedeutet, da die genannten .
Autoren diese Art in die Synonymie ihrer Capra caucasica stellten.
1) Schinz, Synopsis Mammalium, II, p. 459 (1845). | Ann. Mag. Nat. Hist. VII, p. 249 (1841); Journ. As. Soc.
2) Gray, Cat. of the spec. of Mamm. Brit. Mus., | Beng. X, p. 870 (1841).
Part. III Ungulata furcipeda, p. 148 (1852). 6) Sundevall: Kongl. Vet.- Akad. Handl., р. 277
3) Giebel, Säugethiere, p. 288 (1859). (1845).
4) Hamilt. Smith: Griffith, Animal Kingdom, IV, 7) Gray, Cat. of the spec. of Mamm. Brit. Mus., Pt. III
p. 317 (1827). Ungulata furcipeda, p. 148 (1852).
5) Blyth: Proc. 2001. Soc. Lond. VIII, p. 68 (1840); 8) Blasius, Naturg. 4. Säug. Deutschl., р. 479 (1857).
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Zur GESCHICHTE DER KAUKASISCHEN TURE. 9
Auf diese Weise sehen wir, dass für den von Rouillier für seine Art creirten Namen,
welchen wir aus oben angeführten Gründen nicht beibehalten konnten, der Speciesname
cylindricornis Blyth eintreten muss; der Name cylindricornis Blyth (28. Juli 1840) hat
ausserdem auch noch aus Gründen der Priorität vor dem Namen Pallas@ Rouill. (7. September
1841) zweifelsohne den Vorzug. Nach allem Gesagten halte ich mich für berechtigt für die
Rouillier’sche Art den Namen Capra cylindricornis (Blyth) in Anwendung zu bringen.
Nach diesen kurzen Bemerkungen über die Nomenclatur der fraglichen Ziegen, nehme
ich die Geschichte derselben wieder auf.
Ehe noch Rouillier die Beschreibung seines Aegoceros РаЙазй publieirt hatte, er-
hielt das Zoologische Museum der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften im Februar
1841 durch Herrn N. Reutt ein Pärchen dieser Art. Zugleich veröffentlichte Reutt') in
einem russischen Journale einige Mittheilungen über das Leben dieser Ziege und über die
Jagd auf dieselbe, wobei er auch, ohne sich in eine genaue systematische Besprechung ein-
zulassen, eine kurze Beschreibung derselben lieferte und diese Art für noch unbekannt und
unbeschrieben erklärte.
Diese Reutt’schen Exemplare (dieselben sind unter № 609 und 610 im Säugethier-
Catalog der akademischen Sammlung eingetragen) wurden bald nach ihrem Eintreffen von
Akad. Brandt gemeinschaftlich mit Blasius?) untersucht und als zu Capra caucasica Güld.
gehörig angesprochen. In einem mir vorliegenden Convolut von handschriftlichen Notizen des
Akad. Brandt, welches einige Bemerkungen über die Ziegen des Kaukasus enthält, finde
ich unter andern auch eine Erklärung, auf welche Weise diese beiden Forscher zu dieser
falschen Bestimmung und zu der Verwechselung dieser zwei in der Bildung ihrer Hörner so
verschiedenen Arten gelangten. Brandt und Blasius hatten nämlich die Beschreibung von
Güldenstaedt für lückenhaft und seine Abbildung, namentlich die Darstellung der Hörner,
für verfehlt befunden und glaubten der von Pallas (in den Icones auf Tab. ad pag. 224— 230,
1)Реуттъ: Pyccekih Bbcraux®, Il, crp. 724—727 (1841).
— Diese Abhandlung ist mit nur ganz unbedeutenden
Kürzungen im Журналъ Мин. Народ. Просв. Т. 32, Отд.
УТ, р. 142—144 (1841) wieder abgedruckt und in Ueber-
setzung von Rouillier in seine Beschreibung des Aeg.
Pallasıii [Bull. Nat.-Mosc., р. 918 — 923 (1841)] aufge-
nommen worden.
2) Im September 1841 hielt Blasius in der Versamm-
lung deutscher Naturforscher und Aerzte zu Braun-
schweig einen Vortrag über neue und ungenügend ge-
kannte europäische Säugethiere, in welchem er über
seine in russischen Museen angestellten Untersuchungen
kurz referirte. In diesem Vortrage sagt Blasius in Be-
treff der kaukasischen Ziegen Folgendes: «Auch eine
ausgezeichnete neue Art von Capra, die kräftigste und
abweichendste aller bekannten, erhielt Brandt in beiden
Geschlechtern im Winter 1840 vom Kaukasus. Der Kau-
kasus hat von allen Gebirgen in der Welt allein drei
Mémoires de l'Acad. Imp 4. sc, VII Série.
wilde Ziegenarten, da er ausserdem noch C. caucasica
Güld. und С. aegagrus Pall. birgt. Die erst neuerlich
beschriebene Capra pyrenaica Schz., die schon Rie-
dinger abbildet, steht der neuen kaukasischen Art in
der eigenthümlichen Biegung der Hörner am nächsten.»
[Amtl. Bericht XIX. Versamml. deutsch. Naturf. u. Aerzte
in Braunschweig, p. 91 (1842)]. Dass sich diese Bemer-
kung auf die Reutt’schen Exemplare bezieht, unterliegt
keinem Zweifel, doch kann ich mir diesen Widerspruch
bei Blasius nicht erklären. Brandt sagt in seinen
oben erwähnten Collectaneen ganz ausdrücklich, dass er
die Reutt’schen Exemplare zusammen mit Blasius un-
tersucht hätte, und dass sie beide zu demselben Resultate
gekommen wären: dassnämlich diese Bälge zu C. caucasica
Güld. gehören. Später vertritt ja auch Blasius in sei-
ner Naturgeschichte der Säugethiere Deutschlands, wie
wir sehen werden, diese letztere Ansicht.
10 Euc. BÜCHNER,
fig. 6) gelieferten Abbildung des Horns, welches sie mit den Hörnern des von ihnen unter-
suchten Männchens für identisch erklärten, einen ganz besonderen Werth beilegen zu müssen,
welche Umstände, in Verbindung mit vollständigem Mangel an Vergleichsmaterial, die falsche
Bestimmung bedingten. Da Brandt die vorhandene Beschreibung dieser Ziegenart unge-
nügend fand, so hielt er es für nöthig nach den Reutt’schen Bälgen eine ausführliche Be-
schreibung anzufertigen, die er auch 1842 in der Zeitschrift!) Journal Konnosavodstwa 1
Ochoty veröffentlichte und welche er von einer recht guten, gleichfalls nach den Reutt’schen
Exemplaren gezeichneten, Abbildung des Männchens und des Weibchens begleiten liess. In
dieser Arbeit beschrieb folglich Brandt die Capra cylindricornis unter dem Namen Capra
caucasica Güld. und sprach hier den Aegoceros РаЙазй Rouill., dessen Beschreibung in-
zwischen erschienen war, als zu dieser letzteren Art gehörig an.
In seiner Reisebeschreibung nach dem kaukasischen Isthmus führte Koch?) ausser der
Capra caucasica Güld., noch eine ihm unbekannt gebliebene Capra-Art an, wobei er auch
eine eingehende Beschreibung der Hörner dieser letzteren lieferte. Auf Grund dieser Be-
schreibung können wir diese Art als Capra cylindricornis deuten. Bei Besprechung der An-
gaben bei diesem Autor, glaube ich auch einer Bemerkung über das Vorkommen eines frag-
lichen Wiederkäuers in Abhasien, welche wir bei Nordmann finden, erwähnen zu müssen,
da Koch zuerst diese Angabe zu deuten suchte. Nordmann°) theilte nämlich mit, dass in
Abhasien, im Distriete Zaadan, ausser dem Auerochsen, nach Mittheilung der Abhasen, noch
ein anderes grosses Thier vorkomme, welches sie Abhap nennen und welches er einmal als
eine Art Wildochsen, und an einem anderen Orte als ein wiederkäuendes Säugethier be-
zeichnete. Koch spricht nun in Form einer Frage die Vermuthung aus, ob nicht vielleicht
diese «Kuh» von Nordmann eben diejenige Capra-Art sei, deren Hörner ihm vorlagen und
welche er nicht bestimmen konnte. Ich will gleich bemerken, dass obige Deutung falsch ist,
da die in Rede stehende Angabe von Nordmann sich ohne Zweifel nicht auf Capra cylindri-
cornis Blyth, sondern auf Capra caucasica Güld. bezieht, da erstere Art, wie wir es auch
bei Czernjawski*) neuerdings bestätigt finden, in jener Gegend gar nicht vorkommt.
Darauf behandelte Roulin’°) in seiner Uebersicht der Gattung Capra von Neuem den
kaukasischen Steinbock, und zwar wieder nur nach Güldenstaedt, wobei er yon der
1) Брандтъ: Журн. Коннозав. и Охоты, Ш, № 11,
стр. 238—241 (1842).
2) Koch, Reise durch Russland nach dem kaukasi-
schen Isthmus, р. 70—73 (1843).
3) Die betreffende Stelle lautet bei Nordmann fol-
gendermaassen: «Въ горахъ и лЪсахъ, между Абхаз1ею
и Джигетскою област!ю, а именно въ округЪ Зааданъ,
живетъ зубръ (Воз Urus), по абхазски Anomüe, кромЪ
того тутъ же встр$чается еще другая порода дикаго
быка, называемая Абхапъ.» [2Журн. Мин. Нар. Пр. ХХ,
стр. 419 (1838)]. — «Nebstdieser verspäteten Notiz bemerke
ich beiläufig hiebei, dass nach den Angaben der Abhasen,
welche mich auf der Expedition von Bambori nach dem
Gebirge Hirtscha begleiteten, in dem erwähnten Land-
striche Zaadan noch ein anderes (d. h. ausser dem Auer-
ochsen) wiederkäuendes Säugethier wild vorkommen soll,
welches sie mit dem Namen «Abhap» bezeichneten. Es
soll so gross wie eine Kuh und dunkel von Farbe sein.»
[Bull. scientif. Acad. St. Pbg., Ш, р. 307 (1838)].
4) Чернявский: Природа и Охота, I, р. 84 (1879).
5) Roulin: Dict. univ. d’hist. nat., T. Ш, p.514 (1843).
Zur GESCHICHTE DER KAUKASISCHEN TURE. 11
Rouillier’schen Art nicht einmal Notiz nahm, während Wagner!) in einer neuen compi-
lativen Zusammenstellung der Arten der Gattung Aegoceros neben dem Aeg.caucasicus Güld.
den Aeg. Pallasii Rouill. aufführt und denselben nach den Rouillier’schen Angaben cha-
rakterisirt und beschreibt.
An dieser Stelle halte ich es auch für nöthig, um vielleicht noch späteren Verwechse-
lungen vorzubeugen, die Aufmerksamkeit auf den Umstand zu lenken, dass Gray”) 1843
im Catalog der Säugethier-Abtheilung des British Museum die Capra aegagrus unter dem
Speciesnamen Capra caucasica Güld. anführte. Wir finden diese irrthümliche Speciesbezeich-
nung°) später auch bei Adams‘) wieder, welcher diese Bestimmung dem British Museum
verdankte. Uebrigens corrigirte Gray?) diesen unverzeihlichen Fehler schon im folgenden
Catalog des British Museum, indem er hier die Capra caucasica Güld. des ersten Catalogs
in die Synonymie der Capra aegagrus stellte. Neuerdings hat auch Blanford°) diese fal-
schen Bezeichnungen der Bezoarziege mit dem Namen des kaukasischen Steinbockes einer
näheren Besprechung unterzogen.
Wir gelangen jetzt in unserer geschichtlichen Uebersicht der kaukasischen Ture zu dem
monographischen Versuch über die Wiederkäuer von Sundevall, dessen Ansicht in Betreff
‚derselben uns von hohem Interesse zu sein scheint, daSundevall bei der Untersuchung dieser
Steinböcke selbstständig auf literarischem Wege und ohne Kenntnissnahme von der oben
besprochenen russischen Abhandlung von Brandt, zu demselben falschen Endresultat
kommt, zu dem auch Brandt gelangt war. Sundevall’) vereinigt nämlich gleichfalls die
Güldenstaedt’sche Art mit der Rouillier’schen, wobei er der Capra caucasica Güld.
zumeist die Charaktere der C. cylindricornis zuweist. Die Motive, welche ihn zu dieser
irrthümlichen Auffassung bewogen haben, sind, meiner Meinung nach, in der folgenden Be-
merkung, welche ich wörtlich wiedergebe, zu suchen: «Altera figura, in iisdem iconibus
edita (fasc. 2 tab. ad p 224—230, fig. 6), cornu maris exhibens, originaria videtur et bene
cum descriptione congruit; cornua vero in icone Güldenstaedtii a descriptione omnino diffe-
runt». Wir sehen auf diese Weise, dass bei der Verwechselung und der falschen Identificirung
dieser zwei in Rede stehenden Arten, ausser dem Mangel an Vergleichsmaterial, einerseits
die mangelhafte Beschreibung der Hörner von ©. caucasica durch Güldenstaedt, anderer-
seits die schon mehrfach besprochene Abbildung des Horns in den Icones ad Zoographiam,
welches Pallas fälschlicherweise als zu Capra caucasica gehörig abbildete, die wesentlichste
Rolle gespielt haben.
1) Wagner, Schreber’s Säugethiere, Suppl. Abth. 5) Gray, Cat. of the spec. of Mamm. in the Brit. Миз.,
IV, p. 497 (1844). Part. Ш, Ungulata Furcipeda, р. 153 (1852).
2) Gray, List of the specimens of Mammalia of the 6) Blanford: Journ. As. Soc. Beng. XLIV, Pt. 2, p.
Brit. Mus., p. 167 (1843). 13—15 (1875); vergl. auch Sclater: Proc. Zool. Soc.
3) Auch bei Hohenaker [Bull. Nat. Mose. II, р. 379 | Lond., р. 315, footnote (1886).
(1831)] finden wir gleichfalls die Capra aegagrus unter 7) Sundevall: Kongl. Vet.-Akad. Handlingar, p. 276
dem specifischen Namen (. caucasica angeführt. (1845); Arch. skand. Beiträge, herausgegeb. von Horn-
4) Adams: Proc. Zool. Soc. Lond. XX VI, р. 525(1858). | schuch, II, р. 272 (1850).
2*
12 Euc. BücHaNER, [
In ebendemselben Jahre finden wir jedoch in der ziemlich kritiklosen Synopsis Mamma-
Паш von Schinz!) die Capra caucasica Güld. und die Capra Pallasii Rouill. getrennt an- Е
geführt, wobei die erstere Art nach Güldenstaedt, 41е zweite nach Rouillier diagnosticirt |
und beschrieben werden. Auch später, in seinen Monographien der Säugethiere, hielt
Schinz?) diese beiden Arten, deren Beschreibung er nach schon bekannten Quellen compi-
lirt, auseinander und bildet dieselben auch auf zwei Tafeln ab. Von diesen letzteren stellt
die eine (Taf. 5 — Capra caucasica) eine schlechte Copie der Abbildung auf Tab. ad p. 229 |
in den Icones ad Zoographiam Rosso-Asiaticam dar, während die andere (Taf. 6 — Capra
Pallasii) nach der Rouillier’schen Abbildung im Bull. Nat. Mosc. angefertigt ist. Uebri-
gens hatten auch schon früher diese selben Originale Reichenbach?) zu Copien verführt,
deren Ausführung jedoch jeglicher Kritik spottet. |
Inzwischen hatte sich auch unser Zoologisches Museum nicht unbedeutend an kaukasi- E
schem Steinbockmaterial bereichert; so erwarb es namentlich auch die Ausbeute einer Tur-
jagd des Dr. Kolenati‘) auf dem Kasbek, während Hr. Motschulski ein Hornpaar, Hr.
Perewalenko ein paar Bälge dem Museum als Geschenk zugehen liessen. Alle diese Ma-
terialien gehörten jedoch ausschliesslich der Capra cylindricornis an.
Später finden wir in der Literatur die beiden in Rede stehenden Arten nur noch bei
Giebel?) getrennt angeführt, während alle anderen Forscher bis 1879, in welchem Jahre
über die Verschiedenheit dieser beiden Steinböcke gleichzeitig einige Stimmen laut wurden,
in dieser Frage den Standpunkt von Brandt und Sundevall vertraten und neben der Capra
aegagrus nur noch eine Ziegenart, die Capra caucasica Güld. mit Aeg. Pallasü Rouill. als
Synonym, als im Kaukasus vorkommend annahmen. Aus dieser Periode werden wir an die-
ser Stelle nur der systematischen Arbeiten zu gedenken haben, während die Angaben geo-
graphischen Inhalts (sobald dieselben nicht allgemein gehalten sind) mit der jedesmaligen
Deutung der Art, bei der Besprechung der geographischen Verbreitung der Ture Erwäh-
nung finden werden.
Aus dieser Zeit haben wir zuerst die Capra caucasica der Russischen Fauna von Ssi-
maschko°) zu erwähnen. In die Synonymie dieser Art stellt der genannte Autor neben
_ Aegoceros Ammon Pall. auch Aeg. РаЦазй Rouill. Was die Beschreibung dieser Art anbe- À
trifft, so ist sie von Ssimaschko beinahe ausschliesslich nach den Rouillier’schen Angaben
über Aeg. Pallasii zusammengestellt, zu welchen übrigens auch Angaben aus der Gülden-
staedt’schen Beschreibung der Capra caucasica hinzugefügt worden sind. Abgesehen davon
\
1) Schinz, Synopsis Mammalium, II, р. 459, р. 461 4) Kolenati: Bull. phys.-math. Acad. St. Pötersb.,
(1845). IV, p. 257 (1845); vergl. auch Brandt: Bull. phys.-math.
2) Schinz, Monographien der Säugethiere; Monogr. | Acad. St. Pétersb., IV, р. 173 (1845).
4. Cuvier’schen Gattung Ziege u. Schaf, р, 7—8, tab. 5 u. 5) Giebel, Säugethiere, p. 237—288 (1859).
6 (1848). 6) Симашко, Русская Фауна, u. Il, Млекопитаю-
3) Reichenbach, Vollständige Naturg. d. Wieder- | пля, стр. 961, табл. 78, Фиг. 2 (1851).
käuer, II. Schaafe u. Ziegen, tab. XLIX, fig. 273, tab.
LXI, fig. 340—341 (1846) [Text nicht erschienen!].
Zur GESCHICHTE DER KAUKASISCHEN TURE. 13
hatte Ssimaschko jedoch bei der Zusammenstellung der Beschreibung seiner С. caucasica
ohne Zweifel nur die С. cylindricornis im Auge; zu Gunsten dieser Annahme spricht auch
die auf Taf. 78, fig. 2 gegebene gute Originalabbildung dieser Art, welche nach dem schon
erwähnten Reutt’schen Bock (№ 609) des Zoologischen Museums der Akademie angefertigt
worden ist.
Darauf gab Gray!) eine ziemlich vollständige Synonymie der Capra caucasica Güld.,
in welche er jedoch alle auf Capra cylindricornis bezüglichen Arbeiten aufnahm. Die Be-
schreibung, welche Gray nach einem dem British Museum gehörigen Männchen (und
Weibchen) lieferte, erlaubt uns jedoch seine Capra caucasica als Capra cylindricornis zu
deuten.
Die höchst mangelhafte Beschreibung eines Steinbocks ferner, welche Sacc?) unter
dem Namen Capra caucasica lieferte, bezieht sich wohl ausschliesslich auf die genannte Art,
da dieser Autor von einer anderen Steinbockart des Kaukasus keine Kenntniss zu haben
schien.
An dieser Stelle haben wir ferner der ausgezeichneten Beschreibung und Abbildung
der Capra cylindricornis zu gedenken, welche Blasius*) unter dem Speciesnamen Capra
caucasica Güld. (mit Aeg. РаЙазй Rouill. als Synonym) in seiner classischen Naturge-
schichte der Säugethiere Deutschlands geliefert hatte. Die Abbildung (nebst der Beschreibung)
hatte Blasius, wie schon oben mitgetheilt, 1841 während seiner Anwesenheit in St. Peters-
burg gleichfalls nach dem Reutt’schen Männchen unseres Museums angefertigt. Diese Ab-
bildungen von Blasius finden wir kurze Zeit darauf, gleichfalls unter dem Namen Capra
caucasica, bei Lechner) reproducirt, welcher Mittheilungen über das Zusammenleben des
Tur mit Megaloperdix caucasica machte, eine Beobachtung, über welche in der Literatur
vielfach berichtet worden ist. Ferner wäre hier auch Kolenati namhaft zu machen, der seine
schon früher erschienene°) Beschreibung einer Steinbockjagd am Kasbek, mit manchen Zu-
sätzen versehen, von Neuem °) veröffentlichte, und bei dieser Gelegenheit diese Art, von
welcher er eine Abbildung des Kopfes eines Männchens im Profil und eine eingehende Be-
schreibung desselben giebt, fälschlicherweise als Capra caucasica Güld.?7) bestimmt. Die
Beschreibung, welche Kolenati von den Hörnern dieser Art mittheilt, ist wörtlich Blasius
entlehnt.
Im Jahre 1859 erhielt Seine Kaiserliche Hoheit der Grossfürst Nikolai Nikolaje-
1) Gray, Cat. of the spec. of Mamm. in the Brit. Mus., 6) Kolenati, Reiseerinnerungen, Th. I, p. 256—266
Part Ш Ungulata Furcipeda, р. 148 (1852). (1858). :
2) Sacc: Bull. Mém. Soc. 2001. d’Acclimat., Ш, р. 7) Unter der Synonymie dieser Art (auf р. 258) führt
561 (1857). Kolenati auch Ovicapra Pallasii (Kolenati) an. Wo
3) Blasius, Naturg. der Säugethiere Deutschlands, | Kolenati diesen Genusnamen zuerst in Anwendung ge-
p. 479, fig. 255 et 256 (1857). bracht hat, ist mir unbekannt geblieben, vielleicht in sei-
4) Лехнеръ: ВЪстн. Ест. Наукъ, У, œur. стр. 760— | ner Zoologie (Brünn, 1855), einem Werke, welches in der
761 (1858). Bibliothek der Kaiserl. Akademie der Wissenschaften
5) Kolenati: Bull. phys.-math. Acad. St. Petersb., | leider nicht vorhanden ist.
ТУ, р. 257—264 (1845). :
14 Eve. BÜcHNER,
witsch einen ausgewachsenen männlichen Tur (Capra cylindricornis) zugeschickt, welcher
auf der Besitzung desselben, Snamenskaja in der Nähe von Peterhof, еше Zeit lang gehalten
wurde. Um auf dieses Exemplar später nicht wieder zurückzukommen, will ich hier gleich
bemerken, dass dasselbe 1860 verendete und im Fleische dem Zoologischen Museum der
Akademie der Wissenschaften zur Disposition gestellt wurde; dieses Exemplar wurde seiner
Zeit ausgestopt und skeletirt und (unter № 608 resp. № 41) den Sammlungen des Museums
einverleibt.
Akad. Brandt!) hatte im Herbste 1859 diesen lebenden Tur in Augenschein genommen
und veröffentlichte über diese interessante Acquisition eine kleine Notiz in der St. Peters-
burger Zeitung. Bei dieser Gelegenheit kam Brandt von Neuem auf die Capra caucasica-
Frage zurück, und theilte hier wiederum ausdrücklich mit, dass die Capra Pallasü Rouill., |
|
EEE REN
von welcher Art das Zoologische Museum 1854 auch ein vollständiges Skelet (№ 956) durch
die Güte des Herrn Dr. Moritz in Tiflis erhalten hatte, nichts weiter als die Gülden-
staedt’sche Capra caucasica sei. |
Im Jahre 1862 endlich erhielt das Zoologische Museum der Akademie durch die Güte ’
des Herrn Akad. Ruprecht, ausser mehreren der C. cylindricornis zugehörigen Gehörnen
und Schädeln, auch die Hörner eines alten Männchens der echten Capra caucasica, welche
den evidenten Beweis lieferten, dass С. cylindricornis durchaus nicht zu der Gülden-
staedt’schen Capra caucasica gezogen werden kann. Während sich darauf unser Museum in À
den Sechziger und Siebziger Jahren an weiteren Materialien der С. cylindricorms berei-
cherte und namentlich auch mehrere Bälge mit Schädeln aus der Ausbeute der von Radde
im November 1868 auf dem Kasbek unternommenen Steinbockjagd acquirirte, so gelang es
demselben, ungeachtet der vielfachen Bemühungen seiner Vorsteher in dieser Richtung, doch
nicht, die Capra caucasica zu erlangen. Erst im Jahre 1876 erhielt das Museum von
Herrn Czernjawski ein einzelnes Horn dieser letzteren Art, welchem derselbe Gönner 1879
noch ein weiteres Horn und den Schädel eines jungen Männchens folgen liess.
In diesem langen Zeitraum finden wir die kaukasischen Steinböcke in der Literatur in nu
recht auffallender Weise vernachlässigt. Wir haben hier nur der Notizen Bogdanow’s, Rüti- |
meyer’s und Deyrolle’s zu erwähnen. Obgleich Bogdanow *) nur еше Steinbock-Art als
auf dem Grossen Kaukasus vorkommend angiebt, nennt er dieselbe doch Aegoceros РаЙазй '
Rouill. und veröffentlicht von derselben auch eine kurze Beschreibung nebst einer Copie der
von Blasius in seiner Naturgeschichte der Säugethiere Deutschlands (unter dem Namen
Capra caucasica Güld.) mitgetheilten Abbildungen. Вайшеуег”) unterzog einen dem
1) Brandt, Ein lebender Tur im Besitze Seiner Kai- | schaftliche Kunde von Russland, XIX, p. 225—226 (1860)
serl.Hoheitdes Grossfürsten Nikolai Nikolajewitsch, | zum Abdruck.
St.Petersburg. Zeitung, N 216vom 7. October 1859. Diese 2) Богдановъ: 3Курн. Коннозаводства и Охоты,
Notiz gelangte später unter dem Titel «Ueber den Тит | № 2, стр. 37, Фиг. на стр. 50 (1873).
oder die Capra caucasica Güldenstaedt» in extenso, aber 3) Rütimeyer: Abhandl. d. Schweiz. paläont. Ge-
hne Angabe der Quelle in Ermann’s Archiv für wissen- | sellsch., V, p. 99 (1878).
Zur GESCHICHTE DER KAUKASISCHEN TURE. 15
Baseler Museum gehörigen Schädel”) des echten Aegoceros Pallasii Rouill. (der С. cylindri-
cornis) einer kurzen Besprechung, in welcher er namentlich auch die Verwandtschaft dieser Art
mit einigen ihr nahestehenden beleuchtete; in einer Anmerkung sagt jedoch Rütimeyer,
dass die Capra caucasica von Güldenstaedt mit dem sibirischen Steinbock identisch sei.
Deyrolle*) dagegen veröffentlichte eine ziemlich mangelhafte Abbildung des Schädels nebst
Hornscheiden eines alten Bockes der Capra cylindricornis, welche Art er fälschlicherweise
Ibex caucasica nannte.
Im Jahre 1879 endlich deuteten mehrere Forscher fast gleichzeitig die Verschiedenheit
der beiden kaukasischen Ture an. Dinnik?) lieferte, bei Gelegenheit der Beschreibung
einer Turjagd am Dout, einem Quellflusse des Kuban, eine kurze Beschreibung eines hier er-
beuteten Bockes und lenkte zugleich die Aufmerksamkeit auf den Umstand, dass die Hörner
dieses Exemplares im Charakter der Krümmung mit Aegoceros РаЙазй Rouill. (den er
übrigens Aeg. ammon Pall. nannte) nichts gemein haben. Zu gleicher Zeit theilte Czer-
njawski‘) mit, dass in Abhasien sehr häufig die echte Cupra caucasica vorkomme, welche
Art seit ihrer Aufstellung «überall bei allen Zoologen, nicht ausgenommen Herrn Radde und
Prof. Kessler, in Vergessenheit gerathen ist», da sie «dieselbe mit dem gemeinen Ture
(Capra Pallasii) verwechselten». In ebendemselben Jahre veröffentlichte auch Forsyth Ma-
jor°) eine Beschreibung der С. cylindricornis mit besonderer Berücksichtigung ihres Schädel-
baues. Dieser Beschreibung, welcher ein paar Abbildungen des oben erwähnten Baseler
Exemplares zu Grunde lagen, schickte Forsyth Major die (lückenhaft zusammengestellte)
Synonymie der Capra Pallasü nebst einigen systematischen Bemerkungen über diese Art vor-
aus. Forsyth Major hat, im Widerspruch zu seinen Vorgängern der neueren Zeit, aus der
Synonymie dieser Art mit vollständigem Rechte die Capra caucasica Güld. ausgeschieden;
eine nähere Begründung dafür finde ich jedoch nicht angegeben. Er spricht nur weiter die
Vermuthung aus, dass С. caucasica vielleicht die Jugendform der С. Pallasii sein dürfte.
In einer Nachschrift veröffentlichte Forsyth Major noch eine ihm zugegangene №425) von
Dr. Strauch, in welcher der letztere unter anderem mittheilt, dass die Hörner der С. cau-
casica sich sehr auffallend von denjenigen der С. Pallasii unterscheiden, und dass sie der
C. sibirica am nächsten stehen.
Darauf unterzog Schlachter’) die Capra cylindricornis einer eingehenden osteo-
1) Nach Rütimeyer stammt dieser Schädel «von ei- | aus den Atti della Società Toscana di Scienze Naturali,
nem Orte Sagedechi am Elbruz». Diese Angabe ist ohne
Zweifel falsch; höchst wahrscheinlich ist jedoch Lagode-
chi (im Gouvernement Tiflis) der Fundort des Baseler
Exemplars.
2) Deyrolle: Rev. Mag. Zool. (3), V, p. 358, pl. 17
(1877).
3) Динникъ: Природа и Oxora,l,crp. 11—12 (1879).
4) Чернявск!й: Природа и Охота, I, стр. 84—85
(1879).
5) Forsyth Major, Mat. per servire ad una storia
degli Stambecchi, р. 24—30, 51, 56 (1879). [Separatabdr.
Vol. IV, fasc. 1].
6) Diese in italienischer Sprache verôffentlichte Notiz
wiederholt später Schlachter [Arch. f. Naturg., XLVII,
1, p. 197 (1881)], wobei er die in derselben ausgesprochene
Ansicht ausser Dr. Strauch noch einem gewissen Ella
in St. Petersburg zuschreibt. Diesen russischen Zoologen
Ella hat jedoch Schlachter aus dem italienischen pro-
nomen personale Ella entstehen lassen.
7) Schlachter: Arch. Е. Naturg., XLVIL, 1, р. 194—
224 (1881).
16 Euc. BÜCHNER,
logischen und craniometrischen Untersuchung, wobei er sich gleichfalls über die Verschie-
denheit dieser Art und der С. caucasica aussprach. Seine Untersuchungen hat Schlachter
an Exemplaren der С. cylindricornis in den Museen von Basel, Berlin, Colmar, Karlsruhe |
(Hornpaar!) und Stuttgart angestellt. Das Museum von Zürich soll nach Schlachter übrigens |
die echte С. caucasica besitzen.
Im, Jahre 1882 endlich veröffentlichte Dinnik”) eine grössere Abhandlung über die
echte Capra caucasica Güld. Dinnik gebührt das Verdienst nach Güldenstaedt der erste
gewesen zu sein, der auf Grund von Materialien die Capra caucasica behandelt hat und da-
her ihr Verhältniss zu C. cylindricornis klarlegen konnte. Auf der dieser Abhandlung bei-
gelegten Tafel liefert Dinnik die Abbildung der Hörner der C. caucasica, sowie diejenige à
eines Gehörns der Capra cylindricornis unseres Zoologischen Museums (№ 540). Diese
werthvolle Arbeit ist ferner auch für die geographische Verbreitung der Ture, welche der
Verfasser vielfach zu beobachten Gelegenheit gehabt hat, von grosser Wichtigkeit.
Inzwischen liess Herr Dinnik ein paar Hörner und einen Schädel der С. caucasica dem
Zoologischen Museum der Akademie als Geschenk zugehen. Das erste vollständige Exem-
plar?) dieser Art erhielten wir jedoch erst 1884 in Tausch aus dem Dorpater Museum. Im
vorigen Jahre endlich erwarben wir, wie ich schon im Anfange dieser Abhandlung mitzu- :
theilen Gelegenheit hatte, sieben weitere Schädel nebst fünf Bälgen dieser seltenen Art.
Neuerdings finden wir nun bei Sclater von Neuem die beiden kaukasischen Ture
vereinigt, wobei unter dem Speciesnamen С. caucasica die С. cylindricornis gemeint ist. —
Auf Grund der voranstehenden eingehenden Erörterung der Geschichte der kaukasischen
Ture, stelle ich die Synonymie dieser beiden Arten zusammen, und füge derselben die geo-
graphische Verbreitung und ein Verzeichniss des im Zoologischen Museum der Kaiserlichen
Akademie der Wissenschaften vorhandenen Materials hinzu.
Capra caucasica Güld.
(Taf. 1.) :
Capra caucasica, Güldenstaedt, Act. Acad. Sc. Petrop. III, Pt. 2, р. 273, tab. XVII a, }
ХУПЬ, fig. 1 (1779); Pallas, Neue Nord. Beytr., IV, р. 386, tab. IL, fig. $
inferior (1783); Linné, Syst. Nat., ed. XIII. Gmelini, Т.Г, Pt. 1, р. 197 1
(1788); Meyer, Zoolog. Ann. I, р. 398 (1794); Georgi, Geogr.-phys. — 4
Beschr. Russ. R., Th. Ш, Bd. VI, р. 1622 (1800); Shaw, Gen. Zoology, >
Vol. II, Pt. 2, р. 368 (1801); Dwigubski, Prodr.faunae Ross. I, р. 116
1) Динникъ: Тр. Сиб. Общ. Ecr., XIII, стр. 73—91, 2) Die Originaletiquette dieses ausgestopften Bockes
табл. (1882). — Diese Arbeit wurde später ohne Angabe | lautet «С. caucasica Schreb. 6, Transkaukasien, zwischen
der Quelle wieder abgedruckt in Природа и Охота, Ш, | Orban und Laban, 1837, у. Möller».
стр. 1—14 (1884).
Zur GESCHICHTE DER KAUKASISCHEN TURE. 7
(1804); Vietinghoff, Mém. Soc. Пир. Nat. Мозе., Ш, р. 92 (1812);
Cuvier, Dict. Sc. Nat., VIII, р. 506 (1817); Cuvier, Règne Animal, I,
p. 266 (1817); Desmarest, Mammalogie, p. 481 (1820); Desmoulins,
Diet. class. d’hist. nat., III, p. 579 (1823); Hamilton Smith, Griff.
Animal Kingdom, IV, p. 502; V, p.357 (1827); Fischer, Syn. Mammal.,
p. 483 (1829), et Add. ad Synop. p. 448 (1830); Eichwald, Zoologia
spec., III, p. 345 (1831); Tilesius, Oken’s Isis, p. 881 (1835); Schre-
ber, Säugethiere, Th. У, Bd. I, р. 1263, tab. CCLXXXI B (1836);
Lesson, Hist. nat. d. Mamm. et des Oiseaux, X, p.307 (1836); Keyser-
ling u. Blasius, Wirb. Eur., p. IV et 28 (1840); Roulin, Diet. univ.
d’hist. nat., III, p. 514 (1843); Sundevall, Kongl. Vet.-Akad. Handl.,
р. 276 (1845) [partim]; Schinz, Synopsis Mamm., II, р. 461 (1845);
Reichenbach, Vollst. Naturg. Wiederk. IT, tab. LXI, fig. 340 — 341
(1846); Schinz, Monogr. d. Säug., Monogr. d. Cuv. Gatt. Ziege und
Schaf, p: 7, Taf. 5 (1848); Sacc, Bull. Soc. Zool. d’Acclimat., Ш, р. 561
(1857); Giebel, Säugethiere, р. 237 (1859); Dinnik, Тр. Спб. Общ.
Ест. XIII, стр. 73, табл. Фиг. 1 (1882).
Aries caucasicus, Fischer, Zoognosia, Ш, р. 394 (1814).
Aegoceros Ammon, Pallas, Zoographia Rosso-Asiatica, I, р. 229, tab. ad р. 229 (1831)
[exelusa fig. 6, tab. ad р. 224—230].
Aegôceros caucasicus, Wagner, Schreb. Säug., Th. У, Bd. Гр. 1302 (1836); Wagner,
Schreb. Säug., Suppl. Abth. IV, p. 497 (1844).
Die Hörner sind ziemlich stark sichelförmig gebogen; die Krümmunglinie liegt in einer
Ebene oder steigt selten kaum merklich aus der Ebene einwärts heraus. Die Hörner steigen
von der Basis aufwärts und auswärts und wenden sich darauf bei wenigem rückwärts und
auswärts; gegen die Spitzen hin entfernen sie sich daher allmählich weiter von einander.
Ihre Vorderfläche trägt deutliche Knoten.
Geographische Verbreitung. Capra caucasica ist ein Bewohner der hochalpinen Region
und der Eiszone des westlichen Theiles des Grossen Kaukasus.
Unsere Zusammenstellung der einzelnen Fundorte beginnen wir mit der Besprechung
des Verbreitungscentrums dieser Art— dem Elbrus. Ueber das Vorkommen auf dieser Ge-
birgsgruppe berichten Güldenstaedt'), Eichwald°), Nordmann°), Radde‘) und Lorenz’);
Dinnik‘), welcher diesen Steinbock auf dem Elbrus noch in grossen Mengen vorkommen
1) Güldenstaedt, Reisen, II, р. 17 (1791) [«Stein- 4) Radde: Sitzber. I. Intern. Ornith. Congresses,
bock»]. Schlusssitz., p. 7 (1884).
2) Eichwald, Zool. spec., III, p. 345 (1831); Fauna 5) Lorenz, Beitr. z. Kenntn. d. Ornith. Fauna d.
Caspio-Caucasica, p. 39 (1841). Nords. d. Kaukasus, p. VII (1887).
3) Nordmann, Faune Pontique, p. 58 (1840). 6) Динникъ: Пр. и Охота, VI, стр. 7—8 (1880); Тр.
Спб. Общ. Ест., XIII, стр. 82—90 (1882).
Mémoires de l'Acad. Imp. d. sc, VII Série. 3
18 EuUG. BÜCHNER,
lässt, beobachtete ihn sehr häufig auf dem Westabhange desselben und begegnete’ hier bei-
spielsweise an einem Tage (29. Juni 1874) dreien Heerden, von denen die eine 23, die an-
dere с. 15 und die dritte endlich 33—34 Stück zählte. Auch Radde') theilt mit, dass er
bei Besteigung des Elbrus auf eine Bande dieser Thiere stiess. Ebenso häufig kommt ©. cau-
casica auch in der zum Elbrus-System gehörigen, nach Norden sich hinziehenden Gebirgs-
gruppe, dem Quelllande des Kuban und der grossen Zuflüsse des Terek (dem Fundorte der
Güldenstaedt’schen Originale), vor. Sie ist namentlich auch im Quellgebiet der Malka nicht
selten; aus dieser Gegend stammen auch zwei Bälge (№ 1994, 1995) und ein weiterer
Schädel (№ 3224) unseres Zoologischen Museums. Rossikow?) beobachtete diesen Stein-
bock in einzelnen Exemplaren oder auch familienweise am 18. Juli 1884 bei Besteigung
des Gletschers Balk-baschi-bus (auf den nordwestlichen Ausläufern des Elbrus) und jagte
denselben am 21. und 22. dieses Monats an dem Balk-baschi, dem Quellflusse der Malka.
Lorenz?) hat das Vorkommen der Сарга caucasica auf den Bergen Kinshal, Bermamut,
Eschkakon und dem Muscht nachgewiesen; zu diesen Bergen möchte ich noch den Charbas
hinzufügen, von welchem unser Museum, das auch vom Kinshal einen Schädel (№ 2480) er-
hielt, etliche Exemplare ( 1980, 1981 und 2004) besitzt. An dieser Stelle wäre auch der
Bock zu erwähnen, welchen Vietinghoff®) auf dem Beschtau erlegte.
Oestlich vom Elbrus kommt С. caucasica, nach den Mittheilungen von Dinnik°), nur -
noch im Quellgebiet des Baksan, des Tschegem und auf dem Westabhange des Dych-tau vor,
während östlich von diesem letzteren schon die С. cylindricornis auftritt.
Westlich vom Elbrus trifft man diesen Steinbock im Quellgebiete des Kuban und der
Teberda, stellenweise übrigens nicht besonders häufig, ап. Dinnik°) beschreibt unter anderem
auch eine Jagd auf denselben im Quellgebiete des Dout (eines Nebenflusses des Kuban) und
auf dem Doutschen Gletscher; auf dem Gebirgsrücken, welcher das Thal der Teberda von
demjenigen des Dout scheidet, kommt C. caucasica in sehr grosser Anzahl vor. Aus dieser
Gegend stammen auch zwei Einzel-Hörner (№ 1012, 1013) dieser Ziege, welche Herr Dinnik
dem Zoologischen Museum zu überlassen die Güte gehabt hat. Nach einer weiteren Mit-
theilung von Dinnik’), fehlt С. caucasica in Folge der Nähe von menschlichen Ansiede-
lungen auf den Bergen, welche jederseits der Teberdinskischen Aule gelegen sind; hier kommt
sie nur an zwei Stellen (Gidy und Chutu) in ziemlich grosser Anzahl vor, doch sind diese
Localitäten von bewohnten Gegenden weit entfernt. Aus dem angeführten Grunde meidet
C. caucasica auch die Berge des Grossen Karatschai (d. h. der drei Aule Kar-Dshürt, Chur-
1) Radde, Ber. biol.-geogr. Unters. in d. Kaukasus- 4) Vietinghoff: Mém. Soc. Imp. Mosc., III, p. 92
ländern, I, p. 193 (1866); Peterm. Geogr. Mitth., p. 102 | (1812).
(1867) [«Kaukasischer Steinbock»). 5) Динникъ: Тр. Соб. Общ. Ест., XII, етр. 90
2) Россиковъ: Зап. Имп. Акад. Наукъ, ШУ, стр. | (1882).
78 (1887). 6) Динникъ: Природа и Охота, I, стр. 1—12 (1879);
3) Lorenz, Beitr. 2. Kenntn. 4. Ornithol. Fauna 4. | Природа и Охота, УТ, стр. 7 (1880).
Nordseite 4. Kaukas., р. УП (1887). 7) Динникъ: Тр. Спб, Общ, Ест, XIII, стр. 82
(1882).
+ 3 3
Zur GESCHICHTE DER KAUKASISCHEN TURE. 19
suk und Utsch-Kulan), doch ist sie im Lande der Karatschajewzen, welche sich die Stein-
bockjagd zur Specialität gemacht haben, ziemlich häufig. In der Umgegend des Chumarinski-
Post, welcher an der Einmündung der Teberda in den Kuban liegt, soll diese Wildziege,
nach Berichten von Atr.'), in grosser Menge vorkommen; so begegnete dieser Berichter-
statter, während seines Aufenthaltes in Chumara, sechs Bergjägern, welche nach einem
zweiwöchentlichen Jagdausfluge mit zwanzig Steinböcken zurückkehrten. Ferner bewohnt
Capra caucasica die Gebirgspartien der Quellgebiete des kleinen Selentschuk, der Marucha,
des grossen Selentschuk, des Urup, der grossen und kleinen Laba und der Bjelaja*). Be-
sonders häufig ist sie an den Selentschuki, am Urup und an der Laba, wo sie heerdenweise
und in sehr grossen Mengen vorkommt. Aus den Gegenden am Oberlaufe der Laba stammt
auch der Bock (№ 1815), welchen unser Museum neuerdings acquirirte. Auch weiter west-
wärts von den Quellen der Bjelaja, bewohnt wohl ohne Zweifel die Capra caucasica den
Kamm des Grossen Kaukasus; wenigstens finde ich in der Beschreibung der Jagdverhältnisse
des Tschernomorskischen (Schwarz-Meer-) Distrikts von Marggraf°) die Angabe, dass der
Steinbock in dem zu diesem Distrikte gehörigen Theile des Grossen Kaukasus bis Gelend-
schik vorkommt und nur angefangen von diesem letzteren Orte fehlt, da das Gebirge hier
niedrig ist und mit seinen Höhen die hochalpine Zone, die eigentliche Heimath dieses Stein-
bockes, nicht mehr erreicht.
Wir gehen jetzt zur Frage über die Verbreitung der C. caucasica auf den südlichen
Ausläufern dieses Theiles des Grossen Kaukasus über. Ueber das Vorkommen im Districte
des Schwarzen Meeres haben wir schon oben berichtet; dieser Angabe wollen wir noch eine
Mittheilung von Pantjuchow*) beifügen, laut welcher Ture in grosser Anzahl die linke
Seite des Flüsschens Chaschupse bewohnen sollen. Für Abchasien wird dieser Steinbock zu-
erst von Eichwald°)erwähnt. Nach Czernjawski‘) ist er in den Bergen dieser Provinz sehr
häufig, und begiebt sich heerdenweise zur Tränke zum Flusse Bsyb; im Sommer 1870 wurde
eine Heerde auch im Flussbett des Pshu beobachtet. Herr Czernjawski hat aus Ssuchum-
Кайе dem Zoologischen Museum einen aus Abchasien stammenden Schädel (№ 1020) nebst
einem Horne (№ 558), und ein weiteres Horn (№ 547) vom Flusse Bsyb eingesandt. Juch-
nowitsch”) theilte mit, dass die Ture in den Bergen bei Ssuchum vorkommen, während
Sselastennikow°) kurz über die Jagd auf dieselben, ebenfalls in den Umgebungen von
Ssuchum, berichtete.
Ehe ich die Daten über das Vorkommen der Steinböcke im Freien und Dadianschen
1) Атр.: Природа и Охота, УТ, стр. 40, 42 (1883) 5) Eichwald, Fauna Caspio-Caucasica, р. 39 (1841).
[«Туръ»]. 6) Чернявск!й: Природа и Охота, I, стр. 84—85
2) Динникъ: Тр. Соб. Общ. Ест, ХТ, стр. 80, 82, | (1879).
88, 90 (1882). 7) Юхновичъ: Природа и Охота, ХТ, стр. 70 (1886)
3) Маргграхъ: Журн. Охоты, № 2, стр. 40 (1876) | [«Туръ»].
[«Туръ»]. 8) Селастенниковъ: Природа и Охота, I, стр. 4
4) Пантюховъ: Кавказъ, № 95, стр. 527 (1864) | (1886) [«Туръ»].
[«Туръ»].
3*
20 Euc. BÜCHNER,
Swanien und in den Districten Letschchum und Radscha (d. h. im Gebiete des Oberlaufes
des Ingur und der zahlreichen Quellen der rechts einfallenden Rionzuflüsse) zusammenstelle,
möchte ich die Bemerkung vorausschicken, dass ich die Art, zu welcher die hier vorkommen-
den Ture gehören, mit Sicherheit nicht deuten kann. Der Grund hierfür liegt in dem Um-
stande, dass mir einerseits jegliches Material aus dieser Gegend fehlt, und dass sich anderer-
seits in der Literatur keine Beschreibungen der Gehörne der hiesigen Ture vorfinden. Radde
hat wohl Gelegenheit gehabt in diesen Gegenden eine grosse Anzahl von Hörnern zu unter-
suchen, doch verschweigt er in seinen Berichten consequent die Artbestimmung. Ich glaube
jedoch den in diesen Gegenden heimischen Tur als zu Capra caucasica gehörig ansprechen zu
müssen; eine sichere Feststellung der Art ist aber erst von künftigen Untersuchungen zu
erwarten.
Nordmann!') führt die Capra caucasica als Bewohner der Hochgebirge Swaniens an,
während Radde?) mittheilt, dass der Tur in dem Gebirge am Oberlaufe des Ingur vorkomme.
An einem anderen Orte beschreibt Radde°) auch eingehend den Besuch von an Turhörnern
besonders reichen Kapellen im Freien Swanien, namentlich derjenigen von Iibiani und Tschu-
biani am Dshalai (einem Quellflusse des Ingur); aus der grossen Anzahl der an diesen Orten
aufgestapelten Turhörner kann man auf ein sehr häufiges Vorkommen des Steinbockes im
Freien Swanien schliessen. Die Quellgebiete der rechten Rionzuflüsse werden gleichfalls
vom Steinbocke bewohnt; Radde‘) führt speciell noch die Höhenzüge Bodrösch und Kudani
am linken Ufer des Tskenis-Tskali an, welche dem Steinbocke ein ungestörtes Weideland
bieten. Im Quellgebiete des Tskenis-Tskali ist der Steinbock sehr häufig; diese Gebiete
werden auch, nach Mittheilungen von Radde, jährlich im Winter von den Bewohnern von
Laschketi besucht, um die zum Lapuri herabsteigenden Steinböcke zu tödten; im Winter
1863—1864 erlegte man an einem Tage auf dem Lapuri-Gletscher 31 dieser Thiere. Nach
Dubois de Montpéreux”) werden die Höhen des Passmta und Kadela gleichfalls vom
Steinbocke bewohnt. Gamba°) theilt ferner mit, dass der Tur häufig auf den Bergen vor-
kommt, welche den Distriet Radscha umsäumen und ihn vom Lande der Swanen trennen.
Auch Güldenstaedt‘) und Perewalenko°) führen den Steinbock für den District Radscha
an, wobei letzterer, neben verschiedenen Notizen über Lebensweise, Jagd u. s. w., noch die
Mittheilung macht, dass der Höhenzug Schota, welcher e. 50 Werst von der Ortschaft Oni
am Rion entfernt ist, das ausschliessliche Jagdterrain für den Steinbock in diesem Distriete
bildet.
1) Nordmann, Faune Pontique, p. 58 (1840). 5) Dubois de Montpéreux, Voy. autour du Cau-
2) Radde: Peterm. Geogr. Mitth., р. 48 (1865) [«Kau- | case, ТУ, р. 276 (1840) [«Capra ibex»].
kasischer Steinbock»]. 6) Gamba, Voyage dans la Russie mérid., p. 287
3) Radde, Ber. biolog.-geogr. Untersuch. in d. Kau- | (1826) [«le touri»].
kasusländ., I, р. 79 (1866) [«Tur»]. 7) Güldenstaedt, Reisen, I, р. 400 (1787); Beschreib.
4) Radde, Ber. biolog.-geogr. Untersuch. in 4. Kau- | d. kaukas. Länder, р. 91 (1834) [«Steinbock»].
kasusländ., Г, р. би. 68 (1866) [«Steinbock»]|. 8) Переваленко: Кавказъ, № 25, стр, 99—100
(1849) [«Туръ»].
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у Zur GESCHICHTE DER KAUKASISCHEN TURE. 21
Material dieser Capra-Art im Zoologischen Museum der Akademie der Wissenschaften:
A. Osteologische Abtheilung:
à 547 G alt. Abchasien, Fl. Bsyb Hr. W.Czernjawski 1876 linkes Horn.
548 д sehr alt. Fundort ? Mus. Dorpat 1884 linkes Horn.
558 да. Abchasien Hr. W. Czernjawski 1879 linkes Horn.
560 С sehr alt. Kaukasus Akad. Fr. Ruprecht 1862 Hornpaar.
1012 G ausgew. Kuban-Gebiet, F1. Teberda Hr. N. Dinnik 1880 linkes Horn.
1013 & ausgew. Kuban-Gebiet, Fl. Teberda Hr. N. Dinnik 1880 rechtes Horn.
1020 G jung. (Ssuchum-Kale) Hr. W.Czernjawski 1879 Schäd. compl. mit Hornscheiden.
1091 G alt. Fundort ? Hr. N. Dinnik 1881 Schäd.def.‚ohneUnterk.‚mitHornsch.
1593 G alt. Oberlauf d. Malka Hr. Gr. Dronow 1886 Schäd. compl., gehört zu № 1994.
2480 4 ausgew. Kinshal-Gora (1) Hr. Gr. Dronow 1886 Schäd. compl. mit Hornscheiden.
Ä 2481 © ausgew. Oberlauf 4. Malka (xı) Hr. Gr. Dronow 1886 Schäd. compl., gehört zu № 1995.
ER 3027 & ausgew. Charbas (**/ıv) Hr. Gr. Dronow 1886 Schäd. compl., gehört zu № 1980.
3028 & ausgew. Charbas (Yıw) Hr. Gr. Dronow 1886 Schäd. compl., gehört zu № 1981.
3224 G alt. Oberlauf d. Malka (x1) Hr. Gr. Dronow 1886 Schäd. conipl. mit Hornscheiden.
3225 © sehr alt. Charbas (nr) Hr. Gr. Dronow 1886 Schäd. compl., gehört zu № 2004
Le B. Zoologische Abtheilung:
a) Ausgestopft:
1815 G ausgew. Laba Mus. Dorpat 1884 Schäd. im Exempl.
: 1980 © ausgew. Charbas (24/19) Hr. Gr. Dronow 1886 Schäd. № 3027,
1981 G ausgew. Charbas (*#/1v) Hr. Gr. Dronow 1886 Schäd. № 3028.
1994 G ait. Oberlauf d. Malka Hr. Gr. Dronow 1886 Schäd. № 1593.
2004 © sehr alt. Charbas ('’/m) Hr. Gr. Dronow 1886 Schäd. № 3225.
b) Im Balge:
1995 © ausgew. Oberlauf d. Мака (ху) Hr. Gr. Dronow 1886 Schäd. № 2481.
Capra eylindricornis (Blyth).
(Taf. IL.)
Ovis ammon var., Hamilton Smith, Griff. Animal Kingdom, ТУ, р. 317 (1827).
Capra ibex, Dubois de Montpéreux, Voyage autour du Caucase, IV, р. 274 (1840).
Ovis eylindricornis, Blyth, Proc. Zool. Soc. Lond., VIII, р, 68 (1840); Blyth, Ann. Mag,
Nat. Hist., VII, p. 249 (1841); Blyth, Journ. As. Soc. Beng,, X
p. 870 (1841).
Aegoceros Pallasii, Rouillier, Bull. Nat. Мозс., р. 910, tab. XI, (1841); Wagner.
, Schreber’s Säug., Suppl. Abth. IV, p.497 (1844); Bogdanow, Журн.
Ох. и Коннозав., №2, стр. 37, Фиг. на, стр. 50 (1873); Rütimeyer, Ab-
handl. 4. Schweiz. paläont. Gesellsch., У, р. 99 (1878); Schlachter,
)
22 Eve. BÜcHnER,
Arch. f. Naturg., ХОУП, 1, р. 194 (1881); Dinnik, Тр. Спб. Общ.
Eer., XIII, стр. 75, табл. Фиг. 2 (1882). |
Capra caucasica, Dwigubski, Опытъ Ест. Ист. ив. Рос. Имп., I, стр. 51 (1829).
Brandt, урн. Коннозав. и Ox., Ш, № 11, crp. 233, табл. (1842);
Sundevall, Königl. Vet.-Akad. Handl., р. 276 (1845) |[partim.];
Blasius, Nature. Säug. Deutschl, р. 479, fig. 255, 256 (1857);
Lechner, ВъЪетн. Ест. Наукъ, У, œur. стр. 760 (1858); Kolenati,
Reiseerinnerungen, Th. I, р. 256, fig. pag. 258 (1858); Brandt,
St. Petersb. Zeitung, № 216 (1859); Brandt, Ermann’s Archiv,
XIX, p. 225 (1860); Sclater, Proc. Zool. Soc. Lond., р. 315 (1886).
Capra sp., Koch, Reise durch Russland, p. 72 (1843).
Capra Pallasü, Schinz, Synopsis Mamm., Il, р. 459 (1845); Schinz, Monogr. d.
Säug., Monogr. d. Cuv. Gatt. Ziege u. Schaf, p. 8, Taf. 6 (1848);
Giebel, Säugethiere, р. 288 (1859) [nee Schinz]; Forsyth Major,
Mat. p. una storia d. Stambecchi, p. 24 (1879).
Ovis Pallasü, Reichenbach, Vollst. Naturg. d. Wiederk., II, tab. XLIX, fig. 273
(1846).
Aegocerus caucasicus, Ssimaschko, Русская Фауна, II, р. 961, табл. 78, Фиг. 2 (1851);
Gray, Cat. of Mamm. Brit. Mus., Part. III, p. 148 (1852).
Ibex caucasica, Deyrolle, Rev. Mag. Zool., (3), V, p. 358, pl. 17 (1877).
Die Hörner sind schraubenförmig, das rechte rechts, das linke links, im Raume ge-
wunden. Sie steigen von der Basis aufwärts und sehr stark auswärts, wenden sich .
darauf noch weiter auswärts und mehr und mehr rückwärts, und sind mit dem Endtheil
stark einwärts und aufwärts gewunden; gegen die Spitzen hin nähern sie sich auf diese
Weise einander bedeutend. Ihre Vorderfläche ist mit flachen Querrunzelungen versehen.
Geographische Verbreitung. Capra cylindricornis kommt überall in der hochalpinen Zone
des östlichen Theiles des Grossen Kaukasus vor.
Auf Grund langjähriger Untersuchungen über die geographische Verbreitung der Ture,
welche Dinnik') auf seinen vielfachen Reisen zwischen dem Elbrus und Kasbek angestellt
hatte, gelangte er zu dem höchst interessanten Resultate, dass der hohe Gebirgszweig des
Hauptstockes des Grossen Kaukasus, der den Dych-tau und Kaschtan-tau trägt, zugleich die
Grenze bildet, welche die Verbreitungsgebiete der zwei kaukasischen Steinbock-Arten trennt.
Westlich von: diesem Gebirgszweige fand Dinnik nur die me caucasica, östlich aus-
schliesslich die Capra cylindricornis.
Die Besprechung der geographischen Verbreitung dieser Art beginnen wir mit de
westlichsten Punkte ihres Verbreitungsbezirks und verfolgen dann ihr Vorkommen ostwärts
längs der Hauptkette des Grossen Kaukasus.
1) Динникъ: Тр. (пб. Общ, Ecr., XIII, стр. 81 и 89 (1889),
EN VONT EE Dh Tl in an an
ar La BE Segen or РИ
Zur GESCHICHTE DER KAUKASISCHEN TURE. 23
Für das Quellgebiet des Tscherek und Uruch ist das Vorkommen der С. cylindricornis
durch Dinnik’s') Untersuchungen constatirt worden. Dinnik*) beschreibt auch einen Be-
such des Tana-Gletschers und der Quellen des Flüsschens Tana, welchesin den Uruch mündet,
und schildert hierbei ausführlich eine erfolglose Jagd auf diesen Steinbock, welche er in
dieser Gegend veranstaltet hatte. Klaproth®) besuchte am rechten Ufer des Uruch eine
Kapelle, in welcher eine grosse Anzahl von Schädeln und Knochen geopferter Thiere her-
umlagen und unter welchen er auch dem Tur gehörige Gehörne vorfand. Weiter ostwärts
kommt dieser Steinbock im Quellgebiete des Ardon vor, für welche Gegend ihn gleichfalls
Dinnik*) während seiner im Jahre 1879 dahin unternommenen Excursion constatirt hat.
Dieser Reisende fand auch zwischen dem Zeja-Gletscher (welchem die Zeja, der linke Quell-
fluss des Ardon, entspringt) und der Ortschaft Sswjatoi Nikolai an einem von den Ossetinern
heilig gehaltenem Orte eine ganze Barrikade von Schädeln und Hörnern der Capra cylindri-
cornis aufgestapelt, welche auf ein häufiges Vorkommen dieses Turs in jener Gegend hin-
deutet.
Auf dem Kasbek und auf den benachbarten Bergen ist Capra cylindricornis eine häufige
Erscheinung. Ueber ihr Vorkommen auf diesen Höhen des Grossen Kaukasus sprechen
Dubois de Montpereux°’) Reutt‘), Wagner’), Wladykin°®) und Lorenz’). Ferner
lieferten Reutt!°) und Kolenati!') ausführliche Schilderungen ihrer Turjagden auf dem
Kasbek; später beobachtete Kolenati'?) den Tur auch in der Nähe des Gletschers, den er
den 1. Zminda-Nino-Gletscher nennt. Dinnik!*) beschreibt eine Jagd auf diesen Steinbock
auf dem Dewdorak-Gletscher, auf der Ostseite des Kasbek, während Dawidowitsch ") bei
Besteigung des Kasbek von der südöstlichen Seite, den Tur auf dem Chirwan-Gletscher be-
obachtete. Mehrere Bälge und Schädel dieser Art vom Kasbek besitzt auch das Zoologische
Museum der Akademie.
Wir gelangen jetzt zur Besprechung der Fundorte des Tur im Tuschino-Pshawo-Chew-
surischen Districte. Ueber das Vorkommen dieses Steinbockes und über die Jagd auf denselben
1) Динникъ: Тр. Спб. Общ. Ecr., XIII, стр. 89 8) Владыкинъ, Путевод. и собесЪл. въ пут. по
(1882). Кавказу, 2-е изд., u. I, стр. 169—171 (1885).
2) Динникъ: Природа и Охота, Ш, стр. 21—23 9) Lorenz, Beitrag zur Kennt. 4. Ornith. Fauna 4.
(1885). Nords. d. Kaukasus, p. VII (1837).
3) Klaproth, Voyage au Mont Caucase, II, р. 185,
286 (1823) [«Capra rupicapra»].
4) Динникъ: Тр. Сиб. Общ. Ест. XII, стр. 81
(1882).
5) Dubois de Montpéreux, Voy. autour d. Cau-
case, IV, p. 274, 276 (1840) [«Capra ibex Güld.»].
6) Реуттъ: Pycexiñ ВЪстникъ, I, стр. 724 (1841)
[«Туръ»].
7) Wagner, Reise nach Kolchis, р. 322 (1850) [«C.
caucasica»].
10) Реуттъ: Журн. Коннозав. и Охоты, Ш, № 11,
стр. 245—248 (1842) [«Туръ»].
11) Kolenati: Bull. phys.-math. Acad. St. Pétersb.,
ТУ, р. 257—264 (1845); Reiseerinnerungen, Bd. I, р. 256—
266 (1858) [«C. caucasica»].
12) Kolenati: Bull. phys.-math. Acad. St. Petersb,,
ТУ, р. 184 (1845) [«C. caucasica»].
13) Динникъ: Природа и Охота, II, стр. 1—20
(1887).
14) Давидовичъ: Природа и Охота, I, стр. 9 (1885
[«Туръ»].
24 Euc. Bücaxer,
in diesem Gebiete berichtet Eristow'). Reutt?) führt ihn für Chewsurien an und Radde‘)
theilt mit, dass im Lande der Chewsuren die unzugänglichen Steilungen des Tscha-uchi
(12,000’) und das Ssadekis-chewis-tawi-Gebirge dem Ture zum Aufenthalte dienen. An einer
heidnischen Stätte im chewsurischen Dorfe Schatil (am Schatil-tskali, einem Quellflusse des
Argunj) fand Radde') sehr viele Gehörne von Bezoarziegen und Turen aufbewahrt; aus dem
Vorwalten der ersteren schliesst Radde, dass Capra aegagrus in diesen Gegenden ungleich
häufiger ist, als Capra cylindricornis. Auch die Tuschinischen Alpen mit ihren hohen
Bergen, dem Tebulos-mta, Katschu, Kwawlos-mta und dem Diklos-mta, bieten, nach Radde”),
dem Ture viele Lieblings-Standorte; am Borbalo traf er einige Hirten, die Tags zuvor zwei
junge Steinböcke erlegt hatten. In der Nähe des Borbalo befindet sich der Stanjskische
Gletscher, welcher, nach Mittheilungen von Ziskarow‘°), in grossen Mengen von diesem
Steinbocke bewohnt wird; Ziskarow theilt ferner mit, dass auch auf dem Amiranskischen
Berge im Gebiete der Tuschen der Tur vorkommt. Auch Güldenstaedt’) führt ihn für das
Land der Tuschen als häufig an.
Nach mir zugegangenen Mittheilungen von Herrn Mlokossiewicz°), kommt der Tur
längs der Kette des Grossen Kaukasus, vom Lande der Tuschen bis zum Meridian von Sche-
macha, angefangen von 9000’, vor und ist namentlich bei 12,000’ häufig. In ganz besonders
grosser Anzahl jedoch bewohnt der Tur im Dagestan, wie mir weiter Herr Mlokossiewicz
schreibt, den Bagos, namentlich bis zu der Stelle, wo der Awarskoje Koissu denselben durch-
schneidet.
Die Schädel dieser Art (№ 3016, 3222, 3223), welche Herr Dr. Haberkorn dem
Zoologischen Museum der Akademie als Geschenk darzubringen die Güte hatte, stammen
von der Nordseite des Grossen Kaukasus, aus den Umgebungen von Schatoi (am Argunj, im
Terskischen Districte); ferner besitzt das Zoologische Museum diese Art von den Bergen
Antzal und Chotschal bei Lagodechi und von den Quellen des Djulti-Tschai (№ 549) im
Dagestan.
Im Distriete von Sakataly kommt der Тит, nach Berichten von Plotto°), Selinski®?)
und Kessler!'), häufig vor; besonders zahlreich soll er, nach Plotto, in den Bergen der
Umgebungen der Ortschaft Elissu sein. Ferner führt Schtscherbakow ©) den Tur für den
1) Эристовъ: Зап. Кавк. Отд. P. Геогр. Общ., Ш, 7) Güldenstaedt, Reisen, I, р. 376 (1787) [«Stein-
стр. 84 u 126 (1855) [«Туръ»]. bock»].
2) Реуттъ: Руссюй ВЪстникъ, Ц, стр. 724 (1841) 8) Ich ergreife hier die Gelegenheit, Herrn Е. Mlo-
[«Туръ»]. kossiewicz für die freundliche Zuvorkommenheit, mit
3) Radde, Die Chewsuren u. ihr Land, р. 231 u. 249 | welcher er die den Kaukasus betreffenden Arbeiten zu
(1876) [«Tur»]. fördern sucht, meinen besten Dank zu sagen.
4) Radde, Die Chewsuren u. ihr Land, p. 267 (1876) 9) Плотто: Сборн. свЪд. о Кавказск. горцахъ, вып.
[«Aeg. Pallasii»]. ТУ, стр. 3 (1870) [«Ovis argali»].
5) Radde, Die Chewsuren u. ihr Land, р. 316, 317, 10) Зелинский: Кавказъ, № 108 (1872) [«Туръ»].
319 (1876) [«Tur»]. 11) Кесслеръ, Путешеств. по Закавк. Kp., стр. 122
6) Цискаровъ: Кавказъ, № 50, стр. 198 (1846) | (1878) [«Туръ»]. hr
[«Туръ»]. 12) Щербаковъ: Журн. Охоты, Ш, № 5, стр. 35
(1875) [«Туръ»].
Zur GESCHICHTE DER KAUKASISCHEN TURE. 25
gebirgigen Theil des Ssamurschen Districts an, während Seidlitz') mittheilt, dass die Be-
wohner von Bergdörfer Chrach und Uchül, in der Nähe des Schalbus-dagh, hier in den
höchsten Gebirgsregionen, der Turjad obliegen. Nach Radde?), soll der Tur auf dem Schach-
dagh fehlen, kommt jedoch auf dem Basar-düsi vor; die Erkundigungen, welche Radde in
Schemacha über das Vorkommen des Tur im nordwärts sich hinziehenden Hauptgebirge
machte, deuten darauf hin, dass er auch dort lebt.
Schliesslich stelle ich noch ein paar Angaben über das Vorkommen der Ture im Kleinen
Kaukasus, welche ich in der Literatur gefunden habe, zusammen, Kessler?) theilt mit, dass
der Tur im Elisabethpoler Gouvernement, namentlich zum Goktscha-See hin, häufig vor-
komme und dass er überhaupt eine gemeine Erscheinung im Kleinen Kaukasus sei. In einem
russischen Jagdjournal*) finde ich ferner eine Mittheilung, laut welcher ein von ein paar
Jägern verfolgtes Turmännchen sich in die Stadt Schuscha geflüchtet haben soll, nachdem es
Tags zuvor in der Umgegend dieser Stadt angetroffen und verwundet worden war. In einer
Beschreibung des Gouvernements Eriwan°) ist der Tur unter den daselbst vorkommenden
Thieren angeführt. Endlich ist bei dem Männchen und Weibchen der Capra cylindricornis,
welche das British Museum) besitzt, der Ala-dagh als Fundort angegeben.
Alle diese Angaben halte ich jedoch lange nicht für soweit sicher, um auf Grund der-
selben das Vorkommen der Ture im Kleinen Kaukasus als constatirt anzusehen. Kessler’s
Mittheilungen basiren bloss auf Erkundigungen, die er bei verschiedenen Personen einge-
zogen hatte; bei den Exemplaren des British Museum hat bei der Angabe des Fundorts
möglicherweise eine Verwechselung stattgefunden und die übrigen Angaben endlich können
auf einen wissenschaftlichen Werth absolut keinen Anspruch machen.
Ich bin im Gegentheil der festen Ueberzeugung, dass das Verbreitungsgebiet der kau-
kasischen Ture, sowohl der C. caucasica, als auch der C. cylindricornis, auf den Grossen
Kaukasus beschränkt ist. Diese Ansicht bestätigt mir neuerdings auch Herr Mlokossiewicz,
der auf eine diesbezügliche Anfrage meinerseits mir die Mittheilung macht, dass die Ture
im Kleinen Kaukasus nirgends vorkommen; diese Gegend bewohnt ausschliesslich Capra
aegagrus.
1) Seidlitz: Peterm. Geogr. Mitth., p. 140 (1863)
[«C. caucasica»].
2) Radde, Ornis Caucasica, p. 347 (1884).
3) Кесслеръ, Путешеств. по Закавказ. Kp., стр.
74, 115, 116 (1878) [«C. caucasica Pall.?», «Туръ»].
4) Журн. Коннозав. и Охоты, ХХХШ, №7, стр.
179—180 (1852) [«Туръ»].
5) Вурн. Мин. Внутр. Д%лъ, IV, 2, стр. 118 (1831).
Diese Angabe lautet folgendermaassen: «Тамъ-же (т. е.
на ГогчаЪ въ особенности въ Зодскомъ округЪ, въ
Дарачичаг$, на Абарани въ долинахъ Алагеза, и ущель-
яхъ Агрыдагскаго хребта) встрЪчаются частыя стада
Mémoires de l’Acad. Гир. 4. sc. УП Série.
дикихъ барановъ, козъ и туровъ, à Ha АлагезЪ водится
особый родъ, называемый Дживиръ. Разсказы ваютъ
что животное Cie ведетъ товарищество съ одною пти-
mer» ит. д., und ist aus derselben leicht zu ersehen, auf
wie wenig Glaubwürdigkeit sie Anspruch machen kann. —
Siehe auch Вучетичъ: Журн. Охоты, II, № 4, стр.
81—35 (1875).
6) Gray, Cat. Ruminant Маши. Brit. Museum, р. 52
(1872); Hand. List of the Edentate, Thick-skinned and
Ruminant Маши. Brit. Museum, р. 123 (1873) [«Aegoce-
ros caucasica»].
26 Euc. Bücaxer,
Die Verbreitung der beiden kaukasischen Ture gestaltet sich demnach als vollständig
analog mit derjenigen von Megaloperdix caucasica, welche gleichfalls nur die Kette des
Grossen Kaukasus bewohnt. Das Meskische Gebirge, welches den Grossen Kaukasus mit dem
Kleinen Kaukasus verbindet, bildet jedoch keine Strasse, auf welcher das kaukasische Königs-
huhn hätte in den Kleinen Kaukasus gelangen können, da dieser Meridianstock auf seiner
ganzen Längenausdehnung nirgends die hochalpine Zone mit seinen Höhen erreicht. Diese
Erklärung von Radde') für das ausschliessliche Vorkommen der Megaloperdix caucasica im
Grossen Kaukasus glaube ich auch für das Fehlen der Ture im Kleinen Kaukasus anwenden
zu können.
Aus der eingehenden Erörterung der geographischen Verbreitung der kaukasischen
Ture ist zu ersehen, dass unsere Kenntniss derselben noch vielfache Lücken aufzuweisen hat,
doch abgesehen davon unterliegt es keinem Zweifel, dass sich die beiden in Rede stehenden
Steinböcke gegenseitig geographisch ausschliessen: Capra caucasica ist Bewohner der west-
lichen, Capra cylindricornis dagegen der östlichen Hälfte des Grossen Kaukasus. Es liegt
nichtsdestoweniger die Annahme nicht fern, dass diese beiden Arten dort, wo ihre Ver-
breitungsgebiete an einander grenzen, nicht allein neben einander leben, sondern sich viel-
leicht auch verbastardiren. Ueber diese Frage können wir jedoch erst von künftigen For-
schungen Aufschluss erwarten; die Notiz von Dinnik?), dass die Capra caucasica aus der
Gegend zwischen dem Elbrus und Kaschtan-tau in der Biegung ihrer Hörner zu C. cylindri-
cornis hinneigt, ist leider nur sehr allgemein gehalten. Es wäre daher von höchstem In-
teresse ein grösseres Material an Steinböcken aus der Gegend zwischen dem Elbrus und dem
Dych-tau mit solchen aus anderen Gegenden des Grossen Kaukasus vergleichen zu können.
Material dieser Capra-Art im Zoologischen Museum der Akademie der Wissenschaften:
A. Osteologische Abtheilung:
41 dausgew. Kasbek Grf. Nikolai Nikolaj. 1860 Vollst. Skelet, geh. zu 608.
538 dsehralt. Kasbek Dr. Kolenati 1845 Hornpaar.
539 Gsehralt. Dagestan Akad. Fr. Ruprecht 1860 Stirnb. mit Hörnern.
540 Gsehralt. Kaukasus Hr. v. Motschulski 1845 Stirnb. mit Hörnern.
542 Gausgew. Kasbek Dr. Kolenati 1843 Schäd. ohne Unterk. geh. 2. № 2565.
543 Gsehralt. Kaukasus Akad. C. E. v. Baer 1873 Hornpaar.
545 Qausgew. Kasbek Dr. G. Radde 1869 Schäd. compl., geh. zu № 1420.
549 J zweijäh. Quel. 4. Djulti Tschai Akad. Fr. Ruprecht 1862 Schäd. compl. mit Hornsch.
550 © mittelw. Kasbek Dr. G. Radde 1869 Schäd. def., geh. zu № 1418.
551 Qausgew. Kasbek Hr. Reutt 1841 Schäd., gehört zu № 610.
552 dmittelw. Kasbek Dr. G. Radde 1869 Schäd. def., geh. zu № 2563.
553 & jung. Kaukasus Akad. Fr. Ruprecht 1862 Hornpaar.
556 Psehralt. Kaukasus Akad. Fr. Ruprecht 1862 Hornpaar.
557 Qausgew. Fundort ? Geber ? ? Hornpaar.
1) Radde, Ornis Caucasica, p. 348 (1884). 2) Динникъ: Тр. Спб. Общ. Eer., ХШ, стр. 91
(1882).
|
1
;
3
MR
Br.
Г
559 G ausgew.
956 G ausgew.
1050 G sehr alt.
1053 G jung.
2215 G sehralt.
2225 G mittelw.
2240 G sehr alt.
3222 G mittelw.
3223 G jung.
608 G ausgew.
609 Сан.
610 © ausgew.
611 G jung.
1263 G alt.
1418 © mittelw.
1419 G ausgew.
1420 © ausgew.
2001 G sehr alt.
2561
2563 Gausgew.
2564 &
2565 Gausgew.
Anmerkung. Die № 1994 des auf Tafel I links un-
ten abgebildeten Schädels von Capra caucasica Güld.
bezieht sich auf die Hornscheiden, welche zum ausge-
& sehr alt.
3016 G mittelw.
& sehr alt.
2562 G sehr alt.
ZUR GESCHICHTE DER KAUKASISCHEN TURE. 27
Kasbek Dr. G. Radde 1869 Schäd., gehört zu № 1419.
Kaukasus Dr. Moritz 1854 Vollständiges Skelet.
Kaukasus Hr. Danilewski 1880 Schäd. compl. ohne Hornsch.
Kaukasus Gen. v. Peters 1880 Schäd. compl. ohne Hornsch.
Kaukasus Gen. у. Peters 1880 Schäd. compl. ohne Hornsch.
Fundort ? Geber ? ? Hornpaar.
Antzal bei Lagodechi Hr. v. Uljanowski 1884 Schäd.mitHornsch.‚ohneUnterk.
Chotschal bei Lagodechi Hr. v. Uljanowski 1884 Schäd. compl., geh. zu № 2561.
Schatoi, Tersk. Gebiet Dr. Haberkorn 1885 Schäd. compl. mit Hornsch.
Schatoi, Tersk. Gebiet Dr. Haberkorn 1885 Schäd. compl. mit Hornsch.
Schatoi, Tersk. Gebiet Dr. Haberkorn 1885 Schäd. compl. mit Hornsch.
B. Zoologische Abtheilung:
a) Ausgestopft:
Grf. Nikolai Nikolaj. 1860
Kasbek
Kasbek Hr. Reutt
Kasbek Hr. Reutt
Tiflis ? Hr. Perewalenko
Chewsurien Dr. G. Radde
Kasbek Dr. G. Radde
Kasbek Dr. G. Radde
Kasbek Dr. G. Radde
Kaukasus Hr. v. Panin
b) Im Balge:
Chotschal bei Lagodechi Hr. v. Uljanowski
Kaukasus Hr. Perewalenko
Kasbek Dr. G. Radde
Kasbek Dr. Kolenati
Kasbek Dr. Kolenati
1841
1841
1850
1873
1869
1869
1869
1883
1884
1850
1869
1843
1843
Schädel nebst Skelet, № 41.
Schädel im Exemplar.
Schädel № 551.
ohne Schädel.
Schädel im Exemplar.
Schädel № 550.
Schädel № 559.
Schädel № 545.
Schädel im Exemplar.
Schädel M 2241.
mit Stirnb. u. Hornsch.
Schädel № 552.
ohne Schäd. u. ohne Hornsch.
Schädel № 542.
stopften Exemplar gehôren, der Schädel selbst ist im
Catalog der osteologischen Sammlung unter № 1593 еш-
getragen.
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MÉMOIRES
L’ACADEMIE IMPÉRIALE DES SCIENCES DE ST.-PETERSBOURG, VIF SÉRIE.
Томе XXXV, N° 9.
DIE
DAMPETENSIONEN DER LÖSUNGEN.
VON
Gustav Tammann.
Mit 5 Tafeln.
(Présenté à l Académie le 26 mai 1887.)
Sr.-PETERSBOURG, 1887.
Commissionnaires de l’Académie Impériale des sciences:
St.-Pétershourg > Riga: Leipzig:
М. Eggers et Ci® et J. Glasounof. M. N. Kymmel. Voss’ Sortiment (G. Haessel).
Prix: 1 Rbl. 75 Kop. = 5 Mrk. 80 Pf.
1
vf $ ta
‘Imprimé par ordre de l'Académie Impériale des sciences.
_ Octobre, 1887 и С. Vessélofs
| 5 _ Imprimerie de l'Académie péria
(Vass.
N
Inhaltsverzeichniss.
р ТН" Seite.
NOTE ehe D Ho du Et Melo LiDE ce De I Ac CR Er TE CE 1—3
| Тесно Чеха елены ити Cent MANS а а 83—18
4 A. Versuche zur Verbesserung der statischen Methode bei höheren Temperaturen 3—8
BD IEWADpAaLate, ae re meet lle lee le ee ее 8—11
12 Dies Manometersund. deren: Вии ее es aa. 8—9
О ЗО EN er В О A К 9—11
Ос ао ор а ато ВС В ВО а о ERNEST ER 11—13
D. Die scheinbare Abhängigkeit der Tensionen von der Grösse der Dampfräume. 18—18
II. Das Beobachtungsmaterial und die Abhängigkeit der Tensionserniedrigungen von der
BONCEentEatIOnRdELLOSUNLEN I ENG celle Lien BERN Te 18—141
MeNkalısalzerderaHaloidsaunene nt... wu не aan ein more ale an 20—33
у 2. Salze der Alkalien anderer einwerthiger Säuren und die sauren schwefelsauren
Size den RARE AN ne IE ee REN 33—46
я 3. Kali und Natronsalze der Monocarbonsäuren .,...............,,....... 46—55
2 Salzeyderiderimirten"Ammoniakernmene na ен ee aie e 55—62
5. Hydroxyde der Alkalien und alkalischen Erden....................... 62 —66
DS AT CR ое de Ale ого оО ele ete o iedelencibiobele ete eue ae Clone ls 66—73
7. Salze der Alkalien mit zwei- und mehrwerthigen Säuren. ............... 73—89
8. Salze des Kalis und Natrons mit Di- und Tricarbonsäuren .............. 89—94
9. Kali- und Natronsalze der Phosphor- und Arsensäure .................. 94-—101
10. Salze der Erden und alkalischen Erden mit einwerthigen Säuren ......... 102—116
11. Salze anderer mehrwerthiger Metalle mit einwerthigen Säuren ........... 116—127
12. Salze mehrwerthiger Metalle mit zweiwerthigen Säuren,................ 127—137
13. Glycocoll, Alanin, Leucin,-Asparagin und Salicin. . . 2... ..:........... 137—140
14. Colloide: Gelatine, Gummi und Wolframsäure ........................ 140—141
Ее Ausammensassung obiger, Resultate... AMEN M. MU us, 141—150
1. Die Abhängigkeit der Erniedrigungen von der Concentration der Lösungen.. 141—144
2. Die Beziehungen der Erniedrigungen zu den Molekulargewichten und anderen
Eigenschaften’der gelösten Substanzen ео. еее 144—150
IV. Ein Vergleich der Beobachtungen Wüllner’s und Legrand’s mit denen des Verfassers 150—154
У. Die Abhängigkeit der Tensionen von der Temperatur, nebst Anhang............... 154—168
VI. Die relativen Erniedrigungen und die osmotischen Coefficienten ................... 168—172
nie
IT RUM,
ke
Que Y
PEL, POT TB IE WEN ET AL
$ У WAP LE À
Ich habe mir zur Aufgabe gemacht, das experimentelle Material über die Tensionen der
Lösungen zu erweitern, und stelle in dieser Arbeit die Messungen aus den Jahren 1885 und
1886 zusammen. Da der grösste Theil der in dieser Arbeit berührten Fragen schon seit
längerer Zeit strittig ist, sei es mir hier verstattet, in Kürze die Resultate der anderen For-
scher zu recapituliren. r
Schon seit langer Zeit ist es bekannt, dass die Lösungen schwerflüchtiger Substanzen
bei Temperaturen, die höher als der Siedepunkt des reinen Wassers liegen, sieden. Fara-
day’), Griffiths?) und Legrand) haben Bestimmungen der Siedepunkte für Lösungen in
grosser Zahl ausgeführt. Diese Untersuchungen haben ergeben, dass die Siedetemperaturen
mit der Menge der gelösten Substanz steigen.
Gay-Lussac und Prinsep maassen zuerst direct die Tensionen der Dämpfe aus Lö-
sungen, Prinsep gab an, dass das Verhältniss der Tension einer Kochsalzlösung (7,) zu der
des reinen Wassers (7) von der Temperatur unabhängig sei.
у. Babo‘) führte jene Untersuchungen weiter fort, auch er fand, dass für mehrere Salze
der Quotient a von der Temperatur unabhängig sei. Ferner war v. Babo der erste, welcher
eine Regel für die Abhängigkeit der Tensionserniedrigungen von der Menge des gelösten
Salzes aufstellte. Nach v. Babo befolgen die in 100 Theilen Wasser gelösten Mengen eines
Salzes eine geometrische Reihe, wenn die Differenzen der Tensionen des Wassers und der
Lösungen nach einer geometrischen Reihe wachsen.
In umfassender Weise und ausgerüstet mit besseren Hülfsmitteln hat А. Wüllner’)
die experimentelle Bearbeitung der Spannkraftserniedrigungen wieder aufgenommen. Auf
Grundlage seiner Messungen an den Lösungen 7 verschiedener Stoffe (Chlornatrium, Natrium-
1) Faraday, Ann. chim, et phys. T. 20, р. 320—838, 4) v. Babo, Jahresber. f. Chem. B. 1, p. 93, 1847 und
1822 mit Nachschrift von Gay-Lussac. B. 10, p. 72, 1857.
2) Griffiths, Pogg. Ann. B. 2, p. 227—230, 1824. 5) А. Wüllner, Pogg. Ann. В. 103, р. 529—562,
3) Legrand, Ann. chim. et phys. T. 59, р. 4233—440, | 1358; В. 110, р. 564—582, 1860.
1835.
Mémoires de l'Acad, Imp. des scieñces. УПше Série. 1
2 Gustav TAMMANN,
sulfat, Natriumnitrat, Chlorkalium, Kaliumsulfat, Kaliumnitrat und Rohrzucker) stellte Wüll-
ner den Satz auf: «Die Verminderungen der Spannkraft des Dampfes sind in allen Fällen
und bei derselben Temperatur proportional dem Salzgehalte der Lösungen».
Diese Regel stand schon damals in strictem Gegensatze zu den Befunden Regnault’s?).
Regnault hielt die Abhängigkeit der Tensionserniedrigungen von der Menge der gelösten
Substanz für eine sehr verwickelte.
Ausser den oben aufgezählten Salzen hat A. Wüllner eine Reihe von Salzen untersucht,
die eine grosse Verwandtschaft zum Wasser besitzen, Salze die mit Krystallwasser verbunden
aus ihren Lösungen krystallisiren. Für einen Theil dieser Salze findet Wüllner, dass die
Spannkraftserniedrigungen direct proportional den Mengen der gelösten Hydrate sind. Diese
Hydrate sind: Kalihydrat KHO2H,0, Natronhydrat 2МаНОЗН.О und Chlorcalciumhydrat
CaC1,6H,0. Für einen anderen Theil jener Salze fand er die Erniedrigungen proportional
den gelösten Mengen der wasserfreien Salze, diese sind: salpetersaurer Kalk, Kupfer- und
Nickelsulfat. In derselben Art und Weise hat Rüdorff?) fast gleichzeitig mit Wüllner aus
den Gefrierpunktserniedrigungen die in den Lösungen vorhandenen Hydrate zu bestimmen
gesucht. Jene Frage, ob in einer Lösung bestimmte Hydrate existiren und welche es sind,
ist später von de Coppet*) wiederum auf Grundlage der Gefrierpunktserniedrigungen be-
handelt; auch durchs Studium anderer Eigenschaften der Lösungen, wie J. Thomsen‘®) in
seinen Untersuchungen über Verdünnungswärmen, suchte man jene Frage zu entscheiden.
Während Wüllner und Rüdorff eine Proportionalität der Erniedrigungen und der von
ihnen in den Lösungen angenommenen Hydratmengen durch ihre Messungen bestätigt fanden,
ja letzterer sogar bei gewissen Concentrationen der Lösungen von NaCl, BaCI, und CaCl,
eine Discontinuität der Erniedrigungscurven beobachtet hatte, konnte de Coppet eine solche
nicht beobachten, und zeigte letzterer, dass seine Beobachtungen, wenn man nur ein Hydrat
in der Lösung annimmt, die Proportionalität zwischen den Erniedrigungen und den gelösten
Hydratmengen nicht erfüllen. Ueber die diesen Punkt betreffenden Resultate der vorliegenden
Messungen siehe Capitel Ш.
Ferner hat Wüllner die Abhängigkeit der Lösungstensionen (7,) von denen des reinen
Wassers (7) bei verschiedenen Temperaturen untersucht. Für den grössten Theil der unter-
suchten Salze fand Wüllner eine Veränderlichkeit des Werthes = beim Wechsel der Tem-
peratur.
Das Interesse für die Tensionen der Lösungen ist seitdem durch die theoretischen
Arbeiten von Kirchhoff’) und Guldberg‘) wesentlich gesteigert worden. Kirchhoff
zeigte den Einfluss der Lösungs- und Verdünnungswärme auf die Abhängigkeit des Verhält-
1) Regnault, Compt. rend. T. 39, p. 306—313; auch | 405, 1871; T. 25, p. 502—553; T. 26, p. 98—121, 1872.
Pogg. Ann. В. 39, р. 548—552, 1854. 4) I. Thomsen, Thermochem. Untersuchungen B. III,
2) Rüdorff, Pogg. Ann. B. 114, p. 63—81, 1861; B. | p. 1.
116, p. 55—72, 1862. 5) Kirchhoff, Pogg. Ann. B. 103 p. 177—206, 1858.
3) de Coppet, Ann, chim. et phys. (4) Т. 23, р. 366— 6) Guldberg, Compt. rend. T. 70, p. 1349, 1870.
Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 3
nisses = vonder Temperatur. Guldberg sagte die Beziehungen der Spannkraftserniedrigun-
gen zu den Gefrierpunktserniedrigungen voraus. Das Resultat der Rechnungen Guldberg’s
wurde bald darauf durch die Bestimmungen beider Constanten von Raoult!) im Wesent-
lichen bestätigt.
In derselben Arbeit hat Raoult die Vermuthung ausgesprochen: die Spannkrafts-
erniedrigungen verschiedener Salze sind bei einer Temperatur umgekehrt proportional den
Molekulargewichten der gelösten Salze.
- Wie man sieht, sind im Laufe der Zeit eine ganze Anzahl von Fragen, Vermuthungen
und Behauptungen über das Verhalten der Spannkraftserniedrigungen bei Veränderung der
äusseren Umstände und über die Beziehungen der Spannkraftserniedrigungen zu anderen
Eigenschaften der Lösungen und zur Natur der gelösten Substanz aufgestellt worden. Doch
das Beobachtungsmaterial, welches der Wissenschaft zu Gebote stand, war zu gering und
auch häufig zu ungenau, um zu einer befriedigenden Lösung genannter Probleme benutzt
werden zu können.
Vor zwei Jahren habe ich?) die Resultate zahlreicher Tensionsmessungen zusammen-
gestellt. Die in jener Arbeit mitgetheilten Tensionen von Salzlösungen können strengen An-
forderungen nicht genügen. Die Fehler, mit denen jene Messungen behaftet sind, erlauben
nicht mit Sicherheit die Abhängigkeit der Spannkraftserniedrigungen von der Menge des
gelösten Salzes festzustellen, noch weniger können jene Messungen dazu dienen die Abhän-
gigkeit der Erniedrigungen von der Temperatur in endgültiger Weise zu bestimmen. Die
von mir damals ausgesprochene Vermuthung: die Erniedrigungen, welche analog constituirte
Salze in verdünnten Lösungen gleicher Concentration bei derselben Temperatur auf die Spann-
kraft des Wasserdampfes ausüben, sind umgekehrt proportional dem Molekulargewichte der
gelösten Salze, hoffte ich durch die von neuem angestellten Messungen zu stützen.
Vor allen Dingen musste ich meine Bestrebungen darauf richten, eine sichere und leicht
ausführbare Methode zur Bestimmung der Tensionserniedrigungen zu erlangen.
I. Methode der Messungen.
A. Versuche zur Verbesserung der statischen Methode bei höheren Temperaturen.
Bei der Ausbildung der Methode waren folgende Umstände zu berücksichtigen. Um
den procentischen Fehler der Spannkraftserniedrigungen durch Messungsfehler so wenig als
möglich zu belasten, müssen die Messungen bei höheren Temperaturen ausgeführt werden.
1) Raoult, Compt. rend. Т. 87, р. 167, 1878. | 2) Tammann, Wied. Ann. B. 24, p. 564, 1885.
1*
4 GUSTAV TAMMANN,
Dabei konnte ich die Temperatur 100°, da es sich um die Tensionen wässeriger Lösungen
handelt, nicht viel überschreiten, weil auf Beschaffung von Apparaten, die dem einseitigen
Druck einer Atmosphäre widerstehen können, verzichtet werden musste. Da die Haupt-
fehlerquelle bei Tensionsbestimmungen in der grossen Schwierigkeit liegt, in einem Raume
an allen Stellen gleiche Temperaturen zu erzeugen und die Gleichheit der Temperatur in
verschiedenen Zeiten zu erhalten, so musste von der Anwendung von Flüssigkeitsbädern, die
bei höheren Temperaturen trotz eifrigen Rührens so leicht Schichten verschiedener Tem-
peratur bilden, Abstand genommen werden’). Es blieb nur übrig die Anwendung von Dampf-
bädern zu versuchen. Als Wärmeüberträger empfiehlt sich besonders das Wasser, da es
leicht ist, diesen Stoff von sehr reiner Beschaffenheit in genügenden Mengen zu haben. Durch
die Wahl des Wärmeüberträgers ist die Temperatur, bei welcher die Tensionen der Lösungen
untersucht wurden, insofern dieselbe nicht durch Schwankungen des Luftdruckes beeinflusst
wird, bestimmt.
In seiner früheren Arbeit hat der Verfasser, indem er die Lösungen enthaltenden Ma-
nometer in ein Wasserbad tauchte, die Tensionen einer Reihe von Salzlösungen bestimmt;
die Fehler jener Messungen in der Nähe von 100° betrugen nur in sehr seltenen Fällen
2 Mm., immerhin sind jene Fehler zu gross, um sich mit der früheren Methode der Mes-
sungen zufrieden geben zu können, auch musste viel Zeit auf die Regulirung der Temperatur,
um nur jene Fehlergrenze erreichen zu können, verschwendet werden.
Es scheint von vornherein der Anwendung des Dampfbades kein Hinderniss im Wege
zu stehen. Die Güte dieser Bäder ist häufig genug controlirt worden; benutzt man doch ein
solches zur Bestimmung des oberen fixen Punktes am Thermometer. Um so mehr musste
ich mich wundern, als die ersten Messungen der Tensionen des Wassers bei 100° nicht
gelangen.
Das zuerst mit so ungünstigen Resultaten angewandte Verfahren war folgendes: auf
dem Boden eines cylindrischen Gefässes aus Zinkblech (40 Cm. hoch, 32 Cm. Durchmesser)
wurde eine 5—10 Cm. hohe Wasserschicht zum Sieden erhitzt. Der sich entwickelnde Dampf
trat aus dem Deckel des Bades in einen Kühler, aus welchem das condensirte Wasser ins
Bad zurückfliessen konnte. In der Seitenwand des Zinkgefässes war 15 Cm. vom Boden des-
selben ein 18 Cm. hoher und 25 Cm. breiter Ausschnitt angebracht; in diesen Ausschnitt
wurde ein Zinkrahmen gelöthet und in den Rahmen eine Fensterglasscheibe mit Mennigkitt ein-
gelassen. Der Deckel dieses Gefässes war genau so eingerichtet wie der des Bades aus Eisen-
blech (siehe Figur 2), nur diente an Stelle des späterhin als Sperrflüssigkeit angewandten
Quecksilbers Paraffin als solche. Bis auf den Boden und das Fenster war der ganze Apparat
sorgfältig mit Filz bekleidet. Brachte man in diesem Bade das Wasser zum Sieden, so be-
schlug sich das Fenster mit kleinen Wassertröpfehen, wodurch ein Blick in das Bad voll-
1) Die Unmöglichkeit, in einem Wasserbade eine Tem- | höheren Temperaturen zur Bestimmung der Tensionen
peratur über 60° an allen Stellen während längerer Zeit | des Wasserdampfes die statische Methode zu benutzen.
gleich zu erhalten, liess Regnault davon abstehen, bei
Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 5
stindig verhindert wurde. Um das Beschlagen des Fensters zu verhindern, musste die Glas-
scheibe erhitzt werden, zu welchem Zwecke das Fenster einen Vorbau erhielt; dieser bestand
aus einem Zinkrahmen, der es ermöglichte in einer Entfernung von 4 Cm. vom Fenster eine
Glasscheibe zu befestigen. Dieser Art trug das Fenster vorne einen nur unten offenen Vor-
bau, in welchem die Luft durch zwei untergestellte sehr kleine Flammen erhitzt werden
konnte. Tauchte man in diesen Apparat die späterhin beschriebenen abgekürzten Heber-
barometer, welche über der Quecksilberfüllung Wasser enthielten, und brachte das Wasser
im Bade zum Sieden, so waren die Tensionen des Wassers in den verschiedenen Manometern
nicht gleich, auch blieben dieselben nicht unverändert, sondern es wuchsen die Tensionen
innerhalb 4 Stunden beständig. Es folgen einige Werthe der beobachteten Tensionen; in den
Horizontalreihen stehen die schnell nach einander an Quecksilbersäulen gemessenen Ten-
sionen; in der ersten Verticalcolonne sind die Zeiten, welche seit dem Beginne des Siedens
verflossen waren, verzeichnet.
4.57
1 В 0”
Manometer I. IT. ‘ Ш.
b + 3,1 Мм. b + 3,8 Mm. b + 5,0 Mm. b — 767,4 Mm.
b+ 7,7 » b+ 7,7 » b+ 77»
b+11,1 » b+ 9,0 » b+12,2 »
Manometer anderer Füllung.
Manometer |. IT. III. IV.
b + 0,0Mm. b + 5,8 Мю. db + 12,7 Ма. 6 + 16,6 Мю. 6 = 762,0 Mm.
b+ 0,7 » 6-10,0 » 60-171 » b+18,3 »
Die in folgender Tabelle angegebenen Tensionen sind an Wassersäulen gemessen und
ohne weitere Correction eingetragen. Die Manometer waren zu diesem Zweck mit siedendem
Wasser gefüllt und sofort nach der Füllung jedes in das heisse Bad getaucht.
30” b+ 15,2 Mm. b+ 11,3 Mm. b + 39,0 Mm. b + 13,9 Мм. b = 756,0 Mm.
Ве 0 бЕ320, > Б+197 » В 610; » 04 35,6 »
Solche Messungen wurden zahlreich angestellt, doch stets waren die gefundenen Ten-
sionen höher als die herrschenden Barometerstände und in verschiedenen Manometern die
Tensionen sehr ungleich, trotzdem die Manometer durch Schirme sorgfältig vor anspritzen-
dem Wasser geschützt wurden.
Es blieb noch zu untersuchen übrig, ob nicht die Erhitzung des Vorbaues die Ueber-
hitzung des Dampfes im Bade verursacht, denn von der Anzahl und Grösse der Gasflammen,
die zur Erhitzung des Bades dienten, hing das Ansteigen der Tensionen nur in Bezug auf die
Schnelligkeit ab. Nahm man den Vorbau des Glasfensters ab, so wurde damit nichts ge-
6 Gustav TAMMANN,
wonnen; die Tensionen wurden grösser als der Barometerstand und waren wiederum nicht in
allen Manometern gleich). 3 '
Das Wasser im Bade war stets destillirtes und wurde manchmal erneuert. Doch trotz
aller Vorsichtsmaassregeln waren die Resultate nicht erfreulicher als früher. Die Ursache
der Ueberhitzung des Dampfes und der Temperaturverschiedenheiten desselben ist offenbar
in den durch Leitung über 100° C. erwärmten Wänden des Bades zu suchen.
Die Ueberhitzung der Wände ist leicht zu vermeiden, wenn man den Dampf nicht im
Bade, sondern in einem besonderen Dampfkessel entwickelt und dann denselben ins Bad leitet,
und wirklich wurde die Temperatur im Bade, wenn man so verfuhr, constant. Während 5—6
Stunden änderten sich die Tensionen höchstens um 0,5 Mm. Die Beschreibung des zu den
Messungen benutzten Dampfbades folgt später; hier sind die nach dem eben angedeuteten
Verfahren erlangten Resultate. In folgender Tabelle sind in der ersten Horizontalreihe die
Unterschiede im Stande der Quecksilberkuppen, in der zweiten die Quecksilberwerthe der
Wassersäulen und in der dritten die Differenzen beider, welche zum herrschenden Baro-
meterstande addirt die Tensionen des Wasserdampfes ergeben, zusammengestellt. Für jede
Tabelle ist der Zeitraum, welcher zwischen dem Eintritte des Dampfstromes ins Bad und
dem Beginne der Messungen lag, angegeben.
1% 30”
4,2Mm. 3,8 Мш. 4,3 Мш. 3,5Mm. 3,7Mm. 3,8Mm. 4,8Mm. 4,4Mm. 4,1 Mm.
3,8%» 3,7 90040 и 2
+0,4Mm.+0,1 Mm.—0,2 Mm.+0,1 Mm. 0,0 Mm.—0,5 Mm.—0,4 Mm.—0,6 Mm.+0,1Mm.
Mittel — 0,13 Mm.
3°
4,4Mm. 4,3Mm. 4,7Mm. 3,5Mm. 3,9Mm. 4,3Mm. 5,5Mm. 5,2Mm. 4,3 Mm.
JD) 3,00, 4,5 » 3,4 » Зи» AS > Dad D 552,9 4,0 »
un
+0,5 Mm.+0,6 Mm.+0,2 Mm.-+0,1 Mm.-+0,2 Mm. 0,0 Mm.—0,2 Mm. 0,0 Mm.+0,3 Mm.
Mittel + 0,2 Mm.
Auch diese Versuche ergeben, dass die Tensionen allmälig wachsen und sogar grösser
als der Barometerstand werden können. Auf den ersten Blick scheint es, dass auch unter
diesen Umständen der Dampf im Bade überhitzt ist; doch berücksichtigt man, dass die Ma- _
nometer eine geringe Menge Luft enthielten (die Tension der Luft konnte nicht mehr als
0,1 Mm. Quecksilberdruck betragen), und zieht man die Tension des Quecksilberdampfes in
1) Eine Messung der Tensionen war nach Fortnahme | da durchs häufige Erhitzen des Bades der Firniss des
des Vorbaues jetzt wohl möglich, da als Sperrflüssigkeit | Mennigkittes eingetrocknet war; beide Umstände wirkten
(beim Deckel des Bades) an Stelle des Paraffins eine con- | dahin, dass der Beschlag am Fenster, wenn er auftrat,
centrirte Lösung von Chlorcalcium verwandt wurde, und | nur einzelne Theile des Fensters bedeckte.
Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 7%
Rechnung, so ist man wohl berechtigt, eine Ueberhitzung des Dampfes im Bade zu leug-
nen. Nach Regnault und Magnus ist die Tension zweier nicht in einander löslichen
Flüssigkeiten gleich der Summe der Tensionen jeder einzelnen Substanz. Diese Regel hat
man auf obige Messungen anzuwenden. Für die Tension des Quecksilbers bei 100° ist der
von Regnault bestimmte Werth 0,75 Mm. offenbar zu hoch. Herz') giebt denselben zu
0,29 Mm. und Hagen”) zu 0,21 Mm. an. Die Tension des Quecksilberdampfes 0,21 Mm.
stimmt mit dem Mittel (0,2 Mm.) aus den Differenzen der nach 3-stündigem Erhitzen des
Bades beobachteten Tensionen und der Barometerstände genügend überein.
Schliesslich ist noch ein Umstand bei der Beurtheilung obiger Messungen zu erwägen.
Regnault fand die Tensionen des Wasserdampfes im Vacuum höher als die des Wasser-
dampfes in einem Gase. Diese Erscheinung wird durch das im Wasser gelöste Gas bedingt.
In der Nähe der Siedetemperatur kann das Wasser nur ausserordentlich wenig Gas absorbiren,
demnach müssen bei 100° die von Regnault bei niederen Temperaturen beobachteten Unter-
schiede verschwinden. Jedenfalls sind das Wasser in den Manometern und das im Bade con-
densirte Wasser in gleicher Weise mit Luft gesättigt, so dass die eben geschilderten Um-
stände die in den Manometern herrschenden Tensionen nicht beeinflussen können.
Fasst man alles zusammen, so wird man zugeben, dass nach 3-stündigem Erhitzen der
Manometer die Tensionen des Dampfes in diesen und im Bade gleich dem Barometerstande
sind. Doch ist eine vollständige Gleichheit der Temperatur an verschiedenen Stellen des Ba-
des nicht zu erreichen; man findet den höchsten Unterschied der verschiedenen Tensionen
zu 0,8 Mm., was einem Schwanken der Temperatur um 0503 С. entspricht. Der grösste
Fehler, der bei einer Tensionsbestimmung gemacht werden kann, ist + 0,6 Mm., dieser ent-
hält schon die Ablesungsfehler und den aus der Gegenwart einer geringen Menge Luft im
Manometer resultirenden Fehler.
Es blieb noch zu untersuchen übrig, ob die Tensionen, wenn der Barometerstand sich
ändert (770—740 Mm.), jedesmal nach 3-stündigem Einleiten des Dampfes ins Bad dem
Barometerstande gleich werden. Folgende Tabelle enthält in der ersten Verticalcolonne die
Quecksilberwerthe der Wassersäulen, in den Horizontalreihen die Unterschiede im Stande
der Quecksilberkuppen, die nach wiederholter 3-stündiger Erhitzung eines Manometers der-
selben Füllung beobachtet wurden. Eine Abhängigkeit der unten aufgeführten Quecksil-
bersäulen vom herrschenden Barometerstande ist nicht wahrzunehmen.
Quecksilberwerthe der Wassersäulen. Die Unterschiede der Quecksilberkuppen in Millimetern.
. 4,2 Mm. В О, О 00.1.5 4,3 4.4
‘46 » TETE gen. 47 CAS AIS
5,0 » В 5 8 AO 15,5 50 50 53
Dieses Beobachtungsmaterial könnte noch sehr bedeutend vermehrt werden, da, wenn
1) Herz, Wied. Ann. В. 17, т. 193, 1882. | 2) Hagen, Wied. Ann. B. 16, p. 610, 1882.
8 Gustav TAMMANN,
die Tensionen der Lösungen gemessen wurden, gewöhnlich ein mit Wasser gefülltes Mano-
meter zur Controle der Temperatur im Bade mit erwärmt wurde. Nie betrug die höchste
Differenz zwischen den beobachteten Tensionen des Wasserdampfes mehr als 0,5 Mm., diese
stimmt mit der höchsten an verschiedenen Stellen des Bades gefundenen Differenz der Ten-
sionen überein.
Hier das Resultat obiger Untersuchung: nach dem beschriebenen Verfahren lassen sich
die Tensionen des Wasserdampfes, behaftet mit einem mittleren Fehler von + 0,2 Mm., be-
stimmen, der grösstmögliche Fehler einer solchen Bestimmung ist + 0,5 Mm. Von derselben
Grösse müssen die Fehler der nach obigem Verfahren bestimmten Lösungstensionen sein, die
mitgetheilten Erniedrigungen sind also im Allgemeinen 0,2 Mm. zu klein ausgefallen. Eine
Correctur der Erniedrigungen nach der gleichzeitig beobachteten Tension des Wasserdampfes
wurde unterlassen, um dieselben nicht mit grösseren Fehlern zu behaften. Wenn bei der
Untersuchung der Lösungen Umstände eintraten, die eine Vergrösserung jenes Fehlers be-
wirken können, wie eine Einwirkung der Lösungen aufs Quecksilber, eine dadurch bewirkte
Gasentwicklung und Veränderung der Quecksilberoberfläche, oder eine nicht genügende
Durchsichtigkeit der Lösungen und die dadurch bedingte grössere Unsicherheit in der Ein-
stellung des Fadenkreuzes, so sind diese störenden Einflüsse bei den mitgetheilten Messungen
bemerkt worden.
Ich wende mich nun zur Beschreibung der zu den Messungen benutzten Apparate.
`В. Apparate.
1. Die Manometer und deren Füllung.
Aus einer nicht allzuschwer schmelzbaren Glassorte, deren Verarbeitung vor dem
Bunsen’schen Löthrohre keine besonderen Schwierigkeiten bot, wurden die abgekürzten
Heberbarometer, deren Gestalt beistehende Figur № I versinnlicht, hergestellt. Die Röhre
Fig. I. C ist 25 Cm., die Röhre A 30 Cm. lang. Der Schenkel A besitzt einen in-
nern Durchmesser von 15-18 Mm., einen äusseren von 18-22 Mm. Das
Ende des Schenkels A wurde in eine enge Röhre В (5—10 Cm. lang, Durch-
messer 1—2 Mm.) ausgezogen und, wie in Figur № I zu sehen, umgebo-
gen; nach jedesmaligem Gebrauche musste der Schenkel A mit einer neuen
Röhre В versehen werden. Gewöhnlich konnte ein Manometer zehnmal be-
nutzt werden; dann trat während der Erhitzung des Schenkels À, behufs
Herstellung der Röhre В, ein Bruch ein.
Jndem ich dieRöhre В unter Quecksilber tauchte, mit den Lungen die
Luft im Manometer verdünnte, strömte eine Menge Quecksilber, die fast
das ganze Rohr A füllen konnte ins Manometer, dann wurde durch Neigen
und Wiederaufrichten des Manometers durch die Röhre B die siedende
(E
5 sé À
Dre DAMPFTENSIONEN DER LOSUNGEN. 9
Lösung ins Manometer gebracht, und ferner durch Neigen und Saugen an der Röhre C
für allseitige Benetzung der Röhrenwände des Schenkels A gesorgt. Nun begann mittelst
einer Weingeistlampe die Erwärmung der über dem Quecksilber lagernden Lösungssäule ;
trat das Sieden der Lösung ein, so wurden wie früher die Röhrenwände mit der siedenden
Lösung benetzt. Sobald an der Röhrenwand kein Luftbläschen zu bemerken war, wurde
die Lösung 2—3 Minuten heftig siedend erhalten, alsdann schnell, während der Dampf
heftig aus der Röhre В strömte, die Stichflamme auf die Röhre В gelenkt und im Moment
ihres Erweichens durch einen Zug an der Röhre das Manometer geschlossen. Achtet man
darauf, dass die Röhre B nicht zu eng, weil sonst der Dampf nicht gut ausströmen kann
und das Quecksilber in den Schenkel С’ geschleudert wird, dann aber auch darauf,
dass die Röhre nicht zu stark im Glase ist, weil sonst die Erweichung derselben zu lange
dauert, so misslingt nur in den seltensten Fällen die Operation. Im Augenblicke nach
der Schliessung des Manometers herrschte in diesem ein Ueberdruck von ungefähr 100 Mm.,
dann sank die Tension in Felge der Abkühlung schnell, und bald war der Schenkel A bis
auf eine kleine Luftblase mit der wässerigen Lösung und Quecksilber gefüllt. Bei concentrir-
ten Lösungen gelang es leichter als bei verdünnten die Luft aus den Manometern zu ent-
fernen.
Nur wenn die Luftblase nicht grösser als 16 Cbmm. (Durchmesser der Blase 1.5 Mm.),
wurden die gefüllten Manometer zu den Messungen benutzt. Der Druck, den jene Luftblase
ausübt, ist, wenn der ihr zur Verdünnung gebotene Raum 20000 Cbmm. beträgt, 0.6 Mm.
Dieser gröstmögliche Fehler wurde in Wirklichkeit äusserst selten erreicht; gewöhnlich
war die Luftblase nicht grösser als 4 Obmm. und der ihr zur Verdünnung gebotene Raum
40000 Cbmm., so dass in der Regel der durch die schädliche Luftblase bedingte Fehler
0.1 Mm. beträgt.
2. Das Dampfbad. Figur № И.
Das Bad war ein aus starkem Eisenblech gefertigter Cylinder (45 Cm. hoch, 40 Cm.
Durchmesser). 10 Cm. vom oberen Rande des Cylinders waren zwei einander gegenüberlie-
gende Oeffnungen (A und B) angebracht. Um die eine Oeffnung (4) war ein Rahmen aus
Eisenblech (22 Cm. hoch, 20 Om. breit) genietet, in diesen wurde еше Glimmerplatte (die
Glimmerplatte verdient wegen ihrer Dauerhaftigkeit vor den Glasplatten den Vorzug) mit-
telst Mennigkitt befestigt; um die allzugrossen Wärmeverluste durch die Glimmerplatte zu
verhindern, war letztere von einer Glasplatte im Zinkrahmen von aussen umschlossen. Dieses
Doppelfenster diente Beleuchtungszwecken. Um die andere Oeffnung (B) war ein starker
gusseiserner Rahmen 2 (35 Cm. lang, 30 Cm. hoch) mit starken Nieten befestigt. Der
Rahmen war der Länge nach durchschnitten, so dass der eine Theil (c) desselben mit vier
Schrauben fest an den mit dem Bade verbundenen Theil angezogen werden konnte. Beide
Rahmen trugen auf den an einander stossenden Seiten eine Bekleidung von Asbestpappe, um
die zwischen die Rahmen zu spannende Glasplatte (D) zu dichten. Diese Vorrichtung ge-
Mémoires de l'Acad. Imp. des sciences, VIIme Série. 2
10 Gustav TAMMANN,
stattete ein schnelles Auswechseln der das Bad verschliessenden Glasplatte, und vermied
die einen klaren Einblick ins Bad hindernde Anwendung des Mennigkittes. Eine Glimmer-
platte konnte als Verschluss dieser Oeffnung
leider nicht verwandt werden, weil sich dieselbe,
in so verschiedener Art sie auch gereinigt wurde,
stets mit kleinen Wassertröpfchen beschulg, so
dass ein Blick ins Bad unmöglich wurde. Die Glas-
platte war aus 2 Mm. dickem Fensterglase ge-
schnitten. Versuche mit dünnerem Fensterglas,
mit dicken oder dünneren Spiegelglasplatten ga-
ben keine Veranlassung letzteren Sorten den
Vorzug zu geben; denn jedesmal, wenn der
Dampf ins Bad trat, platzten die Glasplatten,
welcher Sorte sie auch waren. Solange die ge-
platzte Scheibe das Bad gut verschloss (den
Verschluss bewirkte besonders das in die Risse
eindringende Wasser), und solange die Risse die
Messungen nicht störten, wurde die Platte nicht
erneuert.
Nachdem so für die Deutlichkeit der Ab-
lesungen gesorgt war, musste das Bad noch
zu einer bequemen Ein- und Ausführung der
Manometer hergerichtet werden. Zu diesem
Zwecke erhielt der Deckel (EZ) des Bades fol-
gende Vorrichtung (Siehe Fig. M II): 10 Cm. vom
Rande des Deckels wurde aus diesem ein Stück
(25 Cm. lang, 10 Cm. breit) ausgeschnitten, um
die Ränder der Oeffnung eine eiserne Rinne (r)
(1 Cm. tief) geführt und durch zwei mit der
Breitseite des Ausschnittes parallele Rinnen (r)
die Oeffnung in drei gleiche Abtheilungen getheilt. In die unter einander zusammenhän-
genden Rinnen passten mit ihren unteren Rändern drei Deckel (7); in jeden Deckel waren
zwei Löcher geschlagen, in diese eiserne Hülsen genietet. Der grosse Deckel des Bades
trug wie die kleinen Deckel an seiner unteren Seite einen Rand aus Eisenblech, der in eine
oben am Innenrande des Bades laufende Rinne (r) getaucht werden konnte. Der Art
konnten 6 Manometer schnell ins Bad getaucht und deren aus dem Bade ragende Röhren
C mittelst Korken dicht in den Hülsen befestigt werden. Alle Manometer standen auf einer
4 Cm. hohen eisernen Bank Г. Füllte man alle Rinnen mit Quecksilber, fügte die Ränder
der Deckel in die Rinnen, so erzielte man einen vollkommenen Verschluss.
Fig. II.
Отв DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 11
Zur Erhitzung des Bades ward in einem cylindrischen Gefässe aus Zinkblech (35 Cm.
hoch, 25 Cm. Durchmesser) der Dampf durch 4 voll brennende Rundbrenner entwickelt.
Aus dem Dampfkessel führte eine Zinkröhre (40 Cm. lang, 5 Cm. Durchmesser) den Dampf
durch eine Hülse (G) in das Bad. Indem der Dampf das Bad von oben nach unten erwärmte,
verdrängte er die Luft aus demselben und trat schliesslich aus der Hülse (4) — vor der
ein grosser eiserner Schirm (X) stand— in ein Zinkrohr (65 Cm. lang, 4 Cm. Durchmes-
ser), welches den Dampf direct ins Freie führte. Bis auf die Fenster war der ganze Appa-
rat sorgfältig mit Filz umhüllt. Das im Bade condensirte Wasser führte die Röhre (Т) in
einen Schlauch, dessen Ende unter Wasser tauchte.
C. Die Correctionen.
Um den Fehler, welchen die Gegenwart einer geringen Menge Luft bedingt, zu ver-
ringern, und um bei Lösungen von geringer Tension die Messungen möglich zu machen,
musste der Druck in den Manometern verkleinert werden. Zu diesem Zwecke wurden die 6
Manometerröhren С mit 6 Glasröhren gleichen Lumens, die sämmtlich einer an einem Ende
geschlossenen Glasröhre angeschmolzen waren, mittelst dicker Kautschukschläuche verbun-
den. Dieses Röhrensystem wurde mit einer grossen Flasche (10 Liter) verbunden. Mittelst
einer Luftpumpe konnte in der Flasche und, da diese mit den Manometern communicirte,
auch in letzteren die Luft beliebig verdünnt werden. Den in der Flasche herrschenden
Druck gestattete ein mit derselben verbundenes, Quecksilber enthaltendes, U-förmiges Rohr
zu bestimmen. Ferner war dafür gesorgt, dass die Luft in der Flasche trocken blieb und
während der Messungen ihre Temperatur nicht änderte.
Es fragt sich nun, um wieviel wird die Concentration einer Lösung sich ändern, wenn
mittelst der eben beschriebenen Vorrichtung der Druck in den Manometern verringert, und
durch diese Manipulation der den Dämpfen gebotene Raum vergrössert wird. Bei den ver-
dünnten Lösungen betrug der Dampfraum 40 Cbcm., und es verkleinerte sich derselbe mit wach-
sender Concentration der Lösungen bis zu 20 Cbem. Die diesen Dampfräumen entsprechen-
den Gewichtsmengen Wasserdampf sind 0.040 bis 0.010 gr. Da die ganze im Manometer
vorhandene Wassermenge bei den verdünnten Lösungen nie geringer als 8 gr., bei den con-
centrirten nie geringer als 5 gr. war, so sind die später angegebenen Concentrationen mit
den Zahlen 1.004—1.002 zu multipliciren.
Jene Multiplication ist nicht ausgeführt worden, erstens weil die anzubringende Cor-
rectur die Summe der Messungs- und Analysenfehler nicht überschreitet, und zweitens weil
durch Weglassung der Correctur der mittlere Tensionsfehler + 0.2 Mm. theilweise com-
pensirt wird.
| Die Höhen der Quecksilbersäulen wurden mit einem Kathetometer aus Messing (von
I. Molteni in Paris), dessen Nonius 0.05 Mm. direct abzulesen gestattete, gemessen. Die
Summe der Ablesungsfehler bei vier Einstellungen des Fadenkreuzes auf Quecksilbersäulen
Dig
12 Gustav TAMMANN,
schätzte G. Magnus auf 0.15 Mm. Indem ich das zu den Messungen benutzte Kathetometer
gegenüber dem vorzüglichen Kathetometer des physikalischen Institutes aufstellte, suchte
ich den Maassstab des einen Kathetometers mit dem des anderen zu vergleichen. Die beiden
Maassstäbe stimmten genügend überein; auch bei ganz ungünstiger Beleuchtung betrug die
Fehlersumme von vier Einstellungen in sehr seltenen Fällen = 0.15 Mm. Ferner ist das
Glasfenster (B.), da die Scheiben nicht planparallel waren, eine Ursache geringer Messungs-
fehler; doch sind die Fehler so gering, dass sie, wie ich mich überzeugte, gegenüber den anderen
Einstellungsfehlern verschwinden. Eine Reduction der am Messingmaassstabe des Katheto-
meters abgelesenen Längen auf 0° wurde wegen der Geringfügigkeit dieser Correction eben-
falls unterlassen.
Dagegen wurden bei Berechnung der beobachteten Spannkraftserniedrigungen alle
Quecksilbersäulen auf 0° reducirt. Dasselbe gilt natürlich auch vom Barometerstande, welcher
bis auf 0,1 Mm. abgelesen werden konnte. Alsdann sind zur Berechnung der Tensionen noch
die Quecksilberwerthe der Lösungssäulen zu bestimmen.
Da nur von einem Theile der untersuchten Lösungen die specifischen Gewichte bekannt
sind, wurden die Quecksilberwerthe der Lösungssäulen direct ermittelt. Zu diesem Zwecke
stellte ich die Manometer senkrecht auf, brach die Spitzen (5) derselben ab und maass, nach-
dem das Quecksilber in den Manometern zur Ruhe gekommen war, die Höhen der Queck-
silbersäulen, die den Lösungssäulen das Gleichgewicht hielten. Die Messung dieser Queck-
silbersäulen wurde stets wiederholt, und aus zwei Bestimmungen das Mittel genommen; hier-
bei glaube ich mich nicht um mehr als 0,1 Mm. geirrt zu haben.
Nachdem die Quecksilbersäulen gemessen, wurde zur Analyse der Lösungen geschritten.
Um die Wirkungen der bei der Analyse unvermeidlichen Verluste aufs Resultat so viel als
möglich zu verringern, wurden grosse Lösungsmengen (bei Lösungen bis 20%, 6—10 gr.,
bei concentrirteren 10—15 gr.) in Arbeit genommen.
Falls bei der Abkühlung der Manometer ein Ausscheiden der gelösten Substanz zu be-
fürchten war, wurden die Lösungen aus den Manometern durch die Röhren (B) in kleine
Glaskolben mit eingeschliffenen Stöpseln gespritzt; bei dieser Manipulation konnten die heis-
sen Lösungen höchstens 0,001 gr. Wasser verlieren. Nach Abkühlung der Külbchen wurde
der Druck in diesen mit dem der Atmosphäre durch Lüften der Stöpsel ausgeglichen und
zur Wägung geschritten. War beim Abkühlen der Lösungen keine Ausscheidung der ge-
lösten Substanz zu erwarten, so wurden diese, wenn die gelöste Substanz als solche gewogen
werden konnte, in kleine Platintiegel (25 gr.) gespritzt, diese sofort bedeckt gewogen, der
Inhalt der Tiegel erst auf dem Dampfbade, dann über der Lampe vollständig zur Trockne
gebracht und gewogen. Im Uebrigen muss auf die bei jeder Substanz angeführten Special-
daten verwiesen werden; auch über die analytischen Fehler lässt sich nichts Allgemeines
sagen, die Handbücher für analytische Chemie geben darüber weiteren Aufschluss. Alle
Wägungen wurden mit vergoldeten corrigirten Messinggewichten ausgeführt und auf den
leeren Raum reducirt.
Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 13
Fasst man das über die Methode der Messungen und die Correctionen Gesagte zusam-
men, so erfährt man die Wirkung der Fehler aufs Resultat. Die Fehler zerfallen in zwei
Hauptgruppen: 1) die Fehler der Tensionsmessungen, deren Hauptursache die Veränderlich-
keit der Temperatur ist, und 2) die analytischen Fehler. Ein Bild von der Grösse der wirk-
lich gemachten Fehler lässt sich bei Betrachtung der relativen Spannkraftserniedrigungen
leicht gewinnen. Im Allgemeinen sind die relativen Erniedrigungen verschiedener Substanzen
mit verschieden grossen Fehlern, die durch constante Fehler der analytischen Methode bedingt
sind, behaftet. Bei verdünnten Lösungen wird der Fehler der beobachteten Tensionen die relati-
ie DES
ven Spannkraftserniedrigungen —,,
die Tensionserniedrigung 10 Mm. beträgt, so kann der Fehler der relativen Spannkrafts-
erniedrigung 5% ihres Werthes betragen, während der analytische Fehler schwerlich den
Einfluss von 0,5%, hervorrufen kann. Für concentrirte Lösungen wird der durch mangel-
hafte Bestimmung der Tensionen bedingte procentische Fehler immer kleiner ; derselbe be-
trägt bei 500 Mm. Erniedrigung 0,1%, dagegen wird der analytische Fehler von immer
grösserer Wirkung; ein Verlust von 0,003 gr. bei der Analyse einer 50%, Lösung würde
einen Fehler von 0,2%, der relativen Spannkraftserniedrigung bedingen.
stärker beeinflussen als der analytische Fehler. Wenn
D. Ueber die scheinbare Abhängigkeit der Tensionen von der Grösse der Dampfräume.
Nach 2,5-stündigem Einleiten des Dampfstromes ins Bad hörten die Tensionen des Was-
serdampfes in den Manometern auf zu steigen, alsdann wurde mittelst der oben beschriebenen
Vorrichtung der Druck in den Manometern erniedrigt, in Folge dessen stieg das Quecksilber
in den Schenkeln С, und die den Dämpfen gebotenen Räume vergrösserten sich.
Enthielten die Manometer Wasser, so änderten sich nach Vergrösserung der Dampf-
räume die in denselben herrschenden Tensionen nicht. Zwar wird den Manometern durch
Dampfbildung Wärme entzogen, doch ist die Temperaturerniedrigung gering, und es wird
offenbar dieselbe alsbald durch den Dampf des Bades ausgeglichen. Jedenfalls ergaben die
5 Minuten nach Beginn der Druckerniedrigung bestimmten und die vor der Vergrösserung
des Dampfraumes gemessenen Tensionen Differenzen bis zu = 0,3 Mm. Doch die Tensionen
der Lösungen verhielten sich wesentlich anders; nach der Druckerniedrigung wuchsen die-
selben während 15— 20 Minuten, um dann im weiteren Verlaufe der Zeit sich nicht weiter
zu ändern.
Von der Grösse der Tensionsänderungen geben uns folgende Zahlen ein Bild. Wurden
die Tensionen folgender Lösungen das eine Mal 5, das andere Mal 30 Minuten nach der
Druckerniedrigung beobachtet, so ergaben sich die Differenzen der beobachteten Tensionen
wie folgt. Jede Differenz bezieht sich auf eine Lösung anderer Concentration, und es wachsen
diese von links nach rechts.
‚14 Gustav TAMMANN,
Beispiele:
Ameisensaures Kali. Ameisensaures Natron.
5,5 4,8 5,8 3,6 2,8 5,8 5,2. 7.125031 2%3
Buttersaures Natron. Valeriansaures Kali.
4541292719059 2,5 2,9 2,9 2,9 0,6 3,9
Unterschwefelsaures Lithion. ани,
6,6 6,9 6,0 5,4 4,6 5,2.5,5 3,2 3,4 2,3 2,6
Es fällt auf, dass die Differenzen der vor und nach der Druckerniedrigung beobachteten
Tensionen für concentrirtere Lösungen kleiner werden; dasselbe muss aber auch von den
durch die Verdampfung bedingten Concentrationsstörungen, welche die Ursachen jener Er-
scheinungen sind, gelten.
Während fast alle Lösungen nach der Druckerniedrigung die oben geschilderte Er-
scheinung des Tensionsanstieges zeigten, verhielten sich die Tensionen der Kali- und Natron-
hydratlösungen gerade umgekehrt. Erniedrigt man den Druck in den Kali- und Natronhydrat-
lösungen enthaltenden Manometern, so beobachtet man ein sehr bedeutendes Sinken der
Tensionen (in der ersten halben Stunde 10 Mm.); alsdann dauert die Abnahme noch immer
fort, und sogar nach zwei Stunden sinken dieselben immer weiter. Um dennoch die Tensionen
jener Lösungen messen zu können, wurde, als im Bade eine Temperatur 90° herrschte, der
Druck in den Manometern erniedrigt. Nun stiegen die Tensionen in dem Maasse, als die Tem-
peratur des Bades sich erhöhte; und war die Temperatur im Bade constant geworden, so
änderten sich auch die Tensionen der Lösungen nicht weiter.
Der Grund für die Veränderungen der Tensionen während und nach Vergrösserung
des Dampfraumes ist in den durch Verdampfung bedingten Concentrationsstörungen zu
suchen. Bei den Kali- und Natronhydratlösungen war während der Druckerniedrigung ein
ausserordentlich starkes Aufkochen zu beobachten ; das Volumen des aus den Lösungen auf-
steigenden Dampfes war viele Mal grösser als der den Dämpfen gebotene Raum. Condensirt
sich nun ein Theil dieses überschüssigen Dampfes an den theils trockenen theils mit der
Lösung benetzten Wänden der Manometer, so muss im Manometer eine Tension herrschen,
die höher ist als die, welche den gut gemischten Lösungen zukommt. Ein Theil des Wassers
aus den Lösungen wurde durchs Aufkochen der Lösungen denselben entzogen, auf der Ober-
fläche der Lösungen oder an den Wandungen der Manometer niedergeschlagen; so lange
nicht durch Verdampfung, Diffusion und langsame Strömung alle Unterschiede in der Zusam-
mensetzung der Lösungshäutchen und Tröpfchen ausgeglichen sind, wird in den Manometern
eine der verdünnteren Lösung entsprechende Tension walten. Die Ausgleichung der Con-
centrationsverschiedenheiten wird bei den Kali- und Natronhydratlösungen durch den Um-
stand, dass bei diesen die Bildung der verdünnten Lösungen über den concentrirteren vor
sich geht, erschwert. Indem bei allen anderen Lösungen die concentrirtere sich über der
Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 15
verdünnteren Lösung bildet, wird durchs Untersinken der ersteren die Mischung beschleu-
nigt. Im Allgemeinen trat bei der Vergrösserung des Dampfraumes über den anderen Lö-
sungen kein Sieden auf, sondern es sanken die Lösungssäulen ruhig an den Wänden der
Manometer herab, nur hin und wieder stieg vom Quecksilber aus ein Bläschen, das sich
schnell vergrösserte, auf (Spur Luft). Bei der Dampfbildung kommen also hauptsächlich
die Trüpfchen an den Manometerwänden und die oberste Schicht der Lösungssäulen in Be-
tracht; diese müssen sich concentriren, demnach die Tensionen sich verringern. Doch da der
Ausgleich der Concentrationsverschiedenheiten auf geringere Schwierigkeiten als bei den
Kali- und Natronhydratlösungen stösst, werden bald, in 15—20 Minuten, die Unterschiede
beseitigt. =
Wie erwähnt, sind die Tensionen des reinen Wassers bald nach der Druckerniedrigung
nicht verschieden von denen im späteren Verlaufe der Zeit, was deutlich beweist, dass das
Ansteigen der Lösungstensionen nicht der durch Dampfbildung veranlassten Temperatur-
erniedrigung zuzuschreiben ist; die 17 Grammcalorien, welche bei der Dampfbildung den
Manometern entzogen werden, sind offenbar denselben innerhalb einer Minute wieder-
erstattet.
Alle in dieser Abhandlung mitgetheilten Messungen sind nach einer Druckerniedrigung
in den Manometern angestellt worden. Für jede der untersuchten Lösungen sind 3 Bestim-
mungen im Verlaufe einer halben Stunde ausgeführt worden. Man ersieht aus denselben,
dass in den Manometern ein stationärer Zustand herrschte; die Druckerniedrigung vor den
Messungen ist also auf die Fehler des Resultates ohne Einfluss, nur eine geringe Con-
centrirung der Lösung durch Verdampfung, deren Grösse schon früher besprochen, ist ein-
getreten.
Ein noch grösserer Fehler als durch Druckerniedrigung kann in der Bestimmung der
Tensionen nach der Erhöhung des Druckes begangen werden. Erhöht man den Druck im
Apparate, so beobachtet man, nachdem der Druck in demselben gleich dem der Atmosphäre
geworden ist, ein weiteres Sinken der Quecksilbersäulen ; zuerst fallen dieselben rasch, dann
immer langsamer, und noch nach einer Stunde ist eine deutliche Verringerung der Tensionen
bemerkbar. 5 Minuten nach der Druckerhöhung kann man Tensionen, die für verdünnte
Lösungen um 10 Mm., für concentrirte 100 Mm. zu hoch sind, beobachten. Für Lösungen,
denen eine Tensionserniedrigung von 10—20 Mm. zukommt, habe ich manchmal, nachdem
die durch Comprimirung der Dämpfe bedingte Temperaturerhöhung verschwunden war, die
Tension der Dämpfe aus reinem Wasser beobachten können. Nach dem, was über die Er-
scheinungen bei der Druckerniedrigung über Kali- und Natronhydratlösungen gesagt ist,
wird auch dieses Phänomen leicht verständlich sein. Ferner geht aus Obigem hervor, dass
Tensionsbestimmungen von Lösungen nie bei sinkender, stets bei steigender Temperatur
vorzunehmen sind.
Es bleibt mir nur noch übrig, die früher von mir!) ausgeführten Bestimmungen der
1)G. Tammann, Wied. Ann. В. 24, р. 524. 1885.
16 Gustav TAMMANN,
Tensionen von Salzlösungen bei verschiedenen Temperaturen gegen eventuelle Missverständ-
nisse zu schützen. Damals wurden die Messungen bei niedrigen Temperaturen (40°) begonnen
und dann bei sprungweisem Erwärmen des Bades in höheren Temperaturen fortge-
setzt; in Folge dessen war eine Erhöhung des Druckes in den Manometern häufig noth-
wendig. Doch stets wurde nach Erhöhung des Druckes die Temperatur der Manometer um
ungefähr 5° C. erhöht, so dass in jedem Falle das durch die Druckerhöhung condensirte
Wasser wieder zur Verdampfung gelangte; nachdem die Temperatur alsdann 10 Minuten
constant erhalten worden war, wurde zur Messung geschritten. In dieser Weise sind bei
jenen Messungen die nach der Druckerhöhung auftretenden Fehler vermieden.
Nach der Verkleinerung des Dampfraumes habe ich bei allen untersuchten Lösungen
Tensionen, die höher als die normalen sind, gefunden. Die von mir untersuchten Lösungen
enthielten stets als anderen Bestandtheil eine Substanz, deren Tension gleich Null oder doch
sehr gering im Vergleich zu der des Wassers ist. Nimmt man dagegen die Lösung Zweier
Substanzen, die beide Tensionen besitzen (es seien die Tensionen derselben verschieden),
so wird, wenn auch die flüchtigere Substanz in sehr geringen Mengen vorhanden ist, doch
nach Verkleinerung des Dampfraumes eine höhere Tension beobachtet werden. Schon früher
sind ähnliche Erscheinungen beobachtet worden; die mir bekannten, diesen Gegenstand be-
rührenden Beobachtungen sind:
D. Konowalow') schüttelte Wasser mit Schwefelkohlenstoff, trennte dann die wässe-
rige Lösung vom Schwefelkohlenstoff durch Filtration. Bei 20,8° С. fand Konowalow die
Tension der Lösung zu 44 Mm.; nachdem der Dampfraum im Manometer verkleinert war,
betrug dieselbe 56 Mm. Die Vergrösserung der Tensionen nach Comprimirung des Dampfes
ist offenbar einer Spur nicht gelösten Schwefelkohlenstoffes an den Wandungen des Mano-
meters zuzuschreiben.
Eine andere Beobachtung ist von G. Th. Gerlach?) gemacht worden. Bei 150° C. be-
stimmte dieser die Tension des Glycerins zu 194 Mm.?), nach einer Verkleinerung des Dampf-
raumes zu 234 Mm. Ausserdem theilt G. Th. Gerlach eine Tabelle der Glycerintensionen,
bestimmt bei fallender und steigender Temperatur des Manometers, mit. Die höchst lehr-
reichen Zahlenwerthe der Tensionen sind in folgender Tabelle zusammengestellt.
Tensionen beobachtet
Temperatur. bei sinkender Temperatur. bei steigender Temperatur.
150° 194 Mm. 234 Мю. | Vor den Messungen folgte einer Druck-
140 164 160 Г erhöhung eine Druckerniedrigung.
130 134 85
120 107 10
110 81 7
100 55 4
90 37 2
80 23 0
1) Konowalow, Wied. Ann. XIV, p. 225. 1881. 3) Von allen Glycerintensionen Gerlach’s sind die
2) Gerlach, Chemische Industrie. Jahrgang 1884, | Tensionen des Quecksilberdampfes bei den entsprechen-
№ 9. den Temperaturen abzuziehen.
Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 1:7
Nimmt man an, dass jenes Glycerin eine Spur Wasser enthielt, so sind die grossen
Differenzen der Tensionen beider Beobachtungsreihen verständlich; die bei steigender Tem-
peratur ausgeführten Bestimmungen nähern sich den wahren Werthen. Sind im Dampfraume
Glycerin- und Wasserdampf vorhanden, so wird bei der Temperaturerniedrigung ein Theil
der Dämpfe sich condensiren, an den Wänden des Manometers wird eine Lösung von Wasser
in Glycerin, die concentrirter als die Lösungssäule über dem Quecksilber ist, sich befinden.
Zwar hat С. Th.Gerlach das Glycerin fractionirt destillirt, bis sich der Siedepunkt der Fractur
nicht weiter änderte, doch hat Gerlach keine Wasser entziehenden Mittel, ohne welche das
Glycerin vom Wasser nicht zu befreien sein dürfte, angewandt.
Ferner haben A. Wüllner und О. Grotrian!') bei vielen Flüssigkeiten die Beobachtung
gemacht: dass, wenn für eine gegebene Quantität Flüssigkeit, die vollständig verdampfen mag,
der Dampfraum kleiner und kleiner genommen wird, der Druck der Dämpfe merklich zu-
nimmt, selbst über den sogenannten Sättigungsdruck hinaus. Diese Druckzunahmen bei
Verkleinerung der Dampfräume sind für Wasserdampf von A. Wüllner und О. Grotrian
kleiner als für die anderen Substanzen gefunden worden, wohl weil das Wasser am leichtesten
im Zustande grosser Reinheit herzustellen ist. Bei der Verringerung des Dampfvolumens
auf '/, bis У», des ursprünglichen Volumens kann nach den genannten Experimentatoren die
Tension des Wasserdampfes um 5—10 Mm. wachsen. Ich habe das Volumen des Wasser-
‚dampfes, in Gegenwart einer grossen Menge Wassers (5—8 gr.), auf die Hälfte verkleinert
und fand die Ueberschüsse der Tensionen nach der Druckerhöhung in 5 Manometern ver-
schiedener Füllung zu
3 Minuten nach der Druckerhöhung -+1,7 0,6 + 0,8 + 1,0 + 0,9
20 Minuten » » » 1,0 0,5 +0,55 +0,4 + 0,4
Mit der Zeit nahmen die beobachteten Tensionsüberschüsse ab, doch auch nach dem
Verlaufe einer Stunde waren dieselben nicht vollständig verschwunden. Nimmt man an, dass
vor der Volumenverminderung der Dampfraum nicht mit Quecksilberdampf gesättigt war,
so könnte, wenn nach der Compression der Dampfraum mit Quecksilberdampf gesättigt ist,
die gefundene Steigerung der Tensionen nicht mehr als 0,2 Mm. betragen.
Das zur Füllung der Manometer verwandte Wasser war destillirtes, verdampfte ohne
Rückstand. Nur, wenn es längere Zeit in den Manometern erhitzt worden war, hinterliess es
beim Verdampfen einen Rückstand (10 gr. Wasser 0,001 gr. Rückstand). Diese geringe Menge
des dem Glase entzogenen Alkalis kann nicht alsUrsache obiger Erscheinung betrachtet werden,
vielmehr ist dieselbe in flüchtigen Verunreigungen des Wassers zu suchen. Und in der That
befreit man das Wasser von diesen, so war nach einer Verkleinerung des Dampfraumes eine
Tensionserhöhung nicht zu beobachten. Auch beim Aether und Schwefelkohlenstoff gelang
1) Wüllner und Grotrian, Wied. Ann. В. 11, р. 600, 1880.
Mémoires de l’Acad. Гир. des sciences, VIIme Serie.
©
18 GUSTAV TAMMANN,
es, die Tensionserhöhung nach der Verkleinerung des Dampfraumes sehr bedeutend zu
verringern.
| Die Tensionserhöhung nach einer Verkleinerung des Dampfraumes scheint schon durch
sehr geringe Verunreinigungen hervorgerufen zu werden, und es wäre möglich, jene Er-
scheinung als Prüfungsmittel auf die Reinheit flüchtiger Substanzen anzuwenden.
II. Das Beobachtungsmaterial.
Für die im Inhaltsverzeichniss angeführte Eintheilung der untersuchten Substanzen
sind hauptsächlich Bequemlichkeitsrücksichten maassgebend gewesen. Da es mir nicht ge-
lungen ist eine allgemein gültige Regel für die Abhängigkeit der Erniedrigungen von der
chemischen Natur der Substanzen zu finden, so mag die einmal gewählte Systematik bis zur
Aufhellung jenes Problems bestehen bleiben.
Für jede der untersuchten Substanzen findet man erstens Daten über die Reinheit der-
selben; war das Präparat von mir dargestellt worden, so ist die Methode der Darstellung
kurz angegeben. Zweitens folgt eine Erwähnung der zur Analyse der Lösungen benutzten
Methode. Schliesslich sind die Resultate der Beobachtung in einer Tabelle zusammen-
gestellt.
Diese Tabellen haben folgende Einrichtung. Ueber jeder Tabelle ist das Molekular-
gewicht (M) der untersuchten Substanz und, wenn diese nicht als solche gewogen wurde,
noch das der gewogenen Verbindung hingeschrieben. Nur die angegebenen Molekularge-
wichte (Н = 1) sind bei allen folgenden Rechnungen benutzt worden. Die erste Colonne
jeder Tabelle (b) enthält die während der Tensionsmessungen herrschenden Barometerstände,
die zweite die beobachteten Tensionserniedrigungen (7—T;), die beinahe immer dreimal
gemessen wurden. Das Mittel aus diesen 3 Messungen folgt in der drittten Colonne (a).
Die vierte Colonne (m) enthält die in 100 Theilen Wasser gelösten Mengen der Substanz. In
der fünften Colonne sind die aus den mitgetheilten Beobachtungen berechneten relativen
Tensionserniedrigungen, die Quotienten "—A.1000 eingetragen; der Kürze wegen werde
ich diese von nun an mit dem Buchstaben px bezeichnen. Dann folgen in der sechsten Co-
lonne die molekularen Concentrationen, die Quotienten м X 10, diese geben an wie viel
Grammmoleküle in 1000 gr. Wasser gelöst sind; ich werde sie im Folgenden mit dem Buch-
staben и bezeichnen. Schliesslich sind die auf den Normalbarometerstand (760 Mm.) redu-
cirten Spannkraftserniedrigungen (TS 7 60) in der siebenten Colonne (Z) eingetragen.
Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 19
Krystallisirte die untersuchte Substanz bei der Temperatur 100° mit Krystallwasser
verbunden aus den Lösungen, so sind häufig die Werthe т, р. und » für die bei dieser Tem-
peratur sich ausscheidende wasserhaltige Verbindung berechnet und in den 3 folgenden Co-
lonnen verzeichnet; letztere sind ausserdem durch die Formel deskrystallisirenden Hydrates
genügend kenntlich gemacht.
Um die Abhängigkeit der Tensionserniedrigungen von der Menge der gelösten Substanz
innerhalb der untersuchten Concentrationen darzustellen, hätte ich Formeln aufsuchen müs-
sen, die die Erniedrigungen als abhängig von den Lösungsconcentrationen darstellen. Formeln,
welche diese Bedingung erfüllen würden, sind recht complicirter Natur; ausserdem wäre die
Rechnung sehr zeitraubend und das Resultat doch kein endgültiges. Daher habe ich mich
begnügt, durch Formeln nur die Erniedrigungen der verdünnten Lösungen in ihrer Abhän-
gigkeit von den gelösten Substanzmengen darzustellen. Zu diesem Zwecke wählte ich die In-
terpolationsformel von der Form 7—T, = an = bn?. Wo T—T, die gesuchte Erniedrigung bei
der Tension des Dampfes aus reinem Wasser — 760 Mm., n die molekularen Concentrationen
der Lösungen bedeuten. Dem Beobachtungsmateriale für jede Gruppe sind jene Interpola-
tionsformeln mit den aus diesen abgeleiteten Erniedrigungen für и = 0,5 und я = 1 beige-
fügt. In der Regel, wurden zwei Interpolationsformeln ausgerechnet; die zur Rechnung ver-
wandten Beobachtungen sind in der letzten Colonne der Tabellen genannt.
Es blieb mir nur noch übrig das Beobachtungsmaterial für den ganzen Umfang der
untersuchten Concentrationen zugänglich zu machen. Aus oben erwähnten Gründen musste
die graphische Interpolationsmethode bevorzugt werden. Ich zeichnete auf Coordinaten-
papier die Tensionserniedrigungen (7—7) als Ordinaten; und zwar haben diese auf dem
Papier die ihnen in Wirklichkeit zukommende Grösse. Als Abscissen wurden die Molekular-
concentrationen (n) eingetragen, und entspricht die Einheit von » zehn Theilstrichen (20 Mm.)
auf der Abscissenaxe, ein Theilstrich also einem Grammmolekül Substanz gelöst in 10000 gr.
Wasser.
Die so erhaltenen Endpunkte der Ordinaten verband ich mit Hülfe des Lineals durch
gerade Linien, denn mir war es nicht möglich, die häufig so wenig gekrümmten Linien sicher
mit freier Hand zu ziehen. Trotz dieses bedeutenden Mangels, habe ich, so gut es ging, für
ganze Werthe von # die Erniedrigungen interpolirt, und dieselben für jede Gruppe der un-
tersuchten Substanzen in einer Tabelle, die gleich nach der eben erwähnten Tabelle der
Interpolationsformeln zu finden ist, zusammengestellt. Auch die Curventafeln durfte ich dem
Leser nicht vorenthalten, da ein Blick auf dieselben mehr lehrt als ein mühseliges Ver-
gleichen der interpolirten Werthe. Die Beziehungen der Tensionserniedrigungen verschie-
dener Substanzen zu einander, sind so complicirter Natur, dass zur Entwirrung derselben
ein reelles Bild unumgänglich nothwendig ist. An jene Curventafeln werde ich in Folge die
diesbezüglichen Discussionen knüpfen.
3+
20 Gustav TAMMANN,
1) Die Alkalisalze der Haloidsäuren № 1 — № 18.
Die untersuchten Salze sind:
КО NaCl NH,CI LiCI RbCI
KCNS NaCNS NH,CNS LiBr
KBr NaBr NH,Br LiJ
KJ NaJ NH,J
KF NaF.
Die Gestalt und Lage der Erniedrigungscurven (siehe Tafel I Fig. I).
Die Erniedrigungscurven wenden in ihrem untern Verlaufe die convexe, im oberen
die concave Seite der Abscissenaxe zu; demnach besitzen dieselben, mit Ausnahme der
Curven des Kochsalzes und Fluornatriums, einen Wendepunkt. Es folgen die Wendepunkts-
abscissen, deren Grösse entweder durch graphische Interpolation, oder aus dem Verlaufe
der relativen Spannkraftserniedrigungen (Colonne u.) durch Schätzung bestimmt wurde.
Li Na K Rb NH,
CI 9. 4 6, 5 6 | 1?
CNS 7 5 4
Br JO 8 î 1.5?
J 10.3 9 4.2 5
Man bemerkt, dass die Abscissenwerthe der Wendepunkte für die Salze einer Base
mit wachsendem Atomgewichte der Säureradicale zunehmen; Ausnahme beim NH,CNS.
Ferner ersieht man, dass die Grösse der Wendepunktsabscissen mit wachsendem Atomge-
wichte des Metalles für die Salze des Lithiums, Natriums und Kaliums abnimmt. Die Ab-
scissenwerthe der Wendepunkte sind von entscheidendem Einflusse auf die Gestalt der Cur-
ven. Je weiter die Wendepunkte vom Nullpunkt des Coordinatensystems liegen, desto stärker
ist die convexe, und desto geringer die erst spät eintretende concave Krümmung der Cur-
ven. Nähert sich der Wendepunkt dem Nullpunkte der Coordinaten, so verschwindet die
convexe Krümmung der Curven immer mehr und mehr, und das concav gekrümmte a,
verlängert sich nicht nur, sondern verstärkt auch seine Krümmung.
Eine Proportionalitet zwischen den Erniedrigungen und den gelösten Salzmengen exi-
stirt in Wirklichkeit nicht, nur beim Chlorammonium und Chlorrubidium bleibt man, so
lange die Lösungen nicht nahezu gesättigt sind, im Zweifel.
Für die Beziehungen der Erniedrigungscurven zu einander findet man folgende Regeln.
Die 18 Erniedrigungscurven bilden ein Bündel, dieses nimmt seinen Ursprung im Nullpunkt
des Coordinatensystems, um sich bei weiterem Entfernen von seinem Ausgangspunkte fächer-
förmig auszubreiten. In der Regel schneiden sich die Erniedrigungscurven nicht, wohl kommt
es vor, dass zwei Curven fast zusammenfallen, alsdann sind die manchmal auftretenden Schnitt-
Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 91
punkte vielleicht Beobachtungsfehlern zuzuschreiben. Nur eine Curve, die des Fluorkaliums,
schneidet mehrere andere, doch braucht man diesen Befund nicht für constatirt zu erachten;
da die Lösungen des Fluorkaliums das Glas der Manometer stark angreifen, wäre ein ande-
_ тег Verlauf der Curve möglich.
Die bei folgenden Abseissenwerthen angegebenen Breiten des Curvenbündels geben die
Erniedrigungsdifferenzen für die Lösungen des Jodlithiums und Rhodanammoniums (Co-
lonne A), lässt man diese beiden Curven ausser Acht, so erhält man die in Colonne В ver-
zeichneten Breiten des Bündels.
n=0,5 Е ПЕ 7—9 n—4 n—=5 LEO, METTENT) TE)
A. 3,0 Мм. 6,7 19,5 37,0 62,0 -88,5 ' 126 -155 178 205 284
BED » 94..140 30:0, 455 69.0 105
Demnach erweist sich die früher von mir aufgestellte Regel: «die verdünnten Lösungen
analog constituirter Salze haben bei 100° C., wenn ihre Molekularconcentrationen unter
einander gleich sind, gleiche Dampftensionen», bis zur Molekularconcentration и = 0,5 nur
als grobe Annäherungsregel. ’
Die Lagerungsverhältnisse der Erniedrigungscurven versinnlicht folgendes Schema:
LiJ NaJ KJ NH,J
LiBr NaBr KBr NH,Br
Na0NS KCNS NH,CNS
Гао] NaCl KCI NH,CI
NaF KF.
In jeder Horizontalreihe nehmen für gleiche Abseissenwerthe die Ordinaten der Curven
von links nach rechts, in jeder Verticalreihe von oben nach unten ab. Man erkennt, dass,
wenn bei den Curven der Salze eines Metalles das Atomgewicht des Säureradicals abnimmt,
bei gleichen Abscissenwerthen die Ordinaten der Curven auch abnehmen. Die verdünnten
Lösungen des Rhodanammoniums machen eine Ausnahme, ihre Tensionen sind höher als die
der entsprechenden Salmiaklösungen; diese Abweichung wird durch die Eigentension des
Rhodanammoniums bei 100° bedingt.
Sieht man von der Curve des Chlorrubidiums ab, so bemerkt man, dass die Curven der
Salze eines Metalles ein Gebiet einnehmen, an dieses schliesst sich das der Curven eines
anderen Metalles, und zwar so dass die letzte und erste Curve der an einander grenzenden
Gebiete nahe zusammenfallen. Demnach fallen die Curven des Chlorlithiums und Jod-
natriums, des Chlornatriums und Jodkaliums, des Chlorkaliums und Jodammoniums nahe
zusammen.
№ 1.
Chlorkalium.
Das Präparat enthielt keine anderen Kalisalze und war frei von Natronsalzen. Me-
thode der Analyse: die Lösungen wurden zur Trockne gedampft, die Rückstände schwach
geglüht und gewogen.
22 Gustav TAMMANN,
KCI 74,4
84 83 81 2,47 0,332 8,1
15,6 156 154 4,84 0,650 15,2
40,5 40,5 40,4 12,12 1,629 39,7
645 643 64,2 19,30 2,593 63,2
93,9 93,6 93,6 27,44 3,688 92,1
110,0 110,1 109,9 31,68 4,258 | 108,0
131,1 131,1 130,9 37,34 5,019 | 128,6
173,9 173,8 173,7 51,21 6,883 | 1707
№2.
Rhodankalium.
Das Sulfocyankalium war frei von Natron und Ammoniak, frei von anderen Kalisalzen,
enthielt aber eine Spur Chlorkalium.
Die Lösungen des Rhodankaliums griffen das Quecksilber ein wenig an, auf den Queck-
silberkuppen lagerte eine braune Haut.
Die Analyse der Lösungen wurde durch Titration derselben mit Silbersalpeterlösung
ausgeführt. (Indicator chromsaures Kali) 1 Cbe Silberlösung aequivalent 0.00464 gr. С] =
0.01271 gr. KCNS.
KCNS 97
PT
17,4 17,4 174 17,4 7,51
29,5 29,5 29,5 29,5 11,79
69,6 69,5 69,5 69,5 26,47
125,9 125,9 126,0 | 125,9 46,97
198,6 198,5 198,6 | 198,6 75,66
218,9 218,8 219,0 | 218,9 85,51
280,7 281,0 280,9 | 280,9 | 115,68
315,8 315,8 315,9 | 315,8 | 137,55
321,6 321,6 321,6 | 321,6 | 140,69
348,8 348,8 348,5 | 348,7 -| 159,45
452,6 452,5 452,6 | 4526 | 261,55
№3.
Bromkalium.
Dieses Präparat enthielt keine Spur Schwefelsäure, Jod, Chlor und Natrium. Methode
der Analyse: nachdem die Lösungen zur Trockne gebracht waren, wurden die Rückstände
vorsichtig geschmolzen und gewogen.
Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 23
/RBr 118,8
11,4 11,3
21,2 212
42,2 42,1
71,1 70,9
81,3 81,3
89,8 89,9
120,6 120,8
138,6 138,7 -
158,7 158,9
194,4 194,5
N 4,
Jodkalium.
Das Jodkalium war frei von Natrium und Schwefelsäure, enthielt aber 0.703 jod-
saures Kali. Die Lösungen des Jodkaliums oxydirten das Quecksilber ein wenig, die Ursache
dieser Erscheinung ist die, Verunreinigung des Jodkaliums durch jodsaures Kali. Lösungen
von jodsaurem Kali konnten nicht untersucht werden, weil sie durch Quecksilber zu schnell
reducirt werden.
Methode der Analyse wie bei № 3.
0,624
1,397
1,854
2,817
3,306
3,720
4,320
5,850
6,711
6,979
8,148
8,320
10,214
11,058
12,092
24 Gustav TAMMANN,
№5:
Fluorkalium.
Durch Uebersättigen einer Lösung von kohlensaurem Kali mit Flusssäure, Eindampfen
derselben und Glühen des Rückstandes wurde das Fluorkalium dargestellt.
Zur Analyse der Lösungen wurden diese mit überschüssiger Salzsäure versetzt, zur
Trockne gebracht, abermals mit Salzsäure zur Trockne gedampft, und schliesslich die Rück-
stände über der Lampe erhitzt und als Chlorkalium gewogen.
Die Quecksilberwerthe der Lössungsäulen waren für die 3 concentrirtesten Lösungen
nicht genau bestimmbar, da sich beim Erkalten die Lösungen, offenbar durch ausgeschiedenes
Fluorcaleium, trübten.
b T—T, а | m | Be | n E
|
752,5 17,6 17,6 17,6 17,6 4,71 4,96 0,812 17,8
414 414 414 41,4 9,98 | 5,51 1,720 41,8
788 4787087 78,7 18,02 | 5,80 3,107 79,5
162,6 162,5 162,4 162,5 34,26 6,303 5,907 164,1
205,2 204,8 204,8 | 2049 | 42,17 | 6,457 | 7,271 206,9
971,4 271,3 271,3 | 2713 | 5476 | 6,584 | 9,441 274,0
№ 6.
Chlornatrium.
Das Chlornatrium war rein. Analyse wie bei № 1.
| NaCl 58,4
Die DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 25
№ 7.
Rhodannatrium.
Darstellung: Eine Lösung von rohem Rhodanammonium wurde mit Soda in geringem
Ueberschuss versetzt, und so lange unter Erneuerung des Wassers gekocht, bis kein koh-
lensaures Ammon entwich. Durch zweimalige partielle Krystallisation wurde ein Präparat
gewonnen, welches frei von Rhodanammonium und kohlensaurem Natron war, aber eine
Spur schwefelsauren Natrons enthielt.
Die Quecksilberkuppen, über denen die concentrirtesten Lösungen lagerten, waren
geschwärzt.
Analyse der Lösungen wie bei № 2. 1 Се. Silberlösung = 0.01062 gr. NaCNS.
NaCNS 81
b T—T, | а | т | [13 п Е
773,8 13,6 13,6 13,6 13,6 4,64 3,79 0,573 13,4
33,9 33,9 33,7 33,8 10,39 4,21 1,283 33:2
36,2 36,2 36,1 36,2 11,31 4,14 1,396 35,6
147,7 147,7 147,7 147,7 38,03 5,018 4,696 145,1
157,7 157,7 157,7 | 157,7 40,29 | 5,058 | 4,975 | 1549
773,9 | 209,2 209,2 209,2 | 209,2 50,91 | 5,310 | 6,285 | 205,5
294,5 294,6 294,5 | 294,5 74,03 | 5,140 | 9,140 | 289,2
355,8 355,7 355,8 | 355,8 91,24 | 5,039 | 11,26 349,4
368,0 368,0 368,0 | 368,0 95,78 | 4,965 | 11,83 | 361,4
387,0 387,0 387,0 | 387,0 | 102,14 | 4,896 | 12,61 380,0
№ 8.
Bromnatrium,
Das Präparat enthielt keine Spur Jodnatrium, schwefelsaures Natron und Bromkalium,
wohl aber eine Spur Chlornatrium.
Analyse wie bei № 3.
NaBr 102,7
750,0 122019301129 12,2 488 | 3,33 0,476 12,4
16,8 16,6 16,7 16,7 7,01 3,18 0,683 16,9
44,6 44,6 44,6 44,6 17,28 | 3,44 | 1,683 45,2
59,7 59,7 59,7 59,7 | 22,97 3,58 2,168 60,5
89,5 89,6 89,5 89,5 | 31,54 | 3,784 | 3,071 90,7
755,6 | 116,7 116,6 116,6 | 116,6 | 38,98 |. 3,958 | 3,796 117,3
156,8 156,9 156,7 | 156,8 | 50,89 | 4,078 | 4,955 | 157,7
200,2 200,0 199,9 | 200,0 | 62,68 | 4,223 | 6108 | 201,2
242,1 242,2 2425 | 2423 | 74,98 | 49277 | 7,301 | 243,7
282,1 282,1 282,1 | 282,1 | 8706 | 4,288 | 8477 | 283,7
Mémoires de l'Acad, Imp. des sciences. VIIme Serie, 4
26 Gustav TAMMANN,
№ 9.
Jodnatrium.
Das Jodnatrium war frei von Jodkalium und schwefelsaurem Natron, enthielt aber eine
Spur Chlornatrium; die Lösungen wurden abgedampft, die Rückstände geglüht, nicht ge-
schmolzen und gewogen.
LS
NaJ 149,5
| |
b | T—T, 4 т m n | E
760,0 16,7 164 165 16,5 10,05 | 2,16 0,672
424 424 423 | 424 | 2297 | 243 1,536
142,3 142,3 142,3 | 142,3 62,35 | 3,003 | 4,171
171,2 171,2 171,2 | 1712 | 7273 | 3097 | 4,865
219,1 219,0 219,1 | 219,1 89,21 | 3,232 | 5,967
7664 | 264,3 264,4 2644 |. 2644 | 10548 | 3,271 | 7,055 | 262,2
334,8 334,7 334,7 130,93 | 3,337 8,754 | 331,9
482,2 482,2 482,2 204,32 8,080 | 13,664 478,2
500,9 500,8 500,8 | 216,50 | 3,018 | 14,316 | 496,6
541,2 541,0 541,1 | 244,60 | 2,886 | 16,359 |: 536,6
№ 10.
Fluornatrium.
Ueber die Darstellung des Fluornatriums siehe № 5. Ueber die Analyse der Lösungen
siehe M 9.
NaF 42
751,2 13,7 13,7 13,6 13,7 2,48 7,35 0,591 13,9
740,6 23,8 23,8 23,8 23,8 4,46 7,21 1,061 24,4
751,2 24,9 24,8 24,7 24,8 4,56 7,24 1,085 25,1
№ 11.
Chlorammonium.
Der Salmiak war frei vonschwefelsaurem und salpetersaurem Ammon, hinterliess beim
Verdampfen keinen Rückstand.
Die DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 27
In den Lösungen wurde der Salmiak durch Eindampfen, dreistündiges Trocknen bei
110° und Wägen des Rückstandes bestimmt.
NH,CI 53,4
28,6 28,5 28,6 1,214
43,5 43,4 43,4 1,866
72,6 72,4 72,4 3,141
92,5 92,6 3,900
124,5 124,5 5,271
158,5 158,5 158,6 7,078
184,6 184,8 184,9 8,237
207,5 207,5 207,6 9,673
245,4 245,2 245,3 11,657
№ 12.
Rhodanammonium.
Das Sulfocyanammonium war aus einem käuflichen rohen Präparate durch zweimalige
partielle Krystallisation dargestellt. Das so gereinigte Salz hinterliess beim Abdampfen kei-
nen Rückstand.
Die Lösungen des Rhodanammoniums griffen das Quecksilber in den Manometern stark
an. Die Quecksilberkuppen, über denen die concentrirten Lösungen lagerten, waren plan.
Auf den Kuppen lagerten schwarze Häute (Schwefelquecksilber), in Folge dessen war eine
scharfe Einstellung des Fadenkreuzes auf die Kuppen nicht möglich.
Analyse der Lösungen wie bei № 2. 1 Cbc. Silberlösung = 0.00996 NH,CNS.
NH,CNS 76
28 Gustav TAMMANN,
№ 13.
Bromammonium.
Darstellung: Durch Einwirkung von Wasser und Schwefelwasserstoff auf Brom wurde
Bromwasserstoff dargestellt. Die hierbei sich bildende Schwefelsäure wurde mit Barythydrat
niedergeschlagen, das Filtrat mit Ammoniak schwach übersättigt und Kohlensäure durchge-
leitet. Nach starkem Einengen des Filtrates ward durch partielle Krystallisation ein reines
Bromammonium gewonnen.
Die Lösungen von Bromammonium griffen Quecksilber an. In den Manometern über-
zogen sich die Quecksilberkuppen mit einer schwarzen Haut; letztere war in den concen-
trirteren Lösungen stärker ausgebildet.
Die Lösungen wurden wie bei № 11 analysirt, nur trockneten die Rückstände 3 Stun-
den bei 100°.
NH,Br 97,8
760,5 14,3 143 14,3 14,3 5,94 | 3,17 0,607 14,3
25,9 95,9 925,9 25,9 10,64 | 3,20 1,088 25,9
46,3 46,2 46,2 46,2 19,64 | 3,09 2,008 46,2
744,7 57,6 572 57,5 57,4 23,04 | 3,345 | 2,356 58,6
760,5 70,6 70,5 70,4 70,5 27,80 | 3,335 2,843 70,5
100,6 100,5 100,3 | 100,5 39,66 | 3,331 4,056 | 100,4
744,7 | 124,0 124,2 128,8 | 124,0 51,06 | 3,261 5,221 | 196,6
167,1 166,7 167,4 | 167,1 68,41 | 3,280 | 6,995 | (1707
237,7 237,5 237,9. | 237,7 | 105,20 | 3,034 | 10,757 | 249,7
258,5 258,4 258,3 | 2584 | 116,78 | 2,971 | 11,940 | 263,9
X 14.
Jodammonium.
Darstellung: Jod, metallisches Eisen und Wasser wurden zusammengebracht. Nachdem
alles Jod sich mit dem Eisen verbunden hatte, wurde die grüne Lösung mit überschüssigem
kohlensaurem Ammon versetzt, filtrirt und solange gekocht, bis der Rückstand nicht mehr
nach Ammoniak roch. Aus dem Rückstande ward durch partielle Krystallisation das Jodam-
monium gewonnen.
Als das Präparat zur Untersuchung gelangte, hatte es sich ein wenig zersetzt und war
durch ausgeschiedenes Jod gelb gefärbt. Durch die Lösungen des Jodammoniums wurden
die Quecksilberkuppen schwächer als durch die des Bromammoniums angegriffen.
Methode der Analyse wie bei № 13.
Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 29
NH,J 144,5
754,6 19,9 20,0 19,9 19,9 11,64 | 2,97 0,806 20,1
Br 44,1 44,1 44,0 44,1 25,89 | 2,26 1,792 44,4
| 78,2 78,2 78,0 78,1 44,10 | 2,35 3,052 78,7
я 103,2 103,1 103,2 | 103,2 57,56 | 2,376 | 3,983 | 1040
Ех 114,1 114,0 1140 | 114,0 63,44 | 2,381 4,391 | 114,9
754,5 | 135,0 134,9 134,8 | 134,9 74,87 | 2,388 5,181 | 136,0
: 159,9 160,0 159,9 | 159,9 90,28 | 2,348 6,247 | 161,2
Я 254,1 254,3 254,9 | 9542 | 153,23 | 2,199 | 10,604 | 256,2
Г 307,9 308,1 308,1 | 3080 | 199,01 | 2,005 | 13,772 | 310,4
b.
3 № 15.
À Chlorlithium.
Die Bestimmungen der Tensionserniedrigungen des Chlorlithiums wurden an zwei Prä-
paraten ausgeführt. Das eine der Präparate war durch Neutralisation von reinem kohlen-
saurem Lithion mit Salzsäure hergestellt, und sind die Beobachtungen, die sich auf dieses
Br: Präparat beziehen, mit einem * bezeichnet. Das andere Präparat war ebenfalls rein.
| Zur Bestimmung des Chlorlithiums, wurden die Lösungen mit überschüssiger Schwefel-
säure eingedampft, die un abgeraucht, die Rückstände stark geglüht und ge-
À | wogen.
11.30, 110 LiCl 42,4 LiC12H,0 78,4
г ‚ | T—T, | a | т | Го | п Е m [7 И)
à 749,3 | *25,3 25,3 25,4 25,3 4,27 7,90 1,008 25,7 8,19 | 4,12 1,045
770,7 27,1 27,1 27,1 27,1 4,36 8,07 1,028 26,7 8,36 | 4,20 1,067
Ä 749,3 *53,9 540 54,0 54,0 8,24 8,74 1,944 54,8 16,39 | 4,40 2,090
| 770,7 55,8 55,8 55,8 55,8 8,35 8,67 1,970 55,0 16,62 | 4,36 2,120
749,3 #98,3 98,3 98,4 98,3 13,63 9,62 3,215 99,7 28,51 | 4,60 3,636
770,7 132,2 132,2 132,2 132,2 16,70 | 10,272 3,938 130,3 35,98 | 4,768 4,589
770,7 229,9 229,7 229,6 26,15 | 11,401 6,168 226,6 62,16 | 4,797 7,928
749,3 "246,7 246,7 246,7 246,7 28,16 | 11,691 6,642 250,2 68,44 | 4,811 8,730
770,7 263,9 263,7 263,8 29,28 | 11,690 6,906 260,1 72,06 | 4,750 9191
770,7 332,9 338,0 332,9 35,29 | 12,239 8,324 328,3 93,18 | 4,635 11,885
755,2 *339,8 339,7 339,4 339,6 36,63 | 12,278 8,638 341,8 98,29 | 4,575 12,536
777,9 414,6 414,7 414,6 414,6 3,64 12,212 | 10,298 405,1 128,20 | 4,157 16,352
445,9 446,0 446,1 446,0 47,47 | 12,078 | 11,196 435,7 147,03 | 3,900 18,754
755,2 *463,3 463,0 463,2 463,2 50,95 | 12,039 | 12,015 466,1 166,02 | 3,694 21,176
Е 777,9 | 477,7 477,5 477,7 477,6 51,54 | 11,912 | 12,156 466,6 169,44 | 3,624 21,612
543,2 543,1 543,0 543,1 63,09 | 11,066 | 14,879 530,6 249,90 | 2,794 31,877
581,6 581,4 581,6 581,5 70,73 | 10,569 | 16,681 568,1 327,37 | 2,283 41,764
654,9 654,9 96,46 | 18,728 | 22,751 639,8 985,28 | 0,8545 | 125,67
30 Gustav TAMMANN,
№ 16.
Bromlithium.
Das Bromlithium enthielt eine Spur Chlorlithium. Ueber die Bestimmung des Brom-
lithiums siehe № 15.
11.30, 110 LiBr 86,8 LiBr2H,0 122,8
10,4 10,4 10,4
36,4 36,4 36,4
65,0 65,0 65,0
75,7 75,6 75,6
195,6 195,5 125,5
200,7 200,5 | 200,6
252,0 252,0 252,0
339,0 338,8 338,9
430,8 430,6 430,7
472,1 472,2 472,2
523,4 523,4 523,4
633,7 633,6 633,6
№ 17.
Jodlithium. :
Darstellung des Jodlithiums: Eine Lösung von Eisenjodür wurde mit einem Ueber-
schuss von kohlensaurem Lithion zusammengebracht, heiss filtrirt. Das Filtrat nach Zer-
setzung des geringen Ueberschusses von kohlensaurem Lithion durch wenig Eisenjodür noch-
mals filtrirt und eingedampft, bis eine Probe beim Erkalten erstarrte.
Ueber die Analyse siehe № 15.
chats 4 art
г.
ra
hs
Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 31
11,30, 110 LiJ 133,5 LiJ3H,0 187,5
224 223 22,2 22,3 15,70 0,838
36,6 36,6 36,6 36,6 25,43 1,356
88,1 88,1 88,0 88,1 57,20 3,051
150,9 150,9 151,0 | 150,9 92,51 4,934
183,6 183,7 183,5 | 183,6 114,64 6,110
291,4 291,3 291,3 | 291,3 182,28 9,722
495,0 495,0 495,1 | 495,0 406,97 21,708
533,2 532,3 533,2 | 533,2 486,08 25,922
540,8 540,8 540,9 | 540,8 501,91 26,772
605,7 605,8 605,7 | 605,7 738,82 39,404
№ 18.
Chlorrubidium,
Das Chlorrubidium war frei von Schwefelsäure und Salpetersäure, und zeigte das Spec-
trum desselben nicht deutlich die Linien des Kaliums. Die Bestimmung des Chlorrubidiums
in den Lösungen wurde mittelst Eindampfen der Lösungen und gelindem Erhitzen der Rück-
stände über der Lampe bewerkstelligt.
RbCI 120,6
28,7 28,8 28,8 2,77 1,149
40,2 40,3 40,4 2,71 1,641
58,4 58,4 58,6 2,75 2,351
81,3 81,5 81,7 2,78 3,233
87,8 87,9 88,0 2,81 3,453
753,5 | 105,9 105,8 105,7 2,764 | 4,212
107,7 107,4 107,5 2,741 | 4,316
759,6 | 248,9 248,7 248,8 2,696 | 10,075
5
Le)
GUSTAV TAMMANN,
Formel
des Salzes.
Erniedrigungen Mittel Nummer der .
Interpolationsformel.
bei n—0,5 | bein=1,0 | für n—0,5 für n=1,0 benutzten DIESEN ET
— =— 2
T— T, = 24,4n + 0,0n?| 12,2 24,4 N 122 44 1,3
T— Т, = 24,4n + 0,0? 12,2 24,4
19,0% + 4,1n2| 10,5 23,1
211n + 15n2| 11,0 10,8 aa 1,2
— 93,8n + 0,4n?| 12,0 an
= 23,5n + 0,7n? 1159 ?
24,6n + 0,6n2| 12,5 55
24,5n + 0,9n? 12,4 2
19,8n + 2,6n? 10,5
20,6n +- 1,6n? 10,7
SS
10,6
Sl
=
=
5
— 24 9и + 0,m?| 12,3 12,5
= 21,4% + 3,5n? 11,6
22,4n + 1,8n2| 11,6 11,6
=
25,6% + 0,8n? 15,0
23,3% = 2,1n? 12,2 2
SS KES KR SR
||
SS
||
SS
22,21 + 3,5n? 12,0
22,8n +- 2,7n? 12,1
р
= 24,3n + 0,9n? 12,3 À
}
;
}
12,1
Gel
dl)
SS
S
|
5
er
22,6n + 0,4n? 11,4
24,3n — 0,6n? 12,0
— 23,9n — 0,3n? 1,9
[|
er
‚53
= 20,7n + 1,3? 10,7
21,5n + 0,4n? 10,8
SSSR
LA
S
23,4n + 0,4n? 11,8
23,3% + 0,7n?| 11,9
||
a
"3
24,6n + 0,4n?| 12,4
24,9n + 0,3n2| 12,5
[|
5
£
22,6n + 2,9%? | 12,0
23,0% + 2,5n2| 12,1
н.в
[|
HS
- 22,7n + 3,61? 12,2
29,7n + 3,41? 12,2
BTS
SH
SS
26,1n + 2,4n? 13,6
25,5n + 3,2n? 13,5
SN
[|
ee
= 24,2n + 0,4n?| 12,2
1 = 24,2% + 0,4n?| 12,2
SS
SE
Die DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 39
Tensionserniedrigungen bei:
Formel. т я n=3| п=4 | п=7 | п=8 | п=9 о
| | | |
TÜR 244 | 488 | 74,1 | 100,9 | 1285 | 1522
KCNS ..... 228 | 488 | 760 | 1005 | 128,5 | 152,8 | 177,0 | 200,2 | 220,5 | 2410 | 261,0
a un 242 | 508 | 765 | 105,5 | 132,8 | 1600 | 1855
и" 253 | 522 | 826 | 1122 | 1415 | 171,8 | 1985 | 225,5 | 2525 | 2785 | 300,0
Bu 223 | 460 | 750 | 106,0 | 136,5 | 166,8 | 190,8 | 233,0 | 269,0
Neo 2 252 | 521 | 80,0 | 111,0 | 143,0 | 176,5 |
NaONS ....| 246 | 557 | 892 | 1220 | 156,2 | 1950 | 227,0 | 256,2 | 285,0 | 314,0 | 3425
NaBr -: 2. 259 | 570 | 892 | 1242 | 1595 | 1975 | 233,0 | 2680 |
Мау .......| 25,6 | 602 | 995 | 136,7 | 1775 | 221,0 | 260,5 | 3015 | 339,5 | 370,0 | 400,5
NaF.......| 23,0
NH,Cl.....| 237 | 451 | 693 | 942 | 1185 | 138,2 | 1570 | 1790 | 1965 | 213,8 | 2325
NHONS...| 220 | 460 | 686 | 980 | 1175 | 140,0 | 159,5 | 1705 | 198,5 | 218,0 | 234,5
NH,Br..... 239 | 488 | a1 | 994 | 1215 | 145,5 | 170,6 | 1902 | 2095 | 228,5 | 247,0
NEN... 251 | 498 | 785 | 104,5 | 1323 | 1560 | 177,5 | 2000 | 221,5 | 243,5 | 263,0
LiCl.......| 255 | 571 | 950 | 1325 | 1755 | 219,5 | 2645 | 311,5 | 3540 | 3985 | 4285
LiBr .. 262 | 600 | 970 | 1400 | 186,3 | 2415 | 2920 | 341,5 | 3905 | 438,0
Wide... 286 | 64,7 | 1052 | 154,6 | 2060 | 264,0 | 312,0 | 3570 | 401,0 | 445,0 | 491,0
RbCI. ....| 246 | 500 | 765 | 1010 | 128,5 | 156,0 | 1815 | 203,5 | 225,0 | 247,0
2. Die Salze der Alkalien anderer einwerthiger Заигеп und die sauren schwefelsauren
Salze der Alkalien. № 19—37.
Die untersuchten Salze sind:
KNO, NaNO,
KNO, NaNO, МН, МО, LiNO, RbNO,
KCIO, NaCIO,
KCIO,
KBrO, NaBrO,
KHSO, NaHSO, NH,HSO, LiHSO, RbHSO,
C,H.0$0,Na
NH,FBF,
Die Gestalt und Lage der Erniedrigungscurven (siehe Tafel I, Fig. ПА und Fig. П В).
Ueber die Gestalt der Erniedrigungscurven orientirt uns am besten folgende Zusam-
menstellung der Wendepunktsabscissen.
Mémoires de 1’Acad. Imp. des sciences. VlIme Serie.
3 4 ; Gustav TAMMANN,
Li Na K NH, Rb
NO, 3 2,5
NO, 8 1 0 0 0
CIO, 4 1
CIO, 1
BrO, 4 1
HSO, über 5 5 unbestimmt 3,0 1
С,Н;080, über 4
FBF, unbestimmt.
Man bemerkt, dass die Curven der Nitrate des Kaliums, Natriums und Ammoniums
keinen Wendepunkt besitzen; oder es liegt der Wendepunkt so nahe dem Nullpunkt, dass er nicht
beobachtet werden konnte. Es fällt auf, dass sich die Wendepunktsabseissen für die Curven
der Salze einer Säure ihrer Grösse nach wie die der Curven erster Gruppe ordnen. Da die
Stärke der Krümmung bei allen Curven in engem Zusammenhange mit der Lage der Wende-
punkte steht, so gilt das früher von der Krümmung der Curven (Gruppe I) Gesagte auch für
die Curven der zweiten Gruppe.
Ferner schneiden sich die Curven der Salze einer Säure nicht, nur bei der Abscisse
Null scheinen sie sich zu treffen; ebenso schneiden sich die Curven der Salze sehr ähnlicher
Säuren nicht, z. B. der Chlor- und Bromsäure, doch können diese Curven, wie früher bei den.
Chlor-und Jodverbindungen, in ihrem ganzen Verlaufe zusammenfallen, z. B. die Curven des
Kaliumnitrits und Natriumnitrats. Dagegen kommen Schnittpunkte bei den Curven der Salze
verschieden constituirter Säuren häufig vor, die Curven der salpetersauren, chlorsauren
und sauren schwefelsauren Salze schneiden sich häufig.
Substituirt man im sauren schwefelsauren Natron den Wasserstoff durch Phenyl, so
ändert sich die Gestalt der Curve wesentlich, während die Lage derselben wenig ver-
ändert wird.
Die Regeln über die Gestalt und Lage der Curven erster und zweiter Gruppe stimmen
überein. Die Trennung dieser 37 Salze in zwei Gruppen ist nur aus Bequemlichkeitsrück-
sichten vorgenommen. Fasst man die 37 Curven in ein Bündel zusammen, so hat dieses als obere
Grenze die Curve des Jodlithiums, als untere die des Kaliumnitrates, und bestimmt sich die
Breite des Bündels wie folgt.
Abseissenwerthe n=0,5 п=1 n=2 n=3 nA mn) NN 1—7 78 1—9 п
Breite des Bündels 3,2 Mm. 7,5 24,6 47,6 80,0 117,8 161,9 197,0 230,7 262,5 343
Schliesslich sind durch folgendes Schema die Lagerungsverhältnisse der Curven des
zweiten Bündels characterisirt.
Отв DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 35
NaBrO, KBrO,
МаМО. KNO,
NaCIO,; *KCIO,
LiHSO, NaHSO, NH,HSO, "KHSO, RbHSO,
LiNO, NaNO, NH,NO, KNO, RbNO,
In jeder Verticalreihe nehmen bei gleichen Abscissenwerthen die Ordinaten der be-
zeichneten Curven von oben nach unten, in jeder Horizontalreihe von links nach rechts zu.
Die Sterne beim chlorsauren und sauren schwefelsauren Kali machen auf eine Ausnahme
von der Regel aufmerksam; bei n == 4 ist die Erniedrigung des sauren schwefelsauren Kalis
5,5 Mm. grösser als die des chlorsauren Kalis. Doch ist die unregelmässige Lagerung nicht
als constatirt zu erachten, da für die Reinheit des sauren schwefelsauren Kalis nicht einge-
treten werden kann.
№ 19.
Salpetrigsaures Кай.
Das salpetrigsaure Kali war frei von Chlorkalium, enthielt aber eine Spur kohlensaures
Kali.
Die Bestimmung des salpetrigsauren Kalis in den Lösungen: Die Lösungen wurden aus
den Manometern in kleine Kolben gespritzt, gewogen, darauf langsam Salpetersäure hinzu-
gefügt und bis zur vollstängen Vertreibung der Untersalpetersäure erhitzt; hierauf wurden
die Lösungen in Tiegel oder Schalen übergeführt, zur Trockne gedampft, die Rückstände
vorsichtig geschmolzen und als Salpeter gewogen.
KNO, 101 KNO, 85
764,8 371 372 37,1 37,1 14,02 | 3,46 1,650 36,9
60,4 60,6 60,5 60,5 22,64 | 3,49 2,664 60,1
93,9 93,8 93,7 93,8 3542 | 3,46 4,167 98,2
137,1 137,1 137,1 | 137,1 53,52 | 3,349 6,297 | 1362
168,4 168,5 1684 | 1684 68,10 | 3,233 8,012 | 1673
775,0 | 191,4 191,4 1914 | 1914 78,62 | 3,141 9,249 | 187,7
245,9 246,0 245,9 | 2459 | 110,08 | 2,884 | 12,945 | 241,1
270,8 270,8 270,8 | 270,8 | 12542 | 2,786 | 14,756 | 265,6
318,0 317,9 317,8 | 317,9 | 165,76 | 2475 | 19,501 | 311,7
332,4 332,5 3325 | 3325 | 180,91 | 2,272 | 219283 | 296,1
377,8 377,8 377,8 | 3778 | 229,01 | 2129 | 26,943 | 370,5
HF
36
Das salpetersaure Kali war frei von schwefelsaurem Kali, Chlorkalium, salpetersaurem
Natron und Ammon.
Zur Bestimmung des salpetersauren Kalis in den Lösungen, wurden diese ea
die Rückstände vorsichtig geschmolzen und gewogen.
Das chlorsaure Kali enthielt eine Spur Chlorkalium, war aber frei von anderen Ver-
unreinigungen. Die Lösungen wurden eingedampft, die Rückstände bei 115° getrocknet :
und gewogen.
Gustav TAMMANN,
8218 170
11:9 117166
119 119 11,9
16,0 15,9 15,8
24,1 24,1 241
345 345 34,5
Ara Ara
63,0 63,0 63,0
704 704 704
111,5 111,4 111,6
122,8 122,9 193,2
143,0 143,0 143,2
168,4 168,3 168,8
183,0 183,0 182,9
214,2 214,2 214,1
236,1 236,1 236,2
242,8 242,9 242,7
Salpetersaures Kali.
Chlorsaures Kali.
0,399
0,572
0,602
0,752
1,165
1,720
2,478
3,356
3,731
6,775
7,122
9,565
12,157
13,750
17,709
20,434
21,397
вия. а
ne
DNS APS CD ET Tin) voue
Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN
КСО, 122,4
68 67 68
17,7 17,6 17,5
274 27,3 272
34,4
50,6
61,8
80,8
№ 22.
Ueberchlorsaures Kali.
37
Das überchlorsaure Kali enthielt weder Chlorkalium noch chlorsaures Kali. Analyse
wie bei Xe 21.
KCIO, 138,4
755,4 7,7 ar 5,06 2,02
17,3 Er 10,73 2,14
21,5 de 13,64 2,09
№ 23.
Bromsaures Кай.
Das bromsaure Kali war frei von Brom und Chlorkalium.
КВгО, 166,8
0,366 7,8
0,775 17,4
0,986 21,7 |
Analyse wie bei № 21.
38 Gustav TAMMANN,
№ 24.
Saures schwefelsaures Kali.
Zur Analyse der Lösungen wurden diese eingedampft, die Rückstände geglüht und die
letzte Schwefelsäure durch Zufügen von kohlensaurem Ammon zu den glühenden Rückständen
fortgeschafft. Nach der Wägung wurde die Reaction aller Rückstände neutral befunden.
K,;SO, 174 KHSO, 136
17,6
32,5
50,5
83,4
85,6
193,4
134,8
176,8
№ 25.
Salpetrigsaures Natron.
Dieses Präparat enthielt Spuren von Eisen, kohlensaurem Natron und Chlornatrium,
war frei von Schwefelsäure und Kali; folgende Analysen zeigen, dass das Präparat keine
bemerkenswerthen Mengen salpetersauren Natrons enthielt, das berechnete Verhältniss von
NS ist 1,029, gefunden wurde dasselbe zu 1,031 und 1,027. Analyse wie bei № 19.
Ма, М.О.
NaNO, 69 Na,80, 142
10,1 10,1 10,1 3,02
21,99 21,9 222 6,33
37,0 369 369 | 10,67
883 83,6 834 23,31
112,3 112,3 112,4 31,62
164,9 164,7 164,8 | 46,76 |
194,3 194,6 194,8 56,85
235,0 235,0 234,9 72,98
307,4 306,7 307,1 105,58
319,6 319,3 319,2 111,71
\ Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 39
N № 26.
Е Salpetersaures Natron.
Das salpetersaure Natron war frei von schwefelsaurem Natron, Chlornatrium, salpeter-
saurem Kali und Ammon. Analyse wie bei № 20.
NaNO, 85
x T Eu, 1;
15,7
30,0
60,7
97,8
119,5
149,4
159,4
180,4
15,7
30,0
60,7
97,7
15,7
30,0
60,7
97,8
119,5 119,5
149,5 149,4
159,5 159,5
180,4 180,4
0,724
1,297
2,647
4,366
5,474
6,941
7,625
8,919
Е: 202,5 202,5 202,5 10,400
259,3 252,3 252,3 13,809
N 27.
Chlorsaures Natron.
Das chlorsaure Natron enthielt Spuren von Chlornatrium.
Durch Eindampfen und Trocknen des Rückstandes bei 120° wurde das chlorsaure
Natron der Lösungen bestimmt.
NaCIO, 106,3
758,4
19,9
54,7
67,4
107,2
131,8
194,7
239,6
286,0
19,7
54,7
67,4
107,1
131,8
194,7
239,6
286,0
0,849
2,251
2,760
4,348
5,362
8,062
11,411
15,072
19,7
54,7
67,5
107,3
132,1
197.4
242,9
290,0
40 Gustav TAMMANN,
№ 28.
Bromsaures Natron.
Das bromsaure Natron wurde dargestellt durch Einleiten von Chlor in ein Gemenge
von Bromnatrium und Natronlauge; durch wiederholte Krystallisation wurde das bromsaure
Natron frei von Chlornatrium erhalten. Analyse wie bei № 27.
МаВгО. 150,6
759,9 15,5 15,5
649 64,9
759,6 74,0 73,9
100,2 100,6
150,2 150,0
№ 29.
Saures schwefelsaures Natron,
Das bei № 24 Gesagte gilt auch für № 29.
Na,S0, 142 NaHSO, 120
744,9° 34,6 34,6 34,2 34,5
50,6 50,7 50,6 | ' 50,6
69,8 69,8 69,7 69,8
130,8 130,7 130,6 | 130,7
176,1 176,2 176,3 | 176,2
233,1 233,2 233,3 | 233,2
250,5 250,5 2505 | 250,5
№ 30.
Phenolschwefelsaures Natron.
Das phenolschwefelsaure Natron enthielt keine Spur schwefelsaures Natron. Zur
Bestimmung des phenolschwefelsauren Natrons wurden die Lösungen zur Trockne gedampft,
die Rückstände bei 140° 5 Stunden getrocknet und gewogen.
CRT RE NP ME LR EU
Lt ft PTE F.
Die DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 41
C;H,OSO,Na 196
Salpetersaures Ammon.
Reine Lösungen von Ammoniak und Salpetersäure wurden gemischt, so dass ein
wenig Ammoniak im Ueberschuss war, diese Mischung wurde bei 100° zur Trockne ge-
bracht. ;
Um den Gehalt der Lösungen an salpetersaurem Ammon zu bestimmen, wurde in jeder
Lösung der Ammoniakgehalt festgestellt. Zur Zersetzung des salpetersauren Ammons wurde
Barythydrat, dessen Lösungen ruhig sieden, angewandt.
NH,NO, 80
14,1 14,2 0,628
16,1 16,2 0,759
30,7 30,8 1,489
53,9 53,9 2,648
81,1 814 4,047
98,9 98,9 4,929
127,3 127,4 6,656
152,4 152,5 152 2 8,425
188,5 188,6 11,120
195,9 196,0 11,733
233,6 233,3 14,808
272,6 272,6 2 18,366
305,6 306,1 22,130
321,0 320,9 2 24,116
Mémoires de l’Acad, Imp. des sciences, VIIme Série. 6
42 Gustav TAMMANN,
№ 32.
Saures schwefelsaures Ammon.
Gewogene Mengen reinen neutralen schwefelsauren Ammons wurden mit aequivalenten
Mengen einer Lösung von Schwefelsäure gemischt, darauf die Lösung, bis der Rückstand
beim Erkalten erstarrte, eingedampft. —
Das saure schwefelsaure Ammon wurde in den Lösungen durch Titration mit Natron-
lauge (1 Cbc. = 0,00853 Na) bestimmt.
Na 23 (NH,)HSO, 115
№ 33.
Borfluorammonium.
Darstellung: Reine nur Spuren von Basen enthaltende Borsäure wird in überschüssiger
Flusssäure gelöst, die Lösung mit Ammoniak versetzt, zur Trockne verdampft und über der
Lampe zur vollständigen Vertreibung des Fluorammoniums erhitzt; dann erst wurde durch
partielle Krystallisation das Borfluorammonium gewonnen. Die Lösungen des Borfluor-
ammoniums griffen die Glaswände der Manometer stark an, und es entwickelte sich in den
Manometern ein Gas. Daher sind wohl die Spannkraftserniedrigungen in mehreren Fällen
um wenige Millimeter zu klein ausgefallen.
Bestimmung des Borfluorammoniums: Die Lösungen wurden abgedampft, die Rück-
stände bei 110° getrocknet und gewogen. Ein Controllversuch zeigte, dass beim Trocknen
des Borfluorammoniums bei 110° kein Verlust stattfindet.
Die DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 43
МН.ЕВЕ, 104,9
Salpetersaures Lithion.
Das salpetersaure Lithion wurde aus reiner Salpetersäure und reinem kohlensaurem
Lithion dargestellt. Das Präparat reagirte neutral. Analyse wie bei № 20.
LiNO, 69
759,0 68 6,7 6,8 228 | 3,94 0,330 6,8
19,6 19,4 19,5 542 | 4,74 0,785 19,5
33,5 33,5 33,4 33,5 9,00 | 4,90 1,304 33,6
89,7 89,6 89,7 | 21,09 | 5,597 | 3,057 89,7
145,7 145,7 1457 | 32,56 | 5,895 | 4,720 | 145,9
760,6 | 172,8 172,9 173,1 | 1729 | 3809 | 5,967 | 5,521 172,8
256,6 256,5 256,3 | 256,5 55,99 6,023 | 8,114 | 256,3
332,7 332,4 332,6 | 332,6 | 74,65 | 5,858 | 10,818 | 332,3
365,2 365,1 365,2 | 365,2 | 83,93 5,734 | 12,164 364,9
504,1 504,2 504,2 | 504,2 | 128,29 5,167 |18,592 | 503,8
№ 35.
Saures schwefelsaures Lithion.
_ Darstellung: Aequivalente Mengen reinen neutralen schwefelsauren Lithions und reiner
Schwefelsäure wurden zusammengebracht, die Lösung eingeengt, doch nicht so weit, dass
sich etwas ausschied. |
Analyse: Die Lösungen wurden eingedampft, die Rückstände durch Abrauchen der
Schwefelsäure und Glühen des Restes in neutrales schwefelsaures Lithion übergeführt und
gewogen.
: 6*
44 Gustav TAMMANN,
11,30, 110 LiHSO, 104 _
b T—T, а m mn N E
738,5 19,8 19,1 19,1 19,2 7,88 3,30 0,758 19,8
39,4 39,3 39,2 39,3 15,36 3,47 1,477 40,4
56,6 56,6 56,7 56,6 21,04 3,64 2,023 58,3
111,9 112,0 112,0 | 112,0 37,47 4,048 | 3,603 115,3
170,9 170,8 170,8 | 170,8 54,05 4,979 | 5,197 175,8
№ 36.
Salpetersaures Rubidium.
Aus dem schon zu den Bestimmungen benutzten Chlorrubidium wurde durch wieder-
holtes Eindampfen mit Salpetersäure, bis der Rückstand keine Spur Chlorrubidium enthielt
und neutral reagirte, das salpetersaure Rubidium gewonnen. Analyse wie bei № 20.
BUND EIRE
Saures schwefelsaures Rubidium.
Gewogene Mengen des schon untersuchten schwefelsauren Rubidiums wurden mit
aequivalenten Mengen einer Lösung von Schwefelsäure zusammengebracht und die Lösung
eingedampft.
Analyse : Die Lösungen wurden eingedampft, die Schwefelsäure abgeraucht und kohlen-
saures Ammon zur Verflüchtigung der letzten Schwefelsäure hinzugefügt. Das gewogene
16,0
29,5
45,4
60,2
99,7
` 10,84
20,33
32,31
46,68
85,38
№ 37.
schwefelsaure Rubidium reagirte in allen Fällen neutral.
Rb,SO, 266,6 RbHSO, 182,3
TER
755,2 10,9 10,8 10,7
23,7 923,7 23,6
35,9 35,9 35,8
50,8 50,7 50,7
107,7 107,7 107,9
9,13
19,87
30,10
42,98
95,38
N
0,501
1,090
1,651
2,358
5,232
Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 45
Formel Erniedrigungen Mittel
у Nummer der
Interpolationsformel.
bei n—0,5 | bein—1,0 | für n—0,5 | für n=1,0 benutzten Messungen.
des Salzes.
=
= 29,1n + 0,2n?
S
— 20,3% — 0,6n?
= 21,1n + 0,4n?
= 21,0n + 0,5n?
||
ale
|
„Ss
24,3n — 2,4n?
21,1n + 0,5n?
21,9% + 1,0n2 |
m
S
=
21,8n + 0,1n?
21,7n + 0,2n?
3
||
SS
22,8n + 0,8n?
22,8n + 0,6n?
оны г. Seal
L HS
ES
|
N
— 20,0% + 2,6n2
LR
22,6% + 0,8n?
22,6n -+- 0,7n2
SS
[|
5
т
= 24,4n + 1,6n?
21,7n + 1,02
21,17 + 1,42
SS
23,2n = 0,8n?
23,1n + 0,8n?
NS
29,5% — 10,0n?
25,6% — 2,3n?
Ss
22,7n + 0,4n?
22,9% + 0,2n?
S 35
19,6% + 2,9?
- 23,4n + 1,82
23,2% + 2,0n?
24,7n + 1,8 и?
24,6% + 2,1n?
a
21,9% — 0,3n?
22,1% — 0,6n°
Е:
=
21,7n + 0,2n?
RT.
RME
4
С РЕ О CRE)
$ Re je С RS RTE de: о
I
у
46 GUSTAV TAMMANN,
Tensionserniedrigungen bei :
Forma | n=1l|n=2|n—=3| n=4|n=5 | n=6| n—7|n—=8|n—9|n—10
KNO, ..... 22,8 44,8 67,0 90,0 | 110,5 | 130,7 | 148,8 | 167,0 | 183,5 | 198,8
КО. 21,1 40,1 57,6 74,5 88,2 | 102,1 | 115,0 | 126,3 | 138,5 | 148,0
KCI0O; ..... 21,6 42,8 62,1 80,0
KCIO EE 22,3
KBrO,.....| 22,4 45,0
KHSO, -... |" 21,9 43,3 65,3 85,5 | 107,8 | 129,2 | 150,0 | 170,0
Мамо...... 24,4 50,0 75,0 98,2 | 122,5 | 146,5 | 169,2 | 189,0 | 208,0 | 226,2
NaN0, ....| 22,5 46,2 68,1 90,3 | 111,5 | 131,7 | 152,0 | 167,8 | 183,8 | 198,8
МаС10. ....| 23,0 48,4 73,5 98,5 | 123,3 | 147,5 | 172,1 | 196,5 | 210,4 | 223,5
МаВгО.....| 25,0 54,1 81,3 108,8 | 136,0
NaHSO, ...| 22,1 47,3 75,0 | 100,2 | 126,1 | 148,5 | 168,8 | 189,7 | 210,5 | 231,4
C,H,0S0,Na| 22,6 49,8 75,5 |. 104,5
NH,NO, .. 22,0 42,1 62,7 82,9 | 103,8 | 121,0 | 137,6 | 152,2 | 166,1 | 180,0
LiHSO, 27,0 57,0 93,0 | 130,0 | 168,0
МО. ..... 25,9 55,7 88,9 122,2 | 155,1 | 188,0 | 220,5 | 253,4 | 281,3 | 309,2
МН.Н$О,..| 22,0 46,8 71,0 94,5 | 118,0 | 139,0 | 160,0 | 181,2 | 201,0 | 218,0
NH,FFB,..|. 22,2 45,0 67,0 93,5
ВМО. ....| 22,1 42,1 58,2 73,8 89,2
RbHSO, ...| 21,9 43,0 63,6 83,8 | 104,0
3. Die Kali- und Natronsalze der Monocarbonsäuren № 37—51.
Die Salze stammten von Kahlbaum, mit Ausnahme der benzoesauren Salze, des amei-
sensauren Natrons und buttersauren Kalis, diese wurden von mir durch Neutralisation der
betreffenden kohlensauren Salze mit den von Kahlbaum bezogenen Säuren und partieller
Krystallisation der Lösungen erhalten. Die Präparate von Kahlbaum enthielten weder Sul-
fate noch Chloride, noch waren die Kalisalze durch Natronsalze und umgekehrt verunreinigt.
Alle Lösungen dieser Gruppe wurden nach derselben Methode analysirt; die Lösungen
wurden mit überschüssiger Salzsäure zur Trockne gedampft, die Rückstände über der Lampe
erhitzt und gewogen.
Die Gestalt und Lage der Erniedrigungscurven (siehe Tafel II Fig. II). ı
Die Curven des Bündels Fig. Ш verlaufen wie die früher besprochenen, indem sie auf
den Nullpunkt des Coordinatensystems weisen, wenden sie, mit Ausnahme der Curven für
Отв DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. | 47
benzoesaure Salze, im unteren Verlaufe ihre convexe Seite der Abscissenaxe zu, um dann
bei den in folgender Tabelle zusammengestellten Abscissenwerthen die Richtung ihres Ver-
laufes zu ändern.
Kali. Natron.
ameisensaures...... 6 4
ESSIESAUFESU IE eurer. fl 6
propionsaures. ..... 6 6
normal buttersaures.. 5 3
iso buttersaures..... 5,5 4
valeriansaures...... 3 2
‘benzoesaures......: 0 0
Während bei allen anderen Natron- und Kalisalzen, die ein Atom Metall im Molekül
enthalten, die Wendepunktsabseissen für Natronsalze grösser als die für Kalisalze sind, findet
hier durchweg das Gegentheil statt. Sieht man von den Wendepunkten der Curven für amei-
sensaure Salze ab, so erkennt man, dass bei den Salzen eines Metalles mit wachsendem Koh-
lenstoffgehalte der Säure sich die Wendepunkte dem Nullpunkte nähern.
Betrachtet man die gegenseitige Lage der Curven, so fällt sofort auf, dass einer gleichen
Differenz in der Zusammensetzung keine gleiche Differenz in den Erniedrigungen der Lö-
sungen gleicher Molekularconcentration entspricht.
Die Curven der Kalisalze breiten sich fächerförmig aus, dagegen bilden die meisten
Curven der Natronsalze (НСООМа, C,H,COONa, normal und iso C,H,COONa) ein engbe-
grenztes Bündel, innerhalb dessen sich die Curven des ameisensauren und buttersauren
Natrons, des propion und normal buttersauren Natrons mehrmals schneiden.
Die Breite des Curvenbündels Fig. III bestimmt sich bei folgenden Abscissenwerthen
n—0,5 n=1 n—2 n=3 n—4 n=5
zu 1,2 Мш. 3,8 Mm. 10,4 Мю. 21 Mm. 33 Mm. 49 Mm.
Ueber die Grösse der Ordinaten bei gleichen Abscissen instruirt folgendes Schema, in
dessen Horizontalreihen die Ordinaten der bezeichneten Curven von rechts nach links, und
in dessen Verticalreihen dieselben von oben nach unten abnehmen.
CH,COOK CH,COONa
C,H;COOK HCOONa
normal C;H,COOK iso (C,H,COONa
iso C,H,COOK normal C,H,COONa
HCOOK C,H,COONa
C,H,COOK C,H,COONa
C;H;COOK C,H,COONa
48 Gustav TAMMANN,
Früher beobachteten wir, dass die Curven der Natronsalze die der Kalisalze über-
lagerten, hier haben wir die Umkehr obiger Regel.
Die Curven der beiden buttersauren Kalisalze fallen zusammen, nicht so die der
Natronsalze.
Fasst man die Curven der vier Bündel (Fig. I, ITA, IIB und III) zusammen, so wird das
Bündel Fig. III oben von der Curve des Rhodannatriums, unten von der des sauren schwefel-
sauren Kalis begrenzt,danach kommen den Lösungen des essigsauren Kalis grössere Erniedri-
gungen zu als den der anderen Kalisalze einwerthiger Säuren.
N 38.
Ameisensaures Kali.
Bei 100° C. in Berührung mit Quecksilber entwickelten die Lösungen des ameisen-
sauren Kalis ein Gas. In den concentrirten Lösungen war die Gasentwickelung stärker als
in den verdünnten, in Folge dessen sind die Spannkraftserniedrigungen der vier concentrirte-
sten Lösungen um einige Millimeter zu klein.
Das sich entwickelnde Gas war wohl Kohlenoxyd, welches sich durch Einwirkung einer
Spur Quecksilberoxydes auf Lösungen von ameisensaurem Kali bilden kann.
KCI 74,4 HCOOK 84
Dis DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN.
№ 39.
Essigsaures Kali.
КС! 74,4 CH,COOR 98
91,33 21,3 21,3
37,9 37,9 37,8
79,7 797 79,7
115,3 115,2 115,1
158,0 158,0 157,9
209,7 209,6 209,7
262,8 262,8 262,8
526,3 326,3 326,3
414,8 414,3 414,3
477,5 477,6 477,7
555,0 555,0 555,1
№ 40.
Propionsaures Кай.
KCI 74,4 С.Н,СООК 112
26,6 26,7 26,7 26,7
57,7 57,8 57,8 57,8
182,1 182,1 182,1
244,5 244,4 244,4
295,9 295,9 260,0 | 295,9
355,4 355,4 355,4
Mémoires de l’Acad. Imp. des sciences. УПше Serie. 7
50 Gustav TAMMANN,
№41.
Buttersaures Kali, normal.
КС! 74,4 С.Н.СООК 126
759,6 31,4 31,4 31,4
54,5 54,4 544
120,1 120,0 120,1
171,6 171,6
189,9 189,9
299,1 299,1
№ 42.
Isobuttersaures Kali.
КС1 74,4 C,H,C00K 126
513 51,2 51,3 51,3
92,7 92,6 92,7 92,7
153,5 153,5 153,5 | 153,5
198,8 198,8 198,8 | 198,8
266,1 266,0 266,1
365,3 365,1 365,2
№ 43.
Valeriansaures Kali.
KCI 74,4 C,H,COOK 140
752,1 33,3 33,3 33,3 33,3 19,72 | 2,25 1,409 33,6
60,8 60,6 60,8 60,7 34,70 | 2,33 2,478 61,3
95,7 95,5 95,6 95,6 54,52 | 2,331 | 3,894 96,6
107,2 107,0 107,0 | 107,1 6135 | 2,321 | 4,382 | 108,2
208,1 208,0 208,1 | 208,1 | 125,48 | 2,205 | 8,968 | 210,3
351,4 351,8 351,1 | 3513 | 235,60 | 1,983 | 16,831 | 355,0
Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 51
№ 44.
Benzoesaures Kali.
КС! 74,4 C,H,C0OK 160
775,5 417 41,7. 41,7 41,7 26,88 | 2,00 1,680 40,9
4 721 72,1 72,1 72,1 46,72 1,99 2,920 70,7
Be 96,9 96,8 96,8 96,8 | 63,03 1,98 3,939 94,9
139,1 139,2 139,1 | 139,1 | 91,84 | 1,953 | 5,740 | 136,3
№ 45.
Ameisensaures Natron.
Das ameisensaure Natron enthielt eine Spur schwefelsaures Natron und ein wenig einer
organischen Substanz. Das Chlornatrium, in welches das ameisensaure Natron der Lösungen
übergeführt wurde, war ein wenig durch Kohle verunreinigt.
NaCl 58,5 HCOONa 68
Der,
37,3
72,4
120,3
2 178,3
225,8
247,4
272,5
291,7
339,4
350,8
386,4
GUSTAV TAMMANN,
№ 46.
Essigsaures Natron.
NaCl 58,4 СН.СООМа 82
756,7 222 22,2 29,3 22,2 7,68 3,82 0,937 22,3
38,0 38,0 38,0 38,0 12,26 4,10 1,495 38,2
53,6 53,8 53,7 53,7 16,92 4,19 2,063 53,9
79,2 79,4 79,4 79,3 23,78 4,41 2,900 79,7
751,8 923 92,2 929 | 99,2 27,48 4464 | 3,351 93,2
105,3 105,4 105,4 | 105,4 31,24 4,487 | 3,810 | 106,5
125,4 125,4 125,4 | 195,4 36,80 4,532 | 4,488 126,8
139,7 139,5 139,5 | 139,6 40,39 4,598 | 4,925 141,1
750,5 | 151,4 151,3 151,3 | 151,3 43,50 | 4,635 | 5,304 153,2
169,9 170,0 169,9 | 169,9 48,83 4,636 | 5,955 172,0
218,6 218,8 218,6 | 218,7 63,85 4,564 | 7,786 | 221,5
241,9 241,9 241,9 | 241,9 71,76 4,492 | 8,751 244,4
257,7 257,8 257,8 | 257,8 77,99 4,405 | 9,510 | 261,1
№ 47.
Propionsaures Natron.
NaCl 58,4 C,H,COONa 96
762,4 26,6 26,5 26,4 1,184
59,6 59,5 59,5 2,506
137,2 137,1 136,9 5,597
247,9 247,9 10,71
280,0 280,0 12,91
311,4 311,4 15,33
Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN.
b T—T, a | m | и | n | E
750,8 27,8 27,8 27,9 27,8 19597 3,09 1,088 28,1
-49,3 49,2 49,1 49,2 20,41 3,21 1,855 49,8
103,0 102,9 102,8 102,9 42,56 3,22 3,869 104,2
145,6 145,6 145,6 145,6 62,79 3,089 5,708 147,4
173,1 173,0 172,8 | 173,0 77,38 | 2,978 7034| №1751
264,5 264,2 2641 | 264,3 132,43 2,658 12,040 267,5
№ 49.
№ 48.
Buttersaures Natron, normal.
NaCl 58,5 C,H-COONa 110
Isobuttersaures Natron.
NaCI 58,5
C,H,COONa 110
Е
744,1
30,6 30,6 30,6
46,1 46,1 46,1
100,5 100,4 100,5
161,3 160,9 161,1
188,5 188,5 188,5
279,2 279,3 279,2
30,6 13,73
46,1 19,62
100,5 41,23
161,1 68,94
188,5 83,30
279,2 | 139,60
№ 50.
Valeriansaures Natron.
NaCl 58,5 C,H,COONa 124
1,248
1,784
3,748
6,267
7,572
12,691
192,5
285,2
19,1 19,0 19,0
43,0 42,8 42,8
92,2 92,2 99,1
108,8 108,8 108,7
153,9 153,7 153,8
299,1 221,6 221,4
0,839
1,761
3,967
4,878
7,717
11,767
229,5
54 Gustav TAMMANN,
№ 51.
Benzoesaures Natron C.H:CO0Na.
NaCl 58,4 C,H,COONa 144
0,519
1,009
1,807
3,764
4,869
Formel Erniedrigungen Mittel Nummer der
des Sal Interpolationsformel.
es Salzes. bein—0,5 | bein=1,0 | bein—0,5 | bein—1,0 benutzten Messungen.
T—T, = 22,3n + 1,2? 11,4 23,5
О À TT, = 281т + 09| 11,7 24,0 11,6 “20 Se
T—T, = 23,5n + 1,7n? 12,2 25,2
CH,3COOK À и. ов 12,4 25.6 19 312
Т— Т, = 22,8n + 1,9n? 11,9 24,7
C,H;CO0K. { TT, — 249. + 09?| 126 95,8 12,8 25,3 12 13
C,H,COOK T—T, = 22,4n + 2,3n? 11,8 24,7
3
(normal) } T — т — 25,5n + 0,7n? 12,9 26.2 12,4 25,5 12. CES
CH; ee } Т—Т, = 23,9% -+1,1n2| 12,2 25,0 12,2 25,0 1,2
C,H,COOK. .| T— T, = 29,7n + 0,8n2| 11,5 23,5 11,5 23,5 1,2
C,H,C00K..| T— T, = 24,5n — 0,1n2| 12,2 24,4 12,2 24,4 1,2
HCOONa....| Т— T, = 23,3n + 0,8n0?| 12,9 24,1 12,9 24,1 1,2
Т— Т, = 21,8n + 2,1n? 11,4 23,9
CH,COONa. | аа а! ns =, 11,5 23,9 13 14
T—T, = 21,0n + 1,1n? 10,8 22,1
CE ,COONa{ ТТ = 21,An + 06n2| 10,9 29/0 10,9 22/1 be
C,H,COON 2
en a T—T,—944n+1,3n°| 12,5 95,7 12,5 25,7 1,2
C3H,;COONa\| T— Т, = 22,1n + 2,4n? 11,6 24,5
(iso) Лт 7 — 23,70 + 1,0n2 12,0 24,7 un cos Lee
C,H,C00Na.| Т— T, = 22,0n + 1,8n2| 11,4 23,8 11,4 23,8 1,2
C,H,000Na.| T— T, = 28,0% — 1,22| 11,2 21,8 11,2 21,8 1,2
Dix DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 55
Tensionserniedrigungen bei:
Formel. n=|1
23,6
CH3C00K ....| 24,0
C,H,COOK....| 24,0
C;H,COOK nor.| 24,0
C3H,COOK iso.| 24,0
C,H,C00K....| 22,0
CgH,COOK....| 22,0
HCOONa 24,1
CH,COONa....| 26,0
C,H,CO0Na...| 22,6
C,H,„COONa.nor.| 26,0
C;H,COONa isol. 24,0
C4H3COONa...| 24,0
CéH;COONa...| 23,0
4. Salze der derivirten Ammoniake № 52—62.
Die Präparate dieser Gruppe stammten mit Ausnahme des Guanidinchlorides, welches
von Schuckart bezogen war, von Kahlbaum.
Die untersuchten Salze sind:
NH,OHCI NH,CH,HCI
NH(CH,),HCI NH(C,H;)HCI NH,C,H,HOl CN.H,HCI
N(CH,),HCl NH(C,H,),HCl NH,C,H,HNO, Salzsaures Guanidin.
N(CH,),CI N(C,H,),HCl1
Gestalt und Lage der Erniedrigungscurven (siehe Tafel II, Fig. IV).
Die Gestalt der Curven, welche einen Wendepunkt besitzen, nähert sich der geraden
Linie, in Folge dessen sind die folgenden Wendepunktsbestimmungen mit grossen Fehlern
behaftet. Die Wendepunkte der Curven liegen
bei den salzsauren Methylaminen. Aethylaminen.
Mono 5 Mono 6
Di 7 Di 6
. Tri unbestimmt Tri unbestimmt
Tetra 10
56 Gustav TAMMANN,
Die Curven des salzsauren Guanidins, Anilins und Anilinnitrates wenden in ihrem
ganzen Verlaufe die concave Seite der Abscissenaxe zu. Die Feststellung der Curvengestalt
des salzsauren Trimethylamins, Di- und Triaethylamins ist aus den bei № 55, 58 und 59 an-
geführten Gründen nicht befriedigend.
Die Curven überlagern einander wie folst:
Tetra | Salzsaures Hydroxylamin Salzsaures Guanidin
Di Е Mono } Salzsaures Anilin
à Methylaminsalze Г : 1
Tri Tri ' Aethylaminsalze Salpetersaures Anilin.
Mono Dia)
Die stets bestätigt gefundene Regel: bei gleichen Molekularconcentrationen kommen
den Lösungen der Chloride grössere Erniedrigungen als den Nitraten desselben Metalles zu,
bewährt sich auch bei den Salzen des Anilins. |
Schliesslich fällt auf, dass die Curve des Tetramethylammoniumchlorides ins Curven-
gebiet der Halogenverbindungen der Alkalien fällt, sie liegt zwischen den Curven des Jod-
und Bromkaliums, während die Curven der anderen derivirten Ammoniaksalze durchweg
unter die des Chlorkaliums fallen. |
№ 52.
Salzsaures Hydroxylamin.
In dem unter dem Exsiccator getrockneten Präparate wurden 51%,7Cl gefunden, be-
rechnet 51%,01Cl. Die Bestimmung der Salzsäure in den Lösungen ward durch Titration
mit Silbersalpeterlösung nach der Schüttelmethode ausgeführt. Aus den Lösungen ent-
wickelten sich bei 100° vom Quecksilber aus Gasblasen, in Folge dessen können die Erniedri-
gungen 1—3 Mm. zu klein ausgefallen sein.
C1 35,4 NH,OHCI 69,4
BT
34,6 34,1 34,3
54,9 54,9 54,8
65,7 65,7 65,7
109,7 109,7 109,8
Die DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 57
№ 53.
Salzsaures Methylamin.
Dieses Präparat enthielt, nachdem es bei 116° zwei Stunden getrocknet war, 53%,96 CI,
berechnet 52%,5201. Das Präparat enthielt also Salmiak.
Zur Bestimmung des Methylaminchlorhydrates wurden die Lösungen mit einer Lösung
von Silbersalpeter titrirt. (Indicator chromsaures Kali).
C1 35,4 NH,CH,HCI 67,4
12,7 12,6 12,6
412 41,1 41,0
795 794 79,3
165,2 165,3 165,1
220,0 220,0 219,9
289,5 289,6 289,6
Salzsaures Dimethylamin,
Gefunden wurden im bei 110° 2 Stunden getrockneten Präparate 439/25 CI, berechnet
43%,49 CI. In den auf 100° erhitzten Manometern entwickelten sich aus den Lösungen kleine
Blasen. Analyse wie bei № 53. ^
C1 35,4 NH(CH,),HCl 81,4
766,2 30,2 30,1 30,0 | 30,1 12,01 3,97 1,476 29,9
62,5 62,3 62,2 62,3 23,37 3,48 2,872 61,8
= 83,6 83,6 83,6 83,6 29,35 3,72 3,606 82,9
154,8 154,8 154,8 | 154,8 52,65 3,84 6,468 | 153,5
248,2 247,9 248,0 | 248,0 87,13 8,715 | 10,704 | 246,0
№ 55.
Salzsaures Trimethylamin.
Im bei 100° getrockneten Präparate wurden gefunden 39%/,36 CI, berechnet 37°/,10 CI.
Die heissen Lösungen rochen stark nach Trimethylamin, es entwickelten sich aus den Lö-
Mémoires de l’Acad, Imp. des sciences, VIIme Série. 8
58 GUSTAV TAMMANN,
sungen Blasen. Die Spannkraftserniedrigungen verkleinerten sich beständig, nach zwei Stun-
den hatten sie den zweiten Werth in der Colonne 7—7, angenommen. Da eine solche Ver-
kleinerung der Spannkraftserniedrigungen schon vor der ersten Messung stattgefunden hatte,
sind alle Erniedrigungen um einige Millimeter zu klein, viel zu niedrig sind die Werthe
1 und 3 ausgefallen.
C1 35,4 N(CH,),HCI 95,4
22,8 20,8
66,9 64,5
101,2 96,6
167,8 166,7
229,2 228,4
№ 56.
Tetramethylammoniumehlorid.
Das getrocknete Präparat enthielt 33%70 Cl, berechnet 32,36 Cl. Analyse wie
bei № 53.
CI 35,4 N(CH,),CI 109,4
757,9 31,6 314 314 31,5 14,84 | 2,80 1,357 | 31,6
73,1 735 72,8 73,1 31,73 | 3,04 2,900 73,3
110,6 110,7 110,6 | 110,6 4544 | 3212 | 4,153 | 110,9
157,3 157,4 157,3 | 157,3 63,32 | 3,278 | 5,788 | 157,7
288,3 288,1 288,2 | 11474 | 3,314 | 10,49 289,0
291,3 291,2 291,3 | 116,65 | 3,295 | 10,66 299,1
№ 57.
Salzsaures Aethylamin.
Das im Exsiccator bis zur Gewichtsconstanz getrocknete Präparat enthielt 4283 CI,
berechnet 437,54 С]. Auch bei diesen Lösungen verkleinerten sich die Spannkraftserniedri-
gungen, wenn auch viel langsamer als bei den Lösungen des salzsauren Trimethylamins.
Analyse wie bei № 53.
Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 59
в. C1 35,4 NH,C,H,HCl 81,4
b T—T, | a | m | т | n | E
756,1 16,7 16,7 16,9 16,8 8,25 | 2,69 1,013 16,9
574 573 57,3 57,3 22,63 | 3,35 2,780 57,6
/ 121,3 121,3 121,3 | 121,3 45,26 | 3,544 5,561 | 1219
239,3 232,3 9324 | 232,3 89,01 | 3,452 | 10934 | 233,5
754,6 | 273,5 273,6 273,6 | 273,6 | 111,68 | 3,245 | 13,725 | 275,6
№ 58.
Salzsaures Diaethylamin.
Das im Exsiccator getrocknete Präparat enthielt 32,54 Cl, berechnet 32%33 Cl.
Die Spannkraftserniedrigungen verminderten sich in 20 Minuten um ungefähr 2 Mm. stärker
als die Erniedrigungen des salzsauren Trimethylamins.
C1 35,4 NH(C,H,),HCl 109,4
b Т-Т, а т и I en E
745,7 12,4 — 11,78 1,78 1,077 12,6
41,8 a 26,07 2,11 2,384 41,9
74,3 = 42,77 2,33 3,910 75,7
121,2 = 64,37 2,62 5,884 | 123,5
174,8 == 100,3 2,34 9,169 | 1782
197,0 > 111,0 2,38 | 10,15 200,8
№ 59.
Salzsaures Triaethylamin.
Das im Exsiccator getrocknete Präparat enthielt 267,02 CI, berechnet 259,77 Cl.
C1 35,4 N(C,H,),HC! 137,4
60 Gustav TAMMANN,
Die Erniedrigungen verminderten sich sehr rasch, so dass schliesslich die Spannkraft
des Dampfes aus den beiden verdünnten Lösungen grösser als die aus Wasser wurde. Aus
den Lösungen der Aminsalze entwickelten sich Blasen, die vom Quecksilber aufsteigend sich
rasch verkleinerten.
№ 60. -
Salzsaures Guanidin.
Das Präparat enthielt 37°/,59 CI, berechnet 377,10 Cl. Zur Bestimmung des salz-
sauren Guanidins wurden die Lösungen zur Trockne gedampft, die Rückstände bei 110° ge-
trocknet und gewogen.
CN,H;HCI 95,4
763,2 20,0 19,9 20,1 20,0 8,36 | 3,13 0,877 19,9
558 55,9 55,8 55,8 25,37 | 2,88 2,660 55,6
940 942 94,2 94,1 4447 | 9,772 4,662 93,7
134,2 134,4 134,5 | 134,4 65,36 | 2,694 6,852 | 133,8
191,4 191,4 191,5 | 191,4 98,69 | 2,541 | 10,345 | 190,6
252,4 252,8 9524 | 9594 | 141923 | 2,342 | 14,804 | 251,8
№61.
Salzsaures Anilin.
Die drei verdünntesten Lösungen waren bräunlich, die folgende braun und die con-
centrirteste Lösung dunkel grün gefärbt.
Die Bestimmung der Salzsäure in den Lösungen wurde durch Titration mit Silbersal-
peter nach der Schüttelmethode ausgeführt.
C1 35,4 NH,C,H,HCI 129,4
b T—T, | а | т | | | И) | E
751,0 18,5 184 184 18,4 | 11,68 | 2,10 0,903 18,6
35,9 35,8 35,9 35,9 23,92 2,00 1,849 36,3
644 64,3 64,4 64,4 44,63 1,92 3,449 65,2
88,3 88,2 88,1 88,2 65,28 1,80 5,045 89,3
168,6 168,6 168,6 168,6 152,94 1,468 11,819 | 170,6
Dix DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 61
№ 62.
Anilinnitrat.
Das salpetersaure Anilin enthielt keine anderen Anilinsalze. Die zur Neutralisation
einer gewogenen Menge des getrockneten Präparates verbrauchte Menge Natronlauge
stimmte mit der berechneten überein. |
Zur Bestimmung des Anilinnitrates in den Lösungen wurden die Lösungen mit Natron-
lauge, Indicator Lackmus, titrirt. 1Cbe. Natronlauge = 0,05785 NH,C,H,HNO, .
NH,C,H,HNO, 156
] b T—T, а | т | ni | п | E
|
752,5 25,1 25,1 25,1 25,1 21,35 1,56 1,369 25,4
45,3 452 4592 45,2 42,97 1,40 2,754 45,7
57,8 57,8 57,9 57,8 59,91 1,28 3,841 58,4
77,0 77,0 76,9 77,0 86,34 1,185 5,534 77,8
85,1 85,1 85,0 85,1 98,94 1,143 6,342 86,0
104,2 104,1 104,1 104 1 128,88 1,073 8,262 105,1
Formel Erniedrigungen Mittel Nummer
interpola tions formel. je a en der benutzten
des Salzes. bei n=0,5 | bei n—1,0 | für n=0,5 | für n=1,0| Messungen.
NH,OHC........ Т— Т, = 22,2n + 0,3n2| 11,2 22,5 11,2 22,5 1,3
T—T, = 21,6n + 1,3n? JA 22,9
NICH, Cru... | A eu ir 11,1 22,8 von 18
N(CH,)3HC1 ......| Т— 7, = 12,9% + 3,5n2| 7,0 15,7 7,0 15,7 1,2
T—T, = 19,0n + 0,9? 9,7 19,9
NH(CH;),HCI... À TA 7 = 18,3n 2e 1,3n2 9,5 19,6 | 9,6 19,8 1.247.133
T—T, = 17,80 + 2,0n? 9,4 19,8 ï
NH(CHJHCL. || т ин, о т 9,4 19,7 LOTS
| T—T, = 11,0n + 3,m:| 6,5 14,9
| N(CH.).HOI. | Det ol Qc Е 6,5 14,9 12 13
NH(C,H,,HC1....| T— Т, = 15,5n + 1,002| 7,9 16,5 7,9 16,5 1,2
NH,(0,H,)HC1 T— Т, = 19,6n + 0,4n?| 9,9 20,0 9,9 20,0 2,4
\ T—T, = 23,6n — 1,0n? 11,6 22,6
а ЕЕ > 7 — 22 7n O,7n? 11,5 29/7 | 11,6 22,7 12400513
T— T, = 22,0n — 1,1n? 10,8 20,9
NH,C,H;HCI .. | ее 0 ml) 104 20:6 10,6 20,8 os
N T—T, = 20,5n — 1,4n? 9,9 19,1
CHAN Os ..- 7 = Boon lan] 9 eh 9,9 19,1 1018
62 Gustav TAMMANN,
Tensionserniedrigungen bei:
Formel.
NH,OHCI
N(CH,),C1...
NH(CH,),HCI
NH,(CH,)HCI
NH,(C,H.)HCI ....
CN,H,HCI
NH,C,H,HCI
NH,C,H;HNO; ....
5) Hydroxyde der Alkalien und alkalischen Erden № 63—66.
Die untersuchten Substanzen sind: KHO, NaHO, LiHO, BaH,0, und SrH,O,.
Die Gestalt und Lage der Erniedrigungscurven (siehe Tafel II, Fig. V). :
Die Reihenfolge der Curven dieses Bündels ist: alle überlagernd die Curve des Lithions,
dann die des Kalis, des Natrons und schliesslich die des Baryts.
Die Breite des Bündels bestimmt sich bei den Abscissen zu
n=0,5 n=1 n—2
20 и 145 39.1
Wie im Curvenbündel der monocarbonsauren Salze die Curven der Kalisalze die der
Natronsalze überlagern, so überlagert in diesem Bündel die Curve des Kalihydrates die des
Natronhydrates.
Für die Abhängigkeit der Curve des Kalihydrates von der des Natronhydrates lässt
sich eine einfache Beziehung aufstellen (NaHO) + 8.4n = (KHO), wo (NaHO) und (KHO)
die Erniedrigungen bei derselben Molekularconcentration (x) bedeuten. Die Formel giebt
die Erniedrigungen der Kalilösungen bis n = 10.
Die Gestalt der Curven dieser Gruppe ist sehr verschieden, während die Lithioncurve
sich convex, die Barytcurve sich concav der Abseissenaxe zu krümmt, besitzen die Curven
des Kalis und Natrons einen Wendepunkt, sie sind im unteren Verlaufe convex im oberen
concav gekrümmt. Der Wendepunkt der Kalicurve liegt bei и = 9, der der Natroncurve
bein = 10,5 ;
Vergleicht man die Lage dieses Curvenbündels mit der des Bündels, welches aus den
Curven der oben besprochenen Salze dieser Basen gebildet wird, so sieht man, dass die
Curven des Lithions und Kalis die ihrer Salze überlagern, die Curve des Kalis schneidet die
des Jod-, Brom- und Chlorlithiums, die Curve des Natrons erreicht erst bein — 10 das
Curvengebiet der Halogenverbindungen des Natriums, bei jener Abscisse schneidet sie die
Curve des Rhodannatriums.
ее
{
Ti
ve
Die DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 63
Bei der Messung der Erniedrigungen der Strontianlösungen wurde folgende höchst
merkwürdige Erscheinung beobachtet. Die Tensionen der Strontianlösungen wuchsen be-
ständig, trotzdem die Temperatur im Dampfbade längst constant geworden war. Folgende
Tabelle enthält im Kopfe die gefundenen Concentrationen (m), in den Colonnen die zuge-
hörigen Erniedrigungen und die seit dem Beginn der Erhitzung verflossenen Zeiten.
b 755,0 SrH,0, 121,3
777. | 8,60 | 9,97
щи = 8,8 12,5 10,6
DER 6,9 10,5 N
RE RES 6,5 9,5 6,3
Bu 00 6,2 9,5 5,5
Da das Präparat umkrystallisirt war, ist eine Verunreinigung durch eine flüchtige
Substanz wohl ausgeschlossen.
Eine Erklärung dieser Erscheinung aufzustellen ist nicht schwer, doch wäre dieselbe
vor Wiederholung der Messungen verfrüht.
Erniedrigungen Mittel Nummer
Name. Interpolationsformel. der benutzten
bein—0,5| bein=1 | für n=0,5 | fürn—ı | Beobachtung.
Lithionhydrat... “ FE т. = ee = He 1a = 5 Е
Kalihydrat ...... | Ps г Е 2925 BR Do: 120 ai 115,0 30,5 132015
rer nm) me | mo | Man | us | мы
Barythydrat ... ! LE т, 2 Ta ne fe 2 1123 23,1 12 6
Tensionserniedrigungen bei:
Formel.
387,8 | 420,0
314,0 | 347,5
N 63.
Lithion.
Das Lithion enthielt eine grössere Menge kohlensaures Lithion, in Folge dessen waren
die Lösungen mit kohlensaurem Lithion gesättigt. Weil die Kuppen mit kohlensaurem Li
thion bedeckt waren, konnte das Fadenkreuz des Fernrohres nicht scharf eingestellt werden
64 GUSTAV TAMMANN,
Methode der Analyse: Die Lösungen wurden mit Schwefelsäure übersättigt, einge-
dampft, die überschüssige Schwefelsäure abgeraucht, die Rückstände geglüht und gewogen-
11530, 110 ТАНО 24 LiHOH,O 42
14,3 14,2
36,9 37,2
77,4 76,9
92,4 92,8
104,9 104,7
N 64.
Kali.
Das mit Alkohol gereinigte Kali enthielt Spuren von Clor, schwefelsaurem und kohlen-
saurem Kali.
Zur Analyse wurden die Lösungen mit Salzsäure übersättigt, zur Trockne gedampft,
die Rückstände schwach geglüht und gewogen.
KH02H;0 92
КС! 74,4 KHO 56
13,0 13,0 13,0
752,8 256 25,7 95,6 25,6 | 4,92 | 6,91 0,879 25,8 8,35 | 4,08 0,907
337 33,7 33,8 33,7 6,25 | 7,16 1,116 34,0 10,70 | 4,18 1,163
752,6 48,8 48,8 48,8 488 | 861 | 7,53 1,538 49,2 14,97 | 4,33 1,628
752,8 55,0 55,0 55,0 55,0 | 9,93 | 7,36 1,773 55,5 17,43 | 4,19 1,894
75,8 75,7 75,8 75,8 | 13,22 | 7,62 2,360 76,5 23,73 | 4,24 2,579
748,8 82,7 82,9 83,0 829 | 14,69 | 7,54 2,623 84,1 26,65 | 4,155 | 2,896
101,2 101,2 1014 | 101,3 | 1735 | 7,796 | 3,099 | 102,8 32,09 | 4,216 | 3,487
128,5 128,6 128,6 | 128,6 | 21,28 | 8,071 | 3,800 | 130,5 40,49 | 4,241 | 4,401
188,3 188,3 188,4 | 188,3 | 29,29 | 8,586 | 5,230 | 191,1 59,28 | 4,242 | 6,444
289,9 289,7 290,0 | 289,9 | 42,79 | 9,048 | 7,641 | 294,2 96,97 | 3,993 | 10,540
750,7 | 353,1 353,0 353,2 | 353,1 | 50,76 | 9,265 | 9,065 | 357,5 | 123,82 | 3,799 | 13,458
401,4 401,5 401,5 | 4015 | 59,18 | 9,038 |10,567 | 406,5 | 156,92 | 3,408 | 17,056
418,8 418,8 418,8 | 4188 | 62,22 | 8,966 |11,111 | 4240 | 170,42 | 3,274 | 18,520
481,3 481,3 481,3 | 481,3 | 74,38 | 8,626 | 13,273 | 487,3 | 233,85 | 2,742 | 25,418
Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN.
№ 65.
Natron.
65
Das mit Alkohol gereinigte Natron enthielt kein Chlornatrium und schwefelsaures
Natron, doch eine Spur kohlensaures Natron. Analyse wie bei № 64.
NaCl 58,4 NaHO 40
NaH01Y,H,0 67
b T—T, | a m | mn п | Е т | п
752,6 10,1 10,1 10,1 10,1 1,75 | 7,65 0,439 10,2 2,97 | 4,42 0,444
17,4 17,3 17,3 17,3 2,99 7,70 0,747 17,5 5,11 | 4,50 0,762
760,8 47,1 47,2 47,2 47,2 719 | 7,96 1,947 47,2 13,77 | 4,50 2,056
787 78,7 78,8 78,7 | 12,18 | 8,49 3,045 78,7 22,93 | 4,65 3,318
94,6 94,6 94,6 94,6 14,34 8,67 3,584 94,5 26,59 |. 4,68 3,968
770,9 160,9 160,9 160,8 160,9 22,40 9,318 5,600 158,6 44,20 | 4,72 6,598
183,1 183,1 183,2 183,1 23,27 9,634 5,816 180,5 46,23 | 4,849 6,900
209,3 209,3 209,3 209,3 27,92 9,723 6,981 206,3 57,63 | 4,711 8,602
773,3 253,3 253,3 253,1 253,2 32,66 | 10,025 8,165 248,8 70,18 | 4,666 | 10,474
311,7 311,7 311,7 | 311,7 | 38,98 | 10,341 | 9,745 | 306,3 88,61 | 4,549 | 13,225
370,1 370,2 370,2 | 370,2 | 46,05 | 10,398 | 11,513 | 363,8 | 111,92 | 4,277 | 16,704
460,5 460,3 460,2 460,3 57,87 | 10,286 | 14,467 452,4 159,12 | 3,742 | 23,743
552,6 552,4 552,5 552,5 | 74,80 9,552 | 18,700 543,0 253,13 | 2,823 | 37,771
№ 66.
Barythydrat,
Das Barythydrat war frei von Alkalien. Zur Bestimmung des Barythydrats wurden
die Lösungen mit überschüssiger Schwefelsäure abgedampft, letztere abgeraucht und der
schwefelsaure Baryt geglüht und gewogen.
BaSO, 232,8 ВаОН.О 170,8
11,4 11,5 11,1
18,0 18,2 18,1
24,7 24,8 24,5
37,9 37,8 37,4
Mémoires de l'Acad. Imp, des sciences. УПше Série.
66 Gustav TAMMANN,
6) Die Säuren № 67—77.
Die untersuchten Säuren sind:
Schwefelsäure Borsäure Bernsteinsäure Glycolsäure
Phosphorsäure Aepfelsäure Milchsäure
Arsensäure Weinsäure
Traubensäure
Citronensäure.
Die Gestalt und Lage der Erniedrigungscurven (siehe Tafel IT, Fig. УТ).
Die Curven der Säuren ordnen sich in drei Bündel, alle Curven der anderen Säuren
überlagernd liegt die Erniedrigungscurve der Schwefelsäure zwischen den Curven des Kalis
und Lithions (auf Tafel IT, Fig. V). Unter der Curve der Schwefelsäure ein Bündel bildend
liegen die Curven der Arsen- und Phosphorsäure, die der Citronen-, Wein-, Trauben- und
Aepfelsäure. Schliesslich bilden die Curven der Monocarbonsäuren (Glycol- und Milchsäure),
die der Bernsteinsäure und Borsäure ein drittes Bündel. Die letzten beiden Säuren besitzen
bei der Versuchstemperatur eine merkliche Eigentension.
Nehmen die Molekulargewichte der Säuren ab, so vermindern sich bei gleicher Mole-
kularconcentration die Ordinaten ihrer Curven. Die Regel gilt für die Curven der organi-
schen Säuren, mit Ausnahme der Glycolsäure. Ebenso ordnen sich die Curven der anorga-
nischen Säuren nach der Grösse des Molekulargewichtes der Säure, nur die Curve der
Schwefelsäure macht von der Regel eine Ausnahme; ihre Ordinaten sind mehr als doppelt
so gross als die der Arsensäure. Es folgen die Namen der Säurecurven, mit beigeschriebe-
nem Molekulargewichte der Säure, geordnet nach der Grösse ihrer Ordinaten bei gleichen
Abseissen.
Citronensäure 196
Traubensäure 150 Schwefelsäure 98
Weinsäure 150 Arsensäure 142
Aepfelsäure 134 Phosphorsäure 98
Bernsteinsäure 118 Borsäure 62
Glycolsäure 76
Milchsäure 90
Obwohl bei der Concentration n = 0,5 die Erniedrigung der Schwefelsäure 12,9 Mm.
fast doppelt so gross als der Mittelwerth 6,8 Mm. aus den Erniedrigungen der anderen
Säuren ist, so ist es doch möglich, dass für sehr verdünnte Lösungen die Erniedrigungen
aller Säuren gleich werden. Während die Curve der Schwefelsäure auf den Nullpunkt des
Coordinatensystems weist, würde die gradlinige Verlängerung der anderen Curven die Ordi-
nate Null bei 3—4 Mm. schneiden.
Dre DAMPFTENSIONE > DER LÖSUNGEN. 67
Bei folgenden Abscissen bestimmt sich die Differenz der Ordinaten für die Curven der
Schwefelsäure und Milchsäure (A), und die Differenz der Ordinaten für die Curven der Phos-
phorsäure und Milchsäure (B) wie folgt.
n=0,5 n=1 n=2 n=3 n—4 n=5 n=6 n=17 n=8
6 9 9-6 67 1033 1434 181,4 2195 955,9
в 01 0,9 AE О 195 2965 374 485 5389
Die Gestalt der Säurecurven ist sehr verschieden, die Curven der Glycol- und Milch-
säure wenden in ihrem unteren Verlaufe die concave Seite der Abscissenaxe zu, um dann
von n=3bisn = 13 als gerade Linien zu verlaufen. Alle anderen Curven krümmen sich zu-
erst von der Ascissenaxe ab, um dann bei folgenden Abscissen die Richtung ihres Verlaufes
zu ändern.
Phosphorsäure n = 12, Schwefelsäure п = 8, Aepfelsäure и = 9, Weinsäure n = 5,
Bernsteinsäure я — 2, Borsäure и — 2. Für die Curven der Citronen- und Traubensäure
liegen die Wendepunkte ausserhalb der untersuchten Curvenstücke.
№ 67.
Schwefelsäure.
Die Schwefelsäure enthielt weder Salzsäure noch Salpetersäure, sie verdampfte ohne
einen Rückstand zu hinterlassen. Die Schwefelsäure der Lösungen ward durch Titration mit
Natronlauge (1Cbc. — 0,00853 Na) bestimmt.
Na23 ILSO, 98
744,4 35,7 35,7 35,7 35,7 12,60 | 3,81 1,285 36,4
56,1 56,0 55,9 56,0 | 18,45 | 4,08 1,883 57,2
134,7 134,7 134,6 | 1347 | 37,07 | 4,881 | 3,782 | 1375
169,6 169,6 169,7 | 169,6 | 44,26 | 5,148 | 4,516 | 173,1
201,6 201,6 201,6 | 201,6 | 50,80 | 5,331 | 5,183 | 205,8
745,8 | 260,6 260,5 260,6 | 260,6 | 6258 | 5,584 | 6,386 | 265,5
298,2 293,2 298,3 | 2932 | 6923 | 5,678 | 7,065 | 298,8
305,8 305,8 305,8 | 305,8 | 7156 | 5,730 | 7,302 | 311,6
333,3 333,3 333,8 | 333,3 | 77,35 | 5,778 | 7893 | 339,6
385,6 385,6 | 92,32 | 5,601 | 9,420 | 392,9
9%
68 Gustav TAMMANN,
№ 68.
Arsensäure.
Die Arsensäure war frei von Salpetersäure, Salzsäure und Schwefelsäure, doch enthielt
sie Spuren einer alkalischen Erde.
Zur Bestimmung!) der Arsensäure in den Lösungen wurde dieselbe in arsensaure Am-
moniak-Magnesia übergeführt und als 2(MgNH,AsO,)H,O gewogen.
2(MgNH,As0,)H,0 379,8 H,AsO, 141,9
755,3 13,0 13,0 13,0
24,5 24,4 24,5
36,7 36,5 36,3
50,5 50,5 50,3
72,0 72,0 72,0
№ 69.
Phosphorsäure.
Die untersuchte Phosphorsäure war frei von Salzsäure, Salpetersäure, Schwefelsäure
und phosphorsaurem Ammon, enthielt aber Spuren von Alkalien.
Zur Bestimmung der Phosphorsäure in den Lösungen, wurde diese als phosphorsaure
Ammoniak-Magnesia ausgeschieden, diese Verbindung geglüht und der Rückstand (Mg,P,0,)
gewogen.
29,8 29,8 29,6 29,7 2,118 | 30,1
30,7 30,7 30,7 30,7 | 2,161 31,1
709 70,9 70,7 70,8 4,575 71,7
101,2 101,2 101,0 | 101,1 5,927 | 102,4
' 181,1 181,1 181,1 181,1 9,674 | 183,0
287,9 287,9 287,8 | 287,9 | 15,220 | 290,9
. 400,4 400,7 400,5 | 400,5 22,548 | 404,6
462,7 462,9 462,8 4628 | 27,472 | 467,6
‚ 502,1 502,2 | 502,1 | 33,725 || 507,3
1) Fresenius, B. I, p. 369.
Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 69
№ 70.
Borsäure.
Das untersuchte Präparat war aus einer käuflichen Borsäure durch zweimaliges Um-
krystallisiren gewonnen. Mit Flusssäure abgedampft hinterliess die gereinigte Borsäure nur
Spuren eines Rückstandes.
Zur Analyse wurden die Lösungen, nachdem sie in Kôlbchen gewogen, in Tiegel ge-
bracht, in letzteren befand sich mit den Tiegeln zusammen gewogener kaustischer Kalk
(1,5—3 gr.) Nach sorgfältigem Mischen des Inhaltes der Tiegel, wurde derselbe zur Trockne
gebracht und über dem Gebläse geglüht. Die Differenz in den Gewichten der Tiegel vor und
nach dem Zufügen der Borsäurelösung entspricht der Borsäure-Menge (В.О.). Folgende
Beleganalysen sind nach obiger Methode ausgeführt.
2 gr. CaO + 0,450 gr. В.О, gaben 0,447 gr. В.Оз
2 gr. CaO + 0,769 gr. В.О. gaben 0,766 gr. В.О;
В:0, 70 H,BO, 62
752,7 10,2 10,1 10,0 10,1 5,25 2,56 0,846 10,2
22,9 22,9 22,9 22,9 11,21 2,71 1,808 23,1
26,0 26,1 26,2 26,1 13,11 2,65 2,114 26,3
40,6 40,6 40,6 40,6 20,01 2,70 3,228 41,0
55,5 55,6 55,7 55,6 27,36 2,69 4,412 56,1
№71.
Glycolsäure.
Die Glycolsäure stammte von Kahlbaum. Dieselbe wurde in den Lösungen durch
Titration mit Natronlauge bestimmt. (1СЪе. Natronlauge = 0,00853 Ма).
Na 23 CH,OHCOOH 76
766,6 19,1 18,9 18,7 18,9 2,38 1,361 18,7
‚ 39,6 39,4 39,3 39,4 2,27 2,977 39,1
765,8 | 197,4 127,5 1275 | 127,5 2,171 | 10,09 126,6
70 Gustav TAMMANN,
№ 72.
Milchsäure.
bei № 71.
Na 23 C,H,OHCOOH 90
Die Milchsäure, ein wasserhaltiges Präparat, stammte von Kahlbaum. Analyse wie
758,7 12,7 12,6 127 12,7 9,19 | 1,83
22,8 22,8 22,8 22,8 17,20 |. 1,76
39,9 40,0 39,9 39,9 32,07 | 1,65
69,5 69,6 69,6 69,6 57,81 | 1,60
102,2 102,3 102,5 | 102,3 84,93 | 1,611
140,9 141,0 141,3 | 141,1 | 114,72 | 1,632
№ 73.
Bernsteinsäure.
Die Bernsteinsäure stammte von Kahlbaum. Der Gehalt der Lösungen wurde durch
Titration mit Kalilauge (1Cbc. = 0,01501 К) festgestellt.
К 39 C,H,(COOH), 118
1,021
1,911
3,564
6,424
9,359
19,747
№ 74.
Aepfelsäure.
Die Aepfelsäure stammte von Kahlbaum. Analyse wie bei № 71.
Оле DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN.
Na 23 C,H,O, 134
10,8 10,8
23,0 22,9
42,3 42,4
97,9 98,0
10,6
22,8
424,
97,9
134,6 134,7 134,4
184,5 184,2 184,3
Weinsäure. (Rechts).
10,7
22,9
42,4
97,9
134,6
184,3
10,87
22,76
39,16
85,44
113,90
157,34
№ 75.
Die Weinsäure hinterliess beim Verbrennen nur eine Spur
bei № 71.
Na 23 C,H,(OH),(COOH), 150
756,3 DL a]
50,9 50,9
91,6 91,7
27,1
50,8
91,6
112,2 112,2 112,1
169,5 169,5 169,5
Analyse wie bei № 71.
12,0 11,9
19,5 19,5
49,8 49,8
69,9 69,7
12,0
19,3
49,7
69,8
123,3 123,1 123,2
150,7 150,5 150,5
№ 76.
Traubensäure.
1,30
1,40
1,526
1,492
1,466
1,835
3,195
5,293
6,630
10,193
71
Analyse wie
72 Gustav TAMMANN,
№ 77.
Citronensäure.
Beim Verbrennen hinterliess die Citronensäure nur eine Spur Rückstand. Analyse wie
bei № 71.
Na 23 С.Н.О, 196
0,866
2,176
3,006
4,577
5,820
Name Erniedrigungen Mittel
due EE Interpolationsformel.
RAA bei n=0,5 | bein=1,0| für n=0,5 | für n—1,0
BEN) T—T, = 24,0n -+.3,4n? 12,8 27,4
Schwefelsäure ...J| 7_ ES Ze } 129 | 27,5
el T—T, = 145n + 0,2n? 7,3 14,7
Arsensäure...... | PT 14,3n Er 0,4n2 72 147 } 7,3 14,7
re T—T, = 12,9n + 0,6n? 6,6 13,5 A
Phosphorsäure . . 4 T— 7 ex 12,6n I, 0,80? 6,5 134 } 6,6 13,5
Borsäure........,] 7— Т, = 11,5n + 0,7n? 6,0 12,2 6,0 12,2
Glycolsäure ...... T—T, = 14,3n — 0,4n? 7,0 13,9 7,0 13,9
0 Т— Т, = 13,2 — 0,6n? 6,5 12,6
Milchsäure ..... À mi 7 32 13.1n I 0,5n? 64 12,6 } 6,5 12,6
PA D T—T, = 12,3n — 0,04n? 6,2 12,3
Bernsteinsäure N u т ie 12,3n — 0,07n? 62 123 } 6,2 12,3
se T—T, = 12,9n + 0,5n? 6,6 13,4
Aepfelsäure .... À T— 7 TS 181% so 0,3n2 6.6 13.4 } 6,6 13,4
ARE T—T, = 13,2n + 0,9n? 6,8 14,1
Weinsäure Laure Tone пож es ть } 6,9 14,2
а T—T, = 15,7n + 0,0%? 7,8 15,7
Traubensäure... À TE т, Te 15,67 = 0,9n2 78 15,8 } 7,8 15,8
? Er T—T, = 13,6n + 1,1n? 7,1 14,7
Citronensäure .. | TE T in 13,8n У 0.9n2 71 1 47 } 7,9 14,7
Nummer der
benutzten
Messungen.
1,3
1,3
1,4
1,3
1,5
1,4
1,3
1,3
1,3
Die DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 43
Tensionserniedrigungen bei:
Name
der Säure.
Schwefelsäure .... 296,0 | 343,2
Arsensäure
Phosphorsäure, ... 125,0 | 146,9
Borsäure
Glycolsäure ......
Milchsäure 65,6 76,5
Bernsteinsäure.. . 71,2 82,7
Aepfelsäure 91,6 | 107,8
Weinsäure 103,1 | 118,3
Traubensäure .. . 106,2 | 126,4
Citronensäure ....
7) Die Salze der Alkalien mit zwei- und mehrwerthigen Säuren № 78 —102.
K,WO, Ма, WO,
K,Mo0, Na, Mo0,
K;CrO, Na,CrO, Li,CrO, 4KCy)FeCy, Na: WO,3W0O,
K,S0, Na SO, L(NH),S0, 130, Rb,SO, Na,B,O,
K,S;0, Ма. О, (NH,)S>0, LisS;0,
K,S,03 Na,S;0,
K;C0, Na,00,
(NH,F)sSiF, LiESiF,
Die Gestalt und Lage der Erniedrigungscurven (siehe Tafel III, Fig. VII A und B).
Vom Nullpunkt des Coordinatensystems ausgehend verlaufen diese Curven, wenn man
von denen des sauren borsauren und metawolframsauren Natrons absieht, in sehr regel-
mässiger Weise ohne sich zu schneiden. In Folge dessen können wir eine Reihenfolge der
Curven, die wohl für alle möglichen Concentrationen dieser Lösungen giltig ist, aufstellen.
- Die folgende Zusammenstellung giebt an, dass die Curve, deren Name links, die, deren Name
rechts steht, überlagert.
Li,8;0,, 4(KCy)FeCy;, Li,CrO,, КМО,, Na,Mo0,, Na,;WO,, К.Мо0,, K,CO,, Na,CrO,,
Li,F;SiF,, Na;8,0,, Na:8,0,, K;CrO,, LiS0,, (NH,)S;0,, Rb;SO,, K,8,0,, Na,C0,,
K,SO,, Na,S0,, (NH,)SO,, Ks8;0,, (NH,F);SIF,.
Mémoires de l’Acad. Пир. des sciences, VIIme Serie. 10
74 GUSTAV TAMMANN,
Ueber die Abstände der Curven von einander belehrt die Tafel III, Fig. УП A, meh-
rere Curven fallen entweder ganz oder nahe zusammen. Es bleibt noch zu untersuchen übrig, ob
die Ordinaten der Curven für die Salze einer Base oder einer Säure in derselben Reihen-
folge abnehmen.
Das für die Curven der Salze einer Base folgende Schema sagt nur aus, dass sich die
Curven der in einer Horizontalreihe verzeichneten Salze in der Reihenfolge von links nach
rechts überlagern.
Li,8,0,, LiCrO,, LiSO,, Li,P;SiF,
K;W0,, K.Mo0,, K,C0,, K;Cr0,, K,S,0,, К,50,, K;S,0,
Na,Mo0,, Na;WO,, Na,CrO,, Na;8,0,, Na,8,0,, Na,C0,, Na,S0,
(МН.).5.0,, (NH,)SO,, (NH,F);SIF,.
Sieht man davon ab, dass die Curve eines chromsauren Salzes stets die des schwefel-
sauren Salzes derselben Base überlagert, so findet man keine Regel für die Abhängigkeit
der Ordinaten von der Natur des Säureradicals.
Zu einem ähnlichen Resultate gelangt man, wenn die Metallatome eines Salzes durch
die eines anderen Metalles ersetzt werden. Das für die Curven der Salze einer Säure nach
den früher bezeichneten Regeln entworfene Schema zeigt nur, dass die Curven der Lithion-
salze die der anderen Salze, wenn das Säureradical nicht verändert wird, überlagern. Bald
überlagert die Curve des Kali die des Natronsalzes, bald umgekehrt. Auch bei den Curven
isomorpher Salze findet dieser Wechsel statt.
K,WO,, Na;W0,
Na,Mo0,, К.Мо0,
Li,CrO,, Na;CrO,, K,CrO,
Li,SO,, Rb,SO,, K,SO,, Na50,, (NH,)SO,
K,C0,, Na,CO,
Na,50:, K5S;0; |
Li5,0:, Na50,, (МН.).5.0,, K:506
Li,F,SiF,, (NH,F)SiF,.
Wie verschieden auch bei diesen Salzen die Erniedrigungen für Lösungen gleicher
Molekularconcentration sind, zeigen die hier folgenden Breiten des Curvenbündels:
n=0,5 n=1 n=2 n=3
Breite des Bündels 3,9Mm. 14,0Mm. 66,0Mm. 113,5 Mm.
Im ganzen untersuchten Verlaufe krümmen sich die Curven des K,SO,, K:,5,0,,
Na,B,0, und (NH,F),SiF, concav der Abscissenaxe zu.
Abweichend von allen bis jetzt mitgetheilten Befunden, beobachten wir, dass die im
Оте DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 75
Folgenden mit ihren Wendepunktsabscissen aufgeführten Erniedrigungscurven, im unteren
Verlaufe die concave im oberen die convexe Seite der Abscissenaxe zukehren.
Die Salze, deren Curven in dieser Weise von der Regel abweichen, sind: K,CrO, n = 2,5,
N3,C0,n = 2, NaS0,n = 2,5, N3WO0,53W0,r = 1, (NH,),SO,n = 3, Rb;SO,n = 2. Mit
Ausnahme der Curve des metawolframsauren Natrons ähneln die anderen der geraden Linie,
doch lässt sich diese sehr bemerkenswerthe Abweichung von der geraden Linie nicht auf Ver-
suchsfehler zurückführen; ein Blick auf den Verlauf der relativen Spannkraftserniedrigun-
gen zeigt, dass die Abweichungen 1—4 Mm. betragen. Auch die Befunde meiner früheren
Messungen sprechen nicht gegen obige Curvengestalt, nur beim chromsauren Kali gaben die
früheren Messungen eine ganz anders gestaltete Curve; doch enthielt, wie ich mich später
überzeugt habe, das früher benutzte Präparat eine nicht ganz geringe Menge schwefelsauren
Kalis, wodurch die Abweichung der beiden Befunde genügend erklärt wird.
Die Curven aller anderen Salze wenden die convexe Seite der Abscissenaxe zu, nur für
wenige dieser Curven fällt der Wendepunkt in das untersuchte Curvenstück, für den grössten
Theil der Curven bleibt die Lage des Wendepunktes unbestimmt. Es folgen die Wendepunkts-
abscissen für K,00,n—=9, K$,0,n = 8, Ма.СтО, п =4 und Ма.5.О. п = 4.
№ 78.
Wolframsaures Kali.
Darstellung: Wolframsäure wurde mit überschüssiger Kalilauge zusammengebracht,
die Lösung mit Alkohol gefällt und der Niederschlag nach Vertreibung des Alkohols durch
partielle Krystallisation aus Wasser gereinigt. Bestimmt wurde das wolframsaure Kali durch
Eindampfen der Lösungen, Schmelzen und Wägen der Rückstände.
K,W0, 325,3
17,6 17,5 17,6 19,71 0,606
35,0 35,1 35,0 34,85 £ 1,071
51,9 51,9 51,9 51,65 1,588
65,0 65,0 65,2 65,1 58,13 1,787
96,6 96,7 96,7 81,77 2,514
124,4 124,5 194,5 99,49 3,058
171,2 171,2 171,2 | 128,56 3,952
215,2 215,2 215,3 | 156,52 4,812
M 79.
Molybdänsaures Kali.
Darstellung und Bestimmung des molybdänsauren Kalis wie bei № 78.
10*
76
pp
24,7 24,6 24,9
53,3 53,5 53,7
85,4 85,6 85,5
150,0 150,2 150,4
197,5 197,6 197,7
Gustav TAMMANN,
К.Мо0, 237,6
№ 80.
Chromsaures Kali.
Das chromsaure Kali war aus reinem, schwefelsäurefreiem, dichromsaurem Kali durch
Neutralisation mit kohlensaurem Kali dargestellt und durch wiederholte partielle Krystalli-
sation vom kohlensauren Kali befreit.
Zur Bestimmung des Gehaltes der Lösungen an Salz, wurden die Lösungen eingedampft,
die Rückstände über der Lampe verknistert und als chromsaures Kali gewogen. Die Lösun-
gen oxydiren das Quecksilber ein wenig.
K,CrO, 194,5
17,8
23,0
30,1
40,2
41,4
51,9
64,7
73,5
83,8
17,9
22,6
29,8
40,0
41,5
51,6
63,9
73,0
83,8
№ 81.
Schwefelsaures Kali.
Das schwefelsaure Kali war rein. Durch Abdampfen der Lösungen und Glühen der
Rückstände wurde das schwefelsaure Kali der Lösungen bestimmt.
Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. ТУ
K,SO, 174
10,3 10,2 10,1
15,5 15,5 15,6
18,5 18,5 18,5
28,4 28,4 28,4
32,3 32,3 32,8
M 82.
Unterschwefelsaures Kali.
Eine Lösung von unterschwefelsaurem Mangan, welche ausserdem noch unterschwefel-
sauren Baryt enthielt, wurde mit kohlensaurem Kali versetzt, bis alles Mangan und aller
Baryt gefällt waren, dann filtrirt. Durch zweimalige partielle Krystallisation wurde aus
dem Filtrat ein von kohlensaurem Kali, Chlorkalium und schwefelsaurem Kali freies unter-
schwefelsaures Kali gewonnen.
Analyse: Die Lösungen wurden eingedampft, die Rückstände geglüht und das so er-
haltene schwefelsaure Kali gewogen.
K,S0, 174 K,8,0, 238
12,1 12,1 12,0
23,3 23,2 23,0
30,4 30,4 30,4
41,3 41,3 41,3
46,5 46,5 46,4
№ 83.
Unterschwefligsaures Kali.
Das unterschwefligsaure Kali war frei von anderen Kalisalzen. Die Lösungen griffen
die Quecksilberkuppen an, besonders die concentrirtesten. Auf den Kuppen lag eine schwarze
Haut. Analyse der Lösungen: diese wurden zur Trockne gedampft, die Rückstände bei 150°,
bis sich ihr Gewicht nicht änderte, getrocknet und gewogen.
78 Gustav TAMMANN,
К.5.0; 190
№ 84.
Kohlensaures Kali.
Das kohlensaure Kali enthielt weder Chlorkalium noch schwefelsaures Kali. Die Lö-
sungen wurden zur Trockne gebracht, die Rückstände geglüht und gewogen.
K,CO, 138
758,1 29,6 29,6
52,1 52,2
85,3 85,0
152,7 152,6
159,6 159,5
173,9 173,9
197,8 197,7
267,9 267,8
361,0 360,9
417,3 417,2
№ 85.
Ferrocyankalium, 4KCy.FeCy..
Das Ferrocyankalium war frei von anderen Kalisalzen. Die Lösungen trübten sich in
den Manometern, in den verdünnten Lösungen war die Trübung am stärksten. Analyse der.
о оса
Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 79
Lösungen: diese wurden zur Trockne gedampft, die Rückstände bei 110° getrocknet und
gewogen.
4KCy. FeCy, 370 4КСу. FeCy,3H,0 424
760,1 8,9 8,8 8,9
16,0 15,9 15,8
26,7 26,7 26,7
47,2 47,2 47,2
59,6 59,5 59,6
г ИТ п
8,9 2 0,287
0,495
0,793
1,341
1,651
N 86.
Wolframsaures Natron.
Dasselbe enthielt weder Chlornatrium noch schwefelsaures Natron. Analyse wie
bei № 78.
8,5
20,6
49,7
61,7
70,8
93,5
107,8
‘114,0
128,2 128,2 128,1
Na,WO, 293,5
8,4
20,5
42,6
61,4
70,8
93,4
107,7
114,0
8,5
20,8
42,4
61,6
70,6
93,3
107,7
114,0
№ 87.
Molybdänsaures Natron.
Darstellung: Eine Lösung von molybdänsaurem Ammon wurde mit überschüssiger
Natronlauge, bis die Lösung frei von Ammoniak war, gekocht. Darauf wurde die Lösung
mit Alkohol versetzt, das ausgeschiedene molybdänsäure Natron mit Alkohol gewaschen,
getrocknet und aus Wasser umkrystallisirt. Analyse wie bei № 78.
80 Gustav TAMMANN,
Ма,Мо0, 205,8
248 24,8 24,8
44,8 44,8 44,8
74,4 74,5 74,5
98,0 98,2 98,3
136,7 136,8 136,7
169,8 169,9 170,0
№ 88.
Chromsaures Natron.
Das chromsaure Natron wurde durch Neutralisation des kohlensauren Natrons mit
Chromsäure gewonnen. Die hierzu benutzte käufliche, schwefelsäurehaltige Chromsäure
wurde von der Schwefelsäure durch Digeriren der Chromsäurelösung mit chromsaurem
Baryt befreit. Analyse der Lösungen: diese wurden auf dem Dampfbade so viel als möglich
eingeengt und dann die Rückstände in bedeckten Tiegeln über der Lampe vollständig zur
Trockne gebracht. Die Lösungen des chromsauren Natrons oxydirten das Quecksilber
ein wenig.
Na;CrO, 162,3
7560 | 134 132 13,0 | 132 750 | 233 | 0,462 13,3
212 212 214 | 213 | 11,81 | 239 | 0,797 21,4
39,5 39,8 397 | 397 | 2167 | 242 | 1335 39,9
6124 613 @л ers | 2068 | 265 0 1908 61,6
787,6 1.118 714 071,1 713 | 3486 | 270 | 2,148 71,5
88,6 836 885 | 836 | 4011 | 275 | 2471 83,9
102,0 101,9 101,9 | 1019 | 47,19 | 2,850 | 2,908 | 102,2
123,7 193,7 1237 | 123,7 | 55,89 | 2921 | 3,444 | 1941
158,8 158,8 158,8 | 158,8 | 72,43 | 2,894 | 4,462 159,3
№ 89.
Schwefelsaures Natron.
Das schwefelsaure Natron war frei von Chlornatrium, salpetersaurem Natron und
schwefelsaurem Kali. Analyse wie bei № 81.
Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 8l
Na,SO, 142
92 9,1 9,0
22,3 22,3 22,2
38,6 38,4 38,5
56,9 56,8 56,9
74,2 74,1 74,0
№ 90.
Unterschwefelsaures Natron.
Ueber die Darstellung und die Analyse der Lösungen siehe № 82. Das Präparat war
frei von Chlornatrium und schwefelsaurem Natron, enthielt aber Spuren von kohlensaurem
Natron.
Na,SO, 142 Na,8,0, 206 Na,8,0,2H,0 242
20,1 20,1 20,1
49,2 49,2 49,1
56,0 56,0 56,0
84,1 84,2 84,1
97,9 97,9 97,8
№ 91.
Unterschwelligsaures Natron.
Für dieses gelten die Bemerkungen bei № 83.
Mémoires de l'Acad. Пар, des sciences. УПше Série. 11
82
16,3
26,5
49,3
65,3
84,9
.99,7
116,4
148,1
193,3
215,5
252,9
364,8
Das bei № 84 Gesagte gilt auch für kohlensaures Natron.
16,1
26,4
49,2
65,4
84,8
99,5
116,5
193,1
215,4
252,9 258,0
365,1 365,0
Gustav TAMMANN,
16,3
26,5
49,3
65,2
84,7
99,6
116,6
148,0 148,0
193,2
215,3
Kohlensaures Natron.
Na,S,0, 158
№ 92.
Ма.С0. 106
750,7 15,3 15,3
759,7 29,5 29,5
750,7 36,6 36,6
759,7 48,7 48,8
59,0 59,0
78,9 78,8
106,3 106,3
15,3
29,5
36,6
48,8
59,0
78,9
106,3
15,3 5,76
29,5 11,15
36,6 14,53
48,8 19,69
590 | 23,60
789 | 31,22
106,3 | 41,13
№ 93.
16,0
26,0
48,5
64,2
83,4
97,9
115,2
146,4
191,1
213,1
250,2
361,0
0,544
1,052
1,370
1,858
2,227
2,945
3,881
Metawolframsaures Natron, Na;W0,.3W0;.
Darstellung: Aus wolframsaurem Natron wurde durch Fällen mit Salzsäure und Aus-
waschen des Niederschlages eine Chlornatriumfreie Wolframsäure dargestellt. Durch Kochen
des wolframsauren Natrons mit überschüssiger Wolframsäure wurde das metawolframsaure
1
4
x
Отв DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 83
Natron dargestellt. Die Lösung des metawolframsauren Natrons darf nicht bis zur Trockne
eingedampft werden, da der Rückstand nur theilweise in Wasser löslich ist, und viel weisse
Wolframsäure ungelöst bleibt.
Analyse: Die Lösungen wurden eingedampft, die Rückstände geschmolzen und gewogen.
Na,W0,3W0, 987,6
№ 94.
Borsaures Natron. Borax, Ма.В.0., 10150 М№а.В.0., 10H;0.
Das untersuchte Präparat enthielt Spuren von schwefelsaurem Natron und Chlornatrium.
Mit Flusssäure und Schwefelsäure wiederholt abgeraucht, wurde das Verhältniss a
à 2 4
zu 1,423 gefunden, berechnet 1,420. Analyse: Die Lösungen wurden abgedampft, die
Rückstände geschmolzen und gewogen.
Na,B,0, 201,6
| 750,7 13,3 13,5 13,2 13,3 5,78 3,07 | 0,287 13,5
22,7 22,7 22,7 22,7 11,67 2,59 | 0,579 23,0
754,2 26,0 26,0 25,9 26,0 14,09 2,45 | 0,699 26,2
750,7 32,1 32,1 31,9 32,0 19,07 2,24 | 0,946 32,4
754,2 38,8 38,8 38,6 38,7 25,98 1,98 1,289 39,0
50,2 50,2 50,3 50,2 38,04 1,75 1,887 50,6
62,7 62,7 62,7 62,7 50,22 1,66 | 2,491 63,2
№ 95.
Schwefelsaures Ammon.
Das schwefelsaure Ammon, aus reiner Schwefelsäure und Ammon, war rein. Zur Ana-
11*
84 Gustav TAMMANN,
lyse der Lösungen wurden diese abgedampft, die Rückstände bei 110° getrocknet und ge-
wogen.
(NH,),SO, 132
NM 96.
Unterschwefelsaures Ammon.
Eine Lösung von unterschwefelsaurem Mangan wurde mit überschüssigem Ammoniak
und kohlensaurem Ammon versetzt, darauf filtrirt und das Filtrat so lange auf 100° erhitzt,
bis es nicht mehr nach Ammoniak roch. Durch partielle Krystallisation erhielt man ein
unterschwefelsaures Ammon, welches schwach sauer reagirte, frei von kohlensaurem Ammon
war, aber eine Spur Chlorammonium und schwefelsaures Ammon enthielt und beim Verdampfen
einen geringen Rückstand hinterliess. Beim Erhitzen der Lösungen auf 100° erlitten die-
selben eine Zersetzung, in den Manometern entwickelte sich ein Gas, besonders viel in den
concentrirteren Lösungen, deren Spannkraftserniedrigungen aus diesem Grunde nicht mit-
getheilt sind, doch auch die unten angegebenen Erniedrigungen mögen bei den concentrir-
teren Lösungen um 1—5 Mm. zu klein ausgefallen sein. |
Ueber die Analyse der Lösungen siehe № 31.
(МН.).3.0, 196
7444 | 119 11,9 9,08 1,76 | 0,464 12,1
21,2 21,2 | 14,44 1071000787 217
43,5 43,5 43,5 | 30,33 1,93 | 1,548 44,4
55,9 55,8 55,9 559 | 38,41 1,96 | 1,960 57,1
82,0 82,0 82,0 820 | 54,63 2,02 | 2,787 83,7
754,2 96,5 96,6 96,4 96,5 | 65,95 1,94 | 3,365 97,2
115,4 115,4 | 75,60 2,02 | 3,857 116,2
Оте DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 85
| №97.
Kieselfluorammonium (NH.F).SiF..
Kieselfluorwasserstoffsäure wurde mit Ammoniak zusammengebracht, die Lösung auf
dem Dampfbade zur Vertreibung der überschüssigen Kieselfluorwasserstoffsäure zur Trockne
gebracht, und aus dem Rückstande durch partielle Krystallisation das Kieselfluorammonium
gewonnen. Bestimmung des Kieselfluorammoniums: Die Lösungen wurden auf dem Dampf-
bade zur Trockne gebracht und die Rückstände bei 100° eine Stunde getrocknet. 1 gr. Kiesel-
fluorammonium verlor im Laufe einer Stunde bei 100° 0,002 gr.
(МНЕ, 178
13,4 13,1 13,2
25,8 25,8 25,7
34,9 34,9 34,9
47,0 47,0 46,9
53,2 53,3 53,2
№ 98.
Chromsaures Lithion,
Darstellung: Aus kohlensaurem Lithion und schwefelsäurefreier Chromsäure. Ana-
lyse der Lösungen '): Die Chromsäure wurde durch essigsaures Blei als Bleichromat nieder-
geschlagen.
Die Lösungen des chromsauren Lithions oxydirten die Quecksilberkuppen.
PbCrO, 322,9 Li,CrO, 130,5
114 115 114
28,8 28,9 28,9
53,0 531 53,0
89,2 89,0 88,9
129,8 129,8 129,7
202,8 202,9 202,9
1) Fresenius, quant. Analyse, В. I, р. 380.
86 Gustav TAMMANN,
№ 99.
Schwefelsaures Lithion.
Schwefelsaures Lithion wurde aus reinem kohlensaurem Lithion und Schwefelsäure
dargestellt. Analyse wie bei № 81.
14,5 14,5
95,5 25,6
58,0 58,0
80,3 80,4
№ 100.
Unterschwefelsaures Lithion.
Durch Mischen der Lösungen von unterschwefelsaurem Baryt und schwefelsaurem
Lithion (bis jede von beiden Lösungen der Mischung zugefügt einen geringen Niederschlag
hervorrief) und partielle Krystallisation der Lösung wurde das unterschwefelsaure Lithion
gewonnen. Analyse wie bei № 82.
Li,SO, 110 Li,5,0, 174 Li,S,0,2H,0 210
b T—T, | a | m | в | n | E m в, | n
759,8 15,9 15,8 15,8 15,8 8,85 | 2,35 | 0,509 15,8 10,88 | 1,91 0,518
38,9 38,8 38,8 38,8 | 18,08 | 2,82 1,039 38,8 22,67 | 2,25 1,080
582 58,1 58,2 582 | 24,74 | 3,10 1,422 58,2 3147 | 2,43 1,498
104,8 104,7 1047 | 104,7 | 38,75 | 3,556 | 2,227 104,7 50,84 | 2,710 | 2,421
166,2 166,0 166,1 | 54,55 | 4,007 | 3,135 166,1 7491 | 2946 | 3,534
254,6 254,4 254,5 | 76,99 | 4351 | 4,495 2545 | 110.48 | 3,081 | 5,263
|
№ 101.
Kieselfluorlithium.
Kohlensaures Lithion wurde in überschüssiger Kieselfluorwasserstoffsäure gelöst, die
Lösung zur Trockne gedampft und der Rückstand zur Herstellung der Lösungen verwandt.
Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 87
Analyse: Die Lösungen wurden eingedampft, die Rückstände in schwefelsaures Lithion
übergeführt.
Li,S0, 110 2(LiF)SiF, 156
755,4 152 15,2 15,2
37,5 37,4 37,4
104,4 104,1 104,3
15,2 7,54 | 2,67 0,483 15,3
37,4 18,67 | 2,65 1,197 37,6
104,3 | 4645 | 2,973 | 2,977 | 104,9
№ 102.
Schwefelsaures Rubidium.
Zu dem Chlorrubidium, welches schon zur Untersuchung gedient hatte, wurde Schwefel-
säure gefügt, dieselbe abgeraucht, der Rückstand geglüht und die letzte so schwer zu ver-
flüchtigende Schwefelsäure durch kohlensaures Ammon fortgeschafft. Das so gewonnene
’ Präparat reagirte neutral. Analyse wie bei № 81.
12,5 12,5 12,4
20,3 20,3 20,2
32,7 32,7 32,5
43,4 43,3 43,4
69,4 69,4 69,3
Rb,SO, 266,6
88
Gustav TAMMANN,
TEN à M LT es LU" AIRE
и * 7
Ko Interpolationsformel. Ben u и a ]
А bein=0,5 | bein—1,0 | fürn=0,5 | fürn=1,0 Messungen.
О ou т: Din г. я 10 A
unis mme ut | WE |} | № | шы
Е. { т 7, = а т в т. a N 16,2 29,5 12.43
K SON N 1 Au т = 0 т de 1. } 13,7 25,9 18 14
so (nn el ve | 2 | dan | no | № 3
K,8,0, EN Is т = Ai И и Le о. } 13,7 25,8 12. 18
On none ad в | 000 1,2 AB
аксу, оу... 7 — т Inh ne г. и } 166 | 37,1 “ya 18
NW. {| Ш иное ma | 20 |} м8 | 389 12 13
пе, Все ма | mE |} | son | за 10
Net le mere | 5 se | 12.18
N3,80, | | Ne 50 Е
ws EE | | Ya | me | а am
N I ee 1, a || 296 12) LS
N nee 2 ode ls up Let
ОУ. T—T, = 28,3% — 8,1”? 12,1 20,2 12,1 20,2 213
Ма,В.О, ... = BE 7! = Е. и 216 > } 20,7 31,8 24 13
(NE SOs À] D — 7! mn Не. D 2 | A0 | 288 12 19
(МН... р т = Eu Е. т N } 132. 301 12 13
У À] TI 7 = 2800 — el el die 12. 16
ОИ, 4 D т и en та je wa 2 } 164 | 33,9 13 14
180. met HAE a ee 12.18
Re ol a io 12 18
Бо... À FE: т = u a ie т ef } 15,4 31,7 13 2,3
ВЫ ЗО, ......{| 7 — т: в en Ze | su 46 | 285 12 13
Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 89
Tensionserniedrigungen bei:
235,0
350,0 | 386,0
Na,W0,3W0;,.
N3,B,0,.......
(NH,58208 ....
Е.О.
(NH,F),SiF,..
8) Salze des Kalis und Natrons mit Di- und Tricarbonsäuren Ne 103-—111.
K;C;0, CH;(COOK), K,H,C,0, K,C,H,O, K,0,H,0,
NaH,C,O, KSbOC,H,0, Na,C,H,0,
Na,C,H,0,.
Die Salze dieser Gruppe wurden durch Neutralisation der kohlensauren Salze mit den
betreffenden Säuren und partieller Krystallisation der Lösungen hergestellt.
Gestalt und Lage der Erniedrigungscurven (siehe Tafel III, Fig. VIII).
Mémoires de l’Acad. Imp, des sciences. VIIme Série. 12
90 Gustav TAMMANN,
Vom Nullpunkt des Coordinatensystems ausstrahlend, schneiden sich die Curven dieser
Salze im weiteren Verlaufe gewöhnlich nicht.
Zwei von diesen Curven, die des weinsauren Natrons und die des Brechweinsteins
krümmen sich in ihrem ganzen Verlaufe der Abscissenaxe zu, alle anderen wenden sich von
derselben ab. Nur für zwei Curven konnte die Wendepunktslage festgestellt werden, diese
liegen für die Curven des bernsteinsauren und weinsauren Kalis bei n—=5.
Ueber die Lage der Curven giebt folgendes Schema Rechenschaft.
Citronensaures Kali Citronensaures Natron
Bernsteinsaures Kali Bernsteinsaures Natron
Weinsaures Kali Weinsaures Natron.
Oxalsaures Kali
Brechweinstein
Bei gleichen Molekularconcentrationen nehmen die Ordinaten der Curven in den Verti-
calreihen von oben nach unten, in den Horizontalreihen von links. nach rechts ab. Doch
gilt diese Reihenfolge nur bis zur Molekularconcentration # — 2, bei der sich die Curven
des wein- und oxalsauren Kalis, des citronen- und bernsteinsauren Natrons schneiden.
Wie bei den Salzen der Monocarbonsäuren überlagern auch bei denen der Di- und
Tricarbonsäuren die Curven der Kali- die der Natronsalze.
№ 103.
Oxalsaures Kali.
Zur Bestimmung des oxalsauren Kalis der Lösungen wurden letztere zur Trockne ge-
dampft, die Rückstände geglüht und das kohlensaure Kali, welches nur eine Spur Kohle
enthielt, gewogen.
K,C0, 138 К.С,О, 166
14,8
32,8
58,4
105,8
111,2
151,2
Die DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 91
№ 104.
Malonsaures Кай,
Analyse: Das malonsaure Kali der Lüsungen wurde in schwefelsaures Kali übergeführt
und als solches gewogen.
In den Lösungen des malonsauren Kalis entwickelte sich vom Quecksilber aus ein Gas,
dessen Menge bei den concentrirteren Lösungen so gross war, dass auf eine Messung der
Tensionen dieser Lösungen verzichtet werden musste.
Die Gasentwickelung fand auch in den Lösungen der Malonsäure und in denen des
malonsauren Natrons statt, in Folge dessen wurde die Bestimmung der Tensionen genannter
Lösungen unterlassen.
K,SO, 174 CH{COOK}, 180
b T—T, риа т | |
757,0 21,8 21,9 21,9 21,9 13,78 210 | 0,766 29.0
50,1 50,1 50,1 26,74 2,47 1,486 50,3
№ 105.
Bernsteinsaures Kali.
Zur Bestimmung des bernsteinsauren Kalis wurden die Lösungen zur Trockne gedampft,
die Rückstände 6 Stunden bei 150° getrocknet und gewogen.
K.H,C,O, 194
764,3 29,2 29,2 29,2 29,2 16,10 | 2,37 0,830 29,0
62,3 623 624 62,3 31,24 | 2,610 | 1,610 62,0
107,9 107,8 107,8 | 107,8 4948 | 2,851 | 9,551 107,2
149,1 149,1 149,0 | 149,1 6475 | 3,013 | 3,338 148,3
240,0 239,9 240,1 | 240,0 98,92 | 3,175 | 5,099 238,6
259,3 259,2 259,3 | 259,3 | 108,45 | 3,128 | 5,590 257,8
N 106.
Bernsteinsaures Natron.
Analyse wie bei № 105.
6 у И ОЕ О
$ \ { x р ,
92 Gustav TAMMANN,
Na,H,0,0, 162
764,7 20,8 20,8 20,6 20,7 9,92 | 2,73 0,612 20,6
51,6 51,7 51,6 51,6 22,72 | 2,97 1,402 51,3
714 714 714 714 30,13 | 3,099 | 1,860 71,0’
100,0 99,9 1000 | 100,0 40,69 | 3,214 | 2,512 99,4
121,8 121,9 121,9 | 1219 4845 | 3,290 | 2,991 121,2
173,3 173,3 173,3 | 173.3 67,29 | 3,368 | 4,154 172,2
№ 107.
Weinsaures Kali.
Zur Bestimmung des weinsauren Kalis der Lüsungen wurden diese mit Schwefelsäure
eingedampft, die überschüssige Schwefelsäure abgeraucht, die Rückstände geglüht und mit
kohlensaurem Ammon der letzte Rest der überschüssigen Schwefelsäure fortgeschafft, end-
lich wurde das neutrale schwefelsaure Kali gewogen.
K,S0, 174 K,C,H,0, 226
755,2 25,8 25,2 25,8 25,3 19,55 | 1,71 0,865 25,5
55,3 55,3 554 55,3 4179 010075 1,849 55,7
89,4 89,3 894 89,4 66,14 | 1,790 | 2,927 90,0
143,8 143,6 143,8 | 143,7 | 102,11 | 1,868 | 4,518 144,6
180,4 180,5 1804 | 180,44 | 130,48 | 1,831 | 5,773 181,5
277,6 277,5 277,6 | 277,6 | 215,58 | 1,705 | 9,539 | 279,4
№ 108.
Brechweinstein.
Analyse: Die Lösungen wurden eingedampft, die Rückstände drei Stunden bei 110°
getrocknet und gewogen.
C,H,SbOK0, 322,6
52 5,2 5,1
9,7 9,9 9,6
17,1 17,1 17,2
Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN.
Analyse wie bei № 107.
№
Weinsaures Natron.
109.
Na,SO, 142 NaC,HO, 194
23,8 923,9
63,9 63,9
725 72,4
j 99,0 98,9
126,3 126,3
157,9 157,7
Analyse wie bei № 107.
№
Citronensaures Kali.
E10:
K,SO, 174 K,C,H,0, 306
754,7 224 22,4
49,4 49,4
83,1 83,1
135,5 135,6
232,7 232,6
261,8 261,8
Analyse wie bei № 107.
22,4
49,4
83,2
135,7
232,6
261,8
19,70
38,30
57,65
86,32
140,44
156,86
LT
Citronensaures Natron.
№,50, 142 Na,0,H,0, 258
0,644
1,252
1,884
2,821
4,590
5,126
108,1 107,7
142,6 142,5
Ms. к.
14,32
27,55
49,76
60,10
71,58
92,71
0,555
1,068
1,929
2,329
2,774
3,598
94
Gustav TAMMANN,
Formel
des Salzes.
Erniedrigungen Mittel
Interpolationsformel.
HB
=
27,40 + 1,0n? 13,9 rede
27,2n + lan?| 13,9 28,6 115,9 289
5
|
5 вн
23,2n + 7,2n? 13,4 30,4 13,4
|
5
15,5n — 2,3n? 7,1 13,2
||
SH
29,0% + 0,6n? 14,6 29,6
29,0n + 0,6n2| 14,6 29,6
=
— 29,3n — 0,9?| 14,6 29,1
= 29,8n — 0,9? 14,7 28,9
Je a
al
= 81,1n + 4,6? 16,7 35,7
31,4% + 4,177 16,7 35,5
||
5
„
de
81,5% + 3,6%? 16,7 35,1
81,5% + 3,6n? 16,7 35,1
|]
SS
29,9n + 7,9n° 16,9 37,8
30,3% +- 7,0n? 16,9 37,3
||
SS Si
— 99,6n + 5,5n2| 16,2 35,1
1 = 30,6n + 3,5n? 16,2 34,1
SSSR ES SSSR
Tensionserniedrigungen bei:
K,0,H,04
Na,0,H,0,
K,C,H,0,
Na,C,H,0,
Нок...
bei n=0,5 | bei #—1,0 | für n=0,5 | für п—1,0
Nummer
der benutzten
Messungen.
124018
1,2
2,3
1,2
1,2
1,2
9) Кай und Natronsalze der Phosphor- und Arsensäure № 112— 121.
КН.РО,
KH,AsO,
NaH,PO, NaHPO, NaPO, NaP,0, (NaPO.),
NaH.AsO, NaHAsO,.
(МаРО:) ‹
Die Gestalt und Lage der Erniedrigungscurven (siehe Tafel Ш, Fig. IX).
“
Dre DAMPFTENSIONEN DER LOSUNGEN. 95
Man bemerkt, dass sich die Curve des trimetaphosphorsauren Natrons von der Ab-
scissenaxe ab, dagegen alle anderen Curven sich derselben zu wenden.
Wie einige Curven der Gruppe VII, die zuerst die concave Seite der Abscissenaxe zu-
wenden, dann aber im weiteren Verlaufe ihre Richtung ändern, so verlaufen die Curven
des phosphorsauren Natrons Na,HPO,n = 3,5, arsensauren Natrons Ма.НАзО, п = 2,5
und die des pyrophosphorsauren Natrons Na,P,0,n — 1 in derselben Weise. Die der Formel
des Salzes beigeschriebenen Molekularconcentrationen sind die Werthe der Wendepunkts-
abscissen.
Die Lage der Curven versinnlicht folgendes, ganz wie bei der Gruppe VII eingerichtete
Schema, und gilt dieses, da sich die Curven nicht schneiden, für alle Concentrationen.
(NaPO:); Na HAsO, NaH,AsO, KH,AsO,
Na,PO, Na, HPO, NaH,PO, KH,PO,
Man sieht, dass die Ordinaten der Curven wachsen, wenn das Molekulargewicht des
Salzes zunimmt. Eine Ausnahme von dieser Regel macht die Curve des pyrophosphorsauren
Natrons, die Curve dieses Salzes liegt zwischen der des Na, HPO, und NaH,AsO,.
Wie bei allen Salzen anorganischer Säuren, die ein Atom Metall im Molekül enthalten,
sind auch hier bei gleichen Molekularconcentrationen die Ordinaten der Kalisalzeurven
kleiner als die der Natronsalze.
X 112.
Saures phosphorsaures Kali.
Das saure phosphorsaure Kali war rein, was auch folgende Analyse zeigt. 0,978 gr.
KH,PO, wogen nach dem Glühen 0,848 gr. entsprechend 0,978 gr. KH,PO,. Analyse der
Lösungen: Diese wurden eingedampft, die Rückstände geglüht und das metaphosphorsaure
Kali gewogen.
KPO, 118 KH,PO, 136
96 Gustav TAMMANN,
№ 113.
Saures arsensaures Кай, à
Das saure arsensaure Kali war rein, wie folgende’ Analyse zeigt, 3,148 gr. KH,AsO,
wogen nach dem Glühen 2,833 gr. entsprechend 3,148 gr. KH,AsO,. Analyse wie Бе! № 112.
KAsO, 161,8 KH;As0, 179,8
14,50
24,55
41,52
66,24
70,04
83,28
№ 114.
Saures phosphorsaures Natron.
Darstellung: Eine Lösung von kohlensaurem Natron wurde so lange mit Phosphorsäure
versetzt, bis die Mischung eine Lösung von Chlorbaryum nicht mehr fällte; in der über-
sättigten Lösung wurde durch starkes Reiben der Wände des Glasgefässes die Krystallisation
hervorgerufen. Von den Krystallen wurde die Mutterlauge auf dem Saugfilter getrennt.
Analyse wie bei № 112.
NaPO, 102 NaH,PO, 120
BP, E
18,0 18,0 18,1 0,876 17,9
37,2 37,2 37,2 2 2,028 37,0
57,7 57,6 57,6 3,353 57,2
82,2 82,2 82,2 4,990 81,7
108,2 108,2 108,1 6,702 | 107,5
170,9 171,0 170,9 10,82 169,9
№ 115.
Saures arsensaures Natron.
Zur Darstellung und Analyse wurde wie bei № 114 verfahren.
Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 97
NaAsO, 145,8 МаН.АзО, 163,8
14,3 142 143 0,631
27,9 27,7 27,8 1,386
47,1 47,1 47,0 2,413
68,5 68,5 68,6 3,597
82,8 82,9 82,9 4,366
108,7 108,7 108,7 5,783
№ 116.
Phosphorsaures Natron Na;HP0,.
Das Natriumphosphat war frei von Chlor und schwefelsaurem Natron. Analyse wie bei
№114. Das krystallisirte phosphorsaure Natron (Na;HPO,12H,0) enthält auf 100 gr. Was-
ser 65.74 gr. Na;HPO,, demnach sind die beiden concentrirtesten Lösungen durch Schmelzen
des Salzes im Krystallwasser erhalten.
Na;HPO, 142 Na,P.0, 266
757,8 12,8 12,8 12,8 12,8 7,52 | 2,25 0,530 12,8
28,1 28,1 28,0 28,1 17,06 | 2,18 1,201 28,2
34,2 342 34,2 342 | 2146 | 2,11 1,511 34,3
40,4 40,4 40,5 40,4 | 26,51 2,02 1,867 40,5
46,0 46,1 46,0 46,0 | 30,74 1,98 2,165 46,1
756,4 48,7 48,7 48,7 48,7 | 34,42 1,87 2,424 49,0
66,5 66,5 66,5 66,5 | 48,70 1,80 3,429 66,8
73,7 73,7 73,8 73,7 | 53,58 1,815 | 3,773 74,0
111,3 111,3 111,8 | 111,3 78,97 | 1,859 | 5,561 111,8
120,4 120,4 120,4 | 1204 | 8412 |-1,888 | 5,924 121,0
№ 117.
à Arsensaures Natron Na.HAsO..
Aus reiner Arsensäure und kohlensaurem Natron ward das arsensaure Natron erhalten.
Analyse wie bei X 114.
Mémoires de l'Acad. Imp. des sciences. УПше Série. 13
98 Gustav TAMMANN,
Na, HAsO, 185,8 Na,As0, 353,6
№ 118.
Gesättigtes phosphorsaures Natron.
Darstellung: Zu einer Lösung von zweifach phosphorsaurem Natron wurde Natron-
lauge gefügt und durch dreimalige partielle Krystallisation das dreifach phosphorsaure Natron
von der überschüssigen Natronlauge befreit. Die Phosphorsäure') wurde aus den Lösungen
gefällt und als pyrophosphorsaure Magnesia gewogen. Die Quecksilberkuppen waren nicht
deutlich zu sehen, da sich an den Wänden der Manometer und auf den Kuppen ein weisses
Pulver (Zersetzung des Glases) abgeschieden hatte.
Mg,P,0, 222 Na,PO, 164
pP
12,6 12,5 12,6
21,7 22,0 21,4
31,8 31,3 31,9
43,3 43,7 43,7
55,3 55,3 55,7
70,1 70,0 70,1
№ 119.
Pyrophosphorsaures Natron.
Das Präparat war frei von Chlor und Schwefelsäure. Analyse wie bei № 114.
1) Fresenius, quant. Analyse. В. I, р. 402.
Отв DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 99
Na,P,0, 266
№ 120.
Trimetaphosphorsaures Natron.
Darstellung: Orthophosphorsaures Natron-Ammoniumoxyd wurde in einer Platinschale
erhitzt, der wässerige Auszug der nicht geschmolzenen Masse enthielt kein Ammoniak, und
wurde dieser bei Zimmertemperatur über Schwefelsäure zur Trockne gebracht. Analyse der
Lösungen wie bei № 114. Eine Vergrösserung der Erniedrigungen war auch in mehreren
Stunden nicht zu beobachten, woraus man schliessen muss, dass eine Umwandlung des tri-
metaphosphorsauren Natrons in saures phosphorsaures Natron auch beim Kochen der Lö-
sungen nicht stattfindet.
(МаРО.); 306
10,3 10,4 10,3 10,3 | 9,23 1,49 0,302 10,4
16,4 16,3 16,3 16,3 | 14,63 148 | 0,478 16,5
17,6 17,6 17,8 ТИ 1698 1,45 0,530 17,9
23,5 23,4 93,7 93,5 20,71 1,51 0,677 23,8
41,4 41,6 41,7 41,6 35,58 1,56 1,162 42,1
№ 121.
Hexametaphosphorsaures Natron.
Darstellung: Phosphorsaures Ammoniak-Natron (NaNH,HPO,) wurde entwässert, ge-
schmolzen, die Schmelze stark geglüht und in eine kalte Platinschale gegossen. Die erkaltete
Schmelze wurde pulverisirt und zur Herstellung der Lösungen benutzt.
Analyse wie bei № 114.
Die folgende Tabelle enthält in der ersten Spalte die Zeiten, welche seit der Erhitzung
der Manometer verflossen waren.
13*
100 Gustav TAMMANN,
(NaPO,), = 612
I IT ш IV У VI
b T—T, m | в п
18 30% 3,2 18,6 23,4 29,0 45,1 56,4 761,5 I 3,2 8,46 | 0,50 | 0,138
7 2 ‘ 7
oh 3,8 19,2 32,5 31,9 49,6 93,8 IT 18,6 37,97 | 0,64 | 0,620
7 7 7 7 2
322808 5,7 30,7 48,9 74,3 | 100,7 | 192,9 ш 23,4 61,48 | 0,50 | 1,004
4h 45m 7,4 41,1 73,8 | 105,7 | 108,3 IV 29,0 76,68 | 0,50 | 1,253
У ADI 87,11 | 0,68 | 1,423
УТ 56,4 | 125,05 | 0,59 | 2,043
Die Erniedrigungen der Lösungen eines aus saurem phosphorsaurem Natron darge-
stellten Präparates.
I el IE QI UN (NaPO,), = 612
b | T—T, | m | ue | п
9h 8.8% | 18,0. | ‘420. |370. |353 766,1 I 8,8 8,41 | 1,37 | 0,138
oh 10" 8,9 | 16,2 39,2 | 40,1 | 51,8 u 16,2 | 20,87 | 1,01 | 0,341
8h 50m 116 "2871/0957 41276 III 392 | 69,14| 0,74 | 1,130
4h 90 13,2 | 33,6 |112,3 | 139,6 | 214,3 IV 37,0 | 83,51| 0,58 | 1,365
78 14,1 | 34,8 | 119,9 | 1475 у 34,3 | 116,60 | 0,38 | 1,905
gh 144 | 35,8 |121,6 | 149,4 | 221,9
101 14,9 | 37,2 |121,7 | 149,4 | 222,9
Die Spannkraftserniedrigungen der Lösungen des hexametaphosphorsauren Natrons
wachsen schnell, der Grund dafür ist in der Bildung von saurem phosphorsaurem Natron
zu suchen. Demnach müssen die Erniedrigungen bis zu den Werthen der Erniedrigungen
für saures phosphorsaures Natron wachsen, das findet in der That statt.
Die Werthe der Erniedrigungen, die nach zehnstündigem Erhitzen der Lösungen er-
reicht wurden, sind bei gleichen Molekularconcentrationen nur 2 Mm. kleiner als die des
sauren phosphorsauren Natrons.
Folgende Tabelle enthält die nach zehnstündigem Erhitzen beobachteten Erniedrigun-
gen, und ausserdem die dem gelösten hexametaphosphorsaurem Natron entsprechenden
Mengen des sauren phosphorsauren Natrons.
NaH,PO, 120
ee
22: r
< * +
SFR
Formel.
АНА ЗО. о À
Na,HPO,
Na,HAsO,...... 1
NagPOy ..... +...
Мар. 0, ..., 4
(NaPO.), .
Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN.
101
Interpolationsformel.
21,9% — 2,6n?
20,8n — 1,5n?
[|
Seh
23,3n — 2,7n?
22,4n — 1,7n?
ers
delle) be
22,0% — 1,8n?
21,8% — 1,4n?
24,5% — 3,5n?
= 23,5n — 1,892
SS
— 24,6n — 0,9n?
— 94,8n — 1,4n?
ee
30,3% — 3,2n?
30,7n — 4,0n?
|
SH
= 33,1n + 0,5n?
= 35,3n — 5,4n?
Se
|
— 31,1% — 9,4n?
= 30,8 — 8,5?
||
el
= 31,8n + 3,8n?
= 38,7% + 2,2n?
HS SE SS SEE AH SI SSH]
SS
Erniedrigungen
Mittel
bei и=0,5 | bein=1,0 | für n=0,5
} 10,2
10,3
10,0
19,3
19,3
10,9
10,8
20,6
20,7
10,5
10,5
20,2
20,4
11,3
11,3
21,0
21,7
12,1
12,1
23,7
23,4
14,3
14,3
97,1
26,7
16,6
16,3
33,8
29,9
13,2
13,2
21,7
22,0
16,8
17,3
35,6
35,9
11,6 23,3
Tensionserniedrigungen bei:
ВО о...
МаНьАзЗО, ...:....
Na,HPO,
Na, НАзО,........
NAME Oo
200 | 365 | 51,7
20,6 | 38,8 | 57,0
285 | 45, 60,0
26,5 75,8
99,0
36,5
30,0 | 525
Nummer der
benutzten
fürn=1,0| Messungen.
66,8 | 82,0 | 96,5 | 112,0
74,9 | 92,8
787 | 99,8 | 1291
102 Gustav TAMMANN,
10) Die Salze der Erden und alkalischen Erden mit einwerthigen Säuren № 122—146.
Die Gestalt und Lage der Erniedrigungscurven (siehe Tafel IV, Fig. Х 4, В und 0).
Die Abscissen des Bündels À geben die Mengen des wasserfreien Salzes in der Lüsung
an, mit diesem Bündel werden wir uns im Folgenden ausschliesslich beschäftigen.
Wiederum beobachtet man, dass die Curven regelmässig ohne sich zu schneiden vom
Nullpunkt der Coordinaten ausstrahlen, erst wenn die Erniedrigungen 270 Mm. überschrei-
ten, treten einzelne Schnittpunkte auf: Die Curve des Ceriumchlorides schneidet die des
Berylliumbromides bei der Abscisse и = 3,4 und die Curven des Berylliumchlorides, Mag-
nesiumchlorides und Calciumbromides schneiden sich bei n—4,5. Demnach wird das folgende
Schema, welches die Lagerungsverhältnisse der Curven versinnlichen soll, seine Giltigkeit
nur bis zu den bezeichneten Concentrationen bewahren.
BaF,(BF;),
BeBr, MsBr, CaBr, SrBr, BaBr,
AICI, CeCl, Вес]. М0], CaCL SrCl, BaCl,
Ms(NO,, Ca(NO;) Sr(NO,), Ba(ClO,),
Ca(C,H,C00), Ba(C,H,S0,),
0a(0;H,0C00), Ba(C,H,SO,),
Ba(CH,C00),
Ba(C,H,C0O),
Ва(МО.)..
Bei gleichen Molekularconcentrationen nehmen die Ordinaten der bezeichneten Curven
in den Verticalreihen von oben nach unten, in den Horizontalreihen von links nach
rechts ab.
Mit Ausnahme der Curven des milch- und propionsauren Kalks, des essig-, propion-
und salpetersauren Baryts, die sich im ganzen untersuchten Verlaufe concav der Abseissen-
axe zu krümmen, wenden alle anderen Curven zuerst die convexe Seite der Abscissenaxe zu.
Nur bei wenigen Curven liegen die Wendepunkte innerhalb des untersuchten Curvenstückes,
fiel der Wendepunkt ausserhalb des untersuchten Curvenstückes, so ist bei den betreffenden
Salzen die höchste untersuchte Concentration der Lösung, über welcher der Wendepunkt
liegt, angegeben.
BaF,(BF,), über n=3
AICI, über n=4 BeBr, über n=5 MgBr, über n=5 CaBr, über n=6 SrBr, über и=5 BaBr, bei n—4
CeCl, » » BeCl, » » MgCl, » » CaCl, bein=5 SrCl, bein=5 Ball, über n=2,5
Mg(N0,)» n=4 Ca(N0,),» » Sr(NO,),üb.n=4 Ba(NO3), bei n=0
Ba(C,H,SO,) über n=1
Ba(C,H,0S0,) » n=2
Es scheint, dass die Wendepunktsabseissen in der Reihenfolge, in welcher die Ordinaten
der Curven wachsen, zunehmen,
Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 103
№ 122.
Chloraluminium,
Zur Darstellung der salzsauren Thonerde wurden schwefelsaure Thonerde, in welcher
au
Chlorbaryum in wässeriger Lösung zusammengebracht, bis die Lösung sowohl mit schwefel-
saurer Thonerde als auch mit Chlorbaryum versetzt eine Trübung zeigte, alsdann wurde
die Lösung vom schwefelsauren Baryt getrennt und auf dem Dampfbade so lange eingeengt
bis ein Entweichen von Salzsäure zu befürchten war. Nach längerem Verweilen der con-
centrirten Lösungen unter dem Exsiccator schieden sich 1—4 Cm. lange Krystalle von
salzsaurer Thonerde ab, dieselben enthielten ein wenig Eisenchlorid. Beim Kochen der Lö-
sungen gaben die beiden concentrirtesten Lösungen deutlich wahrnehmbare Mengen von
Salzsäure ab.
Der Gehalt der Lösungen wurde durch Fällen derselben mit Ammoniak und Wägen
der Thonerde bestimmt).
hans R : 2,33
das Verhältniss von Schwefelsäure zur Thonerde wie gefunden, berechnet ==, und
ALO, 102 AICI, 133,2
b | T—T, а | m | | | n | E m | | | n
741,8 | 20,9 20,9 20,8 20,9 6,41 4,39 0,481 21,4 12,25 | 2,30 0,508
у 29,8 29,7 29,6 29,7 8,43 4,75 0,633 30,4 16,38 | 2,44 0,679
70,7 70,8 70,8 70,8 15,34 6,22 1,152 72,5 31,73 | 3,01 1,315
106,6 106,6 106,5 106,5 19,66 7,302 | 1,476 109,0 42,36 | 3,389 1,756
147,0 147,0 146,9 147,0 | 24,08 8,229 | 1,808 150,5 54,19 | 3,657 | 2,247
747,5 212,6 212,6 212,6 | 212,6 | 30,23 | 9,408 | 2,270 216,1 72,51 | 3,922 | 3,148
279,5 279,5 279,6 | 279,5 | 36,87 | 10,14 | 2,768 284,1 95,23 | 3,927 | 3,948
342,6 342,7 342,4 | 342,6 | 43,89 | 10,44 | 3,295 348,2 | 123,42 | 3,715 | 5,115
360,2 360,5 360,7 | 360,5 | 45,75 |10,54 | 3,435 3664 | 131,72 | 3,661 | 5,461
№ 123.
Ceriumchlorür.
Das untersuchte Ceriumchlorür war aus den Verbrennungsrückständen des oxalsauren
Cers, welches Bührig°) zur Bestimmung des Atomgewichtes des Ceriums benutzt hat, her-
gestellt. Durch Auflösen der Rückstände in Salzsäure, Abdampfen der Lösung nach Zusatz
von Salmiak und Glühen des Rückstandes in einer Verbrennungsröhre,, während durch
1) Fresenius, Quant. Analyse B. I, p. 243.
2) Journ. prt. Chemie. [2] 12. p. 215. 1875.
104 GUSTAV TAMMANN,
letztere ein Strom von trockner Salzsäure ging, wurde das Ceroxyd in das Chlorür über-
geführt. Die Analyse des trocknen Präparates ergab 42%,22 CI, berechnet 43%,56 CI.
Da dieses Cerchlorür sich nicht sogleich vollständig in Wasser löste, so wurden die
Lösungen, bevor sie in die Manometer gebracht wurden, vom ungelösten Ceriumoxychlorür
durch Filtration getrennt. Zur Bestimmung des Gehaltes der Lösungen an Cerchlorür wurde
der Chlorgehalt derselben bestimmt. Zur Wägung des Chlorsilbers wurde dieses vom Filter
sorgfältigst getrennt, letzteres eingeäschert und das Chlorsilber sammt Asche bis zum
Schmelzen erhitzt.
CeCl, 247,4 AgCl 143,1
10,2 10,1 10,2 10,2 6,47
36,1 36,1 36,2 36,1 19,05
46,8 46,7 46,8 46,8 | 23,06
83,2 83,3 83,3 83,3 | 85,18
153,5 153,5 153,4 | 153,5 | 54,12
303,3 303,2 303,2 | 3032 | 95,01
№ 124.
Chlorberyllium.
Eine Lösung von schwefelsaurer Beryllerde wurde mit einer Lösung von Chlorbaryum
versetzt, bis beim Zusatz jeder von beiden Lösungen sich eine schwache Trübung der Lö-
sung zeigte. Die so erhaltene Lösung von Chlorberyllium wurde erst auf dem Dampfbade,
dann über Schwefelsäure bei Zimmertemperatur eingeengt. Die Bestimmung des Chlor-
berylliums wurde durch Titration mit Silbersalpeterlösung (Indicator chromsaures Kali) aus-
geführt (1 Cbe. Silberlösung = 0,00464 С].
Cl 35,4 Be 9,1 BeCI, 79,9 BeC1,4H,O 151,9
12,0 12,1 12,0
289 29,0 28,9
55,3 55,2 55,2
90,9 91,0 90,9
130,2 130,2 130,2
152,8 152,8 152,8
187,4 187,4 187,4
269,0 269,0 269,0
321,2 321,1 321,2
366,2 366,1 366,3
Die DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 105
№ 125.
Bromberyllium.
Ueber die Darstellung und Bestimmung des Bromberylliums siehe № 124.
BeBr, 168,6 ВеВг.4Н.О 240,6
30,9 30,7 30,6
41,1 40,9 40,9
83,6 83,5 83,6
129,0 128,8 128,8
168,4 168,4 168,5
244,2 244,3 244,2
354,9 354,9 354,9
393,9 393,7 393,7
№ 126.
Berylliumnitrat.
Darstellung wie bei № 124. Zur Analyse wurden die Lösungen eingedampft, die Rück-
stände geglüht und die Beryllerde gewogen.
In den Manometern entwickelte sich ein Gas (NO). Die Tensionen der concentrirteren
Lösungen konnten in Folge dessen nicht gemessen werden, auch sind wohl die mitgetheilten
Erniedrigungen zu klein ausgefallen.
BeO 25,1 Be(NO,), 133,1
759,6 10,6 10,6 10,6 10,6 4,66 3,00 0,350 10,6
35,5 35,6 35,5 35,5 11,85 3,72 0,890 35,5
№ 127.
Chlormagnesium.
Das Chlormagnesium war rein. Zur Bestimmung des Chlormagnesiums in den Lösun-
gen wurden diese mit Schwefelsäure eingedampft, die überschüssige Schwefelsäure abge-
raucht, die Rückstände geglüht und gewogen.
Mémoires de l’Acad. Imp. des sciences, VIIme Serie. 14
106 GUSTAV TAMMANN,
№80, 120 MgCl, 94,7 MgCl1,6H,0 202,7
T—T, a m
23,9 23,9
424 42,5
845 84,6
140,4 140,4
198,1 198,2
257,6 257,7
326,5 326,4
365,4 365,4
423,1 423,1
480,5 480,4
N 128.
Brommagnesium.
Darstellung wie bei № 124. Analyse der Lösungen wie bei № 127.
MsSO, 120 MgBr, 183,5
13,6
25,9
47,8
94,0
155,5
270,1
277,5
365,5
385,5
№ 129.
Magnesiumnitrat.
Das Magnesiumnitrat war rein. Analyse wie bei № 127.
Die DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 107
Ме80, 120 М2(МО,), 148
731,9 11,1 11,0 10,9 11,4
33,0 33,0 32,9 34,3
614 614 61,5 63,8
101,8 101,8 101,7 105,7
144,8 144,8 144,6 150,3
197,1 197,1 1971 | 204,7
№ 130.
Chlorcalcium.
Das Chlorcalcium war rein. Analyse wie bei № 127.
135,9 CaSO, 110,7 CaCl, CaCLG6H,0 218,7
751,7 15,1 15,0 15,1 15,1 5,04 3,98 0,456 15,3 | 10,48 | 1,92 0,479
43,7 43,7 48,7 43,7 12,38 4,70 1,118 | 442 | 27,81 | 2,09 1,272
75,6 75,6 75,5 75,6 18,95 5,31 1,712 76,4 | 45,92 | 2,19 2,100
113,6 113,6 113,7 | 113,6 | 25,49 5,930 | 2,302 | 1149 | 67,01 | 2,955 3,064
176,5 176,6 176,6 | 176,6 | 35,11 6,691 | 3,172 | 178,5 | 105,50 | 2,227 4,824
209,4 209,4 209,4 | 209,4 | 39,98 6,977 | 3,607 | 211,7 | 127,37 | 2,187 5,824
750,5 | 251,1 251,1 251,1 | 251,1 45,64 7,831 | 4,123 | 254,3 | 16249 | 2,059 7,430
257,4 257,4 257,5 | 2574 | 46,60 | 7,360 | 4,209 | 260,7 | 168,83 | 2,032 ZT,
304,1 304,0 304,0 | 304,0 | 53,60 | 7,557 | 4,842 | 307,8 | 221,92 | 1,826 | 10,153
345,8 345,8 345,9 | 345,8 | 60,66 7,596 | 5,480 | 350,2 | 293,66 | 1,569 | 13,424
389,1 389,0 389,1 | 389,1 68,59 7,559 | 6,196 | 3940 | 409,88 | 1,265 | 18,743
405,6 405,6 405,6 | 405,6 | 72,18 7492 | 6,516 | 410,7 | 481,440 | 1,123 | 22,012
№ 131.
Calciumbromid.
Zur Darstellung des Bromcaleiums wurden Wasser und Brom in einem Kolben zu-
sammengebracht, Schwefelwasserstoff hindurch geleitet, die Flüssigkeit mit Kalk theilweise
neutralisirt, gekocht, filtrirt und mit überschüssigem Kalk versetzt. Durch die Lösung wurde
14*
108
Gustav TAMMANN,
ein Strom Kohlensäure geleitet und nach abermaliger Filtration durch partielle Krystalli-
sation das Bromcalcium gewonnen. Analyse wie bei № 127.
Der
CaSO, 135,9 CaBr, 199,4
№ 132.
CaBr,6H,0 307,4
Calciumnitrat,
salpetersaure Kalk war rein. Analyse wie bei № 127.
10,99
37,32
45,26
64,67
84,52
122,10
153,64
201,64
211,13
274,02
376,52
443,16
|
CaSO, 135,9 Ca(N0,), 163,9
Ca(N0,),4H,0 235,9
mel
b EP, E
764,6 13,1: 1841) 131 13,1 6,69 | 2,56 0,408 13,1 9,91 | 1,73 0,420
24,9 24,9 24,7 24,8 12,61 | 2,57 0,770 | 24,7 19,22 | 1,69 0,815
404 40,3 40,4 40,4 18,62 | 2,84 1,136 | 40,2 | 29,19 | 1,81 1,237
764,0 | 50,2 50,2 50,1 50,2 22,66 | 2,900 | 1,382 | 49,9 | 36,22 | 1,814 | 1,535
62,9 63,0 62,8 62,9 28,04 | 2,936 | 1,711 62,6 | 46,03 | 1,789 | 1,951
83,9 83,9 83,7 83,8 36,37 | 3,015 | 2,219 | 83,4 | 62,31 | 1,760 | 2,641
104,8 104,7 104,7 | 104,7 44,40 | 3,087 | 2,709 | 1042 | 79,38 | 1,726 | 3,365
113,0 113,0 112,7 | 112,9 47,31 | 3,123 | 2,887 | 112,3 | 85,97 | 1,719 | 3,644
760,0 | 145,5 145,6 145,6 | 145,6 59,31 | 3,230 | 3,619 | 145,6 | 115,45 | 1,659 | 4,894
176,2 176,2 176,3 | 176,2 70,72 | 3,278 | 4,315 | 176,2 | 147,77 | 1,570 | 6,116
181,8 181,6 181,4 | 181,6 72,46 | 3,298 | 4,421 | 181,6 | 152,97 | 1,562 | 6,484
203,6 203,4 203,3 | 208,4 81,11 | 3,300 | 4,949 | 2084 | 181,38 | 1,476 | 7,689
402,9 403,5 403,7 | 403,4 | 168,13 | 3,157 | 10,262 | 403,4 | 926,42 | 0,5730 | 39,272
Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 109
№ 133.
Chlorstrontium.
Das Chlorstrontium enthielt eine Spur Chlorcalcium. Analyse wie bei № 127.
16,6
27,3
53,8
79,6
118,1
141,5
170,7
215,8
252,3
303,9
SrSO, 183,3. SrCL 158,0 | SrC1,6H,0 266,0
14,29
22,02
41,15
59,76
86,89
105,11
130,31
176,26
225,59
344,42
№ 134.
Strontiumbromid.
Darstellung und Analyse der Lüsungen wie bei № 131.
SrSO, 183,3 SrBr, 246,8 SrBr,6H,0 354,8
TNT,
124 123
239 24,0
45,2 45,2
571 57,2
75,9 75,9
103,6 103,7
139,1 139,2
167,0 166,9
214,4 214,5
257,8 257,7
316,8 316,8
317,0 317,2
13,23
24,88
43,86
53,94
70,03
87,87
121,19
145,64
189,97
237,05
322,20
322,50
Gustav TAMMANN,
№ 135.
Strontiumnitrat.
Ueber die Reinheit und die Analyse der Lösungen siehe № 132.
3:30, 183,3 Sr(NO,), 211,3
№ 136.
Chlorbaryum.
Das Chlorbaryum war rein. Analyse wie bei № 127.
BaCI, 207,6 BaSO, 232,8 BaCI,2H,0 243,6
18,0 18,0 18,0
38,0 38,2 38,2
67,2 67,1 67,1
82,4 82,6 82,6
95,7 95,6 95,6
№ 137.
Brombaryum.
Darstellung und Analyse der Lösungen wie bei № 131.
Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN, 11]
BaBr, 296,3 BaSO, 232,8 BaBr,2H,0 332,3
13,9 13,8 13,7
225 22,4 22,3
47,3 47,4 47,4
80,8 80,9 80,9
135,2 135,2 135,4
150,6 150,7 150,7
182,7 182,6 182,6
220,8 220,7 220,6
227,5 227,4 227,5
№ 138.
Salpetersaurer Baryt.
Das Präparat war rein. Zur Analyse wurden die Lösungen eingedampft, die Rück-
stände bei 120° getrocknet und gewogen.
Ba(NO,); 260,8
739,6 5,8 5,8 5,83 1,34 | 0,224 6,0
759,7 72 72 12 7,2 7,11 1,33 | 0,272 7,2
11,0 10,8 10,8 10,9 10,66 1,85 | 0,409 10,9
739,6 11,6 11,6 11,44 1,37 | 0,439 11,9
759,7 18,8 18,8 18,9 18,8 18,28 135 | 0,701 18,8
739,6 23,3 23,3 23,51 134 | 0,901 24,0
759,7 27,7 27,6 27,6 27,6 27,28 1,33 1,046 27,6
739,6 31,5 315 32,32 1,32 1,239 32,4
№ 139.
Chlorsaurer Baryt.
Der chlorsaure Baryt war frei von Chlorbaryum. Zur Bestimmung des chlorsauren
Baryts in den Lösungen wurden diese zur Trockne gedampft, die Rückstände bei 125° ge-
trocknet und gewogen.
112 Gustav TAMMANN,
Ba(C10,),H,0 321,5
88 87 8,6
224 22,4 993
877 37,7 37,7
49,0 49,0 48,9
91,8 91,9 92,0
99,1 99,0 99,2
103,2 103,2 103,1
№ 140.
Borfluorbaryum.
Darstellung: Borsäure wurde in überschüssiger Flusssäure gelöst, die Lösung mit
Barythydrat versetzt, vom ausgeschiedenen Fluorbaryum filtrirt und durch partielle Kry-
stallisation aus dem Filtrat das Borfluorbaryum gewonnen. Die Lösungen griffen die Glas-
wände der Manometer stark an, ein weisser Belag hatte sich an den Stellen, wo die Lösung
mit dem Glase in Berührung war, gebildet. Zur Bestimmung des Borfluorbaryums wurden
die Lösungen mit Schwefelsäure versetzt, abgedampft, die Schwefelsäure abgeraucht, ge-
glüht und die Rückstände nochmals mit Fluss- und Schwefelsäure befeuchtet, geglüht und
als schwefelsaurer Baryt gewogen.
BaSO, 232,7 BaF,(BF;) 310,6
761,1 213 21,3 21,2
41,6 42,2 42,4
823 821 82,1
118,7 118,8 118,9
154,3 153,9 153,9
21,3
42,1
82,2
118,8
154,0
№ 141.
Benzolsulfonsaurer Baryt.
Das untersuchte Präparat enthielt keine anderen Barytsalze.
À
À
:
}
|
УВ
+
Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. le
Zur Analyse der Lösungen; diese wurden eingedampft, die Rückstände verbrannt,
dann zu denselben Schwefelsäure gefügt, die Schwefelsäure abgeraucht und die rückständige
Kohle verbrannt. Die nun vollständig weissen Rückstände wurden mit Schwefelsäure be-
feuchtet, nochmals geglüht und als schwefelsaurer Baryt gewogen.
BaSO, 232,8 Ba(C,H,SO,), 450,8
756,4 154 15,5 15,3 2445 | 0,83
255 95,3 95,1 38,73 |1 0,86
31,6 31,6 31,4 45,84 | 0,91
№ 142.
- Phenolschwefelsaurer Baryt.
Ueber die Reinheit und Analyse der Lösungen siehe № 141.
BaSO, 232,8 Ba(C,H,0S0,), 482,8
11,7 11,7 11,6
23,4 23,4 23,3
56,1 55,8 55,5
72,9 72,3 72,2
№ 143.
Essigsaurer Baryt.
Das Präparat war frei von anderen Barytsalzen. Zur Analyse wurden die Lösungen
mit Schwefelsäure eingedampft, die Rückstände geglüht und gewogen.
BaSO, 233 Ba(CH,C00), 255
749,2 24,0 24,0 23,9 24,0 21,68 1,48 0,850 24,3
45,4 45,4 45,4 454 | 41,66 1,46 1,634 46,1
58,4 58,5 58,5 58,5 56,61 1,38 | 2,220 59,3
70,1 70,1 70,1 70,1 70,49 1,33 | 2,764 71,1
Mémoires de l'Acad. Imp, des sciences. УПше Série. 15
CRE PE 23, ent er ATX Dr АЖ, ПАВ ПЛ
- CEE ROMA AT Fa
CRE A
114 GUSTAV TAMMANN,
Die drei folgenden Präparate stammten von Kahlbaum. Die Analyse der Lösungen
des propionsauren Kalks und Baryts wurde wie bei M 143 ausgeführt, die Lösungen des
milchsauren Kalks wurden zur Trockne gebracht, die Rückstände verbrannt, dann über dem
Gebläse geglüht und der Kalk gewogen.
№ 144.
Propionsaurer Kalk.
CaSO, 135,9 (C,H,C00),Ca 185,9
36,6 36,5 36,6 36,6 27,34 1,75 1,471
45,8 45,3 45,5 45,5 35,95 1,65 1,934
№ 145.
Propionsaurer Baryt.
BaSO, 232,8 (C;H,C00),Ba 282,8
30,9 30,6 30,5 30,7 31,69 1,26 | 1,120
60,3 60,8 60,5 60,5 66,39 | 1,19 | 2,348
№ 146.
Milchsaurer Kalk.
CaO 55,9 (C;H,0C00);Ca 217,9
19,7 19,2 19,3 19,4 21,97 1,18 | 1,008
35,9 36,1 35,7 35,9 48,00 1,00 | 2,203
Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 115
Formel Erniedrigungen Mittel Nummer der
Interpolationsformele PR Бе are benutzten
des Salzes. bein—0,5 | bein=1,0 | fürn=0,5 | fürn—1,0 Messungen.
ee ыы | vus
ec u тд Zssomeiom | 207 7 | 216 | 512 PTS
ВВ: Hi { ut 7. = Е 1 a } 17,8 46,8 12 13
HO Ve { TT = oi di Da“ 17,4 49,2 я
Be{NO,), .....| Т— Т, — эалячатли? | 165 41,8 165 | 418 1,2
Mer н.о A (ne he EN, 12 1,8
MC, ...... mas A plu | 30,7 т
MelNOy, ....4| = ее: 108 |198 au 12 13
И а nn er A AU APT 12 1,3
Gb... Ве ro | за |} мо | 85 | № в
само: {| 2 ee т 25 | $16 | 865 12 1,3
SRB been 2 т. ee + un 1% } 178 | 401 12 18
ее Pre) 108 6 | }168 | 7,7 23 25
Ее м0 | }158 | au 23 24
Во. и 1 sn | 168 | 389 12 1,3
Bal lan = es don] 164 | 32 |} 164 | 358 | 12 13
м | cuve за | Ye | 331 12018
en ra AE 195 | 264 46 48
ВВ, (Ш Loue | 177 92 |} 15 | 406 12 13
Ва(С5Н530.), A| FI 7 = и + ee = 1142 | 506 12 13
Ba(CçHl:080;)2{ us т = 28 en se One N ee } 14,5 29,4 134 12
one] mé | 2 Ihe | me | à ns
Ba(C,H,C00) .| T— T, = 28,40 — 1,2n2| 13,9 27,2 139 | 27,2 1,2
CaC,H,000), .| T— T, = 29,1n — 3,0n°| 13,8 26,1 138 -| 926,1 1,2
Ca(C,H,0C00), | T — Т, = 221% — 2,5n?| 10,4 19,6 10,4 19,6 1,2
15*
De:
116
Graphisch interpolirte Erniedrigungen.
Gustav TAMMANN,
п =4
Bob Abo о. BeC1,4H,0 ...
BeBr, .. 45,0 | 125,2 | 227,5 | 329,0 ВеВг,4Н.О...
АО PEER 39,0 | 100,5 183,3 | 277,0 | 377,0 | MgCI,6H,0 ..
MgBr,... ...| 44,0 |115,8 | 205,2 |298,5 MgBr,6H,0 ..
Mg(NO:) 42,0 |101,0 | 174,8 Ms(N0,),6H,0
Gehe 39,3 | 95,3 | 166,6 241,5 | 319,5 | CaC1,6H,0 ...
Сань 44,2 |105,8 191,0 283,3 | 368,5 | СаВг.6Н.О ...
Ca(NO;), .....| 34,8 | 74,6 139,3 |161,7 | 205,4 | Ca(NO;),4H,0
SEC ARR EE 38,8 | 91,4 | 156,8 | 223,3 | 281,5 | SrC1l,6H,0 . .
SrBrz... м. 42,0 |101,1 |179,0 | 267,0 SrBr,6H,0 ...
SI(NO3)o ..... 31,0 | 64,0 | 97,5 | 131,4
BaCL . u... 36,7 | 77,6 \ BaCI,2H,0 .…
Вав me 38,8 | 91,4 |150,0 | 204,7 BaBr,2H,0..
Ва(МО.)...... 27,0
Ва(С10.). ....| 33,3 | 70,5 | 108,2
11. Die Salze anderer mehrwerthiger Metalle mit einwerthigen Säuren № 147—163.
Die Gestalt und Lage der Erniedrigungscurven (siehe Tafel IV, Fig. XI À und D).
Nur die Curven des Bündels A sollen im Folgenden betrachtet werden, ihre Abscissen
geben die Molekularconcentrationen der Lösungen bezogen auf wasserfreies Salz. Man be-
merkt, dass sich nur die Curven des Zink- und Nickelnitrates bei n = 4, des Zinkchlorides
und Bleinitrates bei n = 1,7 schneiden, die Curven des Jod- und Bromcadmiums liegen sehr
nahe zusammen, alle anderen Curven strahlen vom Nullpunkt der Coordinaten aus, im spä-
teren Verlaufe immer stärker und stärker divergirend.
Das folgende Schema giebt die Grösse der Ordinaten bei der Abscisse п — 2 an;
nachdem, was über die Schnittpunkte der Curven gesagt ist, ergiebt sich bis zu welchen
Abscissen dasselbe giltig bleibt.
Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 117
Cd(CIO,)
Zn(NO:) Ni(NO;), Со(МО,). | Cd(NO:} РЫМО,),
NiCL FeCl, CoCL MnCI, ZnCl, CdCl],
CdBr,
CdJ,
Pb(CH,CO0),
Hg(CN),.
Bei gleichen Molekularconcentrationen nehmen die Ordinaten der bezeichneten Curven
in den Verticalreihen von oben nach unten, in den Horizontalreihen von links nach
rechts ab.
Während sonst die Curven der Chloride die der entsprechenden Nitrate überlagerten,
finden wir bei den Salzen der schweren Metalle die umgekehrte Reihenfolge. Sucht man
die Lage der Curven dieses Bündels zu der der Curven alkalischer Erdsalze festzustellen,
so findet man, dass die Curve des Strontiumchlorides die der Salze schwerer Metalle
überlagert.
Im ganzen untersuchten Verlaufe wenden die Curven des Bleinitrates und -acetates die
concave Seite der Abscissenaxe zu, dasselbe thut die Curve des Cadmiumchlorides im unte-
ren Verlaufe, ändert aber dann bei der Abseisse n = 3 ihre Richtung. Alle anderen Curven
wenden sich im unteren Verlaufe von der Abseissenaxe ab, für einen Theil dieser Curven
liegt der Wendepunkt innerhalb des untersuchten Curvenstückes. Es folgen die Wende-
‚punktsabscissen:
Zn(NO;), über n—5 ZnCIl, über я —10 CdCL, bei n—3
Cd(NO;), » » Соб 7 n— 5 CdBr, über я = 4
Ni(NO,, bei n—5 Nill, » » Cd 2. m in —3
Co(NO,), » » FeCl, bei n = 6—7
Мос], » n=4.
№ 147.
Nickelchlorid.
Das Nickelchlorid enthielt ein wenig Nickelsulfat und eine Spur Eisenchlorid. Die
Quecksilberkuppen, über denen die concentrirteren Lösungen lagerten, waren nicht deutlich
zu sehen. Analyse”): das Nickelchlorid der Lösungen wurde in Nickelsulfat übergeführt
und als solches gewogen.
|
1) Fresenius, quant. Analyse В. I, р. 269.
118 GUSTAV TAMMANN,
NiSO, 154,6 NiCL 129,4 NiC1,6H,0 237,4
№ 148.
Nickelnitrat,
Das Nickelnitrat enthielt Spuren von Nickelchlorid, geringe Mengen von Nickelsulfat
und war wohl auch nicht frei von Cobaltnitrat. Die Einstellung des Fadenkreuzes auf die
Kuppen konnte, da die verdünnten Lösungen durchsichtig, die concentrirteren durchschei-
nend waren, ziemlich scharf bewerkstelligt werden. Analyse wie bei M 147.
178,0 177,9 177,8 | 1779 | 61,57 | 3,887 | 3,372 | 181,9 | 154,11 | 1,553
216,8 216,7 216,6 | 216,7 | 69,87 | 4,172 | 3,827 | 221,5 | 189,44 | 1,539
250,2 250,2 250,2 | 250,2 | 80,25 | 4,194 | 4,395 | 255,8 | 243,11 | 1,384
№50, 154,6 Ni(NO,), 182,6 Ni(NO,,6H,0 290,6
|
b T—T, а | m | т | n | E Е. | n
755,5 182 18,1 18,1 18,1 10,15 | 2,36 0,556 18,2 | 17,19 | 1,39 0,591
284 284 98,3 284 | 1437 | 2,62 0,787 | 28,6 | 24,99 | 1,50 0,860
335 334 334 83,4 | 1659 | 267 0,909 | 33,6 | 2928 | 1,51 1,008
53,9 53,8 53,7 53,8 | 2482 | 2,87 1,359 | 541 | 46,30 | 1,54 1,593
720 719 717 71.9 |!" 30.31 148,14 1,660 | 723 | 58,76 | 162 | 2,022
743,4 | 100,2 100,1 100,1 | 100,1 | 4016 | 3,353 | 2,200 | 102,3 | 83,84 | 1,606 | 2,885
108,7 108,6 108,6 | 108,6 | 4224 | 3,458 | 2,313 | 111,0 | 89,62 | 1,630 | 3,084
Die DAMPFTENSIONEN DER LOSUNGEN. 119
№ 149.
Cobaltchlorid,
Das Cobaltchlorid war frei von anderen Cobaltsalzen. Nur die Kuppen, über denen die
beiden verdünntesten Lösungen lagerten, waren bei 100° deutlich zu sehen, diese beiden
Lösungen waren roth gefärbt, die vier concentrirtesten waren blau und die übrigen violet
x gefärbt. Analyse wie bei № 147.
CoSO, 155 CoCL 129,8 CoCL6H,0 237,8
14,1 140 13,9
23,9 23,9 93,8
440 440 44,1
75,9 75,9 75,7
92,7 92,8 92,5
146,9 147,0 146,8
194,0 193,6 198,7
208,4 208,4 208,4
N 150.
Cobaltnitrat.
Das Cobaltnitrat war frei von Cobaltsulfat und -chlorid. In allen Manometern waren
die Quecksilberkuppen nicht deutlich oder gar nicht zu sehen. Analyse wie bei № 147.
CoSO, 155 Co(NO,), 183 Co(N0,),6H;0 291
T—T, m | Mn | п
1
770,4 31.70.3517 231,7 1,53 0,924
61,0 60,9 60,9 1,63 1,665
83,5 83,1 83,1 1,56 2,381
146,4 146,3 146,2 1,565 | 4,163
210,5 210,6 210,8 1,446 | 6,497
271,3 271,9 272,2 1,234 | 9,824
363,2 363,3 363,4 0,6939 | 23,353
GUSTAV TAMMANN,
№ 151.
Manganchlorür.
Das Präparat war frei von anderen Mangansalzen. Analyse der Lösungen: die Lösun-
gen wurden mit Schwefelsäure abgedampft, die Schwefelsäure abgeraucht, die Rückstände
schwach geglüht und gewogen.
MnSO, 150,9 MnCl, 125,6
215 214 21,4
43,1 43,0 43,0
877 87,6 87,7
144,3 144,4 144,4
167,3 167,4 167,4
213,7 213,7 213,9
MnCl,4H,0 197,6
21,4
43,0
87,7
144,4
167,4
213,8
№ 152.
Eisenchlorür.
Durch Behandeln eines reinen Stahldrathes mit Salzsäure wurden die Lösungen des
Eisenchlorürs dargestellt. Beim Verdünnen der concentrirten Lösung und beim Ueberführen
der verdünnten Lösungen in die Manometer oxydirten sich dieselben ein wenig. Zur Be-
stimmung') des Eisenchlorürs der Lösungen wurden diese mit Salpetersäure oxydirt, aus
den Eisenoxydlösungen das Eisenoxyd mit Ammoniak gefällt und als Eisenoxyd gewogen.
10,4
19,9
39,4
51,5
80,4
90,8
AR,
10,4
19,8
39,4
51,6
80,4
90,7
294,4 294,4
345,6 345,4
Fe,0, 160 FeCl, 127
10,1
19,7
39,3
51,6
80,2
90,4
160,1 160,2 160,0
202,3 202,3 202,2
10,3
19,8
39,4
51,6
80,3
90,6
160,1
202,3
294,4
345,5
FeCL4H,0 199
Pare te de
4,03
7,41
13,65
17,06
24,05
27,00
49,87
51,90
74,15
90,54
1) Fresenius, quant. Analyse В.Т, р. 273, 285.
= Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 121
N 153.
Zinkchlorid.
Die Lösungen des Zinkchlorides wurden durch Wechselzersetzung von Chlorbaryum
mit Zinkvitriol und Einengen des Filtrates dargestellt.
Zur Analyse’) wurden die Lösungen heiss mit kohlensaurem Natron gefällt, das koh-
lensaure Zinkoxyd auf Filtern gesammelt, geglüht und als Zinkoxyd gewogen.
ZnO 80,9 ZuCl, 135,7 ZnCLH,0 153,7
BT
737,2 24,7 947 924,7 24,7 17,07
64,6 64,6 64,6 64,6 37,21
151,1 151,2 151,2 | 151,2 68,87
236,8 236,9 236,7 | 236,8 94,54
328,5 328,5 328,5 | 120,81
№ 154.
Zinknitrat.
Durch Lösen von reinem Zink in reiner Salpetersäure und durch partielle Krystallisa-
tion wurde aus der Lösung das salpetersaure Zinkoxyd gewonnen. Bestimmung des Zink-
nitrates der Lösungen: Die Lösungen wurden zur Trockne gedampft, die Rückstände geglüht
und das Zinkoxyd gewogen.
ZnO 81 Zu(NO,), 189 Zu(NO;),6H,O 297
742,6 16,0 15,9 15,9
43,9 44,0 44,0
76,2 76,2 76,2
106,0 106,0 106,0
160,4 160,3 160,4
226,2 226,2 226,3
1) Fresenius, quant. Analyse В. 1, р. 250.
Mémoires de l'Acad. Imp, des sciences. VIIme Série. 16
122
CASE TA le ОТ ANS D LP RU
GUSTAV TAMMANN,
№ 155.
Cadmiumchlorid.
!
Das Cadmiumchlorid war frei von anderen Metallen. Zur Bestimmung des Cadmium-
chlorides wurden die Lösungen zur Trockne gedampft, die Rückstände vorsichtig in bedeckten
Tiegeln bis zum Schmelzen erhitzt und gewogen. |
In den Manometern, welche Salzlösungen von nicht mehr als 50 Theile Salz auf 100
Theile Wasser enthielten,
stanz ausgeschieden.
hatte sich beim längeren Erhitzen ein wenig einer weissen Sub-
Сас 182,6
758,8 13,6
752,6 25,6
758,8 30,3
752,6 35,6
758,8 47,2
752,6 57,5
77,4
107,2
758,8 | 113,3
135 13,4 13,5 13,04 1,36 0,714 13,5
25,5 925,7 25,6 24,79 1,37 1,358 25,8
30,3 30,2 30,3 30,80 1,30 1,687 30,3
35,6 35,6 35,6 36,02 1,31 1,972 36,0
47,4 473 47,3 | 48,63 1,28 2,663 47,8
574 57,5 57,5 56,26 1,36 3,081 58,1
77,5 77,5 77,5 73,69 | 1,40 4,036 78,3
107,1 107,2 | 107,2 | 98,51 1,446 | 5,395 108,2
113,2 113,2 | 113,2 | 102,59 1,454 | 5,618 113,3
N 156.
Bromcadmium.
Zur Darstellung des Bromcadmiums wurden Brom, Cadmium und Wasser zusammen-
gebracht und aus der farblosen Lösung durch partielle Krystallisation das Präparat gewon-
nen. Analyse und Zersetzung der Lösungen wie bei № 155.
CdBr, 271,4 CdBr.2H,0 307,4
Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 125
Jodcadmium.
Darstellung und Bestimmung des Jodcadmiums wurden ganz wie bei №156 ausgeführt,
nur wurde das Jodcadmium vor dem Wägen nicht bis zum Schmelzen erhitzt.
CdJ, 364,8
|
b | DETTE a т Г n E
|
7574:| 124 124 124 12,4 29,35 | 0,558 | 0,805 12,4
17,5 174 175 17,5 4333 | 0,553 | 1,188 17,5
26,2 26,5 26,5 26,4 59,56 | 0,585 | 1,633 26,4
41,1 41,0 41,2 41,1 87,48 | 0,620 | 2,398 41,2
55,7 55,6 55,7 55,7 | 11322 | 0,650 | 3,104 55,9
№ 158.
Salpetersaures Cadmium.
Durch Einwirkung von Salpetersäure auf überschüssiges Cadmiummetall wurde das
salpetersaure Cadmium dargestellt. Zur Bestimmung des Cadmiumnitrats wurden die Lösungen
mit Schwefelsäure eingedampft, die überschüssige Schwefelsäure abgeraucht, die Rückstände
schwach roth geglüht und gewogen.
CaSO, 208 CA(NO,), 236 Cd(NO,), 4H,0 308
b T—T, а | т | 1 у Е m | 103 n
758,9 10,8 10,7 10,5 10,7 8,18 11,73 0,346 10,7 10,94 | 1,29 0,355
25,1 25,2 25,0 25,1 17,64 1,87 0,748 25,1 24,34 | 1,36 0,790
753,7 51,4 51,4 51,4 51,4 32,16 2,12 1,362 51,8 46,53 | 1,47 1,511
758,9 78,9 79,0 78,9 78,9 48,15 2,16 2,040 79,0 73,66 | 1,41 2,392
102,2 102,1 102,0 102,1 60,37 2,229 2,558 | 102,2 96,57 | 1,393 3,135
753,7 102,4 102,4 102,4 102,4 60,78 2,235 2,575 | 103,3 97,38 | 1,395 3,162
758,9 137,7 137,7 137,5 137.6 78,33 2,315 3,319 | 137,8 | 134,33 | 1,350 4,361
753,7 158,2 158,3 158,2 158,2 86,73 2,420 3,675 | 159,5 | 135,90 | 1,364 4,997
124 — GusrTav TAMMANN,
№ 159.
Chlorsaures Cadmium.
Darstellung: Zu einer Lösung von chlorsaurem Baryt wurde eine Lösung von schwefel-
saurem Cadmium gebracht, bis jede von beiden Lösungen in der Mischung eine schwache
Trübung hervorbrachte, dann filtrirt, eingedampft und der Rückstand, welcher bei au er-
starrte, zur Herstellung der Lösungen verwandt.
Analyse: Die Lösungen wurden in Porcellantiegeln mit verdünnter Salzsäure gemengt,
bei 40° eingedampft und so lange Salzsäure hinzugefügt, als noch eine gelbgrüne Färbung
der Lösung auftrat, dann wurden die Lösungen zur Trockne gedampft und das Chlorcadmium
über der Lampe vollständig entwässert. Ueber den Quecksilberkuppen der drei verdünntesten
Lösungen lag eine geringe Menge eines weissen Pulvers.
Сас, 182,6 Cd(CI0;) 278,6
16,7 16,4
41,5 41,4
58,9 58,7
89,8 89,8
133,3 133,4 1
306,5 306,5
N 160.
Urannitrat.
Das salpetersaure Uranyloxyd stammte von Kahlbaum, es war frei von anderen Uran-
salzen. Zur Analyse der Lösungen wurde diese mit Schwefelsäure eingedampft, die über-
schüssige Schwefelsäure abgeraucht, die Rückstände schwach geglüht und als USO, gewogen.
Es entwickelte sich in den Manometern vom Quecksilber aus ein Gas (NO), in den concen-
trirten Lösungen war die Gasentwicklung so stark, dass eine Messung der Tensionen
unmöglich wurde.
00.50, 368 UO,(NO,), 396
MR
13,4 13,1 13,0
35,2 35,0 35,1
49,5 49,5 49,6
Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 125
№ 161.
Quecksilbereyanid Hg(CN),
Das untersuchte Präparat war frei von anderen Metallen. Analyse: Die Lösungen
wurden zur Trockne gedampft, die Rückstände bei 110° 3 Stunden lang getrocknet, darauf
gewogen.
Hg(CN), 251,8
745,8 NEE 4,7 9,21 0,68 0,366 4,8
83 83 8,3 8,3 16,36 0,68 0,650 8,5
9.0.91, 91 9,1 19,37 0,63 0,769 9,3
125 125 125 12,5 26,48 0,63 1,052 12,8
14,7 147 14,6 14,7 30,56 0,65 1,214 15,0
№ 162.
Bleinitrat.
Das Bleinitrat war rein. Analyse wie bei № 160.
Pb(NO,), 330,4
№ 163.
bleiacetat.
Das essigsaure Blei war rein. Beim Kochen rochen die beiden concentrirtesten Lösungen
stark nach Essigsäure.
PbSO, 302,4 Pb(OOCCH,), 324,4
b TT, а т mn n E
768,7 13,3 13,0 12,9 1341 28,59 0,596 0,881 13,0
ИТ: 17,5 17,6 43,78 | 0,528 | 1,349 17,4
23,9 23,9 24,0 23,9 65,63 0,474 2,023 23,6
35,1. 35,0 -35,0 35,0 102,41 0,445 3,157 34,6
491 749,1 74971 49,1 156,63 0,408 4,826 48,5
59.7 159.5! 59,9 59,6 193,60 0,400 5,968 58,9
126
Gustav TAMMANN,
Formel Erniedrigungen Mittel Nummer
Interpolationsformel. [| (ег benutzten
des Salzes. bei и=0,5 | bei n=1,0 | für n=0,5 far n=1,0| Messungen.
М + Fe 7" та ee Be SE бл | 35 12 13
ММО.» ........ { DE т: =. | 1 He бл 37,5 13 14
О { ha т т Fu son | I 2, 115,0 342 и
И ON | ns
MnCl CS ! Fe т. = a = ne 6a г. } 15,0 33,0 197208
Pech { A т. >= En ее 2 I en 116,7 36,0 12 13
AR N en lat 00 | 107 12 13
ZuNOge- А О мо ne sen N166 | 384 Be)
Bach { Dre т. an nl 96 en } 9,6 18,7 18 15
И 0 а т в En n wa | } 8 17,5 1514
и ани | me. 2157 1,3
И 8 [is | os | 12 ns
CA(ÉIO 3) +... 4 u Ге a | Le 5 } 17,5 39,7 1,2 13 |
подход... [и me | 48 |} | os | м 19
Нем, ur... Т— T, = 13,5n — 1,302| 6,4 12,2 64 12,2 1,4
Pond, | т = м Te г. = N123 24,0 12 13
Pb(OOCCH.), ... 4 UE т = vr = Е а } 8,0 14,4 12 13
Отв DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 127%
Tensionserniedrigungen bei:
282,0
209,0
247,2
158,0
Cd(NO;)
Hg(CN),
Pb(NO,),
Pb(00CCH,),....
12) Die Salze mehrwerthiger Metalle mit zweiwerthigen Säuren № 164— №180.
Die Gestalt und Lage der Erniedrigungscurven (Tafel III, Fig. XII A, В und ©).
Die Curven der unterschwefelsauren Salze bilden das Bündel C. Wir beobachten, dass
hier, wie auch sonst, die Curve des Kalksalzes die des Strontian und diese die des Baryt-
salzes überlagert. Jene drei Curven wenden sich von der Abscissenaxe ab, und ist die
Krümmung der Curven, wie auch sonst bei den alkalischen Erdsalzen einer Säure, um so
stärker, je grösser bei gleichen Abscissen die Ordinaten der Curven sind.
Das Bündel A bilden die Curven der sauren Salze (saure schwefelsaure Magnesia und
Uranoxyd), eines Doppelsalzes (Ammoniakalaun) und der schwefelsauren Thonerde[AL(SO,). |.
Die Reihenfolge der Curven ist:
Al,(SO,),(NH,),SO,, MgSO,H,SO,, USO,H,SO,, Al,(SO,),. Hier nehmen bei gleichen
Abseissen die Ordinaten der bezeichneten Curven von links nach rechts ab. Diese Curven
wenden sich alle im ganzen untersuchten Verlaufe von der Abscissenaxe ab, sie zeichnen
sich besonders durch die Grösse ihrer Ordinaten aus.
Die Curven des Bündels B schneiden sich häufig, für die Erniedrigungen der concen-
128 Gustav TAMMANN, Se
trirten Lösungen gleicher Molekulareoncentration gilt folgende Ordnung. Die Erniedrigungen
nehmen von links nach rechts ab.
BeSO,, MgSO,, CuSO,, CoSO,, ZuSO,, USO,, FeSO,, NiSO,, MnSO,, CdSO,.
С. Wiedemann!) fand bei 86° die Erniedrigungen der im Krystallwasser geschmolzenen
Salze folgender Ordnung folgend:
MgS0,(6H,0), ZuSO,(6H,0), NiSO,(6H,0), CoS0,(6H,0), Fe80,(5H,0).
Mit Ausnahme der Curve des BeSO, und USO, wenden die Curven der eben aufge-
führten Salze zuerst die concave Seite, dann die convexe der Abscissenaxe zu, diese Wendung
der Curven erfolgt bei folgenden Abscissenwerthen:
М250, п =1 NiSO,n=1 (080, п =1 FeSO,n—1, Mn$SO,n—1,5 7150, и =1,5,
0450, и = 1,5 CuSO, n = 1,5.
Ein zweiter Wendepunkt wurde bei keiner der untersuchten Curven beobachtet.
№ 164.
Unterschwefelsaurer Kalk.
Durch Einleiten von schwefliger Säure in ein Gemenge von Wasser und Braunstein
wurde eine Lösung von unterschwefelsaurem und schwefelsaurem Mangan hergestellt, diese
Lösung mit überschüssigem Kalk versetzt, filtrirt, Kohlensäure durchgeleitet, eingeengt und
abermals filtrirt; aus dem Filtrate wurde durch partielle Krystallisation der unterschwefel-
saure Kalk gewonnen. Da das Präparat bedeutende Mengen Gyps enthielt, wurde dieses
mit kaltem Wasser extrahirt, filtrirt, und jene Lösungen, die nur wenig Gyps enthielten, zu
den Bestimmungen verwandt. Analyse: Die Lösungen wurden mit Schwefelsäure eingedampft,
die überschüssige Schwefelsäure abgeraucht und die Rückstände geglüht.
CaSO, 135,9 CaS,0, 199,9 CaS,0,4H,0 271,9
т
126 125 125 12,38
341 341 34,2 34,1 29,32 1,55 1,467 | 345 | 4459 | 1,017 | 1,640
55,5 554 55,5 55,5 | 39,97 1,846 | 1,999 | 56,1 | 63,50 | 1,162 | 2,335
91,1 91,1 91,2 91,1 54,85 | 2208 | 2,744 | 921 | 92,98 | 1,303 | 3,420
118,4 118,4 118,4 | 1184 | 65,71 2395 | 3,287 | 119,6 | 117,10 | 1,344 | 4,307
1) G. Wiedemann. Pogg. Ann. Jubelband 1874, p. 474.
Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 129
№ 165.
Unterschwefelsaurer Strontian.
Darstellung und Analyse der Lösungen wie bei № 164.
SrSO, 183,3 SrS,0, 247,3 SrS,0,4H,0 319,3
№ 166.
Unterschwefelsaurer Baryt.
Ueber die Darstellung und Analyse der Lösungen siehe X 164.
BaSO, 232,8 Bas,0, 296,8 BaS,0,2H,0 332,8
b | T—T, | а | т | ms | n | E m | mn | n
743,3 13,5 13,5 13,5 13,5 | 27,90 | 0,651 | 0,940 13,8 32,38 | 0,561 | 0,973
1570137 15,8 13,7 | 28,36 | 0,650 | 0,956 14,0 32,93 | 0,560 | 0,989
24,6 24,6 24,6 24,6 | 44,05 | 0,751 | 1,484 25,2 52,18 | 0,634 | 1,568
28,7 28,8 28,8 28,8 | 50,76 | 0,763 | 1,710 29,4 60,65 | 0,639 | 1,822
30,3 30,3 30,3 30,3 | 53,59 | 0,761 | 1,806 30,9 64,27 | 0,634 | 1,931
№ 167.
Schwefelsaure Thonerde.
Die schwefelsaure Thonerde war aus einem käuflichen Präparate durch zweimaliges
Umkrystallisiren gewonnen. Das Verhältniss von Schwefelsäure zu Thonerde wurde wie
ae gefunden, berechnet и Das Präparat war nicht frei von schwefelsaurem Eisenoxyd.
In den drei Manometern, welche die concentrirtesten Lüsungen enthielten, schied sich
beim Erhitzen eine geringe Menge basisch schwefelsaurer Thonerde ab.
Mémoires de l’Acad. Пар. des sciences. VIIme Serie. 17
130
Gustav TAMMANN,
Zur Analyse wurde aus den Lösungen die Thonerde ') gefällt, getrocknet und über dem
Gebläse 10 Minuten lang geglüht.
ALO, 102 AL(SO,), 342
747,7 71 7,2 6,9
92 92 9,1
19,7 19,7 19,7
39,5 39,5 39,5
50,8 50,7 50,6
21,31
30,54
59,83
108,30
126,67
№ 168.
Schwefelsaure Beryllerde.
Darstellung: Reine Beryllerde wurde in überschüssiger Schwefelsäure gelöst, die
concentrirte Lösung mit Alkohol versetzt. Die sich in kleinen Krystallen ausscheidende
schwefelsaure Beryllerde wurde auf dem Saugfilter von der alkoholischen Lösung getrennt
und mit Alkohol gewaschen. Das getrocknete Krystallpulver wurde aus wässeriger Lösung
umkrystallisirt. Analyse wie bei M 167.
12,8
25,8
47,2
70,5
166,2
168,3
12,8
25,8
47,1
70,5
BeO 25,1 BeSO, 105,1
12,8
25,8
47,2
70,5
166,2 166,2
168,4 168,5
№ 169.
Magnesiumsulfat.
Die schwefelsaure Magnesia war rein. Zur Analyse wurden die Lösungen eingedampft,
die Rückstände geglüht und gewogen.
1) Fresenius, quant. Analyse. Bd. I, pag. 243.
Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 131
Mg$O, 120
№ 170.
Saure schwefelsaure Magnesia.
Darstellung: In reiner krystallisirter schwefelsaurer Magnesia wurde das Verhältniss
von MgS0,xH,0/MgSO, = 2,0477 gefunden, für MgSO,7H,0/MgSO, berechnet es sich zu
2,050. 61,431 gr. des oben analysirten Präparates wurden in einer Lösung von Schwefel-
säure, die 20 gr. SO, enthielt, gelöst, diese Lösung wurde concentrirt und zur Herstellung
der Lösungen verwandt. Analyse: Die Lösungen wurden eingedampft, die Schwefelsäure
abgeraucht, die Rückstände geglüht und gewogen.
MeSO, 120 MeS0,H,SO, 218
№ 171.
Nickelsulfat.
-
Nickelvitriol wurde durch zweimaliges Umkrystallisiren vom beigemengten Nickel-
chlorid getrennt. Analyse: Die Lüsungen wurden eingedampft, die Rückstände über der
Lampe vorsichtig erhitzt, bis dieselben keinen weiteren Gewichtsverlust erlitten.
17*
132 GUSTAV TAMMANN,
NiSO, 154,6
743,1 7,3
19,7
17,0
24,4
31,9
№ 172.
Cobaltsulfat.
Das Präparat war frei von anderen Cobaltsalzen. Analyse wie bei № 171.
CoSO, 155
№ 173.
Eisensulfat.
Zur Darstellung und Analyse der Eisensulfatlösungen wurde wie bei №151 verfahren.
Fe,0, 159,8 FeSO, 151,9
Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 133
№ 174.
Mangansulfat.
Das Mangansulfat war frei von anderen Mangansalzen. Analyse wie bei № 169.
MnSO, 151
751,8 43 43 41 4,2 5,11 1,09 0,338 4,2
11,8 118. 11,8 11,8 16,10 0,98 1,067 12,0
15,7 15,7 23,97 0,83 1,588 15,9
18,6 18,6 18,6 18,6 27,51 0,91 1,822 18,8
31,9 31,8 31,8 31,8 40,80 1,04 2,702 33,1
№ 175.
Zinksulfat.
Das Zinksulfat war frei von anderen Zink- und Metallsalzen. Analyse wie bei № 153.
700 81 7180, 161
№ 176.
Schwefelsaures Cadmium.
Ueber die Reinheit und Analyse der Lösungen siehe № 174.
134 Gustav TAMMANN,
CdSO, 208
b Re a m ms n E
742,5 69 69 69 6,9 16,46 0,564 | 0,792 7.41
10,5 10,5 10,4 10,5 25,86 0,547 1,244 10,7
12,6 12,6 12,6 12,6 31,21 0,544 1,502 12,9
17,9 18,0 17,9 17,9 41,72 0,578 2,008 18,3
228 22,7 22,7 927 49,92 0,613 | 2,402 23,2
№ 177.
Uransulfat.
Das schwefelsaure Uranoxyd wurde aus reinem Urannitrat durch Versetzen desselben
mit Schwefelsäure, Abrauchen der überschüssigen Schwefelsäure und schwaches Glühen des
Rückstandes bereitet. Analyse wie bei M 174.
USO, 368 USO,3H0 422
5,9
11,5
28,1
43,0
75,9
94,0
МВ
Saures Uransulfat.
Darstellung: 70,700 gr. Uransulfat wurden mit einer Lösung von Schwefelsäure, die
15,370 gr. SO, enthielt, zusammengebracht, die ganze Lösung eingeengt, bis bei Zimmer-
temperatur der Rückstand zu einem steifen Teig erstarrte. Analyse wie bei № 170.
Die DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 135
USO, 368 030,Н,30, 466
10,0 9,9 9,9
285 23,5 93,5
40,5 40,4 40,5
618 618 61,8
80,6 80,5 80,4
118,2 118,2 118,2
M 179.
_ Kupfersulfat.
Der Kupfervitriol war frei von anderen Metallen. In allen Manometern hatte sich aus
den Lösungen ein weisses Pulver, basisches Salz, abgeschieden. Analyse‘): Die Lösungen
wurden mit Natronlauge gefällt, das auf Filtern gesammelte Kupferoxyd geglüht und
gewogen.
CuO 79,5 CuSO, 159,5 CuS0,5H,0 249,5
8,3
18,7
32,7
37,2
58,7
N 180.
Ammoniakalaun.
Der Ammoniakalaun enthielt Spuren von Eisenoxyd, war frei von schwefelsauren
Alkalien. Analyse wie bei M 167.
1) Fresenius, quant. Analyse. Bd. I, pag. 329.
Gustav TAMMANN,
ALO, 102 Al,(SO,),(NH,)SO, 474
АЫ 80.5094).
Interpolationsformel.
18,0n + 3,8n?
16,7n + 5,7n?
||
SS
=
Il
12,2% + 5,0n?
11,4n + 5,8n?
ss
ИИ
10,7% + 4,2n?
12,1n + 2,8n?
SH
= “ni
il
16,8% +-17,0n?
15,0% -+21,2n?
elle)
I Il
(el
9,7% + 2,0n?
8,9n + 2,7n2
SS ве вы SE 35
|| [|
„33
[8]
S
|
Le
|
= 13,9% — 1,7n?
26,7% --20,0n?
26,0% +20,8n?
|
Il Il
Le PL
|
ee
12,7n — 2,1n?
|
11,55% — 0,7n2
10,1n + 0,0n?
9,9n + 0,2n?
ig
9,4n + 0,902
8,9% + 1,5n?
I Il
|
8,2n +- 0,1n?
11,9n + 0,5n?
11,4n + 1,22
Il Il
Т— T, = 12,9% — 1,6n?
T—T, = 13,0% — 1,9%?
T—T, = 7,5n + 1,9n?
T—T, = 7,0n + 2,2n?
Т— T, = 27,8n +18,8n°
T—T, = 29,4n -+-13,3n?
T—T, = 42,0% +12,1n?
T—T, = 39,1n --18,9n?
Erniedrigungen
10,9
21,3
36,9
59,7
96,4
ST
IA © ©
‚ © ©
= pi
> sa DD Sa
Dow so Sp Dr
Ho
.G со
CR)
LA
©
11,3
тт
9,4
9,2
46,6
49,7
54,1
58,0
bei n—0,5 | bein—1,0 | für n—0,5
A1,(S0,)(NH,)280,24H,0 906
23,29
50,43
95,81
166,00
340,35
Mittel Nummer der
benutzten
für n—1,0| Messungen.
11,2 1,2 1,3 ,
981 28 во
44,7 12.018
56,1 23 24
р Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 13%
Graphisch interpolirte Erniedrigungen.
АБ 0.) (МН.), 30 .
13) Kohlenstoffverbindungen № 181 —№ 185.
Vergleicht man die Spannkraftserniedrigungen der organischen Säuren und ihrer Ami-
doderivate, so bemerkt man, dass die Erniedrigungen für die Concentration (и = 0,5), indem
sie um das Mittel 6,6 Mm. schwanken, nur wenig von einander abweichen. Ebenso fand
Raoult') die relativen molekularen Gefrierpunktserniedrigungen der Kohlenstoffverbindungen
in verdünnten Lösungen wenig vartirend. Es scheinen die organischen Verbindungen, so
verschieden sie auch constituirt sind, in verdünnten Lösungen nahe zu eine gleiche Wir-
kung auf die Tensionen des Lösungsmittels auszuüben.
Ich habe es unterlassen die Erniedrigungen dieser Substanzen in Abhängigkeit von der
Menge des Gelösten graphisch darzustellen. Die folgenden Interpolationsformeln charakterisiren
jene Beziehungen genügend.
1) Compt. rend. 94, p. 1547, 95, p. 188, p. 1030, 1882.
Mémoires de l’Acad. Гир. des sciences. УПше Série. 18
138 GUSTAV TAMMANN,
Erniedrigungen Mittel
Interpolationsformel. |
bein=0,5| bein=1 | für и=0,5 | für n—1
12,4n — 0,3n?
Glycocoll...... N Be
= 12,4n + 0,1n? |.
12,4n + 0,1n?
= 10,5n
Asparagin ........ = 11,7n + 0,4n?
Kin 14,3n — 3,7n?
Saliein .. 14,0n — 3,0n2
Die Lösungen der folgenden 5 Substanzen wurden zur Trockne gebracht, die Rück- '
stände bei 110° getrocknet und gewogen.
№ 181.
Glycocoll.
C,;H,NO, 75
Nummer
der benutzten
Beobachtung.
d T—T, a m | rs | п | E
754,1 19,0 19,0 19,0 19,0 11,94 2,11 1,592 19,1
415 41,5 41,5 41,5 27,40 2,01 3,653 41,8
845 84,5 84,5 84,5 55,19 2,03 7,358 85,2
№ 182.
Alanin.
C,H-NO, 89
19,4 19,2 19,4 19,3 13,75 1,86 | 1,545 19,4
50,1 50,0 50,1 50,1 34,83 1,91 | 3,913 50,5
72,6 725 72,6 72,6 50,49 1,91 | 5,673 73,2
Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN.
№ 183.
Leucin.
CH;NO, 131
№ 134.
Asparagin.
88 86 86 8,7 9,58
17,7 17,4 17,4 17,5 19,80
№ 185.
Salicin,
C..H0; 286
763,5 5,0 5,0 4,7 4,9 10,89 | 0,589 | 0,381 4,9
9,5 9,4 9,6 9,5 2442 | 0,510 | 0,854 9,5
13,5 13,4 13,4 13,4 38,10 | 0,461 | 1,332 13,3
17,0 17,2 17,1 17,1 50,48 | 0,444 | 1,765 17,0
20,4 20,4 20,3 20,4 6579 | 0,406 | 2,300 20,3
28,8 28,6 28,8 28,7 | 103,90 | 0,362 | 3,633 28,6
18*
139
140 Gustav TAMMANN,
14) Colloide.
Die Beobachtung hat ganz allgemein ergeben, dass die Tension einer Lösung kleiner
ist als die Summe der Tensionen der Lösungscomponenten. Es gilt diese Regel sowohl für
den Fall, dass jeder der Lösungscomponenten eine Tension zukommt, als auch dann, wenn
einer der Stoffe nicht flüchtig ist. Die Lösungen von Gasen in Flüssigkeiten machen keine
Ausnahme, wohl aber die von Gasen in Gasen. Mischt man unter gleichem Drucke zwei
Gase, die chemisch nicht auf einander wirken, so ist bis jetzt keine Abweichung der Tension
der Lösung von der der Componenten beobachtet worden.
Obiger allgemeiner Regel widersprechen die Beobachtungen Е. Guthrie’s') an den
Lösungen der СоПо14е. Da bei den Versuchstemperaturen die von Guthrie untersuchten
Colloide nicht flüchtig sind, so wäre zu erwarten, dass die Tensionen der Lösungen geringer
als die des Lösungsmittels sind. Aber Guthrie fand, dass eine 40%, Gummilôsung bei 98° C.,
eine 50°, Gelatinelösung bei 9755 С. sieden, wenn das reine Wasser bei 100° kocht.
Zur Wiederholung der Guthrie’schen Bestimmungen, tauchte ich die in ein weites
Probirglas gebrachten Lösungen von Gummi oder Gelatine in kochendes Wasser. Es gelang
mir, auch nach einer Stunde, nicht ein Sieden der Lösungen zu beobachten. Wenn man von
einigen unbedeutenden Luftbläschen, die im Anfange der Erhitzung aufstiegen, absieht, so
blieben die Lösungen stets in Ruhe. Sowohl die Gelatine als auch das Gummi arabicum sind
nicht chemische Individuen, eine Beimengung eines flüchtigen Stoffes, die für verschiedene
Präparate verschieden ausfallen kann, genügt um Guthrie’s Befunde genügend zu er-
klären.
Im Folgenden werde ich zeigen, dass die Lösungen der Colloide sich betreffs ihrer
Lösungstensionen denen der übrigen Körper anschliessen. Da das Molekulargewicht der Colloide
sehr viel grösser ist als das der Krystalloide, so müssen ihre Erniedrigungen sehr gering sein.
Die nun folgenden Tensionserniedrigungen der Lösungen von Gelatine und Gummi, machen
keinen Anspruch auf Genauigkeit, sie wurden zu einer Zeit gemessen, als es dem: Verfasser .
noch nicht gelungen war die Temperatur in einem Raume genügend gleich und in den auf-
einander folgenden Zeiten unverändert zu erhalten. Zur Bestimmung des Gehaltes der unter-
suchten Lösungen an Gummi oder Gelatine, wurden die Lösungen zur Trockne gedampft,
die Rückstände einen Tag bei 100° getrocknet und gewogen. Die Manometer, in denen die
genannten Lösungen untersucht wurden, trugen Glashähne, und wurden die Manometer durch
letztere mit Quecksilber, dann mit den Lösungen gefüllt, so gelang es ohne die Lösungen
zu kochen dieselben nur mit Spuren von Luft in den Manometern einzuschliessen.
1) Beiblätter zu Wiedm. Ann. I, pag. 8, 1877.
Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 141
т T—T, т Т—Т,
17750 9,16 1,0 1199 24,54 1,3
29,16 2,7 46,14 2,7
Gelatinelösungen. Gummilösungen.
Dialysirte Wolframsäure enthielt eine Spur Chlornatrium.
Zur Analyse wurden die Lösungen abgedampft, die Rückstände geglüht und gewogen.
m T—T, | n
WO, = 231,5 T= 773,7 18,68 ов 1068 „0907
755164 028 13,063.
Man bemerkt, dass sich die Erniedrigungen der Wolframsäure denen der anderen
Säuren anschliessen. Die Colloide sind von den Krystalloiden nicht scharf zu trennen. Die
eigenthümlichen Eigenschaften der Colloide erscheinen durch die Grösse ihres Molekular-
gewichtes bedingt.
Ш, Die Zusammenfassung obiger Resultate.
1. Die Abhängigkeit der Erniedrigungen von der Concentration der Lösungen.
In meiner früheren Arbeit zeigte ich, dass die Wüllner’sche Regel: bei einer Tempe-
ratur sind die Verminderungen der Spannkräfte des Wasserdampfes aus Lösungen direct
proportional den Mengen des gelösten Salzes, nicht gültig ist. Die Abweichungen der Tensions-
erniedrigungen von der Wüllner’schen Regel sind gerade bei den von Wüllner untersuchten
Salzen nicht sehr gross. Siehe darüber das Capitel IV.
Ich vermuthete früher, dass bei einer Temperatur die Erniedrigungen wasserfreier
Salze direct proportional dem Producte aus dem relativen Volumen und dem Salzgehalte der
Lösung seien. Die Ueberlegungen, welche mich zu jener Vermuthung verleiteten, sind
durchaus verfehlt, die Tensionen hängen nur von dem Bewegungszustande der Moleküle des
Lösungsmittels ab. Ein einfacher Zusammenhang zwischen den Erniedrigungen und dem
relativen Volumen der Lösung besteht nicht.
Da meine früheren Messungen nicht genügten um die Art des Zusammenhanges zwischen
den Erniedrigungen und den gelösten Salzmengen zu erkennen, habe ich durch diese Arbeit
jene Frage zu lösen gesucht.
Das Resultat dieser Messungen ist im Einzelnen schon früher besprochen. Die Ernie-
drigungen haben sich als complicirte Functionen der Menge der gelösten Substanz herausge-
142 GusTAvV TAMMANN,
stellt. Die Erniedrigungen als Functionen der Menge des Gelösten mit der Abhängigkeit
anderer Eigenschaften von der Concentration der Lösungen zu vergleichen verspare ich mir
auf eine spätere Zeit. |
Die Frage aber nach den in Lösungen vorhandenen Hydraten der Salze scheint mir
auf Grundlage jener Messungen einer Besprechung bedürftig.
Wüllner hat zuerst das in der Lösung vorhandene Hydrat zu bestimmen gesucht, in-
dem er die Spannkraftserniedrigungen proportional den Mengen des Gelösten setzte, be-
rechnete er die Menge des mit dem Salze verbundenen Wassers. Wenn auch nicht einzusehen
ist, wie das Proportionalitätsgesetz, welches von Wüllner zuerst für die Lösungen nicht
flüchtiger Stoffe aufgestellt wurde, auch für die Lösungen der Hydrate, denen doch eine be-
deutende Tension zukommt, seine Gültigkeit behalten soll; so wäre es immerhin ein bemerkens-
werther Befund, wenn man bei Annahme von einfach constituirten Hydraten wirklich zu
einer Proportionalität zwischen den Erniedrigungen und den Mengen des gelösten Hydrates
käme. Wenn ferner das aus den Erniedrigungen abgeleitete Hydrat mit dem, welches sich
bei den Temperaturen, für die die Erniedrigungen gelten, aus der Lösung abscheidet, identisch
wäre, so hätte man einen Grund mehr, jenes Hydrat auch in der Lösung zu vermuthen.
In meiner früheren Arbeit sind für Salze, die mit Krystallwasser verbunden innerhalb
der Versuchstemperaturen krystallisiren, die Concentrationen auf wasserhaltiges Salz bezogen;
wie damals schon ersichtlich, wurden durch diese Annahme die relativen Erniedrigungen nicht
von der Concentration unabhängig. Genau dasselbe ersieht man aus den jetzt mitgetheilten
relativen Erniedrigungen.
Fasst man die Befunde betreffs der Gestalt der Erniedrigungscurven zusammen, 50
unterscheidet man 3 Curventypen:
1. Curven, die sich im unteren Verlaufe von der Abscissenaxe ab,im weiteren Verlaufe
derselben zuwenden. Weitaus die meisten Curven gehören diesem Typus an, die relativen
Erniedrigungen der meisten Salze wachsen zuerst um später, wenn das Salz genügend löslich
ist, abzunehmen. Dabei ist es beachtungswerth, dass sowohl die Curven der wasserfrei als
auch die der wasserhaltig krystallisirenden Salze die geschilderte Gestalt zeigen; sind aber
die Curven jener Salze keine geraden Linien, so fällt jeder Grund für die Berechnung der
in Lösung existirenden Hydrate.
3. Curven, die sich in ihrem ganzen Verlaufe der Abscissenaxe zu krümmen. Solcher
giebt es wenige und bleibt der unterste Verlauf der Curven für’s Erste unbekannt. So viel
aus dem vorliegenden Materiale zu ersehen ist, scheint nur bei den Salzen schwacher.
Säuren und Basen, die bei wachsender Verdünnung eine Spaltung erleiden, die ganze Curve
sich der Abscissenaxe zu zu krümmen.
3. Curven, die sich erst der Abscissenaxe zu, dann abwenden; man findet solche Curven
bei einigen Salzen der Gruppen 7, 9, 11 und 12.
Die Salze, denen jene drei Curventypen zukommen, krystallisiren sowohl wasserfrei als
DEE a
п р Pru se Lan er
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Die DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 143
auch wasserhaltig, ein Einfluss dieser Eigenschaft auf die Gestalt der Erniedrigungscurven
ist nicht zu erkennen.
Es ist von vornherein klar, dass, wie man auch den Krystallwassergehalt des gelösten
Salzes wählen mag, nie bei der Annahme nur eines Hydrates in Lösung die geforderte Unab-
hängigkeit der relativen Erniedrigungen von der Concentration erreicht werden wird. Nur
wenn man zwei Hydrate, deren Menge eine Function der Concentration sei, annimmt, könnte
man die Unabhängigkeit der relativen Erniedrigungen von der Concentration erzwingen.
Immerhin wäre es auffallend, wenn auch nur das untere Curvenstück bei Annahme eines
bestimmten Hydrates in der Lösung zur geraden Linie würde.
Um die Grösse der Abweichungen vom Proportionalitätsgesetze, wenn man die aus den
Lösungen bei den Versuchstemperaturen kystallisirenden Verbindungen als in den Lösungen
bestehend annimmt, deutlich zu zeigen, sind die relativen Erniedrigungen vieler Salze für
die Gehalte der Lösungen an wasserhaltigem Salze berechnet, und für manche Salze sind
ausserdem noch die Erniedrigungscurven construirt (siehe Tafel IV, Fig. X В und Tafel IV,
Fig. XI B).
In keinem Falle werden die relativen Erniedrigungen von der Concentration unab-
hängig, in keinem Falle wird irgend ein Stück der gezeichneten Curven eine gerade Linie.
Obige Untersuchung hat gezeigt, dass die von Wüllner gefundene Beziehung zwischen
den Erniedrigungen und den Mengen des gelösten Hydrates nur eine Annäherungsregel
innerhalb gewisser Concentrationsgrenzen ist, und dass bei höheren Concentrationen, wie
allerdings vorauszusehen war, die Regel überhaupt nicht brauchbar ist. Dieses Resultat
kann nicht befremden, hängen doch die Tensionen von dem Bewegungszustande des Lösungs-
mittels ab. Ob ein Theil desselben an den gelösten Körper fester gebunden ist als ein
anderer Theil, kann man aus Eigenschaften wie die Tensions- oder Gefrierpunktserniedrigungen
nicht schliessen. Ebenso wenig geben, wie J. Thomsen fand, die Verdünnungswärmen der
Lösungen Aufschluss über diese Fragen.
Wir werden späterhin sehen, in welcher Weise die Tensionserniedrigungen mit den
Gefrierpunktserniedrigungen zusammenhängen. Was über die Schlüsse aus den Tensions-
erniedrigungen auf die Hydrate in den Lösungen gesagt ist, gilt auch für die Folgerungen
Rüdorff’s und de Coppet’s aus dem Verlaufe der Gefrierpunktserniedrigungen. Während
Rüdorff auf Grundlage seiner Messungen stets nur ein Hydrat in der Lösung anzunehmen
brauchte, musste de Coppet, dessen Beobachtungsmaterial wohl besser als das Rüdorff’s
ausgefallen ist, mehrere Hydrate in der Lösung annehmen. Vergleicht man die vonRüdorff
und de Coppet in Lösung angenommenen Hydrate mit denen bei jenen Gefrierpunkten aus-
krystallisirenden, so findet man keine Uebereinstimmung der berechneten und der mit der
Lösung in Berührung wirklich existirenden.
АИСТ а де NS Ro Gus Un Cf NS LÉ Le
а А
144 Gustav TAMMANN,
2. Die Beziehungen der Erniedrigungen zu den Molekulargewichten und anderen Eigen-
schaften der gelösten Substanzen.
Ueberblickt man die Beziehungen der Erniedrigungen zu den Molekulargewichten der
gelösten Substanzen, so erkennt man deutlich, dass die früher von mir aufgestellte Regel:
bei derselben Temperatur sind die Erniedrigungen verdünnter Lösungen gleicher Concen-
tration bei analog constituirten Salzen umgekehrt proportional den Molekulargewichten der
gelösten Salze, innerhalb der bis jetzt untersuchten Concentrationsgrenzen. nicht gültig ist.
Jene Regel erscheint nur als grobe Annäherung. Da bei verschiedenen Temperaturen die
Erniedrigungen nicht proportional den Tensionen des Lösungsmittels wachsen, ist es nicht
zu erwarten, dass bei einer beliebig gewählten Temperatur die Erniedrigungen für Lösungen
gleicher Molekularconcentration gleich sind. Wie wir später sehen werden, ist es höchst
wahrscheinlich, dass das Verhältniss der Tensionen einer Lösung zu denen des Lösungs-
mittels bei denselben Temperaturen von der Temperatur unabhängig wird, wenn beim weiteren
Verdünnen jene Lösungen keine Wärme abgeben oder aufnehmen. Für Lösungen, die obigen
Bedingungen genügen, wäre wohl eine strenge Gültigkeit der früher aufgestellten Regel zu
erwarten, und in der That weist der Verlauf der Erniedrigungscurven darauf hin, Von
welcher Concentration an, oder ob überhaupt jene Regel in Kraft tritt, ist aus vorliegenden
Messungen nicht zu ermitteln. Wenn man berücksichtigt, dass die meisten Salze in so ver-
dünnten Lösungen, wie sie hier in Betracht kommen, durch das Wasser zerlegt werden, so
hat man von einem gewissen Verdünnungsgrade an ein starkes Ansteigen der relativen Er-
niedrigungen bei weiterer Verdünnung der Lösungen zu erwarten. Für einige saure Salze
schwacher Säuren ist das Ansteigen der relativen Erniedrigungen mit wachsender Ver-
dünnung wirklich beobachtet worden; siehe die Curven des Borax und metawolframsauren
Natrons. Aus diesen Gründen wäre die Bearbeitung der Tensionen verdünnter Lösungen, in
denen die beiden Stoffe auf einander nicht zersetzend wirken, von besonderem Interesse.
Bei dem Bestreben die Abhängigkeit der Erniedrigungen von der Natur der gelösten
Substanz zu erfassen stösst man nur auf die Andeutung von Regeln, die vielen Ausnahmen
vernichten beinahe die wenigen Verallgemeinerungen.
Es liegt nahe zu vermuthen, dass die Erniedrigungen einer Substanz nur von der Natur
der dieselbe bildenden Componenten abhängen, dass also die Erniedrigungen als Summen der
Constanten für die Verbindungscomponenten aufgefasst werden können. Um diese Voraus-
setzung zu prüfen hat man zuzusehen, ob sich die Erniedrigungen der Verbindungen, die
eine Componente gemeinsam haben, nach dem Kopp’schen Schema ordnen lassen. Bezeichnen
аа, а’... verschiedene Metalle und b, 6,5”... verschiedene Säureradicale, so ordnen
sich deren Salze nach dem Kopp’schen Schema wie folgt;
ab а-ь db
ао и ab
ab" a +b” ad’ -+b" ..-
»
Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 145
Werden die Erniedrigungen der Salze in ein solches Schema gebracht, so müssen, wenn
die Erniedrigungen als additiv aus den Constanten der Salzcomponenten zusammengesetzt
werden können, die Differenzen der Glieder zweier Vertical- oder zweier Horizontalreihen
einander gleich sein. Diesen Bedingungen genügen die Erniedrigungen bei gleicher Moleku-
larconcentration nicht, nicht einmal die Ordnung nach der Grösse der Erniedrigungen lässt
sich durchführen. Wie beim Beobachtungsmateriale ausgeführt wurde, sind die molekularen
Erniedrigungen der Kalisalze bald grösser bald kleiner als die der Natronsalze derselben
Säure; und in Fällen wie bei den Halogensalzen der Alkalien, wo sich die Erniedrigungen
ihrer Grösse nach in ein solches Schema bringen lassen, sind die Differenzen zweier Horizontal-
oder Verticalreihen durchaus nicht gleich.
Wenn demnach die Abhängigkeit der Erniedrigungen von der Natur der Salze unauf-
geklärt bleibt, so lassen sich doch einige specielle Regeln über den Einfluss der chemischen
Natur der Verbindung aufstellen. Die speciellen Regeln sind bei jeder Gruppe der mitge-
theilten Erniedrigungen aufgeführt worden. Es bleibt hier nur noch übrig, auf eine Regel,
die auch Raoult für die Erniedrigungen der Gefrierpunkte bestätigt fand, hinzuweisen und
dieselbe durch Beispiele zu illustriren.
Die molekularen Erniedrigungen der Salze einer Säure wachsen, wenn die Anzahl der
im Salze enthaltenen Metallatome zunimmt.
Es folgen als Beispiele die Erniedrigungen, welche die Salze der Schwefelsäure, Phos-
phorsäure und Arsensäure in Lösungen gleicher Molekularconcentration n = 1 ausüben.
Na,PO, 31,9
Ма.НРО, 23,6 Na;HAsO, 26,9
МаН.РО, 20,3 NaH,AsO, 21,4
LiSO, 27,8 (NH,SO, 238 NaSO, 25,0 K,SO, 259 - 85.50, 28,5
LiHSO, 26,6 (NH)HSO, 231 NaHSO, 22,6 KHSO, 21,9 RbHSO, 21,9.
Während für die Salze der Phosphorsäure und Arsensäure obige Regel für alle Concen-
trationen gilt, folgen bei den Salzen der Schwefelsäure nur die Erniedrigungen verdünnter
Lösungen, bis zur Concentration я — 2, der Regel.
Sucht man, wie Raoult es für die Gefrierpunktserniedrigungen that, die Regel zu ver-
allgemeinern, die dann lauten würde: bei gleicher Molekularconcentration ordnen sich die
Erniedrigungen der Salze nach der Anzahl der im Salze enthaltenen Metallatome, so findet
man auch bei verdünnten Lösungen n = 1 mehrere Ausnahmen. Ist n — 1, so ist die höchste
der beobachteten Erniedrigungen bei den Salzen, die ein Atom Metall im Molekül enthalten,
die des LiJ = 28,6 Mm. Es müssten, wenn die Regel Raoult’s Gültigkeit hätte, alle Er-
niedrigungen der Salze, die zwei Atome Metall enthalten, grösser als 28,6 Mm. sein. Dieses
ist, wie man sich leicht überzeugen kann, nicht der Fall. Die Erniedrigungen letzterer Salz-
gruppe sind bald kleiner, bald grösser als die erstere Gruppe. Dass Raoult für seine sehr viel
Mémoires de l’Acad. Imp. dos sciences. УПше Serie. 19
146 Gustav TAMMANN,
verdünnteren Lösungen jene Regel aufstellen konnte, ist bei Berücksichtigung der Massen-
wirkung des Wassers erklärlich.
Lässt man eine Einschränkung stattfinden, vergleicht man nur die Erniedrigungen der
Salze eines Metalles untereinander, so gilt jene Regel mit wenigen Ausnahmen, doch immer
nur für verdünnte Lösungen (n = 1).
Bei Salzen eines Metalles
sind die Erniedrigungen der Salze, die zwei Atome als die höchste Erniedrigung, der ein
Metall enthalten, grösser Metallatom enthaltenden Salze.
der Kalisalze > KCOOCH, = 25,6 Mm.
Ausnahme K;S;0,
der Natronsalze > Na) = 25,6 Mm.
Ausnahmen Na,$0,; Na, HPO,
der Ammoniaksalze > NH,J = 251 Мм.
Ausnahmen (NH,),S0,,(NH,FLSIF,
der Lithionsalze > Ш = 28,6 Mm.
Ausnahme 14.30,
Weiter findet man, dass die Erniedrigungen des citronensauren Natrons (Na,C;H,0,) und
des phosphorsauren Natrons (Na;PO,) grösser sind als die aller Natronsalze, die zwei Me-
tallatome enthalten. Genau dasselbe gilt auch für das citronensaure Kali (K,C,H,O,) und
das Ferrocyankalium (4KCy, FeCy.), nicht aber für’s pyrophosphorsaure Natron (Na,P,O,).
Aus dem Verlaufe der Erniedrigungscurven ergiebt sich, dass die aufgezählten Ausnahmen
für verdünntere Lösungen verschwinden.
Wenn auch die Erniedrigungen für die Concentration n — 1 bei analog constituirten
Salzen recht bedeutend von einander differiren, so sind doch die Unterschiede in den Er-
niedrigungen für Salze, die verschiedenen Typen angehören, noch viel bedeutender, und ge-
langt man bei Berücksichtigung dieser Verhältnisse zu einer Classification der Erniedrigungen,
die mit der chemischen Eintheilung jener Verbindungen nach der Werthigkeit der Ver-
bindungscomponenten identisch ist. | |
Bezeichnen B,, B,, B, ein-, zwei- und dreiwerthige Metalle, $,, 5, 5; ein-, zwei- und
dreiwerthige Säureradicale, so giebt folgende Zusammenstellung die den Typen der Salze
zukommenden relativen molekularen Erniedrigungen multiplieirt mit 100. Diese Erniedri-
gungen sind nicht Mittelwerthe aus den beobachteten Erniedrigungen, sie sollen nur die
ungefähre Grösse der relativen molekularen Erniedrigungen bezeichnen.
B, +8 =30 В, +28, = 50 В, +385 — 90
2B,+&= 35 B+ &=15 2B,+38 = 35
3B, +8, = 45.
Häufig, aber nicht immer, steigen mit wachsender Werthigkeit der Salzcomponenten die
Erniedrigungen der Salze.
LEN 0 Ie EN ЗА
Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 147
Zu den eben aufgeführten Salztypen gehören ihrer chemischen Natur nach die Haloid-
salze des Cadmiums und das Quecksilbereyanid. Die relativen molekularen Erniedrigungen
dieser Salze betragen 0,15—0,20, also die Hälfte bis ein Drittel des nach obiger Regel zu
erwartenden Werthes'). Eben dieselben anomalen Erniedrigungen kommen dem Bleiacetat,
Zinkchlorid, milchsauren Kalk und Brechweinstein zu.
Ferner bemerkt man, dass einigen Säuren (der Phosphor-, Arsen- und Borsäure) anomale
Erniedrigungen zukommen. Während die Erniedrigungen der Schwefelsäure von denen ihrer
gesättigten Salze einwerthiger Metalle nicht sonderlich abweichen, haben die Phosphorsäure,
Arsensäure und Borsäure Erniedrigungen, die bei gleichen Molekularconcentrationen unge-
fähr die Hälfte der Erniedrigungen ihrer Salze ausmachen. Betrachtet man die Curventafel
II, Fig. VI, so bemerkt man, dass die Curven dieser Säuren nicht auf den Nullpunkt des Coor-
dinatensystems weisen; berücksichtigt man ferner, dass Raoult für die Gefrierpunktser-
niedrigungen der Schwefelsäure und Phosphorsäure in verdünnteren Lösungen gleiche Werthe
fand, so wird man die Möglichkeit, dass die anorganischen Säuren in viel verdünnteren
Lösungen normale Erniedrigungen auf die Spannkraft des Dampfes aus ihren Lösungen aus-
üben, zugeben. x
Es ist bemerkenswerth, dass allen untersuchten Kohlenstoffverbindungen, so weit die-
selben nicht Salze sind, gleiche relative molekulare Erniedrigungen (ungefähr 0,15) zu-
kommen.
Schliesslich bleibt mir noch übrig auf einige Schlüsse, die aus den Erniedrigungen ge-
zogen werden können, und die mit anderweitigen Erfahrungen übereinstimmen, hinzuweisen.
a) Verfährt man bei der Darstellung des metaphosphorsauren Natrons in verschiedener
Art, so lässt sich, wie Fleitmann und Henneberg”) zeigten, nachweisen, dass die er-
haltenen Präparate verschieden sind. Aus einem Präparate, dem trimetaphosphorsauren
Natron, lassen sich Salze, in denen 2 Atome Natrium durch ein Metall und 1 Atom Natrium
durch ein anderes Metall vertreten sind, darstellen. Aus einem anderen Präparate, dem
hexametaphosphorsauren Natron, lassen sich Salze, in denen sich die Anzahl der verschiedenen
Metallatome wie 1:5 verhält, gewinnen. Die Erniedrigungen dieser beiden Präparate weisen
diesen in der That die Formeln (NaPO,), und (NaPO,), zu. Siehe № 120 und № 121.
b) Ein anderer Fall von Molekülverbindungen liess sich bei der Traubensäure ver-
muthen. Bekanntlich hat Pasteur gezeigt, dass die Traubensäure sich in Rechts- und Links-
weinsäure spalten lässt. Sind nun in wässeriger Lösung die Links- und Rechtsweinsäure mit
1) W. Ostwald (Lehrbuch Bd. I, pag. 562, pag. 818; | Gefrierpunktserniedrigungen und die/Abweichungen jener
Bd. II, pag. 244) hat die anomalen Erniedrigungen | Lösungen vom Gesetze der Thermoneutralität mit ein-
jener Salze vorausgesagt. Indem derselbe an die Schlüsse | ander; auf Ostwald’s Schlüsse betreffs Doppel- und
Hittorf’s aus den eigenthümlichen Verhältnissen der | Tripelmoleküle in jenen Lösungen muss verwiesen werden.
Zonenwanderung auf Doppel- und Tripelmoleküle in den 2) Fleitmann und Henneberg, Ann. Pharm.
Lösungen des Jod- und Bromcadmiums erinnerte, verglich | B. 65, p. 30, p. 887. 1848. Fleitmann, Pogg. Ann. B. 78,
er die electrische Leitungsfähigkeit, die molekularen | р. 233. 1849.
19*
148 Gustav TAMMANN,
einander zu einem Molekül verbunden, so ist zu erwarten, dass die Erniedrigungen der
Traubensäure die Hälfte der Erniedrigungen jeder Componente sind. In Wirklichkeit sind
die Erniedrigungen der Rechtsweinsäure und Traubensäure bis zur Concentration (n — 5)
einander gleich. Es folgt daraus, dass das Wasser beim Lösen der Traubensäure, diese in
ihre Componenten spaltet. Zu demselben Resultate gelangte W. Ostwald'), derselbe fand,
dass die electrischen Leitungsfähigkeiten der Rechtsweinsäure- und Traubensäure-Lösungen
nicht um ein halb Procent ihres Werthes differiren.
c) In meiner früheren Arbeit glaubte ich auf Grundlage der Erniedrigungen des Be-
rylliumsulfates eine Entscheidung über die Formel desselben treffen zu können. Die jetzt
vorliegenden Messungen der Erniedrigungen des Berylliumchlorides, -bromides und -sulfates
lassen mich von einer solchen Entscheidung abstehen.
Auf Grundlage der Dampfdichtebestimmung des Chlorberylliums von Nilson und
Pettersson”) sind den Beryllsalzen die Formeln BeCl,, BeBr, und BeSO, zuertheilt, und
wurden für die unter dieser Annahme berechneten Molekularconcentrationen auf Tafel IV,
Fig. X A und Tafel III, Fig. XII С die Erniedrigungscurven der betreffenden Salze con-
struirt. Man erkennt, dass sich diese Erniedrigungscurven der Beryllsalze durchaus denen
der anderen alkalischen Erdsalze anschliessen. Nimmt man dagegen die Formeln ВеС],, BeBr,
und Be,(SO,), als richtig an und construirt mit den sich aus diesen ergebenden Molekular-
concentrationen die Erniedrigungscurven, so schliessen sich diese Curven denen der Erd-
salze (AlC], und Al,(SO,),) an. Die beiden verschiedenen Erniedrigungscurven für die Beryll-
salze, in denen das Metall als zwei- oder dreiwerthiges angenommen ist, stören die Regel,
die sowohl für das Curvenbündel der alkalischen Erd- als auch der Erdsalze gilt, nicht; in
beiden Curvenbündeln nehmen mit wachsendem Atomgewicht des Salz bildenden Metalles die
Erniedrigungen der Salze ab. Demnach geben die Erniedrigungen der Beryllsalze keinen
Aufschluss über die Werthigkeit des Berylliums. à
d) Den sauren schwefelsauren Salzen des Urans und der Magnesia kommen Ernie-
drigungen zu, die für verdünnte Lüsungen beinahe die Summe der Erniedrigungen der
Schwefelsäure und des betreffenden neutralen schwefelsauren Salzes ausmachen; folgende
Zusammenstellung illustrirt diese Beziehungen.
n— 05 1 2 п = 05 1 2
MgsS0, FENG 19,2. 1945.) 080, 4 9.3: 1980
H,SO, 12,9 275 628 H,SO, 1920). 27.5.2098
MgSO, + HiS0, 19,4 397.873 050, + H,O, (12007 36,8% 868
MgSO,HSO, 18,3 46,8 116,0 USO,H;SO, 183. 4474090!
1) W. Ostwald, Journ. prakt. Chem., B. 32, p. 341. 2) Nilson und Pettersson, p. 987. 1884. Ew. d. d.
1885. Chem. Ber. XVII.
Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 149
Man bemerkt, dass für verdünnte Lösungen die Summe der Erniedrigungen beider
Componenten gleich der beobachteten Erniedrigung des Salzes ist. Daraus darf man wohl
schliessen, dass jene sauren schwefelsauren Salze in verdünnten Lösungen vollständig in ihre
Componenten, freie Schwefelsäure und neutrales Salz, zerfallen.
Ein ganz ähnlicher Schluss scheint für die verdünnten Lösungen des Ammoniakalauns
erlaubt.
и. = 0.5 1
Al,(SO,); 12,8 35,0
(NH,)SO, 11,0 23,8
Al,(SO,), + (NH,).SO, 23,8% 58,8
Al,(SO,);(NH,)SO, 24,1 56,1.
Zum Schlusse dieses Abschnittes weise ich auf einige auffallende Analogien hin:
3. Die thermochemischen Constanten der Salze und ihre Beziehungen zu den Tensionen der Lösungen.
Für einige Reihen von Salzen findet man, dass die Lösungswärmen der Salze sich wie
die Erniedrigungen gleicher Molekularconcentration ordnen. Die folgenden Schemata ver-
sinnlichen jenen Zusammenhang, in denselben sind die aufgeführten Lösungswärmen
durch die mittlere Calorie K — 100 cal. ausgedrückt. In den Verticalreihen wachsen von
oben nach unten, in den Horizontalreihen von links nach rechts die Erniedrigungen der
aufgeführten Salze, ebenso ändern sich die Lösungswärmen, indem sie aus stark negativen
in immer grössere positive Werthe übergehen. Doch ist zu bemerken, dass die Lösungs-
wärmen des KBr und KJ sich nicht ins Schema fügen.
NO, Cl Br J (NO,) CL Br,
К —85 —44 —51 —51 Ва —94 + 21 + 50 Cd — 9,6
Na — 50 —12 — 2 +12 ST —46 +111 +161 CdBr, + 4,4
re 462 О о +201
Mg + 359.
Es ist auffallend, dass diese Schemata isodyname Verbindungen enthalten. Untersucht
man jedoch andere isodyname Reihen, so findet man jene immerhin recht auffallenden Ana-
logien nicht wieder. Natürlich sind Reihen, in denen zwei untersuchte Glieder jene Analogie
zeigen, nicht als Stützen für das Stattfinden derselben aufzuführen.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich folgende Betrachtungen nicht unterdrücken, sie
könnten, wenn die Bildungswärmen die Lösungen in ihrer Abhängigkeit von der Concentra-
tion untersucht sein werden, überraschende Analogien aufdecken. Die Lösungswärme, Ls
eines Salzes s in Wasser №, ist aequivalent der Energiesumme der unverbundenen Stoffe
150 Gustav TAMMANN,
Es + Ew minus der Energie der gebildeten Lösung Ёзш. Für die Lösungswärmen zweier
verschiedener Salze s und s, in Wasser gelten die Gleichungen:
Ls = Es + Ew — Esw
Ls, = Es, + Ew — Es, w
(Ls — Es) — (Ls, — Es.) = Es; — Esw.
Sind bei einer Temperatur und gleicher Molekularconcentration der Lösungen die
Tensionen dieselben Functionen der Energie der Lösungen, so ist, wenn |
Ls — Es > Ls, — Е, T— Ts > T— Ts.
Das heisst, die Differenzen der Lösungswärmen und Bildungswärmen verschiedener
Salze ordnen sich in derselben Weise wie die Erniedrigungen.
Da zur Verification obiger Vermuthung das thermochemische Material nicht vorliegt,
so beschränke ich mich darauf hinzuweisen, dass sich die Bildungswärmen der Salze in
manchen Fällen, wenn die Lösungswärmen negativ sind, wie die Erniedrigungscurven, in
Fällen, wenn die Lösungswärmen positiv, umgekehrt wie die Erniedrigungseurven ordnen.
IV. Vergleich der Resultate J. Legrand’s und A. Wüllner’s
mit denen des Verfassers.
Für 17 Salze hat Legrand!), lange vor dem Beginn der Arbeiten Wüllner’s?), die
Siedepunkte der Lösungen bestimmt. Kennt man beim Barometerstande (7) den Siedepunkt
einer Lösung von bekanntem Salzgehalte, so ist man im Stande aus diesen Daten, mit Be-
nutzung der Tabellen für die Spannkraft des Wasserdampfes, die relativen Spannkraftser-
niedrigungen der Lösungen zu berechnen. Legrand hat an Stelle der Barometerstände, welche
die Tensionen der Dämpfe aus den kochenden Lösungen angeben, die Siedepunkte des rei-
nen Wassers mitgetheilt. Die Spannkräfte des Dampfes aus Wasser für die Siedetemperaturen
der Lösungen entnahm ich der von Zeuner aus Regnault’schen Beobachtungen abgeleite-
ten Tabelle. |
In folgender Tabelle sind die aus Legrand’s Angaben berechneten mit den aus mei-
nen Messungen durch graphische Interpolation abgleiteten relativen Spannkraftsrerniedri-
gungen zusammengestellt.
у
1) Ann. chim. её phys. Т. 59, р. 422, 1835.
2) Розе. Ann. В. 103, р. 529, 1858. В. 105, р. 85, 1858.
DNS PSE УР: USE У УТ À! я :
Die DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN.
m Erhöhung
Name den Salzes! des Siedepunkts. 1a
berechnet L. |beobachtet 7.| berechnet 7. |beobachtet L.
te ve 4,53 5,68 126 ie 77
NC ! 5,50 6,06 3.34 3 183
5,97 6,54 6,63 6 31,8
} 3,88 4.27 1,08 т 9,0
G D L 411 4,97 3,12 3 245
4,19 4,49 4,31 4 314
1 4,49 5,80 1,01 1 7.8
en ao 5,12 5,80 3,39 3 19,7
4 | 5,32 5,80 6,60 6 35,7
AREA 3,77 3,50 0,94 1 9,3
t
en ar | 3,58 3.51 2.93 3 282
3 3,29 3,41 6,29 6 57,6
АСЯ 2,86 2.72 0,94 1 12,2
Kama { 2,38 2,39 3.02 3 429
3 1,93 2,20 6,93 6 98,2
а 3,51 3,60 1.01 1 10,0
SE Re | 3:29 3,40 316 3 313
в 2,91 3,10 6,48 6 65,4
2,39 2,30 0,98 1 14,6
Kaliumchlorat 2,34 2,22 1,90 2 29,3
KCI0, | 2,29 213 2,76 3 43,6
2,24 2,08 3,70 4 58,6
2,43 3,40 1,15 1 14,4
Natriumcarbonat 2,57 3,30 2,51 2 26,7
Na,CO, | 2,74 3,38 3,75 3 36,8
{ 2,95 3,40 4,66 4 44,7
nt, ( 9,70 9,80 1,01 1 13,0
ane bonat \ 3,25 3.18 2,96 3 31,0
273 3,57 3,62 6,08 6 53,1
1,67 2,12 1,33 1 21,0
; Natriumphosphat 1,68 1,81 217 2 40,8
Na,HPO, 1.70 1,78 3,16 3 59,4
1,81 1,89 3,29 4 76,4
( 3,53 3,95 1,12 1 9,9
ee À] a | de | a 21
3 4,43 4,60 6,23 6 42,9
: ( 3,32 3,38 1,14 1 10,5
ae 2 3,52 3.81 3,%6 3 28,6
3 | 3,81 410 6,50 6 49,8
| 1,30 1,75 1,33 1 26,9
: а rat { 1,55 1,78 3,49 3 65,0
247476 1,60 1,84 7,01 6 118,5
( 1,78 2,30 1,30 1 19,6
Baryumchlorid | 2,11 2,40 2,31 2 32,5
BaCL, | 2,96 2,50 3,32 3 445
2,35 2,60 3,17 4 56,0
6 ( 2.09 3.11 1,52 1 16,7
EN en id \ 3.13 3,72 3.59 3 32.1
2 3.71 4,40 6,75 6 48,8
( 3.49 4,40 1,26 1 10,0
alone ? 4,67 5,40 3.49 3 21,6
2 | 5,83 6,40 6,66 6 32,6
Calciumnitrat 2,33 2,65 1,12 1 15,0
Ca(NO;), 2,93 3,00 3,06 3 34,4
152 Gustav TAMMANN,
Es ergiebt sich aus dieser Zusammenstellung, dass die aus den Beobachtungen Le-
grand’s abgeleiteten relativen Spannkraftserniedrigungen, für die Lösungen des chlorsauren
Kalis durchweg grösser, für die übrigen Lösungen meistens kleiner als die von mir ermittelten
sind. Die häufig recht bedeutenden Abweichungen sind in keinem Falle der Veränderlich-
keit der relativen Spannkraftserniedrigungen beim-Ansteigen der Temperatur zuzuschreiben.
Denn die relativen Erniedrigungen Legrand’s könnten aus eben angeführtem Grunde
höchstens um 5 Einheiten der zweiten Decimalstelle zu gross oder zu klein aufgefallen sein.
Demnach ergiebt sich das auffallende Resultat: Die von Legrand beobachteten Siede-
punkte der Lösungen liegen niedriger als die wahren Siedetemperaturen der Lösungen. Um
die Ueberhitzung der Lösungen, die gewöhnlich in einem grossen Probirglase mit in die
Lösung getauchtem Thermometer gekocht wurden, zu verhindern, brachte Legrand ins
Siedegefäss Zinkstücke. Nur in Gegenwart dieser gelang es ihm einen constanten Stand des
Thermometers beim Sieden der Lösungen zu beobachten. Es ist verständlich, dass eine ge-
ringe Wasserstoffentwickelung, bedingt durch Gegenwart des Zinkes, die Ueberhitzung der
Lösungen bei vorsichtigem Erhitzen vollständig verhindert; dass aber alsdann die Umstände
auf eine Erniedrigung des Quecksilberstandes in dem weit aus der Flüssigkeit hinausragen-
den Thermometer, trotz angebrachter Fadencorrection, wirken, ist ebenso natürlich. Ich
vermuthe, dassähnliche Ursachen, die Schuld sind an der Beobachtung Rudberg’s: die Tempe-
ratur der Dämpfe aus siedenden Salzlösungen ist gleich der des Dampfes auch kochendem
Wasser,auch Legrand bei der Siedepunktsbestimmung der Lösungen irregeleitet haben. Ueber
die Fehler der Legrand’schen Siedepunkte kann man sich beim Vergleich der in der dritten
und vierten Colonne verzeichneten Siedepunktserhöhungen instruiren. Die in der dritten
Colonne verzeichneten Siedepunktserhöhungen sind von mir unter Annahme, dass sich das
Verhälltniss (à) der Tension der Lösung (71) zu der des reinen Wasser (7) innerhalb des
vorliegenden Temperaturintervalls (100°—106°) nicht ändert, berechnet. Ist px die rela-
tive Spannkraftserniedrigung bei 100° für eine Lösung von der Concentration m, so er-
giebt sich die Tension des Dampfes aus reinem Wasser (7x) beim Kochpunkt der Lösung
760
Tr = — an Sucht man dann die der gefundenen Tension entsprechenden Temperatur in
den Tabellen für die Spannkraft des Wasserdampfes aus, so erhält man die Siedepunkte
der Lösungen.
Sieht man von den absoluten Fehlern der aus Legrand’s Beobachtungen berechneten
relativen Erniedrigungen ab, so findet man, dass diese die Art der Beziehung zwischen den
Tensionserniedrigungen und den Mengen des Gelösten im Allgemeinen richtig angeben.
Die relativen Spannkraftserniedrigungen Legrand’s ändern sich in derselben Art, wie die
von mir bestimmten. Nur in wenigen Fällen zeigt sich eine Abweichung; beim Chlorammo-
nium, Natriumcarbonat und Natriumphosphat wachsen die relativen Erniedrigungen bei
steigender Concentration der Lösungen, während die von mir bestimmten relativen Ernie-
drigungen bei den ersten beiden Salzen sich nicht verändern, beim dritten aber, dem Na-
triumphosphat, abnehmen.
Lan Dora dub BE UT
Die DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 153
Während Legrand’s Beobachtungen und Regnault’s Messungeu der Spannkräfte des
Dampfes aus Schwefelsäurelösungen die Tensionserniedrigungen als eine verwickelte Func-
tion der Menge des Gelösten ercheinen lassen, hat A. Wüllner auf Grundlage seiner Mes-
sungen den Satz von der directen Proportionalität zwischen den Tensionserniedrigungen und
den Mengen des gelösten Salzes aufgestellt. Im Folgenden habe ich mit Hülfe der Wüllner’-
schen Interpolationsformeln, für die Abhängigkeit der Spannkraftserniedrigungen von der
zugehörigen Spannkraft des Dampfes aus reinem Wasser, die Erniedrigungen der von mir
untersuchten Lösungen berechnet, und diese mit den direct beobachteten Erniedrigungen
verglichen.
Folgende Zusammenstellung zeigt, dass bei nicht zu hohen Concentrationen die Diffe-
renzen der beiden Erniedrigungen nicht allzu gross sind. Doch glaube ich nicht, dass die durch
die Art des Wüllner’schen Bades bedingten Temperaturschwankungen genügen, um jene
Abweichungen zu erklären, vielmehr scheint mir die Hauptursache der Abweichungen in
der Veränderlichkeit der Lösungstensionen bei Aenderung der Dampfräume über den Lö-
sungen liegen. Ebenso können die sehr bedeutenden Abweichungen bei den Lösungen des
Kalis und Natrons in keinem Falle Temperaturschwankungen zugeschrieben werden. Es
finden diese ihre Erklärung in dem früher besprochenen eigenthümlichen Verhalten der
Tensionen jener Lösungen bei Veränderung der ihren Dämpfen gebotenen Räume.
NaCl T—T, = 0,00601 7
berechnet W26,6 52,8 77,9 103,1 127,8 168,6
beobachtet 7 25,1 50,3 78,7 107,1 135,6 187,5
KOI T—T, = 0,00390 T + 0,000000538 T°
berechnet W 8,1 15,9 39,7 63,2 89,8 103,5 122,3 167,7
beobachtet T 8,1 15,2 39,7 63,2 92,1 108,0 128,6 170,7
№,30, ТТ, = 0,00236 T
berechnet W 9,1 22.5 39,3 59,0 76,1
beobachtet T 9,0 22,1 38,2 56,5 73,6
K,S0, T—T, = 0,00383 T —0,0000019 7?
bérechnet 0/4 18.1 21,5 33,3. 38,5
beobachtet 7 10,1 15,4 18,4 28,2 32,1
KNO, T—T; = 0,00196 T + 0,00000108 7?
berechnet W12,2 24,8 36,7 71,6 144,6 436,1
beobachtet T 11,8 24,5 35,1 64,2 112,1 237,9
Mémoires de l’Acad. Imp. des sciences. VIIme Serie. - 20
154 Gustav TAMMANN,
NaNO, ТТ, = 0,00315 T + 0,000000907 7?
berechnet 718,0 32,2 65,7 135,8 342,5
beobachtet T 15,8 30,2 61,0 120,2 255,4
KHO2H,0 TT, = 0,002863 T
berechnet W 8,9 18,2 23,3 32,6 37,9 51,6 58,0 69,9 88,1 129,0 211,0
beobachtet T 13,1 25,8 34,0 49,2 55,5 76,5 84,1 102,8 130,5 191,1 294,2
NaHO 1,5H,0 T—T, = 0,004089 T
berechnet W 9,2 15,9 42,8 69,1 82,7 137,4 143,7 179,1
beobachtet T 10,2 17,5 47,2 78,7 94,5 158,6 180,5 206,3
CaCL6H,O T—T, = 0,002474 T — 0,000000522 T°
berechnet W16,7 44,2 73,0 106,5 167,6
beobachtet T 15,3 44,2 76,4 114,9 178,5.
V. Die Abhängigkeit der Erniedrigungen von der Temperatur,
G. Kirchhoff!) hat gezeigt, dass die Bildungswärme (0) einer aus 1 Theil Salz und
m Theilen Wasser enstandenen gesättigten Lösung durch folgende Gleichung bestimmt wird:
ölg
ot
0=m = (a +t)°
Hier bedeuten — a die Temperatur des absoluten Nullpunktes, R die Gasconstante für
Wasserdampf, К das mechanische Aequivalent der Wärme, ferner bei der Temperatur £, T,
und 7 die Tensionen der Dämpfe aus der gesättigten Lösung und aus reinem Wasser. Nun
ergiebt sich, dass, wenn der Quotient m mit der Temperatur wächst, der Differentialquotie
in der Formel positiv wird, und derselbe negativ wird, wenn 7 mit wachsender Temperatur
abnimmt. Demnach wird die Bildungswärme einer gesättigten Lösung positiv, wenn die
T, \
= = pu, bei wachsender Temperatur ab-
relative Spannkraftserniedrigung derselben, —
nimmt, und nehmen die Werthe |. mit der Temperatur zu, so wird die Bildungswärme der
gesättigten Lösung negativ.
1) G. Kirchhoff, Pogg. Ann. B. 103, p. 196. 1858.
Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 155
Ist nun die einem Theil Salz zur Lösung gebotene Wassermenge nicht m, sondern &
(д > m), so gilt nach G. Kirchhoff, wenn @, die Verdünnungswärme der nicht gesät-
tigten Lösung bedeutet, die Beziehung:
R д | т
Q = lH’ > [ах lg 7:
0
Tritt bei der Verdünnung verdünnter Lösungen keine Wärmetönung auf, so ist Q,—0,
о
dt
so sind die relativen Spannkraftserniedrigungen derselben unabhängig von der Temperatur.
folglich — 0. Tritt beim weiteren Verdünnen der Lösungen keine Wärmetönung auf,
А. Das Beobachtungsmaterial.
A Um die Forderungen der Theorie mit den Befunden der Beobachtungen vergleichen zu
können, habe ich das vorliegende Beobachtungsmaterial in einheitlicher Weise umgerechnet,
und mit den so erhaltenen molekularen Concentrationen, n, als Abscissen und den zuge-
hörigen relativen Spannkraftserniedrigungen, р, als Ordinaten, die Curven auf Tafel У
construirt. Es entspricht jeder Theilstrich auf der Abscissenaxe einem Grammmbolekül Salz
gelöst in 10000 gr. Wasser, und jeder Theilstrich auf der Ordinatenaxe der Einheit des
Werthes x.
Das hier benutzte Beobachtungsmaterial stammte 1) von V.Regnault, H,SO,, 2) von
J. Moser, ZnCl,, CdJ,, ZuSO,, CuSO,, 3) von R.v. Helmholtz, H,SO,, NaCl, 4) meine
früheren und 5) die in dieser Arbeit vorliegenden Messungen. In Tafel V sind die auf-
gezählten Beobachtungen 1) mit R, 2) mit M, 3) mit H, 4) mit @ und 5) mit S bezeichnet.
Das Zahlenmaterial findet man im Anhange zusammengestellt.
Ferner sind in der Tafel V die Curven der relativen Gefrierpunktserniedrigungen,
+ die Gefrierpunkte ({) der Lösungen dividirt durch die in 100 Theilen Wasser gelösten
Salzmengen (m) für die molekularen Concentrationen n entworfen und durch den Buchstaben
G kenntlich gemacht. Jeder Theilstrich auf der Abscissenaxe bedeutet ein Grammmolekül
Salz gelöst in 10000 gr. Wasser. Jeder Theilstrich auf der Ordinatenaxe entspricht der
Einheit des Werthes -.10. Die Beobachtungen stammen von Blagden, Rüdorff und de
Coppet. Im Anhange folgt das umgerechnete Zahlenmaterial.
B. Die Beziehungen der relativen Erniedrigungscurven der G-Curven zu den S-Curven.
Bevor wir uns zur Discussion der Curven auf Tafel V wenden, muss die Bezie-
hung der relativen Gefrierpunktserniedrigungen zu den relativen Spannkraftserniedrigun-
gen auseinandergesetzt werden. Scheidet sich aus einer Lösung beim Erkalten derselben
20*
156 Gustav TAMMANN,
das Lösungsmittel aus, wird dann die Temperatur der Lösung constant erhalten, so ver-
mehrt oder vermindert sich die Menge des ausgeschiedenen Lösungsmittels nicht. Daraus
folgt, dass die Tensionen der Lösung und des festen Lösungsmittels, wenn Gleichgewicht
zwischen beiden eingetreten ist, gleich sind; denn wären diese verschieden, so müsste das
Gleichgewicht gestört werden und die eine Substanz in die andere destilliren. Sind bei der
Temperatur #° die Tensionen der Dämpfe aus überkaltetem Wasser 7 und aus der Lösung
T,, so ist T, gleich der Tension der Dämpfe aus Eis. Sind ferner die Tensionen T und 7,
in ihrer Abhängigkeit von $ bekannt, so liegt, wenn die Gefrierpunkte der Lösungen be-
kannter Concentration gegeben sind, der Berechnung der relativen Spannkraftserniedrigungen о
für die Gefrierpunkte der Lösungen nichts im Wege.
Aus den vor kurzem von W. Fischer ‘) veröffentlichten Tensionsbestimmungen für Eis
0 sehr nahe gleich
.1000 fast gleich der relati-
und überkaltetes Wasser geht hervor, dass das Verhältniss von
ТАМ
Tm
ven Gefrierpunktserniedrigung 2.10. W. Fischer giebt für die Abhängigkeit der Dampf-
t ist. Demnach ist die relative Spannkraftserniedrigung
tensionen über Wasser (p) und über Eis (P) von der Temperatur die Formeln:
р = 4,628 + 0,325354 + 0,0087051?
Р = 4,641 + 0,37190# + 0,01104162.
Aus diesen Formeln ergiebt sich für die um ganze Grade wachsenden Temperaturen
1,100 wie folgt:
das Verhältniss von Ti
19 9, 89, 140), ze ge ge, 10
0,73:10/88::0;9440 99% 00 1.02: 024 02/41/00 0,95:
Man bemerkt, dass nur zwischen 0° bis — 2° das Verhältniss = 100 von der
Einheit wesentlich verschieden ist. Doch gelten jene Interpolationsformeln in der Nähe der
Temperatur 0° nicht. Wie man bemerkt, geben die Interpolationsformeln für den Gefrier-
punkt des Wassers den Dämpfen aus Eis und aus Wasser verschiedene Tensionen.
Berücksichtigt man, dass die von Guldberg?) und Koléëek*) für sehr verdünnte
Lösungen angestellte Rechnung die Gleichung 08 = Е ergiebt, und dass, wie wir
später sehen werden, diese Beziehung durch die Beobachtung bestätigt wird, so erscheint die
Annahme: bei derselben Temperatur sind die relativen Gefrierpunktserniedrigungen mal 10
nahe gleich den relativen Spannkraftserniedrigungen mal 1000, gerechtfertigt. Ich werde im
Folgenden jeden Punkt der G-Curven als die relative Spannkraftserniedrigung bei der Tem-
peratur des Gefrierpunktes der Lösung betrachten.
1) W. Fischer, Wied. Ann. B. 28, p. 400. 1886. 3) Kolätek, Wied. Ann. В. 15, р. 38, 1882.
2) Guldberg, Compt. rend. T. 70, p. 1349, 1870.
Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 157
1) Die Veränderung der relativen Spannkraftserniedrigungen beim Wechsel der Temperatur.
Die relativen Spannkraftserniedrigungen aller bis jetzt untersuchten Salze verändern
sich mit der Temperatur. Die Grösse dieser Veränderlichkeit ist bei verschiedenen Sub-
stanzen sehr verschieden. Bei Besichtigung der Tafel V fällt der Parallelismus der
Curven für 100° (S-Curven) und der für niedere Temperaturen (Curven R, H und M) auf.
Auch die Curven für 70° (@) verlaufen den S-Curven parallel. Ich glaube aus diesen Be-
funden entnehmen zu dürfen, dass sich die relativen Erniedrigungen aller concentrirteren
Lösungen einer Substanz bei gleicher Temperaturveränderung um den gleichen absoluten
Betrag ändern, nur für verdünnte Lösungen, von der Molekularconcentration n = 0 bis
n — 2 gilt diese Regel nicht.
Für sehr verdünnte Lösungen, die bei weiterer Verdünnung keine Wärme entwickeln
oder binden, fordert die Theorie die Unabhängigkeit der relativen Spannkraftserniedrigungen
von der Temperatur. Dieser Forderung G. Kirchhoff’s trat А. Wüllner') entgegen. Ge-
stützt auf sein Beobachtungsmaterial behauptete er, dass, wenn die Temperatur verschieden
concentrirter Lösungen um den gleichen Betrag geändert wird, die procentische Verände-
rung der Werthe в. für alle Lösungen einer Substanz gleich ist. Diese Ansicht Wüllner’s
folgt mit Nothwendigkeit aus dem von ihm aufgestellten Proportionalitätsgesetze (— 1=0)
Da wir früher die Ungültigkeit jenes Gesetzes erkannten, so fällt die Stütze der Wüllner’-
schen Ansichten. à
Lösungen, deren Verdünnungswärmen Null sind, sind bisher nicht untersucht worden;
für diese die Unveränderlichkeit der relativen Spannkraftserniedrigungen bei variabler Tem-
peratur auch nur bis auf 1%, ihres Werthes nachzuweisen, ist fast unmöglich. Es bleibt
also nichts anderes übrig als aus dem Verlaufe der u-Curven die Werthe p für sehr ver-
dünnte Lösungen zu extrapoliren. Gelingt es uns nachzuweisen, dass die w-Curven für
verschiedene Temperaturen gegen den Abscissenwerth и = 0 convergiren, so erscheint die
Kirchhoff’sche Regel wahrscheinlich.
Ein Blick auf die Tafel lehrt, dass für Schwefelsäure (H,SO,) und Chlornatrium
(NaCl) die Curven von V.Regnault und R. v. Helmholtz (H) mit den S-Curven deutlich
convergiren, und berücksichtigt man, dass die Concentration der von R. v. Helmholtz un-
tersuchten Schwefelsäurelösung zu gering angegeben ist, so kann man die Schnittpunkte der
Curven für 20°C. und 100°C. bei и = 0 annehmen. Auch die Bestimmungen Moser’s für
Jodcadmium (CdJ,) und Zinksulfat (ZnSO,) weisen darauf hin, dass die relativen Erniedri-
gungen sehr verdünnter Lösungen bei 30° und 100° von einander nicht verschieden sind.
Ferner widersprechen die relativen Erniedrigungen bei 70° (siehe das Zeichen &),
wenn man die Fehlerhaftigkeit meiner früheren Messungen berücksichtigt, der Kirchhoff-
schen Regel nicht.
1) Wüllner, Pogg. Ann. B. 105, p. 89, 1858,
158 GUSTAV TAMMANN,
Schliesslich sind noch die Ergebnisse der Gefrierpunktsbestimmungen zu verwerthen.
Indem Guldberg') voraussetzte, dass die relativen Spannkraftserniedrigungen verdünnter
Lösungen mit der Temperatur sich nicht ändern, leitete er für die relativen Spannkrafts-
und Gefrierpunktserniedrigungen sehr verdünnter Lösungen folgende Beziehung ab:
104,5 = и.
Findet man diese Gleichung durch die Resultate der Beobachtungen befriedigt, so ge-
winnt Kirchhoff’s Regel eine neue Stütze. Im Folgenden gebe ich das Verhältniss der
relativen Gefrierpunktserniedrigungen zu den relativen Spannkraftserniedrigungen bei 100°
für die Concentration n = 0, beide extrapolirt aus dem Verlaufe der G- und S-Curven.
Die folgende Zusammenstellung der Quotienten nn für 40 Salze kann, wenn man die
Messungsfehler in Betracht zieht, nur als eine Bestätigung der Kirchhoff’schen Regel an-
gesehen werden.
KCI KBr KJ KCNS KNO,
О о 0 05 110 95
NH,CI NHONS NHNO, = \
110 110 105
NaCl NaBr № NaNO, NaCOOCH,
102 105 — 105 105 114
№ НО KHO K,CrO, K,CO, №00, №50, (NH,)SO, H,SO,
113 90 87 113 108 125 120 104
Саб, SrC, BaCl, Mg(NO,), CaNO,, ЭМО), Ba(NO,),
108 LIN 08 190 123 111 107 128
Са) бб, мо, Ni(NO,, Zu(NO,), Само), Pb(NO,),
бур W103 115 120 118 124
MgSO, FeSO, Zn$O, CusSO, MnSO,
94 80 105 110 100.
Zu einem ganz ähnlichen Resultate gelangen wir beim Vergleich der relativen Spann-
kraftserniedrigungen für die Concentration n = 0,5 und der relativen molekularen Gefrier-
punktserniedrigungen für Lösungen, die 1 Theil Salz in 100 Theilen Wasser enthalten.
Die folgende Tabelle enthält erstens die relativen molekularen Gefrierpunktserniedrigungen
-M.10 nach Raoult?), zweitens die relativen molekularen Spannkraftserniedrigungen, be-
1) Guldberg, Compt. rend. Т. 70, р. 1349, 1870.
2) Raoult, Ann. chim. phys. (5) Т, 28, р. 137, 1883. (6) T. 2, pp. 82, 84, 101, 116, 1884.
Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 159
rechnet aus den Erniedrigungen für n = 0,5 (siehe die Interpolationsformeln). Man ersieht,
dass die Werthe von Raoult in 61 Fällen grösser, in nur 6 Fällen kleiner als die relativen
molekularen Spannkraftserniedrigungen sind. Man bemerke ferner, dass nur in zwei Fällen
(KHO, K;CrO,) die Befunde Rüdorff’s und Raoult’s darin übereinstimmen, dass die rela-
tiven molekularen Spannkraftserniedrigungen grösser als die relativen molekularen Gefrier-
punktserniedrigungen sind. Im Allgemeinen sind die relativen molekularen Gefrierpunkts-
erniedrigungen grösser ausgefallen, als die Theorie es verlangt. Doch kann man aus diesen
Befunden keine Bedenken gegen die Theorie ableiten, denn die Lösungen, für welche die
Werthe в.М gelten, sind 2—15 Mal concentrirter als die, für welche die relativen
molekularen Gefrierpunktserniedrigungen bestimmt sind. Auch genügen die verglichenen
Concentrationen m = 1 und я = 0,5 sicher nicht den Anforderungen Kirchhoff’s; beide
werden in allen Fällen deutlich wahrnehmbare Verdünnungswärmen besitzen. Aus den Con-
centrationsverhältnissen der verglichenen Lösungen folgt, dass die relativen molekularen
Gefrierpunktserniedrigungen aller Salze, die durch Wasser zerlegt werden, deren relative
Erniedrigungen mit wachsender Verdünnung stark zunehmen, viel grösser sein werden als
die relativen molekularen Spannkraftserniedrigungen für viel concentrirtere Lösungen. An
Beispielen dieser Art ist die folgende Tabelle nicht arm, man beachte die Erniedrigungen
der Salze Na,B,0,, AL(SO,),, AICL, Ва(С.Н.О.)., Na,P,0,, KHSO,.
Ebenso wären die grossen Abweichungen beim BaH,0, und H,PO, zu erklären, man
ist gezwungen für diese beiden Substanzen eine Bildung von Doppelmolekülen in concen-
trirteren Lösungen anzunehmen.
Formuliren wir das Resultat obiger Untersuchungen: die Beobachtungen deuten
darauf hin, dass beim Wechsel der Temperatur sich die relativen Spannkraftserniedrigungen
verdünnter Lösungen nicht verändern.
ЕЕ
160 Gustav TAMMANN,
Ba(C103)
Ba(NO;),........ on.
SHNO a ee
Ca(N0;)
Pb(NO,),
Ва(С,Н,0,), ...
ВЫ. 05) 2... ен
BaCL ......
+
=
млн =
PD ©
NasPO, a. Ы ei
Ма O7 HER EE PERLE
ЕЕ
ЕЕ
2. Die Bildungswärme gesättigter Lösungen und deren Einfluss auf die Abhängigkeit der relativen Spann-
kraftserniedrigungen von der Temperatur.
Ist die Bildungwärme einer gesättigten Lösung positiv, so nehmen die relativen Spann-
kraftserniedrigungen derselben mit wachsender Temperatur ab, und nehmen diese mit der
Temperatur zu, so ist die Bildungswärme der gesättigten Lösung negativ.
Um diese Forderung der Theorie mit den Resultaten der Beobachtungen vergleichen
zu können, muss man aus dem Verlaufe der u-Ourven (Tafel У) die relativen Spann-
krafserniedrigungen für gesättigte Lösungen extrapoliren. Eine solche Extrapolation scheint
um so mehr erlaubt, als wir früher sahen, das die u-Ourven für verschiedene Temperatur
von der Abreisse n — 2 einander parallel verlaufen. Da es hier nur auf eine qualitative
Die DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 161
Prüfung der Forderungen Kirchhoff’s ankommt, so habe ich die Extrapolation für gesät-
tigte Lösungen nicht ausgeführt, sondern werde aus der Lage der genügend verlängerten
Curven auf die Aenderung der relativen Spannkraftserniedrigungen gesättigter Lösungen
beim Wechsel der Temperatur schliessen.
Bei der Betrachtung der Tafel V fällt sofort auf, dass die relativen Spannkraftsernie-
drigungen mehrerer Salze, die unter Wärmeabsorption gesättigte Lösungen bilden, mit
‚ wachsender Temperatur abnehmen. Diese Wiedersprüche zwischen der Erfahrung und der
Theorie sind nur scheinbar, denn die Bildungswärmen der Lösungen sind Functionen der
Temperatur, und berücksichtigt man die für diese Abhängigkeit der Bildungswärmen be-
kannten Regeln, so findet man in keinem Falle die Resultate der Beobachtungen den For-
derungen der Theorie widersprechend.
Ueber die Aenderung der Lösungswärmen beim Wechsel der Temperatur äussert sich
J. Thomsen!) wie folgt: «Die Wärmetönung bei der Lösung wasserfreier Salze wächst mit
der Temperatur. Wenn sich das Salz unter Wärmeabsorption in Wasser löst, wird demnach
die Absorption geringer bei höherer Temperatur; ist dagegen die Lösung von einer Wärme-
entwicklung begleitet, dann wird diese grösser bei höherer Temperatur».
Für jede gesättigte Lösung giebt es eine Temperatur, unterhalb der jene nicht mehr
als Flüssigkeit bestehen kann, sondern zu einem festen Körper wird; ist bei dieser Tempe-
ratur die Bildungswärme der gesättigten Lösung positiv, so bleibt sie auch bei allen höheren
Temperaturen positiv. Demnach müssen für solche Salze die relativen Spannkraftserniedri-
gungen stets mit wachsender Temperatur abnehmen, und wirklich, es ist mir nicht gelun-
gen, auch nur eine Ausnahme von obiger Regel zu constatiren.
Ist die Bildungswärme einer gesättigten Lösung negativ, so kann sie bei höheren Tem-
peraturen positiv werden, und die der positiven Wärmetönung entsprechende Abnahme der
relativen Spannkraftserniedrigungen kann grösser als die der negativen Wärmetönung ent-
sprechende Zunahme werden, und in der That nehmen die relativen Spannkraftserniedri-
gungen der gesättigten Lösungen, die sich bei 20°C unter Wärmebindung bilden, mit
wachsender Temperatur sowohl zu als auch ab.
Da nach J. Thomsen in fast allen Fällen die Verdünnungswärmen der Lösungen sich
betreffs ihres Vorzeichens nach dem der Lösungswärmen richten, und da die u-Curven ver-
schiedener Temperaturen parallel zu verlaufen scheinen, so gelten die obigen Regeln mit
wenigen Ausnahmen auch für die Verdünnungswärmen der Lösungen. Ein näheres Einge-
hen auf die Beziehungen der Verdünnungswärmen zu den Veränderungen der relativen
Spannkraftserniedrigungen mir versparend, wende ich mich zu den Einzelnheiten obiger
Verallgemeinerungen.
Die Resultate der Beobachtungen waren früher den Folgerungen Kirchhoff’s nicht
günstig. Zwar fand Kirchhoff, dass die aus seinen Formeln berechneten Tensionen der
1) J. Thomsen. Thermochem. Untersch. B. I, p. 8.
Mémoires de l'Acad. Гар. des sciences. VIIme Serie. 21
162 Gustav TAMMANN,
Schwefelsäurelösungen genügend mit den Beobachtungen Regnault’s übereinstimmen, doch
fand Wüllner die Kirchhoff’schen Regeln durch seine Messungen nicht bestätigt. Es fol-
gen hier die Resultate Wüllner’s: Die relativen Spannkraftserniedrigungen für gesättigte
Lösungen des KHO +, NaHO +, NaSO, + und NaCl sind unabhängig von der Temperatur,
bei wachsenden Temperaturen nehmen sie zu für die Lösungen des КС] —,`КМО, — und
NaNO,-, und ab für die Lösungen des K,SO, — und CaCI, +. Um die Uebersicht über die
Beziehung der Wüllner’schen Befunde zu den Bildungswärmen gesättigter Lösungen zu
erleichtern, sind den Formeln die Vorzeichen der Bildungswärmen beigefügt. |
Die Resultate meiner früheren Messungen habe ich damals falsch gedeutet, darum
gebe ich hier dieselben nochmals. Streng genommen gilt das Folgende, da die Lösungen
nicht gesättigt waren, für die Verdünnungswärmen, da aber die Veränderungen der relativen
Spannkraftserniedrigungen gesättigter und concentrirter Lösungen wahrscheinlich gleich
sind, so glaube ich die Befunde für die concentrirtesten der untersuchten Lösungen auch
auf die gesättigten Lösungen ausdehnen zu dürfen.
1. Salze, deren gesättigte Lösung sich unter Wärmeentwicklung bildet.
Die relativen Spannkraftserniedrigungen dieser Salze nehmen, wie die Theorie es for-
dert, mit wachsender Temperatur ab.
Die Salze sind:
К.СО:, Na,CO;, Na,S0,
LCL Лава Ir) М, 1250,
SrCl,, CaCL, MeCl,, . BaBr,, SrBr,' Cabr,, . MeBr,;
Al,(SO,),, BeSO,, MgSO,, FeSO,, NiSO,, CoSO,, MnSO,, ZnSO,, CusO,.
Nur bei drei Salzen, dem NaBr, NaJ und BaC], bleibt man im Zweifel, ob die relativen
Spannkraftserniedrigungen mit der Temperatur zunehmen oder abnehmen. Späterhin werden
wir sehen, dass auch für diese Salze andere Beobachtungen die Abnahme der relativen
Spannkraftserniedrigungen mit wachsender Temperatur zweifellos darlegen.
2. Salze, deren gesättigte Lösungen sich bai 20° unter Wärmeabsorption bilden.
Wie die Theorie es fordert, nehmen bei folgenden Salzen die relativen Spannkraftser-
niedrigungen mit der Temperatur zu:
KBr, KJ, KONS, KNO,, KCI0,, K,S0,, NaNO,, und NH,Cl.
Bei anderen Salzen scheinen die relativen Spannkraftserniedrigungen mit der Tem-
peratur erst zu- dann abzunehmen, und wäre damit ein Wechsel der Vorzeichen für die Bil-
dungs- und Verdünnungswärmen angezeigt. Die Salze sind:
КС, RbCl, CsCl, NaClO,, NH,Br und K,CrO,.
ОО NAN RER 7
& 4 LE у 17
Оте DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 163
Betrachtet man auf der Tabelle У die relativen Spannkraftserniedrigungscurven bei
70—73° (©), so findet man, so weit es die Fehlerhaftigkeit der früheren Bestimmungen
zulässt, obige Regeln bestätigt.
Im Folgenden sollen jene Regeln durch andere Beobachtungen bestätigt und erweitert
werden. Vergleicht man die Lage der relativen Spannkraftserniedrigungscurven für 100°
mit der der Curven г-н 20° bis + 30°, so findet man die relativen Spannkraftserniedri-
gungen für Schwefelsäure, Zinkchlorid, Zink und Kupfersulfat mit wachsender Temperatur
abnehmend; es bilden sich die gesättigten Lösungen dieser vier Substanzen, wie die Theorie
es fordert unter Wärmeentwicklung.
Ferner sind die relativen Spannkraftserniedrigungen der CdJ,-Lösungen bei 30° und
100° einander gleich und die der Kochsalzlösungen bei 100° kleiner als bei 30°. Da diese bei-
den Salze bei 20° unter Wärmeabsorption gesättigte Lösungen bilden, so muss, wenn die Be-
obachtungen richtig sind, bei einer Temperatur über 20° das Vorzeichen der Bildungswärmen
ihrer gesättigten Lösungen wechseln.
Vergleichen wir ferner die Grösse der aus den Gefrierpunkten berechneten relativen
Spannkraftserniedrigungen, die Ordinaten der G-Curven mit den relativen Spannkraftsernie-
drigungen bei 100°, den Ordinaten der S-Curven, so findet man für alle Salze, die sich
unter positiver Wärmetönung lösen, die S-Curven von den G-Curven in ihrem ganzen Ver-
laufe überlagert; die Salze sind:
CH,COONa, NaJ, NaBr, KHO, NaHO
K,CO;, H,SO,
BaC],, SrC],, CaCl,, Mg(NO;),, CoCl,, NiCl,, CdJ,, Zn(NO;),, CA(NO,),, Ni(NO;),
Mg$0,, CuSO,, ZnSO, MnSO,, FeSO,.
Nur bei zwei Salzen, Na,CO, und Na,SO, bleibt man im Zweifel, ob die relativen Spannkrafts-
erniedrigungen der gesättigten Lösungen unter Null kleiner oder grösser sind als die bei 100°.
Die relativen Spannkraftserniedrigungen der Salze, die sich bei + 20° unter negativer
Wärmetönung lösen, sind für gesättigte Lösungen unter Null kleiner als bei 100°; die Salze
sind:
KCI, KBr, KJ, KNO,, КСМ, NaNO,, NH,NO,
Sr(NO:) , Ba(NO.) , Pb(NO,),,
aber bei vier Salzen (NaCl, NH,ClI, (NH,),SO,, K,SO,) sind die relativen Spannkraftsernie-
drigungen unter Null grösser als die bei + 100°. Es ist demnach wahrscheinlich, dass
die genannten vier Salze unter 0° bei Bildung der gesättigten Lösung Wärme entwickeln.
Die Bildungswärme der Lösungen scheint sich ausserordentlich stark mit der Temperatur
zu verändern, so wäre zum Beispiel die Wärmetönung bei Bildung der gesättigten Kochsalz-
lösung unter 0° positiv, dann bis ungefähr + 50° negativ und schliesslich über -+ 50° wie-
derum positiv.
21*
164 Gustav TAMMANN, —
Das Resultat dieser Untersuchung ist den Forderungen Kirchhoff’s durchaus günstig,
für 50 Salze stimmen die Forderungen der Theorie mit den Befunden der Beobachtungen
überein, die vier constatirten Ausnahmen sind wohl nur scheinbar.
Zum Schlusse dieses Capitels sei mir noch gestattet darauf aufmerksam zu machen,
dass, wenn sich wirklich der angedeutete Parallelismus der u-Curven als allgemein stattfin-
dend herausstellen sollte, man aus der Gestalt der G-Curve einen Schluss auf die Bildungs-
wärmen der gesättigten Lösungen zwischen 0 und — £° ziehen kann. Divergiren die G-
und S-Curven, so ist die Bildungswärme der Lösungen unter 0° positiv, schneiden sich die-
selben und divergiren dann im ferneren Verlaufe, so ist die Bildungswärme negativ, und
laufen beide Curven parallel, sokönnen die Bildungswärmen der gesättigten Lösungen inner-
halb der bezeichneten Temperaturen nur gering sein.
Eine Betrachtung der Tafel V ergiebt zahlreiche Beispiele.
Ko Anhang
enthaltend die zur Construction der Curven Tafel V verwandten Messungen.
1) Die Messungen für Schwefelsäurelösungen nach Regnault:
Ann. chim. et phys. (3). T. 15, р. 179, 1845.
M — H,SO,
т 3,27 5,05 6,17 7,94 111 13,89
u bei 20°: 5,224 5,896 6,237 6,580 6,126 5,771
u bei 35°: 5,268 6,045 6,195 6,382 6,022 5,674
2) Die Messungen für Schwefelsäurelösungen nach R. v. Helmholtz:
Wied. Ann. B. 27, pp. 532, 536. 1886.
M=H,S0,
n тт 3,27 5,05
и bei 20°: 4,320 bei 2093 : 5,390 bei 1999 : 6,057
и bei 35°1: 4,136
Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN.
Messungen für Chlornatriumlösungen nach В. у. Helmholtz:
п 2,531
3,776
6,1
25
и bei 3055: 5,941 bei 3091 : 6,295 bei 2950 : 6,808
3) Die Bestimmungen von I. Moser. Wied. Ann. В. 14, р. 76, 1881.
ZnSo, М = 160,9 t= 31,55
п 1,554 3,108
7101, М = 135,61 = 17,61
n 1,844 3,687 5,531 7,375 9,218
pe 3,268 3,335 3,905 4,269 4,478
CdJ, М = 364,8 # = 31,55
п 0,274 0,548 1,097 2,193
и 0,608 0,468 0,567 0,614
и
1,254 1,866
165
CuSO, М= 159,2 #= 31,55
N
м
1,570
1,123
4) Meine früheren Messungen bei 70° — 73°. Wied. Ann. В. 24, р. 523.
ñn [03 п
KCI 1,857 4,32 NaCl 2,53
Т = 249,5 3,591 4,42 T=2459 3,76
3,675 4,58 6,11
KBr 2,07 2,53 NaBr 1,77
Т=2428 2,98 2,64 Т= 2437 3,11
3,75 2,76 3,99
5,77 2,61 5,61
KJ 2,17 2,05 NaNO; 1,79
T=2509 4,02 2,11 Т= 2540 3,09
5,81 2,18 Sr
10,7
KONS 2,11 3,07 re ne
T=2567 4,65 3,82 ne She в EN
5,30 3,33 . й
8,40 3,25 K,S0, 0,68
T=2753 0,84
KF 1,47 5,39
T—268,5 3,34 5,95 K,CrO, 1,30
9,44 7,06 T—259,2 19
12,66 7,16 2,51
KNO, 1,26 2,79 K,C0; 1,69
Т= 265,3 4,07 1,67 T=2%43 3,22
8,51 1,74 5,33
11,4 1,73 7,79
be
5,82
6,42
6,74
3,33
3,75
3,93
4,18
3,60
3,48
3,39
2,88
5,75
5,87
1,64
1,45
1,90
2,04
2,20
3,22
3,66
4,24
4,51
Na,S0,
Т= 239,7
Na,C0;
T = 258,4
(NH,)S0,
T = 235,8
BaC],
Т= 240,5
SrCl,
T = 244,7
CaCL,
Т= 243,2
N
1,42
2,63
3,44
0,96
2,07
2,61
3,28
1,05
2,49
2,52
3,10
0,54
1,52
1,99
0,62
1,42
2,03
0,73
1,30
1,52
2,73
La aa tre en, Ya
166 Gustav TAMMANN,
п m n m m be.
Mg$0, 0,81 1,50 NH, Br 1,48 2,94 BaBr, 0,90 1,69 .
Т= 2460 1,54 1,54 T—9222 92,95 3,26 DE 2585 . (178 N om
1,63 1,52 5,68 3,14 2,51 2,18
2,04 1,70 6,22 3,26 3,58 2,40
7080 - 1,93 1,12
+ : Lil 1,78 8,22 DE GS ne
T—9441 3,3 1,58 ae 5
T=2545 3,04 9,63 Rene 250
CuSO, 1,28 1,15 4,47 10,87 2,21 3,01
Т= 234,4 1,75 1,04 5,98 11,84 у 3,43 3,65
Fes0, 1,51 1,42 CaBr, 1,16 3,06
T=2344 2,86 1,48 Е Libr 27 50 ее 5
— 248,9 3,51 5,29
RbCI 1,25 2,63 ; : BEN > Se
#51 ie 4,15 4,78
T—9426 2,90 2,69 691 6.58
a a ' MeB 0,90 2,92 ani i
Г
6,34 2,94 er
LiJ 0,80 2,85 Т= 2600 148. 3,50
Na,8,0, 192 9,64 7=2536 2,16 3,26 2,13 4,00
T—2619 2,05 2,55 3,50 3,91 316 5,16
3,21 2,74 3,83 3,98
186 31 BeSO, 1,29 1,73
LiNO, 21 5.87 T=2553 2,6 1,84
№010, 2,32 3,17 а не 3,21 2,63 та
Т=2468 5,00 3,12 8,56 BE 4,93 2,76
8,12 Ре 12,11 6,00
12,86 2,62 |
5) Die zur Construction der G-Curven Tafel У verwandten Gefrierpunktsbestim-
mungen von Blagden!), Rüdorff?) und de Coppet?).
n = 10 n — 10 n + 10
Kol 0,856 4,47 KONS 0,516 3,20 K,C0; 0,145 3,00
Coppet 1,712 4,59 Rüdorf 1,032 3,25 | Copret 0,725 3,20
2,853 4,57 2,064 3,25 1,449 3,38 :
3,096 3,18 2,174 3,72 Я
KBr 0,399 2,95 2,898 4,20 |
Rüdorff 1,668 2,90 KNO, 0,099 2,50 CU 3,623 4,69
_ 2,618 2,90 Coppet 0,396 2,75 4,347 5,27 RP 3
0,594 2,67 de |
KJ 0,624 0,212 de os K,S0, 0,230 2,25
Rüdorff 1,585 0,211 Coppet 0,345 2,25 - i и
3,511 0,211 и. а 0,402 2,81 j
1) Blagden. Phil. trans. 78, p. 277, 1788. 8) de Cop pet. Ann. chim. et phys. (4) Т. 23, р. 366,
2) Rüdorff. Росс. Ann, В. 114, р. 63, 1861. В. 116, | 1871. Т. 25, р. 502, 1872. Т. 26, р. 98, 1872.
р. 55, 1862. В. 145, р. 599, 1871.
K,CrO,
Rüdorff
KOH
Coppet
NaJ
Rüdorff
NaCl
Coppet
NaBr
Rüdorff
NaNO;
Coppet
CH3COONa
Rüdorff
1,412
2,354
3,531.
4,708
5,885
0,420
0,679
1,253
1,732
2,129
Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN.
Na,S0,
Coppet
NaHO
Coppet
NH,CI
Coppet
NH,CNS
Rüdorff
Coppet
(МН.),50.
Coppet
H,$0,
Rüdorff
CaC],
Rüdorff
SrCl,
Rüdorff
BaC],
Coppet
Ms(NO,),
Rüdorff
Ca(NO,;),
Rüdorff
Sr(NO3),
Coppet
NH,NO,
Coppet
Ba(NO,),
Coppet
CoCl,
Rüdorff
168 Gustav TAMMANN,
п ha 10 N = 10 N ых 10
NiCl, 0,403 3,84 Zu(NO,), — 0,359 2,65 CuSO, 0,388 1,17
Rüdorf 0,772 4,40 Rüdorff 0,667 2,81 Coppet :0:750 Sala
1,111 5,94 0,935 3,03 1,088 1,21
’ 1,985 6,66 1,194 3,25 1,405 1,25
Cd(NO4 0,198 1,92 205 ni
сах, 0,274 0,50 Rüdorff 0,462 2,11
Rüdorf 0,548 0,55 0,797 2,23 MnSO, 0,435 1,07
0,987 0,61 1,034 2,42 Rüdorf 0,843 И
1,261 0,66 1,448 2,53 1,227 1,27
1,370 0,68 о ae ne 1,590 1,40
2,254 2,03
Coppet 0,737 1,67
Ni(NO,), 0,332 2,64 1,349 1,79
Rüdorf 0,642 2,90 FeSO, 0,344 1,13
0,930 3,15 2150, 0,94 4,11 Blagden 0,808 1,02
1,200 3,38 a В HP 1,262 1,16
2,065 1,54
2,423 1,81
УП. Die relativen Spannkraftserniedrigungen und die osmoti-
schen Coefficienten.
Sind das Lösungsmittel und die Lösung einer Substanz in demselben durch eine Mem-
bran von einander getrennt, und vermag nur das Lösungsmittel, nicht aber die gelöste Sub-
stanz, die trennende Membran zu durchdringen, so wird in der Zeiteinheit durch die Flä-
cheneinheit der Membran eine bestimmte Menge des Lösungsmittels, die im Folgenden als
der osmotische Coefficient der Lösung bezeichnet werden soll, dringen.
Seit der Entdeckung der Osmose hat man sich vielfach bemüht, einen Zusammenhang
zwischen der ins Osmometer einströmenden Wassermenge und der im Osmometer vorhan-
denen Substanz zu finden. Da man jedoch die osmotischen Vorgänge von denen der Diffu-
sion nicht genügend trennte, so konnten die Versuchsresultate keine Constanten ergeben.
Alle die früher angewandten die Lösung vom Wasser trennenden Häute waren für den ge-
lösten Stoff permeabel, man hatte also sowohl an der Aussen- als auch an der Innenwand der
Membran Lösungen, und maass nicht, wie man es beabsichtigte, die Anziehung der gelösten
Substanz zum Wasser, sondern beschäftigte sich mit einer höchst complicirten Erscheinung,
aus der man weder den osmotischen noch den Diffusionscoefficienten abzuleiten im Stande
war.
Dre DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 169
Erst Traube‘) gelang es in den Niederschlagsmembranen Häute, die für manche ge-
lösten Stoffe undurchlässig sind, zu gewinnen. Die ersten quantitativen osmotischen Ver-
suche mit Zellwänden, die oben gestellten Anforderungen genügen, rühren von Pfeffer?)
her. Dieser bestimmte die Menge der Cubikcentimeter Wasser, die in eine Zelle begrenzt
von einer Niederschlagsmembran strömten, wenn die Zelle eine bekannte Lösung von Zucker,
Gummi oder flüssigem Leim enthielt. Die Arbeit Pfeffer’s beschäftigt sich hauptsächlich
mit physiologischen Problemen, darnach ist auch die Auswahl der untersuchten Stoffe ge-
troffen.
Den Zusammenhang zwischen den osmotischen Coefficienten und den Spannkraftser-
niedrigungen zu erforschen, habe ich mir zur Aufgabe gemacht. Es folgen einige Vorver-
suche, die in einer Thonzelle mit aufgelagerter Ferrocyankupfermembran angestellt wurden.
Ueber die Einzelheiten der Versuchsanordnung siehe die Abhandlung Pfeffer’s.
Alle im Folgenden aufgeführten Stoffe vermögen nur in kaum nachweisbaren Spu-
ren, das wolframsaure Natron gar nicht, die Zellwand zu durchdringen. Nach der Ausfüh-
rung der beiden ersten Versuche ward in die Zelle die Lösung von wolframsaurem Natron
gebracht; wie man an der Aenderung der osmotischen Coefficienten sieht, hatte sich nach
Einwirkung jener Lösung auf die Ferrocyankupfermembran diese stark verändert, dieselbe
war nicht.nur theilweise gelöst, sondern es hatte sich auch wolframsaures Kupfer auf oder
in derselben niedergeschlagen, in Folge dessen beziehen sich die folgenden 6 letzten Versuche
auf eine ganz anders beschaffene Membran als die beiden ersten Versuche. Unter der wahr-
scheinlich nicht ganz zulässigen Voraussetzung, dass die Menge des eindringenden Wassers
unter sonst gleichen Umständen proportional der Concentration der Lösung wächst, wurden
die in der Colonne III enthaltenen osmotischen Coefficienten auf die molekulare Concentra-
tion n = 0,5 reducirt.
Aie р von der Mole- | so drangen in [Die Temperatur
Befand eich in der Zelle |. einer Minute in| des die Zelle
eine Lösung Е die Zelle СЪс.| umgebenden
tration n
Wasser. Wassers.
Osmotischer
Coefficient für
n = 0,5.
T—T, bei100°
für п = 0,5.
Schwefelsaures Ammon ..... 1,927
Schwefelsaures Kali ........ 0,423 1,939 17,8
Wolframsaures Natron...... 0,408 2,502 16,2
Schwefelsaures Ammon ..... 0,423 2,454 14,8
Rohrzucker ........... sales 0,462 1,592 16,7
Traubenzucker ........... , 0,464 1,676 16,5
Citronensäure ........... 08 0,415 1,879 16,0
Weinsäure ............ о 0,411 1,568 17,3
1) Traube. Archiv für Anat. und Physiol. von du 2) Osmotische Untersuchungen von W. Pfeffer.
Bois-Reymond und Reichert 1867 p. 87. 1877.
Mémoires de l’Acad, Пар. des sciences, УПше Serie. hi 29
170 GUSTAV TAMMANN,
Wie zu erwarten war, ist das Verhältniss der molekularen Spannkraftserniedrigungen
bei 100° C. zu den osmotischen Coefficienten bei 17° C. nicht immer dasselbe, denn weder
sind die Temperaturen noch die Concentrationen der verglichenen Lösungen gleich. Doch er-
scheint durch jene Versuche die nahe Verwandtschaft beider Constanten als erwiesen.
Das obige Vergleichsmaterial lässt sich auf Grundlage der von H. de Vries') unter-
suchten Einwirkung der Lösungen auf lebende Pflanzenzellen erweitern. Aus seinen Unter-
suchungen leitete H. de Vries die isotonischen Coefficienten, deren Bedeutung im Folgen-
den auseinander gesetzt werden soll, ab, und verglich zuerst jene mit den molekularen
Gefrierpunktserniedrigungen. À
Bringt man eine lebende Zelle in еше Salzlösung, so tritt, wenn die Lösung eine ge-
wisse Concentration überschreitet, eine Contraction des Protoplasten der Zelle ein, diejeni-
gen Concentrationen der Lösungen, welche eben erst eine sehr geringe Contraction des
Protoplasten bewirken, nennt H. de Vries isotonische Concentrationen. Diese hat H. de
Vries nach zwei Methoden bestimmt. Die eine, welche den Beginn'der Contraction bei Be-
rührung der lebenden Zelle mit der Salzlösung zu beobachten gestattet, nennt er die Me-
thode der Plasmolyse. Um nach der Methode der Gewebespannung die isotonischen Con-
centrationen zu bestimmen, verfährt de Vries wie folgt. Spaltet man den Gipfel eines Spros-
sen der Länge nach in vier gleiche Theile, so krümmen sich diese augenblicklich, indem
sich das Mark verlängert; legt man solch einen Streifen in reines Wasser, so nehmen die
Markzellen Wasser auf, diese dehnen sich aus, und der Streifen wird zur Spirale; legt man
den Streifen in eine Salzlösung, so entzieht diese den Markzellen mehr Wasser als den an-
deren Zellen, jene verringern also ihr Volumen stärker, und in Folge dessen rollt sich die
Spirale auf. Sucht man diejenigen Concentrationen der Salzlösungen auf, in denen sich die
Streifen weder stärker krümmen noch ihre Krümmung zu verlieren beginnen, so erhält man
abermals die isotonischen Concentrationen der Lösungen.
Wird eine Zelle plasmolysirt, das heisst, contrahirt sich durch Wirkung einer Lösung
der Protoplast der Zelle, so wird dem Protoplasten Wasser entzogen. Bekanntlich nimmt
der lebende Protoplast keine fremden Substanzen auf, sondern sucht diese durch Abgabe
von Wasser fort zu schwemmen. Wird nun eine lebende Pflanzenzelle, ein Protoplast umge-
ben von einer für Lösungen permeabeln Zellwand, in eine Lösung gebracht, so muss, wenn
der osmotische Coefficient der umgebenden Lösung grösser ist als der des Protoplasmasaf-
tes, eine Contraction des Protoplasten eintreten; findet das Gegentheil statt, so wird der
Protoplast sich ausdehnen, sich fest an die Wände der Zelle drücken und das Volumen der
Zelle zu vergrössern streben. Der lebende Protoplast dient also, wie bei den Zellen mit Nie-
derschlagsmembranen, als für die gelöste Substanz undurchdringliche Zellwand und zugleich
als Indicator für die Richtung des osmotischen Stromes.
1) Н. de Vries. Jahrbücher für Botanik von Pringsheim В. XIV, р. 427, 1884. x
Die DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN. 171
Lösungen isotonischer Concentration, die weder eine Contraction noch Dilatation des
Protoplasten hervorbringen, haben einen osmotischen Coefficienten, der gleich dem des Pro-
toplasmasaftes ist. Nimmt man an, dass für die verdünnten Lösungen, um die es sich hier
handelt, der osmotische Coefficient proportional der gelösten Substanzmenge wächst, so sind
bei ein und derselben Concentration der Lösungen die osmotischen Coefficienten umgekehrt
proportional den isotonischen Concentrationen. Die, wie eben angegeben, aus den isotonischen
Concentrationen berechneten osmotischen Coefficienten sind in folgender Tabelle mit den
relativen molekularen Spannkrafts- und Gefrierpunktserniedrigungen zusammengestellt. Aus-
serdem enthält die Tabelle für jede Substanzgruppe die abgerundeten Mittelwerthe der iso-
tonischen Concentrationen.
n Osmotischer Coefficient | : Molekulare Relative
Piel mal 3000 für п = 0,1 Tolunische Gefrier- molekulare
Name der Substanz. der Concentra- | punktsernie- | Spannkrafts-
> nach der = ее:
Substanz nach dei ae en drigung |erniedrigung
° | Plasmalyse. р ? mal 10. mal 1000.
nung.
Invertzucker "cet. СН. >Ов 188 184 193
Rohrzucker =. .......... CHU 188 184 185
СЕИСО RARE et C;H,0; 198 п = 0,15 187 178
Weinsäure ..... PAGE С.Н оОв 202 195 188
Citronensäure ....... ... СН 0, 202 193 197
Salpetersaures Natron ....| NaNO, 300 337 296
Salpetersaurec Kali ...... KNO, 300 300 308 267
Бока. ее... KCI 300 284 п = 0,1 336 313
Chlornatvsium. .. 2. 0 NaCl 305 351 330
Chlorammonium ......... NH,C1 300 348 313
Essigsaures Kali ......... KC,H,0, 300 345 331
Oxalsaures Kali........ REC 6202 393 450 372
Schwefelsaures Kali. ... K,S0, 390 | 392 п = 0,075 390 851
Weinsaures Kali ......... K,0,H,0, | 399 363 388
Citronensaures Kali ..... K,C,H,0, 501 474 n = 0,060 499
Schwefelsaure Magnesia .. MgSO, 196 | 178 п = 0,15 192 156
Chlormagnesium ......... Мес 433 488 513
Chlorealeium 25. CaCl, 433 en 466 517
Wie man sieht stimmen die relativen molekularen Spannkraftserniedrigungen mit den
osmotischen Coeffieienten bis auf 10%, ihres Werthes überein, doch kommen beim Chlorma-
172 Gustav TAMMANN, От DAMPFTENSIONEN DER LÖSUNGEN.
\
gnesium, Chlorcalcium und Kalisalpeter auch grössere Abweichungen vor. Hierbei ist zu = # he
beachten, dass beide Constanten von der Temperatur und der Concentration der Lösungen Be ae
nicht unabhängig sind; unter einander vergleichbarere Messurgen werden wohl eine bessere Ri, Ei
Uebereinstimmung zeigen. Nue |. | и
Ich erfülle eine angenehme Pflicht, indem ich am Schlusse dieser Arbeit meinem A
hochverehrten Lehrer Professor Dr. Carl Schmidt für die grosse Liberalität danke, mit
der er mir Zeit und Mittel zu meinen Arbeiten gewährte. À | ST
Dorpat im Februar 1887, | | | ER 4
3
4
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290
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210
260
250
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230
220
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Tafel 1.
0
6
10
Fig. ПАШИ
7
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В.
2
8
12
|=
Fig. №. I.
а. Chlorkalium KOl. Nr. 1.
$. Rhodankalium KCNS. Nr. 2.
с, Bromkalium KBr. Nr.8.
d. Jodkalium КУ. Nr.4.
e. Fluorkalium КЕ. Nr.5.
Г. Chlomatrium NaCl. Nr. 6,
9. Rhodannatrium NaONS. Nr.7,
h. Bromnatrium NaBr. Nr.8.
© Jodnatrium NaJ. Nr.9.
А. Fluornatriam МаЕ. Nr. 10,
1. Chlorammonium NH«Cl, Nr. И.
т. Rhodanammoniam NEKONS. Nr. 12.
п. Bromammonium NH«Br. Nr. 18.
о. Jodammoniun NELJ. Nr. 14.
р Chlorlitbium LiCl. Nr. 16.
9. Bromlithium LiBr. Nr. 16.
т. Jodlithium Li. Nr 17,
s, Chlorrubidium RbCl. Nr. 18.
Fig. Nr. И À.
a Kaliumnitrit KNO:. Nr. 19.
b. Kaliumnitrat KNO>. Nr. 20.
с. Kaliumchlorat KCIO:. Nr. 21,
4. Kaliumperchlorat KCIOs Nr. 22.
е. Kal го CBrOs Fr. 28.
Г. a t NaNO:. Nr.25. no
9. Natriumnitrat NaNOs. Nr.26.
р. Natriumchlorat NaClOs. Nr. 27.
à Natriumbromat NaBrOs. Nr. 28.
К. Aunmoniumnitrat NH4NOs. Nr. 81.
1. Lithiumnitrat LiNOs. Nr. 84.
m. Rubidiumnitrat RbNOs. Nr. 86.
Fig. Мг. В.
а. Natriuombisulfat NaHSOs. Мг. 29.
с. Rubidiumbisulfat RbHSOs. Nr. 87.
4. Ammoniumbisulfat NHsHSO,. Nr. 82.
=. Lithiumbisulfat LIHSOs. Nr. 85.
f. Natriumphenolsulfat Na0sHs0S0:. Nr. 30.
9. Borfluorammoniom NH«FBF>. Nr. 88.
A!
er
zus
e. Isobuttersau
f. Valeriansau
|
--]
_Salzeaures 1
b. Salzsaures
Er Le
\
, =
а. Ameisensaures Кай HCOOK. Nr. 38.
b. Essigsaures Kali CHıCOOK. Nr.89.
с. Propionsnt Kali CaH:COOK. Nr. 40.
4. Buttersaures Kali (normal) C:H>COOK. Nr. 41.
e. Isobuttersaures Kali C:H:COOK. Nr.42.
Г. Valeriansaures Kali С. НьСООК. Nr.43.
4. Benzoeseures Kuli CeH:COOK, Nr. 44.
h. Ameisensaures Natron HCOONa. Nr. 45.
i. Essigsaures Natron CH»COONa. Nr. 46.
К Propionsaures Natron C:H:COONa Nr. 47.
1. Buttersaures Natron (normal) C;H:COONa. Nr.48.
m. Jsobuttersaures Natron CrH}COONa. Nr. 49.
п. Valeriansaures Natron С+Н»СООХа. Nr. 50.
0. Benzoesaures Natron C«H:COONa. Nr.61.
Fig. IV.
а. Salzsaures Hydroxylamin NH:OHCI. Nr. 52.
b. Salzsaures Methylamin NH=CH>HCl. Nr. 53.
с. Salzsaures Dimethylamin NH(CHs)» HCl, Nr. 54.
d. Salzsaures Trimethylamin N(CH»);HCl. Nr. 55,
e. Salzsaures Tetramethylammonium № (СНз)‹С!. Nr. 56.
f. Salzsaures Acthylamin NH3G:H>HGl. Nr. 57.
g- Salzsaures Disethylamin NH{C>Hs}HCl. Nr. 58.
. Salzsaures Drisethylamin N C:Hs)3HCL Nr. 59.
Salzsaures Guanidin CN»H- HCl. Nr. 60.
К. Salzsanres Anilin NH»0.H>HCl. Nr. 61.
1. Salpetersaures Anilin NH:C«H=HNO:. Nr. 82.
450
310
330
320
a. Lithionhydrat МНО. Nr. 63.
d. Kalihydrat KHO Nr.
с, Natronbydrat NaHO. Nr. G5.
4. Barythyärat ВаНзО». Nr.68.
Fig. VI.
a. Schwefelsäure HıS0«. Nr. 67.
b. Arsensäure HrAsO,. Nr. 68.
с. Phosphorsäure НзРО+. Nr, 69.
.d. Borsäure HıBOs Nr. 70.
в. Glycolsiture C:H4Os. Nr. 71.
Ё. Milchsäure GHeOs. Nr. 72.
‚9. Bernsteinsäure C«H«Os. Nr. 73.
п. Aepfelaäure C4H«Os. Nr 74.
à Weinsäure (Rechts) С+Н+ 0+. Мг. 75.
№ Traubensäure CsHaOe. Мг. 76.
L Citronensüure CeHsOr. М.77.
5 6
7 8 Э
13 14 15
19 16 17
16 17 18
18 19 20
320
310
300
290
280
210
260
250
a. Kaliumwolfif
b. Kaliummoly |
с. И
а. Kaliumsulfa
à eh РЕРЕЕЕЕ
Е. Kaliumhypo
9. Kaliumcarbo
№. Natriumwolf
1. Natriummolz
n. Natriumhypol |"
=> su, 2 ea
ES
v. Kieselfluorlit =
w. Rubidiumsul = 4
. Kaliumoxalat K2C20a.
. Kaliummalonst K2H2C304.
. Keliumsuccinat Ko HaC:101.
. Natriumsuccinat Ма» Н4О:0+.
. Kaliumtartrat K2HiC406.
. Brechweinstein KSbOH:C:06.
. Natriumtartrat №2 О: Н-Ос.
. Kaliumeitronat КзН.СвОт.
;. Natrinmeitronat Маз Се Н. Or.
. Kaliumphosphat КН»РО..
. Kaliumarseniat КН, As0..
. Natriumphosphat NaH2PO:.
. Natriumphosphat Na: НРО..
. Natriumarseniat Na:HAsO4.
. Natriumphosphat Nas PO4.
. Natriumpyrophosphat Na:P:07. Nr. 119.
. Natriumphosphat NaH2PO:. Nr, 121.
ere IA > 8
=
a. Calciumdithionat CaS2Os.
р. Strontiumdithionat Sr2S206 Nr. 165.
с. Baryumdithionat BaS:06. Nr. 166.
Fig. VI.
Nr. 108.
Nr. 104.
Nr. 105.
Nr. 106,
Nr. 107.
Nr. 108.
Nr. 109.
Nr. 110.
Nr. 111.
Fig. IX.
Nr. 112.
Nr. 118.
Nr. 114.
Nr. 115.
Nr. 116.
Nr. 117.
Nr. 118
Natriumarseniat NaH>AsO4.
aus Natriumhexametaphosphat.
Natriumtrimetaphosphat (МаРОз)з.
Fig. XIL À.
Nr. 164.
Nr, 120.
5 6 7 a
7 hi 3 ı0
м в ia u
15 10 17 18
в 17 1a 13
350€ = = LE 19 20 — ho
Fig. УП. 4.
340 a. Kaliumwolframat K:WO:. М 78. Fig. VIII. 1340
о Rune! a. Kaliumosalat K:C:0. Nr. 108 |
sol ES M ne b. Kaltummalonat KsHıC;04. Nr. 104 IE.
9, d. Kaliumsulfat K:S0:. Nr.81. es 5 1330
à г. Kaliumsuceinat K:HaC\O1. Nr 105.
| в Kaliumdithionat KıS:0.. Nr.82. у $ 0 6 |
Kaliumhyposulñt K:S:0:, Nr. 83, 4. Natriumsuceinat Ма» НС, 0+. Мг. 106. |
820] К Е De ET ®. Kaliumtartrat КаН:С. 04. Nr. 107 [ach
| Den f. Brechweinstein KSDOH«C:0«. Nr. 108,
framaı . 3 ! a
#5 = ы 9. Natriumtartrat Na:C4Ha0s. Nr. 109. |
30] À Natriummolÿbdänat Мы Мо0.. Nr.87, h. Kaliumcitronat KsH,C«Or. Nr. 110 |310
| 5 Е: a 88. i. Natrinmcitronat NasCeHs On. Nr.lll
„80%. Nr. 89.
300! m. Natriumdithionat Маз 83 Оз Nr. 90. Fig. IX. 300
п. Natriumbyposulfit №8305. Nr, 91.
о. Natriumcarbonat Маз С0з. Nr, 92,
290 р. Ammoniumsulfat (МН 504. Nr. 95.
| 9. Ammoniumdithionat (NH4hS:0s. Nr. 96,
à ol г. Kieselfluorammonium (NH4F:SiFe Nr. 97.
28 s. Lithiumchromat 14, СтО+. Nr:98,
(. Lithiumsulfat LiSO: Nr. 99.
и. Lithiumdithionat Li:S:0:. Nr. 100.
v. Kieselfluorlithinm SisFsSiFs. Nr. 101.
г, Rubidiumsulfat Rb:S0:. Nr. 102.
| Fig. VIL В.
| a. Ferrocyankalium 4 KOyFeOys. Мг. 85.
250] b, Natriummetawolframat Маз WO. 8\У05 Nr.93.
с. Natriumbiborat Маз В+ Оз. Nr. 94.
Kaliumphosphat KH,PO,. Nr. 112.
Kaliumarseniat KH:As04. Nr. 118.
Natriumphosphat NaH»PO,s. Nr. 114. 290
Natriumarseniat NaH:AsO.. Nr. 116
Natriumphosphat Na: HPO:. Nr. 116.
Natriumarseniat Na: HAs04. Nr. 117.
Natriumphosphat Ма РО. Мг. 118.
Natriumpyrophosphat Маз РзО». Мг. 119.
Natriomphosphat NaH:POs. Nr. 191.
sus Natriumbexametaphosphat,
К Natriumtrimetaphosphat (NaPOs). Nr, 120, во
Fig. XIL A.
a. Calciumäithionat CaS:04. Nr.164. 250
b. Strontiumditbionat г: Ок Nr. 165.
с. Baryumdithionat Ва Оз. Nr. 166.
rer 89 ро
Fig. ХИ. В.
а. Aluminiumsulfat Al(SO«)s. Nr. 187. во
6. Magnesiumbisulfat MgSO,H:SO.. Nr. 170.
с. Uranbisulfat USOsH:S0,. Nr.178.
d. Ammoniakalaun Alı(30,):(NH+):804. Nr 180.
Fig. ХИ. С.
7
a. Berylliumsulfat BeSO,. Nr. 168. |
b. Magnesiumsulfat МеЗО‹. Мг, 189.
с, Nickelsulfat NiSO:. Nr. 171. so
d. Cobaltsulfat CoSO:. Nr. 178.
Eisensulfat FeSO: Nr 173.
Г. Mangansultat Mn80,. Nr 174. 20
9. Zinksulfat ZuSO,. Nr. 175,
h Cadmiumsulfat CdSOs. Nr. 176.
i Uransulfat 050%. №177. 10
1. Kupfersulfat CuSO2 Nr. 179.
18 19 20 2 10
16 17 18 19
E | | |
7 в Е] 10
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Lith x H Leakmann, Dorpat,
5 6 7 8 D. ©
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14 19 16 т т
0 17 18 19 20 2 Г
350 ET 4 + НЫЕ | Bess 7 Е! | TT = = 350
ЕЕ: ЕЕ: Fig. X. A. Be
a. Aluminiumchiorid AlCls. Nr. 122, ЕЕ Е 1340
b. Ceriumchlorür CeCls. Nr. 128. Basseszesn
= НЕЕ с. Berylliumchlorid BeCl:. Nr. 194. ПЕ SE
330 + ee Été d. Berylliumbromid BeBr:. Nr. 125.
= 15 e. Berylliumnitrat Be(NO3). Nr. 126,
Е ЕЕ ЕЕ = Е. Magnesinmehlorid MgCl. Nr.127.
ВЕЕЕЕЕЕЕЕЕЕЕЕЕЕЕЕЕЕЕ ET 9. Magnesiumbromid MgBr. Nr. 198.
nee RS eu ЕЕ №. Magnesiumnitrat Мо(МОз)». Nr. 199.
i. Caleiumchlorid CaCl. Nr. 180.
k. Calciumbromid CaBrr Nr. 181.
L. Caleiumnitrat Ca(NOs)2. Nr. 132.
m. Strontiumchlorid StCl. Nr. 138.
т. Strontiumbromid SrBrs. Nr. 134.
0. Strontiumnitrat Sr(NOsh. Nr. 135.
р. Baryumchlorid BaCl:. Nr. 186.
q. Baryumbromid BaBr:. Nr. 137.
т. Baryumnitrat BA{NOs)2. Nr. 138.
5. Baryumchlorat Ba(ClOs:h. Nr. 139.
t. Baryumborfluorid BaF:(BFs)2 Nr, 140.
Fig. X. D. are
a. Baryumbenzolsulfonat Ba(CsH53SO3)2. Nr. 141. == ЕЕ
— 320
==310
р. Baryumphenolsulfat Ba(CeH:0OSOs): Nr. 142.
| с. Baryumacetat Ва(СНзСО0)». Nr. 143. 260
d. Calciumpropionat Са(С.НьСО0).. Nr. 144. as
| e. Baryumpropionat Ba(C2H:CGO0). Nr. 145. ое
= Е Calciumlactat CaC»Hs0C00). Nr. 146. 2
— 5 fais | 7 Ist en ESS A À Г НЕ | | Sr Dr pa
—— EE
Fig. X. A.
а. Aluminiumchlorid AÏCI;. Nr. 122,
b. Cerinmehlorir CeCl. Nr. 193.
с. Berglliumehlorid Bel, Nr. 194.
d. Berylliumbromid BeBrı. Nr. 195.
e. Berylliumnitrat Be(NO;h Nr. 126,
Г. Magnesinmehlorid MgOls. Nr. 197,
4. Magnesiumbromid MgBr:. Nr. 198. |
h. Magnesinmnitrat Mg(NO5h. Nr. 199 ЕЕ: |
Е Cnleiumchlorid Саб. Nr. 180.
№. Caleiumbromid CaBr, Nr. 181.
1, Onleiumnitrat Ca(NOsh. Nr. 182.
m. Strontiumchlorid SrCl:. Nr. 183.
п. Strontiumbromid SrBr:. Nr. 184.
о. Strontiumnitrat Sr(NOs}. Nr. 185. |
р. Baryumcehlorid ВабЬ, Мг. 186. |
9. Baryumbromid BaBrı. Nr. 187. |
т. Baryamnitrat Ba(NOs)ı. Nr. 188. RER
s. Baryumchlorat Ва( 0105). Nr: 189. ÈS
#. Baryumborfluorid ВаЕ:(ВЕ»);. Nr, 140.
Fig. X. В. ВЕБЕ
a. Barynmbenzolsulfonat Ba(C«H» Os). №14].
b. Bargumphenolsulfat Ba(CeHsOSOs}. Nr. 190. |
с. Baryumacetat Ba(CH:CO0):. Nr. 148.
d. Calciampropionat Ca(C;HsCOO. Nr. 144
с. Baryumpropionat Ba(C:H5C00):. Nr. 145.
Г. Cnleiumlactat Ca(C;H:0C00):. Nr. 146.
Fig. Х. С.
а. Aluminiumchlorid А1СЬ6НЬО.
b. Berlliumehlorid ВеОЬ4Н:0. Nr. 194.
с. Berylliunbromid BeBrı4H:0. Nr. 185.
4. Magnesiumchlorid MgCl6H:0. Nr. 197.
e. Magnesiumbromid MgBr:6H:0. Nr. 128.
- f. Magnesiumnitrat Mg(NO:}6B:0. Nr.
9. Caleiumehlorid CaCh6H:0. Nr. 180.
h. Caleiumbromid CaBrı6H:0. Nr. 181.
i. Caleinmnitrat CatNOs),4H30. Nr 189, |130
'k. Strontiumchlorid SrCk6H:0. Nr. 183.
1. Strontiumbrowid SrBr:6H:0 Nr. 14.
т, Bargumchlorid BaC:8H:0. Nr. 186. 10
п. Baryumbromid BaBr:2H:0. Nr. 186.
о. Baryamchlorat Ba(Cl0s):Hı0. Nr. 189.
110
Fig. XI. A.
a. Niekelchlorid NiCh, Nr. 147. En ь
b. Nickelnitrat NiCNO:1}. Nr. 148
с. Cobaltehlorid CoCh. Nr. 149.
d. Cobaltnitrat Co(NO:):. Nr. 160. 90
e. Eisenchlorür FeCl:. Nr 161. 2
Г. Manganchlorür MnCl:. Nr 162. |
4. Zinkchlorid ZuCh. Nr. 168. | во
h. Zinknitrat Zn(NOs). Nr. 164. |
1. Codmiumchlorid Сас, Nr. 155.
К. Cadmiumbromid CdBr: Nr. 156. 70
1. Cadmiumjodid Cds. Nr. 157.
m. Cadmiumnitrat Cd(NOs), Nr. 168.
т. Cadmiumchlorat С4(С10з);. Nr, 169, 60
о. Urannitrat 00; (№05). Мг. 160.
р. Quecksilbereyanid Hg(ON)ı. Nr. 161.
4. Bleinitrat Pb(NOs)». Nr. 162.
= г. Bleiacetat Pb(OH:C00):. Nr. 163.
Fig. XI В.
a. Nickelchlorid NiCl:6H:0 Nr. 147.
= в. Nickelnitrat NiINO:16H:0. Nr. 148.
с. Oobaltchlorid CoCh6H:0. Nr. 149.
d Cobaltnitrat Co(NO»:6H10. Nr, 150.
= e. Eisenchlorür FeCh4Hs0. Nr. 161,
Г. Manganchlorür MnCl:4H:0. Nr. 169.
9. Zinkchlorid ZnCH30. Nr. 155.
h. Zivknitrat Zu(NOs)6H:0. Nr. 154.
т. Cadmiumnitrat Cd(NO»)4H:0. Nr. 158. ei
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h d _ Curven der relativen Spannkraftserniedrigungen (S).
Curven der relativen Gefrierpunktserniedrig
ТИМ si Laakmann Dorpat
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MÉMOIRES
L’ACADEMIE IMPÉRIALE DES SCIENCES DE ST.-PETERSBOURG, УП" SERIE.
Томе XXXV, № 10 ET DERNIER.
DILU VITALE
BUROPAISCU-NORDASIATISONE SUGETHERFAUNA
_ IHRE BEZIEHUN = ZUM MENSCHEN,
м, = МТ BENUTZUNG HINTERLASSENER MANUSCRIPTE DES AKADEMIKERS, GEHEIMRATHES
Dr. JOH. FRIED. BRANDT
BEARBEITET UND MIT ZUSÄTZEN VERSEHEN
VON
Johann Nep. Woldrich.
(Der Akademie vorgelegt am 10. Februar 1887.)
(21.888
FEB A 1068 |
У ив LAN VE X “
Sr.-PETERSBOURG, 1887. un
Commissionnaires de l'Académie Impériale des sciences:
à St-Pétersbourg: à Riga: à Leipzig:
M. Eggers & C!° et J. Glasounof; М. М. Kymmel; Voss’ Sortiment (G. Haessel.)
Prix: 1 ВЫ. 40 Кор. = 4 Mark. 70 Pf.
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Imprimé par ordre de l’Académie Impér
N ovembre, 1887.
INHALT.
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Rückblick"... 2. ee Sr a ee ee ale dote ere en CN MA era ke are RN Te BER NE
Zweiter Theil. Der diluviale Mensch und seine Vorfahren ................................
Beziehungen des Renthieres zum Menschen im Allgemeinen ............... Но,
Beziehungen des Renthieres zu den Urzuständen des Menschengeschlechtes ..............
Der Mensch der Tertiärperiode in Frankreich. ................. Sana Е A
Кита ег. Tertiär-und дих ео RE ER are
Alte Völker Europa’s...... ee ERROR RE RER ER ИН о авы
Ueber Ursprung der Geschichte. ........... RAT I АВ ET Ep а
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VORREDE.
Aufgefordert, unter den zahlreichen, hinterlassenen Schriften des russischen Aka-
demikers, Geheimrathes Johann Friedrich Brandt, jene Manuskripte, welche die
diluviale europäisch-nordasiatische Fauna und verwandte Gebiete betreffen, durchzusehen
und eventuell eine Bearbeitung behufs Veröffentlichung derselben vorzunehmen, willfahrte
ich diesem Ansuchen nicht nur aus Pietät für den grossen, leider zu früh verstorbenen Ge-
lehrten, sondern auch in der Voraussetzung, in, den Manuskripten werthvolle noch unge-
druckte Beiträge zu meinen, seit einer langen Reihe von Jahren betriebenen, Specialstudien
zu finden. Herr Professor und Direktor Dr. Alexander Brandt in Charkow, der Sohn des
Verstorbenen, sandte mir hierauf vor anderthalb Jahren ein ziemlich voluminöses Paket mit
Manuskripten ein.
Beim ersten Anblick staunte ich über die zahllose Menge von Papierfragmenten in
Quart, in Octav, in Streifen und in verschiedenen Abschnitten, die alle von der Hand J. Е.
Brandt’s geschrieben und mit Zusätzen und Einschreibseln überfüllt waren und ursprüng-
lich gleich den zahlreichen Collectaneis gruppenweise in Quartumschlägen vertheilt sein
mochten. Vor mir lag vorherrschend ein buntes Durcheinander ohne Nummern. Ein Heft
enthielt die Namen der meisten fossilen Säugethiere mit einigen älteren Literatur-Citaten.
Es scheint dies das älteste diesbezügliche Manuskript gewesen zu sein, dessen Anlage sich aber
bald als zu eng erwiesen haben mochte. Einzelne Hefte enthielten mehr oder weniger zusammen-
hängende Aufsätze und Notizen neueren Datums über verschiedene, ausgestorbene Thier-
arten. Es unterliegt keinem Zweifel, dass die wichtigsten paläontologischen Publikationen
J. F. Brandt’s, so namentlich auch seine berühmten «zoogeographischen und paläontologi-
schen Beiträge» (das Renthier, den Ur und den Bison betreffend) diesem Manuskripte entnom-
men sind. Ein Heft enthielt Aufzeichnungen zu einer nahezu vollendeten Einleitung für die
Mémoires de ГАса4. Пир. des sciences Vilme Serie. 1
п
geplante Arbeit, welche Aufzeichnungen offenbar vor der Veröffentlichung der «zoogeogr.
und paläont. Beiträge» entworfen wurden. Am zerstreutesten waren die den Menschen be-
treffenden Notizen, darunter jene, die das Verhältniss des Menschen zum Renthiere
besprechen, noch einigermaassen beisammen.
Es schien mir im ersten Augenblick kaum möglich, dieses bunte, aber werthvolle Mate-
rial zu sichten, zu ordnen und zu einem Ganzen vereinigen zu können. Bei der Lectüre ein-
zelner mehr zusammenhängender Theile und längerer Notizen fand ich jedoch so viel Lehr-
reiches und Wichtiges, dass ich es nicht über’s Herz bringen konnte, ein so reiches, wenn
auch noch unvollständiges, auf Grund langjährigen Lesens, Sammelns und Studirens basirtes
Material des erfahrenen Meisters der Vergessenheit preisgeben zu sollen. Obwohl selbst mit
einer ähnlichen Arbeit über die diluviale Fauna beschäftigt, entschloss ich mich dennoch
im Interesse der Forschung und aus Achtung für einen Mann, dem die Wissenschaft so viel
verdankt, die freilich mühevolle Arbeit zu unternehmen. Ich entwarf Gruppen, las sämmt-
liche Zettel, rangirte dieselben, las wieder jede Gruppe für sich, ordnete, verband und num-
merirte und lies das Ganze abschreiben. Am schwierigsten war die Bearbeitung des im vor-
liegenden zweiten Theile enthaltenen, den Menschen betreffenden Manuskript-Materiales aus
den vielen unzusammenhängenden Notizen, wobei auch hier Vieles fehlende, jedoch stets
im Sinne Brandt’s, ergänzt werden musste. Es ist selbtverständlich, dass Veraltetes aus-
gelassen oder nur dort aufgenommen wurde, wo es des Zusammenhanges, der Würdigung
des Ganzen oder der bekannten Stellung Brandt’s gegenüber der Entwickelungstheorie
wegen nöthig erschien.
Da seit dem Tode J.F. Brandt’s die Forschungen auf dem besprochenen Gebiete rasch
fortschreiten, so mussten, namentlich im ersten Theile Ergänzungen hinzugefügt werden,
die nicht geringen Umfanges sind. Ich habe dieselben aus meinem eigenen Materiale als
«Zusätze» hinzugefügt und mit dem Anfangsbuchstaben meines Namens gezeichnet. Leider
konnte ich nur die Resultate der allerwichtigsten neuen Forschungen beifügen, und zwar
besonders aus Deutschland und Oesterreich sowie Wichtigeres aus Frankreich, England und
Italien. Auf Vollständigkeit kann daher die vorliegende Schrift um so weniger Anspruch
erheben, als hiezu eine ausschliessliche, vieljährige Arbeit nöthig wäre, die mir momentan
unmöglich ist, weswegen auch das Ganze in weite Ferne gerückt wäre. Dass die vorliegende
Arbeit jedoch eine fühlbare Lücke, wenn auch bloss als eine Vorarbeit, in der diesbezüg-
lichen Literatur ausfüllen dürfte, dafür bürgt der Name J. F.Brandt’s, der zu einer solchen
das Material sammelte. Schade, dass der grosse Mann nicht noch zehn Jahre gelebt und die
neuesten Forschungen und Ansichten kennen gelernt hatte, was für ein geistiges Produkt
würde er heute, bei seinen umfassenden zoologischen, paläontologischen, entwickelungsge-
schichtlichen und geographischen Kenntnissen, bei seiner scharfen Beobachtungsgabe und
seiner eingehenden Kritik über die diluviale europäisch-asiatische Fauna und ihre Beziehun-
gen zum Menschen geliefert haben. Gewiss ein solches, wie dies kein Zweiter heute zu-
wege bringt.
ш
Unter den zweihundert in den «Beiträgen zur Kenntnis des russischen Reiches und
der angrenzenden Länder Asiens» (herausgegeben von G. von Helmersen und L. von
Schrenck, 2. Folg. Bd. I, St.-Petersburg 1879) verzeichneten Aufsätzen, Beiträgen und
Monographien J. F. Brandt’s behandeln an vierzig einen hierher einschlägigen Inhalt, so
besonders über den Tiger, den Serval, die Katze, den Zobel, das Kaninchen, Ziesel, Eichhörn-
chen, Hamster, Biber, Elen, Renthier, Ziege, Urochs, Auerochs, Mammut (oder wie Brandt
gerne schreibt Mamont), Mastodon, Rhinoceros, Elasmotherium u. s. w.
Um die Verdienste J. F. Brandt’s auch auf paläontologischem Gebiete gehörig würdi-
gen zu können, finde ich am geeignetsten, aus der gelegentlich des fünfzigjährigen Doctor-
jubiläums J. F. Brandt’s im Jahre 1876 gehaltenen geistvollen Rede v. Helmersen’s
die nachstehenden hierher gehörigen Worte zu eitiren:
«Um ein wissenschaftlich durchgebildeter Paläontologe zu sein, muss man auch Kennt-
nisse in der Botanik, in der Zoologie und in der vergleichenden Anatomie erlangt haben.
Andererseits behaupte ich, dass ein Zoolog und Botaniker erst dann sein Gebiet vollständig
beherrschen wird, wenn er sich auch mit den Hauptformen der Thier- und Pflanzenreste
bekannt gemacht hat, die in bestimmter, überall sich gleich bleibender Folge in den Schich-
ten der Erde, wie in einem grossen Buche, aufbewahrt liegen. Es lehrt aber dieses Buch,
dass die organische Welt der Jetztzeit den Organismen der jüngstverflossenen vorhistori-
schen Periode so nahe steht, dass Viele glauben, annehmen zu können, die erstere sei nur
der, durch zufällige, äussere Ursachen, specifisch veränderte Nachkomme der letzteren.
Schon vor vielen Jahren erkannte Brandt das hohe Interesse, das das Studium der fossi-
len und subfossilen Thierreste darbietet, welche in den jüngsten Sedimentärschichten Russ-
lands begraben liegen. Die Ufer des Behrings-Meeres lieferten Brandt Skelette eines Säu-
gethieres, welches das Meer bewohnt hatte und das, wie weiland der Vogel Dronte, von der
Hand des Menschen vertilgt ward. Der gefrorene Boden Sibiriens conservirt ganze Leich-
name ausgestorbener Riesen-Pachydermen. Schon im verflossenen Jahrhundert hatte man
einige derselben aus ihren Gräbern gezogen, und in einer Kammer deponirt, die statt ihres
Namens «Kunstkammer» vielleicht passender «Todtenkammer» zu nennen gewesen wäre.
Auch das Pontische Gestadeland gab Brandt ein reiches Material an Resten sogenannter
vorweltlicher Säugethiere, und er hat alle diese Gestalten, nachdem er ihrer Untersuchung
viele Jahre und viele Arbeit gewidmet, aus ihrer Todtenkammer ans Licht gezogen, und
hat sie uns, in monumentalen Werken, man möchte sagen, lebendig wieder vorgeführt.
Damit aber hat Brandt auf den Weg gewiesen, auf welchem man den Werth und die
Stichhaltigkeit der modernen Lehre von der Entstehung der Arten schärfer und erfolg-
reicher wird prüfen können, als auf dem bisher beliebten Wege. Aile Versuche, diese Frage
aus den Erfahrungen in der kurzen, sogenannten historischen Zeit, zu beantworten, dürften
sich schliesslich doch als ungenügend erweisen. Das vergleichende Studium der organischen
Reste aller Perioden der Erdbildung dürfte aber in dieser Beziehung grösseren Erfolg ver-
sprechen, weil diese Perioden nach längeren Zeiten zählen. Brandt ist, wir wissen es, kein
1*
IV
absoluter Anhänger der modernen Lehre des berühmten Briten, namentlich des Theiles
dieser Lehre, der von den Ursachen der Entstehung der Arten handelt. Aber Brandt hat
eine Sammlung, ein Museum geschaffen, das Hunderttausende schon mit Bewunderung und
viele von ihnen zu wissenschaftlicher Belehrung besucht haben, und das so vollständig ist,
dass ein begeisterter Jünger jener Lehre, wenn er noch die benachbarte paläontologische
Sammlung und ein Infusum zu Hülfe nimmt, auf das Deutlichste verfolgen kann, wie sich
der Mensch, freilich nicht ohne Anstrengung, von der Monere etwa durch die Embryonen
der Ascidien zu dem unvollkommensten Wirbelthiere, dem Amphioxus und durch die Le-
muren und Pitheken zum Homo sapiens und endlich zum Collegienregistrator hindurchge-
rungen und entwickelt hat, und nun erst reif wurde auch durch die letzten Classen zu gehen,
die ihm im Leben bevorstehn».
Schliesslich sei bemerkt, dass über einen anderen Theil des im Manuskripte vorhanden
gewesenen literarischen Nachlasses J. F. Brandt’s Herr Professor L. Rütimeyer im
Jahre 1881 referirte (Bull. de l’Acad. Imp. d. Sciences de St.-Petersbourg).
Ein Heft eines ziemlich vorgeschrittenen, jedoch noch nicht druckfähigen Manuskriptes
Brandt’s betitelt: «Observationes ad anatomen et affinitates Myoxinorum Seiuromorpho-
rum imprimis generis Anomalurus spectantes» liegt bei mir vor.
Ein Manuskript: «Materialien zu Arctomys monax, bobak ect.» befindet sich in Händen
des Herrn Prof. Dr. A. Nehring in Berlin.
#
Wien, im October 1886.
J. N. WoLDRICH.
=>:
EINLEITUNG.
J. F. Brandt schrieb die nachstehenden allgemeinen Betrachtungen nieder.
Vieljährige Studien über die Säugethierfauna Russlands, namentlich auch des asiati-
schen, im Vergleich mit der Europas veranlassten mich, denjenigen Gliedern derselben meine,
ja theilweise ganz besondere Aufmerksamkeit zu schenken, deren Reste in den jüngsten oder
vorjüngsten, sogenannten diluvialen Schichten der Erdrinde begraben liegen, während sie
selbst nur noch in mehr oder weniger schwachen, insularisch vertheilten, ja theilweise
künstlich gehegten Ueberresten existiren, wie der Auerochs, oder bereits, wie die Mamuthe
und die mit einer Nasenscheidewand versehenen Nashörner ihren Untergang fanden. Diese
Untersuchungen erschienen mir um so wünschenswerther, da ohne solche das Verhältniss
und die Beziehungen der Säugethierfauna des mittleren, südlichen und. westlichen Europa
zu der des grossen russischen Reiches sich nicht ermittein lassen. Einen namhaften Theil
des Resultates dieser Untersuchungen habe ich zwar bereits anderweitig, namentlich in
meinen Schilderungen der Säugethierreste der sibirischen Höhlen mitgetheilt, ferner in mei-
nen Mittheilungen über das Mamuth, sowie im verflossenen Semester, jedoch ohne literari-
sche Mittel, in meinem kurzen Vortrage in der geologischen und anthropologischen Section
der Versammlung deutscher Naturforscher in Breslau. Es möchte jedoch um so weniger
überflüssig erscheinen, die Hauptergebnisse derselben in gedrängter Kürze vorzubringen,
da dieselben einerseits in meinen Arbeiten zerstreut sich finden, andererseits diese Unter-
suchungen mit anderen in Russland erschienenen Arbeiten von Manchen, selbst zum Theile
noch neuerdings von Lubbock, übersehen wurden, und da sie sich wohl auch später erweitern
liessen. So weit bis jetzt die in dem diluvialen Boden entdeckten Reste ausgestorbener oder
noch lebender Säugethiere nachweisen und die geographische Verbreitung der noch jetzt
lebenden Arten derselben bekundet, war die diluviale Fauna Europas und Nordasiens in
ihrem ersten Stadium ihres Auftrittes durch das Zusammenvorkommen nachstehender Arten
6 J. N. WoLDR1iCH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
charakterisirt. Ein kleinohriger, dicht behaarter, gemähnter, riesiger Elephant (Mamuth),
der vielleicht in einige Arten oder Racen zerfiel, die noch eingehender Studien bedürfen.
Ein zweihörniges mit büschelständigen Haaren dicht bedecktes, mit einer vollständigen
knöchernen Nasenscheidewand versehenes Nashorn (Rhinoceros antiquitatis), dem sich ein
zweites ähnliches noch etwas grösseres mit nur halb verknöcherter Nasenscheidewand (Rhi-
noceros Merckii seu hemitoechus) anschloss. Das Wildschwein und das wilde Pferd. Da man
in Sibirien noch keine Reste vom Mastodon (wie in Nordamerika), so wie keine von Ælas-
motherium gefunden hat, so bleibt es wenigstens für jetzt noch etwas zweifelhaft, ob die im
südlichen Ural gefundenen Backenzähne eines Mastodon und der in der Kirgisensteppe gefun-
dene Backenzahn nebst dem mit mehreren Zähnen im Gouvernement Samara entdeckten
Unterkiefer von Elasmotherium hinreichend erscheinen, die genannten Gattungen den Glie-
dern der diluvialen Fauna zuzuschreiben, da sie möglicherweise accomodirten Resten der
Tertiärfauna angehören könnten. Aus der Ordnung der Wiederkäuer gehören ohne Frage
der Diluvialfauna an: der Urochs, der Auerochse, der Moschusochse, das Elen, das Renthier,
der Riesenhirsch, der Edelhirsch und das Reh nebst der Saigagazelle. Von Nagern lassen
sich mit Sicherheit Lemminge, Arvicolen, der Biber, Murmelthiere, Ziesel, Eichhörnchen,
der Schneehase nebst Pfeifhasen und der Hamster anführen. Aus der Ordnung der Raub-
thiere sind dieHöhlenhyäne, eine oder zwei grosse Katzenarten, der Luchs, der Wolf, Fuchs, Eis-
fuchs, Vielfrass, Dachs, Iltis, der Nörz, der Baum- und Steinmarder, die Flussotter und min-
destens eine von Kamtschatka bis Westeuropa verbreitete Bärenart (Ursus arctos) in der
fraglichen Fauna repräsentirt, während Reste des Höhlenbären zwar im südlichen Russ-
land, jedoch nicht mit Sicherheit in Sibirien nachgewiesen sind. Von Insectenfressern schei-
nen Spitzmäuse, der Maulwurf und .der Igel, sowie einige Fledermäuse, so die in den altai-
schen Höhlen gefundenen, in Europa jetzt lebenden Vesperugo borealis und Plecotus keines-
wegs gefehlt zu haben.
Von Makis, Affen, Beutelthieren, sowie Edentaten sind keine Reste der Diluvialfauna
Europas und Nordasiens bekannt. Die West- und Südhälfte Europas bietet jedoch auch
mehrere Thiere oder deren diluviale Reste, welche noch nicht in Osteuropa und Nordasien
aufgefunden sind, so den Damhirsch, das Nilpferd, ein Nashorn (Rhinoceros leptorhinus), den
Steinbock, nebst zwei spanischen Steinböcken, sowie den Muflon und die von den Pyrenäen
bis in die nördlichen caucasischen Gebirgszüge verbreitete Gemse. Man darf daher wohl
die Frage aufwerfen, ob die genannten Thiere nicht als accomodationsfähige Ueberreste der
früheren Tertiärfauna Europas sich ansehen lassen könnten, die sich der Diluvialfauna bei-
mischten. Zweifelhaft ist es, ob zu den genannten Thieren oder zur Diluvialfauna die in Ost-
sibirien noch nicht beobachtete Felis catus gehört. Theils in Centralasien, theils in Südsibi-
rien finden sich umgekehrt mehrere, meines Wissens nicht für Europa im Diluvium nach-
gewiesene Thiere wie Æquus hemionus, Antilope gutturosa, Moschus moschiferus, Capra
sibirica, Ovis Argali und der von mir als Ovis Arkal bezeichnete, vielleicht einen der Stamm-
väter des Hausschafes repräsentirende Steppenwidder; welche Thiere möglicherweise als
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 7
östliche oder nördliche accomodationsfähige Reste der Tertiärfauna zur Diluvialzeit in die
Fauna Central- und Nordasiens übergegangen sein könnten. Eine solche Annahme dürfte
darin ihren Stützpunkt finden, dass die Südhälfte Nordasiens nördliche Ausläufer einer Menge
subhimalajischer, chinesischer und japanischer Arten bietet. Eine ähnliche Vermuthung darf
man vielleicht auch hinsichtlich mehrerer eigenthümlichen, die caucasischen Länder bewoh-
nender Gebirgsthiere, der Capra aegagrus, des Stammvaters der Hausziege, der Capra cauca-
sica, Capra Pallasii und des Ovis orientalis hegen, denn auch ihre Reste fehlen unter denin
Europa im Diluvium gefundenen. Beachtenswerth erscheint, dass man im Diluvium Europas
noch keine Reste der im Hochnorden Sibiriens, wie auch Amerikas vorkommenden Ovis mon-
tana, des Landmannes des Moschusochsen, Renthiers und Elens gefunden hat, was vielleicht
sich daraus erklärt, dass die fragliche Art ein wahres Gebirgsthier ist und als solches nicht
auswanderte. Ueberhaupt lässt sich keineswegs behaupten, dass alle zur Diluvialzeit Sibirien
bevölkernden Thierarten bis Westeuropa vordrangen. Vom Zobel meint man zwar, er sei früher
in Polen vorgekommen. Von der früheren Gegenwart des Putorius sibiricus und altaicus und
vieler sibirischer Nager bietet aber Europa bis jetzt keine Spuren, Fragt man nach den bis-
her ermittelten Nordgrenzen der diluvialen Fauna, so schliessen sie vorläufig im Norden mit
der Polargrenze, der Verbreitung des Renthiers und Eisfuchses ab. Was die Aequatorial-
grenze der nach Süden gewanderten Diluvialthiere anlangt, so scheinen Mamuthreste auf
Nordpersien, Südeuropa und China hinzuweisen. Von den ehemaligen früher einmal Asien
und Europa gemeinsamen Gliedern der diluvialen Fauna sind bekanntlich die Elephanten
und Nashörner, der Moschusochse, der Riesenhirsch, der Urochse (Bos primigenius), die
Höhlenhyäne und vielleicht auch eine oder die andere Bärenart nebst dem wilden Pferde
theils seit sehr langer, theils kürzerer Zeit völlig ausgestorben. Der in Europa nur noch an
einigen Orten in spärlichen Resten vorkommende, meist geschützte Biber ist vom Unter-
gange bedroht, den er in Asien bereits gefunden zu haben scheint, während er ihm in Ame-
rika allmälig entgegengeht, obgleich man ihn dort noch jetzt in grosser Menge erlegt,
wie die alljährlich massenhaft nach Europa gelangenden Felle beweisen. Der in Sibirien einst
häufige, später auch in Europa weit verbreitete, vom amerikanischen Bison nur als Race
unterscheidbare Auerochse (Bos bison) lebt zwar unter dem Schutze der russischen Regie-
rung, jedoch, wie es scheint, unter etwas veränderter Form noch im grossen Bialowecza-
Walde, ja er kommt sogar noch in geringer Zahl völlig wild in einem kleineren Distrikte
des Caucasus vor, wo G. Radde ihn noch vor drei Jahren erlegte. Dessenungeachtet aber
ist seine künstliche Existenz keineswegs als eine gesicherte zu bezeichnen. Das ehedem
gleichfalls in Europa weit verbreitete Elen wohnt insularisch in sehr verringerter Zahl nur
noch in Skandinavien und Nordosteuropa, in etwas grösserer in Nordasien, in noch ansehn-
licherer in Nordamerika. Die früher bis Frankreich verbreitete Saigagazelle, welche noch
im vorigen Jahrhunderte in Polen erschien, hält sich gegenwärtig meist jenseits der Wolga
auf. Der braune Bär bietet in Europa nur noch ein auf einzelne östliche Länder beschränktes
und auch dort nur mehr oder weniger insularisches Vorkommen. In den westlichen Ländern
8 Т. М. Могрвтсн, DILUVIALE EUROPÂISCH-NORDASIATISCHE
ist er fast ganz oder ganz уег 126. Achnliches gilt vom Luchse. Der früher wohl den Ren-
thieren nach Mitteleuropa gefolgte Vielfrass findet sich nur noch im Norden Europas, Asiens
und Nordamerikas. Der selten, ja theilweise sehr selten im Norden Asiens gewordene Zobel
dringt kaum noch nach Ostpreussen vor. Der Nörz, der ehedem bis Frankreich verbreitet
war, ist in Nord- und Osteuropa selten und scheint in Sibirien ganz zu fehlen. Der Eisfuchs
welcher einstmals (zur Eiszeit) mit seinen Nährthieren, den Lemmingen und Alpenhasen, bis
Mitteleuropa gezogen war, bewohnt jetzt mit ihnen nur polare oder höchstens subpolare
Gegenden, wenn er sich gleich vereinzelt auch noch jetzt zuweilen bis Finnland, ja selbst
bis in die Umgegend von Petersburg verirrt, wie wir durch у. Baer wissen.
Die gegenwärtig Europa und Nordasien bevölkernde Fauna ist den eben gemachten
Mittheilungen zu Folge als eine an Arten- und Gattungszahl verkümmerte und in stetiger Ver-
kümmerung begriffene anzusehen, eine Verkümmerung, die wohl mit der Ausrottung aller
grösseren nutzbaren wilden Thiere enden und unsere Nachkommen um den Genuss des Hoch-
wildes und den Gebrauch des edleren Pelzwerkes bringen wird. Mit der seit der Diluvial-
zeit in Europa aufgetretenen, jetzt im verkümmerten Zustande vorhandenen Säugethierfauna
Europas und Nordasiens zeigt die des nördlichen Nordamerika bei eingehender genauerer
Betrachtung, trotz der Widersprüche vieler amerikanischer Naturforscher, einen im Allge-
meinen übereinstimmenden Charakter durch das Vorkommen des Renthieres, des Elens, des
Bison, des Moschusochsen, des Zobels, des Nörzes, des Eisfuchses, des Fuchses, des Wolfes,
des Bergschafes, des Bibers, der Lemminge, der Pfeifhasen und des Schneehasen, sowie
selbst des Mamuths; abgesehen nebst Mastodon von Mylodon und Megalonyx, zweien grossen
Edentaten, welche zwar ebenfalls zu den Diluvialthieren gerechnet werden können, vielleicht
aber doch eher als Einwanderer einer südlichen Fauna anzusehen seien. Ob die erwähnte Ueber-
einstimmung auch hinsichtlich des Rhinoceros antiquitatis und seines von mir von Sibirien
bis Italien und Frankreich nachgewiesenen Begleiters, des Rhinoceros Merckii gelte, ist noch
nicht nachweisbar. Man dürfte aber vielleicht eine solche um so eher vermuthen können, da
man ja neuerdings auch in Nordamerika, die früher dort vermissten Reste von Rhinoceronten
entdeckt hat. Der Umstand, dass selbst in den jüngsten Schichten Nordamerikas häufig Reste
eines Mastodon gefunden werden, liesse übrigens an die Vermuthung denken, dass auch ein
Theil der ausschliesslich für tertiäre Faunen-Glieder gehaltenen Mastodonten Europas,
namentlich im Süden, sich möglicherweise der diluvialen Fauna beimischte. |
Erwägen wir, dass aus der Zahl der oben angeführten zur Diluvialzeit in Europa auf-
getretenen Thiere, das Renthier, der Moschusochse, der Eisfuchs und die Lemminge gegen-
wärtig noch den hohen Norden bewohnen, während auch das Mamuth und zwei Nashörner
als Bewohner des hohen sibirischen Nordens sich documentiren lassen, wie ich in mehreren
meiner Schriften nachwies und neuerdings F. Schmidt in Bezugauf das Mamuth bestätigte,
so wird man wohl nicht fehlgreifen, wenn man die in Europa zur Diluvialzeit aufgetretene
diluviale Säugethierwelt vom Hochnorden herleitet und den Grund ihrer Einwanderung in
der Vereinsamung und Erkältung ihrer nordischen Wohnplätze sucht. Als Glieder der nord-
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 9
asiatischen nach dem Westen und Süden Europas zur Diluvialzeit verbreiteten Fauna lassen
‚sich zwar eine Menge charakteristischer Formen anführen. Es können jedoch bei weitem
uicht alle Glieder der gegenwärtigen Säugethiere Russlands als solche betrachtet werden,
die in Europa einwanderten. Es steht freilich zu erwarten, dass die Artenzahl der asiatischen
Einwanderer durch in Europa zu machende Funde noch vermehrt werden wird. Wer hätte
beispielsweise früher gedacht, Reste der Myogale moschata werden sich in England finden?
Da indessen die südlichen Landstriche der russischen Fauna Thierarten bieten, welche man
als nördliche Ausläufer südlicher Ländergebiete zu betrachten hat und theilweise (so die
Gebirgs- und Steppenthiere) solche sind, die sich nicht zu weiten Uebersiedlungen eignen,
so dürfte eine namhafte Zahl von Gliedern der Fauna Nordasiens nicht ausgewandert sein.
Die Auswanderer drangen aber auch wohl nicht alle gleich weit in das westliche Europa vor,
so Spalax, die Dipoden und Merionen.
Es fragt sich also, ob alle Bewohner des hohen Nordens auswanderten? Das Vor-
kommen des Renthieres, des Moschusochsen, des Eisfuchses und theilweise auch der Lem-
minge in Nordgrönland und Spitzbergen lassen vielleicht die Meinung wagen, dass nicht
alle Individuen einzelner Thierarten auswanderten, sondern einzelne accomodationsfähige
Reste einer früher unter günstigeren climatischen Verhältnissen weit reicheren Fauna an
ihrem ursprünglichen Wohnorte verblieben, was namentlich mit jenen oben erwähnten Arten
der Fall war. Mit einer solchen Annahme lässt sich namentlich der von О. Heer nach in
Grönland und Spitzbergen entdeckten zahlreichen fossilen Resten erfolgte Nachweis einer
früheren dortigen Flora in Einklang bringen, welche in ihrem allgemeinen Charakter der
gegenwärtigen, wohl auch, wenigstens theilweise, aus dem Norden gekommenen Flora
Europas, Nordasiens und Nordamerikas ähnelte, ja mit ihr meist identisch war, da die für
stellvertretende erklärten Arten sich vielleicht als blosse Variationen der Art ansehen lassen.
Wenn auf Neusibirien, welches seit einer langen Reihe von Jahren ansehnliche Quantitäten
von Mamuthelfenbein liefert, wie man erzählt, wirklich abgestorbene stehende Bäume und
zahlreiche Knochen von Mamuth, Nashörnern, Rindern und Bergschafen vorkommen, so
würde auch dieser hochnordische Archipel einen weiteren Haltpunkt für die fragliche An-
sicht liefern. Hoffentlich werden wir in nicht zu langer Zeit durch genaue, allerdings mit
vielen Beschwerden verbundene, aber höchst wünschenswerthe Untersuchungen über den
geologischen Zustand Neusibiriens nähere Auskunft erhalten. Krauss zieht übrigens bei
Gelegenheit seiner Untersuchungen über Sibirien, Spitzbergen, Grönland etc. den Schluss,
dass Grönland, Spitzbergen und Nowaja-Semlja ihre Floren vom alten Continente empfangen
hätten (Augsburger Allgemeine Zeitung. 1872. Ausserordentliche Beilage. M 322, Seite
4899). Die nordischen Faunen und Floren waren dem Wechsel durch Vernichtung und
Auswanderung unterworfen, die durch climatische Einflüsse bewirkt wurden. Da die Tem-
peraturschwankungen während der Eisperiode Veränderungen in der Thierverbreitung be-
dingten, so drangen wohl zur Diluvialzeit einzelne Thiere theils weiter, theils weniger weit
nach Süden oder Norden vor, je nach der Verschiedenheit der jedesmaligen periodisch herr-
Mémoires de l'Acad. Пир. des sciences Vilme Série. 9
10 J. N. WouLDRıcH, DILUVIALE EUROPAISCH-NORDASIATISCHE
schenden Temperatur. Die Fauna der Eiszeit war daher in Europa wohl in einzelnen Ländern
periodischen Veränderungen unterworfen. Vielleicht lässt sich daraus auch die Möglichkeit .
der Existenz von Hippopotamen erklären, die ein offenes Wasser fordern. Manche Thiere,
wie die selteneren Mastodonten und Ælasmotherien könnten auch nur theilweise mehr
nach Norden gewandert sein, ohne dort ihren eigentlichen Wohnsitz gehabt zu haben.
Das erst nach Massgabe ihrer Reste zur Diluvialzeit erfolgte Auftreten eigenthümlicher
Thierarten (Mamuthe etc.) in Europa, als deren Heimat Asien nachgewiesen werden kann,
lässt dieses als die Wiege der diluvialen Fauna Europas und seiner selbst erscheinen. Als
die Hauptgrundlage der diluvialen in die gegenwärtig fortgesetzte Fauna Europas dürften
die theilweise aus der Nördhälfte Asiens verdrängten, in Europa die untergegangenen Tertiär-
thiere ersetzenden, Thierarten angesehen werden. Man hat sich bisher vielfach bemüht, die
Zahl der diluvialen Thiere zu registriren, wobei indessen Nordasien-als Hauptfactor, womit
man zu rechnen habe, nicht genug in die Wagschale fiel.
Dass der Mensch in Europa selbst mit längst untergegangenen Arten von Thieren, wie
Mamuthen und Nashörnern, zur Diluvialzeit zusammenlebte, haben die Untersuchungen der
Neuzeit ausser Zweifel gestellt. Möglicher Weise könnte er aber in Nordasien gelebt und
von da während der Eisperiode auswandernden, von ihm gejagten Thieren gefolgt sein, wenn
er auch nicht gerade schon damals gezähmte Thiere, so doch, wie man wohl meinte, Renthier-
heerden besäss. Da übrigens der Mensch an Accomodationsfähigkeit alle Thiere überbietet,
so liesse sich die freilich etwas gewagte, jedoch kaum widersinnige Frage aufstellen, ob er
nicht möglicherweise schon nach dem Hochnorden vorgedrungen sei, als dieser ein südliches
Clima mit der polaren, von О. Heer nachgewiesenen Flora und mit einer weit reicheren,
später meist ausgewanderten Fauna besass. Wichtig wären zunächst völlig begründete Nach-
weise über das Zusammenleben des Menschen mit den grossen diluvialen Vierfüssern in Nord-
asien. Aus Sibirien kennt man zwar Sagen, die von riesigen Thieren erzählen, mit denen die Ur-
bewohner zu kämpfen hatten, ebenso von unter der Erde lebenden, daraus hervorkommenden
und zuweilen ihrem Beschauer Unheil verkündenden Mamuthen. Sie erscheinen aber zu sehr
unter dem Gewande der Dichtung, als dass sie für naturwissenschaftliche Beweise des Zu-
sammenlebens des Menschen mit den Mamuthen und Rhinoceronten gelten könnten, wenn sie
auch dafür zu sprechen scheinen. Ich erwähne noch, dass ich auch die wichtige Fauna der
Pfahlbauten, obwohl nicht zum Diluvium gehörig, vielfach des Vergleichs wegen in meine
Betrachtungen einbezogen habe. |
Zusatz. Die Schwierigkeit über mehrere der von J. Е. Brandt in den vorstehenden, ein-
leitenden und allgemeinen Ausführungen angeregte, wichtige Fragen zu entscheiden, liegt
zunächst in unseren unvollständigen Kenntnissen über das Diluvium sowohl in geologischer, als
in paläontologischer Beziehung. Wir kennen zwar die auf eine lange geologische Zeit hin-
weisende Schichtenfolge des nord-deutschen Diluviums, die diluvialen Absätze Englands und
Frankreichs, wissen, dass der Löss Oesterreichs postglacialen Alters ist, aber eine systemati-
sche Parallelisirung aller dieser Absätze mit ihren Faunen- und Florenresten ist noch nicht
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 1]
allgemein durchgeführt. Ich habe eine solche in den allgemeinsten Zügen in meiner Ab-
handlung «Die diluv. Faunen Mitteleuropas» etc., Mittheilungen der Anthrop. Ges. Wien B. XI,
1882, versucht.
Die allermeisten bekannt gewordenen diluvialen Thierreste stammen jedoch aus
Höhlen und werden häufig gemeinsam aufgezählt. Nun ist es bekannt, dass die Höhlen zu
verschiedenen: Zeiten der Diluvialepoche und auch später angefüllt wurden, dass die Ab-
lagerungen in den meisten derselben wiederholt durch Gewässer durchwühlt und neu abge-
setzt wurden und dass selbst als ungestört citirte ältere Höhlenschichten eben seit ihrem
letzten Absatze nicht mehr gestört wurden, ihr Material eben aus früheren verschiedenen
Zeiträumen stammen kann. Dazu kommt noch der Umstand, dass man namentlich bei älte-
ren Ausgrabungen zu wenig die Schichtenfolge und die Mikrofauna berücksichtigte, die an
Hausthiere mahnenden oder diesen ähnliche Reste bei Seite schob, sich nur an die grossen
Knochen «vorweltlicher Ungeheuer» hielt und dass viele Reste, mitunter selbst von Natur-
forschern, ungenau bestimmt wurden. Letzteres trifft leider auch heute noch häufig zu;
Amateure, Historiker, Juristen u. a. sind nicht befriedigt, der Wissenschaft durch eine
sorgfältige Ausgrabung Dienste geleistet zu haben, ohne naturwissenschaftliche Vorstudien,
ohne osteologische Kenntnisse, ohne Vergleichsmaterial, ohne Museen bestimmen sie auch
die Knochenreste und übergeben sie der Oeffentlichkeit. Herr Professor Dr. A. Nehring in
Berlin und meine Wenigkeit hatten oft Gelegenheit zu konstatiren, was für widersinnige
Bestimmungen mitunter nicht nur in Privatsammlungen, sondern selbst in öffentlichen
Museen vorlagen und vorliegen. Selbst in Publicationen von Fachmännern kommen oft un-
gehörige Bestimmungen vor, so enthält das Werk «Der vorgeschichtliche Mensch» von
W. Baer und Fr. Hellwald, Leipzig 1874 auf p. 111 in Fig. 86 die Abbildung eines
Fuchszahnes, der ein Incisiv eines ziemlich grossen Wiederkäuers ist.
Es ist daher begreiflich, dass oft Thiere nebeneinander genannt werden, die unmöglich
unter denselben Lebensbedingungen gleichzeitig nebeneinander gelebt haben konnten. Ich
habe auf Grundlage meiner langjährigen diesbezüglichen Studien, wobei ich über fünfzig
Tausend Stück quarternärer Knochenreste aus den verschiedensten Fundorten, meist Oester-
reichs, bestimmte, für Mitteleuropa die nachstehenden vier Faunen, und zwar für jene Zeit
des Diluviums, welche mit dem Culminationspunkt der Eiszeit beginnt und mit dem Ver-
schwinden der grösseren Feliden und dem Rückzuge des Rennthieres schliesst, aufgestellt:
die Glacial-, die Steppen-, die Weide- und die Waldfauna. Diese Faunengruppen folgten,
wenigstens in mittleren Breiten Europas wohl auch in obiger Ordnung im Allgemeinen aufein-
ander und die Gleichzeitigkeit der ersten und letzten, also der echten Glacial- und der ech-
ten Waldfauna, an einem Orte erscheint ausgeschlossen; Mischfaunen, so beispielsweise die
der Glacial- und der Steppenfauna oder die der Weide- und Waldfauna, kommen häufig vor.
Wie man aus der durch Lossen (Der Boden der Stadt Berlin 1879) veröffentlichten
Liste der Säugethierreste aus den unteren Schichten des älteren (nordischen) Diluviums bei
Berlin ersieht, waren es nur grössere Thiere mit bedeutender Locomotionsfähigkeit, welche
9%
12 Т. N. Могровтсн, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
zunächst vor der nordischen Glacialfluth süd- und südwestwärts flohen. Die kleinere, arkti-
sche Fauna, welche einerseits längere Zeit gegen ungünstige Lebensbedingungen anzu -
kämpfen vermag und andererseits ein geringeres Locomotionsvermügen besitzt, kam erst mit
dem Eise selbst in Mitteleuropa an und fand hier günstige Lebensbedingungen. Dem Rück-
schreiten der Gletscher und Eismassen folgte auch die arktische Fauna, in Mitteleuropa
nur einzelne Vertreter im Hochgebirge zurücklassend. Auf dem freigewordenen Glacialboden
siedelte sich eine echte Steppenfauna an und folgte dann, als in Mitteleuropa eine Wiesen-
und zerstreute Waldvegetation begann, der Glacialfauna nordostwärts nach, ebenfalls nur
stellenweise einzelne Vertreter zurücklassend (so bei Oberweiden und im Steinfeld bei Wien);
an ihre Stelle rückten aber aus dem Süden und von nicht vereisten Gegenden her die
grossen Pflanzenfresser oder die Weidefauna in Mitteleuropa ein, die man im Löss so häufig
findet, und als dann hier die Wälder dichte und ausgedehnte Bestände bildeten, zogen sich
auch diese Plantivoren wieder nordostwärts zurück. In Mitteleuropa verbreitete sich aber
die letzte diluviale Fauna, die Waldfauna mit den Feliden, Cerviden, Waldhühnern, Ursus
arctos, биз, etc., welche hier mit dem allmähligen Verschwinden des Zeopardus pardus,
Felis leo und des Renthieres das Diluvium schliesst und uns in die dichten Wälder, von
denen Caesar berichtet, hinüberführt. (Näheres in meinem Aufsatze: Die diluv. Faunen
Mitteleuropas, Mitth. d. Anthrop. Ges. Wien B. XI. 1882.) i
Nicht uninteressant ist die Erwägung, dass mit dem von mir im Vorstehenden ange-
deuteten Verlaufe der glacial-postglacialen Zeit und ihren faunistischen Erscheinungen die
geologisch - paläontologischen Verhältnisse Russlands vollkommen harmoniren. Traut-
schold in Moskau berichtet in einem Aufsatze über das Eluvium Russlands (Zeitschrift der
deutschen geologischen Gesellschaft, 1879) Nachstehendes: der Gletscherlehm mit den errati-
schen Blöcken ist die jüngste Bildung der nordrussischen Ebene, er bildet die oberste Schichte.
Die Glacialperiode ist also (in Nord-Russland) der jetzigen unmittelbar vorhergegangen. Ich
betrachte den «tschernosjom» (schwarze Erde) Süd-Russlands als eine gleichzeitige Bildung
des Geschiebelehms Nord-Russlands. Beide sind neueste Bildungen und bedecken alle übrigen.
Während Nord-Russland fast den ganzen Sommer unter Wasser (Glacialwasser) stand, war
Süd-Russland von einer Grasdecke überzogen. Während Nord-Russlands erst nach allmäligem
Rückzuge des Wassers für die grossen Dickhäuter und Wiederkäuer zugänglich wurde, war
es Süd-Russland viel früher. Das Diluvium ist (in Russland) als geologischer Horizont kaum
zu bestimmen, da die Fundstätte diluvialer Thiere sowohl das Alluvium, wie die oberste
Schicht des Eluviums (ausgesüsster, an Ort und Stelle gebliebener, nicht translocirter
Boden) ist.
Mit diesen interessanten geologischen Verhältnissen Russlands correspondirt das all-
mälige Zurückweichen der erwähnten mitteleuropäischen Glacialfauna nach Nordosten. Wäh-
rend unseres jüngeren Diluviums (postglacial) war demnach Nord-Russland noch der Glacial-
thätigkeit unterworfen. Während also im Mitteleuropa die Weidefauna des Löss allgemein
verbreitet war, war Nord-Russland noch Glacialterrain und Süd-Russland mag wol schon
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 13
die mitteleuropäische frühere Steppenfauna aufgenommen haben, der hierher später auch
die Weidefauna folgte, als sich in Mitteleuropa die dichten Wälder auszubreiten begannen.
Fast zu Ende unserer Diluvialzeit, als sich in Mitteleuropa die echte Waldfauna einbürgerte,
wurde auch der Boden Nord-Russlands frei, wohin und weiter nach Sibirien nun auch die
Weidefauna wanderte. Hier wurde dieselbe wahrscheinlich von einer in der Natur so oft
wiederkehrenden Osciilation, nämlich von einer nochmaligen, hereinbrechenden Glacialfluth
überrascht und die grossen Dickhäuter fanden hier ihr Grab zu einer Zeit, die in Mittel-
europa bereits dem Alluvium angehört und sich vielleicht mit ein paar Tausend Jahren
beziffern mag.
Diesen Auseinandersetzungen zufolge wäre die oben von J. F. Brandt ventilirte Frage,
ob nämlich einzelne accomodationsfähige Reste der ursprünglich reicheren Fauna auf Spitz-
bergen und in Nordgrönland zurückgeblieben sind (nämlich Ren, Moschusochs, Eisfuchs und
theilweise der Lemming) dahin zu beantworten, dass dies nicht der Fall war. Darnach wäre
aber die weitere Ansicht Brandt’s richtig, dass die von О. Heer bestimmten Reste einer
früheren Flora auf Grönland und Spitzbergen präglacialen Alters seien.
Was das von J. F. Brandt berührte Vorkommen von Hippopotamus anbelangt, so
gehören alle bisher in Europa gefundenen Reste desselben den ältesten Divulialablagerun-
gen aus präglacialer Zeit an, die fraglichen Mastodon-Reste dürften wol känozoischen Alters
sein. Bezüglich der Arvicolen sei erwähnt, dass mittlerweile bereits theils durch Dr. А. Neh-
ring, theils durch mich und Andere mehrfache Reste nordasiatischer Formen in Europa
nachgewiesen wurden, ja ich fand unter den Tausenden von Resten, die Herr Prof. Maska
in mährischen Höhlen gefunden, sogar sehr zahlreiche Anklänge an nordasiatische Formen.
Das Vorkommen von Asinus hemionus Pall. in Europa hat Nehring bereits konstatirt.
Bezüglich der Reste von Capra und Ovis sei erwähnt, dass dieselben sehr häufig im Dilu-
vium Europas auftreten, aber meistens ohne nähere Specificirung angeführt werden, was
theils in dem fragmentarischen Zustand derselben, theils in der schwierigen näheren Bestim-
mung die Ursache haben mag. Ich vermuthe, dass mehrere von Brandt oben angeführte
Formen, besonders aber das Bergschaf, sich unter den bereits in Europa gefundenen Resten
befinden mag. Dasselbe dürfte von Putorius sibiricus und vielleicht altaicus gelten, die
etwa hie und da unter Foetorius putorius eingereiht erscheinen.
Ganz richtig ist die Ansicht des erfahrungsreichen Brandt, dass eine oder mehrere
diluviale Bärenformen ausgestorben sind. Dasselbe behaupte ich von mehreren Wolfs- und
Hundeformen und wenn Brandt nichts von letzteren erwähnt, so mag dies in dem Umstande
zu suchen sein, dass bis vor Kurzem alle grösseren Reste verschiedener Canidenformen,
wegen der äusserst schwierigen Bestimmung, einfach als Canis lupus oder höchstens als Canis
lupus spelaeus hingestellt wurden. Dasselbe mag auch von mehreren anderen fossilen Thier-
formen gelten. Es wird die Aufgabe der nächsten Forschung sein, die meisten bisher gefun-
denen Reste diluvialer Vertebraten zu revidiren, sie mit jetzt noch lebenden Formen zu
‚ vergleichen und wenn sie Abweichungen zeigen, nicht einfach unter dem Namen einer recen-
14 J.N. Могрвтсн, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
ten Form zu subsumiren, sondern in osteologische Details einzudringen, und die gefundenen
Formen strenge zu sondern. Freilich eine mitunter sehr schwierige Aufgabe, die eine
scharfe Beobachtung erfordert und auch bezüglich recenter Thiere oft schwierig ist, wie dies
Blasius in seiner «Naturgeschichte der Säugethiere Deutschlands (Braunschweig 1857)»
bezüglich der Formen der Arvicola amphibius so trefflich charakterisirt, Es zeigt sich jetzt
schon, und ich habe dies für mehrere der sogenannten alten «Species» bereits nachgewiesen,
dass es zur Zeit des Diluviums ganze Reihen verwandter Thierformen gegeben habe, die nicht
nur in einander, sondern sogar in die Formenreihe einer andern Gattung oder Species über-
gehen, trotzdem aber geschieden werden müssen. W.
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN‘ 15
L THEIL.
DIE DILUVIALE SAUGETHIER-FAUNA.
Ordo CHIROPTERA.
Vespertiliones.
Vesperugo noctula Keys. u. Blas.
Pictet: Pal. I, IV, p. 705; Gervais: Zool. et Pal. gen. p. 105.
Knochenreste dieser von Frankreich in östlicher Richtung bis Japan verbreiteten, nörd-
lich nur noch bis Skandinavien vorkommenden Art, wurden nach Owen (Brit. Foss. Mamm.
р. 11), so wie nach Dawkins und Sandford (Palaeontogr. Soc. У. XVIII, р. 19) in einer
Spalte in der Höhle von Mendip gefunden.
Zusatz. Nehring führt dieselbe fraglich an aus einer Höhle am Beide Novy in der
hohen Tatra (Dr. Roth’s Ausgrabungen in oberungar. Höhlen, Zeitschr. für Ethnol. Berlin
1881). W.
Vesperugo pipistrellus Keys. u. Blas.
Pictet: Pal. 2. ed. I, p. 167.
Von dieser Art, welche von Spanien in östlicher Richtung bis Transkaukasien und
Japan, in nördlicher bis Skandinavien und dem Jenissei vorkommt, bestimmte Wagner aus
einer Breccie von Antibes einen Unterkiefer.
Zusatz. Nehring bestimmte diese Art aus dem Zwergloche in bayr. Oberfranken, so
wie aus Höhlen bei Ojcow in Polen (Uebersicht über vierundzwanzig mitteleurop. Quartär-
faunen, Zeitschr. d. deutsch. geolog. Ges. 1880). W.
$ Vesperugo serotinus Keys. и. Blas.
Pictet: Pal. IV, p. 105.
Nach Blainville soll ein Theil der von Schmerling in den Höhlen Belgiens gefun-
denen Reste von Fledermäusen dieser Art angehören, welche von Algier, namentlich von
16 7. N. WoLDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE |
Portugal an (Barbosa de Bocage, Guerin Magazin, Т. 15, 1863, р. 329) durch das süd-
liche und mittlere Europa bis Sibirien und Indien verbreitet ist.
Zusatz. Ich fand Reste derselben in der Spalte I von Zuzlawitz in Böhmen (Wold-
rich: «Diluv. Fauna von Zuzlawitz» Sitzungsb. d. kais. Akad. d. Wiss., zweiter Bericht,
Wien B. LXXXIV, Juniheft 1881 und «Druhä spräva o faune diluviälni u Sudslavic»
Sitzungsber. d. kais. böhm. Gesellsch. der Wiss. Prag 1881); Nehring bestimmte Reste
aus der Höhle Vypustek in Mähren (K. Th. Liebe: Foss. Fauna der Höhle Vypustek,
Sitzungsber. d. math.-naturw. Classe d. k. Akad. d. Wiss. Wien B. LXXIX) und aus der
Höhle О. Ruszin bei Kaschau (Dr. Roth’s Ausgrabungen etc. Zeitschr. für Ethnol. Berlin
1881) und in Knochenhöhlen bei Ojcow (Uebersicht etc. м. о.). W.
Vesperugo borealis Keys. u. Blas.
Einen Theil der von mir untersuchten Fledermausreste der altaischen Höhlen (siehe
meine «Untersuchungen» etc.) vermag ich nur dieser von Deutschland und Skandinavien bis
zum ochotskischen Meere verbreiteten Art zu vindieiren. Sie scheinen jedoch meist aus
neuer Zeit zu stammen. Die genannten Höhlen enthalten indessen gleichzeitig Reste von
Elephas primigenius, Rhinoceros tichorhinus, Hyaena spelaca u. $. w.
Vespertilio murinus Schreb.
Pictet: Pal. I, ТУ, р. 705.
Nach Gervais (Zool. et Palaeontolog. d. Fr. 2. ed., pag. 15) soll Marcel de Serres
Reste dieser in östlicher Richtung von Algier und Mitteleuropa (Portugal-Barbosa) bis Ost-
indien und nördlich bis Dänemark verbreiteten Art in der Höhle von Bize (Aude) gefunden
haben. Ob die aus dem Lahnthale stammenden von H. v. Meyer beschriebenen Reste ihr
ebenfalls angehören, ist zweifelhaft.
Zusatz, Reste derselben bestimmte ich aus Zuzlawitz Spalte I. (S. a. v. a. O.). Neh-
ring konstatirte Reste im Diluvium von Westeregeln bei Magdeburg (Die quatern. Faunen
von Thiede und Westeregeln, Archiv f. Anthrop. B. X, Braunschweig 1878). W.
Vespertilio mystacinus Leisl.
Pictet: Pal. IV, p. 705. |
Blainville bezieht einen Theil der von Schmerling in den Höhlen Belgiens gefun-
denen Reste auf diese vom mittleren Europa bis Transkaukasien beobachtete Fledermaus.
Zusatz. Nehring führt diese Art aus Westeregeln als fraglich an. (Ъ. a. у. а. O.).
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 17
r
Pictet: Pal. I et IV, р. 705.
Plecotus auritus Geoffr.
Gervais (a. a. O.)zu Folge fand Serres von dieser von A und Portugal (Barbosa)
über Europa bis Kamtschatka und Sachalin (Fr. Schmidt) verbreiteten Art Knochen in
der Höhle von Bize. Mir lieferten die altaischen Höhlen unzweifelhafte Reste derselben
(S. meine «Untersuchungen» etc.).
Zusatz. In Zuzlawitz fand ich viele Reste dieser Art in der Se. (Ба. ма: 0.).
Nehring konstatirte Reste in Westeregeln (5. а. у. а. O.), ferner in einer Höhle bei Ojcow
in Russ. Polen (Nehring: Uebersicht etc. м. 0.). W.
Phyllostomata.
Rhinolophus ferrum equinum Daub.
Owen: Brit. foss. Mamm. р. 16. :
Owen bemerkt,.man habe unzweifelhafte Reste dieser von Algier und Portugal (Bar-
bosa) über das südliche und mittlere Europa, dann bis Transkaukasien verbreiteten Huf-
eisennase in der Kent-Höhle bei Torquay gefunden, welche auch Knochen von Hyänen
und Nashörnern lieferte. Hi
Zusatz. In Zuzlawitz Spalte I habe ich noch vorgefunden: Synotus Barbastellus Keys.
‚ u.Blas., ferner fraglich: Vesperugo Nilsonü.Keys. u. Blas., Vespertilio dasycneme Boie und
Vespertilio Daubentonii Leisl. Einige Reste erinnern an Vespert. Bechsteinii Leisl. und
Vespert. Nattereri Kuhl. но
Nehring bestimmte noch aus Wester egeln Vespertilio Daubentonii und Vespert. db:
спете (s. a. у. 0.). Е У.
Da die Skelettheile der kleinen Thiere, darunter auch die der Fledermäuse, der Zersetzung
‚ weit weniger Widerstand leisten, .als die der grossen, wenn sie nicht vor derselben von er-
.härteten Massen umgeben werden, und überdies häufig in feuchten, die Zersetzung begün-
stigenden Höhlen gefunden wurden, wohin sie erst in neueren Zeiten gelangt sein können,
so erscheint es sehr oft unsicher, aus ihnen sichere, directe Schlüsse hinsichtlich des Alters
der Arten zu ziehen, denen sie angehörten. Da wir indessen wissen, dass einzelne Arten be-
stimmter Faunen gewisse Arten zu ihren Begleitern haben, so werden wir, wenn das Alter
_ der Reste solcher Begleiter festgestellt ist, die faunistische alte Zusammengehörigkeit wenig-
stens mit ziemlicher Sicherheit muthmaassen können. Fast allen der im vorstehenden Ver-
zeichnisse aufgeführten Arten von Fledermäusen wird nur auf Grundlage einer solchen,
jedoch wie es scheint, nicht unberechtigten Schlussfolgerung ein Platz unter den diluvialen
Mémoires de l'Acad. Imp. des sciences VIIme Serie. 8
18 J. N. WoLDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
Thieren eingeräumt werden können, ein Verfahren, welches auch in Bezug auf manche an-
dere kleine Säugethiere dieses Verzeichnisses in Anwendung gebracht wurde, Uebrigens
steht wohl zu erwarten, das vorstehende, nur acht Arten von Fledermäusen enthaltende,
Verzeichniss werde künftig noch manche Zusätze erhalten, da dasselbe von aus Europa be-
kannten lebenden Arten. noch nicht ein Drittel enthält und von den in Russland bisher beob-
achteten gegen die europäischen an Zahl bis jetzt wenigstens geringeren Arten (siehe «meine
Abhandl.: «Ueber die Handflügler des europäischen Russlands» in den Mém. d. l’Acad. Пир.
4. St-Pétersb. Sc. mathem. phys. et nat. T. УП) nur etwas mehr als ein Drittel aufweist.
Ordo INSECTIVORA.
Erinacei.
Erinaceus europaeus L.
(Erinaceus fossilis Pictet.)
Pictet: Pal. IV, p. 705; Gervais: Zool. et Pal. gen., p. 114; Giebel: Paung; Indes: Bull. de la Soc. —
géolog. de France T. XXVI, 9. Nov. 1868, p. 22.
Der Igel ist vom westlichen Europa, namentlich nach Barbosa(Guer. Magaz., 2. Ser.,
T.15,p. 329) von Portugal an bis in die daurischen Hochsteppen (Radde) und das Amurland
(L. у. Schrenck, Radde), südlich über Italien und Südosteuropa bis in die transkaukasi-
schen Länder verbreitet. Da übrigens in Nordafrika (Algerien) eine Menge südeuropäischer
und selbst mitteleuropäischer Säugethiere vorkommen, ja sogar die meisten europäischen
Spitzmäuse dort nachgewiesen sind, so darf man wohl die Frage aufwerfen, ob nicht Zrina-
. ceus algirus eher für eine blosse climatische Race als für eine besondere Art anzusehen sei.
In nördlicher Richtung sieht man den Igel in Skandinavien bis zum 63°, in Russland bis
zum 61° nördlicher Breite. In den Alpen fand man ihn noch in einer Höhe von 6000’ und
im Kaukasus bei 8000 Fuss. Ueber seine Verbreitung in Russland siehe meinen zoologi- .
schen Anhang in Hofmann’s «Reise im Ural» Band II, Seite 10. |
Der Umstand, dass früher die noch lebenden Arten wenigstens ой еше ansehnlichere
Grösse erreichten, macht esnicht unwahrscheinlich, dass Pomel’s Ærinäceus major, der sich
auf Reste aus dem Diluvium der Auvergne stützt, als vielleicht eine ältere und grössere
Varietät des noch in Frankreich lebenden Erinaceus europaeus gelten kann. Derselbe Fall
dürfte es mit dem von Schmerling in den Höhlen Belgiens und den im Lahnthale gefun-
denen Oberarmknochen sein. Rütimeyer (Fauna, Seite 23) fand unter den Pfahlbauten-
resten, besonders denen von Robenhausen, auch Reste des Igels. Indes (Bull. de la Soc. géol.
de France, 2 Ser., T. 26, p. 22) führt in der Nähe Roms in einer Höhle des Monte delle
SAUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 19
Gioie gefundene Igelknochen an, worin sich auch Æyaena spelaea und Rhinoceros megarhi-
nus fanden. Aus Nordasien sind noch keine fossile oder subfossile Knochen des Ærinaceus
europaeus oder einer anderen Art von Igeln bekannt. Da derselbe, obgleich man ihn in Sibi-
rien bis jetzt nirgends beobachtete, ganz entschieden in den daurischen Hochsteppen (nach
Radde), ebenso wie im Amurlande auftritt, wie L. v. Schrenck (Reisen im Amurlande,
Band I, S. 100) nachwies, so dürften dort auch wohl Reste desselben erwartet werden.
Zusatz. Ich fand denselben in der Spalte I von Zuzlawitz (s. meine Arbeit «Diluv.
Fauna у. Zuzlawitz 2. und 3. Bericht, Sitzb. d. Kais. Akad. d. Wiss. Wien В. LXXXIV
1881 undB. LXXXVII, 1883, ferner «Diluvialni fauna u Sudslavic» Sitzb. а. К. bühm. Ges.
d. Wiss. Prag 1881 und 1883). Nehring bestimmte den Igel aus der Elisabethhöhle in
bayr. Oberfranken und aus den beiden Fundstätten in Steeten (s. seine «Uebersicht» ect. w. 0.).
W.
Soricina.
Sorex vulgaris 1.
(Sorex tetragonurus Herm.)
Pictet: Pal. I et IV, p. 705; Dawk. a. Sandford: Palaeontogr. XVII, p. 24.
Reste dieser in Europa und Nordasien bis zum hohen Norden (Brandt in Hofmann’s
Reise, Band II, zool. Anhang, Seite 7) verbreitetsten aller Spitzmäuse wurden von Schmer-
ling in den belgischen Höhlen, dann von Desnoyers in den Breccien und Höhlen um Paris
gefunden und von mir unter den altaischen, (Tscharysch) Höhlenresten (s. «Untersuchun-
gen» ect.) nachgewiesen.
Zusatz. Von mir in der Spalte II von Zuzlawitz nachgewiesen (s. а. у. a. O.), ferner
aus der Certova dira-Höhle in Mähren unter den mir durch den Erforscher dieser Höhle
Herrn Prof. К. MaSka in Neutitschein zur Bestimmung zugesandten Knochen konstatirt
(s. meine: «Beiträge zur diluvial. Fauna mährischer Höhlen». Verhandl. d. kk. geolog. Reichs-
anst. Wien 1884, № 15). Nehring führt diese Art aus Westeregeln fraglich an (Die
quatern. Faunen ect. w. о.), ferner aus dem Zwergloch bei Pottenstein, vom Berge Novy,
. aus Nussdorf bei Wien, aus Baltringen und Steeten an der Lahn (Uebersicht ect.). Giebel
bestimmte Reste vom Seveckenberge (Jahresb. d. naturw. Ver. Halle 1851); E.T.Newton
führt Reste desselben an aus dem präglacialen Forest Bed in England (Not. on the Vertebr.
of the pre-glacial Forest Bed Sorics of the East of England; Geolog. Magaz. Dec. II,
Vol. VIII, № 5, 1881). — } W.
Crocidura Araneus Blas.
Pictet: Pal. I et IV, p. 705; Giebel: Fauna.
Schmerling spricht von in den belgischen Höhlen vorgekommenen Resten dieser nicht
im Norden Asiens und Europas, sondern in den mittleren Breiten südlich bis Algerien, west-
3*
20 Т. №. WouprıcH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
lich bis Portugal (Barbosa) vorkommenden Art. Owen (Brit. foss. mamm.) schreibt derselben
in der Höhle von Kent gefundene Reste zu.
Zusatz. Für die Certova dira Höhle in Mähren bestimmte ich ато wahrscheinlich
leucodon Wagler (Beitr. zur diluv. Fauna mähr. Höhlen. Verh. d. k. k. geolog. Reichsanst.
Wien 1880, № 15). Nehring führt Crocidura aus dem Zwergloch und Steeten an (Ueber-
sicht etc.). W.
Crossopus fodiens Wagl.
Pictet: Pal. IV, p. 705; Gervais: Zool. et Pal. gen. p. 105; Giebel: Fauna.
In der Umgegend von Paris von Desnoyers gefundene und nach Owen bei Norfolk _
entdeckte Reste (Sorex remifer Ow.) dürften wohl dieser sehr. weit von Nordasien und Europa
bis Algerien verbreiteten Art zugeschrieben werden, über deren Verbreitung in Russland
ich in Hofmann’s Reise Band II, Seite 7, gesprochen habe.
Zusatz! Nehring bestimmte diese Art aus den Fuchslöchern bei Saalfeld und aus dem
Zwergloch (S. seine Uebersicht über 24 mitteleurop. Quartär-Faunen. Zeitschr. d. deutsch.
geolog. Ges. 1880). W.
Man kann wohl kaum bezweifeln, dass auch Sorex on und 5. etruscus, sowie auch
die nicht bloss über Europa weit verbreitete, sondern selbst in Oran von M. Wagner beob-
achtete Spitzmaus, welche er als Sorex pygmaeus bestimmte, die vielleicht aber als 5. eirus-
cus zu deuten ist, schon früh gleichfalls-Skelettheile hinterliessen. Es fragt sich sogar, ob
nicht manche der als selbständig aufgestellten fossilen Arten (Pietet: Paleont. 2. ed. I,
Seite 174) der einen oder andern der drei genannten Arten angehören. H. v. Meyer’s Sorex
pusillus könnte z. В. vielleicht 5. pygmaeus zu heissen haben. Unter den Resten von Sorex
araneus könnten auch einzelne dem Sorex leucodon zuzuschreiben sein.
Zusatz. In Zuzlawitz Spalte I fand ich Sorex pygmaeus Pall. und in der Spalte 1 IT:
Sorex alpinus Schinz. (8S.a.v.a.0.). Nehring bestimmte Sorex pygmaeus aus dem Zwerg-
loch und den Fuchslöchern bei Saalfeld (s. seine Uebersicht ete.) und E. T. Newton aus
dem präglacialen Forest Bed (s. а. у. a. O.). | W.
_ Муодае moschata Fisch.
(Sorex moschatus Pall., Palaeospalax magnus.) .
Din a. Sandf.: Palaeontogr. XVII, р. 24 u. 43; Gervais: Zool. et Pal. gen., р. 104; Giebel: Fauna.
Owen: Brit. foss. mamm., 23.
Eine Unterkieferhälfte, die man in Norfolk fand und welche Owen einem Palacospalax
magnus zuschrieb, wurde von Lartet (Revue Archéologique 1863) mit Recht als der
Moschusspitzmaus angehörig nachgewiesen. Sie deutet offenbar merkwürdig genug auf eine
weit westlichere und grössere frühere Verbreitung des jetzt, soviel mir bekannt, auf das
®
'SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 21
Becken der unteren und besonders mittleren Wolga, so wie des Dons, namentlich auf die
Zuflüsse der genannten Ströme und der mit ihnen zusammenhängenden Gewässer und Seen
‚beschränkten Thieres hin, als dessen nördlichstes Vorkommen bisher das Moskauer Gouver-
nement bekannt ist. Das Vorkommen der Moschusspitzmaus haben Eversmann, Roullier
und Bogdanoff besprochen.
Zusatz. Е. T. Newton führt diese Art aus dem präglacialen Forest Bed an (S.a.
у. а. O.). У.
Myogale pyrenaica Geoffr.
Da von Myogale moschata ein deutlicher Ueberrest in England vorgekommen ist,
dürften wir mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit erwarten, dass auch von der jetzt in den
Gewässern des Pyrenäengebietes und in Portugal in der Provinz Minho nach Barbosa gefun-
denen Myogale pyrenaica Knochenreste in der Erde existiren. Es fragt sich sogar, ob nicht
Pomel’s Myogale antiqua, die auf einen, dem der Myogale pyrenaica sehr ähnlichen, Ober-
arm sich stützt, und die schon Blainville mit der letztgenannten Art identifieirt, wirklich
mit M.pyrenaica zu vereinigen sei, wenn auch der der М. antiqua zugeschriebene Humerus
im Miocän (Sansan) gefunden wurde, weshalb sie wohl Lartet ausscheidet. Uebrigens stehen
auch М. minuta Lartet, M. пауадит und M. auvernensis Pomel, wie mir scheint, noch auf
unsicherer Grundlage. р
Talpina.
Talpa vulgaris Briss. |
Talpa europaea L.
Owen: Brit. foss: mamm.; Pietet: Pal. I, ТУ, р. 705; Gervais: Zool. et Pal. gen., р. 105; Dawk. а.
Sandf.: Palaeogr. XVIII, р. 24; Indes:Bull. de la Soc. géol. de Fr. T. XX VI, р. 22 (Monte Gioie).
Reste des in ganz Europa von Portugal (Barbosa) an, dann in Nordasien (Brandt in
Hofmann’s Reise II. Zoologischer Anhang, Seite 9) nicht seltenen Maulwurfs hat man in
Frankreich, Belgien, England, Deutschland und Mähren gefunden. Auch habe ich deren
unter den altaischen Höhlenresten (siehe meine Untersuchungen, Spec. 4) nachgewiesen. Die
Höhlen Mährens lieferten ausser Resten von Тара auch die von Felis spelaea etc. (H. Wan-
kel, Zeitschrift Lotos 1860). In England (Dawkins and Sandford: Palaeontogr. Soc. Vol.
XVIII, Seite XXIV) kamen Maulwurfsreste bei Plymouth mit einem Iltisschädel vor. Bei
Bacton fand man sie in einem fluviatilen Lehm, der auch Reste von Hyaena spelaea, Ursus
_spelaeus, Elephas primigenius, Hippopotamus major und Rhinoceros leptorhinus lieferte. Der
ebengenannte Fund deutet auf ein hohes Alter der Talpa vulgaris hin. Da zwischen dilu-
vialen und etwas jüngeren tertiären Bildungen gegenwärtig schwer die Grenze zu ziehen ist,
22 У. N. WOLDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
so möchten die nach sehr schwachen Resten als Talpa antiqua Blainville, Talpa acutiden-
tata Blainville und Тара brachychir Н. у. Meyer aufgestellten Arten wohl noch einer
‚näheren Bestätigung bedürfen.
Zusatz. In Zuzlawitz fand ich Reste in beiden Spalten vor (S. a. у. а. O.). Nehring
bestimmte Reste (Uebersicht ect. w. 0.) aus folgenden Orten: Zwergloch, Hirsch - Höhle,
О. Ruszin bei Kaschau, Ojcow, Berg Novy, Nussdorf bei Wien, Baltringen, Saalfeld, Wild-
scheuer bei Steeten und Balven Höhle, Sandberger aus Würzburg (Verhandl. d. phys.
med. Ges. Würzburg N. Е. В. XIV 1879), H. у. Meyer in den Dolomitspalten von Steeten
(N. Jahrbuch f. Min. 1846), Dupont aus Trou du Sureau bei Dinant in Belgien (L’homme
pendant les âges de la pierre ect. 2. ed. Paris 1872). MaSka bestimmte dieselbe in der Sipka-
Höhle (3. seine Prnoëké nälezy en Stramberku, Casop. mug. spolku olom., Olmütz 1880 № 4).
: W.
Ordo CARNIVORA.
Felina.
Machaerodus cultridens Owen.
Ursus etruscus Cuv. Rech. ed. 4 in 4. Vol. IV, p. 380.
Ursus cultridens Cuv. Rech. 4, Vol. V, p. 2 (1824) p. 517, ed. 8, T. VII (1835), p. 309— 310.
Owen Report of brit. Assoc. 1842, p. 68.
Ursus trepanodon Nesti, Lettera terza al S. Prof. Р. Savi 8. Pisa 1826.
Machaerodus cultridens Оз. Brit. foss: Мати. (1846), р. 181.
Machaerodus cultridens Andr. Wagner, Abhandl. 4. К. bayerischen Akad. d. Wissensch. math. phys. Cl.
Bd. VII (1855), p. 409.
Machaerodus cultridens P. Gervais, Zool. et Paléont. de Fr. 2° ed., р. 231 (e. р.) mit Ausschluss des
Machaerodus cultridens Gaudry (p. 112).
Im Verein mit Skelettheilen von Bären wurden im Arnothal merke sichelförmige
mit einer stark abgeplatteten, scharfrandigen Krone versehene, grosse Hauzähne entdeckt, die
Cuvier von Nesti zur Ansicht erhielt und anfangs einem Ursus etruscus, später aber nebst
einem ähnlichen Zahn, dessen Abbildung er von Schleyermacher aus Darmstadt erhalten
hatte, einem Ursus cultridens zuschrieb, während Nesti die italienischen Zähne einem Ursus
trepanodon zuerkannte. Kaup (Оззет. foss. 4. mam. р. 24—28) vindicirte die italienischen
Zähne nebst dem Zahn der Darmstädter Sammlung, dessen Abbildung schon Cuvier vorlag,
einer eigenen Gattung Machaerodus, die er weder den Bären noch auch den Katzen ähnlich
sein lässt. Die auf die italienischen Zähne und den Darmstädter gestützte Art в
Каир als Machaerodus cultridens. (Taf. I, Fig. 5.) у à
Als Kennzeichen für seine Gattung giebt ег р. 28 folgende an: die grossen, wie bei
keinem Thier, ausser bei Lemur, zusammengedrückten Hauer, welche wie bei keinem andern
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 23
Raubthier einen concaven gezähnelten Rand besitzen und wo sich der emaillirte Theil des
Zahnes wie 1 zu 1 oder gar wie 1 zu 2 verhält. Spätere Entdeckungen von Schädelresten zeig-
ten, dass der Schädel mit dem der Katzen im wesentlichen übereinstimmt, jedoch eine vorn
höhere und ziemlich steil abfallende Symphyse des Unterkiefers besitzt und dass nicht bei
allen Arten die Ränder der Hauer gezähnelt sind. Die Gattung Machaerodus, die Falconer
Drepanodon benannte, könnte übrigens zur Vereinfachung der Nomenclatur selbst als blosse
Abtheilung (Subgenus) der Gattung Felis gelten, wie schon Owen meinte. Die Arten erreichten
die: Grösse der grössten Löwen und Tiger, manche aber etwa nur die des Jaguar.
In England in der Kent-Höhle bei Torquay (Devonshire) gefundene Zähne, die Buck-
land, wieanfangsauch Owen, denen des Ursus culiridens ähnlich fand, wurden später vom
letzteren einer von Machaerodus culiridens verschiedenen Art Machaerodus latidens Ow. in
den Brit. foss. Mammals vindicirt, worin ihm A. Wagner und Pictet folgten.
| Der Hauer des Machaerodus cultridens, wovon Owen durch Pentland einen Abguss
erhielt, soll sich von dem des М. latidens durch grössere Länge und eine breitere, dickere
und stumpfere Krone unterscheiden. Die Länge des einzelnen Hauzahnes in seiner Krüm-
mung giebt er auf 81, Zoll, die Breite des Grundes seiner Krone auf 1 Zoll, 2 Linien an.
Das Vorkommen der Zähne des Machaerodus cultridens im Arnothal mit Resten von
Bären, sowie der Umstand, dass dort auch Reste von Rhönoceros Merckü = etruscus Е ale. sich
fanden, möchte dafür sprechen, dass Machaerodus cultridens zur Diluvialzeit dort wohl
noch lebte. |
Machaerodus latidens Owen.
Machaerodus latidens Owen, Brit. foss. Mamm. p. 179.
Machaerodus latidens Andr. Wagner, а. а. O. р. 410.
Machaerodus cultridens Kaup, Ossem: foss.
Pictet: Pal. I, р. 231, IV, р. 705; Gervais: 7001, et Pal. gen. р. 103, Pl. ХУШ; Dawk. a. Sandf.
XVII, p. 20.
Wie eben erwähnt, fühlte sich Owen veranlasst, die in England gefundenen Zähne
eines Machaerodus einer vom M. cultridens verschiedenen, als M. latidens von ihm bezeich-
neten, Art zuzuweisen, worin ihm A. Wagner nicht nur beistimmte, sondern selbst (а. a. О.)
die im Museum zu Darmstadt aufbewahrten, bei Eppelsheim gefundenen Reste, welche Kaup
seinem Machaerodus cultridens zu Grunde legte, schon Cuvier auf seinen Ursus cultridens
bezog, Pomel aber (Bull. d. 1. soc. géol. d. France 2° ser. T. III, p. 367) einer eigenen
Art, Felis machaerodus, zuschrieb, als Synonym des Machaerodus latidens ansah.
Gervais (Zool. et Paléont. génér. p. 78) vindieirt übrigens Zähne eines Machaerodus,
welche in der Höhle le Baume unfern Lons-le-Saunier (Jura) mit Resten von Zlephas, Rhi-
noceros tichorhinus, Equus, Dos, Cervus, Sus und Hyaena spelaea ausgegraben wurden, dem
Machaerodus latidens. Als Kennzeichen der Art werden zur Unterscheidung von Machaerodus
cultridens von Owen die dünnern, stärker zusammengedrückten, im Verhältniss breiteren,
24 J. N, WOLDÉICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
spitzeren Hauer angegeben. Der grösste der Hauer bot übrigens, in der vordern Krümmung
gemessen, eine Länge von 6 Zoll, während der Kronengrund einen 1,Zoll und 2 Linien
betragenden Querdurchmesser zeigte. Der Hauer erschien danach nicht nur weit kürzer,
sondern auch schmäler als der des Machaerodus cultridens nach Grundlage des Pentland-
schen Abgusses.
Demnach würde man vermuthen können, Machaerodus latidens dürfte ein kleineren,
| jedoch dem Löwen an Grösse kaum nachstehendes Thier, als Machaerodus cultridens ge- |
wesen sein.
Bereits Owen sagt, die Zähne seines Machaerodus latidens seien mit denen des Höhlen-
löwen, Höhlenbären und der Höhlenhyäne vorgekommen. Dawkins und Sandford (Palaeon-
togr. Soc. Vol. XVII, p. XIX—XX) bemerken, der Machaerodus cultridens sei von der plio-
cenen in die pleistocene Periode wie Ælephas meridionalis übergegangen und ein Zeitgenosse
des Rhinoceros tichorhinus und der Höhlenhyäne gewesen und erwähnen ausserdem in einer
Note, dass Höhlenuntersuchungen, die J. Mac Enery anstellte und E. Vivian beschrieb,
mit denen von Machaerodus auch Reste von Elephanten, Rhinoceroten, Pferden, Cervus
euryceros und Hyänen lieferten. Gervais(Zool. et Paléontol. de Fr. 2 ed., p.231) berichtet,
ein dem von Owen beschriebenen ähnlicher Schneidezahn sei bei Du Puy (Haute Loire)
vermuthlich im Diluvium von Aymard gefunden worden. Ganz besonders bemerkenswerth
ist es, dass dieselbe Höhle, worin man die Zähne entdeckte, welche dem Machaerodus latidens
Owen’s:zu Grunde liegen, von G. Austen (Trans. of. the geol. soc. 2° Ser. Vol. II, р. 433)
uicht bloss Knochen von Mammuthen, Nashörnern, Ochsen, Hirschen, Pferden, Bären, Hyä-
nen und grossen Katzen, sondern auch menschliche Reste und Kunstproducte lieferte. Nach
Falconer fanden sich übrigens in der Nähe von Torquay, also unweit der Kent-Höhle, in der
bei Brixham ausser den in der Kent-Höhle gefundenen Knochen der genannten Thiere auch
die des Renthiers nebst menschlichen Geräthen von Feuerstein. Der an Grösse und gewaltiger
Kraft dem Löwen und Tiger vergleichbare, dieselben aber wegen seines fürchterlichen Gebisses
an Gefährlichkeit überbietende Machaerodus latidens war also wohl noch zur Diluvialzeit in
England ein Zeitgenosse der Mammuthe, Nashörner, Ochsen und Hirsche und zugleich über-
aus gefährlicher Feind desdamals noch so schwach bewaffneten Menschen, mit dem er esmit
Leichtigkeit aufnehmen konnte. Wenn wir nun erwägen, wie viele Bewohner Indiens alljährlich
trotz der Feuergewehre, den schwächer bezahnten, zuweilen ganze Dörfer entvölkernden
Tigern zur Beute fallen, so dürften die Verwüstungen, welche in jenen fernen Zeiten die
Machäroden unter den Menschen anrichteten, überaus beträchtliche gewesen sein, selbst
wenn die zahlreichern Individuen der Thierwelt dieselben weniger fühlbar machten. 50
lange also an solchen Raubtbieren kein Mangel war, musste die Vermehrung des Menschen-
geschlechts, ehe dasselbe eine solche Culturstufe erreichte, welche selbst die gefährlichsten
Raubthiere zu beseitigen vermag, sehr fühlbare Beschränkungen erleiden. Man darf sich also
wohl eben nicht wundern, wenn die arg dezimirte Menschheit der ältesten Zeiten im Ver-
hältniss so geringe oder keine Spuren an ihren Wohnplätzen hinterlassen hat.
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE DEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 25
? Machaerodus megantereon Owen.
Felis megantereon Bravard.
Machaerodus cultridens P. Gervais: Zool. et Paléont. de Fr. 2° éd., p. 231, Pl. 27.
Blainville: Ostéogr., p. 129 und 140, Pl. 17.
Croizet et Bravard: Oss. foss. du Puy de Dome I, p. 192.
Bravard: Monographie de la montagne de Perrier. Nachweis diluvialer Thiere, mit denen Mach. me-.
gantereon in der Auvergne vorkam.
Mit diesem Namen ist offenbar eine nur den Panther an Grösse erreichende Art zu
bezeichnen, welche sich, ausser ihrer geringern Grösse, durch die an ihren vorspringenden
Rändern ungezähnelten Zahnkronen der Hauer sowohl vom Machaerodus cultridens und M.
latidens, als auch von Machaerodus leoninus Andr. Wagner’s auffallend unterscheidet. Die
in der Auvergne von Bravard (?) gefundenen, dieser Art angehörigen namhaften Reste, ein
Unterkieferfragment mit seinen drei Backenzähnen, dem Eckzahne und einem Schneidezahne,
ein Bruchstück des Oberkiefers mit den beiden grossen Backenzähnen nebst einzelnen
Backenzähnen, ganz besonders aber der wenn auch des Unterkiefers ermangelnde Schädel
mit einem einsitzenden Eckzahne, haben nicht allein zum Nachweis der Art, sondern auch
zur bessern Kenntniss und Begründung der Gattung Machaerodus sehr wesentlich beige-
tragen. Die beste Abbildung des Schädels hat Gervais a. a. О. geliefert, jedoch denselben
auf Machaerodus cultridens bezogen. Es ist übrigens fraglich ob derselbe diluvialen Alters ist.
Zusatz. J. R. Bourguignat führt in seiner Schrift «Histoire des Felidae fossiles, con-
states en France», Paris 1879, aus der quaternären Periode nur Machaerodus latidens Owen
(= Megantherion latidens Pomel) an, von welchem in Frankreich nur einige Zähne gefun-
den wurden.
E. T. Newton führt aus dem präglacialen Forest Bed Englands einen Machaerodus sp.
ап (Geolog. Mag. Dec. IE, Vol. УП, № 4 1880). G. de Mortillet führt aus dem Quaternär
nur Machaerodus latidens an und zwar aus der Kent-Höhle in England, aus der Höhle Baume-
les-Messieurs, aus Du Puy in Frankreich, aus Chiappara und aus zwei Grotten bei
_ Syracus. W.
Felis leo L.
Felis leo var. Dawkins; Felis spelaea Goldf., Cu v. et pl. auct.
Sanford: Pleistoc. Mamm. Palacontogr. Soc. Vol. XVII, р. XX und Monogr. р. I sowie Vol. ХХУ, P.IV.
Cuvier: Rech. oss. foss.; Pictet: Pal. I, р. 222; ТУ, р. 705; Gervais: Zool. et Pal. gen. р. 102.
Skeletreste des Löwen fanden sich fast im ganzen gemässigten und südlichen Europa,
Bessarabien nicht ausgenommen, vorzugsweise in Höhlen. In Nordasien sind deren meines
Wissens noch nicht nachgewiesen. Eichwald (Liethaea III, р. 406) spricht zwar von einem
Mémoires de l'Acad. Пир. des sciences VIlme Serie. 4
26 I. N. Wozpkicox, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
Unterkiefer, der aus einer der altaischen Höhlen (der Khankasa-Höhle) herstammte, welcher
nach ihm Felis spelaea oder vielleicht Felis Irbis angehört haben könnte, den ich jedoch als
denjenigen eines Luchses erkannte (siehe meine Unters. d. Säugethierreste der altaischen
Höhlen, Spec. 6 und 7). /
Bereits Esper (Ausführliche Nachrichten von neu entdeckten Zooliten, Nürnberg
1774 m. 14 Taf. fol.) und später Sömmering (Grosses Magazin für die Naturgeschichte
des Menschen. III, Seite 60) hielten in Deutschland gefundene Reste dieser grossen
Katze für die des Löwen. Goldfuss und Cuvier erklärten sie aber für die einer vom
Löwen verschiedenen Art (Felis spelaca), während sie dagegen Blainville (Ostéog. Felis)
nebst Giebel (Palaeontolog. Seite 324) für die eines Tigers ansahen. Andreas Wagner
(Abhandlungen der königl. bayrischen Akademie der Wissenschaften, math.-phys. Cl.
Bd. IT, Seite 249) meinte, die grosse Höhlenkatze sei dem Löwen anzuschliessen, weiche -
aber in der Contur des Schädels, der geringen Entwickelung des Hirnkastens, der ansehn-
lichen Aushöhlung der Stirn, der Abstumpfung der Orbitalfortsätze des Stirnbeins und
dem kleineren unteren Augenhöhlenloche abweicht. Dawkins und Sandford pflichteten in
der citirten Monographie der Ansicht Esper’s und Sömmering’s bei und lieferten
eine ausführliche Schilderung des Skeletbaues der Höhlenkatze unter dem Namen: Felis
leo var. Ich selbst hatte Gelegenheit im Berliner mineralogischen Museum drei aus der
Gailenreuther Höhle stammende Schädel derselben mit Löwenschädeln zu. vergleichen
und kann ebenfalls nur für die Identität der Schädel der Höhlenkatze (Felis spelaea) mit
denen des Löwen stimmen, indem ich die erstere für eine nur unwesentlich abweichende
ältere Form des letzteren halte. Dieser Umstand, sowie das Vorkommen der Reste des
Löwen in den posttertiären Gebilden, mit denen zahlreicher, noch lebender Thiere (Canis
lupus, Lepus timidus, L. cuniculus, Felis catus, Mustela foina, Putorius vulgaris, Cervus
capreolus, Talpa europaea, биз scrofa, Meles taxus u. з. м.) scheinen zu beweisen, dass die von
Herodot УП. erwähnten Thiere, welche die Kameele des Xerxes anfielen, wirklich Löwen
gewesen seien und dass auch Aristoteles (Hist. anim. VI, c. XX VIII) den Löwen, wenn auch
als Seltenheit, in Macedonien zwischen den Flüssen Achelaus und Nessos mit Recht noch
vorkommen liess. Die alte Sage von der Erlegung des nemäischen Löwen, den der Philosoph
Anaxagoras aus dem Monde in den Pelopones gefallen sein lässt, durch Hercules, dürfte
demnach wohl als Hindeutung auf die frühere noch ausgedehntere Verbreitung des genann-
ten grossen Raubthieres im alten Griechenland sich ansehen lassen, falls sie nicht einer
uralten noch mythischen Vergangenheit ihren Ursprung verdankt und der remäische Löwe
gar als ein Rest des fürchterlichen Machaerodus zu deuten wäre, eine Hypothese, die freilich,
bis jetzt wenigstens, für eine völlig unerweisbare zu betrachten ist. Da indessen der Mensch,
wie auch noch der Machaerodus latidens schon der Diluvialfauna angehörten, so möchte sie
doch nicht als eine ganz widersinnige, wenn auch schwer annehmbare, erscheinen. Die Er-
legung eines Machaerodus wäre allerdings für einen Hercules, wie die Mythe ihn schildert,
eine würdige That gewesen.
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 2%
Felis tigris L.
Felis cristata Falc., Cautl.; Felis palaeotigris Falc., Cautl.
Unter den aus den altaischen Höhlen stammenden Resten (siehe meine Untersuchungen,
Spec. 5) fand ich’ zwei Metatarsalknochen, welche mit denen des Tigers übereinstimmen.
Der Umstand, dass Blainville [Ostéogr. Carnivores, Seite 109] einen Schädel der Höhlen-
katze mit dem des Tigers übereinstimmend fand, und dass auch Siebel den Radius nebst
Zehenknochen, welche er im Diluvium des Seveckenberges fand [Isis, 1847, 5. 522 und
N. Jahrbuch für Mineralogie 1847, Seite 54], dem Tiger zuschrieb, veranlasste die Frage,
ob nicht möglicherweise auch in Europa sich Tigerreste finden möchten, die man mit denen
des Felis leo var. spelaea zusammenwarf. Da der Tiger in neueren Zeiten noch in Sibirien,
Centralasien und im Amurgebiete, dann in Imeretien und Mingrelien beobachtet wurde, ja
sogar nach einer, wie es scheint, wenig verbürgten Angabe Georgi’s [Geographisch-physi-
calische Beschreibung des russischen Reiches. Th, III, Bd. IV, Seite 1518] früher bis zum
Dnestr geschweift habe, so könnte er wie die Mamuthe und tichorhinen Rhinoceroten, die er
vermuthlich früher in ihrer Urheimat verspeiste, auch wohl nach Europa nicht bloss ihnen,
sondern auch den Saigas, Hirschen, Renthieren und Rindern gefolgt sein. Künftige Funde
können freilich erst darüber die Entscheidung bringen. Dass der Tiger Nord- und Mittel-
asiens, ebenso wie der kaukasische, mit dem bengalischen identisch ist, leidet nach meinen
im Museum der hiesigen Akademie an mehreren Exemplaren angestellten Beobachtungen
keinen Zweifel. Ich muss daher Dawkins und Sandford [Palaeontogr. Soc. Vol. XVIIT,
Seite 20, note] beistimmen, dass er auf keinen Fall davon specifisch verschieden sei, wie
Falconer meinte. In Betracht der Verbreitung des Tigers [J. Е. Brandt, Verbreitung des
Tigers. Мет. 4. l’Académie а. St. Pötersbourg. VI. Ser. T. VIII, Seite 145] drängte sich mir
die Frage auf, ob nicht die, denen des Tigers sehr ähnlichen, Knochen, welche nach Falco-
ner und Cautley [Palacontogr. Mém. Vol. Seite 315, Falconer and Cautley: Felis cris-
tata new fossil Tiger from Sivalik. Asiat. Res.Vol. XIX, P. 1. 1836, Seite 133 und 135] in
einer Jüngeren Tertiärablagerung des Sivalikgebirges sich fanden und die sie einer Felis
cristata zuschrieben, auf den Tiger selbst zu beziehen seien. Wenn indessen Garrigou in
den Etudes unter den in den Steinbrüchen bei Soute (Dep. Charente) gefundenen Knochen
von Elephas, Rhinoceros, Hippopotamus, Urus, Cervus Dama, С. Alces, Tarandus, Equus
und Canis auch Tigerknochen aufführt, so dürften, wegen der so leichten Verwechselung
der Knochen des Tigers mit denen von Felis spelaca, dieselben noch eine genauere Bestim-
mung um so wünschenswerther machen.
Das Museum der Akademie der Wissenschaften besitzt durch die Liberalität der Ost-
indischen Compagny die Gypsabgüsse zweier namhaften Schädeltheile, wovon die Originale
in den Sivalik-Hills gefunden wurden. Der eine, welcher einen nur mit abgebrochenen Hauern
und dem Reste der ersten Backenzähne versehenen Schädel ohne Unterkiefer und linken
4*
Ая
28 J. N. WOLDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
Jochbogen repräsentirt, ist als der Felis cristata (Asiat. В. Vol. 19, Seite 190, 221,
Fig. 1 u. 2, wieder abgedruckt in Falconer’s Palaeontolog. Memoires Vol. I, 315, Pl. 25)
angehöriger bezeichnet, mithin als Nachbildung des Originals der Felis cristata Falconer’s
und Cautley’s zu betrachten. Derselbe stimmt in allgemeiner gestaltlicher Beziehung, ebenso
hinsichtlich der Grösse mit den mir vorliegenden sieben Tiger-Schädeln überein und weicht
nur durch eine im Verhältniss kleinere Hirnkapsel, den viel höheren, zwischen seinen vor-
deren, stark convergirenden Schenkeln, etwas tiefer eingedrückten, weit höheren Scheitel-
kamm und die tieferen, ansehnlichere Temporalmuskeln voraussetzenden, Schläfengruben ab.
Der Abguss des zweiten schnauzenlosen, einem grösseren Thiere zu vindieirenden Schädel-
fragmentes, wozu gleichfalls der Unterkiefer fehlt, ist als das einer Felis palaeotigris ange-
hörige Fragment bezeichnet. Es stimmt aber mit dem der Felis cristata zugeschriebenem
Fragmente im wesentlichen morphologisch dermaassen überein, dass es nicht wohl einer
anderen Art zugewiesen werden kann. Als individuelle, vom Alter abhängig mir erschei-
nende, Unterschiede sind wohl seine etwas grössere Breite, seine gewölbtere grössere Tiger-
ähnliche Hirnkapsel und sein oben der Länge nach gefurchter Scheitelkamm anzusehen,
Der letztere erscheint übrigens wie beim Abguss der Felis cristata Falconer’s ebenfalls,
namentlich vorne und in der Mitte viel höher und dicker als bei den vorliegenden Tiger-
schädeln. |
Anfangs glaubte ich demnach Felis cristata von Felis tigris unterscheiden zu können,
der eingehende Vergleich unserer Tigerschädel zeigte indessen, dass bei einem derselben,
der aus Taschkent herstammte, die vorderen Schenkel des Scheitelkammes ähnlich wie bei
Felis cristata und Е. palaeotigris sich verhalten, während ein anderer eingesandter durch die
ansehnliche Höhe seiner Crista und die oben tiefe Schläfengrube dem Gypsabguss von Felis
cristata ungemein nahe kommt. Der einzige Unterschied der beiden letztgenannten vermeint-
lichen Arten von Felis tigris reducirt sich also auf die nur wenig kräftigere, vorne und in
der Mitte etwas höhere Crista vertebralis und die tieferen Schläfengruben. So geringe gra-
duelle Abweichungen scheinen uns indessen nicht hinreichend, um Felis cristata und Е. palaeo-
tigris von Felis tigris sicher zu unterscheiden. Auch können dieselben möglicher Weise als
Reste einer älteren Form des Tigerschädels angesehen werden. Ein aus Transkaukasien
stammender Tigerschädel kommt übrigens der Felis cristata schon sehr nahe. Ich bin daher
geneigt, dieselben einer alten durch etwas höhere, dickere und tiefere Schläfengruben charak-
terisirten Form des Felis tigris zuzuschreiben.
Zusätze. J. R. Bourguignat (Histoire des Felidae fossiles const. en France dans les
dépôts de la Période quaternaire, Paris 1879) unterscheidet für Frankreich: Leo nobilis
Gray (den Lion actuel), den Leo spelaeus Bourg. = Felis spelaea Goldfuss grösstentheils
und Leo spelaeus Filhol; ferner Tigris Edwardsiana Bourguig. und Tigris europaea Bourg.
In Zuzlawitz fand ich in der Spalte II Reste einer grossen Katze, dieich als Leo (spelaeus
Filhol) bezeichnete (S. a. у. a. O.). Unter der Bezeichnung Felis leo spelaea berichtet
Wankel über ein ganzes Skelet und andere Reste grosser Katzen aus den Slouper-Höhlen
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 29
in Mähren (Die Slouper-Höhlen und ihre Vorzeit, Denkschr. d. K. Akad. d. Wiss., Wien
В. ХХУШ, 1868) und aus Predmost in Mähren (Prvni stopy lidsk& na Morave, Casop.
muz. spol. olom. &. 3. 1884); vom selben Ort berichtet auch Maëka über Felis spelaea
(Correspond. Blatt 4. deutsch. Anthrop. Ges. № 5 1864). Nehring bestimmte Reste einer
Felis spelaea aus dem Diluvium von Thiede und von Westeregeln (s. seine: Quaternären
Faunen von Thiede und Westeregeln, Archiv f. Anthropologie B. X und XI, Braunschweig
1877 u. 78). Ueber Felis spelaca berichtet ferner Roemer aus Knochenhöhlen bei Ojcow
(die Knochenhöhlen von Ojcow in Polen, Palaeontographica, Cassel, B. XXIX), Fraas aus
dem Hohlefels bei Ulm (Archiv f. Anthropol. B. V. 1872), Rütimeyer aus der Thayinger
Höhle bei Schaffhausen (der Höhlenfund im Kesslerloch ect., Mitth. d. antiquar. Ges., Zürich
1875), Richter aus den Fuchslöchern am Rothen Berge bei Saalfeld in Thüringen (Zeitschr.
d. deutsch. geolog. Ges. 1879), H. v. Meyer aus Dolomitspalten von Steeten (Neu. Jahrb.
г. Mineral. 1846), Dupont ausTrou du Surean in Belgien (L’homme pendant les äges de la
pierre ect. 2. édit., Paris 1872); Nehring führt diese Form auch aus der Höhle von Balve‘
in Westfalen an (Uebersicht ect.); Maëka als «dev jeskynni» (Höhlenlöwe) aus der Sipkahöhle
in Mähren (Pravéké nälezy ve Stramberku, м. v.). Jos. A. Frië berichtet über Funde des
diluvialen Tigers, Felis spelaea Goldf., aus der Ziegelei Juriska bei Prag und aus Vysotan
(Uebersicht der diluv. Säugethiere Böhmens') Sitzb. d. königl. böhm. Ges. d. Wiss. 1881),
Struckmann berichtet über Æelis (Leo) spelaca aus der Einhornhöhle mit Spuren der
Anwesenheit des Menschen (s. a. v. a. O.), Acconci beschreibt Felis leo Lin. var. aus der
Höhle Cucigliana bei Pisa (s. a. у. a. O.); Szombathy berichtet über eine Felis spelaea aus
der Vypustekhöhle, (Hochstetter: Viert. Bericht d. prähist. Commis., Sitzb. d. k. Akad.
d. Wiss, Wien, В. LXXXII, 1880), Rivière aus Baoussé-Boussés ($. a. у. а. 0.)
Felis Uncia Buff., Schreb.
(Felis Pardus Pall., Felis Irbis Muell., Ehrenb.)
Ein aus den tscharischen im Altai gelegenen Höhlen herstammendes Os meta-
carpi digiti tertii pedis dextri gehört nach meinen genaueren Untersuchungen dieser
grossen Katzenart an, welche im Osten Mittelasiens, in der Mongolei, dem Küstengebiete
des ochotzkischen Meeres, dem Amurlande, auf Sachalin und Japan (L. v. Schrenck), in
Tibet und Korea, ja auch wohl in Nordchina heimisch ist, in westlicher Richtung aber
bis in das Altaigebiet vordringt, während sie in der Nordhälfte Asiens ebenso als Faunen-
genosse des Tigers erscheint, wie wir den Panther in Afrika und einem Theile Westasiens
mit dem Löwen und in Transkaukasien mit dem Tiger auftreten sehen. Da der Irbis in Si-
1) Dieser Titel ist nicht richtig, da die Arbeit nur | spricht und zahlreiche bis dorthin für Böhmen konstatirte
die im böhm, Museum vorhanden gewesenen Reste be- | diluviale Arten und Formen nicht enthält.
30 Т. N. WoLDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
birien und im Amurgebiete mit Renthieren, Elenthieren, Edelhirschen, Rehen, Wildschwei-
nen, Vielfrassen u. s. w. jetzt vorkommt und auch wohl schon früher nicht bloss mit den
genannten Thieren, sondern auch mit Mammuthen und tichorhinen Rhinoceroten zusam-
menlebte, da die altaischen Höhlen namentlich auch den letztgenannten Thieren angehörige
Reste lieferten, so fragt es sich, ob nicht zur Eiszeit als die genannten Thiere theilweise
nach Westen wanderten, auch er denselben selbst bis Europa zum Theile wenigstens gefolgt
sei. Man hat zwar noch keine fossilen in Europa gefundenen Reste des Irbis beschrieben;
es könnten aber demnach möglicherweise einzelne ihm angehörige Reste sogar schon ent-
deckt, jedoch nicht richtig gedeutet worden sein. Hat man doch erst in neueren Zeiten
Skeletreste des Moschusochsen, des Renthieres, des Eisfuchses, des Vielfrasses, der Lem-
minge u. 3. w. in solchen verschiedenen Ländern Europa’s entdeckt, wo man sie nicht er-
wartete. Es liesse sich demnach z. B. sehr wohl die Frage wagen: ob nicht die von Cuvier
angeführte, an Grösse einem mittelgrossen Panther gleichkommende Felis antiqua, insoweit
er sie namentlich auf einen oberen Backenzahn und ein Unterkieferfragment mit dem letz-
ten Backenzahne (Rech. f. 1. oss. foss. Pl. 198, fig. 4, 5) aus der Gailenreuther Höhle
stützt, möglicherweise nicht einem Panther, sondern dem Irbis zu vindiciren sei. Wurden
doch auch in der Gailenreuther Höhle die Reste eines seiner noch gegenwärtigen Faunen-
genossen in Sibirien, des Vielfrasses, gefunden. Bei der so nahen Verwandtschaft der Katzen-
arten im Skeletbau können übrigens weniger charakteristische Reste derselben sehr leicht
verkannt und falsch gedeutet werden.
Felis pardus L.
Felis antiqua Слух. е. р.
Felis leopardus 2 fossilis
(Lartet: Annal. 4. Sc. nat. 57° ser. 1867. T. VIII, р. 170.)
Pictet: Pal. I, р. 228; IV, р. 705; Dawk., u. Sanf.: Palaeontgr. XVIII, р. 21 u. 23; Gervais: Zool. et
Pal. gen. p. 102, PI. XVII.
Gervais (Zool. et Paléont. fr. 2 éd., р. 227—228) führt als Felis antiqua Cuv.
eine Katzenart an, deren Reste im Diluvium, den Knochenhöhlen und den Breccien der am
Mittelmeere gelegenen Departements von Frankreich gefunden wurden. Ein Schädel dersel-
ben hat, wie er ausdrücklich bemerkt, mit dem des Panthers in allen Beziehungen eine
so grosse Aehnlichkeit, dass er von demselben keine anderen Unterschiede zeigt als sie die
Pantherschädel unter sich bieten. Dessenungeachtet schreibt er ihn der Felis antiqua Cu-
vier zu, welcher, wie es scheint, die Reste zweier Arten (des Irbis und Panthers) mög-
licherweise zu Grunde liegen könnten. — Визс und Falconer fanden bei Gibraltar Reste,
welche der letztgenannte dem Panther zuerkannte (Dawkins and Sanford Palaeontogr.
Soc. Vol. XVIII, р. XXI). Der letztgenannte Fundort gewährt dadurch ein besonderes In-
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 31
teresse, dass er an einem Orte erfolgte, der früher mit Afrika zusammenhing, wo noch
jetzt, wie bekannt, der Panther mit dem Löwen nebst Znuus lebt, während die ebengenannte
Affenart noch im neueren Zeiten bei Gibraltar vorkam. Wir dürfen also wohl annehmen, der
Panther sei zur Diluvialzeit in Europa, wenigstens im westlichen und südlichen Theile des-
selben, ebenfalls ein faunistischer Begleiter des Löwen (Felis leo var. spelaea) gewesen. Blain-
ville zieht Felis pardinensis und auvernensis Croizet etJobert zum Panther, während die
beiden letztgenannten Naturforscher Pomel’s Felis brachyrhyncha für eine junge Felis par-
dinensis, also für einen Felis Pardus jun. erklären. Die nach in der Auvergne gefundenen
Resten aufgestellte Felis auvernensis von Croiz. et Job., welche an den Jaguar erinnern
soll, hält indessen Gervais für eine zweifelhafte Art. Was die in England gefundenen, von
Sanford und Dawkins (a. a. 0.) der Felis antiqua zugeschriebenen, dann die von Schmer-
lingin Belgien entdeckten zweien Arten (Felis antiqua Cuv. und Е. prisca) zuerkannten Reste,
ebenso wie die Gailenreuther anlangt, auf welche letztere Cuvier vorzugsweise seine Felis
antigua stützte, so möchten wohl die vorstehenden Mittheilungen über Felis uncia und
Felis pardus berücksichtigende neue Untersuchungen wünschenswerth erscheinen lassen.
Es ist fraglich ob die von Gaudry beschriebenen Katzen (р. 116) am Ende doch
nicht theilweise noch lebenden Arten angehören könnten, da ja die Katzen oft sehr acco-
modationsfähig sind.
Zusatz. Leopardus Gray.
J. В. Bourguignat (Histoire des Felidae fossiles ect. s. а. у. а. 0.) unterscheidet für
Frankreich sieben verschiedene Arten, und zwar fünf sichere: Leopardus Filholianus Bourg.
und Leopardus presbyterus Bourg. = Felis prisca Schmerl., welche sich dem Typus des
Jaguar nähern, und Leopardus Larteti Bourg. = Felis leopardus? fossilis Lartet, Leo-
pardus pardus Gray und Leopardus brachystoma Bourguig., welche zum Typus des Pan-
thers gehören, ferner Leopardus antiquus Bourg. = Felis antiqua Cuvier, eine zweifel-
hafte Art und Zeopardus Laurillandi Bourg., eine wenig bekannte Art.
Es wäre nicht unmöglich, dass eine dieser Arten Bourguignat’s mit der Felis Uncia
d. h. dem Irbis übereinstimmen könnte.
Ich bestimmte ein aus der Höhle Vypustek in Mähren stammendes rechtes Unterkie-
ferfragment meiner Sammlung als Leopardus pardus Gray (Beiträge zur diluvialen Fauna
der mährischen Höhlen), welches Exemplar übereinstimmt mit dem aus Lunel-Viel stam-
menden und kaum merklich schwächer ist. Da das letztere nach Bourguignat (p. 34) in-
termediär ist zwischen dem gewöhnlichen algierischen und dem grossen marokkanischen
Panther und auch die Zähne ein wenig abweichen, so könnte es fraglich sein, ob beide nicht
etwa der Felis Uncia angehören könnten; leider steht mir kein Schädel dieses Thieres zur
Verfügung. Aus der Sipka-Höhle in Mähren bestimmte ich ebenfalls Reste als Leopardus
pardus Gray; in der Certova dira bezeichnete ich diese Art an unvollkommenen Resten
als fraglich.
32 Т. N. WoLDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
Acconci berichtet über Reste von Felis antiqua Cuv., aus Cucigliana, die er nicht
mit Felis pardus für identisch hält (Atti 4. Soc. Tosc. а. Sr. Nat. Pisa, Vol. V, 1880);
Struckmann über Felis antiqua Cuv. aus der Einhornhöhle (s. а. а. а. O.); Szombathy
über Нез cfr. Pardus aus der Vypustekhöhle (Hochstetter: Vierter Вет. 4. präh. Commiss.
Sitzb. 4. Kais. Akad. d. Wiss. Wien. В. LXXXII, 1880). W.
Felis Serval Schreb.
(Felis servaloides Pomel?, Felis analogue au Serval M. de Serres.)
Pictet: Pal. I, p. 228; IV, p. 705.
Gervais (Zool. et Pal&ontol. fr., 2 éd., Seite 228) sagt bei Felis serval, indem er
offenbar die aus den Höhlen von Lunel-Viel stammenden von M. de Serres einer Felis
analogue au Serval zugeschriebenen Reste im Auge hat, sie scheine mit dem afrikanischen
Serval identisch oder eine ihm sehr nahe stehende Art zu sein. Da Felis Serval ein Bewoh-
ner Nordafrika’s ist, wie der Löwe und Panther, deren fossile Reste, wie schon bemerkt, in
Frankreich nachgewiesen sind, so dürfte es wohl vorläufig plausibler erscheinen, die Felis
analogue au Serval eher auf den Serval als, wie And. Wagner (Abhandl. der k. bayrischen
Akademie, Band VI, Seite 253) auf den Luchs zu beziehen. Was dagegen die Felis serva-
loides Pomel’s (Catal. шей. Seite 54) und Gervais (Mém. de l’Acad. d. Montpeill. VI,
Seite 94 und Zool. et Paléontolog. génér. Seite 38 und 64), ebenso wie die Felis christoli
Gervais (Zool. et Paléontol. fr. 1 &d., Seite 214) anlangt, so möchte ich eine Vereinigung
mit dem Serval für weniger sicher halten. Bei der Bestimmung der fossilen Katzenreste der
jüngeren Schichten Frankreichs und Spaniens dürfte nämlich zu berücksichtigen sein, dass
ausser dem Löwen, Panther und Serval auch noch andere Arten grösserer Katzen, wie Felis
Jubata Е. Caracal und F. Chaus (var. lybica?) noch gegenwärtig in Nordafrika bis Algerien
leben, welche wie ihre jetzigen afrikanischen Faunengenossen (der als sogenannter Höhlenlöwe
fälschlich als Art angesehene Löwe, Panther und Serval) früher auch das ehedem mit Afrika
zusammengehangene Spanien und Frankreich bewohnt haben könnten. Es darf deshalb
vielleicht selbst an die Möglichkeit gedacht werden, man habe bereits Reste der einen oder
anderen jener drei im fossilen Zustande doch noch nicht nachgewiesenen Arten bereits ge-
'unden, aber noch nicht richtig gedeutet.
Zusatz. Bourguignat unterscheidet (s. а. у. а. O.): Fils engiholiensis SChmer el
welche doppelt so stark ist, als der Serval und Felis servaloides Роше]. W.
Felis Iynx L.
(Felis engiholiensis Schmerling, Felis minuta Rud. Wagner, Felis brevirostris Croiz. et
Job., Felis issidorensis Croiz. et Job., Felis lyncina Andr. Wagner.
Pictet: Pal. I, p. 228; IV, p. 705.
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 33
Nach Blasius (Naturgeschichte der Säugethiere Deutschlands, Seite 175) würde
Felis lynx in Europa nur bis an die Alpen gehen, im äussersten Süden Europa’s also die
nach Barbosa (Guerin Magaz. 1863, Seite 330) nur noch selten in Portugal vorkom-
mende, ungenügend bekannte Felis pardina Oken, Temm. ihn ersetzen. Damit lässt sich
allerdings in Uebereinstimmung bringen, dass Gervais (Zool. et Paléontolog. fr. 2 éd.,
Seite 229) sagt, er käme nur noch einzeln in den Pyrenäen und Alpen vor.
Ob die erwähnte west-südliche Grenze richtig sei, kann aber erst entschieden werden,
wenn die theils in Betracht der Farbenvariabilität des echten Luchses, theils wegen Ver-
breitung desselben bis in das mit Südeuropa in gleicher Breite liegende transkaukasische
Ländergebiet, fraglich erscheinende Felis pardina als Art völlig sicher gestellt ist. Es ist
dies um so mehr zu wünschen, da fossile Reste eines Luchses, die möglicherweise in Spa-
nien und Portugal gefunden werden könnten, eine solche Feststellung doppelt wünschens-
werth machen. Das gegenwärtige Verbreitungsgebiet des echten, die Wälder liebenden, in
den von ihm bewohnten Culturländern mehr oder weniger selteneren oder ausgerotteten
Luchses (Felis lynx L.) kann man im allgemeinen in der Richtung von Südwest nach Ost,
von den Pyrenäen bis auf das Küstengebiet des ochotskischen Meeres (mit Ausschluss Kam-
tschatka’s), das Amurland und die Insel Sachalin ausdehnen. In manchen Ländern dieses
Gebietes ist er sehr selten (Deutschland, Frankreich u. s. w.) oder vertilgt. Einige Luchse
wurden in Ostpreussen noch einzeln 1876 erlegt (Die Natur, 1876, p. 254). Als Polargrenze
wäre gegenwärtig in Europa Lappland, der 68.” nördlicher Breite (Middendorff), in Nord-
asien aber der 65. oder 64.° nördlicher Breite anzunehmen; jedoch dürfte der Luchs, als
im Norden Asiens der Waldwuchs höher ging, auch nördlicher vorgekommen sein. Als
Aequatorialgebiete lassen sich das gemässigte Europa, dann Transkaukasien, nebst Meso-
potamien, ferner der Särafschan in Buchara, das nördliche Tibet (von Schrenck), das
Amurgebiet und die Insel Sachalin (L. v. Schrenck) zur Geltung bringen.
Die Verbreitung des Luchses wurde von L. v. Schrenck (Ueber die Luchsarten des
Nordens, Dorpat, 1849, p. 28—68) und später von mir (in Hofmann’s Reise nach dem
Nördlichen Ural, Bd. II. Zool. Anhg. p. 11) in Bezug auf Russland besprochen. Ergänzun-
gen dazu enthalten die zoologischen Theile der Reisen v.Middendorff’s, L.v.Schrenck’s
und Radde’s. Reste des Luchses wurden nach Garrigou (Etudes p. 19) in den Grotten
des Jura und der Vogesen mit denen von Ælephas, Ursus spelaeus, Hyaena spelaea, Cervus,
Sus und Rhinoceros gefunden. Die in den Alluvionen der Umgegend von Issoire (Puy de
Dome) entdeckten Skelettheile einer Katzenart, welche Croizet et Jobert zweien Arten
(Felis brevirostris Г. und issiodorensis) zuschreiben (Gervais Zool. et Paléont. fr. 2 éd., p. 229
-—230) dürften wohl ebenfalls eher für die des Luchses als für die zweier ihm verwandten
Katzenarten gehalten werden können. In England hat man, so viel mir bekannt, noch keine
Luchsreste aufgefunden. Die in den belgischen Höhlen entdeckten beiden Zähne, welche
Schmerling seiner Felis engiholiensis zuschreibt, hält Andreas Wagner für Luchszähne.
Wagner’s Felis lyncina, welche er auf ein aus der Gailenreuther Höhle herstammendes
Mémoires de l'Acad. Пар. des sciences УПше Serie. 5
34 J. N. WoLDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
Oberkieferstück begründete, bietet so unwesentliche Unterschiede vom entsprechenden Theile
des Luchses, dass das fragliche Oberkieferstück sehr wahrscheinlich ihm ebenfalls angehörte.
Aus der Schweiz führt weder Rütimeyer, noch Fatio Luchsreste an. Indes (Bullet. de
la société géolog. de France 2 Ser. T. XVI, Seite 22) ist aber geneigt, eine in einer Höhle
des Monte delle Giole (bei Rom) gefundene Unterkieferhälfte, jedoch noch mit einigem
Bedenken, dem Luchs zuzuschreiben. In den altaischen Höhlen fanden sich unzweifelhafte
namhafte Theile des Luchses (Siehe meine Untersuchungen spec. 7). Der Luchs lässt sich
daher wohl als ein vom Nordosten nach Europa mit seinen Nährthieren, den Renthieren,
vorgedrungener Einwanderer ansehen.
Zusatz. Lyncus Gray.
Bourguignat (s. а. у. a. O.) unterscheidet: Lyncus lyncoides Bourg. gleich Felis
Lyncoides Роше], aus Condes und Boulade, und Lyncus lynx Gray aus Massat, l’Ariege
und Növe (Vence). Letztere Form bestimmte ich aus der Certova-dira-Höhle in Mähren
(Beitr. 2. diluv. Fauna der mähr. Höhlen. Verh. 4. К. К. geol. Reichsanst. Wien 1880, №15),
dann aus der Höhle Na Milaszöwca bei Krakau (G. Ossowski: Sprawoz danie ect., Kraköw
1883). Fraas berichtet über Reste des Felis lynx aus Hohlefels bei Ulm (Archiv für Anthr.
B. V, 1872); Richter aus den Fuchslöchern am Rothen Berge bei Saalfeld (Zeitschr. d.
deutsch. geolog. Ges. 1879); von Cohausen aus der Wildscheuer bei Steeten an der Lahn
(Annal. f. Nass. Alterthk. u. Geschichtsf. B. XV, 1879, bestimmt von Lucae). Ich selbst
bestimmte erst kürzlich Schädelreste des Zyncus lynx Gray aus Willendorf in N.-0.
K. Th. Liebe aus der Vypustekhöhle in Mähren (Foss. Fauna der Höhle Vypustek, Sitzb.
4. math. nat. OI. 4. К. Akad. d. Wiss. В. LXXIX). W.
Felis catus L.
Pictet: Pal. I, р. 228; IV, р. 705; Gervais: Zool. et Pal. g. р. 103; Dawk. u. Sanf.: Palaeontogr.
XVII, р. 21; 0. Heer: Urw. р. 543; Rütimeyer: Pfahlb. р. 23; Unters. р. 32.
Die im mittlern und südlichen Europa von Portugal(Barbosa) an vorkommende ebenso
wie in Algerien heimische Wildkatze, welche indessen meist schon ziemlich selten geworden,
ja inmanchen Ländern bereits ganz vertilgt ist, wurde in der Nordhälfte ihres Verbreitungs-
gebietesnordostwärts nur bis Kurland und Litthauen wahrgenommen. Als südöstlichsten Fund-
ort kennt man Transkaukasien. In den altaischen Höhlen fehlen Reste derselben. Ihre Ver-
breitung in Russland habe ich im Bull. de l’Acad. Гир. 4. St.-Pétersb. с]. phys.-math.
Т. XI (1853), р. 334 und im Bd. II von Hofmann’s Reise im Nördlichen Ural, Zool.
Anh. p. 12, speciell besprochen, wozu Kessler (Bull. d. nat. d. Moscou 1858) einen
Nachtrag lieferte, woraussich das sporadische, durch drei Exemplare nachgewiesene, Vorkom-
men in den Gouvernements von Wolhynien, Kiew und Podolien ergab. In Griechenland lebt
sie noch jetzt (Expedit. sc. Morée.) Reste der Wildkatze wurden in England in der Kent-
Höhle, den Mendip-Höhlen und in der Ziegelerde von Ilford (Owen, Brit. foss. mamm.;
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 35
Dawkin’s and Sanford Palaeont. Soc. Vol. XVIII) entdeckt. Noch zahlreichere Reste lieferten
nach Gervais (Zool. et Paléont. fr. 2 éd., р. 229) mehrere Departements von Frankreich,
namentlich Lune-Viel (Herault), Mialet (Gard), Echenoz (Haute Loire), Avison (Gironde),
so wie Condes und Aubière (Puy de Dôme). Lartet (Ann. 4. Se. nat. 4” Sér., T. XV)
fand überdies in der Höhle von Auringac (Haute Garonne) Knochen der Wildkatze mit
denen von Hyaena und Felis spelaea, Elephas primigenius, Rhinoceros tichorhinus, Cervus
eurycerus und Cervus tarandus. Aus den Höhlen Belgiens sammelte Schmerling im Ver-
ein mit Resten von Zrinaceus, Тара, Hyaena spelaca, Felis spelaea, noch die einer F. catus
magna und minuta, welche wohl auf Felis catus zu beziehen sind. Aus Deutschland kennt
man mit einiger Sicherheit nach A. Wagner nur einen aus der Rabensteiner Höhle stam-
menden Unterkiefer, den Rud. Wagner einer Felis minuta zuschrieb. Rütimeyer (Fauna,
p. 23) bemerkt, Moosecdorf, Wauwyl, Robenhausen und die Höhlen von Mentone hätten
bestimmte Spuren der jetzt in der Schweiz ziemlich seltenen Wildkatze geliefert. Fatio,
(Vertebr. d. 1. Suisse I, р. 276) erwähnt überdies, man habe deren im Diluvium des Cantons
Bern wahrgenommen mit der Bemerkung, die aus der Steinzeit herstammenden liessen sich
auf keine gezähmte Race beziehen. H. v. Meyer (Jahrb. f. Miner. 1847, р. 191) berichtet
dass bei Verona Knochen der Wildkatze mit denen von Felis spelaea, Putorius, Sus scrofa
und Cervus capreolus gefunden worden seien. Unter den Thierresten der Höhle des Monte
delle Giole bei Rom führt Indes (Bull. d. 1. Soc. géolog. de France T. XXVI, p. 22) ausser
denen vom Maulwurf, Igel, Fuchs, Wolf, Höhlenhyäne und Luchs, auch zwei Unterkiefer
und einige andere Knochen der Felis catus an. Die Wildkatze kann in Betracht der vor-
stehenden Mittheilungen, weder nach Maassgabe ihres Vorkommens im lebenden Zustande
noch auch in Betreff der Fundorte ihrer Ueberreste, als ein zur Urfauna Nordasiens gehöri-
ges, nach Europa eingewandertes, Thier angesehen werden. Eher dürfte sie sich, da man sie
in Algier mit Panthern, Löwen und Hyänen, häufiger aber in Transkaukasien mit Panthern,
Hyänen und Tigern, wiewohl als Seltenheit, antrifft und ihre Knochenreste mit denen des
_ Panthers, des Löwen und Hyaena spelaea, so wie mit denen vom Rhinoceros, Elephas u. s. w.
in französichen und belgischen Höhlen fand, als accomodationsfähige, tertiäre in die Fauna
der Diluvialzeit und die der Gegenwart übergegangene Thierart der voralluvialen, tertiären
Fauna betrachten lassen.
Zusatz. Felis Gray.
‚Bourguignat unterscheidet (s. a. v. a. O.) noch: Felis magna Bourguig. (= Cattus
magna Schmerl.), Felis fera Bourg. (= Felis ferus M. de Serres), Felis catus Bourg.-
Lin. par. (= Felis domestica Gervais). B. kennt Reste der letzteren nur aus alluvialen
Ablagerungen, E. Chantre führt sie jedoch an in Höhlen der nördlichen Dauphiné mit
zugeschlagenen Steinwerkzeugen. Felis minuta Bourg. (= Cattus minuta Schmerl.) eine
kleine wilde Katze.
Ich habe in der II. Spalte von Zuzlawitz (s. a. v. a. O.) zahlreiche Reste von Felis
В
36 Т. N. WoLDrıca, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
magna Bourg., Felis fera Bourg., Felis catus Bourg. und Felis minuta Bourg. gefun-
den, ferner aus der Öertova dira in Mähren bestimmt: Felis fera Bourg. und Felis Magna
Bourg., aus der Sipka-Höhle in Mähren, Felis fera Bourg. und Felis catus Bourg.; der
Unterkiefer der letzteren besitzt ein fossiles Aussehen wie die anderen Reste. Ferner be-
stimmte ich Felis fera aus Dernis in Dalmatien, Felis magna und Felis catus aus der Höhle
Na Milaszöwce bei Krakau und Felis fera nebst Felis magna? aus der Höhle Maszycka bei
Ojcow (G. Ossowski: Jaskinie okolie Ojcova I, T. I—VIIT; Pam. Wydz. mat. przyr. Aka-
dem. Umiej,, Tome XI, Krakow 1885). Nehring bestimmte Felis catus ferus aus der
Wildscheuer bei Steeten (Uebersicht ect. w. 0.), Liebe aus Vypustek in Mähren ($. a. у.
а. O.). Unter der Bezeichnung Felis catus sind noch vielfach Reste aus verschiedenen Höh-
len angeführt worden, die wohl einer Revision bedürfen, wie überhaupt alle bisher gefun-
denen Katzenreste. Dabei dürfte es sich zeigen, dass namentlich nicht alle kleineren Katzen-
formen Bourguignat’s haltbar sein dürften, wenn ich ihm auch bisher in der Bestimmung
folgte. Auch wird sich wohl zeigen, dass unsere Hauskatze nicht von unserer Wildkatze,
sondern von einer oder zwei andern, bei uns im Diluvium vertretenen Formen, welche sich
an die jetzt lebende Felis maniculata oder eine Verwandte derselben anschliessen. W.
Hyaenina.
?Hyaena striata L.
Hyaena prisca Marcel de Serres.
Hyaena monspessulana Christol.
Dawk., а. Sanf.: Palaeontogr. XVIII, р. 47.
Reste derselben wurden in Frankreich entdeckt.
Schon A. Wagner (Abh. 4. Kön. bairischen Akad. math. phys. Cl. Ва. VI, р. 243)
bemerkt: die Hyaena prisca, von Christol Hyaena monspessulana benannt, komme in allen
Merkmalen des Schädels und Zahnbaues mit der Ayaena striata dermaassen überein, dass
selbst die Verschiedenheit von letzterer noch nicht nachgewiesen ist. — Warum könnte
nicht Hyaena striata in früheren Zeiten in Frankreich verbreitet gewesen und dort oder auch
in noch andern Ländern Westeuropas auf Hyaena spelaea gestossen sein. Kommt nicht
Hyaena striata heutzutage noch in Algerien mit solchen Säugethieren vor, die auch in Frank-
reich leben, wie Canis vulpes var., Felis catus, Putorius communis, Lutra vulgaris, Ursus
arctos, Sus scrofa, Cervus elaphus, Mus sylvaticus, Sorex vulgaris, Sorex araneus, Sorex
fodiens, Vespertilio murinus, V. serotinus, Plecotus auritus und Rhinolophus ferrum equi-
num? Es sind dies übrigens dieselben Thiere, welche mit ihr auch in Kleinasien und den
Kaukasusländern vergesellschaftet erscheinen, dort jedoch noch um andere gleichfalls in
Algier heimische wie Canis aureus, Felis pardus, Felis chaus und theilweise selbst Felis leo
und F. jubata vermehrt werden. — Ich bin daher geneigt № game prisca und Н. monspessu-
lana für identisch mit Æ. striata zu halten
Ist nicht vielleicht Hyaena eximia Gaudry gleich A. striata?
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. ^ 37
Hyaena spelaea Goldf.
Hyaena spelaea major Goldf., Hyaena intermedia Marcel de Serres, Hyaena arvernensis
und dubia Croizet, Hyaena gigantea Holl., ? Hyaena crocuta L.
Pictet: Pal. I, р. 228; ТУ, р. 705; Gervais: Zool. et Pal. gen. р. 103; Dawk., a. Sanf.: Palaeontogr.
XVII, p. 21, 22; O. Heer: Urw. p. 573; Giebel: Fauna.
Da Knochen der Hyaena spelaea ohne Frage in den altaischen Höhlen mit Resten von
Elephas primigenius, Rhinoceros tichorhinus, Bos bonasus var. priscus u. s. w. gefunden
wurden (J. Е. Brandt, Säugethierreste der altaischen Höhlen. Bullet. sc. а. l’Acad. Imp.
d. Sc. d. St.-Petersbourg, Т. XV, Seite 147, fr. sp. 8; Mélang. biol. T. VII, Seite 367),
so dürften wir ihre Verbreitung von Sibirien mindestens bis Frankreich und England aus-
dehnen und gleichzeitig vermuthen, sie sei aus ihrer nordasiatischen ursprünglichen Hei-
math den genannten Thieren nach Europa gefolgt. Durch Troschels Güte konnte ich im
Jahre 1869 im Museum zu Bonn einen vollständigen Schädel nebst mehreren anderen Schädel-
theilen der Нуаепа spelaea untersuchen und mit Schädeln von Нуаепа crocuta und H. striata
vergleichen. Es ergab sich hierbei die bereits anerkannte Uebereinstimmung des Schädels
der Höhlenhyäne mit Нуаепа crocuta, der mir vorgelegene Schädel der Höhlenhyäne wich
aber durch grössere Breite der Stirn, der Schnauze und des Gaumens und die stärker di-
vergirenden Jochbogen, so wie durch kräftigere Scheitelkämme, eine plattere Stirn, der
Länge nach eingedrückt, und ein kräftigeres Gebiss ab. Die Abweichungen sind solche, dass
sie auch individuell sein könnten. Merkwürdig ist es, dass die Höhlenhyäne weit mehr
mit der jetzt auf Afrika beschränkten Н. crocuta als mit der ihr Wohngebiet in Asien bis
zum Kaukasus und Masenderan, ja bis Buchara ausdehnenden A. striata übereinstimmt.
Die in Europa erst zur Diluvialzeit aufgetretenen tichorhinen Rhinoceroten neigten
freilich ebenfalls durch die Verkümmerung ihrer Schneidezähne und vielleicht auch durch
den Mangel von Hautfalten zu den afrikanischen hin.
Forsyth Major (Atti 4. la Soc. Ца]. T. XV, p. 381— 82) hält Н. spelaea für H. crocuta.
Die ununterbrochene geographische Verbreitung und der Umstand, dass Ayaena striata und
crocuta bis Centralasien geht, machen mich noch etwas zweifelhaft.
Zusatz. Aus der Höhle Vypustek in Mähren bestimmte ich einige Reste (Beiträge zur
diluv. Fauna mähr. Höhlen, У. 4. ЕК. geol. Reichsanst. Wien 1880, № 15). Hyaena spelaea
konstatirte Wankel in den Slouper Höhlen. (Die Slouper Höhlen ect., Denkschr. der Kais.
Akad. 4. Wiss. В. ХХУШ Wien 1868). A. Friè in Prag berichtet über einen Schädel aus
Trebeëic bei Caslan in Böhmen (Sitzb. d. math. naturw. Classe der böhm. Ges. d. Wiss. Mai
1874). Nehring berichtet über Reste aus Thiede und aus Westeregeln (s. seine: Quater-
nären Faunen von Thiede ect. w. o.), Giebel vom Seveckenberg (Faunen der Vorw.), Liebe
aus der Lindenthaler Hyänenhöhle (17. u. 18. Jahresb. 4. Ges. v. Freunden d. Naturw. Gera
1875 u. 1878; ferner Archiv f. Anthrop. B. IX), Ranke aus dem Zwergloch im bayr. Ober-
38 Т. N. Могрвтсн, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
franken (Beiträge z. Urgesch. Bayerns B. II. 1879), Roemer aus den Höhlen bei Ojcow (die
Knochenhöhlen von Ojcow, Palaeontogr. Cassel B. XXIX); G. Ossowski bestimmte Hyaena
crocuta var. spelaca Accon. aus der Maszycka Höhle (s. a. у. а. O.), Fraas berichtet über
Reste aus der Höhle Ofnet bei Utzmemmingen (Correspondenzblatt 4. d. anthrop. Ges. 1876
№ 8), А. Ecker aus dem Diluvium von Langenbrunn (Archiv f. Anthrop. В. IX u. X.),
Sandberger aus dem Lüss von Würzburg (Verh. der physik. med. Ges. Würzburg М. Е.
В. XIV 1879), Richter aus den Fuchslöchern am Rothen Berge bei Saalfeld (Zeitschr. d.
d. сео]. без. 1879), у. Johansen aus der Wildscheuer bei Steeten (Annal. f. Nass. Alterthk.
и. Gesch. f. В. XV 1879), Dupont aus Trou de Sureau (w. a. v. a. O.). In Nehring’s Ueber-
sicht ist auch Balve angeführt. Maëka führt dieselbe aus der Certova-dira-Hühle an (s. а. у.
у. 0.). Auch im Lehm bei Nussdorf kamen Reste vor. Acconci berichtet über Hyaena crocuta
var. spelaea aus der Höhle Cucigliana bei Pisa (Diuna caverna fossilifera scop. а Cucigliana,
Atti d. la Soc. Tosc. d. Seien. Natur, Pisa Vol. У. 1880). E.T. Newton beschreibt Reste von
Hyaena crocuta var. spelaea Goldf. aus dem Forest Bed, Suffolk (Geolog. Magaz. Dec. II,
Vol. X, X 101883); Szombathy aus der Höhle Vypustek, (Hochstetter: Sieb. Bericht d.
präh. Commis. Sitzb. d. К. Akad.d. Wiss. Wien В. LXXXIX, 1881). Struckmann berichtet
über Reste aus mehreren Orten am Harz, bei Göttingen etc. (Reste quaternärer Säugeth.
etc.), Rivière aus Baoussé-Boussés (5. а. у. а. O.). W.
Canina.
Canis spelaeus Goldf.
Canis lupus L., Canis alpinus F. Major. |
Pictet: Pal. Г, р. 204; ТУ, р. 705; Gervais: 2001. et Pal. gen. р. 102; Dawk. a. Sanf.: Pal. XVIII,
р. 21; Rütimeyer: Pfahlb. р. 22; Forsyth Major: Atti d. 1. Soc. ital. Т. ХУ, р. 380.
Canis lupus war in Baiern nach Schrank (Fauna boica, Seite 51) schon 1798 nicht
mehr zu Hause. Fehlt im Münsterlande (Altum, Fauna, Seite 72). In der Schweiz kommt
ernur im Tessin vor, wohin er meist aus dem Jura wandert. Nach Lavizari wurden binnen
8 Jahren im Canton Tessin 53 Wölfe erlegt (Fatio, Vertebr. а. 1. Suisse, Vol. I, Seite 228).
Canis lupus kommt hie und da in Belgien vor (Selys-Longchamps, Faune belg. Seite 13);
in der Mark nur als Ueberläufer (J. H. Schulz, Fauna march. Seite 108). In vielen Ländern
Europa’s sind Skelettheile des Wolfes theilweise mit Resten von Zlephas primigenius, Hyaena
spelaea und Rhinoceros tichorhinus, mithin mit Resten von solchen Thieren entdeckt worden,
welche entschieden der Diluvialperiode angehörten, also ihn zu einem ihrer Zeitgenossen
stempeln. In Nordasien, namentlich in den altaischen Höhlen findet nach meinen Unter-
suchungen ein ähnliches Verhältniss statt.
Zusatz 1. Aus der Gruppe Lupinae Gray finden sich fast an jeder diluvialen Fundsta-
tion Reste, welche gewöhnlich als Canis spelaeus oder Canis lupus oder Canis lupus spelaeus
bestimmt und zusammengeworfen wurden. W.
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 39
Zusatz 2. Lupus Gray.
Ueber die verschiedenen Formen der diluvialen Wölfe (Zupinae) Frankreichs hat J. В.
Bourguignat eine eingehende Arbeit veröffentlicht: Recherches sur les Ossements de
Canidae, constatés en France à l’état fossile pendant la période quaternaire (Annales des sc.
géol. 1875, VI). Derselbe unterscheidet: Cuon europaeus, Cuon Edwardsianus, beide mit
nur einem Höckerzahne im Unterkiefer, Lycorus nemesianus mit nur drei Lückenzähnen im
Unterkiefer, Lupus neschersensis gleich dem kleinen schwarzen Wolfe der Pyrenäen, ferner
trennt er den Canis spelaeus Goldf. in zwei Formen, den Lupus spelaeus und den Lupus
vulgaris, von denen jedoch Bourguignat ausser der Grösse keine Formunterschiede an-
giebt. In Frankreich treten während der quaternären Epoche zuerst Lycorus nemesianus,
Cuon europaeus und Cuon Edwardsianus auf, dann verschwinden die beiden ersteren und es
traten hinzu Lupus spelaeus und Lupus vulgaris; hierauf verschwindet auch Cuon Edward-
sianus und zu den zwei letztgenannten kommt Lupus neschersensis hinzu; endlich sind in
der neuesten Stufe (phase ontozoique) Lupus neschersensis und L. spelaeus erloschen und es
kommen nur mehr jetzt lebende Formen vor.
Hierauf erschien meine Arbeit, wohl die umfangreichste, welche bis jetzt über diluviale
Caniden veröffentlicht wurde: «Ueber Caniden des Diluviums»in den Denkschriften der Kais.
Akademie 4. Wiss. in Wien, Band 39 der math. naturw. CI. 1878; mit sechs Tafeln. Diese
Arbeit basirt auf einem reichen, fossilen Materiale aus den verschiedensten Ländern, auf ent-
sprechendem recenten Materiale und auf den bisherigen Forschungen und enthält die Lite-
‚ ratur und die Geschichte des diluvialen Wolfes. Ausser Cuon europaeus und С. Edwardsianus
Bourguignat, Lycorus nemesianus Bourguig. und Lupus neschersensis Bourguig. unter-
scheide ich: Zupus vulgaris fossilis, Lupus Suessii und Lupus spelaeus mihi, mit wissenschaft-
licher Begründung der Formdifferenzen.
A. Nehring sagt (Sitzb. d. Ges. naturf. Freunde in Berlin 1884, Seite 164), dass
ihm Lupus vulg. foss. und Lupus spelaeus Woldrich auf Grund von Vergleichungen an re-
centen Wolfsschädeln ziemlich problematisch erscheinen, da er die von mir angeführten Art-
kriterien bei den letzteren auch vorfinde und zwar durcheinander laufend’)... «Auch mögen
die Wölfe der Jetztzeit in ihrer Mehrzahl manche kleine Unterschiede gegenüber den dilu-
vialen Wölfen aufweisen, so dass eine gewisse Weiterentwicklung anzunehmen wäre, aber
man wird dabei immer betonen müssen, dasses sich nicht um verschiedene Arten han-
delt, sondern nur um Abänderungen derselben Art». Diese in ihrem ersten Theile ziemlich
allgemeine, weil ohne Nachweise gemachte, Aeusserung Nehring’s dürfte, glaube ich, um so
überflüssiger sein, als ich keine neuen Arten, sondern ausdrücklich (p. 116) nur Formen
von Lupus auf Grundlage des vorhandenen fossilen Materiales aufgestellt habe, von der
Ueberzeugung ausgehend, dass es wohl heute unmöglich erscheint, zu behaupten, diese oder
1) Also nicht an einem einem recenten Wolfsschädel beisammen!
40 J. N. WoLDRICH, DILUVIALE EUROPÂISCH-NORDASIATISCHE
jene diluviale Form sei eine Art und diese oder jene eine Varietät gewesen; gehen doch
die Ansichten der Zoologen selbst über heute lebende Arten, Racen und Varietäten sehr
weit aus einander. Mit meinen Lupus spelaeus und Lupus vulgaris fossilis verhält es sich wohl
ebenso wie mit Ursus spelaeus und dem diluvialen Ursus arctos, ja ich vermag den diluvialen
L. vulgaris nicht einmal vollständig mit dem recenten zu identificiren und bezeichne ihn daher
mit L. vulgaris fossilis.
Meinen Detailstudien gemäss sind gegenwärtig die nachstehenden Formen diluvialer
Wölfe zu unterscheiden. W.
Cuon europaeus Bourguignat.
Bourguignat: Rech. s. 1. ossem. de Canidae en France (Annal. des scienc. géolog. Hébert et Milne
Edwards, T. VI, Paris, 1875).
Höhle Mars de Vence, Alpes Maritimes in Frankreich.
Ich bestimmte Reste aus der Öertova-dira-Höhle in Mähren (Beiträge zur Diluv. Fauna
Mährens, Verh. 4. К.К. geolog. Reichsanst. Wien 1881 № 16); auf Grundlage dieser Bestim-
mung konstatirte dann Maëka Reste aus der Sipkahöhle (Pravek& nälezy ve Stramberku
ect. а. у. а. 0.). Forsyth Major bestimmte Reste eines Cuon aus Banaria (Remarq. s.
quelq. Mamm. posttert. Atti. de la Soc. Tosc. 4. Sc. nat. У. XV,-1883). W.
Cuon Edwardsianus Bourguignat.
Bourguignat: Rech. s. 1. ossem. de Canidae en France ect. wie vorstehend.
In der Höhle Lunel Vieil (M. d. Serres ect. Pl. 2, Fig. 3) und in der Höhle Mars
de Vence in Frankreich. Aus der Vypustekhöhle in Mähren bestimmte ich einen Unter-
kiefer als fraglich für Herrn Koudelka. | W.
Lycorus nemesianus Bourguignat.
Bourguignat: Rech. 5. 1. ossem. de Canidae en France ect. wie vorstehend.
Höhle Mars de Vence in Frankreich. W.
Lupus neschersensis Bourguignat.
(Canis neschersensis Croizet, Canis Lycaon?).
Bourguignat: Rech. s. 1. ossem. de Canidae en France ect. wie vorstehend.
Neschers bei d’Issoire in der Auvergne. W.
Lupus Suessiù Woldïich.
Woldïich: Ueber Caniden aus dem Diluvium, mit 6 Tafeln. Denkschr. 4. Kais. Akad. 4. Wiss. math.
nat. CI. В. ХХХ, 1878.
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 41
Im Löss von Nussdorf bei Wien ein nahezu vollständiges Skelet. Hierher rechne ich
Cuvier’s Abbildung auf Taf. XXX VII, Fig. 3 und mit Wahrscheinlichkeit auch A. у. Nord-
.mann’s Abbildung auf Taf. I, Fig. 5--7. MaSka fand in Mähren einen Unterkiefer, den
er für L. биеззй hielt, sandte mir denselben zur Ansicht und ich bestätigte seine Bestim-
mung. W.
Lupus spelaeus Woldrich.
Woldrich: Ueber Caniden aus dem Diluvium etc., wie vorstehend.
Ich bestimmte Reste aus Streitberg in Franken, aus der Byci skila-Höhle in Mähren,
aus Hohlestein, aus Cannstadt, aus Lüttich, aus der Vypustekhöhle in Mähren, aus den
Höhlen Na Milaszowce und Wierzchowska gorna bei Krakau. W.
Lupus vulgaris fossilis Woldrich.
Woldfich: Ueber Caniden aus dem Diluvium etc., wie vorstehend.
Von mir bestimmte Reste aus Langenbronn in Württemberg, aus Hohlestein, aus Raben-
stein in Franken, aus Hohlefels, aus der Byëi skäla, aus Zeiselberg in N. Oesterreich, aus
Cannstadt, aus Streitberg, aus Gailenreuth, aus Vypustek in Mähren, aus Wierzchowska
gorna, aus Willendorf in N. Oest. etc. W.
Canis vulpes L.
(Canis vulpes spelaeus auct., Canis melanogaster Bonap., Canis hypomelas Küst., Canis cruciger
Briss., Canis vulpinaris Münster).
А. Wagner: Abhandl. d. К. baier. Akad. phys. Cl. Bd. VI, р. 240.
Pictet: Pal. I, p. 204, ТУ, р. 705; Gervais: Zool. et Pal. gen., р. 102; Dawk. Sandf.: Pal. XVIII, р
22; Rütim.: Pfahlb. р. 22; Unters. р. 32.
In der Schweiz ist der Fuchs häufig noch bei 3000 м. (Fatio: Vert. 4.1. Suisse Vol. I,
p. 294). Vom Fuchs hat man wie vom Wolf oft an denselben Orten Reste ebenfalls mit denen
der längst untergegangenen genannten Thiere in Europa gefunden. Die altaischen Höhlen
lieferten gleichfalls solche Reste. Auch der Fuchs war also als fast steter, nur wie es scheint,
etwas weniger nach Norden gehender Begleiter des Wolfes, wie dieser entschieden ein Glied
der diluvialen Fauna.
Zusatz. Fuchsreste kommen in den meisten diluvialen Stationen vor und werden gewöhn-
lich unter der Bezeichnung Canis vulpes angeführt. We
Canis corsac L.
(2 Canis fossilis meridionalis)
А. у. Nordmann, Paläontolog., р. 138.
Unter den Resten der altaischen Höhlen fand ich einen Oberschenkelknochen, den ich
für den eines Canis corsac erklärte (Siehe meine Untersuchungen Spec. 11). Nordmann’s im
Mémoires de l’Acad. Пар. des sciences УПше Série. 6
42 J. N. WoLDRICH, DiLUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
Odessaer Diluviallehm gefundene, einer kleineren Fuchsart (C. fossilis meridionalis) von ihm
zugeschriebene Reste gehörten vielleicht auch С. corsac an, da diese, gleich der Antilope
Saiga, allerdings jetzt erst jenseits der Wolga beginnende Art früher auch diesseits der-
selben, selbst in den bessarabischen Steppen, möglicherweise vorgekommen sein könnte. Dass
Canis corsac ein echtes Glied der diluvialen bis nach dem europäischen Westen verbreiteten
Fauna war, steht indessen nach Maassgabe der vorstehenden Mittheilungen bis jetzt keines-
wegs fest. Das Vorkommen seiner Reste mit denen von Mammuth und Rhinoceros tichorhinus
in den altaischen Höhlen und sein Zusammenleben mit Canis lupus und mit dem vielleicht
nur еше Steppenform des Canis vulpes darstellenden Canis melanotis, dürfte ihn indessen
vielleicht doch als einen Zeitgenossen derselben ansehen lassen,
Zusätze. Vulpes Gray.
In meiner Monographie «Ueber Caniden aus dem Diluvium» etc. (wie oben) unterschied
ich die nachstehenden Formen diluvialer hierher gehöriger Reste.
Vulpes vulgaris fossilis У oldrich.
Woldiich: Ueber Caniden aus dem Diluvium, (Denkschr. d. К. Akad. 4. Wiss., math. nat. Cl. Wien
B. XXXIX 1878).
Reste in den meisten Stationen. W.
Vulpes minor Schmerling.
Schmerling: Rech.s.l. ossem. foss. de Liege 1834; Woldïich: Ueber Caniden aus dem Diluvium etc.
Aus Fond du Foret bei Lüttich; in Frankreich nach Bourguignat (s. a. v. a. O.); ich
bestimmte Reste aus der Cirtova dira in Mähren (Verh. d. k. k. geolog. Reichsanst. 1880
N 15). Es ist wahrscheinlich, dass die hierher gestellten Reste einer kleinen Form des
Vulpes vulgaris fossilis, nämlich der Steppenform angehören. W.
Vulpes meridionalis W oldrich.
Woldrich: Ueber Caniden des Diluviums etc., wie oben. Diluviale Fauna von Zuzlawitz etc; А. у.
Nordmann: Paläontologie Südrusslands 1858.
Unter dieser Bezeichnung beschrieb ich in meiner Arbeit «Ueber diluviale Caniden»
eine Fuchsform, die mit Canis fossilis meridionalis Nordmann übereinstimmt; die Reste
derselben stammen aus der Byëi skäla-Höhle in Mähren. Diese Form ist etwas grösser als
Vulpes niloticus Gray und als Vulpes Corsac Gray. Reste dieser Form fand ich auch in der
Spalte I von Zuzlawitz und bestimmte solche aus der Öertova dira-Höhle in Mähren. Es wäre
nicht unmöglich, dass diese Form trotz ihres etwas grösseren Wuchses doch zu Vulpes Corsac
Gray gehört, was mir sogar mit Rücksicht auf den Umstand, dass die Reste derselben in
SAUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 43
Zuzlawitz und in Öertova dira zu denen der diluvialen Steppenfauna gehören, sehr wahrschein-
lich erscheint. In meinen «Paläontologischen Beiträgen» Verh. d. k. k. geolog. Reichsanst.
Wien, Maiheft 1886 habe ich die Vermuthung ausgesprochen, dass Vulpes meridionalis der
diluviale Vorfahre des jetzigen Canis Corsac sei. Ich bestimmte denselben auch aus der Höhle
° Kostelik (Diravica in Mähren) für Herrn Kondelka fraglich. W.
Vulpes moravicus М oldrich.
Woldïich: Ueber Caniden aus dem Diluvium etc., wie oben. Diluviale Fauna von Zuzlawitz etc., w. о.
Unter vorstehender Bezeichnung bestimmte ich (Ueber diiuviale Caniden) ein rechtes
Oberkieferbruchstück aus der Byëf skila-Höhle in Mähren, das sich durch seinen sehr brei-
ten Gaumen auszeichnet; ferner konstatirte ich Reste dieser Form aus der Spalte I von
Zuzlawitz (s. a. у. a. O.). W.
Canis lagopus L.
Gervais: Zool. et Pal. gén. p. 201.
Knochenreste dieser jetzt hochnordischen, jedoch zuweilen bis Finnland und in die Um-
gegend St. Petersburgs nach Süden streifenden (v. Baer, Bull. sc. d. l’Acad. Imp. d. St.
Pétersb. 1° Ser. T. IX, р. 89 und Bull. sc. cl. phys. math. T. II, р. 47) Art, deren geo-
graphische Verbreitung Gl. у. Baer а. а. О. und Brandt (Hoffmann’s Reise im nördlichen
Ural Bd. II, zoologischer Anhang, S. 15) besprachen, wurden bereits einige Male gefunden.
Jeitteles (Büchner: Nachschrift z. Uebersetzung von Lyell’s Alter des Menschengeschlechts
S. 456 und 458) fand in einer Moorschicht bei Olmütz einen Schädel derselben nebst Kno-
chen von Cervus tarandus, Bos und Equus. О. Fraas (Beiträge zur Culturgeschichte der
Menschheit) wies unter den Resten, welche an der Schussenquelle entdeckt wurden, ausser
zahlreichen Knochen vom Renthier auch solche von Canis lagopus und ausser dem vom
Gulo und Canis vulpes nach. Geinitz (Jahrbuch f. Mineralogie 1874, p. 773) berichtet,
das mineralogische Museum zu Dresden besitze einen Unterkiefer des Polarfuchses, der aus
der im Canton Schafhausen gelegenen Höhle von Thayingen herstamme. Die vorstehenden
Thatsachen liefern demnach den Beweis, dass der Eisfuchs nebst seinen hauptsächlichsten,
jetzt hochnordischen, Nährthieren, den Lemmingen, früher (zur Eiszeit!) nicht bloss bis
Württemberg und Mähren, sondern sogar bis in die Schweiz in südlicher Richtung aus dem
Norden vorgedrungen war.
Zusatz. Leucocyon lagopus fossilis Woldrich.
Woldrich: Ueber Caniden aus dem Diluvium etc., м. о.
Unter dieser Bezeichnung bestimmte ich zunächst einen oberen linken Eckzahn des Eis-
fuchses (?) aus Streitberg in Oberfranken (s. meine «Diluviale Caniden») und hierauf zahlreiche
6*
44 J. М. WoLDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
Reste aus der Spalte I von Zuzlawitz (s. meine «Diluviale Fauna von Zuzlawitz) und dann |
aus der Öertova dira Höhle in Mähren (s. meine «Beiträge zur diluv. Fauna der mährischen
Höhlen», Verhandl. 4. К. К. geolog. Reichsanst., Wien 1880 №15); aus der Höhle Kostelik
(Diravica) in Mähren für Herrn Thierarzt Fl. Kondelka (s. meine Paläont. Beiträge, Verh.
d. k.k.geol. Reichsanst. Wien 1886 № 7), aus der Höhle Na Wrzosach u Rybnej bei Krakau,
fraglich aus der Höhle Na Mitaszowic für Herrn G. Ossowski. Nehring bestimmte den
Eisfuchs aus dem Diluvium von Thiede und von Westeregeln (s. seine: Quaternären Faunen
von Thiede etc.); Ranke aus dem Zwergloch bei Pottenstein (Beiträge zur Urg. Bayerns
II. B. 1879); Nehring aus der Hirsch-Höhle in bayr. Oberfranken, aus den Fuchslöchern
und aus der Wildscheuer (Uebersicht ect.); Roemer aus den Höhlen bei Ojcow (a. v. a. O.
ferner Sitzb. а. Berl. Ges. f. Ethnologie 1879 und Globus В. XXIX, № 5 1876); Rütimeyer
aus der Thayinger Höhle (Mitth. d. antiquar. Ges. Zürich 1875); Liebe aus der Vypus-
tekhöhle (s. а. у. a. O.). W.
Canis familiaris L.
Pictet: Pal. I, p. 706; Rütimeyer: Pfahlb. p. 116, Unters. p. 31.
Unter den Resten von Thieren, die sich in den posttertiären Schichten finden, werden von
den Paläontologen häufig auch die von Haushunden genannt. Wie Dawkins und Sanford
mit Recht meinen, trat der Haushund (richtiger die Haushunde) mit Ziegen und Schafen
schon in der vorgeschichtlichen Periode auf (Palaeogr. Soc. XVIII, p. 15).
Zusätze. Canis Gray.
In meinen Schriften: «Diluviale Fauna von Zuzlawitz» ete., «Beiträge zur Geschichte
des fossilen Hundes (Haushundes), Mitth. 4. Anthrop. Ges. in Wien 1881, XI, В. 14, «Bei-
träge zur diluvialen Fauna der mährischen Höhlen»Verhandl. der К. К. geolog. Reichsanst. Wien,
1880 №15, 1881 № 8 und 1881 № 16, «Zur Frage über die Abstammung der europäischen
Hunderacen» К. Akad. 4. Wiss. Wien, Akad. Anz. № Ш, Sitz. 21. Januar 1886 und «La
descendence des races du chien domestique en Europe», L’Homme, Journal illustré, Paris
1886 № 3, unterscheide ich vom fossilen diluvialen echten Hunde (Haushunde) die nachste-
henden Formen: ;
Canis hercynicus Woldr. aus Zuzlawitz, Spalte IL: Canis Mikii Woldr. aus der Öertova
dira in Mähren und aus Zuzlawitz, Spalte I; hierher dürfte wohl auch der Fund т der Höhle
St. Julien d’Ecosse (Gervais: Zool. et Pal. gen., p. 69); Canis intermedius Woldr. aus
Zuzlawitz, Spalte II hierher gehört wohl auch der Unterkiefer aus der Zbojecka-Höhle bei
Ojcow in Polen; Canis Mikiü Woldr. und Canis ferus Bourguig.
Canis hercynicus W.oldrich.
Woldïich: Diluviale Fauna von Zuzlawitz, Spalte II (Sitzb. d. К. Akad. der Wiss. math. nat. Cl. Wien,
zweiter u. dritter Bericht, В. LXXXIV 1881 und В. LXXXVII 1883).
Zuzlawitz, Spalte II.
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 45
Canis Mikii Woldrich.
Woldïich: Beiträge zur Gesch. des fossilen Hundes (Haushundes), Mitthl. 4. Anthrop. без. Wien XI
1881. Diluviale Fauna von Zuzlawitz 2. u. 3. Bericht. (wie о.)
Certova-dira-Höhle in Mähren, Zuzlawitz, Spalte I; St. Julien d’Ecosse? (Gervais:
Zool. et Pal. gén., р. 69). W.
Canis intermedius W oldrich.
Woldrich: Diluv. Fauna von Zuzlawitz, 3. Bericht, ete., м. о.
Zuzlawitz, Spalte II. Hierher gehört auch der Unterkiefer aus der Zbojecka-Höhle
bei Ocjow (Römer: Paläontogr. XXIX, T. IX, Fig. 2). Kürzlich bestimmte ich mehrere
Reste aus Predmost in Mähren für das Olmützer Museum. Nach Dr. K. Th. Liebe (die
fossile Fauna der Höhle Vypustek in Mähren etc. Sitzb. d. K. Akad. d. Wiss. Wien) dürfte
ein Unterkiefer hierher gehören. | W.
Canis ferus Bourguignat.
Bourguignat: Rech. s. 1. ossem. de Canidae en France etc., w. о.
Woldrich: Ueber Caniden aus dem Diluvium etc., w.o. Diluv. Fauna von Zuzlawitz, 3. Bericht, ete., м. о.
Aus Lunel Vieil in Frankreich, aus Zuzlawitz, Spalte II. Struckmann berichtet über
einen Unterkiefer, den er mit Ursus spelaeus, Felis spelaca etc. in der Einhornhöhle ge-
funden und der von Canis optimae matris der Bronzezeit kaum zu unterscheiden ist, der-
selbe dürfte daher hierher gehören; ferner sind dortselbst Skelettheile, kleiner als Wolf
vorgekommen, die auf eine «dem Haushunde identische Art schliessen lassen». W.
Diesen diluvialen echten Hunden (Haushunden), welche ursprünglich wild waren und
gegen das Ende der Diluvialzeit bereits domestizirt wurden, folgen dann in der prähisto-
rischen (neolithischen und Bronze-) Zeit allem Anscheine nach: dem Canis hercynicus Woldr.
der Canis familiaris Spalletti Strobel, und diesem unsere jetzigen Spitze, dem Canis
Mikii Woldr. der Canis ат. palustris Вайт. und Canis fam. palustris ladogensis Anucin
und diesen unsere Wachtelhunde und ein Theil der Hofhunde, die eine Verwandtschaft
besitzen zu den Hunden der nördlichen Völker. Dem Canis intermedius Woldr. folgte dann
der Canis fam. intermedius Woldï. der Stein- und Bronzezeit und diesem unsere mittel-
grossen echten Schäferhunde; ob auch Canis fam. Inostranzewi Anuëin hierher zu stellen
wäre ist noch fraglich. Dem Canis ferus Bourg. dürfte dann Canis optimae matris Jeitte-
les gefolgt sein und diesem unsere grösseren Jagdhunde. Es scheint, dass wir im diluvialen
Lupus Suessii Woldr. die Stammform unserer Doggen zu suchen haben, mit denen wieder
nach Nehring der prähistorische Canis fam. decumanus Nehr. in Beziehung stehen soll.
Canis fam. pal. ladogensis stammt aus einer neolithischen Ansiedlung am Ladoga-See
(Анучинъ, «Собака, волкъ и лисица» Moskau 1882), ferner aus einer neolithischen Ansiedlung
46 J.N. Моговтсн, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
bei Wolossowo am Ufer der Wiletma, Wladimir. Gouvern. (Анучинъ: Къ древнёйшей
Истор1и 10MamEHnxR животныхъ въ Poccin, Odessa 1886). Kürzlich bestimmte ich aus dem
Hrädek bei Cäslau in Böhmen (Eisenzeit) einen Schädel, der diesem Ladogahunde sehr
nahe steht. Canis fam. Inostranzewi stammt aus der Ansiedlung am Ladoga-See (Anucin,
wie vorstehend). Im vorigen Sommer bestimmte ich für Herrn F. Kraus aus der Höhle
Wetterloch .bei Goisern ein Schädelfragment mit den beiden Höckerzähnen, dem Fleisch-
und dem Eckzahne, nebst einem vollständigen Unterkiefer, welche Reste mit Canis fam.
Inostranzewi übereinstimmen; dazu gehört auch eine Ulna. W.
Ursida.
Ursus spelaeus Blumenb.
Owen: Brit. foss. Mamm.; Dawk. Sanf.: Palaeogr. XVII, p.22; Pictet: Pal. I, ТУ, р. 705; Gervais:
Zool. et Pal. gén., p. 102; O. Heer: Urw. p. 542 u. 499; Rütimeyer: Pfahlb. p. 18; Giebel:
Fauna.
Derselbe ist gefunden worden in Frankreich, England, Deutschland, Schweiz, Oester-
reich, Bessarabien (Nordmann) u. s. w.
Wichtig sind die Resumés bei Cuvier’s Recherches, éd. 8. IL, Seite 267 und eben-
daselbst, Seite 308; ebenso Bronn: Lethaea Ш, Seite 1122 wegen seiner grossen Syno-
nymie und Cartet, Annales 4. Sc. nat. 5" Ser. 1867, Seite 160 und Giebel: Fauna der
Vorwelt В. I, $. 52. In О. Fraas: Der Hohlenstein und der Höhlenbär, Jahresbericht des
Vereines für vaterländische Naturkunde in Württemberg. Jahrgang XVIII, Seite 156 sind
die Endresultate beachtenswerth Seite 188. Aus Russland sind mit völliger Sicherheit be-
stimmte namhafte Reste des Höhlenbären erst durch von Nordmann aus Bessarabien be-
kannt. Der Unterschied des genannten Bären von Ursus fuscus beruht freilich, genau ge-
nommen, so weit meine nach sehr umfassenden Materialien angestellte Untersuchungen
reichen, nur auf dem meist frühen Verlust der Lückenzähne und vielleicht auf den der
etwas grösseren Backenzähne. Da indessen Ursus spelaeus in Bessarabien, sowie im übrigen
Europa als Begleiter der Mamuthe und tichorhinen Nashörnern auftritt, so darf man ihn
vielleicht auch im so wenig untersuchten Sibirien erwarten.
Zusatz. Reste des Höhlenbären kommen in den meisten diluvialen Stationen Europas
vor. Ich bestimmte unter andern Reste aus Drem@ic in Böhmen für Herrn Zahalka, aus
Libëic in Böhmen für Herrn Schneider in Jicin?, aus der Stuhleckhöhle am Semmering
für Herrn A. Hoffmann in Leoben. W.
Ursus ferox L.
Ueber Ursus ferox siehe Nordmann, Seite 98 —100. Middendorff hat Ursus ferox
dem Ursus arctos als locale Varietät subsummirt, in der Blainville’schen Osteographie :
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN, 47
Ursus, Tafel X sind aber seiner vorderen, wie hinteren Daumenzehe drei Glieder in den
Abbildungen vindicirt. Nordmann, Seite 80.
Zusatz. Aus Baoussé-Boussés berichtet Rivière über Reste von Ursus ferox neben
U. spelaeus und U. arctos. Е. T. Newton bestimmte aus dem präglacialen Forest Bed Ost-
Englands neben U. spelaeus einen U, ferox fossilis Busk. Not. on the Vertebrata of
the preglacial Forest Bed Series of the East of England, Geolog. Magaz. Dec. II, Vol. VII,
№4, April 1880. Ursus priscus, der mit dem nordamerikanischen Ursus ferox überein-
stimmt, wurde in England, Belgien, Deutschland und Frankreich, aber nicht in Italien ge-
funden. W.
Ursus arctos L.
Ursus fuscus Alb. М.; Ursus collaris Е. Cuv.; Ursus pyrenaicus Е. Cuv.; Ursus norvegi-
cus F. Cuv.; Ursus falciger Reichenb.; Ursus cadaverinus Eversm.; Ursus formicarius
Eversm.; Ursus niger Alb. M.
Owen: Brit. foss. Mamm.; Dawk. Sanf.: Palaeogr. XVIII, р. 22 u. 23; Gervais: 2001. et Pal. gén.
p. 102; Rütimeyer: Unters. p. 31 u. 57, Pfahlb. p. 18; Giebel: Fauna.
In Baiern war derselbe noch im Jahre 1798 an der böhmischen Grenze vorhanden,
Schranck: Fauna, Seite 55. In den Pyrenäen, im Canton Tessin, südlich im Jura lebt er
noch hin und wieder. In Wallis und Uri ist er verschwunden. Seit 1835, wo man zwei auf
der Salève erlegte, wurde er auch in keinem anderen Cantone mehr angetroffen (Fatio:
Vertebr. de la Suisse, Vol. I, Seite 301). Reste in den Pfahlbauten, bei Veirier, in Höhlen;
in Schwyz fand man 1860 sechs Skelette. Fatio ib. Seite 303. Reste sind im Münster-
lande gefunden worden, darunter ein Schädel in der Lippe, der Kennzeichen vom lebenden
Bären und Höhlenbären bietet und die Vermuthung wachruft, dass beide identisch gewesen
sein könnten. Altum: Fauna des Münsterlandes. Säugethiere, Seite 12. (Trutat: Etude
sur la forme du crane chez l’ours des cavernes). Derselbe kommt vor in Frankreich (Ger-
vais), in England (Owen) und in den Höhlen des Altai (?) (Brandt).
Zusätze. In Zuzlawitz fand ich Reste des Ursus arctos L. in der der diluvialen Wald-
zeit angehörigen Spalte II. (S. a. v. a. O.).
Im Jahre 1884 sandte mir Herr Ad. Hofmann Bärenreste aus der Stuhleck-Höhle am
Semmering zur Untersuchung, wo er dieselben in einer mit Sinter bedeckten Lehmlage vor-
fand. Darunter befand sich ein sehr schön erhaltener fossiler Schädel des Ursus arctos L.,
welcher mit unserem Landbären übereinstimmt aber von Ursus spelaeus bedeutend abweicht,
dessen Reste ebenfalls in derselben Lehmlage vorkamen, wodurch die Gleichzeitigkeit beider
Formen nachgewiesen erscheint. (Siehe «Ad. Hofmann: Säugethierreste aus der Stuhleck-
höhle» Mitth. d. naturw. Ver. für Steiermark 1884). Bei meinen Ausgrabungen in der Cetina-
Höhle in Dalmatien fand ich in mehreren Lagen übereinander ein massenhaftes Lager dilu-
vialer Bärenknochen, die ich noch nicht zu beschreiben Gelegenheit hatte und unter denen
48 J. N. WoLDRICH, DILUVIALE EUROPÂISCH-NORDASIATISCHE
mit Berücksichtigung der Geschlechts- und Altersunterschiede ich nach vorläufiger Durch-
sicht: Ursus spelaeus, Ursus priscus? und Ursus arcios unterscheiden zu können glaube.
Wankel berichtet (Prvni stopy lidské na Moravë», Zeitschr. des Olmützer Museumsvereines
N 3, 1884), dass in Predmost ein Ursus arctoideus neben Gulo spelaeus, Felis leo spelaea
und Eleph. primigenius vorkam, Maëka berichtet (Prav&k6.nälezy w Stramberku, Сазор. muz.
spolku olom. Olmütz № 4 1884) über einen Ursus priscus Goldf. neben U. spelaeus und
U. arctos. Ueber Ursus arctos berichtet Liebe aus der Hyänenhöhle bei Gera, neben Ursus
spelaeus (Gesellsch. у. Freunden der Naturw. in Gera, 17. und 18. Jahresb. 1875 u. 1878,
ferner, Archiv. für Anthrop. IX); Rütimeyer aus Thayingen (Mitth. der antiquar. Ges.
Zürich 1875); Sandberger aus dem Löss von Würzburg, neben Ursus spelaeus (Verh. d.
physik. med. Ges. Würzburg M 1, B. XIV). G. Ossowski berichtet über Reste von Ursus
arctos neben U. spelaeus aus mehreren Höhlen bei Krakau, darunter aus der Maszycka-Höhle
(Jaskinie okolic Ojeowa, Pamict. Wydz. Akad. Umiej. T. XI, Krakow 1883). Struckmann
berichtet über Reste des U. arctos neben U. spelaeus aus der Einhornhöhle bei Schwarzfeld
am Harz (Archiv für Anthrop. B. XV, Braunschweig 1884).
Unter der äusserst grossen Zahl von Resten, welche in den Höhlen bei Lüttich in Bel-
gien gefunden wurden unterscheidet Schmerling (Rech. s. 1. ossem. foss. déc, 4. 1. cav. de
Liege 1833) die nachstehenden Arten: Ursus spelaeus major (Ursus giganteus Schme rl.),
Ursus spelaeus minor, Ursus spelaeus arctoideus, Ursus leodiensis und Ursus priscus. Es
scheint aber, dass die zwei ersten nur zwei Grössenformen des Ursus spelaeus Blumb. sind, zu
dem auch Ursus sp. arctoideus als Weibchen gehört, dorthin ist wohl auch Ursus Pütori Marc
de Serr. — Ursus giganteus Schmerl. zu rechnen. Der kleinere Ursus leodiensis ist wohl
fraglich, allerdings könnte diese Form ein Weibchen des Ursus spelaeus minor (im Schmer-
ling’schen Sinne) sein. Es dürften somit für das Diluvium die nachstehenden Formen zu unter-
scheiden sein: Ursus giganteus Schmer]., Ursus spelaeus Blumb., Ursus leodiensisSchmerl.?
Ursus priscus Goldf. und Ursus arctos L. Mit der Bestimmung der diluvialen Formen der
Gruppe der Bären, die gewiss ebenso schwierig ist, wie die Bestimmung der diluvialen For-
men des Lupus, des Vulpes, des Canis, der Felis, sowie der recenten mittleren und kleine-
ren Katzen und anderer lebender Formenreihen, scheint es dieselbe Bewandtniss zu haben,
wie mit der des Lupus etc. Wenn man bedenkt, dass ein Ursus spelaeus bereits aus dem
Pliocän von Perier (Auvergne) in Frankreich gemeldet wird und anderseits sein Vorkommen
in den «Alpi Apuanb von Regnoli bis zur neolithischen Zeit angegeben wird, so muss die Con-
stanz einer und derselben Form vom Pliocän bis in die Jetztzeit äusserst bedenklich erschei-
nen und mit Recht ruft G. у. Mortillet (a.v.a. О. р. 332) aus «c’est une bien longue car-
rière!» Die Aehnlichkeiten werden bei der Bestimmung von Fossilien sehr rasch aufgefunden
und die Zuweisung zu einer «Species» ist bald geschehen, schwierig ist es aber die Unter-
schiede aufzufinden und nur diese sind für künftige Forschungen von Werth; der Beobachter
muss minutiös vorgehen ohne indess in Kleinlichkeiten zu verfallen, freilich gehört dazu eine
reiche und langjährige Erfahrung. Es hat indess auch das Zusammenfassen von Formen seine
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 49
guten Seiten, weil hiedurch die Verwandtschaftsgrade eruirt werden. So hat, um nur ein
Beispiel anzuführen, Middendorff (Reise durch den äussersten Norden und Osten Sibiriens,
В. IL, St. Petersburg 1851) dadurch, dass ihm über fünfzig recente Schädel des Landbären zur
Verfügung standen, für Europa, Sibirien und Nordamerika nur eine Species, nämlich Ursus
arctos L. aufgestellt, innerhalb welcher er jedoch eine ganze Reihe von Formen als geogra-
phische Varietäten unterscheiden muss, und zwar: zwei südeuropäische Formen, zwei nord-
europäische, zwei ochotskische und eine nordamerikanische Form; die grössere Abart des süd-
europäischen Bären schliesst sich an die kleinere nordeuropäische, die grössere nordeuro-
päische an die kleinere ochotskische und die grössere ochotskische an Ursus ferox Nordame-
rikas. Middendorff bezeichnet somit als Varietät, was andere als Art hingestellt haben,
und den Zusammenhang dieser Arten oder Varietäten, verschiedene Formen sind es gewiss,
in einer Formen-Reihe nachgewiesen zu haben ist sein Verdienst. Im Uebrigen bleibt es ziem-
lich gleichgiltig ob jemand anführt: «Ursus pyrenaicus Cuv.» oder der «pyrenäische Ursus
arctos» und «Ursus ferox L.» oder der «nordamerikanische Ursus arctos», verwechseln darf er
diese Formen nicht; die erstere Bezeichnung hat den Vortheil der Kürze für sich. W.
Ursus maritimus L.
Pictet: Pal. I, p. 176, IV, p. 705.
Bei Hamburg — Zimmermann.
Mustelina.
Meles Taxus Pall.
(Meles anakuma Temm.; Meles antediluvianus Schmerling, A. Wagner; Meles antiquus
Münster; Meles vulgaris fossilis Hr. Meyer und M. de Serres.)
Gervais: Zool. et Pal. gen., р. 103; Dawk. a. Sandf.: Pal. XVIII, p.22.; O.Heer: Urw., р. 543; Rüti-
meyer: Pfahlb., р. 19, Unters., р. 31.
Der Dachs findet sich, oder fand sich wenigstens wohl früher, von Portugal (Bar-
bosa) an in ganz Europa mit Ausschluss der Polarzone, sowie in Nordasien östlich bis ge-
gen die Lena, in Mittelasien bis Persien, Tibet, Nordchina und Japan (im letzteren Lande
als vermeintliche eigenthümliche Art (Meles anakuma Temm.)) nach L. v. Schrenck
(Reise, Zoolog. I., Seite 17). In Algerien haben den Dachs neuere Forscher nicht nachge-
wiesen. Die Verbreitung desselben in Russland habe ich in Hofmann’s uralischer Reise,
Band II, Zool. Anh., Seite 19 besprochen. Meles kam in der Mark hie und da 1845 vor;
J. H. Schulz: Fauna march., Seite 105. Er tritt nicht Selten, aber nur sporadisch auf im
Münsterlande, Altum: Fauna, Seite 80. In der Schweiz lebt er in allen Cantonen, beson-
Mémoires de l'Acad. Пир. dessciences VlIme Série. 7
50 J. N. WOLDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
ders in der mittleren Bergzone, steigt bis 1550 Meter (Fatio: Vertebr. d. 1. Suisse. Vol. I,
Seite 310). Reste im Tuff, Höhle zu Veivier, in Pfahlbauten (Fatio, ib., Seite 311). Reste
des Dachses wurden in den jüngeren tertiären, namentlich aber in diluvialen und alluvialen
Schichten, besonders in Höhlen, angetroffen, namentlich in Frankreich, Belgien, England,
der Lombardei in der Höhle Levrange nach Cornalia, sowie in der Schweiz (Rütimeyer:
Fauna und Fatio: Vertebr. 4. 1. Suisse) und in Deutschland. Knochen desselben habe ich
übrigens (Untersuchungen, Species 13) auch unter den altaischen Höhlenresten wahrgenom-
men. In einigen Grotten Frankreichs und Deutschlands fanden sich Dachsknochen mit de-
nen von Elephas primigenius, Rhinoceros tichorhinus, Hyaena u. s. w., ebenso in Belgien.
Auch die Culturschichte der in der bayerischen Oberpfalz gelegenen Räuberhöhle am
Schelmengraben lieferte gleichzeitig mit Dachsknochen die von Thieren der Diluvialzeit, so
von Hyaena spelaea, Rhinoceros tichorhinus und Elephas primigenius, nebst solchen, die
längst nicht mehr in Deutschland vorhandenen Thieren angehören, wie Cervus tarandus
und Bos primigenius (K. A. Zittel, Archiv f. Anthropologie, Band V, Heft IM). Der Dachs
ist demnach als Zeitgenosse der beiden genannten und noch anderer Thiere, der Diluvial-
zeit anzusehen. Es scheint daher nicht unwahrscheinlich, dass die mit denen anderer dilu-
vialer Thiere bei Ciply gefundenen Ueberreste, welche Laurilard (Diet. d’hist, nat. а. Ch..
d’Orbigny II, Seite 593) einem Meles Morreni zuschreibt, Meles taxus vielleicht gleich-
falls angehörten. |
Zusatz. Aus der Höhle Na Milaszöwce bei Krakau bestimmte ich einige Reste (G. Os-
sowski: Sprawozdanie z.bedoni w poskinicich okolic Krakowa 1883). Nehring bestimmte
Reste aus Westeregeln (Quaternäre Fauna von Thiede ect.). Ranke berichtet über Reste
aus dem Zwergloch (s. a. v. a. O.), Nehring aus der Hirsch-Höhle in bayr. Oberfranken
und den Fuchslöchern (Uebersicht ect.), Zittel aus der Räuberhöhle bei Nürnberg (Sitzb.
d. math. phys. Classe d. bayr. Akad. d. Wiss. München 1872, 1), A. Ecker aus Langen-
baum (Archiv f. Anthrop. В. IX), Sandberger aus dem Löss von Würzburg (s.a.v.a.0.)
Dupont aus Trou du Sureau (s. a. v.a. O.), G. Ossöwski aus der Höhle Murek (О szezat-
kach fauny diluvijalnej wawozu mnikowskiego, Spraw. Kom. fizyjogr. Akad. umiej. Т. XVII,
1882), Struckmann aus der Einhornhöhle (s. а. у. a. O.). W.
Gulo borealis Nilsson.
(Gulo luscus L.; Glouton fossile Cuv.; Gulo spelaeus Goldf.) _
Gervais: Zool. et Pal. gen., p. 103; Pictet: Pal. I, p. 214; IV, p. 705; Dawk. a. Sandf: Pal. XVII,
p. 22; Giebel: Fauna. |
Der Vielfrass, welcher jetzt meist nur die subpolaren und polaren oder wenigstens
borealen Länder der nördlichen Halbkugel bewohnt, wurde bis unter dem 70° nördlicher
Breite angetroffen. Ross hat aber Knochen desselben sogar noch unter dem 75° nördlicher
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 51
‚ Breite gesehen, welche vielleicht einem weit früher dort lebenden Individuum angehörten.
In Europa kommt er in Skandinavien und Nordrussland vor; in Nordasien geht er in öst-
licher Richtung bis Kamtschatka, in südlicher, so viel bekannt, bis zum Altaigebiet, und
Sachalin, Nordchina, Ostsibirien und dem Amurlande. In Amerika reicht sein Verbrei-
tungsgebiet in südlicher Richtung etwa bis zur Südgrenze Canadas. Früher wurde er in
Europa bis Litthauen und Polen, ja sogar zuweilen in Deutschland, so namentlich in Sach-
sen und Braunschweig angetroffen. Zur Diluvialzeit dehnte sich in Folge seines erzwunge-
nen Vordringens nach Süden, wohin er wohl, wie noch gegenwärtig, seinen Kostgebern,
den Renthieren folgte, nach Maassgabe der ihm angehörigen fossilen oder subfossilen Reste,
sein Verbreitungsbezirk weit mehr nach Süden, namentlich wohl bis zu den Pyrenäen aus.
Reste des echten Vielfrasses (Gulo borealis) wurden in England (Dawkins and Sand-
ford, Palaeontogr. Soc. XVIII, р. XXI, XXII) in den-Höhlen von Banwell, Bleadon und
Gowes, ferner zahlreich in Belgien in den Lütitcher Höhlen von Schmerling (Rech. s. 1.
oss. foss.) gefunden. Die bei Fursooz gelegene, Trou des Noutons bezeichnete, belgische
Höhle lieferte Dupont (Van Beneden, Bull. d. l’Acad. 4. belg. sec. ser. 1864, T. XVIII,
p. 30, 228 und 387) Reste von Gulo mit denen von Cervus tarandus, Cervus euryceros,
_Ursus, Bos, Castor u. s. м. nebst menschlichen Utensilien. Andere Grotten von Fursooz
enthielten Knochen von Gulo mit denen von Cervus Alces, C. tarandus, Rupicapra, Ibex,
Castor und Ursus (W’Institut 1866, р. 22). In einer Höhle des Lestethals fand Van
Beneden (Ann. d. sc. nat. 5° ser. T. III, 1865, p. 219) ausser Knochen von Renthieren,
Bibern, Rindern und Pferden ebenfalls. die des Vielfrasses.
Anfangs war man noch ungewiss, ob Reste des Vielfrasses auch in Frankreich gefun-
den worden seien (Gervais, Zool. et Paléont. fr. 2° éd., p. 247), da Marcel de Serres
die des Dachses für solche gehalten hatte. Später sah aber Gervais (Bull. 4. 1. Soc. géol,
de Fr. 2° ser., T. XXVI, р. 777) einen Unter- und Oberkiefer des Gulo im Museum zu
Dijon, welche Theile bei Fouvent (Haute-Saône) mit Ueberresten von Ursus und Hyaena
zusammen vorgekommen waren. Die am besten erhaltenen Reste des Vielfrasses (Schädel
und andere Skelettheile) lieferten indessen, so viel mir bekannt, drei Höhlen Deutschlands,
die gailenreuther, muggendorfer und sundwicher, und die von О. Fraas geschilderten
Funde von der Schussenquelle. Ein Unterkieferrest und Zähne des Vielfrasses wurden in
England gefunden, Boyd Dawkins, Quarterl. Journ. geol. Soc. London 1871. Vol. 27,
p. 406. In den Höhlen Mährens wurden Knochen des Vielfrasses mit denen von Felis leo
var. spelaea und Hyaena spelaea (H. Wankel, Lotos 1860) gefunden.
Pusch (Polens Palaeont., p. 167) erwähnt eines in Polen vorgekommenen fossilen
Zahnes des Gulo. Besonders in Folge der eingehenden Arbeiten von Goldfuss (Nov. Act.
Leopold. T. IX (1818), р. 1011) und Andr. Wagner (Abhandl. d. math. phys. Cl.d.k.
bayerischen Akad. d. Wiss. Bd. VI, p. 232) waren viele, ja wohl die meisten Paläontolo-
gen der Meinung, der fossile Gulo sei eine eigene Art, wofür ihn neuerdings auch noch
Günther (Dresdner Gesellschaft Isis, Jahrg. 1870, S. 115) erklärte.
174
52 J. N. WoLzDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE .
Meine Studien über die Fauna der Diluvialzeit veranlassten mich schon vor einigen
Jahren die in den Sammlungen zu München, Stuttgart und Bonn aufbewahrten, dem Со
spelaeus zugeschriebenen Schädel genauer zu betrachten und mit den Schädeln des lebenden
Gulo zu vergleichen. Als Resultat dieser Vergleichungen ergab sich, dass im Allgemeinen
die von den oben genannten Fundorten Deutschlands stammenden Schädel, worunter sich
das für den Gulo spelaeus von Goldfuss benutzte Original befand, von denen des lebenden
Vielfrasses nur solche Abweichungen bieten, die sehr gut als blosse individuelle angesehen
werden können. Der von Goldfuss und A. Wagner für ihre Mittheilungen benutzte, aus
der Sammlung von Münster stammende, jetzt in der paläontologischen Sammlung zu Mün-
chen aufbewahrte, Schädel zeichnet sich allerdings durch seine Grösse aus, wie denn auch
das in England (siehe oben) gefundene Kieferbruchstück auf ein grosses Thier hindeutet.
Die ansehnlichere Grösse desselben (seine Länge beträgt 67, Zoll) kann aber um so weniger
ins Gewicht fallen, da die Länge eines Schädels des Museums zu Bonn nur 4 Zoll 10 Li-
nien beträgt, wie etwa bei den grössern Exemplaren des lebenden Vielfrasses. Erwägt man
nun noch, dass Reste des Gulo nachweislich nicht bloss mit denen typischer Diluvialthiere,
wie Felis und Hyaena spelaea, vorkommen, sondern auch mit denen solcher, welche noch
jetzt als seine Faunengenossen mit ihm leben, nachweislich aber schon zur Diluvialzeit vor-
handen waren, wie der Wolf, der Fuchs, das Renthier u. s. w., dass ferner gerade er als
Hauptfeind des letztern gilt, so wird man auch aus diesen Gründen sich für die Ansicht
entscheiden können: der sogenannte fossile Vielfrass sei von dem noch jetzt lebenden nicht
specifisch verschieden gewesen. Die Zähne des Gulo diaphorus Kaup, Ossem. foss., Seite 15,
habe ich mit denen von Gwlo noch nicht verglichen. Gulo primigenius BR. Wagner aus
Griechenland ist nach Gaudry (Attiq.) Seite 37 gleich Metarctos diaphorus Kaup. (der
Urterkiefer des Gulo von Eppelsheim soll nach Gaudry, Seite 41 zu Metarctos gehören).
Zusatz. Fragliche Reste desselben kommen in der II. Spalte von Zuzlawitz vor (3. а. у.
a. 0.). Einen Schädel sammt Unterkiefer beschrieb ich als Gulo borealis Nilss. aus den
Knochenbreccien Istriens [s. meine Beiträge zur Fauna der Breccien (Jahrbuch der К. К.
geolog. Reichsantalt in Wien, B. 32, 1882, Heft 4)]. Ausserdem berichtet Wankel auch
von Resten desselben im diluvialen Lehm von Prdemost und in Sloup in Mähren («Prvni
stopy lidsk& na Morave», Zeitschr. d. Olmützer Museumsvereines N: 2, 1884 und: die
Slouper Höhle ect., Denkschr. 4. kais. Akad. а. Wiss., Wien, В. ХХУШ, 1886), ich kon-
statirte einen Unterkiefer aus der Sipka-Höhle, der wohl:um ein Dritte] grösser ist, als
der von Newton abgebildete, da sein Fleischzahn 24,5 mm. lang, 11 mm. dick und der
horizontale Ast unter dem Fleischzahn 26,5 mm. hoch ist. Es ist somit Gulo spelaeus, dem
man diesen Rest zuschreiben muss, doch eine besondere von Gulo borealis etwas verschie-
dene Form. Nehring bestimmte Reste aus der Hirsch-Höhle (Uebersicht ect.), Rütimeyer
aus Thayingen (s. a. у. a. O.). Prof. Dr. A. Frit aus Prag schreibt mir, dass er Reste aus
der Ziegelei Maibek in Podbaba bestimmte. Liebe bestimmte Reste aus der Vypustek-
Höhle in Mähren (s. а. у. a. O.), Rivière aus Baoussé-Boussés (s. а. у. а. 0.). W.
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 53
Mustela foina Briss.
Pictet: Pal. I, р. 117, IV, р. 705; Gervais: Zool. et Pal. gen., р. 103; Rütimeyer: Pfahlb. р. 20,
Untersuchungen, p. 31.
Frankreich (Gervais), Belgien (Schmerling), die Schweiz (Rütimeyer) und Italien
(H. v. Meyer) werden als Fundorte von Resten dieser von Europa bis Sibirien und bis zu
den Kaukasusländern verbreiteten Art angegeben. In den altaischen Höhlen hat man noch
keine Knochen derselben ausgegraben. In Belgien wurden solche mit denen von Hyaena
spelaea, Felis spelaea (= Leo) und Elephas gefunden. Sehr leicht lassen sich übrigens die
Skelettheile dieser Art mit denen der folgenden verwechseln.
Zusatz. Fragliche Reste dieses Thieres fand ich in der I. Spalte von Zuzlawitz (3. a. v.
а. O.). In der Certova-dira ebenfalls von mir als fraglich bestimmt. Einen schönen Schädel
bestimmte ich aus der Höhle Na Milaszowce und Maszycka (G. Ossowski: Jaskynie okolic
` Ojcowa I, tab. 1-УШ, Pamiet. Wydz. matem. przyr. Akad. Umiej. T. XI, Krakow 1885).
Fraas bestimmte Reste aus dem Hohlefels (s. а. у. а. O.). Sandberger aus dem Löss bei
Würzburg (s. а. у. а. O.); Struckmann aus der Einhornhöhle (s. а. у. а. O.). W.
Mustela martes Briss.
Gervais: Zool. et Pal. gen., 103; Pictet: Pal. I, р. 705; Dawk. а. Sandf.: Palaeont. ХУПТ, р. 22;
Rütimeyer: Pfahlb., р. 20; Unters. р. 31.
Von dem im bewaldeten Europa bis gegen den Ural, sowie in den das caspische Meer
umgebenden Ländern, jedoch nicht in Sibirien und dem Amurgebiete (Brandt, Hofm. В.П.
Seite 23. L. v. Schrenck Reise, I, Seite 36) beobachteten Baummarder werden als Fund-
orte der Reste dieser Art die Lombardei (Cornalia), Frankreich (Gervais), England (Daw-
kins, Sandford), die Schweiz (Rütimeyer) Deutschland (Giebel) und Bessarabien (von
Nordmarn) namhaft gemacht. \
Zusatz. Fragliche Reste kommen in Zuzlawitz, Spalte II vor (s.a.v.a.O.). Einen schön
erhaltenen Schädel bestimmte ich aus der Höhle Vypustek in Mähren. (Beiträge zur diluv.
Fauna mährischer Höhlen. Verhandl. der ЕК. geolog. Reichsanst. Wien 1880, №15); Neh-
ring bestimmte Reste aus den Höhlen bei Ojcow (Uebersicht ect.); G. Ossowski aus der
Höhle Na Gaiku (Trzecie sprawozdanie z badan w jaskiniach okolic Krakowa (Zbior wiad. do
Antrop. kraj. T. VI, dz. I, 1882); E. T. Newton führt Reste auf aus dem präglacialen
Forest Bed Englands (Geol. Mag. Decr. II, Vol. УП, № 4, 1880); Liebe aus der Vypu-
_ stekhöhle (s. a. у. a. O.). | У.
54 Т. К. WozDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
Mustela zibellina L.
Mustela brachyura Temm., Mustela leucopus Kuhl.
Skeletreste des gegenwärtig, jedoch meist in geringerer Menge, vom Uralgebiete bis
Kamtschatka, dann südlich bis zum Altai, dem Amurlande, den Kurilen, Sachalin und Japan,
ja selbst im gegenüberliegenden Theile Nordmerikas [Brändt, a. a. O., Seite 21 und L. v.
Schrenck, а. à. О., Seite 34] verbreiteten Zobels, womit Kuhl’s nordamerikanische Mustela
leucopus identisch ist (siehe meine Untersuchungen über den Zobel. Mém. 4. l’Acad. II. Ser.
und Leop. v. Schrenck’s Reise) wurden von mir unter den altaischen Höhlenresten aufge-
funden (vergleiche meine Untersuchungen, Spec. 14). In den altaischen Höhlen sind übrigens
auch Reste von Ælephas primigenius, Hyaena spelaea und Rhinoceros tichorhinus ect. nach-
gewiesen worden.
Putorius foetidus Gray.
Foetorius Putorius K. B., Putorius antiquus H. v. Mey., Putorius spelaeus G. Fisch.
Pictet: Pal. I, р. 218, IV, р. 705; Gervais: 2001. et Pal. сеп., р. 103; Rütimeyer: Pfahlb., р. 21,
Unters., :p. 31.
England (Owen, Dawkins, Sandford), Belgien (Schmerling), Frankreich (M. de
Serres, Desnoyers), die Lombardei (Cornalia), die Schweiz (Rütimeyer, Pictet), Italien
(Н.у. Meyer), Deutschland (namentlich die gailenreuther Höhle nach Cuvier) und die altai-
schen Höhlen (siehe meine Untersuchungen Spec. 15) lieferten Reste des von West nach Ost,
von Algerien bis Sibirien verbreiteten, in ganz Europa mit Ausschluss des Nordens eben so
wie in den Kaukasusländern (And. Wagner, Abh. d. bayerisch. Akad. Cl. phys. math. Bd.;
Е. Brandt, Нот. Reise II, Anh., р. 24) vorhandenen Iltisses. Die in den altaischen Höhlen
gefundenen Reste dürften übrigens der sibirischen Varietät desselben, der Mustela Evers-
manni Lesson’s angehören.
Zusatz. In Zuzlawitz fand ich Reste dieses Thieres in beiden Spalten; es wäre möglich,
‘dass einzelne Reste der Spalte I der sibirischen Form angehören (3. а. у. а. O.). Foetorius
putorius bestimmte ich auch aus der Öertova-dira-Höhle in Mähren. (Beiträge zur diluvialen
Fauna d. mähr. Höhlen. Verhandl. 4. КК. geolog. Reichsanst. Wien 1880, № 15) sowie aus
den Höhlen Na Milaszöwce und Na Wrzozach u Rybnej; auch unter den Resten der letzte-
ren Höhle fand ich eine etwas abweichende Form, die möglicher Weise dem sibirischen Iltis
angehören könnte, wenn sie nicht var. sarmatica ist. Nehring bestimmte Reste aus Thiede
und aus Westeregeln (Quatern. Fauna v. Thiede ect.), Liebe aus der Lindenthaler Hyänen-
Höhle, Wildscheuer (s. a. v. a. O.), Fraas aus Hohlefels (s. a. v. a. O.), Nehring aus den
Fuchslöchern (Uebersicht), H.v. Meyer aus Dolomitspalten bei Steeten (N. Jahrb. f. Steier.
1846), Dupont aus Trou du Sureau ($. а. у. a. O.), Nach Nehring kommen Reste in der
Balve-Höhle vor (Uebersicht ect.), nach Liebe in der Vypustek-Höhle (5. a. v. a. O.). W.
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 55
Putorius Ermineus Owen.
Foetorius erminea Keys. u. Blas., Mustela Erminea L.
Pictet: Pal. I, р. 218, IV, р. 705; Gervais: Zool. et Pal. gen., р. 103; Dawk. a. Sandf.: Pal. XVIII,
р. 22; Rütimeyer: Pfahlb., р. 21.
Auch von diesem in Europa und der Nordhälfte Asiens (A. Wagner und Brandt, s. a.
а. O., р. 24) sich eines weiten Verbreitungsgebietes erfreuenden Wiesel sind Skelettheile in
England (Owen, Dawkins, Sandford), Frankreich (Pictet), Deutschland (H. v. Meyer)
und in den Pfahlbauten der Schweiz (Rütimeyer: Fauna) wahrgenommen worden.
Den Resten der drei so eben aufgeführten Putorien werden wohl künftig die des Puto-
rius lutreola, dann wenigstens im Südosten Europas und in Westasien die von Putorius sar-
maticus, in Nordasien aber die des Putorius sibiricus und altaicus sich anreihen. Ob über-
haupt und wie weit die eine oder andere der drei letztgenannten Arten früher nach Westen
vordrang, kann nur die Zukunft lehren. Putorius sarmaticus, der ehedem die als Tigeriltis
sehr geschätzten Felle lieferte, ist übrigens wohl in Folge übermässiger Nachstellungen,
namentlich in Europa, bereits so selten geworden, dass man fast ansein nicht gar fernes Aus-
‚sterben denken könnte.
Zusatz. In Zuzlawitz fand ich Foetorius erminea in der Spalte I und bestimmte dieses.
Thier auch aus der Certova dira in Mähren (s. а. у. a. O.). Für Herrn G. Ossowski be-
stimmte ich Foetorius erminea aus der Höhle Na Wrzosach u Rybnej. Nehring fand dieses
Thier in Thiede (Quatern. Fauna v. Th. ect.) in der Hirsch-Höhle, in der Elisabeth-Höhle
(Uebersicht ect.), bestimmte dasselbe aus den Höhlen des Berges Novy in der Tatra (Globus
В. XXX VII, 1880, № 2), aus den Molassespalten bei Baltringen, aus den Fuchslöchern, aus
der Wildscheuer (Uebersicht ect.), aus О. Ruszin bei Kaschau (Dr. Roth’s Ausgrabungen
ect.). H. у. Meyer berichtet über Reste aus den Dolomitspalten von Steeten (s. а. у. a. 0.)
und Dupont aus Trou du Sureau (s. а. у. а. O.), Liebe aus der Vypustek-Höhle (s. a.
v.2.0.). W.
- Putorius vulgaris Rich.
Mustela vulgaris L.
Foetorius vulgaris Keys. u. Blas.
Pictet: Pal. I, p. 218, IV, p. 705; Gervais: Zool. et Pal. gen., p. 103; Dawk. a. Sandf. Pal. XVIII,
p. 22, Rütimeyer: Pfahlb., p. 21, Unters., p. 31. 2
Reste dieser weit verbreiteten Wieselart hat man in Frankreich (Gervais, Pomel),
Belgien (Schmerling) und England (Buckland nach Cuv. rech.) dann in der Schweiz
(Pictet, Soc. d. Phys. 1846, XI, p. 90, Rütimeyer, Fatio) gefunden.
56 J. N. WoLDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
Zusatz 1. In Zuzlawitz war dieses Thier in der I. Spalte vertreten. In der Öertova
dira konstatirte dieses Thier zunächst MaSka, worauf ich mehrere Reste bestimmte (s. a.
у. О. а.). Nehring bestimmte Reste aus Thiede (Quaternäre Fauna у. Th. ect.), aus der
Elisabethhöhle, aus den Höhlen bei Ojcow, vom Berge Novy, aus den Fuchslöchern, aus
der Wildscheuer, aus der Höhle von Balve (Uebersicht, etc.) und aus О. Ruszin (Dr. Roth’s
Ausgrabungen ect.); Dupont aus Trou du Sureau (s. а. у. а. 0.). - W.
Zusatz 2. Ich fand ausserdem in Zuzlawitz Spalte I: Foetorius Lutreola Keys. u. Blas.,
Foetorius Ктеси Woldr. eine zwischen Hermelin und Wiesel stehende Form und Foetorius
minutus W oldr., ein winziges Raubthier von der Grösse einer Feldwühlmaus. Dieses letztere
Thierchen bestimmte ich auch aus der Höhle Certova dira bei Stramberg in Mähren, von
hier auch noch Foetorius Krejcii und Foetorius lutreola Keys. und Blas. W.
Lutra vulgaris Erxl.
Lutra antiqua H. v. Meyer, Palaeolog. Seite 55, Loutre des cavernes Marcel de Serres
Lutra affinis Gervais.
Gervais: Zool. et Pal. gen. р. 103; Pictet: Pal. I, р. 219, IV, р. 705; Dawk. а. Sandf: Pal. XVIII,
р. 22, Rütim.: Pfahlb., р. 21, Unters., р. 31.
Lutra kommt im Münsterlande an allen Flüssen vor; Altum: Fauna, Seite 97. Schon
die weite Verbreitung der Fischotter von Algerien und Portugal (Barbosa) über ganz Eu-
ropa und Nordasien östlich bis zum Tschuktschenlande, dem Amurlande, Kamtschatka und
Sachalin, welche. ich in Hofmann’s Reise im nördlichen Ural (Band II, Zoologischer An-
hang, Seite 28 und 29) ausführlicher in Bezug auf ihr Vorkommen in Russland besprochen
habe, macht es höchst wahrscheinlich, dass die Erde auch von ihr Knochenreste berge. Die
von H. v. Meyer einer Lutra antiqua vindicirten Reste, ferner die nach Wankel (Zeit-
schrift Lotos 1860) in den mährischen Höhlen mit Resten von Felis spelaea und Hyaena
spelaea gefundenen, beweisen das Vorkommen in Deutschland und Oesterreich. Nach Mar-
cel de Serres (Ossem. foss. d. cavernes de Lunel-Viel) kommen Otterknochen ebenfalls
mit denen von Felis spelaea und Hyaena spelaea unweit Montpellier vor. Gervais (Ann. 4.
sc. nat. 1852, Seite 35) erwähnt solcher aus den Höhlen des Departement l’Herault, wo
sie von denen des Zlephas primigenius begleitet wurden. Seine nach im pliocenen Meeres-
sande gefundenen Resten (Zool. et paléont. f. 2 éd., Seite 344) aufgestellte Zuira affinis
scheint wohl nicht von Lutra vulgaris verschieden zu sein. Rütimeyer (Fauna) vindicirt
ihr Reste der Pfahlbauten der Schweiz, während Owen (Britt. foss. mamm., Seite 119) von
Resten der Fischotter in den pliocenen Schichten Englands spricht. Auch Dawkins und
Sandford (Palaeontogr. Soc. XVIII, Seite XXII) erwähnen dieser englischen Fischotter-
reste mit der Bemerkung, die von Owen aufgeführten stammten aus dem prähistorischen
«mast that underlie the peat of Cambridgeshire». Nordmann (Palaeontol., Seite 157) fand
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 57
Bruchstücke des Unterkiefers in den neutertiären Steinbrüchen von Kischinew (Bessara-
bien). Demnach dürfte wohl Zutra vulgaris mindestens schon der Diluvialfauna angehört
haben. | |
Zusatz. Ecker berichtet über Reste aus Langenbrunn (5. а. у. а. 0.); Struckmann
aus der Einhornhöhle (s. а. у. a. O.). W.
Ordo PINNIPEDIA.
Phocina.
Trichechus rosmarus L.
Symonds: Geol. Magaz., Т. V., 1868, р. 419.
Postpliocene Reste im Forest-Bed bei Cromer (Norfolk).
Zusatz. Е. T. Newton schreibt die Reste aus dieser Fundschichte dem Trichechodon
Huxleyi Lankes. zu (Geolog. Mag., Dec. II, Vol. УП, №4, 1880) und führt daselbst auch
eine Phoca sp. an. W.
Ordo GLIRES.
Sciurina.
Sciurus vulgaris L.
Sciurus diluvianus Münst., Sciurus fossilis Gieb.
Pictet: Pal. Гр. 236, IV, р. 705; 0. Heer: Urw., р. 409; Rütimeyer: Pfahlb., р. 24, Unters., р. 32.
Die mit Waid bewachsenen Gegenden Europa’s, ebenso wie die Nordasiens vom Atlan-
tischen Ocean und der Nordsee bis zum Ochotskischen Meere und dem Mandschurischen
Busen (mit Ausschluss Kamtschatka’s) sind als Aufenthaltsorte des Eichhorns bekannt. Als
südlichstes Verbreitungsgebiet kennt man die Länder am Mittelmeer, mit Ausschluss Nord-
afrika’s, so wie die nördlich vom Kaukasus gelegenen, dann in Nordasien für jetzt das
Altaigebiet, Südostsibirien, so wie in Folge der Reisen L. у. Schrenck’s und С. Radde’s
das Amurland und die Insel Sachalin. Es dürfte sich jedoch nach L. v.Schrenck (Reisen I,
p. 124) wahrscheinlich weiter nach Süden auch auf den japanischen Inseln finden, da
Temminck’s Sciurus ks eine noch fragliche Art sei. Die Verbreitung des Eichhorns in
Russland habe ich übrigens vor dem Erscheinen der Reisen L. v. Schrenck’s und Radde’s
in Hofmann’s Reise n. d. Ural, Bd. II, Zool. Anh., S. 29 besprochen.
Mémoires de l’Acad. Imp. des sciences VIIme Série. 8
58 J. N. Моьовтсн, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
Unter den von Schmerling (Rech. $. 1. oss. foss., T. II, р. 99) in den Lütticher
Höhlen aufgefundenen Resten sind auch die des Eichhörnchens aufgeführt. — Im Pariser
Gyps wurden nach Cuvier (Rech. s. 1. oss. foss., 4° éd.) Reste eines Eichhorns entdeckt,
welche ungeachtet ihrer schlechten Conservation auf eine dem gemeinen Eichhorn nahe-
stehende Form, wie schon Pictet (Paléont., 2° 6d., I, р. 236) meint, hinweisen. — Lartet |
und Christy (Lyell, Ancienn. а. l’homme, Append., р. 156) fanden in der Höhle von Eyzies
(Dordogne) mit Resten von Steinböcken, Renthieren und Mammuthen auch die von Eich-
hörnchen. Die Höhle von Bruniquel lieferte nach Garrigou, Martin und Trutat (Lyell,
a. a. O., p. 182) Knochen von Sciurus, Antilope rupicapra, Bos primigenius, Rhinoceros
tichorhinus, Cervus elaphus, Capra, Equus, Lupus, Vulpes und Cervus tarandus. — Unter
den Pfahlbautenresten der Schweiz fand Rütimeyer (Fauna, p. 24) nur spärliche Eich-
hornreste. — Münster’s Sciurus diluvianus (Bayreuth. Petref., р. 87) ist wohl nur Sciurus
vulgaris. — Merkwürdig ist es, dass weder die altaischen Höhlen, noch das an Eichhörn-
chen so reiche Russland überhaupt bis jetzt Reste desselben lieferten. Ob und wie sich die
in den Kalkbrüchen von St.-Gerand-le-Puy im Miocen der Auvergne gefundenen Knochen
des Sciurus Feignouxi Pomel’s (Laurillard, Diet. d’Orbigny, T. XI, р. 206) und selbst
Lartet’s Sciurus sansariensis, Gervesianus und minutus als untergegangene Arten halten
lassen, muss die Zukunft lehren. Dasselbe möchte für jetzt vom Sciurus ambiguus Po mel’s
(Catal., р. 18) gelten. — Hinsichtlich Giebel’s Sciwrus priscus, welcher auf einem Un-
terkiefer der Diluvialablagerung vom Seveckenberg bei Quedlinburg beruht, ist zu bemerken,
dass Hensel (Zeitschrift d. deutsch. geol. Gesellsch., Bd. VIII, p. 670) denselben einem
Spermophilus zuschreibt. |
Da Reste des Sciurus vulgaris mit denen vom Rhinoceros tichorkinus, so wie mit denen
mehrerer seiner gegenwärtigen Faunengenossen, welche entschieden zur Diluvialzeit lebten,
in Europa vorgekommen sind, so darf man denselben wohl auch deshalb, weil er in Nord-
afrika fehlt, als ein solches Glied der Diluvialfauna ansehen, welches mit den Rhinoceroten
von Osten her nach Europa einwanderte. | i
Zusatz. Von mir in Zuzlawitz Spalte II nachgewiesen (s. a. у. а. 0). Nehring berich- :
tet über Reste aus den Höhlen von Ojcow, aus den Fuchslöchern und aus der Höhle von
Balve, letztere nach Farwick (Uebersicht ect.). E. T. Newton berichtet über fragliche
Reste aus dem präglacialen Forest-Bed (s. a. у. а. O., Vol. VIII, 1881); Liebe aus der
Vypustek-Höhle (s. a. у. а. O.).
Tamias striatus Illig.
Tamias striatus J. Е. Brandt (Säugethierreste 4. altaischen Höhlen, Bull. sc. d. ГАса4. d.
St.-Pétersb. (1870), T. ХУ, р. 147, Spec. 17).
Unter den Resten, welche die altaischen Höhlen enthielten, fand ich auch die rechte
Hälfte des Unterkiefers dieses niedlichen Thierchens, dessen gegenwärtige westlichste Ver-
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. | 4109
breitung im Nordosten Europa’s, im europäischen Russland beginnt. Von dort an verbreitet
sich dasselbe, mit Ausschluss der subpolaren Gegenden, namentlich auch Kamtschatka’s,
über ganz Sibirien bis zum Ochotskischen Meer und den Mandschurischen Busen, aber
auch auf die Insel Sachalin bis Japan (Г. у. Schrenck’s und С. Radde’s Reisen, J. F.
Brandt in Hofmann’s Reise). Wie weit sein südliches Verbreitungsgebiet sich erstrecke,
ist jedoch noch nicht hinreichend bekannt. In Europa hat man noch keine fossilen Reste des-
selben wahrgenommen. Doch könnte vielleicht Sciurus (Palaeosciurus) Chalaniati Pomel’s
(Catal., p. 17) miöglicherweise wegen seiner so geringen Grösse, ein Tamias gewesen sein,
wenn auch nicht gerade Tamias striatus.
Pteromys volans Geoffr.
Pteromys volans kennt Kessler nach Bälgen aus dem Gouv. St. Petersburg, Nowgorod,
Orel, Wologda, Minsk, Finnland. Kessler, Mammal. Not., Bull. d. nat. d. Мозе., 1858.
Die altaischen Höhlenreste lieferten mir (Säugethierreste d. altaischen Höhlen, a. a.
О., Spec. 18) leider nur einen einzelnen Oberschenkel dieses interessanten Nagers, der
meistentheils als geographischer Begleiter des Backenhörnchens erscheint, jedoch in Eu-
ropa westlicher als Tamias vorkommt. Sein westlichstes Verbreitungsgebiet umfasst näm-
lich Litthauen, Kurland, Esthland und Finnland. Von den genannten Ländern aus verbrei-
tet sich das Flugeichhörnchen, ohne jedoch den Polarkreis zu überschreiten, über Russland
und Sibirien, fehlt aber in Kamtschatka (J. Е. Brandt in Hofmann’s Reise, Bd. II, Zool.
Anhg., 5. 31). Als sein östlichstes Wohngebiet kennt man durch L. у. Schrenck das
Amurland und Sachalin. Ob dasselbe, was man übrigens wegen seines Vorkommens in
den russischen Ostseeprovinzen für sehr möglich halten kann, früher nach Mitteleuropa, ja
noch weiter vordrang, ist noch nicht bekannt, da bis jetzt weder Aufzeichnungen über ein
solches Vorkommen bekannt sind, noch auch fossile Reste desselben in Europa nachgewie-
sen wurden.
Arctomyina,
Arctomys marmota Schreb.
Arctomys marmota Hensel, Cornalia; Arctomys primigenius Kaup.; 2 Arctomys antiqua
Роше! (Bull. de la soc. géol. de Fr., 2° sér. I, Seite 595); 2 Arctomys arvernensis Brav.;
Arctomys spelaea Giebel.
Pictet: Pal. I, р. 236, ТУ, р. 705; 0.Неег: Urw., р. 542 и. 545; Rütimeyer: Pfahlb., р. 112; Gervais:
Zool. et Pal. fr., 64. 2, р. 23 u. 34; Cornalia: Pal. Lomb. I, р. 36; Giebel: Fauna.
Das gegenwärtig nur oberhalb der Waldregion der Pyrenäen (Gervais), der Alpen
(Tschudi), der bayerischen Gebirge (Kobell, Wildanger, Seite 260) und der Karpathen
8*
60 J. N. WoLDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORD ASIATISCHE
wahrnehmbare Murmelthier war zur Diluvialzeit, und auch wohl noch später, viel häufiger
und noch weiter nach Süden und Norden, so namentlich zur Eiszeit, in den Vorbergen, ja
selbst in den Ebenen, verbreitet. Es zeigen dies die in mehreren Ländern Europa’s gefun-
denen Reste desselben, die man, wie Hensel (Nov. Act. Acad. Caes. Leop., Vol. XXI,
Seite 279) nachwies, mit Unrecht wegen ihrer als Artkennzeichen nicht annehmbaren,
etwasansehnlicheren Grösse, einer ausgestorbenen Art (Arctomys primigenius) zuschrieb. In
Italien wurden Reste desselben in der Po-Ebene (nach Garrigou, Etud. comp., Seite 22)
mit denen von Zlephas primigenius, Cervus megaloceros, Ursus, Bos und Едииз entdeckt.
Cornalia (Paléontol. Lombarde I, Seite 36) beschreibt deren aus der Grotte von Levrange,
die auch Fors. Major (Atti 4. 1. Soc. Italiana, Т. XV, Seite 388) der Arctomys marmota
zuweist. Der Letztgenannte bemerkt übrigens (a. O., Seite 387), man habe in Piemont (Ga-
staldi), bei Cagliari (Studiati) und in Toscana in den Grotten von Onde, Parignana und
Goti (Regnoli) Reste davon gefunden; Gervais (Zool. et Paléont. fr., 2 éd., p. 23 u. 24)
macht mehrere französische Fundorte von Resten namhaft, darunter sogar die Umgegend
von Paris. — Rütimeyer (Fauna, Seite 23, Note 2) erwähnt dreier Skelete des Murmel-
thieres aus dem glacialen? Diluvium von Niederwangen bei Bern. О. Heer (Urwelt der
Schweiz, Seite 547) spricht von Murmelthierresten, welche mit denen vom Renthiere in der
oberen Lage der aus Gletscherschutt bestehenden Geröllschichte lagen, welche die Kohle
von Dürnten bedeckt. In Deutschland fand man Reste bei Mosbach unfern von Wiesbaden
und bei Kästrich (H. v. Meyer, N. Jahrb. f. Mineralog., 1847), ferner bei Eppelsheim
(Kaup.) und im Löss von Mayen (Troschel, Verhandlungen des naturhistorischen Vereines .
der Rheinlande. XIX, Seite 192). Bei Graz wurde ein aus der Eiszeit datirter Bau eines
Murmelthieres nebst Resten von vier Individuen desselben entdeckt, wovon О. Schmidt
(Sitzungsberichte der Wiener Akademie, Bd. LIII, Abtheil. I, Seite 256) eine ausführliche
Beschreibung lieferte. Aus dem paläontologisch so vielfach untersuchten England sind mir
keine Murmelthierreste bekannt. Das Murmelthier gehörte überhaupt in Betracht der vor-
stehenden Mittheilungen entschieden mindestens der diluvialen Fauna an, könnte aber mög-
licherweise auch viel älter sein.
Arctomys marmota steht mit Ausschluss der etwas abweichenden Färbungsverhältnisse
dem Arctomys bobak so nahe, dass mir die, nur auf Grundlage umfassender Materialien
(zahlreicher Bälge und Skelete) zu beseitigende Frage Berücksichtigung zu verdienen
scheint: ob nicht möglicherweise Arctomys marmota ein in Europa zur Eiszeit einge-
wanderter, auf die Gebirge zurückgedrängter, gestaltlich etwas veränderter Bobak sein
könne? Wäre dies wirklich der Fall, so würde A. marmota zu den Russland und Europa
gemeinsamen Thieren gehören.
Zusatz. Für die Öertova dira konstatirte ich Arctomys, wahrscheinlich marmota Schreb.
(Beitr. z. diluv. Fauna mähr. Höhlen, a. у. a. O.); Nehring bestimmte Reste aus den Molasse-
„spalten bei Baltringen (Uebersicht etc.), Rütimeyer aus der Thayingerhöhle (s. a. v. a. O.);
A. Ecker aus Langenbrunn (3. а.а. 0.); Maëka aus der Sipka-Höhle? (s. a. v. O.). W,
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. | 61
Arctomys Борак Schreb.
(Arctomys spelaeus G. Fischer.)
Fischer: Mém. 4. nat. d. Мозс., T. Ш, Seite 287; Eichw.: Leth. III, Seite 384; Giebel: Fauna I,
Seite 82; Pictet: Paléont., 2 éd. I, Seite 237.
Die nachweisbare Verbreitung des Bobak beginnt oder begann wenigstens früher,
westlich ziemlich nahe den Karpathen, dem als östlichsten bekannten Wohnsitze seines
überaus nahen Verwandten und westlichen Stellvertreters, des Arctomys marmota. Wenn
demnach Pallas auch Polen als Vaterland des Bobak bezeichnet, so hatte er dabei wohl
Podolien oder Galizien oder beide im Auge. In Podolien kam nämlich derselbe nach Bau-
plan (Dese. d. РОсгаше, 1660, Seite 80) früher häufig vor, obgleich er nach Kessler
(Естеств. Истор. Rieger. учебнаго округа I, 1850, Seite 40) sich nicht mehr dort fand.
In Galizien und der Bukowina bewohnte indessen der Bobak wenigstens noch 1840 die
niedrigeren Gebirge (Zawadzki, Fauna, Seite 30). Im europäischen Russland kennt man
gegenwärtig als Wohnsitz desselben das Gouvernement Poltawa, wo ihn Kessler jedoch
nur 1850 noch in zwei flachen Steppenthälern des Konstantinogradschen Kreises antraf,
dann die Nikolajew’schen Steppen, 'die Steppen zwischen Don und Wolga, so wie die an der
mittleren Wolga oberhalb des Don’s gelegenen zu den Gouvernements Ssimbirsk, Ssamara
- „und Ssaratow, so wie den südlichen Kasan’schen und Orenburg’schen gehörigen Steppen. Am
seltensten sind nach Bogdanow (Vögel und Säugeth., p. 170) dort seine Kolonien im Ssa-
mara’schen, häufiger im Ssimbirsk’schen, am häufigsten im Ssaratow’schen Gouvernement.
Aus mehreren Gouvernements scheint er namentlich durch die Bodenkultur verdrängt, so
fehlt er nach Kessler ausser in Podolien (1850) bereits auch im Gouvernement Kiew und
Tschernigow. Im Kursker Gouvernement entdeckte Kiprijanow (Bull. d. nat. 4. Mose., ann.
17835, р. 196), als Beweise seines früheren dortigen Vorkommens, im aufgeschwemmten
Boden, in einer Tiefe von 7 Fuss und mehr, zahlreiche Reste, namentlich Schädel dessel-
ben. In Asien findet er sich in den centralasiatischen Steppen südlich bis zum Himalaya,
dem Karchar und Tibet; seine östlichsten bis jetzt bekannten Verbreitungsgebiete sind
‚ Kamtschatka und Ostsibirien.
Hensel (Nov. Act. Acad. Caes. Leop., Vol. XXIV, P. I, р. 298) beschrieb aus dem
Breslauer anatomischen Museum Reste des Bobak, die er mit den von Fischer einer Arc-
tomys spelaea zugeschriebenen übereinstimmend fand, leider ist der Fundort der von Hen-
sel beschriebenen Reste unbekannt. Möglicherweise könnten dieselben aber aus Schlesien
stammen, da der Bobak, wie dies nachweislich mit dem Ziesel (Spermophilus citillus), sei-
nem faunischen Begleiter, in Südrussland noch jetzt der Fall ist, früher auch in Schlesien
vorgekommen sein könnte. Die altaischen Höhlen boten übrigens zahlreiche Reste des Bo-
bak (siehe meine Untersuchungen, Spec. 19).
62 J. N. WoLDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
Zusatz. Nehring berichtet über Reste aus Thiede (Quatern. Fauna von Thiede ect.).
Jos. А. Friè zählt Reste aus Vysoëan in Böhmen hierher (5. а. а. O.). Die von Dr. Ant.
Frië aus Sarka beschriebenen Reste (Jahressitz. d. Е. böhm. Ges. d. Wiss., Prag. 1877)
haben sich als alluvial erwiesen. Unentschieden ob dem Murmelthier oder dem Bobak an-
gehörig werden Reste angeführt von Nehring aus der Hirschhöhle (Uebersicht ect.), von
Sandberger aus Würzburg (s. а. у. a. O.), von Richter aus den Fuchslöchern (Zeitschr.
4. deutsch. geolog. Ges., 1879 u. N. Jahrb. f. Miner., 1879), Sandberger aus dem Löss
bei Saalfeld (s.a.v.a.O.) und G.Schwarze aus Unkelstein bei Remagen am Rhein (Verh. а.
naturh. Ver. d. preuss. Rheinl. u. Westf., Jahrg. 36, Bonn, 1879). Liebe bestimmte an-
fänglich Reste aus der Hyänenhöhle bei Gera (Archiv f. Anthrop. IX) als Arctomys mar-
mota. Auf Grundlage einer grösseren Anzahl von daselbst später gefundenen Skeleten kam
jedoch Liebe zu dem Schluss, dass das ostthüringische fossile Murmelthier als der Stammvater
beider noch lebenden (A. marmota u. bobak) anzusehen und ihm die Bezeichnung Arctomys
primigenius zu belassen sei (Das diluviale Murmelthier Ostthüringens ect.; Zoolog. Garten,
Jahrg. XIX, 1878). W.
Spermophilus guttatus Temm.
Spermophilus fossilis ponticus Nordmann (Palaeont., р. 160).
Unter einem 1!/, Faden dicken Lager des Odessaer Molassenkalkes fand у. Nord-
mann unweit Odessa zu Nerabaj den grössten Theil des Schädels eines Spermophilus, der
einem jüngeren Thier angehörte. Der Vergleich des fraglichen Schädelfragmentes mit einem
gleichalten des in Bessarabien so häufigen Spermophilus guttatus ergab, dass das erstere in
seiner Mitte schmälere Nasenbeine, einen kürzeren Schnauzentheil, ein breiteres Stirnbein
und entwickeltere Postorbitalfortsätze zeigte, welche letzteren einen grösseren Abstand
wahrnehmen liessen. Nordmann selbst räumt indessen ein, die angegebenen Unterschiede
würden weniger zu berücksichtigen sein, worin ich ihm beistimme. Um jedoch seinen Sper-
mophilus fossilis ponticus zu motiviren, legt er auf das alterthümliche Aussehn des von klei-
nen Seewürmern durchbohrten Schädelfragmentes Gewicht. Da mir das Fragment selbst
nicht vorliegt, so wage ich kein entscheidendes Urtheil, finde aber keinen haltbaren Ein-
wand, wenn man dasselbe einem kaum noch etwas fraglichen Spermophilus guttatus vindi-
cirt, der, wie ich in meiner Monographie der russischen Ziesel (Bull. sc. 4. ГАсаа. Imp.d.
Sc. d. St.-Pétersb.) nachwies, eine vom Spermophilus musicus Ménétries verschiedene
Art ist.
Zusatz. Nehring rechnet hierher Reste aus Westeregeln, aus Nussdorf, der Hirsch-
und Elisabethhöhle fraglich [s. sein: Ein Spermophilus-Skelet aus dem Diluvium des Galgen-
berges bei Jena (N. Jahrb. Г. Miner., Сео]. u. Pal., II. Bd., Stuttgart, 1880), und seine:
Uebersicht ect. |. | | М.
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 63
Spermophilus Eversmanni Brdt.
Arctomys altaicus Eversm.
Die altaischen Höhlen boten unzweifelhaft Reste dieser in Sibirien weit verbreiteten
Art (s. meine Untersuchungen über die Säugethierreste der altaischen Höhlen, Spec. 20).
Zusatz. Die von Nehring а. у. О. hierher gestellten Reste erwiesen sich als zu Sperm.
rufescens Keys. u. Blas. gehörig.
Е. T. Newton berichtet über Reste eines Spermophilus altaicus? aus dem «Glacial
Tilb in Norfolk (Spermophilus beneath the Glacial Till of Norfolk, Geolog. Mag., Dec. II,
Vol. IX, № 2, London, 1882), die indess nach den mitgetheilten Maassen und Zeichnungen
dem Sp. rufescens angehören dürften. |
Ueber die präglacialen und glacialen Absätze von Cromer ect. veröffentlichte Clem.
Reid eine eingehende grössere Arbeit: The Geology of the country around Cromer (Mem.
of the Geolog. Survey of Engl. and Wales, 1882), in welcher auch. die von E. T. Newton
bestimmten Säugethierreste angeführt werden. ZW,
Spermophilus fulvus Hensel.
Sciurus priscus Giebel (Fauna d. Vorwelt. Band I, Seite 82).
Hensel hat (Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft, Band VIII, S. 670,
Tafel XV, Fig. 10 u. 11) eine überaus genaue Beschreibung und Abbildung eines von
Giebel dem Sciurus priscus vindicirten Unterkieferfragmentes vom Seveckenberg gegeben
und meint, derselbe möge dem Sp. fulvus angehören. Dass derselbe keinem Sciurus, son-
dern einem Spermophilus zuzuschreiben sei, leidet keinen Zweifel nach dem von mir ange-
stellten Vergleich der Hensel’schen Abbildung mit dem Unterkiefer des Sp. fulvus (Ver-
breitung desselben in: Hofmann’s Reise II, Seite 32).
Zusatz. Nach Nehring (Ein Spermophilus-Skelet) würde derselbe, da sich seine Be-
stimmung als Sp. altaicus irrig erwies, zu Sp. rufescens gehören. Dagegen stellt Nehring
die zu Bad Weilbach gefundenen Reste zu Sp. fulvus (Zeitschr. f. ges. Naturw., B. 48,
1876). У.
? Spermophilus Richardsonii Desnoyers (l’Institut 1843, X, Seite 123).
Spermophilus superciliosus Kaup. (Descript. d. oss. foss. d. mammif. V. 1839).
Der Umstand, dass Desnoyers die in den Spaltöffnungen des Pariser Gypses ent-
deckten Knochenreste denen des Sp. Richardsonii am ähnlichsten findet und dass auch andere
sibirische und amerikanische nördliche Thiere (Ovibos, Tarandus, Myodes torquatus) nach
64 J. N. WozDpRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
Europa vordrangen, veranlasst mich, Sp. Rechardsonis unter die fossilen diluvialen Thiere
aufzunehmen, denselben jedoch als eine noch fragliche Art zu betrachten.
Zusatz. Nehring (Ein Spermophilus-Skelet ect.) vermuthet, dass die fossilen Ziesel
von Montmorency und einigen anderen Orten Frankreichs (Gervais: Zool. et Pal. göner.)
welche einerseits mit Sperm. superciliosus aus Eppelsheim, andererseits (nach Lartet) mit
Sp. Richardson übereinstimmen sollen, dem Sp. rufescens, oder einer anderen nahestehen-
den Zieselart Osteuropa’s oder Westsibiriens а dürften. Ich schliesse mich eben-
falls dieser Ansicht an. W.
Spermophilus citillus К. Cuv.
Spermophilus superciliosus Kaup. (H. v. Meyer’s Paläontogr. 58, 409).
Dawk. а. Sandf.: Palaeontogr. XVIII, р. 38.
In England kommen nach Evans (siehe meinen Zoogr. Beitrag, Seite 25) Reste von
Spermophilus mit denen von Elephas primigenius, Rhinoc. tichorhinus, Hyaena und Felis
spelaea vor. Zu vorstehender Art rechnet H. v. Meyer ein Unterkieferfragment mit dem
3.(?) Backenzahn aus dem Diluvium des Lahnthales, ebenso wie die von Kaup (Deser. d.
oss. foss., 5. Livr., pl. 25, fig 3 b) einem Spermophilus superciliosus vindicirten mit denen
von Arctomys marmota zu Eppelsheim gefundenen Reste (Gervais: Zool. et Pal., Seite 24).
Der Spermophilus citillus kommt in Schlesien vor (Gloger: Säugethiere und Vögel Schle-
siens. Breslau, 1833, 8, Seite 12). Derselbe ist häufiger in Ungarn (Jeitteles: Prodrom.
Faunae vertebr. Hungariae, Wien, 1862, 8, Seite 15). Zur Zeit des Albertus Magnus kam
Sp. eitillus noch bis Regensburg vor; gegenwärtig noch in der Umgegend von Wien und im
südöstlichen Böhmen. Eine Beschreibung der Ziesel des Charkow’schen Gouvernements,
Sp. musicus und punctatus, bei Чернай: Описаше овражка Харьковской и прилежащихъ Kb
ней губерый. Харьковъ, 1851, Zool. Garten VIII, 221 (Mures pontici). Böttger: Sper-
mophilus citillus var. superciliosus Kaup., Separat-Abdruck aus dem XIV. Bericht des
Offenbacher Vereins f. Naturkunde.
Zusatz 1. Spermophilus rufescens Keys. u. Blas.
In der Spalte I von Zuzlawitz fand ich Reste eines Spermophilus, die ich dem Ziesel
der Orenburg’schen und Kasan’schen Steppen, nämlich Sp. rufescens Keys. und Blas.
zuschreiben zu müssen glaubte (siehe meine: Diluviale Fauna von Zuzlawitz, 3. Bericht.
Sitzb. 4. К. Akad. d. Wiss., Wien, В. LXXXVIII, Oktober 1883). zus für die Certova
dira bestimmte ich Reste eines Spermophilus (s. a. у. a. O.).
Das von Nehring (Ein Spermophilus-Skelet aus dem Diluvium des ne bei
Jena (Neues Jahrb. f. Min., Geol. u. Pal., В. I, Stuttgart, 1880), anfänglich dem Sp. al- -
taicus zugeschriebene Skelet wurde nachträglich durch W. Blasius und Nehring (Zoolog.
SAUGETH!ERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 65
Anzeiger 1882, № 125) auch dem nordrussischen Steppenziesel Sp. rufescens zugeschrieben.
Darnach würden alle von Nehring anfänglich dem Sp. altaicus vindicirten Reste hieher zu
stellen sein, und zwar: aus Thiede und aus Westeregeln (Nehring: Quaternäre Faunen von
Thiede ect.), aus dem Löss von Würzburg und aus der Höhle von Pfaffenberg bei Gera.
Jos. Frid bespricht einen Sperm. altaicus Eversm.? aus der Ziegelei Juraska bei Prag,
der wohl hieher gehört.
Zusatz 2. Spermophilus erythrogenoides Falconer.
Falconer: Note on the occurrence of Spermophilus in the cave Fauna of England.
Wie die Bezeichnung aussagt, sollen die Reste dieses Thieres dem westsibirischen Sp.
erythrogenys Brandt ähnlich sein. W. Blasius (Zoologischer Anzeiger 1882, № 125) meint,
dass die von Falconer abgebildeten Schädel dem Sperm. rufescens angehören dürften.
Nehring berichtet, dass diese Reste vom Sp. rufescens kaum zu unterscheiden sind (siehe
Spermophilus-Skelet etc.). W.
Zusatz 3. Г.Е. Brandt unterscheidet in seinen «Observations sur les différentes espèces
de Sousliks de Russie etc.» (Bull. а. l’Acad. Imp. des scien. de St. Pétersbourg. T. П, № 23
u. 24, 1843) die nachstehenden lebenden Zieselarten:
Spermophilus citillus Blas. und Keys., in Böhmen, Schlesien, N. Oesterreich, Ungarn und
Polen.
— guttatus Temm., von Kiew bis Bessarabien und bis zum westlichen Ufer der
Wolga,
— musicus Ménétr., vom Asowschen Meere bis zum südlichen Kaukasus.
— rufescens Blas. und Keys., vom 49° u. 50° bis zum 56° п. Br. in den Steppen
von Kasan und Orenburg.
— fulvus Blas. und Keys., vom 49° u. 50° und vom Uralfluss bis zu den Gebirgen
von Mugosarsk. |
— mugosaricus Blas. und Keys., in der Kirgisensteppe und den Gebirgen von
Mugosarsk.
— erythrogenys Brandt, im Altai.
— brevicauda Brandt, im Altai.
— Eversmanni Brandt (Arctomys altaicus Eversm.), im Altai.
— Parryi Richards, in Kamtschatka und den russischen Kolonien Amerikas;
ferner fünf zweifelhafte Arten und neun Arten Amerikas. Dazu kommt noch Sp. punctatus
Ménétries im Charkowschen Gouvernement. Mit Rücksicht auf diesen Formenreichthum und
auf die schwierigen osteologischen Unterschiede, so wie auf den Umstand, dass die west-
sibirischen Ziesel noch nicht genau bekannt sind, wird wohl eine Revision der in Europa ge-
fundenen fossilen Reste an der Hand von recenten Skeleten obiger Formen nothwendig
sein. NW:
Mémoires de l’Acad. Пир. des sciences УПше Série. 9
66 J. N. WozDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
Myoxina.
Myoxus glis L.
(Myoxus priscus Schmerling, Myoxus fossilis Giebel, М. vulgaris Pictet.)
Gervais: Paléont., р. 36, 2001. et Pal. gén., р. 104; Pictet: Pal. I, р. 238, IV, р. 705; Giebel: Fauna.
Schmerling fand Reste dieses Thieres in Belgien mit Æephas, Rhinoceros, Hyaena,
Leo u. $. w.— Gervais (Zool. et pal&ont fr., 2. éd., Seite 36) spricht von Knochen dieser
Art, welche in der Umgegend von Montpellier entdeckt wurden. In Russland hat man noch
keine Reste eines echten Myoxus bisher wahrgenommen, denn die von Fischer und Eich-
wald einem Myoxus fossilis zugeschriebenen, in den altaischen Höhlen gefundenen gehören,
wie ich in meinen Untersuchungen über die Reste derselben unter Spec. 25 nachwies, dem
Myospalax Laxmannii an.
Zusatz. Dieses Thier fand ich in der Spalte II von Zuzlawitz (5. а. у. a. O.). Aus der
Certova dira in Mähren bestimmte ich Myoxus wahrscheinlich glis Blas. (Beitr. zur diluv.
Fauna mähr. Höhlen, а. у. a. 0.). Maëka berichtet aus der Sipkahöhle in Mähren über
einige Reste (?) (s. а. у. а. 0.). Nehring bestimmte Reste aus dem Zwergloch, aus der
Hirschhöhle, aus der Elisabethhöhle und aus den Höhlen von Ojcow (Uebersicht ect.), aus
O. Ruszin (Dr. Roth’s Ausgrabungen ect.), Fraas aus dem Hohlefels (s. a. у. a. O.),
Liebe aus der Vypustekhöhle (5. a. у. a. O.). W.
Myoxus nitela Schreb.
Gervais: Paleont., р. 37.
(4
Von Portugal (Barbosa) durch Frankreich und die Schweiz bis Polen verbreitet. Aus
Sibirien können wir überhaupt nach Maassgabe der bisher bekannten Verbreitung der My-
охеп kaum Reste derselben erwarten, denn, obgleich eine Art (Myoxus elegans) in Japan
vorkommt, so hat man dieselben bisher weder in Sibirien, noch im Amurlande lebend ange-
troffen. Das östliche Verbreitungsgebiet der Myoxen in Russland bilden nämlich die Wälder
der Wolgagebiete, namentlich die des Kasanschen, Simbirskischen und Astrachanischen
Gouvernements, in welchen zeither indessen nur Myoxus glis und dryas gefunden wurden.
Als südlichstes Verbreitungsgebiet, worin man meist nur die beiden genannten Arten, jedoch
theilweise auch nach Eichwald M. nitela sah, kennt man Transkaukasien. Westlich vom
Wolgabecken in den Ostseeprovinzen und im mittleren und südlichen Russland gesellt sich
zu den genannten drei Arten Myoxus avellanarius, während Myoxus dryas nach Blasius in
Schlesien und dem Erzherzogthum Oesterreich die westlichste Grenze seiner Verbreitung
besitzt. Eichwald (Leth. III, Seite 385) erwähnt unter der Aufschrift, Esp. 31. Myoxus
priscus Schmerl., Fisch., die aus vier vierwurzeligen und vier zugespitzte Kronenhöcker
AR REP AE BA EE UOTE DER ME
+ г v
SÂUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 67
bildenden Backenzähnen beider Kiefer bestehenden Reste eines nach ihm von Myoxus glis
wenig abweichenden Nagers, welche in der Kirgisensteppe unweit Buchara gefunden wurden.
Dass in der Steppe in einer marne argileuse bei Buchara Reste eines Myoxus (also die
eines Waldbewohners) mit denen eines Dipus gefunden worden sein sollten, dürfte nicht zu-
lässig erscheinen. Die Myoxen gehören den mittleren und südlichen Breiten Europas,
Afrikas und Asiens an. Nach Gervais (a. a. O., Seite 37) sind in mehreren pleistocenen
Schichten Frankreichs Reste dieser Art gefunden worden. Schliesslich dürfte wohl auch noch
die Bemerkung Platz zu greifen haben, dass nach Maassgabe des oben angegebenen Ver-
breitungsgebietes der Myoxen in Russland weder diese, noch andere Arten derselben zu
denjenigen Thieren gehörten, welche als von Osten herkommende Einwanderer in Europa
zur Diluvialzeit sich ansiedelten, so dass man wohl eher meinen könnte, sie hätten sich vom
Süden Europas, vielleicht auch theilweise vom Westen Nordafrikas her, als Reste der vor-
diluvialen Tertiärzeit, nach Ablauf oder gegen Ende der Eiszeit nach Norden verbreitet.
Zusatz 1. Ich beschrieb Reste dieses Thieres unter der Bezeichnung Myoxus quercinus
Blas. aus der diluvialen Waldzeit von Zuzlawitz, Spalte II, also aus dem Ende des Diluviums.
Es scheint in der That, dass die Myoxen Ende des Diluviums aus dem Süden kamen, wohin
sie sich jetzt aus dem Böhmerwalde würden zurückgezogen haben.
Zusatz 2. Muscardinus avellanarius Blas.
Nehring berichtet über Reste aus dem Zwergloch (Uebersicht ect.). W.
Murina.
a Rhizodontes.
Mus rattus L.
Pictet: Pal. Т., р. 247, IV, р. 705; Giebel: Fauna.
Wenn die Annahme richtig ist, dass die Hausratte erst in historischer Zeit in Europa
(in Frankreich, wie es heisst, erst im 16. oder 17. Jahrhundert) eingewandert und viel-
leicht aus Asien gekommen sei, wie dies notorisch sicher erst von dem zu Ende des vorigen
Jahrhunderts (Pallas 1727) aus Kaukasien nachgekommenen Mus decumanus gilt, so kann
man wohl keine wahren diluvialen Rattenreste in Europa erwarten. Dessenungeachtet führt
Eichwald (Leth. ross., Seite 386) ohne Beleg Rattenreste an, die sich bei Odessa in
einem Jüngeren tertiären Thon gefunden haben sollten, und spricht sogar deshalb die Meinung
aus, die Ratte habe schon in vorhistorischen Zeiten in Europa gelebt. In Nordmann’s
Palaeontologie ist übrigens von keinen Rattenresten die Rede. Schmerling (Recherches)
führt Reste von Mus rattus? aus den Höhlen Belgiens an. Cornalia (Pal&ont. Lombarde,
9*
68 J.N. WozDRiCH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
Mammif. I, Seite 38) beschreibt die in der Lombardei gefundenen sehr genau. Pictet (Soc,
de Phys. XI, 1846) entdeckte Reste im geschichteten Sandstein bei Genf. Unter den Knochen
der Meklenburger Pfahlbauten will man auch solche gefunden haben, die auf’s Genaueste mit
denen der schwarzen Ratte übereinstimmen, Dieselbe würde also, wenn dies richtig ist, schon
in sehr alten Zeiten in Deutschland (vor dem 13., oder nach einer Handschrift vor dem 9.
Jahrhundert) heimisch gewesen sein (siehe Otto Ule: Die Natur 1875. Neue Folge. № 2,
S. 11). Altum (Faunad. Münsterlandes, S. 108) glaubt aus dem Umstande, dass man unter
den Resten der Meklenburger Pfahlbauten auch die der Ratte in grosser Zahl gefunden, den
Schluss ziehen zu können, dieselbe habe ursprünglich in Deutschland gelebt. Linne und
Pallas leiteten wie Luc. Bonaparte Mus rattus aus Nordamerika her, weil man sie 1544
daselbst zuerst bemerkt haben will Zu Mus rattus zieht Fatio (Faune Suisse, Seite 197)
Mus alexandrinus Geoffr., tectorum Savi und leucogaster Pictet. Ist dies richtig, so Könnte
Mus rattus aus Afrika gekommen sein.
Zusatz. In der Spalte II von Zuzlawitz fand ich Reste einer Ratte, die ich unter der
Bezeichnung Mus rattus fossilis Cornalia beschrieb (diluv. Fauna von Zuzlawitz, 3. Bericht.
Sitzb. d. К. Akad. d. Wiss. Wien, В. LXXXVIII, Oktober 1883, р. 1025). Zahneigen-.
thümlichkeiten dieser Reste lassen die Möglichkeit annehmen, dass diese diluviale Ratte von
Zuzlawitz, welche auch anderwärts in Europa gelebt haben mochte, der Stammvater von
Mus raltus, Mus decumanus und Mus alexandrinus sein könnte, die sich erst nach Ab-
schluss des Diluviums aus ihr differenzirt haben mochten. W.
Mus musculus L.
Mus hortulanus у. Nordmann.
Owen: Brit. №033. Mamm.; Dawk. a. Sandf.: Palaeontogr. ХУШ, р. 36; Pictet: Pal.I, p.247; Jeitteles:
Prodr. Faun. Hung., Seite 81—21; Kessler: Bullet. 4. natur. 4. Мозе. 1858.
Bereits Schmerling glaubt Reste dieser Maus in den belgischen Höhlen gefunden zu
haben. Buckland und Owen (Brit. foss. mamm.) berichten von in England entdeckten,
Cornalia (Paléontologie Lombarde I, Seite 40) bespricht in den Höhlen der Lombardei
vorgekommene Knochen der Hausmaus. Nach Hensel (Zeitsch. der deutsch. geolog. Ge-
sellsch., Band VIII, Seite 289), der Schmerling’s Fund nicht erwähnt, wäre die Deutung
der in England gefundenen Reste als die der Hausmaus angehörige noch ungewiss, während
Forsyth Major (Atti d. 1. soc. Ital., Т. XV, Seite 388) geneigt ist, dieselben der Mus
sylvaticus zu vindieiren. Da indessen Mus musculus ein uralter Begleiter des Menschen ist,
und der letztere nachweislich mindestens schon zur Diluvialzeit, ja vermuthlich
noch früher, in Europa existirte, so darf man wohl an die keineswegs unwahrscheinliche
Existenz von Resten derselben im Diluvium Europas denken, wenn auch die bei Giebel
(Fauna, Seite 90) unter Mus musculus fossilis stehenden Citate theilweise nicht auf sie zu
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 69
beziehen wären. Einige Bemerkungen über die Verbreitung der Hausmaus in Russland
habe ich in Hofmann’s Reise im nördlichen Ural, Bd. II, Zoolog. Anhang, 5. 32)
geliefert.
Zusatz. E. T. Newton führt die von Owen aus dem präglacialen Forest Bed ange-
zeigte Hausmaus nicht mehr an, dafür aber in seiner rectifieirten Liste die Mus sylvaticus
L. (Notes on the Vertebrata of the preglacial Forest Bed ect; Geolog. Mag. Dec. II, Vol.
VIII, № 5, London 1881).
Es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass die Hausmaus bereits den diluvialen Menschen
begleitete, in seiner Höhle, Lehmgrube oder dem Felsvorsprung wird sie schwerlich neben
ihm Unterkunft gefunden haben. W.
Mus sylvaticus L.
Gervais: Paléont., р. 43, Zool. et Pal. gén., р. 104; Rütim.: Pfahlb., р. 24.
Hensel bemerkt zwar а. у. a. O., р. 289: Der Nachweis von Resten dieser Art sei
noch unsicher. Da indessen Rütimeyer (Fauna, p. 24) unter den, allerdings wohl postdilu-
vialen, Resten der Pfahlbauten ein Schädelfragment nebst einer Tibia der Mus sylvaticus
nachwies, da ferner auch Gervais (Zool. et pal. fr., 2. 64., р. 43), so wie Lortet et Chantre
(Archives d. Mus. de Lyon I, p. 43) in Frankreich gefundener Reste und Gervais auch in
Corsica (Zool. et Pal. fr. 1.6d., р. 24) dieser von Nordasien und den Kaukasusländern nicht
nur über Europa verbreiteten, sondern auch in Algerien vorhandenen Art erwähnen, die
mit solchen Thieren lebt, welche ganz entschieden zur Diluvialzeit Europa bewohnten,
so darf man jedoch nach Hensel wohl nicht in allen der genannten Fälle als sicher anneh-
men, man habe diluviale Reste derselben nicht entdeckt. Ihre Verbreitung in Russland
wurde von mir im zoologischen Anhange zu Hofmann’s Reise im nördlichen Ural, Band П,
Seite 33 erläutert.
Ausser den Knochen, welche den besprochenen Mäusearten, wenigstens mit mehr oder
weniger grosser Wahrscheinlichkeit angehörten, hat man noch andere gefunden, die auf noch
unsichere Arten sich beziehen und wenigstens theilweise vielleicht lebenden zugeschrieben
werden könnten (Pictet: Paléont., 2.6d., I, Seite 246— 24). Die Zukunft wird übrigens, wie |
man hoffen darf, auch wohl sicher bestimmte Reste anderer Europa mit Asien gemeinsamer
Arten, so namentlich die von Mus agrarius und minutus liefern. Auch meinte schon Giebel
(Fauna, Seite 91), die bisher gefundenen an den Fragmenten bemerkten Unterschiede sprächen
für die Existenz dreier Arten, die aber der näheren Bestätigung bedürften.
Zusatz. Mus sylvaticus kam auch in der II. Spalte von Zuzlawitz vor (s. а. у. a. O.).
Nehring führt Reste an aus den Höhlen bei Ojeow und aus der Balver-Höhle (Uebersicht ect.)
aus О. Ruszin (Dr. Roth’s Ausgrabungen ect.), Dupont aus Trou du Sureau (s. a. у. a. O.).
W.
70 J. N. WoLDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
Mus orthodon Hensel.
Unter diesem Namen führt Hensel (Beitr. z. Kenntn. foss. Säugeth. Zeitschr. d. deutsch.
geol. Gesellsch. VIII, 1856, р. 286, Taf. XIII, Fig. 6—10) auf Grundlage von bereits von Вад.
Wagner(Abhdl.d. München. Akad. X, 1832) beschriebenen Ueberresten aus der Breccie von
Cagliari eine neue fossile Mäuseart auf, deren Zähne von denen der Ratten und Mäuse sich
dadurch unterscheiden sollen, dass ihre Höcker fast senkrecht stehen und dass die Höcker
einer jeden Querreihe noch weniger isolirt als bei den Ratten sein dürften, so dass die neue
Art einen dritten, zwischen den Ratten und Mäusen stehenden Typus der Gattung Mus
bietet. Von den Zähnen des Mus sylvaticus soll übrigens die neue Art fast generisch ab-
weichen
‚ Zusatz 1. Siehe auch Forsyth Major: Die Thyrrhenis, Kosmos, VII, 1883.
Zusatz 2. Sminthus vagus Blas.
Nehring berichtet über fragliche Reste aus Nussdorf bei Wien (Jahrbuch d. kk. geolog.
Reichsanst., Wien, 29. B., 1879), ferner aus der Dobschaner-Höhle im Gömörer-Comit. (Dr.
Roth’s Ausgrabungen in oberungarischen Höhlen. Zeitschr. f. Ethnologie. Berlin 1881).
W.
Cricetus vulgaris L.
Cricetus vulgaris fossilis Kaup.; Cricetus frumentarius Pall.
Gervais: Pal. р. 43, Zool. et Pal gén., р. 104; Pictet: Pal. I, p. 240, IV, р. 705.
Reste des früher weiter nach Westen als bis Mittel- und Ostdeutschland, so wie hie
und da in Belgien (Provinz Lüttich, bei Venlo, Selys-Long. Fauna), dann bei Aachen
(Schäfer: Moselfauna, Seite 37), in der Wetterau (Jäger: Säugethiere d. Wetterau, Seite
58), vermuthlich von Russland her verbreiteten Hamsters sind nicht nur in Deutschland, wo
er theilweise noch in Menge vorkommt, sondern in Belgien, sodann in den Knochenbreccien von
Montmorency bei Paris, ja selbst in Italien (Forsyth Major: Attid.1.soc. Ital., Т. ХУ, VI,
Seite 389) entdeckt worden, wo bereits 1847 H. v. Meyer Reste desselben beobachtete, die
aus einer bei Verona entdeckten Höhle stammten. v. Helmersen fand deren bei Jekate-
rinograd in Russland. In den altaischen Höhlen sind Knochen des in Sibirien sehr verbrei-
teten Hamsters häufig (Brandt, a. a. O., Spec. 22). Das Fehlen desselben, ebenso wie das
seiner Reste in England, Skandinavien und der Schweiz dürfte, falls auch künftig dort keine
entdeckt werden, auf eine beschränkte Einwanderung in Europa hindeuten. Die Einwanderung
des Hamsters, der in Europa sich bekanntlich auf Getreidefeldern findet, könnte vielleicht
überhaupt durch von Osten nach Westen ziehende, Ackerbau treibende Völker vermittelt
worden sein. Die Verbreitung desselben in Russland habe ich in Hofmann’s Reise im nörd-
lichen Ural, Band II, Zoologischer Anhang, Seite 40 besprochen.
`` ENS
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN, zeit
Zusatz. Zahlreiche Hamsterreste aus Zuzlawitz, Spalte I. beschrieb ich als Cricetus fru-
mentarius Pall. Schädel und Unterkiefer erreichen die Grösse unseres Hamsters, so wie die
` des von J. Е. Brandt in den Mélanges biologiques, 15. Dec. 1854, auf Taf. IT abgebildeten
Schädels. Aus der Vypustekhöhle, so wie aus der Certova dira in Mähren bestimmte ich um
gut ein Drittel grössere Schädelreste; in letzterer Höhle konstatirte Ma$ka bereits vor mir
das Vorkommen des «Hamsters». Mehrere Reste bestimmte ich aus den Höhlen von Maikow
bei Krakau für Herrn G. Ossowski. Giebel berichtet über Reste aus dem Sudmerberg bei
Goslar (Jahresb, 4. naturw. Ver. Halle 1851), Nehring aus der Hirsch-Höhle, vom Berge
Novy, aus den Fuchslöchern, aus der Wildscheuer und aus dem Löss von Würzburg
(Uebersicht etc.), aus О. Ruszin (Dr. Roth’s Ausgrabungen ect.), A. Ecker aus Langen-
brunn (5. a. у. а. O.), Liebe aus der Vypustek-Höhle (3. а. v. a. O.), Szombathy aus der
Höhle Diravica in Mähren (s. a. v. a. O.). W.
Zusatz. Cricelus phaeus Pall.
Mehrere Kiefer- und Schädelfragmente eines kleinen Hamsters aus der Spalte I von
Zuzlawitz habe ich dem osteuropäischen Steppenhamster anzureihen für gut befunden (s. a.
у. a. O., 3. Bericht); doch scheint mir heute die Kleinheit der Kiefer mehr für den sibiri-
schen Cricetus songarus Pall. in den sandigen Steppen am Irtisch zu sprechen.
Nehring schreibt dem Cricetus phaeus Reste zu aus О. Ruszin bei Kaschau in Ungarn
und aus Saalfeld (Ueber Dr. Roth’s Ausgrabungen in oberung. Höhlen. Zeitsch. f. Ethnol.
1881). W.
b. Prismatodontes.
Arvicola amphibius Lacep. L.
Hypudaeus spelacus Münst.
Owen: Brit. foss. Mamm.; Dawk. a. Sandf.: Pal. Soc. ХУШ, р. 36; Pictet: Pal. I, p. 249, IV, р. 705.
So schwer es auch ist, die Reste der Arvicolen sicher zu bestimmen, da genau ge-
nommen selbst die Bezeichnung der lebenden Arten keineswegs unantastbar fest steht, so
kann man doch mit Hensel, der die fossilen Reste der Arvicolen in der Zeitschrift der
deutschen geologischen Gesellschaft, Bd. VII, p. 462, einer kritischen Revision unterwarf,
das Vorkommen der Reste des Arvicola amphibius mit Sicherheit auf Frankreich (Gervais),
England (Buckland, Owen, Cuvier, Rech., 4. &d., T. VIII, P. 1, p. 105), Belgien (Schmer-
ling), Deutschland (Jäger) ausdehnen, ja den genannten Ländern auch Sibirien, nament-
lich nach meinen Untersuchungen (Sp. 17) die altaischen Höhlen hinzufügen. Ueberhaupt
erscheint Arvicola amphibius als ein von Nordasien an über Europa verbreitetes lebendes
72 J. N. WoLDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
Thier, welches schon der Diluvialfauna Europas angehörte. Seine Verbreitung habe ich
namentlich speziell in Bezug auf Russland im Anhange zu Hofmann’s Reise zum Nördlichen
Ural, Bd. I, S. 36 erörtert.
Zusatz. In Zuzlawitz kam dieses Thier in der Spalte I vor (3. a. У. a. O.); ferner in der
Sipka-Höhle in Mähren (s. meine «Diluviale Arvicolen aus den Stramberger Höhlen». Sitzb. .
4. К. Akad. d. Wiss. Wien В. ХС, Dec. 1884, sowie meine «Diluvialni hrabosi z jeskyn
moravskych». Sitzb. 4. Кбп. böhm. Ges. 4. Wiss. Prag 1884). Auch für die Certova dira in
Mähren bestimmte ich diese Wühlmaus (Beiträge z. diluv. Fauna mähr. Höhlen. Verh. 4.
ЕК. geol. Reichsanst. Wien 188, №15); ferner aus der Höhle Na Wrzozach u Rybnej in Polen
für Herrn God. Ossowski. Nehring berichtet über Reste aus Thiede und aus Westeregeln
(Quatern. Faun. v. Th. ect.), aus dem Zwergloch, aus der Hirschhöhle, aus den Höhlen bei
Ojcow, vom Berge № уу ect. (Uebersicht ect.), aus О. Ruszin (Dr. Roth’s Ausgrabungen ect.),
Liebe aus der Vypustek-Höhle ($. a. v. a. O.); überhaupt kommt dieses Thier an den meisten
diluvialen Stationen vor. E. T. Newton führt fragliche Reste aus dem präglacialen Forest
Bed an ($. а. у. a. О., Vol. VIII, 1881), ausserdem eine neue Art: Arv. intermedia N ewt.,
die zwischen A. amphibius und Arv. glareolus steht. W.
Arvicola glareolus Blasius.
Arvicola pratensis Bell. Ow. brit. foss. mamm.
Hensel (a. a. O., р. 483) hat umständlich gezeigt, dass unter der für England von
Owen im fossilen Zustande nachgewiesenen Arvicola pratensis die schon von Schreber als
glareolus bezeichnete Art gemeint sei, also dieselbe, welche noch gegenwärtig in England,
Frankreich, der Schweiz, Deutschland, Dänemark, Ungarn, Kroatien und der Moldau, dann
im nördlichen Russland bis zum Ural, ebenso wie in den mittlern und südlichen euro-
päischen Gouvernements desselben vorkommt, in Sibirien jedoch noch nicht nachgewie-
sen wurde, in Nordasien also zu fehlen scheint. Forsyth Major (Atti d. 1. Soc. Ital.,
T. XV, p. 389) führt in der Höhle von Levrange von ihm gefundene Reste als A. glareolus
var. Nageri an.
Zusatz. In Zuzlawitz fand ich diese Wühlmaus in der Spalte II (s. a. у. a. O.); auch
bestimmte ich dieselbe aus den beiden mährischen Höhlen bei Stramberg: Öertova dira und
Sipka, wo diese Waldwühlmäuse nur untergeordnet vertreten waren (s. m, «Diluviale Arvi-
colen ect.», a. v.a.0.). Nehring berichtet über Reste aus dem Zwergloch, aus der Hirsch-
Höhle, aus den Höhlen bei Ojcow und vom Berge Novy (Uebersicht ect.), aus О. Ruszin
(Dr. Roth’s Ausgrabungen ect.); Richter aus den Fuchslöchern (Zeitschr. d. deutsch.
geolog. Ges. 1879 u. N. Jahrb. f. Mineral. 1879); nach Nehring’s «Uebersicht ect.» kam
dieselbe auch in der Balver Höhle vor. В.Т. Newton bestimmte Reste aus dem präglacialen
Forest Bed in England (s. а. у. а. О. 1881). | У.
А РД И RS AE GS ed, AU Nat POLE рак,
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 73
Arvicola nivalis Martins.
Forsyth Major (Atti 4. 1. soc. Ital., Т. XV, Seite 389) bemerkt, die Hôble von Le-
vrange habe ihm Reste der Arvicola nivalis geliefert.
Zusatz. In Zuzlawitz kam in der Spalte I die Schneemaus normaler Form sehr zahl-
reich vor; einzelne Exemplare mahnten auch an die Varietäten Arv. leucurus Gieb. und
Arv. petrophilus Wagner (s. а. у. a. O.); auch aus der Öertova-dira- und der Sipka-Höhle
in Mähren bestimmte ich die Schneemaus (s. meine: «diluv. Arvicolen» ect. а. у. a. O.).
Nehring bestimmte Reste aus dem Zwergloch bei Pokenstein (Var. petrophilus), aus der
Hirsch- und aus der Elisabethhöhle und vom Berge Novy und einen ersten unteren Backen-
zahn als fraglich aus Zuzlawitz (Uebersicht ect.), aus О. Ruszin bei Kaschau (Dr. Roth’s
Ausgrabungen ect.). N W.
Arvicola ambiguus Hens.
Hensel: Zeitschrift d. deutschen geologischen Gesellschaft, a. a. O., Seite 469; Forsyth Major: Atti
d. 1. soc. Ital. T. XV, Seite 389.
Unter dem vorstehenden Namen hat Hensel in der Mittelmeerbreecie von Cagliari
aufgefundene Reste einer Arvicola genau beschrieben und abgebildet (Tafel XXV, Fig. 3,
8, 9). Nach Hensel ist sie hinsichtlich des Gebisses einer ‚Arvicola obscurus am meisten
ähnlich. Forsyth Major (Atti 4. 1. soc. Ital.) bemerkt dazu, Arvicola ambiguus gehöre zu
derselben Gruppe, wie À. nivalis und könne wohl mit einer der nordischen Arten identisch
sein. Da indessen Hensel die Art für eine ausgestorbene hält, aber das Alter der Mittel-
meerbreccie wenigstens theilweise ein diluviales sein möchte, so dürfte die Art hier nicht
übergangen werden können.
Zusatz. In der Sipka-Höhle habe ich eine kleine ambiguus ähnliche Form konstatirt
($. meine: «dil. Arv.» ect. wie a. у. а. O.). W.
Arvicola saxatilis Pall.
Unter den aus den altaischen Höhlen stammenden Resten fand ich den Schnauzentheil
eines Schädels nebst einer Unterkieferhälfte dieser in Sibirien nicht seltenen, in meinen
Untersuchungen als Spec. 24. aufgeführten, Art.
Zusatz. Aus der Sipka-Höhle habe ich eine Form bestimmt, die sich an Aro. saxatilis
anschliesst (s. a. v. a. O.). W.
Arvicola agrestis L.
Owen: Brit. foss. mamm.; Dawk. а. Sandf.: Pal. Soc. XVII, р. 36.
Im Torfe, welcher die zu Leffe entdeckten Stosszähne von Ælephas meridionalis um-
gab, fand Cornalia (Paléontologie Lombarde Mammif., Seite 41) Fragmente des Unterkiefers
Mémoires de l'Acad. Imp. des sciences УПше Série. 10
74 J. N. WoLDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
nebst einem Zahne einer Arvicola, die er einer Arvicola agrestis zuschrieb, indem er Owen's
Arvicola agrestis (British. foss. mamm., Seite 205) als Synonym hinzuzieht.
Zusatz. Ich fand Reste in Zuzlawitz, Spalte I (diluv. Fauna v. Zuzlawitz etc.) in der
Öertova-dira- und in der Sipka-Höhle in Mähren (Diluviale Arvicolen eet.). Nehring be-
stimmte Reste aus dem Zwergloch, aus der Elisabethhöhle, aus den Höhlen bei Ojcow und
vom Berge Novy (Uebersicht ect.); aus О. Ruszin (Dr. Roth’s Ausgrabungen ect.); Fraas
aus dem Hohlefels (s. a. у. а. 0.) und Dupont aus Trou du Sureau (s. à. à. 0.). G. Laube
bestimmte Reste aus der Ziegelei Kotlaïka bei Prag [Ueber Spuren des Menschen aus der
Quartärzeit bei Prag (Lotos N. F., B. III, 1882)]. E. T. Newton führt Reste an aus dem
präglaciaien Forest Bed ($. a. у. а. О., 1881). Was die anderen seither als fossil meist nach
unvollständigen Stücken aufgestellten Arten anbelangt, so verweise ich auf Hensel’s Unter-
suchungen. Als solche fragliche Formen sind zu nennen: Arvicola Bucklandi Giebel (Fauna),
Gervais (Pal., p. 41); Arvicola spelaeus (antiquus) Giebel (Fauna), Gervais (Pal., p. 40);
Arvicola brecciensis Gervais (Pal., 41); Arvicola robustus Gervais (Pal., p. 41). W.
Zusatz 1. Arvicola arvalis Blasius.
2 Arvicola pratensis Dawk., Sandf., Arvicola terrestris Pictet.
Pictet: Pal. I, p. 249; IV, p. 705; Dawk. a. Sandf.: Palaeontogr. Soc. XVIII, p. 36.
Ich fand diese Form in Zuzlawitz, Spalte I und bestimmte sie auch aus der Sipka-
Höhle in Mähren (s. a. v. a. O). Nehring bestimmte dieselbe aus Westeregeln, aus der
Eiisabethhöhle, vom Berge Novy, in den Molassespalten bei Baltringen, in der Wildscheuer,
und in den Dolomitspalten bei Steeten an der Lahn (Uebersicht ect.), aus О. Ruszin (Dr.
Roth’s Ausgrabungen ect.); Sandberger aus dem Löss von Würzburg (s. а. у. a. 0.) und
Richter in den Fuchslöchern (s. а. у. а. O.). G. Laube bestimmte Reste aus der Kotlarka
bei Prag (3. а. У. a. O.). Е. T. Newton führt Reste an aus dem präglacialen Forest Bed
(s. а. У. a. O.), Struckmann aus der Einhornhöhle (s. a. у. а, O.). W.
Zusatz 2. | Arvicola ratticeps Keys. u. Blas.
Peters bestimmte Reste aus dem Löss von Nussdorf bei Wien (Verh. 4. К. К. geolog.
Reichsanst., Wien, 1863, p. 118). Ich bestimmte dieses Thier aus der Spalte I von
Zuzlawitz (Diluv. Fauna v. Zuzlawitz), aus der Öertova-dira-Höhle, untergeordnet, und aus
der Sipka-Höhle, vorherrschend (Diluv. Arvicolen ect.). Nehring bestimmte Reste aus dem
Diluvium von Thiede und von Westeregeln (Quarternäre Faunen ect.), aus der Hirsch- und
Elisabethhöhle, vom Berge Novy, aus Baltringen, aus dem Löss von Würzburg, aus der
Wildscheuer und aus den Dolomitspalten von Steeten (Uebersicht ect.), aus O. Ruszin (Dr.
Roth’s Ausgrabungen ect.); Richter aus den Fuchslöchern (s. a. v. a. O.). Diese Form ist
übrigens sehr verbreitet, sie kam auch vor in Montmorency bei Paris, in Dinant sur Meuse
in Belgien, in der Kent-Höhle, in Brixham und Bleadon in England. W.
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 75
Zusatz 3. Arvicola gregalis Desmar.
Ich fand zahlreiche Reste in der Spalte I von Zuzlawitz (s. а. у. a. 0.) und bestimmte
solche aus der Öertova-dira-Höhle in Mähren, vorherrschend, aus der Sipka-Höhle, unter-
geordnet (Diluviale Arvicolen ect.). Nehring bestimmte Reste aus Thiede und aus Wester-
egeln (Quaternäre Faunen ect.), vom Sudmerberg bei Goslar, aus der Lindenthaler Hyänen-
höhle bei Gera, aus der Hirsch- und Elisabethhöhle, vom Berge Novy, einen von mir als
zu gross bezeichneten Unterkiefer aus Zuzlawitz, aus Baltringen, aus dem Löss von Würz-
burg, aus der Wildscheuer und aus den Dolomitspalten bei Steeten (Uebersicht ect.), aus
О. Ruszin (Dr. Roth’s Ausgrabungen ect.); Richter aus den Fuchslöchern (3. а. у. а. O).
Ausserdem bestimmte ich aus Zuzlawitz, Spalte I Arvicola campestris Blas.? u. Aro.
subterraneus De Selys? (Diluv. Fauna von Zuzlawitz ete.). У.
Myodes Lemmus Pallas.
Паук. а. Sandf.: Pal. Soc. XVII, р. 37.
Hensel (Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft, Band VII, Seite 486)
fand im Berliner Mineralogischen Museum zwei aus dem Diluvium von Quedlinburg stam-
mende Schädelfragmente, welche er als der genannten Art angehörige umständlich nach-
. wies. Aus seinem Nachweise geht deutlich hervor, dass auch diese jetzt auf den Norden
Europa’s beschränkte, in Nordasien weder lebend, noch fossil aufgefundene Art zur Dilu-
vialzeit mindestens bis Deutschland, vermuthlich aber, wie die ihr folgende Art Canis lago-
pus (ihr Verfolger), noch weiter nach Westen und vielleicht auch Süden verbreitet war.
Uebrigens möchte zu erwarten stehen, man werde in Deutschland und anderswo auch Reste
des dem Myodes lemmus näher als dem Myodes torquatus stehenden Myodes obensis entdecken.
Ueber die geographische Verbreitung dieser, sowie der folgenden Art, siehe meine Mit-
theilungen in Hofmann’s Reise nach dem nördl. Ural, В. II, Zoolog. Anhang, В. 39 ff.
Zusatz. Aus der Spalte I von Zuzlawitz bestimmte ich Reste des gem. Lemmings (s. a.
у. a. O.). In der Certova-dira in Mähren vermuthete zunächst Maëka brieflich das Vorkom-
men eines «Lemmings»; ich bestimmte hierauf unter den mir zugesendeten Resten den
Myodes lemmus Pall. und den Myodes torquatus Pall. (Beiträge zur diluv. Fauna mähri-
scher Höhlen) und weiter auch viele Reste aus der Sipka-Höhle (Diluviale Arvicolen ect.).
Auf Grundlage meiner ersten Bestimmungen schied dann MaSka selbst Reste beider Arten
aus seinen Funden aus. Nehring bestimmte Myodes lemmus (var. obensis) aus Thiede und
aus Westeregeln (Quatern. Faunen ect.), aus der Hirschhöhle, aus den Höhlen bei Ojcow,
vom Berge Novy, aus der Wildscheuer und aus den Dolomitspalten von Steeten (Ueber-
sicht ect.); Liebe aus der Lindenthaler Hyänenhöhle (s. a. у. a. O.); Richter aus den
Fuchslöchern (s. a. у. ©. a.); Dupont aus Trou du Sureau (s. а. у. а. O.). Nach Nehring
kamen auch Reste in der Вауег-НбШе vor (Uebersicht ect.). Wie
10*
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18 De AT аа FPS TONER \
76 J. N. WOLDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
Myodes torquatus Pall.
Misothermus torquatus Hens.
Bereits Hensel (Zeitschr. d. deutsch. geol. Gesellsch., Bd. VII, 1855, p. 493, Taf.
XXV, Fig. 12—14) beschrieb ein Schädelfragment dieses jetzt nur den Hochnorden Asiens
und Amerika’s bewohnenden, im letzteren Welttheil südwärts bis Unalaschka verbreiteten
Thierchens. Das erwähnte Schädelfragment hatte man mit Resten von Felis spelaea, Camis
lupus, Hyaena spelaea, Lepus, Hypudaeus, Sciurus, Equus, Bos, Cervus, Rhinoceros ticho-
rhinus und Ælephas primigenius (nach Giebel, Jahresb. 4. naturw. Vereins zu Halle, Jahr-
gang Ш), im Diluvium vom Seveckenberg, unweit Quedlinburg entdeckt. Später hat Sand-
ford (Quart. Journ. geol. Soc., Vol. XXVI, 1870, p. 125) ein Oberkieferfragment aus
den Sommerset-Höhlen beschrieben und Pl. VIII, Fig. 4 abgebildet, auch sollen nach For-
syth Major (Atti della soc. Ital. d. sc. nat., T. XV, 1872, p. 125) fünf ebenfalls in den
Sommerset-Höhlen gefundene Unterkiefer eines Nagers, den Sandford als Arvicola Gui-
lelmi bezeichnet, einem grössern Exemplar des Myodes torquatus angehören. Forsyth Ma-
jor selbst hat übrigens (s. a. а. O., р. 111—129) sehr ausführlich einen durch Abbil-
dung erläuterten Unterkiefer besprochen, welchen er an einem Oberarm des Ursus spelaeus
fand, der aus der von Fraas geschilderten Höhle von Hohenstein (bei Ulm) herstammt,
worin er mit Knochen vom Mamuth, vom Pferd, Ochsen, Renthieren und Hirschen vorkam.
— Myodes seu Misothermus torquatus war also zur Diluvialzeit, wie der Moschusochse, der
Eisfuchs und das Renthier, sehr weit nach Süden verbreitet; ja seine Reste wurden, ob-
gleich sein jetziges Verbreitungsgebiet ein weit nördlicheres ist, noch südlicher als die des
Myodes Lemmus bis jetzt angetroffen.
Zusatz. Zahlreiche Reste des Halsbandlemmings (über 200 Indiv.) bestimmte ich aus
der Spalte I von Zuzlawitz (Diluv. Fauna у. Zuzlawitz), aus der Certova-dira- und aus der
Sipka-Höhle in Mähren (Diluv. Arvicolen ect.). Nehring bestimmte Reste aus Thiede und
aus Westeregeln (Quatern. Fauna v. Thiede ect.), vom Sudmerberg bei Goslar, in der Hirsch-
und Elisabethhöble, aus den Höhlen bei Ojcow, vom Berge Novy, drei von mir anfänglich
einer grösseren Form (— Arv. Guilelmi Sand.?) zugemutheten Stücke aus Zuzlawitz, aus
Baltringen, aus dem Löss von Würzburg, aus der Wildscheuer und aus den Dolomitspalten
von Steeten (Uebersicht ect.), aus О. Ruszin (Dr. Roth’s Ausgrabungen ect.); Liebe aus
der Lindenthaler Hyänenhöhle bei Gera (s. a. у. a. O.); Richter aus den Fuchslöchern bei
Saalfeld (s. a. а. O.); auch in der Balver-Höhle kommen Reste vor. W.
Zusätze. Arvicolinae.
Aus dieser Familie lag mir vor einigen Jahren wohl das reichste, in dieser Menge
früher kaum für möglich gehaltene, fossile Material zur Bestimmung vor; es waren dies
zunächst die massenhaften Reste aus Zuzlawitz im Böhmerwalde Spalte I; noch zahlreicher
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 77
waren die Reste, und zwar an 9000 Stück Unterkieferhälften und an 270 Stück fragmenta-
rischer Schädel, aus zwei mährischen Höhlen bei Stramberg, nämlich aus der Certova-dira
und aus der Sipka. Dieses letztere so reiche Material kleiner Reste ist der fleissigen Durch-
forschung dieser Höhlen durch Herrn Prof. К. Maska in Neutitschein zu danken, der mich
um die Bestimmung derselben ersuchte. Die beiden Höhlen lieferten überdies noch ein
reiches Material anderer diluvialer Thierreste, von denen ich die aus der Öertova-dira
stammenden, mehrere Kisten füllenden Reste mit einigen Ausnahmen selbst bestimmte.
Auf Grundlage dieser meiner Bestimmungen unternahm dann Herr Prof. К. MaSka die
Ausscheidung der Reste aus der Sipka-Höhle und sandte mir nur die schwierigeren oder
ihm zweifelhaft scheinenden Formen ein, so dass die Bestimmung der Reste dieser Höhle
gemeinschaftlich erfolgte. Die Arvicolen übernahm ich auch hier allein. Die Resultate mei-
ner Untersuchungen sind vorwiegend enthalten in meinen nachstehenden Arbeiten: «Bei-
träge zur diluv. Fauna der mährischen Höhlen», Verhandl. 4. К. К. geolog. Reichsanst.,
Wien, 1880, № 15, 1881, № 8, 1881, N 16; «Diluviale Arvicolen aus den Stramberger
Höhlen in Mähren», Sitzb. d. kais. Akad. d. Wiss., Wien, 1884, Dezember-Heft; «Dilu-
vialni hraboSi 2 jeskyn moravskych», Königl. böhm. Gesellschaft der Wiss., Sitzb., Prag,
1864; «Diluviale Fauna der Stramberger Höhlen in Mähren», Verhandlg. d. k. k. geolog.
Reichsanst., Wien, 1886.
Wegen der Wichtigkeit der Arvicolenfunde erlaube ich mir in Kürze die nachstehenden
. Resultate meiner diesbezüglichen Untersuchungen mitzutheilen.
Um nicht eine ganze Reihe neuer Namen für diese diluvialen Nager aufstellen zu müssen,
ward ich bemüssigt wegen der vielen Uebergangsformen die nachstehenden sechs Reihen
von Formen diluvialer Arvicolen zu unterscheiden.
Die erste Formenreihe enthält vierzehn Formen und beginnt mit einer Uebergangs-
form zu Arvicola ratticeps Keys. und Blas., welche dann in eine typische Form übergeht,
die ich Arv. Nehringi nannte; diese nähert sich dann Aro. saxatilis Pall., die allmählich in
Arv. nivalis Martins als Schlussglied dieser Reihe übergeht.
Die zweite Reihe zählt dreizehn Formen, beginnt mit Uebergangsformen zu Arv.
gregalis Pall., welche Form sich dann Ато. Maximoviczii Schrenck nähert und diese geht
über theils in Arv. arvalis Blas., theils in Arv. campestris Blas.
Die dritte Reihe zählt acht Formen, beginnt mit einer Uebergangsform zu Art.
campestris Blas., welche sich hierauf Arv. arvalis Blas. nähert, und diese geht in eine
eigenthümliche Form über, die ich Ато. Maskii nannte.
Die vierte Reihe umfasst vier Formen, beginnt mit Arv. ratticeps Keys., Blas. und
nähert sich Arv. ambiguus Hensel. |
Die fünfte Reihe enthält Uebergänge von Arv. ratticeps zu einer kleinen Form der
Arv. amphibius Blas.
Die sechste Reihe endlich zählt fünf Formen, beginnt mit Arv. gregalis Pall. und
endigt mit Arv. agrestis Blas.
78 J.N. WoLDRICH, DILUVIALE RUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
Höhle: Certova-dira.
Vorherrschend Arvicola gregalis und verwandte Formen der sechsten Reihe, dann
Myodes lemmus, Myodes torquatus, Arvicola agrestis, Arvicola campestris, Arvicola arvalis,
Arvicola ratticeps und an Häufigkeit weiter rasch abnehmend Arvicola amphibius, Arvicola
nivalis, Arvicola Nehringi, Arvicola glareolus und Arvicola Мази.
Diese aus der drittuntersten Schicht der Höhle stammenden Reste, welche von
Lupus vulgaris fossilis Wold., Cuon europaeus Bourguig., Leucocyon lagopus fossilis
Wold., Ursus spelaeus Blum., Arctomys, Spermophilus, Lagomys pusillus Desm., Lepus
variabilis Pall., Rangifer tarandus Jard., Lagopus albus Vieill., Lagopus alpinus Nilss.,
Nictea nivea Daud. u. s. w. begleitet waren, zeigen einen vorherrschend nordasiatischen
Faunencharakter, bestehen aus der Glacial- und aus der Steppenfauna, gehören dem Schlusse
der Glacialzeit an und stimmen vollkommen überein mit der gleichen Mischfauna derselben
Zeit aus Zuzlawitz, Spalte I. im Bühmerwalde.
Höhle: Sipka.
Vorherrschend Arvicola ratticeps, Arvicola arvalis, Arvicola agrestis, Arvicola cam-
pestris, Arvicola Nehringi, Arvicola amphibius und hierauf rasch an Häufigkeit abnehmend
Arvicola nivalis, Arvicola gregalis, und nur einige Exemplare von Arvicola glareolus, Myodse
torquatus und Arvicola Маз.
Während in der vorigen Höhle Arvicola gregalis mit Myodes lemmus und Myodes
torquatus, also Thieren der Glacialfauna, vorherrschen, überwiegen hier Arvicola ratticeps mit
Arvicola arvalis, Arvicola agrestis und campestris, also mehr Steppenthieren; Myodes lemmus
fehlt ganz und die wenigen Reste der Glacialthiere kommen kaum in Betracht. Diese aus
der zweitunteren Schicht stammenden Reste, welche von anderen kleinen Steppenthieren
wie Spermophilus, Lagomys pusillus und ähnlichen begleitet waren, unter denen ebenfalls
die Glacialthiere fehlen, zeigen einen vorherrschend nord- und osteuropäischen Charak-
ter und repräsentiren die echte Steppenfauna, welche der Glacialzeit in Mitteleuropa
folgte. Schlagendere Beweise für die Existenz dieser Steppenzeit als dieses massenhafte Vor-
kommen von Arvicolen können wohl nicht mehr gefunden werden.
Ueber fossile Arvicolen sind ausser den bereits citirten Arbeiten, besonders noch zu
nennen: Sandford: On the Rodentia of the Sommerset Caves. The Quart. Journ. of the
Geologie. Soc. У. XXVI, London 1870; Nehring: 1. Fossile Arvicolen und Lemminge
von Thiede. Zeitschr. f. ges. Naturw. Berlin 1875; 2. Fossilreste der Microfauna aus den
oberfränkischen Höhlen. Zeitschr. f. Anthrop. u. Urg. Bayerns. Bd. II, München 1879 und
3. Geograph. Verbreitung der Lemminge in Europa jetzt und einst, Gera, Heft 11 und 12,
1879. W.
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 79
Spalacoides.
Alph. Milne-Edwards: Type d’une nouvelle famille de l’ordre des Rongeurs. Nouv. Archiv d. Mus.
d’hist. nat., T. Ш, р. 84.
Myospalax Laxmanni Beckmann.
Siphneus Aspalax Brants.
Myoxus fossilis G. Fischer und Eichwald Leth.
In meiner Abhandlung über die Säugethierreste der altaischen Höhlen (unter Spec. 25)
habe ich nachgewiesen, dass in denselben von dieser Art (nicht von einem Myowus) zahl-
reiche Schädel und andere Skelettheile gefunden wurden. In Europa hat man deren noch
nicht nachgewiesen. Es fragt sich also, da die Altaigegenden sein westlichstes bekanntes Ver-
breitungsgebiet bilden, ob das Thier früher bis Europa vordrang.
Ellobius talpinus Fischer.
Spalax talpinus Pall. Chtonoergus talpinus Nordmann.
Nordmann (Palaeontologie Südrusslands, Seite 162) beschreibt einen auf der 40 Werst
vom Ausflusse der Donau entfernten Schlangeninsel Leuce oder Feodonisi nur in einer Tiefe
von 2 Fuss gefundenen Unterkiefer, zweifelt jedoch, ob er der lebend zwar noch nicht in
Bessarabien, sondern erst nordöstlicher von der Krim an, aufgefundenen Art angehörte. Da
kleine Nager nebst ihren Resten sich leicht den Blicken entziehen, so will es mir scheinen,
es läge kein Grund gegen die Annahme vor: Der in den wolgaischen, uralischen und kir-
gisischen Steppen, sowie im westlichen Sibirien jetzt nicht seltene Zllobius talpinus sei in
Europa noch westlicher als in der Krim vorhanden oder wenigstens früher verbreitet ge-
wesen. Uebrigens wurde ja der Kiefer in geringer Tiefe gefunden und es war Spalax typhlus
nachweislich, wie auch der Bobak nebst den Zieseln, die nebst Spalax typhlus noch jetzt im
Gebiete der wolgaischen und uralischen Steppen leben, früher weiter im Westen vor-
handen.
Spalax typhlus Pall.
(Spalax diluvii Nordmann: Palaeontologie, Seite 164).
Aus von Nordmann’s Mittheilungen über unweit Odessa (bei Nerubay) von ihm ge-
fundene Knochen (eines Beckens, Oberschenkels, Schneidezahns, dreier Halswirbel und der
rechten Unterkieferhälfte) eines grossen Spalax, möchte ich nicht schliessen, die fraglichen
Reste hätten wegen ihrer etwas ansehnlichen Grösse einer anderen Art (Spalax diluvii Nord-
80 J. N. WoLDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
mann) als der bei Odessa lebenden, nach Nordmann kleineren, angehört. Spricht doch
schon Pallas vongrossen am Terek vorkommenden Exemplaren der Blindmaus, während in
der St. Petersburger Sammlung das Exemplar einer Blindmaus aus Russland sich befindet,
welches ein von у. Nordmann aus Odessa gesandtes an Grösse namhaft übertrifft. Uebrigens
könnte ja, wie wir dies von anderen Thieren wissen, die Blindmaus früher selbst bei Odessa
eine ansehnlichere Grösse erreicht haben. Blasius (Fauna der Wirbelthiere Deutschlands.
Band I, Seite 402) meint den 50° nördlicher Breite als nördliches Verbreitungsgebiet der
Blindmaus angeben zu können. Nach meiner Ansicht ist dieselbe aber um etwa 3 Grade
nordwärts zu schieben, da sie, soviel wir bis jetzt wissen, im Gouvernement Samara (Bog-
danow)und Woronesh (Sewerzoff) noch vorkommt, in Asien südlich vom Uralfluss beginnt,
und von da in die am Ostufer des Kaspischen Meeres gelegenen Landstriche sich verbreitet
(Eversmann). Als ihr asiatisches östliches Verbreitungsgebiet wäre demnach vorläufig mit
Eversmann Persien anzunehmen. Als westlicher gelegenes südliches asiatisches Ver-
breitungsgebiet wird mit völliger Bestimmtheit Kleinasien und in Europa Griechenland sich
geltend machen. Was ihre westlichen Verbreitungsgebiete anlangt, so werden sie in Russ-
land allerdings durch die Gouvernements Wolhynien, Podolien und Bessarabien gebildet, je-
doch repräsentiren dieselben noch nicht die westlichsten Theile ihres Vaterlandes, da man
sie nicht nur in Siebenbürgen (Bielz), in der Moldau und Wallachei, sondern auch selbst
in Ungarn beobachtete. Ob sie früher noch weiter nach Westen ging, ist unbekannt. Selbst in
Russland fehlt sie übrigens schon an manchen Orten, welche sie früher bewohnte, so in
der Umgegend Kiew’s, wie Kessler (Bull. d. nat. d. Moscou 1851, T. XXIV, p. 132) auf
Grundlage dort gefundener Schädel und Gänge nachgewiesen hat.
Zusatz. Dipodina.
Alactaga jaculus Brandt.
Alactaga geranus Giebel.
Giebel: Zeitschr. f. d. ges. Naturw. 1874 und 1875.
Nehring: Beiträge zur Diluvialfauna, Zeitschr. für ges. Naturw., В. XIII, Berlin, 1876, 5. 1—68 und
о И
Nehring: Ueber Alactaga jaculus foss. Zeitschr. f. ges. Naturw., В. 47, 1876.
Das fossile Vorkommen eines Dipodiden konstatirte zuerst Liebe in der Lindenthaler
Hyänenhöhle im Jahre 1874, Giebel bezeichnete denselben zunächst als Dipus geranus und
nachdem auch ein Schädel gefunden wurde als Alactaga geranus (3. a. у. а. O.). Mittlerweile
fand auch Nehring Reste von Springmäusen im Diluvium von Westeregeln, welche er in
der oben citirten Abhandlung den Geraer Funden gleichstellte und mit Alactaga jaculus
Brdt. identificirte, welcher Ansicht sich Liebe und Giebel anschlossen. Ferner bestimmte
Nehring dieses Thier aus dem Diluvium von Thiede (Quatern. Fauna v. Thiede etc.), vom
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 81
Seveckenberg bei Quedlinburg, aus dem Löss bei Würzburg und aus den Fuchslöchern am
Rotken Berge bei Saalfeld (Uebersicht über vierundzwanzig mitteleuropäische Quartär-
Faunen. Zeitschr. d. deutsch. geolog. Ges., 1880).
Ich bestimmte ein linkes Femurfragment aus Zuzlawitz, Spalte I (s. meine: Diluv.
Fauna von Zuzlawitz, 3. Bericht, T. I, fig. 5 u. 6). Herr Prof. Dr. A. Frië aus Prag
schreibt mir, dass er ein ganzes Skelet aus der Ziegelei Kotlarka in Podbala bei Prag be-
stimmte. We
Castorina.
Castor fiber Linn.
Castor spelaeus Münst., Castor priscus Schmerl., Trogontherium Werneri С. Fisch.,
Castor Werneri Cuv., Gieb., Eichw., Castor Cuvieri Pict.
Pictet: Pal. I, р. 257, IV, р. 705; Gervais: Pal. р. 19; 2001. et Pal. gén., р. 103; Owen: Brit. foss.
mamm.; Dawk. а. Sandf.: Palaeontogr. XVII, р. 36; Rütim.: Pfahlb., р. 24, Unters., р. 32.
Da der Biber seit einer sehr langen Reihe von Jahren mich auch nicht nur in Bezug auf
seinen Bau, seine Lebensweise und seine Stellung im System, sondern auch als in Europa und
Nordasien dem Untergange nahes Thier lebhaft interessirte, so wurde seiner früheren und
_ gegenwärtigen Verbreitung ein namhaftes Interesse geschenkt. So weit meine Erfahrungen
reichen, dehnte sich dieselbe, ehe derselbe in den meisten Ländern Europa’s und wenigstens
grösstentheils auch in der Nordhälfte Asiens durch Menschenhand vertilgt war, nördlich so
weit die von Flüssen, ‘besonders kleineren, und von Seen durchzogenen Wälder gehen, fast
bis zum Polarkreis aus. Im Westen Europa’s begann sein umfangreiches Verbreitungsgebiet
mit Spanien und erstreckte sich von da nördlich über Frankreich, Belgien, Holland, Eng-
land, Schottland, Dänemark, Schweden, Norwegen, Deutschland sowie südlich über die
Schweiz und Italien. Vom Osten Deutschlands setzte sich dasselbe über Oesterreich-Ungarn
und die Türkei, in nördlicher und östlicher Richtung aber über das ganze europäische Russ-
land mit Einschluss Polens, der Ostseeprovinzen, Finlands und Lapplands fort. In der we-
nigstens ehedem an Bibern mehr oder weniger reichen Nordhälfte Asiens kann als südliches
Verbreitungsgebiet Kleinasien und das Euphratgebiet, Cis- und Transkaukasien und das
Altaigebiet, dann einzelnen Mittheilungen zu Folge das chinesische Turkestan, die Songarei,
die sajanischen Gebirge und der Jablonnoi, ferner manche Zuflüsse des Amur (die Jngoda,
die Schilka, der Argun, so wie der in den Sungari fallende Yalo) angegeben werden. Ob aber
das Amurgebiet als südlichstes Verbreitungsgebiet für alle Zeiten zu halten sei, möchte
vielleicht doch nicht mit Sicherheit sich behaupten lassen. Als östlichste Grenze des Biber-
vorkommens in Sibirien bezeichnete Pallas das Flussgebiet des Aldom und seines Zuflusses
der Mana. Wosnessenski, der im Auftrage des Zoologischen Museums der St. Petersbur-
ger Akademie die Ostküste Sibiriens und Kamtschatka bereiste, hörte (1844) in Ishiginsk,
Mémoires de l‘Acad. Imp. des sciences, VIIme Série. 11
82 Т. М. WoLDRICH, DILUVIALE BUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
dass die Tschuktschen nach der Kolyma fahren, um Biber zu jagen. Ebenso erzählte er mir,
eir Steuermann, Namens Harder, habe ihm gesagt, dass selbst an dem (nach Pallas Nord.
Beitr. I, 243, noch hochstämmige Waldung in Menge bietenden) Anadyr noch Biber vor-
kämen, auch habe er 1845 in Ayan von Ishiginsk gebrachte Felle derselben gesehen. Das
Verbreitungsgebiet des Bibers würde demnach noch weiter als bis zum Aldom nach Osten
auszudehnen und Amerika näher zu bringen sein. In Kamtschatka hat jedoch weder ein
anderer, noch er selbst etwas von Bibern gehört oder gar gesehen. Die Angabe Е. Cuvier's,
es gebe auf der genannten Halbinsel auch Biber, beruht daher auf einen Irrthum, der wohl
aus der Verwechselung mit der Seeotter (Enhydris) entstand, welche die Russen als See-
biber (kamtschatskij bobr) bezeichnen.
Wann der zu Strabo’s Zeiten in Spanien häufige Biber dort ausgestorben sei, ist un-
bekannt. — In Italien scheint er wenigstens noch in der Mitte des sechszehnten Jahrhun-
derts gelebt zu haben, da 1541 Amatus Lusitanus einen zu Ferrara anatomirte. — In
Frankreich erhielt 1846 das Marseiller Museum noch einen Biber aus der Rhone (Ger-
vais), an welcher er ebenso wie an der Marne und Isere, so viel bekannt, sich, wie es
scheint, länger als an einem der anderen Flüsse Frankreichs hielt, über deren Biber uns
übrigens bis jetzt eine nähere Kunde fehlt. — In der Schweiz, wo er in früheren Zeiten
häufig vorkam, erlosch er im ersten Viertel des jetzigen Jahrhunderts, wenn das 1820 in
Wallis erlegte Exemplar das letzte schweizerische war (Rütimeyer, Untersuchungen und
Fauna der Pfahlbauten). In England sollen im neunten und in Schottland im zwölften Jahr-
hundert (1188, Kobell, Wildanger, S. 337) die Biber ausgerottet worden sein. In Holland,
wo deren noch, wie es scheint vereinzelt, zu Ende des vorigen Jahrhunderts im Rhein, der
Mosel und Yssel sich fanden, wurde 1799 an der Yssel eine halbe Stunde von Deventer
(Bonn, Anat. Castoris, p. 9) noch einer gefangen, welchen Bonn zergliederte. In Deutsch-
land wohnten in alten Zeiten Biber an allen grösseren Flüssen (Rhein, Weser, Elbe, Oder,
Donau, Weichsel) und ihren Zuflüssen, so wie an Seen. Gegenwärtig giebt es dort kaum
noch im wahrhaft wilden Zustande selbst vereinzelte Exemplare. Die in den neuesten Zei-
ten dort einzeln erlegten lassen sich wenigstens sehr wohl als solche ansehen, die aus ge-
hegten Colonien sich verirrten oder verschlagen wurden in Folge von Ueberschwemmun-
gen. Bibercolonien gab es früher in der Havel (noch 1807), dann in der Magdeburger
Gegend, in Bayern, in der Gegend von Salzburg und in Böhmen. Der letzte Biber wurde
im Odergebiete, in der Lausitz (unweit Görlitz) bei Deutsch-Ossig in den achtziger Jah-
ren erlegt (F. W. Kaumann, Vierzehnter Jahresbericht der höheren Bürgerschule zu
Görlitz, 1850, Seite 3). Fitzinger (Fauna des Erzherzogthums Oesterreich, Seite 308)
führt mehrere Fundorte des Bibers an der Donau an und bezeichnet ihn als nicht sehr sel-
ten. Von Jeitteles wird (Prodr. Faunae Hung.) in Ungarn kein Biber erwähnt. Auch
in Gloger’s Verzeichniss der Säugethiere und Vögel Schlesiens, Breslau 1833. 8, fehlt
bereits der Biber, ebenso in Freyer’s Fauna von Krain und im Verzeichniss der Säuge-
thiere Nassau’s von A. Roemer. Nach Gemminger und Fahrer: Fauna Boica, Band I.
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 83
Säugethiere, 1853, 8, Taf. p. 26 war der Biber in Bayern so selten, dass kaum mehr als ein
Dutzend Paare vorhanden waren. Einzeln kam er am Lech, an der Isar und der Ammer,
vor ihrem Austritte aus dem See, vor. An der Alza war er noch vor Kurzem, jetzt ist er
aber wohl daselbt ausgerottet. An der Salzach ') war nach Roth bei Werfen noch eine Colo-
nie wegen Unzugänglichkeit des Wohnortes vorhanden. In Bayern nach Schrank (Fauna, 72)
1798 sehr sparsam. In der Mark 1845 ausserordentlich selten (J. H. Schulz, Fauna mar-
chica, Seite 44). Altum (Säugethiere des Münsterlandes, 1867. 8, Seite 15) sagt, dass vor
100 Jahren der Biber häufiger war und derselbe sei erst in der neuesten Zeit verschwun-
den. Im Jahre 1826 wurde noch bei Lippstadt ein Bau zerstört, wobei man zwei Exemplare
schoss. Länger waren Biber an der Möhr (im südlichen Westphalen), namentlich noch mehrere
Jahre vor 1867. Altum liefert übrigens manche Daten über das Vorkommen in Westphalen.
Die beiden vorletzten Exemplare wurden 1845 in der Nähe von Völlinghausen und Himmel-
pforten (einem alten Kloster) geschossen, das nachweislich letzte 1847 bei Arnsberg. In
der Lippe (Westphalen) gab es 1797 noch ziemlich viel Biber, so dass ein Schäfer jährlich
gegen 10 Stück fing (Meyer’s Mag. f. Thiergeschichte. 1797, 1. 2). Fatio (Faune de la
Suisse, Seite 172) zweifelt noch daran, ob der Almanach helvötique Recht hat, der letzte
Biber sei im Canton Luzern 1804, in Wallis 1820 erlegt worden. Der Walliser Biber
konnte aber ein Rhonebiber sein, weil noch später an der Rhone welche erlegt wurden (Ger-
vais). In der Gegend von Ulm wurde 1828 der letzte Biber erlegt. In Preussen schoss
. man 1830 in der Nogat und 1836 zwischen Culm und Graudenz noch je einen Biber. Beide
dürften aber wohl als aus Polen verirrte angesehen werden. Biber werden von Sadelin als
im oberen Finnland heimisch angegeben (Sadelin, Faun. fenn.). Sundström (Bidrag till
Kännedomen af Örebro Läns Vertebratfauna, Örebro 1868, 8, Seite 9) verweist auf einen
Aufsatz in der Jägarförbundets nya Tidskrift, 3-de ärgängen, sid. 149. In Tiselius: Bidrag
till Östra Smälands Vertebratfauna, Stockholm, 1868, 8, fehlt der Biber ganz. Castor fiber
fehlt nach Jäger in der Wetterau (Jäger, Säugethiere der Wetterau, Seite 64). In Polen
und Litthauen, wo Biber früher sehr häufig waren und selbst an einzelnen Orten geschützt
wurden, so dass sie in Folge davon nicht durch die dortigen Revolutionen zerstörte Colo-
nien bildeten, kamen sie neuerdings, ‘wie es hiess, nur sehr vereinzelt im Minskischen und
Pinskischen vor, sind also jetzt vielleicht auch dort schon vertilgt, da man ihnen sehr nach-
‚stellte. Vor einigen Jahren erhielt ich von dort selbst noch ein Exemplar. Im Gouv. Minsk,
Kreis Ritschizk, im Fluss Sswed, einem Nebenflusse der Beresina, auf dem Gute Gorwat
der Frau Cholodowsky, befinden sich 10 Biberbaue; in der Umgegend an einem anderen
Orte noch 11 Baue und an beiden Orten noch lebende Thiere. In den zum Kiew’schen
1) An der Salzach waren Biber noch in den vierzi- | Da dieselben Streifzüge über die sehr nahe bayerische
ger Jahren nicht selten. Im Jahre 1862 befanden sich im | Grenze unternahmen und in Bayern ein Verbot des Fan-
Salzburgischen noch zwei Biberbaue in den staatlichen | ges nicht bestand, wurden sie durch bayerische Fischer
Forsten bei Anthring, die ich selbst besichtigte; man | bald ausgerottet und im Jahre 1868 war kein Biber mehr
schätzte die Zahl der Biber auf circa 30—40 Individuen. | im Salzburgischen. W.
11*
84 Т. N. WozDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
Lehrbezirk gehörigen Gouvernements fanden sich Biber 1850 nur sehr vereinzelt (Kess-
ler). Einer Mittheilung Zawadzki’s (Fauna der galizischen Wirbelthiere, Seite 26) zu-
folge, lebten 1840 bei Carograd am Bug und auf der Herrschaft Rodatyze an der Wisnia
einzelne Biberfamilien, von denen die Ueberschwemmungen d. J. 1836 viele getödtet hat-
ten. In den russischen Ostseeprovinzen, wo Biber ebenfalls früher keine Seltenheit waren,
scheint man die beiden letzten 1855 bei Jakobstadt erlegt zu haben. Im europäischen
Russland mit Einschluss Lapplands, wo Biber sonst ungemein häufig vorkamen und na-
mentlich in letzterem und dem Norden des Archangel’schen Gouvernements, namentlich im
Mesener Kreise (1845), allerdings mehr oder weniger vereinzelt noch vor mehreren Jahren
erlegt wurden, sind sie jetzt vielleicht auch schon vertilgt oder der gänzlichen Vertilgung
sehr nahe. Dasselbe gilt auch wohl von den im nördlichen Theile des Permischen Gouver-
nements noch 1854 nach Rudolski in einzelnen Familien vorhandenen Bibern.
Hinsichtlich der in sehr frühen Zeiten auch in Nordasien mehr oder weniger häufigen
Biber berichten schon die Reisenden, welche im vorigen Jahrhunderte Sibirien besuchten
(J. H. Gmelin, Georgi, Pallas), dass der Biber dort in den meisten Gegenden vertilgt
sei. Gmelin sagt sogar (Reise III, S. 486): es hiesse in ganz Sibirien, die Biber seien da
gewesen. Man darf sich also nicht wundern, wenn weit spätere, neuere Reisende, wie
v. Middendorff, v. Schrenck und Radde in den von ihnen bereisten Gegenden keine
Biber mehr fanden, ja nicht einmal von der früheren dortigen Existenz derselben, wie
Gmelin hörten. Im Flusssystem des Ob und Jenissei, wo nach Gmelin noch die meisten
Biber waren, sind sie zwar noch in neuester Zeit, jedoch spärlich vorgekommen (Hofmann,
Schmidt). In Ciskaukasien fanden sie sich früher im Terekgebiet (Güldenstädt). Trans-
kaukasien besass deren wenigstens ehedem im System der Kura und des Araxes. Im letzte-
ren Flussgebiete wurden vor 1850 in 10 Jahren noch 5 Biber erlegt.
Kleinasien lieferte nach Hagemeister (Beiträge von v. Baer und v. Helmersen,
Bd. 1839, Seite 61) aus dem Kizil-Srmok und anderen seiner Flüsse (wohl in manchen
Jahren) 1000—2000 Biberfelle, war also wenigstens um 1839 wohl noch reich an Bibern.
Chesney entdeckte am Euphrat bedeutende Biberbaue, welche auf die Gegenwart nicht
eben weniger Biber schliessen lassen dürften. Von einem Zurückziehen des Bibers nach
Norden, wovon Rütimeyer spricht, kann also keine Rede sein, und zwar um so weniger,
da er vermöge seines Naturells einerseits nur langsam sich verbreiten konnte und anderer-
seits aber seine Vertilgung im Süden wie im Norden gleichzeitig erfolgte. Auch im Russi-
schen Reiche ist die Vertilgung des Bibers ungeheuer. Im Norden Amerika’s ist zwar der
vom europäischen durch keine äusseren Kennzeichen, jedoch wegen einiger Schädeldifferen-
zen (siehe J. Е. Brandt, Mém. de l’Acad. Imp. de St.-Pétersbg., Sc. math. phys., T. УП,
1852) höchstens nur als Race unterscheidbare Biber noch sehr häufig. In den südlichsten
Vereinigten Staaten wurde er aber bereits gleichfalls mehr oder weniger vertilgt, während
ihm in seinen nördlichen Wohngebieten dermaassen nachgestellt wird, dass er auch dort
seiner allmählichen Vertilgung unaufhaltsam entgegengeht.
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 85
Die Verbreitung des Bibers wurde früher in der Medicinischen Zoologie von J. Е.
Brandt und J. T. Ratzeburg, Berlin 1827, Bd. I, 522—524 ziemlich umständlich erörtert.
Sein Vorkommen in Russland besprach ich in Hofmann’s Reise im nördlichen Ural, Bd. II,
Zoologischer Anhg., S. 41, wozu von Middendorff Reise Bd. IV, Th. 2, p. 85 einige Er-
gänzungen lieferte.
Fossile oder subfossile Reste des Bibers sind in grösserer oder geringerer Zahl be-
sonders. in den meisten Ländern Europa’s, weniger bis jetzt in Nordamerika nachgewiesen
worden. Eu:
In England entdeckte zahlreiche Reste des Bibers beschrieb Owen (Brit. foss. mamm.,
р. 190 und p.); Dawkin’s and Sandford (Palaeontogr. Soc. Vol. XVIII, р. XXV) und
der Zoologist (I, 1843, р. 348) besprechen deren gleichfalls. Dieselben waren theils von
denen bereits ausgestorbener Faunengenossen, so denen des Mammuth, des Riesenhirsches,
des Rhinoceros tichorhinus und Merckii, theils von denen noch lebender, denen des Wolfes,
des Bären, des Rehes u. s. w., begleitet. — In Schottland wurden Biberknochen mit denen
von Bos primigenius in Torfmooren gefunden (Gardener’s Chronicle, 1858, n°. 51).
Häufig kamen auch in Frankreich Biberreste zum Vorschein. Bereits Cuvier, Rech.
4. éd. berichtet von denselben. Später führte Gervais (Zool. et Paleont. fr. 2. éd., p. 20)
neun Fälle von Funden auf. Garrigou und Dupont entdeckten in der Knochenbreccie von
Monsempron (Lot et Garonne) ausser Knochen des Bibers die von Hyaena spelaea, Ursus,
. Rhinoceros, Equus, Dos, Cervus euryceros, Cervus tarandus, Lepus, Lupus und Vulpes
(Garrigou, Etud., p. 24). Die in demselben Departement befindliche Knochenbreccie von
Pelénos lieferte nach J. Combe (Etud. géol. sur l’Ancienneté de l’homme dans les vallées
du Lot 1865, 8) ausser den in der Breccie von Monsempron gefundenen Resten
auch die vom Steinbock, vom Kaninchen, Sus scrofa, mehreren Nagern und Fledermäusen.
Bei Paris aufgefundene Grabstätten lieferten gleichfalls Reste von Bibern (Lartet et
Christol Ann. d. sc. nat. Zool. 1864, I, p. 239). In Belgien, namentlich in den Lütticher
Höhlen wurden bereits von Schmerling (Rech. s.]. oss. foss.) ausser den Resten vieler noch
jetzt im genannten Lande lebender Thierarten auch die des Bibers nebst denen von Ursus,
Gulo, Hyaena, Leo, Felis antiqua, Cuniculus, Elephas primigenius, Rhinoceros, Equus und
Cervus tarandus wahrgenommen. Nach Dupont (Van Beneden, Bullet. 4. l’Acad. гоу. d.
Belge., 2. Ser., T. XVIII, Seite 30, 228 und 387) erbeutete man in einer der bei Furfooz
gelegenen Höhlen (Trou de Noutons) Reste des Castor nebst denen des Cervus euryceros,
Equus, Antilope, Gulo, Cervus tarandus und Ursus, ausserdem aber auch noch Knochen in
Belgien noch lebender Thiere, nebst menschlichen Utensilien. Sieben Höhlen von Furfooz
(L’Institut 1866, Seite 22) enthielten Reste vom Skelet des Menschen, ebenso wie von dem
des Bibers, ferner Knochen von Ursus, Gulo, Cervus tarandus, Cervus Alces, Rupicapra
und Zbex. Im Trou du Frontal (Namur) fanden Van Beneden und Dupont (Bullet. d.
l’Acad. belg., T. XIX, Seite 28) ausser Knochen von Castor die von Vespertilio, Erinaceus,
Sorex, Cricetus, Arvicola, Talpa, Ursus, Vulpes, Mustela, Sus, Equus und Tarandus,
86 J. N. WoLzDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
nebst Menschenknochen. Van Beneden (Compt. rend. 4. l’Acad. de Paris 1865, Seite
1087) entdeckte in einer Grotte des Lessethales menschliche Skeletreste und roh behauene
Kieselsteine nebst Knochen von Castor, Ursus, Bos, Equus, Cervus tarandus, Gulo und Capra
(domestica?). In Deutschland hat man in Höhlen, namentlich in der Gailenreuther, in den
Höhlen des rheinisch-westphälischen Kalkzuges(Nöggerrathin Karsten’s und von Dechen’s
Archiv 1864, XX, Seite 382; N. Jahrbuch f. Mineralog. 1847, Seite 113), dann in den
Torflagern (so bei Urdingen) etc. Biberreste entdeckt. Die Pfahlbauten Mecklenburgs lieferten
deren mit Steingeräthen (Jahrbuch des Vereines für mecklenburgische Geschichte, 1864,
Jahrgang 29, Seite 288). Die Schweizer-Pfahlbauten von Wauwyl, Robenhausen, Concise
und besonders die von Mossecdorf boten eine namhafte Zahl von Biberknochen, wovon
manche, dem Steinalter angehörige, oft auf Individuen von enormer Grösse hinweisen, sich
aber nicht von denen des lebenden Bibers unterscheiden, obwohl das Gebiss nicht unwesent-
liche (Merkmale) Modificationen zeigt, wie sie sich indessen auch bei den Zähnen des
lebenden Bibers wahrnehmen lassen. (Rütimeyer, Fauna, Seite 24—25). In den pleisto-
cenen Süsswasser-Absätzen des Arnothals sind Biberreste mit denen vom Mammuth, Nilpferd,
und der Hyäne, sowie von Nashörnern vorgekommen (Owen, Brit. foss. mamm., Seite 192).
Indes fand einen Schneidezahn des Bibers in der Nähe von Rom in einer Grotte des Monte
delle Gioie (Bull. d. 1. géol. soc. de Fre. 2. Ser., T. 26, Seite 24). Bei Zagorje im Moskauer
Gouvernement fand man (Fischer v. Waldheim, Bullet. d. nat. d. Moscou, T. VII, Seite
434, Pl. XIV, Oryctographie du Gouvernement de Moscou, Seite 119) in einer Tiefe von
20 Fuss die Unterkieferhälfte eines Bibers ebenso wie Backenzähne des Mammuth nebst
menschlichen Geräthen, die namentlich aus einem Beil und Pfeil aus Kupfer, sowie Lanzen-
spitzen aus Obsidian bestanden.
Al. v. Nordmann (Palaeontol., p. 167) entdeckte in einer Lehmgrube Odessa’s die
drei vorderen unteren Backenzähne nebst einem Bruchstücke des rechten Kiefers eines
Bibers, welche Theile er aber ohne Grund einem Castor spelaeus Münst. vindicirt.
Die altaischen Höhlen lieferten mehrere Knochen der Extremitäten des in Südsibirien
bereits gänzlich vertilgten Bibers (siehe meine Untersuchungen Spec. 21).
Ausden Torfmooren mehrerer Länder Europa’szogmangleichfallszahlreiche Biberknochen.
Jaeger (Fossile Säugethiere Württembergs, Seite 196) bespricht die Reste aus den Torf-
mooren Württembergs, berichtet aber auch ebendaselbst Seite 127, 129, 140, 149 und 181
über das Vorkommen von Biberresten im Diluvium und den älteren Alluvionen des genannten
Königreichs, wo, wie erwähnt, notorisch der letzte Biber im Jahre 1828 bei Ulm erlegt
wurde. Ebenso erfahren wir durch Giebel, dass man im Torflager von Rossleben einen
Biberschädel gefunden habe (Zeitschrift für die gesammten Naturwissenschaften, 1854, IV,
Seite 295). Die Torfmoore in der Nähe Darmstadts enthielten gleichfalls viele Biberreste,
wie Eigenbrodt (Bull. d. nat. d. Moscou XXI, 1848, Seite 54) nachwies. Morren be-
richtete über Biberknochen aus den Torfmooren Flanderns, die mit Menschenresten gefunden
wurden (N. Jahrbuch für Mineralog. 1836, Seite 254).
SÂUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 87
Es frägt sich, ob der gigantische Biber des Forest-bed von Cromer (Norfolk) (Symonds.
Geolog. Mag. 4, 1868, p. 419), der mit Cervus euryceros lebte, wirklich von Castor fiber ver-
schieden war, oder ob dieser nur eine nach und nach in Bezug auf Grösse verkümmerte Form ist.
Eigenbrodt, der die bereits erwähnten Reste aus den Torfgruben von Lorsch mit
Hilfe dreier Biberskelete, die sich im Museum zu Darmstadt befinden, untersuchte, gelangte
zu dem Resultate, dass Trogontherium seu Castor Werneri Cuv. von Castor fiber nicht zu
trennen sei (Eigenbrodt: Torfbiber, Bull. d. Mosc. XXI, 1848, p. 541). Dagegen hält
dieselben Owen (The geol. Magaz. 1869, Vol. VI, р. 49) für verschieden. Ein Trogontherium
wurde in einer Höhle von Rotenburg gefunden (Althans, Leonh. und Bronn, Neu. Jahrb.
1846, p. 570).
Castor isidorensis et pyrenaicus (miocen) Gervais (Pal., p. 21 u. 22) dürften synonym
oder zweifelhafte Formen sein. Eichwald (Leth. III, p. 333) meint, sein Castor Werneri
(Trogontherium Werneri Fischer) so wie der Castor spelaeus Münster bildeten vielleicht eine
Art mit Castor fiber. Castor atticus Wagner (Abhandl. d. Münchener Akad. math. phys.
CI. УП, 1855, р. 414) ist Aystrix Gaudry (Gervais, Zool. et Paléont. gen., р. 78).
Wenn Castor fiber bereits als tertiäres Thier anzusehen wäre, so wanderte er vielleicht
nicht von Norden bis zum Süden Europa’s ein.
Zusatz. Ein Humerusfragment aus der Sipka-Höhle schrieb ich dem Biber zu. Ranke
bestimmte Reste aus dem Zwergloch (Beiträge z. Urg. Bayerns, II. B., 1879), Nehring
. aus der Hirschhöhle, Zittel aus der Räuberhöhle (Sitzb. d. math. phys. Cl. d. bayr. Akad.
d. Wiss. 1872) und dann werden Reste aus der Balven-Höhle angeführt.
E. T. Newton, der genau unterscheidet, führt in der «List of the Rodentia and In-
sectivora of the «Forest Bed Series» corrected» ect. (Geolog. Mag. Dec. II, Vol. VIII,
№5, 1881) ein Trogontherium Cuvieri Owen und einen Castor europaeus Owen (== Castor
fiber) an. W.
Hystrichina.
Hystrix cristata L.
2 Hystrix refossa Gerv.
Gervais: Pal., р. 17; Zool. et Pal. gén., р. 103.
Das allgemein bekannte Stachelschwein (Н. cristata) gilt noch jetzt nicht nur als Be-
wohner Nordafrika’s mit Einschluss Algeriens, sondern auch Spaniens, Siciliens und Italiens.
Da nun ein bedeutender Theil der lebenden Säugethiere der Gegenwart sich auf solche zu-
rückführen lässt, die bereits zur Diluvialzeit, ja wohl noch früher, vielleicht nur an. anderen
Orten vorkamen und eine neue besondere diluviale Schöpfung nicht nachgewiesen werden
kann, während ein gewisser Zusammenhang der Tertiärfauna mit der diluvialen unläugbar
erscheint, so möchte man die Ansicht schwerlich für verwerflich halten: die Erdrinde werde
auch Reste des gewöhnlichen Stachelschweines enthalten und es seien deren, wenn auch in
88 J. N. WoLDRIıCH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
geringer Zahl, bereits unter den Händen von Paläontologen gewesen. Ungewiss ist es, ob
ein im Arnothal gefundener, bereits von Cuvier (Rech. 4. éd., III, Seite 128) einem Hystrix
zuerkannter, Zahn Нузи р cristata angehörte. Später verglich Lartet (Compt. rend. d.
l’Acad. а. Paris T. LVIII, Seite 1201) den von Schmerling in der Höhle von Chokier in
der Nähe Lüttichs gefundenen, einem Aguti vindicirten Zahn mit denen von Hystrix cristata,
glaubte ihn jedoch einer Hystrix dorsata zuschreiben zu können. Gervais stellt (Zool. et
Paléontolog. 2. éd., Seite 17) eine Hystrix refossa nach einem in der Auvergne in den vul-
kanischen Alluvionen des Berges Perrier in der Umgegend von Issoire im Pliocen gefundenen
Zahn auf, wozu er noch einen Zahn der Croizet’schen Sammlung (Pl. 48, fig. 11 und 11,a)
zieht, der ebenfalls bei Issoire gefunden wurde, indem er gleichzeitig bemerkte, die Art habe
die Grösse von Hystrix eristata besessen, der fragliche Zahn biete aber nicht, wie bei dieser
Art, vier (ebendaselbst, Fig. 12) sondern sieben Schmelzinseln. Merkwürdigerweise fehlt in-
dessen in dem von ihm (Zool. et Paléontolog. gén., Seite 95 —105) aufgestellten Verzeichnisse
der quaternären Thiere Hystrix refossa ohne jede Bemerkung'). Ebendaselbst, 5. 77, spricht
er indessen so, dass es nicht den Anschein gewinnt, er sei geneigt, dieselbe mit Aystrix
cristata zu vereinen. Die letztgenannte Art fehlt übrigens gleichfalls in seinem erwähnten
Verzeichnisse. Hätte künftig das centralasiatische, der Hystrix cristata so nahe, Stachel-
schwein (Hystrix hirsutirostris) als blosse Race der erstgenannten Art zu gelten, oder ist das
transkaukasische Stachelschwein wirklich, wie schon Pallas meint, Aystrix cristata, so würde
wohl auch diese Art den dem diluvialen Europa mit dem russischen Asien gemeinsamen Thieren
zuzuzählen sein.
‚ Hystrix major Gerv.
Unter diesem Namen hat P. Gervais (Compt. rend. de l’Acad. de Paris (1859),
T. XLIX, p. 511, Zool. et Paléont. génér., p. 76) nach Zähnen und Fragmenten von Ex-
tremitäten, die auf der Marseille gegenüber liegenden Insel Ratonneau entdeckt wurden,
eine neue Art von Æystrix vorschlagen zu können gemeint, weil dieselbe fast um '/, grösser
als die jetzt lebenden grösseren Stachelschweine war. — Indes (Bullet. 4. 1. soc. géol. 4.
France, 2°ser., Т. ХХУТ, р. 24) erwähnt des Unterkiefers einer Hystrix spel. der aus einer
Höhle des Monte delle Gioie bei Rom stammt und einem Individuum angehörte, welches
viel grösser als die lebenden Stachelschweine war. Wenn nun aber auch sowohl die Reste
von Ratonneau, als auch der römische Unterkiefer auf eine die jetzt lebenden Stachelschweine
um etwa '/, an Grösse übertreffende Form hinweisen, so wird durch diesen Umstand die
frühere Existenz einer artlich verschiedenen Æystrix major doch noch nicht völlig sicher
gestellt, da ja nachweislich früher die Arten eine ansehnlichere Grösse erreichten.
P. Gervais (а. a. O., р. 78) wirft übrigens die Frage auf: ob nicht Gaudry’s Hystrix
primigenia (Anim. foss. et Géol. d. l’Attique, р. 122, PI. XVIII), welche der Letztgenannte
1) Weil wohl diese Form blos dem Pliocen angehört. W.
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN, 89
mit Lamprodon primigenius Andr. Wagner und Castor atticus Roth und Andr. Wagner
identificirt, mit Hystrix major zusammen fallen könne?
Zusatz. Ranke berichtet über Reste einer Hystrix spelaea (resp. hirsutirostris) aus dem
Zwergloch bei Pottenstein (Beiträge z. Urgesch. Bayerns, II. B., 1879), Nehring über
Reste von H. cristata (hirsutirostris?) aus den Fuchslöchern (Uebersicht etc.). W.
Leporina.
Lepus timidus L.
Lepus vulgaris L. 3. = Г. europaeus Pall.; L. campicola Schimper, L. caspius Ehrenb.,
L. aquilonius Blas., L. medius Nilss., Middend., Г. mediterraneus А. Wagn., L. meri-
dionalis Géné und L. granadensis Schimp., L. hybridus Desm., L. diluvianus auct. e. part.
Owen: Brit. foss. mamm.; Dawk. a. Sandf.: Palaéontogr. Soc. XVIII, р. 236; Gervais: Zool. et Pal.
gén., p. 104; Pictet: Pal. I, p. 256, IV, p. 705.
Der leider zu früh verstorbene meisterhafte Kenner der Säugethiere Europa’s, Prof.
Blasius, hat in seiner ausgezeichneten Fauna d. Wirbelthiere Deutschlands, Bd. I, Säuge-
thiere, Braunschweig, 1857, 8, S. 412 ff., in Folge vielseitiger, langjähriger, auf zahl-
reiche, aus den verschiedensten Ländern Europa’s stammende Exemplare gestützter Unter-
suchungen, evident mit Recht nachgewiesen, dass die sieben letztgenannten Arten unhaltbar
seien, eine Ansicht, der sich auch Fatio (Faune d. vertébres de la Suisse, Vol. I, p. 247)
anschliesst. Der von Linné und Pallas beschriebene Lepus timidus zerfällt allerdings nach
ihm je nach der Dichtigkeit, Länge und Färbung des Haarkleides in drei Formen, eine
südeuropäische, mitteleuropäische und nordöstliche Form, die aber nur als geo-
graphisch-klimatische Raçen auftreten und dergestalt in einander übergehen, dass weder
die Schädel, noch die relativen Ohrenlängen und die von 12—16 wechselnden Zahlen der
Schwanzwirbel sichere Trennungen gestatten.
In Folge der Reduction der genannten Scheinarten, beginnt die Südgrenze seiner Ver-
breitung mit Algerien, Spanien, Italien, Griechenland, Transkaukasien und den Umgebungen
des Kaspischen Meeres.
Als seine nördlichsten Verbreitungsgebiete sind Schottland, das südliche Schweden
und das europäische Russland bis zum Weissen Meere bekannt. Als seine östlichste Grenze
ist der südliche Ural, jedoch nicht mehr Sibirien zu bezeichnen. Von einer so weit verbrei-
teten Art lassen sich auch fossile, diluviale oder subfossile (alluviale) Reste erwarten. Ihre
sichere Bestimmung als dem Lepus timidus wirklich angehörige Reste wird aber dadurch
erschwert, dass auch Reste eines sehr nahen Verwandten, des Lepus variabilis in Be-
tracht kommen. Dem Lepus diluvianus auctorum ist daher von mir ein «e. parte» beigefügt
worden. In England wurden, wie schon Buckland (Reliquiae diluvianae) mittheilt, dann
Mémoires de l‘Acad. Пир. des sciences, УПше Serie. 13
90 J. N. WoLDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
Cuvier (Recherches s. 1. oss. foss., 4 éd., T. VIII, Pl., Seite 107 —108), Owen (Brit.
foss. mamm., Seite 200—211) und Dawkins and Sandford (Palaeontogr. Soc., Vol.
X VIII, Pleistoc. Mamm., Seite XX XIII) berichten, in der Kirdale- und Kents-Höhle Reste
von Hasen gefunden, welche Owen, sowie Dawkins direct dem Lepus timidus vindiciren.
Diese Bestimmung wird aber dadurch etwas zweifelhaft, dass Owen auf Aehnlichkeit der
Reste mit denen der entsprechenden Knochen des Zepus hibernicus (4. В. des Lepus varia- ,
bilis) hindeutet. Diese Hindeutung lässt sich aber vielleicht nicht auf die in den Mendip-
Höhlen nach Dawkins and Sandford а. о. gefundenen, möglicherweise Lepus timidus an-
sehörigen Knochen in Anwendung bringen. Dass die von Schmerling (Recherches s. 1. oss.
foss., S. 113) beschriebenen und Pl. XXI abgebildeten, aus den Lütticher-Höhlen stammenden
Hasenreste dem Zepus timidus angehörten, wie er annimmt, lässt sich wohl nicht bestreiten.
Ob dieses auch von den von Dupont in der bei Furfooz gelegenen Höhle Trou de Nouton,
nebst denen von Ursus, Cervus euryceros, биз, Castor, Gulo, Cervus tarandus u. s. w. ent-
deckten Resten von Zepus (Van Beneden, Bullet. de l’Acad. roy. de Belge, 2 ser., T. XVII,
Seite 30 etc.) der Fall sei, kann indessen nicht als sicher gelten, weil die Species nicht be-
stimmt ist und Gulo nebst Tarandus auch von Lepus variabilis begleitet sein konnten.
Häufig wurden in mehreren französischen Departements Hasenreste gefunden. Zu den hu-
matilen Resten, welche die Höhlen von Lunel-Viel enthielten, werden von Marcel de
Serres (Recherches s. 1. oss. foss. humat. 4. cavernes d. Lunel-Viel р. Marcel de Serres,
Dubruel et Jeanjean, Seite 128) wohl die Hasenknochen mit Recht dem Гериз timidus
zugeschrieben. Gervais (Zool. et Paléontolog. fr., 2° éd., Seite 47, 48) führt unter seinem
Lepus diluvianus noch andere Hasenreste auf, die ebenfalls sehr wohl Zepus timidus ange-
hören könnten, so die bei Bize und Cannes (Aude) dann die bei Mialet und Pondres (Gard)
gesammelten. Die zu Villefranche (Pyrenées orientales) gefundenen Reste, welche er gleich-
falls erwähnt, könnten indessen möglicherweise auf den in den Pyrenäen vorkommenden
Alpenhasen zu beziehen sein. Uebrigens bemerkt er, Seite 47, in Betreff des Zepus dilu-
vianus, er stimme zwar mit dem lebenden, sei aber meist grösser und führt an, dass der in
der Breccie von Montmorency bei Paris gefundene Hasenschädel breiter und platter sei,
welche Abweichungen indessen nach meiner Ansicht, selbst wenn sie constant wären, mög-
licherweise als Kennzeichen einer älteren Race sich ansehen liessen.
Ausser den von Gervais eben angeführten Fundorten von Hasenresten, die sich auf
den Lepus timidus, nach Maassgabe der geographischen Lage ihrer Fundorte, beziehen
lassen dürften, sind mir noch andere bekannt geworden: so von Lartet im Departement
der Haute Garonne, dann von ihm und Christy in der Dordogne, so wie von Garrigou
und Dupont im Departement Lot et Garonne (siehe meine Zoogeographischen und Palae-
ontologischen Beiträge, S. 11, 13, 14, 15 und 17). Bemerkenswerth erscheint, dass nach
Lartet in der Höhle von Auvignan (Haute Garonne) die Reste von Lepus nicht bloss mit
denen noch lebender (Ursus arctos, Meles, Putorius vulgaris, Lupus, Vulpes, Sus scrofa,
Felis catus ferus, Cervus elaphus, capreolus, tarandus und Bos Urus), sondern auch bereits
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 91
ausgestorbener Thiere (Hyaena spelaea, Elephas primigenius, Rhinoceros tichorhinus und
Cervus euryceros) entdeckt wurden, was auch in der Höhle von Eyzies (Dordogne) nach
- Lartet und Christy, dann nach Garrigou und Dupont hinsichtlich der von ihnen im
Departement Lot et Garonne gefundenen Hasenresten der Fall war.
Schliesslich wäre noch, wie mir scheint, die Frage zu stellen: ob nicht die nach Pictet
(Paléont. 2 éd., I, p. 156) von Croizet einem Lepus issiedoriensis und neschersensis zuer-
kannten, aus untervulkanischen Schichten der Auvergne stammenden Hasenreste, welche
sich im Jardin des Plantes befinden, vielleicht auch Lepus timidus angehörten?
Die schweizer Pfahlbauten lieferten Rütimeyer (Fauna, p. 24) nur das Bruchstück
des Schlüsselbeines des nach ihm von den Bewohnern derselben als Speise verschmähten
Hasen, der übrigens auch von anderen Völkern, so den Lappen und den Verzehrern der
Küchenabfälle Dänemarks nach Steenstrup, dann den gemeinen Russen, so wie selbst den
Deutschen, zur Zeit Karls des Grossen (Kobel, Wildanger, S. 301) nicht genossen wurde,
ja dessen Genuss bei Letzteren zu jener Zeit, wie schon bei,den Israeliten sogar verbo-
ten war.
Cornalia (Paléontologie Lombarde I, Mammif., p. 42, Pl. XIV, Fig. 7, 8, 9) führt
mehrere Reste aus der Höhle Levrange auf, die er abbilden liess und dem an Grösse den
Lepus timidus etwas übertreffenden Lepus diluvianus zuschreibt, welchen ich indessen nur
höchstens für eine alte noch näher zu charakterisirende Race des Lepus timidus halten
kann. Indes (Bull. de la Soc. géol. de Fr., 2° sér., Т. XXVI, р. 24) berichtet, er habe in
verschiedenen Tiefen der Höhle Monte delle Gioie bei Rom, Hasenknochen gefunden, die
sich unwesentlich von denen des gewöhnlichen Hasen unterscheiden. Man darf dieselben
also wohl um so eher dem ZLepus timidus zuschreiben, da sie mit Resten einer Menge noch
lebender Faunengenossen zusammen gefunden wurden.
Hinsichtlich des Vorkommens von Skeletresten des sogenannten Lepus diluvianus in
Deutschland sagt zwar schon Giebel (Fauna I, p. 101), es kämen deren in Knochenhöhlen
und Diluvialschichten vor, sie unterschieden sich aber kaum von denen des gemeinen Hasen
und beruhten meist auf Grössenverhältnissen. Als dem echten Lepus timidus . angehörige
Reste werden übrigens von ihm (N. Jahrb. f. Mineral., 1847, S. 54) die ziemlich ‘häufig im
Diluvium des Seveckenberges vorgekommenen erwähnt.
A. v. Nordmann (Paläontologie Südrusslands, Seite 168) fand unweit Odessa (bei
Nerubay) den halben Unterkiefer eines Hasen, der, seiner Angabe zu Folge, in einigen Di-
mensionen grösser als Lepus timidus erschien, weshalb er ihn einem L. diluvianus Cuv.
zuschreibt. Dass blosse unbedeutende Grössedifferenzen, wie die von ihm angeführten, keine
- Artverschiedenheit bedingen können, wurde bereits oft bemerkt. Man wird also das frag-
liche Unterkieferfragment sehr wohl auf Z. timidus beziehen können. Wenn nun aber auch
nicht alle der vielen aufgeführten. Knochenreste dem ZLepus timidus angehörten und so
manche davon selbst keine diluviale, sondern alluviale, also jüngere sein mögen, so geht
nicht nur doch aus dem Studium der angeführten Reste des Lepus timidus, sondern auch
12*
92 J. N. WoLDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
aus seinen früheren und gegenwärtigen Faunengenossen hervor, dass er im Einklang mit
seiner noch gegenwärtigen Verbreitung, mindestens schon der Diluvialfauna, namentlich
ohne Frage der des grösseren Theiles der West-, sowie der Südhälfte und Mitte Europa’s
angehört. Er ist daher wohl zu denjenigen Thieren zu zählen, die nicht in Europa vom
Nordosten her einwanderten, wie es wohl mit Lepus variabilis der Fall war.
Zusatz. Der im Diluvium Europa’s nicht selten vorkommende gemeine Hase kam in
Zuzlawitz in der älteren Spalte I spärlich, häufig dagegen in der jüngeren Spalte II, vor
(s. а. у. a. O.): Ferner bestimmte ich Reste aus der Höhle Maszycka werstwac, bei Ojcow
(G. Ossowski: Pamictn. Wydz. III, Akad. Umicj. Krakow, Т. XI, 1884), aus der Wasserlug -
Höhle für Herrn Kraus. Wegen des in den diluvialen Fundstätten ebenfalls vorkommenden
Lepus variabilis ist die Bestimmung von Г. timidus schwierig und daher von weniger geüb-
teren Forschern stets mit Vorsicht aufzunehmen. W.
Lepus variabilis Pall.
(Lepus alpinus Penn.; Lepus albus Briss.; Lepus borealis Nilss.; Lepus canescens Nilss.;
Lepus hibernicus Yarr.; Lepus altaicus Gray).
Auch der bereits den alten Römern (Plin. Н. М. Г. VII, с. Г. V.; Varro а. Re
Rust. III, с. 12) bekannte und in ihren Leporarien vorhandene Alpen- oder Schneehase ist,
wie die vorstehende Synonymie zeigt, von der künstlichen Zersplitterung in mehrere Arten
nicht verschont geblieben, welche gleichfalls durch die umfassenden Studien von Blasius
(a. a. O., Seite 420) auf eine einzige in drei Formen auftretende Art zurückgeführt wurden,
worin ihm Fatio (a. a. O., Seite 252) ebenfalls folgte. Die nördlichsten continuirlichen Ver-
breitungsgebiete werden jetzt in Europa durch Irland, Schottland, Lappland und den nörd-
licheren, sowie nördlichsten Theil des europäischen Russlands, in Sibirien aber durch die
Küste des Eismeeres gebildet. Als Westgrenzgebiete seines Vorkommens kennt man Ost-
preussen, Litthauen und das Gouvernement Charkow. Von da geht seine Aequatorialgrenze
ostwärts über die Wolga gegen den Uralfluss hin, dehnt sich über den Südrand Sibiriens aus
und senkt sich in östlicher Richtung bis zum Amurlande und Sachalin herab. Sein nord-
östliches Wohngebiet bilden die Küstengebiete des Kamtschatkischen und ochotskischen.
Meeres. Als sporadisches, durch von früher (der Eiszeit her) zurückgebliebene Reste be-
wirktes Vorkommen desselben sind die Alpen (jedoch nach Fatio, ebendaselbst, Seite 254,
nicht auch der Jura), dann die Pyrenäen und der Kaukasus nach Ménétriés zu bezeichnen.
Knochen desselben wurden nach Lartet und Chantre (Archiv d. Mus. d. Lyon, I) in
Frankreich gefunden. Nach Forsyth Major (Atti d. 1. soc. Ital., Т. XV, Seite 390) fanden
sich deren auch in Italien bei Parignana. Geinitz (Jahrbuch f. Mineralog. 1844, Seite
773) spricht von solchen, die nebst denen von Canis lagopus aus der im Canton Solothurn
befindlichen Thaynger-Höhle stammen und im Dresdener Museum aufbewahrt werden. Die
Hasenreste von der Schussenquelle, welche О. Fraas (Archiv f. Anthropolog., Band II,
SÂAUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. ö 93
S. 34) beiläufig erwähnt, könnten wohl auch, wenigstens theilweise Lepus variabilis ange-
hört haben, da dort auch viele Reste mit Knochen von Canis lagopus mit denen des Ren-
thieres vorkamen. Dass unter den von Sandford (Annal. Magaz. of. nat. hist., T. XXVI,
p.) geschilderten Hasenresten manche davon dem Lepus variabilis angehören dürften,
namentlich die dem vermeintlichen Lepus hibernicus und altaicus ähnlich gefundenen, wurde
bereits bemerkt. Die Hasenreste aus den altaischen Höhlen wurden übrigens von mir als
dem Lepus variabilis angehörig nachgewiesen (siehe meine Untersuchungen, Spec. 19). Der
Schneehase darf wohl diesen Mittheilungen zu Folge als diluvialer von Nordosten einge-
wanderter, bis in die Alpen und Pyrenäen vorgedrungener Bewohner Mittel- und selbst
_ theilweise Westeuropas angesehen werden, welcher später nach Norden sich zurückzog, aber
noch jetzt vorhandene, theilweise schon abgeschwächte Colonien auf den genannten Central-
gebirgen Europa’s (nach Ménétriés auch auf dem des Kaukasus) zurückliess.
Zusatz. Letztere Ansicht habe auch ich in meiner «Diluv. Fauna von Zuzlawitz» ver-
treten. Unter den massenhaften Resten der Spalte I, von Zuzlawitz glaubte ich, abgesehen
von geschlechtlichen Differenzen zwei Formen unterscheiden zu können, eine etwas schwächere
und eine stärkere. Auch in der Öertova-dira-Höhle konstatirte ich sein Vorkommen (siehe
meine Arbeiten wie а. у. a. O.); ferner bestimmte ich für Herrn G. Ossowski einen Rest
aus der Höhle Na Wrzosach u Rybnej. Nehring bestimmte Reste aus Thiede und aus
Westeregeln, vom Seveckenberge, vom Sudmerberge bei Goslar, aus der Hirschhöhle, vom
Berge Novy, aus dem Löss bei Würzburg, aus den Fuchslöchern, aus den Dolomitspalten
von Steeten durchweg als fraglich (Uebersicht ect.). Liebe bestimmte Reste aus der Linden-
thaler Hyänenhöhle (s. а. у. а. O.); Rütimeyer aus der Thayinger-Höhle (s. a. у. a. O.).
Acconei berichtet über Reste aus der Höhle Cucigliana bei Pisa (3. а. у. a. O.); Liebe aus
der Vypustek-tiöhle, fraglich (s. a. у.а.0.); Szombathy aus der Diravica-Höhle in Mähren
(Hochstetter: Viert. Jahresb. d. prähist. Commiss., Sitzb. d. kais. Akad. d. Wiss., Wien,
B. LXXXII, 1880). Da die Bestimmung der Reste dieses Thieres sehr grosse Vorsicht
und Uebung erheischt, übergehe ich einige Angaben minder geübter Forscher. W.
Lepus cuniculus L.
Cuniculus algirus, Lepus priscus H. v. Mey., Lepus cuniculus foss. auct.
Gervais: Paléont. р. 48; Pictet: Pal. I, р. 256, ТУ, р. 705; Owen: Brit. foss. mamm.
Das Kaninchen, wozu ich den Cuniculus algirus Lereb. der Exploration scientifique de
l’Algerie р. 122, als blosse climatische Varietät ziehe, bewohnt gegenwärtig im wilden Zu-
stande, so viel mit Sicherheit bekannt, Algerien, Marocco, Portugal, Spanien, die Balearen,
einen Theil Frankreichs und Italien nebst Corsika, Sardinien und Sicilien. In den fünf letzt-
genannten Ländergebieten ist es jedoch im Allgemeinen schon selten. Ob auch die im fernen
Osten Südeuropa’s auf den Cycladen, einigen kleinen bei Candia gelegenen Inseln, dann auf
94 J. N. WoLDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
Patmos und die angeblich in Griechenland und Kleinasien vorhandenen Kaninchen dort ur-
sprünglich zu Hause seien, dürfte noch nicht fest stehen, jedoch nicht geradezu geläugnet
werden können. Die in Deutschland gegenwärtig hie und da vorhandenen angeblich wilden
Kaninchen scheinen wohl wenigstens in der Mehrzahl, ja vielleicht alle, verwilderte, nicht aus
einer fernern Urzeit noch herstammende Reste zu sein. Geht man indessen auf die Dilu-
vialzeit nach Maassgabe der fossilen, in Portugal, dann häufig in Frankreich und England,
“ ferner wenig häufig in Belgien und Deutschland nachgewiesenen Reste zurück, so darf man
wohl mit Sicherheit annehmen, das Kaninchen sei damals nicht auf die oben genannten
Länder, wo es noch jetzt im wilden Zustande lebt, beschränkt gewesen, sondern sein Ver-
breitungsgebiet habe sich auch auf England, Belgien und Deutschland, ja noch weiter nach
Osten, möglicherweise selbst bis Kleinasien ausgedehnt. Das Kaninchen möchte demnach
denjenigen Gliedern der tertiären Fauna anzureihen sein, die zwar in die diluviale Fauna
hineinragten, später aber in Folge der Erkaltung des Nordens nach und nach auf ihre
jetzigen südlichen Wohnorte (Nordafrika und den Südwesttheil Europa’s u. s. w.) beschränkt
wurden. — Ausführliche auf die vorstehenden Mittheilungen bezügliche Erörterungen finden
sich in meinem Aufsatze: Untersuchungen über das Kaninchen Lepus cuniculus ect., Melang.
biol. tir. d. Bull. d. l’Acad. Imp. d. scienc. d: St. Pétersbourg. Tome IX, 1875.
Zusatz. In Zuzlawitz kam das Kaninchen in der Spalte II zur diluvialen Waldzeit vor,
also lange nach der Eiszeit (5. а. у. O.). Nehring hält die von Giebel vom Sevecken-
berg bestimmten Reste nicht für diluvial (Uebersicht ect.). | №.
Lagomys pusillus Desm.
Lagomys spelaeus Owen; Meyer (Palaeontol., Seite 61 u. 133).
Hensel: Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft, Band VIII; Forsyth Major: Atti 4. 1. Soc.
Italia, T. XV, Seite 390; Arn. Locard: Note sur l’bröches osseuses des environs de Bastia (Corse).
Archives 4. Mus. d. Lyon, Т. I, Livr. 2; Owen: Brit. foss. mamm.; Gervais: Pal., p.49, 56; Zool.
et Pal. gén, р. 104; Dawk. a. Sandf.: Pal. Soc. XVIII, р. 37 u. 41; Pictet: Pal. I, р. 257,
IV, p. 705.
Ein Schädel von Lagomys ist bei Cuvier abgebildet. Mit den von Locard gefundenen
Schädeln kamen überhaupt (Seite 43) vor: Homo — Schädelbruchstück; Lagomys corsicanus,
Skeletreste (überaus häufig); Myoxus glis, Skeletreste; Mus silvaticus (Skeletreste), Canis
vulpes? Rippe; Lepus.
Die Schädel von Zagomys sind mitunter zertrümmert, wohl weil der Mensch das Hirn
zu seiner Nahrung herauszog (Seite 45). Lagomys soll mit dem Menschen unmittelbar unter
der Gletscherregion in Corsica gelebt haben.
Man hat mehrere westeuropäische Arten von Zagomys aufgestellt, so L. sardus
Wagner, L. spelaeus Owen, Lagomys loxodus Gervais (Zoolog. et paléontolog. fr., 2. €d.,
Seite 49—50) (Montpellier); Lagomys species Gervais von Marseille mit Hystrixæ major
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 95
(Gervais: Compt. rend. 4. ’Academie de Paris, 1859, Vol. X, L. IX, Seite 511; Arch.
d. Mus. d. Lyon, I, Seite 49). Sonderbar, dass gegen Eichwald’s Angabe noch keine Reste
in Sibirien gefunden wurden.
Zusatz. Lagomys pusillus Desm. fand ich in Zuzlawitz, Spalte I (Diluv. Fauna у. Zuzl.,
Sitzb. d. k. Akad. d. Wiss., Wien 1880, 1881 u. 1883); ferner bestimmte ich dieses Thier
aus den beiden mährischen Höhlen Certova-dira und Sipka‘ (3. а. у. а. O.), sowie aus der
Höhle Na Wrzosach u Rybnej. Nehring bestimmte Reste aus Thiede fraglich und aus
Westeregeln (Quatern. Faunen v. Thiede ect.), vom Sudmerberg bei Goslar fraglich, aus
der Hirschhöhle fraglich, vom Berge Novy, von Nussdorf bei Wien, von Baltringen fraglich,
aus den Dolomitspalten bei Steeten fraglich; fraglich aus О; Ruszin (Dr. Roth’s Ausgra-
bungen ect.). Die fraglichen Reste bezeichnet Nehring als Z. hyperboreus? (Uebersicht ect.).
Reste kommen auch in der Balven-Höhle vor und nach Dupont in Trou du Sureau in
Belgien ($. а. a. O.). W.
Lagomys corsicanus Cu v.
? Lagomys alpinus Е. Cuv.
Lartet et Chantre: Arch. d. Mus. de Lyon, I, р. 53, mit Abbildungen auf Pl. VII.
Corsica.
Gleicht am meisten dem Lag. alpinus.
Zusatz. Solche Reste, wie sie Cuvier aus Bastia auf Corsica beschrieb, kamen auch in
der Knochenbreccie von Cagliari vor. Hensel bearbeitete die zahlreichen Reste, fand eine
grosse Uebereinstimmung mit den Resten aus dem Miocän von Samson und Oeningen
und stellte für alle Reste das neue Genus Myolagus auf und bezeichnete die Reste von
Corsica und Sardinien mit Myolagus sardus (Zeitschr. d. d. geolog. Ges., Jahrg. 1856)
Nach Forsyth Major (Remarg. sur quelq.. Mammif. post-tertiaires ect., Atti d.l.soc. Ital.
Scienze natur. Mailand, Vol. XV, 1873) kann kein Zweifel an dem postpliocänen Alter der
betreffenden Ablagerungen auf Corsica und Sardinien bestehen, ja Fors. Major glaubt, dass
Myolagus sardus Hensel noch zur neolithischen Zeit auf Corsica existirte (Breccie Ossif. e
staz. neolit. in Corsica, Archiv. per Anthrop. e l’Etnol., Vol. X, р. 3). Es wäre dies also ein
Thier, das sich wenig verändert, vom Miocän bis zur Jetztzeit erhalten hätte. W.
Ordo PROBOSCIDEA.
Elephas primigenius Blumenb.
Cu vier: Rech. s. 1. oss. foss.; Pictet: Pal. I, р. 283; IV, р. 705; Dawk. a. Sandf.: Pal. Soc. XVIII
р. 25; Gervais: Zool. et Pal. gén., р. 98 (sehr wichtig); О. Heer: Urw., р. 543 u. 545; Fischer,
Oryctogr., р. 111; Gemellaro: Sulla possibilita delle esistenza di Elephanti indigeni in Sicilia nel
periodo quaternario, Atti dell’ Acad. Givenia di Scienze nat. di Catania, p. 135.
96 J. N. WoLDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
Ausführlicheres siehe meine Aufsätze: Ueber die Existenz von sechs Arten vorwelt-
licher Elephanten, die im Zahnbau dem asiatischen Elephanten ähneln. Mém., VI Ser., Sc.
math. phys. et nat., T. II, 1833. Mittheilungen über die Gestalt und die Unterscheidungs-
merkmale des Mammuth oder Mamont, Bull. 4. l’Acad., T.X, р. 93. Zur Lebensgeschichte
des Mammuth, ebenda. Einige Worte zur Ergänzung meiner Mittheilungen über die Natur-
geschichte des Mammuth., Bull. а. ГАсаа., T. X, 1866, р. 361. Einige Worte über die
Haardecke des Mammuth, Bull. de l’Acad., Т. XV, 1871, р. 347.
Reste in Europa, Nordasien und Nordamerika.
Zusatz. In Zuzlawitz fand ich in der Spalte II nur Zahn-Lamellenfragmente des
Mammuth vor (siehe meine: Zoographische Resultate der Durchforschung von Spalten-
höhlen im Böhmerwalde; Mitth. der Section für Höhlenkunde des Touristen-Clubs, Wien
1884). Auch aus Jicin und Dremcic, Lobositz, Chodovlice bei Raudnitz in Böhmen, be-
stimmte ich Reste.
Es sei hier übrigens bemerkt, dass die zahlreichen in Mitteleuropa vorkommenden
Funde grosser diluvialer Elephanten gewöhnlich ohne weiteres als Zleph. primigenius
bezeichnet und unter dieser Benennung aus den allermeisten diluvialen Fundorten ange-
führt werden. - W.
Elephas meridionalis Nesti.
Pictet: Pal. I, p. 283, IV, p. 705; Dawk. a. Sandf: Pal. Soc. XVII, p. 35; Gervais: Zool. et Pal.
gen., Pl, XIX; Giebel: Fauna.
Diluvium Frankreichs, Englands und Italiens.
Zusatz. Dieser Elephant gehört dem Tertiär der genannten Länder an.
E. T. Newton führt aus dem präglacialen Forest-Bed Englands: Zlephas meri-
dionalis, Eleph. antiquus und Eleph. primigenius an (3. a. у. а. O., №7, Vol. VIII, 1881).
W.
Elephas antiquus Falc.
Dawk. a. Sandf.: Pal. Soc. XVIII, р. 39.; O.Heer: Urwelt der Schweiz, р. 498 u. 545.
England, Deutschland, Schweiz und Italien.
Zusatz. O. Heer berichtet, dass, als dieser Elephant in Europa (Steinkohle von
Dürnten) lebte, die Pflanzenwelt diesseits und jenseits der Alpen wohl denselben Charakter
wie gegenwärtig besass und meist aus denselben Arten bestand (а. а. O., р. 501). W.
Elephas priscus Goldf.
Pictet: Pal. I, р. 283, IV, р. 705; Dawk. a. Sandf: Pal. Soc. XVII, р. 26.
Deutschland, Frankreich.
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 97
‚ Zusatz. Dieser Elephant stellt eine Form dar, welche mit dem lebenden afrikanischen
Elephanten, Æ. africanus, übereinstimmt, seine Reste wurden auch bei Madrid und bei Wit-
tenberg in Preussen gefunden. W.
Elephas minimus Giebel.
Elephas pygmaeus Fischer.
Pictet: Pal. I, p. 283, IV, p. 705; Giebel: Fauna.
Deutschland.
Zusätze. А. Leith Adams (G. а. Mortillet: Le préh. ant. d. l’homme, р. 201) unter-
scheidet auf der Insel Malta drei mehr oder minder kleine Elephanten: Zlephas mnaidri-
ensis, Е. melitensis und Е. Falconeri; von letzterem, der eine Höhe von etwa 90 cm. er-
reichte, meint G. d. Mortillet, dass er vielleicht ein jüngeres Individuum der vorher-
gehenden zwei obigen Formen repräsentire. Reste, die einem kleinen Mammuth zuge-
schrieben wurden, fand man ausser auf Malta noch am Seveckenberge bei Quedlinburg in
Preussen (Giebel), bei Gerolstein, ferner in den Sundwigschen Höhlen. -Prof. MaSka aus
Neutitschein fand kleine Mahlzähne in der Sipka-Höhle in Mähren, von denen ich eine
Zeichnung sah; ich hielt dieselben für Zähne des Æ. pygmaeus. Es haben sich jedoch ge-
wichtige Stimmen gegen die Existenz eines kleinen Mammuths erhoben, so erklärte Neh-
-ring den obengenannten verletzten Unterkiefer aus Quedlinburg für den eines jungen Æle-
phas primigenius. Auch Schaffhausen hält die kleinen Mahlzähne für Milchzähne eines
jungen Е. primigenius und weist darauf hin, dass Extremitätenknochen eines solchen kleinen
Mammuths nicht gefunden wurden. Dem entgegen schreibt Luigi Acconci (Di una ca-
erna fossilife ra scop. a Cucigliana, Monti Pisani, Atti d. Soc. Tosc. d. Scien. Nat., Pisa,
Vol. V, 1880) in der Höhle Cucigliana gefundene kleine Zähne sogar einer kleinen Form
des Zlephas antiquus unter der Bezeichnung Æ. antiquus var. nana zu. Forsyth Major
berichtet (Tyrrhenis, Globus VII, 1883), dass im Jahre 1882 bei Gonnesa in Sardinien
Extremitätenknochen eines kleinen, aber vollständig erwachsenen Elephanten zum
Vorschein kamen, den er Ælephas Lamarmorae nennt. Derselbe stimmt in den Dimensionen
mit dem grössten der auf Malta vorkommenden, nämlich dem Zleph. mnaidriensis überein,
weicht aber in den Carpal- und Tarsalknochen ab und nähert sich in diesbezüglichem
Вале dem Riesen Æ. meridionalis des Pliocän.
Wankel in Olmütz fand im diluvialen Löss von Predmost bei Prenau in Mähren zu-
nächst einen ziemlich gut erhaltenen Unterkiefer (Prvni stopy lidské na Morave Casop.
mnzejniho spolku olomuckého, ë. 3, 1884), den er unter dem Namen Zlephas pygmaeus
Fischer beschreibt. Die beiden Unterkieferäste desselben sind vollständig verwachsen. Der
vordere vollständig angekaute Backenzahn besteht aus sieben Schmelzbüchsen; die Kau-
fläche ist 55 lang und 35 breit. Der hintere Zahn besteht aus 14 Schmelzbüchsen, von denen
die vorderen fünf angekaut sind ; derselbe ist 105 lang und 35 breit. Nach Owen’s Unter-
suchungen (Odontography or, a treat. on the comparative anatomy of the teeth in the
Mémoires de l*Acad. Imp. des sciences, VIIme Serie. 13
98 J. N. WOLDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
Vertebrate Animals, V. 1, 229 Elephas) könnte der vordere Zahn dieses Restes dem zwei-
ten Backenzahn und der zweite dem dritten entsprechen, es müsste aber dann der Unter-
kiefer, wie Wankel richtig bemerkt, einem drei- bis vierjährigen Individuum des Е. pri-
migenius angehören. Nun sind aber, wie gesagt, die Unterkieferäste fest verwachsen und
dazu fand Wankel auch noch kleine Extremitätenknochen mit vollständig verwachsenen
Epiphysen. Ich habe diesen Unterkiefer selbst im Museum zu Olmütz besichtigt und glaube,
dass derselbe einem erwachsenen Individuum einer kleinen Form des Mammuths angehören
dürfte. Es ist nicht nur möglich, sondern auch wahrscheinlich, dass einzelne der an ver-
schiedenen Orten gefundenen kleinen Backenzähne einem jungen Zlephas primigenius ange-
hören, Wankel fand auch solche in Predmost, allein der Unterkiefer aus letzterer Loka-
lität lässt mit Rücksicht auf die kleinen Elephanten Malta’s und Sardiniens die Existenz
eines kleinen Elephanten auch in Mitteleuropa sehr wahrscheinlich erscheinen. Kommt der
von mir nachgewiesene alte Cuon in Mähren vor, dessen Existenz Е. Major auch aus Bo-
naria meldet, warum könnte das nicht auch mit einem Zwergelephanten der Fall sein.
G. 4. Mortillet führt noch (а. у. а. O., р. 200), Zlephas intermedius und Blephas
armeniacus an; den ersteren stellte Jourdan (mit Recht als Form) auf und Mortillet
weist denselben als Varietät oder Race des Æ. antiquus zwischen diesen und den EZ. pri-
migenius, was wohl nicht unwichtig ist für die Beurtheilung der Formenreihe von Ё. meri-
dionalis angefangen. Den zweiten dieser Elephanten stellte Falconer auf Grundlage von
Zähnen auf, die aus Armenien stammen und der auch’in Italien gefunden wurde, Mor-
tillet hält denselben für eine Varietät des Ё. antiquus und bezeichnet denselben als eine
wirkliche Uebergangsform zwischen dem И. antiquus und dem Ælephas indicus, was wohl
auch sehr wichtig erscheint.
Die vorstehenden Elephanten bilden eine sehr interessante Formenreihe, welche uns
gleichzeitig ihre Entwickelungsreihe darstellt. Vom pliocänen Zlephas meridionalis
durch einige geringere Abweichungsformen in der Zahnbildung zu dem В. antiquus und
von diesem einerseits zu И. intermedius und Е. primigenius, andererseits durch А. ar-
meniacus zum jetzt lebenden Æ. indicus und endlich wahrscheinlich zum Theil in Folge
von Nahrungsmangel von Z. meridionalis zu den kleinen Formen von E. mnaidriensis, Е.
melitensis (etwa Е. Falconeri), Е. pygmaeus und Е. Lamarmorae. Der В. priscus aber ist
eine Form, welche zu Ё. meridionalis parallel gestellt werden muss, sich während des Di-
luviums weiter nicht mehr änderte und zu dem jetzt lebenden Я. africanus führt. W.
? Mastodon.
Herm. v. Meyer: Palaeontogr. XVIII, 1867.
Da Pallas (Act. Acad. Petrop. pro 1777, р. 213) einen in einer horizontalen, eisen-
schüssigen Sandschichte in der Nähe der unteren Belaja unfern ihres Einflusses in die
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 99
Kama, in der westlichen Abdachung des Uralgebirges gefundenen Zahn der Gattung Mas-
todon beschreibt und Taf. IX, fig. 4 abbildet, so würden, wenn seine Angabe des Fundortes
richtig ist, worüber keine begründeten Zweifel sich erheben lassen, auch Mastodonten
am Ural möglicherweise noch zur Diluvialzeit (wie in Amerika) vorgekommen sein.
Uebrigens bemerkte schon Eichwald (Lethaea Ш, р. 353), man habe die Reste seines
Mastodon intermedius im Diluvium von Studenica in Podolien entdeckt, indem er (ebenda,
p. 353) hinzufügte, Nordmann erwähne eines 40 Werst von Odessa aus dem oberen Ter-
tiär stammenden Zahnes eines Mastodon. Die Reste des bei Nikolajew gefundenen Masto-
don waren so gut erhalten, dass sie kaum aus sehr alter Zeit stammen. Eichwald spricht
übrigens (Bull. 4. nat. а. Мозс., 1860) von Mastodon longirostris bei Odessa und sagt (ebenda,
№ 4, Separatabdr., р. 31), dass Mastodon angustidens = longirostris mit Rhinoceros ticho-
rhinus in Frankreich im Diluvium mit Steinwerkzeugen vorgekommen sei.
Zusatz. Da Gabr. de Mortillet (Le préhistorique antiquité de l’homme, Paris, 1885)
eines solchen Vorkommens in Frankreich, wie das eben citirte, nicht erwähnt, was er bei der
Wichtigkeit des Gegenstandes, gewiss nicht unterlassen hätte, so dürfte dieses Citat Eich-
wald’s auf einem Irrthum beruhen. Uebrigens glaube ich, dass sowohl der von Pallas gemachte
Fund im Ural, worauf auch schon die «eisenschüssige Sandschichte» hindeutet, als der Fund
von Studenica und von Nikolajew tertiären Alters sind, da man sonst nirgend in Europa
‚ diluviale Mastodonten gefunden hat, wenn auch die amerikanischen Mastodonten am Ohio
gleichzeitig mit dem Mammuth lebten; J. F. Brandt hat daher wohl mit Recht vor der
Bezeichnung Mastodon (im Manuscripte steht dabei Zapiroides) ein Fragezeichen gestellt.
W.
Ordo ARTIODACTYLA.
a) Choeromorpha.
Suina.
Sus scrofa L.
2 биз palustris Rütim., биз scrofa fer.
Owen: Brit. №55. Mamm.; Gervais: Paléont.; Dawk. a. Sandf.: Palaeont.; Rütim.: Pfahlbauten, р. 16
u. 119; Rütim.: Unters., p. 32; Pictet: Pal. I, p. 325; IV, p. 705; Gervais: Zool. et Pal. gén.
p. 101; Nathusius.
Nur noch hie und da in Belgien anzutreffen (Sel. Longch.: Faune belgique, Seite XII).
In den Waldungen der Saar, Mosel, der Eifel, 1844, gemein (Schäfer: Moselfauna, S. 46).
Im Jahre 1845 in der Mark schon seltener (J. H. Schulz: Fauna marchica, Seite 53).
Sus scrofa geht nicht über den 53.° hinaus. Im Münsterlande existirt dasselbe nicht mehr
als Standwild (Altum: Fauna des Münsterlandes, 1843).
13*
100 J. N. WOLDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
Hinsichtlich des Torfschweines stehen zwei Ansichten einander entgegen. Nach Rüti-
meyer (Fauna der Pfahlbauten, Seite 26, 33 u. 119) ist dasselbe eine Race, die im Stein-
alter neben Sus scrofa in Europa wild lebte. Rütimeyer: Neue Untersuchungen über das
Torfschwein. Verhandlungen der naturwissenschaftlichen Gesellschaft in Basel, IV, 1864.
Fatio: Vertebres de la Suisse, Seite 357. Ob das Torfschwein eine besondere untergegan-
gene, in Europa heimisch gewesene Art, oder eine durch Cultur veränderte und verküm-
_ шее Race des Wildschweines sei, oder ob es von einer von anderswoher eingeführten Art
stamme, scheint noch nicht gehörig nachgewiesen. Schütz und Hartmann finden dasselbe
identisch mit Sus sennaariensis (J. W. Schütz: Zur Kenntniss des Torfschweines. Berlin,
1868, Seite 44). Für diesen Fall könnte es aus dem Sennaar über Egypten oder durch
phôünicische Carthager nach Europa gelangt sein. Der afrikanische Ursprung wäre nicht
gerade undenkbar, da ja auch die Ziegen in der Schweiz eingeführt waren. Ziegenreste
der Pfahlbauten sind nach Rütimeyer mit denen der heutigen Schweizer Ziegen identisch
und kommen häufig in denselben vor (Rütimeyer, Fauna, Seite 127).
Zu erwähnen wären noch: Sus priscus (Giebel: Fauna) im Diluvium Belgiens und
Sus Serresü (Giebel: Fauna) im Diluvium Frankreichs und Deutschlands.
Zusätze. In seiner ausführlichen Schrift: Il teschio del porco delle Mariere, studio
comparativo, di 140 pagine in-8° con 3 tavole (Atti della Società di Scien. natur. V, XXV,
Milano 1882) bekämpt Pel. Strobel bei der Besprechung der Zähmung des Schweines die
von Nathusius aufgestellte Ansicht, dass die langgezogene Schädelform des wilden Schwei-
nes eine Folge sei der Thätigkeit der Kopfmuskeln beim Wühlen in der Erde und dass eine
Unthätigkeit in dieser Beziehung eine gekürzte Schädelform hervorbringe, indem sich das
Gegentheil vorfindet.
Das Schwein der Terremare und das Schwein der Pfahlbauten, Sus palustris Rütim.,
gehören einer Race an, das erstere bildet eine Varietät dieser Race, welche Strobel mit
«Sus palustris ibericus» bezeichnet. Ein Vergleich des recenten Sus tbericus mit Sus palus -
tris zeigt, dass das letztere der Stammvater des ersteren ist; die Verwandtschaft resultirt
nicht nur in Beziehung auf den Schädelbau, sondern auch in atavischer und archäologischer
Beziehung. Es giebt vier Typen des lebenden Schweines: 1) Sus celticus Sanson mit dem
Stammvater Sus scrofa L. (wildes Schwein), 2) Sus ibericus Sanson mit dem ausgestorbe-
nen Stammvater биз palustris Rütim., 3. биз indicus Pall. mit dem Stammvater биз vit-
tatus Temminck, 4. Sus verrucosus Müller und Schlegel.
Nachdem noch Strobel die spätere Ansicht Rütimeyer’s bezüglich der Abstam-
mung des Sus palustris bekämpft, derzufolge Sus palustris vielleicht schon in gezähmtem
Zustande nach Europa kam, weil eine mit Sus palustris verwandte Form schon im Miocän
Europa’s vorkommt und ersteres noch im Quaternär von Paris aufgefunden wurde,
gelangt schliesslich Strobel zu dem nicht unwichtigen Resultate, dass биз palustris
weder durch Kreuzung entstanden sei, noch nach Europa importirt wurde, sondern
eine eigene einheimische, europäische Species oder eigenthümliche Form sei, die in
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SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 101
der Quartärepoche durch die Stein-, Bronze- und Eisenzeit bis zur Römerzeit auftritt und
von welcher биз ibericus der gegenwärtige Nachkomme sei').
Forsyth Major führt in seinem Aufsatze: Studien zur Geschichte des Wildschweines
(Zoolog. Anz., 1883, № 140) an, dass es nur die nachstehenden Arten lebender Schweine
gebe: Sus verrucosus Müll. u. Schleg., Sus barbatus Müll. u. Schleg., Sus scrofa und Sus
vittatus Müll. u. Schleg., unter welchem letzteren er neunzehn Formen als Synonyme zu-
sammenfasst, die meist über die orientalische und äthiopische Region verbreitet sind.
In Zuzlawitz, Spalte II, fand ich zweierlei Reste vom Schwein (s. a. v. a. O., 3. Be-
richt) und zwar zunächst Reste einer grösseren Form, die wohl dem Wildschwein Sus
scrofa L. angehören, ferner Reste einer kleineren verwachsenen Form, welche ich zu Sus
palustris Rütim. stellen zu können glaubte. Auch aus dem diluvialen Lehm von Kuttenberg
in Böhmen bestimmte ich dieselben zwei Formen (siehe meine: Beiträge zur Urgeschichte
Böhmens, 2. Theil, Mittheil. d. Anthropolog. Ges., Wien, B. XIV, 1884); ferner aus meh-
reren kleineren diluvialen Fundorten Oesterreichs, in meinen verschiedenen Schriften zer-
streut. Diese Funde bestätigen die Ansicht Peleg. Strobel’s, dass nämlich биз palustris
Rütim. eine einheimische europäische Species ist, deren verwandte Form schon im Miocän
erscheint, und welche dann im Quaternär Europa’s auftritt. Die von mir bestimmten dilu-
vialen Reste wären Sus palustris fossilis, als dessen Nachkomme Sus palustris Rütim. der
_Pfahlbauten und Sus palustris ibericus der Terremare und weiter als der heutige Nachkomme
Sus ibericus Sans., sowie wohl auch das mit letzterem verwandte böhmische Hausthier an-
zusehen wären. Dass auch das europäische Wildschwein gezähmt wurde und zur Rassenbil -
dung beitrug ist wohl zweifellos.
Ueber Reste von Sus scrofa berichtet Liebe aus der Lindenthaler Hyänenhöhle (s. a.
у. а. O.); Zittel aus der Räuberhöhle (5. а. у. a. O.); Fraas aus der Ofnet-Höhle und aus
Hohlefels (s. а. у. a. 0.); Nehring aus den Fuchslöchern (Uebersicht etc.), aus О. Ruszin
(Dr. Roth’s Ausgrabungen ete.); Dupont aus Trou du Sureau; auch in der Balver-Höhle
kamen Reste vor. E. T. Newton citirt Reste aus dem präglacialen Forest Bed (s. a. v.
a. O.); Struckmann aus der Einhornhöhle (Reste quartärer Säugethiere etc.); Ranke aus
dem Zwergloch (s. a. у. а. O.). W.
Hippopotamida.
Hippopotamus major Cuv.
Hippopotamus amphibius L.
Im Pliocän, Neuen Pliocän und Diluvium. Owen: Brit. foss. Mamm.; Dawk. a. Sandf.: Pal. XVII, р. 28;
i Pictet: Pal. I, р. 321; Gervais: Zool. et Pal. g&n., р. 101; Giebel: Fauna.
Im Moskauer Gouvernement. Fischer: Oryctograph., Seite 115, Р1. ПТ. Nach Eich-
wald: Lethaea III, Seite 355, Anmerkung, soll das von Fischer (Oryctogr.) dem Hippo-
1) Auch das böhmische Hausschwein wird wohl von Sus palustris abstammen. W.
102 J. N. WoLDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
potamus zugeschriebene Becken das von Rhinoceros sein. Reste des Hippopotamus sind mit
denen von Mammuthen, Auerochsen, Hirschen, Bären und Rhinoceroten in England viel-
fach entdeckt worden, nebst Molluskenschalen, die nahezu dieselben waren, wie die jetzi-
gen. Einen schönen Unterkiefer, der bei Cromer (Norfolk) gefunden wurde, bildete Owen
(Palaeont., Seite 399, Fig. 159 und Seite 409, Fig. 162) ab. Nilpferde sollen in England
nach Buckland in der Periode gelebt haben, welche der Bildung des diluvial gravel
vorherging (Owen, Palaeontologie, Seite 406), wohnten also auch in Nordeuropa und
Nordamerika (ebendaselbst, Seite 407). Auch in Italien wurden Reste gefunden (Cuv., .
Rech.) und häufig in Frankreich (Gervais, Zool. et Paléontol. fr.). Wichtige Nachrichten
geben die Reliquiae Aquitanicae edited by Th. В. Jones, Part. XI. Im Oisethal kam Hip-
popotamus mit C. Tarandus, Ovibos, Elephas primigenius vor (Lyell: Alter des Menschen-
geschlechtes, Seite 107). Wir sind zwar gewohnt, die Hippopotamen für tropische Thiere
zu halten, da es aber nordische Elephanten und Nashörner gab, da ferner die Reste des
Hippopotamus major in England mit noch lehenden Schaalthieren, so wie mit Knochen vom
Mammuth, von Rhinoceroten (Rrhinoceros tichorhinus und Merckii) von Bos, Cervus, Ursus
und Нуаепа gefunden wurden, so müssen sie dort mit diesen Thieren ebenso wie in Frank-
reich und Italien, wo man ebenfalls Hippopotamen-Reste fand, zusammengelebt haben, wohl
als sie dort stets offenes Wasser fanden. Da man indessen weder in Osteuropa, noch in Si-
birien Reste derselben entdeckte, so lassen sie sich bis jetzt noch nicht wie die Mammuthe
die genannten Nashörner, Rinder u. s. w. als vom Nordosten gekommene Einwanderer an-
sehen. Sie könnten vielleicht accomodationsfähige Reste der durch ein wärmeres Klima
ermöglichten Tertiärfauna gewesen sein, welche, nachdem das Klima nach den Eiszeiten -
wieder wärmer geworden war, aus Südeuropa, vielleicht nur periodisch wieder nach Norden
vordrangen. In meiner Monographie der Tichorhinen (Mémoires de l’Académie, в. 1, 2, 3)
habe ich schon darüber gesprochen, wie man sich das Zusammenvorkommen des Hippopo-
tamus mit dem Renthiere, Ovibos, Rhinoceros Merckit möglicherweise zu erklären habe.
Nach Lartet (Ann. d. sc. nat., 1867, VIII, Seite 190) war der 51 Grad nördlicher Breite
die äusserste Verbreitungsgrenze.
Zusatz. E. T. Newton führt Reste an aus dem präglacialen Forest Bed Englands
(s. а. у. a. O.); Gaudry findet keinen Unterschied zwischen den quaternären Resten und
dem jetzigen Hippopotamus amphibius, welches schwächer ist als das tertiäre Hip. major.
Hippopotamus minutus Pict.
Hippopotamus Pentlandi v. Meyer.
Pictet: Pal. Гр. 321, IV, р. 307; Gervais: Zool. et Pal. gén., Pl. XIX.
Frankreich.
Zusatz. Nach Gab. de Mortillet (Le préhistorique antiquité de l’homme, Paris, 1885)
kamen auf Sicilien (Grotte San Ciro bei Palermo) Reste von zwei Tausend Individuen vor,
ferner wurden noch Reste gefunden auf Malta und Candia. W.
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 103
b) Ruminantia.
Cervina.
Cervus дата L,
Cervus dama giganteus Pictet, Cervus somonensis Desm.
Pictet: Pal. I, р. 356, IV, р. 705; Gervais: Zool. et Ра. gen., р. 101, Pl. XVII; Rütimeyer
Pfahlb., р. 62.
Reste des Damhirsches!) sind in Europa bis Dänemark und England, in Deutschland
und Nordafrika gefunden worden, sind jedoch noch nicht im östlichen und nördlichen Asien
nachgewiesen worden (Cornalia: Paléont., p. 74). In Bayern soll der Damhirsch im Frei-
singischen völlig wild (1798) gewesen sein nach Schrank (Fauna boica, Seite 79). Nach
Schulz (Fauna marchica, Seite 75) fehlte er seit der Zeit der Kreuzzüge im 11. oder 12-
Jahrhundert in Europa. In den Waldungen des Kreises Grossgerau und Gelnhausen in der
Wetterau kam er (wild) vor nach Jäger (Säugethiere der Wetterau, Seite 67). Im Mittel-
alter soll der Damhirsch in der Schweiz, nach Gessner im Canton Luzern und 1576 noch
im Wasgau vorgekommen sein. Fatio (Vertebr. de la Suisse I, p. 388) glaubt, Gessner
‚ habe sich getäuscht. Dass der noch jetzt in Kleinasien und Nordafrika lebende Damhirsch,
dessen Vorkommen in den diluvialen Schichten bis ins mittlere Europa reicht, daselbst
noch in vorgeschichtlichen Zeiten lebte, wies Jeitteles (Zoologischer Garten, Band XIV,
Seite 55) neuerdings nach. Reste des Damhirsches sind bis jetzt in Russland nur im Süden
gefunden worden, und zwar von Nordmann. Das Vorkommen von Resten des Damhirsches
in den Pfahlbauten ist nach Rütimeyer noch nicht gesichert (Fauna, 3. 62); was das Vor-
kommen in England anbelangt, so wird dasselbe von Owen (Brit. foss. Mamm., Seite 483)
noch bezweifelt. Ueber den Damhirsch zur Pliocänzeit in England siehe Ausland, Jahrgang
1875, № 8.
Zusatz. Diluviale Reste des Cervus dama bestimmte ich aus den Breccien von Sebenico
in Dalmatien, von der Insel Lesina (siehe meine: Beiträge zur Fauna der Breccien etc.,
Jahrb. d. k. k. geolog. Reichsanst., B. 32, 4. Heft, 1882), ferner aus den Breccien Istriens,
darunter einzelne Reste, die an Cervus dama giganteus Pictet mahnen (s. meine: «Paläontol.
Beiträge», Verhandl. 4. К. К. geolog. Reichsanst., Wien, № 7, 1886). [Ein Geweihfragment
aus der Bronzestation Pulkau in N.-Oesterreich konnte ich nur zu С. дата stellen, s.
meine: «Opferstätte bei Pulkau», Mittheil. 4. Anthropol. Ges., Wien, В. Ш, 1873. Unter
den mir in jüngster Zeit zur Bestimmung eingesendeten Knochen der neolitischen Station
Hradist& cimburské bei Kuttenberg fand ich einen Incisivzahn, der wohl nur zu ©. дата
1) Ueber die Verbreitung des Damhirsches siehe Erhard: Beiträge zur Thiergeographie, München, р. 162 und
Zool. Garten, 1875, Febr. 1876. В
104 J. N. WoLDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
gestellt werden kann.] Sandberger berichtet über diluviale Reste von Cervus aff. dama
aus dem Löss von Würzburg (Verh. d. phys. med. Ges. у. Würzburg, N. F., В. МУ, 1879
und Ausland, 1879, № 29). G. Ossowski führt Reste aus der postdiluvialen Schichte der
Höhle Maszycka an (Jaskinie okolic Ojcowa, etc.). Nehring berichtet über ein Skelet von
Cervus dama aus dem präglacialen Süsswasserkalk bei Belzing in Brandenburg (Sitzb. d.
Ges. Naturf. Freunde zu Berlin, 1883). W.
Cervus capreolus L.
(Cervus capreolus fossilis Pictet, Cervus capreolus Tournalüü Pictet.)
Pictet: Pal. I, p. 358, IV, р. 106; Dawk. а. Sandf.: Pal. Soc. XVIII, р. 28; Gervais: Zool. et Pal.
gén., р. 101; Rütimeyer: Pfahlb., p.61, Unters., р. 37; Cornalia: Paléontolog., Seite 75; Nord-
mann: Paläontolog.; Fatio: Vertebrés de la Suisse, р. 395.
Reste kommen, jedoch nicht zahlreich, im Diluvium von Europa, Mittel- und Nord-
asien vor, in den Pfahlbauten zahlreicher.
Zusatz. Aus der Wasserlughöhle bestimmte ich für Herrn Kraus einige Reste, ferner
aus der Höhle Maszycka einen Tarsalknochen, der übrigens aus einer postdiluvialen Schichte
stammt; aus Predmost einen Metacarpus für Herrn Dr. Wankel.
Ranke bestimmte Reste aus dem Zwergloch (s. a. у. а. O.); Zittel aus der Räuber-
höhle (s. а, у. a. 0.); Dupont aus Trou du Sureau (5. а. у. a. O.); Struckmann aus der
Einhornhôhle ($. а. у. a. 0); Szombathy fraglich aus der Höhle Diravica bei Mokrau in
Mähren (Hochstetter: Viert. Ber. d. gräfl. Comiss., Sitzb. d. k. Akad. d. Wiss., Wien,
B. LXXXIL 1880). W.
Cervus elaphus L.
Cervus canadensis auct.
Cornalia: Pal&ontolog., р. 65; Fatio: Vertebrés de la Suisse, р. 391; Fischer: Oryctogr., р. 118;
Dawk. a. Sandf.: Pal. XVIII, р. 27; Pictet: Pal. I, р. 357, IV, р. 705; Gervais: Zool. et Pal.
gén., р. 101; 0. Heer: Urw., р. 499; Rütimeyer: Pfahlb. р. 56, Unters. р. 36. Literatur sehr
zahlreich, viele Synonyma. Giebel: Fauna.
Europa, Mittel- und Nordasien. Der Umstand, dass unter den Geweihen des Cervus
elaphus solche vorkommen, welche denen des kanadischen Hirsches ähneln, spricht, wie mir
scheint, für die Identität beider. Der Hirsch der Pfahlbauten ist derselbe.
Zusatz. Ein dem gem. Hirsche nahestehendes, vielleicht mit ihm identisches Thier
kam auch in der II. Spalte von Zuzlawitz vor. Aus den Breccien Istriens bestimmte ich
(Beiträge zur Fauna der Breccien etc., Jahrb. der К. К. geolog. Reichsanst., Wien, 32. B.,
4. Heft, 1882 und «Paläontologische Beiträge, Verh. d. k. k. geolog. Reichsanst., Wien,
1886, M 7) neben einem Cervus elaphus normaler Grösse, einen Cervus elaphus? von der
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 105
Grösse, die ап ©. alces mahnt; dieselbe Form konstatirte ich auch in den Breccien der Insel
Lesina. Da auch A. у. Nordmann in seiner Paläontologie Südrusslands von einem «Cervus
elapho multo major» spricht, der grösser sei als ©. alces, da mir ferner erst heuer ein dilu-
viales Geweihfragment aus Kuttenberg zugesendet wurde, das von dem des Edelhirsches ab-
weicht und da sich endlich mehrere Bezeichnungen für den diluvialen Hirsch in der Lite-
ratur vorfinden; soscheinen auch vom Hirsche mehrere Formen zur Diluvialzeit in Europa
existirt zu haben; gewiss wird die grosse nordamerikanische Form Cervus canadensis unter-
schieden werden müssen.
Nehring führt Reste an aus Thiede (Quatern. Fauna v. Thiede etc.), aus der Hirsch-
höhle fraglich (Uebersicht eic.), Giebel vom Seveckenberge fraglich (3. a. у. a. O.), Liebe
einen Cervus elaphus canadensis aus der Lindenthaler Hyänenhöhle ($. а. у. а. 0.), Ranke
aus dem Zwergloch (s. а. у. a. 0.), Zittel aus der Räuberhöhle (s. а. у. a. O.), Fraas aus
der Ofnethöhle (s. а. у. а. 0.), Rütimeyer aus Thayingen (s. а. у. a. O.), Richter aus
den Fuchslöchern (s. а. у. а, O.), Lucae aus der Wildscheuer (у. Cohansen: Annal. f.
Nass. Alterthk. u. Geschichtsf., B. XV, 1879), Schwarze aus dem Unkelstein bei Rema-
gen fraglich (Verh. d. naturh. Ver. d. preuss. Rheinl. u. Westf., Jahrg. 36, Bonn, 1879;
‚nach Nehring erinnern letztere Reste an den sibirischen Maral oder an den nordamerikani-
schen Wapiti (Uebersicht etc.). Dupont berichtet über Reste aus Trou du Sureau (s. a.
‚у. а. O.), G. Ossowski aus der Höhle Maszycka und Na Milaszowce, Grota Majerova,
Murek, Nad Potoczkem (s. а. у. а. O.), Struckmann aus der Einhornhöhle (s. а. у.
a. O.), ferner aus Emmern an der Weser (Reste quartärer Säugeth., Hannover, 1884),
Szombathy aus der Diravica in Mähren (Hochstetter: Vierter Ber. etc.). W.
? Cervus Bucklandi Owen.
Owen: Brit. foss. Mamm., p. 485.
England, Kirkdal-Höhle. Ob nicht Cervus elaphus? W. B. Dawkins: hirschartige
Thiere (des pliocenen) Forestbed von Norfolk und Suffolk, Quart. Journ. geol. soc. vol. 28
(1872), Seite 405. N. Jahrbuch für Mineralog., 1873, Seite 444.
à Cervus (Strongyloceros) spelaeus Owen.
Owen: Brit. foss. Mamm., р. 469.
England, Kent’s Höhle. Macht nähere Nachweise wünschenswerth, ob es nicht eine
riesige Form von Cervus elaphus sei oder dem Cervus euryceros zu nähern sein würde,
Cervus euryceros Aldrov.
Cornalia: Pal., p. 54; Fischer; Oryctogr. de Moscou, p. 117; Pictet: Pal. I, p. 355, IV, p. 705;
Gervais: Zool. et Pal. gen., р. 110; Dawk. a. Sandf: Pal. XVIII, p. 27; 0. Heer: Urw., р. 542;
Rütim.: Pfahlb. p. 112, Unters., p. 39.
Mémoires de l’Acad. Пир. des sciences, VIIme Série, 14
106 J. N. WoLDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
Reste des Riesenhirsches sind über Europa und Sibirien (Eichwald, Brandt) ver-
breitet.
Zusatz. Fraas bestimmte Reste aus der Ofnethöhle von Utzmemmingen bei Nördlingen
(Correspdbl. der anthrop. Ges., 1876, № 8), Ranke Reste aus dem Zwergloch bei Pottenstein
(3. а. у. a. O.), die indess von Nehring etwas bezweifelt werden, Н. у. Meyer als frag- :
lich aus den Dolomitspalten von Steeten (N. Jahrb. f. Miner. 1846 u. Jahrb. für Naturk.
in Nassau, III), Nehring aus Thiede (Ueber die letzten Ausgrabungen von Thiede, Verh.
d. Berl. Anthropol. Ges., 1882). Im k. k. Hofmineralienkabinet des Hofmuseums in Wien
steht ein vollständiges Skelet aus Irland.
Е. T. Newton führt aus dem präglacialen Forest Bed ausser С. elaphus?, C. capreo-
us, С. megaceros?, noch zehn rectificirte Cerviden auf, darunter eine neue Species: Cervus
Dawkinsi Newt. (Geolog. Magaz., Dec. II, Vol. УП, № 10, London, 1880).
W.
Cervus Alces L.
Pietet: Pal. I, р. 355; IV, р. 705; Dawk. а. Sandf.: Pal. XVII, р. 26; Gervais: Zool. et Pal. gen.,
р. 101; О. Heer: Urw., р. 847; Rütim.: Pfahlb., р. 63, Unters., p.37; Cornalia: Paléont. Lomb.,
p. 46; Fatio: Vertebr. de la Suisse, p. 385.
Vorkommen in Europa, Asien und Nordamerika. In den Pfahlbauten der Schweiz
kommen Reste in Menge vor.
Zusatz. Ausführlicheres siehe J. F. Brandt: Beiträge zur Naturgeschichte des Elens
in Bezug auf seine morphologischen und paläontologischen Verhältnisse, so wie seine geo-
graphische Verbreitung (Mém., VII Ser., 1870, № 5 und Bull., T. XV, 1871, p. 254).
Reste kamen auch in der II. Spalte von Zuzlawitz.vor (s. а. у. а. O.). Maska bestimmte
Reste aus der Sipka-Höhle (s. a. v. a. O.), Liebe aus der Lindenthaler Hyänenhöhble (s. a.
у. а. O.), G. Ossowski aus der Höhle Maszycka (s. а. у. a. O.), aus den Höhlen: Pod Ko-
chanka, Grota Majerova, Nad Potoczkiem, Murek (О szezatkach fauny dyluvialniej etc.),
Na Milaszowce, Maszycka (Czwarte spraw. 2 badan w jaskin. okolic Krakowa, Zbior Wiadom.
do Antropol. Kraj, T. УП, dz.I. Krakow, 1883, und Jaskinia okolic Ojcowa etc.), Struck-
mann aus jüngeren quaternären Bildungen Hannovers (Ueber die Reste quartärer Säuge-
. thiere der Provinz Hannover, Jahresber. d. Naturhist. Ges. in Hannover, № 33 und 34,
1884). W.
Cervus tarandus L.
Rangifer tarandus Jord.
Dawk. a. Sandf.: Pal. Soc. XVII, р. 37 u. 39; Gervais: Zool. et Pal. gen., Pl. XI, XII; Pictet:
Pal. I, p. 356; Fatio: Vertebres de la Suisse, p. 385; O. Heer: Urw., p. 542.
Das Renthier ist ein in Europa, Asien und Nordamerika sehr verbreitetes Thier; seine
Literatur ist sehr gross. Die Renthierreste der Schussenquelle gehörten nach Fraas wilden
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 107
Thieren an, da sich daselbst keine Hundereste fanden. Gervais ist jedoch anderer Ansicht.
Das altweltliche und amerikanische Renthier sind identisch. Alien: Mammif. of Mass. im
Bullet. of the Mus. of comparat. Zool., Cambridge, Vol. I, 1863, p. 196. Nach J. A.
Smith war das Renthier in Schottland noch im 12. Jahrhundert (Proc. soc. Antiqu. Seottl.,
VIII, 1868—69, Seite 39; Newton Proc. Zoolog. societ., 1864, Seite 495; Malmgren:
Wiegm. Arch., 1864, Seite 87). Das Renthier fehlte in der Höhle von Mentone und ande-
ren Höhlen Italiens (The geol. Magaz., Vol. IX, Seite 272, 1872 oder 1873). Cervus ta-
randus spontaneus, Lilljeborg: Observat. zoolog. Lundae, 1844 (Diss.), Seite 21
dürfte wohl hierher gehören.
Zusätze. Näheres und Ausführlicheres siehe J. F. Brandt: Untersuchungen über die geo-
graphische Verbreitung des Renthieres in Bezug auf die Würdigung der fossilen Reste
(Zoogeogr. und Paläontol. Beiträge, 1867, p. 4); ferner den weiter unten folgenden Auf-
satz: Ueber die Beziehungen des Renthieres zum Menschen.
Nach Gervais: Remarq. sur l’anc. de l'homme. L’Instit. sc. math., 1864 und Lyell:
Append., p. 283 gehören die von Marc. de Serres aus der Höhle von Bize dem Cervus
Destrenii, C. Rebulii und C. Leufroyi zugeschriebenen Reste zumeist hierher, ebenso Cervus
Tournalit Gerv. und wohl auch Cervus Guettardi Cuv.
Aus den vorstehenden Andeutungen und aus den zahlreichen Berichten über Renthier-
funde in Europa scheint hervorzugehen, dass es einige Formen von Renthieren während
des grossen Zeitraumes der diluvialen Ablagerung in Europa gegeben haben dürfte. Auch G. de
Mortillet sagt (а. у. a. O., р. 385) «| doit exister des variétés et même des races dis-
tinctes. Die Renthiere aus Thorigné sind sehr klein, die aus Salutré aber sehr gross und
stark». C. Struckmann berichtet eingehend über die europäischen Funde während «ver-
schiedener geologischer Zeiträume» (Ueber die Verbreitung des Renthieres in der Gegen-
wart und Vergangenheit, Zeitschr. d. deutschen geologischen Gesellschaft, 1880).
In dieser lesenswerthen Abhandlung, so wie in seiner späteren Schrift (Ueber die bis-
her in der Provinz Hannover aufgefundenen fossilen und subfossilen Reste quartärer Säuge-
thiere (Jahresb. d. Naturhist. Ges. in Hannover, № 33 und 34, 1884) spricht Struckmann
die nicht unbegründete Ansicht aus, dass das Ren noch in einer verhältnissmässig nicht
sehr weit zurückreichenden Zeit in jenen Gegenden in grösserer Anzahl gelebt und von den
Urbewohnern gejagt oder als Herdenthier gehalten wurde. Neben mehreren anderen Fun-
den begünstigt diese Ansicht auch der letzthin gemachte Fund wohl erhaltener Rengeweihe
in dem Schlamme des Dümmer-See’s. |
In Zuzlawitz kamen Reste in beiden sehr verschiedenalterigen Spalten vor: in der Cer-
tova-dira und Sipka konstatirte Maëka das Vorkommen des Rens, worauf ich weitere Reste be-
stimmte (Beitr. 2. Fauna mähr. Höhlen, Verhandl. d. К. К. сео]. Reichsanst., Wien, 1880,
№ 15). Auch aus der Höhle Na Milaszowce in Polen bestimmte ich einige Reste (G. Ossow-
ski: Sprawozdanie z badan paleo-etnologieznych w jaskiniach okolic Krakowa, r. 1882;
Zbior wiad. antr. Kraj, Krakow, 1883, T. VII, D. 1). Wankel bestimmte Reste aus
14*
108 J. N. WoLDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
Predmost, woher auch ich, sowie aus Kuttenberg, einige Zähne bestimmte etc. Das Ren-
thier kommt an den allermeisten diluvialen Stationen vor und zwar in verschiedener
Gesellschaft; Nehring bestimmte dasselbe an mehreren Orten (Uebersicht etc.), G. Ossow-
ski aus der Höhle Maszycka (Jaskinie okolic Ojcowa, I Maszycka, Pamiet. Wydz. III, Akad.
Umiej., Krakow, Т. XI,1885), in der Höhle Murek (О szezatkach fauny dyluvijalnej wawozu
mnikowského. Spraw. Komis .fizyjogr. Akad. umiej., T. XVII), Szombathy aus der Höhle
Diravica in Mähren (Hochstetter: Vierter Ber. etc.). Jos. A. Ег1ё zählt neunzehn Fund-
orte aus Böhmen auf (s. а. у. а. O.).
Ich halte übrigens an der Ansicht fest, dass das Renthier bereits am Schluss der
Diluvialperiode, wenn nicht ein Hausthier, so doch mindestens ein vom Menschen gehegtes
Thier war. W.
Cavicornia.
Antilope rupicapra L. Pall.
Antilope Christolii M. de Serres.
Pictet: Pal. Бр. 361; Gervais: Zool. et Pal. gen., р. 100, Pl. XII; 0. Heer: Urw., р. 542 u. 546;
Rütim.: Pfahlb., p. 19 u. 67; Gervais: Zool. et Pal. fr., р. 84.
In der Schweiz (Rütimeyer) kamen einmal Reste mit denen des Höhlenbären in einer
Höhle am Wildkirchli (Canton Appenzell) vor, ferner in Frankreich (im Rhonethal) nach
Lartet, bei Odessa nach v. Nordmann.
Zusatz. Ich bestimmte Reste aus der Hochwarzenhöhle für Herrn Krauss, aus der
Stuhleckhöhle am Semmering für Herrn A. Hoffmann in Leoben; Rütimeyer aus Thay-
ingen (s. a. у. a. O.); Ecker aus Langenbrunn fraglich (s. а. у. а. O.); Dupont aus Trou
du Sureau (s. a. у. а. 0.); Maëka aus der Sipkahöhle (Prawëké nälezy w Stramberku etc.);
Marcel de Serres fand Reste in den Höhlen Sallès und Bize nach Gervais, Rivière in Men-
tone (Compte Rend., 1872); Nehring in O. Ruszin fraglich (Dr. Roth’s Ausgrabungen
etc.); Ossowski aus den Höhlen Maszycka und Na Milaszowce etc. (s. a. v. a. O.). W.
Antilope Saiga Pall.
Lartet: Compt. Rend., T. ГУШ, р. 1201 (1864); Gervais: Zool. et Pal. gén., р. 100.
. Jetzt ist dieselbe auf die asiatischen Steppen beschränkt; früher bis Polen verbreitet.
Die in Frankreich gefundenen Reste möchten jedoch wohl noch einer weiteren Bestätigung
bedürfen, obgleich die Möglichkeit, Antilope Saiga sei in sehr fernen Zeiten in waldigen
Gegenden noch weiter als bis Polen (nach Westen) verbreitet gewesen, nicht gerade wider-
legt werden kann. In Deutschland an mehreren Orten entdeckte Reste dürften, wie mir
scheint, einzig und allein ihr früheres Vorkommen in Frankreich völlig sicherstellen.
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 109
Zusatz. G.’Ossowski bestimmte Reste aus der Höhle Maszycka mit dem Мапи,
dem Rhinoceros, Höhlenbär (Jaskinie okolic Ojcowa, I, Т. УП; Pamiet. Wydz. Akad.
Umiej. T. XI, Krakow, 1825). Unter der übrigen Literatur über das diluviale Vorkommen
der Saiga-Antilope (Saiga tartarica Lin.) wäre noch anzuführen: Dupont (L’Homme pen-
dant les Ages de la Pierre etc., Bruxelles, 1872), Gervais (Matériaux pour hist. de l’homme,
sér. 2, 1873), Gaudry (Mater. pour l’Hist. de Temps Quatern., 1880), Lartet et Christy
(Relig. Aquit., 1875), Woodword (Geol. Mag., 1869), Dawkins (Cave Hunting, 1874
and Early Man in Britain, 1880). Struckmann berichtet über von Herrn Grotrian in
der Hermannshöhle bei Rübeland mit Cerv. tarandus und Urs. spelaeus gefundene fragliche
Reste (Reste quartärer Säugethiere etc.). G. de Mortillet führt Reste an aus Salutré,
Excidenil, Vilhonneur, Langerie-Basse, Bruniquel, Gourdan ete. (s. а. у. а. O.).
W.
Zusatz. Antilope.
Als der diluvialen Fauna angehörig citirt Pictet noch: Аийюре dichotoma Gervais
(Gervais: Pal. fr., р. 78) und deutet auf Arten in den Breccien, die er nicht namhaft
macht. Ferner wäre noch zu erwähnen: Antilope Майей Gervais aus der Höhle Mailet,
départem. du Gard. (Zool. et Pal. gén , 1869). Endlich hat Е. T. Newton eine neue Art
aus dem Newer Pliocen von Norwich unter dem Namen Gazella anglica Newt. beschrieben:
‘On Antilope remains in Newer Pliocen Beds in Britain (Quart. Journal of the Geolog.
Soc., 1884).
In Zuzlawitz kamen in der Spalte I Reste einer nicht näher bestimmbaren Antilope
von der Grösse der Ant. dorcas vor (3. a. у. а. O.); ferner konstatirte Reste einer «Antilope»
Zittel aus der Räuberhöhle (s. a. v. a. O.) W.
Capra aegagrus L. var. domestica.
Cornalia: Paléont., Seite 82.
Marcel de Serres spricht zwar von Resten der Capra aegagrus in der Höhle von
Bise, nach Gervais (Zoolog. et Paléontolog. gén., Seite 51), der letztere vindicirt aber
dieselben einer Capra primigenia (ebendaselbst, Seite 52 und 60).
Zusatz. In der Spalte II von Zuzlawitz kam ein von Menschen bearbeiteter Stirnzapfen
einer kleinen Ziege vor (3. a. у. a. O.). W.
Capra hircus L.
Owen: Brit. foss. mamm. р. 489; Dawk. a. Sandf.: Pal. Soc. XVIII, р. 26; Hehn, Seite 116 u. 504.
Reste derselben kamen vor in England (Newer pliocen, Owen), Frankreich (Lartet) und
in Bessarabien unweit Odessa (Nordmann). Ziegenreste siehe auch bei Rütimeyer: Fauna,
110 Т. N. WoLDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
Seite 124. Da die Stammrace der Ziegen im Kaukasus und auf den Gebirgen Kleinasiens
und Persiens zu Hause ist, wie ich in Tschichatschef’s Reise näher nachwies, so sind
wohl die Ziegenreste der postpliocenen Schichten Europa’s als die eines Kulturthieres
anzusehen ebenso wie die des Schafes. Die Ziege als Hausthier trat in Europa bereits in
der vorhistorischen Epoche auf, wie namentlich auch ihre in England gefundenen Reste.
zeigen, und wie dies auch Dawkins und Sandford (Palaeogr. Soc. ХУШ, Seite XV) mei-
nen. Man kann übrigens wohl die Möglichkeit schwerlich widerlegen, dass es, als die Ma-
muthe noch lebten, auch schon gezähmte Ziegen gegeben habe. Dies wäre näher aus der
Revision der Restfunde zu eruiren.
Zusatz. Zittel berichtet über Reste aus der Räuberhöhle (3. а. у. а. O.), Dupont aus
Trou du Sureau (s. a. у. a. O.).
‚Es scheint nicht unwahrscheinlich zu sein, dass bei früheren Ausgrabungen in Höhlen
gefundene Ziegenreste als, einem Hausthiere angehörig und somit vermeintlich von keinem
grossen Alter und nicht zu den älteren Resten zugehörig, bei Seite gelegt wurden. W.
Capra ibex L.
Gervais: Zool. et Pal. gen., р. 99; 0. Heer: Urw., р. 542 u. 546; Rütim.: Pfahlb., p. 66; Fatio: Ver-
tebres, Seite 369 und besonders Seite 373.
Reste sind in Frankreich (Garrigou, Etudes s. 1. alluv. quaternaires, Seite 11) und
in der Schweiz (Rütimeyer, Fauna, Seite 66) entdeckt worden. In letzterem Lande kam
ein mächtiger Hornzapfen mit Resten des Haushundes des Steinalters aus postdiluvialer
Zeit vor. Wichtig sind: Reliquiae aquitanicae by Th. Jones, P. Х1.
Zusatz. In der Spalte I von Zuzlawitz kamen Reste dieses Thieres vor (в. а. у. а. O.),
das im Diluvium Böhmens bereits an mehreren Orten gefunden wurde, so bei Раго
(s. meine: «Palaeontologischen Beiträge», Verh. d. К. К. geolog. Reichsanst., Wien, № 7,
1886). Hochstetter berichtet über Reste aus der Höhle Vypustek in Mähren (Liebe:
Fossile Fauna der Höhle Vypustek; Sitzb. d. k. Akad. d. Wiss., Wien, B. LXXIX). Rüti-
meyer berichtet über Reste aus der Thayinger-Höhle (s. а. у. a. O:), A. Ecker aus
Langenbrunn (s. а. у. a. O.), und ©. Laube aus der Sarka bei Prag (Verh. 4. К. К. geolog.
Reichsanst., Wien, 1881, M 6). Nr
Capra cevennarum Gervais.
Gervais: Zool. et Pal. franc. р. 73, pl. 10; Cornalia, р. 82.
Frankreich, Gard. R
Capra pyrenaica Schinz.
Von dieser Art fanden sich Reste nach Van Beneden (L’Institut se. math., 1864,
Seite 23) in den Höhlen von Dinant mit denen von Cervus tarandus, Felis leo spel., Rhino-
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 111
ceros tichorhinus, Bos primigenius etc. Der von Garrigou aus der Höhle Espelungues
(Haute pyrén.) unten bei Ovis magna erwähnte Ibex gehört wohl hierher.
? Aegoceros caucasicus Dawkins and Sandford.
Dawk. a. Sandf.: Pleistocen Mammal., Palaeontogr. Soc. XVII, p. XII.
Reste in England. In den British Pleistocen Mammalia (a. a. O.) ist von zwei in der
Höhle Plumleys Den (Burrington Combe) gefundenen Schädelfragmenten die Rede, welche
mit dem des Aegoceros caucasicus verglichen werden, und namentlich im Durchschnitte
ovale, fast parallele und schwach zurückgebogene Hornzapfen besitzen. Es könnte übrigens,
wie mir scheint, bei der Bestimmung dieser Reste vielleicht noch eher, als an den des so
fern von England lebenden Aegoceros caucasicus, an den England näheren Aegoceros pyre-
naicus gedacht werden, dessen Hörner denen des Aegoceros caucasicus ähneln.
Ovis montana Pall.
Ueber Ovis montana siehe Middendorff Reise, Band II, Th. II, Wirbelthiere, Seite
116, dann ebendaselbst, Band IV, Th. 2, Seite 850; Schrenck: Amur, 1., Seite 156. Die
Steinschafe, welche Hedenstroem, (Fragmente über Sibirien St. Petersburg 1842, 8.)
auf Seite 232 mit dem Argali zusammenwarf, sind, wie Midd. bewies, Ovis montana. Die
Köpfe und Knochen von Schafen, welche Hedenstroem’s Leute auf einer der im Eismeere
zwischen der Lena und Kolyma liegenden Inseln (der Kesselinsel) sahen, (ebendaselbst,
Seite 137) gehörten wohl derselben Art an. Merkwürdig ist es, dass ein Schädelfragment,
welches in Westpreussen gefunden wurde, wie mir scheint, diesem Schafe angehören dürfte.
Es wird übrigens eine solche Deutung umsoweniger auffallen, da Ovis montana als Lands-
mann des Ovibos, wie dieser, zur Eiszeit theilweise bis Deutschland wandern konnte. Das
Schädelfragment wurde unweit Danzig beim Ausgraben des Grundes zur Fundamentirung
der Olivaer Brücke gefunden und gehört dem naturhistorischen Vereine in Danzig. Die
nähere Schilderung desselben wird Roemer liefern.
?0vis magna Garrigou.
Garrigou zählt eine in der unteren Schichte der Grotte von Espelungues (Hautes
pyren.) gefundene grosse Schafart auf, deren Reste in Frankreich mit Resten von Ovibos,
Equus, Cervus elaphus, С. tarandus, Bos urus und Ibex gefunden wurden. (L’Institut 1864,
Seite 145). Da sie mit С. tarandus auftritt und ausser dem kleinen Muflon keine Schafart in
Europa vorkommt, so könnte dieselbe vielleicht Ovis montana sein oder noch eher Ovis
tragelaphus?
112 J. N. WoLDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
Ovis tragelaphus Schinz.
Marc. 4. Serres: Oss. foss. 4. Cavern. Lunel Vieil. Mus. 1839, Frankreich; Pictet: Pal. I, р. 362;
IV, p. 706.
Diluvium am Mittelmeere.
Ovis aries L.
Diluviale Reste in verschiedenen Ländern Europas. Die dem Schafe am nächsten
stehende Art scheint mir Ovis Arkar zu sein.
Zusatz. In der Spalte II von Zuzlawitz kamen Reste von einem Schafe vor von der
Grösse des Ovis aries und dann von einer kleineren Form (s. a. v.a.0.). Auch aus dem Dilu-
vium von Kuttenberg und von einigen anderen Orten Böhmens bestimmte ich zwei ähnliche
Ovis-Formen: eine grosse und eine kleine. Siehe meine: «Beiträge zur Urgeschichte Böh-
mens» 2. Theil, Mitth. d. Anthropol. Ges. Wien. B. XIV, 1884.
Zu Ovis aries rechnet Zittel Reste aus der Räuberhöhle (s. a. v. a. O); Eker aus
Langenbrunn, zweifelhafte Fossilität, (s. a. v. a. O).
E. T. Newton führt aus dem präglacialen Forest Bed in England eine neue Species
an: Caprovis Savinii Newt. (3. а. у. а. 0.) У.
Ovibos moschatus L.
(Bos Pallasii Dek., Bos canaliculatus Fisch.)
Dawk.a.Sandf.: Palaeontgr. XVIII, p.26 u. 40—41, Pictet: Pal. I, р. 366, IV, р. 706; Lartet: rue
Journ. geol. Soc., Vol. XXI, Seite 474. Verbreitung; Dawkins: Proc. royal soc. 1867, Seite 516.;
meine Verbreitung des Tigers (Mém. 6. Sér., T. VIII, Seite 197, Separatabdruck, Seite 53); siehe je
beachtenswerthen Bemerkungen bei Lyeil L’Anciennet& de l’homme, Seite 162.
In Nordasien bis Neusibirien und den Polargegenden Nordamerikas verbreitet, mit
menschlichen Geräthschaften in Frankreich, Perey (Oise), Gorge d’Enfer (Dordogne),
Viry-Noureuil (Aisne). Im Gravier ocreux von Maidenhead ein Schädelfragment im
Jahre 1855 gefunden von Kingsley und Lubbock (Lyell: l’Antiquité de l’homme, Seite .
162). Die Verbreitung der Reste des Moschusochsen lässt sich von Neusibirien und Nord-
sibirien, wo Hedenstroem Schädel fand, über Moskau, Westpreussen, Schlesien und
andere Theile Deutschlands nach England und Frankreich verfolgen.
Bos canaliculatus siehe Fischer: Oryctogr. de Moscou, Seite 316.
Zusatz. Eine mir durch Herrn L. Schneider zugesendete Photographie eines Schä-
delfragmentes, das derselbe im Diluvium bei Jicin gefunden und für О. moschatus hält, liess
auch mich vermuthen, dass dieses Thier auch in Böhmen gelebt hat. Das mir seither im
Originale zugesendete Exemplar bestätigt diese Ansicht; ich werde dasselbe nächstens in
den Jahrbüchern der k. k. geolog. Reichsanstalt beschreiben. In Predmost in Mähren fand
Wankel ein Schädelfragment, das eine abweichende kleine Form zu sein scheint. W.
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 113
G. Ossowski berichtet über Reste dieses Thieres aus der Höhle Murek bei Mnikow
(siehe seine: О zsczatkach fauny dyluwijalnéj w jaskiniach wawozu mnikowskiego, Sprawod.
Komis. fizyjogr. Akad. umiej., Tom. XVII. Kraköw, 1882); Nehring bestimmte Reste aus
Thiede (Quatern. Faun. v. Thiede ect.), fraglich aus der Wildscheuer (Uebersicht ect.).
Fraas berichtet über fragliche Reste aus dem Hohlefels bei Ulm (s. a. v. a. O.); A. Ecker
aus Langenbrunn bei Sigmaringen (s. a. а. v. O.); Schwarze vom Unkelstein bei Remagen;
Schaafhausen aus Moselweis (Corrpbl. d. deutschen anthrop. Gesellsch., 1879, p. 125).
W.
Bos priscus Bojan.
(Bos bonasus Aristot., Bison priscus Rütim., Bos urus, B. bison, Bison europaeus, ect.
auct.).
Gervais: Zool. et Pal. gen., р. 99; Dawk. а. Sandf: Pal. XVIII, p. 24 u. 43; Pictet: Pal. I, p. 365,
ТУ, р. 706; Owen: Brit. foss. Машш.; Rütim.: Pfahlb., р. 57; 0. Heer: Urw., р. 542; Cornalia:
Paléont., Seite 85; Fatio: Vertébrés de la Suisse, Seite 365; Dawkins: Fossile britische Rinder
Quart. Journ. Сео]. Soc. London. Vol. ХХШ, Seite 176.
Im 15.—16. Jahrhunderte in Polen und Preussen noch häufig bis zu Anfang des
17. Jahrhunderts. Im Jahre 1755 wurde das letzte Exemplar in Preussen erlegt. Altum:
Fauna des Münsterlandes, Seite 11. Knochen aus dem Münsterlande in der Sammlung zu
Münster. Reste in Nordasien, in Europa und in Amerika.
Zusatz. Ausführliches siehe J. F. Brandt: Zoogr. u. paläontol. Beiträge., Verhandlg.
d. russ. kais. mineral. Ges., St. Petersburg, B. II, Ser. II, 1867, Sept., p. 101—152 und
Rütimeyer: Beiträge zur paläont. Geschichte der Wiederkäuer, p. 37 ff.
Ich fand Reste in der Spalte II von Zuzlawitz (3. a. v. a. O.)nebst Resten einer kleineren
Bos-Form. Es sei hier erwähnt, dass Owen einen Bison minor in England unterscheidet
(Brit. foss. mamm., p. 497). Ferner bestimmte ich fraglich einen Radius aus Pürglitz in
Böhmen für Herrn Franc, und einen solchen aus dem diluvialen Lehm von Kuttenberg in
Böhmen für Herrn Lemminger. Jos. A. Frië berichtet über Reste von St. Ivan, Vysoëan,
Kotlaïka, von Brandeis a. d. A., Dejvic, Koteë und Särka, alle in Böhmen (s. а. у. а. O.),
Szombathy aus der Vypustek-Höhle (Hochstetter: Viert. Ber. 4. prähist. Commis., Sitzb.
d. kais. Akad. d. Wiss. Wien, B. LXXXII, 1880).
Liebe berichtet über Reste aus der Lindenthaler Hyänenhöhle (s. a. v. a. 0). Fraas
aus der Ofnet-Höhle (s. a. а. O.); Rütimeyer aus Thayingen ($. а. у. а. O.); Sandberger
aus dem Löss bei Würzburg, Dupont aus Trou du Sureau (s. а. у. а. O.), G. Ossowski
aus der Höhle Maszycka (s. а. у. а. O.), Maëka aus der Sipka-Höhle (s. а. у. а. O.).
У.
Mémoires de 1`Асаа. Пир. des sciences, VIIme Serie, 15
114 J. N. WoLDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
Bos primigenius Bojan.
(Bos longifrons Owen; Bos brachyceros Rütim.; Bos frontosus Nils.; Bos trochoceros H. v.
Meyer; Bos intermedius Serr.; Bos taurus fossilis v. Bar.; Bos taurus L.).
Dawk. а. Sandf: Pal. XVIII, р. 25; Owen: Brit. foss. Mamm.; Pictet: Pal. I, р. 365, IV, р. 706;
Rütim.: Pfahlb., р. 70, Unters., р. 37; О. Heer: Urw., р. 542; Cornalia: Pal. р. 87 u. 89.
Reste desselben sind von Westsibirien an durch ganz Europa und Südrussland ver-
breitet. Bemerkenswerth erscheint, dass wohl Reste des Auerochsen, jedoch noch nicht die
des Bos primigenius, wenn auch in den westsibirischen Höhlen des Altai, jedoch noch nicht
in Nord- und Ostsibirien gefunden wurden, sondern bis jetzt erst vom Süden Westsibiriens
an bis zum Westen und Süden Europa’s und der Küste Nord-Afrika’s nachgewiesen sind
(Rütimeyer, Untersuch., Seite 40). Ausführliches über die ehemalige Verbreitung und
Synonymie des Pos primigenius siehe meine : Zoogeographische und paläontologische Beiträge,
Verhandlungen der mineralogischen Gesellschaft zu St. Petersburg, 2. Serie., Band II,
Sejte 153 und meine: Untersuchungen über die Säugethierreste der altaischen Höhlen,
Bullet. de l’Académie de St. Pétersbourg. T. XV, 1870, Seite 147.
Durch die Güte meines Collegen Kunik erhielt ich Kunde von einem seltenen Werke,
welches unter dem Titel: Les chroniques et annales de Pologne par Blaise de Vigenere,
secrétaire de Monseigneur le Duc de Nyuernois à Paris, 1573, 8, erschien. Dasselbe ent-
hält zwar in dem als La description de Pologne überschriebenem Anhange, Seite XXIH,
Mittheilungen über den Urus oder Tur nebst einer Gessner (d. Quadrup., éd. Francofort,
Seite 143) entlehnten Abbildung. Derselbe wird als schwarz mit weissen Streifen längs dem
Rücken und dem Elephanten an Grösse sich annähernd geschildert. Ferner bemerkt der
Verfasser, es gäbe deren nur in Masovien in der Nähe von Lithauen und in einigen Dörfern,
welche sie zu hegen verpflichtet sind, in grossen geschlossenen Waldbezirken in der Art von
Parken, da sie nicht frei in den grossen Wäldern, wie andere wilde Thiere umherstreifen.
Schliesslich heisst es, Gessner habe die Bisons mit dem Ur verwechselt. Was übrigens
Vigenere über Grösse, Farbe, Vorkommen und Hegung bemerkt, steht schon bei Gessner,
Seite 175 nach Mittheilungen Herberstein’s, Seite 145.
Zusatz. Ich bestimmte Reste als Bos primigenius aus dem diluvialen Lehm bei Bezdekov
in Böhmen für Herrn Zahälka und Reste aus neolitischer Zeit aus dem Hradiste cimburské
bei Kuttenberg für Herrn Lemminger. Nehring berichtet über Reste aus Westeregeln
(Quatern. Faun. у. Thiede etc.); Liebe aus der Lindenthaler Hyänenhöhle ($. а. у. a. O.);
Zittel aus der Räuberhöhle (s. a. v. a. O.); Fraas aus der Ofnethöhle und aus dem Hohle-
fels (5. а. у. а. O.); Rütimeyer aus Thayingen ($. а. у. a. O.); Sandberger aus Würzburg
(3. а. у. а. O.); Richter aus den Fuchslöchern (s. a. a. О.) und Dupont aus Trou du Su-
reau (3. a. У. a. 0.); Ossowski aus der Höhle Maszycka æct. (s. a. а. O.); MasSka aus der
Sipka-Höhle (s. a. у. a. O.); G. Laube aus Aussig in Böhmen (Sitzb. d. Е. böhm. Ges. d.
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 115
Wiss. Prag, 1874). E. T. Newton führt fragliche Reste aus dem präglacialen Forest Bed
an und keine B. priscus (s. a. v. a. O.). Von diluvialen Resten des Bos taurus berichtet
Ranke aus dem Zwergloch (s. у. а. a. О.) und A. Ecker aus Langenbrunn an der Donau
(3. a. a. O.). W.
Bos taurus, var. primigenii Brandt.
Im Münsterlande sind zahlreiche Reste, darunter ein fast ganzes Skelet ausgegraben
worden, zum Theile aus Mooren. Die Reste sind im Museum zu Münster. Altum: Fauna
des Münsterlandes, Seite 10. Fatio: Vertébrés I, S. 364—365.
Zusatz. Unzweifelhaft fossile Reste einer kleinen diluvialen Rinderform sind mir im
Laufe der letzten Jahre wiederholt aus verschiedenen Gegenden Böhmens und von ander-
wärts zur Bestimmung zugekommen, so aus Kuttenberg mit Arhinoceros, Equus und Bos
primigenius?; aus Lobositz, aus Caslau etc.; ich habe geglaubt diese Reste zu Bos brachyceros
Rütim. stellen zu müssen und dabei die Vermuthung auszusprechen, dass in dieser dilu-
vialen Form der fossile Stammvater des kleinen sogenannten Torfrindes (Bos brachyceros
Rüt.) der Stein- und der späteren Zeit zu suchen ist (siehe meine «Beiträge zur Ürgesch.
Böhmens», 2. Theil, Mitth. d. Anthropol. Ges. in Wien, B. XIV, 1881). Nach G. d.
Mortillet (s. a. v. а. 0.) kommt im Diluvium Frankreichs ein «Petit bovidé» nicht selten
vor, der wohl hieher gestellt werden dürfte. Nach Dawkins: Fossile britische Rinder
(Quart. Journ. Geol. Soc., London, Vol. XXIII) gehört Bos longifrons seu Bos brachyceros
jüngeren Schichten an als Bos primigenius, was indess in Frankreich nicht der Fall ist.
In Compt. rend. d. l’Ac. d. sc. de Paris, 1851, Sér. 1, wird auch ein Bubulus antiquus
Duvern. angeführt. Pictet: Pal. I, р. 365, ТУ, р.706; Gervais: Zool.et Pal. gén., Pl. XIX.
W.
Ordo PERISSODACTYLA.
Equina.
Equus Caballus Г.
Equus caballus fossilis, auct., Equus plicidens Owen.
Dawk. a. Sandf.: Pal. Soc. XVII, р. 29; 0. Heer: Urw,, р. 543; Rütim.: Unters. und Pfahlb.; Giebel:
Fauna; Nordmann: Palaeont. Gervais: Zool. et Pal. gen., р. 98; Pictet: Pal. I, р. 317, IV,
p. 705 (zwei oder drei Species),
‚Reste in Nordasien und Europa. Nach Owen im Pliocen, Newer Pliocene und Alluvium.
Reste von Eguus plicidens nach Owen (Brit. foss. Mamm., р. 392) in Höhlen von Oreston
in England.
15*
116 J. N. WozDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
Zusätze. Pferdereste kommen in den allermeisten diluvialen Fundstätten vor. Seitdem
Cuvier für quaternäre Reste des Pferdes die Bezeichnung Æquus fossilis einführte,
lieferte zunächst Nordmann (Paläont. Südrusslands, Helsingfors, 1858) weitere Beiträge zur
Unterscheidung zweier diluvialer Formen des Pferdes. Die ersten wichtigen Beiträge zur
Kenntniss der fossilen Pferde (Verh. d. naturf. Ges. in Basel, 1863) stammen von Rüti-
meyer, hierauf folgte R. Owen (Description of the Cavern of Brunignel and its organic
contents, Philos. Transact., 1869). Dann erschienen von Rütimeyer: «Weitere Beiträge zur
Beurtheilung der Pferde der Quartär-Epoche» (Abhandl. d. Schweizer paläont. Ges., 1875,
У. П). Sehr umfangreich sind auch die Arbeiten Forsyth Major’s: Beiträge zur Geschichte
der fossilen Pferde, insbesondere Italiens (Abhandl. d. Schweiz. paläont. Ges., B.IV, 1877,
1. Th. und В. VII, 1880, 2. Th.) Auf Grundlage dieser Literatur und anderer minder
umfangreicher Arbeiten sowie auf Grundlage eines ziemlich reichen fossilen Materials er-
schien dann meine Arbeit: Beiträge zur Fauna der Breccien und anderer Diluvialgebilde
Oesterreichs mit besonderer Berücksichtigung des Pferdes, Jahrb. 4. К. К. geolog. Reichsanst..,
Bd. 32, Heft 4. Wien, 1882.
Aus Anlass dieser Untersuchungen diluvialer Pferdereste aus Knochenbreceien Istriens
und einiger dalmatinischer Inseln, ferner der Pferdereste aus mährischen und galizischen
Höhlen, aus den Spaltenhöhlen von Zuzlawitz in Böhmen, aus dem Löss von Nussdorf bei
Wien, aus diluvialen Lehmen Böhmens, sowie aus einigen prähistorischen Stationen Böhmens
und Niederösterreichs, habe ich die oben citirte Literatur, sowie ein sehr reichhaltiges
recentes Material an Pferdeschädeln und Skeleten des Wiener k. k. Thierarznei-Institutes
vor drei Jahren zu vergleichenden Studien verwerthet. Die auf paläontologischer Grund-
lage beruhenden Resultate derselben sind in meiner obigen Schrift: «Beiträge zur Fauna
der Breccien und anderer Diluvialgebilde Oesterreichs, mit besonderer Berücksichtigung
des Pferdes», enthalten.
Es ergab sich aus diesem verhältnissmässig reichen fossilen Material, dass sich in
den auf lange Zeiträume hinweisenden Breccien Istriens und der dalmatinischen Inseln,
welche zur Diluvialzeit mit dem Festlande verbunden waren, die nachstehenden drei For-
men grosser diluvialer Pferde unterscheiden lassen:
Equus Stenonis affinis Woldrich.
Ein grosses Pferd mit ziemlich starker secundärer Schmelzfältelung, mit mittellangem,
vom Zahnkörper sich bedeutend abhebendem Innenpfeiler und stark nach aussen vorsprin-
genden Aussenkanten der oberen Backenzähne. Diese Form schliesst sich an Zquus Stenonis
Cocchi aus dem unteren und mittleren Pliocen Toscana’s und der Auvergne an (das sich be-
kanntlich wieder an das Hipparion des Miocen anschliesst), ohne mit ihm völlig identisch
zu sein, weswegen ich diese diluviale Form mit vorstehendem Namen bezeichnete.
[4
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 117
Equus quaggoides affinis Woldrich.
Ein grosses Pferd mit sehr zarter secundärer Schmelzfältelung, mit kurzem und ziem-
lich breitem Innenpfeiler, mit ziemlich langem Isthmus, mit weiter, nicht spitz endigen-
der Vorderbucht des Innenpfeilers und stark nach aussen vorspringenden Aussenkanten
der oberen Backenzähne. Diese Form schliesst sich an Æquus quaggoides Major des oberen
Pliocen Italiens an.
Equus caballus fossilis Rütimeyer.
Ein sehr grosses Pferd mit einfacher Schmelzfältelung, mit langem, an den Zahnkörper
sich anschliessendem Innenpfeiler, mit spitz endigender Vorderbucht des Innenpfeilers und
nicht stark nach aussen vortretenden Aussenkanten an den oberen Backenzähnen. Diese
Form tritt schon in den oberen Schichten des Pliocen Toscana’s auf und stimmt mit dem
von Rütimeyer als Æquus caballus fossilis bezeichneten diluvialen Pferde überein.
Nördlich der Alpen lassen sich für Mitteleuropa in Höhlen mit diluvialem Inhalt, im
Löss und im Lehm die nachstehenden drei fossilen Formen unterscheiden:
Equus Stenonis affinis W old.
aus der Sipka-Hôhle : ferner dürfte diese Form auch, zu Folge einiger Bemerkungen in den
Arbeiten Rütimeyer’s, in Thayingen und Bruniquel vertreten sein. In diesem Pferde ist
eine Stammform unserer grossen Rassen des Zyuus caballus IL. mit stärkerer secundärer
Schmelzfältelung und wahrscheinlich auch, wenigstens theilweise, des grossen Pferdes der
Bronzezeit zu suchen.
Equus caballus fossilis Rütimeyer,
ziemlich häufig vorkommend. In diesem Pferde ist eine Stammform unserer sehr grossen
Rassen des Æquus caballus L. mit einfacher Schmelzfältelung und sehr langem Innenpfeiler,
so wie in demselben allein, oder neben demselben auch in der vorigen Form, die Stammform
der grossen Pferde der Bronzezeit zu suchen.
Equus caballus fossilis minor Woldrich.
Eine Form von echtem Caballus-Typus wie die vorige, doch durch konstant wieder-
kehrenden kleineren und schwächeren Wuchs gekennzeichnet. Diese Form tritt sehr häufig
im Diluvium Mitteleuropa’s auf (Zuzlawitz, Jièin, Kuttenberg, Höhlen bei Krakau, Schussen-
ried, Mähren u. s. w.). In diesem Pferde ist die Stammform des kleinen Pferdes der Bronze-
zeit (Equus caballus minor) und weiter des kleinen Pferdes der Sueven und der Gegen-
wart zu suchen.
Es folgten nun rasch aufeinander die Arbeiten Branco’s, Piétremont’s und nament-
118 J. N. WoLDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
lich die umfangreiche Arbeit Nehring’s: «Fossile Pferde aus deutschen Diluvialablagerungen
und ihre Beziehungen zu den lebenden Pferden (Landwirthsch. Jahrb. Berlin 1884). Daselbst
unterscheidet der Verfasser noch eine mittelgrosse schwere Form des Caballus-Typus, näm-
lich ÆEquus caballus fossilis, var. germanica Nehring, welche Varietät dem abendländischen
Typus Егапс’з, resp. dem Е. caballus germanicus Sanson so nahe steht, dass man es
als den direkten Vorfahren dieser Rasse betrachten kann. Im Ganzen gelangt Nehring zu
ähnlichen Resultaten wie ich; nach ihm gab es zur Diluvialzeit «mehrere Rassen des
Pferdes», von denen einige domesticirt wurden, nach meiner Ansicht gab es damals mehrere
Formen des Pferdes (ich glaube an eine Formenreihe), von denen einige als Stammformen
für die Rassen unseres Hauspferdes anzusehen sind.
Nachträge zu obigen Abhandlungen veröffentlichte Nehring: Ueber diluviale und
prähistorische Pferde Europa’s (Sitzb. d. Ges. naturf. Freunde, Berlin, 1884) und ich: Zur
Abstammung und Domestication des Hauspferdes (Mitth. d. Anthropolog. Ges. in Wien,
B. XIV, Verhandlungen, 1884) und: Paläont. Beiträge (Verhandl. d. k. k. geolog. Reichs-
anstalt, Wien, 1886).
Im Uebrigen verweise ich auf meine und Nehring’s Abhandlungen selbst.
Е. T. Newton führt Reste von ÆEquus caballus fossilis Rütim. und Æquus Stenonis
Cocchi aus dem präglacialen Forest Bed Englands an (Not. on the Vertebrata of the preglacial
Forest Bed, Geolog. Mag. Dec. II, Vol. УП, № 10, 1880). W.
Equus asinus L.
Asinus fossilis Owen (Brit. foss. Mamm., p. 396).
Nach Owen im Newer Pliocen und Alluvium Englands; Nordmann: Paläont. Süd-
russlands ?.
Zusatz. In Frankreich sollen nach Puel (Bull. d. 1. soc. géol. de France, T. IX) Esels-
reste in der Höhle Brengues mit denen des Æhinoceros und des Renthiers gefunden worden
sein. Lartet führt dieses Thier für die Höhle Aurignac mit einem Fragezeichen an. Nord-
mann bringt Abbildungen von Zähnen eines Æquus asinus fossilis minor aus dem Diluvium
von Nerubay und Odessa aufT.XIX,Fig.11,\% 8 und unterscheidet sogar noch einen E. asinus
fossilis major. Ecker führt Eselsreste aus Langenbrunn an (zur Kenntniss der quatern.
Fauna des Donauthales; Archiv für Anthrop., B.IX, 1876) und Nehring berichtete über
Wildeselreste aus der Lindenthaler Hyänenhöhle bei Gera (Zeitsch. f. Ethnolog., Jahrg. XI,
1879, р. 137); Е. Major bildete auf T.I, Fig. 9, sowie а. а. O. (siehe bei Е. caballus)
einen m, des Equus Asino affinis aus San Pietro ab. In seiner Abhandlung «Fossile Pferde
aus deutschen Diluvialablagerungen» (Landw. Jahrb., Berlin, 1884) stellt Nehring die Wild-
eselsreste aus der Lindenthaler Hyänenhöhle, sowie einige Reste vom Seveckenberge bei
Quedlinburg zu dem von ihm auf Grundlage von Resten im Diluvium von Westeregeln
(Sitzb. 4. Ges. naturf. Freunde, Berlin, 1882, № 4) nachgewiesenen Едииз hemionus und
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN, 119
meint, dass die Mehrzahl der in West- und Mitteleuropa gefundenen und dem Esel zuge-
schriebenen Reste wohl dem Е. hemionus angehören dürften. Ich fand in Zuzlawitz, Spalte I
einen Humerus, den ich dem Esel zuschrieb und der wohl für Æ. hemionus zu klein wäre
(Diluv. Fauna von Zuzlawitz, 2. Ber. 1881). Die von mir aus der Sipka-Höhle in Mähren be-
schriebenen Zähne (Beiträge zur Fauna der Breccien ect., Jahrb. d. k. k. geolog. Reichs-
anstalt, B. 32, Heft 4, 1882), die ich einem Asinus spec.? Gray zuschrieb, können wohl
ihrer Kleinheit wegen nicht zu И. hemionus gestellt werden, besonders"nicht der abgebildete
Zahn (T. X, Fig. 18, № 19 m, у. t.). Da diese Zähne auch für den Kulan der Mongolei
Asinus onager Pall. zu klein sein dürften, so fragt es sich, ob dieselben nicht dem Wildesel
Asinus taeniopus Heugl. angehören dürften, von dem man unseren Hausesel ableitet. Seine
muthmaassliche Zähmung in Afrika kann dieser Annahme um so weniger entgegengestellt
werden, als auch Mus rattus bereits im Diluvium Europa’s vorkommt, als deren ursprüng-
liche Heimat der erfahrene Blasius das nordöstliche Afrika und Arabien angiebt.
Im Uebrigen hat wohl Nehring Recht, dass manche diluvialen zum Esel gestellten
Reste dem Dschiggetai zuzuschreiben sein werden, so z. В. auch etwa Nordmann’s E. asinus
fossilis major; allein Reste eines echten Wildesels kommen doch auch in Europa vor.
W.
Zusatz. Asinus hemionus Pall.
ÆEquus hemionus auct.
Nehring: Sitzb. d. Ges. naturf. Freunde, Berlin, 1882, № 4; Fossile Pferde aus deutschen Diluvial-Ab-
lagerungen, Landw. Jahrb., Berlin, 1884.
Westeregeln, Lindenthaler Hyänenhöhle, Seveckenberg bei Quedlinburg, Langenbrunn?,
Räuberhöhle ?, Wildscheuer ? (Nehring: Uebersicht etc.). Hieher dürfte auch ein von mir
bestimmter und zu Asinus gestellter oberer Zahn gehören, den mir Herr G. Ossowski aus
_ der Höhle Pieczara Borsucza bei Krakau zusendete (meine Beiträge zur Fauna der Breccien
etc., Wien, 1882). W.
Rhinocerotina,
Atelodus antiquitatis Brandt.
Rhinoceros (tichorhinus) antiquitatis Blumenb., Rhinoceros tichorhinus Cuv. Fischer, Rhino-
ceros Jourdani Lortet et Chantre.
Fischer: Oryctogr. d. Mose., р. 114; Cuvier: Rech. s. 1. oss. foss.; Owen: Brit. foss. Mamm.; Dawk. а.
Sandf: Pal. Soc. XVIUI, р. 29; 0. Heer: Urwelt, р. 543; Gervais: Zool. et Pal. gen., р. 98
Pictet: Pal. I, p. 298, IV, p. 705.
Zusatz. Ausführlicheres siehe in Brandt’s: Bemerkungen über eine «Synopsis der Fa-
milie der Rhinocerotidem, Bull. de l’Acad., T. XXIV, 1877, p.167.—Mél. biol. T.X, р. 135
120 J. N. WozDR1CH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
und «Tentamen Synopseos Rhinocerotidum viventum et fossilium». Cum tabula. Мет. VIII Ser.
T. XX VI, № 5, 1878, besonders aber: Versuch einer Monographie der tichorhinen Nas-
hörner nebst Bemerkungen über В. leptorhinus Cu v., Мет. de l’Acad. d. St. Pétersb. VII Ser.,
T.XXIV, № 4, 1877 mit 11 Tafeln. Reste in Nordasien und den meisten Ländern Europa’s.
Zusatz. Rhinocerosreste aus der II. Spalte von Zuzlawitz habe ich zwar in Ueberein-
stimmung mit Fraas zu Rhinoceros tichorhinus Cuv. (Atelodus antiquitatis Brandt) gestellt,
allein die Reste aus dem unterhalb Zuzlawitz bei Wolin gelegenen Lehmlager, die sich in
meiner Sammlung vorfinden, sowie ebenfalls von mir bestimmte Reste aus Rakovnik, aus
Lobositz, aus Kuttenberg und aus Starä und Chodovlice bei Raudnitz in Böhmen scheinen
mehr für Atelodus Merckii Brandt zu sprechen.
Ueber einen vollständig erhaltenen Unterkiefer und mehreren Extremitätenknochen,
welche mir Herr L. Schneider zugesendet hat, berichtete ich soeben: «Diluviale Funde in
den Prachover Felsen bei Лёш in Böhmen» mit 1 Tafel, Jahrb. d. К. К. geolog. Reichsan-
stalt, Wien, 1887.
Unter der allgemeinen Bezeichnung Zrhinoceros tichorhinus werden Reste aus den aller-
meisten diluvialen Fundorten gemeldet; so auch von G. Ossowski aus vielen Höhlen bei
Krakau, aus der Höhle Milaszowce führt Ossowski eine kleine Rhinocerosform an (8. a. a.
O.). Jos. A. Frit führt von Rhin. antiquitatis Blumb. aus Böhmen allein einunddreissig
Fundorte an (Uebersicht v. Säugeth. Böhm., Sitzb. d. k. böhm. Ges. d. Wiss., Prag, 1881.
У,
Atelodus Мегскй Brandt.
Rhinoceros (tichorhinus) Merckii Jaeg., Kaup., Rhinoceros hemitoechus et etruscus Falconer,
Rhinoceros Merckii Brandt.
Von Sibirien bis Italien, Frankreich und England.
Zusatz. Siehe die bei der voranstehenden Art citirten Arbeiten Brandt’s.
Für die Breccienfauna der Insel Lesina konnte ich Atelodus Merckii sicherstellen
(siehe meine: «Paläontologische Beiträge», Verh.d.k.k. geolog. Reichsanstalt Wien, M 7,
1886). Giebel bestimmte Reste aus Westeregeln (Nehring: Uebersicht ect.); Fraas aus
der Ofnet-Höhle (s. a. a. O.); Jos. A. Frié stellt eine Tibia aus Vysotan hieher (s. à. v. à. O.).
Acconci berichtet über Reste aus der Höhle Cucigliana bei Pisa (s. a. у. а. O.). W.
Atelodus leptorhinus Pomel.
Rhinoceros leptorhinus Cuv., Rhinoceros megarhinus Christol.
Italien, Frankreich, England, Süddeutschland? Bessarabien?
Zusatz. Siehe die bei der vorletzten Art citirten eingehenden Arbeiten J. Е. Brandt’s.
Е. T. Newton führt aus dem präglacialen Forest Bed Englands, neben Rhinoc. etruscus
noch Rhinoc. megarhinus? Christ. an (s. a. у. а. O.).
Bezüglich der Nomenclatur der Rhinocerotiden sei bemerkt, dass wohl für die Zukunft
à
1
|.
MERE
REN RR
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN, 121
die von J.F. Brandt in seinem: Tentamen synopseos Rhinocerotidum viventium et fossilium
(Mem. d. l’Acad. Гир. 4. Scienc. d. St. Pétersbourg, УП Sér., T.XXVI, № 5), auf Grund-
lage eingehender Systematik eingeführten Bezeichnungen maassgebend sein müssen.
Die Rhinocerosformen würden sich dem Alter nach folgendermaassen aneinander
reihen: Rhinoceros etruscus Falc. des Pliocen, worauf im Diluvium Atelodus Merckü Brandt
und der ihm verwandte Atelodus leptorhinus Pomel und endlich Afelodus antiquitatis Brandt
folgen. AVE
Elasmotherium Fischeri Desm.
Elasmotherium sibiricum et Keyserlingü Fischer.
Pictet: Pal.I,p. 300; Giebel: Fauna; Brandt: Observationes de Elasmotherii reliquiis, Mém. de l’Acad
Гир. d. Sc. а. St.-P&tersbourg, УП ser., T. VIII, № 1, р. 28; Trautschold: Bull. 4. nat. d. Mosc.,
1873, p. 457; J. F. Brandt: Mittheilungen über die Gattung Elasmotherium, besonders den Schä-
delbau derselben. Mém. VII sér., Т. XXVI, № 6, 1878, mit 6 Tafeln.
Südliches Russland, theilweise im Samara’schen Gouvernement, mit Resten von Mam-
muth, Rhinoceros, Bos priscus, Equus und Cervus megaceros.
Ordo CETACEA.
Phocaena crassidens Owen.
Nach Owen: Newer pliocene, Alluvium, in England.
Monodon monoceros Lin.
Symonds: Geol. Mag. 1868, T. V, p. 419.
Im pleistocenen präglacialen Forest Bed bei Cromer. Fossiler Zahn aus Sibirien.
Zusatz. E. T. Newton führt ausser dieser Art noch Delphinus delphis L. und Delphi-
nus sp. an (3. а. у. а. O., №7, 1881). W.
Physeter macrocephalus Lin.
Nach Owen: Newer pliocene, England.
Balaenoptera Gray.
Nach Owen: Newer pliocene, Alluvium, in England.
Zusatz. Е. T. Newton führt Balaenoptera aus dem präglacialen Forest Bed als frag-
lich an (3. а. у. а. O., №7, 1881). У.
Balaena mysticetus Cu v.
Nach Owen: Newer pliocene, Alluvium, in England.
Balaena? Lamanonii Pict.
Pictet: Pal. I, p. 387,u. IV, 106.
Diluvium Frankreichs.
Mémoires de l’Acad. Пар. des sciences, УПше Série, 16
122 J. N, WoLDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
Zusatz. Ausführlicheres siehe J. F. Brandt: Untersuchungen über die fossilen und
subfossilen Cetaceen Europa’s. Mém. de l’Acad., VII Ser., T. XX, № 1, 1873, mit 34 Ta-
feln und: Ergänzungen zu den Cetaceen Europa’s. Mém. de l’Acad., УП Ser., T. XXI,
N 6, 1874 mit 4 Tafeln. E. T. Newton führt in seiner Schrift: On the Cetacea of the
Norfolk «Forest Bed», Quarterl. Journ. of the Geolog. Soc., August 1886 aus dem Forest
Bed nachstehende Cetaceen an: Balaenoptera sp., Balaena biscayensis, Physeter macroce-
phalus, Monodon monoceros, Delphinus delphis und Delphinus sp. Vergl. auch Clem. Reid:
The Geology of the Country around Cromer (Mem. of the Geolog. Survey, London, 1882).
W.
RÜCKBLICK.
Vergleicht man die bis jetzt aus dem Russischen Reiche und aus Europa bekannten
Landthiere mit den im vorstehenden Verzeichnisse aufgeführten, so ergiebt sich, dass das-
selbe in der Mehrzahl solche Arten enthält, die in Europa, so wie im grossen Russischen
Reiche noch jetzt vorhanden sind oder, wenigstens zur Diluvialzeit, ja vielleicht noch früher,
Europa und Russland gemeinsam waren. Dieses Verhältniss bezieht sich nicht bloss auf die -
in beiden Länder-Complexen vorhandenen gleichen Ordnungen, sondern auch auf die aller-
meisten Gattungen und die meisten Arten. Was die letzteren anlangt, so sind hauptsächlich
von folgenden wichtigeren aus der Zahl der im Verzeichniss aufgeführten, im Diluvium
Europa’s entdeckten Arten bis jetzt noch keine Skelettheile im russischen Diluvium oder
Alluvium gefunden worden: Нуаепа prisca (striata?), Machaerodus latidens, Arctomys mar-
mota, Hystrix cristata, Elephas antiquus, Elephas priscus, Hippopotamus major, Sus palus-
tris, Cervus Dama, Capra ibex, Capra cevennarum? und Capra pyrenaica? Von anderen .
wurden zwar Reste im Diluvium Russlands, namentlich in den altaischen Höhlen, jedoch
noch nicht in Europa entdeckt. Es gilt dies von Mustela zibellina, Canis corsac, Felis un-
cia und Myospalax Laxmanni. Der gemeinsame Charakter der diluvialen Fauna der Land-
säugethiere Europa’s und Russlands ist indessen im mitgetheilten Verzeichnisse bereits
deutlich ausgesprochen, und es können wohl die vorstehenden Mittheilungen später in ihren
Hauptzügen nicht mehr modificirt werden. Es dürfte dies um so weniger der Fall sein, als
die Glieder der fraglichen Fauna wohl nur, namentlich durch kleine Thiere, besonders
Fledermäuse und Nager, so wie durch einzelne sorgfältiger zu trennende Formen, noch
manche Zusätze erhalten dürften. Das asiatische Russland bietet wenigstens eine nicht ge-
ringe Zahl kleiner Thiere, besonders auch Nager, deren Reste bisher in Europa vermisst
werden. Allerdings steht wohl zu erwarten, dass alle Thiere, welche Russland bewohnen,
auch im mittleren, südlichen und westlichen Europa sich einbürgerten.
Wirft man einen Blick auf die Specialfaunen der grossen Welttheile, so ergiebt sich,
- SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 123
dass dieselben in ihren Grenzgebieten Thierarten aufweisen, welche nur als durch ihr Ver-
breitungsgebiet in sie eingreifende, aus anderen Faunen stammende, Thiere angesehen wer-
den können, deren eigentliche Heimath also in den Nachbarländern zu suchen ist. Die Fauna
der Südhälfte des nordasiatischen Russlands besitzt nicht nur Arten, sondern auch Gattun-
sen, als deren Hauptsitze die Mongolei, China und selbst Japan anzusehen sind. Die kau-
kasischen Länder bieten, wie schon in der Einleitung bemerkt wurde, ähnliche Verhältnisse
durch das Vorkommen südasiatischer Formen. Viele fremde Formen der russischen Fauna
sind im Diluvium Europa’s noch nicht nachgewiesen worden. So beispielsweise unter süd-
lichen Formen Felis chaus, Canis melanotus, Mustela sarmatica; von östlichen Formen:
Myospalax talpinus, Spalax typhlus.
Ovis Argali, Capra sibirica und Moschus moschiferus, die als Bewohner des Altai-Sy-
stems und seiner Ausläufer, so wie Antilope gutturosa, Ovis arkar und Едииз hemionus ?,
die als Bürger der mittelasiatischen Steppen zu gelten haben und im Diluvium Europa’s
noch nicht nachgewiesen sind, werden kaum dahin gewandert sein, ebenso eine nicht unbedeu-
tende Zahl kleinerer centralasiatischer, dem Diluvium bis jetzt ebenfalls fremder, besonders
den Steppen oder Gebirgen angehöriger Säugethiere. Ovis orientalis, Capra РаЙазй, Capra
aegagrus? und С: caucasica, so wie mehrere der vielen nordasiatischen Hirscharten, die man
ebenfallls im Diluvium Europa’s nicht fand, scheinen gleichfalls nicht nach Westen sich
‚ verbreitet zu haben.
Zusatz. Ausser den von Brandt vorstehend angeführten Säugethierformen, welche im
Diluvium Europa’s, aber nicht in dem Russlands nachgewiesen wurden, sind noch, wie aus
der vorstehenden Abhandlung hervorgeht, von mehreren anderen Formen bis jetzt im russi-
schen Diluvium oder Alluvium keine Reste bekannt geworden; eine Bereicherung in dieser
Beziehung erscheint jedoch mit der Zeit wahrscheinlich. Unter den von Brandt angeführ-
ten, im Diluvium Russlands, aber nicht in dem Europa’s angeführten Thieren, dürfte wohi
Canis corsac bereits zu streichen sein, da ich Reste aus Mitteleuropa mit grösster Wahr-
scheinlichkeit diesem Thiere zuzuschreiben in der Lage war. Was die Formen der jetzigen
Säugethierfauna des europäisch-asiatischen Russlands anbelangt, die man bisher fossil in
Europa nicht vorfand, so habe ich bereits in der Einleitung darauf hingewiesen, dass die
“Erwartung Brandt’s in Erfüllung geht, und dass ich selbst, so wie Nehring und Andere,
seither mehrere asiatische Nagerformen im europäischen Diluvium nachzuweisen Gelegen-
heit hatte. Auch bezüglich der fremden Formen der jetzigen russischen Fauna ist bereits
bemerkt worden, dass Zquus hemionus durch Nehring in Europa nachgewiesen wurde und
dass mir Reste aus Mitteleuropa vorlagen, die der Mustela sarmatica angehören dürften.
Bezüglich Ovis und Capra verweise ich auf das in der Einleitung Gesagte. W.
16*
124 J. N. WoLDR1CH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
IL THEIL.
DER DILUVIALE MENSCH UND SEINE VORFAHREN,
Beziehungen des Renthieres zum Menschen im Allgemeinen.
Westeuropa (Frankreich, England). Das Renthier gehört zu den Säugethieren,
denen man, namentlich in Asien, ein hohes Alter zu vindiciren hat, ebensowohl auch in
Amerika. In Asien und Europa, wie in Amerika ist es jetzt mehr zurückgedrängt. In Asien
ist es mit Nomaden, in Amerika mit Jägervölkern in Berührung. Das Renthier gehört
nicht bloss zu den Thieren der Fauna der Gegenwart, sondern auch der Vergangenheit.
Dafür spricht sein stetes Zusammenleben mit den Thieren der Jetztzeit und das Vorkom-
men seiner Reste mit denen längst ausgestorbener Thiere (Mammuth, Nashörner u. s. w.).
Als solches lebte es mit dem Menschen, soweit sich die Spuren des Letzteren in West- und
Mitteleuropa, namentlich in England und Frankreich, Deutschland und Oesterreich, ver-
folgen lassen, häufig zusammen. Ehe es im Westen Europa’s erschien, war es schon seit
unberechenbarer Zeit im Norden Asiens, das wohl seine eigentliche Geburtsstätte war,
bietet jetzt noch den dort lebenden Völkern eine treffliche Nahrung und bedingte wohl
auch früher zum grössten Theile die Existenz derselben. Der Fund eines Renthiergeweihes
unter einem römischen Altare in Schottland weist, wenn der Altar wirklich ein römischer
war, auf die Römerzeit hin. Diese Ansicht wird dadurch unterstützt, dass sogar im 12. Jahr-
hunderte in Schottland noch Renthiere gejagt wurden. Wir können aber die Spuren des
Renthieres selbst in solchen Ländern, wo es einwanderte, bis 24’ Tiefe verfolgen. Das Ren-
мег kam mit rohen Völkern mit Steingeräthen vor, also mit sehr alten Menschen, die in
Frankreich wohl keine Iberer, Celten oder Ligurer waren, in Schweden und dem nörd-
lichen Deutschland noch keine Skandinavier, Slaven oder Germanen.
Das Renthier war den Urhebern der Küchenreste bekannt und es lebte viel später
allem Anscheine nach mit den alten Germanen zu Caesar’s Zeit. Das Renthier war den
Gelonen und dort colonisirten Griechen bekannt (ob das Renthier aber von Gaston Phoe-
bus in den Pyrenäen vor 500 Jahren, wiewohl in geringer Zahl, gesehen wurde, ist frag-
dr OA ts + nd
И.
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 125
lich). In Amerika kennt man das Renthier nur als Gegenstand der Jagd. Die vornehmen
Bewohner der Orkney-Inseln jagten Renthiere im nördlichen Schottland.
Wann der Mensch mit dem Renthiere zuerst in Berührung kam, lässt sich nicht sa-
gen. Es geschah wohl später, als er auftrat, wenn man annehmen darf, die ersten Menschen
seien in tropischen und subtropischen Gegenden neben den Affen oder aus ihnen entstan-
den. Die ältesten Schriftsteller des Mittelalters, die über den Norden Skandinaviens berich-
ten, kennen schon gezähmte Renthiere. Sie wurden vielleicht gezähmt, als die Völker der
Kjökkenmöddinger nach Norden gedrängt wurden, falls nicht Einwanderungen von Renthieren
aus Asien stattfanden, wie Nilsson will. Wann und wo seine Zähmung im Norden der
alten Welt begann, lässt sich nicht sagen. Man darf eher vermuthen, dass man zuerst in
Asien Renthiere zähmte, und zwar im Osten und Norden, ob dort vielleicht schon vor der
Eisperiode, lässt sich nicht sagen. In Skandinavien geschah es jedenfalls nach der Eispe-
riode, da erst nach dieser Lappland bewohnbar wurde und Renthiere ernähren konnte. Das
Vorkommen von Renthierresten mit roh bearbeiteten, also offenbar in einer sehr frühen
Zeit angefertisten Werkzeugen aus Feuerstein in den französischen Höhlen im Vereine mit
dem Alter ihrer geologischen Fundorte deutet auf ein sehr altes Zusammenleben der Ren-
thiere mit dem Menschen in Frankreich. Lyell meint, dass das Alter des egyptischen Staa-
tes dagegen weit zurücktreten möchte, selbst wenn wir denselben, namentlich in seinen
ersten Anfängen, in eine noch frühere Zeit zurückversetzen, als dies Bunsen und Lep-
sius thaten; es wurde dies namentlich nach Lyell (Seite 313) auch dadurch angedeutet,
dass der Nilschlamm keine Reste ausgestorbener Thiere enthält. Welche lange Zeit hin-
durch mögen nun aber die in Frankreich vermuthlich von Osten her eingewanderten Ren-
thiere in ihren nordasiatischen Geburtsstätten schon vor der Eiszeit, vielleicht bereits zu
Ende der Tertiärepoche gelebt haben!
Die Funde von Renthierresten mit unpolirten Waffen, besonders aber mit Resten von
in vorhistorischer Zeit untergegangenen Thieren, zeigen, dass der Mensch bereits in grossen
vorhistorischen Perioden in mittleren Breiten der alten Welt mit dem Renthiere zusam-
men lebte. Der Nachweis, dass Renthiere im Lande der Skythen und Budinen zur Zeit
des Aristoteles (sowie in den hereynischen Wäldern zu Caesar’s Zeit?) mit Menschen zu-
sammenlebter, welche Ackerbau, Viehzucht und den Gebrauch der Metalle kannten, spricht
aber auch für ein Zusammenleben des Menschen mit den Renthieren in den nördlicheren
Breiten des mittleren Europa’s noch in frühhistorischen Zeiten. Das Letztere wird denn auch
durch das noch gegenwärtige Vorkommen der Renthiere in mittleren Breiten (Gouvernement
Twer, Orenburg) bestätigt. Die Reste der Renthiere im Allgemeinen können also an und für
sich noch keinen genügenden Beweis für das höhere oder geringere Alter der mit ihnen ge-
fundenen menschlichen Reste geben. Dessenungeachtet weisen gewisse historische Daten und
Funde, welche Knochenreste untergegangener oder noch lebender Arten enthalten, worin
Renthierreste fehlen, darauf hin, dass die Renthiere in manchen Ländern früher als in ande-
ren, und früher als manche andere Thiere ausstarben, so namentlich wohl in Frankreich und
126 J. N. WoLDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
selbst Deutschland früher als die Auerochsen. Das durch das frühere Aussterben bewirkte
Fehlen der Renthierreste gestattet dann die Annahme, dass die menschlichen Reste die in
den fraglichen der Renthierreste ermangelnden Funden enthalten sind, einer jüngeren Zeit
zu vindieiren wären. Im Westen Europa’s existirten zwar, so viel bekannt, niemals Renthier-
nomaden, das Renthier gehörte da wohl mehr zu den Jagdthieren und hatte Einfluss auf den
Menschen als Nährthier zu Bekleidungs- und technischen Zwecken. Wenn überhaupt schon
ausgestorbene Thiere, die mit längst verstorbenen alten Völkern oder unter alten Völker-
verhältnissen lebten, obgleich wir nur unvollständige, durch Skeletreste gegebene Kennt- .
nisse von ihnen besitzen, auch Anhaltspunkte für die Geschichte der Menschheit liefern,
so können dies noch mehr solche, die mit verstorbenen Menschen und ausgestorbenen Thie-
ren zusammenlebten. Will man das Alter des Menschengeschlechtes an gewisse, früher mit
demselben vorhandene Thiere knüpfen, so lassen sich nur die in der vorhistorischen Zeit
ausgestorbenen Mammuthe und Nashörner einerseits und die Fauna der historischen Zeit
(Jetztwelt) andererseits als Hauptmomente für jetzt mit Sicherheit annehmen.
Ueber das sehr hohe Alter des Menschengeschlechtes, das mindestens schon mit Mam-
muthen und büschelhaarigen Nashörnern zusammenlebte, ebenso mit Höhlenbären und Höh-
lenhyänen etc., wird nicht leicht Jemand mehr im Zweifel sein. Ungewiss, schwankend bleibt
aber die Vertheilung der Funde auf gewisse Zeitalter. Das Stein-, Bronce- und Eisenalter
kann aber in einem und demselben grossen Lande gleichzeitig gewesen sein. Mammuthe und
Nashörner, die in vorhistorischer Zeit untergingen, geben am frühesten noch einen allge-
meinen Maassstab für das hohe Alter des Menschengeschlechtes, jedoch lässt sich diese
Höhe nicht in Zahlen ausdrücken.
In einem besonderen Aufsatze (Zoogeogr. u. paläont. Beiträge, St. Petersburg, 1867)
besprach ich Lartet’s paläontologische Zeitalter, um zu etwas specielleren Daten über
das Zusammenleben des Renthieres mit gewissen Völkern zu gelangen. Folgen wir, da die
Lartet’schen Thieralter keinen Haltpunkt gewähren und eine Thierart keine Lebensepoche
gewisser Völker andeutet, Spring in der Annahme seiner Perioden. Zweckmässiger als
die L artet’schen Thieralter für die weitere Entwickelung der Kenntniss der Zustände alter
Völker, namentlich für die Feststellung gewisser Zeitabschnitte, in denen gewisse Völker-
gruppen lebten, sind die vier von Spring (Bullet. de l’Acad. roy. belg., 1864, T. XVII,
Seite 513) vorgeschlagenen, meist gewissen geologischen oder Culturzuständen (Gebrauch von
Steinwerkzeugen oder Metallen) entsprechenden Zeitalter: 1) l’âge préglaciaire, 2) diluvial,
3) postglaciaire et 4) mixte. Nur möchte das âge diluvial in Bezug auf seinen Namen An-
stoss erregen, da auch das äge postglaciaire ein diluviales ist. Werfen wir nun die Frage
auf, in welchem der Spring’schen Alter das Renthier mit dem Menschen zusammen lebte,
so dürften wir im Allgemeinen bemerken, dass das Renthier in allen diesen Altern mit dem
Menschen, jedoch nicht in allen Ländern zusammenlebte. Im äge pröglaciaire kam das
Renthier allerdings wohl in Nordasien, vielleicht auch im südlichen Osteuropa gleichzeitig
mit dem Menschen vor. In Westeuropa war dies aber höchstens ganz zu Ende desselben
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 127
der Fall. Im zweiten und dritten Alter erstreckte sich vermuthlich die Verbreitung des
Renthieres gleichzeitig mit der des Menschen von Sibirien bis England und Frankreich.
Der Norden Skandinaviens und Finnlands konnte aber doch erst vom Ende des zweiten
Alters von Asien aus mit Renthieren bevölkert werden, da dort die Gletscher länger eine
grössere Ausdehnung behielten. Im vierten Alter scheinen aber in Frankreich die Renthiere
grösstentheils verschwunden gewesen zu sein.
Russland. Dass aber wilde Renthiere im europäischen Russland von den Russen im
Kasan’schen, Nowgorod’schen und Twer’schen Gouvernement auch noch heut zu Tage ge-
jagt werden, ist bekannt. Im höheren Norden des europäischen Russlands werden übrigens
grosse Heerden desselben von den Samojeden und Syränen gehalten, so dass sogar von dort
her, namentlich aus dem Gouvernement Archangel, St. Petersburg im Winter mit Renthier-
fleisch versorgt wird. Fossile Reste Russlands weisen nach, dass das Renthier früher viel
südlicher ging, als jetzt, also auch gerade dort, mit den periodsch daselbst hausenden oder
aus Asien vordringenden Völkern in Berührung kommen konnte. Dass die alten Skythen,
Budinen und Gelonen in ihren Wohnsitzen Renthiere besassen, worauf der von mir in meinem
Aufsatze über die Verbreitung des Rentbieres (Zoolog. u. paläont. Beiträge) vielbesprochene
Tarandus nach Theophrastus, Aristoteles etc. hindeutet, wird durch die fossilen Renthier-
reste bestätigt, welche in mehreren Gouvernements des mittleren europäischen Russlands
gemacht wurden. Gleichgiltig bleibt es hiebei, in welchen Landstrichen die alten Skythen,
Budinen und Gelonen heimisch waren, mögen wir namentlich das Budinenland mit Gelonos
nach Wolhynien, Tschernigow oder an den Don verlegen. Im ersteren Falle würden die in
Tschernigow und Orel entdeckten, im zweiten die nach Pallas bei Dubrowka gefundenen
Reste als Nachweise in Betracht kommen. Dass es früher auch den Polen an Berührungs-
punkten mit dem Renthiere nicht fehlte, beweist die in einem alten Bette des oberen Bug
bei Bjelostock gefundene Geweihstange, ein Fund, der auch durch gedruckte alte Angaben
über das frühere Vorhandensein des Renthieres in Polen einen Stützpunkt erhält. In den
baltischen Provinzen hat man bis jetzt nur erst einmal im Widelsee, südlich von Domesnäs
an der kurischen Küste des Rigaer Meerbusens, Renthiergeweihe mit Steingeräthen der
jüngeren Periode, nebst zwei kupfernen Kesseln entdeckt (Grewingk, Steinalter der
Ostseeprovinzen. Dorpat, 1865, Seite 47). Die Renthiere, denen sie angehörten, lebten also
in dem Lande der alten, ehemals zahlreichen, gegenwärtig fast ausgestorbenen Liven. Sicher
aber war zur Zeit des Steinalters der Ostseeprovinzen das Renthier auch eine Jagdbeute
anderer, dieselben bewohnender Völker, so namentlich der Kuren, welche sich im Westen
an die Liven anschlossen, ferner der südwestlich von den Kuren wohnenden Letten, und der
östlich bereits in ihren gegenwärtigen Wohnsitzen lebenden Esthen. Nach bei Besprechung
der geographischen Verbreitung des Renthieres von mir beigebrachten Angaben waren
früher auch die eigentlichen Finnen mit dem wilden Renthier in Berührung.
Skandinavien. Wenn Nilsson Recht hat (Skandinaviens Ureinwohner), dass die Ren-
thiere Lapplands und des nördlichen Norwegens, die früher südlicher gingen, von der asia-
128 J. N. WoLDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
tischen Seite her in den Norden eingewandert seien, wobei wohl an keine schon damals vor-
handene Renthiernomaden zu denken ist, da man sonst die wilden Renthiere Lapplands für
verwilderte erklären müsste, so können die Lappen, wenn ihre Voreltern wirklich südlich
in Dänemark u. s. w. wohnten, muthmaasslich nach ihrer Zurückdrängung in Lappland mit
‘ Renthieren in Berührung gekommen sein. Es könnten indessen auch den aus Asien nach
Lappland vordringenden Renthieren schon die jetzigen Lappen. oder ein ihnen ähnliches
Volk begegnet sein. In den durch die Arbeiten Forchhammer’s, Steenstrup’s und
Worsae’s berühmt gewordenen Küchenabfällen (Kjökkenmöddinger) der dänischen Inseln,
des nördlichen Jütlands und der Südküste Schwedens, mit Schalen von Austern, Miess-
muscheln, Seeschnecken, mit Knochen von Landthieren, des Seehundes, der Alca impennis
und des jetzt dort ausgestorbenen Auerhahnes, hat man freilich erst später auch Reste von
Renthieren gefunden. Manche aus jener Zeit stammenden, aus Renthierknochen gefertigten
Geräthe weisen ebenfalls darauf hin, dass die Urheber der Küchenreste das Renthier be-
nutzten. Auch fanden sich Reste roher Töpferwaaren und Hundereste vor!); es fanden sich
auch Boote zum Fischfang vor. Da übrigens dieses Volk seine Wohnsitze auch auf das süd-
liche Schweden ausdehnte, so mussten Renthiere dort, wo man häufig, namentlich in Schoo-
nen, fossile Renthierreste fand, häufig mit demselben zusammenleben. Uebrigens können
sie Ja theilweise im Inneren des Landes gehaust haben.
Die Schädel des Volkes der dänischen Steinzeit hat Vogt (Vorlesungen II, Seite
172) näher beschrieben und einen davon abgebildet. Sie gehören nach ihm (Vorlesun-
gen II, Seite 121) einem Lappenvolk der Steinzeit, welches Dänemark und Skandina-
vien nebst dem Norden Deutschlands bewohnte. v. Baer (Deutscher St. Petersburger
Kalender 1864, Seite 22) findet die kurzen Schädel der Steinperiode Dänemark’s mehr
denen der eigentlichen Finnen und Esthen ähnlich und denkt an die Möglichkeit einer
finnischen Einwanderung aus Asien. Der letzteren Ansicht stimmt bereits Dieffenbach
bei, denn er sagt: (Orig., Seite 139): «Die Germanen fanden bei ihren Streifzügen nach
Skandinavien bereits finnische Ursassen vor». Das Volk der Bronce-Periode Dänemarks
scheint dagegen, so viel sich nach einem Schädel schliessen lässt, von dem H. Thom-
son in Kopenhagen Herrn v. Baer einen Abguss mittheilte, einer klein- und langköpfigen
Race angehört zu haben (Baer, Bull. sc., 1863, T. VI; Melanges biol. T. IV, p. 354). Ob
mit diesem Broncevolke, das wohl einem arischen Stamme angehörte, noch Renthiere vor-
kamen, muss die Zukunft ergeben. Finnen besetzten früher den grössten Theil Schwedens,
kamen wohl aus Asien, wo, wie in Russland noch jetzt, Finnen leben, Die Menschen des
Steinalters Dänemarks waren vielleicht Finnen (Baer, Kalender, 22). Adam von Bremen
(im 11. Jahrhunderte in Dänemark als Missionär bei König Swen Ulfson) schildert die
Nachkommen der Ureinwohner als Nomaden, die sich in Thierhäute kleideten, den Auer-
1) Ich bestimmte erst vor Kurzem die mir durch | lustris Rütim., Са f. intermedius Woldr. und Canis
Steenstrup zugesendeten Hundereste als: Camis f. pa- | f. pal. ladogensis Anutschin? W.
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 129
ochsen und das Renthier jagten und mehr schrien als sprachen, sich in Höhlen hielten und
nächtliche blutige Feste feierten.
Es scheint, dass die Menschen, welchen die fraglichen Mahlreste Dänemarks und Süd-
Schwedens ihren Ursprung verdanken, in die Reihe der Völker traten, welche mit dem Ren-
thiere auch in südlichen Breiten zusammenlebten. In Bezug auf die roh gearbeiteten Stein-
und Knochenwerkzeuge, welche man mit den fraglichen Mahlresten fand, ähnelt das Volk,
von dem sie stammen, dem der Höhlen von Perigord. Da man indessen Topfscherben und
Hundeknochen, ebenso wie durch . Hunde, benagte Knochen, Boote zum Fang von
Fischen und Muscheln unter den Küchenresten fand, so mochten sie möglicherweise in
dieser Hinsicht höher als die Perigorder stehen, die freilich ihre Geräthe nicht selten mit
Sculpturen versahen und sich in dieser Beziehung über sie erhoben. Das dänische, wie das
französische Urvolk kannte den Gebrauch des Feuers, denn man hat Kohlen und ihre aus
Steinen gebildeten Herde in Dänemark, wie in Frankreich gefunden. Das Alter dieser,
in Dänemark mit dem Renthiere vorgekommenen, Menschen lässt sich mit Hülfe der dreimal
veränderten Baumvegetation, die Steenstrup in Dänemark nachgewiesen, annähernd be-
stimmen. Die untersten Schichten’ der Moore enthalten die Kiefer mit Steinwaffen und
Knochen der jetzt in Dänemark fehlenden Auerhühner. Den Kiefern folgte eine Eichen-
vegetation, mit deren Resten noch Stein-, aber auch Broncesachen vorkommen. Die jüngste
(historische), noch jetzt bestehende Vegetation bilden Buchen. Nach Worsaae habe das
Steinalter wenigstens 3000 Jahre vor Christus, das Broncealter 500—600 Jahre von
Christus bestanden.
Nach Geier (Schwedens Urgeschichte, 341) soll das rohe Volk der waldigen Gebirge
des nördlichen Skandinaviens, welches sich in Thierfelle kleidete, Auerochsen, Wisente und
Elene jagte und eine eigene, den Nachbarvölkern fremde, rohe, thierähnliche Sprache redete,
ein nach Norden zurückgedrängter Rest des Volkes des Steinalters sein, also Lappen oder
ein ihnen nahestehendes Volk, wie man dies anzunehmen geneigt ist.
Schweiz. Für die Annahme, dass Menschen, wir können freilich nicht sagen, welches Volk,
mit Renthieren auch in der Schweiz gelebt haben, spricht zunächst ein Fund von Renthier-
resten in der Gegend von Genf. Das im benachbarten südlichen Frankreich nachgewiesene,
so häufige Vorkommen von Knochen desselben gestattet gleichfalls eine solche Vermuthung.
Das gilt auch von der Thatsache, dass-andere Thiere, wie Bos urus, Bos primigenius, Cer-
vus alces und C. elaphus, Castor fiber, Ursus arctos, Meles, Mustela martes, M. foina, Putorius
vulgaris, Lutra vulgaris, Canis lupus, C. vulpes, Erinaceus und Sciurus, die in anderen Ge-
genden mit dem Renthiere gefunden wurden, nach Maassgabe Шгег fossilen Reste auch in
der Schweiz früher lebten. Man hat freilich ausser bei Genf, selbst nicht in den älteren,
der jüngeren Steinzeit angehörigen, Pfahlbauten Renthierreste in der Schweiz gefunden. Es
fehlen indessen unter den Resten der Pfahlbauten auch Reste der in der Schweiz früher so
häufigen Gemse. Man würde daher vorläufig nur einräumen können, dass es nach Maassgabe
der bisherigen Knochenfunde den Anschein habe, der Mensch sei nur im Canton Genf mit
Mémoires de l'Acad. Гир. des sciences, VIIme Serie, 17
Па,
150 Т. N. WoLDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
dem Renthiere in Berührung gekommen, was freilich auch dort vielleicht nur mit periodisch
aus Frankreich eingewanderten Thieren der Fall sein konnte. Jedenfalls wäre es sonderbar,
wenn Renthiere wohl im südlichen Frankreich und in Deutschland, nicht aber in der Schweiz
vorgekommen wären. Man könnte auch daran denken, dass die Renthiere in der Schweiz
(einem ziemlich geschlossenen Gebirgslande) schon sehr früh vertilgt worden seien, noch ehe
die Bewohner der Pfahlbauten einwanderten. Das Mammuth und das Nashorn hat man in
der Schweiz in einem kalkigen, unter der Pfahlbautenschichte liegenden Absatze gefunden.
Nach Vogt (IL, Seite 143—145 und besonders 175) stimmt der Schädel, den man bei Meilen
in einem Pfahlbau der Steinzeit fand, mit dem Schweizerschädel der Jetztzeit und besitzt
weder den Typus der Lang-, noch denjenigen der Kurzköpfe. Diffenbach, Seite 135,
meint, der rhaetoromanische Sprachast in Graubündten und im Engadinthal sei besonders
geeignet, nur einen nicht reinen celtischen Vorgänger zuzulassen. Baer hat nach Vogt
(Vorlesungen II, Seite 18) darauf aufmerksam gemacht, dass sehr kurzköpfige Schädel in
Graubündten vorkommen, die den Romanen angehören, bei denen noch jetzt das Torfschwein
vorkommt. Diese scheinen aber nach Vogt (Seite 183) von dem Volke verschieden, das die
Pfahlbauten errichtete. Baer warf daher die Frage auf, ob die graubündtner Kurzköpfe nicht
von den alten Etruskern als Rhaeter abstammten. Vogt (I, Seite 183) meint, der Unter-
schied sei wie Tag und Nacht. Die alten Роило, Rhaeter (Diffenbach, Seite 135 und beson-
ders 107), sollen von den Etruskern stammen, die nach den Schweizer Alpen vertrieben wur-
den (Graubündten). Vogt (Vorlesungen, Zusatz, Seite 324) sagt, dass die Schädel der Be-
wohner der Pfahlbauten der Stein-, Bronce- und Eisenzeit nur einen Typus, den helveti-
schen, zeigen. Die Römer bezeichneten die wilden Bewohner der Ostschweiz als Rhaeter (Baer,
Kalender, Seite 50). Die wenigen menschlichen Reste lassen nicht viele Schlüsse zu, die Schädel
mit der Kopfform der Schweizer könnten indess auch von späteren, in den Seen ertrunkenen
Menschen herrühren.
Deutschland. In einer sehr tiefen Schichte des Löss wurden von Boué bei Lahn im
Grossherzogthum Baden, Strassburg fast gegenüber, auf der rechten Seite des Rheinthales
Reste eines menschlichen Skeletes, aber ohne Schädel, gefunden und im gleichen Niveau
Schalen der Gattungen Zymnaea, Pupa, Physa, Clausilia, Helix, Succinea und Cyclostoma
(Lyell, l’Anciennité de l’homme, Append., Seite 28). Der Fund bezieht sich also auf das
Diluvium, demnach auf eine Zeit, in welcher der Mensch am Rheine wahrscheinlich mit dem
Renthiere lebte, indem Reste des letzteren mehrmals in derselben Formation gefunden
wurden. Da aber den Skelettheilen der Schädel fehlte, so kann selbst nicht einmal von einer
annähernden Bestimmung der Boué’schen Menschenreste die Rede sein. Die in einer
über der Thalsohle der Düssel befindlichen Grotte des Neanderthales bei Elberfeld gemachte
Entdeckung eines menschlichen Skeletes in diluvialem Lehm, der auch in der Nachbar-
schaft Knochen von Mammuthen und Bären enthielt, liefert den Nachweis, dass zu jener
Zeit am fraglichen Orte Menschen wohnten, welche ausser Mammuthen wohl auch Renthiere
jagten, auf deren Gegenwart die im Diluvium des Rheinthales gefundenen Renthierreste
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 131
ebenfalls hinweisen. Der unvollständige Schädel des fraglichen Skeletes, welches einem Men-
schen von mittlerer Statur angehörte, der durch die Untersuchungen Schaaffhausen’s, C.
Vogt’s, und Huxley’s berühmt gewordene Neanderschädel (Vogt, Vorlesungen, II, Seite 74,
75), zeigt eine nicht sonderliche Hirnentwickelung, ist stark deprimirt, deutet auf ein sehr ab-
schüssiges Hinterhaupt, ungemein starke, wulstig vortretende Stirnhöhlen nebst deren Au-
genbrauen, wodurch ег eine gewisse Affenähnlichkeit erhält; er gehört zu den langköpfigen
Formen. Dass das Volk der Diluvialperiode, dem der Neanderschädel angehört, dasselbe war,
welches in Belgien namentlich in der Gegend von Lüttich etwa in derselben Periode lebte,
und von dem man einen in der Höhle von Engis gefundenen, ebenfalls nicht vollständigen,
den ebenfalls viel besprochenen Engisschädel besitzt, möchte man mit Vogt wegen der Nähe
des Wohnortes anzunehmen geneigt sein können. Beide Schädelfragmente zeigen indessen,
besonders wenn man die bei Vogt a.a. O., Seite 69 und 74, sowie Seite 158, gelieferten Ab-
bildungen vergleicht, so grosse Differenzen, dass diese Ansicht zweifelhaft erscheint, beson-
ders da an beiden Schädeln der fehlende Grund- und Gesichtstheil noch nicht in Betracht
gezogen werden konnte.
Welche Völker in Deutschland wohnten und mit dem Renthiere in Berührung waren,
ehe die Celten und die ihnen nachziehenden Germanen in dasselbe eindrangen (und dort
gleichfalls noch, wie aus Caesar hervorzugehen scheint, mit dem Renthiere in Berührung ka-
men), lässt sich nicht mit Sicherheit bestimmen; die in Mecklenburg mit zahlreichen Ren-
thiergeweihen gefundenen menschlichen Geräthe sollen dem metalllosen Steinalter angehö-
ren, dem auch die knöchernen Geräthe zu vindiciren sein dürften. Es fragt sich nur, lebte
dort nur ein Volk mit dem Renthiere zusammen, oder stammen die Reste, was am wahr-
scheinlichsten, theils aus der Zeit, wo dort ein altes Urvolk hauste, identisch oder mindes-
tens nahe verwandt mit dem, welchem die Kjökkenmöddinger Dänemarks und des südlichen
Schwedens ihren Ursprung verdanken, theils aus jener Periode, wo die von Osten einge-
drungenen Slaven, welche das fragliche Urvolk weiter nach Norden schoben, in Mecklenburg
bereits sesshaft waren. Die bei Plau in Mecklenburg mit knöchernen Geräthen ausgegrabenen
Reste eines in hockender Stellung gefundenen menschlichen Skeletes, scheinen nach Maassgabe
des Schädels wenigstens einem den Lappen ähnlichen, wenn auch nicht gerade völlig identi-
schen Volke hinzuneigen, worüber Lisch und Schaaffhausen Mittheilungen machten, und
die Vogt (Vorlesungen, II, Seite 121) gerade einem Lappenvolke vindicirt.
Belgien. Belgien besass bereits zur Diluvialzeit eine Urbevölkerung, wie die dort in
Menge mit menschlichen Skeletresten und Utensilien gefundenen Knochen von Mammuthen,
Nashörnern und ausgestorbenen oder dort vertilgten Hirsch- und Ochsenarten u. s. w.
zeigen. Als näheren Anschluss an die deutschen, im Rheinthale gemachten, Funde erwäh-
nen wir zuerst einen menschlichen Unterkiefer, der bei Maastricht in einer Tiefe von
nahezu 7 Meter, wo sich der Löss mit unterliegendem Kies vereinigt, in einer Schicht
sandigen Lehms gefunden wurde, welche auf Kies ruhte, während man bei viereinhalb
Meter davon in horizontaler Richtung entfernt einen Elephantenzahn ausgrub. Aus dem
7%
132 J. N. WoLDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
Löss und Kies hat man übrigens zahlreiche Reste von Elephanten, mehrere Hirschgeweihe
nebst Ochsenknochen zu Tage gefördert (Crachay: Bullet. d. l’Académie royale de Bel-
gique III, 1836, Seite 43). Der Kiefer stammt also aus einer Zeit, in der der Mensch noch
mit den Mammuthen lebte, und gehörte, wie die Boué’schen Reste, dem Diluvium an (Lyell,
Seite 266). Aus den Funden ‚von Renthiergeweihen, welche nach Н. у. Meyer im Löss des
Rheinthales gemacht wurden, darf man wohl schliessen, dass damals in den Maasgegenden
Renthiere vorkamen. Welchem Volke indessen der erwähnte Kiefer angehörte, ob dem,
welches zur Zeit der Mammuthe und büschelhaarigen Nashörner die Gegend von Lüttich
bewohnte, aus welcher, ausser anderen Schädelfragmenten, ein ganzer, in der Engishöhle
ausgegrabener Oberschädel auf uns gekommen ist, muss die Zukunft entscheiden; für wahr- '
scheinlich möchte man wenigstens eine solche Meinung halten dürfen.
Entscheidender für die Thatsache, dass in Belgien zur Diluvialzeit ein Volk mit Ren-
thieren, Mammuthen, Nashörnern, Höhlenbären, Höhlenhyänen u. s. w. lebte, sind die früher
mit so grossem Unrecht verkannten wichtigen Funde, welche Schmerling in den Höhlen
der Umgegend von Lüttich bereits vor einem Menschenalter machte. In einer der Höhlen
(der von Engis) entdeckte Schmerling die Reste dreier Individuen, darunter zwei Schädel’
die von Knochen des Mammuth, des büschelhaarigen Nashorns und grosser Katzen umgeben
waren‘). Der vollständigere der menschlichen Schädel (der ganze Oberschädel) (Vogt:
Vorles. II, p. 69, 70, 158 und 162) ist ein langköpfiger und wird deshalb mit dem der
Holländer von Vogt verglichen, wobei er auf die mögliche, früh erfolgte Vermischung der
diluvialen Bewohner der Gegend von Lüttich hinweist. Wie sehr aber selbst ausgezeichnete
Craniologen hinsichtlich des Baues des Schädels von Engis abweichen, geht daraus hervor,
dass Huxley schliesslich bemerkte, es sei im Ganzen ein schöner menschlicher Schädel, der
ebenso gut das Hirn eines Philosophen, wie das eines gedankenlosen Wilden beherbergt haben
könnte, während Vogt (ebd., S. 70) denselben in Bezug auf seine Länge zur Breite als
einen sehr ungünstig und affenähnlich gebildeten bezeichnet und seinem Besitzer einen
wenig entwickelten vordern Hirnlappen vindicirt. Der letztgenannte Naturforscher räumt
indessen gleichzeitig ein, dass ausnahmsweise auch bei lebenden Nationen sich ähnliche Schädel
finden. Eine zwischen den Meinungen der beiden berühmten Forscher die Mitte haltende
Ansicht möchte am meisten zusagen. Ohnehin können hoffentlich die Acten über die uralten
Bewohner der Lütticher Gegenden noch nicht als geschlossen betrachtet werden. Vielleicht
erfährt man wenigstens künftig noch etwas mehr über das genauere Verhältniss der geo-
logischen Zeit, in der sie lebten, und über die Völkerfamilien, denen sie selbst angehört oder
mit denen sie in Connex gestanden haben mögen. Für jetzt können wir aus ihrem gering-
fügigen Nachlasse nur schliessen, dass sie im Gegensatz zu den Culturvölkern in einem
1) In Bezug auf die Zeit der Ablagerung dürften wohl | (weil darunter Reste von Rhinoceros tichorhinus, Felis
die von Victor Lyon in der Grotte von Monfat bei Dinant | spelaea und Ursus spelaeus sich fanden) den Schmer-
gefundenen, von Van Beneden bestimmten Knochen | ling’schen Entdeckungen sich anschliessen. W.
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SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 133
ähnlichen Zustande lebten, wie wir ihn jetzt bei manchen wilden Völkern Asien’s, Afrika’s,
Amerika’s, Neu-Holland’s und vieler Inseln finden. Sie waren vorzugsweise Jäger, die sich
roh zugehauener Steinwerkzeuge bedienten, vermuthlich sich in Thierfelle kleideten, in
Höhlen oder Hütten hausten, nicht einmal sicher Hausthiere besassen, noch weniger Ackerbau
trieben und aus dem Pflanzenreiche vielleicht saftige, weichere Wurzeln, im Herbst aber
Beeren und manche Baumfrüchte verspeisten. Dass sie übrigens mit dem Renthiere in Be-
ziehung standen, wenigstens dasselbe jagten, beweisen die von Schmerling in den
Lütticher Höhlen gefundenen Reste desselben. Ob ihnen jedoch immer Renthiere zur Beute
fielen, ob sie nicht bereits zur Zeit der Anoplotherien, Anthracotherien u. s. w. unter
besseren climatischen Verhältnissen an den Orten lebten, wo man ihre Spuren findet, ob sie
die Eisperiode aus dem Norden mehr nach Süden schob, oder ob sie umgekehrt durch andere
Völker vom Süden nach Norden in ihre bis jetzt constatirten Wohnorte gedrängt wurden,
wer vermöchte diese Fragen schon jetzt genügend zu beantworten, ja sie werden muth-
maasslich kaum jemals eine ganz exacte Lösung finden. Man hat freilich bereits die theil-
weise Beantwortung versucht, indem ein geachteter, scharfsinniger Forscher, Spring in
Lüttich (Bullet. d. l’Acad. гоу. d. Belg. 1864, T. XVIII, p. 490), die Menschen von Engis
mit denen, welchen der so berühmt gewordene Unterkiefer von Moulin-Quignon angehörte,
ferner mit den Bewohnern der Thäler der Seine, Somme und Themse, dann der Höhlen des
südlichen und mittlern Frankreichs, so wie der Englands als gleichzeitig betrachtet, weil
alle diese Völker Mammuthe, Nashörner und Renthiere jagten und nur aus Steinen oder
Knochen gearbeitete Werkzeuge (Pfeile, Aexte und Messer) besassen, die in tief liegenden
Schichten gefunden wurden. Er wirft sogar (5. 493) die Frage auf, ob nicht die Bewohner
von Engis aus dem Süden von den Ufern des Mittelmeeres gekommen und sich über Frank-
reich bis zu dem damals noch continentalen England verbreitet hätten.
Aus den Bestandtheilen eines Fundes, welchen Spring in einer in der Provinz Namur,
an dem im Gebiete der Gemeinde Godinne gelegenen Orte Chauvaux, am Ufer der Maas be-
findlichen Höhle machte (Bullet. 4. l’Acad. roy. 4. Belg., T.XX,1853, P. III, р. 427), geht
übrigenshervor, dass die Provinz Namur in einer Zeit als, wie es scheint, keine Mammuthe
und büschelhaarige Nashörner, wohl aber noch Renthiere existirten, von einem Volke be-
wohnt war, woran er einen ganz andern Schädelbau wahrnahm, als die in der Höhle von
Engis gefundenen Schädel ihn zeigten. Spring entdeckte nämlich in der genannten Höhle
zahlreiche Schädel und Skeletreste, besonders Unterkiefer. Es gelang ihm aus zerstreuten
Fragmenten einen Schädel zu construiren, der auf eine geringe Grösse, eine flache Stirn,
abgeplattete Schläfengegenden, weite Nasenlöcher, stark vortretende Alveolarränder, schief
stehende Schneidezähne und einen Gesichtswinkel von kaum 70° hinwies, wodurch derselbe
negerartiger als der Schädel einer der jetzt in Europa heimischen Racen erschien, so dass
er, wie Vogt (Vorles., II, S. 126) bemerkt, von den mit ihm wohl gleichzeitigen Schädeln
aus der Steinperiode Dänemarks und Norddeutschlands abwich; während Spring die Menschen
von Chauvaux, deren Schädel er denen der dänischen Steinperiode ziemlich conform findet,
x
134 У. №. WoLDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
als zum Finnischen Stamm gehörige betrachtet (Bullet. d. l’Ac. гоу. 4. Belg., ХУШ, 1864,
р. 498, 502), die bis zu den historischen Zeiten existirten, dann aber von langköpfigen
Völkern (Celten, Germanen) verdrängt und zum Theil ausgerottet wurden (Spring: ebd.,
p. 497). Nach Maassgabe der Grösse der Schenkel und Schienbeine soll zwar nach Spring
die Race nur 5 Fuss hoch, also klein gewesen sein; er bemerkt indessen, dass alle er-
beuteten Knochen von Weibern und Kindern hergerührt zu haben scheinen.
Die mit den Menschenresten gefundenen Thierknochen, worunter weder Bruchstücke
von Schädeln, noch von Hörnern oder Geweihen sich fanden, gehörten den Geschlechtern
Bos(urus?), Ovis (2), Cervus elaphus?, С. capreolus, С. alces?, биз, Vulpes, Mustela und Lepus
an. Sie weisen also auf ein jüngeres Alter hin, da Mammuth- und Nashornknochen darunter
fehlen; Renthierknochen sind zwar darunter nicht namhaft gemacht, indessen könnten die
vor Ankunft der Celten in Belgien lebenden Menschen von Chauvaux doch noch das Ren-
thier gejagt haben, da sich dasselbe noch viel später in Schottland fand. Da mit den Thier-
und Menschenknochen, von denen alle markenthaltenden, die des Menschen nicht ausgenom-
men, zerbrochen waren, überdies Asche, Kohlenstückchen und kleine Stücke gebranntem Lehms
als Andeutungen von Töpfergeräth, gefunden wurden, so meint Spring, dassdie von ihm zu
Chauvaux gesammelten Knochen die Ueberbleibsel einer Kannibalen-Mahlzeit seien, wobei
jüngere Individuen als die zarteren verspeist wurden. .
Die letztere Ansicht stützt er überdies auf einige Stellen alter Schriftsteller, namentlich
Strabo’s, sowie Diodor’s und des Kirchenvaters Hieronymus (Operall, Seite 75), welche
von Menschenopfern in Gallien und Menschenfressereien der aus Belgien oder Gallien
stammenden alten Irländer sprechen. Die Menschenopfer in Gallien erhielten sich noch in
der Römerzeit und verschwanden, obgleich Augustus und Tiberius sie bereits. verboten
hatten, erst mit der Einführung des Christenthums. Die Menschen von Chauvaux kannten
zwar, wie Spring meint, nach Maassgabe der in derselben Schichte aufgefundenen mensch-
lichen Utensilien, wie die von Engis, noch nicht den Gebrauch der Metalle, hatten aber
schärfere, aus Stein oder Knochen angefertigte Waffen, mochten auch wohl, wie er aus der
Anhäufung von gleich grossen Steinen folgert, Schleudern ") besitzen, trugen knöchernen, viel-
leicht theilweise aus Menschenzähnen bestehenden Schmuck und fabricirten grobe Töpfer-
waaren ohne Verzierungen. Ob die Fir-Bolg oder Bolgs der Schriftsteller, die man wohl mit
den Belgen des Caesar, die er als einen der Hauptvölkerstämme Galliens nennt und als «omnium
fortissimi» bezeichnet, identificiren darf, vielleicht auf die Bewohner von Chauvaux, oder
auf die der Lütticher Höhlen (Engis) oder auf beide zu beziehen seien, ist zweifelhaft. Als
Zeitgenossen der Bewohner von Chauvaux betrachtet Spring (ib., p. 499) die Menschen,
deren Reste, aus Stein oder Knochen angefertigte Utensilien, in mehreren Höhlen des mittlern
1) Es waren dies wohl Klopfsteine, ete., wie solche in | diluvialen Zeit angehören dürften, scheint mir sehr wahr-
den meisten neolithischen Stationen vorkommen; denn dass | scheinlich zu sein. W.
die Funde von Chauvaux der neolithischen, also post-
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 135
oder südlichen Frankreichs entdeckt wurden. Er rechnet dahin namentlich die von Lartet
beschriebenen Reste von Leichenschmausen in der Höhle von Aurignac (Haute-Garonne),
die der Leichenhöhle bei St. Jean-d’Alcos (Aveyron), welche P. Cazalis de Fondonce
schilderte, die der Grotte von Lourdes (Hautes-Pyrénées), welche Alph. M. Edwards
untersuchte, die der von Bontin besuchten Höhle von Ganges (Bas Languedoc), die der
Grotten von Massat und der Höhle von Savigné (Ariège), wovon Alfr. Fontan eine Be-
schreibung lieferte, so wie die Höhlen des Thales von Tarascon (Ariège), in welchen Garrigou
und Filhol Untersuchungen anstellten. Die mittlere Schicht der von v. Vibraye unter-
suchten Höhle von Arcy-sur-Yonne vindieirt Spring ebenfalls der Existenzperiode der
Menschen von Chauvaux. Endlich schreibt er dem Inhalte der von Garrigou, L. Martin,
E. Trutat, M. Edwards und Lartet erforschten Höhle von Bruniquel (Tarne-et-Garonne)
ein gleiches Zeitalter zu, weil man dort, wie in der von Chauvaux, eine Art Herd, Asche,
Kohlen, calcinirte Knochen, Schädel und Kieferfragmente von Menschen fand, die nach
Garrigou einer kleinen kurzköpfigen Race angehörten. — Vielleicht wäre dem Inhalt, welchen
Garrigou und Filhol in den in den Pyrenäen gelegenen Höhlen von Bedeilhac, Sabart,
Niaux grande, Niaux petite und d’Ussat wahrnahmen, ein ähnliches Alter zu vindiciren, eben-
so dem von Espelugues (Hautes-Pyrénées), dessen Kenntniss wir den Herren Garrigou
und Martin verdanken. Selbst die von den Herren Rames, Garrigou und Filhol unter-
suchten Höhlen von Lombrive und Lherm (Ariege) dürften sich vielleicht hinsichtlich des
Alters ihres paläontologischen Inhaltes den aufgeführten anschliessen lassen !).
Gehören namentlich die Thierreste der Höhlen von Bruniquel, Savigne, Lourdes, Es-
pelugues und Lombrive nebst der mittleren Schicht der Höhle von Arcy-sur-Yonne, die
keine Mammuthreste, wohl aber Knochen oder Geweihtheile vom Renthier lieferten, in der
That der Epoche der Menschen von Chauvaux an, so würde dadurch ein neuer Anhaltungs-
punkt für die Ansicht gefunden, dass das Renthier zu jener Epoche in Westeuropa noch
lebte. Mit dieser Ansicht stimmen die oben bereits gemachten Andeutungen über das jüngere
Alter der Menschen von Chauvaux überein. Muthmaasslich darf man in diese Zeitepoche
übrigens wohl auch, namentlich wegen der Gegenwart von Resten des Renthiers, so wie von
Töpferwaaren mit Steingeräthen und der Abwesenheit von Mammuth- und Nashornresten
die Menschen und Thiere versetzen, deren Knochenreste Van Beneden aus der Grotte des
Lessethales, dann aus dem Trou des Nutons bei Furfooz, so wie aus dem Trou du Frontal
aus Belgien selbst beschrieben hat (siehe Brandt’s Abhdl. über Verbreitung des Renthiers).
B.u.W.
1) Ich bezweifle, dass das Renthier in südlicheren | Mammuth und Nashorn gehören daselbst vielmehr dem
Gegenden noch in postdiluvialer Zeit, also mit Menschen, | Schlusse des Diluviums an; in nördlicheren Breiten kam
welche zugeschliffene Steinwerkzeuge besassen (neo- | das Renthier allerdings noch in neolithischer Zeit, und
lithische Zeit) vorkam; derartige Renthierfunde ohne | zwar wohl als Hausthier vor. W.
,
136 J. N. WoLDRICEH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
Beziehungen des Renthieres zu den Urzuständen des Menschengeschlechtes, |
Den vorhandenen Hülfsquellen zur Abfassung einer möglichst umfassenden Geschichte
des Menschengeschlechtes wurden in Folge der Fortschritte der zoologischen, geologischen
und paläontologischen Kenntnisse des Erdballs, wie bekannt, neue hinzugefügt. Unter-
suchungen über das Zusammenleben gewisser Thierformen mit anderen, wie mit dem Men-
schen, also vom zoologischen und geographischen Gesichtspunkte, gestatten manche Licht-
blicke auf einzelne frühere Völkerzustände. Noch vielseitigere und eingreifendere Ergeb-
nisse traten hervor, als man einerseits bei den in der Erde gefundenen Erzeugnissen des
menschlichen Kunstfleisses oder Resten des Körpers, die Zeit des Absatzes der geologischen.
Erdschichten, worin dieselben entdeckt wurden, genauer ins Auge fasste, andererseits aber
auch den mit ihnen in denselben Ablagerungen gefundenen Thierresten die gehörige Auf-
merksamkeit schenkte. Die letzteren mussten um so mehr Interesse erwecken, wenn sie
gänzlich oder an einzelnen Oertlichkeiten bereits ausgestorbenen Arten oder Gattungen an-
gehörten und auf einen im Vergleich zum jetzigen veränderten Zustand der Fauna hin-
wiesen.
Die Anwendung des zoogeographischen Standpunktes zur Ermittelung einzelner Mo-
mente des Völkerlebens wurde in einer bereits vor zehn Jahren von mir herausgegebe-
nen Schrift versucht. Ich bemühte mich darin, eine Thierart, den Tiger, bei Gelegenheit
seiner geographischen Verbreitung in Beziehung mit den verschiedenen Völkerstämmen des
Menschengeschlechtes zu bringen, welche mit ihm dieselbe Scholle bewohnen oder in längst
verflossenen Zeiten bewohnt haben. Es ergeben sich dabei manche Einflüsse, die der Tiger
auf ihre Entwickelung und ihren Zustand übte. Schon damals wurde ich veranlasst, das
Alter mancher Völker, die vom Tiger belästigt werden mussten, als ein sehr hohes, in seinen
Anfängen unbestimmbares, anzunehmen. Ich trug kein Bedenken, den Tiger als constantes
uraltes Glied der Fauna der Jetztwelt zu betrachten und indem ich diese Fauna als eine be-
reits zum Theil verkümmerte ansah, liess ich den Tiger, selbst auf Mammuthe und büschel-
haarige Nashörner Jagd machen. Es veranlasste mich dazu die Erwägung, dass die Reste
dieser Thiere in’den jüngsten Erdschichten, nicht selten mit den Resten noch lebender Thiere
vorkommen, und dass die Mammuth- und Nashornreste im Norden, den ich als noch erkal-
tet ansah, ein so frisches Aussehen haben, ja sogar in Form von ganzen Cadavern auftreten.
Solche Erwägungen, die ich mit ausgedehnten Studien für die Mammuthe theilweise zu-
sammenstellte, ferner manche gegen Cuvier’sTheorie vom späten Auftreten des Menschen
gerichtete Thatsachen veranlassten mich, die früheren Funde von Menschenresten einer
Kritik zu unterwerfen, wobei ich Schmerling’s nicht gehörig gewürdigter oder verworfener
Ansicht in Bezug auf das Alter des Menschengeschlechtes im Stillen beizustimmen nicht
umhin konnte. Es wurde dabei auch die Thatsache in Betracht gezogen, dass sich, so weit
unsere neuen Erfahrungen reichen, die Entstehung neuer Thierarten durch Selbstzeugung
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. ОЙ
in der Jetztzeit nicht nachweisen lasse, dass also die gegenwärtige Thierschöpfung unte
‘besonderen, in die fernsten Zeiten zurückzuverlegenden Umständen aufgetreten wäre und
dass kein rechter Grund vorhanden sei, warum nicht auch der Mensch schon mit den grossen
Säugethieren aufgetreten sein könne, da sie, wie auch die Produkte des Pflanzenreiches, die
Mittel zu seiner Existenz gewährten. Ebenso schien mir der Umstand, dass Egypten, wie
auch Babylonien, erst allmählich zu einer so hohen Cultur gelangt sein konnten, als für
das hohe Alter des Menschen beachtenswerth. р
Bereits frühere Forscher haben sich bemüht, die Geschichte des Menschengeschlech-
tes nicht bloss nach schriftlichen Aufzeichnungen, sondern auch unter Zuziehung von auf
der Oberfläche der Erde befindlichen, in Stein oder Metall gegrabenen oder ausgeprägten
Produkten des menschlichen Kunstfleisses (Inschriften, Münzen, alte Geräthe, alte Gebäude,
technische Produkte und Statuen) näher zu begründen. Zur Verfassung einer Geschichte
von Völkern, die schriftliche Aufzeichnungen besitzen oder hinterliessen, oder wenigstens
_ solche Denkmäler hinterliessen, woraus die Geschichte abgeleitet werden kann, wie dies
bei den alten Culturvüikern der Fall ist, fliessen mehr oder minder zahlreiche Quellen,
woraus ein mehr oder weniger klares Bild von ihren Zuständen gewonnen werden kann.
Bei der Anwendung der paläontologisch-geognostischen Ergebnisse für die Ermittelung der
Existenz und der Zustände, der unserer im Verhältniss sehr jungen Geschichte entrückten
Völker, kommen aber natürlich auch die Beziehungen in Betracht, in welchen diese Völker
nach Maassgabe ihrer industriellen oder osteologischen Ueberreste und gewisser mit ihnen
gefundener Thierreste zu jenen Thierarten standen, welchen die Reste angehören. Die Be-
ziehungen werden je nach den Thierarten verschiedene sein und desshalb eine gesonderte
Besprechung erheischen, wenn sie umfassend erörtert werden sollen. Zu den Thierresten,
welche mit denen des menschlichen Kunstfleisses oder des menschlichen Körpers unter Um-
ständen und an solchen Orten gefunden wurden, dass sie eine besondere Beachtung verdie-
nen, gehören die des Renthieres. Wir werden daher seinen Beziehungen zur Menschheit in
der Vergangenheit ein besonderes Interesse schenken.
Die Untersuchungen, welche ich über die Verbreitung des Renthieres anstellte, ent-
halten zwar hierüber bereits sehr wesentliche Angaben, die indessen darin nur als bei-
läufige erscheinen und desshalb eine besondere Erörterung verdienen möchten. Die mit
Knochen des Renthieres und denen anderer bereits zum Theile sehr lange untergegan-
gener Thiere gefundenen Skeletreste oder Kunstprodukte liefern mit Sicherheit den Nach-
weis für das Zusammenleben des Menschen mit dem Renthiere in uralten Zeiten. Der
Nachweis der Herausnahme des Knochenmarkes aus gespaltenen Röhrenknochen, nach
dem Beispiele anderer Völker, deutet darauf hin, dass das Renthier schon in den frühe-
sten Zeiten dem Menschen zur Nahrung diente und dass das Volk, welches die Knochen
so zerschlug, ein von Fleisch sich nährendes Jägervolk war. Der Gebrauch, den der
Mensch von den Knochen oder Geweihen des Renthieres zur Anfertigung von Geräthen
und Waffen machte, die zuweilen sogar eingravirte Darstellungen von Thieren enthalten,
Mémoires de l'Acad. Imp. des sciences, VIlme Série. 18
138 J. N. WOLDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
geben dem Renthiere noch eine andere Bedeutung. Seine Reste erscheinen uns dadurch als
Mittel, Blicke in den Culturzustand der Völker zu thun, auf welchem die Anfertiger der
Geräthe standen. Die plastischen Darstellungen von Gegenständen weisen darauf hin, dass
der Volksstamm, der sie producirte, obgleich man keine Beweise hat, dass er Hausthiere
besass, Ackerbau trieb oder thönerne Gefässe anfertigte, dennoch einen Sinn für Verschö-
nerung und Kunst besass und dass er nicht ohne ästhetische Anlagen war.
Eine nicht zu verachtende Rolle spielt die Verbreitung des Renthieres und seiner
fossilen Reste zur annähernden Bestimmung des Menschengeschlechtes. Die seitherigen Un-
tersuchungen und Beweise über das Alter des Menschengeschlechtes, wobei auch das Ren-
thier in West- und in Mitteleuropa als eine ausgestorbene Thierart eine Rolle spielt, bezo-
gen sich hauptsächlich nur auf Frankreich, England, Skandinavien, Deutschland und die
Schweiz. Es fragt sich aber, ob nicht der Mensch schon in Asien stets mit dem Ren-
thier zusammenlebte, wie auch mit dem Mammuth und büschelhaarigen Nashorne. Man
kann sogar die Hypothese aufwerfen, ob nicht ein Theil der früheren Bewohner Asiens den
Thieren, welche sie zu jagen gewohnt waren, also auch den Renthieren, nachzogen und so
allmählich nach dem Westen Europa’s übersiedelten. Weder für die gethane Frage, noch für
die ihr zugefügte Hypothese liegen Beweise vor. Ja selbst die Einwanderung der Mammuthe,
Nashörner, Renthiere, Ochsen, Hirsche u. s. w. von Asien nach Europa erfordert noch
schärfere Nachweise. Die darauf hindeutenden paläontologischen Untersuchungen erstrecken
sich hauptsächlich auf Europa, besonders Westeuropa, Asien ist noch sehr wenig gekannt.
Für die Bejahung der oben ausgesprochenen Frage und Hypothese sprechen indessen fol-
gende Umstände. In allen Welttheilen fand ınan gleichzeitig mit besonderen Faunen beson-
dere Menschenracen oder mehr oder weniger zahlreiche kleinere oder grössere Völker als
ursprüngliche Bewohner. Die nicht an stete Wohnsitze gebundenen Jagdvölker sehen wir
noch jetzt dem Wilde nachziehen. Gewisse Völker oder Völkerstämme scheinen also an ge-
wisse Faunen geknüpft. Sollte die Tertiärfauna Europa’s, welche bereits den, dem mensch-
lichen so ähnlichen Typus der Handthiere (Affen) bietet, eine Ausnahme gemacht haben? Es
scheint das nicht der Fall zu sein, wie die bis in die Tertiärzeit verfolgten Spuren, namentlich
der homme de Denise, die von Desnoyers entdeckten künstlich eingeschnittenen Knochen
des Elephas meridionalis und gewisse, den letzteren ähnliche Reste des Arnothals, andeuten.
Asien wurde schon lange als Wiege der Völker betrachtet, aus dessen kühlen nörd-
lichen und mittleren Breiten sie von Osten nach dem wärmeren Westen wanderten. Die
Ausbreitung der arischen Stämme schob bereits wenigstens theilweise illyrisch-thraeische
und pelasgische Stämme vor sich her, die auf die Ureinwohner Westeuropa’s stiessen, sie
theils vernichteten, theils assimilirten oder verdrängten. Die weiter nach Westen in Mittel-
europa vordringenden Arier, stiessen auf die Verfertiger jener rohen Steinarbeiten, deren
sichere Spuren wir, dank den neuen Entdeckungen in Frankreich und England, kennen ge-
lernt haben. Waren dies aber, da sie Mammuthe, büschelhaarige Nashörner, Auerochsen
und Renthiere, also Glieder der vermuthlich aus Asien stammenden diluvialen Fauna, nicht
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 139
aber der in voller Blüthe stehenden Tertiärfauna Frankreichs und Englands, angehörige
Thiere (Anoplotherium, Palaeotherium, ete.) jagten oder gejagt haben, wahre Aborigines?
Konnten sie nicht, den wandernden Mammuthen etc. bis Frankreich folgend, bereits im
Süden auf die, durch die nach und nach entwickelte Eiszeit vom Norden nach Süden ge-
wanderten eigentlichen Ureinwohner gestossen sein, als deren Spuren vielleicht der im vul-
kanischen Tuff von Denise gefundene Rest und ebenso die von Desnoyers und im Arno-
thal nachgewiesenen Reste angesehen werden können? Es dürfte wohl wenigstens erlaubt
sein, nach Maassgabe der bereits vorliegenden, für ein überaus hohes Alter des Menschen-
geschlechtes sprechenden Thatsachen, sowie der Erscheinungen, welche die physische Ge-
schichte der Menschheit mit ihren zahlreichen Wanderungen der Völker darbietet, an die
Möglichkeit solcher frühen Verhältnisse zu denken.
Das Renthier würde, wenn sich diese Hypothese bestätigte, als steter Begleiter und
Zeitgenosse gewisser Völker anzusehen sein. Im Norden Asiens und Europa’s stehen jetzt
hauptsächlich Völker des finnischen und theilweise des mongolischen Stammes mit ihm in
Beziehung; in Amerika sind es Rothhäute und Eskimos. Sollten vielleicht Glieder des fin-
nischen Urstammes den Renthieren, Auerochsen u. s. w. nach Europa gefolgt sein, als die
Mammuthe, Nashörner und Hyänen schon bedeutend abgenommen hatten. Eine solche
Modification der Auffassung würde namentlich in Bezug auf kurzköpfige finnische Völker
(Spring, Bullet. belg. 1864, Seite 502) nöthig sein, um die frühere Gegenwart der mit
Renthieren, Mammuthen, Nashörnern etc. zusammenlebenden Menschen in Belgien zu er-
klären, die einen langgezogenen Schädel, wie der in der Höhle von Engis gefundene, be-
sassen, Menschen, die möglicherweise schon früher mit den grossen Thieren als Ersatz der
sogenannten Tertiärfauna nach West- und Mitteleuropa vorgerückt und dort auf die Ter-
tiärmenschen gestossen waren. Die fraglichen Kurzköpfe, deren Reste in der Höhle von
Chauvaux, in mehreren Höhlen Frankreichs (Spring, Bullet. belgique, T. XVIII, 1864,
Seite 499), dann in Dänemark, Schweden, in Torflagern und alten Grabhügeln, die man
für gleich alt mit den Küchenresten erklärte, entdeckt wurden (Spring, ib., 498) und von
dänischen Naturforschern den Schädeln der Lappen sehr ähnlich gefunden wurden, würden
demnach den Mammuthen, Auerochsen und Renthieren erst später nachgerückt sein, zu
einer Zeit, als erstere wohl, wie die Nashôrner und Hyänen, schon in manchen Ländern ver-
schwunden waren (Spring, ib., 503), weil die Reste dieser Kurzköpfe ohne Mammuthe und
Nashörner vorkamen. Auch die Renthiere scheinen damals in manchen Ländern (Belgien,
Frankreich) schon selten oder ausgerottet gewesen zu sein, wiewohl sie noch als Seltenheit
von dem Volke der Kjökkenmöddinger verspeist und in historischer Zeit im hercynischen
Walde (?) und noch später in Schottland gefunden wurden.
Wie lange lebte der Mensch mit dem Renthiere? Das Vorkommen des Renthieres mit
Menschenresten lässt die Vermuthung aufkommen, dass der Mensch selbst zur Eiszeit in
Europa lebte, wenn auch südlicher. Mit dem Schwinden des Eises konnte er aber allmählich
weiter nach Norden vordringen. Dies ist um so wahrscheinlicher, da der Mensch mit Zle-
18*
140 7. N. WOLDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
phas meridionalis, der vor Elephas primigenius unterging, zusammen war. Lyell (Alter
des Menschen, Seite 118) meint freilich, dass die Verfertiger der alten Steingeräthe,
welche mit den ausgestorbenen Thieren in England lebten, jünger als die Eiszeit sind. Eng-
land konnte ja später bevölkert worden sein; möglicher Weise auch vor derselben in der
Tertiärzeit. Bei allmählich eintretender Eiszeit konnte sich der Mensch mehr nach Süden
zurückziehen. In der Tertiärzeit konnte er die Glieder der Tertiärfauna jagen.
Fragen wir nach der Zeit, wie lange der Mensch mit dem Renthiere lebte, so können
wir zwar keine in Zahlen ausgedrückte Angabe machen, da wir die Zeit des ersten Auftre-
tens beider nicht kennen und, wenigstens in Zahlen ausgedrückt, höchstens nur annähernd
kennen werden. Wir sind indessen im Stande zu sagen, dass dies, wenn d’Archiae Recht
hat, mindestens in der so fernen Periode bereits in Europa, namentlich in England der
Fall war, als die Reste des Renthieres in den dort über dem Gletscherlehm liegenden dilu-
vialen, den Absätzen des Sommethales entsprechenden Süsswasserbildungen mit von Men-
schen gefertigten Kieseläxten, so wie mit Resten von Ælephas primigenius, Rhinoceros
tichorhinus, Rh. hemitoechus, Hippopotamus major, Ursus spelaeus, Hyaena spelaea, Felis
spelaea, Cervus euryceros, Bos primigenius, Ovibos moschatus und Equus fossilis in einer
Periode abgelagert wurden, die einer zweiten Gletscherperiode Englands vorherging.
In seinem Heimathlande, dem Norden Asiens, hatte das Renthier ohne Zweifel unend-
lich viel länger gelebt, wenn, wie es wahrscheinlich ist, die Fauna der Nordhälfte dieses
Landes bereits bestand, als im Westen die, durch die Gletscherperiode nach und nach un-
tergegangene tropische oder subtropische Tertiärfauna vorhanden war, als deren theilwei-
ser Ersatz sie aus Asien oder Osteuropa nach Westeuropa wanderte, Wenn aber der Mensch,
wie im Westen Europa’s (Frankreich) bereits noch früher nachweislich, namentlich zur Zeit
der Thätigkeit der Vulkane Mittelfrankreichs, auch in Nordasien, und zwar schon länger .
existirte, so könnte man dafür halten, dass es im Westen Centralasiens und Westasiens zu
jener besprochenen Zeit schon arische und semitische Urstämme geben mochte. Es dürfte
eine solche Annahme um so mehr für sich haben, wenn man bedenkt, welche zahlreiche Völ-
kerstämme sich in Asien, namentlich im Centrum und im Westen bildeten, um theilweise
massenhaft nach verschiedenen Orten bis Europa sich zu verbreiten. Man hat in verschie-
denen Welttheilen eine Menge verschiedener Racen entdeckt, die nicht im Verlaufe der
wenigen Jahrtausende der herrschenden Chronologie entstanden sein können. Ebenso wenig
können in so kurzer Zeit die so verschiedenen, zahlreichen, noch nicht festgestellten Spra-
chen entstanden sein. Wir kennen jetzt den arischen Stamm am besten. Welcher ungeheure
Zeitraum muss nöthig gewesen sein, ehe die vom Urstamm abgelösten Sprachen ihre Selbst-
ständigkeit erlangten.
Wie lange der Mensch mit dem Renthiere in Frankreich, Deutschland, Dänemark
oder dem südlichen Schweden lebte, lässt sich nicht einmal annähernd sicher bestim-
men. Am längsten mag er in Asien mit ihm zusammengelebt haben, wenn Skandinavien
erst nach der Eiszeit seine Renthierbevölkerung erhielt. Weder das nahe bei Natchez
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 141
am Missisippi gefundene Schenkelbein eines Menschen, das 100 Tausend Jahre alt sein
sollte, noch das bei New-Orleans unter einem, einer vierten Schichte von Taxodium an-
gehörigen Stamme gefundene Skelet, das 57000 Jahre alt sein soll, noch endlich der bei
Kairo aus einem 39 Fuss tief im Nilabsatze erbohrten Loche herausgezogene, einen Zoll
breite Topfscherben geben nach von Baer’s treffender Bemerkung (Kalender 1864, Seite
23—25) für das hohe Menschenalter sichere Anhaltspunkte. Mehr Vertrauen verdient da-
gegen nach Baer der zwischen Montreux und Villeneuve am Ostende des Genfersees bei
Gelegenheit des Eisenbahnbaues gewonnene, von Morlot untersuchte, Durchschnitt (Baer,
ib.). Derselbe enthielt Ziegelstücke bei 4 Fuss Tiefe und eine römische Münze; 10 Fuss
unter der Oberfläche Topfscherben nebst einer Haarpincette aus Bronce, sowie ein Beil
und ein Hackmesser aus Bronce. Noch tiefer bei 19 Fuss unter der Oberfläche Topf-
scherben von grober Arbeit, Kohlen, zerschlagene Thierknochen (Speisenreste) und
Skelete von Menschen. Die letzteren Sachen ‘werden der Steinperiode vindicirt und der
Schädel mit dem, der in die höchsten Alpenthäler zurückgedrängten Romanen (Reste der
alten Rhäter) verglichen. Es wird für die Steinperiode ein Alter von 47—70 Jahrhun-
derten vor dem Jahre 1860 herausgerechnet. Die Dauer der Zeitalter wird auch hier
nicht festgestellt (Baer, Seite 26). Unsere geschichtlichen Daten, von denen selbst die
ältesten egyptischen, so viel wir schon jetzt ermessen können, als sehr jung sich heraus-
stellen, sind ausser Stande, über die Zeit, wann die ersten Menschen lebten, Auskunft
zu geben. Die Funde menschlicher Reste, oder Nachweise menschlicher Thätigkeit in ge-
wissen geologischen Ablagerungen liefern einzig und allein sichere Anhaltspunkte. Kaum
werden aber daraus sichere chronologisch-numerische Resultate gewonnen werden können,
Zusätze.
Oesterreich und angrenzende Länder. Zu den am längsten bekannten Funden
von Renthierresten mit Artefacten des Menschen gehören in Oesterreich diejenigen, welche
Wankel in den Jahren 1868—1871 in der By£iskäla-Höhle bei Blansko in Mähren ge-
macht hat und worüber er wiederholt theils in den Sitzb. der K. Akad. d. Wiss. in Wien,
theils in den Mitth. der Anthropolog. Ges. in Wien, theils in dem «Casopis muz. spolku.
olom.» Olmütz № 1—4, theils endlich in der selbstständigen Schrift «Bilder aus der mähri-
schen Schweiz, Wien 1882» berichtet hat. Das gleiche Alter aller dieser mit Renthierresten
gefundenen Artefacte ist jedoch noch nicht genau sicher gestellt; es ist dies bei Höhlenfun-
den häufig auch nicht möglich. Wichtig waren die Funde, bestehend aus Feuersteinsplittern,
Holzkohlen und Resten von Elephas primigenius, Rhinoceros tichorhinus, Equus, Ursus arctos,
und fraglichen Resten vom Renthier, welche @. Graf Wurmbrand im Löss bei Joslowitz
in Mähren im Jahre 1873 gemacht hat, worüber, so wie über ähnliche Fundstätten bei
Zeiselberg, Sonnberg und Hollabrunn derselbe in den Mitth. d. Anthropolog. Gesell. in
Wien und schliesslich in der Denkschr. d. K. Akad. d. Wiss. in Wien (Ueber die Anwesen-
heit des Menschen zur Zeit der Lössbildung, math.-nat. CI., В. ХХХ, 1879) berichtete.
142 J. N. WOLDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
Zu den wichtigsten und bestbekannten Renthierstationen Oesterreichs gehört Zuzla-
witz, Spalte II, im Böhmerwalde, die ich im Jahre 1879 entdeckte und worüber ich wieder-
holt (s. meine im ersten Theile eitirten Aufsätze, sowie meinen Vortrag «die ältesten Spuren
der Cultur in Mitteleuropa» mit Illustrationen, Wien 1886) berichtete. Ueber die Reste in
der Höhle Kostelik (Darvica) bei Brünn in Mähren berichteten Wankel, Krasser, Kon-
delka, Makowsky und am eingehendsten Szombathy [Hochstetter’s vierter Ber. d.
präh. Com. d. math.-nat. Cl. d. K. Akad. d. Wiss. Wien (Sitzb. B. LXXXII, Dez. 1880)]
und Kfiz in seinem Berichte über die von ihm in den Jahren 1883, 1884 u. 1885 vorge-
nommenen Höhlenuntersuchungen (Mitth. 4. Sect. f. Höhlenkunde а. 0. Т. C., 1886). Ueber
Feuersteinartefacte mit Mammuth- und Edelhirschknochen im Löss bei Stillfried an der March
und bei Gösing in N.-Oesterr., bei denen indess Renthierreste nicht vorgefunden wurden,
berichtete Much in den Mitth. d. Anthrop. Ges. Wien (B. XI, 1881) Eine sehr wichtige
Fundstätte von Renthierresten und Steinartefacten entdeckte Ferd. Brun im Löss von Wil-
lendorf an der Donau in N.-Oesterreich, worüber Szombathy einen vorläufigen Bericht
(Mitth. d. Anthrop. Ges. Wien, B. XIV, 1884) erstattete, in dem neben Resten des Ren-
thiers jene von Elephas primigenius, Lupus vulgaris und Cervus elaphus angeführt werden.
Ich bestimmte aus derselben Fundstätte mehrere Reste, unter denen vorläufig Lupus vul-
garis fossilis Wold., Lupus spelaeus Wold. und Lyncus lyncoides Bourg. erwähnt seien.
Laube berichtete über hierher gehörige Spuren aus der Quartärzeit in der Panenskä und
Särka bei Prag (Lotos, Prag, 1882). Sehr lehrreich ist, der Fundplatz bei Predmost unweit
Prerau in Mähren, über welchen Wankel und Maëka und ich selbst wiederholt berichteten;
Renthierreste, Stein- und Knochenartefacte sind hier mit Zlephas primigenius, Rhinoceros,
Bos, Pferd, Elen, Wolf, Fuchs, Vielfrass, zwei grossen Katzen und dem Hund vorgekommen.
Wichtig in dieser Beziehung sind auch die hierhergehörigen Reste aus den durch Maëka
(S. meine im ersten Theile citirten Aufsätze, а. О.) untersuchten beiden Stramberger Höhlen
Certova dira und Sipka in Mähren, deren Stein- und Knochenartefacte bis zum Ende der
Glacialzeit zurückreichen dürften, wie ich aus den mir zur Ansicht eingesandten Steinarte-
_ facten vermuthe, ferner die durch Schneider entdeckten und von mir bestimmten Reste
in den Prachover Felsen bei Jiëin in Böhmen.
Ueber hierher gehörige, mitunter noch zweifelhafte Reste, berichtete Wankel aus dem
Evaloch (beim Volke «Jächymka» genannt), welches ich mit ihm besuchte, Külna und
Poustevna. Szombathy berichtet im 7. Ber. der präb. Comm. d. Akad. d. Wiss. in Wien
(B. LXXXIX, 1884) über Reste in der Zitny-Höhle und in der Johannes-Höhle (6. Ber.,
1883), Kriz (3. а. у. a. О.) über Reste aus der Külna, aus der Poustevna (Kïiz, Führer in
das mährische Höhlengebiet, Steinitz, 1884).
Eine wichtige Fundstätte ist die von F. Brun und L. Hacker im Kremsthale N.-Oester-
reichs entdeckte Gudenus-Höhle (Hartenstein) mit zahlreichen Steinartefacten, zugeschliffenen
Knochenwerkzeugen, Knochennadeln mit Oehr, mit Resten vom Renthier, Pferd, Hund und
einer noch nicht genau sichergestellten Waldfauna (Mitth. d. Anthr. Ges. Wien, В. XIV, 1884).
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SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 143
Unter den zahlreichen Höhlen, welche Ossowski in der Umgebung von Krakau mit
so vielem Erfolge systematisch untersuchte, ist hier»zunächst die Maszycka-Höhle bei Ojcow
zu nennen (s. Ossowski’s eingehende und reich ausgestattete Arbeit: Jaskinie okolic
Ojcowa pod wzgledem paleoetnologicznym I, Т. 1—8, Wydz. mat. przyr. Akad. Umiej. Kra-
köw, 1884). In der untersten Höhlenschichte с fand Ossowski eine grosse Menge zuge-
schlagener Feuersteinwerkzeuge, Messer und Schaber vollendeter Form; verschiedene
Knochenwerkzeuge, Ahle, Pfriemen ect., aus Renthier-, Mammuth- und andern Knochen,
die meisten mit einer eingeritzten, eingegrabenen oder hervorragenden (plastischen) meist
Linien-Ornamentik, welche sich anschliesst an die Verzierungen aus der Külna und aus
Predmost in Mähren und wahrscheinlich an die mir nur nach mündlichen Berichten bekann-
ten Knochenverzierungen aus der Höhle Kostelik in Mähren im Besitze des Herrn Dr. Kriz
in Steinitz. Aus derselben Schichte с stammen nach Ossowski: Ælephas primigenius,
Rhinoceros tichorhinus, Equus, Hyaena crocuta var. spelaea, Ursus spelaeus, Ursus arctos,
Bos priscus, Bos primigenius, Cervus alces, Cervus elaphus, Cervus tarandus (zahlreich und
in allen Altersstadien), Antilope Suiga, Vulpes vulgaris fossilis, Mustela foina, Lepus timi-
dus, und Gallus (domesticus fossilis). Die Reste der diluvialen Thiere sollen sich auf sekun-
därer Lagerstätte befinden und Ossowski zählt diese Ablagerung mit ihren Resten in den
Beginn der Alluvialzeit. Ich halte dafür, dass dieselben, wegen Mangels an Hausrind und
Scherben, dem Schlusse der diluvialen Waldzeit oder mindestens der Uebergangszeit aus
‘dem Diluvium in das Alluvium angehören und sich unmittelbar an die Funde der Harten-
stein- oder Gudenus-Höhle in N.-Oesterreich anschliessen, wenn sie nicht mit ihnen gleich-
alterig sind. Dass das Renthier zu jener Zeit bei Ojcow noch lebte, geht aus seinen vielen
Resten sicher hervor.
In der über dieser Schichte gelegenen Ablagerung b kommen neben Feuersteinmessern
bereits zugeschliffene (allerdings einfache) Steinwerkzeuge und rohe Topfscherben mit ein-
fachen Verzierungen neben Bos taurus, Haushund, zwei oder drei kleinen Katzenformen,
Fuchs, Wolf, Elen, Hirsch, Damhirsch, Reh, Gemse, Ziege, Schaf, Dachs, Wildschwein,
Hausschwein, Biber, Hase, Haushuhn in zwei Formen, Adler, Ente vor. Dieses Verzeichniss
enthält somit eine postdiluviale Waldfauna neben Hausthieren. Das Renthier fehlt bereits.
Nun ist es sehr interessant und von grossem wissenschaftlichen Belange, dass О ssow-
ski (Czwarte spraw. okolic Krakowa. Zbiör wiadom. do anthrop. krajowej. tom VII, dz. I.,
1883) auch in der Höhle Na Milaszowce in der Schichte b zugeschlagene Feuersteinartefacte
mit dem Renthiere, von dem ich selbst einige Reste bestimmte, mit Bos taurus und einer
postdiluvialen Waldfauna vorfand. In der untersten Schichte с dieser Höhle kamen vor:
Elephas primigenius, Rhinoceros ticho:hinus, ein kleines Rhinoceros, Ursus spelaeus, Equus,
Pos, Cervus alces, Cervus elaphus, Canis, Vulpes vulgaris fossilis, und zwar auf sekundärer,
nach Ossowski alluvialer Lagerstätte; Spuren menschlicher Anwesenheit fehlten hier. In
der oberen Schichte b kamen vor: zugeschlagene Feuersteinartefacte (keine zugeschliffenen),
eine Menge von Knochenwerkzeugen, welche vielfach noch an die des Diluviums erinnern,
144 J. N. WoLDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
aber auch solche, die zugeschliffen waren; ferner eine Menge jener bekannten Artefacte und
Zierstücke aus Knochen und Kalk, von deren Echtheit ich von allem Anfange an überzeugt
war, und einige von freier Hand gefertigte primitive Topfscherben; das alles in Gesellschaft
von: Rangifer tarandus (nicht mehr so stark vertreten, wie in der Schichte c der Maszycka-
Höhle), Cervus alces, Antilope rupicapra, Equus caballus, Bos taurus (wenige Reste), Sus,
Ursus arctos, Meles taxus, Foetorius putorius, Mustela foina, Vulpes vulgaris, Canis fami-
liaris?, Lupus vulgaris?, Leucocyon lagopus(£) Felis lynx, Felis fera, Felis catus. Wenn
man vom fraglichen Zeucocyon lagopus (die übrigen Reste werden wohl einer Revision
unterzogen werden müssen) absieht'), so enthält obige Liste die typische postdiluviale
Waldfauna, aber auch noch Reste vom Renthiere, daneben schon das Hausrind und nur
zugeschlagene Feuersteinwerkzeuge und Topfscherben.
Es ist also kein Zweifel, dass hier das Renthier noch in alluvialer Zeit mit dem
Menschen lebte und dass infolge der sämmtlichen Reste, sowohl der von Menschen stam-
menden, als der thierischen, diese Schichte b der Höhle Na Milaszowce der Zeit und dem Inhalte
nach verwandt ist mit der Schichte b der Maszycka-Höhle; sie ist jedoch wahrscheinlich vor
der letzteren abgelagert worden, reiht sich naturgemäss an die Schichte c der Maszycka-
Höhle an, die an das äusserste Ende des Diluviums zu verlegen ist, da sie noch kein Haus-
rind und keine Thonscherben enthält. An die Schichte b der Höhle Na Milaszowce reiht sich
die Schichte b der Maszycka-Höhle an, in welcher kein Renthier mehr vorkommt, die dafür
mehr, wenn auch noch nicht viele, Reste von Bos taurus enthält, zu dem noch Schaf, Ziege
und Hausschwein und daneben auch zugeschliffene Steinwerkzeuge hinzutreten. Obwohl
in dieser etwas späteren Schichte b der Maszycka nicht mehr die merkwürdigen, geschnitzten
Knochen-Zierartefacte der Na Milaszowce-Schichte 6 vorkommen, so zeigt sich in der Be-
arbeitung der Knochenartefacte derselben dennoch ein unverkennbarer Fortschritt, be-
sonders in der Bohrung grosser Löcher, ferner in dem Vorkommen vom sogenannten Hirsch-
hornhammer, nach meiner Ansicht Stockgriff (Ossowski, ib., T. VII, fig. 2), der sick in
Böhmen, N.-Oesterreich und anderwärts bis in die jüngste neolithische Zeit erhalten hat;
dazu kommt noch die nach dem Verschwinden des Renthiers in Gebrauch gekommene mas-
senhafte Bearbeitung des Hirschhorns und das Vorkommen von Thonwirteln (Ossowski
ibid., T. VII, fig. 27 u. 28). Ich habe zwar anfänglich die merkwürdigen geschnitzten Zier-
stücke und Artefacte, welche so vieles Aufsehen und so viele Controversen erzeugt, für
etwas jünger gehalten, als Ossowski, bin aber jetzt der Ansicht, dass selbe sogar älter sind,
als die Reste der Schichte 6 in der Höhle Na Milaszowce.
Wenn man die von G. de Mortillet (Le prébistor. antiq. de l’homme, 2 éd., Paris,
1885) für den Westen Europa’s, besonders für Frankreich, aufgestellten Entwickelungs-
phasen des quaternären Menschen acceptirt, so dürften sich die von mir vorstehend be-
1) Ossowski war so freundlich mir auf mein Ersu- | senden und ich erkannte in denselben ein etwa zweijäh-
chen diese fraglichen Reste wäbrend des Druckes zuzu- | riges Weibchen des Vulpes vulgaris fossilis.
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SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 145
sprochenen Fundstätten mit ihren Resten in nachstehender Zeitfolge als Entwickelungs-
stufen des Menschen einander anreihen:
A. Diluviale Epoche: a präglaciale Zeit: 1. Cheléen; В glaciale Zeit: 2. Moustérien
(Stramberger Hühlen, ältere Reste?, Byciskäla, ältere Reste?); с postglaciale Zeit (Step-
pen-. Weide- und Waldzeit Mitteleuropa’s): 3. Solutreen, 4. Zuzlawitz, Spalte II, 5. Mag-
dalénien{Willendorf?, Zieselberg?, Stillfried ?, Joslowitz?, Загка?, Stramberg, jüngere Reste?),
6. Predmost (Kostelik, Каша, Bytiskäla, jüngere Reste?), 7. Hartenstein oder Gudenus.
В. Uebergang vom Diluvium zum АНимит: 8. Maszycka, Schichte с. С. Alluvialepoche (les temps ас-
tuels der Franzosen): 9. Na Mylaszowce, Schichte 6, 10. Maszycka, Schichte 6, 11. Roben-
hausen.
Durch die Funde in der Hartenstein- oder Gudenus-Höhle, besonders aber durch die
wichtigen Forschungen Ossowski’s in den polnischen Höhlen scheint nunmehr nicht nur der
«hiatus entre le quaternaire et l’actuel», von dem G. deMortillet (a. v.a. O., p.479 ect.)
spricht, hinreichend ausgefüllt, sondern wir beobachten auch auf Grundlage der oben be-
sprochenen Funde, in Mitteleuropa wenigstens, einen allmälichen Entwickelungsgang des Men-
schen und seiner Industrie wenigstens vom jüngeren Diluvium in das Alluvium, d.h. von der
Stufe mit bloss zugeschlagenen Steinwerkzeugen zur Stufe mit polirten Steinwerkzeugen,
welchem Entwickelungsgange auch die Beschaffenheit der betreffenden Faunen entspricht,
wie wir gesehen haben. Im Diluvium noch lernte der Mensch neben dem Gebrauch seiner
zugeschlagenen Steinwerkzeuge zunächst seine Knochenwerkzeuge zu schleifen und kam
erst später, im Alluvium, auf den Gedanken, auch die Stein werkzeuge zuzuschleifen.
In dieser neolithischen Zeit verschwindet aber das Renthier aus den mittlern Breiten
Europa’s allmählich als Haus- oder wenigstens als Gebrauchsthier, kommt aber noch im
nördlichen Deutschland vor. An die Stelle der Renthiergeweihe tritt in grösserem Umfange
die Benutzung der Hirschgeweihe, welche sich dann auch in der Metallzeit bis ins Mit-
telalter, ja bis in die jüngste Zeit erhält. Da nach Much (die Kupferzeit in Europa ect.,
Mitth. d. Е. К. Central-Comm. Г. Kunst- und histor. Denkmale, Wien 1885 u. 1886) das
Kupfer unzweifelhaft zu den ältesten, dem Menschen bekannt gewordenen Metallen gehört
und sein weit verzweigter Gebrauch noch vor dem der Bronze erfolgte, so sind die Funde
von kupfernen Gegenständen mit dem Renthier in nördlichen Gegenden leicht erklärlich.
- Schliesslich sind die besprochenen, in den letzten Jahren im Herzen Europa’s gemach-
ten Funde und die Resultate der diesbezüglichen Forschungen geeignet, die Ansicht, dass
Europa die Wiege der Arier gewesen, und ebenso meine wiederholt ausgesprochene Ansicht,
dass die Zähmung mehrerer Hausthiere auf europäischem Boden stattgefunden und schon
zur Diluvialzeit begann, zu bestätigen; es dürfte demnach die Ansicht Much’s (а. у. а. 0.)
und Anderer, dass die Mehrzahl der Hausthierrassen aussereuropäischen Ursprungs, und
dass Europa wohl die Jugendheimath, aber nicht die Wiege der Arier gewesen, eine irrige
Annahme sein, W.
Mémoires de l'Acad. Пар. des sciences, VIfmo Serie, 19
146 J. N. WoLDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
Der Mensch der Tertiärperiode in Frankreich.
Die genaue Untersuchung der Schichten zahlreicher, an verschiedenen Punkten
Frankreichs entdeckter Höhlen und sonstiger geologischen Ablagerungen haben, abge-
sehen davon, was sie in Bezug auf die Feststellung eines höheren Alters des Menschen-
geschlechtes leisteten, auch die Kenntniss der früheren Verbreitung des Renthieres und die
daraus hervorgehenden ehemaligen Beziehungen des Menschen zu dieser, die Existenz
vieler Völker des asiatisch-europäisch-arktischen Nordens in der Gegenwart bedingenden
Thierart wesentlich gefördert. Werfen wir nun die Frage auf, wann in Frankreich die erste
Berührung des Menschen mit dem Renthier stattgefunden haben mag, so lässt sich dieselbe
unter Zuziehung einiger Daten allerdings nur hypothetisch und conclusiv, nicht gerade
direct beantworten. Desnoyers (Compt. rend. 4. l’Acad. а. Paris, 1863, р. 177,und Lyell
(«L’anciennet& de l’homme, Appendice, р. 94) finden in den Sandlagern von St. Prest in der
Umgegend von Chartres im Thale der Eure Knochen von Ælephas meridionalis, Rhinoceros
leptorhinus, Hippopotamus major, von mehreren grossen Hirschen, Rindern, sowie von
Pferden, also von solchen Thieren, welche die pliocäne Formation, wie in Arnothal, charak-
terisiren.
An vielen der langen Knochen derselben, namentlich an denen von Ælephas meridio-
nalis, weniger an denen von Rhinoceros und noch weniger an denen der andern Thiere, be-
merkte Desnoyers solche Einschnitte, wie man sie auch an andern fossilen Knochen, wie an
denen des Zlephas primigenius, Rhinoceros tichorhinus п. $. w., so wie auch an Knochen fand,
welche in den gallischen, germanischen und bretonischen Grabhügeln gefunden wurden; Ein-
schnitte und Furchungen, welche nach seiner Ansicht nur von Menschen mittelst Steinwerk-
zeugen hervorgebracht sein können. Die genannten Verletzungen der Knochen sind nach
Lyell(a.a. A.,p. 3) so alt wie die Einlagerung der Knochen und können keineswegs bei der
Reinigung derselben entstanden sein, da nach dem Trocknen derselben sich der Sand leicht
ablöste. Nach Desnoyers würden die fraglichen Knochenverletzungen auf die Existenz des
Menschen zur Pliocänzeit hinweisen. Lyell hält indessen (a. a. A.) eine solche Annahme
für noch nicht völlig gesichert, besonders da bisher in den Lagern von St. Prest weder
Reste von menschlichen Knochen, noch Kunstprodukte gefunden seien. Auch lassen sich in
Betreff des Elephas meridionalis noch Bedenken erheben, da zwei ausgezeichnete Paläonto-
logen (Bronn, Leth. Ш, р. 816 Uch. und Gervais, Zool. et Paléontol. fr., I. édit., р. 63)der
Ansicht sind, die Art sei durch Nesti und selbst Falconer nicht auf eine wünschenswerthe
Weise abgegrenzt. Es bleiben freilich zur Bestimmung der Formation immer noch Rhino-
ceros leptorhinus und Hippopotamus übrig. Uebrigens neige ich mich auch aus anderen
Gründen zu der schon lange von mir gehegten Ansicht, dass der Mensch bereits ein Glied
der tertiären Fauna, namentlich der jüngeren (Pliocän) Epoche derselben, gewesen sei. Na-
mentlich bestimmen mich dazu folgende Wahrnehmungen: Man hat häufig Reste des Hlephas
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SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 147
primigenius und Rhinoc. tichorhinus, also ausgestorbener Glieder der Fauna der Gegenwart,
mit Resten des menschlichen Skeletes oder menschlichen Kunstfleisses zusammen gefunden.
Diese Funde wurden nun allerdings nach Maassgabe des geologischen Alters der Erd-
schichten, worin sie gemacht wurden, mit Recht meist einer spätern, der Tertiärzeit nach-
folgenden Epoche vindicirt. Erwägt man aber, dass die Reste der genannten Pachydermen
nach Owen (Br. foss., mam. XIVI Pabette) bereits mit Cervus elaphus, Equus fossilis in
der Pliocänzeit, also einer jüngeren tertiären, vom ältesten Diluvium kaum scharf geschie-
denen Formation sich in England fanden, so ist kein Grund vorbanden, warum der Mensch,
der mit den vier genannten Thierarten derselben Fauna angehört und mit einer davon noch
lebt, mit der anderen noch in der historischen Zeit lebte, damals noch gefehlt haben sollte.
Die Bedingungen seiner Existenz, Thiere, die er nachweislich in der nachfolgenden
Periode jagte, waren ja vorhanden. Gab es doch schon in einer viel früheren Zeit, der
Eocänperiode, die dem Menschen in morphologischer Beziehung verwandten Vierhänder,
wie den Maccacus eocenus, so dass er bereits sogar während der langen Eo- und Miocän-
zeit das Affenstadium überstanden haben konnte, wenn es eines solchen Actes überhaupt be-
durfte. Im wärmeren oder Miocänalter konnte er muthmaasslich leichter sein Dasein, zuerst
nach Affenart mit Früchten, fristen und nach und nach zum Jägerhandwerk sich gewöhnen,
das ihm in spätern Perioden selbst bei niedriger Temperatur reichliche Nahrung verschaffte.
Für die nach gewissen Knochenverletzungen von Desnoyers präsumirten tertiären Men-
schen von St. Prest und die im Arnothal gefundenen, ebenfalls, wie man behauptet, ange-
schnittenen Knochen, würden übrigens die eben gemachten Mittheilungen im speciellen
Falle neue Stützpunkte bieten. Aus ähnlichen Gründen dürfte aber auch das Renthier be-
reits Ende der tertiären Epoche gelebt und namentlich vielleicht grösstentheils in seiner
muthmaasslichen Urheimat (Nordasien) zugebracht haben. Als direeteren Beweis, dass der
Mensch schon in der Tertiärzeit existirte, haben manche Naturforscher, wie Spring, auch
das berühmte zu Denise bei der Stadt Puy (Auvergne) gefundene, vor dem Erlöschen der
dortigen Vulcane begrabene, von Aimard (Bullet. d. 1. Soc. géolog. de France 1844, 45
und 47) beschriebene Skelet angeführt. Es dürften jedoch Bedenken in Betreff der Annahme
eines hohen Alters desselben zu erheben sein, da im selben Tuffe auch Knochen von Ælephas
primigenius, Rhinoceros tichorhinus gefunden wurden.
Der Mensch von Denise wird daher nicht mit Spring einem mythologischen Zeitalter
vindicirt werden können (Antiquité d. l’homme). Das ganze mythologische Zeitalter dürfte
eine zwar der paläontologischen Nachweise entbehrende, wiewohl nicht völlig verwerfliche
Hypothese bleiben, wenn man, nach Maassgabe von Völkersagen, die den Menschen der
Vorzeit mit Ungeheuern, Drachen kämpfen lassen, dass Alter der Menschheit in die letzte
Periode der Ichthyo-, Plesiosauren, Pterodaktylen u. s. w. versetzt. Selbst die alten Er-
zählungen von Riesen, Giganten, Titanen, als deren Stützpunkt man sogar in früherer
Zeit die Skeletreste der grossen Thiere betrachtete, haben nur die Bedeutung von Mythen
ohne bisherigen paläontologischen Haltpunkt. Eher liessen sich die Zwergsagen auf kleine,
19*
148 J. N. WoLDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
früher vorhandene Menschen zurückführen, deren letzte Reste, nachdem sie in Höhlen ein
verkümmertes Dasein gefristet, umgeben von einer Culturrasse nach und nach dem Unter-
gange entgegengingen. Spring’s mythologisches Zeitalter, worin die Menschen muthmaass-
lich mit Ungeheuern gekämpft haben sollen, dürfte demnach seine nähere Bestätigung und
Sichtung erwarten, besonders da ausser dem Menschen von Denise auch die von Prest
darin am Platze standen, welche letztere ebenfalls kaum noch zu den Drachenkämpfern
gehörten. |
Nach Legenden verschiedener Völker über Ungeheuer und Helden wurden kühne
Männer dadurch ausgezeichnet, dass sie die Legende Ungeheuer erlegen Jässt, Die überein-
stimmenden Legenden alter Völker, die nicht zu verwerfen siud, sprechen von monströsen
Schlangen, Drachen, unersättlichen Hydren, Pythons und von den Kämpfen, welche die Helden
mit ihnen hatten. Zu erwähnen ist auch der Schlangencultus vieler Völker (Babylonier,
Assyrer, Parther, Skythen, Inder, Chinesen); der Kampf Siegfried’s mit Drachen am Rhein
und der Mosel; Thor vernichtet nach einer scandinavischen Sage mit einer grossen Angel,
worauf sich ein Ochsenkopf befand, die grosse Schlange, welche die Welt verschlingen wollte;
die Erlegung der lernäischen Schlange durch Herkules; der Mythus von Deucalion und
Pyrrha; der von Apollo in den Grotten des Parnassus erlegte Python — in Folge davon
die pythischen Spiele u. s. w. Alle alten Völker sollen von Riesen, Cyclopen und Troglody-
ten sprechen. Cyclopen mit einein Auge streiten aber gegen den Bau der Wirbelthiere;
Reste von Riesenvölkern sind nicht gefunden worden, wohl aber von kleinen.
Ob die Menschen, welche aus der Tertiärzeit stammten, möglicherweise im Süden
Europa’s zur Eiszeit, Mammuthe, Nashörner, Renthiere als Ersatz der früheren südlichen
Thiere gejagt haben mögen, wer vermöchte dies mit Sicherheit zu beantworten. Sie konnten
es wenigstens. Aus der präglacialen Zeit mögen Menschen übrig geblieben sein, wie man
dies stillschweigend annimmt, wenn man einen Werth darauf legt, dass Sagen von getödteten
Drachen etc. bis in die historische Zeit hinüberklingen.
Indessen wird es täglich wahrscheinlicher, dass der Mensch noch längst ausgestorbene
Thiere kannte. Es steht der Ansicht nichts entgegen, dass unsere Urvorfahren noch die
scheusslichen Reptilien kannten, deren Skelete in der Kreide- und Juraformation sich finden
(Mosasaurus, Megalosaurus, Plesiosaurus, Ichthyosaurus, Pterodactylus). В., We
Zusatz. Bekanntlich fand Bourgeois unzweifelhaft künstlich zugeschlagene Feuer-
steine in der Etage Aquitanien des unteren Miocän (Oligocän) bei Thenay (Compte rendu
du congrès de Paris, 1867, p. 87), Rames in der Etage Tortonien des oberen Miocän bei
Puy Courny (Materiaux 1884, p. 399) und Ribeiro im Tortonien von Portugal. .
Skeletreste des Menschen oder des Wesens, von dem diese bearbeiteten Steine herrühren,
fand man noch nicht. G. de Mortillet meint nun, dass zur Tertiärzeit ein Wesen existirt
habe, kein Mensch, sondern ein Vorfahre des Menschen, der genug intelligent war, um
Steine zuzuschlagen und Feuer anzumachen. Diese Wesen standen in der Mitte zwischen den
antlıropoiden Affen und den Menschen. Mortillet nennt sie deshalb Anthropopithecus und
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 149
unterscheidet drei Formen: Anthropopithecus Bourgeoisü (von Thenay), kleiner als der Mensch
und als Dryopithecus Fontani, dem Gaudry die zugeschlagenen Steine zuschreibt (Enchaine-
ments du monde animal, 1878, p. 241), Anthropopithecus Ramesii (von Puy Courny) und
Anthropopithecus Ribeiroi (von Portugal). W.
Clima zur Tertiär- und Diluvialzeit,
Die Temperatur zur Eocänzeit war höher als in den jetzigen gemässigten Gegenden, sagt
Symonds (Geol. Magaz., V, 1868, Seite 416); die oberen Miocänschichten wurden (wenig-
stens in England) unter einer Temperatur abgesetzt, die bereits eine gemässigtere war.
Goeppert (Schlesische Gesellsch. für vaterl. Cultur., Sitz. vom 12. Nov. 1868) berichtet:
das Vorkommen der fossilen Nyssa beschränkt sich auf die Schichten des mittleren Miocän;
in den oberen, wie in Schosnitz, ist sie noch nicht entdeckt worden. Die fossile Flora von
Schosnitz, welche so viele neue Bürger, insbesondere unter andern Weiden und Platanen
- lieferte, gewinnt ein um so grösseres Interesse, als sich ihre weite Verbreitung im höchsten
Norden immer mehr herausstellt, so auf der Halbinsel Alaska, dem westlichen Ende des
früher russischen Nordwest-Amerika unter dem 59. Grade, in Island, in Grönland unter
dem 70. Grade und neuerdings auch in Spitzbergen. Auf jene Beobachtung gründete sich
meine schon vor 8 Jahren über die Tertiärflora der Polarländer (Sitzungsb. d. naturw. Sec-
tion, 10. Dec. 1860) ausgesprochene Ansicht, dass in den jetzt so unwirthlichen arktischen
Gegenden zur Zeit der Miocänperiode ein milderes Clima geherrscht hat, eine mittlere
Temperatur von mindestens S—10° R., um eine Vegetation zu fördern, wie sie gegenwär-
tig im mittleren und südlichen Amerika und Süd-Europa angetroffen wird, deren Flora sich
im Allgemeinen mit der der Miocänperiode am nächsten verwandt zeigt.
Nichts hat so die Geologie interessirt als der Nachweis einer Miocänflora im hohen,
jetzt vereisten Norden (bereits aus 128 Arten bestehend, darunter 62 Blüthenpflanzen,
Baumfarren und andere Cryptogamen), während in England zu derselben Zeit, Zimmet-
bäume, Wein, Feigen, Lorbeer, gigantische Wellingtonien, Baumfarren und andere Warm-
pflanzen wuchsen. Während der Miocänzeit begann der Unterschied in der Verbreitung der
Organismen zwischen den arktischen Gegenden einerseits und denen in Devonshire und der
Insel Wight andererseits; in letzteren Gegenden herrschte ein mehr tropisches Clima. Aus
der pliocänen Periode sind nach Symonds (Geol. Magaz., V, 1868, S. 418) in England
weniger Thiere bekannt als in Frankreich und Italien. Sie weichen von den miocänen
so sehr ab, dass kein Vierfüssier der miocänen Absätze der Auvergne den dortigen plio-
cänen Schichten gemeinsam sein soll. Die miocänen Formen der Auvergne waren bereits
erloschen, bevor die pliocänen in den Tuff eingebettet wurden. Alle pliocänen von Pomel
bestimmten Thiere sind ausgestorben mit Ausnahme des Masiodon und einer grossen Katze.
150 J. N. WOLDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
Mastodon arvernensis kommt im Red Crag Englands, sowie in den Pliocänschichten Italiens
vor; es scheint vor dem Absatz des Forest-bed von Cromer ausgestorben zu sein. Ælephas
meridionalis lebte als altes Pliocänthier bis zu den Zeiten, wo es im Forest of Cromer
(Norfolk) herumstreifte; ein Beispiel, wie lange grosse Thiere existirten.
In den postpliocänen Straten finden sich nach Lyell (Postpliocän und Neuzeit., 5. 419.)
die jetzt existirenden Schaalthiere, sie enthalten keine erloschenen Meeresconchylien.
Mehrere Säugethiere sind erloschen. Der Forest of Cromer sei die älteste posttertiäre Ab-
lagerung'), welche Reste eines 40 Meilen umfassenden begrabenen Waldes birgt. Die
Ablagerung enthält Süsswasserconchylien, Landpflanzen und Thierreste, die von einem ma-
rine Conchylien enthaltenden Absatz bedeckt sind. Die Waldreste bestehen aus schottischen
und Pechtannen, Taxus, Schlehen, Fichen, Erlen und Birken, gelben und weissen Wasser-
lilien, und anderen Wasserpflanzen. Die Süsswassermuscheln ähneln den gegenwärtigen. Das
Ganze deute auf ein gemässigtes Clima, etwas kälter als jetzt in England. Es finden sich
die Reste dreier Elephanten und des Cervus euryceros nebst anderen Hirschen, dann zweier
Nashörner, eines Nilpferdes, eines gigantischen ausgestorbenen Bibers, ferner Reste vom
Bären,Bison, Walross, Narwal (Symonds, Seite 419). Ueber dem Forest-bed lagert Boul-
derelay, als Beweis, dass das Forest-bed präglacial sei. Als die darin abgesetzten Thiere
lebten, war indessen die grosse Kälte noch nicht eingetreten. Auch wurde das Forest-bed
von keinem glacialen Ocean bedeckt.
Die unteren Schichten des Ziegellehms des Themse-Thales (Lower Brickearths) schei-
nen nach Symonds (Geol. Mag., Т. У, 1868) im Zeitraume zwischen dem Forest-bed von
Cromer und dem Glacial Boulder (Glacial-Geröll) abgelagert zu sein, weil die darin abge-
lagerten Thierreste Bindeglieder zwischen den Absätzen des Forest-bed und der postgla-
cialen Zeit sind. Das Forest-bed war untergetaucht und der glaciale Boulder-clay blieb auf
ihm. Nach Dawkins (Quart. Journ. Geol. Soc. Vol. 23) gehören gewisse alte Flussabsätze
des Themsethales einer etwas jüngeren Periode an mit einer gemässigteren, aber kälteren
Temperatur, als sie zur Zeit der Absätze des Cromer Forest-bed war. Falconer hat
(Quart. Journ. Geol. Soc., Vol. 24, S. 83, 1857) aus der Ansammlung von Resten pliocäner
Thiere in den unteren Lehmschichten des Themsethales geschlossen, dass sie eines früheren
Alters seien, als ein Theil des Till oder Boulder-clay. Es scheint, dass die fraglichen lehmi-
gen Themseabsätze mit einer Schichte von glacialen, winkligen Steintrümmern, so wie das
Forest-bed und Boulder-clay bedeckt waren. Die Säugethierreste sind sehr zahlreich und
die Ansammlung von Arten in dem Flusskies (gravel), welcher unter den glacialen Trüm-
mern liegt, führte Dawkins zu richtigen Schlüssen.
In den fraglichen unteren Lehmschichten fanden sich drei ausgestorbene Elephanten-
arten, die verschiedenen Epochen angehören. Elephas primigenius im präglacialen Forest-
bed von Norfolk, der wegen seiner Behaarung die grosse Kälte der glacialen Periode er-
1) CI. Reid zählt neuestens Forest-bed (estuarine) zum Pliocän (Мет, of the Geol. Surv., 1382). W.
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14
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 151
tragen konnte. Die Gegenwart von Elephas priscus und Rhinoceros megarhinus deutet nach
Dawkins auf die Affinität der Säugethiere des Ziegellehms mit denen des präglacialen Fo-
rest-bed und denen der pliocänen Schichten des Continents. Eine sehr wichtige Schlussfol-
gerung leitet man aber aus der Abwesenheit der arktischen Gruppe der Thiere her, welche
‚ das Gerölle und den Kies der Eiszeit kennzeichnen. Wenn das Clima zur Zeit der Höhe
der Eiszeit sehr kalt war, so war das der Postglacialzeit sehr strenge und wurde, je mehr
es sich der Jetztzeit näherte, allmählich gemässigter. Die arktischen Thiere (VieKrass, Mur-
melthier, Moschusochse, Elen und Renthier) fehlen im Ziegellehm des Themsethales. Nach
Symonds (Geol. Magaz., V,1868,S.422) deuten auch die präglacialen Pflanzen des Forest-
bed von Cromer (Norfolk), welche sich mit zahlreichen Säugethierresten vorfanden, auf ein
etwas kälteres Clima als das jetzige in Norfolk. Dies beweisen nordische, jetzt nicht mehr
dort wachsende Bäume. Das Clima war also kälter als jetzt und viel kälter als in der voran-
gegangenen Zeit. Der präglacialen Epoche folgte allmählich die eigentliche Eiszeit. Sie fand
nach Symonds (Geol. Magaz., У, 1868, 5. 421) weit früher statt als die Ablagerung des
Drifts der Thäler und der Höhlenabsätze (in England) und war von langer Dauer. Lyell
bringt die Oscillationen der Eiszeit ш einer Reihe von Zeitaltern mit Versenkung von Fest-
land, Umwandlung der Continente in Inseln, dann in anderer Zeit die Verwandlung des
Seebodens in Inseln und Continente in Verbindung. Vermuthlich wurden während der Pe-
riode der grossen allmählichen Landversenkung manche grosse Säugethiere der präglacialen
Continentalperiode nebst Pflanzen und Schaalthieren nach Süden gedrängt, während Tau-
sende zu Grunde gingen. Ich glaube, dass die allmählich eingetretene Kälte durch physika-
lische Veränderungen hervorgebracht wurde, durch Veränderung von Meer und Land, durch
Erhebung von Land im arktischen Cirkel, möglicherweise auch unter Mitwirkung astro-
nomischer Ursachen; Veränderungen, die in der letzten Tértiärperiode begannen. Die Eis-
zeit hüllte das nördliche und gemässigte Europa und Britannien in Eis und Schnee, wie
jetzt Grönland.
Als postglaciale Zeit lässt sich nach Symonds (Geoi. Magaz., У, 1868, S. 422) die
Epoche bezeichnen, während welcher das vereiste nördliche Europa mit Britannien wieder
eisfrei wurde und das Clima trotz noch einzeln vorhandener Gletscher und Eisberge sich
allmählich verbesserte ').
Bezüglich der zweimal eingetretenen Erniedrigung der Temperatur in der Diluvial-
zeit sei Nachstehendes bemerkt:
Nach О. Heer (Urwelt der Schweiz) war die diluviale Periode eine wechselvolle Zeit
an Schwankungen des Clima’s, die auf die Zusammensetzung der Flora und Fauna Ein-
fluss üben mussten. Grosse Niederschlagsmengen fielen zur Erde und liessen die Gletscher
anwachsen, welche beim Schmelzen Fluthen erzeugten, wovon Sagen bei vielen Völkern
1) Während des postglacialen Diluviums unterscheide ich, wie oben angeführt wurde, für Mitteleuropa wenigstens
die Steppen-, Weide- und Waldzeit. W.
152 J. N. WoLDRIiCH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
theilweise aus dieser Zeit herrühren mögen. Im Diluvium erfolgte dessenungeachtet eine
allmähliche Entwickelung der organischen Welt und eine Annäherung an die Jetztwelt. Die
Temperatur der Diluvialzeit war eine oscillirende, wie die zwei Gletscherperioden zeigen,
an deren Existenz, wenigstens in den Alpen, wie wir bei Heer lesen, nicht zu zweifeln
ist. Auf diesen Wechsel haben Dawkins und Sandford keine Rücksicht genommen; sie.
glaubten es wohl vermeiden zu können, da sie sich nur mit Diluvialthieren Englands be-
schäftigten. /
Pleistocän-Clima Nordamerika’s. Nach Dawson (Canadian naturalist) wäre zu
Folge der gesammelten organischen Reste in Canada, Maine und Labrador dort die Kälte
zur Pleistocänzeit noch grösser als jetzt gewesen (N. Jahrb. f. Mineral., 1862, Seite 768).
B., W.
Alte Völker Europa’s.
3
Wenn auch die mit den Renthieren zusammenlebenden Bewohner des südlichen
Frankreich, dann der Thäler der Somme, Seine und Themse, so wie die der belgischen
Hôhlen, diese allfälligen Ureinwohner jener Länder, A ne waren, wie dies wohl
Spring (Les hommes d’Engis, Bull. de l’Acad. belg., 2 sér., T. XVIII, 1864) angenom- .
men hat, so geht daraus noch nicht sicher hervor, dass sie einem Urstamm angehörten,
wiewohl dies möglich wäre. Die Ackerbau treibenden Völker scheinen indessen Einwande-
rer zu sein, die den Celten vorhergingen und theilweise damit verschmelzend die Celtiberer
bildeten. Dass Basken von einem wilden eingewanderten Stamme herrühren CRE ist
möglich, ihre Finnenähnlichkeit aber nicht stichhaltig.
Die Iberer waren im Ganzen ein friedliches Volk, das von der Rhone nach Westen
gedrängt wurde (Humboldt, pag. 149). Jedoch waren sie räuberisch; sollen den Mond
verehrt haben, führten in Vollmondnächten Tänze zu seiner Ehre aus; kannten Gold und
Eisen und hatten Münzen mit dem Zeichen des Mondviertels oder eines Ochsenkopfes,
Strabo (Ш u. IV) beschreibt die Turdetaner und fügt einige allgemeine Züge über die
Iberer hinzu. Sie waren mässige Bergbewohner, assen Eicheln, Brod und hatten Butter
und Gerstentrank. Sie trieben Ackerbau, waren listig, gewandt und schnell und lagen
auf dem Boden. Sie überliessen die häuslichen Geschäfte den Weibern und verachteten aus
edleren Gründen den Tod. Assen sitzend, fochten zu Fuss und zu Pferd und hatten an den
_ Wänden des Hauses Sitze. Celtiberer hatten lange, aber auch kleine Schilde, Helm und
Panzer. Die Celtiberer assen viel Fleisch, hatten eine Art Meth, da es in ihren Waldge-
birgen viele Bienen gab. Ob das Volk, dem die Steinwerkzeuge der Dordogne angehören
und das mit zahlreichen Renthieren lebte, die Basken waren, worauf der Schädel hinweist,
ist sehr möglich. Die Iberer, das heisst die Basken, soviel wir sie kennen, waren aber ein
Ackerbau treibendes Volk.
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 193
Schwache Spuren der Iberer kommen in Sicilien, Sardinien und Corsica vor.
Nach Dieffenbach’s Origines waren anfangs westlich die Iberer, östlich die Ligurer
neben einander. Später dringen Celten zunächst auf die Ligurer, die in grösserer Ausdeh-
nung von Osten nach Westen wohnten, und südwärts auf die Iberer ein
Zeit der Iberer und Ligurer bis gegen 2000 v. Chr. (nach Dieffenbach, Seite
110 etc.). Iberer wurden den Griechen, und durch diese den Phokäern bekannt um 700—
800 v. Chr. Es enstanden griechische Colonien in Iberien. Die Iberer waren Einwan-
derer. Varro sagt: In universam Hispaniam pervenisse Iberos et Persos et Phoenicos Cel-
tosque et Poenos, tradit Plinius, Hist. nat. (Dieffenbach, ebendaselbst). Appian (siehe
` Pauly’s Real-Encycl. Art. Galli) lässt die Iberer aus dem Kaukasus nach Gallien kommen.
Die Literatur bekamen die Celten und Iberer von den griechischen Colonien (Dieffen-
bach, S. 159). Von ihnen sollen dieselben auch Ackerbau und Künste übernommen haben,
sowie auch den Oelbau. In Gallien ist lange vor den Römern Bergbau betrieben worden, in
Folge dessen Phöniker und Griechen herbeikamen. Iberer mischten sich später mit Celten.
Die Ligurer könnten vor dem Eindringen der Celten auch im Norden Galliens gewohnt
haben (Dieffenbach, S. 117). Die Griechen (Phokäer) scheinen bei Massilia mit ihnen ge-
kämpft und die Iberer aus Gallien verdrängt zu haben. Die Ligurer gehörten zum Vortrabe
des grossen celtischen Waffenzuges (Dieffenbach, в. 118).
Während die illyrischen und später die italischen Völker an der Ostseite Italiens her-
unterzogen, thaten dies an der Westseite die Iberer und die zahlreicher ihnen folgenden
Ligurer (Dieffenbach, S. 119).
Nach Strabo (III, 4, Seite 162) waren die Thäler der Pyrenäen von Corretanern (die
Iberer waren) besetzt (Humboldt, S. 39 u. 13). Die Turdetaner waren die gelehrtesten
Iberer. Es giebt celtiberische und turdetanische Münzen. Humboldt (S. 137 oder 40)
meint: die Iberer wanderten entweder. vor aller Ueberlieferung in Spanien ein oder waren
Autochtonen. Sie hatten in Gallien einen Theil der Südküste und Aquitaniens inne, gingen
bis Mittel- oder Nordgallien oder gar Britannien, wie man meint. Dieffenbach sagt
: (8. 133), Autochtonen vor den Iberern seien nicht bekannt. Die alten Lusitani waren nach
Diod. Sic., V. 34, Iberer. Nach Dieffenbach sind Autochtonen vor den Iberern in ganz
Westeuropa nicht bekannt, mit Ausnahme der fossilen Engländer des Diluviums (8. 133).
Im Westen Europa’s waren nach Prichard (III, 1, S. 20) die Fuskalduner oder Ibe-
rer als Aborigines. Die Aborigines Italiens waren mit Iberern verwandt (Prich., ib., 535).
Die Aquitaner sollen Iberern geglichen haben.
Die Iberer wurden von Ligurern vertrieben, gingen nach Sicilien und gehörten zu den
ältesten Bewohnern, welche auch Corsica und Sardinien bewohnten. Man spricht auch von
einer aus Lybien stammenden Bevölkerung Corsica’s und Sardiniens (Prich., S. 48, 49).
Im Norden Europa’s war nach Prichard die jutonisch-ugrische oder finnische Race von
Dänemark bis zum Ob.
Nach Pauly (Artikel Galli, S. 595) ist es nicht bekannt, woher die Celten kamen.
Mémoires de l’Acad. Imp. des sciences, VlIme Série. 20
154 J. №. Моььвтсн, DILUVIALE EUROPÂISCH-NORDASIATISCHE
Die celtische Bevölkerung Galliens kam später ins Land, in welchem die Aquitaner und
Ligurer schon vorher hausten (Mannert, II, 1.8.21). Die Einwanderung geschah von Osten
her. Die Cimbern sollen Celten gewesen sein. Die cimbrischen Celten hatten schon Münzen,
ebenso die südlichen Gaeten (Pauly, 596). Zur Zeit des Tarquinius priscus waren Bitu-
riger an der Garonne und Loire das vorherrschende Celtenvolk. Bettoresus, ein Bituriger,
zog nach Oberitalien als Eroberer.
Arrianus lässt die Donau im Lande der Celten entspringen, ebenso Aristoteles
(Pauly, 592). Bei den Griechen, die es genau nahmen, soll «у KeAtıxn» das Land von den
Pyrenäen bis zum Rhein gewesen sein (Pauly, 293). Die Wanderungen der Celten sollen
etwa um die Zeit von Roms Erbauung begonnen haben und sechshundert Jahre später die
der Germanen. Es wird von sechs Oeltenstämmen gesprochen, drei nördlichen, drei südlichen,
welche von den Römern später unterjocht und von Germanen bedrängt wurden. Ammia-
nus Marcelinus (ХУ, 9) bespricht die Einwanderung der Celten. Wann die Celten nach
Europa kamen, sei ungewiss. Wahrscheinlich später als die Illyrier und Italograeker (Dief-
fenbach, 123). Celten hatten noch alte Sagen von der Einwanderung. Diodor nennt die
Celten ein altes Volk Galliens. Sie kämpften anfangs mit den Iberern, vermischten sich
dann aber mit ihnen. Die Iberer blieben aber theilweise auch hier und leben noch jetzt
als Basken fort (Dieffenbach, Seite 144). Das Alter der celtischen Einwanderung in
Iberien ist nicht allzuhoch hinaufzurücken. Sie werden bei Varro und Strabo (Ш., 158)
erst nach den tyrischen Phönikern, aber vor den Carthagern genannt. Die von Nordost ein-
dringenden Celten drückten in Gallien zunächst auf die Ligurer, diese auf die Iberer. Die
Todtenfeier der Celten ist bei Caesar (de bello gallico, II, 16) beschrieben. Sie verbrann-
ten Gefangene mit den gleichzeitig gefangenen Thieren. Massilia wurde im rein ligurischen
Lande von Phocaeern gegründet (Dieffenbach S. 124). Wann und woher Celten nach Eu-
ropa kamen, ist ungewiss (Dieffenbach, S. 123). Sie kamen später als die Illyrier und
Italograeker und auf anderem Wege als die Kimmerier und Skythen.
Dieffenbach scheint nur die Angaben der Classiker benutzt zu haben.
Die Einwanderung der Deutschen erfolgte schwerlich lange vor Caesar (Dieffenbach,
Ss. 131— 132). Belger (Belgae) und Aquitanier (Aquitani) nebst Celten (Celtae) werden als .
die drei Hauptvölker Galliens bei Caesar genannt. Die Aquitaner waren Iberer. Die Bel-
ger wanderten nach England; die irländischen Chronologen kennen sie als Fir Bolg (Dief-
fenbach, S. 131). Ebendaselbst sagt dieser Autor: die Britanni waren wohl die britischen
Belger. Die Celten waren schon zu Herodot’s Zeiten in Gallien. Es ist nicht sicher, ob die
Cimbern und Teutonen Deutsche oder Celten waren (ib. S. 137). Dieffenbach hegt Zweifel
gegen alte Ansiedelungen der Celten im Norden Europa’s. Es wird auch von iberischen und
ligurischen Einwanderungen in England gesprochen. Iberischen Stammes sollen nach Taci-
tus die Silurer gewesen sein. Die von den Alten erwähnten Britanni seu Britones sind nach
Dieffenbach celtische Briten. Eine Sage von Autochtonen bei Caesar (de bello gallico.
У, 12; Diod. Sie., У, 21) bezieht sich auf die Einwohner im Innern. In Britanien war
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 155
eine vorceltische Bevölkerung, der die Steinwerkzeuge angehörten (Dieffenbach, Origi-
nes, S. 146). Da in Schottland Brachycephali vorkommen, wird dort ein vorceltischer
Stamm vermuthet (Baer., Bull. p. 1863, VI, p. 346; Mel. biol. IV, p. 341). Ueber die
alten Bewohner Irlands sagt Strabo, (Lib. IV, pag. 201, ed. Caes.), sie seien wilder
als die Briten und wären Cannibalen, die es selbst für löblich hielten, die Leichname ihrer
Eltern zu. essen. Auch Diodor schildert die Irländer als Menschenfresser (Prichard,
II, 152).
Wir finden in jener alten Zeit eine Menge von Volksstämmen mit den verschiedensten
Sprachen über die Erde verbreitet. Wir hören von nach und nach erfolgten Wanderungen
grosser Völkerstämme von Osten nach Westen; von Wanderungen der Iberer, Ligurer, Ре-
lasger, Thracier, Illyrier, Kimmerier, Skythen, Sarmaten und Celten, Eine grosse Menge
von Völkerschaften ist schon zur Zeit Herodots einzig nur aus Europa, meist aber nur dem
Namen nach bekannt, andere sind ganz unbekannt, so namentlich die zahlreichen nördlichen
Stämme. Auch ist zu bemerken, dass oft mehrere Stämme eines Volkes, welche verschie-
dene Namen führten, wie dies auch noch in späthistorischer Zeit der Fall war, von den
alten Berichterstattern als eigene, von einander verschiedene Völker angeführt werden und
dass auch oft Züge einzelner wander- oder raublustiger Haufen eines Volkes für Wanderun-
gen dieses ganzen Volkes gehalten wurden. In der Masse dieser Völker mit ihren vielen
Sprachen, von denen uns berichtet wird, verdrängte oft ein Volk das andere, vernichtete
es oder amalgamirte es. Fanden die iberischen, ligurischen und celtischen Einwanderungen
erst um 2000 vor Christus statt, so konnte damals wohl in Gallien jenes Urvolk oder jene
Urvölker leben, deren unbehauene Steinwaffen in den Perigord-Höhlen gefunden wurden.
Da die Völker Galliens, welche das Renthier häufig verzehrten, und gleichzeitig mit Stein-
werkzeugen die Knochen und festen Theile desselben zu Kunstproducten benutzten, sich
weder auf die Ackerbau treibenden Iberer und Ligurer, noch auf die Celten beziehen lassen,
die in Südfrankreich einwanderten, so dürften sie wohl die Aborigines gewesen sein, wor-
über aber die Geschichte schweigt. Hinsichtlich der Iberer und Ligurer ist die Sache un-
gewiss. Das alte Jägervolk brauchte deshalb noch nicht untergegangen zu sein, als der
Gebrauch der Metalle nach Gallien kam. Noch jetzt finden wir auf der Erde oft sehr un-
gleiche Culturzustände, in Asien, Afrika, Amerika und Neuholland sogenannte Wilde um-
geben von hoch cultivirten Ansiedlern. In den ältesten Zeiten kann es nun ähnlich gewesen
sein, da die Völker ebenfalls auf verschiedenen Culturstufen standen, ebenso wie die Indi-
viduen cultivirter Völker. Die in Gallien eingedrungenen Celten können also noch sehr
wohl mit Menschen gelebt haben, die noch rohe Steinwaffen besassen und weder Viehzucht,
noch Ackerbau kannten. DES W.
20*
156 J. N. WoLDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
7
Ueber Ursprung der Geschichte.
Die Vergänglichkeit oder vielmehr die Wandelbarkeit der Naturerscheinungen, die
Mannichfaltigkeit des Treibens des Menschengeschlechtes, besonders die Thaten hervorra-
gender Männer, welche den Nachkommen überliefert werden sollten, begründen die Ge-
schichte; Mythen und Volkssagen die ersten Ursprünge derselben. Nachdem man seit vielen
Jahrhunderten der gewöhnlichen auf Angaben der Bücher Moses u. s. w. begründeten Zeit-
rechnung ein allgemeines Vertrauen geschenkt, wurde die Frage über das Alter des Men-
schen dadurch angeregt, dass man schon 1797 bei Hoxne in Suffolk (Gervais, Zoolog. et
Pal. gen., I) Menschenknochen und bearbeitete Kieselinstrumente mit den Resten einer aus-
gestorbenen Thierart, des Mammuths, zusammen fand.
Zur Bestimmung des Alters des Menschengeschlechtes dienen die nachstehenden
Quellen. In Höhlen oder in geschichteten Lagen gefundene Reste des menschlichen Ske-
letes, menschliche Geräthe und Werkzeuge aus Stein, Thon und verschiedenen Metallen,
Knochen, Geweihe, Zähne, bearbeitete oder zerschlagene Knochen, Reste menschlicher
Mahlzeiten, Kohlen als Anzeichen von Feuerstätten, menschliche Begräbnissplätze, Knochen
von noch lebenden oder ausgestorbenen Thierarten im Verein mit den genannten Geräthen
oder Menschenknochen und vom Menschen verwundete Thierknochen der von ihm gejagten
Thiere lieferten die Grundlagen zu eingehenden Untersuchungen nicht nur über das Alter
des Menschengeschlechtes, sondern auch über die verschiedenen von den niederen zu den
höheren aufsteigenden Stufen seiner Cultur. Die einzelnen der obigen Grundlagen können
jedoch nicht einzeln an und für sich als entscheidend genommen, sondern müssen ihrem
Werthe nach geprüft und in Vergleich mit anderen gestellt werden, um zu sichern Re-
sultaten zu führen. Dass der Mensch lange vor dem Beginn der Geschichte existirt habe,
ist nicht neu. Schon 1797 ist dies, wie vorstehend gesagt wurde, vermuthet worden. Im
Jahre 1823 berichtete Buckland (Reliquiae diluvianae), dass in der Grotte von Pariland
(England) ein menschliches Skelet mit knöchernen Nadeln, so wie Knochen von Bär, Hyäne,
Nashorn und Elephant gefunden worden seien. Schlotheim wies in den Kösteriger (Sach-
sen) Breccien Knochen vom Nashorn und Menschenreste nach. Boué sagte, im Löss des
Rheins fänden sich Menschenskelete (Gervais, Zoolog. et Pal. gén. I). Dessenungeachtet nahm
noch Cuvier an, der Mensch sei erst nach dem Untergange der grossen, sowie der Höh-
len-Thiere aufgetreten. Weil damals noch keine Affenreste gefunden waren, stellte sich Cu-
vier gegen die Ansicht, der Mensch sei ein Zeitgenosse des Mammuth, des Nashorns etc.
gewesen. Da die gleichzeitigen Funde von Menschenresten mit den untergegangenen Thie-
ren aus Höhlen stammten, meinte er, dieselben seien zu verschiedenen Zeiten in die Höhlen
hineingeschwemmt worden, was auch andere Naturforscher später geltend zu machen
suchten. Erst etwa 20 Jahre nach Cuvier’s Tode begann man in Frankreich die Frage über
das Alter des Menschengeschlechtes von neuem in Anregung zu bringen, woran sich auch
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 15%
Engländer, Deutsche, Belgier und Dänen mit einer zahlreichen Literatur betheiligten. Dar-
nach würden wir uns sehr täuschen, wenn wir, um das erste Auftreten des Menschen zu
begründen, die vorhandenen geschriebenen, ältesten, stets mythischen, aus entstellten Völker-
sagen entlehnten Aufzeichnungen oder selbst die ältesten mit Inschriften oder hieroglyphi-
schem Zeichen versehenen Denkmäler, oder bildliche Darstellungen menschlicher Cultur
zum Ausgange unserer Forschungen nehmen wollten.
Die genannten Materialien bieten jedoch und zum Theile allerdings nach Maassgabe
unserer gewöhnlichen Geschichtsrechnung wichtige Anhaltspunkte für die Geschichte ein-
zelner Länder. Sie liefern indessen nicht einmal sichere Hinweise in Bezug auf die Zeit des
Anfangs der Cultur bei den ältesten Culturvülkern, noch weniger aber wahrhafte Beiträge
zur Beantwortung der Frage über das Alter und die verschiedenen Zustände der Entwicke-
lung der gesammten Menschheit, wie man dies früher annehmen zu können meinte. Es be-
weisen dies die zahlreichen Untersuchungen, welche in neueren Zeiten in Bezug auf die in
verschiedenen Erdschichten oft sehr hohen Alters gefundenen, theils auf das menschliche
Skelet, theils auf seine Thätigkeit bezüglichen Gegenstände, angestellt wurden. Nur ein
genaueres Studium dieser Reste unter Zuziehung ihrer Fundorte und der Vergleich mit
an denselben Orten und in denselben Erdschichten entdeckten Gegenständen, vermag
sichere Anhaltspunkte für die Untersuchung über das Alter des Menschengeschlechtes zu
liefern. Die Erde allein ist das grosse Archiv, welches uns als sichere Fundgrube für der-
artige Forschungen dienen kann. Es ist auch in der That diese Fundgrube, welche die Na-
turforschung in neueren Zeiten fleissig und sorgfältig zu diesem Zwecke mit dem grössten
Erfolge ausgebeutet hat.
Bedeutungsvoll sind allerdings die Resuitate, welche man bereits dadurch gewann,
dennoch sind wir, da die Untersuchungen bisher fast nur in bestimmten Ländern Europa’s und
in einzelnen Theilen Amerika’s angestellt wurden, noch fern von der selbst nur annähernd
richtigen Bestimmung des wahren Alters des Menschengeschlechtes, wenn wir bedenken,
dass in zwei Erdtheilen (Asien und Afrika), die wir oftenbar als die Wiegen mehrerer nach
Europa eingewanderter Völker zu betrachten haben, nur vereinzelte Untersuchungen ange-
stellt wurden; wenn wir ferner erwägen, welche grosse Zeiträume nöthig waren, um Schich-
ten von oft enormer Mächtigkeit selbst solcher geologischen Absätze zu bilden, welche wir
mit dem Namen der neuesten (alluvialen) und neuern (diluvialen) Absätze zu bezeichnen
pflegen, Absätze, welche beide die zahlreichsten und unverkennbarsten Beweise für die
Thatsache liefern, dass der Mensch während ihrer Ablagerung bereits existirte.
Wie überaus alt die Diluvien und selbst Alluvien seien, zeigt der Umstand, dass sie
Producte verwitterter, meist vom Wasser abgespülter und fortgeführter, dann abgesetzter
Felstheile oder Reste verwitterter organischer Бойе sind.
So jung auch die Geschichte des Menschengeschlechtes, selbst der ältesten Cultur-
völker im Verhältniss zu dem Alter der Erdschichten ist, worin Reste des Menschen oder
seiner Cultur gefunden wurden, so bietet doch auch sie den Nachweis, dass die Geschichte
158 Т. N. WOLDRICH, DILUVIALE EUROPÄISCH-NORDASIATISOHE
Egyptens als eines bereits cultivirten Landes mindestens nicht nur den ganzen Zeitraum
ausfüllt, den unsere gesammte geschichtliche Zeitrechnung der Existenz des Menschenge-
schlechtes vindieirt, sondern sogar um 1000 bis 2000 Jahre darüber hinausgeht. Man
hat auch wohl die auf das hohe Alter hinweisende sagenhafte Geschichte der Chinesen, die
von 129600 Jahren spricht als Beweis des hohen Alters des Menschen angeführt. Die chi-
nesische Geschichte und China selbst dürften aber noch zu wenig bekannt sein, um sichere
Anhaltspunkte zu gewähren und die Dichtung von der Wahrheit, das Mythische von der
Wirklichkeit zu unterscheiden.
Ich (Brandt) bin zu den nachstehenden eigenen Ansichten in dieser Beziehung ge-
langt. Bei Bestimmung des Alters des Menschengeschlechtes wird man wenigstens zwei
Momente zu unterscheiden haben, die seither nicht immer gehörig auseinander gehalten
wurden: a) Sein erstes Auftreten überhaupt und b) seine ersten Spuren in Ländern, über
welche die Geschichte zwar schweigt, welche Spuren aber doch bereits in eine Zeit fallen,
in welcher es in Afrika und Asien bereits eine Geschichte gab.
a) Das Alter des Menschengeschlechtes ist ein viel höheres, als die gewöhnlich ange-
nommene Zeitrechnung. Selbst die Geschichte Egyptens reicht über die fragliche Zeitrech-
nung nach Maassgabe der neuesten Forschungen hinaus. Mariette entdeckte Inschriften
und Skulpturen, die über 4000—4500 vor Christus hinaufreichen, zu welcher Zeit in
Egypten, wie die Bilderwerke und Inschriften zeigten, eine hohe Cultur herrschte. Der
früher verleumdete Manetho zählt 375 Pharaonen und giebt die Regierung derselben von
60000 Jahren an. Wie lange mochte aber Egypten gebraucht haben, ehe es zur Cultur ge-
langte? Die sagenhafte Geschichte der Chinesen soll, wie oben gesagt wurde, die ungeheure
Zahl von 129,600 Jahren annehmen. Wenn wir die so überaus häufigen, in vielen Ländern
Europa’s gefundenen Mammuthreste in Betracht ziehen, wenn wir ferner die Masse des in
Sibirien vorhandenen, seit. mehr als einem Jahrhunderte als wichtigen Handelsartikel ex-
portirten Elfenbeins betrachten, so setzt dies eine während einer langen Zeit fortgesetzte
Lebensepoche der Mammuthe voraus. Da nun nachweislich der Mensch ohne Frage gleich-
zeitig mit dem längst untergegangenen Mammuthe bereits lebte, so lässt sich auch daraus
eine lange Lebensdauer des Menschen folgern, ebenso auch aus der beträchtlichen Menge
von Renthieren, die nach Westen erst eingewandert waren. |
Wenn auch die Bruchstücke menschlicher Geräthe, welche bei den im Nildelta ange-
stellten 60— 72 Fuss tiefen Bohrversuchen gefunden wurden, nicht 14 oder gar 30,000
Jahre alt sind, wenn ferner die bei New-Orleans ausgegrabenen Menschenknochen, die der
jetzigen amerikanischen Race angehören, nicht 50— 60,000, sondern nur 15,000 Jahre
alt wären, wenn die nach Lyell bei Cagliari aus einem alten Meeresboden gezogenen
Reste von Töpferarbeiten mindestens nur 12,000 Jahre alt sein müssten, wenn endlich nach
Grewingk (Steinzeit der Ostseeprovinzen, 5. 52) vor etwa 20,000 Jahren die Ostsee mit
dem Eismeere verbunden war, wodurch Strömungen von Eis- und Gletschermassen bis tief
in die deutsche Ebene möglich waren und die Trennung beider Meere erst vor 5000 Jah-
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 159
ren stattgefunden haben soll, so weisen die eben angeführten Daten auf ein weit über un-
sere Chronologie hinausgehendes Alter der Menschheit hin. Die Zeiträume, welche die Bil-
dung der Alluvien und Diluvien erforderten, waren offenbar unendlich grösser als die bis
jetzt angenommene Zeitrechnung. Zur Zeit dieser Bildungen existirten aber nachweislich
schon Menschen, und zwar ohne Frage nicht bloss mit den noch jetzt lebenden, sondern mit
mehreren bereits ausgestorbenen Thieren. Das Alter des Menschengeschlechtes ist aber,
wie mir dies aus den Angaben von Desnoyer, C. Vogt und Quatrefages hervorzugehen
scheint, sehr wahrscheinlich selbst noch höher und bis in die jüngste (pliocäne) Tertiärzeit
zu versetzen. Da der menschliche Typus dem der Quadrumanen so ähnlich ist, die Quadru-
mana aber bereits in der mittleren Tertiärzeit (dem Miocän) vorhanden waren, so könnte
dies sehr wohl auch mit dem Menschen der Fall gewesen sein. Die miocäne und pliocäne
Periode, sowie sämmtliche Tertiärperioden, lassen sich schwer begrenzen. Wenn die von
Bourgeois gefundenen Kieseläxte, Steinwaffen und bearbeiteten Feuersteine der Miocän-
zeit angehören und Reste einer fossilen Seekuh (Halitherium) die Spuren menschlichen Ein-
flusses an sich tragen solien, so wäre übrigens ein geologischer Anhaltspunkt für die Annahme
der Existenz des Menschen zur Miocänzeit vorhanden. Es ist übrigens kein Grund vorhan-
den, warum der Mensch nicht eben so gut, ja noch eher zur Miocänzeit hätte leben können,
da er nicht bloss von pflanzlichen Stoffen, sondern auch von überaus zahlreichen Thieren
sich nähren konnte, und auch alle sonstigen, für seine Existenz erforderlichen Bedingungen
vorhanden waren, wie das üppige Gedeihen der Säugethierfauna der Miocänzeit nachweist.
‚ War der Mensch ein Glied der Miocänfauna, wie es den Anschein hat, so erscheint selbst
die egyptische Culturepoche um viele Tausende, man spricht selbst von Hunderttausenden
von Jahren, zu klein. Gervais und Lyell bestreiten zwar die Existenz des Menschen in
der Miocänzeit, Lubbock aber vertheidigt sie und Wallace hält gar die Existenz eocäner
Menschen für möglich. Allerdings sind unsere Untersuchungen über das eigentliche Alter
der Menschheit noch sehr dürftig, da wir die geologischen Verhältnisse Afrika’s und Asiens
überaus wenig kennen.
b) Man hat in mehreren Gegenden Europa’s und Amerika’s in Folge merkwürdiger
"Funde die Existenz des Menschen zu solchen Zeiten nachgewiesen, über welche allerdings
die auf Europa, wie Amerika bezügliche Geschichte schweigt. Die Existenz der Menschen
in den fraglichen Zeiten dürfte aber doch häufig zum Theil wenigstens in jene Zeit fallen,
als Egypten bereits ein Culturland war. Ich rechne zu den in diese Kategorien gehörigen und
die frühere Existenz bekundenden Funde, theilweise die Renthiere und in Mitteleuropa die
Schweizer Pfahlbauten, einen Theil der Höhlenfunde, die dänischen Küchenabfälle und die
menschlichen Reste im Mississippithal. Was die auf die sogenannte Renthierperiode in Frank-
reich, Deutschland, Belgien, England u.s. w. bezüglichen Funde anlangt, so bieten sie aller-
dings die interessante Thatsache, dass der Mensch schon zur Eiszeit und dann auch mit
dem Renthier in jenen Ländern schon zu einer Zeit zusammenlebte, die den uns erhaltenen
geschichtlichen Mittheilungen der Griechen und Römer vorhergeht. Da aber die Renthiere
160 J. N. WoLDRICH, DILUVIALE HUROPÄISCH-NORDASIATISCHE
noch zu einer viel späteren Zeit in höheren Breiten Europa’s sich fanden, so lässt sich aus
diesem Zusammenleben kein sehr hohes Alter des Menschengeschlechtes im Allgemeinen ablei-
ten, wie ich schon in meinen Beiträgen nachwies. Auch bemerkt Fraas in seiner trefflichen
Abhandlung: «Beiträge zur Culturgeschichte der Menschen während der Eiszeit», deren Grund-
lage die Auffindung von zahlreichen Resten des Renthiers nebst denen anderer nordischer
Thiere und Pflanzen in Württemberg (Oberschwaben) bildet, im Einklange mit meinen schon
vor zwei Jahren veröffentlichten Bemerkungen über die Mammuthzeit (Beiträge, S. 254): «Das
Alter der schwäbischen Eiszeit und der Ansiedlung des Menschen an den Ufern der Schus-
sen, einer freien Ablagerung der Endmoräne des grossen Rheingletschers weiter zurück
zu verlegen, als in die Blüthezeit des babylonischen Reiches oder in die Zeit von Memphis
und seiner Pyramiden, dafür liest auch nicht ein gültiger Grund vor». Die Funde roh gear-
beiteter Kieselgeräthe, wie sie in Frankreich, Belgien, England und Deutschland, nament-
lich in Höhlen gemacht wurden, deuten zwar auf sehr alte Zeiten, ja wegen ihrer Aehnlich-
keit möglicherweise auf solche hin, wo Frankreich und England zusammenhingen und von
einem einander ähnlichen Urvolke bewohnt sein mochten. Ob aber auch diese Zeiten nicht
wenigstens theilweise in die Epoche der egyptischen Cultur hineinfallen, ist eine andere Frage,
deren Lösung für jetzt nicht gelungen ist. Die geglätteten, künstlicher gearbeiteten, aus
Feuersteinen oder aus Horn oder Knochen angefertigten Geräthe, wie man sie in verschie-
denen Ländern gefunden hat, gehören offenbar einer noch späteren Zeit an, Die in manchen
Höhlen Frankreichs aufgefundenen Schnitzarbeiten und Eingravirungen auf Knochen oder
Elfenbein (welche von Manchen, jedoch ohne hinreichende Gründe, als untergeschoben be-
trachtet werden), dürften noch weniger als die eben erwähnten künstlichen Horn-, Knochen-
und Steingeräthe auf ein allzu hohes Alter Anspruch machen, da sie einen weit höheren
Fortschritt der Cultur bekunden, der möglicherweise kein selbstständiger war.
Die für die älteste Geschichte verschiedener Länder, besonders der Schweiz, unstreitig
sehr wichtigen Pfahlbauten mit ihren mannichfachen, wohl verschiedenen Entwickelungs-
epochen ihrer Bewohner zu vindieirenden Resten, können, obgleich jeder alte geschichtliche
Nachweis über dieselben fehlt, keineswegs ein so hohes Alter beanspruchen, um als Beweis
gegen die Irrthümlichkeit unserer historischen Zeitrechnung angeführt zu werden, worauf
nachstehende Umstände hindeuten.
Unter den Resten der Pfahlbauten finden sich weder Reste des Mammuth, noch des
büschelhaarigen Nashorns. Die Thierreste derselben gehören vielmehr solchen Arten (Bos
urus, Bos primigenius, Elen, Hirsch, Biber, Bär, Fuchs, Wolf u. s. w.) an, die theils noch
jetzt in der Schweiz leben, oder erst in historischen Zeiten untergingen, Die Pfahlbauern
trieben nicht bloss Viehzucht, sondern auch Ackerbau und verfertigten Gewebe. Die Schä-
del derselben lassen sich nach His und Vogt dem noch jetzt vorhandenen helvetischen Ty-
pus anreihen. Die steinernen und knöchernen Geräthe, welche man in den vermuthlich
älteren Bauten fand, gehören dem sogenannten späteren Steinalter an. Jüngere Pfahlbau-
ten, die sich aber den älteren eng anreihen lassen, enthalten Objecte von Bronze. Das Alter
SÄUGETHIERFAUNA UND IHRE BEZIEHUNGEN ZUM MENSCHEN. 161
der älteren Pfahlbauten möchte daher wohl höchstens in die ältere historische Zeit der
alten Culturstaaten Afrika’s und Asiens fallen. Sie sind jedenfalls jünger als die alten Abla-
gerungen des Thales der Somme, Rhone, Seine, welche Mammuth- und Nashornreste ent-
halten; ja sie sind wohl wegen Mangels der Eisfüchse oder Vielfrasse in eine viel spätere
Zeit zu versetzen als die Reste dieser Thiere.
Die oft 1000 Fuss langen, 100—200 Fuss breiten, 5—10 Fuss hohen Ablagerungen
von Küchenabfällen an den Küsten Seelands, Jütlands, der Insel Fünen, Moen u. s. w.,
welche Reste von Töpferwaaren, Steingeräthe, Kohlen, Knochen von Bos urus, Bos primi-
genius, Cervus elaphus, Castor, Sus scrofa, Schaalen von grossen Austern, Cardium edule
und Mytilus, Alca impennis etc., aber keine Spur von Menschenknochen der Bronce- und
der Eisenzeit enthalten, sind offenbar sehr alt. Es beweist dies der Umstand, dass Austern
in der Ostsee, die damals wohl in einer weiteren Verbindung mit der Nordsee stand und
daher salziger war, jetzt gänzlich fehlen. Da indessen sämmtliche Thiere, welche die Küchen-
abfälle bieten, noch in den historischen Zeiten lebten, so dürfte den Küchenabfällen kein
allzu hohes, nach Jahren nicht bestimmbares, jedenfalls, wie es scheint, der auf mehrere
Tausend Jahre zurück zu versetzenden Fichtenzeit zu versetzendes alluviales Alter vindicirt
werden. Dafür, dass sie der Fichtenzeit angehören, sprechen die Knochen des von Fichten-
sprossen sich nährenden Auerhahnes. Alte Torfmoore, wie namentlich die von Steenstrup
in Dänemark untersuchten, 10—40 Fuss mächtigen, nach Steenstrup mindestens 4000
Jahre alten, bieten in ihren Schichten, wie bekannt, 3 Perioden der Baumvegetation: die
älteste (unterste), die der Kiefern und Fichten, dann die der Eichen und die der Buchen.
Die Fichtenschichte enthält Steinwerkzeuge, die Eichenschichte Bronze und die Buchen-
schichte Eisenreste.
Für Amerika weisen die im Mississippithale in vermeintlichen Urwäldern gefundenen
Erdwälle, Ruinen von Städten, Ueberreste von Bildhauerkunst, Geräthe von Gold, Silber,
Kupfer, Schmuck, Steinwaffen auf einen Culturzustand hin, der jedenfalls dem Bestehen
des mexikanischen und peruanischen Reiches vorherging, also lange vor der Entdeckung
Amerika’s sich vorfand. Aus diesen Umständen und auf Grundlage der auf den erwähnten
Ruinen jetzt vorhandenen urwaldartigen Vegetation hat man die Existenz des Volkes, dem
jene Städte und sonstigen Ueberreste angehörten, auf einige Tausend Jahre zurückversetzt.
Bezüglich der zur Unterscheidung der Culturepochen des Menschengeschlechtes ange-
wendeten Ausdrücke, nämlich des Stein-, Bronce- und Steinalters, seien noch einige Be-
merkungen erlaubt.
Dass der Ausdruck Steinalter als älteste Periode der Cultur nicht für alle Völker der
Erde gleichzeitig gelten könne, geht daraus hervor, dass es noch jetzt wilde Völker giebt,
die sich der Steinwerkzeuge mehr oder weniger ausschliesslich bedienen, dass in alten Zeiten,
2. В. im Heere des Xerxes, ja noch im 11. Jahrhunderte in der Schlacht von Hastings neben
Metallwaffen auch steinerne Waffen gebraucht wurden. Wenn steinerne, mehr oder weniger
roh gearbeitete Geräthe ohne Metalle gefunden werden und in constatirt alten Schichten,
Mémoires de l’Acad. Imp. des sciences, VIIme Série. 21
162 J.N. WozDR1CH, DILUV. EUROP.-NORDAS. SÄUGETHIERF. U. 1. BEZ. z. MENSCHEN.
oder auch mit Resten längst ausgestorbener ТШеге (Mammuth, Nashorn, Nilpferd п. 3. w.) vor-
kommen, dürfen sie allerdings ein mehr oder weniger hohes Alter beanspruchen. Der Ge-
brauch von Bronce ist jedenfalls als Fortschritt der Cultur bezeichnend, dürfte aber doch
nur in Bezug auf manche alte Völker Bedeutung haben. Bronce wurde aber auch wohl lange
Zeit von manchen Völkern als von aussen durch Tauschverkehr erhaltene Seltenheit neben
dem Steinmaterial und seltenerem Eisen gebraucht. Das im Ganzen schwerer als das Bronce-
material gewinnbare Eisen kam zwar in Europa im Allgemeinen später in Gebrauch als die
Bronce, aber auch nur nach und nach, so dass auch seine Anwendung keine Grundlage für
eine streng begrenzte Epoche bietet. Manche Völker mögen es übrigens aus Meteoreisen
schon früh gewonnen haben. Stein, Bronce und Eisen können demnach für sich allein keine
stets sicher unterscheidbaren Culturabschnitte bestimmen. Die geognostischen Verhält-
nisse der Fundorte der Geräthe, die mit ihnen gefundenen Thierreste und andere Momente
werden zu ihrer Begrenzung stets in Betracht zu ziehen sein. BYE
Druckfehler,
© Pag. 7, 5. Z. у. o. statt «eigenthümlichen» lies «eigenthümlicher»; pag. 11, 9. Z. у. о. statt «eben» lies «aber»;
pag. 22, Z. 11 v. о. lies «Pravèké nälezy ve Stramberku, Casop. muz.»; pag. 101, Z. 10 у. 0. statt «verwachsenen»
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